Skip to main content

Full text of "Sokrates; zeitschrift für das gymnasialwesen"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  pari  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  long  journcy  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prcvcnt  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machinc 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encouragc  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpcoplcabout  this  projcct  and  hclping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  lesponsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organizc  the  world's  Information  and  to  make  it  univcrsally  accessible  and  uscful.   Google  Book  Search  hclps  rcadcrs 
discover  the  world's  books  while  hclping  authors  and  publishers  rcach  ncw  audicnccs.  You  can  search  through  the  füll  icxi  of  ihis  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


Google 


IJber  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Realen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfugbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 
Das  Buch  hat  das  Uiheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nu  tzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  Partnerschaft  lieber  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.     Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.     Nie htsdesto trotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  veihindem.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  Tür  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  fürdieseZwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google-MarkenelementenDas  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppcn  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter|http:  //books  .  google  .coiril  durchsuchen. 


I 


f       s 


AF 


^<^f 


-•. 


ZEITSCHRIFT 


fOb  das 


G  YM  N  ASI ALWE  sIN 


HERAÜ60B0EBBN 


TOH 


H.  J.  MÜLLER. 


LXI.  J  AUBGAKO. 

DIR  BXOBH    FOLG!  BI  HOAPTIBBZIO  STBR  JAHRaiBU, 


I 

j^  B£RLtN  1907. 


WSn>MANN8GUE  BUCUHAKDLUNQ 

8W.  ZIHMBRBTRASeB  M. 


>     .    «     i 


-•  i 


/  i  V  ; 


i       iA  *t 


y     » 


.*,  5*- 


■»'. 


r    • 


,    f  '  u 


'.      r- 


t   '. 


INHALT  DES  LXL  JAHKOMOES. 

DES  B1NUNDVIBRZI6STBN  BANDES  DER  NEUEN  FOLGE. 


ERSTE  ABTEILUNG. 

ABHANDLUNGEN. 

8«it« 

J.  Baar,  Gegenwarta*  oad  ZakaoftapSdagogik 4]7 

K.  Batt,  Der  fraazSsiache  AoftogtiBterrieht 1 

A.  Bieae,  Gipa  und  Natur 705 

G.  Bodde,   Daa   lateioiaehe  Extemporale   im  Urteile  der  Herbartaehea 

Schule 432 

G.  Bad  de.    Magere  nethodlacbe  Ai^ic)itep  und  ihre  Bedeutoa^  für  die 

Gegenwart 753 

A.  Baase,  Die  Bewegnogsfreilieit  in  den  Oberklaaaen 289 

H.  Eickhoff,  Die  Erwerboof  der  faenltaa  doeendi  in  der  Moaik  durch 

Oberlehrer 503 

H.  Gillischewski,   Köonen    wir   Platoas    „Gesetze"    io    den    Kaooa 

unserer  Gymoasiallektöre  aafnehmen? 614 

H.  Goerne,  Ans  der  pädagogischen  Sektion  der  49.  Versanmlung  deut- 
scher Philologen  und  Schnlmäoner  an  Basel,  24.— 27.  September  1907  801 

E.  Grnnwald,  Zar  HomfrlektUre 497 

R.  Hartmann,  Vergeaseaes  Gnt  der  Antike 353 

G.  Hundt,  Homers  Knnst  der  Darstellong  am  13.  Gesänge  der  Odyssee 

gewürdigt 442 

IL  Kinzel,  Deutsche  Literaturgeschichte  in  Prima 358 

B.  Koeuigsbeck,  Ober  den  Umfang  und  die  ermüdende  Wirkung  der 

Schularbeiten &77 

H.  F.  Maller,  Piaton  im  htamanistischen  Gymnasium 59] 

P.  Roellig,  VorHbnog  für  den  deutsehen  Aufsatz  in  Sexta  und  Quinta  502 
A.  Ruppersberg,  Über  Auswahl  und  Behandlung  der  Horazlektüre  .  302 
J.  Sanoegy    Daa  lateinische  Wörterbuch  in  umgekehrter  alphabetischer 

Reihenfolge  der  Baehstaben  jedes  Wortes  296 

W.  Sehomauo,  Das  Diktat  im  französischen  Unterricht 708 

R.  Ullricli»  Programmwesen  und  Programmbibliothek  der  höheren 
<$cbalrn,  mit  Programm-Bibliographie  von  1824  bis  1906  (Kuii- 
sefzoog   io  einem  Sopplcmentbefte) 8] 


17^' 


Seit« 


ZWEITE  ABTEILUNG. 

LITERARISCHE  BERICHTE. 

j^chelisy   Th,,    Was    sa^t    Goethe?     Eia    Goethe -Brevier,    aagfez.   voo 

P.  Loreotz 54 

Agahd,  R.f    Attisches  Obon^sbnch,  Anhaog^:  Maße,  Münzen  u.  ä.,    Ge- 
schichte  der   griechischen  Literatur  und  Philosophie,   ang^ez.  von 

O.Kohl 547 

AUenburgy  s.  R.  Lehman d. 

Andräy  J.  C,   Grandriß   der   Geschichte   für   höhere  Schalen,   Teil  HI: 

Geschichte  des  Altertams  für  die  Obersekanda  von  K.  Endemaon, 

2.  Auflage,  angaz.  von  G.Reinhardt 784 

Anthes,  O.j  Die  Regelmühle,  von  der  deutschen  Sprachlehre,  angez.  von 

0.  Weise 384 

AueTy  H.f  KoDJagationstabelle  der  wichtigsten  unregelmäßigen  Zeitwörter 

der  französischen  Sprache,  angez.  von  A.  Rohr 333 

Auler  u.  a.,    Handbuch    für    Lehrer    an    höheren    Schulen,    angez.  von      * 

F.  Pügner  und  M.  Lautenschlaeger 452 

Bahr,  H.y   Das   Reich    Gottes   im  Alten    und  Neuen  Testament,   angez. 

von  A.  Bienwald 518 

Baldus,  A,f  Kirchengeschichtliche  Charakterbilder,  3.  Auflage,  angez.  von 

H.  Hoffmann 720 

BarraUy  Histoire  de  la  r^volution  fran^aise,  herausgegeben  von  M.  Pfeffer, 

angez.  von  F.  J.  Wershoven G59 

Bastieff  P.^  Trois  comedies  modernes,  recueil  de  commentaires  ezplicatifs 

prec^des  d'ane  courte  introduction  Htteraire,  angez.  voo  E.  Meyer  556 
Baumann,  F.,  Sprachpsychologie    und  Sprachunterricht,    eine   kritische 

Stadie,  angez.  von  G.  Budde 726 

Beter,  A.,   Die  Bernfsaasbilduog    nach    den  Berechtigungen  der  höheren 

Lehranstalten  in  Preußen,  2.  Auflage,  angez.  von  M.  Nath       .     .  748 
Bernard,  H.,  s.  Moliere. 
Berner,  E.,   Kaiser  Wilhelm    des  Großen   Briefe,  Reden   und  Schriften, 

aasgewählt  und  erläutert,  2  Bände,  angez.  von  L.  Zürn  .  .  .  675 
Biel,  B.,  Mathematische  Aufgaben  für  die  höheren  Lehranstalten,  Teil  II: 

Die  Oberstufe,  angez.  von  M.  Nath 746 

Bierhaum,  0.  /.,  Goethe-Kalender  auf  das  Jahr  1907,  augez.  von  R.  Jo oas     58 
Bilder  aus  dem  Alten  Berlin,  Text  voo  0.  Poiower,    2.  Auflage,    angez. 

von  Fr.  Härder ".     .     .     .  566 

Block,  C,  Lehr-  und  Übungsbuch  für  den  planimetrischen  Unterricht  an 

höheren  Scholen,  Teil  FI:  Untertertia,  angez.  von  M.  Math  .  .747 
BoeUicher,  G.,  Deutsche  Literatorgeschichte,  angez.  voo  P.  Wetzel  .  .  638 
Boetticher,  G.,  Übungen  zur  deutschen  Grammatik  mit  einem  Abriß  der 

deutschen  Sprachlehre  nach  den  Lehraufgaben  geordnet  für  Sexta 

bis  Obertertia  höherer  Schalen,  2.  Auflage,  angez.  von  P.  Wetzel  773 
Boissevain,  U»  Ph.,  s.  Excerpta  bistorica. 
Bomecque,  H.,  et  A,  Mühlan,  Les  proviaces  fran9aises,  moeurs,  habitude, 

Ale,  angez.  von  0.  Josupeit 556 


V 

8«lto 

Braun,  0,,  Habt  Glauben  an  Gotl!    GedftDkeD  über  ReligioD  ond  Konst, 

2.  Auflage,  aogez.  voo  G.  Jacoby 770 

Bräutigam,  L.,  Die  Erlö'snog  voo  der  Geldgier,  aogez.  voo  L.  Zäro     .  714 

Bräutigam,  L.^  Meioaogeo,  aogez.  voo  L.  Züro 767 

Brugmann,  K.,  GroodriB  der  vergleicheodeo  Granmatik  der  indogermaai- 
sehen  Spracbeo,  Band  II:  Lehre  von  den  Wort  formen  nod  ihrem 
Gebrauch,    Teil   I:    Allgeneines,  ZnsammenseUung   (Komposita), 

Nomioalstamme,  2.  Auflage,  enget,  von  H.  Ziemer 654 

Budde,  G.j  Zur  Reform  der  fremdspraeUieben  schriftlichen  Arbeiten  an 

den  höheren  Knabenschulen,  angez.  von  0.  Josupeit     .     .     .     .     63 
Budde,  G.,  Die  Theorie  des  fremdsprachlichen  Unterrichts  in  der  Herbart- 

schen  Schule,  angez.  von  A.Busse 810 

BiUla^'fTobst,  T/l,  s.  Excerpta  historic«. 

Capeik,  9^.,  Epiktet.    Handböchlein  der  Moral.   Mit  Anhang  ausgewählter 

Fragmente  verlorener  Diatriben,  aogez.  von  A.  Jonas    .    .     .     .  382 
Capitame,  W,,  s.  G.  Rauschen. 
CkarUty,  S.,  s.  K.  Kuhn. 
Cükn,  L.,  8.  Philo. 
C^mrad,  H.,  s.  Shakespeare. 

Cornelius,  K.,   Leitfaden   der    deutschen   Literaturgeschichte    in  Fragen 
und  Antworten  mit  Angabe  des  Inhalts  und  des  Grandgedankens 

der  Dichtungen,  angez.  von  K.  Kiozel 723 

Crouset,  P.,  Maitres  et  Parents,  ^tude  et  enquete  sur  la  Cooperation  de 

Teeole  et  du  lycee  avec  la  famille,  angez.  von  A.  Lange  .     .    .  370 
Curtius,  G.,   Griechische   Schulgrammatik,    25.  Auflage   von  R.  Meister, 

aogez.  von  A.  Fritsch 539 

Möge,  /.,  s.  Precis  de  grammaire  frao^aise. 

Dessoir,  M.,  Ästhetik  uod  allgemeioe  Kuostwisseoschaft  in  den  Grund- 

zngeo  dargestellt,  angez.  von  R.  Lehmann 508 

Deitwaiier,  P.,    Didaktik    und    Methodik    des    lateinischen    Unterrichts, 

2.  Auflage,  angez.  voo  H.Ziemer 651 

Ikuticke,  P,  s.  VergiL 

EMing,  Ph.,   uod    Chr,  Gruber,  Neuer   Atlas   für   Handels-  und    kauf- 
minoische  Fortbildungsschulen    mit   besonderer  Berücksichtigung 
der  Handels-und Wirtschaftsgeographie, angez. voo  K.  Schlemmer  792 
Endemann,  G.,  s.  J.  C.  Aodrä. 
Engel,  E.,  Geschichte  der  deutscbeo  Literatur  von  den  Aofängeo  bis  in 

die  Gegenwart,  2  Bände,  aogez.  von  P.Schwarz 472 

Excerpta  hütorica.  Vol.  11:   Excerpta  de  virtutibus  et  vitiis  pars  I,  ed. 
Th.  Bnttner-Wobst,  editionem  curavit  A.G.Roos;  Vol.  IV:  Excerpta 
de  senteotiiSy  ed.  U.  Ph.  Boissevaio,  angez.  von  W.  Cröoert  .     .  741 
EceTM  uod  fFaU,  Lesebuch  für  höhere  Lehraostalten,  VII:  Obersekuoda, 

aogez.  voo  C.  Heioze 320 

Fischer,  ff.,   Schulatlas   für  Anfangsunterricht   und  Mittelstufen,   aogez. 

von  R.  Schlemmer 790 

Gekrke,  s.  L.  Mackeosen. 

Cforges,  lt.  E.,  Lateioisch- deutsches  Wb'rterbach,  10.  Auflage,  und  Deutsch- 
iateioisches  Schulwörterbach,  8.  Anflöge,  angez.  von  0.  Morgen- 
stern    ' 736 


TI 

Seite 
Gerigk,  H.,  Katecbismuserkläraof,  ang^z.  von  H.  Hoffmao ■  ....  719 
Goethes  Werko,  heraasgegebeu  voo  p.Heioemaoo,  aogez.  von  L.  Zürn  3]5.  529 
QotUhes  Werke  fdr  Schule  und  Haus,  mit  LebenabeAchreibaug,  fiioleitangeD 

and  Anmerkangen   herausgegeben    von   0.  HeUinghanSi    3  Bände, 

aogez.  von  A.  Fahrer 531 

Goethe,   Reinoke  Fachs,  mit  £inleitoog  und  Anmerkaogen  versehen  von 

K.  Reissenberger,  aoges.  von  B.  Arnold 637 

Goethe,  Iphigenie   aof  Tauris,   mit  Einleitung   und  Anmerkangen   von 

H.  Morsch,  angez.  von  B.  Arnold 637 

Goethes    Gedaokenlyrik,    für    Schale    and    Haas    heraasgegeben    von 

A.  Matthias,  aoges.  von  W.  Baader 646 

Go9thßs    (ledaqkenlyrik,    heraasgegeben    von    P.   Lorentz,    angez.    von 

B.  Arnold 647 

Götz,  H,f  «od  G.  f^etutein,   Lehrbneh   der   Physik,   6.  Auflage,   angez. 

voo  R.  Schiel 406 

Grälz,  L,,   Das  Licht  und  die  Farben,  2.  Auflage,  angez.  voo  R.  Schiel    69 
GrüMehl,  E.,    Ausgew'ahlte    physikalische   Schiileraufgabeo,   angez.  von 

M.  Nath 491 

Gruber,  Chr.,  s.  Ph.  Ebeling. 

Gumtieh,  j4,,  Grnndrifi  der  Sittenlehre,  angez.  von  R.Jonas.    .     .    .711 

HardeTy  Fr,,    Worden    und    Wandern    unaerer   WSrter,    etymologiaehe 

Plaadereieo,  3.  Auflage,  angez.  von  H.  Böhm 329 

Härder,  Chr,,  s.  Thnkydides. 

Haytn,  R.,  Die  Romantische  Schale,  2.  Auflage,  angez.  von  L.  Zürn  60 

Ueerwag^en,  U,y  Sämtliche  Schulreden,  herausgegeben  von  Pb.  Thielmann, 

aogez.  von  H.Stich 25 

Heäboriif  A.,   Die   deutschen    Kolonien   (Land   und   Leute),  angez.  von 

K.  Sehlemmer 337 

Heinemann,  F.,   Goethe-Brevier,   Auszug   aus  Goethes  Briefen    und  Ge- 
sprächen nebst  einem  Zitatensehatz  aus  Goethes  Werken,   angez« 

von  P.  Lorentz 54 

Heinenumn,  0.,  s.  Goethe. 

Hememann,  0.,   Handbuch   über  die  Organisation    und  Verwaltong  der 

staatlichen,    staatlich    verwalteten    und    ataatlich    unterstützten 

Unterrieb tsaostalten  in  Prcuflen,  in  lexikalischer  Form  bearbeitet, 

angez.  voo  M.  Math 747 

Hellinffhaus,  0.,  s.  Goethe. 

HelmoU,  H,,  u.  a.,    Weltgeschichte,   Band  VI :   Mittel-  und   Nordearopa, 

aogez.  voo  E.  Stutzer 679 

Herders  Philosophie.    Auagewählte  Denkmäler   aus   der  Werdezeit  der 

neaeo   deutschen  Bildung,   heraasgegeben  von  H.  Stephan,   angez. 

von  G.  Jaeoby .    30 

Hermann^  A,,  Fest  im  Takt!  Leichte  Topstöcke,  Sing«  und  Tanzweisen 

zum  Gebrauch  beim  Turnunterricht,  2.  Auflage,  angez«  von  G.  Riehm  833 
Hessdmeyer,   E,,   .Deutsch -griechisches    Schulwörterbuch,    angez.    voo 

A.  Grumme 559 

Heyne,  M.,   Deutaches  Wörterbuch,    Band  11  uud  Ol,   2.  Auflage,   angez, 

von  F.  Weidling ,     ,     .    ,     , ,    ,     ,     r    ,     ,     .     .  721 

Hö/ter,  ^.,  a.  F-  Pjoske. 


HöfUr,  Fr,^  s.  Paldasiu . 

Bobnatm,  £.,    Padagogiiehe    Psyebrioyie,    dargeiteHt    ooter    BeHi^- 

lichtifatt^  der  abrigea  GrandwiiaMtskafteB  d«r  Pidago^  sowie 

ütrer  GreBxWiMdaiehaflea^  aof ei.  ro»  R.  Joaa« .712 

BobamnuTj,  /..  ü^  s.  J.  Schütter 

Hitrttms,     Canbiaa'    ree.    F.    VeHoier,    edilio     Mtiori     äuget,    vdi 

E.  Sehweickert ;    .    .    .  73] 

mur^  8.  Se^oklea. 

Jacob,  K.,   QaelleaLsode  der  deutiehen  •Geaebiehte,  1.  Baad,   aagez.  voa 

R.  Jahake •..../ 787 

Jaeoty,  G^  Herdera  aad  Raata  Aathetik,  aagex.  too  B.  J.  MSUer  *  .  722 
JiAns,  M^  Feldmanehall  Moltke,  2.  Auflage,  aages.  roa  A.  Paaek  .  .  56S 
JaneU,  iSK.«  ^itagewiUU  hitehriftBaj- grieehlieh  ttad^  deataeh,  aogez.voa 

E.  Dopp    .•.,.••«.«.». .    62 

Kaegi,  ^.,    Grieckiseiiea    Cbnagabueh,    HI.  Teil:    ZvaanmeDhäagoade 

deaUeh-grieehiaelie  Obna^aalfiake,  a»goa.  voa  H.Me Itaer  .    .    .331 
Kaibel,  G.,  a.  A.  Wilhelm. 
Serstm,  JF.<,  Lateiaiadieafileiiieatarhaeh  RKr^RefenBaehalea,  aagez.  von 

O.  Vogt ^    .    .    .     - 776 

^hdi,  Fi,  a.  Sehiller. 

f!UJe,.H.^  Waldeafela  aad  aeiae  Greaadiere^  eia  Beitrag  cur  Geachichte 

der  Belagemag  Kolberga  itt  Xahre  1607,  aagex.  von  J.  Heliag  .  821 

ßm,  G.,  a.  K.  ^imrock.  

A'feOar,  J,f  uod  #<  Sc&gffkr,  Pbysil  für  die  Oberatufe,  2.  Auflage,  aagea. 

voa  R.  Sehiei  .    .    .    <    .    r    ^    .     .    . 793 

^jr,  Th.,  Bibliache  Geachieh(e,  Teil  I  ia  4.  Auflage,  Teil  11  ia  2.  Avf-^ 

läge,  äages.  voa  A.  Biea>ward    .    , 40 

iRtTf  G,  A,y  Chriatliehaa    Gapaagbacb  für  -höhere  Uaterriehtflaaataltea, 

12.  Aaflage  voa  P.  MiSlleBiiefeii,  aagiez.  tod  R.  Boetticher    .    .  360 
l^pPf'O.,  Geachichtoii,  ebaraklariatiaehe  Zage  aad  Sagen  der  dentacheo 

Volkaatäome,   3  Baode  in  2  Baode  geboadea,  2.  Auflage,   aagea. 

?0B  L.  Zuro 743 

Kbity  ^.,   Qoaeatioae«  PHaiaaa«  geographieae,  aagei.  von  0.  Waoker- 

ai  a  a  D ' .    .     .     i     .  366 

h'iUHikt,  E.y   Lehrbaeb  dar'  Geaehiebte  fa^  obere  Klaaaen  hSherer  Lehr- 

aMtaltea,  Teil  II:  Rflmiaeie  Raiaerieit,  Dentaehe  Gesehichte  bia 

xnia  Eado  dea  DreiBigillhrigeo  Kriegoa   (Lehranfgabe  der  Unter* 

prima),  aagez.  von  G.  Relohardt 660 

Knopt^  K^  8.  Roppe-Hnaauian..         •     •     • 

floeh,  F.  j.f  LeitMea   der'  katholi^ebea  Apologetik  anm  Gebrauch  Tor 

Hittelachulen,. aagez.  voa  B.  Häffmaan 719 

ifoeA, /.,  8..  Seheak. 

KanigUcbiB  MiblioiAek  zn  Berlin,  AIpbabetiaebea  Verseichoit  der  laufenden 

Zeitachriften,  aagea.  raa  R.  CJllrieh ,•....     34 

^cfpe-Husnuunif  Aafangagrüade   der  Phyaik.  mit  Einschluß  der  m^the- 

matiaeben   Geographie  «mL  Chemie,   3iJ  Auflage   von   R/Knops^    • 

aagez.  TOD  R.  Schiel  '   :    .    '.    .'   i'  .    .    .    ,    .•    .    ...    .    GS 
h'Ötier,  8.  B.  Schulz.  


YIII 

Krebs,  E.,   Abregt   de   Thistoire   de   litt^ratare   frao^aise  de  Corneille 

a  DOS  jours,  aogez.  von  0.  Josopeit 7b3 

KromayeTy  J,,  Antike  Schlachtfelder  in  Griechenland,  Band  II:  Die 
bellenitftisch-rSmiaehe  Periode  von  Kynoskophalae  bis  Pbarsalos, 
angez.  von  F.  Renß 686 

KUhnf  F.f  Fragen  und  Antworten  ans  dem  Anfangskapitel  der  Planimetrie, 

angez.  von  M.  Nath  .    .    . 746 

Kühn,  K,,  and  S.  Charlity,   La  France   litteraire,   extraita   et  histoire, 

angez.  von  A.  Rohr 333 

Ladendorf,  0.,  Historisches  Schlagwö'rterbuch,  angez.  von  F.  Weidliog  648 

Ladewig f  Tk.,  s.  Vergil. 

Lagarde,  L.,  a.  M.  Le  Tooroaa. 

Lehntann,  M.,   Freiherr  Tom  Stein,  3.  Teil:   Nach  der  Reform,   angez. 

von  F.  Neabaaer 403 

Lehmann,  R,,   Oberlicht  über  die  Entwickelnng  der  dentachen  Sprache 

und  Literatnr,  5.  Auflage,  angez.  von  A.  Zehme 52 

Lehmann,  R.,  Deutsches  Lesebuch  für  höhere  Lehranstalten,  Anhang  für 
die  Provinz  Schlesien  von  Altenbarg  und  Mnth,  angez.  von 
C.  Heinze 319.  483 

LeMMing,   Minna   von  Barnhelm,    mit  Einleitung   nnd  Anmerkungen    von 

A.  Zehoe,  angez.  von  B.' Arnold 637 

Leubuschert  G,,  Schularztlatigkeit  und  Schnlgesnndheitspflege,  angez.  von 

F.  Sattig 834 

Link,  TA.,   Granmaire  de  recapitulation  de  la  langne  fran^aise,  angez. 

von  E.  Meyer 778 

Lohse,.G.',  s.  H.  Steuding. 

Loos,  J.,    Enzyklopädisches    Handbuch    der    Brsiehuagskunde,    Band   I, 

angez.  von  F.  Fügner 364 

Lürcher,  E,,   firlSnterungen   zum  4.-6.  Band   des  Deutschen  Lesebuchs 

für  die  höheren  Schulen  Württembergs,  angez. von  L  Imendörffer  528 

Lorent%,  P,,  s.  Goethe. 

Luckenbach,  £f.,  Kunst  und  Geschichte,  Teil  II:  Abbildungen  zur  Deut- 
schon Geschichte,  2.  Auflage,  angez«  von  G.  Reinhardt     .     .    .  468 

Ludwig,  U.,  Phraseologie,  unter  Berücksichtigung  der  Sprichwörter  und 

Fremdwörter  zasauimengestellt,  angez.  von  G.  Stegmann  .    .    .  534 

Lyon,  0.,  und  AT.  Sehed,  Aufgabenbuch  zur  Grammatik,  Rechtschreibung 
und  Zeichensetzung  (Unter-  nnd  Mittelstufe),  nach  dem  Handbuch 
der  deutschen  Sprache  für  höhere  Schulen  bearbeitet,  angez.  von 
P.  Wetzel 524 

Macaulay,  Five  Speeches  oo  Parliamentary  Reform,  herausgegeben  von 

0  Thiergen,  angez.  von  H.  Truelsen 484 

Mackensen,  L»,  Lehrbuch  der  Geschichte  für  höhere  Lehranstalten,  auf 
Grund  der  Gehrk eschen  Grundrisse  der  Geschichte  verfaßt, 
Teil  V— VII  (Ohersekunda— Oberprima),  angez.  von  Th.  Sorgen - 
frcy 666 

Mariinj  P,,  und  0.  Thiergen,  En  France.  In  Frankreich*  Ein  Führer 
durch  die  Sprache  und  das  Land  der  Franzosen,  angez.  von 
F.  J.  Wershoven 336 

Matthias^  j4.^  9.  Gpethc. 


IX 

Seit« 
Mattküu,  Tky  s.  H.  Steodiig. 
MaUküu,  Tä,,   Spraehiebeo  aad  Sprachschadeo,   eio  Fährer   darch   die 

Sebwanknai^ea  uad  Sehwierigkoiteo  dei  deatsehea  Sprachgebrauchs, 

3.  Auflage,  anfex.voa  K.  Sc heffler 526 

MeuUr,  R.,  i.  G.  Curtiai. 

Ming9,  H.f  Lateiaiaeh-doQtachea  Schalwörterboeh   mit   besoaderer  Be- 

riiekaichtignag  der  Etymologie,  aages.  voa  0.  Morgeaatero     .737 
Merimee,  P.,  Golomba,  ia  gekarxter  FaaaoDg  heraoagegebea  oad  erklärt 

voa  0.  Sdimager,  3.  Aaflage,  aagez.  voa  E.Meyer 67 

Matrer,  K,  Praazotische  SyaoDymik,  mit  Beiapielea,  etymologiaehea  Ab- 

gabea  and  zwei  Wortregister a,  5.  Aaflage,  aages.  voa  E.  Meyer  400 
MSUer,  £'.,  a.  F.  A.  Schmidt. 
ItöUan,  A.^  s.  H.  Boraecqoe. 
MoUerCf   L'Avare.     Aaalyse,   etode   et   commeotaire   par   H.  Beraard, 

aagez.  yoa  B.  Meyer 66 

MüUere,  L'Avare,  für  dea  Schalgebnoch  heraasgegebea  voo  W.  Spiett* 

stoBer,  aagez.  voo  E.  Meyer ^99 

Vorsehf  H.,  s.  Goethe. 

MUOmnefenj  />.,  s.  G.  A.  Kiix. 

MüBer,  J?.,  oad  F.  Pieizker,   Becheoboch   für  die   naterea  Klastea   der 

hSherea  Lehraastaltea,  Vorstufe  zu  den  Aofgabensammlaagen  von 

Bardey  and  Miiller-Ratnewsky,  3  Hefte,   aagez.  voo  A.  Kallius  749 
Muller-Erzbachj  A^.,    Physikalische   Aufgaben,   3.  Auflage,   aagez.  voa 

R.  Schiel 406 

Muth,  s.  R.  Lehmaaa. 

iYojvf,  S»  if.,  Dentscber  Literataratlas,  die  geographische  aad  politische 

Verteilaag   der  deatschea  Dichtuag   ia   ihrer  Eatwicklong  nebst 

eiaeas  Aahaag  von  Lebeaskartea  der  bedentendsteo  Dichter,  aagez. 

von  K.  Riazel 725 

.VaU,  Jf.,     Schalerverbiadoagea    oad    Schülenrereiae.      Brfabruagea, 

Stodiea  und  Gedanken,  angex.  voa  H.  Morsch 13 

yeunumtij  L,^  s.  A.  Philippson ;  W.  Potz. 

^odnagdy  L.,  Das   hShere  Schalwesea  im  Grofiherzogtom  Hessen.    Ge- 
setze, Verordnaagen  oad  Verfagoagea,  1.  and  2.  rVachtrag,  angez. 

von  M.  Nath 361 

A'oeer,  /.,   aad  J.  Wägn»  a.  s.,   Germaaische    Volkssagea,    2.  Aaflage 

(Uasere  Vorzeit  lU),  aagez.  von  G.Siefert 769 

Nowtck,  Fr,,  s.^H.*SteadiBg. 

Pathttty,  P.j  Aafgabea  über  dea  religiösen  Unterrichtsstoff  der  hSheren 

Schoien,  Heft  II:  Aufgaben  über  das  Neue  Testament,  Abteilung  I: 

Die  Evaagelien  nnd  das  Leben  Jesu,  aagez.  von  A.  Jonas      .    .516 
Pohl  Fy  84  B.  Schulze. 
Ptddßmus  aad  ScholdertTf  Deutschet  Lesebneb  für  höhere  Lehraastaltea, 

neu  herausgegeben  von  Fr.  Höfler  und  0.  Winneberger,  VII.  Teil: 

fnr'Obersekuada  voa  Fr.  Höfler,  aagez.  voa  K.  Bndemann    .    .  324 
Pauboiy  F,,  Das  deutsche  Bilduagswesen  in  seiner  geschichtlichen^Ent- 

wicklnngy^oogM*  von  R.Jonas    .... 766 

P«<ri^,'^lf.,^Paul 'Gerhard,  seiae  Lieder  uod  seiae  Zeit,  eio  Beitrag  zur 

Gesehichte  der  deutschen  Dichtung  und  der  christlichen  Kirche, 


X 

Seite 

aaf   Grand    ueuer    Foi'schuugea    uud    Eutdeckuogea,    8d^i.  tob 

M.  BodensteiD^    . 519 

Pfiffe,  M.y  s.  äarraa. 

PfleidereTj  O.y  Reli^oo  oad  Rdligioneo,  ingez.  voo  A.Jona«  .    .    .    .    45 

Pßeiderer^  0.,    Die  Eotfltehuog  des  Christeotans,  2.  Auflage,  aogM.  von 

A.  J  0  n  a  a 626 

Philippsany  ^.,    Earepa,    2.  Auflage  des  von  A.  Phiüppsoo  vad  L.  Net- 

maoD  verfaßten  Werkes,  aitgec.  von  A.  RohrmabU 405 

Phibnis  Alexandriol  opera  qnae  snpersonty  ed.  L.  Coho,  Teil  iV  und  V, 

angez.  von  W.  Crönert ....*....  39S 

Piehker,  F.,  ^.H.  MäHer. 

PliUsy  B.f  Unsere  Getreidearten  und  Feldblnmeo,  3.  Aoflage,  «ngez.  voo 

M.  Paeprer .    .    .  492 

Pnimoer,  0,^  a.  Bilder,  atts  dem  Alten  Berli». 

Poike^  F.y  Oberstafe  der  Natnrlehre  (Physik  nebst  Astronomie  nd 
matfaematischer  Geographie).  Naeh  A.  H^flers  Natorlehre  für  die 
oberen  Klaasen  der  österreichischei  Mittelsehtlen  bearbeitet  fär 
höhere  Lehranstalten  des  Deutsehen  Reiehes,  angez;  von  E.  Gold- 
beck        ............  098 

PraSeky  J.  y.y  Gieschiehte  der  Medisr  und'Perser  hie  znr  makedonisohen 
Erobernog,   Band  I:   Gesehlchte   der  Medelr   and   des  Aefofaa  der 

Läoder,  angez.  von  P.  Renfi 485 

Preeir  de   gr*umaire   franfäise,   tradoit   de   Talieioand    p'ar  J.  DeUge, 

-    •>     aa^ea.  vonE.-Mey  er  •    .     .•    .    .     ..•..•.    .•  .    .     .     .     .    67 
Prein,  0.,  Nachtrag  zu  Aliso  bei  Oberaden,  neue  Forschongen  und  Ver- 

nutoogeo,  angez.  von  H.  Eiokhoff  .    .  •  .  691 

Preu/Sf  H.y  Die  Entwicklang  des  detttfohen  Städtewesen«,  Band  I:  Ent- 
wtekludgBgesohichte   der   deutschen  StSdteve^faesoog,  aogez.  von 

O.Genest    .•.•... 693 

Probst,' H.,  Deatselie  Redelehre,  3.  Auflag«,  aagec.  von  O.Weise     .     .60 
Prohoieiy  Aufgaben  aas  Lessitogs  Hamburgischifer  Drainatorgie,  Inhalt  der 

Dramatnrgie  and  Beispiele  zur  Drauiatofgie,  angez.  voo' W.  Böhme  775 
Proseh,  F.,   Getefaichte  der  deutschen  Dichtung^   Teil  III:  Von  Schillers 

Tode  bis  zur  Oegeowart^  2.  Auflage,  aögez.  von  B.  Arnold     .    .  645 
Puitz,  APV,    Lehrblich    der    vergleicheoden   Erdbeschreibung,    18.  Auflage 

von  L.  Neumann,  aagez.  von  A.  ßtudan 564 

PiU9^^  ^.,  Leitfaden  der  vergleichenden  Brdbesebreibuag,  27.  und  28.  Auf- 
lage von  L.  Nenmaon,  angez.  voo  A.  Blndau 564 

Radczunil^  M.y  s.  F.  a;  Sdhnidt,    ' 

Rauschen,  G.,  üod   W.  Capitttin»^   Lehrbuch   der  katholisehen    Religion 
fiic  dio  oberen  KUsseo   höherer  Lehraostalten,   Teil  i:    Kircheo- 
geschichte  von  G.  Rauschen,  angez.  von  H.  Ho  ff  mann    .     .     .     .  635 
Reidt,  ,F^  Anleitdog  zum  mathematischen  Uofcerrioht  an  höheren  Schulen,* 

2.  Aufläge  .von  H.  Schotten,  angez.  von  II.  Nath    .  .  '  .     .  568 

Reiriy  W,y  Eozyklopidisches  Haudtuch  der  Pädagogik,  2.  Auflagt,  angez. 

von  Th.  Ziegler 16 

Räiisenberger,  K., .  s.  fioethe « 

Reuters    Werke,     herausgegeben     von     W.    Seelmann,     «aagez.    von 

C'Kru&e      ^    ...    *   ^    .•....•*.....  327 


XI 

RiehoHf  Etni^  Perlaa  franzotiieher  Poesie  (36)  \oii  Coroeille  bis  Copp^ 
oebst  etoem  Anhang  von  Obersetzaogeu  Uentseher  Gedichte  (Ö), 
eioer  Verslehre  io  deutscher  and  französischer  Sprache  und 
einem   harzen  Oberblick    über   die  Geschichte    der  französischen 

LKeratar,  2.  Auflage,  angez.  von  A.  Punck 65 

Roeten,  K.,  Lehrbuch  der  Physik,  angez.  von  fi.  Höhnemann.    .     .     .  572 

Rcesen,  J?.,  Ergäoznofen  zom  Lehrbuch  der  Physik,  angex.voa  E.  Höhne- 
mann    » 572 

Roller  fK.^  Hausaofgaben  and  höhere  Schulen,  aDgez.von  H.  Koeoigsbeck  761 

i7oof,  j4,  G,^  s.  Escerpta  historica. 

RothMteutf   G.y    Uoterrieht    im    Alten   Testament,   2   TeiTe,    angei.  von 

R.  Niemann 631 

&eAi,  R.,  s.  G.  Snnd. 

wn  SaUwurky  E.,  Die  didaktischen  Normalfomen,  3.  Auflage,  angez.  von 

A.  Hübler 23 

Sandj  G.y  La  petite  Padette,  herausgegeben  und  erläutert  von  K.  Sachs, 

2.  Auflage,  angez.  von  fi.  Meyer 7^0 

Sannemann^  Fr.^  Die  Musik  als  Unterrichtsgegeostand  in  den  Evaogeii- 
sehen  Lateioschnlen  des  16.  Jahrhunderts,  ein  Beitrag  zur  Ge* 
sebiehte  des  Schulgesanges,  angez.  von  H.  B  ick  ho  ff      •     .     .    .     69 

Schäfer,  /.,  s.  J.  Schuster. 

SckafheüUnj  P.,    Synthetische   Geometrie   der   Kegelschnitte,    für   die 

Prima  höherer  Lehranstalten,  angez.  von  M.  Nath 697 

SchapeTf  C,  a.  Vergil. 

Scked,  JSK.,  8.  0.  Lyon. 

Scheel^  ff^.,  Zar  Geschichte,  angez«  von  L.  Zürn 679 

SeAenk-Kochy  Lehrbuch  der  Geschichte,  Teil  I:  Sexla,  Lebeosbilder  ans 
der  vaterländischen-  Gcsohioblc,  3.  Auflage;  Teil  V:  Obertertia, 
Deutsche  Geschichte  vom  Zeitalter  der  Reformation  und  PreuBische 
Geachichte  bis  zum  Jahre  1740,  2.  Auflage,  anges.  von  A.  Re imao  n  558 

Seheakly  ff.,  s.  K.  Schenkl. 

Schenkt j  AT.,    Griechisches   Elementarbucb,   20.  Auflage   von   H.  Schenkl 

und  Fl.  Weigel,  aogez.  von  G.  Sachs e .  542 

Schüler,    Don  Carlos,    mit  Einleitung   uad  Anmcrkongen    versehen    von 

P.  Khail,  aagez.  voB  B.  Arnold 636 

Sckälmamiy  Vorschule  der  Geschichte,  für  die  beiden  untersten  Stufen 
des  Geschichtsunterrichtes  an  höheren  Lehranstalten,  10.  Auflage 
von  F.  Zurbonsen,  angez.  von  0.  Genest 402 

Schlemmer,  K,,  Leitfaden  der  Erdkunde  für  höhere  Lehrnnstalten,  Teil  I 

und  II,  3.  Auflage,  angez.  von  J.  Heling 827 

Sehmagrer,  0.,  s.  P.  Merim^e. 

SehmeM,  Chr.,  Rechenbuch  für  höhere  LehransUlten,  Teil  1:  Das  Rechnen 
mit  ganzen  Zahlen,  gemeinen  Brüchen  und  Dezimalbrüchen, 
6.  Auflage;  Teil  II:  Die  bürgerlichen  Recboongsarteo,  5.  Auflage, 
angez.  von  A.Kall  ins 570 

Schmdsie,  K.,    Deutschland,    nach    neuen    methodischen  .Gesichtspankteo 

für  Schüler  höhisrer  Lehranstalten,  ssgisz.  von  K.  Schlemmer   .  787 

Sehmieder,  A,,  Natur  and  Sprache,  eiue  Sprachlehre  für  Denkfreonde  io 

Sefaole  uad  Haus,  angez.  von  0.  Weiae 383 


XII 

S«it6 

Schmidt,  F.  j4.,  K.  Müller,  M.  Radczwül,  Schönheit  üüA  Gymoastik,  drei 

Beitrüge  zar  Ästhetik  and  LeibeierziehuDg,  aogez.  vod  G.  Riehm  795 
.  Schmus,  /.,    Lehrbach   der   katholischeo    Religioo,   zam   Gebrauche   in 
SemiDarscholeD    aod    io    deo    mittlereo    KJaaaeD    höherer   Lehr- 

aoatalteo,  aogez.  von  H.  Gerig k 770 

Schmits'Mancyf  s.  B.  Scholz. 

Schoeler,  E.,  i.  Th.  Zieliniki. 

Schulderer y  8.  Paldamua. 

Schotten,  H.,  a.  F.  Reidt 

Schröder,  ff\    Erziehaoga-  uod   Uoterrichtalehre    fdr   Gymnasien    aod 

Realachaleo,  6.  Aaflage,  aogez.  von  H.  F.  Möller 17 

Schubert,  a.  Sophokles. 

Schälke,  A.,  Aafgabeosammlang  aaa  der  Arithmetik,  nebst  Anwendungen 
aaf  das  bürgerliche  Leben,  Geometrie  and  Physik,  Teil  I:  Für 
die  mittleren  Klassen  höherer  Lehranstalten,  angez.  von  M.  INath  697 
Schuh,  B,,  Deutsches  Lesebuch  für  höhere  Lehranstaltea,  nea  heraus- 
gegeben von  Schmitz -Mancy,  Köster,  Weyel,  Band  I:  für  die 
unteren  Klassen,  14.  Auflage,  Band  II:  für  die  Mittelklassen, 
12.  Auflage,  Band  III:  Oberaeknnda,  angez.  von  E.  Naumann.  .  643 
Schuhe,  E.,  und  F.  Pohl,   Mathematische   Aufgaben,  Teil  II:   Aufgaben 

für  die  Oberstufe,  aogez.  von  M.  I^ath 490 

Schuster,  H,,  Der  erste  Korintherbrief,  nebst  einem  Anhang:  Ausgewählte 

Kapitel  aus  dem  2.  Korintherbrief,  angez.  von  A.  Bienwald  .    .  717 
Schuster,  /.,  und  /.  B,  Holsammer,  Handbuch  zur  Biblischen  Geschichte, 
6.  Auflage   von    J.  Selbst  und  I.  SchÖfer,   angez.  von    H.  Hoff- 
mann     41.  634 

Seidely  P.,    Hohenzol  lern -Jahrbuch,    10.  Jahrgang   (1906),    angez.   von 

E.  Heydenreich 669 

SeWH,  /.,  a.  J.  Schuster. 

Severtis,  M,,  Der  Notstand  des  deutschen  Unterrichts  in  den  oberen 
Klaasen   unserer   höheren  Schalen,   eine  Schrift  für  Lehrer  und 

Laien,  angez.  von  P.Geyer 521 

Shakespeare,  Julius  Caesar,   Oberaetsung  von  A.  W.  Schlegel,  revidiert 

von  H.  Conrad,  angez.  von  H.  Truelaen 484 

Siebert,  P,,  Bibelkunde  für  höhere  Schulen,  angez.  von  A.  Bienwald   .519 
Simrock,  K,,   Ausgewühlte  Werke  in  12  Bünden,   mit  Einleitungen  und 
einer  Biographie  des  Dichters  herausgegeben  von  G.  Klee,  angez. 

vonM.Nietzki 532 

Sophokles*  Oidipus  Tyrannos,  3.  Auflage  von  Schubert  und  Hüter,  aogez. 

von  W.  GemoU     .     •     , 546 

Spanier,  M.,  Zur  Kunst,  ausgewühlte  Stücke  moderner  Prosa  zur  Kaost- 

betrachtung  und  zum  KunatgenoB,  angez.  von  K.  Gomolinsky  .  511 
Spengd,  A,,  s.  Terentius. 
Splettstq/Ser,  fT.,  s.  Meliere. 

Steiner,  B.,  Sappho,  angez.  von  F.  Bucherer 728 

Stephan,  H,,  s.  Herder. 

Steuding,  H,,  Deutsches  Lesebuch  für  sächsische  Gymnasien,  5.  Abteilung 
für  Obertertia  von  Fr.  Nowack,  6.  Abteilung  für  (Jotersekuoda 
bearbeitet  im  proaaischeo  Teile  von  Th.  Matthias,    im  poetischen 


IUI 

Seit« 

Teile  von  6.  Loie^   7.  Abteilaog  für  OberBeknnda  bearbeitet  von 

Tb.  Matthias,  angez.  von  C.  Heinze  und  K.  finde  mann  .  321.  644 
Strecker,  AI,  Ekkeharda  Walthariaa,  aogez.  von  F.  Knntze  .  .  .  .  771 
StürmeTy  Fr.^  Die  Etymologe  im  Spraehnntarrieht  der  hlSkeren  Seknle, 

angez.  vob  0.  Weiae .....••  885 

Stutzer,  E^  Kleiner  Leitfaden  fnr  den  apraehliehen  Unterricht,  inaonder- 

heit  far  den  dentaehen,  2.  Auflage,  ao^ez.  von  H.  Bepemann.  .  49 
Terentiusy   Adelphoe,  herausg^egebeo  von  A.  Spengel,  2.  Auflag,  aogez. 

von  M.  Niemeyer 657 

Tkieley   R,,    Daa    Fomm    Romannm,    mit    beaonderer    Beriickaichtignng 

der   neneaten    Aasgrabaogen   geadiildert,   2.  Anflage,  angez.  von 

A.Zehme 739 

Thidmann^  Ph.^  a.  B.  Heerwagen. 

Thiergai,  O.,  a.  P.  Martin;  Maeanlay. 

Thters,   Expedition  d'Egypte,   heranagegeben  von  F.  Weyel,  angez.  von 

H.  Trnelaen  and  F.  J.  Weraboven 483.554 

Thukifdidesy   Ausgewählte  Abaehnitte    für   den  Schnlgebraneh  bearbeitet 

von  Chr.  Härder,   Teil  0:   Schälerkommentar,   2.  Auflage,   angez. 

von  S.  Widmann 536 

Le  ToumaUy  M,,   et   L.  Lagofde,    Abr^^   d'hiatoire   de   la   litt^ratnre 

fran^iae,  aogez.  von  0.  Joanpeit 557 

f.  Treitsekkey  ZT.,    Ausgewählte  Schriften,  2  Bände,   aogez.  von  L.  Zürn  676 
Vergüy  Gedichte,  erklärt  von  Th.  Ladewig  und  C.  Schaper,  1.  Bändchen : 

Bnkolika  und  Georgien,  8.  Auflage  von  Paul  Deuticke,  angez.  von 

O.  Morgenatern 813 

roAett,  /.,  Ästhetik  des  Tragischen,  2.  Auflage,  aogez.  von  L.  Zürn      .  317 
VoürneTy  F.,  s.  Horatius. 

FoÜrner,  F.,  Die  Oberlieferuagsgeschichte  des  Horaz 731 

Vorländer,  iT.,   Kant-Schiller-Goeüie,   gesammelte   Aufsätze,  aogez.  von 

G.  Jacoby 386 

Jf^adsemagely  W,y  Poetik,  Rhetorik  und  Stiliatik,  3.  Auflage,  angez.  von 

P.  Geyer 521 

Wagner y  /.,  a.  J.  Nover. 

WattheTy  ß.y  Inhalt  und  Gedankengang  dea  Evangeliuma  nach  Johannea, 

angez.  von  A.  Bienwald 717 

fFalt,  a.  Evera. 

ff'q/Smanny  E.,    Der   biologische   Unterricht   an    den   höheren   Schulen, 

angez.  von  H.  Hoffmaon 720 

Webery  G,  H,,   Metbodik   des  Turnunterrichts  für  Knaben  und  Mädchen 

in  Volks-  und  Mittelschulen,  4.  Auflage,  angez.  von  G.  Riehm    .  829 
Weber,  G,  ff.y   Müochener  Spielbnch   für  Knaben-  wie  Mädchen -Volks- 
und Mittelschulen,  angez.  von  G.  Riehm 832 

Wegener,  H.y  Wir  jungen  Männer.    Das  sexuelle  Problem  des  gebildeten 

jungen  Mannes  vor  der  Che:  Reinheit,  Kraft,  Frauenliebe,  angez. 

von  F.  Sattig 376 

WerkmeiMteTy  E.,   Zwanzig   auagewählte  Psalmen,    Präparationen,   nach 

neueren  Grundsätzen  methodisch  bearbeitet,  aogez.  von  K.  Boet- 

ticher 630 

Weigd,  Fl.y  a.  K.  Schenki. 


Seite 
Wmw^  0,f  Deutsche  Sprach-  aQil  Stillehre,  eine  Anleitosg  zum  ricbtigeo 

Verständoif    und    Gebrauch    unserer   Muttersprache,    2.  Auflage, 

angez.  yoD  E.  Wasserzieher 326 

ff^e^enfds,  0.,   Auswahl  aus   den   griechischen   Philosophen,    Teil  11: 

Auswahl    aus    Aristoteles    und    den    nachfolgenden    Philosophen, 

angez.  von  H.  Gillischewski 543 

ff^enig^er,  Zr.,    Ratschläge  auf  den  Lebeasweg,   deutschen  Jünglingen  er- 
teilt, angez.  von  A.  Kulimann 29 

ff^ernle,  P.,  Paulus,  Gerhard,  angez.  von  M.  Bodenstein 520 

fß^estphal,  J.,   Das  evangelische  Kirchenbild  nach  seiner  geschichtlichen 

Eotwickelung,  2.  Auflage,  angez.  von  K.  Boetticher      ....  630 
Wet&fUin,  G.,  s.  H,  Götz. 
fFeyely  F.,  s.  Thiers;  B.  Schulz. 
Wiihdm^  A»,  Urkunden  dramatischer  Aufführungen  in  Athen,  mit  einem 

beitrage,  von  G.  Kaibel   herausgegeben,  angez.  von  W.  Crönert  393 
H^imwlmrger^  0.,  s..Paldamns. 

hinter,  G.,  Friedrich  der  Große,  angez.  von  M.  Hodermann      .    .    .  562 
fF'irtSy  C,  M,,  Leitsätze  zur  mathematischen  Geographie,  ein  Anhang  zu 

.  f\oe8en8  Lehrbuch  der  Physik,  angez.  von  £.  Höhnemann  .  .  572 
fFirz,  /.,  Rechenbuch  für  höhere  Lehranstalten,  angez.  von  A.  Kall  ins  571 
ff^obbermin^  G.,    Der  christliche  Gottesglaube  in  seinem  Verhältnis  zur 

heutigen    Philosophie    und    Natnrwisseoscbaft,   2.  Auflage,    angez. 

von  A.  Jonas 715 

ff^olff  (f.,  Bismarcks  Lehrjahre,  angez.  von  E.Stutzer 684 

Wrobel^  Ef  Obongsbuch  zur  Arithmetik  und  Algebra,  4.  Auflage,  angez. 

vonA.  Kallius    . 569 

ff^robelfE.,  Leitfaden  der  Stereometrie,  3.Auflage,  angez.  von  A.  Kallins  569 
ff^robelf  E.^    Übungsbuch  zur  Arithmetik  und  Algebra,    Teil  I:    Pensum 

der  Tertia  und  Untersekunda,  11.  Auflage;    Teil  II:    Peosnm  der 

,  Obersekunda  und  Prims,  augez.  von  A.  Kallius 569 

WiUker,  R.,  Geschichte  der  englischen  Literatur  von  den  ältesten  Zeiten 

bis  zur  Gegenwart,   I.Band,   2.  Auflage,    angez.  von  M.  Lissner  558 
ff^änschey  j4.,   Schöpfung  und  Sündenfall  des  ersten  Menschenpaares  im 

jüdischen    und    moslemischen  Sagenkreise    mit  Rücksicht    auf  die 

Überlieferungen  in  der  Keilschrift-Literatur,  angez.  von  A.  Jonas  313 
Zange^  F.,    Leitfaden  Tür  dm  evangelischen  Religioosunterricht,    ].  und 

2.  Heft,  2.  Auflage,  angez.  von  K.  Nieniann 514 

Zehme^  A,,  s.  Lessing. 

ZiebarUif  E.,  Kulturbilder  aus  griechischen  Städten,  angez.  von  A.  Firnck 

und  A.  Waechter 537 

Ziegler,  Th.f  Allgemeine  Pädagogik,  2.  Au  Hage,  angez.  von  H.F.Müller  506 
ZieUnski,    Th,,     Die    Antike    und    wir,    autorisierte    ßbersetznug    von 

E.  Scheeler,  angez.  von  H.F.Müller 535 

Zurbonsen,  f.,  s.  Schillmaun. 

Zurbonsen,  F.,  Anleitung  zum  wissenschaftlichen  Studium  der  Geschichte, 

nebst  Materialien,  augez.  von  0.  Genest 400 

Zurbonsen  F.,,  Quellenbnch  zur  brnndenborgisch-preußischen  Geschichte, 

2   Auflage,  augez.  vou  R.  Ja  linke 743 


IT 

DRITTE  ABTEILUNG. 

BERICHTE  Ober  Versammlungen,  Nekrologe,  miszbllen. 

Die  43.  Versammlwig  rheinisefaer  SehalmÜnDer,  von  A.  Plofl  .  .  .  .  72 
Dritte  VenanmlaBg   der  Fremide   de«   hamaalstiseheo   GyniBABiiiBB   in 

Berlia,  yob  P.  Boe«eh 409 

Der  sehnlhygieDisehe  Ferieikarsos  Tdr  Lehrer  höherer  LehraDstalten  io 

GSttingen  in  Jahre  1906,  von  H.  Koenicrsbeek 338 

Veriiandliingen   der   Direktoren -VersammlaBgen   in    den  Provinzen   des 

RSttigreicha  Preußen  seit  dem  Jahre  1879,  Band  71—74     ...  844 


VIERTE  ABTEILUNG. 

Eingeaandte  BSeher   ....    79.  348.  414.  494.  575.  701.  749.  798.  846 


JAHRESBERICHTE 
DES  PHILOLOGISCHEN  VEREINS  ZU  BERLIN. 

Archäologie,  von  R.  Eogelmann 90 

Zu  Caesar,  von  W.  Nitsehe 19 

Homer,  höhere  Kritik,  von  C.  Rot  he 267 

Borax,  von  0.  Rohl 49 

Livins,  von  H.  J.  MiiDer 1 

Taeitaa,  von  G.  Andresen 228 

Tacitns' Germania,  von  U.Zernial 267 

Za  Xenophona  Anabasis,  von  W.  Nitsehe 139 


EBSTE  ABTEILUNG. 


/ 


ABHANDLUNGEN. 


Der  französische  Anfangsunterricht. 

Seit  mehr  denn  zwei  Jahrzehnten  ist  auf  dem  Gebiete  des 
neasprachlichen  Unterrichtes  eine  mächtige  und  tiefgehende  Reform 
in  Floß  gekommen.  Sie  hat  es  sich  zur  Aufgabe  gemacht«  eine 
durchgreifende  Umgestaltung  der  bisher  im  allgemeinen  befolgten 
Unterrichtsmethode  herbeizuführen.  Eine  Reihe  der  größten  und 
gewiegtesten  Neusprachler  mahnten  in  Worten  tiefster  sittlicher 
Entrostung  zur  Umkehr  von  dem  bisher  betretenen  Wege  und 
machten  energisch  Front  gegen  die  übliche  Praxis.  Der  gemein- 
same Grundgedanke  der  neuen  Reformbewegung  läfit  sich  in 
folgende  Worte  fassen.  Die.  Unterrichtsmethode  miifi  auf  psycho- 
logisch konkreter  Basis  ruhen;  sie  soll  die  in  dem  jugendlichen 
Geiste  schlummernden  Kräfte  wecken  und  entfalten,  nicht  durch 
unnatürliche  Anstrengung  abstumpfen,  sie  soll  mit  der  Natur 
geben,  nicht  diese  in  einen  unweisen  Schematismus  zwingen  wollen. 
Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  verwerfen  die  Reformer  auf  das 
entschiedenste  die  bisherige  grammatisierende,  konstruktive  oder 
analytische  Methode  der  Spracherlernung,  die  in  der  Obermittelung 
der  Sprachgesetze  und  in  der  planmäfiigen  Nötigung  der  An- 
wendung derselben  besteht.  Allgemein  sind  sie  der  Ansicht,  daB 
die  neuem  Sprachen  als  solche  zu  lehren  sind,  die  frei  gesprochen 
und  geschrieben  werden.  Auf  das  Können  derselben  müBte  darum 
der  Dntenricht  ganz  besonders  ausgehen. 

Das  Französische  ist  nun  ganz  besonders  von  den  Neu- 
sprachlern in  den  Kreis  der  methodischen  Betrachtungen  gezogen 
worden.  Eine  große  Anzahl  von  Schriften,  viele  Grammatiken 
und  Hilfsbficher  sind  erschienen,  in  denen  die  neue  Methode 
theoretisch  erklärt  und  vertieft  worden  ist  und  praktische  An- 
wendung gefunden  haL  Namentlich  über  den  französischen  An- 
fangsunterricht ist  viel  geschrieben  worden.  Verschiedene  Wege 
sind  da  gezeigt  worden,  die  das  Lehrverfahren  zu  betreten  habe. 
Wenn  es  sich  nun  auch  nicht  leugnen  läßt,  daß  viele  Forderungen 
der  neueren  Richtung  von  äußerst  hoher  Bedeutung  und  Wichtig- 

ZtitMhi;  1  4.  GTaMsblwcMB.    LXL    1.  1 


2  Der  fraDzSsiflche  AofacgsaDterricht, 

keit  fQr  den  Lehrbetrieb  sind,  so  muß  doch  zugegeben  werden, 
daß  gar  manche  Reformvorschläge  über  das  Ziel  hinausschießen, 
dem  der  neusprachiiche  Unterricht  an  höheren  Schulen  nachzu- 
streben hat. 

'  Es  liegt  nicht  in  meiner  Absicht,  die  verschiedenen  Reform- 
schriften über  den  französischen  Anfangsunterricht  zu  besprechen 
und  zu  beurteilen,  vielmehr  möchte  ich  hier  meine  Ansichten 
darüber  aussprechen,  welchen  Gang  und  welche  Methode  der  fran- 
zösische Unterricht  im  ersten  Jahre  eu  verfolgen  hat.  Naturgemäß 
werde  ich  bei  der  Behandlung  dieser  Fragen  die  von  verschiedener 
Seite  gemachten  Reform  vorschlage  berücksichtigen  müssen,  um 
Stellung  zu  ihnen  nehmen  zu  können. 

Der  französische  Unterricht  muß  notwendig  mit  Leseübungen 
beginnen.  Wie  nun  aber  hat  ^er  Lehrer  dem  Schüler  das  Lesen 
beizubringen?  Die  Reformer  haben  bei  dieser  Frage  eine  Reihe 
von  Vorschlägen  gemacht.  Sie  wollen  16 — 20  Stunden  ausscfaließ- 
Jich  auf  Einfuhrung  in  die  Aussprache  verwendet  haben.  Ganze 
Stunden  widmen  sie  der  Einübung  eines  einzigen  Vokals.  Manche 
Reformer  scheuen  sich  sogar  nicht,  dabei  den  ganzen  wissen* 
schaftlichen  Apparat  der  Lautphonetik  den  Schülern  durch  Zeichnung 
der  verschiedenen  Lagen  der  Zunge  bei  der  Aussprache  vorzu- 
führen. So  sprechen  sie  von  der  tieferen  Senkung  des  Gaumen- 
segels zur  Hervorbringung  der  französischen  Nasenlaute.  Das 
dumpfe  e  glauben  sie  dadurch  am  besten  einüben  zu  können,  daß 
sie  den  Schüler  auf  das  Fehlen  des  Stimmbänder-Verschlußlautes 
.oder  Knackgeräusches  aufmerksam  machen.  Selbst  das  Singen 
von  französischen  Liedchen  ziehen  sie  herbei  zur  Stimmbindung. 
Demgegenüber  bin  ich  der  Ansicht,  daß  die  Einübung  der  fran- 
zösischen Laute  nicht  für  sich  allein  vorgenommen  werden  solL 
Es  sind  darum  auch  alle  die  einleitenden  Kapitel  über  französische 
Aussprache  im  allgemeinen  in  den  verschiedenen  Übungsbüchern 
zu  verwerfen.  Ich  habe  sie  einfach  nicht  durchgenommen,  da  ich 
mich  zu  einer  planmäßigen  schematisclien  Behandlung  der  Einzel- 
iaute  nicht  entschließen  konnte.  Sofort  in  der  ersten  Stunde 
habe  ich  mit  dem  Lesen  der  ersten  französischen  Lektion  aus 
Plötz-Kares  begonnen.  Selbstredend  mußte  ich  da  zuerst  jede 
Vokabel  selbst  laut,  deutlich  mit  genauer  Artikulation  vorlesen, 
.Gleichzeitig  knüpfte  ich  daran  eine  Erklärung,  falls  die  französische 
Aussprache  des  Lautes  von  der  deutschen  abwich.  Ich  ließ  jeden 
einzelnen  Schüler  das  Wort  nachlesen  und  achtete  dabei  mit  un- 
erbittlicher Strenge  auf  äußerst  genaue  Wiedergabe  des  ent- 
sprechenden Lautes  und  Wortes.  Nachdem  alle  einzeln,  jeder 
jnelirmals  nacheinander,  das  Wort  nachgesprochen  hatten,  ließ 
ich  es  repetieren  im  Chorsprechen.  So  übte  ich  die  Aussprache 
von  4 — 5  Wörtern  in  einer  Stunde  und  knüpfte  sofort  das  Lesen 
der  französischen  Sätze  der  Lektion  daran,  in  denen  die  bereits 
einzeln   gelernten  Wörter   vorkamen.    Mit  den  Erfolgen^    die  ich 


▼  OB  R.  Batt.  ^ 

dabei  erzielte,   war  ich  sehr  zufrieden.    Mit  wenigen  Ausnahmen 
waren  sämtliche  Kinder  der  Klasse  imstande,  am  Ende  der  Stunde 
2 — 4   Sätze    französich   zu    lesen.     Diese  Methode   habe    ich  in 
jeder  französischen  Stunde  befolgt.    Ich  habe  niemals  versucht,  den 
Schülern  die  Aussprache  auf  lauiphysiologischem  Wege   klar    und 
verständlich    zu    machen,    da   nach  meiner  Ansicht  das  verlorene 
Liebesmühe    ist    und    dabei    überhaupt   kein   praktisches  Resultat 
herauskommt.     Meine  Erfahrung  hat   mich  gelehrt,    daß  Schüler, 
denen  das  Lesen  nach  dieser  Methode  beigebracht  worden  ist,  nie 
eine  richtige  Aussprache  sich  angeeignet  haben.     Mußte  ich  doch 
nicht  selten  sehen,  wie  man  selbst  trotz  aller  Kenntnis  der  Aus- 
spracheregeln selbst  auf  den  mittleren  Klassen  grobe  Fehler  gegen 
die  Aussprache  machte.    Der  Schüler  kann  nur  dann  die  französi* 
sehen  Laute  richtig  aussprechen  lernen,  wenn  der  Lehrer  es  ihm 
genau    und    richtig   vormacht  und  von  Anfang  an  ihn  auf  jeden, 
auch    den    kleinsten  Verstoß  hinweist    und    mit  jedem  einzelnen 
die    Aussprache    so    lange    übt,     bis    sie    annehmbar    ist.       An 
einem   „Eindrillen^'   kann    man    da   kaum   vorbeikommen.      Viel 
Geduld   und  Ausdauer    gehört  dazu,    den  Schülern  die  Lässigkeit 
im  Gebrauche  der  Sprach  Werkzeuge  abzugewöhnen,    sie    geschickt 
zu  machen  für  die  französischen  Laute.     Daß   ich  sofort  mit  der 
ersten  Stunde  ohne   vorhergehende  Einführung   in   die  Einübung 
sämtlicher  französischen  Laute  mit  dem  Lesen  beginne,  wird  wohl 
vom  praktischen  Standpunkte  aus  nicht  beanstandet  werden  können. 
Einmal    gewinne    ich  dadurch  viel  Zeit.     Die  20  ersten  Stunden, 
die  sonst  mit   allgemeinen  Lautregeln    ausgefüllt    werden,    finden 
Dach    meiner  Methode    eine    vorteilhaftere  Verwendung.     In    den 
20  ersten  Stunden  hat  bei  mir  der  Schüler  neben  der  Aussprache 
schon    eine  schöne  Reihe  von  Vokabeln  gelernt,    er  kann  bereits 
einige  Sätze    lesen    und  sprechen  und  auf  kurze  Fragen  Antwort 
geben.    Wie  wird  da  nicht  die  Aufmerksamkeit,  das  Interesse  und 
die  Begeisterung  des  Schülers  für  die  neue  Sprache  rege  gehalten! 
Ich   habe    es    selbst  gesehen,    wie  sehr  die  Kleinen  sich  freuten, 
wenn  sie  bald  nach  den  ersten  Tagen  auf  eine  kleine  Frage    oui 
oder  non  antworten  konnten.     Wie    langweilig  aber  muß  es  den 
Schülern  vorkommen,  wenn  man  mit  großartigen  Zeichnungen  an 
der  Tafel    beginnt,   um    den  Jungen  zu  zeigen,    welche  Lage  die 
Zunge  in  der  Mundhöhle  einnehmen  muß,  um  diesen  oder  jenen 
Konsonanten  oder  diesen  oder  jenen  Vokal  aussprechen  zu  können! 
Höchstens  können  unglücklich  geratene  Figuren  Lebendigkeit  unter 
die  Schiller    bringen.     Die  Aussprache  aber  würden  sie  dabei  nie 
lernen,  falls  der  Lehrer  es  ihnen  nicht  richtig  vorsprechen  kann. 
Pfuhl  hat  zur  Einübung  der  französischen  Nasenlaute  folgenden 
Weg   angegeben.     Er  geht  von  dem  n-Laut  aus,    der  zuerst  mit 
geschlossenen  Zähnen  und  offenen  Lippen,    dann    mit    geöffneten 
Nüstern,  weiterhin  mit  geschlossenen  Lippen  und  womöglich  nach 
mehr  geöffneten  Nüstern  gesprochen  wird,  worauf  dann  die  Lippen 

1* 


4  Der  fraozösische  AoftogsaDterriclit, 

geöffnet  werden  und.  der  a-Nasal  mit  geschlossenen  Zähnen  und  ge- 
öffneten Lippen  und  endlich  mit  offenem  Munde  ausgesprochen  wird. 
Ist  es  nicht  lächerlich,  einer  solchen  Operation  das  Wort  zu  reden  ? 
Diese  Methode  ist  nicht  zu  gebrauchen  und  wurde  auch  nie  und 
nimmer  zum  Ziele  fuhren.  Hört  der  Schüler  die  richtige  Aus- 
sprache, werden  ihm  mit  Ausdauer  die  einzelnen  Laute  fest  und 
sicher  eingeprägt,  wird  er  immer  angehalten,  den  Laut  richtig  zu 
geben,  dann  wird  die  Zunge,  dann  wird  der  Hund  schon  von 
selbst  die  entsprechende  Lage  und  Stellung  einnehmen. 

Soll  Laut-  und  Schriftbild  zugleich  eingeübt,  soll  die  phone- 
tische Umschrift  angewendet  werden,  soll  die  Rechtschreibung  ersi 
einige  Zeil  nachher  zur  Einübung  kommen?,  das  sind  die  weitern 
Fragen,  über  welche  die  Reformer  des  neusprachlichen  Unterrichts 
viel  hin  und  her  geschrieben  haben.  Bis  auf  den  heutigen  Tag 
sind  bei  ihnen  diese  Fragen  noch  nicht  endgültig  gelöst  und  ent- 
schieden. Die  strengen  Reformer  wollen  zuerst  die  Lautschrift 
zur  Anwendung  gebracht  wissen  und  fordern  dafür  ein  Viertel- 
oder gar  ein  halbes  Jahr  als  wünschenswerte  Mindestzeit.  Sie 
versichern,  daß  der  Obergang  von  der  Lautschrift  zur  Recht- 
schreibung sich  verhältnismäßig  leicht  vollziehe,  den  Schülern  des 
Anregenden  eine  ganze  Menge  biete  und  daß  die  Lautschrift  ein 
vortreffliches  Mittel  sei,  sich  von  der  Natur  der  Laute  genau 
Rechenschaft  abzulegen;  auch  habe  sich  der  gefürchtete,  ungünstige 
Einfluß  der  Lautschrift  auf  die  Orthographie  nicht  geltend  ge- 
macht, vielmehr  habe  die  lautliche  Schulung  wesentlich  dazu  bei- 
getragen, die  Aneignung  der  Rechtschreibung  zu  unterstützen. 

Mir  ist  es  vollständig  unbegreiflicli,  wie  man  die  Laut- 
schrift als  Grundbedingung  für  einen  erfolgreichen  Anfangs- 
unterricht hinstellen  kann.  Professor  Beyer  nennt  in  einem 
Vortrag  über  die  Lautschulung  in  seinem  Anfangsunterricht  den 
Erfolg  der  verwendeten  Lautschrift,  getrennt  von  der  Recht- 
schreibung, einfach  verblüffend.  Das  scheint  mir  denn  doch  zum 
mindesten  gesagt  übertrieben  zu  sein.  Für  mich  ist  die  Laut- 
schrift getrennt  von  der  Rechtschreibung  ebensosehr  zu  verwerfen 
wie  die  phonetischen  Kurse  oder  Belehrungen;  für  sie  gibt  es 
keinen  Platz  im  Anfangsunterricht.  Mit  der  Lautumschrift  werden 
einmal  die  Schüler  mehr  belastet,  als  die  Sache  es  erfordert.  Sie 
muß  ferner  naturnotwendig  orthographische  Unsicherheit  herbei- 
führen und  den  kleinen  Schüler  in  ein  wahres  Labyrinth  von 
Verwirrungen  und  Irrwegen  fuhren.  Nun  möchte  ich  doch  nicht 
behaupten,  daß  unter  keinen  Umständen  bei  Einübung  der  Aus- 
sprache die  Lautschrift  zu  Hilfe  genommen  werden  soll.  Bei  ein- 
zelnen für  das  Aussprechen  schwierigen  Wörtern  kann  ganz  gut 
ab  und  zu  an  der  Wandtafel  die  Lautschrift  verwendet  werden; 
in  manchen  Fällen  habe  ich  das  auch  schon  versucht;  namentlich 
bei  Kindern  mit  ungeübten  Sprach  Werkzeugen,  mit  etwas  minder 
gutem  Gehör  oder  mit  einer  durch  den  heimatlichen  Dialekt  be- 


yon  K.  fiatt.  5 

einAüBten  fehlerhaften  Aussprache.     Doch  muß  ich  gesteben,  daß 

dieser  Vorgang  den  Unterricht  nicht  mehr    gefördert  hat   als  das 

genaue   und    richtige  Vorsprechen  von  Seiten  des  Lehrers.    Denn 

das  dnrfte  wohl  allgemein  zugestanden  werden,  daß  die  französische 

Aussprache  gewisser  Silben  sich  lautsrhriftlich  gar  nicht  genau  in 

einer  andern  Sprache  wiedergeben  läßt.    Welches  deutschen  Laut- 

teichens  soll  ich  mich  beispielsweise  bedienen,  um  dem  Kinde  die 

Aussprache    des    französischen  on,  an,  in,  en   oder  agne  klar  zu 

machen?    Es   ist   unmöglich,    dafür  adäquate  Lautzeichen  in  der 

deutschen  Sprache  zu  finden. 

Darum  kann  ich  mich  zu  einer  allgemeinen  Verwendung  der 
Lautschrift  getrennt  von  der  Rechtschreibung  nicht  entschließen. 
Nor  in  einzelnen  Ausnahmefällen  möchte  ich  zu  diesem  pädagogi- 
schen Mittel  die  Zuflucht  nehmen.  Aber  dann  darf  unter  keiner 
Bedingung  Laut-  und  Schriftbild  zeitlich  voneinander  getrennt 
werden.  Will  ich  beispielsweise  die  Aussprache  des  französischen 
Ol  einäben,  dann  schreibe  ich,  wenn  ich  sehe,  daß  es  notwendig 
ist,  oi  an  die  Tafel  und  gleich  dahinter  die  entsprechenden  Laut- 
zeichen oi  ^=  oa.  Das  Zeichen  oa  föhre  ich  den  Schülern  nur 
das  erste  Mal  zur  Einübung  der  Aussprache  vor;  hernach  darf 
ihnen  nur  noch  das  Schriftbild  oi  vorgestellt  werden,  denn  sonst 
verlieren  sich  die  armen  Kinder  in  endlose  Verwirrung.  Die  Ver- 
teidiger der  zeitlichen  Trennung  von  Laut-  und  Schriftbild  wollen 
vom  Anfangsunterricht  die  Rechtschreibung  so  lange  ferngehalten 
wissen,  bis  die  Laute  geübt  sind  und  sicher  sitzen.  Ich  frage 
aher,  warum  dieser  zeitraubende  Umweg  durch  die  Lautschrift, 
da  doch  einmal  die  Rechtschreibung  gelernt  werden  muß.  Zwei 
Schriftbilder  muß  sich  da  nach  und  nach  der  Schüler  einprägen. 
Ist  das  nicht  Erschwerung  und  Belastung  des  jungen,  zarten 
Geistes?  Darum  bin  ich  der  festen  Ansicht  —  meine  Erfahrungen 
haben  mich  darin  nur  bestärkt  — ,  man  soll  die  Verwendung 
der  Lautbilder  möglichst  beschränken  und  bei  nötigen  Fällen 
sie  nor  gleichzeitig  mit  dem  Schriftbild  vorführen.  Es  muß  so 
lange  wie  möglich  beim  Unterricht  von  den  Lautzeichen  abgesehen 
werden.  Der  Schwerpunkt  bei  der  Einübung  der  französischen 
Laute  muß  in  dem  richtigen  und  genauen  Vorsprechen  von  selten 
des  Lehrers  liegen. 

Das  Sprechenkönnen  der  fremden  Sprache  ist  von  den  Re- 
formern als  das  natürlichste  Ziel  des  neusprachlichen  Unterrichts 
hingestellt  worden.  Noch  vor  20  Jahren  glaubte  man  altgemein 
darauf  verzichten  zu  müssen,  den  Schülern  das  Französichsprechen 
beizubringen,  da  man  es  für  ein  Ding  der  Unmöglichkeit  hielt. 
Manche  meinten  sogar,  daß  die  Erlernung  einer  gewissen  Sprach- 
fertigkeit keine  recht  würdige  Beschäftigung  für  die  höhere  Schule 
sei;   diese    hätte  weit  wichtigere  und  erstrebenswertere  Aufgaben 

zu  lösen. 

Diese  vollständig  falsche  Anschauung  ist  durch  die  Reform- 


5  Der  fraozösische  A'ofaagsaDterricht, 

bewegUDg  auf  neusprachlichem  Gebiete  gründlich  beseitigt  worden. 
Da  wird  nun  als  Grundforderung  des  französischen  Unterrichts 
aufgesteiU:  der  Schüler  muß  zu  einem  wirklichen  Können  der 
französischen  Sprache  geführt  werden.  Der  Unterricht  muß  dar- 
auf angelegt  werden,  daß  der  Schüler  am  Ende  seiner  Studien 
am  Gymnasium  oder  an  einer  Realschule  eine  gewisse  Sprach- 
fertigkeit besitzt.  Zur  Erreichung  dieses  Zieles  wird  namentlich 
das  Mittel  der  fortdauernden,  unausgesetzten  Sprechübung  an- 
empfohlen, die  den  wesentlichen  Teil  des  Unterrichtes  bilden  solle* 
Schon  im  ersten  Unterrichtsjahre  muß  darum  das  Französisch- 
sprechen betrieben  werden. 

Welcher  Weg  ist  nun  aber  bei  den  Sprechübungen  einzu- 
schlagen? 

Sehr  viele  behaupten,  daß  der  Lehrer  beim  Anfangsunter- 
richt während  mindestens  eines  Vierteljahres  auf  die  Benutzung 
eines  Buches  verzichten  muß.  Die  Sprache  sei  als  etwas  Lebendiges, 
also  Klingendes  zu  betrachten,  niciit  als  in  den  schwarzen  Zeichen 
auf  dem  Papier  aufgehend.  Das  Hören  habe  im  Anfangsunterricht 
der  Fremdsprachen  die  Hauptrolle  zu  spielen.  Um  aber  durch 
das  Hören  sprechen  zu  lernen,  müsse  der  Schüler  viel  und  richtig 
Gesprochenes,  nicht  Gelesenes  hören.  Die  ersten  Sprechübungen 
müßten  darum  nur  an  das  vom  Lehrer  Vorgesprochene  anknüpfen 
und  mit  dem,  was  der  Schüler  nur  mit  dem  Ohr  gehört  hat, 
Hand  in  Hand  gehen. 

Wenngleich  diese  Anfangsmethode  manches  für  sich  hat^  kann 
id)  mich  doch  nicht  ausschließlich  zu  ihr  bekehren.  Sofort  in 
den  ersten  Stunden  französische  Laute,  Wörter  und  kleine  Sätze 
vor  den  Ohren  der  Kleinen  ertönen  zu  lassen,  ohne  daß  sie  ein 
Schriftbild  von  jedem  französischen  Laut  vor  Augen  haben,  halte 
ich  für  äußerst  gewagt  und  unangebracht. 

Ein  derartiges  Verfahren  zielt  ausschließlich  auf  mechanisches 
Eindrillen  hin  und  trägt  der  Verstandeserfassung  und  Geistes- 
bildung des  Schulers  gar  keine  Rechnung.  Das  Kind  gibt  den 
fremden  Klang,  der  an  seinem  Ohr  ertönt,  mechanisch  wieder,  hat 
aber  von  den  einzelnen  Wörtern  und  ihrer  Bedeutung  gar  keine 
Ahnung  und  Auffassung.  Da  ein  derartiges  Resultat  ni^  als  End- 
ziel des  Unterrichts  erstrebt  werden  kann  und  darf,  sehe  ich  auch 
nicht  ein,  warum  man  beim  Anfangsunterrichte  sich  damit  be- 
gnügen sollte.  Ich  beginne  darum  den  französischen  Unterricht 
nicht  mit  der  Anschauungsmethode,  sondern  halte  mich  gleich  in 
der  ersten  Stunde  an  das  Übungsbuch. 

Die  Sprechübungen,  die  ich  in  dem  ersten  Vierteljahr  an- 
stelle, drehen  sich  nur  um  Wörter  und  Sätze,  welche  die  Kinder 
vorher  bereits  gelesen  oder  auswendig  gelernt  haben.  Die  Schüler 
müssen  dann  imstande  sein,  selbständig,  durch  eigene  Geistesarbeit 
Antwort  auf  die  Fragen  zu  geben.  Sie  kennen  ja  die  Wörter. 
Die    Zusammenstellung    dieser    wird    ihnen    bei    etwas    Nach- 


voo  K.Batt.  7 

denken  Bicht  schwer.    Erst  den  von  dem  Schöler  selbständig  ge* 
\n\deten  Satz  lasse  ich  dann  mehrfach  nachsprechen  und  allgemein 
ttnoben.    Dadurch   wird  der  Schüler  vor  dem  geistlosen  mechani^ 
sehen  Nachsprechen    bewahrt   und    verfällt   nicht   in  das   seichte 
,,Boiineii~  und  Gar^ngeklapper**.     Hat  nun  einmal  der  SchQler  in 
der  zweiten  Hälfte    des  Jahres    eine  gewisse  Fertigkeit  im  Lesen 
nnd  der  Aussprache  französischer  Wörter  und  Sätze  erlangt,    ist 
san  Ohr  schon  etwas  an  den  Klang  der  französischen  Laute  ge- 
wöhnt, dann  erst  beginne  ich  mit  Sprechübungen,   die  sich  nicht 
an  die  Lektüre    und   die  behandelten  Sätze  im  Übungsbuche  an* 
schlieBen.    So  habe  ich  zunächst  versucht,  die  Schüler  an  Befehle 
in  der  französischen  Sprache  zu  gewöhnen,  wie  levez-vous,  asseyez- 
voas,  sortez  les  livres,  fermez  les  livres  usw.     Nach  4— -5  Tagen 
hatten  die  Schüler  diese  und  ähnliche  Sätze  verstanden  und  wußten 
sie   zu   schreiben.    Ich    habe   eben   anfangs  bei  Vorführung  der 
Ausdrücke    nicht   unterlassen,    den  Schülern   die  entsprechenden 
Wörter  an  die  Tafel    zu  schreiben,    um  ihr  Gedächtnis  und  ihre 
Auffassnngskraft  zu  unterstützen.    Die  Sprechübung  außerhalb  der 
Lektüre    nnd   der  behandelten  Sätze  setzte  ich  im  zweiten  Halb- 
jahre ununterbrochen  fort.    Ich  verwendete  darauf  fast  regelmäßig 
die  letzten  acht  Minuten  einer  jeden  Stunde.    Selbstredend  mußte 
ich  ab  und  zu  von   dieser  Methode   absehen,    da    mir   manchmal 
die  Behandlung  irgend  eines  Lesestückes  oder  einer  Lektion  oder 
die  Einübung  des  Verbs   keine  Zeit   übrig   ließ   und  ich  ein  ge«^ 
waltsames  Abbrechen  des  Unterrichtes   für   unzweckmäßig   hielt. 
Im   ganzen   und    großen  suchte  ich  mich  immer  so  einzurichten, 
daß  mir  jedesmal  8 — 10  Hinuten  frei  blieben.    Den  Stoff  zu  diesen 
freien  Sprechübungen  nahm  ich  aus  der  nächsten  Umgebung  des 
Schülers  und  aus  Vorkommnissen  des  täglichen  Lebens.    Vor  allem 
kamen   da   die  Gegenstände   des  Schulzimmers    zur  Behandlung; 
daran   knüpfte   ich   die  Ausrüstung    und  Kleidung   des  Schülers, 
sodann  die  Hauplteile  des  menschlichen  Körpers,  die  Familie  und 
ihre  Glieder.    Ich   sprach  ferner  von  der  Angabe  und  Einteilung 
der  Zeit  nnd  von  den  Witterungsverhältnissen.    Auch  die  Farben 
und  Zahlen  habe  ich  zu  Sprechübungen    verwendet.     Desgleichen 
habe  ich  die  täglichen  Hauptverrichtungen  des  Schülers  wie  Auf- 
stehen,  Beten,  Arbeiten,  Anziehen,  Essen,  Gehen,  Schlafen  usw« 
den  Gegenstand  kurzer  Gespräche  bilden   lassen.     Ich    will    ganz 
besonders   hervorheben,   daß   ich    ein  Hauptgewicht  darauf  legte, 
die  Fragen  in  der  denkbar   einfachsten  Form   klar   und    deutlich 
zu  stellen,    um  das  Verstehen  dieser   und  das  Suchen    der  Ant- 
wort den  Schülern  möglichst  leicht  zu  machen.    Größere  Schwierig- 
keiten hätten  dabei  dem  Schüler  jedes  Interesse  an  diesen  Sprech- 
übungen   genommen.    Anfänglich    muß  der  Schüler  die  Antwort 
aus  der  Frage  selbst  entnehmen  können,  er  muß  sie  sich  gerade 
in  den  Mund  gelegt  sehen.     Dadurch  wird  verhütet,    daß  er  sich 
sprachlich  falsche  Antworten  zurechtlegt  oder  in  das  leidige  Hacken 


8;^  Der  französische  ADfajngflaDterricht, 

und  Stümpern  und  daa  möbsame  Zusammensetzen  einer  deutsch 
ausgedachten  Antwort  verfällt.  So  wertvoll  nun  auch  diese  Hilfs- 
mittel sein  mögen,  um  die  Schüler  allmählich  in  die  Verkehrs- 
und  Umgangssprache  einzuführen,  so  stellt  sich  doch  beim  Unter- 
richt ein  Übelstand  ein.  Da  das  Liesebuch  von  Ploetx-Kares  das 
notwendige  Material  zu  den  täglichen  freien  Sprechübungen  mir 
nicht,  bot  und  ich  unter  keinen  Umständen  bloß  nach  dem  Gehör 
die  Sprechübungen  betreiben  wollte,  sah  ich  mich  genötigt,  eio 
Vokabelheftcben  von  den  Schülern  anlegen  zu  lassen,  in  das  sie 
alle  neuen  Wörter  und  Wendungen  (Eintragen  mußten,  um  sie 
auswendig  zu  lernen.  Der  Gefahr,  die  Schüler  könnten  Falsches 
einschreiben,  beugte  ich  dadurch  vor,  daß  ich  jedes  neue,  fremde 
Wort  an  der  Wandtafel  vorschrieb.  Ich  hätte  allerdings  lieber 
^in  gedrucktes  Vokabular  für  die  freien  Sprechübungen  benutzt, 
da  mir  dadurch  viel  Zeit  erspart  geblieben  wäre  und  ich  auch 
mehr  Sicherheit  gehabt  hätte,  daß  die  Schüler  die  betreffendea 
Wörter  in  der  richtigen  Schreibart  zu  Gesicht  bekommen  hätten. 
Wie  ja  die  Erfahrung  zeigt,  kann  auch  die  peinlichste  Kontrolle 
nicht  verhüten,  daß  hier  und  da  Wörter  in  falscher  Schreibung 
ins  Heftchen  eingetragen  werden. 

Nun  habe  ich  aber  gerade  für  den  Anfangsunterricht  kein 
mich  befriedigendes  Vokabular  für  freie  Sprechübungen  gefunden. 
Die  bereits  vorhandenen  tragen  meiner  Anschauung  nach  der  Auf- 
fassungskraft der  Jungen  von  tO  Jahren  nicht  genügend  Rechnung; 
sie  bewegen  sich  zum  Teil  in  Ideenkreisen,  die  dem  jungen  Geiste 
etwas  zu  fern  hegen;  das  Einfache,  das  Kindliche  ist  dabei  nicht 
genügend  berücksichtigt. 

Weil  die  Anlage  der  gedruckten  Vokabularien  sich  nicht  mit 
den  Ansichten,  die  ich  über  die  Behandlung  der  freien  Sprech- 
übungen und  über  die  zu  erlernenden  Vokabeln  habe»  deckten, 
nahm,  ich  die  Zuflucht  zu  den  Vokabular  heftchen.  Ich  muß  ge- 
stehen, bei  fleißiger  Ausnutzung  der  Unterrichtsstunde  lassen  sich 
leicht  die  2 — 4  Minuten  gewinnen,  die  zum  Einschreiben  der 
paar  Vokabeln  verwendet  werden.  Es  muß  bei  dieser  Methode 
der  Lehrer  genau .  darauf  achten,  daß  die  Schüler  die  Heftchen 
sauber,  reinlich,  unausgesetzt  fortführen  und  die  Wörter  richtig 
niederschreiben.  An  der  Hand  solcher  Vokabelheftchen  wird  es 
4em  Lehrer  gelingen,  recht  hübsche  und  interessante  Gespräche 
über  Vorkommnisse  aus  dem  täglichen  Leben  in  französischer 
Sprache  anzustellen.  Der  Schüler  lernt  dabei  nicht  nur  sich  ge- 
läufig in  kleinen  Sätzen  ausdrücken,  sondern  eignet  sich  auch 
gleichzeitig  die  Rechtschreibung  an. 

Das  Schreiben  und  das  Anfertigen  französischer  Arbeiten 
lassen  die  meisten  Reformer  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  ersten 
Unterrichtsjahres  beginnen.  Bis  dorthin  wollen  sie  nur  einen 
mündlichen  Betrieb  der  Sprache;  jede  schriftliche  Übung  der  ersten 
secjbs  Monate  halten  sie   für  verfehlt.    Übersetzungen  aus  dem 


von  K.  Batt.  9 

DeuUchen  ins  Französische  schliefieD  sie  ganz  aus  dem  Unterrichte 
aus.  Das  Oberselzen  in  fremde  Sprachen  sei  eine  Kunst,  welche 
die  Schule  nichts  angehe.  Nach  meinem  Dafürhalten  ist  diese 
Methode  zu  verwerfen.  Vorteile  bietet  sie  dem  SehQler  bei  der 
Erlernung  der  französischen  Sprache  nicht.  Mir  kommt  es  sehr 
Qimatörlich  Tor,  sechs  Monate  lang  mit  den  Jungen  französisch 
za  treiben,  ohne  jede  schriftliche  Obung  vorzunehmen.  Darum 
habe  idi  bei  meinem  Unterrichte  die  schriftlichen  Arbeiten 
von  Stande  zu  Stunde  mit  dem  mündlichen  Betrieb  gleichen 
Schritt  halten  lassen.  Sofort  in  den  ersten  Stunden  mußten  mir 
die  Schüler  jedesmal  die  Vokabeln  aufschreiben,  die  sie  auswendig 
zu  lernen  hatten.  Ja  selbst  die  kleinen  zusammenhängenden 
fraszöeischen  Lesestöcke  habe  ich  der  Übung  in  der  Recht- 
schreibung wegen  abschreiben  lassen.  Tag  für  Tag  mußten  sie 
kleine  schriftliche  Übungen  machen.  Hit  Spielen  lernen  da 
die  Schüler  die  Orthographie.  Außerdem  hat  man  dadurch  auch 
die  Versicherung»  daß  zu  Hause  etwas  gearbeitet  wird.  Bei  nur 
Handlichem  Betrieb  läuft  man  Gefahr,  daß  die  Schüler  außerhalb 
der  Schule  für  das  Französische  gar  nichts  tun.  Allerdings  bin 
auch  ich  der  Ansicht,  daß  beim  französischen  Anfangsunterricht 
&  Hauptarbeit  in  der  Schule  gemacht  werden  soll,  aber  von  jeder 
schriftlichen  Hausaufgabe  darf  man  nach  meinem  Dafürhalten  doch 
Dicht  absehen.  Selbst  die  von  den  Reformern  so  sehr  verhöhnten 
Übersetzungen  aus  dem  Deutschen  ins  Französische  habe  ich  bei- 
behalten. Sie  dienen  dazu,  das  bereits  Gelernte  mit  Sicherheit 
und  Schnelligkeit  anzuwenden,  zwingen  den  Schüler,  einen  deutsch 
ausgesprochenen  Gedanken  in  das  französische  Gewand  zu  kleiden, 
und  bieten  Gelegenheit,  ihn  auch  mit  der  französischen  Grammatik 
bekannt  zu  machen. 

Vor  Beginn  der  Reformbewegung  spielte  die  Grammatik  beim 
neusprachlichen  Unterrichte  die  llauptrolle.  Jetzt  wird  für  den 
Anfangsunterricht  voller  Verzicht  auf  grammatischen  Sprachbetrieb 
aufs  wärmste  anempfohlen.  Mir  scheint  das  Richtige  in  der  goldenen 
Mitte  zu  liegen.  Trotzdem  auf  der  Anfangsstufe  das  Lesen, 
Schreiben  und  Sprechen  möglichst  ohne  grammatische  Reflexionen 
Yor  sieb  gehen  soll,  so  muß  doch  hier  schon  der  Grund  gelegt 
werden  zu  jener  logischen  Schulung,  die  unbedingt  erforderlich 
ist  zur  Entwickelnng  und  zum  Aussprechen  der  Gedanken,  zur 
Übung  des  genauen  Ausdruckes  und  der  richtigen  Satzbildung. 
Selbstverständlich  dürfen  im  ersten  Schuljahr  nur  die  einfachsten 
grammatiseben  Regeln  erwähnt  werden,  nur  solche,  die  ohne 
Schwierigkeit  vom  Schüler  selbst  entweder  auf  induktivem  Wege 
gefunden  oder  von  ihm  doch  leicht  bei  der  Vorführung  erfaßt 
und  begriffen  werden  können.  Gerade  hierzu  können  Übungssätze 
ein  ausgezeichnetes  Material  bieten,  wenn  sie  geschickt  ausgewählt 
»od  und  der  Fassungskraft  d6s  Schülers  Rechnung  tragen  Eine 
Obenetzang  aus  dem  Deutschen  ins  Französische  darf  anfänglich 


]^0  Der  fraozösi&che  AnfaogsuQterricht, 

den  Schülern  nur  dann  als  Hausarbeit  aufgegeben  werden,  wenn 
sie  vorher  in  der  Klasse  bereits    mundlich    gemacht   worden    ist. 
Dadurch    werden    viele  Fehler  bei   der  Niederschrift  verbötet  und 
die  Schuler  an  korrekte  Orthographie  und  an  richtigen  französi- 
schen Ausdruck    gewöhnt.     Ich   habe  diese  Methode  während  des 
ganzen  ersten  Schuljahrs  befolgt.    Ich  machte  dabei  die  Erfahrung, 
daß  sich  selbst  bei  diesen  schriftlichen  Übersetzungen,  die  vorher 
mundlich  in  der  Klasse  vorgenommen  wurden,   noch  Fehler  her- 
ausstellten.   Darum   habe  ich  jedesmal  im  Laufe  des  Unterrichts 
nach  den  Heften  namentlich  der  schlechteren  Schuler  gesehen  und 
die  Fehler  unterstrichen.    In  der  Klasse  mußten  sie  dann  von  den 
betreffenden  Schülern  verbessert  werden.    Man  könnte  nun  ein- 
wenden,   dadurch    gehe    für   den  Lehrer  in  der  Stunde  viel  Zeit 
verloren.      Ich    kann    behaupten,    daß   ich   dadurch  auch    nicht 
eine  Minute  für  den  Unterricht  verloren  habe.     Während   die   zu 
Hause   gemachte  Obersetzung    aus   dem  Deutschen  in  der  Klasse 
wiederholt  wurde,  sah  ich  mir  die  Hefte  an,  der  Unterricht  wurde 
dadurch    weder   gestört    noch    aufgehalten.     Die  Arbeiten  sind  ja 
ganz  klein,  höchstens  4—5  Sätze,  so  daß  die  Durchsicht  äußerst 
schnell  erledigt  werden  kann.    Übrigens  habe  ich  immer  während 
der  Übersetzung  die  fehlerhaft  geschriebenen  Wörter  und  Ausdrücke 
richtig  an  die  Wandtafel  entweder  selbst  geschrieben  oder  schreiben 
lassen.    Mit  Leichtigkeit  konnten  die  Schüler  die  Verbesserungen 
anbringen.    Nur  bei  diesem  Verfahren  halte  ich  die  Übersetzungen 
aus  dem  Deutschen  ins  Französische  für  zweckdienlich  und  wertvoll. 
Sie   bieten  so  dem  Lehrer  Gelegenheit,    den  Schüler  in  das  Ver- 
ständnis  der   französischen  Grammatik   einzuführen  und  ihn  auf 
manche  Eigentümlichkeit  und  Abweichung  der  französischen  Sprache 
von  der  deutschen  aufmerksam  zu  machen,    die  er  sonst  zu   be-< 
sprechen    vielleicht    oft    unterlassen  würde.     Neben  diesen  häus- 
lichen Übersetzungsaufgaben  habe  ich  in   der  Klasse    ab    und    zu 
kurze    Diktate    im  Anschluß   an    behandelte    französische    Stücke 
machen    lassen.       Dadurch    gewöhnte    ich    ganz    allmählich    die 
Schüler  auf  fast  mechanischem  Wege  an  die  französische  Recht*. 
Schreibung.    Manche  Schwierigkeiten  in  der  Orthographie  werden 
dadurch  gehoben,    und    der  Schüler    gewinnt    bald    eine   gewisse 
Sicherheit  und  Fertigkeit,    die  nicht  hoch  genug  zu  schätzen  ist 
Wie    oft    macht    man    nicht  die  Erfahrung,    daß  Schüler  auf  den 
mittleren,   ja  selbst  auf  den  höheren  Klassen  grobe  Fehler  gegen 
die    französische  Orthographie  machen,    obschon  sie  die  Sprache 
ganz  geläufig  reden  können.    Wären  sie  gleich  bei  dem  Anfangs- 
unterrichte  angehalten  worden,   ab  und  zu  Diktate  zu  schreiben, 
hätte  man  sicher  nicht  diese  schweren  Lücken  später  zu  beklagen. 
Namentlich   habe  ich  Diktate  anstelle  der  sonst  üblichen  Extem- 
poralien  treten  lassen,    da    mir  diese   für  den  Anfangsunterricht 
weniger  geeignet  erschienen.    Die  Anfertigung  von  Extemporalien 
ist   für    die   Kinder   des   ersten  französischen  Schuljahres   nach 


v«bK.  Batt  11 

meinem  Uafurhalten  viel  zu  schwer.    Auch  wenn  man  nur  sechs 
Sitze  anfertigen  läßt^   braucht  man  dazu  eine  Tolle  Stunde.     Die 
Kinder  besitzen  eben  nooh  nicht  genug  Fertigkeit,  den  deutschen 
Saitz  französisch  wiederzugeben.    Diese  erwerben  fie  erst  allmihlicb. 
Uarum  glaube  ich  die  Zeit  von  einer  Stunde  besser  dadurch  aus- 
nutzen  zu   können,    daß  ich  während  der  ersten  20  Minuten  ein 
Diktat  ins  Reinhefi  schreiben  lasse   und    den  Unterricht    hernach 
weiter    fortsetze.     Indessen    will    ich    gern    zugeben,    daß   man 
auch  einige  Male  Extemporalien  anfertigen  lassen  kann;  aber  dann 
dürfen  sie  gar  nicht  schwer  gemacht  werden;   nur   bereits   über- 
setzte Sätze  dürfen  in  etwas  abgeänderter  Form  zu  Extemporalien 
Terwendet  werden. 

Einen  wichtigen  Punkt  im  französischen  Anfangsunterricht 
bildet  noch  das  Vokabelleroen.  Es  muß  schon  im  ersten  Schul- 
jahr eine  feste  Basis  zu  dem  später  so  notwendigen  französischen 
Wortschätze  gelegt  werden.  Ohne  reichliche  Kenntnis  von  Vokabeln 
and  Ausdrücken  ist  es  eben  nicht  möglich,  es  zu  einer  geläufigen 
Fertigkeit  in  der  mündlichen  Handhabung  der  Sprache  zu  bringen. 
Darum  ist  es  ratsam,  sofort  beim  Anfangsunterricht  auf  das  Aus- 
wendiglernen von  Vokabeln  Bedacht  zu  nehmen.  Abgesehen  von 
den  3 — 4  ersten  Stunden  habe  ich  meine  Schüler  für  jede  fran- 
zödsche  Unterrichtsstunde  einige  französische  Vokabeln  lernen 
lassen.  Begonnen  habe  ich  mit  etwa  drei  bis  vier;  spater  gab  ich 
selbst  10 — 15  Vokabeln  von  einer  Stunde  zur  andern  auf.  Bei 
der  Vorführung  der  Vokabeln  verfuhr  ich  folgendermaßen.  Zuerst 
laß  ich  regelmäßig  während  des  ganzen  ersten  Unlerriehlsjahres 
die  zn  lernenden  Vokabeln  langsam  und  deutlich  vor  und  ließ 
sie  dann  im  Chorsprechen  von  der  Klasse  wiederholen.  Alsdann 
ließ  ich  die  Vokabeln  durch  einzelne  Schüler  wiederholen.  Dazu 
wählte  ich  vorzugsweise  diejenigen,  die  Schwierigkeiten  beim  Aus- 
sprechen hatten,  um  mich  von  der  richtigen  Aussprache  zu  über- 
zeugen. Dieses  Verfahren  erleichterte  den  Schülern  das  Auswendig- 
lernen ungemein  und  verschaffte  ihnen  eine  sichere,  nicht  zögernde 
Aussprache.  Die  besser  veranlagten  wußten  schon  allein  durch 
die  Obung  in  der  Klasse  einzelne  Vokabeln  auswendig.  Für  die 
Hausarbeit  blieb  darum  nach  der  Seite  wenig  übrig.  Mir  scheint 
diese  Methode  im  ersten  Schuljahre  unumgänglich  notwendig  zu 
sein.  Begnügt  man  sich  damit,  den  Schülern  die  Vokabeln  ein- 
mal vorzulesen,  und  unterläßt  man  es,  sie  in  der  Klasse  zum  Teil 
mit  ihnen  zu  lernen,  dann  sind  die  Kleinen  der  Gefahr  ausgesetzt, 
zu  Hause  nicht  mehr  recht  zu  wissen,  wie  man  die  Worte  aus- 
spricht. Dieses  Gefühl  muß  ihnen  dann  die  Lust  zum  Lernen 
nehmen. 

Noch  auf  einen  Punkt  möchte  ich  hinweisen.  Jeder  Lehrer, 
der  französischen  Unterricht  gibt,  hat  sicher  mit  mir  die  Erfahrung 
gemacht,  daß  beinahe  kein  Schüler  zu  vollständiger  Sicherheit 
über  das  Geschlecht   der  französischen  Substantiva  gelangt.     Man 


12         Dci*  französische  Anfangsunterricht,  von  K.  Batt» 

gibt  zwar  auf  den  mittleren  Klassen  allgemeine  Regeln  an,  die 
das  Geschlecht  bisweilen  erkennen  lassen.  Allein  die  tägliche  Er- 
fahrung lehrt,  daB  diese  Hilfsmittel  nicht  immer  genügen  und 
nur  allzu  oft  im  Stich  lassen.  Da  kann  eben  nur  ein  me- 
chanisches Sichaneignen  aus  der  Verlegenheit  helfen.  Darum 
habe  ich  die  Gewohnheit,  die  französischen  Substantiva  immer  mit 
dem  Artikel  lernen  zu  lassen.  Läßt  sich  le  oder  la  der  äußeren 
Form  nach  nicht  erkennen,  weil  das  e  oder  a  wegen  des  Vokal- 
anfangs  apostrophiert  ist,  dann  müssen  die  Schuler  mir  das  Sub- 
stantiv mit  dem  unbestimmten  Artikel  un  oder  une  nennen.  An 
dieser  Methode  habe  ich  unerbittlich  streng  festgehalten.  Die 
Schuler  gerieten  dadurch  nur  noch  äußerst  selten  in  Zweifel; 
selbst  in  den  schwierigsten  Fällen  waren  sie  in  volle  Sicherheit. 
Sie  waren  eben  gewohnt,  das  Wort  immer  zusammen  mit  dem 
Artikel  zu  nennen. 

Als  einen  äußerst  wichtigen  Punkt  beim  Anfangsunterricht 
sehe  ich  die  Wiederholungen  an.  Es  ist  ja  bekannt,  daß  Schuler 
von  10  Jahren  im  allgemeinen  sehr  leicht  und  sehr  schnell  aus- 
wendig lernen.  Ebenso  steht  es  aber  auch  fest,  daß  bei  ihnen 
das  Gedächtnis  weniger  andauernd  ist;  dem  kann  nur  dadurch 
abgeholfen  werden,  daß  der  Lehrer  oft  Wiederholungen  des  durch- 
genommenen Stoffes  anstellt.  Regelmäßig  alle  vier  Wochen  setzte 
ich  eine  Stunde  för  Repetition  an;  außerdem  verwendete  ich  am 
Ende  eines  jeden  Tertiais  2 — 3  Stunden  zur  allgemeinen  Repetition. 
Dabei  fand  ich  Gelegenheit,  einzelne  Punkte  zu  erweitern  und  die 
Schuler  mit  besonderen  Eigentümlichkeiten  und  Feinheiten  der 
Sprache  vertraut  zu  machen. 

Das  sind  die  Prinzipien,  nach  denen  der  Anfangsunterricht 
im  Französischen  meiner  Ansicht  nach  sich  gestaltet  werden  muß. 
Wenn  manche  praktische  Vorschläge  der  Reformer  befolgt  und  das 
Gute  der  alten  Methode  beibehalten  wird,  dann  wird  der  Unter- 
richt recht  interessant  und  erzielt  ohne  Zweifel  gute  Erfolge. 

Oberehnheim.  K.  Batt. 


4 


ZWEITE  ABTEILUNG, 


LITERARISCHE  BERIGHTK 


Max  Nftik,  SehilerverbiDdangeo  and  Schälervereioe.  Er- 
finhniagea,  Stadien  and  Gedanken.  Leipti^  qnd  Berlin  1906,  B.  G. 
Teubaer.     IV  o.  136  S.    gr.  8.    2,60  JL 

Das  Buch  stellt  nach  den  Schriften  von  Pilger  (2.  Auflage 
1880)  und  des  jungst  erschienenen  von  Rausch  (Schülerfereine, 
Erfahrungen  und  Grundsatze.  Balle  a.  S.  1904,  Buchhandlung  des 
Waisenhauses)  sich  die  Aufgabe,  beide  Erscheinungen  des  Schüler- 
lebens in  Verbindung  zu  bringen  und  zu  erforschen:  wie  ist  das 
Wesen  und  Wirken  beider  aufeinander?  Der  Anfang  setzt  frisch 
und  hübsch  ein;  der  Verf.  beginnt  mit  einer  kurzen  Skizze  lite- 
rarischer Erscheinungen,  wie  des  „Traumulus**  von  Holz  und 
Jerscbke,  des  Romans  von  Stilgebauer  „Goetz  Kraft'^;  er  greift 
aber  auch  auf  Oskar  von  Redwitz'  „Hermann  Stark'*  (1869) 
zurück  und  zeigt,  um  wieviel  idealistischer,  schwärmerischer  doch 
das  Jugendtreiben  der  damaligen  Primaner  ist  als  das  der  jetzigen. 
Auf  Grund  von  zwei  Schriften,  der  von  Biernatzki  (Die  farben- 
tragenden Verbindungen  am  Lübecker  Gymnasium,  ihr  Recht  und 
ihr  Unrecht,  Brauch  und  Sitte.  Hamburg  1904)  und  von 
V.  d.  Emscher  (Schülerverbindungen  und  Gymnasialdisziplin. 
Dresden  1904),  geht  der  Verf.  näher  auf  diese  erlaubten  Schöler* 
Verbindungen  zu  Lübeck  und  zu  Koburg,  der  'Casimiriana',  ein, 
deren  dfriges  Mitglied  der  jetzige  Direktor  des  Casimirianums  war 
und  deren  „Alter  Herr*'  er  jetzt  ist.  Dann  schildert  der  Verf.  recht 
anschaulich  das  Treiben  in  den  Schülerverbindungen,  den  ganzen 
Apparat  der  *  Konvente',  das  Inventar  und  die  Requisiten  dieser 
Verbindungen,  ihre  Schärpen  und  Barette,  TrinkbOrner  und  Deckel- 
schoppen u.  a.,  woran  die  „studierende*'  Jugend  so  hängt,  daß 
auch  Revisionen  dieser  Dinge  stattfinden,  über  welche  Buch 
gefuhrt  wird.  Aus  eigener  Erfahrung  spricht  er  —  der  Verf. 
hatte  bald  nach  seinem  Amtsantritt  in  Nordhausen  Schülerverbin- 
dungen daselbst  entdeckt  — ,  wenn  er  zwei  gefährliche  Feinde 
jeder  höheren  Schule  und  kräftige  Stützen  der  Pennalverbindungen 
charakterisiert:  die  Kartellverbindungen  und  die  Alte- 
Herren  verbände.    Beide  nehmen,  sowie  eine  Schülerverbindung 


14        M.  Nath,  SchnlerverbiodaDgeD  uDd  Schülervereioe, 

entdeckt  wird  oder  sowie  ihre  Entdeckung  droht,  sofort  Partei 
ffir  die  Schuler  und  tun  alles,  um  weitere  Entdeckungen  zu  ver- 
hindern. Es  ist  vielfach  Sitte,  daß  die  Kartellverbindungen  das 
nach  dem  Gesetz  der  Schulbehörde  verfallene  Inventar  sofort 
wieder  erganzen,  so  daß  die  eben  aufgehobene  Verbindung  ihre 
Konvente  weiter  fortsetzen  kann;  ja  das  ganze,  oft  kostspielige 
Inventar  ist  von  vornherein  Eigentum  der  'A.  H.*;  diese  wenden 
bedeutende  Geldmittel  auf,  um  jenes  auf  der  Höhe  zu  erhalten; 
an  den  Schränken,  in  denen  es  verwahrt  wird,  steht  das  Zeichen 
dieses  Verbandes,  so  daß  die  Schulbehördo  es  nicht  angreifen 
oder  kontiszieren  darf.  Ist  nun  eine  Pennalverbindung  aufgelöst, 
befinden  sich  die  Teilnehmer  in  Untersuchung,  so  stärken  und 
stützen  sie  die  Schuler  mit  allerhand  Zureden  und  Eintlusterungen; 
es  zeigt  sich  gerade  in  diesen  Kreisen  eine  ,^unglaubliche  Ver- 
ranntbeit'*  der  Anschauungen,  wie  nicht  einmal  in  Elternkreisen ; 
davon,  daß  man  es  mit  vom  Staate  verbotenen  Verbindungen  zu 
tun  hat,  daß  diese  die  größte  Pest  für  das  innere  Gedeihen  einer 
höheren  Lehranstalt  und  ihrer  Schüler  sind,  hat  man  gar  keine 
Ahnung. 

Verfasser  bespricht  dann  das  Verfahren  bei  den  Unter- 
suchungen gegen  die  Übeltäter,  wobei  er  seine  eigenen  Er* 
fahrungen  wieder  mitreden  läßt,  und  geht  dann  zu  einer  ver- 
gleichenden Obersicht  der  Strafbest  immun  gen  in  Bayern, 
Sachsen,  Sachsen-Weimar  und  Preußen  über  —  wobei 
es  sich  herausstellt,  daß  Preußen  am  mildesten  verfährt.  Er  be- 
spricht ferner  die  Maßregeln  gegen  die  Gastwirte,  die  Inanspruch*^ 
nähme  der  Polizei,  er  verwirft  gewiß  zu  allseitiger  Befriedigung 
die  Hilfe  der  Oberlehrer  als  Polizisten  und  Spione  und  nimmt 
am  Schluß  dieses  ersten  Teiles  der  Schrift  die  beutige  Jugend 
gegen  den  Vorwurf  der  Entartung  in  Schutz.  Freilich  mögen 
einige  der  Schüler  unter  dem  Einfluß  solcher  studentischen  Nach- 
äfferei entarten,  die  Gesamtheit  ist  doch  gut;  denn  viele  nehmen 
nur  kurze  Zeit  an  dem  Verbindungsleben  teil,  sie  treten  bald 
wieder  aus;  nur  dort,  wo  alle  Schüler  oder  die  überwiegende 
Mehrzahl  sich  hat  'keilen'  lassen,  kann  die  Anstalt  als  solche  ver- 
giftet werden. 

Welches  sind  nun  die  Heilmittel  ffegen  dieses  Cbel?  Der 
Verf.  ist  einsichtig  genug;  um  weder  die  Überwachung  der  Schul-^ 
jugend  noch  die  Bestrafung  der  Gastwirte  als  ein  einigermaßen 
ausreichendes  Heilmittel  anzupreisen.  Wie  schon  andere,  sieht  er 
in  den  ,, Schüler  vereinen''  ein  einigermaßen  wirksames  Gegen- 
mittel. Mit  Rausch  erkennt  er  den  Trieb  der  Jugend,  sich  zu 
assoziieren,  zu  freundschaftlichen,  geselligen  Verbänden  zusammen- 
zutun, als  vollberechtigt  an,  und  wenn  man  diesen  Trieb  aner- 
kennt, ihn  zu  leiten  bestrebt  ist,  so  zieht  man  die  Jugend  auf  die 
richtigen  Bahnen;  das  Mißtrauen  gegen  die  staatlichen  Erzieher 
schwindet,   das  Verhalten    der    Schüler    wird    gegen   die   Lehrer, 


«o|:dz.  voB  H.  Morsch.  ]5 

wenn  sie  die  GränduDg  eioe<  lokhen  Vereins  in  die  Uand  nehmeD» 
offener    und    wahrer.     Ausföhrlich    bespricht   der  Verf.  dann  die 
ferschiedenen  Arleo  dieser  Vereine  (literarische  Vereine,  musika- 
lische. Turn-  und  Sportvereine,  wissenschaftliche  Vereine);  er  geht 
aut  alle  Detailfragen  ein,  wo  das  Vereinslokal  zu  liegen .  habe  (ob 
in  der  Schule  oder  außerhalb  derselben),  wie  weit  die  Beteiligung 
der  Lehrer  reichen  soll  (er  ist  mit  Recht  nur  för  ein  Protektorat, 
meist  solle  man  die  Jugend  allein  lassen),  wie  weit  die  Beteiligung 
seitens  der  Schüler  gehen  solle  (die  Regel  sei,  daß  jeder  SchOleri 
wenn  mehrere .  Vereine  beständen,   nur  Hitglied   eines   sei),    wie 
die  Statuten  zu  handhaben  seien,  wie  die  Teilnahme  von  Personen, 
die   nicht   zur  Schule  gehören,   ebenso  wie  die  Festlichkeiten  zu 
regeln  seien,  und  auf  andere  von  Einzelheiten,  die  nur  dem  Un« 
kundigen  Kleinigkeiten  zu  sein  scheinen« 

Zweierlei  wird  gewiß  bei  allen  der  Zustimmung  sicher  sein: 
erstens,  wenn  der  Verf.  meint,  daß  auch  die  Schülervereine 
naturlich  ganz  sichere  Mittel  gegen  die  Schülerverbind ungen 
nicht  sind,  ja  daß  die  Gefahr  besteht,  sie  könnten  sich  in  der 
Stille  zu  Verbindungen  umbilden;  auch  sie  können  ähnliche  Er- 
scheinungen im  Leben  der  Schule  hervorrufen  wie  jene:  zu  große 
Hingabe  an  den  Vereinszweck,  daher  Mangel  an  Aufmerksamkeit 
in  den  Stunden,  Mangel  an  Fleiß  zu  Haus,  Störungen  der  Kamerad- 
schaft, Bildung  von  Parteien  u.  a.  Zweitens:  vor  allem  wird 
man  ihm  beipflichten,  wenn  er  es  offen  ausspricht,  daß  die 
Schule  erst  in  zweiter  Linie  gegen  das  Übel  ankämpfen  könne, 
daß  sie  nur  vorsichtig  beobachten,  warnen  und  vorbeugen  könne, 
daß  die.  Hauptsache  das  Haus  leisten  müsse ;  und  deshalb  warnt 
er  auch  vor  der  jetzt  üblichen  Anpreisung  der  Kleinstadt- 
gjmnasien;  hier,  wo  ein  Vaterhaus  mitunter  gar  nicht  existiere, 
worden  die  Schüler  von  selbst  dazu  getrieben,  den  Schwerpunkt 
ihres  Daseins  außerhalb  ihrer  Wohnungen  zu  suchen.  So  kann 
gewiß  die  Schule  erst  in  zweiter  Linie  in  Betracht  kommen,  wenn 
es  sich  um  Radikalmittel  gegen  die  Pest  der  Verbindungen  handelt. 
Freilich  die  soziale  Lage  oder  Notlage,  in  der  sich  die  höhere 
Schule  augenblicklich  befindet  dadurch,  daß  sie  eine  größere  Zahl 
von  Schülern  bei  sich  duldet  oder  dulden  muß,  die  nicht  dahin 
gehören,  deren  geistiges  Interesse  und  Vermögen  bei  weitem  nicht 
durch  die  Schulwissenschaften  in  Anspruch  genommen  werden 
kann,  daß  sie  eben,  wie  Paulsen  gesagt  hat,  mehr  „Standes- 
schule'*  geworden  ist,  —  diese  Situation  wird  notwendig  immer 
einen  Teil  ihrer  Schuler  auf  solche  Abwege  führen. 

Das  Buch  zeichnet  sich  aus  durch  eine  vollständige  Heran- 
ziehung der  einschlägigen  Literatur,  wie  es  weder  Pilger  inoch 
Rausch  tut  (besonders  auch  der  Verhandlungen  sämtlicher  Direktoren-» 
konferenzeq,  die  dazu  mehr  Material  bieten,  als  man  denkt),  durch 
eine  Fülle  von  Einzelheiten,  praktischen  Erfahrungen  und  Winken, 
die  jeder  beherzigen   sollte/  endlich  durch  einen  zwar  kräftigen. 


16     W.  Reis,  Enzyklop.  Elaadbiicb  d.  Pädai;.,  agz.  v.  Tb.  Ziegler. 

energischen,  aber  doch  warmeo  Ton,  der  es  uns  durchfühlen 
läßt,  daß  der  Verf.  ein  Herz  für  die  ihm  anvertraute  Jugend  bat 
Möchten  es  doch  recht  viele  lesen,  möchte  doch  kein  An- 
staltsleiter, kein  Kollegium  sich  pharisäerhaft  überheben  und 
meinen:  „Bei  uns  ist  eine  Pennalverbindung  nicht  vorhanden  und 
auch  nicht  möglich''! 

Berlin.  . H.  Morsch. 

W.  ReiD,  Enzy klopSdiscIies  Handbacli  der  PKdagogik.  Zweite 
Aafiage.  Zweiter  Band.  Langensalza  1904,  Hern.  Beyer  n.  SShne. 
999  8.    gr.  8.     17,50  JL, 

Von  dem  kürzlich  von  mir  in  dieser  Zeitschrift  angezeigten 
enzyklopädischen  Handbuch  Heins  liegt  mir  nun  auch  der  zweite 
Band  zur  Besprechung  vor,  der  von  „Deklamieren  bis  Franziskaner^' 
geht  und  schon  1904  zum  Abschluß  gekommen  ist.  Was  ich  in 
jener  Anzeige  von  dem  Werk  im  ganzen  und  allgemeinen  gesagt 
habe,  gilt  auch  speziell  von  diesem  zweiten  Band.  Dieselben  Vor- 
züge und  der  ersten  Auflage  gegenüber  dieselben  Fortschritte, 
Verbesserungen  und  Ergänzungen  sind  auch  ihm  nachzurühmen. 
Das  Ausland,  das  ja  in  dieser  neuen  Auflage  besonders  mit  be- 
rücksichtigt werden  soll,  kommt  in  dem  vorliegenden  Band  —  zu* 
fällig  —  nicht  in  Betracht,  außer  mit  dem  neu  eingefügten 
Artikel  „Deutsche  Schule  im  Ausland''  von  Lenz;  es  wird  ihm 
dafür  gleich  im  nächsten  Band  (Französisches  Schulwesen!)  ein 
breiter  Raum  zugewiesen  werden  müssen.  Dagegen  ist  auch  dies- 
mal wieder  die  Vermehrung  der  historischen  Artikel  mit  Freuden 
zu  begrüßen:  So  erfährt  Fr.  Dittes  eine  ausführliche  kritische 
Würdigung  durch  H.  Scherer.  Ganz  besonders  wertvoll  aber  ist 
die  wohlgelungene  Skizze  einer  Geschichte  des  deutschen  Knaben- 
schulwesens von  C.  Noble  auf  S.  32 — 96,  während  dagegen  der 
entsprechende  Artikel  über  das  deutsche  Mädchenschulwesen  von 
Gertrud  Bäumer  (S.  96—111)  doch  recht  erhebliche  Lücken  auf- 
weist; so  fehlen  z.  B.,  um  nur  eines  zu  nennen,  neben 
Bugenhagens  Schulordnungen  im  Norden  die  Bestimmungen  der 
württembergiscben  Schulordnung  von  1559  und  Angaben  über  das, 
was  im  16.  Jahrhundert  in  Kursachsen  dafür  geschehen  ist,  ganz. 
Man  hat  den  Eindruck,  als  ob  hier  eine  Uand  gewaltet  hätte,  die 
sich  dieser  schwierigen  Aufgabe  ohne  die  nötigen  Vorkenntnisse 
und  Studien  dafür  unterzogen  habe;  die  Vertrautheit  mit  der 
modernen  Frauenfrage  und  ihrem  Einfluß  auf  den  Ausbau  des 
höheren  Mädchenschulwesens  der  Zukunft  reicht  dazu  allein  nicht 
aus.  Nicht  ganz  geschickt  scheint  mir  der  letzte  Artikel  „Franzis* 
kaner'^  bezeichnet  zu  sein:  er  handelt  von  Benediktinern,  Domi- 
nikanern und  Franziskanern.  Nun  sind  doch  fraglos  die  beiden 
ersten  Orden  für  das  Unterrichtswesen  die  wichtigeren,  und  daher 
wird  man  sie  nicht  bei  den  Franziskanern  suchen ;  auch  hätte  sich 
üb^   sie  alle  erheblich   mehr   und  über   die  Verschiedenheit  der 


Sebrader,  Brzieli.- n.  Ünterrichtslehre,  agz.  v.  H.P.  Müller.     17 

RichtuDg  dieser  drei  Orden  und  über  ihre  Kämpfe  gerade  auch 
auf  dem  Gebiet  des  Wissenschafts-  und  Unterrichtsbetriebes  weit 
Gründlicheres  sagen  lassen,  als  dies  von  dem  offenbar  etwas  be- 
fangenen Verfasser  geschehen  ist 

Wie  sehr  an  schon  Vorhandenem  nachgebessert  und  ergänzt 
wurde,  zeigen  Artikel  wie  der  von  Rein  über  Fortbildungskurse 
ao  der  Universität  oder  das  Literaturverzeichnis  zum  Artikel 
„Fortbildungsschule"  von  Fache,  das  von  einer  Spalte  auf  vier 
angewachsen  ist.  Ebenso  führt  naturlich  der  Artikel  über  den 
„Frankfurter  Lebrplan"  von  Ziehen  die  Entwicklung  dieser  neuen, 
fierlen  Schulart  bis  auf  die  neueste  Zeit  herab. 

So  beweist,  alles  in  allem  genommen,  der  Herausgeber  auch 
io  diesem  Bande  dieselbe  Sorgfalt  zu  bessern  und  zu  ergänzen 
und  fast  durchweg  wieder  dieselbe  glückliche  Hand  in  der  Aus- 
füllung von  Lücken  und  in  der  Heranziehung  neuer  tüchtiger 
Mitarbeiter,  wie  dies  beim  ersten  Band  konstatiert  werden  konnte. 

StraBburg  i.  E.  Theobald  Ziegler. 

Wilhelm  Schrader,  Erziehnogs-  and  Ünterricbttlehre  für 
Gymoasiea  nod  Realschaleo.  Secfasta  AuSage.  Berlio  1906,  Ferd. 
Dümmlers  VerlagsbuchhaDdloog.    624  S.     8.       10  M. 

Beginnen  wir  ohne  Vorrede  mit  dem  letzten,  der  sechsten 
Auflage  hinzugefügten  Kapitel  über  „neue  Lehrpläoe*^  Schrader 
ist,  wie  begreiflich,  von  den  etwas  tumultuarisch,  ohne  rechten 
Grund  und  festes  Ziel  -unternommenen  Schulreformen  wenig  er- 
baut Er  bedauert,  daB  dem  griechischen  und  lateinischen 
Unterrichte  der  Raum  verengt  und  die  gewonnene  Zeit  den 
Nebenfächern  überwiesen  worden  ist.  „Das  Vielerlei  nahm  zu; 
statt  der  Versenkung  in  einen  gliederreichen  und  methodisch 
sorgfältig  durchgearbeiteten  Gegenstand,  woraus  allein  Tiefe  der 
Erkenntnis  und  Freude  für  Lehrer  und  Schüler  entspringt,  der 
Ruf  nach  sogenannter  Konzentration  des  Unterrichts,  der  bei 
besonders  eifrigen  Anhängern  sehr  bald  in  eine  künstliche  Her- 
beiziehung verwandten  Stoffes  aus  verschiedenen  Gebieten  aus- 
artete, woraus  weder  die  geistige  KraFt  noch  geordnetes  und  in 
sich  verbundenes  Wissen  Gewinn  schöpfen  konnte*'.  Nicht  aller- 
lei, noch  dazu  unverdauliche  Brocken  von  Nationalökonomie  und 
Soziologie  und  Biologie,  sondern  einheitliche  Nahrung  für  den 
nach  Wesen  und  Bestimmung  einheitlichen  Geist!  „Fügt  alles 
zusammen,  was  sich  als  wirkliche  Geistesnahrung  erprobt  hat, 
anf  daß  ihr  die  Söhne  unsers  Volkes  zu  kraftvollen  Münnern  vor- 
bildet, aber  schüttelt  nicht  noch  fremden  Bailast  in  sie  hinein!  *^  — 
Die  Reformgymnasien  verwirft  Schrader,  weil  sie  ihm  mit  ihrer 
Zusammendrängung  der  alten  Sprachen,  besonders  der  griechischen 
in  den  oberen  Klassen  die  ruhige  harmonische  Bildung  des 
Geistes  zu  gefährden  und  fast  den  Pressen  zu  gleichen  scheinen. 
Auch   gegen  v.  Wilamowitz  spricht  er  sich   aus.     Dieser  verlange 

Zaitoehr«  L  d.  O/nuiMiAlwMeii.    LXL    1.  2 


18  W.  Schrader,  Erziehungs^  und  Uoterrichtslehre, 

einerseits  zu  wenig,  andererseits  zu  viel ;  zu  wenig :  denn  er  biete 
nur  Bruchstücke,  zu  viel:  denn  zum  Verständnis  dieses  tausend- 
jährigen Zeitraums  vom  6.  Jahrhundert  vor  bis  zum  4.  nach 
Chrislus  mit  seinen  wüsten  oder  doch  unfruchtbaren  Strecken 
sei  die  Jugend  noch  nicht  reif,  davor  bleibe  sie  lieber  bewahrt^). 
Was  frommt  denn  dem  jugendlichen  Alter?  Welches  ist 
der  Zweck  des  Unterrichts  und  der  Erziehung?  Damit  stehen 
wir  vor  dem  ersten,  grundlegenden  Kapitel. 

Das  gesamte  Erziehungswerk  läßt  sich  in  die  kurzen  Worten 
fassen:  „alle  wahre  Erziehung  hat  zur  Voraussetzung  die  Einheit 
des    menschlichen    Geistes,   zum    Mittel    die    Liebe    zum    Kinde, 
zum    Zweck    die    Aufdeckung    des   göttlichen   Ebenbildes'^     Da- 
bei   wird   als   psychologische    Grundlage    folgendes    angenommen. 
Die    bestimmende   Form    des    Geistes    ist    der  Wille  mit  seinen 
niederen    Formen    der   Begierde    und    der  Neigung.     Gegenstand 
der    GeisteMäligkeit :    das    Wahre,    Schöne,    Gute;    Formen    der 
Geistestätigkeil:    Verstand,    Einbildungskraft    (Phantasie),    Gemüt; 
Entwickelungsstufen    des    Verstandes    sind    Wahrnehmung,    Vor- 
stellung  und  BegrilT,    der  Phantasie  Anschauung,  Bild  und  Ideal, 
des    Gemüts    Empfmdung,    Gefühl    und    Pflicht;    Ziel:    Einsicht, 
Geschmack,    Sittlichkeit.     Beziehende  Formen  der  Geistestätigkeit 
sind  1.  die  Vernunft,    deren    Produkt:    die  Idee,    deren  Ziel:  die 
Weisheit  oder  das  Leben  in  Gott;    2.  das  Gedächtnis  mit  seinen 
niederi'n    Formen    der    Erinnerung    und  Gewöhnung,   dessen  Er- 
gebnisse:   die    Methode,    die    Regel,    der  Grundsalz.     Einheit  der 
Geistesbildung      nach      diesen      Ergebnissen:      Geistesgegenwart, 
Takt,    Gewissen,    und    Darstellung    dieser  Einheit    in    der  freien, 
gottähnlichen    Persönlichkeit.      Ein    solches    Ziel    kann    sich    nur 
setzen,    wer    überzeugt    ist    von    des    Menschen    Befähigung    zur 
Freiheit,    und    sein    Geschäft    wird    mit  Erfolg  nur  der  Erzieher 
treiben,    der    vor  der  ursprünglichen  Unfreiheit,  ja  Sündhaftigkeit 
des    Zöglings    die  Augen    nicht   verschließt.     Von  besondern  An- 
lagen   und    ethischen    Bestimmtheiten     handelt     ein    besonderes 
Kapitel.     Neben  der  Generalisierung  erfordert  die  Individualisierung 
unsere  Aufmerksamkeit. 

Wir  wissen  wohl,  daß  dieses  Ziel  der  Erziehung  und  des 
Unlerrichts  manchem  zu  hoch  gegriffen  scheint.  Mit  Unrecht. 
Wer  von  Plato  herkommt  oder  sich  zum  Christentum  bekennt, 
dem  sollte  das  ofioiwd^ijvai  d^sM,  die  Rede  von  der  Wieder- 
herstellung des  göttlichen  Ebenbildes  im  Menschen  so  befremdlich 
nicht  klingen.  Wiederherstellung,  Aufdeckung!  Wozu  denn?  Das 
göttliche  Ebenbild  ist  ja  da,  es  darf  nur  nicht  verunstaltet  werden; 
der    Mensch    ist   gut    von    Natur.     So    sagen    viele.     Sie  wollen 

')  Iq  einer  Auinerkuo^  sei  wenigsteos  erwähnt,  daß  >Schrader  die 
bösen  und  völlig  grundlosen  Schmahworte  des  Herrn  v.  WiUmowitz  über 
die  Selinlineister,  die  sich  in  naiver  Anmaßung  als  Philologen  aufspielteo, 
ebenso  ruhig  als  entschieden  zurückweist. 


an^ez.  voD  H.  F.  Müller.  J9 

nichts  wissen  von  der  aDgeborenen  Sündhaftigkeit.  Aber  eine 
Tatsache  schafft  man  dadurch  nicht  aus  der  Welt,  daß  man  sie 
leugnet.  Rousseaus  Erklärung  im  ersten  Satze  seines  Emil  hat 
zirar  manchen  geblendet,  ist  aber  doch  eine  arge  Gedanken- 
losigkeit. Ein  hartes  Rätsel  freilicli,  das  Dasein  und  vollends 
der  Ursprung  des  Bösen  in  der  sittlichen  Welt.  Aber  deren 
gibt  es  viele,  und  der  Erzieher  dürfte  mehr  zur  Bekämpfung  als 
zur  Erklärung  des  Bösen  in  der  Menschennatur  berufen  sein. 
Oberhaupt  gilt  auf  dem  Gebiete  der  Psychologie  für  die  Aufgabe 
des  Erziehers  der  sittliche  Zweck  mehr  als  die  natürliche  Ursache. 
Scbrader  hält  den  Satz,  die  Pädagogik  solle  sich  auf  der 
physiologischen  Psychologie  aufbauen,  für  unrichtig  und  zur  Zeit 
lor  unverwertbar.  Er  hat  als  Anliänger  der  Idealphilosophie  und 
als  bewährter  Fachmann  mit  überaus  reicher  Erfahrung  und 
lUeoscbenkenntDis  recht  daran  getan,  einen  einfachen  und  durch- 
sichtigen Grundriß  des  Geisteslebens  zu  geben,  auf  dem  sich  der 
Baa  der  Pädagogik  fest  erheben  und  an  dem  sich  der  Erzieher 
überall  zurechtfinden  kann. 

Nachdem  wir  das  Fundament  des  Baues  kennen  gelernt 
haben,  wollen  wir  uns  die  Stockwerke  etwas  näher  ansehen;  auf 
das  Fachwerk  werden  wir  nur  flüchtige  Blicke  werfen  können. 

Die  allgemeine  Erziehungs-  und  Unterrichtslehre  hat  es  zu 
tan  mit  den  Grundsätzen  der  Bildung  (§  26 — 71),  mit  dem  Lehr- 
amt (§  72  —  81)  und  mit  dem  Verhältnis  von  Schule  und 
Haus  (§  82 — 84).  Ich  möchte  hervorheben,  daß  sich  hier 
(schon  1868)  das  meiste  von  dem  in  besonnener,  klarer  und 
tiefgreifender  Darstellung  findet,  wovon  die  „großwortige'' 
Pädagogik  unserer  Tage  so  viel  Wesens  macht.  Da  wird  in  dem 
Kapitel  über  die  Bildung  des  Verstandes  der  Lehrer  hinlänglich 
unterrichtet  über  Synthese  und  Analyse,  das  deduktive  und 
induktive  Verfahren,  über  den  Anschauungsunterricht,  den  Fort- 
schritt von  der  Vorstellung  zum  Begriff,  von  Begriffen  zu  Urteilen 
und  Schlüssen,  wozu  sich  außer  dem  Beweise  als  einer  zusammen- 
gesetzten Schlußform  auch  die  Einteilung  und  die  Subsumption 
gesellen.  Da  wird  ferner  die  Bildung  der  Phantasie  mittels  der 
Malerei  (Zeichnen),  Musik  (Gesang)  und  Dichtkunst  feinsinnig 
erörtert.  Nur  das  soll  getrieben  werden,  was  erreichbar  und 
notwendig  und  edel  ist:  maxima  debetur  pueris  reverentia  —  im 
„Bilderdienst",  in  der  Musik,  und  auch  in  der  Auswahl  der 
Dicbterwerke,  von  denen  nur  wenige,  diese  aber  gründlich  zu 
lesen  sind.  Endlich  wird  von  der  Bildung  des  Gemüts  sehr  ernst 
gesprochen  und  dabei  auch  dem  Lehrer  ins  Gewissen  geredet. 
Ich  kann  nur  sagen:  tolle,  lege!  Aber  ein  anderes  muß  ich  hin- 
hinzufügen,  um  dem  Mißverständnis  zu  begegnen,  als  seien 
Verstand,  Phantasie  und  Gemüt  besondere  Seelenvermögen  oder 
Geisteskräfte,  die  wie  gesonderte  Provinzen  beziehungslos  neben- 
einander liegen.     So  ist  es  nicht  gemeint.    Scbrader  meidet  den 

2* 


20*        W.  Schrader,  firziehnogs-  UDd  üoterrichtslehre, 

Ausdruck  ,, Geisteskräfte'*  nach  Möglichkeit,  er  sagt  dafür  lieber 
„geistige  Tätigkeitsformen**  oder  ,,Äußerungsweisen'S  um  immer 
wieder  und  nachdrücklich  auf  das  einheitliche  Wesen  des  Geistes 
hinzuweisen.  Darum  hat  er  denn  auch  ein  Kapitel  von  der  Ein- 
heit der  Bildung,  in  dem  er  von  den  beziehenden  Formen  der 
Geistestätigkeit,  Vernunft  und  Gedächtnis,  handelt  und  des  näheren 
zeigt,  wie  die  verschiedenen  Bildungsmittel  untereinander  ver- 
wandt sind  und  sich  ergänzen,  um  alle  Kräfte  des  in  sich  ein- 
heitlichen Geistes  zu  wecken  und  harmonisch  auszugestalten.  — 
Ein  rechtes  Vademecum  für  unsere  jungen  Kollegen  ist  das 
warmherzig  geschriebene  Kapitel  vom  Lehramt.  Schrader  schildert 
die  Mühen  wie  den  Lohn,  die  Schwierigkeit  wie  die  Herrlichkeit 
unseres  Berufs,  schärft  aber  auch  seine  Pflichten  ein.  Die  neuer- 
dings wieder,  z.  B.  von  Paulsen,  betonte  Notwendigkeit  der 
wissenschaftlichen  Fortbildung  findet  sich  hinlänglich  bei  ihm. 
Was  er  von  der  allgemeinen  Bildung  in  Religion,  Philosophie  und 
Geschichte  sagt,  wird  man  unterschreiben  können.  Vielleicht 
könnte  man  neben  der  Geschichte  und  deutschen  Literatur  auch  die 
Reiigionslehre  in  der  Staatsprüfung  ausschalten,  dafür  aber  desto 
eingehender  in  der  Geschichte  der  Pädagogik  und  namentlich  in 
der  Philosophie  prüfen.  —  Schule  und  Haus:  es  ist  alles  recht 
schön,  was  darüber  gesagt  wird.  Aber  es  gibt  sehr  verschiedene 
Häuser,  Väter  und  Mütter,  auch  Onkel  und  Tanten;  und  mit 
allen  richtig  zu  verkehren,  ist  Sache  der  Erfahrung  und  des 
Taktes. 

Die  besondere  Unterrichtskunde  zerfällt  in  die  beiden 
Bauptteile:  allgemeine  Methodik  des  Unterrichts  und  die  Methodik 
der  einzelnen  Unterrichtsfächer.  Kernsälze  aus  dem  ersten :  „man 
soll  den  Unterrichtsstoff  nach  Möglichkeit  beschränken,  um  ihn 
völlig  ausbeuten  zu  können  und  um  jede  Oberladung  der  jugend- 
lichen Kraft  zu  vermeiden.  Der  jugendliche  Geist  soll  von  innen 
heraus  und  in  einer  seinen  Lebensbedingungen  entsprechenden 
Weise,  also  in  der  Art  angeregt  werden,  daß  jede  Erregung 
nach  ihrer  Stärke  und  Wirksamkeit  abgemessen  und  bis  zu  ihrem 
pädagogischen  Ziele  durchgeführt  wird,  d.  b.  sie  soll  die  betreffende 
Geistesform  in  eine  Tätigkeit  und  Spannung  versetzen,  welche 
die  beabsichtigte*  Kraftübung  mit  Sicherheit  erwarten  läßt.  Dem- 
nach soll  der  Lehrstoff  einfach,  fest,  gesetzmäßig  und  in  seiner 
Entwicklung  wohlgegliedert  sein'*.  Doch  Schrader  fordert  nicht 
bloß,  er  zeigt  auch,  wie  es  gemacht  werden  muß  und  wie  man 
das  Ziel  erreicht.  Seine  Anweisungen  und  Ratschläge  sind  eine 
wahre  Fundgrube  pädagogischer  Weisheit.  Dies  gilt  ebenso  von 
dem  zweiten  Teil:  Methodik  der  einzelnen  Unterrichtsfächer. 
Bildungswert,  Auswahl  und  Erklärung  der  Schriftsteller,  der  alten 
wie  der  neuen,  Lehraufgabe  und  Lehrverfahren  werden  sorgsam 
abgewogen  und  eingeschätzt.  Wenn  von  den  dazu  erforderlichen 
260  Seiten  100  auf  den  lateinischen  und  griechischen  Unterricht 


«sgez.  yoo  H.  F.  Müller.  21 

kommen,  so  geschieht  das,  weil  Schrader  das  Gymnasium  vor  dem 
Jahre    1882    im    Auge    halte.     Ich  kann  nicht  leugnen,  daB  mir 
beim  Lesen  etwas  weh  ums  Herz  geworden   ist.     Lateioschreiben 
oder  gar    Lateinsprecheo    oder    gar  lateinische  Verskunst:  tempi 
passali.     Den  Anfang  des  griechischen  Unterrichts  hat  man  1882 
^OB  Quarta   nach  Untertertia   geruckt,   immerhin    aber   von    den 
42  wöchentlichen    Stunden   nur    2  abgezogen.     1892    sind    die 
6  Su  der  Quarta  einfach  unterschlagen,  und  trotzdem  hieß  es  wie 
zum   Hohne:    „die  Lektüre  muB,   unbeschadet  der  Gründlichkeit, 
zumal   auf    der  Oberstufe  umfassender  werden  als  bisher**.     Den 
Taasendkönstler    möchte   ich  sehen,  der  in  36  St.  dasselbe  und 
noch  etwas  mehr  leistet  als  in  42  Stunden.    Fast  noch  schlimmer 
als  dem  griechischen  ist  es  dem  Unterricht  in  der  alten  Geschichte 
ei^ngen.     Von    seinen    6    Stunden    hat   er   3,    also    genau    die 
Hüfte  eingebüßt.     Gleichwohl  suchen  freund  willige  Federn  zu  be- 
weisen,   daß  so  für  die  historische  Bildung  unserer  Gymnasiasten 
efaebljch    besser  gesorgt  ist.    Doch  halten  wir  mit  Schrader  fest 
aa  der  HoCfnuug  und  dem  Glauben  an  das  alte  Wort:  magna  est 
ns  reritatis  et  praevalebit. 

Ich  muß  mich  beschränken  und  bitte  nur  noch  um  Er- 
laubnis, einige  Fragen,  die  mir  am  Herzen  liegen,  zu  berühren. 
Gegenüber  dem  hier  und  da  ertönenden  Rufe  nach  einer 
Reform  des  Religionsunterrichtes  im  modernen  d.  h.  der  Reformer 
eigenen  Geiste,  möchte  ich  mein  Bekenntnis  mit  Schrader  dahin 
ablegen:  „Der  Religionsunterricht  verfolgt  den  ZweCk,  die 
Jagend  in  so  festen  und  innigen  Besitz  der  christlichen  Heils- 
lehren und  Heiltatsachen  zu  setzen,  daß  sie  in  denselben  für  ihr 
ganzes  Leben  eine  Quelle  des  Gottvertrauens,  Schutz  gegen  An- 
fechtung und  die  Gewißheit  ihrer  Erlösung  habe*'.  Zu  einem 
gewissen  und  bewußten  Glauben  verhilft  dem  Zögling  „nicht  so- 
wohl eine  in  das  Breite  und  Einzelne  gehende  Erweiterung  seiner 
Religionskennlnisse  als  die  Vertiefung  in  die  Heilstatsachen,  den 
ewigen  Grundquell  des  Glaubens,  die  klare  und  selbstgewisse 
Auffassung  der  christlichen  Lehre,  ihre  Befestigung  durch*  die 
stete  Bezugnahme  auf  das  Wort  der  Schrift  und  die  lebendige 
Entwickelung  und  Bezeugung  des  Christentums  in  einzelnen 
Menschen  wie  in  der  allgemeinen  Kirche.  In  dieser  Weise  ver- 
wächst und  verschmilzt  die  religiöse  Anregung  und  Förderung 
des  Schülers  mit  seinem  Geistesleben,  und  es  handelt  sich  somit 
am  Schluß  nicht  nur  um  das,  was  er  in  dem  Religionsunterricht 
gelernt  hat,  sondern  mehr  noch  um  das,  was  er  durch  denselben 
geworden  ist'*.  Kein  gefühliger  Pietismus,  keine  gelehrte  und 
scholastische  Theologie,  kein  vulgärer  Rationalismus,  als  durch 
welche  „das  Wesen  der  OiTenbarung  und  die  göttliche  Natur  der 
Heiislehren  vermenschlicht  und  entstellt  werden'^  Keine  historisch- 
kritische  oder  gelehrte  Einleitung  in  die  biblischen  Bücher;  denn 
sie  ist  kein  Unterrichtsmittel,  sondern  ein  theologisches  Lehrfach 


22    Schrader,  Erzieh.-  n.  Unterrichtslehre,  agt.  v.  H.  F.  Müller. 

der  Universität.  Keine  systematische  Kircliengeschichte  oder 
Symbolik,  keine  Dogmalik  oder  orthodoxe  Begriflsklitterung,  kurz 
keine  Theologie,  sondern  Religionsiebre.  „Es  gibt  nichts  Ver- 
derblicheres als  diese  Mischung  von  Theologie  und  Religion,  in- 
folge deren  dem  Schuler  die  ewigen  Wahrheiten  der  Religion 
bald  ebenso  wandelbar  und  nichtig  erscheinen  wie  die  Meinungen 
der  Theologen.  Es  ist  Torheit,  wenn  der  Lehrer  menschliche 
Weisheit  an  die  Stelle  der  fleiligen  Schrift  setzen  und  die 
Urquelle  aller  wahren  religiösen  Erkenntnis  dem  Schuler  ver- 
schließen wilP*  (Trosien  bei  Schrader  S.  340  Anm.).  Die  Bibel 
und  abermals  die  Bibel  und  der  geistliche  Liederschatz,  die 
Kirchengeschichte,  Luthers  kleiner  Katechismus  und  die  Augsburgiscbe 
Konfession  bilden  den  UnterrichtsstoflT  auf  unsern  Gymnasien. 
Wie  der  Religionslehrer  beschafTen  sein  soll,  läßt  sich  nach  den 
angeführten  Sätzen  leicht  ermessen;  sonst  lese  man  es  in  §  96 
nach.  Auch  darüber,  wie  der  Lehrer  sich  zu  den  vom  Schuler 
etwa  aufgeworfenen  Fragen  und  Bedenken  stellen  soll,  gibt 
Schrader  uns  Anskunft.  Ich  meine,  wenn  der  Lehrer  wissen- 
schaftlich gebildet  ist  und  Philosophie  Wirklich  studiert  hat,  so 
wird* er  um  Antworten  auf  verständige  Fragen  und  ehrliche  Be- 
denken nicht  verlegen  sein.  Dann  weiß  er  die  Pseudowissen- 
scbaft  von  der  wahren  und  echten  zu  unterscheiden,  die  viel 
mehr  Probleme  aufgeworfen  als  gelöst  hat;  er  weiß,  wieweit  das 
Erkenntnisvermögen  des  menschlichen  <>eistes  reicht  und  inwie- 
fern dem  Denken  die  unsichtbare,  transzendente  Welt  offen  steht 
oder  verschlossen  bleibt;  er  weiß  endlich,  daß  die  tiefsten,  also 
auch  die  religiösen  Wahrheiten  nicht  durch  diskursives  Denken 
ergrubelt,  sondern  in  Andacht  geschaut,  im  Glauben  ergriffen,  im 
Herzen  verspürt  und  erlebt  werden. 

Über  den  Unterricht  in  deutscher  Sprache  und  Literatur  ist 
viel  geredet  und  geschrieben  worden;  das  Wesentliche  findet  sich 
bei  Schrader.  Dies  für  gewisse  Neuerer,  nach  deren  pomphaften 
Worten  man  glauben  sollte,  sie  hätten  nicht  bloß  die  einzig 
richtige  Methode,  sondern  den  deutschen  Unterricht  erst  erfunden. 
Die  philosophische  Propädeutik  will  unser  Gewährsmann  auf  die 
Logik  beschränkt  wissen,  worin  ich  ihm  völlig  beistimme.  Als 
wir  noch  mehr  Zeit  und  Stunden  für  den  griechischen  Unterricht 
zur  Verfugung  hatten  und  die  Schüler  mehr  Griechisch  verstanden, 
konnten  wir  Trendelenburgs  elementa  logices  Aristotelcae,  die  auch 
Schrader  schätzt,  mit  unsern  Primanern  lesen;  ich  selbst  habe 
sie  zu  Ilfeld  in  zehn  Jahren  fünfmal  durchgenommen. 

Den  französischen  Anfangsunterricht  wünscht  Schrader  nach 
wie  vor  aus  Quarta,  wo  er  sich  jetzt  statt  des  griechischen  breit- 
macht, nach  Tertia  zu  verlegen.  Auch  dann  könne  man  leisten, 
was  verständigerweise  von  unsern  Gymnasien  erwartet  werden 
dürfe,  nämlich  eine  sichere  grammatische  Unterlage  und  hinläng- 
liche Fertigkeit   im  Verständnis    flranzösischer  Schriftsteller,  dazu 


E,  V.  Sallwurk,  Die  did«kt.  Normalformen,  a^z.  v.  A.  Hübler.     23 

diejenige  formale  Bildung,  für  welche  die  Tranzösische  Sprache 
eigentümliche  Blittel  darbietet.  „Weitergehende  Forderungen, 
«eiche  schlieBHch  doch  nur  eine  reichlichere  Oberlieferung  des 
SprachstoiTes  und  dessen  bequemere  Verwertung  für  bestimmte 
inforderuDgen  des  Berufs  oder  gar  der  Geselligkeit  im  Auge 
laben,  müssen  unbedingt  abgewiesen  werden;  sie  haben  mit  der 
boben  Aufgabe  der  Gymnasien  nichts  gemein.  Insbesondere  ist 
aaf  denselben  von  jeder  ausgedehnten  Übung  im  Französisch* 
sprechen  abzusehen'*.  Ja  das  Französischsprechen !  Ich  will  keine 
Satire  darüber  schreiben. 

Die  Musik,  vornehmlich  der  Gesang  sollte  auf  den  höheren 
Schulen  recht  eifrig  gepflegt  werden,  um  der  ästhetischen  und 
nicht  minder  um  der  ethischen  Bildung  willen.  Was  Schrader 
in  den  §§  36 — 38  darüber  sagt,  ist  ausgezeichnet  und  verrät  den 
Kenner,  der  diese  edle  Kunst  theoretisch  und  praktisch  geübt 
bat. 

Die  Erziehungs-  und  Unterrichtslehre  ist  zum  erstenmale  im 
labre  1S68  erschienen.  Daß  der  Verfasser  an  jede  Auflage  die 
bessernde  Hand  gelegt  hat,  versieht  sich  von  selbst.  Er  hat  aber 
auch  die  pädagogische  Bewegung  bis  in  die  neueste  Zeit  auf- 
merksam verfolgt,  wie  außer  dem  Schlußkapitel  die  Anmerkungen, 
auf  die  ich  besonders  aufmerksam  mache,  beweisen.  Zu  einer 
Änderung  in  den  allgemeinen  Grundsätzen,  die  sich  als  sichere 
Ergebnisse  unserer  vaterländischen  Dildungsarbeit  bewährt  haben, 
lag  kein  Grund  vor.  Die  ungeschichtlichen,  ausgeklügelten  oder 
auch  unüberlegten  Reformen  veralten  alle  wie  ein  Gewand,  nur 
die  Wahrheit  veraltet  nicht. 

Wir  freuen  uns,  daß  dem  hochbetagten  Verfasser  vergönnt 
worden  ist,  eine  neue  Auflage  seines  Fahnenwerks  zu  besorgen. 
Dürfen  wir  in  dieser  Tatsache  ein  günstiges  Zeichen  dafür 
begrüßen,  daß  trotz  der  scheilenlauten  Torheit  modernster  Weis* 
heit  denn  doch  noch  mancher  den  redlichen  Gewinn  sucht  und 
in  den  Bildungswirren  der  Gegenwart  die  bewährten  Alten  um 
Rat  fragt?  Möchten  namentlich  unsere  jungen  Kollegen  und 
solche,  die  es  werden  wollen,  fleißig  aus  diesem  Buche  schöpfen! 
Es  ist  ein  %afkk$Xov  %f[q  natdeiag. 

Blank enburg  am  Harz.  H.  F.  Möller. 


E.    voD    Sallwurk,    nie    didaktisehen    Normalformen.     Dritte 
Auflage.      Fraokfnrt  a.  M.  1906,    Moritz  Diesterwes.    IV.  o.  167  S. 

Nicht  so  selten,  wie  man  etwa  glauben  möchte,  kann  man 
beim  Hinweis  auf  die  Notwendigkeit  didaktischer  Normalformen 
im  Unterrichte  aus  dem  Hunde  der  Nächstbeteiligten  die  Antwort 
boren,  die  Schablone  wirke  langweilig  und  der  Zwang  sei  der 
freien,  künstlerischen  Gestaltung  des  Unterrichtes  hinderlich. 
Wenn    nun    auch   zugegeben   werden   muß,    daß  Schablone    und 


24    B.  V.  Sallwfirk,  Die  didakt.  Normalformen,  a^z.  v.  A.  Hobler. 

• 
Zwang  der  Kunst,  und  das  Unterrichten  ist  eine  Kunst,  feindlich 
sind,  so  darf  man  doch  fragen,  ob  sich  denn  nicht  för  jede 
Kunst  gewisse  Regeln,  die  aus  dem  Wesen  und  dem  Zwecke  der 
betreffenden  Kunst  stammen,  ableiten  lassen,  mit  einem  Worte, 
ob  denn  nicht  för  jede  Kunst  eine  gewisse  Technik  vonnöten 
sei,  ohne  deren  Kenntnis  auch  das  Genie  nicht  auskommen 
kann.  Diese  Frage  ist  unbedingt  zu  bejahen,  und  wenn  es 
manchmal  scheinen  will,  als  setze  sich  das  Genie  über  die  Regela 
hinweg  und  schaffe  neue  Vorschriften,  so  zeigt  sich  beim  näheren 
Zusehen,  daß  es  nur  solche  Regeln  waren,  die  nicht  organisch 
aus  dem  innersten  Wesen  der  Kunst  hervorgingen,  sondern  viel- 
mehr äußerliche  Zutaten,  in  denen  aber  gerade  der  nichtgeniale 
Kunstler  öfters  die  Hauptsachen  zu  sehen  vermeint 

So  sind  auch  für  den  Unterricht  aus  all  den  Wissenschaften, 
die  sich  mit  dem  Menschen  befassen,  Gesetze  zu  gewinnen,  deren 
Nichtbefolgung  die  Zwecke  des  Unterrichtes  schwer  schädigen 
würde.  Diese  Gesetze  hat  v.  Sallwurk  zur  Aufstellung  seiner 
didaktischen  Normalformen  verwendet  und  damit  eben  diese 
Normalformen  sricher  begründet. 

Im  Unterricht  wird  der  Stoff  in  Unterrichtseinheiten,  in 
,sLektionen'*  dargeboten.  £s  wäre  naturlich  am  angenehmsten, 
wenn  die  Zeit,  die  eine  Lektion  in  Anspruch  nimmt,  mit  einer 
Unterrichtsstunde  zusammenßele.  Das  ist  jedoch  aus  ver- 
schiedenen Gründen  in  recht  vielen  Fällen  unmöglich,  und  daher 
mußte  das  Normalverfahren  auf  diese  mögliche  Zerreißung  der 
Lektion  Bedacht  nehmen.  Die  Lektion  selber  zerfällt  in  3  Haupt- 
stufen, und  jede  Stufe  besteht  aus  zwei  Abteilungen,  die  im 
folgenden  mit  A  und  B  bezeichnet  werden  sollen.  Es  sind 
danach  im  ganzen  6  Schritte,  die  eine  Lektion  ausfüllen.  Die 
3  Hauptstufen  sind:  I)  die  Stufe  der  Hinleitung  mit  den  Ab- 
teilungen A)  der  Gegenstand  und  B)  die  Grundlegung,  H)  die  Stufe 
der  Darstellung  mit  A)  das  Lehrstück  und  ß)  die  Erweiterung, 
HI)  die  Stufe  der  Verarbeitung  mit  A)  das  Ergebnis  und 
B)  die  Einfügung.  Das  charakteristische  Merkmal,  wodurch  sich 
die  Sallwürkschen  Normalformen  von  den  Versuchen  anderer 
Pädagogen  unterscheiden,  liegt  in  der  Teilung  jeder  Stufe  in  die 
Abschnitte  A  und  B.  Im  Teil  A  hat  hauptsächlich  der  Lehrer, 
im  Teile  B  der  Zögling  das  Wort.  Auf  diese  Weise  ist  dafür 
gesorgt,  daß  der  Zögling  nicht  nur  aufnimmt,  sondern  auch 
selbsttätig  wird.  Da  aber  Denken  auch  eine  Art  des  Handelns  ist, 
so  wird  der  Schüler  im  Handeln  geübt,  und  der  Unterricht  wird 
zum  erziehenden  Unterrichte.  Daß  dem  so  sei,  hat  der  Ver- 
fasser in  überzeugender  Weise  in  seiner  Schrift:  Prinzipien  und 
Methoden  der  Erziehung  (Leipzig  1906,  Verlag  der  Dürrschen 
Buchhandlung)  klargelegt. 

Man  kann  die  6  Schritte  der  didaktischen  Normalformen 
etwa  durch  folgende  Sätze  umschreiben,  aus  denen  aufs  genaueste 


Heerwa^eos  simtliehe  Schnlredeo,  agz.  v.  H.Stich.  25 

die  Dalargemäfie  Einrichlung  der  Normalstufen  hervorgeht.     Zu- 
Bichst   gibt    man    überhaupt   an,   was  man  will  (Hinleitung), 
daDD  wird  man  erfragen,  was  die  Schüler  vom  Gegenstande  etwa 
idioD  wissen  (Grundlegung),  darauf  wird  der  Gegenstand  selber 
da[]gestellt  (Lehrstück),    und    nun    bringen    die   Schüler    Ver- 
wiodtes  zum  Gegenstande  vor  (Erweiterung).     Aus  den  Yer- 
^leieben    wird  nun  das  Ergebnis  formuliert  und  in  das  Wissen 
der  Schüler    eingefügt.     Mancher,  der  die  Unterrichtsstunden, 
aus  deneu   er  mit  dem  Gefühl  fortgegangen  ist,  daß  alles  richtig 
geklappt  hat,  zergliedert,  wird  finden,  daß  er  es  in  der  oben  ge- 
schilderteD  Weise   gemacht    hat.     Das  Verfahren  liegt  eben  sozu- 
sagen  in     der  Luft,    es    ist  anscheinend  selbstverständlich.     Aber 
gerade    dadurch    wird    sein  organisches  Herauswachsen  aus    dem 
Unterrichte    erwiesen.      Infolgedessen    wird  es    weder    langweilig 
in   der    Anwendung,    noch    bedeutet  es    für    den    Lehrer    einen 
Zwang,    es   ist  vielmehr  für  den  Anfänger  ein  hilfreicher  Führer, 
für  den    Meister   aber   ein    mahnender  Freund,    der  sofort  auf- 
merksam   macht.   Wenn  man  einen  Irrweg  einschlagen  will.     Die 
^'ormalfo^men  sind  aber  auch  elastisch  genug,  um  allen  den  An- 
forderungen   zu    genügen,    welche   die    so  vielfach  veränderlichen 
Bedingungen  in  jedem  Einzelfalle  an  den  Unterrichtenden,  stellen. 
Sie     erlauben    auch    ein    Unterbrechen    und    späteres    Wieder- 
anknüpfen,  wenn    dies    gerade    durch    besondere   Umstände     im 
Unterrichte  verlangt  wird.' 

Das  Buch  wäre  jedoch  nicht  vollständig,  wenn  es  nicht  auch 
die  Probe  für  die  vorgetragene  Theorie  enthielte.  Daher  fmden 
sich  am  Schlüsse  des  Werkes  Beispiele,  in  denen  die  einzelnen 
Fächer,  die  in  der  Schule  eine  Rolle  spielen,  zum  Worte 
kommen.  Jeder  findet  dort  einen  Hinweis,  und  wenn  er  das 
betreffende  Lehrstuck  vielleicht  auch  nicht  in  der  angegebenen 
Weise  bebandeln  würde,  so  erhält  er  doch  wertvolle  Winke.  Es 
ist  die  Aufgabe  der  Kunst,  die  Brücke  von  der  Theorie  zur 
Praxis  zu  schlagen ;  des  Verfassers  großes  Verdienst  ist  es,  gezeigt 
zu  haben,  wie  man  diese  Brücke  schlagen  kann. 

Krefeld.  Adolf  Hübler. 


Heinrich  HeerwageDS  sämtliche  Schalredeo.  Heraasgegeben 
von  Ph.  Thiel ma  DO.  JNüroberg  1906,  Stcios  BuchhaDdlaog  (Scbieoer). 
VUi  a.  336  S.     8.    3,50  JC. 

Am  9.  November  1907  werden  es  50  Jahre,  daß  Heinrich 
Heerwagen,  damals  46  Jahre  alt,  als  Reklor  an  das  Nürnberger 
Gymnasium  berufen  wurde.  In  dieser  Stellung  blieb  er,  ehren- 
volle Berufungen  an  die  Erlanger  Universität  auf  den  I^ehrstubl 
Nägelsbacbs  und  an  das  Johanneum  in  Hamburg  ausschlagend, 
27  Jahre  bis  zu  seiner  im  März  1884  erfolgten  Versetzung  in  den 
Ruhestand.  Seit  1863  war  er  Vorstand  des  Pegnesischen  Blumen- 


26  H.  Heerwageos  sämtliche  Schulreden, 

Ordens^),  seit  1872  Mitglied  des  bayerischen  Obersten  Schulrates, 
seit  1873  Mitglied  der  Re^chsschulkommission,  seit  1878  Ehren- 
bürger von  Nürnberg.     Im  Jahre  1888  starb  er. 

Heerwagen  gehörte  zu  den  Persönlichkeiten,  welche  auf  alle, 
die  mit  ihnen  in  Beziehung  kommen,  einen  nachhaltigen  Eindruck 
machen.  Wie  seine  männlich  schönen  Zöge,  in  denen  römischer 
Ernst  mit  christlicher  Milde  gepaart  erschien,  sich  jedem  Be- 
gegnenden dauernd  einprägten,  so  sind  seine  Worte,  die  in  der 
Schule  wie  die  in  der  Gesellschaft  gesprochenen,  in  die  Seele  der 
Hörer  gedrungen,  und  vollends  von  seinen  in  der  Üflentlichkeit 
gehaltenen  Ansprachen  galt  das  Wort  der  Dichters  Eupolis  über 
Perikles:  ro  xivxqov  i/xatiXeine  roTg  äxQOwfAdyoig,  Es  war 
daher  ein  guter  Gedanke  des  gegenwärtigen  Leiters  des 
Melanchthon- Gymnasiums^)  Dr.  Ph.  Thielmann,  die  sämtlichen 
Schulreden  und  einige  sonstige  Reden  Heerwagens  den  Teil- 
nehmern an  dem  Nürnberger  Studiengenossenfest  im  Juli  1906 
als  Gruß  darzubringen. 

Aus  diesen  Reden  tritt  uns  noch^  einmal  der  edle  Mann  ent- 
gegen, sein  reicher  Geist,  seine  strenge  Wissenschafllichkeit,  sein 
starkes,  von  Liebe  zur  Jugend  und  von  Gottvertrauen  erfülltes 
Gemüt.  Gleich  die  erste.  Hede,  mit  der  Heerwagen  sein  verant- 
wortungsvolles Amt  antrat,  ist  durch  hohe  Vollendung  der  Form 
und  durch  reichen  Gedankengehalt  ausgezeichnet,  dabei  von  einem 
tiefen  Pflichtgefühl  durchdrungen.  Der  neue  Rektor  verheißt 
seinen  Schülern  nicht  nur  Bereicherung  des  Wissens,  Erweiterung 
des  geistigen  Horizontes,  wie  es  Heerwagen  so  gern  nannte,  er 
will  sie  auch  als  väterlicher  Freund  bewahren  vor  dem  Versinken 
in  eine  niedrige  und  gemeine  Lebensauffassung.  Daß  Heerwagen 
diesem  Grundsatz  treu  geblieben  ist  bis  an  das  Ende  seiner 
Wirksamkeit,  das  werden  alle  seine  Schüler  bezeugen,  auch  jede 
der  folgenden  27  Ansprachen  bezeugt  es.  Wir  können  hier  nicht 
den  Inhalt  aller  dieser  Reden  im  einzelnen  besprechen,  sie  wollen 
gelesen  sein.  Wer  sie  liest,  dem  wird  das  Idealbild  eines 
Humanisten  entgegentreten.  Mit  den  etwas  älteren  Held  in 
Bayreuth  und  Bomhard  in  Ansbach  bildete  Heerwagen  jenes 
Triumvirat  fränkischer  Rektoren,  welche  das  neuhumanistische 
Lebens-  und  Lehrziel  des  abgelaufenen  Jahrhunderts  am  voll- 
kommensten erreicht  haben.  Mit  klarem  Bewußtsein  und  mit 
Nachdruck  vertritt  Heerwagen  namentlich  die  jenen  Neuhumanisten 
eigentümliche  Beschränkung  des  Gymnasiums  auf  das  Altertum 
und  auf  die  deutschen  Klassiker:  nicht  zuviel  Realien,  selbst  der 


^)  Vgl.  Altes  und  Neues  aas  dem  Pegnesischeo  Blumeoordco.  Der 
Erinnernng  an  Dr.  H!  Heerwagen  geweiht  Nürnberg  1889.  Die  dort  ab- 
gedruckten neun  Vorträge  Heerwagens  bilden  eine  schöne  Ergänzung  der 
oben  angezeigten  Schulreden  des  großen  Pädagogen. 

'^)  Seit  der  Gründung  eines  zweiten  humanistischen  Gymnasiums  in 
Nürnberg  das  Alte  Gymnasium  genannt 


aogez.  voa  H.Stich.  27 

bmtere  Ratim,  der  nach  und  nach  der  Mathematik  überlassen 
werden  mußte,  will  ihm  bedenklich  erscheinen.  Von  vornherein 
nimmt  Heer^agen  Stellung  gegen  anbedachte  Neuerungen;  durch 
aWe  seine  Reden,  von  der  ersten  bis  zur  spätesten,  zieht  sich 
nie  ein  roter  Faden  eine  vornehme  Ablehnung  der  Forderung,  am 
Gymnasium  alles  mögliche  Nutzliche  zu  lehren,  und  zwar  so  zu 
lehren,  daß  den  Schulern  die  Muhe  möglichst  abgenommen  werde. 
Heerwagen  weiB  wohl,  daß  diese  „Stegreifpädagogik'*  nicht  erst 
Ton  heute  ist,  in  der  20.  Rede  gibt  er  köstliche  Proben  des 
gleichen  Zeitgeistes  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Hier,  wo  er  erzählt, 
wie  die  Zuspätkommenden  Schüler  sich  teils  mit  dem  Ausbleiben 
d^  Frühstücks,  teils  mit  den  Gastereien  der  Eltern  am  voraus- 
gehenden Abend  entschuldigten,  die  ärmeren  wohl  auch  mit  den 
bänslichen  Dienstleistungen,  die  sie  für  ihre  Gönner  zu  verrichten 
gehabt,  kommt  auch  jene  ganz  leise  Ironie  zum  Vorschein,  welche 
dem  sonst  so  ernsten  rector  Franconiae  eigen  war.  —  Wiewohl 
ein  geborener  Bayreuther,  war  Heerwagen  stolz  darauf  in  der 
ehemaligen  Reichsstadt  Nürnberg,  in  der  Stadt  Dürers  und  Hans 
Sachsens,  Rektor  zu  sein.  Das  prägt  sich  namentlich  in  der 
Rede  von  1865  aus,  die  auf  mich  als  jugendlichen  Lateinschüier 
einen  solchen  Eindruck  machte,  daß  ich  jetzt  beim  Wiederlesen 
nach  so  langer  Zeit  fast  noch  den  Tonfall  einzelner  Sätze  zu  ver- 
nehmen glaubte.  Nach  einigen  feinsinnigen  Bemerkungen  über 
den  Einfluß  der  örtlichen  Umgebung  auf  die  Bildung  der  Jugend 
behandelt  Heerwagen  hier  die  Frage,  welchen  Vorzug  das 
Melanchlhon-Gymnasium  dadurch  genieBe,  daß  es  in  der  Stadt 
Nürnberg  seine  Werkstätte  aufgeschlagen  habe.  Er  schließt  mit 
der  Mahnung:  „Mögen  nun  auch  unsere  Schuler,  wenn  sie  stolz 
darauf  sind,  einer  Stadt  anzugehören,  deren  ruhmreiche  Ver- 
gangenheit dem  vielgestaltigen,  wechselvollen  Treiben  der  Gegen- 
wart fortwährend  als  Spiegelbild  vorgehalten  zu  werden  verdient, 
sich  der  Erkenntnis  nicht  verschließen,  daß  auch  von  ihnen  Großes 
gefordert  wird,  daß  aber,  um  Großes  zu  schaffen,  nicht  Weich- 
lichkeit, zerfahrenes  Wesen  und  krankhafter  Dilettantismus,  sondern 
Tapferkeit,  Sammlung  des  Geistes  und  gewissenhafte  Berufstreue 
erforderlich  sind!*' 

Wie  vornehm  Heerwagen  die  Aufgabe  des  humanistischen 
Gymnasiums,  den  Schüler  für  die  Gegenwart  zu  erziehen,  faßte, 
geht  aus  der  nach  dem  Kriegsjahre  1866  gehaltenen  Rede  hervor. 
Heerwagen  wendet  sich  hier  nachdrücklich  gegen  das  Unterfangen, 
politische  Tagesfragen  vor  den  Schülern  zu  erörtern;  er  ver- 
urteilt es,  wenn  man  verlangt,  daß  schon  in  den  Volksschulen 
die  Yerfassungsurkunde  erläutert  und  dadurch  der  sogenannten 
Mündigkeit  des  Volkes  Vorschub  geleistet  werde.  Es  wäre  aber 
unrecht,  aus  Heerwagens  weitgehender  Zurückhaltung  in  politischen 
Diogen  auf  eine  Kühle  seiner  vaterländischen  Gesinnung  schließen 
zu    wollen,    wenn    sehon    eine    solche    Auffassung    anscheinend 


28        Heerwageos  samtliche  Schulredeo,  agz.  v.  H.  Stich. 

durch  die  Rede  vom  5.  August  1870  bestätigt  wird,  wo 
nach  einigen  warmen  Worten  zum  Gedächtnis  der  in  diesem 
Jahre  verstorbenen  Professoren  des  Melanchthon-Gymnasiums  der 
Kedner  nur  einen  fluchtigen  Blick  auf  die  Zeitereignisse  wirft, 
um  dann  über  —  den  Philosophen  Hegel  zu  sprechen,  der 
1808 — 1816  Rektor  des  Nürnberger  Gymnasiums  war.  Aber  wer 
an  jenem  Morgen  des  5.  August  1870  im  Nürnberger  Rathaus- 
saale, wo  die  Preisverteilung^)  des  Gymnasiums  regelmäßie;  statu 
fand,  zugegen  war,  dem  ist  die  tiefe  Bewegung  unvergeßlich,  die 
damals  alle  Gemuter  durchzitterte,  wie  die  frische  Kunde  vom 
Weißenburger  Sieg  von  Mund  zu  Mund  flog,  wie  der  Abiturient, 
der  nach  Nürnberger  Brauch  die  Abschiedsrede  hielt  —  es  war 
einer  der  S.  254  erwähnten  späteren  Geschichtsprofessoren  — , 
über  die  Perserkriege  sprach,  die  er  mit  der  gegenwärtigen  Ab- 
wehr des  französischen  Angriffs  verglich,  und  wie  der  Rektor 
selbst  zuletzt  sich  an  das  kleine  Hätiflein  der  Abiturienten  — 
denn  ein  Teil  war  schon  bei  den  Waffen  oder  bei  den  Feld- 
diakoncn  —  in  ernsten  Worten  wandte,  die  man  auch  heute  nach 
36  Jahren  nicht  ohne  ergriffen  zu  werden  lesen  kann.  Be- 
geisternde Worte  fand  der  Nürnberger  Rektor  dann  bei  der 
Friedensfeier  vom  4.  März  1871,  und  auch  die  Rede  bei  dem 
nächsten  Schlußakt  (7.  August  1871)  behandelt  ein  patriotisches 
Thema :  „Deutsche  Zucht,  Ausdauer  und  Wissenschaft  als  Elemente 
der  Oberlegenheit  über  den  Feind'^  Die  folgenden  Reden  sind 
freilich  ausnahmslos  Fragen  des  Unterrichts  und  der  Erziehung 
zugewandt.  Von  ergreifendem  Ernst  sind  dabei  die  an  die 
Abiturienten  gerichteten  Schlußworte,  trotz  mancher  Wieder- 
holung immer  wieder  den  besonderen  Verhältnissen  angepaßt. 

Wir  dürfen  unsere  Anzeige  dieses  wertwollen  Buches  nicht 
ohne  ein  Wort  der  Anerkennung  für  den  Herausgeber  der  Reden 
schließen.  Er  hat  keine  für  den  Druck  bestimmte  Niederschrift 
benutzen  können,  sondern  war  auf  Entwürfe  angewiesen,  die  in 
formaler  Beziehung  manche  Unebenheit  aufzeigten.  Man  bedenke 
nur  die  Umgestaltung  der  Rechtschreibung  in  der  zweiten  Hälfte 
des  abgelaufenen  Jahrhunderts!  Die  schonende  Art,  mit  der  der 
Herausgeber,  von  fachkundiger  Seite  unterstützt,  verfuhr,  verdient 
volle  Anerkennung;  Heerwagen  sprach  und  schrieb  noch  vor  den 
Wirkungen  des  Deutschen  Sprachvereins;  er  scheut  Wörter  wie 
Volubilität,  Simplizität  und  Potenzierung  nicht;  es  wäre  unrecht 
gewesen,  solche  Ausdrücke  durch  Verdeutschungen  zu  ersetzen: 
wenn  Heervvagen  an  eine  Herausgabe  seiner  Reden  gedacht  hätte, 
so  hätte  er  sie  sich  gewiß  in  der  vorliegenden  Form  gewünscht. 
Auch  die  Beigabe  der  wichtigsten  Lebensdaten  ist  zu  billigen;  die 


^)  Nach  1874  faad  keine  Preiavertetlungp  mehr  statt,  sondero  nar  ein 
feierlicher  „Schlußakt".  Heerwageo  unteroimmt  gele^eotlich  eine  kleine 
Ehrenrettung  der  vielgescholtenen  Preisverteilungen. 


L.  Weniger,  Eatschlage  a.  d.  Lebensweg,  ag2.  v.  A.  Knllmano.    29 

nnmiltelbar  nach  dem  Tod  Heerwagens  veröfTentlichlen  Dar- 
slelloDgen  seines  Lebens  (von  Westermayer  u.  a.)  sind  nicht  in 
fielen  Händen,  und  unseres  Wissens  steht  eine  Gesarntwürdigung 
deä  Terdienten  Mannes  nicht  in  Aussicht.  In  Anbetracht  der 
Xorbildücbkeit  des  Mannes  wäre  eine  solche  freilich  eine  lohnende 
Aofgabe.  Einstweilen  mögen  sich  seine  Schüler  und  Verehrer 
ao  dieses  Buch  hallen,  für  solche  Leser  ist  auch  das  beigegebene 
Bild  Heerwagens  besonders  erwünscht.  Wir  wünschen  aber  dem 
Bach  viele  Leser  auch  in  weiteren  Kreisen.  Nicht  nur  in 
Bayern,  wo  man  dem  letzten  der  großen  fränkischen  Rektoren 
ein  dankbares  Andenken  bewahrt.  Auch  die  Gymnasiallehrer  im 
äbrigen  Deutschland  werden  diese  Reden,  so  hoffen  wir,  mit 
Gewinn  lesen.  Sie  werden  eine  verehrungswurdige  Persönlich- 
keit  daraus  kennen  lernen,  einen  Schulmann,  der  wie  wenige  das 
Wesen  des  Humanismus  in  sich  verkörpert  hat. 

Zweibrucken.  H.  Stich. 

Ladwig  Weniger,  Ratschläge  aaf  den  Lebeoaweg,  deatschen 
Jaogliogea  erteilt.  Berlia  1906,  Weidmannscbe  Buchhandluag. 
VI  n.  291  S.     8.     5  Jt^ 

Der  Direktor  des  Wilhelm-Ernst- Gymnasiums  in  Weimar  hat 
die  25  Ansprachen,  welche  er  in  ebensoviel  Jahren  an  die 
scheidenden  Abiturienten  gehalten  hat,  in  einem  Bande  unter  dem 
obigen  Titel  zusammengestellt.  Das  ist  ein  glücklicher  Gedanke, 
zumal  diese  Reden  keine  bloßen  pflichtmäßigen  Leistungen  eines 
mit  Direktorialgeschäften  genugsam  geplagten  Schulleiters  sind, 
sondern  inbaltreiche  und  geistvolle  Abhandlungen,  aus  denen  uns 
die  Herrschaft  des  Redners  über  den  gewählten  Gegenstand,  sowie 
sein  tiefes  Interesse  an  den  scheidenden  Schülern  entgegentritt. 
Es  sind  Schulreden  in  der  besten  Bedeutung  des  Wortes,  zwar 
hier  und  da  mit  etwas  stärkerem  pastoralcn  Anflug,  aber  so  reich 
durclisetzt  mit  den  Ergebnissen  eigenen  Denkens,  wissenschaft- 
licher Zutat  und  Lebenserfahrung  und  in  so  anziehender  in- 
dividueller Darstellungsform,  daß  sie  der  reiferen  Jugend,  den 
Schulmännern  und  überhaupt  jedem  Gebildeten  wärmstens  emp- 
fohlen werden  können.  Die  drei  Leitsterne  des  Lebens  des  Ver- 
fassers: Evangelium,  Vaterland,  Hellenismus  leuchten  durch  diese 
Abhandlungen  und  geben  Inhalt  und  Form  die  charakteristische 
Schattierung.  Daß  das  Vaterland  zu  gebührender  Geltung  kommt, 
ist  eine  Errungenschaft  der  neueren  Zeit,  erhebend  zumal  in 
unseren  Tagen,  wo  das  Andenken  an  Jena  und  Auerstädt  wieder 
aaflebt,  und  interessant  zugleich,  wenn  man  das  heutige  Weimar 
in  Gedanken  der  einstigen  Stätte  der  Musen,  aber  auch  des  Welt- 
bürgertums gegenüberstellt. 

Die  Gegenstände,  welche  der  Verfasser  zu  seinen  Ansprachen 
wählt,  sind  meistens  Begrifl^e,  wie:  die  Tugend  des  Maßes,  das 
Licht,  das  Dienen,  der  Zweifel,  die  Ordnung,  die  Arbeit,  die  Ehre, 


30  H.  Stephao,  Herders  Philosophie, 

die  Begeisterung,  die  Gesundheit,  der  Idealismus,  Klassisch, 
Kairos,  der  Gott  der  Gelegenheit,  welche  auf  ihren  Inhalt  unter- 
sucht, an  der  Hand  des  Sprachgebrauchs  geprüft  und  in  ihren 
Beziehungen  zum  Leben  gedeutet  werden.  Ergibt  sich  aus  der 
Wahl  der  Themata  vielfache  Anknüpfung  an  den  Anlaß  dieser 
Ansprachen,  so  zeigen  sie  den  Redner  zugleich  als  scharfen  Zer- 
gliederer,  der  in  dialektischem  Fortschreiten  die  einzelnen  Seiten 
seines  Themas  beleuchtet.  Dabei  wird  er  unterstützt  durch  eine 
Darstellung,  welche  die  Mitte  haltend  zwischen  Erörterung  und 
Rede  bald  belehrend,  bald  mahnend  oder  warnend  ihrem  Ziele 
zusteuert.  Da  ist  kein  Prunken  mit  rednerischem  Zierat,  aber 
auch  kein  Herabsinken  unter  die  Würde  des  Stoffes;  in  gleich- 
mäßigem Fluß  und  gegenständlicher  Sprache  erschöpfen  diese  Ab- 
handlungen den  Inhalt  des  Hauptgedankens  und  lassen  den  Leser 
die  Spannung  nachempfinden,  mit  welcher  die  versammelte  Schul- 
gemeinde diesen  Ausführungen  gefolgt  sein  wird.  Wahre  Kabinett- 
stücke der  Schulberedsamkeit  sind  die  Ansprachen:  Von  der 
Ordnung,  Von  der  Tugend  des  Maßes,  Vom  Lichte,  Von  der 
Arbeit,  Triptolemos. 

Wie  erfreulich  ist  es  doch  für  den  Leiter  einer  Anstalt, 
wenn  er  mit  dem  Rüstzeug  der  Gelehrsamkeit  die  Gabe  der  Rede 
vereinigt,  um  bei  gebotenem  Anlaß  die  Summe  der  Schularbeit 
zu  ziehn  und  Schüler  und  Lehrer  aus  der  Werkeltagsstimmung 
der  Schulpflichten  in  idealere  Regionen  zu  versetzen!  Das  ist 
der  Gesamteindruck,  den  die  Wenigerschen  Schulreden  hinter- 
lassen, die  jeder  Gebildete  mit  Genuß  lesen  wird. 

Zum  Schluß  muß  auf  das  entstellte  Zitat  auf  Seite  166  auf- 
merksam gemacht  werden,  das  nicht  heißt:  Tout  perdu  selon 
Thonneur,  sondern:  Tout  est  perdu  fors  l'honneur. 

Wolfenbüttel.  A.  Kulimann. 


Herders  Philosophie.  Ausgewählte  Denkmäler  ans  der 
VVerdezeit  der  ueoen  deutschen  Bildung,  herausgegeben  von 
Horst  Stephan  (Philosophische  Bibliothek  Band  112).  Leipzig  I9ü6, 
Dürrsche  Buchhandlung.     XLIV  u.  310.    gr.  8.     geb.  4,20  JC. 

Ob  die  Philosophie  in  die  Schule  gehöre  und  welche 
Philosophie,  darüber  ist  oft  genug  geschrieben,  das  pädagogische 
Für  und  Wider  oft  genug  beleuchtet  worden.  Sieht  mau  auf 
die  Praxis,  so  ist  das  Resultat  ein  sehr  einfaches.  Die  Philosophie 
ist  in  der  Mehrzahl  unserer  Gymnasien  bis  auf  unbedeutende 
Reste  geschwunden.  Das  war  weniger  ein  Erfolg  theoretisch- 
pädagogischer Erörterungen;  es  war  viel  eher  ein  Zeichen 
gesunder  Anpassung  an  die  Richtung  gebenden  Kräfte,  die  in  den 
letzten  Jahrzehnten  Natur-  und  Geisteswissenschaft  beherrschten. 
Neuerdings  aber  hat  sich  die  Sachlage  geändert.  Wir  stehen  in 
einer  Periode,  in  der  die  Fragen  der  Philosophie  das  Interesse 
der    Gebildeten    und    zumal    der   gebildeten   Jugend    aufs   neue 


aogez.  von  6.  Jaeoby.  31 

erobern.  Ein  Blick  auf  den  Büchermarkt  und  auf  die  Lisle  der- 
jeDigen,  die  sich  dem  Studium  der  Philosophie  widmen,  vermögen 
hier  mehr  als  Worte  zu  überzeugen. 

So  wird  sich  denn  auch  die  Schule  aufs  neue  der  Philosophie 
vidmen.  Denn  das  ist  ihre  vornehmste  und  zugleich  ihre 
delikateste  Aufgabe,  daß  sie  den  geistigen  Strömungen  der  Zeit  ihre 
geiifimen  Triebkräfte  ablauscht,  daB  sie  die  gesunden  von  diesen 
Strömungen  bei  ihren  Schülern  nach  Kräften  weckt  und  fördert, 
dlt  ungesunden  aber  bei  ihnen  in  gesunde  Bahnen  lenkt.  Nur 
daoo,  wenn  wir  sie  zum  Verständnis  und  lebensfrohen  Genuß 
ihrer  eigenen  Gegenwart  vorbereiten,  wird  die  uns  anvertraute 
Generation  der  Schule  Dank  wissen. 

Zu  der  geistigen  Gegenwart,  die  dieser  Generation  harrt, 
gebort,  wie  gesagt,  nunmehr  wieder  die  Philosophie;  dieser  bedarf 
der  moderne  Mensch.  Das  Wichtige  aber  ist,  daß  er  ihrer  nicht 
erst  dann  bedarf,  wenn  er  die  Schule  verlassen  hat,  sondern 
schon  in  der  Schule.  Dringender  vielleicht  als  je  stellen  sich  die 
Fragen  der  Welt  und  des  Weltgeschehens  in  den  Jahren  des 
Primaner-  nnd  Sekundanertums  ein;  in  jenen  Jahren  der  ersten 
geschlechtlichen  Reife  voll  dumpfer  und  wirrer  geistiger  Trieb- 
kräfte; in  jenen  Jahren,  in  denen  Samenkörner  auf  frucht- 
bares Land  fallen,  um  sich  in  der  Studentenzeit  zu  reicher  Ernte 
zu  entfalten.     Diese  Jahre  gehören  der  Schule. 

Die  Geburt  der  philosophischen  Weltanschauung  in  der 
jugendlichen  Menschenseele  zu  überwachen  und  ihr  zu  gesundem 
Leben  zu  verhelfen,  das  ist  die  verantwortungsvolle  und  in  der 
Gegenwart  dankbare  Pflicht,  vor  die  sich  der  Lehrer  der  Sekunda 
nnd  Prima  gestellt  siebt  Aber  welche  Philosophie  wird  er  seinen 
Schülern  bringen?  Nicht  die  Philosophie  der  Handbücher  und 
Grundrisse,  auch  nicht  die  fach  wissenschaftliche  Philosophie  der 
Psychologen  und  der  Erkenntnistheoretiker,  der  Logiker  und  der 
Metaphysiker,  sondern  die  Philosophie,  die  sich  auch  ohne  unser 
Zutun  im  Geiste  des  Primaners  regt  und  die  zum  Lichte  strebt, 
weil  sie  der  Jugend  Herzenssache  ist.  Man  hatte  nicht  unrecht, 
«enn  man  zu  bemerken  glaubte,  daß  diese  Philosophie  von  der 
Lektüre  unserer  Klassiker  ihren  Ausgang  nimmt.  Die  Lessing,  Goethe 
and  Schiller  befruchten  den  nach  einer  Weltanschauung  suchenden 
Geist  unser  Gymnasiasten.  Warum  aber  eröffnet  man  dem 
Schüler  nie  das  Verständnis  Herders?  Ich  wage  zu  behaupten, 
daß  Herders  Philosophie  am  allermeisten  dazu  gesclialfen  ist,  den 
Bedürfnissen  der  modernen  Jugend  Befriedigung  zu  gewähren, 
von  der  Bedeutung  Herders  für  Goethe  ganz  zu  schweigen«  Um- 
gekehrt wage  ich  zu  behaupten,  daß  Lessing,  Schiller  und  selbst 
Goethe  diesen  Dienst  nicht  zu  leisten  vermögen.  Die  sorgfältigen, 
aber  nur  wenige  Früchte  tragenden  Schriften  des  großen 
Rationalisten  Lessing  und  zumal  diejenigen,  die  in  der  Schule  gelesen 
iverden,     vermögen     den    nach    Fülle    und    neuartigem    Denken 


32  H.  Stephan,  Herders  Philosophie, 

gierigen  Primaner  ebenso  wenig  zu  sattigen  wie  der  tugendhafte 
und  etwas  gezwungene  Idealismus  Schillers.  Was  aber  Goethe 
betrifft,  so  ist  es  bei  der  geistigen  Eigentümlichkeit  des 
mächtigen  Mannes  seine  Ehre  und  nicht  seine  Unehre,  daß  er 
der  „Gelegenheits*'~Dichter  nur  bei  der  dichterischen  Gelegenheit 
die  Fragen  der  Philosophie  anfaßte  und  ihnen  glänzende  und 
bedeutende  Schlaglichter  schenkte.  Die  Philosophie,  die  sich  in 
der  Schullckture  unserer  Klassiker  verbirgt,  genügt  nicht,  um  das 
nach  einem  Ganzen  und  nach  Modernem  strebende  Tasten  des 
Primaners  zu  befriedigen  und  seinem  fruchtverheißenden  unklaren 
Willen  ans  Licht  zu  helfen.  So  greift  er  zu  Schopenhauers  oder 
zu  Nietzsches  Philosophie.  Diese  verhilft  ihm  zum  Licht;  aber 
zu  einem  Lichte,  das  verbrennt,  indem  es  erleuchtet. 

Das  Alter,  das  dem  Pessimismus  und  der  Obertreibung  am 
leichtesten  zugänglich  ist,  bedarf  in  der  Philosophie  am  meisten 
lebensfroher  und  gesunder  Kraft,  Wärme  und  Reichtum.  Ich 
wüßte  nicht,  wo  dies  alles  in  frischerer  Blüte  stände  als  in  den 
Schriften  Herders.  Herder  hat  sich  unter  den  deutschen  Klassikern 
am  meisten  um  die  Philosophie  als  Weltanschauung  verdient 
gemacht.  Er  hat  die  Probleme  des  organischen  Weltgeschehens 
um  uns  und  die  Probleme  des  menschlichen  Bewußtseins  in  uns, 
die  Probleme  der  Vergangenheit  und  die  Probleme  der  Gegen- 
wart in  dichterischer  und  ideenschwangerer  Sprache  zu  neuem, 
zukunftsfreudigem  Leben  heraufgeführt.  Die  deutsche  Wissen- 
schaft wurde  durch  Herders  Art,  die  Dinge  zu  betrachten,  für 
ein  ganzes  Jahrhundert  befruchtet.  Sollte  nicht  auch  der  wissen- 
scliaftliche  Sinn  unserer  Primaner  sich  an  Herder  bereichern 
können? 

Ich  behaupte,  daß  Herder  von  allen  Philosophen,  die  je 
gelebt  haben,  am  meisten  dazu  berufen  ist,  Führer  des  deutschen 
Gymnasiasten  zu  werden.  Er  ist  dazu  nicht  nur  deshalb 
berufen,  weil  sich  in  seiner  Persönlichkeit  der  Glanz  Weimars 
widerspiegelt  als  der  einzigen  Epoche  des  deutschen  Geisteslebens, 
die  dem  Primaner  vertraut  ist;  sondern  vor  allem  deshalb, 
weil  er  sachlich  in  diejenigen  Probleme  hineinführt,  die  den 
Primaner  interessieren  und  interessieren  müssen.  Die  Welt  des 
Gvmnasiasten  setzt  sich  aus  den  Kenntnissen,  die  ihm  durch  die 
Schule  vermittelt  wurden,  einerseits  und  den  modernen  Lebens- 
idealen, von  denen  er  hat  reden  hören,  andrerseits  zusammen. 
Beides  verschmilzt  in  ihm  zu  einer  glucklichen  oder  zu  einer  un- 
glücklichen Einheit,  wenn  das  Alter  beginnt,  das  nach  Er- 
gebnissen und  nach  einer  Weltanschauung  sucht  In 
dieser  wichtigen  und  folgenschwangeren  Periode  des  Lebens  kann 
das  Studium  Herders  helfen  und  führen.  Herders  Philosophie  ist 
überall  in  den  Tatsachen  der  humanistischen  Gymnasialbildung 
verankert:  Geschichte  und  Naturgeschichte,  Sprache  und  Religion 
bilden  ihren  Gedankenstoff.     Noch  wichtiger  aber  ist,  daß  Herder 


■  ■gel.  voi  G.  Jaisaky.  S3 

ii  alJeD  diesen  Problemen  neue  und  bedeutende  Horizonte 
tMwtj  daß  er  eine  Summe  xieht  aus  dem,  was  der  Schuler 
»tofflich  in  sich  aufgenommen  hat,  und  ihm  durch  interessante 
DvchbJieke  zu  einer  einheitlichen,  lebensvollen,  dichterisch  hoch- 
fiuigen  und  modernen  Weltanschauung  verhilft.  Denn  modern 
ist  brders  Weltanschauung  durch  und  durdb«  Das  ist  in  den 
ieliteo  Jahrzehnten  und  zumal  in  dem  Jahre  des  Eerder-Jnbiläums 
I»  oft  aasgesprochen  worden,  daß  es  hier  nur  einer  Hindeutung 
mf  die  gewichtigen  Stimmen  unserer  Gelehrten  aller  Fakultäten 
bedail 

Herders  Philosophie  hat  meiner  Oberzeugung  nach  die  Kraft 
Bfid  dämm  den  Beruf,  dem  modernen  Schöler  des  deutschen 
Gjouiasiams  ein  Föhrer  und  Helfer  in  einer  wichtigen  Lebens- 
eps4e  zu  sein.  Ich  mache  es  mir  daher  zur  Pflicht,  ein  Buch 
lof  du  wärmste  zu  empfehlen,  das  den  Zweck  hat,  Herders 
Philoso[diie  in  verstlndnisvoller  Auswahl,  in  einfacher  muster« 
gattiger  Ausstattung  und  zu  einem  mäßigen  Preise  den  gebildeten 
iDd  BHdung  suchenden  Deutschen  darzubieten.  Es  ist  das  Buch 
m  Horst  Stephan,  das  im  Eingänge  genannt  ist.  Man  findet  in 
ihm  vnter  den  drei  Titeln:  „Die  Grundlagen  von  Herders 
Ptiiloiophie*',  „Seine  Geschichtsphilosophie''  und  „Seine  Religions- 
phflospphie''  folgende  Schriften:  die  „Abandlung  vom  Ursprung 
dar  Spraeh6*\  die  „Bemerkungen  und  Träume  vom  Erkennen 
Bod  Empfinden  der  menschlichen  Seele'S  Proben  aus  dem 
genialen  Entwurf  ^Auch  eine  Philosophie  zur  Geschichte  der 
Uidoag  der  Menscheit*',  die  philosophisch  wichtigen  Abschnitte 
aai  den  „Ideen'',  die  Spinoisa  geweihten  Gespräche  „Gott",  einiges 
m  Herders  philosophischer  Lyrik  und  interessante  Proben  aus 
Herders  religiöser  Ethik,  die  zum  größten  Teil  seinen  Predigten 
»tnommeo  sind.  Der  Wert  des  Ganzen  wird,  zumal  für  den 
ScJiolgebrattch ,  durch  eine  biographisch  und  sachlich  gut 
orientierende  Einleitung  am  Anfang,  sowie  durch  Erläuterungen 
BQd  ein  sorgfaltig  gearbeitetes  Register  am  Schlufi  noch  wesent- 
kh  erhöht. 

Herders  Schriften  —  und  hier  sind  seine  besten  vereinigt  — 
^nnen  in  dieser  bescheidenen  Anzeige  natörlich  nicht  einzeln 
kesprocben  werden.  Anch  sind  sie  von  berufenster  Seite  oft 
geaog  und  bisweilen  unAbertrefflich  charakterisiert  worden.  Nur 
3of  ihre  Bedeutung  für  die  Schule  sollte  an  dieser  Stelle  hin« 
gewiesen  werden*  Es  ist  wahrhaftig  an  der  Zeit«  daB  die  ideen- 
Kiehen  Werke  des  Weimarer  Theologen  und  Philosophen,  des 
philosophischen  Leiters  Goethes,  auf  den  deutschen  Gymnasien 
wieder  mehr  gelesen  und  gekannt  werden. 

Vanves  bei  Paris.  Gfinther  Jacoby. 


Z«Ui«kr.  f.  d.  07MaMi«lwM6B.    LH.    1. 


34    Rffl*  Bibliothek  ZD  Berlin.   Verzeichnis  der  Zeitsehrifteo, 

RSDigliche  Bibliothek  zu  Berlin.  Alphabetisches  Verzeichnis 
der  laufenden  Zeitschriften.  November  1906.  Berlin  W.  64, 
Königliche  Bibliothek.    IV  u.  400  S.  kart,  1  JL, 

Bei  der  Bedeutung,  welche  die  Berliner  Kgl.  Bibliothek  für 
das  wissenschaftliche  Leben  besitzt  und  unter  der  Leitung  eines 
Gelehrten  von  Weltruf  noch  immer  mehr  gewinnen  wird,  bedarf 
es  wohl  keiner  Rechtfertigung,  wenn  in  dieser  Zeitschrift  eine 
ihrer  Veröffentlichungen  angezeigt  wird,  die  auch  das  Interesse 
der  wissenschaftlich  tatigen  Mitglieder  des  Oberlehrerstandes  in 
hohem  Grade  beansprucht. 

Im  Jahre  1892  hatte  die  Bibliothek  zum  ersten  Male  ein 
vorläufiges  Verzeichnis  (so  hieß  es  damals  in  der  Vorrede)  ihrer 
laufenden  Zeit-  und  Vereinsschriften  herausgegeben  (2  Bi. 
u.  1 69  S.  Berlin,  A.Asher  u.Co.  4c4();  jetzt  liegt  nach  längerer  Arbeit 
das  von  dem  Bibliothekar  Max  Laue  ausgearbeitete  neue  Ver- 
zeichnis der  laufenden  Zeitschriften  vor.  Es  ist  eine  Leistung,  für 
welche  alle  Benutzer  der  Bibliothek  dem  Bearbeiter  zu  Dank  ver- 
pflichtet sind,  besonders  diejenigen,  welche  bei  der  Art  ihrer 
Arbeiten  sehr  häufig  Zeitschriftenbände  oder  ganze  Serien  durch- 
zugehen haben.  Das  Verzeichnis  will  wie  das  erste  vor  allem 
praktischen  Zwecken  dienen;  es  war  daher  möglichst  einfache, 
aber  zuverlässige  Form  und  billiger  Preis  zu  berücksichtigen.  Die 
letzte  RAcksicht  ist  befriedigt;  eine  Mark  fQr  einen  Oktavband 
von  400  Seiten  ist  fast  noch  mehr,  als  billigerweise  erwartet 
werden  konnte,  besonders  wenn  man  bedenkt,  daB  Katalogsatz 
erheblich  teurer  ist  als  laufender.  Die  Reichhaltigkeit  des  Inhalts 
ist  erstaunlich  und  trägt  mit  dazu  bei,  auch  auf  diesem  Sonder- 
gebiete  der  Arbeit  die  kolossale  Vermehrung  der  Bestände  der 
Bibliothek  in  dem  verhältnismäßig  kurzen  Zeitraum  von  kaum 
anderthalb  Jahrzehnten  zu  veranschaulichen.  Das  Verzeichnis  von 
1892  wies  (mit  laufenden  Nummern)  genau  3799  verschiedene 
Periodika  auf,  das  jetzt  vorliegende  enthält  deren  nach  ungefährer 
Schätzung  (laufende  Nrn.  fehlen)  etwa  7000.  Gibt  man  sich 
ferner  die  Mähe,  einzelne  Abschnitte  zu  vergleichen,  so  zeigt  der 
reichste  Buchstabe  B  rund  950  Nummern  (1892:  455),  Z  weist 
z.  B.  gegen  500  Zeitschriften  auf  (218),  und  selbst  das  verhältnis- 
mäßig arme  Q  zählt  21  (5).  Man  muß  die  Kunst  bewundern, 
mit  der  es  der  Verwaltung  noch  immer  gelingt,  so  gewaltig 
wachsende  Massen  in  dem  alten  Gebäude  unterzubringen. 

Der  Begriff  „Zeitschrift*^  ist  in  weitestem  Umfange  genommen; 
das  Verzeichnis  enthält  wie  das  frühere  alle  von  der  Bibliothek 
gehaltenen  und  ihr  infolge  rechtlicher  Verpflichtung  oder  sonst 
zugehenden  Publikationen,  die  sich  irgend  unter  diese  Gattung 
bringen  lassen.  Nur  Vereinspublikationen  ohne  laufenden  Titel 
und  solche,  die  Sammlungen  älterer  Quellen  sind,  fehlen.  Daß 
tatsächlich  nicht  alle  Periodika  aufgenommen  sind,  die  an  sich 
die  Aufnahme  verdienten,  ist  im  ganzen  zu  billigen;  Umfang  und 


tDgez.  TOB  R.  Uli  rieh.  35 

Preis  wären  sonst  oboe  erheblichen  Gewinn  für  die  Benutzer  be- 
trächtlich gewachsen.  Die  praktischen  Gesichtspunkte  för  die 
Ausscheidung  minder  wesenilicher  Periodika  sind  etwa  dieselben 
geblieben,  die  schon  vor  J4  Jahren  maBgebend  gewesen  waren. 
So  fehlen  die  politischen  Zeitungen,  Amts-  und  GemeindeblStter, 
sUdüsdie  Verwaltungs-,  sowie  Handelskammerberichte,  Adreß- 
bücher, Kalender,  Geschäruberichte  von  Aktiengesellschaften  u.  ä.  m. 
Am  ehesten  vermifit  man  die  städtischen  Verwaltungsbericbtef'^die 
—  wenigstens  bei  den  größeren  Städten  —  lür  Finanzwissen- 
schaft, Statistik,  vor  allem  auch  für  yiele  Fragen  des  Schulwesens 
Ton  großer  Bedeutung  sind.  Alle  aufzunehmen  war  bei  dem 
gewaltigen  Umfange  dieser  Art  von  Literatur  gewiß  untunlich; 
aber  TieUeicht  ist  künftig  eine  angemessene  Auswahl  möglich,  sei 
es  nach  der  Volkszahl  der  Städte,  mit  Rücksicht  auf  ihre  wirt- 
schaftliche oder  geschichtliche  Bedeutung  oder  nach  anderen  Ge- 
sichtspunkten, die  sich  wohl  in  der  einen  oder  anderen  Weise 
gewinnen  ließen.  Ich  weiß  nicht,  ob  derartige  Publikationen  oft 
verlangt  werden;  ist  dies  der  Fall,  so  vereinfacht  es  das  Bestellungs- 
geschäft wesentlich,  wenn  sie  mitverzeichnet  werden.  Denn  das 
Verzeichnis  will  vorwiegend  praktischen  Zwecken  dienen.  Hierzu 
bemerke  ich  folgQ*ades. 

Das  Verzeichpis  ist  rein  alphabetisch,  nach  Bauptstich- 
worten  in  der  üblichen  Weise  geordnet.  Jede  Zeitschrift  ist,  so- 
weit es  möglich  war,  mit  der  Standnummer  (Signatur)  versehen^ 
und  die  Verwaltung  bittet  die  Besteller  unter  Hinweis  auf  §  10 
der  Benatzungsordnung  ^)  (vom  6.  Februar  1905  mit  Abänderungen 
Tom  30.  Septembef  1905),  künftig  bei  Zeitschriftenbestellungen  diese 
Nttmmer  anzugeben.  Wenn  das  mit  einiger  Regelmäßigkeit  ge- 
schieht*), so  ist  wenigstens  für  diesen  Literaturzweig  zu  erwarten, 
daß  die  Auslieferung  bestellter  Bände  wirklich  zu  den  in  §  11 
bezeichneten  Terminen  erfolgt,  was  jetzt  zum  Leidwesen  vieler 
Besteller  nicht  immer  möglich  ist.  Freilich  darf  man  nicht  so 
optimistisch  sein,  zu  glauben,  daß  nun  wenigstens  die  regel- 
mäßigeren Benutzer  der  Bibliothek,  vor  allem  Studenten,  aber 
auch  andere,  in  ihrer  Mehrzahl  sich  das  Zeitschriftenverzeichnis 
wirklich  kaufen  werden,  trotz  des  beispiellos  billigen  Preises. 
Wissenschaftliche  Bibliothekskataloge  und  bibliographische  Arbeiten 
überhaupt  stehen  leider  —  das  muß  gerade  in  einer  Schulzeitschrift 
einmal  gesagt  werden  —  noch  immer  nicht  so  hoch  im  Kurse, 
wie  es  das  hohe  Maß  von  Kenntnis,  Umsicht  und  eisernem  Fleiß 
verdiente,  das  zu  ihrer  Anfertigung  in  weit  höherem  Grade  er- 
forderlich ist,  als  etwa  dazu,  einen  Aufsatz  durchschnittlicher  Güte 


*)  „...wena  aDgaosig«  ist  ■och  die  StandDoniiner  des  Baches  hiozn- 
znfageD'^ 

*)  Notweadig  ist  übri^eos,  daß  das  Verzeichois  oicht  blofi  im  Zeit- 
lehrifteDleaeuimer,  aoadero  avcli  io  deo  anderea  Abteilonseo  der  Bibliothek, 
Leaeaaaly  Analeihestelle  viw.,  in  mehrereo  Exenplaren  t^uB^tle^  wird. 

3* 


36    Kgl.  Bibliothek  za  Berlio.   Verzeichnis  der  ZeitsehrifteB, 

in  eine  Zeitschrift  zu  bringen  oder  aus  19  vorhandenen  Schul- 
büchern ein  zwanzigstes  zu  machen;  und  mancher  entschUeBt 
sich  leichter  zum  Kauf  einer  Broschüre  vorübergehenden  Wertes, 
^Is  daß  er  für  Geld  einen  Katalog  erwürbe,  der  ihm  Jahre  hin- 
durch wesentliche  Dienste  leistet. 

Diejenigen  aber,  die  den  hohen  Wert  einer  Veröffentlichung 
von  der  Art  der  hier  vorliegenden  zu  schätzen  wissen,  werden 
gerade  deswegen  mit  dem  Verzeichnis  nicht  ganz  zufrieden  sein 
und  in  ihm  manches  vermissen,  was  in  ähnlichem  Falle  zwar 
nicht  von  einem  Gelehrten  außerhalb  einer  Bibliothek,  wohl  aber 
von  einem  Fachbibliothekar  oder,  richtiger  gesagt,  von  der  Gesamt- 
oi^anisation  einer  großen  Bibliothek  selbst  mit  einem  um  etwas 
vermehrten  Aufwände  an  Mühe  und  Zeit  zu  leisten  war  —  gerade 
mit  Rücksicht  auf  das  jetzt  wie  1892  besonders  betonte  praktische 
Bedürfnis. 

Vor  allem  meine  ich  die  Angabe  darüber,  von  welchem  Jahr«- 
gange  oder,  noch  besser,  von  welchem  Jahre  an^)  die  betr.  Zeit- 
schriften in  der  Bibliothek  vorhanden  sind.  Man  sage  ja  nicht, 
daß  hierzu  ein  nicht  zu  forderndes  Maß  von  Arbeitskraft  oder  -zeit 
gehöre,  oder  daß  es  sich  mit  Rücksicht  auf  die  Praxis  nicht  lohne. 
Genauer  zugesehen,  würde  m.  E.  die  geforderte  Angabe  ja  nur 
bei  einem  Bruchteil  der  Zeitschriften  nötig  sein,  nämlich  bei  denen, 
die  außerhalb  des  Kreises  der  Pflichtlieferungen  liegen,  bei  deut- 
schen also  in  erster  Linie  z.  B.  bei  den  Leipziger,  Stuttgarter 
und  Wiener  Publikationen,  vor  allem  aber  bei  den  zahlreichen 
außerhalb  des  deutschen  Sprachgebietes  erscheinenden,  die  häufig 
nicht  in  yoUstindigen  Serien  vorliegen.  Die  Verwaltung  würde 
sich  selbst  wie  den  Bestellern  Jahre  hindurch  viel  unnötige  Zeit 
und  Arbeit  erspart  haben,  wenn  sie  schon  jetzt  den  betr.  Zeit- 
schriften diese  Angaben  hinzugefügt  hätte.  Der  äußere  Umfang 
des  Verzeichnisses  wurde  dadurch,  wenn  man  die  Druckeinrichtung 
im  ganzen  übersieht,  nur  ganz  unerheblich  gewachsen  sein. 

Ferner  hätte  jeder  Benutzer  des  alten  Verzeichnisses  es  ebenso 
wie  der  Schreiber  dieser  Zeilen  gern  gesehen,  wenn  das  dort 
fehlende,  aber  unbedingt  notwendige,  jetzt  in  der  Vorrede  ver- 
)ieißene  sachliche  Vei*zeichnis  gleich  mit  der  Neuausgabe  ver- 
bunden worden  wäre,  und  hätte  wohl  eine  Wartezeit  von  etlichen 
Monaten  gern  in  Kauf  genommen,  auch  einen  höheren  Preis. 
Denn,  wie  die  Dinge  jetzt  liegen,  wird,  wie  schon  oben  angedeutet, 
der  Verkauf  solcher  Literatur  doch  zunächst  mehr  auf  die  Kreise 
beschränkt  bleiben,  denen  nach  Art  ihrer  Arbeiten  ein  derartiges 
Verzeichnis  ganz  unentbehrlich  ist.  Diese  wenden  aber  gern 
einige  Mark  mehr  an,  wenn  ihnen  hinaus  über  ein  alphabetisches 
Verzeichnis  der  Titel  ohne  weitere  Angabe  als  der  des  Druckortes 


^)  Bei   PablikitioB6D ,  die  zwanglos   erscheioeo,   wSreo   beide  Ad- 
Sabeo  DStig. 


•  Bgfli.  voa  R.  (JUrick  37 

nrif  der  Signatar  ein  Hilfsmittel  geboten  wird,  das  ihnen  z.  B. 
geschichtliche,  literatorgeschichtliche,  bibliographische  u.  ä.  Arbeit 
in  weiterem  Umfange  ganz  erheblich  erleichtern  und  viele  äufiere 
TerdrieBüdie  Arbeilen  ersparen  könnte.  Hoffentlich  IlBt  der  Sach- 
küalog  nicht  za  lange  auf  sich  warten  und  wird  so  eingerichtet, 
daB  er  dem  alphabetischen  Verzeichnisse  angebunden  werden  kann, 
fek  wdrde  empfehlen,  dann  beide  Verzeichnisse  zusammen  in  bieg- 
sanem  Badekerband  auszugeben,  der  bei  dem  dünnen  und  doch 
daaerhaften  Papier,  das  zur  Anwendung  gekommen  ist,  immer 
noch  recht  handlich  sein  könnte  und  bequem  in  der  Rocktasche 
Flau  fände.  Der  jetzt  ausgegebene  kartonierte  Band,  der  bei 
dem  htiligen  Preise  kaum  anders  erwartet  werden  konnte,  wird 
sich  bei  häufigem  Gebrauch  schnell  abnutzen.  Erst  wenn  dieses 
noch  ansatehende  Sachverzeichnis  vorliegt,  wird  es  auch  vom 
Schreibtiache  des  Gelehrten  ans  möglich  sein,  das  vorhandene 
Zeitschriftenmaterial  för  die  einzelnen  Fächer  zu  übersehen,  be- 
sonders die  von  der  Bibliothek  selbst  oft  schmerzlich  empfundenen 
Lücken  deotlicher  zu  erkennen;  es  werden  auch  leichter  aus  dem 
gelehrten  Pnblikom,  auf  dessen  Mitwirkung  die  Verwaltung  seit 
einiger  Zeit  mit  Recht  grofien  Wert  legt,  Anregungen  zu  zweck- 
mäßigen NeuanschafRingen  und  Ergänzungen  gegeben  werden 
können. 

Was  ferner  die  Anordnung   der  Titel   im   einzelnen 
betrillt,    so   verweist   die  Vorrede  auf  die  —  z.  Z.  übrigens  ver- 
friffene  —  Instruktion  vom   10.  Mai  1899').    Man    könnte   sich 
damit    einverstanden  erklären,   wenn  diese  wirklich  den  weiteren 
Kreiien,    ich  will   einmal  sagen,  der  akademisch   Gebildeten   — 
von  andern  ganz  zu  schweigen  —  so  bekannt  wäre,  wie  hier  an- 
genommen wird.    Das  ist  aber,  wie  mir  viele  außerhalb  der  Fach- 
UbliothekeD  stehende  Beamte  und  Gelehrte  zugeben  werden,  nicht 
der  PaU.     Und  wer  ohne  diese  nähere  Kenntnis  das  Verzeichnis 
ZQ  Rate  aieht,  wird  nicht  selten  Mühe  haben,  sich  zurechtzufinden, 
and  manche  Zeitschrift  als  nicht  vorhanden  ansehen,  weil  er  sie 
an  unrichtiger  Stelle  sucht.     Einige   aufklärende   Bemerkungen 
gerade  über  diesen  Punkt  wären  in  der  Vorrede  wohl  am  Platze 
gewesen.     Ich  kann   es  auch  nicht  als  einen  Fortschritt  ansehen, 
daß  —  abgesehen    von    den  Verweisungen  —  die  1892    erfolgte 
and  sehr  nützliche  Verwendung  besonderer  Typen  für  Stiebworte 
zweiten   and  dritten  Grades  jetzt  ganz  in  Wegfall  gekommen  ist. 
Mir  will   scheinen,   daß  die  Vorteile,   die  man  somit  (z.  T.  wohl 
auch   mit  Röcksicht   auf  etwas    höhere  Kosten    der  Herstellung) 
aufgegeben  hat,  durch  die  Erwartung  auf  weiteste  Verbreitung  bei 


^)  iBttroktionaB  fiir  die  alphabetischen  Kataloge  der  preaßisehen  Biblio* 
thekea  oad  for  den  preoßttchea  Getamtkatatos.  Berlia,  A.  Asher  o.  Co. 
160  S.  a.  3  Anlmgtu.  Lex.  8.  4,50  JC.  Vsl.  auch  die  (oicbt  amtlichen) 
„Erlaatervngen,  Nachtrüge,  Beispielcasätze"  dazu.     1905.    26  S. 


38     Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin.    Verzeichois  der  Zeitschrifteo, 

billigerem  Preise  doch  nicht  io  dem  erhofften  Maße  ausgeglichen 
werden. 

Wenn  nun  auch  der  Zweck  derartiger  Publikationen  in  erster 
Linie  ein  praktischer  ist,  so  haben  sie  doch,  gewollt  oder  nur 
mittelbar,  auch  wissenschaftliche  Bedeutung,  wenigstens  wenn 
es  sich  wie  hier  um  das  Verzeichnis  der  jetzt  gröBten  und  am 
besten  dotierten  deutschen  Bibliothek  handelt,  das  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  und  für  den  Durchschnitt  der  Benutzer  einer 
Zeitschriftenbibliographie  in  knappster  Form  beinahe  gleichkommt; 
ein  Verzeichnis  von  7000  laufenden,  vorwiegend  wissenschaftlichen 
Zeitschriften  aller  Kulturspracben  findet  man  wenigstens  in  Deutsch- 
land bis  jetzt  nirgends  so  bequem  und  billig  beisammen.  Man  darf 
an  eine  solche  Bibliographie  naturlich  keine  übertriebenen  An- 
sprüche stellen;  zwei  Dinge  dürften  aber  noch  im  Bereiche  des 
Möglichen  liegen,  mit  deren  Aufnahme  sich  die  Verwaltung  den 
besonderen  Dank  besonders  aller  der  Gelehrten  und  Beamten,  auch 
der  wissenschaftlich  tätigen  Schulmänner  erwerben  würde,  die  außer- 
halb Berlins  an  kleinen  Orten  ohne  nennenswerte  Bibliotheken 
ihrer  Pflicht  und  ihrer  Wissenschaft  leben,  ich  meine  die  Angabo 
des  Jahres,  seit  welchem  die  betr.  Zeitschrift  über- 
haupt erscheint,  und  die  Bezeichnung  des  Verlegers. 
Schon  diese  beiden  Angaben  wäi*en  gerade  für  diejenigen  geistigen 
Arbeiter,  die  sich  die  großen  Bibliographien  mit  den  bekannten 
unerschwinglichen  Preisen  weder  selbst  halten  können  noch  sie 
in  ihren  Ämtern,  Schulen  usw.  vorfinden,  so  wertvoll  und  dabei 
von  der  Verwaltung  einer  Bibliothek  ersten  Ranges  wie  der  Berliner 
verhältnismäßig  so  leicht  einzuführen,  daß  ihre  Aufnahme  Er- 
wägung verdient  und  hoffentlich  Billigung  findet.  Besonders  für 
die  zahlreichen  und  z.  T.  sehr  wertvollen  Vereinspublikationen 
sind  diese  Angaben,  auch  die  des  Verlegers,  geradezu  dringlich. 
Vieles,  was  man  auf  diesem  Gebiete  genau  feststellen  will,  findet 
man  selbst  in  unsern  größten  Bibliographien  erst  nach  langem 
Suchen,  manches  auch  gar  nicht.  Ich  brauche  in  dieser  Hinsicht 
Kenner  nur  auf  das  uns  am  nächsten  liegende,  schon  vor  neun 
Jahren  erschienene  österreichische  Zeitschriften -Ver- 
zeichnis^) zu  verweisen,  das  sowohl  die  oben  gewünschte  An- 
gabe über  das  Jahr  enthält,  von  welchem  ab  die  betr.  Zeitschrift 
vorhanden  ist,  als  auch  das  Anfangsjahr  des  Erscheinens  über- 
haupt^).    Angabe  des  Verlegers  fehlt  leider  auch  hier.     Dabei  ist 

^)  Geoeralkatalo;  der  Uafendeo  periodischea  Drocksehrifteo  an  den 
österreichischen  Universitats-  ond  Stadieobibliotheken,  den  Bibliotheken  der 
technischen  Hochschalen,  der  Hochschule  für  Bodeoknltur,  des  Gymnasiums 
in  Zara,  des  Gymoasialmuseums  in  Troppau  und  der  Handels-  und  nautischen 
Akademie  in  Triest  Hrsg.  i.  A.  d.  k.  k.  Minist,  f.  Kultus  u.  Unterr.  von  der 
k.  k.  Universitätsbibliothek  in  Wien  unter  der  Leitung  von  Dr.  Ferd. 
Grassauer.    Wien  1898,  B.  Herder.     VIII  u.  796  S.    Lex.  8.     12^. 

')  Ich  spreche  hier  aus  ganz  persönlicher  Erfahrung.  Hätte  mir  bei 
einer  die  Zeitschriften  Verhältnisse  der  deutschen  und  österreichischen  Lehrer- 


•  agez.  voB  R.  Ullriclu  39 

XU    beachten«    dafi  das  öslerreichische  Verzeichnis  nicht  blofi  die 
ReStande  der  einen  groBen,  der  Berliner  etwa  vergleichbaren  Wiener 
Bibliothek,  sondern  aoch  die  der  Universitätsbibliotheken  u.  a.  ent- 
hüll, außerdem,   was  die  Zeitschriften  selbst  betrifft,   auch  solche, 
die  Yon    dem    Berliner  Verzeichnis   ausgeschlossen   sind.    Wenn 
Uou  alledem  bei  größtem  Format  und  (übrigens  notwendiger  und 
litzlicher)   komplizierterer  Druckeinrichtung  der  Preis  nur  12  tM 
betrat,  ließe  sich  für  die  eine  Berliner  Bibliothek  in  dem  schon 
gegebenen,    an    sich   sehr  viel   engeren   Rahmen,   der  höchstens 
in  bezug  auf.  die  Verwaltungsberichte  bestimmter  Städte  eine  Er- 
weiterung vertrüge  (s.  o.  S.  35),   zu  einem  Preise,    der  immerhin 
3—5  Jt    betragen   könnte,   in   einer   späteren  Auflage  wohl   ein 
Hilfsmiltel    herstellen,   das  nicht  bloß,   rein  praktisch  angesehen, 
den  Bibliotheksbeamten   wie   den    Benutzem   viel   Zeit   ersparte, 
sondern  auch   daräber  hinaus  der  wissenschaftlichen  Arbeit  nicht 
unwesentliche    Hilfe   leistete.    Der  Preis  von  4  Jl  för  das  Ver- 
zeichnis von  1892  war  viel  zu  hoch.    Würde  man  in  den  nächsten 
Jahren  den  gleichen  Preis  für  ein  neues,  in  der  bezeichneten,  an 
sich   für    den    Umfang   ganz   unwesentlichen,   aber   sachlich   be- 
rechtigten und  natzlichen  Richtung  verbessertes  fordern,  so  würde 
es  an  Käufern  wohl  nicht  fehlen.   Man  darf  nicht  vergessen,  welchen 
Auflsdiwung   die  Berliner  Sammlung   gerade   in  der  Zwischenzeit 
genommen    hat    und    unter    der    neuen    Leitung    noch    weiter 
nehmen  vrird. 

Im  übrigen  muß  die  Beschränkung,  welche  Verwaltung  und 
Verfasser  geübt  haben,  durchaus  gebilligt  werden,  sowohl  hin- 
sichtlich der  zweckmäßig  gekürzten  Titel  wie  der  Weglassung  der 
—  zumal  bei  Vereinspublikationen  nur  zu  oft  wechselnden  — 
Namen  der  Herausgeber  der  Zeitschriften.  Dankenswert  ist  auch 
die  besondere  Bezeichnung  derjenigen  Zeitschriften,  welche  im 
Zeitsdiriftenlesezimmer  ausliegen.  Wäre  es  nicht  zweckmäßig 
gewesen,  auch  die  im  Lesesaal  stehenden  kenntlich  zu  machen? 
Es  hätte  nichts  geschadet,  wenngleich  diese  Zeitschriften  auch 
schon  in  dem  letzten  (übrigens  vor  fünf  Jahren  erschienenen) 
Verzeichnis  der  Lesesaalbibliothek  angegeben  sind,  das  übrigens 
für  Bestellungen  nicht  immer  gleich  jedem  zur  Hand  ist.  Be- 
sonders denke  ich  an  die  nicht  seltenen  Fälle,  wo  Gelehrte  über 
den  Kreis  der  ihnen  bekannten  Zeitschriften  des  eigenen  Faches 
hinaus  andere,  ihnen  bisher  unbekannte  Periodika  in  Anspruch 
zu  nehmen  genötigt  sind. 


bibliotheieD  der  hShereii  Sehnlen  nach  BesUod  und  Organisatioo  bebandeladeD, 
jeUt  dem  AbseUofi  Dahen  Arbeit  (vgl.  Teuboers  Mitt.  1906  I  S.  6  f.)  Tdr  die 
denudieD  VerlialtDisse  ein  aDnäbernd  so  treffltcbes  Hilfsmittel  za  Gebote 
gestaoden  wie  fiir  die  Ssterreicbiscbeo,  so  wäre  der  Zeitaufwand  um  Moaat« 
verriu^ert  worden.  Die  Arbeit  wird  obrigena  (vgl.  aueh  Relna  EozyU. 
Hdb.  d.  Pad.>  V,  1906,  S.  429,  449  n.  452)  erbeblich  umfaogreicher  ala  ur- 
spraaslicJi  s^pl^^  ^^^* 


40    Th.  Kleio,  Biblische  Geschichte,  «n^ez.  voo  A.  Bienwald. 

Die  in  einigen  Jahren  bevorstehende  Eröffnung  der  neuen 
Bibliotbeii  wird  ja  in  bezug  auf  Lesesaal  wie  Zeitschriflensaa)  (fnr 
den  jetzigen  Raum  ist  der  letztere  Name  etwas  zu  stolz)  gana 
neue  und  hoffentlich  verbesserte,  der  ersten  wissenschaftlichen 
Bibliothek  der  Reichshauptstadt  wahrhaft  würdige  Verhältnisse 
herbeiführen.  Möge  dann  ein  neues,  wirklich  vermehrtes  und  ver- 
bessertes Verzeichnis  der  Sammlung  sowohl  des  neuen  Lesesaals, 
wie  des  Zeitschriftensaals  und  überhaupt  der  Zeitschriftenbestände 
mit  zu  den  Festschriften  gehören,  welche  die  Einweihung  des 
Weltinstituts  zu  ipaugurieren  bestimmt  sein  werden! 

In  der  Vorrede  zu  der  Ausgabe  von  1892  war  auch  ein  Ver- 
zeichnis der  älteren  periodischen  Druckschriften  der 
Bibliothek  versprochen  worden,  das  besonders  für  Forscher  auf 
literarhistorischem  Gebiete,  ich  erinnere  nur  an  Germanisten,  fast 
noch  schätzbarer  wäre  als  das  hier  angezeigte.  Ist  man  von  der 
Sache  zuröckgekommen  oder  was  ist  daraus  geworden?  Die 
Schwierigkeit  eines  solchen  Unternehmens  ist  natfirtich  erheblich, 
bibliographische  Genauigkeit  bis  zu  einem  gewissen  Grade  wenig- 
stens, aber  jedenfalls  weit  über  das  für  den  Katalog  der  laufenden 
Zeitschriften  zu  fordernde  Haß  hinaus,  hier  freilich  gar  nicht  zu 
entbehren.  Die  Verwaltung  würde  die  beteiligten  Kreise  durch 
ein  Wort  über  den  Stand  der  Sache  zu  Dank  verpOiefaten. 

Pankow  b.  Berlin.  Richard  Ullrich. 


Tb.  Klein,  Biblisehe  Geschiehte.  Zwei  Teile^  io  vierter  bzw.  zweiter 
AoOage.  Giefien  1904  nod  1906,  Bmil  Roth.  Teil  1:  VIH  o.  88  S.  8. 
0,50^,  geb.  0,60.^.  —  Teil  H:  XU  a.  300  S.  8.  I,e0  ^,  geb. 
2  ^. 

Der  erste  Teil  ist  für  die  ersten  Schuljahre  bestimmt  and 
entspricht  auch  in  bezug  auf  die  Fassung  der  einzelnen  Geschichten 
and  die  Spraehe  durchaus  diesem  Standpunkte.  Die  biblische 
Sprache  ist  zwar  möglichst  beibehalten,  doch  sind  schwer  ver- 
ständliche Konstraktionen  und  veraltete  Redewendungen  vermieden. 
42  bildliche  Darstellungen  von  Schnorr  von  Carolsfeld  machen  die 
Erzählnngen  anschaulich  und  werden  das  Interesse  der  Kinder 
beleben.  Die  beigefügten  Bibelsprüche  sind  im  allgemeinen  passend 
ausgewählt.  Einige,  die  schon  ein  tieferes  religiöses  Verständnis 
voraussetzen,  wären  vielleicht  besser  fortgeblieben.  Ebenso  werden 
nicht  alle  Gebete,  die  der  Anhang  neben  den  bekanntesten  Liedern, 
den  10  Geboten  und  den  3  Artikeln  enthält.  Anklang  finden. 

Teil  II  ist  für  die  Mittel-  und  Oberstufe  der  Volksschule, 
sowie  für  die  unteren  Klassen  höherer  Lehranstalten  bestimmt. 
Den  Anfang  bilden  bekannte  Gebete.  Die  biblischen  Geschichten 
zeichnen  sich  auch  hier  durch  leichtverständliche  Darstellung  aus. 
Mit  Recht  sind  die  Wort-  und  Sacherklärungen  auf  das  not- 
wendigste Maß  beschränkt  und  in  Fußnoten  zugefugt.  Der  den 
einzelnen  Geschichten  beigegebene  Lehrstoff  aus  dem  Katechismus, 


Sckvster  ««  HoIsaBaer,  Haodb.  s.  Bikl  Geieli.,  ags.  ▼.  Hoffnaan.  41 

der  Bibel  und  dem  Kirchenlied,  sowie  die  73  Bilder  von  Schnorr 
TOB  Carolsfeld  werden  allen  willkoiBmen  sein.  Der  Anbang  ffthrt 
IQ  klarer  und  ibersiebtlicher  Weise  znerst  das  Wichtigste  aus  der 
Bibelkonde  vor.  Die  Entstehungszeit  der  Evangelien  ist  zu  strittig, 
ils  dafi  sie  so  bestimmt,  wie  es  S.  276  geschieht,  angegeben 
werden  könnte.  Das  bleibt  besser  dem  Lehrer  überlassen.  Darauf 
folgen  das  GbrisÜicbe  Kirchenjahr,  das  Heilige  Land,  Luthers  Kleiner 
Katechismus,  eine  Zeittafel,  Bilder  der  Stiftshutte  und  der  Heiligen 
Geräte,  sowie  4  Karten. 

Görlitz.  A.  Bienwald. 

J.  Sefcvster  Qod  J.  B.  Holzammer,  Handbueh  zur  Biblischen  Ge- 
schichte. Far  deo  Uaterricfat  in  Kirche  ond  Schale,  sowie  rar 
Selbstbelehnios.  Sechste,  vlillis  n«n  bearbeitete  Anflage  von  Joseph 
Selbst  ond  Jakob  Schäfer.  Freibars  i-  B**-  1^^6,  Herdersche 
VerlagshaodloDf. 

Brster  Band:  Das  Alte  Testanent.  Bearbeitet  von  Joseph 
Seihst.  Mit  130  Bildern  and  2  Karten.  XVDI  a.  102«  S.  gr.  8. 
11^,  geh.  in  Halbfraax  13,50^ 

Die  erste  Lieferung  des  neuen,  rollständig  umgearbeiteten 
Handbache»  zur  Biblischen  Geschichte  des  Alten  Testaments  haben 
wir  in  dieser  Zeitschrift  angezeigt  Inzwischen  ist  das  Werk  mit 
elf  Lieferongen  abgeschlossen. 

Fast  ein  halbes  Jahrhundert  behauptet  das  Handbuch  erfolg« 
reich  seinen  Platz.  1861  erschien  es  zum  ersten  Haie.  Schuster 
hatte  ee  als  erschöpfenden  Kommentar  seiner  „Biblischen  Ge- 
schichte*' behvfjB  gröndlicber  Unterweisung  der  Schuljugend  ge- 
dacht Bereits  Holzammer  hatte  Ton  der  zweiten  Auflage  (1871) 
an  den  Phm  dahin  erweitert,  in  dem  Werke  dem  Lehrer  zu  er- 
»ög^icben,  ohne  eine  förmliche  Bibliothek  ron  exegetischen,  ge- 
schichtlichen, naturwissenschaftlichen,  archäologischen,  apologeti- 
schen mw.  Werken  sich  in  den  Besitz  der  wahren  Resultate  der 
moderaen  Forschungen  ober  alle  Bibelfragen  zu  setzen.  So  ist 
aoch  in  der  neuesten  Auflage  das  Handbuch  eine  Darstellung  der 
U.  Geecbichte,  ein  Nachweis  der  göttlichen  Ofi'enbarung  und  der 
Verwirklichung  des  göttlichen  Heilsplanes  unter  den  Menschen 
sowie  eine  möglichst  Tollstandige  Widerlegung  der  dagegen  er- 
hobeneo  Zweifel  und  Vorwürfe.  Es  kann  dem  Buche  mit  Recht 
nachgerihmt  werden,  daB  es  dem  Religionslehrer  höherer  Schulen 
alles  bietet,  was  er  auf  den  drei  Stufen  biblischen  Unterrichtes 
braucht,  und  daß  es  durch  die  vorzöglichen  Literaturangaben  den 
Weg  zu  den  Quellen  weist,  aus  denen  er  nach  Wunsch  weitere 
Beiebrnng  sieh  holen  kann.  Man  wird  kaum  eine  Frage  finden, 
der  der  Bearbeiter  ans  dem  Wege  gegangen  wäre. 

Der  Standpunkt  des  Bearbeiters  ist  bekannt.  Wie  er  seiner- 
zeit bereits  in  der  interessanten  Polemik  zwischen  dem  gemäßigt 
fortschrittlichen  Schöpfer  und  dem  intransigenten  Kaulen  eine  ver- 
mittelnde Stellung  eingenommen  hatte,  so  ist  auch  im  Handbuch 


42    Schaster  a.  Holzammer;  Handbuch  z.  Biblischen  Geschichte, 

seine  Stellaognahme  eine  durchaus  vermittelnde.  Selbst  ist  der 
Mann  der  Kompromisse.  Freilich  steht  er  der  konservativen 
Richtung  näher  als  der  fortschrittlichen,  jedenfalls  aber  versucht 
er,  der  Tradition  zu  geben,  was  der  Tradition  ist,  aber  auch  der 
Kritik,  was  der  Kritik  ist  Daß  auf  katholischer  Grundlage  auch 
ein  anderer  Standpunkt  möglich  ist,  zeigt  eben  wieder  W.  Barry 
in  „The  Tradition  of  Scripture'*  (London  1906,  Longmans),  der 
besten  Einführung  in  die  biblischen  Einleitungsfragen;  Barry  will 
auch  vermitteln,  aber  räumt  der  Kritik  weit  mehr  ein  als  Selbst. 

Die  Berechtigung  der  Kritik  in  der  Bibel  gibt  S.  zu,  die  der 
Literarkritik  unumwunden,  die  der  höheren  mit  Reserve.  Es  ist 
ein  Vorzug  des  Buches,  daß  es  die  Schwächen  und  Übertreibungen 
der  modernen  Bibelkritik  scharf  zurückweist.  Überhaupt  ist  die 
Kritik  durch  ihre  Auswüchse  selbst  schuld  daran,  daß  auch  ihren 
berechtigten  Aufstellungen  in  bibelgläubigen  Kreisen  so  viel  Wider- 
willen und  Vorurteil  entgegengebracht  wird.  Si  nennt  diese  Aus- 
wüchse den  „Mißbrauch  einer  an.  sich  guten  Sache".  Mit  VorUebe 
fuhrt  S.  Tatsachen  an,  die  beweisen,  daß  die  Kritik  auch  beim 
Alten  Testament  sich  in  einer  rückläufigen  Bewegung  zur  Tradition 
hin  befindet.  Arbeiten  wie  die  von  Meyer  und  Hommel  bis  zu 
denen  Erbts  geben  auch  ein  Recht  zu  dieser  Ansicht.  So  lehnt 
S.  mit  guten  Gründen  die  Anwendung  der  Entwicklungslehre 
auf  die  älteste  Menschheitsgeschichte  und  auf  die  Religionsgeschichte 
Israels  ab. 

Ein  Abschnitt  über  die  Textesgeschichte  des  A.  T.  wäre 
wünschenswert.  Das  ist  doch  von  Bedeutung  für. die  Beurteilung 
vieler  Einzel-  und  auch  Prinzipienfragen.  Verf.  tritt  für  die  ab- 
solute Irrtumslosigkeit  der  Heiligen  Schrift' ein.  „Alles,  was  der 
authentische  Text  der  Bücher  als  wahr  bekundet,  ist  untrügliche 
W^alirheit*'  (S.  23).  Viele  Schwierigkeiten  schwinden,  „wenn  die 
menschliche  Seite  der  inspirierten  Bücher  berücksichtigt  wird, 
ohne  daß  von  dem,  was  ihren  göttlichen  Charakter  ausmacht,  auch 
nur  ein  Jota  preisgegeben  werden  dürfte'*  (S.  45).  Das  ist  richtig; 
aber  welches  sind  die  Grenzen  der  menschlichen  Seite  der  heiligen 
Schriften?  Daß  die  heiligen  Schriftsteller  eine  Angabe  oder  einen 
Gedanken  in  der  Ausdrucksweise  ihrer  Zeit  und  anknüpfend  an 
unvollkommene  physikalische  und  geographische  Vorstellungen  ver- 
anschaulicht haben,  unterliegt  prinzipiell  keiner  Schwierigkeit, 
„wenn  nur  zwischen  Sinn  und  Ausdruck  richtig  unterschieden 
wird"  (S.  45).  Nun  haben  aber  die  Verfasser  eben  nicht  unter- 
schieden zwischen  Sinn  und  Ausdruck.  S.  schreibt  geradezu: 
„Die  geozentrische  Auffassung  der  Bibel  kann  vom  naturwissen- 
schaftlichen Standpunkt  nicht  als  richtig  anerkannt  werden**  (S.  63). 
Also  doch  wohl  objektiver  Irrtum?  Jedenfalls  steht  S.  der  Meinung 
vom  relativen  Charakter  des  A.  T.  nicht  fern.  Und  der  Religions- 
lehrer wird  gut  tun,  noch  Peters'  Schriftchen  über  „die  grund- 
sätzliche  Stellung   der   katholischen    Kirche   zur  Bibelforschung'' 


aogaz.  voa  H.  UoffmioB.  43 

(Paderborn  1905,  Sch6ningh)  nacbzulesen.     Die  5  Bücher  Moses' 
haben    ihren  Namen    davon,   daß  Moses  ihr  Verfasser  ist  (S.  53). 
Wenn  Jesus  Moses  namentlich  zitiert,  so  bedeutet  das  nicht,  daß 
er,  der  GoUmenscb,  in  der  literarkritischen  Frage  nach  dem  Ver- 
fasser   des  Pentateuchs  verbindlich  Stellung  genommen  und  ent- 
schieden    habe,    sondern    nur,   daß   zu  seiner  Zeit  Moses  als  der 
Verfasser  galt.     S.  gibt  aber  zu,   daß  das  Gesetz  eine  Geschichte 
und   eine  Entwicklung   hat,   daß  die  Schlußredaktion  von  Esdras 
sein  kann.    Es  war  eben  bei  den  Juden  literarischer  Brauch,  jedes 
Weisheitswort  dem  Salomo,  jedes  religiöse  Lied  dem  David,  jeden 
Gesetzesparagraphen    dem   Moses   zuzutrauen    und    zuzuschieben. 
S.  macht  es  oft  so:  er  stellt  sich  zuerst  fest  auf  den  Boden  der 
Tradition,    dann    macht   er  Konzessionen,   tut  einen  oder  einige 
Schritte  ins  Land  der  Kritik,  so  daß  schließlich  sein  erster  Stand- 
punkt fast  aufgehoben  scheint.    Die  Quellenscbeidung  wird  als  zu 
kompliziert  mit  Unrecht  übergangen  und  nur  mitgeteilt,  daß  man 
hauptsächlich   vier  Quellenschriften    annehme.     An    der  Josephs- 
gescbichle  wird,  wie  S.  meint,  der  Versuch  der  Quellenscbeidung 
völlig  zuscbanden.    Andere  meinen,  daß  diese  Geschichte  wie  die 
der  Schöpfung  und  Sundflut   der   anschaulichste  Beweis   för   sie 
seien. 

Die  pädagogischen  Bemerkungen  (S.  167  f.)  über  Verwendung 
moderner  Resultate  in  der  Schule  und  die  Warnung  vor  Dogma- 
tisieniDg  unbegründeter  Vorstellungen  ist  sehr  gut.  Das  rechte 
Maß  wird  der  Religionslehrer  schon  flnden,  zumal  wenn  er  auf 
die  Lektüre  seiner  Schüler  achtet  und  etwa  den  aus  General-, 
Lokal-  nnd  Skandalanzeigern  geschöpften  theologischen  Kennt- 
nissen eines  Großstadtsekundaners  nachgebt. 

Die  Schöpfung  ist  vorzüglich  behandelt.  Die  Meinung  von 
der  streng  chronologisch  geordneten  Beschreibung  des  Hexaemerons 
ist  aufgegeben,  jede  Konkordanz  prinzipiell  abgelehnt,  jom  als  Tag 
von  24  Stunden  erklärt.  Zu  leicht  wird  die  Annahme  von  zwei 
biblischen  Schöpfungsberichten  als  Irrtum  erklärt  (vgl.  Lefranc,  Les 
Gonflits  de  la  Science  et  de  la  Bible.  Paris  1906,  Nourry).  Die 
Erzählungen  der  Urgeschichte  sind  wörtlich  und  buchstäblich  zu 
verstehen.  Da  erschrickt  man,  wenn  man  an  den  Leib  aus  Erde, 
das  Einhauchen  der  Seele,  die  Rippe  des  Adam  denkt.  Aber 
gleich  kommt  der  Trost  in  der  Bemerkung,  die  Frage,  ob  bild- 
liche Handlung  oder  symbolischer  in  der  Vision  geschauter  Vor- 
gang, bleibt  offen.  Mit  den  Zahlenangaben  der  Bibel  gibt  sich 
S.  sehr  viel  Mühe;  da  ist  es  doch  einfacher  zu  sagen,  die  Zahlen- 
angaben,  z.  B.  über  die  Lebensdauer  der  ersten  Menschen,  sind 
in  drei  verschiedenen  Fassungen  überliefert,  also  unzuverlässig, 
sicher  ist  nur,  daß  die  ersten  Menschen  sehr  alt  wurden;  und  ich 
halte  es  mit  Hummelauer,  der  sagt,  jüdisch-nationale  Renomraier- 
sacht  hat  die  Zahl  der  Juden  beim  Auszug  aus  Ägypten  schlank- 
weg mit  100  multipliziert.     Mit  Recht  erklärt  S.  die  Paradieses- 


44  S<^l>08ter  u.  Holzanmer,  Handb.  z.  Bibl.  Geftcb.,  agz.  v>  Hoff  man  d. 

(10886  als  Euphrat,  Tigris,  Indus,  Nil.  Im  Protoevangeliam  Ober- 
setzt er:  „sie  wird  dir  den  Kopf  zertreten'',  nennt  das  aber 
,  selbst  erklärende  Obersetzung.  Wozu  da  nicht  gleich  das  Richtige? 
Zumal  die  biblische  Geschichte  von  Schuster-Mey  richtig  das  „sie*' 
auf  „Nachkommenschaft''  bezieht^).  Bei  der  Siindflut  gibt  er  die 
Möglichkeit  einer  partiellen  Flut  zu.  Babel  =  bab-ilu  wird  ab- 
gelehnt, es  bedeutet  Verwirrung,  „wenn  auch  die  biblische  Her- 
leitung nicht  auf  streng  grammatischen  Regeln  zu  beruhen  braucht*'. 
S.  hält  an  der  Sprachverwirrung  fest,  teilt  aber  mit,  daB  auch 
kath.  Exegeten  eine  Sinn  es  Verwirrung  annehmen.  In  der  Bibel- 
Babel-Prage  betont  er  das  Negative  sehr  gut,  läfit  aber  Israel 
doch  zu  isoliert  von  der  Kultur  der  Nachbarn  erscheinen  (z.  B. 
Schlange,  Cherubim,  Beschneidung,  Kindesopfer;  vgl.  F.  Lagrange, 
Etudes  sur  les  religion  similiqnes.  Paris  1905,  Lecoffre).  Bei 
Isaaks  Opferung  ist  die  Schwierigkeit  übergegangen,  wie  Gott 
Menschenopfer  verlangen  könne;  die  sonstige  Erklärung  ist  gut, 
ebenso  wie  das  über  Esau  und  Jakob  Gesagte.  Gelegentlich  ßllt 
S.  einmal  in  die  traditionelle  Schönfärberei,  z.  B.  bei  Joseph, 
dessen  Pietät  gegen  den  Vater  auch  Bedenken  unterliegt,  bei 
David,  der  zu  sehr  als  der  „fromme  und  gotterleuchtete  König'* 
erscheint.  Jakobs  Ringen  soll  wörtlich  genommen  werden,  wird  aber 
zur  Beruhigung  auch  als  Bild  seines  immer  inständigeren  Gebetes 
angesehen.  Was  über  die  Mosaische  Gesetzgebung  und  die  Kritik 
gesagt  wird,  befriedigt  uns  nicht.  Job  ist  gut  behandelt;  aber 
von  Quellen  und  allmählicher  Nachdichtung  ist  nicht  die  Rede. 
Die  Obersetzung  ist  rhythmisch  und  sollte  auch  dementsprechend 
nicht  in  fortlaufenden  Teilen  gedruckt  sein.  Bei  der  Hexe  von 
Endor  kommen  wir  ohne  Teufelsspuk  aus  nach  dem,  was  wir 
jetzt  aber  Halluzination  u.  dgl.  wissen.  Die  Frage  nach  makka- 
bäischen  Psalmen  ist  öbergangen.  Als  Salomons  Schriften  werden 
behandelt:  Sprüche,  Prediger,  Hohes  Lied.  Aber  es  kommt 
gleich  wieder  der  Ruckzug:  Die  Sprüche  gehen  auf  eine  Salomo- 
nische Spruchsammlung  zurück,  der  Prediger  kann  dem  Inhalt 
nach  auf  Salomon  zurückgehen,  und  die  Anmerkung  berichtet 
sogar  von  der  modernen  Auffassung,  der  Prediger  sei  das  letzte 
Buch  des  A.  T.  Typisch  und  interessant  ist  seine  Stellung  zu 
Tobias:  Man  schließt,  daß  das  Buch  eine  wirkliche  Geschichte 
sei  .  .  .  Auch  katholische  Erklärer  sagen,  es  sei  Allegorie  .  .  . 
Doch  scheint  uns  diese  Möglichkeit  unannehmbar  ...  Die  An- 
nahme einer  religiösen  Unterweisung  im  Gewände  der  Erzählung 
ist  an  sich  mit  der  Inspiration  vereinbar  ....  Im  ganzen 
genommen  liegen  die  Dinge  für  die  Verteidigung  der  Geschicht- 
lichkeit nicht  ungünstig,  und  hält  die  Mehrheit  der  katholischen 

^)  S.  hat  sich  iozwischeo  mit  seineD  Kritikern  bez.  dieser  Stelle  taa- 
eiaaadergesetzt  im  Septemberheft  der  „FriedeDsblätter.  Moaatachrift  zur 
Pflege  religiöseo  Lebeos  und  Friedens^*.  Hrsgb.  vod  Pr'äfekt  P.  Strehler 
in  Neisse  and  Kuratas  H.  Holfmaoo  in  Brealaa.    Worzburg,  Goebel  &  Scherer. 


0.  Pfleiderer,  Religion  and  Religiooea,  «g«.  voa  A.  Joaas.    45 

ErUärer  bis  jetst  daran  fest  ....  Neueaiens  tritt  Vetter  für 
ü«siUch  späte  Abfassungazeit  ein  (250 — 150)  mit  beacblenswerten 
Gründen  uad  für  freie  auf  Voikaüberlieferaog  beruhende  Erzählung 
zu  didaktischem  Zweck.  Solches  Hin-  und  Herpendeln  zeigt  sich 
mehr  oder  weniger  deutlich  auch  anderwärts,  z.  B.  bei  Deutero- 
Jesaja,  Judith,  Daniel,  Esther. 

Könnte  S.  nicht  die  Proben  aus  allen  Böchern  der  HL  Schrift 
gnondert  drucken  lassen,  mit  einem  Minimum  von  Anmerkungen 
versehen  und  so  uns  das  lang  gewQnschle  Biblische  Lesebuch 
schenken? 

Das  Handbuch  ist  ein  Werk  des  Kompromisses  zwischen 
konserrativer  und  fortschrittlicher  Exegese,  das  freilich  erslerer 
viel  näher  steht  als  dem  Fortschritt.  Das  Handbuch  hat  von 
Aallage  zu  Auflage  mehr  und  mehr  dem  fortschrittlichen  Geist 
Rechnang  tragen  müssen ;  wir  zweifeln  nicht,  daß^auch  die  nächste 
Auflage,  die  das  Buch  wirklich  verdient,  in  dieser  Beziehung  noch 
weiter  gehen  wird,  Brücken  zum  Rflckzug  hat  sich  S.  genug  ge- 
baut. Er  ist  aber  gerecht,  er  läBt  jedem  Freiheit,  er  drängt 
seine  Meinung  nicht  auf,  er  verteidigt  die  Tradition  manchmal 
wenig  teilnahmsvoll  und  ermöglicht  so  jedem  Benutzer  entweder 
eigenes  Urteil  oder  drängt  ihn  zu  tieferem  Studium  der  einzelnen 
Fragen. 

Breslau.  Hermann  Hoffmann. 

■ 

Ott»    Pfleiderer,    Relisioa    aod    RelisioBoa.     Mäachea    1906, 
J.  F.  LelnaDn'fl  Verlas-    IV  o.  249  S.    gr.  8.    4  J(,  geb.  5  JC. 

Dae  Buch  umfaßt  die  Vorträge,  die  der  gelehrte  Verf.  im 
letzten  Wintersemester  an  der  Universität  Berlin  vor  einem 
aus  Studierenden  aller  Fakultäten  und  älteren  Gastzuhörern  be- 
stehenden Publikums,  einige  davon  auch  in  einem  Volkshochschul- 
kiHV  gehalten  hat  Die  lebhafte  Teilnahme,  die  sie  beiderseits 
gefunden,  war  ihm  ein  erfreulicher  Beweis  dafür,  wie  sehr  das 
Interesse  für  die  religiösen  Dinge  in  allen  Kreisen  im  Wachsen 
begriflen  ist.  Es  versteht  sich  von  selbst,  heißt  es  im  Vorwort, 
daß  in  dem  engen  Rahmen  dieser  Vorträge  nur  das  Wesentliche 
aus  dem  reichen  Stoff  der  Religionsgeschichte  herausgehoben 
wo-dea  konnte.  Es  galt  bei  der  Auswahl  ein  möglichst  klares 
Bild  von  der  Eigenart  der  einzelnen  Religionen  in  ihrem  Unter- 
schied voneinander  und  in  ihrem  Zusammenhang  miteinander  zu 
zeichnen. 

Wer  wie  ich  vor  mehr  als  40  Jahren  in  jugendlicher  Be- 
gebterung  Schleiermachers  Glaubenslehre  durchgearbeitet  und 
dann  die  dialektischen  Windungen  der  Vorlesungen  Hegels  über 
die  Philosophie  der  Religion  bewältigt  hat,  der  wird  mir  die 
Freude  nachfQblen,  die  ich  beim  Lesen  dieses  Buches  erfahren 
habe,  das  die  Nachwirkung  jener  beiden  Werke  nicht  selten 
erkennen   läßt    Die  Frageut  die  die  Gebildeten  aller  Zeiten  und 


46  O.Pfleiderer,  Religion  uDd  Religionea, 

Völker  auf  das  tiefste  erregt  haben  und  noch  erregen,  werden 
hier  von  einem  Hanne  dargelegt  und  bebandelt,  der  durch  die 
FöUe  seines  Wissens  wie  die  Bildung  seines  Herzens  in  gleicher 
Weise  dazu  berufen  ist,  und  das  in  einer  Form  der  Darstellung, 
die  auch  den,  den  sonst  seine  Studien  nach  einer  andern  Seite 
ziehen,  nur  entzucken  kann.  Kein  gelehrtes  Beiwerk,  keine  Noten 
und  Randbemerkungen.  Der  Verf.  bietet  die  Gewähr,  dafi  wir 
auch  da,  wo  bei  dem  umfassenden  Stoff  eine  Prüfung  dem  Leser 
unmöglich  ist,  uns  seiner  Leitung  zuversichtlich  hingeben  können. 
Möge  diese  Philosophie  der  Religion  für  lange  Zeit  den  Gebildeten 
unseres  Volkes  eine  sichere  Föhrerin  werden  zu  dem  richtigen 
Verständnis  der  Fragen,  ()ie  doch  niemand,  der  es  mit  sich  und 
dem  Leben  ernst  nimmt,  ohne  den  Versuch  einer  Beantwortung 
links  liegen  lassen  kann,  wenn  er  nicht,  um  mit  Goethe  zu 
reden,  ein  tröber  Gast  auf  der  weiten  Erde  bleiben  will. 

Die  philosophischen  Reflexionen  der  drei  ersten  Vorträge  ober 
das  Wesen  der  Religion,  ober  das  Verhältnis  der  Religion  zur 
Moral  und  Wissenschaft  bilden  die  Grundlage,  auf  der  sich  die 
weitere  Darstellung  der  Geschichte  und  Entwickelung  der  ein* 
zelnen  Religionen  von  ihrem  Anfange  an  aufbaut. 

Um    das    Wesen    der   Frömmigkeit   zu   begreifen,  darf  man 
nicht    ihre    niedersten    Formen    zum    Maßstab     nehmen     und 
zum  Erklärungsgrund  für  das  Ganze  machen,  sondern  umgekehrt 
im  Höchsten,    was    zuletzt   herauskommt,  hat  man  den  Schlüssel 
zu    suchen    zur    Erklärung   des  Ganzen,   also  auch  schon  seiner 
niedrigsten  AnfSnge.     Was  die  Art  der  Eiche  sei^  läßt  sich  nicht 
aus    der    Eichel    erkennen,    sondern   erst   aus  dem  erwachsenen 
Baum,  und  was  es  um  das  Wesen  des  Menschen  sei,  zeigt  noch 
nicht    das    neugeborene    Kind,    sondern   erst  der  gereifte  Mann. 
Frömmigkeit    ist    ihrem  innersten  Sein  nach  schlechthinnige  Ab- 
hängigkeit von  Gott,  wollendes  Verbundensein  mit  Gott,  Gehorsam 
des  Herzens  gegen  Gott.    Daß  der  Gottesgedanke  unserer  Vernunft 
notwendig  sei,    darin  stimmen  alle  ernsthaften  Denker  von  Plato 
und  Aristoteles  an  überein.    Der  Zwiespalt  der  auf  das  Erkennen 
hinstrebendeu  Vernunft,  der  theoretischen,  und  der  auf  das  Tun 
des  Guten  gerichteten  praktischen  Vernunft  löstt  sich,  indem  sich 
die  Vernunft  über  die  Welt  erhebt  zu  einer  letzten  und  höchsten 
Einheit,  in  der  alle  Gegensatze,  auch  der  des  Wahren  und  Guten, 
geeinigt  sind,  —  zu  Gott.     Aber  freilich   bleibt  es  immer  dabei, 
daß  Gott  der  Gegenstand  des  Glaubens  ist  und  nicht  eines  durch 
Verstandesgrunde    beweisbaren  Wissens.     Das  Thema  der  ganzen 
Religionsgeschichte  ist  das  Suchen  nach  Gott,  der  immer  erneute 
Versuch,  ihn    zu   fühlen   und  zu  finden.     Da  scheiden  sich  zwei 
Gruppen,  die  eine,  die  Gott  in  der  Welt  sieht  als  den  Grund  des 
Seins,    als   das   Gesetz   der    Notwendigkeit,    die  andere,  die  Gott 
denkt   als  das  Ideal  der  Freiheit,  als  den  Herrn  und  Lenker  der 
Geschichte,    durch   die    er  seine  Zwecke  verwirklichen  will;   dort 


ABgei«  voD  A   Jonas.  47 

überwiegt  die  ruhige  Beschaulichkeit,  hier  das.  tätige  Streben,  der 
Kampf  far  Gott  und  die  Verwirklichung  des  Guten.  Die  klassischen 
Vertreter  der  ersten  Art  waren  die  Inder  und  Griechen,  die  der 
zweiten  Art  der  iranische  Prophet  Zarathustra  und  die  Propheten 
Israels.  Das  Christentum  steht  über  jenem  Gegensatz,  in  dem  es 
von  Anfang  an  die  beiden  Seiten,  die  Innerweltlichkeit  und 
Oberwelüichkeit  Gottes,  die  Stimmung  des  Kämpfens  und  Hoffens 
und  die  des  Friedens  und  der  Freude  zur  Einheit  zu  verbinden 
sacht.  Diese  religiösen  Gegensätze  haben  in  der  Neuzeit  in  zwei 
Philosophen  und  zwei  Dichtern  gewaltige  Vertreter  gefunden,  auf 
der  einen  Seite  Spinoza  und  Goethe,  auf  der  anderen  Kant  und 
Schiller.  Die  Annahme  einer  ursprönglidien  Trennung  von 
Religion  und  Moral  ist  ein  fast  unbegreiflicher  Irrtum.  Es  ist 
unter  den  ernsthaften  Altertumsforschern  allgemein  anerkannt, 
daß  alle  Gesittung  der  Menschheit  ihren  Ursprung  aus  dem 
religiösen  Glauben  und  Kultus  genommen  hat,  [und  das  gilt  bis 
aaf  den  heutigen  Tag.  Das  innige  Verflochtensein  der  sittlichen 
und  religiösen  Oberzeugung  mag  für  das  Bewußtsein  einzelner 
hidividuen  verdunkelt  sein,  darum  bleibt  6s  doch  eine  unbestreit- 
bare Tatsache,  dafi  das  sittliche  Gemeinbewußtsein  der  mensch- 
Sehen  Gesellschaft  auf  ihrem  religiösen  Glauben  beruht  und  mit 
ihm  steht  und  fällt  —  Konflikte  zwischen  der  weltlichen  Wissen- 
schaft und  der  überlieferten  religiösen  Vorstellung  werden  nie 
ausbleiben,  aber  sie  stellen  nicht  das  Recht  der  Religion  in 
Frage,  sondern  sind  nur  ein  Anzeichen  dafQr,  daß  die  bisherige 
Torstellungsweise  nicht  mehr  die  zureichende  Form  fQr  das 
religiöse  Leben  ist  und  sonach  mehr  oder  weniger  einer  Ver- 
besserung und  Erneuerung  bedarf.  Aber  noch  stehen  wir  mitten 
im  Kampf.  So  viel  ist  gewiß,  daß  von  einer  Herrschaft  der 
Kirche  über  die  Wissenschaft  heute  und  in  Zukunft  nicht  mehr 
die  Rede  sein  kann.  Doch  so  viel  wird  man  sagen  dürfen,  daß 
die  gesetzmäßige  Ordnung  und  Entwickelung  der  Natur  und 
Geschichte,  dieser  Grundgedanke  der  Wissenschaft,  den  Gottes- 
glauben nicht  nur  nicht  ausschließt,  sondern  ihn  sogar  zu  ihrer 
eigenen  Begründung  fordert.  Und  damit  ist  die  Vereinbarkeit  der 
Wbsenschaft  und  Religion  gesichert.  Aber,  fragt  man,  wo  bleibt 
dabei  die  Offenbarung?  Nun,  auf  das  Vorturteil  der  alleinigen 
Offenbarung  und  einzigartigen,  unfehlbaren  Offenbarung  werden 
wir  freilich  verzichten  müssen,  aber  auch  das  wieder  ist  zuletzt 
kein  Schaden,  sondern  Gewinn.  Wenn  das  Christentum  dabei 
auch  nicht  mehr  die  einzige  Religion  bleibt,  so  bleibt  es 
doch  die  höchste  und  reinste. 

Nach  diesen  grundlegenden  Gedanken  sucht  Verf.  die  Anfänge 
der  Religion  zu  ergründen.  Da  lassen  sich  freilich  nur  Ver- 
mutungen auCBtellen.  Die  primitive  Weltanschauung  oder  kind- 
liebe Volksmetapbysik  ist  der  Animismus,  der  Seelen-  und 
Geisterglauben«     Aus  ihm  entwickelte  sich  der  naiv-patriarchalische 


4S     0.  Pfleiderer,  Religiös  and  Religiooeo,  agz.  von  A.  Jonas. 

Henotheismus,  der  naive  Glauben  jedes  Stammes  an  seinen 
besondern  Stammgott  und  Stammvater.  Der  weitere  Fortschritt 
führte  zur  polytheistischen  Volksreligion;  mit  ihr  bildet  sich  das 
Prieslertum*  Die  Religion  verschmilzt  mit  der  Politik,  die 
Götter  werden  sittliche  Gestalten.  Die  Idealisierung  der  Götter 
schreitet  vor,  der  Polytheismus  wird  zum  Pantheismus  oder  zum 
Monolbeismiis.  Die  pantheistische  Einheit  isl  durchgeführt  bei  den 
Indern  im  Brabmanismus  und  Buddhaismus,  bei  den  Griechen  in 
den  Philosophenschulen,  die  Anfange  zum  Monotheismus  bei  den 
Babyloniern,  Persern,  braeliten.  Das  Christentum  ist  die  höhere 
Einheit  des  Judischen  und  griechischen  Gottesgedankens. 

Es  folgt  die  Darstellung  der  einzelnen  Religionssysteme:  die 
chinesische  Religion,  die  ägyptische,  die  babylonische,  die  Religion 
Zarathustras  und  der  Mithraskult,  der  Brabmanismus  und  Gaotama 
Buddha,  der  Buddhismus,  die  griechische  Religion,  die  Religion 
Israels,  die  des  nacbexilischen  Judentums,  das  Christentum,  der 
Islam.  Darüber  eingehender  zu  berichten,  hindert  der  Raum 
einer  Anzeige,  doch  will  ich  noch,  was  zwar  selbstverständlich  ist, 
hinzufügen,  daß  die  neusten  auf  dem  religionsgeschichtlichen 
Gebiete  gemachten  Funde  voll  zur  Geltung  kommen.  —  Das  ab- 
schließende  Urteil  über  das  Christentum  darf  ich  nicht  unter- 
drücken; aus  ihm  mag  der  Leser  dieser  Anzeige  dep  Rückschluß 
machen  auf  das,  was  in  den  voraufgehenden  bistorisclien  Be- 
trachtungen besonders  berührt  ist.  Der  christliche  Erlösungs- 
glaube hat  alle  die  Wahrheiten  in  sich  aufgenommen,  die  die 
Religionen  und  philosophischen  Lehren  seiner  Zeit  enthielten. 
Das  Christentum  teilt  mit  den  Mysterienreligionen  den  mystischen 
Enthusiasmus,  das  gehobene  und  gesteigerte  Gefühl  des  In-Gott- 
Seins  und  die  damit  gegebene  Hoffnung  auf  jenseitige  Seligkeit, 
und  ihre  mystischen  Heilsmittei  machte  es  zu  Symbolen  der  sitt- 
lichen Wiedergeburt  und  Bruderliebe;  und  es  teilte  zugleich  mit 
der  Philosophie  jener  Zeit  den  vernünftigen  Gottesdienst  in  sitt- 
licher Erkenntnis  und  Praxis.  Es  teilt  ferner  mit  dem  Buddhismus 
die  Selbst'  und  Weltverleugnung,  den  ruhigen  Frieden  der  Er- 
gebung, und  zugleich  mit  der  Religion  Zarathustras  den  mutigen 
Kampf  wider  alles  ungöttliche  Wesen  und  die  frohe  Hoffnung  auf 
den  Sieg  der  Sache  Gottes  in  der  Welt.  Es  teilt  mit  dem 
Judentum  den  Glauben  an  den  einen  erhabenen  und  heiligen 
Gott,  den  Richter  der  einzelnen  und  der  Völker,  und  an  da« 
Kommen  seines  Reiches  auf  Erden;  aber  auch  mit  Piaton  den 
Glauben  an  den  Gott,  der  das  höchste  Gut  und  die  neidlose 
Quelle  alles  Wahren  und  Guten  ist,  und  an  den  göttlichen  Mittler 
Eros,  diese  uns  inuenwohnende  Kraft  der  Begeisterung,  der  Liebe 
zu  den  von  oben  stammenden  Idealen.  Das  Christentum  teil( 
endlich  mit  den  Stoikern  die  innere  Freiheit  von  der  Welt,  die 
Gelassenheit  des  in  sich  gefaßten  Charakters,  die  Kraft  des  sich 
selbst  bestimmenden,    autonomen  Willens  und  die  Weitherzigkeit 


E.St«t&er,  RL  Leilf.  f.  d.  spraebl.  Uaterr.,  a^z.  t.  B.  BegemaBo.    49 

des  über  alle  (Nationen  und  Stände  Dbergreifenden  allgemeinen 
WenscUieitagedankens;  aber  es  belebt  diese  kalte  und  stolze 
feiend  der  Stoiker  durch  den  Glauben,  daß  die  Welt  Gottes  ist, 
und  durch  die  Liebe,  die  den  Brüdern  freudig  dient,  und  durch 
die  Hoffnung,  daß  riier  Streit  und  alles  Leid  der  Zeit  sich  ein* 
mal  lösen  werde  im  Frieden  der  Ewigkeit. 

So  ist  das  Christentum  zur  Religion  der  Religionen  geworden, 
m  hat  die  alte  Welt  fiberwunden  und  eine  neue  Welt  heranf- 
geftlhrL 

Druck  und  Papier  wie  die  ganze  Ausstattung  des  Buches 
gefallen  sehr. 

Stettin.  Anton  Jonas. 

£■11  Stvtztfr,  Kleiner  Lflitfaden  für  d^ii  spraehliefafeB  Uafar- 
rlekt,  insoaderheit  für  daa  deatschea.  Zwaha,  an^earbaitata 
A«aage.    Barlia  1906,  WaidBanatdia  Bnehbaadaas.    40  S.    8.    0,50  Ul^. 

Der  VerCneer  des  Torliegenden  Leitfadens  verfolgte  die  doppelte 
Abriebt,  dem  sprachlichen  Unterriebt  überhaupt  und  dem  deutschen 
Unterricht  insbtöondere  durch  eine  gedruckte  Norm,  die  wöm^ich 
den  Schuler  durch  die  ganze  Schule  begleitet,  jedenfalls  aber  in 
den  Binden  aUer  Lehrer  bestimmend  wirkt,  zunächst  innisrhalb 
delr  Ton  ihm  geleiteten  Anstalt  Obereinstimmung  und  Einheitlich- 
keit zu  gehen.  Ober  die  Wichtigkeit  und  Notwendigkeil  solcher 
Einheitlichkeit  hat  er  sich  im  60.  Heft  der  Lehrproben  und  Lehr- 
ginge  in  Gbereinetimmung  mit  des  Referenten  „Bemerkungen  zu 
altsprachlichen  LehrbCbchern**  (Berlin  1897,  Ddmmler)  und  unter 
iÜBWeiff  aof  seine  Anzeige  von  Bräunings  demselben  Zweck 
dSenenden  „Abriß  der  Satzlehre"  in  dieser  Zeiucfarift  (1899  S.  97  ff.) 
schon  ausgesprochen,  als  er  diese  „aus  der  Praxis  herrorgegangeHen 
and  gsrnr  aussöblteßlicb  fOr  die  Präzis  bestimmten^',  iil  Fach- 
kedfereA^n  besprochenen  sprachlichen  Zusammenstellungen  1899 
nierst  reröBentlichte.  Die  Nachfrage  danach,  aus  der  herforging, 
daß  sie  bei  rieten  Amtsgenossen  Anklang  gefunden  hatten,  feran- 
bfite  den  Verftsser,  seine  Arbeit  in  einem  sehr  handlich  aus- 
gestatteten Neudruck  weiteren  Kreisen  der  Lernenden  und  Lehren- 
deli  ale  LeitfiMlen  sugSnglich  zu  machen. 

Systematische  Vollstindigkeit  und  Abgeschlossenheit  darf  nriitt 
aaiiriich  von  solcher  ZusammensteUnng,  die  die  Erfahntng  an 
die  Hand  gegeben  hat,  nicht  erwarten.  Dem  einen  wird  sich 
rielmehr  dies,  dem  andern  jenes  als  der  einheitlichen  Regelung 
keddrftig  efweiseii.  Darum  aber  ist  es  billig  und  angemessen, 
wenn  Lehrerkollegien  zunächst  unler  sich  die  nötig  erscheinen- 
den Featsetzungen  treffen  und  dann  versuchen,  ob  sie  damit 
aneh  andte-en  Anttahen  einen  Dienst  leisten  können.  Referent 
ist  überzeugt,  daB  der  vorliegende  Leitfaden  trotz  der  jedem 
sidchen  Versilch'  anhaftenden  SubjektiriUH  nicht  bloß  in  dem 
Gymncsinm  in  der  Tat  sich  nutzbringend  erweisen  wird. 

f  i.  ejMBMtolWtMB.     ULI.     1.  4 


50    E.Stutzer;  Kleiner  Leitfadeo  f.  d.  sprachlichen  Unterriehty 

Es  finden  sich  darin  8  Kapitel:  Ä.  Lautwandel,  B.  Satzlehre, 
C.  Stilistische  und  grammatische  Bemerkungen,  D.  Fremd-  und 
Lehnwörter,  E.  Figuren  und  Tropen,  F.  Hauptriebtungen  des 
Bedeutungswandels,  G.  Hauptregeln  der  Zeichensetzung,  H.  Der 
indogermanische  Sprachstamm  und  dazu  ein  Anhang  mit  Ver- 
besserungszeichen, Äufsatzordnung,  Wörter-  und  Sachverzeichnis. 
Ausschließlich  dem  deutschen  Unterricht  dienen  C  und  D,  allein 
Sprachunterricht  kommen  am  meisten  B  und  E  zugute.  Kapitel  C 
wird  vermutlich  in  weiteren  AuQagen  noch  in  besonderem  Maße 
ergänzt  und  vermehrt  werden.  Auch  eine  starke  Erweiterung  von 
F,  etwa  nach  dem  schönen  Buche  von  Erdmann  (Die  Bedeutung 
des  Wortes,  Leipzig  1900,  Avenarius),  würde  ich  persönlich  för 
wünschenswert  halten  unter  Heranziehung  der  Fremdsprachen. 
Aber  solche  Wünsche  sind,  wie  gesagt,  mehr  oder  weniger  sub- 
jektiv. Die  Regeln  und  Erklärungen  sind  im  allgemeinen  ebenso 
bestimmt  wie  kurz  gefaßt.  Bei  schwankendem  Sprachgebrauch 
lautet  die  Regel  meist  kategorisch,  was  für  die  Schule  durchaus 
seine  Berechtigung  hat  Die  Beispiele  sind  gut  gewählt  und  zum 
großen  Teil  dem  Lernstoff  entnommen.  Papier,  Druck  und  Satz 
sind  vorzüglich. 

Mit  Recht  sind  in  der  Terminologie  grundsätzlich  die  dem 
Lateinischen  entstammenden  Fremdwörter  beibehalten;  nur  S.  14 
findet  sich  einmal  Fürwürier  in  Verbindung  mit  ZahlwOrter,  Die 
in  lateinlosen  Klassen  störenden,  aber  auch  an  sich  in  deutschem 
Text  m.  E.  unschönen  lateinischen  Endungen  der  Fachausdrucke 
durchweg  zu  beseitigen,  hat  sich  der  Verf.  anscheinend  nicht  ent- 
schließen mögen.  Aber  warum  nicht  Substantw  wie  Rdatw? 
warum  nicht  Perfekt  wie  l^jekt?  warum  andererseits  Adjektwa 
S.  14  und  Adjektive  S.  15?  warum  Verba  und  Verben,  Verbum 
uehen^Verbfarm^  Adjeklivum  neben  Partizipy  var  dem  Subtiantwutn 
neben  mit  dem  Substantiv  in  demselben  §  48  Z.  9  und  10?  Ein 
Büchlein  wie  das  vorliegende  sollte  m.  E.  in  jeder  Beziehung,  also 
auch  in  strenger  Konsequenz  vorbildlich  sein,  zumal  ja  Einheit- 
lichkeit der  Behandlung  herbeizuführen  sein  hauptsächliches 
und  eigentliches  Ziel  ist.  Ungleichmäßig  gebildet  sind  auch  ohne 
sichtbaren  Grund  Befehlssatz  und  Awrufsatz^  ürleässatz  und  06- 
fektscUz,  Ein  Muster  gleichmäßiger,  sauberer  Behandlung  der 
grammatischen  Terminologie  liegt  jetzt  vor  in  v.  Sandens 
Deutscher  Sprachlehre  (5.  Auflage,  Lissa  i.  P.  1905,  Ebbecke). 

Im  übrigen  sei  für  eine  gewiß  bald  erforderliche  3.  Auflage 
zu  freundlicher  Prüfung  folgendes  angemerkt.  §  1  ist  das  Merk- 
wort  tarn  in  tarnt  verwandelt;  besser  noch  ist  tamtamy  aus  dem 
der  Schüler  jede  Lautverschiebung  ablesen  kann.  —  §  2  ist  der  wich- 
tige Terminus  Angleichung  gesperrt  zu  drucken.  —  Hinter  §  5 
vermisse  ich  Apokope  und  Elision.  —  §  21d  empfehle  ich  statt 
Wunsch'  und  BefeUssatz  unser  Begehrssatz,  einen  Ausdruck,  der 
auch  den  §  53  unvorbereitet   und    ohne  Erklärung   auftretenden 


ADgex.  voo  H.  Begenano.  5t 

Terminas  Absi€hinai%  überflüssig  macht.  —  $  22  fehlt  unter  den 
Erweiterungen  das  Prädikativ,  femer  in  der  Behandlung  des  Ob- 
jekts der  wichtige  Unterschied  des  äußeren  und  inneren  und  des 
affilierten  und  effizierten  Objekts.  —  §  24  Z.  3  ist  das  Komma 
XU  streichen.  —  i  Ab  steht  der  Satz  ».Männlichen  Geschlechtes 
sind  .  .  .  Liter,  Meter''  in  Widerspruch  mit  der  preußischen 
Kanzleirechtschreibung.  —  §  22.  DaB  im  Deutschen  das  Perfekt 
eine  fortdauernde  ToUendete  Tatsache  bezeichnet,  ist  nicht 
richtig;  es  bezeichnet  in  vielen  Fällen  einfach  eine  Tatsache  der 
Tergangenbeit  —  $  56  steht  „Infinitive  ....  beziehen  sich  auf 
das  Subjekt'*  und  $  60  gar  „das  Partizip  bezieht  sich  auf  das 
Subjekt".  Es  bezieht  sich  ein  Pronomen  auf  ein  Substantiv  oder 
anderes  Pronomen;  Infinitive  und  Partizipien  wie  Adjektive  werden 
hdchstens  auf  ein  Subjekt  bezw.  Substantiv  bezogen,  gehören  zu 
ihm,  richten  sich  nach  ihm  und  dienen  zu  seiner  Ergänzung.  ^- 
§  58  ist  der  JnfmUiv  Futuri  in  mehr  als  einer  Hinsicht  inkorrekt; 
es  sollte  beißen  m/l  /W.  »=  infinitivus  fiUuri  oder  der  InfmUiv  du 
Fnhtrs  oder  der  FtUurinfimtw.  —  $  65  ist  th  Zusammeiuetxungen 
überflüssig;  die  Regel  gilt  doch  auch  für  geh  Mn  und  komm  her. 
—  $  66*  Dabei  und  ähnliche  Adverbien  stehen  doch  wohl  in 
der  Regel  in  Beziehung  auf  Sachen  statt  bei  Am;  eskamnUeken 
sagt  zu  wenig.  —  $8  würde  ich  sagen  „Wenn  ich  wandere'*. 
Indem  und  nachdem  wenden  die  Schuler  infolge  der  üblichen 
Obersetzong  fremdsprachlicher  Partizipien  mehr  an,  als  gut  und 
schön  ist;  man  muß  davor  warnen.  —  $  83  könnte  auf  die 
Differenzierung  der  Wortformen  zur  Unterscheidung  verschiedener 
Bedeulangen  desselben  Wortes  hingewiesen  werden,  worüber  man 
u.  a.  Weise,  Deutsche  Sprach-  und  Slillebre  (2.  Auflage,  Berlin 
ond  Leipzig  1906,  Teubner)  S.  39,  54  u.  a.,  auch  meine  „Be- 
merkungen" S.  10  unter  V  3  vergleiche.  —  §  99  wird  der  Schüler 
darüber  in  Verlegenheit  sein,  wie  der  Singular  zu  Tropen  heißt 
and  welchen  Artikel  er  hat.  —  §  99  i  a — c  gehören  unter  die 
Metapher  nach  $  101.  Es  heißt  dort  ausdrücklich  „Alle  geistigen 
Begrifle  sind  ursprünglich  nach  ihrer  Ähnlichkeit  mit  körperlichen 
(Dingen  und  Vorgängen  bleibt  besser  fort)  benannt;  wo  die  Ver- 
tauschung  auf  einer  Ähnlichkeit  beruht,  liegt  zweifellos  eine  Ver- 
gleichong,  also  nach  §  101  eine  Metapher  vor.  Die  Abgrenzung 
zwischen  Metonymie  und  Metapher  bleibt  im  übrigen  freilich 
schwierig,  auch  nach  der  neuesten,  feinsinnigen  Behandlung  der 
Tropen  durch  Rieh.  Beyer  in  seiner  Deutschen  Stilistik  $  lITfl'. 
Die  im  Leitfaden  gegebene  Erklärung  der  Tropen  erscheint  mir 
kaum  verständlich,  jedenfalls  nicht  ausreichend.  Ich  glaube  immer 
noch  am  weitesten  zu  kommen  mit  den  Erklärungen  des  alten 
Hoffmann-Lüneburg  (Rhetorik,  Clausthal  1859,  Grosse):  Tropus 
des  Attributs,  des  Bildes,  der  Teilung  und  Zusammenfassung, 
von  denen  aus  man  nach  und  nach  sehr  wohl  zu  ihrer  psycho- 
logischen Begründung  und  stilistischen  Bedeutung  aufsteigen  kann. 

4* 


52    ^*  Lehmano,  Entwickelanir  d.  deatscb.  Sprache  u.  Literatary 

—  §  114  und  §  116  fehlt  hinter  Z.  1  ein  Kolon.  —  §  119.  Daß 
das  Semikolon,  dieses  feinste  Interpunktionszeichen,  wie  ein 
jQngst  zu  froh  Terstorbeoer  Kollege,  Direktor  Buchholz-Beuthen, 
2u  sagen  pflegte,  „vor  allem  vor  und  nach  einem  Satzgefüge 
größeren  Umfangs  stehe'S  ist  nicht  recht  verständlich;  es  sollte 
heifien  „zwischen  äußerlich  beigeordneten  Sätzen  oder  Satz- 
gefügen, die  innerlich  zusammengehören'*.  —  S.  35  Anm.  Z.  1 
lies  wird  verstanden  statt  ist  zu  verstehen.  Unter  den  Kenn- 
zeichen der  neuhochdeutschen  Schriftsprache  sollten  ebendort  bei 
der  Verlängerung  der  Stammsilben  die  beiden  Arten  derselben 
erwähnt  sein,  neben  der  dnrch  Dehnung  des  Tokals  bewirkten 
(sagen)  auch  die  durch  Verdoppelung  des  Konsonanten  voll- 
zogene [Donner^  kommen]  und  unter  Monophthongiening  und 
Diphthongierung  —  übrigens  häßlichen  Wörtern,  die  entweder 
verdeutscht  (Vereinfachung,  Verbreiterung)  oder  umschrieben 
werden  sollten  —  jedesmal  neben  den  beiden  erwähnten  durch 
ein  freispiel  auch  der  dritte  Fall  angedeutet  werden,  der  in  Liebe 
und  in  zwiefacher  Art  in  neuen  Häusern  vorliegt.  —  S.  36.  Statt 
Terbesserungsxeicken  sagen  wir  Korrekturzeichen;  denn  Korrektur 
heißt  bei  uns  die  Arbeit  des  Lehrers,  Verbesserung  die  darauf 
folgende  Arbeit  des  Schülers.  Das  Fremdwort  ist  hier  zur  Unter- 
scheidung der  Bedeutungen  wertvoll  (vgl.  oben  zu  §  83).  -—  S.  37. 
Eine  Aufgabe  ist  doch  wohl  der  ganze  Aufsatz;  wir  sagen  Min- 
leitung,  Hauptteü  und  Schlufs.  —  S.  40  im  Sachverzeichnis  finde 
ich  mit  Befriedigung  zu  guter  Letzt  neben  Imperativ,  Indikativ  üsf. 
konsequent  auch  Reflexiv^  Relativ,  Substantiv,  Adjektiv  und  — 
Verb,  was  mich  hoffen  läßt,  daß  diese  Formen  demnächst  auch 
im  Texte  sich  durchsetzen  werden. 

Die  vorstehenden  Wünsche  und  Ausstellungen  sollen  aber 
überhaupt  den  Wert  des  kleinen  Heftes  keineswegs  herabsetzen. 
Siiß  sind  Lesefrüchte,  hinsichtlich  deren  Referent  auf  die  Zusage 
am  Schlosse  des  Vorwortes  rechnet  in  der  Meinung,  daß  in  ihrer 
Absicht  und  Anlage  gute  Schulbücher  unter  der  Hitarbeit  der 
Fachgenossen  sich  zu  einer  größeren  Vollkommenheit  auswaehsen 
sollten,  als  sie  den  meisten  Schulbüchern  bis  jetzt  nachgerühmt 
werden  kann. 

Neu-Ruppin.  Heinrich  Begemann. 

Rudolf  Lehmana,  Obersicht  üb  er  die  Entwickeluo^  der  daotschen 
Sprache  and  Literatar.  Für  die  oberen  Riassea  hSherer  Lehr- 
ansteltea.  Fünfte  Auflegte.  Berlin  1906,  Weidmanasche  Bochhaadianif, 
VIII  aad  153  S.     kl.  8.     ^eb.  1,40  JC. 

Das  vorliegende  Werkchen,  welches  in  einem  Decennium 
schon  fünf  Auflagen  erlebt  hat,  enthält  in  seinem  1.  Teile  eine 
Übersicht  über  die  Entwickelung  der  deutschen  Sprache  mit  einem 
Anhang,  Entwickelung  der  Verskunst,  in  seinem  2.  Teile  eine 
Übersicht  über  die  Entwickelung   der   deutschen  Literatur.     Der 


«Bgez.  von  A.  Zahme.  53 

I.Teil  entopricbt  einem  lebhaAen  Bedürfnis,  da  mea  in  OU  im 
Yeifolge  der  LebrpUne  von  1901  eine  ,»Übenicbt  über  einige 
HaoptarschciDungen  der  gescbichtiicben  EntivickeluDg  der  deutscben 
Spracbe^*  und  ««xueammenfauende  (aprachlicbe)  Überblicke*'  im  An- 
schluß an  die  mbd.  Lektüre  zu  geben  pflegt.  Denn  der  Stand- 
pnnkt  Grimms  und  Wackernagek,  welcher  entweder  einen  gründ- 
lichen, streng  wisaenschafUichen  Unterricht  in  der  deutachen 
Grammatik  oder  gar  keinen  wünscht,  ist  nicht  zu  billigen.  Es 
ist  doch  recht  wünschenswert,  daB  den  Schülern  auf  aUen  Stufen, 
besonders  in  011,  zu  BewuBtsein  gebracht  wird,  dafi  die  deutsche 
Sprache  ein  lebendes,  sich  fortentwickelndes  Wesen  ist.  Hierbei 
wird  man  im  Sinne  R.  Hildebrands  allerdings  jeden  Formalismus, 
alle  abstrakten,  TerstandesmäBigen  Erörterungen,  jede  Abrichtung 
des  Gedächtnisses  vermeiden  und  lieber  die  Schüler  alles  sellMt 
beobachten,  selbst  finden  lassen  und  auf  anschauliches  Erfassen 
des  Spracbinhalts  hinwirken.  So  will  auch  IL  Lehmann  verfahren 
wissen.  Er  setzt  die  in  seinem  bekannten  Buche  über  den 
deutschen  Unterricht  geäuBerten  Grundsitze  in  die  Praxis  um 
und  zeigt  uns  in  dem  vorliegenden  Werkchen  die  erprobte  Methode 
des  praktischen  Schulmanns.  Es  hat  in  seinem  1.  sprachlichen 
Teile  in  den  letzten  Auflagen  wesentliche  Erweiterungen  und 
Yerbesserungen  erfahren,  besonders  hinsichtlich  der  Entwickelung 
des  Vokaltsmus  vom  got.  zum  ahd.  und  vom  mhd.  zum  nhd. 
Der  Terfiasser  könnte  in  der  nftcbsten  Auflage  hierin  vielleicht 
noch  weiter  gehen,  in  besug  auf  erstere  (Diphthongierung  und 
MoBophÜiongierung,  S.  14,  N.  4)  durch  genauere  Angabe  und 
anschauliche  Beispiele  der  nieder-,  mittel-  und  oberdeutschen 
Dialebtonterschiede.  Gerade  in  unserer  Zeit,  wo  mehr  gereist 
wird  denn  je,  ist  die  Erklärung  der  heutigen  deutschen  Mund- 
«rten  und  ihrer  Eigenart  für  jeden  Gebildeten  von  großem  Inter- 
esse. Bei  der  Entwickelung  des  mbd.  zum  nhd.  (S.  150  könnte 
noch  der  Wandel  von  ei  zu  ai,  ou  zu  au,  öu  zu  äu  aufgeführt 
and  dorch  Beispiele  erläutert  werden.  Der  2.  literatur- 
geschichtliche Teil,  welcher  früher  nur  bis  Goethes  Tod 
reichte,  ist  in  der  5.  Auflage  hinsichtlich  der  Romantik  erweitert 
und  im  übrigen  bis  zur  Gegenwart  fortgeführt  worden;  anhangsweise 
wird  auch  Shakespeare  besprochen.  Der  Stoff  dieses  2.  Teiles 
wird  im  ganzen  recht  knapp  behandelt.  Auch  wird  jede  Literatur- 
geschichte den  literarischen  Erscheinungen  und  Richtungep  gerade 
der  .Neuzeit  und  Gegenwart  gegenüber  in  bezug  auf  Einteilung, 
Urteil  und  Auswahl  ein  mehr  oder  weniger  subjektives  Gepräge 
tragen,  daher  vielleicht  bei  manchen  auf  Widerspruch  stoBen. 
lodessen  muB  jeder  Sachverständige  des  Verfassers  ernstes  Streben 
nach  Unbefangenheit  und  Übersichtlichkeit  sowie  die  gute  Grup- 
pierung und  scharfe  Disponierung  des  Stoffes  anerkennen.  Und 
was  die  knappe  Fassung  anbelangt,  so  ist  das  Werkchen  nach 
den  Intentionen   des  Verfassers   nicht   zum  Selbstunterricht   be- 


54    Heioemaon,  Goethebrevier;   Achelis^  Was  ea^t  Goethe?, 

stimmt,  sondern  nur  zur  häuslichen  Repetiüon  des  vom  Lehrer 
in  der  Schule  Besprochenen.  Es  hat  den  Stoff  also  auf  das 
Notwendigste  beschränkt,  dagegen  alle  wesentlichen  literarhisto- 
rischen Gesichtspunkte  sorgfaltig  beachtet.  Der  Leitfaden  will  den 
Vortrag  des  Lehrers  nicht  nur  nicht  öberflflssig  machen,  sondern 
setzt  ihn  Tielmehr  voraus.  So  ist  alles  in  allem  R.  Lehmanns 
„Übersicht'^  ein  recht  brauchbares,  praktisches  Schulbuch  geblieben 
und  immer  noch  mehr  geworden  und  kann  in  der  Hand  der 
Schuler  wesentlich  beitragen  zur  Lösung  der  Aufgaben  des  deut- 
schen Unterrichts.  Möge  der  Verfasser,  der  mit  bahnbrechendem 
Erfolge  sein  Interesse  und  seine  Tätigkeit  namentlich  der  Ge- 
staltung des  deutschen  Unterrichts  gewidmet  hat,  auch  in  seiner 
neuen  bedeutsameren  und  umfangreicheren  Stellung  an  der 
Akademie  zu  Posen  dieses  sein  Lieblingskind  nicht  vergessen 
und  sein  fruchtbringendes  Interesse  der  Praxis  des  höheren  Schul- 
wesens auch  fernerhin  bewahren! 

Stendal.  Arnold  Zehme. 

Karl  HeiaemaDD,  Goethe-Brevier.  Aaszüge  aas  Goethe«  Briefes  Qod 
Gesprächen  aebst  eioem  Zitatenschatz  aas  Goethes  Werkeo.  Giefiea 
0.  J.,  Emil  Roth.     VII  o.  384  S.     8.    brosch.  2  JH^  eles.  geb.  3  Jt- 

Th.  AcheliSy  Was  sagt  Goethe?  Bia  Goethe-Brevier,  fiochschmuck  voo 
Franz  Stassen.  Stattgart  o.  J.,  Greiner  &  Pfeiffer.  VI  a.  180  S.  8. 
geb.  2,50  Jt» 

Hermann  Grimm  sprach  gelegentlich  davon  (es  war  im  Juni- 
heft  der  Deutschen  Rundschau  1898),  „dafi  beute  wohl  alle 
Gebildeten  die  Überzeugung  durchdringe,  daß  bei  der  Erziehung 
der  künftigen  Generationen  von  der  Kenntnis  Goethes  zumeist 
auszugehen  sei,  daß  er,  wie  Homer,  die  Tragiker,  Plato  und  die 
an  diese  Namen  sich  anschließenden  Dichter  und  Denker  anderer 
Völker,  im  Sinne  des  allgemeinen  Fortschritts  für  die 
Deutschen  ausgenützt  werden  müsse'S  Diese  Überzeugung 
ist  zwar  auch  heute  noch  nicht  entfernt  Gemeingut  aller  Ge- 
bildeten, aber  doch  ist  der  Kreis  derer,  die  in  dem  Grimmschen 
Sinne  in  Goethe  einen  Hauptfaktor  moderner  deutscher  Bildung 
sehen,  inzwischen  sehr  viel  größer  geworden.  Es  versteht  sich 
von  selbst,  daß  die  Einsicht  in  diese  umfassende  Bedeutung 
Goethes  in  erster  Linie  durch  das  Studium  seiner  Schriften 
selbst  gewonnen  werden  muß,  uud  da  ist  es  sehr  erfreulich  zu  be- 
merken, daß  immer  mehr  als  notwendig  neben  der  Vertrautheit 
mit  dem  Dichter  Goethe  auch  die  Bekanntschaft  mit  dem  Forscher 
und  dem  Menschen  gefordert  wird.  Aber  die  Goethe  *  Literatur 
der  letzten  Jahrzehnte  —  seit  der  Eröffnung  des  Weimarer  Goethe- 
Archivs  und  der  Gründung  der  Goethe-Gesellschaft  —  ist  auch  recht 
reich  sowohl  an  guten  zusammenfassenden  Darstellungen  der 
Persönlichkeit  Goethes  als  an  vertiefenden  und  wirklich  Licht 
bringenden  Einfuhrungen  in  die  einzelnen  Gebiete  seines  un- 
gewöhnlich vielseitigen  Schaffens  und  Erlebens. 


\ 


ABgoi.  von  P.  Lor«Dts.  ^5 

In  den  letzten  Jabren  sind  nun  ferner  eine  ganze  Reihe  von 
Büchem  herrorgetreten,  die  in  Goethes  Wesen  und  Wirken  dadurch 
einfuhren,  daß  sie  Äußerungen  aus  den  poetischen  wie  wissen- 
schaftlichen Werken,  aus  den  Tagebüchern,  Briefen  und  zur 
Selbstbiographie  gehörigen  Schriften  nach  bestimmten  Gesichts- 
punkten zusammenstellen  und  das  Bild  durch  größere  oder 
knappere  Einleitungen  bezw.  Zwischenäußerungen  der  Verfasser 
abrunden.  Ich  erinnere  an  des  feinsinnigen  Wagner- Kapell- 
meisters H.  LeT]  Gedanken  aus  Goethe  (eine  der  besten  Auswahlen 
der  Art),  an  Bodes  Vier  Bücher  über  Goethe,  seine  Persönlich- 
keit und  seine  Oberzeugungen,  sowie  besonders  an  M.Heynachers 
Buch:  Goethes  Philosophie  aus  seinen  Werken  (Dürrs  Philos. 
Biblioth.  Bd.  109),  möchte  aber  auch  den  Goethe-Kalender  von 
0.  J.  Bierbaum,  f.  d.  J.  1906  zum  1.  Male  erschienen,  hier 
in  ehrenToller  Weise  erwähnen. 

Za  der  eben  gekennzeichneten  Gattung  gehören  nun  auch  die 
beiden^ Goelhe-Breviere  Ton  K.  Heinemann  und  Th,  Achelis. 
Wenn  ein  so  erfnlgreicher  Goethe-Biograph  und  Goethe-Heraus- 
geber wie  Heinemann,  dem  kaum  eine  Woche  vergeht,  in  der  er 
Dicht  mündlich  oder  schriftlich  gefragt  wird,  wo  ein  Ausspruch 
Goethes  steht,  uns  ein  Goethe-Brevier  in  die  Hand  gibt,  wird 
man  von  vornherein  etwas  Gediegenes  erwarten  dürfen.  Da« 
Bach  ist  nun  so  zustande  gekommen,  daß  H.  bei  Gelegenheit 
einer  Lektüre  der  Werke,  Briefe  nnd  Gespräche  die  Stellen  be- 
zeichnet bat,  die  aufgenommen  werden  sollten,  alles  andere  aber 
fon  dem  Verleger  übernommen  worden  ist,  also  die' Anordnung 
des  Stoffs,  die  Anmerkungen,  die  Register.  Übrigens  hat,  weil 
das  Boch  sonst  zu  umfangreich  geworden  wäre  —  es  umfaßt 
auch  80  384  Seiten  —  alles,  was  Goethe  über  sich  selbst,  sein 
Leben  und  seine  Werke  sagt,  zurückbleiben  müssen,  und  der 
¥erf.  läßt  hoffen,  daß  dies  in  einem  2.  Teile  des  Breviers  nach- 
geholt werden  könnte.  Der  1.  Abschnitt  enthalt  Äußerungen  aus 
den  Briefen  und  Gesprächen,  der  2.  Stellen  aus  den  Gedichten, 
der  3.  eine  Auswahl  aus  den  ,^Sprüchen  in  Prosa*';  diese  letate 
Bezeichnung  ist  auf  der  Kopfleiste  versehentlich  aber  auch  da 
stehen  geblieben,  wo  Zitate  aus  den  Dramen,  dem  Westöstlichen 
Diwan  u.  a.  Dichtungen  gegeben  werden.  Die  Anordnung  ist 
nicht  nach  sachlichen  Gesichtspunkten  getroffen,  sondern  für  die 
Aussprüche  aus  den  Briefen  und  Gesprächen  war  die  chronolo- 
gische, für  die  aus  den  Werken  die  Reihenfolge  in  der  Ausgabe 
des  Verfassers,  soweit  sie  erschienen  ist,  maßgebend,  sonst  die 
in  der  Hempelschen  Ausgabe.  Mit  scharfem  Blick  ist  von 
U.  vieles  aus  den  mündlichen  und  schrifilichen  Mitteilungen  von 
allgemeinerer  Gültigkeit  herausgefunden,  manches  freilich,  wie  das 
über  die  Novelle  zu  Eckermann  vom  29.  I.  1827  (nicht  1824!) 
oder  die  Anafuhrungen  unter  dem  16.  XII.  1828,  10.  I.  1829 
(3  Seifen  lang)  scheinen  mir  in  ein  Brevier  nicht  hineinzupassen. 


5t6    HeinemanB,  Goethebrevier;   Achelis,  Was  sagt  Goethe?, 

Sehr  schade  ist,  daß  nicht  auch  die  faerrttchen  Tagebuch- 
aufzeichniiogeD  der  ersten  10  Weimarer  Jahre  h^angexogen  sind 
—  in  dem  zu  erwartenden  2.  Teil  werden  sie  ja  natürUch  sehr 
stark  zu  beröcfcsichtigen  sein  — ,  sie  enthalten  so  manches 
scharf  und  lein  geprägte  Wort  von  allgemeiner  Bedeutung,  ich  denke 
da  an  ^Aufzeichnungen  wie  die  Tom  14.  IL  1778,  13.  I.  1779, 
14.  VII.  1779,  26.  ill.  1780,  13.  V.  1780.  In  dem  ZiMteo- 
sohatz  aus  den  Werken  schwankt  der  Begriff  des  Zitats,  wie  das 
woU  kaum  zu  vermeiden  war,  als  eines  bereits  viel  angefuhrjtep, 
in  prägnante  Form  gekleideten  Worts,  ohne  Rücksicht  auf 
bedeutenden  Gedankengebalt ,  und  eben  des  inbaltreicben  Ge- 
dankens, der  es  verdiente,  häufiger  zitiert  zu  werden,  wo  er  es 
nicht  sdion  jetzt  ist  Dafi  von  den  1050  Sprüchen  in  Prosa 
nur  32  und  von  den  wohl  ebenso  sahireichen  Spruchen  in 
Reimen  und  Zahmen  Xenien  nur  25  Zitate  aafgenovmen  sind, 
werden  diejenigen  bedauern,  die  gerade  fär  diese  diarakterjstische 
Prägung  Goethischen  fiedankengoldes  eine  Vorliebe  haban.  Daß 
der  Faust  die  meist  zitierte  Goethische  Dichtung  ist,  «eigt 
auch  Heiuemanns  Brevier,  es  enthält  170  Stellen  daraus,  130 
aus  dem  1.,  40  aus  dem  2.  Teil,  und  bei  flüchtigem  Durch- 
blättern der  Dichtung  stießen  mir  noch  mehr  ^Is  100  Stellen 
auf,  denen  man  im  Leben  nicht  selten  begegnet  Einige  Fanst- 
worte  möchte  man  doch  in  jedem  Zitatenschatz  wieder  antreffen.  Ich 
denbs  etwa  an:  „Mich  dunkt,  ich  bir'  ein  ganzes  Chor  von 
hunderttausend  Narren  sprechen*'  oder:  „Wie  sie  kurz  angebunden 
war  usw.*^  „Ihr  sprecht  schon  fast  wie  ein  Fr^uzos*'.  „fiin 
doch  ein  arip  unwissend  Kind  usw''.  „Will  niemand  s^p  iSeffibl 
und  seine  Kirche  rauhen'*  und  an  so  manches  andre.  Viif  ^iA 
gerade  auch  der  2.  Teil  von  bedeutender  Lebensw^eisheit  in 
prägnanter  Form  enthält,  erkennt  man,  wenn  man  sie  eiumal 
für  sicli  allein  behandelt  (vgl.  meine  Zusamm^enstallung  in  den 
PreuB.  Jahrbüchern  Bd.  75,  H.  2,  S.  265—320).  Die  natur- 
wissjenschaftlichen  Schriften  Goethes,  die  einen  großen  fteichtum 
von  charakteristisch  geprägten  allgemeinen  Gedanken  darbieten, 
sind  von  H.  nicht  herangezogen  worden. 

Das  Buch  von  Ach elis  ordnet  seine  allen  Arten  Gpethi- 
scher  Schriften  entnommenen  Äußerungen  zu  dem  von  vornherein 
ausgesprochenen  Zweck,  die  Grundzuge  Goethischer  Welt-  und 
Lebensanschauung  vorzufuhren,  und  zwar  für  die,  welche  inmitten 
der  Anmaßung  der  „Modernen"  den  Sinn  für  die  Größe  und 
Eigenartigkeit  unserer  Klassiker  noch  nicht  verloren  haben,  nach 
folgenden  Gesichtspunkten :  Religion,  Ethik,  Lebensführung 
und  Erziehung,  Kunst,  Philosophie,  Naturforschung, 
Staatskunst  Die  verbindenden  Ausführungen,  die  Achelis  bei- 
gefügt, nehmen  nur  selten  abhandelnde  Form  an  —  nach  der 
Einleitung  wollten  sie  es  überhaupt  nicht  — ,  aber  es  war  in 
Anbetracht  der  großen  Gegenstände,  um  die  es  sich  handelt,  nicht 


•  iigex.  von  P.  Lorents.  57 

gm  za  YermeideD,  wenn  man  eben  nicht  zu  der  Methode  in 
Vefnadifen  Buch  (8.  o.)  greifen  wollte,  die  in  ausfährlicher  Ein- 
kilQiig  einen  Oberblick  über  die  Resultate  aus  dem  lieht,  was  die 
•adifUgende  Masse  des  Stoffes  in  authentischen  Äußerungen  dar- 
UeleL  Hierbei  «Sre  es  dann  auch  ml^glich  geworden,  daß  so 
nanches  Uisaische  dichterische  Gebilde  als  Games  erhalten  ge- 
blieben wire,  ich  denke  etwa  an  das  Gdttlicbe,  das  Ver- 
sieh in  is  u.  a.  Die  sehr  reiche  Fülle  des  dargebotenen  Materials 
ystattet,  ein  in  allen  wesentlichen  Zflgen  vollständiges  Bild  Ton 
Ceethee  Welt-  and  Lefaensanschauung  sich  zu  bilden.  Einige  er- 
giniende  Bemerkungen  seien  noch  hinzugefügt.  Goethes  Abweisung 
des  Radikal-BAsen  ist  ein  Hauptzug  seiner  Ethik,  mußte  also  in 
E;^  U  aohon  stark  zur  Geltung  kommen.  Sein  „selbständiges 
Gewjsaen^S  Kants  aittlkhe  Autonomie,  mußte  sich  mit  der  lodividusl- 
eihik  (S.  3T)  noch  scUrfer  auseinandersetzen.  Das  zweite  Zitat 
aas  den  Vermächtnis  (S.  37)  hat  übrigens  der  Druckfehlerteufel 
bächat  diabolisch  entstellt,  wenn  er  zuließ:  „es  wird  nach  deiner 
Weise  schalten^  statt  „nach  seiner  Weise  . .  '*.  Für  Goethes  Auf- 
bssung  yoQ  Gewissen  war  der  162.  Spr.  i.  Pr.  nicht  zu  entbehren: 
Jkr  Handelnde  ist  immer  gewissenlos;  es  hat  niemand  Gewissen 
als  der  Betrachtende''.  Die  Wendung  in  Goethes  ethischen  An- 
sehaouageo,  die  durch  das  Kantstudium  heryorgerufen  worden 
ist,  booimt  nicht  deutlich  zum  Ausdruck.  In  Kap.  IV  Kunst 
berührt  es  merkwürdig,  nur  eine  Steile  aus  der  Italienischen  Reise 
auatreffen.  Femer  forderte  das  Verhältnis  zur  Antike  als  not- 
wendiges Gegenstück  das  zur  altdeutschen  bezw.  niederländischen 
Konst,  ftber  die  jetzt  merkwürdige  positive  Bewertungen  seitens 
Goethes  Torliegen,  ja  seine  Stellung  zu  Fragen  nationaler  Kultur 
fiberhaupt  sähe  man  gern  dargelegt  (Tgl.  darüber  meinen  Aufsatz 
io  der  Monatschrift  f.  höh.  Schulen  II,  1903,  S.  260-273).  In  V 
Philosophie  wäre  am  passendsten  auch  —  aber  auf  das  Wo 
kenunt  so  viel  nicht  an  wie  auf  das  Daß  —  der  große  Monolog 
n  Anfang  des  aweiten  Teiles  des  Faust:  „Des  Lebens  Pulse 
scfaiageo  {Irisch  lebendig*'  angebraclit;  er  gibt  in  selten  anschau- 
licher Form  sehr  bedeutsame  Züge  Goethischer  Lebensanschanungen. 
Daß  in  VI  Naturforscbung  ausführlicher  auf  die  Lehre  von 
der  Metamorphose  trotz  der  Schwierigkeit  des  Stoffes  eingegangen 
wird,  ist  durchaus  zu  billigen,  fehlen  sollten  aber  auch  nicht 
die  sehr  positiven  Ergebnisse  der  Farbenlehre.  Für  reichere  Dar- 
ilellnng  von  Goethes  Anschaunngen  über  Staats kunst  (Vll)  waren 
die  zahlreichen  Sprüche  und  Reime  aus  der  Zeit  von  1815 — 1830 
loch  heranzuziehen,  namentlich  sähe  man  gern  seine  Charakteristik 
sdien  Äußerungen  über  Majorität  angeführt,  unter  denen  dann 
auch  die  bekannten  Stellen  aus  den  Wanderjahren  zu  geben  waren, 
and  die  über  den  modernen  Begriff  der  Arbeit.  Das  Achelissche 
Bach  gehört  der  von  J.  E.  Freiherrn  v.  Grotthuß  heraus- 
gegebenen Sammlung  „Bücher  der  Weisheit  und  Schönheit*' 


58       0.  J.  Bierbaum,  Goethe-Kaleader  auf  das  Jahr  1907, 

an.  Und  wenn  aus  ihm  Goethe  zu  uns  als  ein  Priester  Apollons 
spricht,  so  ist  es  doch  nicht  nur  der  Weisheit  spendende  delphische 
Gott,  der  durch  seinen  Hund  redet,  sondern  ebensosehr  der  Führer 
der  Musen.  Man  könnte  es  wagen,  die  Goethe- Weisheit  als  Aus- 
druck moderner,  d.h.  auf  naturwissenschaftlicher  und  protestantisch- 
ethischer Grundlage  ruhender  Lebensauffassung  durch  seinen 
Spruch  zu  kennzeichnen:  „Wonach  soll  man  am  Ende  trachten? 
Die  Welt  zu  kennen  und  sie  nicht  zu  yerachten^S  aber  das 
Nichtverachten  wäre  aufs  allerpositivste  durch  das  Wort  Lynceus' 
des  Türmers  zu  erläutern:  „Ihr  glücklichen  Augen,  was  je  ihr 
gesehn,  es  sei  wie  es  wolle,  es  war  doch  so  schön*'. 

Es  bleibt  noch  zu  sagen,  daß  beide  Goethe-Breviere,  das 
Heinemannsche  wie  das  Achelisscbe,  von  den  Verlagsbuchhandlungen 
recht  geschmackvoll  ausgestattet  sind,  wenn  auch  durch  die  figür- 
lichen Schmuckleisten  des  Achelisschen  Buches  wie  durch  sein 
Vorsatzpapier  zu  viel  Unruhe  hineinkommt  und  die  Betrachtung 
weniger  unterstützt  als  abgelenkt  wird;  die  zierliche  Umrandung 
der  einzelnen  Seiten  bei  Heinemann  wirkt  da  stimmungsvoller. 
Beiden  Büchern  ist  eine  recht  ausgedehnte  Verbreitung  unter  den 
sprachlich- historisch  wie  unter  den  mathematisch- naturwissen- 
schaftlich vorgebildeten  Lehrern  aller  Arten  von  höheren  Schulen 
zu  wünschen;  ihnen  allen  gilt  Goethe  gegenüber  das  Wort  der 
seligen  Knaben  von  Faust:  „Dieser  hat  gelernt,  er  wird  uns 
lehren**. 

Friedeberg  Nrn.  Paul  Lorentz. 

Goethe-Ralender  aaf  das  Jahr  1907.  Zo  WeihDaebteo  1906. 
Heraosffesebeo  von  Otto  Jalios  Bierbaam,  mit  Sehmnek  von 
£.  R.  Weiß,  eioer  Dreifarbeowiedergabe  eioes  Jageodbildoisses  von 
Goethe,  sowie  mehreren  Holzschoitteo  nod  Ätznogen  nach  alten  Ver- 
lagen im  Dieterichschen  Verlage  (gegründet  zu  Gottingen  1760)  bei 
Theodor  Weicher  in  Leipzig.     117  S.     8.     1  ^. 

Von  dem  von  uns  in  dieser  Zeitschrift  im  vorigen  Jahre 
angezeigten  Kalender  liegt  jetzt  der  zweite  Jahrgang  vor.  Wir 
haben  das  Unternehmen  mit  großer  Freude  begrüßt  und  sind 
dessen  gewiß,  daß  es  einem  Bedürfnis  weiter  Kreise,  der  großen 
Goethe-Gemeinde  innerhalb  und  außerhalb  Deutschlands,  ent- 
gegengekommen ist.  Was  der  erste  Jahrgang  in  trefflicher 
Weise  begann,  setzt  der  zweite  ebenso  fort.  Von  großem  Interesse 
sind  die  Worte,  mit  denen  ihn  der  Herausgeber  einleitet  Er 
bringt  dort  den  Brief  zum  Abdruck,  mit  welchem  19  der  an- 
gesehensten englischen  Schriftsteller,  darunter  Walter  Scott,  Lockart 
und  Thomas  Carlyle,  ein  Petschaft  „Dem  deutschen  Heister  von 
Freunden  in  England'*,  unter  den  Zeichen  Englands  und  Deutsch- 
lands, Rosen  und  Eichenlaub,  zum  28.  August  1831  übersandten. 
Dazu  fügt  er  die  begeisterten  Worte,  welche  Carlyle  Goethe  in 
demselben  Jahre  und  bald  nach  seinem  Hinscheiden  widmete. 
Das   ist   in    der  Tat,    wie  der  Herausgeber  des  Kalenders  es  mit 


\ 


•■^ex.  von  R.  Jooas.  59 

Recht    nennte    eine    englische  Annäherung   an  Deutschland  unter 

dem'  Zeichen  Goethes. 

Der    neae  Jahrgang  desselben  hat  ans  dem  unerschöpflichen 

Born    deft  Goetheschen  Geistes   wiederum  eine   interessante  Fülle 

von  Gedanken  geschöpft.     Wir  finden  darunter  manches  bekannte 
Y?on,    aber    doch    auch    Tieles,     was    weiteren    Kreisen    bisher 
noch   nicht    logänglich    war.     Die   Monate   des   Jahres    werden, 
wie    im    ersten    Jahrgange,    von    Goethe-Ausspruchen    geringeren 
Umtinges  begleitet.     Weiterhin  folgen  Veröffentlichungen  größerer 
Absdinitte,  iron  denen  der  umfangreichste  das  bekannte  „Märchen*^ 
ist,   welches    der    Dichter   den     „Unterhaltungen   deutscher  Aus- 
^wanderten**  angehängt  hat.     Dem  Härchen  folgen  einige  neuere 
Erklärungen     dieser    Dichtung,     von    denen     die    reizvolle    von 
Pochhamer  (aus  der  Frankfurter  Zeitung  vom  8.  September  1905), 
dem  Wortlaut  nach  abgedruckt  worden  ist   Es  ist  dankenswert,  daß 
der  Kalender  von  neuem  wieder  auf  das  „HSrcben*'  die  allgemeine 
Aofmerksamkeit   hinlenkt.     Alles,    was   er  von  und  über  Goethe 
brii^  (denn  auch   solche  Abschnitte   sind  vorhanden,   die    nach 
pundlich    und  genau  benutzten  Quellen  verschiedene  Seiten  des 
Goetheschen  Wesens    und   Geistes    beleuchten)  hat  Anspruch  auf 
ein    allgenieines    Interesse.      Die   Worte    Goethes    selbst    ent- 
stammen   den  verschiedensten  seiner  Schriften  und  verschiedenen 
Zeitabschnitten    seines    Lebens.     Von   Goethekennern    läßt    der 
Derausgeber   Jakob   Minor   eingehend    zum    Worte  kommen,  aus 
dessen  Werke  „Goethes  Faust.  Entstehungsgeschichte  und  Erklärung'* 
er  einen  Aufsatz   „Erlebtes  und  Erlerntes  im  Faust'*  (S.  104  ft.) 
zum  Abdruck  bringt.     So  verfolgt  der  Kalender  einen  doppelten 
Zweck:    er   föhrt   den  Leser   in  Goethe   selbst  tiefer  ein,  indem 
er  ihn    auf   Goethe  -Worte   hinweist,   aber  anderseits  eröffnet  er 
auch  das  Verständnis  fflr  Goethes  Schriften. 

Von  künstlerischen  Beigaben  finden  wir  in  dem  neuen  Jahrgänge 
ein  Jugendbildnis,  eine  farbige  Zeichnung  von  H.  F.  Schmoll,  ein 
Medaillon  von  J.K.Fischer  aus  dem  Jahre  1827,  eine  Wiedergabe 
der  Goethe-Böste  des  französischen  Bildhauers  David,  Goethe  als 
Dichter  und  Künstler  nach  dem  Gemälde  von  H.  Koibe,  Goethe 
ab  Staatsminister  nach  dem  Gemälde  von  J.  Z.  Schmeller 
(R.  V.  Waldheim),  Hephistopheles  und  den  Schöler,  Federzeichnung 
von  Julius  Oldach,  Medaillon  von  David  (Holzschnitt  von 
R.  V.  Waldheim).  Auch  diese  neuen  bezw.  wieder  neu  ver- 
öffentlichen Beigaben  sind  äußerst  dankenswert. 

Möge,  damit  schließen  wir,  der  Goethe-Kalender  einen  immer 
«eiteren  Leserkreis  finden!  Möge  er  immer  mehr  und  mehr  ein 
Mittelpunkt  werden  für  die  zahlreichen  Freunde  des  großen 
Dichters!  Wir  empfehlen  ihn  aufs  angelegentlichste,  ganz 
besonders  auch  dem  Lehrer  des  Deutschen  in  den  oberen  Klassen. 
Köslin.  K.  Jonas. 


60      R.  Haym,  Die  Romantische  Schule,  aogez.  von  L.  Zäro. 

R.  Haym,  Die  Romao tische  Schale.  Zweite  Auflage.  Berlin  1906, 
Weidmannsche  BnehbaodlaDg.    XII  aod  950  S.     8.    geh.  18,50  JL- 

Haymg  .Werk  über  die  romaoüsche  Schule  zählte  seit  seinem 
eraten  Crscheinea  vor  36  Jahrea  zu  den  gUDdard  works  der 
deutschen  Literatur,  und  die  erstaunliche  Kenntnis  der  ganzen 
weitschichtigen  Literatur  dieser  literarischen  Bewegung,  der  tiefe 
philosophische  Geist,  der  das  ganze  Werk  durchdringt,  und  die 
klare  und  durchsichtige  Ausführung  sichern  ihm  auch  in  Zukunft 
diesen  Ehrenplatz.  Der  Ursprung  der  so  eigenartigen  Er- 
scheinung im  deutschen  Geistesleben,  ihr  Wachstum  und  ihre 
Ausbreitung,  ihre  mannigfaltige  Gestaltung,  ihr  schwer  zu  be- 
stimmendes Wesen  —  man  denke  nur  an  den  Begriff  der 
romantischen  Ironie  — ,  die  Gesetze,  die  sie  für  die  Dichtkunst 
aufstellte,  ihr  Verhältnis  zu  den  großen  Dichtern  und  Denkern  der 
Zeit,  hauptsächlich  zu  Schiller,  Goethe,  zu  Schlei  er macher  und 
Schelling,  der  Einfluß,  der  von  diesen  auf  die  ganze  Bewegung 
ausging,  die  mächtige  Anregung,  die  von  dieser  selbst  das 
deutsche  Geistesleben  empfing  —  man  denke  u.  a.  nur  an  die 
Germanistik,  die  sich  aus  ihrem  Schöße  losgewunden  hat  — ,  die 
Entwicklung  der  einzelnen  Dichter  und  Schriftsteller  der 
Romantik,  insbesondere  ihre  dichterischen  [.eistungen  und  ihre 
weit  ausgreifende  journalistische  Tätigkeit  und  ihre  Bemühungen 
um  fremdländische  Dichter  und  ihre  Werke,  deren  Formen  und 
Stoffe  sie  sich  aneigneten,  sowie  um  die  Dichtungen  und  die  Volks- 
literatur des  deutschen  Hitttelalters,  die  sie  in  ihrem  Sinne  teils 
bearbeiteten,  teils  dramatisierten :  all  dieses  fand  hier  eine  ebenso 
erschöpfende  als  in  der  Form  musterhafte  und  ansprechende 
Darstellung.  Freilich  ist  der  Verfasser  „für  diesmal^'  nur  bis  zur 
ersten  Blüte  der  Romantischen  Schule  gekommen.  Man  wird 
es  in  Anbetracht  der  Bedeutung  des  Werkes  der  Verlags- 
buchhandlung danken,  daß  sie  sich  zu  einer  neuen  Auflage  ent- 
schloß, den  Herausgebern,  daß  sie  das  Werk  in  der  Gestalt 
ließen,  „in  der  es  die  Liebe  unserer  Bildungswelt  gewonnen  hat*', 
und  sich  mit  einigen  Fußnoten  begnügten,  die  teils  auf  Hayms 
handschriftlichen  Bemerkungen  beruhen,  teils  die  Verweisung  auf 
den  Anhang,  in  dem  Haym  zum  Teil  sehr  umfangreiche  Er- 
gänzungen, Berichte  und  Verbesserungen  brachte,  zu  erleichtern 
suchen. 

Freiburg  i.  Br.  L.  Zürn. 

Hans  Probst,  Deutsche  Rede  lehre.  Dritte,  verbesserte  Aunai^e. 
Leipzig  1905,  G.  J.  Göschensche  Verlagahaadlaag.  130  S.  0,80  JH. 
(Göschensche  SammloDg). 

Die  kleine  Schrift,  die  in  gutem,  ziemlich  fremdwortfreiem 
Deutsch  verfaßt  ist,  gliedert  sich  in  drei  Abschnitte :  a.  Lehre  vom 
Ausdruck  S.  7—56  (Wahl  der  Worte,  Satzbau,  Stil);  b.  Lehre 
vom  Inhalt  (Stoff  im  allgemeinen,  Aufgabe,  Sammlung  des  Stoffes, 


H.  Probst,  Deatsche  Redetehre,  aoges.  von  0.  Weise.        Q\ 

GKederung,  AusarbeitoDg);  c.  Huster  deatscber  Prosa.    Auf  engem 

Räume  hat  der  Verfasser  alles  Wesentliche  kurz  zusammengestellt; 

dabei   geht    er   nicht   auf  ausgetretenen    Pfaden,   sondern  sucht 

mögliehsi  neue  Beispiele  und  neue  Belege  aus  eigener  Lektüre  zu 

gewinnen.     Freilich    öbertreibt   er    hier  mitunter,  z.  B.  wenn  er 

S.  102 — 106   nicht   weniger  als  15  längere  oder  kürzere  Stellen 

aas  Abbt,  Feaerbach,  Fichte,  Freitag,  Herbart,  Herder,  Humboldt, 

Lichtenberg,    Schleiermacher,  Freiherr  vom  Stein,   6.  Weber  und 

Qotntiiian  vorföhrt    Mit  der  Auswahl  und  Anordnnng  kann  man 

«ch  im  ganzen  einverstanden  erklären,  im  einzelnen  gibt  es  hier 

ond  da  etwas  zu  rflgen.     So  wird  man  die  Form  des  auf  S.  8  t 

ik   Master   von   KOrze  aufgestellten  Themas   „Qber  die  Freund- 

ichafr*    als  zu  unbestimmt  und  allgemein  miBbiiligen  und  S.  51 

ia  dem  Satze  „fiberall  suchst  da  nur  Unmut  und  Unzufriedenheit 

la  wecken"  nicht  mit  dem  Verfasser  einen  MiBklang  finden,  schon 

deshalb  nicht,    weil  die  sich  wiederholenden  u-laute  teils  in  tief- 

toniger,    leib  in  hochtoniger  Silbe  stehen.  Ferner  wird  S.  87  in 

dem  Sprichworte   „Morgenstunde  hat  Gold  im  Munde"  wohl  mit 

Dareeht  Mund  aus  mhd.  diu  munta^manns,  die  Hand,  abgeleitet; 

deon  wenn  wir  beachten,  daB  in  scliwedischen,  norwegischen  und 

dänischen     Volkssagen      der     persönlich     gefafiten    Morgenr6te 

goUene  Ringe,   goldene  Münzen  oder  Edelsteine  aus  dem  Munde 

teilen  (vgl.  Borcbardl*Wustmann,  Die  spriphwörtlichen  Redensarten 

in  deotachen  Volksmunde  S.  201),   so   werden    wir  nicht  mehr 

daran    Eweifeln,   dafi   hier   an  den  Mund  und  nicht  an  die  Hand 

zu  denken  ist 

Der  dritte  Abschnitt  föhrt  uns  nicht  bloB  Muster  deutscher 
Prosa  Tor,  sondern  auch  abschreckende  Beispiele,  s.  B.  den  Stil 
ima  Pauls  und  Kants  (in  der  Kritik  der  reinen  Vernunft);  er 
foltte  daher  eher  die  Aufschrift  tragen  „Stil  der  bedeutendsten 
deatsdien  Schriftsteller^'.  Die  S.  5  und  6  als  QacHon  ?er- 
leidiiieten  Schrifken  sind  zum  Teil  nach  ganz  alten  Auflagen 
zitiert,  so  Behagbel,  Die  deutsche  Sprache  (1886,  jetzt  3.  Aufl. 
1904),  meine  „Muttersprache'*  (3.  Aufl.  1897,  jetzt  6.  Aufl.), 
A.  Heitttxe,  Got  Deutsch  (8.  Aufl.  1897,  jetzt  11.  Aufl.  1902), 
Wanderlich,  Der  deuUche  Satzbau  (1.  Aufl.  1882,  jeUt  2.  Aufl. 
1901),  Choleviusy  Praktische  Anleitung  zur  Abfassung  deutscher 
iiAätse  (3.  Aufl.  1874,  jetzt  7.  ?on  mir  besorgte  Aufl.  1904, 
k  Kutsner,  Praktische  Anleitung  zur  Vermeidung  der  haupt- 
lieblichsten  Fehler  usf.  (1.  Aufl.  1882,  jetzt  3.  Aufl.  1901). 
Bei  einer  Neubearbeitung  wird  der  Verf.  vor  allem  R.  M.  Meyers 
jängat  erschienene  Stilistik  heranziehen  müssen;  auch  dürfte  er 
Sr  seine  Zwecke  mehr  Anregung  finden  in  meiner  „Ästhetik  der 
deotacfaen  Sprache''  (2.  Aufl.  1905),  die  er  nicht  zu  kennen 
Kbeint,  als  in  meiner  Schrift  über  „unsere  Muttersprache'*,  die  er 

■cBUtit  hat» 

Ejsenberg  S.-A.  0.  Weise. 


62    W.  Janell,  Ausgewählte  Inschriften,  an|rcz*voo  B.  Dopp. 

Walther  Janell,  Aasgewählte  loschrifteo,  grieehisch  und  deutsch. 
Mit  einer  Tttelvignette  ond  drei  AbbilduogeD.  Berlin  1906,  Weid- 
manosche  Buchhandlang.    VI  u.  148  S.  8.    4  M. 

Diese  aus  einer  ProgramiDabliandlung  (Neu-Strelitz  1903) 
herausgewachsenen  „ausgewählten  Inschriften'*  mit  beigegebener 
deutscher  Übersetzung  sollen  dem  gelehrten  Nichtfachmann,  d.  h. 
nicht  nur  dem  Juristen  und  Historiker,  sondern  auch  dem  jungen 
Philologen  und  dem  Schulmanne,  der  sich  nicht  besonders  mit  diesem 
Zweige  der  Altertumswissenschaft  befaßt  hat,  leicht  erreichbare 
Muster  der  heute  in  übergroßer  Menge  zutage  getretenen  Urkunden 
für  die  Zwecke  seiner  eignen  Belehrung  oder  der  seiner  Schüler 
an  die  Hand  geben.  Beonders  in  der  Hand  des  Lehrers  ist  eine 
solche  Sammlung  geeignet,  zur  Belebung  des  geschichtlichen  wie 
klassischen  Unterrichts  durch  Belehrung  aus  den  unmittelbaren 
Quellen  des  antiken  Liebens  beizutragen.  Die  einzelnen  Urkunden 
verbindet  ein  fortlaufender  Text,  der,  oft  etwas  gewaltsam,  von 
einer  Inschrift  zur  andern  überleitet  und  das  zum  Verständnis 
Nötige  darbietet. 

Die  Auswahl,  der  eine  Einfuhrung  vorausgeht,  die  über  Material, 
Schrift-  und  Zahlzeichen  wie  auch  die  wesentlichsten  Ausgaben 
griechischer  Inschriften  unterrichtet,  zerfallt  in  zwei  Teile, 
dieUrkunden  des  öffentlichen  und  die  des  religiösen  Lebens; 
in  den  beiden  Abschnitten  des  ersten,  möglichst  chronologisch 
angeordneten  Teils  sind  die  Urkunden  vorrömischer  Zeit  von 
denen  römischer  Zeit  getrennt  behandelt,  in  dem  zweiten  Teile 
beruht  die  Anordnung  lediglich  auf  sachlichen  Gründen. 

Was  die  Auswahl  betrifft,  so  nehmen  in  dem  ersten  Teile 
die  Ehrendekrete  und  Ehreninschriften  (41  von  98  Nummern), 
im  zweiten  die  Grabschriften  (39  von  132  Nummern)  einen  für 
den  Zweck  des  Buches  und  seinen  Umfang  zu  breiten  Raum  ein, 
besonders  die  Ehrendekrete  hätten  zugunsten  jetzt  fehlender 
Inschriften  Aber  Koloniegründungen,  Schatz-  und  Bauurkunden, 
Tempelinventare,  Tributlisten  eine  Einschränkung  erfahren  sollen. 
Neben  den  Ehrendekreten  finden  sich  im  ersten  Teile  Bürger-, 
Richter-  und  Huldigungseide,  Scherben  für  den  Ostrakismos, 
Ächtungsurkunden  und  Steckbriefe,  Staats  vertrage  und  Volks- 
beschlüsse, Denkmalsaufschriften  u.  a.«  der  zweite  Teil  führt  uns 
in  erschöpfender  Weise  in  die  religiösen  Beziehungen  des 
griechischen  Menschen  ein,  die  viel  mehr  als  heute  das  öffentliche 
und  persönliche  Leben  beherrschten.  Wir  finden  hier  die  mannig- 
falligen  Formen  der  Weihinschrifl,  Opfer-  und  Kultbestimmungen, 
Orakel-Befragungen  und  Antworten,  Fiuchtafeln,  Heilberichte, 
Freilassungsurkunden,  eine  Leichenordnung  und  die  Grabschriften 
in  Prosa  und  Poesie. 

Die  Obersetzung  sucht,  soweit  es  angeht,  neben  möglichster 
Treue  moderner  Ausdrucksweise,  besonders  in  allem  Technischen, 
gerecht  zu  werden,  ein  Ziel,  das,  wenn  noch  nicht  ganz,  so  doch  im 


Bodde,  Zar  Reforn  d.  fremdspr.  sebriftl.  Arb.,  ags.  v.  Jotvpeit.  63 

«esentüchen  erreicht  worden  ist.  Schade  ist  es,  daß  der  Herausgeber 
Dicht  alle  metrischen  Grabschriften  ebenso  wiedergegeben  und  ab- 
gesehen  von  den  Kaibel  und  Geflcken  entlehnten  rhythmischen 
CbersetZQDgen  nur  einige,  gar  nicht  ubel  gelungene,  dichterische 
Proben  bietet;  er  hätte  bedenken  sollen,  daß  eine  Obersetzung  in 
Prosa   gerade   bei  dieser  Gattung  den  Charakter  völlig  verändert. 

Seiner  eignen  Erklärung  entsprechend,  hat  J.  neue  Forschungen 
nicht  vorlegen  wollen,  er  hat  die  Schwierigkeiten  in  den  dar- 
gebotenen Inschriften  nicht  gesucht,  sie  wohl  gar  umgangen  oder 
ans  dem  Texte  entfernt  und  sich  im  übrigen  der  Führung 
Dittenbergers  und  anderer  Epigraphiker  unbedenklich  anvertraut, 
eJD  Vorgehen,  das  bei  den  Zielen,  die  der  Auswahl  gesteckt  sind, 
«nwandfrei  erscheint. 

Somit  wird  das  Buch  manchem,  dem  Dittenbergers  oder 
Kchels  Sammlungen  nicht  zur  Verfügung  stehen,  das  seinen 
Wäoscfaen  Entsprechende  bieten,  zumal  auch  außer  der  Titel- 
Tignette  drei  vorzügliche  Abbildungen  über  äußere  Inschriften- 
bnoen  belehren.  Ausstattung  und  Druck  des  Buches  sind  vor- 
Khm. 

Rostock.  Ernst  Dopp. 

Gerhard  Bndde,  Zar  Reform  der  frendspraeblieben  sehrift- 
licheB  Arbeiten  an  de«  hSberen  KaabeBschaleo.  Halle  a.  S. 
1906,  Waisenbaiis.    VIII  n.  56  S.    8.    1  JL. 

Der  Verf.  bat,  damit  nicht  der  Hangel  an  historischer 
Betrachtungsweise  ihm  zum  Vorwurf  gemacht  werden  kl^nne,  lu- 
ticbst  in  bezog  auf  die  fremdsprachlichen  schriftlichen  Arbeiten 
anfassende  Quellenstudien  gemacht  und  deren  Ergebnis  in  seiner 
.Geschichte  der  fremdsprachlichen  schriftlichen  Arbeiten  von  1812 
Us  auf  die  Gegenwart**  niedergelegt.  Dann  erst  hat  er  sich  mit 
Keformvorschligen  in  betreff  des  Extemporaleproblems  an  die 
Öffentlichkeit  gewagt. 

In  bezug  auf  die  Ziele  des  Sprachunterrichtes  legt  die 
sprachlich-formalistische  Gruppe  den  Hauptnachdruck  auf 
ib  Studium  der  Sprache  an  sich,  welche  nach  ihrer  Meinung  die 
uchste  Vorbereitung  für  die  Logik,  ja  für  die  logisch-meta- 
pbjsische  Philosophie  bildet;  ihren  Zweck  glaubt  sie  besonders 
forch  das  Obersetzen  aus  dem  Deutschen  in  das  Lateinische  zu 
^reichen.  Die historischeGruppehiogegenbetontdieEinfQhrung 
ia  eine  neue  Gedankenwelt,  also  das  Verständnis  der  Schrift- 
steller; ihr  Ziel  ist  „der  Genuß  der  Werke  des  Altertums,  die 
tbermittelung  wertvoller  Kulturgüter,  des  Lebensinhaltes  jener 
Zeiten,  das  Heranführen  an  die  Probleme  und  das  Hinführen  auf 
die  Wege,  auf  denen  geistig  hochentwickelte  Völker  Wahrheit 
und  Glück  gesucht  haben".  (Zuerst  wäre  allerdings  meiner  An- 
seht nach  festzustellen,  welche  klassischen  Schriflssteller  in 
diesem    Sinne    wert   sind    gelesen   zu    werden  und  ob  sie  nicht 


g4  Bodde,  Zur  Reform  d.  fremdspr.  schriftl.  Ark,  ags.  V.  iosopeit. 

durch  hervorrageode  Darstellungen  deutscher  Schriftsteller  und 
Geschichtschreiber  ersetzt  werden  können.)  Dieses  Ziel  könne 
aber  nicht  erreicht  werden,  wenn  man  nicht  das  historische 
Element  auf  der  Oberstufe  von  jeglicher  Konkurrenz  von  Seiten 
des  formalistischen  Prinzips  befreie. 

Auf  der  Unter-  und  Hittelstufe  muß  nun  allerdings  — 
fahrt  der  Verf.  fort  — das  Hauptziel  die  Sprachaneignung  sein; 
dazu  sind  in  den  alten  Sprachen  gewifi  die  Extemporalien,  aus  ein- 
fachen Sätzen  mit  bekannten  Vokabeln  l^stehend,  geeignet.  Es 
überwiegt  in  ihnen  die  Gedächtnisarbeit;  und  die  dabei  verlangte 
Subsumption  ist  eine  so  einfache  Betätigung  des  Verstandes,  ein 
so  einfacher  logischer  Prozeß,  daß  die  darin  liegende  formal 
bildende  Kraft  auf  der  Unter-  und  Mittelstufe  jedenfalls  erschöpfend 
wirksam  wird  und  für  die  Oberstufe  nicht  mehr  in  Frage  kommt. 
Aber  auch  hier  muÖ  den  Schülern  die  tief  eingewurzelte  Über- 
zeugung genommen  werden,  daß  die  Extemporaleleistung  eine 
besondere  und  die  Zensur  am  meisten  bestimmende  Leistung  sei. 
Dazu  ist  aber  notwendig  die  Abschaffung  der  festen  Termine  und 
jeder  besonderen  aufregenden  Vorbereitung,  so  daß  der  Schüler 
gar  nicht  vorher  weiß,  an  weichem  Tage  das  einzelne  Extemporale 
geschrieben  wird;  es  muß  gleich  der  deutsche  Text  der  ganzen 
Arbeit  diktiert  werden  und  alle  notwendigen  Hilfen  vorher 
gegeben  werden.  Bei  der  Beurteilung  müssen  die  ortho- 
graphischen und  Akzentfebler  nur  als  halbe  Fehler  gerechnet 
werden  (zwei  halbe  Fehler  machen  aber  zusammen  nicht 
einen  ganzen).  Dann  dürfen  die  Extemporalien  bei  der 
Zensur  als  gleichwertiger  (aber  nicht  als  allein  oder  hauptsächlich 
entscheidender)  Faktor  mi^  den  andern  Leistungen  in  Anrechnung 
gebracht  werden.  Aber  auch  dann  wird  es  schwer  sein,  ihr  un- 
gerechtfertigtes Obergewicht  auf  das  rechte  Maß  zurückzuführen. 
„Wie  wenig  fällt  diesem  Schuldbuche  gegenüber,  diesem  Sünden- 
register schwarz  auf  weiß  mit  roten  Strichen  und  andern  ge- 
heimnisvollen Zeichen,  welche  den  UnwiUisn  des  Korrektors 
interpretieren,  die  flüchtige  Zahl  der  guten  Antworten  ins  Gewicht? 
Die  werden  gewogen,  aber  zu  leicht  gefunden'*. 

Auf  der  Oberstufe  aber,  deren  Ziel  die  Einführung  in 
eine  neue  Gedankenwelt  durch  die  Lektüre  ist,  schädigen  solche 
Extemporalien  die  Lektüre  außerordentlich;  sie  werden,  solange 
sie  bestehen,  als  die  Hauptsache  angesehen  (besonders  da  das 
Prüfungsskriptum,  bei  dem  die  Zahl  der  zulässigen  groben 
Fehler  äußert  beschränkt  ist,  seine  Schatten  bis  in  die  Ober- 
sekunda zurückwirft),  sie  gewähren  immer  eine  Handhabe,  um  das 
Unterrichtsschifllein  in  das  formalistische  Fahrwasser  zurückzu- 
steuern. Ihre  Abschaffung  auf  der  Oberstufe  ist  die  con- 
diclo  sine  qua  non  für  eine  Gesundung  unseres  Sprach- 
unterrichtes. Und  mit  der  Abschaffung  des  Prüf u  ngsextempo- 
rales  würden   die  Extemporalien   auf  der   Oberstufe  sofort  ver- 


•   •  •  • 

Rieke»,  Eisige  ^erUa  frairzStife1i«r  Poefie,  agt.  t.  Faoek.    65 

selNrii^defn.  Nun  ^kä  geg^n  diese  Mafire^el  eioge^efidet,  dd8 
Extettiporafi^  aHtsiilr  ä$i  Mirft  vöü  graoti&atischer  Sicherheit  gelwUr- 
leMttt,  dai  ttt  einem  «Hblgrtiebeo  LefttOrebetrieb  liotwehdtg  s^i. 
Aber  dteses  Afffmfiettt  beruht  attf  falschen  Toraosselzuo'gen.  tlk 
Iteg«n  ober  grtniniaffisebe  Dösicherh^it  Set  SchOfet  kAreü  in  def 
Ge^hidlte  der  älfcpratäiKclre»  Uferhodlft  seit  fast  tOO  Jahi'eti  imi&eif 
wied^,  sie  sind  dtireh  keine  Skrij^ta  und  durch^  k^ine  itrAöhüttg 
der  StantfenxaM  znttt  ferstüinttieo  (^ebfacttt  Wordel).  kiith  M 
te  ejiMtiiaai  86  StiiiHlM  IMeit^  batt^,  Waräd  die  Erfolg«  üfcht 
beiMr,  «iid  hl  eltt^ril  MinikteriarerlflS  ton  f869  Würde  därflber 
geklagC,  jM  grob«  FeMisi*  wic^  vetefortrftt  und  celebr«  sieh  noch 
Ks  in  dW  PrittM  (cfnptikvhimt.  (tch  m5cfi((&  beKataptei^;  dkB  jettt 
sdehe  FeUeT  —  frotr  aHeT  Extemporalien  —  gei*adö  ih  den 
Oberictassen  ron  neuem  entatellen.)  K6  ä^kUchi^n  Resaltate, 
die  jetzt  Ifou  Air  Skripti  im  allgemeinen  in  den 
KniHierBetniilgen  «zielt  Werden;  ajnd  in  leiaSter  tinie  bedingt 
AirdI  dett  Dmstamd',  dafl  lör  SkBe  Obnngen  der  gToBeh  Mehrzahl 
fcr  Sefafller  der  Oberettafe  j^chos  fnterdsse  fehlt;  und  ohne  diesen 
Faktor  6it  noeh  kelniB  ridagO|;lk  etwas  Erfolgreiches  leisUn 
Uhmett.  —  ErMtzf  Werdet!  A'a  Extemporalien'  zweckmäfiig  durch 
Ketroyeratoiiefl,  durcb"  freie  I^arstelinngen  und  besonders  durch 
tbera^beuDgim  aus  dien  Fremdst^rach^n  ins  Deutsche. 

Inm  Sehlnft  erwähnt  der  Verfl  die  Bemerkung  Paulsens« 
daS  der  Absdified^  tortr  Qymnasitini  mit  sehr  ao^eren  GefQhlen 
TOD  deii  Abg^Helkden  gefeSert  werde  als  der  von  der^l^venität ; 
Aiihft^iihbeit  an  das  Gymnirrium  gehöre  beim  Deutschen  ^  den 
MhefttMA  ErsdieittudgM.  Eine  von*  den  verschiedenen  Ursachen 
teer  Erscheinung  'm  nach  dem  Verf.  die,  dafi  die  Abiturienten 
das  Gefühl  bkben,  dM  rie  id  ibref  geistigen  Eigenheit  währeod 
dtt*  Sdiiilzeft  nteht'riebtig  erkannt,  daS  ihre  wirklichen  Flhigkeiten 
aod  Kcfimtntoe  nMK  ridtft%  beurteilt  worden  sibd.  Auch  gereifte 
ttmer  sehen  mit'  soldben  GefQbleti  auf  ihre  Schulzeit  zurück, 
vMTaeh  We8  man  siiü  aiir  SehOhn'  zu  aebr  liach  ihf^n  Extemporalien 
beorteilt  hat  Eine  grundliche  Reform  der  sdlriftlichen  Arbeiten 
wtele  attch  in  diesem  Punkte  Wandel  schaffM. 

Tilsit  0.  Josupeit 

iickee,  Bti^ige  Pifrltfd  fraaieSiiieker  PoeBie(36)  von  Coraeille 
bis  Coppee.  Pfir  dev  fraatSils^ed  Unlerrieht  der  hahereo 
Seiolen  aad  Maw^embwte.  Kvlwt  alaeai'  Aalaa^e  voi  ßber* 
a0Csiiii||en  deotaeker  Gadiebta  (6);  aiatt  Veralebra  i*  daataeher  a«d 
fraBtjfiiMÜar  Sprache  aad  eiaem  korxen  Obeiblick  über  die  Geaehiolite 
dh'  MizMaebev  Lftlirfattfr.  Zweite  Aufläse.  Chemoito  and  Leipsi^ 
190gy  Omnui»^  55^.  8.  felr.  0,80  Jg 

pt8  ein  BMHItTflis  einer  knajipen  Sammlung  franz5sischer 
▼ftfl^g^  kaifn  dadnrch  aU  erwiesen  angesehen  Werden, 
dal  EidMur  MMoM  Bncfa  in  zweiter  Auflage  erschienen  ist  Es 
eMpMdt  eich  doreh  billigen  Preis  und  gdten  Druck  und  bietM 

Z#iiMhr.  t  a.  OjMMdalwMta.    LXL    L  5 


ßg    Moliere.  («*A,va.r«,.hf<b..  v.  tteriiAjrd,%aog«t.vaji  <fi.  Mereri      t 

10  der  Tat  aus  drei  Jabrhimdertea  eine  |;anze  Afizahl  'charak- 
teristischer Literaturproben.  Daß  sie  schon  auf  dem  Titel  als 
Perlen  und  dazu  noch  beziffert  (36)  bezeichnet  wurxlen,  ist  nicht 
sonderlich  geschmackvoll;  auch  fiher  die  .gelroflene  Auswahl  läßt 
3icb  .streiten  ;<z.  B.  gibt  die  langatinige  Behandlung  der  Geschichte 
des  Müllers  von  Sanssouci  durch  Andrieux  kein  gunstiges  Bild  des 
sonst  bei  solchen  Stoflfen  gerade  besonders  treffenden  französischen 
Esprit;  auch  «ieht  man  nicht  recht,  warum  der  Chor  aus  der 
Athalie  (S.  6)  und  Viktor  Hugos  Gedicht  auf  Napoleon  IL 
(S.  28/29)'  gekürzt  werden  müßte.  Pur  die  gewißim  allgemeinen 
för  den  Unterricht  aq  sich  sehr  braiichbaroq  Obersetiungen  läßt 
sich  der  Ausdruck  „Perlen^V nicht  immer  rechtfertigen;  Cbamissos 
Gedicht  kann  kaum  als  eigentliche  Obersetzung  gelten,  sehr  gut 
ist  die  Übertragung  von  Mignon  durch  Marmier,  die  des  Erl- 
l^önig  .von  Deschamps,  die  eines  Bruchstückes  der  Glocke  von 
Amiel  eqtfernt  sich  recht  weit  von  dem  Original^  zu  dem  sie 
Mbrigens  im  Tone  stimmt;  weniger  ist  der  Ton  getroffen  in 
Blarc-HonDiers  Wiedergabe  des  MaiUedes  von  Geibel«  in  der  hier 
auch  der  Druckfehler,  le  ,cbpeur(a|[istatt  coeur)  stört  Ganz 
vßrfßhtt  erscheint  an  dieser  Stelle  D^Hhamps'  Obersetzung  von 
jyLutzows  wilde  Jaigd'S  der  glühende  Franzosenhaß  klingt  an  sich 
schon  wunderlich  im  Hunde  des  Franzosen,  dem  auch  det* 
deutsche  Text,  nicht  immer  klar  gewesen  ist:  aus  „es  zieht  sich 
hinunter  in  düsteren  R ei hn''  wird  hier  „le  long  du  Rhin  sombre"» 
aus  „Wo  die  Reben  dort  glühen,  dort  braust  der  Rhein»  Der 
Wütrieb  geborgen  sich  meinte*'  wird  „Oü  jaunit  la  vigne  est 
couche*  le  Rhin.  Sa  fureiir  semblait  ^ndormie*'.  Dergleichen 
Dinge  sind  wenig  geeignet,  bei  den  Schülern  die  ohnehin> 
schwache  ^cigung  für  französische  Poesie  zu  verstärken. 

Die  französische  Verslehre  sähen  wir  lieber  nur  in  deutscher 
Sprache  und  noch  einfacherem  Ausdruck,  aber  mit  mehr  Bei- 
sptelen  behandelt.  Der  literaturgeschiclitliche  Abriß  sollte  sich 
nur  an  Daten  halten  und.  auf  Geschmacksurteile,  die  in  dieser 
Kürze  leicht  irre  führen,  verzichten. 

Sondershausen.  A.  Funck. 

>  *  . 

1)    Moliere,    L'Avsre.      Anilys«,    ^tvde    et   eommentaire   par   Henri 
.     Beraard.       Berlin     1906,     Librairie    Weidmaao.     Texte    106   S., 
commeotaire  98  S.    8.    ^b.   1,50  JC» 

Der  bereits  1904  erschienenen  Ausgabe  von  Holiires 
Misanthrope  läßt  der  Herausgeber  nun  dessen  Avare  mit 
fränzöMsch  geschriebenem  Kommentar  folgen.  Dieser  ist  mit 
derselben  Sorgfalt  und  Gründlichkeit  gearbeitet,  die, wir  seiner 
Elrklärung  des  Misanthrope  nachrühmen  konnten.  Nicht  zu- 
stitninen  jedoch  kann  ich  der  Behauptung  S.  29^  daß  .HarpagpD 
ein^  Bürgerlicher  sei.  Unter  anderem  spricht  dagegen:  Vera- 
pppteraent  d^un  pke,  les  reproches  d'une  famille,  les  censures  dU; 


P.  Merimc«,  ColoAb«,lis(ili.v.  Schmaler,  aogex.  vo»  fi.  Meyer;    67 

mODde  S.  5,  une  dame  de  qualite  72,  die  Anrede  „madame*'  an 
Elise  S.  62  (III  6),  der  Diamant  am  Finger  des  Harpagon,  der 
Baussland  mil  Intendanten,  seinem  Dienstpersonal  nebst  Wagen 
und  Pferden»  das  Auftreten  und  der  Verkehr  seines  Sohnes;  auch 
Anselme  ist  als  Edelmann  gedacht;  vgl.  die  Anrede  „madame*^ 
an  Mmane  Hl  6  und  Pritsche  zu  I  4,39:  „seigneor  war  ein  nur 
AdUgfeo  zukommender  Titel,  und  die  Erkennung  am  SchtuB  des 
Siöckes  (»eweistt  daß  Anselme  als  Edelmann  gedacht  ist*'. 

2)  Prosper  M^rin^e,  Colombai  lo  gekürzter  Psmods  beraosgegeben 
muä  erklSrt  von  Oskar  Sehmager.  Dritte  Aaflage.  Berlin  1906, 
WeidfliaaBaehe  Baebhaadlnog.  JÜCXI  nad  140  S^  nebst  Aomerkangeo 
63.  S.     8.    geb.  2  v^. 

Nach  einer  ausfAhrlichen  Eänieitung,  welche  auch  auf  die 
Frage  nach  den  Quellen  M^imees  eingeht,  folgt  der  Text  der 
Colomba  mit  geringen  Kürzungen,  die  aus  pldagogischen  GrQnden 
geboten  erschienen.  Die  Wahl  dieses  Stockes  empfahl  sich,  da 
von  ailen  Werken  Merimees  Colomba  als  sein  Meisterwerk  gilt 
und  die  Schilderung  korsischer  Sitten  und  ZustSnde  interessant 
and  lehrreich  ist.  Die  Lektüre  ist  allerdings  nicht  leicht,  zumal 
da  mit  Röcksicht  auf  die  „coulenr  locale^'  die  Sprache  der  ein- 
lacheD  Leate  auf  Korsika  beibehalten  ist  Die  Anmerkungen 
suchen  diese  Schwierigkeiten  zu  heben;  sie  verdienen  volles  Lob 
und  uneingeschränkte  Anerkennung;  sie  sind  mit  großer  Grönd- 
fichkeic  und  Sachkunde  geschrieben  und  bilden  eine  willkommene 
Bereicherung  der  Erklämngslitentur  Cranzösischer  Schriftsteller; 
•hne  dieselben  würde  gewiB  manche  Stelle  falsch  oder  doch  nur 
halb  richtig  verstanden  werden.  Zu  S.  63,4  On  appelle  cela 
famas,  le  muccbio  d*un  tel-  vergleiche,  was  Julius  Sahr  über 
Sprokenkreut  in  Lyons  Zeitschrift  für  den  deutschen  Unterricht 
1901  S.  733  und  später  mitgeteilt  hat 

Preeis  de  gramnaire  fraa^aiae  a  Tosage  des  elaaaea  de  fraofaiade 
renaeigneneat  aecoadaire  ea  AIlenagDe.  Traduit  de  rallemaad  par 
Josepb  Delage.  Leipzig  et  Berlia  1906^  B.  G.  Teuboer.  X  und 
199  S.    8.    geb.  2,60  jl. 

Der  Verfasser  des  bekannten  französischen  Unterrichtswerkes 
hat  seine  „Hauptregeln  der  franzüsischen  Grammatik"  von  Herrn 
Joseph  Deiäge  ins  Französische  fibersetzen  lassen,  um  dem 
Wunsche  derer  zu  entsprechen,  welche  im  Unterricht  eine 
firanzteiscb  geschriebene  Grammatik  benutzen  wollen.  Die  Vorzüge 
der  deutschen  Bearbeitung'  sind  bekannt  und  haben  durch  die 
ßbersetzung  keine  Einbuße  erlitten.  Durch  Klarheit  und  Be- 
itimmtheit  der  Regelfassung  und  durch  di^  Fülle  gut  gewählter 
Bospiele  empfiehlt  sich  dieser  Abrifi,  der  Qbrigens,  wenn  auch  in 
gedrängter  Darstdlung,  wohl  alles  enlhUt,  was  im  grammatischen 
Wissen  auf  Schulen  verlangt  Wird. 

Herford  L  W.  Ernst  Meyer, 


68    Koppe-Knsmaoas  Anfaogsf  raade  L  Physik«  agt.  v.  R*  äekleL 

l)  Koppe-H«sfli«Dii's' A»fang,8KrBmde  ddr  Pkytikiiit  EuteUaider 
nttbeniatiselieQ  Geo^raphia  aad  Chaaie.  Foc  da»  Uaterriekt  aa 
h5h«cen  LehraosUltea,  go.wie  cor  Selbstbelaäroog.  Kionaddreifii^ata 
Anfla^,  bearbeitat  too  K.  Kaops.  Mit  462  ia  Abb  Text  aia^e- 
draaktaa  HalaaehDictaa,  eiaar  meMai^igaa  Tftfel  der  Spahtrea  ver- 
sehiadeaar  flteaiaate  aad  HMiaialakörpar,  aawia  aiaec  nehrlirbivaa 
Sterakarte.    Bssaa  1906^  Gv  D.  Baedeker.    VIII  «.  604  &    8.   «ab.  6  JC. 

Dio  weile  Verbraitoug  dieMB  LeiirbttCiict  an  höluipeii  Lebr- 
anstalten  läßt  ea  gabolen  eFaoiiaHWD^  auf  eina  m  dieaem 
Jahre  erscbieDene  neue  Bearbeitung  auch  an  djeaer  Stelle  auf- 
merksam zu  machen.  Die  alten  Koppeachen  An&ngsgrönde 
der  Physik,  später  von  Husmann  heraulgegaben,  aind.  naob  dem 
im  vorigen  Jahre  erfolgten  Tode  Husmanna  in  aeinero  Sinne 
und  wesentlich  nach  aainea  Angaben  verbasaerl  und  erweitert 
worden.  In  der  jetzigen  Gestalt  anispncht  daa  Werk  an  inball 
und  Form  allen  Ansprüchen  einea  Raalgymnaaiuma,  fär  Cymnaaloo 
dürfte  es  zu  umfangreich  sein« 

Die  wichtigsten  Änderungen  bestehen  darin,  dafi  der  ehemisclM 
Eurausy  der  in  der  vorigen  Auflage  Cortgelassen  wivde,  nuamabr 
wieder  am  Ende  des  Werkes  Aufnahme  gefunden  hat.  Femer 
ist  daa  Kapitel  über  Galvanisnuia  einer  gröndlichen  UmgeatakuBg 
unterzogen  worden,  die  Beaprechung  der  WIrme-  wd  Lichlr- 
wirbungen  dea  elektrischen  Stromes  bei  eine  bedeutende  Ver- 
mehrung z.  B.  durch  Beschreibung  und  Abbildttiig  der  Nornat«*, 
der  Osmium-  uud  der  Tantallampe  erlahreui  der  geacUcbUiebe 
Oberblick  iqa  Anhange  iat  nicht  unbetrMitÜch  erweiter4  und 
berichtigt  worden.  Aber  auch  aonat  findet  man  die  Spuren  dex 
bessernden  Hand,  in  einer  korrekteren  Paarung  dea  Auadrueka,  wi« 
in  kleineren  8a<;hlicben  Ändernngan. 

Für  eine  spitere  Auflaga  wdren  nqch  einige  M&nfal  im.  ein- 
zelnen zu  beseitigen.  Die  firblärung  dea  Foucanttooben  Pendel- 
versuches ist  zwar  die  landläufige,  aber  darum  doch  nicht  korrekte, 
wie  aicb  au»  den  i&  pbyaikaliacben  Zeitscbrifren  ?erftOlnit)ichten 
Versuchen  einer  methodisch  richtigen  Behandlung  ergibt  Die 
Beschreibung  dea  Sprachorgans  obna  dautliohe  AbbiUong  der 
wichtigsten  Teile  erscheint  nicht  zweckmäJBig  und  mufite  ent- 
sprechend ergänzt  werden.  Die  erdmagnetiacben  Angatnen  beziehen 
sich  noch  immer  auf  das  Jahr  1880,  auch  ist  ihre  Änderung  bis 
beute  aus  dem  Buche  nicht  mit  Sicherheit  zu  entnebmeo.  Die 
Isoklinen  sind  sogar  dem  Jahre  1860  entnommen.  Der  niaaiache 
Kalender  Ist  gegen  den  nnsern  um  13,  nicht,  um  12  Tage  ver- 
schoben. Das  Fremd  Wörterverzeichnis  weist  hei  einzelnen. 
griechischen  WQrtern,  die  zur  Erklärung,  herangezogen-  werden^ 
wie  schon  in  froheren  Auftagen,  auch  jet^t  noch<HSng0  aud  z.  B. 
wird  Ellipse  von  ixksinc^  Mechanik  von  f*9X^  ab^Bleilet.  Die 
beigegebene  farbige  Sternkarte  ist  durch  die  Eiozeichnung  der 
Bilder  unübersichtlich  geworden,  sie  wQrde  nur  gewinnen,  wenn 
man  alle  überflöaeigen  Linien  und  Bezeichnungen  fortließe. 


t,  IMfl  Liebt  «Bd  die  Firk»«»  aifti.  toi  R.  feMel.    60 

2)  L.4rr«ts,  D€0  Liekl  aad  die  Farbto.  SMii  VorÜBivHM, fshaltra 
Im  ValksboelHcliiüvarein  MiwbM.  Ab«  fiatw  uad  Geivtetwelt 
Baad  17.  Zweite  Aoflafe.  Leipai«  1905,  fe.  G.  Teabaer.  153  8.  mit 
11«  AbbiMaiigaa.    8.    geb.  1,25  J^. 

Dieses  anregend  und  klar  geschriebene  BQchlein  enthält  den 
Abdruck  der  im  Winter  1898  im  Hochschulverein  Mönchen  Tor 
gebildeten  Zubi^rem  gehaltenen  Vorträge,  die  an  der  Hand  sorg- 
ßltig  ausgewählter  Experimente  die  wichtigsten  optischen  Er- 
sdieinungen  Torföhren  und  im  Lichte  der  Wellentheorie  ihre 
Gesetze  zum  Verständnis  der  Zubfii^r  bringen  sollten.  Schon  bei 
Besprechung  der  ersten  Auflage  habe  ich  darauf  hingewiesen,  daß 
dieses  Ziel  ohne  Voraussetzung  besonderer  physikalischer  Kennt- 
nisse und  ohne  Anwendung  der  Mathematik  in  bemerkenswerter 
Webe  gelungen  ist.  Die  neue  Auflage  enthält  nur  wenige 
Änderungen  und  Erweiterungen  des  Textes,  der  als  durchweg 
korrekt  bezeichnet  werdett  kann.  Wenn  diese  gedruckten  Vor- 
lesungen auch  nicht  di6  beiehrende  und  überzeugende  Kraft 
kbendiger  Vorträge  und  anschaulicher  Experimente  besitzen 
kftnneDy  so  enthalten  sie  doch  eine  dem  gebildeten  Laien  ver- 
ständlidie,  durch  zahlreiche  und  klare  Figuren  unterstutzte 
Darstellung  eines  grofien  Gebietes  optischer  Erscheinungen  und 
sind  durchaus  geeignet,  in  Ermangelung  Ton  Experimentalvorträsen, 
pündHches  Wissen  aus  der  Lehre  Tom  Licht  und  von  verwandten 
pbysikalischen  Vorgängen  in  weiten  Kreisen  zu  verbreiten. 

Berlin.  R.  Schiel. 

Friedriek  Saaaeaaaa,  Die  llasik  als  Uaterriebtaffef  ea  staad 
iB  des  Bvaasetiscbea  Lateiaschalea  des  16.  Jalirboaderts. 
Bia  Beitraf  zur  Gesebichte  def  Scboigesaas^s-  Leipzig  1904j  ia 
KsAMisilaa  voa  BreiUopf  &  Hirtel.  113  ;).  8.  S  M^  (Motik- 
wiaaeMebafUiebe  Sliidiea,  Heft  4.) 

Diese  Schrift  verdient  valle  Beachtung  in  gymnasialen  Kreisen, 
vsuB  aie  auch  nicht  von  einem  Kollegen  geschrieben  ist.  Es  ist, 
—  sagen  wir  es  offen  —  b^  uHs  so  gut  wie  unbekannt,  welche 
Baue  die  Musik  früher  an  Gymnasium  gespielt  hat,  wie  sie  zU 
den  allerwichtigsten  Unterrichtsgegenständen  gehörte  und  dem- 
gemäB  respektidri  wurde.  Zu  den  Ruhmestiteln  des  Gymnasiums 
via  der  gesamten  Nation  gehört  nun  einmal  die  Geschiebte  des 
Kantorats  an  der  Thomasschule  zu  Leipzig.  Was  dort  im  großen 
geleistet  wurde,  ist  von  andern  Schulen  Im  kleinen  geleistet 
werden»  Jedenfalls  steht  das  eine  fest:  die  Loslösung  des 
SriiHerchors  von  der  Pflicht  der  Mitwirkung  im  Gottesdienste  hat 
«man  Tiefjpunhl  dar  musikalisehen  Leistungen  des  Gymnasiums 
herbeigefilut,  der  als  beklagenswert  bezeichnet  werden  mufi.  Am 
tisbten  heben  unsere  Gymnasien  musikalisch  in  der  Periode  der 
Aofklirung  dagestanden.  Allmihlich  haben  sich  die  Leistungen 
gabofcen;  aber  nach  immer  ist  die  ahe  Zeit  nicht  im  entferntesten 
enrajcht.     Diei   ia   ftbaraeugandar  Waise  dirgetan  zu  haben  ist 


70    .F/ Si|iio0.mAiifi,  Die  Masit  als  DDteTricJbtslef  «iisttDd/   I 

das  unbestrittene  Verdienst  des  Verfiassers.  '  Nachdiein  er  'ihi 
Eingange  Luthers  Stellung  zur  Musik  und  seine  Schä,tzQiig  der 
Mtisik  als  Erziehungsmittel  berührt  ha\  bespricht  er  die  Ver- 
wendung des  Schülerchors  bei  den  Yerschiedensten  Gelegenheilen. 
Nipht  nur  in  der  Kirche,  sondern  auch  im  bürgerlichen  Leben 
bei  Hochzeiten,  Gastmählern  u.  dgL  m.  wurde  er  begehrt  Neben 
dem  Rektor  war  die  wichligste  Person  des  Lehrerkollegiums  der 
Kantor.  Dieser  versah  iStets  das  Ordinariat  einer  Klasse, 
meistens  der  Tertia.  Als  Gehilfe  stand  ihm  der  Succehtor  zur 
Seit^V  Aber  auch  andere  Lehrer  unterrichteten  in  der  Musik, 
und  es  gab  Schulen,  wie  Helmstedt,  wo  unmusikalische  Lehrer 
nur  ausnahmsweise  angestellt  wurden.  Luther  sagte:  \,Ein 
Schulmeister  muß  singen  können,  sonst  sehe  ich  ihn  nicht  an^'« 
Die  Gesangstunden  lagen  meist  in  der  Zeit  von  12 — 1  Vbv.  Die 
Mehrzahl  der  Lat.  Schulen  hatten  wöchentlich  4 — 6  Musikstunden 
für  jeden  Schüler,  nur  wenige  gingen  unter  diese  Zahl  herunter. 
Das  Lehrziel  war,  alle  Schüler  ohne  Ausnahme,  die  kleinen  wie 
die  großen,  im  Gesänge  auszubilden.  Dispensationen  ?om  Gesäng- 
unterricht gab  es  nicht  Das  nach  dem  Gehör  Singen  sollte  zum 
bewußten  Kunstgesang  werden.  Der  Gregorianische  Choral  und 
die  Literatur  der  Figuralmusik  bildeten  den  Lehrstoff.  Oberaus 
zahlreich  sind  die  Lehrbücher  (20),  nach  denen  man  im 
16.  Jahrhunderte  in  der  Musik  unterrichtete.  Pastor  Saniiemann 
gibt  uns  eine  eingehende  Darstellung  ihres  Inhalts  und  ihrer 
Methode.  Die  elementaren  Kenntnisse  der  Musikwissenschaft 
wurden  wie  heute  den  Schülern  der  unteren  Klassen  beigebracht, 
Bicherllch  gründlicher  wegen  der  größeren  Zahl  der  Unterrichts- 
stunden. In  den  Oberklassen  behandelte  man  in  der  Mathematik- 
stünde  wohl  die  theoretische  Seile  der  Musik.  Wir  hätten  hier 
bei  der  Erläuterung  der  Begriffe  voces,  claves,  cantus  usw.  gern 
Qlters  eine  Übertragung  der  Noten  in  unser  Notensystem  gesehen. 
Pem  ungeübten .  Leser  ist  das  Verständnis  der  abgedruckten 
Proben  nicht  geläufig.  Als  Resultat  der  methodischen  Ent- 
wicklung ergeben  sich  folgende  Prinzipien  in  den  Lehrbüchern 
jener  Tage: 

1)  Anschaulichkeit  in  der  Verarbeitung  des  Lehrstoffes,    . 

2)  Wachsende  Beschränkung  des  theoretischen  und  Memorier^ 
Stoffes, 

3)  Vorwiegen  der  erotematischen  Lehrform.. 

Zu  Nr.  1  gibt  S.  eine  Fülle  von  Beispielen .  aus  den  Übungs- 
büchern des  16.  Jahrhunderts,  die  seine  Behauptung  in  Tollem*  Mäße 
bestätigen.  Auch  die  Literatur,  welche  S.  über  einfache  Kontrai^ 
punkte,  Kanon  und  polyphone  Sätze,  wie  sie  den  Schülern  zum 
Einüben  vorgelegt  wurden,  gibt,  ist  reichhaltig  und  vollständig. 
Textlich  ^urde  damals  anders  verfahren  als  heute.  Die  Schüles 
sangen  gewö^iUch  nur  mit  den  6  Silben  der  sogen.  Solmisation^ 
|iqd:eretj  wenn  sie  ganz  notenfest  geworden  waren,  ging .  man  2a 


aiyts.  von  B.  Eiekhoff.  71 

anderen  Texten  über.  Die  deutsche  Sprache  itand  hier  freilich 
Y5Uig  hinter  der  lateinischeD  zurück.  Das  Einöben  und  Ein- 
prägen geschah  durch  Vorsingen  des  Lehrers,  eine  Methode,  die 
dch  aach  hente  noch  als  die  beste  erweist  Treffsicherheit  wird 
auch  damals  nur  bei  den  musikalisch  begabten  Schülern  zu  finden 
gewesen  sein.  Unter  den  Lehrmitteln  figuriert  die  Wandtafel, 
an  die  der  Lehrer  die  Gesänge  schrieb,  damit  sie  von  den 
Schülern  in  die  Hefte  eingetragen  würden«  Auch  heute  noch 
wird  dem  Musikdiktat  das  Wort  geredet.  .  Wir  können  uns  bei 
der  Kürie  der  Zeit,  die  uns  zq  Gebote  steht,  nicht  dafür  begeistern, 
ebensowenig  für  den  Gebrauch  des  Monochords,,  einer  Saite,  die 
in  ihren  einzelnen  Teilen  die  Tonskata  zur  Anschauung  brächte, 
und  den  des  heutigen  Klaviers.  Der  Naturlaut  der  Kehle  muß 
for  den  Schuler  das  beste  Lehrmittel  bleiben.  Audi  eine  Revision 
des  Gesangsüntefriclits,  gegen  den  sich  heute  die  gesamten  Fach- 
lehrer aussprechen,  gab  es  im  16.  Jahrhundert  schon-  (8. 152). 
Daß  anf  die  ästhetische  Seile  des  Miisiknnlerrichts  schon  damals 
Wert  gelegt  wurde,  beweist  S.  schlagend  an  zwei  Beispielen.  Das 
Ergebnis  der  Untersnchung  faßt  Sannemann  8. 157  kurz  zusamnlien. 
In  einem  Anhange  widmet  er  den  „praecepta*'  Job.  Zangers  und 
den  Daten  der  Biographie  G.  Dreslers  einige  Worte. 

Das  Ganze  ist  ein  sehr  wertvoller  Beitrag  nicht  i)ur  zur 
Geschichte  des  Gesangunterrichts,  sondern  der  Geschichte  der  Lat. 
Schulen  des  16.  Jahrhunderts.  Der  Verfiisser  hat,  wie  der  Titel 
sagt*  nur  die,  evangelischen  (d.h.  lutherischen)  Schulen  berück- 
sichtigt Es  wjre  von  Interesse  zu  erfahren,  in  welchen  Bahnen 
sich  gleichzeitig  der  Gesangunterricht  an  den  katholischen  Schulen 
bew^ta.  Vielleicht  beschenkt  uns  der  Verfasser  einmal  mit  einer 
Gesdiichte  des  Musikunterrichts  an  den  höheren  Schulen  Deut^ 
schlands  seit  der.  Reformation.  Die  Arbeit  ist  deswegen  not-; 
wendig,  weil  dem  gegenwärtigen  Zeitalter  gezeigt  werden  mußt 
wie  weit  wir  von  den  musikalischen  Leistungen  der  alten 
Lateinschule  und  der  Schätzung  der  Musik  als*  Erziehungsmittel 
znrQckgekommen  sind^  Erst  dann  wird  es  vielleicht  wieder  auf- 
wärts gehen.  Schließlich  machen  wir  noch  auf  das  lichtvolle 
Referat  des  Verfassers  über  die  Besiehungen  der  Gymnasien  und 
Mittelschulen  zur  Kirchenmusik  aufm^J(sam,  weiches  er  auf  dem 
fientseh-evaiigeiisehen  Kirehengesangstage  in  Rothenburg  a.  Ti 
eiBtatlel  hat  Die  bei  Breitkopf  lind  Härtel  gedruckten  Ver- 
handlongein  des  Tages  sollten  wie  das  oben  genannte  Biidh  in 
keiner  Gymnastalbibliothek  fehlen. 

Bammann  1.  W.  Hermann    Eickliof f.  . 


...    '  ■  .,   - 


DRITTE  ABTEILUNG. 


BEBICHTB  Ober  VBRSAIIIILUNGBN,  NEKaOLOGB,  MISZELUCN. 


48.  Versammlung  rheinischer  Schulmänner. 

DU  43.  VerstnmloBg  ie$  Vereini  rb^ipiieber  Sehulmäf iifr 
t$ni  PieofUf,  d«a  17.  Aprily  i«  ItubelltoMfle  de$  GürMoiclu  in  K^U  st4U. 
Pif  Ttyefordonjif  wßMlß  zw«i  Punkte: 

t.  Vorftcblag    einer    aodtrweitjffeo  GflftUiUoog    d«r   Oilerdi^vfUffVtr- 

summlaog^. 
2.    Ist  es  iDö|;licb  pDd  rätlich,  deo  LelirpIaB  dar  oberen  Klasieo  böb^rer 

Schol^n  freier  za  bebaadelii   uad   tu  geataltea?   —   Eiafeleitet   voo 

Geb^iofrit  Prof.  Pr.  Jäfer  (Bodo). 

Eröffnet  fvurde  die  VaraammlDo;  dorcb  Professor  [jambert  Stein 
(Köln}y  der,  althergebrachter  Sitte  gemifi,  fof  die  bedeutsamen  Zeugnisse 
hinwies,  die  auf  das  höhere  Scholwesen  Bexog  haben.  Unter  anderm  be- 
tncfkte  er,  daß  das  Uoterrichtsministerinm  damit  beschäftigt  sei,  einen  be*^ 
sonderen  Lehrplan  aosznarbeiten  und  so  eine  Sehnlorg^nisation  ta  sehaffeii 
für  di^  Mädchen,  die  sich  dem  akademischen  Stadium  widmeten.  Der  ganze 
höhere  Mädchenschnlonterricht  solle  reformiert  und  dabei  auf  Mathe- 
matik und  Naturkunde  größeres  Gewicht  gelegt  werden,  in  ähnlicher  Weise^ 
wie  es  die  Oberrealseholen  tun.  Auf  dieser  Schale  solle  das  Oberlyztnm 
mit  vierjährigem  Rnrsus  aufgebaut  werden,  das  für  die  Universität  vor- 
bereite. Dabei  aolle  eine  Gabelung  stattfinden  in  Oberrealaehule,  Real- 
gymnasiam  und  Gymnasium.  Vorbertiten  aolle  das  Ünterlyteum  mit  fakalv 
tntivem  Untarricht.  Der  lateinische  Unterricht  sollt  für  die  Gymnaaiastinnea 
auf  der  vorletzten  Klass«  des  Unterlyzeoms  mit  6  Stunden  heginnen,  so  daß 
sich  also  im  gfnnen  SX^  Stunden  Latein  ergäbe«.  Ungonitig er  stände  et 
tnit  4em  Griechischen,  das  erst  anf  dem  Oberlyv««»  begitnen  aolle  mit 
7  Wof^enitiipdent  so  di|(K  4X7  Wo^henstn^den  ^eraiiskämen.  Prof.  Stoln 
||»ipte,  YieUeidit  wur^e  diese  geringe  Stundenzahl  f^r  La|e(|i  u^i  Gr^nluacli 
eine  Gefahr  für  das  humanistische  Koiibfqgymnasinm  werden  können. 

P(i|ch  diesen  einleitenden  Aosrdhrungen  ging  map  zum  ].  Tei(e  der 
Tagesordnung' über:  Vorschlag  einer  anderweitigen  Gestaltung  der  Oster- 
dienstagsversammlung.  Der  Vorsitzende  führte  etwa  folgendes  aus:  Auch 
in  unserer  Provinz  gingen  die  Bestrebungen  des  höheren  Schulwesens  aus- 
einander. Deshalb  sei  der  Wunsch  ausgesprochen  worden,  daß  ein  Mittel- 
punkt geschaffen  wurde,  in   dem   die  einzelnen  sich  näherten.     Die  Eiber- 


43.  Veraasslmii^  rbtiniacher  SchulmioDeri  von  A.  Plofi.    73 

fel4er  Oberlehrer     aeiea    an   dea  Proviazialvereia   heraogetretaa   mit  der 

Bitte,  eiaea  aolckea  MiUalpaokt  xa  fchafliBa.     AU  Vorbild   dieae   dia  Eia- 

ricktaagy   die  ib  dar  Proviaz  HeiMa-Neisaa  bestehe  aod  gatea  Erfolg  habe. 

Ab  llittwoeli    vor   Cliristi  Hinmelfahrt   tage   der  Proviozialvereia   aad   ia 

WaaadereB  Sitzaagea    faadea  die  VerhaadlaiigeD    der  verschiedeoea  aaderea 

Vereiaa    aUitt.      Waaderveraemailangeo  seiea    es,    ood   die   Beteiligaag   sei 

stark.    Die  Proviaaialsehalrate  oad  aach  der  Oberpräiideat  wobae  dea  Ver- 

»■■liiaseB     baL       Weaa    seiaerzeit   der   Kultasmioister   Prb.   v.   Zedlitz 

■ick  der  bSheree  Labrer  so  sebr  aageaommeo   babe,   so  bättea   diese  Ver- 

••■■biB^eD    es   veraalefst     Naeb   dieseon  Beispiele   wolle  aiaa   verfsbrea. 

Der  lieiipIdloIogaBvereia  habe  sieh  schoa  bereit  erklärt,  seioe  Versaaimluag 

aa  diesem  Tage  abiubaltea,  aad  aaa  trete  die  Präge  aa  die  Osterdieastaga- 

ursaaiBlBBg.      Dia   Tagaag   kö'oae    aor  ataUfiodea   mit   Geaebmigoag  dea 

ProTiBzialaeliQlkollegiatts.     Id  Hessea-Naasaa  wardea  die  Teilaehmer  bear- 

laibL      Der    Vorstaad    werde    sich    also    ao    das   ProviazialaebaikoUegiam 

veadea  miasaea.     Mit  Jäger,  dem  einzigea  Oberlebeadea  der  Grüader,  habe 

«r  geaprochea.     Jäger  habe  darauf  hiogewieaea,   da   die  Osterdieostagaver- 

nanalBBg    keiae  Fachveraammlaog  aei,    so   kSoae   sie  ja   die  pädagogische 

SAlioB  aef  diaaem  Proviozial-Philologeatag  aeia.    Aof  dem  altphilologiacheo 

FerieafcBraaa    werde   der  Vorschlag  voo    dea  Altpbilologeo   besprocheo,   so 

h&  woU  aaeh  eiae  altpbilologische  Sektioa  zustande  kommen  werde.    Mathe- 

BatUer,  Hiatoriker  aad  Geographea  würden  sich  aDschiießeo;   so  könnte  es 

nae  Veraammluog  geben,  die  reiche  Fröchte  bringen  würde. 

Galieiairat  Jäger  betaate  aasdrocklieb,  das,  was  vom  Vorsitzenden  vor- 
feaAbgea  werde,  sei  der  Grundgedanke  der  Osterdieastagsversammlung 
grwcaaa;  aie  aei  aieht,  wie  in  der  Zeit  des  Kampfes  vielfach  angenommen 
wordea  aei,  eiae  buaiaBiatiache.  Ihm  werde  ea  schwer,  sich  fdr  den  Vor- 
schlag SB  arUarea  aad  damit  etwas,  was  sich  bewährt  habe,  aufzage bea. 
Tratzdem  lasse  er  sich  bestimmea,  aaf  das  Experiment  einzngeben.  Er 
kalte  ea  far  daa  beste,  daß  die  Veraammluug  sich  bereit  erkläre,  mit  dea 
aadeniiVereiBea  zaaammenzngehen;  er  behalte  aich  aber  vor,  die  Oster- 
fieaaCafaTeraamaüang  fortzasetzea,  sollte  aich  zeigea,  daß  die  Sache  eicht 
so  gllatt  gehe,  wie  maa  aich  dächte.  Saia  Vorschlag  gehe  dahin,  daß  die 
Veraasailaag  ihre  Geaeigtheit  ausspreche,  mit  den  übrigen  Vereinen  zn- 
»azegehea.     Der  Vorstand  kKnae   daaa  die  Angelegenheit   weiter  er- 


NaehdeD  sich  aoeh  Direktor  Wernicke,  Direktor  Scbweikert,  Prof. 
ieeS^  Direktor  Seheibe,  Direktor  Stephan  zu  dem  Vorachlage  Jägers  ge- 
iaBart  faattea,  werde  er  von  der  Veraammlung  angenommen. 

Daae  wordea  für  die  beidea  aaa  dem  Vorstände  ausscheidenden 
Herren:  Direktor  Caner  and  Direktor  Hertens,  Prof.  Kliokenberg  (Köln)  und 
Oharlehrer  Braadt  (Bona)  gewählt.  Nua  begann  die  Beratnng  über  dea 
zweitaa  Paakt  dar  Tageaordoung:  lat  ea  möglich  und  rätlich,  den  Lehrplan 
dar  oberea  RJaaaea  höherer  Schnlea  freier  zu  behandeln  aod  zu  gestalten? 
Beza  fahrte  Gehaimrat  Jäger  (Boan)  etwa  folgendes  aus:  Der  Gedanke 
^  freierea  BeluiBdlaag  des  Unterrichts  ia  den  oberea  Kinasen  sei  plötzlich 
n/jgetrHea  und  solle  bestimmte  Gestaltaag  erhalten.  Er  habe  sich  bereit 
arUart,  den  Verschlag  ia  Thesea  Gestalt  zu  geben,  durch  die  er  sich  selbst 
Jbltte  klmr  werden  woUea,   waa   mit  dam  Vorschlage  gemeint   sei. 


74  43.  Versanmilaocf  rheiniieber  SchainäiiBer; 

Die  Theseo  waren  folgende: 

1.  Die  Frage  nach  der  Möglichkeit  oder  RÜtlichkeit  ^iner  treieren 
Behandlung  dei  Lehrplans  der  oberen  Klaaaen  höherer  LehranatAlten  setzt 
die  Vorfrage  voraos,  ob  Wünsche  in  dieser  Richtong  bei  den  Schnlern 
dieser  Klassen  liberhaapt,  oder  in  welcher  Gestalt  und  welehein  Umfang 
solche  hervorgetreten  sind; 

2.  Neigung  und  Begabung  werden  (im  großen  und  allgemeinen)  haupt- 
sächlich nach  der  sprachlich-historischen  und  nach  der  naturwissensehaftUch- 
mathematischen  Seite  auseinandergehen;  bei  sehr  vielen  Schülern  der  öberea 
Klassen  ist  Vorliebe  für  das  eine  oder  andere  dieser  Gebiete  qoch  oiehC 
vorhanden  oder  noch  nicht  entschieden. 

3.  Da  jetzt  den  Gymnasien,  Realgymnasien,  Oberrealschdlen  gleich- 
mäfiig  das  Recht  zusteht,  beziehoogsweise  die  Pflicht  obliegt,  fqr  akade- 
mische Studien  vorzubereiten,  so  ist  die  uns  beschüftigende  Frage  keine 
brennende:  die  Anstalt  kann  nach  Begabung  und  Neigung  gewählt  werden. 
Die  Schwierigkeit  liegt  hier  nur  darin,  daB  die  Entscheidung  für  den  einen 
oder  den  anderen  Weg  schon  in  einem  Lebensalter  getroflen  werden  muB, 
wo  in  den  meisten  Fallen  Begabung  und  Neigung  noch  nicht  klar  und  un- 
zweideutig genug  zutage  tritt. 

4.  Man  wird  wohltun,  die  Frage  zunächst  auf  das  Gymnasium,  za 
beschränken,  wo  wenigstens  im  Hebräischen  und  Englischen  fakultative 
Fächer  schon  vorhanden  sind.  Solche  kann  es  im  Lehrplan  der  Ober- 
realschule  und  des  Realgymnasiums  der  Natur  dieser  AnstaUen  nach 
nicht  geben. 

5.  Innerhalb  der  jetzigen  Unterrichtsorganisation  erscheint  „freiere 
Gestaltung  des  Lehrplans'S  ^-  b-  Rücksichtnahme  auf  individueUe  Neigung 
und  Begabung  nur  etwa  beim  deutschen  Aufsatz  möglieb,  d.  h.  den  verhältnis- 
mäßig wenigen  Schülern,  bei  denen  Selbständigkeit  und  Reife  schon  so  weit 
vorgeschritten  ist,  könnte  gestattet  werden,  statt  des  erforderten  Aufsatzes 
eine  Arbeit  aus  dem  von  ihnen  bevorzugten  Wissenschaftsgebiet  einzureichen, 
die  dann  etwa  der  betreffende  Fachlehrer  zu  beurteilen  hätte. 

6.  Zum  wirkliehen  Studium  kann  die  individuelle  Vorliebe  für  dan 
eine  oder  andere  Gebiet  erst  auf  der  Universität  werden.  Die  Bücksiciit 
auf  solche,  selbst  schon  entschiedene  und  ernsthafte  individuelle  Neignngeo 
darf  die  Hauptaufgabe  der  Mittelschule,  eine  breite  Grundlage  allgemeiner 
und  allen  gemeinsamer  ßildung,  mit  ihren  sprachlichen,  historischen,  malhe- 
itiatischen,  naturwissenschaftlichen  Elementen,  nicht  beeinträchtigen, 

7.  Eine  Änderung  des  Unterrichtsorganismus  (Lehrplans)  uiiserer 
höheren  Schulen  noter  jenem  Gesichtspunkt  freierer  Gestaltung  würde 
schwierig,  kostspielig,  würde  ein  Experiment  aein,  das  mindeittens  zunächst 
die  kaum  errnogeoe  ruhige  Entwicklung  aufs  neue  zu  stören  drohte.' 

8.  Ein  Weg  Tür  eine  solche  Änderung  oder  Umgestaltung  würde  aein : 
wenn  die  Prima  resp.  Oberprima  sämtlicher  Gattungen  höherer  Schulisn  za 
einer  halbakademisch  zu  gestaltenden  Zwischenanstalt  zwischen  Gymnasium 
(RG.,  ORSch.)  und  Universität  umgebildet  und  hier  den  Schülern  neboD 
einem  mäßigen  Rest  obligatorischer  Fächer  freie  Wahl  der  übrigen,  anter 
der  nötigen  schulmäßigen  Rontrolle,  eingeräumt  würde.  Wäre  dies 
wünschenswert? 

Zur  Erläuterung  der  Thesen   bemerkte  Geheimrat  Jäger:  Dit   gante 


voB  A.  Floß.  75 

Frige  habe  keinee  aknlea  Charikter.     Es  sei    doch  dem  Schüler   die  Mög- 

Uthkeit  ge^cbee,    ▼erschiedeoe  AoitsIteB   zn   wihlea;    allerdiogs   müsse   er 

lieb  xa  einer  Zeit  eaUcheideo,    wo   es   bei  Ihm  ooch  keioe  ausgesprocheoe 

T^igaag  s*be.      Daaa  wünsche  er,    deß   man    die  Prsge  anf  die  Gymnasien 

^eschraake.      Ea  gebe  dort  ja  schon  wahlfreie  FKeher,   die  den  andern  An- 

sUttea  feblten.      Br  bäte  ferner,   zu  antersaehen,   ob   mit   dem  Vorschlage 

die  Bcaa  Organisation  gemeint  sei.     Wenn   man   diese   plane,   so   sei    die 

Schwierigkeit  groß.      Daß  man  Rücksicht   auf  die  Schüler    nehmen    könne, 

te  acbeiae  ihm    im   denfschen  Aafsatz  gegeben  zn  sein.     Aoch   lasse  sich 

Us  Kompeaaatioas Wesen  noch  weiter  ausbilden.     Er  könne    sich  die  Sache 

s»  Torstellen,    daß   die   Prima   bezw.  Oberprima   als  Mittelanstalt   gedacht 

werde,   die    den  Obergang  zor  UniversitSt  bilden   solle,   daß   die  Zahl   der 

•biigatarischea  Staaden  25  oder  20  sei,   ond   daß   der  Rest   fnr   die  Wahl 

Mgegebea  werde.    Das  Thema  sei  nach  seiner  Meinung  sehr  weitschichtig, 

tad  man  sSase  sich  hütea,  das  Prinzip  zu  schädigen,  daß  für  unsere  Schüler 

ein  gemeinsamer  Unterbau  allgemeiner  Bildung  hergestellt  werde,  der  nicht 

keeiatraehligt  werdea  dürfe.    Er  würde  vorschlagen,  daß  nicht  die  einzelnen 

Ibeaea  zur  Disfcnision  gestellt  würden,  sondern,  daß  sich  jeder  einea  Punkt 

VcraaaaebBie,  so  daß  die  Diskussion  allgemeiner  gehalten  bleibe. 

Gebeimrat  Buschmann  (Koblenz)  äußert  sich  zur  Frage  etwa  folgender- 
nafiea:    Er  sei  nicht  als  Bote  mit  Auftragen   des  Ministeriums   erschienen, 
sa^  nicht  als  Bote   mit  Aafiragen  des  Proviozialschnlkollegiumsy  sondern 
fprecbe    ia    seiaem   eigenen   Namen,   glaube   aber,   auch   im  Namen    seiner 
Kollegen  za  sprechen.     Als  zuerst  von  einer  freieren  Gestaltung  der  Lehr- 
pGuie  die  Rede  gowesen,  da  habe  er  dai  begrüßt.    Er  habe  an  die  Zeit  ge- 
Isehty  wo  es  noch  keioe  Lehrplane  gegeben,  wo  der  Minister  einen  gehabt, 
aber  nicht  bekannt  gegeben   bitte.     Wer  Gelegenheit   habe,   die  Lehrpläne 
zu  atadieren,   werde  inden,   daß  die  Grenzen  für  den  Lehrer   immer  enger 
gezogen  werden,   wenigstens  habe   maa  das  so  angenommen.     Gelegentlich 
habe  daria  gestaadea,    die  Lehrpläne  seien  nur  eine  Form,   wie  es  gemacht 
werden  koaae,   es  gehe    auch  anders.     Aber   die  Schulen    hätten   geglaubt, 
sieb  in.  diesen  Bahnen  bewegen  zu  müssen.      Das  habe  das  Provinzialschol- 
kolleginm  mit  einer  gewissen  Verwunderung  bemerkt,  ond  man  habe  Wünsche, 
die  saf  eiae  größere  Freiheit  hinzielten,   gern  erfallt;    und   wiederholt   sei 
gesagt  worden,  daß  Freiheit  gestattet  sei.    Es  könnten  derartige  Vorschläge 
aacb  ias  Extrem  gehen,  das  sei  menschlich.    Gerade  deshalb  habe  das  Prov. 
ScbalkoUegiam   diese   Frage   als  Thema   für   die   Direktorenkonferenz  auf- 
gestellt.    Bei  den  Aufsätzen  brauche  man  sich  nicht  in  den  gewohnten  engen 
GrcBxea  za  bewegen.     Es  sei  möglich,   daß  den  Schülern  eine  Auswahl  ge- 
stellt werde.    Auch  bei  der  deutsohen  Lektüre,  bei  der  Geschichte  sei  eine 
griBsre  Freiheit  gestattet.     In  diesem  Sinne  könne   man    die  Anregung  be- 
grüßen,    aad   der  Vortragende  wünscht,   daß   von    der  Anregung   Gebrauch 
gemacht  werde.     Ea  komme  noch  dazu  eine  freiere  Gestaltung  der  Stunden- 
zahl  für  gewisse  Fächer.     Man   denke    vielleicht,   daß   aus  Schülerkreisen 
Wünsche  geaeßert  worden    seien.    Dem  sei  entgegenzuhalten,   daß   bei   der 
Pormaliemag   4er   Lebrpläne    nie   die   Schüler    gefragt   würden,    aber  die 
Sehaler  bitten    doch   mitgeredet     Die  Provinzialscholräte  hätten    nämlich 
die  ErftbroBg-  gesacbt,  daß  Schaler   in   einem  Fache   etwas   mehr   hätten 
IdiCea  dürfen,    aber  sie  hätten   ia   dem  Fache   aicht   mehr  geleistet.     So 


76  ^3.  Veriainmlaog:  rheiniselier  Seholniiineri 

z.  B.  ^ebo  es  Schüler,  die  in  der  Metkemttik  oiehU  leifteieoi  wohl  tber  in  dea 
andern  Fächern  befriedigende  Leiitnngeii  anfznweifen  hätten.  Wen«  diene 
die  Zeit,  die  sie  der  Mathenntik  widmeten,  für  dieie  andern  Fächer  be^ 
nutzten,  dann  worden  »ie  in  dieaen  etwas  Besonderes  leisten.  Von  einzelnen 
Anstalten  der  Provinz  seien  dem  Prov.  Scbalkollegiam  Anträge  vorgelegt 
worden.  Man  beabsichtige  dabei,  einen  CStoa  der  Prima  als  mathematiach- 
natarwissensehaftlicheu,  den  andern  als  sprachlich-historischen  zo  gestalten; 
der  Charakter  der  Schule  als  solcher  solle  dabei  gewahrt  bleiben.  Nach  der 
Absicht  des  Ministers  solle  keine  neue  Organisation  geschaffen  werden,  etwa 
ein  Realgymnasium  mit  Griechisch  oder  ein  Gymnasium  mit  Bngliach.  Auch 
handele  es  sich  nicht  um  etwas,  was  allgemein  gelten  solle,  sondern  nur  für 
bestimmte  Orte  und  Anstalten.  Auch  solle  die  Vermehrung  der  StiindenxtU 
in  dem  einen  oder  andern  Fach  nicht  der  Vermehrung,  sondern  der  Ver- 
tiefung des  Wissens  dienen.  So  sei  in  dem  mathematiachen  Cötua  von  einer 
systematischen  Einführung  in  die  Differential-  und  Integralrechnung  abzu* 
sehen;  im  sprachlich -historischen  Cötns  seien  philoaaphische,  literar- 
historische und  geschichtliche  Werke  tieferen  Gehaltes  in  den  Vordergmad 
zu  setzen.  Es  dürfe  dnbei  nicht  genügen,  den  Schüler  in  den  andern  Fächern 
auf  dem  Standpunkte  der  Obersekunda  zu  lassen,  sondern  er  müsse  ge- 
fordert werden.  Zum  Schlüsse  bemerkt  der  Vortragende,  daß,  anlange  er 
im  Provinzialschulkollegium  sei,  an  der  Grundlage  der  Schulen  nicht  ge- 
rüttelt werde;  aber,  wo  einem  Schüler  geholfen  werden  könne,  da  solle  es 
geschehen.  Nach  der  üblichen  Pause  trat  man  auf  Vorschlag  des  Direktors 
Schweikert  (M.  Gladbach),  der  nunmehr  den  Vorsitz  führte,  da  Prof.  Stein 
zum  Oberlehrertage  abreisen  mußte,  in  die  Diskussion  ein. 

Direktor  Vogels  (Köln)  führte  folgendes  aus:  Als  der  Gedanke  an  eine 
freiere  Gestaltung  der  Lehrpläne  zuerst  in  den  Zeitsehriften  aufgetaucht  aei, 
habe  er  ein  bedenkliches  Kopfschütteln  erregt,  und  er  glaube  mit  Hecht. 
Aber  nachdem  Geheimrat  Buschmann  in  seinen  lichtvollen  und  klaren  Ans- 
fübrungeu  eine  feste  Grundlage  gegeben  habe,  verzichte  er  darauf,  dia 
Bedenken,  die  damals  in  ihm  aufgestiegen  seien,  darzulegen.  Die 
Sache  verdiene  einen  Versuch,  und  es  sei  mit  Freuden  zu  begrnfien,  daß 
solche  Versuche  auch  in  unserer  Provinz  gemacht  würden.  Die  Sache 
werde  darauf  hinauslaufen,  die  Schüler  zu  entlasten  auf  Gebieten,  auf  denen 
sie  nicht  so  viel  leisten  könnten,  wie  die  Lehrpläne  verlangten.  Dies  sei 
auch  deshalb  von  Wichtigkeit,  weil  unsere  Lehrer  aufmerksam  ge- 
macht würden,  die  Bedürfnisse  der  Schüler  nach  eigenem  Ermessen  zu  be- 
rücksichtigen.   Das  werde  auf  die  Lehrer  anregend  wirken. 

Gebeimrat  Jäger  tagte,  er  trete  in  die  Verhandlungen  mit  erleichterter 
Seele  ein.  Er  habe  die  Thesen  aufgestellt,  damit  man  sich  über  die  Frage 
klar  werde.  Als  der  Gedanke  auftauchte,  habe  man  nichts  Rechtes  darana  zu 
machen  gewußt;  man  sei  besorgt  gewesen,  daß  das  Gymnasium  zerrüttet  werde. 
Diese  Besorgnis  habe  Geheimrat  Buschmann  zerstreut.  Et  werde  sich  nach 
seiner  Ansicht  nur  darum  handeln,  die  Freiheiten,  die  daseien,  weiter  ana- 
zubauen. Jedesmal  wenn  neue  Lehrpläne  erschienen,  habe  es  sich  gezeigt, 
daß  deren  Auslegung  von  den  Höchstkommandierenden  freier  gewesen  aei 
als  voD  den  Proviuzialschulräten ;  und  es  sei  ala  ein  Zeichen  ungewöhaüeker 
Selbständigkeit  angesehen  worden,  wenn  von  einem  Direktor  der  Lehrplaa 
spezifiziert  worden  sei.    1890  habe  man  in  Berlin  das  Versprechen  gegnbnn, 


von  A.  Plofi.  77 

M  ■«•  d^m  el«m«lii«a  Anitalten   ^$Bere  Freiheiteo  gesUtteo  werde.     Er 

•ti  teaoBtspreekettd  verfikreB,   nod  e«  sei  für  iho  jeist  sehr  tr6stHch,   daB 

•m«  Mifcsamig  tdek  ^stiitige.     Maa   sei  also   aicbt  gebvoden  an  die  Be- 

stiBB«acca  des  Lehrplanes,  nao  kSnae  es  auch  aoders  nachea.     So  werde 

jelrt   iio    A«f||^«be    seiB,    die   freiheitlichea   Momente    xor    Ansbildang    su 

MagaA  iia4    Meh  mwnotxe    la   maebea.      Es   baadele   sich  also   nicht   am 

«he  «tfawMiM  Aftdervng.     Zam  Sehlasse    seiner  Aasrdhrangen  teilt  J8ger 

•baa  Fall  am«  seiaer  Praxis  mit    Seinerzeit,   so  sagte  er,   sei   das  Latein 

ii  PrimB  anf  %  Stsadea  redmiart  worden,  er  habe  aber  7  Standen  nötig  ge- 

UbU     V«a  dies—  7  warea  2  Borasslaadea,    von  denen  er  nicht  gern  eine 

kofsgabaa  hltle.     Aber  eahieB  damals  streng:  Latein  6  Stunden.   Da  sei  er 

vor  saiae  RUsae  gaCjnetea  and  habe  gesagt:  „Ihr  habt  kvnftig  nnr  6  Stunden 

LialBiB»  d»tmt€r  iat  1  Stmde  Honn.  *    leh  bia  aber  erbfitig,   statt  1  Stunde 

2  Stasdea    %u   geben   aater   der  Bedingung,    daB   ihr   euch   einver- 

erhlirt.     Obarlegt  also,   wie  ihr  es  wänseht!''     Da   sei  denn  nach 

ttm  OateFriahl  bei  ihm  eine  DaputatioB  eraehieaen  mit  der  Bitte,  er  möchte 

die  7.  Lmlatsatoade  geben.     Die  Sache   sei  aber  doch  bedenklich   gewesen: 

hm  ia  dea  Lehrplanea  staadea  6  Stunden.    Wenn  eine  Revision  gekommen 

md  dta  entdeckt  worden   wSre,   so    wurde   er   ^wgt   haben,  die  Schüler 

itee  ee  ee  sewolit    Solehe  Pille  würden  künftig  nDgefihrlich  sein. 

Direkter  arüll  (Mülheim  am  Rhein)  führte  aus:  Als  er  die  Tiiesen 
direfageleaeBy  habe  or  geglaubt,  daB  Geheimrat  Jager  dssjenige  dargeboten 
litle,  vee  deaaae  Gegenteil  er  überaeugt  gewesen  sei.  Er  sei  der  Ansicht, 
daB  Jiger  am  ersten  damit  einverstaaden  sei,  dsB  solche  Freiheit  eioge- 
nimt  werde.  Wean  es  heifie,  die  Frage  sei  keine  breuDeade,  weil  es  ja 
vendbiedeoartige  Anstalten  gebe,  so  betone  er,  daB  doch  wenige  Orte  ver- 
Khiedene  Anstaltea  hatten.  Den  angegebenen  Weg  an  beschreiten  sei  viel 
keaser  ala  etwa  die  Gymnasien  ia  Reformonstaltea  umzuwandeln. 

Direktor  Sehweikert  (M.  Gladbach)  sagt,  durch  die  Prüfungsordnuag 
Uaae  aehea  jetzt  für  Schüler,  die  in  dem  einen  oder  andern  Fache  nicht 
peaegtea,  ein  Ausgleich  stattfiaden.  Die  gröBere  Freiheit  werde  den 
Schilera  sam  Vorteil  gereichen.  Was  ihm  Scbwierigkeiteo  bereite,  sei 
im'  Umstaad,  daB  das  Zentrum  der  Schule  dadurch  erschüttert  nod  verrückt 


Geheioirat  JSger  wMre  für  eiae  Modifikatioa  der  AbiturieatenprHfuog, 
wie  nie  frUher  in  Württemberg  gewesen  sei.  Dort  bitte  das  System  ge- 
hemehty  daB  jede  Leistung  in  Points  ausgedrückt  wurde.  Gut  im  Latein 
bitte  3XB  Poiata  gegebea,  Gut  im  Griechischen  2X6,  in  Mathematik  2X6, 
Anfnits  2X6.  Die  Points  seien  daaa  addiert  worden.  Da  hatte  dann 
ciaeai,  der  in  der  Mathematik  vermöge  verschiedener  ungünstiger  (Jm- 
stiede  vad  wegen  Mangels  aa  Begabung  nichts  leistete,  passieren  können, 
doch  bei  guten  Leistungen  in  den  übrigen  Pichern  die  Prüfung  zu  bestehen. 
Xach  preeBiaehem  System  wire  der  durchgefallen.  Zum  Schlosse  möchte  er 
aa  tie  VeraaauBlsag  die  Bitte  riehtea,  sich  zu  der  pidagogischen  Phantasie 
der  8.  These  xa  SoBern. 

PreC  RS  sie  na  (Düsseldorf)  steht  negativ  zur  ganzen  Frage  der  Frei- 
keit Br  wäre  dafür,  daB  maa  eadlieh  die  Lehrer  in  Ruhe  lasse;  aber  da 
er  van  Gehei«rat  Baaehnumn  gehört  habe,  daB  die  Grundlagen  der  höheren 
idkifea  flicht  verrSekt  werden  sollten,  sei  er  befriedigt.    Trotzdem  habe  er 


78    43.  VersammloDg:  rbeioischer  SdialmänDer,  von  A.  FloB. 

noch  leioe  BedeokeB.  Er  sei  der  Ansicht,  dafi  ein  Schüler,  der  in  einem 
Fache  sehr  gut  sei,  auch  in  den  andern  Fächern  wenigstens  GenSgendes 
leisten  könne.  Ihm  seien  die  normalen  Schüler  die  liebsten,  diejenigen,  die 
in  allen  Fächern  Genügendes  leisteten. 

Direktor  Brüll   widerspricht  den  Ansnihrangen    des  Prof.  Röskens. 

Zum  Schlüsse  betont  der  stellvertretende  Vorsitiende  Direktor 
Schweikert  noch  einmal,  dafi  es  dem  hohem  Schal wesen  sam  Segen  ge- 
reichen werde,  wenn  gröfiere  Freiheit  gewährt  werde.  Nach  allem  scheine 
diese  Versammlung  die  letzte  Osterdienstagsversammlong  an  sein.  Die 
Teilnehmer  dürften  aber  nicht  aoseinander  gehen,  ohne  sich  da*nkhar  an  er- 
innern, dafi  die  Versammlang  mit  Geheimrat  Jäger  verwachsen  sei,  er  habe 
die  meisten  Versammlongen  geleitet,  er  habe  sie  durch  seine  Mitarbeit 
wesentlich  gefSrdert.  Wie  viele  Vorträge  er  gehalten,  aei  nicht  an  über- 
sehen .  Hoffentlich  werde  der  demnächstige  gröfiere  Verband  die  Annäherung 
der  verschiedenen  Kollegen  erleichtern.  „Wir  dürfen  nicht  schliefien*',  sagte 
der  Vorsitzende,  „ohne  Geheimrat  Jäger  nnsern  herxliehen  .Dank  anssa- 
sprechen  und  ihn  zo  bitten,  noch  der  Führer  und. Leiter  der  demnäcbstigen 
Versammlungen  zu  sein^'. 

Das  gemeinschaftliche  Mahl,  das  die  meiaten  Teilnehmer  der  Ver- 
sammlung noch  einige  Stunden  beisammenhielt,  verlief  in  anregender  Weiae. 
Besonders  wufite  Geheimrat  Jäger  durch  einen  mit  Humor  gewürzten  Rück* 
blick  auf  die  43  Versammlungen  die  Teilnehmer  zn  erfreuen. 

Köln.  Anten  FloB. 


VIERTE  ABTEILUNG. 


EINGESANDTE  BÜGHER 
(Bespreehaag  eioxelner  Werke  bleibt  vorbebeltea). 


1.  Zeitsehrift  für  Lebrmittelwesen  ood  pida^ogUehe 
Litaratar,  heraotgeffebeB  von  F.  Frisch.  Jahrf.  2,  Kr.  7  —  10 
|Sl  193 — ^312  Bit  vieleo  AbbildoDgen). ' 

2.  Berliner  Akademisebe  Woeheoschrift  Nr.  1  (S.  1—10). 
Cradfeeiat  jeden  Mootag.    AboaneaieotBpreit  3  Jt  balbjährlich. 

3.  Karl  Schmidt-Jeaa,  Deotsehe  firziebaogspoütik.  Eioe 
Stadie  xar  Sozialreform  mit  eioem  Aobaag:  Die  deatsehe  Reformschule. 
Leifxis  1906,  IL  Voigtlaaders  Verlag.    47  S.    Lez.-8.    1  JC, 

4.  Mafiigkeits-Blatter.    Jahrg.  23,  Nr.  10. 

5.  lioaatsehrift  für  Scholgesang,  heransgegebea  voo  F.  Wieder- 
maaa  mad  £.  Paal.'    Jahrg.  ],  Heft  6—9  (S.  121—216).    Jährlich  4  JC. 

6.  Deatache  Rnadschaii  f&r  Geographie  ond  Statistik, 
beraaige^cbea  voo  F.  Umlanft.  Jahrg.  29,  Beft  1  (S.  1—48  mit  vielea 
Ahbildoa^B  uod  1  Karte). 

7.  Blütter  fSr  deutsche  firxiehaag,  heraosgegebea  voo  Arthur 
Schalx  ia  ßirkeawerder.    Jahrg.  8,  Heft  8—10  (S.  113—160). 

8.  Die  Stimme.  Zeotralblatt  für  Stimm*  uod  Tonbildung,  Gesaog- 
«■tmrricbt  aad  Stimmhygieoe,  heraosgegebea  uoter  Mitwirknog  vieler 
Facbauiaaer  voo  Th.  S.  Flatan,  K.  Gast,  A.  Gnsinde.  Berlio, 
Travitzaeh  &  Soha.    Jahrgang.  1,  Heft  1—3  (S.  1—96). 

9.  Dratsehe  Papier-Zeituog  Die  Postkarte.   Jahrg.  2,  Nr. 41. 

10.  Der  Coatiaeat.  Deotsch-fraozösische  Monatsschrift,  herans- 
fc^ebea  Toa  H.  Richter  und  Comte  A.  de  Poovonrville.  Jahrg.  1, 
Icft    1   (S.  1—104).    Jahrlich  12  Hefte  12  JC,  einxeloe  Hefte  1,25  jk. 

11.  Progres.  Revlu  international  pro  ommi  interesi  de  Idiom 
üeatral.  Organ  de  ^^rup  Neutral parlant"  ia  St.  Petersburg.  Apsr 
Kfcafaa  ia  •■«•  Redaktor  e  editor:  V.  Roseoberger,  V.  0.  Bolshoy  9. 
Adaaiaiatrator:  Maria   0.  de  Petersen,  Kryokov  6.    Jshrg.  ],  Heft  1.    Preis 

phiiieh  S  wM^m 

12.  A.  Roemer,  xur  Reform  der  Prüfungsordnung  für  das 
Lchraaat  ia  dea  philologisch-historischen  Fächern.  München  1906, 
1  L^daaeraebo  Boehhandlong  (Schopping).    49  S. 

13.  %V.  Lorey,  Die  Fortbildung  der  Philologen  in  ihrer 
Bedeataa^  für  die  Schule  und  das  Leben.  Vortrag.  6  S.  4. 
(S.-A.  aaa  ^Blltter  fiir  höheres  Schulwesen**  Jahrg.  23,  Nr.  8.) 

14.  %V.  Bohne,  Geschichte  des  Fürstlichen  Gymnasium 
*totheaeaiiB '  '"  Schleis.  Festschrift  zur  Feier  des  250jährigen  Be- 
iteheas  der  Aaatalt  auf  urkundlicher  Grundlsge  bearbeitet.  Schleiz  1906, 
F.  Wekera  Naehfolger.    211  S.    gr.  8  mit  einer  Tafel. 

15.  Jnmaaael  Kants  Kritik  der  reinen  Vernunft.  In 
^^1^  Amfla^e  revidiert  von  Th.  Valentiner.  Neunte  Auflage.  Kants 
Satliebe    W^rke  I.  Btod.    Leipzig  1906,   Dürr'sche  Buchhandlung.    Xll  u. 

TfiA  S      kl.    B-      ^  ^* 

16    A.  Bartels,  Das  Weimarische  Hoftheater  als  Natiooal- 

k-w««  f^r'di^  deataebe  Jugend.    Eine  Denkschrift.    Zweite  Auflage. 

Weiiur  1 906,  Henoaii«  Bohlaus  Nachfolger.    70  S.    0,50  M. 


80  Eioe^esandto  Biieber. 

17.  K.  F.  Kammer,  Deatsche  Sehal^ramiDatik.  Siebte  Auflage. 
Wien  1906,  F.  Tempsky.    VI  u.  250  S.    ^r.  8.    2  K  10  h,  geb.  2  iT  60  A. 

18.  A.  Scheiodlers  Lateinische  Schalgrammatik.  Heraas- 
gegeben  von  R.  Kauer.  Sechste  Auflage.  Wien  1906,  F.  Tempaky. 
240  S.    2  ^  10  h,  geb.  2  ^  60  A. 

19.  Anne  Bates  Hersmann,  Stndies  In  Greek  allegorieal 
interpretation.  I:  Sketch  of  allegorieal  Interpretation  before  Plutarch. 
II:  Plntorch.    Diss.  Chicago  1906.    64  S.    gr.  8. 

20.  H.  von  Randow,  Saalbnrg.  Roman.  Leipzig  o.  J.,  Paul  LUt. 
404  S. 

21.  M.  Merteos,  Hilfsbach  für  den  Unterricht  in  der  altea 
Geschichte,  flennte  ond  zehnte  Auflage.  Preiburg  i.  Br.  1906,  Herder. 
VUl  u.  154  S.     1,60  JCy  geb.  2  JL 

22.  H.  Hertens,  Hilfsbuch  für  den  Unterricht  in  der 
deutschen  Geschichte.  In  drei  Teilen.  Teil  III:  Deutsche  Geschichte 
von  der  Thronbesteigung  Friedrichs  des  Großen  bis  zur  Gegenwart  nebst  einem 
Anhang.  Siebte  und  achte  Auflage.  Freibnrg  i.  Br.  1906,  Herder. 
S.  241—386.     1,60  JC,  geb.  2  JC- 

23.  A.  Pahde,  Erdkunde  für  höhere  Lehranstalten.  Teil 
III:  Mittelstufe,  zweites  Stück.  Mit  8  Vollbildern  und  6  Abbildnngea. 
Zweite  Auflage.  Glogau  1906,  C.  Flemming  Verlag.  VIII  u.  172  S. 
geb.  2,40  JC. 

24.  Bilder  aus  dem  alten  Berlin.  Berlin,  J.  Spiro,  57  sehr 
schone  Abbildungen  nebst  Erklärnngen.    3,50  ^, 

25.  B.  Oppermann,  Einführung  in  die  Kartenwerke  der 
Königlich  Preußischen  Landesaufnahme  nebst  Winken  für  ihre 
Benutzung  bei  Wanderungen  und  ihre  Verwertung  im  Unterricht.  Mit 
5  Kartenbeilagen.  Hannover  1906,  C.  Meyer  (G.  Prior).  VII  u.  86  S.  12. 
geb.  1  «^. 

26.  Kaiser  Friedrich.  Ein  vaterlandisches  Festspiel  von 
J.  Fischer.  Für  Sopran-  und  Altstimmen  (Soli  und  Chor)  mit  Klavier- 
begleitung volkstümlich  in  Musik  gesetzt  von  Simon  Bren  (Opus  8ü). 
Würzburg,  UniversitäUdruckerei  von  H.  Stürtz.  Partitur  6  JC,  Solostimme 
0,20  JC,  Chorstimme  0,45  JC,  Textbuch  0,30  Mf  Textbuch  für  das 
Pnblikom  0,10'^. 

27.  Maria  Lischnewska,  die  geschlechtliche  Belehrung 
der  Kinder.  Zar  Geschichte  und  Methodik  des  Gedankens.  Zweite  Auf- 
lage. Frankfart  a.  M.  1906,  I.  D.  SauerlSnder.  36  S.  gr.  8.  0,50  JC. 
(S.-A.  aus  „Matterschatz''  Jahrg.  1,  Heft  4/5.) 

'28.  Kling-Klang-Gloria.  DeuUche  Volks-  und  KiBderlieder, 
aasgewählt  und  in  Masik  gesetzt  von  W.  Labler,  illustriert  von 
H.  Lefler  und  J.  Urban.  Wien,  F.  Tempsky;  Leipzig,  G.  Preytag  1907. 
Querfolio,  66  Seiten  mit  16  künstlerisch  ausgeführten  Vollbildern  in  Drei- 
Imrbcndruck,  jede  Seite  geschmückt  mit  Vignetten  und  Einrahmungen. 
Gedruckt  auf  hunstpapier.  In  farbigem  Umschlag  mit  farbigem  Vorsatz- 
papier gebunden.    4  JC^ 

29.  Tierschutz-Kalender  1907.    49  S.    0,10  wC  (portofrei). 

30.  E.  Isolani,  Thomas  A.  Edison,  der  amerikanische 
Erfinder.  Mit  1  Porträt.  Statt  gart  1906,  Carl  Ulshöfer.  62^  S.  8.  eleg. 
geb.  1  JC.  Das  Buch  bildet  den  ersten  Band  einer  Sammlung  von  Biogrnphien 
bedeutender  Männer  aller  Zeiten  und  Völker,  die  unter  dem  Gesamttitel 
„Männer  des  Erfolgs*'  bei  der  Verlagshandlang  erseheinen  soll. 

31.  B.  Plüß,  Unsere  Getreidearten  und  Feldblumen.  Be- 
stimmnng  und  Besdireibung  unserer  Getreidepflanzan  mit  Obersicht  und  Be- 
scbreibung  der  wichtigeren  Futtergewächse,  Feld-  und  Wiesenblumen.  Dritte 
Auflage.  Mit  244  Bildern.  Freibarg  i.  Br.  1906,  Herder.  VIl  u.  220  S. 
12.    geb.  2,40  JC. 


ABTEILUNG. 


ABHANDLUNGEN. 


Programm wesen  und  Programmbibliothek  der 
höberen  Schulen.     Mit  Programm -Bibliographie  you 

1824  bis  19060- 

Einleitung. 

Solange  es  an  höheren  Schulen  Programme,  Jahresberichte 
wie  wissenschaflliche  Beilagen,  in  der  heute  den  Schulmännern 
gdinfigen  Form  gibt  —  in  Preufien  und  den  meisten  ilibrigen 
Staaten  des  Deutschen  Reiches  seit  1825  oder  bald  danach,  in 
Österreich  seit  1851  — ,  so  lange  sind  auch  ihre  Bedeutung  und 
ihr  Zweck,  ihre  Kosten  und  ihr  Wert  Gegenstand  der  Behand- 
lung gewesen»  in  Zeitschriften,  in  Büchern,  auf  Versammlungen 
und  in  der  Tagespresse,  auch  in  den  Programmen  selbst,  wie- 
wohl nicht  eben  häufig.  Stadtverordnetenversammlungen  wie  Ge- 
meiodeYertretungen  müssen  für  die  von  den  Gemeinden  unter- 
haltenen höheren  Schulen,  wenigstens  was  die  Beilagen  der 
iahresbef  ichte  betrifft,  jedes  Jahr  bei  der  Etatsberatung  aufs  neue 
dazu  Stellung  nehmen,  ja  vor  das  Forum  eines  Landtages 
ist  die  Sache  schon  gekommen. 

Es    gibt    kaum    einen  Ton,   der  in  dem  langen,    nur  selten 
durch  Pausen  unterbrochenen  Konzert  nicht  angeschlagen  worden 
wäre.     Manch  warmes  Wort  ist  in  der  Sache  gesprochen  worden, 
das  ebenso    tiefes  Verständnis    für    die    Aufgaben    des    höheren 
ünterrichtswesens    wie    wahrhaftes    Interesse    für    den    höheren 
Lehrerstand    und   sein  Verhältnis   zu    Schule,  Haus  und  Wissen- 
schaft   eingegeben   hat.    Leider   sind    derartige  Äußerungen,   be- 
sonders   wenn    sie    an    etwas    entlegenen    Stellen    veröffentlicht 
wurden,  nicht  immer  so  bekannt  geworden,  wie  sie  es  verdienten. 
Daneben  aber  sind  auch    andere  Töne   laut   geworden;   man  hat 
die  ganze  Einrichtung  als  unzeitgemäß,  überflüssig  und  kostspielig 
mit   harten,    nicht   selten    auch    wohlgewürzten,    aber    meist    zu 
schnellen  Worten  angegriffen,  ja  sie  als  einen  des  höheren  Lehrer- 
standes   unwürdigen   und    schädlichen    Zwang    hinstellen  wollen. 
Diese  Verbindung  mit  der  „Standesbewegung*'  ist  nicht  eben  ver- 


1)  Am  Schlnue  beSndet  sich  ein  geaanes  lohaltsvorzeichBi's, 
iMM  bei  den  Unfinge  der  AbhaadliiDS  maoehem  willkonmeD  aeia  wird. 
£iBe  Soaderava  slabe  erseheiat  gleickieitis. 

frftirtr  t  d.  GjwMiaialir«Mtt.    lAI*    1.  v.  S.  6 


82     Prog^rammwesfln   aod  Pro((rammbibIiothek  d.  hob.  Schnleo, 

Wunderlich;   es   liegt  in    der   Natur    der   Sache,   daß   in   einem 
Stande,    dessen  Zugehörigkeit  zu  den  höheren  Beamten  erst  seit 
2   Jahrzehnten    förmlich   anerkannt   ist,   der   so  lange  um  seine 
äußere  Stellung   und  Anerkennung   gekämpft  hat  und  jetzt  noch 
kämpft,  einer  Angelegenheit,  die  eine  so  lange  Entwicklung  hinter 
sich    und    doch   alle  Veränderungen    der   äußeren  Form  wie  der 
inneren     Einrichtung     der    hölieren     Schulen     ilberdauert    hat, 
wenigstens  zeitweise  nicht  überall  die  Ruhe  der  Beurteilung  ent- 
gegengebracht wird,   die   zu  ihrer  richtigen  Würdigung  nötig  ist. 
Auch   an   der  einfachen  Kenntnis  des  Tatsächlichen   mangelt   es 
nicht  seilen;  dazu  kommt,  daß  gelegentlich  die  Kritik  von  Stellen 
ausgeübt   worden    ist,    denen  doch  die  notwendige  Fühlung    mit 
dem  inneren  Leben  der  Schule  fehlte.    Manche  Ausstellungen  sind 
auch  gemacht,  viele  Klagen  wieder  und  wieder  erhoben  und  durch 
die  Kraft   der  Suggestion   zu  Wirklichkeiten    gestempelt   worden, 
die    schon    das   einfache    Studium   der    Literatur    über    den 
Gegenstand    hätte    zum    Schweigen    bringen   sollen.     So    war  es 
z.  B.  ein  empfindlicher  Mangel,  daß  man  in  der  Hauptsache  meist 
nur   die    preußischen  Verhältnisse  zur  Grundlage  der  Beurteilung 
machte,  trotzdem  sie  schon  infolge  der  hier  besonders  für  finanzielle 
Fragen    wichtigen  Verschiedenheit   der   Instanzen    (staatliche  und 
städtische  Behörden)  eigenartige    Schwierigkeiten    bieten,  dagegen 
die  Entwicklung  und  den  Stand   der  Sache  in  anderen  deutschen 
Staaten,  ganz  besonders  aber  in  Österreich,  zu  wenig  in  Betracht 
zog.    Man  wird  sehen,    daß  sich  bei   einer   Gesamtbetrachtung 
das  Bild    recht   erheblich  verändert.     Vor  allem  hat  man  endlich 
den  engen  Zusammenhang  nicht  recht    beachtet,    der  zwischen 
dem  Programmwesen  überhaupt   —    aus  dem  man  m.  E. 
mit  Unrecht  und  etwas  künstlich  eine  förmliche  „Programmfrage'' 
gemacht  hat  —  und    der  Programmbibliothek    besteht.     Denn 
auch  diese   ist    eine  Einrichtung,   welche  der  Tradition  mehrerer 
Generationen  ihr  Werden  verdankt.     Der  Finger   ist  hier  wohl  in 
eine  Wunde   gelegt   worden,    die    man    als  schmerzend  empfand; 
aber  ob  und    wie    man    den  Schaden    —   im    Anschluß   an  ge- 
geschichtlich   gewordene    und  in    der  Wirklichkeit  gegebene  Ver- 
hältnisse   —    heilen    könnte,    ist   an    der  Hand    des  überreichen 
Materials  noch  nicht  versucht  worden.    So  ist  die  Besorgnis  nicht 
ganz  unbegründet,    es  möchten  die  Stimmen  derer  die  Oberhand 
gewinnen,    die    das   ganze    Gebäude,    unter   dessen  Schutze    viel 
Gutes  geschaffen  worden  ist  und  bei  zweckmäßigem  Ausbau  auch 
heute  noch  m.  E.    dauernd  Förderliches    geleistet    werden    kann, 
am  liebsten    einrissen,    ohne    doch    —    wie  sich  zeigen  wird  — 
einen  wohnlicheren  Neubau  an  seiner  Stelle  errichten  zu  können. 
Zwar    die    großen     Staatsverwaltungen    von    Preußen     und 
Österreich,  auch  Bayern  und  einige  kleinere  Staaten,  halten  noch 
an   der  Tradition  fest    und  werden,    wie  alle  Freunde  der  Sache 
hoflen,  zu  grundsätzlicher  Änderung  die  Hand  nicht  bieten.    Hier 


.   von  R,  üllriob.  :     83 

uod  da  aber^    in    anderen .  kleiaeren  Staaljen,    auch,  ia  mattchen 
SUdlen  —  deren  Zahl  wohl  größer  ist,  als  gewöhnlich  angenommen 
vird  —  \>r5ckelt  ^chon  ein  Stein  ab;   und    da  die  Sachs  in  Zu^ 
sammenhang    mit    gewissen, .  freilich    weit  ober  Qebuhr  betonten 
finanziellen  Erwägungen  steht,  ist  doch  zu ,  befiU'chten,  daß  es 
damit    noch    weiter    geht,    wenn    nicht  an   den  richtigen  Stellen 
die  richtigen  Männer  das  richtige  Wort  finden,  das  unbekfip^mert 
um  äufieren  Beifall  bei  idealer  und    hoher  Auffassung  des  S^i^s 
auf  ruhige  Sachlichkeit  sich  grfindet  und  am  Ende  doch  gegenüber 
allen    aus    Mangel    an    Einsicht    erhobenen    Einwendungen    und 
manchen    deshalb    mit  Unrecht   angestellten    wirtschaftlichen  Er- 
wägungen das  letzte  bleibt.    Zwar  sage  ich  keineswegs    ,,imt,  vt 
nmf\  und   eine  Program mapoiogie  zu  schreiben    ist  nicht  meine 
Absicht.     Man  braucht  auch  nicht,  wie  selbst  in  kleineren  Dingen 
oft  geschieht,  übertreibend  das  übliche  ,^videant  connUes,  ne  quid 
res  pnö/tca  etc.**  heraufzubeschwören.     Wohl    aber   ist  die  Sache 
wichtig    genug,    um    die    volle  Aufmerksamkeit   aller  Beteiligten 
dauernd  rege  zu  erhalten.     Und    das  sind    nicht  bloß  die  Schul- 
ffiänner  selbst,  die  Gelehrten,  die  staatlichen  und  städtischen  Be- 
hörden, sondern  auch  die  weiteren  Kreise,  denen  das  Wohl  der  höheren 
Schulen  am  Herzen    liegt,    die   man  aber  bei   der  Abfassung  be*- 
sonders  der  Beilagen  oft  ganz  vergessen  hat,  z.  B.,  abgesehen  von 
reifn-en  Schulern,  deren  Eltern,  ehemalige  Zöglinge  der  Anstalten 
n.  a.  m.    Sagt    man    also   etwa  „$itU  programmaia,  reformeniur, 
reformata  crttcant^*^  und  weiter  „otVieaiif  consHks,  ne  ratio  ea  qnae 
naer  sckoiam  ei  vüam  intercedit  turbetur*\  so  dürfte  man  vielleicht 
dem  Richtigen  nahe  kommen. 

Die  Abhandlung,  die  hier  vorgelegt  wird,  ist  nicht  oder  doch 
nicht  nur  für  Kenner  geschrieben,    sondern    auch  für  solche,  die 
sich  in  die  Dinge  einfähren  lassen  möchten,  um  sich  dann  selber 
ein  Urteil  zu  bilden.     Mit  Ausdrücken    „wie  bekannt''    oder  „die 
liekannte  Anschauung  von  .  .  .''  u.  a.    ist  daher   sparsam  umge- 
gangen worden.    Spricht  man  in   einem  für  klassische  Philologen 
bestimmten  Buche  von   „der  bekannten  Horazstelle*'  —  mit  oder 
ohne  Zitat  — ,  so  darf  man  in  der  Begel  auf  Verständnis  rechnen. 
Bei  Goethe  ist  es  schon   schwieriger.     Selbst    wirkliche  „Goethe- 
kenner'*    kennen    ihren    Dichter   so   leicht    nicht  aus.     Und  be- 
gegnet   man    der  „bekannten  Stelle*'  bei  Schriftstellern,  die  man 
bisher  selber  nicht  kannte,  so  wird  man  (neben  dem  Gefühl  der 
eigenen  Unwürdigkeit  und  Kleinheil)  die  unbestimmte  Empfindung 
nie  ganz  los,    der   andere  habe  die  Stelle  vielleicht  kurz  vor  der 
Niederschrift   selbst    in  seinem  Goethe    gerade  erst  gelesen    oder~ 
sie  vielleicht   gar    aus  fremdem    Zitat  —  besonders    wenn  falsch 
zitiert  wird    —    übernommen.     Nun    gibt   es    aber   noch  immer 
gerade    unter    den    wissenschaftlich   tatigen  und  tüchtigen  Schill- 
mäaaerD    —    ▼on    anderen   ganz  zu  schweigen  —  nicht  wenige, 
die  an  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Schulgeschichte  und  Scbulr 

6» 


84    ProgrammwefeD  nod  Pro|;ramttbiblioth6k   d.  höh.   Schulen, 

Organisation  vornehm  yorObergehen,  auf  dem  doch  jeden,  der  nur 
seine  Sinne  gebraucht,  eine  geradezu  verschwenderische  FöUe  von 
Aufgaben  locken  muß  (vgl.  Teil  II  2).  Dafür  möfaen  sie  sich 
entweder  lieber  mit  facfawissenschaftlichen  Stoffen,  für  die  ihre 
Kenntnis  oder  ihr  Arbeitsmaterial  nicht  ausreicht,  oder  sie  be- 
geben sich  auf  methodischem  Gebiete  zum  101.  Male  an  Auf- 
gaben, die  schon  vor  ihnen  hundertmal  und  oft  besser  behandelt  worden 
sind,  oder  endlich  sie  verlieren  sich  in  richtiger  Erkenntnis  dieser 
Tatsachen  in  ganz  entlegene  Gebiete,  die  mit  der  Schule  und 
ihrer  eigenen  Arbeit  für  diese  in  gar  keinem  Zusammenhang 
mehr  stehen. 

Es  schien  mir  deswegen  nicht  unzweckmäßig,  an  erster 
Stelle  eine  wiederum  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  ge- 
gliederte Bibliographie  (Teil  I)  aller  wesentlichen  Meinungen 
und  Äußerungen  zum  Programmwesen  und  zur  Programmbibliothek 
zu  bringen  —  was  auf  diesem  Gebiete,  glaube  ich,  hier  zuno 
ersten  Male  geschieht.  Text  und  Anmerkungen  können  auf  diese 
Weise  erheblich  entlastet  werden.  Nachdem  wir  gefunden  haben^ 
daß  Bücher  mit  k  Seite  Text  und  l  Seite  Anmerkungen  in  der  Regel 
zum  Lesen  ungeeignet  und  nur  als  Materialiensammlung  brauch- 
bar sind,  verfällt  man,  scheint  mir,  besonders  in  Scbulzeitschriften 
heute  leicht  in  das  andere  Extrem,  darauf  loszuschreiben  (auch 
da,  wo  man  selber  den  Stoff  und  die  Literatur  über  ihn  kaum 
genügend  beherrscht),  während  doch  einmal  die  Gerechtigkeit  er- 
fordert, sich  dankbar  zu  denen  zu  bekennen,  auf  deren  Schultern 
wir  stehen,  und  es  wiederum  gerade  im  Wesen  aller  didak- 
tischen Literatur  hegt,  auch  den  Leser  auf  die  Quellen  hinzu- 
weisen und  ihm  die  leichte  Nachprüfung  möglich  zu  machen. 
Mit  dem  bloßen  Hinweise,  daß  „Kenner  die  benutzten  Quellen 
unschwer  erkennen  werden'',  ist  denen,  die  sich  auf  einem  ihnen 
in  der  Hauptsache  bisher  fremden  Gebiete  zurechtfinden  wollen, 
nicht  gedient. 

Das  trifft  auch  auf  unsern  Gegenstand  zu;  und  diese  Schrift 
möchte  ihrerseits  mit  dazu  beilragen,  in  den  Kreisen,  für  die  sie 
bestimmt  ist,  Sinn  und  Verständnis  für  bibliographisch  zuver- 
lässige Grundlagen  zu  mehren,  deren  Notwendigkeit  doch  für 
jeden,  der  den  Zusammenhang  und  die  Entwicklung  erfassen  will, 
am  Tage  liegt.  Vielleicht  trägt  die  Obersicht  auch  dazu  bei,  ein- 
mal allzu  eilige  Schriftsteller  davon  abzuhalten,  Gedankenspäne 
schnell  auszustreuen,  wenn  sie  sehen,  daß  das  schon  vor  ihnen 
reichlich  geschehen  ist,  andererseits  diejenigen,  die  um  lohnende 
Aufgaben  in  Verlegenheit  sind,  auf  Lücken  der  Entwicklung  auf- 
merksam zu  machen.     Und  das  wäre  kein  kleiner  Gewinn. 

Auf  der  gegebenen  Grundlage  wird  dann  Teil  II  die  ganze 
„Frage'*  des  Programmwesens  einer  aligemeinen  Revision 
unterziehen,  im  allgemeinen  (1)  wie  mit  besonderem  Bezüge  auf 
die  „Beilagen**  der  Jahresberichte  (2)  und  diese  selbst  (3). 


voB  R.  ÜUrioh.  g5 

Es  läßt  sich,    wie   ich   glaube,  der  Sache,   gerade   wenn   sie   im 
ganzen  angesehen  wird,  manche  neue  Seite  abgewinnen ;  ein  etwas 
veränderter  Standpunkt   der  Betrachtung,   der   den    Umschwung 
des  wissenschaftlichen  Lebens  Oberhaupt  wie  in  seinem  besouderen 
Verhältnis  zum  Schulleben  im  Laufe  der  letzten  Jahrxehnte  aus* 
reichend   würdigt,  wird  vielleicht  dazu  helfen  können,  einen  schon 
halb  aufigegebenen  Posten  dadurch  zu  erhalten,  daß  man  ihm  eine 
andere  Stelle   anweist,    die   ihn    schützt  und  der  er  auch  selber 
nützen    kann.        In  Teil  III   endlich   soll    der  Versuch   gemacht 
werden,    der   Programmbibliothek,  dem  integrierenden  Teile 
jeder  Lehrerbibliotliek  —  das    ist  sie  nach  der  ganzen  Entwick- 
lung des  Programmwesens  und  muß  sie  auch  bleiben  — ,  wenigstens 
einigermafien  zu  ihrem  Rechte  zu  verhelfen,  in  bezug  auf  ihre  Ein- 
richtung   ebenso    wie  ihre  Benutzung.     Beides  hängt  ebenso  eng 
unter  sich  zusammen,  wie  es  andererseits  von  der  zweckmäßigen 
Regelung  der  Programm  frage  gar  nicht  zu  trennen  ist.     Die  Pro- 
grammsammlungen   vieler  Anstalten  bedürfen  der  Hilfe  fast  noch 
mehr  als  die  Lehrerbibliotheken  überhaupt^),  wenn  sie  nicht  wie 
diese    noch    weiter   hinter   den  Zielen    zurückbleiben  sollen,    die 
ihnen  heute  gerade  so  weit  gesteckt  werden  müssen,  wie  dies  bei 
anderen  wissenschaftlichen  Fachbibliotheken  längst  geschehen  ist*). 
Es  kommt  dabei    nicht  einmal    so  sehr  auf  Räume  und  Geld  an, 
obgleich  hier  bei  einer  seit  Generationen  bestehenden  Einrichtung 
mit    ganz   bestimmten  Zwecken    manches   gesündigt   worden  ist, 
als  Tielmehr    und   hauptsächlich  auf  Arbeitsfreudigkeit  und  guten 
Tillen  der  Bibliothekare  wie  der  Schulmänner  überhaupt,  und  es 
läßt  sich  —  exempla  trahunt  —  hier    viel  mehr  erreichen,  wenn 
nur  die  Bedeutung  des  Programmwesens    erst   recht   erkannt  ist 
oder  der  verlorene  Glaube  daran  durch  zeitgemäße  Erfassung  des 
Zweckes    wieder    gewonnen    wird.     Endlich    wurde   ich    zu    ein- 
gehenderer   Behandlung    auch    dieser    Seile    der   Sache    dadurch 
▼eranlaßt,  daß  von  vielen,  die  meinen  auf  bessere,  den  veränderten 
Zeitverhältnissen     entsprechende    Nutzbarmachung     der    Lehrer* 
bibliotheken  abzielenden  Bestrebungen  freundlich  gegenüberstehen, 
direkt    an    mich  das  Ersuchen  gerichtet  wurde,  ich  möchte  auch 
diese  Angelegenheit  (ich  habe  sie  selbst  einmal  ein  „Kreuz*'  vieler 
Lehrerbibliotheken  genannt)  ausfuhrlicher  behandeln. 

Da  ich  früher  {Bentüzg.  n.  Einr.  usw.  S.  25  f.,    J)it$t  Zeitsehr. 
S.  697  f.)  aus  äußeren  Gründen  nur  ganz  kurz  auf  die  Sache  eingehen 

1)  Ober  diese  vgl.  nene  frühere  Schrift  ^^Bemdsung  und  Einrichtung 
der  LeknrMUtilukmi  an  käkeren  SekuUn.  Fraktitehe  yortehläg^  sti  ihr&r 
Beform'^  Berlia  1905,  XX  v.  148  S.  (230  JC),  (erweiterte  Aussähe  der 
«•tspreehepdea  Abhaadlins  diuer  ZeUsehriß,  Jahrg.  LVIIi  (1904)  S.  673—808) 
■ed  den  kvrxeo,  aaeh  aaf  die  Stterreichischeo  Verhältoisie  etagehenden 
Abriß  LeärertiblüfihßkBn  d^r  höheren  Schulen  ia  Reias  Bnxyklop.  Hdk,  d, 
Pä^jgegik^V  (1906)  S.  428— 452,  wo  aoch  die  allgeneiae  wie  die  Spexial- 
iiteraiar  fir  dms  ganxe  Gebiet  verseiehaet  wordea  iat. 

t)  ygU  besoadere  dieee  Zeäeehrift  LX  (1906)  S.  766  Mitte. 


86     ProgramDwesen    und  ProgramDbrbliothek  d.  höh.  Seholen, 

konnte,  entledige  ich  mich  jetzt  der  mir  selbst  lange  am  Herzen 
liegenden  Aufgabe  um  so  lieber,  als  mir  durch  das  schon  oft 
bewiesene  freundliche  Entgegenkommen  des  Herausgebers  dieser 
Zeitschrift  so  viel  Raum  gewährt  worden  ist,  daß  die  mehr 
bibliothekarisch^technische  Seite  der  Sache  nicht  för  sich  allein 
besprochen  zu  werden  braucht,  sondern  im  Zusammenhang  mit 
dem  Gegenstande  im  ganzen  bebandelt  werden  kann.  Zum  Schluß 
(IV) wird  das  Wesentlichste  in  Leitsätzen  zusammengefaßt  werden. 
So  gliedert  sich  denn  die  Abhandlung^)  in  <ler  Hauptsache  so: 

I.  Programm-Bibliographie. 

1.  AlIpeBeine  Qoellen-Stmmluogeo. 

^)  Ich  erfiille  hier  die  tngeoehine  Pflicht,  tUeo  deo  Schalmannera 
und  Gelehrten  Deutschlands,'  Österreichs  und  der  Schweiz  zu  daDkeo,  die 
mich  bei  der  Arbeit  io  dieser  oder  jeoer  Weise  naterstotzt  hsbeo.  Viele  Direk- 
toren oad  Kollegen,  besonders  Bibliothekare,  haben  meine  Bitte  nm  Zaseodung 
von  Jahresberichten  wie  wissenschaftlichen  Beilagen  ans  alter  und  neuer 
Zeit  erfüllt,  die  mir  selbst  hier  in  Berlin  entweder  ganz  fehlten  oder  nicht 
für  l&ogere  Zeit  überlassen  werden  konnten.  Ihre  Zahl  ist  so  grofl  (be- 
sonders weil  die  Sendungen  z.  T.  nicht  bloß  für  diese  Arbeit,  sondern  auch 
für  eine  andere,  größere,  noch  ausstehende  in  Betracht  kamen  —  vgl. 
Teubners  Mitteilungen  1906  I  S.  6  f.  — ,  daß  ich  sie  nicht  alle  einzeln  an* 
fuhren  kann.  Besonderen  Dank  mochte  ich  aber  auch  namentlich  allen  aus- 
sprechen, die  so  freundlich  waren,  die  Sache  brieflich,  z.  T.  wiederholt  und 
sehr  aosfuhrlieh,  durch  INachweise  zu  fördern,  durch  die  ich  meine  eigocD 
Verarbeiten  bestätigen,  ergänzen  oder  berichtigen  konnte,  oder  die  zuver<> 
IMssiges  Material  für  Gebiete  beisteuerten,  die  mir  selbst  nicht  bekannt 
genug  oder  für  die  wiederum  hier  in  Berlin  die  Quellen  nicht  immer  zu- 
gänglich waren.  Es  gilt  das  besonders  für  manche  organisatori5che  Fragen 
des  höheren  Schulwesens  außerhalb  Preußeos,  sowie  für  das  mathematisch* 
naturwissenschaftliche  Gebiet,  soweit  es  in  Teil  II  2  berührt  worden  ist.  Es  sind 
außer  dem  Herausgeber  dieser  Zeitschrift  vor  allem  die  Herre» 
(von  einigen,  die  Beiträge  zugesagt  hatten,  waren  sie  bei  Beginn  des  Druckes 
noch  nicht  eingegangen):  Dir.  Dr.  0.  Adamek  (Graz),  Prof.  Dr.  J.  Bittner 
(Czernowitz),  Prof.  G.  Büeler  (Frauenfeld),  Oberbiblioth.  Prof.  Dr. 
R.  Ehwald  (Gotha),  Prof.  Dr.  S.  Feh  leisen  (Schw.-Hall),  Biblioth.  Dr. 
S.  Frankfurter  (Wien),  Dir.  Dr.  Wilh.  Gemoll  (Liegnitz),  Rekt.  Prof. 
Dr.  B.  Gerth  (Leipzig),  Hofr.  Dr.  J.  Huemer  (Wien),  OL.  Dr.  0.  Jacobi 
(Braunschweig),  Geh.  Reg.-R.  Prof.  Dr.  £.  Lampe  (Charlottenburg),  Prof.  Dr. 
F.  Lortzing  (Berlin),  Prof.  Dr.  G.  Meyer  (llfeld),  Prof.  Dr.  Felix  M  o  1 1  e  r 
(Friedenau  b.  Berlin),  OL.  Dr.  Heinr.  Müller  (Wilmersdorf  bei  Berlin), 
Prof.  Dr.  Heinr.  v.  Müller  (Karlsruhe),  Dir.  Prof.  Dr.  M.  Nath  (Nord- 
hansen), Prof.  D.  Dr.  Eberh.  Nestle  (Maulbroon),  Geh.  Oberschul.-R.  L.  N od  - 
n«gel(Darrost8dt),  Prof.  Dr.  F.  Poske  (Berlin),  Prof.  Dr.  G.Strakosch- 
Graßmann  (Wien),  OL.  Dr.  J.  Tropf  ke  (Berlin),  Dir.  a.  D.  Prof.  Dr.  J. 
Wal  1  n  e  r  (Brunn,  jetzt  in  Graz),  Rekt.  Dr.  P.  W  e  i  z  s  ä  c  k  e  r  (Calw),  Prof.  Dr.  P. 
Wendland(Bres]au),Geh.  Reg.-R. Dir.a.D. Dr. H.Wingerath(Str8flburgi.E.> 
und  Prof.  Dr.  K.  Wotke  (Wien).  Ancheinergrößeren  Anzahl  von  Verlegern 
habe  ieh  zu  danken,  vor  allen  den  Herren  Inhabern  der  Teubnersche» 
Verlagsbuchhandlung  (Leipzig)  und  der   Weidmnnn sehen  (Berlin). 

Die  Vorarbeiten  zu  dieser  Abhandlung  haben  mir  wiederum  aufs  deiit«> 
liebste  gezeigt,  wieviele,  z.  T.  übrigens  von  Spezial forscher n  ohne  erhebliehe 
Schwierigkeit  zu  bearbeitende  Hilfsmittel  besonders  bibliographischer  Art 
uns  gerade  auf  dem  Gebiete  der  Sehnlgeschiehte  und  Schulorganisation  noch 
fehlen.  Auf  manche  Lücken  dieser  Art  ist  in  Teil  II  2  an  der  Steile  hinge- 
wiesen worden,  wo  es  sich  um  geeignete  Aufgaben  für  Programmbeilagen  handelt. 


v#ii  R.  Ullrieh.  .  87 

2.  Die     wiekligsteo     amtJiehcB.    Verfäi^iinf es      über 
das  Programmweseo. 

3.  Progranni-Veraeiehnisae. 

4.  KiozeUchrifteB,AiifsiitieyVortrSge,VerhaDdlaDgeBQ.ä. 

11.  Das  Programmwesen. 

1.  Allgemeioes.     Skizae  der  Eatwiekloag. 

2.  Die   Zweckmäßigkeit  der  Beilageo  zn  des  Jahre s- 
beriebtea. 

3.  Die  Notweadigkeit  der  Jahreaberiohte. 

III.  Die    Programmbibliothek,    ihre  Einrichtung    und 
Benutzung. 

IV.  Leitsatze.    Inhaltsverzeichnis. 

I.  Prosramm-Blbllographle  Yon  1824—1906'). 

Vorbemerkungen.  Die  Nummern  der  4  Abteilungen, 
in  welche  die  Bibliographie  zerßllt,  zeigen  chronologische 
Folge,  damit  überall  die  Entwicklung  deutlich  wird.  Um  aber 
Jedem  die  AuHindung  eines  Autors,  den  er  mit  Namen  kennt, 
leicht  zu  ermöglichen,  ist  in  der  ersten  Anmerkung  zu  Abt.  1, 
3  und  4  noch  eine  einfache  alphabetische  Namenöbersicht 
gegeben,  unter  Hinzufögung  der  Nummer,  unter  welcher  der 
betreffende  Verfasser  im  Texte  der  Bibliographie  zu  finden  ist. 
Bei  2  schien  eine  zweite  Ordnung  neben  der  nach  Lindern  und 
innerhalb  dieser  nach  Daten  gegebenen  unnötig.  Jeder  wird  sich 
bier  leicht  zurecht  finden.  Vollständigkeit  ist  angestrebt,  und  für 
alles  irgend  Wesentliche  in  den  Abschnitten  1,  3  und  4  wohl 
auch  erreicht');  sogar  manches  recht  Unbedeutende  und  wenig 
Förderliche  in  Abschnitt  4  durfte  nicht  fehlen,  weil  auch  dies  für 
die  Erkenntnis  der  Entwicklung  und  manche  Irrungen  auf  einem 
so  Tiel  behandelten  und  umstrittenen  Gebiete  charakteristisch  ist. 
Literatur,  in  der  nur  gelegentlich  auf  das  Program mwesen  und 
was  damit  zusammenhingt,  Bezug  genommen  wird,  ist  in  die 
Bauptlisle  nicht  mit  aufgenommen,  sondern  an  den  betr.  Stellen  zitiert 
worden,  ebenso  gröBere  Werke,  welche  mittelbar  der  Sache  förder- 
iich  sind.  —  Soweit  möglich,  sind  auch  die  Preise  der 
Bücher,  Zeitschriften,  Abhandlungen  etc.  hinzugefügt. 
Wo  das  Format  gr.  8^   ist,  wird  es  nicht  besonders  bezeichnet. 


1)  Die  Sekriftea,  Verfiigaageo  osw.,  die  ia  deo  AbteiloDgea  1—4  aa- 
gefakrt  werdea,  siad  voa  mir  aaheza  alle  gelesea,  exzerpiert  iiad  Tür  die 
Abkaadlaag  verwertet  wordea.  Nar  bei  eiaigea  Sebriftea,  besoaders 
Pragraauien  (aock  eiaigea  ZeitiekrifteaaoiilitzeB),  war  dies  aiebt  moglieb, 
tfa  sie  weder  io  der  Progianaitaniailoag  der  Sebnie  oder  aaf  der  Kgl. 
Biblietkek  zn  Berlia  vorbaadea  waren  aoch  voa  dea  betr.  Scbulea  selbsl 
crJaagt  werden  koaatea.  Sie  siad  im  Verzeiekais  darcb  ein  *  keaatlieb 
geaaakt.  Wikread  dea  Droekes  giag  Ubrigeas  manebe  seboa  anfgegebeae 
Hofaoag  iafolge  gSastiger  Unatüade  aoch  ia  Krfüllaag,  so  dafi  sieb  die 
Ziki  der  mir  aicbt  zogäagUekea  Arbeitea  fast  aaf  Nall  reduzierte. 

')  Für  den  Nnekweis  etwa  öbersebeaer  Literatnr  (besoaders  aus  dea 
dealsckeo  Staaten  aafierPreaßea  oad  aas  Österreicb)  werde  icb  daakbar  seia. 


gg     Proframmwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.    Seholeo, 

1.  Allgemeine  Quellensam  mlungen^). 

Vorbemerkung  za  1—4:  Die  Quelleo  der  AbteilDogen  1  ood  2  sind  mit 
röniseheo  ZilTero  fortlaafeod  bezeichnet,  die  von  3  und  4  dgl.  mit 
arabischen. 

A«  Deutsches  Reioh'). 
a)  Preußen. 

J.  Neigebaar,   Joh.   Ferd.,    Die  preu/Sisehen  Gymnasien  fmd    hd'k»ren 
Bürgerschulm,    Berlin,   Posen    und    Bromberg,    1835.  £.  S.  Mittler, 
XVI,  365  S.    Für  Programme  vgl.  besonders  S.  314—818. 
II.  Rönne,  Ladw.  v.,    D<u   Unterrichtswesen   des  preufsischen   Staates. 
Bd.  II    (HSbere   Schulen.     Universitäten.     Sonstige    Roltoranstalten). 
(In:    Die    Verfassung    und    Verwaltung    des   preuf siechen     Staates, 
Bd.  Vni2II).      Berlin    1855.      Veit  n.  Co.,   XX,   663  S.      Für    die 
ganze  Programmangelegenheit  vgl.  hier  besonders  S.  158—164. 
IIa.>)  s.  n. 


1)  Die  Namen  der  Heraasgeber  von  Nr.  I— XXIX,  bezw.,  wo  diese 
fehlen,  die  der  Quellensammln  ngen  selbst  in  alphabetiseher 
Folge  (anter  Hinzardgang  der  Nummer,  anter  der  sie  im  Texte  angeführt 
werden)  sind: 

Nr.  Nr.  Nr. 

Beier    .     .  .V      Killmaon  [I]  XI    "Verhandlungen 

Direktoren  -  Versamm-  „        [U]   .     .      XII      der    Direktoren- 

langen s.  ferAaiMtfcrn^n    Kretzachmar  .     .XXIV      Vers,  in  Preofien       VI 
DöUinger     .     .     .     XVI    Krüger ....     XIÜ    Verordoangsblatt 
X:rler  [I]    ...       VII    MuhXer  ^^fViese-K,  (Baden).     .     .     XIV 

„     [II]       .    .    .      VIII    Miarenzeller,  v.  XXIX   — ,(Österreicb)XXVII 
„     [III]     ...        IX    Ministerialblatt  IVarnkrofi    .     .         X 

Fehleiseo  .     .     .   XXV        (Bayern)  .     .  XVIII    Wiese-Köhler     .        IV 
Füger      ....     XIX    INeigebaur     .     .  I    ZeiUchrift  f.d  6 W.   Ha 

Gesetz-  und  Ver-  Nodnagel    .    .     .    XXI    Zeitschr.f.d.österr. 

ordnuigsbfatt  Rönne,  v.      .     .         II      Gymo.     .     .     .   XXVI 

(Kgr. Sachsen)    XXII    Schreyer   .     .    XXIIIa    — d.  Realschal w. 
Gesetz  asw.(Els.-  Seibel    ....   XVII    [inÖsterreich]  XXVIII 

Lothringen)       XX    Seydewitz,  v.      XXlIIb    Zentralblatt 

«Toos XV  (Preußen)      .    .        III 

^)  Das  große  Quellenwerk  der  Monumenta  Germaniae  Paedagogica 
(1886  ff.,  Berlin,  A.  Mofmann  u.  Co.)  bietet,  soweit  es  erschienen  ist,  io 
seinen  Schulordnongen  (Hessen,  Siebenbürgen  u.a.)  für  onsern  Gegen- 
stand, wenigstens  für  die  hier  in  Betracht  kommende  Zeir,  noch  nicht  viel. 
Für  Braunschweig  vgl.  Bibliogr.  Abt.  2  zu  ^i  mit  den  Anmerkungen. 
*)  Zu  erwähnen  ist  hier  auch  die  vorliegende  Zeitschr,  f,  d.  GßV, 
(seit  1847,  hrsg.  v.  H.  J.  Müller,  Berlin,  Weidmann,  12  Hefte,  mit 
den  Jahresberichten  des  Philolog.  Vereins  20  JCh  weil  sie,  ehe 
es  das  Zentralblatt  gab,  die  wichtigste  Zeitschrift  für  höheres  Schul- 
wesen überhaupt  war  (was  sie  für  das  Gymnasial  wesen,  besonders  auch 
wegen  ihrer  philologischen  Jahresberichte,  wohl  aacb  heute  noch  ist) 
und  gerade  für  das  Programmwesen  der  älteren  Zeit  so  viele  Ab- 
handlungen, Meinangsäoßerangen  und  bibliographische  Obersichten  enthält, 
daß  sie  auch  in  dieser  Hinsieht  eine  der  wichtigsten  Quellen  ist.  Vgl.  ins- 
besondere für  Programm  Verzeichnisse  einzelner  Jahre  in  den 
verschiedenen  Provinzen  Preußens  und  a n d eren  St aaten, 
die  in  Abschnitt  3  nicht  alle  angeführt  werden  können,  das  General- 
register von  H.  S.  Anton,  I— XL.  Jahrgang,  1847—1886  (Berlin  1893. 
Weidmann,  14  JC.)  S.  473—478. 


YOB  R.  Ullrieh.  g9 

fll.  ZmiralbkM^)  für  die  gesamte  üfUerriehtsverwäUimg  in  Prettfeen,  hrig. 
in  MinisL  d.  geistl.,  Uoterr.-  «.  MediziaalaogeUgeaheiteB,  aait  1959. 
Stattgart-Berlio,  CotUs  Naokf.  12  Hefta,  IJi  (aiaaaloa  Hefte  0,80  j^, 
Heft  1 :  1,60  Jt-) 

IV.  W'ieae*},  Ludw.,  n.  0.  Kubier,  ^erordntmgen  und  GesetzefUr  die 
höheren  Schulen  in  Preuften.  Berlio,  Wiegaodt  n.  Griebea.  I.  Die 
Sehale-  ^  1886.  XVI,  488  S.  geb.  9,75  JC  (s.  Z.  vergriffen),  H.  Das 
Lehramt  und  die  Lehrer,  '1888.  XI,  521  S.  geb.  10,25  JC.  Ober 
Prog^ramme  vgl.  besooders  I  S.  376->383,  II  S.  489. 

V.  Bei  er'),  Ad.,  Die  höheren  Schulen  in  Preuften  und  ihre  Lehrer, 
Sammlung  der  wichtiggten,  hierauf  besägUchm  Gesetze,  Verordnungen, 
Verfügungen  und  Erlasse  nach  amtliehen  Quellen,  brsg.  von  Adolf 
Bei  er,  KanzL-R.  Halle  a.  S.  1902.  Bacbb.  d.  Waiieahaoses.  XVI, 
565  S.     Gaozl.  9  JC.  (Voo  deo  beideo  ErgäDzaogsheftea  1(1904)  XVI, 


^>  Hierza  bis  jetzt  4  [General-jRegisterbäode: 
[11    za  den  15  Jahrg.  1859—1873.  Berlio,  1874  W.  Hertz,  153  S.  4JC 

(DJ    9„     „       8       „      1872—1879.      „        1880    „        „  116S.  3„ 

nni    „     „     10       „      1880—1889.      „        1892    „        „  167  S.  4  „ 

IIV]   „     „     10       „      1890—1899.      „        1903  Cottai  Naehf.,  199  S.  4  „ 

Wie  hier,  so  siad  aach  bei  den  anderen  Staaten  die  betr.  amtiiehen 
•ier  halbamtliehen  ScbnlblMtter  angefahrt,  in  denen  die  in  Abt. 2 
aBifefniirtea  Verordanngen  o.  iL  ober  das  Programaiwesen  verzeichnet  sind. 
Wo  Generalregister  existieren,  die  für  die  erste  Anffiodnn;  einer 
bestiamten  Tatsadie  ganz  nneotbehrlich  sind,  werden  sie  überall  mit  vor- 
zeichset.  la  Seholbibiiothekea  verdienen  die  letzteren  noeh  mehr  Förderong, 
als  iknea  s.  Z.  ia  der  Regel  zoteil  wird. 

^)  Es     ist     selbstverständlich,     dafi     aneh    Wieses     historisch- 

stalistiaches  Werk  Das  höhere   Schulwesen   in   Preußen,     Historisch' 

statistische  Darstdlung.    Im  Anftr.  d.  Ministers  der  geistlichen,  Unterrichts- 

nad  MediziBalaagelegeaheiteo   heraosgegeben,   3  Bde.  Berlin,  Wiegandt  und 

Griebea,  I  ([bin  1863]  1864),  »(1864— 1868/9;  1869),  III  1869— 1873/4;  1874) 

der    YoriiegreDden   Arbeit   vielfach    zu    gute   gekommen  ist    (vgl.  besonders 

Ahtfcbaittni).    Dorch  die  Portsetzung  von  B.  I r m e r ,  Bd.  IV  (1874— 1901/2; 

ebeeda    1902.  XXX  nnd  966  S.  Lex.  8o.  geb.  29  JC)  ist  es  fast  bis  auf  die 

Gegenwart    fortgeführt   worden    und    bietet   mit  seiner  Fülle  von  Material 

Anre^aa^ea,  die  noch  lange    nicht  genug   fruchtbar  geworden  sind.    In  den 

Lckrerbibliotheken    der    höheren    Schulen    ist   es,    wie   ich  aus  den  Schul- 

bericktea  der  letzten  Jahre   sehe,   bei   weitem  aicht  so  heimisch  gewordea, 

wie  es  sollte.     Hoffeatlich  übertrügt   sich  die  Abneigung  mancher  gegen  die 

Persea   WieBe%  (vgl.  auch  ,,Leöenserinnerungen  u.  Amtserfahrungen^*   Bd.  II 

S.  40)      "Wie    eie  u.  a.    in    dem   immer  noch  verhältnismäßig  langsamen  An- 

waebaea  der  ^,  Wiese-Stiftung''  zum  Ausdruck  zu  kommen  seheint,  nicht 

a«f  aeiae  ^iBBeu^ehsLliMehefk,  in  der  grundlegenden  Literatur  des  Schulwesens 

aaerreicbten   Werke.      Eine  neuere  historisch-statistische    Quellensammiuog 

von  der  ßedeotaag  der  vorliegenden  besitzt  wenigstens  kein  anderer  dentseber 

Staat,  aaeb  Österreieb  nicht.   Erst  in  Sachsee  (s.  u.  S.  93   Anm.  1,  SehluB) 

ist  der  Aafaag'  xa  eiaer  solcheo  gemacht  worden.  Kleinere  Staaten  (ich  denke  in 

erster  Liaie  ao  Worttemberg  und  Bayern)  hätten  es  viel  leichter,  eine  ühn- 

li  he   so    sehstffen»     In  Grunde  wissen  die  AogehÖrigen  des  höheren  Lebrer- 

^^      «^raehi^^^''^'  Bundesstaaten  reeht  wenig  von  der  Verschieden- 

rf'-f*    Kotwieblooff  ^^^  ^^'  Staades  der  entsprechenden  Schnleinrichtnnfen. 

iul  uA  12  des   ß  4in in  ei  sterschen  Handbuches  vgl.  die  Anm.  zu  Nr.  XXIV. 

l/berM.  J  ^^   ^jiiBiBlottg,  so  gut  sie  ao  sich  ist,  kann  doch  die  von  Wiese - 

/         ich«     arae^xeo,  wie   neuerdings   öfters   gesagt   worden  ist.    Bin 


i  /  / 


00     Programmweseo  uDd::Pr,ogi<t|iimbibliotliek  d.  höh.  Schaleo, 

i    83  S.  ],5Q  v^  oBd  II  (1906)  XVIII,  116  S.  2  Jt,  konnit  für  die  Pro  - 
'•\   i^raniiDv.erbältDiisc  oor  das  «weite  io  Betracht). 

AaßerdeiD: 

,,yt  f^erhandbwg^en  der  Direktorenyersammlüngen  in  den  Provinzen  des 
Königreichs  Preufsen  feit  dem  Jahre  1879,  Berlio,  Weidmaoo,  Lex.  8<^. 
^\»  1907  erschieoea  70  BMode  (der  letzte  1905).  (Einzelpreise  ver- 
schiedeo,  Gesaintpreia  bis  Eode  1905:  372,20  J^;  for  die  Bäode 
1 — 52  besteht  eio  ermÜßi^r  Preis  vod  200  Jt,  far  preii Bische 
'HaDdluDgen  voo  ISO  JC^  —  mit  Aasnahme  der  Bände,  welche  die 
Provinz  dea  Abnehmers  betreffen). 

Brler,  Prof.  Dr.  W.,  Die  Direktorenkonferenzen  des  preufsischen 
Staates,  Sämtliche  auf  ihnen  gepflogene  f^erhandltingen^  geordnet, 
exzerpiert  und  eingeleitet  dorch  eine  Darstellnng  der  geschichtlichea 
Entwicklung  dieser  Konferenzen.     Berlin,  Weidmann.     3  Teile: 

VW.  [l.J  [Bis  zum  Jahre  187 S].     1876.  XVI,  272  S.  5  JC. 

VlII.  HM  Erster  Nachtrag.   In  den  Jakren  1876   und  1877.  —  1S79. 
'    IV,  144  S.    2,50^. 

I^i  [IIL]  :^weiter  Nachtrag.  In  den  Jahren  187 9,  1880  und  1881. 
—  1882.    V,  131S.  2,50  JC. 

X.  Warnkrofi,  Dr.  M.,  ord.  L.,  Register  zu  den  Direktorenversamm- 
lungen in  den  Provinzen  des  Königreichs  Preußen  seit  dem  Jahre 
1879.  Umfassend  Bd.  I—XXXIV  [1879—1889].  Berlin  1890.  Weid- 
mann.   iV,  81  S.     Lex.  so.    2,40  J(- 

Killmann,  M.,  Healschuldir.,  Die  Direktorenversammlungen  des 
Königreichs  Preufsen.  Die  Meinung  sauf serungwi^  Wünsche^  Anträge 
'  und  Desehkisse  der  Mehrheiten  nebst  einzelnen  Berichten  und  Fer- 
handlungen  in  Auszügen  oder  wörtlicher  Wiedergabe.  Berlin,  Weid- 
mann.    Lex.  80.  (2  Teile): 

XI.  (!.]*)  1860^-1889.  [Einzelveröffentlichungen  seit  1860^)  und  y^Ferhand-- 
hingen  seit  1879''  Bd.  I-XXXIF]  1890.    XVI,  476  S.  12,—  JC, 

XIT.  [II.]  1890-^1900.  [Bd.  XXXr—LX]  1900.    XII,  192  S.  6,—  JC. 


Neudruck  der  letzteren,  z.  T.  im  Buchhandel  vergriffenen  ist  immer  noch 
wünschenswert,  und  Lehrer bibliotfaeken,  die  anf  eine  gewisse  Vollständigkeit 
ihrer  schulgesehichtlichen  Bestände  halten,  sollten  auch  die  für  ein  ver- 
tieftea  geschichtliches  Studium  des  preußischen  höheren  Schulwesens  gaaz 
uneotbehrlichen  Werke  voo  Neigebanr  und  v.  Rönne  zu  erwerbeo 
suchen.    Sie  sind  antiquarisch  noch  zu  haben. 

1)  In  diesem  Bande  befindet  sich  auch  (S.  1 — 4)  ein  kurzer  ge- 
sehichtiicher  Oberblick,  eine  Ausführung  über  Bedeutung  und 
Wert  der  Versammlungen  (S.  4 — 8),  sowie  über  ihr  Werden  und  ihrea 
Verlauf  (S.  8—15). 

^)  Ober  die  Art  der  Einzelver offen tlichnngen  vor  dem  Jahre 
1879  vgl.  die  Zusammenstellung  bei  M.  Killmann,  Art.  yJHrektoren- 
honferenzen''  in  Heins  Enzykl.  Hdb.  d.  Päd.  Ml  (1904)  S.  272. 


voo  R.  Ulirieh.  9t 

b)  Die  übrigen  Staaten. 
a)  AnbalL 

XIIL  Krnger^,    Prof.    Dr.  Gost,  Ilerzogl.  Anhalt,    Geh.  Seholrat,  Fer- 
Qrdmtmg^n    umä   Gesetze  für  die   Gymnaeien   und  RtaUuuiaUeM   des 
Her%oghans   AnhaU.    In   Anflr.   d.  HerxogL   Ref^eroog,   Aht.  f.  das 
Sehnl Wesen,  hearbeitet.      Dessen    1902.    C.  DSnahaopt,   VIII,   455  S. 
geb.  9  M. 

ß)  Baden. 

XIV.  yenirdnuMkgshlaU^)  des  GrofskenogUdmn  Oberschulrates  (seit  1863). 
KarUrahe,  (Malseh  n.  Vogel).  Lex.  8^.  Zahl  der  Hefte  wechselnd. 
Jahrespreis  (bei  Bereehnong  des  Dmckbogeas  mit  0,12  Jt)  dorch- 
scbDittlich  etwa  2,—  JC, 

XV..  Jooa'),  Aag.,  Prils.  d.  Großh.  Bad.  VerwaltungsgeriehUhofs  (früher 
Dir.  d.  Obersehnirata),  Die  MiUeUehukn  im  Grofshertogium  ßadeN* 
EfäwiekUmgsgangy  Orgtmisatuni,  Lehrpläne,  Leitung  und  FerwaJUung 
dersdben.  Karlsrahe  nad  Tanberbischofsheim,  *  1898.  J.  Lang. 
Geb.  8  tM" 

y)  Bayern*}. 

XVI.  Dollinger,  G.,  Sammlung  der  im  GeMete  der  inneren  Staatsver- 
waltung des  Königreichs  Bayern  bestehenden  Verordnungen,  ans  amt- 
liehea  Qoellen  geschöpft  und  systematisch  geordnet.  Bd.  IX.  Unter- 
richt und  Bildung  enthaltend.  Mönehen  1838  (o.  V.)  4»  3  Teile: 
1.  XXIII,  S.  1—538;  2.  XXI,  S.  539-^984;  8.  XXXVI,  S.  9S5 
—  1756.  Hier  kommt  in  Betracht:  Teil  2:  II.  Lyseen; 
IlL  Gymnasien;  IV.  Lateinische  Schalen. 

XVII.  Seihel,  V.,  Prof.,  Die  revidierte  Ordnung  der  lateinischen  Schulen 
und  der  Gymnasien  im  Königreiche  Bayern  vom  24,  Februar  18Ö4  mit 
den  »either  erschienenen  VoUtugsbestimmungen,  Erläuterungen  und 
NeneUen.  Systematisch  geordnet  Mit  ministerieller  Genehmigung 
ver6tentlichL    Bamberg  1864.     Bachner,  VIII,  150  S. 


^)  Ich  möchte  diese  Sammlnng  gans  besonders  hervorheben.  Sie  ist  so 
zwcekmüfiig  eingerichtet  and  geht  nach  aaf  so  viele  fiinzelheiten  ein,  wie 
dies  eben  nar  bei  der  Verwaltang  eines  kleineren  Staates  möglich  ist. 
Indes  fehles  von  anderen  Staaten  ähnlicher  Art  gleich  vortreffliche  Samm- 
langea  voo  Verordnangeo  ond  Gesetzen  fSr  das  höhere  Schal wesen  aus 
meiktrer  Zeit  dorchaas. 

^  Da  das  yerordnungsblatt  aaf  der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin  nicht 
vorhaadea  ist,  konnte  im  Abschnitt  2  (fir.  LVII— LX)  im  allgemeinen  nicht  nach 
der  Origianlpoblikation,  sondern  nur  nach  Joes  (Nr.  XV)  zitiert  werden. 

>)  Den    Bache    fehlt    ein    chronologisch    geordnetes    Ver- 
zeichnis   der  Verfug  an  gen,   das   für  derartige  Sammlungen  nur  ausr 
•ahmsweise  so  entbehren  ist;  hoffentlieh  wird  es  in  der  3.  Aufl.  hinzngenigf. 
4)  Eia  neae  res  QaelJenwerk  über  das  bayerische  höhere  Schalwesen, 
in  ier  Art   etwa    von  Wiese-Kahler    aad    Beier    für  das  preoBische» 
.^odaa^el  für  das  hessische,  Kretzscbmar  für  das  sächsische,  Krtiger 
lar  4uB  aahaltisehe,  fehlt.    Ein  bayerischer  Schulmann  würde  sich  ein  Ver- 
dienst erwerben,  wenn  er  diese  Lücke  aotfüUte. 


9^     Progrtmmweseo  ood  PrograDmbibliothek  d.  höb.Sehaleo, 

XVIII.  Mtnuterialblatt^)  für  Kirchen-  und  Schtdanfrelegenheiten  im  König- 
reiche Bayern,  amtlieh  hrsg.  vom  Staatsminuterium  des  Innern  für 
Kirchen-  u.  Sckukmgelegenheiten{%e\t  1865).  MäDchen,  (Th.  Acker* 
maoo).  Etwa  40  Nommero  jihrlicb.  6,75  JC* 
XIX.  Püger,  J.,  K^l.  G.-Prof.,  Die  Schdordnungen  ßrdie  hwnanittischen 
Gymnasien,  Progymnasien  und  Lateinschulen  im  Königreich  Bayern 
vom  23.  Juh  1891  hevw.  vom  25,  Juni  1894,  daeo  die  Prüfungs- 
ordnung für  das  Lehramt  an  humanistischen  und  technischen  Unter- 
richtsanstalten  vom  21,  Januar  1895  mit  den  seither  erschienenen 
authentischen  Interpretationen,  Ergänzungen  und  FoÜuigsbestimmungen^ 
INacb  amtlicbeo  Quelleo  bearbeitet  Wiirzbarg  1900.  Stabel.  l6o. 
VI,  154  S.     (SubeUcbe   Gesetzes-Sammluog  Nr.  147.)  Kart.  1,80  JC, 

ä)  Elsaß-LothringeD. 

XX.  Gesetz,  [vom  12.  Februar  1873]  f^erordnungen  und  Verfügungen,  he^ 
treffend^)  das  höhere  Schulwesen  in  Elsafs-Lothringen.  AmÜkhe  Aus- 
gabe.   Straßborg  1878.    €.  F.  Schmidt  (Frdr.  Ball).  IV  n.  104  S. 

b)  Hessen^). 

XXI.  NodoageP),  L.,  Geb.  Oberachul-R.,  Das  höhere  Schulwesen  im 
Grofsherzogtum  Hessen.  Gesetze,  f^erordnungen  und  Verfügungen. 
Giefieo  1903.  E.Roth.  Lex.  8<^.  VII,  328  S.  Geb.  7,50^.  Mit 
Nachträgen  (bisher  2;  ebenda). 

I.  März  1903  bis  Juli  1904.     1905.    46  S.     ],20  JC. 

II.  Juli  1904  bü  JuU  1906.     1906.     39  S.     1,—  JC* 

Q  Königreich  Sachsen. 

XXII.  Gesetz'  und  Verordnungsblatt  für  das  Königreich  Sachsen,  seit  1835. 
Dresden,  C.  C.  Meinhold  u.  Söhne.  Lex.  8^.  Zahl  der  Hefte  ver- 
schieden.    2,50  JC. 

XXIIIa.  Sehreyer,  Ednard,  Reg.-R.,  Kodex  des  im  Königreich  Sachsen 
geltenden  Kirchen-  und  Schulrechts,  mit  EinscblaB  des  Eherechts  und 
des  Rechtes  der  frommen  and  der  milden  Stiftungen.    Zweite,  gänzlich 


1)  Haoptregister  zo  den  Jahrgängea  [I— XXVIII]  1865—1892. 
München,  1893.  Jos.  Roth  (G.  Franz)  98  S.  2  ^ 

')  Eine  nenere  Sammlong  fehlt  anch  hier,  wird  aber  wohl  von 
allen,  die  an  dem  hiShereo  Schulwesen  des  wiedergewonnenen  Reichslandes 
Anteil  nehmen,  als  ein  Bedürfnis  empfunden.  Ein  zweites  älteres  Werk, 
„Die  Verwaltung  des  höheren  Unterichts  in  Elsa fs- Lothringen  von  1871 
bis  Ende  1878"*,  Straßburg,  1879.  C.  F.  Schmidt  (Frdr.  Ball),  war  mir  nicht 
zugänglich. 

^)  Für  die  Programmverhältoisse  des  ehemaligen  Königreichs 
Hannover  können  einige  orientierende  Bemerkungen  bei  [Seh malfnß], 
Das  höhere  Schulwesen  des  Königreichs  Hannover  seit  seiner  Organisation  im 
Jahre  1830  (Hannover  1855,  Fr.  Culemann,  81  S.)  S.  72—74  verglichen 
werden. 

«)  Abt.  2  Nr.  LXXnr  enthält  eine  kleine,  hierher  gehörige  Er- 
gänzung dazu,  die  der  Herr  Herausgeber  geneigtest  zur  Verfügung  ge- 
stellt hat. 


voB  R.  UUrieh.  9} 

va^etrb.  «od  bii  tnf  die  BMMto  Zeit  fortfefSkrte  und  ergiotte  Auf- 
lage. ImAoftr.  des  KgL  MiBiiteriam  des  Kultus  o.  öffeBtl. 
ÜBterriebts  bearb.  «od  bertasyegebeo.  Mit  ehrooolof.  o.  slpbabet. 
Reifster.  Leipzig,  1864.  Berob.  TeoebBits.  4°.  XII«  1041  S.  — 
Ober  die  erste  ABHage  des  «9dw  vgl.  Abt.  2,  Nr.  LXXVl— LXXVllI 
«b4  die  ABBierkung  d«zB. 

XXmb.  Seydewitz,  Paul  v.,  K9d»x  das  im  Kömgrmek  SachMen  gtUenden 
Rirehnt-  und  Sehäreehts,  mit  BiBSchluß  des  fibereehts  und  des 
Rechtes  der  fronuieB  nod  mildea  Stiftnogeo.  SuppleBeatbaod 
zur  2.  Anfl.,  eothaltead  die  emtddagend»  GeM^Ugtbung  seit  dem  Jahre 
tS63  und  Nachträge  %um  Hauptwerke.  Im  Auftr.  des  Kgl.  Mioi- 
sterinms'  des  Raltus  n.  öffeotlicbeB  Unterricbts.  Leipaig^ 
1879.     Berah.  Taocboitz.  4^  VI,  710  S.  26  JC, 

XXIV.  Rretzsebmar*),  J.  F.,  Geb.  Reg.-R.,  Dae  höhere  Sehulweeen  im 
Känigreieh  Sachsen,  Geset»  über  die  Gymnasien,  Bealsehuien  und 
Seminare  vom  22.  Aug.  1876,  nebst  Ausführungsverordnung,  und  die 
einsehiagenden  Gesetee,  ß^erordnungen  und  Entscheidungen,  (lo: 
Juristische  Handbibliothek,  brsg.  v.  Max  Hallbaaer  uad  Dr.  Walter 
Seheleher,  Bd.  158).  Leipzig,  1903.  A.  RoBberg.  kl.  8^  Xli, 
704  S.  10,—  JC- 

tj)  Württemberg. 

\XV.  Fehleiaeo'),  Prof.  Dr.  G.,  Sammhmg  der  wichtigsten  Bestimmungen 
für  die  Gelehrten-  und  Realschulen  fTürttembergs.  Siattgart  1900. 
W.  Roblhammer.     2  Bl.  u.  233  S.  3,50  Jt. 


>)  Bei  der  Reiehbaltigkeit  dteaes  Werkes  (doch  vgl.  S.  91  Asm.  3) 
fcisBCB  wesigsteas  s.  T.  die  älterea  QaelleBwerke  (vgl.  Otto 
Kaenaasl  ia  Baumeisters  Hdb.  d.  Erz.  u.  Unterriehtsl,  f.  höh.  Seh. 
I  2  (1897)  S.  117)  bier  Hbergaogeo  wrrdeo.  Die  Literatora  ogabea  in 
diesem  der  „Einrichtung  und  Ferwaltung  des  höheren  Schulwesens  in  den 
Stdturiändem  von  Europa  und  in  Nordamerika**  gewidmetea  Bande  des  be- 
keaateB  Haadbuebes  sind  übrige as  gaaz  unzureiebend.  Bei  maachen 
Slaatea  werdea  gar  keine  Quellen  angegeben,  bei  vielee  eia  paar  Zeilen,  wo 
cbaaeoviel  Seitea  aotwendig  gewesen  waren.  Wo  soll  sich  derjenige  zoers  t 
Rats  erhelea,  weao  nicht  bier,  der  sich  über  des  ihm  zunächst  fremde 
behera  Sebolweaea  eiaes  aaderea  Staates  orientieren  will?  Dazu  gebfireu 
aber  vor  allem  eingehende  Quellennachweise.  Die  Beitrage  sind  beinahe 
aiafhlieBlieb  von  Tragera  bekaanter,  z.  T.  sehr  berühmter  flamen  in  dea 
eiBzelaeB  Liadern  selbst  verfaflt.  Voa  diesea  darf  man  wohl  erwarten,  dsfi 
sie  die  betr.  Literatur  nicht  bloB  selbst  kennen,  sondern  auch  andern  zur 
KeaatBia  briagen  (Genaue  Titel,  Zahl  der  Bände,  Jahr  uad  Ort  des  Er* 
flcbeiBesa,  Verleger  u.  s.  f.,  ev.  erläoterude  Zusätze).  Bs  ist  dringend  zu 
winaehen,  daB  ia  der  wohl  bald  zu  erwarteaden  Neuauflage  des  Bandes  diesem 
Maagel,  der  seinen  Wert  erheblich  beeinträchtigt,  abgeholfea  werde.  Pur 
die  Verbaltaiaae  der  eiazelnen  sächsischen  Anstalten  (zunächst  der 
17  GyaiBBaieB)  ist  wichtig:  FeröffentUehungen  utr  Geschichte  des  gelehrien 
Schulwesens  im  jMertinischen  Sachsen,  hrsg.  im  Anftr.  d.  sächsischen 
GymBasiallelirer-Vereias.  L  Leipzig,  1900.  B.  G.  Teubner.  VII, 
248  S.    Lex.  S^.     6  JC. 

^  Diese  (abrigens  z.  Z.  vergriiTene)  Sammlung  enthält  keine  Be- 
itimmuBgea  über  das  Programmwesea,  obgleich  solche  soch  vor  1900  er- 
Itssea  worden  siod.  llofeatlieh  wird  die  aeue  Auflage  (wozu  schoa  die  Verfügung 


94     ProgramBweien  und  ProgrtminbibliotheLd.  höh.  Scholen, 

B*  Österreich. 

XXVI.  Zeäschrift  für  die  Österreiehüehen  Gymnasien,  hrsg.  v.  J.  Hoener, 
£.  Bauler,  H.  v.  Araim,  seit  1850.  Wieo,  C.  Gerolds  Söho,  12  Hefte. 

XXVII.  Ferordnungthlatt^)  für  den  Dienstbereich  des  K.  K,  Ministenums 
für  Kultus  und  Unterricht,   red.    im  R.  R.  Mioisteriam  f.  K.  u.  U., 

seit  1869.    Wieo,  R.  R.  Sehe Iböcher verleg.  Lex.  S^.    24  Hefte.    5  Jt. 

XXVIII.  Zeitschrift  für  das  Realschuhoesen*)  [io  Österreieb],  hrsg.  v. 
E.  Czaber,  A.  Bechtel  u.  M.  GlSser,  seit  1876.  Wieo,  A.  Holder. 
12  Hefte.  14,—  Ji- 

XXIX.  Marenzelier,  Dr.  Edm.  Bdier  v.,  Normalien  für  die  Gymnasien  und 
Realschulen  in  Österreich,  Im  Auftr,  u.  mit  Benutzung  der  amtlichen 
Quellen  des  R.  R.  Ministeriums  für  Rultus  und  Unterricht,  Wien» 
R.  R.  Scholbächerverlag.     Lex.  8  <^.  2  Teile. 

I.  Gymnasien  : 

1.  8  ßl.,  LXXXVI  u.  S.  I— S8ü.     1884.    3,—  J(. 

2.  S.  381—831.     1884.    8,—  JC. 

II.  Realschulen: 

8  BI.,  XXXVI  a.  835  S.     1889.     6,—  JC. 
Hierher  gehöreo  die  Abschnitte: 
I.  1.  §  116  (S.  LXXX1II). 

2.  Nr.  473-483  (S.  645—654). 
II.  Nr.  369-374  (S.  670-674). 

C.  Die  Sehweis. 

Vgl.  die  von  G.  Fiosler  (Baumeisters  ^</6.  1  2,  S.  366)  aogerührte 
Literatur,  aas  der  besonders  das  periodische  Werk  ,^Jahrbuch  des  Unter- 
richtswesens  in  der  Schweiz^^,  hrsg.  v.  Alb.  Haber,  Zürich,  Grell  Püßli, 
hervorzuhebeo  ist  (seit  1887;  der  letzte  (XVill.)  Jahrgang  über  da^  Jahr 
Ji904  erschien  1906;  6,—  Ji*)    S.  u.  zu  Nr.  C. 

vom  2.  Jan.  1902  Anlaß  bieter,  s.  a.  Nr.  LXXXXI)  entsprechend  vervoiN 
släodigt.     Vgl.  noch  S.   91  Anm.  3. 

Niebt  zugänglich  gewesen  ist  mir  die  große  Sammlung  Dir  die  ältere 
Zeit:  A.  L.  Reyscher,  ß^oUständige,  histor.  u.  krüisch  bearb.  SammUmgr 
der  wärttemb.  Gesetze.  Bd.  XI  2,  Gefetze  für  Mittel-  u,  Fachschulen  bis  1646, 
hrsg.  V.  R.  Hirzei,  Tübingen  1847.  Foes.  CXCVl  o.  932  S.  10,80^  VgL 
Abt.  2  zu  Nr.  LXXXiX— LXXXXI. 

^)  Da  die  Zeitschrift  mit  der  Reorganisation  der  Österreichische a 
Mittelschulen  im  Jahre  1849  eng  zosammenhängt,  aueh  regelmäßige  Be* 
richte  über  die  Programme  bringt,  ist  sie  hier  roitaogerdhrt.  VgL 
das  Repertorium  über  die  ersten  40  Jahrgänge  C1SÖ0—1H89J  und  das 
Supplemmthßft  des  37 ,  Jahrganges  von  Rarl  Stejskal  [seo.],  ebenda  1890. 
XIII,  538  S.  15,—  JC  (s.  auch  dsselbst  S.  IV  f.). 

3)  Eins  der  Hefte,  jetzt  in  der  Regel  das  letzte,  enthält  (seit  1876) 
regelmäßig  ein  Verzeichnis  der  in  dem  betr.  Jahre  erscbienenen 
österreichischen  Mittelscholprog ramme;  vgl.  BibUogr,.  Abt.  3,  Nr.  33 
and  Smidek,  Wlad.,  jilphabetisches  Normalienregister  zu 
sämtUc/ten  bisher  erschienenen  Jahrgängen  des  f^^erordnungsblattes  für  den 
Dienstbereich  des  K,  K,  Minist,  f  Kult,  u.  Unterr,  1H69—1900,  ßrünn,  1901. 
C.  Winiker.     n\  IV,  182  S.     2,60  JC- 

')  Ein  Generalregister  ist  nicht  vorhanden. 


von  R.  Ullrich.  -95 

%  Die    ivichtigsten    amtlichen    Verfögungen    über   das 

Programm  Wesen'). 

A«  Devtsehes  Beleb. 

a)  FreuBen'). 

XXX.  23.  A  o g.  1824 ').  Graodlegeode  VerfnsvBg  für  die  gaoten 
Verliiltaisse  bei  deo  GyiiBasieo.  Das  mr  Biiladang  zn  dea  affoat- 
licheo  PrafoBsen  eracheiBeode  Progranai  enthält  in  der  Regel 

II)  eine  Abhandluns  über „eiaen  wissenaehaftlicheB,  dem Bernfe 
«tnes  Sebnlaiaanes  eicht  fremdea,  ei«  allgemeiaea  lateresae,  Bindeateni 
der  sebildetee  Stande  am  öiTeBtlicheB  Unterrieht  im  allsemeinen  oder 
an  den]  Gymnasien  insonderheit  erweckenden  Gegenstand'^.  Auch 
Reden  statt  dessen  sind  gestattet.    Abfassmng  jShrüeb  nhwechselnd 


1)  Die  Verfnguogen,  die  heute  in  den  einzelnen  Staaten  in  Geltung 
sind,  habe  ich  ssmtlieh  anfgeoonmen,  soweit  sie  gedruckt  vorlagen  oder 
nur  s«ost  zugänglich  gemncht  worden  sind;  einige,  wie  Nr.  LXXIII  und 
LXXXXI,  werden  hier  zum  ersten  Male  veröffentlicht.  Es  durften  aber 
nnch  diejenigen  nicht  fehlen,  die  für  die  Entwicklung  der  Sache  ircend  Be* 
dentnai^  gehabt  haben  (und  z.  T.  noch  haben).  la  manchen  der  älteren'Ver- 
figuagea  (vgl.  besonders  die  hessische  von  1853;  s.  u.  Nr.  LXXIII) 
sind  scblieiite  Wahrheiten  enthalten,  deren  Kenntnia  und  Beachtung-  vfeN 
leicht  mnaehe  Neueren  vor  übereilten  Sehlofifolgerungen  und  Vorschlägen 
nhgelialten  hätte.  —  Die  A a e r d n n n g  ist  im  allgemeinen  die  chrono- 
logische. Doch  sind  Verfügungen,  die  dem  lohalte  nach  eng  zusammen- 
gehören, z.T.  unter  derselben  Nummer  zosammengefsßt ;  s. z.  B.  Nr.  XLIII. 
Hinter  den  Datum  ist  der  lohalt  von  mir  jedesmal  kurz  bezeichnet,  einige 
Maie  in  Anlehnung  an  Oberschriften  der  Originnle.  Von  Verfügungen,  die 
sich  anf  Einzelheiten  beziehen,  ist  in  der  Regel  die  neuste  genannt ; 
die  älteren,  den  gleichen  Gegenstand  betreffenden,  sind  dann  gewöhn|ii;ll  |^ 
KlnBaaern  beigefügt  r  vgl.  s.  B.  Nr.  XLI V  und  XLV.  Bei  besonders  wichtigen 
Verlu^ngen  sind  einige  Haaptsteileo  im  Wortlaut  zitiert. 

')  Daß  die  preufiiseheo  Verfügungen  sm  ausführlichsten  wieder- 
gegeben sind,  wird  wohl  keiner  besonderen  Rechtfertigung  bedürfen,  du  sie 
sich  nicht  btofi  am  eingehendsten  mit  der  Suche  befassen,  sondern  auch  oft 
Hr  andere  Staaten  vorbildlich  gewesen  sind. 

*)  Außer  den  hier  sngeführten  Sonderverfügungen  über  des  Programm- 
Wesen    sind    such     die    Direktoren  -Instruktionen      zu     beachten 
X^'iese-KübUr    MI    (1888)  S.   109—196),    die    alle    über    die     Pflicht    der 
Direktoren  betr.  Abfassung  der  Schulnach richten  wie  Heranziehung  der  Lehrer 
zn  den    wisaenschsftlichen    Abbsodlungen,    z.  T.    auch    über    die   Kontrolle 
ihres  Inhalts  (vgl.  unten  besonders  Nr.  XXXV    u.  XLIV)  sich  nuBern.  Ver- 
hältnismäßig an  nnsführlichsten  sind  sie  in  dieser  Beziehung  in  Branden- 
burg   (§  22;   S.   124),    Pommern    (§    28;    S.    138)    und    Schles^ig- 
Htlstein    (§13;    S.  181).      Da    diese    Instruktionen,    abgesehen    von    der 
far  Schleswig' Holstein,   gegen  40  Jahre  zurückliegen   und   mit   dieser  einen 
Ansnnhme     vor      die .  heute    für    das    Programmwesen    geltenden    Haupt- 
he$timmüagtu    feilen,    haben    sie   zwar    nur   historischen    Wert,    sind  aber 
immerhiu    für    die  Auffassung   der  Zeit   charakteristisch.    Dsß   sie  auch  im 
ganzen    za    den    kantigen  Schul-  und  Lehrerverhältnisseu  zum  großen  Teile 
aicht  mehr  recht   stimmen,  bat  vor  einigen  Jshren  ^.  Morsch  wohl  ^letaiV 
iich  oherzeogeod    dargelegt  {ffeue  Jhb.  f.  d.  klass.  Merium  usw.    X  Cj902i 
jl^  g    ^-j jo4  oad   S.  125 — 153);  vgl.  auch  unten  Abt.  4,  Nr.  132). 


96     Progrtmmwes 6D  ond  Programmbibliothek  d.  bSh.  Scholea, 

in  Itteioiscber  oder  deoUcher  Sprache  dorch  den  Direktor  und  die 
Oberlehrer  [alten  Stils]  in  nSber  za   beftimmeader  Reihenfolge. 

IV)  Die  Schaloach richten  in  deutscher  Sprache  (in  den  Grund- 
ziigen  dem  heutigen  Brauch  entsprechend),  vgl.  Nr.  XLI.  Hervor- 
gehoben sei  der  Satx  (Abs.  IV  A),  wonach  „dem  Publikum  die  Über- 
sicht des  ganzen  Lebrsystems  jährlich  gegeben  wird". 

VII)  Einsendung  an  die  Rgl.  Bibliothek  in  Berlin  und  die  Univrsi- 
tSUbibliotheken  (Nei^ebaur  S.  314—316;  Rönne  S.  158—160.  Bei 
Wie9e-KühUr  ond  i?eter  nur  im  Auszuge). 

XXXI.  19.  Febr.  1825.  Programmen  t  a  u  s  e  h.  Ausdehnung  ^)  auf  sämt- 
liche Gymnasien  der  Monarchie     {Rönne  S.  161 — 162). 

XXXII.  a)  1.  März  1826.  (An  das  Ronsist.  z.  Berlin).  Ausführungen  za 
XXX.  Bezüglich  der  ganzen  Einrichtung  wie  der  Schul- 
nachrichten:  „Binleitnng eines  lebendigen  Verkehrs  der Gymnasiea 
teils  untereinander,  teils  zwischen  den  Eltern  ....  und  zwischen 
dem  größeren  Publikum" ;  bezüglich  der  wissenschaftlichen 
Abhandlungen:  Aufmunterung  „der  Direktoren  und  der  Ober- 
lehrer zur  unnnterbroehenen  Fortsetzung  ihrer  Studien  und  nament- 
lich aneh  zur  Obung  im  Lateiniscbschreiben'' ;  (Wiese,  Da»  höh. 
Sehidw.  t.  Preußen,    II  (1869)  S.  702  Aom.  3). 

b)  10.  März  1828.      Kosten.      Umfang    (des    ganzen    Programms) 

2-3  Bogen  (ebenda  S.  704). 
XXXm.    a)  1.  September  1828.    Ergänzung  znNr.  XXXI.  Regel - 

mäßigere     Mitteilung     (Pünktlichkeit,      ausreichende    Zahl     der 

Exemplare)  (Neigebaur  S.  317;  i?d>i;ie  S.  162). 
b)  20.  Juli  1836.      c)    31.  August  1838.     d)    12.  Febr.  1839 

Aus  tausch  mit  „ausländischen**    Gymnasien  (Sachsen,    Kurf. 

Hessen,  Schwarzburg-Sondershausen,   Nsssau    u.  a.)   {Rönne  S.  163 — 

164;  Wiese,  Das  höh,  Schulw,  i.  Preußen,    il  (1869)  S.  704). 

XXXIV.  a)  2  0.  Nov.  183  7.  Vorlegung  des  Msnuskripts  bei  der 
vorgesetzten  Behörde.  Ergänzung  zu  Nr.  XXX  betr.  d.  Inhalts 
(Wiese,  Das  höh  Schulw.  II  (1869)  S.  705).. 

b)  16.  Juli  1852.  Aufhebung  dieser  Bestimmung  unter 
bestimmten  Beschränkungen.  Die  Prüfung  durch  den  Direktor 
bleibt  bestehen  {ebenda  S.  705).  Vgl.  auch  Vfg.  v.  9.  Dzbr.  1861 
(Wiese-K.  II  S.  489,  Z.  6  v.  u.). 

c)  16.  Juli  1841.  Titelblatt.  Katalogisierung.  Ergänzung  zu 
Nr.  XXX  betr.  d.  Form  .  {Rönne  S.  160|;  fTiese-K.  I  S.  379  f.; 
Beier  S.  267).    Ergänzt  durch: 

d)  21.  April  1886.    Angabe  der  Vornamen  (ATtete-iTitfMer  II  S.  489). 

XXXV.  a)  6.  Okt.  185  9.  Erläuternde  Bemerkungen  zu  der  Unterriehis- 
und  PrUfungsordnung  der  Real-  und  der  höheren  Bürg^erschulen, 
Jährliches  Programm  (Abhandlung  und  Schnlnachrichten). 
Inhalt  der  wissenschaftlichen  Abhandlungen:    Keine 


')  Ein  Austausch  zwischen  den  Gymnasien  der  einzelnen  Pro- 
vinzen hatte  (nach  der  Vfg.  v.  11.  Okt.  1822)  schon  vorher  bestanden 
{Rönne  S.  161,  Z.  4  ff.  v.  u.;  Wiese,  D.  höh,  Schulw,  t.  Preußen  II  (1869) 
S.  702). 


voo  R.  Ullrich.  97 

m 

streog   pbilologischeo  Abhaodlougeo.      Sprache:     die     dentache 
if^^iese- Kubier  I  S.  103). 

b)  1  7.  Jaa.  1  866.  Ergänzung  za  a.  Inbal  t  der  wiaaeaacbaft- 
licbeo  Beilage,  iosbesoadere  der  RealscbiilprogramBiie: 
Einac^rfoog  der  BestiamoDgeD  vom  6.  Okt.  1859.  Hinweia  aaf 
paasende  GegeoalÜDde.  War  nang  vor  der  ,,Scbaia,die  Wissen- 
sehaft  zo  popu  lari  aier  eo"  {Ztbl.  1S66,  S.  91-92,  ^"i>m. 
Kubier  I  S.  380— S8J ;  Beter  S.  265—267). 

e)  2.  Febr.  1843  oad  ].  Nov.  1858.  Inhalt  der  Seboloach- 
ricbteo:  Zweckaiiifiigere  Mitteilnog  der  Verfügungen  der 
BehSrden  mit  Rucksieht  auf  das  Pabllkom,  Zoruckbaltenderes  Ver- 
fabren  in  bezug  auf  Mitteilung  persUnlieher  Verhältnisse  der 
Lehrer,   {ff'tese,  D.  höh.  Schulw.  i,  Pr,  11  (1869)  S.  706). 

XXXVI.  15.  Mai  1866.  fieabsichtigte  Reform,  fieibehaltong  der  j ä h r - 
lieben  Scbninaebriebten.  Erwägung  anderweitigen  Tausebver- 
f a h r e n s.  Beznglieh  der  Abhnndlungen:  Erwägnag  der  Heraus- 
gabe ia  größeren  Z  wisch  enrän  men  (z.  B.  dreijährigen). 
Kollektivaosgahe?  {ZU,  1866,  S.  340—341 ;  M^tefe,  D.  hüh.  Schuht. 
t.  Prenifim.  II   (1869)   S.  707).      Vgl.   unten  Abtim.  4  Nr.  68  u.  73. 

XXXVII.  17.  Juni  1873  (scbon  vorher  9.  Aug.  185  6).  Einsendung  der 
ttnf  deutsche  oder  preuBisehe  Geschichte  bezüglichen 
Prognunae  an  das  Direktorinai  der  Kgl.  Staatsarchive  in  Berlin. 
{2UbL  1873,  S.  454). 

XXXVIIT.  12.  Dez.  1  874.  —  Dgl.  an  das  Kuratoriam  des  Reichs-  und 
Staatsanzeigers   (7/M.  1 875,  S.  40— 43).  Vgl  ebenda  \S12,S  292. 

XXXIX.  26.  April  1875 >).  a)  Nene  Regelung:  Aufhebung  der 
jahrlicbea  Verpflichtung  zur  Abfassung  der  Abhandlungen  uad 
Progranimen  tauseh  zwischen  den  höheren  Schulen 
des  Deutschen  Reiches  (aufier Bayern)  durch  Vermittlung  der 
Teobnerachen  Verlagsbnchbandlung  (Ztbl,  1875,  S.  635—638; 
Wiese-Kübkr  I  S.  381—383;  Beier  S.  271—273). 

b)  2  2.  Juni  18  75.    Format*):  25VtX20Va  cm.    (Beier  S.  273  Anm.  2). 

c)  28.  Dezbr.  1878  und   31.  Okt.  1879.      Erlänteroug  zu  a.     {Mcht 
gedruckte  vgl.  Teil  II 1,  khy). 

XL.  a)  20.  Nov.  1874  und  b)  1  I.  Aug.  1876.  Berichte  über  die  in 
dea  Scbulbibliotheken  befindlichen  Handschrifteo*)  und  alten 
Droeke  in  den  Jahresberichten  bezw.  den  Beilagen  {Ztbl.  1875^ 
S.  39  f.  u.   1876,  S.  534  f.,  It^iete-KUbler  I  S.  375  f.). 


1)  Vgl.  schon  vorberdasProtokoll  vom  1.  Juni  1874  (i?<^ierS.  271— 273). 

')  Hierher  gehört  auch  die  —  leider  bis  heute  nicht  immer  beachtete  — 
Mitteilung  der  Teubnerschen  Zentralstelle  für  den  Pro- 
grammeatausch  vom  September  1875,  daß  die  Größe  des  Formats. 
der  beachDittenen  Programme  2572  <^in.  in  der  Höhe  und 
20^/2  cjo.  In  der  Breite  betragen  soll.  Doch  vgl.  die  neuerdings  wieder 
erfolgte  Betoanog  dieser  Sache  in  der  letzten  Badischeu  Verordnung  (s.  u. 
3fr.  LXJb,  Abs.  1). 

»)  Vgl.  hierzu  auch  die  Ferh.  rf.  24,  fers,  deutscher  Phil,  u,  Schtilm, 
L  Heiäelberg^  votn  27,— HO.  Sept.  1HG5.  (Leipzig    186G,    Teubner)  S.  48. 
Zmtmehr.  f.  d.  OjmnMUlwMcn.    IjXI.    2.   9.  7 


98     Programmweseo  uod    Programmbibliothek  ^d.  höh.  Schalen, 

XLL  7.  JtDoar  188  5.  Allgemeine,  noch  heute  geltende 
Verfügong  über  Zweck  (Regehaltnng  des  Interesses  der  be- 
teiligten Kreise  für  die  Schule;  Einblick  der  Behörden  in  die 
Organisation)  und  Inhalt^)  der  Schnlnaehrichten  (znr  Her- 
stellang  größerer  Gleiehmafiigkeit)  (entsprechend  der  damit  aufge- 
hobenen vom  23.  Aug.  1824)  (fTiese-Kübler  I  S.  376—379;  Beter 
S.  267—271);  Ergänzung  7.  Juni  1894:  Turnbetrieb  {Ztbl.  1894, 
S.  545—547). 
XLIa.  3.  März  1888.    Vorwendang  guten  Papiers  (Zt6/.  1888,S.  389  f.). 

XLII.  16.  Juli  1890.  Einsendung  der  wissenschafllichen  Abhandlung  an 
die  Kgl.  Bibliothek  in  Berlin  auch  seitens  der  nicht  im 
Taaschverkehr  stehenden  Anstalten  {Ztbl.  1890,  S.  651; 
Beier  S.  271,  Anm.  1). 

XLIU.  a)  26.  Okt.  1892,  b)  9.  August  1904,  c)  23.  Okt.  1905. 
Die  „Mitteäung^en  der  GeteiUehqft  für  äeuUehe  Bnidtungs-  und 
SchtUgeMcfuchte**  und  die  Sehulprogramme  (Beier  S.  265,  Anm.; 
Ergänsungth,  II  S.  9—10). 

XLIV.  17.  März  1896  (schon  vorh.  17.  Jan.  186  6,  vgl.  o.  Nr.  XXXV, 
u.  10.  Juli  1893).  Verantwortliehkeit  der  Direktoren 
fdr  die  Schulprogramme  und  die  ihnen  beigegebenen  wisaenachaftlicheD 
Abhandinngen  {ZtbL  1896,  S.  282;  Beier  S.  266  Anm.  4).  Vffl. 
dazu  fFiese,  Da»  höh.  Schuho,  i.  Preufien^  II  (1869)  S.  705  zum 
Jahre  1844.  Dgl.  O.Dez.  1861  n.  6.  Mai  1881  (^iMe-A*.  II  S.  489  f.). 

XLV.  12.  Febr.  190]  (schon  vorher  6.  Okt.  1877)  Zahl  (12,  bzw.  8) 
der  au  das  Ministerium  einzusendenden  Programme  {Ztbt 
1877,  S.  624 ;  ff^iese-Kühler  I  S.  381 ;  Beier  S.  271  Anm.  1). 

b)  Die  übrigen  Staaten. 
a)  Anhalt. 

XLVI.  14.  März  1884').  „Konsolidierung  eioesverständnis- 
voilen  Verhältnisses  des  Elternhauses  zur  Schule" 
{Krüger  S.  397  f.). 

XLVII.  18.  Nov.  188  7.  Grundlegende  Gesamtverfügung  (in 
engem  Anschluß  an  die  preußische  vom  7.  Jan.  1885,  s.  o«  Nr.  XLI) 
{HrOger  S.  894—397). 

XLVIII.  15.  April  1889.  Thema  der  von  dem  Direktor  oder 
einem  der  festangestellten  akad.  gebildete  n  Lehr  er 
zu  liefernden  Beilage  und  Verantwortlichkeit  des 
Direktors  (vgl.  o.  Nr.  XLIV) ;  Ditmttinstruktion  für  die  Direktoren 
111  §  14  {Krüger  S.  347). 

')  Eine  genauere  Bezeichnung  dieses  Inhalts  würde  hier  zu  weit 
fuhren.  Es  ist  die  entsprechende  Übersicht  über  die  amtlichen  Bestimmungen 
in  Teil  II  1,  A  (besonders  Abschnitt  c)  und  die  Ausführung  in  Teil  3  zu 
vergleichen.    S.  a.  die  Tabelle  in  II 1,  A  c. 

')  Daß  ältere  Verrdgungen  über  das  Programmwesen  in  Anhalt 
bestanden  haben  (auch  abgesehen  von  solchen  über  den  Tausch  (vgl.  /f  te«e, 
D.  höh.  Schulw.  1.  Preußen  II  (1869)  S.  704  u.  oben  Nr.  XXXIX)  ist  wohl 
anzunehmen;  doch  ist  bei  Krüger  nichts  davon  mitgeteilt. 


voo  R.  Ullrich.  99 

XLIX.  6.  D«ibr.  189  2.  Notibarnachang  der  wisseoichaftlicbeB  Bei* 
lageo  for  die  Schalgeechiclite,  beeoaders  Aohalti  (vgl. 
aoch  obeo  Nr.  XLIII)     {IMig^er  S.  312). 

1^1.  Oktober  190  0.  Beifn|n»ff  «In^r  wiiseosehaftlicheii 
Abhandlnog  bleibt  die  Regel,  SeholnaehriebteD  alleie 
die  AaaBahae    {Krüger  S«  898). 

U.  13.  JaoilOOl.  Eiasendaag  geeigneter  AbbaDdloogeo  ao  daa 
Schiller-Archiv  in  Marbach     {Kruger  S.  399). 

ß)  Baden*). 

Lilft.  3  1.  Dezbr.  18  36.  Erlaß  des  StaataDioisteriams  {  13.  Eioladoag 
zu  dea  Jahreaprfifnagen  doreb  eia  gedracktei  Programai  bei 
dea  Lyaeea  nad  Gymoasien.  Fesenbeckh  (vgl.  Bibliogr.  Abt,  3 
Nr.  17)  S.  6. 

Aaafnhrnag  daza: 

i».  IS.  Pebr.  1837.  SckuhrdHung  für  GeUMensehulen  §  34.  Ober 
dea  lahalt  der  Sehalnachrichten  (vgl.  beaoadera  Abaatz  3: 
Verzeichaia  der  Schaler  aach  der  Lokation)  aad  die  BeifUgang  (ia 
d er  Regel)  eiaerkarzea  wiiaeaaehaftlichea  Abhaadlang, 
ia  der  Regelia  lateiaiaeher,  nater  Umataadea  anch  indeaticher 
Sprache  vom  Direktor  oder  eiaen  der  Lehrer  za  verfeaseo,  in  letzterem 
Falle  dam  Direktor  vor  dem  Drneke  vorzalegeo.  {Fesenheckh 
'  S.  6-7). 

Uli  a.  14.  J  a  B  i  184  0.  Kiafiihraag  eiaea  T  a  r  a  n  a  betr.  Abrassnog  der 
Ahhaadlaag  aater  dea  Haaptlehrera  {Fesenbeekh  S.  9  f.)- 

b.  18  4  3.  Aach  aadere  ala  die  Oberlehrer  (Haaptlehrer?  —  s.  die 
▼orige  Nr.)  darfea  die  Ahhaadlaag  verfasiea     (Fesenbeckh  S.  10). 

LIV.  18.  Novbr.  184  4.  Ansfiihrliche  Beatimmnng  über  die  Chronik 
ia  dea  Sehalnachrichten  {Fesenbeckh  S.  8). 

LV.  4.  Novbr.  1850.  Einscharfnng  des  Schloßaatzea  der  VerfUgang  von 
JS37  {ebenda    S.  10). 

L\'U  8.  April  186  2.  Äafiere  Trennnngder  Abhandlungen  voa 
den  Schnlnach  richten.  Daa  S^-F  ormat  festgesetzt.  Tausch- 
verkehr  mit  anderen  dentachcn  Staaten     {Fewenbeckh  S.  12  f.). 

LVIL  2.  Okt.  1869.  Nene  Scbalordnung')  §32:  Grundlegende 
Beatimmung  über  Jahresberichte  und  Beilagen.  Die  ersteren  ent- 
halten anch  dieSchiilernamen  in  alphabetischer  Ordnung. 
Wiasensch.  Abhandlungen,  verfaßt  »vom  Direktor  oder  einem  anderen 
Lehrer    der    Anstalt",   ,fau8   dem   Kreiae    ihrer   gelehrten 


1)  Vgl.  oben  S.  91  Aom.  2;  die  nach  1898  (dem  Jahr  des  Erscbeioena 
TOB  Jooa  2.  Aufl.)  ergangenen  Verfügungen  (o.  Nr.  LXIa  und  b)  ver- 
danke ieh  besonderer  Nachweisnog ;  sie  sind  nach  der  Originalstelle  zitiert 

')  Ursprünglich  nar  für  die  Gelehrtenschulen  erlassen,  dann 
aber  (2S.  Jani  1877)  auf  die  höheren  Madchenschulen  und 
{^.  Joai  1893)  die  Real-Mittelschnlen  ausgedehnt  —  mit  den 
Aaderaa^oOy  die  durch  die  Eigenart   dieser  Schulen    geboten    waren     (Joos 

S.  401). 

7* 


100  Programmwesen  nod  Prograninbibliothek  d.    höh.  Schaleo, 

Stadien    oder   pidagogisehen  Erfah  rn  ogeo*'  werden  i  » 
der  Regel  beigegeben     {Joos  S.  409  f.). 

LVIlla.  3.  Jnli  1875.  (Programmen  tan  seh)  (Joes  8.  438—440).  Vgl. 
o.  Nr.  XXXIX. 

b.  3.  Jnli  ];875,  20.  Novbr.  1878,  22.  Sept.  188,2,  17.  Febr. 
1893  und  18.  Dexbr.  1894.  Zahl  der  ei  nzosendenden 
Exemplare  {Joot  S.  437). 
L1X.  1.  April  1881.  Anafährangsbestimmangen  zu  Nr.  LVil 
über  Form  (Format,  Titel)  and  Inhalt  (darin  bemerkenswert: 
„Die  Anfzählnng  der  Aofsatzthemata  hat  za  anter- 
bleiben"  and:  das  Fehlen  der  Forderang  des  alphabetisehea 
Schalerverzeichnisses,  s.  o.  Nr.  LV II)  (/ooi  S.  433—436), 
ergänzt  durch  die  Verfägangen  vom 

LX  a.  18.  Jani  1883:  Das  alphabetische  Schiilerverze  iehnia 
wird  wieder  beigegeben.  Dgl.  können  die  in  der  Prima  der 
Gymnasien  o.  Realgymnasien  gestellten  Aofsatzthemata  wieder 
aafgeföhrt  werden  {Joot  S.  437). 
b.  8.  April  1890.  Anordnaog  des  Lehrer  Verzeichnisse  &. 
(Joot  S.  437). 

LXIa.  8.  März  1904.  [Neu6^)\ Schulordnung  V^t  die  höheren  Lehranstaltea 
(Mittelschalen)  (vgl.  o.  Nr.  LVII)  §  24.  Jahresbericht  Alige- 
meine Verfügung.  Vgl.  besonders  V  Abs.  2:  „Dem  Jahresbericht 
kann  eine  von  dem  Vorstand  oder  einem  Lehrer  der  Anstalt  ver- 
faßte wisseosehaftliche  Abhandlang  beigegeben  werden.  Dieselbe  muft 
in  deutscher  Sprache  gesehriebeo  sein  und  soll  einen  im  Bereich 
der  Schule  gelegenen  Gegenstand  behandeln.  Sie  muß,  wenn 
sie  von  einem  Anstaltslehrer  verfaßt  ist,  vor  der  Dracklegung  dem 
Anstaltsvorstand  vorgelegt  werden**.  {Gesetzes-  und  Ver^ 
ordnungshlatt  für  das  GroJShertogtum  Baden,  1904.  Nr.  VII  S.  52  f.). 
b.  18.  Juni  19  04.  Ausführung  zu  a.  Vgl.  besonders  Abs.  1 
(Format)  and  4:  Biographische  Angaben  (nur  bei  solchea 
Lehrern,  die  verstorben  oder  in  den  Ruhestand  ge tretet» 
sind).  Weglassang  der  Nenanschaffuagen  von  Lehr- 
mitteln, Büchern  u.  dgl.  {Ferordnungsblatt  des  Grq/9herzoffl.  Ober- 
schuh,    1904,    Nr.  X  S.  121-123). 

y)  Bayern'). 

LXIL  2.  Juni  1825.  Verpflichtung  der  Studienanstalteo,  jährlicb 
Programme  mit  wissenschaftlichen  Abhandlungen  her* 
aoszugeben.    (Sicht  gedruckt*)» 


>)  Ans  dieser  Verfügung,  welche  die  neuste  Generalverordnang^ 
über  Programmwesen  nicht  bloß  in  Baden,  sondern  überhaopt  ist, 
zitiere  ich  einen  Teil  des  besonders  wichtigen  Abschnitts  V  im  Wortlaut« 
^)  Vgl.  oben  S.  91  Anm.  4.  Die  Angaben  bei  Stern  plioger  (s.  u. 
JU.  4  letzte  Nr.)  sind  z.  T.  nicht  richtig.  Die  von  ihm  (S.  2)  angerührte 
Verordnung  vom  10.  Okt.  1824  enthält  weder  einen  §  49  noch  überhaupt 
eine  Restimmaog  über  Programme,  vielmehr  gehören  die  §  49  u.  117  beide 
der  Verordnung  vom  8.  Febr.  1829  an,  beziehen  sich  nur  auf  verschiedene 
Schularten  (s.  o.). 

3;  Vgl.   Scibel  a.  a.  0.    S.  77  Nr.  117;    Stemplinger  o.a.  0.  S.  2. 


voD  R.  Ullrich.  101 

LXIII.  8.  Febr.  1829.     Schulordnung. 

a)  §  49,  Lateimisciw  Schult:  Druck  dra  Schlilerkatalogt,  „Namea 
d«r  Sehaler  Dach  deD  Abteilnogeo  vnd  ihrem  Fortfaage  geordnet 
■it  Angabe  der  Plätze,  die  ein  jeder  in  jedem  eiazelnea  Fache 
sieh  erworben    h«t<«     {DdUmger   IX  2  S.  599). 

b)  §117,  Gymnasium:  Wie  nnter  §  49,  aber  außerdem  Verpfliehtnog 
der  Professorea,  damit  ein  „irgead  einea  Gegeastaad  des 
Gymaasialunterriehts"  behaadelndes  Programm')  ia  latei- 
nischer Sprache  zu  verbinden    {DölHnger  ebenda  S.  614). 

LXIV.  13.   Mürz    1830,    mit   Ergäoznng   vom    3.   Febr.    18  34.     Schul- 
ordnung, 

a)  §  37.  Lateinische  Schule:  Wie  Nr.  LXlIla,  doch  etwas  veriadert: 
Namea  der  Schüler  ia  alphabetischer  Ordnung  (1830)  „in  sach- 
gemißer,  jedea  aa  seiaen  Platz  itelleader,  und  die  Aus- 
gezeichneten  bestimmter  hervorhebender  Ordonag*'  (1S34),  „aebst 
Aagabe  Ihres  Alters,  Geburtsortes  und  des  Standes  der  Bitern,  des 
Fortganges  der  Schaler  sowohl  im  allgemeinen  als  in  jedem  eiozetoea 
Lehrfache''    [DöUrnger  IX  2,  S.  642  u.  677). 

b)  §  99.  Gymnasium:  wie  onter  §  37,  doch  sollen  die  Programme 
(Nr.  LXIII b)  besonders  gedruckt  werden    {Döllinger  S.  658). 

LXV.  24.  Febr.  1854.    Reifid,  Ordnung  der   lateinischen  Schulen  und  der 
Gymnasien. 

a)  §  3ö.  Lot.  Schulen:  wie  Nr.  LXIII a  o.  Nr.  LXlVa  (doch  mit 
Weglassaag  der  Bezeichnung  der  alphabetischen  Folge)  {Seibel  S.  28). 

b)  §  86.  Gymnasien:  wie  a,  daaeben  Frei stel lang  der  Abfassung 
einer  wisseaschaftlichea  Beilage,  za  der  auch  die  Lehrer 
der  lateiaischea  Schale  berechtigt  seia  solleo  (e^en^fa  S.  76  f.). 

LX VL  16.  Nov.  1854.    {Laieinisehe  Schtde)  Aofoahme  der  Lehrgegen- 
staade  a.  a.  (Seibel  S.  28,  Nr.  39). 

LXVn.   18.    Febr.    1874').  Sonderaustansch   zwischen    Bayern    und 
Österreich  {Minislerialbl.  X  (1874)  S.  99;  Fuger  S.  49). 

LXVIU.  20.  Aog.  18  74  3).   Schulordnung. 

a)  Für  die  Gymnasien,  §  30:    Veröffentlichung  (in    der  Regel)   einet 

Programms  wisseasefaaftlichea  Inhalts    durch   einen  Lehrer 

jeder   Stadieastalt,     aach    Obereiakommeo    des    Kollegiums. 

Der  Jahresbericht  eathSlt:  I.Lehrerkollegium.  2.  Lehrpeasa 

(Staodeazahl,  Lehrer).    3.  Namen  der  Schüler  in  alphabetischer 

s)  Uatar     Programm     wird     ia      engerem    Sinne    in     Bayern    die 
wiaaeBSchaftliehe  Beilage  verstaadea. 

*)  Weitere  Kiozel Verfügungen  betr.  Tausch,  Format  (ia  Bayera 
gr.  8*  eatspreehead  dem  Format  des  Miaisterialblatls)  und  Einsendung  an 
Bibliothekea  u.  a.  siad  hier  aicht  besoaders  aageführt.  Vgl.  über  sie 
MäntUriaiM,  XI  (1875)  S.  169  (15  Febr.  1875)  u.  S.  218  (5.  Juli  1875) 
aad  Fügrer  S.  49  f. 

^)  Gaas  so  grofi  ist  der  Gegeasatz  zwiscbea  Nr.  LXV  n.  LXVIII  wohl 
aichtf  wie  iha  Stempliager  (8.  4)  herausliest.  Durch  das  „ia  der 
Regel''  ood  „aaeh  Obereio  kommen**  in  Nr.  LXVllI  ist  doch  auch 
Freiheit  ^eaog  gelassea.  Es  kommt  daraaf  an,  wie  die  Sache  praktisch 
ÄfffW^miUhrt  worden  ist 


102  Pj'ograinmwflfleo  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen 

Ordouag  klaMenweise  mit  BezeichnuDg  des  Altert,  Gebartaortes, 
der  KoofeiflioD,  dea  Staodea  uod  Wohaorta  der  Eltero.  4.  Kurze 
'  ChroDiky  dario  aoeh  Angabe  der  Abitarieaten  mit  Bezeicbavng  des 
von  ihnen  gewihlten  Berofa.  (MinüferialbL  X(1874)  S.  348);  vgl. 
Nr.  LXVb. 
b)  Für  die  Bealg^mruuien,  §28:  Freiatellnng  der  Lieferung  eines 
Programme  wissenachaftlichen  Inhalts  (ilftnü<ertWRX(1874> 
S.   393  f.);  vgl.  Nr.  LXVb. 

LXIX.  2  9.  April  1877.  Schulordnung  für  die  ReaUchulen,  §17.  Frei- 
stellung der  Lieferuog  eines  Programms  nach  Überein- 
kommen des  Kollegiums.  Vgl.  Nr.  LXVIlIa.  {MinUterialbl,  XIII 
(1877)  S.  208). 

LXXa.  2  3.  Juli  1891:  Schulordnung  ßir  die  humanistischen  Gymnasien.. 
TiL  III  §  31:  Hauptverfüguog  über  Jahresberichte  (darin 
hervorzuheben  unter  2:  Angabe  der  Aufsatzthemata  in  den  drei 
obersten  Klassen;  uoter  4:  Weglassung  der  Stelle  über  die- 
Abiturienten,  sonst  wie  1874,  s.  o.)  und  Programm.  Lieferung 
eioes  Programms  tvissenschaftlicheo  Inhalts  (in  der  Regel) 
{MinUterialbl  XXVII   (1891)  S.  266  f.;   Füger  S.  48—50).  Vgl.  Nr. 

LX  Villa. 

b.  3.  Sept.  1891.    Dgl.    für    die  Realgymnasien,    §31,    2:  wie  a*). 

{MinUterialbl  XXVII  (1891)  S.  845  f.)  Vgl.  Nr.  LXVIlIb. 

c.  IJ.  Sept  1894.  Schulordnung  für  die  Realschulen.  §31:  Frei- 
stellung der  Lieferung  eines  Programms  {Mintsterialbl  XXX 
(1894)  S.  315);  vgl.  o.  Nr.  LXIX. 

^^i)  Braunschweig^). 

LXXI.  [15.  Jan.]  182  8.  Ordnung*)  des  Gesamtgymnasiums  [der  Stadt 
Braunschweig]  §  20.  Programme.  Jahresbericht  zu  Oster» 
(vgl.  darin:  ,, Ferner  sollen  dabei  zugleich  die  Namen  aller  Schüler 
der  Anstalt  nach  ihren  Klassen  und  Plätzen  kurz  aufgeführt 
werden,    teils    um    eine    fortlaufende    Chronik    zu    bilden   und 


*)  Danach  ist  die  Stelle  bei  Killmaun  S.478  {Bibliogr.  Abt.  4  Nr.  122) 
zu  berichtigen:  „Für  die  Realgymnasien  besteht  die  Verpflichtung  seit  1891^ 
welche  in  demselben  Jahre  für  die  Lyzeen  aufgehoben  wurde". 

1)  Die  alteren  Sammluogen  von  Gesetzen  und  Verordnungen  im  Herzog- 
tum Braunschweig  (z.  B.  Reperlorium  der  Gesetz-  und  Ferordnungs^ 
Sammlung  für  die  Herzogl  braunschweig.  Lmide  usw.  von  Bege  und 
Görtz,  8  Bde.,  Helmstedt  u.  Wolfenbüttel  1830—1871,  für  die  Zeit  von 
1814—1853  und  1860—1869)  bieten  für  unsern  Gegenstand  nichts,  neuere 
Verfügungen  über  das  Programm wesen,  die  gedruckt  und  leicht  zu- 
gänglich wäreo,  sind  mir  nicht  bekannt  geworden.  Ober  Frdr.  Koldewey 
vgl.  O.Nr.  LXXIundS.  103  Anm.  1  n.2.  Welches  ist  die  Quelle  für  Killmanns 
{BibUogr.  Abt.  4,  Nr.  122)  Notiz  (S.  474,  Z.  4  v.  n.)  über  die  Verhältnias» 
Braunschweigs? 

2)  Die  einzige  heute  leicht  zugängliche  Verfügung  aus  der  hier  noch 
in  Betracht  kommenden  Zeit,  die  sich  überdies  nicht  auf  das  ganze  Land^ 
sondern  nur  auf  eine  wenngleich  sehr  bedeutende  Schule  bezieht  Da  sie 
besonders  charakteristisch  ist,  wird  sie  im  wesentlichen  dem  Wortlaut  nach 
mitgeteilt.  Der  Entwurf  stammt  von  dem  damaligen  Direktor  Friedemann^ 
vgl.  Frdr.  Koldewey  a.  a.  0.  I  S.  CCIV. 


von  R.  Ullrich.  103 

durch  dicscD  Miltelpnakt  ihre  Aohao^llchkeit  ao  Lehrer  nod  Mit- 
achaler  för  alle  Zakoaft  %n  fenseln,  teils  omFleiB  nodSittlieh- 
keit  aoter  ihaeo  za  beleben**').  Betr.  der  Abbandlaog  beißt 
ea:  „Um  aber  die  Würde  der  ADitalt  aoch  nach  außen  hin') 
zu  behaapten,  wird  jedesmal  eine  Abband lan^  aus  dem  Kreise 
der  theoretischen  oder  praktischen  Schulwissensehaften, 
in  lateiniacher  oder  deutscher  Sprache  zunächst  von  den 
Lehrern  des  Oberf^mnastums  beife^ben*^  Progr.  BrautiMehvmg  G. 
1 82S ;  wiederabgedruckt  bei  Frdr.  K  o  1  d  e  w  e  y ,  Mon.  Germ.  Paed.  I  ( 1 886) 
{Braunsekw.  Schnäordntmgen  l)  S.  500  f. 

4)  Elsaß-Lothringen. 

LXXIIa.  22.  Febr.  1873.  Bezieht  sich  wohl  (vgl.  Killmann,  Bibliogr. 
j4bL4,fir.  122)anf  die  Lief  er  unfeiner  Abhandinngin  2j  ihrigem 
Tornus  (in:  Gesefs  usw.  nicht  abgedruckt  .und,  soweit  mir  bekannt» 
aneh  sonst  nirgends). 

b.  26.  Dezbr.  1873.  Die  dem  Programme  voranzuschickende 
wissenschaftliche  oder  pädagogische  Abhandlung  ist  dem 
Direktor  vor  dem  Druck  vorzulegen    {Gesetz  usw.  S.  90), 

C.3)  8.  April  1876.  Herstellung  zweckmäßiger  Gleichheit  der 
Scbulnaehrichten,  im  wesentlichen  nach  dem  Muster  des 
Programms  des  Lyzeums  in  Straßburg  vom  Jahre  1875  (Gesetz  usw. 
S.  89  f.);  vgl.  o.  Nr.  XLI. 

€)  Hessen^). 

LXXJIl.  27.  Mai  1853»).  Grundlegende  Verordnung  über  die  Pro- 
gramm-Verhältnisse, besonders  über  den  dauernden  Wert  auch 
der  Jahresberichte   allein,    Art   der    Abfassung   der  frei- 


1)  Was  schwerere  Vergehen  anlangt,  so  heißt  es  in  den  Gesetzett 
des  Getamtgym/iasiiims {1iH2S)y  es  würde  „besonders  erwogen  werden, 
ob  sie  in  den  Programmen  ausdrücklich  erwähnt  werden'^ 
lollea    (Koldewey  a.  a.  0.  I  S.  511). 

^  Ebenso  „bewilligt  (Koldewey  a.  a.  0.  11  S.  664)  der  Herzog  (schon 
im  J«hre  1750)  eine  Summe,  um  die  Kosten  der  halbjährlichen  Programme 
zn  bestreiten,  welche  von  jetzt  an  geschrieben  werden  sollten  uod  ge- 
scbriebeo  wurden,  damit  die  Schule  bei  Auswärtigen  Ruf  be- 
käme'*. 

3)  Spätere  Verfdgungen,  die  zur  Sache  noch  ergangen  sind,  liegen  im 
Dmck  sieht  vor  und  konnten  also  hier  nicht  verwertet  werden;  vgl.  daher 
«.  S.  92  Anm.  2. 

*  In  dem^oben  (S.  92  Anm.  3)  angeführten  Werke  über  das  höhere 
Sektttwesen  des  (ehemaligen)  Königreichs  Hannover  6nden  sich  S.  72  f. 
einige  Bemerkungen  über  Abfassung  und  Tausch  von  Programmen,  die 
mancberlei  Bedenken  äuflern  und  größte  Zurückhaltung  empfehlen. 

*)  Biaher  meines  Wissens  nicht  gedruckt,  vgl.  o.  S.  92,  Anm.  4  zu 
j4H.  1  Nr.  XXL  Programme  (mit  und  ohne  Beilage)  erschienen  in  Hessen 
andi  aeboa  vor  1853  —  vgl.  z.  B.  die  stattliche  Liste  der  Gießen  er 
Programm-Abhandlungen   von    1775—1832    im   Progr.    v.    Gieftefi  G.    1845 

5^  IS 21    (a.  a.  zu  Ahschniit  >?,  S.  109  Anm.    2)  — ,  doch    ohne  besondere 

amdicbe  Regelang. 


104  Pro^rammwefleo  and   Programmbibliothek  d.  höh.  Schaleo, 

willigen  wissenschaftlichen  Beigaben,  die  der  Direktor 
zn  prüfen  hat,  und  Tausch  zwischen  den  hessischen  Anstalten  unter 
sich  und  mit  anderen  Staaten. 

LXXIV.  7.  Juni  1875').  Allgemeine  Regulierung,  besonders  den 
Tausch  betreffend.  Beigabe  einer  Abhandlung  wünachenswert^so- 
wohl  im  Interesse  der  fortgesetzten  wissenschaftlichen  Tätig- 
keit der  Lehrer,  als  mit  Hücksicht  auf  die  Förderung  lokaler 
Interessen  und  der  Beziehungen  zwischen  der  Schule  und 
dem  elterlichen  Hause''  (Nodnagel  S.  275  f.)* 

XXXV.  2.  März  1876.  Die  Kostenfrage:  Bedenken  wegen  der  grofiea 
Zahl  der  Exemplare,  die  infolge  des  allgemeinen  deutschen  Tausch- 
verkehrs nötig  werden.  Erwägung,  die  Mehrkosten  auszu- 
gleichen (Trennung  der  Abhandlung  von  dem  Jahresbericht, 
Beschränkung  des  Umfangs  oder  Weglassung  der  ersteren), 
vgl.  u.  J\r.  LXXXXVII     ylbs,  6  {Nodnagel  S.  278  f.). 

C)  Königreich  Sachsen. 

LXXVI.  12.  Januar  1833*)  *j.  Das  (bisher  aus  lateinischer  Abhandlung 
mit  kurzem  lateinischen  Anhang,  Einladung  zur  Schulfeier,  bestehend«) 
Programm  wird  in  eine  lateinische  Abhandlung  und  einen 
deutschen  Jahresbericht,  beide  vom  Rektor  zu  verfassen, 
getrennt. 

LXXVH.  7.  Januar  18373).  Die  Lieferung  der  (lateinischen«)  Ab- 
handlung wird  auch  Tdr  sämtliche  Lehrer  (der  Reihe  nach)  ver- 
bindlieh  gemacht;  das  Thema  ist  vom  Rektor  zu  genehmige o. 
Umfang  2 — 4  Bogen. 

LXXVin.  27.  März  18423).  Verantwortlichkeit  des  Rektors  für  deo 
Inhalt  (besonders  in  bezog  auf  politische  Erörterungen). 

LXXIX.  27.  Dezbr.  1846.  Regulativ^)  für  die  Gelehrtenschuten,  §23: 
Programme,     Jährliche  wissenschaftliche  Abhandlung,  der  Reihe 


1)  Vgl.  damit  das  von  Kill  mann  S.  477  (s.  Abi.  4  Nr.  122)  über 
Hessen  Bemerkte. 

')  Regelung  des  Programmtausches  schon  1832.  Vjcl.Theud.  Flathe, 
Gesch.,  d,  KgL  sacht.  FUrstenschule  zu  Meißen  seit  ihrer  Gründung'  itn  Jahre 
1343  bis  SU  ihrem  Neubau  in  den  Jahren  1877 — 1879  (Leipzig  1879,  Bernh. 
Tauehnitz,  XN,  492  S.)  S.  383  Anm.  1. 

')  Die  Verordnungen  unter  Nr.  LXXVI — LXXVlfl,  die  weder  bei 
Schreyer  noch  bei  v.  Seydewitz  (s,  o.  Abt.  1  Nv,  WIM a  u.  b),  die  ersten 
beiden  auch  nicht  in  der  ersten  Aufl.  des  Kodex  des  im  Kgr,  Sachsen 
geltenden  Kirchen-  u.  iScAt//recA/«  (1840)  abgedruckt  sind,  habeich  aus  Flathe 
(a.  a.  0.  S  382  f.)  und  besonders  aus  Karl  Jul.  Rößler,  Gesch.  d,  Kgl.  sächs. 
Fürsten"  u.  Landesschule  Grimma  (Leipzig,  1891,  Teubner,  Xlf,  323  S.) 
S.  2S0  f.  genommen.  Aus  ihrer  Darstellung  geht  nicht  ganz  deutlich  hervor, 
ob  sie  sich  nur  auf  die  beiden  Landesschulen  oder  auf  sämtliche  damals  be- 
stehenden Gelehrtenschulen  beziehen.  Indessen  durften  sie  gerade  wegen  der 
besonderen  Bedeutung  dieser  zwei  Anstalten  hier  nicht  fehlen. 

«)  Vgl.  dazu  Rößler  a.  a.  0.  S.  230,  wonach  1840  ein  Mathematiker 
fär  die  Anwendung  der  deutschen  Sprache  noch  eines  Dispenses  bedurfte. 

*)  Galt  als  provisorisch  und  ist  daher  in  das  Gesetz-  u.  A'er- 
crdnungsblatt  (o.  Nr.  XXII)  nicht  aufgenommen  worden. 


voo  R.  Ullrich.  105 

■ad  von  säntliehen  ordentlichen  Lehrern  getehriehen,  in 
Inteiniacher  Sprache,  aoanahrosweise  bei  besonderen  Gelegen- 
heitco anch  in  dentscher,  dazn  der  Jahreabericht  (Veränderungen 
in  Laufe  dea  Scholjahrea,  Schnlerverseichnii,  Lebrpeniien)|  von 
Rektor  in  deatacher  Sprache  abzufassen  (Sehreyer,  Kodeat '  S.  662  f. ). 

LXXX.  2.  Juli  1 860.  Desgi.  für  die  ReaUchulen  (/.  0.)  %  60:  Programm. 
Wie  Nr.  LXXIX,  doch  wird  bezUglieh  der  Sprache  der  Abhand- 
lung nichts  Näheres  bemerkt;  vor  „der  Reihe  nach**  ist  „in  der 
Regel^<  eingeachoben  {Ges.  u.  y.-BL  1860.  S.  114;  Sckreyer,  Kodex* 
S.  847). 

LXXXL  4.  Nov.  1874.  n)  FUr  Gyrnnasieti  und  ReaUchukn  L  0.:  Tausch 
(Teobner)  (f.  Seydetniz  S.  496  f.;  Kreizschmar  S.  209— 212);  vgl.  o. 
S.  97  Nr.  XXXIX.  Gegenüber  der  Anregung  PrenfienSi  daß 
jährliche  Abhandlungen  nicht  sehr  gefordert  werden 
sollen  (s.  o.  Nr.  XXXIX),  wird  betont,  daß  für  Sachsen  die 
Bestinnungeu  von  1846  und  1860  (s.  o.  Nr.  LXXIX  u.  LXXX) 
^  Geltung  bleiben'). 

b)  DgL  für  Reaisch.  IL  0.  Freistellung  der  Veröffentlichung  von 
wissenschaftlichen  Beilagen  {v.Seydewitz  S.  497;  h'reUschmar 
S.  212). 

LXXXU.  14.  Juli  1875.  Ergänzung  der  Verf.  v.  4.  Nov.  1874 
(Nr.  LXXXT)  für  sämtliche  höheren  Schulen  {v.  Seydewitz  S.  497; 
Krelssehmar  S.  212  f.). 

LXXXnL  29.  Januar  1877.  Ferordnung  [zur  Ausführung  des  Gesetzes 
vom  22.  Aug.  1876)  für  alle  höheren  Schulen  (auch  die  Seminare). 

a)  Für  die  Gymnasien,  §  57.  Programm'.  Jahresberichte  (vgl.  das 
Seheua  der  Tabelle  in  Teil  II  1,  A  c)  und  wissenschaftliche  Ab- 
baodluog;  die  letztere  ist  der  Reihe  nach  von  samtlichen 
ordeotlichen  wiss.  Lehrern  zu  liefern  (in  lateinischer  bezw. 
deutscher  oder  französischer  Sprache)  ( Gesetz-  u.  f^erordnungsbl. 
ISll,  S.  82;  V.  Seydewitz  S.  496  f.,  Kretzschmar  S.  208  f.). 

b)  Für  die  Realschulen  LG.,  §  34.  Programm:  Wie  zu  a  (doch 
•  bne  Bezeichnung,  in  welcher  Sprache  abzufassen)  (6^e«.-tf.  f^.-^f. 
J877,  S.  105;  v.  Seydewäz  S.  508). 

LXXXIV.   18.  April  1879.     Für  Realschulen  IL  Gr.    Die    Beifuguag  einer 
wissenschaftliche  Beilage  ist  nur  vonZeit  zu  Zeit  erforderlich 
(v.  Seydewitz  S.  508  Anm.  14)  Vgl.  Nr.  LXXXIb. 
LXXXVu.   15.    Febr.    1884.    Lehr-    u.    Prüfungsordnung   fdr   die  Real- 
gymnasien.    §  62.    Vgl.  Nr.  LXXXIlIb  (Ges.-  u.  ^.-81  1884,  S.  54) 
b.  20.    Harz    1884.      Ferordnung^   die   Realschulen   IL  G.    betreffend, 
§  öS.     Allgemeine  Verpigung»    Eine  wissensehaftltche   Beilage 
ist    Dicht    in  jedem   Jahre   erforderlich.     (Vgl.    Nr.    LXXXIb  u. 
LXXXIV.)  {Ges.-  u.  F.-BL  1884,  S.  91;  Kretzschmar  S.  338). 
ULXXVL  28.    Jan.    1893.     Bekannt machnng,   die   Lehr-    und  Prüfungs- 
ardnumg  für  die  Gymnasien  betreffend,   §57.    Regelung   derge- 


1)  Danmek  ist  die  Bemerkung  voo  Rofiler  (a.  a.  0.  S.  231  Z.  4  f.  v.  o.) 
xa  verbessere.  V^l.  übrigens  die  schon  von  ibm  selbst  angerührte,  aber 
liebt  rielitir  verwertete  Stelle  im  Jahresber.  von  Grimma  G.  1876,    S.  18. 


106  Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  hob.    Schalen, 

aamten  Verhaltaisse  (unter  Hinweis  aof  die  Verf.  v.  4.  Nov.  1874, 
vgl.  o.  Nr.  LXXXi),  vgl.  besonders:  Alphabetisches  Schüler- 
Verzeichnis  (wie  in  Bayern  s.  o.  Nr.  LXX,  doch  ohne  Bezeichnao^ 
der  Konfession),  Vorlegung  des  Manuskripts  der  Abhandlung 
{Kretzschtnar  S.  208—213). 

LXXXVIL  22.  Oktober  1898.  Dreijähriger  Turnus  beKÜglich  der 
Verpflichtung  der  Lieferung  einer  wissensohaftliche  Beilage, 
die  bei  seUenerem  Erscheinen  nun  möglichst  wertvoll  sein  soll, 
für  die  15^)  dem  Ministerium  direkt  unterstellten  Sehnlen 
{Kretuchmar  S.  213  f.,  290). 

LXXXVIII.  22.  Dezbr.  1902.  Bekanntmachung,  die  Lehr-  und  PrUfung^s- 
Ordnung  für  die  ReaHgymnasien  betreffend,  §  58,  Allgemeine 
Regelung.  Betr.  d.  Abjiandlang:  Abfassung  in  deutscher, 
lat,  frz.  oder  engl.  Sprache  durch  die  Lehrer  der  Reihe  nach  in 
Zwischenräumen,  die  besonders  bestimmt  werden')  (vgl. 
im  wesentlichen  Nr.  LXXXlIIb  u.  L\XX\ %){Get.-  u.  r.-BL  1903,  S.  40; 
Krettichmar  S.  289  f.). 

fj)  Württemberg'). 

LXXXIX.  15.  Januar  1838.  Das  längere  Bestehen  der  Einrichtung- 
wird  hier  vorausgesetzt,  da  die  Einsendung  von  ^^Frogrammen  und 
dgL  Gelegenheitsschriflen"  an  die  Uoivcrsilätsbibliothek  [Tubingenj 
seitens  sämtlicher  Lehranstalten  gefordert  wird,  und  zwar  nicht  nor 
„fürs  kün^tige^  sondern  auch  von  den  bereits  erschiefienen,  soweit  die 
Vorräte  es  zulassen'*  (Reyscker-Hirzel  XI  2  Nr.  184;  S.  717). 

LXXXX.  20.  Jan.  1844.  An  das  Ephorat  in  Maulbronn:  Ausgabe 
von  Programmen  durch  die  4  evang.-theol.  Seminare*),  in 
jedem  Jahre  zunächst  nur  von  einem:  wissenschaftliche, 
in  lateinischerSprache^)  geschriebene  Abhandlung  und  Schul- 
naehrichtea,  zusammen  im  Umfange  von  4 — 5  Bogen  (Reyseker^ 
Hirzel  XI  2,  Nr.  280,  S.  858). 


>)  1.  Ostern    1899    [bezw.    1902,    1905     usf.]:     Gymnasien     in 
Bautzen,  Dresden-Neustadt,  Preiberg,  Grimma;  Realg.  Zittau. 

2.  Ostern    1900  [bezw.    190S,  1906  usf.]:  Gymn.  in  Chemnitz, 
Leipzig,  Meifien,  Plauen;  Realg.  Döbeln. 

3.  Ostern    1901    [bezw.    1904,    1907  usf.]:    Gymn.    in  Schnee- 
berg, Würzen,  Zittau,  Zwickau;  Realg.  Annaberg. 

Danach  ist  das  merkwürdige  Mifiverständnis  Ton  Stemplinger  a.  a.  O. 
{j4bL  4  Nr.  148)  S.  9  zu  verbessern,  wonaeh  jede  Anstalt  alle  15  Jahre 
ein  Programm  träfe,  —  was  kaum  noch  irgend  welche  Bedeutung  hätte. 

^)  „Bei  Stadt.  Anstalten  nach  Vernehmung  mit  der  Gemeinde- 
behörde''. 

3)  Vgl.  oben  S.  93  f.  Anm.  2,  Abs.  1  u.  2.  Die  Kenntnis  der  Verfügungen 
LXXXIX  und  LXXXX  verdanke  ich  der  gütigen  Mitteilung  des  Herrn 
Prof.  D.  Dr.  Eb.  Nestle  in  Maulbroon,  der  sie  ans  Reyscher-Hirzels  Ge- 
setzsammlung, die  mir  hier  bei  Beginn  des  Druckes  noch  nicht  zugänglich 
war  (vgl.  0.  S.  93  f.  Anm.  2  Abs.  2),  für  mich  ausgeschrieben  hat.  Der 
wesentliche  Inhalt  ist  oben  wiedergegeben. 

*)  Blaubeuren,  Maulbronn,  Schünthal,  Urach. 

')  Seit  1859  in  deutscher  Sprache  {nach  besonderer  Mitteilung). 


von  R.  Ullrich.  107 

LXXXXI.  2.  Jao.  1902«).  VerölTentlielioas  der   Beilagea  alle  3  Jahre 

(ao   des  4  theol.  Seaiaareo*)  alle  4  Jahre;  v^l.  Nr.  UXXXX). 

Kosten  (Beschränkuag  de«  ÜDfaagea  and  TreoaoDg  voa  dea  Jahres- 

bcriehteo).     Verweaduag  voa  Ersparaissen  fiir  die  Zweeke  der 

BiblioUiek  nad  der  Lebrnittel'). 


B«  Österreich. 

LXXXXII.  1849.  OrKonisaiionsenitDtirJ.  §  116»  Brtte  grondlegeade 
VeriiigoDg  aber  die  gesamten  Verbaltaisse.  Vgl.  beaondert  ^6« .  i : 
Eine  wissenschaftliche  oder  pSdagogische  Abhaodlang  einet 
4er  Lehrer,  oad  den  SMußgaixi  Solche  Programme  kSonea  nur  im 
Namen  nad  vnter  Verantwortlichkeit  des  Direktors,  nad 
nicht  ohae  die  in  Nr.  1  erwKhnte  Abhaadlaag  erscheinen. 
(9.  MaremseUer  I  ],  S.  LXXXIII). 

LXXXXnia.  31.  Dezbr.  1S50.  b.  15.  Mai  1851.  Wichtigkeit 
des  Programms  eines  Gymnasiums  fiir  andere  Gymnasien  und 
Austausch  im  Inlande.  {v,[Marenzdler  I  2  Nr.  473,  S.  645; 
Nr.  475,  S.  646). 

LXXXXIV.  20.  Ang.  1857.  Sammlung,  Aufbewahrung,  Ordnung 
und  Katalogisierungder  Schulprogramme,  deren  Monographien 
ctneo  „nicht  zu  unterschätzenden  wissenschaftlichen 
Wert**  besitzen,  in  den  Bibliotheken  (v.  .VoreTiM/Zer  I  2  Nr.  477» 
S.  647  f.,  II  Nr.  369,  S.  670  f.). 

LXXXXV.  26.  Juni  1864.  Einseodong  an  die  Uaiversilätsbibliolhek  in 
Wien  (v.  Marenidier  I  2  Nr.  479,  S.  649,  II  Nr.  370,  S.  671). 

LXXXXVl«  5.  April  1871  und  31.  Dezbr.  1872.  Austausch  der 
Programme  der  österreichischen  Realgymnasien  und  Realschulen  mit 
deoeo  der  technischen  Unterrichtsanstalten  in  Baye-nk 
(tf.  MarenseUer  I  2  Nr.  480,  S.  649  f.,  Nr.  481,  S.  650;  11  Nr.  371  u.  372, 
S.  671—673). 


^)  Heines  Wissens    bisher    nicht    veröffentlicht    (nur  von  Eb.  Nestle 

a.a.O.    S.  59   —    s.  n.    j4bi,  4  ür.  131  —   gerade    erwähat).     Herr    Prof. 

Dr.  Febleiseo  (Schw.-Hall)  war  so  freundlich,  sie  mir  aos  seinem  Material 

ür  die  in  Vorbereitung    befindliche  neue  AuOsge  seiner  „Sammlung'*^  (s.  o. 

S.  93  Nr.  XXV)  zur  Verfügung  zu  stellen.     Daß  in    dem  langen  Zwischen- 

raam  vod  1844  bis  1902    eioschlagige  Verfugungen  ergangen  sind,  ist  anzu- 

lehaeo.     Gedruckt   sind  sie  aber  wohl  nirgends,  und  sie  konnten  mir  auch 

vea    fceiaein    der  wiirttembergischen  Schulmänner,    an  die  ich  mich  wandte, 

■aehcewieaeo  werden.    Ich  kaan  daher  nur  von  neuem  auf  diese  Lücke  (s.  o. 

S.  93  Aaa.2  Abs.  1)  hiaweisen.    Bei  Killmann  {Bibliogr.  Abi.  4,  Nr  122) 

S.  478  fiade  ieh  die  Notiz,   daß   seit  1874   die  Vollaostalteo  zu  Beigaben 

leralliehtet  aeiea;  leider  gibt  er  keine  Quelle  dafür  an. 

2)  Siebe  S.  106,  Anm.  4. 

*/  lo  Württemberg  steht  die  Kostenfrage  (anders  als  in  anderen 
Staateo)  io  Verbiadiing  mit  den  Mitteln  der  „Hektoratskasse",  aas  der 
nt^a  deo  Programmen  auch  die  Bedürfnisse  der  Bibliothek,  der  Lehrmittel 
0    s.    zu     bestreiten    sind   (vgl.  j4bschn.    4,  Nr.    118    die    Abhandlung   voa 


108  Programmwesen  uod  Programmbiblioth  ek  d.  höh.    Schulen  , 

LXXXXVII.  9.  Jani  1875.  Ausfährnogzu  Nr.  LXXXXII.  Neue 
grundlegeode  Verfügung  für  die  gesamten  Verbältnisse. 
Vgl.  besonders:  j4bs.  1,  Verantwortlichkeit  des  Direktors. 
Abs.  2:  Freistellung  der  Stoffwahl.  Abbandlungen  wissen- 
schaftlicher, nicht  popularisierender  Art;  Abs.  3.  ßa,  Schüler- 
Verzeichnis  (s.  0.  Nr.  LXVIH  u.  LXXXVl).  Abs.  4.  Die  Konferenz 
vereinbart,  wer  die  Abhandlung  schreiben  soll.  Abs.  S,  Abfassanf^ 
der  Sehulnachricbten  in  der  Unterrichtasprache,  der  Ab- 
handlung an  Gymnasien  ev.  nuch  in  lateinischer.  Abs.  6.  Um- 
fang (3 — 5  Bogen  bei  VoUanstaltea,  2—3  bei  nicht  vollständigeo), 
bezw.  Veranstaltung  von  2  Auflagen  (mit  uod  ohne  Abhandlung) ; 
Format:  16X24  cm;  vgl.  o.  Nr.  LXXV.  Abs.  7.  Austausch  im 
lolande  durch  die  Schulen  selbst,  in  Auslande  (doch  s. 
Nr.  LXXXXVI)  durch  das  Mi  nister  iuQi.^6«.  ^.Amtliches  Verzeichnis 
der  österr.  Programme  (seit  1876;  s.  u.  Absehn.  3,  Nr.  33)  auch  zun 
Zweck  der  Ordnung  nnd  Katalogisierung.  Einsendung  von  5  Exem- 
plaren an  das  Ministerium,  {yerordmwgsbl.  VII  (1875)  S.  136 — 139; 
V.  Marenselltr  I  2,  Nr.  482,  S.  651—654;   II  Nr.  373,  S.  673—676). 

LXXXXVIII.  2.  März  1880.  Zweck  der  beigegebeoen  wissenschaftlichen 
nnd  pädagogischen  Abhandlungen:  Wissenschaftliche  Tätig- 
keit, Vermeidung  ungeeigneter  Polemik  (Prüfongspflicht 
des  Direktors)  [FerordnungsH.  XII  (1880)  St.  VI  S.  27;  v.  Marenseiler 
I  2  Nr.  483,  S.  654;  II  Nr.  374,  S.  676). 

IC.  30.  Dezbr.  1896.  Gedruckte  Kataloge  der  Lehrer- 
bibliothekeo  Österr.  Mittelschulen  a  1  s  Beigaben  zu  den  Jahres- 
berichten  {Ferordnvfigsbl.  XXIX    (1897)  Nr.  8,  S.  30  Abs.  11)1). 

€«  Die  Sehwdiz. 

€.  Allgemeine  Verfügungen  über  das  Programmwesen  müssen  hier 
naturgemäß  fehlen,  da  das  Unterriehtswesen  in  der  Schweiz  im 
wesentlichen  Sache  der  Kantone  ist.  Die  meisten  Anstalten  geben 
nach  altem  Brauch  Jahresberichte  und  ziemlich  regelmäfiig 
wissenschaftliche  Beilagen  aus,  die  meisten  seit  1855,  einige 
taten  es  auch  schon  in  früherer  Zeit.  Vgl.  dazu  G.  Büeler  a.a.O. 
(u.  Absehn.  .9,  Nr.  37)  S.  III— V.  Die  Kaotooschole  zu  Zürich 
gibt  seit  einigen  Jahren  nur  Jahresberichte  aus.  Die  letzteren  werden 
von  1907  ab  manche  Änderungen  aufweisen,  weil  für  die  Reife- 
prüfung der  künftigen  Mediziner  neue  Bestimmungen  getroffen  sind. 
Die  Anstalten  der  Schweiz  tauschen  ihre  Programme  unter 
sich  aus. 


')  Der  Entwurf  für  die  Drucklegung  der  Kataloge,  auf  den  hier- 
bei hingewiesen  wird,  ist  nicht  gleichzeitig  mitabgedrnckt,  sondern  den  An- 
stalten nur  handschriftlich  mitgeteilt  worden.  Ein  Abdruck  befindet  sich 
z.  B.  im  Katalog  der  Lehrerbibl.  d.  K.  K.  Staats-Rg.  zu  Prachatitz 
(Böhmen),  Beil  z.  Progr.  1897,  S.  4—6.  —  Vgl.  die  Bemerkungen  zu  diesen 
Katalogen  von  S.  Frankfurter  in  der  Z.  f.  d.  <ist.Gymn.  49  (1898)  S.  281 
bis'285  nnd  50  (1899)  S.  857—864;  s.  aor.h  den  Aufsatz  von  Jul.  Wallner, 
der  zu  dieser  Verordnung  geführt  hat,  ,,Über  unsere  Mütelschtdbiblioiheken*^ 
in  der  Zeiisehr./.  d.  öst.  Gymn.  47  (1896)  S.  193—208. 


VOQ  R.  illlrich.  109 

D.  AnkaBf^.    Zvai  ProfframnweMB  der  kSkeren  MliolMMehmlMi« 

Eine  einbeitliche  Organisation  in  beiog  auf  Jahresberiebte  und 
«issenscliftltliclie  Beilagen  gibt  es  ans  bekannten  Granden  nicht.  Erwähnt 
sei  hier  nor  der  Programmen  tausch,  der  seit  1877  dareh  Vermittlung  von 
Frmoz  Wagner  in  Leiptig  besteht.  Im  Jahre  1906  beteiligten  sich  daran 
gegeo  250  AaslaUeB. 

3.  Programm-Verzeichnisse^). 
A.  Fftr  bestimntte  Zeitrimme  unä  Liader*)« 

a^Prenfien    nnddasSbrigeNorddeutsehland    (z.  T.    mitBe- 
rueksichtigung  Süddeutschlands  und  Österreichs). 

]«t25— 1837.  1.  [Gm her,  Job.  v.,  GL.  (Strnlsund)],  Verzeichnis  simt- 
licker  Abhandlungen  in  den  auf  preußischen  Gymnasien  er- 
achieoenen  Programmen  von  1825 — 1837,  nach  dem  Inhalte 
wisteoschaftlich  geordnet.    Berlin,  1840.    Wilh.  Logier.    VI,  35  S.  4^ 

1S2»— 1B40.     2a.    Reiehe,  [S.G.],  Rekt.  d.  6.  zu  St.  Elisabeth  in  Breslan, 


1)  Wie  bei  den  Abteilungen  1  und  4  folgt  auch  hier  ein  alpha- 
betisches Verzeiehnis  der  Herausgeber  mit  Beisetzung  der  Nummer, 
■ater  der  si«  in  Text  der  Bibliographie  zu  finden  sind: 

ISr.  Nr.  Nr. 

.AJbaol   L   II     ...    4    Gutenäcker(I-Vl)  19—24    Renn(=GttteaäckerIV)  22 

Beiß«a0g:er  (I)    .     .  43    GuUcher  1 ....  26        „  (==>  „         V)  23 

[„  ?]  (II)    .    .  44         „        II ....  27        „  (=         „       VI)  24 

fiUlotkck,      Kgl.  zu  Hahn,  G.  1    ...     7    ^aichott 38 

Bcriia 15  y,  U  .     .    .     8    Schulze,  C.      ...  40 

BitUer  I  .     .     .     .       30    Hübl  I 28    l^erbeck    ....  12 

^      ]| 31       „II 29    [Teabner] 13 

^     III 32    Klußmann      ...  14    Varnhagen     ...  41 

Kcler.      ,     ....  37    Köhler,  J 18  „         -Martin  .  42 

Onlvarv 11    IMIartin  s. /^omAage/t  Verzeichnis    der 

X>eiters 39    Merleker  (I)    .         .5        österr.  Progr.  .     .  33 

I»olejiek   (Bobmeo)     .  34  „        (U)   ...     6    Vetter  (I)   ....    9 

^    (Mülir.a.Scbies.)  35    Meyer,  JSrgeo  Bona .  39         „     (II)  .     .     .     .10 

Fcseobeckh      .     .     .17    Moshacke    .    .     .    .  13    ['Winiewski].     .     .    3 

Paci^  16    ISassauische   Progr.  25   2Eeiß(=Gutenacker  II)  20 

Frfchievriez  ....  36    Reiche  (a)    .     .    .    2        „    (=        „        III)  21 

Öreber,  v 1  „        (b)     ,     .     ,     2 

>)  Es  sind  hier  alle  die  Sammlungen  aufgeführt,  die  sich  über  einen 
mehrjährigen  Zeitraum,  im  ganzen  oder  für  einzelne  Länder, 
trsirm€M.e;  oder,  wie  z.  B.  die  Nrn.  13, 15,  16,  33  u.  a.,  Tür  den  Zeitraum 
eines  Jabr«a  innerhalb  eines  begrenzten  Gebietes  Vollständigkeit 
^fT^ichen  oder  wenigstens  aostrebeu.  Ausgeschlossen  sind  die  überaus 
zahl  reichen  Zusammenstellungen  von  Programmen  einzelner  An- 
staltea  ^^  ^'^  ''^^  '°  Schulgesc  hiehten  und  Festschriften  oder 
aucb  als  Einzel  Veröffentlichungen  finden.  Die  Zusammenstellung 
dieser  viel  zo  wenig  bekannten  Literatur  würde  eine  ganze  Reihe  von 
Scttea  folleo  ond  eine  Sooderverölfentlichung  lohnen,  konnte  auch  als 
■itzliefae  Vorarbeit  einer  Haoptsaramlung  der  alteren  Programm- Literatur 
bis  zoiB  Jshre  1875  einschließlich  dienen.  Man  vergleiche,  was  darüber  in 
\bBcbnitt  1/2  dieser  Abhnndluog  ausgeführt  ist.  Erwähoaog  mögen  hier 
weairstens  einige  SooderverÖffentlichungen  finden,  teils  aus  älterer,  teils 
ans   ^lemeoster     Zei^i    nämlich:   Vömel,   Job.   Theod.,    Verzeichnis    der 


110  Programmwesen  und   Programmbibliothek   d.  hSh.  Sehaleo  , 

Geordnetes  VerzeiebDis  der  von  1825  — 1840  erschienenen  Pro- 
gramme der  preoßisehea  Gymnasien  und  einiger 
Gvmnasien  anderer  deutscher  Staaten,  welche  io 
späterer  Zeit  dem  Programmen taosche  beigetreten  sind.  Frogr. 
Breslau,  G.  ».  SU-EUs,  1840.     66  n.  4  S.    4«. 

2b.  — >  Brgänsungen  und  Znsätse  zu  dem  geordneten  Ver- 
zeichnisse der  von  1825 — 1840  erschienenen  Programme  usw. 
Frogr,  Breslau,  G.  zu  SL-Elis,    1841.    IV  u.  S.  35—58.    4^. 

1825—1841.  3.  [Winiewski,  Dr.  F.,  Prof.  a.  d.  philos.  Fak.  d.  Kgl. 
thcoi.-philos.  Akad.  u.  Bibliothekar  d.  Panlio.  BibJ.].  Systematisches 
Verzeichnis  der  io  den  Programmen  der  preußiseheo 
Gymnasien  und  Progymnasien,  welche  in  den  Jahren  182  5 
—  1841  erschienen  sind,  enthaltenen  Abbandlungen,  Reden 
und  Gedichte.  Im  Anftr.  d.  Kgl.  Provinzinl-Schnl- 
kollegiuros  zu  Munster  herausgegeben.  Münster,  1 844.  Fried r. 
Regeosberg.  XVI,  102  S.  4^ 
4.  Programmeu-Revue  oder  Schularcbiv.  £ine  Zeitschrift  für 
Schule  und  Wissenschaft,  hrsg.  von  A.  R.  AI  bani  (Dresden,  Kreuzsch.)- 
Dresden,  Adler  u.  Dietze.     Erschienen  sind: 

1843.1)  Bd.  I.  Programme  und  Monographien  1843.     XXVI,  360  n.  72  S. 
1846. 


Frankfurter  Gymnasialprogramme  von  1737  — 1837.  Ein  Beitrag  zur 
Literaturgeschichte.  Progr.  d.  G.  [Mutteranstalt  des  jetzigen  Goethe-  u. 
Lessiog-Gymnasiums]  su  Frankfurt  a,  .11.  1837.  Frkft,  Friedr.  Ludw. 
BrÖnner.  4^  S.  3—19«  —  [o.  N.],  Verzeichnis  der  wiss.  Progr.-Abhaodlnngeo 
des  Stendaler  Gymnasiums  (1606  —  1903).  Jahresher,  d.  G.  z,  Stendal 
1904.  Stendal  (Frenzen  u.  Grosse).  4».  S.  3—7.  —  Weiske,  Karl, 
Systematisches  Verzeichnis  der  in  den  Jahresberichten  des  Kgl. 
Pädagogiums  und  der  Lateinischen  Hauptschule  in  den  Francke- 
schen  Stiftungen  [1835—1870;  1825—1906]  veröifentlichten  Abhand- 
lungen. Sonderdruck  aus  der  „Ehrengabe  der  Latina**^  3L  März  1900'. 
Halle  n.  S.,  Buchh.  d.  Waiscoh.  gr.  8».  16  8.  —  Ullrich,  Rieh.,  Ver- 
zeichnis der  wissenschaftlichen  Abhandlungen,  welche  als  Beilagen  zu  den 
Jahresberichten  des  Berlinischen  Gymnasiums  zum  grauen  Kloster 
seit  der  Neuordnung  des  Progranimweseoü  für  die  preußischen  Gymnaaieu 
vom  23.  August  1824  erschienen  sind  [1825 — 1905].  Jahresber,  d,  G,  z, 
grauen  Kl.     1906,  Berlin,  (M.  Driesner).     i^     S.  25—27. 

Es  würde  auch  zu  weit  führen, alle  (mehr  oder  weniger  unvollstän- 
digen) Zusammenstellungen  zu  nennen, die  als  „Programmeoschau"  o.  ä. 
von  Beginn  des  Programm  Wesens  ao  im  Laufe  der  Jahrzehnte  in  wissenschaftlichen 
oder  Scbulzeitschriften  (allgemeinen  wie  für  einzelne  Fächer)  erschienen  sind. 
Genannt  seien  hier  aber  besonders  die  Übersichten  in  den  älteren  Jahr- 
gängen der  Zeitschr.  f.  d.  Gymn.-W'^esen  (vgl.  auch  oben  S.  8S  A.  3), 
im  Pädagogischen  Archiv  (früher  Zentralorgan  f.  d  .  1  nteresscD 
d.  Realscholwesens),  im  Literarischen  Zentralblatt  (zuerst  im 
Jahrgange  1862),  in  der  BerUner  philo  log.  WS.  und  der  WS.  für 
klass.  Philologie.  Für  Österreich  vgl.  u.  S.  114;  für  die 
exakten  Wissenschaften  vgl.  B,  c  Nr.  43  f.  und  die  Anmerkung  dazu. 

^)  Für  einige  andere  (kleinere)  Sammlungen  dieser  älteren  Zeit,  dereu 
Bestände  sich  aber  auch  in  den  Verzeichnissen  über  größere  Zeiträume 
finden,  vgl.  Herrn.  Varnhagen  a.  a.  0.  (s.  u.  Nr.  41)  S.  XlII  ff.  u.  Zentral^ 
wg,  J,  d,  Interessen  d,  Realschulu^sens  V  (1877)  S.  144—151. 


TOB  R.  Ullrich.  ilt 

1844- 1846  (X.  T.)  Bd.  II.  U.  d.  T.:  Programmen-Reva  e.  Eioe  Zeit- 
schrift «sw.  (wie  obeo).  Programme  nod  MoDographieo  1844. 
1845.  1846.  Heft  I.  1847.  XII  o.  52  S.  (eoth.  nur  die  Abicha. 
FSäm^ogik^  Phüot.y  Theol,,  JurüprudenZj  Ntw,  o.  M$ditin)^), 

1842 — 1849.  5.  Merleker,  Prof.  Dr.,  Veneicboit  der  seit  1842 
[bis  1849]  ersehieneaeo  Programme  der  preoBisehen  Gymoasien  aod 
Pregymaasieo.    Z./.  d.  Gf^.  V  (1851)  S.  865—916. 

]$50— 1853.  6.  — ,  dgi.,  seit  1850  [bis  1853]  ebenda  VIII  (1854) 
S.  922—942. 

1842 — 1850.  7.  HabD,  Dr.  Gust,  OL.,  (I)  Sy$temaliscb  geordnetes  Ver- 
^icbais  der  AbbaDdluagen,  Reden  nod  Gedichtej  die  io  deo 
«■  deo  preuBischen  Gymoasien  nnd  Progymnasien  1842 — 
1850  ersebieoeoen  Programmen  enthalten  sind.  Progr.  Salswedel  G. 
1854.    Salzwedel  (J.  D.  Schmidt).    4».    IV,  50  S. 

1851 — 1860.  8.  —f  (11)  Systematisch  geordnetes  Verzeichnis  der  Ab- 
handlungen, Reden  nod  Gedichte,  die  in  den  an  den  preußi- 
schen Gymnasien  undProgymnasien  1851  —  1 8 6 0  erschienenen 
Programmen  enthalten  sind.  Prog^.  S€tlzwedel  G.  ISÜi,  Salzwedel, 
(J.  D.  Schmidt).    4».    VHI,  62  S. 

1851 — 1863.  Vetter,  Wilh.,Prof.  Roorekt.,  Geordnetes  Verzeichnis  der  Ab- 
hasdlnogeB,  welche  in  den  Scbulsohriften  sämtlicher  an 
dem  Programmentaosch  teilnehmenden  Lehranstalten  vom 
Jahre  1851  — 1863  ersehienen  sind.  Progr,  Luckau  G,  (Druck  v. 
J.  Entleatoer  v.  Sohn  daselbst).    4^    2  Teile. 

9.  I.  (1.  Pädagogik  u,  Methodik.     2.  Theologie.  3.  Philologie). 

1861.    S.  3—58. 

10.  II.  (Die  übrigen  Fächer.^)  Mit  Nachträgen  zu  Teil  I).  1865. 

S.  3—27. 

1863—1868.  11.  [Calvary,  S.],  Verzeichnis  der  UniversiUts-  und 
Schnlsehrift en,  als  Habilitationsschriften  und  Dissertationen  der 
philosophischen  Fakultiteo,  Schulprograrame  und  Reden,  sowie 
anderer  zu  diesen  Gebieten  gdiliriger  Monographien.  Berlin,  1864 — 
1869.  S.  Calvary  n.  Co.  6  Hefte.  [Über  die  6  Jahrgänge  lb63— 
ISeS].    Je  0,50  Jt* 

1864 — 1868.  12.  Terbeck,  Jos.,  GL.,  Geordnetes  Verzeichnis  der  Ab- 
handlongen, welche  in  den  Sehulschriften  sämtlicher  an 
dem  Programmentansche  teilnehmenden  Lehranstalten 
vom  Jahre  1864  —  1868  ersehienen  sind.  Progr.  Rheine  G.  1868. 
(Mnotter,  F.  Regensberg.  40.)     S.  3—65. 

]§ß7 — 1875.  13s.  Mosfaacke,  Herm.,  Deutscher  Schnlkalender  (u. a.  T.  seit 
185  2)  Berlin,  W.  Schultze,  seit  1874:  Leipzig,  B.  G.  Teobner.  16^ 
{eothalt  von  1867  —  1875  zu  sämtlichen  höheren  Schulen,  nicht  blofi 
Deotschlands,     sondern     auch    ganz')    Österreichs     und     der 


')  Mit  diesem  Hefte  hörte  das  Unternehmen  zu  erscheinen  auf. 

*)  Doch  fehlen  Mathematik  und  Naturunesenschafien  ganz. 

s)  Dagegen  enthalten  die  Verzeichnisse  unter  13b  nnd  14  nur  die  Abhand- 
haadiaBgen  derjeoigen  Österreichischen  Anstalten,  die  mit 
DeatsehlBsd  im  Tausch  verkehr  stehen.  Näheres  vergleiche  Teil  III  u.  2. 


112  Prograiomweseo  und  Programmbibliothek  d.    höh.  Schnleo, 

Schweiz  EinzelaogabeD  der  wisseoichaftlieheo  Abhaod- 
loogeu  oach  den  Bericht ea  der  Schalen  seibat,  daher  nicht  immer 
vollständig,  sowie  —  z.  T.  —  am  Schlosse  jedes  Jahrganges  eine 
systematische  ObersTcht). 

1876— jetzt.  13b.  [l^eabner^B.  G.],  Verzeichnis  von  Programm-Abha ad- 
longen,  welche  von  Gymnasien,  Realgymnasien,  Real- 
und  höheren  Bürgerschulen  Deutschlands  und  Österreichs 
im  Jahre  1  ..  veröffentlicht  worden  sind.  Leipzig,  B.  G.  Teubo er. 
1%\  (S.-A.  aus  dem  Statistischen  Jahrb.  d,  höh.  Schulen^),  seit  1876.) 
Bis  jetzt  30  Bäodcheo.  Je  0,60  JC  (einseitig  bedruckt  0,80  M)- 
Nur  direkt  vom  Ftrleger  zu  beziehm, 

)S76— 1900.     14.     Klußmann,  Dr.  Rud.,    Systematisches    Verzeichnis    der 
Abhandlungen,  welche  in  den   Sehulschriften    sämtlicher  ao 
dem    Programm  tausche    teilnehmenden     Lehranstalten    er- 
schienen sind.     Leipzig,  B.  G.  Teubner.    Lex.  S^.     Bis   jetzt  4  Bde. 
[I]   (1676-1885).     1889.    VIII,  315  S.  5  JC, 
n   (1886—1890).      1893.    VII,    285  S.  5    „ 

III  (1891—1695).      1899.    VII,   342  S.  8   „ 

IV  (1896— 1900).«)  1903.  VIII,  347  S.  8   „ 

1889— jetzt.  15.  [Königliche  Bibliothek  zu  Berlin],  Jahresver- 
zeichnis der  an  den  deutschen  Sehulanstalten  erschienenen 
Abhandlungen.  Berlin,  A.  Asher  u.  Co.,  seit  1889.  Bis  jetzt 
17  Bände.  Das  letzte  Verzeiehnis  XVII  (1905)  erschien  1906.  (IV, 
51  S.) Darehsehaittspreis  (ein-  oder  zweiseitig  bedruckt)  je  etwa 
1,80  JC' 

1889— jetzt.  16.  [Pock,  G.],  Bibliographischer  Monatsbericht  über  neu 
erschienene  Schul-  und  Universitätsschriften  (Dissertationen  — 
Programmabhandlungen  —  Habilitationsachriften)  hrsg.  von  der 
Zentralstelle  für  Dissertationen  und  Programme  der 
Buchhandlung  Gustav  Fock.  Leipzig,  G.  Pock,  seit  1889.  12  Nro. 
Der  (Oktober  beginnende)  Jahrgang  je  3,50  JC, 

b)  Süddeutschland.') 

a)  Baden. 

1837—1862.  17.  Fesenbeekfa,  Dir.  Prof.,  Das  Programm-Institut 
im  Großherzogtum  Baden,  nebst  einer  Znsammenstellung  sämtlicher 


^)  Das  letzte  Verzeichnis  (io  Jahrgang  27  Teä2  soeben  erschienen, 
20  S.)  enthält  die  Abhandlungen  des  Jahres  1905. 

2)  Der  nächste  Band,  der  wiederum  5  Jahre  (1901 — 1905)  umfassea 
wird,  ist  in  Vorbereilnog.  Der  Zeitpunkt  des  Erscheinens  ist  noch  nicht 
zu  bestimmen. 

^)  Nicht  ganz  so  viel,  als  man  erwarten  sollte,  findet  sich  von  Sonder- 
übersichten und  Besprechungen  südwestdeutscher  Programme  (Badeo, 
Hessen,  Württemberg)  in  den  ,ySüdwestdeutschen  Sehulblätiem^^,  Organ  des 
Vereins  d.  akad.  geb.  Lehrer  in  Baden,  des  Hess.  Oberlehrervereins,  sowie 
des  Gymnasiallehrervereins  in  Württemberg  (Redd.  Proff*.  O.  Armbruster 
u.  H.  Cramer,  (Karlsruhe  (F.  Gotsch),  12  Nrn.  Lex.  8».  4  JC),  seit  1884, 
und  dem  Neuen  Korrespondenzblatt  für  die  höheren  Schulen  ßf^ürttembergs^ 


voo  R.  Ullrich.  113 

seit  1837  von  den  badiseheo  Lyzeeo  and  Gymnatieo  ver- 
offeallichteB  Pro^ramm-Beiltg^en.  Beil.  z,  fitogr.  Lahr  G.  1863. 
29$.    kl.  8«.    [$.3—13    Abhandlaog,    S.  14— 29  Verzeichiiis.] 

Vaa  AabeginD  bis  1887.  18.  Köhler,  Prof.  Jakob,  Dio  Profrraniuboi- 
lagen  der  badiscben  bofaereo  Lehranstalten  (Gymnasien, 
Progy  mnasieo,  Realgymnasien,  Realscbolen,  höheren 
ßSrgersehalen  nnd  Lehrerseminarien  [seit  Beginn  der  Ein- 
rieb tu  ng  bei  jeder  Anstalt])  mit  alpbabetiscfaem  Verzeicbnis  der 
Verfasser  and  Obersieht  der  behandelten  Gegenstände.  Beü,  s.  Progr, 
Rastatt  G,    1888.     RasUtt,  (Bochdr.  i.  G.  Vogel).     71  S.    V. 

ß)  Bayern^. 

1S2I~]860.  19.  [1.]  Gatenäcker,  Dr.  Jos.,  Verzeiehnls  aller  Pro- 
gramme und  Gelegenheitsschriften,  iKelche  an  den  R.  Bayer. 
Lyzeen,  Gymnasien  and  lateinischen  Schulen  vom  Schal- 
jabra  1823/24  bis  zam  Schiasse  des  Sohuljahres  1859/60 
erschienen  sind,  geordnet  A.  nach  Stadtenaostalten,  B.  nach 
Verfassern,  C.  nach  Gegenstünden.  Ein  Beitrag  znr  Scbol- 
nnd  Literatnrgesehicbte  Bayerns.  {Einladungssehrifi  äer  K,  Bayer, 
^mdiaunuuat  w  Bamberg;).  Bamberg,  (Baehner).  1862.  40.  VUf, 
Itö  S.    {vergriffen). 

fortgesetzt  von: 

}B(1~I873.    20.    II.   Zeiß,  J.G.,  Die  Scbvljahre  1860/61  bU  1872/73. 

[A-Nach  Studienanstalten.]    Pregr,  d.  KgL  Bayer, Studienanstalt 

LaM/skmi,    Landshut,  (Jos.  Tbomann).    1874.    4<>.    36  S.  {vergriffen), 

[B  u  G.  Nach  Verfassern  und  Gegeoständeo]   Progr,  Lands- 

kaa,  ebenda  1875.    4».    VI,  40  S.    (vergriffen), 

1S74-1884.     21.  DL  --,  Die  Schuljahre    1873/74   bis    1883/84.    Desgi 

ebenda.     1885.    8».    65  S. 
1S§5— 1889.     22.     IV.     Renn,    Dr.    Bm.,  Die    Schu^ahre    1884/85    bis 

1888/89.     Desgt,    Ebenda.     1890.    8«.    63  S. 
]§ia-l895.     23.    V.—,  Die  Schuljahre    1889/90   bis  1894/95.    DesgL 

Ebenda.     1896.    8«.     71  S. 
196-1902.    21.    VI.  — ,   Die  Schuljahre   1895/96  bis  1901/02.  Desgl. 

Ebenda.     1903.    81 S. 


krtf«  T.  Gymn.-Prof.  Dr.  H.  Grotz  u.  Oberstnd.-R.  Reatscbnlrekt.  0. 
Jieger  (Stnttgart,  W.  Kohlbammer,  12  Hefte.  ]U  JC),  seit  1894.  Diese 
tiätter  sollten  sich  des  Programmwesens  ihrer  engeren  Heimat  etwas  mehr 
laaehmen.     Doch  vgl.  üb.  Nestle  BiWogr.  Abt  4  Nr.  131. 

>)  Vgl.    hierza  im    allgemeinen  oben  S.  109  f.    Anm.  2    Abs.    1    o.   2. 

PragraniBÜbersichten,  iosbesondere  bayerischer  Programme,  bieten  hanpt- 

lieklicli  die  beiden  Zeitschriften :    Blätter  /.  d,  Gymnasial-Schidwesen^  hrsg. 

T.bayer.  Gymnasiall.- V., red.  v.  Dr.  Job.  Melber  (Muncheo.  J.  Linöaner, 

S  Donpelbrfte,     10  Jt)^    seit    1865     (Programm  -  Gbersichteo     bierio     seit 

U.  \\n  (1681)  über  die  Jahre  1880  IT.),  and  die  Bayerische  Zeitschr.  f.d. 

flteischulwesen^     hrsg.    durch    d.    bayer.    Realscholm.-V.,   gel.    v.    Dr. 

lieod.  Geiger  (Mönchen,  Th.  Ackermann,  4  Hefte,  5  Jt)^  seit  1881.   über 

ist  erste  Organ  gibt  es   ein  Reperturium,    [amfasscoü]  Bd.  I— XXXVI«» 

Jtbrg.   1S65 — 1900,  sowie  über  die  Generalversaramlnngsberichte 

tfes    Bayer.     Gymnasiallehrer- Vereins   (I— XX),     von     Prof.    Eug. 

Brand.     Ifäuehen  1901,  Lindauer,  IX  u.  155  S.,  geb.  4,-^  Ji* 

t  d.  OjmaaoSolwaooa.    LXI.    S.  «.  8.  8 


114   Proeprftmmwesea  ood  Pro^raambibliothek  d.  höh.  Schalen, 

y)  (Ehemaliges)  Herzogtum  Nassau. 

1840 — 1S64.  25.  Nassaoitche  Sehnlprogramme  aus  den  letztea 
25  Jahreo  [1840—1864].  LtUrrar.  Handweiser,  sunächsi  f.  d.  kath. 
Deuitchkmd  (jetzt:  zunächst  für  alle  Katholiken  deutscher  Zung-e) 
Nr.  25  (1864)  S.  1 94-195  M. 

c)    Österreich')  (teilweise  unter  Einbeziehung  reicbs- 

deutscher  Programme). 

a)  För  die  ganze  Monarchie. 

1850—1867.  26.  Gatscher,  Joh.,  Systematisch  geordnetes  Verzeichnis 
des  wissenschaftlichen  luhaltes  der  von  den  österreichiscbeo 
Gymnasien  and  Realgymnasien  in  den  Jahren  1850 — 1867 
veröffentlichten  Programme.  I.  Progr,  v.  Maröurgf  X,  R.  Gytnn. 
1868.  XXllI  u.  S.  1—70.  Marburg  (Druck  v.Ed.  Janschitz)  gr.  8o. 
(enthält:  /.  Pädagogik  u.  Methodik,    IL    Theologie,    HL    Philologie). 

27.  — ,  Dgl.  11  ebenda.    1869.    XVI   u.   S.  1—42.   gr.  80.   (enthält:  Die 
übrigen  Fächer). 

1850—186»  (bezw.  1852—1868  o.  1863— 186S).  28.  Hiibl,  Frz.,  Prof. 
a.  K.  K.  Gymn.  i.  Czernowitz,  Systematisch  geordnetes  Verzeichnis 
derjenigen  Abhandlungen,  Reden,  Gedichte  usw.,  welche  in 
den  Mittelsehulprogrammen  Österreich-Ungarns  seit  d.  J. 
1850  bis  1869  and  in  jenen  von  Prenfien  seit  185  2  and  von 
Bayern  seit  1863  bis  1868  enthalten  sind.  [I.]  Czernowitz  1869. 
Selbstverlag  d.  Herausgebers  (Druck  v.  Josef  Buchowiecki  u.  Co.) 
239  S.    40. 

1870-1873  (bezw.  1869—1872).  29.  — ,  Dir.  d.  R.-  u.  OG.  i.  ßrüx,  Syste- 
matisches Verzeichnis  derjenigen  Abhandlungen,  Reden  a.  Ge- 
dichte, welche  in  den   Mittelschulprogrammen   Österreichs 


1)  Die  Angaben  sUmmen  ans  Kehrein,  Allg.  LZ.  1864.   Nr.  19—21. 

*)  Vgl.  dazu  im  allgemeinen  S.  109  f.,  Aam.  2,  Abs.  1  u.  2.  Hinzu- 
weisen ist  hier  besonders  auf  die  sehr  nützlichen  (wenngleich  bibliographisch 
nicht  immer  ausreichenden)  Programm  Verzeichnisse  der  einzelnen 
Anstalten,  die  sich  auf  den  Umschlägen  der  Jahresberichte  ziem- 
lich Itäu6g  Jahr  für  Jahr  abgedruckt  finden;  v^l.  die  Bemerkung  des  Verfs. 
im  Jahresber.  d.  Bert.  Gymn,  z,  grauen  Kloster  1906,  S.  25,  Anm.  — 
Von  Obersiehten  (bt'sw.  Referaten),  die  etv^a  den  S.  109  f.,  Anm.  2,  Abs.  2 
(Bude)  erwähnten  entsprechen,  koniuien  hier  besonders  in  Betracht  die  in 
der  Zeäschr.  f.  d.  österr.  Gymn.  von  Anfang  au  (1850)  iu  ziemlicher  \'oll- 
ständigkeit  gegebenen,  sodaun  die  beiden,  nur,  eine  Auswahl  bietenden  in 
der  Zeitschriß  für  das  Realschulwesen  [in  Österreich]  (Wien,  A.  Hb'ider) 
seit  1876  (vgl.  oben  S.  94,  ISr.XWlu.XWIII)  und  Inder  Zeitschrift  „d«tor- 
reichische  Mittelschule'  (Wien,  A.  Holder,  4  Hefte,  7,*20  M)  seit  1887.  Auch  eine 
allgemeineren  Interessen  dienende  Zeitschrift,  nämlich  die  Österreichisch- 
ungarische  Revue  vRed.  Jul.  Haberniaun;  Wien,  Mauz,  jährlich  2  Bünde^^ 
12  Hefte,  16  JC,  seit  18b6)  hat  mehrfach  Übersichten  von  Ö.sterreichischen 
(und  auch  ungarischen)  Mittelschnlprogrammen  nach  den  anitlichfo  oder  halb- 
amtlichen ZdHanimensteliuugen  veröHentlicht,  so  in  I^.  F.  XXIV  (1899,  I) 
S.  56— o9,  127—130,  20U— 2U3,  307—310,  395—398  über  die  Programme 
des  Schuljahres  1896,97. 


von  R.  l'llrich.  .  115 

seit  1870 — 187  3  and  in  jeocD  voo  Preußen  nnd  Bayern  seit 
1S69  — 1872  eatbalten  sind.  H.  Zasammenges teilt  and  mit  einem 
nach  den  1.  Teil  umfassenden  Sachregister  versehen  von 
F.  H.,  Wieo   187  4.    (Alfr.  Holder).     128  S.    40. 

1ST4— 1SS9.  Bittaer,  Jos.^  K.  K.  prov.  GL.,  Systematisch  geordnetes 
Yerzeichois  der  Programmarbeiten  österreichischer  Mittel- 
scholen  aas  den  Jahren  1874—1889.     2  Teile: 

SO.  1.  y#.  Pädagogik  u.  Schulhygiene.  B.  Mtklassitche  Philologie,  S.-A.  aus 
dem  Progr.  d.  K.  K.  Staats- G,  in  Teschen.  1890.  Tescheu,  Sigm. 
Stoks.     3»  S.    40. 

31.  II.  [Die  Hörigen  Fächer],  ebenda  1891.  106  S.  40.  (Mit  ;ritel  für 
beide  Teile,  =  S.  107  n.  108.) 

1^90-1905.     32.     — ,  K.  K.  Prof.  au  II.  SUaU-G.  i.  Czernowitz. 

HL  Die  Arbeiten  aus  den  Jahren  1890--1905  enthaltend. 
Csernowitz  1906.  Selbstverlag  (Czernowitzer  Buchdruckerei-Ges.) 
175  S.     Mit  Anhang:  Autoren- Verzeichnis.  28  S.     gr.  8».     4,40  JC. 

Außerdem  das  Jahresverzeichnis: 

i^7$_jetzt.  33.  Verzeichnis  der  in  den  Programmen  der  Öster- 
reiebiseheo  Gymnasien,  Realgymnasien  und  Realschulen  ober  das 
Scbaljabr  [zuletzt  1905/6]  veröffentlichten  Abhandlungen.  Beigebe 
[jetzt  zam  24.  Stuck]  des  Ferordnungitdattes  für  den  Dienstbereich  usw. 
(s.  o.  S.  94,  Nr.  XXVll).  Wien,  K.  K.  Schulbücher-Verlags-Direktion. 
Lex.  S<^.     Auch  einzeln  zu  haben:  je  0,40  M  (mit  Porto  0,50  JC). 


ß)  Für  einzelne  Kronläoder. 

1/ Bobflseoy  Mahren,  Schlesien    (von  Anstalten    mit  böhmischer 

Unterrichtssprache). 

Vm  ADbepun— 1900.  34.  Dolejäek^),  Boleslav,  Programy  deskych 
strednich  §k«l  na  Morave  a  ve  SIezsku  (Verzeichnis  der  in  den 
Programmen  der  Mittelschulen  mit  böhmischer  Unter- 
riehtssprache  in  Mahren  und  Schlesien  veröflentlichten  Ab- 
bandloagea).    Progr,  Groß- MeserUseh  R.     1901.     28  S. 

Voa  Aobegian— 1901.  35a)  — ^j,  Programy  deskych  stredoich  »kol 
V  Ceeh&ch  (Verzeichnis  der  in  den  Programmen  der  Mittel- 
schalen  mit  böhmischer  Unterrichtssprache  in  Böhmen 
veröffentlichten  Abhandlungen),    [a].  Ebet^da    1902.     36  S. 

Van  AobegiBn— 1903.     b)    [b].  Ebenda,     1904.    44  S.  ^ 


I)  Das    Verzeichnis    ist    erstens    nach    Anstalten,    zweitens    nach 
G egenstS  od eo  geordnet,    innerhalb   beider  Abteilnngen  chronologisch. 

')  Nr.  35a  ist  euch  Schulen,  35b  nach  Gegenständen  geordnet,  inner- 
halb beider   Abteilongen  chronologisch  (wie  Nr.  34). 

8» 


116  Piogrammwesen  oud  Programmbibliothek  d.  hob.  Schulen, 

2)  Galizieo  (von  Aostalten  mit  polnischer 
Unterrichtssprache). 

Von  Anfang — 1889.  36.  Frf  ck  ie  w  icz,  M., *)  Spis  przedmiotow  pomiesz- 
czonych  w  sprawozdaoiach  galicyjskich  szkol  s'redoich  po  koniec 
roka  18  89  (Systematisch  geordnetes  Verzeichnis  des  wissenschaft- 
lichen Inhaltes  der  von  den  galizischen  Mittelschulen  bis  zum 
Jahre  1889  veröffentlichten  Programme).  Progr»  G.  fFadowice 
1890.    S.  9—53. 

d)  Schweiz. 

1855—1889.  37.  Bneler,  G.,<)  (Fraueofeld),  Verzeichnis  der  Pro  gram  in - 
Beilagen  der  schweizerischen  Mittelschulen  [seit  d.  J. 
18  5  5,  liebst  einigen  schon  früher  erschienenen].  Mit  e.  Anhang,  um- 
fassend die  Programm-Beilngeo  der  Acadeinie  de  Neuchitel  und  der 
Bidgenössischen  polytechnischen  Schule  in  Zürich.  Fraoeofeld,  1890 
(J.  Hnbers  Druckerei)  V,  68  S.    4».    'J  fr. 

B.  Für  einzelne  Fächer« 

a)  Schulwesen  im  allgemeinen,  insbesondere 

Schulgescbichte*). 

Von  Anbeginn— 1906.  38.  Schott,  Dr.,  R.,  Gedruckte  Quellen  zur  Ge- 
schichte des  höheren  Schulwesens  in  Wiirttemberi;. 
Eine  bibliographische  Umschau.  Beiheft  11  zu  den  Milt.  d.  Ges.  f, 
deutsche  Erz,-  u.  SchuJgesvh.  Berlin,  1906.  A.  Hof  mann  n.  Co. 
S.  44 — 69  (Das  eigentliche  Verzeichnis:  I.  Allgemeines.  II-  Einzelne 
Anstalten.  S.  58— 69)  [Von  A  n  fang  b  is  1  906]^).  (Verzeichnet 
nicht  ausschließlich,  aber  vorwiegend  Scfaulprog ramme). 

1817—1896.  39.  Deiters,  Geh.  Reg.-R.  Dr.,  u.  Prof.  Dr.  Jörgen  Bona 
Meyer,  Abhandlnogeo  znrGeschichte  der  rheinischen 
höheren  Lehranstalten  in  den  Programmen  derselben.  Im 
Auftrage  der  Gruppe  Rheinlan  d  [der  Gesell  seh  aft  fii  r 
deutsche  Erziehungs«    und    Seh  algeschiebte]  zusammeo- 


')  Die  Einleitung  (S.  3—8)  enthfilt  eine  kurze  Obersicht  über  dio 
wichtigsten  früheren  Sammlungen.  Bemerkenswert  ist,  daß  diese  Sammlung 
auch  ein  Autorenregister  enthält. 

')  Außerdem  sind  die  jährl  i eben  Verzeichnisse  zu  en^Ühoen,  die  im 
Jahreshefl  des  Fereins  schweizerischer  Gymnasiallehrer  (seit  1868,  Aatau, 
H.  R.  Sauerläuder  u.  Co.  Lex.  8^.,  jetzt  unter  der  Rubrik  Mitteilungen 
über  die  Bibliothek  des  Vereins  usw.)  veröffentlicht  werden  (zuerst  in  Heft 
V  (1873),  Programme  von  1872)  und  so  seit  1890  eine  wichtige  Ergiuzuo^ 
der  Bibliographie  Büelers  bilden  (Heft  XXXVI,  1906,  II  u.  73  S,  1,60  J(^ 
entbält  z.  B.  auf  S.  60  f.  die  Programme  von  1905).  Doch  geben  die 
Hefte  nur  eine  Auswahl,  nümlich  diejenigen  Programme,  die  der  Bibliothek 
das   Vereins  zugeschickt  werden. 

3)  Vgl.  auch  Nr.  42. 


von  R.  Ullrich.  117 

ge&UUt.  [Von  1 8 1  7~  1  896 Ji).  Mut  d.  Ges.  /*.  deuUche  Erz.-  u, 
Sckulgesch,  VI  (1S96)  S.  227—245;  firgäozungeo  uod  Be- 
richtigaD^eo  ebenda.  S.  32'{ — 325. 

I>SO— 1886.  40.  ScliiiIze^C.,S)Systeniati8elie  Cbersiebtder  io  Zpitschrifteo, 
Programnien  ood  £ioEeUchrifteD  veröffeDtliGhteo  wertvolleo  Auf- 
salze  über  Pädagogik  aus  den  Jahreo  1880— i  886,  als  Nach- 
schlag^ebaeh  für  Lehrer  zur  Vorbereitoog  auf  da«  Exameo  and  für 
den  Unterricht.  HaoBorer  1887.  C.  Meyer  (G.  Prior).  VHI,  276  S. 
3,60  JC. 

b)  Neuere  Sprachen  und  Sprachwissenschaft 

überhaupt. 

1^23—1876  (bezw.  1877). 3)  41.  Varahageo,  Herrn.,  Systematisches  Ver- 
xeiefaois  der  auf  die  neuereo  Sprachen,  hauptsächlich  die 
fraozösisehe  aod  englische,  sowie  die  Spraehwissea- 
sehaft  überhaupt  bezüglicbeo  Pr  ogr  am  mabha  ndla  ngen , 
Dissertationen  uod  Habilitationsschriften.  Mebst  einer  Einleitung^). 
Anhang  zur  Enzyklopädie  des  pküoh^ischen  Studiums  der  neueren 
SpraeheUy  kauptsächH^h  der  Jranzösisehen  und  engUsckeny  von 
B.Schmitz.  Leipzig,  1S77.  CA  Koch.  XVIII,  100  S.  (Vgl. 
dazu  R.  Kloßmann,  Ycmc  Jbb.  f,  Phil  u.  Päd,  118  (1878)  S.  346 
— 34S). 
^  .«;— 1892.  42.  •-,  2.,  vollständig  umgearbeitete  Aufl.  von  Job.  M  a  rti  n 
U.  d.  T. :  Syst.  Verz.  d.  Pr  ogr.,  Diss.  u.  Habilit.  aus  dem  Gebiete 
der  ro  manische  n  und  englisehen  Philologie  sowie  der 
allgemeinen  Sprach-  und  Literaturwissenschaft  and 
der  Pädagogik    und    Methodik.    Ebenda,    1893.    XV,    296  S. 


1)  Notwendig  ist  übrigens,  dafi  bei  derartigen  Bibliographien  der  Um- 
fang des  enthaltenen  Zeitraumes  schon  im  Titel  ausdrücklich  angegeben 
vird.      Aach  Varnhagen  (s.  Nr.  41.  42)  läßt  eine  derartige  Angabe  ver- 


')  Diese  Zusammenstellong  ist  wohl  mehr  für  Volksschullehrer 
gedacht;  von  Zeitschriften,  die  exzerpiert  sind,  fehlen  die  für  das  höhere 
Scbalweseo  wichtigsten  durchaus  (mit  Ausnahme  des  Pädagogisehen  Archivs). 
Dach  sollte  sie  als  ein  Versuch,  einen  Teil  der  Programme  aocli  in 
aaderen  Kreisen  heimisch  zu  machen,   nicht  übergangen  werden. 

*)  Vgl.  die  Vorrede  der  1.  Aufl.  S.  II:  Dissertationen  bis  1876,  Programme 
^  Ostern  1877. 

*y  Enthält  o.  a.  eine  Obersieht  über  die  Geschichte  des  Pro- 
gramms und  die  bibliographische  Literatur,  wovon  die  erstere  in 
der  2.  Aofl.  (Nr.  42)  weggelassen,  die  zweite  gekürzt  ist.  Daraus  ergibt 
sieh,  daß  nncb  die  erste  Auflage  heute  noch  mit  Nutzen  zu  ge- 
braoehen  ist. 

*)  Leider  fehlt  sowohl  auf  dem  Titel  wie  in  der  Vorrede  eine  Angabe 
darüber,  seit  welchem  Jahre  die  Literatur  verzeichnet  ist. 


148  ProgrammwescD  uod  Programmbibliothek    d.  höh.    Scholen, 

c)  Mathematik  und   Naturwissenschaften^). 

1S69— lS74-)>  1876— lS82.f  43.  1.  Beißwaoger,  Prof.,  Programmen- 
schao.  1870—  1882.  Mathematisch-natuvwis».  Mitteiliingen[ff^iirttem- 
berg]  TübiogeD,  F.  Poes  (hrag.  v.  Rekt.  Dr.  Otto  Böklen)  Bd.  II 
(1SS7— 1S8S)  Heft  1  a.  2,  S.  38—62. 

1883—1886.  44.  II.  [o.  N.,»I?]  Dgl.  1883  —  1886.  Ebenda  Weh {^Uhrg.^ 
111  (1886)  S.  94—100. 

C.  Anhang.    Programme  der  hOheren  Mftdehensehnlen« 

Eioe  ZuaammeastelluDg  der  Programmarheiteo  Tür  größere  Zeiträome 
oder  eioEeloe  Länder  fehlt.  Programme  für  einzdoe  Jahre  oder  bestimmte 
Gebiete  fiodea  sich  ia  Zeitschrifteo  for  das  MädcheDschuhvesen  besprochen. 

4.  Einzelschriften,  Aufsätze,  Vortrage,  Verhandlungen 

u.  ä.  über  Prograramwesen^). 

1826.  45.«)  Heibig,  Prof.,  Ober  deo  Nutzen,  der  aus  der  Mitteilaog 
der  Schulprogramme  Tdr  den  Gymnasial DoterHcht  im  allgemein eo 

^)  Besprechangen  von  Program mabhnndlungen  aus  dem  Gebiete  der 
exakten  Wissenschaften  bieten  natürlich  auch  die  einschlägigen  wissen- 
jicbaftlicbcn  und  Schulzeitschriften,  z.B.  Ohrtmanns  Ja//r6.  w^.  d,  FortscAr, 
d.  Math,  hrsg.  v.  £m.  Lampe,  Berlin,  G  Reimer  (3  Hefte  jährlich;  Preis 
verschieden),  seit  186$,  die  Fortschritte  der  Physik  hrsg.  v.  Rieh.  Aß  manu 
und  Karl  Scheel,  ßraunschweig,  F.  Vieweg  u.  Sohn  (Jahrg.  1905:  88  JC)y 
seit  1845,  die  Zeitsckr.  J.  math,  u.  titw,  Unterr,  hrsg.  v.  H.  Schotten, 
.Leipzig,  Teubner  (8  Hefte,  12  JC)  seit  1869,  die  Zeitsckr.  f.  d.  physiA.  u. 
ehem.  interr,  hrsg.  v.  F.  Poske,  Berlin,  J.  Springer,  (6  Holte,  12  JC),  seit 
ISSS  u.  a.  m. 

S)  Einer  Notiz  bei  E.  Wölffing,  Mathem.  Bücherschats  I  (Leipzig 
1903,  Teubner,  XXXVI  u.  416  S.  14  J()  S.  XXII  entnehme  ich,  daß  infolge 
eines  Irrtums  die  unter  1870  —  75  angeführten  Programme  je  1  Jahr 
älter  sind,  also  1875  ganz  fehlt  —  was  zu  beachten  ist.  Übrigens 
findet  sich  gerade  hier  bei  W.  selbst  ein  Fehler:  er  zitiert  S.  94 — 3U0, 
was  nach  obiger  Angabe  zu  berichtigen  ist. 

')  Cbro  Qologisch  geordnet,  um  die  Entwicklung  der  Sache 
kenntlich  zu  machen.  Um  in  den  Ausführungen  (II  1 — 3)  die  wiederholte 
Aufiibruug  mit  den  vollen,  z.  T.  sehr  umständlichen  und  viel  Platz  bean- 
spruchenden Titeln  zu  vermeiden,  werden  daselbst  die  einzelnen  Abhand- 
lungen meibt  nur  mit  dem  Namen  bezw.  der  Nr.  zitiert.  (Jm  die  Auf- 
findung zu  erleichtern,  wird  jedoch  hier  ein  alphabetisches  Verzeich- 
nis der  Autoren,  Verhandlungen  usw.  beigefügt,  denen  die  ent- 
sprechende Nr.  der  Abteilung  4  der  Bibliographie  beigesetzt  ist.  Die 
Anonymen  werden  am  Schiasse  besonders  aufgeführt,  soweit 
der  Verlasser  nicht  ohne  weiteres  mit  Sicherheit  zu  ermitteln  war. 

Nr.  Nr.  Nr. 

A.lbani «     ....     49  Beschmann     ...    53  Dletsch     ....     50 

Ameis 54 .  Bonilz 64a  Direktoren-Versamm- 

XSaltzer     ....  112        „ 64b  lungen  a.  Ferhand- 

Bechstein    ....     58  Oalvary  ....     62  lungen 

,,           ....     59  „        ....     72    Duden 73 

„           ....     60    Campe 83  Jllckstein      ...     49 

Benoecke     ....  107  Conwentz .     .     .     .  147  „         ....     63 

Beonhold     ....    96  Deinhardt    ...    67    Erler 94 


voo  R.  Ullrich. 


119 


mi 


\Söl 


oad  iosbesoodere  für  di«  deutsche  Spreche  entsteht  Frogr, 
ä.  kimigl  kath.  Gymn,  [Mathias-G.]  zti  BreMlau.  1826.  Breslao 
(F.  \V.  Grofiel)  S.  ]— 10.  (Vgl.  dazu  .Veue  Jbb.f,  Pkü,  u.  Päd.  Ifl 
(1827)  S.  294  r.). 

46.  M  ad  er  B  er*),  J.  Ch.,  Vorerinaeroo;.  Ober  ZwecknüBigkeit, 
Notzea  nad  Notwendigkeit  der  Programne.  Profpr,  IgloH  G,  1851. 
S.  3—5. 

47.  Merleker,  Die  Programme.  Z.  f.  d.  Glf\  VllI  (1854)  8.917 
—922  (eatbalt  die  am  Programmentaaacb  damals  teil- 
aehmendea  Anstalten  aoflerhalh  Preofiens). 

48.  Wilhelm,  A.,  Ober  die  Programme.  Zeitsekr,  f.  d,  ö'iierr» 
Gj/mn.  V  (1854)  S.  738—739. 

49.  Wieae,  Ladw.,  Programme  sind  eiae  allgemeine  den tsehe 
Angelegonheit  geworden:  wie  kann  dieses  Institut  am 
aatslichsten  gewacht  werden?  These  4  der  rerhandUmgem 
der  15.  f^ers,  deutscher  Phihlogeny  Schulmänner  und  Orientaiaten  in 
Hamburg  vom  L—4.  Oktober  Iböö,  Hamburg,  J.  A.  Meißner  1856. 
4^.  S.  78.    Dis k Q SS ioa  (Wiese,  Albani,  Eckstein)  S.  104  f. 

-50.    Dietscb,  Rudolph,  Das  Programmeninstitnt.     Nene  Jbb.  /.  Phä, 

u.  Päd.  72  (1855)  S.  585.-599. 
1)96.    51.    Rüdiger  (Zwickau,   Zum   Programmenwesen,     ^eue  Jbb»  f, 
Phä.  tf.  Päd.  74    (1856)  S.  397-399. 


:s»5 


rir.  ■                                  Nr.  Nr. 

Fiift       ....  125    Kniffler     .     .     .     .  ]36  Rüdiger     ....    51 

rwtbeelh     ...     57    KoehendörlTer    .     .     93  Hattler    ...     ^    75 

rucher 137    Kroschel  ....  105  Schnorr  v.Carolsfeld    95 

^tenaan     ...     65    X^tendorf    ...    61  „                  145 

,,            ...     86           „            ...     78  Sehonbach     ...     91 

Frick 70           ,,             ...    79  Schwalbe ....     88 

Groiao     .    .     .    .102    Bilaehnle .    .    .    .133  Sianmer      .    85  a  o.  b 

BilbfaB    .     .     .    .115    Maderoer ....    46  Stempliager  ...  148 

lutea 55    M[ann] 119    Xodt 68 

hrtel,  W.  V. .     .     .  100    Merleker  ....    47  Tnmliri  .    .    99  a  u.  b 

Oclkig 45    Morsch     ....  132  „         ....  100 

kllvig 87         „           ....  139  Ullrich,  R.  .    .    .  140 

Rciier 97    Muller,  C.  Fr.   .     .     98  T'arges    ....  143 

Hiilicka     ....     52    Müller,  H.    .     .     .  127  Varnhagen  .     .    .     81  a 

Weaz]    .     .     .     .  128    Blagele .     ...     HO  „          ...    81  b 

Rirs,  Pr 114    Nestle,  Eberh.  .     .  131  Verhandlungen     der 

Htrtisebanaky      .     .  146    PauUeo  ....  126  Berliner    Stadtver- 

fivkert 112    Pietzker   ....  135  ordneten-Versanim- 

Kiiiengießer    .     .     92     Reth wisch  .     .     .138  long  1876— 18M1  .     80 

Silbaan    ....  122    Renter 141  Verhandlungen    der 

Süx 69    Richter,  P.  E.   .    .  144  Direktoreoversamm- 

Kaapp 118          „        Rieh.    .     .116  luogen  i.  Preußen : 

*)  Eine  Notiz  über  den  Austausch  der  Sehulprogramme  befindet  siolr 
i^iinSeebodea  IM.  Bibliothek  f,  d.  Schul-  u.  Unterrichieweeen  III  2  (1S2I) 
S.  937-938. 

*)  leb  verdanke  die  Kenntnis  dieser  (in  Berlin  nicht  zu  erlangenden) 
AHiadlaag  der  rreuadlichen  .Mitteilung  der  Direktion  des  K.  K.  Staats* 
^TBsuinms  ia  Iglao. 


,120  Programmwesen  und  rrog;rciDinbibliothek  d.  h^h.    Scholen, 

1856.  52.  Hoilicka,  Dr.  R.  J.,  Eine  Meiaung.  Progr,  Rakonäz  {Böhmen) 
OR.  1856.    ca.  SS.^) 

J860.  53.  BeschmaBO,  [J.],  Die  Programme.  Z. /.  </.  Gff^.  XIV  (1S60) 
S.  593-601. 

1861.  51.  Ad  eis*),  Prorektor  Prof.  Dr.,  Homerische  Kleioigkeiteo  mit 
eioem  unhomeriacheo  Vorwort,  [die  Programm  frage  betreffead] 
Proß^r.  Mählhausen  i.  Th,  1861.    S.  3—5. 

—  56.    Hanseo,   Tb.,   Vorbemerkang  zn    einer    ProgranmabhandlaBg. 
Z.  f.  d.  Gff",  XV  (186J)    S.  618-619. 

—  56.     H.,  R.,  Zar  Bearteilong  aoaerer  ProgramneDeioricktangeB.    Neue 
Jbh.  /.  PhÜ,  u.  Päd.  84  (1861)  S.  544—557. 

1863.  57.  Feaenbeckh,  Dir.  Prof.,  Das  Programm-Institut  im  Groß- 
herzogtam  Baden.  BeiL  s.  Pro^r.  Lahr  G.  1863.  S.  3—13  (vgl.  o. 
y4bt  S  Nr.  17). 


Nr.  Nr.  Nr. 

Ost-  u.  Westpreoßen           Zeiß 82  [o.  N.]  {ßrtnxboUn 

IV  (1865)  66  189f>)    .     .     .108 

,lgl.       XV  (1899)  121  Ohne  Namen-  ^    {Päd.  Ifochbl. 

Schlesien    VI  (1882)  90  ""««i^«™«».  1898).     .     .117 

.     .„        XI  (1897)  113  1%.,  (Päd.  Wochbl  —    (Päd.  fToML 

Hannover  VIII  (1898)  120      1902) 134  1902)   ...  130 

Wc8tfnIenXVI(l&67)  71  H.,<A'cMe/&6. 1861)    56  —  o  —  r.,  Dr.  (A^. 

Voickmar   ....  74  k.,  (Päd,  fTochöL  fr.  Preßte  1905)  .  142 

Wagner    .     .    .    .  109      1893) 103  'a.,^.,{Päd.ß^ochbl. 

Wanderversammluog  IS ., (Neue Jbb.  ISIS)    84  1901)    .     .     .  124 

^   ioNordalbingienlll  N.,  (Südd  BL  f.  d.  —    (Päd.    ff^ochbl. 

(1881)     ....  89  h.  ü.  1897)     .     .111  1902)    .    .     .  129 

Wiese 49  [o.^]{Päd.ß^oc/ibL  H.,  i.,  (GrenzhUen 

„       76  1891)    ...   101  1901)    ...  123 

Wilhelm     ....  48  —    (Päd.    fTochbL  Sch.,(Päd.  Wochbl 

!W[utzdor]ff     ...  77  1895)    ...  106  1893)    ...  104 

c  0  Die  Abkandlnng  wnrde  mir,  da  verfügbare  Rxemplare  vergriffen 
^«ren,  von  Herrn  Direktor  W.  Machon  (Rakonitz)  in  Abschrift  frennd- 
liehst  znr  Verrdgung  gestellt.  Der  Umfang  mag  danach  etwa  8  S.  betragen. 
Auf  der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin  ist  das  Programm  nicht  vorhanden. 

,  *')  in  diese  Zeit  muß  auch  eine  Aofierung  Schimmelpfengs  über 
die  Sache  fallen.  Var  nbagen  (s.  o.  ^H,3 Nr.  41)  zitiert  ihn  (1S77)  S.  VH  neben 
Ameis,  doch  ohne  irgend  eine  nähere  Angabe  (auch  ohne  die  Vornamen), 
nl^  einen  von  denen,  die  nach  Wies  es  Anregung  auf  der  Hamburger 
Philologen-Versammlung  1855  (s.  o.  Nr,  49)  sich  über  das  Programm wesea 
geäußert  haben.  Die  am  nächsten  liegende  Annahme,  auf  die  wohl  jeder 
andere  auch  zunächst  käme,  daß  es  sich  bei  dieser  Art  des  Zitierens 
^m  den  bekannten  Direktor  von  Ilfeld  (1870—1898)  Gustav  S.  bandle, 
scheint  sich  nicht  zu  bestätigen :  wenigstens  versicherten  Herr  Direktor  Prof. 
Dr.  R.  Mücke  und  Prof.  Dr.  G.  Meyer  (Ilfeld)  und  auf  des  letzteren  freundliche 
Vermittlung  der  Subn  des  Verstorbenen,  Prof.  Dr.  Georg  Schi  mmelpfen  ^ 
in  Hildesbeim  (Andreonum),  daß  ihnen  nichts  derartiges  von  ihm  bekannt 
s«i.  Der  letztere  äußert  die  Vermutung,  daß  vielleicht  ein  Schimmelpfeng 
in. Hessen  aus  der  Zeit  vor  1866  gemeint  sei,  doch  hat  anch  die  Ver- 
folgung dieser  Spur  durch  Herrn  Prof.  Prätorius  (Kassel)  nicht  zum 
Ziele  geführt,  ebcosoweoig  die  freundliche  Vermittlung  des  korhess. 
Kabinett  srats  a.  D.  Herrn  Ad.  Schirom  elpfeng.  Vielleicht  klärt  ein  älterer 
Schulmabn  die  Sache  auf. 


von  R.  Ollrieh.  {21 

1864.  58.  Beckstein,  Dr.  Raiobold,  Di«  Literatar  der  Schulprogrenune, 
ihre  Verwertung  fdr  die  WisseDSchaft  und  ihre  Konzentration  durch 
den  Boehhandel.  Eine  Anregung.  Leipzig»  1864.  0.  A.  Schnitz. 
15  S.  (Vgl.  Nr.  59  und  VV.  H[olleaberg],  Z.  f.  d.  GfF,  XVIII 
(1864)  S.  334. 

—  59.  — ,  Zsr  Programm- Literatur.  Ein  Vorschlag.  Germania^  Fiertel- 
jahruekr.  /*.  dmiMcMe  j4Uertwn$kunde^  hrsg.  t.  Franz  Pfeiffer,  IX 
(1864)  S.  133— 135. 

—  60.  — ,■)  Eine  Bibliographie  preußischer  Schulprogranme  [Hahn 
Teil  II,  n.  o.  j4bt  3  Nr.  8],  ^nda  S.  251—253. 

—  6L  Latendorf*),  Friedr.,  Die  deutsche  Philologie  und  ihre  Ver- 
tretoag  ia  Schnlprogrammen.    Ebtndüy   S.  380. 

—  62.  Calvary,  S.,  u.  Co.,  Buehhaadlnog,  Berlin,  Die  Sebnl- 
pregraame  und  Dissertationen  und  ihr  Vertrieb  durch  den  Buchhandel. 
EiB  Voracklag  an  die  23.  Veraannlong  deutscher  Philologen  und 
SchalBiinDer.  Nebst  einen  Verzeichnis  der  im  Jahre  1863  er- 
Kbieaeaen  Programme  und  Dissertationen.  Berlin  1864.  S.  Calvary 
n.  Co.  (Die  Abhandlung:  S.  3—8;  Das  Verzeicbnis:  S.  9— 28). 
Vgl    o.  j4ht.  3fit.\\. 

—  63.  Eckstein,  Rekf.,  [Prof.  Dr.  F.  A.],  macht  den  Vorschlag,  „in 
Verbiadang  mit  Bechstein  (s.  Nr.  58  f.)  und  unter  Beirat  sach- 
verständiger Buchhindler  diese  Präge  [des  Tausches  und  der  buch- 
handleriscben  Verbreitung  der  Programme]  einer  genaueren  Prüfung 
unter  Erwügung  aller  VerhSltnisse  zu  unterziehen  und  das  Resultat 
der  niehsljjüirigen  Versammlnng  in  Heidelberg*)  vorzulegen'',  f^erh,^) 
d.  S3.  Fers,  deuiieher  Phü,  u.  Sehuhn.  in  Hannover  vom  27, —  30.  Sept. 
1864,  (Leipzig  1865,  Teubaer.)  S.  83—85.  Die  Versammlung  be- 
schließt noch  die  Zuziehung  von  Calvary  u.  Co.  (o.  Nr.  62). 

—  64a.  Bonitz,  Herrn.,  Die  Verbreitnag  der  Schulprogramme  durch 
den  Bnchbandel.  Z.  f.  d  ö'Herr.  Gymn.  XV  (1864)  S.  215—218 
(zugleich  Besprechung  der  Beehsteinschen  Schrift,    s.  Nr.  58). 

1S65.  64  b.  — ,  ^,Die  Sekulprogramme  und  DteteriaHonen  und  ihr  Vertrieb 
durch  den  Buekkandel'*  [Denkschrift  von  der  VerJagsbacbhandlung 
Calvary,  Berlin,  1864].  Z,  f.  d.  österr.  Gymn.  XVI  (1865)  S.  387 
—388.     (Vgl.  o.  Nr.  62.) 


^)  Hebt  besonders  die  Arbeiten  zur  deutschen  Philologie 
kttvor. 

*)  Weist  gleichzeitig  hin  aufW.  Büchner,  Ober  die  Pflege  deutscher 
fetchi^ti icher  Stadien  an  den  preußischen  höheren  Lehranstalten.  Nene 
^-  f.  Pka  «.  Päd.  88  (1863  II)  S.  260  IT. 

')  Dazu  ist  es  aber,  soviel  ich  sdieo  kann,  nicht  gekommen.  Doch  s. 
•'  S.  »7  Anm.  3. 

*)  Zur  Orientierung  über  den  Inhalt  der  y^Ferhandlungen  der  ersten 
'^^  f^ersammUingen  deutscher  Philologien  und  Schubnänner  1838—1867"  dient 
1^  yfieneral'Regüter''  von  Heinr.  Ernst  Bindseil,  Leipzig,  1869.  B.  G. 
Tcubier.    3  Bl.  u.  81  S.    40.    3  w«. 


122  Prograiomwesea    ond  Pr«grammbibliothok  d.  höh.  Scholeo, 

1865.  65.  PörsteincDD,  Ernst,  [Aoordauoip  der  Prog^ramuie  in  den 
SchQlbibliothekeo],  in:  Ober  Einrichtung  und  FerwaUung  von  Schul- 
bibliotheken,  (INordhaoseo  ]S65.  Ferd.Förstemaon.  1  Bl. a.  33  S.)S.  12—15. 

—  66.  Ober  die  zweckmäßige  Einrichtung  nud  Verwertuug  des  Tnstitotes 
der  Schulprogramiiie.  Ferhandlungen  der  4.  Vertammlung^)  der 
Direktoren  der  Gymnasien  und  Reafsehulen  f.  0.  in  der  Provinz 
PreuJSen  [in  Königsberg  vom  7.-9.  Jani]  1865,  (Königsberg  1865. 
Em.  Raatenberg,    4».    2  BI.  u.  181  S.)  S.  89—110. 

(ErUn-  [TJ  S.  248-250;  Killmann  (T.)  S.  227-22S)*)    Vgl.  o.  Abt.  /, 
Nr.  VII  u.  XI. 

1866.  67.  Deinhardt,  Dir.  Dr.  (Bromberg),  Über  die  sweckmüßige  Ein> 
richtoog  der  Scholprogramme.   Z.  f.  4,  G1V,  XX  (1866)  S.  641—652. 

—  68.  Todt,  B.,  Eia  neoer  Vorschlag  in  bezag  auf  die  Programme. 
Z.  /.  d,  GW,  XX  (1866)    S.  662-658. 

—  69.  K 1  i  X ,  [6.  A  ],  Zor  Programmen  frage.  Z.  /.  d,  GW,  XX  (1866) 
S.  785-790. 

1867').  70.  Fr  ick,  0,  Zar  Programmfrage.  Aerie  Jbb,  f.  Phil  u.  Päd, 
96  (1867)    S.  34—45. 

—  71.  Das  Programm  wegen.  Ferh,  d,  16,  Direkt.- Fers,  v.  Westfalen 
in  Soest  v.  3,-7.  Juni  1$67  (Erler  [l]  8.  250—251;  Killmann  [I.] 
S.  228).  Vgl.  0.  Abt,  1,  Nr.  VII  o.  XI. 

—  72.  Ca l Vary,  S.,  a.  Co.,  BnchhaDdlang,  Berlin,  Der  Bacbhandel 
Dod  die  kleine  Literatur.  Berlin  1867.  Calvary  u.  Co.  (In;  Fer- 
zeiehnis  osw.  [III  (1865)]  S.  III— VIII);  vgl.  o.Nr.  62  u.  Abt.  3,  Nr.  11. 

—  73.  Duden,  OL.  Dr.  (Soest),  Zor  Programmeofrage.  Z.  f,d,  GW. 
XXI  (1867)  S.  497—505. 

—  74.  VoIckmar,  Dir.  Dr.  (Anrieh),  Zur  Programmeofrage.  Z. /l  d. 
GW.  XXI  (1867)  S.  937—938. 

1869.    75.    Sattler,  W.,  Ober   die  Ordnung   der  Programme.    ^Veiie  Jbb. 
/.  Phil,  u.  Päd,  100  (1869)  S.  387—342. 

—  76.  Wiese,  L.,  Die  Schulprogramme.  In:  Das  höhere  Schulwesen 
in  Preu/Sen^  historisch- statistische  Darstellung^  Bd.  II  (1864—1868 
(69)),  Berlin  1869,  8.  701-709.  (Überblick  über  die  Verhältnisse  bis 
zum  Jahre  1869). 


^)  Über  einige  hierher  ^ehörif^t  Notizen  in  den  Protokollen 
früherer  Direktoren  versarolu  ogen  vgl.  Erler  [I.]  S.  248,  $  174. 
Es  handelt  sich  um  die  erste  Konferenz  iu  der  Provinz  Sachsea 
1833  und  die  12.-15.  in  Westfalen  1854,  1857,  1860  und  1863,  dereo 
Berichte  nur  als  Mannskript  gedruckt  sind  und  mir  nicht  zugänglich  waren. 
3)  In  demselben  Jahre  hat  man  auch  in  Österreich  die  Sache  wieder 
behandelt.  So  schlug  Dir.  Pokorny  in  der  Sitzung  der  ^fMüteisckuUf''  vom 
4.  Nov.  1865  vor,  die  Programme  der  Wiener  Mittelschulen  in  eioer 
Kollektivausgabe  zu  versenden  (wozu  es  dann  aber  —  wegen  der  Uo- 
gleichheit  der  Formate  —  nicht  kam),  und  in  der  Sitzung  desselben  Ver- 
eins vom  25.  Nov.  1865  besprach  Dr.  F.  Lucas  die  Herausgabe  eines  die 
Programme  umfassenden  Repertoriums.  Eine  ganz  kurze  Notiz  darüber 
(die  Vorträge  selbst  habe  ich  nicht  erhalten  und  weiß  nicht,  ob  sie  über- 
haupt im  Druck  vorliegen)  befindet  sich  in  der  Zeäschr,  J.  d,  osterr.  Gymn. 
XVIII  (1867)  S.  218. 

')  Vgl.  zu  diesem  Jahre  noch  [W.]  Er  1er,  u.  Nr.  94. 


voD  R.  Ullrich.  123 

ISTl.  77.  W[atzdor]ff,  Zor  Pro^^raninifrige.  Neue  Jbö.  f.  Phil  u. 
Päd.  104  (1871)  S.  3S1— 383. 

1875.  78.  Latandorf')»  OL.  Dr.  Fr.,  Die  Lehrer  uod  die  Abitorieoten 
des  Pridericiaoiiiiis  [ie  Sehwerio  i.  M.]  von  1S34 — 1874.  Ein  Beitrag 
xor  SebalsUtistik.  Jaktetber,  d,  Gymn.  Frfden'e,  [Schwerin]  1875. 
S.  29-64. 

—  79.  — ,  Notwendigkeit  eioer  größereo  Geoaaigkeit  oed  Ausfohrlicb- 
keit  der  statistisch -biograpbischeo  Aagaben  ia  dea  SchsIprogrammeD. 
FeriL  d,  30,  Fers.  deuUeher  PML  u.  Schulm.  in  ftoetock  vom 
28.  Sept.  hU  1.  Oktober  1873.    (Leipzig,  Teaboer  1876)  S.  105  f. 

1$76->J88I.^  80.  [VerhaadluDgeo  der  Berliner  SUdtverordneten  -  Ver- 
saamlaog  über  die  wisseasehaftlicben  Betlageo  zo  dea  Jahres- 
berichten der  stidtischeo  höheren  Lehranstaltea  Berlins  in  dea  Jahren 
1876,  1877,  1880  nad  1881.]  SUnog^r,  Beneht  über  d,  öffeniL 
Süzungen  der  Stadiverordneten'Fersammitmg  der  Haupt-  u,  Residenz-' 
Stadt  BerUn^  Beriia,  gedr.  b.  Jol.  Sitteafeld.  gr.  4<»,  Bd.  Hl  (1876) 
S.  487—490;  IV  (1877)  S.  91—92  oad  S.  389-392;  VII  (1880) 
S.  281—286;  VIII  (1881)  S.  460—461  and  S.  469. 

1S77.  Bln.  Varahagen,  Hermann,  „Die  Bibliographie  der  Progranmea- 
Literator  seit  dem  Jahre  1864'S  Zentrahrg,  f.  d.  Interessen  des 
Reaisehdwesens  V  (1877)  S.  144—151. 

—  81b.  I.  .Der  Wert  der  Programnie  und  Diasertationen.  IL  Abriß 
der  Geschichte  des  Programms  uod  der  DIssertatioo.  III.  Systematische 
Gbersicht  der  Bibliogrsphie  der  Programmealiteratur.  IV.  Statistische 
Obersicht  (In:  Systematisches  Ferzeiehnis  etc.  1877.  S.  I-^XVIII; 
s.    o.  ^bt.  3,  xNr.  41). 

—  82.  Zeifl,  G.,  Dos  Format  der  Schul programme.  BL  f.  d,  bayerische 
GSfF.  XIII  (1877)  S.  448—449. 

—  83.  Campe,  (Greiffenberg),  Programme  mit  und  ohne  wissen- 
schaftliche Abhsndlong: 

—  [a]  Neue  Jbb.  f.  PhiL  u.  Päd,    116  (1877)  S.  232. 
1978.    [b]  ebenda  118  (1878)  S.  408. 


1)  Diese  aa  sich  nicht  hierher  gehörige  Arbeit  ist  mitanfgenommeo, 
veil  sie  zeigt,  wie  baoptsächlieh  die  Jahresberichte  eines  alten  Gymnasiums 
im  Verein  mit  den  Akten  für  eine  „Umschau  über  die  Resultate 
seiner  Wirksamkeit^'  (S.  29)  fruchtbar  gemacht  werden  können,  uod 
weil  dteSy  wenn  ich  nicht  irre,  einer  der  ersten  Versuche  dieser  Art  ist. 
Ähaliehe  Arbeiten  sind  spüter  auch  für  andere  Schulen  unternommen 
werde»;  vgl.  besonders  die  Cbersichten  in  den  entsprechenden  Abschnitten 
bei  Kinßmann  (s.  o.  j4bi.  3,  ^r.  14)  und  neoerdiogs  die  beiden  Ab- 
haadlongea  von  Prof.  Dr.  Georg  Meyer  in  dm  Jahresber,  über  die  Kß^l. 
Beetersekuie  zu  Ilfetdi  Verzeichnis  der  llfelder  Lehrer  uod  Schüler  von 
OsterB  1853— Ostern  1903,  im  Jahresber.  1903  S.  3—71,  und:  Verz.  d. 
Lehrer  ood  Sehüler  d.  llfelder  Pädsgogioms  von  Ostern  1800  bis  vor  Ostern 
ISSSy  ia  Jakresber.  1906,  S.  3 — 71.  Vgl.  noch  schon  die  entsprechende  Arbeit 
von  Ernst  Wiedasch,  Verz.  d.  Schuler  von  1546  an,  Progr.  Iffeid  1833, 
and    die    Ergänzengen    von    Kühlewein  (für  1550—1629)  im  Programm 

ttfM    1886. 

2)  Ans    Gründen    der   Zweckmäßigkeit   werden     diese     verschiedenen 

Jabrea  angehj^reoden    Verbandlungen    hier   an  einer  Stelle  zusammengefaßt. 

VgL  dexa  ^r.  SS  m.  Aam.  2. 


124  Programm weseo  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

1S7S.    84.     iN.,    Wünsche    eines    Bibliothekars.      Neue  Job.  /*,  Phü.  u.  Päd. 

118  (1878)'S.  348—351. 

—  85  8.  S  t  a  ni  m  e  r  (Düsseldorf),  Zar  Verwaltung  der  Schulbibliolheken 
H.i)  Programmeo-Samuilang.     Päd.   Archiv  XX    (187b)  S.  188— 2ül. 

—  b.  — ,  Zur  Programmfrage.  ?ieue  Job.  f.  Phil,  u.  Päd,  118  (1878) 
S.  612—613. 

1880.  86.  FSrstemano,  E.,  Bibliothekarisehe  Mooita,  die  Schal- 
Programme  betreffeod.  Neue  Jahrbb,  /.  Phil.  u.  Päd.  122  (1880) 
S.  350—353. 

•—  87.  Hellwig,  Ladw ,  Programmatisches.  Neue  Jbb.  J.  Phil  u. 
Päd.     122    (IbSO)    S.  354-357. 

1881.  88.  Schwalbe,  Dir.  Dr.  B.,  Die  Programmfrage.  [Vortrag»  ge- 
halten in  der  Gymnasial-  und  ReaUrhullehrergesellsehaft  in  Berlin]. 
Zentralorg.  f.  d.  Interessen  d.  Healschuiw.  IX  (18S1)    S.  117—144.*) 

—  89.  Mutzen  und  Wert  der  den  Schulberichten  der  höheren  Schalen 
beigegebsufu  Programmabhandlungen  (3.  li^anderversammlung  der 
fjehrer  an  den  Gymnasien  und  Realschulen  NordaUbingiens  am  10.  u. 
11.  Juni  IbSl  SU  Hamburg),  Bericht  der  Z.  /  rf.  Gff.  XXXV 
(1881)  S.  766-768. 

1882.  90.  Der  Nachteil,  der  durch  den  Wegfall  der  Programmabhand- 
lungen entsteht,  ^erh,  d.  $.  Direkt.- Ters.  i.  d.  Prov  Schlesien  [in 
Glatz  12.-^14.  Juni]  !882  {Ferh.  d.  Direkt.Pcrs.  Xlll (^Schlesien 
ri)  S.  151—159;  Kälmann  [l]   S.  228).     Vgl.  o.  .^bt.  1,  Nr.  Xf. 

1883.  91.  Schönbach,  Ant,  Zur  Literatur  der  (jymnasialprogramme. 
Z.  f.  d.  österr.  Gymn.  XXXIV   (18^3)  S.  949—953. 

1S84.  92.  Kannengießer,  A.,  Die  Statistik  der  Schulprogramme.  Neue 
Jbb,  f.  Phil,  u.  Päd.  130  (1884)  S.  215—221. 

18185.  93.  Rochendörffer,  Karl,  Zur  Katalogisierung  der  Programme. 
Ztbl.  /.  BibUotheksw.  11  (1685)  S.  96—98. 

—  94.  Erler  [W.],  Dr.,  Programm.  Ä.  A,  Schmids  Enzykl  d.  ges, 
Erz.'  u.  iW.^  VI  (1885)  S.  44S— 453.    (1.  Aufl.  VI  (1S67)  S.  417—422). 

1887.  95.  Schnorr  v.  Carolsfeld,  F.,  Die  Schulprogramme  und  die 
Bibliotheken.    Ztbl.  f.  Bibl.  IV  (1887)  S.  20—21. 

—  96.  Bennhold,  Karl,  Vorschläge  zur  Herstellung  eines  praktisches 
Katalogs  über  die  den  Programmen  beigefügten  wissenschaftlichen 
Abhandlungen.  Prgr.  Dessau  HG.  18S7.  2  S.  W^iederabgedruckt 
JS'eue  Jbb.J.  Phil.  u.  Päd.  140  (1S89,  II)  S.  143-1473). 

1888.  97.  Heuser,  Em.,  Ober  die  Titel  der  Programmabbaadloogen. 
JSeue  Jbb.  f.  Phil.  u.  Päd.  138  (1868,  11)  S.  402-404. 


1)  Teil  I  erschien  in  der  ZeiUchr.  f.d.  GW.  XXI  (1867)  S.  417—445 
3)  Vgl.  dazu  den  Bericht  über  die  6.  f^ers.  d  Fcreins  der  Lehrer  an  höh. 
Ünierrichtsanst.  i.  d.  Prov.  Brandenburg  am  S.  Juni  1H78  (Guben  1578,  Druck 
V.  A.  König,  9  S.),  besonders  S.  8  f. 

*)  Da    mir    das    Programm    nicht  zugänglich  war,  wird  nach  dem  Ab- 
druck in  den  Neuen  Jahrbb.  zitiert  werden. 


von  R.  (JUrich.  125 

—  98.  Malier,  Dr.  C.  Fr.  (Kiel),  Denkschrift  über  die  Hersteliuop 
eiaes  im  Aaftrage  des  Kgl.  preoßischeo  Mioisterioms  der  geeist!,  etc. 
AB^ele^eaheiteo  und  mit  UoterstUtzanEp  der  höchsteo  Unterrichts- 
bebördeo  der  Staateo  des  Deutscheo  Reicbes  herauszugebeDdeo 
Katalogs  aller  bisher  erschieneoeo  Programmab- 
haDdlangen  der  höberea  Lehraastalten  Deotsehlaods. 
ZibL  f.  Bibl,  V  (1S88)  S.  511—523. 

ISS 9.    99a.     Tamlirz,     Prof.    [Dr.  Karl],  Reform    des    Programmweseos. 

I.  Deotsch-österr.  Mittelschultag  (Wieo,  17.-19.  April  1889).  Österr, 
Müielschule  111  (1889)  S.  262—266. 

—  99  b.  — ,  Zur  Reform  dea  Programmwesens.  Ötterr.  MUttUckuU  lY 
(1890)  S.  13-21. 

1S90').     100.     — ,  Die  Reform  des  Programmweseos    ao    den  Mittelscholeo. 

II.  Dcutsch-österr.  Mittelseholtag  (Wieo,  2.-4.  April  1890).  Österr, 
MitteUthuU  IV  (1890)  S.  243—249.  Ao  der  Diskossioo  beteiligte 
sich  aoch  Hofr.  Prof.  Dr.  Wilh.  v.  Hartel. 

1591.  101.  [o.  N.J  Die  Schulprogramme  und  das  Standesioteresse  der 
Gyraaasiallehrer.     Päd,  WochenbL  I  (1S91/92)  S.  93—95. 

1592.  102.  Grooao,  Arth.,  Dir.  Dr.,  Ist  es  zweckmäßig,  die  Themata 
der  deotscheo  Aufsätze  alljährlich  io  deo  Jahresbericbteo  zu  ver- 
offeotlicheo?  Ferh,  d,  IS.  Direkt.-FerM,  in  den  Prov.  Ott-  u.  ßf^est- 
preußen  [in  Memti  9.  30.  Juni— 2.  Juii\  1892.  (Ferh.  d.  Direkt.- 
f^ers.  XL {=  Ost-  u.  H^estpr.  XIll  S.  411  f.;  KiUmann  [II.]  S.  82). 
Vgl.  o.  //W.  5,  Nr.  XII. 

1^93.  103.  k.  .  .  ,  Die  ProgrammabhaDdiuogea.  Päd.  fTochenbl.  11(1892/3) 
S.  106*108  U.S.  114—116. 

—  104,  Seh.,  Die  Schulnachricbteo  und  die  Krankheiteo  der  Lehrer. 
Päd.  irochenbl.  II  (19U2/U3)  S.  109. 

1>95.  105.  Kroschel,  Job.  Sam.,  Beitrag  zur  Geschichte  des  Pro- 
gramms oebst  eioem  Verzeichois  der  seit  1839  in  den  Programmen 
des  Arnstädter  Gymnasiums  erschienenen  Abhandlungen.  Progr. 
jlmHadt  G.  1895.    S.  3—9. 

—  106.  [o.  N],  Noch  einmal  die  wissenschaftlichen  Programmabhand- 
langeo.     (Ans  Sachsen.)     Päd   ßf'ochenbi.  V  (t89;>/6)  S.   17—19. 

h96.  107.  Bennecke,  Dr.  [Priedr],  OL.  (Potsdam),  Ober  ein  einfaches 
Verfahren  zu  Dnrchscbnittsalters- Ermittelungen.  Zeütchr.  f.  math. 
u.  nlw.  Ünterr,  XXVII  (ISüO)  S.  180-182. 

—  108.  [o.  M.]<)  Die  Schulprogramme.  Die  Grenzboten  LV  (1806) 
Bd.  3  S.  113— 122. 


>)  Vgl.  fiir  dieses  Jahr  auch  die  entsprechenJen  Abschnitte  bei  Arnim 
Crasel,  Grundsiige  der  Bibliothektlelire  (Leipzig  1890,  J.J.Weber;  XII, 
\U  S.  4.5ü  JC)  S.  204— 20G  mit  den  AnmerkuDgen,  die  im  wesentlichen  in 
Jesüclbeo  Verfa«strs  Buch  Handbuch  der  Bibliothekslehre  (Leipzig  ^  1902, 
J.  J.  Weber;  X,  5*i4  S.  geb.  18  JC)  S.  279— 2b3  übergegangen  sind. 

*)  N»'h  Richter  (s.  u.  Mr.  144)  „«iu  bekannter  sächsischer 
Gyamasialprofeasor^^ 


126  P  rogramoiweseo  ood  Progrcmmbibliothek  d.  hüb.  SchaUo, 

1S96.  109.  Wagner,  Riebard,  Bio  Wort  über  dat  Äußere  aoserer  Schot« 
Programme.     JS'eua  Jbb.  f.  Phil,  u.  Päd.     154  (1896)  S.  377—383. 

1897.  HO.  Nägele,  Sehuifoods*  und  Bibliothek« verwaltaog  lo  Württem- 
berg.   SüdwsHd.  Schulhl,  XIV  (1897)  S.  50-55,  vgl.  bes.  S.  64. 

—  111.^  N.^),  Daa  ioflere  anaerer  Scbolprogramme.  SUdd,  BL  J,  höh, 
VfiterrichtsansiaUen  usw.  V  (1897)  S.  32—33. 

1896.  112.  Hockert,  E.  (NeiBe),  Zu  deo  Aogabeo  der  Programme  über 
die  AbitorieotoB.    Päd,  ff^ochMbl.    VI  (1896/7)    S.  204-205. 

—  113.  Schalprogramme.  Ferh.  d,  11,  Direkt  -  f^ers.  in  d,  Proi\ 
SchktiMi  [in  Görlüz  v,  9,-11,  Juni]  1897  {yerh.  d,  JHrekt.-ren. 
LH  (^SchleMieH  Xl)  S.  235—240;  KiUmann  [II.]  S.  82).  Vgl.  o.  Abt.l 
Nr.  XII. 

—  114.  Hoio,  Fr.,  Die  Schulprogramme.  Päd,WoehenbL  VII  (1897/8) 
S.   1-3. 

1898.  115.  Halbfafi,  Dr.,  Die  Schal programrae.  Päd,  ßfochmbL  VII 
(1897/98)  S.  99  f. 

—  116.  Richter,  Rieh.,  Die  Geldfrage  in  der  Gymoaaialpiidagogik. 
Neue  Jbb.  f,  d.  klasi.  AUerL  usw.  Jahrg.  I  (1898,11)  S.  96—105. 
(Dario  S.  95  iiber  den  „Loxas''  der  Programme)'}. 

—  117.  [o.  N.],  Eioe  Forderoog  des  Scholdieoatea,  der  HamaBität  und 
der  Billigkeit.  (Ans  Saehseo).  Päd,  Wochenbl,  VII  (1897/98) 
S.  181—182. 

—  118.  Knapp,  P.,  Die  Schalprogramme.  Südwestd,  Schulbi  XV 
(1898)    S.  66—72. 

—  119.  M[aoD,  M.  Frdr.],  Ober  deo  Wert  von  Programmabhaod- 
handluQgeo.     AnffUa,  Beiblatt  VIII  (1897/8)  S.  378—380. 

—  120.  Über  die  Beigabe  einer  wiaaeoschaftlichen  Abhandlong  sa  deo 
alljährlicheD  Scholnachrichten  hSherer  Schulen,  f^erh.  d.  8,  Direkt.- 
Fers,  i,  d,  Prov»  Hannover  [in  Hannover  v.  1,-3,  Juni]  1898.  {Verh. 
d.  Direkt,-yers,  Uli  {^Hannover  FIII)  S.  262—264  und  S.  276—278 ; 
KiUmann  [II.]  S.  82  f.).     Vgl.  o.  j4bt.  1,  Nr.  XII. 

1899.  121.  Baltzer,  Mart,  [Dir.  Dr.,  [Veröffeollichong  von  Scholuach- 
richten  in  zwei-  oder  mehrjährigen  Zwiichenrüumeo].  f^erh,  d.  15. 
Direkt.-f^ers,  in  den  Prov,  Ost-  u.  f^estpreufien  [in  Königsbei^  v. 
24.-26.  Mai]  1S99  {Ferh,  d,  Direkt.-Fers.  Lrill  (=-Ost'  u,  Westpr. 
Af )  S.  114;  Killmann  [II.]  S.  83)  vgl.  o.  Abt,  1.  Nr.  XII. 

—  122.  Killmann,  M.,  Seholprogramme.  Beins  ensykL  Hdb.  d.  Päd. 
1.  Auß,'M.  VI   (1899)    S.  472-484    (lo    der  2.  Aufl.,    die  z.  Z.  bis 


1)  Die  Abhandlang  dieser  (mit  Ende  1897  eingegangenen)  Zeitschrift 
war  mir  nicht  zogaoglich.  Die  Anzeige  in  K.  Kehrbachs  ^J)as  g;es. 
Erziehffs.'  u.  Unterrichtsw.  i.  d.  Ländern  deutscher  Zunge*^  II  (1897)  S.  107 
berichtet  darüber:  „Es  wird  nach  einem  Aufsatz  von  R.  Wagner,  Dresden 
(s.  0.  Nr.  109)  gewünscht:  Oktavfurmat  statt  Qoart,  nicht  mehrere  Ab- 
handlungen demselben  Jahresberichte  beizugeben,  strengere  bibliographische 
Deutlichkeit  auf  dem  Titelblatts 

2)  Vortrag  auf  der  Dresdener  Phil.-Vers.  1897,  vgl.  den 
kurzen  Bericht  in  den  Ferhandt.  der  44.  Fers,  deutscher  Philologen  und 
Schulm.  i.  Dresden  votn  29.  Sept.  bis  zum  2,  Oktober  i^^7  (Leipzig,  1897. 
Teubner)  S.  68. 


voB  R.  Ullrich.  127 

Bd.    V    eiuehl.    fortgetchritteo    ist,    darf    die    Naobearbeitang    des 
Artikels  demnäehst  erwartet  werden). 
1901.    123.     S.,    J.,    Seholprogranme.      2?i«    GrenzMen    LX    (1901,    I)    S. 
341—344. 

—  124.  R ,  R.,  Die  Prosrammabhaodluogeo.  Päd.  ff^ochenöL  X  (1900/1) 
S.  266—267. 

1901.  125.     Paust,     (Dresdea),    Progranne    uad    Propra mmabhandlaogeo. 
Päd,  WoehenH.  XI  (1901/2)  S.  42—43. 

—  126.  Paolsea^),  Friedr.,  Der  höhere  Lehrerstand  uad  seiee  Stelloag 
iB  der  gelehrteo  Welt,  a)  Preuß.  Jahrhb.  106  (1901,  Detbr.)  S.  476 
—490  o.  b)  Pädag,  Areküj  XUF  (1902,  Febr.)  S.  99-110,  auch  c) 
als  Sonderdruck^  Braonaehweig  1902.  Frdr.  Vieweg  und  Soho.  16  S. 
0,40  JC.,  bes.  S.  14. 

1902.  127.    Möller'),   Dr.  Heior.,  OL.,   Fort  mit  dea  Schalprogranmea ! 
Berlio,    1902.  0.  Gerhardt.    32  S.    S^    0,50  JC, 

—  128.  H[oereos],  R.,  Siad  die  Schal progranme  eis  alter  Zopf? 
Päd.  l^oeheM,  XI  (1901/2)  S.  121—122. 

—  129.  R.,  R.,  Programmabhandlaogea.  Päd.  WoekenU,  Xl  (1901/2) 
S.  122-123. 

—  130.  [o.  N.],  Die  Prograoimfrage  im  Köaigreich  Saehsen.  Päd» 
ßß^oehenU.  XI  (1901/2)  S.  137-139. 

—  131.  Nestle,  Bberh.,  Ein  Wort  fiir  aoser  Korrespoodeozblatt  und 
vnsere  Programme.  Neues  Korresp.-Bl.  f.  d,  Gdehrten-  und  ReaUeh. 
H^iirUembergs  IX  (1902)  S.  59—61. 

—  132.  Morsch,  Hans,  Die  Programmabhandleog.  Absehaitt  14  voo: 
Die  Dtenstauiruktionen  für  Leiter  und  Lehrer  höherer  Lehranttalten 
üf«  verschiedenen  Stauten  Deutschlands  und  in  Österreich^  Schluß. 
la:  iVeue  Jekrbb.  f.  d.  klass.  AUert.  usw.    X  (1902,  H)  S.  144—148. 

—  Gräsel,  Arnimi  vgl.  o.  S.  125,  Aom.  1. 

—  133.  Machole,  [P],  Die  ProgrammabhandiBogeo.  Päd.  WoehenbL 
AI  (1901/2)  S.  284. 

—  134.  B.,  Schutz  von  Programme bhandluo gen.  Päd.  t^ochenbl.  XI 
(1901/2)  S.  370. 


1)  Die  Abhandlong  Paolsens  berührt  zwar  oor  fcorz  die  Programni- 
fraige,  doch  darfte  sie  um  der  Bedeotoog  willen,  die  Ihr  Verfasser  in  der 
Gelehrten-  wie  in  der  Scbniwelt  bat,  auch  in  dieser  Zosammenstelluog  nicht 
abergaagea  werden. 

*)  VoB  Bespreehnngen  dieser  anregenden  Schrift,  zn  der  alle,  die  nach- 
her aoeh  über  die  Sache  geschrieben  haben,  in  der  einen  oder  anderen 
Weise  Stelloog  genommen  haben,  hebe  ich  hervor:  F.  Kör  her,  Nlw.  ff^S. 
XV1I=N.  F.  I  (1901/2)  S.  336;  0.  Weißen f eis,  Berl  phä,  ff^S.  XXII(1902) 
S.664  oad  frS  f.  klass.  Phü.  XIX  (19ü2)  S.  384;  E.  Cz[aber].  Z.f.d. 
ReaUeh.  [in  Österr.]  XXVII  (1902)  S.  319;  W.  Bosch,  DLZ  XXIII  (19u2) 
S.  1114;  P.  KnStel,  Päd.  Arcli.  XLV  (1903)  S.  91;  E.  v.  Sallwürk  sen., 
Bmrl.  Studien  XXXIII  (1902/3)  S.  175;  A.  Sturmfels,  Z.  f.  fr%.  Spr.  u. 
La  AXV  (1903)  S.  82f.;  am  eingehendsten  sind  die  Anzeigen  von  W. 
Heaze  Der  Unterricht  11  (19o2)  S.  343—346  and  von  A.  Frank,  Z.f.  d. 
osterr.  Gfmn.  LIII  (1902)  S.  816-^21. 


128  Prof^rammweseo  und  Programmbibliothek   d.  höh.  Schalen, 

1902.  135.  Pietzker,  P.,  Zar  Progranmfrage.  MS.  f.  höh,  S,  I  (1902) 
S.  402—414. 

1903.  136.  Kniff  1er,  [Prof.  G.],  Verwertong  der  Programmcbhandlongen 
fnr  die  SehülerbibUothekett.     Gymnas,  XXI  {190d)  Sp.  369—372. 

—  137.  Fischer,  H.,  Zor  Frage  der  Programmabhandloofen.  Päd. 
ff^'ocfunbl.  XIU  (1903/4)  S.  35. 

—  138.  Rethwiscb,  Coor,  [Ober  das  Für  and  Wider  der  Schul- 
programme]. Jahresb.  über  d.  höh.  Sckuhoeien  hrsg.  v.  Conr.  Reth- 
wisch,  XVir  (1902),  (Berlin  1903,    Weidmann)  Einleitong,  S.  1— S. 

1904.  139.  Morsch,  Hans,  Simus,  at  somus.  Noch  ein  Wort  zor  „Pro- 
grammfrage.'*  MS.  /  höh.  Seh.  11!  (1904)  S.  79—85. 

1905.  140.  Ullrich,  Rieh.,  Benotzong  nnd  Einrichtoag  der  Lehrer- 
bibliothekea  an  höheren  Schulen.  Praktische  VortchlSge  sa  ihrer 
Reform.  Berlin,  Weidmann  1905  (XX  u.  148  $.,  2,80  JC\  S.  25—26 
u.  ö.,»2.  f.  d.  GfT.  LVIII  (1904)  S.  697—698  u.  ö. 

—  141.  Reater,  Bd ,  Vereinfachung  der  Osterprogramme.  Päd, 
JFoeheM.  XIV  (1904/5)  S.  181. 

—  142.  — 0— r,  Dr.,  Die  Programme  der  [Österreichischen]  Mittel- 
schulen. NeuB  ff€m  PfeiS0  (Wien)  1905.  Nr.  14716  (12.  Aug.) 
S.  17—19. 

—  143.  V arges,  Willy,  Die  wisseaschaftlichen  AbhaBdlongen  der 
Jahresberichte.  /Veue  Jbb.  f.  d.  klau.  Mert.  umw.  XVI  (1905  II) 
S.  529—532. 

1906.  144.  Richter,  P.  B.,  Schul programme  und  ihre  Beigaben.  BifrsenbL 
f.  d.  deutich.  Buchhandel^    1906  S.  72—77. 

—  145«  Schnorr  v.  Carolsfeld,  [Frz.],  [Herausgabe  der  Pro- 
gramme in  SammelbSnden].  Ztbi  /.  BibUothekew.  XXIH  (1906)  S. 
126-127. 

—  146,  Hortzschaasky,A.,  Der  Vorschlag  [Sehaorrs  v.  (Carols- 
feld] zur  Neoordnang  der  Schulschriften,  ebenda  S.  164—169. 

—  147.  Conwentz,  Prof.,  Dr.  [Herrn.],  Schalprogramme.  In:  Die 
Heimatkunde  in  der  Sekuie.  Grundlagen  und  Fcreehläge  %ur 
Förderung  der  naiurgeschiciäliehen  und  geographiechen  Heimatkunde 
in  der  Schule.  (Berlin  ^  1906 1),  Gebr.  Boroträger.  XI  und  192  S. 
geb.  3,50  JC')  S.  136-142.  Ebenda  S.  188—192:  5)  Übersicht  von 
Programmen  [besonders  der  letzten  30  Jahre]  mit  Beitragen  zur 
Kenntnis  der  Heimat. 

—  148.  |Stemplioger,  Dr.  Ed.,  Ober  Sehn I programme  und  Jahres- 
berichte. Nach  einem  in  der  Gymoasiallehrervereioigang  München 
am  4.  Mai  1906  erstatteten  Vortrage.  S.-A.  aus  den  Blatt,  f.  das 
GStF.  XLIl  (1906),  Heft  7/8.  Leipzig,  B.  G.  Tenbner,  1906.  15  S. 
0,40  JC. 


^)  Die  erste  Auflage  (ebenda  1904)  war  mir  nicht  zugänglich.  Das 
treffliche  Buch  ist  übrigens  anch  in  Papier  und  Druck  —  bei  sehr  billigem 
Preise  —  musterhaft  wie  wenige.  Wer,  wie  der  Verfasser  dieser  Schrift, 
durch  die  Art  seiner  Arbeiten  täglich  vieles  zo  lesen  genötigt  ist,  weiß 
das  besonders  zu  schätzen. 


VOB  R.  Ullrich.  129 


II.  Das  Programniwesen. 

1.     Allgemeines.     Skizze  der  Entwicklung. 

Es  soll  nicht  die  Aufgabe  dieses  Abschnitts  sein,  eine 
Darstellang  der  Entwicklung  des  Programmwesens  überhaupt  in 
ihren  Terschiedenen  Stufen  zu  geben.  Für  die  älteste  Periode, 
etwa  bis  in  den  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts,  ist  hierzu  die 
Zeit  auch  noch  nicht  gekommen.  Das  für  diesen  Zweck  not- 
wendige Material  fehlt  zwar  nicht  ganz^),  ist  aber  für  die 
meisten  Länder  noch  nicht  ausreichend  gesammelt  und  kritisch 
gesichtet.  So  wird  eine  Geschichte  dieses  eigenartigen  Zweiges 
der  Organisation  des  höheren  Schulwesens  eine  Aufgabe  der  Zu- 
kunft sein. 

Dagegen  läßt  sich  eine  Übersicht  seit  den  zwanziger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  wohl  geben;  und  das 
soll  hier  hauptsächlich  in  der  Richtung  geschehen,  daß  auf  Grund 
des  in  Abschnitt  I  zum  ersten  Haie  mit  einer  gewissen  Voll- 
ständigkeit vorgelegten  wichtigsten  Materials  gezeigt  wird,  welche 
Gesichtspunkte  im  Laufe  der  Jahrzehnte  das  Programmwesen  be- 
stimmt haben,  wie  gewisse  Grundsätze  aufgestellt,  verteidigt  und 
angefochten  worden  sind.  Vielleicht  gelingt  es«  aus  der  Folge 
4er  Gesetze  wie  dem  Auf  und  Ab  der  Meinungen  dasjenige  her- 
aoszoheben,  was  mehrere  Generationen  überdauert  hat,  aus  der 
Eotwicklung  zu  lernen,  wie  die  Summe  eifrigster  Arbeit,  die 
dem  Gegenstande  gewidmet  worden  ist,  för  die  veränderten  Ver- 
hältnisse der  Gegenwart  fruchtbar  gemacht  werden  kann,  und  zu 
zeigen,  was  auf  diesem  Gebiete  in  Zukunft  im  Interesse  der 
Schale  und  des  höheren  Lehrerstandes  in  idealem  Sinne  noch 
anzustreben  und  in  praktischer  Hinsicht  durchzuführen  mög- 
lich ist. 

Es  wird  sich  zunächst  darum  bandeln,  die  grundsätz- 
lichen Anschauungen,  nach  denen  die  Sache  von  den  Unter- 
richtsbehörden der  verschiedenen  Staaten')  im  Laufe 
TMi  mehr  als  acht  Jahrzehnten  geregelt  worden  ist,  in  sachliche 
Beziehung  zueinander  zu  setzen,  so  daß  Wesen  und  Wert  der 
Einrichtung  im  Wechsel  der  Zeitströmungen  wie  in  ihrer  Be- 
deutung für  Schule,  Lehrer  und  Leben  deutlicher  wird,  im 
ganzen    wie   in    den    einzelnen   Teilen  (A).     Weiterhin    soll    ein 


1)  EiDise  eenere,  nicht  erbebliche  BeitrSse  sind  in  der  Bibliographie 
ML  4  Nr,  Hlb  tf.  lOö)  verzeichnet.  Die  Geechichtea  einzelner  Schalen 
enthalteo  ebenfalls  Vorarbeiten;  die  Mcnumenta  Germaniae  paedagogica  end- 
lidi  werden,  wenn  noch  weiter  vorgeschritten,  die  £atwicklung  besser 
iberseben  lassen;  vgl.  oben  S.  88  Anm.  2  nnd  S.  103  Anm.  2. 

')  Vgl.  Bibliographie  AbU  2,  Nr.  XXX— C,  S.  95—108. 
Zeitnsbr.  £  d.  07niaM?«lwes«B.    LXI.    8.  o.  8.  9 


130  Progrannwcset  uod   Programmbibliothek  d.  hob.  Scbileo, 

Oberblick  über  die  Diskussion  in  den  Fachkreisen  gegeben 
werden,  die  teils  in  Anknöpfung  an  die  gesetzliche  Regelung,  teils 
selbsitandig  versucht  bat,  neue  Formen  für  eine  ehrwürdige,  durch 
lange  Tradition  geheiligte  Einrichtung  zu  finden  (B).  Manchem 
möchte  es  wünschenswerter  erscheinen,  Gesetz  und  Diskussion 
von  Anfang  an  in  Beziehung  und  womöglich  Wechselwirkung  ge- 
setzt zu  sehen.  Es  hat  aber  einmal  an  sich  eignen  Reiz,  die 
fesleren  Formen  wie  das  Hin  und  Her  des  Wortkampfes  gesondert 
zu  betrachten.  Auf  der  einen  Seite  ist  das  Gefühl  der  Verant- 
wortung in  der  Regel  stärker,  die  Übersicht  der  Verhältnisse  um- 
fassender, die  Entwicklung,  wenn  scheinbar  langsam,  doch 
stetiger;  auf  der  anderen  tritt  leichter  die  Neigung  zur  Änderung 
hervor,  aber  die  Beurteilung  ist  einseitiger,  weil  die  Kenntnis  ge- 
ringer ist,  und  es  zeigt  sich  ein  Hin  und  Her,  dem  nachhaltige 
Wirkung  nicht  selten  versagt  bleiben  muß.  Dazu  kommt,  daß 
gerade  die  grundlegenden  Bestimmungen  des  Programmwesens, 
aus  denen  m.  E.  noch  heute  vieles  zu  lernen  ist,  und  manche 
Ausfuhrungen,  die  dazu  weiter  gegeben  worden  sind,  in  eine 
Zeit  fallen,  wo  ein  engeres  Verhältnis  von  behördlichen  Be- 
stimmungen und  fachlichen  Erörterungen  noch  kaum  bestand. 
Erst  in  den  letzten  Jahrzehnten  zeigen  sich  jene  durch  diese  be- 
einflußt.    Inwiefern  zum  Nutzen  der  Sache,  wird  sich  zeigen. 

Es  scheint  mir  am  richtigsten  zu  sein,  wenn  ich  mich  in 
der  sachlichen  Skizzierung  der  gesetzlichen  Bestimmungen  (A)  wie 
der  Diskussion  (B)  eigener  Kritik  so  weit  enthalte,  als  nicht  ganz 
Verfehltes  als  solches  zu  bezeichnen  ist,  zugleich  um  die  Dar- 
stellung in  Abschnitt  H  2  und  3  möglichst  zu  entlasten.  Die 
Tatsachen  reden  in  der  Hauptsache  am  besten  allein,  und  die 
Entwicklung  —  soweit  von  einer  solchen  zu  reden  ist  —  wird 
für  und  gegen  sich  selbst  sprechen.  Auf  Grund  dieser  Obersicht 
soll  dann  versucht  werden,  unter  Abweisung  mancher  auf  un- 
richtiger oder  einseitiger  Beurteilung  der  Dinge  beruhenden  An- 
schauungen das  Bleibende  herauszuheben  und,  soweit  möglich, 
Wege  der  Weiterentwicklung  zu  zeigen  (H  2  u.  3). 

Es  ist  übrigens,  wie  ich  noch  bemerken  will,  nicht  eine 
interessante  Lektüre  schlechthin,  die  —  wenigstens  in  diesen 
beiden  vorbereitenden  Abschnitten  —  geboten  wird.  Vielmehr 
Setzen  diese,  die  das  Ergebnis  langer  Arbeit  sind,  rüstige  Mitarbeit 
voraus,  wollen  es  dem  Leser  auch  nicht  ersparen,  sich  selber 
den  Quellen  zu  nähern,  zu  denen  ihm  der  Weg  nun  etwas 
ebener  gemacht  worden  ist.  Daß  der  Abschnitt  1  eine  erheblich 
ausführlichere  Behandlung  finden  wird  als  2  und  3,  ist  darin  be- 
gründet, daß  eine  eingehendere  Darstellung  der  gesetzlichen  Be- 
stimmungen in  Jen  einzelnen  Staaten  bisher  uberliaupt  fehlte,  und 
war  außerdem  dadurch  geboten,  daß  die  neuere  Diskussion  über  den 
Gegenstand  die  ältere  Literatur  nicht  so  beachtet  hat,  wie  es  für 
die  richtige  Würdigung  der  gegenwärtigen  Verhältnisse  notwendig  ist. 


voo  R.  UlfriclL  131 

A«  Die  gr^etzliehen  BestimmniigeB« 

(BibUo^aphie^)  Abt,  2,  Nr.  XXX— C,  oben  8.  95—108). 

Der  preuBiflche  Siaat,  den  die  Anspannung  aller  Kräfte 
während  der  FreiheiUkriege  in  harter  Bedrängnis  zaröckgelassea 
hatte,  sah  sich  nach  deren  Beendigung  gleichwohl  vor  eine  Fülle 
der  wichtigsten  Aulgaben  gestellt,  die  ebensosehr  Kenntnisse  und 
organisatorische  Begabung  wie  erhebliche  Geldmittel  forderten. 
Vor  allem  auf  dem  Gebiete  des  höheren  Dnterrichtswesens.  Es 
galt  nicht  bloß  alte  in  Verfall  geratene  Schulen  zu  reorganisieren 
and  —  trotz  äußerster  Finanznot  —  neue  einzurichten,  sondern 
auch  zum  Nutzen  des  Ganzen  zwischen  den  einzelnen  Schulen, 
ihren  Leitern  und  Lehrern  engere  Beziehungen  zu  knöpfen,  deren 
Gesichtskreis  zu  erweitern,  ihre  Ausbildung  zu  vertiefen  und  so 
die  Schulen  einigermaßen  auf  ein  gleiches  Niveau  zu  heben,  auch 
die  Anstalten  aus  gelehrter  Isolierung  in  ein  lebendiges  Verhältnis 
zum  Publikum  zu  bringen.  Außer  anderen  waren  es  besonders 
drei  Dinge,  welche  diesen  wichtigen  Rücksichten  dienen  sollten 
und  die  fast  zu  gleicher  Zeit  entstanden  sind,  die  Direktoren- 
konferenzen,  das  Program mweseu  und  die  gleichmäßige 
Ausstattung  der  Schulen  mit  Bibliotheken  und 
anderen  Lehrmitteln').  Im  Jahre  1823  fand  die  erste 
Direktorenkonferenz  in  Westfalen  (Soest)  stall,  die  Lehrer- 
Bibliotheken^)  wurden  in  dieser  Zeit  eine  feststehende  Einrichtung 
jeder  höheren  Schule,  und  das  Jahr  1824  brachte  die  ein- 
heitliche Regelung  des  Programmwesens.  Alle  drei 
Einrichtungeu  sind  bis  heute  in  Geltung  geblieben  und  haben  sich 
als  segensreich  für  die  Entwicklung  der  Ausbildung,  des  höheren 
Lehrerstande^  und  damit  für  das  Gedeihen  der  höheren  Schulen 
erwiesen,  alle  drei  sind  im  wesentlichen  auch  für  andere  Staaten 
vorbildlich  geworden.  Daß  sie  auch  Gegenstand  vielfacher  Er- 
«jrterung  geworden  sind,  versteht  sich  von  selbst;  am  meisten 
trifft  dies  auf  das  Programmwesen  zu.  Und  die  fast  unüber- 
sehbare Fülle  der  Literatur,  die  sich  bis  in  die  neueste  Zeit  on 
die  letztere  Einrichtung  geknüpft  hat*),  würde  beinahe  allein 
schon  ein  Gradmesser  für  ihre  Bedeutung  sein.   An  einen  Gegen- 


^)  Die  Numnero  der  Bibliopriphie  siod  io  diesen  gaozen  Teile  deo 
VerfS^oflgeB  ao  deo  betr.  Stelleo  in  der  Hepel  beigesetzt. 

')  Vgl.  fSr  diese  ganze  ISntwicklaog  besonders  C.  Varrentrapp, 
Johannes  Schnlse  und  da$  höhere  preufiische  L/nterricktjswesen  in  seiner  ZeU^ 
Leipzig,  1889,  B.  G.  Teabner  (XVi,  58»  S.  12  JC)y  besonders  S.  400  ff. 

^)  Die  Entwicklung  dieser  Verbültuisse  bedarf  noch  näherer  Uuter- 
sa^aag;  vgl.  meine  Bemerk oogen  in  W.  Heins  EnzykL  Hdb,  d.  Päda-- 
gogik  *  V  (1906)  S.  446  f.  u.  Anm. 

^)  Im  Gegensatz  besonders  zu  der  Biorichtnng  der  Lehrer- 
bibliotheken,  ^le  denn  aoeh,  wie  ich  früher  mehrfach  gezeigt  habe, 
(s.  0.  S,  85^  A.  1  "^  2}  in  bezug  aaf  Organisation'  im  einzelnen     wie  hin- 

9» 


132  Programmwesea  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

Stand  geringea  Wertes  wendet  mao  nicht  so  Tiel  Worte,  ge* 
schweige  denn  ernste  Arbeit.  Sehen  wir  su,  wie  sich  in  den 
gesetzlichen  Bestimmungen  Zweck  und  Organisation  der  Sache 
darstellt  und  wechselnden  Bedürfnissen  sich  angepafit  hat,  zu- 
nächst im  allgemeinen  in  bezugaufdiegrundlegenden  Be- 
stimmungen in  den  einzelnen  Staaten  und  das  heute 
im  ganzen  für  sie  geltende  Recht  (a),  weiterhin  mit  ROcksicht 
auf  besonders  wichtige  Fragen  im  einzelnen  (b — e). 

a)  Die  grundlegenden  Bestimmungen  in  den  einzelnen 
Staaten  und  das  heute  geltende  Recht  im  allgemeinen. 

o)  Erste  Periode:  Vod  1824  bis  i'o  die  fiiofziger  Jahre. 

Preußen.  Der  Geburtstag  des  Programmes  neuen  Stils  in 
Preußen,  der  wie  so  vieles  andere  mit  dem  tiefgehenden  Einfluß  von 
Johannes  Schulze  aufs  engste  zusammenhängt,  ist  der  23.  August 
1824.  Hier  wurde  der  Zerfahrenheit  und  Zersplitterung  der 
früheren  Zeit,  auch  der  unfruchtbaren  Literatur  dekorativer  Art 
ein  Ende  gemacht  ')•  Einheitliche  Organisation  wurde  geschaffen, 
wissemchaftliche  und  soziale  Ziele  (so  könnte  man  fast  sagen) 
wurden  nicht  bloß  gesteckt,  sondern  auch  festgehalten  und  ge- 
sichert. Äußerlich  angesehen  trat  an  die  Stelle  des  bisherigen 
Brauches,  der  in  der  Regel  zum  Zweck  der  Einladung  zur 
Prüfung  bald  eine  gelehrte,  meist  lateinische  Abhandlung  nebst 
kurzem  Schulbericht,  bald  nur  das  eine  oder  das  andere,  bald 
auch  —  bei  der  großen  Verschiedenheit  der  Aufgaben  und  Mittel 
der  Schulen  —  keines  von  beiden  vorsah,  zuerst  die  feste  Be- 
stimmung (Nr.  XXX),daB  jed  e  Schule  —  zunächst  jedes  Gymnasium 
—  um  Ostern  oder  Michaelis  zu  den  Prüfungen')  regelmäßig 
eine  wissenschaftliche  Abhandlung  und  Schulnacb- 
richten  im  Druck  veröfTentlichen  sollte.  Beide  erscheinen  in 
einem  Hefte  zusammen,  die  Abhandlung  geht  voraus.  Ober 
Zweck,  Bedeutung,  Inhalt  und  Nutzen  beider  Teile  werden  wohl- 
erwogene Grundsätze  aufgestellt,  die   in  wesentlichen  Punkten  in 


sichtlich  der  wichtipeo  gegeoseitif^en  Beziehoogeo  zoeioander  weit  hioter  der 
allgemeiiipo,  fast  groBartig  zu  oeoDeDdeo  Entwicklung  des  BibliotheksweseDS 
zurückgeblieben  sind  und  der  Reorganisation  fast  überall  bedürfen,  wenn  aie 
unter  veränderten  ZeitverhMltnissen  noch  weiter  ihren  goten  Zweck  er- 
rüllen  sollen. 

>)  Vgl.  über  die  Ültere  Zeit  ond  die  Vorgänge,  die  zn  der  Organisation 
von  1S24  gerdhrt  haben,  sowie  über  die  weitere  Entwicklung  bis  zam  Jahre 
1868  die  knappe  Obersicht  bei  Wiese,  Das  höhere  Schulweeen  in  Preußen, 
Bd.  11  (1869)  8.  701-^709;  (s.  auch  o.  S.  89  A.  2).  Ober  den  Charakter  der 
Programme  vor  dem  19.  Jahrhundert  vgl.  Fr.  Paulsen,  Getth*  d.  gel, 
Unterr,  *  (1896)  S.  665. 

')  Dieser  äoßere  AnlaB  blieb  zunächst  noch  lange  bestehen.  Weg- 
gefallen ist  er  mit  der  Aufhebung  der  öffentlichen  Prüfungen  für  die 
meisten  Schulen  seit  1894  {Ferfügung  vom  7.  Okt.  1893;  i^eier^  S.  161  f.). 


von  R.  GUrieh.  133 

spätere  Verfögungen  übergegangen  sind  and  8o  noch  heute  ihre 
Lebenskraft  behaupten.  Auf  die  wichtigsten  Einieibeiten  dieser 
grundlegenden  Urkunde  werde  ich  unten  (b — e)  bei  der  Dar- 
legung der  Entwicklung  der  einzelnen  Punkte  zu  sprechen 
kommen. 

Die  übrigen  Staaten.  Es  konnte  nicht  fehlen,  daß  bei 
der  Bedeutung  des  preußischen  höheren  Schulwesens,  die  man 
als  eine  vorbildliche  nicht  bloß  im  Lande  selbst  empfand,  das 
„Ausland'*')  sich  die  Vorteile  der  neuen  Organisation,  die 
durch  einige  den  Tauscbverkehr  betreffende  Maßnahmen 
(s.  u.  zu  d)  noch  wirksamer  wurde,  zu  eigen  machte.  Ausge- 
sprochen oder  unausgesprochen  war  in  bezug  auf  diese  Verfügung 
wie  viele  späteren,  die  ergänzend  hinzutraten,  das  preußische 
Muster  maßgebend:  Bayern  trat  mit  seiner  Neuordnung  schon 
1825  hervor  (weiterhin  1829,  1830  und  1854;  Nr.  LXI1-- 
LXVI),  Sachsen  folgte  1833  und  1846  (Nr.  LXXVI  u.  LXXIX), 
danacb  Baden  (t 836— 1  85ü;Nr.  LH  u.  LV),  1853  weiterhin 
Hessen  (Nr.  LXXIII);  in  Braunschweig  Gnden  wir  im  Jahre 
1828  (Nr.  LXX!)  zuerst  einschlägige  Bestimmungen  über  die 
ganze  Angelegenheit  (s.  o.  S.  102  mit  Anm.  2).  Wenn  sich  für 
andere  der  oben  (S.  98  f.;  106  f.)  genannten  Staaten,  wie  z.  B. 
flr  Anhalt  und  Württemberg,  das  gleiche  Verhältnis  zur 
prenfiischen  Reform  nicht  mit  derselben  Sicherheit  nachweisen 
läßt,  so  liegt  das  an  der  LOckenhaftigkeit  des  uns  bis  jetzt  hier 
erst  vorliegenden  Materials,  das  nicht  gestattet,  die  Entwicklung 
so  weit  znröckzuverfolgen,  wie  der  Historiker  gern  wünschte. 
Doch  haben  wohl  ziemlich  alle  kleineren  deutschen  Staaten 
wenigstens  für  ihre  Gelehrtenschulen  schon  vor  der  Mitte  des 
vorigen  Jahrhunderts  das  in  Preußen  amtlich  festgesetzte  Ver- 
bkren, Abhandlung  und  Schulbericht,  mit  gewisser  Regelmäßig- 
keit befolgt;  die  Verfügungen  aus  dieser  Zeit,  soweit  sie  zugäng- 
lieb  sind,  haben  die  dort  bestehenden  Verhältnisse  auch  für  ihre 
Schulen  zur  Voraussetzung  (vgl.  z.  B.  Nr.  LXXXIX).  In 
Osterreich  wurde  nicht  erst  geraume  Zeit  nach  der  Neuordnung 
der  gesamten  Schulverhältnisse  (wie  in  Preußen)  das  Programm 
aeoen  Stils  eingrföhrt,  sondern  schon  der  von  Bonitz  (mit 
Exner)  1849  ausgearbeitete  sog.  ,,Organi$ationwiiwurf''  zeigte  in 
I  1 16  (Nr.  LXXXXII)  die  wesentlichen  Grundsätze  der  preußischen 
Einriehtnng, die  regelmäßige  Verbindung  von  Abhandlung 


1)  Eiaige  ÄnBeriiBfeii  des  dentiehen  „Aoslaodes*'  wie  des  wirklichea 
Aoskades  im  keotlgSB  SioBe  führt  Varreotrapp  (a.a.O.  S.  402)  ao; 
tt  aiail  die  des  BraoDaeliweiser  Direktors  Friede  na on  (vgl.  sclioa 
•kee  S.  102  AaflL  2)  fowie  des  fraDxSsiseheB  Philosophea  (der  kurze 
Zelt  aneh  UBterriehtsaiiDigter  war)  Victor  Cousid;  letzterer  besuchte 
■ehmaU  Ueotsehlaad  aad  besoaders  Preoßea,  am  die  ScholeiDfichtODgeD 
n  stadierea« 


134  Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

und  SchulnachrjchteD,  die  iq  der  Hauptsache,  Wenn  auch 
später  manches  erweitert  worden  ist,  in  dem  Nachbarlande  noch 
heute  in  Geltung  sind.  So  ist  Österreich  in  bezug  auf  die  „Pror 
grammfrage"  am  konservativsten  geblieben,  worüber  später  noch 
zu  reden  sein  wird. 

ß)  Zweite  Perlode:  Von  den  fünfziger  Jahren   bis  1S75. 

Diese  grundlegenden  Bestimmungen  erfuhren  seit  den 
fünfziger  Jahren  verschiedene  Erweiteruugen,  in  denen  die 
Unterrichtsverwaltungen  teils  selbständig  vorgingen,  teils  guten 
Anregungen  aus  gelehrten  wie  aus  Fachkreisen  folgten, 
ohne  doch  —  meist  mit  Recht  —  auf  Vorschläge  einzugehen, 
die  auf  grundsätzliche  Änderungen  oder  ein  völliges  Au^ehen 
^iner  in  den  Schulen  allmählich  festgewordenen  Tradition  ib- 
zielten.  Es  lag  in.  der  Natur  der  Sache,  daB  die  1S24  gegebene 
Verordnung  nicht  überall  gleichmäßig  befolgt  wurde;  hier  wie  in 
anderen  Schnlfcagen  zeigte  es  sich,  daß  die  besten  Absichten  der 
Urheber  von  Verordnungen  doch  erst  bei  völligem  Umsetzen  in 
die  Praxis  des  ganzen  Schullebens  wirksam  werden  konnten. 
Schulordnungen  aliein  geben  auch  hier  nicht  den  ganzen  ge- 
schichtlichen Maßstab.  Es  ist  aber  ein  nicht  zu  unterschätzender 
Vorteil,  daß  in  vielen  der  Verfügungen,  die  nun  folgten,  selbst 
auf  die  entstandenen  Mängel  hingewiesen  wurde  und  so  eine  all- 
seitigere  Beurteilung  der  latsäcblichen  Verhältnisse  möglich  ist.  Die 
Entvvicklung  des  Schulwesens  s^bst,  besonders  das  stärkere  Her- 
vortreten, von  Realanstalten,  die  sich  mehrende  Anzahl  der 
Schulen  überhaupt  wie  städtischer  Anstalten  im  besonderen  u.  a.  m. 
gab  neue  Gesichtspunkte  an  die  Hand,  die  auch  das  Programm- 
wesen  berühren  mußten.  Die  Kostenfrage,  die  große  Zahl  van 
Programmen,  die  infolge  des  Tausches  auch  manchen  räumlich 
beschränkteren  Schulbibliotheken  zunosseu,  erweckten  Bedenken 
(s.  u.  zu  den  einzelnen  Unterabteilungen);  man  kann  die  zweite 
Stufe  der  Entwicklung  etwa  bis  zur  Mitte  der  siebziger  Jahre 
rechnen. 

In  Preußen  handelte  es  sich  zunächst  darum,  für  die  Real- 
anstalten  ein^  Ordnung  aufzustellen,  die  den  veränderten  Zeit- 
yerhältnissen  und  den  besonderen  Bedürfnissen  und  Aufgaben 
dieser  Schulen  genügte.  Das  geschah  1859  und  1866  :(Nr. 
XXXVa  u.  b),  in  Sachsen  in  demselben  Zeiträume  (1860;  .Nr. 
LXXIX).  Im  Jahre  1866  kam  auch  in  Preußen  in  amt- 
licher Kundgebung  (Nr.  XXXVI)  zum  ersten  Male  in  um- 
fassenderer Weise  (frühere  Äußerungen  hatten  sich  auf  Einzel- 
heiten beschränkt)  der  Gedanke  einer  allseitigen  Reform  zum 
Ausdruck.  Die  politischen  Umwälzungen  von  1866  und  1870 
drängten,  wie  anderes,  auch  diese  Sache  zunächst  etwas  in  den 
Hintergrund;  nachdem  aber  die  Ereignisse  beider  Jahre  und  die 
durch  sie  angebahnte  leichtere  Annäherung  der  einzelnen. deutschen 


▼OD  R.  Ullrich.  135 

Sualen  alle  Scbalverwaltungen  überhaupt  und  die  Preußens  gani 
besonders  vor  eine  Fölle  neuer  Aufgaben  gestellt  hatten,  mußte 
mit  Notwendigkeit  eine  Neuregelung  der  gesamten  Verhältnisse 
•rfolgen.  Was  Wiese,  der  Zeit  Yoranseilend,  schon  1855^) 
eine  »«allgemeine  deutsche  Angelegenheit*' genannt  hatte» 
war  Tatsache  geworden.  Die  Schulkonferenz  in  Dresden  1872, 
die  von  Vertretern  aller  deutschen  Staaten  besucht  war,  be- 
schäftigte sich  auch  mit  dem  Programmwesen,  und  nach  längeren 
Verhandlungen  erhielten  die  höheren  Schulen  sämtlicher  deutschen 
Staaten  (über  Bayern  und  Österreich  s.  o.)i  annähernd  zum 
50jährigen  Jubiläum  des  Programms  neuen  Stils,  in  der  Mitte  der 
siebziger  Jahre  den  noch  heute  bestehenden  Programmen* 
tausch  durch  Vermittlung  der  Teubnerschen  Verlagsbuchhand- 
hing«  der  Ostern  bezw.  Michaelis  1876  in  Kraft  trat  und  nun  gerade 
ein  Nenschenalter  hinter  sich  hat.  So  kam  es,  daß  die  Schul- 
Terwaltongen  der  einzelnen  Staaten  —  und  wohl  nicht  bloß  der- 
jenigen, deren  Kundgebungen  (s.  o.  Bibliogr.  Absehn,  2)  auch 
durch  den  Druck  allgemein  zugänglich  geworden  sind  —  um 
diese  Zeit  zur  Sache  aufs  neue  Stellung  nahmen,  auch  die  Ge- 
legenheit benutzten,  gleichzeitig  oder  bald  danach  die  ganze  Frage 
einer  Revision  im  ganzen  zu  unterziehen.  In  Preußen  geschah 
to  1875  (XXXiX),  in  Sachsen,  wo  (wie  schon  1860)  auch 
den  Realschulen  (I.  u.  II.  0.)  ganz  besondere  BerAek- 
lichtigung  zuteil  wurde,  in  den  Jahren  1874  — 1879*) 
UV.  LXXXI— LXXXIV),  in  Hessen  1875  und  1876  (Nr. 
LXXIV  u.  LXXV),  und  in  den  anderen  Staaten  wurden  die  (z.  T. 
erst  karz  vorher  gegebenen)  einschlägigen  Generalverordnungen 
(1869  in  Baden,  Nr.  LVII;  1874  in  Bayern,  Nr.  LXVIII; 
1873  in  El  saß- Lothringen,  Nr.  LXXlia  u.  b)  den  neuen 
Terfailtoissen  angepaßt,  teils  mit,  teils  ohne  Änderung  anderer 
grundsätzlicher  Anachanungen,  die  sich  auf  Inhalt,  Umfang  und 
Verpflichtang  zur  Veröflentliclrang  der  Programme,  insbesondere 
der  Abhandinng,  bezogen.  In  Österreich  fällt  die  ent- 
sprechende, noch  beute  gAltige  Haoptverordnung  in  die  gleiche 
Zeit,  in  das  Jahr  1875  (Nr.  LXXXXVÜ).  Ober  Einzelheiten 
s.  a.  — 

y)  Dritte  Periode:  Vom  des  achtziger  Jahren  bis  jetzt. 

Der  Zeitraum  seit  den  achtziger  Jahren  bis  jetzt,  in  dem  die 
Programme  die  dritte  Lehrergeneration  erlebten,  hat  wesent- 
liche Änderungen   in   den   Maßnahmen   der   Schulverwaltungen 


>)  y%h  BMograpkiB  jM.  4  Nr.  49. 

s)  Die  VeHosoogeo  voa  1877-1679  <Nr.  LXXXIII-LXXXIV)  habe 
ich  ■•eh  io  diesen  Abschnitt  hineingezogm,  weil  aie  mit  denen  von  1874 
•ad  1876  (Nr.  LXXXI  n.  LXXXH)  eng  znaanmenhiagen. 


136  Programmweseo  uod  Programmbibliothek  d.  höh.  Scholen', 

nicht  gebracht,  wenigsleos  wenn  man  die  Verhäilnisse  im  ganzea 
überschaut  und  die  maßgebendsten  Faktoren,  die  staatlichen  An- 
stalten der  drei  größten  Staaten,  Preußen,  Bayern  und  Österreich, 
in  den  Vordergrund  stellt.  In  Österreich  sind  seit  187  5 
(s.  0.)  neue  Bestimmungen,  die  das  Ganze  der  Sache  beträfen, 
nicht  mehr  erlassen  worden;  die  heule  geltende  Hauptverfugung 
in  Preußen  vom  T.Jan.  1885  (Nr.  XLI),  die  formell  die 
grundlegende  von  1824  außer  Kraft  setzt,  wenngleich  sie  immer 
noch  wesentliche  Punkte  von  dieser  enthält,  8(hließt  sich  im 
ganzen  an  die  Grundsätze  von  187  5  an,  gibt  aber  besonders  für 
die  Schulnachrichten  die  eingehenden  Bestimmungen,  die 
heute  jedem  preußischen  Oberlehrer  in  den  Jahresberichten  seiner 
Anstalt  wie  der  anderen  greifbar  entgegentreten;  die  bald  danach 
(1887)  erlassene  Hauptverfugung  Anhalts  (Nr.  XLVII;  vgl. 
auch  L)  schließt  sich  an  die  preußische  ausdrficklich  an,  die 
drei  entsprechenden  Erlasse  in  Bayern  (für  Gymnasien,  Realr 
gymnasien  und  Realschulen)  von  1891  (2)  und  1894  (Nr. 
LXXa — c)  knöpfen  im  wesentlichen  (vgl  jedoch  o.  S.  101  Anm.  3) 
an  die  früheren  Bestimmungen  an.  Auch  die  letzte  General- 
verordnung in  Baden  von  19  04  (Nr.  LXIa),  zugleich  die 
neueste  allgemeine  Verfügung  zur  Sache  überhaupt, 
geht  in  den  Hauptpunkten  auf  die  Bestimmungen  von  1869 
zurück. 

'  VDie  allen  grundlegenden  Bestimmungen  von  1824  in  Preußen, 
1825  in  Bayern  und  1849  in  Österreich,  wonach  Abhandlung 
und  Schulnachrichten  regelmäßig  den  Bestand  des 
Programm  es  ausmachen,  zeigen  sich  also  in  den  oben  ge- 
nannten Staaten,  genauer  bei  ihren  staatlichen  Anstalten,  grund- 
sätzlich noch  wirksam,  wenn  auch  im  einzelnen  (mit  alleiniger 
Ausnahme  Österreichs)  die  Verpflichtung  in  bezug  auf  den  ersten 
Teil  mit  größerer  oder  geringerer  Freiheit  behandelt  wird.  Da* 
nach  geordnet,  würden  die  einzelnen  Staaten,  deren  Bestimmungen 
sich  übersehen  lassen,  unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung  der 
wirklich  geübten  Praxis  etwa  folgende  Reihenfolge  einnehmen: 
1.  Österreich,  2.  Bayern,  3.  Anhalt,  4.  Preußen, 
5.  Baden,  6.  Hessen  —  von  denen  die  letzten  drei  beute 
ziemlich   auf   gleicher    Linie    stehen.      Über    Hamburg^)    und 


1)  Es  wäre  durchaas  zu  wöoscheo,  daß  io  der  neoeo  Auflage  vod 
Bd.  1  2  des  Banmeuierichen  Handbuchs  (vgl.  schon  oben  S.  93  Anm.  ]) 
die  kleinereD  Staaten  des  Deatschen  Reiches,  zu  denen  Ubrigeos  Harn- 
bürg  nach  Volkszahl  und  Bedeutung  kaum  noch  zu  rechnen  ist,  eine  etwas 
eingehendere  Behandlung  erfuhren,  als  ihnen  bis  jetzt  zuteil  geworden  ist; 
sie  werden  zusammen  auf  drei  Seiten  abgetan.  Von  den  Hansestadteo, 
Oldenburg,  Mecklenburg-Schwerin,  Braunschweig,  Anhalt, 
Sachsep-Weimar  z.  B.  erführe  man  gern  mehr.  Malnrlich  wären  auch 
die  wichtigsten  schulgeschichtiichen  Quellen,  Sammlongen  von  Verrügunge^ 
usw.  genau  zu  verzeichnen. 


voo  R.  Ullrich.  137 

Mecklenburg-Schwerin  sind  mir  die  einschlägigen  amtlichen 
BesüaiaiungeD  nicht  bekannt;  dem  geübten  Brauche  nach  wurde 
das  erstere  an  die  dritte  Stelle  kommen,  unmittelbar  hinter 
Bayern. 

Ein  etwaa  anderes  Bild  bieten   die  amtlichen  Beatimmungen 
des  letzten  Jahrzehnts   in  Sachsen   und  Württemberg.     Hier 
hat  teils  die  Uiskussioo  in  der  Fachpresse,   besonders   seit  1896 
(fgl.  Bibliogr.  Abt.  4,   Nr.    108),   teils    und    wohl    hauptsächlich 
tiDaozielle   Erwägung    dazu  geführt,  die   engere  Verbindung  von 
Abhandlung  und  Schulnachrichten  nicht  blos  grundsätzlich,  sondern 
»och    tatsächlich  zu  lösen ').    Für  die  staatlichen  Anstalten  beider 
Länder  (vgl.  Nr.  LXXXVII  u.  LXXXVIIl    mit  den  Anmerkungen; 
Nr.  LXXXXI)   werden   seit    1898  bezw.    1902')   die  Mittel  für 
ihhandlungen   nur  noch  in  dreijährigen  Zwischenräumen  zur 
Terfögusg  gestellt.    Dasselbe  oder  ähnliches  trifft  für  eine  Reihe 
TOD  Städten,  z.  B.  für  Berlin*),  zu,  die  für  das  Erscheinen  von 
Abhandlungen  der  von  ihnen  zu  unterhaltenden  Anstalten  wesent- 
lich einschränkende  —  leider  nicht   immer  leicht  zugängliche  — 
To'ordnungen   erlassen   haben.    In  einem  Falle   (vielleicht  sogar 
io  mehreren)   hat   diese  Auffassung  der  Sache,   «ogar  schon  seit 
ÜDgerer    Zeit,   zur  Abschaffung   der   Abhandlung  schlechthin  ge- 
föhrt.     Näheres   darüber    wird,   soweit  es  sicher  bekannt  ist,  in 
des   späteren    Abschnitten   in  anderem  Zusammenhange  erwähnt 
■erden. 

b)  Sonderbestimmungen   über   die    wissenschaftliche 

Abhandlung. 

Wie  oben  bemerkt  ist(s.  o.  S.  132  u.  136),  galt  in  den  ersten 
Uirzebnten  der  neuen  Entwicklung  des  Program mwesens  seit 
1824  (und  in  Österreich  seit  1849  bis  heute)  die  regelmäßige 


1)  Dasselbe  scbeiot  lo  Elsaß-LothriDgeD  geschehen  za  seio; 
4«di  oemBt  KillmaDD  (vgl.  Bibliogr.  jtht.  4,  Nr.  122}  keioe  Quelle  fdr 
iU  Angabe  (S.  478),  daß  die  AbhandloDgeo  io  2jähri|en 
Zvischeo  rinmeo   zu  liefero  seien. 

2)  Ans  dem  Aufsatz  von  Nägele,  Sehtäfonds  und  BibliothehverwaUung 
m  WüriUmkerg,  SüdweMd.  Sckulbl.  XIV  (1897)  S.  54  ist  an  entnehmen, 
ia$  vor  1902  (seit  wann?)  ein  zweijähriger  Turnns  bestanden  hat  (vgl. 
S  307  Anm.  1,  Z.  10  ff.). 

3)  Für  die  städtischen  Anstalten  Berlins  ist  seit  1905  die  Sache 

it  geregelt,  daß  in  jedem  Jahre  nnr  einer  bestimmte  n  Gruppe  von  An- 

italtea  die  Mittel  zur  Veröffentlichung  von  Abhandinngen  bewilligt  werden. 

lad   zwnr    sollten  1905   (bezw.    1908,    1911  u.s.f.).    die  .Gy  mnlsl  en, 

1906   (bezw.    1909,    1912    n.  s.  f.)   die    Realgymnasien    und   Ober- 

BeaUebo]«n,  1907    (bezw.    1910,   1913  u.  s.  f.)   die  Realschnlen  und 

hihereo    Jlidehensehulen     zur     Herausgabe    von    Abhandlungen    be- 

rcdli^  aeia.     Demgemäß    ist  denn  auch  bisher  verfahren  worden,  und  die 

Wtr.  AoaUHeo  beben  ziemlich  alle  auch  die  Gelegenheit  ausgiebig  benutzt. 


138  P''0S''><DD>^®'^B  aod  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehmleo, 

Verbindung  der  Schulnachrichten  mit  einer  (vorauf- 
gehenden) Abhandlung  aU  selbstverständiicli.  Ob  das  freiere 
Verfahren,  welches  in  dieser  Beziehung  die  hessische  Ver- 
fügung von  1853  (Nr.  LXXIII)  zuläßt,  einen  RöckschluB  auf 
ähnliches  Verhalten  der  betr.  Regierung  in  den  Jahrzehnten  vor- 
her gestattet,  bleibt  vorläufig  unsicher,  da  die  gewiß  vorhandenen 
einschlägigen  Bestimmungen  nicht  gedruckt  sind.  Welche  leb- 
hafte Diskussion  sich  nun  an  die  Frage  nach  dem  Zweck  und 
Wert  der  dem  Jahresbericht  beizugebenden  wissenschaftlichen 
Abhandlung  in  der  Fachpresse  geknöpft  hat,  ist  bekannt  und 
wird  unten  in  Abschnitt  B  weiter  ausgeföhrt  werden.  Wie  haben 
die  Behörden  der  einzelnen  Staaten  die  Sache  aufgefaßt? 

a)  Zweck,  lohalt  (uod  Sprache). 

Die  Frage  nach  dem  Zweck  der  wissenschaftlichen  Ab- 
hahdlungen  ist  von  der  nach  ihrem  Inhalt  nicht  gut  zu  trennen; 
dieser  bestimmt  sich  durch  jenen.  Auch  die  Sprache,  in  der 
die  Abhandlungen  abgefaßt  sind,  ist  hierbei  von  Bedeutung.  Ich 
behandle  daher  beide  (bezw.  die  drei)  Fragen  zusammen.  Am 
eingehendsten  sprechen  sich  darüber  wieder  die  ersten  preußi- 
schem Verfügungen  aus.  Die  ganze  Programmeinrichtung  (also 
auch  die  Abhandlung)  sollte  dem  Verkehr  der  verschiedenen 
Schulen  und  ihrer  Lehrer  untereinander  dienen,  auch  das  Interesse 
der  Eitern  und  des  größeren  Publikums  für  die  Anstalten  dauernd 
rege  erhalten;  im  besonderen  sollten  Direktoren  und  Oberlehrer 
„zur  Fortsetzung  ihrer  Studien  und  namentlich  auch  zur  Übung 
im  Lateinischschreiben  aufgemuntert  werden'*,  der  Inhalt  der 
Abhandlungen  — auch  „Reden'*  waren  gestattet^) —  öber,^einen 
wissenschaftlichen,  dem  Berufe  eines  Schulmannes  nicht  fremden 
Gegenstand''  —  abwechselnd  in  lateinischer  und  deutscher 
Sprache  —  sollte  so  beschafTen  sein,  um  „ein  allgemeines 
Interesse,  mindestens  der  gebildeten  Stände,  am  öRenilichen 
Unterricht''  zu  erwecken.  {Bibliogr.  Abt.  2,  Nr.  XXX  u.  XXXI la). 
Der  letzte,  überaus  wichtige  Grundsatz  fand  aber  nicht  aasreichenüe 
Beachtung.  Rein  gelehrte,  besonders  philologische  Themata, 
überwogen  (wozu  die  „Aufmunterung  zum  Lateinischschreiben"  den 
Anlaß  gab),  sogar  in  den  allmähiich  sich  mehrenden  Realschul- 
programmen (der  Realschulen  erster  Ordnung,  der  späteren 
Realgymnasien),  so  daß  die  Verfügungen  von  1859  und  1866 
(Nr.  XXXV  a  u.  b)  für  die  Abhandlungen  dieser  Schulen  (doch 
ist '  dabei  eine  .teilweise  Beziehung  auch  auf  die  Gymnasien  nicht 


1)  Ebenso  aoter  Vorbehalt  „Abrisse  elozeloer  DisziplioeD,  wie  sie  auf 
bestimmteo  Stafea  der  Sehnte  gelehrt  werdeo  (1826)'*;  vgl.  Wiese,  Das 
hd%  Schulw.  t.  Preußen  II  (1869)  S.  703  u.  Anm.  1.  Wir  habeo  hier  die 
Vorläafer  der  Lehrpläue  einzeluer  Aostalten,  wie  sie  später  xahlreich 
als  Programm beilageo  verijffeollieht  worden  siod. 


voo  B.  Ullricb.  139 

ausgeschlosseD) .  geeignetere  GegenstäiMie    verlangten.     Leben  und 
Kunst  des  Altectuma  sollten  dem  Verständnis  weiterer  Kreise  lu- 
ginglich    gemacht    werden»    ,,die    Scheu,    die    Wissenschaft    zu 
popularisieren,  sollte  der  Einsicht  weichen,  daß  dies  auf  die  rechte 
Weise    zu    tun  auch    ein  Verdienst  und   eine   Kunst  ist*'.     Auf 
Landes-,  Stadt-  und  Schulgeschichte  wurde  als  geeignetere  Stoffe 
lÜDgewiesen,    die    häufigere    Behandlung    pädagogischer    Fragen 
empfohlen.     Amtlicherseits   ruhte   dann    die  Er6rter4]ng   dieser 
Frage   lange;    erst    1892    (vgl.    Beier  a.  a.  0.  S.  265  Anm.  1, 
4bs.  2    fr.O.  1904  uud  1905  (ebenda,   Ergänxmgsheft   II  S.  9  f.) 
vurde  im  Zusammenhang  mit   der  Empfehlung    der  MiUeilungen 
kr  GndUtkaft  für   deutsche  Erziekungi-  und  Schulgeschichie  auf 
die   gute   Gelegenheit,   achulgeschichtlicbe   Abbandlungen   in  den 
Programmen    zu    veröffentlichen,  hingewiesen,   durch   die  „nicht 
illein  die  Wissenschaft   als   solche   gefördert,  sondern   auch   das 
lateresse    weiter   Kreise   für   die  Schule   mehr   geweckt    werden 
«ird,  als  durcli  manche  andere  Abhandlungen,  welche   in  Schul- 
programmen veröffentlicht  zu  werden  pflegen*'.    Auf  Behandlung 
aflgemeioer    Fragen    des   Unterrichts   und    der  Erziehung  wurde 
Hfs    neue   aufmerksam   gemacht,    wieder    im   Hinblick    auf  das 
^faiCeresse  weiterer  Kreise*',  ohne  daß,  \^ie  1859  und  1866,  eine 
kstimmte  Schulart  besonders  hervorgehoben  wurde.    Als  Sprache 
tar  schon  1859   für   die   Realschulen    die  deutsche  als  aliein 
berechtigte   bestimmt   worden.     Was   die  Gymnasien  anlangt,  so 
iit  dieser  Punkt  seit  1824  in  Verfügungen  nicht  mehr  ausdruck- 
Eck  erwähnt  worden.    Doch  lassen  die  wiederholten  Beziehungen 
aaf  „allgemeines  Interesse^*  und  „weitere  Kreise**  durchaus  keinen 
ZweiCel,     wie     die    Unterrichtsverwaltnng    mindestens    seit    den 
aeoBziger  Jahren  auch  bei   den  „Gelehrtenschulen*'  ober  die  An- 
«eodang  der  lateinischen  Sprache  dachte.    So  groB  der  zeitliche 
Atwtand    der   Verfügungen    von  1824,  1859/66  und  1892  bezw. 
1904/5  nun  ist,  man  erkennt  doch  deutlich  den  nahen  Zusammen- 
k»g,  der  in  bezug  auf  die  zweckmäßige  Wahl  des  Stoffes  der  Ab- 
handloDgeo  zwisdien  ihnen  besteht,  und  die  Kritik,    die  an  dem 
laisicblichen  Zustande  geöbt  wird. 

Was  die  Bestimmungen  der  anderen  deutschen  Staaten 

a  dieser    Hinsicht   betrifft,  so  wird  1892  auch  in  Anhalt  (Nr. 

HAX)  scboigeschichtlichen  Stoffen  das  Wort  geredet,  in  Hessen 

*ird  1875  (LXXIV)  die  „wissenschaftliche  Tätigkeit  der  Lehrer'' 

efento    betont   wie   die    „Rücksicht   auf  die   Förderung   lokaler 

bteressen    und    der  ^Beziehungen  zwischen  der  Schule  und  dem 

dteriiehen  Hause".    Ähnlich  machte  man   1869  in  Baden,  wo 

i§37  (Nr.  LHb)  vom  Gebrauch  „in  der  Regel  der  lateinischen, 

■Bter   Umständen    auch   der  deutschen  Sprache'*  die  Rede 

gewesen    war,    bei  Erwähnung  des  Gegenstandes  der  Abhandlung 

deo  doppelten  Gesichtspunkt  des  „Kreises  der  gelehrten  Studien" 

Bild    der      „pädagogischen    Erfahrungen"    geltend     (Nr.   LVII); 


140  Pf  ogrammwesen  aod  Programmbibliotliek  d.   höh.  SehnleB, 

die  neueste  Verfügung  von  1904  spricht  allgemeiner  von  einer 
„wissenschaftlichen  Abhandlung^S  die  einen  im  „Bereiche  der 
Schule  liegenden  Gegenstand'' behandelt  (LXl  a),  schreibt  auch  die 
deutsche  Sprache  ausdrucklich  vor.  In  Sachsen  tritt  der 
gelehrte  Charakter  der  Abhandlung  mehr  hervor,  schon  dadurch, 
daß  nicht  bloB  1.833  wie  1846  (Nr.  LXXVI  n.  LXXIX)  die  An- 
wendung der  lateinischen  Sprache  verbindlich  gemacht  wird, 
sondern  diese,  —  was  in  keinem  andern  Staate  des  Reiches  seit 
1870  mehr  geschehen  ist  —  selbst  1877  (LXXXIII)  und  sogar 
1893  nocli  (LXXXVI)  ausdrucklich  neben  der  deutschen  und  fran- 
zösischen genannt  wird;  doch  ist  die  deutsche  von  der  zweiten  Stelle 
(1877)  an  die  erste  geruckt  (1893);  bei  den  Realanstalten 
dagegen  scheinen  in  Sachsen  im  allgemeinen  dieselben  Grund- 
sätze maßgebend  gewesen  zu  sein  wie  in  Preußen.  Zwar  berAhrt 
weder  die  erste  Hauptverfugung  für  die  Realschulen  von  1860 
(Nr.  LXXX)  die  Sprachenfrage  ausdrücklich,  noch  gehen  die 
späteren  Verfügungen  näher  darauf  ein.  Die  Praxis  hat  sich  hier 
wohl  von  selbst  in  der  Regel  für  das  Deutsche  entschieden.  Doch 
läßt  wenigstens  für  die  (wenig  zahlreichen)  Realgymnasien  selbst 
die  jüngste  Verfügung  von  1902  (Nr.  LXXXVIII)  noch  die  Mög- 
lichkeit der  Anwendung  des  Lateinischen  (neben  dem  Deutschen, 
Französischen  und  Englischen)  frei.  Von  einem  Verhältnis  zum 
Publikum  oder  der  Gewinnung  des  Interesses  weiterer  Kreise,  wie 
ausgesprochenermaßen  in  Preußen  und  Hessen  (und  wenigstens 
wohl  stillschweigend  in  Anhalt  und  Raden),  ist  in  den  sächsischen 
Verfügungen  nirgends  die  Rede.  Es  handelt  sich  in  der  Haupt* 
sache  um  die  Pflege  der  Wissenschaft  als  solcher. 

Ähnlich  ist  der  Verlauf  in  Dayern.  Zwar  der  Lateinzwang 
tritt  nur  ganz  im  Anfang  hervor  (1829;  Nr.  LXHI),  so  daß  die 
andere,  gleichzeitige  Fassung  betr.  „ein  irgend  einen  Gegen- 
stand des  Gymnasialunterrichts  behandelndes  Programm'', 
die  in  bezug  auf  die  Erweckung  allgemeineren  Interesses  au  sich 
etwas  ermutigender  klingt,  zum  guten  Teile  für  diesen  Zweck 
doch  wieder  an  ßedeutung  verliert.  In  allen  späteren  Verfügungen 
ist,  soweit  in  bezug  auf  die  Abhandlung  überhaupt  eine  Ver- 
pflichtung auferlegt  wird^),  stets  nur  von  einem  Programm 
„wissenschaftlichen  Inhalts*^  die  Rede.  Restimmtere  Grund- 
sätze über  Zweck  und  Inhalt  werden  auch  in  Rayern  nicht  ge- 
gegeben. 

Über   Elsaß-Lothringen,   Württemberg')  und  andre 


^)  Vgl.  über  die  manDigfachen  Schwaokiiogen  io  Bayer d.  die  in  der 
Büfliogr.  Abt  2  (Nr.  LXH  ff.)  kurz  zoin  Aosdruck  kommeD,  die  elBgehendeD 
Darleguogeu  bei  Stemplinger  —  s.  Bibliogr.  Abt  4,  letzte  J\r. 

^)  Doch  vgl.  für  dies  Laod  weDigsreos  BibUogr.  AH.  2  Nr.  LXXXX 
u.  Aooi.  3.     . 


voi  R.  Ullrieh.  141 

deutsche  Staaten  liegt   nicht  Material  genug  vor,   um  die  hier  zu 
behandelnden  Fragen  eingehender  beantworten  xu  können. 

Anders  in  Ost  erreich.  Der  Organüationsentwurf  {BibL 
ite.  2,  Nr.  LXXXXII)  redet  in  Absatx  1  von  einer  „Wissenschaft- 
Ikfaen  oder  pädagogischen'*  Abhandlung  und  betont  im  Schluß- 
laTs,  daß  das  Programm  ohne  die  Abhandlung  nicht  er- 
fcheinen  könne.  Bald  darauf  wird  1850  (Nr.  LXXXXIlIa)  die 
Wicbligkeil  eines  solchen  Programms  für  andere  Gymnasien  her- 
loffgehoben,  zunächst  nur  im  allgemeinen,  ohne  dafi  ober  den 
iabalt  Näheres  bestimmt  worden  wäre.  Das  geschah  erst  in  der 
bis  himte  urafaitsendsten  und  noch  geltenden  Verordnung  von 
IS 7 5  (Nr.  LXXXXVIi)  und  der  ergänzenden  ton  1880 
(LIXXXVIII).  In  der  ersteren  ward  (in  il6s.  2)  als  Zweck  der 
Abhandlungen  die  «Förderung  wissenschaftlicher  Tätigkeit  der 
Lehrer**  hervorgehoben;  es  werden  solche,  die  eine  „Popularisierung 
ia  Wissenschaft  zum  Zweck  haben,  demnach  fOr  weitere  Kreise 
ah  fär  die  der  Berufsgenossen  und  anderer  wissenschaftlich 
Arbeitender  bestimmt  sind,  von  den  Programmen  ausgeschlossenes 
ad  es  wird  zugleich  darauf  hingewiesen,  daß  schon  die  Art  der 
Tcrbreitang  „ohne  Vermittlung  des  Buchhandels'*  ^)  nur  für  einen 
eageren  Zweck  berechnet  ist.  Die  Wahl  des  Themas  wird  frei- 
pestdlt;  die  Gegenstände  können  „aus  dem  weitesten  Bereich  der 
Wosenschaft  geholt  seines  aber  auch  „lokale  Verhältnisse  (Topo- 
^hie,  Geschichte,  Sprache,  Ethnographie,  Industrie,  klimatische 
«ad  andere  Naturerscheinungen)''  betreffen.  Geschrieben  soll  die 
AUandlung  „in  der  Unterrichtssprache  sein*';  „wo  dies  nicht  die 
ieotsche  ist,  kann  sie  auch  in  deutscher,  am  Gymnasium 
aich  in  lateinischer  Sprache  geschrieben  sein".  Auf  den 
^tkhen  Zweck  der  Abhandlung  wird  18  80  wiederum  hinge- 
Tiesen,  dabei  aber  (auf  Grund  besonderer  Vorkommnisse)  darauf 
aaünerksam  gemacht,  mißliebige  Polemik  gegen  Publikationen  von 
knifisgenossen  sei  zu  vermeiden,  mit  besonderer  Röcksicht  darauf, 
h&  die  „Programme  auch  in  Schölerkreisen  weitere  Verbreitung 
laden*'.  Gerade  der  „wissenschaftliche  Wert"  wird  wiederum 
ktiMit,    als    es  sich  um    die  Nutzbarmachung  der  Programme  in 


')  Auf  iem  Tsosch,  äer  dareh  Vermlttlaos  der  Teaboerscbeo  Verlags- 

kKäkaadloD^    gerade    in    dieser    Zeit  (Nr.    XXXIX,   unten    Ad)   for    die 

Uutt ehern  Staaten  (mit  Anssehlofi  Bayerns)  ins  Werk  sesetst  worde,  ist 

ib«  SB  dieser  Stelle  (die  Ssterreiehische  Verfognog    iit  vom  9.  Jaoi  1875) 

•tdk  keine  Bfieksieht  genonnen.    Dagegen  iit  in  jihtatz  7  doch  von  einem 

**rtieff^fr  mit  aoilaadisehen  Anstalten  dareh  Vermittlang  des  Ministerinms 

4ie  Rede,   das  jedenfalls   bald  danaeb  in  bezog  auf  dentscbe  Aoskalten  sieb 

iKh  der  Veraiittlang  der  Leipziger  Bacbbandlang   bedient  bat,   wie  dies 

len^  ^f  p^ll  jft     Seit  welebem  Jabre  die  Siterreicbiscbea  Programme 

tifsiebJiek   dorvh  diese  doppelte  Vermittlong  an  die  deoticben  Anstalten  ge- 

jiiMB    i^t    sieli    eeeh   durch  Anfrage   bei  Teabner   nicbt   genaa  ermitteln 

bawa. 


142  Programmweseo   und  Programmbibliothek  d.  böb.  Schnlen, 

den .  Landesbibliolheken  handelt  (Nr.  LXXXXIV).  An  diesen 
Grundsätzen  ist,  soweit  mir  bekannt,  bis  jetzt  festgehalten 
worden.  Ganz  besondere  Erwähnung  verdient  in  diesem  Zusanimen- 
hange  noch  die  überaus  dankenswi^rte  Verfügung  der  österreichisclien 
Regierung  vom  30.  Dezbr.  1896,  welche  die  Herausgabe  von 
gedruckten  Katalogen  der  Lehrerbibliotheken  als 
Programm-Beilagen  empfahl,  mit  der  ausdrücklichen  Bezeichnung 
des  Zweckes,  die  Bestände  dieser  Sammlungen  nutzbarer  zu  machen 
(Nr.  IC;  vgl.  die  Anmerkung  dazu).  Zahlreiche  Lehrerbibliotheks- 
Kataloge  wurden  infolgedessen  in  Österreich  seit  1897  veröffent- 
licht. Schon,  vorher  halte  die  preußische  Regierung  auf  einem 
engeren  Gebiete,  dem  der  Handschriften  und  alten  Drucke, 
die  ihr  unterstellten  höheren  Schulen  zu  Veröffentlichungen  der 
IQestände  in  den  Beilagen  (bezw.  den  Jahresberichten  selbst)  an- 
zuregen gesucht  (Nr.  XL);  eine  —  wenn  auch  keineswegs  voll- 
ständige —  Reihe  entsprechender  Publikationen  war  die  Folge. 
Sie  ging  hier  —  was  ich  übrigens  keineswegs  miBbillige  (vgl. 
Teil  112)  —  für  einen  bestimmten  wissenschaftlichen  Zweck 
etwas  von  dem  Wege  ab,  den  sie  vorher  und  nachher  im  all- 
gemeinen als  gangbar  für  Programmabbandlungen  bezeichnet 
hatte. 

Die  Obersicht  zeigt,  daB  die  Auffassung  von  Zweck  (und 
demgemäß  auch  von  Inhalt  und  Sprache)  der  Abhandlung  in  den 
verschiedenen  Staaten  entweder  von  Anfang  an  —  wenigstens 
z.  T.  —  recht  verschieden  gewesen  ist  (vgl.  besonders  Preußen 
und  Österreich)  oder  sich  doch  im  Laufe  der  Zeit  erheblich 
geändert  hat.  Die  Konsequenz  der  Auffassung  geht  am  weitesten 
in  Osterreich,  wo  Amtlich  zwischen  1849  und  jetzt  kaum  ein 
Unterschied  ist;  ob  ihr  das  tatsächliche  Verhältnis  entspricht, 
wird  sich  alsbald  zeigen; 

Die  Frage  nach  dem  Zweck  und  Inhalt  der  wissen- 
schaftlichen Beilage  ist  ohne  Zweifel  die  wichtigste;  sie  ist  in  den 
amilichen  Verfügungen  am  häufigsten  berührt  worden,  und  so 
mußte  ihr  auch  hier  der  größte  Raum  gewidmet  werden.  Einige 
andere  Gesichtspunkte  lassen  sich  kürzer  erledigen.  Zunächst 
kommt  derjenige  in  Betracht,  der  mit  dem  Wesen  der  Publikation 
selbst  am  engsten  zusammenhängt,  nämlich  der  des  amtlichen 
Charakters  der  Programme. 

ß)  Der  amtliche  Charakter  (Verantwortlichkeit  des 

Direktors  für  deo  lohalt). 

Das  Programm  einer  Schule  ist  in  seinen  beiden  Teilen 
eine  amtliche  Publikation^;  es  wird  ?on  dem  Direktor  unter 


')  Vgl,  Wiese  a.  «.  0.  S.  705  z.  J.  1814;    es   war  eine  VerkeBDunfi; 
dieser  eiotachen  Tntsache,  wenn  ein  Verfasser  (W.)  in  der  Ztschr.  f.  d,  GH^ 


vei  R.  (JllriciL  143 

seiner  Verantwortlichkeit  herausgegeben.    Für  die  von  ihm  selbst 
Terfafiten  Scbulnachrichten   ist  das  seibstverstiodlicb,  wenn- 
gleich   häufig   auch    noch    in  Verfilgungen   ausdröcklich  bemerkt 
(s.  a.  A  c).     Aber  auch  für  die  wissenschaftliche  Abband- 
luDg  trifft  es  zu,  nicht  bloB  für  die  Zeit  und  die  Fälle,  in  denen 
ae    aoch    äußerlich   in    anmittelbarem  Zusammenhange  mit  dem 
andern  Teile  erschien  —  wie  lange  Jahrzehnte   hindurch  in  den 
mebteD  Ländern  —  oder  noch  erscheint,  wie  fast  durchweg  noch 
heute  io  Osterreich.    In  der  Verantwortlichkeit  des  Direktors  für 
alles,  was  die  von  ihm  geleitete  Schule  in  innerer   oder  äußerer 
BeziebuDg  angeht,  ist  es  begründet,  daß  er  auch  von  dem  Inhalt 
der    Abhandlung   vor   dem   Druck    wenigstens  so  weit    Kenntnis 
haben   muß.  um   ungeeignete  Stoffe  Oberhaupt   oder  Äußerungen, 
^ie  der   Wurde   der   Schule    nicht   dienen,   auszuschließen.    Die 
Röcksicht    darauf,  daß  die  Abhandlungen  auch  in  die  Hände  von 
Sckälern  kommen,  ist  ebenfalls  wichtig.    Es  liegt  in  der  Natur  der 
khe,  daß  dieser  Gesichtspunkt  in  einer  Periode,  wo  der  höhere 
Lehrerstaod    sich    noch   in    der    Entwicklung    befand,    auch    in 
^liach    bewegten    Zeiten    bei    engerem    allgemeinen   Gesichts- 
km,  so  vor  1848  und  wiederum  bald    danach,   starker  hervor- 
treten niuBte;    es  ist  auch  ohne   weiteres  klar,   daß   er  bei  der 
laiDgerea  Zahl   der  Schulen    in    früheren  Jahrzehnten  praktisch 
lüchter  durchzuführen   war  als  jetzt,    von  seilen  der  Direktoren 
Hkt    wie   durch    die    höheren  Instanzen.     Grundsätzlich  fehlen 
vird  er  nie  können,    um  so  weniger,  je  mehr  die  Abhandlungen 
äth   Yon    engeren,   rein   fachwissenscbaftlichen  Erörterungen   zu 
Fügen   Ton  allgemeinerer  Bedeutung  erheben. 

Im  Anfang  der  Entwicklung  in  Preußen  ging  es  (1837)  so 
«cit,  daß  aus  Anlaß  von  Streitigkeiten  über  das  Verhältnis  der 
^Tonasien  und  Realschulen  die  Manuskripte  nicht  bloß  der  Ge- 
"'kmignng  des  Direktors  unterlagen,  sondern  auch  selbst  im 
HBe  der  Abfassung  durch  diesen  der  vorgesetzten  Behörde 
fiBfereieht  werden  mußten  (Nr.  XXXIVa),  die  sich  selbst  für  den 
hbli  verantwortiich  fühlte  (vgl.  auch  Wiese,  D.  höh.  Schulw. 
ih.  U  (1869)  S.  705  zum   Jabre    1844).     Diese    Bestimmung 


IH  (1849)  S.  557  f.  diese  „Zensur"  ooerbSrt  fand  ood  den  1 24  vod  der  Prefl- 
freiheit  son  Vergleiche  hertoxog.  Zo  beachten  bleibt  ancb  der  damalige 
luUmd  der  boherao  Scbulea  in  Vergleich  zn  deai  beotigea.  Ans  einer 
3atiz  IB  der  ZeäseAr.  f,  d.  G9F.  35  (188])  S.  767  ist  ta  entnehmen,  dafl 
^  BialiihraDf  der  „Zeasnr*'  aof  Grond  eines  „beksnoten**  (s.  o.  S.  83) 
Pragramaiea  von  [Tb.]  Eehtermeyer  erfolgte.  Aus  den  maagelbaftea  Pro- 
snmmbibJiogrrapbieB  der  älteren  Zeit  ist  aar  ein  solches  von  dem  ge- 
UBiieo,  im  übrigen  ja  allerdings  noch  beute  wohlbekannten  Verfasser  zu 
eraitteiOy  oämUeh  das  als  Beilage  zam  Jahresber.  d.  Pädagoge,  in  Halle  G. 
(S  |_y//|  a^  5.  1 — 40)  im  Jahre  1835  verSirentlicbte:  „Proben  au$  einer 
Menäumr  über  Namen  und  symboiitche  Bedeutung  der  Finger  bei  den 
Gneeka  ttnd  Röfntm^^* 


(44  ProgrammweseD  aa^  Pro^rattmbibliothek  d.  hob.  SckoleD, 

wurde  zwar  (1852^);  XXXIVb)  id  der  Hauptsache  aufgehoben, 
aber  die  Verantwortlichkeit  der  Direktoren  fOr  den  Inhalt  blieb 
bestehen  und  wurde,  wiederum  auf  Grund  bestimmter  Einzel- 
fälle, sowohl  1861  (vgl.  WieM'Kübkr  II  S.  489  Z.  6  v.  u.)  und 
1866  und  in  den  meisten  „Instruktionen'^  (s.  o.S.  95  A.  3), 
wie  auch  späterhin  1893  und  1896  erneut  betont  (Nr.  XXXV  b 
u.  XLIV).  Die  anderen  Regierungen  haben  in  alter  und  neuer 
Zeit  dieselben  Grundsätze  befolgt;  die  einschlägigen  VerfQgungen 
in  Anhalt  (Nr.  XLVIII),  Baden')  (Lllb,  LV,  LXIa),  Elsaß- 
Lothringen  (LXXIIb),  Hessen  (LXXIII)  und  Sachsen  (LXXVII, 
LXXVIII,  mit  besonderer  Rtlcksicht  auf  politische  Erörterungen, 
LXXXVi)  zeigen  in  verschiedener  Form  Anweisungen  in  dieser 
Richtung.  In  Österreich  wird  in  den  beiden  entscheidendsten 
Dokumenten  {^.Orgamsaiicnueniwurf''  S  116,  Sehlufssatz  und  Vfg.  vom 
Jahre  1875  Ah$.  1  ~  Nr.  LXXXXH  und  LXXXXVII)  die  Ver- 
antwortlichkeit der  Direktoren  ganz  besonders  betont  und 
1880  in  bestimmtem  Zusammenhange  (s.  o.  S.  141)  ihre  Ver- 
pflichtung, Ungeeignetes  fernzuhalten,  eingeschärft. 

y)  Die  Verfasser  und  ihre  Verpflick  t«og.    Htnfifkeit 

des  ErscheioeDs. 

Als  Verfasser  kamen  in  Preußen  zunächst  (seit  1824) 
nur  Direktor  und  Oberlehrer  (alten  Stils)  in  Betracht;  sie  waren 
zur  Abfassung  verpflichtet  (Nr.  XXX).  „Die  „ordentlichen 
Lehrer^*  traten  allmählich  hinzu  (vgl.  die  InHruktiimm%  s.  o. 
S.  95  Anm.  3),  als  berechtigt  oder,  auch  als  verpflichtet.  Der 
Antrag  eines  Provinzialschulkollegiums  auf  Wegfall  der  Abhand- 
lung wurde  am  29.  Juni  1848  von  dem  Minister  v.  Ladenberg  ab- 
gelehnt mit  Rucksicht  auf  „den  nachteiligen  Einfluß  auf  den 
wissenschaftlichen  Sinn  der  Gymnasiallehrer*'^).  in 
Sachsen  schreibt  von  1833—1837  (wie  in  früherer  Zeit)  der 
Rektor  des  Gymnasiums  sowohl  Abhandlung  als  Jahresbericht 
(Nr.  LXXVI),  seit  1837(1846  u.  ö.)  werden  zu  erstererauch  sämt- 
liche Lehrer  verpflichtet  (LXXVII  IT.);    und    wenn    hier  auch  seit 


M  y%\.  Tor  diese  EotwickinDg  ooch  Zeiischr,  f.  d.  Gfß".  III  (1849)  S.  748 
ond  VII  (1853)  S.  49. 

*)  Ib  Bayern  ist,  soweit  ieh  es  aas  dem  mir  zagSopIicheo  Moterial 
erseheo  kaoo,  die  VersDtworflicbkeit  des  SchoUeiters  bezw.  die  Vorlepoog 
des  Manaskripts  zwar  nicht  ansdracklieh  hervorgehobeo,  wird  aber  wohl  als 
selbstverstaodiich  aogeoommeo.  Aoeh  hier  wird  die  Praxis  Batorgemäfi 
eiae  gruadsatzlich  richtige  AascbanoDg  wohl  nicht  aberall  zur  Dorchfähmog 
kommen  lassen. 

')  Bei  Heinr.  M  B  1 1  e  r  (vgl.  Bibliogr.  Abt,  4,  Nr.  127)  Snden  aich 
S.  17  f.  die  belr.  Bestimmungen  zusammengestellt. 

*)  Üie  Verfügung  ist  weder  bei  ßönne  noch  anderswo  abgedruckt 
Vgl.  H.,  R.,  (Bibliogr.  Abt.  4^  Nr.  56)  S.  545  ff. 


voo  A.  Ullricli.  145 

1898  der  dreijährige  Turnus  des  Erscheinens  eingeführt  ist  (Nr. 
LXXXVU;  vgl.  o.  S.  137),  so  wird  damit  die  Pflicht  der  Lehrer 
nicht  aufgehoben^).  Die  neueste  Verordnung  in  Anhalt  vom 
Jahre  1900  (Nr.  L)  bezeichnet  die  Herausgabe  einer  Abhandlung 
als  die  Regel,  das  Erscheinen  der  Schulnachrichten  allein  als 
Ausnahme.  In  Bayern  ist  die  Verpflichtung  für  sämüiehe 
Lehrer  zuerst  1829  (LXlIIb)  ausdrücklich  hervorgehoben,  dann 
Ton  1854  bis  1894  —  auch  je  nach  der  Zugehörigkeit  zu  be- 
stimmten Schularten  —  gemildert  und  wieder  strenger  betont 
worden;  die  besondere  Entwicklung  in  diesem  Lande  kann  neuer^ 
diogs  bei  Stern  pling  er  (s.  Bibliogr.  Abt.  4,  letzte  Nr.)  im 
einzelnen  leicht  verfolgt  werden.  In  Österreich  hat  von  An- 
fing an  die  Verpflichtung  der  Lehrer  bestanden  und  ist  bis 
beute  aufrecht  erbalten  worden  (Nr.  LXXXXII  Ab$.  1  u.  LXXXXVII 
Am.  2).  Im  besonderen  wurde  zunächst  in  Preußen  und  wird 
Doch  heute  in  Sachsen,  wenigstens  für  die  staatlichen 
Gymnasien  und  Realgymnasien,  die  Abfassung  durch  die  Lehrer 
aacb  der  amtlichen  bezw.  besonders  zu  bestimmenden  Reihen- 
folge gefordert,  von  der  nur  in  Ausnahmefällen  abgegangen 
werden  sollte  (Nr.  XXX  und  die  „Instruktionen'*,  s.  o.; 
LXXVII  ff.— LXXXVIII).  In  Bayern  finden  wir' seit  1874  (vgl. 
Nr.  LXVIlIa  u.  LXIX)  einigemal  die  Lieferung  „nach  Oberein- 
kommen  des  Kollegiums**  geregelt,  während  die  neuesten  Be- 
aiimmungen  da,  wo  eine  Abhandlung  (,»in  der  Regel**)  gefordert 
wird  (LXXa  undb),  nämlich  bei  Gymnasien  und  Realgymnasien, 
nähere  Anweisungen  über  eine  bestimmte  Reihenfolge  o.  ä.  nicht 
■ehr  enthalten.  In  Österreich  bleibt  seit  1875  die  Frage, 
„welcher  Lehrer  die  Abhandlung  zu  schreiben  hat,  der  freien 
Vereinbarung  in  einer  der  ersten  Konferenzen  vo«*behalten**. 
Iq  Zweifelsfällen  steht  dem  Direktor  nach  bestimmten  Rücksichten 
(Alter,  Gesundheit»  Umfang  der  beruflichen  Tätigkeit,  frühere  Be- 
teiligiing  an  Programmen)  die  Entscheidung  zu  (Nr.  LXXXXVII 
Ms.  4). 

In  Baden  und  Hessen  hat  von  Anfang  an  ein  freieres 
Verhältnis  der  Lehrer  zu  der  Abfassung  der  Abbandlungen  be- 
standen; und  bis  in  die  neueste  Zeit  wird  in  den  betr.  Ver- 
fiigungen  beider  Regierungen  weder  eine  Pflicht  der  Lehrer  her- 
fergehoben  noch  eine  bestimmte  Reibenfolge  gefordert.  In 
Hessen  erscheint  1853  (Nr.  LXXIII)  ihre  Teilnahme  am  Pro- 
framme  als  eine  durchaus  freiwillige,  wenn  auch  gesagt  wird'), 
,^  werde  den  Direktoren  nicht  schwer  fallen,  diejenigen,  welche 
Fähigkeit  und  Eifer   dazu  besitzen,  zu  abwechselnden  Leistungen 


1)  Wie  et  iB  dieser  HiBsicht  in  Württemberg  bei  dem  im  übrigen 
ekeafjlls  3jibrigeB  Toraas  (Nr.  LXXXXI;  s.  aach  o.  S.  137)  im  eiozeloen 
steht,  ist  BieJbt  ^bbz  deaiUeh. 

i^  Vgl.  ober  diese  Verfofang  obea  S.  95  Anm.  1  aad  S.  103  Anm.  5. 
Zmt»9kr.  L  d.  GymoaciAlwcMB.    lAL    S.  t,  10* 


146  Programinweseu    und  Pr  ograBimbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

aDzuregen'S  „wenn  die  Lehrer  wissen,  daß  ihre  Arbeilen  beachtet 
werden*';  auch  wird  1875  (Nr.  LXXIV)  die  Abhandlung  als 
„wünschenswert"'  hingestellt  (aus  den  oben  (S.  104)  ku  LXXIV 
selbst  schon  mitgeteilten  Gründen).  In  Baden  ist  zwar  (Lllla) 
im  Jahre  1840  ?on  einem  „Turnus  unter  den  Hauptlehrern"  die 
Rede,  doch  wird  das  Erscheinen  der  Abhandlung  1837  wie  1869 
nur  mithin  der  Regel'' bezeichnet  (LH  b  und  LVll),  und  die  neuste 
Verfügung  von  1904  (LXIa)  sagt,  daß  eine  „Abhandlung  beige* 
geben  werden  kann''«  Es  mag  gleich  hier  hervorgehoben  werden, 
daß  diese  im  Vergleich  zu  anderen  Staaten  erheblich  freieren  Be- 
stimmungen die  Zahl  der  wirklich  erschienenen  Abbandlungen 
nicht  ungunstig  beeinflußt  haben;  wenigstens  zeigt  das  Programm- 
Verzeichnis  nach  Anstalten  bei  Köhler  (s.  Bibliogr*  Abt.  3,  Nr.  18) 
bis  zum  Jahre  1887  kaum  erhebliche  Lücken,  und  auch  bei 
den  größeren  hessischen  Anstalten  steht  es  nicht  viel  anders. 
Doch  muß  beachtet  werden,  daß  es  sich  in  beiden  Fallen 
in  der  Hauptsache  um  staatliche  Anstalten  handelt.  Auch  in 
dem  Verzeichnis  der  Schweiz  (BibUogr.  Abt,  3,  Nr.  37)  finden 
wir  trotz  der  gewiß  freien  Verhältnisse  der  einzelnen  Rantone 
bei  den  einzelnen  Anstalten  nur  selten  Unterbrechungen  der 
Jahresfolge. 

Für  die  Realanstalten,  zunächst  für  die  Realschulein  in 
allerem  Sinne  (L  0.,  etwa  gleich  den  heutigen  Realgymnasien), 
in  neuerer  Zeit  besonders  füi*  die  Realschulen  neuen  Stils  (mit 
6  Klassen),  überhaupt  für  die  sog.  „Nichtvollanstalten"  sind 
in  den  meisten  Staaten  die  Bedingungen  freiere  gewesen,  teils 
weil  man  diese  Schulen,  so  weit  „wissenschaftliche"  Abhand- 
lungen in  engerem  Sinne  in  Betracht  kamen,  als  außerhalb  des 
Kreises  der  „Gelehrtenschulen"  stehend  ansah,  teils  weil  [ihre 
Unterhaltung  in  den  meisten  Fällen  nicht  dem  Staate  oblag  und 
dieser  die  Gemeinden,  besonders  wenn  sie  nicht  sehr  leistungs- 
fähig waren,  wenigstens  zur  Herausgabe  von  Abhandlungen  (über 
ihre  Jahresberichte  s.  u.)  an  den  von  ihnen  unterhaltenen  Schulea 
nicht  zwingen  konnte.  Das  tritt  besonders  in  Bayern  und 
Sachsen  hervor,  und  es  läßt  sich  aus  dem  chronologischen  Ver* 
zeichnis  und  den  dazu  kurz  vermerkten  Inhaltsangaben  der  betr. 
Verfügungen,  wonach  die  Lieferung  einer  Abhandlung  „freigestellt'": 
oder  nur  „von  Zeit  zu  Zeit"  erwartet  wird,  die  Entwicklung  von 
Anfang  bis  heute  leicht  verfolgen  (LXIII— LXXc;  LXXX— LXXXVb). 

Für  die  gesamten  Verhältnisse  in  Preußen  bezeichnet 
endlich  das  Jahr  1875  einen  wichtigen  Wendepunkt. 
Zwar  war  schon  1866  (Nr.  XXXVl)  bei  den  Erwägungen  über  eine 
künftige  Reform  die  Herausgabe  der  Abhandlungen  (außer  den 
beizubehaltenden  Jahresberichten)  in  größeren,  etwa  dreijährigen 
Zwischenräumen  ins  Auge  gefaßt  worden,  ohne  daß  es  in  dem 
darauf  folgenden  Jahrzehnt  zu  irgend  erheblichen  tatsächlichen 
Änderungen   der  alten  Jahrespraxis    bei  den  (überwiegend)  Staat- 


voo  R.  Ullrich.  t47 

liehen  Anstalten  gekommen  wäre.  Da  brachte  die  Verfügung  vom 
26.  April  1875  (Nr.  XXXIX)  im  Zusammenhang  mit  der  Neu- 
ordnung des  Tauschverkehrs  die  Aufhebung  der  jährlichen 
Verpflichtung  zur  HiBrausgabe  von  Abbandluogen,  an 
der  bis  heute  grundsätzlich  festgehalten  worden  ist,  wenn  auch 
die  Mittel,  wo  man  sie  begehrt,  an  staatlichen  Anstalten  nach  wie 
vor  zur  Verfugung  gestellt  werden  und  andrerseits  bald  nach 
1875  in  zwei  Minislerialverfugungen  (vom  28.  Dezbr.  1878  und 
31.  Oktbr.  1879)  die  Bedeutung  der  Programmabbandlungen  auch 
für  die  Zukunft  ausdrücklich  betont  worden  ist.  So  wird  1878^), 
gerade  ein  Meoscbenalter  nach  der  ähnlichen  Verfügung  des 
Hinisters  v.  Ladenberg  (s.o.  S.  144),  bemerkt,  „daß  durch  die 
Aufhebung  jenes  Zwanges  die  bisherige  Sitte  nicht  hat  gefährdet 
werden,  sondern  nur  der  etwaigen  Veröffentlichung  von  Abhand- 
lungen, die  besser  ungedruckt  geblieben  wären,  die  Entschuldigung 
mit  jenem  Zwange  hat  entzogen  werden  sollen*',  und  1879')  er- 
klärt der  Minister:  „In  Übereinstimmung  mit  der  in  der  vorge- 
daciiten  Verfügung  (vom  28.  Dezbr*  1878)  vertretenen  Auffassung 
and  mit  der  Überzeugung  der  Kgl.  Provinzial-Schulkollegien  lege 
ich  auf  die  Aufrechterhaltung  der  bisherigen  Sitte  unserer  höheren 
Schulen,  in  den  Beigaben  zu  den  Schulnachrichten  Zeugnis  vori 
^ta  wissenschaftlichen  Leistungen  des  Lehrerkollegiums  abzulegen, 
hoben  Wert  und  wQrde  von  dem  Aufgeben  dieser  Sitte  eine  Be- 
einträchtjgung  der  Ehrenstellung  dieser  Anstalten  und  eine  Lähmung 
ties  wissenschaftlichen  Strebens  in  den  Lehrerkollegien  besorgen*'. 
Wenn  es  also  nach  vielfacher  Erörterung  gerade  dieses  Punktes 
in  der  Fachpresse  so  aussieht,  als  ob  von  manchen  Direktoren 
ein  uDzalässiger  Druck')  auf  die  Lehrer  ihrer  Anstalten  zur  Ab- 
£tt8ttDg  Yon  Abhandlungen  ausgeübt  worden  ist,  so  kann  dem 
gegenüber  einfach  auf  diese  Verfugungen  verwiesen  werden,  die 
aas  dem  mechanischen  Zwange  eine  Art  von  nobleiH  oblige  ge- 
macbl  haben.  Infolge  der  großen  Menge  städtischer  Anstalten, 
besonders  von  Realschulen,  die  seit  1875  gegründet  worden  sind, 
hat  sich  dann  zumal  in  den  letzten  zwei  Jahrzehnten  bezüglich 
der  Abhandlungen  der  Jahresertrag  der  Zahl  nach  wenigstens  in 
AreoBen  gegen  früher  wesentlich  verschoben  —  ein  Gesichtspunkt, 
der  in  der  Diskussion  über  die  ganze  Frage  nicht  immer  aus- 
reichend beachtet  worden  ist  Ich  werde  darauf  in  Teil  II 2  noch 
zurückkommen. 

i>  Naeh    Wiese-Irflier,   Das   höhere   Sehuhv,    i.   Preußen   Bd.    IV 
]902)  S.  95.     Der    WortUat   dieg«r    wichttgeo  Verrdflpuos  selbst  ist  weder 
kci  ßf^i0Me' Rübler  oock  bei  Seier  xu  fisdeo. 

')  Aaeh  diflscr  Erlaß  ist  iveder  bei  fFieee-Kübler  noch  bei  Beier  abge- 
droekt     ich  rntaelime  ihn  der  aosfezeichneteD  Abbandlong  von  B.  Schwalbe 

BMoirr.  ^bi-  ^,  W«"-  ^^)  »•  124  Aum.  1. 

S|  Oo€h  vgl.  ßlbUogr,  jlht  4,  Nr.  113,  &  236   (s.  auch  u.  Abscho.  Bd) 
übfr  VerhÄltfliM«  in  der  Proviaz  Schlesieu. 

10* 


148  Progrtmmwtiseo  nod  Progranmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

i)  Die  NutzbermtchaBg. 

Für  die  Nutzbarmachung  der  Programme,  insbesondere  der 
Abhandlungen,  für  wissenschaftliche  und  andere  Zwecke  ist  in 
Deutschland  von  amtlicher  Seite,  wenn  man  die  ganzen  Ver- 
hältnisse übersiebt,  im  allgemeinen  wenig  geschehen,  weit  weniger 
als  man  annehmen  soUtei  wenn  man  die  Jahrzehnte  hindurch  in 
den  meisten  Staaten  aufrecht  erhaltene  Verpflichtung  zur  Ab- 
fassung der  Abhandlung  und  die  wiederholte  Betonung  ihres  be- 
sonderen Wertes  vom  Standpunkte  des  kritischen  Historikers  be- 
trachtet. Besonders  im  Hinblick  auf  das  unmittelbare  Interesse 
der  höheren  Schulen  und  die  Arbeit  ihrer  Lehrer  selbst.  Zwar 
ist  man  den  Zwecken  der  großen  Bibliotheken,  Archive  und  ähn- 
licher gelehrter  Anstalten,  zu  deren  Benutzem  regelmäßig  oder 
gelegentlich  ja  die  Oberlehrer  in  Universitäts-  und  größeren  Pro- 
vinzialstädten  seit  langem  gehören  und  seit  dem  Erlaß  vom 
31.  Oktober  1897^)  auch  die  in  kleineren  Orten  in  Dienst  stehen- 
den wenigstens  leichter  als  froher  gehören  können,  damit  ent- 
gegengekommen, daß  den  Schulen  die  Übersendung  ihrer  Pro- 
gramm-Veröffentlichungen (aller  oder  für  bestimmte  Fächer)  an 
jene  durch  mehrere  Verordnungen  zur  Pflicht  gemacht  worden 
ist  (einige  sind  oben  angeführt;  vgl.  z.  B.  Nr.  XXX,  Abs.  Ytt\ 
XXXVn,  XXXVIII,  XLII,  XLIH;  LI;  LVlIlb;  LXVll;  LXXXIX, 
LXXXXV).  Und  die  bayerische  Regierung  wiederum  sorgt 
z.  B.  dafür,  daß  die  Landesprogramme  dem  Bibliographen 
E.  Renn-Landsbut  für  die  Fortsetzung  seiner  bayerischen 
Programm-Bibliographie  (vgl.  BihUosr,  Abt.  3,  Nr.  22—24 
und  Füger  S.  50  o.)  regelmäßig  zugehen.  Auch  der  von  den 
Regierungen  angeregte  Tausch  ist  sehr  segensreich  gewesen; 
vgl.  u.  am  Ende  dieses  Abschnitts.  Aber  für  die  Sicherung  der 
Ordnung  und  damit  der  Nutzbarmachung  der  Programme  in  den 
Sammlungen  der  Schulen  selbst  und  vor  allem  das  schnelle 
Bekanntmachen  der  Programmabhandlungen  auf  Grund  der 
bei  den  Zentralstellen  seit  alter  Zeit  zusammenfließenden  Originale 
selbst  in  mustergiltiger  Form  ist  wenig  geschehen;  nur  die  Ver- 
öffentlichung des  Winiewski sehen  Katalogs  (BibUogr,  Abt.  3^ 
Nr.  3)  erfolgte  auf  Anregung  eines  preußischen  Provinzial-Schul- 
kollegiums  (zu  Münster).     Und  dadurch,  daß  die  Nutzbarmachung 


^)  Ober  deo  Leihverkehr  der  Lehre rbibtiotheken  der  höheren  Schulen  mit 
der  KgL  Bibliothek  %u  Berlin  und  den  UnivertitätsbibUotheken,  vgl.  Ztbi,  f. 
</.  gee,  Unterriehtsverw.  1897  S.  819—822,  Ztbl,  f.  BibliothekäW.  XV 
(1898)  S.  62—65;  ßeier  '  S.  122—125;  Jahrb.  d.  deutschen  BibL  II  (1903) 
S.  117 — 120.  Dazu  kommt  aoch  (gerade  für  ältere  Programme,  die 
aelteo  siad  nod  sich  nicht  gleich  immer  an  der  Dachsteo  Quelle  fiodeo,  die 
EioriehtDog  des  „j4uskunftebureaui  der  deutschen  Bibliotheken*^  das  der  Kgl. 
Bibliothek  in  BerÜD  aogegliedert  ist  ood  desseo  „Sachlisteo''  ja  seit  eioiger 
Zeit  aoch  einer  größerea  Aozahl  der  bedenteodereo  Lehre rbibliothekea 
regelmSfiig  zugehe u. 


von  R.  Ullrich.  149 

so  zu  sagen  der  „Pri?atindustrie"  öberlassen  worden  ist,    die  zu- 
mal   in    den    ersten    Jahrzehnten,  ja    his    znr    Einföhrung    des 
Tenbnerschen  Programmentausches    1876   z.  T.    mit  ganz  unzu- 
länglichen Mitteln  arbeitete,  ist  es  m.  E.  ganz  besonders  geschehen, 
dafi  diese  ganze  wichtige  Literatur  bei  vielen,  und  nicht  bloB  bei 
Urteilslosen,    in    eine    Art    von    Verruf  gekommen  ist,    den  sie 
durch  sich  selbst  nicht  verdient   hat.     An  privaten,  z.  T.  ausge- 
zeichneten Anregungen  hat  es  nicht  gefehlt  —  ich  erwähne  zu- 
nächst   nur,   indem    ich  späteres  genaueres  Eingehen  vorbehalte, 
mit    Namen   den    wohlerwogenen    Vorschlag  (1886)   von   C.  Fr. 
Müller  (Kiel)  (BibUogr.  Abt.  4,  Nr.  98)  —  aber  Ober  einige  Er- 
wägungen ist  damals  die  Sache  nicht  hinausgelangt.    Die  —  gewiß 
mögliche  —  Umsetzung  in  die  Praxis  fehlte. 

So  ist  insbesondere  für  Norddeutschland  und  Teile  Söd- 
dentscblands  noch  manches  nachzuholen,  was  nur  mit  amtlicher 
Mitwirkung  und  Unterstützung  durchzuföhren  ist,  worüber  unten 
Doch  zu  reden  sein  wird,  besonders  was  positive  Vorschläge  be- 
triflt  —  für  die  Zeit  vor  1876  ebenso  wie  für  die  Gegenwart 
ond  die  Organisation  der  Sache  in  der  nächsten  Zukunft. 

Nur  Österreich  hat  sich  von  Amts  wegen  in  direktem 
Interesse  der  höheren  Schulen  selbst  der  unmittelbarsten  Nutz- 
barmachung der  Programmabhandlungen  mehrfach  angenommen. 
Ich  meine  nicht  nur  den  in-  und  ausländischen  Tauschverkehr, 
den  es  mit  anderen  Staaten  gemein  hat,  sondern  auch  besondere, 
liald  nach  1849  erlassene  Bestimmungen  über  die  Sammlung,  Auf- 
bewahrung, Ordnung  und  Katalogisierung  der  Schulprogramme  in 
den  Landesbibliotheken  (BibUogr,  Abt.  2,  Nr.  LXXXXIV),  Be- 
stimmungen, die  in  ihrer  Einfachheit  heute  noch  für  viele  in 
bezng  auf  ihre  Programmsammlung  arg  vernachlässigte  Lehrer- 
bibliothehen  selbst  vorbildliche  Bedeutung  haben  könnten.  End- 
lich bat  das  österreichische  Ministerium  in  der  schon  mehrfach 
erwähnten  Hauptverfugung  von  1875  (Nr.  LXXXXVII,  AbMz  8) 
auf  die  Ordnung  und  Katalogisierung  und  damit  die  Nutzbar- 
nachung  der  Programme  in  den  Mittelschulbibliotheken  hinge- 
wiesen und  gibt  zur  besseren  Erreichung  dieses  Zweckes  selbst 
seit  1876  ein  amtliches,  vollständiges  Verzeichnis 
»amtlicher  Mittelschulprogramme  (geordnet  nach  Schul- 
arten in  den  einzelnen  Kronländern  und  innerhalb  dieser  alpha- 
betisch nach  Städten)  wenige  Monate  nach  Erscheinen  der  Jahres- 
programme  selbst  in  dem  von  allen  Schulen  gehaltenen  ^^Yer- 
•rdnungMaif*  {BAliogr.  Abt.  i,  Nr.  XXVII)  heraus.  Es  erscheint 
jetzt  im  Dezember  jedes  Jahres  und  ist  auch  einzeln  für  40  h 
(50  h  mit  Porto)  käuflich  {BibUogr.  Abt,  3,  Nr.  33).  So  bat 
wenigstens  in  bezug  auf  österreichische  Verhältnisse  jeder, 
der  Oberhaupt  Interesse  für  Programmabhandlungen  hat,  Ge- 
legenheit, sich  schnell,  zuverlässig  und  billig  zu  orientieren. 
So   viel  über  die  allgemeine  Nutzbarmachung.    Ober  den 


150   PrograminweKen  aud  Programmbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

engen  Zusammenhang,  der  zwischen  der  wissenschaftlichen  Ver- 
wertung der  Abhandlungen  und  der  Beschaffenheit  der  Pro- 
grammbibliothek jeder  einzelnen  Anstalt  besteht  und  unter 
Umständen  besonderer  amtlicher  Förderung  recht  sehr  be- 
darf, wird  in  Teil  III  das  Wichtigste  ausgeführt  werden. 

c)  Sonderbestimmungen   über  die  Schulnachrichten 
(Jahresberichte).     Mit  virgleichender  TdbeUe  hinter  S,  160. 

Vorbemerkung.  Indem  ich  mich  hier  (wie  in  Abschnitt 
a  und  b)  kritischer  Erwägungen  in  der  Hauptsache  enthalte,  gebe 
ich  wiederum  zunächst  einen  Oberblick  ober  die  Entwicklung, 
welche  die  Scbulnachrichten,  der  zweite  Teil  des  Programms, 
nach  Form  und  Inhalt  als  amtliche  Publikation  von  1824  an  ge- 
nommen haben.  Schon  die  einfache  Gegenüberstellung  dessen, 
was  auf  diesem  Gebiete  in  den  verschiedenen  Staaten  Rechtens 
gewesen  und  geworden  ist,  die  Bestimmungen  darüber,  was  hier 
zu  geben  oder  auch  zu  nehmen  sei,  und  somit  die  Fülle  oder 
auch  die  Magerkeit  der  jetzt  Jahr  für  Jahr  ausgehenden  Schul- 
nachrichten wird  der  folgenden  Übersicht  über  die  Diskussion 
(B)  wie  der  eigenen  Darlegung  (in  II  2  u.  3)  eine  solidere 
Grundlage  geben  und  diese  späteren  Ausführungen  wesentlich  ent- 
lasten. 

ne)  Zweck,  Inhalt  (aod  Sprache). 

Der  Hauptzweck  der  Scbulnachrichten  oder  doch  ein  sehr 
wesentlicher  findet  sich  schon  in  dem  ausgesprochen,  was  (S.  138  f.) 
über  die  Bedeutung  des  Programms  überhaupt  in  den  ersten 
preußischen  Verordnungen  (vgl.  besonders  Bibliogr.  ÄbL  2,  Nr. 
XXXIla)  über  die  Sache  gesagt  war:  sie  sollten  zunäclist  die  Be- 
ziehungen der  einzelnen  Schulen  und  ihrer  Lehrer  zueinander 
mit  Rücksicht  auf  die  Zwecke  der  Schule  fördern,  das  Interesse  der 
Eltern  wie  des  weiteren  Publikums  für  die  Bildungsanstalten  der 
Jugend  wecken  und  erhalten.  Das  gilt  für  die  Scbulnachrichten 
im  ganzen  und  ist  auch  für  einzelne  Teile  in  amtlichen  Kund- 
gebungen noch  besonders  hervorgehoben  worden.  So  in  der 
zweiten  und  —  was  die  Schulnachrichten  als  Ganzes  angeht  — ^ 
zugleich  letzten  preußischen  Hauptverfügung  von  1885  (Nr. 
XLI),  welche  nach  6  Jahrzehnten  die  erste  ablöste,  weil  nicht 
bloß  die  ganze  Organisation  der  Schulen  sich  inzwischen  wesent- 
lich geändert  hatte,  sondern  auch,  weil  abgesehen  davon  die 
einzelnen  Berichte  einen  so  verschiedenen  Charakter  angenommen 
hatten,  daß  die  einfache  und  schnelle  Orientierung  über  be- 
stimmte Fragen  sehr  erschwert  wurde.  Da  heißt  es  in  der  Ein- 
leitung {Wiese-Kübler  I  S.  376  u.)^),  die  Schulnachrichten  hätten 

^)  Bei  Beier  (a.  a.  0.  S.  267)  fehlen  diese  wichtigeo  einleiteiideii  Be- 
merkuB^eo. 


von  R.  Ullrich.  151 

einen  „doppelten  Zweck,  sie  sollen  einerseits  dazu  dienen, 
in  denjenigen  Kreisen,  welche  an  der  Wirksamkeit  der 
einzelnen  Anstalt  besonders  beteiligt  sind,  das 
Interesse  für  dieselbe  rege  zu  erhalten;  andrerseits 
sind  sie  bestinsmt,  den  vorgesetzten  Behörden  einen  Einblick 
in  die  gesamte  Organisation  und  in  die  einzelnen  Ein- 
richtungen jeder  Schule  zu  ermöglichen**.  Zu  diesem 
Zweck  sei  eine  Obereinstimmung  der  Mitteilungen  nach 
Inhalt  und  Anordnung  in  allen  wesentlichen  Punkten 
notwendig.  Die  grundlegende  österreichische  Verfögung 
[OrgmiuaümseiUw.  §116,  EmMung;  Bibliogr.  Nr.  LXXXXII) 
spricht  dayon,  das  Programm  solle  dem  Publikum  „den  Zu- 
stand und  die  Wirksamkeit  der  höheren  Schulen  dar- 
stellen**; bald  darauf  wird  (1850;  Nr.  LXXXXIII)  die  Bedeutung 
der  Jahresberichte  ^)  für  andere  Gymnasien  her?orgehoben,  und 
die  ausführliche  Hauptverfilgung  von  1875  (Nr.  LXXXXVil)  be- 
merkt {Abs.  3\  es  solle  ein  „deutliches  Bild  von  dem  Zu- 
stande und  der  Wirksamkeit  der  Schule  vermittelt*' 
werden.  In  bestimmter  Beziehung  (Hitteilung  von  Verfügungen 
der  Behörden ;  s.  u.),  die  sich  aber  leicht  auch  auf  andere  Teile 
ausdehnen  läfit,  hat  endlich  eine  anhaltische  Verordnung  (Nr. 
ILVI)  von  1884  für  das,  worauf  es  ankommt,  „Konsolidierung 
eines  verständnisvollen  Verhältnisses  des  Eltern- 
haases  zur  Schule**,  einen  besonders  glücklichen  Ausdruck  ge- 
fnn.den.  Eine  alte  braunschweigische  Ordnung  (1828;  s.o. 
Nrn  LXXI)  betonte  im  Zusammenhange  mit  der  zu  verutfentlichen- 
dec  Rangordnung  (vgl.  u.  S.  158  f.)  mehr  die  Wirkung  auf  die 
Sohüler.  Wertvoll  ist,  daB  auch  von  amtlicher  Seite  die  be- 
«^ndere  Bedeutung  der  Scbulnachrichten  als  solcher  —  ab- 
g  sehen  von  der  wissenschaftlichen  Beilage  —  wiederholt  anerkannt 
worden  ist;  so  hebt  die  grundlegende  (ungtdrucku)  hessische 
Verfügung  von  1853  (Nr.  LXXIli)  ihren  bleibenden  Wert  für 
Eltern,  Behörden  und  andere  Schulan3talten  hervor.  Es 
Onden  sich  also  die  einzelnen  Elemente  der  beiden  preußischen 
Bestimmungen  von  1826  und  1885  hier  beisammen.  Und  in  Ver- 
bindung mit  der  Anerkennung  der  wissenschaftlichen  Bedeutung 
der  Abhandlungen  (o.  S.  141)  finden  wir  wiederum  in  Österreich 
den  Wert  der  Jahresberichte  für  Statistik  und  Schulge* 
schichte  ausdrücklich  schon  vor  50  Jahren  bezeichnet  (1857; 
BA/iogr.  Nr.  LXXXXIV)  —  zu  einer  Zeit,  wo  es  einen  wissen- 
scbaftlfchen  Betrieb  der  Schulgeschicbte  in  größerem  Maßstabe 
kaum  gab. 

Es  treten  also,    was  den  Zweck  der  Schulnachrichten 
betrifft,    zu    verschiedenen  Zeiten    bei   den  Behörden  im  wesent- 


')  lo    österrcicliifleliem   Spracbgebriiuch   s»    Abhandloo^   and    Schul- 
Btehriehteo. 


152   Programmwesen  aod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schaleo, 

liehen  4  Rucksichlen  hervor,  wenn  mehreres,  was  zusammengehört 
oder  doch  als  zusammengehörig  angesehen  werden  sollte,  zu- 
sammengefaßt wird  —  nämlich  die  auf  die  eigene  Anstalt 
und  ihre  Lehrer  (bezw.  andere  Anstalten  und  deren 
Lehrer),  auf  die  Behörden,  das  Publikum  und  die 
Wissenschaft  (insbesondere  Statistik  und  Schulgeschichte). 

Je  nachdem  nun  diese  Bucksichten  in  den  verschiedenen 
Zeiten  der  Entwicklung  des  höheren  Schulwesens  in  den  hier 
behandelten  Staaten  einzeln  oder  zusammen  sich  geltend 
machten,  ist  auch  der  Inhalt  der  Jahresberichte  verschieden 
gewesen  und  ist  es  z.  T.  noch.  Überall  aber  wollten  und  wollen 
diese  Berichte  den  beteiligten  Kreisen  ein  möglichst  anschauliches 
Bild  von  dem  Leben  der  Schule  geben.  Allgemeine,  den 
ganzen  Inhalt  der  Jahresberichte  betreffende  Vorschriften  sind 
ja  nun  ziemlich  häufig  erlassen  worden,  wie  aus  der  oben  ge- 
gebenen Übersicht  (Bibliogr.  Abt,  2)  ersichtlich  ist;  da  in  den 
einzelnen  Staaten  mehrere  der  in  den  letzten  Jahrzehnten  er- 
lassenen Verfugungen  sich  im  ganzen  mit  froheren  decken,  wird 
es  darauf  ankommen,  diejenigen  herauszuheben,  welche  wesent- 
liche Unterschiede  aufweisen,  und  dies  durch  Gegenüberstellung 
einiger  Beispiele  aus  älterer  und  neuerer  Zeit  anschaulich  zu 
machen.  Dies  geschieht  in  der  Tabelle  hinter  S.  160.  Für 
Preußen  kommen  für  das  Ganze  der  Berichte  nur  die  beiden, 
bis  ins  einzelnste  sich  erstreckenden  Verfugungen  von  18  24  und 
1885  in  Betracht  (Bibliogr.  Nr.  XXX  u.  XLI),  Anhalt  schließt 
sich  (Nr.  XL VII)  ausdrücklich  an  das  preußische  Muster  von  1885 
an;  ähnlich  steht  es  in  Elsaß-Lothringen,  wenigstens  tat- 
sächlich, wenn  auch  eine  besondere  Beziehung  auf  Preußen  nicht 
vorliegt.  In  Baden  ist  die  Sache  dreimal  grundsätzlich  ge- 
regelt worden,  1837,  1869  und  neuerdings  8.  März  1904  (Nr. 
LH  b,  LVH  und  LXIa),  wozu  die  Verfügungen  von  1844  (Chronik; 
Nr.  LV),  1881  u.  1883  (Aufsatzthemata,  Schülerver- 
zeichnis, Nr.  LIX  u.  LXa),  1890  (Lehrerverzeichnis;  Nr. 
LXb)  und  vom  18.  Juni  1904  (Biographische  Angaben, 
Lehrmiltelverzeichnis;  Nr.  LXIb)  ergänzend  hinzutreten; 
auch  hier  liegt  eine  sehr  ausführliche  Begelung  der  Sache  vor. 
Weniger  eingehend  sind  die  entsprechenden  Bestimmungen  in 
Bayern,  üie  zahlreichen  Verordnungen  {Bibliogr.  Nr.  LXII — 
LXXc),  in  denen  (s.  o.  S.  145)  sich  in  bezug  auf  die  wissenschaft- 
liche Abhandlung  mancher  Wechsel  zeigt,  beschäftigen  sich  mit 
dem  Inhalt  des  Jahresberichts  nur  kurz.  Hervorheben  kann  man 
als  Beispiele  mit  charakteristischen  Unterschieden  für  das  Ver- 
fahren in  älterer  und  in  neuerer  Zeit  die  beiden  Verfügungen 
von  1829  (Verzeichnis  der  Schuler  nach  ihrem  „Portgange''  mi 
Bezeichnung  der  Plätze;  Nr.  LXIHa)  und  1874  (dgl.  in  alpha- 
betischer Ordnung;  Nr.  LXVHI).  Die  letzten  Hauptver- 
fügungen für  die  drei  Schularten  von  189! — 1894  (Nr.  LXXa— c) 


von  R.  Ullrich.  153 

siimmeH  mit  der  von  1874  im  wegen tlichen  fiberein.  Die 
hessischen  Verfügungen  (Nr.  LXXIll — LXXV)  bieten  über  den 
Inhalt  der  Jahresberichte  nichts,  setzen  vielmehr  offenbar  einen 
bestehenden  Brauch  Yorans.  Tatsächlich  gleichen  die  hessischen 
Berichle  von  heute  in  der  Hauptsache  denen  tou  Baden, 
Bayern  und  Württemberg.  Ober  die  des  letsteren  Landes 
liegen  amtliche,  auf  den  Inhalt  bezügliche  Bestimmungen 
gedruckt  nicht  vor  (s.  o.  S.  140f.),  so  daß  auf  sie  in  diesem  Zu- 
sammenhange nicht  eingegangen  werden  kann.  Dagegen  zeigt 
Sachsen  wiederum  für  den  langen  Zeitraum  von  1846  an  eine 
Reibe  von  wenn  auch  nicht  sehr  eingehenden  Bestimmungen,  die 
es  ermöglichen,  die  Entwicklung  im  ganzen  zu  übersehen.  Die 
enleDj  nur  kurzen  Bestimmungen  über  den  Inhalt  finden  sich 
hier  1846  und  1860  (Nr.  LXXIX  u.  LXXX),  für  das  heutige 
Ferfahren  sind  die  von  1877,  1884.  1893  und  1902  maßgebend 
(Nr.  LXXXIII,  LXXXV,  LXXXVI  u.  LXXXVIII)  welche  die  grund- 
sätzlichen, knappen  Bestimmungen  von  1846  und  1860  erweitem 
und  ontereinander  in  allen  wesentlichen  Punkten  übereinstimmen. 
Eine  bestimmte  Reihenfolge  der  einzelnen  Teile  des  Jahres- 
baichts  wird  hier  nicht  ausdrücklich  gefordert,  sondern  nur  ge- 
sagt, was  dieser  überhaupt  zu  enthalten  hat;  so  kommt  es,  daß 
die  Berichte  auch  gleichartiger  Anstalten  aus  neuerer  Zeit  hierin 
verscbieden  verfahren.  Die  in  der  tabellarischen  Obersicht 
(hinter  S.  160)  angeführten  Beispiele  geben  daher  auch  nicht  die 
ia  allen  sächsischen  Anstalten  übliche  Folge,  sondern  nur  den 
««entliehen  Inhalt.  Am  leichtesten  sind  wie  in  Preußen  die 
Terhällnisse  zu  übersehen  in  Österreich;  hier  sind  die  knappen 
Bestimmungen  des  ^.Organüaiionseniwwrf^*^  (Nr.  LXXXXII)  nebst 
6ea  Ausführungen  von  1875  (Nr.  LXXXXVII)  bis  heute  maß- 
lebend,  und  es  ergibt  sich  die  Tatsache,  daß  die  Regelung  gerade 
in  den  beiden  grüßten  Staaten  gegenüber  manchen  Schwankungen 
in  den  kleineren  von  vornherein  am  bestimmtesten  unternommen 
oad  am  konsequentesten  festgehalten  worden  ist.  In  der  Schweiz 
felilt  eine  allgemeine  Regelung,  doch  vgl.  o.  S.  94,  108  und 
S.  156. 

Die  hinter  S.  160  gegebene  tabellarische  Gegenüber- 
itellung  bestimmter  Jahresberichte  aus  sechs  Staaten 
10  verschiedenen  Zeiten  wird  Entwicklung  und  Stand  mit 
den  z.  Z.  bestehenden  Unterschieden  am  deutlichsten  machen. 
Die  Auswahl  ist  dabei  so  getroffen,  daß  aus  älterer  Zeit 
iamer  solche  Berichte  gewählt  sind,  die  der  amtlichen 
Regelung  des  betr.  Landes  in  einer  bestimmten  Periode 
cDtsprechen.  Dies  erschien  wichtiger  als  die  mechanische 
.^eieneiDanderstellung  von  Berichten  je  aus  demselben  Jahre,  was 
5icb  übrigens  auch  aus  äußeren  Gründen  als  unausführbar  er- 
^ies.  Die  Periode,  in  welche  jeder  Bericht  eines  Landes  gehört 
(Tg/.  BMiogr.  Abt.  2),  ist  jedesmal  in  Klammern  beigesetzt.    Für 


154    Programmwesen  ond  Programmbibliothek  d.  höh.  Srhulen, 

die  Gingen  wart  sind  ausschließlich  Berichte  von  1906  ihrem 
wesentlichen  Inhalte  nach  angefahrt.  Durch  Angabe  der 
Seitenzahlen  im  ganzen  und  einzelnen  wird  gleichzeitig  u n * 
gefähr  ein  Oberblick  über  den  Umfang  der  Berichte  in  ver- 
schiedenen Perioden  ermöglicht.  Berichte,  die  aus  bestimmten 
Anlässen  (Jubiläumsfeiern  u.  5.)  einen  nngefwöhnlich  großen  Um- 
fang zeigen,  sind  in  der  Obersicht  selbstverständlich  nicht  in 
Betracht  gezogen.  Auch  sind  absichtlich  nicht  gerade  die  Be- 
richte von  besonders  großen  Anstalten  genommen,  sondern  von 
solchen,  die  nach  ihren  ganzen  Verhältnissen  mehr  in  der  Mitte 
zwischen  diesen  und  den  kleineren  stehen.  Da  es  sich  anderer- 
seits darum  handelte,  auch  die  ältere  Zeit  zum  Vergleiche  heran* 
zuziehen,  sind  ausschließlich  Berichte  von  Gymnasien  als  Bei- 
spiele gewählt  worden.  Charakteristische  Untenchiede  sswischen  den 
Berickten  derselben  Staaten  sii  verschiedener  Zeit  bezw.  zwUchen 
denen  verschiedener  Staaten  sind  durch  Kursivschrift  hervor- 
gehoben. 

Aus  diesen  Berichten  ergibt  sich  nhter  Zugrundelegung  der 
preußischen  Schemata  von  1824  und  1885  filr  die  Entwick- 
lung   der  einzelnen  Teile  etwa  folgendes: 

Im  allgemeinen  ist  —  unter  Berücksichtigung  der  Tabellen 
hinter  S.  160  —  zu  sagen,  daß  die  genannten  Regierungen  zwar 
bestimmte  Vorschriften  über  die  Begrenzung  des  Inhalts  der 
Jahresberichte  erlassen  haben,  es  aber  nicht  ausschlössen,  daß 
auch  nicht  direkt  vorgeschriebene  Dinge  Aufnahme  finden  könnten. 
So  betonte  schon  die  grundlegende  pireußische  Verfügung  von 
1824  (Nr.  XXX)  in  Abs,  V,  daß  es  den  Schulleitern  „unbe- 
nommen bleibe,  auch  dasjenige,  was  sie  aus  ihren  Beobachtungen 
für  einen  solchen  öffentlichen  Schulbericht  Geeignetes  vorzutragen 
wünschen^  und  unter  den  im  Obigen  {Abs,  IV  A-^D^)  vorge- 
schriebenen Artikeln  keine  angemessene  Stelle  findet,  in  der  Ein- 
leitung oder  am  Schlüsse  der  Schulnachrichten  beizufügen*\ 
Und  wenn  die  österreichische  Hauptverfügung  von  1875 
(Nr.  LXXXXVII)  vor  Aufzählung  der  Teile  des  Inhalts  (vgl. 
den  sich  darauf  gründenden  heutigen  Zustand  in  der  Tabelle 
Nr.  XV  unter  Marburg  G.  1906)  bemerkt,  „folgende  Kategorien 
sollen  nicht  fehlen'',  will  sie  wohl  ein  Mindestmaß  festsetzen, 
das  Erweiterungen  nicht  hindert.  So  kommt  es  denn,  daß  inner- 
halb des  bestimmten  Rahmens  sich  in  nicht  wenigen  Berichten 
Zugaben  finden,  die  durch  besondere  Verhältnisse  einzelner  Anstalten 
bedingt  sind.  Auch  dadurch,  daß  einige  der  in  den  Verfügungen 
(so  in  der  preußischen  von  1824,  auch  noch  von  1885)  vorkommen- 
den Sonderbestimmungen  nicht  obligatorisch  gemacht,  sondern 
fakultativ  geblieben  sind,  ergeben  sich  manche  Unterschiede,  ganz 
zu  schweigen    von  den  Verschiedenheiten,    die  z.  B.    in  den  Be- 


0  Neigehaur  S.  314  f.;  Rönne  S.  159. 


voD  R.  Ullrich.  ]55 

richten  der  Anstalten  der  Schweiz  infolge  der  abweichenden 
Organisation  des  Unterrichtswesens  in  den  verschiedenen  Kantonen 
wahrzunehmen  sind. 

Die  Reihenfolge  der  einzelnen  Abschnitte  ist  in  Preußen, 
Baden,  Bayern  nnd  in  der  Hauptsache  auch  in  Österreich 
durch  die  beslimmten  Anordnungen  der  betr.  Haupt?erfögungen 
(s.  o.  S.  152)  ziemlich  festgelegt,  was  die  Benutzung  sehr  er- 
leichtert. In  Sachsen  (und  natürlich  erst  recht  in  der  Schweiz) 
zeigen  die  einzelnen  Anistalten,  auch  die  verschiedenen  Schul- 
arten, erhebliche  Abweichungen. 

Was  ist  nun  den  Berichten  der  verschiedenen  Staaten  froher 
oder  jetzt  oder  in  beiden  Pillen  gemeinsam,  worin  wichen 
oder  weichen  sie  ab?  Ein  Blick  auf  die  Tabelle  (hinter  S.  160) 
zeigt  es;  es  wird  aber  nicht  unzweckroäBig  sein,  das  Wichtigste 
auch  im  Znsammenhang  noch  einmal  zu  Aberschauen. 

Stellt  man  von  den  oben  (S.  152)  erwähnten  vier  Röck- 
sichten,  die  für  den  Zweck  des  Programmes  in  Frage  kamen, 
die  beiden  auf  Lehrer  und  Publikum  in  den  Vordergrund, 
so  wird  man  doch  wohl,  ohne  andere  Teile  (wie  z.  B.  die  Chronik) 
zu  unterschätzen,  den  Abschnitt  über  den  behandelten  Lehr- 
stoff (preuBische  Terfg.  von  1885,  I,  Abs.  2)  ah  den  wichtigsten 
bezeichnen  müssen;  denn  hier  kommt  ja  doch  die  „Wirksamkeit 
der  Schule*'  (s.  o.  S.  151)  am  meisten  zum  Ausdruck.  Und  die 
erste  preaBiscbe  Verfügung  von  1824  rechtfertigte  die  Aufnahme 
dieser  Rubrik  gerade  damit,  daß  „dem  Publikum  die  Übersicht 
des  ganzen  Lehrsystems  jährlich  gegeben  werde*\  Daher  ist  denn 
dieser  Abschnitt  zum  festen  Bestand  aller  Berichte  geworden. 
Tatsächlich  hat  er  in  zahlreichen  preußischen  und  nord- 
dealsehen  Berichten  —  entsprechend  der  amtlich  unter  be- 
stimmten Voraussetzungen')  gestatteten  Vereinfachung  (s.  TabMe 
Anro.  la)  —  insofern  eine  stark  verkürzte  Form  angenommen, 
ab  vielfach  nicht  mehr  sämtliche  durchgearbeiteten  Lehrstoffe, 
sondern  nnr  noch  die  behandelte  Lektüre,  Themata  der 
Aufsitze  in  bestimmten  Klassen  u.  ä.  angegeben  werden, 
för  alles  übrige  aber  auf  die  amtlichen  Lehrpläne  ver- 
wiesen wird.  Ob  dies  Verfahren  zweckmäßig  ist,  wird  in  Teil  II  2 
noch  zu  prüfen  sein. 

Gerade  die  Hitteilung  der  Aufsatzthemata ^)  hat  übrigens 
die  Behörden  mehrfach  beschäftigt  (auch  die  Diskussion,  vgl.  z.  B. 
BibUogr.  Abt,  i,   Nr.  102);    so    zeigte    sich    in  Baden  in  dieser 


^)  So  io  Preafieo  (Vfs-  voo  1885,  /,  3,  vorletzter  jlinalz)  in  den 
RJaisea  mit  eiojibri^ar  Lt)kne\X  {J^iese- Kühler  1  S.  378;  Beier  8.  269). 

*)  Die  Anfoalime  4er  in  deo  obersteo  KliMen  sebriftlidi  bearbeitetea 
TheaaU  überhavpt  wird,  wie  es  scbeiot,  »lerst  1841  von  einem  Proviasiai- 
lebalkolle^inm  (Kobleai)  eapfoblea;  vgl.  Wiese,  Dom  höh.  Sehulw.  t. 
Preu/fen  II  (1869)  S.  706. 


156  Programmwef en  aod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

Beziehung  ein  Gegensalz  zwischen  den  Bestimmungen  von  1881 
und  1883  (Nr.  LIX  u.  LXa).  Von  den  sonst  ziemlich  überein- 
stimmenden bayerischen  Verfügungen  von  1874  und  1891 
(Nr.  LXVlIIa  u.  LXXa)  sagt  die  erste  nichts  von  der  Mitteilung 
der  Aufsatzthemata,  die  zweite  schreibt  sie  dagegen  fQr  die  drei 
obersten  Klassen  ausdrflcklich  vor').  Was  im  besonderen  den  Um- 
fang der  Mitteilungen  über  Abiturientenaufgaben  betrifll,  so 
gehen  manche  (preußische  wie  auBerpreußische,  besonders 
österreichische)  Berichte  ober  die  amtlichen  preußischen  Be- 
stimmungen von  1885  (deutsche  bezw.  fremdsprachliche  Aufsätze, 
mathematisch-naturwissenschaftliche  Aufgaben)  hinaus ;  vgl.  hierzu 
auch  Teil  113. 

Eine  nicht  unwichtige  Seite  der  Arbeit  der  Schuler,  die  he* 
sonders  in  den  Internaten  mit  Recht  ganz  besonders  gepflegt, 
wenngleich  auch  in  anderen  Anstalten  nicht  vernachlässigt  wird, 
ist  die  Privatlektöre.  Die  Jahresberichte  nehmen  ihr  gegen- 
über eine  verschiedene  Stellung  ein,  und  es  ist  nicht  immer  ganz 
deutlich,  ob  das  Fehlen  einer  entsprechenden  Mitteilung  auf  das 
Fehlen  der  Einrichtung  überhaupt  zurückzuführen  ist  oder  nur 
ausdrücken  soll,  daß  man  auf  sie  kein  besonderes  Gewicht  legt 
oder  —  wie  besonders  in  Großstädten  —  legen  kann.  Jn 
österreichischen  Berichten  finden  wir  eingehende  Angaben 
darüber  bei  allen  in  Betracht  kommenden  Klassen;  in  den  Be> 
richten  der  übrigen  Staaten  (abgesehen  von  denen  der  Internate) 
sind  sie  spärlich.  Der  fakultative  Unterricht  wird  überall  in 
den  Berichten  erwähnt;  hier  kommen  gewisse  Besonderheiten  der 
Schuleinrichtungen  auch  in  den  Berichten  der  verschiedenen 
Staaten  zum  Ausdruck;  so  finden  wir  Übungen  in  Instrumental - 
Musik  wohl  in  Bayern  und  in  der  Schweiz  als  Veranstaltung 
der  Schule  in  den  Berichten  ausdrücklich  erwähnt.  Wie  steht 
es  aber  damit  anderwärts?  In  den  süddeutschen,  öster* 
reichischen  und  schweizerischen  Berichten  begegnet  die 
dort  seit  einem  Menschenalter  und  länger  gepflegte  Stenographie 
regelmäßig,  in  Norddeutschland  hat  sie  wenigstens  noch  keine 
feste  Stelle.  Die  militärischen  Übungen,  von  denen  uns  die 
Berichte  der  Schweiz  ebenfalls  melden,  wollen  als  eine  Eigentüm- 
lichkeit des  Landes  aufgefaßt  und  beurteilt  sein.  Die  An- 
kündigung der  künftigen  Lektüre  begegnet  (was  wohl  ent- 
behrlich ist)   in    dem    badischen  Bericht   von    1863.     Dagegen 

^)  So  ist  es  möglich  gewordeo,  dafi  F.  Reggel  seioelZusainmeDstellaDg 
„/)te  dsuttchen  Themata  an  den  drei  obenien  Klassen  der  bayerischen 
humanistischen  Gymnasien  innerhalb  der  zehn  Schuljahre  1891/92 — 1900110^*- 
(3  Teile,  /Vogr.  d.  kgl.  hum.  G,  Neostadt  a.  H.,  für  die  6  Schaljahre 
1900/01—1905/06,  mit  Vorwort  nod  abschlieBender  Wördignng,  2  Bl.  u.  282  S.) 
verölTeDtlichen  kooote,  womit  wertvolle  PiQgerzeige  ßr  deo  Betrieb  eines 
so  wichtigen  UoterrichtsgegeostaDdes  ia  vogefahr  eioem  balheo  Hnnderl 
gleichartiger  Sehuleo  eioes  ganxeo  Laades  gegebeo  sind,  die  viele  Lehrer  zo 
weiterem  Nachdenken  und  Erproben  anregen  werden. 


voD  R.  Ullrich.  157 

niukml  das  Sottderverzeicfanis  der  Lehrbucher  (nkht  bloß 
die  ErwibnuDg  bei  dem  betreffenden  Gegenstande  in  den  einzelnen 
Kksseo)  jetzt  in  allen  in  der  Tabelle  vertretenen  Berichten 
(mit  Aaanahme  der  von  Bayern)  eine  feste  Stelle  ein. 

Nicht  ganz  unwesentlich  für  die  Abteilung  „LehrstofT'  und 
alles,  was  damit  zusammenhängt,  ist  auch  die  Form,  in  der  er 
in  den  Berichten  mitgeteilt  wird.  So  ist  es  ein  die  Obersicht 
erleichterndes  Verfahren,  wenn  diese  Rubrik,  wie  in  Baden 
(1882,  1906;  vgl.  Bibliogr.  Abt.  2,  Nr.  LIX)  und  Österreich 
(1859,  1876  und  1906  gleichmäBig)  in  Tabellenform  gegeben 
wird,  wodurch  sich  gleichzeitig  die  Frage  von  selbst  erledigt,  ob 
es  zweckmäßiger  ist,  nach  Klassen  und  innerhalb  dieser  nach 
Gegenstanden  zu  ordnen  oder  umgekehrt.  Freilich  wird  der  Aus- 
fohrlicbkeit  des  Berichtes  dadurch  eine  nicht  immer  angenehme 
oder  auch  nur  nützliche  Schranke  gesetzt,  so  daß  die  anderen 
Länder  von  der  Tabellenform  abgesehen  haben  und  heute  fort- 
iaafeode  Berichte  nach  Klassen  und  innerhalb  dieser 
Dach  Gegenständen  geben;  nur  in  Bayern  war  von  1874 
— 1891  das  umgekehrte  Verfahren  in  Obung. 

Dagegen  scheint  für  Angaben  über  die  Verteilung  des 
Unterrichts  unter  die  einzelnen  Lehrer  die  Tabeilen- 
foriii  zweifellos  am  zweckmäßigsten;  aber  nur  in  Preußen 
(wie  meist  in  Norddeutschland)  und  Baden  wird  sie  ge- 
wählt (vgl.  für  Österreich  wenigstens  die  ältere  Zeit,  Tabelle 
Nr.   Xlil  zu  1859). 

Auch  die  Chronik  und  die  statistische  Obersicht  der 
Schuler  (vgl.  zu  beiden  die  Bemerkungen  oben  S.  151  Z. 7  v.u.) 
haben  in  allen  Staaten  von  Anbeginn  der  Neuregelung  der  ganzen 
Yerhältnisse  an  ihre  feste  Stelle  gehabt,  wenn  auch  in  sehr  ver- 
schiedenem Umfange.  Am  reichhaltigsten  waren  beide  Rubriken 
Ton  Anfang  an  in  Preußen  und  Österreich  (1824    und  1849 

—  Nr.  XXX  u.  LXXXXII  —  finden  sich  schon  Bestimmungen 
darüber),  während  die  übrigen  Staaten  (abgesehen  von  Elsaß- 
Lothringen  und  Anhalt,  das  ausdrücklich  dem  preußischen 
Muster  folgt,  s.  o.  S.  152)  knappere  Mitteilungen  machten  und 

—  abgesehen  von  Sachsen  —  meist  auch  heute  noch  machen. 
So  will  Baden  z.  B.  die  biographischen  Angaben  über 
Lehrer,  die  in  norddeutschen  und  besonders  preußischen 
Jahresberichten  in  weitestem  Umfange  gegeben  werden,  neuer- 
dings (1904;  Nr.  LXIb)  ausdrücklich  auf  verstorbene  oder  in  den 
Ruhestand  versetzte  Lehrer  eingeschränkt  wissen. 

In  bezug  auf  die  Lehrmittel  fordern  sowohl  die  preußi* 
sehen  wiedie  österreichischen  Bestimmungen  die  Anführung, 
upd  zwar  dieder  etatsmäßig  beschallleo')  wie  der  geschenkweise  über- 


*)  Leider  scheiot  diese  BestimmuDg  bei  mancheo  preoßischeD  Aostaltea 
ii  \ergeas€mheit  gerateo  zo  sein. 


158  P^ogramlD\^  esen  uad  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehalen, 

lassenen;  am  genauesten  sind  diese  Angaben  in  den  öster- 
reichischen Berichten^),  die  sogar  eine  Gesamtstatfstik  aller 
Lehrmittel  zu  geben  pflegen,  meist  auch  —  jedenfalls  häufiger 
als  es  in  Deutschland  üblich  ist  —  die  Verwalter  der  einzelnen 
Sammlungen  ausdrücklich  nennen,  was  z.  B.  für  den  bis  jetzt 
außerhalb  Österreichs  noch  wenig  entwickelten  wissenschaftlichenVer- 
kehr  der  Schul- Bibliotheken  untereinander  von  gewisser  Bedeutung 
ist*).  Sach  sen  schreibt  Angaben  über  Vermehrung  der  Sammlungen 
zwar  nicht  vor,  aber  sie  sind  allmählich  üblich  geworden.  A  n  h  a  It 
folgt  auch  hier  (ebenso  wie  ElsaB-Lothringen)  dem  preuBischen 
Huster.  Die  älteren  süddeutschen  Bestimmungen  darüber  lassen 
sich  bei  dem  Hangel  reichlicherer  gedruckter  Quellen  (vgl.  z.  B. 
0.  S.  107,  Anm.  1)  nicht  hinreichend  übersehen.  Tatsächlich  hat 
sich,  von  wenigen  A nstalten  Württembergs')  abgesehen ,  der  Hodus, 
herausgebildet,  nur  die  Geschenke  anzuführen,  und  in  Baden  , 
dessen  Berichte  früher  wenigstens  gelegentlich  Angaben  auch  Aber 
Anschaffungen  für  die  Bibliotheken,  naturwissenschaftlichen 
Sammlungen  usw.  brachten,  ist  die  genannte  Beschränkung  kürz- 
lich besonders  zur  Pflicht  gemacht  worden  (1904;  Nr.  LXIb). 
Übrigens  gewährt  auch  gerade  der  Abschnitt  „Lehrmittel''  in 
den  Berichten  mancher  Anstalten,  ja  mancher  Länder  lehrreiche 
Einblicke  in  die  Vielseitigkeit  ihrer  Interessen  und  gibt  uns 
Kenntnis  von  mancher  lange  bestehenden  und  mit  Liebe  ge- 
pflegten, auch  von  Freunden  der  Schule  gern  unterstützten  Ein- 
richtung, von  der  wir  ohne  die  gedruckten  Jahresberichte  nicht 
viel  wissen  würden.  So  bildet  die  oft  keineswegs  unbedeutende 
archäologische  und  besonders  die  Hünzsammlung  eine 
stehende  Rubrik  in  nicht  wenigen  österreichischen  Berichten, 
wälirend  wenigstens  die  letztere  in  norddeutschen  Schulen  und 
ihren  Berichten  erst  vereinzelt  angetroffen  wird  (vgl.  z.  B. 
Osterode  (Ostpr.)  G.,  das  auch  über  seine  hervorragende  ge- 
schichtlich-völkerkundliche Sammlung  jährlich  berichtet,  Danzig 
städt.  G.  und  Frankfurt  a.  H.  Huslerschule  -  Rg.  Bemerkens- 
wert ist  hierbei,  daB  in  österreichischen  Berichten  häufig,  in 
anderen  selten,  der  Etat  für  Lehrmittel  angegeben  wird. 

Ganz  verschieden  ist  Entwicklung  und  Stand  der  Schüler- 
verzeichnisse. Die  ältesten  Bestimmungen  hierüber  liegen  in 
Bayern  vor,  und  der  Brauch  hat  sich  in  diesem  Staate  zwar  in  ver- 
änderter Form,  doch  stets  aufs  neue  hervorgehoben,  bis  heute 
erhalten.  Im  Jahre  1829  (LXllI)  wurde  zuerst  bestimmt,  daß 
sämtliche    Schüler    klassenweise    namentlich    aufgeführt    werden 

')  Id  Preuße q  zeiiireD  iosbeeoDdere  mehrere  schlesische  AosUlteD 
Ansätze  za  eioer  regelmäfiigeD  Bibliothekstatistik. 

')  Im Kunze-Katender  siod  seit  dem  letzten  Jehrj^aogeXIlI  (1906)  dieNamea 
derVerwaiter  der Lehrerbibliotbek  bei  den  prenßi sehen Anstaltea 
regelmäßis  angegeben,  worauf  ich  hier  noch  besondersanfmerksam  machen  möchte. 

3)Vgl.rdr  1905/6  die  Jahresberichte  der  Gymnasien  zu  Ludwigsburg, 
ätottgart  (fiberhard-Ludwigs-  und  Karls- G.)  u.  (z.T.)  Ehingen. 


t  v«a  R.  (Jllrich.  159 

sollten,  und  zwar  oadb  dem  allgemeineo  „Fortgange'*  wie  dem  in 
d€D  einzelnen    Fächern^),   so  daß   hier   für   mehrere  Jahrzehnte 
eine  Art  gedruckter  Zenaoren  vieler  Schulergenerationen  vorliegt. 
Und  1834    wurde    {DölUnger  IX  2  S.  677)    besonders  betont,  es 
sollte  der. Katalog    „die  Namen   der  Schüler   nicht  in  der  für 
das  Publikum     nichts    sagenden    nnd   die    guten    und 
schlechten  durcheinander  würfelnden  alphabetischen, 
sondern  in  der    sachgemäßen.  Jeden    an  seinen  Platz 
stellenden   und  die  Ausgezeichneten    bestimmter  her- 
vorhebenden   Ordnung ''    enthalten*).      Die  Sache    hielt  sich 
bis  aum  Jabre  1874,  in  dem  zum  alphabetischen  Verzeichnis 
(.Nr.  LXVni)  übergegangen  wurde,  das  zugleich   ein   vollstandigeä 
Nationale    jedes  Schüler;»   enthielt   und  bis  heute   gefordert  wird. 
Einen    gewiBsen    Zusammenbang   damit   zeigen    die   älteren    Be- 
stimmungen Badens,   das    von  1837—1869  (Nr.  Lilb  u.  LVU) 
an    der    Auffuhr nng    der  Schüler    „nach    der  Lokation'^  fest«* 
litelu»  bis  io  letzterem  Jahre,    wie  5  Jahre  später   in  Bayern,  die 
alphabetische    Ordnung    aufkam,    die    nach    kurzer    Unter- 
breciiuDg  (1881 — 1883;  s.  Nr.'UXu.  LXa)  dann  in  Geltung  ge- 
blieben    und    auch    1904  (Nr.  LXl)    wiederum   ausdrücklich    ge- 
fordert    worden    ist.     Doch    weisen    die    badischen    Schülerver- 
zeicbnisse    nicht   wie   die  bayerischen  ein  vollständiges  Nationale 
jedes      einzelnen     Schülers     auf,     sondern    geben    nur     Namen 
nebst  Vornamen  und  bei  nicht  Einheimischen  den  Ort  der  Her* 
kunft.       In    Sachsen    tritt    die    Forderung    eines     Schälerver- 
zeichnisses   zuerst     1846     bezw.     1860     bestimmt     auf    (Nr. 
LXXIX  u.  LXXX),  doch   ohne  nähere  Angaben  über  das  bei  der 
Abfassung    zu    beobachtende  Verfahren.     Auch   die  neueren  Ver* 
fogangen  von  1877--1902   (Nr.  LXXXIil  bis  LXXXVUI)  fordern 
es  nur  schlechthin.     Die  tatsächlichen  Angaben  der  sächsischen 
Jahresberichte    kommen    indessen    denen    der  bayerischen   nahe, 
doch     sind    die  Verzeichnisse   nicht    alphabetisch,  sondern  dem 
Anschein    nach  mit  Rücksicht   auf  die  Rangordnung  abgefaßt. 
Ebenso  zeigt  Österreich  in.dieser  Beziehung  eine  bestimmte  Ent- 
wicklung.    Zwar   waren  weder    im  ^Organisationsentumrf^'  §  116 
(Nr.  LXXXXll),    der   die    früher    üblichen    gedruckten  „Klassen- 
zettel'* ^)  verbot,    noch    in  den  darauf  folgenden,  das  Programm- 
Wesen    betreifenden    Verfügungen    (Nr.  LXXXXIII  ff.)    vor    1875 
bestimmlere  Anordnungen    über  .ein    irgendwie   im  Jahresbericht 
abzudruckendes  Schülerver^eicfanis    getroffen    worden.     Schon  im 
2.  Jahrzehnt,  danach    linden  sich   aber   (in  Marburg  a.  D.  seit 


')  Die  yevrdüung   voa    1830  (Nr,  LXIV),   die  eio  alphabetisches 

VeneiehBiB  vorftcbrieb,    scheiat   Dicht  za  aUgeineiDer  DarchrübroDg  gelaogt 

20  seja    wie  die  Berichte  aos  den  amnittelbar   darauf  foIgendcD  Jahreo  bis 

lft34  zpißeo* 

')  Über  nraoascbweig  vgl.  o*  8.  102 f.  i\r.  LXXI. 
*J   Vgl    <<«*■■  ^'  ^«renz^lUr  a.  a.  0.  I  2  Nr.  476,  S.  .046  f. 


160  Programm  wesen  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Schale 

1862,  8.  Tabelle  hinter  S.  160,  A.  8)   alphabetische   Schul« 
Verzeichnisse,  z.  T.  mit  Hervorhebung  der  „Vorzagsschuler"'  (ei 
Art  Ausschnitt   des  bayerischen  Verfahrens  vor  1874;  s.   i 
bis  seit  den  siebziger  Jahren  der  Brauch  nach  und  nach  ziemli 
zur  Norm    geworden    ist,    ohne   daß   eine   direkte  amtliche  fi 
Stimmung    darüber    gedruckt    vorläge;    wenigstens    handelt     < 
Hauptverfögung   von  1875    (Nr.  LXXXXVII)   in  Ah$eknüt3,    6 
nur  von  einer  Gesamtstatistik,   fordert   aber  nicht  eigentlich   € 
Schulerverzeichnis.    Tatsächlich  geben  dies  aber  heute,  soviel  i 
sehen    kann,    ziemlich   alle   österreichischen  Jahresberichte  ui 
zwar  in  alphabetischer  Form  (nar  Name  und  Vorname),  do« 
fast   durchweg   mit   besonderer   Hervorhebung  (s.  o.)   der  „Vo 
zugsschuler*' ^).    Preußen  hat  SchQlerverzeicbnisse  weder    18^ 
noch  1885   gefordert,   doch  finden  sie  sich  der  1824  gelassen« 
Freiheit   entsprediend    (die    1885    wenigstens    nicht    beschrän 
worden  ist)  auch  hier  bei   manchen  Schulen,   an  alten  Anstalt« 
ebenso  wie  besonders  bei  vielen  Realschulen,   gewohnheitsmäßig 
Von  Verfügungen,  die  auf  gedruckte  Zensuren  aller  Schüler  hii: 
auskämen  (wie  in  den  genannten  Ländern),  ist  hier  grundsätzlic 
abgesehen    worden.     Das   einzige,    was  vergleichbar  wäre,  ist  d 
1824  (Abs.  IV  C  2)  getroffene,  aber   1885   nicht  wiederholte  Be 
Stimmung,    die     Abiturienten     mit    der    Nummer    ihr€ 
Prüfungszeugnisses  und  ihren  Prämien  anzuführen.     Aue 
in  den  andern  Ländern,  deren   ältere    Berichte   Belobigunge 
und    Prämien    der   Schüler  besonders  namhaft  machen  (vg 
Tabelle  Bayern  1842,  Sachsen  1852,  Baden  1863),  ist  diese 
Brauch    später   allmählich   abgekommen.     Nur    in  Sachsen    is 
bis  heute  wenigstens  bei  den  Abiturienten  (vgl.  Tabelle  Nr.  X 
u.  XII)  die  Angabe  der  Noten  in  den  Wissen  sc  haften  wie  imBe 
tragen  noch  üblich.    Dagegen  ist  auf  die  genaue  Mitteilung  dei 
die  Abiturienten  überhaupt  betreffenden  Daten  in  Preußei 
auch  schon  vor  1885  immer  besonderer  Wert  gelegt  worden  (für  jetz 
vgl.  Nr.XLli6s./F«?),  während  z.B.]nBayerndiel874(Nr.LXVIIIa. 
in  dieser  Hinsicht  getroffene  Bestimmung  1891  (Nr.  LXXa)  wieder 
aufgegegeben  worden  ist,  wohl  mit  Rücksicht  auf  die  hier  —  wie 
überhaupt  in  Süddeutschland    —    mehrfach  eingeschärfte  Knapp- 
heit des  Berichts  und  den  Umstand,  daß  die  Abiturienten  ja  aus 
dem  Schülerverzeichnis  der  betr.  Klasse  ersichtlich  sind  und  so  in 
der  Chronik  oder  Statistik  ein  kurzer  Hinweis  irgend  welcher  Art  ge- 
nügen mochte.  Besonders  gedenken  möchte  ich  in  diesem  Zusammen- 
hange   noch    der    in  den   sächsischen  Berichten  verzeichneten 


^)  Es  ist  Dicht  Regel,  soodera  Aasnahiae,  wenn  gerade  io  dem  Bericht 
von  Marburg  (Tabelle  Nr.  XV,  j1b»,II)  die  „Vorzngssebäler"  nicht 
besoaders  keoDtlich  gemacht  siod.  Obrigeos  siod  die  eDtsprecheadea  An- 
gabeo  (doch  ohoe  NcDonog  der  Namen)  auch  aas  der  „Klassifikatioo  ^ 
{Abt.  1X7)  zu  ersehen  (vgl.  darüber  v.  Marenzeller  1  I  iXr.  217,  S.  264lf.| 
11  ^T,  156,  S.  343  r.). 


l 


ir 
u 
n 

»~ 

•  8 


ir 

P 
ti 

U 
e 

n 
e 

r 


r 
ü 

B 
B 

(1 

e 
5 

B 


Z 

1 
? 

» 
l 

3 

I 

1 

) 


I 
I 


r 


von  R.  Ullrich.  161 

Nekrologe^),  kurzer  Lebeosdalen  der  im  UerichUjahre  ver- 
storbenen  früheren  Schüler  der  Anstalten.  Wenn  irgend  etwati, 
so  trägt  diese  schöne  Sitte  dazu  bei,  die  Anhänglichkeit  der 
Familien  an  die  Schulen,  denen  ihre  Glieder  angehört  haben,  zu 
erhalten.  In  PreuBen  findet  sich  dieser  pielätYolle  Zug  (außer  in 
Pforta  gemäß  der  alten  Tradition)  in  den  Jahresberichten  nur 
gelegentlich.  Besonders  erwähnen  möchte  ich  die  betr.  Mit- 
teilungen in  den  Berichten  des  Kgl.  Wilhelms-Gymnasiums 
in  ßerJin,  namentlich  deshalb,  weil  daraus  hervoi^geht,  daß  auch 
in  Großstädten  mit  all  ihrer  Unruhe  eine  derartige  stille  Einkehr 
möglich  ist  und  zu  einer  gern  gepflegten  Sitte  ^werden  kann. 

Von  den  alphabetischen  Schülerverzeichnissen  zu  scheiden 
siod  die  Gesamtstatistiken  über  die  Scbülerbewegung  in  den 
eiüzelnen  Klassen  zu  verschiedenen  Zeitpunkten  des  Schuljahres, 
allgemeine  statistische  Bemerkungen  über  Teilnahme 
an  fakultativem  wissenschaftlichen  oder  technischen 
Unterricht  u.  ä.  Auch  hierüber  hat  zuerst  die  preußische 
Inlerricbtsverwaltung  bestimmte  Weisungen  erlassen,  und  zwar 
ichon  1824  (Nr.  XXX;  Abs.  IV  q,  ohne  daß  jedoch  eine  gleich- 
mäßige Durchführung  in  den  nächsten  Jahrzehnten  zu  erreichen 
gewesen  wäre,  wie  die  Schulbericbte  der  dreißiger,  vierziger 
uDü  späterer  Jahre  zeigen.  Wenn  aber  irgendwo,  so  ist  bei 
statistischen  Cberskhten  von  Schulorganisationen  desselben  Landes 
eiD  gleichmäßiges,  von  Zeit  zu  Zeit  zweckmäßig  zu  erweiterndes 
Schema  notwendig,  damit  die  Verwertung  der  Angaben  im  großen 
uofi  eine  zuverlässige  Grundlage  für  die  Beurteilung  der  gesamten 
Verbältnisse  möglich  isL  So  hat  denn  die  zweite  und  letzte 
preußische  Gesamtverordnung  für  das  Programmwesen  von  1885 
I.Nr.  XLI)  in  ihrem  ÄbschniU  IV  1  u.  2  (über  3  $.  o.  S.  160)  die 
,^*ache  in  der  eingehenden  Weise  geregelt,  wie  sie  allen  Staudes- 
genossen  jetzt  Jahr  für  Jahr  in  den  Berichten  entgegentritt').  Ganz 
äbolich  ist  die  Entwicklung  in  Österreich  gewesen.  Im 
»OrganisationBentwurf''  (§  116;  Nr.  LXXXXll)  tritt  in  Absatz  3 
zunächst  die  allgemeine  Forderung  „statistischer  Angaben  über  die 
Schule''  auf,  die  dann  in  der  zweiten  (und,  wie  in  Preußen, 
letzten)  Hauptverfugung  von  1875  (Nr.  LXXXXVII)  i6s.  5,  6'a 
im  einzelnen  ausgestaltet  wird  und  z.  T.  noch  ausführlichere 
Angaben  in  sich  schließt  als  sich  in  den  preußischen  Berichten 
lioden,  den  sprachlichen  und  anderen,  dem  österreichischen 
MitieUchulwesen  eigentümlichen  Verhältnissen  (vgl.  z.B.  o.  S.  160) 
entsprechend.  In  Baden  erscheinen  genauere  statistische  An- 
gaben seit  1881  (i\r.  LIX;  Schema  bei  Joos  a.  a.  0.  S.  436),  die 

^  )  la  Grimma  bat  diese  Sitte  vor  27  Jahren,  in  Meißen  vor  11  Jahren 
xur  Hcraosgabe  eines  besooderfn  „Ecce*'  geführt,  periodischen  Mitteilungen 
'die  auch  mit  Bildnissen  aasgestattet  sind)    über  die  Toten  der  Anstalten. 

'  )  Ebeoco  in  Anhalt,  Elsaß- Lot  bringe  o  und  den  meisten  nord- 
4evlscbea  Kleinstaaten,  aoch  in  Hessen. 

Zcitacbr.  i,  4.  6 jmnMialweaea.    LXI.    2.  3.  1 1 


162  Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  h$h.  Schalen 

1904  (Nr.  LXI)  erneut  verlangt  werden.  Dagegen  bieten  die  Be- 
richte in  Bayern,  Sachsen  und  Württemberg,  den  alige- 
meiner gehaltenen  Bestimmungen  der  betr.  Verordnungen  ent- 
sprechend, von  Anfang  an  bis  heute  nur  Übersiebten  im  ganzen. 
Der  zweite  der  in  der  Tabeüe  abgedruckten  Berichte  aus  der 
Schweiz  von  1906  (Nr.  XVII)  nähert  sich  wieder  (8.32-34) 
der  preußischen  und  österreichischen  Art,  doch  ohne  ihre  Ge- 
nauigkeit und  Gbersichtlichkeit  im  einzelnen  zu  erreichen. 

Es  erübrigt  noch  über  das  Stipendien-  und  Unter- 
s tu tzungs Wesen  zugunsten  der  Schüler  ein  Wort  zu  sagen. 
Während  uns  die  oben  (S.  160)  angeführte  öfTentlicbe  Erwähnung 
von  Belobigungen  und  Prämien  der  Schüler  wenigstens  in  Nord- 
deutscbland  alimählich  fremder  geworden  ist,  nehmen  die  An- 
gaben über  Stipendien  etc.  teils  mit,  teils  ohne  Nennung  von 
Namen  noch  heute  ihre  regelmäßige  Stelle  in  den  Berichten  über- 
all ein,  unter  bestimmter  Rubrik  in  Preußen,  Baden  und 
Österreich.  Was  besonders  in  dem  letzteren  Lande  private 
Wohltätigkeit  dauernd  für  bedürftige  Schüler  leistet,  ist  er- 
staunlich (vgl.  z.  B.  i.  d.  Tabelle  die  Marburger  Berichte).  Wie  in 
bezug  auf  die  Erwähnung  der  Schülerstipendien  in  den  Berichten  im 
einzelnen  verfahren  werden  soll  (Namensnennung,  Abdruck  von 
Satzungen  oder  Auszügen  aus  ihnen  u.  a.  m.)  ist  im  ganzen, 
soviel  mir  bekannt  ist,  in  keinem  der  hier  behandelten  Länder 
ausdrücklich  bestimmt  worden.  Dagegen  haben  Erwähnungen  von 
Unterstützungen  an  Lehrer,  die  in  nicht  angemessener 
Form  in  den  Berichten  erfolgt  waren,  gelegentlich  behördliche 
Erinnerungen  notwendig  gemacht  (vgl.  o.  Bibliogr.  Äbt,  2,  Nr. 
XXXV c,  S.  97  und  Teil  II  3).  Ich  komme  damit  auf  die  Ver- 
fügungen der  Behörden. 

Die  Mitteilungen  darüber  nehmen  in  vielen  Jahresberichten 
einen  gewissen  Raum  ein.  In  Preußen  ist  die  Aufnahme  dieser 
Verfügungen  in  angemessener  Auswahl  und  in  einer  für  das 
Publikum  geeigneten  Form  sowohl  1824  (Nr.  XXX,  Abs.  IVA) 
wie  1885  (Nr.  XLI,  Abs.  11)  ausdrücklich  vorgeschrieben,  auch  von 
amtlicher  Seite  manchen  vorgekommenen  Unebenheiten  und  wirk- 
lichen Mißständen  gelegentlich  entgegengetreten  worden  (1843 
und  1858;  Nr.  XXXVc  s.  o.;  über  Anhalt  vgl.  noch  oben  S.  151). 
Auch  in  Sachsen  (1877  u.  ö.;  Nr.  LXXXIII  ff.)  und  Baden  (so 
1881,  Nr.  LIX)  sind  solche  Verfügungen  aufzunehmen,  doch  hat 
sich  das  hier  teils  laut  ausdrücklicher  Bestimmung,  teils  durch 
Tradition  in  viel  engeren  Grenzen  gehalten  als  in  Preußen,  wo 
eine  besondere  Rubrik  dafür  bestimmt  ist.  Die  entsprechenden 
Erlasse  werden  meist  in  der  „Chronik"  kurz  namhaft  gemacht, 
noch  knappere  Mitteilungen  darüber  erfolgen  in  Bayern  an  der-' 
selben  Steile,  ohne  daß  dieser  Punkt  überhaupt  amtlich  geregell 
wäre.  Mit  Preußen  stimmen  dagegen  wieder  mehr  überein  (ab- 
gesehen   von    Anhalt     und     Elsaß-Lothringen)     die     ein- 


voo  R.  Ullrich.  163 

schlägigen  Bestimmungen  in  Österreich,  die  sich  in  Abs  3,  10 
der  HauptTerfQgung   von  1875  (Nr.  LXXXXVII)  finden.     Es  liegt 
auf  der  Hand,  daß   in    diesem  Abschnitt    ebenso  wie  in  der 
Chronik  (s.  o.  S.  157  über  biographische  Angaben)  und  in  den 
allgemeinen    „Mitteilungen    an    die    Schüler    und    deren 
Ellern''   der  Takt    des  Schulleiters    das  Beste  tun  muß.    Über 
das,  was  hier  mitzuteilen  sei  oder  nicht,  sind  übrigens  nicht  bloß 
die  Anschauungen    der  Behörden    selbst    mannigfachem    Wechsel 
unterworfen    gewesen,    wie    einerseits    die    ernstliche  Erwägung 
zeigt,  ob  „schwerere  Vergehen  der  Schüler  ausdrucklich  erwähnt 
werden*'  sollen  (s.  o.  S.  103  Anm.  1),  andererseits  die  humanere 
Praxis,    z.  B.    relegierte   Schüler   nicht    mit    Namen  zu 
nennen  (preußischer  Erlaß  vom  29.  Mai  1880;  JTet^rS.  233)^). 
Auch    das    allgemeine  Empfinden  ist  ein  anderes  geworden.     Ich 
komme  später  darauf  noch    zurück.     Übrigens  bilden  die  „Mit- 
teilungen an  die  Schüler  und  deren  Eltern'*,  wie  sie  uns 
ans  den  Berichten  der  letzten  Jahrzehnte  in  den  norddeutschen 
Staaten    und   in  Österreich    (hier    unter  dem  Titel:  Kund- 
machung bezüglich  des  nächsten  Schuljahres;  Vfg.  von 
1875  —  Nr.  LXXXXVII  —  Abs.  3,  11)  nach  der  amüichen  Be- 
stimmung   entgegentreten,   ja    im    Grunde  wenigstens    z.  T.  nur 
einen  Ausschnitt  aus  anderen  Teilen  des  Berichts,  der  aus  nahe- 
liegenden Zweckmäßigkeitsgründen  am  Schlüsse  für  sich  erscheint. 
Oflenbar    nicht   ohne  Absicht    läßt   ihn  daher  die  öslerreichisrhe 
Regierung  an  den  Abschnitt  über  „Verfugungen  der  Behörden,  bloß 
jene,  welche  für  das  Publikum  wichtig  sind'*  (a.  a.  0.  Abs.  3,  10) 
sich  anschließen. 

Über  die  Sprache  der  Jahresberichte  bedarf  es  nur  eines 
kurzen  Wortes.  Während  für  die  Beilage  lange  die  lateinische 
ganz  oder  teilweise  maßgebend  war  und  (ebenso  wie  in  Sachsen 
neben  einigen  modernen  Sprachen)  wenigstens  auch  heute  in 
Preußen  und  Österreich  noch  gestattet  ist,  kam  ffir  den  Jahres- 
bericht seiner  ganzen  Bestimmung  nach  von  1824  an  in  Preußen 
und  ebenso  auch  in  den  andern  Staaten  die  deutsche  (bezw.  in  dem 
vielsprachigen  Österreich  die  Landessprache)  ausschließlich 
in  Betracht.  Es  wurde  dies  in  den  oben  (Nrr.  XXX— C)  ange- 
führten Verfügungen,  soweit  sie  sich  mit  den  Berichten  beschäftig- 
ten, ausdrücklich  bestimmt  oder  als  selbstverständlich  angenommen. 
Es  bedarf  daher  hier  keiner  näheren  Ausführungen. 

ß)  aad  y)  Der  amtlicbe  Cbarakter,  Verantwortliohkeit  desVer- 
faaaera  (dea  Schulleiters).  Häufigkeit  und  Zeit  des  Erscheioeos. 

In  bezng  auf  die  Abhandlung  und  ihre  Abfassung,  die  Ver- 
antwortlichkeit des  Autors  und  die  Häufigkeit  ihres  Erscheinens 
hatte   sich,  wie    wir   sahen,  im  Laufe  von   acht  Jahrzehnten  ein 

1)  Vgl.  aoch  schon  Wiese,  Da»  höh.  Schulw,  t.  Preußen  II  (1S69) 
S.  703  zun  Jabre  1825. 

II» 


164  Pro^rammweseD  und  Programmbibliothek  d.  höh.    Scbulea,, 

mannigfacher  Wandel  in  den  Anschauungen  auch  der  Behörden 
und  der  von  ihnen  geübten  Praxis  vollzogen  (vgl.  o.  Abschtu  b  ß  n.y,, 
S.  142-147).  Bei  denSchu)nachrichten  lag  und  liegt  die  Sache 
sehr  viel  einfacher.  War  bei  jenen,  die  sich  mit  ihrem  oft  aus 
fernliegenden  Wissensgebieten  geholten  StoiT  niclit  seilen  von  dem 
wirklichen  Leben  der  Schule  weit  entfernten,  eine  Entscheidung 
über  die  Verantwortlichkeit  der  Schule  und  ihres 
Leiters  für  diese  doch  durch  ihre  Vermittlung  ausgehenden 
Veröffentlichungen  nicht  immer  ganz  leicht  (vgl.  auch  u.  Teil  If  2), 
so  liegt  sie  hier  in  der  Sache  selbst.  Die  Schulnachricbten 
werden  ausschließlich  vom  Leiter  der  Schule  verfaßt, 
er  unterzeichnet  sie  mit  seinem  Namen  und  ist  für  ihren  Inhalt 
in  vollem  Umfange  aliein  verantwortlich.  Das  ist  eigentlich  ganz 
selbstverständlich,  wird  aber  in  allen  auf  die  Sache,  bezüglichen 
Hauptverfügungen  von  Anfang  an  auch  ausdrucklich  noch  betont ; 
ich  hebe  hervor  Preußen  (besonders  1824,  1866,  1896,  Nr. 
XXX,  XXXVb,  XLIV)  und  Österreich  (1849,  Schlußsatz  des 
^.Organüationsentwurfs"  und  1875,  Abs.  1\  Nr.  LXXXXIl  und 
LXXXXVII). 

In  Preußen  wurde  in  den  ersten  Jahrzehnten  der  Ent- 
wicklung für  das  ganze  Programm,  also  auch  für  die  Schul- 
nachricbten, noch  die  Vorlage  an  die  Beliörde  gefordert,  weiche 
ihre  eigene  Verantwortlichkeit  wegen  des  amtlichen  Charakters 
dieser  Schriften  dadurch  zum  Ausdruck  bringen  wollte  und  auch« 
als  sich  die  Maßregel  hauptsächlich  aus  praktischen  Gründen 
nicht  mehr  aufrecht  erhalten  ließ,  mehrfach  Veranlassung  nahm, 
die  nun  unmittelbarer  verantwortlichen  Direkloren  bei  besonderen 
Gelegenheiten  mit  bestimmten  Anweisungen  zu  versehen,  z.  B. 
wenn  Verfügungen  von  Behörden  in  einer  dem  Publikum  nicht 
verständlichen  Form  mitgeteilt  waren  oder  zahlenmäßige  Angaben 
ungeeigneter  Art,  wie  über  Unterstützungen  an  Lehrer,  Aufnahm» 
gefunden  hatten;  vgl.  o.  S.  162.  Man  lese  hierüber  Wieses  Aus- 
führungen nach  (in:  Das  höh.  Schulte,  i.  Preufsen  II  (1869> 
S.  7051'.).  Die  Diskussion  (vgl.  den  nächsten  Abschnitt)  hat  ge- 
zeigt, daß  auch  in  neuerer  Zeit  derartige  Anweisungen  gerade  in 
der  bezeichneten  Richtung  manchmal  am  Platze  gewesen  wären, 
und  die  ausgedehntere  Lektüre  auch  von  Schulberichten  der 
letzten  Jahre  gibt  jedem  aufmerksamen  Leser  leider  nur  zu  oft 
Gelegenheit  zu  der  Erkenntnis,  daß  da  sGefühl  für  die  Zusammen- 
gehörigkeit der  Glieder  des  höheren  Lehrerstandes  noch  nicht 
bei  allen  Direktoren  so  lebendig  ist,  wie  man  wünschen   möchte. 

Seitdem  sich  die  Bezeichnung  ,,Ja  hresbericht"  einge- 
bürgert hat,  liegt  auch  die  Regelung  der  Häufigkeit  des  Er- 
scheinens schon  im  Namen,  auch  wenn  sie  nicht  noch  von 
Seiten  der  Behörde  erfolgt  wäre,  wie  es  tatsächlich  nahezu  in 
allen  Staaten  und  für  alte  Schularten  geschehen  ist;  man  ver- 
gleiche überall    die    grundlegenden  Hauptverfügungen  (der  Abt.  2 


voa  R.  Ullrich.  165 

der B&b'agraphie).    Auch   daß   der   Jahresbericht   am  Schlüsse 
des  Schuljahres  erscheint,  also  in  Norddeutschland  zu  Ostern, 
in  Söddeutschland  und  Österreich  im  Hochsommer,  ist  durchden 
Zweck    selbst    begründet.     Die   Ausnahmen    von   der  Regel   sind 
gering    und    liegen    in   besonderen   VerhSitnissen.    So   erscheint 
nach    altem    Brauch    der    Bericht   in   Pforta   am    21.  Mai,    in 
Meißen  am  1.  Juli,  den  Stiftungstagen  der  Anstalten.     Auch  daß 
in  Württemberg  eine  Anzahl  von  Realschulen  nicht  alljährlich 
und  die  vier  theologischen  Seminare  (s.  o.  S.  106  Anm.  4)  nur  alle  zwei 
Jahre  Berichte  herausgeben,   ist    einerseits    durch  die  eigenartige 
finanzielle    Verfassung    (Verhältnis    der    „Rektoratsiiasse'*    zu  der 
Veröffentlichung  von  Programmen,  s.  o.  S.  107  Anm.  3),  andrer- 
seits durch    die  Schulorganisation  Oberhaupt  veranlaßt,  wie  denn 
aach  in  Österreich  (Vfg.  von  1875,  Absatz  1;  Nr.  LXXXXVII) 
ein   Jahresbericht    nur    von    jeder     vollständigen     Staats- 
mittelschule gefordert  wird.     Da    aber   hier    die  Zahl   städtischer 
Aostaileo  geringer    ist    und    tatsächlich   beinahe  alle,  auch  die  in 
der  Entwicklung  begriffenen  Schulen,  schon  Berichte  herauszugeben 
^egen,    hat    die  Bestimmung    weniger  praktische  Bedeutung  als 
iie  etwa    bei    den   ganz   anderen    Verhältnissen  Preußens  haben 
»vrde,    wo    vermutlich   viele  Städte,    die  kein  Geld  für  Abband- 
ioQgen    mehr   bewilligen    (s.  o.  S.  137  und  u.  Teil  11 2),  auch  die 
Herausgabe     der     Jahresberichte     einschränken    oder    einstellen 
wurden,   wenn  die  Gesetzgebung  eine  Handhabe  dazu  böte.     Nun 
ist  aber  in  Preußen  —  man  darf  sagen,   glöcklicherweise  —  die 
jährliche  Herausgabe  der  Schulnachrichlen  seit  1824  (Nr.  XXX) 
iür  die    Gymnasien,    seit    1859  (Nr.  XXXV)    auch  für  die  Real- 
sdifilen  (I.  O.,  die  jetzigen  Realgymnasien  —  wo  sie    schon  vor- 
her meist   üblich  war)  ausdrucklich  vorgeschrieben  und  auch  für 
die  Anstalten  beschränkteren  Umfanges  (Progymnasien,  Real- 
icbaleo  usf.;  vgl.  Wkse-Kübkr  I  S.  34  f.  zum  Jahre  1860  und 
1S76  und  S.  381)  bestimmt  worden.    Als  ferner  im  Jahre  1866 
eine  Neuregelung   des   Programmwesens    in   Preußen   durch  die 
Behörden  erwogen  wurde  und  die  (1875  eingetretene)  Aufhebung 
der  jährlichen    Verpflichtung    zu    Abhandlungen    sich    vorbe* 
reitete,    wurde    die    Beibehaltung    der  Jahresberichte    wegen 
ihrer  hervorragenden  „Wichtigkeit  für  die  beteiligten  Eltern,  Be- 
hörden usw.*'    als  Rechenschaft   über   das   innere  Leben  und  die 
Wirksamkeit     der    einzelnen    Anstalten    för    notwendig    erklärt 
(Wiese,   D.   höh.  Sckuho.  t.  Pr.  II  (1869)    S.  707).      So   legen 
denn  in  Preußen   jetzt   alle  öffentlichen   höheren  Lehr- 
anstalten, auch  die   ,Ji*  E.*S  alljährlich  über  ihre  ganzen  Ver- 
hältnisse   öffentlich    Rechenschaft   ab.     Und    auch    in  Hessen, 
wo  schon    1853  (Nr.  LXXIII)   die   Lieferung   des   ganzen   Pro- 
gramms,   der  Jahresberichte   wie   der  Abhandlungen,    dem  schon 
bestehenden    Brauche    entsprechend    als    freiwillig    bezeichnet 
wurde,  hat  doch  dieser  bis  heute  aufrecht  erhaltene  Zustand  das 


166   Pro^raBimwesen  und    Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen^ 

jährliche  Erscheinen  der  Schulnachrichten  (über  die  Abhand- 
lungen s.  0.  S.  147)  nicht  beeinflußt.  Woher  die  Angabe  Kill- 
manns  (s.  Bibliogr.  Abt.  4,  Nr.  122,  [S.  477)  stammt,  daß  in 
Elsaß-Lothringen  die  i.  E.  begriffenen  Anstalten  zur  Heraus- 
gabe nicht  verpflichtet  wären,  weiß  ich  nicht,  da  eine  Quelle 
dafür  nicht  angegeben  ist.  Direkte  Erkundigungen  an  geeigneter 
Stelle  haben  die  Angabe  nicht  bestätigt,  die  also  wenigstens  für 
die  Verhältnisse  der  Gegenwart  nicht  mehr  zuzutreffen  scheint. 
Es  ließe  sich  auch  in  der  Tat  kaum  eine  verkehrtere  Maßregel 
denken  als  diese.  Ist  den  Behörden,  den  Forschern  auf  dein 
Gebiete  der  Schulgeschichle  und  dem  festen  Publikum  einer  sieb 
in  bekannten  Bahnen  bewegenden  VolJanstalt  der  jährliche  Be- 
richt zum  Bedürfnis  geworden,  so  ist  er  von  einer  sich  ent- 
wickelnden Schule  gerade  für  das  Publikum,  dessen  Interesse  sie 
erst  gewinnen  soll,  ganz  besonders  unentbehrlich;  es  hat  geradezu 
ein  Recht  darauf,  eingehend  über  die  Verhältnisse  der  Anstalt 
unterrichtet  zu  werden,  der  es  die  Jugend  anvertraut. 
Über  die 

cT)  Natzbarmacbao^ 

der  Schulnachrichten  im  ganzen  für  den  unmittelbaren 
Gebrauch  der  Lehrer  jeder  einzelnen  Anstalt,  anderer  Anstalten 
und  am  letzten  Ende  für  die  wissenschaftliche  Beschäftigung  mit 
dem  Schulwesen  überhaupt  gilt  im  wesentlichen  das  oben  in  dem 
entsprechenden  Abschnitt  über  die  Abhandlungen  (S.  148  ff.)  Be- 
merkte. Die  wissenschaftliche  Ausnutzung,  insbesondere  die 
amtliche  Hilfe  zur  Bereitstellung  geeigneter  Mittel,  auch 
finanzieller,  für  diesen  Zweck  bietet  manche,  nicht  leicht  zu  über- 
windende Schwierigkeiten,  die  z.  T.  in  der  ganzen  Sache  selbst 
liegen.  Das  Beste  wird  hier  die  freie  wissenschaftliche  Tätigkeit» 
insbesondere  der  Mitglieder  des  höheren  Lehrerstandes  selbst,  tun 
müssen.  Was  aber  in  engerem  Sinne  für  die  Nutzbarmachung 
der  Sammlung  der  Jahresberichte  in  der  Lehrerbibliothek  jeder 
Anstalt  auch  amtlich  noch  geschehen  kann  und  muß,  damit  der 
Wiederholung  mancher  Verfehlungen  früherer  Jahrzehnte  in 
Zukunft  vorgebeugt  wird,  soll  (vgl.  o.  S.  85)  in  Teil  III  zur 
Sprache  kommen. 

d)  Die  amtliche  Regelung  des  Tauschverkehrs. 

Als  einer  der  Zwecke  des  Prograromwesens  war  schon  1824 
amtlich  die  Anbahnung  eines  näheren  Verhältnisses  zwischen  den 
einzelnen  Schulen  und  ihren  Lehrern  bezeichnet  worden  (s.  o. 
S.  138).  Hieraus  und  aus  dem  Umstände,  daß  die  bibliographi- 
schen Hilfsmittel  jener  Zeit  unzureichend  waren,  ergab  sich  für 
die  Behörden,  welche  die  ganze  Einrichtung  in  die  Wege  ge- 
leitet und  mit  bestimmten  Normen  versehen  hatten,  selbst  die 
Notwendigkeit,  ihrerseits   dafür   zu   sorgen,    daß   die  Programm- 


von  R.  Ullrich.  167 

Schriften  jeder  Anstalt  den  anderen  auch  wirkh'cb  bekannt  wurden. 
Dies  geschah  durch  den  sog.  Programmentausch.  Die  Anfänge 
dazu  liegen  in  Preußen  schon  vor  1824^).    Und  nachdem  die 
Behörde   zunächst   mit  einigem  Bedenken   an   die  Sache   heran- 
getreten   war    und    den    Austausch   auf  den    engeren  Kreis  der 
Gymnasien  jeder  Provinz  beschränkt  halte  (1822),  folgte  unmittel- 
bar   nach    der    grundlegenden   Verfügung    von  1824    schon   im 
folgenden  Jahre  die  Anordnung   des  Austausches    zwischen  sämt- 
lichen   Gymnasien    der   Monarchie    (Bibliogr,   Abt.  2  Nr.  XXXI). 
Die  Vermittlung   übernahmen    die  Provinzialschulkollegien    (bezw. 
die  damaligen  Konsistorien).     In  welcher  Weise  dabei  im  einzelnen 
verfahren    worden    ist,    insbesondere   welche  Rolle    die    Zentral- 
stelle   gespielt   hat,    von    der  Wiese  (a.  a.  0.  S.  707   zum  Jahre 
1866)    redet,    wird   aus    seiner  Darstellung    nicht    ganz  deutlich. 
Wie  die  Verpflichtung  zur  Abfassung  von  Programmabhandinngen 
überhaupt,    so   beschränkte   sich    auch    der  Tausch    zunächst  auf 
die  Gymnasien;    den    übrigen  Schulen   blieb    freigestellt,    ob  und 
iowieweit    sie   sich   beteiligen   wollten.     Da  sich  wegen  des  Zeit- 
punktes der  Versendung  und  der  Zahl  der  Exemplare  Schwierig- 
keiten ergaben,  machte  1828  (Nr.  XXXIlIa)  das  Ministerium  be* 
sonders  auf  diese  Punkte    erneut   aufmerksam.    Die  Vorteile  des 
Taoscbes    führten   dann    von  1831 — 1854   den  Anschluß    der 
meisten  anderen  Staaten  Deutschlands    (außer  Bayern, 
Baden  und  Hessen-Darmstadl)*)  und  einiger  Auslandstaaten 
(besonders    Österreichs,    seit    1851,  vgl.  o.  S.  81)    herbei,  die 
innerhalb  ihrer  eigenen  Grenzen  schon  einen  Tauschverkehr  gehabt 
hatten').       Nachdem    seit   Beginn    des    von    den    Behörden   ge- 
rcfelten    Tausches    reichlich    vier   Jahrzehnte    vergangen     waren, 

1)  V^L  Wiese,  Das  höh.  Schulw,  i.  Preußen  II  (1869)  S.  702.  — 
Dl  iie  einzelneii  Bande  dieses  Werkes  (s.  o.  S.  89  Aom.  2)  leider  io  vieleo 
Schatbibliothekeo  oiehtaDzotreffeo  sind,  wird  hier  —  unter  ^leichzeitifer  Be- 
■itznng  der  bei  Mei^ebaur  Qnd  Rönne  (vgl.  BibHog^^  ^Ift.  1  Nr.  1  und 
II)  abgedrackteo  VerfUgangen  —  das  Wesentliche  ans  dem  2.  Bande  karz 
zuaMmeB^efaBt. 

2)  Vgl.  Krler  in  SchmidM  Enxyklopädie ^  \l  (1885)  S.  449.  —  Eine 
BsaageDehnie  Folge  dieser  Ansnahme,  von  der  auch  der  Verfasser  dieser  Ab- 
hssdlao^  mehrfach  betroffen  wurde,  ist  die,  daß  die  preuBischea  Schul- 
MMiotheken  und  auch  die  gröBereo  prenfiischen  Bibliotheken,  z.  B.  auch  die 
Kg).  Bibliothek  in  Berlin,  Programme  dieser  Lander  aus  der  älteren  Zeit 
aar  io  geringer  Zahl  besitzen  und  es  so  z.  B.  selbst  in  der  Reichsbaupt- 
»tsdt  kaum  moglieh  ist,  die  betr.  Verhaltnisse  eingehender  zu  studieren. 
Die  Bibliotheken,  insbesoadere  die  Berliner,  sollten  dieser  Sache  ihre  Auf- 
■erksamkeit  znm'enden  and  ihre  Lücken,  soweit  es  auf  antiquarischem  Wege 
■Sglieh  ist,  zu  ergänzen  suchen.  Denn  auf  direkte  Erlangung  älterer  Pro- 
granme  von  den  einzelnen  Schulen  selbst  kann  man  leider  nie  mit  Sicher- 
heit rechaeo,  da  nanebe  von  diesen  ihre  eigenen  Schriften  nicht  mebr  voll- 
ständig bealtxeo.     Vgl.  Teil  III  über  die  Programmbibliothek. 

3)  So  z.  B.  Sachsen  seit  1832;  vgl.  Theod.  Flathe,  St  Afra  (1879) 
S.  383,  Aom.;  er  erforderte  damals  25  (!)  Exemplare.  Innerhalb  Bayerns 
bestand  eio  Taoaeh verkehr  sehon  seit  1813;  vgl.  J.  Guteoäcker  (s.  o.  8. 113, 
Nr.  19J  S.  IV  o.  Anm.  2. 


IggP  rogrammweseo  und  Programmbibliothek  d.   höh.  Schulen, 

sleliten  sich  (seitdem  inzwischen  manche  Äußerungen  aus  Fach- 
kreisen laut  geworden  waren)  ^)  manche  Bedenken  ein,  ob  das 
bisher  beobachtete  Verfahren  noch  aufrecht  zu  erhalten  sei,  die 
wachsende  Geschäftslast  der  Behörden,  die  erschwerte  Benutzung 
in  den  Schulbibliotheken,  wozu  —  wie  bei  Wies  es  Schweigen 
über  die  Sache  hervorgehoben  werden  muß  —  vor  allem  das 
Fehlen  eines  amtlichen  Gesamtverzeichnisses  kam,  das 
damals  leicht  möglich  gewesen  wäre  und  durch  die  zahlreicli^n 
(z.  T.  auch  von  Wiese  erwähnten)  nach  und  nach  in  den  Fach- 
kreisen veröffentlichten  Sonderverzeichnisse  (vgl.  Bibliogr. 
Äht.  3^  Nr.  1  ff.)  in  keiner  Weise  ersetzt  werden  konnle').  Nach- 
dem eine  Anzahl  aus  Buchhändlerkreisen  hervorgetretener  Vor- 
schläge*) nicht  die  Billigung  der  preußischen  Zentralbehörde  gefunden 
hatte,  trat  diese  selbst  1866^)  mit  mehreren,  die  ganze  Ein- 
richtung betreffenden  Erwägungen  einer  Reform  hervor  {Bibliogr. 
Abt.  2,  Nr.  XXKVI),  die  den  Provinzialschulkoliegien  zur  Begut- 
achtung vorgelegt  wurden.  Ober  einige  wichtige  damals  aufge- 
stellte Grundsätze  ist  schon  oben  in  anderem  Zusammenhange 
gesprochen  worden  (vgl.  S.  138  u.  146);  was  den  Tausch  mit  aus- 
wärtigen Anstalten  betrifft,  so  wurde  amtlich  erwogen,  ob  er 
nicht  auf  die  mit  Abhandlung  verbundenen  Programme  be- 
schränkt werden  könne,  deren  Abfassung  von  3  zu  3  Jahren  ^) 
denkbar  sei,  ob  sich  nicht  Kollektivausgaben  der  Abhandlungen 
wie  der  Schulberichte,  insbesondere  der  statistischen  Übersichten, 
empföhlen  und  ob  nicht  endlich  an  Stelle  der  bisherigen  Ver- 
mittlung des  Tauschgeschäfts  durch  die  Behörden  eine  solche 
durch  den  Buchhandel  treten  könne.  Nach  manchen  Erörterungen 
in  der  Fachpresse  (vgl.  den  folgenden  Abschnitt  B  („Diskussion*^) 
und  Bihliographie  Äht.  4,  Nr.  67  ff.)  und  amtlichen  Verhandlungen 
wurden  endlich  auf  der  Schulkonferenz  in  Dresden  1872 
Grundlinien  einer  Neuordnung  festgestellt.  In  bezug  auf  den 
Tausch  wurde  die  Übertragung  an  eine  buchhändlerische 
Zentralstelle  empfohlen.  Das  praktische  Ergebnis  war  schließ- 
lich die  von  dem  Minister  Falk  besonders  geförderte  Herbei- 
führung eines  Programmentausches  durch  Vermittlung 
der  Verlagsbuchhandlung  B.  G.  Teubner  in  Leipzig^) 
und  die  darüber  erlassene  Verfügung  von  1875  {BibUogr.  Abt,  2, 
Nr.  XXXIX).  Der  Plan  trat  1876  in  Kraft  und  besteht  noch  heute. 
Da    dieser    Tausch    aus    amtlichen,    von     der    preußischen 

')  Vgl.  über  diese  dea  Abschoitt  ,,Diskussioii"  (II  1  B). 

<)  Vgl.  obeo  S.  149  aod  Teil  11  2. 

•)  Vgl.  Wiese  s.a.  0.  S.  706  Aom/l  und  aaten  die  Abschoitte  II 1  B 
DDd  II  2. 

4)  £io  Jahr  vorher  (1865)  hatte  sich  scboo  die  Direktorenver- 
Sammlung  ioKöDigsberg  mit  der  Angelegeoheit  beschäftigt,  vgl.  BibUogr. 
Abt.  4  Nr.  66  aod  uateo  Teil  II  1  B. 

»)  Vgl.  o.  S.  146. 

«)  Von  Wiese  a.  a.  0.  III  (1874)  S.  70  noch  gerade  erwähnt. 


von  R.  Ullrich.  169 

Regierung  besonders  geförderlen  Verhandlungen  hervorgegangen 
ist,  mag  er  hier  in  den  Hauptpunkten  kurz')  erwähnt  werden, 
auch  deshalb,  weil  seine  Bestimmungen  in  den  Kreisen  der 
höheren  Schulen  selbst  zwar  Direktoren  und  Bibliothekaren,  im 
wesentlichen  auch  einigen  für  Programme  interessierten  Kollegen 
bekannt  sind,  keineswegs  aber,  wie  icli  oft  zu  beobachten  Ge- 
legenheit hatte,  der  Gesamtheit  der  Schulmänner.  Und  doch 
haben  alle  ein  gleiches  Interesse  daran  —  oder  sollten  es 
wenigstens  haben  — ,  und  viele  von  ihnen  wurden  wohl  mehr 
dabei  mitgewirkt  haben,  die  Programmsammlung  der  eigenen 
Schule  und  ihre  Nutzbarmachung  zu  fördern  und  damit  der 
wissenschaftlichen  Tätigkeit  ihrer  Kollegen  wesentliche  Anregungen 
lu  geben,  wenn  ihnen  die  Einzelheiten  der  Sache  genügend  be- 
kannt gewesen  wären.  Das  Wesentliche  von  dem,  was  1875  fest- 
fesetzt  wurde  und  in  der  Hauptsache  heute  noch  praktisch  durch- 
gerührt wird,  ist  folgendes  (in  abgekürzter  Form): 

a)  Beteiligang: 

Beteiligt  sind  z.  Z.  an  dem  Tausch  im  engeren  Sinne 
a;  sämtliche  Staaten  des  Deutschen  Reiches  (außer  Bayern),  h)  in 
^u  freierer  Weise  Bayern'),  eine  Anzahl  der  Gymnasien 
Deutsch -Österreichs'),  die  7  Gymnasien  Augsburgischen  Bekennt- 


B 


1)  Die  ansfiihrlichea  BestloiBaiigeo  6.  ZtbL  f,  d.  gei,  ünterr,  1875 
S  S34-63S;  ff'^iese'Kttbler  a.  a.  0.  ^  I  8.  381—383  aod  Beier  a.  a.  0. 
1  271—273. 

*)Die  bayerische   Resieraog  hat   die  Beteiliguns  im   eogeren  Siooe 
a^chhat    vegeo    der    Sehwieriskeit,   die   Titel    der    Abhaadloasea    schoo 
IHfcn  Zeit  vor  dem  Brscheioeo  aiitzateileo.    Daa  Teaboersche  Hauptverzeich- 
>b  cathilt  daher  die  bayeriseheo  Prosramme  njcht;  doch  vgl.  S.  171. 
')  Gegenwartis  siod  esfolgeode:  I.  Mieder-Österreich:  1.  Krems, 
1  OhcrholUbroBo,    3.  Wiener  fjeastadt,    4.    Wieo:  Akadem.  G.,    5.  Praoz 
J9W]4-StaaU-G.,  6.  Sophiea-SUaU-G.,  7.  Erzherzog  Raioer-Staats-G.,  8.  Staats- 
6.  L  3.  Bez.,    9.  £Iisabeth-StaaU-G.,   10.    8Uats-G.  i.  6.  Bez.,    11.  dgl.  im 
S.  Bez^  12.  Mazimiliao-SUato-G.,  13.  Karl  Ladwig-Staata-G.,  14.— 16.  Staats- 
^.  i.  13.,  17.  and  21.  Bez.  (Plorisdorf).    II.  Ober-Österreich:  17.  Frei- 
stadt,  18.  Lioz,    19.  Ried.     III.   Salzburg:    20.    Salzbnrg,    StaaU-G.    IV. 
Steiermark:    21.  Cilli,   22.  n.  23.  Graz,  1.  a.  2.  StaaU-G.,  24.  Leobea,  25. 
Harbarg.     V.  Karoten:  26.  Klageafart,  27.  Villach.     VI.  Krain:  28.  Lai- 
ftach,  1.  SU«U-G.,   29.  Rndolfswert.     VII.    Küstenland:    SO    Capodistria, 
31.  Gorx,  32.  Pola,  33.  Triest.     VITI   Tirol:   31.  Hall,    35.  loosbrock.  IX. 
Vorarlberg:    36.  Feldkirch,   SUato-G.,    37.    dgi.  Priv.-G.  d.  Ges.  Jesu  an 
^r  „Stella  netaiiaa".    X.    Böhmen:     38.    Bndweis,   39.  Eger,  40.  Lands- 
troa,   41.  Böha.-Leipa,    42.    Leitmeritz,    43.    Mies,   44.    Prag:    DeaUcbes 
:^ats-G.    «.    d.  AltsUdt,    45.   dgl.  a.  d.  Neustadt   (Graben),    46.    dgl.  a.  d. 
^Xeosladt   (SteplKBSgaase),    47.    dgl.  a.  d.  Kleinseite,   48.  Privat-Unter-G.  d. 
6nf  Strakesebeo    Akademie;    49.  Saaz,    50.   Kgl.    Weinberge   (Prag).     XI. 
üäkren:    51  u.  52.    Bronn,    1.    nnd    2.    DenUches    Staats-G.,    53.    Ung.- 
Hniiscb     54«   1$^*^*   ^^-  Kremsier,    56.  Nikolsborg,  57.  Olmütz,  58.  Mahr.- 
Tribau.  59    Mihr.'WeiükirOktü,  60.  Znaim.    XII.  Schlesien;:    61.  Bielita, 
6^  PrimAek     63.    Teaeheo,   StaaU-G ,  64.   dgl.  SUaU-OR.,  65.  Troppaa,  66. 
iVeideiua    'XIII-     Gnlixiea:   67.  Brody,  68.  Lemberg,  2.  SUatsG.    XIV. 
Sokowie«-  69.    Ciernoiritz,   1.    Staats-G.     XV.  Dalmatien:    — .   Diese 


170  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.    höh.  Sehalen, 

nisses  10  Siebenbürgen^)  und  einige  Anstalten  der  Schweiz^;  end- 
lich gehen  c)  den  beteiligten  Anstalten  noch  die  VorlesungsTer- 
zeichnisse  bezw.  Abhandlungen  von  20  deutschen  und  5  aus- 
ländischen Universitäten')  zu. 

ß)  Einzelbestimmanngen: 

t.  Anfang  November  jedes  Jahres  ist  jede  Regierung  im  Be- 
sitz der  Titel  der  im  nächsten  Jahre  von  ihren  Anstalten  aus- 
zugebenden Abhandlungen. 

2.  Mitte  November  sendet  jede  Regierung^)  das  Verzeichnis 
darüber  an  die  Teubnersche  Verlagsbuchhandlung,  die  danach  ein 
mit  fortlaufenden  Nummern  versehenes  Gesamtverzeichnis  (nach 
Staaten,  innerhalb  dieser  nach  Schularten,  innerhalb  dieser  nach 
Orten  alphabetisch)  drucken  läßt  und  in  2  Exemplaren  direkt 
an  die  Direktoren  der  Schulen  (auch  an  die  Universitäten, 
Ribliotheksvorstände  und  Schulbehörden)  versendet^).  Diese  senden 
binnen  14  Tagen  an  Teubner  eins  der  Verzeichnisse  zurück,  mit 


69,  deren  Berichte  nur  an  die  Gymnasien  in  Preußen,  Sachaen, 
Württemberg  und  Baden  geliefert  werden,  sind  nur  ungefähr  Vs  ^^^ 
Anstalten  mit  ausschlieBlich  oder  vorzugsweise  deutscher  Unterrichtssprache. 
Die  Sprache  der  genannten  Programme  ist  in  67  Fallen  die  deutsche,  je 
einmal  italienisch  (Nr.  30)  und  böhmisch  und  deutsch  (Nr.  48).  Die 
Realanstalteo  fehlen  —  mit  einer  Ausnahme  (Nr.  64)  —  ganz.  Die 
ileihenfolge  der  Krooländer  ist  die  übliche,  die  der  Anstalten  entspricht  der 
von  Jos.  Di  vis  in  seinem  Jahrbuch  d.  höheren.  Unterrichtswesens  in  Öster- 
reich mit  Einschluß  der  gewerblichen  Fac/ischulen  und  der  bedeutendsten  Er- 
ziehungsanstalten (XX  (1907)  Wien,  F.  Taropsky.  VIII,  594  S.  10  JC-)  be- 
folgten. Dies  (in  Deutschland  recht  wenig  bekannte)  Jahrbuch  zeichnet  sich 
vor  Teubners  Statistischem  Jahrbuch  und  dem  Kuazt- Kalender  dadurch 
aus,  daB  es  auch  die  Universitäten  und  andere  Anstalten  mit  Hochschul- 
Charakter  enthalt  Andrerseits  ist  es  wegen  des  dadurch  bedingten  größeren 
Umfanges  und  der  eleganten  Ausstattung  erheblich  teurer.  Ein  für  den 
„Anslnnder^^  (und  vermutlich  auch  für  den  Inländer)  sehr  empfindlicher,  aber 
doch  wohl  abzustellender  Mangel  ist  es,  daß  statistische  Übersichten 
(Zahl  und  Art  der  Anstalten,  Unterrichtssprache  u.  a.  m.)  ganz  fehlen.  JXicht 
einmal  mit  Nummern  sind  die  einzelnen  Schulen  versehen;  wer  ihre  Zahl 
und  Art  nach  Kronländern  oder  im  ganzen  feststellen  will,  mufi  das  ganze 
Buch  durchzählen  oder  sich  das,  was  er  sucht,  aus  dem  Ortsverzeichnis  mühsam 
zusammenstellen.     Dabei  besteht  das  Jahrbuch  nun  schon  20  Jahre. 

^)  Bis tritz,  Hermannstadt,  Kronstadt,  Mediasch,  Mühlbuch, 
Sächs.-Regen  und  SchäBburg. 

')  Basel  G.,  La  Chauz-de-Fonds,  G.  et  cc.  sup.  des  jeunes  filles, 
Zürich,  höh.  Töchtersehule  der  Sudt  Z. 

^)  Der  deutschen  mit  Ausnahme  von  Erlangen  und  München; 
von  ausländisch]en  sind  für  1907  angekündigt  die  Verzeichnisse  von 
Antwerpen,  Basel,  Dorpat,  La  Chaux-de-Fonds  und  Zürich. 
Dazu  kommt  der  Jahresbericht  des  KaiserL  Deutschen  archäol.  Instituts  (S.-A. 
aus  dem  Archäolog.  Anzeiger). 

*)  In  Preufien  die  einzelnen  Provinzial-Scbulkollegien  (Vfg.  vom 
10.  März  1884). 

B)  Das  Verzeichnis  für  1907  (26  S.  4^.)  weist  927  auf  den  Programmen 
selbst   (untere  Ecke   links)   zu    wiederholende    Nummern  der  Anstalten   des 


von  R.  Ullrich.  171 

BeieichnuDg  derjenigen  Anstalten,  deren  Abhandlungen  bezw.  Be- 
richte gewünscht  werden. 

3.  Die  Verlagshandlung  teilt  dann,  womöglich  noch  vor  Ende 
des  Jahres,  jeder  Anstalt  mit,  wieviel  Exemplare  ihres  Programmes 
gebraucht  werden,  so  daB  danach  die  Stärke  der  AuQage  bemessen 
werden  kann;  sie  darf  aus  buchhändlerischen  Rücksichten  einige 
Exemplare  mehr  bestellen. 

4.  Die  fertigen  Programme  jeder  Anstalt,  denen  die  betr. 
\umnner  des  Teubnerschen  Verzeichnisses  auf  dem  Titelblatt 
(unten  links)  aufgedruckt  wird,  sind  unmittelbar  nach  Eracheinen 
direkt  an  Teubner  einzusenden,  der  die  Weitersendung  über- 
nimmt. 

5.  Die  Portokusten  der  Zusjendung  trägt  der  Empfänger. 

6.  Jede  beteiligte  Anstalt  zahlt  zur  Deckung  der  Kosten  einen 
Jahresbeitrag  von  9  ^^  an  Teubner. 

7.  Die  Programme  werden  alle  in  gleichem  Format  gedruckt 
(beschnitten  2572X20^/2  cm;  s.  0.  S.  97  Anm.  2). 

y)  DerVerlaafin  der  Praxis: 

Aaf  Grund  dieser  Bestimmungen  hat  sich,  was  den  Empfang 
der  Programme  betrifft,  jetzt  im  allgemeinen  folgende  Praxis 
Iierau9gestellt:  Ende  Juni  oder  Anfang  Juli  trifft  die  Hauptsendung, 
enthaltend  fast  alle  Programme  Norddeutschlands  uud  die  Vor- 
lesungsverzeichnisse der  Universitäten  für  das  Sommerhalbjahr, 
M  den  beteiligten  Ansialten  ein.  Um  die  Jahreswt^nde  folgt  die 
mie,  kleinere  Sendung  mit  den  nachgelieferten  Programmen 
Dorddeutscher  Anstalten,  den  Programmen  der  süddeutschen 
Staaten,  Österreichs  u.s.  f.  und  den  Verzeichnissen  der  Univer- 
sitäten für  das  Winterhalbjahr  auf  Grund  eines  zweiten  kurzen 
Verzeichnisses,  welches  die  Änderungen,  bezw.  Berichtigungen  des 
enten  Verzeichnisses,  sowie  insbesondere  die  Titel  der 
bayerischen  Abhandlungen  angibt.  In  bezug  auf  die 
Lieferung  der  letzteren  wird  jetzt  so  verfahren:  Sie  werden 
„sämtlich  an  diejenigen  Schulen  gesandt,  welche  eine  Abhand- 
lung geliefert  und  alle  Programme  oder  alle  Abhandlungen  ver- 
langt haben.  Der  Best  steht  den  Schulen,  welche  gewählt  und 
eine  Abhandlung  geliefert  haben,  und  in  letzter  Linie  den  übrigen 
Schulen  zur  Auswahl  zur  Verfügung,  soweit  der  Vorrat  reicht*' 
(Mitteilung  Teubners  in  dem  zweiten  Verzeidinis). 


Deitjclieo  Reiches  (aofler  Bayern;  vgl.  darüber  obeo)  iiod  die  Ver- 
uidiaiste  voo  20+5  üoiversitStan  (Anm.  3),  sowie  die  7  siebeDbärsiscIien 
Aostaltes  (Aom.  ])  aaf.  Ober  die  69  öslerreiohischen  Aostalten, 
dertu  Berichte  jetzt  nach  Daatsehlaod  so  iLomneo  pfle^^eo, 
liegt  keto  ^edracktes  Verzeicbois  vor.  Sie  sind  daher  oben 
(S.  169  Aon.  3)  besonders  aufgeführt,  aai  jeden  Interesseoteo 
leieht  zu  orieatieren. 


172  Programmwesen  and   Programmbibliothek    d.  höh.  Schaleo, 


6)  Sood  er  ta  aschverkehr  : 

Außer  diesem  allgemeinen  Tauschverkehr  bestand  schon  vor 
1875  und  besteht  noch  heute  ein  amtlicher  Sondertausch 
zwischen  den  Anstalten  der  kleineren  deutschen  Staaten  inner- 
halb der  Landesgrenzen,  zwischen  Bayern  und  Österreich 
(vgl.  o.  S.  107,  Nr.  LXXKXVF) ^),  sowie  ein  h  a  Iba  m  tl  i  c her  zwischen 
den  Anstalten  größerer  Städte,  so  z.  B.  zwischen  denen  Berlins 
und  der  meisten  Vororte  der  Reichshauptstadt.  Die  Ein- 
richtung hat  den  großen  Vorteil,  daß  diese  Schulen  die  Pro- 
gramme ihres  engeren  Interessenkreises  sehr  bald  nach  Erscheinen 
erbalten  und  für  diese  nicht  auf  das  Eintreffen  der  Teubnerschen 
Sendungen  zu  warten  brauchen.  — 

Damit  die  Programme  den  Unterrichtsbehörden  selbst  sofort 
unmittelbar  zugänglich  werden,  haben  endlich  sämtliche  Ver- 
waltungen Bestimmungen  darüber  getroffen»  daß  eine  bestimmte 
Anzahl  von  Exemplaren  unmittelbar  nach  Erscheinen  an  die 
Zentralbehördjen  einzusenden  ist  (vgl.  z.  B.  oben 
Bibliogr.  Abt.  2,  Nr.  XLV  und  LVIIIb).  Ober  die  Einsendun^c 
an  wissenschaftliche  Institute  u.  ä.  s.  o.  S.  148. 

Gegenstand  amtlicher  Verfügungen  ist  seit  1 875  der  Pro- 
grammentausch, soviel  mir  bekannt,  nicht  gewesen.  Ein  wohl 
mit  den  Verfügungen  von  1878  und  1879  (Bi6It'o^.  Nr.XXXlXc, 
vgl.  0.  S.  147)  in  Verbindung  stehender  Vorschlag  des  preußischen 
Ministeriums  vom  Januar  1881,  der  den  übrigen  Regierungen 
gemacht  wurde  in  der  Richtung,  daß  ein  Recht  auf  Teilnahme  am 
Tausch  nur  den  Anstallen  zustehen  sollte,  die  selbst  eine  Ab- 
handlung veröffentlicht  hätten'),  scheint  praktische  Folgen  nicht 
gehabt  zu  haben.  Daß  eine  nun  30  Jahre  bestehende  Einrichtung 
im  einzelnen  hier  und  da  verbesserungsfahig  sein  mag,  ist 
natürlich,  und  einiges  hierauf  Bezügliche  wird  später  (in 
Teil  II  2)  zur  Sprache  kommen.  An  den  Grundlagen  der 
ganzen  Einrichtung  aber  zu  rütteln  —  etwa  vom  Sonderstand- 
punkte einzelner  Staaten  aus  —  scheint  mir  nicht  wohlgetan. 
Es  wurde  die  alte  Zersplitterung  aufs  neue  herbeiführen  und 
ein  deutsches  Erbübel  im  ungünstigsten  Liebte  zeigen. 


^)  Aach  wohl  noch  zwitcheo  Bayern  nod  Baden.  Wenigstens 
wurde  in  Baden  noch  1S75  unter  Hinweis  anf  den  Umstand,  daß  Bayern 
dem  allgemeinen  Taaschverkehr  nicht  beigetreten  aei,  ausdrücklich  anter 
Heranziehung  früherer  Verrdgungen  (30.  Juli  1871  und  16.  M&rx  1872)  her- 
vorgehoben,  daß  der  früher  in  Obung  gewesene  Sonderaustaaseh  zwischen 
bayerischen  und  badischen  Anstalten  durch  die  Neuordnung  von  1875  keinen 
Eintrag  erleiden  solle  (Joos  S.  440  o.). 

>)  Vgl.  ZUchr.  /.  d,  GfT,  XXXV  (1881)  S.  766.  Ober  Bayern  vgl. 
0.   S.  171  n. 


von  R.  Ullrich.  173 

e)  Bestimmungeo  über  das  Äußere  der  Programme 
(Titel,  Format),  ihren  Umfang  and  ihre  Kosten. 

Recht  wesentlich,  wenn  auch  leider  oft  gerade  von  den  am 
meisten  interessierten  Kreisen  unterschätzt,  sind  gewisse  Äuäer- 
lichkeiten  der  Programme,  insbesondere  Titel  und  Format, 
zumal  für  die  Katalogisierung  und  die  leichte  Einordnung  in  den 
Bibliotheken. 

Nicht  allzu  lange  nach  der  Neuordnung  des  Prograromwesens 
überhaupt  mußte  daher  schon  1841  {Bibliogr.  Abt.  2,  Nr.  XXXiVc) 
zuerst  die  preußische  Regierung  unter  ausdrücklichem  Hinweis 
auf  die  Erleichterung  der  Katalogisierung  darauf  aufmerksam 
machen,  daß  der  Titel  ordnungsmäßig  abzufassen  sei,  nämlich 
1.  Den  Namen  der  betr.  Anstalt,  2.  Ort,  3.  Schuljahr,  4.  Veran- 
Li^soDg^),  5.  Inhalt  und  6.  die  Vornamen  und  den  Zuoamen  des  Ver- 
fassers der  den  Schulnachrichten  vorangehenden  wissenschaft- 
lichen Abhandlung  bestimmt  und  vollständig  enthalten  müsse. 
Kese  Bestimmungen  bedürften,  wie  gleich  hier  bemerkt  werden 
mag,  wiederholter  Einscbärfung;  denn  es  kommen  auch  heute 
immer  noch  zahlreiche  Ungenauigkeiten  vor,  besonders  in  bezug 
aaf  Nr.  6 '),  so  oft  sie  auch  von  Fachmännern,  insbesondere  auch 
Ton  Bibliothekaren  großer  Bibliotheken,  gerügt  worden  sind.  Diese 
Dinge  sind  heute  um  so  wesentlicher,  als  wenigstens  im  Deutschen 
Reiche  jetzt  (vgl.  den  Abschnitt  u.S.  174  IT.  über,,  Kosten'')  Abhand- 
lungen und  Berichte  meist  getrennt  ausgegeben  werden,  wobei 
es  aber  immer  noch  vorkommt,  daß  die  Zusammengehörigkeit 
beider  Teile  in  den  Titeln  nicht  ausreichend  bezeichnet  wird.  Es 
i»t  z.  B.  gelegentlich  weder  festzustellen,  ob  zu  einem  Jahresbericht  eine 
Abhandlung  erschienen  ist'),  noch  zu  welchem  Jahresberichte  eine 
solche  gehört,  so  daß  gewissenhaften  Bibliothekaren  und  auch 
anderen  Benutzern  mancher  Verdruß  erwächst. 

Noch  schlimmer  steht  es  mit  dem  Format.  In  den  ersten 
Jahrzehnten  nach  1824  herrschte  das  Quartformat  vor.  In 
Preußen  wurde  es  1824  (Bibliogr.  Abt.  2,  Nr.  XXX,  Abs.  1) 
aasdruckiich  vorgeschrieben  (doch  ohne  genauere  Bezeichnung  der 
Größe),  in  den  andern  deutschen  Staaten,  auch  in  Bayern 
<s.  u.),  war  es  üblich,  nur  in  Baden  wurde  1862  (Nr.  LVI)  das 
f'benfalls  bisher  gebräuchliche  Quart  durch  ein  kleines  Oktav 
(nach  den  Berichten  aus  jener  Zeit  etwa  20X12^  cm)  ersetzt. 
Aus  naheliegenden  praktischen  Gründen  bestimmte  man  1875  bei 


^)  Die  öffentliche  PriifoD^;  sie  ist  jetzt  wcDissteos  in  NorddeutschUod  zu- 
■eist  weCKefallen. 

3)  Vgl.  dazu  die  Vfg.  vom  2  1.  A  p  r  i  1 1 8  86  (fF Me-Kübler  II  (1888)  S.  489; 
8.  o.S.  96,IVr.  XXXlVd). 

')  )o  der  oeaesten  VerfdgiiDg  Badens  vom  1 S.  Jaoi  1 904 {ßibliogr* 
jfbt.  2  fir.  LXIb)  wird  daher  unter  Nr,  2,  j4bs,  2  auf  die  .Notweodiskeit 
dieser  Bezeichnung  mit  Recht  hingewiesen. 


174  Programmweseo  uod   Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

Gelegenheit  der  Einrichtung  des  allgemeinen  Tauschverkehrs  auch 
ein  allgemeines  Format  der  Programme  ausdrucklich  (Quart: 
25|x20icm;  s.  o.  S. 97  Anm.2  u.  S.  171  u.  Nr.  7).  Baden,  dessen 
Programme  vorher  12  Jahre  lang  in  8*^  erschienen  waren,  ging  in- 
folgedessen wieder  zu  4®  über  (Nr.  LVlil,  LIX;  vgl.  auch  LXIb), 
wogegen  umgekehrt  Bayern,  das  auch  dem  allgemeinen  Tausch- 
verkehr nicht  beigetreten  war,  gerade  zu  dieser  Zeit  mit  Rück- 
sicht auf  das  Format  seines  Minisierialblaites  (Bibliogr.  Abi.  7. 
Nr.  XVIII)  V  mit  gr.  8°  verUuschte  (s.  o.  S.  101  Anm.  2  und 
Bibliogr.  Abt,  4,  Nr.  82).  Leider  hat  die  Festsetzung  des  gleichen 
Formals  vom  Jahre  1875,  die  für  die  Zwecke  aller  Bibliotheken 
geradezu  wesentlich  ist,  nicht  durchweg  die  erwünschten  praktischen 
Folgen  gehabt.  £s  herrscht  heute  ein  wirres  Durcheinander; 
wenn  das  Format  etwas  kleiner  ist  als  251x20}  cm,  so  schadet 
das  nicht  viel,  es  kommen  aber  auch  Größen  von  28  und  29  cm 
Höhe  und  entsprechender  Breite  vor,  und  das  ist  ungemein 
störend.  Sollte  Einheit  hier  wirklich  nicht  zu  erreichen  sein? 
Es  wäre  zu  wünschen,  daß  die  Regierungen  einige  Jahre  hin- 
durch ihre  Anstalten  jedesmal  vor  der  Drucklegung  beizeiten  auf 
die  vergessene  Bestimmung  ausdrucklich  hinwiesen,  bis  sie  sich 
eingebürgert  hat.  In  Österreich  wurde  1875  {Bibliogr,  Abu  2, 
Nr.  LXXXXVII)  in  §  6  der  großen  Hauptverfügung  dasGr.  8^- 
Format,  das  schon  vorher  vielfach  gebraucht  worden  war,  be- 
stimmter auf  24X16  cm  festgesetzt,  ohne  daß  auch  hier  völlige 
Gleichheit  zu  erreichen  gewesen  wäre.  Doch  sind  Abweichungen, 
besonders  nach  oben  hin,  seltener  als  bei  den  deutschen  Pro- 
grammen. Die  Anstalten  Siebenbürgens  sind  dagegen  meist 
den  Bestimmungen  des  allgemeinen  Tauschverkehrs  gefolgt  und 
geben  ihre  Programme  in  4^  heraus. 

Eine  sehr  wichtige  Frage  endlich  betrilTt  den  Umfang  der 
Programme  und,  was  natürlich  eng  damit  zusammenhängt,  die 
Kosten.  Die  Diskussion  hat  sich  gerade  mit  der  Kosten  frage 
lebhaft  beschäftigt  und  ist  nicht  selten  gerade  aus  dieser  Rück- 
sicht, indem  sie  gewaltige  Rechnungen  von  Hunderttausenden,  ja 
Millionen^)  aufmachte,  zur  Verurteilung  der  Einrichtung,  insbe- 
sondere der  Abhandlungen,  gekommen;  die  Praxis  mancher 
Finanzverwaltung  ist  —  aus  gleicher  Rücksicht  —  gern  ge- 
folgt. Indem  ich  für  alle  Einzelheiten  auf  den  nächsten  Abschnitt 
(B)  verweise,  gebe  ich  hier  zunäclist  eine  Obersicht  darüber,  wie 
die  Behörden  sich  zur  Sache  gestellt  haben  —  soweit  es  auf 
Grund  des  gedruckten  Materials,  unter  gelegentlicher  Heran- 
ziehung anderer  bisher  nicht  gedruckter  Maßnahmen,  möglich  ist. 

Der  preußischen  Unterrichtsverwaltung,    die  in  den  ersten 


^)  Wenn  mao  bis  aaf  die  ersten  Programme  (alten  Stils)  zaruck^eht» 
also  etwa  bis  ins  16.  and  17.  Jahrhandert,  kann  man  vielleieht  so^ar  anf 
Milliarden  kommen. 


voo  R.  UUrieh.  175 

Jalirzehnlen  Dach  den  unerhörten  Leiden  und  Opfern  des  Staates 
Yoo  I806~18t5    für    die   Neugestaltung    des    ganzen    Bildungs- 
wesens erhebliche  Mittel  aufwenden  sollte,    bereitete  wie  anderes 
auch    die    Durchfuhrung    der    als    notwendig    und    nützlich    er- 
kaoDlen  Einrichtung  des  Programmwesens  nicht  geringe  finanzielle 
Sorgen.     Man    liest    das    aus  den  Berichten   jener  Zeit  deutlich 
genug  heraus.    So  enthielt  gleich  die  erste,   schon  so  oft  heran- 
gezogene   Hauptverfugung   von  1824  (BtWogr,  Abt.  2,  Nr.  XXX) 
im  Abs,  VI  zwar    die  Bestimmung,    die  Kosten    des    Programmes 
sollten  aus  den  etatsmäßigen  Fonds  des  betr.  Gymnasiums  gedeckt 
werden,  fügte  aber  hinzu,  sie  sollten,  falls  diese  Mittel  nicht  aus- 
reichten, ^,mittelst  eines  von  sämtlichen  Schülern  des  Gymnasiums 
auCzubringenden,    von    dem    Kgl.    Konsistorium    (vgl.   o.  S.  1 67) 
näher    zu    bestimmenden    außerordentlichen  Beitrages*'  bestritten 
werden.     Das  Bedenkliche  einer  solchen  Maßregel  ^),  deren  Durch- 
führung   der  Rechtsgrund    gefehlt   hätte,    war   auch    damals  den 
maßgebenden  Persönlichkeiten  nicht  entgangen'),    und  so  wurde 
denn     ebenso    einerseits    1824  (a.  a.  0.)    bestimmt,    es   sollte  in 
jedem     Etat   eine   angemessene   Summe    für   den    Zweck  ausge- 
worfen, wie  bald  darauf  1828  (Nr.  XXXII  b),    es  sollte  „der  Be- 
'jag  des  Fehlenden  als  Mehrausgabe  nachgewiesen*'  werden.    Zü- 
rich heben  aber  beide  Verfügungen  hervor,  daß  unter  der  Vor- 
aussetzung mäßiger  Ausdehnung  der  Abhandlung  der  Umfang  des 
(ganzen)   Programmes  sich  auf  2 — 3  Bogen  in  4"   beschränken 
solle.     In   der    Tat    halten    die    Programme    in    den    einfachen 
Sdittlverhältnissen   jener   ersten    Zeit   die   Grenze   von   3  Bogen 
i:=24  S.)    in    der  Regel    ein;    meist    ist  es  so,  daß  auf  die  Ab- 
handlang Vs9  auf  die  Schulnachrichten  ^/s  kommt.    Schon  in  den 
dreißiger    Jahren   aber   wurde   es  nicht  selten  anders.     Mit  dem 
Erstarken  des  wissenschaftlichen  Lebens  im  höheren  Lehrerstande 
wachs    auch    das  Bedürfnis,  sich    an    größeren  Aufgaben  zu  ver- 
suchen.    Die    Ereignisse    des  Schuljahres    wurden    mannigfaltiger 
and  brauchten  mehr  Platz,  um  in  einem  Berichte  veranschaulicht 
zu  werden.    So  wurde  der  Umfang  verdoppelt,  auch  verdreifacht. 
Al^esehen  aber  davon,  daß  die  Mittel  des  Staates    und    der  Ge- 
meinden   sich  hoben,   ist  gerade  im  Verhältnis   zu  dem  heutigen 
Zustande   auch    der  äußere  Gesichtspunkt   zu  beachten,  daß  das 


*)  Anders  zn  beort«ileo  sind,  wie  in  diesem  Znstmnienhange  bemerkt 
werden  Bag,  die  in  Österreich  nocli  heute  bestehenden  bestimmten,  von 
jedcB  Schüler  zu  leistenden  sog.  „Lehrmittelbeiträge**;  vgl.  über  sie, 
saeh  im  Zosnmmenhang  mit  den  dort  im  Vergleich  zu  unseren,  besonders 
norddeatsehen  Verhältnissen  erheblich  niedrigeren  Schnlgeldsätzen 
meine  Bemerkungen  in  Reins  EnzykL  Hdb.  d.  Päd.  Bd.  >  V  (1906)S.  43i. 
Doeh  bemhea  diese  Beiträge  anf  gesetzlicher  Grundlage. 

3)  Wiese,  Das  höh.  Sehuho.  i,  Preußen  11  (1S69)  S.  704  erwähnt 
salehe  sich  ao  die  Frage  knüpfenden  „Erwägungen^*,  ohne  diese  indes  selbst 
naher  mitzo teilen. 


176  Programm weseo  aod  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalen, 

sog.  4^'Format  der  Programme  jener  älteren  Zeit  meist  ein  sehr 
kleines  ist  (etwa  23x18  cm)').     Es  steht   nicht    viel    auf  diesen 
Blättern  (mit  übrigens  meist  —  im  Gegensatz  zu    heute  —  vor- 
trefllichem  Papier  und  breitem  Rande),    oft  weniger  als  wir  jetzt 
bei    einem  Format    von    gr.  8®    zu    finden    gewohnt    sind.     Die 
preußische  Regierung  ist  dann    auf  die  Frage  des  Umfanges,  so- 
weit es  sich  wenigstens  aus  gedrucktem  Material  ersehen  läßt,  später 
nicht  näher  eingegangen,   sondern    hat    diese  Sache  sich  so  ent- 
wickeln lassen,  wie  es  durch  die  tatsächlichen  Verhältnisse   selbst 
bedingt  war.     Eine  „Abhandlung**    sollte    ja    doch    kein    „Buch" 
werden,    und  von   besonderen  Ereignissen   abgesehen,   wie  Schul- 
Jubiläen  u.  ä.,    die  nicht  bloß  im  Jahresbericht  eingehendere  Mit- 
teilungen  erforderten,  sondern    auch   nicht   selten  Anlaß    zu  be- 
sonderen,   umfänglichen  Darstellungen    der  „Geschichte    der  An- 
stalt** in  der  „Beilage**  wurden,  bewegte  sich  ja  ein  Schuljahr  in 
der  Regel  in  bestimmten  Bahnen,   die  dann  im  Jahresberichte  in 
Kurze    noch    einmal    durchlaufen    wurden.     Auch  die  Zeit    der 
Direktoren,    die  Jahr    für   Jahr    zur  Berichterstattung  verpflichtet 
waren,    setzte    dem    Umfange    natürliche  Grenzen.    Nur    in   den 
Reformplänen    von    1866    {Bibliogr.  Abt.  2,  Nr.    XXXVf;  s.  auch 
oben  S.  146)  tritt  gelegentlich    der  Gedanke  einer  Beschränkung 
des  Tauschverkehrs  hervor,  in  der  Weise,  daß  an  auswärtige  An- 
stalten künftig  nur  die  mit  Abhandlungen  versehenen  Programme 
zu  senden  wären  —  worin  ja  zugleich  eine  wenn  auch  unwesentliche 
Ersparnis  enthalten  war.     Da  nun  tatsächlich  seit  der  Aufhebung 
der  Verpflichtung    der  Lehrer    zum    regelmäßigen  Schreiben  von 
Programmabhandlungen  in  Preußen  im  Jahre  1875  (s.  o.  S.  147) 
nach  und  nach  eine  relative  Abnahme  der  Zahl  der  Beilagen  einge- 
treten ist,  sind  natürlich  auch  die  Kosten  gegenüber  dem  50  jährigen 
Zeitraum  von  1825 — 1875    relativ  gesunken    —    wobei    selbst- 
verständlich —  was  oft  übersehen  worden  ist  —  das  Steigen  der 
Druckerpreise  berücksichtigt  werden  muß.    Eine  amtliche,  gaaz 
zuverlässige    Statistik    darüber,     was  etwa  heute    die  Programme 
(Jahresberichte  und  Abhandlungen)  im  einzelnen  wie  im  ganzen 
kosten,  liegt  nicht  vor.    Sie  könnte,  wenigstens  für  die  staatlichen 
Anstalten    einmal    unternommen,    recht    interessante    und    lehr- 
reiche Ergebnisse  liefern,    auch    bezüglich   des  Unterschiedes  der 
Herstellungskosten  im  Osten  und  Westen,    in  großen  und  kleinen 
Städten  u.  s.  f.     Nur  Wiese  hat  zweimal,  natürlich  auf  amtliches 
Material  gestützt  —  weswegen  seine  Angaben  hierher  gehören  — 
die  Gesamtkosten    der    „von    sämtlichen  preußischen  höheren 
Lehranstalten  veröffentlichten  Programme*'*)    angegeben,   nämlich 


^)  So.  z.  B.  bei  sämllichea  Pro^rammea  von  Glaiz  (s.  Tabelle  hinter 
S.  160)  voD  1825— 1S49,  auch  bei  OotzendeD  tpderer  Aostalteo,  deren  Pro- 
gramme mir  io  gaazea  Seriea  vorliegpeo. 

')  Diese    köonea    hierbei    wohl    nur   als  „AbhaDdloDj^eD  a  q  d  Jahres- 


voo  R.  Ullrich.  t77 

für  die  Jabre  1868  und  1S73.  Für  den  ersten  Zeitpunkt^)  be- 
rechnete er  sie  auf  ca.  24500  Taler  (ca.  73500  tJC),  für  den 
andern')  (einschließlich  der  Versendung!)  auf  ca.  39000  Taler 
(ca.  1 17  000  o40.  Im  Jahre  1868  betrug  nun  die  Zahl  der 
preußischen  höheren  Lehranstalten  304  (Anfang  1869  unter  Ein- 
rechnung  der  neuen  Provinzen  Schleswig- Holstein,  Hannover  und 
Hessen-Nassau  392)'),  Anfang  1874  (womit  man  Ende  1873  un- 
gefähr gleichsetzen  kann)  aber  438*),  wovon  man  mit  Rücksicht 
auf  das  Programmwesen  aber  natürlich  die  im  Laufe  des  Jahres 
186S  bezw.  1873  gegründeten  23  bezw.  10  Anstalten'^)  abziehen 
muß,  so  daß  sich  die  Zahl  derjenigen,  die  tatsächlich  Pro- 
gramme veröffentlichten,  für  1868  auf  281  (mit  denen  der  neuen 
Provinzen  369),  für  1873  aber  auf  428  belief.  Für  den  ersten 
der  bezeichneten  Zeitpunkte  bleibt  übrigens  bei  Wieso  eine 
kleine  Unklarheit  bestehen,  insofern  er  zwar  (II  S.  709)  von 
sämtlichen  preußischen  höheren  Lehranstalten  spricht,  andrer- 
seits aber  (ebenda  S.  511)  in  der  Gesamt  Statistik  für  1S68  die 
Anstalten  der  neuen  Provinzen  noch  nicht  mitzählt.  Man  wird 
also,  so  lehrreich  ein  Vergleich  zwischen  1868  und  1873  wäre, 
gut  tun,  der  Versuchung  zu  widerstehen,  um  Irrtümer  zu  ver- 
meiden; und  es  wird  richtiger  sein,  allein  seine  Angaben  für  1873 
anter  Abzug  von  10  einer  Durchschnittsberechnung  zugrunde  zu 
legen.  Danach  ergäbe  sich  unter  der  Voraussetzung,  daß  die 
bHr.  Kosten  für  die  städtischen  Anstalten  miteinbezogen  sind 
(0.  S.  176  Anm.  2),  für  die  Programmkosten  von  Ostern  1873  ein 
Durchschnitt  von  ca.  117  000  JC:  428,  also  etwa  273  JC  für 
Abhandlung  und  Schulnachrichten  jeder  Anstalt,  ein  Betrag,  den 
man  selbst  für  die  damalige  Zeit  als  sehr  gering  bezeichnen  muß, 
wenngleich  sich  die  Summe  natürlich  im  einzelnen  sehr  ver- 
schieben wird,  da  die  Gymnasien  fast  durchweg  nur  Berichte  mit 
Abbandlungen  veröffentlichten,  die  unvollständigen  Anstalten  aber 
häufig  Berichte  allein  herausgaben.  Gelänge  es,  was  nur  den 
v«»reinten  Kräften  vieler  möglich  wäre,  den  durchschniltlichen 
Umfang  der  gesamten  Programme  für  jene  Zeit  in  den  einzelnen 
Provinzen  (bezw.  großen  und  kleinen  Städten)  und  für  die  ganze 


kerickttt"  verstaoden  werden,  da  eioe  Sooderuog  beider  Teile  damals  oicht 
bblich  war.  DbB  dem  damali^eo  Dezerocotea  für  das  höhere  Schul w^eo  in 
Preofien  aoch  die  ReebooQ^eo  der  stSdtischeo  Patrooate  eiazelo  vor« 
gelefea  babeo,  würde  ao  sieh  zweifelhaft  scbeioeo,  ist  aber  wohl  aozu- 
achaea,  da  er  aa  den  betreffenden  Stellen  einen  besonderen  Vorbehalt 
aicht  macht. 

1)  Wiese,  Das  höh.  Schulw.  i.  Preußtn  11  (1869)  S.  709. 

3)  Ebenda  IH  (1874)  S.  59. 

•)  Bezw.  395;    v;I.  Wiese  a.  a.  0.  II  S.  511. 

«)  Ebenda  III  S.  381;  jedenfalls  schließt  die  Angabe  für  Anfang  1874 
die  Programme  von  1873  mit  ein,  worauf  es  hier  hauptsächlich  ankommt. 

^)  Nach  einer  aof  Grand  der  Einzelangaben  bei  Wiese-Irmer  (s.  o. 
S.  S9  Anm.  2)   Bd.  IV  von  mir  angestellten  Sonderberechnuag. 
Zcita^hr.  f.  d.  07xiisM*»lweseD.    LXT.    2.0.3.  ]2 


ilS  ProfSFämmTiitseB  uod    Programmbibliothek  d.  höh.  Scholeo, 

Monarchie  zu  berechnen,  so  wurde  man  gleichzeitig  auch  auf 
diesem  Gebiete  einen  wichtigen  Beitrag  für  die  Druckerpreise  des 
Jahres  1873  im  Vergleich  zu  heute  erhallen,  wobei  dann  freilich 
wieder  die  gerade  damals  eingetretene  unnaturliche  Steigerung  der 
Löhne  in  Betracht  zu  ziehen  wäre  —  kein  leichtes  Unternehmen. 
Nimmt  man  aber  etwa  für  1873  den  durchschnittlichen  Umfang 
eines  Gesamtprogramms  —  unter  besonderer  Berücksichtigung 
des  Umstandes,  daß  schon  ein  kleiner  Prozentsatz  von  ihnen 
ohne  Abhandlung  erschien  , —  auf  4  Bogen ^)  an,  was  dem 
Richtigen  ziemlich  nahe  kommen  durfte  (es  sind  Hunderte  von 
Programmen  jener  Zeit  durch  meine  Hände  gegangen),  so  komuil 
man  auf  einen  Durchschnittssatz  von  etwa  68  •^  für  den  Druck- 
bogen; dabei  ist,  wie  bemerkt,  die  abnorme  Preissteigerung  gerade 
jener  Jahre  und  besonders  in  den  großen  Städten^)  zu  berück* 
sichtigen.  Heute  läßt  sich  in  einer  größeren  Stadt  auch  bei 
billigster  Preisberechnung  ein  Bericht  einer  Anstalt  mittlerer 
<>röße  mit  Abhandlung  mäßigen  Umfangs^)  (zusammen  etwa 
5  Bogen)  bei  einer  Auflage  von  1500 — 2000  Exemplaren  kaum 
unter  450 — 500  cy^^)  herstellen,  und  vom  Jahre  1907  ab  wird  bei 
erneuter  Steigerung  der  Satzkosten  mit  noch  höheren  Preisen  zu 
rechnen  sein.  Für  irgend  ein  Jahr  nach  1876,  von  wo  ab 
Klußmanns  Arbeit  (ßibliogr.  Abt.  3,  Nr.  14)  und  die  Teubner- 
sehen  Übersichten  {ebenda  Nr.  13  b)  zur  Verfugung  stehen,  ließe 
sich  unter  Berücksichtigung  der  gegen  1873  allmählich  wieder 
etwas  heruntergegangenen  Preise    und   der    infolge   des    Erlasses 


^)  Die  Programme  m  i  t  Abhaadluogeo  umfaßten  io  der  Regel  5  ßogeo, 
auch  mehr,  wogegen  die  o  li  d  e  Abhandlung  sich  auf  1 — 1^  Bogen  be- 
schränken. Bei  ihrer  geringen  Zahl  können  sie  aber  den  Durchschnitt  nicht 
erheblich  beeinflussen. 

')  Die  mir  darch  meinen  Direktor  Herrn  Geh.  Reg.-R.  D.  Dr. 
L.  Bellermann  zugänglich  gemachte  Rechnung  für  das  Osterprogramm  des 
Berlin.  G,  zum  grauen  Kloster  vom  Jahre  1873  (außer  den  Scholoachrichten 
enthaltend  die  Abhandlung  des  ord.  L.  Dr.  Eichholtz:  ühlands  schwäbische 
Balladen  auf  ihre  Qudlen  zurückgt^ührt)  betrug  genau  450,45  JC»  0«  das 
Programm  43  bedruckte  Seiten  io  4^  =  5^9  Bogen  umfaßte,  kam  dao:ich 
der  Bogen  (Satz,  Druck,  Papier,  Broschieren)  auf  etwa  84  JC  zu  steheo. 
Ob  die  Auflage  1500  oder  2000  Exemplare  betrog,  ließ  sich  nicht  mehr  mit 
Sicherheit  feststellen;  doch  ist  nach  den  FerhaniUimgen  der  Berliner  Stadt ^ 
verordneten- f^ei'santTulung  aus  der  zweiten  Hälfte  der  siebziger  Jahre  (vgl. 
Abschnitt  B)  das  letztere  wahrscheinlich.  In  den  letzten  Jahren  hat  der 
Durchschnittspreis  für  den  Bogen  bei  einer  gleich  starken  Auflage  etwa 
80  JC  in  Berlin  betragen,  ist  also  sogar  noch  etwas  niedriger  als  1873. 
Dabei  ist  aber  zu  beachten,  daß  es  sich  um  Preise  handelt,  die  von  der 
Kommune  für  größere  Lieferungen  amtlich  festgesetzt  sind.  In  anderen 
Fällen  würden  sie  zweifellos  erheblich  höher  sein. 

')  Vor  mir  liegt  der  Bericht  des  Kgl.  König  fnihelms-Gymnastfims 
in  Stettin  von  19U6:  Umfang  18  S.  in  A%  Abhandlung:  21  S.  dgl ,  zu- 
sammen knapp  5  Bogen. 

^)  Ober  eine  neuere  Festsetzung  in  Württemberg  vgl.  S.  179 f. 


VOB  R.  (Jllricb.  179 

TOQ  1875  immer  geringer  werdenden  Zahl  der  Abhandlungen*) 
eine  zuverlässige  Berechnung  viel  leichter  anstellen,  wenn  eine 
Angabe  über  die  Gesamtsumme  der  Kosten  vorläge.  Leider  ist 
die  TOD  Wiese  für  1868  und  1873  angestellte  Gesamtberechnuhg 
in  der  Fortsetzung  seines  Werkes  von  (rmer  (Bd.  IV  S.  95  — 
vgl.  BibUogr.  Abt.  1,  Anm.  2  zu  Nr.  IV)  >-  nicht  weitergeführt 
worden,  so  daB  jede  allgemeine  zuverlässige  amtliche  Grundlage 
für  die  Zeit  von  1874  bis  jetzt  fehlt  <). 

Auch  die  anderen  Regierungen  haben  dem  Umfang  und 
den  Kosten  des  Programms  ihre  besondere  Aufmerksamkeit  ge- 
widaiei.  Das  älteste  Dokument  liegt  dafür  in  Sachsen  vor,  dessen 
Schulbehörde  1837  (BibUogr.  Abt.  2,  Nr.  LXXVII)  für  die  Ab- 
handlung allein  einen  Umfang  von  nicht  unter  2,  aber  auch  nicht 
über  4  Bogen  festsetzte.  Nimmt  man  den  Durchschnitt  3  unil 
rechnet  —  was  den  damaligen  Verhältnissen  entspricht  —  die 
^^hainachrichten  mit  1 — IV2  Bogen  hinzu,  so  kommt  man  auf 
dorchscbnittlich  4 — 4*U  Bogen  im  ganzen.  Wenn  dieser  Umfang 
«rfaebltch  größer  ist  als  der  zuerst  für  Preußen  bestimmte,  so  ist 
«inmal  zu  beachten,  daß  die  sächsische  Verfügung  ein  Jahrzehnt 
später  fallt,  und  ferner,  daß  (vgl.  0.  S.  175)  auch  in  Preußen 
idbst  schon  in  den  dreißiger  Jahren  die  ursprünglich  bestimmte 
^Bze  tatsächlich  nicht  mehr  innegehalten  wurde.  Es  war  dann 
veiter  nur  folgerichtig,  wenn  im  Jahrzehnt  darauf  (1844)  die 
vörttem bergische  Regierung  (vgl.  Nr.  LXXXX)  in  dem  an 
im  theologischen  Seminare  (s.  0.  S.  106  Anm.  4)  gerichteten  Er- 
bsse den  Umfang  des  Programms  (Abhandlung  und  Schulnach- 
nebten)  auf  4 — 5  Bogen  festsetzte.  Die  anderen  deutschen 
Staaten  haben,  soweit  mir  bekannt  geworden  ist,  bestimmte 
Anordnungen  über  den  Umfang  des  Programm  es  nicht  erlassen, 
^^nsowenig  die  oben  genannten  Staaten  in  neuerer  Zeit.  In 
Baden  und  Bayern  sind  nur  mehrmals  Hinweise  erfolgt,  die 
Scholnachrichten  oder  Teile  davon  in  möglichst  knapper  Form 
abzufassen,  so  in  Baden  1881  (Nr.  LIX)  und  neuerdings  1904 
(.Nr.  LXIb,  unter  Abs.  4).  und  die  bayerische  Regierung  ver- 
langte sowohl  1874  wie  1891  (Nr.  LXVilla  u.  LXXa)  wenigstens 
eine  kurze  Chronik  ausdrücklich.  Mittelbar  \\ird  auch  auf 
Kurze  hingearbeitet,  wenn  in  der  neuesten  {ungtdruckien) 
württembergischen  Verfugung    (Nr.   LXXXXI)  betont  ist,    es 


1)  Riüe  lehrreiche  Übersicht  für  die  Jahre  1876^1880  g^ibt 
B.  Sehw«lbe  a.  a.  O.  (vgl.  BibHogr.  Abt.  4,  Nr.  88)  S.  125,  auf  die  ich 
■»eh  zoräckioiuneB  werde. 

^}   Gher    später    aogestellte    private    Berechnaogeo    ood  dereo  Wert 

Tg/.  Absehaitt  1^;    waa   die  Kosten  der  Programme  für  die    städtischeo 

höheren  Sehnten  fie rlios  betriOlt,  so  köooen  (vgl.  schoo  obeo  8.  178 

Ann.    2)    die  Verhandlungen  der   Stadtverordneten- f^ersammlung'  wiederam 

s.  a'och  Ab9€hB.  B)  heraogezogeo  werden  (BibUogr,  Abt  4,  J\r.  80). 

•f  o* 


180  Programmvesen  und  Programmbibliothek  d.  böL  Sebaleo, 

könne  „erfahrungsmäßig  eine  wissenschaftliche  Abhand- 
lung, die  sich  in  mäßigen  Grenzen  halte,  samt  den  Schul- 
nachrichten um  ca.  400*^  hergestellt  werden*'  (vgl.  o.  S.  178). 
Einen  etwas  anderen  Weg,  eine  Verbilligung  zu  erreichen,  schlug 
man  in  den  preußischen  Erwägungen  von  1866  (Nr.  XXXVI; 
vgl.  auch  0.  S.  176),  in  Hessen  1876  (Nr.  LXXV)  und  wohl 
auch  in  Baden  (schon  1862;  Nr.  LVI)  ein,  indem  man  teils  eine 
Einschränkung  des  Tauschverkehrs  auf  die  mit  Ab- 
handlungen versehenen  Programme  in  Aussicht  nahm  (s.  o.  S.  176), 
teils  wegen  der  größeren  Zahl  der  seit  1875  für  den  allgenieineo 
Tauschverkehr  beanspruchten  Exemplare  einer  Trennung  der 
Abhandlung  von  den  Schulnachrichten  bezw.  dem  Weg- 
fall der  ersteren  und  der  Verwendung  schlechtereo 
Papiers')  das  Wort  redete  (in  Hessen),  teils  endlich  (in 
Baden)  die  äußere  Trennung  von  Abhandlung  und  Bericht 
wie  die  Anwendung  des  gleichen  Formats  (zuerst  8^  später  4^; 
vgl.  0.  S.  174)  und  der  gleichen  Druckschrift*)  ausdrücklich  vor- 
schrieb. Diese  Trennung,  die  schon  vorher  in  Bayern  ange- 
ordnet (schon  1830,  vgl.  Nr.  LXIVb),  wenngleich  erst  allmählich 
zur  Durchfuhrung  gekommen  war,  besteht  nun  heute  laut  amt- 
licher Bestimmung  in  Baden  und  Bayern,  ist  aber  auch  in 
allen  anderen  Staaten  seit  den  siebziger  Jahren  aus  den  ange- 
gebenen finanziellen  und  noch  mehr  aus  praktischen  Gnlnden 
(vgl.  B  und  Teil  IH)  nahezu  Regel  geworden.  Es  wäre  zweck- 
mäßig, wenn  sie  auch  in  diesen  ausdiöcklich  vorgeschrieben 
würde,  damit  (unter  Beobachtung  der  oben  S.  174  angedeuteten 
praktischen  Gesichtspunkte)  die  völlige  Einheitlichkeit  erzielt  wird, 
die  gerade  in  diesen  äußeren  Dingen  hier  durchaus  notwendig 
ist.  Daß  zu  einem  Teile  wenigstens  mit  Rücksicht  auf  die 
Kosten  der  erste  Abschnitt  der  Programme,  die  Abhandlung,  in 
einigen  deutschen  Staaten  und  Städten  eingeschränkt  oder  ganz 
beseitigt  worden  ist,  habe  ich  schon  oben  (S.  137  u.  ö.)  in  anderen^ 
Zusammenhange  bemerkt;  es  \Tird  dieser  Punkt  in  Abschnitt  H 
und  Teil  II  2  noch  zu  berühren  sein. 

In  Österreich  endlich  ist  auch  diese  Seile  des  Programni- 
wesens  am  stetigsten  geblieben.  Die  erste  und  zugleich  letzte 
Bestimmung  über  Umfang  und  Kosten  findet  sich  wieder  in  der 
großen  Verfugung  von  1875  (Nr.  LXXXXVII  Abs.  6).     Wenn  hier 

')  Eine  nicht  aobedenkliche  Maßregel.  Die  Folge  ist  denn  auch  ge- 
wesen, daß  gerade  die  Programme  der  siebziger  Jahre,  übrigeas  auch  i» 
Norddeatschlaod,  im  Zosammenhaog  mit  der  damals  üblichen  Lieferaof; 
schlechten  nnd  dabei  teuren  Materials  (s.  o.  S.  17b)  heute  k.  T.  schon  gaoz. 
vergilbt  sind  und  in  bezog  auf  Dauerhaftigkeit  weit  hinter  den  Druckea 
früherer  Jahrzehnte,  selbst  der  dreißiger  und  vierziger  Jahre,  zurückstehen. 
Es  war  daher  durchaus  richtig,  wenn  die  prenftisehe  Regierung  18SS 
(Nr.  XLIa)  auf  die  Verwendung   guten    Papieres  ausdrücklich  hinwies. 

^)  Eine  Vorschrift,  die  in  solcher  Allgemeinheit  natürlich  nicht  durch- 
geführt  werden  konnte. 


v«ii  R.  Ullrich.  181 

vor  unnöligem  Aufwände  in  Ausstattung   und  Starke  der  Auflage 

gewarnt  und    eine  Doppelaufliage   empfühlen  wird,  die  eine  m  i  t 

Abhandlung,   die   andere   ohne  diese  für  „weniger  reife  Schüler 

and  für  den  Teil  des  Publikums,  der  erfahrungsmdfiig  nur  an  den 

Schulnachrichten  Interesse  hat",    so  finden    wir  wesentliche  Züge 

aus   den  oben    angeführten    reichsdeutschen  Anweisungen  wieder. 

D<*r  Umfang  des  Jahresberichts  (hier  zu  verstehen  —  nach 

Jht.  1  —  als   Abhandlung   und    Schuinachrichten,   die    grund- 

siizlich  vereinigt  sind)   wird    bei  Yollanstalten  auf  3  —  5,  bei  un- 

ToUständigen   auf  2 — 3  Bogen   normiert,    doch  in  gr.  8^  (wie  in 

Bayern,    aber  etwas  größer,    vgl.  o.  S.  174).     Diese  Bestimmung 

ist  insofern    für    das  Verhältnis    zu    dem  Umfang   der  deutschen 

Programme  von  einiger  Bedeutung,  weil  das  Format  von  24x16  cm 

hinter    dem  sog.    4^   der    deutschen  Programme  (mit  Ausnahme 

Bayerns)    nnr   wenig   zurückbleibt,    außerdem    besonders    in  den 

Seholnachrlchten  in  ziemlichem  Umfange  kleine  Typen  verwendet 

n  werden  pflegen,   so  daß  diese  Berichte,  im  ganzen  angesehen, 

ie  reichhaltigsten  sind,    die  z.  Z.  überhaupt  veröflentlicht  werden 

<i|L  Näheres  darüber  in  Teil  II  3).    Tatsächlich  kann  denn  auch 

^  amtlichen,    reichlich  Spielraum   lassenden    Vorschrift    hier  in 

^  Praxis    konsequenter  Folge    gegeben    werden  als  dies  in  den 

a^ereo  Staaten    möglich  ist,   und  so  überschreiten  von  den  mir 

«d^  forliegenden  69  österreichischen  Jahresberichten  für  1905/06 

(i.  O.S.  169  Anm.  3)  nur   sehr  wenige    die  Grenze  von  5  Bogen 

(=S0  S.);     einige    Berichte    kleinerer    Anstalten    erreichen   die 

eatat  Grenze    von  3  Bogen  (48  S.)    nicht   einmal.     Die  meisten 

Uen  zwischen  50  und  60  S.  Umfang.    Über  das  Verhältnis  von 

Abhandlung    und  Schulnachrichten    läßt    sich   Bestimmteres,    was 

Bedeutung    hätte,    nicht   sagen.     Es    regelt    sich    im  allgemeinen 

durch    die    Sache    selbst.     Die    Programme    der    österreichischen 

Realschulen *),  von  denen  ich  eine  größere  Anzahl  (wenigstens 

der  über  1904/5)    der   Güte    der    betr.    Herren    Direktoren  oder 

fiibltothekare  verdanke,  halten  sich  wie  bei  uns  in  etwas  engeren 

Grenzen. 

Ich  schließe  hiermit  diese  Übersicht  der  geschichtlichen 
Entwicklung  und  des  Standes  des  Programmwesens 
in  einer  Reihe  von  Staaten  nach  allen  seinen  Seiten  hin  auf 
Cmnd  der  tatsächlichen,  durch  die  einzelnen  Behörden 
begründeten,  erweiterten  oder  auch  begrenzten  Ver- 
hältnisse. Wenn  sie  etwas  ausfuhrlicher  ausgefallen  ist,  so 
wird  das,  denke  ich,  kein  Schade  sein.  Denn  es  läßt  sich  jetzt 
besser  als  früher  fibersehen,  was  angeregt  und  wieder  fallen  ge- 
lassen worden  ist,  was  Bestand  gehabt  hat  und  was  nicht,  und  in 
<Keser    langen    Entwicklung,    die    für    verschiedene   Verhältnisse 


^)  lo    deo    deatseheo   Taosch verkehr   kommeii    sie   (mit  eioer  Aas- 
««hne;  f.  o.  S.  169  A.  3,  Nr.  64)  siebt. 


192 -ProgramiDweseD  nod  Programmbibliothek  d.  Ii8h.  Schalen^ 

eigenartige  BestimmuDgeD  hervorbrachte,  aber  auch  Besonderheiten 
höheren  Rücksichten  unterordnete,  liegen,  scheint  mir, 
fruchtbare  Keime  für  die  spätere,  gedeihUche  Entwicklung.  Die 
Geschichte  des  Programmwesens  seit  1824,  von  der  hier  eine 
Skizze  zu  geben  versucht  worden  ist,  wird  nach  ihrer  wissen- 
schaftlichen wie  praktischen  Seite  auch  die  Lehrmeisterin  seiner 
Zukunft  sein.  Hätte  sich  die  Diskussion,  besonders  die  der 
letzten  zwei  Jahrzehnte,  mehr  bemüht,  sich  in  diese  Entwicklung 
zu  vertiefen,  so  hätte  sie  wohl  viele  Worte  gespart  und  wäre  vor 
manchen  Irrwegen  bewahrt  geblieben. 

B«  Die  DlskQBslon  in  Fachkreisen« 

Die    hier    folgende    Übersicht  über    die    Diskussion    der 
Programmsache    in   Fachkreisen    soll    die  soeben  gegebene 
Darlegung  über  die  Entwicklung  der  amtlichen  Grundlagen  in  den 
wichtigsten  Staaten    ergänzen.     Es    wird    sich    dabei  nicht  darum 
handeln,  alle  Einzelheiten  von  z.  T.  vorübergehender  Bedeutung 
zu    erwähnen,    zu    kritisieren    und    event.    Vorschläge   daran    zu 
knüpfen,    die  den  Verhältnissen    der  Gegenwart  und  dem  in  Zu- 
kunft  auf   diesem  Gebiete    zu  Erstrebenden  gerecht  werden,    um 
so  weniger,  als  auf  die  m.  E.  näheren  Eingehens  werten  Äußerungen 
der  Fachmänner    in    Teil  112  und  3,    sowie    in  Teil  111    zurück- 
zukommen   sein    wird.     Wichtig  scheint  mir  dagegen,  in  großen 
Zügen  ein  Bild  der  Sache  zu  geben,  wie  sie  sich  in  verschiedenen 
Zeiten  und  in  den  verschiedenen  Staaten  unter  veränderten  Ver- 
hältnissen   in  den  Meinungen  Berufener  (und  auch  Unberufener) 
dargestellt  hat,  die  schroffen  Gegensätze  des  Für  und  Wider,  von 
Lob  und  Tadel,  von  ausgezeichneter  Sachkenntnis  und  oberfläch- 
lichem Gerede,  von  wohldurchdachten  Plauen   und  haltlosen  Auf- 
stellungen zum  Ausdruck    zu    bringen,    auch  auf  gewisse,   in  be- 
stimmten Abständen    immer  wiederkehrende   grundsätzliche    Mei- 
nungen nachdrücklich  hinzuweisen.     Ich  folge  hierbei  im  wesent- 
lichen   dem    gleichen  Grundsatz    wie    in  Abschnitt  A,    die   Tat- 
sachen selbst  reden  zu  lassen;  aus  ihnen  soll  es  jedem  ermög- 
licht  werden,    sich    selbst    ein  Urteil   zu    bilden,    ehe  er  an  die 
Lektüre  der  Kritik  und  des  Aufbaus  in  den  späteren  Teilen  (11  2  u.  3 ; 
III)  herangeht.    Doch  wird  es  sich  hier  immerhin  schon  häufiger 
als  dort   empfehlen,    das    wirklich  Gute  ebenso  wie   das  offenbar 
Verfehlte  als  solches  kurz  zu  kennzeichnen. 

Die  Grundlage  bildet  die  Abteilung  4  der  chronologiscli  ge- 
ordneten JBiMto^aphte  (14),  unter  Heranziehung  —  soweit  schon 
hier  zweckmäßig  —  von  13.  Das  alphabetische  Verzeichnis 
beider  Teile  (S.  109  Anm.  1  und  S.  118—120  Anm.  3)  soll 
alen  die  Auffindung  bestimmter  Einzelheiten  erleichtern.  Was 
de  im  folgenden  einzuhaltende  Ordnung  betrifft«  so  schien  es  aus 
äußeren  und  inneren  Gründen  nicht  zweckmäßig,  die  Entwick- 
lung   von    acht  Jahrzehnten   In  einem  Zuge  zu  geben;    viielroehr 


voD  R.  Ulirich.  183 

bieten  sich  einige  Ruhepuokte  angesucht  dar,  die  einen  ßöck- 
blick  aaf  die  Leistungen  einer  Periode  nahelagen  und  anderer- 
seits neue  Frobleme  vorzubereiten  scheinen.  Das  sind  in  dieser 
Sache,  so  wie  ich  sie  ansehe,  zunächst  etwa  die  Jahre  1S64 
und  1865,  in  denen  Bechstein  und  Calvary  mit  ihren  organi- 
satorischen VorschJägen  hervortraten  (a),  ein  zweiter  Abschnitt 
wird  durch  Wies  es  knappe  Darsteliung  vom  Jahre  1869  gegeben, 
die  am  Ende  einer  zwar  kurzen,  aber  an  wissenschaftlichen  und 
praktischen  Anregungen  sehr  reichen  Periode  steht  (b),  die  C.  Fr, 
Müllersche  Denkschrift  und  der  Beginn  von  KJußroanns 
Werk  geben  weiterhin  der  Arbeit  der  beiden  nächsten  Jahrzehnte 
einen  natürlichen  Abschluß  (c),  und  von  ihnen  gelangen  wir  end- 
lich durch  eine  Fülle  von  Literatur  hindurch,  deren  innerer  Wert 
freilich  nicht  immer  in  dem  rechten  Verhältnis  zu  ihrem  äußeren 
umfang«  steht,  bis  zur  Gegenwart  (d). 

Innerhalb  dieser    Perioden,    wenn   ich    so  sagen  darf,  kann 
im    aligemeinen    zwischen    der  Erörterung    über    die    Abband- 
longen  (a)  und  der  Ober  die  Jahresberichte  (/})  ziemlich  ge- 
nau unterschieden   werden;    die  meisten  von  denen,   die  sich  zur 
Sache  geäußert  haben,  machen  selbst,  falls  sie  ihr  Interesse  nicht  einem 
vflQ   beiden  Teilen  ausschheßlich  zuwenden,  diese  Unterscheidung. 
Daneben  fangen    nun   aber  allmählich  auch  die  mehr  praklis«  hen, . 
»f  die    Programmbibliothek    bezüglichen    Fragen    an    eine 
MIe  zu  spielen  (/"),  teils    für  sich,   teils    im  Zusammenhang  mit 
des  Erörterungen  über  Wesen  und  Bedeutung  der  Abbandlungen 
Bsd  Jahresberichte.     So  wird  es  nützlich  sein,    hier  den  gleichen 
t^eg  einzuschlagen  und  die    über  diese  drei  Gegenstände  hervor- 
getretenen   Meinungen    und    Vorschläge    nacheinander    zu  Worte 
kommen  zn  lassen.     Soweit  sich  eine  Beziehung   zu  den   in  Ab- . 
schnitt  A  gegebenen  gesetzlichen  Bestimmungen  in  der  Diskussion 
ohne  weiteres  ergibt  oder  doch  wahrscheinlich  machen  läßt,  wird, 
sie  selbstverständlich  ihre  Stelle  linden. 

a)  Von  der  Neuordnung  in  Preußen  im  Jahre  1824  bis 
zu    den  Vorsehlägen   von  Bechstein   und  Calvary  1865. 

(Vgl.  Bibliographie  Aht,  3,  Nr.  1—11,  17,  19,  25  aod  Abt.  4,  Nr.  45—64).  , 

a)DieAbliaBdlaageD. 

In  unseren  Tagen  pflegt  jeder  bedeutenden  Neuerung,  der  Praxis  . 
der  Gesetzgebung  wieder  wissenschaftlichenTheorie,  die  Diskussion  fast 
auf  dem  Fuße  zu  folgen,  eine  Tatsache,  die  in  der  gewaltigen  Aus- 
dehnung der  Tages-  wie  der  Fachpresse  mit  ihrem  bedeutsamen 
Einfluß  ihre  Erklärung  findet.  Eigentümlich  ist  es  dagegen,  daß 
die  gleiche  Erscheinung  sich  in  bezug  auf  die  eben  erfolgte  Neu-* 
regeiung  des  Programmwesens  selbst  in  jenen  weiter  zurück- 
liegenden Zeiten  findet,  in  denen  doch  die  beiden  erwähnten 
Faktoren  noch  viel  weniger   in  die  Erscheinung  traten.     Und  was , 


184  PiTosr^iBiB^'^s^n  aod  Programmbibliothek  d.  böh.  Sobaleo, 

der  Sache  ein  ganz  bestimmtes  Zeichen  gibt,  ist  der  Umstand, 
daß  die  ersten  Äußerungen  zur  Sache  in  Programmen  selbst 
erfolgten,  in  Preußen  ebenso  wie  in  Österreich.  Zwei  Jahre 
nach  der  grundlegenden  preußischen  Verfügung,  im  Jahre  1826, 
trat  (in  Breslau)  Heibig  mit  dem  ersten  Aufsatze  über  das  Pro- 
gram mwesen  hervor  (Nr.  45),  und  wiederum  zwei  Jahre  nach  dem 
„Organisationsentwurf'',  erschien  (in  Iglau)  1851  die  „Vor- 
erinnerung*' Ton  Maderner  (Nr.  46).  Von  der  Zweckmäßigkeit 
der  Einrichtung  im  ganzen  sind  beide  überzeugt,  beide  legen 
auch  den  Nachdruck  auf  die  Förderung,  weiche  sie  den  Schulen 
selbst  wie  ihren  Lehrern  bringen  soll.  Umfang  und  Wert  beider 
Abhandlungen  scheinen  mir  freilich  in  umgekehrtem  Verhältnis 
zu  stehen;  die  knappen  Bemerkungen  des  Österreichers  mit 
ihrer  grundsätzlichen  allgemeinen  Anschauung  (S.  4),  daß  „einem 
solchen  Publikum  von  Kennern  und  Fachmännern  (von  Lehrern 
numlich)  nichts  Halbes,  nichts  Oberflächliches,  nichts,  was  viel- 
leicht in  besserer  Bearbeitung  schon  vorhanden  ist,  geboten 
werden  darf',  haben  sich  entschieden  glücklicher  eingeführt  als 
die  umständlicheren  Ausführungen  des  preußischen  Verfassers, 
der  schon  im  Anfange  einer  Entwicklung  eingehende  Vorschläge 
machte,  mit  Hilfe  der  Programme  ein  einheitliches  Lehrbuch  der 
deutschen  Grammatik  herzusteilen  —  Vorschläge,  die  ein  Fach- 
mann schon  damals  mit  richtiger  Einsicht  als  wenig  ersprießlich 
hinstellte^).  In  Norddeutschland  verging  dann,  wenn  man  von 
der  —  etwas  verfrühten  —  Verhandlung  über  eine  noch  kein 
Jahrzehnt  bestehende  Einrichtung  auf  der  1.  Direktoren - 
Konferenz  in  der  Provinz  Sachsen  (t833)  absieht'),  beinahe 
ein  Menschenalter,  ehe  wieder  jemand  das  Wort  zu  zusammen^ 
hängender  Darstellung  ergriff').  Es  war  dies  ein  durchaus  ge- 
sunder Zustand,  und  man  möchte  auch  heute  manchen  neuen 
Verhältnissen  gern  die  ruhige  Entwicklung   einiger  Jahre  gönnen. 


1)  J.  D.  SchaUe,  Jahrbb.  f,  Phü.  «.  Päd.  V  (1S27)  S.  295. 

2)  Naeh  Erlw  [1]  (8.  Bibliographie  Abt.  1,  Nr.  VII)  S.24S  „schlug  d«r 
RefercQt  Kiefiliog  die  Gröadaog  eioer  Zeitschrift  t,Das  preußische 
Gymnasium^^  vor,  „aas  welcher  RezeosioDen  aosznscblicBeo  seien,  die  dagegen 
Methodologisches,  feroer  historische,  statistische  INotizea,  naoieotlich  Be- 
sprechaog  eiozeloer  Diszipliaarrälle  euthalteo  sollte'*;  das  Mioisteriom  habe 
sich  aber  sehr  abfällig  Hber  den  Plan  geäuBert:  die  Lehrer  beteiligten  sich 
schoD  ohnedies  zn  sehr  an  Zeitschriften  und  Jonroalen  and  würden  ,,ober- 
flichliche  Räsonnears". 

')  Es  mag  seioi  daß  sich  in  den  Programmen  der  dreißiger  und 
vierziger  Jahre  gelegentlich  noch  AoBeraogeo  zur  Sache  finden,  and  es 
würde  ein  zwar  emsiges  Nachsparen  erforderndes,  aber  doch  vielleicht  nicht 
ganz  fruchtloses  Unternehmen  sein,  solchen  Stimmen  nachzuforschen,  in  deo 
einzelnen  Provinzen  Preußens  z.  B.  wie  in  den  kleineren  deotschen  Staateo. 
Doch  gehört  daza  umfassendes  Material,  wie  es  fürjene  altere  Zeit  wohl 
nur  in  sehr  gut  geordneten,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  voUst'andigea 
Programmsammlungen  einzelner  Schulen  zn  finden  sein  dürftis  (vgl.  Teil  111). 


▼  OD  R.  Ullrich.  185 

in  der  die  Dinge  langsam  reifen  and  wohlbegründete  Erfahrungen 
gesammelt  werden   können,    bis  in  geeignetem  Augenblicke  neue 
Gesichtspunkte   hervortreten,  die  unter   veränderten   Bedingungen 
maBvoUen  Fortschritt  in  die  Wege  leiten.    Die  Abhandlungen,  be- 
sonders   philologisch-kritische,    wurden    ebenso    wie    die   Schul- 
Dachrichten    Jahr   für   Jahr    geschrieben;    man    muBte    sich     in 
PreuBen  wie  in  den  kleineren  Staaten  erst  allmählich  an  die  be- 
siimmtere  Ordnung  der  Dinge  gewöhnen,   die  der  Ungleichheit  und 
Regellosigkeit  der  vorangegangenen  Jahrzehnte  folgte,  und  es  fehlte 
Q  cht  an  behördlichen  bestimmungen,   ungeeigneten  Bemerkungen 
in  den  Abhandlungen  (so  in  Sachsen,  s.  o.  S.  104,  Nr.  LXXVIII  und 
S.t43)oder  Ungereimtheiten  und  Nachlässigkeiten  des  Inhalts  oder  bei 
der  Verteilung    der  Jahresberichte    zu  steuern  und  die  ursprüng- 
liche Regelung  so  genauer   zu   deGnieren«    In  Fachkreisen  selbst 
vnrde  Zweck  und  Inhalt  der  Programme  zunächst  nicht  erörtert. 
Man    begDögte   sich    mit   einigen  Versuchen,   die  im  Jahre  1840 
sdion    auf   mehrere   tausend    Nummern    angewachsene  Literatur 
4er  Abhandlungen  in  Bibliographien  {Bihliogr.  Abt.3,tiv.l — 7) 
maranaenzufassen  und  so    zugänglicher  zu  machen  —  Arbeiten, 
4e  freilich    nur    z.  T.    wissenschaftlichen    Ansprüchen   genügen 
UiiHtti  und  es  heute  erst  recht  nicht  können  (Näheres  s.  Teil  II  2). 
Ms  die    preußischen  Programme   neuen  Stils  gerade  ihre  ersten 
äeibhrzehnte  hinter  sich  hatten  und  ein  wohlbegründetes  Urteil 
ÜKrWert   und  Wirkung   zu  fallen  möglich  war,   konnte  Ludwig 
Wiese   die    ganze  Einrichtung    „eine  allgemeine  deutsche  Ange- 
k^teiv    nennen    (Nr.  49).      Die    Worte    des   damals  einfluß- 
rndisien    preußischen    Schulmannes    gaben    nun    auch    anderen 
Fadmäonern  Anlaß,  die  Sache  eingehender  zu  behandeln.   Grund- 
ütziicbe  Anschauungen   über   die  Einrichtung   der  Abbandlungen 
in  aUgemeinen  wurden  geäußert,  und  nach  der  Entwicklung  von 
<irei  Jahrzehnten  schien  nun  auch  die  Zeit  gekommen,    einzelne 
neibodiscbe   und    praktische  Fragen   zu    behandeln  und  auf  Ab- 
Stellung    wiiiilicher    und    vermeintlicher   Mißstände   zu    dringen, 
iber   den  Nutzen   der   Abhandlungen   im    ganzen  waren  bis  zur 
^enze  der  fünfziger   nnd    sechziger  Jahre   zunächst  die  meisten 
dnig,  die  Referenten   der  12. — 15.  Direktorenkonfe^enz 
iB  Westfalen^),    wo    die    Sache    gerade    nur    berührt    wurde, 
ebenso    wie    Dietsch  (1855),  Hnilicka  (1856),    Hansen    und' 
H  .  .  .  .    (1861)    (ßibUogr.  Abt,  4,    Nr.   50,   52,    55—56).      Es 
wurden  aber  auch  minderwertige  Programme  gedruckt;  als  Grund 
sah  man  hauptsichlich  die  umfangreiche  Berufsarbeit  der  Lehre  an, 
ihre>ötigungzumPriTaterwerb,auch  mangelnde  literarischeHiifsmittel 
(bes.  Dietsch  S.  598).     Das  gab  zunächst  Anlaß,  für  Auf  hebung 
des  jährlichen  Zwanges   (o.  S.  144  ff.)    lebhaft  einzutreten. 


1)  Vgl.  BiMUtgr.  AH.  4,  Nr.  66,  Aom.  1  (o.  S.  122). 


186    Programmweseo  and   Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

den  man  besonders  verantwortlich  machte  (Dietsch^)  S.  597  ff.; 
U  . .  • .  S.  550).  Und  so  kam  man  von  selbst  auf  die  Frage  nach 
dem  zweckmäßigsten  Inhalt  der  Abhandlungen.  Dietsch 
weist  (S.  596)  auf  die  gute  Gelegenheit  hin,  in  Programmen  gerade 
Arbeiten  über  Lokalgeschichte  u.  ä.  zu  veröffentlichen,  die 
sonst  —  ein  wichtiger  Gesichtspunkt  —  vielleicht  ungedruckt 
hätten  bleiben  müssen.  Ausschließlich  derartige  Arbeiten,  die 
dem  Interesse  des  Publikums  von  Stadt  und  Umgegend  entgegen- 
kommen, wünscht  Hnilicka,  dessen  Zugehörigkeit  zu  einer 
Realschule  einer  kleinen  Landstadt  hierbei  wesentlich  ins  Gewicht 
fallt,  während  U. . .,  hierin  Dietsch  (S. 591) z.T. folgend,  Gegen- 
stände der  Didaktik  mit  Rücksicht  auf  die  Schüler  ablehnt 
(S.  549),  im  übrigen  aber  neben  Arbeilen  über  Lokales  auch 
philologischen  Spezialar  beiten,  wie  der  Herausgabe 
kleinerer  Autoren,  Kollationen  von  Handschriften  u»  ä.  das  Wort 
redet,  dagegen  nicht  bloß  Reden  und  Gedichte,  sondern  — 
charakteristisch  für  die  Zeit  —  auch  Bibliothekskataiog<^  „und 
ähnliche  Lückenbüßer''  als  dem  Zwecke  der  Einrichtung  zuwider- 
laufend schlechthin  ablehnt.  Teilweise  widerspricht  er  sich 
dann  selbst,  indem  er  Programmkataloge  befürwortet,  die  in 
etwa  fünfjährigen  Abständen  mit  Unterstützung  der  Behörden 
herauszugeben  wären  und  als  Prograrombeilagen  ei*scheinen 
könnten.  Er  war  übrigens  auch  —  wenn  ich  nicht  irre,  der 
erste,  der  die  Honorierung  der  Abhandlungen  unter  Hinweis 
auf  Pforta  zur  Sprache  brachte  (S.  551  Anm.),  doch  nur  ge- 
legentlich und  ohne  eine  große  Sache  daraus  zu  machen.  Neue 
Gesichtspunkte  eröffnete  endlich  Hansen,  indem  er  —  wenn- 
gleich einseitig  —  Arbeiten  forderte,  die  auch  der  Lektüre  der 
Schüler  dienen  könnten,  und  zugleich  selbst  ein  Beispiel 
dafür  gab').  Im  Zusammenbang  mit  der  Erörterung  der  Auf- 
hebung des  J  ahr  es  Zwanges  wurden  auch  einige  z.  T.  praktische 
Fragen  berührt.  Die  Beseitigung  dieses  Zwanges  würde  es 
ermöglichen  (so  meinte  man),  statt  allzu  abgerissener  „particulae'% 
wie  sie  die  vorgeschriebene  geringe  Bogenzahl  (s.  o.  S.  175;  doch 
vgl.  S.  179)  oft  nur  ermöglichte,  gelegentlich  größere,  in  sich 
abgeschlossenere  Untersuchungen  zu  liefern,  auch  die  Schul- 
nach'richten  ausführlicher  zu  gestalten  (Dietsch  S.  598). 
Bei  der  Verteilung    der  Abhandlungen    sei   sparsam    zu   ver- 

^)  Es  stimmt  oicht  gaoz  za  den  tatsiichlicbea  Verhältnissen,  wen» 
Dietsch,  der  1855  in  Grimma  war,  nachdrüel^lich  die  Tat^ncbe  betont, 
dafl  man  eine  entwürdigende  Zensur  des  Mannskripts  (Druckerlaubnis)  nicht 
eingeführt  habe;  vgl.  gerade  diesächsiscbe  Verrdgnng  Bihliogr.  Abt.  2, 
Nr.  LXXVII  f.  (8.  0.  S.  185). 

^)  Friedrich  Wilhelm  I.  als  evangeUscher  Christ  vnd  Vorläufer  der 
Union.  Pro^r.  Mühlheim  {Ruhr),  R,L  0,  1861,  S.  3—39.  Die  Arbeit  ist 
zugleich  ein  Beispiel,  wie  der  Umfang  der  Programme,  mit  der  Zeit 
wuchs  (s.  o.  S.  179);  mit  den  Schnlnachrichten  (S.  41 — 55)  zusammen  umfaßt 
sie  7  Bogen!  '        / 


voQ  R.  UUricIi.  187 

fahren  und  ev.  eine  äufiere  Trennung  von  Abhandlungen  und 
Schulnachrichten  ins  Auge  zu  fassen  (S.  595;  vgl.  o.  S.  180). 
Zugleich  finden  wir  {ebenda  S.  596)  in  dieser  Zeit  zum  ersten 
Male  die  Idee  des  Jahrbuchs,  d.  h.  der  Vereinigung  der  Jahres- 
abhandlungen einer  Provinz  oder  eines  Landes  unter  einheit* 
licher  Redaktion,  eine  Idee,  die  freilich  von  Dietsch  selbst  schon 
treffend  widerlegt  wird  (vgl.  o.  S.  184  Anm.  2).  Kurz,  man  war 
bemüht,  die  Einrichtung  nach  Inhalt  und  Form  möglichst  frucht- 
bar zu  machen. 

Auf  der  andern  Seile  stehen  gegen  Ende  dieser  Periode 
schon  Männer,  welche  die  Programm abhandlungen  schlechthin 
als  überflüssig  bezeichnen,  Beschmann  (1860)  und  der  be- 
kannte Homererklärer  Ameis  (1861)  —  der  letztere  in  einem 
von  ihm  selbst  geschriebenen  gelehrten  Programm!  Bei  Besch- 
mann tritt  zum  ersten  Male  der  (später  —  so  gleich  bei  Ameis  — 
oft  wiederkehrende)  Einwand  hervor,  die  Fachzeitschriften 
seien  jetzt  (anders  als  1824)  ein  geeigneter  Ersatz  für  die 
Programmabhandlunge.n,  und  erwill  (auch das  begegnet  später 
von  neuem)  das  ersparte  Geld  lieber  den  Lehrerbibliotheken  zu- 
(Bewendet  wissen  (S.  596  und  600)^);  Ameis  dagegen  findet 
(S.  3),  die  Abhandlungen  wurden  in  den  Kreisen,  für  die  sie  be- 
sümmt  seien,  nicht  gelesen  oder  als  „Makulatur*'  verwendet, 
icont  sie  mit  Rücksicht  auf  den  Zwang  (s.  o.)  z.  T.  „Kinder  der 
K«i^*  und  betont,  —  hier  kommt  das  Standesbewußtsein  zum 
€fsieo  Male  zum  Ausdruck  —  es  würde  kein  anderer  Beamter 
ZBT  Verölfenllichung  literarischer  Arbeiten  genötigt. 

Während  diese  mit  der  Einrichtung  als  solcher  sich  be- 
schäftigeiiden  Arbeiten  ziemlich  schnell  aufeinander  folgten,  trat 
oon  in  dieser  Hinsicht  eine  Pause  von  einigen  Jahren  ein.  Man 
food  trotz  solcher  abfäijigen  Beurteilungen,  die  wenig  Beachtung 
Cinden,  im  allgemeinen  doch,  die  Prograromarbeiten  seien  wert- 
▼olL  Ein  großer  Teil  von  ihnen  wurde  in  FachzeitschriFten  be- 
sproehen,  auch  für  größere  wissenschaftliche  Werke  ausgebeutet; 
besonders  erwähnte  man  z.  B.  Goedekes  Grundrifs,  Es  erschien 
auch  von  1862  bis  1865  wieder  eine  Anzahl  von  Programm- 
Bibliographien,  d.  h.  hier  Zusammenstellungen  über  die  in 
bestimmten  Zeiträumen  veröflentlichten  Abhandlungen,  die  bei 
aller  durch  mangelhafte  Organisation  hervorgerufenen  Unvoll- 
kommenheit  doch  wenigstens  eine  gewisse  Obersicht  über  das 
Geleistete  ermöglichten  (Nr.  8-^-10;  17;  19;  25).  Hierbei;war  es 
entschieden  als  ein    sachlicher  Fortschritt   zu   bezeichnen«    wenn 


*)  Bei    dieser  Geles^nli^it  erfahren  wir,   daß  die  Lehrerbibliothek  des 

GjBBaiiiBBS  so  Spandaa  daoials  einen  (übri^eos  für  jene  Zeit  aosreicheoden) 

Etat  von  100  Talero  hatte,   900  Bände  zihlte  nnd  drei  Jahre  zavor   in  der 

Abteilaog   ^GrieehiMche    Literatur^'   6    Binde    besaß,    von    denen    drei    lof 

Kraters  ,,Griechi8che  Grammatik"  kamen. 


188  ProgramxDwesen  uod  Programmbibliothek  d.  höh.  SehaleD, 

man  zuerst  (Nr.  17  und  19)  derartige  Arbeiten  auch  för  kleinere 
Gebiete  unternahni.  Denn  während  Sammlungen,  die  das  ganze 
Programmgebiet  oder  größere  Teile  umfassen  wollten,  schon  aus 
äußeren  Gründen  unvollkommen  bleiben  mußten,  konnte  da,  wo 
die  Grenzen  enger  gesteckt  wurden,  Befriedigendes  erreicht  werden. 
Das  gilt  besonders  von  dem  Anfang  der  bayerischen  Programm- 
Bibliographie  Gutenäckers  (Nr.  19),  die  ein  wichtiges  Stuck  des 
Geisteslebens  eines  deutschen  Staates  darstellte  und  so  bis  heute 
wertvoll  geblieben  ist.  Ihre  Anordnung  (nach  Schulen,  Verfassern 
und  Gegenständen)  erleichterte  auch  nicht  bloß  den  praktischen 
Gebrauch,  sondern  gewährte  gleichzeitig  gute  Gberblicke  nach  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten. 

Aber  trotz  alledem  mußte  man  doch  noch  auf  Mittel  sinnen,  den 
bisher  hauptsächlich  nur  durch  den  Austausch  der  Schulen  (s.  o.  S. 
167f.)  den  Lehrern  vermittelten  Nutzen  der  Programm-Abhandlungen 
zu  erweitern,  indem  man  daneben  den  Buchhandel  für  sie  inter- 
essierte und  eine  größere  Konzentration  herbeiführte.  Hierher 
gehören  zwei  Pläne,  die  von  Bechstein  und  Calvary  (beide 
1864),  von  denen  nur  der  zweite  einige  Zeit  zu  praktischer  Durch- 
föhrung  gelangte.  Beide  erregten  auch  das  besondere  Interesse 
von  Bonitz  (s.  Nr.  64a  und  b).  Bechstein,  der  auf  der 
Meißener  Philologen-Versammlung  1863  nicht  mehr  zum 
Worte  gelangt  war,  entwickelte  nun  in  einer  besonderen  Schrifl 
(Nr.  58)  folgende  Organisation:  Sämtliche  Schulen  bedienen  sich 
eines  gemeinsamen  Kommissionärs  in  Leipzig,  übersenden  diesem 
für  den  buchhändlertschen  Vertrieb  eine  bestimmte,  größere  An- 
zahl ihrer  Jahresprogramme,  sowie  den  Fachzeitschriften  eine 
Anzahl  von  Bezensionsexemplaren.  Das  Publikum  wird  durch 
Inserat  von  der  beabsichtigten  Neuorganisation  benachrichtigt,  der 
Kommissionär  sendet  je  ein  Exemplar  an  die»Redaktion  des  Literari- 
schen Zentralhlatts^)  zur  bibliographischen  Anzeige,  übernimmt  den 
Vertrieb  an  das  Publikum  und  rechnet  alle  drei  Jahre  mit  den 
Anstalten  ab.  Für  die  österreichischen  Programme  wird  in  Wien, 
für  die  schweizerischen  in  Zürich  gleiche  Vermittlung  eingerichtet. 
Die  beiden  letzteren  Zentralstellen  senden  von  den  Jahresprogrammen 
der  Schulen  ihrer  Länder  je  eins  nach  Leipzig.  Der  dortige 
Kommissionär  stellt  nun  ein  bibliographisch  genaues  Gesamt-Ver- 
zeichnis  sämtlicher  auf  diese  Weise  ihm  zugehenden  Programme 
her;  dieses  enthält  1.  ein  alphabetisches  Verzeichnis  der 
Städte  mit  den  einzelnen  teilnehmenden  Anstalten  und  Be- 
zeichnung des  von  jeder  herausgegebenen  Programms,  2.  ein 
systematisches  Verzeichnis,  3.  ein  alphabetisches  der 
Verfasser  und  geht  sämtlichen  Schulen  zu,  die  auf  diese  Weise 


>)  Dieses  hatte  schon  seit  1862  Obarsichten  —  wenn  auch  oicht  voll- 
stSodige  —  über  oea  ersehieoeoe  Prof^ramme  gebracht;  vgl.  o.  S.  110,  Aam., 
Z.  8  Y.  u. 


voa  R.  Ullrich.  Ig9 

eine    jährliche    Übersicht    der    gesamten    Programm- 
literatur  erhalten. —  Es  war  ein  großangelegter  und  auch  nach 
der  praktischen  Seite  wohldurchdachter  Plan,   von    dem   sich   ja 
einige  Zöge  —  wie  jeder  sieht  —  in   dem  ein  Jahrzehnt  spater 
durchgeführten  Tausch  (vgl.  o.  S.  168  fl.)  mit  seinen  Vor-  und  Nach- 
anzeigen wiederfinden,  und  besonders  die  geplante  Jahreshiblio- 
graphie  hätte  vieles  von  dem  erfüllt,  was  man  aach  heute  leider 
noch    zu   wünschen    hat.    Daß  der  Plan  nicht  zur  Durchführung 
kam,    lag  wohl  mehr  an  den  damaligen  unerquicklichen  Verhält- 
oissen    der   für  die  Beteiligung  in  Aussiebt  genommenen  Staaten 
untereinander,  als  an  der  Schwierigkeit  der  praktischen,  besonders 
geschäftlichen  Regelung,  auf  die  der  Berliner  Buchhändler  Calvary 
hinwies  (Nr.  62;  vgl.  auch  Nr.  72),  der  selbst  schon  vorher  zahl- 
reiche Programme  in  seine  Kataloge  aufgenommen  hatte  und  da- 
her in   der   neuen   Organisation    auch    wohl    eine    unerwünschte 
Konkurrenz  erblicken  mochte.    So  schlug  er  denn  seinerseits  nicht 
den  mehr  ofßzieilen  Weg  durch  die  Anstalten,  sondern  den  privaten 
durcli  die  Verfasser  der  Abhandlungen  als  gangbar  vor  und  schuf 
auf   diese  Weise    tatsächlich   sechs  Jahre   hindurch   (1864 — 1869 
über  die  Jahre  1863—1868;    Abt,  3,  Nr.  11)   in    den    von    ihm 
herausgegebenen,  natürlich  nun  nicht  vollständigen  Jahresverzeich- 
nissen   eine    Art  Zentralstelle   für   den  Vertrieb   der  Programm- 
literatur.     Mit   der    von   ihm    eingefügten  Literatur   von  Disser- 
ttöoneD,    Habilitations-   und    anderen    Gelegenheitsschriften    kam^ 
öbrigens  ein  fremdes  Element  in  die  Sache.    Denn  es  mußte  bei 
fflteiD  erwünschter  sein,  die  Schulprogramm-Literatur  in  eigener 
Cbersicht  zu  vereinigen.     Der  von   der  Philologen-Versamm- 
iong    in    Hannover  1864    im  Zusammenhang   mit  Anregungen 
F.  A.  Ecksteins  gutgeheißene  Vorschlag,  mit  Bechstein  und  Calvary 
io  Verbindung    zu    treten    und  auf  der  nächsten  Philologen -Ver- 
sammlung (in  Heidelberg)  darüber    zu    berichten,    bat   praktische 
Folgen    nicht   gezeitigt.     Was  Wiese  1855   im  Anschluß   an  die 
üben  (S.  185)    erwähnten  Worte    als  Aufgabe    der  Zukunft    hin- 
gestellt hatte,    „dieses  Institut  am  nützlichsten  zu  machen'',    war 
nicht  erfüllt  worden  und  blieb  der  nächsten  Generation  zur  Lösung 
vorbehalten. 

Wälu*end  so  die  Abhandlungen  immerhin  schon  in  den 
ersten  Jahrzehnten  ihres  Bestehens  die  Fachkreise  lebhaft  be- 
schäftigten, sind 

ß)  Die  Jahresberichte 

zunächst  nicht  so  häulig  Gegenstand  der  Diskussion  gewesen.  Doch 
linden  sich  schon  in  den  ersten  Äußerungen  zur  Sache  gewisse 
Anschauungen  ausgesprochen,  die  grundlegend  sind  und  noch 
heute  ihre  Bedeutung  nicht  verloren  haben  —  was  oft  verkannt 
norden  ist. 

An  die  Spitze  möchte  ich  die  kurze  Erörterung  Wilhelms 


IdO   Prograinmweseo  und  Prograuimbibiiothek  d.  h.öb.  Scholea, 

stellnn,  det  {Bibliogr.  Abt.  4  Nr.  48,  S.  738f.)  schon  1854  neben 
der  Knappheit  der  Jahresberichte  auch  die  Beachtung  korrekter 
Form  besonders  empfahl  und  auf  den  bei  ihrer  Abfassung  not- 
wendigen Takt  hinwies  —  ein  Gesichtspunkt,  der  (s.  u.)  noch 
öfters  hervorgetreten  ist(s.  schon  oben  S.  162;  Dietsch  S.  588) 
und  leider  noch  heute  (Teil  11  3)  manchmal  der  Hervorhebung 
bedarf.  Im  Zusammenhang  besprachen  Dietsch  (S.  586  0.)  und 
II.  (S.  553  —  557)  die  ganze  Einrichtung.  Bei  ihrer  Begründung 
hatte  man  hauptsächlich  drei  Zwecke')  im  Auge  gehabt,  Orientierung 
der  Behörden,  des  Publikums  und  der  Lehrer  selbst.  Dem  ersten 
dieser  Zwecke  vermag  D.  keine  große  Bedeutung  beizumessen; 
die  Behörden  könnten  sich  (S.  586)  die  notwendige  Kenntnis  auf 
andere  Weise  verschaflen,  für  desto  bedeutungsvoller  hält  er  den 
zweiten  und  dritten.  Was  die  Berichte  im  ganzen  dem  Publikum 
gäben,  sei  durch  die  Mitteilungen  einzelner  nicht  zu  ersetzen,  und 
(hier  spricht  ein  Menschenkenner)  es  wird  „mancher,  der  sonst 
sich  nicht  darum  bekömmern  würde  —  denn  menschliche  Naturen 
befassen  sich  oft  nur  mit  dem,  was  ihnen  gewissermaßen  in  die 
Hände  läuft,  und  für  manchen  Vielbeschäftigten  ist  die  Erleichte- 
rung notwendige  Bedingung  —  herangezogen";  durch  die  Mit- 
teilung an  andere  Anstalten  aber  werde,  hinaus  über  etwaige  Be- 
friedigung bloßer  Neugierde,  „das  Gefühl  der  Gemeinsam- 
keit und  Zusammengehörigkeit,  das  Bewußtsein,  einem 
großen  Organismus  anzugehören,  geweckt  und  belebt''  (S.  588). 
Beide  Verfasser  haben  sich  dann  auch  vieler  Einzelheiten  in  den 
Jahresberichten  angenommen  und  in  Billigung  und  Mißbilligung 
schätzenswerte  Beiträge  zu  ihrer  künftigen  Ausgestaltung  geliefert. 
Ich  erwähne  die  wichtigsten,  die  sich  besonders  auf  die  Statistik 
und  die  Chronik  beziehen.  Es  werden  (Dietsch  S.  589) 
statistische  Zusammenfassungen  für  größere  Zeiträume  empfohlen, 
mit  deren  Abfassung  man  nicht  erst  auf  Schuljubiläen  warten 
solle;  H.  wünscht^)  (S.  556)  genauere  Angaben  über  Stand  der 
Eitern,  Heimat  u.  ä.,  hebt  auch  besonders  die  schöne  Sitte  der  N  ekro- 
löge  (Schwerin,  Pforta)  von  ehemaligen  Angehörigen  der  Anstaiten 
hervor  (vgl.  o.  S.  161).  Beide  betonen  die  Bedeutung  der  Schüler- 
Verzeichnisse  (o.  S.  15811.),  Dietsch  auch  die  Mitteilung  der 
Schulreden  sowohl  zur  Lektüre  für  alle  diejenigen,  die  sie  nicht 
haben  hören  können,  als  für  die  Hörer  zur  Erinnerung.  In  feiner 
Weise  urteilen  sie  auch  —  z.  T.  unter  Anführung  von  charakte- 
ristischen Beispielen  —  über  gewisse  Ungehörigkeiten,  die  schon 
damals  in  der  „Chronik''  vorkamen  (nicht  selten  veranlaßt  durch 
unzweckmäßige  Ausführung   amtlicher  Bestimmungen)*),  wie  An- 

')  Wozn  bald  Doch  eio  vierter  trat,   s.  o.  8.  15]  f. 

^)  Wie  man  sieht,  ohoe  KeoatoU  der  Aogaben  io  den  bayerischen 
Jahresberichteo  schoo  dieser  ältereo  Zeit  (s.  o.  S.  ]59}. 

»)  Vgl.  I.  B.  Vfg.  V.  23.  Aug.  1824  (y/W.  2,  Nr.  XXX,  j4bt.  ir  A  .l)z 
„Dieser  Abschoitt  hat  aber  auch  sogleich  die  BestimmaDg,   durch  öffentliche 


von  R.  Ullrich.  191 

gäbe  von  UoterstutzungeD  an  Lebrer  mit  NaniensnennuDg^),  Eid- 
zelbeileu  von  Urlaubserteilungen  mit  Begründung,  eigenartige  Ab- 
scbiedsgröBe  an  abgehende  Lebrer  u.a.  m.    Die  biographischen 
Angaben  über  Lehrer  —  deren  Bedeutung  (bei  Beschränkung 
auf   das    Faktische)   als  ftlaterial  für  die  Geschichte  der  Schule 
im    übrigen   besonders  H.  voll  anerkennt  (S.  555)  —  wollen   sie 
auf  ausscheidende  Lehrer  beschränkt  wissen,  wor&ber  viele  beute 
anderer   Meinung    sein    werden    (doch  vgl.  u.  S.  157).     Die  Mit- 
teüong  des  Zensurgrades  der  Abiturienten')  rügt  Rödiger 
(S.  399).  Auf  die  große  Ungleichheit  aller  dieser  Mitteilungen  in 
den  Berichten  (die  z.  T.  durch  den  Mangel   entsprechender    amt- 
licher   Bestimmungen    in    mehreren    Staaten    verursacht   war  — 
s.  o.  S.  152f.)  konnte  noch  Di  et  seh  (S.  586)  mit  Recht  hinweisen; 
wenn    umgekehrt  H.  (S.  553)    findet,    daß  in  Preußen  durch  die 
«ogehenden  Bestimmungen  der  Verfügung  von  1824  die  Hervor- 
liebuDg  des  für  jede  Anstalt  Charakteristischen  sehr  erschwert  sei, 
so  bat  er  nicht  beachtet,   daß   diese  Veifügung   selbst   {Abs,  F) ') 
ticsem  Bedenken  vorbeugte,  und  verkennt  andererseits  die  große 
irieichterung,    welche    eine  gewisse  Gleichmäßigkeit  der  Berichte 
Im  die    wissenschaftliche    Verwertung    bietet.      Auch    die    Ver- 
fägangeo  der  Behörden,  deren  oft  unzweckmäßige  Mitteilung 
Wq  amtlichen   Stellen    selbst    schon  Anlaß    zu    bestimmten  An- 
«ioangen    gegeben    hatte  (vgl.  o.  S.  162),    haben    wenigstens  U. 
Wsdüfligt;    er    wünscht,    die   Behörden    sollten    selbst    angeben, 
vdeke  Erlasse   milzuteilen    seien    und  welche    nicht  (S.  554)  — 
*as  praktisch  freilich   manche  Schwierigkeiten  haben  dürfte  (vgl. 
Tdi  II  3),  an  die  er  nicht  gedacht  hat.    Den  Lehrapparat  will 
er  (556)    überhaupt    weglassen    oder    auf   das  Notwendigste    be- 

iVaihooD^  des  Geleisteten  dem  Fleiß  uod  Eifer  derjeoigeB  Lehrer,  welche 
nek  Uerin  sosgezeichDet  habeo,  die  verdiente  Gerecbti|$keit  wider- 
fihren  zn  lassen,  weshalb  die  denselben  zateil  gewordenen  Belobuugea  und 
AaerkeaDongen  in  demselben  anzuführen  sind*^  —  eine  Bestimmung,  die  im 
tügemeiDea  nach  und  nach  in  der  Praxis  von  selbst  auf  das  richtige  Maß 
zaräck^eföhrt  worden  ist 

1)  Vgl.  dazu  schon  die  Vfg.  vom  J.Novbr.  1858  (Wiese,  Vtu  hö/u 
SckabD.  t.  Pr.  11  (1869)  S.  706;  BiMiagr.  Jbi.  2,  Nr.  XXXV  c). 

*)  Zuerst  angeordnet  in  der  preußischen  Verfngiing  vom  23.  Aug. 
Ib24  (8.  o.)  j4bs.  ly  C,  2,  woza  noch  die  Mitteilung  der  ihnen  verliehenen 
Pramie.n  kam  (s.  z.  Bayern  o.  S.  160).  Auch  das  ist  allmählich  außer 
Gebrauch  gekommen,  ohne  daß  besondere  Verfügungen  ergangen  wären; 
wenigstens  liegen  im  Drnck  solche  nicht  vor.  Vgl.  den  österreichischen 
Brauch,  der  sich  etwa  damit  vergleichen  ließe,  o.  S.  160  mit  Aom.  1. 

')  j4bs.  y-.  „Durch  diese  Bestimmungen  sollen  übrigens  die  Direktoren 
oder  Rektoren  der  Gymnasien  bei  Abfassang  der  jährlicheu  Schulnachrichten 
nieht  auf  die  oben  bezeichneten  Rubriken  allein  beschränkt 
sein;  vielmehr  bleibt  ihnen  unbenommen,  auch  dasjenige,  was  sie  ans  ihren 
Beobachtungen  inr  einen  solchen  Öffentlichen  Scholbericht  Geeignetes  vor- 
zutragen wünschen,  und  unter  den  im  obigen  vorgeschriebenen  Artikeln 
keiae  angemessene  Stelle  findet,  in  der  Binleitang  oder  am  Schlüsse  der 
Scholaaelu'iehteo  beizsfiigen". 


192   Programmwegeo  und  Programmbibliothek  d.  höh.    Sefaaleo, 

schränkt    wissen  —  ein  Punkt,    der   auch  die  spätere  Diskussion 
mehrfach  beschäftigt  hat. 

Gegenüber  diesen  eingebenden  und  von  vollstem  Verständnis 
für  die  Bedurfnisse  der  Eltern  und  des  weiteren  Publikums  wie 
des  ganzen  Lehrerstandes  selbst  getragenen  Ausführungen  von 
Dietsch  und  H.  will  es  wenig  besagen,  wenn  Beschmann 
(a.  a.  0.)  ebenso  wie  die  Abhandlungen  (s.  o.  S.  187)  auch  die 
Schulnachrichten  als  unnötig  schlechthin  verwarf.  Von  seinen 
wenig  in  die  Tiefe  gehenden  Bemerkungen,  die  schon  durch  die 
ausgezeichneten,  wirklich  fördernden  Darlegungen^}  der  beiden 
eben  charakterisierten  Autoren  ihre  Widerlegung  ßnden  (Dietschs 
Ausfuhrungen  hat  er  leider  nicht  beachtet),  sei  nur  erwähnt,  daß 
ihm  (S.  597)  die  Schulnachrichten  eigentlich  nur  insofern  be- 
merkenswert erscheinen,  als  „die  Lehrer  anderer  Anstalten  aus 
Neugierde  (vgl.  dagegen  DietschS.588;  o.  S.  190) . . .  sich  aus  der 
höchst-  praktischen  Tabelle  über  die  Verteilung  der  Lehrstunden 
darüber  unterrichten,  welche  und  wieviele  Stunden  ein  ihnen  be- 
kannter Kollege  an  dieser  oder  jener  Anstalt  erteilt'S  Von  einer 
Würdigung  der  Bedeutung  der  Berichte  für  Schulgeschichte  und 
Statistik  findet  sich  hier  kaum  ein  Wort;  ein  Blick  in  die  damals 
schon  vorliegenden  Programmverzeichnisse  (s.  o.  S.  185)  hätte 
den  Verfasser  darüber  belehren  können,  welchen  Dienst  die 
Jahresberichte  auf  diesen  Gebieten  der  Wissenschaft  schon  ge- 
leistet hatten. 

> 

X)  Die  Programmbibliothek. 

Sehr  spärlich  ist  das,  was  im  Vergleich  zu  manchen  frucht- 
baren Erörterungen  über  Zweck,  Bedeutung  und  Inhalt  von  Ab- 
handlungen und  Jahresberichten  (Abschn.  a  und  ß)  für  die  mehr 
praktische,  aber  doch  die  wissenschaftliche  Verwertung  beider 
Einrichtungen  recht  wesentlich  beeinflussende  Seite  der  Sache  bis 
in  die  Mitte  der  sechziger  Jahre  von  den  Fachkreisen  selbst') 
geleistet  worden  ist,  ich  meine  die  Sammlung,  Ordnung  und 
Katalogisierung  der  Programme  in  der  Programm- 
bibliothek. Es  hängt  das  zu  einem  Teile  mit  der  damals  erst 
in  den  Anfangen  befindlichen  Entwicklung  eines  rationellen 
Bibliotheksbetriebs  überhaupt  zusammen,  hat  aber  leider  im 
Gegensatz  zu  der  weiteren  großartigen  Gestaltung  der  meisten 
wissenschaftlichen  und  Volksbibliolheken  die  Folge  gehabt«  daß 
ein  erheblicher  Teil  der  Programmbibliotheken  höherer  Schulen  sich 
heute  in  einem  Zustande  befindet,  der  wissenschaftliche  Ausnutzung 


')  Es  ist  aaf  diesem  Gebiete  das  erste  charakteristiscbe  Beispiel  dafür,  dsiß 
Literatarkenatois  eine  wesentliche  VorbediosoDg  der  erfolgreichen 
BehaadluDs  eioes  wisseDschafUichen  Gegeostaodes  bildet,  und  daß  ihr 
Maogel  Dor  zu  oft  za  uofruchtbarem  Gerede  führt. 

^  Ober  amtliche  AaresuDgen  in  Österreich'vgl.  o.  S.  149. 


von  R.  Ullrich.  193 

erschwert  oder  geradexu  uDmöglich  macht  (s.  o.  S.  85  und  Teil  lU). 
Wiese    äußerte    sich    am  Ende    der    sechziger  Jahre   (es  sei  ge- 
statte t,    seine  Worte    um    des  Zusammeohaoges    wiileo  schon  in 
diesem    ja    beinahe  bis  1869  reichenden    Abschnitt    anzuführen) 
folgendermaßen  {Das  höh.  Schulw.  t.  Preufsm  II  (1869)  S.  706): 
„Eis  wird  darauf  gehalten,    daß  die  in  den  Schulhibliotheken  sich 
ansammelnden  Programme,  um    benutzbar   zu  bleiben,   irgendwie 
geordnet  sind.     Bei  den  meisten  Anstalten  werden  alle  eingehenden 
Programme     zuvörderst     nach    bestimmter    Verteilung    bei    den 
Lehrern  in  Zirkulation  gesetzt.    Danach  vereinigt  man  sie  für  die 
Aor&tellung  der  Bibliothek  ent^veder   nach  Provinzen  und  StAdten 
oder    nach    den  Gegenständen    mit  beigefugtem  Register.     In  den 
meisten  Bibliotheken    ist  außerdem    ein  besonderer  Katalog  ange- 
legt, worin  die  Programme   nach    den  Gegenständen  der  Abhand- 
lungen vereinigt  sind'*.     Wie  groß  der  Prozentsatz  der  Anstalten 
«ar,    die    wirklich    so    verfuhren    (und,    was    die  Hauptsache  ist, 
konsequent  dabei  bliebeh),    gibt   er    nicht  an;   in  dem  zu- 
sammenfassenden Abschnitt  über  die  Programmbibliothek  (Teil  IIl) 
vird    darüber    noch    ein  Wort  zu  sagen    sein.     Hier  gilt    es  zu- 
Bclist  nur  hervorzuheben,    daß  die   zweifellos  damals  (und  z.  T. 
uch  heute)    gute  und   zweckmäßige  Ordnung  dieser  Verhältnisse 
ki  manchen  Anstalten  für  die  Gesamtheit  insofern  wenig  friicht- 
kr  gemacht  wurde,    als    öffentliche  Erörterung  fast  fehlte.     Von 
4a  olx'n  (S.   184  IT.)   vertretenen  Autoren  wies   (im  Zusammeq- 
kaag  nciit  der  Erwähnung  der  Klagen  ober  die  MQhe  der  Ordnung 
der  Programme)  nur  Dietsch   (S.  595)    in  einer  Anmerkung  auf 
&  Einrichtungen  der  Landesschule   Grimma  bin,    der  er  selbst 
damals    angehörte.     Für   jedes    Gymnasium    war   ein   besonderes 
fach  vorhanden,  die  Fächer  waren   nach  alphabetischer  Ordnung 
bezeichnet    uiid   innerhalb  jedes  Faches  die  Programme  nach  den 
Jahrgängen  geordnet.     Dazu  existierte  ein  dreifacher  Katalog» 
nach  den  Lehranstalten  und  der  Jahresfolge,  nach  den  Verfassern 
and  endlich  nach  Gegenständen.     Doch   äußerte  D.  Bedenken,  ob 
sich    reibst    die    zweckmäßigste    Einrichtung    bei    weiterer    Aus- 
dehnung   des  Programm  Wesens    werde   aufrecht   erhalten    lassen. 
Mit  praktischem  Sinne  hebt  er  an  dieser  Stelle  auch  (s.  o.  S.  180) 
die  Bedeutung  der  Trennung  von  Schulnachrichten  und  Abhand- 
Inngen    in    der    Druckeinrichtung    hervor,    weist    aucli    auf    den 
CbeUtand  der  verschiedenen  Formate  hin  (vgl.  o.  S.  173  f.).   Andere 
ÄuBf'rungen    von  Schulmännern    sind  —  soweit    mir  bekannt  — 
in    dem    ganzen  Zeitraum   von  40  Jahren,    innerhalb  dessen  sich 
Tausende  von  Programmen    in  den  alleren  Schulen  angesammelt 
liatten,    in    dieser  Richtung   nicht   hervorgetreten.     Und  an  wen 
die   erwähnten    knappen,   aber    zweckmäßigen  und  in  der  Praxis 
^währten    methodischen    Winke    nicht   gelangten,    mochte  wohl, 
wenn  er  nicht  selbst  ein  praktischer  Bibliothekar  war,  ein  anderes 
£ji2^^£jiiii<7spriozip    fand    und   konsequent  durchCjihrle,   leicht  mit 

2^|j^^^  C  d.  iJjmn««i»lw«Mn.    LXI.    9.  a.  3.j.  13 


194  Progrtmmweseii    itod  Progrtmnbibliothek  d.  hSh.  Schaieo, 

Experimentieren  viel  Zeit  verlieren,  die  Sache  ins  Stocken  kommen 
lassen  und  am  Ende  der  nächsten  Generation  eine  Ordnung 
der  ganzen  Sammlung,  gleichviel  welcher  Art,  verleiden.  Die 
Gegenwart  wird  auch  hier  immer  vorbauen  müssen,  wenn  die  Zu- 
kunft Gewinn  haben  soll. 

b)  Von  den  Verhandlungen  der  preußischen 

Direktorenkonferenz    in  Ost-    und  WestpreuBen  1865 

bis  auf  Wieses  zusammenfassende  Cbersicht  1869. 

{Vgl  Bibliographie  j4ht  3,   Nr.  12,  13a,  26—28  und  AhL  4,   Nr.   65—76). 

Es  ist   nur   ein    kurzer  Zeitraum,   der  hier  zusammengefaßt 
wird,  ein  halbes  Jahrzehnt  im  Vergleich   zu  den   vier  ganzen  des 
Abschnittes  a.     Aber  wie  schon  äuBerlich  die  Zahl  der  veröffent- 
lichten 12  Aufsätze,  die  sich  auf  wenige  Jahre  zusammendrängen, 
im    Verhältnis    weit    erheblicher   ist    als    die  knapp  doppelte 
Zahl   des   achtmal   größeren   Zeitumfanges    von   1824 — 1864,  so 
sind  auch  dem  Inhalte  nach  die  hierher  gehörigen  Abhandlungen 
zu  den  gedankenreichsten  und   grundlichsten  zu  zählen,  die  über 
das   ganze    Programmwesen    überhaupt   geschrieben    sind.     Nicht 
nur   daß    in    dieser  Zeit   auf  zwei  Direktorenkonferenzen, 
besonders  auf  der  ersten  von  1865,  nahezu  alle  Seiten  der  Frage 
aufs  eingehendste    behandelt    worden  sind^);   es  finden  sich  viel- 
mehr   auch    gerade  jetzt,    wie    auf  diesem  Gebiete  kaum  jemals 
später    wieder,  so    viele   hervorragende  Schulmänner  mit  Namen 
besten  Klanges  zusammen    —  Duden,  Förstemann,  Frick, 
Kl  ix,    Todt,   Wiese    — ,    daß    man   schon    deshalb    besonders 
Wertvolles  zu  finden  erwarten  darf  und  auch  findet.    Gewiß  sind 
auch  manche  der  damals  gegebenen  Anregungen    anfechtbar    und 
mehrere  Vorschläge,    besonders    nach    der   praktischen  Seite  hin, 
verfehlt  gewesen;  desto  größer  ist  die  Bedeutung  dieser  Aufsätze, 
soweit   die    wissenschaftlichen    Grundlagen  in    Betracht    kommen, 
auf  denen  sich,  wie  die  Regelung  des  gesamten  Schulwesens,  auch 
die  der   Programmeinrichtung    aufbauen   muß.     Ein    großer  Teil 
der  kleinen  Literatur  in  Abschnitt  d  (s.  u.),  besonders  im  letzten 
Jahrzehnt  seit  1896,  hätte  getrost  ungeschrieben  oder  wenigstens 
ungedruckt  bleiben  können,  wenn  ihre  Autoren  sich  eingehender 
mit  dem  Studium  jener   wohlerwogenen  Meinungsäußerungen   be- 
schäftigt   und     die    richtigen     Folgerungen    aus    ihnen    gezogen 
hätten. 

Die  Verhandlungen  ober  das  Programm wesen,  die  von  der 
Behörde  im  Jahre  1865  auf  die  Tagesordnung  der  Königs- 
berger Direktorenversammlung  gesetzt  wurden,  gewannen 
dadurch   besondere  Bedeutung,    daß   sie  die  Reformpläne,  die   in 

*)  Über  frühere  mehr  selegeotliche  ÄnßeraDgen  auf  solchen 
Koofereozeo  vgl.  o.  S.  184  mit  Aom.  2  uDd  S.  185  Z.  9  v.  o. 


v«a  R.  Ullrieh.  195 

der  VerföguDg  fom  15.  Hai  1866  {Mliogr.  Abt.  2,  Nr.  XXXVI;  vgl. 
o.  S.  134)  zum  Ausdruck  kamen,  vorbereiten  halfen.  Und  nach- 
dem hier  —  um  nur  den  Hauptpunkt  zu  erwähnen  —  die  Auf- 
hebung der  jährlichen  Verpflichtung  zum  Schreiben  der  Ab- 
handluogen  in  Aussicht  genommen  worden  war,  konnte  es  nicht 
fielen,  daß  dieser  Gesichtspunkt  auch  auf  die  Diskussion  der 
Sache  in  den  nächsten  Jahren  einen  gewissen  Einfluß  ausübte. 
Es  muß  dieses  Verhältnis  besonders  hervorgehoben  werden,  wenn 
man  zo  den  Erörterungen  der  Fachpresse  in  dieser  Zeit  den 
richtigen  Standpunkt  der  Beurteilung  gewinnen  will.  Das  treibende 
Moment  war  nicht  bloß  die  Frage  des  Wertes  oder  Unwertes  der 
Programme,  sondern  der  Umstand«  daß  der  Tauscbverkehr,  der 
ja  damals  (vgl.  o.  S.  167)  noch  durch  die  Behörden  selbst  er- 
folgte, diesen  lästig  zu  werden  anfing.  So  sann  man  auf  Mittel 
zur  Abhilfe,  die  in  der  Theorie  manches  für  sich  hatten,  praktisch 
aber,  wie  -n  den  mannigfachen  Erörterungen  selbst  schon  hervor- 
trat, den  Taaschverkehr  eher  komplizierter  gemacht,  ihn  also 
ovcbwert  statt  erleichtert  hätten.  Es  war  ein  Glück,  daß  keine 
der  damals  auftauchenden  Ideen  wirklich  den  Weg  in  die  Praxis 
Cand  ond  der  ebenso  einfache  wie  noch  heute  in  der  Hauptsache 
bewährte  Teabnersche  Tausch  verkehr,  der  10  Jahre  später  ins 
Leben  trat,  Verhältnisse  vorfand,  an  die  eine  Anknüpfung  möglich 
«ar,  ohne  daß  es  weitgehender  Umgestaltungen  bedurft  hätte. 
Aiese  wären  unvermeidlich  gewesen  und  hätten  manchen  Anstoß 
hoTorgemfen,  wenn  schon  in  den  sechziger  Jahren  die  gewohnte 
Bahn  zugunsten  irgend  eines  der  vorgeschlagenen  Seitenwege 
pnz  oder  teilweise  verlassen  worden  wäre. 

Ober    die  Zweckmäßigkeit    des  Pro<rrammwesens  im 
ganzen  war  man  sich  auch  in  der  zweiten  Hälfte  der  sechziger 
Jbhre   zieoillch  einig;  Dein  bar  dt  (S.  641)  prägte  das  Wort,   das 
ich  noch  heute  als  klassisch    bezeichnen  möchte,    „man  müßte 
das   notwendige  und  nutzliche  Institut  ins  Leben  ein- 
fahren,   wenn    es    noch    nicht    bestände*'.    Im  einzelnen 
traten    oatürfieh  Unterschiede   der  Anschauungen  hervor;  es  war 
aher    ein  Fortschritt,   daß    man  sich  nicht  mit  allgemeiner  Lob- 
rede oder  Temrieilung   schlechthin    begnügte,  sondern  Hand  an- 
zalegen  begann,    die  nun  vier  Jahrzehnte  bestehende  Einrichtung 
den  Teranderten  Zeitumständen  gemäß  im  einzelnen  zu  reformieren, 
ohne    doch   die   Vorteile   im  ganzen   aufzugeben,    die  sie  für  die 
^f^^yoiichafllirV  Arbeit  des  Lebrerstandes  und  die  Erhaltung  des 
GeCnhls    der    Zusammengdiörigkeit    seiner    Glieder    wie    für  die 
innigen  Beziehoogen  zwischen  Schule  und  Haus   besaß.    Das  trat 
aof   dem  Gebiete   der  Abhandlungen   und  dem  der  Jahres- 
berichte    zifilich   gkicfa mäßig   hervor,     und     auch    mit    der 
Programmbibliothek   b^ann    man  sich    nun  etwas  eingehender 
zn  besehäftigeB  md  versocbte  —  wenigstens  in  der   Theorie  — 
Aatzomadaeii,  was  fruheie  Jahrzehnte  versäumt  hatten. 

*  13* 


196   ProgrtmmweseD  oud  Programmbibliothek    d.  höh.  Scbalen, 

a)DieAbhaDdlQogeo. 

Das  wesentlichste  Moment,  das  in  diesem  Zeilraum  überaU 
hervortrat  und,  wie  zugleich  gesagt  werden  kann,  auch  das 
ft'Uchtbarste  för  die  Folgezeit  geblieben  ist,  war  die  Erörterung 
der  Aufhebung  des  amtlichen  Zwanges  der  jähriicheu 
Lieferung  einer  Abhandlung  durch  die  Lehrer  in  be> 
^timm  tbrReihenfolge.  Dieser  Jahreszwang  fand  keinen  Vertreter 
mehr;  Wiese  wariS.  709)  ebenso  dagegen,  wie  es  schon  die  Referenten 
'auf  der  westfälischen  Direktorenversammlung  von  1867  gewesen  wareu 
(frier  [I]  8.251).  Die  Minderwertigkeit  mancher  Abhandlungen^ 
der  „Kinder  der  Not''  (s.  o.  S.  187),  wurde  nicht  mit  Unrecht 
auf  die  Nötigung  zur  Produktion  zuröckgefl^hrt  und  möglichster 
Freiheit  in  der  Bestimmung  des  Verfassers,  der  Wahl  und  Sprache 
des  Themas  allgemein  das  Wort  geredet.  Die  Zweckmiißigkeil 
der  Beibehaltung  der  Abhandlung  überhaupt  wurde  nur  vun  Klix 
bestritten,  der  einen  inneren,  doch  seiner  Meinung  nach  not- 
wendigen Zusammenhang  zwischen  Abhandlung  und  Schulnacli- 
richten  vermißte  —  was  bei  dem  öfters  rein  gelehrten  Charakter 
der  damaligen  Abhandlungen  nicht  zu  verwundern  war  —  und 
deshalb  ihre  Abschaü'ung  schlechthin  empfahl,  u.a.  auch  mit  dem 
(nicht  ganz  zutreffenden)^)  Hinweise  darauf,  daß  von  keiner 
anderen  Verwaltung  die  Verbindung  einer  Abhandlung  mit  einem 
Rechenschaftsbericht  gefordert  werde*),  wogegen  Volckniar 
(8.  937)  diese  Vergleichung  mit  anderen  Beamten  durch  treffenden 
Hinweis  auf  die  besonderen  Aufgaben  gerade  des  höheren  Lehrer- 
standes als  hintäiiig  erwies.  Doch  konnte  Klix  übrigens  die  An- 
schauung, die  Programmabhandlungen  waren  ein  Zeugnis  des 
wissenschaftlichen  Geistes  der  betr.  Anstalten  °),  leicht  auf  das- 
richtige  Maß  zurückfuhren.  Auch  die  im  Jahre  1867  noch  mög- 
liche Meinung  (Weslf,  Dir.-Vers.;  Erler  [I]  S.  250),  die  Abhand- 
lungen seien  „namentlich  in  kleineren  Städten  ein  Mittel,  sich  die 
Achtung  des  Publikums  zu  erhalten**,  wird  von  einem  selbst- 
ständiger  gewordenen  höheren  Lehrerstande  nicht  mehr  geteilt  werden . 
Da^e^^'en  wird  die  in  demselben  Jahre  an  derselben  Stelle  her- 
vorgetretene Ansicht,  diese  Abhandlungen  seien  gerade  in  kieiiiei> 
Städten  eine  gute  Anregung  zu  wissenschaftlichen  Studien  (be- 
sonders als  Zusammenfassungen  bisheriger  Resultate  auf  wissseii- 
scliartlichem  wie  auf  praktischem  Gebiete)  und  überhaupt  eia 
Mittel,  sich  bestimmte  Ergebnisse  fester  und  klarer  zu  machen^ 
auch  heute  noch  in  gewisser  Gellung  bleiben  dürfen,  wenigstens 
überall    da,    wo    über    dem    berechtigten  Selbstgefühl  des  schnell 


^)  Vgl.  z.  B.  die  N'erhältoisse  der  Universitäten  und  gelehrten  Gesell- 
s,chartcü. 

*')  Vf?l    Anicis,  o.  S.  IST;  s.  t.  Duden  S.  501. 

3j  rer/t.  d.  DireH.-Rfz.  von  1865,  S.  93  {Erler  [1]  S.  249),  T  o  d  i 
S.  655. 


voB  R.  Ullrich.  197 

in  seioen  äußeren  Verhältnissen  gestiegenen  Standes  die  Ober- 
Zeugung  von  d4*r Notivendigkeit  auch  wissenschaftlichen  Forf- 
scbreitens  und  dessen  literarischer,  auch  dem  Stande  zur  Ehre 
gereichender  Betätigung  nicht  verloren  gegangen  ist;  vgl.  Teil  112. 
Wenn  andrerseits  Duden,  der  sich  im  Grunde  dem  Standpunkt 
von  Klix  sehr  näherte,  aber  aus  Gründen  der  Zweckmäßi*;keit 
nicht  bis  zur  Abschaffung  der  Abhandlung  überhaupt  kam, 
meinte  (S.  503),  es  könnten  an  Stelle  der  gedruckten  Abhandlung 
schriftliche,  der  Behörde  von  jedem  Lehrer  etwa  alle  10  Jahre 
einzureichende  wissenschaftliche  Ausarbeitungen  treten, 
so  scheint  er  mit  diesem  Vorschlage,  der  uns  heute  gar  seltsam 
anmutet,  schon  damals  keine  Gegenliebe  gefunden  zu  haben, 
weder^  bei  Fachgenossen  noch  bei  der  Behörde  selbst. 

Ober  den  absoluten  Wert  der  Abhandlungen  urteilten 
Klix  (S.  785)  und    Duden  (S.  500  f.)   am    ungunstigsten,  ohne 
sich    indessen    —    was    zu    beachten    ist    —    ober    allgemeine 
Wendungen  zu  erheben  oder,  was  doch  damals  erheblich  leichter 
war    als    jetzt,    im  Ernste  zu  versuchen,    ihre  abfallige  Kritik  im 
einzelDen    zu    begründen.     Bei    Duden    (S.  497  u.  501)   scheint 
auch  die  Bezeichnung  der  Programme  als  „Nililberschwemmung'^ 
nd     ,,Makulatur"      und      die     Wendung      „Begraben     in     den 
Übüotheken*'    zuerst    zu    begegnen,    die    in    der  späteren  Klein- 
finntur  allmählich  z.  T.  zum  Range  von  gern  gebrauchten  Schlag- 
voften    erhoben    wurden.     Doch   sei    hervorgehoben,  daß  gerade 
Baden  (S.  499)    schon    damals    als    wesentliche  Vorbedingungen 
des  Gelingens  wissenschaftlicher  Arbeit  überhaupt  die  notwendige 
Sicherung  der  äußeren  ff^ge  der  Lehrer  und  die  erst  so  herbei- 
^fiihrte    ausreichende    Muße    und    Stimmung    richtig    erkannte. 
Aach  der  früher  schon  (vgl.  o.  S.  187)  gelegentlich   vorgekommene 
flioweis,  die  zahlreichen  Zeitschriften  seien  die  besten  Ersatz- 
gelegenheiten für  Programmabbandlungen  (Klix  S.  485 
n.  489;  Duden  S.  501)  kehrte  hier  getreulich  wieder,  ohne  daß 
man    versucht   hätte,    den   großen  Unterschied    beider  Arten  der 
IVrö^Teotlichung    überhaupt   oder   die    näheren    Verhältnisse    des 
Zeiti^iriftenweseos  genauer  zu  würdigen.     Um  so  wertvoller  war 
e^  daß    Volckmar   (S.  938)  auf  das  Unzutreffende    dieses   Ge- 
sichtspunktes wenigstens  mit  dem  einen  Beispiel  des  ,,Pkilologn$^* 
hinwies«    bei  dem   schon  damals  das  Angebot  die  Nachfrage  weit 
ub«*rstieg,    und    femer   (vgl.  auch  BiMiogr.  Abi.  4,  Nr.  131)  sehr 
ricblig     hervorhob,    daß   ohne    das   Programminstitut    viele    gute 
Arbeiten    Oberhaupt   niemals   gedruckt    worden   wären.     Näheres 
darüber  s.  Teil  II  2.     Leider    haben    seine    in    einer  der  damals 
geleseostifD  Zeitschriften  veröffentlichten  Bemerkungen  wenig  Ein- 
druck gemacht«    wie    die    neuere  Literatur    über  den  Gegenstand 

xeigt flbrigens  an  sich  schon  ein  Beweis  gegen  die  Anschauung, 

daß  tüchtige  Aufsätze  in  Zeitschriften  ebenso  gut  oder  gar  besser 
zur  Kenntnis  der  interessierten  Leserkreise  gelangten  als  in  Pro« 


198  PrograniDweseB  and  Programmbibliothek   d.  höh.  SchalcD, 

grammen.  Wiebtiger  und  richtiger  war  es,  wenn  damals  sowohl 
Ueinhardt  (S.  645)^)  als  Todt  (S.  655)*)  wie  später  (t881) 
Schwalbe  (S.  134  ff.;  BibUogr.  Nr.  S8)  aus  ihrem  Erfahrungs- 
kreise einige  bestimmte,  wahrhaft  förderliche  Abhandlungen  aus- 
drücklich hervorhoben,  wie  denn  beide,  ebenso  wie  Frick  (S.  34), 
den  Wert  der  Abhandlungen  Oberhaupt  betonten  und  in  ihrem 
Wegfall  eine  schwere  Schädigung  des  Lehrerstandes  und  der 
Schule  zu  erblicken  geneigt  waren.  Verständige  Beurteiler  ver- 
schlossen sich  in  richtiger  Erkenntnis  aber  auch  nicht  der  Ein- 
sicht, daß  der  Inhalt  selbst  tüchtiger  Abhandlungen  doch  nicht 
immer  dem  Zwecke  dieser  Veröffentlichungen  entspreche,  die  sich 
oft  weit  von  der  ihnen  ursprünglich  vorgezeichneten  Bestimmung 
(Vfg.  vom  23.  Aug.  1824;  Bibliogr.  Abt.  2  Nr.  XXX,  Abt.  11 
s.  0.  S.  95  u.  138)  entfernt  hatten.  Die  Meinung,  die  seit  den  dreißiger 
Jahren  bis  über  die  Mitte  des  Jahrhunderts  hinaus  infolge  der 
tatsächlich  geübten  Praxis  steh  festgesetzt  hatte,  die  Programme 
seien  dazu  da,  die  Wissenschaft  als  solche  zu  fördern,  erweckte 
allmählich  Bedenken;  Deinhardt  (S.  643  f.)  und  Duden  (S.  499  f.) 
vertraten,  ähnlich  wie  die  westfälische  Konferenz,  den 
Standpunkt,  die  Abhandlungen  sollten  zwar  auf  wissenschaftlicher 
Grundlage  ruhen,  aber  sich  auch  durch  passenden  Gegenstand*) 
und  abgerundete  Form  der  Darstellung  auszeichnen,  so  daß  sie, 
wie  es  Deinhardt  (S.  644)  treffend  ausdrückte  (vgl.  auch 
Duden  S.  504,  Nr.  5),  „von  einem  tüchtigen  Primaner  mit  Nutzen 
für  seine  wissenschaftliche  Bildung  studiert  werden  könnten''. 
Frick  wies  zuerst  (S.  41  f.)  auf  die  Bedeutung  pädagogisch- 
didaktischer,  freilich  auf  wissenschaftlicher  Grundlage  ruhender 
Themata  hin,  die  nach  der  Entwicklung  der  ganzen  Sache  von 
gelehrten  Schulmännern  damals  nocli  als  minderwertig  angesehen 
wurden.  Man  erblickte  nicht  mit  Unrecht  den  Grund,  daß  manche 
Abhandlungen  nur  noch  für  einen  kleinen  Kreis  von  Lesern  ge- 
nießbar waren,  in  der  Schwierigkeit,  den  verschiedenen  Zwecken 
zugleich  zu  dienen,  die  man  s.  Z.  bei  der  Neuordnung  der  Ver- 
hältnisse im  Auge  gehabt  hatte,  und  die  Fachkreise  gaben  nun 
auch  ihrerseits  der  Meinung  Ausdruck,  die  nicht  lange  vorher 
schon  in  den  Verfügungen  der  preußischen  Unterrichtsverwaltung 


>)  Dio  Arbeiteo  von  R.  H.  Hie  che  über  Goethes  Jphig€me  {Zmtz  G. 
1834  QBd  J837)  ood  Shakespeares  MaobM  (1846);  letst«*e  abrigens, 
aus   der  Meraebnrger  Zeit,  ist  nickt  als  Programn  erschienen. 

^)  6.  Pr.  Eysell,  Loben  dkr  Johanna  d*  Jrcy  frogr.  Rmtdn  G,,  5  Teile, 
1857--.]  860  n.  1863. 

')  Anf  die  UazweekmSfiigkeit  der  Erörterung  konfessioneller 
nad  politischer  Fragen  (es  waren  die  Jahre  der  v.  Mö hl  er  sehen 
Ära)  wies  die  Konferenz  von  1865  hin  (S.  96;  Erler  [I]  S.  249)  —  ein 
Gesichtspaokt,  der  io  bezog  auf  Tagesfragen  dieser  Art  an  dieser  Stelle 
mich  hente  noch  Gelfang  haben  dürfte.  Vgl.  die  Kltere  sächsische  Ver- 
ftgQog  von  1842  {Bibiiogr,  Mt  2,  Nr.  LXXVIH)  o.  S.  104  nnd  144. 


von  R.  Ulirieb.  199 

voD  1859  und  1866  {BibUogr.  Abt.  2,  Nr.  XXXV  a  und  b,  s.  o. 
S.  138  t)  erneut  zur  Geltung  gekommen  war.  Es  war  natür- 
lich, dafi  in  diesem  Zusammenhange  auch  die  Kontrolle  durch 
die  Behörden  zur  Sprache  kommen  mußte  (vgl.  Nr.  XXXIV a, 
Lllb  u.  ö.;  0.  S.  143);  doch  wünschten  beide  Direktorenversamm- 
lungen  (1865  und  1867)  übereinstimmend  ihre  milde  Ausübung 
—  was  dem  tatsächlichen  Zustande  wohl  entsprochen  bat  Die 
in  der  ersten  Periode  nur  ganz  gelegentlich  berührte  Frage  der 
Honorierung  des  Verfassers  (s.  o.  S.  186)  wurde  jetzt  schon 
mehrfach  erwähnt,  von  den  Referenten  auf  der  Versammlung  von 
1865  {Erler  [\]  S.  249)  in  verneinendem,  von  den  übrigen  Wort- 
führern^) mehr  in  bejahendem  Sinne  entschieden  —  von  den 
letzteren  allerdings  nur  in  gewissem  Zusammenhange  mit  den 
auf  Veränderung  der  Organisation  der  Angelegenheit,  besonders 
des  buchbändlerbchen  Vertriebes  der  Programme,  abzielenden  Vor- 
schlägen (vgl.  weiter  unten).  Letzteres  bedarf  besonderer  Er- 
«ibDiiDg  mit  Rücksicht  darauf,  dafl  in  neuerer  und  neuster  Zeit 
2Jif  das  Autorenhonorar  größeres  Gewicht  gelegt  worden  ist. 

Da    ein    wesentlicher  AnlaB   zu  der  preußischen  Reformver- 
fäfoiig  vom  15.  Mai  1866   die  Not   des   Tauschverkehrs   bei 
kä  Behörden   gewesen   war   (s.  o.  S.  195),    so   versuchte    man 
tttdrlicb  auch  in  den  Verhandlungen  dieser  Zeit  den  entstao^^^n 
Schwierigkeiten  mit  geeigneten  Vorschlägen  zu  begegnen,  die  nun 
1««  »emlich  alle  die  Last  von  den  Schultern,  die  sie  bisher  ge- 
tn|Hi  hatten,  abzunehmen  bereit  waren,  aber  auch  —  wie  gleich 
^BHft  werden  mag  —  darin  fibereinstimmten,  daB  sie  die  vorher 
«firecht    erhaltene  Einheitlichkeit   des  Verfahrens    und  den  allen 
ScAuJen    gleichmäßig  «gewährten  Nutzen    gefährdeten.     Ein    Vor- 
schlag war  immer  unpraktischer  als  der  andere,  wie  den  wenigen 
alsbald  klar  wurde,  die  schon  damals  mit  etwas  mehr  Organisations- 
Uleot    und    praktischerem  Blick    ausgerüstet    waren,   als  es  Mit- 
glieder   gelehrter    Versammlungen    oder  Verfasser    sonst    aasge- 
letchoeter  Abhandlungen  oft  zu  sein  pflegen*  Dahin  gehört  z.  B.  die 
Idee,    in   jeder  Provinz    ein   Redaktionskomitee  einzusetzen« 
das    die    tüchtigen   Abhandlungen   auszuwählen    und  zu  einem 
Jahrbucbe  (vgl.  hierüber  schon  o.  S.  187)   zu  vereinigen  hätte, 
was  schon  der  Königsberger  Konferenz  1865  (S*  90;  Erkr 
\L]  S.  249)  ab  überaus  mißlich  erschien  (vgl.  auch  Todt  S.  656; 
Kl  ix  S.  788;   Frick  S.  37).     Ferner   der  Vorschlag  der  west- 
fälischeD    Versammlung    1867   (JEr/er  [1.]   S.  251),   nur  alle 
3 — 4  Jabre  Abhandlungen  nebst  kunem  Scbuibericht  für  den  all- 
femeinen  Austausch   herauszugeben,   daneben  aber  jährliche  aus- 
führlichere Schuiberichte  dem  engeren  Interessenkreise  des  Ortes 

*)  Aafillig  ist  hier,  dtfi  t.  B.  F  r  i  e  k  (S.  38)  gich  voo  der  Honorier aop 
der  Verfasser  einaa  fosstigeo  Risflofl   saf  die  Prodsktioo  und  des  wissen- 1 
acbsfUieheo  GekmU  der  AbksndloofeD  versprsch. 


200   ProprammweseD  und  Profrtmnbibliothok  d.  höh.  Schalen, 

und  der  Provinz  darzubieten;  weiterhin  die  Anregung  von  Todt 
(S.  657),  jede  Anstalt  sollte  alle  3 — 5  Jahre  ^.Gesammelte  Schriften" 
(auf  fünf  Jahre  etwa  10 — 12  Bogen)  veröffentlichen,  die  allein 
(im  Gegensatz  zn  den  Jahresberichten)  dem  allgemeinen  Austausch 
zukämen;  in  ähnlicher  Richtung  bewegten  sich  die  Vorschläge 
von  Duden  (S.  504).  Prick  endlich  wollte  den  „offiziellen 
Grat]  saust  au  seh**  der  Anstalten  untereinander  überhaupt  be- 
seitigen und  die  Verbreitung  dem  buchbändlerischen  Vertriebe 
allein  Obertragen  wissen,  so  daß  die  Schulen  dann  eben  nur  er- 
werben würden,  was  sie  nach  freier  Wahl  brauchten.  Er  über- 
trug damit  die  Kosten  der  Abhandlungen  (deren  Risiko  bezw. 
Gewinn  dann  dem  Buchhandel  und  z.  T.  dem  zu  honorierenden 
Verfasser  bliebe)  von  den  Staats-  und  Gemeindekassen  auf  die 
Bibliotheken  der  Anstalten,  die  doch  damals  tinanziell  weit 
schlechter  gestellt  waren  als  es  viele  noch  heute  sind,  ohne  daran 
zu  denken,  daß'  deren  Etats  dann  wenigstens  einiger  Stärkung 
bedurft  hätten  —  ganz  abgesehen  davon,  daß  er  ein  wesentliches 
Moment,  die  Möglichkeit,  in  jeder  höheren  Schule  jede  Abhand- 
lung der  anderen  vorzuGnden,  stark  unterschätzte.  Hören  ließ 
sich  dagegen  wohl  der  von  Gegnern  der  ganzen  Einrichtung,  so 
von  Duden  (S.  504)  nach  Beschmann  (s.  o.  S.  187)  damals 
wieder  gemachte  Vorschlag,  das  ersparte  Geld  den  Biblio- 
theken der  Schulen  zuzuwenden  —  wenngleich  von  der 
Idee  bis  zur  Einfflhrung  in  die  Praxis  ein  recht  weiter  Weg  ge- 
wesen wäre,  nicht  bloß  damals;  vgl.  Teil  II  2. 

Gegenüber  solchen  für  die  Praxis  ungeeigneten  Vorschlägen 
war  es  ein  wirklicher  Fortschritt,  wenn  in  dieser  Zeit  die 
äußere  Trennung  der  Abhandlung  von  den  Schul- 
nachrichten auch  in  Fachkreisen  nachdrücklicher  gefordert 
wurde,  nachdem  sie  schon  in  einem  Staate  von  den  Behörden 
a^mtlich  vorgeschrieben,  in  Preußen  wenigstens  vorgeschlagen  war 
(1866;  s.  0.  S.  180).  Zwar  die  Königsberger  Direktorenver- 
sammlung von  1865  sprach  sich  noch  dagegen  aus  (S.  104; 
Erler  [I]  S.  250),  nicht  ganz  mit  Unrecht,  weil  die  ersten  Vor- 
schläge darauf  ausgingen,  die  Schulnachrichten  nur  den  Schülern 
bezw.  Eltern,  die  Abhandlungen  —  ohne  die  Schulnachrichten 
—  allein  den  anderen  Schulen  mitzuteilen,  wodurch  ein  wesent- 
licher Teil  des  Zweckes  und  der  Wirkung  der  ersteren  in  Weg- 
fall gekommen  wäre.  Die  Zweckmäßigkeit  der  Trennung  för  die 
Bibliotheken,  die  ziemlich  am  Tage  liegt,  wurde  übrigens  auch 
bier  schon  eingesehen.  Mit  der  Art  ferner,  wie  Todt  (a.  a.  0.) 
und  Duden  (8.  704)  die  Trennung  für  ihre  Sonderpläne  nutzbar 
zu  machen  suchten,  würde  sich  wohl  heute  niemand  von  denen 
befreunden,  der  die  volle  Bedeutung  gerade  der  Schuinachriditen 
auch  für  fremde  Anstalten  anerkennt  und  in  einer  Beschränkung 
ihres  Auslaiischs  auf  engere  Kreise  eine  Erschwerung  der  gegen- 
seitigen   Förderung    der    Schulen   selbst    sehen  muß.    Immerhin 


¥•0  R.  Ullrich.  20t 

war  es  wichtig,  daJQ  die  Frage  damals  mehrfach  angeregt  wnrde, 
his  sie  —  ohne  daß  gewisse  schädliche  Folgen  wenigsleos  in  der 
Theorie  gegeben  waren  —  ioi  Jahrzelint  darauf  wirkKch  fast 
überall  praktische  Bedeutung  erhielt.  Auffallend  ist  freilich,  wo- 
rauf ich  hier  ausdrucklich  hinweisen  möchte,  daß  in  der  ganzen 
im  wesentlichen  auf  Norddeutschland  beschränkten  Diskussion 
dieser  Jahre  mit  keinem  Worte  auf  die  Tatsache  RQcksicItt  ge- 
nommen wurde,  daß  die  insbesondere  für  Preußen  auch  amilich 
angestrebte  Trennung  (s.  o.)  in  einem  sOüdentschen  Staate 
(s.  o.  S.  180)  tatsächlich  bestand,  auch  den  Gründen,  aus  denen 
etwa  dort  die  Trennung  erfolgt  war,  gar  nicht  näher  nachgegangen 
wurde  —  auch  ein  Beweis,  wie  gering  damals  die  Beziehungen 
zwischen  den  einzelnen  Staaten  gerade  in  bezug  auf  Schulver- 
hältntsse  waren,  trotz  der  doch  allen  bekannten  und  so  oft  als  B^^^ 
weis  gegen  die  Programmeinricfatung  herangezogenen  Zeitschriften. 
Aocii  heute  lassen  diese  Beziehungen  gerade  auf  dem  Gebiete  der 
Schalverfassung  und  -Verwaltung  leider  noch  recht  viel  zu 
wünschen  Obrig,  und  es  kann  noch  mancherlei  geschehen,  sie 
tlwas  enger  zu  gestalten,  damit  das  Gute,  wo  immer  es  sich 
leigen  mag,  nicht  auf  engere  Kreise  beschränkt  bleibt^). 

Ein    erfreuliches    Zeichen    war    es,    daß  in  dieser  an  Äuße- 
nmgen  über  die    gesamten  Verbältnisse   des  Programm wesens-^so 
RicfacD  Periode    auch   die  Frage  der  Nutzbarmachung  des  in 
te    Abhandlungen    von    4   Jahrzehnten   für    Wissenschaft    und 
Sckule  Geleisteten  stärker  in  den  Vordergrund  trat.     Die  wenigen 
iB  Fortsetzung    früherer   Arbeiten   (s.  o.  S,  185  u.  187)   herge- 
^flten  Bibliographien  {Abt.  3,  Nr.  12, 13a,  26— 28)  konnten 
io  engeren  Kreisen  wohl  nützliche  Dienste  leisten,  bedeuteten  för 
den  wisssenschaftlichen  Gebrauch  im  ganzen  wenig,  weil  das  den 
Terfassern    zur  Verfügung    stehende  Material    zu  mangelhaft  war. 
Der  Grund  lag    einmal   darin,   daß   der  Tauschverkebr  sich  erst 
all  mählich  entwickelt  und  auf  eine  grüßere  Anzahl  von  Staaten 
entreckt  hatte,  und    ferner   -r   leider   schon  damals  —  in  dem 
unaureiehenden  Zustande   der  Programmbibliotheken.    Auch   die 
wichtigsten    Erfordernisse     eines     wirklich    brauchbaren     biblio- 
graphischen Hilfsmittels    waren   damals   denen  noch  nicht  immer 
geläufig,    die    gleichwohl    ihre  Herstellung  wagten.     Obrigens  be- 
zeic^hneten    die   Obersichten   von   Gotscher   (Nr.    26,   27)    und 
Hü  hl  (I;  Nr.  28),  so  dankenswert  sie   an   sich  waren,   insofern 
eineo  Köckscbritt  gegenüber  Gutenäcker  (s.  o.  S.  188),  weil  sie 
bei  unzureichender  Grundlage   wieder   zu  weite  Gebiete  umfassen 


1)  Vsi.  d9s  Proe^amm  der  Manatschrift  für  höhere  Schulen  I  (1902) 
5.  1  ff. ;  für  die  gegeBseitlreo  B«xieboogeo  der  Lehrerbibliothekeb 
zoeiBaader^  bcsooders  aaf  den  Gebiete  der  Zeitschrift eo,  bolTe  icb 
aUbal4  eisen  klefoeo  Beitrag  jiefero  za  kCeoea  (yjgt.  o.  S.  86,  Aam.  1, 
Z.  10). 


202  Pi'oi^ramaiwesen  und  Pro|franiaibibliotli«k  d.  hSh.    Scbnleo, 

wollten.  Und  wie  die  Programme  selbst,  so  scheinen  auch  die 
bis  in  die  sechziger  Jahre  hergestellten  Programmverieichnisse 
nicht  einmal  so  bekannt  geworden  zu  sein,  daB  sie  ihren  Zweck 
wirklich  erföllten  —  wie  aus  ihrer  spärlichen  Beröcksictitigung 
in  der  damaligen  Zeit  hervorgeht.  So  trat^)  denn  der  für  die 
sechziger  Jahre  fast  zu  groBzögige,  aber  doch  bedeutungsvolle 
Plan  auf  der  Königsberger  Versammlung  hervor  (S.  106  if.;  Erler 
[f.]  S.  250)  einen  Generalkatalog  aller  seit  1824  er- 
schienenen Programme  auf  Kosten  der  Staatsbehörde  her- 
stellen, in  angemessenen  —  etwa  dreijährigen  —  Zwischen- 
räumen fortsetzen  zu  lassen  und  so  eine  zuverlässige,  dauernde 
Nutzbarmachung  der  ganzen  Einrichtung  zu  ermöglichen.  Die 
schwierige,  heute  noch  nicht  gelöste  Aufgabe  (vgl.  auch  BihUogr. 
Abt.  4^  Nr.  98)  erregte  lebhaftes  Interesse,  fand  aber  auch  (wohl 
hauptsächlich  wegen  der  finaniieUen  Bedenken)  Widerspruch,  z.  B. 
auch  seitens  der  beiden  auf  der  Versammlung  anwesenden  Provinzial- 
Schulräte,  und  blieb  unausgeführt,  obgleich  in  Aufsätzen  auch 
andere  Fachmänner,  so  Duden  (S.  504)  und  Frick  (S.  39)  fQr 
ähnliche  Unternehmungen  eintraten;  der  letztere  regte  (a.  a.  O.) 
ähnlich  wie  De  in  bar  dt  (S.  651)  noch  die  Gründung  einer  be- 
sonderen Zeitschrift  an,  einer  Art  von  Programm-Reper- 
torinm,  die  regelmäßig  und  ausschließlich  über  alle  Programme 
vollständig  referieren  sollte,  was  die  allgemeinen  und  Fachzeit- 
schriften (vgl.  0.  S.  110,  Anm.,  Abs.  2)  bis  dahin  nur  in  unvoll- 
ständiger Weise  hatten  leisten  können.  Nichts  von  alledem  kam 
aber  zur  Ausführung,  und  das  Calvarysche  Unternehmen,  dam, 
wenngleicl)  auf  unzureichender  Grundlage  und  unter  Hereinziehung 
fremder  Bestandteile  (s.io.  S.  189),  aber  doch  immerhin  planmäßig 
die  bibliographische  Nutzbarmachung  der  Programme  hatte  herbei- 
führen   wollen,   ging   nach  sechsjähriger  Wirksamkeit  wieder  ein 

—  man  weiß  nicht,  ob  aus  Gründen,  die  in  der  UnvollkommeD- 
beit  der  Sache  selbst  lagen,  oder  wegen  finanzieller  Schwierig- 
keiten, die  wiederum  wohl  nur  in  zu  schwacher  Beteiligung  der 
interessierten  Kreise  gesucht  werden  konnten.  So  zeigen  sich 
zwar  mancherlei  erfreuliche  Ansätze,  aber  das  Ergebnis  war 
schließlich  ziemlich  negativ. 

ß)  Die  Sehalnachrichtea. 

Die  Verhandlungen  über  die  wissenschaftlichen  Beilagen  hatten, 
wie  wir  sahen,  in  der  zweiten  Hälfte  der  sechziger  Jahre  Behörden 
und  Fachmänner  lebhaft  bewegt  und  z.  T.  die  Zweckmäßigkeit 
dieses  Teils  des  Programms  selbst  in  Frage  gestellt,  ohne  indessen 

—  ich  sage  glücklicherweise  —  in  letzter  Beziehung  tieferen  Ein- 
druck zu  machen  oder  gar  zur  AbschafTung  dieser  Einrichtung  zu 


^)  Ober    die  Plaoe    Beclisteios    und    das  UnteraehnieD  Calvary« 
s.  oben  S.  18S  f. 


T«B  R.  Ullrich.  203 

fHbr€D.    Ober    den  Nutten    der  Jahresberichte   dagegen    war 
man  (anders  als  ein  Jahrzehnt  früher,  s.  o.  8.  192)  grundsättlich 
einig  und  bemuhte  sich  nur  ein  Institut,  das  sich  bewihrt  hatte» 
weiter  auszubauen,    um    es  für  die  Zwecke    und   Kreise,    denen 
es    dienen   sollte,    so    fruchtbar    wie   möglich   zu    machen.      Die 
Diskussion  nahm  infolgedessen  keinen  so  breiten  Raum   ein,    wie 
die  aber  die  Abhandlungen  beansprucht  halte,   förderte   aber  — 
neben  manchen  yerfehlten  Vorschlägen,  die  sich  besonders  auf  die 
Organisation  im  ganzen  bezogen  —  doch  manche  beachtenswerten 
Gesicblspunkte  im  einzelnen  zutage,  die  aiimihlich  auch  den  Weg 
in    die  Praxis   fanden.     Zu    dem  Verfehlten    rechne  ich  z.  B.  die 
ein«*n  Röckschritt  bezeichnende  Idee,    die  Jahresberichte,  weil  sie 
Bur    ein    lokales    bezw.  provinziaJes  Interesse    hätten,   in   diesen 
engeren   Kreisen   allein   auszutauschen.     Hier  hatte   man    froher 
(fgl.  z.  B.  o.  S.  190)  schon  richtiger  geurteilt.    Wenn  diese  Berichte 
damals    (und   das   gilt   erst   recht  für  heutige  Verhältnisse)   den 
Serof  erfüllen  sollten,  die  Leserkreise  verschiedener  Provinzen  und 
Staaten  in  den  Anschauungen  Ober  allgemeine  wie  spezielle  Schul-* 
fragen  einander  näher  zu  bringen,  so  wurde  dieser  Zweck  durch 
die  solche  Beschränkung  des  Tauschverkehrs  natürlich  nicht  ge- 
fördert.   Das  treibende  Motiv  zu  diesen  und  anderen,  in  ähnlicher 
Uefciung  sich  bewegenden  Vorschlägen  war  augenscheinlich  nicht 
^fi  der  Umstand,  daB  die  Behörden  sich  durch  den  Umfang  des 
TnscbgescbäAs  beschwert  fohlten ;  vielmehr  fingen  auch  manchen 
Aüothekaren   die   wachsenden   Bestände   und    ihre   konsequente 
Ordnung   an  zur  Last  zu  fallen.    Es  werden  das  damals  (gerade 
vie  vielfach  noch  heute)  besonders  solche  Verwalter  gewesen  sein, 
äenen  die  große  Bedeutung  der  ganzen  Einrichtung  und  der  wirk- 
liebe Segen,  den  sie  bei  zweckmäßiger  Nutzbarmachung  gerade  in 
den   Schulbibliotheken   selbst   stiften    kann,    deshalb    wenig   auf- 
gegangen   war,    weil   sie  ein   rechtes  Verhältnis  zur  Wissenschaft 
okiit    gewonnen  hatten  und  —  was  damals  verzeihlicher  war  als 
beute  (vgl.  z.  B.  Frick  S.  41  f.)  —  die  Beschädigung   mit  Scbul- 
fragen   als  etwas  Inferiores  anzusehen   gewohnt  waren.     So  ver- 
gaBeo  üe  ober  dem  Betriebe  im  engeren  Kreise  der  eigenen  An-- 
slalt  leicfal,  den  Blick  auf  das  Ganze  zu  richten,  und  vermochten 
daher  Bestrebungen  das  Wort  zu  reden,  die  auf  allmähliche  Ver- 
nicblang    dieser   wichtigen  Dokumente  -des  gesamten  Schullebens 
binaosUefen  —  Bestrebungen,    von   deren    traurigem  Erfolge  die 
BestaDde   der  Programm-Bibliotheken    mancher  Schulen   ein    an- 
schaalicbes  Zeugnis   ablegen,   die   oft  nicht   einmal  ihre  eigenen 
Jahresberichte    mehr  —  von    andern   ganz   zu   schweigen  —  so 
vollständig   besitzen,   daß  sie  dem  Forscher  auf  dem  Gebiete  der 
Scfaalgeschichte  und  -Organisation  nutzbar  gemacht  werden  können. 
Verfebit  war  z.  B.  selbst  der  Vorschlag  Frick s   (der    sonst,    wie 
jedermann    weiß,    gerade   für   große  Schulfragen  einen  so  weiten 
ßVick    balte)t    die    jährlichen  Berichte   abzuschaflen    und    dafQr 


204  Programmweseo  nnd  Profrrammbibliothek  d.  höh.  Schalen^ 

umfangreichere,  zwei-  bis  dreijährige  einzuführen,   indem  er 
zu  einseitig  die  rein  lokalen  Interessen  betonte,  die  allerdings  auch 
in  vielen  Fällen    mündlich    befriedigt   werden    können,    aber    das 
auswärtige  Publikum  vergaß.    Dies  ist  aber  doch  för  die  Existenz 
kleiner  Anstalten  in  kleineren  Städten  oft  geradezu  von  ausschlag- 
gebender Bedeutung  und  hat  ein  gutes  Becht  darauf«  in  möglichst 
einfacher  Weise    von    dem    neuesten  Stande    der  Dinge  unter- 
richtet zu  werden.     Die  Lokalpresse,    auf  die  er  hin«%ies  (und 
Neuere  sind  ihm  gern  gefolgt),  kann  wohl  hier  unter  Umstäjiden  eine 
Hilfe,  aber  kein  Ersatz  sein.    Das  Bichtige  können  eben  nur  Jahres- 
berichte   leisten.     Dieser   Name    hat    nicht    bloß   das  bisturische 
Recht,   sondern  auch  das  des  Tages,  und  man  sollte  davon  nie- 
mals   abgehen.     Verhängnisvoll    wurde     Fricks    Vorschlage    der 
Umstand,    daß    er    eine  größere  Ausgestaltung  der  Jahresberichte 
nach  der  pädagogisch-didaktischen  Seite    hin    wflnschte,    was    an 
sich  vortrefl'lich  war  und  auch  in  Jahresberichten,  wenn  man  nur 
nicht  zu  viel  will,  wohl  geleistet  werden  kann,    ihm  aber  nur  in 
umfänglicheren  Ausgaben  möglich  erschien.    Beachtenswerter  und 
auch    richtiger,    weil  sie  das  Becht  des  Lokalpublikums  wahrten» 
aber  auch   den  Fachkreisen    größere  Frucht   versprachen,    waren 
Anregungen  (vgl.  schon  oben  S.  190),    die  auf  eine   besondere 
Zusammenfassung  der  (beizubehaltenden)  jährlichen  Schui- 
nachrichten    zu    größeren    Übersichten    von    Zeit    zu 
Zeit  abzielten  (Deinhardt  S.  651;  etwas  anders  Duden  8.504), 
während  Kl  ix  im  Zusammenhang  mit  seiner  Ablehnung  der  Bei- 
lagen (s.  o.  S,  1 96  f.)  einer  —  gewiß  wünschenswerten  —  ausführ- 
licheren Gestaltung  der  Schulnachrichten  das  Wort  redete  (S,  787  ff.). 
Er  hätte  aber  wieder  zu  komplizierte,  den  Bibliotheksetats  außer- 
dem keineswegs  günstige  Verhältnisse  dadurch  herbeigeführt,  daß  er 
eine     Doppelausgabe,     eine     lokale     Einzelausgabe     für    das 
Publikum    und    eine    Bandausgabe    einer  Mehrzahl  von  Anstalta- 
berichten  durch  die  Behörden  für  andere  Schulen,  empfahl,  welche 
letztere    dann    dem  Buchhandel    überlassen    werden    und   für  die 
SchulbiblioihQken  zu  einem  Vorzugspreise  käuflich  sein  sollte  (vgl. 
o.  S.  200  Fricks  Vorschläge  betr.  d.  Abhandlungen). 

fruchtbarer  für  die  Praxis  als  diese  auf  das  Ganze  der 
Organisation  sich  beziehenden  Anregungen  waren  manche  Vor- 
schläge, die  auf  Besserungen  in  der  Ausgestaltung  ein- 
zelner Teile  der  Berichte  berechnet  waren.  Daß  die 
Statistik  z,  B.  verbesserungsbedürftig  sei,  wurde  schon  in  dieser 
Zeit  anerkannt,  und  die  Notwendigkeit  der  Pflege  engeren  Zu- 
sammenhangs mit  den  Anschauungen  von  Berufsstatistikern 
hervorgehoben,  so  auf  der  Königsberger  Versammlung  1865 
(S.  102 f.;  ErUr  [I]  S.  250)  und  von  Deinhardt  (S.  649),  dem 
überhaupt  das  Verdienst  zukommt,  auf  Grund  einer  genaueren 
Untersuchung  der  einschlägigen  Bestimmungen  von  1824  {BibUogr. 
Äbl,  2,  Nr.  XXX)  das   logische  Verhältnis  der  einzehien  Teile  der 


voD  IL  Ulirick.  205 

Schulnachrichten  näher  bestimmt  und  so  der  endgültigen  Regelung 
in  Preußen   im  Jahre  1885   (Nr.  XLI)   wirksam    vorgearbeitet    zu 
haben.     Mancherlei  Mißstände»  besonders  Indiskretionen,   die  sich 
in  der  Chronik  gezeigt  und  schon  mehrmals  der  Behörde  Anlaß 
zum  Einschreiten  gegeben  hatten  (vgl.  o.  S.  162),  verfehlten  ihren 
Einruck  aueh  auf  die  in  vieler  Hinsicht  so  wichtige  K6nigsberger 
Versammlung  nicht,    die  hervorhob  (S.  102;  Erter  a.  a.  0.),    alles 
Verletzende  sei  zu  vermeiden»  auch  Belobigungen  der  Lehrer  seien 
nicht  mitzuteilen,  aber  die  biographischen  —  natürlich  objektiv 
zu  haltenden  —  Lebensdaten  auch  neu  eintretender  Lehrer,  m.  E. 
mit  Recht,  für  zulässig  uud  nützlich  erklärte,  die  in  früherer  Zeit 
bemängelt  worden  waren  (s.  o.  S.  191)  und  auch  Neueren  (vgl.  u. 
Abschnitt  d)  anstößig  gewesen  sind.    Für  die  in  Süddeutschladd 
seit  langem  übhehen  Schülerverzeichnisse,  gleichviel  welcher 
Art(s.  o.  S.  158  ff.),  auf  deren  Vorhandensein  übrigens  kaum  Bezug 
genommen  wurde,  erwärmte  man  sich  auf  derselben  Versammlung 
Dicht,    während   Deinhardt  (S.  651),   der  sonst  in  allen  diesen 
Fragen  feines  Verständnis  und  eine   glückliche  Hand  bewies,  auf- 
fillenderweise  für  Preußen  Rangordnungs-Verzeichnisse  empfahl 
la  einer  Zeit,    wo  man  anderwärts  allmählich  (gewiß   mit  Recht) 
»s  naheliegenden  Gründen  zu  alphabetischen  allmählich  über- 
wog (8.  o.  S.  159).    Etwas  Seltenes   für    jene  Zeit,  aber   darum 
pnde    doppelt   anerkennenswert,   war   es,   wenn  derselbe  Schul- 
■aso  (S.  65t)  auch  dem  Verzeichnis  der  Lehrmittel,  insbesondere 
^ffl  der  Anschaffungen  für  die  Lehrerbibliothek,  seine 
isfmerksamkeit  zuwandte  und  auf  seine  Bedeutung  als  Anregung 
för  alle  Bibliothekare  (man  kann    getrost   erweiternd   sagen:   für 
»!le  Schulmänner)   hinwies,    während   man  diese  Dinge  bisher  als 
ziemlich  gleichgültig  oder  überflüssig  angesehen    hatte,    eine  Auf- 
{tfsnng,    die    merkwürdigerweise    auch   in  dem  heutigen  Zeitalter 
großer  Entwicklung  des  Bibliotheks-  und  Katalogwesens  noch  Bei- 
fall finden    konnte  (vgl.  besonders  Bibliogr.  Abt.  4,  Nr.  123);    ich 
komme  darauf  später  noch  zurück.    Den  Lehrplan  der  einzelnen 
Anstalten  ab  und  zu  in  ausführlicherer  Form^)  im  Jahresbericht 
abzudrucken,  regte  die  Künigsberger  Versammlung  wiederum  zweck- 
mäßig an,    wogegen    die   Hitteilung   der   lateinischen    und 
deutschen  schriftlichen  Arbeiten  in  Prima  und  Sekunda, 
^\t  später  z.  T.  durchgeführt  wurde,  noch  Bedenken  erweckte.    Die 
obligatorische  Anführung  der  gebrauchten  Lehrbücher,  die  selbst 
in   der    heute   für  Preußen   geltenden  Hauptverfügung  von  1885 
(o.  Nr.  XLI),  wenigstens  als  gesonderte  Zusammenstellung,  nur  als 
fakultativ  bezeichnet  wurde,  fand  schon  daknals  mit  Recht  eifrige 
Fürsprecher.    In  der  Tat  ist  sie  so  nützlich,  vom  rein  praktischen 
Standpunkte  des  Tages  wie  vom  wissenschaftlichen,  daß  sich  kaum 
mit  Grund  etwa«  dagegen  sagen  läßt. 


';  \gL  daza  oben  S.  138,  Aoni.  U 


206  Programmwesea    and  Progranmbibliothek  d.  höh.  Seholen, 

y)   Die  Progrtnnbibliotbek. 

Die  Verhältnisse  der  Programmbibliothek  fantien  ionerhalb 
der  kurzen,  hier  in  Hetracht  kommenden  Periode  erhöhtes  Inter- 
esse. Man  fing  an  allmählich  zu  erkennen,  daß  die  Art  ihrer 
Einrichtung  die  Renatzung  erheblich  beeinflussen  und  am 
Ende,  da  doch  die  meisten  Lehrer  höherer  Schulen  auf  sie  fast 
allein  angewiesen  waren,  über  Zweck  oder  Oberflüssigkeit  des^ 
Programmwesens  Oberhaupt  —  praktisch  angesehen  —  bis  zu 
einem  gewissen  Grade  entscheiden  mußte.  Und  während  die 
lange  Zeit  von  vier  Jahrzehnten,  wie  wir  oben  sahen,  auf  diesem 
Gebiete  nur  wenig  geleistet  hatte,  war  es  eine  gluckliche  Fügung, 
daß  dieser  Seite  des  ganzen  Instituts  in  dem  halben  Jahrzehnt 
▼on  1865  bis  zum  Ende  der  sechziger  Jahre  nicht  bloß  auf  den 
beiden  Direktorenversammlungen  von  1865  und  1867  eine  gewisse 
Beachtung  geschenkt  wurde  {Erler  [I]  S.  248 — 251),  sondern  auch 
zwei  Schulmänner  und  zugleich  -Bibliothekare  selbst  sich  der 
Sache  mit  liebevollem  Interesse  annahmen,  von  denen  der  eine 
in  engerem  Kreise  (in  Bremen)  segensreich  gewirkt  hat,  der 
andere,  erst  kürzlich  in  hohem  Alter  verstorbene^),  durch 
bibliothekarische  und  andere  wissenschaftliche  Arbeiten  auch  in 
weiterem  Kreise  rühmlichst  bekannt  geworden  ist 

Die  Erörterungen  der  beiden  Versammlungen  gewinnen  da- 
durch besondere  Bedeutung,  daß  sie  an  wirkliche  Verhältnisse  an- 
knüpfen und  auf  Grund  deren  zeigen,  wie  es  gemacht  wird  und 
zu  machen  ist  —  was  für  alle  praktische  Fragen  immer  am 
firuchtbarsten  sein  wird.  Wir  erfahren,  daß  die  Programme 
,,zirkulieren"  (Herford),  daß  sie,  nach  dem  Alphabet 
(Herford)  oder  dem  Inhalt  (Lyck)  in  Bände  gebunden, 
aufgestellt  sind  und  ein  Katalog  dazu  besteht  (an  beiden  Orten), 
der  anderwärts  noch  vermißt  wird;  die  Wichtigkeit  gleichen 
Formats  für  die  Verhältnisse  der  Bibliothek  wird  (S.  250)  von 
der  ersten  Versammlung  betont.  Dabei  tritt  aber  (auf  der  zweiten 
Versammlung;  S.  251)  die  bedenkliche  Auffassung  hervor  (s.  oben 
S.  200),  „es  möge  die  Verpflichtung  aufhören,  Programme,  die 
keine  Abhandlung  enthielten,  aufzubewahren  oder  auf  Programme 
der  betr.  Provinz  beschränkt  werden''.  Man  sieht,  wie  wenig  man 
damals  die  Bedeutung  der  Jahresberichte  für  die  Schulgesdiichte 
noch  schätzte  und  auf  wie  fruchtbaren  Boden  die  Äußerungen 
Todts  (s.  0.  S.  200)  gefallen  waren,  der  noch  den  Jahresberichten, 
insbesondere  der  Chronik,  nur  lokalen,  ephemeren  Charakter  bei- 
legte, während  die  in  dieser  Beziehung  weit  treffenderen,  etwas 
späteren  Bemerkungen  Dudens  (S.  498),  daß  sie  gerade  für  ent- 
ferntere, weniger  Ähnlichkeiten  aufweisende  Provinzen  von  größerer 
Bedeutung  seien,  die  Debatte  leider  nicht  mehr  in  dieser  Bichtung 


^)  VfL  deo   Nekrolog   über    Ernst    PörstemanD    von   H.  Paalzo«', 
Zibl,  f.  BütUMeksw.  XXIII  (1906)  S.  552^563. 


voa  R.  Ollrtcb.  20T 

beeinflosseo  koanUD.  In  Bremen  bestand  (Sattler  S.  338f.) 
im  Jahre  1869  ein  doppelter  Programmkataiog,  1.  nach 
Stidten,  mit  chronologischem  Verzeichnis  der  Programme 
bei  jeder  Anstalt,  2.  nach  Verfassern,  mit  Angabe  der  Seiten- 
xahi  TOD  1;  die  Programme  selbst  waren  sachlich  in  die  ent- 
sprechenden Rubriken  der  Bibliothek  eingeordnet,  und  zwar  aus 
praktischen  Gründen  immer  eine  größere  Anzahl  zwischen  Papp- 
deckel gestellt,  die  durch  ein  Gummiband  zusammengehalten 
worden.  Id  bibliographischer  Hinsicht  (vgl.  o.  S*  173)  tadelt 
Sattler  mit  Recht  die  Unsitte  der  fehlenden  Namen  bezw.  der 
Vomaaien  der  Verfasser  auf  dem  Titel,  um  dann  freilich  —  im 
Anaehloß  an  die  Hervorhebung   dieses  Mangels  —  mit   dem   be- 

zeichnenden  Worte  zu  scblieBen  (S.  342)  „ denn  mag  man 

über  den  Wert  der  wissenschaftlichen  Abhandlungen  denken  wie 
man  will,  benutzt  werden  sie  nach  meiner  Erfahrung 
so  gat  wie  gar  nicht".  Wie  mag,  wird  man  beute  fragen, 
trotz  der  liebevoll  ausgearbeiteten  Kataloge  und  der  vortreCnichen 
Aufstellang,  die  wirkliche  Benutzung  an  Ort  und  Stelle 
gestaltet  gewesen  sein?^)  Denn  es  wdre  geradezu  unglaub- 
fich,  wenn  eine  so  wohlorganisierte  Programmbibliothek  ein  wissen- 
tehaftlich  interessiertes  Kollegium  oder  wenigstens  einige  seiner 
Mitglieder  nicht  zu  recht  biufigem  Gebrauch  bei  ihren  Studien 
gerMleza  herausfordern  sollte. —  Für  sachliche  Einordnung  der 
Programme  in  die  Haupthibliothek  der  Anstalten  war  auch  Forste- 
Bann  (a.a.O.  S.  12t!.),  der  sie  im  Qbrigen  in  Pappkapseln 
anfbewahrt  wissen  wollte,  während  weniger  bemittelte  Anstalten 
(ein  schlimmer  Notbehelf!)  sie  in  Bündeln,  in  festes  Papier 
eingewickelt,  aufheben  sollten.  Ober  die  Möglichkeit,  eine  Ab- 
handlung in  einer  Schalbibliothek  von  damals  sofort  ohne  viel 
Mnhe  za  finden,  urteilte  er  nicht  eben  optimistisch  —  er  sprach 
aus  vielfacher  Erfahrung  — ,  wollte  aber  wenigstens  durch  o  f  f  i  z i  el  I  e 
Katalogisierung  der  Jahresprogramme  alles  getan  wissen, 
die  Nutzbarmachung  dieser  Literatur  zu  fördern,  und  schlug  — 
bierin  nicht  glucklich  —  vor,  das  Ministerium  sollte  in  jedem 
Jahre  einer  andern  Anstalt  die  Anfertigung  eines  Katalogs 
der  Programme  (an  Stelle  einer  wissenschaftlichen  Beilage  zum 
Jahresbericht)  übertragen!  Er  sowohl  wie  Sattler  legten,  was 
för  die  damaligen  Verhältnisse  begreiOich,  aber  bei  zwei  Schul- 
männern im  Hinblick  auf  die  vielen  auch  in  jener  Zeit  schon 
vorlit^endeo  geschichtlich  wertvollen  Jahresberichte  doch  auffallend 
ist,  den  vollen  Nachdruck  auf  die  Abband lungen.  Es  ist  wohl 
klar,  wie  umständlich  und  zeitraubend  es  bei  dem  von  beiden 
angewandten  Einordnungsprinzip  sein  mußte,  sich  über  die  näheren 
Verhältnisse    auch    nur    bei   einer   einzigen    Schule  genauer   zu 


ij  V^].  flieiae    Sehrtft  Brnrndzung  und  EinriMung  usw.   (s.  o.  S.  85 
Abb.  2)  S.  70  f. 


208  Programmweseo  aod  Pro|;rtiiiiii-bibliot]iek   d.   höh.  Schalen, 

unterrichten;  und  nun  gar  für  ganze  Prorinzen  oder  Länder! 
Julius  Petzholdt,  nicht  einmal  Schulmann,  zeigte  größeres  ge~ 
schichtliches  Verständnis,  wenn  er  schon  damals  der  Aufstellung 
nach  Schulen  das  .Wort  redete  ^)  —  so  wenig  erfreulich  auch  zu- 
weilen der  Tonseiner  Besprechung  von  Förstemanns  verdienst^ 
ToUen  Arbeiten  den  heutigen  Leser  anmutet'). 

Das  Ende  dieses  Abschnittes  bildet  das  Jahr  1869.  Wenige 
Jahre  danach  erhielten  wenigstens  die  äußeren  Verhältnisse  des 
Programm  Wesens,  wie  bekannt  (8.  o.  S.  135,  166  ff.),  die  lang  er- 
sehnte Regelung  durch  die  Einrichtung  des  Teubnerschen  Pro- 
grammentauBches.  Es  ist  keine  Frage,  daß  diese  auf  der  Dresdener 
Schulkonferenz  1872  zuerst  angeregte  Organisation  durch 
die  neuen  politischen  Verhältnisse  Deutschlands  wesentlich  ge- 
fördert, wenn  nicht  überhaupt  erst  ermöglicht  wurde.  Gerade  in 
dem  Jahre  aber,  in  dem  der  Teubnersche  Tauschverkehr  endgültig 
festgesetzt  wurde,  1875,  schied  der  langjährige  Leiter  des  preußi- 
schen höheren  Schulwesens,  Ludwig  Wiese,  aus  dem  Amte.  Es 
war  eine  eigenartige  Fügung,,  wenn  er  am  Vorabend  großer  Er- 
eignisse einer  Sache,  der  er  von  Anfang  an  besonders  lebhaftes 
Interesse  bezeigt  hatte,  nock  eine  zusammenfassende,  zwar  knappe, 
aber  alles  Wesentliche  erschöpfende  Darstellung  widmete,  im 
2.  Bande  seiner  historisch  -  statistischen  Darstellung  Da$  höhere 
Schulwesen  in  Pteufsen  (1869)  S.  701—709.  Sie  ist  auch  hier  so 
oft  herangezogen  worden,  daß  dies  am  deutlichsten  für  ihre  Be- 
deutung spricht.  Für  die  ältere  Zeit  ist  sie,  soweit  Preußen  in 
Betracht  kommt,  noch  immer  unentbehrlich,  und  es  gibt  bisher 
für  keinen  andern  Staat*)  etwas  Ähnliches.  Besonders  sympathisch 
berührt  die  ruhige,  streng  sachliche  Art  ihrer  Abfassung.  Daß 
sie  auf  die  amtliche  Seite  und  die  Verhältnisse  Preußens  den 
Nachdruck  legt,  ist  in  der  Natur  der  Sache  und  wegen  der  Stelle, 
an  der  sie  steht,  begründet. 

c)  Die  siebziger  und  achtziger  Jahre  (mit  der  Arbeit 
von  B.  Schwalbe  1881)  bis  zur  Denkschrift  von  C.  Fr. 
Müller  (Kiel)  1888   und   dem  Beginn  der  Bibliographie 

von  R.  Klußmann  (1889). 

(Vgl.  Bibliogr.  j4bt.  3y  Nr.  I3b— 16,  16,  20—22,  33,  37,  40,  41,  43,  44; 

Aht,  4,  Nr.  77—100). 

Die    zeitliche  Begrenzung,    die   ich    diesem  Abschnitte    gebe, 
wird  für  den  Anfang,    der  natürlich  ist,    und  das  äußerste  Ende, 


1)  Nmur  Anzeiger  für  Büfliographie  u.  BibUethekswütensekafl  1865, 
S.  292  f. 

')  Z.  B.  am  Sehlufi  der  BespreehuDS  der  den  Schutbibliotheken  gewidmettfa 
Schrift  KörstemaDDs  (Bibtiog^r.  Kr.  65).  ebenda  S.  19i. 

*}  Der  vielftck  auf  bayerisehe  Verhältaisae  Bexog  a«]imaade  Abriß 
von  Stemplinger  (Nr.  148)  ist  anderer  Art 


voD  R.  Cllrich.  209 

das    den    Beginn    von    Klußmanns    wichtigen,    bewunderungs- 
würdigen    Arbeiten    bezeichnet,    kaum    einer    Rechtfertigung    be- 
dürfeD.     Anders     steht     es    noit     der    besonderen   Hervorhebung 
der  bedeutenden  Arbeiten  Schwalbes  und  C.  Fr.  Müllers  (Kiel), 
die    beide    gerade    in    den  Kreisen,    die  sich  am  meisten  för  sie 
hätten  interessieren  sollen,  nämlich  denen  der  Schulmänner,    kaum 
bekannt  geworden  sind,    wenigstens  in  der  Literatur   der   letzten 
beiden  Jahrzehnte  fast  gar  keine  Beachtung  gefunden  haben.    Der 
im  Jahre  1886  an  das  preußische  Kultusministerium   gerichteten, 
1888  Yeröffenllichten  Denkschrift  iMuIlers  (At6%r.  Nr.  98),    die 
die     Herstellung    eines    Generalkatalogs     der    Programm- 
abhandlungen  Deutschlands,  in  der  Hauptsache  von  1825 — 
1885,    nicht    bloß    vorschlug  (vgl.    schon  oben  S.  149  und  202), 
sondern  auch  in  eingehender  Weise    wissentiichaftlich    begründete, 
war    es    allerdings    sachlich   nicht  von  Vorteil,    daß  sie  gerade  in 
eine  Zeit  fiel,    in  der   sich    der  Anfang    von   Klußmanns  Werk 
schon  in   Vorbereitung  befand,  bei  demselben  Verleger,  dem  auch 
die  OberDahme    des    von  Müller  vorgeschlagenen  Kataloges  zu- 
fedacht    war;    und   äußerlich  wurde  ihr  der  Umstand  verhängnis- 
voll, daß  sie  später  in  einer  —  sonst  vortrefflichen  —  Zeitschrift 
tarn  Abdruck  gelangte,  die  damals,  wenige  Jahre  nach  ihrem  Ent- 
hüben, in  den  Lehrerbibliotheken  der  höheren    Schulen  wohl  noch 
«raiger  heimisch    war    als  sie  es  heute  tatsächlich  ist.     Daß  da- 
l^en     der     Aufsatz    Schwalbes,    der    nach     einem     in     der 
^jfmnasial-  und  Reahchtdlehrer- Gesellschaft^)  in  Berlin  gehaltenen 
%lrage    in  einer  sehr   verbreiteten  Schulzeitschrift  veröffentlicht 
vurde  und  sich  mit  seinen    sachkundigen  Darlegungen    weit  über 
tias  Nireau    der    meisten  späteren  Arbeiten   über  den  Gegenstand 
erhob,  von  wenigen  Ausnahmen    abgesehen  von  den  Autoren  der 
ganzen     folgenden    Zeit    nicht    beachtet    (oder    totgeschwiegen?) 
wurde,  gereicht  dieser  Literatur  nicht   zur  Ehre,    die  nicht  müde 
wurde,  andere  Äußerungen,   wie  den  Grenzboten- \TX\ke\  von  1896 
[BibUogr.  Nr.  108)    wieder   und    wieder  heranzuziehen,    trotzdem 
sich    dieser    an    innerem  Gehalt    mit   jenem   auch  nicht  entfernt 
messen  konnte.     Es    ist    dies    übrigens  wieder  ein  neuer  Beweis 
gegen  den  von  den  Kritikern    der  Programmabhandlungen  trotz 
mehrfacher    Widerlegung     unermüdlich     (auch     in    diesem    Zeit- 
raum) wiederholten  Einwand  (vgl.  schon  oben  S.  187  u.  197),  gediegene 
Arbeiten  wurden  in  Zeitschriften  weit  besser  bekannt  als  in  Tro- 
grammen.     Zugleich    sieht    man,    wie    leicht  heutzutage    Autoren 
selbst  in  wichtigen  Fragen    und    in  Organen,    die  auf  Bedeutung 
Anspruch  machen,    öffentlich    das  Wort    zu  ergreifen  wagen,  ehe 
sie  sich    wenigstens    über   die  hervorragendsten,   den  Gegenstand 
betreffenden  Erscheinungen    selbst    ausreichend    orientiert  haben. 


ij  So    Btch   dem    Aufsatz    (BibUogr.    Nr.  88)   S.  t44;     Dieser   Titel 
estspriciit  wohl  der  dftinalii^eD  Bezeicbnurg. 

f  d.  OjmBa«ial-ir«t«a.    LIL    2.  n.  8.  14 


210  Programmwesen   and  Programmbibliothek  d.  hi>h.  Schalen, 

Es  erscheint  mir  dem  gegenüber  als  ein  Gebot  der  Gerechtigkeit, 
beide  Kundgebungen  zum  Program mwesen  hier  an  den  Platz  zu 
stellen,  der  ihnen  ra.  E.  mit  Recht  gebührt.  In  den  siebziger  und 
achtziger  Jahren  wenigstens  ist  auf  diesem  Gebiete  in  Zeit- 
schriften nichts  erschienen,  was  ihnen  an  Bedeutung  gleichkäme. 
Denn  die  mehrmaligen  Erörterungen  über  das  Programmwesen 
in  der  Berliner  Stadtverordneten- Versammlung  in  den 
Jahren  1876 — 1881  (Nr.  80)  sind  zwar,  wie  nicht  zu  bezweifeln, 
um  des  Ortes  und  vieler  Personen  willen,  die  damals  das  Wort 
ergriffen  haben,  auch  wegen  der  Wirkung,  die  von  ihnen  ausge- 
gangen ist  —  gegen  die  Abbandlungen  —  gewiß  nicht  zu 
unterschätzen;  aber  sie  bieten  doch,  wie  wir  sehen  werden, 
nichts  wesentlich  Neues,  und  auch  die  längeren  Verhandlungen, 
die  nach  15  jähriger  Unterbrechung  im  Jahre  1882  wieder  auf 
einer  Direktoren-Versammlung  (in  Schlesien)  gepflogen  wurden 
—  in  der  Hauptsache  für  die  Abhandlungen  *  —  kommen  an 
Bedeutung  den  mannigfachen  Anregungen  der  Königsberger  Ver- 
sammlung von  1865  (s.  o.  S.U94  IT.)  nicht  gleich.  Im  allgemeinen 
können  aber  diese  fünf  Kundgebungen  eines  20  jährigen  Zeit- 
raumes —  wozu  etwa  noch  die  1881  auf  einer  kleineren  Pro- 
vinzial-Versammlung  (Nr.  89)  hervorgetretenen  Anschauungen 
kämen,  als  diejenigen  bezeichnet  werden,  die  das  Ganze  der 
Sache  im  Auge  hatten  und  zu  wichtigen  Fragen  grundsätzlich 
Stellung  nahmen. 

Die  übrigen  Beiträge  dieser  Zeit  sind  —  auch  äußerlich 
wenig  umfangreich  —  größtenteils  der  Kleinarbeit  gewidmet. 
Daß  gerade  ihre  Zahl  im  Vergleich  zu  den  umfangreicheren, 
grundsätzliche  Fragen  erörternden  Arbeiten  der  vorangehenden 
Periode  verhältnismäßig  erheblich  ist,  scheint  mir  nur  natürlich 
zu  sein.  Nachdem  endlich  in  der  Mitte  der  siebziger  Jahre  der 
lange  vorbereitete  Teubnersche  Tauschverkebr  unter  Zustimmung 
der  Regierungen  und  der  Fachkreise  als  eine  nationale  Ange- 
legenheit ins  Leben  getreten  war,  galt,  es,  seine  Wirkung  abzu- 
warten und  den  ruhigen  Verlauf  nicht  durch  gewagte,  wieder  auf 
Prinzipienfragen  zurückgehende  neue  Vorschläge  zu  stören,  —  wor- 
an es  gleichwohl  nicht  ganz  fehlte.  Der  Schwalbesche,  sich 
übrigens  in  den  ruhigsten  Bahnen  strenger  Sachlichkeit  be- 
wegende Vortrag  wäre  auch  wahrscheinlich  weder  gehalten  noch 
gedruckt  worden,  wenn  er  nicht  aus  den  Berliner  Verhandlungen 
unmittelbar  Veranlassung  genommen  hätte,  sich  des  Programm- 
Wesens  der  städtischen  Anstalten  der  Reichshauptstadl  anzu- 
nehmen, was  dann  selbstverständlich  nötigte,  auf  Entwicklung 
und  Zukunft  der  Einrichtung  im  ganzen  einzugehen.  Diese  Ver- 
handlungen aber  wiederum  konnten  und  wollten,  wie  in  ihnen 
selbst  mehrfach  hervorgehoben  wurde,  natürlich  nicht  über  Wert 
oder  Unwert  der  Abhandlungen  selbst  entscheiden.  Man  muß 
sich  gegenwärtig  halten,  daß   sie  ursprünglich    aus    der  auch  auf 


Ton  R.  Ullrich.  211 

anderen  Gebieten  der  stadtischen  Verwaltung  damals  hervor* 
getretenen  Nötigung  sparsamer  Finanzwirtschaft  hervorgegangen 
waren.  So  muBte  diejenige  Körperschaft,  welcher  das  Geld- 
bewilligungsrecht der  städtischen  Verwaltung  zustand,  gewisser- 
maßen notgedrungen  zu  der  Frage  Stellung  nehmen,  an  der 
andererseits  die  beteiligten  Kreise,  die  städtischen  höheren 
Schulen  Berlins  und  ihre  Lehrer,  ein  wesentliches  und  damals 
besonders  lebhaft  bekundetes  wissenschaftliches  Interesse  hatten.  Die 
öhrigen  Beiträge  dieser  Zeit  galten  hauptsächlich  der  Aus- 
stattung des  Neubaues  von  1875,  der  in  seinen  Teilen  wohnlicher 
und  nutzbarer  gemacht  werden  mußte  —  eine  ebenso  notwendige 
als  nötiliche  und  dankbare  Arbeit.  Charakteristisch  ist  für  diese 
Periode,  daß  neben  den  in  überwiegender  Zahl  dazu  beisteuern- 
den Schulmännern  der  allmählich  erstarkende  Stand  der  Berufs- 
bibliothekare mehrmals  fördernde  Beiträge  lieferte  und  zum  ersten 
Male  auch  ein  Universitätslehrer^)  (Nr.  91)  in  einer  Einzelfrage 
das  Wort  ergriff. 

Da  der  Beginn  dieser  Periode  mit  der  Neuordnung  des 
Tausch  Verkehrs  zusammenfällt,  schicke  ich  einige  allgemeine 
Bemerkungen  über  die  Wirkung  dieser  Neuerung  auf  die 
Fachkreise  voraus,  ehe  ich  auf  die  Einzelfragen  über  Abhand- 
angen,  Jahresberichte  und  Programmbibliothek  eingehe. 

Man  hätte  denken  sollen,  daß  die  lange  vorbereitete,  groß- 
iredachte  und -durchgeführte Organisation  des  Teubnerschen 
Tausch  Verkehrs,  deren  Frucht  wir  noch  heute  genießen,  bei 
ihrem  Eintreten  in  die  Wirklichkeit  allenthalben  sympathisch  hätte 
begrüßt  werden  müssen;  machte  sie  doch  der  bisherigen^  oft  be- 
kiagten  Zerfahrenheit  und  Zersplitterung  ein  Ende  und  sollte  an 
ihrem  Teile  dazu  beitragen,  auch  in  den  Kreisen  der  höheren 
Schulen  die  Einheit  der  deutschen  Stämme  zum  Ausdruck  zu 
bringen.  Dem  war  aber  nicht  ganz  so.  Besonders  fand  der 
Punkt,  der  mir  auch  heute  noch  der  allerwichtigste  zu  sein 
scheint,  daß  von  nun  an  infolge  des  ausgedehnteren  Tausch  Ver- 
kehrs jede  Schule  der  einzelnen  Bundesstaaten  und  z.T.  auch 
Deatsch-Österreichs  die  Verhältnisse  jeder  andern  kennen  lernen 
and  daraus  die  vielseitigste  Anregung  für  Praxis  und  wissen- 
schaftliche Arbeit  gewinnen  konnte,  nicht  die  verdiente  Beachtung 
ia  den  Kreisen,  die  den  Hauptnutzen  der  ganzen  Programmein- 
ricbtung  iu  dem  Entstehen  rein  gelehrter  Abhandlungen  sahen 
und  den  Fragen  der  Schulorganisation  und  der  Erschließung  ihrer 
Kenntnis  durch  die  Jahresberichte  geringes  Interesse  entgegen- 
brachten.    Wenigstens  trat  die  Genugtuung  über  das  Errungene, 


^)  Zwar  hatt«  schon  Bonitz,  zwei  Jahrzehote  vor  SchÖobach, 
sieh  zur  Sache  gcaoßert  (s.  o.  S.  188);  ich  möchte  aber  dea  Schwerpunkt  voa 
dessen  Lehaosarbeit  doch  Jn  seiner  Tätigkeit  Tur  das  Schulamt  und  die 
ScbnlorfaDiaatioo  sehen. 

14* 


212  Programmwesen  vod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schuleo, 

an  der  es  gewiß  nicht  gefehlt  haben  wird,  in  der  Literatur  nur 
seilen  hervor.  Vielmehr  beklagte  man  sich  über  die  größere 
Menge  der  den  Schulbibliotheken  jährlich  zufließenden  Pro- 
gramme, ohne  für  den  großen  Nutzen  der  einheitlichen 
Organisation  das  rechte  Wort  zu  finden.  Erfreulich  war  es,  daß 
wenigstens  eine  Stimme  (Hellwig,  Nr.  87;  S.  355),  nachdem 
die  neue  Ordnung  ein  halbes  Jahrzehnt  ihre  Wirkung  geübt  hatte, 
im  Jahre  1880  die  Ausdehnung  auf  ganz  Deutschland  (d.  h. 
einschl.  Bayern)  und  ganz  Österreich  (doch  wohl  nur 
Deutsch-Österreich)  nebst  Siebenburgen  anregte.  Mir 
scheinen  die  Vorteile  der — im  einzelnen  vielleicht  noch  verbesserungs- 
fähigen  —  Teubnerschen  Organisation  so  groß,  daß  es  aucU 
heute  nicht  wohlgetan  sein  dürfte,  durch  wiederholten  Tadel  unter- 
geordneter Dinge  das  Ganze  in  Hißkredit  zu  bringen.  Es  wird 
noch  Gelegenheit  sein,  auf  diese  Frage  zurückzukommen. 

1.    Die  Kleinarbeit. 

a)  Die  Abbandioof^eo. 

Mit  der  Neuorganisation  des  Tausch  Verkehrs  war,  wie  oben 
ausgeführt  ist  (S.  147),  in  Preußen  die  Aufhebung  der  Ver- 
pflichtung zu  jährlichen  Abhandlungen  verbunden  ge- 
wesen. Man  durfte  gespannt  darauf  sein,  welche  Wirkung  diese 
grundsätzliche  Maßnahme  auf  die  Produktion  vom  Jahre  1877^) 
ab  ausüben,  insbesondere,  ob  die  Befürchtung  derer  bestätigt 
werden  würde,  die  in  der  Aufliebung  des  Zwanges  „das  Todes- 
urteil der  wissenschaftlichen  Abhandlungen''  (so  VarniVagen; 
Nr.  81b,  1.  Aufl.')  S.  iX)  zu  sehen  glaubten.  Das  ist  nun,  wie 
aus  den  teils  Preußen,  teils  ganz  Deutschland  umfassenden  Über- 
sichten von  Campe  (über  die  Jahre  1876—1878)  und  noch 
deutlicher  aus  denen  von  Schwalbe  (über  die  Jahre  1876 — 
1880  bezw.  1881;  Nr.  88,  S.  124  f.)  hervorgeht,  nicht  einge- 
treten. Die  Jahre  1876 — 1881  zeigen — unter  Berücksichtigung 
der  vermehrten  Zahl  der  Schulen  —  eine  relativ  ziemlich 
gleiche  Stärke  der  Produktion.  Das  Verhältnis  der  Programme 
m  i  t  Abhandlung  zu  denen  ohne  eine  solche  blieb  im  Reiche 
ziemlich  konstant  etwa  das  von  3:1.  Und  wenn  sich  dagegen 
in  Preußen   gegen  Ende  der  siebziger  Jahre,  besonders  von  1879 


1)  Das  Jahr  1876,  das  z.  B.  Campe  (INr.  83a,  S.  232)  schoo  zur  Ver- 
gleichoDi^  luit  1875  heranzieht,  kooute  keiueo  richtigeo  Maßstab  abgebeo,  da 
Datürlich  hchoo  ein  großer  Teil  der  Abhaudluogeo  für  1876  io  Arbeit  war, 
bevor  1875  die  Aul'hebang  des  Zwanges  erfolgte.  Dieser  Umstand  üble 
z.  B.  auch  auf  die  ßeschliiäse  der  Berliner  Stadtverordneten-Versammlung 
1877  (s.  Nr.  SO,  Bd.  IV,  S.  91  f.)  noch  einigen  Ginfluß. 

2)  Inder  zweiten  Aufl.  (s.  o.  Bibliogr.  j4bt.3f  Nr.  42)  sind  die  Seiten 
I — X  nicht  wieder  abgedruckt  wordeu. 


Too  R.  Ullrich.  2l3 

ab  (Schwalbe  S.  125)  eine  Verschiebung  zu  Ungunsten  der  Ab- 
bandlungen zeigte,  so  lag  das  weniger  an  sachlichen  Gründen,  als 
zunächst  an  dem  Umstände,  daß  Progymnasten,  Realschulen  und 
ähnliche  Anstalten  mit  kürzerer  Kursusdauer,  die  auch  schon  vor 
1875  zur  Abfassung  nicht  verpflichtet  gewesen  waren,  in  größerer 
Zahl  gegründet  wurden;  außerdem  wurde  dieses  Verhältnis  durch 
die  Verweigerung  der  Mittel  für  die  Programmabhandlungen 
stadtischer  Anstalten  durch  die  drei  großen  Kommunen  Berlin 
(1876  bezw.  1877—1881),  Breslau  (1879-1885;  z.T.  bis  1882) 
and  (was  Schwalbe  übersah)  auch  Hannover  ^)  (1879  bis  heute 
—  mit  wenigen  Ausnahmen)  erheblich  beeinflußt'),  und  im  Zu- 
saromeohaDg  mit  der  Gründung  weiterer  zahlreicher  neuer 
Schulen,  besonders  Realschulen,  vorzugsweise  durch  Kommunen 
in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten  ist  ihre  Zahl  in  der  Folgezeit 
allmählich  immer  geringer  geworden.  Vgl.  darüber  den  nächsten 
Abschoilt. 

Ober    die    Aufhebung   des    Zwanges   jährlicher  Abhand- 
longen,   seine  Vorteile    oder  Nachteile    ist  in  den  beiden  hier  in 
Betracht    kommenden     Jahrzehnten     verhältnismäßig     wenig 
^^h  Yg).   unten  die  Verhandlungen   der  schlesischen  Direkt.-Vers. 
Ha  1882)  debattiert  worden.     Die  in  Hamburg  1881  abgehaltene 
^rofinzialversammlung  (Nr.  89),  auf  der  Direktor  Hoc  he  referierte, 
«»  zwar  im    allgemeinen    gegen  den  Zwang  (dem  andererseits 
^  wwesende    Provinzial-Schulrat    Lahme y er    doch  einen  ge- 
wiss« Nutzen  nicht  absprechen  wollte) '),  betonte  aber  den  Wert 
der  Abhandlungen    überhaupt   und    hielt    ihre    Lieferung,    unter 
liadzeitigem    Hinweis    auf   die   üblen  Folgen  der  Verweigerung 


1)  Vgl.  /akresbtr.  d,  Oß.  zo  Hannover  1880  S.  11,  wo  der  betr.  Ba- 
*^9B  ier  Sudtverwaltoog  Yom  5.  SepL  1878  korz  wiedergegebeD  ist. 
Bei  ß'iue'irmer  Bd.  IV  (s.  o.  S.  89  Aoni.  2)  findet  sich  S.  441  die  lakonische 
feflNrkaDg:  „Für  wissenschaftliche  Beilagen  zu  den  Programmen  sind  in  den 
ctidtischea  Haushaltsplan  keine  Mittel  eingestellt". 

<>  So  war  das  Verhältnis  in  Schlesien  1878  noch  37:10,  1S79  aber 
^:2I,  in  Hannover  1879  noch  23:17,  dagegen  1880  beinahe  umgekehrt 
}7:22.  Niheres  aoch  über  das  Verhältnis  der  einzelnen  preufiischen  Pro- 
nnea  zaeiDander  mag  man  bei  Schwalbe  (a.  a.  O.)  nachlesen. 

')  Äholieh    bezeichnete    es    der  Schnlrat  Todt    1880  als  eine  Ehren- 

flidht  jeder  höheren  Schule,   mSglichst  jedem  Jahresberichte    eine  Abband- 

isB^r  beizofä^eoy    and  teilte  zagleich    die  Ministerialverfogung  vom  31.  Okt. 

l')79  mit   {s.o.  S.  147)  —  auf  der   3.  Direktoren- Versammlung    der 

Prorioz    Sachsen  (vgl.  Ferk.  d,  3.  Dir.-Fers,  ==  der  glänzen  Reihe  Bd.  VII 

'ISSO)  S.  2J4;  £rler  [III]  S.  5).     Die   Tradition    hat   sich   danach  gerade  in 

iv  Provinz  Sachsen  am  stärksten  erwiesen;  von  55  Anstaltea  sind  z.  B. 

Sr  1907   oor    von   13  bloße  Scholnachrichteo   angekündigt,    die  übrigen  42 

liefern  Ahhaadlao^en.     Am  nächsten  kommt  fdr  1907  Pommern  mit  einem 

^erhiltnis    von    22:7.     Am    nngönstigsten    stehen    W  Ostpreußen  (7:23), 

firtadenbnrg  (39:69)  ond  die  Hheinprovinz  (32:87).     Bei  letzterer  ist 

>^r  irejeotiicb    daß  <li®  Anzahl  junger,  i.  E.  begriffener  Anstalten  besonders 

ff^ß  '  ^ ^jii'Ge«tchtspankt,   der  in  der  Diskussion  nicht  ausreichend  be- 

^htet  worden  ist;  rgl-  darüber  noch  Teil  11  2. 


214  Programmweseo  nod  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehaleo, 

der  Mittel  durch  die  Stadt  Berlin  (s.  o.  S.  213  und  u.  S.  224  (T.), 
nach  wie  vor  für  wünschenswert.    Als  Gegenstände  wurden  wissen- 
schaftliche    Spezialuntersuchungen    jeder  Art,  z.  B.  auch 
Handschriften  Verzeichnisse^),   lokalgeschichtliche  Ar- 
beiten   und   populäre    Darstellungen  auf  wissenschaft- 
licher Grundlage  vorgeschlagen;  in  bezug  auf  pädagogische 
Fragen  wurde  Zurückhaltung  empfohlen  (vgl.  o.  S.  186).    Eigen- 
tümlich   und     für    diese     jetzt    25    Jahre    zurückliegende    Zeit 
charakteristisch  war  es,  daß  der  genannte  Referent  die  Veröffent- 
lichung von  Bibliothekskatalogen    als  Programmbeilagen  mit 
der    Begründung   ausgeschlossen    sehen    wollte    (vgl.  schon   oben 
S.  186),  sie  hätten  nur  lokale  Bedeutung.     Man  beachtele  gar  nicht, 
daß  eine  alte  Gymnasialbibliothek  (wie    z.  B.   die  des  Hamburger 
Johanneums)  mit  zunehmendem  Umfang  immer  mehr  aufhört,  bloß 
den  Lehrern  der  Schule  oder  anderen  Einheimischen  zu  dienen  und 
auch  auswärtigen  Gelehrten  nicht  selten  nützlich  werden  kann  —  was 
in  vollkommener  Weise   doch  nur  durch   gedruckte    Kataloge 
zu  erreichen  ist.     Und  zu  deren  Veröffentlichung  ist,  wenn  größere 
Mittel    nicht   im    ganzen    zur  Verfügung  gestellt  werden  können, 
die  Programmbeilage    gerade    ein  geeigneter  Ort  und  daher  sehr 
häuOg  —  unter  Umständen  mehrere  Jahre  nacheinander  —  auch 
verwendet    worden^).      Ober    die    Bedeutung    der   Abhand- 
lungen   an    sich    waren    auch    auf    zwei    deutsch -öster- 
reichischen   Mittelschultagen     (1889    und    1890    —    den 
letzteren  nehme    ich  des  Zusammenhanges  willen  noch  zu  dieser 
Periode  hinzu)  die  Beferenten  ziemlich  einig  (Nr.  99  a  und  100). 
Ober  die  Frage,  ob  ein  Zwang  stattfinden  solle  oder  nicht,  waren 
die  Meinungen  geteilt;  hervorgehoben  sei  die  Stimme  von  Wilhelm 
V.  Hartel,  der  (Nr.  100,  S.  249)  für  die  weitere  regelmäßige 
Lieferung  der  Abhandlungen  in  Österreich  mit  Wärme  und  Nach- 
druck eintrat  und  aus  seiner  wissenschaftlichen  Erfahrung  heraus 
im    Interesse    des    höheren   Lehrerstandes    hervorheben    konnte: 
„  .   .   .  die    Programme    werden    draußen    gelesen    und 
haben    viel    dazu   heigetragen,    die   Vorstellung  zu  er- 
wecken, daß  in  Österreich  etwas  für   die  Wissenschaft 
geschieht'*.     Daß  gleichwohl  auch  minderwertige  Arbeiten  vor- 
kamen,   ist    nicht    zu     verwundern.      Besonders     scheint    (nach 
Schönbachs    Ausführungen  —  Nr.  91,  S.  949)  die  Unsitte  ver- 
breitet gewesen  zu  sein,    alte  Examensarbeiten  —  oft   nicht  ein- 
mal von  den  alten  Fehlern  gereinigt  —  zu  Programmabhandlungen 
zu  verwenden.     Schön bach  sieht  den  Grund  (nicht  mit  Unrecht) 


^)  Hier  sehwebten  dem  Referenten  wohl  die  von  der  preoBischeD 
Regierang  in  dieser  Hiosicht  gegebenen  Anregungen  vor;  vgl.  Bibliogr, 
j4bt.  2,  Kr.  XLa  nndb;  s.  auch  oben  S.  142. 

*)  Vgl.  meine  Bemerkungen  in  Heins  EnzykL  Hdb.  d.  Päd,  '  V 
(19U6)  S.  440 — 441.  Eine  eiogehende  Darstellnng  dieser  gaozen  Verhältnisse 
wird  später  an  anderem  Orte  gegeben  werden. 


von  R.  Ullrieh.  215 

in  dem  Programm  zwange  und  wünscht  eine  etwas  mildere  Praxis, 
hält  aber  an  der  Einrichtung  als  solcher  fest.  Etwaige  Ersparnisse 
hei  Ansfäilen  sollen  den  Lehrerbibiiotheken  zugute  kommen 
(vgi.  0.  S.  187)!  Auf  den  schon  früher  (o.  S.  197)  betonten  Ge- 
sichtspunkt, daß  ohne  die  Programmeinrichtung  viele  sehr 
tüchtige  Abhandlungen  nie  geschrieben  worden  wären,  kam  Erler 
(Nr.  94,  S.  450)  zurück  (auch  er  übrigens  unter  Hinweis  auf  die 
Verweigerung  der  Mittel  durch  die  Stadt  Berlin)^),  der  in 
Schmid-Schraders  Enzyklopädie  1885  (in  erster  Aufl.  schon 
1867)  die  ganze  Entwicklung  nach  Wiese  (s.  o.  S.  208)  zuerst 
wieder  in  kurzer  Obersicht  behandelte  —  leider  in  der  Haupt- 
sache mit  Beschränkung  auf  Preußen,  während  doch  (anders  bei 
Wiese  a.  a.  0.)  die  Gesamtentwicklung  hier  mehr  Berück- 
sichtigung erfordert  hätte'). 

Der  früher  sehr  beliebte  (o.  S.  187  u.  197),  wenn  auch  schon 

gelegentlich    widerlegte    (o.  S.  197)   Hinweis    auf  Zeitschriften 

als   Ersatz    der    Programmabhandlungen   wurde  in  diesen 

beiden  Jahrzehnten  verständigerweise  nicht  wieder  aufgenommen, 

Tiflleicht    ein  Zeichen    dafür,    daß  man  das  Verfehlte,    nur  selten 

Zuireflende  dieses  Auswegs  allmählich  eingesehen  hatte.    Immerhin 

»ares  nützlich  (wenngleich  sich  die  Literatur  nach  1890  wieder 

jeicht  über  längst  widerlegte  Dinge  hinwegsetzte),    daß  auch  jetzt 

mehrmals     (Hellwig,    Nr.  87,   S.  354    —    Tumiirz,    Nr.  99a, 

S.%3,  letzterer  mit  besonderer  Rücksicht  auf  österreichische 

Zauchriftenverhältnisse)  die  Zeitschriften    als   nicht  geeignet  und 

aoffeicheDd  bezeichnet  wurden,  selbst  nur  den  guten  Programm- 

abkandlQDgen    Raum    zu    gewähren;    und    Stammer    (Nr.  85a, 

S.  189;    Tgl.  auch   Hellwig,   a.a.O.)   konnte   zuerst  mit  Recht 

darauf    hinweisen,    daß    die    in  Zeitschriften   veröffentlichten  Ab- 

kandluDgen,    wenn    sie    überhaupt    gelesen  würden,   doch  immer 

nur  einem  kleinem  Teile  der  Interessenten  zu  gute  kämen. 

Um  so  beharrlicher  zeigte  sich  die  (ebenfalls  schon  in  den 
früheren  Perioden,  o.S.  187  u.  199  aufgetauchte)  Idee,  an  Stelle  der 
einzelnen  Abhandlungen  eine  Kollektivpublikation  in  irgend 
einer  Form  zu  setzen.  Daß  dieser  Gedanke  vor  1876,  dem  ersten 
Jahre  der  Praxis  des  neuorganisierten  Tauschverkehrs,  noch  einen 
Vertreter  fand  (Wfutzdorlir;  Nr.  77,  S.  382),  wird  man  nicht  allzu 
verwunderlich   finden;    man    suchte   eben  die  Hebung  tatsächlich 


^)  Vgl.  0.  S.  108.  ÜbrifeoB  traf  dieMr  Bio  weis  1885  längst  nicht 
»ehr  zuy  da  schoo  seit  1882  io  tferlio  die  Mittel  wieder  bewilligt  worden 
waren;  vgl.  o.  S.  213. 

2)  Nicht  richtig    war  Übrigens   seine  Notiz   am  Schlosse  (S.  453),  dafi 

seit  1865  keine  Programm-Bibliographien  mehr  erschienen  wiiren.   Vgl. 

0,  BibttogT.  ^ät.  3,   Nr.  II,    12,   20,    26->29,   33,    41,    43  —  wieder    ein 

ZeicheA,    wie    wenig    selbst    Bearbeiter    eines    kleinen    Sondergebiets    die 

Literatur    des  Gegenstandes    beherrschen,    während  man  doch  eigentlich  das 

Gegenteil  erwarten  sollte. 


216   Programmweseo   und  Programmbibliothek  d.  höh.  Scholeo, 

vorhandener  Schwierigkeiten  durch  die  mannigfaltigsten  Pläne  zu 
erreichen.  Freilich  zeigte  der  Vorschlag  des  genannten  Verfassers 
(a.  a.  0.),  die  zu  einem  sachlich  geordneten  mehrbändigen  Jahr- 
buche zusammenzufassenden  gelehrten  Schulabhandlungen  sollten 
einem  Rezensionskomitee  von  Mitgliedern  der  wissenschaft- 
lichen Prüfungskommissionen  zur  Auswahl  vor  dem  Druck  unter- 
breitet werden,  daß  nicht  bloß  die  Königsherger  Verhandlungen 
über  diesen  Punkt  (s.  o.  S.  199)  wenig  Frucht  getragen  hatten, 
sondern  daß  auch  das  Standesgefuhl  des  Schulmeisters  damals 
noch  wenig  entwickelt  war.  Doch  das  war  vor  1876.  Weniger 
erfreulich  war  es,  daß  auch  die  eben  geschaffene  Neuorganisation 
des  Tauschverkehrs,  ehe  sie  sich  noch  ruhig  entwickeln  konnte, 
alsbald  mit  mehreren  Abänderungsvorschlägen  bedacht  wurde. 
Die  Reformer  gingen  die  verschiedensten  Wege.  Da  finden  wir 
(bei  Hellwig;  Nr.  87,  S.  355)  im  Jahre  1880  ein  „täglich  er- 
scheinendes wissenschaftliches  Notizblatt'';  Schnorr  v.  Cards - 
feld,  der  bekannte  Fachbibliothekar,  beschenkt  (mit  Röcksicht 
auf  die  Zwecke  der  wenigen  großen  wissenschaftlichen  Bibliotheken) 
die  Schulmänner  1887  mit  einem  nach  der  Reihenfolge  der 
Teubnerschen  Nummern  aus  den  Einzelprogrammen  zu- 
sammengesetzten, geographisch  geordneten  Jahrbuche,  in 
welchem  übrigens  Abhandlungen  und  Schulnacbrichten  ungetrennt 
bleiben  sollen  (Nr.  95;  S.20f.),  während  wiederum  Tumlirz 
nach  gründlichen  Vorarbeiten  und  nicht  ohne  Geschick,  um  den 
Tauschverkehr  und  die  Arbeit  der  Bibliothekare  zu  vereinfachen 
und  die  Qualität  der  Arbeiten  zu  heben,  wieder  (wie  schon  früher 
geschehen,  s.  o.  187u.  ö.)  speziell  für  Deutsch-Österreich  ein 
sachlich  geordnetes  Jahrbuch  (ohne  Zwang  der  Mitarbeiter) 
empfiehlt,  dessen  Herstellung  von  einem  Wiener  Zentralkomitee  — 
das  übrigens  keinerlei  Zensurbefugnisse  hat  —  überwacht  wird 
(Nr.  99a  und  b;  100).  Die  Einlieferung  der  Einzelarbeiten  erfolgt 
am  1.  März,  der  Druck  des  Ganzen,  ca.  280  Bogen  in  Lex.  8°, 
wird  in  3 — 4  Monaten  bis  zum  1.  Juli  fertiggestellt!  Wie  das 
Schnorr  sehe  Jahrbuch  erhält  es  ausfuhrliche,  nach  verschiedenen 
Gesichtspunkten  hergestellte  Indices.  Der  Urheber  dieses  Reform- 
planes rechnete  —  an  sich  wohl  richtig  —  eine  nicht  unbedeutende 
„Ersparnis*'  heraus,  die  wieder  den  „Lelirerbibliotheken''  zugute 
kommt  (s.  o.  S.  215),  wenngleich  die  Abhandlungen  aus  nahe- 
hegenden Gründen  in  einer  größeren  Zahl  von  Abzügen  auch 
einzeln  hergestellt  werden.  Die  Sache  erhält  aber  ein  ganz  anderes 
Gesicht,  wenn  man  vernimmt,  daß  der  ebenfalls  verbleibende, 
separat  herzustellende  Schulbericht  auf  einen  Bogen  beschränkt 
werden  soll,  während  doch  gerade  diese  ausführlichen  österreichi- 
schen Schulberichte  —  im  ganzen  angesehen  die  besten,  die  es 
gibt  —  der  Stolz  des  Landes  waren  und  sind.  Auch  liisß  sich 
der  Antragsteller  von  der  Überzeugung,  es  sei  wirklich  möglich, 
280  Bogen  in  3 — 4  Monaten  sachgemäß  zu  setzen,  zu  korrigieren. 


voo  R.  Ullrich.  217 

zu  drucken^  zu  heften  usw.,  nicht  abbringen^)  —  um  von  anderen 
Bedenken  (vgl.  Teil  II  2)  ganz  zu  schweigen.  So  wurde,  besonders 
wohl  unter  dem  Eindruck  der  Worte  v.  Harteis,  der  zuletzt 
sprach  (s.  o.  S.  214),  der  Plan  nicht  gebilligt  —  was  nicht  hinderte, 
daß  er  (im  Jahre  1906)  an  anderer  Stelle  und  ohne  jede  Ruck- 
siebt auf  frühere  entscheidende  Bedenken  wieder  auftauchte  (vgL 
die  4.  Periode  zu  Nr.  148).  Soweit  die  äußeren  organisatorischen 
Reformpläne. 

Die  bibliographische   Zusammenfassung  der  Abhand- 
langen ')  kleinerer  oder  größerer  Perioden  nahm  in  den  siebziger 
und  achtziger  Jahren  guten  Forlgang.     Das  alte  Mushackesche 
Jahresverzeichnis  wurde  nach  dem  übergange  in  den  Teubnerschen 
Terlag    und    auf  Grund    der  Neuorganisation    des  Tauschverkehrs 
»eit  1876  auf  eine  zuverlässigere  Grundlage  gestellt  (Nr.  13  b),  in 
Baden    wurde    das    alte  Verzeichnis    der  Landesprogramme    von 
1S63  (Nr.  17)  im  Jahre  1888   von    Köhler    zeitgemäß    erneuert 
(Nr.  18),    die    bayerische  Bibliographie  wurde  sachgemäß  fort- 
gesetzt (Nr.  20— 22),  die  Schweiz  erhielt  zum  ersten  Male  (1890) 
durch  Biieler  ein  Gesamtverzeichnis  (Nr.  37),    in   Österreich 
vurde    von    der  Behörde  seit  1876  ein  Jahresverzeichnis 
fingerichtet   (Nr.  33).     Pur    Deutschland    steht    die    König- 
liche  Bibliothek  zu  Berlin  mit  ihrem  neuen,  bibliographisch 
in  jeder  Hinsicht  besten  Jahresverzeichnis  (Nr.  15)  gerade  an 
to  Grenze    unseres  Zeitraumes,    ebenso    das    Focksche    Unter- 
Khnen  (Nr.  16),    das    in    ähnlicher  Weise    wie    früher    das  von 
Calf  a  r  y  (s.  o.  S.  1 89),  aber  weit  zuverlässiger,  die  Program marbeiteo 
vjeder    im  Zusammenhang    mit   anderer  Kleinliteratur  zugänglich 
macht  Ober  Klußmanns.  unter  Nr.  5,  S.  238  ff.  Nicht  unerwähnt 
niagauch  eine  Anregung  bleiben,  weichein  der  an  die  Tumlirz- 
^hen   Vorschläge    sich    anschließenden    Debatte    gelegentlich    laut 
«orde    und,    wenn    allgemeiner  und   mit  der  nötigen  Genauigkeit 
und  Konsequenz  durchgeführt,   sehr  viel  zum  Bekanntwerden  der 
Programmliteratur   jeder  Schule  hätte  beitragen  können  —  ich 


^)  Der  Hinweis,  es  sei  tatsächlich  möi^lich,  zar  Zeit  der  Reichsrat- 
»essioii  oäebtlich  6—7  Bo^en  fertig  za  stellea  (Nr.  100,  S.  249),  kooate  doch 
veaif  beweisen  im  Hioblick  auf  die  völlig  verschiedene  Art  des  Gegen- 
stiades.  Der  Druck  wissenschaftlicher  Abhandlungen  mit  fremdsprachlichen 
Artikeln,  mathematischen  Deduktionen,  Abbildungen  usw.  erfordert  bei  der 
fSroßeren  Schwierigkeit  unendlich  viel  mehr  Sorgfalt  nod  Zeit  als  der  voo 
Parlaments  verband  langen,  die  sich  in  gleichmäßigeren  Bahnen  bewegen. 

^  £rwähnt  sei  hier  auch  die  Anregung,  die  Jul.  Petzholdts  Neuer 
hastiger  f.  BibUogTaphie  und  Bibliothekswüs.  J872  S.  166  brachte  (auf  Grund 
eines  schon  in  den  vierziger  Jahren  von  Bernhardi  in  Kassel  gemachten 
Vorschlage«  allgemeinerer  Art),  es  möchte  ober  Programme  (und  Disser- 
tationen) ein  allgemeines  Verzeichnis  hergestellt  werden,  besonders 
im  loterease  der  Bibliotheken.  Auf  die  in  Schul  kreisen  in  dieser  Be- 
ziebong  achoa  froher  erfolgten  Aoregnngen  (s.  o.  S.  202)  wird  dabei  mit 
ieiaem  Worte  eingegangen. 


218   Programmweseo  ODd  Programmbibliothek  d.  hSh.  Seholeo, 

meine  den  damals  von  Maresch  (Österr.  MüteUch.  IV  [1890] 
S.  248)  befürworteten  regelmäßigen  Abdruck  der  Titel 
sämtlicher  Programme  jeder  einzelnen  Anstalt  auf 
dem  Umschlag  der  Programme  selbst  (bei  getrennter  Aus- 
gabe auf  dem  Umschlag  der  Abhandlungen  und  Jahresberichte). 
In  Österreich  ist  diesem  ebenso  nützlichen  wie  einfach  durch- 
fuhrbaren Vorschlage  in  der  Praxis  vielfach  Folge  gegeben  worden, 
und  besonders  die  Jahresberichte  der  Anstalten  Böhmens  und 
Mährens  geben  in  dieser  Weise  Jahr  für  Jahr  —  denn  darauf 
kommt  es  gerade  an  —  regelmäßig  auf  dem  Umschlag  die  Titel 
der  von  ihnen  von  Anfang  an  ausgegebenen  Program mabhand- 
hingen  an,  freilich  nicht  immer  mit  der  notwendigen  biblio- 
graphischen Genauigkeit,  gelegentlich  auch  mit  einem  Hinweis 
darauf,  ob  diese  noch  zu  haben  sind  oder  nicht.  Im  Deutschen 
Reiche  hat  diese  Sitte  leider  noch  wenig  Eingang  gefunden^). 

Ein  weiterer  Fortschritt  war  es,  daß  neben  Jahresverzeich- 
nissen und  größeren  Znsammenfassungen  des  ganzen  Gebiets  nun 
auch  die  Sp^ialarbeit  einzelner  Fächer  über  längere  Zeiträume 
einsetzte  (Nr.  40,  41,  43,  44). 

Die  Programmtiteratur  des  höheren  Mädchenschul- 
wesens blieb  noch  ohne  jede  zusammenfassende  Bearbei- 
tung in  größerem  Stile. 

ß)  Die  Jahresberichte. 

In  den  siebziger  und  achtziger  Jahren  finden  wir  zwar  in  der 
Literatur  nicht  allzuviel  Äußerungen  über  die  Jahresberichte,  die 
wenigen  aber  sind  mit  einer  Ausnahme  so  wertvoll,  daß  sie  hier 
besonderer  Erwähnung  bedürfen.  Das  gilt  hauptsächlich  von  den 
zwei  grundsätzlichen  Anschauungen  Förstemanns  (Nr.  86) 
und  Er I er 8  (Nr.  94).  Man  könnte  beide  als  Motto  über  die 
ganze  Einrichtung  der  Jahresberichte  setzen,  weil  sie  —  entgegen 
der  Meinung  derer,  die  darin  nur  ephemere  Erzeugnisse  sehen  woiltea 
(s.o.  S.  200  u.  203)  —  ihr  Wesen  und  ihre  Bedeutung  für 
die  Wissenschaft  richtig  zum  Ausdruck  gebracht  haben.  Wenn 
Förstemann  (S.  350)  sagt:  „. . .  welche  geradezu  originalen  und 
daher  wichtigen  Quellen  für  Lokalgeschichte  und  für  Biographie 
liegen  in  diesen  Jahresberichten!  Was  gäbe  man  oft  dafür,  wenn 
man  aus  älteren  Zeiten  von  irgend  einer  Schule  eine  vollständige 
Reihe  jener  Berichte  haben  könnte!''  —  so  möchte  man  wünschen, 
daß  manche  Autoren,  die  noch  zwei  Jahrzehnte  später  mit  ihrer 
Kritik  nur  an  dem  allernächsten  Zweck  der  Jahresberichte  haften 
blieben,  von  diesem  klassischen  (wiederum  in  einer  der  gelesensten 
Zeitschriften   veröffentlichten  I)  Zeugnis  eines  Mannes,   der  ebenso 


*)  Id  einigeo  Aostalteo  der  Provinz  Ostprenfieo.  Vgl.  o.  S.  110 
Aon.  Z.  11  und  io  dem  dort  erwähnten  Verzeichnis  des  Berlin.  G.  a.  grauen 
Klotter  1906  S.  25  Anm. 


TOB  R.  Ullrich.  219 

Schulmann,  Schulbibliothekar,  Fachbibliothekar  wie  ein  bedeutender 
Gelehrter  war,  einige  Notiz  genommen  hätten.  Leider  findet  man 
in  der  Literatur  der  Folgezeit  kaum  eine  Spur  davon.  Noch 
positiver  konnte  Erler ^)  (S.  451)  hervorheben,  daß  ohne  die 
,.Schulnachrichten**  die  Mitarbeiter  an  Schmids  Enzyklopädie 
„für  viele  Fragen  ^anz  ratlos  gewesen  wären".  Andrerseits  fühlt 
man  sich  wie  mit  kaltem  Wasser  übergössen,  wenn  man  bei 
Hellwig  (Nr.  87),  gerade  ein  paar  Seiten  hinter  Förstemanns 
Worten,  mit  Rücksicht  auf  die  Arbeit  des  Schulbibliothckars  den 
Vorschlag  zu  hören  bekommt  (S.  355),  dieser  sollte  das  Recht 
haben,  „die  bloßen  Schulnachrichten  nach  einjährigem  Auf- 
beben in  der  Bibliothek  —  zu  kassieren!''.  Leider  war  dieser 
Vorschlag  nicht  einmal  neu  (s.  o.  S.  206). 

Für  die  Einzel  arbeit  an  den  Jahresberichten  ist  in  diesem 
Zeitraum  wenig  geschehen').  Nur  dem  Abschnitt  ober  Statistik 
wurde  einiges  Interesse  gewidmet.  Latendorf ,  der  eben  durch  eine 
eigene  Arbeit  (s.o.  S.  123  Anm.  1)  anschaulich  gemacht  hatte,  welchen 
Dienst  genauere  Angaben  in  diesem  Teile  der  wissenschaftlichen  Arbeit 
leisten  können,  ging  zwar  auf  Einzelheiten  nicht  näher  ein;  das 
wenige  aber,  was  er  auf  der  Rostocker  Philologen -Ver- 
sammlung von  1875  (S.  105f.)  Ober  ihre  Bedeutung  sagte"), 
gilt  noch  heute  für  alle,  die  in  ihrem  Urteil  Qber  die  einzelnen 
Notizen  nur  za  leicht  vergessen,  was  aus  ihnen  für  eine  Gesamt- 
betrachtung zu  gewinnen  ist.  Die  Worte  lauten:  „Gibt  es  auch 
nur  wenige  Menschen,  bei  denen  die  individuelle  Entwicklung  von 
größerem  Interesse  ist,  so  steht  doch  kein  Individuum  so  tief, 
daß  seine  Geschichte  nicht  für  gewisse  Kreise  interessant  wäre, 
und  keines  so  hoch,  daß  es  nicht  zugeben  müßte,  das  Beste,  was 
es  bat,  der  Einwirkung  anderer  zu  verdanken".  Von  den  in 
gleicher  Richtung  1884  gemachten  Anregungen  Kannengießers 


1)  Wir  ÜBdeo  bei  ihm  (S.  451)  «ach  die  seh&neo  Worte  wieder,  die 
sekoB  eia  Meesebeoaiter  vorher  (1855;  s.  o.  S.  190)  Dietsch  über  die  Be- 
dcQtaog  dieser  VerSffeBtUchoogeo  «It  einet  geistigeo  Bandes  swischen 
deo  SchalmSnoern  der  verschiedenen  AostaJten  und  Länder  aosgesprochen  hatte. 

*)  Erwähnen  möchte  ich  nur,  daß  Stamm  er  (Nr.  85  a,  S.  189  f.)  der 
jährlichen  Mitteiloni^  der  Anschaffungen  für  Bibliothek  uod  von 
Lehrmitteln  iiberhaopt  das  Wort  redet  und  Hinweise  auf  frühere  Jahr- 
gäoge  als  unstatthaft  bezeichnet.  Ich  kanate  diese  Bemerkungen  vor  drei 
Jahren  bei  Ausarbeitung  meiner  oben  (8.  85  Anm.  ])  erwähnten  Schrift 
noch  niebt  und  freue  mich  um  so  mehr,  für  meine  gleiche  Meinung  (vgl.  da" 
tdUt  S.  7  Anm.  2,  Zeäsekrifl  f.  ,d.  GfT.  S.  679  A.  2)  einen  Gesinnungs- 
genossen gefanden  zu  haben,  als  dieser  ein  Mann  war,  der  sich  vm  die  Bin- 
richtung,  Verwaltung  und  Beiiatzaog  einer  größeren  Schulbibliothek  (der 
des  Düsseldorfer  Realgymnasiums  und  Gymnasiums)  bleibende  Verdienste 
erworben  hat. 

*)  Unter    gleichzeitigem    Hinweis    auf   C.    £.    FBrstemanns  'Mbtan 

aeademiae  yHtbergennt.     Damals    war  erst   ein  Baod   erschienen  (Lipsiae 

l^lf  C.  Taochnits),   von  1502 — 1560  reichend,  später  sind  noch  zwei  Bäade 

gefolgt    (Balis    1894    und    1905,    M.  fliemeyer),   die  bis  1602  gehen;  Bd.  3 

enthält  die  Indices. 


220   Programmweseo  nod  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalen, 

(Nr.  92)  haben  mehrere,  wie  die  über  eine  genauere  Fest- 
stellung der  Schülerbewegung  nach  Zu-  und  Abgang  in 
den  einzelnen  Klassen  unverkennbar  schon  auf  die  ein  Jahr  darauf 
ergangene  preußiäche  Ilauptverfögung  über  die  Jahresberichte 
(Bibliogr.  Abt.  2  Nr.  XLl)  Einfluß  gehabt;  andere,  die  auf  eine 
mehr  ins  einzelne  gehende  Berichterstattung  über  Heimats- 
verhältnisse der  Schuler,  Schulwechsel  in  bezug  auf  Klassenstufe 
und  Art  der  Anstallen,  Stand  der  Eltern,  Ausdehnung  der  Abi- 
turientenstatistik auf  die  „Einjährigen''  u.  a.  m.  abzielten,  haben 
wenigstens  von  Amts  wegen  besonders  in  Norddeutschland')  nur 
selten  den  Weg  in  die  Praxis  gefunden.  Sie  sind  aber,  scheint 
mir,  erst  recht  beachtenswert  in  einer  Zeit,  in  der  die  methodische 
Arbeit  der  wissenschaftlichen  Statistik  sich  immer  weiterer  Gebiete 
bemächtigt. 

y)  Die  Prog^rammbibliothek. 

Sehr  viel  nutzliche  Arbeit  ist  in  dieser  Zeit  der  äußeren 
Gestalt  der  Programme  gewidmet  worden,  besonders  mit  Ruck* 
sieht  auf  ihre  möglichst  leichte  Ordnung,  Katalogisierung  und 
damit  Nutzbarmachung  in  den  Schulbibliotheken.  Wer  diese 
Dinge  nicht  selbst  —  als  Bibliothekar  oder  als  häufiger  Benutzer 
dieser  Bibliotheken  —  in  der  Praxis  kennen  gelernt  und  manchen 
Verdruß  damit  gehabt  hat,  möchte  leicht  geneigt  sein,  sie  für  un- 
wesentlich zu  halten,  auch  meinen,  es  lohne  sich  vielleicht  nicht 
einmal,  sogar  in  Zeitschriften  darüber  etwas  drucken  zu  lassen. 
Wie  irrig  eine  solche  Auffassung  ist,  erkennt  man  am  besten 
daraus,  daß  noch  heute  manche  Programme  in  bezug  auf  Format, 
Titel  u.  a.  m.  —  auch  trotz  amtlicher  Verfügungen  —  nicht  den 
Anforderungen  genügen,  die  man  im  Interesse  leichter  Einordnung 
und  Benutzbarkeit  an  sie  stellen  muß  (vgl.  o.  S.  173  f.).  Darum 
haben  die  mannigfachen  Anregungen,  die  in  diesem  Zeitraum 
hauptsächlich  von  Schulbibliothekaren  (und  gelegentlich  auch  von 
Facbbibliothekaren)  in  dieser  Hinsicht  gemacht  worden  sind,  noch 
„aktuelle*^  Bedeutung.  Nicht  immer  erfreulich  zwar  ist  die  hier 
mehrfach  hervorgetretene  einseitige  Beurteilung  der  Sache  vom 
Standpunkt  des  Schulbibliothekars  (mit  Rücksicht  auf  dessen 
größeres  oder  geringeres  Arbeitsmaß)  auch  da,  wo  unbedingt 
wichtigere  Rücksichten  auf  benutzende  Kollegen,  auch  Schüler, 
Eltern  und  andere  Empfänger  der  Programme  vorgehen  müssen. 
So  berührt  es  seltsam,  wenn  z.  B.  N.  (Nr.  84,  S.  349)  die  damals 
allmählich  —  und  zwar  aus  guten  Gründen,  vgl.  o.  S.  180  — 
immer  mehr  in  Aufnahme  kommende  äußere  Trennung  von 
Abhandlung  und  Schulnachrichten  deshalb  wieder  ab- 
geschafft wissen  will  (als  ob  dergleichen  alle  paar  Jahre  zu  ändern 


1)  Über   Bayern    und   Sachsen   vgl.  o.  S.  158  ff.  und    die    Tabelle 
hinter  S.  160. 


voB  R.  Ullrich.  221 

zweckmäBig  wäre!),  weil  sie  dem  Schulbibliothekar  bei  der  Ein- 
ordnung mehr  Arbeit  mache.  Stamm  er  hat  übrigens  (Nr.  84  a, 
S.  198;  b,  S.  613)  gezeigt,  in  wie  einfacher  Weise  sich  mit  Hilfe 
Ton  Schülern  (vgl  hierzu  Teil  III)  diese  Sache  regein  läßt,  nichtiger 
war  es,  weon  N.  (S.  350)  ebenso  wie  Stammer  (Mr.  84  b)  den 
Modus  verwirft«  den  man  als  direkt  unwissenschaftlich  bezeichnen 
kann,  nur  eine  Auswahl  von  Programmen  zu  beziehen.  Übrigens 
macht  dies  Verfahren  nicht  geringere,  unter  Umständen  sogar 
größere  Arbeit  als  der  Gesamtbezug. 

Die  äußere  Form  der  Programme  gab  damals  noch  zu 
mehr  Ausstellungen  Anlaß  als  heute.  Das  ungleiche  Format 
bereitete  beider  Einordnung  manchen  Verdruß,  und  Zeiß  sprach 
mit  Recht  den  Wunsch  aus  (Nr.  82),  Bayern,  das  im  Gegensatz 
zu  den  Teubnerschen,  auf  Gleichmäßigkeit  abzielenden  Vor- 
schlägen gerade  1875  das  8^-Format  eingeführt  hatte  (und  bis 
beute  beibehalten  hat),  möchte  ebenfalls  das  4^-Formal  annehmen, 
zu  welchem  Baden  im  allgemeinen  Interesse  eben  gerade  über- 
gegangen war  (s.  o.  S.  174);  leider  ohne  praktischen  Erfolg.  Her- 
Torgeboben  wurde  weiter,  bei  getrennter  Ausgabe  müßten  Ab- 
handlung und  Jahresbericht  derselben  Anstalt  auf  dem  Titelblatt 
die  Beziehung  zueinander  deutlich  hervorheben  (N.  a.a.O. 
S.  349;  Furstemann  a.  a.  0.  S.  351),  der  Name  des  Direktors 
sei  zu  nennen,  Ort  (der  mit  dem  Druckort  nicht  immer  über- 
einstimmt), Charakter  der  Anstalt,  sowie  die  Zeit  des  Er- 
scheinens genau  anzugeben,  der  Name  des  Verfassers  der 
Abhandlung  (mit  Vornamen;  vgl.  o.  S.  173)  sei  auch  auf  dem 
Tiieiblatt  des  Jahresberichts  zu  bezeichnen ;  Abhandlungen,  die  Fort - 
Setzungen  früherer  Arbeiten  seien,  müßten  als  solche 
kenntlich  gemacht  werden,  bunte  Umschläge  ohne  Titel- 
aufdruck seien  zu  vermeiden,  weil  sie  die  Ordnung  unnötig  er- 
schwerten (N.  a.  a.  0.;  Forste  mann  a.  a.  0.  dgl).  Das  alles  sind 
Dinge,  die  so  selbstverständlich  erscheinen,  daß  man  meinen  sollte, 
sie  hätten  immer  erfüllt  werden  müssen,  während  die  Talsachen 
das  Gegenteil  bewiesen  und  —  z.  T.  —  noch  beweisen.  Zu  der 
1876  eingeführten  und  bis  heute  bestehenden  Einrichtung  (s.  o. 
S.  171  Nr.  4),  die  einzelnen  Programme  in  der  unteren  Ecke 
links  mit  der  Nummer  der  Teubnerschen  Voranzeige 
zu  versehen,  machte  Hell  w ig  (Nr.  87,  S.  355)  den  beachtens- 
werten Vorschlag,  diese  Nummer  für  jede  Anstalt  ein  für  allemal 
festzuhalten  und  die  neu  hinzukommenden  mit  a,  b,  c  usw.  ein- 
zuordnen. Leider  ist  auch  dies  nicht  beachtet  worden,  so  daß 
besonders  gegen  Mitte  und  Ende  des  Verzeichnisses  und  dem- 
gemäß auf  dem  Titelblatt  der  Programme  jede  Anstalt  jedes  Jahr 
eine  neue  Nummer  erhält,  was  niemand  als  praktisch  ansehen  wird. 
Wollte  man  einwenden,  daß  bei  seiner  Methode  die  Obersicht  über 
die  Zahl  der  Anstalten  und  der  erschienenen  Programme  er- 
schwert wurde,  so  läßt  sich  dem  leicht  dadurch  abhelfen,  daß  in 


222   Programm wesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehoiea, 

dem  Verzeichnis  laufende  Nummern  in  kleinerem  Druck  Toran- 
gesetzt  werden. 

Auch  die  Frage  der  Katalogisierung,  diesem  grade  für 
die  Programme  überaus  wichtigen  Mittel  wirklieber  Nutzbar- 
machung, hat  die  ruhrigen  Mitarbeiter  an  den  praktischen  Bibliotheks- 
fragen dieser  Periode  ziemlich  lebhaft  beschäftigt.  Schon  in  den 
früheren  Jahrzehnten  (s.  o.  193  und  206)  hatte  man  sich  dieser 
Sache  zugewendet,  und  an  nicht  wenigen  Orten  (wie  hier  und  da 
sogar  heute  noch  geschieht)  hatten  auch  manche  für  ihren  Beruf 
begeisterte  Schulbibliothekare  trotz  des  geringen  oder  auch  ganz 
fehlenden  Lohnes  sich  die  unendliche,  von  den  meisten  Kollegen 
kaum  richtig  gewürdigte  Mühe  gemacht,  geschriebene  Kataloge, 
über  die  Hunderte  der  jährlich  eingehenden  Programme  anzulegen 
und  auf  dem  laufenden  zu  erhalten,  oft  sogar  mehrere  nach  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten  geordnete^).  An  Zweck  und  Methode 
solcher  Arbeilen  knüpfte  man  auch  jetzt  wieder  an,  und  dem 
allmählichen  Fortschreiten  bibliothekstechnischer  Gesichtspunkte  in 
jener  Zeit  entsprechend  wurden  nun  zuerst  auch  Vorschläge  laut, 
wie  mit  Hilfe  des  Druckes  die  Katalogisierung  der  Programme 
zu  fördern  sei;  denn  daß  ohne  eine  solche  Katalogisierung,  gleich- 
viel welcher  Art,  eine  Frugrammsammlung  so  gut  wie  wertlos  sei, 
war  eine  Auffassung,  die  wenigstens  den  Einsichtigeren  schon 
damals  durchaus  geläuGg  war  (vgl.  Stamm  er  Nr.  85  a,  S.  191  IT.. 
So  kamen  Vorschläge,  die  Zentralstelle  für  Programme  sollte  zur 
Verwendung  für  die  Kataloge  gedruckte  Titel  der  Abbandlungen 
herstellen  und  den  beteiligten  Bibliotheken  zugehen  (Hellwig 
S.  356)  oder  ein  einseitig  bedrucktes,  nach  Autoren  ge- 
ordnetes Verzeichnis  in  kl.-8^  der  nach  Städten  geordneten 
Voranzeige  folgen  lassen  (Kochendörffer  S.  96  f.;  Heuser 
S.  403);  der  Bibliothekar  des  Realgymnasiums  in  Dessau,  Benn- 
hold,  schlug  endlich  auf  Grund  des  von  ihm  an  der  eigenen 
Anstalt  als  praktisch  erprobten  Versuches  vor,  jede  Schule  sollte 
selbst  zu  gleichem  Zwecke  ihrem  Programm  einen  (warum  nich^ 
mehrere?)  Titeldruck  der  Abhandlung  (in  9:9cm'))  bei- 
legen ').  Bei  allen  diesen,  vor  30  und  20  Jahren  gemachten  und 
schon  ganz  modern  anmutenden  Vorschlägen  fällt  das  eine  auf» 
daß  ihre  Urheber  gar  keine  Notiz  davon  nahmen,  daß  die  Grund- 
lage dessen,  was  sie  bezweckten,  ja  damals  schon  vorlag, 
nämlich  seit  1876  in  dem  auch  separat  käuflichen  Teubner- 
schen  Verzeichnis   der  wirklich    erschienenen  Abhand- 


^)  Nach  Schalen,  nach  dem  Alphabet  der  Verfasser  uod  oach  dem  lohalt. 

')  Daß  dies  Format,  besooders  io  der  Höhe,  für  allgemeioe  V«r- 
wenduBf^  viel  za  g^roß  ist,  leachtet  jedem  Keooer  sofort  eio;  vgl.  «laza 
noch  Heoser  a.  a.  0. 

')  Ao  deoi  Realgymoasium  zu  Dessau  hatte  die  (dort  für  den  Zettel- 
katalog verwendete)  Einrichtuog  die  m.  B.  wichtigste  Folge,  daß  di«  Mit- 


von  R.  Ullricb.  223 

langen  {BAUo^.  Abt.  3,  Kr.  Id  h)  der  am  Tauschverkehr  be- 
teiligten Anbtalten,  das  als  Anhang  zum  Stalistischen  Jahrbuch 
herausgegeben  wurde.  Sogar  die  entsprechenden,  wenn  auch 
noch  nicht  ganz  YoUslandigen  und  zuverlässigen  Anhänge  des 
Mushackescben  Kalenders  von  1867  an  konnten  schon  da- 
mals für  den  genannten  Zweck  wenigstens  eine  recht  er- 
hebliche  Erleichterung  des  Katalogisierungsgeschäfts  herbeiführen^). 
Daß  man  in  den  siebziger  Jahren  dem  Teubnerschen  Verzeichnis 
noch  nicht  die  nötige  Aufmerksamkeit  widmete,  war  am  Ende  bei 
der  Neuheit  der  ganzen  eben  geschaffenen  Organisation  erklärlich; 
daß  aber  auch  noch  in  den  achtziger  Jahren  bis  gegen  das  Ende 
dieser  Periode  das  einseitig  bedruckte  Verzeichnis  bei  Vor- 
schlägen zur  Sache  gar  nicht  in  Rechnung  gezogen  wurde,  ist 
doch  auffallend'),  wenn  man  daran  denkt,  wie  leicht  es 
gerade  die  Teubnersche  Handlung  den  Schulmännern  macht,  ihre 
Yeröffentlichungen  kennen  zu  lernen. 

Die  Sitte  des  Zirkulierens  der  Programme  unter  den 
Kollegen  der  einzelnen  Anstalten  wird  auch  in  diesem  Zeitraum 
wieder  erwähnt.  Stammer  schlägt  dafür  (Nr.  85  a,  S.  199  tf.) 
im  Zusammenhang  mit  dem  Umlauf  der  von  der  Schule  gehaltenen 
Zeitschriften  ein,  wie  mir  scheint,  etwas  kompliziertes  Verfahren  vor. 
Aus  Erler  (S.  453)  entnehmen  wir,  daß  das  Zirkulieren  1885  in 
Zollichau  (wie  gewiß  noch  an  manchen  anderen  Anstalten)  üblich  war, 
und  H  eil  wig  (S.  357)  will  die  betr.  Programmpakete  sogar  den  ein- 
zelnen Kollegen  regelmäßig  ins  Haus  schicken  (durch  wen?)  und 
auch    wieder   abholen    lassen.     Im  allgemeinen  finde  ich  hier  die 


glie4er  des  KoUegiiuit  die  ProgrammsammlaDS  reichlicher  beoutztee  (Benä- 
he 14  S.  143  f.)*  Mio  sieht  also,  was  es  mit  dem  neoerdiegs  f^ero  gebrauchteo 
Scklagwort  von  dem  „Begrabeoseia  der  Programme  in  den  Biblio- 
tkekea^'  auf  sich  hat.  Geschehen  mnQ  freilich  etwas,  die  wisseoscbaft- 
lidi«  BeoalzoBg  zo  ermöglichen,  und  das  ist  heote  doch  wirklich  nicht  mehr  so 
schwer,  wean  man  sich  nnr  die  Mühe  gibt,  nach  geeigneten  Hilfsmitteln 
aaazvschaaea ;   vgl.  Teil  III. 

1)  Wenn  diese  noch  nicht  separat  und  auch  noch  nicht  einseitig  be- 
dmekt  erschienen,  so  konnte  man  sich  in  einfachster  Weise  dorch  Ver- 
weadoDg  von  zwei  Exemplaren  des  Kalenders  helfen.  Die  dsdurch  ver- 
■rsaehten  sehr  geringen  Kosten,  die  übrigens  leicht  dnrch  Weglassen  irgend 
ciaes  der  minderwertigen  Literatarerzeugnisse,  die  sich  (uianchmal  aoch 
heute  noch)  in  den  Lehrerbibliotheken  breit  machten,  ohne  weiteres  wieder 
eingebracht  werden  konnten,  hätten  in  gar  keinem  Verhältnis  zu  dem  großen 
Nutzen  gestanden,  den  eine  wohlgeordnete  und  zweckmäßig  katalogisierte 
ProgrammsasDmlnog  jedem   in    der  Wissenschaft  fortarbeitenden  Oberlehrer 

gewährt. 

')  Hierher    gehört   der   ähnliche  Fall,    dsß  das  Jahresverzeichnis 

särat/icher    im     Deutschen     Reiche    erichieoenen    Progrsmmabhand- 

lüDgea     äa»    die    Königliche    Bibliothek    zu    Berlin    seit   nunmehr 

i  7  Jahren    herausgibt   (vgl.  Bibliogr.  jibt.  d,  Nr.  13;   s.o.  S.  112  und  217), 

jetzt    wirklich    acbon    den  Weg   in    etma  —  ein   Duti&eod  Schulbibliatheken 

gefaudeu  hall 


224  Programm weseo  aod  Programmbibliothek  d.  hüb.  Schaleo 

ganz  verschiedenen  Vorbedingungen,  die  für  diesen  Zweck  in 
kleinen  und  großen  Städten  bestehen,  zu  wenig  beachtet  und 
werde  auf  die  Sache  in  Teil  III  noch  zurückkommen. 

IL  Ausgedehntere  Verhandlungen  und  Vorschläge 

zur  Sache  im  ganzen. 

Es  handelt  sich  hier  um  fünf  Kundgebungen.  Drei  von 
ihnen,  nämlich  1.  die  Verhandlungen  der  Berliner  Stadt- 
verordneten-Versammlung aus  den  Jahren  1876,  1S77,  1880 
und  1881,  2.  der  Vortrag  von  B.  Schwalbe  (1881)  und  3.  die 
Verhandlungen  der  6.  Direktorenversammlung  in  der  Provinz 
Schlesien  von  1882  beschäftigten  sich  fast  ausschließlich  (1  und  3) 
oder  vornehmlich  (2)  mit  den  grundsätzlichen  Fragen  des  Zweckes 
der  wissenschaftlichen  Abhandlungen;  die  übrigen  beiden, 
4.  die  Denkschrift  von  C.  Fr.  Müller  (Kiel)  und  5.  der  Anfang 
der  Bibliographie  von  R.  Klußmann  hatten  ihre  Nutzbar- 
machung im  Auge.  Der  innere  sachliche  Zusammenhang  zwischen 
den  drei  ersten  wie  den  beiden  letzten  ist  sofort  deutlich,  und 
eine  ganz  unmittelbare  Beziehung  besteht  außerdem  zwischen  den 
Berliner  Verhandlungen  und  dem  Vortrage  Scliwalbes,  der 
direkt  durch  diese  veranlaßt  wurde.  Da  aber  jede  dieser  Äuße- 
rungen ein  in  sich  abgeschlossenes  Ganzes  bildet  (auch  die  sich 
über  mehrere  Jahre  hinziehenden  Berliner  Verhandlungen),  soll  — 
unter  Wahrung  des  Zusammenhanges  im  ganzen  —  auch  jede  für 
sich  gewürdigt  werden.  Und  während  die  größeren  Arbeiten  der 
früheren  Jahrzehnte  (vgl.  besonders  S.  194  ff.)  meist  das  Programm- 
wesen im  ganzen  mit  seinen  wichtigsten  Beziehungen  behandelten, 
finden  wir  hier  mit  Ausnahme  der  Schwalbeschen  Schrift,  die 
keine  irgend  wichtige  Seite  der  ganzen  Einrichtung  unbeachtet 
läßt,  und  einer  gelegentlichen  Äußerung  über  die  Bedeutung  der 
Jahresberichte  in  der  Berliner  Versammlung  durchaus  Be- 
schränkung auf  die  Abhandlungen,  so  daß  von  der  oben 
(S.  183  u.  212)  befolgten  Anordnung  hier  abzusehen  ist. 

1.  Die  erste  Verhandlung  der  Berliner  Stadtver- 
ordneten-Versammlung im  Jahre  1876  (30.  Novbr.)  über  die 
wissenschaftlichen  Beilagen  zu  den  Jahresberichten  der 
städtischen  höheren  Lehranstalten  der  Reichshauptstadt  {Stmagr. 
Ber.  III  [1876]  S.  487  fr.)  fiel  in  eine  Zeit,  in  der  die  Nötigung  zu 
sparen  auf  mehreren  Gebieten    der  Verwaltung   hervortrat^).     Es 


>)  So  warde  io  demselben  Jahre  (vgl.  Stenogr.  Ber.  III  [1876]  S.  4S5  f.) 
Qod  von  demselben  Stadtverordoeteo,  der  die  Streichung  der  Mittel  für  den  Druck 
'wissenschaftlicher  Abhandlungen  beantragte,  die  Kürzung  des  Jahresetats  jeder 
AnsUltfiir  Lehrmittel,  Bi  blio  tbeken  usw.  von  1200  ^nra  die  Hälfte 
befürwortet,  so  daß  z.  B.  die  Lehrerbibliotbeken  der  städtischen  höheren 
Schulen  Berlins    (damals   ausschliefilich  Doppelvollanstalten)    sich   mit    etwa 


voB  R.  Ullrich.  22& 

wurde  der  Antrag  gestelU«    toid    Jahre  1877  ab  keine  Mittel  für 
Abhandlungen  mehr  zn  bewilligen^).     Es    war  verhingnisvoll  für 
die  Abhandlangen,   daß   die    sich    ergebende   Notwendigkeit,   aus 
finanziellen  Granden    im    städtischen    Etat  Abstriche    zu  machen, 
zeitlich  mit  der  amtlichen  Erklärung    der    preußischen  Regierung 
von  1875,    die    Lieferung    der    Abhandlungen    solle    nicht    mehr 
obligatorisch  sein  {BMiogr.  Aht.  2,  Nr.  XXXIX;    vgl.    auch  oben 
S.  147)  beinahe  zusammenfiel.    Auch  die  erheblich  gr&ßere  Zahl 
der     Exemplare,    die    infolge    des  1876    ins    Leben    getretenen 
Teubnerschen  Tausches  zu  liefern  war,  fiel  etwas  ins  Gewicht  — 
wenngleich    es   sich  ja  dabei  nur  um  Mehrkosten  für  Papier  und 
Binden    handelte.      Wichtiger    und    durch    die   Entwicklung  der 
ganzen  Verhältnisse  herbeigeführt  war  aber  vielleicht  ein  anderer 
umstand,  nämlich  das  Vorwiegen  rein   gelehrter  Abhand- 
lungen.    So    war    eine  Einrichtung,    die    nach    den  guten  Ab- 
eichten   der    Regierung   vom    Jahre    1824    (Nr.  XXX)  wenigstens 
auch  dem  gebildeten  Publikum  etwas  hatte  geben  wollen,  unpopulär 
fenrorden.     Und  es  rächte  sich  an  bevorzugter  Stelle  zuerst,  daß 
de   wiederholten  Erinnerungen    der    preußischen   Regierung,  das 
faileresse  weiterer  Kreise    nicht  zu  vernachlässigen  (s.  o.  S.  139), 
vi;rkältnjsmäßig    geringe  Beachtung   gefunden    hatten.    Man  wies 
ia  den  Verhandlungen  der  drei  Jahre  1876,  1877  (15.  Febr.  und 
n.Ofct.,  vgl.  Stenogr,  Ber.  IV  (1877)  8.  91  f.  u.  S.  389  ff.)  und 
l«sS9  (27.  Mai;   Stmogr.  Ber.  VIl  (1880)    S.  281  IT.)  darauf  hin, 
db£  die   meisten  dieser  Abhandlungen  ihren  Zweck  nicht  erfüllten; 
aochder  früher  beliebt  gewesene  (vgl.   o.  S.  197  u.  215),  wenn  auch 
tktnso  schon    mehrfach    widerlegte  Hinweis  auf  die  Fachjournaie 
als  Ersatz    für    sie    kehrte    wieder.     Zwar    gaben    sich    die  Ver- 
teidiger der  Abhandlungen,    besonders    der  damalige  Stadlschulrat 
Cauer,   die  größte  Mühe,  sie  zu  retten.    Man  betonte  die  fernere 
Lnmöglichkeit    für    die    städtischen    B'^rliner    Anstalten,    wissen- 
schaltlicb    und    im    Austausch    mit    den    übrigen    Anstalten    des 
Reiches  zu  konkurrieren,    die    hohe    wissenschaftliche   Bedeutung 
mancher    Abhandlungen')    und    überhaupt    die    Regehaltung    des 


2^  J€  jährlieli  oder  noeh  wesif^er  hStten  behelfeo  miiaseo.  Es  gelaos  dem 
Magistnt  schließlieh  mit  Mühe,  die  nrspröogliche  Position  dorehzucetzeo, 
McbdeB  ik  «.  daraof  hingewiesea  worden  war,  daß  die  Berliner  Aostaltea 
Wi  der  i^epUntea  Herabsetzang  anf  das  Niveaa  von  Sehulen  in  kleinen 
Provinualstädteo  herabainken  würden. 

^)  Für  die  Abhandlnngen,  die  vor  den  Erörterongen  in  der  Ver- 
■■■■iJaag  für  das  Jahr  1877  sehoo  in  Vorbereitnog  waraOf  worden  die 
Mittel  aDsnahms weise  damals  noeh  bereit  gestellt. 

'^)  Hier  worde  —  ohne  Namensnennang  —  zom  ersten  Male    in  einer  Pro- 

^nuBJB*DiskosaioD    {Sienogr.    Ber.   Hl    (1S76)    S.    488)    aof    bahnbrechende 

■  sCikeBiatiseiie  Programmarbeiten  hingewiesen ;   gemeint  waren  die  Ab* 

Wad/ua^eii    von     WejerstraB,    die   dieser   als    Gymnasiallehrer    1843    in 

^««taefa-Krone  («f Über  die  anedytieeken  Fakultäten**)  nnd  1 849  in  B r a u n s  - 

Urg  (  Beiträge  ^tfr  Theorie  der  Abdicken  Iniegrale^^)  veröffentlicht  hatte« 

ZeitJ^ir.  f.  d.  O.^  «aMrialwMM,    LXI.    ?.  3  15 


220   Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Scbuleo, 

iRrissenschaflUchen,  durch  die  regelmäßige  Abfassung  Ton  l*ro- 
^rammen  offenbar  geförderten  Sinnes  wurde  hervorgehobeu. 
Journalistische  Praktiker  und  Verleger  seihst  wiesen  von  neuem 
(s.  0.  S.  197)  auf  die  Unmöglichkeit  hin,  umfangreiche  Abhand- 
lungen bei  Zeitschriften  unterzubringen.  Auch  die  Wirkung, 
welche  ein  ablehnender  Beschluß  auf  andere  Kommunen  ausüben 
würde  ^),  und  die  Verantwortung,  die  der  Vertretung  der  größten 
Kommune  des  Reiches  dadurch  erwüchse,  wurde  ins  Auge 
gefaßt. 

Die  Verhandlungen  hatten  u.  a.  die  Wirkung,  daß  im 
„Verein  der  Lehrer  an  höheren  Unterrichtsanstalten  in 
der  Provinz  ßrandenburg''  im  Jahre  1878  (8.  Juni)  die 
Sache  eingehend  erörtert  wurde;  sowohl  der  Hauptredner, 
B«  Schwalbe,  der  hier  zum  ersten  Male  über  dieses  Thema 
sprach  (vgl.  u.  S.  229  Nr.  2),  wie  der  Korreferent  Hahn^) 
betonten  unter  Zustimmung  ihrer  Hörer  die  hohe  wissenschaft- 
diche  Bedeutung  der  alten  Einrichtung,  die  man  nicht  kurzer- 
band aufgeben  sollte«  Die  Lehrer  des  Luisenstädiischen 
4jymnasiums  zu  Berlin  ließen  in  demselben  Jahre  die  Ab- 
handlung eines  ihrer  Kollegen,  Ernst  Fischer'),  als  Beilage  zum 
Jahresbericht  auf  ihre  Kosten  drucken.  Es  waren  die  Mitglieder 
der  Anstalt,  an  deren  Spitze  damals  Theodor  Kock*)  stand,  ein 
Mann,    der    sich    nicht  bloß,    wie   jeder  Philologe  weiß,    um  die 


')  Daß  er  sie  tatflächlicb  f^ehabt  hat,  ist  bekannt;  vgl.  o.  S.  213  und 
Teil  II  2. 

*)  Besonders  glücklich  wies  dieser  aach  den  schon  früher  beliebt  ge- 
wesenen Vergleich  mit  andern  Berufsstanden,  von  denen  Dokumente  ihrer 
wissenschaftlichen  Arbeit  nicht  gefordert  würden,  mit  dem  Hinweise  auf 
wissenschaftliche  Institute,  Akademien,  Universitäten  nnd  gelehrte  Vereine 
zarück,  S.  9  des  oben  (S.  124,  Anm.  2)  angefahrten  Berichts. 

*)  Des  Mansfßlders  Tod.  Ein  kritischsr  Beitrag  zur  Geschichte  des 
30jährigen  Krieges,  28  8.  Auf  S.  2  gab  das  LehrerkoUegiam  damals 
folgende  Erklärung  ab:  „Ohne  das  volle  Budgetrecht  der  Stadtverordoeten- 
Versammlung  oder  ihre  Befugnis  zn  irgend  einem  der  in  der  Ausäbaog 
dieses  Rechtes  gefaßten  Beschlüsse  bestreiten  zu  wollen,  halten  sich  die 
Unterzeichneten  Tor  verpflichtet  zn  erklären,  daß  nach  ihrer  gewissenbaftea 
Oberzeogang  die  Beigabe  von  wissenschaftlichen  Abhandlungen  zu  den  Pro- 
grammen der  höheren  Schalen  dringend  erforderlich  und  die  Ablehnung  der 
bisher  dafür  ausgeworfenen  Mittel  dem  Gedeihen  dieser  Anstalten  schädlich 
ist.  Um  dieser  Oberzeogang  einen  unzweideatigen  Ausdruck  zu  gebeo  und 
in  dem  lebhaften  Wunsche,  daß  dieselbe  bald  auch  wieder  in  der  Staidt- 
verorducten-Versammlong  volle  Würdigung  nnd  Zustimmung  finden  möge, 
haben  sie  einstimmig  beschlossen,  für  dieses  Jahr  die  Kosten  der  diesem 
Programm  beigegebenen  Abhandlung  selbst  zu  nbernehmen".  Dieser  Wunsch 
ist  ja  denn  einige  Jahre  später  (s.  u.  S.  228)  in  Erfüllung  gegangen. 

*)  Auch  als  Verfasser  mehrerer  gehaltvoller  Programmnrbeiten 
begegnet  er  uns  (vgl.  Teil  II  2).  Ich  stelle  übrigens  fest,  daß  er  in  der 
neuesten,  noch  im  Erscheinen  begriffenen  Auflage  von  Meyers  grofiem 
Konversationslexikonf  das  manchen  literarischen  Erscheinungen  von  vorüber- 
gehender Bedeutong  Platz  gewährt,  keine  Stelle  gefunden  hat. 


von  R.  Ullrich.  227 

Wissenschaft  bedeutende  Verdiensie   erworben,    sondern  auch  als 
ausgezeichneter,  vielseitig  anregender  Lehrer  zahlreichen  Schüler- 
generationen    sein  Bestes    gegeben  hat,    so  daß  er  noch  heute  in 
ihrer  dankbaren  Erinnerung   fortlebt.     Auch    der   „Verein  der 
Lehrer  an    höheren    Unterrichtsanstalten    Berlins''  be- 
schäftigte sich  in  seiner  Sitzung  Yom  15.  Dezember  1879  mit  der 
Frage  im  Anschluß  an  die  Ministerial-Verfugung  vom  31.  Oktober 
1879  {Bibliogr.  Abt  2,  Nr.  XXXlXc;  vgl.  o.  S.  147);    wiederum 
warde    (unter  Zustimmung    der    Anwesenden)    zum  2.  Male  von 
dem  Vortragenden  Hahn^)    alles    geltend   gemacht,  was  für  die 
Beibebaltang   der   Abhandlungen    spräche,    und    bald    darauf  ein 
entsprechendes  Gesuch  an  die  Stadtverwaltung  abgesendet.    Endlich 
ncfatete  noch  das  Kgl.  Provinzialschulkoliegium  der  Provinz 
Brandenburg  vor  den  Etalsverbandlungen  des  Jahres  1880  an  den 
Berliner  Magistrat   ein  Schreiben,    in    dem  Bedenken    gegen    das 
Wegfallen    der  Abhandlungen  gerade  bei  den  Berliner  städtischen 
Anstalten  geltend  gemacht  wurden,  wohl  ebenfalls  im  Zusammen* 
hang    mit   dem  Hinisterial* Erlaß   von  1879  (s.  o.,  und  wohl  auch 
dem  Ton   1878;  vgl.  Bibliogr.  Abt.  2,    Nr.  XXXIX c    und  S.  147). 
Die  Behörde    äußerte    damals  u.  a.  (vgl.  Stenogr,  Ber»  VII  (1S80) 
S.  281):    „Daß    die  Verpflichtung  der  Anstalten  zu  Wissenschaft- 
lieben  Abbandlungen  in  ihren  Programmen    sehr  wesentlich  dazu 
beigetragen    hat,    das    wissenschaftliche  Streben    in    den  Lehrer- 
kollegien lebendig  zu  erhalten,    ist   eine   unleugbare  Tatsache;  es 
ist    daher    zu  besorgen,    daß  das  Aufgeben  dieser  Sitte  eine  Be- 
einträchtigung   der  Ehrenstellung,    welche   unsere   höheren  Lehr- 
anstalten   einnehmen,    nach    sich    ziehen  werde'*,  und  weiterhin: 
t,Der  Austausch  erfordert  eine  gewisse  Gleichmäßigkeit  des  Gebeos 
and  Empfangens''.    Man  sieht,  in  wie  lebhafte  Bewegung  damals  Be- 
hörde wie  Fachgenossen    durch    den  drohenden  Wegfall  der  Ab- 
handlungen    bei     den    Berliner     städtischen    Anstalten     versetzt 
wurden,    auch    hier    ein  deutlicher  Beweis  für  die  bekannte  Tat- 
sache,  wie  sehr  der  Wert  von  angeblich  veralteten  Einrichtungen 
empfunden  wird,  wenn  ihre  wirkliche  Beseitigung  in  Frage  steht. 
Doch  die  Liebesmüh  war  umsonst.     Jahr  für  Jahr,  sooft   die 
Magistratsanträge    auf  Einstellung    der  betr.  Summe   in  den  Ktat 
wiederkehrten,  wurden  sie  von  der  Stadtverordneten-Versammlung 
abgelehnt,    wenngleich    zuletzt  mit  kaum  nennenswerter  Majorität 
(39  gegen  37  Stimmen;    vgl.  Stenogr.  Ber.  VII    (1880)    S.  286), 
und  von  1877 — 1881  blieben  tatsächlich,  von  einigen  Ausnahmen 


')  Aneb  hier  koDote  aof  mehrere  bedeutende  Programmarbeiteo  hioge- 

wiesen    werden,    die    über  DenUeblands  Grenzen   hinaas    gertdezo  Aufsehen 

erregt  hatten,  wie  die    von  W.  Bernbardi,  Matteo  di   Giovenazzo ;  eine 

FSIicbongdes  16.  Jahrhunderts,  Progr,  Berlin  LuiMenst.G,  1868  und  A.  Lassen, 

D«<    Raltnrideal  und  der  Krieg,  Progr,  Berlin,    Luisensi.    R.  1868  (wieder- 

gedruckt  in:  Deutsehe  Bücherei,  Heft  57,  Berlin  '  1907.  135  S.    0,30^).    Mir 

stmmdto  for  diese  Zeit  die  Protokolle  des  Vereins  zu  Gebote. 

15* 


^28    Programmweseo  and  Programmbibliothek  d.  hSh.  Schaleo, 

für  1877  abgesehen  (s.  o.  S.  225,  Adid.  1),  die  städtischen  An- 
stalten Berlins  auf  die  Herausgabe  der  Jahresberichte  beschränkt. 
Auch  der  nicht  neue  Vorschlag,  eine  andere  Organisation  an  die 
Stelle  der  Einzelabbandlungen  zu  setzen  (vgl.  o.  S.  215  u.  6.),  nämlich 
ein  Jahrbuch,  wie  es  von  dem  Stadtschulrat  Cauer  (Stenogr. 
Berichte  III  (1876)  S.  489)  und  dem  Sudtrat  Streck  fuß')  da- 
mals angeregt  wurde,  fand  weder  die  Billigung  der  Stadt- 
verordneten-Versammlung noch  auch  (als  eine  Abstimmung  bei 
den  einzelnen  Schulen  erfolgte)  ausreichende  Unterstützung  bei 
den  Lehrern  selbst  ^ —  glücklicherweise;  denn  eine  derartige 
Organisation  wäre  m.  £.  nicht  von  Vorteil  für  die  Sache  gewesen 
(vgl.  schon  oben  S.  216  und  Teil  II  2).  Die  Angelegenheit  nahm 
dann  gegen  alles  Erwarten  eine  überraschende  Wendung;  im  Jahre 
1881  (vgl.  Stenogr.  Ber.  VIII  (1881)  S.  460  f.  u.  S.  469)  wurden 
die  Kosten  für  Abhandlungen  des  Jahres  1882  wieder  in  den 
Etat  eingestellt,  ohne  daß  es  längerer  Verhandlungen  bedurft 
hätte.  Es  scheint,  daß  insbesondere  die  Mahnungen  der  Kgi. 
Aufsichtsbehörde  nicht  ohne  Wirkung  geblieben  waren.  Von 
1882 — 1904  erschienen  dann  auch  bei  den  städtischen  Anstalten 
Berlins  die  Abhandlungen  wieder  in  der  früher  gewohnten  Weise. 
Nur  trat  insofern  eine  Änderung  ein,  als  aus  den  auch  ander- 
wärts geltend  gemachten  Gründen  (s.  o.  S.  220  u.  ö.)  Abhandlungen 
und  Jahresberichte  getrennt  ausgegeben  wurden  und  ein  kleiner 
Pusten  der  ersteren  (je  50  Exemplare  von  jeder  Anstalt)  einer 
Berliner  Verlagsbuchhandlung')  zum  buchbändierischem  Vertriebe 
zu  einem  Einheitssatze  (1  JC  für  das  Exemplar)  übergeben  wurde. 
Daß  seit  1905  durch  Einführung  eines  dreijährigen  Turnus  ver- 
schiedener Gruppen  von  Anstallen  wieder  eine  gewisse  Ein- 
schränkung eingetreten  ist,  wurde  schon  oben  bemerkt  (S.  137^ 
Anm.  3);  anführen  möchte  ich  nur  noch,  daß  die  erste,  wenn 
auch  zunächst  nicht  befolgte  Anregung  dazu  schon  in  den  oben 
skizzierten  städtischen  Verhandlungen  gegeben  wurde  (durch  den 
Stadtv.  Kürten;  vgl.  Stenogr.  Ber.  VII  (1880)  S.  282). 

Die  Berliner  Verhandlungen  hatten  sich  nun  zwar,  wie  aus 
dem  soeben  Dargelegten  ersichtlich,  in  der  Hauptsache  mit  den 
Abhandlungen  beschäftigt.  Nicht  unwichtig  war  es  aber  und 
soll  daher  auch  hier  nicht  übergangen  werden,  daß  auch  der 
Jahresberichte  gedacht  wurde.  Mehrfach  wurde  gerade  im 
Gegensatz  zu  den  Abhandlungen,  deren  Unverständlichkeit  für 
weitere  Kreise  ihre  Abschall'ung  z.  T.  mit  verschuldet  hatte,  die 
große  Bedeutung  der  Jahresberichte  hervorgehoben,  die  von  Schülern 
und  besonders  von  Eltern  wie  von  den  Mitgliedern  der  städtischen 


1)  Nach  den  Protokollen  des  „Vereins  der  Lehrer  an  den 
höheren  ünterrichtsanstalten  Berlins *%  s.  o.  S.  227  Anm.   1. 

^)  Der  W  eidin  annschen,  später  der  von  Gärtner,  nach  deren 
Dbersiedelung  nach  Freibarg  i.  ß.  wieder  der  VVeidmaonscheo. 


von  R.  Ullrich.  220 

Verwaltung  mit  Interesse  gelesen  würden  (vgl.  z.  B.  Stenogr.  Bef. 
IV  (1877)  S.  390).  Diese  Äußerung  und  ähnliche,  die  in  der 
Versammlung  getan  wurden,  erheben  sich  dadurch  über  jede  selbst 
etwa  von  einem  Fachmann  für  seine  Person  ausgesprochene 
Meinung,  daß  sie  zeigen,  wie  eine  große,  doch  aus  den  ver- 
schiedensten Lebens-  und  Berufskreisen  zusammengesetzte  Körper- 
schaft den  Wert  dieser  regelmäßigen  Mitteilungen  der  Schule  an 
das  Haus  zu  schätzen  wußte.  Das  hätte  den  Oberlehrern  zu 
denken  geben  sollen,  die  aus  ihrem  kleinen  Erfahrungskreise 
heraus  auch  die  Schulnachricbten  als  eine  für  die  Eltern  ent- 
behrliche Einrichtung  hinstellen  wollten  (vgl.  ß  d). 

Daß  die  nun  schon  ein  Menschenalter  zurAckliegenden 
Berliner  Verbandlungen  hier  mit  einer  gewissen  Ausführlichkeit 
besprochen  worden  sind,' wird  dem  nicht  auffällig  erscheinen,  der 
sich  klar  macht,  welche  Wirkung  sie  damals  auf  die  Diskussion 
in  den  Fachkreisen  geübt  haben  und,  was  das  Nichterscheinen 
▼on  Abhandlungen  bei  den  Anstalten  anderer  Kommunen  betrifft, 
bis  heute  üben.  In  einem  Oberbiick  über' die  geschichtliche  Ent- 
wickinng  des  Programmwesens  durften  sie  auch  um  so  weniger 
fehlen,  als  die  neuere  Literatur  von  ihnen  selbst  wie  von  einer 
nichtigen  Arbeit,  die  durch  sie  unmittelbar  veranlaßt  worden  ist, 
kaum  Notiz  genommen  hat,  nämlich  von  dem 

2.  Aufsatz  von  ß.  Schwalbe  (1881).    Dieser  als  Gelehrter 
und  Lehrer  gleich  bedeutende  langjährige  Berliner  Direktor  hatte, 
wie  oben  bemerkt  (S.  226),  schon  1878  zur  Sache  das  Wort  er- 
griffen.    Doch  liegen  seine  damaligen  Ausführungen  leider  nur  in 
einem  ganz  kurzen,  wenig  mehr  als  eine  halbe  Seite  umfassenden 
Berichte    vor,    der   außerdem    nur    als  Manuskript   gedruckt  und 
daher  gar  nicht  allgemein  zugänglich  ist^).    So  viel  läßt  sich  aber 
daraus   entnehmen,   daß  Schwalbe  hier  die  Grundlinien  zu  dem 
Bilde   zeichnete,    das  er  drei  Jahre  später  ausführte  und  an  einer 
Stelle  veröffentlichte  {BtbUogr.  Aht.  4,  Nr.  88),    die  es  noch  heute 
jedem    leicht   möglich    macht,    sich    in  seine  überaus  lehrreichen 
Ausführungen  zu  vertiefen.    Indem  ich  daher  die  Leser  auf  diesen 
Aufsatz  selbst  verweise,  gebe  ich  hier  nur  das  wieder,  was  gegen- 
über   den  früheren  Äußerungen  der  Fachpresse  einen  Fortschritt 
bedeutet  und  verdient,    auch  könftig   noch    beachtet   zu    werden. 
Schwalbe    mißbilligte    die    1877  erfolgte    Abschaffung   der   Ab- 
handlungen bei  den  städtischen  Anstalten  Berlins,    begnügte  sich 
aber  nicht    damit,    den    fOr   ihre  Beseitigung   geltend  gemachten 
Granden  einige  allgemeine  Sätze  gegenöberzustellen,  sondern  ging, 
soweit  es  in  einem  Aufsätze  von  immerhin  nur  28  Seiten  möglich 
^Br,  io  die  Tiefe»     Das,  was  er  im  allgemeinen  Ober  die  Ab- 
baadluDgeo    und    ihren  Wert   äußerte   (besonders    S.  133  ff.)» 


dem  ^'   ^'  ^^'^  ^"''  ^  aoseföhrtea  BerieAt  S.  S. 


230   ProgrammweseD  und  Progranrnbibliothek  d.  h5h.  Scholen, 

kann  man  als  das  bezeichnen,    was  damals  Gemeingut  derjenigen 
geworden  war,  die  aber  der  praktischen  Arbeit  des  Tages  in  der 
Schule  die  lebendige  Fühlung  mit  der  Wissenschaft  nicht  verloren 
hatten   und    auch  der  Meinung  waren,    daß  für  den  Durchschnitt 
der  Lehrer  ein  gewisser  Antrieb  (der  nicht  zu  einem  Zwange  zu 
werden  braucht),    sich  wissenschaftlich  zu  konzentrieren  und  sich 
so  auch  literarisch  in  gewissem  Umfange   zu    betätigen,    heiisani 
und  nützlich  sei.     Er  konnte  das  Ungerechte  —  man  kann  bei- 
nahe  sagen,    Leichtfertige  —  des  damals    (und  leider  auch  noch 
heute)  oft  gehörten  Vorwurfs,  die  meisten  der  Abhandlungen  seien 
wertlos,  m.  E.  vollkommen  trelTend  dadurch  auf  das  richtige  Maß 
zurückfuhren,    daß  er  sorgfältig  die  verschiedenen  Zwecke  unter- 
schied, für  welche  sie  bestimmt  waren.    Wertvoll  waren  und  sind 
seine  Ausführungen  weiter  dadurch,  daß  er  dem  üblichen  Gerede 
von  der  Minderwertigkeit  dieser  Literatur  zum  ersten  Male  ^)  eine 
Fülle  von  Arbeiten  aus  seinem  Erfahrungskreise   gegenüberstellte, 
die  entweder  in  rein  wissenschaftlicher,  oder  auch  in  didaktischer 
Hinsicht  oder  in  bezug  auf  Erregung  allgemeinen  Interesses  eben 
den  Kreisen  der  Gelehrten,  Lehrer.  Eltern  und  Schüler   wirkliche 
Forderung   gebracht  hatten  oder  bringen  konnten,    für  die  sie  je 
nach  Inhalt  und  Ton  berechnet  waren  (S.  134  0*.)»    Das  war    ein 
wichtiger  Fortschritt  auch  gegenüber  den  allgemeinen,    sonst    gut 
gemeinten  Apologien  früherer  Jahrzehnte,  der  aber  nur  bei  einem 
Manne    möglich    war,    der  nicht  bloß  die  Literatur  seines  Faches 
überhaupt,   sondern    auch    die    von    vielen   leichter  beurteilte  als 
wirklich  gekannte  Programm-Literatur  souverän  beherrschte.   Durch 
seine  Beziehungen  zu  Zeitschriften    wissenschaftlicher    wie    päda- 
gogischer Art  konnte  er  ebenso   den  üblichen  Einwand,  die  Pro- 
grammabhandlungen würden  von  der  Gelehrtenwelt  nicht  beachtet, 
wie  den  noch  häufiger  gehörten,  Zeitschriften  seien  ein  geeigneter 
Ersatz  für  jene,  aus  unmittelbarer  Praxis  heraus  schlagend  wider- 
legen  (S.  139).     Mit  Recht    konnte    er   unter   diesen    Umständen 
hervorheben,   daß    es  Vorurteil    und    ungenügende  Kenntnis    der 
Programme  selbst  war,    die   diese  vortreffliche  Einrichtung  sogar 
bei  denen,    die    sie  besser  hätten  beurteilen  sollen,    in  Mißkredit 
gebracht  hatte.     Von  den  Schwalbeschen    vergleichenden  Über- 
sichten   der  Zahl   der   zwischen    1876    und  1881   erschienenen 
Programm-Abhandlungen    ist   schon    oben  (S.  212)  die  Rede  ge* 
wesep.     Hier   sei    nur   noch  bemerkt,    daß  er,  wie  er  den  Wert 
der    Programme    richtig    einschätzte,    so    auch    folgerichtig  ihre 
Nutzbarmachung   zu    fördern    sich    bemühte,    wenngleich    er 
hierin  m.  E.  weniger   glücklich    war.     Richtig    urteilte   er    zwar 
darin,  daß  er  (S.  141)  z.  B.  der  Zirkulation  der  Programme  in 


^)    Über    gelegeotlichf    AofübniDgeD     vod    Einzelheiten     in 
dieser  Hinsicht  vgl.  oben  S.  198  mit  Aum.  1  u.  2.       • 


von  R.  Ullrich.  231 

d€D  Kollegien  (vgl.  o.  S.  206,  223  u.  5.),  die  systematisch  nicbi  durch« 
fährbar  sei,  keinen  großen  Wert  beimaß;  und  die  vielfach  mangelnde 
,,müb8ame   Arbeit  des   Einordnens  in   die  Bibliothek**  beklagte  er 
(ebenda)  ebenfalls  mit  Recht,  ohne  sich  indessen  darauf  einzulassen, 
energischer  Wege    der  Abhülfe    zu    weisen,    die   bei  nur  einigem 
guten  Willen  der  Interessenten  (Bibliothekare  und  Benutzer)  und 
auch  nur   halbwegs   genugenden  Raumverhaltntssen  unschwer  zu 
finden  sind.     Kein  glücklicher  Gedanke  war  es  dagegen,  wenn  er 
—  übrigens  unter    Verkennung    des    Verhältnisses    des    ersten 
Teubnerscben    Jahresverzeichnisses   der  Abhandlungen  (o.  8.  170 
Nr.  2)  zu  dem  zweiten  ')  {BibUogr.  Abt.  3.  Nr.  13  b)  —  im  Interesse 
des  schnellen  Bekanntwerdens  ein  Jahrbuch')  vorschlug  (S.  143), 
das  in  einem  Umfange  von  10 — 12  Bogen  erscheinen,  ^u  mäßigem 
Preise  (3  JC)  käuflich  sein  und  einen  Obt-rblick  über  den  Inhalt 
iämt lieber     Abhandlungen    (jedesmal    des    vorangehenden 
iahres)    in    der  Weise    geben    sollte,    daß  „unter  Ausschluß  sub^ 
jrktiver     Urteile''    bei    den   wissenschaftlichen    Programmen    „die 
Hdhode  der  Untersuchung  und    das   neu  Geleistete''  hervorträte^ 
bei  mehr  populären    „auf  Besonderheiten  der  Auffassung"  hinge* 
vielen    würde.      Daß    eine    derartige  Publikation    an    sich    sehr 
tvoschenswert,  heute  bei  der  gegen  damals  sehr  viel  geringeren 
2abl  der  Abhandlungen  vielleicht  sogar  denkbar  wäre,    wird  man 
eern  zugeben.     Erwägt  man  aber,  daß  die  Zahl  der  Abhandlungen 
m  Denlscbland  im  Jahre  1881  (ohne  die  bayerischen)  etwa  450 
ipelrug,  so  wären  danach  2 — 3  Programme  auf  je  einer  Seite  zu 
besprechen  gewesen,    was  schwerlich  genügt  hätte,  ein  deutliches 
Bild   von    dem    Inhalte    zu  geben,    ganz    zu    schweigen    von  der 
Schwierigkeit,    für    die    aus    den    verschiedensten,    oft  ganz  ent- 
legenen Gebieten  genommenen  Programme   immer  wirklich  sach- 
kondige    Referenten    zu  finden,    ohne  die  Pünktlichkeit  des  jähr- 
lichen Erscheinens  zu    gefährden.     Wie   richtig    diese  Auffassung 
ist,    zeigt    der   im  Jahre  1882    von  E.  Peters    wirklich  unter- 
nommene^) Versuch,   den  Gedanken    Schwalbes    in    die  Praxis 
umzusetzen.    Unter  dem  Titel  „Dte  deutschen  und  österreichischen 
Programmabhandlungen    des  Jahres  1881,   nach   ihrem  Inhalte  im 

^)  Er  fand  dea  Uoterschied  nar  dario  (S.  126),  daß  das  erste  Ver* 
zeidiois,  wie  bekaoot,  nach  Proviozeo  bezw.  LäoderD  aod  AostalteD,  dai 
zweite  aber  aach  dem  lahalte  geordnet  sei  —  wäbreod  doeh  tatsächlich 
das  erste  nur  die  aDgekäodigten,  oft  aber  nicht  oder  nicht  anter  dem  ent- 
B^reehenden  Titel  erschienenen  At»handlong«n  enthält,  das  zweite  aber  die 
«irklich  erschienenen,  darunter  auch  manche  vorher  überhaopt  nicht  ange- 
zeigte bringt  nnd  aofierdera  die  in  dem  ersten  Gesamtverzeichnis  überhaopt 
nicht  enthaJteoen  Titel  der  bayerischen  Abhandlongen  sowie  auch  der  aas- 
gewihlten  österreichischen  (s.  o.  S.  169  Anm.  3)  enthält. 

')  Nicht  zn  vernvechsela  mit  den  ,, Jahrbüchern**  verschiedenster 
Art,  die  als  Ersatz  der  Abhandlangen  selbst  dienen  sollten,  vgl. 
0.  &  187.   199,  215,  228. 

')  Ober  eineii  fritfaerea,   aber    nicht    zur  norchfährang  gelangten  nhn* 
liehen  Vorschlag  vgl.  o.  S.  202. 


232   Proprammwogen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

Verein  mü  Faehmätmem  geordnet  und  (esprocften'*  erschien  von 
ihm  im  Zentralorg,  f,  d.  Interessen  d.  Re^äsckuho.  Bd.  X  (1882) 
S.  649— 768  (auch  im  Sonderdrwk  Berlin  1882,  Friedberg  u. 
Mode,  120  S.)  eine  Obersicht,  wie  sie  wohl  Schwalbe  ungetahr 
vorschwebte,  über  die  Abhandlungen  von  523  deutschen  und 
österreichischen  Anstalten.  Aber  die  bayerischen  Abhand- 
lungen fehlten,  eine  Anzahl  von  Arbeiten  wurde  nicht  besprochen 
«Bd  nur  mit  dem  Titel  angeführt,  die  Anzeigen  waren  nach  Um- 
fang und  Inhalt  überaus  ungleich;  endlich  hatte  die  —  m.  £.  von 
vornherein  verfehlte  —  Verbindung  mit  einer  Zeitschrift,  die  Sonder^ 
Interessen  vertrat,  deren  Redaktion  veranlaßt  (vgl.  S.  763  der  Zeü- 
Schrift;  S.  115  des  Sanderdrucks),  manche  Referate  nicht  bloß  mit 
Rücksicht  auf  den  Raum,  sondern  auch  auf  die  Tendenz  ihres 
Blattes  erbeblich  zu  kürzen  —  was  einer  Obersicht,  deren  erster 
Grundsatz  strengste  Sachlichkeit  hätte  sein  müssen,  natürlich 
nicht  förderlich  sein  konnte.  So  war  denn  dieser  erste  Versuch 
zugleich  der  letzte,  und  die  Idee  ist  auch,  soviel  ich  weiß,  später 
nicht  wieder  aufgenommen  worden;  und  so  energisch,  man 
möchte  fast  sagen  wuchtig,  die  Einheit  des  höheren  Schulwesens 
durch  ihre  Ausführung  repräsentiert  worden  wäre,  man  wird  sich 
hier  doch  praktischen  Schranken  fugen  und  die  Einzelbesprechung 
oder  die  einzelner  Gruppen  von  Abhandlungen  den  Fach  Organen 
überlassen  müssen.  Auifallend  ist  übrigens,  wie  hier  noch  be- 
merkt sei,  daß  von  dem  Petersschen  Versuch  in  der  umfäng- 
lichen Literatur  der  Folgezeit  über  Frogrammwesen  ebensowenig 
Notiz  genommen  worden  ist  wie  von  seinem  geistigen  Urheber 
Schwalbe  selbst. 

Mit  der  Sorge  für  die  Abhandlungen  waren  indes  Schwalbes 
Bestrebungen  nicht  erschöpft.  Auch  den  Schulnachrichten 
wandte  er  lebhaftes,  bis  in  die  Einzelheiten  gehendes,  auch  hier 
von  Sachkenntnis  zeugendes  Interesse  zu  (S.  127 — 133).  in  den 
Bemühungen  um  eine  wissenschaftlichen  Ansprüchen  genügende 
Statistik  begegnete  er  sich  mit  den  späteren  Vorschlägen  von 
Kannengießer  (s.  0.  S,  219f.)  und  entwarf  unter  allgemeiner 
Benutzung  der  schon  damals  auch  mit  dem  Schulgebiet  sich  leb- 
haft  beschäftigenden    wissenschaftlichen    statistischen    Literatur  ^) 

1)  Er  führt  selbst  S.  129  Aom.  1  so:  Alwio  Petersilie,  Zur 
Statistik  der  höheren  LehraostalteD  in  Preußen,  gleiehseitig  ein  Beitrag  zor 
Realschalfrage  Zeitsehr,  d,  KgL  preu/S,  Statut,  Bar,,  hrsf.  v.  firost 
Engel,  XVII  (1 877)  S  95—1 1 9  nebst  der  (diesem  Bande  beigegebenen)  Sonder- 
Schrift  von  Ernst  Engel  (nicht  P.,  wie  bei  Schwalbe  zu  lesen  \Bi)i  JusfUhr- 
licher  Plan  für  eine  aligemeine  ünterriehtMstatUtik  des  preußischen  Staates,  Berlin 
1877  (W.  Koebke),  2^  44  S.  (vgl.  darin  besonders  die  Fragebogen  über 
böhere  Töchterschalen,  S.  25—28,  höhere  Bürgerschulen,  Real- 
sehulen  1.  u.  II.  Ordnung,  Progymnasien  and  Gymnasien,  S.  29—  34), 
sowie  wiederam  A.  Petersilie,  Die  Realscholfrage  und  die  Statistik,  Zentral^ 
Organ/,  d.  Interessen  d.  Realschulw,  VI  (1878)  S.  73—102  —  Arbeiten,  die 
noch  heute  auch   für  jeden  Schulmann,    welcher    der  in  Schnlkreisea  iauner* 


voa  R.  Ullrich.  233 

und    mit    Verwendung    eines    von  Kubier    damals  entworfenen 
IMaoes   —    auch    hier    wieder    ganz    praktisch    —    ein    genaues 
Schema  einer   ausführlichen  Schulstatistik  (S.  130  f.).     Es  waren 
Bestrebungen,  die  z.  T.  (vgl.  schon  oben  S.  220)  in  den  preußi^ 
sehen  Jahresberichten  seit  den  Bestimmungen  vom  7.  Januar 
1885  (o.  S.  98,  Nr.  XU)  und  in   einigen  anderen  wirklich  in  die 
Praxis  übertragen  worden  sind.    Wichtig  ist  auch,  gerade  gegen* 
ober  manchen  Bernfsstatistiken  über  Abiturienten,  die  heute  nicht 
selten    unternommen    werden,    seine    Bemerkung    (S.  129),    wie 
wenig  zQverUssig    die  Angaben  der  Abiturienten  über  den 
gewählten  Beruf  als  Grundlage  für  zusammenfassende,  zu  den 
verschiedensten    Zwecken    unternommene    Gesarotstatistiken  sind. 
Anch  die  Anregung  (S.  128),  in  den  Jahresberichten  nicht  immer 
wieder  den  ganzen  Lehrplan, sondern  nur  die    Besonderheiten 
abzudrucken  und  den  ersteren  für  eine  längere  Reihe  von  Jahren 
in  Sonderausgabe  herzustellen,  hat,  wie  bekannt,  seit  1885  (s.  o. 
8.155  u.  ö.)  TJelfach  praktische  Folge  gefunden,  wenn  auch    leider 
uoch  in  zu  geringem  Umfange.     Über  die  Angaben  des  Standes 
der    Eltern    in    den  Jahresberichten,    die    bei    der  oft  hervor- 
tretenden   Unbestimmtheit    und     damit    der    Unroftglicbkeit,    sie 
DDter  bestimmten  Kategorien  unterzubringen  und  so  für  eine  all- 
lemeine  Statistik    wirklich    fruchtbringend    zu    verwerten,  mußte 
er  sich    (S.  129)    resigniert   äußern.      Leider    sind    wir   gerade 
hierin    auch    heute    noch    nicht    viel   weiter  gekommen.     Daß  er 
üt)er  Etatsverhältnisse,   z.B.  bei  den   Sammlungen,  regelmäßige 
Angaben  in  den  Jahresberichten  wünscht  (S.  132),  ist  beachtens- 
wert,   wenngleich    auch    heute    erst    so   gelegentlich  erfüllt  (vgl. 
i.  B.  o.  S.  158),    daß  es  für  die  wissenschaftliche  Verwertung  im 
ganzen  ziemlich  außer  Betracht  bleibt.     Nicht  ganz  so  richtig  war 
es  dagegen,  wenn  er  in  bezug   auf  die   nach  Inhalt  und  Umfang 
überaus     verschieden     gehandhabten     Mitteilungen     über     Ver- 
fügungen der  Behörden  meinte,  die  letzteren  sollten  (S.  128) 
selbst  angeben,  was  sie   für   geeignet   zur  Mitteilung   im  Jahres- 
bericht hielten;  denn  hier  kommen  so  verschiedene  lokale  Rück- 
sichten zur  Geltung,    daß  die  Behörden,   zumal   wenn  die  Dezer- 
nenten in  kürzerer  Zeit   häuflg    wechseln,    kaum    imstande    sein 
werden,  das  in  dieser  Hinsicht  Wünschenswerte   richtiger  zu  be- 
urteilen   als    der  Direktor,    der   viel    engere  Fühlung  mit  seinem 
Pobliknm  haben  muß.  Und  darin  endlich  erhebt  sich  auch  Schwalbe 
nicht  über  seine  Vorgänger  (vgl.  z.  B.  oben  S.  157,  179)  und  seiioe 
Zeit  überhaupt,  wenn  er  (S.  128)  die  Chronik,  m.  E.  neben  der 
Mitteilung    der    erledigten  Lehrstoffe    der  wichtigste,    das    innere 
und  äußere  individuelle  Leben    einer  Anstalt  am  deutlichsten  zur 
Anschauung    bringende  Teil    des   ganzen    Berichts,    „sehr    kurz'^ 


■oeh  fekr  miBaehteteo  Statistik  ein  etwas  mebr  als   sewöhaliches  Interesse 
eotgegenbriast,  »indestens  lesenswert  sind. 


234  Programniwesen   und  Programmbibliothek  d.  höh,  SchaleD, 

gefaßt  wissen  will,  da  sie  „für  weitere  Kreise  gewöhnlich  kein 
Interesse  bieten  kann'*.  So  eingehend  er  daher  selbst  über  so 
viele  andere  Punkte  sich  äußert,  diesem  widmet  er  demgemäß 
ganze  vier  Zeilen  1  Doch  man  darf  über  solchen  Bedenken,  die 
z.  T.  in  der  Richtung  der  Zeit  selbst  lagen,  nicht  das  viele 
Förderliche  vergessen,  was  Schwalb  es  Aufsatz  dem  Programm- 
wesen gebracht  hat.  Denn  überall  tritt  doch  selbst  in  vielen 
scheinbar  kleinen,  noch  heute  manchem  sehr  harmlos  oder 
gleichgültig  vorkommenden  Einzelheiten  das  ernste  Bestreben  her- 
vor, auch  diese  schlichten  Berichte  unter  größeren  Gesichts* 
punkten  zu  betrachten,  die  ihnen  dauernden  Wert  sichern. 

Gegenüber  der  Fülle  des  Stoffes  und  der  Menge  fruchtbarer 
Anregungen,  die  Schwalbes  Aufsatz  brachte,  traten  die  ein  Jahr 
später  fallenden 

3)  Verhandlungen  der  6.  scblesischen  Direktoren- 
Versammlung  (1882;  Bibliogr.  Nr.  90)  einigermaßen  zurück. 
Aufl'allend  ist  zunächst  die  Tatsache,  daß  der  eindringenden,  ein 
Jahr  zuvor  in  einer  der  bekanntesten  Zeilschriften  erschienenen 
Arbeit  Schwalbes  im  Laufe  der  ganzen  Verhandlungen  mit 
keiner  Silbe  gedacht  wurde,  um  so  auffallender,  als  der  Ausgangs- 
punkt von  den  Berliner  Verhandlungen  (o.  Nr.  1,  S.  224  ff.) 
genommen  wurde,  die  doch  ihrerseits  der  Anlaß  zum  Eingreifen 
des  Berliner  Direktors  gewesen  waren.  Denn  daß  er  die  Sache 
von  seinem  Standpunkte  gründlich  und  wirklich  fördernd  be* 
handelt  hatte,  mußte  ihm  und  muß  ihm  wohl  noch  heute  selbst 
ein  ehrlicher  Gegner  willig  zugestehen.  Und  bei  dem  Thema« 
das  die  Marschroute  ja  ziemlich  bestimmt  vorschrieb,  „Der  Nach- 
teil, der  durch  den  Wegfall  der  Programmabhandlungen  entsteht'% 
konnte  mau  ja  in  dem  Berliner  Kollegen  sogar  nur  einen  will- 
kommenen Bundesgenossen  begrüßen.  Mindestens  hätte  man, 
wenn  nicht  von  allen  Teilnehmern,  so  doch  von  dem  Korreferenten 
(Dir.  Meffert;  der  bestellte  Beferent,  Dir.  Lange,  war  nicht  an- 
wesend) erwarten  sollen,  daß  er  in  Befolgung  einer  wesentlichen 
Schulmeistertugend,  an  Bekanntes  anzuknüpfen,  der  Verdienste 
Schwalbes  um  die  wichtige  Sache  gedacht  und  irgendwie  au( 
seine  Gedanken  eingegangen  wäre.  Aber  weder  er  noch  andere 
Teilnehmer  der  Versammlung  taten  es.  Über  eine  andere  Tat- 
sache war  man  wiederum  nicht  ausreichend  orientiert;  so  meinte 
einer  der  fiedner  (Sommerbrodt),  es  träte  in  Berlin  die 
Neigung  hervor,  den  früheren  Zustand  bezüglich  des  Erscheinens 
der  Abhandlungen  wieder  einzufuhren  —  während  tatsächlich 
schon  Ende  1881  (s.  o.  S.  228)  die  Mittel  wieder  bewilligt  und 
Ostern  1882  (etliche  Monate  vor  der  Versammlung)  die  Abhand- 
lungen auch  in  Berlin  wieder  erschienen  waren.  So  bewegte 
man  sich  wieder  mehr  in  den  allgemeineren  Gedanken  früherer 
Jahre;  die  starke  Übertreibung,. die  schon  anderthalb  Jahrzehnte 
zuvor   (s.  0.  S.  196)   die    richtige    Einschränkung    erfahren    hatte. 


voB  R.  Ullrich.  23!^ 

daß  die  Aafbebang  der  Verpflichtung  zum  Schreiben  Ton  Ab' 
bandluDgen  „für  den  wissenschaftlichen  Geist  der  Anstalten  nach* 
teilig  sei  (Geh.-R.  Sommerbrodt)*',  wurde  als  These  aufge* 
stellt  und  mit  großer  Majorität  angenommen  (8.  158).  Auch  an 
Wunderlichkeiten  fehlte  es  nicht;  wie  denn  z.  ß.  Wutzdorff, 
der  früher  die  Abbandlungen  von  Mitgliedern  der  wissenschaft- 
lichen Prüfungskommissionen  halte  rezensiert  wissen  wollen  (s.  o. 
S.  216),  sie  nunmehr  von  den  Jahresberichten  ganz  zu  lösen  and 
an  die  Universitäten  einzusenden  vorschlug,  die  für  geeignete 
Veröffentlichung  Sorge  tragen  sollten  (S.  153),  womit  er  dem 
höheren  Lehrerstande  wiederum  ein  unerfreuliches  Armutszeugnis 
ausstellte!  Beachtenswerter  war  es,  wenn  der  zweifellos  be- 
deutendste Gelehrte  «der  anwesenden  Direktoren,  R.  Volk  mann 
(Janer),  darauf  hinwies  (doch  vgl.  auch  schon  oben  S.  196  f.),  daß 
^uch  heule  noch  namentlich  in  kleineren  Städten  die 
Lehrer  mit  dazu  berufen  seien,  sich  als  Träger  wissenschafllicben 
Strebens  auch  öffentlich  zu  gerieren,  und  jedes  Mittet,  welches 
dazu  beilrage,  ihnen  und  der  Schulgemeinde  dieses  Bewußtsein 
lebendig  zu  erhalten,  festzuhalten  und  dankbar  zu  benutzen  sei^% 
vobei  nur  auffiel,  daß  er  im  Hinblick  auf  den  „wissenschaftlichen 
Schatz  der  JVogrammabhandlungen"  gerade  die  zwanziger  Jahre 
io  dieser  Beziehung  besonders  rühmte  (S.  153).  Wer  heute^ 
eorade  als  Philologe,  die  älteren  Programmbibliograpbien  (besonders 
ObUogr.  Abt.  3,  Nr.  3)  durchmustert,  wird  nicht  allzuviel  Be- 
lege für  diese  Behauptung  finden,  desto  mehr  —  was  die  ersten 
Jahrzehnte  der  Einrichtung  überhaupt  angeht  —  in  den  dreißiger 
ood  vierziger  Jahren.  Es  ist  das  an  sich  naturlich;  denn  in  den 
zwanziger  Jahren  flng  ja,  ebenso  wie  der  höhere  Lehrer.<tand  selbst, 
so  auch  seine  wissenschafllicbe  Tätigkeit  erst  an  sich  zu  ent* 
wickeln,  während  die  folgenden  Jahrzehnte  in  der  Tat  eine  Ge^ 
lehrten  republik  in  der  Schule  zeigen,  wie  sie  sich  nicht  leicht 
wieder  zusammenfinden  wird  und  —  unter  ganz  anderen  Ver-* 
hältnissen  —  auch  kaum  zusammenfinden  kann.  Daraus  geht 
schon  hervor,  daß  es  mir  gar  nicht  in  den  Sinn  kommt,  etwa 
das  heutige  Lehrergeschlecht  im  ganzen  gegen  das  vor  60  odec 
70  Jahren  zurückzusetzen;  vgl  dazu  noch  Teil  11  2.  Von  dem, 
was  sonst  noch  auf  der  Versammlung  an  richtigen,  auf  allge» 
meine  Menschenkenntnis  wie  auf  individuelle  Erfahrungen  sich 
grundenden  Äußerungen  hervortrat,  möchte  ich  die  von  Heine 
hervorheben,  der  einmal  —  m.  E.  durchaus  richtig  —  betont^ 
(S.  154)    „es    werde    der,  welcher    produktiv  tätig  sei^),  weniger 


.  >)  Natirlieli   viAioU  der  Redoer,   dem    ich   dBi-chaus    folge,   hier  eioa 

metio^igeh'kritwche,  d.  b.  echt  wisseD^chafkliche  Tätigkeit,  die  Selbstäodiges 

kervorbriogt    pod  dea  Zosaameohang  jeder  Entwicklang  feBtzubalten  weiß. 

Deau  Prodoktivität  überbaopt,  von  solcbeo,  die  sich  nicht  oft  geuag  gedruckt 

§ehen  koumea  nod  gar  oicht  danach  frogeo,    ob  das,   wos  sie  etwa  lu  sagei^ 


236  Programmwesen  uad  Prog^rammbibliothek  d.  höh.  Schaleo, 

leicht  in  den  Studien  ermüden  als  der,  weicher  sich  bloß  rezeptiv 
Terballe,  und  werde  auch  seine  Schüler  eher  zu  eignem  Arbeiten 
und  selbständiger  Auffassung  des  Gebotenen  anregen'*;  nicht 
uninteressant  war  es  auch,  wenn  derselbe  Redner  aus  vielfacher 
Erfahrung  darauf  hinweisen  konnte,  daß  seit  Aufhebung  der  Ver- 
pflichtung, Programme  zu  schreiben,  die  Benutzung  der  Anstalts- 
bibtiolheken  bedeutend  nachgelassen  habe,  was  —  hier  wird  ihm 
nicht  jeder  folgen  —  ,,auf  ein  Nachlassen  des  wissenschaftlichen 
Strehens  schließen  ließe''.  Von  anderer  Seite  (Knape)  wurde 
hervorgehoben,  daß  die  Anregung  zum  Wegfall  der  Abhandlungen 
von  Leuten  ausgegangen  sei,  die  von  der  Sache  nichts  verstunden; 
der  Redner  dachte  dabei  wohl  an  kleinere  Stadtverwaltungen,  von 
denen  damals  manche  (dem  Berliner  Beispiel  folgend)  keine  Mittel 
mehr  bewilligten,  wie  dies  noch  heute  oft  zu  bemerken  ist.  Das 
sind  Äußerungen,  die  dauernder  Beachtung  wohl  wert  sind; 
aber  es  sind  ihrer  im  Verhältnis  zu  der  großen  Menge  von 
Schulleitern,  die  der  Versammlung  beiwohnten,  doch  wenige; 
es  zeigt  sich  vor  allem  der  Mangel  an  Zusammenhang  der  Er- 
örterungen mit  dem  früher  auf  dem  Gebiete  Geleisteten  (auch 
auf  die  Königsberger  Verhandlungen  von  1865  —  &  o.  S.  194  ff.  — 
kam  man  nicht  zurück,  was  doch  wieder  so  nahe  lag,  da  es 
sich  um  eine  gleichartige  Versammlung  handelte),  und  so  war  das 
wissenschaftliche  Ergebnis  im  ganzen  nicht  erheblich. 

Hiermit  sind  die  Erörterungen  grundsätzlicher  Fragen 
aus  dieser  Periode,  soweit  sie  in  erster  Linie  die  Abhand- 
lungen betrafen,  erschöpft;  der  hier  behandelte  Abschnitt  gibt 
aber  insofern  sachlich  wie  zeitlich  einen  schönen  Abschluß,  als 
gerade  an  seiner  Grenze  die  oft  erörterte  Frage  der  biblio- 
graphischen Nutzbarmachung  der  Abhandlungen  endlich 
Gestalt  gewann,  teils  in  Form  der  das  Notwendige  und  Mög- 
liche scharf  bestimmenden  Denkschrift  von  C.  Fr.  Möller 
(Kiel),  teils  in  der  praktischen  Durchführung  —  wenn  auch  nur 
auf  einem  Teilgebiete  —  durch  den  ersten  Band  der  Pro- 
grammliibliographie  von  R.  Klußmann.  Über  beide  zum 
Schluß  dieses  Abschnitts  einige  Worte. 

4.  Die  Denkschrift  von  C.  Fr.  Müller  (Kiel;  1886  bezw. 
1888).  An  Anregungen,  die  Programme  durch  geeignete  biblio- 
graphische Zusammenfassungen  allgemein  nutzbar  zu  machen,  hatte  es, 
wie  wir  oben  sahen(vgl.S.149,185, 187, 201, 217), zwar  nicht  gefehlt; 
es  waren  auch  tatsächlich  eine  Reihe  von  Arbeiten  hervorgetreten, 
die  entweder  Jahresübersicliten  der  erschienenen  Programme  oder 


haben,  nicht  schon  vor  ihnen  ond  vielleicht  besser  erörtert  worden  ist, 
wiirde  durchaus  kein  Vorzag  sein,  am  wenigsten  für  Lehrer  höherer 
Schulen.  Denn  solche  Arbeit  will  sich  gar  nicht  vertiefen  —  was  nicht 
hindert,  daß  sie  in  Rezensionen  von  ebenso  oberflächlichen  Berichterstattern 
noch  gelobt  wird. 


von  R.  Ullrich.  237 

grJ^Bere  Zusammenfassungen   nach   verschiedenen  Gesichtspunkten 
boten.     Solange   der  Programmen  tausch    nicht    im    großen  orga* 
nisiert  war,  mußten  aber  allen  solchen  Versuchen  so  viele  Mängel 
anhaften,  vor  allem  der  der  llnvoUständigkeit  —  von  äußeren,  in 
der  Form  des  Gebotenen  liegenden  ganz  zu  schweigen  — ,  daß  die 
Frage,  wie  die  Programme  wirklich  wissenschaftlich  nutzbar  zu  machen 
seien,    nicht  zur  Ruhe  kommen  konnte.     Erst  als  nach  1870/71 
die  Menge  der  Staaten  durch  den  ins  Leben  gerufenen  Teubner- 
sehen  Tauschverkehr  vom  Jahre  1875/76  in    dauernde    enge  Be- 
ziehung   zueinander   getreten    war,    konnte    an  die  Durchluhrung 
eiuer    Programm-Bibliographie   im    großen  gedacht  werden, 
von  der  nicht  nur  die  einzelnen  Fachwissenschaften,  sondern  vor 
allem  die  richtige  Erkenntnis  von  der  wissenschaftlichen   und  er- 
zieherischen Tätigkeit  eines  ganzen  Standes  im  Laufe  vieler  Jahr- 
zehnte und  somit  von  einem  wichtigen  Stuck  des  geistigen  Lebens 
Deutschlands  die  nachhaltigsten  Anregungen  erfahren  mußte.    Nicht 
mit  Unrecht   hatte  auf  engerem  Gebiete  im  Anfang  der  sechziger 
Jahre    (\g}.  Bibliogr.  Abt.  3,  Nr.  19)   Gutenäcker  seine  vortreff- 
kbe  Programmbibliographie  einen  „Beitrag  zur  Schul-  und  Lite- 
ntorgeschichte  Bayerns'^  nennen    können.     Was   hier  im  kleinen 
fo  die  damalige  Zeit  gut  durchgeführt  war,  sollte  nun  im  großen 
m  erreichen   getrachtet    werden.     Diesem  Gedanken  sachkundig, 
lielbewuJBt    und    mit    praktischem  Geschick  Ausdruck  gegeben  zu 
^aben,    war    das  Verdienst    von    C.  Fr.  Muller.     Jn    seiner   dem 
j>reußiscben  Kultusministerium  im  Jahre  1886  äberreichten  Denk- 
Kfarift  (Bibliogr.  Nr.  98)  wies  er  unter   treffender  Kritik  der   bis- 
berigeo  Versuche    auf  diesem  Gebiete  die  Notwendigkeit  des  Er- 
scheinens einer  sachlich  geordneten,    durch  Vermittlung  und   mit 
Uolerslätzung   der    preußischen   Zentralbehörde   wie  der   anderen 
fiegierungen   des  Deutschen  Reiches   herauszugebenden  Gesamt- 
Bibliographie   aller  deutschen  Programme  von  1825  — 
1885,    der   in    angemessenen    Zeiträumen    (von   10—15  Jahren) 
Ergänzungen   folgen    sollten,    überzeugend  nach;    er  gab  auch 
an,  wie  durch  Vermittlung  der  einzelnen  Schulen  das  Material  zu 
beschaflen,    zu    ordnen    und    mit  Unterstützung  größerer  wissen- 
schaftlicher Bibliotheken  zu  revidieren  sei,  um  eine,  soweit  möglich, 
vollständige,  vor  allem  aber  zuverlässige,  in  bibliographischer  Hin- 
sieht wissenschaftlichen  Ansprüchen  voll  genügende  Grundlage  zu 
schalTeu.    Es  war  ein  groß  gedachtes  und  praktisch  damals  leichter 
als  jetzt  durchzuführendes  Unternehmen,  für  das  sich  sowohl  der 
Dezernent    des    preußischen    fliinisteriums,    Wieses    Nachfolger 
Bonitz,  lebhaft  interessierte,  der  ja  schon  früher  in  seiner  öster- 
reichischen Zeit  selbst  gerade  der  Nutzbarmachung  der  Programm- 
abhandlungen fördernde  Arbeit  gewidmet  hatte  (vgl.  BibUogr.  iNr.  64  a 
und  b  und  o.  S.  188),  wie  er  auch  den  Generaldirektor  der  Kgl. 
Bibiiotbek  zu  Berlin,  A.  Wilmanns,  dafür  zu  interessieren  wußte. 
Es    trafen    mehrere  Umstände   zusammen,    die  das  Unternehmen 


238   Prograiumweseo  uod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

damals    nicht    zur  Ausführung    kommen  ließen,    das  Ausscheiden 
und  der  Tod  von  Oonitz,    wohl  auch   die  Kustenfrage,    die   im 
Ministerium    vertretene  Meinung,    eine  solche  Arheit  sei  auch  als 
privates  Unternehmen  zu  denken,  endlich  (vgl.  schon  oben  S.  209) 
der  Umstand,    daß  Klußmanns  Verzeichnis,    das  mit  1876  be- 
ginnen   sollte,    schon    in  Arbeit  war.     Vielleicht  wäre  das  Unter- 
nehmen   auch    eher    in  («ang   gekommen,    wenn  sich  die  Schul- 
männer   selbst,    für    die  es  doch  recht  wesentlich  bestimmt  war, 
seiner  etwas  mehr  angenommen  hätten  —  was  wieder  durch  den 
Ort   der  Publikation    der  Denkschrift  (s.  o.  S.  209)  einigermaßen 
erschwert  wurde.    Man  muß  das  Scheitern  des  Planes  noch  beute 
bedauern.     Beide  Arbeiten    hätten    sich    leicht   ergänzen  können, 
und  die  von  Muller  wäre  noch  dadurch   entlastet    worden,    daß 
die    Grenze    bei    dem  Jahre  1875    gezogen    werden    konnte.     So 
bleibt  —  auch  nach  dem  Erscheinen  von  Klußmanns  Arbeit  — 
die    einheitliche    Bearbeitung    einer  Programm-Bibliographie  über 
die   Zeit  vor  1876    und   soweit  wie  möglich  rückwärts  noch  eine 
wissenschaftliche  Aufgabe  der  Zukunft. 

5.    Die    Programm-Bibliographie   von   R.  Klußmann 
([/.]  1876—1885.     1889;  Bibliogr.  Abt,  5,  Nr.  14). 

So    schätzenswert   und   notwendig  bibliographische  Jahres- 
verzeichnisse der  Programmabhandlungen  sind,  weil  durch  sie  das 
Neue   in    gewissem  Zusammenhange    nicht   allzu  lange  nach  dem 
Erscheinen  bekannt  und  nutzbar  wird,   und  so  mustergültig  auch 
diese  Aufgabe    schon    in    den    siebziger  Jahren    (seit  1876)    und 
gerade   seit    dem  Ausgang    unserer  Periode   (seit  1889)    auf  ver- 
schiedene Weise    besonders    durch    das    endgültige'),    zweite 
Teubnersche  Verzeichnis^)  und   das  der  Kgl.  Bibliothek    zu 
Berlin    gelöst  war  {Bibliogr.  Abt.  3,  Nr.  13  b  und  15),    eine  Zu- 
sammenfassung   des  Geleistelen    nach    größeren    Zeiträumen,    für 
bestimmte    Länder   oder  Wissenschaften    oder   unter  Vereinigung 
eines    oder    mehrerer   dieser  Gesichtspunkte    wird    doch  nicht  zu 
entbehren  sein.    Man  muß  es  Klußmann  besonders  Dank  wissen, 
daß  er  das  persönliche  Interesse  des  Schulmannes,    der  er  lange 
gewesen  ist,  für  die  Entwicklung  der  wissenschaftlichen  und  didakti* 
sehen    Tätigkeit   seines    Standes    mit    der   bibliographischen    Be- 
fähigung,   die    gerade    unter    Schulmännern,    auch    unter    Schul- 
bibliothekaren, nicht  allzu  häufig  angelrolfen  wird,  so  zu  verbinden 
wußte,  daß  ein  —  man  kann  wohl  sagen  —  bewundernswürdiges 
und    mustergültiges  Werk    geschaffen    worden    ist,   an  dem  auch 
Fachbibliographen    kaum    etwas  Wesentliches  auszusetzen  fanden. 
Der  Plan  war    von  Anfang    an    so    wohl    überlegt    und    die  Dis- 
positionen   für    alle  Einzelheiten    so    peinlich    getroffen,    daß    die 
1889   im    ersten   Bande   befolgte  Anordnung   auch    in    den    drei 


M  Vgl.  q.  S.  231  Aüm.  1. 

')  Für  Österreich  vgl.  noch  obea  S.  149  and  217. 


von  R.  Ullrieb.  239 

weiierea  Bänden  (s.  o.  S.  112),  die  ich  gleich  hier  miterwähiie, 
in  allen  wesentlichen  Punkten  einfach  beibehalten  werden  konnte. 
Jeder  Band  ist,  wie  leider  den  Schulminnern,  die  das  Werk  noch 
nicht  kennen,  hier  ausdrücklich  mitgeteilt  werden  muß,  in 
seinem  üauptteile  systematisch  geordnet  und  gibt  die  Titel 
der  Abhandlungen  der  einzelnen  Schulen  bibliographisch  genau 
wieder;  eine  tabellarische  Übersicht  nach  Schulen  und  Jahren, 
unter  Hinweis  auf  die  Seiten  des  Hauptverzeichnisses,  folgt,  so  daß 
sich  wenigstens  die  Zahl  der  von  jeder  Schule  im  Laufe  der  Jahre 
gelieferten  Abhandlungen  leicht  übersehen  läßt,  ein  Autoren-Register 
macht  den  Beschluß.  Das  Verzeichnis  enthielt  in  seinem  ersten 
Bande,  der  aus  naheliegenden  Gründen  mit  dem  Beginn  des 
Teubnerschen  Tauschverkehrs  1876  einsetzte,  nur  die  wirklich  in 
den  Tauscliverkehr  gekommenen  Abhandlungen,  vom  zweiten  Bande 
an  andi  die  der  nicht  am  Tausch  teilnehmenden  Anstalten,  sowie 
auch  aus  den  Jahresberichten  der  Anstalten  mehrere  selbständige, 
in  sich  abgeschlossene  Abschnitte,  Reden,  Nekrologe  u.  ä.  m.  In 
der  typographischen  Ausstattung,  die  bei  Werken  dieser  Art  so 
wesentlich  ist  und  schon  im  ersten  Bande  mit  besonderer  Sorg- 
falt behandelt  worden  war,  sind  in  den  folgenden  Bänden  noch 
lio'foesseningen  vorgenommen  worden.  Der  Leser  sehe  selbst  zu. 
Vor  allem  sorge  jeder  Schulbibliothekar  und  jeder  Kollege 
dafür,  daß  das  Werk  in  jeder  Handbibliothek  jeder  höheren 
Schule  auch  wirklich  zu  finden  ist;  es  fehlt,  denke  ich,  noch  an 
manchen  Orten.  Der  erste  Band  umfaßt  10  Jahre  (1876—1885), 
ät  übrigen  drei  Bände  je  fünf  Jahre,  jetzt  bis  1000  einschließ- 
lich; vgl.  o.  S.  112  Anm.  2.  Der  Preis  ist  für  eine  bibliographische 
Leistung  ersten  Ranges,  deren  Kosten  besonders  große  sind,  außer- 
ordentlich gering.  Ob  es  noch  Mängel  hat?  Gewiß!  Aber  sie 
liegen  in  Verhältnissen,  für  die  der  Verfasser  nicht  verantwortlich 
isL  Zunächst  ist  es  schade,  daß  die  österreichischen  An- 
stalten nur  in  der  bekannten  Auswahl  (anfangs  war  sie  uoeU 
kleiner)  aufgenommen  sind  (vgl.  o.  S.  169  Anm.  3).  Die  Aufnahme 
der  übrigen  wäre  nach  dem  amtlichen  österreichischen 
Verzeichnis,  das  ebenfalls  mit  1876  einsetzt  {Bibliogr.  Abt,  3, 
Nr.  33),  an  sich  möglich;  da  aber  der  Verfasser  von  der  Teubner- 
schen Organisation  abhängig  ist  und  es  z.  Z.  wenigstens  noch 
Schwierigkeit  hat,  für  den  Verfasser  nicht  weniger  (zur  Titelauf- 
nahme nach  den  Originalen)  wie  später  für  Benutzer,  die  öster- 
reichischen Jahresberichte  mit  den  Abhandlungen  alle  wirklich 
zu  erlangen,  so  wird  von  dieser  gewiß  sehr  wünschenswerten  Er- 
weiterung des  Planes  zunächst  noch  Abstand  zu  nehmen  sein. 
Doch  mußte  die  Sache  im  Auge  behalten  werden.  Was  die 
tabellarische  Übersicht  nach  Schulen  und  Jahren  be- 
trifft, die  ohne  besondere  Einteilung  durchgängig  alphabetisch 
nach  Orten  und  innerhalb  dieser,  soweit  nötig,  nach  Schul- 
arten getroffen  ist,  so  möchte  ich  mit  der  Meinung  nicht  zurück- 


240    Programmweseo   und  Pro; riimmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

halten,  daß  mir  eine  Sonderung  nach  Ländern  und  Provinzen, 
wie  in  dem  ersten  Teubnerscben  Verzeichnis  (s.  o.  S.  170  Nr.  2) 
zweckmäßiger  scheint,  um  sofort  einen  Oberblick  über  den  Um- 
fang des  Geleisteten  (oder,  wie  neuerdings  bei  vielen  Kommunen, 
auch  nicht  Geleisteten)  zu  erhalten.  Gewiß  ist  die  jetzige 
Anordnung  für  die  Bedurfnisse  der  großen  Bibliotheken  in 
praktischer  Hinsicht  bequemer;  aber  man  muß  doch  daran  fest- 
halten, daß  die  Schul bibliotheken  die  Hauptabnehmer  des  Werkes 
sind  —  ohne  sie  wäre  es  als  buchhändleriscfaes,  amtlich  nicht 
unterstütztes  Unternehmen  schlechterdings  unmöglich  —  und  daß 
diese  Bibliographie,  deren  Abhandlungen  den  Schulen  entstammen, 
doch  möglichst  den  Bedurfnissen  dieser  anzupassen  ist. 
Wir  sind  aber,  in  Preußen  z.  B.,  aus  unsern  Kalendern,  dem 
Zentralblatt  usw.  durchaus  die  Anordnung  nach  Provinzen  gewohnt, 
und  auch  den  Schulmännern  der  kleineren  deutschen  Staaten, 
diesen  vielleicht  noch  mehr,  durften  Sonderöbersichten  für  ihre 
Länder  erwünscht  sein.  So  könnte  man.  meine  ich,  dem  Pro- 
vinzial-  und  Landespatriotismus  diese  kleine  Konzession  wohl 
machen,  zumal  ja  das  systematische  Verzeichnis  wissenschaftliche 
und  didaktische  Arbeit  der  Angehörigen  der  verschiedenen  Staaten 
in  schöner  Einheit  der  Interessen  zeigt.  Indessen  mögen  andere 
anders  denken;  und  wer  etwa  dem  regelmäßigen  Benutzer  (auf 
die  Gelegenheitsarbeiter  käme  es  doch  weniger  an)  zutraut,  er 
wurde  bei  solcher  Anordnung  vielleicht  Dilienburg  in  Bayern  oder 
Hattingen  in  Württemberg  suchen,  mußte  unbedingt  die  durch- 
gehende alphabetische  Ordnung  vorziehen,  die  Guben  und  Güstrow, 
Meppen  und  Meran  friedlich  nebeneinander  stellt,  während  die 
Sonderung  nach  Ländern  und  Provinzen  unzweifelhaft  sach- 
lichen Nutzen  bietet.  Ich  steile  die  Sache  zur  Erwägung,  be- 
sonders dem  verdienten  Verfasser,  der  für  den  fünften  oder 
sechsten  Band  vielleicht  auch  in  Betracht  zieht,  ob  nicht  ein 
Stichwortregister  noch  im  Bereich  der  Möglichkeit  liegt.  Mir 
hat  es  wenigstens  bei  fast  täglichem  Gebrauch  der  vier  Bände 
häuflg  gefehlt.  Besonders  wenn  man  wissen  will,  was  auf  einem 
der  engeren  Gebiete  geleistet  ist,  die  sich  nicht  alle  ohne  Er- 
schwerung der  Übersichtlichkeit  in  dem  System^)  unterbringen 
lassen,  kann  ein  solches  Register  ausgezeichnete  Dienste  leisten. 
Doch  das  sind  bescheidene  Vorschläge  und  wollen  nur  als  solche 
aufgefaßt  werden,  die  in  keiner  Weise  den  hohen  Wert  des  Werkes 
beeinträchtigen  können,  bei  dem  man  nicht  fragen  soll,  was  fehlt, 


^)  Zweekmäfiif  scheint  mir  itbrigeos,  wenn  io  Abschnitt  VI  B  o  {ßibUo- 
graphie^  BibUatkekenkunde,  Geschichte  des  Buchhandels,  io  Bd.  IV  S.  240 — 
253),  soweit  er  die  Schul  bibliotheken  betrifft,  weoi^tens  eine  Sonde- 
rn n^  zwischen  Lehrer-  und  Schul  er  bibliotheken  vorgenommen  würde, 
falls  eine  Anordnung  nach  Ländern  nnil  Provinzen  und  erst  innerhalb  dieser 
alphabetisch  nach  Städten  »us  anderen  Gründen,  die  ich  zu  schätzen  weiß, 
nicht  rätlich  sein  sollte. 


TOD  R.  Ullrich.  241 

sondern  was  es  gibt,  wie  bei  allen  Leistungen,  die  jahrzehntelanger 
Zerspiittening,  Zerfahrenheit  und  dem  Mangel  jeder  Art  zum 
ersten  Male  wirklichen  Reicbturo,  Einheit  und  Konsequenz  der 
Methode  gegenüberstellen  ^). 

Der  Röckblick  auf  die  hiermit  erledigte  Periode  der  Ent- 
wicklung des  Programmwesens,  mit  deren  Abschluß  wir  uns  der 
Gegenwart  immer  mehr  nähern,  zeigt  im  ganzen  ein  überaus  er- 
freuliches Bild,  neben  etlichen  unfruchtbaren  Versuchen  sehr  viel 
Dützliche  Kleinarbeit,  bestimmt,  den  Ausbau  des  Ganzen  zu  fördern, 
und  dazu  keine  geringe  Zahl  tüchtiger,  gediegener,  tief  eindringender, 
z.  T.  grundlegender  Arbeilen,  deren  Wirkung  bis  in  die  Gegen- 
wart geht,  ja  z.  T.  über  diese  hinausreicht.  Und  doch  ist  mit  der 
».  100  der  4.  Abteilung  der  Bibliographie  (o.  S.  125),  der  letzten, 
die  in  diese  Periode  gehört,  erst  wenig  mehr  als  die  Hälfte  des 
Ganzen  erschöpft.  Wenn  gleichwohl  (o.  S.  183)  der  gewaltige  Rest 
ia  einem  Abschnitt,  dem  letzten  der  „Diskussion'*,  zusammen- 
gefaßt werden  kann,  so  liegt  dies  in  inneren  Gründen,  die  alsbald 
^tlich  werden  sollen. 

d)    Vom   Beginn   der  neunziger  Jahre   bis   zur 

Gegenwart. 

(VgL  Biblu^ap/ue  Jbt.  S,  Nr.  23-24,  30—32,  34—36,  3S-39,  42; 

j4ht.  4,  Np.  101— 14S). 

Wer  die  überreiche  Literatur  über  das  Programmwesen  in 
deo  letzten  anderthalb  Jahrzehnten  überschaut,  könnte  bange 
Verden  bei  dem  Versuch,  sich  selbst  durch  die  Menge  von  Meinungen 
luid  Vorschlagen  hindurchzuarbeiten  und  in  dem  fortwährenden 
Auf  und  Ab  von  Lob  und  Tadel,  von  Billigung  und  Mißbilligung 
einen  Weg  zu  fiuden,  der  ihn  vorwärts  führt  und  zu  einem  klaren 
Urteil  auch  nur  über  die  wesentlichsten  Punkte  befähigt.  Noch 
Khwieriger  erscheint  die  Sache,  wenn  es  sich  darum  handelt,  die 
Fülle  von  Anschauungen,  die  sich  oft  diametral  gegenüberstehen» 
imter  Ausscheidung  alles  Unwesentlichen  so  weit  zu  bemeislern» 
daß  diejenigen,    die  nicht  allen  Einzelheiten  zu  folgen   vermögen» 


>)  WeoB  die  scklesische  Direktoren-VtrBamnilQDg  vom  Jahre 
1S97  der  K In Bmaa Dflchen  Bibliographie  Dor  das  Prädikat  „genägeiid*^ 
erteilte  {BüfHogr.  Abt.  4,  Nr.  113,  S.  239),  hatte  sie  schwerlich  die  richtige 
Verstellojig  voo  ihrer  BedeotaDg.  Die  laodlSofige,  fast  harmloa  zu  oenoeDde 
Meiaaeg  too  der  Leiehtigkeit  der  Abfassaag  solcher  Arbeiteo,  für  die  ein 
Gelehrter  eigeatlich  so  schade  sei,  scheint  auch  hier  wieder  zur  Geltong  ztt 
kejBfflea;  vgl.  dazu  noch  diese  ZeiUchr.  LXI  (19U7)  S.  35f.  Der  Referent 
<af  der  hannoverschen  Direktoren-Versammlnng  vom  Jahre  1Ö98 
ervahate  bei  seinem  Vorschlage,  die  Zentralstelle  (s.  o.  8.  16S)  möchte  alle 
10  Jahre  eiaeo  gedrackteo  Katalog  der  Abhandlungen  heraii:{gebeu,  Kloß- 
üjaB  Dicht  eional  (i»t6/%r.  Abi.  4,  Nr.  120,  S.  263)! 

Zcilacbr.  H  d.  OjiBB<»»l«««cn.    LXJL    2.9.  16 


242  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  höh.  ScholoDy 

doch  ungefähr  eine  Vorstellung  davon  erhalten,  wie  der  Stand 
der  Dinge  nun  eigentlich  ist.  Doch  gemach!  Umfang  und 
Wert  des  Geleisteten  stehen,  wie  so  häufig  in  der 
überreichen  literarischen  Produktion  ühcr  „aktuelle'^ 
Fragen,  heinahe  in  umgekehrtem  Verhältnis.  Mit  dem 
Anfang  der  neunziger  Jahre  treten  wir  bekanntlich  auf  dem  Ge- 
biete des  höheren  Schulwesens  in  die  Periode  der  „Reformea*' 
«in;  es  konnte  nicht  fehlen,  daß  auch  die  Prograromeinrichtnng, 
an  der  schon  frohere  Generationen  auf  verschiedene  Weise  zu 
bessern  gesucht  hatten,  davon  aufs  neue  ergriffen  wurde;  an  ihr 
wurde,  wie  ein  kundiger  Mann  es  treffend  ausdrückte  {Päd, 
WoiMl  II  [1892/93]  S.  106),  die  „allgemein  wahrzunehmende  ge- 
schichtliche Tatsache^'  erprobt,  „daß  in  Zeiten  der  Gärung  sich 
4er  £ifer  der  Neuerer  auch  gegen  solche  Einrichtungen  wendet, 
die  dem  neuen  Geiste  und  seiner  Bahn  nicht  hinderlich  sind,  die, 
mögen  sie  auch  im  einzelnen  der  Besserung  fähig  oder  bedürftig 
sein,  doch  auch  in  neuen  Verhältnissen  ihren  Platz  beibehalten 
und  wie  froher  Gutes  wirken  können''.  Der  neue  Geist  war  in 
•diesem  Falle  das  erstarkte  Slandesbewußtsein  der  Lehrer  an* 
•höheren  Schulen,  von  denen  nicht  wenige  meinten,  sich  gegen 
eine  Einrichtung  wehren  zu  müssen,  die  sie  als  eine  un- 
berechtigte, drückende,  nicht  mehr  zeitgemäße  „Zumutung'^ 
empfanden.  Unter  dem  Zeichen  dieses  Geistes  steht  recht 
eigentlich  diese  letzte  Periode  der  Entwicklung  des  Programm- 
Wesens;  es  ist  auch  auf  diesem  Sondergebiete  eine  rechte  Periode 
des  Kampfes.  Aber  während  z.  B.  der  Streit  um  die  wissen- 
schaftlichen Abhandlungen,  der  ja  nicht  neu  war,  sich  in  den 
früheren  Jahrzehnten  (s.  o.  Abschnitt  a — c)  im  ganzen  in  den 
Bahnen  ruhiger  Sachlichkeit  bewegt  hatte,  nahm  er  jetzt  in  Nord- 
deutschland und  besonders  in  Preußen  einen  mehr  agitatorischen 
•Charakter  an;  auch  der  Ton  wurde  ein  anderer.  Es  klingt,  wenn 
ich  nicht  irre,  in  den  Äußerungen  gerade  der  ersten  Hälfte  der 
neunziger  Jahre  noch  etwas  von  der  Erbitterung  über  das  Hilfslehrer- 
elend,  das  gerade  in  dieser  Zeit  seinen  Höhepunkt  erreichte,  und 
der  allgemeinen,  mit  Recht  sehr  lebendig  gewordenen  Miß- 
stimmung des  Standes  über  wiederholte  Zurücksetzung  nach. 
Solche  Stimmungen  sind  aber  Untersuchungen,  die  vor  allem 
ruhige  Sachlichkeit,  in  unserm  Falle  auch  ein  gut  Teil  geschicht- 
lichen Verständnisses  erfordern,  niemals  förderlich  und  können 
das  redliche  Bestreben,  einer  guten  Sache  zu  dienen,  leicht  in 
das  Gegenteil  verkehren.  Besonders  bezeichnend  ist,  was  die 
Programmabhandlungen  angeht,  in  diesem  Zusammenhange 
der  mehrmals  wiederkehrende,  wenngleich  früher  (s.  o.  S.  196) 
schon  gelegentlich  zurückgewiesene  Hinweis  auf  andere  Stände, 
auch  der  Umstand,  daß  Idas  Verhältnis  von  Lohn  und  Leistung 
(Honorierung  der  Abhandlung,  ja  Ersatz  der  dafür  etwa  auige-- 
wendeten  literarischen  Hilfsmittel,    Erleichterung  des  Prograroma— 


TOD  R.  UllrielL  243 

tarius    im   Unterricht)    eine  Rolle    zu   spielen    beginnt,    was    der 
älteren,  far  ihre  Wissenschaft  begeisterten  Lehrergeneration  trotz 
wirklich    bedrängter   äußerer  Lage   weniger    diringlich  erschienen 
war.     Abgesehen  davon  tritt  in  nicht  wenigen  ÄuBerungen  gerade 
dieses  Zeitraumes  ein  Mangel  an  Kenntnis  rein  tatsächlicher  Ver- 
hSltnisse,  die  doch  aas  dem  Studium   der  einschlägigen  Literatur 
unschwer  zu  erlangen  war,  und  ein  Maß  der  Ignorierung  der  auf 
dem  Gebiete  vorher  geleisteten  Geistesarbeit  zutage,  daß  man  sich  des 
llDmutes  oft  nur  schwer  erwehren  kann.    Das  Gesagte  gilt  in  erster 
Linie  von  mehreren,  noch  dazu  vielfach  ohne  Namensnennung^) 
Terdffentlichten      Aufsätzen      des      Pädagogitcken      WochtnhlattB^ 
einer  Zeitung,   die   sich  im  übrigen  um  die  Hebung  des  Standes 
anerkannte  Verdienste  erworben  hat;  man  muß  die  Langmut  der 
Redakteare  bewundern,  die  wieder  und  wieder  Artikeln  Aufnahme 
gewährten,    die  (von    einigen    röhmlichen  Ausnahmen  abgesehen) ' 
nicht  nur  keine  guten  neuen  Gedanken  hervorbrachten  —  die  za 
finden    bei  eindringenderem  Studium    der  Literatur  und  der  tat- 
sachlichen Yerhähnisse  gar  nicht  einmal  schwer  gewesen  wäre  — 
sondern  einen  offenbaren  Rückschritt  bedeuteten.     Wer  auf  einem 
so  viel    und    vor    allem   von  so  vielen  bedeutenden  Männern  be- 
bandeilen    Gebiete    urteile    fällen    und    Vorschläge    machen    will, 
die  der  Beachtung  wert  sein  sollen,  muß  seine  Berechtigung  dazu 
wenigstens  durch  gründliche  Sachkenntnis  nachweisen,  besonders 
wenn    er    in    einem    weit    verbreiteten  Blatte    das  Wort  ergreift. 
IHe  Macht  des  gedruckten  Wortes   und  seine  suggestive  Wirkung 
aaf    Unkundige   ist    immer   noch    sehr     groß;     wenn    gewisse 
Dinge«   sie  mögen  noch  so  unbegründet  sein,  von  Zeit  zu  Zeit  in 
ähnlicher    Tonart   immer    wieder    vorkommen,    pflegen    sie    ihre 
anbeilvolle  Wirkung  selten  zu  verfehlen.     Und  man  kann  es  z.  B. 
onter    diesen   Umständen    einem    den    Schulverhältnissen    ferner 
stehenden   Beurteiler  wie  A.  Hortzschansky  am  Ende  gar  nicht 
so  sehr  verdenken,  wenn  er  äußern  konnte  (Nr.  147,  S.  168),  es 
,,berrsche    über    den    durchschnittlich    geringen    Wert    der    Pro- 
frammabhandlungen    nahezu    consensus  omnium'*.     Dahin  gehört 
weiter«  wenn  wiederum  von  nicht  eigentlich  fachmännischer,  aber 
sehr  einflußreicher  Seite,  nämlich  von  Angehörigen  der  sächsischen 
Staatsregierung')  oder  von  Mitgliedern  der  bayerischen  Kammer*), 
die  wissenschaftliche    Tätigkeit    der    Lehrer   an    höheren  Schulen 
(insbesondere  Sachsens  und  Bayerns)  in  einer  Weise  kritisiert 
wurde,    die  gewiß    von    dem    Ressortminister  selbst  in  schärfster- 


^)  Wsao  wird  dies«  Uotitte  endlich  aofhöreo,  weDigsteos  In  solchen 
Blittero,  iit  Bieh  soMchlieBUch  oder  io  der  Hauptsaehe  an  eioeo  wisseo- 
tehafUieh  rebildeteo  Leserkreis  wenden  ? 

9)  \^l    Alfa  DO]  (Nr.  119),  S.  379;   [o.  N.]  Päd,  fFochbl  XI  (1901/2) 

&  199. 

tj  £F.  Stemplinff^i*  a.  a.  0.  (Nr.  148)  S.  8  f. 

16* 


244  Programmweseo  oDd  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

AVeise  gerügt  worden  wäre,  wenn  sie  sich  gegen  einen 
anderen  Stand  gerichtet  hätte.  Hier  erntete  —  zu  Unrecht  — 
der  ganze  Stand  als  solcher  die  Fruchte,  die  einzelne  seiner  Mit- 
glieder, indem  sie  sich  als  berufene  Vertreter  fühlten,  gesäet 
hatten  ^). 

Noch  mehr  Verwirrung  stiftete  der  1896  entstandene  Artikel 
(wiederum  eines  Anonymus)  in  den  Grenzboten  (Nr.  108),  der 
sich  bis  zum  Jahre  1906  bei  den  meisten  Autoren,  die  noch 
über  die  Sache  geschrieben  haben,  mit  Anerkennung  zitiert 
findet.  Denn  anstatt  die  Ausführungen  des  ungenannten  (sächsi- 
schen) Verfassers')  einer  eingehenden  Prüfung  auf  ihre  Richtig- 
keit zu  unterwerfen  (wozu  schon  der  Umstand  hätte  auffordern 
sollen,  daß  sie  fast  durchweg  ohne  Quellenangabe  erfolgten), 
haben  die  Lobredner  mit  wenigen  bescheidenen  Ausnahmen') 
sie  so  gut  wie  unbesehen  hingenommen.  Tatsächlich  ent- 
halten sie  aber,  von  einigen  richtigen,  aber  meist  nicht  einmal 
neuen  Bemerkungen  abgesehen,  so  viel  Verkehrtes  und  direkt 
Unrichtiges  —  was  übrigens  gar  nicht  besonders  schwer  zu  er- 
kennen war  —  daß  das  „Aufsehen'',  das  dieser  Aufsatz  erregte 
(so  noch  Stemplinger  a.  a.  0.  S.  6)  durchaus  nicht  gerecht- 
fertigt war.  Es  traf  einmal  wieder  die  alte  Erfahrung  zu,  daß 
die  lautesten  Rufer  im  Streit  die  Mehrheit  für  sich  haben,  be- 
sonders wenn  sie  Wasser  auf  deren  Mühle  schütten.  Dazu  kam 
der  Umstand,  daß  unser  Anonymus  in  einem  Blatte  auf  den  Plan 
trat,  dessen  alles  Ansehen  Zuverlässigkeit  der  Angaben  zu  ver- 
bürgen schien.  Auf  die  verschiedenen  Punkte  werde  ich  unten 
zu  sprechen  kommen.  Jedenfalls  wurde  dem  Verfasser  auch  da- 
durch zu  viel  Ehre  erwiesen,  daß  die  preußische  Regierung 
(durch  Erlaß  vom  31.  Dezbr.  1896  und  26.  Juli  1897)  die 
„Programmfrage^'  unmittelbar  nach  1896  auf  die  Tagesordnung 
von  zwei  Direktorenversammiungen  setzte,  der  11.  in 
Schlesien  (1897;  Nr.  113)  und  der  8.  in  Hannover  (1898;. 
Nr.  120),  obgleich  sie  erst  in  dem  Jahrzehnt  vorher  auf  einer 
gleichen  Versammlung  so  ausführlich  behandelt  worden  war 
(s.  0.  S.  234),  daß  wirklich  neue  Gesichtspunkte  in  wichtigen 
Dingen  kaum  zu  erwarten  waren.  Immerhin  hatte  dies  Vorgehen  das 
Gute,  daß  (hesonders  auf  der  Versammlung  von  1897)  einer 
größeren  Anzahl  ausgezeichneter  Männer  Gelegenheit  gegeben 
wurde,  auf  Grund  vielseitiger  Erfahrung  ein  Urteil  abzugeben,  zu 


^)  Vielleicht  war  es  überhaupt  nicht  zweckmäßig,  io  eioem  Blatte,  das 
■aturgemäß  nur  fiir  gaoz  kurze  Artikel  Raum  bietet,  Frageu  von  grood- 
sätziicher  Bedeutung  zu  erörtern,  die  eine  ganz  besondere  Beherrschung  dea 
Stoffes  erfordern;  es  wäre  richtiger  gewesen,  sich  durchweg  auf  die 
Behandlung  einzelner  Punkte  zu  beschräuken.  Aufsätze,  die  diesen  Weg 
eingeschlagen  haben  (s.  u.),  sind  weit  förderlicher  gewesen. 

3)  Vgl.  S.  125  Anm.  2. 

3)  Vgl.  S.  252  Anm.  3  und  4. 


voB  R.  Ullrich.  24S 

dem  sie  sonst  vielleicht  keine  Veranlassung  gefunden  hätten,  und 
daß  wenigstens  ein  neuer,  freilich  in.  E.  bei  Beurteilung  der 
Sache  im  ganzen  nicht  sehr  wesentlicher  Gesichtspunkt  erörtert 
warde^  den  der  Grenzbötenartikel  angeregt  hatte,  nämlich  der 
des  Aotor rechts  an  den  Abhandlungen.  Die  Debatte  gewann 
dadurch  ein  besonderes  Interesse,  daß  auch  ein  Jurist  in  sie  ein- 
griff, nämlich  der  damalige  Direktor  des  schlesischen  Proyinzial- 
^chulkoliegiums  Dr.  Mager  Qetzt  in  Berlin). 

Auch  sonst  entschädigen  in  dieser  wohl  äußerlich,  aber  nicht 
«achlich  recht  fruchtbaren  Periode  der  Entwicklung  des  Programm- 
wesens wenigstens  einige  auf  gründlicher  Kenntnis  der  einschlägigen 
Bestimmungen  und  der  geschichtlichen  Entwicklung  wie  richtiger 
AalTassuDg  der  Stellung  und  der  Aufgaben  des  Lehrerstandes  be- 
rohende,    wirklich   fördernde  Aufsätze   för    die  trostlose  Öde  der 
▼ielen   schnell   hingeworfenen  Artikel,    die    oben    im    allgemeinen 
charakterisiert  worden  sind.     So  suchte  vor  allem  Morsch,  von 
lioher  und  idealer  Auffassung  geleitet  (Nr.  132  u.  139),  die  wissen- 
«iaftlichen  Aufgaben    des    höheren  Lebrerstandes  in  der  Gegen- 
v«t  auch  in  bezug  auf  die  Abfassung  von  Programmabhandlungen 
klar   zu    bestimmen,    Rethwisch    zeichnete  (Nr.  138)   in  einem 
sehr   lesenswerten,   aber   anscheinend    leider    wenig   bekannt  ge- 
wordenen Aufsätze  mit   kurzen,  kräftigen  Strichen^)  Entwicklung 
flod   Stand    der  Sache,   der   beste  Freund    des    höheren  Lehrer- 
Uandes,  seiner  wissenschaftlichen  wie  seiner  Standesbestrebungen, 
Friedr.  Paulsen,    legte    för  die  Beibehaltung  der  Abhandlungen 
sein    gewichtiges  Wort   in    die  Wagschale    (Nr.  126),   Kill  mann 
gab    (nach  Wiese    und    Erler,    s.  o.  S.  208  und  S.  215)  wieder 
«inen     Oberblick')    über    die    gesamten   Verhältnisse    (Nr.   122), 


■)  Schade  ist,  daB  sich  s^^ade  aoch  hier  kein  einziges  Zitat,  keine 
je  Qoellenansabe  findet,  die  Wißbegierige  tiefer  in  die  Sache  einfdhrte. 
$«Iche,  voo  denen  die  geistige  Arbeit,  als  deren  Ergebnis  He th wische 
Aafsatx  erscheint,  selbst  ebenfalls  schon  geleistet  ist,  können  sn  der  ge- 
schickten Zasammenfassnng  ihre  Freude  haben.  Den  andern  aber  entgeht 
4aa  BesU. 

*)  Ich  vermisse  darin  nnr  etwas  vollständigere  Liters  tu  ran  gaben, 
Wsoaders  aas  neuerer  Zeit,  natSrlich  in  angemessener  Aaswahl,  die  für 
4ea  Sachkenner  aaf  einem  Sondergebiete  ja  sehr  leicbt  zu  geben  ist.  So 
werden  zwar  (S.  484  o.)  n.  a.  die  meisten  der  wichtigen  Aufsätze  der  sechziger 
Jahre  (s.  o.  S.  196  IT.)  mit  Recht  angeführt,  aber  weder  die  Berliner  Ver- 
handiungeii  (Nr.  80;  s.  o.  S.  224  IT.),  noch  der  wichtige  Aufsatz  voa 
Seh  w^aJbe  (Nr.  88;  s.  o.  S.  229—234),  noch  die  Denkschrift  C.  Fr.  Mtillera 
(^r.  98'  3.  o.  S.  236  IT.),  noch  endlich  die  Arbeiten  FÖrstemanns  (Nr.  65 
n,86'  8.  o,  S.  207  a.2l8),  wie  denn  überhaupt  die  hier  gerade  wesentliche  Seite 
der  Smebe'    ammlich    die   Ordnung   und    Nutzbarmachung   der    Programm- 

MMmanlaar    fü    ^^^    Sc hulbibliothck cn ,    ganz  und  gsr  zu  kurz  kommt. 

l       vt/'fmiiM    großer  historiieh-statütischer  DarsteUmig  (s.  o.  S.  89  Anm.  2) 
'L'      den    fiteraturangsben   (a.a.O.)   zwar   der   dritte   (1874er- 

winf   lA       ««Oll     angefahrt  —  übrigens   ohne  Bezeichnung   der  Bandzahl  — 

tehieüeoe)    ^      rtfotixen  zur  Sache   enthält  (s.  o.  S.  168  Anm.  6),   nidit   aber 

der  Baf  ***'»*^ 


■ 


246   ProgramiDweseii  nod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

Stemplinger  endlich  erwarb  sich  ein  Verdienst  durch  übersicht- 
liche Darstellung  einer  Einzelfrage  (Verpflichtung  zum  Schreiben 
von  Abhandlungen)  mit  besonderer  Rucksiebt  auf  bayerische 
Verhältnisse  (Nr.  148),  wenn  er  auch  im  übrigen  (s.  u.)  niclit 
selten  in  die  Irre  ging.  Endlich  gedenke  ich  noch  der  kleinen, 
anregenden  Schrift  von  Heinr.  Müller^)  (Nr.  127),  der  zwar  in 
der  kategorischen  Ablehnung  nicht  bloß  der  Abhandlungen,  sondern 
auch  der  Jahresberichte  m.  E.  weit  über  das  Ziel  hinausging,  aber 
im  einzelnen  manchen  wertvollen  Beitrag  zur  Sache  lieferte.  In 
bezug  auf  die  Jahresberichte  sind  seine  Ausführungen  übrigens 
schon  von  Pietzker  (Nr.  135)  auf  das  richtige  Maß  zurück- 
geführt worden^).  Auch  in  mehreren  kleineren  Beiträgen,  unter 
denen  ich  schon  hier  besonders  den  von  Eberh.  Nestle  erwähnen 
möchte  (Nr.  131),  findet  sich  manche  richtige,  die  Sache  wirklich 
fördernde  Bemerkung. 

Ich  gehe  nun  zur  Darstellung  im  einzelnen  über.  Wenn  ich 
mich  in  diesem  vierten  Abschnitt  trotz  der  gewaltigen  Fülle  der 
Literatur  verhältnismäßig  kürzer  fassen  kann  als  in  den  früheren, 
äußerlich  weit  weniger  fruchtbaren,  so  liegt  das  an  zwei  Um- 
ständen. Einmal  sind  infolge  der  oben  (S.  243 f.)  skizzierten  Art 
des  Arbeitens  neue  Gesichtspunkte  nicht  allzu  häutig ;  viele  Autoren 
wiederholen  oft  einfach,  was  schon  vor  ihnen  gesagt  ist,  ohne 
sich  darum  im  mindesten  zu  kümmern.  Dann  aber  sind  andrer- 
seits auch  die  wohlbegründeten  Meinungen  und  die  wirklich  förder- 
lichen Vorschläge  sachkundiger  Autoren  (wie  z.  B.  der  eben  ge- 
nannten), weil  sie  erst  etliche  Jahre  zurückliegen,  mit  dem  gegen- 
wärtigen  Stande  der  Dinge  noch  so  unmittelbar  verknüpft,  ge- 
wissermaßen noch  „aktuell'*  —  wie  man  gern  sagt  ^.^  daß  es 
meist  zweckmäßiger  sein  wird,  in  der  knappen  Darlegung  des 
Standes  der  Gegenwart  und  der  daraus  sich  für  die  Zukunft  der 
Sache  m.  E.  ergebenden  Aufgaben,  wie  sie  in  den  folgenden  drei 
Abschnitten  (il  2  u.  3  und  UI)  gegeben  werden  soll,  auf  sie  ein- 
zugehen, soweit  es  erforderlich  ist,   hier  aber  nur  das  Wichtigste 


der  viel  wichtigere  zweite  von  1869,  dessen  grondlegendie  Bedeotoog  ia 
der  vorliegenden  Abhandlung  so  oft  hervorgehoben  wordeo  ist.  Aoch  auf 
die  Ssterreichisehen  Verhältnisse  (nebst  der  Literator  über  sie) 
hatte  etwas  näher  eingegangen  werden  sollen.  Hoffentlich  holt  dar  Ver- 
fasser in  der  zweiten  Auflage  (s.  o.  S.  126  f.  zo  ^r.  122)  das  Fehlende  nach. 

1)  Der  Inhalt  wird  skizziert  von  R.  R.,  Päd.  fTochbi  XI  (1901/02) 
S.  122  f.  (Nr.  129),  aosfiihrlicli  angegeben  von  A.  Frank,  Z.  f,  (L  öst, 
Gymn,  L11I  (1902)  S.  816 ff.;  vgl.  o.  S.  127  Aom.  2. 

*)  Warum  nennt  dieser  übrigens  Möller,  aof  den  seine  AasführongeD 
deutlich  hinweisen,  nicht  mit  Namen?  Der  Kenner  sieht  ja  unschwer,  wer 
gemeint  ist,  aber  für  ihn  allein  werden  tüchtige  Abhandlungen,  die  doch 
niclit  bloß  für  den  Augenblick  bestimmt  sein  sollen,  nicht  geschriebeo  (s.  o. 
S.  83).  Für  den  Nichtkenner  aber  läfit  dies  ~  heute  in  ahnlichen  Fällen 
leider  sehr  beliebte  —  Verfahren  leicht  Unklarheit  zurück  und  achiiefii 
Mißverständnisse  nicht  aus. 


TOD  R.  UllriclL  247 

ZU   bcrohren.     Es   können  dadurch  die  folgenden  AnsfOhrungen 
zugleich  wesentlich  entlastet  werden. 

u)  Di«  AbhaDdloof eo. 

In    den    früheren  Perioden   waren    bei   denen,   die  auf  eine 
andere   Gestaltung   des  Progranimwesens«   insbesondere   der  Ab- 
handlungen,  hinarbeiteten,   mehr  Reformen    im    einzelnen    in 
Frage    gekommen,    die  Einschränkung   der  Verpflichtung  zur  Ab- 
fassung,   der  Inhalt,   die  Regelung  des  Tauschverkehrs,   die  Form 
der    Herausgabe,    die   bibliographische   Nutzbarmachung  u.  a.  m.; 
bis    zu  Vorschlägen    Tölliger  Abschaffung  der  Beilagen  waren  nur 
wenige  gegangen  (Beschmann,  Ameia  (S.  187),  Kliz  (S.  196); 
Tgl.  aach    die  Praxis    einiger   Städte,  S.  213,  22.4ir.),   ohne 
aber    bei    Behörden    oder   Standesgenossen    nachhaltigere   Unter- 
stützung zu  finden.    Das  wurde  seit  den  neunziger  Jahren  anders. 
In  Verbindung  mit  der  Standesbewegung,  besonders  auch  im  Hin» 
blick  auf  andere  Berufsarten    mit   akademischer  Vorbildung,   ging 
vielen  der  Zusammenhang   mit  der  geschichtlichen,   insbesondere 
4er   wissenschaftlichen   Entwicklung   des  eigenen  Standes 
eäigermaßen    yerloren,    die   doch    ohne  Frage    gerade  durch  die 
Doricbtung    der  Programmabhandlungen    die    nachhaltigsten  An- 
regungen   empfangen    hatte.     Wie    man    in  Rang  und  Gehalt  — 
ind  dies  mit  vollem  Recht  —  nach  Gleichstellung  mit  den  Berufs- 
arten gleichartiger  Vorbildung  strebte,    so  wollte   man  andrerseit 
auch  eine  Verpflichtung,  ?on  Amts  wegen  literarisch  tätig  zu  sein, 
nicht  oiehr  anerkennen,  eben  weil  sie  jenen  fehlte  —  mochte  sie 
Don  eine  yorgeschriebene  oder  eine  moralische  sein.    Man  empfand 
einen  Druck,  man  wollte  frei  sein,  wie  die  andern  es  waren.    So 
lind    denn  nahezu   alle,    die  seit  1890  zu  der  Frage  in  diesem 
Sinne   grundsätzlich  Stellung    genommen    haben,    nicht    etwa  auf 
eine  zeitgemäße  Umgestaltung  einer  alten  Einrichtung  bedacht  ge- 
wesen —  ein  Weg,  der  historisch,  wissenschaftlich  und  praktisch 
zu    allen  Zeiten    immer  das  beste  Recht  und  die  meiste  Aussicht 
auf  Erfolg    haben    wird  —  sondern    in    der  Regel  zu  ihrer  Ver- 
urteilung   schlechthin    gekommen:    die  meisten  der  Autoren  (mit 
und  ohne  Namen)  aus  dem  RidagogiBcken  WoekmblatO)  (Nrr.  114, 
115,  124,  129),   Heinr.  Möller  (Mr.  127),    Pietzker  (Nr.  135), 
im  wesentlichen  auch  der  Anonymus  der  Grenzbotm  (Nr.  108) 
und    andere,    die    nur    gelegentlich    das    Wort    ergriffen    haben 
iNr.  116.  119). 

Was  nun  die  Revision  im  einzelnen  betrifft,  so  kann  ich  mich 
in  der  Hauptsache  auf  die  Charakteristik  des  Aufsatzes  in  den  Grmz" 
boien  ?on  1896  beschränken,  der  zwar  —  abgesehen  von  einigen 


/ 


')  Doeh  vgl.  aodrerieita  aoeh  Nr.  125,  128,  1S4,  137,  141,  besoodert 
aber  äie  beiden  «aehlicheo  Artikel  vo»  k... .  (Mr.  103),  die  leider  voa  dea 
Gegaera  in  Päd.  ff^ochenbl.  kaan  beachtet  worden  siad. 


248   Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schuloo, 

kleineren  Beiträgen  zar  Sache  (Nr.  101 — 107)  —  ungeßbr  am 
Anfang  dieser  Periode  stehl,  aber  gerade  durch  seine  Aufstellungen 
und  Vorschläge  die  Diskussion  der  letzten  zehn  Jahre  am  meisten 
beeinfluBt  hat,  wenn  auch  nicht  in  erfreulicher  Weise.  Man  kann 
diesen  Aufsatz  geradezu  als  typisch  für  die  Art  der  Behandlung 
bezeichnen,  die  in  bestimmter  Richtung  dem  Gegenstande  in  dieser 
letzten  Periode  zuteil  geworden  ist.  Die  andern  Stimmen,  die 
teils  für,  teils  gegen  die  Sache  laut  geworden  sind,  sollen  in 
Teil  II  2  an  entsprechender  Stelle  zu  Worte  kommen. 

Unser  Autor  läßt  sich  etwa  so  vernehmen^):  Regelmäßig  wie  das 
Hochwasser  der  deutschen  Ströme  erscheint  zu  Ostern  jedes 
Jahres  die  Hochflut  der  Programme,  nur  mit  dem  Unter- 
schiede, daß  sie  nicht  entfernt  denselben  Segen  stiftet 
(S.  113).  [st  diese  Massenproduktion  nicht  ein  Notstand?  Früher 
lieferte  der  Direktor  jährlich  eine  wissenschaftliche  Abhandlung, 
um  sich  und  seine  Schule  beim  Publikum  zu  empfehlen;  durch 
Job.  Schulze  wurde  dann  1824  [d.  h.  in  Preußen]  die  noch 
jetzt  [1896]  geltende  Bestimmung  erlassen,  die  auch  die 
Lehrer  [soll  heißen:  zunächst  die  Oberlehrer  a.St.]  dazu  verpflichtete. 
Dieser  wissenschaftliche  Befähigungsnachweis  war  nötig  zu  einer 
Zeit,  wo  man  noch  keine  philologische  und  mathe- 
matische Staatsprüfung  kannte  (S.  114);  heule  bedarf  es 
dessen  nicht  mehr.  Der  „junge  Mann,  der  sich  sein  Ober- 
lehrerzeugnis ehrenvoll  erworben  hat,  braucht  zu- 
nächst seine  Liebe  zur  Wissenschaft  nicht  darzutun. 
Er  hat  sie  ja  eben  erst  bewiesen  und  bringt  sie  von 
der  Universität  mit'*  (S.  115).  Er  hat  sich  nun  zunächst  in 
seinen  Unterricht  einzuarbeiten;  nach  etwa  fünf  Jahren  aber  ent- 
steht bei  den  tüchtigeren  Naturen  wieder  das  Bedürfnis, 
sich  in  das  Reich  des  Geistes  zu  erheben;  doch  braucht  nicht 
jeder  die  Ergebnisse  seiner  Studien  niederzuschreiben.  Wer  es 
aber  tun  will,  dem  steht  zu  diesem  Zwecke  jetzt  eine  unab- 
sehbare Reihe  wissenschaftlicher  Zeitschriften  zu  Ge- 
bote (S.  116).  Nur  wer  die  Programmliteratur  nicht 
kennt,  wird  behaupten  können,  daß  diese  auf  den 
wissenschaftlichen  Sinn  der  Oberlehrer  einen  be- 
stimmenden Einfluß  gehabt  habe,  und  daß  man  sie 
deshalb  nicht  entbehren  könne.  Zwar  gibt  es  tüchtige 
Arbeiten  darunter,  aber  das  wird  nicht  so  bleiben  können;  denn 
manche  Gebiete,  z.  B.  die  klassische  Philologie,  erschöpfen  sieb 
allmählich.  Der  Mangel  der  Lehrerbibliotheken  an 
größeren  wissenschaftlichen  Werken  nötigt  die  Verfasser 
von  Programmen,  sich  auf  bestimmte  Gebiete  zu  beschränken 
(S.  117).     Es  kommt  dabei  nicht  oft  Förderndes  heraus. 


^)  Die  Stelleo,    «of  die    es   vorzagsweise   ankommt,   siod    bier    durch 
Sperrdruck  hervorgehoben. 


voB  R.  Ullrich.  249 

Anders  z.  B.  bei  orts-  und  schulgeschichtlichen  Unter- 
suchungen und  solchen  zur  deutschen  Literatur  und  auf  anderen 
Gebieten  (S.  118);  aber  auch  hier  bleibt  das  Ergebnis  hinter 
der  Möhe  und  den  Kosten  zurück;  gute  Arbeiten  ver- 
dienten an  anderer  Stelle  zugänglicher  gemacht  zu 
werden,  und  Unberufene  sollte  man  nicht  zur  Schrift- 
stellerei  nötigen.  Alijährlich  erscheinen  [1896!]  in 
Deutschland  mindestens  1500  Programmabhandlungenl 
Abschaifen  soll  man  die  Sitte  nicht  —  hier  macht  der  Verfasser 
den  «.gelehrten  Schulen*^  eine  Verbeugung  —  aber  einschränken; 
1865  (s.  o.  Nr.  66)  hat  man  sich  mit  der  Sache  befaBt,  dann 
1872  (o.  S.  169).  Seitdem  ruht  die  Frage.  Es  ist  nichts 
geschehen.  Die  Programmliteratur  schwillt  an,  ist  schwer  zu 
erlangen,  wird  leicht  übersehen  und  ist  sehr  teuer.  Der 
jährliche  Aufwand  beträgt  300000.^.  Die  Kosten  müssen 
vermindert  werden  (S.  119),  die  Ersparnisse  den  Schuibiblio- 
iheken  zugute  kommen. 

In  Sachsen  werden  jeder  höheren  Lehranstalt  für 
Bibliotbekszwecke   bis   zu    1000  «^^  jährlich  bewilligt, 
vDTon  aber  auch  Zeitschriften  (100 — 150  •>^),  Fortsetzungen 
größerer  Werk e  und  Prämienbucher  (200 — 250  JC)^  die  Binde- 
iosten,    das    Programm  und    alle  Gelegenheitsschriften 
(2(K)— 250  Jl)   bezahlt    werden    müssen,   so   daß    für  Neuan- 
schaffungen  nur    die   ungenügende    Summe    von    kaum 
300  JC  übrig    bleibt.     Viele  Bibliotheken  haben   kein  Geld,  sich 
wichtige    Werke    (Verfasser    nennt   Rankes    Weligesduehie!) 
zu  kaufen,    und  z.  B.   archäologische  Tafelwerke  neuerer 
Zeit  können  nur  „sonderbare  Schwärmer*'  in  Lehrerbibliotheken 
erwarten  (S.  120)!     Bei  einer  Abstimmung  würde  sich  die  über- 
wältigende Mehrheit   der  Lehrer    für    eine    starke  Änderung 
ia  bezug  anf  das  Programmschreiben  aussprechen.     Besonders  für 
kleine  Anstalten    ist    es  eine  Härte,    die  Rechtlosigkeit 
der  Autoren  an  ihrer  geistigen  Arbeit  kommt  noch  dazu.     So 
»ollten    denn    die   Abhandlungen  nur  alle    fünf  Jahre  er- 
scheinen.   Die  Schulnachrichten  können  gekürzt  werden, 
z.  B.  in  bezug  auf  den  jährlichen  Wiederabdruck  des  Lebrplanes; 
die     Abhandlungen    müssen     bei     einer   Zentralstelle, 
etwa    bei    einem    Provinzialschulkollegium    oder   auch 
einer  tüchtigen  Buchhandlung,    eingeliefert   und  dann 
zu    größeren    Ganzen    verbunden    werden.      Eltern    und 
Nichtfachleute     erhalten     nur    die     (jährlichen)    Schulnachrichten 
iS.  121),  Sonderabzüge  der  Abhandlungen  werden  nur  zu  wissen- 
schaftlichen   Zwecken    ausgegeben.      Das    Autorrecht  muß  ge- 
wahrt  bleiben;    besonders  tüchtige  Autoren    haben  sich  oft  nicht 
entscbiießen    können,    ihre    guten    neuen    Gedanken     in    einem 
Programm    zu  „vergraben'*,    t,weil  sie   sich  in  jeder  Hinsicht  ge- 
bunden fühlten/' 


250  ProgrammwasoD  uod  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehnlany 

So  unser  Verfasser.  Einiges  von  dem  hier  AngefBhrten  ist 
zweifellos  richtig,  wenn  auch  nicht  neu,  so  s.  B.  was  er  über 
lokal-  und  schulgeschichtliche  Stoffe  (vgl  o.  S.  139,  186,  214  u.  ö.)» 
über  die  Härte  gegen  kleine  Anstalten,  die  Weglassung  des  Lehr- 
planes in  den  Jahresberichten  sagt  (o.  S.  155  u.  ö.)«  und  die  Be- 
tonung des  Autorrechts  (s.  o.  S.  245),  auf  die  ich  noch  mit 
einem  Worte  zurückkommen  werde,  hat  sogar  den  Reiz  der  Neu- 
heit für  sich.  Was  er  aber  sonst  ausführt,  ist  unklar,  wieder- 
holt längst  widerlegte  Dinge  und  zeigt  vor  allem  eine  Un- 
kenntnis der  tatsächlichen  Verhältnisse  ebenso  wie  selbst  der 
wichtigsten  Literatur  über  die  Sache,  die  bei  jemandem,  der  sich 
(S.  117)  dem  Leser  als  „Kenner''  vorstellt,  ganz  erstaunlich  ist. 
Von  der  verunglückten  Vergleichung  mit  der  „segenstiftenden*^ 
Hochflut  deutscher  Ströme  will  ich  nicht  weiter  reden,  auch  nicht 
so  sehr  betonen,  daß  es  wenigstens  in  Preußen,  von  dessen 
Verhältnissen  der  Verfasser  auf^geht,  schon  seit  1810,  oder,  wenn 
er  das  aus  naheliegenden  Gründen  nicht  gelten  lassen  wollte, 
doch  seit  1831  eine  Staatsprüfung  für  das  höhere  Lehramt  gibt  ^)^ 
so  daß  also  der  Zusammenhang,  in  den  er  Staatsprüfung  uod 
spätere  wissenschaftliche  Tätigkeit  der  Lehrer  der  Gegenwart  im 
Hinblick  auf  s.  E.  andere  Verhältnisse  der  Vergangenheit  stellt» 
mindestens  nicht  voll  zutrifft,  selbst  wenn  man  glaubte  nachweisen 
zu  können,  daß  die  Anforderungen  in  der  Prüfung  damals  — 
mutatis  mutandis  —  sehr  viel  geringere  gewesen  wären  als  heute. 
Was  das  „ehrenvoll  erworbene  Oberlehrerzeugnis''  unserer  Tage 
angehl,  so  werden  zwar  vielleicht  auch  nicht  alle  dem  Verfasser 
folgen,  und  über  das,  was  ein  Oberlehrer  im  Amte  literarisch 
noch  leisten  kann  oder  nicht,  sind  die  Meinungen  wohl  geteilt 
(vgl.  Teil  11  2).  Das  alles  mag  indessen  noch  hingehen.  Unglaub- 
lich geradezu  ist  aber  die  Behauptung,  die  Programmliteratur  habe 
keinen  Einfluß  auf  den  wissenschaftlichen  Sinn  des  höheren 
Lehrerstandes  gehabt;  das  Gegenteil  ist  richtig.  Schon  ein  Blick 
in  die  beiden  ersten  1896  vorliegenden  Bände  Klußmanus  (die 
einzige  Programmbibliographie,  die  er  erwähnt)  hätte  ihm  zeigen 
können,  was  hier  geleistet  worden  ist  und  welche  Anregungen 
von  dieser  Literatur  ausgegangen  sind  —  gerade  in  Sachsen^ 
dem  klassischen  Lande  der  gelehrten  Schulen,  das  besonders  auf 
philologischem  Gebiete  ausgezeichnete  Arbeiten  der  Schüler  von 
G.  Hermann,  F.  Ritschl,  G.  Curtius  und  0.  Ribbeck  auf- 
zuweisen bat  —  auch  auf  dem  von  unserm  Anonymus  gerade  be- 
mängelten archäologischen  Gebiete;  ich  erinnere  nur  an 
H.  Steuding  und  W.  H.  Röscher.  Der  Weg  von  irgend  einer 
sächsischen  Gymnasialstadt  nach  der  Landesuniversität  ist  ja  auch 
wohl    nicht    allzuweit,    und  es    werden,    wie    in    Preußen  (vgL 


0  Vgl.  Neigebaur  «.  «.  0.  S.  243  If.,  Könne  II  S.  26  fl.,  s.  a.  Varrea- 

trapp  a.  a.  0.  S.  S93  IT. 


Yoo  R.  Ullrich.  251 

o.  S.  148  Anm.  1),  auch  Bücher  versendet.  Die  philologischen 
sächsischen  Kollegen,  die  der  Wissenschaft  dienten  und  dienen, 
werden  schwerlich  sehr  erfreut  über  die  Einschätzung  ihrer  Arbeit 
durch  den  Verfasser  gewesen  sein.  Auch  die  Schilderung,  die  er 
Ton  den  sächsischen  Schulbibliotheken  gibt,  ist  ganz  un- 
zutreffend. Die  der  VoUanstalten,  um  die  es  sich  hier  ja  in 
erster  Linie  handelt,  sind  gut,  einige  sehr  gut;  sie  gehören  zu 
den  besten  in  Deutschland.  Wer  sich  über  sie  aus  der  Dar* 
Stellung  des  Verfassers  belehren  lassen  wollte,  müßte  ihren  Zu- 
stand für  überaus  kläglich  halten;  schon  ein  Blick  in  die  Zu- 
wachsverzeichnisse  der  Jahresberichte  sächsischer  Gymnasien  aus 
der  ersten  Hälfte  der  neunziger  Jahre  zeigt  aber  jedem,  den  es 
interessiert,  aufs  deutlichste  —  und  hätte  es  auch  unserm  Kritikus 
zeigen  können  — ,  daß  hier  nicht  Armut  ^),  sondern  Reichtum 
bt,  ein  Reichtum  an  Zeitschriften,  Lieferungs- ')  und  anderen 
Werken  (auch  an  den  vom  Verfasser  vermißten  archäologischen 
Tafelwerken),  wie  er  freilich  durch  die  S.  1 20  (s.  o.  8.  249)  auf- 
fefahrten  Mittel  nicht  beschafTt  werden  konnte.  Daß  die  Pro- 
gramme  aus  dem  daselbst  bezeichneten  Etat  bestritten  werden, 
ist  richtig,  unrichtig  aber  sind  die  genannten  Summen.  Sie 
waren  schon  1896  erheblich  größer,  heule  müssen  sie  z.  T.  das 
Doppelte  oder  Dreifache  betragen;  man  rechne  nur  einmal  die 
Aufgaben  für  Bibliothekszwecke  selbst  einer  mittelgroßen  Anstalt 
aus  einem  neueren  sächsischen  Jahresbericht  nach^).  Und  sind 
denn  Zeitschriften  und  Lieferungswerke  —  der  Verfasser  betont 
ihnen  gegenüber  gerade  abgeschlossene  Bücher  —  nicht  auch 
wichtige  Bestandteile  der  Bibliotheken?  Ich  denke,  gerade  für 
Lehrerbibliotheken  sind  es  sogar  die  allernotwendigsten,  des 
hohen  Preises  wegen  und  weil  sie  von  größeren  Bibliotheken  ent- 
weder gar  nicht  oder  nur  auf  ganz  kurze  Zeit  aus  dem  Hause 
g^eben  werden.  Wissenschaftliche  Handbücher,  deren  Preis 
außerdem  eher  zu  erschwingen  ist,  kann  und  muß  dagegen  jeder 
Oberlehrer  in  gewisser  Anzahl  selbst  besitzen.  Mit  größerem 
Rechte  hätte  der  Verfasser  auf  Württemberg  verweisen 
können;  hier  sind  in  der  Tat  die  Mittel  für  Bibliothekszwecke  bei 


0  Koapp  «.  a.    O.  (Nr.  118)  S.  71  (doch  vgl.  über  ibo  S.  254  Ann.  1) 
bitte  daher  dt»  Verfassers  Klageo    in  dieser  Beziehuag  nicht  so  rohig  bin- 
«ehmeB  sollen. — Wean  aosereo  Lehre rbibliothekeo  etwas  fehlt,  so  sind 
,  das  im  ailgeBeioen  viel  weniger  aosrcicheode  Mittel  oad  Bestände,  als  viel- 

\  nehr  die  Möglichkeit   leichter  Benutzong   an  Ort  uo  d  St  eile 

(Prisenzsfatem),    nm  von  anderen  Dingen  hier  za  schweigen;  vgl.  die 
eben  S.  85  Aom.  1  erwähnte  Schrift  nebst  Anm.  2. 

*)  Mäherea    auch  darüber    wird    das    o.  S.  86  Anm.    1,   Z.  8  ff.  ange- 
kuodigte  Bach  bringen. 

^)  Für  die  heotigen  Verhältnisse  kann  man  sich  für  eine  ganze 
Reih0  aäeikaiseher  Schalen  ans  dem  oben  (S.  93,  Anm.  1  Z.  4  ff.  v.  u.)  ge- 
BiBOt^B   Werke  ooch  leichter  Belehrung  versehaffeo. 


252   Profframmwesen  ond  Programmbibliothek  d.  höh.  ScholeD» 

den  meisteD  höheren  Schulen  gering^),  und  die  Verquickung  der 
Programm  kosten  mit  der  ,,Rektoratska8se'\  aus  der  auch  noch 
Bibliothek,  Lehrmittel  u.  a.  m.  befriedigt  werden  sollen,  wird 
dort  selbst  als  sehr  störend  empfunden*).  Aber  hiervon  weiß 
unser  Reformer  ebensowenig  —  was  noch  verzeihlich  wäre  — 
wie  er  die  tatsächliche  Entwicklung  des  Programmwesens  richtig 
Obersieht.  So  z.  B.  wenn  er  meint,  die  preußische  Bestimmung 
von  1824  über  die  Verpflichtung  zum  Schreiben  von  Abhand- 
lungen ge  te  noch  heute  [1896],  während  sie  doch  gerade  in  bezug 
auf  diesen  Punkt  1875  (er  nennt  dies  Jahr  gar  nicht)')  erheb- 
liche Einschränkung  erfahren  hat  und  so  nach  und  nach  aucli 
eine  Verminderung  der  Zahl  der  Abhandlungen  —  trotz  der 
vermehrten  Zahl  der  Schulen  —  eingetreten  ist.  Es  ist  nun 
geradezu  ungeheuerlich,  wenn  er  die  Zahl  der  jährlichen  Pro- 
grammabhandlungen in  Deutschland  auf  1500  angibt*).  Kannte 
denn  unser  „Kenner**  weder  das  Berliner  Verzeichnis  {BibUogr» 
Abt.  3t  Nr.  15),  noch  wenigstens  das  Teubnersche  (Nr.  13  b)? 
Mindestens  das  letztere,  das  als  Anhang  zum  Statistischen  Jahr- 
buch des  Leipziger  Verlegers  doch  gerade  in  Sachsen  heimisch 
ist,  war  ihm  doch  wohl  zugänglich,  und  er  hätte  daraus ')  ersehen 
können,  daß  seine  Zahl  ungefähr  um  das  Dreifache  zu  hoch  ist. 
Demgemäß  reduzieren  sich  natürlich  auch  seine  300  000  JC  Kosten 
in  gleichem  Verhältnis.  Den  Teubn ersehen  Programmen- 
tausch nennt  er  Oberhaupt  nicht  und  stellt  die  Entwicklung 
geradezu  auf  den  Kopf,  wenn  er  den  Provinzialschul- 
kollegien  eine  Arbeit  übertragen  wissen  will,  welche  diese  ja 
gerade  wegen  allerlei  Unzuträglichkeiten  abgegeben  hatten 
(o.  S.  167  f.),  und  „eine  tüchtige  Buchhandlung*'  als  „Zentralstelle*^ 
vorschlug,  während  es  doch  beides  anno  1896  seit  20  Jahren 
gab!     Wäre  er  aber,  so  wenig  glaublich  es  nach  dem  ganzen  Zu- 


')  Vgl.  daza  neoerdiofrs  die  Statistik  voo  H.  Cramar  im  Neuen 
KorretpUL  f.  d.  höh.  Seh,  WürU.  XIII  (1906)  i\  361—370,  die  Dor  ia 
tabellariiicher  Form  hätte  veröffentlicht  werdeo  iolleo.  Es  wäre  zu 
wÜDscheD,  dafi  auch  die  Scholblätter  der  aodereo  süddeotscheo  Staaten, 
z.B.  Badeos,  Hesseus  aod  besooders  Bayerns,  Obersiehten  im  eiozelaen 
wie  im  fransen  über  diese  Verhältnisse  brächten,  von  denen  wir  bis  jetzt 
noch  wenig  bissen,  während  wir  über,  die  entsprechenden  Bedingungen  in 
Norddentschland  and  besonders  in  Österreich  weit  besser  orientiert 
sind. 

*)  Vgl.  oben  S.  107  Anm.  3  u.  S.  165  (bei  Knapp  a.a.O.  besonders 
S.  70),  sowie  den  Aufsatz  von  Nägele  (Nr.  110). 

')  Dies  hat  schon  Kiiimano  a.  a.  0.  (Nr.  122)  S.  479  bemerkt,  ohne 
indessen  an  den  weiteren  Aufstellongen  des  Verfassers  Kritik  zu  üben. 

^)  Soviel  ich  sehe,  ist  in  der  umfangreichen  Literatur  nach  1896  nur 
an  drei  Stellrn  wenigstens  diese  Angabe  (im  Zusammenhang  mit  der 
Kostenfrage)  aaf  das  richtige  Maß  zurückgeführt  worden;  vgl.  Ferh.  der 
11.  Dir 'Fers.  i.  Schles.  (Nr.  J13)  S.  235,  P.  Knapp  a.a.O.  (Nr.  118) 
S.  71,  Killmann  a.  a.  0  (Nr.   122)  S.  482. 

^)  Oder  auch  aus  der  Programmsammlung  seiner  Schule! 


voo  R.  Ullrich.  253 

sammenhaoge  der  Stelle  ist,   Tielleicht  der  Meinung  gewesen,  der 
Teuboerscbe  Tauschverkehr   habe  sich  nicht  bewährt,  so  wäre  es 
zweckmäßig   gewesen.   Bessern ngsvorschläge  zu  machen.     Daß  er 
die  Zusammenfassung  der  Abhandlungen  zu  Bänden  (s.  o.  S.  215), 
auch  den  üblichen  Hinweis  auf  Zeitschriften  (o.  S.  197  u.  ö.)  als  Ersatz 
für  Programmabbandlungen  und  die  unberechtigte  Klage,  daß  die 
letzteren  nicht  genug  bekannt  wurden  (s.  u.  S.  256),  wieder  vor- 
bringt^), bemerkeich  nur  nebenbei.    Und  daß  ein  fünfjähriger 
Turnus^),    den  er   für    die  Lieferung  von  Abhandlungen')  vor- 
schlägt,   die   ganze    Sache  in    nahezu   völlige    Bedeutungslosigkeit 
versinken    ließe,    mußte  er  am  Ende  selbst  schon  fühlen.     Hätte 
er  die  Literatur   über    den  Gegenstand  einigermaßen  gekannt,  so 
hätte  er  den  Versuch  machen  müssen,  die  Gründe  zu  entkräften, 
die  längst    gegen    diese  alten  Vorschläge  geltend  gemacht  worden 
«iren;    daß    er   sie    nicht   kannte,    ist  wieder  ein  Beweis  mehr 
dafür,    daß    man  nicht  über  wichtige  Dinge  schreiben  soll,  wenn 
nan   sie    selbst    so    wenig    beherrscht,    am    wenigsten    in  einem 
vQtesten  Kreisen    zugänglichen  Blatte.     Wollte    man  das  wissen- 
KbUicbe    Niveau  des   höheren  Lehrerstandes,    insbesondere  die 
CriDdlichkeit  der  Untersuchung,  die  Besonnenheit  des  Urteils  und 
ik  forsicht    der  Schlußfolgerung    —    lauter  Dinge,    die  ja  doch 
vdU  zam  Wesen  ordentlicher  Arbeit  gehören,  gerade  auch  solcher» 
te  sich  an  ein  größeres  Publikum  wendet  —  nach  Arbeiten  wie 
n  diese    und    mehrere    der   oben  (S.  243)    erwähnten  sind,  be- 
irteileo,  man  müßte  mit  Beschämung  gestehen,    daß  es  mit  ihm 
fürk    bt-rgab    gegangen    ist.     Das  Widerspruchsvolle   liegt   darin, 
daB  gerade  die  Verfasser  dieser  Arbeiten,   die   dem  Stande  so 
veoig  zur  Ehre  gereichen,   sich  berufen  fühlten,  die  Höhe  seines 


')  Hierher  gehöreo  auch  die  Vorschläge  von  Maehula  (Sr.  133), 
W.  Varges  (Nr.  143),  P.  E.  Richter  (Nr.  144),  Schnorr  vod 
Cirolsfeld  (Nr.  145;  vgl.  scboo  oben  8.  216),  sowie  die  des  letztgeoannteo 
Aaters  nodifiziereodeo  BeDerkangeii  voo  A.  H  ortxschaosky  (Nr.  146), 
Vgl.  ober  sie  Teil  II 2. 

*)  Koflpp  (a.  a.  O.  S.  72)  folgt  dem  Aoonymos  in  dieser  Hiasicht 
wohl  zu  schoell,  weoogleich  sich  seine  Zostimmaog  iofolge  der  mifilicJiea 
Aofgabeo  der  wiirttem  bergisehen  „Rektoratskasseo**  noch  versteheo 
lifit.  Der  ßbergaog  von  eioem  2)ährigeD  Taroos  (vgl.  o.  S.  137  Aom.  2) 
zn  einem  djahrigeo  wäre  doch  za  novermittelt  gewesen;  jetzt  besteht 
(s.  o.  S.  107  Nr.  LXXXXT)  in  Württemberg  ein  3jähriger. 

^  Es  ist  obrigens,  (vgl.  die  geschichtliche  Skizze  in  Abschnitt  A) 
irrig,  wenn  z.B.  in  dem  von  M[ann]  a.  a.  0.  S.  379  zitierten  sSchsi- 
scben  Kammerberichte  ganz  allgemein  gesagt  wird,  in  „Baden, 
Bayern  und  nenerding«  in  PreuSen  liefern  nach  einem  Turnus  jedes 
Jahr  nur  eine  Anzahl  von  Anstalten  Abhandlnagen*' ;  wo  steht  das  ge- 
arhrieben?  Wir  befinden  uns,  was  zn  beachten  ist,  im  Jahre  1898!  Ebeoso 
ist  es  ongeaan,  wenn  Knapp  (a.  a.  0.  S.  72)  (ebenfalls  zn  1898)  für 
Prenßen  von  einer  ,yamtlich  angeordneten  alljährlichen  Aasgabe 
von  wisseoschaftliehen  Beilagen"  redet,  „die  tatsächlich  vielfach  nicht 
eingehalten  werde". 


254  Prog  rammweseo  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Seholea, 

derzeitigen  wissenschaftlichen  Niveaus  darzulun,  so  daß  er  einen 
besonderen  Antrieb  zu  wissenschaftlicher  Tätigkeit  nicht  mehr 
brauchte. 

Ich  habe,  sehr  gegen  meinen  Willen,  mich  länger  mit  dieser 
für  den  Geist  der  Zeit  typischen  Abhandlung  beschäftigt,  weil 
es  unbedingt  nötig  war,  die  vielen  Verkehrtheiten,  die  sie  enthält, 
und  die  leider  von  denen,  die  später  zur  Sache  sich  geäußert 
haben,  meist ^)  ohne  genauere  Prüfung  hingenommen  und  ver- 
wertet worden  sind,  einmal  so  deutlich  wie  möglich  als  solche 
nachzuweisen.  Man  darf  hier,  wie  wohl  klar  geworden  ist,  nicht 
bloß  von  „Übertreibungen*' *)  reden.  Vielleicht  hat  es  doch  das 
Gute,  daß  spätere  Autoren,  in  deren  Hände  diese  Zeilen  kommen, 
zur  Vorsicht  gemahnt  werden  und  ihr  Urteil  durch  so  ober- 
flächliches Gerede  nicht  weiter  in  solcher  Weise  verwirren  lassen, 
daß  der  Sache  dauernd  geschadet  wird,  die  doch  der  Förderung 
sehr  bedarf.  Pur  das  eigenartige  Urteil,  mit  dem  die  wissen- 
schaftliche Tätigkeit  des  höheren  Lehrerstandes  gerade  in  Sachsen 
von  offizieller  Seite  bedacht  worden  ist  (s.  o.  S.  243),  hat  sich 
dieser  in  erster  Linie  bei  dem  Verfasser  der  eben  skizzierten  Arbeit 
zu  bedanken.  Und  gerade  die  wissenschaftlich  tätigen  und  tüchtigen 
Oberlehrer,  an  denen  doch  Sachsen  von  jeher  besonders  reich 
gewesen  ist,  werden  es  gewiß  am  meisten  bedauern,  daß  ihnen 
infolgedessen  die  Möglichkeit,  sich  auch  von  Amts  wegen  wissen- 
schaftlich zu  betätigen,  durch  die  offizielle  Einführung  des  drei- 
jährigen Turnus  (s.  o.  S.  106  u.  137)  in  ihrem  finanziell  (günstig  ge- 
stellten Lande')  mindestens  erheblich  beschränkt  worden  ist,  so  dafi 
sie  in  dieser  Beziehung  jetzt  gegen  die  staatlichen  Anstalten 
Preußens,  Bayerns  und  Österreichs  zurückstehen. 

Die  übrigen  Beiträge  zur  Sache  sollen  aus  dem  oben  (S.  246) 
angeführten  Grunde  weiter  unten  ihre  Stelle  finden.  Soweit  sie 
die  Ausführungen  des  Artikels  in  den  Grenzboten  von  1896  ohne 
Kritik  hingenommen  haben,  können  sie  übrigens  durch  die  obige 
Revision  als  erledigt  angesehen  werden.  Denn  wenn  die  Voraus- 
setzungen, von  denen  jener  ausging,  zumeist  sich  als  irrig  er- 
wiesen, fallen  damit  auch  die  meisten  Folgerungen  weg,  die  sein 
Verfasser  und  andere  nach  ihm  gezogen  haben. 

Mit  einigen  Worten  ist  aber  auch  hier  schon  der  nicht  wenigen 
Arbeiten  zu  gedenken,  die  wie  in  früheren  Perioden^),  aber  jetzt 
unter  besserer  Benutzung  geeigneter  Hilfsmittel,  mit  sichrerer 
Methode    und  darum  in  weit  erfolgreicherer  Weise    der    biblio- 


^)  Leider  z.  B.  aach  vod  Koapp  (Nr.  118),  desseo  Aufsatz  sonst  sach- 
lich ist  ond  speziell  fdr  war ttember fische  Verhältoisse  mehrere  nätz- 
liehe  Beiträge  liefert. 

>)  So  Leimbaeh  io  den  Ferh.  d,  11.  schies.  Dir.-Fert.  (Nr.  113)  S.  235. 

•)  Vgl.  dazu  M[ann]  a.  a.  0.  (Nr.  119)  S.  380. 

*J  Vgl.  0.  S.  185,  187,  201  f.,  217,  231  f. 


▼  OQ  R.  Ullrich.  255 

graphischen    Natzbarmachung    der    ProgrammabhaDd- 
luDgen')  dienen  wollten.    Nicht  aUein  nahmen  die  schon  früher 
begonnenen,   je    einen    fünfjährigen  Zeitraum   nmfassenden 
R.  Klußmannschen  Bände*),  ferner  die  Jahresverzeichniate  von 
Teubner  nnd  der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin,  sowie  die  des 
österreichischen    Ministeriums,    der   Monatsbericht   von 
Fock^)  stetigen  Fortgang  beinahe  bis  zur  Gegenwart;    man  ging 
vielmehr   auch   daran,   das  Gebiet  für   einzelne    Länder   oder 
bestimmte  Fächer  weiter  auszubauen.    Das  wegen  seiner  eigen- 
artigen Disposition  (s.  o.  S.  188)  in  so  vielseitiger  Weise  verwert- 
bare Verzeichnis  för  Bayern  von  J.  Gutenäcker  (vgl.  o.  S.  188) 
wurde  Ton  E.  R  e  n  n  (s.  o.  S.  148)  bis  zum  Jahre  1902  fortgeführt, 
die  Varnhagensche  Bibliographie  für  ein  umfangreiches  Sonder- 
gebiet Ton  Job.  Martin  bis  1892  ergänzt  (Nr.  42).    Mit  lebhafter 
Freade  sind  auch  die   beiden  Arbeiten    zu    begrüBen,    die    damit 
begannen,    das   bibliographisch    zusammenzufassen,    was   für   die 
Schulgeschichte  ausschliefilich  oder  vorzugsweise  in  Programmen 
wSirend  eines  gewaltigen  Zeitraumes  in  einzelnen  Provinzen  oder 
LäDÖem  geleistet  worden  war,  ich  meine  die  Quellensammlungen 
voD  R.  Schott  für  Württemberg  (Nr.  38)  und  die  von  Deiters 
oad  J.  B.  Meyer  (Nr.  39)    für   die    Rheinprovinz.    Besonders 
rege  war  der  Betrieb  aber  in  Österreich.    Hier  gab  J.  Bittner 
iD  mehreren  Abteilungen  (1890,  1891  und  endlich  1906;  Nr.  30 
•—32)   eine   vollständige  Obersicht  über  die  Programmabhand- 
langen  des  Nachbarlandes  von  1874 — 1905,  die  allen  berechtigten 
Anspröchen    genügt   und  nun  zum  ersten  Male  auch  den  reichs- 
deatschen  Schulmännern  einen  wirklichen  Einblick  in  einen  großen 
Teil  der  geistigen  Arbeit  ihrer  österreichischen  Kollegen  ermöglicht 
Zeitfich  knüpfte  Bittner  natürlich  an  Hü  hl  an  (Nr.  28  u.  29; 
s.  0.  S.  201 ),  aber  seine  Arbeit  ist  in  ihrer  Beschränkung  wert- 
TftHer  als  die  seines  Vorgängers,    der  (übrigens  in  guter  Absicht) 
ffir  einige  Jahre  die  Abhandlungen  Preußens   nnd   Bayerns 
mithinzuDahm,  aber  bei  den  früheren  Vorbedingungen  einer  solchen 
Arbeit  nur  Unvollständiges  geben  konnte  und  außerdem  den  Ober- 
blick über  die  österreichischen  wieder  erschwerte,  auf  den  es 
auch  ihm  doch  in  erster  Linie  ankam.    Auch  in  andern  Punkten, 
die  für  jede  Programmbibliographie  besonders    wichtig   sind,    wie 
Genauigkeit    der   angeführten   Titel,    Anführung    der    Vor- 
namen u.  a.  m.,  bezeichnet  Bittner  einen  wesentlichen  Fortschritt. 
Daß  seine  Arbeit  gegenüber  dem  Teubner  sehen  Verzeichnis  und 
Klußmanns    Werk    sich    dadurch    auszeichnet,    daß   sie   nicht 


1)  Vgl  BaUographie  j4H,  3,  Nr.  14  ff.,  besoDderf  Nr.  23  f.,  30  ff.,  38, 
39,42,  O.S.  lj2— 117. 

'j  Ober  sie  ist  obeo  S.  238—241  eisgoheod  ffehandelt  «ordeo. 

t\  Vf).  aber  sie  schoo  obeo  S.  217,  über  die  Jahretbibliofraphie  des 
aiterreicliischea  Ministeriums  aoflerdem  o.  S.  149. 


256  Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen  , 

nur  eine  beschränkte  Auswahl  der  Abhandlungen  deutsch- öster- 
reichischer Anstalten  (vgl.  o.  S.  169  Anm.  3),  sondern  die  von 
sämtlichen,  auch  den  nicht-deutschen  Mittelschulen  des  viel- 
sprachigen Landes  bietet,  fällt  jenen  beiden  Unternehmungen  nicht 
zur  Last,  die  an  die  Einrichtung  des  Teubnerschen  Programmen- 
tausches, wie  sie  z.  Z.  nun  einmal  ist,  gebunden  sind  (oben 
S.  169  ff.;  S.  239).  Jedenfalls  sind,  was  die  Nutzbar- 
machung der  Landesprogramme  auf  bibliographischem  Wege 
betrifft,  die  österreichischen  Schulmänner  z.  Z.in  der  günstigsten 
Lage  von  allen,  da  sie  nicht  nur  ein  wenige  Monate  (s.  o.  S.  149) 
nach  Ausgabe  der  Programme  selbst  erscheinendes  Jahres-Ver- 
zeichnis,  sondern  auch  eine  Übersicht  Ober  einen  32jährigen  Zeit- 
raum fast  bis  zur  Gegenwart  (1905)  besitzen. 

Diese  ganze,  hier  soeben  charakterisierte  bibliographische 
Arbeit,  die  doch  zweifellos  für  jeden  in  hohem  Grade  wertvoll 
ist,  der  dem  Leben  der  höheren  Schulen  sein  wissenschaftliches 
Interesse  zuwendet,  ist  in  aller  Stille  und  ohne  viel  Worte  ge- 
leistet worden,  recht  im  Gegensatz  zu  dem  lauten  Gebaren  der- 
jenigen, die  sogar  ohne  rechte  Kenntnis  der  Sache  selbst  —  wie 
wir  sahen  —  ihre  Stimme  glaubten  erheben  zu  müssen,  um  eine 
gewiß  der  Reform  bedürftige,  aber  geschichtlich  und  sachlich  noch 
heute  berechtigte  Einrichtung  in  Verruf  zu  bringen.  Fast  möchte 
man  wünschen,  es  wäre  umgekehrt  gewesen,  d.  h.  es  wäre  ia 
den  Schulblättern  der  einzelnen  Staaten  und  Provinzen,  die  ja 
für  Notizen  von  vorübergebender  Bedeutung,  auch  für  solche  Auf- 
sätze, die  das  früher  Geleistete  ignorieren,  nur  zu  oft  Raum  übrig 
haben,  häufiger  und  nachdrücklicher  auf  diese  dauernd  förder- 
lichen Arbeiten  hingewiesen  worden.  Vielleicht  wären  dann  der 
bis  in  die  neueste  Zeit  wieder  und  wieder  bis  zum  GberdruB 
gehörten  Klagen  weniger  gewesen,  die  Programme  „würden  nicht 
bekanntes  „tüchtige  Autoren  hüteten  sich,  ihre  Forschungen  in 
einem  Programm  zu  vergraben'*,  und  wie  es  sonst  noch  heißen 
mochte.  Daß  solche  Klagen  angesichts  dieser  fruchtbaren,  bis  in 
die  neueste  Zeit  sich  erstreckenden  emsigen  und  erfolgreichen, 
der  bibliographischen  Nutzbarmachung  der  Programm- 
abhandlungen gewidmeten  Arbeit  ganz  unberechtigt  sind,  ist 
nun  hoffentlich  klar.  Es  schien  mir  ein  Gebot  der  Gerechtigkeit, 
das  in  einer  vielgelesenen  Schulzeitschrift  endlich  im  Zusammen- 
hange auszuführen,  und  es  wäre  zu  wünschen,  auf  diesem  Gebiete 
ganz  besonders,  daß  jeder,  der  Kritik  üben  will,  erst  genau  zu- 
sehe, ob  nicht  manche  seiner  Desiderate  schon  vorher  ihre  Er- 
füllung in  der  Praxis  gefunden  haben.  Ob  die  Mahnung  helfen 
wird? 

ß)  Die  Jahresberichte. 

Die  Arbeit  an  den  Jahresberichten,  die  in  der  letzten 
Periode   der  Entwicklung   seit  1890    bis   zur  Gegenwart  geleistet 


voo  R.  UUrieh.  257 

worden  ist,  hat  Doch  größere  „aktuelle**  Bedeutung  als  die  den 
Abhandlungen  gewidmete.  Bei  den  letzteren  handelt  es  sich 
um  eine  Sache,  die  oft  kritisiert,  in  ihrer  ganzen  Existenz- 
berechtigung angefochten  und  ja;  wie  oben  gezeigt,  leider  auch 
tatsächlich  von  den  Herrschern  im  Gebiete  der  Finanzen  z.T. 
wesentUch  beschränkt  worden  ist.  Die  Jahresberichte  dagegen 
sind  auch  heute  noch,  von  ganz  verschwindenden  Ausnahmen  ab- 
gesehen '),  überall  eine  fär  jede  höhere  Schule,  gleichviel  oh  sie 
von  Staaten,  Städten  oder  aus  anderen  Mitteln  unterhalten  wird, 
geltende  Einrichtung,  an  deren  Beschränkung  oder  gar  Beseitigung, 
wie  zu  hoffen,  in  absehbarer  Zeit  wohl  nicht  zu  denken  ist. 

Z^^T   hat   auch    an    ihnen  die  Diskussion  früherer  Perioden 
(oben  Abschnitt  a — c)    berechtigte    und    unberechtigte  Kritik    im 
einzelnen  geübt.    Zu  dem  Vorschlage  ihrer  Bei^eiligung  schlechthin 
ist  man  aber  nur  einmal  gekommen  (s.  o.  S.  192),  ohne  daß  ihm 
irgendwo    praktisch  Folge  gegeben  wurde.     Auch  auf  diesem  Ge* 
biete  ist  wieder  die  letzte  Periode  unserer  Entwicklung  viel  weiter 
fffangeo.    Wie  ein  großer  Teil  der  Wortführer  die  Abhandlungen 
ölwrbaupt  in  Acht  und  Bann  tat  (s.  o.  S.  247  ff.),  so  gingen  nicht 
veoige  auch  in  ihrer  Kritik  der  Jahresberichte  so  weit,  ihre  völlige 
Abschaffung   zu  berürworten,    vor  allem  Heinr.  Müller  (Nr.  127), 
ifi  der  Hauptsache  auch  der  zweite  Anonymus  der  Grenzboten  vom 
Jahre  1901  (Nr.  123)   und    andere,    die    im  Grunde   auch    dieser 
Meinung  waren  (es  z.  T.  auch  offen  aussprachen),  dann  aber  sich 
mit  einer  in  der  Form  nicht  immer  erfreulichen  Kritik  begnügten, 
weil  sie  selber  einsehen  mochten,   daß  ihres  Wunsches  Erfüllung 
io  weiter  Ferne  lag.     Nicht  weniges  von  der  Kritik,  die  an  ein- 
zelnen  Teilen    der  Jahresberichte  geiibt  wurde,    war  übrigens 
m.  E.  durchaus  berechtigt,  wenn  auch  die  meisten  Kritiker  dem  nahe- 
liegenden Fehler    nicht   entgingen,    den  für  das  Gebiet  der  heiß- 
amstrittenen  Abhandlungen  schon  Schwalbe  (s.  o.  S.  230),  leider 
fergeblich,  gerügt  hatte,  Mängel  im  einzelnen,  die  wirklich  dringend 
der  Abstellung  bedurften  und  z.  T.  noch  heute  bedürfen,  zu  ver- 
allgemeinern und  so  die  ganze  Einrichtung  auch  bei  unbefangenen 
Benrteilern  zu  schädigen.     Und  wie  bei  der  Kritik  der  Frage  der 
Ab£assung  der  Abhandlungen,  so  war  auch  hier  wieder  die  Standes- 
beweg ung   ein  treibendes    Moment.     Besonders    alle    die  Mit- 
teilungen in  den  Jahresberichten,   die  sich  auf  Personalien  der 
Bero&genossen  bezogen,  wurden  lebhaft  beanstandet.    Das  ist  aus 
den     Verhältnissen     grade     der    neunziger    Jahre     des     vorigen 
Jahrhunderts,    die    von    dem    Schreiber    dieser  Zeilen    seihst   als 
leidendem  Hilfslehrer  miterlebt  worden   sind  und    die   auch    ihm 
keineswegs  in  jeder  Hinsicht  erfreulich  waren,  psychologisch  durch- 
aus begreiflich;    es  hätte  aber  nicht  dazu  fähren  sollen,    die  Be- 


')  Die  wiedernm  in  gaoz  besoodereo  VrrhÜIiDitseo   begründet  sind  — 
vgl.  o.  S.  165. 

Z«stMlir.  f.  d.  07mnMtftIw«M0.    LXL    S.  o.  g.  17 


'.  258  Programmweseo  und  Profframmbibliothek  d.  höh.  Seholeo, 

'  (leutuog  dieser  Berichte,  die  einzeln  manchem  leicht  belanglos 
und  des  Druckes  kaum  wert  erscheinen  mögen,  im  Zusammenbang 
mit    der    gegenwärtigen  Organisation   des  Schulwesens  (und  znar 

:  nicht  des  preußischen  allein)  im  ganzen  zu  verkennen  und  den 
geschichtlichen  Wert  für  die  einzelne  Anstalt  wie  für  größere 
Verbände  so  ganz  aus  den  Augen  zu  verlieren.  Denn  das  sind 
die  beiden  Hauptpunkte,  die  den  meisten  Kritikern  kaum  zum 
Bewußtsein  gekommen  sind,  weil  sie  am  einzelnen  hafteten  und  nicht 
dazu  fortschreiten  konnten,  Qber  den  engen  Kreis  einer  oder 
weniger  Anstalten  und  ihres  Publikums  hinaus  sich  zu  allgemeineren 
Gesichtspunkten  zu  erheben. 

Ich  muß  es  mir  hier  versagen,  auf  die  Fülle  der  Einwände, 
mit  denen  die  Einrichtung  der  Jahresberichte  im  einzelnen  be- 
kämpft worden  ist,  genauer  einzugeben,  behalte  mir  vielmehr  vor, 
in  Teil  II  3  an  geeigneter  Stelle  das  Erforderliche  darüber  zu 
sagen.  Nur  das  sei  gleich  bemerkt,  daß  der  schon  erwähnte 
zweite  Artikel  der  Grenzhoten  (Nr.  123),  der  sich  dort  unter  der 
den  Lesern  dieser  Zeitschrift  bekannten  Rubrik  „Mafsgeblickes  und 
Unmafsgebliches"  befindet,  das  letztere  Prädikat  beinahe  ausschließ- 
lich verdient;  es  gilt  von  ihm  mutatis  mutandis  ungefähr  dasseJbe 
wie  von  dem  oben  (S.  248  IT.)  beurteilten  ersten  Artikel  desselbea 
Blattes ;  was  an  ihm  gut  ist,  ist  nicht  neu,  und  was  neu  ist,  nicht 
gut.  H.  Müller  aber  scheint  mir  in  dem  Abschnitt  seiner  Schrift 
(Nr.  127),  der  von  den  Jahresberichten  handelt  (a.  a.  0.  S.  6 — 16), 
zwar  von  den  sich  mehr  in  negierender  Richtung  bewegenden 
Autoren  unseres  Zeitraumes  schon  wegen  des  Ernstes,  mit  dem 
er  die  Sache  bespricht,  die  meiste  Beachtung  zu  verdienen,  jedoch 
hauptsächlich  deswegen  in  die  Irre  zu  gehen,  weil  er  die  Jahres- 
berichte in  der  Hauptsache  unter  dem  Gesichtspunkte  ihres  Wertes, 
d.  i.  hier  Unwertes  für  die  einzelne  Anstalt  und  ihr  Publikum  be- 
trachtet, ohne  zu  beachten,  was  sie  für  andere  Faktoren  leisten 
können,  geleistet  haben  und  leisten  —  was  selbst  in  der  sonst 
meist  treffenden  Kritik  von  Pietzker  (s.  o.  S.  246)  nicht  deutlich 

•  genug    hervortritt.     Der    mündliche  Verkehr   mit  dem  Publikum, 

■  den  der  Verfasser  an  Stelle  der  Jahresberichte  vor  allem  wünscht, 
und  vollends  der  Weg  schriftlicher  Anfragen  hat  natürliche,  in  den 
Verhältnissen  zahlreicher  Anstalten  liegende  Grenzen,  die  er  nicht 
voll  gewürdigt  hat,  wieder  hauptsächlich  deshalb,  weil  ihm  be> 
stimmte  Bedingungen  vorschwebten,  deren  Verallgemeinerung  nicht 
richtig  ist  Denn  beide  Verfahren,  das  mündliche  wie  das  schrift- 
liche, sind  zwar  notwendig  und  nützUch  und  können  die  ge- 
druckten Jahresberichte  wohl  unterstützen,  aber  niemals  ersetzen. 
Auch  die  „Uniformität*'  der  Schulorganisation,  wegen  deren  er 
die  Jahresberichte  entbehrlich  findet,  war  weder  (man  darf  wohl 
sagen,  glücklicherweise)  vor  den  preußischen  Lehrplänen  von  1901 
vorhanden  noch  ist  sie  es  jetzt,  selbst  wenn  man  bei  den  schwarz- 
weißen Grenzpfählen  Halt  machen  wollte  —  was  in  Fragen    der 


TOD  R.  Ullrich.  259 

Eniehung  und  des  Uaterrichts  wie  der  ganzen  Schuleinrichtung 
überhaupt  im  Ernste  wohl  niemand  fflr  richtig  halten  wird,  der 
auch  hier  das  Gute  nimmt,  wo  er  es  findet,  und  von  den  Nachbarn 
2u  lernen  sucht  ^).  Wer  aber  gewohnt  ist,  bei  der  wissenschaft- 
lichen Behandlung  wichtiger  Scliulfragen  diesen  Standpunkt  ein- 
lunehmen,  der  wird  gerade  bei  der  Einschätzung  der  Jahres- 
berichte dem  Verfasser  schwerlich  folgen.  Man  braucht  ihrer  nur 
einige  Dutzende  aus  verschiedenen  preußischen  Provinzen,  aus 
großen  und  kleinen  Städten,  aus  Internaten  und  offenen  Anstalten, 
aus  vollentwickelten  Schulen  verschiedener  Gattung  und  den  heute 
so  zahlreichen  ,,i.  E/'  in  die  Hand  zu  nehmen  und  mit  Aufmerk- 
samkeit zu  lesen,  um  zu  sehen,  wieviel  hier  und  da  anders  ge- 
handhabt  wird  und  welche  Fülle  von  Anregungen  die  verschiedenen 
Schalen  daraus  schöpfen  können,  schon  rein  praktisch  angesehen, 
ganz  zu  schweigen  von  der  wissenschaftlichen,  speziell  scbul- 
gpschichtlichen  Verwertung.  Vollends  nun,  wenn  man  sich  auch 
in  außerpreußisdie  Berichte  vertieft,  bayerische,  sächsische,  wurttem- 
bergische,  österreichische!  Und  wer  es  wirklich  ans  den  Berichten 
selbst  noch  nicht  wußte,  dem  ist  es  jetzt  durch  die  obige  Über- 
sicht (8.  150 — 166)  in  Verbindung  mit  dem  Gebrauch  der  TabelU 
(hinter  S.  160)  wohl  leichter  gemacht,  eine  Vorstellung  davon  zu 
erhalten.  Man  darf  sagen,  daß  unsere  alten  Kollegen  vor  fünf 
Jahrzehnten*),  die  in  so  viel  engeren  Verhältnissen  innerer  wie 
äußerer  Art  lebten,  soweit  sie  sich  mit  der  Frage  des  Nutzens 
der  Jahresberichte  beschäftigten,  trotzdem  sich  oft  einen  höheren 
Standpunkt  der  Beurteilung  in  der  Würdigung  ihrer  all- 
gemeinen Bedeutung  gewahrt  haben  als  viele  der  jüngsten  Kritiker, 
denen  es  doch  äußerlich  so  viel  leichter  gemacht  ist,  sich  über 
die  Enge  der  Anschauung  zu  erheben;  man  lese  in  diesem  Zu- 
sammenhange noch  einmal  nach,  was  z.  B.  schon  Dietsch  und 
H.  (Nr.  50  und  56)  an  trefflichen  Bemerkungen  zur  Sache  bei- 
getragen haben  (o.  S.  190  f.).  Und  ihre  und  vieler  Späterer  (vgl. 
z.B.  oben  S.  204  f.,  218  ff.)  ausgezeichnete  Aufsätze  standen  in 
▼ielgelesenen  Zeitschriften,  von  denen  gerade  die  Verächter 
4ies  Programmwesens  nicht  müde  wurden  zu  sagen,  hier  kämen 
gute  Arbeiten  zu  allgemeinster  Kenntnis.  V\^ären  sie  es  doch  ge- 
kommen! Auch  diese  letzte  Periode  der  Literatur  über  das  Pro- 
grammwesen zeigt,  wie  dies  leider  schon  von  manchen  Arbeiten 
▼orher  gesagt  werden  mußte,  einen  auffallenden  Mangel  an  Kenntnis 
des  früher  Geleisteten,  am  meisten  gerade  bei  denen,  die  gegen 


^)  Vgl.  io  dieser  Beztehaos  das  Vrognmuk  der  MonaUekriJt  für  höhere 
SehtUen  Bd.  I  (1902)  S.  1  ff.  Aach  das  Bach  vou  H.  Morfch,  Das  höhere 
Lehrami  in  jDeuUchland  und  Ötterrekh,  Ein  Beitrag;  zur  vergleichenden 
Sehu^esehiekU  und  Sehulreformy  Leipzis  und  Berlin  1905,  B.  G.  Teuboer 
(JV,  332  S.,  geb.  9  JC)  kaoD  in  dieser  Hiosicht  viel  Gutes  stiften. 

*}  Vgl.  ancb  die  hessische  Verfiisung  von  1853  (Nr.  LXXIII);  s.  oben 
die  BenerliaaKea  S.  151. 

17^ 


260  Programmwesen  aid  Programmbibliothek  d.  h5h.  SehaUo, 

die  Einrichtung  sich  glaubten  erklären  zu  müssen.  Ein  solcher 
Zustand  kann  aber  am  wenigsten  da  gute  Früchte  zeitigen,  wa 
es  sich  um  die  Erörterung  allgemeiner,  historisch  gewordener  Ein- 
richtungen handelt. 

Glücklicher  waren  in  dieser  letzten  Periode  diejenigen,  die 
sich  auf  Einzel  beitrage  zur  besseren  Gestaltung  der  Jahres- 
berichte beschränkt  haben.  Zwar  gilt  auch  hier  der  Satz,  daß 
die  Kleinarbeit  am  besten  immer  dann  getan  wird,  wenn  sie  mit 
Rücksicht  auf  Entwicklung  und  Stand  des  Ganzen  geschieht,  und 
viele  dieser  kleinen  Beiträge,  die  ich  im  Auge  habe,  geben  außer- 
dem auch  nur  das  wieder,  was  früher  schon  gesagt  war.  Aber 
sie  treten  weniger  anspruchsvoll  auf  und  wirken  darum 
sympathischer;  und  was  gut  ist,  muß  dazu  oft  zehnmal  ausge- 
sprochen werden,  ehe  es  ein  geneigtes  Ohr  und  einen  tätigen 
Willen  findet. 

y)  Die  Programmbibliothek. 

Die  in  Abschnitt  a  und  ß  charakterisierten  grundsätzlichen 
Fragen  haben  in  unserer  letzten  Periode  der  Entwicklung  die 
Gemüter  so  stark  in  Anspruch  genommen,  daß  für  die  Be- 
sprechung rein  praktischer  Dinge  fast  kein  Raum  blieb.  Die 
Arbeit  an  der  zweckmäßigen  Gestaltung  der  Programmbibliothek, 
zu  der  die  früheren  Perioden  (s.  o.  S.  192  f.,  206  IT.,  220  ff.)  manchen 
nützlichen  Beitrag  geliefert  hatten,  ruhte  fast  gänzlich,  wenigstens 
was  die  Einrichtung  dieser  Sammlungen  in  den  Lchrerbibliotheken 
der  höhereu  Schulen  betrifft,  worauf  es  ja  hier  in  erster  Linie 
ankommt.  Es  läßt  sich  nur  sagen,  daß  Wagner  (ISr.  109) 
—  der  übrigens  von  der  Bedeutung  des  Programminstituts  ganz 
durchdrungen  war  und  auch  für  die  Nutzbarmachung  der  Pro- 
grammbibliothek an  sich  durchaus  volles  Verständnis  hatte  —  im 
wesentlichen  nur  die  früheren  ^in  derselben  Zeitschrift  gegebenen!) 
Anschauungen  und  Vorschläge  Fürs  tema  n  ns  (Nr.  86;  s.  o.  S.  221) 
wiederholt,  wie  er  nach  Vollendung  seiner  Arbeit  selbst  sah 
(S.  383).  Praktisch  am  nützlichsten  scheint  mir  unter  seinen 
Ausführungen  —  was  manchem  Unbeteiligten  auf  den  erstea 
Blick  überaus  harmlos  erscheinen  dürfte  —  der  Hinweis  auf  das 
freilich  schon  lange  existierende,  aber  den  Schulbibliolheken  kaum 
bekannt  gewordene  einseitig  bedruckte  Teubnersche 
Jahresverzeichnis  {v^l.  o,  Bibliogr.  Abt,  d,  Nr.  13  b)  zu  sein, 
dessen  reichlichere  Benutzung  manche  Mißstände  der  Prograoim- 
bibliotheken  beseitigt  und  auch  mancher  Mißstimmung  —  be- 
rechtigter wie  unberechtigter  —  über  die  Einrichtung  im  ganzen 
einen  Teil  der  Schärfe  genommen  hätte;  hierüber  vgl.  Teil  IlL 
V  arg  es  (Nr.  143)  endlich  bringt  nur  Dinge  vor,  die  schon  oft 
vor  ihm  die  Fachkreise  beschäftigt  hatten,  aber  auch  fast  ebenso 
oft  als  unzweckmäßig  erkannt  worden  waren,  wie  z.  B.  die  Jahr- 
b  uc  hidee  (s.  o.  S.  215  ff.  u.ö.),  ohne  daß  er  seine  Vorgänger  auch  nur 


voa  iL  Ullrjch.  29t 

nennt;  andrerseits  zeigt  er  in  organisatorischen  Dingen  einen  so 
wenig  praktischen  Blick  und  (in  bexug  auf  die  Beurteilung  einiger 
an  den  Tausch  verkehr  anknüpfenden  Fragen)  eine  —  man  kann 
fast  sagen,  so  harmlose  Vorstellung  von  der  s.  E.  leichten  Be- 
seitigung bestehender  Schwierigkeiten,  daß  hier  gegenüber  dem 
früher  auf  diesem  Gebiete  Geleisteten  ein  Portschritt  nicht  fest* 
sastellen  ist. 


Hiermit  ist  das  Ende  eines  langen,  mühevollen,  oft  dornigen 
^tges   glucklich    erreicht.     Hoffentlich   auch  wenigstens  ein  Teil 
seines  Zweckes.     Die  Fehler,    die  in  der  Diskussion  besonders 
der  letzten  Periode  hervorgetreten  sind,  vor  allem  der  Mangel  an 
Zusammenhang  mit  dem  früher  auf  dem  Gebiete  Geleisteten,  d.  h. 
kier   mit    der  Literatur    des  Gegenstandes,  hat  es  nötig  göihacht, 
«irklich  einmal   in    großen  Zügen    dieser  Entwicklung  selbst 
nachzugehen  (Abschnitt  II  1  B)  und  die  Elemente  herauszuheben, 
4k  für  die  Sache  weiterhin  fruchtbar  werden  können.     Sie  lagen 
Wer,  wie  wir  sahen,  keineswegs  immer  in  der  neusten  Zeit.     Um 
der  künftigen  Behandlung    eine  zuverlässige  Grundlage    zu  geben, 
i»i  darum  auch  der  Versuch  einer  Programm-Bibliographie 
(itechn.  I    1 — 4)    in    bestimmter   Abgrenzung   zum  ersten   Male 
«siernooimen  worden.     Die  Sammlung   und    nach   verschiedenen 
Gesichtspunkten    geordnete    Besprechung    der  amtlichen  Anord- 
fifiDgea,    die    auf   den  Gang   der    Sache    in    den  verschiedenen 
Staaten    nun    einmal   bestimmenden  Einfluß  ausgeübt  haben  und 
auf  die  tatsächlichen  Verhältnisse  noch  ausüben,   sollte  eine  um- 
fa:iseDde  Vorstellung  davon  geben,    auf  wie  verschiedenen  Wegen 
die  Hauptzwecke   einer    nun   schon    mehrere    Generationen    hin- 
durch bestehenden  Schuleinrichtung   angestrebt  und  bis  zu  einer 
gewissen    Vollkommenheit   auch    erreicht    worden    sind    (Abschn. 
II  1  A). 

Eine  Arbeit,  die  es  mit  Erfolg  unternehmen  will,  diese  Ein- 
richtung im  ganzen  zu  behandeln,  muB  -<  sie  mag  kurz  oder 
lan^  sein  —  auf  dem  soliden  Grunde  der  Kenntnis  der  genannten 
Faktoren  ruhen,  wenn  sie  nicht,  wie  in  der  eben  gegebenen 
Übersicht  des  bisher  Geleisteten  oft  hervorgetreten  ist«  in  die 
Irre  gehen  und  die  Einsicht  in  das  ViTesen  der  Sache  ebenso  wie 
die  Orgauisation  in  der  Praxis  hemmen  will,  anstatt  sie  zu 
fordern.  Wenn  ich  nun  daran  gehe,  der  Skizze  der  geschicht- 
lichen Entwicklung  die  systematische  Darstellung  folgen 
zu  lasisen,  so  bekenne  ich  mich  zwar  dankbar  als  Jünger  der- 
jeiiigeo,  die  früher  für  die  Programmeinrichtung  —  die  Ab- 
handlungen wie  die  Jahresberichte  —  eingetreten  sind,  und  stehe 
mit  dem,  was  ich  zu  sagen  habe,  durchaus  auf  den  Schultern 
dieier  Vorgänger,  ohne  deshalb  alles,  was  sie  zugunsten  der  Sache 
gesagt    haben,     fö^     die    vielfach     so    ganz    veränderten    Ver- 


262  Pragrammwesen  nod  Programmbibliothek  d.  hSh.  Sehnlen, 

hältnisse  der  Gegenwart  noch  als  passend  anzunehmen.  Aber 
auch  die  Einwände  der  Gegner,  im  ganzen  wie  im  einzelnen  — 
aber  beides  immer  möglichst  in  Beziehung  zueinander  —  werden 
im  systematischen  Zusammenhange  zu  prüfen  sein,  soweit  dies 
nicht  oben  schon  ausreichend  geschehen  ist.  So  verkehrt  manche 
dieser  Einwände  auch  waren,  sie  haben  hier  wie  auf  anderen  Ge- 
bieten doch  das  Gute,  daB  die  Verteidiger  einer  angegriffenen 
Position  genötigt  werden,  sich  vor  ruhiger  Sicherheit  zu  hüten 
und  vielmehr  darauf  bedacht  zu  sein,  sie  mit  neuen  Mittein  zu  be- 
festigen, die  den  Bedurfnissen  der  Zeit  entsprechen.  Erst  dann 
können  sie  ihres  Standpunktes  mit  gutem  Gewissen  recht  froh 
werden. 

2.  Die  Zweckmäßigkeit  der  Beilagen  zu  den 

Jahresberichten. 

Haben  heute  die  Beilagen  zu  den  Jahresberichten  noch  einen 
Zweck?  Für  ihre  Verfasser,  für  das  Publikum,  das  gelehrte  und 
ungelehrte?  Ist  mit  dem,  was  sie  enthalten,  der  innere  Zu- 
sammenhang mit  den  Jahresberichten  nicht  völlig  gelöst?  Be- 
darf der  höhere  Lehrerstand  von  heute  noch  eines  (gratis  zu 
liefernden)  Ausweises  seiner  wissenschaftlichen  Befähigung? 
Können  diese  Abhandlungen  den  Kreisen,  für  die  sie  bestimmt 
sein  sollen  —  welche  es  auch  immer  seien  — ,  noch  etwas 
bieten,  was  sich  diese  nicht  auf  andere  Weise  ebenso  gut  oder 
besser  verschaffen  können?  Stand  und  steht  ihr  Wert  nicht  in 
umgekehrtem  Verhältnis  zu  der  Höhe  der  aufgewendeten  Kosten» 
die  vielleicht  für  andere  Zwecke  nutzbarer  zu  machen  wären« 
z.  B.  für  die  Schulbibliotheken?  Werden  sie  ausreichend  bekannt? 
Bleiben  sie  nicht  vielmehr  meist*  in  den  Bibliotheken  „vergraben*'» 
denen  sie  eine  unerträgliche  Last  sind?  Berücksichtigt  sie  die 
Wissenschaft?  Können  die  in  ihnen  niedergelegten  Resultate  der 
Arbeit  nicht  in  Zeitschriften  besser  verwertet  werden?  Soll  man 
sie  also  abschaffen  oder  —  im  Falle  der  Beibehaltung  —  riel- 
leicht  eine  andere  Organisation  an  ihre  Stelle  setzen,  ein  „Jahr- 
buch'*, „gesammelte SchulscbritXen'*  oder  etwasÄhnliches?  Steht  der 
Tauschverkehr  noch  auf  der  Höhe? 

Eine  Fülle  von  Fragen,  die  in  den  Verfügungen  der  Be- 
hörden wie  in  der  Diskussion  der  Fachkreise  im  Laufe  der  Jahr- 
zehnte, wie  wir  sahen,  bald  hier,  bald  dort,  einzeln  oder  im  Zu- 
sammenhang, mit  und  ohne  Begründung  gestellt  und  zu  beant- 
worten versucht  worden  sind  und  oft  ein  wahres  Chaos  sich 
widersprechender  Meinungen,  Wünsche  und  organisatorischer  Vor- 
schläge hervorgerufen  haben. 

Um  für  die  richtige  Beurteilung  der  Verhältnisse  der  Gegen- 
wart eine  gewisse  Grundlage  zu  finden,  auf  der  auch  eine  künftige 
Organisation    mit  Erfolg  bestehen  kann,    wird  es  sich  empfehlen» 


voD  R.   Ullrich.  268 

YOD  den  wichtigen  preuBischen  BestiinmuDgen  von  1824 
und  1826  aaszogehen,  die  den  Zweck  der  AbbaodluDgon  für 
ihre  Verfasser,  die  Scbuien  und  ihre  Lehrer  wie  das  Publikum 
in  wissenschaftlicher  und  praktisch- sozialer  Hinsicht  (s.  o.  S.  132) 
delinieren,  weiterhin  zu  untersuchen,  ob  die  ursprünglich  ge- 
dachten Zwecke  —  auch  in  bezug  auf  das  Verhältnis  der  Jahres- 
berichte zu  den  Beilagen  — sich  erfüllt  haben,  ob  die  Abhand- 
lungen heute  noch  einen  Zweck  haben  und  wie  in  diesem 
Falle  insbesondere  ihr  Inhalt  in  Zukunft  ihrer  Bestimmung 
entsprechend  für  Eltern,  Schüler  und  Lehrer  (bezw.  Gelehrte) 
am  zweckmäßigsten  zu  gestalten  ist  (A).  Es  wäre  sodann  zu  er- 
wägen, ob  dieser  Zweck  vielleicht  durch  Zeitschriften  oder 
ein  „Jahrbuch'*  besser  erreicht  werden  kann  (B),  was  auf  die 
Frage  des  Wertes  der  Abhandlungen  näher  einzugeben  nötigen 
«ird  (C).  Im  Zusammenhang  damit  müssen  die  Gründe  untersucht 
werden,  die  das  Abnehmen  der  Zahl  der  Abhandlungen  ver- 
ursacht haben  (D),  und  dem  Kostenpunkte  werden  einige  Worte  zu 
widmen  sein  (E).  Sodann  ist  auf  die  in  der  Diskussion  so  häufig 
eTörterte,  von  allen  Behörden  immer  mit  besonderem  Ernste  be- 
bandelte  Frage  einzugeben,  wie  es  in  Zukunft  nut  der  bisher 
verschieden  geregelten  Verpflichtung  der  Lehrer  zum 
Schreiben  von  Abhandlungen  zu  halten  sein  möchte  (F),  was 
viederum  auf  eine  Erörterung  etwaiger  Honorierung  der  Ver- 
fasser und  des  Autorrechts  führen  muß(G).  Schließlich  wird  aut 
die  Art  der  Nu tzbar machung  der  Abhandlungen  auf  biblio- 
graphischem Wege  wie  durch  den  Tauschverkehr  ein- 
gegangen  werden  (H). 

Was  dabei  die  Ausnutzung  des  Quellenmaterials  be- 
trifft, welches  in^dev  Bibliographie  (o.  S.  88 — 128)  vorliegt,  so  werde 
ich  mich  aus  dem  oben  (S.  246)  bezeichneten  Grunde  in  der 
Hauptsache  auf  die  Literatur  seit  1891  beschränken,  die  ältere 
aber  auch  in  diesem  systematischen  Teile  so  weit  heranziehen, 
als  sie  für  die  Gegenv^art  und  die  künftige  Regelung  der  Ver- 
hältnisse Beachtung  verdient,  wenn  sie  auch  in  der  historischen 
Skizze  (S.  129—181  und  182--262)  schon  charakterisiert  ist.  Daß 
die  Erörterung  nicht  auf  preußische  Verhältnisse  beschränkt  bleiben 
darf,  ist  selbstverständlich,  bedarf  aber  noch  der  Hervorhebung, 
weil  gerade  die  Autoren  der  letzten  beiden  Jahrzehnte  nicht  seilen 
dadurch  zu  einseitiger  Beurteilung  und  vielfach  zu  verfehlten 
Schlüssen  gekommen  sind,  daß  sie  wertvolle  Gesichtspunkte  außer 
acht  gelassen  haben,  die  durch  Entwicklung  und  Stand  der  Sache 
in  anderen  deutschen  Staaten  und  insbesondere  in  Österreich 
nahegelegt  werden. 

A.  Zweck  und  Inhalt  der  Abhandlungen. 

Abbandlungen  und  Jahresberichte  haben  (s.o.S.  132IT.) 


264  Pj^ <>!»'' *"i>i^^^* ^i'  ^''^  Programnbibliotfaek  d.  höh.  Sehnlea, 

io  Preußen  und  den  meisten  anderen  deuUchen  Staaten^)  zu* 
nächst  bei  den  Gymnasien,  später  auch  bei  anderen  Schulen  seit 
Beginn  der  Neuregelung  des  Programmwesens  bis  in  die  siebziger 
Jabre  des  vorigen  Jahrhunderts  fast  regelmäßig  eine  äußere  Ein- 
heit  gebildet  und  bilden  sie  in  Österreich  in  den  meisten  Fällen 
noch  heute.  Dieser  äußeren  Einheit,  die  s[>äter  aus  finanziellen 
und  praktischen  Gründen  (s.  o.  S.  180)  meist  aufgegeben  worden 
ist,  sollte  aber  wenigstens  nach  der  Absiebt  des  preußisclien 
Reorganisators  von  1824  und  1826,  in  dem  man  wohl  Johannes 
Schulze  selbst  zu  suchen  haben  wird,  auch  die  innere  ent- 
sprechen. Denn  wenn  es  1824  einerseits  von  den  Schulnach- 
richten hieß  (vgl.  0.  S.  155),  sie  sollten  „dem  Publikum  die 
Übersicht  des  ganzen  Lehrsystems  jährlich' geben^',  und 
andrerseits  das  Thema  der  Abhandlung,  dessen  Wahl  im 
übrigen  freigestellt  war,  „einen  wissenschaftlichen,  dem 
Berufe  eines  Schulmannes  nicht  fremden  Gegenstand*' 
betreffen,  aber  doch  geeignet  sein  sollte,  „ein  allgemeines 
Interesse,  mindestens  der  gebildeten  Stände,  am  öffent- 
lichen Unterrichte  zu  erwecken''  (vgl.  o.  S.  138),  so  war  die 
enge  Beziehung  zwischen  beiden  Teilen  des  Programms  ja  doch 
deutlich,  wenigstens  für  Lehrer  und  Publikum  der  ersten  Jahr* 
zehnte  nach  den  Freiheitskriegen.  Und  sie  konnte  auch  durch 
die  weitere  Bestimmung  von  1824  {Abs.  III),  die  Abhand- 
lung sei  „abwechselnd  in  lateinischer  und  deutscher 
Sprache*'  abzufassen,  ebensowenig  gestört  werden  wie  1826 
durch  den  Hinweis  auf  die  „Fortsetzung  der  Studien'*  der 
Lehrer  und  die  „Aufmunterung  zum  Lateinischschreiben*', 
zumal  gleichzeitig  wieder  der  „iehendige  Verkehr  zwischen 
der  Schule  und  dem  Publikum  und  den  Schulen  unter- 
einander** betont  wurde').  Der  heutige  Leser  würde  bei  Ab- 
handlungen, die  ein  allgemeines  Interesse^  wenigstens  der  ge- 
bildeten Stände,  am  öffentlichen  Unterrichte  erwecken  sollen, 
wohl  zunächst  an  solche  über  allgemeine  Fragen  der  Erziehung 
und  des  Unterrichts,  auch  etwa  an  Themen  aus  dem  Gebiete  der 
deutschen,  überhaupt  der  neueren  Literatur,  allenfalls  noch  der 
neuen  Geschichte  u.  ä.  denken.  Das  war  aber  in  dem  Menschen- 
alter,  das  jenen  ersten  Verfügungen  folgte,  wesentlich  anders. 
Es  war  die  Zeit,  wo  der  Direktor  und  einige  Lehrer  der  oberen 
lUassen  in  der  Regel  wirkliche  Gelehrte  waren  und  auch  der 
Unterricht    auf    dieser    Stufe,    hauptsächlich    der    in    den    alten 


^)  Über  eiue  Aasnahme  vgl.  o.  S.  180  uod  201. 

>)  Es  ist  daher  nicht  richtig,  weno  Pietzker  a.  a.  0.  (INr.  135)  S.  407 
eioeo  Widerspruch  zwischen  den  beiden  Verrügungen  voo  1824  uod  1826 
darin  aufdecken  zu  können  meint,  daß  die  erste  mehr  den  populären,  die 
zweite  aber  den  wissenschaftlichen  Charakter  der  Abhandlangen  be- 
taut hütte. 


y«B  R.  Ullrich.  265 

Sprachen,  gelehrten  Charakter  halte,  die  Zeit,  wo  nicht  bloß  der 
pbiiologisclie  Lehrer,  für  den  es  von  Amts  wegen  selbstverständlich 
war,  sondern  auch  der  Theologe,  der  Jurist,  der  Arzt  nach  ge- 
taner Berufsarbeit  noch  den  Homer  und  Horaz  gern  zur  Hand 
nahm.  Da  mochten  auch  Abhandlangen,  selbst  lateinisch  ge- 
schriebene, aber  antike  Schriftsteller  oder  Verhältnisse  des 
klassischen  Altertums,  die  aus  der  gelehrten  Arbeit  der. Schule 
hervorgegangen  waren,  wohl  imstande  sein,  das  „Interesse  der 
gebildeten  Stände  am  öffentlichen  Unterricbr*  zu  erwecken,  dem 
diese  selbst  die  Grundlagen  ihrer  Bildung  verdankten.  In  der 
Tat  haben  denn  auch  die  preußischen  Programme  der  älteren 
Zeit  bis  in  die  fünfziger  Jahre  hinein  Themata  aus  dem  weiten 
Gebiete  der  klassischen  Altertumswissenschaft  gegenüber  denen 
wi  anderen  Disziplinen  bevorzugt,  freilich  nicht  ganz  in  dem 
laße,  wie  man  bisher  gewöhnlich  angenommen  hat. 

Dm    die  weitere  Entwicklung    der  Dinge    bis  zur  Gegenwart 

richtig   zu  verstehen    und  eine   künftige  Gestaltung  in  organische 

^erbioduDg    mit   der  Vergangenheit    zu    setzen«    wird  es  nutzlich 

sda,  in    großen  Zögen    dazulegen,    in    welchem    Verhältnis 

eivadie  einzelnen  Wissensgebiete  in  den  Programm- 

>t>faaDdlungen  vertreten  waren.     Für  die  ersten  Jahrzehnte 

^hrt    ein  Blick    in  die  —  für  damalige  Ansprüche  —  besten 

^«gramm- Verzeichnisse    von    Winiewski  (Nr.  3),  Hahn  [i.   u. 

(1  (Nr.  7u.  8)    und    Gutenäcker    [I.]  (Nr.  19)    darüber  lehr- 

fetchen  Aufschluß,  der  um  so  beachtenswerter  ist,  als  die  zeitlich 

aB«ioander    anknöpfenden     drei    preußischen    Verzeichnisse    zu* 

Nomen  wie  das  bayerische  für  sich  allein  ungefähr  den  gleichen 

Zetlraum  von  36  bezw.  37  Jahren   umfassen  (1825—1860;  1824 

—1860),  so  daß  ein  unmittelbarer  Vergleich  zwischen  dem  Inhalt 

^  Abhandlungen  von  zwei  deutschen  Staaten  während  derselben 

Periode    oaöglich    ist.     Danach    kommen  nun  von  den  99  Seiten 

hä  Winiewski  und  den  50+62  Seiten  bei  Hahn  (I.  u.  iL),  im 

pQzen    21t    Seiten,    in    Preußen    a)  auf  klassische  Philologie 

(einschl.    Altertümer,     alle    Geschichte«     Mythologie,    Epigraphik, 

Grammatik  u.  s.  f.)  ungefähr    40+20-f-23=83  Seiten,  also  nicht 

iDfbr  als    etwa  Vs  des   Ganzen,    dagegen    b)  auf  Pädagogik    und 

Methodik     (allgemeine    und    für    einzelne    Fächer)     doch     schon 

31+13+13=57  Seiten,  also  über  V«,   unter  denen   7+4+3== 

14  Seiten    für    Scbulgeschichte    immerhin    bemerkenswert    sind; 

c)   Mathematik     und    Naturwissenschaften     füllen     dagegen     nur 

12  +  7  +  9  =  28  Seiten,  d.  i.  wenig  mehr  als  \U,  der  Kesl  von 

ca.  43  Seiten    (V«)    verteilt    sich    auf    die    übrigen    Fächer.     In 

Bayern    entfallen    dagegen    von    den    23  Seiten    des    knappen 

>T>teoiatiscljeo    Teils    bei  Gutenäcker  [I.]  (C,  S.  141  — 163)  auf 

die   eatsprecfaeoden    Abschnitte    (a— c)    7+4  +  3    Seilen,    auf 

Theologisches  kommt  hier  verhältnismäßig  mehr,  zwei  Seiten,  während 

auclt  die  übrigen   Fächer  im  Verhältnis  stärker  vertreten  sind  als 


266  ProgranuBweaoD  ODd  Progrannibibliothek  d.  hSh.  Schales, 

in  Preußen.  Natürlich  Bind  das  alles  nur  Näherungswerte;  aber 
sie  lassen  das  Wesentliche  doch  im  ganzen  richtig  erkennen. 
Was  nun  insbesondere  die  Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der 
klassischen  Philologie  betrifft,  so  kann  man  für  Bayern  und  für 
den  Zeitraum  von  1824 — 1860  nur  die  Tatsache  feststellen,  daß 
sie  nur  etwa  7$  des  Ganzen  einnehmen,  ohne  weitere,  z.  B.  eine 
Beziehung  zu  irgend  welchem  Publikum  betreffende  Bemerkungen 
daran  zu  knöpfen;  denn  eingehendere  Bestimmungen  amtlicher 
Art,  die  diesen  Punkt  beträfen,  liegen  wenigstens  gedruckt  für 
diesen  Staat  aus  älterer  Zeit  nicht  vor  (doch  vgl.  o.  S.  140),  sa 
daß  man  vorläufig  nicht  weiß,  ob  die  bayerische  Verwaltung  s.  Z. 
über  die  Aufgabe  der  Abhandlungen  ähnlich  geurteilt  hat  wie  die 
preußische  oder  anders,  und  inwieweit  das  obige  Ergebnis  ein  ge- 
wolltes oder  natürliches  ist  Wenn  andrerseits  in  Preußen  die 
klassische  Philologie  in  einem  Zeitraum  von  36  Jahren  nur  mit 
^5  an  der  Gesamtproduktion  beteiligt  war,  so  lag  unter  Beachtung 
der  Adresse,  an  welche  die  Verfügungen  von  1824  und  1826 
(s.  0.)  die  Abbandlungen  gerichtet  wiesen  wollten,  wenigstens  für 
diese  ganze  Zeit  kaum  ein  Grund  vor,  etwa  von  einer  Störung 
des  Zusammenhanges  zwischen  dem  Jahresbericht,  der  dem 
Publikum  hechenschaft  über  das  llnterrichtssystem  gab,  und  der 
Abhandlung  zu  reden,  die  in  Anknüpfung  an  den  gelehrten 
Unterricht  wenigstens  die  gebildeten  Stände  für  diesen  zu 
interessieren  versuchte.  Bemerkenswert  ist  auch,  daß  sich  die 
beiden  Perioden  von  1842—1850  und  1851—1860  (Hahn  I  u.  II) 
in  bezug  auf  das  Verhältnis  der  Produktion  in  den  einzelnen 
Wissensgebieten  zueinander  von  dem  entsprechenden  des  Zeit- 
raumes von  1825 — 1840  nicht  sehr  erbeblich  unterscheiden,  be- 
sonders was  die  klassische  Philologie  betrifft;  für  1842—1850  ist 
das  Verhältnis  sogar  genau  das  gleiche  wie  für  1825 — 1841, 
nämlich  V5«  wogegen  diese  Wissenschaft  in  dem  späteren  Zeit- 
raum sogar  auf  fast  Vs  zurückgeht.  Dabei  ist  noch  zu  beachten, 
daß  sich  die  ganze  Berechnung  nur  auf  Gymnasien  und  Pro- 
gymnasien, also  vorzugsweise  die  klassischen  Sprachen  pflegende 
Schulen  bezieht.  Die  Realschulen  bleiben  ganz  außer  Betracht. 
Für  Österreich  läßt  sich  vorderhand  nicht  einmal  für  einen 
Teil  des  gleichen  Zeitraumes  (als  Anfang  käme  ja  hier  überhaupt 
erst  1850  in  Betracht)  ermitteln,  in  welchem  Verhältnis  die  Be- 
stimmung des  Organtsationsentwurfs  (s.  0.  S.  141),  der  Jahres- 
bericht solle  eine  „wissenschaftliche  oder  pädagogische  Abhand- 
lung" enthalten,  in  der  Praxis  durchgeführt  worden  ist  Denn 
das  mit  1850  beginnende  Verzeichnis  von  Gutscher  (Nr.  26 
und  27)  reicht  gleich  bis  1867,  umfaßt  auch  Ungarn,  ist 
aber  nicht  vollständig,  das  von  1850—1873  reichende  Hüb  Ische 
(Nr.  28 — 29)  aber  wiederum  hat  mit  der  —  außerdem  ver- 
schieden gehandhabten  —  teilweisen  Einbeziehung  Preußens  und 
Bayerns  fremde   Elemente  aufgenommen,  die  den  Sonderüberblick 


TOB  R.  Ullrieh.  267 

z.  Z.  fast  unmöglich  machen.  Dies  bliebe  abo  eine  später  zu 
lösende  Aufgabe,  falls  die  österreichische  Regierung  sich  ent<* 
schlösse,  für  Österreich  aliein  das  Bittn ersehe  Verzeichnis  (s.  u.) 
Yollsiändig  und  bibliographisch  genau  etwa  in  der  Weise  nach 
rückwärts  zu  ergänzen,  wie  dies  für  die  älteren  reichsdeutschen 
Programme  s.  Z.  von  C.  Fr.  Müller  wenigstens  vorgeschlagen 
«ordeo  ist  (s.  o.  S.  236  ff.). 

Wie  ist  das  Verhältnis  nun    nach  1860  in  Deutschland 
und  speziell  in  Preufien  gewesen,    und  wie  hat  sich  in  Öster- 
reich   seit  1874  —  mit    diesem  Jahre    beginnt    erst    die  zuver- 
lässige Arbeit  Bitiners  (Nr.  30--32;  s.  o.  S.  255)  —  die  Sache 
gestaltet?     Konnten    in    Preußen  z.  B.  die   Abhandlungen  weiter 
auf  das  Verständnis  wenigstens  der  gebildeten  Stände  rechnen,  für 
die  sie  voD  Anfang   an    bestimmt  waren?     Leider  versiegen  hier 
für    einen    Zeitraum    von    anderthalb    Jahrzehnten     zuverlässige 
Quellen  fast  gänzlich.     Das  Vettersche  Verzeichnis  (Nr.  9  u.  10) 
ist    ganz      unzureichend^),    die     von     Calvary    (Nr.   11)    und 
lasbacke    (13a)    sind    unvollständig,     und     das    bessere    von 
Terbeck  (Nr.  12)    umfaßt    einen    zu    kurzen  Zeitraum,  als  daß 
Bua  daraus  allgemeine  Schlösse  ziehen  könnte.     Ergänzend  treten 
akr  die    oben    (S.  138  f.)    erwähnten,    bis    in    die    neueste  Zeit 
mchenden   Verfugungen  ein.    aus  denen  hervorgeht,  daß  die  Ab- 
badlungeD  dem  „allgemeinen  Interesse''  und  „weiteren  Kreisen'^ 
—  so  heißt    es    jetzt  schlechthin  statt  des  früheren  ,,mindesten8 
itr  gebildeten  Stände"  —  zu  wenig  boten  und  sich  zu  sehr  auf  die 
Faebwissenschaften  beschränkten.     Und  hier  kam  nun  nicht  mehr 
bloß  die    klassische  Philologie    in  Betracht,  für  deren  Produktion 
es  bei    der    bekannten  Entwicklung  der  Dinge,  insbesondere  dem 
tiokenden    Ansehen    des    klassischen  Unterrichts    und    dem  Vor- 
dringen der  exakten  Wissenschaften,  kein  so  dankbares  Publikum 
mehr    gab    als    einige  Jahrzehnte    zuvor;    die    neu   erstarkenden 
Wissenschaften    selbst    forderten    ihr  Recht    auch    an    den    Pro- 
grammen, und  das  „Publikum**  (ein  schwer  zu  delinierender  Be- 
griff!) konnte  nicht  mehr    folgen.     Einsichtige  Männer  erkannten 
in  den  sechziger  Jahren  (s.  o.  S.  198)  das  Mißverhältnis,  in  welches 
die  allzu    gelehrte  Programmarbeit  der  Lehrer  und  das  Bedürfnis 
des   Publikums    zueinander    getreten    waren,    und    suchten,    wie 
wir    sahen,    mannigfache    Wege     der    Abhilfe,      ohne     daß     ein 
praktisches    Ergebnis    erzielt     wurde.     Die     Verhandlungen     der 
Berliner  Stadtverordneten- Versammlung  in  der   zweiten 
Hälfte  der  siebziger  Jahre  (Nr.  80;  vgl.  o.  S.  224  fT.)    zeigen  deut- 
lich die  Mißstimmung  dHruber,  daß  die  Abhandlungen  zum  großen 
Teile   dem  Publikum    nicht   verständlich  waren.     Tatsächlich  be- 


')  Näberea  darüber  ».  o.  S.  tll  Aom.  2  uod    Varnhagen  {^r,  81a) 
S.  147  f. 


268  Programmwtaea  oui  Progranmbibliothek  d.  hob.  Sehalea, 

finden  sich  unter  den  reichlich  500  Nummern  des  Teubnerschen 
Verzeichnisses  von  1876  (13b)^)  ungefähr  Vs  Abhandlungen  zur 
klassischen  Philologie,  beinahe  Vs  aus  der  modernen  Philologie, 
fast  ebensoviel  aus  dem  Gebiete  der  Mathematik  und  Natur- 
wissenschaften, und  nur  etwas  mehr  als  Vs  aus  dem  der 
Pädagogik  und  Methodik.  Und  vi-enn  auch  z.  B.  unter  den  Ab- 
handlungen zur  deutschen  Literatur  manche  waren,  die  ein  allge- 
meines Interesse  wohl  erwecken  konnten  (vgl.  S.  18  f.  des  ge- 
nannten Verzeichnisses),  die  Tatsache  blieb  bestehen,  daß  die 
Hauptmasse  der  Schriften  sich  mit  Stoffen  beschäftigte,  die  dem 
größeren  Publikum  fremd  waren.  Zehn  Jahre  später  (t886) 
zeigt  sich  ungefähr  das  gleiche  Verhältnis  (vgl.  das  Verz.  13b); 
die  Zahl  der  Abhandlungen  ist  beinahe  um  Vs  gestiegen,  aber 
auch  die  klassische  Philologie  wie  Mathematik  und  Naturwissen- 
schaften sind  daran  entsprechend  beteiligt.  Dagegen  sehen  wir 
wiederum  zehn  Jahre  danach,  18  96,  einen  Umschwung,  der  sich 
im  Zufiammenhange  mit  den  Wirkungen  der  Dezemberkonferenz 
von  1890  und  den  Lehrplänen  von  1892  (6.  Jan.)  schon  langsam 
vorbereitet  hatte.  An  den  der  Zahl  nach  überhaupt  ein  wenig 
(etwa  um  Vn)  gesunkenen  Abhandlungen  (vgl.  auch  S.  252)  finden 
wir  die  klassische  Philologie  nur  noch  mit  etwa  Vs  beteiligt, 
auch  Mathematik  und  Naturwissenschaften  sind  um  Vs  ihres  Be- 
standes von  1886  zurückgegangen,  dagegen  ist  die  Abteilung 
Pädagogik,  Methodik,  Schulgeschichte  u.  ä.  erheblich  gestiegen  und 
erreicht  etwa  Vs  der  Gesamtproduktion.  Bemerkenswert  ist,  daß 
die  Abteilungen  „Bibliothekskataloge''')    und  „Vermischtes'*  lang- 


')  Es  enthält  bekaootlich,  wie  die  der  folgeodeo  Jahre  bis  heote,  auch 
eiae  kleioe  Auswahl  (vgl.  S.  169  Anm.  3)  österreichischer  Programme. 
Es  ließ  sich  trotzdem  für  die  obige  Darstellaog  der  reichsdeatschen 
Verhältoiirse  ohoe  Bedenken  verwerten,  weil  die  Zahl  der  österreichischen 
Programme  im  Verhältnis  zur  Gesamtproduktion  gering  ist  (in  den  siebziger, 
achtziger  und  neunziger  Jahren  noch  etwas  geringer  als  die  oben  S.  169 
Aiim.  3  für  heute  angeführte  Zahl)  und  sich,  wie  ich  mehrfach  festgestellt 
habe,  auf  die  einzelnen  Fächer  so  verteilt,  daß  —  von  dor  Abteilung 
^,KataIoge''  abgesehen,  s.  o.  —  das  Verhältnis  der  Beteiligung  der  einzelnen 
Wissenschaften  in  reichsdeutscben  Programmen  durch  sie  nicht  wesentlich 
beeinflußt  wird.  Das  (von  A.  H  ortz'schans  ky)  bearbeitete  Jahres- 
verzeichnis der  Kg-l.  Bibliothek  zu  Berlin  (Nr.  15),  das  sich  bei  seiner  Be- 
schränkung auf  reicbsdeutsche  Programme  auf  den  ersten  Blick 
für  eine  derartige  Ermittlung  mehr  zu  empfehlen  schiene,  war  darum  nicht 
verwendbar,  weil  es  eine  systematische  Obersicht  nicht  bietet  und 
außerdem  (was  in  anderer  Beziehung  wieder  nützlich  Ist)  nicht  bloß  die 
eigentlichen  Abhandlungen  anflubrt,  sondern  auch  Teile  der  Jahresberichte  be- 
rücksichtigt. So  kommt  es,  doß  es  trotz  der  Beschränkung  auf  deutsche 
Arbeiten  jährlich  eine  erhebliche  größere  Zahl  von  Nummern  aufweist  als 
das  Teubnersche  Verzeichnis. 

*)  Diese  steigen  unmittelbar  nach  1896  noch  weiter,  sogar  sehr  erheb- 
lich, besonders  unter  dem  Einfloß  der  österreichischen  Bestimmvogeo 
vom  30.  Dezbr.  1896  (Nr.  IC;    vgl.   o.  S.  142).     Doch   selbst    anter    Abxag 


voft  R.  Ullriek.  269 

sam,    aber   stetig;   gestiegen    sind.     Das    letzte   Jahr«  filr  welches 
nach  größerem  Zwischenraum    eine   sichere  Vergieichung  mdglich 
ist,  ist  1905^).     Die  Zahl   ist   im    ganzen,    wie   schon  oben  be- 
merkt ist  (S.  180  u.  213),  erheblich  gesunken,  trotz  der  größeren 
Zahl  der  Schulen  um  etwa  Vio  des  Bestandes  von  1896,  und  die 
Verminderung    ist   bei    Abzug   der   im  Teubnerschen  Verzeichnis 
mitanfgeföhrten  Auswahl    österreichischer    Anstalten    (für  sie  vgl. 
0.  S.  169  Anm.  3  und  S.  268  Anm.  1)    noch   bedeutender.     Aber 
das  Verhältnis    der    Beteiligung    der    Wissenschaften    ist    in    der 
Richtung  fortgegangen,  die  schon  1896  im  Verhältnis  zu  1886  in 
die    Erscheinung    getreten    war:    Mathematik    und    Naturwissen- 
schaften zeigen  zwar  etwa  dasselbe  Verhältnis,  aber  die  klassische 
Philologie    ist    fast  auf  V«  zurückgegangen,  dagegen  hat   die  Ab- 
teilung ,, Schulwesen^*  das  Drittel  von  1896  ziemlich  erheblich 
überschritten,  auch  die  Abteilungen  „Kataloge*'  und  «^Vermischtes** 
«nd  gestiegen,  im  Verhältnis  zu  der  Terminderten  Gesamtzahl  der 
Magen  sogar    um    ein  Bedeutendes.     Für  die  Jahre  1906  und 
1^07  liegen  endgültige  Obersichten  noch  nicht  vor.     Doch  konnte 
ifb   aus     den    vorläufigen    Teubnerschen    Verzeichnissen    für 
1906^    und    1907    (vgl.  o.  S.  170,  Nr.  2),  von    denen    die    end- 
fültigeo  erfahrungsmäßig  nicht  so  weit  abzuweichen  pflegen,  daß 
<itf   Resultat    dieser    Erörterung    dadurch     wesentlich    beeinflußt 
Verden  könnte,    so    viel    feststellen,    daß  die  Verhältnisse  in  der 
bexeichneten  Richtung  weiter  fortgeschritten  sind.     Von  den  rund 
400  Abhandlungen  jedes  der  beiden  Jahre  (in  Deutschland  allein!) 
kommen    auf  rein   fachwissenschafUiche    Gegenstände    19  0  6    in 
Preußen  etwa  100,  auf  Schulwesen  und  allgemein  Interessieren- 
des aber  180;  nur  in  den  übrigen  Staaten  ist  das  entsprechende 
Verhältnis    etwas    anders»     nämlich    etwa    50 :  70,    hauptsächlich 
oDter   dem  Einfluß   der    bayerischen  Programme,    von    denen 
(ihnlicb  wie  1905)    bei  einer  Gesamtzahl    von  41    nur  10  allge- 
meiner interessierende,  dagegen  31  rein  wissenschaftliche  Gegen- 
stäode  behandeln.     Und  die  für  1  9  07    angezeigten    Programme 
<die    mir    naturlich   jetzt,    Ostern  1907,    noch    nicht    zugänglich 


itr  ia  Österreicii  erscbieoeoeo  KaUloge,  die  dem  Teaboersciiea  Verzeicboiase 
eiagereibi  siod  (vsl.  S.  169  Anni.  3),  bleibt  aueb  iD  DettUcbiaad  die  SteiseruDfp 
»telig. 

^)  leb  Boß  hier  darauf  hinweiseo,  daß  das  Teobnersche  Verzeicboia 
iber  die  Abhaadliiiiseo  voo  1905  (Nr.  13b;  vgl.  o.  8.  112  Aon.  1)  im  Gegeo- 
aatz  za  dem  eaUprecbeDdea  Berliner  (Nr.  15)  leider  ganz  anvolUtäDdig 
iit  Ka  enthält  zwar  die  österreicliischen  Programme  in  der  mehr- 
fach genanntcB  Aoawahl  und  aoeh  die  bayeriaehen  vollständig,  führt 
dagegen  voa  den  nbrigen  reichidentteben  statt  der  raod  350,  die  tatsachlich 
erschienen  sind,  knapp  200  an!  Bs  ist  dringend  za  wünschen,  daß  die  in 
tiesem  Jahre  zu  erwartende  Obersicht  über  die  Programme  von  19U6  wieder  so 
vollständig  wird,  daß  sie  einen  zuverlässigen  Oberblick  über  das  Geleistete 
ermöglicht  Vf elleieht  gibt  nach  der  Herr  Verleger  einen  Nachtrag  fdr  19051 

')  Unter  Berüeksichtigong  der  Nachträge,  vgl.  S.  171,  y^ 


270  ProgranmweseD  aad  Pregrammbibliothek  d.    höh,  Scholon, 

waren,  vgl.  o.  S.  171,  y)  lassen  doch  erkennen,  daß  die 
Tendenz  ungefähr  die  gleiche  geblieben  ist.  Von  ca.  360  Ab- 
handlungen (ohne  die  noch  nicht  angezeigten  Bayerns)  kommen 
in  Preußen  auf  fachwissenschaftliche  Dinge  gegen  90,  auf  solche 
aligemeineren  Interesses  aber  etwa  180,  die  andern  Staaten 
(ohne  Bayern)  zeigen  dagegen  umgekehrt  ein  Verhältnis  von 
60:40,  das  sich  voraussichtlich  nach  Hinzukommen  der 
bayerischen  Programme  dem  von  1906  noch  weiter  annähern 
wird. 

Was  lehrt  diese  Entwicklung?  Sie  beweist,  scheint  mir, 
mit  ziemlich  zwingender  Konsequenz,  daß  die  Bahn  der  rein 
gelehrten  Abhandlungen  immer  mehr  verlassen  worden  ist,  daß 
im  Zusammenhang  mit  dem  Erstarken  der  schulgeschichtlichen 
Forschung,  wichtigen  Fragen  der  Schulorganisation  und  der 
Didaktik,  Anfangen  einer  zeitgemäßeren  Entwicklung  des  Schul- 
bibliothekswesens und  anderen  ein  allgemeineres  Interesse  er- 
weckenden Bewegungen  die  Programmliteratur  — ^  von 
Bayern  und  einigen  kleineren  Staaten  abgesehen  —  die  Tendenz 
zeigt,  sich  neue  Wege  zu  suchen,  die  sie  dem  ihr  ent- 
fremdeten „Publikum''  wieder  näher  bringen  können, 
das  heute  andere  Kost  verlangt  als  vor  einem  oder  gar  z^ei 
Menschenaltern.  Es  wäre  verwegen,  diese  Entwicklung  gewaltsam 
in  alte  Bahnen  zurück  zwingen  zu  wollen. 

Und  in  Österreich?  Hier  hatte  die  Verfügung  vom  Jahre 
1875,  ganz  im  Gegensatz  zu  den  alten  preußischen  Bestimmungen 
der  zwanziger  Jahre  und  den  wiederholten  Hinweisen  auf  „allge- 
meines Interesse*'  in  der  späteren  Zeit  (s.  o.  S.  139),  die 
„Förderung  wissenschaftlicher  Tätigkeit*'  der  Lehrerin 
den  Vordergrund  gestellt  und  popularisierende  Arbeiten, 
die  für  „weitere  Kreise"  bestimmt  sind,  ausdrucklich  aus- 
geschlossen. Hat  die  Praxis,  die  doch  erst  Verfügungen 
in  wirkliches  Leben  verwandelt,  dem  entsprochen?  In  den  ersten 
beiden  Bittn ersehen  Verzeichnissen  ^  (Nr.  30  u.  31;  1874—1890) 
kommt  der  Hauptanteil  auf  Mathematik  und  Naturwissenschaften 
mit  etwa  74«  es  folgt  die  klassische  Philologie  mit  etwas  weniger 
als  V«,  Pädagogik,  Schulgeschichte,  Hygiene  usw.  schließen  sich 
mit  Ve  an.  Deutsch  und  andere  neuere  Sprachen  einerseits  und 
Geschichte  andererseits  haben  je  etwa  Vio,  zusammen  Vst  die 
übrigen  Fächer  teilen  sich  in  den  Rest.  In  dem  letzten  Ver- 
zeichnis (Nr.  32;  1891— 1905)  stehen  Mathematik  und  Natur- 
wissenschaften,   Schulwesen  einschließlich    der    Schulgeschicbte*), 


*)  Sie  ersehweren  die  Obersicht  dadarcfa,  daß  sie  die  spezielle 
Methodik  uod  die  Schul  beschichte  voo  der  ollgemeioeD  Pädago^k 
trennen  and  unter  den  einzelnen  Wissenschaften  unterbringen. 

*)  Diese  wird  auch  hier  noch  unter  der  Rubrik  Geschichte  unter- 
gebraeht     Dagesen  ist  die  spezielle  Methodik  jetzt  zwar  anter  den  Abschnitt 


▼  OB  R.  Ullrich.  271 

sowie  Gesdiichte  mit  je  V&  Anteil  ungefähr  gleich,  auf  die 
klassische  Philologie  kommt  dagegen  nur  knapp  V?«  auf  Deutsch 
und  andere  neuere  Sprachen  gerade  Vio«  die  öhrigen  Fächer 
haben  geringere  Anteile.  Gegenüber  der  Entwicklung  im  Deutschen 
Reiche  zeigen  sich  bemerkenswerte  Unterschiede:  Vor  allem  treten 
Mathematik  und  Naturwissenschaften  gans  bedeutend  mehr  in  den 
Vordergrund,  die  Geschichte,  besonders  die  Landesgeschichte,  macht 
in  den  letzten  IVs  Jahrzehnten  gegen  die  erste  Periode  be- 
deutende Fortschritte,  Schulwesen,  vor  allem  Schulgeschichte, 
komodt  mehr  zur  Geltung,  wenn  auch  noch  nicht  in  dem  uber- 
wi^enden  Maße  wie  in  Deutschland.  Charakteristisch  ist  die  Ent- 
wicklung der  Bibliotbekskataloge;  sie  füllen  in  Bittners  zweitem 
Yerzeichnis  genau  seclis  Seiten.  Die  österreichischen  Mittel- 
schulen sind,  was  die  Zahl  anlangt,  in  dieser  Beziehung  besser 
TCTBorgt  als  die  irgend  eines  anderen  Staates;  nur  noch  wenige 
der  dsterreichischen  Schulen  sind  überhaupt  ohne  gedruckten  Lehrer- 
bibliothekskatalog, und  die  reiclisdeutschen  Anstalten  sind  gegen  sie 
Mfar  im  Rückstände.  Freilich  entspricht  der  imponierenden 
Mnge  Dicht  überall  die  Zuverlässigkeit  des  Inhalts  M-  Besonders 
aiflallig  ist  dagegen  der  geringe  Anteil  der  klassischen  Philologie,  die 
aüerdings  auch  schon  in  der  früheren  Periode  nicht  so  stark 
fertreten  gewesen  war  wie  in  den  Programmen  des  Deutschen 
Reiches.  Versucht  man  nun  hiernach  einen  Eindruck  von  dem 
Charakter  der  österreichischen  Programme  zu  gewinnen,  be- 
sonders im  Vergleich  zu  den  immer  mehr  (s.  o.)  auf  das  Interesse 
„weiterer  Kreise'*  hinarbeitenden  der  reichsdeutscben  Schulen,  so 
möchte  es  zunächst  scheinen,  als  wären  in  Österreich  Programme 
rein  wissenschaftlicher  Richtung  (der  Verfügung  von  1875  ent- 
sprechend) weitaus  in  der  Mehrheit.  Aber  schon  die  Verfügung 
von  1880  (Nr  LXXXXVIII;  vgl.  auch  oben  S.  141),  wenn  sie 
aach  {Abs.  2)  auf  den  1875  betonten  wissenschaftlichen 
Charakter  der  Abhandlungen  zurückverwies,  fügte  (i6s.  3)  in 
bezug  auf  die  Wahl  des  Stoffes  hinzu:  „  .  •  .  mag  dieser  nun 
aus  dem  weitesten  Bereiche  der  Wissenschaft  geholt 
sein,  oder  das  betreuen,  was  lokale  Verhältnisse  in  Topo- 
graphie, Geschichte,  Sprache,  Ethnographie,  Industrie, 
in  klimatischen  und  anderen  Naturerscheinungen  bieten'S 
und  hob  weiter  neben  dem  1875  schon  betonten  Ge- 
sichtspunkt der  Verbreitung  in  Berufskreisen  doch  auch  {Abt.  €) 


-1 


Pädagogik  ete.  eiBsereifat,  aber  oicht  Mch  Fächern  s^treaot,  wat  Doch  nn- 
zwedcniäAi^er  ist  ala  die  io  Aofli.  1  erwähote  AeordonaSy  aoa  der  naa 
weai^fteos  sofort  erseheo  kaso,  was  für  eia  hefttmntei  Uaterrichurach  ge- 
ieifCet  ist. 

')  V|r).    daröber    die    oben    (S.  108   Ann.  1)    xitterten    Kritiken    von 

5.  Fr^nkfafttT  vad  m e i n e BemerkoaseB  ia  Reiaa  Envykl, Hdh,  d.  Päd. ' 

V  (1906)  S.  441. 


272    Proi^ranmweseo  and    Programmbibliothek  d.  hob,  Schnlen^ 

ihre  Verbreitung  in  Schulerkreisen  hervor.  Gerade  die  Hervor- 
hebung des  Lokalen  aber  fuhrt  in  Verbindung  mit  der  Röck- 
sicht auf  Schüler  auch  hier  darauf,  das  Interesse  „weiterer 
Kreise'\  wenn  diese  auch  nicht  ausdrucklich  genannt  sind, 
wenigstens  zu  gewinnen.  Vi^er  z.  B.  das  sehr  geschickt  entworfene 
anschauliche  Bild  auf  sich  wirken  läßt,  das  der  ungenannte  Ver- 
fasser in  der  Neuen  freien  Presse  (Nr.  142)  in  neun  Feuilleton- 
Spalten  von  den  österreichischen  Programmen  des  Schuljahres 
1904/5  gibt,  wird  das  bestätigt  finden.  Der  Verfasser  bemerkt, 
daß  man  den  „modernen  Geist''  den  österreichischen  Mittelschui- 
Programmen  nicht  absprechen  könne,  und  spricht  nur  den  Wunsch 
aus,  sie  möchten  der  Aufklärung  besonders  zwischen  Schule  und 
Haus  noch  mehr  dienen ').  Und  die  Durchsicht  des  neusten 
österreichischen  Jahresverzeichnisses  (Nr.  33)  ober  die  Programme 
von  1905/6^)  bestärkt  mich  durchaus  in  der  Auffassung,  daß  man 
auch  in  Österreich  bestrebt  ist,  das  rein  gelehrte  Element  zurück- 
treten zu  lassen  und  mehr  der  Allgemeinheit  zu  dienen.  In 
dem  Verzeichnis  sind  —  wenn  ich  richtig  gezählt  habe  —  328 
Abhandlungen  deutscher  und  nichtdeutscher  Mittelschulen  Öster- 
reichs vertreten,  187  von  Gymnasien  und  Realgymnasien,  14  t 
von  Realschulen,  d.  h.  nur  ein  ganz  geringer  Prozentsatz 
weniger'),  als  es  überhaupt  Schulen  gibt  (1906  gegen  370)^)  — 
worauf  ich  alle  diejenigen  aufmerksam  machen  möchte,  die  der 
Meinung  waren  oder  sind,  die  Einrichtung  habe  sich  „überlebt'* 
oder  „sterbe  ab*'.     Unter  den  Abhandlungen  scheinen  mir  nun  141 


')  Ich  setxe  die  wichtif^steo  Worte  hierher,  damit  auch  die  reicbs- 
deotscheo  KoUegeo,  die  sich  im  allgemeiaeo  um  österreichische  Schal  Ver- 
hältnisse zunächst  ooch  nicht  viel  kümmern,  sehen,  wie  dort  ein  einsichtiger 
Mann  (wie  es  scheint,  ein  Kollege)  die  Sache  aaffaßt.  Er  sagt  (Spalte  1): 
„Ein  Ansporn  zu  wissenschaftlicher  Tätigkeit  sind  also  diese  Abbandlnogen 
nicht^'  —  hier  kann  ich  dem  Verfasser  nicht  ganz  beistimmen  — ,  »»^her  sie 
kSonen,  da  sie  nun  einmal  bestehen,  eine  wichtige,  erspriefiliche  and  wert- 
volle Arbeit  erfüllen;  sie  könnten,  da  sie  doch  wenigstens  von  Lehrern  ge- 
lesen werden  und  in  die  Hände  der  Eltern  gelangen,  zeitgemäße  Fragen  der 
Erziehung  anregen  und  verbreiten,  Vorurteile  beseitigen,  Mifiverständoisse 
aufklären,  neue  Gesichtspunkte,  Erfindungen  und  Entdeckungen  der  Schule 
nutzbar  machen,  durch  Pflege  und  Betonung  des  heimatlichen  Interesses  be- 
sonders In  kleineren  Städten  ein  inniges  Verhältnis  zwischen  Bürger-  und 
Lehrerschaft  anbahnen,  pflegen  und  festigen,  kurz  sie  könnten  auf  wissen- 
schaftlicher Grundlage,  ohne  zu  verflachen,  den  hehren  Aufgaben  der  Auf- 
klärung und  damit  am  besten  auch  den  Zielen  der  Schule  dienen,  sie  könnten 
dem  modernen  Geiste,  der  alle  Erscheinungen  und  Äußerungen  unseres 
heutigen  Lebens  und  Treibens  durchflutet,  den  schuldigen  Tribut  zollen*'. 

')  Die  Benutzung  wird  übrigens  dadurch  sehr  erleichtert,  daß  den 
Titeln  der  Abhandlungen,  die  von  Anstalten  mit  slawischer  Unterrichts- 
sprache herausgegeben  werden,  überall  die  deutsche  Obersetzung  bei- 
gefügt ist. 

3)  Vgl.  hierzu  das  oben  S.  165  Bemerkte. 

*)  Vgl.  die  Bemerkuttgea  über  das  Jahrbuch  von  Divü  o.  S.  170  (Forts, 
d.  Anm.  3  von  S.  169). 


voo  R.  Ullrieb.  273 

ZU  sein  (92  Ton  Gymnasien  und  Realgymnasien,  49  ^on  Real- 
schulen), die  wohl  geeignet  sind,  „weitere  Kreise**  zu  fesseln,  wo- 
gegen 187  (123  bezw.  64)  sich  mehr  an  die  Fachkreise  wenden. 
Natürlich  wird  man  über  das,  was  allgemein  interessierend  ist 
und  was  nicht,  verschiedener  Meinung  sein  können,  und  aus  dem 
Titel  allein  ist  manchmal  nicht  ohne  weiteres  zu  ersehen,  welcher 
von  beiden  Kategorien  man  die  betr.  Abhandlung  zuweisen  wird. 
Da  mir  indes  in  Zweifelsfallen  fast  überall  auch  die  Abhandlungen 
selbst  zu  Gebote  gestanden  haben,  glaube  ich  meiner  Sache  un- 
gefähr sicher  zu  sein.  Es  steht  übrigens  ja  jedem,  besonders  den 
österreichischen  Kollegen,  die  Nachprüfung  frei.  Wie  man  sieht, 
überwiegen  zwar  die  fachwissenschaftlicken  Abhandlungen  noch 
etwas,  aber  die  andere  Kategorie  steht  doch  nicht  mehr  viel 
zurück ;  bei  der  Beurteilung  des  Verhältnisses  wird  man  übrigens 
aocb  den  historischen  Gesichtspunkt  nicht  außer  acht  lassen  dürfen, 
daß  der  österreichische  Mittelschuliehrerstand  als  solcher  erheb- 
lich junger  ist  als  der  deutsche.  Es  bleibt  abzuwarten,  in  welcher 
Richtung  sich  hier  die  Dinge  im  nächsten  Jahrzehnt  weiter  ent- 
mkeln  werden.  Doch  kann  man,  meine  ich,  nur  wünschen,  es 
Böcbte  in  derselben  Weise  geschehen  wie  im  Deutschen  Reiche, 
l  b.  auch  in  detn  Sinne  des  eben  angeführten  Beurteilers  aus 
Österreich  selbst. 

Ziehe  ich  das  Fazit,  so  kann  ich  meine  Meinung  von  dem 
Beruf,  den  die  Abhandlungen,  von  Gymnasien  und  von 
fiealanstalten  in  gleicher  Weise,  in  Zukunft  zu  erfüllen 
haben  werden,  nur  dahin  aussprechen^  sie  möchten  in  erster 
Linie  dazu  bestimmt  sein,  das  Verhältnis  von  „Schule 
und  Haus*'  —  der  etwas  abgebrauchte  Ausdruck  ist  nun  ein- 
mal nicht  zu  umgehen  —  zu  stärken  und,  wo  es  etwa  in 
irgend  einer  Beziehung  an  Innigkeit  verloren  haben 
sollte,  an  ihrem  Teile  wenigstens  —  neben  den  anderen 
Mitteln,  die  ich  nicht  zu  nennen  brauche  —  dazu  beitragen, 
es  wieder  fester  zu  gestalten.  Ich  nehme  das  Wort  im 
weitesten  Sinne:  Schüler,  den  Anstalten  noch  angehörige 
wie  ehemalige,  Eltern  der  Schüler,  Bewohner  der 
Stadt  und  Umgegend  —  alle  diejenigen,  die  an  der 
Schule  und  ihrem  Leben  ein  persönliches  oder  sach- 
liches Interesse  schon  haben  oder  gewinnen  können, 
sind  damit  gemeint.  Dieser  vor  mehr  als  acht  Jahrzehnten  aufge- 
stellte, wenn  auch  oft  vergessene  Gesichtspunkt  scheint  mir  immer 
noch  der  wichtigste  zu  sein. 

a)  Vielseitige  Bedeutung. 

a)  Was  die  Schüler^)  betrifft,  so  ist  die  Rücksicht  auf  sie 
auch   früher    doch   schon    häufiger    betont,    auch   praktisch  öfter 

^)  Für  die  ehemaligeD  Schüler  legt  a.  a.  der  (Jmstaod  beredtes  Zeug* 
iu  ib    daß  di«  alten  Aogehörigen  z,  E.  der  Füraten schulen  ihrer  Pietät 


274  Programmwesen  nnd  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

anschaulich  gemacht  worden,  als  H*  Muller  a.  a.  0.  (Nr.  127) 
S.  21  annimmt,  so  von  Hansen  (s.  o.  S.  186  u.  Anm.  2),  Dein- 
hardt  und  Duden  (o.  198),  von  Schwalbe  (o.  S.  230)  und 
anderen,  neuerdings  auch  von  Kniffler  (Nr.  136);  vgl.  u.  S.  280. 
ß)  Daß  die  Eltern  an  dem  Leben  der  Schule  und  also  an 
Abhandlungen,  die  hiervon  in  irgend  einer  Beziehung  Zeugnis  ab- 
legen, kein  Interesse  hätten,  mag  für  manche  großstädtischen 
Verhältnisse  (die  viele  Tadler  der  Einrichtung  unbewußt  allzu  ein- 
seitig zum  Maßstab  der  Dinge  genommen  haben)  zutreffen,  obgleich 
man  gerade  Grund  hätte  ^),  dann  alles  zu  tun,  was  die  Beziehungen 
inniger  gestalten  kann.  Nun  schicken  aber  viele  Ellern  oft  aus 
^'eiter  Entfernung,  vom  Lande,  aus  Kieinstädten  u.  s.  f.  ihre 
Söhne  in  die  Gymnasialstadt  oder  auch  in  das  Internat,  in  dem 
sie  vielleicht  selbst  einmal  gewesen  sind,  und  solche  Anstalten 
haben  infolgedessen  nicht  selten  50%  und  mehr  auswärtige 
Schuler.  Die  Eltern  aber  bekommen  (außer  dem  Direktor 
bei  der  Anmeldung  ihrer  Söhne)  häufig  weder  die  Lehrer  der 
Schule  jemals  zu  sehen  —  der  notwendige  Verkehr  erfolgt  meist 
auf  schriftlichem  Wege  —  noch  die  Räume  der  Schule;  sie 
lernen  den  Qrt,  die  ganze  Umgebung,  in  der  ihre  Kinder  viele 
Jahre  ihres  Lebens  verbringen,  höchstens  gelegentlich  und  ober- 
Üächlich  kennen.  Daß  sie  unter  solchen  Umständen  einem  Be- 
richt über  eine  Schulfestlichkeit,  den  Neubau  der  Schule,  die  Neu- 
organisation einzelner  Unterrichtsfächer  —  z.  B.  des  Zeichen- 
Unterrichts  (mit  Abbildungen)  — ,  einer  Rede  zur  Schillerfeier, 
2ur  Einführung  eines  neuen  Direktors,  über  einen  verstorbenen, 
von  ihren  Kindern  in  den  Ferien  ihnen  oft  genannten  Lehrer, 
einem  geschichtlichen  Bericht  über  die  Schule,  einer  geographischen, 
botanischen,  kunstgeschichtlichen  Skizze  über  den  Ort  und  seine 
Umgebung,  über  eine  Schälerreise  und  andere  Gegenstände  mehr, 
die  wegen  ihres  Umfangs  im  Jahresbericht  keinen  Platz  haben 
und  daher  oft  als  Beilage  veröffentlicht  worden  sind  und  noch 
Jahr  für  Jahr  allenthalben  in  dieser  Form  vorkommen,  kein 
Interesse  entgegenbringen  sollten,  wird  doch  im  Ernste  niemand 
glauben,  der  mit  diesen  Verhältnissen  vertraut  ist  oder  versucht 
hat,  sich  in  sie  hineinzudenken.  Damit  fällt  auch  der  Hinweis 
H.  Müllers  (a.  a.  0.  S.  24),  der  für  solche  Dinge  das  „Lokal- 
l>latf  als  den  geeigneten  Ort  und  Ersatz  für  die  entbehrlichen 
Beilagen  vorschlägt.  In  wieviel  Hände  käme  das?  Jedenfalls  am 
'wenigsten    in    die    Hände    derer,     die     solche    Mitteilungen    am 


geilen  die  Stätte  ihrer  Jagendbildaag  auch  dadurch  Aasdrnck  gebeo,  daß  sie 
auf  eioe  Reihe  voo  Jahrgäogeo  der  Abhaadlaogea  geradezu  „aboooiereo'^ 
l)ie  Biogäoge  kommeo  irgend  einer  wohltätigen  Stiftung  der  Schule  zugute 
'_  ein  nachahmenswertes  Beispiel  Tur  andere! 

^)  Auf  der  11.  schlesischen  Direk  toren-Versammlung  .wurde 
"gerade  dieser  Gesichtspunkt  von  den  meisten  Rednern  in  den  Vordergrund 
-gerückt;  vgl.  die  Ferkandlung^    (Nr.  113),  besoadars  S.  236  ff. 


voo  R.  Ullrich.  275 

nötigsten  haben,  nämlich  der  auswärts  wohnenden  Ellern. 
Dazu  kommt  noch,  daß  solch  ein  Lokalblatt^)  nicht  Platz  genug 
hat,  alle  diese  Dinge  im  ganzen  aufzunehmen,  und  diejenigen, 
die  auf  das  Ergebnis  ihrer  Arbeit  etwas  halten  und  wünschen,  daß 
sie  auch  außerhalb  bekannt  wird,  es  sich  schwerlich  zur  Ehre 
rechnen  werden,  sich  an  solcher  Stelle  gedruckt  zu  sehen.  Auch 
öffentliche  Vorträge  ?on  Lehrern  vor  dem  Publikum  des 
Ortes^,  so  nützlich  sie  sind  und  so  erfolgreich  sie  hier  und  da 
gepflegt  werden'),  können  z.  T.  aus  denselben  Gründen  aus- 
fübrlichere  gedruckte  Mitteilungen  aus  dem  Kreise  der  Schule 
doch  nicht  ersetzen.  Gewiß  wird  nicht  alles,  bei  weitem 
nicht,  was  auf  diese  Weise  in  guter  Absicht  verbreitet  wird, 
williges  Entgegenkommen  oder  auch  nur  oberflächliches  Interesse 
finden;  die  Indolenz  läßt  ja  oft  sogar  sehr  tüchtige  wissenschaft- 
liclie  Werke  oder  wohldurchdachte,  praktisch  durchführbare 
orgaoisatorische  Pläne  großen  Stils  gar  nicht  oder  nur  langsam 
zu  ihrem  Rechte  kommen.  Aber  ich  denke,  daß  man  es  hier 
mit  der  Rückertschen  Weisheit  halten  sollte,  die  vor  nun  bald 
zwei  Jahrzehnten  Paulsen  seinem  System  der  Ethik  vorsetzte, 
^daß  doch  dadurch  an  manchen  Mann  wird  kommen  manches, 
wovon  er  sonst  gar  hätte  nichts  vernommen'*. 

Dazu  gehört  übrigens,  was  ich  noch  bemerken  möchte,  daß 
mit  der  Verteilung  von  Abhandlungen,  die  sich  nur  irgend 
für  die  eben  bezeichneten  Zwecke  eignen,  in  der  Schule  nicht 
90  überaus  sparsam,  man  könnte  fast  sagen  knauserig  verfahren 
werde  (dgl.  bei  den  Jahresberichten,  s.  II 3),  wie  dies  ja 
wohl  in  den  meisten  Anstalten  immer  noch  geschieht.  Daß  nur 
die  Schüler  der  oberen  Klassen  die  Beilagen  erhalten,  hätte 
«inigen  Sinn,  wenn  sie  wirklich  nur  für  diese  bestimmt  wären. 
Wenn    aber   einmal    der  Zusammenhang  von  „Schule  und  Haus'' 


^)  Für  i^rößere  Städte  würde  der  Voracblas  Doch  weoiger  passeo. 
1b  welcher  der  Dotzeode  voo  Zeituogeo  sollte  —  gaoz  abgeseheo  wieder 
von  der  Raamfrase  —  die  Abbaodluos  veröffeatlicht  werden,  um  gerade 
4iejeDigeji  zo  erreichen,  für  die  sie  in  erster  Linie  bestimmt  ist?  —  Auch 
ist  CS  nicht  jedermanns  Sache,  sein  Manuskript  mit  Schere  und  Rotstift  be- 
arbeiten ZD  lassen  —  eine  an  sich  nützliche  Tätigkeit,  die  aber  das,  was  der 
Aator  eigentlich  hat  sagen  wollen,  nur  zu  oft  verdunkelt 

')  Vgl.  Paulsen  a.a.O.  (Nr.  126)  S.  15  (des  Sonderdntcks)\  doch 
Beine  ich  nicht,  daß  der  Lehrer  sich  für  solche  Vorträge  bezahlen  lassen 
«•Ute  (Müller  S.  24).  Dagegen  scheint  es  ein  gangbarer  Weg,  falls  für 
derartige  Vorträge  überhaupt  Eintrittsgeld  erhoben  werden  soll  (z.  B.  zur 
D«cknag  der  Unkosten  wie  Heizung,  Beleuchtung  u.  ä )  den  Erlös  einer 
.Stiftung  der  Schule  zuzuwenden,  wie  dies  ja  auch  wohl  schon  öfters 
geschieht,  z.  B.  auch  bei  Gelegenheit  dramatischer  oder  musikalischer  Auf- 
filhrnogea,  die  an  die  Zeit  der  leitenden  Lehrer  oft  erhebliche  Ansprüche 
steiieo. 

^j  Ober    ein    anderes    Bedenken    zur    Sache    vgl.    Pietzker    a.a.O. 

i?ir.  135)  S.  409. 

18* 


276  Programmwesen  und  Progranmbibliothek  d.  höh.    Schalen, 

auch  in  dieser  Beziehung  betont  wird  —  und  das  müssen  ja  doch 
Daturgemäß  alle  tun,  die  den  Abhandlungen  bei  der  Erföllung 
dieser  Aufgabe  einen  Wert  beimessen—,  so  ziehe  man  auch  die 
Konsequenz  und  gebe  allen  Schulern  die  Schrift  in  die  Hand 
zur  Mitnahme  an  das  „Haus'S  schließe  von  mehreren  OrQdero 
auch  nicht  etwa  die  jüngeren  aus.  Denn  ein  großes  Haus,  in  dem 
viel  Menschen  ein-  und  ausgehen,  hat  Platz  für  mehrere  Exem- 
plare. Geht  auch  manches  den  Weg  der  „Makulatur"'  (ein  be- 
liebtes Schlagwort  hier  seit  alten  Zeiten;  s.  o.  S.  197  u.  ö.).  das 
eine  oder  andere  findet  schon  seinen  Weg.  Nur  sorge  man  für 
möglichste  Verbreitung.  Ist  der  Satz  in  der  Druckerei  einmal 
liergestellt,  so  stehen  die  geringen  Kosten,  die  der  Abzug  einiger 
hundert  Exemplare  mehr  verursacht  (an  den  vielen  kleineu 
Schulen  wären  es  übrigens  weit  weniger),  doch  in  gar  keinem 
Verhältnis  zu  dem  Nutzen,  der  in  vielen  Fällen  gestiftet  werde» 
kann.  Größer  ist  der  wirkliche  Schaden,  der  entsteht,  weno 
man  Hunderten  von  Eltern  durch  Vorenthaltung  der  Beilage  die 
Möglichkeit  nimmt,  Dinge,  für  die  sie  sich  vielleicht  interessierea 
würden,  wirklich  zu  erfahren.  Auch  die  Einführung  und  Er- 
haltung einer  Tradition  in  dieser  Beziehung  ist  gerade  wichtig. 
Man  sage  nicht,  die  Eltern  könnten  sich  die  Beilagen  ja  holen,, 
darum  bitten  o.a.;  Gelegenheit,  leichte  Gelegenheit^)  tut  hier 
wie  in  anderen  Fällen  beinahe  alles.  Daß  trotz  alledem,  auch 
hei  den  besten  Absichten  der  Behörden  wie  der  Herausgeber  von 
Abhandlungen,  Fälle  genug  übrig  bleiben  werden  (und  übrig 
bleiben  müssen),  in  denen  die  darin  behandelten  Gegenstände  dem 
eben  erwähnten  Publikum  kein  Interesse  abgewinnen  oder  abge- 
winnen können,  versteht  sich  von  selbst.  Zwar  ist  es  auffallend, 
gerade  von  Schulmännern  gegen  „populäre  Darstellungen  auf 
wissenschaftlicher  Grundlage**  den  Einwand  geltend  machen  zu 
sehen '),  das  könne  nicht  jeder,  während  doch  schon  der  Schul- 
unterricht selbst  auf  allen  Stufen  täglich  dazu  nötigt,  wissen- 
schaftliche Ge$;enstände  klar,  leicht  faßlich  und  in  der  Form 
vorzutragen,  die  ihnen  gemäß  ist.  Aber  einmal  ist  ja  gerade 
heute  fast  in  allen  den  Staaten,  denen  die  meisten  Widersacher 
der  ganzen  Einrichtung  angehören,  keiner  mehr  gezwungen,  Pro- 
gramme zu  schreiben,  und  an  größeren  Anstalten,  denen  nur 
der  dreijährige  Turnus  zugebilligt  worden  ist,  kommen  nun  selbst 
solche,  die  es  könnten  und  möchten,  nach  menschliclieni  Ermessen 
gar  nicht  mehr  dazu,  es  sei  denn,  daß  sie  das  biblische  Alter 
erreichten.     Voraussetzung    muß   freilich    auch    bei    den  meisten- 


I)  Was  Dietscb  schon  vor  fiiof  Jahrzehnten  in  ShDlichem  Sinne  von 
den  Jahresberichten  sa^te  (s.  o.  S.  190),  gilt  ebenso  wie  für  diese 
(vgl.  Teil  II 3)  auch  heute  noch  Tür  die  Abhandlungen,  wenn  sie  dea 
oben  (S.  274)  angedeuteten  Charakter  wahren. 

»}  Vgl.  z.  B.  Pietzker  a.  a.  0.  (iNr.  135)  S.  409. 


von  R.  ÜUriclL  277 

dieser  Arbeiten    immer   sein,    daß  sie  wirklich  auf  wissenscbafl- 
liebem   Grunde   ruhen,    daß    der  Verfasser   den  Gegenstand  nach 
allen  Seiten  bin  gründlich  beherrscht  und  der  Kenner  wenigstens 
merkt,  daß  überall  aus  dem  vollen    geschöpft   wird.     Daß  solche 
Arbeit    „auf   die   rechte  Weise    zu  tun,   auch   ein  Verdienst  und 
eine    Kunst   ist"  (s.  o.  S.  139),    wurde    von    den  Behörden  selbst 
vor    mehreren  Jahrzehnten  schon  anerkannt.    Und  da  „die  Scheu, 
die    Wissenschaft   zu   popularisieren,"    auch    ersten    Universitäts- 
lehrern seit    einiger  Zeit   geschwunden  ist,   braucht   sich  der  ge- 
lehrte Oberlehrer    solcher  Tätigkeit    wohl    auch    nicht    mehr   zu 
schämen.     Auch    kann    diese  „Kunst"    doch    wohl    geübt,    ent* 
wickelt    werden,    wenn   der  Zweck   der  Sache  ein  so  guter  ist. 
Man     ist    sie    im    allgemeinen    noch  nicht    gewohnt,    wenigstens 
nicht    der  Anfänger   im  Lehramt,    dem    nichts  schwerer  fallt,  als 
einen   Stoff,    den    er    sachlich    durchaus  beherrscht,  nun  auch  in 
klarer  Form  vor  Schülern  mittlerer  und  oberer  Klassen  darzustellen, 
2.  B.  in  der  Geschichte.    Auch  die  Zurückhaltung,  die  manche  mehr 
ad  rein  gelehrte  Forschung  bedachte  Schulmänner  noch  gegen  die 
Khriftstellerische  Behandlung  von  Schulfragen,  didaktischen,  organi* 
satirischen,  schulgeschicbtlichen  u.  ä.  beobachten  —  als  wäre  das  so 
ftiras    wie  ein    unehrliches  Gewerbe  — ,  ist  nicht   mehr  gerecht- 
ffrttgi,  seit  auch  diese  Dinge  in  immer  methodischerer  Weise  be- 
faaodeU  werden;  sie  erfordern,  meine  ich,  umfassende  Sachkenntnis, 
Literaturstudium    und   Kritik    mindestens  in    gleicher  Weise    wie 
irgend  welche  Aufgaben  eines  engeren  Fachgebiets,  sind  aber  auch 
darum    oft  viel    dankbarer,   weil  es  gerade    hier    noch  zahlreiche 
SteÜRn    gibt,    die    bei    weitem    noch  nicht  so  erschöpft  sind,  wie 
gewisse    Fachgebiete,    in    denen    neue    Ergebnisse    von    wirklich 
bleibender  Bedeutung  schwer  zu  gewinnen  sind.     Solche,  die  auf 
anderen  Gebieten    gründliche  Arbeit    gewohnt    sind,    können  sich 
ein    wirkliches    Verdienst    erwerben,    wenn    sie    die  Solidität  der 
Forschung    auf  diese    Dinge    übertragen    wollten,    die    allerdings 
häufig  unter  dilettantischen  Versuchen    zn  leiden  haben,  sogar  in 
Zeitschriften,    deren    Überlegenheit    den    Programmen    gegenüber 
man  oft  gern  betont  hal^). 


^)  So  geschieht  es  z.  B.,  daß  gelehrte,  ao  grüodliche  Arbeit  gewb'hote 
Häaeer  mit  einer  gewisseo  Gcoagtaang  erklareo,  sie  lasen  „pädagogische 
Zeitsehrifteo  gniadsätzUch  nicht*'.  Ganz  unrecht  haben  sie  freilich  nicht 
(weoo  man  das  Kind  auch  nicht  mit  dem  Bade  aasscbütten  soll),  und  be- 
soaders  das  Rezensionswesen  (oder  besser  gesagt,  -Unwesen)  zeigt, 
scheint  mir,  in  manchen  dieser  Blätter  einen  Tiefstand,  der  kaum  noch  zu 
QDterbieteo  ist.  Ein  paar  allgemeine  RedeQsarten,  Anlesen  der  Vorrede, 
eioii^er  ans  dem  Zusammenhang  gerissener  Stellen,  ein  paar  wohlwollende 
oder  auch  absprechende  Bf»merkungen  —  and  die  Rezension  selbst  tüchtiger 
Werke,  die  ein  gewisses  Stadiam  erfordern,  ist  in  einer  Spanne  Zeit  fertig, 
die  io  Erstaunen  setzt.  Die  Verleger  drucken'  dann  einige,  wiederum  aus 
dem  Zosammenhaoge   (falls    ein    solcher   vorhanden  war)   gerissene    Stelleu 


278  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hl>h.  Schulen^ 

^)  Ich  meine  nun  aber  auch  nicht,  daß  der  Gesichtspunkt 
„Schule  undHaus'S  wenngleich  er  der  vornehmste  ist,  der 
einzige  sein  soll,  unter  dessen  Zeichen  in  Zukunft  das  Pro- 
gramminstitut zu  stehen  hätte.  Vielmehr  scheint  mir  auch  heute 
noch  wie  für  später  die  Meinung  des  preußischen  Organisators^) 
von  1824  und  1826  wie  der  österreichischen  von  1849  und 
1875  wie  1880  durchaus  zu  Recht  zu  bestehen,  daß  die  Ab- 
handlungen auch  für  Lehrer  und  Gelehrte,  was  ja  die  Lehrer 
an  höheren  Schulen  —  trotz  kurzlich  erfolgten  Widerspruchs  — 
zum  großen  Teile  doch  auch  sind,  eine  nQlziiche  Einrichtung 
sind,  d.  h.  also  Gelegenheit  auch  zu  rein  wissenschaftlichen  Publi- 
kationen geben  können,  ja  daß  sie  sogar  —  was  manche  vom 
Standpunkte  eines  übertriebenen  Standesbewußtseins  nicht  gern 
hören  werden  —  manchem  Lehrer  direkter  Anlaß  zu  wissen- 
schaftlicher Weiterarbeit  werden  dürften,  die  doch  wiederum  der 
Schule  zugute  käme,  zu  deren  hergebrachten  Einrichtungen  das 
Programm  gehört.  Ich  komme  auf  diesen  Punkt  noch  zurQck. 
Freilich  wird  man  m.  E.  auch  hier  heute  gut  tun,  die  Wissens- 
gebiete, bei  denen  ein  Zusammenhang  mit  der  Arbeit  der  Schule 
selbst  bei  weitlierzigstem  Standpunkte  nicht  mehr  zu  entdecken  ist, 
so  weit  auszuscheiden,  als  Veröffentlichungen  aus  ihnen,  besonders 
weniger  umfangreiche  (vgl.  den  Abschnitt  ß),  ebensogut  auch  an 
anderen  Stellen  erfolgen  können.  Nicht  zu  vernachlässigen  ist 
dabei  auch  ein  praktisch  -  finanzieller  Gesichtspunkt,  ich 
meine  die  Rucksicht  auf  die  Magistrale  der  vielen  kleinen 
Gemeinden,  die  vielleicht  williger  sind,  einen  Retrag  für  den 
Druck  einer  Abhandlung  in  angemessenen  Zwischenräumen  in 
ihren  Etat   einzustellen    —    besonders    bei    den  zahlreichen  An- 


zasammen  mit  eioigeo  Zeituogsaasschoitteo  ab,  uod  die  Durcbschoittileaer 
wissen  dqd  genau,  was  aie  voo  dem  Boche  zu  halten  haben,  und  braachen 
es  selbst  nicht  zu  lesen.  Glücklicherweise  gibt  es  auch  noch  Zeitschriften, 
philologische  z.  B.,  die  aaders  verfahren;  aber  das  sind  denn  oft  auch  Rezen- 
sionen, die  Wochen  oder  Monate  ernster  Arbeit  darstellen,  die  den  Kritikern 
gewöhnlichen  Schlages  nicht  zusagt.  Wilhelm  Scher  er,  glaube  ich,  sagte 
einmal,  mit  Temperament  wie  immer,  aber  m.  E.  durchaus  treffend  etwa  so 
(ich  weiB  nicht,  ob  die  Stelle  irgendwo  gedruckt  ist)i  „Ich  bekämpfe,  wo 
ich  kann,  die  rohe  Ansicht,  als  ob  Rezensionen  nur  für  den  Tag  geachrleben 
würden,  .  .  .  auch  Rezensionen  können  eine  Menschenseele  spiegeln,  wenn 
sie  im  Dienste  der  Wahrheit  und  Gerechtigkeit  geschrieben  sind*'.  Wie 
wenige  sind  das  heute!  Am  schwierigsten  ist  die  Aufgabe,  wenn  die 
Rezension  kurz  sein  moB,  aber  doch  die  Hauptaufgabe,  „ein  Bild  voo  dem 
besprochenen  Werke  zu  geben'',  erfüllen  soll.  Hier,  wo  es  darauf  ankommt. 
Wesentliches  herauszuheben,  den  Zosamnienhaug  zu  betonen,  in  den  da» 
Wark  gehört,  worin  sein  Fortschritt  (oder  auch  Röckschritt)  besteht  oder 
auf  welchem  Wege  dieser,  wenn  nicht  erreicht,  etwa  zu  suchen  würe, 
erkennt  man  am  ehesten,  ob  ein  gründlicher  Kenner,  der  die  Wahrheit 
sucht,  hinter  der  Sache  steht,  oder  ein  seichter  Gewerbetreibeoder,  der  oft 
noch  eine  Gönnerroiene  annimmt. 
1)  Vgl.  0.  S.  264,  Z.  10  V.  0. 


von  R.  Ullrieb.  279 

Stalten  i.  E.  — ,  wenn  sie  wissen  oder  einseben  lernen.  daB  Ab- 
handlungen   der  oben  (S.  274)  bezeichneten  Art  der  Schule  und 
ihrem  Interessenkreise    wirklich  etwas  zu  geben  haben,    wogegen 
man  es  ihnen    nicht  verdenken  kann,    daB  sie  sich  wehren,  Geld 
für   Arbeiten    zu  bewilligen,    die    tatsächlich  —  wie   selbst   vor- 
urteilslose Fachmänner  zugeben  werden  —  aus  diesem  Kreise  völlig 
herausfallen  (s.  a.  oben  &  198  und  S.  225).     Das  ging  vor  60  und 
30  Jahren  noch,  heute  gebt  es  nicht  mehr.    GroBe  Staaten,  auch 
größere  Städte,    können    und    sollen    in    diesen  Dingen    die  ver- 
schiedensten   Kräfte   frei    walten   lassen,    wofern    nur  ilberhaupt 
Tüchtiges  geleistet  wird,  und  sie  tun  es  auch,  wie  besonders  das. 
Beispiel  PreuBens,   Bayerns  und  Österreichs,  auch  mancher  Stadt- 
gemeinde,   besonders  Hamburgs,    zeigt;   da    kann    ein    jeder    zu 
seinem  Rechte  kommen,  der  Spezialarbeiter,  der  nur  der  Wissen- 
schaft   dienen    will    und    an    dem  Beifall    weniger   sich  genügen 
lassen  muB,  und  der  populäre  Darsteller,    der  auf  solider  Grund- 
lage weitere  Kreise    zu    interessieren    weiB,  und  in  der  größeren 
Menge    der    Produktion   gleichen    sich    die   Leistungen   der   ver- 
sdiiedenen  Arten  wieder  aus.     Eioer  kleinen  Gemeinde  dagegen, 
£e  oft  schon  Not   hat,    die    allerdringlichsten  Ausgaben    för  ihre 
höhere  Schule    zu   leisten,    muB   es    erwfioscht    sein,    wenn    die 
<»cgenstäDde    aus    einem  Gebiete   genommen  werden,    dessen  Be- 
äeotung  für    die  Schule   auch  schlichterem  Verständnis  nahe  ge- 
bracht werden  kann;   und  es  liegt  andrerseits,    eben  bei  der  Be- 
deutung,    welche    die    Sache    mindestens    für    einen    Teil     der 
Interessenten    hat,    sehr    viel  daran,    daB  gerade  die  kleinen  Ge- 
meinden dafür  gewonnen    oder  auch  wieder  gewonnen  werden. 
Es  ist  kein  erfreulicher  Zustand,    wenn  uns  in  dem  ersten  (vor- 
bereitenden) Teubnerschen  Verzeichnis   (s.  o.  S.  170  Nr.  2)  Jahr 
föT  Jahr    bei    zahlreichen    kleineren  Anstalten,    besonders   in  der 
Rheinprovinz,    immer   nur    das    lakonische  „Schulnachrichten"  in 
ganzen  Reihen  begegnet;  haben  die  Patrone  dieser  Schulen  sämt- 
lich  den  Sinn    für    die  Bedeutung    der  Sache   för  ihr  Publikum 
verloren,    oder    diejenigen,    die   in  erster  Linie  dafür  einzutreten 
berufen  wären,  die  Direktoren  dieser  Schulen  selbst?    Geht  man 
der  Erscheinung  auf  den  Grund,  so  wird  man  ihn,  meine  ich,  meist 
wohl  häufiger  im  Mißtrauen   gegen    eine  nützliche,    aber  vielfach 
eben  nicht  mehr  in    der  rechten  Form   behandelte  Sache  finden, 
gelegentlich    vielleicht   in    mangelnder  Kenntnis    ihres   wirklichen 
Nutzens,  als  etwa  in  finanzieller  Unfähigkeit.     Alle  Jahre  braucht 
es  ja  doch  nicht  zu  sein,  schon  mit  Rücksicht  auf  die  geringe  Zahl 
der  Lehrer  an  solchen  Anstalten. 

Nach  dieser   Erörterung   der   Bedeutung,    welche  die  Bei- 
lagen  zu    den    Jahresberichten    auch    in    Zukunft    noch    haben 
kdoneo,    in    erster  Linie   für   die  Beziehungen   zwischen  Schule 
UBil  Haus   (a  and  /?),    in   zweiter  für  Lehrer  und  Gelehrte  (r), 
gebe  ich    zur  Besprechung   des  Inhalts    über,    der  am  ehesten 


280  Profframmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hb'h.  Scholen, 

geeignet  sein  dürfte,  ihnen  diese  Bedeutung  je  nach  ihrer  Be- 
stimmung für  einen  Teil  dieser  Kreise,  nicht  selten  auch  für  alle, 
weiterhin  zu  sichern. 

b)  Zweckmäßiger  Inhalt. 

Es  kann  natürlich  nicht  die  Aufgabe  dieses  kurzen  Abschnitts 
sein,  diese  Frage  auch  nur  einigermaßen  erschöpfend  zu  be- 
antworten; es  könnte  einer  mit  Benutzung  der  ausgebreiteten 
Kenntnis  der  Programmliteratur  aus  Deutschland  und  Österreich, 
die  er  selber  hat,  unterstützt  durch  die  Programmverzeichnisse 
aus  alter  und  neuer  Zeit  (s.  o.  S.  109 — 118),  gefördert  durch  die 
zahlreichen  Programme,  die  er  selbst  im  Laufe  von  Jahrzehnlea 
gesammelt  und  gelesen  hat,  an  der  Hand  auch  der  reichen,  wohl- 
geordneten und  leicht  zugänglichen  Programmsammlung  seiner 
Schule  oder  einer  größeren  Bibliothek  ein  anschauliches,  durch 
möglichst  viele  individuelle  Züge  belebtes  Bild  von  Zielen  und 
Aufgaben,  wie  sie  hier  gelöst  worden  sind,  wie  sie  nicht  zu  lösen 
sind  und  wie  sie  in  Zukunft  gelöst  werden  können,  entwerfen  — 
recht  eigentlich  auch  eine  Aufgabe  für  eine  Programmabhandlung 
selbst,  die  sich  leicht  auf  melirere  Abschnitte  und  Jahre  verteilen 
könnte.  Ich  will  hier  nur  einige  Andeutungen  geben,  die  viel- 
leicht etwas  zur  Klärung  der  Sache  beitragen  können,  auch  auf 
manche  Desiderate  hinweisen,  die  sich  gerade  in  Form  einer  solchen 
Programmabhandlung,  und  zwar  hier  besser  und  zweckmäßiger 
als  an  jeder  anderen  Stelle,  erfüllen  lassen. 

a)  Zunächst  für  Schüler,  insbesondere  der  oberen,  vielleicht 
aber  auch  gelegentlich  schon  der  mittleren  Klassen.  Je  enger  die 
Abhandlungen  an  die  Arbeit  der  Schule  selbst  anknüpfen  können, 
um  so  besser.  Besonders  die  sogenannten  „ethischen**  Fächer 
(eigentlich  sind  das  alle!),  d.  h.  also  im  gewöhnlichen  Sinne 
Religion,  Deutsch^  Geschichte,  auch  wohl  Erdkunde,  wozu  die 
Heimatkunde  —  im  weitesten  Sinne  —  kommt,  können  Anlaß 
dazu  bieten.  Es  sind  die  Fächer,  welche  die  geringste  Stundenzahl 
haben  und  doch  wichtige  Aufgaben  geistiger  und  sittlicher  Bildung 
fördern  sollen.  Der  überreiche  Stoff  der  Kirchengeschichte,  der 
Geschichte  überhaupt,  der  deutschen  Literatur  und  Sprache  z.  B. 
kann  bei  der  knappen  Zeit  nicht  immer  so  eingehend  behandelt 
werden,  wie  der  für  sein  Fach  begeisterte  Lehrer  gern  möchte; 
Erläuterung  des  eigentlichen  Lehrstoffes  (ebenso  wie  bei  dem  Unter- 
richt in  den  klassischen  Sprachen)  durch  geeignete  Darstellungen 
aus  der  Kunst  —  in  vernünftigen  Grenzen  —  ist  notwendig  und 
nützlich,  erfordert  aber  doch  auch  wieder  eine  gewisse  Zeit,  wenn 
sie  fruchtbar  werden  soll.  Dazu  kommt  dann  noch  gerade  in  der 
Prima,  bei  den  Nichtvollanstaiten  in  der  Sekunda,  die  leidige  Röck- 
sicht auf  das  Examen,  bei  dem  doch  auch  ein  bestimmtes  Wissen 
präsent  liegen  soll.  Hier  bieten  neben  privater  Anregung  des 
Lehrers,    Benutzung  der  Schüler-  und  in  geeigneten  Fällen  auch 


voD  R.  Ullrich.  281 

der  Lehrerbibliolhek  durch  die  Schüler  die  ProgranunabhandluDgen 
mindestens  eine  geeignete  Unterstützung.  Und  sie  wird  dann 
durch  den  erfahrenen  Lehrer  in  der  Form  gegeben  werden,  die 
dem  Büdungsstande  und  der  Fassungskraft  der  Schöler  besser 
entspricht  als  die  Art  mancher  populären,  nicht  immer  auf 
ausreichender  Sachkenntnis  beruhenden  Darstellung,  die  ihnen 
nur  zu  leicht  irrige  oder  unklare  Vorstellungen  vermittelt,  oder 
selbst  rein  gelehrter  Werke,  an  die  sich  frühreife  Schüler  sehr 
gern  begeben,  ohne  ihnen  gewachsen  zu  sein.  Die  bekannte 
^,GymfuuialbihUothek'*^)  ist  schon  in  die  Lücke  getreten  und  hat 
sich  auf  diesem  Gebiete  manche  Verdienste  erworben;  aber  die 
Hefte  müssen  ebenso  wie  die  der  hier  auch  wohl  z.  T.  in  Betracht 
kommenden  Sammlung  „ins  Natur  und  GeistefweW^*)  doch  immer- 
hin gekauft  werden,  von  der  schwach  dotierten  Schülerbibliothek 
oder  den  Schulern  selbst,  während  sie  die  Beilagen  umsonst  er- 
hallen, die  im  besten  Sinne  aufklärend  wirken  können.  So  fürchte 
ich  z.  B.,  daß  für  die  nicht  leicht  kurz  darzustellende  synkretistische 
Bewegung  der  ersten  christlichen  Jahrhunderte  (Ebioniten,Gnustiker, 
Xaoicbäer),  die  für  das  Verständnis  der  Entwicklung  der  katholi- 
idien  Kirche  von  so  großer  Bedeutung  ist,  im  Unterricht  nur 
wenig,  manchmal  auch  gar  kein  Platz  sein  wird.  Abschnitte  der 
^echischen  Philosophie»  soweit  sie  das  Verständnis  der  Plato- 
^türe  fordern  können,  aus  den  Altertümern  u.  s.  f.  wären  weitere 
Iteeignete  Themata.  Besonderen  Wert  möchte  ich  aber  auf  die 
Weckang  und  Stärkung  des  Heimatgefühls  im  weitesten  Sinne 
legen,  einen  Gegenstand,  für  den  das  ja  auch  in  zahlreichen 
Sdialen  vorhandene  Buch  von  H.  Conwentz  (Nr.  147)  so  schöne 
Anr^ungen  geboten  *  bat.  Auf  dem  Gebiete  deutscher  Kunst, 
kirchlicher  wie  profaner,  Sprache  und  Sitte  kann  den  regsameren 
Schülern  vieles  geboten  werden,  was  ihnen  für  ihre  geistige  Rich- 
^^j  ja  für  ihr  ganzes  Leben  von  Nutzen  sein  kann,  wenn  die  An- 
regungen von  einer  kraftvollen,  mitten  in  der  Sache  stehenden 
Persönlichkeit  ausgehen.  Besonders  in  den  zahlreichen  Mittel-  und 
Kldnstädten  ist  Gelegenheit  dazu,  auch  in  manchen  Großstädten, 
in  denen  die  Schüler  und  leider  auch  viele  der  Erwachsenen  in 
der  Hast  des  Tages  an  Dingen  achtlos  vorübergehen,  die  zum  An- 
schauen, Nachsinnen    und  Eindringen    einladen.     Freilich    wissen 


')  Heraasfeg.  v.  Hoso  Hoffmaon,  Gütersloh,  C.  Bertelsmann,  bis  Ad* 
fas^  1907  schon  43  Hefte  (z.  T.  in  neuen  Anflageo);  die  neuesten  Hefte  be- 
treffen (41)  die  RtUgion  der  alten  Griechen  (Heinr.  Wolf),  1,50^,  und 
(43)  Schrates  (Edm.  Lange,  der  schon  Xenophon  vor  einigen  Jahren  be- 
haadelt  hatte;  vgl.  Jahreeb.  d.  Phü,  Fereint  XXX  [1904]  S.  89—93  ^  Z.  /'. 
d.  GfF.  LVllI)  1  JC\  von  den  früheren  Heften  ist  das  über  Die  römischen 
Greasanlagen  in  Deiäeehland  und  das  Limeskastell  Saalburg  von  Ernst 
Schulze  iörxlieh    in    2.  Auflage    erschienen   (1906;  VUI,  115  S.,    1,80^, 

Seb,  2,40  JC). 

1)  Krscheiot    bei   B.  G.  Tenbner  in  Leipzig,    schon    über   100  Bändchen 

(in  L«iaw.  je  1,25  JC^  in  Leder  2,50  M). 


282  Profframmwesea  und   Pro  f^rammbibliothek  d.  höh.  Schalen  , 

auch  manche  unserer  Kollegen  am  Nordpol  und  auf  den  Hoch- 
gipfeln  der  Alpen  oder  in  Sizilien  und  Tunis  besser  Bescheid  al» 
in  den  zahlreichen  Denkmälern  deutscher  Vergangenheit,  die  uns 
in  vielen  nnserer  älteren  Städte  entgegentreten.  Im  allgemeinen 
denke  ich  hier  weniger  an  die  Malerei,  deren  Verständnis  den 
jungen  Gemütern  in  der  Regel  noch  ferner  liegt,  als  an  die  ge- 
waltigen Zeugen  der  Architektur  in  Stadt  und  Land,  von  deren 
Größe  und  Bedeutung  ihnen  schon  eher  eine  Vorstellung  gegeben 
werden  kann.  Alte  Dome  (Aachen,  Mainz,  Vforms,  Speyer,  Lim- 
burg, Ulm),  Klöster  (Bebenhausen,  Maulbronn),  Ruinen  (be- 
sonders nicht  restaurierte)  von  Burgen,  Kapellen  und 
Klöstern  (Rheinfels,  Bacharach,  Heisterbach,  Chorin),  Rathäuser 
und  andere  Profan  bauten  (Braunschweig,  Hildesheim,  Roten- 
burg, Munster,  Lübeck,  Wismar,  Tangermünde),  mächtige  Tore 
(Stendal,  Neubrandenburg),  schöne  Brunnen  (Augsburg)  u.a.m.  — 
und  vieles  findet  man  ja  an  einigen  dieser  Orte  vereinigt  — 
können  die  Schüler,  auch  manche  Eltern  der  „gebildeten  Stände^** 
auf  diese  Weise  besser  kennen  lernen  als  aus  größeren  Kunst- 
geschichten, die  mit  ihrer  Fülle  von  Stoff,  so  trefflich  dieser  in 
sachlicher  Beziehung  sein  kann  und  in  mehreren  bekannten  Werken 
auch  ist,  jüngere  wie  ältere,  zunächst  unkundige  Gemüter  leichter 
verwirren  als  fördern,  auch  wohl  meist  mehr  durchblättert  al& 
wirklich  gelesen  werden.  An  kleinen,  abgeschlossenen  Bildern 
unserer  Vergangenheit,  die  unter  günstigen  Umständen  planmäßige 
Ergänzunf*en  nicht  ausschließen,  können  hier  den  Schulern  be- 
stimmte Merkmale  der  Entwicklung  in  einfacher  Weise  nahe  ge- 
bracht werden,  so  daß  die  spätere  Lektüre  größerer  Werke  ihnen 
wirklich  förderlich  werden  kann.  Allbekanntes  (Sanssouci^ 
Heidelberg  —  sachlich  und  räumlich  weit  getrennt)  oder  größere 
Mittelpunkte  (Köln,  Nürnberg,  Dresden,  München,  Wien,  Berlin) 
seien  nur  erwähnt,  um  zu  sagen,  daß  es  zweckmäßiger  scheint,, 
kleinere  Städte  oder  Einzelheiten  aus  ihnen,  die  manches  Alte 
und  Schöne  auch  noch  in  alter  Umgebung  zeigen,  zum  Mittel- 
punkte solcher  Darstellungen  zu  wählen  als  große,  die  mit  ihren 
oft  barbarischen  Gegensätzen  von  Alt  und  Neu  —  so  notwendig 
das  sein  mag  —  weit  eher  verwirren.  Manche  Lehrer  lassen  es 
sich  ja  schon  heute  nicht  nehmen,  ihre  Schüler  in  die  ein  Vielerlei 
vereinigenden  Kunstsammlungen  ihrer  Stadt  oder  —  noch  besser  — 
zu  den  genannten  Denkmälern  selbst  zu  führen,  ihnen  auch  im 
Unterricht  Photographien  zu  zeigen  und  zu  erläutern.  Aber  das 
kostet  viele  Zeit,  die  nicht  immer  vorbanden  sein  wird,  von 
anderen  in  der  Sache  liegenden  Schwierigkeiten  zu  schweigen. 
Auf  die  bezeichnete  Weise  kann  den  Schülern  manches,  was  sie 
im  Unterrichte  nur  gelegentlich  kennen  gelernt  haben,  noch  an- 
schaulicher gemacht  werden.  Dazu  gehören  z.  B.  auch  gewaltige 
und  spärliche  Reste  der  Römerzeit  (Trier,  Andernach,  Saal- 
burg, Koblenz),    die    Stätten,    an    denen    große   und   gute 


YOD  R.  Ullrich.  283 

Menschen    gearbeitet    haben    (Bonn,    Erfurt,    Wittenbergs 
Weimar),   das  reizvolle   Schwabenland,  in  dem  U bland  lebte 
und    webte,    mit   seinen  Bergen  und  Burgen,   Klöstern  und  alten 
Städten  und  Stüdtchen  und  der  ganzen  Fülle   geschichtlicher  Er- 
innerungen.   Und  auch  das  von  unseren  Landsleuten  des  Westens 
so  gern  verachtete  Ostelbien  hat  hier  manches  zu  bieten.    Für 
mich  wenigstens  gehört  eine  vor  Jahren  in  sonnigen  und  müden 
Oktobertagen  unternommene  Fahrt  nach  Danzig  mit  Oliva,  Marien* 
bürg,  Thorn,   Königsberg,  Tilsit,  Meroel,    der  Kuriscben   Nehrung 
and    deo    ostpreußiscben  Seen    zu  den    schönsten  Erinnerungen. 
DaB  solche  Darstellungen,    die  den  Schülern  das  aus  eigener  An- 
schauung Bekannte   ver:$ländhcher    machen,    oft    auch   das   ihnen 
dorcb    ihre  Lehrer  an   Ort    und  Stelle    bekannt  Gemachte,    aber 
z.  T.   wieder  Vergessene   oder    unklar  Gewordene  ins  Gedächtnis 
zurückrufen     und     in     Zusammenhang    bringen,    nützlich     sein 
können,    wenn  sie  in  der  rechten  Weise  gegeben  werden,    dürfte 
wohl    niemand    bezweifeln,    der   überzeugt  ist,   daß  kein  Schüler 
«iner  höheren  Lehranstalt  die  Hochscbule  beziehen  oder  in  einen 
praktischen  Lebensberuf  treten  darf,    ohne  wenigstens  etwas  von 
diesen  Dingen   vernommen  zu  haben,    die   ihm  Land  und  Leute, 
Sage,  Geschichte  und  Literatur  seines  Volkes  in   ihrer  Beziehung 
ir  Kunst  zeigen.     Und   mögen    die    reinen  Fachgelehrten    unter 
US  auch  scheel  sehen  und  vielleicht  eine  Profanierung  der  Wissen- 
sduft   wittern,    wir   dürfen  uns  nicht  irre  machen  lassen,    einen 
Weg  zu  verfolgen,  auf  den  die  ganze  Entwicklung  des  Frogramm- 
wesens    deutlich    genug  weist.     Man  sage  auch  nicht,    daß  es  an 
geeigneten  Kräften  fehle.     Sie  sind  da,  und  manches  Tüchtige  ist 
auf  diesem  Gebiete  schon  geleistet  worden^);  es  verfolge  nur  ein 
jeder  die  Programmliteratur  seines  Landes,  seiner  Provinz!     Und 
wen  diese  Dinge  einmal  ergriffen  haben,   den  lassen  sie  so  leicht 
nicht    wieder    los,    und    die  Schüler   sind    für   jede  Anregung  in 
dieser  Richtung,   wie  ich  aus  eigener  Erfahrung  weiß,    besonders 
dankbar.     Aber  es  bleibt  nocli  mehr  zu  tun  übrig;  die  Fülle  des 
Stoffes    ist    groß.     So   gehe  ans  Werk,    wer  immer  sich  berufen 
fühlt!     Und  wer  nicht,  bleibe  bei  anderem,  obgleich  gerade  jeder 
Lehrer    der  Religion,    des  Deutschen,    der  Geschichte    sich    eines 
wesentlichen  Teiles    seiner    Einwirkung    auf   die   Schüler    begibt, 
wenn  er  nicht  versucht,  nähere  Fühlung  auch  mit  solchen  Stoffen 
zu  gewinnen.    Daß  derartige  Arbeiten  mit  wenigen,  aber  gut  aus- 
gewählten   und    hergestellten   Abbildungen    in    möglichst   großem 
Maßstäbe  auszustatten  sind,  ist  selbstverständlich.    Zu  schwer  sind 
sie  ja  nicht  zu  beschaffen,  jedenfalls  leichter  als  die  in  den  zahl- 
reichen —  übrigens  von  mir  hochgeschätzten  (s.  u.)  —  Beschrei- 


^)    Däti    Verceichnis    antgewäblter    Programme,    dos    in    Ab- 
sehoitt  C   dieses  Teiles  gegebeo  ist,   wird    dem  Leser  auch  für  diese  Stoffe 
mmnebea  Beitrag  bieten. 


284  Programm  Wesen  and  Programmbibliothek  d.  höh.Schaleo, 

buDgen  voD  Schulbauten,  die  besondere  Aufnahmen  erfordern. 
Sind  die  Schüler  an  den  betr.  Orten  oder  in  ihrer  Nähe  selbst 
heimisch,  um  so  besser;  aber  auch  auswärtige,  sogar  manche 
Lehrer,  können  durch  solche  Darstellungen  wohl  angeregt  werden, 
teils  daß  sie  Dinge,  die  ihnen  selbst  noch  weniger  geläufig  waren, 
kennen  lernen,  teils  daß  sie  veranlaßt  werden,  sich  nun  ein- 
gehender damit  zu  beschäftigen  und  auf  ihrem  Lokalgebiet  sich 
an  ähnlichen  Leistungen  zu  versuchen.  Wollen  die  Verfasser,  die 
sich  auf  bestimmten  Gebieten  als  wirkliche  Forscher  fühlen,  aufser 
der  Kunst  eigenartiger  Darstellung  des  von  Fachmännern  erar- 
beiteten Materials  auch  neue  Ergebnisse  eigener  Studien  bieten, 
80  steht  dem  in  der  Form  von  Anhängen,  Anmerkungen^),  Ex- 
kursen ja  nichts  im  Wege. 

Auch  Schülerreisen  möchte  ich  in  diesem  Zusammenhange 
nicht  unerwähnt  lassen.  Ich  meine  freilich,  daß  sie  nicht  aus- 
schließlich oder  vorneb miich  als  Turnfahrten  aufzufassen  und  <lem- 
gemäß  nur  in  die  deutschen  Mittelgebirge  zu  lenken  seien  (bis  in 
die  Alpen  sollten  sie  sich  für  norddeutsche  Schüler  überhaupt 
nicht  erstrecken),  sondern  in  geeigneten  Fällen  auch  durch  Wande- 
rungen durch  einen  kleinen  Kreis  deutscher  Städte,  z.  ß. 
der  oben  (S.  282)  genannten,  wohl  zu  ersetzen  sein  möchten. 
Für  Rom  und  Neapel  sind  junge  Leute  von  18  Jahren  noch  nicht 
reif  genug,  so  gut  auch  die  Absicht  bei  solchen  Reisen  war  und 
so  sachkundig  sie  von  einem  ausgezeichneten  Gelehrten  geleitet 
worden  sind^);  und  wie  viele  gerade  der  Besten  müssen  da  zurück- 
bleiben! Reisen  der  genannten  Art  sind  einfacher,  nicht  so  an- 
strengend, wegen  des  Maßes  der  Eindrücke  weniger  verwirrend 
und  vor  allem  billiger;  3 — 4  Tage,  im  Höchstfall  und  unter  be- 
sonders günstigen  Umständen  auch  wohl  einmal  eine  ganze  Woche, 
scheinen  mir  das  richtige  Maß,  die  Herbstferien  oder  gelegentlich 
(besonders  in  West-  und  Süddeutschland)  auch  wohl  schon  die 
Osterferien  die  geeignetste  Zeit,  dem  üblichen  Pfingsttermine  mit 
all  seinem  Trubel  und  den  nicht  immer  erfreulichen  Bildern  weit 
vorzuziehen.  Die  Zahl  der  Teilnehmer,  die  nicht  zu  groß  sein 
darf,  wird  sich  ja  auch  hier  in  mäßigen  Grenzen  halten;  aber  es 
ist  andrerseits  leichter,  eine  Teilung  vorzunehmen,  als  bei  jenen 
unter  erheblichen  Kosten  (trotz  aller  Ermäßigungen)  unternommenen 
Auslandsfahrten,  bei  denen  auch  —  ganz  abgesehen  von  den  oben 


^)  Über  Zweck  uod  Methode  der  AomerkuDgeD,  wie  sie  sein  sollen 
und  wie  nicht,  haben  wir  kürzlich  von  eioem  Forscher  ersten  Ranges,  der 
sich  ihrer  in  seinen  g^roßen  wissenschaftlichen  Werken  in  ausg^iebig^er  Weise 
bedient  hat,  lehrreiche  Fingerzeige  erbalten,  von  dem  neuen  Generaldirektor 
der  Kgl.  Bibliothek  zu  Berlin  Ad.  Harnack;  vgl.  ZibLf.  Bibliotheksw.  XXIII 
(1906)  S.  518. 

^)  Vgl.  z.  B.  Ernst  Herr  mann,  Eine  Schälerreise  nach  Rom,  Progr, 
Berlirij  Prinz  Hdnr.-G.  1900.  36  S.,  übrigens  für  Lehrer,  die,  ohne  Fach- 
gelehrte zu  sein,  nach  Rom  gehen  wollen,  eine  nützliche  Anregung. 


voD  K  Ullrich.  285 

angeführten  Gründen  —  die  Verantwortung  für  den  oder  die  be- 
gleitenden Lehrer   eine  viel  zu  groBe  isL     Verlauf  und  Ergebnis 
geben  wieder  einen  dankbaren  Stoff  für  ein  Programm,  den  Teil- 
oehmern  zu  dauernder  Erinnerung  auch  in  späten  Tagen,  denen, 
die    nicht    dabei  waren,    zur  Erweckung  der  —  hier  ja  nicht  so 
schwer    zu   befriedigenden  —  Lust,    Eltern    zur  Freude  und  Be- 
lehrung, Lehrern,  die  es  noch  nicht  versucht  haben,  zur  Anregung 
Qod     vielleicht    zur    Nachahmung.      Für    den    deutschen    Aufsatz 
brauchen    solche  Reisen   übrigens  nicht  unbedingt  ausgebeutet  zu 
Verden!     Bei  den  Wanderungen  durch  alte  Städte,   Braunschweig 
z.B.,    können   auch  Freunde   der  Volkskunde,    der   Sprache, 
ihrer    Bedeutung    und    Entwicklung,   ihre  Rechnung  linden, 
ho  an  den  Straßennamen,    ein  Gegenstand,    dem    erst  kürz- 
lich (in  Gestalt  einer  Lehrprobe)  eine  anziehende  Betrachtung  zu- 
teil geworden  ist^).     Auch  hier  bieten  sich  wieder  dankbare  Auf- 
gaben für  Programme,  in  Anknüpfung  an  sprachliche  Erläuterungen 
un  Dnterricht  und  zu  ihrer  Ergänzung  über  wichtige  Seiten  deut- 
kben   Volkstums   ausführlicher    zu    handeln.      Daß    die   Natur- 
viuenschaften  nicht  ausgeschlossen  bleiben  dürfen,  ist  selbst- 
Tfrsilndlich ;  Geologisches,  Flora  und  Fauna  geben  eine  Fülle  von 
^en  an  die  Hand,  die  auch  schon  oft  in  Form  von  Programmen 
iaallgemein  verständlicher  Form  bebandelt  worden  sind;  da  ich  hier 
Btcht  Fachmann  bin,  muß  ich  es  andern  überlassen,  sich  darüber 
ZB  äußern,  möchte  aber  —  um  Mißverständnissen  vorzubeugen  — 
mdrücklich    erklären,    daß   sie  mir  für  den  bezeichneten  Zweck 
ebenso  geeignet  erscheinen  wie  die  oben  austuhrlicher  behandelten, 
die  mir  nach  persönlicher  Erfahrung  näher  liegen. 

ß)  Wie  soll  nun  der  Inhalt  der  Beilagen  beschaffen  sein, 
Qffl  auch  den  Eltern,  den  „gebildeten'',  die  jene  Verfügung  vom 
Jabre  1824  im  Auge  hatte,  wie  denen  aus  dem  Mittelstände,  die 
das  Gros  der  Schülereitern  bilden,  und  überhaupt  dem  „Publikum'* 
Dod  „weiteren  Kreisen"  etwas  zu  geben,  das  ihr  Interesse  „am 
öffentlichen  Unterricht'*  wecken  und  dauernd  erhalten  kann?  Wer 
^ie  (in  bezug  auf  die  Jahresberichte  geäußerte)  Ansicht 
Stemplingers  teilt  (a.a.O.,  Nr.  148,  S.  12) :  „daß  sich  das 
große  Publikum,  auch  die  Masse  der  Eltern  für  die  Einrichtungen 
der  Schule  interessiert....,  kann  nur  ein  unverbesserlicher  Optimist 
glauben'*,  wird  freilich  am  besten  tun,  jeden  Versuch  aufzugeben, 
der  die  Anbahnung  und  Festigung  eines  gedeihlichen  Verhältnisses 
zwischen  Schule  und  Haus  bezweckt.  Gewiß  wird  gute  Absicht 
hier  oft  verkannt,  auch  Vertrauen  getäuscht  (übrigens  nicht  bloß 
von  Seiten  der  Eltern);  das  wird  aber  die  „unverbesserlichen 
Optimisten**  unter  den  Lehrern,  zu  denen  sich  auch  der  Verfasser 


')  Vfl.  0.  Schütte  (BraoDschweig).  Eine  VertretDOgfsstaode  in  Prima, 
Ltkrpnben  u,  Lehrgänge  XXIII  (1907,  Heft  2  —  der  gaozeo  Reihe  H.  91) 
S.  7d-7U. 


286   Programmweseo   aod  Prof^rammbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

dieser  Abhandlung  rechnet,  niemals  abhalten  dürfen,  ihrerseits 
pflichtgemäß  und  aus  Oberzeugung  den  notwendigen  Zusammen- 
hang zwischen  den  beiden  wichtigen  Faktoren  einer  methodischen 
Jugenderziehung  aufrecht  zu  erhalten.  Ein  wesentliches  Mittel  der 
Verständigung  werden  ja  die  (auch  von  Heinr.  Müller  a.  a.  0. 
S.  12,  25  fl'.  besonders  hervorgehobenen)  mündlichen  Unter- 
redungen zwischen  Lehrern  und  Eltern  bleiben,  die  bei  den 
vielen  Anstalten,  die  eine  größere  Zahl  nicht  einheimischer  Schüler 
haben  (vgl.  o.  S.  274),  leider  schon  durch  Korrespondenzen  er- 
setzt werden  müssen.  Die  mündlichen  Verhandlungen,  die  übrigens 
erfahrungsmäßig  meist  nur  an  bestimmte  ,,Fälle"  anknüpfen  oder 
einige  Wochen  vor  der  Versetzung  sich  mehren,  können  in  kleineren 
Orten,  wo  ortsansässige  Eltern  mit  Lehrern  auch  persönlichen,  oft 
freundschaftlichen  Verkehr  pflegen,  gleichwohl  von  den  erfreulich- 
sten Folgen  begleitet  sein;  in  größeren  Städten  haben  sie  an  den 
weiten  Wegen,  dem  Umfang  der  Tätigkeit  der  Lehrer  und  auch  der 
Zeit  der  doch  auch  ihrem  Berufe  nachgehenden  Eltern  ihre  natür- 
lichen Grenzen,  die  auch  dem  schriftlichen  Verkehr,  selbst  wenn 
er  von  den  betr.  Lehrern  gern,  häufig  und  ausführlich  gepflegt 
werden  sollte,  überall  eigen  sind.  Man  ist  ja  neuerdings  auf  die 
verschiedensten  Mittel  gekommen,  die  Eltern  allgemeiner  für  die 
Schule  zu  interessieren  —  ein  deutliches  Zeichen  übrigens,  daß 
ein  Bedürfnis  doch  wohl  vorliegen  wird;  Vorträge  von  Lehrern 
sind  zu  diesem  Zwecke  gehalten  worden  (s.  o.  S.  275),  man  hat, 
zunächst  in  Volksschulkreisen,  „Elternabende*'  veranstaltet,  mit 
anschließender  „Diskussion**,  ja  es  sind  ernstlich  Vorschläge  ge- 
macht worden  (auch  ausgeführt?),  den  Eltern  den  Zutritt  zu  den 
Schulklassen  zu  gestatten,  damit  sie  aus  eigener  Anschauung  die 
Art  des  Unterrichts  kennen  lernen  —  Maßnahmen,  die  zum  Teil 
unzweckmäßig  und  undurchführbar  sind,  zum  Teil  auch  wieder 
einen  großen  Teil  der  Eltern,  nämlich  die  auswärts  wohnenden, 
nicht  berücksichtigen.  Daß  die  Tageszeitungen  aus  dem  gleichen 
Grunde  für  den  bezeichneten  Zweck  nur  eine  beschränkte  Be- 
deutung haben,  gerade  für  die  Eltern  der  betr.  einen  Anstalt,  ist 
schon  oben  gezeigt  worden  —  selbst  für  den  Fall,  daß  die  auf- 
klärenden Artikel  von  Lehrern  verfaßt  sind.  Was  aber  dabei 
herauskommt,  wenn  in  Zeitungen  und  belletristischen  Zeitschriften 
{auf  die  M  üller  a.  a.  0.  S.  22  hinweist)  das  E^ublikum  von  anderen 
über  Schulverhältnisse  „aufgeklärt**  wird,  können  wir  leider  noch 
täglich  feststellen,  wenn  wir  lesen,  wie  solche,  die  vor  dreißig  oder 
mehr  Jahren  einmal  ungern  auf  der  Schulbank  gesessen  haben, 
ihre  „Erfahrungen*'  von  damals  über  den  ,, geisttötenden  Betrieb 
der  Grammatik**,  oder  die  , .veraltete  Methode**  des  neusprachlichen 
Unterrichts  zum  besten  geben  oder  sich  beklagen,  die  Zöglinge 
höherer  Schulen  wüßten  in  den  „Schlachten  der  Griechen  und 
Römer  genau  Bescheid'*,  erführen  aber  ,.so  gut  wie  nichts  von  der 
neueren  Geschichte'*.    Solche  Belehrungen,  die  sogar  nicht  selten 


von  R.  Ullrich.  287 

von  sehr  angeseheoeo  Blättern  aufgenommen  werden  und  mit  dem 
Ansprach    auftreten,    den  heutigen  Betrieb  des  höheren  Unter- 
richts   darzustellen,    stiften    hei  dem  Durchschnitt  des  Publikums 
heillose  Verwirrung.      Behörden,    Lehrer    und    alle,    die   wirklich 
Freunde    der  Schule   sind    und    an  ihrem  Wohl  ernsthaft  Anteil 
nehmen,  haben,  meine  ich,  dringendes  Interesse  daran,  daß  solchen 
verkehrten,  die  tatsächlichen  Verhältnisse  auf  den  Kopf  stellenden, 
aber  gleichwohl   gern  geglaubten  Kritiken  dadurch  die  Spitze  ab- 
gebrochen wird,  daß  die  Schule  diese  „aufklärende'*  Aufgabe  auch 
außerhalb  ihres  unmittelbaren  Wirkungskreises  in  geeigneter  Form 
und  an  geeigneter  Stelle  so  weit  selbst  in  die  Hand  nimmt,  als  es 
die  Verhältnisse   nur   irgend   gestatten.     Wo  aber  wäre  dazu  ein 
geeigneterer  Ort  als  in  den  Beilagen  zu  den  Jahresberichten,    die 
allen  Eltern  der  betr.  Schule  (vgl.  o.  S.  275)  in  die  Hand  gegeben 
werden  können  und  sollen?    Einige  Stoffe  mehr  allgemeiner  Art, 
die  sich  für  diesen  Zweck  eignen,  sind  schon  oben  berührt  worden 
iS.  274).     Man    kann    aber,    im    wesentlichen    im  Sinne  des  un- 
leoannten    österreichischen    Berichterstatters^)    vom    Jahre    1905 
(s.o.  S.  272),    wohl    noch    einen     Schritt    weiter    gehen.      Die 
Speziallehrpläne   einzelner    Anstalten,    die   in  neuerer  Zeit  in 
M  großer  Zahl    erschienen,    aber    in    der  Regel    für  Lehrer  be- 
redinet  sind  und  in  dieser  Beziehung  ganz  gewiß  viel  fruchtbare 
iaregung  geben,  können    im    ganzen   wie  für  einzelne  Fächer  in 
aner  besonderen  Ausgabe    so    gefaßt    werden,    daß  sie  auch 
Eltern  Ton  gewissem  Bildungsniveau  im  Interesse   ihrer  die  betr. 
Schule  besuchenden  Kinder  (Knaben  wie  Mädchen)  einen  gewissen 
Aohait  bieten.     Die   amtlichen,    mit    methodischen    Anweisungen 
fir  Lehrer  ausgestatteten  Lehrpläne,  deren  Ankauf  z.  B.  H.  Möller 
(a.  a.  O.  12)  den  Eltern   empfiehlt,   sind   für   diesen  Zweck    ganz 
ungeeignet.     Und  mindestens   sehr  vieles  von  dem,    was  sachlich 
über  diese  hinausgeht  und  von  dem  genannten  Verfasser  (a.  a.  0.) 
„sozusagen    als    Geschäftsgeheimnis''    angesehen    wird,    ist    dies 
keineswegs,    wie   schon   die   zahlreichen,  z.  T.  sehr  ausführlichen 
and  allgemein  zugänglichen    gedruckten  Speziallehrpläne  einzelner 
Anstalten  zeigen.     Wer   längere  Zeit  Lehrer  ist  und  sein  Eltern- 
publikum    einigermaßen    kennt,    weiß,    daß    sich    darunter   nicht 
wenige  ehrgeizige,    auf  nachhaltige  Förderung  ihrer  Kinder  trotz 
beschränkter  Mittel  eifrig  bedachte  Elemente  befinden,  z.  B.  in  den 
Kreisen    der    mittleren  Beamten   und  Volksschullehrer,    die  einen 
großen    Teil    ihrer    freien    Zeit    darauf    verwenden,    mit    ihren 
Kindern  zu  arbeiten.   Ihnen  würde  es,  meine  ich,  nicht  unerwünscht 
sein,   über  Ziel    und    Methode    einzelner    Fächer,    besonders    für 
untere  und  z.  T.  auch  noch  für  mittlere  Klassen,  im  Zusammen- 
hange und  ausführlicher  aufgeklärt  zu  werden,  als  dies  gewöhnlich 


^)  Vgl.  aoeh  die  hierher  gehörigen  Bemerkani^eo  mehrerer  Redaer  auf 
der  11,  sMuisehen  Direktoren- Fersanmdung  von  1837  (Nr.  113). 


288   Pro^rammwesen  nod  Programmbibliothek   d.  hob.  Schalen. 

auf  möndlicbem  oder  schriftlichem  Wege  geschehen  kann,  be- 
sonders eben  in  größeren  Städten  (s.  o.)  Der  Anfangsunterricht 
im  Lateinischen,  im  Französischen  und  Englischen,  gelegentlich 
auch  wohl  der  im  Griechischen,  för  den  die  Lehrer  in  Zeit- 
schriften wie  in  Programmbeilagen  so  zahlreiche  Anregungen 
finden,  könnte  für  die  eben  bezeichneten  Kreise  recht  frucht- 
bringend dargestellt  werden;  der  einheitliche  Betrieb  des  Rechen- 
unterrichts in  den  unteren  Klassen  —  es  soll  immer  noch  vor- 
kommen, daß  die  kleinen  Männer  bei  jährlichem  Wechsel  des 
Lehrers  umlernen  müssen  —  kann  Anlaß  zu  ähnlicher  Be- 
arbeitung werden;  und  so  wird  es  noch  zahlreiche  andere  ge- 
eignete Slofie  geben.  Die  Arbeit  ist  nicht  leicht  und  erfordert 
ebensoviel  Erfahrung  wie  Geschick,  ist  aber  doch  wohl  im  Hin- 
blick auf  den  Nutzen  in  hohem  Grade  lohnend.  Sie  könnte  dazu 
fQhren,  auf  die  notwendige  Unterstützung  des  Hauses  bei  der 
Arbeit  von  Kindern  mittlerer  Begabung  segensreich  einzuwirken, 
könnte  verhindern,  daß  der  Schulunterricht  durch  zwar  gut  ge- 
meinte, aber  ohne  Zusammenhang  mit  der  methodischen  Arbeit 
des  Lehrers  in  der  Klasse  geleistete  Hilfe  des  Hauses  beein- 
trächtigt wird;  auch  dem  vielfach  von  ungeeigneten  Kräften  er- 
teilten, zur  Überlastung  der  Schuler  führenden  und  darum  schäd- 
lichen Privatunterricht,  zu  dem  als  letztem  Rettungsanker  so  gern 
Zuflucht  genommen  wird,  kann  wirksamer  entgegengearbeitet 
werden,  wenn  die  Eltern  von  wirklich  sachkundiger  Seite  über 
das  von  ihren  Kindern  Geforderte  so  ausführlich  wie  möglich  auf- 
geklärt werden.  Schwieriger  und  nicht  ohne  Bedenken  ist  es, 
bestimmte  allgemeinere  Fragen  der  Erziehung,  der  Disziplin  u.  ä. 
in  Programmbeilagen,  die  doch  auch  in  die  Hände  von  Schülern 
kommen,  für  Eltern  in  aufklärendem  Sinne  so  zu  behandeln, 
daß  sie  ein  nützlicher  Beitrag  zur  gemeinsamen  Erziehung  der 
Jugend  durch  Schule  und  Haus  werden  können.  Daß  sie  möglich 
sind,  wird  man  aber  nicht  leugnen. 

Man  sieht,  für  die  Beilagen  zu  den  Jahresberichten  ist  hier 
noch  ein  weites,  bisher  wenig  beackertes  Feld  oflen.  Die  Arbeit, 
die  auf  diesem  Wege  in  der  bezeichneten  Richtung  geleistet  werden 
kann,  steht  an  Wichtigkeit  für  die  möglichst  vollkommene  Lösung 
der  Aufgaben  der  Schule  in  Verbindung  mit  dem  Hause  der 
rein  wissenschaftlichen  Tätigkeit,  der  gleichwohl  auch  au  dieser 
Stelle  ihr  Recht  gewahrt   bleiben  soll  (s.  o.  S.  278),  nicht  nach. 

Berlin-Pankow.  Richard  Ullrich. 


Der  Schluß  folgt  in   einem   demnächst  zur  Ausgabe  gelangenden 

Supplementhefte. 


ERSTE  ABTEILUNG 


ABHAKDLUNQEN. 


Die  Bewegungefreiheit  in  den  Oberklassen. 

Welches  Maß  von  Freiheit  d.  h.  you  freiem  SelbstbestimniuDgs- 
recbt  einein  Volke  zu  gewähren  ist,  hängt  oflenbar  von  dem  Grade 
der  politischen  Keife  ab,  die  es  besitzt.  Ganz  ebenso  wird  die 
Intacheidung,  wieviel  Freiheit  dem  einzelnen  Menschen,  mag  er 
cn%hsen  oder  unerwacbsen  sein,  gestattet  werden  darf,  sich  nach 
^n  Urteil  richten»  wieweit  seine  sittliche  Reife  gediehen  ist,  die 
eiies  vemönftigen  Gebrauch  des  kostbaren  Gutes  verbilrgt 
Gtvifi  hat  Homer  recht,  wenn  er  dem  welterfabrenen  Odysseus 
te  Wort  in  den  Hund  legt: 

^f^i<fv  yao  t'  aQST^g  anoaiwtctk  svQvona  Zsvg 

Denn    die    volle  Kraft   des  Mannes   entfaltet  sich  erst  dann, 
veoD   er    das  Ziel    seiwis  Sirebens  sich  selbst  stecken  kann  und 
freie  Bahn   vor  sich  sieht.     Aber  die  Freiheit  gleicht  der  Sonne, 
welche  zwar  den  Sobeß  der  nahrungspendenden  Erde  aufschließt, 
aber   auch    die  Fieberdünste  hervorruft,   die  alles  Leben  ertöten. 
Wollen    wir    uns  ihrer  segansvollen  Wirkung  versichern  und  die 
verderbliche  fernhalten,  so  gibt  uns  die  Erfahrung  nur  ein  Mittel 
ao  die   Hand,   das   ist   die    Erziehung    zum   sittlichen  Charakter. 
<^ebört  die  Freiheit  zu  den  unveräußerlichen  Menschenrechten,  so 
^ört    die  Erziehung  zu  den  unumgänglichen  Menschenpflichten. 
Denn    die  Erziehung   ist  nichts  anderes  als  die  Heranbildung  der 
Fähigkeit,    die    Freiheit   in  richtiger  Weise  zu  gebrauchen.     Wer 
so  Tiel  Selbstbeherrschung,  so  viel  Verantwortungsgeffihl  sich   zu 
e^en    gemacht   hat,    daß    er  die  Zügel  seiner  Seelenrasse  selbst 
in  die  Band  zu  nehmen  und  den  rechten  Weg  stets  zu  erkennen 
rermag,  der  ist  dem  Erzieher  entwachsen  und  für  die  Freiheit  reif. 
Aber   diese  Fähigkeit  entsteht  nicht  wie  die  gewappnet  aus  dem 
Haupte    des   Zeus    springende  Athene,   sondern  wächst  ganz  all- 
mählich   und    unmerklich.     Und    daraus  ergibt  sich  für  den  Er- 
zieher eine  der  schwierigsten  Aufgaben,  nämlich  die  Feststellung, 
wieviel  Freiheit   dem  Zögling  auf  jeder  Entwicklungsstufe  zu  ge- 
währen Ist     Wendet  er  sich  mit  einer  Aufrage  an  die  theoretische 
Erziehongslefare,  so  erfährt  er  nur  den  allgemeinen  Grundsatz,  daß 


290  Die  Bewegangsfreiheit  io  dco  Oberklassen, 

auf  jeder  Stufe  dem  Grade  der  Selbstbestimmungsfähigkeit  des 
Zöglings  auch  das  Maß  des  Selbslbestimmungsrechtes  ent- 
sprechen muß  und  daß  es  ein  Fehler  der  Erziehungsmethode  ist, 
wenn  sie  dem  Zögling  nicht  ao  viel  Freiheit  zugesteht,  wie  er  ver- 
tragen kann,  und  auch  ein  Fehler,  wenn  er  mehr  erhält,  als  ihm 
dienlich  ist.  Aber  die  Fixierung  der  aufsteigenden  Linie,  in  der 
sich  die  Gewährung  der  Freiheit  bewegt,  und  insbesondere  die 
Beurteilung  des  einzelnen  Falles  ist  Sache  des  praktischen 
Pädagogen. 

An  diesem  Punkte  nun  setzt  die  neueste  Bewegung  in  der 
Schulpädagogik  ein  mit  der  Behauptung,  daß  in  den  Oberklassen 
der  höheren  Lehranstalten  das  Selbstbestimmungsrecht  der  Schüler 
hinter  den  gesunden  Forderungen  zurückbleibt.  Die  den  Primanern 
gewährte  Freiheit  siehe  mit  ihrer  sittlichen  Reife  nicht  in  richtigem 
Vt^rhältnis.  Der  Arbeilszwanj^,  der  auf  der  unleren  und  mittleren 
Slufe  wohl  am  Platze  sei,  wirke  auf  der  Oberstufe  einengend  und 
niederdruckend,  hindere  eine  freie  Entfaltung  der  Geisteskräfte 
und  lasse  Lust  und  Liebe  zur  Sache  nicht  aufkommen.  Daher 
kämen  die  jungen  Leute  sittlich  und  intellektuell  unreif  auf  die 
Universität,  intellektuell,  weil  sie  nicht  gelernt  hätten,  selbständig 
sich  in  eine  wissenschaftliche  Frage  zu  vertiefen,  sittlich,  da  sie 
nicht  wußten,  was  sie  mit  der  ihnen  plötzlich  in  den  Schoß  ge- 
worfenen Freiheit  anfangen  sollten,  und  deshalb  entweder  scheiterten 
oder  wenigstens  eine  kostbare  Zeit  vergeudeten,  ehe  sie  ihr 
Schifflein  ins  rechte  Fahrwasser  brächten.  Daher  empfehle  es 
sich,  in  Erziehung  und  Unterricht  die  SchOle  der  Oberstufe  an 
ein  freieres,  d.  h.  ein  mehr  auf  eigene  Verantwortung  gestelltes 
Leben  zu  gewöhnen  und  dadurch  einen  leichteren  Obergang  zur 
Universität  anzubahnen. 

Jeder,  der  in  der  Praxis  steht,  wird  den  Pädaf^ogen,  welche 
diese  Fragen  angeregt  haben,  Wilhelm  Mfincb,  Adolf  Matthias, 
Friedrich  Paulsen,  Dank  wissen.  Und  der  Widerhall,  den  sie  über- 
all gefunden  haben  und  der  gewiß  in  den  Lehrerzimmer  noch  weit 
lebhafter  ist  als  in  der  Offen llichkeit,  darf  als  Beweis  dafür  gelten, 
daß  die  Zeit  zu  der  Fragestellung  gekommen  war.  Selbst  dann, 
wenn  von  den  geplanten  Reformen  keine  einzige  allgemein  an- 
erkannt und  eingeführt  werden  sollte,  ist  doch  mit  Sicherheit  an- 
zunehmen, daß  die  gepflogenen  Erörterungen  auf  das  innere  Schul- 
leben, auf  den  Verkehr  zwischen  Lehrern  und  Schülern  und  das 
Unterrichtsverfahren  in  den  Oberklassen  einen  heiUamen  Einfluß 
ausüben  werden.  Im  Grunde  ist  ja  dies  auch  das  Wichtigere; 
denn  von  jedem  Organismus  gilt  das  Wort  Wallensteins : 

Es  ist  der  Geist,  der  sich  den  Körper  baut. 

Dies  zu  betonen,  scheint  heute  nicht  ganz  überflüssig  zu  sein, 
weil  man  aus  der  sich  überstürzenden  Hast,  mit  der  Neu- 
gestaltungen geplant,  empfohlen,  erprobt  werden,  den  Eindruck  ge- 
winnt, als  ob  die  Form  gegenüber  dem  inneren  Leben  überschätzt. 


von  A.  Busse.  291 

d\&  ob  das  Was  gegenüber  dem  Wie  zu  stark  in  den  Vordergrund 
gerückt  werde.  In  der  Tat  unterliegen  denn  auch  die  organisa- 
torischen Änderungen,  welche  bei  den  Erörterungen  der  zwang- 
loseren Gestaltung  des  Unterrichts  vorgeschlagen  worden  sind, 
manchen  Bedenken,  während  die  Anregungen,  die  auf  eine  freiere 
Entfaltung  der  geistigen  und  sittlichen  Kräfte  unserer  Schüler 
hinzielen,  freudige  Zu;»tinimung  verdienen  und  gefunden  haben. 

Da    ist   zunächst  auf  die  Einführung  der  freien  Studientage, 
der  „Ausschlafetage'*,    von    Paulsen^)    hingewiesen,    wie    sie    in 
Schulpforta    und    manchen    deutsclien    Universitätsstädten,    z.  B. 
in  Tubingen,    üblich   waren    und   heute   in    Frankreich    an    den 
höheren  Lehranstalten  allgemein  eingeführt  sind.    Dieser  Gedanke 
gebt  weit  über  das  Ziel  hinaus.     Sollten  wirklich   unsere  Schüler 
reif  sein    für   eine  Einrichtung,    die  selbst  die  Universitäten  ab- 
gescbafll  haben?    An  Alumnaten,  wo  genügende  Organe  zur  Be- 
lofsichtigung   vorhanden    sind,   mag   es    noch   gehen.     Eine  all- 
gemeine Einführung  würde   in  einem  schroflen  Widerspruch  mit 
dem  Geist  der  Gegenwart  stehen,  der  eine  energische  Zusammen- 
KttSBBg  der    Kraft    und    eine   planvolle  Ausnutzung  der  Zeit  ge- 
bieterisch fordert    Hingegen  würde  gar  nichts  zu  sagen  sein  gegen 
eiae    allgemeine  Verbrt'itung   der  Einrichtung,  die  schon  jetzt  an 
emigen    Lehranstalten    eingeführt   ist   und  darin  besteht,  daß  die 
ganze  Unterrichtszeit  eines  Vormittags  'in  einer  Oberklasse  der  An- 
fertigung   einer    schriftlichen    Arbeit    aus    dem    Stoffgebiet    des 
deutschen,  geschichtlichen,  mathematischen  oder  auch  des  sprach- 
lichen    Unterrichts    gewidmet     wird.      Mann    kann    dabei    den 
Schülern,  die  es  wünschen,  ohne  Bedenken  die  Wahl  des  Themas 
überlassen  und  so  der  individuellen  Veranlagung  entgegenkommen, 

Auch  die  Gruppenbildung,  die  von  Matthias  warm  be- 
fiirwortet  worden  ist^)  und  jetzt  am  Gymnasium  zu  Strasburg  in 
Westpreußen  erprobt  wird,  bedarf  wohl  noch  einer  Korrektur, 
wenn  sie  lebenskräftig  sein  soll.  Nicht  sowohl  wegen  der 
Schwierigkeit  des  Stundenplans,  die  von  Paul  (jauer  in  der 
Broschüre  Zur  freieren  Gestaltung  des  Unterrichts, 
Leipzig  1906,  Dürrsche  Buchhandlung,  S.  10  stark  betont  wird 
—  hier  gilt  das  Wort:  Wo  ein  Wille  ist,  da  ist  auch  ein  Weg  — , 
sondern  deswegen,  weil  wir  hier  einen  ganz  neuen  Typus  von 
Gyrooasialabiturienten  erhalten,  nämliche  solche,  die  zwar  im 
Lateinischen  und  Griechisclien  ein  wenig  höhere  Leistungen  auf- 
zuweisen haben,  aber  dafür  in  der  Mathematik  auf  dem  Stand- 
punkt der  Kenntnisse  eines  Obersekundaners  vermehrt  um  die 
Stereometrie  stehen.  Es  sollen  nämlich  die  Schüler  beider 
Gruppen,  sowohl  der  sprachlichen  wie  der  mathematischen,  um 
zwei    Unterrichtsstunden     entlastet    werden,     die    natürlich    den 


^)  Mooaticiirift  fdr  höhere  Scholeo  1905  S.  70. 
*)  Mooatsehrift  fdr  hShere  Schalen  1906  S.  2. 

19' 


292  ^'^^  ße wegaogfsfreibeit  in  des  Oberklasseo, 

PrivatstudieD     zugute     kommen    mußten.      Die    mathematische 
Gruppe     hat    danach     wöchentlich    nur    5    (statt  7)    lateinische 
Stunden    und  liefert  in  der  Reifeprüfung  anstatt  des  lateinischen 
Extemporales  eine  Übersetzung  aus  dem  Lateinischen  ins  Deutsche. 
Die  sprachliche  Gruppe  hat  wöchentlich  nur  2  Standen  Mathematik, 
die  dazu  verwandt  werden,   die  Schuler  in  die  Stereometrie  ein- 
zuführen und  die  in  den  früheren  Klassen  erworbenen  Kenntnisse 
wieder     aufzufrischen.       In     der    Reifeprüfung     wird    von    dem 
mathematischen  E^ensum  der  Prima  nur  die  Stereometrie  gefordert, 
aber  etwas  mehr  an  Leistungen  in  den  sprachlichen  Fachern  er- 
wartet.      Dadurch    erhalten    wir    zwar    zwei    neue    Typen    von 
Abiturienten,  aber  die  der  mathematischen  Gruppe  haben  doch  ein 
Analogon  in  den  Abiturienten  des  Realgymnasiums,  von  denen  sie 
sich  nur  durch  ein  Plus  im  Lateinischen,  dem  ein  Minus  in  den 
Naturwissenschaften    gegenübersteht,    und    durch    das  Griechische 
statt    des    Englischen    unterscheiden.      Ihre   Bildung  dürfen   wir 
getrost  als  eine  vollwertige  anei  kennen.    D;igegen  ist  die  Bildung, 
mit  der  die  Schüler  der  sprachlichen  Gruppe  das  Gymnasium  ver- 
lassen,  eint;  ruckständige  und  verkrüppelte,  die  für  keinen  Beruf 
und    für    kein    Studium,    auch    nicht    für    das    der    klassischen 
Sprachen,    ausreicht.      Zwar    hat    Paulsen    den    Satz    aufgestellt 
(a.  a.  0.  S.  6S) :    „Am  Ende  kommt  jemand  ohne  Lateinsclireiben 
jetzt    so   gut  durchs  Leben  als  ein  anderer  ohne  Verständnis  für 
den   binomischen   Lehrsatz'*.     Aber  der  verdienstvolle  Geschicht- 
schreiber   des    gelehrten  Unterrichts  ist  hier  wohl  nicht  wörtlich 
zu   nehmen;    denn  er  weiß  ganz  genau,   daß  es  sich  dabei  nicht 
um  die  Frage  handelt,  wie  jemand  durchs  Leben  kommt,  sondern 
um    die  Frage,    welches  wissenschaftliche  Rüstzeug  heute  jeoiand 
haben  muß,  um  an  der  Förderung  unserer  Kultur  auf  der  Stufe, 
wo    wir   gerade   stehen,    tatkräftigen  und  erfolgreichen  Anteil  zu 
nehmen.     Welche  Summe  lateinischen  Wissens  dafür  erforderlich 
ist,    steht    hier   nicht    in    Frage;    daß    aber   die   mathematischen 
Kenntnisse  dazu  gehören^),  die  wir  in  der  Prima  unsern  Scliölern 
übermitteln,  daß  vor  allem  auch  das  darauf  gegründete  Verständnis 
der    physikalischen   und  astronomischen  Erscheinungen  sowie  der 
technischen  Erfindungen  unentbehrlich  ist,  auch  für  den  Altphilo- 
logen unentbehrlich  ist,  das  wird  kein  Einsichtiger  leugnen.     Und 
es    wird    der  Sache  hoirentlich  auch  nicht  schaden,  wenn  wieder 
einmal  ein  Altphilologe  für  die  Mathematik  einzutreten  sich  ver- 
pflichtet   fühlt.     Daher    ist    es   gradezu    unbegreiflich,    daß    von 
29    Primanern    des     Strasburger   Gymnasiums    24   sich    für    die 
sprachliche     und     nur     fünf    für     die     mathematische     Gruppe 
entschieden     haben.       Dies     kann     nur     das     Ergebnis     eigen- 

*)  in  demselben  Sinne  hat  sieb  uucb  C.  Michaelis  Welche  Grenzen 
luüsseu  bei  eiut*r  freieren  Gcstaltuu{^  des  Lehrplaos  für  die 
oberen  Klassen  des  Gymnasiums  innei^chalten  werden?  S.  15 
ausgesprochen. 


VOB  A.  Basse.  ,293 

artiger  Verbältnisse    sein.     Wenigstens    bat   eine   Probe,    die    in 
einer  Unterprima    mit   21  Schulern    angestellt  wunie,    ein   ganz 
anderes  Resultat  gehabt.     Für  die  mathematische  Gruppe  meldeten 
sich  11,  für  die  sprachliche  10  Schuler;  aber  die  meisten  meldeten 
sich,    als   die  Frage  gestellt  wurde,  wer  für  die  Beibehaltung  des 
jetzigen  Lehrplanes  wäre,  nämlich  12  Schuler.     Daraus  geht  her- 
Tor,  daß  Paul  Cauer  ganz  recht  bat^),  wenn  er  die  Bildung  einer 
dritten  Abteilung,  einer  sprachlich- mathematischen,  d.  h.  nach  dem 
normalen  Lehrplan  unterrichteten  Abteilung  fordert,  soll  nicht  die 
Freiheit,  wie  das  auch  im  politischen  Leben  schon  recht  oft  vor- 
gekommen ist,  sich  in  rücksichtslose  Tyrannei  verwandeln.     Nun 
bsseo    sich  aber  die  Zwecke  dieser  Grup|)enbildung.  nämlich  die 
Differenzierung  der  Schüler  und  die  Förderung  ihrer  Privatstudien, 
ohne   di«    hervorgehobenen    Nachteile    leichter    erreichen.       Man 
braucht  nur  in  der  Prüfungsordnung  das  System  der  Ausgleiobungen 
leiier    auszubilden,   wie  schon  Steinbart  in  der  Monatschrift  für 
)idlMre  Schulen  1906  S.  22  vorgeschlagen  hat.    Dadurch  soll  nicht 
«De  Erleichterung    der  Prüfung    herbeigeführt  werden.     Denn  es 
ist  ^ewiß    ein    wahres    Wort,    das  Zielinski   Die  Antike   und 
Wir  S.   118    mit   der   ihm    eigenen    Schärfe   und    Bestimmtheit 
ns^prochen    hat:    „Eine   leichte   Schule    ist   ein    sociales  Ver- 
Mbeu*\     Aber    muß    man   deswegen   jeden,  der  schon  auf  der 
Schale  eine  ausgeprägte  Neigung  zeigt,  für  minderwertig  ansehen 
ood  ihm    die   ehrenvolle  Befreiung  von  der  mundlichen  Prüfung 
ToreothalteD?     Auf  diese  Weise    züchten    wir   jene  steifleinenen 
^lormalmenschen,  über  die  Paulsen  so  ergötzlich  spottet.    Bekehren 
vir  uns    nur  energisch  zu  der  Auffassung,  daß  der  Schuler,  der 
eine   mangelhafte  Leistung  in  dem  einen  Fache  durch  eine  gute 
io  dem  andern  ausgleicht,  höher  steht  als  sein  Kamerad,   der  in 
beiden  Fächern   eben   ein  Genügend  erzielt,    und  behandeln  wir 
dieser  Auffassung  gemäß  die  Schüler  nicht  nur  im  Klassenunter- 
richt,   sondern   auch   in  der  Prüfung,   dann  brauchen  wir  keine 
Gruppenbildung  und  sind  in  der  glücklichen  Lage,  in  jedem  Fache 
neben    den    schwachen  Schulern    auch  gute  zu  haben,  die  jenen 
als  Vorbild  dienen,  sie  fortreißen  und  in  die  Höhe  ziehen. 

Aber  wo  bleibt  die  Entlastung  für  die  Privatstudien?  Nun, 
die  zwei  Wochenstunden,  die  bei  der  Gruppenteilung  heraus- 
kommen, sind  längst  nicht  genügend,  um  für  eine  tiefer  dringende« 
geistige  Arbeit  Raum  zu  schaffen.  Wir  haben  jedoch  ein  Mittel, 
das  jeden  Tag  zwei  Stunden  dafür  frei  machen  könnte,  wenn  wir 
ans  nur  entschließen  wollten,  die  alltägliche  Pensenarbeit  ab* 
zosdiaffen  oder  wenigstens  bedeutend  einzuschränken.  Was 
unsere  Scböler  niederzieht  und  einengt,  ist  nicht  die  Unterrichts- 
zeit, welche  in  den  Stunden  Abwechselung  und  Anregung,  in  den 
Pausen    Erholung    und   kameradschaftliche   Unterhaltung    bietet, 

')  A.  a.  O.  S.  11. 

i 


294  I^ic  Bewegaogsfreibeit  in  den  Obflrklasseo, 

sondern  der  täglichen  Hausarbeit  immer  gleichgestellte  Uhr.  Und 
wenn  wir  die  Sache  vorurteilslos  ansehen,  so  können  wir  uns 
nicht  verhehlen,  daß  es  eine  kaum  zu  lösende  Aufgabe  ist,  erst  für 
fünf  Unterrichtsstunden  des  folgenden  Tages  sicli  vorzubereiten  und 
dünn  in  die  Tiefen  eines  deutschen  Aufsatzes  sich  zu  stürzen. 
Entweder  leidet  die  Vorbereitung,  oder  der  Aufsatz  wird  so  lange 
verschoben,  daß  schließlich  die  Nacht  zu  Hilfe  genommen  werden 
muß.  Hier  gibt  es  nur  das  eine  Heilmittel,  das  Dorngestrupp  der 
täglichen  Pensenarbeit  zu  beseitigen  und  so  der  geistigen  Be- 
tätigung freie  Bahn  zu  schaffen.  Das  Verlustkonto  wird  dadurch 
nur  wenig  belastet,  die  Kredilseite  aber  stark  vermehrt.  Denn 
der  geistige  Ertrag  einer  häuslichen  Vorbereitung  ist  immer  ein 
recht  dürftiger  gewesen,  und  der  sittliche  Wert  dieser  Arbeit 
steht  häufig  sogar  unter  Null,  weil  sie  so  leicht  zur  Unaufrichtigkeit 
verleitet.  Wenn  wir  hierauf  verzichten  und  den  Klassenunter- 
richt demgemäß  ändern,  also  vor  allem  in  den  Lektürestunden 
stets  extemporieren,  so  erleiden  die  Schuler  nur  eine  geringe 
Einbuße,  gewinnen  dagegen  eine  schöne  Zeit,  die  sie  zur  Er- 
ledigung größerer  und  mehr  in  die  Tiefe  gehender  Aufgaben 
mannigfacher  Art  verwerten  können.  An  Steile  der  deutschen 
Aufsatze  können  Vierteljahrsarbeiten  treten,  auch  in  der  Mathematik 
darf  anstatt  der  kleineren  Hausaufgaben  die  umfassende  Behandlung 
einer  Reihe  in  sich  zusammenhängender  Fragen  gefordert  werden. 
In  der  Religion  und  Geschichte  wird  Raum  geschaffen '  für  die 
Vorarbeit  zu  größeren  Vorträgen,  endlich  in  den  sprachlichen 
Fächern  ist  es  möglich,  die  frei  gewordene  Arbeitszeit  entweder 
zu  selbständigen  Interpretationen  ausgewählter  Stellen  oder  zu  Vor- 
trägen aus  dem  Gebiete  der  Literatur-  und  Kulturgeschichte  zu 
verwenden.  Hierbei  muß  naturlich  der  Neigung  und  Begabung 
des  einzelnen  in  weitestem  Umfang  Rechnung  getragen  und  die 
Wahl  des  Themas  den  Schülern  möglichst  überlassen  werden. 
Andrerseits  entspringt  daraus  für  die  Lehrer  die  lohnende  Auf- 
gabe, ihren  Schutern  durch  Rat  und  Tat,  durch  Anleitung  zur 
Behandlung  des  Themas,  durch  Angabe  und  Darreichung  von 
Hilfsmitteln,  die  Wege  zu  weisen  und  ihnen  dadurch  menschlich 
näher  zu  treten. 

Daß  sie  dies  tun  wollen  und  werden,  dafür  haben  wir  einen 
schönen  Beweis  in  der  Tätigkeit  vieler  Lehrer  für  das  Gedeihen 
der  von  ihnen  geleiteten  Schülervereine.  Paulsen,  der  (a.  a.  O. 
S.  70)  auf  die  ,, wissenschaftlichen  Sodalitäten  der  Schüler^'  hin- 
wies, scheint  nicht  zu  wissen,  daß  auch  in  der  Gegenwart  viele 
Vereine  der  Art  bestehen,  an  einer  Berliner  Anstalt  nicht  weniger 
als  drei,  ein  literarischer,  ein  naturwissenschaftlicher  und  ein 
kulturhistorischer,  von  denen  der  erste  schon  auf  25  Jahre 
zurückblickt.  Die  Erfahrungen,  welche  hier  in  verhältnismäfiig 
langer  Zeit  und  mit  verschiedenen  Schülergenerationen  gemacht 
worden  sind,  sprechen  im  allgemeinen  für  die  Einrichtung,  lassen 


von  A.  Bttsse.  295 

aber  auch  deutlich  erkennen,  daß  die  unerläßliche  Vorbedingung 
für  die  gedeihliche  Entwicklung  eines  Vereins  und  für  die  Ab- 
wendung der  zahlreichen,  dadurch  heraulbeschworenen  Gefahren 
die  hingebende  Beteiligung  eines  anregenden  Lehrers  ist,  der  nicht 
Dar  das  wissenschaftliche  Vereinsleben  sorgfaltig  überwacht  und 
leitet,  sondern  auch  den  geselligen  Verkehr  pflegt  und  in  so 
vertrautem  Verhältnis  wenigstens  mit  den  föhrenden  Mitgliedern 
siebt,  daß  jegliche  Verheimlichung  von  vornherein  ausgeschlossen 
ist.  In  diesem  Falle  wird  ohne  Zweifel  ein  Segensstroni  von  dem 
Vereinsleben  ausgehen,  der  ebenso  das  wissenschaftliche  Streben 
befruchtet  wie  auch  die  sittliche  Bildung  gunstig  beeinflußt. 

So  sehen  wir,  daß  in  dieser  Erörterung  das  wesentliche  und 
ausschlaggebende  Moment  schließlich  die  Persönlichkeit  des  Lehrers 
ist    Und  das  gilt  für  die  ganze  Frage  nach  der  Möglichkeit  einer 
freieren  und  wissenschaftlich  fruchtbareren  Gestaltung  des  Unter- 
richts. Das  Idealbild  des  Lehrers  ist  leicht  gezeichnet  Da  ist  zunichst 
«isMQSchaftliche  Tüchtigkeit  und  selbständige  Mitarbeit  auf  einem 
«ena  aach    kleinen  Gebiete    erforderlich.     Denn   wer  könnte  die 
Mij^  Flamme  in  den  Seelen  seiner  Schüler  entzünden,    der  sie 
Bebt  selbst    im    Herzen    nährt?    Auch    darf  nicht   die  humane 
CoiDQUDg  fehlen,  die  nicht  das  einzelne  Fach  allein  berücksiclitigt, 
»ädern  immer  den  ganzen  Menschen  umfaßt  und  etwa  den  Lehrer 
ier  Mathematik    befähigt,    zu    einem    Schüler   zu   sagen:    „Ihre 
juthematischen  Leistungen  sind  zwar  nicht  hinreichend,  aber  ich 
JMre,   daB  Sie   einen   guten    deutschen  Aufsatz  schreiben,  darum 
will  ich    ein  Auge  zudrücken*^     Weiter   ist  unbedingt  nötig  das 
Terständnis    für   die   Jugend    und    Freude  am  Verkehr   mit   ihr. 
Deoo  Erziehen  heißt  Hinabsteigen  zu  dem  Zögling  und  ihn  ganz 
aUmihlich    zu    sich    emporziehen*     Dazu  gehört  nun  freilich  viel 
Selbstverleugnung,   die   wieder    nur  der  üben  kann,  welcher  den 
wahren  Eros  in  der  Brust  trägt.    Und  solche  Eigenschaften  werden 
nicht  nur  bei  den  Lehrern  vorausgesetzt,  die  in  der  Prima  unter- 
richten,   sondern  auch  bei  denen,  die  in  den  Unter-  und  Mittel- 
klassen beschäftigt  sind.     Denn  soll  der  Schüler  für  die  Freiheit 
reif  werden,    so  ist  das  Bewußtsein  der  Verantwortlichk<*it  schon 
in   frühester  Jugend   zu  wecken  und  zu  stärken.     Wundt  unter- 
scheidet  in   der  Entwickelung   der  sittlichen  Motive  drei  Stufen, 
die  gekennzeichnet   werden   durch    die   Imperative    des  äußeren 
Zwanges,    des   inneren   Zwanges    und  der  Freiheit.     Der  äußere 
Zwang  wirkt  durch  das  Mittel  der  Strafe,  der  innere  Zwang  besteht 
io   der    durch    Erziehung    und    Beispiel    bedingten   Bildung    und 
GewöhnoDg  des  Willens,  die  Motive  der  Freiheit  endlich  beruhen 
auf  der  überzeugungsvollen  Anerkennung  und  Befolgung  der  Sitten- 
gesetze.     Es    ist  nun  für  den  Erzieher  von   größler  Wichtigkeit 
die  Beobachtung,  daß  bei  aller  individuellen  Verschiedenheit  doch 
die  Entwicklung  dieser  drei  Stufen  stets  eine  kontinuierliche    ist 
und    nicht   etwa    von  der  dritten  Stufe   zur  ersten    überspringt 


295  Das  Uteioische  Worterbneb, 

Wollen  wir  also  in  den  Oberklassen  eine  auf  freiem  Entschluß 
beruhende  und  vom  Verantwortungsgeföhl  getragene  Selbsttätigkeit 
der  Schüler  erzielen,  so  wird  es  nötig  sein,  die  Mittel  des 
äußeren  Zwanges  nicht  bis  zur  Schwelle  der  Prima  anzuwenden, 
sondern  sie  schon  vorher  zurücktreten  zu  lassen  hinter  den 
Motiven  des  innern  Zwanges,  die  auszubilden  die  vornehmste  Auf- 
gabe des  Erziehers  ist.  Nur  dann,  wenn  es  uns  in  den  Mittel- 
klassen gelingt,  durch  fortgesetzte  innere  Einwirkung  unsern 
Schölern  das  Pflichtgefühl  und  die  Arbeitslust  beizubringen, 
dürfen  wir  es  wagen,  ihnen  die  Zügel  frei  zu  lassen. 

Und  auch  das  wirksamste  Erziehungsmittel  gibt  uns  Wundl 
an  der  genannten  Stelle  der  Ethik  an,  wenn  er  auf  die  Bedeutung 
des  Vorbildes  hinweist.  Ja  ein  kluger  Beobachter  des  Lebens  und 
feinsinniger  Erzähler,  Rosegger,  hat  einmal  gesagt^):  „Das  Wort 
Erziehung  sollte  man  ausstreichen,  das  Wort  Vorbild  sollte  man 
dafür  einsetzen''.  Und  dieses  Mittel  wirkt  gleichmäßig  auf  allen 
Stufen  der  jugendlichen  Entwicklung.  Zum  Glück  sind  wir  aber 
dabei  nicht  nur  auf  uns  selbst  angewiesen,  sondern  wir  haben  aus- 
gezeichnete Helfer  in  unsern  Eliteschülern,  von  denen  jede 
diiasse  ein  paar  haben  muß,  wenn  es  vorwärts  gehen  soll.  Wo 
Kese  führenden  Geisler  fehlen,  da  sprechen  wir  von  einer 
schlechten  Generation.  Möge  man  daher  die  Gruppen  gestalten, 
wie  man  will,  vor  allem  müssen  in  jeder  Klasse  und  in  jedem 
Fache  neben  schwerfUlligen  und  unbegabten  Schülern  auch  frische 
und  intelligente  sitzen,  sonst  werden  wir  auch  bei  freiester  Ge- 
staltung des  Unterrichts  die  Samenkörner  ins  Meer  streuen. 

Berlin.  Adolf  Busse. 


Das    lateinische   Wörterbuch    in  umgekehrter  alpha- 
betischer Keihenfblge  der  Buchstaben  jedes  Wortes. 

„Ein  solches  Wörterbuch  ist*'  nach  den  Worten  des 
Referenten  über  Otto  Gradenwitz'  Laterculi  vocum  Latinarum 
(Leipzig  1904)  im  Literarischen  Zentralblatt  vom  14.  Jan.  1905 
„als  Grundlage  der  Wortbildungslehre  und  als  textkritisches 
Mittel  längst  ersehnt  worden*'.  Wer  die  lateinische  Grammatik 
daraufhin  ansieht,  wird  überall  das  Bemühen  finden,  die  Worte 
nach  den  gleichen  oder  ähnlichen  Endungen  zu  ordnen.  Nicht  bloß 
die  Formenlehre,  sondern  vor  allem  die  Wortbildungslebre  selber 
legt  überall  Zeugnis  von  diesem  durchgebenden  Bemühen  der 
alten  Grammatiker  ab,  ja  unsere  ganze  grammatische  Einsicht 
läuft  zunächst  nur  auf  das  Erkennen  des  Wortendes  hinaus; 
selbst  die  sog.  Indeclinabilia  gruppieren  sich*  ja  in  wunderbarer 
Weise  immer  nach  ihrer  Endung. 

^)  Lohneyers  Monatucbrift  Oktober  1902. 


TOI  J.  SaBoeg.  297 

Es  ist  nur  das  Wörterbuch,  welches  dem  einseitigei) 
Zwecke  einer  Anordnung  nach  dem  Anlaute  der  Wörter, 
also  nach  dem  Stammworte,  dient.  „Der  Gedanke  an  und  für 
sieb,  die  Wörter  nach  dem  Auslaute  zu  ordnen,  isV'  nach  einer 
freundlichen  Mitteilung  des  verst.  Sanskritgelehrten  Albrecht  Weber 
wohl  nur  „in  der  heimischen  indischen  Lexikographie  allgemein 
rezipiert  und  von  da  aus  auch  bei  den  Sanskritphiloiogen  teil- 
weise mit  gutem  Erfolge  in  Anwendung  gebracht  wordenes  wenn 
aach  das  Reimwörterbuch  eines  Erasmus  Alberus^),  an  dem  der 
bekannte  evangelische  Liederdichter  gegen  zehn  Jahre  arbeitete, 
immerhin  etwas  Ähnliches  ist,  wie  es  denn  auch  „das  erste 
ergeotliche  deutsche  Wörterbuch  ist,  recht  wie  zum  Zeichen,  daß 
dis  deutsche  Volk  ein  poetisches  sei*'. 

Die  Endung  ist  eben  als  das  jüngere  in  den  indo- 
germanischen Sprachen  auch  das  durchsichtigere,  erkennbarere 
Dod  geläufigere  Element  des  Wortes.  Kommt  es  nun  bei  einem 
^örterbuche,  wie  bei  einer  Sammlung  Oberhaupt,  darauf  an, 
Bd^licbst  alles  Gleichartige  zusammenzugruppieren,  so  bieten  die 
Eadongen  viel  mehr  dergleichen  als  der  Anlaut  der  Wörter,  weil 
»dl  die  Wörter  bei  ihrer  letzten  und  jüngsten  Formierung  und 
BIMoDg  gegen  ihr  Ende  hin  anähnlichten  und  so  nach  dem  Geiste 
'er  Sprache  und  dem  dessen,  der  sie  handhabt,  gruppierten. 
Was  aber  dem  Gedächtnisse  auch  des  Sprachgewandtesten  nicht 
nöglich  ist,  das  vermag  der  Sammeleifer  des  Lexikographen  init 
federbeschwingter  Rechten,  nämlich  nun  die  sämtlichen  ähnlich 
formierten  Wörter  zusammenzubringen,  wenn  auch  noch  nicht 
nach  einem  phonetischen,  dann  doch  nach  dem  landläufigen 
Alphabete,  das  ja  nicht  ganz  ohne  phonetische  Einsicht  zustande 
gekommen  ist  (man  vergleiche  die  Reihenfolge  der  Buchstaben 
(1  m  n,  r  s,  ijp  x*  ß^^^  d^r  Vokale  a  e  i  o  u).  An  das  sogenannte 
Verkehrtsehen  aber  gewöhnt  man  sich  sehr  bald;  vgl.  die 
linkhändig  geschriebene  Spiegelschrift  eines  Leonardo  da  Vinci 
(Liter.  Zentralbl.  1894  Sp.  30)  oder  die  sog.  umgekehrte  Mosaik- 
arbeit eines  Salviati  (Neue  Jahrb.  für  Päd.  1874  S.  226  fr.) 

Der  Wunsch,  ein  solches  nach  den  Endungen  geordnetes 
Wörterbuch  zu  besitzen,  ist  schon  gar  manchem  gekommen,  der 
bei  der  Emendation  eines  unvollständig  erhaltenen  Schriftstellers 
den  Anfang  eines  Wortes  aus  seiner  wohlerhaltenen  Endung  hat 
ergänzen  sollen.  Zuerst  hat  nun  diesen  Gedanken  der  bekannte 
Herausgeber  der  ägyptischen  Papyri,  Prof.  Graden witz-Königs- 
berg,  mit  Hilfe  einiger  Philologen  in  die  Tat  umgesetzt  und  uns 
mit  einer  solchen  Anordnung  der  lat.  Wörter  beschenkt,  die  nun 
Dicht  bloB  'a  fronte',  sondern  auch  *a  tergo'  aufgereiht  sind,     lu 

')  NovniD  dictionarii  s^'n*«  1»  ^^^  aliinis  sea  termioalibus  sernaDi- 
cirain  vocom  syllabi«  observatis,  Latioa  vocabuU;  cnm  suis  qoaeqae 
«ynoBynis,  additis  loqoeodi  etiam  fignrts  ac  modis,  protions  sese  offemot. 
Fraacof  a.  M.  1540. 


298  ^'^  lateioische  Wörterbuch, 

textkritisohem  Sione  ist  damit  einem  wirklichen  Bedurfnisse  ab- 
geholfen; auch  im  etymologischen?  „Wollen  wir  hier  auch  noch 
von  der  ersten  Form,  beim  Nomen  vom  Nominativ  Singularis, 
beim  Verbum  von  der  ersten  Person  Singniaris  indicativi 
Praesentis  Activi  ausgehen?  Die  ganze  Anordnung  wurde  eine 
gar  äußerliche  und  keine  sehr,  vorteilhafte  werden,  wie  ich  schon 
in  dem  neuen  Jahrb.  1874  S.  210  geltend  gemacht  habe. 
Dürfen  wir  denn,  wenn  es  sich  um  eine  Einsicht  in  die  Wort- 
bildungslehre handelt,  an  der  flektierten  Form  hängen  bleiben? 
sagte  ich  mir  schon  damals,  also  z.  B.  an  einem  nucleus  oder 
nuclei  oder  nudeo  usw.  oder  enucleo^  enncleas^  enuckat  usw.,  oder 
heißt  nicht  der  Wortbildungsstamm  vielmehr  ntic-{e  und  e-nuc- 
/e?  Gewinnen  wir  nicht  damit  noch  eine  größere  Vereinfachung 
des  Wörterbuches,  wenn  wir  nucleus  mit  enucleOj  iocus  mit 
iocor,  arx,  arcis  mit  arca  arcus  und  arceo,  coniux^ 
coniuges  mit  contti^o  und  ttij^tim  mit  biiugtis  zusammen-, 
bringen,  während  sie  hei  Gradenwitz,  der  die  erste  grammatische 
Form  zugrunde  legt,  an  sehr  verschiedenen  Orten  stehen? 
'  Ich  ging  wie  man  sieht,  schon  damals  einen  Schritt  weiter, 
als  Gradenwitz  jetzt  tut,  und  legte  darum  nicht  irgend  eine 
grammatische  Form,  sondern  unter  Abstrich  der  Kasus-  oder 
Konjugationsendung  den  Wortbildungsstamm  selber  zugrunde, 
indem  ich  die  jedesmalige  Wortbildungsendung  als  Exponenten 
ausschaltete,  unter  dessen  Abzug  sich  das  Stammwort^  das 
Gradenwitz  bei  jedem  Worte  besonders  angeben  müßte»  von 
selbst  ergibt:  edax,  ed-ac-is  von  edo,  ped-ic-a  von  pes,  ped- 
is,  atroXy  atr-öc-is  \on  ater,  at-ra,  atr-um;  also  „iunix,  hmicts 
St.  f fit;*  en- tc-tV  deutet  auf  iuvenü,  nutrix,  nutr-tc-is  auf 
nutrio  hin.  Wenn  es  nach  einem  einleitenden  Worte  des 
neuen  Thesaurus  linguae  Latinae  Aufgabe  der  Lexikographie  sein 
soll,  „durch  Verknüpfung  des  noch  durch  die  alphabetische  An- 
ordnung Getrennten  auch  allgemeinere  Gesetze  darzulegen  und 
durch  Zusammenordnung  Verstreutes  zu  erklären'',  so  wird  das 
aber  nach  dieser  Anordnung  eher  möglich  sein  als  nach  der  bis- 
herigen; es  kommt  nur  darauf  an,  um  welche  Gesetze  es  sich 
dabei  handelt.  Während  dort  das  alphabetische  und  etymologische 
Prinzip  gewaltsam  verbunden  erscheint,  gesellt  sich  hier  Gleiches 
zu  Gleichem,  und  indem  sich  so  beide  Prinzipien  durchdringen, 
ist  gleichsam  das  Kristallisationsgesetz  der  Sprache  gefunden ; 
man  ist  gehalten.  Gleiches  unter  Gleichem  zu  suchen  und  das 
Bild  eines  organischen  Aufbaues,  den  die  Sprache  bildet,  muß 
sich  so  in  der  Seele  immer  mehr  und  mehr  befestigen,  wenn 
wir  sie  sozusagen  vor  unseren  Augen  entstehen  sehen.  Das 
Wörterbuch  wird  so  zu  einer  Fortsetzung  der  Grammatik,  es 
macht  ganz  den  Eindruck  einer  Wortbildungslehre:  es  wird  im 
Unterschiede  zu  den  progressiv  geordneten  Lexicis,  die  ja  ruhig 
daneben    bestehen  bleiben  können,  zum  Lesebuche.     Mit  Recht 


v«s  J.  SaoBeg.  299 

bat  (las  preuß.  Unterrichtsminisleiiuui  schon  unter  dem  10.  April 
1857  einmal  auf  die  Notwendigkeit  eines  mctbudisclien  Vokabel- 
ierneus  liiogewiesen ;  aber  nur  das,  wofür  wir  uns  wahrhaft  auch 
jateressiereo,    bewahren  wir  treu  in  unserem  Gedächtnisse.     Nun 
meine   ich:    durch   das  Interesse,  welches  sich  mit  jedem  Worte, 
als   einem    wesentlichen  Glieile  in  der  Kette  unserer  Anordnung, 
verbindet,  wird  auch  dem  Gedächtnisse  des  Anfängers  eine  kräftige 
Stütze  geliehen,  ganz  abgesehen  davon,  daß  sich  die  SchQler,  was 
ja  der  Hauptvorteit  alles  Sprachunterrichtes  ist,  so  au  Zucht  und 
Ordnung   in  ihrem  Denken  gewöhnen.     Und  wenn  man  auf  dem 
II.  deutschen  Neuphilologentage  neuerdings  in  Köln,  wie  aus  den 
Verhandlungen  S.  151  hervorgeht,  auf  den  oberen  Stufen  „Etymo- 
logisches festgestellt  und  Ableitungen  gebildet''  wissen 
vill,  so  wüßte  ich  kein  geeigneteres  Mittel  dazu,    als  eben  diese 
Art  Anleitung,  wonach  selbst   ein  fehlender  Ausdruck  verstanden 
«erden  kann,    wenn   är  nur  richtig  retrospeklivalphabetisch  ein- 
nngiert  wird;  denn  alle  weggelassenen  Bildungen  sind  dann  auch 
äoliche  Wortbildungen.     Das  neue  Wörterbuch,  das  ich  ebenso 
vie  für  das  Lateinische  auch  för  das  Französische  nach 
diesem  Prinzip  fertiggestellt  habe,  erweist  sich  so  als  ein 
Führer  und  Leitstern  durch  das  Labyrinth  der  betr.  Wortbildungs- 
khre. 

Das  lateinische  retrospektive  Wörterbuch  —  man  gestatte 
luir  diesen  Ausdruck  einen  Augenblick  —  bereitet  insofern  schon 
aaf  das  Französische  vor,  als  hier  auch  von  der  Sprache  selbst 
<iie  Flexionsendung  meist  unterdrückt  erscheint,  was  wohl  die 
Folge  der  bewußter  auftretenden  und  sich  geltend  machenden 
Wortbedeutung  gegenüber  der  Stellung  im  Satze  ist.  Wie  nahe 
«ich  hierbei  die  beiden  Wörterbücher  berühren,  erlaube  man  mir 
(mit  weggelassener  Bedeutung)  an  einem  kleinen  Ausschnitte  der- 
selben zu  zeigen,  der  also  strengalphabetisch  geordnet  ist: 
Fr.  congratulation    von    congratuler,    wie    lat.  congratulalio,  -önis 

T.  congratulari, 
1,  capitulation  v.  capituler,    fehlt   dem   Latein,    kann    aber    aus 
capitulatim    (Nep.)     und    capilulatus,    -a,    -um    (Plin.)    von 
capitulum,  -i  gefolgert  werden, 
<«  recapitulation    v.    recapituler,    fehlt    desgl.,    vgl.    recapitulare 

(Terlull.), 
»   postulation  v.  postuler,  wie  lat.  postulalio  v.  postulare, 
»   diffamalion  v.  diffamer,  wie  lat.  dillamatio  v.  diOamare, 
n   infamation  von  infamer,  lat.  infamare, 
M   acdamation  v.  acdamer,  wie  lat.  acciamalio  v.  acclamare, 
»  diciamalion  v.  declamer,  wie  lat.  declamatio  v.  declamare, 
1}   riclamation  v.  riclamer,  wie  lat.  reclamatio  v.  reclamare, 
if   conclamation  (ohne  Verbum),  wie  lat.  conclamatio  v.  conclamare, 
n   proclaioalion  v.  proclamer,  wie  lat.  prociamatio  v.  proclamare, 
M  exciamation  v.  exclaroer,  wie  lat  exclamatio  v.  exclamare, 


1» 


300  Dits  Utdiniflehd  Wl^rterbnch, 

Kr.  crematioD  (ohne  Verbum),  wie  lat.  crematio  v.  cremare, 
decimation  v.  decimer,  wie  lat.  decimatio  v.  decimare, 
animation  v.  animer,  wie  iat.  animatio  v.  animare, 
exanimation  (oboe  Yerbum),  wie  lat.  exanimatio  v.  exanimare. 

Wie  man  sehen  kann,  ist,  wie  es  scheint,  nur  conclamation 
und  cremaiion  aus  dem  Lateinischen  fertig  übernommen, 
während  die  anderen  Ausdrücke  das  Französische  selbständig  ge- 
bildet haben  mag,  vor  allem  capilulation,  recapilulation  und 
infamation. 

Sehr  wichtig  ist  eine  solche  Anähnlichung  und  Unterweisung 
für  die  richtige  Hervorbringung  technischer  und  wissen- 
schaftlicher Bezeichnungen,  für  welche  unsere  heimische  Rede- 
weise nicht  immer  genügen  will  oder  leicht  zu  Mißverständnissen 
ffihrt.  Und  ist  denn  nicht  Wissenschaft  und  Technik  von  ganz 
besonderem  internationalen  Interesse?  Große  Anfechtung  haben 
in  dieser  Beziehung  jene  Fremdwörter  erfahren,  welche  sich  z.  B. 
auf  die  Leichenverbrennung  beziehen  und  nicht,  wie  die  meisten 
anderen,  auf  französischem,  wohl  aber  auf  dem  heimatlichen 
Grunde  erstanden  sind.  Ich  führe  nur  einen  dieser  Ausdrücke 
an,  um  zu  untersuchen,  ob  er  denn  nicht  stichhaltig  sei: 
„crematorium'S  sagt  Hermann  Dunger,  „steht  überhaupt  in  keinem 
lateinischen  Wörterbuche;  selbst  in  dem  Glossarium  mediae  et 
inGmae  Latinilatis  von  Du  Gange  ist  es  nicht  aufgezeiclioet";  als 
wenn  das  für  uns  Deutsche  maßgebend  wäre  und  es  nicht  viel- 
mehr darauf  ankäme,  ob  es  nach  den  Regeln  der  lat.  Wort- 
bildungslehre überhaupt  zulässig  sei.  „So  tief  und  breit  das 
Fremdwort  in  unsere  deutsche  Sprache  eingedrungen  ist*^  sagt 
Wilh.  Münch  (Über  Menschenart  und  Jugendbildung  S.  333  Anm.), 
„in  der  höheren  und  zumal  in  der  feierlichen  Sprache  hat  es  (ja) 
kaum  je  seine  Stelle  gefunden". 

Ich  wähle  wieder  zwei  den  vorigen  entsprechende,  also 
parallele  und  streng  alphabetisch  geordnete  kleine  Ausschnitte  ohne 
dazu  gehörige  Bedeutungen,  indem  ich  diesmal  das  Englische  hin- 
zunehme: 

lat.  gratulatorius,  -a,  -um,  e.  gratulatory, 

—  „  congratulatory, 
fr.  congratulatoire,  congratulateur, 

e.  congratulator, 

—  —  „  capitulator, 

—  e.  recapitulatory, 

fr.    recapitulateur  (v.  recapitoler,  lat.  recapitulare), 
„   postulatorius,  -a,  -um,  e.  postulatory, 

fr.    postulateur,  lat.  postulator  (v.  postulare), 

—  e.  expostulatory, 

e.  expostulator  (v.  expostulate,  lat. 
expostulare); 


lat  amatorios,  -a,  um  — 

fr.  amateur,  lat.  amator  (v.  amare), 

—  e.  deCBinatorysdiffamatory, 

fr.  diffainatoire,   diffamateur   (?.  diffamer,    e.   defame, 

lat.  diffamareX 
„  clamatorius,  -a,  -um  — 

—         lat.  clamator  (v.  clamare), 

—  e.  acclamatory, 

fr.  acdamateur  (v.  acclamer,  e.  acciaim,  1.  acciamare), 
„  declamatorius,  -a,  -um,  e.  dedamalory, 

fr.  declamatoire,  deciamateur,  lat.  declamator  (v.  decia- 
roare,  fr.  declamer,  e.  dedaim), 

—  fr.  reclamateur  (t.  reciamer,  lat.  reclamare), 

—  fr.  prociamaleur,  lat.  proclamator  (v.  proclamare), 

—  fr.  blasph^matoire,  blaaphemaleur  (v.  blaaph^mer,  lat. 

blai^phemare), 
nl^rcmatorium'*, 

lat.  cremator  (v.  cremare), 
fr.  derimaleur,  e.  decimalor  (v.  decimate,  lat.  decimare), 
fr.  animateur,  lat.  animator  (v.  animare,  e.  animate). 
Wie  leicht  köonen  unter  den  9  deutach^n  Kompoaita  Wörter, 
tt  man  statt  „Krematorium'*  vorgeacblagen  bat,  wie  „Feuerhalle, 
ferbrennuDgs>halle      oder      •anläge     oder     -statte     oder     Ein- 
iicberungsofen    oder   Flammenofen   doch  mißverstanden  werden, 
wahrend   der    Kunstausdruck,   als  wAre  er  gefeit,  immer  nur  ein 
BDd   dasselbe    Ding    bezeichnet!      Und    sollte    es    uns    anderen 
Gomanen    nicht   ebenso   wie   den  Engländern   erlaubt  sein,    die 
hteioische  Sprache  weiter  zu  bilden,  wenn  es  nur  in  dem  gesetz- 
näfiigen  Rahmen  des  sprachlichen  Organismus  geschieht,  den  wir 
so  feststellen   können?    Das  ist  ja  eben  das  unverglngliche  und 
ooTertilgbare  Leben   der  beiden  klassischen,   d.  h.  wahrhaft   ein- 
zigen  Sprachen,   daß  sie   nicht   bloß  in  den  fremden  Sprachen, 
soodern  auch  in  (oft  genug  freilich  mit  Recht  getadelten)  Fremd* 
Wörtern  fortleben  und  von  ewiger  Dauer  zu  sein  scheinen.     Und 
doch  wie  freundlich  muten  sie  uns  an,  wenn  sie  uns  einmal  wie 
willkommene  Gäste   in  Kunst  und  Wissenschaft  aus  irgend  einer 
QDsagbaren   Verlegenheit    helfen?     Darum    sei    und    bleibe  ihnen 
aber  auch  ihr  wohlverdientes  Gastrecht  gewahrt.     Das  retrospektive 
Wörterbuch  aber,  zu  welchem  die  Neuen  Jahrbucher  vor  nunmehr 
einem    Menschenalter    die   erste   Anregung   gaben,    sei  auch  ihr 
freier    Geleitsbrief.      Es    kam    mir   damals    darauf   an,    in    dem 
Vokabularium  eine  selbständige  grammatische  Methode  zu  begründen ; 
dort   und    in  dem  vorliegenden  Aufsatze  habe  ich  diese  Methode 
des    näheren    gekennzeichnet   und    hoffe  zuversichtlich,    auf  dem 
<iebi4>te  der  lateinischen  wie  auch  der  französischen  und  englischen 
Wortbiiduogslehre    einen    Schritt    vorwärts   getan    zu  haben.     In 
absehbarer    Zeit    hoffe    ich     den   Fachgenossen    a^s    Probe    das 


302        Über  Auswahl  und  'Behtnillung  der  Horazlekture, 

lateinische  Vokabularium  nach  meiner  Methode  vorlegen  zu  können. 
HofTentlich  darf  ich  dann  darauf  das  Wort  des  mir  unvergeßlichen 
Ernst  Curtius  (Neue  deutsche  Rundschau  1892  S.  357  vom 
1.  März)  anwenden:  ,,Es  gibt  Normen,  die  nicht  erfunden,  sondern 
gefunden  werden  und,  einmal  gefunden,  ein  bleibendes  Besitztum 
der  Menschheit  sind''. 

Luckau.  J.  Sanneg. 


Über  Auswahl  und  Behandlung  der  Horazlektüre* 

In  seinem  anregenden  Buche  ,, Homer  und  Uoraz  im 
Gymnasialunterricht*'  gibt  Oskar  Jäger  für  den  Gang  der  Horaz- 
lekture  folgende  Weisung  (S.  159):  „Man  folgt  natürlich  hier  der 
alten  Regel,  die  sich  von  selbst  ergibt,  daß  im  ersten  Jahr  (Unter- 
prima) die  drei  ersten  Bücher  der  Oden  und  allenfalls  einige 
Epoden,  beziehungsweise  eine  Auswahl  aus  jenen  drei  ersten 
BQchern  gelesen  wird,  im  zweiten  eine  Auswahl  aus  den  Satiren 
und  Episteln  und  gegen  das  leidige  Abiturientenexamen  hin  noch 
einiges  aus  dem  vierten  Buch  der  Oden".  Von  dieser  Regel,  der 
auch  Dettweiler  (Methodik  und  Didaktik  III  218)  sich  im  wesent- 
lichen anschließt,  wird  gemeinhin  wohl  nur  insoweit  abgewichen, 
als  im  ersten  Jahre  statt  des  dritten  Buches  der  Oden  einige 
Satiren,  im  zweiten  Jahre  die  beiden  anderen  Bächer  der  Oden 
und  einige  Episteln  gelesen  werden.  Die  drei  ersten  Bücher  der 
Oden  oder  wenigstens  das  erste  will  Jäger  (S.  161)  ganz  lesen 
lassen.  „Es  muß,  überflüssig  zu  sagen,  in  der  Ordnung  ge- 
schehen, die  der  Dichter  selbst  seiner  Sammlung  und  zwar  nach 
einleuchtenden  und  einfachen  Gesichtspunkten  gegeben  hat.'*^  In 
demselben  Sinne  äußern  sich  andere  hervorragende  Schulmänner, 
wie  Schimmelpfeng  (Erziehliche  Ilorazirklüre,  2.  Aufl.,  S.  8), 
Röhl  (Jahresbericht  XXX  der  Zeitschr.  f.  d.  Gymnw.  S.  54)  und 
Paul  Cauer  (Monatscbrift  für  höhere  Schulen  1905  S.  417);  der 
letztere  fühlt  sich  durch  Jägers  „im  Gegensatze  zu  der  päda- 
gogischen Orthodoxie  von  heute"  gesprochenen  Worte  sehr  an- 
genehm berührt. 

Wir  wollen  uns  nicht  damit  aufhalten  zu  untersuchen,  auf 
wen  dieser  Ausdruck  zutrifl't,  sondern  nach  der  uns  gegebenen 
Weisung  an  die  Lektüre  der  Oden  herantreten.  Dabei  ergibt 
sich  alsbald  der  Obeistand,  daß  wir,  da  die  ersten  11  Gedichte 
des  ersten  Buches  in  10  verschiedenen  Versmaßen  verfaßt  sind, 
von  der  ersten  Asklepiadeischen  zur  Sapphischen,  von  dieser  zur 
zweiten  Asklepiadeischen,  dann  zur  vierten  Archilochischen,  der 
dritten  und  vierten  Asklepiadeischen,  der  Alkmanischen,  der 
zweiten  Sapphischen  und  schließlich  zur  Alcaischen  Strophe  über- 
gehen müssen,  der  sich  bald  die  fünfte  Asklepiadeische  anreiht. 
So  gestaltet  sich  infolge  der  verschiedenen  dichtefischen  Formen 


von  A.  Rnppersberp.  303 

der  Beginn  der  Horazlektüre  eiDem  HinderDisrenDen  nicht  un- 
äfanlich.  Indes  diese  Hindernisse  müssen  überwanden  werden, 
da  der  Dichter  selbst  seiner  Sammlung  diese  Ordnung  und  zwar, 
wie  Jäger  sagt,  „nach  einfachen  und  einleuchtenden  Gesichts- 
punkten''  gegeben  hat.  Etwas  vorsichtiger  drückt  sich  Cauer 
aus,  indem  er  sagt,  daß  diese  Reihenfolge  „doch  wohl  nicht  ganz 
zufällig  und  bedeutungslos*'  sei.  Daß  die  Anordnung  der  Ge- 
dichte von  Horaz  selbst  herrührt,  ist  zwar  nicht  durchaus  sicher, 
aber  wenigstens  wahrscheinlich.  Welches  sind  nun  die  einfachen 
nnd  einleuchtenden  Gesichtspunkte,  weiche  Horaz  befolgt  hat? 
Einen  einheitlichen  Grundgedanken,  wie  etwa  bei  den  Römeroden, 
»erden  wir  bei  den  Anfangsoden  des  ersten  Buches  vergeblich 
suchen,  im  Gegenteil,  die  Stoffe  sind  die  denkbar  verschiedensten, 
wie  schon  ein  oberflächlicher  Blick  zeigt.  Auch  in  den  ange- 
redeten Otter  gefeierten  Personen  zeigt  sich  beständiger  Wechsel: 
Mäcenas,  Auf^ustus,  Vergil,  Sestius,  Pyrrha,  Agrippa,  Munatius 
Plancus,  Lydia,  Thaliarchus,  Merkur,  Leuconoe  —  eine  bunte 
Keihe.  Offenbar  hat  der  Dichter,  wenn  die  Anordnung  von  ihm 
berröhrt,  diese  nach  dem  Grundsatz  ,Variatio  delectat'  getroffen. 
Tad  welche  Absicht  verfolgte  er  dabei?  Die  an  besonders  ver- 
ebte Männer  wie  Häcenas,  Augustus,  Vergil  gerichteten  Gedichle 
faden  wir  vorangestellt;  im  übrigen  sollte  die  Mannigfaltigkeit 
^  Formen,  in  denen  sich  das  äolische  Lied  des  römischen 
Singers  bev^egte,  dem  Leser  zuerst  und  zumeist  vor  Augen  ge- 
führt werden.  Ebensowenig  Rücksicht  auf  den  Inhalt  zeigt  der 
Kchler  bei  der  Anordnung  der  Kpoden,  die  einfach  nach  dem 
Netrum  zusammengestellt  sind.  Diese  rein  äußerliche  Anordnung 
der  Gedichte  bei  der  Lektüre  beizubehalten  ist  meiner  Ansicht 
oach  nicht  nur  nicht  notwendig,  sondern  sogar  didaktisch  be- 
denklich, da  ein  solches  Vielerlei  von  Stoffen  und  Formen  auf 
den  Schüler  verwirrend  wirken  muß.  Daß  Jäger  seiht  diese 
Erfahrung  gemacht  hat,  ge.<«teht  er  mit  den  Worten  (S.  159):  „Bei 
der  Lektüre  der  Oden  im  ersten  Jahre  hat  man  mit  der  Be* 
wältigung  der  Form  und  der  sprachlichen  Seite  noch  zu  viel  zu 
tun,  um  schon  ein  sachlich  historisches  Interesse  in  den  Unter- 
richt einführen  zu  können'*.  Aber  dieses  sachlich  historische 
loterresse  will  doch  gerade  Jäger  wecken,  indem  er  die  Lektüre 
des  Horaz  „unter  die  biographische  Idee  stellt".  Es  läßt  sich 
also  beides,  die  sofortige  Bewältigung  aller  Horazischen  Formen 
und  die  Weckung  des  historischen  Interesses  schwer  vereinigen, 
und  Jäger  stellt  deshalb  anheim,  das  biographische  Moment  einst- 
weilen zurücktreten  und  erst  am  Ende  des  ersten  Jahres  stärker 
hervortreten  zu  lassen.  So  wird  der  durchaus  richtige  Gedanke, 
daß  der  Schüler  zu  Horaz  in  ein  persönliches  Verhältnis  treten 
müsse,  zugunsten  der  überlieferten  Anordnung  aufgegeben. 

Diese  Bedenken  hat  schon  Hatschky  in  seinem  lesenswerten 
Programm  (Krotoschin  1904)  gcüufsert    und    vorgeschlagen,    die 


304       Ober  Auswahl  and  Beh«odliin|^  der  Horazlektnre, 

Horazlektöre  mit  der  sechsten  Satire  des  ersten  Buches  zu  be* 
ginnen.  In  der  Tat  eignet  sich  dieses  Gedicht  sehr  gut  zur  Ein- 
führung, da  es  ups  die  Herkunft  und  die  Erziehung  des  Dichters, 
seine  Lebensweise,  seine  Pietät  gegen  seinen  Vater  und  sein  Ver- 
hältnis zu  Häcenas  so  anschaulich  zum  Bewußtsein  bringt  Aber 
mit  den  weiteren  Vorschlägen  Matschkys  kann  ich  mich  weniger 
einverstanden  erklären.  Es  empfiehlt  sich  meiner  Ansicht  nach 
nicht,  nun  zunächst  die^Oden  11,11130,1120  und  bald 
nachher  IV  3  und  IV  9  zu  lesen,  Gedichte,  welche  fast  aus- 
schließlich die  Selbslverherrlichung  des  Horaz  zum  Gegenstände 
haben.  Der  denkende  Schüler  wird  mit  dem  Dichter  schwerlich 
recht  befreundet,  wenn  er,  ehe  er  noch  einen  größeren  Teil 
seiner  Gedichte  kennen  gelernt  hat,  ihn  nur  sein  eigenes  Lob 
verkünden  h5r(. 

Auch  die  Anordnung  Altenburgs  (Programm  Wohiau  1894: 
c.  I  6,  15,  24,  3,  28, 4,  22, 20,  17,  18,  epod.  7,  16,  c.  1 14,  epod.  1, 
c  I  2,  31,  32,  1)  spricht  mich  nicht  sehr  an,  sie  erscheint  mir 
etwas  gesucht  und  gekünstelt.  Dagegen  billige  ich  durchaus  den 
Grundsatz  des  induktiven  Lehrverfahrens,  dem  Altenburg  die 
Horazlektüre  unterordnen  will,  und  erkläre  mich  ganz  damit 
einverstanden,  daß  das  Interesse  nicht  vorzeitig  gesättigt  und  ab- 
gestumpft werde  durch  eine  Fülle  unvermittelter  gelehrter  ^iotizeo, 
die  als  Einzelheiten  pädagogisch  wertlos  sind,  vielmehr  fortgesetzt 
in  Spannung  und  Erwartung  bleibe;  mit  jedem  Schritte,  den  wir 
vorwärts  tun,  erweitere  sich  der  Blick  in  die  reichen  Beziehungen 
des  Dichters  zur  Geschichte  seiner  Zeit,  zum  Kulturleben,  zu  den 
Strömungen  des  geistigen  Lebens. 

Es  möge  mir  nun  gestattet  sein  zu  zeigen,  wie  der  Schüler  den 
Dichter  in  seiner  Entwickelung  verfolgen  und  zugleich  ganz  all- 
mählich in  die  mannigfaltigen  Formen  der  llorazischen  Dichtung 
eingeführt  werden  kann. 

Zur  Einleitung  in  die  Horazlektüre  ist  ein  Hinweis  auf  das 
Verhältnis  der  römischen  zu  der  griechischen  Poesie  gewiß  am 
Platze.  Darüber  unterrichtet  uns  Horaz  selbst  am  besten  in  den 
bekannten  Versen  (epist.  I  156  0): 

Graecia  capta  ferum  victorem  cepit  et  arles 
Intulit  agresti  Latio.     Sic  horridus  ille 
Defluxit  numerus  Salurnius  et  grave  virus 
Hunditiae  pepuiere,  sed  in  longum  tamen  aevum 
Manserunl  hodieque  manent  vestigia  ruris. 
Serus  enim  Graecis  admovit  acumina  chartls 
Et  post  Punica  belia  quietus  quaerere  coepit. 
Quid  Sophocies  et  Thespis  et  Aeschylus  utile  ferrent. 

Ich  trage  deshalb  kein  Bedenken,  diese  Stelle  schon  jetzt 
herauszuheben  und  mit  den  Schülern  zu  besprechen.  Damit  ist 
der  Vorteil    verbunden,    daß    der  Schüler  gleich  ein  iohaltreiches 


von  A.  Rnppersberg.  305 

Stück  von  Horaz  kennen  lernt,  ohne  sofort  durch  fremde  metrische 
Formen  geschreckt  zu  werden. 

Auch  die  Jugendgeschicble  des  Horaz  soll  der  Schüler  aus  des 
Dichters  eigenem  Munde  hören.    Sie  sieht  epist.  li  2,  41 — 52: 
Romae  nutriri  mihi  contigit  atque  doceri, 
Iratus  Grais  quantum  nocuisset  Achilles. 
Adiecere  bonae  pauIo  plus  artis  Atlienae, 
Scilicet  ul  vellem  curvo  dignoscere  rectum 
Atque  inter  silvas  Academi  quaerere  verum. 
Uura  sed  e movere  loco  me  terapora  grato 
Civilisque  rüdem  belli  tulit  aestus  in  arma 
Caesaris  Augusti  non  responsura  lacertis. 
Unde  simul  prinium  roe  dimisere  Philippi 
Decisis  humilem  pennis  inopemque  paterni 
Et  laris  et  fundi  paupertas  impulit,  audax 
Ut  versus  facerem. 
Diese  Schilderung  des  Dichters  von  seiner  Jugend  wird  ihres 
üodracks  nicht  verfehlen    und  besser  in  der  Seele  des  Schillers 
luilfB  als  die  Erzählung  des  Lehrers. 

Als  Beispiel  der  ersten  poetischen  Versuche  lasse  ich  dann 
te  Termutlicb  älteste  Gedicht^)  in  der  erhaltenen  Sammlung,  die 
$chüoe  16.  Epode  lesen: 

Altera  iam  teritur  bellis  civilibus  aetas. 
Hier  zeigt  sich  die  poetische  ßegabun?  und  das  ganze  Feuer 
des  jugendlichen  Dichters  gleich  im  hellsten  Glänze.    Zugleich  kommt 
die  verzweifelte  Stimmung  des  Horaz,  der  sein  Vermögen   verloren 
lut  und    seine    politischen  Ideale  vernichtet,  sein  Vaterland  von 
»osteD    Parteikämpfen    zerrissen    sieht,    den    Schülern    auf  das 
wirkungsvollste  zum  Bewußtsein.     Was  die  Form  betrüTt,  so  tritt 
hier  zu  dem  Hexameter,  den  der  Dichter  mit  Meisterschaft  hand- 
habt, der  iambische  Trimeter,  und  es  ist  Anlaß,  über  die  Eigen- 
tömlicbkeit    der  epodischen  Dichtung  zu  sprechen.     Wie  zu  dem 
iambischen  Trimeter  sich  der  Dimeter  gesellen  kann,  dafür  bietet 
ein  Beispiel    die    inhaltlich    und  zeitlich    nahestehende  7.  Epode, 
der  sich    die    erste   anschließen   mag.     Diese  versetzt  uns  in  die 
Zeit    Tor    der  Entscheidung    von    Actium    und  fuhrt  das  freund- 
schaftliche   Verhältnis    zu   Mäcenas    in  das  Leben  des  Horaz  ein. 
Dann    folgt    die  9.  Epode,    das    Siegeslied    von  Actium.     Diesem 
reiht    sich    inhaltlich    die    37.    Ode    des    1.    Buches    ,Nunc  est 
bibendum'   an,    doch    wegen    der   schwierigen    metrischen    Form 
wollen  wir  dies  Gedicht  noch  zurückstellen.    Will  man  nun'^dem 
Schüler  zeigen,    daß  Horaz   auch  andere  Töne  anzuschlagen  ver- 

')  Soweit  wir  die  Gedichte  des  Horoz  zeitlich  festleseD  könoen.  Den 
VersQch  Stadlers,  alie  Gedichte  nach  Anlaß  und  Zeit  genou  za  bestimmen, 
konn  ich  am  so  weniger  ernst  nehmen,  als  er  es  an  jeder  Begründnog  fehlen 
iaSt.  Dieselbe  Ansicht  vertritt  H.  Röhl  in  dem  letzten  Jahresbericht  dieser 
Zeitschrift  aber  Horaz  (S.  67  If.) 

2ScttMhr.  f  d.  OjmnaaUlwcMB.    LXL    4.  1^0 


306       Ober  Auswahl  aod  Behandluo;  der  Horazlektore, 

steht  und  daß  er  in  der  Ruhe  des  Landlebens  seine  volle  Be- 
friedigung findet,  so  lese  man  die  zweite  Epode^),  die  mit  ihrem 
satirischen  Schluß  auf  die  zweite  Dichtgattung  überleitet. 

Von  den  Satiren,  die  ich  nicht  mit  Dettweiler  für  schwieriger 
als  die  Oden  halle,  ist  mit  Fug  i  6  voranzustellen,  wie  schon 
oben  ausgeführt  wurde.  An  dieses  Gedicht  möchte  ich  gleich 
sat.  11  6  anschließen,  die  uns  den  Dichter  als  glücklichen  Be- 
sitzer seines  Sabinergutes  und  als  Freund  des  Landlebens  zeigt. 
Damit  ist  das  Lebensbild  des  Horaz  im  wesentlichen  abge- 
schlossen, und  es  empfiehlt  sich,  jetzt  mit  den  Oden  zu  beginnen, 
indem  man  die  übrigen  lesenswerten  Satiren  (besonders  I  1,  1  9 
und  II  1)  zur  Abwechselung  zwischendurch  vornimmt. 

In  welcher  Auswahl  und  Ordnung  sind  nun  die  Oden  zu 
lesen?  Jäger  will  die  drei  ersten  Bücher,  jedenfalls  das  erste, 
vollständig  lesen.  Aber  eine  Auswahl  ist  schon  we^en  der  be- 
schränkten Zeit  zu  trefl'en;  außerdem  sind  die  Gedichte  keines- 
wegs poetisch  gleichwertig,  und  einige  bieten  geradezu  Anstoß 
und  Ärgernis').  Ich  kann  mich  mit  Jägers  Grundsatz  nicht  ein- 
verstanden erklären,  „keiner  der  38  Oden  auszuweichen,  auch 
wo,  wie  I  25  (l^arcius  iunctas)  ein  häßliches  Sujet  unschön  be- 
handelt wird''.  Dieses  Gedicht,  das  Jäger  selbst  als  ein  richtiges 
Erzeugnis  großstädtischer  Prostitutionspoesie  bezeichnet,  würde  ich 
unbedingt  von  der  Schalbehandlung  ausschließen,  ebenso  l  17, 
wo    die    olenlis    uxores    mariti    als    eine    poetische   Entgleisung 


^)  Das  ungÜBStige  Urteil  vod  Wetfieoffls  (Horaz,  aeiae  Bedeatang  etc. 
S.  56  nud  Haodboch  für  Lehrer  höh.  SchoIeD  S.  288),  der  die  Epoden  bis  auf 
zwei  (2  u.  15)  voo  der  Schulleklüre  aosachlifßeo  will,  teile  ich  nicht. 
Jäger  sagt  mit  Recht:  „Für  deo  Historiker  sind  dies  kostbare  Dukvmeote, 
aus  deoeu  er  sich  io  die  wecbselode  Stimmaog  der  Bevolkeruog  oder  ihrer 
böhcreo  Schichten  vor,  während  und  nach  der  Entscheidung  zwischeu 
Oktavian  und  Antonius  versetzen,  ihre  Zeit  als  lebendige  Gegenwart 
empfinden  kann.  Will  man  deo  Werdegang  des  Dichters  den  Schülern  vor 
Augen  führen,  so  darf  man  diese  politischen  Gedichte  nicht  auslassen''. 
Gewiß  hat  Horaz  manchen  seiner  Gedanken  später  in  vollendeterer  Form 
ausgesprochen,  aber  die  Epoden  wirken  durch  die  Unmittelbarkeit  ihrer 
EmpfinduQg.     Das  15.  Gedicht  möchte  ich  von  der  Schule  ansschlieflen. 

')  Ich  stimme  biflrio  mit  Walther  Gcbhardi  überein,  der  schon  vor 
mehr  als  25  Jahren  (Neue  Jahrb.  1880  S.  161)  darüber  klagte,  daß  es  auf 
vielen  Geiehrteaschuleo  noch  immer  Hranch  oder  Mißbrauch  sei,  in  Prima 
die  Horazioterpretation  mit  ,!Vlaecenas  atavis*  zu  beginnen  und  mit  ,Pböebus 
voleoteni'  za  schließen,  höchstens  eine  Appendix  zu  machen  mit  ,Beatua 
ille^  und  ,lbam  forte'.  „Man  gibt  doch  wohl  sonst  der  Jugend  vom  Guten 
nur  das  Beste?  Man  behandelt  doch  wohl  nicht  sämtliche  Sehillerscben 
und  Goetbeschen  Dichtungen  in  der  Schule  ohne  Rüeksicht  auf  ihren  Wert 
uod  den  Grad  des  Verständnisses,  den  sie  erfordern?*'  Auch  Matscbky 
(a.  a.  0.  S.  14)  ist  dieser  Ansicht.  Er  sagt:  „Wir  Wollen  im  Horazunterricht 
keine  allzu  ängstliche  Vorsicht;  wir  lesen  mit  unsern  Primanern  in  aller 
(Jobefangenheit  die  schönen  Liebeslieder.  Aber  warum  wir  alle  Liebea« 
liedcr,  auch  die  unschönen  erotischen  Gedichte  lesen  müßten,  das  kann  ich 
nicht  cioschen".     Vgl.  Weißenfels  a.  a.  0.  S.  17fr. 


TOD  A.  Roppersberp.  307 

erscheinen   und  der  Schluß  ein  wüstes  Bild    zeigt.     Dasselbe  gilt 
?on  113  (cum  tu,   Lydia),   so  schön  auch  die  Schlußstrophe  ist: 

Felices  ter  et  amplius, 
Quos  inrupta  tenet  copula  nee  malis 

Divolsus  querimoniis 
Suprenia  citius  solvet  amor  die. 

Jager  sagt:    „Die  Wissenschaft,  welcher   der   jetzt  18jährige 
entgegengeführt  werden    soll,    muß   auch    dem  Häßlichen,  wo  es 
auf   ihrem  Wege    liegt,    ins  Gesicht   sehen*'.     Freih'ch,  wenn   es 
anbedingt  notwendig  ist,    dem  Schüler  die  häßliche  Wirklichkeit 
zu  zeigen,    soll    man    nicht    davor  zurückschrecken.     Aber  wenn 
man    die    jugendlichen   Seelen    mit    solchem    Anblick  noch   ver-- 
schonen  kann  und  sie  nichts   dabei  gewinnen,   sondern  nur  ver- 
lieren,   dann    führe    ich    nach    dem  Grundsatze  «Maxima  debetur 
pwris  reverentia*  sie   lieber   um   das  Haßliebe  herum.     An  c.  16 
vertieren  die  Schüler  nichts;  auch  andere  erotische  Gedichte  sind 
sieht  unbedenklich.    I  19  (Mater  saeva  cupidinum)  ist  in  seiner 
An  ein    sehr    hübsches  Gedicht,    aber    nicht   gerade    für  einen 
ISphrigen  Jongen  geeignet;  dasselbe  gilt  von  I  23  (Vitas  hinnuleo). 
Feracr   verzichte   ich    gern   auf   127   (Nalis  in  usum),  I2S  (Te 
narii  et  terrae),    I  33    (Albi,    ne    doleas),    II  4  (Ne  sit  ancillae), 
il9(Nondum    subacta)    und    118  (Ulla  si  iuris);   auch  von  1119 
\bccham  in  remotis)  verspreche  ich  mir  nicht  viel.    Im  übrigen 
^  sieb,  wie  Cauer  sagt,  über  Duft  und  Farbe  der  Blumen  nicht 
»treiten.     Der  Lehrer,    der   selbst    von    der  Schönheit  eines  Ge- 
ilicfates    überzeugt   ist,    wird    auch    imstande  sein,  den  Schülern 
diesen   Eindruck    zu    übermitteln.     Durch    Beschränkung    in    der 
Aaswahl    kann    man  jedenfalls  Zeit  für  das   Beste  gewinnen  und 
dies  durch  Wiederholungen   in  der   auch  von  Jäger  empfohlenen 
gruppierenden   Weise    den    Schülern    als    festen    Besitz    für    das 
Leben  mitgeben. 

Wir  beginnen  mit  dem  Widmungsgedicht  ,Maecenas  atavis* 
and  erklären  dabei  den  Asclepiadeus  minor.  Daran  reiht  sich 
am  besten  die  6.  Ode,  die  an  den  andern  Vertrauten  des  Augustus, 
den  scblachtehberühmlen  Agrippa,  gerichtet  ist.  Sie  schließt 
seh  auch  metrisch  leicht  an,  da  sie  von  dem  ersten  Gedicht  sich 
äußerlich  nur  dadurch  unterscheidet,  daß  an  die  Stelle  des  vierten 
Asclepiadeus  der  Glyconeus  tritt,  der  am  einfachsten,  wenn  auch 
nicht  streng  wissenschaftlich,  als  ein  um  einen  Choriambus  ver- 
köater  Asclepiadeus  minor  erklärt  wird.  In  dieser  Ode  wird 
Varius  als  der  Schwan  des  Mäonischen  Liedes  gepriesen,  der 
IHchter,  den  die  Schüler  schon  in  der  sechsten  Satire  des  ersten 
Buches  neben  Vergii  als  Freund  des  Horaz  und  Glied  des 
Macenischen  Kreises  kennen  gelernt  haben: 

,optimus  olim 
Vergilius,  post  hunc  Varius  dixere,  quid  essem*. 

20* 


308        Cber  Auswahl  und  ßehaodluog  der  Horazlektüre, 

In  demselben  Versmaße  ist  c.  I  24  verfaßt,  die  an  Vergil 
gerichtete  Klage  um  den  Dichter  Quinlih'iis  Varus,  welche  uns 
den  innigen  Zusammenhang  des  liorazischen  Freundeskreises  zeigt. 
Passend  schließt  sich  nun  das  TtgonsfinTixöv  an  Vergil  an 
(1  3),  das,  wenn  es  auch  nicht  bei  der  letzten  Reise  des  Vergil 
gedichtet  ist,  doch  Gelegenheit  gibt,  des  frühen  Todes  des  Dichters 
zu  gedenken.  Auch  metrisch  fügt  sich  dieses  Gedicht  trefflich  an, 
da  es  die  beiden  schon  bekannten  logaödischen  Verse  nur  in 
anderer  Anordnung  bringt. 

Jäger  stellt  den  Satz  auf:  „Der  Vorschlag,  die  Oden  nach 
dem  Metrum  zu  gruppieren,  ist  schlechtbin  zu  verwerfen,  weil  er 
<las  Hauptziel  einem  Mebenzweck  opfert'^  ich  erkenne  diesen 
Satz  durchaus  als  richtig  an;  aber  wenn  sich  bei  metrisch  ver- 
wandten Oden  auch  ein  inhaltlicher  Zusammenbang  tinden  läßt, 
80  dürfte  es  nicht  verkehrt  sein,  davon  zugunsten  des  Schülers 
Gebrauch  zu  machen,  da  das  sonst  empfohlene  Fortscbreiten  vom 
Leichteren  zum  Schwereren  doch  wohl  auch  für  die  Horazlektüre 
Gellung  hat.  Das  nächstverwandte  Metrum  ist  die  vierte  Askie- 
piadeische  Strophe,  die  sich  von  der  zweiten  nur  dadurch  unter- 
scheidet, daß  an  dritter  Stelle  der  Pherecrateus  erscheint,  der 
als  der  um  eine  Silbe  verkürzte  Glyconeus  erklärt  werden  kann. 
Diese  Form  zeigt  die  fünfte  Ode  an  Pyrrha,  ein  erotisches  Ge- 
dicht, von  dessen  Lektüre  ich  mir  keinen  Nutzen  verspreche. 
Ich  schließe  heber  das  in  gleichem  Maße  verfaßte  vierzehnte 
Gedicht  an:  ,0  navis,  referent',  zu  dem  die  Brücke  nicht  schwer 
zu  iinden  ist.  Es  zt^igt  uns,  wie  der  Dichter,  dem  das  politibche 
Leben  infolge  seiner  bitteren  Enttäuschung  verekelt  war,  nun 
wieder  ein  Vaterland^  hat,  um  das  er  bange  ist: 
Muper  suilicitum  quae  mihi  taedium, 
Nunc  df^siderium  curaque  non  levis. 

Man  darf  dem  Schüler  wohl  zum  Vergleich  an  die  Achtund- 
vierziger Gottfried  Kinkel  und  Ferdinand  Freiligrath  erinnern,  die 
ebenfalls  aus  ihren  republikanischen  Träumen  schmerzlich  er- 
wachten, aber  auch  begeisterte  Anhänger  des  neuen  Deutschen 
Reiches  wurden.  Die  monarchische  Gesinnung  tritt  stark  hervor 
in  dem  Vorläufer  des  Carmen  saeculare,  dem  21.  Gedicht,  das 
sich  hier  passend  anreiht,  während  ich  auf  das  in  gleichem  Maße 
verfaßte  23.:  , Vitas  hinnuleo  me  similis,  Chloe',  das  eine  Um- 
dich  tu  ng  eines  griechischen  Originals  ist,  lii-her  verzichte.  Aus 
äußeren  Gründen  sind  die  im  fünften  Asklepiadeischen  System 
verfaßten  Oden  11  und  18  jetzt  vorzunehmen  und  die  fünf 
Systeme  im  Überbhck  zusammenzufassen. 

Es  bleiben  nun  besonders  die  im  Sappbischen  und  Alcäischen 
Maß  gedichteten  Oden  zu  lesen,  und  es  verschlägt  meines  Er- 
achtens  nichts,  in  welcher  Reibenfolge  dies  geschieht.  Das 
Sapphische  Metrum  ist  leichter  aufzufassen  als  das  Alcäische; 
inhaltlich    schließt    sich    an  die  11.  Ode  gut  die  neunte:    ,Vides, 


von  A.  Rnppersberp.  309 

at  alta',    an  I  18   die  Gedichte  I  7  und   l[  6  (Preis  von  Tibiir) 
an.      Im    weiteren    wird  man  natürlich  die  inhaltlich  verwandten 
Gedichte   möglichst  zusammenfassen :    Liebe,  Wein,  Freundschaft, 
Götterverehrong,    politische    und    soziale  Verhaltnisse,    Liebe    zur 
^atu^,    Glöck    der    Beschränkung,    Todesahnung    und    ähnliches 
mögen  die  Leitmotive  bilden.     Aus  dem    ersten  Buch   verdienen 
besonders    noch    her  vor  «gehoben    zu    werden    das   22.,    31.,   34. 
und  37.  Gedicht,   aus    dem  zweiten  Buch  3,  6,  7,  10,  14,  15,  16, 
17,  18.    Damit  wird  die  Zeit  des  ersten  Schuljahres  reichlich  aus- 
gefällt sein.     Für    das    zweite  Schuljahr    bleiben    das    dritte  und 
vierte  Buch  der  Oden,  das  Carmen  saeculare,  von  dem  wenigstens 
d«r  Anfang    zu  lesen    ist,   und    eine  Auswahl    aus    den  Episteln. 
Cbrigens  halte  ich  es  durchaus  nicht  für  verwerflich,  auch  schon 
las   ersten  Primajabr    eins    oder    das    andere  Gedicht   aus    dem 
dritten    und    vierten  Buch    der  Oden  zu  lesen,   wenn  man  z.  B. 
die  beiden   Fröhlingsgedicbte    I  4  und  IV  7   nebeneinanderstellen 
und  vergleichen    will.     Auch  III  9    (Donec  gralus  eram),    III  13 
(0  {ras  Bandusiae),    III  21    (0    nata    mecum),    IV  3    (Quem    tu, 
Xdpdroene)    und    IV  8    (Donarem  pateras)    lassen    sich    gut    auf 
der  früheren  Stufe  erklären.     Für    die  Oberprima  sind  jedenfiills 
üe  gedankenschweren  sechs  Römeroden  aufzuheben«  außer  diesen 
lad  den   bereits  genannten  Gedichten  möchte  ich  jedenfalls  lesen 
la^en  III  8  (Martiis  caelebs),  III  16  (Inclusam  Danaen)  und  III  30 
(Exegi    monumentum),    von   IV  1    (Intermissa,    Venus)    höchstens 
T.  1—8  und  29 — 32,    IV  2   (Pindarum  quisquis)    mit   AusschluB 
der  letzten    Strophe«    IV  4    (Qualem  ministrum)    mit    Auslassung 
ton  T.   18—22   und  v.  45—73,  IV  9  (Ne  forte  credas)  bis  v.  28 
Qod  IV  14  (Quae    cura  patrum).     Die    an  letzter  und  drittletzter 
Stelle  genannten  Gedichte  geben  Gelegenheit  zu  beobachten,  „wie 
bei  Roraz  das  monarchische  Empfinden    schon   zum  dynastischen 
geworden  war^*. 

Von  den  Episteln,  der  reifsten  Frucht  der  Horazischen 
Kcbtung,  empfehlen  sich  besonders  12:  „Homer  als  Erzieher'*  mit 
ihrer  Fülle  von  Lebensregeln,  I  7,  wo  die  feine  und  humorvolle 
Art  zu  bewundern  ist,  mit  der  Horaz  dem  Mücenas  gegenüber 
seine  Unabhängigkeit  wahrt,  I  20,  das  Geleitswurt  an  das  erste 
Bach  der  Episteln,  und  II  t,  der  Überblirk  über  die  Enlwickelung 
der  römischen  Literatur.  Bleibt  noch  Zeit,  so  sind  I  1,  I  6  und 
I  16  besonders  zu  berücksichtigen ;  für  die  Auffassung  derselben 
6odet  der  Lehrer  an  Jäger  einen  erfahrenen  und  geistvollen  Fuhrer, 
dem  er  noch  Gustav  Kettner  (Die  Episteln  des  Horaz.  Berlin 
1900,  Weidmann)  als  feimtinnigen  Erklärer  mit  vielem  Nutzen  zu- 
gesellen wird.  Für  die  Lektüre  der  Ars  poetica  wird  wühl  kaum 
Zeit  bleiben. 

Von  Horaz  sollen  die  Schüler  mehr  als  von  anderen  Srhul- 
scbrifUtellern  mit  ins  Leben  nehmen ;  denn  kein  anderer  Dichter 
steckt   so    voll    kerniger    und  humorvoller  Lebensweisheit,  die  in 


310        Ober  Aaswahl  ond  Bchandlaog  der  Horazlektiire, 

vollendeter  Form  geboten  wird  ^).  Darum  hat  das  Auswendig- 
lernen  hier  seine  besondere  Bedeutung.  Es  soll,  um  mit  Jäger 
zu  reden,  nicht  mit  Übertreibung  und  als  Paradestuck,  sondern 
mit  Maß  und  zu  redlichem  Gewinn  geschehen;  es  bildet,  wie  Gauer 
sagt,  die  unentbehrliche  Grundlage  für  ein  vertrauteres  Verhältnis 
zu  dem  Dichter.  Die  schönsten  und  inhaltreichsten  der  Oden 
sind  auswendig  zu  lernen,  von  anderen  wenigstens  einzelne  Stellen, 
nicht  für  das  Ahiturientenexamen,  sondern  als  bleibender  Schatz 
fürs  Leben.  Ich  schlage  vor,  ganz  oder  teilweise  lernen  zu  lassen: 
1 1,  3,  4  (v.  t— 15),  10  (v.  1—8  und  16-20),  14,  22,  31,  II  3,  6, 
7, 10,  14  (v.  1—4  und  21—28),  16, 111  1,  2,  3  (v.  1—8),  9,  13,  von 
16  den  Schluß  (multa  petentibus  Desunt  multa;  bene  est  cui 
deus  obtulit  Parca  quod  salis  est  manu),  21,  30,  vom  Carmen 
saeculare  die  diitle  Strophe,  IV  3  und  7,  von  9  v.  1 — 4  und 
25 — 28.  Aus  den  Satiren  und  Episteln  sind  nur  einzelne  Sen- 
tenzen einzuprägen,  so  besonders  aus  epist.  I  2.  Daß  die  An- 
forderungen an  das  Gedächtnis  der  Schüler  nicht  überspannt 
werden,  wird  der  Lehrer  dann  am  besten  vermeiden,  wenn  er 
es  sich  zur  Pflicht  macht,  die  Stellen,  die  er  dem  Schäler  zum 
Auswendiglernen  aufgibt,  auch  selbst  seinem  Gedächtnis  einzu- 
prägen. 

Noch  einige  Worte  über  Vorbereitung  und  Erklärung  der 
Ilorazisclien  Gedichte.  Jäger  verlangt  auch  bei  Horaz,  den  er  für 
leichter  als  Tacitus  hält,  die  „Präparation'*  von  selten  der  Schüler, 
empfiehlt  aber,  daß  der  Lehrer,  um  dem  Unterricht  Abwechselung 
und  ein  schnelleres  Tempo  zu  geben  oder  über  minder  lesens- 
werte und  peinliche  Stellnu  schneller  hinauszukommen,  einzelne 
Gedichte  oder  Stellen  selbst  übernehme  und  den  Schulern  vor- 
übersetze. Nach  meiner  Erfahrung  ist  die  häusliche  Vorbereitung 
der  Schüler  bei  Horaz  wenig  wertvoll,  da  das  wörtliche  und  sach- 
liche Verständnis  des  Dichters  zu  viele  Schwierigkeiten  bietet  und 
gar  bald  dazu  treibt,  zu  Übersetzungen  zu  greifen.  Dagegen  habe 
ich  die  besten  Erfahrungen  mit  der  Präparation  in  der  Klasse 
gemacht.  Ein  Schüler  liest  ein  kleines  Pensum,  der  Lehrer  sagt 
die  unbekannten  Wörter,  welche  die  Schüler  schnell  notieren,  und 
nun  wird  unter  der  Teilnahme  der  ganzen  Klasse  zunächst  die 
wörtliche  Übersetzung  gefunden,  sodann  wird  von  dem  Lehrer 
die  nötige  Erklärung  gegeben  und  endlich  wieder  in  gemeinsamer 
Arbeit,  wie  es  ja  auch  die  Lehrpläne  vorschreiben,  eine  gute 
deutsche  Übersetzung  gesucht,  die  der  Lehrer  schließlich  als 
Ganzes  noch  einmal  vorträgt  und  für  die  nächste  Stunde  zur 
Wiederholung  aufgibt.    Dadurch  wird  das  zeitraubende  und  ärger- 

')  Selbst  eio  so  negativer  Geist  wie  Fr.  Nietzsche  sagt:  „Bis  jetit 
habe  ich  von  keinem  Dichter  dasselbe  artistische  Entzücken  gehabt,  das  mir 
von  Anfaug  an  eine  Horazische  Ode  gab.  In  gewissen  Sprachen  ist  das^ 
was  hier  erreicht  ist,  nicht  einmal  zu  wollen.**  (GötzendämmeniDg:  Was 
ich  den  Alten  verdanke.  S.  167). 


voD  A.  Ruppersber;.  311 

liehe  Nachprüfen  der  Präparation  unnötig,  und  man  komm 
ebenso  schnell,  ja  schneller  vorwärts  als  bei  vorhergegangener 
Präparation  der  Schüler,  die  als  freiwillige  Leistung  natürlich 
Dicht  ausgeschlossen  ist.  Bei  diesem  Verfahren  ist  die  Aufmerk- 
samkeit der  Schüler  durchweg  reger  als  bei  der  häuslichen  Vor- 
bereitung, welche  die  Schüler  nur  zu  oft  veranlaßt,  während  ein 
anderer  „dran  isV\  schon  das  folgende  Stück  zu  überdenken, 
ßei  der  Wiederholung  dieser  Übersetzung  in  der  nächsten  Stunde 
wird  leider  von  vielen  Lehrern  eine  wörtliche  Wiedergabe  ver- 
langt, was  oft  zu  verstohlenem  Nachschreiben  und  gedankenlosem 
Auswendiglernen  fuhrt.  Demgegenüber  muß  hervorgehoben 
werden,  daß  selbst  eine  noch  so  gute  Übersetzung  doch  nur  eine 
Ton  den  vielen  Möglichkeiten  ist,  der  Sprache  und  dem  Geiste 
des  Originals  gerecht  zu  werden,  und  ich  pflege  auch  die  Schüler 
darüber  aufzuklären,  daß  ich  sie  nicht  auf  einen  bestimmten  Aus- 
druck festnagele,  sondern  daß  ein  gleich  guter  oder  gar  besserer, 
deo  der  Schüler  selbst  gefunden,  mir  bei  der  Wiederholung  ebenso 
wülkommen  ist.  Die  beste  Wiedergabe  eines  Dichterwerkes  ist 
liDDier  eine  gute  metrische  Übersetzung,  und  diese  muß  möglichst 
den  Scblu&tein  der  Behandlung  eines  Gedichtes  oder  einer 
frößereD  Stelle  bilden.  Es  fehlt  bei  Huraz  bekanntlich  nicht  an 
goten  inctrischen  Übersetzungen.  Bei  den  Oden  und  Epuden 
ist  die  Übersetzung  von  Menge  gut  zu  gebrauchen,  bei  einzelnen 
Gedichten  Geibels  klassisches  Liederbuch  und  die  Übertragungen 
von  Vogt  und  van  Huffs;  für  die  Satiren  und  Episteln  ist  die 
Übersetzung  von  Karl  Bardt  besonders  empfehlenswert. 

An  guten  Hilfsmitteln  für  die  Erklärung  fehlt  es  auch  nicht; 
der  Kommentar  von  Kießling,  neubearbeitet  von  Heinze,  nimmt 
noch  immer  die  erste  Stelle  ein;  neben  ihm  sind  besonders 
Lacian  Muller,  Nauck,  Fritzsche  und  Schulz  zu  nennen.  Treu- 
liche Beobachtungen  zu  einzelnen  Stellen  bietet  uns  Jägers  Buch; 
ich  darf  besonders  auf  die  Erklärung  von  ,solviiur  acris  hiems' 
(S.  162)  verweisen.  Auch  Altenburgs  drei  Programme  (Wohlau 
iS91,  1893  u.  1894)  und  die  Abhandlungen  de>sell)en  Verfassers 
im  36.  and  40.  Heft  der  Lehrproben  werden  gute  Di«'nste  leisten; 
als  zusammenfassende  Darstellungen  sind  Weißenfels*  Horaz  und 
und  Alys  Horaz,  sein  Leben  und  seine  Werke  (Gymnasialbibliothek 
15.  Heft)  zu  empfehlen. 

Der  Verwendung  von  Anschauungsmitteln  steht  Jäger  nicht 
sehr  sympathisch  gegenüber.  S.  209  s<igt  er:  „Zur  Erläuterung 
der  Ode  »Quälern  ministrum'  mag  eine  Abbildung  der  Gemma 
Augustea  vorgezeigt  werden,  weil  ja  heute  nichts  ohne  Bilder  ge- 
schehen kann*'.  Gewiß  liegt  die  Gefahr  der  zu  häufigen  oder 
onrichtigen  Verwendung  von  Anschauungsmaterial  im  Unterricht 
vor,  aber  auf  der  anderen  Seite  gibt  es  doch  kein  besseres 
Mittel,  das  Verständnis  der  Vergangenheit  zu  fördern  als  gute 
und  authentische  Abbildungen.   Die  Gemma  Augustea  kann  schon 


312    Ober  Aaswahl  der  HorazlektUre,  von  A.  Ruppersber^. 

zur  Erklärung  von  c.  I  2,  v.  41  ff.  herangezogen  werden;  diese 
Darstellung  lehrt  uns  die  Oberschwenglichkeil  mancher  Ausdrucke, 
die  Horaz  dem  Herrscherhause  gegenüber  braucht,  recht  ver- 
stehen, so  besonders  den  Anfang  von  1115:  ,CaeIo  tonantem 
credidimus  lovem  Regnare :  praesens  divus  habebitur  Augustus\ 
Zu  derselben  Ode  bietet  die  Statue  des  Augustus  von  Prima 
Porta  wertvolles  Anschauunf^smaterial,  die  hochgepriesenen  Claudii 
Nerones  (c.  IV  4  und  14)  zeigt  uns  das  von  Conze  herausgegebene 
Relief.  Den  gefeierten  Friedensfursten  veranschaulicht  uns  der 
Kopf  des  Augustus  mit  der  ßürgerkrone,  und  der  Neptunius  diix 
(epod.  9)  Sexlus  Pompejus  wird  durch  eine  Münze  illustriert, 
auf  der  wir  seinen  Valer  Gnaeus  Magnus  als  Neptun  darge- 
stellt sehen.  Für  die  von  Horaz  oft  bekämpfte  verschwenderische 
Ausstattung  der  vornehmen  römischen  Häuser  können  Abbildungen 
von  pompejaniscben  Wandmalereien  herangezogen  werden,  und 
was  lacunar  bedeutet,  läßt  sich  an  einer  Innenansicht  des  Pantheons 
zeigen.  *Meta  fervidis  evitata  rolis'  und  'palma  nobilis'  (eil) 
werden  durch  die  Bilder  des  Wagenrennens  und  des  Zirkus- 
kutschers bei  Baumeister,  Denkmäler  111  S.  2090 — 2093  veran- 
schaulicht; die  'fratres  Hellenae,  lucida  sidera'  (c.  l  3)  sehen  wir 
auf  römischen  Denaren  (Cybulski,  Münztafel)  dargestellt,  und  'vis 
consili  expcrs  mole  ruil  sua'  (c  111  4)  wird  durch  die  Pergamenische 
Gigantomachie  erläutert.  Als  den  farundus  nepos  Atlantis  dürfen 
wir  den  Hermes  des  Praxiteles  vorführen,  und  zu  der  Stelle:  Tu  pias 
laetis  animas  reponis  Sedibus  bietet  das  schöne  Relief  Orpheus  und 
Eurydike  eine  Illustration.  Die  Gelegenheit,  die  Schüler  mit  hervor- 
ragenden Kunstwerken  bekannt  zu  machen,  sollte  im  Unterricht  ja 
nicht  versäumt  werden;  sie  weckt  nicht  nur  das  ästhetische  Gefühl, 
sondern  stärkt  auch  den  geschichtlichen,  d.  h.  den  strengen  Wirk- 
lichkeits-  und  Wabrheitssinn,  den  Jäger  mit  Recht  von  den 
Gymnasiallehrern  und  ihrem  Unterricht  fordert.  Die  Knappheit 
des  Anschauungsmaterials  macht  es  bei  Horaz  unmöglich,  in  dieser 
Hinsicht  zuviel  zu  tun. 

Jäger  schließt  seine  Betrachtungen  mit  einer  warmherzigen 
Verteidigung  der  humanistischen  Bildung,  die  nicht  nur  für  die 
Vergangenheit,  sondern  auch  für  die  Gegenwart  ihre  Bedeutung 
hat.  Wir  werden  unsere  Gegner  um  so  leichter  überwinden,  je 
schärfer  wir  das  wahre  Ziel  des  humanistischen  Unterrichts  ins 
Auge  fassen  und  die  Jugend  mit  dem  echten  Idealismus  oder 
Humanismus  erfüllen.  Dazu  kann  die  richtig  geleitete  Lektüre 
des  Horaz  ein  gutes  Teil  beitragen. 

Saarbrücken.  A.  Ruppersberg. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


LITERARISCHE  BERICHTE. 


Ao^ust  Wünsche,  ScböpfoDfp  und  Süadeofall  des  ersten 
Menschenpaare  s  im  jüdischen  und  moslemischen  Sagenkreise  mit 
Rücksicht  aaf  die  Überlieferungen  in  drr  Krilsehrift-Literator. 
Leipzig  1906,  Edoard  Pfeiffer.     82  S.     gr.  b.     l,6ü  ^,  geb.  2  Jt^ 

Das  Blich  ist  ein  Teil  der  unter  dem  Namen :  Ex  Oriente  lux 
von  dem  Professor  der  Berliner  Universität  Ür.  Hugo  Winckler 
berausgegehenen  Sammlung.  Diese  Sammlung  von  Schriften  zur 
'orientalischen  Altertumskunde  will  eine  Mittelstellung  zwischen 
<ier  streng  wissenschaftlichen  Forschung  und  der  rein  elemen- 
taren Belehrung  einnehmen.  Macht  sich  doch  immer  mehr  das 
Bestreben  geltend,  auch  den  altorientalischen  Kulturen  in  weiteren 
Kreisen  als  denen  der  eigentlichen  Fachmänner  eine  ihrer  Be- 
<ieatung  für  die  Entwickelung  der  Kulturmenschheit  entsprechende 
Aufmerksamkeit  zu  widmen.  Die  Sammlung  will  solchen  Be- 
strebungen entgegenkommen,  indem  sie  Einzelheiten  zusammen- 
^ilt,  die  diesem  Zwecke  dienen  und  in  erster  Linie  geeignet 
sind,  dem  Fachmann  wie  dem  tiefer  eindringenden  Lernenden 
den  Zusammenhang  der  behandelten  Fragen  mit  der  allgemeinen 
Entwickeln ngsgeschichte  der  Menschheit  zu  erschließen. 

Der  gelehrte  Verf.,  dessen  beide  Werke  „Die  Schönheit  der 
Bibel*  und  ,,Die  Bildersprache  des  Alt(*n  Testaments'*  ich  im 
vorigen  Jahrgang  dieser  Zeitschrift  eingehend  besprochen  und  mit 
Nachdruck  empfohlen  habe,  verarbeitet  in  diesem  neuen  Buche 
in  einer  Reihe  von  Abhandlungen  über  die  ErscholTung  der  ersten 
Menschen,  über  ihre  leibliche  und  geistige  Ausstattung,  über  ihren 
Aufenthalt  im  Paradiese  und  über  ihren  Fall  ein  reiches  Quellen- 
material,  das,  wie  er  im  Vorworte  sagt,  sicher  von  den  Assyriologen 
und  den  Männern,  die  neuerdings  zu  einer  Gesellschaft  für  ver- 
gleichende Mythologie  zusammengetreten  sind,  nach  seinem  Inhalte 
und  nach  seiner  Bedeutung  richtig  eingeschätzt  werden  wird.  Es 
gab  eine  Zeit,  in  der  man  die  in  beiden  Talmuden  und  in  zahl- 
reichen Midraschwerken  enthaltenen  Mythen  und  Sagen  als 
albernen  Schnack  bespöttelte.  Die  wissenschaftliche  Folkloristik 
betrachtet  heute  Mythen  und  Sagen  als  kongenuine  und  kongeniale 
Gebilde  des  Volksgeistes  und  der  Volksseele.  Als  solche  Gebilde 
haben   entschieden   auch    die   jüdischen    Mythen    und    Sagen    zu 


3t4    A.  WüDsehe,  SebSpfnoCP  ood  SÜDdenfall,  agz.  von  A.  Jonas. 

gellen.  Sie  sind  aus  dem  Vorstellungskreise  des  jüdischen  Volkes 
heraus  geboren;  es  spiegell  sich  in  ihnen  sein  ganzes  Hangen 
und  Bangen,  seine  Freude  und  sein  Schmerz,  seine  Hoffnung 
und  seine  Enttäuschung.  . 

In  dem  ersten  Aufsätze,  „Die  Erschaffung  des  Protoplasten 
nach  jüdischer  und  moslemischer  Sage*',  erzählt  Verf.  zuerst  von 
den  Legenden,  die  sich  auf  den  Plan  Gottes,  einen  Menschen  zu 
schaffen,  beziehen,  dann  von  dem  Schüpfungsakt  selbsl  und  der 
geistigen  und  leiblichen  Ausstattung  des  ersten  Menschen,  alles 
unter  genauer  Angabe  der  Quellen.  Da  ist  viel  Wunderliches  zu 
lesen :  der  Leib  des  ersten  Menschen  ist  aus  Babel,  sein  Haupt 
aus  dem  Lande  Israel,  seine  Glieder  sind  von  den  übrigen 
Ländern;  er  reichte  von  der  Erde  bis  zur  Himmelsfesle,  nachdem 
er  aber  gesündigt,  hat  Gott  auf  ihn  seine  Hand  gelegt  und  ihn 
verkleinert;  heißt  es  doch  P^alm  139,5  „Du  hast  Deine  Hand  auf 
ihn  gelegt''.  Auf  Platonischen  EinQuß  geht  die  Vorstellung  zurück, 
nach  der  Adam  als  Androgynos  geschaffen,  dann  aber  in  zwei 
Hälften  zersägt  sei,  um  ihn  zu  einem  selbständigen  Paare  zu 
machen.  Nach  anderer  Sage  wurde  er  als  kräftiger  Jüngling  er- 
schaffen, 20jährig;  sein  Fußballen  verdunkelte  den  («lanz  der 
Sonne,  noch  mehr  aber  sein  Antlitz.  Mit  seinem  Auge  konnte 
Adam  von  einem  Ende  der  Welt  zum  andern  sehfu.  Als  aber 
Gott  die  Verderbtbeit  des  Sintflutgeüchlechtes  sah,,  entzog  er  ihm 
dieses  Licht  und  verbarg  es  für  di»'  Frommen  im  Jenseils.  Seine 
Belehrung  empfing  er  aus  einem  Buche,  in  dem  alle  diejenigen 
verzeichnet  waren,  die  von  ihm  bis  zur  Zeit  der  Auferstehung 
der  Toten  abstammen  würden.  Vermöge  seiner  Intelligenz  lernte 
er  alle  Handweike,  auch  wußte  er  das  ganze  Gesetz  und  über- 
lieferte es  seinen  Kindern,  die  es  weiter  überlieferten,  bis  es 
schließlich  Mose  von  Gott  geschrieben  vom  Sinai  herabbrachle. 
—  Das  sind  nur  knappe  Andeutungen  aus  der  Fülle  der  auf 
die  Erschaffung  des  ersten  Menschen  bezüglichen  jüdischen  und 
moslemischen  Mythen.  Das  alttestamentliche  Schriftwort  hat  den 
Inhalt  geboren. 

In  gleicher  Art  behandelt  der  zweite  Aufsatz  „die  Er- 
schaffung des  Weibes''.  Diese  Sagen  sind  nicht  ohne  Humor.  ^ 
Bei  jedem  Glied,  das  der  Herr  am  Weibe  erschuf,  sprach  er:  „Sei  ^ 
ein  züchtiges,  bescheidenes  Weib".  Aber  ironisierend  fügt  die 
Sage  hinzu,  daß  die  göttliche  Absicht  sich  nicht  verwirklichte, 
denn  das  Weib  besitzt  alle  Fehler  und  Schwächen,  die  der 
Schöpfer  an  ihm  vermeiden  wollte:  es  ist  stolz  und  hochmütig, 
schaulustig,  neugierig,  eifersüchtig,  betastet  alles  und  rennt  über- 
all herum.  In  anderer  Sage  heißt  es,  der  Mann  wurde  von  der 
Erde  erschaffen;  wenn  du  auf  ihn  nur  einen  Tropfen  Wasser 
gießest,  so  wird  er  sofort  weich;  das  Weib  aber  wurde  aus  einem 
Knochen  erschaffen;  wenn  du  den  noch  so  viele  Tage  in  Wasser 
tust,    wird   er   doch    nicht  weich.    In   lebhafter,    phantastischer 


Goethes  Werke  bsgb.  v.  K.HeioemaoD,  aogez.  von  L.  Zürn.   315 

Farbenschilderung  wird  in  der  Kabbaiistik  die  BrautausrQstung 
der  Eva  beschrieben  und  nun  gar  das  ilocbzeitsmahl.  Die  besten 
Speisen  standen  auf  den  Tischen  von  Perlen,  von  denen  jeder 
100  Ellen  lang  und  60  Ellen  breit  war,  und  es  wurden  ihnen 
alle  Arten  Leckerbissen  vorgelegt  nach  dem  Wort  des  Psalmes 
23,5:  „Du  bereitest  vor  mir  einen  Tisch''.  Das  Beispiel  zeigt 
recht  deutlich,  wie  die  Sagen  von  beliebigen  Stellen  des  Allen 
Testaments  ihren  Ausgang  nahmen. 

Der  dritte  Aufsatz  behandelt  „den  Sündenfall  und  seine  Folgen''. 
Auch  hier  eine  reiche  Sammlung  wunderlicher,  aber  auch  er- 
schütternder Weiterbildungen. 

Das  vierte  Stück,  ,,Der  biblische  Sündenfallbericht  nach  dem 
iaikut  Scbimoni'%  hier  zum  erstenmal  übersetzt,  gewährt  einen 
höchst  interessanten  Einblick  in  die  altjüdische  Exegese. 

Die  letzte  Abhandlung,  „Der  Protoplast  im  babylonisch- 
assyrischen Vorstellungskreise'S  berichtet  von  dem  ersten  Menschen, 
seinem  Wohnsitz  und  seinem  Geschick  nach  den  zahlreichen 
Fragmenten  der  Keilschriftliteratur.  Dieser  höchst  wertvollen 
Darstellung  fügt  der  Verf.  noch  einige  Bemerkungen  über  die 
Schöpfung  des  Menschen  und  den  Sündenfall  aus  den  Mythologien 
anderer  Völker  bei,  der  Perser,  Inder,  Griechen.  Er  schließt 
seine  Vergleichung  so:  „Ein  für  allemal  ist  so  viel  sicher,  daß  die 
jüdischen  auf  den  Urmenschen  bezüglichen  Sagen  und  Legenden 
nicht  in  jeder  Hinsicht  autochthone  Gebilde  sind,  sondern  sich 
an  die  altorientalische  Gedankenwelt  anlehnen.  Die  Juden  haben 
im  Exile  den  mythologischen  Ideenkreis  der  Babylonier  von  der 
Schöpfung  und  dem  Paradiese  usw.  kennen  gelernt,  in  sich  auf- 
genommen und  gemäß  ihrer  Begabung  auf  Grund  ihrer  religiösen 
Anschauungen  umgebogen  und  umgebildet.  Übrigens  können 
jeden  Tag  neue  Funde  bei  den  Grabungen  in  der  mesopotamischen 
Tiefebene  neues  Beweismatcrial  für  die  verwandtschaftlichen  Be- 
ziehungen mit  den  jüdischen  Traditionen  fördern". 

Druck,  Papier  und  Ausstattung  sind  gut. 

Stettin.  Anton  Jonas. 

1)  Goethes  Werke.  Heroos^e^ebeo  von  K.  Heinemano.  Eiuund- 
zwanzigster  uod  fonfuodzwanzigster  Band.  486  und  407  S.  8. 
Leipzig  o.  J.,  Bibliographisches  Institut.    Jeder  Band  geb.  2  Jt» 

Der  einundzwanzigste  Band,  besorgt  von  K.  Heinemann,  ent- 
hält Goethes  Rezensionen  in  den  Frankfurter  Gelehrten  Anzeigen, 
auch  die,  die  Goethe  nicht  in  seine  gesammelten  Werke  aufge- 
nommen hat,  dazu  kleinere  Jugendschriften  (Judenpredigt,  Frag- 
mente eines  Romans  in  Briefen,  Zum  Shakespeares-Tag,  Brief 
des  Pastors  und  zwo  biblische  Fragen,  Der  ewige  Jude,  biblische 
Dichtungen),  dann  Dramen  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt  (Ge- 
schichte Gottfriedens  von  Berlichingen  mit  der  eisernen  Hand, 
Erwin    und    Elmire,   Claudine   von    Villa   Bella,   Faust   [Urfaust]. 


316   Goethes  Werke  hsgb.  v.  K.  HeioemaDOj  aogez.  voo  L.  Zuro. 

Iphigenie  auf  Tauris  [Erste  Prosa]).  Der  fünfundzwanzigste  Band, 
besorgt  von  Georg  Etlinger,  enthält  den  ersten  Teil  von  Goethes 
Aufsätzen  über  Theater  und  Literatur,  und  xnar  über  Theater 
und  Schauspielkunst,  kleinere  Aufsätze:  Anzeigen  (1787 — 1802), 
Rezensionen  in  der  „Jena ischen  Allj;.Literaturzeitung"(1804 — 1807), 
Beiträge  zum  „Morgenblalt**  (1807—1815),  „Über  Kunst  und 
Altertum**  (1816—1822).  Die  Texte  sind  auch  in  diesen  Bänden 
sorgfältig  durchgesehen,  den  einzelnen  Schriften  orientierende  Ein- 
leitungen vorausgeschickt,  soweit  sie  nicht  in  Einleitungen  früherer 
Bände  schon  besprochen  worden  sind.  In  den  Einleitungen  zu 
den  Dichtungen  und  Schriften  religiösen  Inhalts  im  2t.  Band 
tritt  Heinemann  der  weitverbreiteten  Ansicht  von  Goethes 
Irreligiosität  entgegen  und  führt  demgegenüber  ans,  daß  es  wohl 
keinen  anderen  Dichter,  keinen  Gelehrten  gegeben  hat,  dessen 
Jugend  so  ausgfüllt  war  mit  theologischen  und  biblischen  Studien, 
der  wie  der  junge  Goethe  schon  mit  dem  Erwachen  seines  Geistes 
bemüht  war,  die  ewigen  und  großen  Rätset  zu  lösen,  der  wie  er 
diese  Anliegen  schon  so  früh  zum  Gegenstand  dichterischer  Ver- 
suche machte.  So  entstanden  die  biblischen  Dichtungen  unter 
der  Einwirkung  Herders;  sie  beweisen,  daß  Goethes  hebräische 
Studien  doch  nicht  so  ungründlich  waren,  wie  man  nach  seiner 
launigen  Schilderung  in  „Dichtung  und  Wahrheit'*  denken  sollte. 
Im  ., Ewigen  Juden*'  wollte  er  die  hervorstechendsten  Punkte  der 
Religions-  und  Kirchengeschichte  episch  darsteüen.  In  Straßburg 
befreite  er  sich  von  dem  engherzigen  Herrnhutianismus  und 
Pietismus  und  arbeitete  sich  allmählich  zu  einer  höheren,  freieren 
Anschauung  empor.  So  war  Goethe  wohl  unkirchhch,  aber  nicht 
unreligiös.  Die  reinste  und  edelste  Form  der  Gottesverehrun«; 
war  ihm  das  Urchristentum,  wie  es  Christus  selbst  gelehrt  hat, 
und  er  sagte'  von  sich  selbst  das  stolze  Wort:  ,,Wer  ist  denn 
heutzutage  noch  ein  Christ,  wie  Christus  ihn  haben  wollte?  Ich 
allein  vielleicht**.  Das  Christentum  der  werktätigen  Liebe  war 
seine  Religion.  In  den  Einleitungen  zu  Goethes  Aufsätzen  über 
Theater,  Kunst  und  Literatur  (25.  Band)  weist  G.  Ellinger  u.  a. 
darauf  hin,  daß  der  Standpunkt,  den  Goethe  als  Kritiker  einnahm, 
der  der  produktiven  Kritik  war,  indem  er  die  Absichten  des  be- 
urteilten Verfassers  zu  verstehen,  ihren  Wert  f(*stzu$teilen  und  zu 
bestimmen  suchte,  inwieweit  und  mit  welcher  Zweckmäßigkeit 
diese  Absichten  verwirklicht  worden  sind;  ferner  weist  er  auf  die 
Wichtigkeil  hin,  die  diese  Aufsätze  für  die  Beurteilung  des  Ver- 
hältnisses Goethes  zur  Romantik  haben,  wie  insbesondere  in  den 
Betrachtungen,  Gedichten  und  Bearbeitungen  von  National- 
liedern usw.  aus  den  verschiedensten  Literaturen  in  der  Zeit- 
schrift „Ober  Kunst  und  Altertum^*  der  BegrilT  der  „Weliliteratur*\ 
wie  er  Goethe  vorschwebte,  zum  Ausdruck  kam.  Den  Schluß 
jedes  Bandes  bilden  wie  bisher  die  Anmerkungen  mit  ihren  reichen 
literarischen  Nachweisen. 


J.  Volkelt,  Ästhetik  des  TragiscKeo,  aogez.  voo  L.  ZiirD.    317 

2}  J.  Volkelt,  Ästhetik  des  Tragisebeo.    Zweite  AnHage.   Möochen 
1906,  C.  H.  Beek.     XVI  u.  4SS  S.     8.     9  M,  geb.  10  Jt, 

Der  bekannte  Leipziger  Philo>oi)b  entwickelt  hier  mil  einem 
Scharfsinn  und  einer  Gründlichkeit,  mit  der  er  8clion  auch  andere 
Fragen  der  Ästhetik  behandelte,  das  so  schwierige,  verwickelte 
uod  vielgestaltige  Problem  des  Tragischen  in  seinen  mannigfachen 
Arten  und  Abstufungen  in  der  Kunst  und  im  Lehen.  Dabei 
stutzt  er  sich  nicht  einseilig  nur  auf  die  sogenannten  klassischen 
Werke,  wie  dies  z.  B.  ßaumgart  in  seinem  Handbuch  der  Poetik 
tat  sondern  er  zieht  auch  die  ,. Modernen'*  bei.  Überhaupt  bricht 
er  mit  den  veralteten  und  unhaltbaren,  den  Begriff  des  Tragischen 
za  sehr  einengenden  Anschauungen  und  wird  so  der  Mannig- 
faltigkeit und  Anpassungsfähigkeit  des  Tragischen  gerecht.  Geradezu 
erstaunlich  ist  die  Belesenheit,  mit  der  der  Verfasser  die  Welt- 
literatur beherrscht,  und  die.  überaus  klare  und  durchsichtige 
Darstellungsweise  macht  die  Lektüre  des  Buches  zu  einem  Ge- 
Qusse.  Während  die  bisherige  Ästhetik  das  Tragische  mit  dem 
Metaphysischen  in  Zusammenhang  zu  bringen  suchte  und  in  der 
tragischen  Handlung  die  Lösung  metaphysischer  Fragen  sab,  ist 
uch  Volkelt  zur  tragischen  Wirkung  die  Darstellung  unge- 
Vühnlicher  inensclilicher  Geschicke,  deren  Träger  über  die  Durch- 
»ehaiitsmenschen  emporragen,  ausreichend.  Der  Anblick  ge- 
waltiger, kräftiger,  über  das  Mittelmaß  hinausragender  Persönlich- 
i^eiten  im  Kampf  mit  widerstrebenden  Verhaltnissen  und  Mächten 
liriogt  eine  erhabene  Wirkung  hervor,  indem  wir  sehen,  daß  für 
das  Große,  Gewaltige,  über  das  Mittelmaß  Hinausragende  hier 
3Qf  Erden  kein  Platz  ist,  daß  es  irnter^ehen  muß,  weil  es  über 
^  menschliche  Mittelmaß  hinau>gewachsen  ist.  Wie  mit  dieser 
Usung  das  „Befreiende*'  nicht  notwendig  verbunden  ist,  so  ist 
es  auch  verkehrt,  in  dem  Wesen  des  Tragischen  den  Begriff  einer 
dem  Untergang  des  Helden  adäquaten  Schuld  als  notwendigen 
Bestandteil  oder  gar  als  Hauptsache  zu  fordern,  wie  dies  z.  B. 
GfiDtlier  in  seinen  „Grundzügen  der  tragischen  Kunst*'  in 
schroffster  Cinseiti<;keit  getan  hat.  Überhaupt  darf  das  Tragische 
Dicht  nach  der  alltäglichen  Moral  gemessen  oder  an  das  Tragische 
der  Maßslab  des  strafrichterlichen  Verfahrens  angelegt  werden  ^). 
IHe  neue  Auflage  hat  in  dem  Text  nicht  unbedeutende  Änderungen 

^)  Der  Verfasser    hätte   hier   auf  L.  Aozeogruber  hinweisen    können 

(Sämtliche  Werke  5.  Bd.  S.  332): 

Das  Tragische  im  Leben,   auf   der  Biihoe, 
Ihr    ^tempelt    es    za  einer  eigeoeu  Sorte, 
Ihr  sucht  nach  Schuld,  ihr  fordert  eine  Sühne, 
Und  Schuld  und  Söhne  sind  nur  Menschenwortf, 
Sind  klein  nur  gegen  des  Geschickes  Walten, 
Und  wollt  ihr  euch  an  selbe  iingstlich  halten, 
So  köuut  ihr  auch  nur  Kleinliches  gestalten. 
K.   Lehrs    nannte    die     Auffassung     von     der   Schuld    der     Antigene 

philisterhaft  (Pleckeisens  Neue  Jahrbücher  1887,  2.  Abt.  S.  186.) 


318    ^'  Volkelt,  Ästhetik  des  Tragischeo,  logez.  von  L.  Zürn. 

errahren.     So  wird   jetzt   die  Psychologie  des  Tragischen  in  dem 
Abschnitt,  der  vorher    der  16.  war,   jetzt    der  13.  ist,  deutlicher 
und  in  zusammenfassender    Weise    entwickelt.     Zwei  Abschnitte, 
der    14.   und    der    19.,    sind   ganz    neu    hinzugekommen.      Der 
14.  Abschnitt  bespricht  die  Nebengefühle  des  Tragischen.   Zu  diesen 
ästhetischen  Gefühlen,  die  sich  mit  dem  tragischen  Eindruck  ver- 
binden, gehören  die  Gefühle  des  Friedens   und  der  Rührung,  des 
Komischen    und    des    Humoristischen.      Es    können    aber    auch 
außerästhetische  Getühle  sein,    z.  B.  Belehrung,  Besserung.    Auch 
die  vielbesprochene    Entladung    der  Aßekle   ist    zu  diesen  äußer- 
ästhetischen  Wirkungeu  der  Tragödie  zu  rechnen.    Sie  äußert  sich 
als  Erleichterung,  die  noch  keine  Entladung  ist;  so  fühlt  sich  z.  B. 
der   von   unbefriedigtem  Wissensdrang  Geplagte  erleichtert,   wena 
er  Goethes  Faust  sein    unbefriedigtes  Dürsten    und  Sehnen    nach 
Erkenntnis  aussprechen  hört.    Oder  sie  äußert  sich  als  Entladung, 
wenn  jemand  voll  von  Unwillen  gegen  die  Bosheit  der  iMenschen, 
voll  Angst  vor  der  Unsicherheit  des  Geschickes  im  Mitfühlen  un- 
geheurer,   leid  voller,    gegen    die  feindliche  Welt    sich  erhebender 
Kämpfe  und  Leidenschaften,   im  Mitfühlen    der  Schmerzenschreie 
und  wehevollen  Ergüsse    sich  freier  fühlt.     Und  noch  ein  außer- 
ästhetischer Erfolg  der   tragischen  Erregung  tritt  ein,  wenn  nach 
den  Aufregungen  und  Schmerzen,   die  das  Tragische  in  uns  her- 
vorbringt, durch  Kontrast  die  darauf  folgende  Buhe  und  Schmerz- 
losigkeit    um    so  deutlicher    und  angenehmer    zum     Bewußtsein 
kommt.     Unter    den   Verbindungen,    die    der    tragische  Eindruck 
mit  anderen  ästhetischen  Gefühlen  eingeht,  ragen  durch  Innigkeit  und 
Eigenart  zwei  hervor,  das  Bührendtragische  und  das  Tragikomische. 
Diesen  beiden    ist  der  neue  19.  Abschnitt  des  Buches  gewidmet. 
Der  Verfasser    findet    das    Wesen    des  Bührcnden    im    Gegensatz 
zum    Mitleid,    das    mit    Bührung    verbunden,    aber    auch    ohne 
Bührung  sein  kann,  in  der  Auflösung  männlicher,  tapferer,  barter 
Gefühle    in  weiche,    zerfließende,    verbunden  mit  liebendem  Um- 
fassen   des  Gegenstandes,  der  uns    rührt.     Er  unterscheidet  zwei 
Formen    der  Bührung,    die  der  herben  Art    und  die  gewöhnliche 
Bührung,    zeigt,    wie    sich    beide  mit  dem  Tragischen  verbinden, 
und  behandelt  zuletzt    die  Ausartung   der  gewöhnlichen  Bührung, 
in  der  das  Bührende    so    gesteigert    und    gehäuft   wird,    daß  der 
fein  und  gesund  fühlende  Leser  oder  Hörer  sich  gegen  den  vom 
Dichter    erstrebten  Gefühlszustand    als    gegen    etwas  Ungesundes 
und    Unwürdiges    sträubt   (vergl.     die    Bührstücke).      Wie     das 
Bührende   geht    auch    das    Komische    mit   dem    Tragischen    eine 
Verbindung    ein.      Die    eigentliche    Tragikomik  —  im    Gegensatz 
zu  der  bloß  äußerlichen  Verbindung,    dem  bloßen  Nebeneinander 
von  Tragik  und  Komik,  wie  z.  B.  in  Menenius  Agrippa  und  dem 
Volk  im  „Coriolan**  —  verwirklicht    sich    in    zwei  Formen:  ent- 
weder ist  das  Komische    ein  Mittel,    um  Tragik    hervorzubringen 
(Shylock),  oder  der  tragisch  wirkende  Zusammenhang  hat  zugleich 


LehoaDB,  Deatsches  Lesebach,  aages.  von  C.  Heioze.     319 

eine  komische  Seite,  und  diese  wird  durch  Hie  Darstellung  aus- 
drücklich zur  Geltung  gebracht;  hier  geht  das  Tragische  selbst  in 
Romik  über.  Zur  Erzeugung  dieser  Tragikomik,  in  der  das  Ver- 
hältnis des  Tragischen  zum  Komischen  noch  inniger  ist,  gehört 
Geist  und  Phantasie,  eine  Vereinigung  von  Großlieit  und  geist- 
reich spielender  Art  und  zu  ihrer  vollen  Entfaltung  eine  ent- 
sprechende Weltanschauung,  die  aus  sich  ebensosehr  zu  tragischer 
wie  zu  humoristischer  Auflassung  des  Weltgeschehens  hinführt 
(z.  B.  in  Rostands  Cyrano,  Ibsens  Peer  Gynl).  Am  tiefgreifendsten 
und  mannigfaltigsten  bat  Jean  Paul  diese  höhere  Form  der  Tragi- 
koroik,  diesen  tragischen  Humor  zur  Geltung  gebracht. 

Jedem,  dem  es  um  eine  klare  Einsicht  in  das  so  tief- 
grundige,  verwickelte  und  vielgestaltige  Wesen  des  Tragischen 
zu  tun  ist,  besonders  auch  den  Lehrern  des  Deutschen,  die  bei 
der  Behandlung  deutscher  Literaturwerke  diesem  Problem  gar 
nicht  aas  dem  Weg  gehen  können,  sei  das  Buch  als  ein  sicherer 
Fahrer  empfohlen. 

Freiburg  i.  B.  L.  Zürn. 

JJ  LehmaoD,  Dentsches  Lesebach  für  höhere  Lehraaste Iteo. 
Anhang  for  die  Provinz  Schlesieo  voo  Alteoborg  ond  Math. 
3  Hefte.  Leipzig  19U6,  G.  Preytag.  51.  47.  56  S.  gr.  8.  0,60.  0,50. 
0,60  Jt. 

Der  Forderung  nach  stärkerer  Betonung  des  Heimatlichen, 
die  jetzt  in  Literatur  und  Kunst  so  laut  immer  wieder  gestellt 
wird,  verdankt  wohl  dieser  Anhang  seine  Entstehung.  Drei 
Hefte  sind  für  die  drei  Stufen  der  höheren  Schule  bestimmt, 
um  eine  Ergänzung  des  Lehmannschen  Lesebuches  för  die 
Provinz  Schlesien  zu  bilden.  Mit  Schrecken  sehe  ich  im 
Gebte  viele  Ergänzungsbändchen  für  die  einzelnen  Länder 
und  Ländchen  unseres  Vaterlandes,  vielleicht  auch  für  einzelne 
Städte  und  Städtchen  wie  Pilze  aus  dem  Boden  schießen.  Es 
wäre  dies  meiner  Meinung  nach  zu  bedauern.  Der  deutsche 
Unterricht  soll  gerade  den  Sinn  für  das  Einheiiliche  und  Gemein- 
same deutschen  Wesens  und  deutscher  Literatur  wecken  und 
wach  erhalten.  Wenn  wir  neuerdings  nach  vorangegangenen 
Ver^uchen  in  der  Geschichte  wieder  davon  absehen,  neben  der 
allgemeinen  Geschichte  der  Nation  die  der  engeren  Heimat  (so- 
fern sie  nicht  für  die  allgemeine  Geschichte  von  Bedeutung  ist!) 
zu  behandeln,  so  ist  es  wohl  nicht  ratsam,  im  deutschen  Unter- 
richt difse  aufgegebenen  Bestrebungen  wieder  aufzunehmen.  Für 
den  Schüler  der  unteren  und  mittleren  Klassen,  der  noch  mit 
Rechtschreibung  und  Ausdruck  der  Schriftsprache  ringt,  erscheint 
außerdem  eine  solche  Sammlung,  die  naturgemäß  viel  Dialektisches 
eiiilialteii  muß,  geradezu  gefährlich.  Wann  schließlich  haben  wir 
Zeit  zu  diesen  Heimatbestrebungen?  Die  Lehrbücher  bieten  schon 
sowieso  anerkanntermaßen   des  Guten  so  viel,    daß  sie  gar  nicht 


320   Evers  u.  Walz,  Lesebuch  f.  hüb.  Lehraost,  agz.  v.  C.  Heioze. 

genügend  durchgearbeitet  werden  können.  Mag  der  Unterricht 
in  Heimatkunde  das  Verständnis  und  die  Liebe  für  die  Eigenart 
der  engeren  Heimat  fördern,  mag  es  im  Deutschen  und  in  der 
Geschichte  oder  auch  sonst  der  Lehrer  tun  (wenn  er  die  Kennt- 
nisse dazu  und  den  Sinn  dafür  hat!),  einen  besonderen  Anhang 
zu  dem  Lesebuch  zu  diesem  Zwecke  möchte  ich  niclit  empfehlen. 

Sehen  wir  uns  diese  drei  Bändchen  näher  an,  so  linden  wir 
darin  herzlich  unbedeutende  Sachen.  Kin  Gedicht  z.  B.  aus  der 
Scblesischen  Zeitung  zum  18.  Sept.  1866  (I  20)  mag  für  die  Zeit 
und  das  Blatt  eine  respektable  Leistung  sein,  der  Fachwelt  braucht 
es  wohl  auch  in  Schlesien  nicht  dauernd  erhalten  zu  bleiben. 
Andere  Sachen  wiederum  könnten  in  jedem  anderen  Lesebuch 
stehen;  so  Körners  Einsegnung  der  Freiwilligen  in  Rogau,  Rückerts 
Lied  auf  den  Marschall  Vorwärts,  Eichendorffs  herrliches,  „0  Täler 
weit,  0  Höhen''.  Die  Romantik  von  Eichendorffs  Weißer  Frau  in 
Kynsburg  wird  dem  Quartaner  schwerlich  versländlich  werden. 
Gryphius'  Sonett  (darin:  die  Jungfer  ist  geschändet)  können  wir 
ihm  uolil  auch  ruhig  vorenthalten.  Vor  einem  geistlichen  Liede 
von  Logau  mit  11  Strophen  möchte  ich  den  Tertianer  bewahren, 
der  schon  so  vieles  ohne  Grund  langweilig  findet.  Was  hat  der 
Traum  des  alten  Fritz  von  Seidl  mit  Schlesien  zu  tun,  abgesehen 
von  dem  Worte  „Breslau''?  Die  Proben  aus  scblesischen  Dichtern 
in  dem  Teil  für  Oberklassen  könnten  am  Rhein  mit  demselben 
Nutzen  gelesen  werden,  und  Hanneles  Himmelfahrt  uurde  ich  den 
Primaner  in  jedem  Teile  Deutschlands  nicht  in  Proben,  sondern 
ganz  lesen  lassen. 

Diese  wenigen  Bemerkungen  mögen  genügen,  um  zu  zeigen, 
auf  >^ eiche  Schwierigkeiten  man  schon  bei  dieser  kleinen  Auswahl 
stößt,  was  mir  eben  eine  Folge  der  Gründe  zu  sein  scheint,  aus 
denen  ich  das  ganze  Unternehmen   prinzipiell  ablehne. 

2)  Evers  uod  Walz,  Lesebuch  für  höhere  Lchranstalteo. 
MI  Obeisekunda.  Leipzig  1906^  B.  G.  Teubner.  M  n.  3(31  S.  gr.  S. 
2,8ü  JC. 

Der  Herausgeber  läßt  die  Frage  oflen,  ob  das  Ruch  nur  in 
Obersekunda  oder  noch  im  Anfange  der  Prima  benutzt  werden 
soll.  Die  Proben  aus  deutschen  Literaturwerken  werden  daher 
bis  zur  Zeit  des  Sieges  der  neuhochdeutschen  Schriftsprache  ge- 
führt. Dies  ist  außerordentlich  praktisch.  Durch  die  voran- 
gestellten Reispiele  aus  dem  Gotischen  und  Althochdeutschen, 
sowie  aus  dem  Allsächsischen,  die  folgenden  aus  Luthers  und 
Uuttens  Werken,  sowie  die  reiche  Auswahl  moderner  Dialekt- 
dichtungen gewinnen  wir  im  Verein  mit  den  mittelhochdeutschen 
Dichtungen,  die  den  Hauptteil  bilden,  ein  vorzügliches  Material, 
um  den  Schuler  die  Entwicklung  der  deutschen  Sprache  in  den 
verschiedenen  Zeiten  und  Gegenden  klar  zu  machen. 

Einige  Unrichtif^keiten  in  der  knappen  Einleitung  dürften 
noch  zu  beseitigen  sein:  das  Friesische  als  einen  Teil  des  Nieder- 


SUflditg,  Deatseb.  Lesebach  f.  sichi.  Gyno.,  agz.  y.  Heiaie.  32] 

deotscheo  zu  betrachten,  das  Fränkische  nur  bei  dem  Mittel- 
deotschen  zu  nennen,  entspricht  nicht  der  üblichen  wissenschaft- 
lichen Terminologie,  bzw.  ist  unrichtii;. 

nie  Auswahl  scheint  mir  die  richtige  Mitte  zwischen  Mangel 
ood  Überfluß  zu  halten.  Daß  die  Anmerkungen  unter  dem  Text 
stehen,  halte  ich  ebenfalls  für  praktisch.  Nicht  einverstanden  bin 
ich  mit  dem  Nebendrucken  der  Übertragung  ins  Neuhochdeutsche. 
Mag  es  bei  Wolfram  und  allenfalls  bei  Gottfried  wegen  der 
Schwierigkeit  des  Textes  gerechtfertigt  sein,  bei  Walther  ist  es 
Bichl  Qolig  und  wird  den  Genuß  wie  das  Verständnis  beein- 
\rkhUgen.  Einen  Text  selbst  zu  übersetzen,  der  bereits  übersetzt 
ianeben  gedruckt  ist,  fällt  selbst  Philologen  schwer;  der  Schüler 
vird  es  überhaupt  nicht  tun. 

Von  der  Auswahl  zur  Charakteristik  der  frfihneubochdeutschen 
Skhlung    und  Sprache   sei   besonders   hervorgehoben    ein  Stück 
w  Luthers   Bibelübersetzung,  etwas  Dramatisches  von  Hans  Sachs 
lad  cÄne  Probe  aus  Opitzens  Poeterei. 

Von  den  13  Aufsätzen  zur  deutschen  Sprache  und  Literatur 
liai  zwei  („Die  Siegfriedsage  in  altnordischer  Gestalt'*  und  „An- 
b|e  und  Cntwickelung  des  Neuhochdeutschen'')  von  Evers  selbst, 
Ufmen  sieh  indes  neben  den  anderen,  die  mit  Recht  aus  den 
HwterwerkeD  von  Grimm,  Uhland,  Scherer,  Wackernagel  ent- 
aommen  sind,  recht  wohl  sehen  lassen. 

Die  Aufsätze  zur  Geschichte  der  Kunst  und  des  Altertums 
«od  fast  durchweg  von  Meistern  auf  diesem  Gebiete,  zu  denen 
vir  ja  wohl  0.  Jäger  rechnen  dürfen.  Dasselbe  gilt  von  den 
AofsitzeD  zur  Naturwissenschaft  und  Erdkunde,  die  vielleicht  doch 
•och  einen  etwas  zu  großen  Haum  einnehmen  ;  denn  für  ihre 
Behandlung  bietet  sich  dem  Lehrer  des  Deutschen  selten  Ge- 
l^enbeit,  und  der  der  Naturwissenschaften  pflegt  erst  recht  nicht 
^ZQ  zu  kommen. 

Anhang  I  bringt  das  Wichtigste  aus  der  miUeihochdeutschen 
Grammatik  in  knapper  und  treflender  Form,  Anhang  II  eine 
sdir  dankenswerte  Zusammenstellung  von  50  Zahlen  zur  Literatur- 
geschichte. 

3)  H.  Stendiog,  Deutsches  Lesebuch  für  sSchsische  Gymnssieo. 
5.  Abteilots  fdr  Obertertia  von  Fritz  Nowsck  2,60  JL.  6.  Ab* 
teiloBf  für  Uatersekands ,  bearbeitet  in  prosaischeo  Teile  voo 
Th.  Matthias,  in  poetischen  Teile  von  G.  Lohse.  Leip&ig 
1906^  Därrsebe  BachhandloBg.     2,60  M* 

Eine  Benutzung  des  Lesebuches  z.  B.  in  Preußen  ist  schon 
wegen  der  Abweichung  im  Lehrplan  der  Geschichte  ausgeschlossen ; 
trotzdem  erscheinen  gerade  diese  Teile  als  eine  originelle  Leistung, 
so  daß  eine  ausführliche  Besprechung  für  weitere  Kreise  lohnt. 
Der  Teil  für  Obertertia  enthält  vorwiegend  Prosa  (182  S.,  gegen 
76  S.  Poesie),  in  5  Abschnitten  geordnet.  Bei  den  Sagen  ^Ut 
auf,  daß  die  von  Artus  nach  Königs  Literaturgeschichte,   die  von 

ZmtKhr.  t  d.  OymsMiAlwMea.    LXL    4.  21 


322   H.  Stendiog,  Deutsches  Lesebuch  f.  sächsische  GymnasieD, 

Wate  gar  nach  einer  Sammlung  von  Musleraufsätzen  gegeben 
worden  ist.  Inden  Stucken  aus  Jäger  hätte  man  die  Orthographie 
normieren  sollen.  Phönizien,  Zypern,  Cilicien  darf  in 
einem  Schulbuche  nicht  nebeneinander  stehen.  Erwähnenswert 
aus  dem  geschichtlichen  Teil  sind  drei  recht  ausführliche  Dar- 
stellungen aus  der  Zeit  der  Befreiungskriege  als  verständige  Er- 
gänzung zu  den  patriotischen  Gedichten.  Ganz  besonders  glück- 
lich gewählt  ist  in  diesem  Zusammenhange  für  Tertianer  der 
Abschnitt:  Die  Hegrundung  des  deutschen  Turnens  aus  V.  Meyers 
Jahn-Biographie.  Kulturhistorisch  sehr  interessant  ist  ferner 
einiges  aus  Werner  v.  Siemens  Lebenserinnernngen  (die  amtliche 
Schreibung  von  Cassel  ist  übrigens  die  mit  C).  Dem  modernen 
Bedürfnisse  nach  Unterweisung  in  der  Kunst  wird  durch  einige 
Stücke  Rechnung  getragen,  und  ganz  modern  ist  der  Abschnitt 
über  die  Tätigkeit  der  Banken,  dabei,  wie  alles  übrige,  durchaus 
für  den  Standpunkt  der  Klasse  verständlich.  (Weniger  modern 
ist  die  Aussprachebezeichnung  sefs  für  safes.)  Originell  ist  auch 
der  3.  Abschnitt  „Briefe'*  ausgewählt.  Er  enthält  nicht  nur  die 
so  oft  abgedruckten  Briefe  Körners:  von  den  ältesten  Zeiten,  mit 
einem  Kinderbriefe  aus  einem  griechischen  Papyrus  des  2.  Jahrb. 
beginnend,  bringt  er  Plinius'  bekannte  Darstellung  des  Vesuv- 
ausbruches (wiederum  eine  Ergänzung  zu  dem  Linggschen  Ge- 
dichte des  Poesie-Teiles),  ferner  Briefe  von  Dichtern  wie  Goethe, 
VoB,  Mörike,  von  Helden  der  Geschichte  wie  Wilhelm  I.  und 
Bismarck.  Im  4.  Abschnitt  „Erzählungen**  begrüße  ich  mit 
Freude  ein  glücklich  gewähltes  Stück  aus  Grimmelshausens 
Simplicissimus.  Als  Beispiel  plattdeutscher  Dichtung  hätte  ich 
lieber  Reuter  gesehen,  zumal  die  gebrachte  l^robe  nicht  besonders 
charakteristisch  ist.  Der  5.  Abschnitt  „Aus  Natur-  und  Erdkunde** 
ist  nicht  zu  lang  und  hat  ferner  vor  ähnlichen  Stücken  anderer 
Lesebücher  den  Vorzug,  daß  die  Abhandlungen  dem  Verständnis 
der  Stufe  entsprechen.  Gern  sehe  ich  hier  an  erster  Stelle  den 
„Marschtag  aus  Südwestafrika*^  Die  kurzweiligen  naturwissen- 
schaftlichen Plaudereien  von  Stinde  und  Masius  wird  jeder  Junge 
gern  lesen;  in  den  beiden  Artikeln  aus  Franceschini,  Woher  und 
Wohin?,  werden  die  interessantesten  Fragen  der  Erde  und  des 
Menschen  in  packender  Darstellung  vor  dem  Geiste  des  Knaben 
entrollt,  und  auch  die  Aufnahme  der  ästhetisch-ethischen  Natur- 
belrachtung  Roseggers  ist  ein  entschiedenes  Verdienst. 

Der  poetische  Teil  zeichnet  sich  dadurch  aus,  daß  er  nicht 
nach  den  Dichtungsarten  gegliedert  ist.  Dabei  fehlt  es  bei  den 
anspruchslos  aufeinander  folgenden  Gedichten  keineswegs  an  innerer 
Ordnung  und  Einheit.  Ganz  entsprechend  dem  Aller  der  Schüler 
beginnt  die  Sammlung  mit  einer  großen  Reihe  vaterländischer 
Dichtungen.  Daß  von  Arndt,  Schenkendorf,  Rückert,  Körner  eine 
größere  Anzahl  von  Gedichten  aufgenommen  ist,  hat  zwar  zur 
Folge,    daß    der  Scöhler  auch  weniger  Wertvolles  liest,  bat  aber 


aa^flz.  von  C.  Heinze.  323 

den  entscbiedenen  Vorzug  eioer  genaueren  Charakteristik  der 
Dichterpersönlichkeiten.  Auch  hier  begrüßen  wir  mit  Freude 
.Namen  der  modernen  und  modernsten  Dichter.  Dahn,  Scheffel, 
Meyer,  Liiiencron  kommen  neben  den  genannten  und  neben 
Uhland,  Geibel  und  anderen  zu  Worte.  Das  Schönste,  was  an 
Balladen  Schillers,  Uhlands,  Chamissos  und  anderer  älterer  Dichter 
für  diese  Stufe  zu  gebrauchen  ist,  ist  mit  den  modernen  Balladen 
Ton  Hebbel,  Mörike,  Gaudy,  Schack,  Lingg,  Wildenbruch  u.  a. 
zasammeDgesteilt.  leb  halte  es  für  einen  großen  Vorzug,  wenn 
die  Scholer  sehen,  daß  nach  Schiller  Balladen  gedichtet  sind,  und 
ich  glaube,  die  Bekanntschaft  mit  ihnen  wird  nicht  zum  Nachteil 
(ur  Scbilier  ausfallen. 

Zum  Schluß  folgt  noch  etwas  Lyrik,  wenig,  wie  es  wohl 
dem  Wunsche  des  Tertianers  entspricht,  hier  meist  Modernes, 
«enn  auch  das  gute  Alte  nicht  fehlt,  wie  schon  die  Proben  aus 
Archilochus  und  Sappho  zeigen.  Auf  drei  Seiten  schließen  sich 
öftim  knappe  biographische  Notizen  ober  die  Dichter  an :  bei  den 
Moderoen  sind  sie  Tielleicht  zu  knapp;  ein  kleiner  Zusatz,  z.  B. 
(bfi  Keller  berühmt  ist  durch  seine  Novellen  u.  dgl.,  wörde  hier 
viel  tun,  und  auf  einer  Seite  mehr  ließe  sich  manches  anbringen. 

Dieselben  eigenartigen  Vorzöge  zeigt  der  6.  Teil  för  Unter- 
^onda.  Auch  hier  6nden  «ich  ältere  gute  Sachen,  die  man 
sonst  kaum  för  Lesebücher  verwandt  hat:  Abschnitte  aus 
Polybius  und  den  Charakteren  des  Theophrast,  und  ganz  Neues, 
wie  eine  Alpenpredigt  von  Friedr.  Naumann  und  „Der  Richtungs- 
punkV  von  Detlev  v.  Liliencron.  Auch  hier  zeigt  sich  die  maß- 
volle Beschränkung  und  glückliche  Auswahl  bei  dem  Abschnitte 
aus  Natur-  und  Erdkunde    (Humboldt,  Hollke,  Liebig). 

Vorzuglich  ist  auch  hier  wieder  die  Auswahl  aus  deutscher 
Poesie.  Sie  beginnt  mit  einigem  Epischen  aus  Baumbachs  ,,Kaiser 
ibx^*  und  Grüns  ,Jjetzter  Ritter".  Dann  folgen  philosophische 
Gedichte  wie  Seidls  Glucksgiöcklein,  Schillers  Glocke  und  Spazier- 
gang (den  ich  lieber  för  Prima  aufsparen  möchte),  dann  eine 
prächtige  Auswahl  historischer  Balladen  von  548  v.  Chr.  (Wilh. 
Fischer,  Des  Gottes  Antwort)  bis  zu  Liliencrons  herrlichem  Ge- 
dicht auf  den  9.  März  1888,  und  zwar  werden  auch  hier  die 
besten  alten  Gedichte  durch  die  besten  oder  wenigstens  gute  neue 
ergänzt. 

Didaktik  und  Lyrik  sind  in  diesem  Teile  wieder  stärker  ver- 
treten; Beispiele  von  Spröchen,  Rätseln  u.  dgl.  ermöglichen 
im  Zusammenhang  mit  dem  vorigen  aliein  auf  Grund  des 
Materials  dieses  Buches  eine  Obersicht  über  sämtliche  Dichtungs- 
arten. 

Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  daß  das  Buch  auch  außerhalb 
Sachsens    auf    die    Lehrbuchliteratur   anregend    und   befruchtend 

wirkte. 

Cassel.  C.  Heinze. 

21* 


324  Paldamus  u.  Scholderer,  Deutsches  Lesebuch, 

Paldanius  und  Scholderer,  Deutsches  Lesebuch  für  höhere 
Lehranstalten,  fieu  herausgegeben  vod  Pr.  Höfler  und 
0.  Winaeberger.  VIT.  Teil:  Obersekoada,  heraosgegebeo  voo 
Fr.  Höfler.  Frankfurt  a.  M.  1906,  M.  Diesterweg.  XIX  a.  490  S. 
8.    geb.  3,80  Jt> 

Die  deutschen  Lesebücher  für  Obersekunda  kommen  io  sehr 
ungleichem  Maße  den  Bedurfnissen  des  Unterrichts  entgegen. 
Manche,  wie  z.  B.  das  von  Hoffmann,  bieten  nur  mittelhoch< 
deutsche  Texte,  andere  wie  das  von  Biese,  ausschließlich  kultur- 
geschichtliche und  solche  Stoffe,  die  zu  den  anderen  Kiassenpenseo, 
in  Geschichte,  Naturwissenschaft  usw.,  in  Beziehung  stehen.  Das 
vorliegende  Buch  vermeidet,  wie  mehrere  der  in  neuerer  Zeit 
erschienenen  (Lehmann,  Evers  und  Walz),  diese  Fehler,  es  bringt 
nach  beiden  Seiten  hin  einen  überaus  reichen  Stoff,  ja  in  solchem 
Maße,  daß  des  Guten  zu  viel  getan  ist  und  vielleicht  auch  aus 
diesem  Grunde  ein  etwas  zu  kleiner  Druck  gewählt  werden  mußte. 
Aber  die  Grundsätze,  die  der  Verfasser  in  dem  Vorworte  aus- 
spricht, und  die  Art,  wie  sie  im  Buche  selbst  zur  Ausführung 
kommen,  verdienen  durchaus  Billigung:  es  gehört  zu  den 
zweckmäßigsten  Lesebuchern  für  Obersekunda,  die  bis  jetzt  er- 
schienen sind,  und  bildet  einen  der  besten  Teile  des  von  Höfler 
und  Winneberger  herausgegebenen,  mit  Recht  an  vielen  An- 
stalten eingeführten  und  beliebten  Werkes. 

Der  erste  Abschnitt  des  poetischen  Teiles  enthält  in  sehr 
dankenswerter  Weise  Stücke  aus  der  althochdeutschen 
Literatur  (begleitet  von  neuhochdeutscher  Obersetzung).  Leider 
wird  diese  von  manchen  Lesebüchern  gar  nicht  berücksichtigt, 
und  doch  ist  für  das  Verständnis  der  Entwicklung  unserer 
Sprache  die  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  althochdeutschen 
Sprachdenkmälern  kaum  entbehrlich.  Man  wird  sich  freilich  in 
der  Schule  damit  nicht  allzulange  aufhalten  können,  aber  die 
Schüler  zeigen  stets  hohes  Interesse  dafür  und  blättern  zu  Hause 
—  man  darf  das  nicht  zu  gering  anschlagen  —  gern  in  ihnen 
herum,  für  viele  eine  wichtige  Anregung  zu  späterem  ein- 
gehenden Studium.  —  Daß  auch  den  mittelhochdeutschen 
Texten,  vor  allem  dem  Nibelungenliede,  zumeist  aber  auch  den 
anderen  Dichtungen,  Gudrun,  Parzival,  dem  Armen  Heinrich, 
Walther  von  der  Vogelweide,  die  Übersetzung  nach  Simrock  bei- 
gegeben ist  —  links  Urtext,  rechts  Übersetzung  — ,  wird  den- 
jenigen Fachlehrern  nicht  behagen,  die  auf  die  Kenntnis  der 
mittelhochdeutschen  Sprache  den  Hauptton  legen;  es  lenkt  sicher- 
lich viele  Schüler  vom  tieferen  Erfassen  der  Ursprache  ab,  bietet 
aber  auch  stets  —  und  das  ist  für  die  meisten  Schulen  die 
Hauptsache  —  die  Möglichkeit  des  Vergleichs  der  älteren  und 
neueren  deutschen  Sprache,  rascheren  Fortschritts  in  der  Lektüre  und 
schnelleren  Überblicks.  —  Die  Auswahl  der  Stücke  ist  angemessen. 

Bei  der  Lyrik  ist  Walther  etwas    zu  kurz  gekommen.    Bei 


aogez.  von  K.  EndemaoB.  325 

deo  vielen  Lehrern  gewifi  willkommenen  „Ergänzungen"  aus  der 
neueren  Literatur  darf  neben  „Volkers  iNachtgesang*'  von  Geibel 
„Hagens  Sterbelied"  von  Dabn  nicht  fehlen,  das  so  ganz  aus  dem 
Geiste  des  Nibelungenliedes  heraus  geboren  ist. 

Der  erste    und   zweite  Abschnitt   des   prosaischen  Teiles 
eDtbaiten  wertvolle  und  für  den  Schuler   überaus  lehrreiche  Auf- 
satze über   die  ältere   deutsche  Sprache  und  Literatur.    Der  aus 
Schlegels  Vorlesungen   entnommene  S.  298  ff.   geht  Jedoch  über 
die  Fassungskraft  des    Obersekundaners   hinaus  und  gehört,  wie 
ans  demselben  Grunde  eine  ganze  Reihe  anderer  aus  den  späteren 
Abschnitten  (vgl.  z.  6.  Die  Entstehung  der  romanischen  Sprachen 
föo  Viktor  Hehn,  S.  412),   nach    Prima.     Eben    dahin   gehören, 
schon     dem     Geschichtspensum     nach,     die    „Zur    Geschichte 
Germaniens''  gebotenen  Stucke   wie  auch  der   unter  „Erdkunde" 
stebeode  Aufsatz    über   die    europäischen  VerkehrsstraBen.     Was 
in  den  Abschnitten  IV  und  V  „Zur  Geschichte  der  Griechen  und 
^met*'  gebracht   wird,   ist   an    sich  gut  und  belehrend,   kommt 
^,  da  sich  Zeit  zur  Durchnahme  kaum  findet,  für  den  deutschen 
bterricht  nicht  recht  in  Betracht.     Aus  dem  gleichen  Grunde 
iißveifle    ich    die   Möglichkeit    der   Durchnahme  im  Geschichts- 
»terrichte. 

Von  dem,  was  die  Abschnitte  „Lebensbeschreibungen*S 
Mathematik  und  Naturwissenschaft*'  bringen,  ganz  besonders 
^T  der  Abschnitt  „Aus  der  Philosophie**  (vgl.  z.  B.  „Die 
Sttieolehre  Piatons**  und  „Das  Schöne  nach  Piaton**,  S.  441  ff. 
Qod  454  IT.)  ist  sehr  vieles,  auch  besonders  befähigte  Schüler  vor- 
ausgesetzt, zu  hoch  für  den  Obersekundaner.  Aber  fast  alles 
Gebotene  ist  gut  und  wertvoll,  und  ich  stehe  nicht  an  zu  sagen: 
l^t  nach  seiner  gesamten  Anlage  ist  Höflers  Buch  das  beste, 
^\äk  kenne;  es  bietet  alles,  was  man  dem  Obersekundaner 
B&r  wünschen  kann,  und  hat  den  großen  Vorzug,  daß  weitere 
AoschaiTungen  von  Buchern  für  den  Schüler  vermieden  werden. 
i^eshalb  ist  auch  die  Ausgabe  von  3,80  Jt  für  ihn  nicht  zu  hoch. 

Da  es  nun  ungemein  bedauerlich  wäre,  wenn  der  in  so 
reichem  Maße  vorhandene  wertvolle  Stoff  nicht  zur  Verwendung 
^De,  andererseits  aber  das  Buch  entlastet  werden  muß,  so 
iDöcbte  ich  dem  Herrn  Verfasser  den  Vorschlag  machen,  in  der 
oben  angedeoteten  Weise  viele  Stücke  nach  Prima  zu  verschieben, 
SfhoD  darum,  weil  das,  was  über  die  Fassungskraft  der  Schüler 
kiDaasgeht,  seine  Wirkung  ganz  verfehlt  Gerade  daran  aber 
kranken  die  meistfu  Lesebücher.  Nach  meiner  Auffassung  sollte  ein 
Lesebuch  für  Prima  im  wesentlichen,  wie  es  z.  B.  das  von  Biese 
^}y  ein  kulturgeschichtliches  sein,  in  dem  insbesondere  auch 
^  Philosophie  nicht  zu  kurz  kommt  und  die  Lebensanschauung 
der  großen  Geister  des  Altertums  wie  der  neueren  Zeit  die  ge- 
bohrende  Berücksichtigung  erfahrt.  Da  das  Deutsche  den  Brenn- 
PQnk^  des   gesamten   erziehenden    Unterrichts  bilden  soll,  so 


326  Weise,  Deutsche  Sprach-  u.  Stillehra,  agz.  v.  Wasserzieher. 

ist  es  nalurgemäß  die  Aufgabe  des  Lesebuches,  einen  Cberblick 
über  den  gesamten  bisherifren  Gang  der  Kulturenlwickelung  zu 
geben.  Das  ist  die  beste  und  wirksamste  Art,  den  Geist  der 
Schiller  der  obersten  Klasse  zu  bilden,  wahrhaft  aufzuklären,  zu 
richtiger  Logik,  selbständigem  Denken  anzuleiten  und  wirkliche 
geistige  Reife  herbeizufuhren.  Das  Lesebuch  wurde  sie  danu  zu- 
gleich in  den  Geist  unserer  wichtigsten  geschichtlichen  und  kultur- 
geschichtlichen Werke  einfuhren,  und  auf  diese  Weise  wurde  das 
erreicht,  was  z.  B.  Scheel  in  seinem  Bändchen  „Zur  Geschichte*' 
(Teubners  Sammelwerk:  „Aus  Wissenschaft  und  Kunst*'  1906) 
Tergelilich  zu  erreichen  sucht.  Der  häusliche  Gebrauch  des  Lese- 
buchs würde  natürlich  dabei  in  den  Vordergrund  treten  und  dem 
Lehrer  in  der  Klasse  bei  der  Besprechung  der  zur  Lektüre  auf- 
gegebenen Stücke  nur  die  Kontrolle  zufallen. 

in  früheren  Zeiten  führte  die  oberste  Klasse  des  Gymnasiums 
an  vielen  Orten  den  Namen  „Philosophica**.  Möchte  sie  auch  in 
unseren  Tagen  diesen  Namen  wieder  verdienen,  und  dazu  würde 
in  den  Händen  eines  tüchtigen  Lehrers  das  Lesebuch  am  meisten 
beitragen  können.  Das  wäre  ein  würdiger  Abschluß  der  Schul- 
studien und  eine  ebenso  würdige  Vorbereitung  für  die  Universität 
wie  den  Eintritt  in  das  Leben  überhaupt.  Und  wie  sehr  wäre 
das  wünschenswert  in  unserer  Zeit,  wo  so  viele  wirre  und  unreife 
Ideen  auf  Kopf  und  Herz  unserer  Jugend  einströmen!  Anleitung  zum 
klaren  Denken  und  zur  geistigen  Sammlung  sollte  die  erste  Aufgabe 
unserer  Schule  in  den  obersten  Klassen  sein.  (Vgl.  dazu  meine  Be- 
merkungen auf  S.  277  f.  des  Jahrgangs  1906  dieser  Zeitschrift). 

Ein  solches  Lesebuch  für  Prima  zu  schaffen,  scheint  mir 
Höfler  nach  dem  für  Obersekunda  gebotenen  Stoffe  und  seinen  in 
der  Vorrede  (S.  VII)  ausgesprochenen  Grundsätzen  besonders  ge- 
eignet zu  sein.  Ich  hoffe,  daß  sich  der  vorliegende  Teil  recht 
viel  Freunde  erwirbt,  daß  die  Schüler  ihn  lieb  gewinnen  und  als 
ein  xT^fAa  ig  äei  mit  ins  Leben  nehmen;  aber  ich  glaube,  ein 
in  der  angedeuteten  Weise  verfaßtes  Lesebuch  für  Prima  würde 
das  noch  in  weit  höherem  Grade  sein. 

Cassel.  K.  Endemann. 

0  Weise,  Deutsche  Sprach-  und  Stillehre.  Eine  Aoleitang  zum 
riehtiiraB  Verstäodniü  ood  Gebraach  unserer  Mo tteraprache.  Zweite  Aof- 
lage.  Leipzie;uDdBerliDl906,B.  G.Teuboer.  XIVu.212S.  8.  geb.  2^. 

Das  Buch,  das  sich  den. andern  Werken  Weises  über  die 
deutsche  Sprache  würdig  anreiht,  bringt  in  knapper  Obersiclit 
zuerst  eine  Lautlehre  und  einen  Abschnitt  über  Wortbildung,  so- 
dann in  einer  ganzen  Heihe  von  Kapiteln  Belehrungen  über  die 
einzelnen  Wortarten,  endlich  eine  kurze  Satzlehre.  Der  zweilet 
etwas  weniger  umfangreiche  Teil  des  Buches  enthält  die  Stiilebre 
und  zwar  Stilregeln,  Stilgattungen  und  Stilproben.  Weises  Art 
der    Darstellung   ist   bekannt;   er    versteht   den  an  sich  spröden 


W.  ScelmiDB,  ReQ^ers  Werke,  aoge z.  von  C  Krase.       327 

Stoff    durch    zahlreiche    glöcklich   gewählte  Beitj^piele    zu    beleben 
und    anziehend    zu    machen,    er   sucht  auch  durch  Eingehen  auf 
frühire  Sprach perioden  das  Verständnis  der  gegenwärtigen  Sprache 
zu    fördern;    denn   oft  (fteilich  nicht  immer)  ist  das  Verständnis 
des  Werdens  and  Wachsens  der  Wörter  die  Grundbedingung  zum 
richtigen  Gebrauch  der  Sprache.     Bei  den  am  Schluß  beigegebenen 
Siilproben    sind    besonders    dankenswert  die  Charakteristiken,  die 
Weise  von  jedem  Schriftsteller  entwirft.     Bei  Lessing  z.  B.  weist 
er   nach,    wie   dieser  scharfe  Kritiker  seine  Waffen  vorzugsweise 
ans  der  Rüstkammer  der  lateinischen  Schriftsteller  (Cicero!)  holt, 
vie  er  durch  die  Formen  schulmäßiger  rhetorischer  Argumentation, 
ja  bis  auf  den  Gebrauch  der  Partikeln  die  ihm  von  früher  Jug«*nd 
fevohoten    lateinischen  Vorbilder  verrät.     Ein  Brief  der  Königin 
Lotse    dagegeii   zeigt   die  Sprache    des  tiefsten  Gefühls,   das  sich 
Mch  darch  Beseelung   des   Unbeseelten,    durch  kurze  Hauptsätze 
tbae  Nebensätze  zweiten  Grades  und  durch  asyndetische  Anreihung 
ÖBzeloer  Wörter  ausprägt.    Der  Lessingschen  steht  die  Schillersche 
Praca  nahe,  dem  Briefe  der  Königin  ein  solcher  Theodor  Körners. 
El  ist    nötig,    den  Anfänger   auf  solche   stilistischen    Besonder- 
eren hinzuweisen,    die  ihm  nicht  immer  sofort  bewußt  werden. 
Alles  in  allem  —  das  Weisesche  Buch  bietet  bei  Beschränkung 
aaf  den    engsten   Raum  alles,    was  man  von  einem  sprachlichen 
Ratgeber  nur  verlangen  kann. 

Neuwied  a.  Rhein.  B.  Wasserzieher. 

Resten  Werke,  heraQsse^ebeo  von  Wilhelm  Seelmann.  Krttiich 
dnrebgeseheDe  ood  erläuterte  Ausgabe.  Leiptig  nod  Wieo  o.  J., 
Bibliographiaclies  iosiitot     7  Bände  io  8,  in  Leinwand  geb.  je  2  JL, 

Wenn  wir  bei  unserer  Besprechung  der  ersten  5  Bände  das 
Seelmannsche  Buch  ein  wahres  Muster  von  Fleiß  und  Sorgfalt  ge- 
nannt haben,  so  gilt  das  gleiche  Lob  ToUauf  für  Bd.  6,  bearbeitet 
von    Conrad  Borchling   und  Ernst  Brandes,    und  Bd.  7, 
bearbeitet  von  Brandes  und  Seelmann.    Ja  die  Tugend  dieser 
Herren  erscheint   hier  um  so  größer,   als  es  sich  doch  eigentlich 
nur    um    eine    Nachlese    minderwertiger    Reuterscher    Schriften 
handelt.     Denn   Dörchläncbting   ist   nach  dem  eigenen  Urleil 
des  Verfassers  mZU  jämmerlich  geraten  und  Kägebein  zu  insipid'* 
(VI  S  11).    Ei,  Äpinus?     Daß  jemand   seiner  Wirtschafterin    eine 
alte  manchesterne   Hose   zu   Weihnachten   schenkt   mit   der  Be- 
dingung, sie  bis  Pfingsten  noch  S(flber  tragen  zu  dürfen,  so  mag  das 
als  drolliges  Läuschen  gelten ;  weunaber  die  Angelegenheit  zum  Leit- 
motiv der  ganzen  Schrift  wird  und  die  Hose  immer  und  immer 
wieder   (S.    33,   61,  84,   160,  163,  165,   169)   produziert   wird, 
sogar  in  der  Kirche  (da  Buchs  und  Büss  verwechselt  ist),    wenn 
borten  den  lädierten  Boden  sich  an  die  Brust  hält  um  za  sehen, 
ob  sich  wohl  noch  ein  Spenzer  daraus  herstellen  läßt,    wenn  sie 
dem  Konrektor    ein  Kissen   macht,    um    die    wichtige  Stelle   vor 


328       ^'  SeelmaDD,  Reuters  Werke,  aogez.  von  C.  Kruse. 

weiterem  Durchscheuern  zu  schützen,  wenn  dann  die  definilive 
Schenkung  zur  Verlobung  der  beiden  führt,  so  ist  es  eine  starke 
Geschmacklosigkeit,  daß  besagter  Äpinus  in  der  Schule  die 
Homerische  Stelle  von  Andromache  und  Hektor  traktiert,  um  die 
Übersetzung  Ja^ikovis  Duwelskirl  anzubringen,  und  daß  ihm  vom 
Herzog  Friedrich  Franz  das  Rektorat  des  Schweriner  Fridericianum 
angeboten  wird.  —  Ober  die  Reise  nach  Konstantinopel  heißt  es 
VI  257,  daß  sie  zu  Reuters  schwächsten  Werken  gehört,  und  in 
der  Urgeschicht  von  Mecklenburg  „entfalten  sich  weder  der  Humor 
noch  die  Satire  wirksam'^  (VU  S.  152).  —  Nun,  andere  mögen 
ja  anders  urteilen;  so  hat  z.  B.  im  Jahre  1866  der  86jährige 
Kohlrausch  (S.  522)  in  Dörchläuchting  den  Triumph  des  Humors 
gefunden  und  über  die  Philister  im  Ratskeller  der  Stadt  Nigen- 
brandenborg  „unter  fortwährendem  Lachen  in  stiller  Mitternaclit 
helle  Tränen  vergossen"  und  behauptet,  daß  in  unserer  ganzen 
Literatur  nichts  Ähnliches  existiere.  Reuter  selbst  bat  aber 
(VI  S.  518)  sein  Bedauern  ausgesproclien,  daß  er  nicht  mit  der 
Stromtid  seine  schriftstellerische  Laufbahn  abgeschlossen  habe. 
Das  ist  auch  unsere  Meinung,  und  es  ist  immerhin  möglich,  daß 
ein  künftiger  deutscher  Horaz  von  den  späteren  Werken  Reuters 
sagen  wird: 

At  noslri  proavi  Plautinos  et  Oumeros  et 
Laudavere  sales,  nimium  patienter  utrumque 
Ne  dicam  stulle  mirati,  si  modo  ego  et  vos 
Seimus  inurbanum  lepido  seponere  dicto. 
Gleichwohl    sind    auch    diese   letzten  beiden  Bände  mit  hin- 
gebendem   und    ausdauerndem  Fleiß  bearbeitet.     Cberall  werden 
die    geschichtlichen    und    lebenden    Vorbilder    des    näheren    ge- 
schildert   und    die    geographischen    Verhältnisse    aufs     genaueste 
erörtert.     Wir    erfahren  z.  B.,    daß    das  Gut  Broda  1,5  km    von 
Neubrandenburg  liegt,  daß  das  Hotel  zur  goldenen  Kugel  im  Jahre 
1905   abgebrannt   ist,   daß   Hagemanns    Haus    an    der  Ecke  der 
Treptower  Straße  lag  (jetzt  Stegemann),  daß  dtT  Herbstjahrmarkt 
im  Flecken  Dargun  am  20.  10.  1850  bezw.  22.  10.  1851  statt- 
fand.   Ja    wenn    in    dem    Briefe   des  13jährigen    Knaben  Reuter 
erwähnt   wird,   daß   er   in  Braunschweig   mit   seinem  Vater  das 
Theater    besucht   habe,    und    ebenso  in  Magdeburg,  so  hat  Seel- 
mann   eruiert,    daß  dort  6.  10.  23  „Der  Ring  oder  die  unglück- 
liche Ehe'*  von  Schröder,  hier  12.  10.  23  „Die  Flucht  nach  Kenil- 
worlh*'  von  Lenz  gegeben  worden  ist. 

Der  sprachliche  Kommentar  ist  sehr  reichhaltig  und  durch- 
aus exakt.  Aufgefallen  ist  uns,  daß  „beraden'*  (VLS.  283)  nicht 
„beratenes  sondern  „ausgesteuert"  heißen  soll.  Das  Wort  „nührig"' 
wird  sowohl  von  Borchling  als  von  Brandes  „mit  gutem  Appetit" 
gedeutet;  in  Pommern  ist  dafür  „nährig '  ganz  geläufig,  „nöhrig^* 
aber  unbekannt.  VHS.  327  soll:  „Es  gibt  'er  welche  mang''  dor, 
da,  dort  heißen;   es  ist  ja  aber  aus  Ihrer,  Erer  entstanden  und 


F.  Barder,  Werden  u.  Waodein  uds.  Wörter,  tgz.  v.  H.  Böhm.  329 

eotspricht  ganz  dem  französischen  en,  nicbl  y  .  —  Völlig  unbe- 
kannt und  unerklärlich  ist  der  Ausdruck  (VI  S.  349)  ,,a8  he 
Paulen  up  den  Ogenbück  frod  wurd'S  was  angeblich  heißen  soll: 
„bei  dieser  Gelegenheit  bemerkte'*. 

Doch  genug!  Nach  der  wackeren  Leistung  von  Seelmann 
und  Genossen  ist  jede  weitere  kritisch-exegetische  Ausgabe  von 
Reuters  Werken  überflüssig. 

Danzig.  Carl  Kruse. 

Frias  Herder,  Werdeo  ood  Waodero  unserer  Wörter.  Etyroo- 
logitehe  PJaodereieo.  Dritte,  wesentlich  verwehrte  und  verhesserte 
Auflage.  Berlin  1906,  Weidmannsche  Buchhandlung.  259  S.  kl.  8. 
geb.  3,60  JL. 

Zehn  Jahre  sind  vergangen,  seit  Härders  „Werden  und 
Wandern  unserer  Wörter''  in  2.  Auflage  erschien.  Die  Sprach- 
wissenschaft ist  inzwischen  nicht  müßig  gewesen,  und  so  hat  teils 
ans  nea  erschienenen  Arbeiten,  teils  aus  den  Neubearbeitungen 
und  Fortsetzungen  altbewährter  Originalwerke  manches  neue 
Material  zusammengetragen  werden  können.  Bei  etwa  einem 
Dutzend  Wörter  sind  die  bisher  gegebenen  Erklärungen  durch 
andere  ersetzt,  in  noch  mehr  Fällen  ist  die  Besprechung  erheblich 
erweitert,  hier  und  da  sind  kulturgeschichtlich  wertvolle  Be- 
merkungen hinzugefügt  worden.  Die  Zahl  der  besprochenen 
Wörter  ist  von  rund  1500  auf  über  1800  (das  nicht  ganz  voll- 
ständige Register  gibt  1796  Wörter  an)  gestiegen.  So  liegt  denn 
das  Werk  in  einer  Gestalt  vor,  die  seine  Brauchbarkeit  noch 
bedeutend  erhöht.  Freilich  kann  man  über  die  Brauchbarkeit 
Teiscbiedener  Meinung  sein,  wenn  man  Ober  den  Zweck  des 
Buches  nicht  einig  ist,  und  hier  sind  in  der  Tat  wohl  verschiedene 
Auffassungen  möglich.  Härder  selbst  gibt  seinem  Werke  den 
Nebentitel  „Etymologische  Plaudereien''  und  sieht  seinen  Zweck 
erreicht,  „wenn  er  damit  einem  gebildeten  Leser  Vergnügen  zu 
bereiten  vermag'^  Wer  daraufhin  ein  geistreiches  feuillelonistisclies 
Geplauder  erwartet,  das  nur  zur  Unterhaltung  des  Lesers  bestimmt 
ist,  siebt  sich  enttäuscht.  Denn  zum  Plaudern  weiden  nur 
hier  und  da  ganz  schwache  Ansätze  gemacht,  und  um  lediglich 
zu  unterhalten,  ist  schon  di«*  große  Menge  des  gebotenen  Stoffes 
zu  ermüdend.  Aber  darin  liegt  kein  Mangel  des  Buches.  Werden 
uns  doch  schon  in  unserer  Tageslektüre  genug  feuilletonislische 
Leckerbissen  geradezu  aufgedrängt,  die  uns  den  Magen  übersättigen 
und  schwächen  und  ihn  zur  Aufnahme  gesunder  Kost  mehr  und 
mehr  unfähig  machen.  Hier  handelt  es  sich  um  Besseres.  Ein 
Buch,  das  uns  von  nahezu  zweitausend  Wörtern  den  Ursprung, 
die  Wandlungen  und  die  Wanderungen  von  Volk  zu  Volk  kennen 
lehrt,  das,  wenn  auch  nur  zum  kleineren  Teil  auf  eigenen 
Forschungen  beruhend,  die  streng  wi««senschaftliche  Arbeil  zahl- 
reicher Forscher  uns  in  faßlicher  und  handlicher  Form  darbietet, 


330  F.  Härder,  Werden  n.  WaDdero  aos.  Wörter,  a^t.  v.  H.  Böhm. 

ist  zu  gut,  um  der  bloßen  UnterhaUungsleklure  zugezählt  zu 
wenlen.  Dagegen  isl  es  wühl  geeignet,  uns  Ober  die  l^ntätehung 
vieler  der  wicbtigslen  Wörter  unserer  Muttersprache  aufzuklären, 
uns  zu  zeigen,  wie  unausgesetzt  unsere  Sprache  aus  fremdem  Gut 
bereichert  wird,  wie  in  den  älteren  naiven  und  ungelehrten  Zeilen 
das  Fremde  assimiliert  und  zu  einem  echten  Bestandteil  unserer 
Sprache  gemacht  wird,  während  in  den  letzten  Jahrhunderten 
das  aus  der  Ferne  Aufgenommene  leider  ein  Fremdkörper  in 
unserm  Fleisch  bleibt.  Es  vermag  ferner  durch  zahlreiche 
Analogien  uns  auf  gewisse  Gesetz^  nach  denen  Form  und  Be- 
deutung unserer  Wörter  sich  wandeln,  wenigstens  von  fern  hinzu- 
weisen, und  endlich  übermittelt  es  nebenbei  und  unvermerkt  dem 
Leser  eine  Ffllle  kulturgeschichtlichen  Materials.  Alle  diese  Auf- 
gaben wurden  durch  einen  leichten  Plauderton  nicht  gefördert 
werden,  wohl  aber  wörde  der  Umfang  des  Ruches  unnütz  ver- 
mehrt und  der  Raum  für  eine  sachliche  Bereicherung  fort- 
genoromen.  Denn  darin  sehe  ich  die  Bedeutung  des  Buches,  daß 
es,  handlich  genug,  um  nicht  erst  mit  Mühe  aus  dem  Regal  her- 
vorgeholt und  mit  Schwierigkeiten  durchblättert  zn  werden,  wohlfeil 
genug,  um  jedermann  zugänglich  zu  sein,  und  populär  genug  gf^- 
halten,  um  auch  dem  mit  geringen  Kenntnissen  Ausgestatteten 
verständlich  zu  werden,  ein  Nacbschlagebuch  ist,  wie  es  für  einen 
größeren  Kreis  von  Lesern  weder  Kluge  noch  Weigand  noch 
Sanders  und  noch  viel  weniger  das  große  Grimmsche  Wörterbuch 
sein  kann.  Und  deshalb  möchte  ich  dem  Verfasser  den  Wunsch 
aussprechen,  auch  fernerhin  auf  Vermehrung  des  Stolles  bedacht 
zu  sein.  Man  staunt,  wenn  man  die  in  der  3.  Auflage  neu  auf- 
genommeneu Wörter  durchmustert,  wieviele  von  den  uns  nächst- 
liegenden Ausdrücken  bisher  noch  gefehlt  hatten,  und  man  staunt 
bei  genauerem  Zusehen  nicht  minder,  wieviele  noch  immer 
fehlen.  Nun  kann  freilich  eingewendet  werden,  daß  Vollständig- 
keil ja  gar  nicht  die  Absicht  des  Buches  sei;  daß  es  sich  in  ihm 
auch  weniger  darum  handle,  häufig  vorkommende  Ausdrücke  als 
vielmehr  solche  Wörter  zu  erklären,  die  durch  ihren  Bau,  ihre 
Zusammensetzung  aus  mehreren,  vielleicht  gar  aus  verschiedenem 
Sprachgebiet  entnommenen  Elementen,  durch  ihre  Wanderung 
von  einem  Volk  zum  andern  für  die  Zwecke  des  Verfassers  be- 
sonders geeignet  sind.  Aber  einerseits  ist  an  diesem  Prinzip  bei 
der  Auswahl  der  Wörter  auch  bisher  schon  nicht  streng  fest- 
gehalten worden,  und  andererseits  möchte  ich  auch  nur  die 
Richtung  angeben,  nach  der  hin  ich  einen  weiteren  Ausbau  des 
Werkes  als  besonders  vorteilhaft  ansehen  würde.  Ich  würde  z.  B. 
Wörter  wie  Abonnement,  Amalgam  und  Apanage,  Komurke  und 
Kren,  Obsidian  und  Topas,  Falkaune  und  Falkoneti,  die  Peri- 
patetiker  nicht  minder  als  den  Polichinell,  auch  den  Marasquino, 
die  Bechamelsauce  und  noch  manches  andere  kühlen  Herzens 
preisgeben,     wenn     ich     dafür    recht     viele    uns     naheliegende 


A.  Kaefi,  Griechisches  Cbaogibucb,  engez.  vod  H.  Meltzer.   331 

deoL^cbe  Wörter  einlauschen  könnte.  Wie  wäre  es  z.  H.  mit 
richtig  und  recht«  dumm,  kühn,  geschickt,  häBiich,  klein  (Kleinod), 
dicht,  blöde,  gransam?  Alle  diese  Wörter  —  und  ihre  Zahl  läßt 
sich  leicht  erheblich  vermehren  —  haben  einen  eigentümlichen 
Bedeutungswandel  durchgemacht,  wie  er  sich  bei  den  deutschen 
Adjektiven  ungemein  häuGg  ßndet.  Kann  auch  hier  von  keinem 
Ge.«etze  die  Rede  sein,  so  bandelt  es  sich  doch  um  eine  so  oft 
Torkommende  Erscheinung,  daß  sie  wohl  Beachtung  verdient. 
In  der  3.  Auflage  ist  mit  der  Vorführung  solcher  Wörter  schon 
ein  ganz  guter  Anfang  gemacht  worden,  und  es  wäre  nun  vor- 
teilhaft, durch  Heranziehung  einer  größeren  Menge  von  Beispielen 
die  Erscheinung  deutlicher  hervortreten  zu  hissen  und  auf  sie, 
wie  auf  so  manche  andere,  die  sich  bei  der  Besprechung  ergibt, 
aosdrücklich  hinzuweisen.  Auch  die  Zahl  der  deutschen  sub- 
stantivischen Ausdrücke  möchte  ich  noch  erheblich  vermehrt  und 
den  auch  bei  ihnen  hervortretenden  Wandel  der  Bedeutung  hervor- 
gehoben sehen.  Wörter  unsicherer  Abteilung  brauchen  ja  nicht 
grundsätzlich  ausgeschlossen  zu  werden  und  haben  bereits  zahlreich 
Aofoahme  gefunden,  die  Kapitel  des  Buches  lassen  sich  nötigen- 
falls vermehren,  und  wo  keine  besondere  Rubrik  errichtet  werden 
Soll,  ist  es  immer  noch  möglich,  einzelne  Wörter  (wie  etwa 
Wimper,  Hufle,  Zwerchfell  u.  a.  für  die  noch  ganz  fehlenden 
Körperteile)  bei  Gelegenheit  hier  und  da  einzulugen.  Für  die 
Wörter  der  Vulgärsprache,  die  uns  z.  T.  viel  ^  näher  liegen  als 
manches  angeführte  Fremdwort  und  von  denen  viele  recht 
interessant  sind,  ist  eine  erhebliche  Erweiterung  des  Stoffes 
möglich  und  wünschenswert.  Wird  das  Buch  in  diesem  Sinne 
erweitert,  so  wird  seine  Brauchbarkeit,  sein  Wert  und  sein  Ver- 
dienst um  die  Hebung  des  sprachlichen  Interesses  im  allgemeinen 
wie  um  die  Schätzung  unserer  Mutlersprache  und  das  Vertraut- 
verden  mit  ihr  im  bei^onderen  sicherlich  noch  erhöht.  Möge  es 
recht  bald  zum  viertenmal  erscheinen! 

Schmargendorf  hei  Berlin.  HermaAn  Böhm. 


Adolf  Kaegi,  Griechisches  ObuD^sbucb.  HI.  Teil :  ZusdoioienbäDgeode 
deotseh-grieehische  Üboogsstiicke.  Berlin  1906,  Weidmaoosche  Buch- 
haadlaog.  VI  u.  203  S.  (139—197  deutsch  -  sriechisihes  Worter- 
Terzeichois,  S.  198—203  kurxgefafiter  Oberblieii  über  die  wichtigsten 
syaUktischea  Erscheiouageo).     8.     geb.  2,20  Jt. 

Unter  den  Männern,  die  ihre  Kraft  den  Bestrebungen 
gewidmet  haben,  den  griechischen  Unterricht  auf  den  Boden 
der  gegenwärtigen  Bedürfnisse  zu  stellen,  nimmt  Kaegi  wohl 
unbestritten  den  ersten  Platz  ein.  Er  hat  vor  allem  in  syste- 
matischer eigener  Durcharbeitung  der  Schulscbriftsteller  eine 
statistisch  zuverlässige  Grundlage  geschalTen  für  die  sichere  Er- 
kenntnis dessen,  was  notwendig,  was  auszuscheiden  und  was  an 
zweite  Stelle    zu    rücken  ist.     Auf  diese  Weise  wird  klar,  wieviel 


332  A.  Ktegi,  Griechisehes  ObiiDgsbacb,  iog«z.  von  H.  Meltser. 

an  Stoff  zum  eisernen  Bestand  des  grammatisch -sprachlichen 
Wissens  gehört  und  darum  >\ieder  und  wieder  eingeübt  werden 
muß,  so  daß  es  schließlich  als  unverlierbares  Besitztum  dem  Ge- 
dächtnis zu  steter  Verwendungsbereitschaft  eingeprägt  ist  Als 
oberstes  Ziel  ist  dabei  festgehalten  die  methodische  Erziehung 
zur  immer  gründlicheren,  von  dem  tastenden  Raten  freieren  und 
selbständigeren  Beherrschung  der  Lektüre.  Kaegi  vertritt  dabei 
den  auch  in  Preußen  neuerdings  wieder  zu  Ehren  gebrachten 
Standpunkt,  daß  diese  da  um  so  besser  vonstatten  gebt,  wo 
die  Übungen  im  Übersetzen  von  der  Mutter-  in  die  Fremdsprache 
bis  in  die  obersten  Klassen  fortgesetzt  werden.  Damit  kann  man 
sich  unter  der  Voraussetzung  einverstanden  erklären,  daß  sie 
niemals  Selbstzweck  werden,  sondern  immer  Mittel  zu  dem  Zwecke 
bleiben,  die  für  das  ersprießliche  Lesen  der  Schriftsteller  nun 
eben  einmal  unumgänglichen  Kenntnisse  in  Wortschatz,  Formen- 
lehre und  Syntax  zu  befestigen  und  nicht  auf  außerhalh  liegende 
Gegenstände  abschweifen,  sondern  sich  streng  innerhalb  des  durch 
die  Lektüre  gewiesenen  Gedankenkreises  halten.  Sie  soll  und 
muß  stets  und  überall  mit  vollem  Bewußtsein  als  Mittelpunkt 
des  griechischen  Unterrichts  festgestellt  werden,  dann  wird  iu 
Prima  die  Komposition  ganz  von  selbst  zurücktreten.  Dies  erkennt 
eigentlich  auch  Kaegi  dadurch  an,  daß  er  keine  auf  Thukydides 
und  Demostbenes  zurückgehenden  Stücke  aufgeuommen  hat.  Der 
unbewußte  Grund  hiervon  scheint  mir  tiefer  zu  liegen  als  in  dem 
äußerlichen  Streben,  den  Umfang  des  Buches  nicht  zu  sehr  an- 
schwellen zu  lassen:  es  ist  auch  so  recht  stoffreich,  und  jeder  Lehrer 
wird  froh  sein,  wenn  es  ihm  gelingt,  seinen  Inhalt  zum  vollen 
geistigen  Besitz  seiner  Schüler  zu  machen.  So  wie  es  jetzt  vor- 
liegt, umfaßt  es  in  sehr  geschickter  Steigerung  der  Schwierig- 
keiten 30  Metaphrasen  aus  Xenophons  Anabasis  zu  raschem  Steg- 
reifüberselzen ,  ferner  eine  Anzahl  Stücke  aus  Xenophons 
Hellenika  und  Herodots  Geschichte,  sowie  endlich  freiere  Arbeiten. 
Die  Vorlagen  sind  inhaltlich  anregend  und  sprachlich  im  ganzen 
frei  von  dem  abstoßendeu  Kauderwelsch,  das  so  viel  dazu  bei- 
getragen hat,  die  klassischen  Studien  in  unverdienten  Verruf  zu 
bringen.  Immerhin  wären  noch  einige  „aber"  zu  streichen  in 
Fällen,  wo  es  sich  um  keinen  Gegensatz,  sondern  um  bloße 
Fortführung  des  Gedankens  handelt,  auch  lautet  die  Anrede  bei 
uns  nicht  „o  König!'',  sondern  bloß  „König!''  oder  „Mein  König!*', 
wofern  man  nicht  vorzieht  „Majestät!"  zu  sagen,  was  wohl  am 
allermeisten  dem  Gebrauch  des  Lebens  enti^pricht.  Die  Ausdrucks- 
weise :  „diejenigen,  welche'^  erregt  heutzutage  nicht  bloß  mehr  das 
Mißbehagen  der  Wustmänner.  Das  Wörterbuch  ist  mit  aus- 
gezeichneter Sorgfalt  gearbeitet  in  einer  Weise,  daß  der  Schüler 
tatsächlich  darin  alles  findet,  was  er  braucht,  und  nicht  noch  an 
allen  möglichen  anderen  Orten  nach  Auskunft  herumsucben  muß, 
was  den  Fleißigen  verdrießlich  und  den  Faulen  gleichgültig  machL 


H.  Aoer^  Konjagatioostabelle,  angez.  von  A.Rohr.         333 

Vielleicht  könnten  manchmal  noch  einige  weitere  kleine  Hilfen 
geboten  sein.  DaB  eich  dem  aus  dem  Vollen  schöpfenden  Neu- 
herausgeber des  Benselerschen  Wörterbuchs  nicht  leicht  Verstöße 
gegen  die  Sprachricbtigkeit  werden  nachweisen  lassen,  bedarf 
nicht  der  Versicherung ;  dem  lateinischen  imidiar  aUcui  entspricht 
meist  ivBÖQBvta  j^vä,  seltener  %iv\^  das  öfter  das  Mittel  des  Nach- 
stellens  bezeichnet;  diofial  T$v6g  r»  ist  untadelig,  wenn  das 
Objekt  gegeben  ist  darch  das  Neutrum  eines  Pronomens  oder 
Adjektivs  (zovio,  noXla),  während  p$twerunt  ab  eo  auxilmm 
regelmäßig  lautet  idsijd^ifay  avtov  ts^ia  ßo^d'etv.  „Frauenkleid'' 
heißt  eher  i^  yvyaixeia  iad^ijq  oder  17  ia^^g  ^  yvvatußla  als  17 

Alles  in  allem  macht  Kaegis  Arbeit  einen  vorzöglichen  Ein- 
druck sowohl  nach  der  wissenschaftlichen  als  nach  der  didaktischen 
Seite  hin;  sie  besteht  durchweg  die  Probe  auf  die  Gediegenheit 
und  Klarheit.  Wir  können  ihm  nur  von  Herzen  Glück  wünschen, 
daB  es  ihm  nunmehr  nach  mancherlei  Hemmungen  vergönnt 
gewesen  ist,  seinem  Unterrichts  werk  diesen  wohlgelungenen 
^hlußstein  einzufügen  und  so  sein  mit  bewundernswerter  Aus- 
^uer  und  ZielbewuBlheit  verfolgtes  Ideal  zu  verwirklichen.  Wir 
ielbät  dürfen  uus  aufrichtig  darüber  freuen,  ein  so  hervorragendes 
Biifsmittel  erhalten  zu  haben  für  unser  Bemühen,  die  deutsche 
Jagend  auf  einem  Wege,  den  sie  mit  Lust  und  Liebe  gehen 
^)DD,  einzuführen  in  die  unverwelkliche  Schönheit  des  griechischen 
idioms.  Gerade  heute,  da  die  historische  Betrachtung  der  allen 
Zeit  uns  die  weltgeschichtliche  Sendung  des  Hellenentums  zum 
klaren  Bewußtsein  bringt  und  seine  grundlegende  Bedeutung  für 
die  Kultur  des  ganzen  Abendlandes  ins  helle  Licht  rückt,  gewinnt 
die  Aneignung  der  wunderbaren  Sprache  einen  erhöhten  Wert, 
*ie  sie  ihn  vielleicht  noch  in  keiner  vergangenen  Periode  in  dem- 
^Iben  Umfang  besessen  hat.  Zu  den  Erschließern  ihrer  herr- 
lichen Schätze  dürfen  wir  auch  Kaegi  reebnen. 

Stuttgart.  Hans  Meltzer. 

1)  HermaoD  Auer,  Koaja^a  tioaatabelle  de  r  wich  tigs  te  a  oo« 
regelnaBifeD  Zeitwörter  der  fraosSiiseheo  Sprache. 
Stuttgart    1906,    W.  Kohlhanmer.     5  o.  4^  S.     8.     0,50  Jt. 

Das  Kapitel  der  sogenannten  unregelmäßigen  Verben  ist  auch 
im  Französischen  kein  leichtes,  und  jeder  Fingerzeig  zur  Ver- 
einfachung dieser  Lernarbeit  muß  dem  Lehrer  hochwillkommen 
^in.  In  dem  vorliegenden  Büchlein  glaubt  nun  der  Verf.  ein 
Hilfsmittel  geschatfen  zu  haben,  das  gegenüber  dem  in  den 
Grammatiken  üblichen  Verfahren  wesentliche  Vorzüge  aufweisen 
soll.  Und  worin  bestehen  diese?  Zunächst  gibt  eine  Einleitung 
vlie  Endungen  der  einfachen  Zeiten  sämtlicher  Konjugationen 
nebst  den  Ableitungsregeln  an,  dann  werden  in  dem  Hauptteil  die 
uuregelmäßigen   Verben   angeführt   und   zwar   in   zwei  Gruppen. 


334  K.  Kuhn  a.  S.  Chirlely,  La  France  Litteraire, 

„Die  erste  (leichtere)  Gruppe  enthält  die  Verben,  deren  Stamm- 
formen —  zum  Teil  wenigstens  —  unregelmäßig,  deren  übrige 
Formen  aber  regelmäßig  gebildet  sind,  d.  h.  genau  nach  den  Ab- 
leitungsgesetzen von  den  Stammformen  abgeleitet  werden'*  (wie 
assaülir,  danmr,  mouvinr).  „Die  zweite  (schwerere)  Gruppe  ent- 
hält die  Verben,  deren  Stammformen  ebenfalls  teilweise  unregelmäßig 
und  deren  übrige  Formen  zum  Teil  nicht  nach  den  AbJeitungs- 
gesetzen  gebildet  sind''  (wie  aller,  maurir,  savoir,  faire).  Durch 
diese  Teilung  genießt  der  Schüler,  wie  der  Verf.  versichert,  „zwei 
sofort  in  die  Augen  springenden  Vorteile:  1.  wesentliche  Er- 
leichterung der  Erlernung  der  unregelmäßigen  Verben  und 
2.  sicheres  Einprägen  derselben'*. 

Ref.  ist  hiervon  nicht  überzeugt.  Da  die  Behandlung 
der  Verben  im  einzelnen  von  dem  {sebräuchUcben  Verfahren  nicht 
sonderlich  abweicht,  kann  er  nicht  einsehen,  daß  wegen  dieser 
Gruppenteilung  allein  der  Schüler  sich  die  Konjugationstabelle  zu 
seinem  eigentlichen  Lehrbuch  anschaffen  und  neben  diesem 
benutzen  soll.  Denn  das  letztere  würde  er  auch  beim  Kon- 
jugieren nicht  entbehren  können:  enthält  doch  die  Tabelle  keine 
vollständigen  Paradigmen,  nicht  einmal  avoir  und  etre,  und  läßt  auch 
sonst  vielfach  im  Stich.  Somit  wäre  die  Einführung  des  Büchleins 
nur  den  Anstalten  zu  empfehlen,  die  mit  einem  recht  schlechten 
Lehrbuch  behaftet  sind,  sich  aber  von  diesem  nicht  zn  trennen 
getrauen. 

2)  K.  Kuhn  ood  S.  Charl^ty,  La  France  Litteraire,  Bxtraits 
et  Histoire.  Bielefeld  8:  Leipzig  1906;  Velhageo  &  Rlaaing.  VIII 
u.  376  S.     8.     geb.  3,50  J(. 

Es  wird  kaum  eine  Chrestomathie  geben,  die  bei  verhältnis- 
mäßig geringem  Umfange  so  Gediegenes  aufweist  wie  die  vor- 
liegende. Ursprünglich  ist  sie  nur  als  Fortsetzung  von  Kuhns 
Lehrbuch  La  France  et  les  Fran^ais  geplant  gewesen,  doch  haben 
ihr  jetzt  die  beiden  Herausgeber  und  Bearbeiter  eine  selbständige 
Ausgestaltung  gegeben. 

Der  Hauptteil  (Extraits)  bietet  eine  höchst  ansprechende  Aas- 
wahl aus  den  Werken  der  wirklich  bedeutenden  Schriftsteller  der 
letzten  drei  Jahrhunderte  dar,  wobei  auch  Briefe  und  Bruchstöcke 
aus  Reden  und  Dramen  gebührende  Berücksichtigung  gefunden 
haben.  So  ist  das  17.  Jahrhundert  durch  Pascal,  den  Kardinal  de Retz, 
Madame  de  'Sevignö,  Boileau,  Lafontaine,  Regnard,  Fenelon 
und  den  Herzog  de  Saint- Simon,  das  18.  durch  Montesquieu, 
Voltaire,  Rousseau,  Lesage,  Beaumarchais,  Mirabeau,  Rouget 
de  L'I^Ie  und  Andre  Chenier  vertreten,  während  für  die  Reich- 
haltigkeit des  19.  Jahrb.  nicht  weniger  als  32  Namen  —  unter 
ihnen  Balzac,  Flaubert,  Zola,  Loli,  Taine,  Gambetta,  Sully-Prod- 
homme  und  Rostand  —  Zeugnis  ablegen.  Die  Proben  sind  „so 
gewählt,  daß  sie  1.  charakteristisch  sind  für  den  Verfasser,  seine 
Richtung    und   Bedeutung    in   der  Literatur   und   für  seine  Zeil, 


aogez.  von  A  Rohr.  335 

2.  kuUurhistorUch  belehren  und  die  Kenntnis  von  F^and  und 
Leuten  fördern".  Doch  sind  solche  Werke  ausgeschlossen,  die 
bereits  in  Schulausgaben  vorliegen;  denn  selbstverständlich  be- 
absichtigen die  Hrsg.  nicht,  mit  dem  Buche  die  Lektüre  ganzer 
Werke  zu  verhindern  oder  auch  nur  einzuschränken. 

Der  zweite  Teil  {Hütaire)  deutet  schon  durch  seinen  Namen 
an,  daß  er  hauptsächlich  Abschnitte  aus  der  allgemeinen,  Kultur- 
uud  Literatur-Geschichte  enthält.  Die  Auswahl  ist  meist  so  ge- 
troflen,  daß  „in  der  Regel  die  Proben  des  ersten  Teils  oder  die 
in  der  Schule  gewesenen  Werke  die  Unterlage  und  Anschauung 
dazu  geben.  Da  die  Dramen  vou  Corneille  und  Racine  nicht 
r^elmäßig  gelesen  werden,  so  sind  Analysen  von  je  drei  ihrer 
Meisterwerke  aufgenommen  worden''. 

Ein  Appendiu  macht  den  Beschluß.  Da  findet  man  zunächst 
in  den  Notes  explicatives  erklärende  Anmerkungen  zu  den  vorher- 
gehenden Texten,  sodann  in  den  Notices  biographique$  die  not- 
veodigsten  literarischen  Daten  und  zuletzt  in  der  ProsotUe  franfaise 
to  Wichtigste  aus  der  französischen  Metrik.  Die  Karte  von 
Frankreich,  das  Kärtchen  der  Umgehung  von  Paris  und  der  Plan 
TflB  Paris  werden  wohl  allen  Lesern  willkommen  sein. 

Ref.  kann  es  nicht  unterlassen  zwei  W*önsche  auszusprechen, 
^ie,   wenn    erfüllt,    dem    Buche    den  Eingang    in  die  Schule  er- 
ieichtern     dürften.      Vor    allem    müßte    der    Umfang     verringert 
«erden.      Gewiß    sind    333  Seiten  Text    für    eine  Chrestomathie 
eicht  viel,    aber    weil   sie   nur   ergänzenden  Lesestoff  liefern  will, 
so  wären  da  doch  erhebliche  Abstriche  zu  machen.     Hag  man  in 
jedem  Jahre    des  Primakursus  —  nur  diese  Klasse  käme  für  das 
Buch    in    Betracht  —  etwa   60  Seiten   durchnehmen,    so  würden 
über    200  Seiten   übrig  bleiben,    von  denen  im  günstigsten  Falle 
die  Hälfte    für   die   Privatbeschäftigung    der  Schüler  Verwendung 
ünden  könnte.     Was  wäre  da  aber  zu  streichen?    Nun  alles,  was 
wir  nicht  einmal  von  einem  guten  Abiturienten  erwarten  dürfen. 
Es  würde  zu  weit  fähren,  wenn  Ref.  von   diesem  Gesichtspunkte 
aus  den  Inhalt  des  Buches  im  einzelnen  durchgehen  wollte,  daher 
mag    hier   gleich    der   andere  Wunsch    zu  Wort    kommen.     Wie 
reich  das  Werkeben  inhalthch  auch  sein  mag,  so  wird  man  doch 
bei    näherer  Prüfung  einige  Lücken  entdecken.     Ref.  möchte  sie, 
ohne  sich  auf  eine  weitere  Begründung  einzulassen,  kurz  andeuten. 
Zuerst    von    Descartes    eine    Probe    aus  dem  Ditcaurs,  dann  von 
Moliere    die    Analysen    neb^t    einer    oder    mehreren  Szenen    aus 
einem    prosaischen    und    einem  poetischen  Lustspiel,  hierauf  von 
Rousseau  einen  Abschnitt»  der  eine  Schilderung  von  Naturschön- 
heiten eotbielle,  schließlich  von  V.  Hugo  und  Musset  noch  etwas 
recht    Charakteristisches,    wie    z.  U.    Les   deiuc  iles  und  Sur  wie 
fnorle.     Vielleicht    beachten   die    Verf.    diese    Hinweise  bei  einer 
Nffubearbeitung. 

.Neustadt  Wpr.  A.  Rohr. 


336   P.  MartiD  a.  0.  Thiergen,  Ed  Fraoce,  a^z.  v.  F.  J.  Wershoven. 

Ed  Fraoce.  In  Frankreich.  Ein  Führer  durch  die  Sprache  nnd  das 
Land  der  Franzosen.  Von  P.  Martin  (Paris)  und  0.  Thiergen 
(Dresden).     Leipzig  1906,  Haberland.     223  S.  8.     geb.  3  M* 

Das  Buch  ist  kein  Schulbuch;  in  einem  solchen  wäre  ja  die 
„Kurzgefaßte  Grammatik'^  (S.  149 — 193)  ganz,  die  phonetische  Aus- 
sprachebezeichnung im  Vocabulaire  (S.  195 — 215)  zum  aller- 
größten Teil  öberflQssig.  Ks  ist  ein  Handbuch,  in  dem  sich  die- 
jenigen, welche  nach  Frankreich  reisen,  vor  und  während  der 
Reise  die  nötigen  französischen  Redewendungen  und  die  Kenntnis 
der  Realien  aneignen  können.  Da  mag  auch  der  grammatische 
Anhang  zur  Auffrischung  der  in  Vergessenheit  geratenen  Regeln 
für  manchen  angebracht  sein.  Einige  der  Regeln  sind  ver- 
besserungsbedürftig. Das  Vocabulaire  ist  alphabetisch  und  sach- 
lich zugleich:  es  gibt  also  nach  der  Art  der  Meyerschen  Sprach- 
führer z.  B.  bei  „Fisch''  die  wichtigsten  Fischsorten,  bei  „Auto- 
mobil'' die  Namen  der  Teile  usw.  Die  durchgehende  Aussprache- 
bezeichnung, selbst  für  die  einfachsten  Wörter  wie  parier,  donne,  ele, 
scheinlmir  Raumverschwendung;  eineAngabe  bei  Wörtern  mitirgend- 
wie  schwieriger  oder  unregelmäßiger  Aussprache  wäre  ausreichend. 

Den  wichtigsten  Teil  des  Buches  bildet  der  Abschnitt  „Die 
Reise"  (S.  1 — 148),  mit  vier  IJnterabteilungen:  Reise  durch  die 
Provinz,  Aufenthalt  in  Paris,  Alltagleben,  Umgegend  von  Paris. 
Folgender  Plan  ist  zugrunde  gelegt  Ein  Schweizer  mit 
Gemahlin  reist  nach  Paris,  überschreitet  die  Grenze  mit  der  Zoll- 
station, hält  sich  in  Lyon,  Dijon,  Reims  und  Compiegne  auf, 
steigt  im  Hotel  ab,  besucht  mit  Bekannten  zu  Fuß,  in  Droschke, 
Automobil,  Stadtbahn  und  Dampfer  die  wichtigsten  Sehens- 
würdigkeiten der  Hauptstadt  (Notre- Dame,  Juslizpalast,  Boulevards, 
Museen,  Invalidenhaus,  Markthallen,  Börse  usw.),  geht  ins  Cafe 
und  Restaurant,  ins  Theater  und  Konzert,  erkundigt  sich  über  das 
Unterrichts wesen,  hört  eine  Vorlesung  in  der  Sorbonne,  macht 
eine  Spazierfahrt  ins  Bois  de  Boulogue,  wohnt  einem  Wettrennen 
bei,  mietet  ein  Zimmer  mit  Pension,  hat  auf  dem  Postamt  zu 
tun,  konsultiert  einen  Arzt,  macht  Einkäufe  in  einem  Waren- 
haus u.  a.  Mit  Vergnügen  habe  ich  diesen  Teil  gelesen.  Er  ist 
in  Form  einer  frischen,  aus  dem  Leben  gegriffenen  Konversation 
gehalten,  in  welche  briefliche  Berichte  nach  Hause  noch  Ab- 
wechslung bringen.  Dem  französischen  Text  ist  die  deutsche 
Übersetzung  gegenübergestellt;  idiomatische  Wendungen  sind  durch 
den  Druck  hervorgehoben.  Proben  von  Zeitungsannoncen, 
Geburts-,  Hochzeits-  und  Todesanzeigen,  Belehrung  über  Münz- 
wesen, Postdienst  und  Stadtbahnverkehr  sind  eingefügt;  Pläne 
von  Lyon,  Reims  und  Paris,  sowie  ein  genauer  Plan  des  Verkehrs- 
zentrums von  Paris  sind  beigegeben.  So  macht  das  Buch  in  an- 
regender Weise  mit  Land  und  Leuten  einigermaßen  bekannt  und 
bietet  gleichzeitig  den  für  die  Reise  nötigen  Sprachschatz.  —  Die 
Ausstattung  ist  sehr  gut;  Druckfehler  sind  nicht  selten. 

Breslau.  F.  J.  Wershoven. 


A^Heilborn,  Die  deatschea  Kolonieo,  agz.  vob  K.  Scblemmer.  337 

Adolf  Heilbora,  Die  deotsehea  Kolooieu  (Land  und  Leute). 
Leipzig  1905,  B.  G.  Teoboer  (Aas  Nator  oad  Geisteswelt  Baod  98) 
168  S.     kL  8.    ^h,  1,25  JC, 

HeiToi^egangeD  ist  das  zu  der  Teubnerschen  SammluDg 
„Aos  Natur  und  Geisteswelt'*  gehörige  ßändchen  ans  yolkstüm- 
licfaen  VorlesuDgen,  die  der  Verfasser  1904  im  Auftrage  der 
Deutschen  Kolonialgeseilschaft  (Abteilung  ßerlin-Charlottenburg) 
im  Kolonialmuseum  zu  Berlin  gehalten  hat.  Nacheinander 
werden  die  deutschen  Besitzungen  in  Afrika  und  im  Großen 
Ozean  und  zuletzt  in  Kiautschou  behandelt.  Der  Verfasser  gibt 
zunädist  einen  kurzen  geschichtlichen  Oberblick  Aber  die  Besitz- 
ergreifang  seitens  Deutschlands,  legt  darauf  kurz,  aber  klar  und  an- 
schaulich die  geographischen,  klimatischen  usw.  Verhältnisse  der 
finzeloen  Kolonien  dar  und  verweilt  dann  vor  allem  bei  der 
SehtIderuDg  der  Bewohner,  ihrer  Sitten,  Gebräuche,  Lebensweise 
usw.  Hierin  liegt  der  Schwerpunkt  der  Arbeit  und  ihre  Be- 
dentuDg.  Ein  kurzer  Hinweis  auf  die  Handels-  und  Verkehrs- 
Wziefaangen  der  Kolonie  zum  Mutterlande  beschließt  die  einzelnen 
ihsehnitte.  Die  Darstellung  beruht  flberail  auf  den  besten  Quellen, 
te  Buch  ist  frisch  und  anziehend  geschrieben,  und  es  bleibt  nur 
n  wünschen,  daß  sie  in  recht  weiten  Kreisen  gelesen  werde, 
damit  sich  wirkliche  Kenntnis  unsrer  Qherseeischen  Besitzungen 
Behr  und  mehr  verbreite  und  bald  einmal  die  Zeit  komme,  wo 
das  deutsche  Volk  mit  Nachdruck  der  kolonialen  Arbeit  draußen 
Dod  daheim  sich  zuwende. 

Treptow  a.  R.  K.  Schlemmer. 


ZiilMhr.  L  a.  OymnftdftlwaMB.    LXL    4.  22 


DRITTE  ABTEILUNG. 


BERICHTE  Ober  Versammlungen,  Nekrologe,  miszellbn. 


Der  schulhygienische  Ferienkursus  für  Lehrer  höherer  Lehr- 
anstalten in  QOtlingen  im  Jahre  1906. 

In  deo  Ta^eo  vom  8.  bU  13.  Oktober  1906  faod  im  GSttioger 
Hygienischen  lottitat  ein  scbulhygienischer  Ferienkorsas  fdr  Lehrer  höherer 
Lehranstalten  statt,  der  den  ersten  Versach  dieser  Art  für  die  westlichen 
Provinzen  der  Monarchie  darstellt.  Da  diese  Veranstaltoog,  die  ihr  Leiter, 
Herr  Prof.  v.  Esmarchyin  dem  ^,Schularzt'',  der  Beilage  der  „Zeitschrift  für 
SchQlgesandheitspflege'S  Heft  11  (1906)  S.  22]  als  „erfolgreich"  bezeichnet,  des 
Belehrenden  und  Anregenden  eine  aaßerordentliche  Fülle  bot,  wird  vielleicht 
auch  weiteren  Kreisen  der  Amtsgenossen  ein  Bericht  über  sie  nicht  aawill- 
komraeo  sein^).  Mehren  sich  doch  die  Zeichen,  daß  das  früher  im  Kreise 
der  akademisch  gebildeten  Lehrer  Deotachlands  ziemlich  wenig  verbreitete 
Interesse  for  Hygiene  in  erfrealichem  AafschwQog  begriffen  ist 

Die  Zahl  der  Teilnehmer  betrog  22,  und  Herr  v.  Esmarch  a.  a.  O.  be- 
merkt sehr  richtig,  „daß  man  zweckmäßig  auch  Tür  weitere  Kurse  an  dieser 
Zahl  festhalten  wird'*.  Dazu  traten  noch  zwei  Herren  des  Gottinger 
Gymnasiums  als  Hospitanten.  Die  Westprovinzeo  der  Monarchie  waren 
ziemlieh  glirichmSßig  vertreten;  6 Mitglieder,  d. h.  etwa  27 «/q, waren  Direktoren, 
ein  Prozentsatz,  der  mit  Röcksicht  auf  die  naehdmcksvollere  Vertretung  der  in 
dem  Kursus  erhobenen  hygienischen  Anforderungen  ao  unsere  höheren 
Schulen  vielleicht  etwas  höher  hitte  gegriffen  werden  können.  9  Vertretern 
der  Naturwissenschaften  standen  13  klassische  Philologen  oder  Neusprachler 
gegenüber.  Den  Teilnehmern  war  vorher  von  der  vorgesetzten  Behörde  eia 
Programm  zugegangen,  eine  etwas  reichhaltige  Speisenfolge,  deren  Bewälti- 
gung innerhalb  der  knappen  Zeit  von  6  bezw.  5  Tagen  von  vorahereio  mit 
berechtigtem  Zweifel  entgegengesehen  werden  durfte,  und  in  der  Tat  ge- 
nügte dieser  Zeitraum  nicht  im  entferntesten.  Bei  einer  Wiederholung  wird 
auch  nach  dem  Urteile  des  Kursusleiters  (a.  a.  0.  S.  222)  jedenfalla  das 
Doppelte  an  Zeit,  mindestens  10  Tage,  wnasehenswert  sein. 

Am  ersten  Tage  betonte  in  seiner  begrüßenden  Ansprache  Herr 
V.  Esmarch  zunächst,  daß  er  an  den  ersten  Versuch  dieser  Art  mit  der  Be- 


^)  Ein  bedeutend  ausfuhrlicherer  Bericht  über  diesen  Rursos  ist  von  nir  in 
dem  Janoar-  und  Februarheft  19U7  der  „Zeitschrift  für  SchnlgeaundheiU- 
pflege*'  verüS'entlicht  worden. 


Der  jeholhygien.  Ferienknrsiiii  i.  Gott.  1906,  v.  Roentgsbaek.  339 

forditiui^  gehe,  defi  die  ODgleiche  VorbildoDg  der  Teilnehmer  [13  Philologen!] 
die  Vorträge   ood    dereo  Verstäadnis   erschweren    könne.     Sein  Bekcnntuin 
n.  a.  0.  S.  223   „doch    hat   licb    diese  BefUrchtiuig    nU  nnbegründet  heraus- 
gestellt",  ZB  einem  Lobhymnus  aoszonntzea  aof  die  vielgeschmähte  Bildungs- 
weise   ,Jener  Polteranstslten    des  menschlichen  Geistes,  die  wir  Gymnasien 
aeooen"''),    die    doch   wohl  jene  13  Philologen  befähigt  hat,  in  einen  ihrer 
eigentlichen  Fachwissenschaft   ganz    fernliegenden  Stoff  sich  schnell  hinein- 
znfioden,    will  ich  bescheiden    unterlassen.  —  Nach  einer  kurzen  Einleitung 
iber  Aufgaben,  Ziele  und  Methode  der  Hygiene  wandte  sich  dann  der  Vor- 
tregeade    dem  Thema   des    ersten  Tages  zu,    der  Hygiene  der  Luft  und  des 
Wassers.     Auf   seine  Ausführungen,    die    eine  Art    von    allgemeiner  Vorbe- 
reitoag    für    die    eigentliche   Behandlung    der    Schulhygiene    bilden    sollten, 
■aber  einzugehen,   verbietet   leider  der  Raum,    und    ich  verv^eise  auch  hier 
wieder  auf  den  in  Aam.  1  erwähnten  Bericht  An  den  Vortrag  schloß  sich  jedes- 
mal eine  Diskussion,  an  der  die  Mitglieder  des  Kursus  sich  rege  beteiligten; 
freUich  machte  sich  auch  hier  der  Mangel  an  Zeit  recht  fühlbar;  denn  nach 
eines    von  8 — 10  ühr   währenden  Vortrage,    der,   oft  erheblich  ausgedehnt, 
die  an  die  Kraft  des  Sprechenden   wie    der  Hörenden  nach  den  Grundsätzen 
der  Hygiene  zu  stellenden  Anforderungen  von  höchstens  '/^  Stunden  geistiger 
Aaspaonoog  erheblich  überschritt,  war  das  Bedtirfnis  nach  einer  halbstündigen 
Erholaagspause  zu  groß,   als  daß    man  Lust  verspürt  hätte,  sie  durch  Aus- 
ichaoBg    der    Diskussion     sehr     zu     kürzen,    wenngleich      selbst    von    ihr 
manche    eifrige    Mitglieder   für   die    Besichtigung   der    reichhaltigen  Samm- 
loages  sieh  einige  Minuten   abzusparen    wußten.     Die    darauf  folgende  Zeit 
des  Vormittags    wurde    durch   den  Assistenten    des  Hygienischen  Institutes, 
Herra  Dr.  Ingelfinger,  damit  ansgefüllt^  daß  dem  Stoffe  des  vorausgegangenen 
Vortrages    entsprechende    Untersuchungsmethodeo    und  Apparate    vorgeführt 
wurden.     Vier   von   den  Junf  in  Göttingen    .selbst   zur  Verfügung  stehenden 
Nacbmitlaigen  waren  Besiehtigungen  gewidmet;  bietet  ja  doch  Göttingen  eine 
Fille    voe    vorzüglichen,   musterhaften    Kinrichtungen    auf  dem  Gebiete  der 
Bj^ese.     So   lernten    wir   dort   das  Elektrizitätswerk    und    die  Gasanstalt 
kcaneiiy    das    neue    Physikalische    Institut,    eine    Mädchen- Mittelschule,   die 
Desinfektorensehttle,    Universitäts-Turnballe    und   Städtische  Badeanstalt.  — 
Die  Vorträge  des  zweiten  und  dritten  Tages  waren  der  Hygiene  des  Schul- 
hansej  gewidmet.  Der  Vortragende  besprach  die  richtige  Wahl  des  Bauplatzes, 
des  Baogrondes  und  besonders  eingehend    der  Richtung   des  Schulhauses;  er 
keb  dabei  die  West-  und  Nordrichtong  als  besonders  geeignet  hervor.    Weiter 
wies  er  auf  die  richtigen  Größeoverhältnisse  der  Klassenzimmer  hin,  auf  die 
bei  dem    starken,  oft   plötzlichen  Anwachsen    der  Schnlerzahl    besonders  ia 
großen  Städten  zur  Entlastung    ursprünglich    ausreichender  Anstalten  nötig 
werdende  Aufstellung  von  Sehnlbaracken,    von   denen  auch  Göttingen  selbst 
Beispiele  bietet,  und  im  Anschluß  daran  auf  das  Pavillonsystem,  wie  es  z.  B. 
in  Mannheim  oder  Ludwigshafen  a.  Rh.  in  ausgedehnter  Weise  eingeführt  ist. 
Darauf  gab  er  wertvolle  Belehrungen    über  die  Beliehtung   der  Klassen,  die 
Aniagre,  Grofie  und  Gestalt  der  Fenster,  die  Farbe  der  Decke  und  der  Wände 
der  floJzteile  des  Fensters  und  etwa  vorhandener  Holsbekleidung  der  Wände 


9)  So  zu  lesen  im , »Echo**  vom  20.  Dez.  1906  in  dem  Artikel  von  Karl 
Euffen  Seboidt:  »«Der  internationale  Kinderaustausch'^ 
*  22* 


340    ^^^  schalbygieoische  Ferieok ursns  io  Göttiogeo  1906, 

and  betonte  die  Wichtigkeit  fater  Fußböden  ^mit  ansgiebifer  Verwendons 
des  Linoleombelac^es.  Auch  fnr  den  Belag  der  jetzt  wohl  dorehgSngig  aoi 
Stein  hergesteliten  Treppen  emprahl  er,  wenigstens  für  die  am  meisten  be- 
tretene Mitte  der  Stofen,  Linolenm.  Eine  gehörige  Breite  der  Korridore  — 
2,50  m  ist  das  Mindestmaß,  manche  moderne  Banten  weisen  solche  bis  so  5  ond 
6  m  und  darüber  anf  —  ist  um  so  wichtiger,  da  diese  in  unseren  Schnleo  noch 
fast  durchweg  als  Anfbewabrangsort  fdr  die  Oberkleider  dienen,  wahrend 
doch  eine  Kleiderablage,  ein  besonderer  Raum  für  MSntel,  Regenschirme  osw. 
cum  Wechseln  von  Strümpfen  ond  Sehnhen  ia  versehiedenen  Ländern,  t.  B. 
in  Üänemark,  schon  bei  eiaklassigen  Landschulhaosern  rorhaadeo  ist.  -- 
Besondere  Aufmerksamkeit  erfordert  ferner  die  Temperatvrregelung  der 
Klassenräome;  zu  fordern  ist  auch  für  den  Sommer  eine  nicht  über  16 — 19^C. 
hinausgehende  Temperatur;  Korkwandongen  und  Berankung  der  Wände  wird 
als  Schatz  gegen  die  Sonnenstrahlen  empfohlen.  VorhÜoge  werden  am 
zweckmäßigsten  so  angebracht,  daß  sie  vSlIig  zur  Seite  gezogen  werdea 
kSoneo;  weiße,  höchstens  hellcremefarbige,  feinfadige  Stoffe  sind  erwünscht. 
Vor  allem  aber  wichtig  ist  eine  richtige  Luftuog;  sie  setzt  in  der  Regel  zu 
spät,  oft  erst  kurz  vor  dem  Unterricht,  ein.  Im  Winter  wird  die  Forderoog 
einer  angemessenen  Temperatur  in  den  Schulräumen  gleichbedeutend  sein 
mit  der  einer  gnten  Heizung.  Die  Differenz  zwischen  Kopf  und  Fuß  darf 
höchstens  3^  C  betragen ;  die  Heizung  darf  nieht  zu  stark  strahlend  sein  und 
dadurch  nur  auf  eine  Seite  des  Körpers  übermäßig  einwirken;  die  Wände 
dürfen  nicht  zu  stark  abkühlend  sein,  aoeh  dürfen  keine  gasförmigen  Ver- 
unreinigungen hervorgerufen  werden.  Ebenso  ist  auf  die  Temperatur  der 
Heizkörper  zu  achten;  denn  über  80^^  erhitzt  versengt  der  Staub,  und  das 
Destillationsprodukt  ist  sehr  gefährlich.  In  99%  2*'  die  sogen,  trockene 
Luft  nichts  weiter  als  empyreumatisch  (brenzlig);  dadurch  werden  die  Er- 
scheinungen der  Trockenheit  des  Kehlkopfs,  Schmerzen  der  Brusthöhle, 
Kopfschmerzen  und  Heiserkeit  hervorgerufen.  Die  Temperatur  des  Heis- 
körpers  muß  auch  leicht  regulierbar  sein.  Daher  ist  der  an  sich  sehr 
schöne  Kachelofen  für  die  Schale  nicht  verwendbar.  Die  Erwärmung  geht 
vor  sich  durch  Luftzirkulation  (wie  bei  den  meisten  unserer  eisernen 
Mantelöfen)  oder  durch  Strahlung.  Diese,  etwa  durch  das  offne  Feuer  eines 
Kaminofens,  ist  fdr  Schulen  nicht  zu  empfehlen,  da  der  Raum  zu  ungleich 
erwärmt  wird.  —  Für  jedes  nmfangreicbere  Schulgebäude  ist  Zentral- 
heizung allein  zu  empfehlen;  bei  der  Luftheizung  dürfen  die  Räume  in  wage- 
rechter Entfernung  nicht  zu  weit  wegliegen;  sie  ist  auf  höchstens  10 — 11  m 
Radius  wirksam,  während  ihre  Wirkung  in  vertikaler  Richtung  eine  ganz 
bedeutend  größere  ist;  ferner  darf  der  Mantel  nicht  zu  klein  sein.  Bei 
der  Wasserheizung  spricht  man  von  Warmwasserheizung  mit  Niederdruck 
bei  einer  Erwärmung  des  Wassers  von  6u<^  bis  auf  höchstens  100<^,  von 
W.  mit  Mitteldmck  zwischen  100—1200  Erwärmung  und  von  Heißwasser- 
heizung bei  einer  Erwärmung  darüber  hinaus.  Für  die  beiden  ersten  Arten 
der  Wasserheizuog  spricht  sich  der  Vortragende  besonders  zur  Verwendung  ia 
Privathänsern  sehr  begeistert  aus,  weniger  Tur  die  letzte,  da  bei  120®  die 
Gefahr  der  schon  vorher  erwähnten  versengten  Luft  durch  Ablagerung  und 
Vergasung  von  Staub  auf  den  heißen  Röhren  sich  zeigt.  Die  Vorteile  be- 
stehen darin,  daß  durch  selbsttätige  Regulierung  fortwährend  dieselbe  gleich- 
mäßige Temperatur    erhalten    bleiben    kann    und    daß    der  Aktionaradius  ia 


von  H.  Koeoigsbeck.  341 

vagereckler    Riehtoog    nm    sehr    weiter   iit   (SO  m).    Sie   moß   aber   eine 
Daverbeizng   sein,   da  die  Gefahr  des  Eiafriereis  leicht  vorliegt.    Bei  der 
DaapfheixoBg  zirkoliert  statt  des  Wassers  Wasserdampf  io  deo  Röbreo,  die 
aas    eioem    Daapfkeasel    gespeist   werden.      Maa     outerscheidet    oach    der 
Spanavog:  fiiederdrock-,  Mitteldrack-  ood  Hochdroekdampfheizoog.    Bei  der 
erstes  wird  das  Wasser  cor  Danpfbildaag  aar  bis  auf  102^  erwärmt  (aoeh 
des  ist  noch  etwas  tu  warm),  die  SpaonaDg  wird  onr  xo  1,1 — J,3  AtmosphÜrea 
geflomnea.     Die  Vorteile    dieser   besoiders    für    Schulen    xo    empfehlenden 
Heixvag  bestehea    in   der   fast  oobeschränkten  Aosdehnnog    ia    wagerechter 
Riehtang,    den   stetigen  Betriebe,   der   anßerst  schnellen  and  vollkommenen 
Regelaagafihigkeit,  der  sehr  schnellen  Brwärmoag,  angenehmen  und   milden 
Teaperator  ohne  Staabverseagong,  dem  Portfall  der  Gefahr  des  Einfrierens. 
Btchdrackdampfheixang    empfiehlt  sich    wohl  nar  für  sehr  ausgedehnte  An- 
legen, wie  z.  ß.  in  Dresden  die  sämtlichen  königlichen  nnd  öffentlichen  Ge- 
binde in  der  Nähe   des  Schlosses  durch  eine  solche  sog.  Fern-Heisoog  er- 
«ifHl  werden.  —  Der    Vortrag   des   dritten  Tages   handelte   hauptaächlich 
f«  dar    Lnftaag    nnd    Belichtong    der    Räome    und    der    Einrichtung  der 
SshseUlea.     An  Luft  sind   für  das  Kind   im  Schnizimmer  15  cbm  erforder- 
U^:  daher  ist  eine  Luftoog  durchaus  nötig,  da  sonst  die  Scholsäle  zu  groß 
vaiea    nüflten,  and    zwar    ist    eine  swei*  bis  dreimalige  Lüfte rnenerung 
vAread   einer    Stande    das   allermindeste,   was   zu    fordern  ist     Von  der 
ftresTeotilatioa  d.  h.   der  durch   die  Poren   der  Wände,   durch  Fugen  nnd 
Kise,      durch     undichte     Fenster-    .und     Tür  verschlusse     herbeigefährten 
Liftaag,  die  für  Woharäume  sehr  erheblich  ins  Gewicht  fällt,  maß  man  fiir 
&  Sekolen  ahaehen;  wir  sind  daher  zunächst  auf  die  Zugventilatioo  aoge- 
vimea,  d.  h.  auf  Feaster-  n  a  d  TUrealüftong ;  denn  jene  allein  hat  nicht  die 
■otiga  Wirkang,   ausgenommen   etwa   bei   viel    Feasterfiäche   und    starkem 
Freat     Dabei  müssen  sich  natürlich  die  Kiader  wegen  der  Gefahr  der  Zug- 
crkältBiig   —    denn   zu  behaoptea,  sie  müßtea  steh  aa  Zug  gewöhnen,  ist 
fSBi  Terkebrt   —    aaßerhalb    dea    Zimmers  aufhalten,    uad    für  kräakliche 
Kinder,  deren  Anfenthalt  im  Freien   ran   den  Eltern  oder  dem  Arzte  nicht 
gewnaaeht  wird,  mißte  ein  Soaderranm  rorhaadea  sein.  —  Noch  wichtiger 
tker  iat  jedenfalls  die  maschinelle  Ventilation.    Es  ist  dabei  in  staub-  oder 
raßreiehea  Orten  oft  eine  Vorreinigung  der  Luft  nötig;  sie  geschieht  in  Staub- 
ahlageniagakammerB,  in  denen  die  Luft  an  einer  Reihe  von  schräg  gestellten 
naaellwiadea  vorbeiatreicht,   an  denen    der  Staub  haften  bleibt    Auch  für 
die  Abfobr    der   schlechten    Luft    ist    zu    sorgen.     Oft   werden   zur  Luft- 
traeveraag  aaeh  Motoren,   wie  etwa  Wasserstrahl-  oder  Fingelventilatoren 
beaatzty    nach   siad    da,   wo  der  elektrische  Strom  aicht  zu  teuer  ist,  vor- 
tetUiafl  elektr.  Ventilatorea  za  verwenden,   die   im    Betriebe  wenig  kosten, 
da  aie  aar  etwa  so  viel  Strom   erfordera  wie  eine  gewöhnliche  Glühlampe. 
—  Besondere  Aufmerksamkeit  verlangt  auch  die  Belichtnng  der  Scholränme. 
Pur  S^reihen  ond  Lesen  werdea  15 — 20  Meterkerzen  gewünscht,  d.  h.  die 
Beleaehtoogy    die    15—20    Normalkerzea    auf   1  m   Entfernung    bei    recht- 
winkligem Liehteinfall  hervorrufen;  za  berücksichtigen  ist  dabei  natürlich  die 
veehaeJnde  Leachtkraft  des  Tageslichtes.    Aneh  auf  die  Beschaffenheit  des 
Glaaea  iat  aa  aebten,  wie  auf  sorgfaltige  Reinigung  der  Scheiben.    Für  un- 
dorcbaiebtige    Feaster    wähle    man    statt   des    matten    das    Riffelglas,    fiir 
Korridore    nad    Feaster   ia  Haastüren   auch  das  Falkouierglas.    Vor  allem 


342   I)®r  schulhygieniscbe  FerieDkarsüt  in  Göttiogeo  1906, 

aber  muß    das  Schulgebüude    selbst   richtig  geplaot  seio;   der  Eiofallwiokel 
muß  miodesleos  28  ^  der  Offonogstviokel  5°  betragen. 

Im  Zosammenhaoge    damit    wurde   die  Frage    der   Knrzsicbtigkeit  be- 
handelt. —  Für  die   darauf  folgende  Besprechung   der  Sehulbank  oder  Sub- 
sellieofrage  hatte  der  Vortragende  aus  der  Sammlung  des  Institutes  Modelle  io 
seltener  Vollständigkeit   zur  Ansicht    ausgestellt,   von  der  einfachsten  Dorf- 
Schulbank  bis  zu  den  verschmitztesten  Spielereien  mit  drehbaren  Sesseln  und 
ähnlichen    Urfindnngen,    die    das  Entzücken    der    Jugend    bei   jedem  in  der 
Disziplin    nicht   ganz    sattelfesten    Lehrer   hervorrufen  müßten.     Auch  hier 
verweise  ich  auf  meinen  umfangreichen  Bericht  in  der  „Zeitschrift  für  Schul- 
gesundheitspflege'*;    erwähnen   möchte   ich  nur  die  treffende  Bemerkung  des 
Vorrragenden,  daß  da,  wo  viele  behaupten,  das  „Allerbeste"  erfunden  zu  habes, 
das  „absolut  Gute**  überhaupt    noch    nicht   vorhanden    zu  sein    pflege.    Er 
selbst  gab  in  seinen  durch  zahlreiche  Abbildungen  unterstützten  Darlegoogen 
der  auch  in  Göttingeo  vielfach  verwendeten  Rettigbank  den  Vorzug.    Sorg- 
rditige,  von  Zeit  zu  Zeit   zu  wiederholende  Messung  der  Kinder  und  danach 
erfolgende    Einweisung    in     die    entsprechende    Baokgroße    ist    eine    der 
wichtigsten    Maßregeln.     Gestreift   wurde   dabei  der  mit  der  Bankfrage    in 
Zusammenhang  stehende  Schreib  Unterricht;  auf  die  Materialien,  die  Baltong 
des  Kindes,  die  Größe  der  Schrift   ist  sorgfältig  zu  achten;  ebenso  wie  für 
den  Druck  von  Schulbüchern    die    von  H.  Cohn    aufgestellten  Regeln    allge- 
meine Anerkennung  gefunden  haben,    so  muß  auch   darauf  gehalten  werden, 
daß  die  Kleinbuchstaben  beim  Schreiben  mindestens  3  mm  hoch  sind.    In  dem 
Streit  zwischen  Schräg-  oder  Sleilschrift  ist  der  Vortragende  geneigt,  dieser 
den  Vorzog  zu  geben,  betont  aber,  daß  die  bisher  unternommenen  Versuche 
noch  nicht  ganz  einwaodsfrei  und  daher  nicht   allgemein  überzeugend  seien. 
Eine  Reihe    anziehender  Projektioosbilder  unterstützte    die    Vorträge  dieser 
beiden  Tage. 

Der  vierte  Tag  war  der  Hygiene  des  Körpers  und  des  Unterrichts  ge- 
widmet, d.  h.  hauptsächlich  den  in  den  letzten  Jahrzehnten  leidenschaftlich 
bt^bandelten  Fragen  des  Schularztes  und  der  Überbürdung.  Der  Vortragende  wies 
daraufhin,  daß  die  frühere  segensreiche  Sitte,  einen  Rausarzt  in  halten, 
mehr  und  mehr  abgekommen  sei;  deshalb  erscheine  ein  Schularzt  um  so 
nötiger.  Die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  durch  die  Sehulärzte  be- 
stätigen diese  Notwendigkeit;  Berichte  'aus  Wiesbaden  bezeichnen  bis  zu 
64%  dßr  „Schulrekrnten''  als  kränklich,  solche  aus  Dresden  ergeben  noch 
höhere  Zahlen.  Besonders  lehrreich  in  dieser  Hinsicht  sind  die  stModigen 
Angaben  in  der  zur  Anschaffung  für  die  Lehrerbüchereien  wieder  und 
wieder  zu  empfehlenden  „Zeitschrift  für  Schulgesundheitspflege'*.  So  wird 
denn  auch  von  der  Schule  die  Notwendigkeit  des  Schularztes  ziemlich  all- 
gemein zugestanden.  Die  Befürchtung,  daß  sich  leicht  Kompetenzkonflikte, 
Beschräukuug  der  Bewegungsfreiheit,  unliebsame  Störungen  des  Unterrichts 
ergeben  könnten,  oder  daß  verletzende  Ausstellungen  zu  erwarten  seien, 
weist  der  Vortrragende  aus  den  vorliegenden  Erfahrungen  als  grundlos  zurück, 
zumal  der  Pflichtenkreis  in  den  Verordnungen  für  den  Schularzt  genau  be- 
grenzt ist.  Formulare  für  die  schulärztliche  Tätigkeit  aus  Breslau,  Göttingeo, 
Königsberg  wurden  vorgelegt  und  im  Anschluß  an  sie  die  Pflichten  des 
Schularztes  eingehend  geschildert.  Auch  hier  muß  ich  aus  Mangel  an  Raum 
Interessenten  auf  den  Bericht  in  der  oben  erwähnten  Zeitschrift  verweisen. 


voD  H.  Koeoigsbeck.  343 

Wm    die  OberbardoDg    noserer    höhereo    Scbiiler    betrifft,  so  ist  seit 
Loriasen  bitterer  Anklage  gegen  die  Gymoisieo  im  Jabre  1836  diese  Frage 
sie  wieder  xor  Rohe   gekoDmea.     Beirdofig   will    ich  oicht  uoterlassea,  auf 
die  kostKcbe   Tatsacbe    hiozaweiseo,    difi    der    Scbolarzt    Dr.    A.  Kraft  ia 
Zirieb  io  eioen  Bericht  ia  Heft  9  der  „Zeitsebrift  fdr  Scbnlgesaadbeitspflege* 
TOB    labre  1906   S.  638   als  eine«   neuen    klassischen    Oberbardongszengen 
—  des  alten  Taeitaa  anführt   Br  besieht  sich  dabei  saf  die  Stelle  im  Tacitos* 
Dial.  de  oratoribas  eap.  20.     Daß  sie   zitiert  wird:  ,,iovenes  in  i|isa  stndi- 
•rnm    mende    positi'*     statt    „inende'^    mag    als    ein    Fehler   des    offenbar 
»ch  sehr  lateiakaodigen  Setzers  geltea;  daB  er   die  Stelle  aber  einfahrt  mit 
4eD  Worten:   ,,Taeitns   sagte,   sich  an  die  studierende  rfimisehe  Jngend 
vcBdead*'  [von  Schülern    also   ist   ohnehin   keine    Rede!],   and    dafi  er  sie 
ibersetst:  „Jange  Leute,  die  ihr  unter  dem  Am boB  des  Stadiums  stehf*, 
beweist,  dafi  er   weder   seinen  Taeitns   aufgeschlagen   hat  —  was  doch  ge- 
wiaseahaft  gewesen  würo,  wenn  er  ihn  als  Kronzeugen  ia  einer  so  wichtigen 
Frage  Ter  wenden  wollte   —   noch   dafi  er  iiberfaaupt  recht  Liatein  oder  gar 
Deutsch     versteht    Deaa    was    soll    das    heifien :    „unter    dem    AmhoB 
itthea'*?    Eine  Anrede  ist  Sberhaupt  nicht  yorhanden,  und  die  Stelle  he- 
«|t  weiter   nichts,   als   dafi   die  Wissenschaft  die   noch  unfertigen  juogea 
Leute  so  hUdet,  wie  der  Kaostschmied  ein  noch  unfertiges  Stück  Eisen  auf 
km  Ambofi  zum  Kunstwerk  gestaltet.    So  erklart  auch  Forcellioi  die  Stelle 
gas    richtig    =>    „dum    adhnc    formantar    ia    scholis*^    Es    ist    das    eia 
trpisehcs  Beispiel  für  die  Leiehtfertigkeit,   mit  der  bei   der  Oberbürdungs- 
ilage vngeprafte  Behauptungen  aufgestellt  und  im  Brustton  der  Oberzeugung, 
vsmSglleh  ala  eigene  Weisheit,    nachgebetet  werden.  —  Doch   zurück  zum 
Tkema!     Der  Vortragende  ist  der  Ansieht,  daß  an  der  tatsächlich  bestehenden 
OberbArdaag  mindestens    die  HÜlfte    der  Schuld    das  Haus  trügt  mit  den 
aklreiefaea  Privatstnndea,  dem  Obermaß   voa  körperlicher  Ermüdung  durch 
^1  an  aich  za  billigenden  Sport,  durch  die  vorzeitige  Einführung  der  Kinder 
is  Theater,  Gesellschaften  o.  dgl.    Immerhin,  wo  auch  ^\t  Schuld  liegt,  die 
Oberbnrdusg   ist   da,   and  maa   muß  im  Interesse   der  zu  erhaltenden  Kraft 
lad  Geanadheit   anseres   Volkes   auf  Mittel    zur  Abhilfe   sinnen.    Sie   wird 
lieh  ftadea  lassen  durch  Verkürzang  der  eiuzelaeo  Standen  und  sngemesseoe 
Psnsealinge,   durch    die    richtige    Reihenfolge    der    einzelnen    Fücher    im 
Stundenplaoe;  immerhin  müßten  gerade  in  den  Schulen  noch  praktische  Ver- 
suche über  das  Ermüdnngsmsß,  das  einzelne  Fücher  berirorrofeo,  aagestellt 
werden.     Wo    sich   Nachmittagsunterricht   nicht    vermeiden    lüßt,   muß  die 
Pause  so  ausgiebig  sein,  dafi  der  Magen   die  starke  physiologische  Arbeits- 
leistung der  Verdauung  vor   dem  Beginn    der  geistigen  Arbeit  völlig  getan 
bat    Bei  dieser  Gelegenheit  wurde  auch  die  künstliche  Beleuchtoug  ond  ihre 
Obelstiade  gestreift.    Daraaf  worden   eingebend   die  Methoden   besprochen, 
durch  die  man  den  Grad    der  Brmuduag   bei   fortgesetzter  Arbeit  genau  zu 
bestimmen  versueht  hat;  ia  Tütigkeit  wurden  vorgeführt  der  Ergograph  von 
Mosso  und  daa  Ästhesiometer  Griesbachs; 

Der  fünfte  Tag  war  der  Behandlung  der  Schülerkraakheiteu  gewidmet 
Vorher  gab  der  Vortragende  einen  kurzen  Oberblick  über  die  für  die 
Sclinlhygiene  wesentlicbe  Literatur;  auch  hierfür  verweise  ich  aof  den  sos- 
fnhrlicbereu  Bericht  in  der  „Z.  f.  Scholgesnndheitspflege'*.  -  ZuaÜehst  wies 
daua  der  Vortragende  daraufhin,  daß  die  Zeit  des  Schulbeginns  eine  ganz  ein- 


oc44   ^^^  sehnlhygienisehe  Ferieokorsus  in  Göttingei  1906, 

schoeideode    Veräaderung    fUr    d«8  Kind    bedeute,   das    aieh   bis  dabin  der 
größteo  Freibeit  erfreut  habe.     Daber  maß  besonders  im   ersten  SebnJjabre, 
aucb  in    der  Vorscbule,  das  Kiod    Gegenstand   besonderer    Aofmerbsimfceit 
sein.    Jedes  Zaruckbleiben    in  körperlirber  (Waebstom  and  Gewiebt!)  oder 
geistiger     ßeziebnng     erfordert     scbnellea    Eingreifen.      Die    eigentliebea 
Sebälerkrankbeiteo  bebandelte  der  Vortrageode  oieb  den  Organen.     Bei  den 
Kr.  der  Verdaooogsorgine  bebe  icb   besonders  die  Zabnkrankbeiten  bervor; 
der  Prozentsatz   zabnkranker  Kinder   in    den  Volksscbalen  steigt  bis  99%, 
aucb  in  den  bSberen  Sebalen  ist  es  aiebt  viel  besser  (bis  za  90%)*     Naeb- 
abmenswert   ist   der  Gebraaeb,  jedem  Rinde  ein  kurzes  ,,Merkblatt  fdr  die 
Zabnpflege'*  zu  übergeben,   wie   es  z.  B.    in    GöUiogen   gesehiebt     Bei  den 
Kr.  der  Atmuogsorgane  kommt  es  vor  allem  darauf  an,   sie  mögUcbst  früb- 
zeitig  zu  erkennen,   denn    dann  sind  sie  sebnell  zu  beseitigen;  daber  ist  es 
aucb  fiir  den  Laien    besonders    notwendig,   das  Bild    des  geöffneten  Mondes 
genau  kennen  zu  lernen,   damit  er  sieb  mit  einem  Blieke   überzeugen  ksno, 
ob  eine  kraokbafie  Veränderung  vorbanden  ist.  —  Wo  Hautkrankheiten  vor- 
banden  sind,   ist   vor   allem   für  die  Reiobaltuag  des  Körpers  und  der  Be- 
kleidung zu  sorgen.    Auf  den  Segen  der  ScbulbÜder  und  die  Notwendigkeit 
mögliebst    reieblicber  Wascbgelegeubeit,   zu    deren    häufiger  Benutzung  die 
Schüler  zu  erziehen  sind,  wurde  nachdrücklich  hingewiesen.  —  Bei  den  Kr. 
der  Kreisln nforgaoe  fand  der  besonders  häuflge  Blutandrang  nach  dem  Kopfe 
und  das  nervöse  Herzklopfen   eingehende   ßesprechung.     Dann    wandte   sich 
der  Vortragende  zu  den  Sexual- Erkrankungen,  die  ja  verhältnismäßig  selten  sind; 
hauptsächlich  handelt  es  sich   um  das  psycbopathiscbe  (ibel  der  Onanie,  des 
nicht  leicht  zu  erkennen    ist.    Hier   vor   allem   tut   ein  gemeinschafUicbes 
Vorgehen  des  Hauses    und   der  Schule  not,    und    eine  Belehrung  der  Eltern 
wird  gegebenenfalls    notwendig    sein.     Die  Kleidung  darf  nicht  zu  eng,  die 
Nahrung  nicht  zu  reichlich  und  zu  üppig  sein;    durch  geeignete  körperliche 
Ermüdung  muß  dafür  gesorgt   sein,   daß  unmittelbar  nach  dem  Zubettgehen 
auch  der  Schlaf  eintritt;    Umgang   —    denn  die  Macht   der   Verführung  ist 
hier  besonders  groß  —  und  Lektüre  sind  sorgfältig   zu   überwachen.     Eine 
vorsichtige  Belehrung  muß  erfolgen,   entweder  vom  Schularzt  oder  von  den 
Eltern  oder  drm  Lehrer;  wer  der  Berufenste  zu  einer  solchen,  großen  Takt 
erfordernden    Aufgabe    ist,    wird    der    einzelne    Fall    ergeben.      Immerhin 
dürfen    wir   trotz    der  großen  Verbreitung    des  Obels    nicht   mit  Lallemand 
und  Tissot  die  Folgen    zu   schwarz    malen.  —  Wenn    man    hier  häufig  zur 
Übertreibung    geneigt     ist,    hat   man   auf    der   anderen    Seite    die    Grfahr 
vielfach  unterschätzt,    der  die  Abiturienten  ausgesetzt  sind,  weil  sie  häufig 
sehr  onorientiert   in  die  Freiheit   des   Universitätslebens   übergeben.     Auch 
da  bandelt  es  sich  um  Belehrung,  und  hier  vor  allem  erscheint  die  Tätigkeit 
eines  tüchtigen  Schularztes  notwendig  und  segensreich.     Der  Bedeutung  der 
Gefahr  entsprechend    ist  auch    eine  Reihe  von  leicht  faßlichen  Schriften  er- 
schienen, und  hier  hat  jeder,  der  es  mit  der  Gesundheit  seines  Volkes  ernst 
meint,  die  Pflicht   der  MitarbeiL    So  wird  z.  B.    an    verschiedenen  Univer- 
sitäten   bei   der  Aufnahme   den  Studenten    das  „Merkblatt   der  Uygieniker'* 
unentgeltlich  übergeben,    das   im  Verlage   des  Halleschen  Waisenhauses  er- 
schienen ist;    so   bat   die  Deutsche  Gesellschaft   zur    Bekämpfung   der    Ge- 
schlechtskrankheiten   zwei  Merkblätter   fdr    Männer    und   für    Frauen    und 
Mädchen  herausgegeben,    die   in  beliebig  großen  Posten  von  der  GeBchälts- 


voa  H.  Koeoigsbeek.  345 

stelle  Berlia  W  33  PoUdanerttrtfie  lOda«   bexogcD  werdea    köonon,   uod 
Mitglied  diwer  Gasellschaft  doreh  Biirxahloag;  eioas  Jahresbeitrages  von  3  JL 
u  werdeo,  erscbeiat  als  eiae  edle  Pflicht  eiaes  jedeo  Deotscheu,   dem  die 
Wohl&hrt  des  heraDwaehseadea  6eschleehts   ehrlieb   am  Herzea    liegt.  — 
Naeh  eiaer  Besftrechoog    der  Kraakheitea    der  I^ervea,   Kaochea,  besoaders 
4er  Rickgratsverkrümmoagy  derAogea  aadOhrea  kam  der  Vorfrageade  xd  dem 
fir  die  Sehole  wichtigslea  Kapitel,   dem  der  aasteekeadea   Seholkraak- 
beiteo,   bei  deaea  die  Obertragnag   direkt  oder  dorch   Zwiseheaolyekte  er- 
fil^eo  ksaa.     Aack  hier   aaterstütste   reiehes   Tsbellenmsterial   die    Aus- 
ßkroBgea.    Bei  dea  Hals*  and  Raeheokraakheiteo  warde  besonders  eiogehead 
4ie  Diphtherie    behandelt    ned    auf   die    mastergültige  Dsrstelluog  in  dem 
„Diphtherie-Merkblatt"  des  Kaiser lichea  Gesandheitsamtes  verwiesen.      Diese 
Blitter  dürften  in  keiner  einzigen  Sehale  fehlen  uad  müfilen  Kitern  erkraakter 
Kiider  sofort  eiagehäadigt    werdea;    der  Preis    für    ein  Exemplar   betrügt 
»Pf,  rar  100  KxempL  3  JL\   fdr  1000  Bxempl.  26  M  (Verlag  voa  Jalios 
S^Bger,  Berlia  N    Monbijooplatx  3)«    Besoaders    zn    beachten  sind  die  bei 
Diphtherie  naftretendea  Maehkraakheiten,    besonders  der  Aogen.    Die  Daoer 
^  Aasteckangsfahigkeit   ist   sehr   verseäiedea ;    oft    ist    aoeh  wochealang 
»eh  der  ^Geoesnng    eine   Aasteekoag    möglich;    daher   ist  das  Sekret  des 
hekeos  noch  fortwükreod  bakteriologisch   zu  uatersnchea  uad  das  Kind  so 
Inp  isoliert    na   hnltea,    bis    die  Uatersoehang    aof    Bazillen    ein    völlig 
Kptives  Resultat  ergeben  hat    Ebensolange  sind  Geschwister    vom  Sehol- 
hnck  fera  za  halten.    Eine  Sehatzimpfong  ist  naehdrüekliehst  zu  empfehlen. 
-  Der  gefnhrlicliste  Feind  der  Menschheit,  die  Tnberknlose,  zeigt  sieh  beim 
Kiide  in  der  Regel  als  Haottoberknlose,    als    Lopns;    bei  Erwnchsenen  er- 
sniit  sie    besonders    Lange    and    Kehlkopf.    Die    Ansteckangsmöglichkeit 
^  Einatmasg    ist    da  besonders   groB,   nod   dnber  bildet  besonders  der 
b^sakraake  Lehrer  eiae  ernste  Gefahr  Tor  die  Schale.     Befiadet  sieh  seine 
Knskkeit   noeh  in    den   ersten  Stadien,   so   kann  laagere  Benrlanboug  zor 
Nosg  führea;  bei  vorgeschrittenem  Leiden  wird  im  Interesse  der  Schüler 
i^eBiioBiernag    zn    fordere    seia.     Aach    hier  ist  besoaders  aof  das  „Tober- 
Uitse-MerkbUtt"  anfmerksnm   zn   machen.    Der  Beseitigang   des  Auswurfs 
üt  pdnliehste  Sorgfalt  zuzuwenden ;  daher  müssea  in  den  Schulzimmeru  ge- 
giftete Spncknapfe  yorhanden    sein,    deren  Desinfektion  gewissenhaft  über- 
backt werden  mofi.     Der  Erkraakte  ist  gehaltea,  eia  Spuckfläsehehcn  (aaeh 
Art  der  Oettweilerscheo)   mit   sieh   zu  führea;  niemnis  sollte  der  Auswurf 
<>s  Taschentuch  entleert  werden.    Die  Pflege  persönlicher  Reinlichkeit  moß 
^m  Erkrankten  auch   in  der  Schale   zor   größten  Pflicht   gemacht  werden. 
Die  Tuberkulose  ist,    wenn  sie  frühzeitig  erkannt  und  behandelt  wird,  sehr 
*aU  heilbar.  —  Bei   dem  Keoehhusten  wurde  besonders  aof  die  große  An- 
ileckBogsfnhigkeit  in  dem  krnmpfhnften  Stadium  der  Krankheit  hingewiesen ; 
laek  hier   ist   nholiehe  Reinlichkeit   zu   fordern    wie  bei    der  Tnberknlose. 
DaB  die  Kinder   der  Schule   fernzuhaltea    sind,   solange   die  Krankheit  sich 
ii  dem    eben    erwnhnten    Stadium    befindet,    ist    gesetzlich    gefordert;  aus 
Gr'dadea    der  Hygiene   aber    wird  die  Zulassung   im  Interesse  der  kranken 
*ie  der  gesunden  Schüler  erst  einige  Wochen  spÜter  erfolgen  dürfen.   Nach 
Bespreehnngderlaflaeoza  und  Genickstarre  wandte  sieh  der  Vortragende  denn  zu 
<^a   ansteckenden  Hnntkrnnkheiten,    deren    Erreger    noeh   onbekaaot    sind. 
Zienlich  onsehaldig   sind   die  Röteln   und  Windpoeken,  gernhrlieher  schon 


J346   ^^f  schnlbygieoiscbe  Ferienkursos  in  Gb'ttiogen  1906, 

Hie  Masern;  besoodere  Vorsicht  ist  beim  Sebarloch  am  P\tite:  da  seio 
lokubationsstadiooi  9—12  Tage,  der  Ausscblag  etwa  7 — 8,  die  Abachoppnog 
8—14  Tage  dauert,  ist  eioe  Isoliernog  von  iniodeateDS  vier,  io  der  Regel  aber 
voD  5 — 6  Wocfaeo  notwendig,  da  gerade  hier  die  Abscboppoog  aofierordentlicb 
infektiös  ist  Der  Üesiofektion  ist  daher  petoliehe  Sorgfalt  zo  widmea; 
denn  dag  Scharlacbgift  haftet  sehr  lange  an  Kleidern,  Wäsche,  Spielzeug 
u.  dgl.  Auch  hier  ßnden  sich  sehr  gefährliche  Nachkrankheiten,  wie 
Diphtherie,  Nierenentzündung,  Ohrenerkranknngen;  es  ist  daher  streng  darauf 
zu  halten,  daß  das  erkrankte  Kind  nicht  zu  früh  der  Schule  wieder  zage« 
geführt  wird.  Auf  die  Behandlung  von  Pocken  ond  Flecktyphus  folgte  dann 
das  Kapitel  der  ansteckenden  Darmkrankheiteo,  und  zwar  zanaehat  der 
Unterleibstyphus.  Auch  hier  bietet  das  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt  be- 
arbeitete Typbus- Merkblatt;  das  Wesen,  Verlauf,  Behandlung  und  Ober- 
tragung  der  Krankheit  eingehend  bespricht,  ein  wichtiges  Unters tütznngs* 
mittel  zur  Bekümpfnag  der  Krankheit  Die  Absonderung,  die  Beseitigung 
der  Ausleerungen,  die  Desinfektion  von  Wäsche,  Kleidern,  Wohnung  sind 
auch  hier  besonders  sorgfältig  durchzardbreo.  Der  Typhus  war  uod  ist 
heute  noch  vielfach  eine  endemische  Krankheit,  die  mit  den  Waasorver- 
sorgongsverhältnissen  in  engem  Zusammenhang  steht;  so  war  er  z.  B.  in  den 
Vororten  von  Gütfingen  endemisch  und  forderte  erhebliche  Opfer,  solange 
noch  keine  einwandfreie  Wasserleitung  vorhanden  war;  so  ist  er  noch  jetzt 
in  den  Reichslanden  und  an  deren  Grenzen  endemisch,  und  es  sind  besondere 
Stationen  zu  setner  Oberwachnng  und  Bekämpfung  eingeriehtet.  —  Nur  hin- 
gewiesen wurde  dann  noch,  weil  auch  hier  wieder  die  Kürze  der  Zeit  sich 
arg  bemerkbar  machte,  auf  Ruhr  und  Cholera.  Jene  steckt  nicht  son 
Person  zu  Person,  sond<irn  nur  durch  die  Darmentleerungen  an;  sie  er- 
fordert darum  sorgsamste  Desinfektion  vou  Wäsche  und  Betten,  Gebraachs- 
gegenständen  des  Kranken,  vor  allem  der  sorgfältig  zo  beseitigenden 
Dejektionen.  Herrscht  Ruhr  epidemisch,  so  mufi  durch  Tragen  von  Leib- 
binden, Vorsicht  im  Genüsse  von  Obst,  überhaupt  geregelte  Diät  vorgebeugt 
werden.  Bei  der  Besprechung  der  durch  den  Kommabasillos  hervor- 
gerufenen Cholera  werde  besonders  darauf  aufmerksam  gemacht,  daS  durch 
die  Hamburger  Bpidemie  vom  Jahre  1892  ganz  augenscheinlich  bewiesen  ist, 
daß  gerade  durch  das  ^Wasser  die  Verbreitung  der  ansteckenden  Darm-* 
krankheiteu  herbeigeführt  wird.  Während  ia  Hamburg,  das  danials  in 
seiner  Wasserleitung  fast  inmitten  Hamburgs  geschöpftes,  unfiltriertes  BIb- 
Wasser  fährte,  die  Verbreitung  der  Seuche  eine  furchtbare  war,  zeigt  die 
zur  Veranschanlichnng  dargebotene  Karte,  daß  die  Cholera  vor  Altooa,  an 
der  preußischen  Grenze,  Halt  machte,  nicht  aus  Furcht  vor  der  Pickelhaobe, 
sondern  einfach,  weil  die  Wasserverhältnisse  dort  besser  waren.  Die 
wenigen  Fälle  in  Altena  selbst  ließen  sich  als  direkte  Ansteckung  solcher 
Personen,  die  in  Hamburg  geschäftlich  zu  tun  gehabt  hatten,  nachweiaen. 
Auch  hier  ist  auf  Absperrung,  peinliche  Sauberkeit  und  Desinfektion  der 
Hauptnachdrnck  zu  legen. 

Zum  Schluß  überreichte  der  Vortragende  jedem  Mitgliede  des  Kursus 
noch  das  gleichfalls  im  Kaiserlichen  Gesundheitsamt  bearbeitete  Alkohol- 
Merkblatt  gegen  den  Mißbrauch  geistiger  Getränke.  Auch  in  diesem 
Kampfe  um  die  Gesundung  unseres  Volkes  wird  die  Schule  einen  hervor- 
ragenden   Platz    einzunehmen    haben    und    werden    auch    die    Lehrer     der 


VOQ  H.  Koenigsbeck.  547 

holi«reB  Sekolen  aebeo  dem  SeholarzU  durch  Belehroof^  io  deo  oberen 
Klasseo,  besonders  noch  der  Abiturienten,  Gntös  stiften  können.  Die 
ScbidigQof  des  NitionaivermSgens  durch  den  Verbrauch  geistiger  Getiänke 
(2I>00  Millionen  im  Jahr),  der  Nachweis,  daB  die  Wirkungen  geistiger  Ge-» 
triake  auf  den  Benschlieheo  Korper  selbst  bei  milfiigeni  Genoß  nicht  nülz- 
lieb,  bei  übermifiigein  auflerordentlich  schädigend  sind  —  auch  das  Rauchen 
TS  seiner  Schädlichkeit  fir  den  noch  in  der  Entwieklung  begritfenen  Körper 
ist  mit  in  den  Kreia  der  Betrachtung  zu  ziehen  — ,  wird  doch  sicher 
■Sachen  dazu  fahren,  zielbewußt  gegen  den  übermäßigen  Alkoholgeaofi 
SteJInag  zu  nehmen. 

0er  frühe  Morgen  des  sechsten  Tages  führte  uns  an  dem  lieblichen 
HoDden,  dem  „deutschen  Tempe'^  vorüber  nach  dem  schönen  Kassel,  dessen 
reiche  sanitäre  und  hygienische  Einrichtungen  die  Teilnehmer  unter  der 
saehkoadigea  Fohrung  der  Herren  Medizinalrat  Heinemann,  Dr.  Medes  und 
Reamerzienrat  Roseaweiff  besichtigen  durften.  Leider  verbietet  der  Raum 
laeh  hier  ein  weiteres  Eingehen  auf  die  reiche  Fülle  des  dort  Geboteoeo, 
»4  so  sei  hier  nur  kurz  erwähnt,  daß  wir  das  Lymphgewiunungsinstitut 
ttken,  in  dem  die  Sebutsimpfnng  besprochen  und  ein  Kalb  geimpft  wurde, 
ferier  die  Krnnkenköche,  die  Volksküche,  die  Tnberkaloserdrsorgestelle, 
'ie  Schule  für  schwachsinnige  Kinder,  die  Milchküche  und  eine  neue  Volks- 
schule mit  angegliedeter  Havshaltungsschuie. 

Wie  reiche  Belehrung  ein  solcher  Kursus  io  sich  trägt,  wie  notwendig 
selse  ümgestaltang  in  eine  dauernde  Einrichtung  ist,  nach  dem  Berichteten 
steh  einmal  hervorheben  zn  wollen,  hieße  Eulen  noch  Athen  tragen.  Nur 
'ts  Böchte  ieh  noch  betonen,  daß  selbst  Gebiete  der  Hygiene,  die  von  der 
Äfestlicben  Sehnibygieoe  scheinbar  weit  abliegen  —  und  solche 
worden  auch  im  Rvrsns  ziemlich  oft  berührt  — ,  dem  Lehrer  doch  immer 
■öglichst  bekannt  und  vertraut  sein  müßten,  da  er  schließlieh  derjenige  ist, 
der  Bit  dem  Hause  durch  die  ihm  anvertrauten  Zöglinge  am  nächsten  in 
Berohruag  kommt,  unendlich  viele  Vorurteile  vernichten,  reiche  Aufklärung 
>if  dem  Gebiete  der  Gesundheilspflege  verbreiten  und  so  in  segensreicher 
Weise  mit  ao  der  Erstarkuog  und  zunehmenden  Gesundung  unseres  Volkes 
arbeiten  kaao.  Darin  eine  seiner  Hauptaufgaben  zn  sehen,  hslte  sich  auch 
'er  höhere  Lehrer  nicht  für  zu  vornehm. 

Ein  karzea  Wort  noch  möchte  ich  hinzorögen  über  den  nicht- 
offiziellen  Teil  des  Kursus.  Von  Anfang  an  waltete  der  grucfcliehe  Stern 
herzlichen  kollegialen  Einverständnisses  über  ihm.  Zeigte  sich  auch  hierin 
die  Wahl  des  kleineren  Ortes  als  glücklich,  insofern  er  so  manche  Sonder- 
iatereisen  nicht  aufkommen  ließ,  so  war  andererseits  auch  die  glückliche 
ZnuBBenaetznng  von  alt  und  jung,  von  Teilnehmern  aus  den  verschiedensten 
Poskten  der  Monarchie  mit  die  Ursache.  Der  größte  Teil  der  Amts- 
^eoossen  vereinigte  sich  täglich  zu  gemeinsamem  fröhlichem  Mittagsmahle, 
»od  bei  den  schönen  Abenden,  die  bald  in  GÖttiagens  ehrwürdigem,  mit 
maehtigea  Gewölben  überdaebtem  Ratskeller,  bald  in  den  verschiedenen  statt- 
lich eingerichteten  Lokalen  der  Stadt  in  fröhlicher  Laune  und  Behaglichkeit 
verlebt  wurden  —  sehr  treffend  wies  einer  der  Herren  dabei  einmal  auf 
den  „Unsichtbaren''  hin,  der  stets  unter  uos  weile,  den  kollegialen  Geist  — « 
fehlte  wohl  selten  einer  der  Teilnehmer  des  Kursus,  selbst  wenn  ihn  vor- 
ber  das  prächtig   ausgestattete  Theater   mit  seinen    guten  Leistungen  ver- 


3 IS  t^ci*  sehvlhygieo.  FerienkortaB  i.  Gott.  1906,  v.  Roenig6b«ck* 

]ockt  hatte.  Difi  dorch  dieses  treoe  Zasammeohsiteo  auch  dor  Fördemog 
des  Kursos  selbst  gedient  worden  ist,  erkennt  auch  Herr  v.  fismarch  an, 
wenn  er  a.  a.  0.  S.  221/222  die  Zahl  der  Teilnehmer  nicht  größer  wöascht, 
als  sie  diesmal  gewählt  worden  war,  denn:  „es  gestattet  diese  Zahl  noch, 
daß  aoch  außerhalb  der  Vorträge  ein  gewisser  Zasammenhang  sich  aas- 
bildet  und  besteben  bleibt,  der  auch  abends  nach  getaner  Arbeit  Gelegenheit 
zu  reichem  Gedanken-  und  Erfahrungsaostaoseh  bietet,  wie  das  erfrealicher- 
weise  jedenfalls  bei  diesem  Kurs  der  Fall  gewesen  ist.  Es  ist  zweifellos, 
daß  auch  hierdnreh  namentlich  wiederum  die  Oisknasionea  fruchtbar  and 
förderlich  beeinfloßt  worden  sind". 

Auch  kleinere  Spasiergänge  in  der  reizenden  V&llenvorstadt  Göttingens, 
auf  dem  hohen,  mit  alten  Linden  besetzten  Wall,  in  den  Anlagen  des 
Haiubergea,  zu  dem  trutzig  emporragenden  Bismarckturm,  dem  Keiner 
Wilhelms-Park  und  anderen  Pnokteu  der  anmutigen  Umgegend  ließeo 
manches  Band,  das  sich  im  Fluge  geknüpft  hatte,  fester  und  inniger  werden. 
JNicht  minder  werden  die  gemeinschaftlichen  Unternehmungen  sicherlich  deu 
Teilnehmern  in  freundlichem  Andenken  bleiben,  der  von  wundervollstem 
Sonnenschein  begünstigte  Ausflug  nach  der  vielbesungenen  Plesse,  vor 
allem  aber  das  gemeinschaftliche  Abendessen,  an  dem  wir  die  Ehre  hatteD, 
Herrn  v.  Esmarch  mit  seinen  beiden  Herren  Assistenten  und  den  Direktor 
des  Königl.  Gymnasiums,  Herrn  Or.  Viertel,  als  unsere  Gaste  begrüßen  so 
können.  Manch  fröhliehes  Lied  erscholl  da  nach  wackeren  offiziellen  uud 
inoffiziellen  Reden,  deren  Zahl  bei  redegewandten  Philologen  nicht  klein 
war,  und  daß  des  Sanges  Fröhlichkeit  an  des  Textes  Dürftigkeit  nicht 
scheiterte,  dafür  hatte  der  Altersvorsitzende  unseres  Kursus,  der  humor- 
volle Professor  Ahreas  aus  Osterode  a.  H.  gesorgt,  der  jedem  einzelnen  ein 
liebes  Andenken  in  Form  eines  von  ihm  für  diesen  Abend  gestifteten 
Liederbuches  widmete.  Selbst  poetisch  wurde  der  I.  Göttinger  Kursus  von 
Herrn  Prof.  Preuzel- Wetzlar  in  lannigen  Versen  gefeiert,  und  damit  keine 
der  Musen  dem  Tauffeste  dieses  Kursus  fehlte,  bildeten  den  Schluß  von  Herrn 
Oberl.  Reichard-Düsseidorf  geschaffene  musikalische  Stimmungsbilder  vom 
Kursus,  in  bekannten  sangbaren  Weisen  von  der  ganzen  Tafelrunde  be- 
gleitet. Diese  in  Druck  gelegten  musischen  Erzeugnisse  werden  eine  ebenso 
liebe,  dauernde  Erinnerung  bilden,  wie  das  der  Güte  des  Herrn  v.  Eamnrch. 
zu  verdankende  Bild  der  Teilnehmer.  —  Auch  der  letzte  außerordentlich 
arbeitsreiche  Tag  in  Kassel  fand  durch  die  Fahrt  eines  beträchtlichen  TeiU 
der  Amtsgenossen  nach  Wilhelmshöhe  einen  befriedigenden  Abschluß,  und 
als  die  freilich  recht  znsammengeaohmolzenen  Reste  des  Kursus  von  der 
Höhe  des  Herkules  auf  die  im  Glänze  der  scheidenden  Sonne  noch  einmal 
erstrahlende,  immer  wieder  das  Herz  bezaubernde  Herrlichkeit  zu  ihren 
Fußen  herabbliekten,  da  mischte  sich  mit  dem  Gefühl  der  Befriedigung  über 
die  reichhaltige  Förderung,  die  diese  Woche  Tur  Geist  und  Herz  gebracht 
hatte,  wohl  auch  leise  Wehmut  darüber,  daß  das  Schöne,  das  man  so  gern 
länger  festhalten  möchte,  nur  zu  schnell  und  unaufhaltsam  vergeht. 

Saarbrücken.  Hans  Roenigsbeek. 


VIERTE  ABTEILUNG. 


EINGESANDTE  BÜCHER 
(Besprechoog  «inzelner  Werke  bleibt  yorbebalteo). 


1.  Meyers  Großes  Koo versations^Lexikoo.  £10  Naehscblage- 
werk  des  allgeneitteo  Wissens.  Sechste,  gäotlieh  neabearbeitete  oed 
vemehrte  Aoflage.  Mit  mehr  als  11000  AbbildoDgea  im  Text  VDd  aaf  aber 
1400  BildertafelB,  Karteo  und  Pläoea  sowie  130  Teitbeilagen.  Füefsehnter 
Bisa:  ÖhBicbeo— Plakatschriften.  Leipzig  ond  Wien  1906,  Biblio- 
pipMicbes  Institat.    U28  S.    Lex.-8.    eleg.  geb.  10  M> 

Der  fünfzehnte  Band  dieses  sehönen  Werkes,  welches  mit  rüstigen 
Sekritten  seiner  VoUendnng  entgegengeht,  zeigt  dieselben  rShmeoswerten 
^gnucbaften  wie  seine  Vorganger:  Vollstfindigkeit,  Zuverlässigkeit,  Ober- 
B^Diebkeit,  fesselnde  Darstellung  in  den  Artikeln  (man  lese  z.  B.  was  hier 
ibtr  Österreich  aosgeführt  worden  ist!)  ond  eine  lllastration,  wie  sie  ebenso 
lödikaltig  in  keinem  der  bisher  erschienenen  Bünde  vorhanden  war.  Was 
■  dieser  Beziehnng  geboten  wird,  ist  ünfierst  anschaulich  und  belehrend, 
m  kann  wirklieh  sagen:  es  sucht  seines  gleichen. 

2.  Nene  deutsche  Schule,  ein  EUernblatL  Schriftleiter:  Richard 
Crkan.  Jahrg.  1,  Heft  1—2  (S.  1—32).  Deutscher  Knlturverlag  in  Leipzig 
ni  Berlin.     Monatsschrift,    vierteljährlich  1,15  «^f,    Einzelnummer  0,35  a/^. 

3.  Blätter  für  deutsche  Erziehung,  herausgegeben  von  Arthur 
SeUls.     Jahrg.  8,   Heft  12  (S.  177—192);   Jahrg.  9,    Heft  1—2  (S.  1—32). 

4.  Deutscher  Frühling.  Neudeutsche  Monatsschrift  für  Erziehung 
■U  (Joterrtebt  in  Schule  und  Hans.  Unter  Mitwirkung  zahlreicher  Gelehrter 
Bi4  SehulmSoaer  herausgegeben  von  Alfred  Basz.  Leipzig,  Teutooia- 
Verlig.   Jahr^.  1,  Heft  1  (S.  1—64  in  4).    Preis  für  den  ganzen  Jahrgang  6  M^ 

5.  Moaa  tsschrift  für  Schulgesa  ng,  herausgegeben  von  F.Wiede  r- 
■ISO  nnd  fi.  Paul.   Jahrg.  1,  Heft  8— 1 1  (S.  169— 264).    Vierteljährlich  1  M^ 

6.  Die  Stimme,  Gentralblatt  für  Stimm*  uad  Toobildung,  Gesang- 
naterrieht  und  Stimmhygieae,  herausgegeben  von  Th.  S.  Flatau,  K.  Gast, 
A-Gnsinde.  Jahrg.  1,  Heft  4—5  (S.  97—160).  Monatlich  1  Heft,  viertel- 
jäkrlieh  1,25  M. 

7.  G.  Jaegers  Monatsblatt.  Zeitschrift  für  Gesundheitspflege  und 
Ubeoslehre.    Jahrg.  25,  Nr.  10—12. 

8.  The  Kindergarten  Magazine  and  Pedagogical  Digest  Vol.  XIX 
iNr.  4  nnd  5  (S.  231—364).     Preis  je  15  Cents. 

9.  Tiersehutz-Korrespendenz  Nr.  19  (Januar  1907). 

10.  G.  Compayre,  Le  P.  Girard  et  l'E  ducation  par  la  langue 
■aternelle.     Paris,  P.  Delaplane.     115  S.     12.    90  e. 

11.  Ch.  Seignobos,  L'Histoire  dans  rEnseignement  secon- 
^aire.  Introduction  a  l'ossge  du  cours  Cb.  Seignobos.  Paris  1906,  Armand 
^lio.    55  S.     12.    (Cette  brochnre  n'est  pos  mise  dans  le  commerce.) 

12.  J.  G.  Cordes,  Zum  Kampf  um  die  Weltauaehaunng.  Vor- 
trage,  gehalten  an  Arbeiter-Diskussionsabenden.  München  1907,  C.  G.  Beck'sche 
Verlagsbuchhandlung  (Oskar  Beck).     116  S.     geb.  1  Jt. 

13.  Moderna  Spräk.  Svensk  Mänadsrevy  för  undervisoingen  i  de 
tre  hnvodspriken  otgiren  av  Emil  Rodhe.     Nr  1  (Okt  1906)  S.  1—16. 

14.  Le  Traducteur  Jahrg.  15,  Heft  1  (S.  1  —  16). 

15.  The  Translator  Jahrg.  4,  Heft  1  (S.  1—16). 


350  Eiogesandle  Bücher. 

16.  A.  Kirchhoff  ood  S.  Gönthcr,  Didaktik  ood  Methodik  dei 
Geogfmphie-Uoterrichts  (Erdkoode  uod  mithematiache  Geograpliie). 
Zweite  Auflage.  Münchea  1906,  C.  H.  Beck 'sehe  VerlagabachhaDdlaag  ^Oskar 
Beeil).  VI  0.  68  n.  47  S.  mit  2  Kartea.  Lex  -8.  3  Jt,  geb.  4  Jt,  (A.  Bao- 
meiater,  Haodboch  der  Eraiehaoga- ood  Uoterrichtalehre  fiir  höhere  Scbuleo  IV  2). 

17.  ü.  Detlefaeo,  Uraproog,  Eiarichtnog  ood  Bedeotnog 
der  Erdkarte  Agrippaa.  Berlio  1906,  WeidmaaDache  Bachhaodliiog. 
VI  0.  118  S.  Lex.- 8.  4  JC»  (W.  Sieglin,  Qoellea  oad  Forachaogeo  zur 
alteo  Geaohichte  uod  Orthographie  13.  Heft.) 

18.  F.  E.  Geioitz,  Die  Eiszeit.  Mit  25  Abbild oogeo  im  Text, 
3  farbigen  Tafeln  und  1  TabeUe.  Braooaehweig  1906,  F.  Vieweg  und  Sohn. 
XIV  u.  198  S.    7  Ji,  geb.  7,80  Jt. 

19.  E.  Geyger,  Lehrbuch  der  darstelleadeo  Geometrie  für 
den  Gebrauch  an  techniacbeo  Hochacholeo  uaw.  Teil  1.  Mit  aahlretcheo 
angewandten  Beispielen  und  290  Figoren.  Leipzig  1906,  G.  J.  Göacben'ache 
Verlagshaodiung.    XVIII  o.  321  S.     8  M,  geb.  8,60  JL. 

20.  H.Schubert,  Analeae  aus  neiner  Unterrichts-  und  Vor- 
leaangspraxia.  Band  III.  Mit  18  Figuren.  Leipzig  1 906,  G.  J.  GöscheD'ache 
Verlagshaodiung.    250  S.    geb.  4  M- 

21.  H.  Schubert,  Mathematiaehe  Mußestunden.  Eine  Samm- 
lung von  Gedoldapieleo,  Konstatöckea  und  IJoterhaltungagaben  mathematischer 
Natur.  Große  Ausgabe.  Dritte  Auflage.  Band  I:  Zahl-Probleme.  Vm  o. 
200  S.    geb.  4  Jt. 

22.  M.  Schuster,  Geometrische  Aufgaben  und  Lehrbuch  der 
Geometrie,  nach  konatroktiv-aoalytiacher  Methode  bearbeitet  Auagabe  B.- 
Planimetrie für  Progymnasien  und  Realachuien  mit  2  Tafeln.  Zweite  Auf- 
lage.    Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.     VIIT  u.  118  S.     geb.  1,80  Jt. 

23.  H.  Thieme,  Leitfaden  der  Mathematik  für  Realanstnlten. 
Teil  I:  Die  Unterstufe  mit  122  Figoren.  Dritte  Auflage.  Leipzig  1907, 
G.  FreyUg.     128  S     geb.  \,mjL. 

24.  F.  Danaemann,  Queilenbuch  cor  Gesehiehte  der  Natar- 
wissenachaften  in  Deutachland.  Dresden  1906,  L.  Ehiermann.  158  S. 
geb.  1,20  «Mf.    (DenUche  Schulaosgabeo  Band  39.) 

25.  P.  Henkler,  Der  Lehrplan  für  den  Unterricht  in  Nator- 
kunde,  historisch  und  kritisch  betrachtet.  Leipzig  1906,  B.  G.  Tenbiier. 
IVn.  44S.     Lex.- 8.     \  Jt^ 

26.  E.  Jocbmann,  Grundriß  der  Experimentalphysik  und 
Elemente  der  Chemie  sowie  der  Astronomie  uod  mathematiachen  Geographie. 
Herausgegeben  von  O.Hermes  und  P.  Spies.  Mit  488  Figoren,  1  Spektra  1- 
tafel,  1  Dreifarbendrocktafel,  4  meteorologischen  Tafeln  ood  2  Sternkartea. 
Sechzehnte  Auflage.    Berlin  1906,  Winckelmann  &  SShoe.    XVI  u.  512  S.    gr.  8. 

27.  O.Hermes  und  P.  Spies,  Elemente  der  Aatronomie  ood 
mathematischen  Geographie.  Mit  48  Hoizschoitteo  und  2  Sternkarten. 
Fünfte  Auflage.     Berlin  1906,  Winckelmaon  &  Söhne.    73  S.     gr.  8. 

28.  H.  Baumhauer,  Kurzes  Lehrbuch  der  Mineralogie  mit 
einem  Abriß  der  Petrographie.  Dritte  Auflage.  Freiborg  i.  Br.  1906, 
Herderscbe  Verlagshandlung.  VHI  u.  224  S.  gr.  8.  mit  191  Figorea. 
2,80  Jt^  geb.  3,30  Jt. 

29.  J..Lorscheid,  .Kurzer  Grundriß  der  Mineralogie.  Neo 
bearbeitet  ?on  H.  Brockhausen.  Freibnrg  i.  B.  1906,  Herdersche  Verlags- 
handlung.   IV  u.  28  S.    gr.  8.    0,60  Jt> 

SO.  0.  Meisiiaer,  Die  meteorologischen  Elemente  und  ihre 
Beobachtung  mit  Ausblicken  auf  Wittemagakunde  und  Kliaialehre.  Unter- 
lagen für  achulgemÜße  Behandlung  sowie  zum  Selbstooterricht.  Mit  33  Tejit- 
abbilduogen.     Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.    VI  u.  94  S.     Lex.-8.    2,60  Jt. 

81.  0.  Ohmano,  Leitfaden  der  Chemie  und  Mineralogie  für 
Gymnasien  usw.  methodisch  bearbeitet.  Vierte,  die  neueren  Ansehanong-en 
berück sicbtigende  Auflage.  Mit  147  Figuren  und  1  Spektraltafel.  Berlia 
1907,  Winckclmaan  &  Söhne.    VIII  u.  191  S.    gr.  8.     1,80  Jt^  geb.  2,20«/^. 


Eiog«saodte  Bücher.  351 

32.  R.  Seheid,  Praktiteher  Uoterrieht  io  Chemie  zqii  Ge- 
braoeb  fv  daa  Laboratoriam.  Leipaig  1906,  B.  G.  Teabaer.  79  S.  kart 
1,40  JL^ 

33.  W.  H.  Sebaltae,  Lehrbach  für  deo  ehennisoh-miaeraloi^i- 
scbea  (iaterricht  aaf  Realacholea  nad  Gymnaaiea.  Vorbereiteader  Lehr- 
giofp  Tor  Real^moBsiea  und  Oberreabehaleo.  Mit  93  Abbildoogea.  Zweite 
AaAa^e.  Haaaover  1906,  NorddeaUehe  Verlaf^aaasUlt  0.  Goedei.  IV  v. 
159  8.    geb.  2.4K. 

34.  Dentsche  Praaeabrtefe,  aoaf^ewäblt  aad  heranagegebea  von 
E.Was8eraieher.  Dresdea  1906,  L.  Ehlernana.  164  S.  geb.  1,20  ^. 
(DeoUche  Schnlaiugabea  Baad  40.) 

35.  Die  deotsehea  Klasaiker,  erlaatert  aad  gewürdigt  von 
£.  Raeaeo  aad  If.  Evera.     Leipzig  1906,  Heiaricb  Bredt 

Baad  9.     Scbillera  Glocke  voa  M.  Evera.     244  S.     t,60  w^. 

Baad  10.  Daa  NibelaDgenlied  mit  aiaem  Überblick  über  die 
Sage  aad  die  neaere  Nibelaogendichtoag  voa  Haaa  Vollmer.  Dritte 
Aalage.    XI  o.  204  S.     1,40  Ji. 

36.  Die  Meiaterwerke  der  deotachea  Bühae,  heraosgegebea 
VAS  G.  Witkowaki.     Leipzig,  Max  Hesaes  Verlag. 

Leaaiog,  Miaoa  voa  Barahelm  oder  daa  Soldateaglück.  Mit 
Eialeitaogeo  und  AamerLaogen  voa  A.  Zehme.     XVIII  a.  78  S.     kl.  8. 

37.  Cottaache  HaDdbibliothek.  Staltgart  and  Berlin,  J.  G.  Cotta- 
kie  BachhaDdlaog  Nachfolger,    kl.  8. 

Nr.  131.  G.  Keller,  Aaagewäblte  Gedichte.  Heraaagegebea 
Too  A.  Frey.     199  S.     1  JL^  eleg.  geb.  1,50  JL. 

Nr.  132—135.  Goethea  Briefwechsel  mit  eiaem  Kiade. 
Seiaem  Deokonal.  Mit  Ucrmaoa  Grimma  Lebeasbtld  „Bettina  von  Arnim** 
ils  Bioleltaog.  la  drei  Bauden.  Erater  Band  183  S.  0,70  .^f.  ZweiUr 
BiBd  169  S.  0,60^.  Dritter  Band  ]2S  S.  0,50^.  Die  drei  Bande 
ia  einem  elegaatea  Leiaenbaad  2,50  JL. 

Nr.  ]35.  Godran,  deutsches  Heldenlied.  Obersetzt  von  K.  Sim- 
roek.    205  S.     0,90  JLy  eleg.  geb.  1,30  Jt^ 

Nr.  136.  Daa  Nibelongeolied.  Obersetzt  voa  K.  Simroek. 
Hit  Simrocka  Portrüt.    318  S.     \  JL,  eleg.  geb.  1,50  ^. 

Nr.  137^138.  Daa  kleiae  Heldeobach  voa  K.  Simroek. 
Erster  Baad  199  S.  0,80  w^.  Zweiter  Baad  210  S.  0,80  w^.  Die 
beiden  B'aade  in  einem  elegaatea  Leinenbaad  2,30  Jt» 

Nr.  139.  M.  Kosaak,  Der  Liebeszaaber  vom  GUrafosa. 
iWelle.     51  S.     0,30^. 

Mr.  140.  F.  Nissel,  Agnea  von  Merao.  Trauerspiel.  106  S. 
0,40  X 

3S.  Sammlaog  Goaeheo.  Leipzig  1906,  G.  J.  GSaeben'sehe  Verlags- 
biodlnag.    Jedea  Bündchen  kl.  8      geb.  0,80  JL^ 

M.  Diez»  Allgemeiae  Äathetik.     180  S. 

E.Mogk,  Germaaische  Mythologie.     129  S. 
39.   Aas   Natur    und    Geisteswelt.      Sammlung    wissenschaftlich- 
Seneioverstandlicher    Darstel langen.      Leipzig   1906,    B.  G.  Teubaer.     Jeder 
fi>od  kl.  8.  1  JL,  geb.  1,25  JL. 

Nr.  49.  P.  Aaerbach,  Die  Grundbegriffe  der  modernen 
Natorlehre.    Zweite  Auflage.    IV  o.  156  S.  mit  79  Figoren. 

Nr.  113.  H.  Boehmer,  Luther  im  Lichte  der  oeaerea  Por- 
sckuag.    Eia  kritischer  Bericht    VI  u.  156  S. 

Nr.  116.  R.  Meringer,  Daa  deatache  Haaa  und  aeia  Haos- 
rat.    Vlll  a.  111  S.  mit  106  Abbildaagea. 

Nr.  118.  M.  G.Schmidt,  Geschichte  des  Welthaadela.  IV  u. 
140  S. 

Nr.  123—124.  O.Weber,  Von  Latber  zu  Biamarck.  Zwölf 
Charakterbilder  aus  deutscher  Geschichte.  Erster  Baad  VI  a.  136  S. 
Zweiter  Baad  III  n.  147  S. 


352  Ein^esaodte  Bücher. 

40.  K.  Hueiuer,  Der  Geist  der  altklassiseheo  Stadien  nnd 
die  Schriftstellerwahl  bei  der  Sehailektfire.  Wien  1907,  Carl 
Fromme.    VIT  d.  79  S.    gr.  8.     1,35  Jt. 

41.  Petronii  Ceoa  Triunlchionis.  Mit  deutscher  Oberxetzang 
nnd  ericlarenden  Anmerkaugea  von  L.  Friediä'nder.  Lieipzig  1906, 
S.  Hirzel.    VI  n.  362  S.    6  M,  geb.  7  Jt. 

42.  G.  Schneider,  SchUlerkommentar  za  Piatons  Apologie 
des  Sokrates  nnd  Kriton.  Nebst  den  Schloßkapiteln  des  Phaidon  nnd 
der  Lobrede  des  Alkibisdes  auf  Sokrates  ans  dem  Symposion.  Leipzig  1906, 
G.  FreyUg.    93  S.    steif  broscb.  0,8U  Ji. 

43.  A.  V.  Kleemann,  Das  Problem  des  platoniseheo  Sym- 
posion. Wien  1906,  Selbstverlag  des  Verfassers.  23  S.  gr.  8.  (S.-A. 
aus  dem  Jahresbericht  ^t%  k.  k.  Sophien-Gymnasinms  in  Wien  II.) 

44.  Bacchilide,  Epinici,  ditirambt  e  frammenti  coo  introdnzione, 
comento  e  appendioe  critica  di  A.  Taccone.  Torioo  1907,  Ermanna  Loescher. 
LI  u.  217  S. 

45.  A.  Vogliaoo,  Ricerche  sopra  1'  ottavo  mimiambo  di 
Heroda  (*£yi/7iviov).  Con  nn  exeursns  IV  93—95.  Milane  1906,  Tip. 
Antonio  Cordaoi.     56  S. 

46.  C.  0.  Thuiin,    Die  etruskische  Diseiplin.    Göteborgs  Hög- 

skolas  Ärsskrift  1905  Heft  5,    1906  Heft  1.     Teil  I:    Die    Blitzlehre  128  S. 
—  Teil  II:  Die  Haraspicio  54  S.  mit  3  Tafeln  Abbildnogen. 

47.  F.  Brooot,  Histoire  de  la  langae  fraogaise  des  origines 
a  1900.  Tome  II:  Le  seizidme  siecle.  XXXII  u  504  S.  Lex.- 8.  mit  acht 
Tafeln.     15  />.,  eleg.  geb.  20  fr. 

48.  Erckmann-Chatrian,  Waterloo.  Saite  da  cooscrit  de  1813. 
Für  den  Schnlgebraneh  herausgegeben  von  IL,  Pari  seile.  Leipzig  1907, 
G.  Preytag.  120  S.  mit  1  Titelbild  nnd  4  Karten,  geb.  1,20^.  Wörter- 
buch 33  S.    geb.  0,40  Jt. 

49.  L.  Figaier,  Vie  et  moears  des  insectes  (hyminopteres). 
Aasgewählt  und  für  den  Schulgebrauch  erklart  von  F.  Strohmeyer.  Mit 
6  Abbildungen.  Berlin  1906,  Weldmannsche  Buchhandlung.  X  u.  100  S. 
geb.  1,20^. 

50.  Freytags  Sammlung  französischer  and  engliseher  Schriftsteller. 
Leipzig  1906.  1907,  G.  Frey  tag. 

Shakespeare,  Jalios  Caesar.  Herausgegeben  von  A.  Stnrra- 
fels.     147  S.    geb.  1,50^. 

On  English  Trade.  Für  die  Oberklassen  von  HaadelsschnJea 
herausgegeben  von  H.  F.  Haastert.     168  S.    geb.  1,60.^. 

K.  D.  Wiggin,  Rebecca.  Herausgegeben  von  E.  Mecbant.  Mit 
1  Titelbild  und  1  Musikstück.  128  S.  geb.  1,20^.  Wörterbuch  41  S. 
0,40  Jt, 

La  France.  Choix  de  lectures  de  g^ographie.  Herausgegeben  von 
M.Steffen.     Mit  5  Karten.     109  S.     1,20  w^. 

51.  Bulwer,  The  last  of  the  Barons.  In  gekürzter  Fassong 
herausgegeben  von  F.  Meyer.  Leipzig  1906,  G.  Frey  tag.  147  S.  geb. 
1,60  Jt. 

52.  Corneille,  Le  Cid.  Edited  with  Introduction  and  ^otes  by 
H.  W.  Evc.  Cambridge  1906,  University  Press.  XVI  u.  144  S.  kl.  b. 
geb.  2  1. 

53.  Ch.  Kingsley,  Hereward  the  Wake.  Für  den  Schnlgebraneh 
herausgegeben  von  F.  Meyer.  Berlin  1906,  Weldmannsche  BnehhandluDg. 
XII  u.  149  S.  geb.  1,60  Jl, 

54.  Dickens,  Sketches.  Selected  and  aanotated  by  L.  Hamilton. 
With  ooe  Vignette,  and  three  illustrations.  Leipzig  1907,  G.  Freytag. 
162  S.  geb.  1,50  Jl, 

55.  Gaudeamus.  Blätter  und  Bilder  für  unsere  Jugend.  Geleitet  von 
Egid  von  Filek-Wittinghausen.  Wien,  G.  Freytag  uad  Berodt.  IX.  Jahrgang. 
Band  I  u.  II  (392  S.)  Monatlich  2  Nummern.*  Preis  des  ganzen  Jahrganges 
5  Jt.    Einzelnummer  0,35  Jt* 


ERSTE  ABTEILUNG 


ABHANDLUNGEN. 


Vergessenes  Gut  der  Antike. 

In  deo  Tagen  des  verstriGheDen  Jahrhunderts,  da  in  England 
die  Naturforschung  zu  ungeahnter  Höhe  reifte,  J.  Lyell  aus  der 
Scbichtenlagerung  des  heimischen  Bodens  dessen  Urgeschichte 
deutete  und  Cb.  Darwins  „Reisetagebuch*'  in  aller  Händen  war,  ver- 
glich Max  Müller,  auch  er,  wiewohl  in  manchem  Stuck  der  Gegner 
solcher  neuen  Weltbetrachlung,  mächtig  von  ihr  erregt,  das  Sprach- 
got  vergangener  Kulturvölker,  wie  es  vielfältig  umgemodelt  im 
too,  Wortbild  und  Sinn  durch  die  Jahrhunderte  sich  als  Lehn- 
wort in  moderne  Sprachen  eingenistet  hat,  mit  tiefer  liegendem 
Gestein,  das  nach  geologischer  Beobachtung  eben  aufgeiagerta 
düDoere  Schichten  anderen  Gesteins  durchsetzen  könne,  mit  ihm 
neue  Gebilde  einzugehen  befähigt  sich  zeige.  Was  vom  Wort  und 
ieioer  Wandergeschichte  gilt,  gilt  auch  von  den  Ideen,  deren  Träger 
ja  das  Cinzelwort  oft  darstellt:  und  wenn  besonders  antikes 
Sprachgut  in  der  Konglomeratmasse  europäischer  Kultursprachen 
an  allen  Winkeln  und  Seiten  noch  zu  ersehen  ist,  so  hat  sich 
nicht  minder  auch  vom  Ideenkreis  der  Antike  gar  vieles  in  seil- 
sanier  Metamorphose  bis  heute  erhalten  —  vergessen  ihr  Urheber- 
recht, in  manchem  Stück  aber  noch  aufspürbar.  Von  solchi^m 
Einschlag  antiker  Ideen  in  der  Gedankenwelt  unserer  modernen 
Forschung  und  des  täglichen  Lebens  möchte  diese  Studie  eine 
anspruchslose  Lese  bieten. 

Selbst  im  Felde  der  gegen  die  Antike  gern  die  Stirn  runzelnden 
^Naturwissenschaft  modernen  Gepräges  begegnet  uns  manches  der- 
artige vergessene  Stück.  Wir  blättern  vielleicht  in  des  vortreff- 
lichen 0.  Peschel  „Völkerkunde*'.  Im  Kapitel  „Urzustände  des 
Menschengeschlechts'*  (S.  14t)  fesseln  uns  zwei  Ansichten  über  die 
erste  Peoergewinnung  der  ältesten  Zeiten :  als  erster  Gedanke,  der 
sich  dem  Forscher  aufdrängt,  erwähnt  dieser  Gelehrte  die  Ent- 
zündung eines  Baumes  durch  einen  Blitzstrahl  —  ein  Ereignis, 
das  einem  genialen  Urmenschen  den  Gedanken  eingeben  mochte, 
das  zehrende  und  wärmende  Element  sich  nutzbar  zu  machen. 
Wenn  nun  Peschel  solchem  Gedanken  nicht  zustimmen  will,  so 
ficht  er  nicht,  wie  die  Meinung  eines  jeden  Lesers  sein  muß, 
gegen  Anschauungen  von  Forschern  unserer  Zeit,  vielmehr  gegen 
eine  Idee,  die  der  gelehrten  Forschung  des  Altertums  so  geläufig 
war,   daß   ein  Mann    von    den  Qualitäten  Diodors    sie    in    seiner 

r.  f:  d.  OynaMUlwMM.    ItXL    5.  23 


354  Vergessenes  Gut  der  Antike, 

„Bibliothek''  verwerten  konnte.  In  seiner  bekannten  halbratio- 
nalisti8chen  und  doch  auf  das  mythische  Kostüm  nicht  völlig  ver- 
zichtenden Redeweise  berichtet  er  (I  13,  3  ff.),  König  Hephaistos, 
natürlich  ein  Mensch,  wie  Diodor  und  wir  (vTtdQ^ayrccg  ^yij%ovg)n 
habe  einen  Baum  vom  Blitz  entzündet  gesehen  und  sich  der  an- 
genehmen Wärme  gefreut,  das  Feuer  künstlich  genährt  und  vom 
ersten  Feuerherd  den  Nachharn  mitgeteilt.  Wollen  wir  aber  die 
Idee  ohne  alle  mythischen  Rudimente  genießen,  so  schlagen  wir 
den  freilich  mit  schärferem  Auge  die  Materie  prüfenden  Lukrez 
auf;  hier  finden  wir  den  Gedanken  einer  Baumentzündung  etwa 
«0,  wie  ihn  ein  Naturbuch  in  Kürze  veranschaulichen  würde 
<Lucr.  V  1089  fr.).  Peschel  wirft  aber  (S.  145)  auch  noch  einen 
zweifelnden  Blick  auf  die  Anschauung  Adalbert  Kuhns,  ein  Ast 
sei  in  einer  Asthöhlung  so  vom  Sturm  gepeitscht  worden,  daß  er 
schließlich  Feuer  fing,  desgleichen  auf  die  Versicherung  der  Wogulen 
im  Ural,  ein  umgeknickter  Baum  könne  durch  Sturm  am  Nachbar- 
stamm bis  zur  Entzündung  gerieben  werden.  Auch  bezuglich 
dieser  Idee,  ob  sie  physisch  beweisbar  ist  oder  nicht,  gebührt  den 
Alten  die  Priorität:  Lukrez  zeugt  dafür,  wenn  er  an  gleicher  Stelle 
<V  1094)  sagt: 

Et  ramosa  tamen  cum  ventis  pulsa  vacillans 
Aestuat  in  ramos  incumbens  arboris  arbor, 
Exprlmitur  validis  extritus  viribus  ignis 
Et  micat  interdum  tlammai  fervidus  ardor, 
Mutua  dum  inter  se  rami  stirpesque  teruntur. 
Dieser  Feuergewinnung  mit  Hilfe   brennenden  Holzes,    der  Reib- 
hölzer   und    anderer   primitiver  Instrumente   muß  aber  nach  be- 
gründeter Ansicht  der  Forscher  noch  eine  frühere  Periode  voraus- 
gegangen sein,  in  der  der  Mensch  das  Feuer  bequem  vorfand:  es 
sind,  wie  Peschel  a.  a.  0.  sagt,  die  Naphthaquellen  und  vor  allem 
die  Spalten  der  Vulkane,  an  denen  sich  bequem  Späne  entzünden 
ließen.  —  So  gilt  es  denn,  den  Schatten  des  Lukrez  zum  dritten- 
mal zu  beschwören,  ihn  jene  Stelle  zitieren  zu  lassen,  an  der  er, 
vielleicht  des  Empedokles  Ideen  variierend,  uns  erklärt,  die  gütige 
Erde  habe  ja  die  Urstofle,    also  auch  das  Feuer,    in  sich   geführt 
und  auch  der  Oberfläche  nicht  mißgönnt  (II  590): 

Principio  tellus  habet  in  se  corpora  prima, 

habet  ignes  unde  oriantur; 

Nam  multis  succensa  locis  ardent  sola  terrae, 
Eximiis  vero  furit  ignibus  impetus  Aetnae. 
Ehe  wir  von  Feuer  und  Vulkanen  scheiden,  möchte  mit  einem 
Seitenblick  auf  den  Vesuv  die  Frage  zur  Erwägung  gestellt  werden, 
ob  die  uralte  Sage,  die  Giganten,  die  gestürzten  Cherubims,  hausten 
in  seinen  Schluchten,  den  Feueratem  durch  den  Berg  treibend 
(vgl.  Nissen,  Ital.  Landeskunde  1  266),  sich  nicht  durchs  Mittelalter 
umgebildet  erhalten  hat  und  sich  z.  ß.  in  einer  Notiz  wiederfindet, 
mit  der  Gervasius  von  Tilbury  in   seinem  Otium    imperiale    den 


voo  K.  HartmaiiD.  355 

Welfenkönig  Olto  IV.  unterhält:  daß  d«r  Vesuv  nichts  anders  denn 
4)as  Donstioch  der  Il6lle  bedeute. 

Von  der  Sagenwelt  finden  wir  leicht  den  Weg  in  die  die 
Mären  pflegende  Sehulwelt  und  den  bestimmter  begrenzten  Kreis 
ihrer  Stofle;  auch  hier  entdecken  wir  neben  altem  Bekannten 
Doch  manches  antike  Stück,  das  seine  Herkunft  nicht  mehr  so 
deutlich  verrät:  das  gilt  filr  die  lateinlosen,  ja  för  die  Elementar- 
schulen so  gut  wie  für  die  humanistischer  Färbung.  —  Daß  die 
Äsopfabel  ihr  mehr  als  zweitausendjähriges  Recht,  die  Jugend  zu 
lehren,  nicht  so  bald  aufgibt,  mag  an  sich  niemand  wundernehmen, 
aber  seltsamerweise  konnte  gerade  eine  im  Grunde,  wenn  ernst- 
genommen,  so  einfältige  Geschichte,  wie  die  vom  klugen  Staren, 
der  den  Inhalt  einer  nur  halbgefüllten  Flasche  mittelst  Aufföllens 
der  Flasche  mit  Steinchen  seinem  durstigen  Schnabel  erreichbar 
macht,  sich  bis  in  allerjöngste  Lesebucher  erhalten.  Dieses  Pracht- 
stück stammt  na.  E.  aus  der  Anthologia  Palatina  (II  9,  272  Döbner); 
dort  in  der  aotiken  Fassung  erfreut  jedoch  das  Epigramm  durch 
anziehendes  Lokalkolorit:  der  Rabe  flattert  um  ein  einsames  Grab- 
Btai,  auf  dem  eine  Urne  steht,  die  der  Regen  zur  Hälfte  mit 
Wasser  fftllte;  daß  er  nun  mit  Steinchen  nachhilft,  das  muß  ihm 
iein  Schutzberr  Phoibos  eingegeben  haben.  —  Unter  die  besten 
Freunde,  die  die  Schule  den  Kleinen  zu  häuslicher  Lektüre  in  die 
Hand  geben  kann,  rechnen  wir  seit  einem  Jahrhundert  J.  Swifts 
fiuilivers  Reisen.  Darin  bietet  sich  jenes  groteske  Bild,  wie  der 
schlafende  Gulliver  plötzlich  von  hundert  Nadelstichen  erwacht, 
»ch  an  Händen  und  PQßen  gefesselt  und  von  winzigen  Bogen- 
schätzen  angegriffen  fühlt.  Ist  es  nicht  Philostrat. (Phil,  imagines 
U  375  Kayser),  der  dieses  Bild  vorgezeichnet  hat,  wenn  er  den 
Herkules  schildert,  eingeschlafen  auf  freiem  Feld  und  nun  vom 
winzigen  Pygmäenvolk  in  Scharen  angegriffen:  die  eine  Kompagnie 
P«ift  seine  rechte  Hand,  eine  andere  die  Ftiße  mit  Pfeilen  und 
Wurfgeschossen  an  usw.? 

Ob  in  der  Schule  oder  vielleicht  aus  alter  Gedenktafel  oder 
Chronik,  irgend  einmal  in  der  Jugend  hört  jeder  die  lustige  Ge- 
schichte vom  listigen  Bäcker,  der  bei  der  Belagerung  seiner  lieben 
Stadt  die  letzten  Laibe  dem  stürmenden  Feind  zum  handgreiflichen 
Zeugnis,  daß  sie  in  der  Stadt  noch  Brot  genug  haben,  an  den 
Kopf  wirft:  die  Märe  wandert  ja  in  allen  möglichen  Variationen 
durch  die  Sagenbücher.  Spielte  bei  ihrer  Bildung  vielleicht  die 
heitere  Szene  aus  Cäsars  „Bürgerkrieg"  mit  (Bell.  civ.  111  48)? 
Dort  geht  es  seinen  Veteranen  im  Kampfe  mit  Pompejus  herzlich 
schlecht:  zwar  ihr  löblicher  Vorsatz,  lieber  die  Rinde  von  den 
Bäumen  zu  essen  als  nachzugeben,  braucht  nicht  wörtlich  eingelöst 
zu  werden,  es  bietet  ihnen  das  Gefilde  dafür  das  knollige  Chara- 
gewächs,  aus  dem  sie  richtige  Brotlaibe  backen  (Cäsar  drückt  sich, 
gleich  Tadtus  bei  Scliilderung  des  deutschen  Gerstensafts,  vor- 
sichtig aus:  id  ad  similitudinem  panis  efXiciebant).     Höhnen  dann 

23» 


356  Verge^senei  Gut  4er  Antike,' 

die  Pompejaner  die  Cäsarianischen  Bleichgesichter,  so  werfen  ihnen 
diese  die  Laibe  an  den  Kopf  zum  Zeugnis  ihres  respektablen 
Überschusses  (ut  spem  eorum  minuerent). 

Wenige  Stucke  der  Lesebücher  jedoch  werden  so  aller  Knaben 
Herzen  gewinnen,  wie  K.  Stöbers  „Hirtenbüblein  von  SoJnhofen*^. 
Wer  kennt  es  nicht,  das  brave  Benediktlein,  wenn  es,  vom 
stofienden  Ziegenvolk  umringt,  die  gefundenen  schienen  Plalten 
wäscht  und  beklopft  und  endlich  dem  Bischof,  der  drunten  in 
Eichstätt  unter  den  fremden  Steinmetzen  und  ihren  teuren  Stein* 
proben  ratlos  steht,  seine  billige  und  so  leicht  erreichbare  Ware 
anbietet.  Es  berührte  mich  seltsam,  zu  dieser  prächtigen  Ge* 
schichte,  zu  der  Stüber  in  den  Gausagen  keinen  Anhalt  finden 
konnte  (sind  doch  die  Steinbrüche  erst  seit  der  nüchternen  Zeit 
von  1739  an  in  Betrieb),  ein  Seitenstfick  im  Vitruvius  zu  jQnden 
(Vilruv.  X  7).  Dort  ist  es  ein  Hirte,  der  auf  den  Höhen  bei 
Ephesos  die  Schafe  hütet;  zwei  Widder  bieten  sich  ritterlich  die 
Stirn,  doch  beim  Zusammenstoß  biegt  der  eine  aus,  der  andere 
rennt  mit  solcher  Wucht  an  die  Felswand,  daß  ein  Stück  von 
ihr  abspringt,  und  sieh  —  aus  der  verwitterten  Wand  leuchtet 
gleißender  Marmor  hervor.  Und  nun  kommt  die  Erzählung  auf 
ein  ganz  ähnliches  Geleis.  Der  Hirte  nämlich  weiß,  daß  drunten 
im  Tal  zu  Ephesos  die  Priester  der  Artemis  einen  neuen  Tempel 
bauen   möchten:    man  denkt  an  parischen,  prokonnesischen  oder 

thasischen  Marmor  (decernerentque  Paro marmore  uii, 

wie  bei  Stöber  die  Steinproben  aus  Tirol,  Rheingau  und  Fichtel- 
gebirge vorliegen).  Da  kommt  der  Hirte  atemlos  angesprungeo^ 
zeigt  seine  Probe  (crustam)  vor  und  erschließt  der  Stadt  und 
Priesterschaft  den  nahen,  trefHicben  Steinbruch.  Hat  Stöber,  der 
fleißige  Leser,  die  Geschichte  im  alten  Vitruv  selbst  oder,  was 
näher  liegt,  in  einem  Märenstoffe  aus  ihm  und  anderen  schöpfenden 
Buch  gelesen  und  die  erste  Idee  zu  seiner  meisterhaflen  Erzählung 
gewonnen? 

Nicht  weniger  anziehend  erschien  mir  die  Wanderung  eines 
antiken  Laternchens  vom  griechischen  Vasenbild,  vom  römischen 
Schauspielhaus  bis  hinein  in  unsere  klassische  Literatur.  Auf 
griechischem,  tarentinischeni  Krater  (Heibig,  Föhrer  d.  d.  r.  S. 
n  1242)  erspähen  wir  die  Laterne,  mit  der  Hermes,  den  Diener 
Sosias  markierend,  wie  Zeus  den  Ampliitruo,  seinem  Herrn  zum 
Fenster  der  Alkroene  hinaufleuchtet:  man  vermutete  Zusammen- 
hang des  Bildchens  mit  der  Komödie  „Amphitryon''  des  Rhinthon. 
Ob  dieser  oder  ein  anderer  Meister  das  Vorbild  für  den  Amphitruo 
des  Plautus  war,  das  Laternchen  leuchtet  wieder,  wenn  Mercurius 
det)  Sosias  erzieherisch  hypnotisiert  (Amphitr.  prolog.  149).  Ihr 
heimeliges  Licht  flackert  aber  wieder  auf  in  den  Räumen  des 
Theätre  fran9ais,  wenn  Moliere,  Plautus  variierend,  seinen  'Amphitruo^ 
auf  die  Bretter  führt,  und  wie  bei  ihm,  so  dient  sie  in  H.  v.  Kleists 
gleichnamigen,    von  Molieres  Komödie   inspirierten,    aber  psycho- 


▼•B  K.  Hartmaio.  357 

logisch    oDd    szeniflch    bedaatend   tieferen    Stack   lar   Erzielung 
borksker  Wirkungen  (Tgl.  die  ersten  Akte  beider  Stöcke). 

Zahlreiche  Proben  alten  antiken  Gutes,  an  das  wenige  metir 
denken,  liefert  ja  auch  die  Geschichte  des  Sprichworts  und  des 
Zitats.  Daß  z.  B.  ,,des  Herrn  Auge  die  Pferde  fett  macht'S  ist 
die  wörtlichste  Verdeutschung  einer  Stelle  aus  Aristoteles'  frag- 
mentarischem Oikonomikos  (A  1345  a).  Lessings  Tiel  zitiertem 
Sprach: 

„Wer  wird  nicht  einen  Klopatock  loben, 
Doch  wird  ihn  jeder  lesen?    Nein! 
Wir  wollen  weniger  erhoben 
Und  fleißiger  gelesen  sein'' 
dörfte  ein   fein  umgemodelter  Gedanke  Martials  zugrunde  liegen: 
Ibrtial  IV  49,10  läuft  ein  Epigramm  in  den  Gedanken  aus:   ilta 
(k.  carmina  epica) 

laudant  omnes,  mirantur,  adorant. 
Confiteor:  laudant  illa,  sed  ista  legunt. 
Die  Epiker  preist  man  in  allen  Tonarten,  meine  Muse  aber 
lodet  —  Leser.  Bei  der  starken  Benutzung  des  Martial  durch 
Imng,  der  ja  auch  seinen  Sinngedicbten  ein  Motto  aus  dem 
Idfter  des  Epigramms  Torausschickt,  liegt  der  Gedanke  an  Be- 
adossung  nahe  genug. 

Ganz   besonders  aber  tritt  uns  die  Erinnerung  an  die  „ver- 

iUte''  Antike  greifbar  deutlich  entgegen,  wenn  wir  eine  Musterung 

jearr  eleganten  Bezeichnungen  psychischer  Sonderstimmungen  vor- 

Bcäjnea,  ebne  die  der  flotte  Feuiiletonist  schwer  auskommt:  seit- 

»0,  wie  mancher  dieser  der  Verdeutschung  widerstrebenden  Be- 

iriffe  aus  griechischem  Parbentopf  stammt    Da  ist  das  „mokante** 

Lächeln  (die  f^wxUt,  die  man  im  Antlitz  des  Aristoteles  zu  lesen 

glaubte;  Pauly-Wissowa  II  1,1019  gibt  einen  feinen  Zug  zu  seinem 

Porträt):   von  „ironisch*'  und  „skeptisch**  und  „sarkastisdi"'  sehen 

wir  als  wohlbekannten  Dingen  völlig  ab,    aber    das  „sardonische** 

Lächeln  des  Lebemannes,   der  „kaustische*'  Witz  des  alten  Herrn 

ttod  andere  Lieblingsworte  eleganten  Stils  zieren  das  Wörterbuch 

des  Altphilologen    so  gut  wie   den  ««guten  Ratgeber**  angehender 

Romanschriftsteller.     Versteckte  Grobheit  gefällt  sich   wohl  auch 

darin,    eine    „Verkalkung    des    Gehirns**    bei   uns    rückstandigen 

Humanisten    anzunehmen.     So   hat   schon   der  alte  Epiklet  seine 

Gegner  behandelt:  er  spricht  in  solchem  Falle  (ngog  iixadfjfjux'i^ 

xovg  Diatr.  I  5,  3)  von  einer    änolid'watq  rov  vofjjixov,    einer 

Eit^enschaft,    die    natürlich    ganz    besonders   auch  den  Skeptikern 

zukommt,    den  Leuten,    die    der  Deutsche  Hegel  in   seiner  heute 

vergessenen  Geschichte  der  Philosophie,  wenn  ich  nicht  irre,  mit 

«Dverkennbar    antiken    Idiomlauten    „intellektuelle    Paralytiker'* 

naoole. 

Geben    wir    zum  Schlüsse  vom   spöttischen  Angrifi"  des  ein- 
zelnen  auf  seine  Gegner  zu  den  allbeliebten  Spöttereien  über,  die 


/ 


358  Dentfche  Literatorgeiekiehte  in  Prima, 

zwischen  Städten,  Gauen  und  Völkern  hinüber-  und  her  überflogen, 
so  findet  sich  beispielsweise  zu  der  Tatsache,  daß  vom  Volkswitz 
der  Kelte  und  seine  Nachkommen  gern  als  „Faselhanse,  Wind- 
beutel, Hanswurste''  bezeichnet  werden,  meines  Wissens  der  erste 
klassische  Niederschlag  in  Arrians  Anabasis  (I  4,  6).  Dort  spricht 
Alexander  der  Große,  als  keltische  Gesandte  sich  aus  einer  heiklen 
Frage  mit  pfiffigem  Witz  ziehen,  das  große  Wort  aus:  die  Kelten 
sind  eben  —  älatoysg,  ein  Wort,  sofort  begrifi*en,  schwer  über- 
setzbar: Windbeutel,  Poseure,  Hanswurste,  das  mag  etwa  darin 
liegen.  Arrian  ist,  wie  schon  sein  „Jagdbucb''  zeigt,  Keltenkenner, 
aber  die  Anekdote  ist  älter  und  stammt  aas  den  vorzüglichen 
Memoiren  des  Ptolemäus  Lagi.  Vom  Franzosen  ist  der  Sprung 
nicht  weit  zu  „Tommy  Atkins'S  dem  Typ  des  englischen  Hiliz- 
soldaten.  Es  war  in  den  Tagen  der  Burenkämpfe,  daß  in  engli* 
sehen  Blättern  wütend  gegen  die  freche  Behauptung  französiBcher 
und  deutscher  Journale,  ihre  „Tommies''  hätten  vielfach  krummes 
Beingestell,  geeifert  wurde.  Nun  hatten  wir  ja  des  öftern  gelesen, 
daß  die  sehr  häufige  Rachitis  in  England  seit  aller  Zeit  so  zahl- 
reiche Veranlassung  zu  frühzeitiger,  oft  bleibender  Beinkrümmung 
gebe,  und  nach  dem  guten  Spruch:  „Alles  wissen  heißt  alles  ver- 
zeihen" hätten  wir  ihren  Soldaten  ein  windschiefes  Gestell  a  priori 
nicht  verübelt;  aber  belustigend  wirkt  es  doch,  wenn  sich  solche 
Behauptung  zurückfuhren  läßt  bis  —  Strabo.  Denn  so  scbildert 
er  die  Britensöhne  seiner  Zeit  (Strabo  8.  200):  ßka$aovg  xal 
zaXXa  ovx  evygdfAfAOvg  %y  avardcs^.  Was  aber  ßXakttol  be- 
deutet, verrät  uns  mit  der  Gründlichkeit  alter  Lexikographie  Henricus 
Stephanus,  wenn  er  es  deutet:  ßlaasog  =^  valgus:  cui  distorta 
sunt  et  prava  crura  et  cui  genua  et  tibiae  conversae  sunt. 

Bayreuth.  Karl  Hartmann. 

Deutsche  Literaturgeschichte  in  Prima, 

Die  Behandlung  der  deutschen  Literatur  in  der  Prima  hat 
sich  in  den  letzten  Jahrzehnten  wesentlich  geändert.  Früher  er* 
folgte  vom  Katheder  herab  in  mehr  oder  weniger  gelehrtem  Vor- 
trag unter  gelegentlicher  Vorlesung  von  Proben  eine  Belehrung 
der  Schüler  über  die  gesamte  Literaturgeschichte,  und  daneben 
wurden  einige  Dramen  der  Klassiker  mit  verteilten  Rollen  gelesen. 
Jetzt  ist  der  Lehrer  von  der  Bühne  herabgestiegen  und  steht 
mitten  unter  seinen  Schülern.  In  beider  Händen  befindet  sich  das 
einzig  notwendige  Material,  die  für  die  Schule  in  Betracht 
kommenden  Werke  unserer  Dichter,  und  beide  versuchen  mit- 
einander in  den  Kunstwert  und  Ideengehalt  der  erhabensten 
Dichtungen  einzudringen.  Der  Bildungs-  und  Lebensgang  der 
Verfasser  wird  zum  Verständnis  herangezogen  und  von  Zeit  zu 
Zeit  auf  den  Zusammenhang  der  literarischen  Erscheinungen  hin- 
gewiesen. 


von  K.  Kiosel.  359 

•  * 

Dafi  wir  bei  solcbem  Betriebe  eioen  Leitfaden  der  Literatur- 
gescbichte  nicht  gut  entbehren  können,  ist  fast  allgemeiD  an- 
erkannt. Denn  mit  dem  bloßen  Durcharbeiten  und  Genießen  ist 
es  nicht  getan.  Soll  die  Schule  Schule  bleiben,  so  muß  ihr 
Ziel  zugleich  auf  Obersicht,  Wiederholung  und  Aneignung  eines 
gewissen  Stoffes  gerichtet  sein,  und  dazu  brauchen  wir  ein  Hilfs* 
buch.  Das  lehrt  die  Praxis;  und  es  scheint  nur  so,  daß  unsere 
obersten  Behörden  dem  abgeneigt  sind,  wenn  sie  alle  Anträge  auf 
Einführung  einer  bestimmten  Literaturgeschichte  abweisen.  Sie 
wollen  sich,  soviel  uns  bekannt  geworden  ist,  nur  nicht  auf 
gewisse  Bücher  festlegen,  sondern  den  freien  Gebrauch  den  Lehr* 
anstalten  überlassen. 

Denn  über  die  Beschaffenheit  einer  Scbul-Lileraturgeschicbte 
gehen  die  Ansichten  auseinander.  Die  einen  ziehen  ein  aus- 
drücklich für  den  Schulgebraucb  bestimmtes,  knapp  gehaltenes 
WiederhüluDgsbuch  vor,  das  in  keiner  Weise  weder  der  Arbeit 
des  Lehrers  durch  zusammenhängende  Darstellung,  noch  gar  der 
des  Schülers  durch  Inhaltsangaben  u.  dgl.  vorgreift.  Andre 
wiederum  wollen  dem  Primaner  eine  vollständige  selbständige 
Literaturgeschichte  in  die  Uand  geben,  aus  der  er  sieb  allein  be- 
lehren und  die  in  der  Schule  erworbenen  Kenntnisse  erbeblich 
erweitern  kann.  Diesem  Zwecke  dienen  der  altbekannte  Kluge, 
Klee  und  viele  andre.  Auf  diesem  Wege  gebt  auch  das  neue 
Viermänner-Buch  ^),  dessen  1.  Band  uns  hier  zur  Besprechung 
vorliegt.  Es  will  in  unsrer  Prima  ein  zweibändiges  Werk  ein- 
fahren, von  dem  der  2.  Band  die  Literatur  des  19.  Jahrhunderts 
behandeln  soll. 

Neu  ist  an  dem  Werke  zunächst  dies,  daß  es  im  Vorwort 
ober  ein  andres  wegwerfende  Bemerkungen  macht,  die  dies  offen- 
bar in  den  Augen  der  Schulmänner  herabsetzen  sollen.  „Ein 
neueres,  doch  auch  schon  wiederholt  aufgelegtes  Werkchen'',  so 
wird  der  Angriff  eingeleitet  auf  ein  Buch,  das  in  13  Jahren 
12  Auflagen  zu  je  2000  Exemplaren  erlebt  bat,  eben  in  12.  bis 
15.  Auflage  erscheint  und  von  Männern  verfaßt  ist,  die  sich  seit 
30  Jahren  wissenschaftlich  betätigt  haben.  Und  was  wird  ihm 
vorgeworfen?  1)  „Es  löst  die  Meisterdramen  in  verkunstelte 
Dispositionen  auf,  die  den  Schüler,  der  sie  sich  aneignen  soll, 
zur  Verzweiflung  bringen  müssen''.  Wenn  einer  von  den  vier 
Herren  einen  Blick  in  das  Vorwort  jenes  Buches  getan  hätte, 
würde   er    nicht    auf   einen  so    horrenden  Gedanken   gekommen 


M  Weiebers  Deatsche  Literator^eschicbte.  Für  höhere  Schulen 
nad  zon  privaten  Stodiom.  I.  Teil :  Bit  zam  Ausgtoge  der  klasstscheo  Periode. 
Bearbeitet  voo  Direktor  Prof.  Dr.  £.  Gotjabr  (Leipzig,  IV.  Realschule  mit 
Gymoasialklasseo),  Prof.  Dr,  H.  Draheim  (Berlin,  Kj^l.  Withelms-Gymoasiuui), 
Oberl.  Dr.  0.  Küotzel  (Leipzig,  IV.  Realschule  mit  Gymuasialklasseo),  Dr. 
Rob.  Riemaon  (Leipzig,  Realgymnasiam)  mit  10  Vollbildern.  Leipzig,  1907 
Dietriebscbe  Verlagsbocbbandroos,  Theodor  Weicher.     228  S. 


9^0  Deatsche  Literatargesebichte  in  Prina, 

sein,  daß  der  Schüler  sich  diese  Obersichten  des  Aufbaos  an- 
eignen soll.  Der  dreifache  NuUen,  von  dem  dort  die  Rede  ist, 
«rscheint  mir  allerdings  wertvoller,  als  dem  Primaner  ausführliche 
Inhaltsangaben  des  „Laokoon*'  (3  Druckseiten),  der  „Minna**  und 
,,Emilia^*  (je  2  Seiten)  gedruckt  in  die  Hand  zu  geben,  wie  es  in 
dem  neuen  Buch  nach  alten  Mustern  geschieht. 

2)  y,Huß  wird  zu  einem  Zeitgenossen  Luthers  gemacht**.  Vor 
solchen  Anwürfen  sollte  man  doch  wohl  bei  Kollegen  sicher  sein! 
Eine  der  Bearbeitungen  enthält  nämlich  den  Druckfehler  „Hußf 
oder:  gest.  1514^*.  Sollte  wohl  ein  Primaner  darüber  stolpern? 
Was  würden  die  vier  Herrn  sagen,  wenn  ich  ihnen  vorwürfe,  sie 
hätten  das  Rolandslied  ins  11.  Jahrhundert  versetzt  (vgl.  S.  12 
Z.  9  V.  u.,  wo  als  Abfassungsjahr  1031  angegeben  ist)?  Hoffent- 
lich würden  sie  das  lächerlich  finden. 

3)  „Hans  Sachs  wird  zu  einem  Geistesverwandten  Goethes 
gemacht**.  Vielleicht  darf  ich  die  Herrn  auf  Goethes  Worte 
aufmerksam  machen:  „Hans  Sachs,  der  wirklich  meisterliche 
Dichter,  lag  uns  am  nächsten.  Ein  wahres  Talent,  freilich  nicht 
wie  jene  Ritter  und  Hofmänner,  sondern  ein  schlichter  Burger, 
wie  wir  uns  auch  zu  sein  rühmten.  Ein  didaktischer 
Realismus  sagte  uns  zu**  usw.  Und  dabei  wagen  sie  den 
Ausfall:  „Was  ist  schlimmer,  die  objektive  Unrichtigkeit  oder  das 
grundfalsche  Urteil**? 

4)  Ober  den  letzten  Vorwurf,  von  Gryphius  nur  die  Lust- 
spiele, nicht  auch  die  Tragödien  erwähnt  und  Freiligrath  und  Geibel 
ausführlicher  als  Hebbel  und  Heine  behandelt  zu  haben,  kann  man 
wohl  hinwegsehen.  Es  kommt  meines  Erachtens  nicht  darauf  an, 
nach  der  Elle  zu  messen  („in  langwierigen  Rechnungen  mußte 
die  Raumverteilung  festgelegt  werden'*  sagt  das  Vorwort), 
sondern  nach  dem  Wert,  den  ein  Dichter  oder  eine  Dichtung 
für  die  Schule  hat. 

In  dieser  Hinsicht  aber  ist  das  neue  Werk,  das  ausdrucklieb 
„zugleich  ein  gutes  Buch  und  ein  gutes  Lehrbuch**  sein  will, 
für  die  Schule  durchaus  ungeeignet.  Denn  es  enthält  in  seinen 
12  Kapiteln  eine  Fülle  von  Stoff,  der  für  einen  Schüler  wertlos 
und  für  die  Schule  ganz  unpassend  ist.  Das  ist  meines  Er- 
achtens ein  Rückfall  in  die  Zeiten,  wo  der  Lehrer  die  Fülle  seiner 
Gelehrsamkeit  über  den  Schüler  ausschüttete.  Man  beachte  nur 
das  4.  Kapitel  „Bürgerliche  Dichtung  und  Volkspoesie**,  wo  auf 
10  Druckseiten  über  Boner  und  Steinböwel,  Reinke  de  Vos, 
Erasmus  Alberus,  Waldis,  Rollenhagen,  Meistergesang  und  Volks- 
lied, Tegernseer  Antichrist  und  Redentiner  Osterspiel,  Eckhart, 
Seuse,  Tauler,  Volksbücher,  Chroniken,  Brant,  Geiler  und  Murner 
gehandelt  wird!  Einen  §  erhalten  Manuel,  Ayrer  und  Heinrich 
Julius,  einen  Hofmannswaldau,  Lohenslein  und  Weise,  einen 
Megerle  und  Moscherosch,  einen  Wolf,  Leibniz  und  Thomasius, 
einen    Geßner    und  Gerstenberg,    einen  Nicolai,   Engel,  Leisewitz 


VOM  R.  Kiosel.  361 

ond  Lichtenberg.  Wielands  Agathon  ist  ein  eigener  Paragraph 
gewidmet,  in  den  so  viel  anderes  hineingepreßt  ist,  daß  einem 
uDkaodigeD  Leser  der  Kopf  brummen  muß.  Hütten  mehr  als  eine 
Seite  zu  weihen  und  ihn  neben  Luther  als  volkstömlichsten 
Schriftsteller  der  Zeit  zu  bezeichnen,  ist  doch  h5chst  anfechtbar. 

Also  das  Buch  ist  für  die  höhere  Scliule  viel  zu  gelehrt  und 
trägt  diese  Gelehrsamkeit  oft  in  einer  schwerfälligen,  schwer  ver- 
siäodlichen  Sprache  vor.  Der  Schüler  wird  verleitet,  fertige 
Urleiie  über  Werke  zu  übernehmen,  die  er  gar  nicht  kennt,  auch 
iD  den  meisten  Fällen  nie  kennen  lernen  wird,  und  er  wird 
<iiese  über  Unbekanntes  gefällten  Urteile  nicht  verstehen.  Man 
Vergleiche  a.  a.  den  ersten  Satz  von  §  79:  „Der  von  dem 
sliernden  Bachdrucker  Richardson  in  England  1740  mit  der 
1'ameia'  eröffnete  bürgerliche  Koman  hatte  in  Gellerts  ^Schwedischer 
Gräfin' 1746  eine  deutsche  Naciifolge  gefunden,  die  noch  mit  zahi- 
reiclieQ  Elementen  des  Abenteuerromans  arbeitete  und  hinsichtlich 
^r  Charakteristik  auch  den  bescheidensten  Anforderungen  nicht 
Iftaögte.  Weit  näher  steht  uns  (?)  Wielands  1766  zuerst  er- 
«^»ener  Agathon**  usw.  Oder  S.  43  heißt  es  von  den  beiden 
|oleD  des  Redentiner  Osterspiels:  ,Jm  ersten,  dem  ernsten 
^1,  das  sich  in  vier  Handlangen  gliedert,  wird  die  vermutliche 
iiogheit  zuschanden;  im  zweiten,  dem  humoristischen 
^^eltsspiel,  das  nur  eine  Handlung  bildet,  aber  dem  ersten  Teil 
»  Umfang  fast  gleichkommt,  muß  die  Hölle  ihre  Niederlage  be* 
^«oneo.  Strenge  Einheit  der  Handlung,  tiefgedachte  Gruppierung 
^  Personen,  Frische  und  Volkstümlichkeit  sind  Vorzuge**  usw. 
^Jien  sich  das  unsre  Primaner  vielleicht  aneignen  oder  können  sie 
^nu$  irgend  einen  Nutzen  ziehen?  Oder  können  sie  etwa  aus  folgen- 
deioSatz  dea  wahren  Sachverhalt  entnehmen:  „Gryphius'  Absurda 
Oimica  oder  Herr  Peter  Squentz  entwickelt  im  Anschlüsse  an  ein 
l^olläodisches  Stuck  von  Grarosbergen  aus  den  Handwerkerszenen 
in  Shakespeares  Sommernachtstraum  eine  sehr  ergötzliche  Posse; 
(ierbkomisch,  freilich  etwas  zu  gelehrt,  wird  im  Horribilicribrifax 
<^ie  deutsche  Sprach  mengerei  verspottet**  usw.  Wissen  die  Primaner 
i^QQ,  was  ina  Peter  Squentz  steht,  und  triflTt  das  Gesagte  wirklich 
<lcQ  Inhalt  des  Soldatenspiels  mit  dem  langen  Namen?  Da, 
^^ine  ich,  war  es  besser,  hierüber  allein  und  etwas  mehr  zu 
^eo,  als  zugleich  den  Jesuiten  Causinus  und  den  Niederländer 
Joost  von  den  Vondel  zu  nennen,  um  die  „Katharina  von 
Worgien*'  und  den  „Leo  Armenius'*  anzubringen.  Klingt  es 
iii^bt  komisch,  wenn  es  von  Gryphius  heißt:  er  besaß  nicht  in 
^^n\  Grade  wie  Shakespeare  die  Fähigkeit  Menschen  zu  schildern? 
^nd  ist  es  nicht  schief,  von  einem  Manne,  der  so  gute  Lust- 
spiele schrieb,  zu  sagen,  daß  „seine  ganze  Poesie  der  Gedanke 
^n  Nichtigkeit  des  Irdischen  durchzieht**? 

Ich  bewundre  die  Gelehrsamkeit  der  vier  Herren,  die  manchen 
trefflichen  Gedanken   hervorgebracht   hat.     Aber  sie  hat  sie  ver- 


362  DeutBcbe  Literatargeschichte  in  Prima, 

leitet,  Dinge  in  dieses  Buch  zu  setzen,  die  seinem  Zwecke  zu- 
wider sind.  Was  soll  die  unmögliche  Form  Laikaz  mit  Stern  (got> 
laiks  usw.  vgl.  Schades  Altd.  Wh,)  in  einem  Schulbuch?  Was  die 
Bemerkung:  „Die  Kunsthistoriker  versetzen  die  Laokoongruppe 
teils  in  das  3.  Jh.  v.  Chr.,  teils  in  die  Zeit  der  pergamenischeu 
Skulpturen  um  100  v.  Chr.,  teils  in  die  römische  Kaiserzeit; 
eine  neuerdings  auf  Rhodos  gefundene  Inschrift  mit. dem  Namen 
eines  der  drei  Künstler  stammt  aus  dem  Jahre  42  vor  Christus''? 
Was  endlich  eine  Anm.  auf  S.  22,  die.  nur  dem  eingeweihten 
Germanisten  verständlich  ist:  „Ein  zweites,  monologisch  gehaltenes. 
Hartmann  zugeschriebenes  Buchlein  ist  nicht  von  ihm.  Gegen 
seine  Urheberschaft  spricht  außer  dem  Reimgebrauch  vor  allem 
auch  (!)  die  Hochstimmigkeit  der  Verse,  während  Hartmanns  Verse 
sonst  durchweg  zum  Tiefschluß  neig<*n'M  Ja,  das  gehört  in* 
Sievers'  Kolleg  oder  Seminar,  dem  es  wohl  entstammt,  aber  nicht 
in  ein  Schulbuch. 

Die  Gelehrsamkeit  hat  aber  die  vier  Herrn  nicht  einmal  vor 
schiefen  Urteilen  und  Irrtömern  bewahrt.  Es  kann  nicht  unsre 
Aufgabe  sein,  sie  alle  herauszusuchen,  aber  eine  Anzahl  sollen 
doch  hier  mitgeteilt  werden,  um  die  gute  Lehre  aufs  neue  zu 
übermitteln,  daß  man  nicht  mit  Steinen  werfen  soll,  wenn  man 
im  Glashause  sitzt. 

Zu  den  Irrtömern  ist  es  zu  rechnen,  wenn  man  von  Walther 
v.  d.  Vogelweide  behauptet,  er  sei  von  adliger  Abkunft,  und 
^enn  man  Wolfram  von  Eschenbach  ein  „Geschlecht"  zu- 
schreibt. Das  gibt  ein  vollkommen  falsches  Bild  ihrer  Standes- 
und der  Kulturverhältnisse  ihrer  Zeit.  Ebenso  unrichtig  ist  es,  von 
diesem  zu  sagen,  er  stand  mitten  im  literarischen  lieben  seiner 
Zeit,  und  von  jenem,  „er  dichtete  fromme  Marschlieder  für 
die  Pilger''  und  „er  feiert  nach  Spielmannsart  auch  das  einfache 
Mädchen".  Von  dem  Hildebrand  des  alten  Liedes  heißt  e«: 
,, Zitternd  vor  Freude  vernimmt  der  Alte,  daß  er  seinen  Sohn 
vor  sich  hat''.  Derselbe  Ausdruck  findet  sich  dann  bei  Hildgund : 
,.die  zitternde  Jungfrau  verbindet  die  Wunden",  wo  man  es 
allenfalls  durch  den  Vergilischen  Ausdruck  rechtfertigen  kann. 
Karl  der  Große  „hat  der  geistlichen  Dichtung  Vorschub  geleistet, 
indem  er  die  Sachsen  besiegle".  Ottfried  „unterbricht  die  Er- 
zählung immer  aufs  neue  durch  lehrhafte  und  lyrische  Aus- 
lassungen'S  Der  Heiland  „spiegelt  das  halbheidnische  Denken 
seiner  Zeit  wieder".  Im  A.  Heinrich  ist  ein  legendarischer  (statt 
legendenarliger)  Stoff  verarbeitet.  „Opitz  ging  hauptsächlich  von 
den  Niederländern  aus.  Dagegen  wurden  die  Gesellschaften  zur 
Reinerhaltung  der  deutschen  Sprache  von  Fremdwörtern  und 
unschönen  Bildungen  i  n  INacliahmung  der  florentinischen  Acaderoia 
della  crusca  gegrundet'S 

Man  beachte  hier  und  an  einigen  andern  angeführten  Stellen 
den  Stil  und  bedenke,  daß  die  Verf.  in  ihrem  Vorwort  gegen  Klees 


.   voa  K.  Kiosel.  363 

Literaturgeschichte  sagen,  sie  eigne  sieb  eher  för  Lehrer  als  für 
Schiller;  in  den  abstrakten  Text  dringe  häufig  selbst  der  Kundige 
nur  mit  Mühe  ein!  —  Die  Kritik  der  Ana kreontiker  lautet:  ,,8ie 
tändelten  nicht  immer  ganz  natürlich'*  usw.  Kleists 
Frühling  „leidet  stark  unter  der  verkunstelten  Form'S  Die  Be- 
leuchtung des  Messias  ist  unzulänglich  und  unklar,  för  Schüler 
unbedingt  werllos.  Ebenso  die  der  Oden;  , lauter  Urteile,  aber 
keine  Einführung,  und  die  besten  (die  Gedichte  auf  Meta)  sind 
gar  nicht  einmal  erwähnt,  während  den  Dramen  und  der  Prosa 
eine  Druckseite  gewidmet  ist;  von  Klopstocks  Behandlung  des 
Rhythmus  wird  ganz  geschwiegen.  Bürgers  Leonore  erhält  ca.  30, 
Klopstocks  Oden  40  Zeilen,  Burger  insgesamt  3  Seiten,  mit  dem 
Urteil,  daß  er  nach  Goethe  die  erste  Stelle  im  Liebeslied  einnehme, 
Klopstock  insgesamt  21  Seite.  Und  dabei  sagt  das  Vorwort,  daß 
Tor  der  Ausarbeitung  die  Raumverleilung  in  langwierigen 
Rechnungen  festgelegt  worden  sei!  Die  Bedeutung  der 
Italienischen  Reise  ist  ganz  unzulänglich  dargestellt  und  unter  den 
Friederiken -Liedern  das  wichtigste  (.,Willkommen  und  Abschied'') 
ganz  vergessen. 

Zum  Schluß    will    ich    nur   noch   hervorbeben,    daß  die  Be- 
deutung der  Opitzischen  metrischen  Beform  unklar  und  oberfläch- 
lich behandelt  ist.     Es  ist  nicht  richtig,  zu  sagen,  Opitz  empfahl 
den  lambus  und  Trochäus,    nicht    aber  den  Daktylus  („denn 
er    gleichwoi    auch    kan    geduldet   werden,    wenn    er  mit  Unter- 
scheide   gesatzt    wird'*)    und    erhob    den  Alexandriner  zum    ge- 
bräuchlichsten   Versmaße;    unrichtig    auch,    daß  Sachs  nur 
die  Silben    gezählt   habe.     Wie  hätte  denn  Goethe  gerade  seinen 
„leichten    Rhythmus''    rühmen    und     im    Faust    und    anderswo 
anwenden    können?     Haben    denn    die    übrigen  besseren  Dichter 
des  t6.  Jahrhunderts,    die  Liederdichter  wie  die  Epiker,  wirklich 
unter  Verkennung    des  Rhythmus    nur  die  Silben  gezählt?  Opitz 
hat    hier    ofTenbar,     wie    aus    den    im    7.    Kapitel    angeführten 
Beispielen    deutlich  hervorgeht,    die  gelehrten  INachahmungen  und 
Nachbildungen  fremder  Rhythmen  im  Auge.      Was  er  in  seinem 
Büchlein    so    laut  verkündet,  haben  ja  alle  Verständigen  vor  ihm 
and  zu  seiner  Zeit  auch  ausgesprochen  und  geübt.     Und  daß  er 
mit  seiner  rhythmischen  Klapperei  der  deutschen  Dichtung  mehr 
geschadet    als    genutzt    hat,    tritt   sofort    hervor,  als  Männer  mit 
gesundem  Gefühl  für  den  deutschen  Rhythmus  wie  Klopslock  und 
Goethe  erscheinen. 

Ich  hoflTe,  das  Angeführte  wird  dazu  beitragen,  den  Ver- 
fasser des  Vorworts  (nicht  alle  vier  Herrn  scheinen  dafür  ver- 
antwortlich zu  sein)  etwas  bescheidener  zu  stimmen  und  das 
Buch  von  unsern  höhern  Lehranstalten  fernzuhalten. 

Friedenau  bei  Berlin.  Karl  Kinzel. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


LITERARISCHE  BERICHTE. 


L.  Nodoagel,  Das  höhere  Schulwesen  im  Großberzogtan  Hesseo. 
Gesetze,  Verordoao^eo  ood  Verfd^ao^eo.  1.  Machtra^  (März  1903 — 
Jali  1904).  2.  Nachtrags  (Auepost  1904— Juli  1906).  Giefieo  1905  bzw. 
1906,  Eioii  Roth.    46  bzw.  39  S.     1,20  bzw.  1  JC. 

Wie  zu  der  Sammlung,  die  A.  Beier  für  die  höheren  Schulen 
Preußens  veranstaltet  hat,  erscheinen  auch  zu  dem  Werke  von 
Nodnagel,  das  hier  früher  angezeigt  worden  ist,  Nachträge,  durch 
die  das  Verallen  des  Hauptwerkes  hintangehalten  wird,  indem 
sie  das  unterdessen  hinzugekommene  Neue  in  den  entsprechenden 
Kapiteln  nachtragen.  Es  wird  genügen,  an  dieser  Stelle  für  die 
Interessenten  auf  das  Erscheinen  hinzuweisen,  ohne  auf  den  In- 
halt im  einzelnen  einzugehen.  Pur  den  Gebrauch  ist  die  Ein- 
richtung Beiers,  der  in  jedem  Ergänzungsheft  das  Sachregister 
Yollständii;  wiederholt,  wohl  vorzuziehen.  Sie  erspart  dem  Benutzer 
di«;  Notwendigkeit,  an  verschiedenen  Stellen  nachzuschlagen,  d.  h. 
sie  nimmt  ihm  mechanische  Arbeit  ab. 

Nordhausen  a.  Harz.  Max  Nath. 


Joseph  Loos,  Enzyklopädisches  Haodboch  der  Brziehangs- 
kaode.  Band  I  (A— L).  Wieo  uod  Leipzig  1906,  A.  Piehlers  Witwe 
Q.  Soho.     1071  8.    geb.  18  Jt- 

Was  das  „Enzyklopädische  Handbuch  der  Pädagogik**  von 
W.  Rein  für  das  Deutsche  Reich  trefflich  leistet,  ein  lexikalisches 
Repertorium  für  den  gesamten  Umfang  des  Erziehungswesens  zu 
sein,  das  hatte  für  Österreich  vor  25  Jahren  G.  A.  Lindner  mit 
seinem  „Enzyklopädischen  Handbuche  der  Erzielning''  zu  erreichen 
gewünscht.  Dieses  Werk  eines  Mannes,  „auf  dem  sicheren  Unter- 
grunde Herbartscher  Pädagogik  ruhend",  zeigte  die  natürlichen 
Vorzüge  und  Mängel  seines  Ursprungs;  es  war  einheitlich,  aber 
auch  einseitig.  Die  Vorzüge  überwogen  aber  derartig,  daß  das 
Buch  vier  Autlagen  erlebt  hat.  Lindner  ist  schon  1887  gestorben. 
Bis  1900  blieb  das  Werk  verwaist.  In  diesem  Jahre  schloß  der 
Verleger  mit  Herman  Schiller  wegen  einer  gründlichen  Neu- 
bearbeitung ab.  Schiller  ist  rüstig  an  der  Arbeit  gewesen;  als  er 
1902  starb,  hatte  er  A — F  im  Manuskript  vollendet.  Von  diesem 
Nachlasse  ist  viel  in  die    vorliegende  Auflage    herübergenommen; 


Le«fy  Eoxyklop.  Haadb^  d.  Brxiehnafikoade,  ai^z.  y.  Fofier.  365 

sonst  ist  sie  aber  so  stark  verändert  worden,  daß  mit  Recht  weder 
Liodners  noch  Schillers  Name  im  Titel  genannt  ist,  sondern  nur 
unter  den  Artikeln,  die  auf  sie  xurQckgehen. 

Der  neue  Bearbeiter,  Landesscbulinitpektor  in  Linz,  ist  im 
Deutschen  Reiche  nicht  unbekannt  geblieben.  Loos  ist  ein  fleißiger 
Besucher  der  wichtigsten  SchulmännerTersammlungen  und  hat  sich 
viele  Sympathien  erworben.  Das  Handbuch  ist  nicht  von  ihm 
allein  verfaßt,  sondern  wird  nur  von  ihm  herausgegeben.  Eine 
große  Zahl  Mitarbeiter  hat  er  gewonnen,  unter  denen  Namen  vom 
besten  Klange  reichlich  vertreten  sind,  ^atörlich  überwiegen  die 
Österreicher.  Da  trifft  man  auf  den  Veteranen  Otto  Willmann, 
auf  seinen  Prager  Kollegen  Alois  HöOer,  auf  Hergel,  Hintner, 
Huemer,  Thumser  u.  a«,  und  nicht  am  seltensten  auf  den  Heraus- 
geber Loos  selbst.  Aber  auch  aus  dem  „Reiche'*  sind  die  Häupt- 
linge zahlreich  vertreten.  Cauer,  0.  Heine,  Oskar  Jäger,  Rud. 
Lehmann,  Muff,  Natorp,  Rein,  von  Sallwfirk,  Ublig,  Rieh.  Wehmer, 
Rud.  Windel  haben  wichtige  Artikel  geliefert,  z.  B.  Cauer  die  über 
den  griechischen  und  lateinischen  Unterricht.  Dazu  kommen  die 
Vertreter  der  Volksschulpädagogik  und  des  Fachschulwesens  aus 
beiden  Reichen;  alles  in  allem  eine  illustre  Gesellschaft! 

Die  Arbeit  des  Herausgebers  ist,  von  seinen  zahlreichen  und 
gediegenen  Artikeln  abgesehen,  sehr  bedeutend  gewesen.  Die  ver- 
schiedenartigsten Bestrebungen  forderten  Beröcksichtigung.  Das 
Handbuch,  zunächst  für  Österreich  bestimmt,  sollte  und  konnte 
doch  die  Verhältnisse  im  Reiche  nicht  vernachlässigen.  Die  ein- 
zelnen Wissensgebiete,  die  verschiedenen  Disziplinen  und  Schul- 
arten mußten  gebührend  zu  Worte  kommen,  und  doch  durfte  sich 
keine  auf  Kosten  der  andern  breitmachen.  Ferner  sollten  Ab- 
bildungen, Faksimiles  u.  ä.  Beiwerk  nicht  fehlen,  und  schließlich 
mußte  das  Ganze  in  zwei  allenfalls  handlichen  Bänden  unter- 
gebracht werden,  damit  der  Preis  auch  für  den  einzelnen  er- 
schwinglich bliebe.  Erlägt  man  dies  alles,  so  muß  man  der 
Tätigkeit  des  Herausgebers  volle  Anerkennung  zollen.  Er  ist  sich 
nach  der  Vorrede  selbst  bewußt,  daß  noch  manche  Unebenheit 
geblieben  ist,  und  wer  m6cbte  sich  mit  ihm  nicht  dies  und  das 
anders  wünschen?  Z.  B.  ist  ein  Lutherbild  beigegeben,  das  einen 
pietistischen  Predigtamtskandidaten  vorstellen  könnte.  Aber  es 
steht  bei  einem  Artikel  (vom  Pfarrer  Antonius  in  Wien),  den  wir 
uns  gar  nicht  besser  wünschen  könnten.  Wir  erkennen  über- 
haupt die  Parität  lobend  an,  die  sich  in  der  Aufnahme  der  Artikel 
Luther,  Bugenhagen,  Herder  u.  a.  und  mehr  noch  durch  deren 
lobalt  und  Ton  kund  tut.  Wie  eifrig  der  Herausgeber  bemüht 
gewesen  ist,  diametral  entgegengesetzten  Ansichten  Raum  zu  geben, 
erkennen  wir  z.  B.  aus  der  Aufnahme  der  Artikel  „Kirche  und 
Schule*^  von  Andreae  und  „Konfessionelle  Schulen^'  von  Zöclibauer. 
Dort  tritt  ein  Liberaler  für  die  Beseitigung  der  geistlichen  Schul- 
aufsicht   ein»    hier   ein   strenger  Katholik  für  die  konfessionellen 


366  J'^ooS}  Eozyklopidif  ches  HaodbQch  d.  Erziehoog^s  kubde, 

Kirchenschulen.  Loos  hat  sich  begnügt,  wechselseitig  durch  eine 
Fußnote  auf  den  Gegenarlikel  zu  verweisen.  Wir,  die  wir  uns 
durch  abweichende  Ansichten  nicht  aufreden,  sondern  anregen 
lassen,  sehen  auch  in  dieser  Eigenart  d^s  Werkes  keinen  Mangel, 
eher  das  Gegenteil.  Es  ist  immer  noch  besser,  schwarz  und  weiß 
Gegensätze  zu  nennen,  als  sie  zum  Grau  zu  vermengen.  Im 
vorliegenden  Falle  billigen  wir  Zöchbauers  Standpunkt  nicht  und 
halten  ihn  für  zu  eng,  aber  er  ist  ehrlich  und  fest  vertreten; 
darum  lassen  wir  uns  ihn  gefallen.  Mit  Recht  betont  er,  daß  es 
sich  im  Grunde  nicht  um  abweichende  Ansichten  und  pei^sönliciie 
Stimmungen  handele,  sondern  um  entgegengesetzte  Weltan- 
schauungen. Um  nichts  Geringeres.  Welcher  von  beiden  die  Zu- 
kunft und  besonders  die  SchuJe  frehören  wird,  wer  vermag  das 
zu  sagen?  Daß  der  Kampf  noch  nicht  so  unbedingt  zugunsten 
der  liberalen  Denkweise  entschieden  ist,  wie  in  unsern  Kreisen 
meistens  angenommen  wird,  ist  auch  eine  Lehre,  die  wir  aus  Lous* 
Erziehungskunde  ziehen  können.  Aber,  wie  gesagt,  unverträglich 
erscheinen  uns  hier  die  Gegensätze  nicht,  und  das  ist  das  Ver- 
dienst des  Redaktors. 

Die  illustrierenden  Reigaben  sind  in  der  großen  Mehrzahl 
nicht  nur  gut  geraten,  sondern,  was  wichtiger  ist,  zweckmäßig 
ausgewählt.  Selbst  ganze  Schriftstöcke  sind  in  Faksimile  bei- 
gegeben, z.  R.  von  Jahn,  Gedike,  Rasedow,  Herbart,  dazu  Proben 
aus  allen  Ruchern,  namentlich  Fibeln  usw.,  ferner  Tabellen  über 
Lehrpläne  und  Gehaltsbezüge,  Grundrisse  und  Abbildungen  von 
Schulhäusern,  Schulstuben,  sogar  aus  Japan,  und  manches  andere. 
Jeder  wird  etwas  Anziehendes  und  Lehrreiches  finden.  Deshalb 
ist  das  Ruch  ja  doch  nicht  zum  Rilderbuche  geworden. 

Unter  den  Artikeln  sind  einige  etwas  dilrftig  oder  trocken 
ausgefallen;  daß  die  dörre  Statistik  sich  indessen  störend  bemerk- 
bar machte,  läßt  sich  nicht  behaupten.  Auf  der  andern  Seite  ist 
die  Anzahl  der  frisch  geschriebenen,  die  Stoffmasse  geschickt  be- 
wältigenden Abschnitte  —  auch  solcher  über  das  Volksschulwesen  — 
erfreulicherweise  recht  groß.  Eingehend  sind  z.  R.  die  hygienischen 
Fragen  von  Wehmer  behandelt,  die  körperlichen  Übungen  von 
Schröer  (beide  sind  Rerliner);  die  allgemeinen  Artikel  ober  Unter- 
richt und  Erziehung  stammen  großenteils  von  Loos,  v.  Sallwörk, 
Willmann;  beachtenswert  sind  femer  die  Arbeiten  über  die  Fibel 
von  Ambros,  über  die  Ethik  von  Schiller-Leclair,  über  erste  Hilfe 
bei  Unglücksfällen  mit  zahlreichen  Abbildungen  von  Hergel,  über 
Einzel-  und  Massen  Unterricht  von  Thalmayr,  über  deutschen  Unter- 
richt von  Streinz  in  Wien,  ober  Kunstpflege  u.  ä.  von  Langt,  um 
nur  einiges  aus  der  reichen  Fülle  namhaft  zu  machen.  Der  zweite 
Rand  wird  hoffentlich  eine  Übersicht  bringen,  aus  der  der  Anteil 
der  einzelnen  Hitarbeiter  ersichtlich  wird.  Die  Literatur  ist  am 
Ende  jedes  Artikels  verzeichnet,  freilich  in  ungleicher  Ausdehnung. 
Die  Angaben  sollten  doch  recht  genau  sein  und  ins  einzelne  gehen. 


«DC^ez.  voD  F.  Füg^oer.  367 

Die  allgemeineD  Werke  braticbten  nicht  so  oft  angeföhrt  zu  sein. 
Dafür  wäre  ihre  ZusammeDstelluDg  irgendwo  zweckmäßig  gewesen 
mit  korzer  Beurteilung  ihres  Charakters,  Standpunktes,  Wertes  und 
Preises.  Wäre  das  geschehen,  so  wQrden  Hinweise  genügen«  wie 
Ziegler  S.  300,   Kehr  S.  100. 

Ein  eigentümlicher  Vorzug  des  Handbuches  ist  aus  der  ge- 
schilderten Oberwindung  der  großen  Schwierigkeit  entstanden, 
sowohl  österreichischen  als  reichsdeutschen  Lesern  gerecht  zu 
werden.  Wir  sind  nämlich  dadurch  in  den  Stand  gesetzt,  beider 
Länder  pädagogische  Eigenart  miteinander  zu  vergleichen.  Nicht 
immer  föUt  das  Schlußurteii  zugunsten  des  Reichs,  speziell  Preußens 
aus,  namentlich  wenn  wir  bedenken,  daß  nationale  und  teilweise 
wohl  auch  materielle  Umstände  der  österreichischen  Schule  be- 
sondere Hemmnisse  bereiten.  Ich  erwähne  nur  die  geringere 
Wochenstundenzahl  der  dortigen  Kollegen,  den  dort  eingebürgerten 
Unterricht  in  der  Philosophie,  die  weitgehende  Unterstützung 
ärmerer  Schuler.  Aber  auch  in  den  häufigeren  Fällen,  wo  wir 
wohl  den  Österreichern  etwas  voraus  sind,  ist  es  für  uns  lehr- 
rpicb  und  erhebend  zu  sehen,  wie  frisch  und  treu  unsere  s^üd- 
östlichen  Brüder  sich  nach  dem  strecken,  das  vor  ihnen  ist.  Wir 
rufen  den  wackeren  Vorposten  deutscher  Bildung  und  Erziehungs- 
iunst  ein  herzliches  Glückauf!  zu.  Ihre  Bemühung  um  deutsche 
Art  ist  för  die  Gesamtheit  ein  Trost  und  ein  Sporn;  daß  wir  es 
ao  uns  nicht  fehlen  lassen,  den  Brüdern  in  der  Grenzmark  zu 
helfen,  beweisen  die  reichsdeutschen  Männer,  die  den  trefflichen 
Loos  unterstützt  haben.  In  dieser  Hinsicht  bedeutet  das  schöne 
Werk  auch  eine  nationale  Tat,  die  hoffentlich  im  Reiche  durch 
lauf  und  Benutzung  lebhaft  anerkannt  wird. 

Zum  Schloß  wollen  wir  uns  mit  dem  kurz  beschäftigen,  was 
Paul  Cauer  über  griechischen  und  lateinischen  Sprachunterricht 
gesagt  hat.  Seine  Auslassungen  über  den  Unterricht  in  den  alten 
Sprachen,  so  kurz  sie  auch  nach  dem  Plan  des  Buches  ausfallen 
mußten,  sind  näherer  Betrachtung  wert.  Dennoch  bedauere  ich, 
daß  gerade  diese  kein  Österreicher  bearbeitet  hat.  Denn  es  wurde 
besonders  lehrreich  sein  zu  hören,  wie  man  sich  dort  mit  einem 
unverhältnismäßig  hohen  Lehrziel  abfindet.  Daß  man  dort  mäßige 
Anspräche  zu  machen  gelernt  hat,  ersiebt  man  z.  B.  aus  dem 
Artikel  „Kommentare*'.  Der  Verf.  dieses  Artikels  bricht  sogar  eine 
Lanze  für  die  Inhaltsangaben  am  Rande  des  Schriftsteliertextes, 
«eiche  die  Wut  der  „Aufrechten**  in  besonderem  Grade  erregt 
haben;  ihretwegen  hat  den  Marginaliern  Aly  beinahe  rooral  insanity 
rorgeworfen.  Der  verständige  Mann  bemerkt  ganz  richtig  (S.  869), 
wir  ließen  diese  Orientierungshilfen  uns  in  wissenschaftlichen 
Werken  wie  Mommsens  Römischer  Geschichte  ganz  gern  gefallen, 
mißgönnten  sie  aber  den  Quartanern.  Indessen,  „es  rast  der  See 
und  will  sein  Opfer  haben**,  und  so  habe  auch  ich  diese  Marginalien 
um    des   lieben  Friedens  wegen  geopfert.     Mein  Herz  bat  nie  an 


368  J*  Loof,  Eozyklopädischet  Handbueh  d.  ErziehaDC^skonde, 

ihnen  gehangen:  es  geht  auch  so,  nämlich  ohne  sie,  und  es  ginge 
auch  recht  gut  anders,  nämlich  mit  ihnen.  Nun  aher  zu  Gauers 
Ansichten  zurück  1  Ich  schlage  ihm  vor,  die  nächste  Schrift,  die 
er  erscheinen  lassen  will,  zu  betiteln:  „Hörst  du  auch,  was  du 
liesest?'*  So  richtig  weist  er  auf  die  Wichtigkeit  des  Ohrs  fär 
die  Erlernung  der  alten  Sprachen  hin.  Was  würde  er  zu  einem 
Lehrer  sagen,  der  sich  rühmt,  100  und  mehr  Homerverse  in  einer 
Stunde  fertig  zu  bringen,  natürlich  ohne  sie  zu  lesen?  Lesen 
und  wieder  lesen,  zu  Hause  laut  lesen  und  sinngemäß,  das  ist 
die  beste  und  anziehendste  Vorbereitung.  Sinngemäßes  Lesen  der 
einfachsten  lateinischen  (und  deutschen!)  Sätze  von  unten  auf, 
seitens  des  einzelnen  wie  der  Klasse,  kann  nicht  genug  verlangt 
und  geübt  werden.  Ich  lege  den  größten  Wert  auf  dieses  I^esen 
und  das  sich  ans  Lesen  leicht  und  natürlich  anlehnende  Sprechen 
über  das,  was  eben  gelesen  worden  ist,  mag  es  auch  noch  so 
elementar,  stockend,  lückenhaft  vor  sich  gehen.  Dann  kann  die 
Accentlehre  im  Griechischen  allerdings  entbehrt  werden,  ohne  daß 
man  gerade  das  lateinische  Pänultimagesetz  anwenden  müßte.  In 
der  griechischen  Stunde  höre  und  spreche  der  Knabe  möglichst 
viele  griechische  Wörter,  nicht  gerade  als  Vokabeln,  sondern  in 
ihren  Funktionen;  in  der  lateinischen  sei  dasselbe  mit  den 
lateinischen  der  Fall.  Gauer  hebt  als  Annehmhchkeit  hervor,  daß 
erst  reifere  Schüler  das  Griechische  beginnen.  Darum  könne  man 
das  analytische  Verfahren  öfter  und  nützlicher  anwenden  als  sonst; 
die  Aneignung  des  Wortschatzes  könne  wissenschaftlicher  vor  sich 
gehen,  das  Einlesen  in  die  Literatur  rascher  und  anziehender. 
Richtig;  deshalb  wird  man  jedoch  nicht  zur  Ahrensschen  Methode 
greifen  wollen.  Die  Zeugen  leben  noch,  die  diese  beschuldigen, 
sie  seien  ihretwegen  niemals  im  Griechischen  sicher  und  ruhig 
geworden.  Im  ersten  Jahre  scheint  es  nach  ihr  glatt  und  leicht, 
im  zweiten  um  so  schwerer  und  stolpriger  zu  gehen.  Trotz  aller 
gegensätzlichen  Stimmen  hier  in  Hannover  glaube  ich  doch,  Cauer 
hat  mit  seinen  Bedenken  recht;  „der  erste  Kurs  scheint  keinen 
sicheren  Maßstab  der  Beurteilung  zuzulassen*',  das,  glaube  ich, 
wird  nicht  bestritten  werden  können.  Ober  den  Beginn  mit 
Xenophonlektüre  (Richter-Przygode)  äußert  sich  C.  nicht;  vielleicht 
denkt  er  darüber  anders.  Das  Lexikon  will  er  früh  in  die  Schüler- 
band  geben  und  zwar  mit  sorgfältiger  Einführung  durch  den 
Lehrer.  Ich  bezweiQe,  daß  die  frühe  Benutzung  eines  umfang- 
reicheren Wörterbuches  nötig  und  heilsam  ist.  Wenn  der  Sekundaner 
zu  ihm  greift,  ist  es  früh  genug.  Denn  es  scheint  zweckmäßig, 
zuvor  einen  tüchtigen  Vorrat  von  Vokabeln  und  Wortverbindungen 
einzuheimsen,  und  zwar  unter  planmäßiger  Benutzung  der  Etymo- 
logie, für  die  auch  Gauer  eintritt.  Daß  in  meinem  Gäsar>Hilfs- 
hefte  der  Wortschatz  des  Autors  etymologisch  geordnet  dargeboten 
und  sehr  fleißig  benutzt  wird,  ist  auch  Gauer  wohl  nicht  ent- 
gangen.   Die  Bedenken  gegen  die  etymologische  Anordnung  sind 


aDgex.  voB  F.  FngBer.  .  369 


\ 


längst  Terstumint,  ihre  Vorzöge  werden  immer  lebhafter  gewfirdigU 
Etymologische  Spielereien  und  Entbehrlichkeiten  wollen  wir  aller«- 
Jings  nicht  treiben.  Gewiß  bietet  die  Etymologie  dem  lateinischen 
Unterricht  weniger  Hilfe  als  dem  griechischen,  aber  mehr  hilft 
sie  doch  auch  dort,  als  man  gemeiniglich  glaubt  Waldes  Etymo- 
logisches Wörterbuch  kann  den  Beweis  liefern.  Ich  meine  auch, 
daß  wir  auf  ein  methodisch  abgestuftes  Erwerben  des  Wortschatzes 
mehr  Zeit  und  Kraft  verwenden  sollten,  als  gewöhnlich  geschieht, 
indem  wir  weniger  Vokabeilernen  treiben  als  Wortkunde  im  ganzen 
Umfange  des  Sinnes,  aber  immer  im  Hinblick  auf  die  Lektüre» 
Und  dabei  die  Orthoepie  ja  nicht  gering  schätzen!  Cauer  meint, 
wollten  wir  Kikero  und  exerkitium  sprechen,  so  worden  wir  damit 
das  Lateinische  erst  recht  zu  einer  toten  Sprache  machen.  Ich 
kann  ihm  darin  nicht  beistimmen.  Wie  stände  es  dann  mit  dem 
Griechischen,  wo  wir  doch  solche  Torheiten  wie  die  Palatalisierung 
des  k-Lautes  und  die  Assibilierung  des  t-Lautes  nicht  machen  r 
Man  spreche  eine  Sprache  so  genau  nach,  wie  man  es  irgend  ver- 
mag, das  erfordert  die  Wissenschaft,  die  Wahrhaftigkeit  und  der 
praktische  Nutzen  bei  der  Erlernung.  Ebenso  sollte  die  Semasio- 
logie allmählich  immer  mehr  zu  ihrem  Rechte  kommen.  Die  ein- 
fachsten Gesetze  des  Bedeutungswandels  können  dem  Schüler  sehr 
vobl  zum  Bewußtsein  gebracht  werden,  sonst  ist  ja  auch  eine 
gewandte  und  sichere  Benutzung  des  Lexikons  ausgeschlossen. 

Cauer  warnt  davor,  sich  bei  den  stilistischen  Kunstausdrucken 
zu  beruhigen,  ohne  in  die  Klarlegung  des  besonderen  Falles  ein- 
zudringen. Bdit  Schlagwörtern  wie  Ellipse,  Metonymie  ist  in  der 
Tat  wenig  gesagt,  wenn  eine  nähere  Erklärung  unterlassen  wird. 
Ton  Fall  zu  Fall  soll  man  jene  Namen  erst  mit  Inhalt  füllen. 
Die  grammatische  Belehrung  hüte  sich  vor  der  Oberschätzung  der 
Induktion;  diese  müsse  mit  Deduktion  abwechseln  und  Hand  in 
Hand  gehen.  Die  genetische  Behandlung  sei  gut,  wo  sie  am  Platze 
sei,  namentlich  in  den  oberen  Klassen  zur  Vertiefung  des  Ver- 
ständnisses, aber  das  „Pauken'^  dürfe  darüber  nicht  vernachlässigt 
werden.  Die  Sammlung  von  Lesefrüchten  befürwortet  Cauer;  wir 
führten  als  Schüler  ein  „VVinkebuch'*  mit  dem  Motto:  „Ein  guter 
Wink  trägt  manchmal  gute  Früchte*'.  Die  Anlegung  erfordert 
aber  Zeit,  die  Kontrolle  ist  unerläßlich,  die  Ausnutzung  läßt  i«*icht 
zu  wünschen  übrig.  Um  so  mehr  Wert  lege  ich  auf  die  Pflege 
des  Gedächtnisses,  aber  das  einmal  Gelernte  muß  denn  auch 
immer  wieder  aufgefrischt  werden.  Bei  häufigem  Wechsel  des 
Lehrers  ist  dies  leider  kaum  durchführbar.  Was  die  Realien  be- 
trifft, 80  ist  es  bei  dem  Verfasser  der  Palaestra  vitae  bemerkens- 
wert, daß  er  vor  ihrer  Überschätzung  warnt;  denn  die  Haupt- 
aufgabe des  Unterrichts  sei  doch  eine  geistige.  Viel  besser  wurde 
es  um  die  Kenntnis  der  „Altertümer'*  bestellt  sein,  wenn  das 
ceterum  censeo  Cauers  erfüllt  und  an  den  Gymnasien  In  II  zwei 
Jahre  lang  alte  Geschichte  getrieben  würde.  Ob  wir  das  noch  erleben? 

SMtMbr.  f.  d.  GTmaadAlwaMB.    LZL    6.  24 


370  P*  Croazer,  Maftres  et  Pareuts, 

Was  Cauer  Ober  die  Lektüre  ausfuhrt,  ist  meistens  zutreffend. 
Doch  kann  ich  seine  Vorh'ebe  fQr  den  echten,  unverfälschten,  un- 
verbesserten  Nepos  ganz  und  gar  nicht  teilen  und  schwer  be- 
greifen. Der  Philologe  in  ihm  scheint  in  diesem  Falle  den  Pädagogen 
zu  erdrücken.  Schon  das  Urteil  „ein  wirklieber  römischer  Autor 
mit  lebendigem,  nicht  gemachtem  Latein''  werden  nicht  viele 
unterschreiben,  das  Neposlatein  ist  nur  zu  sehr  „gemacht'*  und 
nur  in  sehr  fragwürdigem  Sinne  „lebendig"  zu  nennen.  Außer- 
dem soll  er  doch  in  Quarta  gelesen  werden!  „Die  sprachlichen 
Schwierigkeiten,  die  er  bietet,  lassen  sich  überwinden  und  werden 
dann  gerade  recht  fruchtbar".  Das  erste  ist  mit  Einschränkung 
richtig,  das  zweite  nicht,  und  wäre  es  der  Fall,  dann  täte  man 
wahrlich  besser,  die  Zeit  in  Quarta  auf  andere  Dinge  zu  ver- 
wenden, die  unentbehrlicher  sind.  Cauer  sieht  sich  denn  auch 
genötigt,  auf  selbständiges  Präparieren  der  Schüler  das  ganze  Jahr 
hindurch  zu  verzichten.  Das  geht  doch  viel  zu  weit  und  ist  bei 
einem  Nepos  castigatus  in  der  Tat  unnötig. 

Cauer  ist  ein  Feind  der  gedruckten  Präparationen  und  ein 
bedingter  Freund  der  Kommentare.  Seinen  Worten  pflichte  ich 
bei  und  wünsche,  daB  es  recht  viele  mit  mir  tun.  Dies  gilt  ganz 
besonders  von  dem,  was  er  gegen  die  sagt,  die  ihren  Schülern 
nur  die  „reinen  Texte"  gönnen  (während  sie  selbst  Kommentare 
benutzen!).  Das  ist  nichts  anderes  als  eine  philologische  Ver- 
stiegenheit. Daß  solche  Lehrer  durch  gedruckte  Übersetzungen 
und  Präparationen  betrogen  werden,  ist  ebenso  natürlich.  Freilich 
sollen  die  Schulausgaben  wissenschaftlichen  Geist  atmen;  denn 
„ein  Buch,  aus  dem  der  Lehrer  nichts  lernen  kann,  ist  auch  für 
die  Schüler  nicht  gut  genug".  Cauer  wird  hofTentlich  nicht  allen 
Herausgebern  von  Schulausgaben  das  Zeugnis  vorenthalten,  daß 
sie  sich  bemühen,  Wissenschaft  und  Schule  in  gerechter  Weise 
zu  befriedigen;  in  dubiis  und  in  mediis  freilich  entscheidet  das 
praktische  Bedürfnis  der  letzteren. 

Diese  kurze  Auseinandersetzung  mit  dem  Inhalte  einiger 
Artikel  aus  der  „Erziehungskunde",  die  vor  uns  liegt,  wird  den 
Lesern  wohl  am  besten  beweisen,  mit  wie  großem  Nutzen  sie 
das  ganze  Werk  verwerten  können.  Der  zweite  Band  wird  wahr- 
scheinlich den  ersten  an  Einheitlichkeit  nicht  nur  erreichen, 
sondern  noch  übertreffen.  Wir  können  ihm  mit  hohen  Er- 
wartungen entgegensehen. 

Hannover.  F.  Fügner. 

Paal  Crouzet,  l^aitres  et  Parents.  Etade  et  Enquete  sor  la  coope- 
ratioD  de  l'Ecole  et  da  Lycee  avec  la  Familie.  Paris  1906,  Armaod 
CoUo.     303  S.     8.     3,50/r. 

Den  Anlaß  zu  Crouzets  Werk  gab  das  von  einer  Reihe  von 
Professoren  zu  Toulouse  an  Lehrer  und  Eltern  gerichtete  Rund- 
schreiben vom  15.  Januar   1903,  worin  zu  Äußerungen  über  die 


sDgez.  voB  A.  Lange.  3?1 

Frage    des   Zasammenwirkens   von  Gymnasium    und   Familie  (la 
Cooperation  da  lycee  et  de  la  famille)   aufgefordert    wurde   nach 
dem  Vorgang  Ton  P.  Bui8Son,^der  bereits  im  „Manuel  general^^ 
«ine    ähnliche  Sammlung   von  Äußerungen    aus   den  Kreisen  der 
Lehrer    und    der  Eltern   über   die  Beziehungen   der  Schule    und 
der  Familie  (les  rapports  de  Tecole  et  de  la  famille)  für  das  Volks- 
schulwesen   veranlaßl    hatte.      Crouzet   aber  zieht  nicht  nur  das 
Volksschulwesen,    sondern    auch    das  höhere  Schulwesen  in 
den  Kreis  seiner  Betrachtungen;    er  wendet  sich  an  Lehrer  und 
Eitern  zugleich.     Die  Schwierigkeiten,  welche  eine  so  umfassende 
Art  der  Betrachtung  und    die  Verschiedenartigkeit  der  Leser  mit 
sich  bringt,  sind  ihm  nicht  entgangen  (S.  2;    il  aura  ^te  souvent 
difficile   de  satisfaire  et  d'intöresser  en  meme  temps  des  lecteurs 
si  divers). 

Crouzet  stellt  in  dem  vorbereitenden  Abschnitt  „Considerations 
geoerales  sur  la  Cooperation  des  parents  et  des  maitres''  zunächst 
den  Begriff  dieses  Zusammenwirkens  fest :  er  verwirft  ebenso  sehr 
den  „Absolutismus'*  Napoleons  L,  der  die  Familienerziehung  durch 
«ioe  völlig  gleichförmige  Staatserziehung  in   den  Lyzeen   ersetzen 
wollte,    wie  den    „Liberalismus*'  Condorcets,    welcher  der  Schule 
einzig  und  allein  den  Unterricht  zuwies,    während   er  die  ge- 
samte Erziehung  den  Eltern  überlassen  wollte.    Dem  gegenüber 
stellt  Crouzet  den  Grundsatz  auf:  „La  famille  participe  ä  l'education, 
mais  ne  la  gouverne  pas*'  (S.  9),  ebenso  wie  die  völlige  Loslösung 
des    Lycee    von    der   Familie,    soll   auch    die  Unterordnung    des 
Lycee  unter  die  Familie  vermieden  werden.     Der  augenblickliche 
Zustand  sei  unhaltbar:  „Le  Lycee  reste  trop  souvent  un  couvent 
moins  encore  par  ses  grilles   de  fer  que  par  ses  grilies  morales^* 
(S.  10).      Auf  der  anderen  Seite  bilde    die  Gleichgültigkeit  vieler 
Eltern  gegenüber  den  Fragen   der  Erziehung  ein  Haupthindernis 
für  ein  gedeihliches  Zusammenwirken  von  Haus  und  Schule.    Wenn 
Marcel  Prevost   in  seinen  Lettres  ä  Francoise  sagt:    „Par  Tesprit 
des  parents  doit  commencer  la  reforme  de  Tenseignement  secon- 
daire''  (des  höheren  Unterrtchtswesens),  so  stellt  Crouzet  dem  an 
die  Seite  den  Satz:  „Et  aussi  par  Tesprit  des  proviseurs,  censeurs, 
repetiteurs    (S.  11).      Er    wahrt  also  die  Rechte  der  Schule  und 
verlangt  ihre  Anerkennung  als  gleichberecbtiger  Faktor  neben  dem 
Elternhause,  wie  man  sieht,  sehr  vernünftige  Gedanken,   frei  von 
jeder  verkehrten  Einseitigkeit. 

Sodann  weist  Crouzet  die  Notwendigkeit  des  Zusammen- 
wirkens der  beiden  Faktoren,  Schule  und  Familie,  nach:  die 
Schule  kann  die  Aufgabe  der  Erziehung  für  sich  allein  nicht  ge- 
nugedd  lösen,  weil  sie  die  Individualität  ihrer  Zöglinge  nicht  ge- 
nügend berücksichtigen  kann;  diese  individuelle  Erziehung  muß 
sie  notgedrungen  im  wesentlichen  der  Familie  überlassen:  „Aussi 
semble-t-il  qtie  revienne  ä  la  famille  le  soin  de  donner  ä  renfaht 
la   culture   la    plus  personnelle,   tandis    que  tevient  ä  Tecöle  le 

24* 


372  P-  Croaxet,  Mtitres  et  Parents, 

soin  de  donner  ]a  culture  la  plus  generale.  Dans  sa  famillev 
chaque  eofant  b^neficiera  de  la  formation  specialerneDt  appropriee 
k  ses  facultes,  parce  qu'il  y  est  seul;  ä  T^cole,  il  jouira  de  la 
formatioD  generale  de  Tarne  humaine  parce  qu'ila  y  sont  tous'^ 
(S.  19). 

Den  wesentlichen  Unterschied  zwischen  der  FamilienerziebuDg 
und  der  Schulerziehung  findet  Crouzet  darin,  daß  die  Erziehung 
in  der  Familie  dem  Interesse  des  Kindes  unter- 
geordnet sei,  die  in  der  Schule  die  Sonderinteressen  des 
einzelnen  Kindes  dem  allgemeinen  Interesse  unterordne 
(S.  20:  .  .  „tandis  que  Teducation  dans  la  famille  est  subordornee 
ä  Tinter^t  de  Tenfant,  Teducation  publique,  sans  negliger  les 
interöts  personnels  de  ses  eleves,  subordonne  pourtant  Tenfant 
ä  la  soci^te,  ses  interöts  particuliers  aux  interöts  de  tous'^). 

Der  erste  Teil  der  eigen llichen  Abhandlung  selbst  be- 
schäftigt sich  mit  dem  Volksschulwesen  (Titel:  Dans 
Tenseignement  primaire).  Crouzet  hebt  hervor»  das  Zu- 
sammenwirken von  Haus  und  Schule  werde  hier  durch  den  einen 
Umstand  erleichtert,  daß  der  Volksschullebrer  den  Eltern  seiner 
Zöglinge  in  jeder  Hinsicht  näher  stehe  als  der  Lehrer  der  höheren 
Schule.  Aus  der  weiteren  Behandlung  des  Volksschulwesens  ver- 
dient als  charakteristisch  für  die  französische  Volksschule  in 
religiöser  Hinsicht  der  Grundsatz  hervorgehoben  zu  werden: 
„L^ecole  est  d'une  neutralite  absolue  entre  les  diverses 
riligions*'  (S.  33).  Durch  die  Einrichtung  regelmäßiger  monat- 
licher Mitteilungen  seitens  der  Schule  an  die  Ellern  über  die 
Fortschritte,  den  Fleiß  und  das  Verhalten  der  Schüler  steht  die 
französische  Volksschule  in  lebhafterer  Beziehung  mit  der  Familie 
als  bei  uns  in  Preußen. 

Ein  geschichllicher  Oberblick  zeigt,  wie  die  französische 
Schule  in  den  letzten  Jahrzehnten  sich  bemüht  hat,  das  ganze 
Leben  des  Kindes  zu  umspannen:  die  zweijährigen  Kleinen  nimmt 
bereits  die  ^cole  malernelle  auf  und  behält  sie,  bis  sie  mit 
6  Jahren  der  Volksschule  (ecole  primaire)  zugeführt  werden. 
Kinder  zu  weit  von  der  Schule  wohnender  oder  bei  der  Arbeit 
tagsüber  beschäftigter  Eltern  erhalten  ihren  Mitlagstisch  in  der 
cantine  scolaire;  nach  Schluß  des  Unterrichts  finden  sie  in  der 
Schule  selbst  Überwachung  bei  Anfertigung  ihrer  häuslichen  Auf- 
gaben; am  Sonntag  werden  sie  in  den  classes  de  garde,  in  den 
Ferien  die  gesunden  in  den  classes  de  vacances,  die  schwächlichen 
in  den  colonies  scolaires  de  vacances  in  Aufsicht,  bezw.  Pflege, 
genommen. 

Parallel  damit  ging  das  Streben,  die  Familie  für  die  Schule 
zu  interessieren,  und  mit  allen  Kräften  strebt  man  die  Vereini- 
gung von  Schule  und  Familie  an  (Punion  de  Tecole  et  de  la 
famille  S.  47).  Die  Schwierigkeiten,  die  sich  dem  entgegenstellen,, 
sowie  die  Mittel,  ein  gedeihliches  Zusammenwirken  beider  herbei- 


angox.  yoD  A.  Lange.  373 

iafuhren,  werden  dann  ausführlich  und  mit  großer  Sachkunde 
und  Sorgfalt  besprochen;  unter  anderen  Mitteln  empGehlt  Crou2et 
auch  zur  Belebung  des  Interesses  der  Eltern  an  der  Schule 
öffentliche  Schulfeiern  mit  Vorträgen  der  Schüler  (Deklamationen 
oder  Gesängen),  etwa  in  der  Art  unserer  Kaisersgeburtstagsfeiern; 
charakteristisch  ist  dabei  folgende  Äußerung:  „Tandis  que  chez 
nons  les  Utes  nationales  sont  Foccasion  de  vacances  qui  fönt 
Tider  Fecole,  en  Allemagne  elles  la  fönt  remplir,  Tecole  devenant 
ce  jour-lä  le  rendez-vous  de  la  nation'*  (S.  102). 

Der  zweite  Teil,  Dans  L'Enseignement  Secondaire, 
behandelt  das  höhere  Schulwesen  in  genau  derselben  Weise: 
zuerst  ein  geschichtlicher  Oberblick  über  die  Entwicklung  der 
Beziehungen  zwischen  der  höheren  Schule  und  den  Eltern  ihrer 
Schuler  in  Frankreich,  sodann  die  Betrachtung  der  Schwierig- 
keiten, die  sich  ihrem  gedeihlichen  Zusammenwirken  entgegen- 
stellen.  Als  die  hauptsächlichste  bezeichnet  Crouzet  die  tradi- 
tionelle klösterliche  Abgeschlossenheit  der  Internate  gegen  die 
Außenwelt,  die  auf  selten  der  Professoren  nicht  selten  eine  Ab- 
neigung gegen  jeden  Verkehr  mit  den  Eltern  zeitige  (S.  145)  oder 
sie  von  der  Cooperation  de  la  famille  et  du  lycee  ein  Oberwiegen 
des  Einflusses  der  Familie  befürchten  lasse.  Die  außerordentliche 
Cberfüllung  der  Lyzeen  hindere  die  Professoren,  ihre  Schüler 
genauer  kennen  zu  lernen:  was  für  einen  Zweck  habe  es,  die 
Eltern  von  Schülern,  die  man  gar  nicht  kenne,  zu  empfangen? 
(Das  Lycee  zu  Marseille  zählt  z.  B.  1800  Schüler!)  „Les  professeurs 
de  leur  cöte  constatent  qu'au  lieu  des  trente  ou  quarante  elöves 
qu'ils  dirigeaient  jadis  et  qu'ils  pou?aient  connattre  individuelle- 
ment,  ils  voient  aujourd'hui  rapidement  deßler  une  ou  deux 
centaines  d'el^ves,  vagues  ombres  pour  eux  plutöt  que  pr^cises 
realites**  (S.  149).  Das  alte  Professorengeschlecht  freilich  sei  im 
Aussterben  begriffen:  il  y  a  un  type  de  professeur  qui  disparalt, 
celui  du  professeur  ä  Fair  gourme,  au  ton  sec,  ä  la  parole  saus 
cesse  mena^ante  (S.  153). 

Auch  die  zu  große  Zahl  der  Lehrer  einer  Klasse  sei  hinder- 
lich, ebenso  ihre  zu  bescheidene  soziale  und  ii;esellschaftliche 
Stellung:    „ils  ne  sont  pas  du  monde*'  (S.  157). 

Auf  Seiten  der  Familien  sei  vor  allem  ihre  außerordent- 
liche qualitative  Verschiedenheit  ein  Hindernis;  im  großen  und 
ganzen  stehe  die  Familie  keineswegs  sympathisch  dem  Gymnasium 
gegenüber:  „Toutes  les  forces  de  I'egolsme  et  de  Texclusivisme 
familial  s'unissent  pour  faire  que  la  premiere  et  la  plus  naturelle 
attitude  de  la  famille  en  face  du  lycee  soit  moins  sympalhique 
qu'hostile*^  Das  schlimmste  Hindernis  sei  die  blinde  Elternliebe, 
die  nur  das  eine  Ziel  im  Auge  habe,  ihren  Sohn  einen  Preis  er- 
ringen zu  lassen,  die  Kurzsichtigkeit  der  Eltern,  die  vor  den 
Ohren  der  Kinder  das  Verfahren  der  Lehrer  kritisieren,  auf  diese 
schelten    oder    ihren  Söhnen    die  Schularbeiten  zum  großen  Teil 


3J4  ^'  Croazet,  .Maitres  et  Pareots, 

selbst  anfertigen  und  die  Lehrer  auf  alle  mögliche  Art  UuscheD 
lielfen^  ja  auch  die  Schuler  in  ihrem  Kampfe  gegen  die  Schul- 
gesetze unterstützen.  Die  Familien  entbehren  selbst  zu  sehr  der 
pädagogischen  Einsicht,  um  willige  und  nutzliche  Mithelfer  der 
Schule  sein  zu  können:  „Ainsi  tout  nous  conduit  devant  la  m^me 
difficulte:  l'insuffisance  de  Teducation  pedagogique  des  familles  et 
l'urgence  de  Tentreprendre'*  (S.  182).  „On  peut  presque  dire  que  la 
famille  d'aujourd'hui  fait  dans  Feducation  de  ses  enfants  une  faillite 
quotidienne"  (S.  197). 

Zusammenfassend    urteilt   er    S.  299:    „Quant   k  la  famille, 
«ans   doute    eile   est  le  plus  grand  obstacle,    inerte,   indiflereDte^ 
parfois  hostile,  surtout  plus  ignoranle  des  condilions  rationnelle« 
de  r^ducation  humaine  que  de  Celles  d'un    elevage    quelconque'% 
Unter  den  zahlreichen  Mitteln,  die  Crouzel  zur  Förderung 
des  Zusammenwirkens  der  Familie   und  der  höheren  Schule  vor- 
schlägt,  erwähnen   wir  folgende:  durch  die   „carnets  sanitaires'"^ 
soll  jedes  Lycee  vierteljährlich  den  Eltern  jedes  Schülers  genaue 
Angaben    des  Anstaltsarztes  über   die  Gesundheitsverhältnisse  des 
Schulers  zugeben  lassen  (S.  200).     Ein  „dossier  scolaire*'  soll  in 
der  Weise  angelegt  werden,    daß  für  jeden  Schuler  vom  Eintritt 
in  die  Schule  an  ein  besonderes  Aktenstuck  geführt  wird,  worauf 
jeder  Lehrer  seine  Beobachtungen    und    Bemerkungen    über   den 
Schüler  eintragen  soll,    um    beim  Übergang   der  Klasse  an  neue 
Lehrer   diesen    die  Kenntnis  der  Schüler  zu  erleichtern  (S.  205). 
Den  Eltern   jedes    eintretenden  Knaben    soll  ein    „questionnaire'^ 
zur  Ausfüllung  vorgelegt    werden  „sur  la  sanle,    le  temperament, 
le  caract^re,  les  disposilions  intellectuelles,  les  etudes  anterieures, 
les  aptitudes  et  les  points  faibles  de  Teofant''  (S.  207).    Die  Be- 
suche der  Eltern  bei  den  Lehrern  zur  Aussprache  über  ihre  Söhne 
sollen  dadurch  erleichtert  werden,    daß  jeder  Lehrer  wöchentlich 
eine  Sprechstunde  im  Schulgebäude  festsetzt  (S.  222).     Die  Schule 
soll    den  Eltern    gedruckte  Mitteilungen   über    die  Art,    wie    die 
Schüler  am  besten  ihre  häuj^liche  Vorbereitung  einzurichten  haben, 
zugehen  lassen  (S.  227  fi.)    Auch  soll  den  Eltern  von  Zeit  zu  Zeit 
regelmäßig  ein  Mitteilungsheft  (carnet  de  correspondance)  über  die 
Leistungen  und  das  Verhalten  des  Schülers  vorgelegt  werden,    in 
das  die  Eltern  gleichfalls  Mitteilungen  an  die  Lehrer  als  Antwort 
eintragen  können  (S.  231  ff.). 

Crouzel  wünscht  ferner,  daß  in  den  Jahresberichten  der  ein- 
zelnen Schulen  deren  Eigenart  mehr  berücksichtigt  und  den 
Eltern  genauere  Aufschlüsse  über  die  ganze  Organisation  der 
Schule  und  Ratschläge,  wie  sie  die  Arbeit  der  Schule  fördern 
könnten,  gegeben  werden;  daß  in  den  Reden  bei  der  Preis- 
verteilung pädagogische  Fragen  zur  Aufklärung  der  Eltern 
behandelt  werden;  daß  Monographieen  über  die  einzelnen  Lyzeen 
den  Eltern  gratis  zugestellt  werden,  ebenso  eine  für  den  Stand- 
punkt  der  Eltern    {)erechnete  Darstellung   über   das  Wesen    der 


•  Bgez.  von  A.  Lange.  375 

höheren  UnterrichUaostalten;  daß  die  Schulfeste  zur  Anknöpfung 
der  Verbindung  mit  den  Eltern  und  zur  Belebung  ihres  Interesses 
an  der  Schule  nutzbar  gemacht  werden;  daß  die  Internate  sich 
und  die  Schüler  nicht  so  streng  von  der  Außenwelt  abschließen, 
vor  allem  ihren  Zöglingen  öftere  Gelegenheit  zum  Verkehr  in 
ihren  Familien  bieten  sollen;  daß  die  einzelnen  Lyzeen  periodische 
VeröfiTentlichungen  für  die  Eltern  ihrer  Zöglinge  und  für  die  ehe- 
maligen Zöglinge  herausgeben,  die  sich  nicht  nur  auf  die  augen- 
blicklichen, sondern  auch  auf  die  früheren  Schüler  erstrecken 
sollen;  daß  die  Lehrer  nicht  so  oft  versetzt  werden,  und  daß 
die  Frage  erwogen  werde,  ob  es  nicht  besser  sei,  denselben 
Lehrer  seine  Klasse  mehrere  Jahre  hintereinander  unterrichten  zu 
lassen,  statt  alljährlich  mit  den  Lehrern  zu  wechseln. 

Großes  Interesse  für  die  Fragen  des  höheren  Unterrichts- 
wesens zeigen  die  überall  in  Verbindung  mit  den  Gymnasien  be- 
stehenden Associations  d'anciens  eleves  des  lycees  et  Colleges: 
Crouzet  verspricht  sich  daher  viel  davon,  wenn  die  Lehrer  der 
höheren  Schulen  an  ihren  Zusammenkünften  teilnehmen,  um  dazu 
beizutragen,  immer  mehr  Verständnis  für  pädagogische  Fragen  zu 
verbreiten. 

Mit  Recht  betont  Crouzet  S.  297,  daß  ein  gedeihliches  Zu- 
sammenwirken von  Schule  und  Haus  nur  auf  dem  Boden  völliger 
Freiheit  sich  entwickeln  könne:  „La  Cooperation  des  maitres  et 
des  parents  est  chose  trops  delicate  pour  n'^tre  pas  absolument 
librc'*. 

Trotz  aller  Schwierigkeiten  erhofft  Crouzet  ein  immer  leben- 
diger und  stärker  werdendes  Zusammenwirken  der  Hauptfaktoren, 
Schule  und  Haus,  auf  dem  Gebiete  der  Erziehung.  Er  schließt 
mit  den  V^orten :  „Montesquieu  remarquait  dejä  que  nous  recevons 
trois  edttcations  differentes  ou  contraires:  celle  de  nos  peres,  celle 
de  nos  maitres,  celle  du  monde.  Ce  qu'on  nous  dit  dans  la 
derniere  renverse  toutes  les  idees  des  premieres.  Le  but  de  la 
Cooperation  entre  maitres  et  parents  est  de  faire  que  ces  trois 
educations,  au  lieu  de  se  contredire,  s'associent  et  se  completent. 
Cet  ideal  vaut  bien  les  immenses  efforts  qu'il  coütera'^ 

Auf  diesem  außerordentlich  wichtigen  Gebiete  erweist  sich 
Crouzet  als  sachkundiger  Führer  und  umsichtiger  und  feinsinniger 
Beobachter.  Daher  bietet  sein  Buch  bei  aller  Verschiedenheit 
der  französischen  Schulverhältnisse  von  den  deutschen  doch  auch 
für  den  deutschen  Schulmann  so  viel  Interessantes  und  Anregen- 
des, daß  seine  Lektüre  jedem  bestens  empfohlen  werden  kann, 
zumal  da  das  Thema,  das  Zusammenwirken  von  Schule  und  Haus, 
diesseit  der  Vogesen  keine  geringere  Bedeutung  hat  als  jenselt 
derselben. 

Solingen.  Adolf  Lange. 


376  H.  Wegeoer,  Wir  jangeo  Mäo-ner!, 

Haas  Wegeoer,  Wir  jaogeD  MäDoer!  Üas  sexaella  Problem  des 
gebildeteo  jvogeo  Maooes  vor  der  Bhe:  Raiaheit,  Kraft,  Fraoen- 
liebe.   Dosaeldorf  1906,  Karl  Robert  Laogewiesehe.   216  S.  8.   1,80^« 

In  einer  Besprechung  von  Frank  Wedekinds  Kindertragödie 
„Pnlhlings  Erwachen'*  las  ich  gestern  frflh  im  Januarheft  der 
Preußischen  Jahrbücher  den  Satz:  „Zugleich  soU  die  sittliche  Un- 
sicherheit der  Lehrer  und  auch  der  häuslichen  Erziehung  getroflea 
werden,  die  nicht  den  Mut  und  die  innere  Freiheit  haben,  den 
jungen  Menschen,  die  die  innere  Wandlung  (vom  Knabenalter  zar 
Geschlechtsreife)  in  sich  erlebeni  in  freien  offnen  Worten  vom 
Natürlichen  zu  reden  und  dadurch  die  plötzlich  und  erschreckend 
erwachenden  neuen  Gefühle  zu  ordnen  und  zu  klären,  sondern 
den  jungen  Menschen  sich  selbst  überlassen  oder  gar  irreführen, 
so  daß  selbst  in  gesunden  Naturen  schwere  und  verhängnisyolle 
Krisen  eintreten''.  Und  weiter  wird  aus  dem  Stücke  erzählt: 
Eine  Mutter  kehrt  strahlend  zurück  aus  dem  Hause  ihrer  Yer> 
heirateten  Tochter,  die  eben  glücklich  eines  gesunden  Kindes 
genesen  ist;  die  jüngere  Tochter,  ein  in  Entwicklung  zur  Jung- 
frau begriffenes  Mädchen,  dringt  in  die  Mutter,  ihr  das  Geheimnis 
des  Gebarens  zu  enthüllen;  mit  der  Storchfabel  sei  es  doch  nichts. 
Die  Mutter  will  endlich  den  dringlichen  Bitten  des  Mädchens 
willfahren,  sucht  und  ringt  nach  Worten,  aber  findet  sie  nicht; 
„meine  liebe  Mutler  hat  es  mir  auch  nicht  gesagt''. 

Aber  warum  hat  es  ihr  denn  „die  liebe  Mutter*'  nicht 
gesagt?  warum  nicht  dem  erwachsenden  Jungen  der  Vater? 
warum  nicht  der  Lehrer?  der  Lehrer,  der,  wenn  er  seines  Amtes 
Würde  recht  versteht,  nicht  bloB  Wissenstoff  zu  überliefern  hat, 
sondern  dem  als  stolzeste  Pflicht  die  Erziehung,  die  animorum  cura 
zusteht? 

Ein  Zweifaches,  will  mir  scheinen,  trägt  die  Schuld. 

Zum  ersten  und  vor  allem:  eine  falsche  Stellung  zu  den 
Vorgängen  des  Geschlechtslebens  überhaupt  —  Prüderie,  die  ihren 
tiefsten  Grund  immer  in  innerer  Unsittlichkeit,  in  sinnlicher 
Lüsternheit  hat.  Man  steht  dem  Sexuellen  nicht  frei  und  un- 
befangen gegenüber,  sondern  hat  dabei  ein  böses  Gewissen.  Das 
liegt  teils  daran,  daB  viele,  allzuviele  sich  in  diesem  Punkt  tat- 
sächlich nicht  rein  fühlen;  weiter  aber  daran,  daß  wohl  die  meisten 
auf  illegalem  Wege  die  ersten  Kenntnisse  auf  diesem  Gebiete 
erlangt  haben:  ältere  Kameraden,  nicht  immer  gerade  die  besten, 
haben  sie  in  das  Geheimnis  eingeweiht,  „woher  die  Kinder  kommen". 
Es  war  verbotene  Frucht,  die  sie  genossen  haben;  sie  hatten 
dabei  ein  schlechtes  Gewissen,  und  so  blieb  von  diesem  Ursprung 
her  das  Sexualleben  dem  Sündlichen  in  ihrer  Vorstellung  eng 
benachbart 

Zum  andern:  es  fehlte  auf  diesem  Gebiete  fast  völlig  an 
einer  festen  Tradition.  Es  mußten  erst  die  Ausdrucksmittei 
geschaffen    werden,    um  von  diesen  Dingen  reden  zu  können,  so 


angoz.  voB  F.  Sättig.  377 

reden  zo  können,    wie  es  der  Jugend  gegenüber  nach  ihren  ver- 
schiedenen Altersstufen  angemessen  ist. 

Ich  sage:  es  fehlte.  Denn  seit  mehreren  Jahren  ist  man 
dabei,  den  £ltern  und  Erziehern  des  genaueren  die  Art  zu  weisen, 
wie  sie  davon  —  natürlich  und  schlicht  —  zu  den  Kindern 
teden  sollen.  Ich  erwähne  neben  der  vorzuglichen  und  nicht 
genug  zu  empfehlenden  Foersterschen  „Jugend lehre**  die  kleineren 
Schriften  von  Nelle  „Mutter  und  Kind**  (Gießen,  Töpelmann)  sowie 
Oker-Bloms  „Beim  Onkel  Doktor  auf  dem  Lande**  (Wien  und 
Leipzig,  A.  Pichlers  Witwe  und  Sohn);  auch  ich  selbst  habe  in 
einer  Schulandacht  für  das  von  mir  geleitete  Internat  „das  sechste 
Gebot**  behandelt  (Monatsschrift  f.  d.  kirchl.  Praxis.  5.  Jahrgang 
S.  16  ff.).  Außerdem  liegen  mir  zwei  Bände  der  Puritas- 
Bibliothek  vor.  die  von  dem  Amerikaner  Sylvanus  Stall  verfaßt, 
TOD  dem  Berliner  Stadtschulinspektor  Dr.  P.  v.  Gizycki  übersetzt, 
was  ein  Knabe,  was  ein  junger  Mann  wissen  muß,  besprechen* 

Diese  Zeilen  aber  sollen  dem  Wegenerschen  Buche  *Wir  jungen 
Männer'  gelten,  —  einem  Buche,  das  alle,  die  berufen  sind, 
älteren  Schulern  in  väterlicher  Freundschaft  Entwicklungsbeihilfe 
ZQ  leisten,  mit  viel  Gewinn  lesen  und  wiederlesen  werden.  Ich 
darf  das  Buch  empfehlen,  da  ich  es  auf  seinen  Wert  hin  geprüft 
und  bewährt  gefunden  habe. 

„Wir  wollen  ohne  Affektiertheit  von  einer  ernsten  Sache 
reden.  Wir  wollen  von  Natürlichem  natürlich  reden.  Wir 
wollen  nicht  einen  „Standpunkt  einnehmen**,  auf  dem  wir  fest* 
gehalten  werden,  sondern  einen  Weg  beschreiten,  auf  dem  wir 
Torwarts  kommen.  Als  verheirateter  junger  Mann,  der  erprobt 
hat,  was  er  sagt  und  fordert,  will  ich  zu  meinen  unverheirateten 
Kameraden  sprechen**.  —  Diese  Worte,  mit  denen  das  Buch  an- 
hebt, kennzeichnen  den  Ton  und  die  Haltung  der  ganzen  Schrift 
Keine  Moralpredigt!  „Nichts  liegt  mir  ferner  als  predigen  zu 
wollen;  da  ich  es  selbst  nicht  gut  vertragen  kann,  wenn  mich 
jemand  anpredigt,  so  verfahre  ich  nach  dem  Satze:  Was  du 
nicht  willst,  das  man  dir  tu,  das  füg  auch  keinem  andern  zu** 
(S.  209). 

Hans  Wegener  ist  meines  Wissens  Geistlicher;  seinem  Buche 
!nerkt  man  das  nicht  an,  und  darin  sehe  ich  einen  Vorzug.  Er 
^ill  die  Forderung  der  Reinheit  nicht  auf  die  Religion  begründen. 
Umgekehrt  führt  die  rechte  Straße:  Nur  der  Reine  findet  Gott; 
nur  er  begegnet  dem,  der  gerufen  hat:  Heil  denen,  die  reinen 
Benens  sind;  denn  sie  werden  Gott  erleben  (S.  214—216).  — 
Erst  im  Schlußwort  kommt  dem  Verfasser  das  Wort  *Gott*  auf 
die  Lippen;  als  höchste  Hübe  —  mit  heiliger  Scheu  —  zeigt  er 
den  Weggenossen,  die  er  so  weit  geführt  hat  und  von  denen  er 
nicht  weiß,  wann  er  ihnen  wieder  begegnen  wird,  den  Lebendigen, 
Ewigen.  —  Ich  sehe  darin,  wie  gesagt,  einen  Vorzug;  denn  ich 
halte  es  für  bedenklich,  in  pietistischer  Enge  nach  Art  des  Bundes 


378  ^-  Wegener,  Wir  jaogeo  Mänoor!, 

vom  weißen  Kreuze  bei  erwachsenden  jungen  Leuten  sittliche 
Reinheit  als  im  besonderen  Sinne  religiöse  Forderung  hin- 
zustellen und  sie  etwa  mit  dem  Dringen  auf  ein  reges  Gebets- 
leben  oder  auf  ein  persönliches  Verhältnis  zu  Jesus  als  dem 
Heiland  zu  verquicken.  Ich  kann  die  Befürchtung  nicht  unter- 
drücken,  daß  in  diesem  Falle  bei  Krisen  im  religiösen  Leben 
leicht  mit  der  Religion  auch  die  Sittlichkeit  Schiffbruch  leiden 
wird,  während  in  Wirklichkeit  die  innere  Tüchtigkeit,  die  Reinheit, 
der  Rettungsanker  sein  soll,  mit  dessen  Hilfe  sich  der  Zweifelnde 
wieder  zu  Gott  zurückfindet. 

An  der  Ehre  —  in  des  Wortes  bestem  Sinn  —  packt 
Wegener  die  jungen  Männer.  „Unsere  Ehre  (aber)  kann  nur 
darin  bestehen,  daß  wir  das  werden,  wozu  die  Keime  und  Kräfte 
in  uns  liegen  und  wozu  unsere  Zeit  uns  mit  lauten  Stimmen 
aufruft:  eine  lebendige,  einheitliche,  entwicklungsfrohe  und  starke 
Persönlichkeit''  (S.  21).  „Wahre  Ehre  ist  der  höhere  Selbst- 
erhaltungstrieb, das  immer  sich  steigernde  Erleben  unser  selbst, 
unseres  „Ich'',  dessen  Einheit,  Klarheit  und  Kraft  gewahrt  werden  muß, 
koste  es,  was  es  wolle"  (S.  23).  Nichts  aber  scheint  das  Werden 
des  Charakters,  die  Geschlossenheit  und  Harmonie  des  Seins  in 
dem  Maße  zu  zerstören  und  damit  den  jungen  Mann  am  Wert- 
vollsten, an  der  Ehre,  anzufechten  wie  der  Geschlechtstrieb.  — 
Aber  es  ist  nur  eine  scheinbar  feindliche  Macht.  In  Wahr- 
heit ist  er  höchstes  Gut  unsres  Naturlebens  und  mit  dem 
Geistigen  in  uns  untrennbar  verknüpft:  er  ist  es,  der  unsre 
Muskeln  schwellt  und  unsere  Augen  leuchten  macht,  unsern 
Gefühlen  Stärke  und  unsern  Gedanken  Schwung  gibt;  er  ist 
Werdewille  und  Schöpferkraft.  „Wir  wollen  uns  darüber  nicht 
täuschen,  daß  der  Geschlechtstrieb  der  stärkste  aller  Triebe  ist", 
aber  es  ist  unnatürlich,  sein  reiches,  vielgestaltiges  Triebleben 
von  diesem  einen  Triebe  allein  beherrschen  und  bestimmea 
zu  lassen;  es  gilt  die  natürliche  Eingliederung  des  Geschlechts- 
triebes in  das  Ganze  unseres  Charakters  und  Lebens  (S.  28). 

Die  Angabe  ist  —  die  Ehrfurcht  vor  uns  selbst,  um  einen 
mir  sehr  wertvoll  gewordenen  Ausdruck  Goethes  zu  gebrauchen, 
gebietet  es  uns  — ,  wie  sein  Leben  überhaupt  in  seine  Gewall 
zu  bringen,  so  im  besondern  den  Geschlechtstrieb,  ihn  un& 
Untertan  zu  machen,  uns  klar  zu  werden,  daß  wir  mit  den  kost* 
baren  Säften,  die  berufen  sind,  einst  neues  Leben  künftiger 
Generation  zu  bauen,  keine  ekle  Vergeudung  oder  frevles  Spiel 
treiben  dürfen,  sondern  gerade  im  Hinblick  auf  diese  hohe  Aufgabemil 
ihnen  haushälterisch  umgehen  und  sie  für  die  rechte  heilige  Liebe 
in  der  Ehe  zu  sparen  verpflichtet  sind. 

Aber  wie  erfüllen  wir  diese  Aufgabe?  „Wir  haben  einen 
Willen:  es  ist  nicht  nur  meine  Erfahrung,  sondern  die  vieler, 
daß  ein  tapferer,  fröhlicher  Wille  im  Bunde  mit  dem  ernsten 
Glauben  an  die  Gewißheit  des  Erfolges  unübersteigbar  scheinende 


•  o^ez.  voo  F.  Sattig.  379 

Hindernisse  überwunden  hat".  „Wenn  der  Wille  zur  rechten 
Zeit  and  in  natürlicher  Richtung  in  Bewegung  gesetzt  wird,  so 
braucht  ihm  kein  Hindernis  in  unserer  Umgebung,  keine  erbliche 
Last  so  schwer  zu  sein,  daB  er  sie  nicht  überwinden  könnte*^ 
(S.  49  f.). 

Es  kommt  also  nur  darauf  an,  dem  Willen  in  der  rechten 
Weise  dadurch  zu  Hilfe  zu  kommen,  daß  man  ihm  wirklich  er- 
strebenswerte Ziele  weist.  Man  verleihe  durch  ernste  wichtige 
Arbeit  und  edeln  Genuß,  der  wirkliche  Erholung  und  kein 
leeres  „Amüsement*^  ist,  seinem  Leben  W^ert;  „der  Wille  zur 
Arbeit,  deren  Frucht  uns  Freude  sein  soll,  ist  ein  Teil  des 
Willens  zur  Reinheit,  auf  dem  unsre  Ehre  beruht''  (8.  124).  Man 
sinne  darauf,  durch  vernünftige  Lebensführung,  durch  mäßigen 
Gebrauch  von  Alkohol  und  Nikotin  oder,  wenn  nötig,  durch  zeit- 
weilige oder  dauernde  Enthaltsamkeit,  durch  Abhärtung  ,  und 
geregelte  I^ibesübung  sich  einen  gesunden,  dem  Willen  des 
Geistes  gehorsamen  Leib  zu  bewahren  oder  zu  schafTeu.  „Es 
darf  sich  nicht  wie  eine  ewige  Krankheit  von  einem  Geschlecht 
zum  andern  vererben:  der  Geist  ist  willig,  aber  das  Fleisch  ist 
schwach.  Wie  der  Geist,  der  Wille  der  Erziehung  bedarf,  wenn 
er  seine  Meisterschaft  über  den  Körper  mit  Sicherheit  ausüben 
soll,  so  muß  auch  der  Leib  in  die  rechte  Verfassung  gebracht 
werden,  damit  er  dem  Geist  gehorche.  Der  beste  Reiter  wird  mit 
einem  wilden  Präriepferde  nichts  anzufangen  wissen'^   (S.  139). 

„Der  Reine  ist  der  Stärkste''  (S.  181).  Und  dem  Willen  zur 
Reinheit  komme  man  weiter  zu  Hilfe  durch  den  Gedanken  an 
das  nächste  Geschlecht.  „Wir  tragen  die  Leiber  und  Seelen 
unserer  Kinder  in  uns"  und  sind  für  sie  verantwortlich.  Man 
komme  ihm  zu  Hilfe  durch  den  Gedanken  an  das  Volksganze, 
gegen  das  jeder,  jeder  einzelne  ernste  Pllichten  hat;  denn  „nur 
durch  den  einzelnen  wird  ein  Volk"  (Arndt). 

Was  mich  bei  dem  Buche  so  sympathisch  berührt,  ist  der 
kräftige  Appell  an  den  Willen,  der  Glaube  an  seine  siegreiche  All- 
macht; alles  ist  möglich  dem,  der  da  will.  Nirgends  ein  Auf- 
wühlen impotenter  Affekte  wie  Schmerz  und  Reue,  nirgends 
niederdrückende  Angstmacherei,  sondern  lebhafte  Anregung  von 
Kraft-  und  Ehrgefühl.  Dabei  wird  natürlich  grundsätzlich  jener 
Geheimtuerei  der  Krieg  erklärt,  die  gegen  die  Wirklichkeiten 
des  Lebens  die  Augen  verschließt  und  Unschuld  mit  Unwissenheit 
verwechselt.  Diese  Methode,  die  den  Jungen  möglichst  lange  in 
„glücklicher"  Bewußtlosigkeit  über  das  Geschlechtsleben  erhalten 
zu  können  glaubt,  dabei  in  Wahrheit  aber  nur  den  gemeinen 
Einflüsterungen  nichtsnutziger  Kameraden  die  Bahn  frei  macht  und 
die  jungen  Seelen  so  ungewarnt  der  Vergiftung  preisgibt,  die  im 
Wichtigsten,  dem  Kernpunkt  des  sittlichen  Lebens,  die  Zügel  aus 
der  Hand  gibt  —  lediglich  mit  dem  Erfolge,  daß  unsaubre,  zu 
ihrer  Handhabung   allerungeschickteste  Hände   sie  freventlich  er- 


380  6-  A.  Klix,  Christliches  Gesangbuch, 

greifen,  —  dieser  Methode,  sage  ich,  sind  Menschenopfer  endlich 
genug  gefallen.  Ich  begrüße  es  mit  herzlicher  Freude,  daß  man 
hier  und  da  begonnen  hat,  die  Abiturienten  durch  den  Mund 
erfahrener  Ärzte  vor  den  Folgen  des  Verkehrs  mit  Prostituierten, 
den  nie  ganz  heilbaren  Geschlechtskrankheiten  zu  warnen.  Es 
muß  darin  noch  mehr  geschehen.  Unser  Buch  kann  und  wird 
dabei  helfen.  Einer  meiner  jungen  Freunde,  den  ich  nach  dem 
Eindruck,  den  die  Wegenersche  Schrift  auf  ihn  gemacht  habe« 
fragte,  schrieb  mir:  Wegeners  „Wir  jungen  Manner"  aus  dem  Ver* 
läge  Langewiesche  habe  ich  schon  gelesen  und  kenne  es  als  eia 
sehr  segensreiches  Buch.  Meiner  Ansicht  nach  könnte  es  in  aliea 
Bibliotheken  von  Sekunda  an  aufwärts  angeschafft  werden;  denn 
es  ist  besser,  der  Mensch  liest  ein  offenes,  ernstes  Wort  über 
diese  Fragen,  als  daß  er  heimlich  in  Lexikons  nachschnüfTelt  oder 
allzu  trübe  Erfahrungen  sammeln  muß''.  So  urteilt  ein  sitt- 
lich tüchtiger  junger  Mensch,  der  die  Verhältnisse  unter  seinen 
Kameraden  kennt. 

Für  junge  Männer  hat  Wegener  geschrieben;  auf  sie  will  er 
und  wird  er  wirken.  Dafür  bürgt  mir  die  Frische  und  JugendUcb- 
keit  seiner  Sprache,  die  rückhaltslose  Lebensbejahung,  der  bei 
allem  Ernste  frohe  Sinn.  Aber  ich  meine,  auch  jeder  Lehrer, 
der  trotz  aller  Schulunlustdünste  noch  unverbittert  sich  ein 
jugendliches  Herz  bewahrt  hat,  wird  das  Buch  mit  heller  Freude 
lesen  und  viel  daraus  lernen.  Vor  allem  eins:  Wie  man  Jangen 
zu  behandeln  hat  —  indem  man  sie  nicht  drückt,  sondern  sie 
bebt,  an  das  Gute  in  ihrem  Herzen  anknüpft  und  ihr  Ehrgefühl 
zu  wecken  sucht.  Die  Jungen  sollen  als  wichtigsten  Beweggrund 
ihres  Handelns  den  ergreifen,  daß  sie  auf  sich  halten:  Unwahr- 
haftigkeit,  Unkeuschheit,  Willensschwäche  geht  wie  Feigheit  gegen 
die  Ehre!  Pfui  über  den  deutschen  Jungen,  der  seine  Pflichten 
gegen  sich  und  sein  Vaterland,  das  auch  auf  ihn  rechnet,  verletzt 
und  sich  ehrlos  macht! 

Goldberg  i.  Schi.  Fritz  Sattig. 

G  A.  Klix,  Christliches  Gesao^buch  für  höhere  Uoterrichts- 
SDStalten.  Zwölfte  Aoflage,  oea  bearbeitet  vod  P.  Mälieosiefeo. 
Breslau,  FerdioaDd  Hirt.     VII  n.  184  S.    8.     geb.  1,60.4^. 

Klix,  der  s.  Z.  als  Berliner  Provinzial-Schulrat  für  das  höhere 
Schulwesen  Berlins  und  der  Provinz  Brandenburg  bekanntlich  von 
hervorragender  Bedeutung  gewesen  ist,  hat  bereits  im  Jahre  1859 
als  Direktor  in  Glogau  sein  christliches  Gesangbuch  für  höhere 
Unterrichtsanstalten  verfaßt  und  ein  für  den  Schulgebrauch  nach 
meiner  Ansicht  sehr  brauchbares  Buch  geschaffen.  Wer  eine 
Schule  leitet  und  sich  auch  die  Pflege  der  gottesdienstlichen  Seite 
im  Leben  der  Anstalt  angelegen  sein  läßt,  der  weiß,  daß  die 
Andachten  und  Feierlichkeiten  gar  zu  leicht  einen  monotonen 
Charakter   erhalten,    wenn    immer   wieder   dieselben    bekannten 


aogex.  von  K.  Boetticher.  3gl 

Liederstrophen  für  den  gemeinsamen  Gesang  ausgewählt  werden, 
meistens  die,  die  auch  sonst  schon  dem  Schüler  aus  dem  Religions* 
Unterricht  genau  bekannt  sind.  Klix  stellte  nach  bestimmten 
Gesichtspunkten  geordnet  für  alle  nur  möglichen  Anlässe  des 
Schullebens  ein  reiches  Liedermaterial  zusammen  und  überhob 
somit  Direktor  und  Lehrer  der  Mühe  des  Suchens  und  der  Ver- 
legenheit, in  die  man  gerät,  wenn  etwa  nur  die  „80  Kirchen- 
lieder^* in  der  Hand  der  Schüler  sind.  Zugleich  bot  er  einen 
zuverlässigen,  auf  die  Quellen  zurückgehenden  Text  und  trat 
hierdurch  der  Willkür  der  Textgestaltung  in  den  verschiedenen 
Gesangbüchern  entgegen. 

Wie  ist  es  nun  gekommen,  daß  ein  solches  Gesangbuch  nicht 
ohne  weiteres  die  80  Kirchenlieder  oder  andere  ähnliche  knappe 
Sammlungen  aus  dem  Felde  geschlagen  hat?  Denn  wenn  das 
Boch  auch  11  Auflagen  erlebt  hat,  so  bedeutet  dies  doch  für  die 
45  Jahre  seiner  Existenz  zu  wenig;  nach  dem  Hornschen  Ver- 
zeichnis sind  es  auch  nur  18  Anstalten,  an  denen  es  im  Gebrauch 
ist  Mir  scheint,  es  ist  zu  teuer.  Und  dies  wird  durch  den  Umfang 
des  Buches  veranlaßt,  der  nicht  etwa  allein  durch  die  größere 
Anzahl  der  Lieder,  sondern  durch  die  Anhänge  hervorgerufen 
worden  ist:  16  Seiten  griechische  und  lateinische  Hymnen, 
21  Seiten  Lutherscher  Katechismus  und  confessio  Augustana, 
d  Seiten  Liturgie  und  Bibeikalender. 

Hier  hätte,  wie  ich  meine,  der  Neubearbeiter  beschneiden 
können.  Sollten  denn  wirklich  an  irgend  einer  der  Anstalten,  an 
denen  das  Buch  eingeführt  ist,  diese  Anhänge  nötig  sein?  Ein 
Lehrbuch  für  den  Religionsunterricht  dürfte  unter  den  gegen- 
wärtigen Verhältnissen  überall  eingeführt  sein;  in  diesen  aber 
ist  der  wesentliche  Teil  jener  Anhänge  enthalten,  nämlich  der 
Luthersche  Katechismus,  die  confessio  Angustana  und  die  Liturgie; 
die  Hymnen  dürften  entbehrlich  sein,  wenn  man  sie  nicht  im 
Lehrbuch  findet;  selbst  der  Bibelkalender  wird  sich  erübrigen, 
da  die  bekannte  Beigabe  zur  Agende  für  die  Evangelische  Landes- 
kirche vom  Jahre  1895  wohl  an  jeder  Anstalt  amtlich  vorhanden 
ist  Läßt  man  dies  alles  weg,  so  würde  sich  der  Preis  wohl  um 
ein  Drittel  verringern,  also  fest  gebunden  etwa  1  M  kosten,  und 
das  ist  bei  unserem  großen  Schulbücheraufwand  wesentlich. 

Müllensiefen  hat  im  übrigen  der  Neubearbeitung  die  schon 
bei  der  Bearbeitung  des  Schulz-Klixschen  Biblischen  Lesebuches 
bewährte  Sorgfalt  entgegengebracht.  Er  hat  die  Lieder  gesichtet, 
für  eine  größere  Anzahl  herausgewiesener  Lieder  hat  er  alle  jene 
schönen  Lieder  aufgenommen,  die  uns  lieb  und  vertraut  sind, 
wie:  „Es  ist  ein  Reis  entsprungen'',  „Stille  Nacht'',  „Ich  bete  an 
die  Macht  der  Liebe",  „So  nimm  denn  meine  Hände"  u.  a.  Die 
Texte  hat  er  revidiert,  indem  er  das  Prinzip  der  Originalfassung, 
wie  der  erste  Herausgeber,  festgehalten,  aber  doch  hier  und  da 
aus  Gründen  des  Geschmackes   sich   leise  Änderungen    zu   nutze 


382  W.  Capelle,  Epiktet.   HandbUchleio  d.  Moral,  agz.  v.  A.  Jodss, 

gemacht  hat,  wie  sie  schon  die  Pro vinzial- Gesangbucher  von 
Brandenburg,  Pommern  und  Rheinland -Westfalen  vorgenommen 
haben. 

Ich  stimme  Mfillensiefen  vollständig  zu,  wenn  er  darüber 
klagt,  daß  jede  einzelne  Landeskirche  Deutschlands  und  in  Preußen 
gar  jede  einzelne  Provinz  nicht  nur  ihr  eigenes  Gesangbuch  hat, 
sondern  auch  die  gleichen  Lieder  oft  in  erheblicher  Textabweichung 
dem  evangelischen  Volke  bietet,  und  wenn  er  daher  die  Forde- 
rung erhebt,  es  möge  wie  dem  deutschen  Reichsheer,  so 
auch  den  deutsch-evangelischen  Schulen  ein  einheit- 
liches Gesangbuch  gegeben  werden.  Ich  wurde  mich 
freuen,  wenn  das  aus  praktisch-christlichem  Schulgeist  hervor- 
gegangene Gesangbuch  von  allen  höheren  Lehranstalten  bei  den 
gemeinsamen  Scbulandachten  in  Gebrauch  genommen  würde. 

Waidenburg  i.  Schles.  Karl  Boetticher. 

Wilhelm  Capelle,  £piktet.  Haadbiichleio  der  Moral.  Mit  Anhang 
aasgewäniter  Fragmente  verlorener  Diatriben.  Jena  1806,  fingen 
Diederichs.    XXXIl  u.  76  S.     8.     2  JC,  geb.  3,50  JC. 

In  Deutschland    ist   die  Kenntnis  Epiktets,    besonders  seiner 
Diatriben,  auf  einen  engen  Kreis  von  Lesern  beschränkt  geblieben. 
In  Frankreich    dagegen   ist  Epiktet,  wie  Seneca  und  Mark  Aurel, 
bei  allen  Gebildeten    viel   gelesen  und  gar  wohl  bekannt.     Schon 
Pascal    hat    ihn    hochgeschätzt.      Es  wird  Zeit,    daß  das  auch  in 
Deutschland  ähnlich  wird;  nicht  nur  bei  den  Gebildeten,  sondern 
im  „Volke'*  selbst  muß  er  bekannt  werden.     Gerade  im   Gegen- 
satz zu  den  irreführenden  Bestrebungen  unserer  Tage,  im  Gegen- 
satz   zu    dem    falschen  Idealismus    einseitig  ästhetischen  Lebens- 
genusses oder  gar  einer  ästhetischen  Religion  kann  er  ein  Führer 
mit  werden  zu  starker,    gesunder    Sittlichkeit,      Er    kann  helfen, 
uns  Charaktere  zu  bilden,  die  die  wahre  Freiheit   erringen,   sitt- 
liche Persönlichkeiten,  die  uns  gerade  heute  bitter  not  tun.     Nur 
darf   man    sich    nicht   darauf   beschränken,   seine  Diatriben  und 
sein  Encheiridion  wieder  und  wieder  zu  lesen,  sondern  man  muß 
ernsthaft  den  Versuch  machen,  danach  zu  leben.    Das  geht  nicht 
an  einem  Tage,  nur  in  langjähriger,  geistiger  „Askesis''  kann  es 
gelingen,    dem    sittlichen  Ideal    immer  näher  zu  kommen.  —  So 
der  Verf.  in  der  Vorrede.  —  Ich  kann  nur  versichern,  daß  Verf. 
alles    getan,    um    das    Buch    den  Lesern    so  empfehlenswert  wie 
möglich  zu  machen.     Die  Übersetzung  ist  in  dem  besten  Deutsch 
abgefaßt,  sie  liest  sich  wie  eine  moderne  Schrift.    Seinem  Zwecke 
gemäß    hat  Verf.    für    eine    vorzügliche  Ausstattung  gesorgt.     Zu 
einer  ruhigen,    sinnenden  Aufnahme  des  Gebotenen  trägt  im  be- 
sonderen die  höchst  angenehm  berührende  Üppigkeit  in  der  Son- 
derung des  Stoffes  bei.     Jede  einzelne  Betrachtung,  gleich  ob  lang 
oder  kurz,  hat  ihre  eigene  Seite.     Diese  äußere  Form  zwingt  den 
Leser,  das  Buch  von  vornherein  in  richtiger  Weise  zu  betrachten 


A.  Schmied  er,  Natur  nad  Sprache,  enget,  von  0.  Weise.    383 

und  zu  benutzen  —  als  sittliches  Erbauungsbuch,  in  dem  jeder 
Teil  gleichwertig  ist  mit  dem  andern;  ist  es  doch  kein  Buch, 
dessen  Gedanken  hintereinander  aufgenommen  werden  mQssen; 
der  Leser  soll  herausgreifen,  was  seiner  Stimmung  im  Äugen- 
blicke zusagt,  was  ihn  heute  erhebt,  was  ihn  ein  andermal  tröstet, 
was  ihn  lehrt  die  Weit  und  die  Mitmenschen  richtig  zu  beurteilen 
und  sich  selbst  zu  erkennen  und  zu  fördern. 

Verf.  hat  der  Ohersetzung  eine  treffliche  Einleitung  vorauf- 
geschickt, in  der  er  uns  im  großen  und  ganzen  ein  Sittenbild 
des  ersten  Jahrhunderts  der  römischen  Kaiserzeit  gibt.  Weiter 
schildert  er  das  Treiben  der  Philosophen,  die  sich  mit  ihrer 
populären  Predigt  an  die  breiten  Massen  des  Volks  auf  der  Straße 
und  auf  dem  Markt,  beim  Werktagstreiben  wie  bei  Festversamm- 
lungeo  wenden.  Freilich  sind  unter  ihnen  auch  unlautere  Ele- 
mente,  wie  sie  besonders  Lukian  entlarvt  hat,  aber  es  gibt  doch 
auch  wirkliche  Charaktere,  die  vom  reinsten  Streben  beseelt  die 
sittliche^  Besserung  ihrer  Mitmenschen  zu  ihrem  Berufe  erwählt 
haben.  Zu  diesen  rechnet  auch  Epiktet.  Diese  Männer  haben 
den  Weg  gebahnt,  den  die  christlichen  Prediger  der  ersten  Jahr- 
hunderte und  von  da  bis  ins  Mittelalter  hinein  gegangen  sind. 
An  diese  historischen  Mitteilungen  knöpft  Verf.  eine  Schilderung 
des  Kynismus  und  der  Stoa,  der  beiden  philosophischen  Richtungen 
jener  Zeit,  denen  es  allein  auf  den  Frieden  des  inneren  Menschen 
ankam.  In  ihnen  liegen  die  Hauptwurzeln  der  Lebensanscbauungen 
Epiktets.  Er  schließt  die  Einleitung  mit  einer  Charakteristik 
Epiktets  und  seiner  Gedankenwelt.  —  Epiktet  selbst  hat  nichts 
geschrieben  —  bei  seinen  Anschauungen  höchst  erklärlich.  Sein 
Schüler  Arrian,  der  Geschichtschreiber  Alexanders  des  Großen, 
hat  die  Ausspruche  und  Erörterungen  seines  Meisters  zu  eigenem 
Gebrauch  aufgezeichnet.  Doch  nur  ein  Teil  davon  ist  uns  er- 
halten. Daraus  bietet  uns  der  Verf.  das  „Handbuchlein*'  und  einen 
Anhang  „Aus  verlorenen  Diatriben*'. 

Es  will  mir  scheinen,  als  ob  sich  das  saubere  Buch  so  recht 
zum  Geschenke  eignet,  besonders  für  gebildete  Frauen. 

Stettin.  Anton  Jonas. 

1)    A.    Sehmieder,    Katar    and    Sprache,    eine  Sprachlehre  fdr  Denk- 
frennde  io  Sehnle  aod  Haas,  Leipzigs  1906^  Voigtl'aoder.    131  S.    2  JC- 

Scbmieders  Buch  beabsichtigt  die  Sprachlehre  einheitlich  auf 
j>sychoIogischer  Grundlage  zu  gestalten.  Es  gliedert  sich  in  drei 
Hanptteile,  die  von  dem  Dinge  (Ding,  Merkmal,  Satz),  von 
mehreren  Dingen  (Zahl,  Raum,  Zusammenhang)  und  von  den 
Satzgruppen  handeln.  Dabei  werden  eigenartige  Kunstausdrucke 
gebraucht  wie  Merkmals  Wörter  för  Eigenschafts-,  Geschlechts-, 
Zeit-  und  Umstandswörter,  ferner  Hauptwörter  für  Abstrakta  im 
Gegensatz  zu  Dingwörtern  (Konkreta)  u.  a.  Die  Darstellung,  die 
ziemlich  elementar  gehalten  ist,  wird    meist  in  Form    von  Frage 


384         0.  Aothes,  Die  Re^elmühla,  ang^ez.  von  O.Weise. 

und  Antwort  gegeben ;  sie  bietet  vielfach  Selbstverständlicbes  und 
erscheint  daher  nicht  selten  breit.  Doch  kann  man  im  ganzen 
mit  den  Auseinandersetzungen  einverstanden  sein.  Zu  tadeln  ist 
der  häufige  Gebrauch  entbehrlicher  Fremdwörter  wie  S.  13  kon- 
stant, variabel,  relativ,  naiv,  Individuum,  S.  15  summarisch,  Skala 
usw.  Manches  geht  über  die  Bedürfnisse  der  Schulkinder  hinaus 
und  ist  wohl  für  andere  „Denkfreunde''  bestimmt;  mehrfach  finden 
sich  (Jngenauigkeiten,  z.  B.  S.  114,  wo  die  Entstehung  der  Satz- 
unterordnung an  Beispielen  erläutert  wird  wie:  „er  ist  gesunder 
geworden  seitdem;  er  Ruhe  hat'S,  Ursprunglich  hieß  es  doch  im 
2.  Satze:  „er  hat  Ruhe'';  die  Änderung  der  Wortfolge  ist  ein 
Vorgang,  der  erklärt  werden  mußte.  Öfter  wird  auch  Unrichtiges 
geboten,  so  S.  14,  wo  es  heißt,  die  alten  Sprachen  hätten  kein 
Geschlechtswort  gekannt  (vergl.  das  Griechische!),  S.  23,  wo 
das  weibliche  Geschlecht  von  Q%ielle  durch  die  Personifikation 
erklärt  und  durch  den  Hinweis  auf  die  Nixen  gestützt  wird,  „die 
in  der  Quelle  hausen  sollen"  (wie  steht  es  dann  mit  „der  Quell*' 
und  „der  Nix"?),  und  S,  66,  wo  behauptet  wird,  die  Dativendung 
-en  der  ohne  Substantiv  gebrauchten  Grundzahl  (z.  B.  mit  Vieren 
fahren)  sei  wohl  entstanden  wegen  der  Härte  im  Tonfalle  (aber 
wenn  „mit  vier  fahren"  zu  hart  klang  wegen  des  Tonfalles,  dann 
dürfte  es  auch  nicht  heißen  „mit  vier  Pferden",  wo  derselbe  Ton- 
fall vorliegt). 

2)  0.  Aothes,  Die  Re^elmühle.  Von  der  dentsche^  Sprachlehre.    Leipzig 
1906,  Voigtläader.     65  S.     0,80  ^fC. 

VVie  der  Verf.  in  seiner  Schrift   „Der  papierne  Drache"    die 
Behandlung    des   Aufsatzes    naturgemäßer   und    einfacher  zu  ge- 
stalten sucht,   so  in  der  vorliegenden  den  grammatischen  Unter- 
richt.     Er  ist  ein  Feind  alles  Regelzwangs,  aller  Systematik  und 
glaubt,    daß    man  mit  dem  Besitz  von  Begeln,    mit  dei*  Einsicht 
in  den  Bau  der  Sprache,  mit  der  Erkenntnis  ihrer  Gesetzmäßig- 
keit weder  die  Denkfähigkeit  fördere    noch    die  Sprachrichtigkeit 
sichere  noch  die  Erlernung  fremder  Sprachen  erleichtere  oder  den 
Bildungszustand  des  Zöglings  hebe.    Wie  er  sich  den  Betrieb  des 
Sprachunterrichts  denkt,  ergibt  sich.z.  B.  aus  S.  40,  wo  es  heißt: 
„Wenn  wir  so  die  interessante  Erscheinung  des  Genetivschwanzes 
(d,  h.  der  Endung  -es  bei  „des  Hundes")  konstatiert  hätten,  wurde 
es  nicht  weiter  heißen:   Nun  bilde  den  Genetiv  von  das  Pferd, 
von  der  Esel,  sondern  wir    wurden  im  Verlauf  eines  Gesprächs 
eine  Reihe  von  anderen  Genetiven   heraufholen  und  die  Wieder- 
kehr   desselben  Phänomens  feststellen.     Vielleicht  treibt  uns  der 
Hund  zufallig  bei  dieser  Gelegenheit  einen  Hasen  auf,    und  wir 
wurden  mit  Erstaunen  bemerken,    daß  er  einen  andern  Genetiv- 
schwanz hat,  den  er  zum  Gberfluß  auch  noch  durch  alle  Phasen 
seiner  sprachlichen  Entwickelung  hindurch  behält.     Er  jagt  aucb 
Yielieicht  eine  Lerche  aus  ihrer  Furche,  und  wie  wir  näher  zu- 


F.  Stirmer,  Die  EtyoioUgie  LSprachaot^rr.,  ag«.v.  O.Weise.  385' 

seheo,    bat  die  Lerciie  gar  keinen  GeoeUTscirwanB,   sie   kommt 

okiie   das   aus   u.  s.  f.     Kurs,    wir   sebwelgen   in  iht  Fülle  der 

MaonigfaitigkeJteD,  wir  sehw«lfea  dnrch  die  freie  Weile  des  Lebens, 

stau  ans  an  den  öden,   geraden,  statAigen  Regelpfad  zu  batlen^^ 

JVtin,  einmal  ist  diese  Hetbede  gerade  fOr  den  deutschen  Unterr- 

riebt  schon  öfter  empfohlen  wordetf,  und  sedann  bedarf  doch  die 

Fülle  der  Mannig&ltigkeiten,  wenn  sie  verstanden  werden  und  nicht 

rerwimn  soll,   der  ordnenden  Regel,   die  schlieSlich   gewonnen* 

werden  mufi.  Zu  loben  ist  an  der  Schrift  der  Arische'  Zug,  der  hin-^ 

dnrcbgeht,  der  Rumor,  mit  dem  sie  darcbtrSnkt,  und  der  ffössige  Stil, 

in   dem    sie    geschrieben   ist.     Irrige  Behauptung^  wie  die  auf 

S.  50  Yorgetragenen,  daß  Reh  eine  Umdrehung  von  Bir^sch.)  oder 

Ziege  eine  Umstellung  von  Geiß  sei'),  finden  sich  selten. 

3)  Franz  Stürmer,  Die  Etymolosie  im  Sprachonterrielit  der 
ItSheren  Schale.  Halle  1906,  Buchhandlaog  des  Waisenbaases.  66  S. 
IJC. 

Daß  durch  die  AnboOpfung  eines  neuen  Wortes  an  bereits 
bekannte  und  durch  dessen  Einreihung  in  eine  bestimmte  Stelle 
des  früher  gelernten  Wortschatzes  das  GedSchtnis  unterstötzt  und 
das  Verständnis  gefordert  wird,  ist  längst  bekannt.  Doch  fehlt 
es  an  Lehrbüchern,  die  nach  diesem  Gesichtspunkte  bearbeitet 
waren.  Daher  ist  es  ganz  verdienstvoll  von  St.,  daß  er  uns  zeigt, 
wie  ein  Obungsbucb,  ein  Vokabular  und  ein  Wörterbuch  für  die 
Lektüre  der  klassischen  Schrinsteller  am  besten  eingerichtet 
werden  können.  Er  beschränkt  sich  dabei  nicht  auf  die  Wort- 
stimme, sondern  zieht  auch  die  Ableitungssilben  mit  heran.  Nur 
geht  er  in  mancher  Hinsicht  zu  weit.  So  scheut  er  sich  nicht, 
seltene  W&rter  und  Wortformen,  die  den  meisten-  Schülern  nie 
zo  Gesicht  kommen,  aufzunehmen  wie  S.  27  äfjb^ißXficvQov 
Fisehemetz,  xo^&qov  Besen,  xonavov  Hörserkeule,  ^oTttgov 
Seoie,  Turklopfer  oder  S.  3  t  evax^F^^^^V^  &»%fiikoavviiy  ^QXV^ 
ßoüvv^^  so  begnügt  er  sich  S.  33  ff.  nicbt  mit  den  wichtigsten 
Lautgesetzen,  sondern  zieht  auch  solche  mit  heran,  die  nur  zu- 
weilen und  bei  wenigen  Wortstämmen  in  Kraft  treten,  und  bringt 
4lnrch  die  Vielbeit  der  Lautfibergänge  Unsicherheit  in  die  Köpfe 
der  Schüler,  z.  B.  konnte  er  ruhig  weglassen  die  Vertretung  von 
laL  g  und  v  durch  griech.  ß,  von  f  durch  x  ^^^  ^^  ^on  b,  d 
und  f  durchs,  von  c  und  q  durch  tt,  ebenso  Zusammenstellungen 
wie  Itmgut:  dok^xog,  faeere:  ^s  {Tid'iyai)^  fauces:  x^^^^  de- f endo: 
^*Cy«,  fere:  d-QOPo^,  figura:  ntxog,  fundo:  x^«,  furca:  x^Q^^^y 
während  man  sich  darüber  wundert,  daß  S.  46  ff.  bei  den  „Zu- 
sammenstelinngen  französischer  und  lateinischer  Wörter  zur  Ab- 
leitung  von   Lautregeln^'   nicht    hingewiesen    wird   auf  den    be- 

^)  Reh  setzt  eine  g^ermaniscke  Graadforo  raffM"  voraos,  Hirseh  (ahd. 
Mru%)  eise  Graadforn  herumt  (vgl.  lat.  cervfif);   Geifi  (=  Ist  Aoee/««)  heifit 
m  Got.  gaiit,  Zie^b  im  Ahd.  si^,    Bine  Umstellaog  kaon  oor  der  «Boebmeo, 
far  dea  die  Vekale  aMti^  oad  die  KoasooSirten  sehr  wenig  bedeateo. 
2«ltt«kf.  r  d.  Oymnmimiwmn.    LXL    S.  25 


386  K.  Vorländer,  Kant-Sehiller-Goethe,  .    . 

kannten  Ausfall  von  g,  d,  t  zwischen  zwei  Vokalen  z.  B.  in  lieri. 
ligare,  lauer:  hudare,  armie:  armata.  Wenn  der  Verf.  meine. 
Abhandlung  über  die  „Etymologie  im  Dienste  des  lateinischen 
Untericbts''  (in  dieser  Zeitschr.  1893  S.  385—397)  gekannt 
hätte,  so  wurde  er  noch  andern  Stoff  herangezogen  und  auch 
Wörter  wie  nihil  =  ne  hilum  nicht  ein  Fäschen  erklärt  uod 
syntaktische  Konstruktionen  etymologisch  begründet  haben,  z.  B^ 
decet  me  es  ziert  mich  (vgl.  decus^  Zierde),  dignus  dliqua  re  =- 
äec-nm  dliqua  re  durch  etwas  geziert  usw.  Doch  ist  das  Ge- 
botene fast  durchweg  zuverlässig;  daher  kann  die  Schrift  dea 
Fachgenossen  zur  Anregung  empfohlen  werden. 

Eisenberg,  S.-A«  0.  Weise. 

Karl  Vorländar,  Kaot-Schiller-Goetha.  Gasammelte  Aufaätze. 
Laipzig  1907,  Darr'seha  BaehhaDdloos.  XIV  o.  294  S.  S.  5  JC, 
geb.  6  J^, 

Der  Einfluß,  den  Kants  Philosophie  auf  Schiller  und  auf 
Goethe  ausübte,  darf  ein  allgemeines  Interesse  von  seiten  der 
Gebildeten,  besonders  aber  von  seiten  derer  erwarten,  die  sich  mit 
unseren  Klassikern  intimer  beschäftigen  und  das  Resultat  ihres 
Studiums  der  deutschen  Jugend  übermitteln.  Denn  die  Tatsache^ 
daß  der  alte  Königsberger  Rationalist,  der  Mann,  der  für  die 
Poesie  unserer  Klassiker  auch  nicht  das  mindeste  Verständnis 
hatte,  einen  Geist  wie  Schiller  völlig  unter  seinen  Bann  zwingen 
konnte  und  selbst  Goethe  bewundernde  Zustimmung  abnötigte  i 
diese  Tatsache  ist  so  merkwürdig  und  für  das  Wesen  der  beiden 
Weimarer  so  kennzeichnend,  daß  sie  von  niemand  vernachlässigt 
werden  kann,  der  sich  mit  Goethe  und  Schiller  beschäftigt^ 
geschweige  denn  von  denen,  die  als  Lehrer  über  Goethe  und 
Schiller  sprechen. 

Karl  Vorländer  ist  in  der  Frage  nach  dem  Verhältnisse 
Goethes  zu  Kant  die  erste,  in  seiner  Weise  sogar  die  einzige 
wissenschaftliche  Autorität;  und  er  gehört  in  der  Frage  nach  der 
Abhängigkeit  Schillers  von  Kant  zu  den  tüchtigsten  und  gründ- 
lichsten Forschern.  Sein  neues  Buch,  in  dem  sich  frühere 
Arbeiten  zu  einem  Ganzen  vereinigen,  wird  daher  mit  Freuden 
von  allen  denen  angenommen  werden,  die  in  dem  Thema  i 
Kant-Schiller-Goethe  das  wissenschaftliche  Problem  zu  würdigen 
wissen.  Es  wird  zum  mindesten  auf  einen  Platz  in  jeder  Gym- 
nasialbibriothek  Anspruch  erheben  dürfen;  denn  Vorländer  ist  der 
erste  und  der  einzige,  der  das  gesammte  Quellenmaterial  zu  der 
Frage  nach  der  Stellung  Goethes  zu  Kant  ans  Ucht  gefördert  hat» 

Sein  Werk  enthält  zwei  Teile,  deren  einer  das  Verhältnis 
Schillers  zu  Kant,  deren  anderer  das  durch  Schiller  beeinflußte 
Verhältnis  Goethes  zu  Kant  behandelt. 

Schillers  Verhältnis  zu  Kant  ist  durchaus  ein  Abhängigkeits- 
verhältnis.   Das   erscheint  Vorländex,   der  überzeugter  Kantianer, 


•  ii|^«z.  von  G.  Jacob y.  387 

Ulf  erfreulich.    Es  mag  anderen  weniger  erfrealich  erscheinen.  Die 
Uotersachungen   des  Verfassers   beweisen  aufs  neue,   wie  wenig 
originell    in  Wahrheit   die  Schillersche  Philosophie   ist.     Es  läßt 
sich   eben  bei   aller  Verehrung   für  Schillers    dichterische  Größe 
nidit  leugnen,   daß   das  meiste  Ton  dem,   was  er  außerhalb  der 
Dichtung   geschaffen   hat,    dilettantisch  und  nicht  groß  ist.    Das 
gilt    für    die    Produkte    seiner   philosophischen   Tätigkeit   genau 
ebenso,  wie  es  für  die  Produkte  seiner  historischen,  seiner  schrift- 
stellerischen  und   seiner   Obersetser-Tätigkeit  gilt.     Die   in  dem 
neuen    Buche    Tereinigten  Arbeiten   Vorländers    und  zumal   die 
geistvolle    und    sehr    lesenswerte    Abhandlung    über    ethischen 
Rigorismus  und  sittliche  Schönheit  bei  Schiller  und  Kant  können 
diese    Tatsache  —  trotz    der    Schiller    freundlichen  Absicht   des 
Yerfassers  —  nur   bestätigen.     Schillers   philosophische  Aufsätze 
sind    aus   dem  Versuch   einer   Nachahmung  Kantischen  Denkens 
entstanden.    Sie   heften   sich   an   diese  oder  jene  Äußerung  des 
großen  Philosophen,    spinnen  diese  dann  in  breiterer  und  stili- 
stisch geglätteter  Sprache  aus  und  führen  zu  Konsequenzen  hin- 
über, die  dem  Schillerschen  Tugendidealismus  gemäß  sind,  ohne  eine 
nennenswerte  Entfernung  von  Kantischen  Doktrinen  zu  riskieren. 
Ganz   anders   und    weit  schwieriger  gestaltet  sich  die  Frage 
nach    dem  Verhältnisse  Goethes   zu  Kant«     Es  unterliegt  keinem 
Zweifel,   daß  sich  Goethe  zumal  in  der  Zeit  seiner  Freundschaft 
mh  SchiUer    und    in   der  Zeit   nach    1817   von  Kant  beeinflußt 
geglaubt  bat.    Soviel  ich  sehen  kann,  klammert  sich  dieser  Glaube 
Goethes,  soweit  er  überhaupt  auf  Wahrheit  gegründet  ist,  an  ein 
einzelnes  Lehrstück  der  kritischen  Philosophie.    Es  ist  die  in  der 
Kritik    der   teleologischen  Urteilskraft  behandelte  Frage  nach  der 
Zwecknoaßigkeit  der  Natur.     Goethe  fand  hier  in  der  Form  einer 
Methodenlehre    das   wissenschaftliche   Forschungsprinzip    wieder, 
das  er  in  der  Praxis  seiner  eigenen  naturwissenschaftlichen  Unter- 
sacbungen    angewandt    hatte.    Der  Gedanke,    daß   die  Idee    der 
Natnrzweckmäßigkeit   nur   eine    regulative  Maxime  sei,    die    den 
Versuch    einer    rein    kausal    bedingten    Entwicklungslehre    nicht 
hindern  dürfe,  dieser  Gedanke  war  Goethe  durchaus  sympathisch 
und    zeigte   ihm    sein    eignes  Tun  und  Lassen  in  einem  neuen, 
methodisch  klärenden  Lichte.    Im  übrigen  glaube  ich  nicht,  daß 
von  einem  wirklich  innern  Verhältnis  Goethes  zu  Kant  im  Ernste 
gesprochen   werden   kann.    Goethe   hat  in  die  Begeisterung  der 
Weimarer  und  Jenenser  Kantscbwärmer   vielfach  miteingestimmt* 
Er    hat  aber  die  eigentlich  grundlegenden  Werke  Kants  nur  sehr 
oberflächlich     bzw.  gar  nicht    gekannt.      Charakteristisch    genug 
dafür  ist,  daß  er  als  Kantisch  des  öfteren  Meinungen  anführt,  die 
weit    mehr    poetisch    als,  Kantisch    sind.     (Ober    das  Verhältnis 
Goethes  zur  Kantiscben  Ästhetik  habe  ich  mich  in  meinem  Buche« 
über   „Herders   und  Kants  Ästhetik"  Leipzig  1907  S.  62  ff.  aus^ 
gesprodien.) 

25* 


868  A<  Klotz,  QQacisti«««s  Pliniant«  fr^og^raphieae, 

Kavl  Vorilnder  tiat  sieb  das  wichtige  und  überaus  dankens* 
werte  YerdieDst  erworben,  uns  zum  ersten  Male  eine  wirklich 
veüständi^  und  queUenmäßig  treue  Darstellung  der  Besieliun- 
gen  zwischen  Kant,  Schüler  und  Goethe  zu  liefern.  Dieses  Ver- 
dienst darf  nicht  etwa  deshalb  verkleinert  werden,  weil  dem  Vei^ 
fasser  mehrfach  Einseitigkeiten  in  der  Wertschätzung  jener  Be- 
ziehungen begegnen.  Sein  Buch  ist  eines  der  besten  unter  den 
Tielen  ausgezeichneten  Werken,  die  die  Geschichte  der  Philosophie 
und  der  Literatur  der  Arbeit  deutscher  Oberlehrerkreise  verdankt. 
£s  wird  durch  seine  ganze  Anlage  fär  lange  Zeit,  wenn  nicht  tiir 
immer  den  Anspruch  erheben  dürfen,  als  das  grundlegende 
Werk  über  das  Thema:  Kant-Schiller-Goethe  zu  Rate  gezogen 
zu  werden. 

Ich  bemerke  noch,  daß  die  gediegene  und  vornehme  Aus* 
stattung  dee  Buches  den  höchsten  Anforderungen  der  Bäcberlieb- 
haber  gerecht  werden  dürfte. 

Vanves  bei  Paris.  Günther  Jacoby. 


Alfred  Klotz,  Qaaestiooes  Pliaianae  geo^raphicae.  Heft  11 
der  Qaellea  and  Forschnnsen  zor  alten  Geschichte  und  Geof^raphie. 
Herausges^'^^B  ^^^  W<  Sieglin.  Berlin  1906;  Weidmannsche  Bach- 
handloss.    228  S.    gr.  8.    7  JC. 

IHe  Untersuchungen,  die  der  etwas  allgemein  gehaltene  Titel 
in  Aussicht  stellt,  beziehen  sich  auf  die  Quellen,  die  PUnius  in 
demjenigen  Teil  seiner  Naturalis  Historia  zu  Rate  gezogen  hat,  in 
denen  die  Geographie  von  Europa,  Afirika  und  Asien  behandelt 
wird,  also  in  den  Büchern  lil— VI.  Die  Quelienuntersuchung 
bietet  bei  Plinius  manche  Schwierigkeit^,  weil  der  außerordent- 
lich bdesene,  fleißig  exzerpierende  Autor  wohl  eine  sehr  große 
Menge  von  Quellenschriflstellern  namhaft  macht,  aber  einmal 
nach  Art  d«r  Alten  über  deren  Benutzung  keine  Rechenscbafl 
gibt,  anderseits  oft  mehrere  Quellen  nebeneinander  anführt,  an 
andern  Stellen  wieder  sie  verschweigt.  Diese  Schwierigkeiten  haben 
gerade  in  den  letzten  Jahrzehnten  eine  große  Zahl  von  Gdehrten 
angelockt,  sich  nach  dieser  Seite  der  Erforschung  des  infaalt- 
reichen  Werkes  des  Plinius  zuzuwenden  (vgl.  W.  Kroll,  Die 
Altertumswissenschaft  im  letzten  Vierteljahrhundert  1905  S.  47f.). 
In  der  Sammluug  „Quellen  und  Forschungen^S  der  das  vorliegende 
Werk  angehört,  sind  erst  vor  nicht  langer  Zeit  die  geographischen 
Bücher  der  Naturalis  Historia  mit  vollstäadigem  kritischen  Apparat 
von  Detlefsen  herausgegeben,  womit  auch  für  Klotz'  Untersuchung 
die  sichere  Grundlage  gegeben  war  (während  er  die  inzwischen 
erschienene  Mayboffscbe  Ausgabe  der  Bücher  I — VI  nicht  mehr 
hat  benutzen  können).  Derselbe  Detlefsen  hat  in  seiner  „Be- 
schreibung Italiens  in  d«r  N.  H.  des  PI.  und  ihre  Quellen"  (1900) 
eine  besondere  Untersuchung  in  der  angegebenen  Richtong 
gebracht.     Noch   auf  eine  Reihe  anderer  Vorarbeiten  konnte  dar 


»B^es.  v^a  0.  W«ekcr««BB.  B89 

VerfjMer  der  Qoaest  PI»,  sich  bezMten:  auf  Soh wader  „Beitrige 
lor  Eriük  der  Cborograpbie  des  A«g«etue''  18S3,  auf  G.  Oahmiahan 
..PlinfaDitcbe  Studiati''  1880,  0.  CttliU  nAgripqjM  uod  Auguatua 
als  Qaettetisdbriftaleiter  des  PI.  in  den  geograpkiacbaD  Mchern'* 
1890,  C  Fiaeber  „ünterauobuiigeii  auf  dem  Gebiete  der  aUea 
Lieder-  und  YMkerkunde''  1893,  F.  Mtaiar  „Bekrdge  lur  Quelhsm- 
kritik  der  Naiurgeach.  dea  PI/'  1897.  Verf.  hat  allen  etwas  xm 
danken,  stinmit  jedem  in  dieser  oder  jener  Einselfrage  lu,  hat 
aber  noch  hinfiger  Yeraiiiaasang,  ihnen  an  widersprechen  und  sia 
lu  widerlagea,  und  mit  mancham,  wie  %,  B.  mit  Schweder,  satal 
er  lieb  gar  oftmals  auaeiaander.  Und  wia  die  genannten,  so  hat 
VerL  aodi  alle  anderen  aeki  Thema  berMrenden  UnteranebungeD» 
in  ZdtschrifteB,  ahademisohen  oder  anderen  Gelegenbeitascbriften, 
ait  anSererdentUcber  Umsteht  auijgesncbt  und  herangezogen; 
doch  aaichnet  sich,  waa  gleich  von  vornherein  betont  werden 
nag,  seine  eigene  Arbeit  dnrcb  vMiga  Selbständigkeit  des  Ur- 
tefli  aas. 

lo  dem  ersten  Bache  der  N.  H.,  das  die  Indioas  dar 
vkhgpa  36  Böeber  entb&k,  hat  bekannllich  PI.  selbst  die  fftr 
jaies  Bnch  in  Betracht  kommenden  QvellenacbnftataUer  angegeben; 
es  sind  nbcr  450,  darunter  146  römiacbe.  Daß  diese  Yer-* 
iiichniMe  micbt  sowdil  die  von  ihm  wirklich  benntztan  Quallea 
angeben  als  vielmehr  die  flr  einen  bestimmlen  Abschnitt  in  Betracht 
iwnimide  Literatnr  nberbaupt,  hat  man  Ungst  erkannt  Aber 
fc  wirklich  von  PI.  aoagewäblten  Schriftsteller,  die  exquiaiti  auctores, 
*ie  er  selbst  in  seiner  Vorrede  ssgt«  ans  denen  er  seine  Notizen 
gesammelt  mnd  seiae  reicbe  Wissenschaft  geaeh6pft  hat,  heraus- 
nfioden  ist  seweht  fAr  die  Beurteilung  der  ZuverUssigkeit  seiner 
MiReiloDgen  wie  fnr  die  Erkenntnis  seiner  ganzen  Arbeitsart  voft 
eatsdiehfonder  Bedeutiuig.  So  hat  Verf.  sich  die  Aufgabe  gestellt, 
überall,  wo  es  erreichbar  erscheint,  den  benutzten  Quellen  oach^ 
tstpweny  mögen  sie  nun  von  PI.  im  Texte  angegeben  sein  oder 
licht,  mibgen  sie  von  vornherein  sich  erkennen  laasen  oder  erst 
bei  emdriDgeBdem  Untersnehen  sieh  ergeben.  Bei  keinem  der 
eben  genannten  Vorarbeiter  dea  Verf.  oder  wo  sonst  gelegentlich 
eiaschägige  Untersucbnngen  angestellt  sind,  hat  die  Frage  nacb 
^  Qn^ko  des  PI.  eine  auf  alle  Teile  der  4  Bucher  gleichmäßig 
deb  eratreckdide  und  zugleich  erschöpfende  Behandlang  erfahren. 
Diese  Ai^it  unternommen  au  haben  ist  das  Verdienst  des  Verf., 
venn  er  aicii  auch  bewnßt  ist,  nicht  an  allen  Stellen  volles  Licht 
gtbiacht  zu  haben.  Wenn  er  ao,  ohne  Rikksicht  auf  die  Indices» 
to  im  Verlairfe  der  Plinianischen  Darstellung  zum  Vorschein 
kimmenden  Quellen  nachgebt,  se  stellt  sich  nicht  selten  heraus,  daß 
H.  mehrere  Qnellen  miteinander  verquickt  hat,  mitunter  aucb 
M  er  aie  verschweigt  Dnrch  ersterea  Verfahren  erklären  sich 
•anche  Widersprüche,  manche  Wiederholungen  in  der  N.  H. 

Van  zwei  Seiten  greift  Verf.  seine  Aufgabe  an.    Denn  sein 


390  A.  Klots,  Quaestionas  Pliniante  geographicaa, 

Buch  ist  80  angelegt,  daß  er  in  einem  ersten  Kapitel 
(S.  4 — 101)  die  auctores  nacheinander  einzeln  aufsucht,  erst  die 
lateinischen,  dann  die  griechischen,  und  an  jeder  Stelle  bespricht, 
und  dann  im  zweiten  Kapitel  (S.  102 — 207)  die  Länder  — 
Europa,  Afrika,  Asien  —  Stock  för  Stück  behandelt  und  für 
jede  einzelne  Partie  dem  Gewährsmann  des  PL  auf  diesem  Wege 
nachgeht. 

Da  PI.  von  vornherein  sich  häufig  auf  Varro  bezieht,  so 
werden  die  Stellen,  in  denen  er  sich  ausdrücklich  auf  ihn  stützt, 
zuerst  besprochen,  andere,  bei  denen  die  Herkunft  zweifelhaft 
sein  könnte,  ihm  als  Eigentum  zugewiesen.  Konnte  doch  Varro 
als  eindringender  und  sorgfältiger  Beobachter  dem  PI.  als  besonders 
zuverlässig  gelten,  hatte  er  doch  einen  großen  Teil  der  örtlich- 
keiten  an  der  Südküste  Kleinasiens  und  in  anderen  Gegenden  als 
Legat  des  Pompejus  mit  eigenen  Augen  gesehen.  Zweifellos 
hat  PI.  die  Antiquitates  rerum  humanarum  et  divinarum  des  Varro 
(1.  XI  de  Italia,  XII  de  reliqua  Europa,  XIII  de  Africa  et  Asia) 
in  Händen  gehabt,  aber  auch  andere  Varronische  Schriften  aus- 
gebeutet. Nicht  minder  häufig  werden  Agrippa  und  Augustus 
als  Quelle  des  PI.  genannt,  der  die  Chorographie  wie  die  Erdkarte 
fleißig  benutzte;  auf  sie  gehen  auch  meist  die  Entfernungs- 
messungen zurück,  die  Verf.  oft  sorgfältig  nachrechnet  und  mit 
anderen  Ober  lieferungen  vergleicht  Wie  PL  seine  Quellen  za- 
weilen  verwertet,  läßt  sich  u.  a.  bei  der  Benutzung  des  Cornelius 
Nepos  erkennen,  der  zehnmal  genannt  wird;  bei  der  Unter- 
suchung dieser  Stellen  kommt  Verf.  zu  dem  Schluß,  daß  PI.  den 
Nepos  anfangs  durch  fremde  Vermittlung,  im  weiteren  Verlaufe 
Seiner  Arbeit  aber  direkt  benutzt  hat.  Ähnliches  ergibt  sich  bei 
der  Benutzung  einiger  griechischen  Quelienschriftsteller.  Aus 
solcher  Arbeitsart  erklären  sich  einige  Widerspräche  bei  PI.  selbst. 
Den  Eratosthenes  kennt  PI.  teils  aus  Varro,  teils  aus  Isidor,  nicht 
direkt,  auch  bei  anderen  Griechen  kann  er  sich  nur  auf  Varros 
Mitteilungen  gestützt  haben ;  den  Artemidor  kennt  er  ebenfalls  nur 
aus  Isidor,  auch  Polybius  kann  er  kaum  unmittelbar  eingesehen 
haben.  Juba  dagegen  hat  er  in  Händen  gehabt,  wie  er  denn 
diesen  als  Gewährsmann  besonders  hochachtete.  Wenn  uns  aber 
auch  noch  jetzt  eine  ganze  Anzahl  der  von  PI.  angeführten 
griechischen  Quellen  vüllig  im  dunkeln  bleiben,  so  läßt  sich  doch 
so  viel  feststellen,  daß  er  die  meisten  von  ihnen  aus  isidor  und 
Juba  kennt.  Oft  wird  auch  Hucianus,  der  Parteigänger 
Vespasians,  von  PI.  genannt,  und  vielleicht  verdankt  er  diesem 
unkritischen  Reisebeschreiber  auch  eine  und  die  andere  unglaub- 
würdige Angabe.  Wenn  bei  dem  Namen  dieses  Gewährsmannes 
einmal  hinzugefugt  wird  ter  consul,  ein  andermal  altero  consulatu, 
so  läßt  sich  daraus  ein  Schluß  ziehen  über  die  Zeit  der  Abfassung 
der  betreffenden  Stellen;  Mucianus  hat  sein  geographisches  Werk 
jedenfalls  nach  dem  Jahre  73  herausgegeben.  —  Aus  den  Gegen- 


•Bgez.  T«n  0.  Wackermaoa.  391 

«tänden,  bei  denen  einzelne  QuellenschriflsteUer  erwähnt  werden, 
schließt  Verf.  aach  hier  nnd  da  auf  die  Art  ihrer  literarischen 
Tätigkeit;  danach  mnß  der  nur  aus  einigen  Stellen  hei  PI.  dem 
Nameo  nach  bekannte  Sebosus  eine  Schrift  über  Afrika  und  Asien 
Terfaßt  haben. 

Ein  zweiter  Abschnitt  des  1.  Kap.  (S.  48 — 88),  in  dem  sich 
1^erf.  besonders  gegen  Schweders  „Beiträge"'  wendet,  vergleicht  PI. 
mit  Pomponins  Heia,  dem  einzigen  der  in  den  indices  III — VI 
^aBgefBhrten  anctores,  den  wir  in  seinen  Chorographiae  libri  tres,  der 
ältesten  lateinischen  Geographie,  heute  noch  haben  und  dessen  Zeit  er 
tait  Cntschiedenbeit  unter  Claudius  ansetzt.  Verf.  weist  nach,  daß 
Agrippa  wohl  f&r  PL,  nicht  aber  fflr  Mela  Quelle  gewesen  ist, 
'doch  hat  jener  eine  Quelle  befolgt,  die  ihm  mit  Heia  gemeinsaia 
IsL  Durch  eine  große  Zahl  yerscbiedener  Hitteilungen  bei  Heia 
und  PI.,  seien  es  Namensangaben,  seien  es  Entfernuugsmaße,  die 
Verü  zusammenstellt,  kommt  er  zu  dem  Schlüsse,  daß  PL  aas 
«iner  Quelle  geschöpft  hat,  die  allerdings  auch  dem  Heia  floß, 
doch  diesem  nicht  direkt,  sondern  erst  durch  eine  andere  Ver- 
nittlang. 

Id  dem  dritten  Abschnitte  des  1.  Kap.  (S.  89 — 101)  ,,de 
AognsU  et  Agrippae  tabulis  censoriis*'  wird  nachgewiesen  —  auch 
kier  mit  vorsichtiger  und  wohl  begröndeter  Zurückweisung  ent- 
gegenstehender Ansichten  — ,  daB  PI.  die  tabulae  censoriae  wirklich 
vor  Augen  gehabt,  freilich  nicht  bei  allen  Provinzen  gleichmäßig 
benutzt  hat  Bei  Ägypten,  Cypern,  Kreta,  Cyrene  hatte  er  so 
reichlich  sonstiges  Uaterial  zur  Hand,  daß  er  den  Augustus  heran- 
lazieben  nicht  för  nötig  hielt;  bei  den  regiones  Italiae  ist  er  in  den 
ersten  acht  dem  Augustus  gefolgt,  in  der  9.  10.  11.  fand  er  dessen 
Aufzeichnung  schon  in  der  von  ihm  sonst  benutzen  Quelle  verwertet. 
Hohe  Autorität  weist  er  dem  Agrippa  zu,  doch  fließen  beide 
Quellen,  Augustus  und  Agrippa,  sehr  häufig  zusammen.  Auf 
letzteren  übrigens  kommt  Verf.  in  dem  folgenden  Hauptabschnitte 
seines  Werkes  noch  besonders  zu  sprechen  und  führt  alle  die- 
jenigen Stellen  an,  wo  PL  sich  auf  ihn  ausdrücklich  beruft  oder 
oflenbar  sich  stutzt. 

In  diesem  zweiten  Kapitel  (S.  102 — 207)  „de  terrarum 
descriptionibus''  geht  Verf.  Schritt  für  Schritt  die  einzelnen 
Länderstrecken  durch,  um  für  jede  die  Quelle  festzustellen  und 
danach  die  Art  der  Benutzung,  während  er  im  1.  Kapitel  die 
Vorgänger  des  Schriftstellers  überhaupt  aufsucht.  Hierbei  ergibt 
sich,  daß  PL  für  Europa  sich  vorwiegend  auf  Varro  und  Agrippa 
ttfitzt,  wobei  wiederum  die  Feststellung  der  Entfemungsmaße  eine 
wesentliche  Grundlage  der  Erkenntnis  isL  Oft  ist  beider  Ober- 
lieferung verschmolzen,  wiederholt  die  von  dem  einen  gewählte 
Ordnung  und  Reihenfolge  umgestellt.  Auch  mußte  PL  da,  wo 
seit  Varro  die'Kenntnis  sieh  erweitert  oder  berichtigt  hatte,  spätere 
Quellen   heranziehen,   mußte   bei  denjenigen  Provinzen,   die  eine 


ßftji  A.  Klotz,  Qoaest.  Pliniaiiae  fe^gr.,  ^gz.  y.  0.  WaekeroitnB. 

b^khßce' Bed«utttng  «rliuigt  hatien,  von  ibni  abweich^D*  Daher  ist 
für  Sfideuropa  Varro  im  .Ver^io  Mnit  ARrippa  Hauptquelle,  für  da» 
nördliche  Europa  hat  er  jäogere  aubucben  mösseo  und  wahr- 
«cbeinUcb  aus  mehreren  geschöpft.  In  bezug  auf  Italien  aümiBi 
Verf.  nicht  überall  mit  Detlefsen  („Beschreibung  Italiens  in  der 
N.  H.  des  PI.  und  ihre  Quellen^  Heft  I  der  Quellen  und  For- 
schungen) überein,  <]er  namentiicb  für  den  Periplus  des  Agri|^ 
Erdkarte  als  sichere  Que)i)e  annahm;  er  macht  vielmehr  waJur- 
scheinlicb,  daß  PI.  auch  hier  mehr  den  An^ben  Varros  gefolgt  ist^ 
Agrippa  nur  neben  diesem  zur  Geltung  kommen  lä£4. 

Für  Afrika  jund  Asien  b9ben  dem  PL  awar  mehr  griechiscbe 
Schriftsteller  zur  Verfügung  gestanden,  aber  auch  da  stehen  die 
Römer  im  Vordergrunde,  wiederum  zuersl  Varro  und  Agrippa,  zu 
denen  für  Asien  Mucianus  tritt.  Übrigens  rühren  die  tabulae 
<:ieosoriae  über  beide  Erdteile  nicht  von  Augustus,  sondern  v^u 
Agrippa  her.  Asien  .wird  von  der  Westküste  an  durchgegangen; 
wenn  PI.  dabei  stellenweise  ausführlicher  wird,  so  erblickt  Verf» 
den  Grund  hierfür  darin,  daß  der  Schriftsteller  dem  allgemeineii 
Interesse,  das  sich  seit  dem  Jüdischen  Kriege  den  Gegenden 
Vqrderasiens  lebhafter  zuwandte,  gerecht  werden  wollte.  Bei  seinen 
Untersuchnngen  kommt  Verf.  öfters  nur  durch  indirekten  Bewek 
zu^)  Ziele;  so  vermag  er  afif  diesem  Wege  zu  erweisen,  daß  PI. 
in  der  geographischen  Beschreibung  Kappadociens  dem  Mucianus 
gefolgt  ist.  Wenn  nun  auch  durch  eine  Menge  Einzelunter- 
SUclMingen  sich  ergibt,  daß  eine  ganze  Anzahl  auch  griechischer 
Schriftsteller  dem  PL  bei  der  Beschreihung  Afrikas  und  Asiens 
zur  Verfügung  gestanden  haben,  so  sind  es  doch,  wie  gesagt,  die 
lateinischen  Quellen,  denen  er  in  erster  Linie  seine  Notizen  ent- 
nin^mt  Für  Afrika  ist  ihm  neben  den  Römern  Juba  Haupt- 
gewährsmami.  So  eng  sich  aber  PI.  auch  an  seine  auctores 
exquisiti  anschließen  n^ig,  90  trifllt  er  doch  überall  die  Anordnung 
des  Sloffes  selbständig. 

Die  Untersuchung  bringt  außerordentlich  viel  Kleinarbeit, 
stutzt  sich  mitunter  auf  sprachliche  Erscheinungen,  ja  anf  ortho- 
graphische Eigenheiten.  Ob  das  immer  stichhaltig  ist  (z.  B.  wenn 
S.  204  aus  der  Schreibung  Napata  oder  Nepata  eine  Folgerung 
gezogen  wird),  mag  dahin  gestellt  bleiben.  So  viel  steht  fest,  daA 
wir  über  diejenigen  von  den  exquisiti  auctores  centum  (praef.  17), 
die  PL  in  meinen  geographischen  Büchern  herangezogen  hat,  ei« 
zuverlässiges  und  im  ganz^  klares  Bild  bekommen.  Jeden  ein^ 
zelpen  Autor,  jede  einzelne  örtlichkeit,  die  in  dem  Bi^he  zur 
Besprechung  kommen,  aufzufinden,  bieten  die  Indices  am  Ende 
eine  Handhabe;  auch  die  sämtlichen  Stellen  der  SchriflsteUer  sind 
hier  verzeichnet.  Wenn  Verf.,  der  Ortsangabe  des  PL  folgend, 
in  seiner  Untersuchung  oft  anhalten,  oft  Umwege  machen,  viel 
^onderfragen  nebenbei  erledigen  muß,  so  ist  die  durchlaufene 
]Bahn   nicht  immer  bequem  zu  überschauen.    Er  tut  daher  den 


Wil^tlm,  UrkoDden  Jrt».  Anffobr.  i.  Atli«o,  «gz.  v.  Crb'Mrt  393 

Ltfer  dadurch  einen  großen  GefaUen,  dafi  er  von  Zeit  zu  Zeit, 
namentlich  am  Ende  von  Hauptahschnilten  das  wesentliche  Er- 
gebnis noch  einmal  znaammenfaBt.  In  seiner  BeweisCQbrung  iat 
er  sowohl  vorsichtig  wie  umsichtig,  in  der  Polemik,  zu  der  er 
sieb  oft  veranlaßt  sieht,  entschieden,  aber  maßvoll.  Er  gibt  selbst 
so,  daß  vielleicht  manches  von  ihm  nicht  bis  zur  Evidenz  er- 
wiesen Jst,  doch  hat  er  eine  ganze  Reibe  bisher  geltender  An- 
sichten widerlegt  oder  berichtigt  oder  ergänzt,  jedenfaJls  alles,  was 
ober  die  Quellen  des  PI.  Aufschluß  zu  geben  geeignet  erscheint, 
beraogezogen  und  unter  die  Leuchte  der  Kritik  gestellt;  auch  da, 
wo  er  sich  oüt  einem  subjektiven  Urteil  begnAgen  muß,  bringt  er 
dieses  nur  vor,  wenn  er  seine  Ricbtigkeit  bis  zu  einem  hohen 
Grade  wabracheinlich  machen  kann;  und  vermag  er  nur  bis  zu 
einem  non  liquet  vorzudringen,  so  verirrt  er  sieb  nicht  in  halt* 
Jose  Vermutungen. 

In  einem  Anhange  „de  chorographia  apud  Strabonem 
adbibita''  (S.  207—212)  sucht  Verf.  darzutun,  daß  Strabo  den 
Agrippa  nur  ganz  vereinzelt  benutzt  hat;  in  einem  zweiten  „quae 
ratio  iBtercedatinter  Sallustium  et  Plinium  Melamque''  (S.2i2 — 217), 
dafi  Salluat    nicht  als  geroeinsame  Quelle  für  PI.  und  Mala  gelten 

iUBD. 

Die  Sprache  ist  durchweg  fließend  und  klar,  nirgends  ge- 
sodit,  und  —  zumal  in  Anbetracht  der  hJuGgen  Aufzählungen  und 
der  Wiederbolnngen  gleichartiger  Dinge,  wie  sie  die  Natur  dieser 
Eotersucbung  mit  sich  bringt  —  gewandt  Der  Druck  ist  korrekt, 
wie  der  Berichterstatter  auch  bei  zahlreichen  Stichproben,  die  mit 
deo  Zitaten  vorgenommen  wurden,  bat  feststeilen  kl^nnen.  Nur 
wenige  Versehen,  die  in  dem  Verzeichnisse  der  Errata  nicht  an- 
gegeben sind,  durften  noch  zu  berichtigen  sein:  im  Argumentum 
Z.  li  V.  tt.  ist  zu  lesen  Europae;  S.  136  Anm.  2:  12,  29; 
S.  151  Z.  20  V.  u.:  diversam;  S.  159  Z.  14  v.  o.:  coniectorae. 
Aach  wäre  folgerichtig  beim  Argumentum  das  einzige  deutsche  Wort 
»Seite**  zu  vermeiden  gewesen. 

Hanau.  0.  Wackermann. 


l)UrknBdeB  draaatiseher  AnfführiiDSen  in  Athen,  mit  einem  Bei- 
tr»f8  ▼•!!  6eoii^  KaiM  hertMgeyeben  ven  Adolf  Wilhelm.  Wie« 
1906,  Alfred  Beld«r.  279  S. ..  4.  Mit  68  Abhildungea  im  Text.  geb. 
16  JC'  Sooderachrifteo  des  Öiterreichiseheo  Archaologiichen  Instituta 
in  Wien,  Band  VI. 

Nachdem  Georg  Kaibel  durch  seinen  Tod  der  Vollendung  der 
schwierigen  Aufgabe  entrissen  worden  war,  die  Steinzeugnisse  des 
attischen  Draraas  in  vollständiger  Bearbeitung  der  Wissenschaft 
vorzniegeBt  konnte  es  nicht  zweifelhaft  sein,  daß  nun  derjenige 
die  Sache  zum  2Uele  fuhren  müsse,  der  schon  in  Kaibels  Arbeits- 
plan als  notwendiger  Mitarbeiter  vorgesehen  war,  Adolf  Wilhelm* 


694    A.  Wilhelm,  Ürkandaa  dramtt  Anfführno^en  io  Ath«D, 

Er  hatte  für  den  Verstorbenen  die  genaue  Sammlung  der 
inschriftlichen  Reste  übernommen.  Dnd  dieser  Teil  ist  auch 
derjenige  geworden,  der  in  dem  Werke  am  klarsten  herausgearbeitet 
Ist,  wie  es  denn  von  einem  der  sorgfältigsten  und  glücklichsten 
Inschriftenforscher  nicht  anders  zu  erwarten  war. 

Der  Hauptteil  der  Steinzeugnisse  wird  Ton  den  Trümmern 
dreier  großer  Inschriften  gebildet,  der  Liste  der  Sieger  an  den 
Dionysien,  deren  erhaltene  Stücke  von  der  Zeit  der  Choregie  des 
Perikies  (47  Ji  v.  Chr.)  bis  zum  Arcbonten  Kephisophon  (32!0 
herabreichen,  der  Didaskalien,  d.  i.  der  Verzeichnisse  der  jährlichen 
dramatischen  Aufführungen,  dazu  der  jeweiligen  Protagonisten  und 
der  siegreichen  Schauspiele,  von  341  bis  in  die  erste  Hälfte  des 
zweiten  vorchristlichen  Jahrhunderts  reichend,  endlich  der  Sieger- 
listen, einer  Zusammenstellung  der  siegenden  Dichter  und  Schau- 
spieler nach  Ort,  Zeit  und  Anzahl  der  Siege,  die  vier  Jahrhunderte 
umspannt. 

Die  größte  Schwierigkeit  in  der  Behandlung  der  vielen  kleinen 
Trümmer  liegt  in  der  Zusammenstellung.  Die  Ansätze  der  Früheren 
hat  Wilhelm  mit  Sorgfalt  gesammelt,  den  die  Siegerliste  betreffenden 
Aufsatz  Kaibels  sogar  wörtlich  abgedruckt,  obwohl  er  in  den  An- 
merkungen oft  angeben  mußte,  daß  die  Forschung  inzwischen 
iveitergekommen  sei,  dem  Nachprüfenden  aber  dadurch  eine  will- 
kommene Handhabe  geboten,  daß  er  alle  erreichbaren  Inschriften 
in  Lichtdruck  abbildet,  eine  Zugabe,  in  der  das  Buch  mustergültig 
ist.  Die  ungemeine  Feinheit  der  Wiedergabe  in  den  jüngsten  in- 
schriftlichen Veröffentlichungen  des  Wiener  Instituts  ist  bekannt 
Man  vermißt  indessen  für  die  drei  Inschriften  eine  Übersichts- 
tafel, auf  der  alle  Reste  nach  ihrer  wahrscheinlichen  oder,  wie  bei 
der  dritten,  nach  einer  möglichen  Anordnung  angebracht  wären, 
wobei  man  in  Nebentafeln  auch  die  Wiederherstellung  anderer  zum 
Vergleiche  hätte  beigesellen  können. 

Es  ist  von  Vorteil,  die  Abbildungen  der  Inschriftenreste  mit 
der  Umschrift  zu  vergleichen.  Denn  Wilhelm  hat  es  verschmäht, 
für  mangelhaft  überlieferte  Buchstaben  eine  bestimmte  Art  der 
Bezeichnung  zu  verwenden.  In  der  Umschrift  sind  solche  Buch- 
staben teils  als  überliefert,  teils  als  ergänzt  gegeben,  daneben 
werden  mitunter  die  sichtbaren  Striclireste  beigesetzt,  manchmal 
finden  die  Fälle  auch  in  den  Anmerkungen  eine  besondere  Be- 
sprechung. So  gefahrlich  es  auch  immerhin  sein  mag,  auf  eine 
Lichtdrucktafel  wichtige  Schlüsse  zu  bauen,  wie  es  mir  u.  a.  bei 
einer  Prüfung  des  Berliner  Didymospapyrus  deutlich  wurde,  so 
wird  man  doch  einige  Beobachtungen  mit  Nutzen  vorbringen,  da 
sie  doch  vornehmlich  darauf  hinzielen,  daß  der  Stein  an  der  be- 
treffenden Stelle  noch  einmal  nachgesehen  werde.  Bei  diesen 
kostbaren  Urkunden  ist  es  am  Platze,  daß  man  um  jeden  Buch- 
staben kämpft,  um  dann  zu  solch  schönen  Ergebnissen  zu  kommen, 
wie  sie  Wilhelm  z.  B.  auf  S.  71  erlangt  hat. 


•Dgecvoa  W.  GrSn«rt.  395 

Id  der  Liste  der  Dionysienfliege  ist  zu  lesen:  Nr.  a  b,  S.  18a  t 
MofVfi^j  12  i\%of^Y^^^  23  ^o^Vlf^*9  ^  9  0^X]o%li9vq^  c  9  »tt/u[csi- 
dftfy^44  K€L(^xXvoq.  Wichtiger  ist  b  5,  wo  zwei  Buchstaben  unter 
BA  erscheinen«  und  c  is,  wo  der  obere  Jinke  Balken  von  Y 
darchschimoiert,  so  dafi  der  Chorege  etwa  &aXv[xidfiq  hieB.  — 
Nr.  c,  S.  20 . . .]  (ov,  5  tdi[6aans.  —  Nr.  d,  S.  23  liegt  nun  nach 
Auffindung  des  yon  Pittakis  nichtsnutzig  abgeschriebenen  Textes 
in  ganz  gesicherter  Lesung  im  Anzeiger  der  Wiener  Akademie, 
phil.-hjst.  Klasse,  vom  4.  Juli  1906  vor.  Wilhelm  selbst  hatte  das 
versprengte  Stuck  wieder  aufgefunden^)  und  daraus  wertvolle  neue 
Nachrichten  ober  den  jöogeren  Sophokles,  ober  Araros  und 
Anaxandrides  gewonnen.  —  Nr.  e,  S.  25  3'l^iU$«g,  4  JK[X]<d/:Krxo(, 
5  i^idaa%€^  7  9«f*»(rrox[>Uoi;c,  9  JiOvviSa[vdQoq  oder  J$oyv- 
c«[dm(fog^  schwerlich  J$ovva}[oq.  —  Nr.  f,  S.  26  a  3  li^Kodtt^cK, 
^ixoJ^r^$.    Die   zweite  Reihe   muß   noch   viel  mehr   ergeben: 

ober  vnoxQtTi^g  am  linken  Ende  P  (oder  H  oder  K)  als  Anfangs- 
kichstabe  des  tragischen  Siegers  vom  J.  33  Vi   dann   inoMQ^ziig 

Nixiccg.  Das  A,  in  der  Mitte  Qber  OY  der  nächsten  Zeile,  ist 
pnz  deutlich,  so  dafi  der  N$9^6(f%Qcnog  fallt  Danach  könnte  in 
der  Liste  der  siegenden  Schauspieler  an  den  Lenaien  S.  145  b  is 
Ifizia]g  eingesetzt  werden.  Jener  Mann  siegte  an  den  Dionysien 
des  J.  33%  dieser  steht  hinter  Thettalos,  der  an  den  Dionysien 
347  und  340  siegte.  Auch  aus  Z.  7  ff.  wird  man  bei  iufierater 
Anstrengung  noch  einiges  gewinnen  müssen.  Nr.  g — h,  S.  28  a  3 
Uiiqaxty^  4  BetTaXog^  7  wahrscheinlich  xwf${ü)idoi),  8  naid[(oy^ 
b  2  ix[^QVy\^*^  3  idldanxtVy  5  ^^fii^ctikivfiq^  7  edlda[<r]it«.  —  Nr,  i, 
S.  30  ]  muß  man  auch  um  das  Urteil  eines  andern  Augenzeugen 
bitten,  da  das  Jahr  des  Pythodelos  bis  jetzt  noch  nicht  als  sicher 

gelten  kann;  2  K6*qoni[g  4  äyvdqäVj  S  x(0ji*(itf«diio[v,  7  Jtonei&^q. 

•  •  • » 

Ob  der  Chorege  Ji6q>ccy[Tog  3  so  sicher  ist,  wie  Wilhelm  an- 
nimmt, wird  sich  vielleicht  noch  am  Stein  entscheiden  lassen;  der 
Chorege  ^Qy^tdag  5  könnte  nach  den  folgenden  Spuren  {ME) 
schon  der  MeXttevg  sein,  den  jener  in  Vorschlag  bringt.  —  Nr.  k, 
S.  31  b  3  x(i^f$w[id6Sy,  4  A  eher  als  ^,  dann  wohl  T. 

In  Nr.  1  der  Didaskalieninschrift  ist  S.  40  2  wohl  Evg[in]ldo 
wie  19  ZQ  lesen;  e  ^AyT$y6yfi$y  7  E\yäQ€iog^  JE\Y]:^  13  v[n]^\: 
A^^vodtaQog^  14  0finra[Ao]g;  22  ist  Av%a]ovk  nicht  angängig, 
dier  etwa  M]i\ikv\iiv^^  doch  wird  der  Stein  selbst  noch  Genaueres 
lehren    und    auch   den    Rest    vor    O   aufklären;    25  Olä\inodk^ 

26  E^dQ]stog,  27  U(>bf>A^i»]f#,  Z(iSdTY,n H.  OoQxla^, 

also  als  Dichter  dieses  Satyrdramas  sowohl  Timokles  als  Philokles 
möglich,  32  NM]gürQq[tog.  —  Nr.  2.  S.  42  4  'HQaxl€li[fig^ 
6.^0^/7  —  Nr.  3,  S.  45  6  e^Cavqm,  7  0tXt]n7iidiig,  8  Ua]xX^- 

^)  ,Jb  eiaefli  PrivtUiaiiie'',   Aazeiger  S.  2.    Wanm  gibt   er   es  Bichl 
deotlicber  an? 


396    A.  WilbeliD,  Urkondeo  drangt.  A «ff ülir od ^an  ia  Atbeo, 

niodwQoqj  10  nt  wobl  auch  XaliCi]oa»o7tw$  ab  Titel  möglich; 
b  11  Yjff.  —  Zu  Nr.  4,  S.  51  hätte  iannerhiD  auch  die  Abschrift 
voo  Piltakis  beigesetzt  werden  können.  Bei  dem  Lustspieliilel 
a  5  kommen  die  Feminina  zu  den  Formen  auf  -da%^g  in  Betracht, 
z.  B.  nXaaxkq^  auch  Dingnamen  wie  d-eqiJMaxlq  \  b  4  ^A[<S%v(piXov^ 
16  ood  17  KaXXmnid[iig.  —  Nr.  5,  2,  S.  67  a  lo  AHPAl  oder 
MHPAl  als  Komödientitel,  dann  als  Schauspieler  n  —  xq\Q%fig, 
Kann  le,  wo  ein  neuer  Archont  am  wahrscheinlichsten  ist,  nicht 
eine  nähere  Bestimmung  gestanden  haben,  z.  B.  der  Demos?  Un- 
möglich ist  das  nicht,  da  auch  in  den  Volksbeschlüssen  solcher 
vorkommt  und  die  Eintragung  gleichieitig  ist.  Ferner  b  i  YR 
zweifelhaft,  eher  12;  2  Ti^&sX^q.  —  Tafel  zu  S.  69—79, 
Spalte  2,  a  1  Tiik6a%[Q]oao^  Av%(^v\j^bv-,  5  ^4v6%Oj  9  /??  b  12 

ivin\a,  is  ^i\yB%9,  14  T$ikijgkakfic^9tTog,  18  /AT,  20  /i;^}va£a- 
^ivo&qJ   24  ]af*ii^«»».     e  t  wohl  'Apt]ev€Q/€vwvvh  3  ^vy«}SafKa- 

wiYi,  8  NUHS.  Spalte  3,  c  lo  S[mvinoq,  \z  770,  u'  EDh 
iyiveto,  26  YII.  Spalte  4,  d  19  Nt]n[6]laoq.  —  '  Nr.  1,  S.  79 
4  JIafauavä\d'ijxik.  —  Nr.  9,  S.  8t  2  etwa  ToXg  tQt]moyva. 

Aus  der.  Siegerliste:  Nr.  a  &  101 11  Al]irxvl[og,  n  l^gi- 
cj:]iag  ganz  sicher  (der  Winkel,  den  der  aufrechte  Strich  mit  der 
BrucUinie   bildet,    ist   gröBer  als   der   eines    iV,    vgl.  b9).   — 

b,    ebda.   8 IA2.    —    defg,    S.   107    ho    Evn[oXig, 

12  AM^  (?),  was  aber  auf  yifjkvrlag  fuhrt,  der  ebenso  unbekannt 
sein  darf  wie  z.  B.  A^onai&fiq  a  15  QAi»\Bk\piaq  wird  auch  durch 
die  Lenaienliste  S.  123,  wenn  hier  richtig  ergänzt  wurde,  nicht 
empfohlen),  es  K\fi\ifka6[do%og^  a  .  -  .  IT^  —  ik  Im  n,  S.  123 
ai  no]^twP,  4  TfjXexXeidtjg;  b  ^  MB[Tayiy]tjg,  ^*AnoX[Xowihtigy 
8  Nt[xoxccQ^gy  9  SevQipäv\  ci  0iXkn[nog^  2  Xoofiylpg't  7  Avx^- 
^dtnjgj     9  Navff[txQaTfig;     d9  MhavÖQogy     10  OyXf^yitOiv.     — 

0,  S.  134  2  liQ]i(ftwv.  —  p,  S.  i  37  2  ^HQaxXsid[iig,  3  iV*xo- 
(kaxog,    7  Xai[Q]ictQcctog  y    8  Me]v€XQdT^g.    —     q,   S.  140  9 

'lljpa«A[— ,  12  EvQijfAmv.  —  rstuvw,  S.  145,  b  12  Wjj'd^o- 
od'ivfig,  \\&^]%c£6gy  i%IiüN,  es  etwa£v[/*^*^lff»  ^  AP...\  ßiV. 
—  y  z  a',  S.  153  a 7  4^i7]fi[o]^[(5]K,  b  1  lioXv[KX^gt  3  2a}(r*»(il9[^ 

7  MBPSxX^g,    8  -^WfM?[*^d*<>5»    oder    ^[»ojdi7[f*]oc?    —    b'c' 

S.  156il\^X/[^H5?,  9 'Ef*it*m'dh?.  —  d'  S.  1574  Ugi- 
l»vtifr[tog.  —  k'l',  S.  163  ci  Ilo]lv<rlTQaTog? 

Es  folgen  einige  teils  in  Rom,  teils,  wie  es  heißt,  in  Rhodos 
gefundene  Inschriften,  die  sich  mit  attischen  Stocken  beschäftigen. 
In  der  ersten  (IG  XIV  1097,  hier  S.  195)  ist  eine  falsche  2^len- 
begrenzung  gegeben,  da  rechts  ein  freier  Rand  war.  Das  be- 
weist der  Umstand,  daß  alle  Zeilenenden  mit  einer  Silbe  schliefien, 
noch  deutlicher  spricht  der  freie  Raum  Z.  8.  Man  wünschte,  daß 
sich  trotz  der  Bemerkung  von  Hülsen  S.  208  bei  aufmerksamer 
Belraehtung  noch  ein  Strichrest  an  der  linken  Seite  hinzu- 
gewinnen  ließe. 


avfot.  TOB  W.  GrSaart.  397 

Zum  Schlosse  ▼eröffentlfctit  Wilhelm  eine  Anzahl  toh  Stein- 
teagnissen,  die  auf  szenische  Verhältnisse  Bezng  haben,  teils  in 
besserer  Lesang,  teils  als  völlige  Neuigkeit.  Auch  sonst  hat  er 
in  seinen  Aasföbmngen  bei  sich  darbietender  Gelegenheit  neue  Texte 
beigeschrieben  oder  erwihnt,  so  z.  B.  S.  32,  wo  ich  indessen 
nach  der  Abbildung  Z.  1  Mifloavog  lese.  Es  ist  schade,  daß 
S.  60  ein  Irrtum  von  Capps  weiter  verbreitet  wird;  denn  im 
Bermannschen  Lexikon  S.  324  steht  nichts  von  Diodoros,  sondern 
JUpyJiog  ffffihv  o  li&^yatog,  fr.  12$  Kock.  Aber  auch  fQr  Dipbilos 
ist  das  Zeugnis  nicht  recht  zu  verwerten,  da  die  Quellen  jener 
bynotiaisehen  Wortsammhing  recht  spät  sind,  auch  lag  es  sehr 
nahe,  den  attischen  Dichter  als  Athener  zu  bezeichnen.  Die  An- 
m^kung  zu  Aaivf^q  S.  71  folgt,  wie  mir  scheint,  mit  Unrecht 
der  von  Baunack  zu  den  DiaMtinschr.  Nr.  2229  gegebenen  Er- 
Ulning  von  yUaivag  (»Aaairag):  ich  ziehe  es  vor,  yictty^ig  zu 
Issen  und  dne  Erweiterung  von  ^cr-  anzunehmen.  Das  Epi- 
franm  I  G  III  1340  (Kaibel  139) 

^tijXXiiy  HaQd-evonfig  Xdioq  yafAst^g  ino^ifsp 
AuklNHC  aXoxM  ^ovTO  x^^lCo/t*€voc 

ist  nicht  zu  verwenden,  da  es  verderbt  scheint.  Denn  was  soll, 
sachdem  tdiog  yaiuizfig  vorausgegangen  ist,  das  ohne  nähere 
Bestimmung  gesetzte  äioxtaiJ  ich  vermute  MyijcUo}i[og  x£6f{jj] 
%9ho  %€tQk^6(MVog.  Jedenfalls  würde  ^a^Ki;^,  wenn  es  ^mAa-^Livfig 
zusammengezogen  wäre,  nicht  passen,  aber  auch  Aaty^qg  hätte 
keinen  Platz,  da  die  Endung  -»v^c  kurzes  *  hat.  Wollte  man 
sich  darum  in  Anbetracht  der  späteren  Zeit  mit  akoj^w]  zufrieden 
geben,  so  mußte'  doch  der  Eigenname  als  Beleg  für  AAIJNHS 
aasscheiden.  Im  übrigen  aber  bat  Wilhelm  für  die  Eigennamen 
viel  Neues  aas  seinen  Sammlungen  beigebracht,  auch  die  wichtige 
S.  246  gedruckte  Namenliste  aus  Theben  verdankt  diesem  Neben- 
ziele ihre  Verüffentlicbung. 

Eine   große  Zahl   von  Bruchstücken    ist    erst   von  Wilhelm 
den   Resten   der  drei  Haupturkunden   beigesellt    worden.      Wir 
können  der  Ausgabe  keinen  schöneren  Erfolg  wünschen,  als  daß 
noch  immer  mehr  von  den  verschollenen  Oberbleibseln  gefunden 
werde,   mag   dann   auch   diese   oder  jene   Aufstellung    Wilhelms 
widerlegt  werden.     Denn  diese  einzigen  Texte  werden  nicht  auf- 
hören, uns  Überraschungen  zu  bringen,   sofern    auch  die   neuen 
Fände  nicht  aufhören.    Es  wäre  aber  auch,   wenn   sich    einmal 
die  erste  Wirkung  des  vorliegenden  Werkes  fibersehen  läßt,  an 
der  Zeit,  in  einer  kleineren  TextausgaLe  über  Athen  hinauszugehen 
und  die  szenischen  griechischen  Inschriften  vollständig  zu  sammeln, 
einmal    damit    alle   gleichartigen    Zeugnisse    zusammenkommen, 
dann  aber  auch  in  Hinsicht   auf  das    attische   Drama,   da    seine 
Uassiscben    Werke   später   aUeatbalben   einen   großen  Teil   des 
Bahnenspielplaos  beherrschen. 


ä98  Pliilonig  AlezandriDi  opara  ed.  L.  Goha,  ag^K.  von  W.Cr ö'oert. 

2)  Philo  Bis  Alexandrini  opera  qnae  sapertant.  fididit  Leopold  na 
CohD.  Berolini  MCMII,  typia  et  impeosis  Georgii  Reimeri.  Vol.  IV: 
XXX  u.  350  S.  njC.-  Vol.  V:  XXXH  n.  376  S.,  adieeUe  snnt 
Ubolae  phototypicae  dnae.    12  JC* 

Die  beiden  jüngsten  Bände  der  großen,  von  Wendland  und 
Cohn  gemeinschaftlich  unternommenen  Philonausgabe  sind  von 
dem  zweiten  Herausgeber  bearbeitet  worden.    Es  enthält  der  vierte 

die  Schriften  ü^ql  [MßaäfA,  Ilegl  ^it&cij^y  Biov  Mwvaiwg  aßy 
und  Ilsql  %&v  7  Xoy^v  ot  xsipalata  vofiwv  elaip^  der  fünfte 
die  vier  Bücher  JIsqI  tcov  iv  fkiqsk  d^cetayucnmv^  denen  sich 
die  Sammlung  UsqI  ägeray  und  Jleql  a&hav  »dl  intttfiiwy 
xai  äqäv  anschlieBt. 

Die  Grundsätze  der  Bearbeitung  sind  im  wesentlichen  die- 
selben wie  in  den  früheren  Bänden.  Was  die  Worlformen  an- 
langt,  so  hätte  es  sich  wohl  verlohnt,  die  in  der  Memoria  graeca 
Herculanensis  gegebenen  Zusammenstellungen  und  Nachweise  zu 
beachten.  Denn  wenn  man  die  beste  Richtschnur  bei  der  Ent- 
scheidung zwischen  verschiedenen  orthographischen  Bildungen  be- 
folgen wollte,  so  war  es  doch  die  Schreibweise  eines  großen  Ober- 
lieferungszweiges,  der  eben  aus  Philons  Zeit  stammt,  und  eines 
Mannes,  der  nicht  lange  vor  ihm  gelebt  hat  und  ebenso  auf  eine 
gewählte  Sprache  acht  hatte.  Statt  dessen  werden  z.  B.  die  Uo- 
formen  mpiXe^a  und  cvfindd'€$a  weiter  beibehalten,  und  so  sehr 
es  erfreulich  ist,  daß  eine  so  alte  und  prächtige  Handschrift  wie 
der  vatikanische  Palimpsest  R  in  den  Vordergrund  gestellt  wird, 
so  muß  es  doch  befremden,  daß  er  in  Kleinigkeiten,  auf  die 
Philon  gewiß  nicht  geachtet  hat,  wie  z.  B.  bei  dem  losen  v  vor 
Konsonanten,  nicht  durchdringt;  vgl.  z.  B.  V  36,5.  37,5.  Immer- 
hin ist  diese  Ausstellung  sehr  geringfügig,  und  der  Grammatiker 
wird  nicht  müde,  fQr  die  gewissenhafte  Aufzeichnung  jeder  Lesart, 
jedes  abweichenden  Buchstabens  zu  danken. 

In  der  Textkritik  urteilt  Cohn  in  ruhiger  und  verständiger 
Weise.  Wo  er  mit  der  Oberlieferung  nicht  auskommt,  arbeitet 
er  zumeist  mit  den  üblichen  Hilfsmitteln,  der  Annahme  voa 
Doppelschreibung,  von  Ausfall  infolge  gleicher  Buchstaben,  von 
Glossemen  und  von  Wortumstellungen,  und  gewöhnlich  mit  Ge- 
schick. Nur  wünscht  man,  daß  er  nicht  so  spärh'ch  mit  der  An- 
gabe von  Belegstellen  verfahre,  damit  es  der  Leser  sofort  erkenne, 
ob  er  auf  Grund  von  ähnlichen  Wendungen  oder  aus  unabhängigen 
Erwägungen  ändert;  diese  kurzen  Verweisungen  würden  die  Masse 
unter  dem  Strich  schwerlich  in  erheblicher  Weise  belasten.  Im 
Text  sind  die  Zusätze  noch  genauer  anzugeben,  so  z.  B.  /lA^^f^y 
ovv  V  75, 18,  wo  Cohn  das  fii^  ovy  der  Handschriften  verbesserte. 
Wendlands  kritische  Beihilfe  ist  dem  Herausgeber  recht  ersprieß- 
lich gewesen. 

in  einem  besonderen  Räume  sind  unter  dem  Texte  die  Parallel* 
stellen  aus  der  heiligen  und  der  profanen  Schrift  gesammelt,  sehr 


Moliere,  L'AvarCi  hagb.  v.  Splettst  öfier,  aoges.^*  B*  Meyer.  39Sf. 

sor^gfaltig  z.  B.  die  aas  der  SeptuagiDta,  doch  ließe  sich  aus  der 
phiJosophischen  Literatur  noch  mancherlei  nachtragen.  Da  oft 
gerade  diese  Ähnlichkeiten  zu  besonderen  Beobachtungen  Anlai^ 
geben,  so  wird  es  zweckmäßig  sein,  sie  im  Index  besonders  auf- 
lofuhren.  Nun  darf  man  ja,  nachdem  weitaus  der  größere  Teil 
der  Pbilonischen  Schriftenmasse  in  der  neuen  Ausgabe  vorliegt, 
an  den  nahen  Abschluß  denken  und  den  Bearbeitern  dazu  Glöck 
wünschen,  daß  sie  ihre  der  Anregung  der  Berliner  Akademie 
entsprungene  Aufgabe  so  glucklich  zu  beenden  im  Begriffe  stehen. 

Göttingen.  Wilhelm  Crönert. 

1)  Moliere,  L'Arare.  Conedie  co  ciaq  aetea.  Für  den  Sebnlgabraiich 
heraaa^^ebeo  voa  Willi  Splettatößer.  Mit  eioen  Titelbild  und 
eiaer  Abbildoag.  Leipzig  1907,  G.  Freytag  (Wiea,  F.  Tempsky). 
116  S.     geb.  1,20^. 

Dem  Text,  welcher  in  unverkürzter  Form  geboten  wird,  liegt 
die  Ausgabe  von  Despois-Mesnard  zugrunde,  nur  ist  die  Ortho- 
graphie der  modernen  Schreibart  angepaßt.  Zunächst  gibt  der 
Verfasser  S.  6 — 13  das  Wichtigste  über  Moliöres  Leben  und  Werke, 
daoD  S.  14 — 17  eine  Einleitung  zum  Avare  und  S.  18 — 98  den 
Text,  auf  welchen  S.  99 — 116  die  Anmerkungen  folgen.  Durch 
ätt  Streben,  Bestimmtheit  und  Körze  in  der  Darstellung  zu  ver- 
oneD,  ist  der  Ausdruck  zuweilen  zu  knapp  geworden.  So  sind 
z.fi.  S.  19  die  Worte  „wobei  sich  herausstellt,  daß  er  seinen 
ebenen  Sohn  hat  bewuchern  wollen*^  mißverständlich.  Die  Ab-* 
bilduDg  zu  III  1  S.  57  war  zu  erläutern  (vgl.  Bornecque  in  seiner 
Ausgabe).  Dem  Urteil  S.  16  „Und  doch  ist  nicht  eigentlich  der 
6m  das  Laster,  das  diese  Polgen  (Aufhebung  aller  Pietät  zwischen 
^ater  und  Sohn)  hervorruft.  Es  ist  Harpagons  Egoismus,  seine 
Selbstsucht^'  wird  man  schwerlich  zustimmen.  Nach  Molteres 
Intention  ist  doch  zweifellos  der  Grundfehler  der  Geiz;  dieser 
iDKht  ihn  egoistisch.  S.  14  heißt  es:  „Eine  Vorarbeit  fand  er 
io  dem  lateinischen  Lustspiel:  Aulularia,  das  Plautus  begonnen 
^d  Urceus  Codrus  vollendet  hat''.  Das  ist  nicht  ganz  richtig. 
Plaotus  hatte  das  Stück  selbst  vollendet,  der  Schluß  ist  aber  im 
Weder  Zeit  verloren  gegangen  und  deshalb  im  15.  Jahrhundert 
^on  Ant.  Codrus  Urceus  in  Bologna  ergänzt  worden. 

Die  Anmerkungen,  welche  mit  sorgfältiger  und  verständnis- 
voller Benutzung  der  einschlägigen  Literatur  gegeben  werden, 
bieten  das  Wichtigste,  was  zum  Verständnis  nötig  ist  und  ent- 
halten manches  Beachtenswerte.  Auf  grammatische  Fragen  wird 
selten  eingegangen.  Mir  scheint,  als  ob  der  Verfasser  mit  den 
Anmerkungen  noch  freigebiger  hätte  sein  können.  So  bedurften 
inancbe  Stellen  der  Erklärung,  unter  anderen  der  Subjonctif  im 
indirekten  Fragesatz  il  ne  ro'importe  qui  ce  soit  S.  77,  27,  und 
in  qoe  je  puisse  S.  92, 29;  ferner  il  ne  me  platt  pas,  rooi 
S.  62, 21,  qu'est-ce  ä  dire  ceJa  S.  88,  22  u.  a.  m.    Bei  il  se  faul 


400  R.  Meorer,  Fraisosisehe  Syaonyiiik,  aogez.  tod  fl.tfeyer. 

rendre  a  cela  (S.  36,  6)  war  wohl  darauf  aofmerksam  zu  machen» 
daß  4urch  ä  cela  statt  y  der  Begriff  'dies'  stark  heryorgeboben 
wird;  ebenso  u'as-tu  point  de  honte?  S.  44, 27  (vgl.  S.  77,  6) 
schämst  du  dich  denn  gar  nicht? 

Die  Ausstattung  ist  gut.    Druckfehler  sind  selten  und  nirgend 
atörend  (S.  36,32  lies  celle-lä,  S.  81,22  la,  86,23  le). 

2)  Karl  Mearer,  Französisehe  SyooDymik.  Mit  Beispielen,  etymo- 
le^i«jDhen  Angaben  und  xwei  .Wortref^etero.  Für  die  oiieren  Klassen 
höherer  Schulen  bearbeitet  Fünfte,  sehr  verbesserte  Aoflsge.  Leipzig 
1907,  Heinrich  Bredt.     VIII  u.  185  S.    8.    2^. 

Der  Verfasser  hat  sich  mit  Erfolg  bemüht,  überall  genaue 
find  scharfe  Begriffsbestimmungen  zu  geben  und  sie  durch  gut 
gewählte  Beispiele  zu  erläutern;  auch  wird  der  Unterschied  zu- 
weilen durch  Angabe  des  gegensätzlichen  Begriffs  klar  gemacht, 
ein  Mittel,  welches  vielleicht  noch  häutiger  verwendet  werden 
konnte.  Die  Sammlung  ist  sehr  reichhaltig;  sie  weist  700  Nummern 
auf.  Ein  ausführliches  Register  der  behandelten  französischen 
und  deutschen  Wörter  erleichtert  die  Benutzung ;  deshalb  empfiehlt 
sie  sich  als  Nachschlagebuch.  Die  Etymologie  ist  mit  Recht  nur 
insoweit  herangezogen,  als  ihre  Resultate  als  gesichert  gelten. 
Der  Druck  ist  korrekt  (S.  134  lies  Tinstant  faUl  statt  fatale),  die 
Ausstattung  gut. 

Nr.  350  goüter  und  coüter  können  wohl  nicht  mehr  als 
Synonyma  angesehen  werden,  mögen  auch  Schüler  sie  vielleicht 
verwechseln.  Nr.  622  il  y  a  von  einem  Zeitpunkt  zurAckgerechnet, 
füge  hinzu  „der  Gegen wart'^  331  bei  an  und  annee  war  zurück-* 
zuweisen  auf  Nr.  2  soir  und  soiree.  Nr.  647  si  und  quand  sind 
nicht  scharf  genug  geschieden.  516  bei  bergerie  war  auf  berger 
zu  verweisen.  663  le  mot  bedeutet  auch  das  witzige  Wort. 
692  bei  revenir  und  retourner  empfiehlt  sich  die  kurze  Formel: 
revenir  bezeichnet  Annäherung,  retourner  Entfernung. 

Herford  i.  W.  Ernst  Meyer. 


1)  F.  Zurbonsen,  Aoleitoo^  zan  wiisenseliaftlieheD  Stndivin  der 
Geschichte.  Nebst  Materialien.  Ein  flandbach  für  Studierende. 
Berlin  1906,  Nicolaische  Verla^s-Bochhandlane^  R.  Stricker.  11  u. 
142  S.     S.    2,60  JCy  ^eb.  3  JL^ 

Der  in  den  Kreisen  der  Fachgenossen  wohlbekannte  Verfasser 
hat  hier  eine  Arbeit  geliefert,  die  man  nur  mit  Freuden  begrüßen 
kann,  weil  sie  den  Studierenden  der  Geschichtswissenschaft  eine 
treffliche  Anleitung  für  ihr  Studium,  aber  auch  dem  Lehrer  der 
Geschichte  viele  brauchbare  Winke  ^bt,  die  ihm  für  seinen  Unter* 
rieht  von  großem  Nutzen  sein  können.  Das  Buch  ist  in 
15  Kapitel  geteilt,  dem  zwei  Anhänge  und  ein  sehr  sorgfiiltig  ge- 
arbeitetes Sachregister  folgen.  Der  Verfasser  erteilt  in  dem  ersten 
Kapitel  dem  Studenten,  den  er  sich  als  Leser  seines  Buches  vor^ 


ZorboBseo,  AoleitoD^  z.  wiss.  Stad.  d.  Getcb.^  a^z.  v.  Genest.  401 

Stellt,  aUgemeine  Batflchlüge  für  die  rechte  Auffassung  und  Ordnung 
seiner  Studien,  die  in  Form  und  in  Geist  lebhaft  an  Oskar  Jägers 
pädagogisches  Testament  erinnern,  wenn  sie  natürlich  aueb  mit 
ganz  anderen  Verhältnissen  reebnen,  als  es  dort  der  Fall  ist.  Im 
zweiten  Kapitel  werden  Begriff  und  Umfang  der  Geschichts wissen* 
scbaft  besprochen,  im  dritten  ihre  Aufgabe,  im  vierten  die  Neben- 
ßcber  und  Hilfswissenscbaften  der  Geschichte,  im  fünften  die 
Lektüre  sowobl  hinsichtlich  der  Quellen  wie  der  modernen  Ge- 
scbicbtswerke.  Die  drei  nächsten  Kapitel  geben  zu  dem  fünften 
nähere  Erläuterungen,  insofern  sie  Quellensammlangen  für  alte, 
mittlere  und  neue  Geschichte  und  die  Handbucher  zur  Quellen- 
kunde, ferner  die  bedeutendsten  geschichtlichen  Werke  für  das 
gesamte  Gebiet  und  endlich  die  wichtigsten  Arbeiten  aus  der 
preufiischen  Geschichte  behandeln.  Im  neunten  Kapitel  folgen 
daDD  umfangreiche  Ausführungen  zum  Studium  der  Methodik, 
die  wieder  in  den  nächsten  drei  Kapiteln  Ergänzungen  erfahren, 
indem  hier  zuerst  Frobl«*me  und  Kontroversen  aus  der  deutschen 
Geschichte  (im  ganzen  30  Punkte)  kurz  erörtert  werden  und  der 
gegeDwärtige  Stand  der  Fragen  angegeben  wird. 

Dann  ist  im  .11.  Kapitel  die  Rede  von  praktischen  Cbungen 
Bfid  Einzelmaterialien,  und  im  12.  wird  in  eingehender  Weise  das 
Wahren    dargelt^gt,    welches    man  bei  der  Abfassung  geschicht- 
JJdier  Arbeiten  beobachten  muB,  wenn  man  Aussicht  auf  wissen- 
»ciiartlichen    Gewinn    haben    will.     Hier   hat   der  Verfasser    auch 
SO  Themata  für  Kandidaten  des  höheren  Lehramts  angegeben,  die 
in  Bayern  in  den  Jahren  1899 — 1906  als  Examenarbeiten  gestellt 
und  von  dem  dortigen  Ministerium  dem  Verfasser  zur  VerölTent* 
liebung  überlassen  sind.     Im  13.  Kapitel  werden  die  drei  Haupt- 
Perioden    der    neueren    Historiographie,     nämlich    das    Zeitalter 
vom  Aufkommen  des  Humanismus    bis    zum    30  jährigen  Kriege, 
die  unfruchtbare  Zeit  im  17.  und  18.  Jahrhundert  und  die  Tälig- 
iteii  der  historischen  Schulen  im  19.  Jahrhundert  charakterisiert, 
und  dabei  kommen  auch   die   bedeutendsten  Werke   der    franzö- 
sischen   und    englischen    Geschichtschreibung    zur    Besprechung, 
^ach  einem    kurzen  AbriB  der  Geschichtsphilosophie   folgt    dann 
im  SchluBkapitel  eine  reiche  Sammlung  guter  Ratschläge    für  die 
Staatsprüfung  in  der  Geschichte,  die  um  so  mehr  Wert  haben,  als 
der  Verfasser  selbst  fünf  Jahre  lang  einer  wissenschaftlichen  Prü- 
fungskommission angehört  hat  und  daher  die  einschlägigen  Ver- 
Ultoisse  genau  kennt.     Jeder  Studierende   der  Geschichtswissen- 
schaft wird  gut  tun,    diese  Winke  ebenso    wie  den    zweiten  Teil 
des  Anhangs,  der  die  Prüfungsordnungen  für  Historiker,  wie  sie  in 
l^eofien,  Bayern,  Württemberg  und  Osterreich  gelten,  und  einige 
Schemata  zu  Eingaben  an  die  zustüindigen  Behörden  enthält,  sorg- 
^tig  zu  studieren  und  im  gegebenen  Falle  wohl  zu  beachten. 

Aus  dem  Gesagten  wird  ersichtlich  geworden  sein,  daß  der 
Inhalt  von  Zurbonsens  Buch  ein  sehr  reicher  und  mannigfaltiger 

Ktiteekr.  t  d.  G jxDJMiialwMeB.    LXL    A.  26 


402   Schillmana,  Vorsehale  der  Gesehichte,  agz.  von  0.  Genest. 

ist,  und  daß  der  angehende  Historiker  aus  ihm  sehr  TJel  lernen 
kann.  Es  wird  daher  wohl  angebracht  sein,  daß  die  Lehrer  der 
Geschichte  denjenigen  Abiturienten,  welche  sich  dem  historischen 
Studium  widmen  wollen,  das  Buch  dringend  zur  Anschaffung  und 
zum  Studium  empfehlen.  Der  Druck  ist  im  allgemeinen  korrekt, 
die  Ausstattung  angemessen.  Nicht  sehr  angenehm  hat  mich  die 
vielfache  Verweisung  auf  andere  literarische  Arbeiten  des  Ver- 
fassers berührt,  die  fast  wie  ein  Selbstlob  und  eine  für  unsere 
Kreise  nicht,  recht  passende  Reklame  aussieht.  Das  soll  jedoch 
keine  Einschränkung  des  günstigen  Urteils  über  das  im  übrigen 
treffliche  Buch  bedeuten. 

2)  SchillmaoD,  Vorsehale  der  Geschichte.  Für  die  beideo  anter- 
steo  Stafen  des  Geschiehtsooterrichtes  ao  höheren  Lehranstalten. 
Zehnte  Anflafpe.  Nach  den  geltenden  Lehrplänen  nenbearbeitet  von 
P.  Zorboosen.  Berlin  1906,  Nicolaische  Verlags-Bachhandlang 
R.  Stricker.    VI  a.  215  S.     8.    geb.  2  JC. 

Der  Umstand,  daß  dieses  Buch  schon  in  der  zehnten  Auf- 
lage vorliegt,  beweist  zur  Genüge  seine  Brauchbarkeit,  und  es  ist 
unter  der  geschickten  Hand  des  neuen  Bearbeiters  sicherlich  nicht 
schlechter  geworden.  Die  Darstellung  ist  überall  dem  Stand- 
punkte der  Sextaner  und  Quintaner  gut  angepaßt,  nur  könnte 
sie  vielleicht  in  den  Übersichten  über  die  Sagen  von  Walter 
und  Hildegunde  und  von  Kudrun  etwas  knapper  sein.  Die  Aus- 
wahl, welche  aus  der  deutschen  Geschichte  getroffen  ist,  kann 
man  im  allgemeinen  durchaus  billigen;  vielleicht  wäre  es  aber 
angemessen  gewesen,  aus  der  Periode  der  Völkerwanderung  neben 
Alarich  und  Chlodwig  noch  Theoderich  den  Großen  und  den 
Untergang  des  Ostgotischen  Reiches  zu  behandeln.  Erfreulich  ist 
die  Art,  in  welcher  der  katholische  Verfasser  Luther  und  die 
Reformation  behandelt;  man  ist  hier  eine  so  ruhige  und  unpar- 
teiische Betrachtung  von  jener  Seite  her  schon  lange  nicht  mehr 
gewöhnt.  Dabei  mag  für  eine  neue  Auflage  des  Buches  bemerkt 
werden,  daß  Friedrich  der  Weise,  als  er  Luther  nach  Wittenbei^ 
berief,  noch  nicht  sein  Landesherr  war.  Sehr  angenehm  berührt 
auch  der  warme  Patriotismus,  der  die  ganze  Darstellung  durch- 
dringt, ohne  irgendwie  aufdringlich  zu  werden. 

In  dem  Pensum  für  die  'Quinta  nimmt  der  aus  der  grie- 
chischen Sage  und  Geschichte  gebotene  Stoff  mit  Recht  den  bei 
weitem  größten  Raum  ein.  Auch  hier  ist  die  Auswahl  durchaus 
angemessen :  die  geschichtlichen  Abschnitte  sind  fast  durchweg 
biographischer  Art,  und  das  Zuständliche,  was  mitgeteilt  ist,  tritt 
immer  in  der  Verknüpfung  mit  den  bedeutenden  Persönlichkeiten 
auf.  Die  Stücke  aus  der  römischen  Geschichte  schließen  mit 
einem  Überblick  über  die  Regierung  des  Augustus,  dem  ein 
kurzer  Hinweis  auf  die  weiteren  Schicksale  des  Römischen  Reiches 
bis  476  angeschlossen  ist.  Der  Druck  ist  im  wesentlichen  korrekt, 
die  Ausstattung  gut,  der  Preis  angemessen.     Das  Buch  ist  für  den 


M.  Lehnann,  Freiherr  vom  Stein,  angez.  voa  F.  Neubauer.   403 

Gebrauch  in  den  unteren  Klassen  unserer  höheren  Lehranstalten 
durchaus  zu  empfehlen. 

Halle  a.  S.  Otto  Genest. 


Mtz  LehmaoD,  Freiherr  von  Steio.  Dritter  Teil.  Mach  der 
Reforn.  180S— 1831.  Leipzig  1906,  S.  Hirzel.  XX  a.  510  S. 
gr.  8.     11  Ji-,  geb.  13.50«^. 

Von  Max  Lebmanns  „Stein*'   liegt  der  dritte  Band  vor,  und 
damit   ist    ein  Werk    zum    Abschluß    gebracht,   auf  das   unsere 
historische    und    unsere   nationale  Literatur   stolz  sein  darf.    Es 
handelt  sich  dieses  Mal  vornehmlich    um  Steins  politische  Wirk- 
samkeit   voon  Ende    des  Jahres    1808    bis    zum  Jahre  1815,  um 
seinen  heroischen  Kampf  gegen  Napoleon;    und    der  bedeutsame 
bhalt   hat    die   entsprechende  Form  gefunden,  die  lebendige,  die 
großen  Momente  hervorhebende  Darstellung  läBt  die  Aufmerksam- 
keit nicht  ermalten,  die  Wärme  der  Erzählung  überträgt  sich  auf 
den  iiCser.     Das  Buch  beginnt  mit  einer  Gegenöberstellung   der 
Charaktere  Napoleons  und  Steins.    Wir  sehen,  wie  der  Freiherr  ge* 
ichtet  die  schlesische  Grenze  überschreitet,  in  einer  Stimmung,  die 
.,alles  Menschliche,    und   sei  es  noch    so    kolossalisch    scheinend, 
auf  seinen    vrahren  Wert  zu    bringen    bereit    ist'^;    wie    ihm  in 
Österreich    „der  Gebrauch  des  Feuers    und  des  Wassers**  erlaubt 
wird,  aber  eine  nähere  Verbindung  zwischen  der  Regierung  und  ihm, 
der  als  Haupt    der    „Sekten''  verdächtig  ist,  sich  nicht  anknöpft; 
wie  er  mit  größter  Sympathie  dem  Kampf  der  Österreicher  1809 
zuschaut    und    es    um    so  schwerer  empfindet,  daß  dieser  Kampf 
unglücklich  endet.     Noch    ist    er    auch    für  Preußen  eine  Macht; 
Hardenberg  bittet  um  seinen  Rat  für  die  Reformen,  die  er  plant, 
nicht  minder  wenden  sich  an  ihn  Niebuhr  und  Schön,  die  Harden- 
bergs Projekte  verwerfen.     Inzwischen  schreibt  er  die  Geschichte 
der  Jahre  1789 — 1799,  er  studiert  volkswirtschaftliche  Werke,  er 
sacht  sich  über  den  Charakter  seiner  Zeit  klar  zu  werden,  und  so 
tief  zuweilen    seine  Hoffnung   sinkt  —  denkt    er   doch  selbst  an 
Auswanderung    nach    Kentucky    oder   Tennessee  — ,-  die   Zuver- 
sicht,   daß    die  Knechtschaft    des  Weltreichs  nicht  ewig  sein  und 
daß   es    an    seiner   inneren  Fäule  zugrunde    gehen    wird,    behält 
doch  in  ihm  den  Sieg.    Zugleich  erhebt  sich  in  seiner  Seele  das 
Ideal  eines   zukünftigen    einigen,    starken   Deutschen  Reichs:    ein 
romantisch  gefärbtes   Ideal,    gewiß,    stark  beeinflußt    durch  seine 
die    Vorzeit    verklärenden  Vorstellungen    von    der    alten  Kaiser- 
faerrlichkeit,  ein  Ideal,  das  ihn  zu  immer   neuen  Entwürfen  einer 
Reichsverfassung  verführte,    bei  denen  er,  wie  uns  Nachlebeoden 
scheint,    mehr  und  mehr  die  Wirklichkeit  aus   den  Augen  verlor. 
Andrerseits     hätte    dieser    Mann     mit     seinem     unverwüstlichen 
Idealismus  und  seiner  mächtigen  sittlichen  Persönlichkeit,  er,  der 
einzige  Staatsmann,  der  damals  nur  Deutschlands,   keine  Sonder- 

26* 


404  M.  LehmaDn,  Freiherr  vom  Stein,  angez.  von  F.  Neabaoer. 

Interessen  vertrat,  nicht  imiDer  aufs  neue  auf  das  große  Ziel  der 
Einigung  und  Stärkung  Deutschlands  hingewiesen,  ist  man  sicher^ 
daß  diese  Frage  überhaupt  im  Rat  der  Mächte  eine  Rolle  gespielt 
hätte?  Metternich  war  im  Interesse  Österreichs,  wie  er  es  ver- 
stand, anfangs  gegen  jede  politische  Zusammenfassung  der  deutschen 
Staaten;  Hardenberg  und  Humboldt  wünschten,  wie  eine  Zeitlang 
auch  Stein,  eine  Zweiteilung  Deutschlands  nach  der  Mainlinie  in 
eine  preußische  und  eine  österreichische  Einflußsphäre,  ein  Ge- 
danke, der  natürlich  auf  Österreichs  Gegnerschaft  stieß. 

Am  12.  Juni  1812  war  Stein,  Alexanders  Einladung  folgend^ 
bei  ihm  in  Wilna  eingetroffen,  und  obwohl  ohne  amtliche 
Stellung,  nur  in  einem  losen  Vertrauensverhältnis  zu  Alexander 
stehend,  hat  er  durch  den  persönlichen  Einfluß,  den  er  auf  ihi^ 
ausübte,  ganz  Außerordentliches  geleistet.  Er  hat  auf  den  Kaiser, 
als  er  siegreich  an  der  Grenze  seines  Reiches  stand,  in  dem 
Sinne  eingewirkt,  den  Krieg  nach  Deutschland  hineinzutragen,  und 
zwar  ihn  nicht  als  Eroberungskrieg,  sondern  als  Befreiungskrieg 
zu  führen.  Er  hat,  nachdem  Yorks  Tat  geschehen  war,  dea 
Anstoß  zur  Erhebung  Ostpreußens  gegeben.  Er  hat,  als  Knese- 
beck  in  Kaiisch  durch  „Gnassierendes''  Verhalten  die  Bündnis- 
Verhandlungen  in  die  Länge  zog,  Alexander  bestimmt,  ihn  und 
Anstett  nach  Breslau  zu  senden,  und  dadurch  die  notwendige 
Einigung  beider  Mächte  beschleunigt  Er  ist  nicht  möde  ge- 
worden, die  politische  Stärkung  Deutschlands  als  ein  selbstver- 
ständliches Ziel  dieses  großen  Krieges  hinzustellen,  und  er  hat 
auch  den  Zaren  dazu  vermocht,  für  dieses  Ziel  in  gewissen 
Grenzen  seine  Kräfte  einzusetzen.  Als  dann  die  Schlacht  bei 
Leipzig  geschlagen  und  die  Verbündeten  am  Rheine  angekommen 
waren,  hat  er  Alexander,  der  bereits  unter  Hetternichs  Einfluß 
seine  Zustimmung  dazu  gegeben  hatte,  Napoleon,  wenn  er  Frieden 
schloß,  die  Rheingrenze  zu  lassen,  darin  bestärkt,  die  Heere  über 
den  Rhein  hinüberzufahren  und  den  Kampf  gegen  Napoleon  fort- 
zusetzen. Noch  bei  den  Verhandlungen  über  den  zweiten  Pariser 
Frieden  ist  es  seiner  Vermittlung  wesentlich  zu  danken,  daß 
Alexander  wenigstens  die  Abtretung  einiger  kleinen  Grenzgebiete 
genehmigte. 

Es  war  eine  schöne  Aufgabe,  den  nationalen  Helden  zu 
schildern  und  seinem  Wollen,  seinem  Ringen,  den  Spuren  seines 
Einflusses  nachzugehen,  und  wir  müssen  dem  Verfasser  den 
größten  Dank  wissen,  daß  er  uns  dieses  Buch  geschenkt  hat. 
Eins  aber  vermisse  ich:  ein  genaueres  Eingehen  auf  Steins  Ruhe- 
zeit, der  nur  ein  kurzer  Anhang  gewidmet  ist,  insbesondere  auf 
die  politischen  und  volkswirtschaftlichen  Anschauungen  seines 
Alters.  Eine  so  umfassende  Biographie  hätte  doch  wohl  an  der 
Aufgabe  nicht  vorübergehen  dürfen,  zwischen  ihnen  und  den  An- 
sichten und  Grundsätzen,  die  er  als  Hinister  vertreten  hatte,  die 
inneren  Beziehungen  herzustellen.     Im  übrigen  werden  wir  dieses^ 


A.  PhilippsoB,  Eoropty  an^ez.  voo  A.  Rohrmano.  405 

Werk  den  monümeDtalen  Biographien  großer  Deutscher  einreihen 
dürfen,  die  unser  Volk  besitzt. 

Frankfurt  a.  M.  F.  Neubauer. 


Alfred  Philippson,  Evropa.  Zweite  Auflage  des  voo  Alfred 
Philip psoo  und  Ludwig  NenmaDo  verfaßteo  Werkes,  oen 
bearbeitet  voo  A.  Philippsoo.  Mit  144  Abildongeo  nod  Kartea  im 
Text,  14  Karteo  nod  22  Tafela  io  HolzschDitt,  ÄtxoBg  uod  Farbea- 
druck  voa  B.  T.  CoaiptOD,  H.  Heubner,  E.  Heya,  W.  Kubnert  aod 
R.  Oeoieke.  Leipzig  nod  Wieo  1906,  Bibliograpbiscbes  Institut. 
Xn  0.  761  S.     Lex.  8.    in  Halbleder  geb.  17  M- 

Dieser  Schlußband  von  W.  Sievers'  Allgemeiner  Länderkunde 
ist  ein  vortreffliches  Werk.  Ph.  schließt  sich  im  wesentlichen  den 
schon  bei  den  froheren  Bänden  besprochenen  Grundsätzen  für 
die  Neubearbeitung  der  anderen  Erdteile  an,  teilt  Europa  in 
Naturgebiete,  gliedert  diese  in  Einzelländer  und  Einzellandschaften 
und  sucht  in  jeder  von  diesen  die  Beziehungen  zwischen  Natur 
und  Mensch  vom  Beginn  der  geschichtlichen  Zeit  bis  zur  Gegen- 
wart herauszuarbeiten.  Am  Schlüsse  der  Besprechung  einer 
natürlichen  Einheit  werden  die  Staatsgebiete  im  Zusammenhange 
dargestellt«  Die  geographische  und  geschichtliche  Entwicklung  des 
Deutschen  Reiches  und  Preußens  (S.  567  ff.)  ist  für  diese  Be- 
handlungsart ein  gutes  Beispiel:  trotz  des  knappen  Raumes  ver- 
mißt der  Leser  nichts  Wesentliches. 

Das  Buch  liest  sich  im  allgemeinen  sehr  gut  und  interessant. 
Philippson  zeigt  sich  auch  in  diesem  Werke  als  Heister  des  Stils. 
Um  so  mehr  stört  es  den  Leser,  der  mit  der  schwungvollen 
Darstellung  vorwärtseilt,  wenn  ihm  in  der  Besprechung  der  Sied- 
lungen plötzlich  Einwohnerzahlen  von  Städten  und  wirtschaftliche 
Angaben  in  Klammern  als  Hemmnisse  entgegentreten.  Eine  kleine 
Tabelle  am  Ende  der  Abschnitte  könnte  vielleicht  besser  und 
übersichtlicher  diese  Angaben  aufnehmen,  ohne  daß  dadurch  mehr 
Raum  beansprucht  wurde. 

Der  Verf.  hat  sehr  sorgßilltig  gearbeitet.  Nur  einige  gering- 
fQgige  Versehen  oder  Mängel  sind  dem  Ref.  aufgefallen.  S.  472 
muß  es  bei  Worms  44  000  Einwohner  statt  47000  heißen. 
S.  562  ist  die  Höhe  des  Turmberges  fälschlich  mit  32t  m  (statt 
331)  angegeben.  S.  562  steht  wohl  nicht  ganz  zutreffend  „in 
beiden  Mecklenburg  ist  der  Boden  meist  fruchtbar**.  In 
Mecklenburg-Stelitz  Oberwiegt  doch  der  Heidesand.  S.  567  wäre 
der  Name  „Böcking**  dem  „Bückling**  vorzuziehen.  —  S.  552 
möchte  Ref  den  „Katzenbergen**  einen  Zusatz  wünschen.  Der 
Leser  denkt  unwillkürlich  an  das  bekannte  Katzengebirge  um 
Trebnitz  rechts  der  Oder  und  nicht  an  das  unter  diesem  Namen 
ziemlich  unbekannte  Högelland  zwischen  Glogau  und  Sagan. 
Zeitliche  Gbereinstimmung  in  den  'Statistischen  Angaben  über 
Schweden  (Berechnung  Ende  1903)  und  Norwegen  (Zählung  1900) 


406         H.  GStz  and  G.  Wetssteio,  Lehrbuch  der  Physik, 

^äre  des  Vergleiches  wegen  zu  wünschen.  Auch  eine  Angabe 
über  die  Scheitelhöhe  der  wichtigsten  Alpentunnel,  deren  lünge 
Ph.  nennt,  wurde  manchem  Leser  willkommen  sein. 

Nicht  befreunden  kann  sich  Ref.  mit  der  A.  Penck  (Das 
Deutsche  Reich)  folgenden  Abgrenzung  des  hessisschen  Berglandes 
vom  Wesergebirge  (S.  514  ff.).  Die  Bewohner  der  Göttinger 
Senke  und  des  Sollings  möchten  dagegen  Einsprache  erheben» 
daß  ihr  Bergland  ein  hessisches  sein  soll.  Dort  zieht  jederroano 
die  Grenze  nach  Hessen  bei  Münden  und  zwar  nach  der  Sprach- 
grenze zwischen  den  mitteldeutschen  Hessen  und  den  nieder- 
deutschen Bewohnern  Südhannovers.  Der  von  Penck  geschaffene 
Ausdruck  „Subbercynisches  Bergland''  ist  glücklich  vermieden 
und  durch  „Wesergebii*ge''  ersetzt,  dagegen  der  an  Ort  und  Stelle 
völlig  unbekannte  und  auch  sonst  nicht  eingebürgerte  Pencksche 
Ausdruck  „Ostfalisches  Hügelland*'  für  die  Sieben  Berge  bei 
Alfeld,  den  Hils,  den  Ith  und  den  Deisler  übernommen. 

Doch  das  sind  nur  kleine  Ausstellungen,  die  dem  Werte  de» 
ausgezeichneten  Werkes  keinen  Abbruch  tun  sollen.  Wer  sieb 
einen  zuverlässigen  und  vielseitigen  überblick  über  den  heutigen 
Stand  der  geographischen  Erforschung  Europas  und  seiner  ein- 
zelnen Länder  verschaffen  will,  kann  zurzeit  kein  praktischeres 
und  besseres  Handbuch  dazu  wählen  als  Philippsons  Werk,  das 
auch  den  Vorzug  eines  hervorragenden  Schmuckes  durch  Land- 
schaftsbilder und  kartographische  Darstellungen  physischer 
ethnographischer,  wirtschaftlicher  usw.  Verhältnisse  hat. 

Hannover.  A.  Rohrmann. 


1)  H.  Götz  und  G.  Wetssteio,  Lehrbuch  der  Physik.  Zan  Gebraoch 
aa  hamaDistiseheo  aod  realistischeo  Lehraastaltea.  Sechste,  voU- 
stäodis  umsearbeitete  Aoflige.  Mit  417  ia  dea  Text  gedraektea 
Fi^oreo,  einer  Spektraltafel  und  zahlreichen  OboDg^saofgabeo,  sowie 
eiaer  Beilage,  enthaltend  die  wichtigsten  physikalisch-chemischen  und 
RedoktioDStabellen.  München  und  Leipzig  1907,  G.  Franzscher 
Verlag,  Jos.  Roth.     VIII  und  414  S.     8.     geb. 

Das  in  den  früheren  Auflagen  wesentlich  deduktiv  gehaltene 
Lehrbuch  ist  einer  grundlichen  Umarbeitung  unterzogen  worden, 
es  entwickelt  nunmehr  nach  anerkannten  methodischen  Grund- 
sätzen die  physikalischen  Gesetze  aus  den  Ergebnissen  praktisch 
erprobter  Versuche,  die  mit  Geschick  ausgewählt  sind  und  nach 
den  gegebenen  Beschreibungen  an  geeigneten  Apparaten  jederzeit 
wiederholt  werden  können.  Oberall  ist  die  Rucksicht  auf  die 
Praxis  maßgebend  gewesen,  sei  es  die  Unterrichtspraxis,  sei  es 
die  des  täglichen  Lebens  oder  der  modernen  Technik.  Daher 
erscheiQt  es  erklärlich,  daß  den  beiden  Gebieten  der  Physik,  die 
in  dieser  Hinsicht  gegenwärtig  das  Interesse  am  meisten  in  An- 
spruch nehmen,  auch  der  größte  Teil  des  Lehrbuches  eingeräumt 
wurde:  die  Lehre  von  dem  Magnetismus  und  der  Elektrizität  nimmt 


angcz.  voo  R.  Schiel.  407 

mehr,  die  Mechanik  etwas  weniger  als  den  dritten  Teil  des 
ganzen  Werkes  ein.  Dementsprechend  sind  die  übrigen  Teile 
weniger  eingehend  behandelt,  Abschnitte  über  Chemie  und  mathe- 
matische Geographie  fehlen  ganz.  Theoretische  Betrachtungen 
treten  aus  dem  angeführten  Grunde  mehr  zurück,  so  ist  auch 
die  theoretische  Behandlung  der  Wellenlehre  zu  kurz  gekommen, 
wird  doch  selbst  die  Wellentheorie  des  Lichtes,  als  über  das 
Pensum  der  bayerischen  Mittelschulen  hinausgehend,  nur  in  einem 
kurzen  Anhange  erörtert.  Auch  darauf  sei  hingewiesen,  daB 
einige  Kapitel,  .deren  Behandlung  von  hoher  theoretischer 
Wichtigkeit  ist,  doch  eine  ausreichende  experimentelle  Aus- 
Gestaltung  vermissen  lassen,  z.  B.  die  Wärmestrahlung,  die  flüssige 
Kohlensäure  und  flussige  Luft,  die  Meteorologie,  das  Coulombsche 
Gesetz,  die  menschliche  Stimme  und  Sprache. 

In  experimenteller  Hinsicht  steht  im  übrigen  das  Buch  ganz 
auf  der  Höhe  der  modernen  Unterrichtspraxis  und  dürfte  selbst 
den  Anforderungen  des  physikalischen  Unterrichtes  an  Oberreal* 
sehalen  genügen.  Namentlich  gilt  dies  für  die  Lehre  vom 
Magnetismus  und  der  Elektrizität,  sie  ist  mustergültig  auf  dem 
praktisch  definierten,  nicht  theoretisch  abgeleiteten  Potential* 
begriffe  klar  und  übersichtlich  aufgebaut.  Für  Anstalten,  die 
einen  Anschluß  an  Elektrizitätswerke  besitzen,  eignen  sich  auch 
die  Darbietungen  aus  der  praktischen  Elektrizitätslehre. 

Der  in  diesem  Werke  so  stark  hervortretende,  praktische 
Gesichtspunkt  stellt  sich  besonders  bei  der  Behandlung  der 
Peudelgesetze  als  nicht  befriedigend  heraus.  Im  Anschluß  an  die 
leicht  ableitbare  Formel  für  die  Schwingungsdauer  eines  konischen 
Pendels  wird  darauf  hingewiesen,  daß  ein  physikalisches  Pendel, 
welches  mit  dem  konischen  gleiche  Länge  hat,  tatsächlich,  wie 
die  Erfahrung  lehrt,  auch  nahezu  gleiche  Schwingungsdauer  be- 
sitzt. Daraus  kann  nämlich  unmöglich  ein  Grund  für  die  An* 
wendbarkeit  dieser  Formel  auf  ebene  Pendelschwingungen  er- 
kannt und  namentlich  der  Grad  ihrer  Annäherung  an  die  Wirk- 
lichkeit geschlossen  werden. 

Die  in  den  Text  eingefügten  Aufgaben  beanspruchen  um  so 
mehr  unser  Interesse,  als  sie  sämtliche  in  Bayern  von  1870 — 
1905  an  dem  humanistischen,  den  Realgymnasien  und  Real- 
schulen gestellten  „Absolutorialaufgaben^*  der  Physik  darstellen. 

Ein  kurzer  als  Anhang  beigefügter  Abriß  der  Geschichte 
der  Physik  ist  gewiß  zweckmäßig,  die  hier  beliebte  Auswahl  der 
Notizen  dürfte  aber  nicht  allgemeine  Anerkennung  linden. 

In  einem  beigelegten,  broschierten  Heftchen  findet  man  eine 
brauchbare  Sammlung  von  physikalisch-chemischen  und  Reduktions- 
tabellen, sowie  eine  Tafel  der  einfachsten  Funktionen  der  Zahlen 
von  1—1000. 

Die  Ausstattung  des  Buches  ist  gut,  die  zahlreichen  Figuren 
sind  schematiscb  und  zweckentsprechend. 


408  W.  Möller-Eribabh,  Physik.  Aofgaben,  a^z.  voo  R.  Schiel. 

2)  W.  MülUr-Erzbach,  Physikalische  AoF^abeD  för  die 
obereo  Kiassea  hökerer  LehraosUlteo  and  for  den  SelbsUnterrieht. 
Dritte,  vernehrte  aod  verbesserte  Aaflage.  Beriio  1906,  J alias 
Springer.     179  S.    8.    2,40  Jt. 

Die  im  Jahre  1892  zum  ersten  Male  erachieoene  Aufgaben* 
Sammlung  erfreute  sich  bald  einer  wohlverdienten  Anerkennung 
und  liegt  jetzt  in  dritter  Auflage  vor.  Ursprünglich  vom  Ver- 
fasser für  den  eigenen  mathematischen  und  physikalischen  Unter- 
richt in  den  oberen  Klassen  eines  Realgymnasiums  zusammen- 
gestellt, hat  das  Büchlein  mit  der  Zeit  an  Ausdehnung  gewonnen, 
auch  befriedigt  die  Auswahl  der  in  ihr  enthaltenen  Aufgaben  jetzt 
weitgehende  Anspräche. 

Die  Sammlung  soll  im  mathematischen  Unterrichte  benutzt 
werden,  um  die  Schiller  in  der  Behandlung  eingekleideter 
Gleichungen  zu  üben.  Man  wird  zugeben,  daß  solche  Au^aben 
den  Unterricht  durch  ein  sachliches  Interesse  beleben,  das  der 
Einübung  algebraischer  Operationen  zugute  kommen  muß. 

Für  die  Anordnung  waren  aus  naheliegenden  Gründen  nicht 
mathematische,  sondern  physikalische  Gesichtspunkte  maßgebend, 
doch  wurden  die  für  die  Unterstufe  geeigneten  Beispiele  äußer- 
lich gekennzeichnet  vor  solchen,  die  größere  mathematische 
Fertigkeiten  verlangen.  Der  Aufigabensammlung  sind  die  Auf- 
lösungen im  Anhange  beigefügt  worden.  Sie  enthalten,  wo  es 
nötig  schien,  außer  den  Resultaten  diejenigen  Hilfen  und  Ab- 
leitungen, die  erfahrungsmäßig  den  Schülern  gegeben  werden 
müssen,  wenn  sie  nicht  ratlos  vor  den  gestellten  Aufgaben  stehen 
sollen.  Der  zweite,  die  Auflösungen  enthaltende  Teil  steht  an 
Umfang  der  Sammlung  selbst  nicht  nach  und  macht  das  Büchlein 
durch  seine  Ausführlichkeit  auch  für  Privatstudien  geeignet. 

Mehr  als  die  Hälfte  der  Aufgaben  ist  der  Mechanik  ent- 
nommen, sehr  zahlreich  sind  auch  die  Aufgaben  aus  der  Lehre 
von  dem  Magnetismus  und  der  Elektrizität  sowie  aus  der  Optik. 
Die  übrigen  Kapitel  der  Physik  sind  ziemlich  gleichmäßig  berück- 
sichtigt, insbesondere  ist  es  freudig  zu  begrüßen,  daß  auch  die 
mathematische  Geographie  und  die  Chemie  ihren  gebührenden 
Anteil  erhalten  haben.  Die  neueste  Auflage  enthält  51  neue  Auf- 
gaben, von  denen  ein  großer  Teil  im  XXI.  Abschnitt  die  chemi- 
schen Grundbegriffe  behandelt  und  im  wesentlichen  stöchiometri- 
scher  Art  ist. 

Der  Druck  ist  nicht  frei  von  störenden  Fehlern. 

Berlin.  R.  Schiel. 


DRITTE  ABTEILUNG. 


BERICHTE  Ober  Versammlungen,  Nekrologe,  miszellen. 


Dritte  Versammlnng  der  Freande  des  humanistischen 

Gymnasiums  in  Berlin. 

Ab  27.  Novenber  1906  faod  io  der  Aola  des  Kgl.  Wilhelmsgymnasiomf 
4ie  dritte  JehresversamiDlaoi^  der  Berliner  hamanistiseheo  Vereiaii^ai^  statt. 
Wieder  war  die  gerSamige  Aola  bis  avf  den  letzten  Platz  gefallt. 

Zanäebat  begröfite  der  Vorsitzende,  Herr  Pfarrer  Professor  Dr.  Seholz, 
^  Ersehienenen,  Mitglieder  nnd  Gaste: 

Anf  unseren  Jabres versa ninlangen  wollen  wir  wie  von  einem  erbebten 
Stindpankt  Oberseban  halten  über  das,  was  wir  erlebt  nnd  erlitten  haben, 
iW  nnser  Streben  vnd  unsere  Erfolge.  Die  Leiden  brancbten  wir  aller- 
diigs  nie  schwer,  manchmal  nicht  ernst  zn  nehmen.  Für  Kritik  sind  wir 
esffanglich,  gegen  ehrliehe,  überzeogte  Gegner  fuhren  wir  ehrlichen  Krieg, 
fciadsclige,  weder  aof  Sachkenntnis  noch  auf  praktischen  Erfahrungen  be- 
nhende,  dafür  um  so  anmafiender  auftretende  Angriffe  kSonen  wir  nicht 
beachten.  In  der  Verurteilung  anerkannter  Mifistände  sind  wir  mit  unseren 
fiegaern  einig,  Einspruch  erheben  wir  gegen  ungerechte  Generalisierung, 
noch  mehr  dagegen,  dafi  diese  Generalisiernng  ausschließlich  auf  das 
Gymnasium  Anwendung  findet.  Da  mögen  sich  alle  Schalen  in  dieses  gemein- 
saae  Scbickssl  teilen  und  Schulter  an  Schulter  mit  uns  gegen  eine  Ver^ 
keoBOBg  der  Dinge  ankämpfen,  die  unsere  ernste  Schule  zu  einer  Spiel- 
schale degradieren  würde.  Aach  den  Problemen  der  Zeit,  namentlich  der 
Forderung  der  Naturwissenschaftler,  dem  natnrwisseoschaftlicheo  Wissen  und 
Deakeo  einen  breiteren  Platz  einzuräumen,  verschließen  wir  uns  nicht,  aber 
nasere  Sorge  moß  sein,  zn  verhüten,  dafi  die  Tragfähigkeit  des  humanisti- 
sches Gymnasinms  überschätzt  und  sein  Schwerpunkt  verrückt  werde.  Wir 
vollen  noch  keinen  mechanischen  Kompromiß,  sondern  eine  organische  An- 
oder Eingliederung. 

Nachdem  der  Redner  dann   noch  der  Wiener  Vereinigung^)  gedacht  und 


^)  Der  Verein  der  Freunde  des  humanistischen  Gymnasiums  hat  seinen 
Sitz  in  Wien.  Er  will  in  Wort  und  Schrift  für  das  humanistische  Bilduogs- 
ideal  eintreten  und  ein  Mittelpunkt  sein  fnr  alle,  die  das  Bestehen  nnd  die 
Weiterentwicklung  des  üsterreichischen  Gymnasiums  in  seiner  .  .  .  durch 
die  Pflege  der  lateinischen  und  griechischen  Sprache  und  Literatur  ausge- 
priigten  Eigenart  als  ein  allgemeines  Interesse  betrachten.  (§  1  der 
Satzungen). 


410   3-  Verstmmlnog  d.  Freoode  d.  homaDist.Gymoas.  io  Berlio, 

mit  eioem  Dank  an  H.  Prof.  Edaard  Meyer,  des  Redoer  des  Abends,  ooter 
lebhaftem  Beifall  der  Versammlung  geschloueo  hatte,  erstattete  Direktor 
Dr.  Lack  den  Jahresbericht: 

An  der  Schwelle  des  letzten  Jahres  stand  Roeth«!S  kraft-  und 
temperamentvolles  Bekenntnis.  Seiner  Gesamtbedeutong  konnte  sich  niemand 
verschließen.  Daß  es  starken  Widerspruch  herausfordern  werde,  ließ  sich 
erwarten,  ond  er  hat  auch  Roethe  nicht  überrascht.  Doch  ist  es  nicht  richtig, 
der  Vereinigung,  wie  manche  Kritiker  getan  haben,  die  Verantwortung  für 
jede  Behauptung  ihrer  Vortragsredner  aufzuladen.  Sie  als  solche  trägt  die 
Verantwortung  für  ihre  programmatischen  Erklärungen.  Eine  Auseinander- 
setzung mit  den  Wut-  und  Zoroesausbrücben  der  Teutonisten  (Blätter  f. 
deutsche  firtiehung,  Weimarer  Erziehungstag)  ist  zumal  bei  ihrer  Tonart 
zwecklos').  „Dieser  pädagogische  Anarchismus  kompromittiert,  sich  selbst 
überschlagend,  dnrch  sein  tobsüchtiges  Schreien  an  sich  gesunde  und  not- 
wendige Bestrebungen''  (Paulsen).  Gefährlicher  sind  die  Angriffe  der 
Hygieniker,  nicht  nur  für  das  Gymnasium,  sondern  für  alle  höheren  Schulen, 
Die  Sorge  für  die  körperliche  Gesundheit  und  Kraft  der  Jugend  ist  ans 
eine  hohe  Aufgabe,  aber  wir  beklagen  auch  hier  die  Genera] isierung  und 
die  mangelnde  Kenntnis  dessen,  was  wirklich  geleistet  wird,  und  bitten  z« 
bedenken,  daß  es  oft  nicht  am  Willen  fehlt,  sondern  an  dem  Mangel 
am  nötigen  Gelde.  Die  unbillige  Art,  wie  der  Leiter  des  hygienischen 
Kongresses,  Prof.  Dr.  med.  u.  phil.  Griesbach,  gegen  die  Schule  auftritt  und 
„statistische  Ergebnisse"  mitteilt,  diskreditiert  auch  hier  an  sich  g«te  and 
nützliche  Bestrebungen. 

Besonders  ernste  Beaehtung  verdient  das  Vorgehen  der  Gesellschaft 
deutscher  Naturforscher  und  Ärzte.  Der  maßvolle,  vornehme  Ton  in  den 
Publikationen  ihrer  ünterrichtskommissioo,  die  Würdigung  des  geschichtlich 
Gewordenen,  die  Zurückhaltung  dem  Gymnasium  gegenüber  —  man  begnügt 
sich,  eine  klaffende  Lücke  und  arge  Mißstände  zu  konstatieren  —  berührt 
wohltuend;  aber  in  den  Ausführungen  der  Berichterstatter  und  der  anderen 
Mitglieder  macht  manches  stutzig.  Sehen  wir  ab  von  der  Formulierung  des 
Begriffs  der  allgemeinen  Bildung,  der  schiefen  Entgegensetzung  von  Sprach- 
und  Sachunterricht  (nicht  verba  und  res  —  Mensch  und  Natur  maß  der 
Gegensatz  lauten!)  —  als  ihr  Ideal  erscheint  eine  Einheitsschule  mit  sechs- 
klassigem  lateinlosen  Unterbau  bis  Uli  und  einer  Oberstafe  mit  wahlfreiem 
klassischen  Unterrichte  —  der  Tod  des  Gymnasiums  und  des  Real- 
gymnasiums^). Die  Zurückhaltung  unserer  obersten  Schuibehörde  dieser 
Bewegung  gegenüber  ist  dankbar  zu  begrüßen.  Seltsam  kontrastieren  mit 
diesen  Plänen  die  entgegengesetzten  Bestrebungen  der  Mediziner  and 
Ingenieure  in  dem  praktischen  Amerika').  Obrigens  ist  ein  Entgegen- 
kommen in  der  Frage  des  Unterrichts  in  der  Biologie  durchaus  möglich. 
Aber  muß  es  auf  Kosten  des  klassischen  Unterrichts  erfolgen?    Doch  lassea 


^)  Wer  die  Anschauungen  dieser  Kreise  kennen  lernen  will,  der  lese 
Försters  in  rotem  Umschlage  erschienenen  Anti-Roethe!  (Teutonia- Verlag 
1907),  wenn  er  es  über  sich  gewinnt,  ihn  zu  Ende  zn  lesen. 

')  Ich  darf  wohl  hier  auf  Paulsens  treffenden  Aufsatz  in  der  Januar- 
nummer  der  Monatschrift  für  höhere  Schulen  1907  hinweisen. 

^)  S.  die  Mitteilungen  von  Fries  in  „Lehrgänge  und  LehrprobeB*^  190d 
Heft  4,  S.  92—95. 


yoB  F.  Boeich.  411 

wir  diese  curae  posteriores,  freoeo  wir  aos  der  BrsUrkiiD^  der  hnmaoisti-» 
scheo  Beweguog  im  verflosseaen  Jahre,  der  Biidung  des  Wiener  Vereios, 
der  Tai^og  des  AUgeiDeioen  Deatseheo  GymoasialvereiDs  io  Berlin,  der 
freandüehen  Halton;  der  maßgebeaden  Presse,  iiameotlicb  der  Vossischen 
Zeitnot,  der  Gymnasiaidebatteo  in  Berreohaose  und  Abgeordoetenhanse. 
Deo  Abfeordoeten  aller  Parteien,  die  so  warm  fdr  ons  eintraten,  gebührt 
noser  herzlichster  Dank.  Dafl  wir  uns  mit  den  Angriffen  auf  einzelne 
Personen  nicht  identifizieren,  sei  nochmals  hervorgehoben.  Sehen  wir  zo, 
dsfi  die  Gymnasien  darch  innere  Kraft  sich  der  äußeren  Anerkennung  wert 
zeigen.  „Die  Gegenwart  sehnt  sich  danach,  aus  deo  dumpfen  Niederungen 
des  Mslerialismns  wieder  zu  lichten  und  idealen  Höhen  emporzusteigen; 
is  usserer  Jugeod  erwacht  mit  neuer  Stärke  der  Trieb  nach  dem 
^doaof^tv  und  ipiloxaltiv.  Dieses  Sehneu  und  Streben  zu  befriedigen  oder 
veoigstens  den  Weg  dazu  zu  zeigen,  ist  in  erster  Linie  die  humanistische 
Kldnagsanstalt  herofen.  Läßt  sie  die  in  ihr  liegenden  Kräfte  sich  voll  ent- 
fsltea  nnd  auswirken,  dann  wird  sie  die  führende  Steiluog  im  Geistesleben 
userer  Nation  auch  weiter  behaupten"  —  so  schloß  der  Redner  unter  dem 
lebhaften  Beifall  der  Versammlimg. 

Nachdem  der  Vorsitzende  dem  Berichterstatter  und  dem  bewährten 
Sekatzoeister  H.  Dr.  Vollert  ein  Wort  des  Dankes  zugerufen  hatte,  trat 
nie  kurze  Pause  ein.  Viele  der  Anwesenden  benutzten  sie,  ihren  Eintritt. in 
tie  Vereinigong  anzumelden.  Dann  erhielt  Herr  Professor  EduardMeyer 
dis  Wort  zo  seinem  Vortrag  über  humanistische  und  geschichtliche 
Bildang.  Der  Titel  war  gewählt  als  Gegenstück  zu  Roethes:  Humanistische 
lad  nationale  Bildung.  Für  das  nächste  Jahr  hoffen  wir  einen  Vortrag  über 
knuaistiaehe  uad  natarwissensehaftliehe  Bildung  versprechen  zu  können, 
^r  Vortrag  ist  inzwischen  bei  Weidmann  erschienen^).  Es  seien  hier,  wo 
es  sieh  um  keine  Kritik,  sondern  um  einen  Bericht  handelt,  nur  die  Haupt« 
fedaaken  kurz  hervorgehoben. 

Nahezu  zweieinhalb  Jahrtsusende  sind  vergangen,  so  begann  der  Redner, 
Mit  die  Frage  nach  der  richtigen  Erziehung  zum  ersten  Male  mit  vollem 
BewaßtseiA  gestellt  wurde  und  um  sie  heftigster  Streit  entbrannte,  in 
Griechenland,  im  5.  Jahrhundert,  als  die  alte  Kultur  zusammenbrach  und  in 
^ewsltigem  politischen  nnd  geistigen  Ringen  die  moderne  Kultur  geboren 
vorde.  Da  genügte  auch  die  alte  einfache  Erziehung,  die  sich  auf  Lesen 
vod  Sehreiben,  Turnen,  Singen  und  Musizieren  beschränken  konnte,  nicht 
sehr.  Die  Sophisten  versprachen  die  geforderte  tiefer  gehende  Vorbereitung 
auf  das  praktische  Leben;  sie  ist  durchaus  individualistisch  wie  ihre  Welt* 
aaschaaang  und  ihre  Erkenntnistheorie;  ihre  Tendenz  ist,  die  eigene 
Persoaliehkeit,  d.  h.  den  eigenen  Vorteil,  durchzusetzen,  ihr  Mittel  ist  die 
dialektische  und  rhetorische  Ausbildung.  Daß  das  Bedürfnis  nach  einer 
lesen  Erziehung  da  war,  zeigt  auch  Aristophanes,  der  erbitterte  Gegner 
der  neuen  Richtung;  aber  gerade  der  Mann,  den  er  als  den  Haoptführer 
der  korrumpierenden  Bildung  hinstellt,  fuhrt  weiter.  Auch  Sokrates  steht 
mit  seiner  Kritik  an  allem  Oberlieferteo  auf  dem  Boden  der  Sophisten, 
iseh  er  fordert  eine  neue  Bildung;  aber  sein  Ziel  ist  positiv,  die  Erziehung 


^)   Eduard  Meyer,   Humanistische  und  geschichtliche  Bildung.     Berlin. 
1907,  Weidmannsehe  Bnchaadlung.    41  S.     8.    0,60  JC, 


412  3.  Versammlaog  d.  Preaade  d.  hum anist  Gymots.  in  Berlioy 

xam  wtbreo  Staatsbürger.  Positiv  ist  aach  seine  Erkenntnislehre:  es  gibt 
Wahrheit  nnd  Tugend,  eine  Möglichkeit  der  Erkenntnis.  Das  zeigt  schoD 
die  Oberzeagbarkeit  der  Mensehen.  Für  den  einzelnen  gilt  es,  durch  Unter- 
sucbang  auf  dem  Wege  der  Kritik  diesen  Realitäten  näher  zu  können- 
Daraus  erwächst  die  Wissenschaft. 

In  der  Praxis  nähern  sich  beide  an  sich  so  verschiedene  Richtaogeo; 
Plato  und  Aristoteles  nehmen  die  Rhetorik  in  den  Lehrplan  ihrer  Schule 
auf,  und  Isokrates  wird  der  Vater  der  allgeneinen  Bildung.  Innerlich  aber 
sind  sie  grundverschieden.  Die  Wissenschaft  ist  unendlich,  fuhrt  von 
einem  Problem  zu  hundert  anderen,  kennt  keine  festen  Sätze  und  Ergebnisse. 
Die  allgemeine  Bildung  dagegen  verlangt  etwas  Abgeschlossenes,  bedarf 
fester  Sätze,  läfit  sich  in  Kompendien  fassen,  und  die  Diskusaion,  das  Wesen 
der  Wissenschaft,  ist  ihr  unpraktisches  Wortgezänk,  gut  höchstens  for 
Knaben  zur  Übung  des  Verstandes. 

Wie  steht  das  Gymnasium  zu  diesen  beiden  Richtungen?  Im  Unter- 
schied zu  anderen  Schulen  hat  es  nicht  die  Aufgabe,  seine  Zöglinge  mit 
einer  abgeschlossenen  Bildung  zu  entlassen;  es  will  vorbereiten  für  wissen- 
schaftliche Arbeit,  durch  wissenschaftliche  Erziehung  eigene  wissenschaft- 
liche Arbeit  wecken;  natnrgemäfi  kann  es  den  unendlichen  Stoff  dea 
Wisseos  nicht  erschöpfen,  darf  es  aoch  nicht  von  allem  etwas  geben, 
sondern  muß  es  nach  einer  allgemeinen  Orientierung  in  einzelne  Einzel- 
gebiete  einführen  und  diese  gründlich,  d.  h.  wissenschaftlich  treiben.  Wohin 
eine  Alleinherrschaft  der  allgemeinen  Bildung  fuhrt,  zeigt  die  weitere  Ent- 
wicklung im  Altertum  in  abschreckender  Weise.  Die  Wissenschaft  stirbt, 
es  folgt  die  Zeit  der  Enzyklopädien,  der  Sammelwerke,  der  Chrestomathien, 
bis  schließlich  Ampelius  alles,  was  der  Mensch  zu  wissen  braucht,  quid  sit 
mundas,  quid  elementa,  qoid  orbis  terrarom  ferat,  vel  qoid  genus  humanum 
peregerit,  auf  31  Druckseiten  zusammenfaßt. 

In  jenem  5.  Jahrhundert  ist  nun  auch  die  Wissenschaft  der  Geschichte 
geboren.  Im  Gegensatz  gegen  Aufklärung  und  Rationalismus  hat  des  Sokrates 
Zeitgenosse  Thokydides  die  Möglichkeit  einer  Erkenntnis  auch  auf 
historischem  Gebiete  erkannt.  Es  gibt  einen  Weg,  an  die  Tatsachen  der 
Geschichte,  die  nun  einmal  da  sind,  heranzukommen,  die  wissenschaftliche 
PrüfoDg,  die  frei  von  subjektivem  Belieben  nach  einem  festen  Maßstab 
urteilt.  Diesen  Maßstab  geben  die  allgemeinen  Bedingungen  des  mensch- 
lichen Lebens  überhaupt,  sodann  die  bestimmten  charakteristischeo  Möglich- 
keiten einer  bestimmten  Epoche.  In  seinem  Geschichtswerk  liegt  diese  Er- 
kenntnis wie  in  einem  System  geschlossen  vor,  auf  ihm  baut  sich  die 
historische  Literatur  des  Altertums  auf.  Auch  die  Bedeutung  der  Geschichte 
für  alle  menschliche  Erkenntnis  kommt  zum  Bewußtsein,  die  Unentbehrlich- 
keit  geschichtlicher  Betrachtung  zum  Verständnis  der  Gegenwart  nnd  eines 
jeden  Problems;  auch  auf  den  praktischen  Nutzen  der  Geschichte  für  den 
handelnden  Menschen,  den  Staatsmann  im  besonderen,  wird  hingewiesen. 

Aber  ein  integrierender  Bestandteil  der  Erziehung  wird  die  Gesehichte 
wie  die  Naturwissenschaften  erst  im  19.  Jahrhundert.  Auch  in  Deutschlaod 
bildet  sich  die  moderne  kritische  Geschichtswissenschaft  im  Gegensatz  gegen 
das  Zeitalter  der  nnhistorischen  Aufklärung,  unter  dem  Einflofi  unserer 
klassischen  Kulturentwicklnng,  die  uns  neben  dem  gleiebbleibenden  Allge- 
meiumenschlichen    das    Individuelle    zu   verstehen   gelehrt    hat,    unter    der 


voD  F.  Boescil.  41} 

Ge^eowirktto^  der  französisehen  Revolution  und  des  Ntpoleoaischea  Kaiser- 
reiches oad  dem  dadurch  geweckten  Besiaaea  der  Völker  aaf  sieh  selbst  — 
ia  den  Tag^ea  Steins,  Scharnhorsts,  Arndts. 

Das  Wesen  dieser  GeschichtsaufTassung  ist  dnrehaos  das  der  des 
Thokydides.  Nebea  das  Erfassen  der  allgemein  measchliebea  Bediogongen 
des  historisehen  Lebens  nnd  Haadelns  ond  das  der  besoaderen  jedes  einzelnen 
Zeitraumes  tritt  die  Kenatnis  der  individnelleo  Momente,  der  einzelnen 
Isdividaen;  denn  aus  der  Kreuzung  dieser  Faktoren  entsteht  das  gesehicht- 
llcbe  Ereignis.  Diese  Geschichtswissensebaft  steht  in  fundameatalem  Gegen* 
Mtze  zo  den  Natorwissenschsften:  diese  sneheu  das  Allgemeine,  das  Gleich- 
bleibeade, das  Gesetz;  das  konkrete  einzelne  Ding  beschäftigt  sie  nicht;  sie 
Sachen  —  platonisch  gesprochen  —  die  Ideen  der  Dinge,  nnd  erst  bei  den 
angewandten  Wissenschaften  ond  den  auf  ihnen  beruhenden  Künsten  nnd 
Fertigkeiten  tritt  die  Besonderheit  des  einzelnen  Gegenstandes  hinzu.  Da- 
gegen ist  das  Individuelle,  Konkrete  das  eigentlicbe  Momeat  der  Geschichts- 
wissenschaft. Das  konkrete  Dasein  aber  wird  beherrscht  durch  den  Zufall 
aad  den  freien  Willen,  Faktoren,  die  die  Naturwissenschaft  nickt  kennen 
kaaa.  Aber  auf  dem  Zusammenwirken  dieser  tatsSchlieh  gegebeaen  Machte 
beraht  die  Mannigfaltigkeit  des  Daseins  uad  des  geschichtlichen  Lebens. 

Und  der  Nutzen  solcher  geschichtlichen  Wissenschaft?    Der  praktische 

^htzen    der  Geschichtsforschung  —  für   die  Alten  seit  Thukydides  Gemein^ 

platz  —  ist  problematisch;    der  Analogieschloß  kaaa  ebenso  oft  in  die  Irre 

wie  zam  Richtigen   führen;    aber   der  Measeh,   dessen   Dasein    nun    einmal 

lieht  absolut    ist,   kann    sich    selbst    und   seine    Gegenwart   nur   verstehen 

leraea,    wenn  er  ihr  Werden,  d.  h.    ihre  Vergangenheit,  versteht.    Nie  hat 

diese  geschichtliche  Erkenntnis  eine  so  unmittelbar  wirksame  Rolle  gespielt 

wie  im  19.  Jahrhuadert.    Aus  der  Selbstbesinnung  auf  die  historische  Ver- 

^Bgenheit  erwuchs  die  Bewegung  gegen  Napoleon;  alle  politischen  Parteien 

sacken  ihre  Berechtigung  historisch  nachzuweisen;  sie  allein  ermöglicht  ein 

Verstfindnis    der  Formen,    in    denen  unser  modernes  Leben  sich  abspielt  — 

Stsat,  Reeht,  Wirtschaft,  Religion,  Kunst  osw. 

Nachdem  der  Redner  dann  kurz  das  Verhältnis  von  Kultur  nnd  s.  g. 
politischer  Geschichte  gestreift  halte,  kam  er  zu  der  Frage,  wie  sieh  unsere 
Schale,  speziell  das  Gymnasium,  zo  dieser  Geschichtswissenschaft  zu  stellen 
habe.  Auch  hier  darf  sich  das  Gymnasium  nicht  mit  einer  allgemeinen 
Keaatats  der  historischen  Vorgänge  begnügen,  auch  hier  bat  es  in  die 
Prshleme  einzufahren;  das  geht  auch  hier  nicht  ohne  Auswahl.  Da  steht 
Mlbstverstäudlich  die  vaterläadiache  Geschichte  in  erster  Linie;  aber  bei 
der  vielfach  nberstarken  Betonung  der  nationalen  deutschen,  speziell  der 
prenfiischen  Geschichte  droht  dem  Verstand ois  der  geschichtlichen  Vorgänge 
eiae  Gefahr.  Es  gibt  in  Wirklichkeit  keine  deutsche  Geschiebte,  wie  es  sie 
'^^  gegeben  hat,  sondern  nur  eine  universelle  Geschichte  der  abeodlöndischen 
Bnltorwelt,  von  der  die  deutsche  einen  nur  im  Zosammenhsng  des  Ganzen 
ZB  verstehenden  Teil  bildet;  und  gerade  die  deutsche  Geschichte  ist  am 
sJJerwenigsten  isoliert;  sie  verstehen  kann  nur,  wem  der  ununter- 
brochene allgemeine  Zusammenhang  klar  und  lebendig  geworden. 

Aber  daneben  hat  das  Gymnasium  die  Geschichte  des  klassischen  Alter- 
tams.  Hier  kann  es  das  Quellenmaterial,  aus  dem  wir  unsere  Erkenntnis 
schöpfen^  den  Schalem  selbst  in  die  Haud  geben,  unmittelbar  an  die  tiefsten 


414  ^'  Vers.  d.  Freaode  d.  humao.  Gymn.  io  Berlin,  voo  F.  Boesch. 

historiflcbeo  Fragen  herantreten  und  sie  diskotieren;  aas  ihrer  Behandlno^ 
ergibt  sich  reichste  unmittelbare  Belehrang  für  die  Probleme  der  Gegen- 
wart; and  das  alles  kann  gesehehen  an  einer  abgeschlossenen  Geschichte, 
in  der  wir  die  Entwicklnngsreihen  bis  ans  £nde  verfolgen  können. 

DszQ  kommt  der  erzieherische  Nutzen  der  Geschichte.  Sie  macht  be- 
scheiden and  vorsichtig  in  der  Kritik,  die  ons  non  einmal  im  BJote  Hegt. 
Oberflächliche  Halbbiidang  ist  immer  bereit  abznsprechen;  sie  hat  ja  feste 
Lehrsätze.  Wer  aber  geschichtliche  Betrachtung  gelernt  hat,  der  kennt  die 
Schwere  eines  verantwortungsvollen  Willensentschlussesj  die  Große  einer 
historischen  Tat,  die  unendlich  grb'Ber  und  schwerer  ist  als  alles  Denken 
und  Urteilen,  der  weifi,  daß  die  Situation  und  die  Möglichkeit  ihrer  Be- 
urteilung vorher  eine  gioz  andere  ist,  als  wenn  wir  nachher  sehen,  was 
daraus  geworden  ist,  und  ist  mafivoll  im  Urteil  und  besonnen. 

Dazu  kommt  die  Wirkung  der  geschichtlichen  Erziehung  auf  den  sitt- 
liehen  Willen.  Im  Gegensatz  zu  der  egoistischen  Betrachtung,  die  ähnlich 
wie  die  Sophisten  den  schrankenlosen  Individualismus  des  Übermenschen 
lehrt,  weist  die  Geschichte  auf  die  eigentlichen,  wahren,  grofieo  Aufgaben 
des  Menschen  hin,  zeigt  sie,  wie  erst  wahres  Pflichtbewußtsein  ihn  adelt 
und  hinaushebt  über  das  alltägliche  Leben,  daß  er  als  C^ov  tpvüu  noltrgxov 
nur  etwas  leisten  kann,  wenn  er  der  Allgemeinheit  dient,  d.  b.  der  sittlichen 
Idee  sich  unterordnet,  daß  die  Moral  nicht  eine  Fessel  für  Sklavenseeleu 
ist,  sondern  des  Menschen  höchstes  Gut;  denn  das  höchste  Gut  des  Menschen 
ist  neben  dem  Willen  die  sittliche  Verantwortung  oder,  was  genau  dasselbe 
ist,  die  wahre  Freiheit. 

Lauter  Beifall  dankte  dem  Redner.  Der  Ansporn,  den  er  seinen 
Hörern  gab  und  sicherlich  auch  seinen  Lesern  gibt,  über  die  hier  berührten 
Probleme  nachzudenken,  wird  ihm  der  beste  Dank  sein,  und  so  wird  sein 
Vortrag  doch  mehr  sein  als  ein  aytovia^a  Ic  ro  naQaxQfjf^a  axoveiv,  wie  er 
ibn  bescheiden  hinstellen  möchte.  —  Professor  Scholz  kleidete  die 
Empflodungeo  der  Hörer  in  ein  paar  Worte.  Eine  Brziehungsstunde  haben 
wir  bekommen,  fast  möchte  ich  sagen,  eine  Erbauungsstunde.  Unsere  Auf- 
gabe sei,  diese  Erbauung  wieder  in  Erziehung  unseres  Volkes,  zumal 
unserer  Jugend  umzusetzen  und  dafür  zu  sorgen,  daß  Leuten  wie  Ampelius 
ihre  Tätigkeit  und  ihr  Streben  mögliehst  erschwert  werde. 

iNach  Schluß  der  Versammlung  vereinigte  sich  ein  großer  Teil  der 
Hörer  noch  in  dem  Saale  eines  nahe  gelegenen  Restaurants.  Über  140  neue 
Mitglieder  haben  persönlich  oder  schriftlich  ihren  Eintritt  in  die  Ver- 
einigung   ausgesprochen.    Bald   hoffen  wir,  das  erste  Tausend  zu  erreichen. 

Wilmersdorf.  F.  Boesch. 


VIERTE  ABTEILUNG. 


EINGESANDTE  BÜGHER 

(Besprechung  einzelner  Werke  bleibt  vorbebalten). 


I.Meyers  Grofies  RonversatioDs-Lexikoo.  Ein  Nichschlage- 
werk  des  allgemeinen  Wissens.  Sechste,  gäazlicb  nenbearbeitete  nnd  ver- 
Mhrte  Anfinge.  Mit  mehr  ats  11000  Abbildungen  im  Text  nnd  auf  über 
14U0 BilderUfelo^  Karten  and  Plänen  sowie  130  Textbeilagen.  Sechzehnter 
Batd:  Plaketten  bisRintelo.  Leipzig  nnd  Wien  1907,  Bibliographisches 
lutitot    952  S.  gr.  8.    eleg.  geb.  10  JK., 

Auch  in  diesem  Bande  berührt  aufs  angenehmste  die  überall  sichtbare 
Griiidlichkeit  und  grofie  Sorgfalt,  die  von  den  Verfassern  und  von  der 
Bcdaktion  der  Ansnrbeitung  der  einzelnen  Artikel  gewidmet  worden  ist. 
ftis  io  die  neueste  Zeit,  man  kann  sagen  bis  znr  Dmckkorrektnr  sind  die 
Kreigiisse  verfolgt  und  in  erschöpfender  Ausführlichkeit  dargelegt  worden. 
Wie  in  allen  früheren  Bänden,  so  steht  anch  in  dem  vorliegenden  se(;hzehnten 
üt  Illustration  auf  der  Höhe  der  Technik. 

2.  Vierteljahrschrift  für  körperliche  Erziehung.  Heraus- 
Se^eben  von  L.  Bürgerst  ein  nnd  V.  Pinmer.     Jahrg.  2,  Heft  3. 

3.  G.  Leonhardt,  Der  Begriff  der  wissenschaftlichen  Vor- 
Mldnng.  Rede,  gehalten  bei  der  Eröffnung  der  Mädcheorealgymnasialkurse 
in  Dessau.     Dessau  1906,  C.  Dünnbaupt.     10  S. 

4.  R.M.Meyer,  Hriterien  der  Aneignung.  Leipzig  1906,  B.  G. 
Teoboer.     45  S.      Lex.- 8.     1,60^.      (S.-A.    aus    den    Neuen    Jahrbüchern 

n.  ßiDd.) 

ä.  M.  Halbwachs,  Leibniz.  Paris  n.J.,  Paul  Delaplane.  123  S 
kU.    90  c. 

6.  J.  B.  Seidenberger,  0.  Willmann  und  seine  Bildungs- 
lehre.  Maiaz  und  München  1906,  Rircbheim  &  Co.  VIII  n.  89  S.  kl.  8. 
li  Boderner  Drnckausstattnng  mit  einer  Titelgravure  eleg.  kart.  1,50  JH,. 

7-  Führer  durch  das  Unterrichts wesen  der  Städte  Hannover 
>io  Linden.  Herausgegeben  vom  Verein  zur  Förderung  des  Fremden- 
verkehrs in  Hannover.     Hannover  1906,  Adolf  Riepert     IV  u.  156  S. 

8.  Bildbetrachtungen.  Arbeiten  aus  der  Abteilung  für  Rnnstpflege 
'es  Leipziger  Lehrervereins,  herausgegeben  vom  Leipziger  Lehrerverein. 
^ipzig  1906,  B.  G.  Teubner.  IV  o.  98  S.  mit  einem  fiilderanhang  (zwölf 
Bilder).    ^  Jk,  ^ 

9.  G.  Naumann,  Otto  der  Ausreifier.  Bruchstücke  aus  einem 
Mgen-Tagebnche.  Mit  6  Vignetten.  Leipzig  1906,  C.  G.  Naumann.  304  S. 
»teif  krosch.  3  JH,  geb.  4  ^. 

10.  F.  Pistorins,  Ans  den  Unglückstagen  von  1806.  Mit 
1  Bontkiid  «nd  9  Rarten.  [Mit  Gott  für  Röoig  und  Vaterland,  Erlebnisse 
«iMs  prenfiischen  Jungen  I.]  Berlin  o.  J.,  Trowitzsch  &  Sobn.  V  u.  268  S. 
'^^*  geb.  4  JC,  —  Für  Schülerbibliotheken  zu  empfehlen. 

11.  J.  Sehaal,  Als  ich  noch  zur  Schule  ging.  Hamm  in  West- 
lilen  0.  J.,  Breer  nnd  Thiemann.     156  S.     kl.  8.     1,60  JC- 

12.  Lehrbuch  der  katholischen  Religion  für  die  oberen  RIassen 
der  Gynaasien.  Elfte  Auflage.  München  o.  J.,  R.  Oldenbourg.  XIV  u.  416  S. 
^-  Angebunden:  Th.  Dreher,  Lehrbuch  der  katholischen  Religion  für 
Oberjrynnasien.     Teil  IV:  Abrffi  der  Rirchengeschichte.    Zweiundzwanzigste 


416  EiDgesandte  Bücher. 

13.  Th.  Dreher,  Lehrbach  der  katholiichen  Religioo  für 
ObergymBasien.  Möocheo  o.  J.,  R.  Oldeobourg.  Erster  Teil:  Die  Gött- 
lichkeit Christi.  Elfte  Auflage.  V  n.  142  S.  8.  geb.  —  Zweiter  Teil:  Die 
katholische  Glaabeoslehre.  Dreizehotc  Aoflage.  VI  u.  140  S.  8.  geb.  — 
Dritter  Teil:  Die  katholische  Sittenlehre.  Zehote  Aoflage.  IV  o.  82  S.  8. 
geb.  —  Vierter  Teil:  Abrifi  der  Kircheogeschicbte.  Zweiaodzwaozigste  Auf- 
lage.   VII  Q.  121  S.     8.    geb. 

14.  J.  Kempf,  Litargik  oder  Erkläruag  der  heiligen  Zeiten,  Orte 
und  Handlangen  der  katholischen  Kirche,  für  die  mitüereu  Gymnasialklassen 
und  entsprechende  Stafen  anderer  Lehranstalten  bearbeitet.  Achte  Aaflage. 
Paderborn  1906,    F.  Scbb'ningh.     VIII  a.  121  S.  mit  14  Holzschnitten. 

15.  J.  Schröder,  Kleine  Kirchengeschichte.  Kirchengeschicht- 
liehe  Bilder.  Fünfte  Auflage,  herausgegeben  von  W.von  der  Fahr.  Pader- 
born 1905,  F.  Schöoingh.     VI  o.  135  S.     8.    geb. 

16.  Römpler,  Religio  moralis.  Leipzig  1906,  P.  Brandstetter. 
63  S.     gr.  8.     0,80  JC,    (S.-A.  aus    „Der   praktische   Schulmann*'  55.  Band.) 

17.  Gudrun.  Herausgegeben  ?on  R.  Peters.  Leipzig  1906,  H.  Bredt. 
123  S.     1,20  JC. 

18.  Lessing,  Emil]ia  Galutti.  Herausgegoben  von  G.  Frick. 
Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.     89  S.    geb.  0,65  JC, 

19.  Schiller,  Die  Jungfrau  von  Orleans.  Herousgegeben  von 
F.  Ullsp erger.  Mit  1  Karte.  Dritte  Aoflage.  Leipzig  1906,  G.  Frevtag. 
163  S.     geb.  0,75  w^. 

20.  Schillers  Wilhelm  TelL  Herausgegeben  von  P.  Hellwig. 
Mit  einer  Einleitung:  Ober  das  Wesen  der  dramatischen  Poesie.  Dresden 
o.  J.,  L.  Ehlermann.     170  S.  mit  einem  Kärtchen,  geb.  1,20  JC* 

21.  Schillers  Wallenstein.    Herausgegeben  von  M.  Evers.    Leipzig 

1905,  H.  Bredt.  Viertes  Heft,  erste  Hälfte.  199  S.  mit  einem  Kärtchen. 
1,40  J^.  —  Viertes  Heft,  zweite  Hälfte.  S.  200— 434  mit  einem  Kärtchen. 
1,60  JC. 

22.  Grillparzer,  König  Ottokars  Glück  and  Ende.  Heraus« 
gegeben  von  G.  Frick.    Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.    142  S.    geb.  0,80  Jt. 

23.  Th.  Matthias,  Sprachlebeo  und  Sprachschäden.  Ein 
Führer  durch  die  SchwankuDgen  und  Schwierigkeiten  des  deutschen  Spraeh- 
gebranchs.  Dritte  Auflage.  Leipzig  1906,  F.  Brandstetter.  XII  n.  488  S. 
&>&0  JC,  geb.  6,30  JC. 

24.  Wehnert,  Regeln  für  die  Anfertigung  von  deutschen 
Aufsätzen.     Ein  Hilfsbuch  für  Schuler   höherer  Lehranstalten.     Dortmund 

1906,  F.  W.  Ruhfus.     16  S. 

25.  E.  Boesser  und  F.  Lindner,  Vaterländisches  Lesebuch 
für  untere  und  mittlere  Klassen  höherer  Lehranstalten.  Erster  Band.  8exta 
bis  Quarta.  Dritte  Auflage.  Berlin  1906,  E.  S.  Mittler  und  Sohn.  SexU: 
in  n.  111  S.;  Quinta:  III  u.  162  S.;  Quarta:  HI  u.  184  S.  Grammatischer 
Anhang  24  S.     6  JC,  geb.  6,50  JC. 

26.  Longfellow  Selections.  Für  den  Schalgebrauch  heransge- 
geben  mit  einer  Einleitung  und  Anmerkungen  in  englischer  Sprache  von 
Johanna  Bube.     Leipzig  1906,  G.  Freytag.     152  S.  geb.   1,50  JC. 

27.  The  Journal  of  Eoglish  and  Germanic  Philology. 
Edited  by  G.  E.  Karsten  and  J.  M.  Hart.  Vol.  VI  N.  1  (1.  October  1906.) 
182  S. 

28.  Perthes*  Schalausgab>en  englischer  und  französischer  Schrift- 
steller.    Gotha,  F.  A.  Perthes. 

Nr.  53.  A.  Tennyson,  Poetical  Works.  Für  den  Schalgebraach 
herausgegeben  von  B.  Uerlet.  XV  u.  134  S.  geb.  1,20  JC-  Wörter* 
buch  36  S.     0,60  JC. 

Nr.  54.  Meisterwerke  englischer  Dichtung.  Chevy  Chase, 
Milton,  Gray  usw.  Für  den  Schulgebrauch  herausgegeben  von  H. 
Jantzen.     V  u.  159  S.     1,40  JC.     Wörterbuch  30  S.    0,40  JC. 


ERSTE  ABTEILUNG. 


ABHAKDLUNaBN. 


Gegenwarten  and  Zukunftspftdagogik. 

Bei  der  Gründang  der  höheren  Schule  io  Linz  am  Rhein  vor 
Jahren^)  mußten  die  Professoren  dem  Burgermeister  und  Rat 
^  Stadt  versprechen  „was  die  forcht  gottes  uod  gute  sitten  als 
die  lehr  anbetrifit  allen  möglicheo  FleiB  anzuwenden'';  modern 
iosgedrGckt:  als  das  Ziel  ihrer  Arbeit  wurde  ein  dreifaches  hin- 
Mit:  die  religiöse  Ausbildung,  die  sittliche  Erziehung  und  der 
IflterrichL  —  Nach  diesen  Richtlinien  wird  noch  heute  ge- 
ltet, und  doch,  kann  man  sagen,  hat  sich  allmählich  eine 
Imwandlun^  dieser  Begriffe,  eine  Erweiterung  und  Änderung 
ib@  Umfanges,  ein  solcher  Wechsel  ihres  Inhaltes  vollzogen, 
^ii  man  die  moderne  Schule  kaum  mehr  mit  der  vor  200  Jahren 
^^leichen  kann.  Die  sittliche  Erziehung,  um  mit  dieser  zu  be- 
ginoeo,  hat  neue  Gesichtspunkte  gewonnen  durch  die  Betonung 
<i»  Nationalen;  hierdiu*ch,  ferner  unter  dem  Einflüsse  der  Politi- 
ken Ereignisse  vor  100  Jahren,  treten,  mächtig  gefördert  durch 
die  deutschen  Dichter,  besonders  durch  Schiller,  neben  den  mehr 
j^ssiven  Charaktereigenschaften  immer  stärker  die  aktiven,  wie 
VateriandsUebe,  Unternehmungslust,  Freiheitsliebe,  das  Gefühl  für 
<^ie  eigene  Verantwortlichkeit,  die  Männerwurde,  Tatkraft  und 
Tapferkeit  in  den  Vordergrund,  Tugenden,  auf  die  das  Wort 
von  E.  H.  Arndt  paßt,  das  man  in  Bonn  auf  sein  Denkmal  ge- 
setzt hat:  „Der  Gott  der  Eisen  wachsen  ließ,  der  wollte  keine 
Knechte".  Was  aber  das  zweite  Ziel,  den  Unterricht,  betrilTt,  so  ist 
zwar  der  wichtigste  Gegenstand  d^s  Unterrichts  derselbe  geblieben, 
Qämlich  die  lateinische  Sprache,  aber  sie  ist  nicht  mehr 
I^nterrichtsgegenstand  und  Unterrichtsziel  zugleich;  denn  das 
Lateinische  hat  aufgehört  die  Sprache  der  Gelehrten  zu 
sein,  und  damit  fiel  auch  für  die  Schule  die  Notwendigkeit  fort, 
3i8  wichtigstes  Ziel  des  Unterrichtes  das  Lateinsprechen  zu  be- 
rücksichtigen. 

^)  Der  Aofntx   eothilt   eine  Rede   zd   der  Jubelfeier  am  5.  November 
^^S,  mit  eioigefl  Äo^eraageo. 

Mtedir.f.d.GjBiBMi»lweMtt.    LXL    6.  27 


418  Gegenwart«-  und  Zakanftipadagogik, 

Noch  ein  anderer  Grund  trat  in  unserer  Zeit  hinzu,  dem 
Lateinischen  eine  veränderte  Stellung  zuzuweisen.  Es  wird  den 
alten  Sprachen  und  der  Kultur  des  Altertums  von  uns  nicht  mehr 
eine  für  alle  Zeiten  und  auf  fast  allen  Gehieten  besonders  in  der 
Wissenschaft  und  Kunst  maßgebender,  ich  mOchte  sagen,  dogmati- 
scherWert  beigemessen,  wie  zur  Zeit  Goethes  und  des  Neuhumanismus ; 
dagegen  hat  sich  die  grammatische  und  logische  Schulung,  die  in 
unserer  Jugendzeit  auf  .den  Schild  gehoben  war,  zwar  behauptet,  muß  es 
sich  aber  gefallen  lassen,  ihreHerrschaft  der  geschichtlichen  Auffassung 
des  Altertums  und  seiner  Verwertung  für  das  geschichtlich^  Verständ- 
nis der  Vergangenheit  und  Gegenwart  zu  überlassen.  Wir  treiben 
in  der  Schule  alles  in  erster  Linie  für  die  Gegenwart ;  diese  suchen 
wir  historisch  zu  verstehen,  indem  wir  uns  mit  der  Sprache,  mit 
der  Geschichte  und  Literatur  unsers  Volkes  und  mit  der  Sprache  und 
den  Wissenschaften,  den  politischen,  militärischen  und  Wirtschaft- 
liehen  Verhältnissen  derjenigen  Völker  beschäftigen,  denen  wir  den 
Ursprung  und  die  wertvolle  Weiterentwickhing  der  Kultur  verdanken. 
Aber  indem  wir  dabei  gewahr  werden,  wie  großartige  Fortschritte 
besonders  in  den  Wissenschaften  gemacht  worden  sind,  und  wie 
hervorragende  Geister  Tag  für  Tag  mit  Eifer  daran  arbeiten, 
nicht  bloß,  wie  es  das  Ziel  unserer  Vorfahren  war,  die  geistigen 
Schätze  früherer  Jahrhunderte  sich  anzueignen,  sondern  rastlos 
neue  Entdeckungen  in  den  Wissenschaften^  neue  Erfindungen  in 
der  Technik  zu  machen,  nicht  bloß  zu  wissen,  sondern  auch  zu 
forschen:  ist  es  selbstverständlich,  daß  auch  die  Schule,  welche 
auf  die  verschiedensten  Berufe  vorbereiten  und  auch  künftigen 
Gelehrten  und  Forschern  ihre  Vorbildung  geben  soll,  auf  das 
veränderte  Ziel  Rücksicht  nehmen  muß.  War  die  Tätigkeit  der 
Schüler  in  früheren  Zeiten  vorzugsweise  eine  rezeptive,  eine  Ar- 
beit des  Gedächtnisses,  und  wurde  deshalb  das  Auswendiglernen 
und  Abhören  als  wichtigster  Teil  des  Unterrichtes  angesehen, 
wurde  ferner  damals  der  Verstand  besonders  durch  Distinktionen, 
Definitionen  und  Deduktionen  geübt,  um  die  Orientierung  auf 
allen  Gebieten  des  aufgespeicherten  Wissens  zu  erleichtern,  so 
ist  jetzt  die  Induktion  und  das  Experiment  als  vollberechtigt  an 
ihre  Seite  getreten,  und  eine  gründliche  Ausbildung  des  Denkens 
wird  als  wertvolleres  Unterrichtsziel  angesehen  als  die  gedächtnis- 
mäßige Aneignung  des  überlieferten  Wissens.  Diese  Einstellung 
des  Unterrichtszieles  in  allen  Unterrichtsgegenständen  nach  den 
Bedürfnissen  der  Gegenwart  zugleich  mit  den  alles  beherrschen- 
den wirtschaftlichen  Verhältnissen  unserer  Zeit  treiben  von  selbst 
dahin,  daß  die  Naturwissenschaften  in  größerem  Umfange,  stärkerem 
Grade  und  nach  ganz  anderer  Methode  bebandelt  werden  als 
früher,  gerade  so  wie  die  fast  wunderbare  Entwicklung  des  Ver- 
kehrs die  Nachbarvölker  uns  so  nahe  rückt,  daß  wir  uns  mit 
ihrer  Sprache  und  ihren  Verhältnissen  vertraut  machen  müssen, 
wenn    wir   uns  zu  Führern    unseres  eigenen  Volkes    heranbilden 


voo  J.  Bair.  4t ^ 

wollen.  Wie  nun  in  allen  Fächern  das  weitabgewandte  Buch- 
wissen in  Mifikredit  gekommen  ist,  wird  natörlich  besonders  in 
den  Naturwissenschaften  diese  Entwicklung  eingetreten  sein,  um 
der  eigenen  Anschauung  und  Beobachtung  Platz  au  machen;  die 
Schüler  sollen  die  Natnrwissenschaften  nicht  mehr  etwa  aus- 
wendig lernen  oder  sich  erklären  und  mit  Experimenten  vor- 
führen lassen,  sondern  noch  mehr  als  in  den  andern  Fächern 
selbst  lasehen,  selbst  unterscheiden,  selbst  experimentieren  und 
daraus  die  Folgerungen  ziehen  lernen.  Neben  das  Wissen  tritt 
das  Können,  die  Fertigkeit  neben  das  Kennen  hier  wie  in  allen 
Unterrichtsfächern,  neben  das  Schreiben  tritt  die  Gewandtheit  im 
Sprechen  als  Tollberechtigtes  Unterrichtsziel. 

Nehmen  wir  hinzu,  daß,  bedingt  durch  den  nationalen  Auf- 
sdiwnng  unsers  Vaterlandes  und  durch  die  glänzende  Entwicklung 
unserer  Literatur  seit  Lessing,  Herder,  Goethe  und  Schiller,  be- 
sonders das  Verständnis  und  das  GenieBenlernen  deutscher  Poesie 
mit  Sorgfalt  gepflegt  wird  und  daß  neben  der  Kultur  des  Ver- 
standes auch  das  Ästhetische  in  Schauen  und  Empfinden  wie  ein 
^eridärender  Bauch  die  Räume  des  Unterrichts  durchschweben  oder 
vie  ein  anregender  elektrischer  Strom  alle  Gebiete  des  Unter- 
richts durchziehen  soll,  so  glaube  ich  den  Geist,  den  Sinn  und 
Zweck  des  Unterrichts  unserer  Zeit  in  ihren  charakteristischen 
Zogen  gezeigt  zu  haben. 

Man  sollte  meinen,  dieser  stattliche  Bau  könne  ffir  das 
deutsche  Volk  eine  Ursache  der  Freude  und  des  patriotischen 
Stolzes  sein  und  mit  Befriedigung  könnten  wir  zurQckblicken  auf 
die  giöckliche  und  segensreiche  Entwicklung  des  deutschen  Unter- 
richtswesens, die  es  unter  der  einsichtsvollen  Arbeit  der  deutschen 
Lehrer  nnd  Gelehrten  und  unter  der  kraftvollen  Mitwirkung 
and  Leitung  unseres  erhabenen  Herrscherhauses  genommen  hat. 
Was  mich  persönlich  betrifft,  so  muß  ich  gestehen,  daß  ich 
mit  solchen  Gefühlen  der  Freude  und  Zufriedenheit  und  mit 
den  besten  Hoffnungen  auf  eine  glückliche  Weiterentwicklung  in 
der  Zukunft  die  deutsche  Schule  betrachte,  daß  ich  es  wohl 
verstehen  kann,  wenn  andere  Nationen  uns  beneiden,  zumal  sie 
nberzengt  sind,  daß  solche  Einrichtungen  und  Verhältnisse  nicht 
bloß  dem  Papier  oder  der  Einbildung  angehören,  sondern  dem 
Ernste,  der  Reellität  und  der  Pflichttreue  unseres  Volkes  ent- 
sprechend Tatsache  und  Wirklichkeit  sind  und  daß  der  höhere 
Lebrerstand  es  sich  keine  Muhe  verdrießen  läßt,  seine  pädagogi- 
schen Ideale  in  die  Wirklichkeit  zu  übertragen. 

Allein  wer  wollte  verkennen,  daß  die  Entwicklung  der  Schule 
manche  unbeabsichtigte,  nnvorhergesehene  und  unangenehme  Neben- 
wirkungen im  Gefolge  hat,  daß  etwa  die  Schattenseiten  in  dem 
glänzenden  Bilde  fehlen?  Wer  wollte  meinen,  daß  die  in  unserer 
Zeit  mehr  als  je  hervortretende  rücksichtlose  Kritik  auf  den  Ge- 
bieten des  Unterrichtswesens  der  Berechtigung  entbehrte?  —  Soweit 

27* 


420  Gepeowarti-  nnd  Zoikuoftspadafo^ik, 

die  Beurteihuig  sich  auf  einzelne  Fälle  und  auf  einzelne  PerBonen 
beziehtv  können  wir  sie  aus  unserer  Bttrachtnng  ausscheiden. 
Denn  man  muB  zugeben,  daB  viele  MiBstlnde  dadurch  verursacht 
werden,  dafi  einerseits  zu  viel  ScfaiQler  ohne  die  n6lige  Begabung 
in  eine  höhere  Schule  eintreten,  einzig  und  allein  aus  dem  Grunde« 
weil  <Ue  Eitern  ihre  Kinder  in  eine  höhere  soziale  Stellung  bringen 
wollen,  oder  weil  die  Eltern  nach  ihrer  sozialen  Stellung  ihre 
Söhne  studieren  lassen  müssen,  wenn  diese  nicht  „deklassiert*^ 
werden  sollen;  andererseits  ist  es  ein  unvermeidlicher  Obelstand, 
dafi  hei  der  groBen  Nachfrage  wie  in  alle  St&nde,  so  auch  in  den 
Stand  der  h(Vberen  Lehrer  mehr  als  früher  Persönlichkeiten  hin- 
eingeraten sind,  denen  dazu  die  moralische  Berechtigung  fehlt  und 
die  ^icb  nicht  bemühen,  sie  zu  erwerbe.  Beschränken  wir  uns  aber 
auf  das  Sachliche,  so  tritt  uns  als  erster  Vorwurf  der  Hinweis  auf 
die  Überbfirdung  der  Schaler  entgegen.  Alte  und  neue  Sprachen, 
Mathe«natik,  Naturwissenschaften  utad  die  verschiedensten  Geistes- 
wissenschaften werden  gelehrt;  unsere  Schulorganisationen  und  ihre 
Lehrpläne  bilden  keinen  Organismus,  in  dem  jeder  Teil  ein  not- 
wendiges Glied  des  Ganzen  ist  und  in  dem  das  Ganze  einen  einheit* 
lieben  Gedanken  in  sieh  verkörpert,  sondern  sie  sind,  wie  Willmann 
in.  seiner  Didaktik  I  417  sich  ausdruckt,  „durch  Kumulierang  ent- 
standen'', ein  kompliziertes  Bauwerk,  das  stetig  im  Innern  und 
auch  von  Zeit  zu  Zeit  in  seinen  äußerlich  sichtbaren  Formen 
verändert  wird,  weil  es  entstanden  ist  und  weiter  ausgebaut  wird 
auf  Grund  von  Kompromissen  zwischen  der  aus  verschiedenen 
Weltanschauungen  aufgebauten  Tradition,  psychologisch-pSdago- 
gischen  Erwägungen  und  den  wissenschaftlichen  Bestrebungen 
und  praktischen  Bedürfnissen  der  Zeit.  Deshalb  begehren  immer 
wieder  neue  Disziplinen  Einlaß  in  die  schon  übermäßig  vollge- 
pfropfte Schule.  Freilich  ihrem  mehr  oder  weniger  störmiscben 
Vordringen  vermag  die  Behörde  den  Eintritt  zu  versagen;  wenn 
sie  aber  auch  neue  Fächer  zurückweisen  kann,  so  ist  es  doch 
für  sie  «schwierig,  die  Leitung  über  Änderungen  in  dem  Innern 
des  Gebäudes  in  ihrer  Hand  zu  behalten,  die  dadurch  entstehen, 
daß  immer  wieder  neue  Unterrichtsziele,  sei  es  in  formaler  oder 
in  materialer  Beziehung,  neben  die  alten  treten,  kurz  daß  die 
Unterrichtsziele  sich  differenzieren,  wie  die  Zellen  in  einem 
lebenden  Organismus  sich  spalten  und  dadurch  neue  erzeugen. 
So  sehen  wir  in  unserem  Schulbetriebe  folgende  Ziele  sich 
wirksam  betätigen:  körperliche  und  geistige  Ausbildung;  in  bezug 
auf  die  Fertigkeiten  neben  Schreiben  und  Zeichnen  das  Sprechen; 
in  intellektueller  Beziehung  die  formale  logische  und  historische 
Schulung  und  Einführung  in  die  Probleme  der  Philosophie;  die 
sittliche  und  die  ästhetische  Erziehung.  In  den  fremden  Sprachen 
heißen  die  Ziele:  Sprachfertigkeit,  Sprachverstäodnis,  grammatische  ^) 

M  DaB  dieses  Ziel  oeben  den  oeaeren  io  Geltung  bleibt,    dafür    sor^t 
die  PrUfaogsordooDg,    welche   flir   die   schriftliche  ReifeprüfuDg  im  Lateioi- 


y«B.J«6tar.  42t 

uod  logisehe  Aushädung,  AneigouDg  des  Sachlichen,   Ventdodaii« 
und  Würdigung   des  Inhalts  für  die  Zeit   des  ScbriftsttiUers  wie 
für    ansere  Gegenwart,   ferner   ästhetisches   Nachempfinden;    im 
Deatecben   verlangen   wir  Gewandtheit   in   der  schriftlieheii  und 
anch   in   dv  mändlioben  Darstellung,   nach  der  materialen  Seite 
hin  Kenntnis  der  poetischen  und  pioaaischen  Stöcke  in  den  Lese* 
böcbem,  Verständnis  für  das  Werden  der  Sprache,  Kenntnis  der 
neuem  uad  neuesten  Literatur  neben  der  Beschiftigung  mit  unsera 
klassiseben  Dichtern.    In  der  Religionsstunde  behaupten  sich  die 
alten  Ziele   als  heati  possidentes,   daneben  gilt  es  die  Schüler  zu 
rüsten  gegen  eine  allzu  kritisdie  Theologie  und  gegen  verschiedene 
Richtangen   in   den  Naturwissenschaften   und   in  der   populären 
Philosophie  (Haeckel  und  Nietzsche).  Daneben  ist  noch  die  schwerste, 
aber  auch   die  dankbarste  und  vornehmste  Aufgabe  zu  erfüllen^ 
nasalich  die  erhabenen  Wahrheiten  des  Christentume  in  den  Inter« 
«Senkreis   und   in  das  Leben  des  Schülers  wirksam  einzuführen 
und  seine  Denkungsart  und  Gesinnung  mit  dem  Geiste  des  Ghrislen- 
tuiis  zu  durchdringen.    In  der  Geschichte  ist  die  Kulturgeschichte 
oad  zwar  besonders  die  Kenntnis  der  wirtschaftlichen  Entwicklung 
Beben   die   politisi^  getreten,   die  Orientalisten   verlangen   eine 
gruadlicbe  Einführung  in  die  morgenlindische,   andere  Historiker 
hm   noch   in   die  römische  Kaisergeschichte.    Um    die  nächste 
Geeeratian  zu  politischer  Urteilsfähigkeit  und  zu  dem  Gefühl  der 
politischen  Verantwortlichkeit  zu  erziehen,  wird  es  aofierdem  noch 
Ddtig  sein,   daß  man  sich  in  der  neueren  politiscfaen  Geschichte 
flicht  mit  deii  Taten  der  leitenden  Persönlichkeiten,   nämlich  der 
Fürsten,  Feldherren  und  Beamten  begnügt.  In  der  Erdkunde  kann 
das  Topographische  mit  Rücksicht  auf  das  praktische  Leben  nicht 
entbehrt  werden,  aber  daneben  ist  auch  die  Behandlung  der  geo* 
graphischen  uod  ethnographischen,  sowie  der  politischen  Ursachen 
und  Wirkungen  als  Unterrichtsziel  anerkannt;  außerdem  verlangen 
utilitaristisch  gesinnte  Laien  noch  die  Einführung  in  das  Lesen  der 
Eisenbahnfahrpläne.    In   den  beschreibenden  Naturwissenschaften 
beanspracht  das  Biologische  seinen  Platz   neben  der  früher  allein 
verlangten  Kenntnis  der  äußeren  Morphologie  und  der  Systematik. 
In  der  Physik  und  Chemie  kommt  außerdem  noch  das  stetige  An- 
wachsen   des  Stoffes   in  Betracht.    In    der  Mathematik   begehren 
Integral*  und  Differentialrechnung  Einlaß,  obscbon  der  Mathematik- 


>di«a  eise  Obertetzeag  von  Uenticheo  io«   Latoioiicbe   verlangt    Di«  Ab- 

riektuBg  za  dieser  Arbeit  erfordert  stetige  Wiederbolong  der  tUerelemeotarsten 

Sscbea   aas    der  Granmatib.    Aucb   in  Griecbiscbea    aad    in   den   neaeren 

Spracbea  ist  dB»  Syaten  der  Gramaiatobratie   aiebt   zarüobgedräagt:   dafür 

*9rg^n  scboo  die  vieles  deatscbea  Stücke  zum  HiDÜbersetzea  in  den  Ubangs- 

^iic&era.    Andere  beftimneB  die  neoen  Lebrplaoe  in  Frankreieb,  welebe  für 

jsde  fiJaaie  iai  t^iteiniaeben  vorsebreibeo :   L'explication   des  textet  sera  ie 

prioeiaal   ezereice    de  la   claase  and  für  die  oberste  Klasse  keiae  Hinüber- 

Mtzongen  kentten» 


422  Gegeowtrts-  and  Znknoftipädagogik, 

lehrer  es  jetzl  schon  schwierig  findet,  bei  den  Schülern  der  oberen 
Klassen  Interesse  für  sein  Fach  zu  erwecken  und  gute  Ergebnisse 
zu  erreichen. 

Diese  Diflerenzierung  der  Unterrichtsziele  macht  das  Streben 
nach  Konzentration  fast  illusorisch,  gibt  dem  Unterrichtsbetrieb 
den  Charakter  der  Hast  und  Unruhe  und  l&Bt  bei  den  SchQlern 
die  eigene  wissenschaftliche  Initiative  nicht  recht  aufkommen.  Sie 
wirkt  um  so  energischer,  weil  die  Lehrer  Fachlehrer  sind,  jeder 
seinem  eigenen  Fache  einen  hohen  Wert  beimifit  und  danach  die 
Anforderungen  stellt,  während  in  fräheren  Zeiten  ein  Lehrer  in 
fast  allen  Fächern  unterrichten  mußte  und  deshalb  weniger  intensiv 
und  grundlich  vorgehen  konnte,  ferner,  weil  sie  methodisch  ge- 
schult sind  und  weil  jeder,  statt  aufs  Ganze  zu  sehen,  nur  darauf 
bedacht  sein  kann,  in  seinem  Fache  gut  abzuschneiden.  Zwar 
hat  man  durch  Abzweigung  der  Realgymnasien  und  Realschulen 
von  den  Gymnasien  eine  Teilung  der  Arbeit  und  dadurch  Er- 
leichterung für  die  Jugend  zu  schaffen  gesucht,  aber  die  Klagen 
wollen  trotzdem  nfcht  verstummen.  Das  ist  erklärlich;  denn 
nicht  bloß  die  große  Zahl  der  Fächer,  sondern  noch  mehr 
das  sich  immer  weiter  verästelnde  und  verzweigende  Unterrichts- 
ziel macht,  daß  die  Bürde  immer  schwerer  wird^),  und  die 
gesteigerte  Empfindlichkeit  und  Reizsamkeit  unserer  Zeit  bewirkt, 
daß  man  diese  Bürde  immer  mehr  als  drückend  empfindet«  Ein 
Vergleich  mit  dem  Unterricht  in  der  Anstalt  in  Linz  zur  Zeit, 
als  sie  gegründet  wurde,  wird  das  deutlich  machen. 

Vor  200  Jahren  hatten  die  Schüler  nur  3  Stunden  Unter- 
richt und  zwar  bei  den  Professoren.  Sie  hatten  wirklidi  nur  ein 
einziges  Hauptfach,  das  Lateinische.  Die  Methode  dieser  Zeit  war 
gemütlicher,  indem  sie  nicht  Stunde  für  Stunde  die  Schüler  zum 
Denken  zwang  und  so  nicht,  wie  jetzt  manchmal,  der  Unterricht 
den  Charakter  des  Gequälten  an  sich  trug.  Auf  diese  Unterrichts- 
stunden wurden  sie  durch  besondere  Präzeptoren,  wie  noch  jetzt 
in  Frankreich,  gemeinsam  in  dem  sog.  Silentium  vorbereitet, 
nämlich  morgens  in  der  Zeit  von  5 — 7,  dann  von  10  bis  lOVs  Uhr 
vormittags,  und  abends  von  4 — 7.  Mittags  von  i— SVa  Uhr  war 
Spielzeit.     Die  Einrichtungen    wie   der  Lehrplan   sind    von    den 


*)  Diese  nolvfAa94a  aod  nicht  etwa  die  Masse  der  häuslichen  Arbeitea 
verursacht  die  Oberbürdung.  Die  Eindrücke  der  verschiedenen  Fächer  und 
die  Interessen  der  verschiedenen  Ziele  heben  sich  im  Gedächtnis  des  Sehälers 
Kegenseitig  auf,  wie  die  experimentelle  Psychologie  nachweist;  in  seioea 
Denken  und  Empfinden  vereinigen  sie  sich  nicht  zu  einem  harmonischen 
Ganzen,  sondern  bloß  zu  einem  chaotischen,  oft  dissonierenden  Nebeneinander 
Dagegen  ist  die  Stundenzahl  nach  dem  Höhepunkt  vor  etwa  50 — 70  Jahren 
kleiner  geworden.  Hiecke  in  seinem  berühmten  Bache  über  den  deotschen 
Unterricht  verlangte  damals  noch  eine  Arbeitszeit  von  wöchentlich  78  Stun- 
den, nämlich  täglich  12  und  Sonntags  6  Standen.  Diese  nolvfxa^Ot  würde 
es  vielleicht  auch  erklären  können,  wenn  die  Schüler  vor  100  Jahren  bessere 
Aufsätze  schrieben  als  jetzt. 


voft  i*  Baar.  4S3 

Jesuiten  als  den  anerkannt  besten  Pädagogen  ihrer  Zeit  Ober- 
somraen,  obsehon  in  Linz  nur  Weltgeistliche  tatig  gewesen  sind. 
Man  beachte,  welche  Entlastung  des  Elternhauses  in  diesen  Ein- 
richtungen liegt!  Die  Pr9zeptoren  besorgten  pfljchtgeffläB,  was 
heutzutage  so  vielen  Eltern  Verdruß  und  Kummer  macht, 
Dämlich  die  Schöler  zu  Hause  zum  Studium  anzuhalten  und  an-^ 
zuleiten  und  das  Gelernte  abzuhören.  Die  Schftler  hatten  die 
Annehmlichkeit,  daß  sie  der  Verantwortung  des  selbststindigen 
mehr  oder  minder  freiwilligen  Lernens  ganz  öberhoben  waren. 
Kein  Wunder,  daß  bis  in  unsere  Zeit  in  Frankreich  die  Eltern  ihre 
S6hne  am  liebsten  in  die  Schulen  der  Ordensbrüder  oder  in  andere 
Internate  schickten,  um  allem  Schulärger  und  der  Schulsorge,  einer 
schlimmen  Krankheit  in  deutschen  Landen,  überhoben  zu  sein. 
Daß  man  auch  in  England  trotz  der  vielen  Prüfungen  keinen 
Schulärger  kennt,  liegt  auch  daran,  daß  ihre  höheren  Schulen  Inter« 
nate  sind,  mh  denselben  Einrichtungen,  wie  ich  sie  eben  geschildert 
habe,  bloß  mit  dem  allerdings  wichtigen  Unterschiede,  daß,  in 
England  die  Schüler  in  einzelnen  Häusern  mit  verheirateten 
Pädagogen  an  der  Spitze  untergebracht  werden,  nicht  kaserniert 
wie  in  den  Internaten  romanischen  Ursprunges.  Auch  in  Deutsch- 
iand  ahmt  man  diese  Einrichtungen  nach,  z.  B.  in  dem  Pädagogium 
za  Godesberg.  Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  damit  die  Schule  bei 
den  meisten  Eltern  und  Schülern  an  Beliebtheit  gewinnen  wird: 
die  Schulverdrossenheit  der  Eltern  läßt  sich  auf  diesem  Wege  — 
das  beweist  die  Erfahrung  —  beseitigen,  und  den  Kindern  sichert 
man  so  eine  sonnige  Jugend. 

Allein  daß  diese  Art  Eniehung,  wenn  sie  auch  für  die  Gegen* 
wart,  in  der  viele  Eltern  gar  nicht  die  Zeit,  andere  nicht  die  Lust 
haben,  sich  mit  ihren  Kindern  ernstlich  zu  befassen,  daß  dieses 
System  eine  Kehrseite  hat,  das  will  ich  nicht  verschweigen.  Die 
Erziehung  der  Schüler  zur  Selbständigkeit  und  eigenen  Verant- 
wortlichkeit, die  Ausrüstung  für  den  Kampf  des  Lebens  wird 
sicher  durch  unsere  jetzigen  Einrichtungen  besser  gewährleistet, 
als  wenn  der  Jugend  möglichst  viele  oder  alle  Schwierigkeiten 
aus  dem  Wege  geräumt  werden.  'O  (a^  dageig  av&qfonoq  od 
naidsvera&^  nur  wer  sich  hat  schinden  und  placken  müssen,  der 
ist  erzogen  fürs  Leben.  Eine  Erleichterung  der  Schulbürde  ließe 
»ich  mit  geringern  Verlusten  erreichen,  wenn  die  Direktoren,  Lehrer 
und  Schulrite  überall,  dem  Wunsche  Sr.  Majestät  in  Seinem  Er- 
lasse vom  26.  Nov.  1900  entsprechend,  wirklich  damit  Ernst  machen 
wollten,  daß  für  die  Nebenfächer  nicht  dieselben  Anforderungen  ge- 
stellt werden  dürfen  wie  für  die  Hauptfächer^),  wenn  nach  dem  Vor- 


<)  UoertrS glich  kaon  die  DifTereosierDDg  des  Uoterrichtszieles  z.  B.  im 
FraBK^iiichea  werde«.  Vor  der  Zeit  der  Reform  herraefate  an  Gymoasium  im 
FraazSiiaeheB  wie  in  andern  Sprachen  das  grammatische  System;  es  galt 
bis  iD  Prima  mit  Hilfe  von  verhüitoismafiig  wenig  Vokabeln  aus  dem  lite« 
rarischen  Gebiete  die  graauiatischen  Fermen  oad  Regeln  einzuprägen.    Die 


434  Gei^eowartS'  und  Zakuoftspädagogik, 

schlage  von  P.  Caoer  nur  in  den  Hauptfächern  geprüft  wflrde,  ferner 
auch  besonders  durch  die  Einführung  des  Seiektivsystems,  d.  h.  der 
Wahlfreiheit  zwischen  den  sprachlichen  Fächern  und  den  mathe- 
matisch-naturwissenschaftlichen in  den  obern  Klassen,  wie  es  in 
England  schon  länger  besteht  und  in  Frankreich  neuerdings  für 
die  drei  oberen  Klassen  durchgeführt  ist').  Dadurch  wird  man 
der  Tatsache  gerecht,  daß  die  meisten  normalen  Knaben  einseitig 
begabt  sind  und  sich  nicht  für  alle  Fächer  gleichmäßig  inter- 
essieren. Will  man  aber  die  jetzigen  Schulformen  beibehalten,  so 
muß  sich  wenigstens  j^ede  Anstalt  bescheiden  in  der  Zahl  ihrer 
Unterrichtsziele,  und  ihre  Lehrer  müssen  sich  wenigstens  klar  und 
•einig  werden  in  bezug  auf  diese  Ziele  und  über  die  Mittel,  sie 
gemeinsam  zu  erreichen.  Nur  dann  wird  man  auch  der  schlimmsten 
Gefahr  begegnen  können,  nämlich,  daß  die  Lehrer  den  Glauben 
an  die  Ersprießlichkeit  ihrer  Arbeit  verlieren. 

Wir  kommen  jetzt  zu  einem  radikalern  Vorschhige.  Um  die 
Überbürdungsfrage  für  immer  zu  beseitigen,  indem  sie  einzig  den 
Anforderungen  der  Gegenwart  und  Zukunft  ohne  Rücksicht  auf 
die  Vergangenheit  gerecht  werden  wollen,  befürworten  andere 
Schulreformer,  das  Studium  der  alten  Sprachen  überhaupt  ab- 
zuschaffen. Dafür  hat  nach  ihrer  Meinung  die  Beschäftigung  mit 
den  Naturwissenschaften  einzutreten;   bloß  die  neuern  Sprachen 


Reform  brachte  folgeode  Schwierigkeiten  hinzu,  ohne  die  frUhero  so  be- 
sMtigen:  a)  &\t  ErlerooDg  einer  guten  Aossprtehe,  b)  die  Übung  im  münd- 
lichen Gebrauch  der  Sprache  and  die  £r]era«iig  dar  vielM  VokaMo,  walehe 
fdr  die  gewöhnliche  Konversatioo  gebraoeht  werden,  c}  dt  ^v^ogen  dar  histori- 
schen Schreibweise  fast  jede?  französische  Wort  für  das  Ohr  ein  andere« 
ist  als  für  das  Aage,  so  mofi  der  Schüler  jedes  Wort  zweimal  lernen  und 
aof  das  Erlernen  fttr  das  Ohr  —  •Verstehen  des  Gesprochenen  oder  Vor- 
gelesenen — >  mntk  viel  Zeit  «ad  Kraft  verwendet  werde«,  ohne  daB  diene  dem 
Erlernen  dorch  das  Auge  entzogen  werden  darf,  wenn  nicht  die  Zahl  der  ortho- 
graphischen Fehler  in  den  Diktaten  nnd  Klassenarbeiten  ins  unendliche  wachsen 
soll;  und  es  soll  das  Verständnis  des  Inhaltes  und  das  Eindringen  in  die  fran- 
zösische Kultur  mehr  als  bisher  gefördert  werden.  Wie  kann  der  Lehrer  so 
viel  mehr  erreichen  als  früher,  wenn  er  in  den  Tertiea  nonh  eine  Stande 
weniger  zur  Verfdgnng  hat  als  vor  1902,  es  sei  denn  anf  Kasten  der  Haupt- 
fächer, indem  der  Lehrer  in  den  französischen  Stunden  seine  Schüler  so 
Straphziert,  dafi  sie  in  der  folgenden  nicht  mehr  leistungsfähig  sind,  oder 
zo  viel  Hausatrfgaben  atifgibt  oder  beitles?  Pädagogischer  scheinen  mir  die 
Belasten  Lehr)ilXne  in  Frankreich  ftir  die  lebetfden  Fremdsyraehea  nu  be- 
stimmen: Für  die  Unterstafe  ist  das  einzige  Ziel  >,parler'S  für  die  cwette 
die  Hauptsache  ,»lire  et  ^crire'^,  für  die  Oberstufe  Verstäadnis  der  fremden 
Kultur.  Die  Schnlerzahl  einer  Klasse  darf  für  diese  Sprachen  höchstens 
2d  betragen. 

^)  Dort  tmt  der  Gymnasiast  für  die  drei  obersten  Klnsaen  feigende  Wahl : 
Lateinisch-Griechisch  als  Hauptfächer,  oder  2)  Lateinisch  ohne  Griechisch 
mit  7  Stunden  moderne  Sprachen,  oder  3)  Latein  ohne  Griechisch  mit 
5  Stunden  Mathematik  nnd  5  Stunden  Naturwissenschaft  nebst  4  Stunden 
Zeichnen  statt  2.  Qui  trop  embrasse  qui  nal  etreint  gilt  demnach  hier  nicht 
für  unsere  westlichen  Nachbarn.  Wir  jedoch  sollten  uns  der  Fabel  von  dem 
Hunde  erinnern,  der  zwei  Hasen  zugleich  fangen  will. 


Y«»J.  Baar.  426 

düifBD  noch  zu  dem  Zwecke  getrieben  werden,  daß  die  Fertigkeit 
im  Sprecbes  erreicht  wird.  Sie  geben  davon  aus,  dafi  der  Unter- 
richt unserer  Zeit  auf  alle  möglichen  hietoriscb  bedingtes  Gesichte- 
punkte  Ruckaicht  nimmt,  nur  nicht  auf  die  pidagogiachen.  Die 
Erüehong,  sagen  sie,  ist  eine  künstliche,  keine  natürliche.  Soll 
sie  eine  natürliche  sein,  so  muß  zuerst  das  Auge,  die  Hand  und 
das  Ohr,  es  müssen  die  Sinne  gebildet  werden,  das  Kind  muß 
gewöhnt  werden  zu  beobachten  und  seine  Sinne  zu  gebrauchen, 
statt  durch  Lesen  und  Schreiben  gezwjungen  zu  werden,  sich  mit 
einer  ihm  fremden  und  ihm  uninteressanten  Welt  zu  beschäftigen. 
An  der  Nator  ringsum  soll  es  sein  Auge,  seine  Phantasie  und 
sein  Denken  bilden,  sn  der  Herrschaft  über  die  Natur,  die  ein 
Tri«mpJi  unsers  Jahrhunderts  ist,  soll  es  von  früh  auf  befähigt 
werden,  unbekümmert  um  das  schwere  Rüstzeug,  das  ihm  ein 
Studium  der  Vergangenheit  aufzwingt,  pm  eine  Rüstung,  die  ihn 
doch  nur  schwerfSliger  machen  kann  im  Kampfe  des  Lebens. 
Sagt  nicht  schon  GoeAe:  „Wir  alle  leben  von  der  Tradition  und 
gehen  an  der  Tradition  zugrunde''?  —  Solche  Vorschläge  klingen 
besiechend,  aber  sie  entstehen  aus  einer  Verkennung  der  Wirk- 
lichkeit, aus  einem  konstruierenden  Doktrinarismus,  der  das  Leben 
aad  die  Geschichte  der  Menschen  nicht  versteht  Zuerst  ist  zu 
betenen,  daß  zwar  die  Ausbildung  der  Sinqe  ein  wertvolles 
pädagogisches  Ziel  ist,  aber  nicht  das  maßgebende.  Wir  leben 
aicht  unter  Indianern,  bei  denen  es  besonders  darauf  ankäme, 
mit  scharfen  Auge  die  Fußspuren  in  der  Prärie  zu  finden,  sondern 
UDier  gebildeten  Menschen,  bei  denen  es  als  die  wichtigste  Forderung 
gut,  kbr  zu  denkep  und  sittlich  zu  handeln.  Das  Auge,  das  aus- 
^bildet  werden  muß,  ist  deshalb  nicht  bloß  das  physische  Auge, 
soadem  im  übertragenem  Sinne  das  Auge  des  Geistes,  d.  h.  die 
Fähigkeit,  Beobachtungen  der  Sinne  nach  Verhältnis  von  Ursache 
und  Wirkung  zu  verknüpfen,  nach  den  von  uns  erworbenen 
Eeontniesen  zu  beurteilen  und  nach  den  uns  durch  Anlage  und 
^™ehang  gegebenen  Maßstäben  zu  werten.  Daß  Ursache  und 
Wirkung  gar  nicht  mit  den  Sinnen  wahrgenommen  werden  kann, 
&ondern  nur  das  Nebeneinander  und  Nacheinander  der  Dinge, 
darüber  sind  sich  die  Philosophen  längst  klar  geworden.  Wie 
wenig  Bedeutung  daher  für  die  Beurteilung,  Ausnutzung  und  Be- 
herrschung unserer  komplizierten  wirtschafüicben,  sozialen  und 
anderen  Verhältnisse  die  Ausbildung  des  physischen  Auges  hat, 
sieht  man  ein,  weun  man  bedenkt,  daß  z.  B.  fär  die  erfolgreiche 
Spekulation  an  der  Börse  nicht  etwa  derjenige  überlegen  ist,  der 
alle  Münzen  oder  aUe  Produkte  genau  kennt  und  vielleicht  aus 
dem  GedichtBis  zeichnen  kann,  soadem  wer  ein  Menschenkenner 
aod  Kenner  •der  wirtschaftlichen  und  politischen  Verhältnisse, 
d.  b.  abstrakter,  also  ansichtbarer  Beziehungen  ist,  so  dafi  hier 
ein  Blinder  dem  Sehenden  überlegen  sein  kann.  Falsch  ver- 
standen ist  auch  4er  zweite  Begrifl,  der  Begrifi'  der  Anschauung, 


426  Gegenwtrts-  dd4  Zukanftspädtgogik, 

indem  sinnliche  Anschauung  als  eins  gesetzt  wird  mit  der  An- 
schauung unseres  Geistes,  der  Fähigkeit  unserer  Phantasie,  uns 
Dinge,  Vorgänge  und  Verhältnisse  vorzustellen»  die  wir  nie  ge- 
sehen  haben  und  oft  nie  sehen  werden  und  die  überhaupt 
nicht  mit  leiblichen  Augen  gaschaut  werden  können.  Schließ* 
lieh  ist  auch  noch  die  Voraussetzung  falsch,  daß  die  Natur 
die  einzige  uns  umgebende  Welt  wäre.  Gott  hat  die  Welt  er- 
schaffen, aber,  kann  man  sagen,  auch  die  Menseben  haben  im 
Laufe  der  Jahrtausende  eine  Welt  geschaffen,  die  unser  Wohl 
und  Wehe,  unsere  Freude  oder  unsem  Schmerz  in  noch 
stärkerem  Grade  bedingt  als  die  Natur,,  die  wir  beherrschen.  Wir 
alle  sind  berufen,  an  dieser  menschlichen  Welt  weiter  zu  schallen, 
und  die  erste  Vorbedingung  dafür  ist,  daß  wir  diese  Welt  verstehen. 
Es  ist,  wie  Hegel  sich  ausdrückt,  der  objektive  Geist,  der 
Körper  gewordene  Geist  der  Menschen,  oder  es  sind,  wie  es  ein 
bedeutender  Psychologe  unserer  Zeit,  Jodl,  erklärt,  die  Gedanken, 
welche  in  andern  bewußten  Individu^  vorhanden  sind,  sofern  dieselben 
durch  Mitteilung  übertragbar  und  namentlich  soweit  sie  in  Symbolen 
(Sprache,  Büchern,  Kunstwerk,  Maschinen,  Gesetzen,  Einriditungen) 
objektiv  fixiert,  verkörpert  sind.  Der  objektive  Geist  bildet  eine  Welt 
für  sich,  eine  aus  der  geistigen  Aktivität  stammende  zweite  Natur 
über  der  Natur,  welche  bis  zu  einem  gewissen  Grade  wenigstens 
von  allen  angeeignet  werden  kann  und  insoweit  das  allgemeine 
Erbe  der  Menschheit  darstellt.  Denn  kein  Individuum  erschafft 
sich  die  Geistesweit,  in  die  es  seine  Wahrnehmungen  und  Vor- 
stellungen einordnet,  allein  und  selbständig,  es  empfängt  sie  zum 
weitaus  größten  Teile  als  eine  fertig  überlieferte  aus  der  Wechsel- 
wirkung des  individuellen  und  des  allgemeinen  oder  menschheit- 
lichen Geistes.  Darauf  beruht  die  Möglichkeit  und  Schnelligkeit 
des  Fortschrittes  in  der  Geschichte  der  Menschheit  Mit  Hilfe 
des  objektiven  Geistes  gewinnt  der  Mensch  ein  abgekürztes  Ver- 
fahren in  Denktätigkeit  und  Wahrnehmungstätigkeit,  er  verschmilzt 
und  findet  in  seinen  Wahrnehmungen  einfach  die  von  andern 
mühsam  entwickelten  Gedanken  wieder,  statt  sie  selbst  in  laoger 
Arbeit  entwickeln  zu  müssen.  Deshalb,  so  wertvoll  und  unersetz- 
bar auch  das  eigene  Sehen  und  Erleben  ist,  so  wird  man  es  doch 
als  ebenso  berechtigte  Aufgabe  ansehn,  die  Jugend  in  das  geistige 
Erbe  der  Menschheit  einzuführen.  Denn  diese  Welt  des  objek- 
tiven Geistes  kann  man  nicht  beseitigen,  indem  man  sie  ver- 
neint, und  wer  nicht  in  sie  eingeweiht  ist,  der  taumelt  verständ- 
nislos und  unverstanden  durchs  Leben.  Dieser  objektive  Geist 
macht,  wie  Goethe  mit  Recht  sagt,  unser  Glück  und  unser  Unglück 
aus,  und  daß  unsere  Zeit  besonders  kulturmüde  unter  dieser  Last 
seufzt,  wer  wollte  es  leugnen?  Wir  fragen:  warum  als  ein  Un- 
glück? Ich  glaube,  besonders  schmerzlich  wird  der  Umstand 
empfunden,  daß  es  den  Menschen  nicht  gelingen  will,  im  Reiche 
des  objektiven  Geistes    die  Herrschaft  in  dem  Maße   zu  erringen j 


VonJ«Baar,  427 

wie  ihm  das  in  der  Nalur  glänzend  gelangen  ist.  Dai  regnum 
bofflinis,  die  Herrschaft  des  Menschen  nber  Erde,  Feuer,  Wasser 
und  Luft,  das  vor  mehr  als  300  Jahren  Baco  yon  Verulam  der 
menschliclien  Arbeil  als  Ziel  setite,  es  ist  zum  größten  Teil  er- 
reicht, indem  wir  mit  der  Kraft  des  Feuers  fahren  und  in  kurzer 
Zeit  die  weitesten  Strecken  zurQcklegen,  mit  der  Kraft  des  Blitzes 
ansere  Gedanken  in  wenigen  Stunden  um  die  Erde  senden,  und 
indem  wir  für  unsere  Nahrung  und  Kleidung  alle  Länder  der  Erde 
tributpflichtig  gemacht  haben.  Indem  die  Technik  durch  ihre 
Maschinen  die  Kräfte  der  Menschen  millionenfach  Tergröfiert  hat, 
kaon  man  mit  Recht  sagen:  auf  dem  Gebiete  der  Natur  kann 
miD  für  Geld  oder  durch  Macht  alles  haben.  Um  so  schmerz* 
lieber  ist  unser  Verhältnis  zu  der  Welt  des  objektiven  Geistes;  denn 
diese  ist  auf  allen  Gebieten,  so  z.  B.  in  der  Politik,  im  Wirtschaft- 
lieben  Leben  und  in  den  sozialen  Verhältnissen  zu  kompliziert,  als 
laß  jemand  ihre  Entwicklung  mit  fester  Hand  beherrschen,  ja 
auch  nur  ihre  Entwicklaog  vorhersehen  könnte.  Unda  fert  nee 
regitur,  gestand  selbst  ein  Bismarck.  Wer  sich  in  den  Dienst  einer 
Uee  begibt,  wer  eine  neue  Organisation  gründet,  wer  eine  Fabrik 
kaat,  wer  seinen  Sohn  in  höhere  Schulen  schickt,  ja  jeder,  der  geboren 
«ird,  der  bat  die  weitere  Entwicklung  nur  zum  Teil  in  der  Hand, 
der  wird  von  der  in  den  Verhältnissen  liegenden  Kraft  fortgerissen 
QDd  muß  in  ihrem  Dienste  vorwärts,  er  mag  wollen  oder  nicht, 
la  dieser  Unlenkbarkeit  des  objektiven  Geistes,  bedingt  durch  seine 
Kompliziertbeit  und  die  Verflechtung  mit  den  Faktoren  des  Be- 
vofitseins  und  der  sittlichen  Freiheit  des  Menschen,  liegt  ein 
großes  Stück  Tragik  unser  Zeit.  Wir  entscheiden  bei  einem  Unter- 
nehmen über  den  ersten  Schritt,  aber  nicht  mehr  über  die  folgenden; 
wir  müssen,  auch  wenn  wir  nicht  wollen;  wir  sind  trotz  aller  politi- 
schen Freiheit  Sklaven  der  Verhältnisse  geworden,  obschon  wir  die 
Könige  über  die  Naturkräfte  sind.  Hierin  liegt  eine  wichtige  Ursache 
der  Kulturmfidigkeit  im  allgemeinen  und  der  Schulverdrossenheit 
im  besondern.  Kein  Wqnder  daher,  daß  manche  die  ganze  moderne 
Entwicklung  als  ein  Unglück  ansehen  und  mit  Goethes  Zauber- 
lehrling sagen:  „Herr,  die  Not  ist  groß,  die  ich  rief  die  Geister 
werd'  ich  nun  nicht  los*^  Aber  es  fehlt  der  Zauberer,  der  das 
Rad  der  Geschichte  zurückdrehen  könnte,  und  wenn  es  jemand 
könnte,  so  wäre  es  nicht  zu  wünschen.  Deshalb  besteht  für  uns 
nur  die  eine  Frage:  auf  welche  Weise  können  wir  eine  günstige 
Weiterentwicklung  vorbereiten?  „Ihr  seid  das  Saatkorn  einer 
bessern  ZeiVS  beiiBt  es  bei  Ubland  von  den  Kindern  der  Samniter, 
die  in  die  Feme  geschickt  werden,  um  einen  neuen  Staat  zu 
RTönden,  und  daß  die  Kinder  glücklicher  werden  sollen  als  die 
Eltern,  wer  von  uns  wünscht  das  nicht?  Einen  Ausweg  werden 
wir  nach  meiner  Oberzeugung  nur  dann  finden  können,  wenn 
wir  uns  überhaupt  von  der  unberechtigten  Überschätzung  des 
Wissens  frei  machen;  der  Intellektualismus  herrscht  seit  den  Tagen 


42$  Gegenwartfl-  9d4  Zp.kopftspSdtgogik, 

d«r  Aufklarung  in  einem  Maße,  daß  die  sittliche  Erziehung  picht 
dagegen  aufkotminen  liaaiL 

Das  Grundübel  der  Schule,  so  h(^t  man  daher  von  den  Ter*- 
schiedensten  Seiten  und  Parteien  in  mehr  oder  minder  scharfen 
Tönen,  das  Grundübel  ist  der  Intellektttalismus*  Was  nuUC  es, 
sagen  einige,  daß  die  Schüler  mit  Wissen  vollgepfropft  werden, 
wenn  Kenntnisse  nicht  als  notwendige  Wirkung  die  Einfticht 
gewährleisten?  Was  hilft  es,  wenn  die  Schüler  mit  zerrfUteten 
Nerven  und  oft  noch  sogar  mit  gebrochenem  Willen,  geistig  ge^ 
lähmt,  ans  Ziel  gehingen,  aber  dann,  übersatt  imd  angeekdt 
von  dei*  Übersättigung,  Initiative  und  Lebensfreude,, alles  höhere 
Interesse  verloren  haben?  Weshalb  sollen  alle  SchtUer  so  unter- 
richtet werden,  als  wenn  sie  sich  auf  den  Beruf  eines  Philokigen 
vorbereiten?  St^tl  des  Un.terricbte8  soll  die  Erziehung  zur 
Hauptsache  werden«  an  die  Stelle  der  krankhaften  Hypertrophie 
des  Verstandes  soll  die  Erziehung  des  Willens  treten.  Wir 
wünschen  Pädagogen,  nicht  mehr  bloße  Didaktik  er.  Die 
Schüler  müssen  daher,  so  wünscht  die  eine  Partei  der  Reformer, 
nämlich  die  der  Männer  der  Naturwissenschaft  und  Technik,  zu 
einem  Maximum  potentieller  Energie  herangebildet  werden. 
Andere  dagegen,  ohschon  auch  sie  Anhänger  der  Willens* 
erziehung  sind,  behaupten,  daß  die  Energie  der  Menschen  in 
unserer  Zeit  schon  viel  zu  stark  entwickelt  und  angespannt  sei. 
Trotzdem  wii*  die  Kräfte  der  Natur  in  unsern  Dienst  gestdit 
haben,  wollen  und  müssen  wir  weit  intensiver  arbeiten  als  unsere 
glücklichen  Vorfahren.  Auf  die  Pauer  wird  die  Menschheit  eine 
solche  Arbeitslast  nicht  ertragen,  können,  und  die  einseitige 
Weiterentwicklung  der  menschlichen  Energie  wird  den  Menschen 
zugrunde  richten.  Denn  die  Mensdien  kommen  kaum  mehr 
zur  Ruhe,  das  körperliche  und  seelische  Gleichgewicht  geht  ver- 
loren, üotz  aller  Kulturfortschritte  nimmt  die  Zahl  der  Lebens- 
müden besonders  in  den  gebildeten  Ständen  immer  mehr  zu. 
Der  Mensch  ist  schon  viel  zu  sehr  Maschine  oder  Arbeitspferd 
geworden;  es  ist  daher  hohe  Zeit,  die  Entwicklung,  besonders 
die  der  heranwachsenden  Generation,  in  andere  Bahqen  zu  lenken. 
Wohl  ist  die  Willenserziehung  zu  preisen,  aher  nicht  zu  dem 
einseitigen  Zwecke,  den  Menschen  immer  mehr  Mittel  zu  ge- 
währen, ihre  Bedürfnisse  zu  befriedigen,  sondern  der  Mensch 
muß  die  gewaltige  Energie,  durch  die  unsere  Zeit  alle  früheren 
übertrifft,  zu  der  höheren  Aufgabe  anwenden,  sich  die  Herrschaft 
über  sich  selbst  zu  verschaffen,  sich  das  Begehrte  versagen  zu 
können,  die  Kräfte  seines  Gemütes  auszubilden,  die  Treue  höher 
zu  schätzen  als  den  Vorteil,  die  Pflicht  höher  als  den  Nutzen, 
die  idealen  Güter:  Religion,  Vaterlandsliebe,  Ehre,  Gerechtigkeit, 
vornehme  Gesinnung,  Treue,  Wahrheitsliebe,  Liebe  und  Aufopfe- 
rung, Selbstlosigkeit,  Uneigennützigkeit,  Hilbbereitschaft  höher  als 
die  realen  zu  werten.     Denn   diese  Ideale   mögen  zwar  von  der 


▼•i  i.  Baar.  42d 

AHtagsweisiKit    vailacht   werden«    in    Wirklichkeit    sind   sie    der 
Mörld,    mit  dem  die  mächtigsten  Staaten  aufgebaut  werden;  sie 
sind  das  aDskhtbare  Zaubermittel,  das  fort  und  fort  das  Blut  der 
Völker  fiarifingt  und  sie  ewig  i«ng  und  stark  erbtit.    Auch  wir 
wollen  cur  Energie  eraiehen,   aber  lu   einer  Energie,  die  in  den 
Dienst    der  aittKcben  ¥«r?ollkoannnung  gestellt  wird.    Denn  alle 
Bildung  ist  Henensbildong.  Einfach  leben  und  Tomebm  denken»  das 
muB  vDMr  Wahlspruch  sein.    Mag  der  Amerikaner  die  Ausbildung 
des  eitizcilneB  lu  höchster  Leistnngsfihigkeit  als  das  wichtigste  Ziel 
empfehlen,  wir  schitaen  die  Entwicklung  zu  einer  boben  Stufe  der 
Kultur,  die  Eniehuog  an  der  Denbungsart  unserer  größten  Männer 
in  der  PoKtik,  Literatur  nnd  Kunst,  noch  höher.    So  dachte  auch 
Schiller,  wnenn  er  sagt:  ,,Adei  ist  auch  in  der  aittKcben  Welt^  gemeine 
Naturen  znWcn  mit  dem,  was  sie  tun,  edle  mit  dem,  was  sie  8iBd'^ 
ftaber  muB  die  HsFanbildiing  zu  barmonisöb  gebiMoter  Persönlich- 
keit, wie  es  etwa  Coethe  erstrebt«,  das  Ideal  der  Pädagogen  sein. 
Nor  ao   kann   das  Leben   erst   einen  Wert  erhalten,    und  dabei 
bnaciit    auch   der   intellektueMe,    ästhetische   und  wirtschaftliche 
Fortschritt  der  Henschkett   nicht  zu  rerkCimmern.  —  Fdrwahr 
BD  herrliches  Ziel   nnd    wobl   des  Schweißes   der   Edlen    wert. 
Unt,  wenden  andere  ein,   wie   schwer  zu  erreichen!    Denn  ab- 
Seiehen  von  anderen  Schwierigkeiten,  wer  weiß  denn  Aberhaupt, 
«38  got  iHid  recht   ist?     Bie   meisten    Menschen   leben  in  dem 
Diiyen  Giauben,  das  Gute  und  Rechte  stehe  ein  für  allemal  fest, 
Kl  TOD  ieber  erkannt   gewesen,   und   aUe   bedeutenden  Männer 
hältea    daran   einmütigen   Anteil,   so    daß    ihre   Aussprüche  ein 
harmonisebes  Gante  bilden.     Uk  solcher  kindlichen  Auihssung, 
sagt  Panl  Caner,   findet  mm  skh  nicht  zurecbt  in  unserm  viel* 
bewegten  Leben,  in  dem  Recht  und  Unrecht,  Wahrheil  und  Irr- 
tum  fast   immer   zwischen  Streitenden   geteilt   sind,   indem  das 
Urteil  in  jedem  einzelnen  Falle  von  yerscbiedenen,  oft  entgegen-' 
itehendea,    mehr   oder   minder   berechtigten  Standpunkten    und 
Grundsätzen  ausgehen  kann.    iedenCalls,  so  urteilen  die  radikalsten 
Reformer,  ist  die  Moral,  die  jetzt  in  den  Schulen  gelehrt  wird,  die 
desChristentums,  nicht  mehr  zeitgemäß;  denn  die  Moral  des  täglichen 
Lebens  steht  zu  ihr  im  krassen  Widerspruch;   wir   erziehen    zur 
Löge  und  Heuchelei,   indem   wir   selbst   nicht   leisten  oder  tun 
waUea,    was    wir    ?on   der   Jugend    verlangen.     Wieder   andere 
maehen  der  Schule  den  Vorwurf,  daß  sie  zu  einer  optimistischen 
Anflassung  der  Vergangenheit  erziehe    und   damit  zum  Pessimis- 
mus und   zur  Nörgelsucht  für  die  Gegenwart.     Denn  indem  aus 
froheren  Zeiten    nur   die .  Heldentaten  oder   wissenschaftlich  und 
künstlerisch  Wertvolles  besprochen  und  bewundert  wird,  für  unsere 
Zeit  dagegen  die  Schattenseiten  aller  Verhältnisse  von  selbst  fühl- 
bar genug  hervortreten,  ist  der  Mensch  nur  zu  leicht  geneigt,  die 
Vorzüge  seiner  eigenen  Zeit  zu  übersehen.     Inwieweit  nun  diese 
Vorwürfe  berechtigt  sind    und  in   welchem  Grade  die  Vorschläge 


430  Gageawartfl-  ood  Zakaoftspadagogik, 

Ton  der  Schule  au^efQhrt  werden  können,  das  zu  untersuchen 
wurde  eine  lohnende  Aufgabe  sein.  Hier  kann  ich  nnr  betonen, 
daß  die  Schule  nur  einer  von  den  Faktoren  ist,  welche  die 
Willenserziehung  bedingen,  die  andern  sind  das  Elternhaus^),  erb- 
liche Belastung,  die  Mitschüler,  Freunde  und  Bekannte,  die 
Zeitungen,  das  Leben  auf  der  Straße  und  die  Schaufenster  be- 
sonders in  großen  Städten,  i\h  Erlebnisse  außerhalb  der  Schule 
und  Wichtige  Ereignisse  des  Tages.  Daß  diese  Faktoren  oft 
mächtiger  sind  als  die  Lehrer  und  ihren  Einfluß  in  maßgebenden 
Punkten  mattsetzen  können,  steht  wohl  außer  Frage. 

Wenn  aber  trotzdem  immer  wieder  den  Lehrern  die  Schuld 
gegeben  wird,  falls  die  Schüler  sich  ungünstig  entwickeln,  so  mag 
das  im  einzelnen  Falle  noch  so  ungerecht  sein,  im  allgemeinen 
aber  ist  diese  Neigung  nicht  ohne  Berechtigung.  Denn  wichtiger 
als  alle  Lehrpläne  und  Vorschriften,  als  schüne  Schulgebäude, 
stattliche  Bibliotheken  und  Sammlungen  von  Lehrmitteln  ist  die 
Persönlichkeit  der  Lehrer.  Alle  Schwierigkeiten,  alle  Antinomien, 
selbst  wenn  sie  theoretisch  unlösbar  und  unvereinbar  erscheinen, 
kann  der  Lehrer  in  seiner  persönlichen  Tätigkeit  harmonisch  aus- 
gleichen, ja  er  kann  seiner  Zeit  vorauseilen  in  der  Entwicklung 
und  den  Typus  des  umsichtigen,  großzügigen,  vornehm  denken- 
den, hochgebildeten  Pädagogen  vorstellen,  wie  er  erst  nach 
100  Jahren  allgemeiner  sein  wird,  wie  er  andererseits  auch  Jahr- 
hunderte hinter  dem  Fortschritt  der  Zeit  zurückbleiben  kann.  Ich 
will  sagen :  die  Schulfrage  kann  jeder  Lehrer  für  sich  lösen  durch 
seine  Persönlichkeit,  eine  allgemeine  Lösung  dagegen  ist  unmög- 
lich. Wie  mit  den  einzelnen  Lehrern,  so  ist  es  auch  mit  den 
einzelnen  Anstalten.  Wer  möchte  nicht  wohl  gern  seine  Schule 
zu  einer  Musteranstalt  entwickeln,  zu  einer  Schule,  deren 
Schüler  nicht  etwa  mehr  Kenntnisse  aufweisen  sollen  als  die  der 
Nachbaranstalten,  denn  das  würde  ein  sehr  einseitiges  Ziel  sein, 
sondern  deren  Schüler  ihren  Lehrern  zwar  tüchtige  Kenntnisse, 
aber  auch  Freude  am  Leben,  eine  sonnige  Jugend,  sittliche  Tüchtig- 
keit, ein  offenes  Auge  und  einen  klaren  Verstand  verdanken  und 
der  Schule  deshalb  bis  an  ihr  Lebensende  eine  unauslöschliche 
Dankbarkeit  bewahren? 

Zu  solcher  Arbeit  aber  gehört  ein  höherer  Grad  von  Selbst- 
losigkeit und  Selbstzucht,  von  Interesse  und  Liebe  gegen  andere, 
von  trotz  aller  Mißerfolge  unverwüstlichem  Optimismus  und  Humor, 
als  von  den  meisten  Ständen  verlangt  werden  kann.  Mit  dem 
Evangelium  muß  der  Lehrer  sich  vorhalten:  „Ich  suche  nicht 
meine  Ehre;    wer  seine  Seele  verliert,  der  wird  sie  gewinnen^'. 


*)  PtaUen,  Dis  deatsch«  Bildnaf  sweaeo  S.  169,  bezeichoet  es  als  Kebr- 
seile  der  jüngsteo  Eotwicklaoif,  daiB  das  Hins  «n  erxieblidier  Kraft  ver* 
liert;  der  Vater  ist  nicht  za  Hause,  nnd  die  Mutter  bat  anderes  zu  tua. 
„Die  Kinder  werden  zur  List  und  Verlegenheit  oder,  im  reichen  Haasbalte^ 
xnr  Spiel-  und  Ankleidepappe  und  —  zur  Schalsorse''. 


iroft  J.  Biar.  431 

Wenn  uns  etwas  nicht  gelingt»  so  werden  wir  uns  znerst  fragen, 
ob  wir   mcbt  selbst   schuld   an   dem  Hifilingen  sind.     Unarten 
der  Jugend    werden   wir    nicht   als    persönliche   Kränkung    an- 
sehn.     In   de^  Dbeneugung,   daJB  für  das  Tun  und  Treiben  der 
Menschen    nicht  bloB  der  freie  Wille  ?erantwortlich  ist,   sondern 
daß  alles  zugleich  bedingt  ist  durch  einen  komplizierten  Kausal- 
uexus,   dürfen    wir   nicht  zu  oft  mit  deji  geharnischten  Worten 
dreiofabren :  „Das  muß  anders  werden",  sondern  wir  müssen  viel 
Öfter  den  kategorischen  Imperativ   gegen   uns  selbst  wenden  und 
fragen:  welche  Cmaehen   sind  hier  tätig  gewesen,  welche  lassen 
ach  davon  beseitigen?   Matura  non  vincitur  nisi  parendo,   d.  h. 
die  Natnr   lifit  sich    nur  dadurch  beherrschen,    daß  man  die  in 
ihr  täligeii  Ursachen   berücksichtigt,   sie   nach   den  ihnen  inne- 
wohnenden Kräften  in  genauer  Abwägung   und  Abmessung   mit* 
und  gegeneinander  wirken  läßt  und  so  in  den  Dienst  der  mensch- 
iichen  Zwecke  stellL   —   Der  Lehrer  muß  fröhlich  sein  mit  der 
itigend;   denn  wie  können  die  Schüler  einer  Tugend  trauen,  die 
^  Launen,  Verdrossenheit   und   ärgerliche  Mienen    zeigt?    Er 
aoB  streng  und  freundlich  zugleich  sein :  fortiter  in  re,  suaviter  in 
Bodo;   er  soll  seine  Schüler  vornehm  behandeln,   weil  er  selbst 
OD  sittlich  Tornehmer  Mann  sein  will  und  weil  er  seine  Schüler 
tt  Mitgliedern  der  intellektuellen   und  zugleich  ethischen  Aristo* 
btie,  zu  Führern  des  deutschen  Volkes  heranbilden  soll.    Dieses 
^ke  Ziel   ist    nnr   dann   zu  erreichen,   wenn  wir  Lehrer  es  als 
QDsere  Aufgabe  ansehen,  nicht  bloß  uns  wissenschaftlich  und  metho- 
M  weiter  auszubilden  —   eine  Weiterbildung,   die  infolge  der 
uelbewnBten  Anregungen   und  Einrichtungen  von  Seiten  der  Be- 
hörde  in    den   letzten  Jahrzehnten   außerordentliche  Fortschritte 
Senacht  hat  — ^  sondern  aus  eigener  Initiative  stetig  weiter  daran 
arbeiten,    uns  udd  unseren  Stand  sittlich  auf  ein  noch    höheres 
Niveau  zu  heben,  als  wir  selbst  und  andere  gelehrte  Berufe  sich  mit 
Recht  rühmen  dürfen.    Unsere  Zeit  strebt  nach  äußerlichem  Effekt, 
Dach  Titeln   und   Ehrungen    mehr  als  nach  innerer  Ehre;  das 
^etttte,  das  Größte,  das  Teuerste   wird  höher  gewertet,  als  recht 
itt  Mit  äußern  Machtmitteln,  vor  allem  mit  der  Macht  des  Geldes 
sucht  man  alles  zu  erreichen.     Dem  gegenüber  ist  zu  zu  betonen : 
die  höchsten  Erdengüter  kann  der  Mensch  nicht  kaufen,  nämlich 
Kenntnisse,    Einsicht,    den  Frieden  des  Herzens   und   das  Glück 
segensreicher  Arbeit;  kein  König,  kein  Gott  kann  sie  ihm  schenken, 
er  muß  sie  sich  selbst   erwerben,    erringen  und  erhalten  in  un- 
ermüdlichem Kampfe.     Es  ist  dasselbe  Problem,    das   schon  vor 
zwei  Jahrtausenden  die  Schriftgelehrten  dem  Herrn  vorlegten,  als 
sie  ihn  fragten:  Wann    kommt   das  Reich  Gottes?   Die  Antwort 
entsprach  nicht  ihren  Erwartungen,  denn  sie  lautete:  „Das  Reich 
Gottes  kommt  nicht  mit  Gepränge,  das  Reich  Gottes  ist  in  euch*' 
Luc  17,  21.     Und   so  möchte  auch  ich  als  der  Weisheit  letzten 
Schluß  für  Schule  und  Leben,  als  eine  beseligende  Weisheit,  die 


431  Das  Utein.  Extemportl«  iii  Urteil  d.  Herbartiehan  Schnle, 

für  alle  Zeiten  gegolten  hat  and  auch  nadi  Jahrtausenden  noch 
gelten  wird,  betonen:  Das  Keiefa  Gottes  knmmt  nioht  mit  Ge- 
pränge, das  Reidi  Gottes  ist  in  euch. 

Linz  a.  Rhein.  Josef  Baar. 


Das  lateinische  Extemporale  im  Urteil  der 

Herbartschen  Schule. 

Man  hört  .and  liest  neuerdings  nur  nodi  hier  und  da  von 
der  sogenannten  ,»£xteinporalenor%  während  diese  vor  reichlieh 
einem  Jahrzehnt  and  Mher  mit  im  VordeiigraDde  der  päda- 
gogischen Diskussion  stand.  Es  wäre  aher  falsch,  wenn  man 
daraus  schliefien  wollte,  daß  die  Extempordenot  nicht  mehr  be- 
stände und  das  Extemporaleprofalem  gelöst  wäre.  Ich  behaupte 
im  Gegenteil,  daß  in  der  Wirklichkeit  das  Eslemporale  vielfach 
noch  ebenso  inszeniert,  eingerichtet  und  bearteüt  wird  wie 
vor  20  Jahren.  Dieser  Extemporalebetrieb  ist  aber  ein  großer 
Schaden  in  nnserer  Gymnasialpädagogik.  BesbaHb  haben  auch 
alle  Lehrer  und  Pädagogen,  die  sich  nicht  im  Banne  einer  un- 
gesunden philologischen  Tradition  befanden,  ihn  aufs  heftigste 
bekämpft  und  eine  Reform  dersdben  verlangt,  eo  a.  B.  auch  die 
hervorragendsten  Vertreler  der  Heribartschen  Schule. 

Herbart  selbst  hat  sich  nicht  speziell  ötwr  das  Extempo- 
rale, wohl  aber  «Hgeraein  6ber  schriftKcbe  Afbeiten  im  firemd- 
sprachlichen  Unterricht  geäuBert.  Er  warnt  dringend  vor  einem 
Mißbrauch,  der  leider  auch  heute  noch  vielfach  verbreitet  ist. 
Man  bereitet  häufig  die  Arbeiten  nicht'  hmreicheod  vor  oder 
macht  sie  zu  schwer,  so  daß  die  Fehlenahl  eine  ganx  er- 
schreckende ist.  Herbert  weist  darauf  hin«  daß  «der  SchAler 
während  des  Schreibens  seine  eigenen  VorsteHungen  verdichtet; 
„damit  verdirbt  er  sich,  wenn  er  feh^t;  seine  Fehler 
kleben  ihm  an^*.  Man  soll  sich  vorsehen,  ob  mau  nieht  seiner 
Achtsamkeit  während  des  mundUchen  Korrigieress  und  beiai 
Nachlesen  des  Geschriebenen  mehr  zutraut  als  sie  leistet.  Wenn 
oft  gefehlt  werde,  sagt  H.,  wenn  ein  ganzer  Wald  von  Fehlem 
aufgeschossen  sei,  dann  würden  alle  Fehler  gleichgOltig.  „Sie 
demütigen,  aber  sie  machen  auch  mutlos*^  Deshalb  soll 
man  nur  ganz  kurze  Auligaben  zum  Schreiben  geben,  wenn  der 
Schuler  schwach  «ei,  und  lieber  gar  keine,  solange  man  durch 
Übungen  anderer  Art  sicherer  von  der  Stelle  komme.  Sicberiich 
hat  auch  H.  an  diese  schriftlichen  Arbeiten  gedacht,  als  er  in 
einer  seiner  pädagogischen  Vorlesungen  sagte:  „Das  Knaben- 
alter wird  durch  den  Unterricht  oftmals  auf  eine 
Weise  gedrückt,  die  man  zwar  im  gelehrten  Stande 
sich  zu  verhehlen  sucht,  die  aber  anderwärts  auffällt 
und  wobei  Mut,  Entschlossenheit,   Gewandtheit,   Eigentümlichkeit, 


TOD  6.  Bodde.  433 

RörperbfldaDg    und  geistige  Prodaktion    wesentlich   leiden^'.     & 
kommt    an   einer   andern  Stelle   speziell  auf  das  Lateinschreiben 
in   den   Schulen   zu    sprechen.    Die  Erfahrung   habe  längst  ge- 
lehrt,   so    bemerkt   er,    wie   viel   oder   wie  wenig   in  Ansehung 
des    Schreibens    der   alten   Sprachen   von    der   Jugend    verlangt 
werden    könne.    Man    werde    nie   eine  Methode   6nden,    welche 
den  Grad  von  geistiger  Reife   frühzeitiger  herbeischaffen  könnte, 
der  sich  in  guter    lateinischer  Schreibart   zutage   lege.      Solange 
die  Gymnasien  nicht  gewähltere  Schüler  hätten,  werde  die  Mehr- 
lahl  in  Ansehung    des  Lateinschreibens  etwas  anfangen,    was  nie 
za  Ende    komme.     Es   wäre  besser,   das  Erreichbare    häuflg    zu 
üben,  nämlich  das  Schreiben  in  den  Lehrslunden  selbst 
mit  Hilfe   des   Lehrers   und    nach   gemeinsamer   Über* 
legung  der  Schöler.    Dies  gewähre  den  Vorteil  der  Exerzitien 
ohne    den  Nachteil    unzähliger   Fehler,    deren  Verbesserung    der 
Schüler   sich   selten   einpräge.     Die   gemeinsame  Arbeit   gewähre 
Unterhaltung   und  lasse   sich    der  Bildungsstufe   jedes  Alters  an- 
passen.    Anstatt   der  Exerzitien   seien   lateinische   Auszüge   aus 
dem,   was  von   den  Autoren  zuvor  interpretiert  wurde,  zu  erop- 
Milen,    anfangs    mit  Hilfe  des  Buches,   später  ohne  dasselbe. 

Auch  Ziller  warnt  vor  schriftlichen  Arbeiten,  die  zu  vielen 
Fehlern  Veranlassung  geben.  Er  sagt,  daß  die  Fehler  stets  nur  ver- 
einzelt vorkommen  dürfen  und  deshalb  auffallende  Ausnahmen 
sein  müssen.  Sonst  könne  bei  dem  Schüler  nicht  das  Bewußt- 
sein der  Kraft  und  das  damit  verbundene  Lustgefühl  entstehen. 
Das  Richtigschreiben  dürfe  aber  nicht  vorzugsweise  durch  bloßes 
Korrigieren  und  vielleicht  durch  gehäuftes  Korrigieren  von  fehler- 
haft Geschriebenem  usw.  angestrebt  werden.  „Dies  wäre  auf  in- 
tellektuellem Gebiete  ebenso  falsch,  als  wenn  man  moralische 
Tugenden  vorzugsweise  durch  Korrigieren  moralischer  Fehler 
pflegen  wollte,  statt  diesen  vorzubeugen  und  unmittelbar  mora- 
lische Tugenden  zu  pflanzen**. 

Speziell  auf  die  Extemporalenot  kommt  Fr  ick  in  den  „Pä- 
dagogischen und  didaktischen  Abhandlungen^'  zu  sprechen,  und 
zwar  in  dem  Bericht  über  das  Thema  einer  sächsischen  Direktoren- 
konferenz: „Inwieweit  sind  die  Herbart-Ziller-Stoyschen  didakti- 
schen Grundsätze  für  den  Unterricht  an  den  höheren  Schulen  zu 
verwerten?'*  Fr.  verlangt  für  die  Extemporalien  „analytische 
Vorbesprechungen*',  also  offenbar  Hervorhebung  der  Schwierig- 
keiten und  Hinweis  auf  die  Art,  wie  sie  zu  überwinden  sind. 
iiEine  regelmäßige  und  sorgfältige  Anwendung  derselben  auf  die 
Extemporalien  würde  der  weit  verbreiteten  Extemporale  not 
ein  Ende  machen**.  Es  kommt  nach  F.s  Ansicht  darauf  an, 
durch  gehörige  Vorbereitung  und  vorbereitende  Be- 
sprechung auch  den  schwächeren  Schülern  eine  genügende 
Leistung  möglich  zu  machen,  den  Fehlem  vorzubeugen ;  denn  es 
sei  nach  Herbart    weit  wertvoller,    wenn    der  Zögling   eine  Zeile 

Z«itMkr.  t  d.  GjmBstulweMn.    LXI.    6.  28 


434  I)o  latein.  Extemporale  in  Urteil  d.  Herbartschen  Sehnley 

fehlerlos,  afe  wenn  er  viele  Seiten  fehlerhaft  liefere.    Die  oft  ganc 
einseitige    ÜherschätBnng    des    Extemporales    und    der    Tielfacb 
üblichen  Anwendung  dessdben,   nach    welcher   es  als  ein  ,,Bra- 
vourstAck''    der  Schüler  angesehen    und    mit  mdglichst  vielen 
Schwierigkeilen    verknüpft   werde,    sei    ein    Kreuz    für   viele 
durchaus   noch  nicht  schlechte  Schüler   und  für  zahl- 
lose Familien  obenein.    Es    bekomtne  ein   ganz  anderes  Ge- 
steht,   wenn  es  nach  den  Forderungen  sorgsamster  Vorbereitung, 
übersichtlicher  Gliederung,    der  Vertiefung  und  Besinnung.  Asso- 
ziation   und  Konzentration  usw.    so  behandelt  werde,   daß  auch 
der  mäßiger  begable  Schüler   der  Aufgabe  ohne  Angst  und 
Schrecken   genügen    könne.    Unter   den  „Ausgeführten  Lelir- 
piaveA'S   die  Frick  in  die   „Pädagogischen  und  didaktischen  Ab- 
handlungen** aufgenommen  bat,  indet  sich  einer  für  den  lateini- 
schen   und  griechischen  Unterriebt  (Programm   des  Gymnasiums 
zu  Potsdam  1869).     Der  Verfasser    urteilt   wohl   ganz   im  Sinne 
Fricks.    Was    die  „Extemporalien**  angeht,   so   verlangt  er,   daß 
im  Anfang,    also  in   der  Sexta,   der  Lehrer  dieselben    gleichsam 
mit  den  Schülern  anfertige  und  sie  allmählich  zu  immer  größerer 
Selbständigkeit   erziehe.     Es  soll  Satz   für  Satz   durchgesprochen 
und  durch  Fragen   eine  Anleitung  gegeben    werden,    worauf   die 
Schwächeren    ihre  Aufmerksamkeit   zu  richten    haben.    Der  Stoff 
muß    leicht    gewählt    werden,    so    daß    auch    der    schwächere 
Stihüler   seiner  Herr    werden  kann,   und    darf  nicht   darauf  be- 
rechnet  sein,    zu  Fehlern   zu    verführen.     Ehe   dem    Schüler 
die  Leistung  einer  Aufgabe  nicht  gelingen  kann,  muß 
sie  ihm   nicht  zugemutet   werden.    Auch   auf  der  Mittel- 
stufe verlangt   der  Verfasser   bei   der  Anfertigung   der  Extempo* 
ralien  eine  Anleitung. 

Rein  fordert  in  seiner  „Pägagogik  im  Grundriß**  Ab- 
schaffung der  Extemporalien  in  ihrer  jetzigen  Ent- 
artung. 

Bemerkenswerte  Anweisungen  und  Winke  gibt  H.  Schiller 
in  seinem  „Handbueh  der  praktischen  Pädagogik*'.  Alle  Schreib* 
Übungen  können  nach  ihm  nur  noch  die  Bedeutung  haben,  die 
Lektüre  zu  begleiten,  zu  verdichten  und  den  Gewinn,  den  diese 
gebracht,  zur  Darstellung  zu  bringen;  sie  haben  Lehrern  und 
Schülern  den  Beweis  au  erbringen,  daß  die  in  dem  mündlichen 
Unterricht  herbeigeführte  Übung  auch  zum  Können  geführt  hat, 
aber  sie  kennen  nicht  zur  Einübung  des  im  Unterricht  zu  Er- 
lernenden dienen.  Weil  man  diese  Tatsache  verkennt,  erfolgen 
häufig  schon  in  der  Wahl  des  Stofles  Hißgrifle.  Der  SprachstolT 
muß  den  Schülern  völlig  bekannt  sein,  und  dies  kann  nur  er- 
reicht werden,  wenn  er  der  Lektüre  entnommen  ist«  Aber 
auch  die  grammatischen  Begeln,  die  angewandt  werden  sollen, 
muß  der  Schüler  nicht  nur  kennen,  sondern  können,  ehe  er 
sie   selbständig   zu    verwenden    veranlaßt    werden    darf.     Dieser 


von  G.  Bad  de.  435 

letztere  Ponkt  wird  selten   beachtet     Meistens  pflegt  man  die  in 
der  forhergehenden  Woche   behandelten  Regeln    in  der  Schreib- 
ttbuDg  .zu  verwerten.     Als  ob  es  ausreichen  könnte  zum  KOnnen, 
wenn  eine  Klasse    von   30,  40,  50  Schülern   grammatische  Sätze 
einer  fremden  Sprache,    oft  verwickelter  Art,    im  Utiterricht  eine 
Woche  lang    —    die    meisten    derselben    naturh'ch    nicht    einmal 
diese  Zeit  hindurch  —  angewendet  hat.     Man  milßte  überall  zur 
festen  Gewöhnung  machen,   daß,  bevor  eine  Regel  3 — 4  Wochen 
im  Schninnterricht  angewendet  worden    ist  —  ihre  tägliche  Ver- 
vendung  vorausgesetzt   — ,    sie  in   einer  Schreibdbung  nicht  zur 
Anwendung  gelangen    dürfte.     Dann  worden   auch   die  Resultate 
dieser  Schreiböbungen  meist    nicht   so  unbefriedigend  sein.     Das 
Extemporale  hat  nach  Seh.  seine  Grenzen  in  doppeller  Beziehung. 
Ijomal    stellt    es    an    die    Denkkraft    und    Aufmerksamkeit    des 
Schulers    größere  Anforderungen,    es    verlangt   eine  Anspannung 
lM»der,  darin  liegt  sein  erzieherische  Wert;  denn  dadurch  erzieht 
Qnd  gewöhnt  es  zur  Geistesgegenwart,  die  großenteils  eine  Sache 
^T  Gewöhnung    ist.     Die    schriftliche    Darstellung    eines    Ober- 
ieUoDgsstofTes  mutet    dem  Schuler   doch   ein    größeres  Maß  von 
^ibstbeherrschung  und  auch   von  Zusammenfassung  zu,    als  dies 
jtT  möndlidie  Unterricht    vermag;    auch    ist    die  Tätigkeit   eine 
intensivere,    denn  sie  fügt  zum  mündlichen  Können    das  schrift- 
iiche  hinzu,    und    bekanntlich    deckt   sich    beides    nidit   immer. 
Aber  weil  eben  die  schriftliche  Darstellung  nach  vorgesprochenem 
deutschen  Texte   dem  Schüler    größere    und   ungewohntere    An- 
strengung bereitet,   so    darf   sie    auch    nur    kurz    sein.     In    der 
Sexta  darf   das  Extemporale   höchstens  20 — 25  Minuten    in  An- 
spruch nehmen,    aber  auch   in  der  Tertia   sind  40  Minuten    das 
^^aßerste  Maß.     Eine  andere  Grenze    ist  diesen  Übungen    in  dem 
CbungsstoCf  selbst  gesetzt,  den  sie  verarbeiten.     Soll  der  Sobüler 
^  Satzganzes   beherrschen,   so  muß   er  es    übersehen    können ; 
dies  ist   nicht    mehr   der  Fall,    sobald    die    lateinische  Perioden- 
bildung erfolgt.     Um  die  deutsche  Satzreibe  (Verbindung  mehrerer 
Hauptsätze  event.    mit  Nebensätzen)    in    eine    lateinische  Periode 
omwandeln    zu    können,    muß    dei*    Schüler    sie    im    Text    vor 
&ich  haben    und    ihr    logisches    Verhältnis    in    Ruhe    feststellen 
itüDnen;   denn  er  wird  nicht    selten  fehlgreifen    und  erst    durch 
(Dehrmaligen  Anlauf  der  Schwierigkeit  Herr  werden.     Sobald  also 
()ie  Periodenbildung  einsetzt,    also   von  Untertertia  ab,    muß  der 
deutsche  Text  vorher  diktiert  werden.     Auch   verlangt  Seh.,    daß 
l^i  der  Abfassung  des  Extemporales  dem  Schüler  noch  Zeit  bleibe, 
Qm  in  Ruhe  etwaige  Nachträge  und  Verbesserungen  vorzunehmen, 
l^er  Stoff  darf   nicht    zu  weit   zurückliegen,    er  muß  den  letzten 
Wochen   entnommen    sein.     Ein    Hauptgrund    des    Mißer- 
folges liegt    darin,    daß    die  Kxtemporalien   oft    wahre 
Mustersammlungen     von     grammatischen     Fußangeln 
siBd.    Was  das  Verfahren    bei  dem  Diktieren    des  Extemporales 

28* 


436  l^'s  Utein.  Extemporale  im  Urteil  d.  Herbartsclien  Schale, 

betriiTt,  so  empfiehlt  Seh.,  daß  der  Lehrer  zuerst  den  ganzen 
Satz  langsam  vorspreche,  wobei  alle  Schüler  die  Federn  aus  der 
Hand  legen  und  ihn  ansehen.  Alsdann  gibt  er  ihnen  die 
nötige  Hilfe,  welche  in  der  Sexta  sehr  reichlich  sein  muß. 
In  Sexta,  Quinta  und  Quarta  muß  der  Lehrer  den  langsam  vor- 
gesprochenen Satz  in  kleineren  Partien  wiederholen,  den  Zu- 
sammenhang der  einzelnen  Teile  immer  wieder  befestigen  und 
die  Schüler  auf  die  zu  überwindenden  Schwierig- 
keiten besonders  aufmerksam  machen  (in  Sexta  durch 
Auffordern,  zuerst  zu  konstruieren,  das  Geschlecht  der  Substan- 
tive festzustellen,  die  Verbalstämme  zuerst  einmal  zu  bilden  usw., 
in  den  folgenden  Klassen  durch  kurze  Erinnerung  an  die  anzu- 
wendenden Regeln  usw.).  Erst  wenn  die  Schüler  in  ausreichen- 
der Weise  nachgedacht  haben,  erfolgt  der  Befehl:  Jetzt  schreibt! 
Seh.  ist  der  Meinung,  daß,  wenn  das  Extemporale  in  dieser 
Weise  behandelt  wird,  es  bei  der  Beurteilung  der  Schüler  auch 
recht  bedeutend  in  die  Wagschale  fallen  dürfe.  So  unbe- 
rechtigt eine  Beurteilung  des  Schülers  nach  den  Ex- 
temporalien der  gewöhnlichen  Sorte  ist,  so  berech- 
tigt muß  die  Mitbegründung  des  Urteils  auf  dieselben 
in  methodischer  Behandlung  sein.  Denn  den  Ausweis, 
den  sich  der  Lehrer  nur  mit  großem  Aufwände  von  Zeit  bei 
allen  Schülern  in  gleicher  Ausdehnung  über  das  erworbene 
Können  eines  Unterrichtsstoffs  verschaffen  könnte,  gewinnt  er 
hier  in  kurzer  Zeit,  soweit  überhaupt  vom  menschlichen  Urteil 
das  gesagt  werden  kann,  in  sicherer  Weise,  wobei  natürlich 
besonders  auffälligen  Abweichungen  von  den  münd- 
lichen Leistungen  auf  den  Grund  zu  gehen  und  deren 
Ursache  festzustellen  ist,  besondere  Einflüsse  aber, 
namentlich  der  Konstitution,  insbesondere  im  Anfang 
in  Rechnung  gezogen  werden  müssen.  Die  Extemporalien 
brauchen  nicht  zu  häufig  angefertigt  zu  werden,  aber  sie  dürfen 
auch  nicht  zu  selten  sein;  Seh.  hält  es  für  ein  zulässiges  Maß, 
daß  sie  wöchentlich  geliefert  werden.  Für  die  Oberstufe  ver- 
wirft Seh.  das  lateinische  Extemporale.  ,,Dem  Extemporale  ist 
hier  keine  weitere  Anwendung  zu  geben,  da  dasselbe  nie  eine 
slilbildende  Wirkung  äußern  kann;  es  kann  also  höchstens  ab 
und  zu  zur  Verwendung  kommen,  wenn  die  in  stilistischen 
Fragen  erlangte  Sicherheit  der  Schüler  einmal  kurz  und  sicher 
konstatiert  werden  soll'^ 

Ähnlich  wie  Schiller  urteilt  Dettweiler  in  seiner  „Didaktik 
und  Methodik  des  Lateinischen''  über  das  Extemporale.  Nach 
ihm  sind  die  schriftlichen  Übungen  nur  eine  Erweiterung  der 
mündlichen,  indem  zu  dem  Ausdruck  des  Gewußten  und  Er- 
lernten durch  die  Sprache  der  weitere  durch  die  Schrift  kommt. 
Es  werde,  so  sagt  D.,  nicht  immer  beachtet,  daß  dies  doch  ein 
Mehr  von  Produktion  bedeutet.     Man  übersehe  oft,  daß  alles  sorg- 


von  G.  Bodde.  437 

same  ScfareibeD^    zumal    in    unteren  Klassen,   an   und    für    sich 
eine  Leistung   sei  und  einen  nicht  ganz  geringen  Grad  von  Auf- 
merksamkeit beanspruche.    Diese  psychologische  Tatsache  und  die 
rein  technische  Leistung  müßten  also  für  eine  richtige  Wertung 
wohl  beachtet  werden.    D.   bemerkt,   daß   allerdings   schon   seit 
dem  16.  Jahrhundert  Klagen    und  amtliche  Einwirkungen   gegen 
die  Eltemporalien  manie  überliefert  sind,  daß  aber  im  letzten 
Jahrhundert    der    Widerspruch    gegen   die   Zweckmäßigkeil    des 
Cbersetzens  in  die  lateinische  Sprache  allmählich  stark  zugenommen 
habe.    Er  kommt   in  der  Beurteilung   des  Hinübersetzens  unge- 
ilhr  zu  folgendem  Ergebnis.    Die  Obersetzungen   aus   dem 
Deutschen     dienen    vorwiegend     dem    Spracherwerb. 
Alle  anderen  Vorzüge  (besondere  erziehliche  Wirkung,    Mittel  zur 
Beherrschung  der  Sprache,  Gewöhnung  an  Genauigkeit  und  Wahr- 
haftigkeit,  Förderung  der  Muttersprache,    besondere  formale  Bil- 
dang)  hängen    nicht    notwendig    und    unzertrennlich    mit    dem 
bteinischen    Unterricht   zusammen.    Die  Übungen    müssen    vor- 
ausweise  in  der  Schule  angestellt  werden  und  zunächst  hervor- 
n^end  mündlich.     lu  ihrer  schriftlichen  Form  sind  sie  schließ- 
U  die  reife,   sich  ganz  von  selbst   ergebende  Frucht  aller   der 
[^ogen,   aber  die   der  lateinische  Unterricht   zum   Erwerb  der 
^hkenntnisse   verfügt.    Deshalb    sind    die  schriftlichen  Ober- 
KboDgen  überall  da,  wo  es  sich  um  nötigen  Zuwachs  von  neuen 
^cherscheinungen   handelt,    ein   ausgezeichnetes    letztes   Prü* 
fQogsmittel  für  Lehrer  wie  Sehüler.    Sie  dürfen  aber  erst  dann 
ferbngt  werden,   wenn   das  Einzuübende    wirklich  Eigentum  der 
thsse  geworden  ist     Dann  sind  sie  auch  für  die  Beurteilung  des 
Schülers  mit  zu  berücksichtigen,  und  zwar  sind  sie  in  den  unteren 
Hassen   ein  Hauptkriterium.     Weiter   nach  oben   wird    ihre  Be- 
deotang  für  den   Erweis   der  lateinischen  Sprachkenntnisse   des 
^ov  geringer.    Sie  zeigen  nur,    ob  der  Schüler  Sicherheit  in 
der  Anwendung    der  Grammatik,    d.  b.    einer   bestimmten  Reihe 
von  Regeln,   bat,    geben   aber   keinen  Aufschluß,    ob   er 
ohne  fremde   Hilfe    den    Schriftsteller   versteht   und 
überträgt    Auf  der  Oberstufe,    wo  das  letzte  Ziel  des  lateini- 
schen Unterrichts   die  verständnisvolle  Lektüre   der  Schriftsteller 
sein  muß,  wo  es  sich  nicht  um  Erwerb  neuer  Sprachformen, 
sondern   um  Erarbeitung    neuer  Gedanken    handelt,   sind  die 
Extemporalien  zwecklos.    Hier  können  sie  nur  dann  selbständigen 
^tn  für   das  Sprachgefühl    erringen,    wenn    man   sie  auf   eine 
höhere  Stufe  erhebt  und  überall  neue  Aufgaben  hereintragt,  welche 
^e  Unterschiede  beider  Sprachen  als  erfaßt  erkennen  lassen.  Das 
würde  aber  so  viel  Zeit  beanspruchen,  wie  dem  Lateinischen  am 
Gymnasium   nimmer  zugestanden    werden  kann.     Wenn  die  Ex- 
lemporalien  aber  auch  in  Prima  nur  noch  den  Zweck  haben,  die 
grammatischen  Kenntnisse  zu  erbalten,  so  ist  ihre  bildende  Kraft 
hinfällig.    ,,Sie    werden  abschmeckig  und   verfallen   als- 


438  ^'s  lateiD.  Extemporale  im  Urteil  d.  Herbartschen  Schale, 

bald  der  fölligen  Nichtachtang  der  Schüler'^  Daß  der 
Unterricht  durch  den  Wegfall  der  Extemporalien  auf  der  Ober- 
stufe ein  oberflächlicher  werde«  dafür  fehlt  jede  Spur  von  Beweis 
oder  begründeter  Befürchtung.  Dagegen  sind  die  Extemporalien 
auf  der  Unter-  und  Hittelstufe  unentbehrlich.  In  Sexta  sind  sie 
aber  erst  dann  zu  fordern,  wenn  die  Übungen  wochenlang  münd- 
lich angestellt  sind  und  die  Schuler  sich  einigermaßen  an  den 
ihnen  ganz  neu  gegenubertretenden  Lehrstoff  gewohnt  haben. 
Man  beginne  mit  gelernten  Vokabeln  und  ganz  einfachen  Satzchen. 
Das  Diktieren  des  Textes  ist  hier  üherOussig.  Jeder  einzelue  Satz 
wird  mehrere  Male  vorgesprochen  und  dann  sofort  lateinisch 
niedergeschrieben.  Da  es  sich  bei  dem  Extemporale  um  den  Er> 
weis  des  Besitzes  handelt,  so  wird  diese  Arbeit  überall 
dann  eintreten  müssen,  wenn  eine  größere  metho- 
dische Einheit  des  Sprachpensums  durchgearbeitet 
und  eingeübt  ist.  Mehr  als  eine  halbe  Stunde  darf  sie  nicht 
in  Anspruch  nehmen.  Im  ersten  Jahre  können  die  Extemporalien 
öfter  als  wöchentlich  einmal  und  dafür  kürzer  geschrieben  werden. 
Drei  bis  vier  Sätzchen  geschrieben,  je  nach  Bedürfnis,  d,  h.  zum 
Erweis,  daß  irgend  etwas,  eine  Vokabelreihe,  eine  Deklination  usw., 
zum  allgemeinen  Besitz  gelangt  ist,  wirken  hier  nützlicher  als 
das  oft  ganz  unnötig  mit  einer  gewissen  Feierlichkeit 
umgebene  Wochenexamen  in  der  Gestalt  des  meist  zu 
langen  Extemporales.  Die  Sätze  sind  dem  Lesestoff  zu  ent- 
nehmen und  entsprechend  zu  verändern;  alle  y,Fußangeln*' 
sind  ausgeschlossen,  da  es  sich  ja  darum  handelt,  den 
Schüler  vor  Falschem  zu  bewahren,  das  sich  erfah- 
rungsgemäß so  gut  festsetzt  —  auch  wenn  man  es 
hundertmal  anstreicht  —  wie  das  Richtige.  Inhaltlich 
wird  das  Extemporale  am  passendsten  eine  kurze  Zusammen- 
fassung sein.  Sie  tut  die  gleichen  Dienste  wie  Einzelsatze.  An- 
fangs wird  durch  entsprechende  Fragen  vor  dem  Übersetzen  die 
Abweichung  des  Lateinischen  vom  Deutschen  festgestellt,  all- 
mählich muß  eine  bloße  Mahnung  genügen,  später  fallt  auch  diese 
weg.  D.  emptiehlt  für  die  Unterstufe  auch  Formenextemporalien. 
Auf  der  Mittelstufe  soll  es  sich  bei  den  Extemporalien  um  eine 
nicht  zu  große,  einen  zusammenhängenden  Inhalt  bietende  Reihe 
von  lateinischen  Sätzen  handeln,  in  denen  sich,  ohne  Künstelei 
und  ohne  die  vielfach  in  Übungsbüchern  übliche  Häufung,  die- 
jenigen lexikalischen  und  grammatischen  Erscheinungen  Gnden, 
deren  Aneignung  nach  gründlichem  vorausgegangenen  Unterricht 
gerade  erwiesen  werden  soll.  Die  Texte  zu  den  Extemporalien 
sind  von  dem  Lehrer  selbst  zu  entwerfen.  Die  Extemporalien 
dürfen  keine  langen  Sätze  enthalten  und  nie  mehr  als  drei  viertel 
Stunden  in  Anspruch  nehmen.  Wenn  größere  Perioden  vor- 
kommen, ist  zuerst  der  ganze  Text  zu  geben.  Die  größere  Ruhe, 
die  man  davon  erwartet,    wird  jedoch    oft  am  Schluß   zq   einem 


Hasten,  da  Schüler  auf  dieser  Stufe  die  rechte  ZeiteinteiluDg 
nicht  kenneu  und  namentlich  die  Bedächtigen  kein  Ende  finden. 
D.  empfiehlt  auch  ffir  die  Mittelstufe  mehr  kuriere  Sitze  und 
verwirft  Perioden,  die  das  vorherige  Diktieren  des  ganien 
Textes  erforderlich  machen. 

Stark  Ton  Herbart  beeinfloBt  seigt  sieb  in  seiner  „Prakti- 
schen Pädagogik  für  höhere  Lehranstalten''  auch  A.  Matthias. 
Er  weicht  von  Schiiier  und  Dettweiler  ab  in  der  Bewertung  des 
lateinischen  Extemporales  für  die  Oberstufe,  insoÜBrn  er  meint, 
daß  die  schriftlichen  Übersetzungsübungen  in  der  Klasse  auch 
for  die  oberen  Kbssen  noch  ihre  Bedeutung  behalten,  um  die 
grammatische  Grundlage  zu  sichern  und  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  über  die  Darstellungsmittel  der  lateinischen  Sprache  frei 
EU  verfugen,  damit  diese  Fertigkeil  der  Lektüre  zustatten  komme. 
Sehr  beherzigenswert  ist  das,  was  M.  über  die  Beurteilung  der 
schriftlichen  Arbeiten,  also  auch  der  Extemporalien,  sagt.  Er  be- 
leichnet  es  als  einen  Fehler  vieler  Lehrer,  dafi  sie  die  anerken- 
neoden  Prädikate,  wie  „sehr  gut**  oder  „recht  guV'  allsu  ängstlich 
meiden  und  das  erste  Prädikat  grundsätzlich  niemand  erteilen, 
weil  üe  behaupten,  zwischen  „guV  und  „sehr  gut''  keinen  Unter- 
»cbied  zu  kennen.  „Das  ist  doch  etwas  Vornehmtuerei, 
licht  gerade  vornehmes  Denken".  Bei  sprachlichen  Ar- 
beiten, die  in  der  Klasse  angefertigt  werden,  wird  man  nach  M. 
eine  Arbeit  „gut"  nennen,  wenn  nur  ein  oder  der  andere  Fehler 
uch  findet  oder  wenn  sie  fehlerlos  ist,  aber  Korrekturen  ver« 
ädiiedener  Art  zeigen,  daJB  das  Wissen  noch  schwankend  und 
das  Können  nicht  ganz  sicher  ist;  „fehlerlosen  Arbeiten  aber,  die 
Bit  offenbarer  Sicherheit  sofort  das  Richtige  treffen  und  vielleicht 
ior  ganz  Tereinsamte  und  unwichtige  Korrekturen  zeigen,  erkenne 
man  ohne  Bedenken  das  erste  Prädikat  zu".  Auch  verlangt  M. 
mit  Recht,  dafi  man  bei  der  Beurteilung  der  Arbeiten  Rücksicht 
auf  den  größeren  oder  geringeren  Umfang,  auf  die  größere  oder 
geriogere  Zahl  von  Schwierigkeiten  und  auch  darauf  nehmen 
•öU,  ob  das  Geforderte  dem  durchgenommenen  Pensum  unmittel- 
bar nahesteht  oder  sich  schon  etwas  weiter  davon  entfernt  hat. 
Bei  dieser  Gelegenheit  weist  M.  auf  einen  Punkt  hin,  der  allge- 
neiner  beachtet  werden  sollte  als  es  geschieht.  Er  sagt,  daß 
Tor  allem  bei  Beginn  eines  neuen  Jahreskursus  Vorsicht  in  bezug 
>Qf  die  schriftlichen  Arbeiten  geboten  ist.  „Man  stelle  sich  an- 
anglich  noch  auf  den  Standpunkt  der  vorhergehenden  Klasse 
QDd  beurteile  nachsichtig.  Wenn  auch  die  einzelnen  Klassen- 
pensen vorgeschrieben  und  festgelegt  sind,  —  manche  Punkte 
Verden  von  den  verschiedenen  Lehrern  doch  sehr  verschieden 
i>etont;  daher  urteilt  der  rezipierende  Lehrer  der  neuen  Klasse 
leicht  ungerecht,  wenn  er  nur  mit  seinem  Maßstab  mißt  und 
nicht  bedenkt,  daß  es  andere  Leute  in  der  Welt  gibt,  die  mit 
Inderm  Haßstab  qaessen.    Die  ersten  Arbeiten  im  neuen  Kursus 


440  I)>s  Ittein.  Extemporale  im  Urteil  d.  Gerbartscheo  Schale, 

werden  deshalb  am  besten  recht  leicht  gewählt;  allmählich  mag 
straffer  angezogen  werden;  dann  macht  man  die  Schuler 
nicht  kopfscheu  und  arbeitet  im  besten  Sinne  des 
Wortes  kollegiaP^ 

Endlich  sei  noch  erwähnt,  wie  der  Nachfolger  Fricks  in  der 
Redaktion  der  „Lehrproben  und  Lehrgänge'',  Fries,  über  die  Ex- 
temporalien urteilt.  Nach  ihm  müssen  sie  mit  den  andern 
sprachlichen  Übungen  im  innigsten  Zusammenhang  stehen,  ganz 
aus  ihnen  hervorwachsen.  Auch  er  warnt  davor,  zu  früh  mit 
diesen  Arbeiten  zu  beginnen.  Ob  die  lateinische  Obersetzung  auf 
der  Mittelstufe  sofort  niedergeschrieben  wird,  wie  es  im  lateini- 
schen Elementarunterricht  durchweg  zu  geschehen  pflegt,  oder  ob 
erst  der  ganze  Text  deutsch  diktiert  wird,  bestimmt  sich  je  nach 
der  Klasse,  der  Schwierigkeit  der  Aufgabe  und  der  Absicht  des 
Lehrers  verschieden.  F.  empfiehlt  das  Extemporale  auch  für  die 
Oberstufe;  er  glaubt,  daß  diese  Übung  zu  scharfer  Unterscheidung 
der  beiden  Idiome  mitwirkt  und  auch  das  Verständnis  der  Schrift- 
steller fördert.  Allerdings  gibt  er  zu,  daß,  wenn  einmal  eine 
schriftliche  Leistung  fallen  müsse,  es  nur  das  Skriptum  sein 
könne,  das  als  eigenartig  von  den  übrigen  Aufgaben  des  Unter- 
richts sich  sondere  und  sozusagen  einer  Pflege  für  sich  bedürfe. 
Man  hat  nach  F.  auf  das  Extemporale  in  Prima  nicht  verzichten 
wollen,  weil  man  in  ihm  einen  Anhalt  für  die  grammatischen 
Kenntnisse  und  zugleich  einen  Rückhalt  für  das  sprachliche  Ver- 
ständnis der  Lektüre  zu  verlieren  glaubte,  aber  man  habe  wohl 
erkannt,  daß  die  Anforderungen  an  diese  Leistung  auf  das  be- 
scheidenste Maß  herabgesetzt  werden  müßten. 

Zu  gern  würde  ich  an  dieser  Stelle  auch  die  Ansicht  J. 
Lattmanns,  dieses  geistvollen  Methodikers  und  hervorragenden 
praktischen  Schulmannes,  über  das  Extemporale  erwähnt  haben; 
aber  dieser  hat  sich  ausdrücklich  dagegen  verwahrt,  zu  den 
Herbartianern  gerechnet  zu  werden,  obgleich  seine  Ansichten 
sich  in  sehr  vielen  Punkten,  wie  er  selbst  zugibt,  mit  denen  der 
Herbartschen  Schule  decken.  Er  erklärt,  daß  er  überrascht  ge- 
wesen sei,  in  den  „Lehrproben  und  Lehrgängen*'  manche  Ge- 
danken als  aus  der  theoretischen  Pädagogik  Herbarts  abgeleitet 
zu  finden,  welche  ihm  praktisch  geläufig  gewesen  wären  ohne  eine 
solche  theoretische  Begründung.  Er  erzählt  bei  dieser  Gelegen- 
heit, daß  er  bei  Herbart  ein  Kolleg  (Logik  1837--38)  gehört, 
sich  aber  damals  von  der  so  gewandten,  glatten  Dialektik 
des  großen  Mannes  abgestoßen  gefühlt  habe.  Auf  ihn  hätten  H. 
Ritter  und  K.  Fr.  Hermann  den  größten  Einfluß  in  philosophi- 
scher und  pädagogischer  Beziehung  ausgeübt.  Vielleicht  darf  ich 
aber  doch  erwähnen,  daß  L.  mit  Schiller  und  Dettweiler  der  Meinung 
ist,  daß  das  lateinische  Extemporale  auf  der  Oberstufe  fallen  könne. 

Zu  den  Ansichten  der  angeführten  Männer  über  das  lateini- 
sehe  Extemporale    kritisch  Stellung  zu  nehmen,   habe   ich    keine 


von  G,  Badde.  441 

VeraDiassung,  weil  ich  meine  diesbezüglichen  Ansichten  eingehend 
in  meiner  Broschüre  „Zur  Reform  der  fremdspraclilichen  schrift- 
lichen Arbeiten'*  (Halle,  Waisenhaus)  dargelegt  und  begründet 
habe.  Ich  verwerfe  mit  Lattmann,  Schiller,  Dettweiler  das  Ex- 
lemporale  für  die  Oberstufe,  bin  mit  ihnen  der  Meinung,  daß  bei 
der  Anfertigung  der  Extemporalien  auf  der  Unter-  und  Mittel- 
stufe aof  die  Schwierigkeiten  besonders  aufmerksam  gemacht 
werden  muß,  trete  im  Gegensalz  zu  ihnen  Xör  das  Diktieren  des 
ganzen  deutschen  Textes  auch  auf  der  Unterstufe  ein  und  gehe 
über  sie  hinaus  mit  der  Forderung  der  Abschaffung  der 
festen  Termine  und  der  häuslichen  Vorbereitung  für 
die  Extemporalien.  Ich  habe  für  die  Vorbereitung  und  In- 
szenierung der  Extemporalien  folgende  4  Leitsätze  aufgestellt: 

1.  Es  darf  för  die  Extemporalien  keine  besondere  Vorberei- 
toDg  gefordert  werden. 

2.  Die  festen  Termine  für  sie  sind  abzuschaffen. 

3.  Es  sind  Stutzen  zu  geben;  auf  die  Schwierigkeiten  ist 
besonders  hinzuweisen. 

4.  Der  deutsche  Text  zu  den  Extemporalien  wird  gleich  ganz 
iktiert  und  dann  2U  seiner  Obersetzung  hinreichend  Zeit  gelassen. 

Es  ist  meine  feste  Oberzeugung,  daß  erst,  wenn  diese  vier 
Forderungen  erfüllt  werden,  die  störenden  psychischen  Momente 
aasgeschiedan  werden  können,  die  bei  der  Anfertigung  der  Ex- 
temporalien eine  so  große  Rolle  spielen.  Dazu  reichen  die  von 
Schüler  und  Dettweiler  gegebenen  Stützen  noch  nicbt  aus. 
Erst  dann  wird  das  Extemporale  aufhören,  den  Schulern  als  ein 
t^Wochenexamen^'  zu  erscheinen,  wenn  die  festen  Termine  abge- 
scliaflt  sind.  Erst  dann  wird  auch  das  Extemporale  die  Rolle 
bei  der  Beorteilung  der  Schüler  spielen  dürfen,  die  ihm  Schiller 
OQd  Dettweiler  zuweisen.  Ich  würde  die  Abschaffung  der  festen 
Termine  als  einen  bedeutenden  Fortschritt  in  der  Extemporale- 
praxis  ansehen.  Ich  habe  jetzt  IVa  Jahre  lang  mit  den  obigen 
^er  Forderungen  praktische  Versuche  gemacht  und  bin  durch  sie 
in  der  Meinung  bestärkt  worden,  daß  sie  das  Richtige  treffen. 
Aber  mir  wird  sofort  entgegengehalten  werden,  daß  ich  als  Vater 
des  Gedankens  mein  Kind  überschätze,  und  die  Gefahr  liegt  ja 
3ucb  nahe.  Gerade  deshalb  möchte  ich  im  Interesse  der  Sache 
die  Herren  Kollegen  ebenso  freundlich  wie  dringend  bitten,  es 
doch  auch  einmal  mit  meinem  Rezept  zu  versuchen.  Todbrin- 
gende Gifte  enthält  es  nicht,  gefährlich  kann  es  für  keinen  werden, 
dagegen  wird  es,  wie  ich  zu  hoffen  wage,  manchem  vom  Extem- 
poralefieber befallenen,  im  übrigen  ganz  kräftigen  Schulbuben  die 
erwünschte  Heilung  bringen.  Übrigens  hat  das  Oktoberheft  1906  der 
tXehrproben  und  Lehrgänge'^  einen  eingebenden  Uericht  über  die 
von  mir  in  bezug  auf  das  Extemporale  angestellten  praktischen 
Versuche  unter  dem  Titel  „Aus  der  Extemporalepraxis"  gebracht. 

Hannover.  G.  Budde. 


442  H  omers  KuBst  der  DarAtellung, 

Homers  Kunst  der  Darstellung  am  XIII.  Gesänge 

seiner  Odyssee  gewürdigt. 

In  der  Betrachtung  der  Homerischen  Gedichte  scheint  sich 
neuerdings  eine  Richtung  durchzusetzen,  die  der  Kunst  des 
Dichters  mehr  gerecht  zu  werden  sucht.  Ich  denke  an  die  Ilias  von 
Herman  Grimm,  an  die  feinsinnigen  Beobachtungen  A.  Roemers 
und  0.  Jaegers,  an  die  trefflichen  Abhandlungen  von  C.  Rothe, 
P.  Cauer  und  an  den  Anhang  von  C.  Hentze.  Die  bisherigen 
Versuche,  die  gemacht  worden  sind,  in  das  Verständnis  des 
Dichters  Homer  einzudringen  oder  einen  sichern  Grund  in  der 
Frage  der  Entstehung  einzelner  Teile  seiner  Dichtung  zu  finden, 
haben  meist  zur  Verwerfung  einzelner  oder  mehrerer  Verse  oder 
gar  ganzer  Abschnitte  des  uns  vorliegenden  Textes  gefuhrt.  Es 
sind  dabei  Verse  für  unecht  erklärt  worden,  die  sicher  schon  zu 
dem  ältesten  Bestände  Homerischer  Poesie  gehört  und  bei  den 
großen  Festen  das  Entzucken  der  andächtig  lauschenden  Menge 
erweckt  haben.  Man  glaubte  bisher,  auch  an  die  Dichtung  den 
Maßstab  des  eindringenden  Verstandes  anlegen  zu  müssen,  und 
verdächtigte  demnach  alles,  was  nicht  ganz  genau  den  Forderungen 
der  sorgfältigsten  Überlegung  und  des  folgerichtigen  Denkens 
standhielt.  Auch  ging  man  oft  von  Voraussetzungen  aus,  die  nur 
uns  geläufigen  Anschauungen  entnommen  sind  ohne  Rücksicht 
auf  die  ganz  anders  gearteten  Vorstellungen,  wie  sie  der  antike 
Dichter  liebt. 

Verdienstlicher  will  mir  die  neuere  Richtung  erscheinen:  an 
die  Werke  Homers  den  Maßstab  der  Dichtung  zu  legen,  sich  bei 
dem  Genüsse  des  Kunstwerkes  ausschließlich  vom  Dichter  fähren 
zu  lassen,  sich  ganz  in  des  Dichters  Gedanken  zu  versenken  und 
dabei  auf  alle  eignen  Zusätze  und  Ergänzungen  zu  verzichten 
oder  wenigstens  alle  Mittel,  dem  Gedankengange  des  Dichters,  wo 
er  nicht  ohne  weiteres  klar  sein  sollte,  auf  die  Spur  zu  kommen, 
ausschließlich  der  Dichtung  selbst  und  der  ihr  eigenen  Anschauung 
zu  entnehmen. 

Bei  dieser  Art  der  Betrachtung,  die  Dichtung  nach  Möglich- 
keit aus  sich  selbst  zu  erklären,  wird  in  überraschend  einfacher 
Losung  Licht  fallen  auf  manche  Stellen,  die  bisher  willkommenen 
Stoff  für  streng  philologische  Kritik  geboten  haben.  Naturlich 
darf  es  uns  nicht  verwundern,  daß  bei  einer  Dichtung,  deren 
Alter  schon  nach  Jahrtausenden  zählt,  manche  Anschauungen  uns 
heutige  Hörer  recht  fremd  berühren,  manche  wiederum  uns  recht 
modern  anmuten,  so  daß  man  sich  in  dem  Augenblicke  des  ehr- 
würdigen Alters  der  Kunstschöpfung  kaum  bewußt  bleibt.  Dies 
zeigt  sich  in  dem  Gesänge,  dessen  Kunst  hier  eingehender  ge- 
würdigt werden  soll,  im  13.  Buche  der.  Odyssee:  gleich  zu  An- 
fang ein  uns   fast  unverständlicher,    ich  möchte   sagen  kindlicher 


voll  G.  Handt  443 

Zug  in  der  nach  uoaern  Begriffen  übertriebenen  Wertschätzung, 
die  dem  materiellen  Besitze,  den  Geschenken  des  Odysseus 
beigelegt  wird,  die  dann  auch  im  Verlauf  der  Handlung  des 
ganzen  Gesanges  eine  wichtige  Rolle  weiter  spielen,  andrerseits 
die  meisterhafte  Darstellung  der  Stimmung  des  Odysseus,  wie  sie 
beim  Erwachen  des  Helden  auf  heimatlichem  Boden  in  seinem 
Herzen  auf-  und  abwogt. 

Im  engsten  Anschluß  an  die  anoloyok  setzt  der  13.  Gesang 
angemessen  ein  mit  der  Schilderung  des  tiefen  Eindruckes,  den 
Odysseus  auf  seine  Zuhörer  henrorgerufen  hat,  wie  er  sich  auch 
in  den  ersten  gesprochenen  Worten,  die  passend  dem  Alkinoos 
zageteilt  sind,  äußert:  „ietzt  kannst  du  unbesorgt  sein,  jetzt  ist 
dir  die  Heimkehr  sicher;  denn  wer  zu  uns  gelangt,  ist  schon  so 
gut  wie  glücklich  heimgekehrtes  Der  Ton  ruht  also  auf  oi%k 
nakilknkayxd'ema  und  bI  xa*  ikoku  noXXa  ftenoy&ag  =?  und 
deshalb  an  der  Heimkehr  fast  verzweifelst^).  Dann  bestätigt  Al- 
kinoos seine  Wohlgeneigtheit  dem  Odysseus  durch  die  Häufung 
der  Geschenke,  die  er  den  für  ihn  schon  früher  bestimmten  hin- 
zufügt, wenn  er  auch  der  Zustimmung  der  Edeln  nicht  ganz  sicher 
ist.  Er  folgt  seinem  Impulse :  „Außer  der  Gesamtspende,  zu  der 
ihr  alle  beigesteuert  habt,  wollen  wir  ihm  noch  reichere  Geschenke 
Seben.  Entschließt  euch  nur  dazu^S  sagt  er  und,  um  sie 
seinem  Vorschlage  geneigter  zu  machen,  weiß  er  sie  humorvoll 
wegen  der  ihnen  drohenden  Einbuße  des  eigenen  Besitzes  zu  be- 
ruhigen; „Nur  nicht  so  zaghaft;  uns  trifft  ja  die  Spende  nicht 
so  arg,  denn  wir  werden  sie  wieder  vom  Volke  eintreiben'S 
gleich  als  wenn  ihm  das  Unangemessene  seines  Wunsches  den 
Edeln  gegeaüber  zum  Bewußtsein  käme,  er  aber  doch  nicht  ver- 
ziditen  will  und  an  ihre  ausnehmende  Stellung  vor  der  Masse 
des  Volkes  erinnert,  „Einem  einzelnen  allerdings  möchte  ich 
diese  Noblesse  nicht  zumuten'*').  Und  er  kommt  zum  Ziele:  in 
der  Frühe  des  Morgens  sind  die  Gaben  da,  und  sorgfältig  packt 
sie  Alkinoos  selbst  ins  Schiff,  und  die  Edlen  begeben  sich  zum 
Mahle.  Naturlich  sind  des  Odysseus  Gedanken  auf  recht  schnelle 
Abfahrt  gerichtet,  er  hat  keinen  ruhigen  Genuß  vom  Mahle  dij 
YOQ  fk€V€atPs  vsead-at.  In  dem  nun  folgenden  Vergleich  tritt 
die  Neigung  des  Dichters,  sich  in  die  Bilder  seiner  Gleichnisse  zu 
versenken,  zutage;  er  gestaltet  die  einzelnen  Zuge  völlig  selb- 
ständig, ohne  daß  sie  ein  Korrelat  in  der  zu  erläuternden  Hand- 
lung selbst  halten:  so  hier  selbständige  Ausmalung  des  Bildes  in 
^*  34  ßXaßfTa&  ds  xb  yovvat'  towt.  Dieser  Stimmung  des 
Odysseus    entsprechen   seine  Abscbiedsworte:    sie  geben    sich  als 

^)  «iff  fafit  alle  Irrfabrteq  bitber  zusammen,  die  nna  als  abgescblosseo 
erseheiaea  soliea,  wie  das  deatlich  wird  dnreh  den  Zusatz  ei  xa«.,...,  ist 
ilso  m.  verstehen  io  Hioblick  aaf  die  Ausfahrt  voa  der  Heimat. 

')  Bezeiehoead  für  die  SteliuQ^  der  Gebieter  su  dem  ihoen  unter-' 
täaigen  Volke, 


444  Homers  KiiDst  der  Darstellaag, 

Äußerungen  eines  gewandten,  welterfahrenen  Hofmannes  zu  er- 
kennen, der  dabei  aber  offen  und  aufrichtig  bleibt;  seinen 
Herzenswunsch,  leidlos  heimzukebren,  spricht  er  zunächst  aus 
und  verbindet  damit  in  der  Gberfulle  seines  frohen  Herzens  die 
an  seine  Wohltäter  gerichteten  Worte:  „Freuet  euch  mit  mir^% 
sieht  er  sich  doch  am  Ziele  seiner  jetzigen  Wfinsche.  „Alles  ist 
mir  bis  jetzt  geglückt"^),  und  „so  möchte  doch  nun  auch  alles 
ein  gutes  Ende  nehmen'',  mit  einer  leisen  Andeutung  des  Themas, 
das  in  den  letzten  Buchern  der  Dichtung  dargestellt  ist:  „Möchte 
ich  doch  die  Gattin  untadelig  antreffen  mit  den  wohlbehaltenen 
Lieben!''  Dann,  gleich  als  ob  er  zu  egoistisch  gedacht  habe, 
überträgt  er  seine  Hoffnungen  auch  auf  die  Phäaken  mit  herz- 
lichem Segenswunsch').  Und  er  hat  das  Richtige  getroffen:  alle 
loben  ihn  und  heißen,  ihn  entsenden.  Ihnen  willßhrt  Alkinoos, 
natürlich  an  dem  frommen  Hofe  mit  der  üblichen  religiösen 
Feierlichkeit,  einer  Spende  an  den  Vater  Zeus.  Dann  folgen  die 
unvergleichlich  schönen  Abschiedsworte  des  Odysseus  an  Arete: 
„Lebe  mir  wohl,  o  Königin,  für  immer,  bis  das  Alter  kommt  und 
der  Tod,  die  an  die  Menschen  herantreten!  Ich  kehre  heim; 
du  aber  erfreue  dich  in  diesem  Hause  an  deinen  Kindern  und 
den  Völkern  und  Alkinoos  dem  Könige!*'  Diese  besondere  Rück- 
sicht der  Königin  gegenüber  entspricht  dem  Winke,  den  Nausikaa 
dem  Fremdling  gegeben  hatte,  sie  sind  ritterlich  galant,  durchaus 
würdig  und  ernst,  dazwischen  erklingt  ohne  Verstellung  der 
Grundton  avtaq  fy(o  veofuz^^  der  den  ganzen  Aufenthalt  des 
Odysseus  bei  den  Phäaken  beherrscht. 

Unter  dem  Geleit  des  Heroldes,die  Dienerinnen  im  Gefolge, 
geht's  binunter  zum  Strande.  Dort  nehmen  die  Geleiter  alles') 
in  Empfang  und  schaffen  dem  Odysseus  ein  bequemes  Lager, 
auf  dem  er  denn  auch  bald  in  erquickenden  Schlummer  sinkt, 
während  das  Schiff  schnell  seine  Bahn  verfolgt*).  Hierbei  wird 
immer  wieder  der  Grundton  vom  Dichter  angeschlagen:  sichere 
Heimfahrt  nach  so  vielen  Leiden.  Mit  dem  Erglänzen  des  Morgen- 
sternes naht  das  Schiff  der  Insel  und  fährt  in  den  Phorkys-Hafen 
ein,  den  uns  der  Dichter  mit  besonderem  Behagen  in  ge- 
fälliger Kleinmalerei  auch  der  Tropfsteingebilde  schildert.  Die 
Ruderer  mühen    sich  erst  um    den  Odysseus,    den  sie  behutsam. 


^)  Somit  ist  die  erforderliche  enge  Gedankenverbiodoog  swisehen  39 
nnd  40  hergestellt. 

*)  aQfTtiv  verdeatlieht  dar^h  den  Zasats  navtoirpf^ 

^)  Es  geäugt  dem  Dichter,  Dar  die  leibliche  Verpfleguog,  die  sonst  bei 
Fahrten  wohl  am  wichtigsten  war,  zu  erwähnen. 

^)  Der  prächtige  Anblick  des  majestätisch  dahinfahrendon  Schiffes  wird 
dem  Hörer  vermittelt  durch  zwei  Vergleiche,  deren  erster  das  Aafsteigen 
des  Schilfes  malt,  wie  es  naturgemäß  vorn  in  die  Höhe  gehoben  wird  — 
ich  lese  also  auch  tt^io^ij  —  dabei  kann  trotzdem  der  Dichter  den  hinten 
am  Schiffe  rauschenden  Wogenschwall  erwähnen  — ,  der  zweite  weist  hin  auf 
die  Schnelligkeit  der  Fahrt. 


voD  G.  Handt.  445 

dafi  er  nicht  aus  dem  Schlafe  erwache,  aus  dem  Schiffe  heben 
und  im  weichen  Sande  betten,  und  bergen  dann  seine  Schatte 
am  Schafte  des  Ölbaums  abseits  vom  Wege.  Darauf  treten  sie 
die  Ruckfahrt  an  V.  125. 

im  Gegensatz  zu  diesem  friedlichen  Bilde  läßt  sie  aber  der 
Dichter  nicht  glöcklich  ihr  Land  erreichen.  Er  erinnert  uns  an 
Poseidons  Groll,  der  noch  den  letzten  Augenblick  zur  Kühlung 
seiner  Rache  benutzen  will  und  sich  an  den  Vater  Zeus  wendet 
mit  einer  Klage  über  die  RQcksichtslosigkeit  und  Unehrerbietung 
TOD  Seiten  der  Phäaken.  „Um  meine  Stellung  bei  den  Göttern 
ist  es  geschehen,  wenn  die  Sterblichen  mich  nicht  ehren,  die 
Phäaken.  Gewiß  sollte  Odysseus  einst  seine  Heimat  erreichen, 
da  du  es  ihm  doch  versprochen  hast.  Aber  jetzt  haben  ihn  die 
i^häaken  noch  obendrein  überreich  beschenkt,  so  wie  er  es  nie 
▼or  Troja  durch  seine  Taten  verdient  hätte''.  Ein  kleinlicher 
GroU  wie  der  eines  Kindes,  das  keinen  Anlaß  dazu  mehr  hat, 
aber  seinem  verhaßten  Gegner  noch  einen  Hieb  versetzen  möchte. 
Das  läßt  ihn  auch  Zeus  in  seiner  Erwiderung  fohlen.  Er  ist  er- 
bben  über  solche  Ideen,  ihm  kann  ein  solches  ßedenken,  wie 
^  Poseidon  geäußert  hat,  nicht  kommen.  Schon  die  Möglichkeit, 
M  das  Vorgehen  der  Sterblichen  irgend  welchen  Einfluß  auf  die 
Götter  haben  könnte,  ist  für  ihn  ausgeschlossen.  „Wir  sind  die 
Herren.  Handle,  wie  du  willst  und  es  dir  lieb  war  im  Herzen!'* 
gewahrt  er  gnädig  dem  Poseidon.  Der  erwidert:  „Ich  will 
es  nur  nicht  mit  dir  verderben;  den  Phäaken  aber  will  ich 
schon  ihr  Handwerk  legen.  Ihr  Schiff  will  ich  zerschmettern 
ttnd  um  ihre  Stadt  ein  Gebirge  türmen".  Ebenso  wie  Zeus  vor- 
iier  den  Kernpunkt  der  Sache  erfaßt  hat,  so  weiß  er  auch  jetzt 
^t  Absicht  Poseidons  am  wirkungsvollsten  zu  gestalten;  er  ver- 
steht sich  auf  das  Göttermäßige :  „Du  machst  es  am  besten  so : 
*eon  schon  alle  erwartungsvoll  am  Ufer  ausschauen,  läßt  du 
das  Schiff  sich  in  Stein  verwandeln,  Iva  ^av/MrCccxriv  anapteg 
iyd'Qtanok^*.  Dem  entspricht  Poseidon  in  der  Ausführung. 
Schlag  für  Schlag  vollzieht  sich  der  Vorgang,  und  alsbald  ist 
Poseidon  wieder  verschwunden  V.  164  6  de  voatp^  ßsßijxeiv  und 
no  ra  (T  ovx  Itsav  dq  irsrvxro.  Wie  lebenswahr  wird  dann 
der  Eindruck  dieses  wunderbaren  Vorganges  geschildert:  der  leb- 
hafte Wortaustausch  unter  dem  Volke,  sein  Staunen  hat  sich  in 
Geschwätzigkeit  aufgelöst.  Der  Dichter  läßt  V.  168  einen  von 
ihnen  sprechen:  „Wie  ist  mir  denn?  Wer  bannte  das  Schiff 
saf  dem  Meere,  während  es  nach  Hause  fuhr?  Ich  habe  es 
<locb  noch  eben  ganz  deutlich  gesehen!  xat  dfj  ngovipcc^yeto 
naaa^'.  Nachdem  dann  das  bedeutungslose  Geschwätz  der  ver- 
wundert nach  dem  Meere  schauenden  Menge  verstummt  ist, 
äußert  sich  Alkinoos  nachdenklich,  in  ihm  hat  der  Vorgang  zu- 
gleich eine  bedeutsame,  ihn  tief  ergreifende  Erinnerung  wach- 
gerufen 172  fl'.:   „Wie  wunderbar!    Jetzt  geht  die  alte  Weissagung 


i 


446  Homers  Konst  iee  Darstellaog^, 

meines  Vaters  in  Crfullung*^  Mit  verzweiflungsvollen  Worten  ist 
aber  hier  nichts  geschafft;  im  Gegensats  zu  der  Menge,  die  nur 
staunt  und  schwatzt,  weifi  er  im  Augenblicke  der  drohenden 
Gefahr  zu  handeln:  „Wir  wollen  wenigstens  das  zweite  Unheil, 
das  allein  noch  zu  vermeiden  ist,  abzuwenden  versuchen.  Laßt 
in  Zukunft  ab,  die  Sterblichen  zu  geleiten;  dem  Urheber  alles 
Unheils  wollen  wir  zwölf  auserlesene  Stiere  opfern*'.  Selbstver* 
ständlich  geschieht  das,  nur  in  wenigen  Versen  anschaulich 
ausgesprochen  in  V.  1 87 :  des  Volkes  Führer  und  Berater  um  den 
Altar  stehend. 

Unvermittelt  in  der  Mitte  des  Verses  beginnt  der  zweite 
Hauptteil  unseres  Gesanges:  Odysseus  erwacht  —  und  erkennt 
sein  Vaterland  nicht,  er,  der  schon  lange  abwesend  war,  rings 
nämlich  hatte  ein  Gott  Nebel  ausgegossen.  So  spricht  V.  189 
Homer;  wir  wundern  uns  nidit  mehr,  wenn  er  alle,  auch 
die  alltlglichsten  Naturvorgänge  der  Einwirkung  eines  Gottes  zu- 
schreibt; wir  wfirden  sagen:  Frühnebel  lagerte  auf  dem  Erd- 
boden. Von  einem  „Wundernebel'^  kann  nicht  die  Rede  sein, 
besonders  bei  einer  Erscheinung,  die  auf  einer  [nsel  recht  häufig 
auftreten  wird.  Auf  das  Poetische  dieses  kleinen  Zuges  hat  schon 
Bergk  in  seiner  Literaturgeschichte  aufmerksam  gemacht,  und 
Uentze  bringt  in  seinem  Anhange  zur  Odyssee  diese  Deutung 
wieder  zur  Geltung^).  Alles  Folgende  wird  nun  ebenso  Jebens* 
wahr  und  meisterlich  geschildert:  dpakiag  =  tus  dem  Schlafe 
emporfahrend,  elgids  —  er  blickte  (ziellos)  hin  auf  sein  Vater- 
land, ßng  dann  an  zu  klagen,  schlug  sich  seine  Schenkel,')  und 
jammernd  spricht  er  zunächst  seine  Zweifel  aus  V.  200;  er,  der 
an  Enttäuschung  Gewöhnte,  fragt  sich  angsterfüllt  nach  d^^n  Be- 
wohnern des  ihm  fremden  Landes,  inzwischen  erwacht  in  ihm 
die  erste  Oberlegung,  und  schnell  gefaßt  denkt  er  (wie  schon 
anfangs  angedeutet)  sogleich  an  einen  sichern  Ort  für  seine 
Schätze  und  an  seine  eigne  Sicherheit.  Diese  Verlegenheit 
steigert  sich :  „sie  (xQijfkata)  hätten  doch  bei  den  Phäaken  bleiben 
sollen^).    Jetzt  weiß  ich  nicht,  wohin  mit  ihnen'^     Nach  V.  208 


^)  Ad  Vers  189  ist  durchaus  kein  Aottofi  zu  oebmen.  Die  objektive 
Bef^rUodong  dafür,  daß  er  seio  Ueünatlajid  uicht  erkenutf  ist  mit  ne^i  y«^ 
&€og  vjf^a  j^evev  gegeben;  dasu  tritt  die  subjektive  Erklaruog  ij<fi7  cTi^f 
anffov;  sonst  müßte  man  doch  wohl  erwarten,  doß  Odysseus,  von  Jugeod 
auf  vertraut  mit  seiner  Insel,  sie  auch  jetet  troti  des  Nebels  wiedererkenne. 
—  Aas  dieser  Aoffassuog  ergibt  sich  denn  ohne  weiteres  die  Athetese  der 
folgenden  4,  wenn  nicht  gar  7  Verse  190 — 193  ev.  197;  eine  annehmbare 
Rettung  ist  mir  nicht  beiiannt  geworden;  daß  sie  nicht  von  Homer  her  rühr  eo 
können,  ist  mir  über  jeden  Zweifel  erhaben,  und  daß  sieh  im  AHertume  jemand 
versacht  fühlen  konnte,  diesen  recht  nüchternen  Znsatx  zu  machen,  ist  er- 
klärlieh, sehen  doch  sogar  noch  manche  moderne  Erklärer  in  den  Worten 
Ofos  riiQa  ;rev€V  eine  klare  Absicht  einer  Gottheit. 

^)  Alle  diese  so  naturgemäßen  Züge  der  mißmutigen  Stiimmong  des 
Menschen  unmittelbar  nach  dem  Erwachen  mit  d^a  verbunden. 

')  Mit  Auslassung  der  Verse  205  n.  6. 


voi  G.  Hqttdt.  447 

»t  eine  kurze  Pause  anzunehmen  (wie  vor  171),  sein  Mifitrauen 
wird  iimner  starker,  so  dafi  ihn)  auch  das  Vergangene  in  ganz 
unfreuAdliebem  Lichte  erscheint:  „Ja,  ja,  die  Phäaken  haben  un- 
recht uk  mir  getan,  die  mich  in  ein  anderes  Land  führten,  und 
doch  Tersprachen  sie,  mich  nach  llhaka  zu  bringen*'.  Und  jetzt 
wird  sein  Zweifel  zum  Zorne,  in  dem  er  die  Rache  des  Zeus 
auf  die  Betruger  herabruft,  um  gleich  danach,  wieder  Herr  seiner 
Erregung,  für  sieh  und  die  Unterbringung  seiner  Schätze  zu 
sorgen^).  Nun  zählt  er  eifrig  nach  und  —  vermißt  nichts. 
Dann  bricht  er  wieder  in  Wehklagen  aus,  in  seiner  Hilflosigkeit 
umherstreifend.  Jetzt  erst  erscheint  ihm  Athene  in  der  Gestalt 
eioes  jungen  Hirten,  der  einen  Wurfspieß  trägt.  An  ihn  wendet 
sich  Odysseus  mit  flehenden  Worten,  die  wieder  sehr  bezeichnend 
sind  für  die  Angst  und  Sorge,  die  ihn  erfüllt:  „Sei  mir  gegrüßt 
und  begegne  mir  nicht  mit  bösem  Herzen,  sondern  reite  das  da 
Qod  reite  auch  mich!  Und  sage  mir  untrüglich:  Wo  bin  ich? 
^33  t$g  Y^^  %k^  dfifiQg  .  .  »**  Stalt  ihrem  Schützling  gleich  die 
erlösende  Antwort  zu  geben:  „Freue  dich!  Du  bist  in  Ithaka", 
treibt  sie  ihren  Scherz  mit  ihm  und  weidet  sich  förmlich  an 
meiner  ungeduldigen  Erwartung,  Auskunft  zu  bekommen  und 
^Ren  Herzenswunsch  bestätigt  zu  hören').  Doch  möchte  ich 
lieinen  Vers  in  ihrer  Antwort  missen;  absichtlich  ist  die  ganze 
Schilderung  der  Natur  der  Insel  in  die  Länge  gezogen;  erst  nach 
äoem  Dutzend  Verse  läßt  sie  V.  248  den  ersehnten  Namen 
Ithakas  als  selbstverständlich  wie  nebenher  mit  einiließen.  Nun, 
wo  Odysseus  Gewißheit  hat,  gewinnt  er  seine  sichere  Art  des 
Auftretens  und  der  Selbstbeherrschung  wieder.  Er  weiß  sich  im 
^ment  in  die  Lage  zu  finden  und  sie  sich  nutzbar  zu  machen. 
Er  ist  wieder  der  noXwqono^^  sein  Verstand  hat  wieder  gesiegt, 
nichts  mehr  von  dem  vorherigen  Kleinmut:  „Ich  hörte  von 
llhaka  auch  auf  der  weiten  Kreta'S  und  nun  erfindet  er  einen 
Zug  um  den  andern,  die  er  geschickt  zu  seinem  Vorteile  zu 
wenden  versteht,  denn  immer  beherrscht  ihn  die  Rücksicht  auf 
seine  Habseligkeiten.  Um  diese  vor  etwaiger  Entwendung  zu 
sichern,  stellt  er  sich  als  gefährlichen  Mörder  hin,  der  also  sich 
nicht  so  ohne  weiteres  berauben  lassen  wird,  wenn  das  etwa  dem 
Jäogling  in  den  Sinn  kommen  sollte.  Die  Freveltat,  die  er  an- 
geblicli    auf   dem  Gewissen   hat,    weiß    er   glaubhaft  zu    machen 


^)  V.  215  ick  will  sie  zälilen  nod  oadiseheo  (mit  stärkerer  loter- 
poDklion  aod  dem  mehr  selbstäodigeu  Zusatz):  Daß  sie  mir  nur  oicht  etwas 
Bit  wegfuhrteD.  —  lo  diesem  Selbstgespräch  des  Odyisseus  kanu  ich  also 
keiaeswegs  zwei  navereinbare  Stück«  erkeoDeD,  vielmehr  scheint  mir  der 
leichter  hier  sehr  treffend  die  gereizte,  wechselnde  Stimmung  des  Odysseus 
ZQ  zeichnen. 

^)  Die  Eingangsworte  ihrer  Antwort  auf  die  furchtbare  Begrüßung 
dorch  den  Kyklopen  zu  bezieben,  um  ihm  damit  ein  ähnliches  Abenteuer, 
^i«  er  es  in  dessen  Hohle  erlebte,  als  ihm  jetzt  drohend  anzudeuten,  will 
■ir  etwa«  za  gekünstelt  erscheinen. 


448  Homers  Kunst  der  Oarstelloog, 

durch  eingehende  Schilderung  aller  Einzelheiten;  eine  Begröndung 
nach  der  andern  steht  ihm  zur  Verfugung,  damit  nur  kein 
Zweifel  in  dem  ihm  gegenüberstehenden  Fremden  erwache.  Zu 
seiner  Flucht  nach  dem  Morde  nimmt  ihn  in  seiner  Erdichtung 
naturlich  sogleich  ein  Schiff  auf,  das  ihn  nach  Norden  entführen 
soll.  Die  Schiffer  sind  auch  bereit,  werden  aber  durch  Sturmes 
Gewalt  vom  Ziele  abgetrieben;  jetzt  hat  er  wieder  festen  Boden 
für  seine  Erzählung:  geschickt  lenkt  er  in  den  Bericht  seiner 
wirklichen  Erlebnisse  seit  seiner  Abfohrt  vom  PhSakenlande  ein 
282 — 286.  Er  glaubt,  seinen  beabsichtigten  Eindruck  erreicht  zu 
haben:  mit  solch  einem  wird  der  Fremde  sich  hüten  anzubinden. 
—  Wieder  ein  Meisterstück  der  Kunst  des  Dichters.  Wie  schildert 
er  seinen  Helden  jeder  auch  noch  so  unerwarteten  Lage  ge- 
wachsen! Schnell  gefaßt,  hat  er  ohne  langes  Besinnen  eine  Er- 
zählung zur  Hand.  Wegen  des  Inhaltes  kommt  er  nicht  in  die 
geringste  Verlegenheit;  er  weiB  gleich,  was  er  zu  erwidern  hat, 
um  sich  zu  sichern.  Die  höchste  Kunst  zeigt  aber  der  Dichter 
in  der  Komposition  dieser  Rede.  Offenbar  will  er  zu  erkennen 
geben,  daB  die  erdichtete  Erzählung  dem  Odysseus  doch  nicht 
ganz  glatt  von  der  Zunge  geht,  er  erweckt  diesen  Eindruck  durch 
die  umständlich  ausgesponnene,  scheinbar  ganz  kunstlos  anein- 
ander gereihte  Darstellung  seiner  Mordtat.  Unsicher  in  der  glatten 
Satzfügung  verrät  Odysseus  seine  Unwahrhaftigkeit  mit  dem 
doppelten  ovvsxa  262  und  265  und  dem  noch  263  eingefugten 
slvsxa:  man  merkt  darin  das  Bestreben,  nichts  unmotiviert  zu 
lassen,  und  gerade  durch  dieses  übertriebene  Bestreben,  alles  zu 
begründen,  gibt  sich  eben  die  Unsicherheit  des  Motivierenden  zu 
erkennen.  Denselben  Eindruck  der  Unsicherheit  zu  erwecken 
gelingt  dem  Dichter  zugleich  durch  das  Sprunghafte  in  der  Dar- 
stellung, die  Gedanken  schließen  sich  nicht  in  natürlicher  Folge 
streng  logisch  aneinander  an,  sondern  so,  wie  sie  ihm  gerade 
zur  Verfügung  stehen;  Odysseus  redet  darauf  los,  um  nicht  durch 
eine  Pause  oder  Lücke  die  Unwahrheit  entdecken  zu  lassen.  Die 
noch  eingeschaltete  Schilderung  der  dunklen  Nacht,  die  der  Aus- 
führung des  Verbrechens  günstig  ist,  gibt  ihm  gleichsam  noch 
Zeit,  sich  auf  die  Fortsetzung  seiner  erdichteten  Erzählung  zu 
besinnen.  Er  gewinnt  dann  freiere  Bewegung  mit  dem  in^  vija 
xtwv^  und  hier,  wo  er  wieder  wirklich  Erlebtes  schildert,  ist 
natürlich  die  Darstellung  auch  wieder  durchsichtig  und  klar.  — 
Athene  hat  geduldig  alles  mit  angehört,  jetzt  bricht  sie  in  das 
Lachen  aus,  das  sie  jedenfalls  nur  mit  Mühe  bat  unterdrücken 
können,  streichelt  ihn  mit  der  Hand,  und  nunmehr  in  der  Ge- 
stalt eines  schönen  stattlichen  Weibes  ist  sie  unerschöpflich  in 
ihren  Bezeichnungen  seiner  Verstellungskunst  und  Verschmitztheit: 
xsQÖaleog,  inixlonog,  (Tx^rAifi,  Tto^xikofi^tay  doliop  at\  Dann 
V.  296  gleichsam  als  fürchte  sie,  in  ihrem  Herzenserguß  zu  weit 
gegangen  zu  sein,  bricht  sie  ab,    und  ihren  Scherz  zugleich  ver- 


von  G.  Haodt.  449 

traulich  treibend,  beruhigt  M  ihn:  „Wir  haben  uns  beide  in 
der  Beziehung  nichts  vorzuwerfen**  296 — 299,  um  nun  auf  dem 
Boden  völliger  Gleichstellung  desto  berechtigter  ihm  vorzuhalten, 
daß  er  trotz  seiner  Schlauheit  sie  jetzt  nicht  erkannt  habe,  sie, 
die  ihn  doch  immer  beschützt  habe  und  die  auch  jetzt  gekommen  sei, 
ihm  zur  Seite  zu  steben303  IT.  „Jetzt  bin  ich  wiederum  hierher 
gekommen,  damit  ich  mit  dir  zusammen  eine  List  ersinne  und  die 
Schätze  berge  .  .  .  und  dir  sage,  was  für  Leiden  dir  in  deinem 
wohlgebauten  Palast  zu  ertragen  Bestimmung  ist.  Du  aber  halte 
aus  auch  in  der  Not, .  . .  still  erleide  viele  Schmerzen,  die  Gewalt* 
taten  der  Männer  auf  dich  nehmend*',  ihn  hiermit  schonend  vor- 
bereitend auf  das,  was  er  im  Hause  zu  erwarten  hat^).  Aus  der 
Antwort  des  Odysseus  spricht  der  Beschämte,  der,  in  seiner 
Stirke  gekränkt,  nach  einer  Ausrede  sucht:  „Wie  sollte  ich  jetzt 
an  dich  denken!  Habe  ich  doch  recht  lange  nichts  mehr  von 
deiner  Gnade  erfahren').  Nw  de  ob  nftog  natgog  j^ovyaZofkai» 
Nicht  kann  ich  es  glauben,  daß  ich  in  Ithaka  bin.  Du  treibst 
Scherz  mit  mir.  Sage  mir:  Bin  ich  wirklich  in  der  Heimat?*' 
1)38  Miätratten  ist  also  wieder  erwacht  (erklärlich  bei  der  Auf- 
^%^Hi  i<^  di®  ^r  durch  seine  Befürchtungen  beim  Erwachen  ver- 
tut wurde)^  Athene  ist  gerade  darüber  erfreut,  weiß  sie 
doch  an  ihm  die  Vorsicht,  die  aus  seinem  erneuten  Zweifel 
spricht,  zu  schätzen:  „So  bist  du  immer,  und  so  gefätlst  du  mir. 
I^arum  werde  ich  dich  nicht  verlassen'"').  Dann  geht  sie  auf 
seinen  geäußerten  Vorwurf,  sie  habe  ihn  vernachlässigt,  ein  und 
widerlegt  den:  „Zweifelte  ich  doch  nie  daran,  daß  du  einmal 
deine  Heimat  erreichen  wurdest.  Ich  brauchte  deinetwegen  also 
Bicht  zu  furchten.  Nur  wollte  ich  es  nicht  mit  Poseidon  ver- 
derben, der  dir  grollte,  und  griff  deshalb  nicht  in  seine  Fügung 
^|d'*.  Dann  um  alle  seine  Bedenken  zu  beseitigen,  zeigt  sie  ihm 
die  ihm  von  früher  wohlbekannten  Stätten,  indem  sie  natürlich 
schon  jetzt  V.  344  den  Nebel  zerstreut*).  So  ungläubig  er  an- 
fangs war,  so  froh  und  dankbar  ist  jetzt  sein  Herz,  das  sich  zu 
einem  Gebet  an  die  Najaden  erhebt;   er  verspricht  ihnen  Gaben, 

^)  Aneh  die  Vers«  306 — 3t0  mSehte  ich  beibehalten;  sie  decken  sich 
iikaltlieh  mit  den  allgeaieioeB  Gedanken  V.  303  Iva  toi  aw  firiiiy  vtfaivoff 
d<r  doch  fdr  echt  gilt.  Wenn  Odyssens  in  seiner  Erwidemog  anf  diese 
Gedtaken  nicht  eingeht,  so  erklärt  sich  das  wieder  faoz  natürlich  daraus, 
Öi8  ihai  vor  alleai  andern  seine  Rechtfertigong  dem  Vorwarfe  der  Göltin 
icseanber  an  Berzea  Hegt,  die  ihn  alles  andere  überhören  läfit. 

^  nabei  verwerfe  auch  ich  die  Verse  320 — 321  und  behalte  nach  Butt- 
■•ans  Vorgänge  (Lexilog.  I  S.  91  Ann.  4)  die  Verse  322—323,  die  ich  ge- 
rade recht  ^saend  finde  als  Obergang  von  den  Vorwarfe  xur  folgenden 
Bitte  328.  Der  Vorwarf  war  nicht  ernst  gemeint,  sondern  mehr  ein  Aus- 
Baä  des  Ärgers  darfiber,  dafi  er  sich  zu  dem  Zugeständnis  gezwungen  sah, 
sein  Scharfblick  habe  ihn  diesmal  im  Stich  gelassen. 

')  Die  folgeadea  Verse  333—336  haben  wohl  keinen  Verteidiger  ge* 
■Baden. 

*)  Erst  352  erwähnt 


450  Homers  Kunst  der  Darstelluog, 

wenn  ihn  Athene  am  Leben  erhält  und  ihm  den  Sohn  gedeihen 
läßt.  Der  Dichter  schildert,  wie  die  Lust  am  Leben  ihn  wieder 
erföllt.  Doch  darf  er  sich  noch  nicht  in  Hoffnungen  auf  gUn- 
zende  Tage  versenken,  Athene  erinnert  ihn  an  seine  nächsten 
Aufgaben,  die  ihm  die  Gegenwart  stellt:  „Vor  allem  wollen  wir 
die  Geschenke  bergen  und  dann  überlegen,  was  zu  tun  ist^S 
Wieder  spielen  die  Geschenke  eine  Rolle.  Erst  müssen  diese 
sorglich  untergebracht  sein,  dann  sitzen  sie  ratpflegend  am 
Schafte  des  Ölbaums.  Die  Art,  wie  sie  beide  zu  Rate  gehen,  ist 
auch  wieder  charakteristisch  für  die  Kunst  Homers,  psychologisch 
h&chst  fein  beobachtet.  Athene  weiß,  was  sie  für  einen  empOnd- 
licben»  reizbaren  Mann  vor  sich  hat,  wie  er  noch  erschüttert 
durch  den  Wechsel  der  letzten  Erlebnisse  und  Erfahrungen  leicht 
erregbar  ist  und  zarte  Behandlung  verlangt,  wie  leicht  er  aus  der 
größten  Hoffnungsfreudigkeit  in  die  tiefste  Niedergeschlagenheit 
herabgestimmt  werden  kann.  Nun  erfordert  aber  die  Lage  einen 
starken  Helden.  An  diesen  ernsten  Gedanken  muB  Athene  ihren 
Schützling  allmShlich  wieder  gewöhnen,  sie  muB  ihn  wieder  stark 
machen,  das  Furchtbare  zu  vernehmen,  was  ihm  bevorsteht.  Nicht 
darf  er  jetzt  die  Hände  in  den  Schoß  legen  und  alles  vertrauens- 
voll seiner  Schutzgöttin  überlassen.  Nein,  noch  lastet  alles  auf 
ihm.  Deshalb  weist  Athene  ihm  die  Aufgabe  zu,  selbst  zu 
überlegen,  was  hier  zu  tun  ist.  Wenn  seine  Überlegung  in  An- 
spruch genommen  wird,  sollen  ihm  die  Schwierigkeiten  leichter 
erscheinen,  und  nun  klärt  sie  ihm  die  Verhältnisse  an  seinem 
Hofe  auf,  das  schamlose  Treiben  der  Freier,  mäßigt  aber  den 
Eindruck  durch  den  Ausblick  auf  die  Treue  der  Penelope.  So  ist 
Odysseus  genugsam  vorbereitet  auf  das,  was  ihn  erwartet.  Er  ist 
insoweit  jetzt  wieder  Herr  seiner  selbst,  daß  wohl  noch  alles 
einen  tiefwirkenden  Eindruck  auf  sein  erregbares  Innere  macht: 
die  Gefahr,  in  der  er  unzweifelhaft  zugrunde  gehen  mußte,  ver- 
gleicht er  mit  Agamemnons  Ende,  —  verbindet  aber  damit  einen 
Dank  an  seine  Retterin  Athene,  der  er  sich  jetzt  gänzlich  anver- 
traut; unter  ihrer  Beihilfe  wird  er  alle  Not  bestehen.  Sie  soll 
den  Anschlag  entwerfen,  ihres  Schutzes  sicher  wird  er  vor  keiner 
Gefahr  zurückschaudern,  mit  jeder  Zahl  der  Feinde  wird  er  es 
aufnehmen^).  Athene  ist  bereit  dazu  und  erweckt  ihm  frohe 
Hoffnung  auf  glucklichen  Erfolg').  Sie  enthüllt  ihm  ihre  Maß- 
nahmen  und  Pläne :  als  unansehnlicher  Bettler  soll  er  zum  treuen 


1)  Aaf  die  wirkungsvolle  Steigeraog  seines  neu  gewoooeneo  uoer- 
schauerlichen  Vertraaens,  wie  sie  io  V.  391  den  Höhepunkt  erreieht,  hat 
Heotze  im  Anhang  hingewiesen.  —  Daß  er  sich  wieder  an  seine  Sehatz- 
göttin wendet,  den  Anschlag  gegen  die  Freier  zn  ersinnen,  kann  nicht  aof- 
falien;  es  zeigt  nur  dos  ergebene  Vertrauen  zu  der  größeren  Binsicht  der 
Göttin,  zu  der  sie  ihm  noch  Hilfe  und  Beistand  im  Kampfe  gewahren  und 
Mut  und  Entschlossenheit  einhauchen  soll. 

^)  Vergl.  Hentze  im  Anhange  zu  V.  393. 


von  G.  Haodt  451 

Eamaios  gehen  und  bei  dem  bleiben,  bis  sie  den  Teiemachos, 
der  auf  Erkundigung  nach  seinem  Vater  ausgesogen  ist,  herbei- 
ruft. Die  Alitteilung  Ober  die  Fatirt  Telemachs  erweckt  von 
neuem  Besorgnis  in  Odysseus,  so  daß  er,  gereizt  und  erregbar 
wie  er  ist,  ihr  darüber  Vorwurfe  macht,  die  sie  zurückweist  mit 
dem  Bemerken,  sie  selbst  habe  ihn  dazu  ermuntert,  Odysseus 
brauche  sich  um  ihn  nicht  zu  sorgen,  er  werde  wohlbehalten 
zurückkommen.  Dann  verwandelt  sie  Odysseus  in  Bettlergestalt. 
Tritt  man  also  an  die  Odyssee  mit  der  Absicht  heran,  sich 
willig  der  Fuhrung  Homers  anzuvertrauen,  so  bleibt  noch  heute 
seine  Dichtung  ein  unerschöpflicher  Born  edelsten  Genusses. 

Dessau.  Gustav  Hundt. 


29* 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


LITERARISCHE  BERICHTE. 


Haadbuch  für  Lehrer  ad  höheren  Schalen.    Bearbeitet  von  Aoler 
u.  a.     Leipzig  und  Berlin  1906,  B.  G.  Teubner.     XIV  a.  704  S.     geb. 

Unsere  jüngeren  und  jüngsten  Kollegen  werden  besser  auf 
ihr  Amt  vorbereitet  als  wir  älteren  früher,  das  ist  keine  Frage. 
Das  Seminarjahr  kann  recht  fruchtbringend  werden.  Aber  auch 
die  einführende  Literatur  ist  reichhaltiger  und  zweckmäßiger 
geworden.  Man  hat  die  Auswahl  unter  treiHichen  Büchern  all- 
gemeinen und  fachlichen  Inhalts;  Baumeisters  Handbuch  enthält 
jede  Anstaltsbibliothek.  Was  bisher  auf  diesem  Gebiete  gefehlt 
hat,  ist  ein  Handbuch,  das  diesen  Namen  verdient,  d.  h.  wirklich 
handlich  ist,  zugleich  selbst  für  magere  Börsen  erschwinglich.  Ich 
denke  dabei  immer  nur  oder  doch  in  erster  Linie  an  die  jüngeren 
Kollegen.  DaB  ein  solches  Buch  auch  in  der  Handbücherei  des 
älteren  Philologen  den  Flügelmann  abgeben  sollte,  wage  ich  in 
zweiler  Linie  zu  behaupten;  und  daB  die  gebildeten  Nichtschul- 
männer,  wenn  sie  mitreden  wollen,  solch  einen  Ratgeber  gar 
nicht  entbehren  können  und  fleißig  benutzen  müBten,  wird  niemand 
leugnen  wollen. 

Ein  Buch,  das  allen  diesen  Bedürfnissen  entgegenkommen 
will,  ist  in  dem  Teubnerschen  Verlage  erschienen.  Ausstattung, 
Umfang,  Preis  sind  gut  und  angemessen.  Mit  welchen  Erwartungen 
greift  man  zu  solch  einem  Buche?  Man  erwartet  von  ihm,  daß 
es  über  Pflichten  und  Rechte  des  Oberlehrerstandes,  über  die 
innere  und  äußere  Gestaltung  des  höheren  Schulwesens  und  über 
die  Berufsarbeit  in  diesen  Schulen  aufklärt.  Jeder  einzelne  erhoflt 
zunächst  Belehrung  über  die  Geschichte,  den  gegenwärtigen  Betrieb 
und  die  Aussichten  seines  besonderen  Lehrfaches,  dann  aber  auch 
eine  Einsicht  in  dieselben  Faktoren  der  übrigen  Unterrichtszweige, 
die  an  seiner  Anstalt  und  den  andern  höheren  Schulen  blühen  oder 
vegetieren.  Auf  den  letzten  Punkt  muß  man  besondern  Wert 
legen.  Daran  fehlt  es  ja  so  häufig,  daß  man  von  der  Arbeit  seiner 
Kollegen  Kenntnis  nimmt;  es  genügt  auch  nicht,  daß  man  sie  ge- 
währen läßt  und  alles  gut  heißt,  was  verlangt  oder  verbeten  wird. 


Aaler,  ilaodb«oh  f.  Lehrer  ao  h5fa.  Schalen,  agi.  ?«  F.  Fügoer.  453 

damit  man  friedlich  und  gesittet  erscheine,  denn  das  Wohl  der 
Anstalt  erfordert  oft  ein  ganz  anderes  Benehmen,  sondern  um 
sachlich  bleiben  zu  können  und  nicht  persönlich  werden  zu  mössen, 
bedarf  es  eben  der  Beschäftigung  mit  der  Praiis  aller  Disziplinen. 
Man  kann  selbstverständlich  von  niemand  verlangen,  daß  er  den 
ganzen  Lehrstoff  beherrsche,  wohl  aber,  daß  er  über  die  herrschende 
Methodik  in  den  Hauptfächern,  ihre  Stärke  und  Schwäche,  ober 
die  didaktischen  Hilfsmittel  und  über  schwebende  Streitfragen 
einigermaßen  orientiert  ist.  Gerade  das  sollte  ein  Handbuch  für 
den  Lehrer  an  höheren  Schulen  in  erster  Linie  ermöglichen. 

Solche  Erwägungen  haben  auch  den  Verfassern  sicherlich 
Dabe  gelegen.  In  ihren  Bezirken  sehen  sie  erst  rückwärts  nach 
dem,  was  da  war,  und  zeigen,  wie  das  Gegenwärtige  entstanden 
ist,  dann  legen  sie  den  jetzigen  Zustand  dar  und  stellen  endlich 
das  Horoskop  in  Gestalt  von  Wünschen  und  Hoffnungen  oder  Be- 
fürchtungen. Die  geschichtlichen  Bfickblicke  sind  meistens  kleiner 
gedruckt,  um  Baum  zu  sparen,  und  einander  an  Umfang  sehr 
ungleich;  über  die  Geschichte  des  lateinischen  und  griechischen 
Unterrichts  z.  B.  erfährt  man  leider  fast  nichts,  weil  darüber 
schon  anderswo  gut  gehandelt  sei.  Aber  das  kann  doch  kein 
Gruod  gegen  einen  knappen  Bückblick  sein,  den  der  Käufer  eines 
solchen  Handbuches  in  ihm  zu  finden  voraussetzt.  Dasselbe  gilt 
Ten  der  Bibliographie.  Auf  genaue  und  wohlerwogene  Literatur- 
angaben hätte  man  durchweg  die  größte  Mühe  verwenden  sollen. 
Sie  sucht  der  Anfänger,  aber  auch  der  ältere  Kollege  in  solchem 
Bache  vielleicht  eher  als  alles  andere.  Auf  die  Jahresberichte  von 
Rethwisch  zu  verweisen  ist  mehr  bequem  als  gut.  Die  Titel, 
Verleger,  Jahreszahlen,  Preise  (diese  fehlen  fast  immer  und  sind 
doch  so  wichtig)  müssen  genau  angegeben  werden,  dazu  jedoch 
auch  in  den  meisten  Fällen,  was  der  Verf.  über  den  Wert  oder 
das  Wesen  des  Buches  urteilt  oder  andere  darüber  geurteilt  haben. 
Auch  Angaben  über  Verbreitung  (nach  Hörn)  wären  oft  sehr  nütz- 
lich. Diesen  Wünschen  hat  z.  B.  Hans  Vollmer  beim  evangelischen 
Religionsunterrichte  in  weitgehender  Weise  entsprochen,  andere 
weniger  oder  sehr  viel  weniger.  Auch  fehlt  es  hier  und  da  an 
einer  klaren,  kurzen  Zusammenstellung  der  vorliegenden  Probleme 
and  der  Versuche  oder  auch  nur  Möglichkeiten,  ihrer  Herr  zu 
werden.  Solche  Arbeiten  können  nicht  leicht  zu  praktisch  werden; 
allgemeine  Baisonnements  und  Konstruktionen,  persönliche  Lieb- 
habereien und  Luftschlösser  gehören  nicht  hierher. 

Man  darf  nun  behaupten,  daß  diesen  programmatischen  Ver- 
sprechungen und  Erwartungen  die  Ausführung  einigermaßen  enl* 
spricht  Der  stattliche  Band  enthält  eine  erstaunliche  Menge  kluger 
Gedanken  und  emsiger  Mühewaltung.  Er  legt  ein  deutliches  und 
ehrenvolles  Zeugnis  von  dem  Ernst,  dem  Fleiß,  der  Umsicht  und 
der  Treue  ab,  die  in  unserem  Stande  lebt  und  für  die  Jugend 
unseres  Volkes  aufgewandt  wird.    Wir  können  das  Werk  nament* 


454        Alller/ Handbuch  für  Lehrer  an  höheren  Scholeiii^ ' 

lieh  denen  in  die  Hand  geben,  die  am  Staatsruder  sitzen,  damit 
sie  selbst  entscheiden,  ob  wir  es  verdienen,  hinter  den  andern 
Stützen  des  Staates,  der  Gesellschaft  und  Gesittung  zurückstehen 
zu  müssen.  Wir  können  es  aber  auch  mit  gutem  Gewissen  den 
jungen  Pachgenossen  empfehlen  mit  dem  Mahn worte:  Tretet  ein, 
denn  auch  hier  sind  Götter.  Werdet  eine  Zierde  des  Standes, 
nicht  allein  in  Kleidung  und  Manieren,  sondern  auch  in  wissen- 
schaftlicher und  pädagogischer  Durchbildung!  Das  Sammelwerk 
ist  zwar  noch  nicht  vollkommen;  es  ist  nicht  nur  nicht  einheit- 
lich in  den  Ansichten  der  einzelnen  Verfasser  —  das  läßt  sich 
durchaus  nicht  verlangen  — ,  es  ist  auch  in  der  Zumessung  des 
Raumes  und  seiner  Ausnutzung  nicht  ohne  Schwächen,  es  könnte 
auch  hier  und  da  strammer  redigiert  sein,  damit  Wiederholungen 
und  Lücken  vermieden  wurden;  aber  wer  billig  urteilt,  wird  mit 
diesem  ersten  Wurfe  zufrieden  sein.  Eine  zweite  Auflage  wird 
manches  verbessert,  ausgeglichen,  ergänzt,  gestrichen  zeigen,  kurz 
noch  mehr  aus  einem  Gusse  sein.  Aber  ja  nicht  von  einem  schul- 
politischen Standpunkte!  Wenn  z.  B.  Ziehen  den  Frankfurter 
Reformlehrplan  fast  über  den  grünen  Klee  lobt,  möchte  man  die 
Ergänzung  von  Oskar  Weißenfels  (auf  S.  267  f.)  ungern  missen, 
der  das  bekömmliche  Wasser  in  den  Wein  gießt,  und  so  in  andern 
ähnlichen  Fällen. 

Doch  zum  einzelnen!  Julius  Ziehen,  der  Patron  des 
Buches,  hat  das  Vorwort  und  den  ersten  Abschnitt  geschrieben: 
„Der  innere  Organismus  des  höheren  Schulwesens''. 
Dieser  enthält  manches  kluge  Wort.  Bei  seiner  Lektüre  ist  mir, 
wie  schon  öfter  bei  der  unserer  pädagogischen  Klassiker,  der  Ge- 
danke aufgestiegen,  wie  verkehrt  doch  die  Welt  eingerichtet  ist. 
Gerade  die  klügsten,  gewandtesten  Schulmeister  sind  der  Praxis 
der  Schulstube  entruckt  und  können  ihr  Licht  nicht  mehr  vor 
den  Jüngern  vorbildlich  leuchten  lassen.  Man  müßte  diese  Heroen 
der  Methodik,  Didaktik  usw.  staatlicherseits  besonders  gut  besolden 
und  sie  im  Frontdienst  als  Instrukteure  belassen.  Statt  dessen 
macht  man  sie  zu  Verwallungsbeamten  und  stellt  sie  förmlich 
kalt..  Münch,  Matthias,  Ziehen,  Reinhardt  usw.  sind  fast  zu 
Theoretikern  des  grünen  Tisches  geworden,  und  wir  Götter 
x-ten  Grades  sollen  nun  den  Seminarkandidaten  Musterlektionen 
geben!  Wenn  man  nun  lesen  muß,  wie  es  sein  sollte  in  dieser 
bösen  Welt,  und  kann  nicht  zu  jenen  leuchtenden  Vorbildern 
wallfahrten,  um  sich  zu  überzeugen  von  dem  lebendigen  Zusammen- 
hang zwischen  ihrer  Theorie  und  Praxis,  dann  möchte  man  seufzen 
mit  dem  wunden  Adler:  „Weisheit,  du  redst  wie  eine  Taube". 
Ziehen  huldigt  dem  modernsten  Stil:  „Gleichwertigkeit  der  in  ihrer 
Eigenart  frei  entwickelten  Schulen'*  nach  einem  Begräbnis  erster 
Klasse  für  die  Einheitsschule  und  nach  einer  volltönenden  Grab- 
rede auf  das  Gymnasialmonopol.  Nun  sollten,  meint  er,  die  drei 
Schularten    ihren    besonderen  Lehrstoff  gründlich    durcharbeiten, 


angez.  voa  F.  FägDer.  455 

„das  Nebeneinander  disparater  Lehrböcher  durch  ein  eioheitlicbes 
System  von  Böchem,  ein  *  Unterrichtswerk',  ersetzen*'.  Die  Real- 
schule sei  als  organische  *  Kurzform'  der  Oberrealschulen  berechtigt, 
die  Progymnasien  und  Realprogymnasien  seien  nur  Notbehelfe  für 
die  betreffenden  VoUanstalten.  .  Die  Vollanstalt  bilde  einen  ein- 
heitlichen Organismus,  das  müsse  sowohl  der  Längs-  wie  der 
Querschnitt  beweisen;  sie  dürfe  vor  allem  kein  „Dreietagenbau 
ohne  Treppenverbindung  zwischen  den  einzelnen  Stockwerken  für 
die  Person  der  Lehrer"  sein.  —  „Die  äuBere  Organisation 
des  höheren  Schulwesens*'  legt  Julius  Nelson  in  kurzer, 
kkirer,  rein  sachlicher  Weise  dar;  auch  die  „Schuldisziplin*'  hat 
hier  am  Schlüsse  (S.  50  ff.)  eine  kurze  Besprechung  gefunden.  Im 
übrigen  huldigt  der  Verf.  scheinbar  dem  Grundsatze,  dafi  man  zu 
den  Menschen  zehnmal  von  ihren  Pflichten  reden  müsse,  ehe  ein- 
mal von  ihren  Rechten.  Das  holt  ja  dann  in  gewissem  Betracht 
Karl  Fricke  in  Bremen  nach,  der  über  den  Oberlehrerstand, 
seine  geschichtliche  Entwicklung  und  heutige  Lage,  geschrieben 
hat  Indem  er  (S.  60)  über  die  Lehramtsprüfung  spricht,  berührt 
er  sich  zu  enge  mit  Nelson  (S.  39). 

Eine  tüchtige  Arbeit  ist  die  Abhandlung  Hans  Vollmers 
(Hamburg)  über  „Evangelische  Religionslehre".  Sie  be- 
weist, daß  die  Geschichte  einer  Disziplin  auf  etwa  20  Seiten  dar- 
gestellt werden  kann.  Wenn  das  bei  der  Religion  möglich  gewesen 
ist,  konnte  es  bei  den  meisten  andern  I^hrfächern  noch  leichter 
durchgeführt  werden.  Ferner  zeichnet  sich  Vollmers  Bericht  vor 
fast  allen  übrigen  durch  ausreichende  und  genaue  Literatur  angaben 
aus;  auch  kurze  Urteile  über  die  angegebenen  Bücher  sind  mehr- 
fach beigefügt,  könnten  aber  noch  zahlreicher  sein.  Drittens  ist 
die  Obersicbtlichkeit  seiner  Disposition  löblich:  der  Geschichte 
folgen  „Prinzipien  und  Methode*S  diesen  „Lehrgang  und  Schul- 
bücher*'. Die  Wünsche  und  Befürchtungen  des  Verf.  sind  über 
das  Ganze  zerstreut.  Ich  würde  sie  in  einem  letzten  Abschnitte 
zusammen  dargestellt  haben.  Auf  den  Inhalt  lasse  ich  mich  nicht 
ein,  besonders  da  der  Standpunkt  Vollmers  nicht  ganz  der  meinige 
ist.  Das  hindert  mich  nicht,  seine  Arbeit  voll  anzuerkennen. 
Auch  was  er  über  das  Hebräische  gesagt  hat,  ist  verständig  und 
richtig.  —  Wilhelm  Capitaine  hat  den  Bericht  über  den 
katholischen  Religionsunterricht  geschrieben  „mit  Appro- 
bation des  Hw.  apostolischen  Vikars  von  Sachsen  und  Genehmigung 
des  Hw.  Ordinariats  von  Köln*'.  Die  Anordnung  des  Stoffes  ist 
zweckmäßig,  wird  aber  durch  zu  zahlreiche  Cberschriften  und  Ab- 
sitze eher  verdunkelt.  Es  wird  dem  Leser  nicht  weiter  auffallen, 
daB  der  Wind  hier  anders  weht  als  bei  Vollmer,  in  manchen 
Fragen  geradezu  konträr;  vgl.  S.  141  Religion  im  Hittelpunkte  der 
Unterrichtsarbeit,  S.  146  die  Persönlichkeit  des  Religionslehrers  u.a. 
Ich  notiere  für  die  evangelischen  Kollegen  als  sehr  beherzigens- 
wert (S.  145):  „Wünschenswert  wäre  für  den  Religionslehrer  neben 


456        Auler,  Haodbncb  für  Lehrer  ao  höhereo  Sehaleo, 

dem  theologischen  ein  grundliches  philologisches  oder  philosophisches 
Wissen  und  die  Erwerbung  eigentlicher  philologischer  Lehrfakultaten. 
Das  gibt  ihm  Verständnis  für  die  Auffassung  seiner  Kollegen,  das 
erhöht  seine  Brauchbarkeit  im  Betriebe  der  Schule,  und  so  ge- 
winnt er  Anschluß  und  Achtung  im  Lehrerkollegium'*.  Daß  die 
Fakultas  in  Religion  und  Hebräisch  zu  einem  Oberlehrerzeugnis 
genügt  (s.  S.  60  mit  Fricks  verständiger  Bemerkung  über  die 
Differenzierung  der  Unterrichtsfächer),  halte  ich  för  bedenklich,  auch 
für  unbillig  im  Vergleich  zu  andern  Pröfungsgroppen. 

Den  deutschen  Unterricht,  den  Joseph  der  Modernen, 
dem  man  auch  einen  bunten  Rock  anzieht,  wie  Jakob  seinem 
Herzensjungen,  hat  Otto  Lyon  (Dresden)  besprochen.  Seine 
Lieblingsideen  sind  wohl  genügend  bekannt  geworden;  er  bat  sie 
auch  diesmal  als  getreuer  Schüler  Hildebrands  nicht  verleugnet. 
Was  er  über  Sprachgeschichte  und  Wortbildungslehre,  Mundarten, 
Wortinhalt,  Betonungslehre  sagt,  ist  alles  gut  und  richtig,  aber 
für  das  „Handbuch*'  zu  breit  ausgesponnen,  zu  sehr  ins  einzelne 
gehend,  betrifft  auch  keineswegs  das  Deutsche  allein,  sondern 
jeden  Sprachunterricht.  Dazu  kommt,  daß  man  manche  allgemeine 
Bemerkung  an  diesem  Orte  nicht  erwartet.  Wohin  sollte  das 
führen,  wenn  jeder  Mitarbeiter  seine  pädagogische  Weisheit  aus- 
kramen wollte;  vgl.  z.  B.  S.  195:  „Nie  zeige  sich  der  Lehrer  als 
ein  hochmütiger  und  dünkelhafter  Besserwisser,  sondern  als  warm- 
herziger Freund  und  Kamerad  des  Schülers^'.  Lyons  Maxime 
lautet  (S.  196):  Im  Mittelpunkte  des  deutschen  Unterrichts  hat 
gar  nicht  die  Lektüre,  sondern  vielmehr  der  Aufsatz  und  der  freie 
Vortrag  zu  stehen'S  Im  allgemeinen  kann  man  ihr  beistimmen, 
namentlich  wenn  man  an  den  Unfug  der  Zerfaserung  des  Lehr- 
stoffes denkt,  in  der  sich  philologisierende  und  ästhetisierende 
Lehrer  des  Deutschen  gefallen.  Lyon  will  den  Schüler  vor  allem 
in  die  Sprache  des  16.  Jahrhunderts  eingeführt  wissen,  aber 
„Herder  kann  eine  gesonderte  Besprechung  nicht  beansprucheQ*^ 
Solche  Ansichten  werden  vielfach  Widerspruch  erregen.  Natürlich 
finden  sich  daneben  viele  gute  Bemerkungen.  Bedauerlich  ist  der 
Mangel  einer  kurzen  Geschichte  des  deutschen  Unterrichts;  gerade 
das  möchte  man  doch  erfahren,  auf  welchem  Wege  dieser  zu 
seiner  jetzigen  „zentralen  Stellung''  gelangt  isL  Der  Raum  zu 
einer  solchen  hätte  sich  durch  Beschränkung  an  andern  Stellen 
gewinnen  lassen.  —  Alfred  Rausch  (Halle)  hat  die  philo- 
sophische Propädeutik  behandelt  Dieses  Kapitel  ist  nach  An- 
lage und  Durchführung  eines  der  gelungensten  im  ganzen  Buche. 
Einteilung:  1.  Geschichtlich,  2.  Theoretisch,  3.  Praktisch.  Alles 
klar,  knapp,  verständlich,  treffend.  Rausch  tritt  bekanntlich  für 
schulphilosophischen  Unterricht  ein,  der  (S.  230)  den  philosophisch 
orientierten  Fachunterricht  voraussetze,  aber  doch  einen  selb- 
ständigen Lehrgang  unternehme,  der  nicht  sowohl  für  das  wissen- 
schaftliche Studium    vorbereiten,    als    vielmehr   die    Schulwissen- 


aogez.  voD  F.  FiigDer.  457 

Schäften  abschließen  wolle.  Rausch  ist  mit  der  Ausarbeitung  einer 
solchen  Scbulphilosophie  beschäftigt  So  schwer  die  Aufgabe  ist, 
von  ihm  können  wir  etwas  Brauchbares  erwarten.  Man  muB  auf 
die  Entwicklong  der  ganxen  Frage  äußerst  gespannt  sein;  denn 
sie  ist  für  die  Zukunft  der  höheren  Schulen  von  der  größten  Be- 
deutung. Kann  man  doch  jetzt  von  einem  Abschluß  unserer 
onterrichtlicben  Tätigkeit  nur  in  einem  unvollkommenen,  äußer- 
lichen Sinne  reden.  Das  gilt  schon  mehr  oder  weniger  von  dem 
einzelnen  Fache,  von  ihrer  Gesamtheit  aber  in  hohem  Grade; 
denn  die  höhere  Schule  als  „Organismus"  ist  im  wesentlichsten 
Stücke,  in  der  Gravitation  aller  Fächer  nach  einem  geistigen 
Ziele  trotz  aller  Ansätze  und  schönen  Worte  doch  immer  noch 
nichts  als  eine  Idee  (vgl.  Ziehen  auf  S.  25).  Zunächst  durfte  uns 
eioe  Schulphilosophie  im  Sinne  von  Rausch  zeigen,  wie  weit  wir 
Doch  von  der  Verwirklichung  des  Ideals  entfernt  sind.  Und  das 
wäre  schon  ein  großer  Vorteil. 

Unser  kluger,  feinsinniger  Oskar  Weißenfels,  der  nun  als 
^ikc  iay  auf  unsere  Welt  herabschaut,  hat  über  Lateinisch 
und  Griechisch  eine  Fölle  trefflicher  Bemerkungen  veröffent- 
licht Sein  konservativer  Sinn,  der  indessen  von  Reaktionsgelösten 
Tdilig  frei  war  und  der  „Forderung  des  Tages''  sich  nicht  ver- 
KJiloß,  verleugnet  sich  natdriich  nicht.  Er  gehörte  zu  den  un- 
scbätzbaren  Freunden  des  humanistischen  Gymnasiums,  die  mehr 
noch  durch  ihre  Persönlichkeit  wirken  als  durch  ihre  Worte  und 
Taten,  so  wertvoll  und  bedeutend  auch  diese  an  sich  waren  und 
Ueiben.  Er  selbst  war  ein  lebendiger  Beweis  von  dem  jung  und 
warm  erhaltenden  Leben,  das  aus  der  angestrengten  Beschäftigung 
mit  dem  Altertum  strömt  und  die  Gegner  durch  den  Beweis  des 
Geistes  und  der  Kraft  niederzwingt.  Darum  war  er  auch  vor 
andern  berufen,  über  den  Unterricht  in  den  alten  Sprachen  zu 
berichten.  Weißenfels  hält  den  grammatischen  Unterricht  hoch 
und  spricht  einer  gesunden  Methode  das  Wort;  im  Griechischen 
scheint  er  fast  zu  viel  Grammatik  zu  fordern  und  auf  die  Ergeb- 
nisse des  Lateinischen  nicht  genug  Rücksicht  zu  nehmen.  Der 
grammatische  Betrieb  im  Griechischen  muß  und  darf  knapper, 
gedrängter  sein  als  im  Lateinischen.  Weißenfels  ist  kein  Freund 
der  Skelettgrammatiken.  Sehr  mit  Recht  betont  er,  daß  die 
Grammatik  nicht  nur  die  Dienerin  der  Lektüre  sein  dürfe,  sondern 
lichtig,  d.  h.  wissenschaftlich  und  mit  Geist  gelehrt  und  erklärt, 
ihre  hohe  selbständige  Bedeutung  habe  (S.  252  ff.)-  Dasselbe  gilt 
Ton  der  Stilistik,  Rhetorik  und  Synonymik.  Der  Wert  der  Lektüre 
und  die  Einführung  in  sie  wird  trefflich  geschildert.  In  der  Be- 
wertung der  einzelnen  Autoren  geht  W.  hier  und  da  eigene  Wege. 
Für  Cäsar  und  Tacitus  hat  er  nicht  viel  übrig,  mehr  für  Sallust 
und  Livius,  am  meisten  für  Cicero,  den  er  kaum  dringend  genug 
empfehlen  kann:  „Solange  das  Griechische  mit  dem  Lateinischen 
nicht  die  Rolle  im  Lehrplane  der  Gymnasien  gewechselt  bat,  wird 


.458        Aaler,  Haodbacb  für  Lehrer  ao  höheren  Schalen, 

es  das  Natürlichste  sein,  die  Beschäftigung  mit  dem  Altertum  io 
ihm  und  in  Horaz  als  in  den  alles  resümierenden  Schriftstellern 
gipfeln  zu  lassen"  (S.  278).  „Was  die  Gesamtheit  von  Giceros 
Schriften  an  edlem  Lehrstoff  bietet,  ist  so  erstaunlich  reich  und 
vielseitig,  daß  ein  Teil  davon  för.alle  Klassen  des  Gymnasiums 
ausreichen  wfirde.  Nur  etwas  Dichterlektöre  mußte  sich  noch 
hinzugesellen"  (ebenda).  Ovid  möchte  er  in  größerem  Umfange 
als  gewöhnlich  heranziehen,  fflr  Vergil  hat  er  hohes  Lob  bereit: 
„Wer  in  der  Äneide  nur  einen  Widerschein  der  Homerischen 
Dichtung  erblickt  und  deshalb  meint,  auf  Vergil  sei  zu  verzichten, 
weil  ja  doch  die  bessere  Originaldicbtung  im  Gymnasium  gelesen 
werde,  beßndet  sich  im  Irrtum^  (S.  285).  Aber  für  I[  sei  Vergil 
zu  schwer,  und  in  I  habe  man  för  ihn  keinen  Platz.  Was  über 
Horaz  gesagt  ist,  sind  goldene  Worte.  Um  für  einiges  von  TibulJ, 
IMinius,  Seneca  u.  a.  Zeit  zu  gewinnen,  was  an  sich  sehr  wünschens- 
wert sei,  müsse  man  die  „kriegsgeschichtliche  Lektüre*^  ein- 
schranken. Von  Privatlekture  könne  heutzutage  leider  kaum  noch 
die  Rede  sein.  —  Nach  seiner  Natur  neigte  Weißenfels  gewiß 
dem  Griechischen  mehr  zu  als  dem  I^ateinischen,  aber  sein 
pädagogisches  Gewissen  bewahrte  ihn  davor,  dieser  Neigung  nach- 
zugeben und  nach  vieler  Vorgang  zu  verlangen,  die  beiden  alten 
Sprachen  sollten  ihre  Rollen  am  Gymnasium  tauschen.  Er  be- 
kennt vielmehr,  „daß  das  starke,  durch  griechische  Einflüsse  ver- 
edelte Römertum  för  werdende  Menschen  ein  besserer  Erzieher 
ist  als  das  feinere,  leiser  wirkende  Griechentum"  (S.  295).  Und 
hier  sei  nicht  dem  Schlagworte  Hellenismus,  noch  dem  äußerlichen 
Realismus  zu  huldigen,  sondern  stets  das  Substantielle,  Bildendste 
aus  der  Fülle  des  Stoffes  auszuwählen.  Ohne  gründliche  gram- 
matische Belehrung  und  Übung  gehe  es  freilich  nicht  ab,  jedoch 
stehe  hier  die  Lektüre  noch  mehr  im  Vordergrunde  des  Interesses 
als  beim  Lateinischen.  „Zeit  zu  gewinnen  ist  nur  durch  eine 
von  zeitraubenden  Pedanterien  sich  fernhaltende  Behandlung  der 
Lektüre"  (S.  300);  ich  glaube,  auch  von  der  Behandlung  der 
Formenlehre  trifft  dies  mehr  zu,  als  Weißenfels  es  Wort  haben 
will.  Betreffs  der  Lektüre  ist  erwähnenswert,  daß  Weißenfels 
Demosthenes  warm  und  mit  ausführlicher  Begründung  empfiehlt. 
Ich  möchte  ihn  auch  nicht  missen,  aber  der  Lehrer  muß  ihn 
fleißig  und  geschickt  vorlesen,  ehe  es  ans  Präparieren  und  Ober- 
setzen geht.  Homer  zum  Teil  lesen  ohne  nachfolgende  Über- 
setzung ist  möglich,  ohne  Lesen  ihn  übersetzen  lassen,  ist  ver- 
werflich. Ich  nehme  von  Weißenfels'  feiner  Arbeit  mit  Dank  Ab- 
schied,^'^indem\'ich  nur  bedauere,  daß  die  Literaturangaben  gar 
nicht  auf  der  Höhe  stehen. 

Französisch  und  Englisch  sind  von  0.  Boerner  und 
E.'^Sti eh  1  er  [(Dresden)  zusammen  bearbeitet.  Da  ist  zunächst 
sehr  zu  bedauern,  daß  der  geschichtliche  Teil  nicht  mit  auf- 
genommen   ist.    Er   ist   in   den  Neuen.  Jahrbüchern  (1906)  er- 


aogez.  voD  F.  Pagoer.  459 

scbieneii   und   wird  wahrscheinlich  gesondert  ausgegeben  werden. 
Freilich  ist  er  für  das  Handbuch  asu  ausführlich  geworden.   Hoffentlidi 
laBtsich  ffir  die  zweite  Auflage  Abhilfe  schaffen;  denn  der  Käufer 
des  Handbudies  kann  erwarten,  daß  er  etwas  mehr  über  die  Ge- 
schichte des  neusprachlichen  Unterrichts  erfährt;   es  braucht  nur 
das  gebracht   zu    werden,    was  zur  Erklärung  des  gegenwärtigen 
Betriebes  beitragt,   und  manches  derart  ist  ja  auch  aufgenommen 
worden.    Sehr  ausführlich  schildern  die  Gutachten  die  verschiedenen 
Metboden   und    die   ihnen    dienenden  Lehrbücher.     Das  mag  für 
diesen  Unterrichtszweig  besonders  nötig  und   nützlich    sein,    geht 
aber  m.  EL  über  den  Plan  des  Handbuches  hinaus  und  schmeckt 
zuweilen  etwas  nach  pro  domo.    Das  soll  kein  Vorwurf  sein;  denn 
bei  einer  ausführlichen  Darlegung  der  Sachlage  lieB  sich  das  kaum 
nrmeiden.    Obrigens  ist  durchaus  anzuerkennen,  daß  dieser  ganze 
Abschnitt   sehr   sorgfältig  und  fleißig  gearbeitet  ist  und  über  den 
üiteressanten  Hethodenstreit  vorzüglich  aufklärt.     Und  das  ist  die 
Hauptsache.     Auch    in    der  Wahl   der  Lektüre   ist  der  brausende 
Gischt  der  Modernrealisten  so  ziemlich  verflogen,  selbst  zu  Cbresto- 
mathien    fangt   man    wieder  schüchtern  an  zu  greifen.     Wie  der 
Cnlerricht  in  den  neueren  Sprachen    den  Wettbewerb   mit   dem 
in  den  alten   bestehen  will,    wenn  man  nicht  auf  den  ethischen 
Wert  der  Lektüre  vor  allem  achtet,    ist  in  der  Tat  nicht   einzu- 
^en.    Nasenklammer   und  Stadtplan   von  London    mit  How  do 
fOQ  do-Geplapper  vermögen  das  nicht.     Eine  Obersicht  über  die 
klr.  LehrpUne  in  den  verschiedenen  Bundesstaaten  und  über  die 
wichtigsten  Lehrbücher   mit   ausführlicher  Beurteilung   beschließt 
den  wertvollen  Abschnitt,    der   uns  beweist,    wie  eifrig  man  auf 
den  Gebiete  des  neusprachlichen  Unterrichts  am  Werke  ist,    die 
Methode    wissenschaftlich    zu   vertiefen    und   den  Lesestoff  einer 
böheren  Schule  angemessen  zu  wählen  und  auszunutzen. 

Die  Geschichte  ist  von  A.  Auler  (Dortmund)  behandelt 
worden.  Die  Geschichte  des  Faches  und  die  Besprechung  der 
Klassenpensen  ist,  um  Raum  zu  sparen,  wie  manche  andern  Stücke 
des  Boches,  in  Petit  gesetzt  worden.  Ich  kann  das  nicht  billigen ; 
denn  unwichtiger  als  das  andere  sind  diese  Abschnitte  doch  nicht. 
Wenn  etwas  Petitsatz  vertrug,  waren  es  die  Literajturangaben  und 
Daturlich  alle  Anmerkungen.  Ober  die  Stellung  des  Geschichts- 
unterrichts spricht  sich  Auler  sehr  verständig  und  entgegenkommend 
aus;  mit  Recht  weist  er  den  —  mir  übrigens  noch  nicht  be- 
gegneten —  Anspruch  zurück,  daß  er  der  Lektüre  zu  dienen 
habe:  die  Umkehrnng  dieses  Satzes  ist  mir  durchaus  geläufig  und 
genehm.  Nur  ist  dann  auch  vom  Gescbichtslehrer  zu  erwarten, 
daB  er  die  hier  und  da  gegebenen  geschichtlichen  Anregungen 
und  Belehrungen  in  seinen  Stunden  sammele  und  geschickt  ver- 
werte. Ich  glaube  nicht,  daß  dies  immer  hinreichend  geschieht. 
Vielfach  beherrscht  wohl  das  Lehrbuch  oder  der  Leitfaden  den 
Gang  xk\\i  den  Stoff  des  Unterrichts  zu  ausschließlich.    Gewiß  kann 


460        Aaler,  Haodboch  für  Lehrer  ao  höheren  Scholeo^ 

die  Geschichfe  ein  KoDzeDtratioDsfach  sein  und  sollte  es  sein, 
aber  dann  muß  der  Lehrer,  einer  Biene  gleichend,  aus  den  übrigen 
Fächern  das  geschichtlich  Wertyolle  zusammentragen  und  zu  Honig 
machen.  In  engste  Beziehung  möchte  Auler  die  Geschichte  zur 
Erdkunde  setzen,  da  deren  Geschichte  ein  Hauptstuck  der  Welt- 
geschichte sei  (nach  Ratzel).  Es  ist  bezeichnend,  daß  der  Berichter 
über  die  Erdkunde,  Felix  Lampe  (Berlin),  sie  gerade  mit 
Entschiedenheit  auf  naturwissenschaftliche  Grundlage  stellt.  Man 
kann  ihm  im  Grunde  nicht  unrecht  geben ;  dann  ist  aber  zu  ver- 
langen, daß  der  Geographielehrer  ober  ein  beträchtliches  geschicht- 
liches Wissen  verfögt  und  also  ein  so  wertvolles  Glied  des  Lehr- 
körpers darstellt,  das  zu  der  Wertung  seines  Faches,  wie  sie  nun 
einmal  ist,  im  falschen  Verhältnis  steht.  Die  Unzufriedenheit  der 
Kollegen  von  der  Erdkunde  ist  wohl  zu  verstehen,  aber  sie  zu 
beseitigen  zeigt  sich  keine  Möglichkeit.  Der  Verf.  hat  das  moralische 
Recht,  von  seinem  Fache  hoch  zu  denken;  ihm  wohne,  meint  er 
(S.  405),  bei  rechter  Erteilung  die  Wärme  des  deutschen,  die  Be- 
geisterungskraft des  geschichtlichen  Unterrichts  inne.  An  einer 
andern  Stelle  nennt  er  es  „Gesinnungsunterricht'*.  Natürlich 
dürfe  solchen  wichtigen  und  schweren  Unterricht  nur  ein  „Fach- 
mann*' erteilen.  Verdenken  kann  man  es  ihm  wahrlich  nicht, 
wenn  er  gegen  die  Verhökerung  der  geographischen  Stunden,  „um 
die  Zahl  zu  füllen*',  eifert;  diese  arithmetischen  Übungen  mancher 
Direktoren  sollten  in  der  Tat  aufhören.  Die  Ausführungen  über 
die  Methode  zeigen  den  erfahrenen  Mann;  beherzigt  man  sie,  so 
läßt  sich  auch  bei  der  nach  Ansicht  des  Verfassers  verkehrten 
Verteilung  der  Unterrichtsstunden  auf  die  verschiedenen  Klassen, 
wie  sie  üblich  ist,  gewiß  manches  noch  besser  machen,  aber  sein 
Ideal  wird  in  dieser  mangelhaften  Welt  schwerlich  jemals  erreicht 
werden. 

Der  Unterricht  im  freien  Zeichnen  ist  von  Fritz  Kuhl- 
mann beurteilt  worden.  „Das  Zeichnen  soll  eine  freie,  auf  per- 
sönlicher Auffassung  und  Empfindung  beruhende  Obung  in  der 
Darstellung,  also  eine  Kunst,  und  die  Natur  ihre  Lehrmeisterin 
sein''.  Das  mechanische  Kopieren  von  Vorlagen  ist  also  verpönt 
Aber  gerade  diese,  die  Methode  P.  Schmids,  hat  dem  Zeichen- 
unterricht im  Lehrplan  der  höheren  Schulen  erst  eine  Stätte  ver- 
schafTt,  weil  sie  einen  wissenschaftlichen  Anstrich  hatte.  Man 
vergleiche  dazu  die  konstruktive  Methode  Fedor  Flinzers  in  Leipzig 
und  die  Grundsätze  des  Vereins  deutscher  Zeichenlehrer,  in  denen 
die  Berücksichtigung  der  Neigung  und  Begabung  des  Schülers 
strikt  verworfen,  strenger  Massenunterricht  bis  zur  höchsten  Stufe 
verlangt,  die  Natur  unbedingt  vom  Unterrichte  ausgeschlossen 
wurde.  Als  diese  Methode  1873  mit  einem  modern  geschulten 
Zeichenlehrer  in  Zerbst  eingeführt  wurde,  legten  wir  Primaner  in 
passivem  Widerstände  den  Zeichenstift  nieder.  Diese  Richtung 
blieb  trotz  der  Lehrpläne,  die  weit  kunstfreundlicher  lauteten,  im 


aoget.  voi  P.  Piigner.  46t 

wesentUchen  herrschend.  Bekaontlich  ist  seit  einiger  Zeit  ein 
gründlicher  Umschwung  eingetreten;  und  es  werden  so  treffliche 
Leistungen  vorgezeigt,  daß  man  obligate  zwei  Zeichenstunden  bis 
Prima  hinauf  unsern  Schölem  dringend  wünschen  muß.  Der 
Verfasser  geht  freilich  noch  weiter,  wenn  er  schließt:  „Die  Zu- 
kunft des  Zeichenonterrichts  und  seine  Bedeutung  '  für  unsere 
höhere  Schule  und  das  Leben  hängen  deshalb  durchaus  mit  da- 
von ab,  daß  das  Zeichnen  in  allen  Lehrßchern  neben  der  Sprache 
ab  Ausdrucksmittel  praktisch  -  zur  Anwendung  kommt  und  als 
solches  auch  bei  der  Beurteilung  des  Schülers,  bei  Versetzungen 
and  Prüfungen,  gewertet  wird*% 

Sympathisch  stehen  wir  auch  den  Ausführungen  von  Karl 
Jansen  über  den  Gesangunterricht  gegenüber.  Er  wird 
jetzt  ungebührlich  vernachlässigt,  Dispensationen  werden  zu  leicht 
bewilligt,  sein  ethischer,  hygienischer  und  ästhetischer  Wert  wird 
anterschätzt  (vgl.  in  dieser  Zeitschrift  den  Aufsatz  von  H.  Eick- 
hoff,  Jahrg.  LYIII  S.  273  ff.).  Hart  klingt  der  Vorwurf:  „Hätte 
man  die  guten  Dienste  des  Gesangchores  nicht  bei  den  Schul- 
festen so  unbedingt  nötig,  der  Gesangunterricht  wäre  vielleicht 
schon  längst  aus  dem  Lehrplan  der  höheren  Schulen  ver- 
Khirnoden^S  aber  seine  Entstehung  ist  begreiflich.  Das  Turnen 
mit  Dependenzen  hat  jetzt  alles  technische  Interesse,  wie  es 
sefaeint,  absorbiert  Gegen  frühere  Zeiten  ist  die  Pflege  des  Ge- 
•aoges  in  den  Schulen,  namentlich  in  der  l^teinschule,  stark  zu- 
rückgegangen. Das  betrifl't  auch  vielfach  die  Person  des  Lehrers 
oach  seiner  Vorbildung;  Oberlehrer  als  Chorleiter  sind  selten  ge- 
worden, sie  sind  aber  hier  gewiß  eher  am  Platze  wie  als  Turn- 
leiler  und  Trockenschwimmlehrer.  Ich  wiederhole  die  zitierten 
Worte  Baumeisters  (S.  604):  „Der  Gesangonterricht  an  höheren 
Lehranstalten  ist  ein  durchaus  jedes  wissenschaftlich  gebildeten 
Lehrers  würdiges  Fach,  dessen  Ausfüllung  neben  der  erforderlichen 
Begabung  eine  allseitige  feine  Bildung  erheischt,  dessen  unmittel- 
bare Einwirkung  auf  Geist  und  Gemüt  der  Zöglinge  —  die 
Kenner  des  Altertums  wissen  es  ja  —  bei  richtiger  Führung  von 
keinem  andern  Schulfache  übertreffen  werden  dü^fte'^ 

Turnen  von  Ed.  Weede.  Wie  anders  mutet  mich  dies 
Zeichen  an!  Die  Sonne  der  Huld  bestrahlt  es  warm,  natürlich 
nach  dem  Urteil  der  Fachleute  noch  lange  nicht  warm  genug. 
Eine  Stunde  Turnen  täglich  wäre  noch  immer  kein  Gegengewicht 
gegen  die  geistige  Arbeit.  Was  seien  also  drei  Stunden  wöchent- 
lich! Der  obligatorische  Spielnachmittag,  der  demnächst  fällig 
«ird,  sei  eine  kümmerliche  Abschlagszahlung.  „Körper  und  Geist'' 
heißt  die  gesunde  Abfolge;  überwunden  ist  mens  sana  in  corpore 
sano,  eine  rückständige  Konstruktion!  Weede  ist  kein  Heißsporn, 
mit  ihm  läßt  sich  reden.  Auch  seine  Ansicht  von  den  Vorzügen 
eines  Fachturnlehrers  dürfte  Beifall  finden.  Wie  erklärlich, 
kommt   auch  Erich  Wernicke   in    der   „Schulhygiene'*    auf 


462        Aaler,  Haodboch  für  Lehrer  aq  höhereo  Sehnleo, 

die  gesundheitliche  Bedeutung  des  Turnens  und  mehr  noch  der 
Jugendspiele  zu  sprechen.  Der  Abschnitt  orientiert  überhaupt 
gut  über  alle  die  Fragen,  die  hier  auf  der  Tagesordnung  stehen. 
Die  Lektüre  ist  nicht  nur  für  jüngere  Lehrer  lehrreich,  sondern 
für  jedermann,  wenn  sie  auch  nur  die  Augen  darüber  öffnen 
sollte,  wie  viel  noch  auf  diesem  Gebiete  zu  tun  bleibt. 

Indem  ich  zum  Schluß  bemerke,  daß  über  die  mirjfem 
liegenden  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Fächer  Herr  Prof. 
Dr.  Lautenschläger  den  Bericht  freundlichst  übernommen  hat,  der 
sich  dem  meinigen  anschliefst,  nehme  ich  von  dem  Uandbache 
mit  warmem  Danke  an  die  Herren  Mitarbeiter  Abschied.  Selbst 
der  kurze  Oberblick  wird  allen  Lesern  beweisen,  daß  wir  ein 
wertvolles  Mittel  für  Ausübung  und  Schätzung  unseres  Berufes  in 
diesem  Sammelbande  erhalten  haben.  Gingen  flreilich  die  Wünsche 
jedes  einzelnen  für  sein  Fach  in  Erfüllung,  so  müßten  unsere 
Jungens  zum  Schornstein  hinaus ;  der  übliche  Ausdruck  „die  Wände 
hinauf"  reichte  dann  nicht  aus.  Zu  ihrem  Glücke  verfügen  sie 
freilich  über  eine  erkleckliche  Dosis  passiver  Resistenz.  Möge  ihnen 
die  bleiben!  Dem  Herrn  Verleger  machen  wir  aber  den  Vorschlag, 
die  einzelnen  Teile  des  Handbuches  auch  in  Separatheften  aus- 
zugeben. Cr  wird  damit  vielen  einen  Gefallen  tun.  Oder  er  ver- 
spricht jedem  Käufer  des  ganzen  Handbuches  das  ihn  besonders 
interessierende  Sonderheft  als  unentgeltliche  Beigabe,  dem  Neu- 
sprachler natürlich  auch  die  Geschichte  der  Disziplin  aus  den 
Neuen  Jahrbüchern.  Dann  käme  das  Buch  wirklich  „unter  die 
Leute". 

Hannover.  F.  Fügner. 


Rechnen  und  Mathematik  von  Heinrich  Müller,  in 
der  vorausgeschickten  Skizze  über  die  geschichtliche  Entwicklung 
des  mathematischen  Unterrichts  seit  dem  16.  Jahrhundert  entwirft 
der  Verf.  ein  gutes  Bild  des  Wechsels  von  Auf-  und  Niedergang 
dieses  Unterrichtszweiges  und  sucht  dabei  auch  mit  den  teil- 
weise ganz  entgegengesetzten  Ansichten  einiger  bedeutender 
Männer  über  den  Wert  der  Mathematik  bekannt  zu  machen,  eine 
Einleitung,  die  wohl  geeignet  ist,  nicht  nur  den  Sdiulmann  zu 
belehren,  sondern  auch  bei  den  Fernerstehenden  Interesse  zu  er- 
wecken. 

Der  den  Umfang  und  die  Lehrziele  des  Unterrichts  be- 
sprechende Abschnitt  enthält  eine  große  Menge  methodischer  und 
didaktischer  Bemerkungen,  von  und  zu  denen  wegen  des  be- 
schränkten Raumes  nur  einiges  angeführt  werden  kann.  Bei  der 
Einfuhrung  in  das  Rechnen  mit  mehrfach  benannten  Zahlen  in  VI 
empfiehlt  der  Verf.  mit  solchen  Benennungen  zu  beginnen,  die 
dem  Erfahrungskreis  der  Schüler  naheliegen,  also  nicht  mit  den 
Längen-,  Flächen-  und  KörpermaJBen.    Bei  diesen  ist  die  dezimale 


aigez.  voo  11.  Laateoschlaeger.    -  463 

Schreibweise  nur  zur  AbkürzuDg,  init  der  im  GeschUtslebfin  ge-*. 
käachlJGheD  Leseweise,  einzuföhren.  Die  in  den  LehrpUnep  für 
die  TI  empfohlene,  selbstverständlich  sich  nur  auf  die  Anschauung 
stützende  Vorbereitung  der  Bruchrechnung  wird  sich  im  allge- 
meinen nur  auf  das  restlose  Teilen  einer  benannten  durch  eine 
unbeoannte  Zahl  und  eine  andere  Schreibweise  erstrecken.  Auch 
die  Aufstellung  der  Regeln  für  das  Kurzen  und  Erweitern  geht 
meines  Erachtens  zu  weit,  sie  ist  wohl  auch  entbehrlich;  dasselbe 
gilt  Ton  der  Darstellung  eines  Quotienten  als  unbenannte  Bruch- 
xahl.  Auf  die  Frage  nach  der  Stellung  der  Bruchrechnung  und 
des  Rechnens  mit  dezimalen  Zahlen  will  der  Verfasser  zwar  nicht 
näher  eingehen,  dennoch  gerät  er  über  diesen  Punkt  in  eine 
Polemik  gegen  Simon,  über  die  sich  nur  Leser,  die  Simons  sämt- 
liche „Gründe"'  kennen,  ein  genaueres  Urteil  bilden  kennen.  Nach 
meioero  Gefühl  hätte  es,  zumal  doch  die  Frage  nur  gestreift 
werden  sollte,  genügt,  den  gegen  Simon  abweichenden  Standpunkt 
des  Verfassers,  wenn  hier  überhaupt,  in  einer  kurzen  Fußnote 
anzabringen.  Dem  Vorschlug,  durch  flerübemahme  der  Einleitung, 
der  Addition  und  Subtraktion  der  Dezimalzahlen  nach  V  das 
Pensum  der  IV  zu  verkleinern,  kann  man  zustimmen,  zu  Auf- 
jnben  aus  der  Hischungs-  und  Terminrechnung  dürfte  aber  in 
der  IV  der  Gymnasien  und  Realgymnasien  meistens  die  Zeit  fehlen. 
Der  Verf.  kommt  dann  ausführlich  auf  die  angewandten  Aufgaben 
ZQ  sprechen,  die  als  wichtiges  Material  für  die  formale  Aufgabe 
des  Rechenunterrichts  zu  betrachten  seien,  da  sie  nicht  nur  zu 
wioer  Belebung,  sondern  auch,  indem  sie  den  Schüler  zwingen, 
die  Art  und  Reihenfolge  der  Rechnungsarten  selb;st  zu  bestimmen, 
wesentlich  zur  Ausbildung  seiner  Urteilskraft  beitragen. 

Für  die  Behandlung  der  planimetrischen.Kenstruktionsaufgaben 
zeigen  die  methodischen  Bemerkungen  der  preußischen  Lehrpläne 
einen  deutlichen  Weg.  Der  Verf.  betont  mit  Recht  die  Wichtig- 
keit einer  sorgfältigen  Analysis  und  spricht  die  Ansicht  aus,  daß 
der  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  Konstruktion  nicht  jedesmal 
ZQ  verlangen  sei.  In  der  Tat  wird  durch  einen  solchen  Verzicht 
manche  Arbeit  gespart.  Er  darf  aber  —  und  dieser  Hinweis  ist 
für  Anfanger  im  Lehramt  notwendig  —  erst  eintreten,  nachdem 
«ine  größere  Anzahl  Aufgaben  durchgeführt  worden  sind  und  die 
Schaler  den  Unterschied  in  der  Entwicklung  der  drei  Hauptteile, 
Analysis,  Konstruktion  und  Beweis,  klar  erfaßt  haben. 

In  der  Arithmetik  bespricht  der  Verfasser  die  Gleichungen 
dritten  Grades  mit  mindestens  einer  ganzzahligen  Wurzel  und 
gibt  das  Ldsungsverfahren  an.  Sollte  der  theoretische  wie  prak- 
tische Wert  derartiger  Gleichungen  nicht  überschätzt  werden? 
Für  ihre  Heranziehung  am  Gymnasium  kann  ich  mich  jedenfalls 
nicht  erwärmen.  Es  bleibe  dahingestellt,  ob  sie  nicht  ebenso  wie 
die  der  Kardanischen  Formel  als  eine  Gberschreitung  des  vor- 
geschriebenen  Ziels   anzusehen   wäre;    ich   halte   sie   für    wenig 


464        Aoler,  H«iidbdch  für  Lehrer  ao  hSllereo  Seholen, 

fruchtbringend  und  wenig  im  Sinne  der  neueren  Bestrebungen 
liegend  und  daher  f&r  entbehrlich.  Den  Ansichten  des  Verf.  Aber 
die  Einführung  der  Schuler  in  den  Koordinatenbegriff  stimme  icb 
voll  asu.  Soll  die  ffir  die  Behandlung  der  Gerade^  und  des  Kreises 
verwandte  Arbeit  von  erkennbarem  Nutzen  bleiben,  so  darf  die 
analytische  Methode  auch  bei  der  Behandlung  der  Kegelschnitte 
nicht  umgangen  werden.  Natürlich  ist  die  Anwendung  der  ele- 
mentaren Planimetrie  nicht  auszuschliefien. 

Der  Vei'f.  empfiehlt  dann  die  Nutzbarmachung  der  mathemati- 
schen Operationen  und  naturwissenschaftlichen  Kenntnisse  der 
Schölcr  für  eine  philosophische  Propädeutik  auf  naturwissenschaft- 
licher Grundlage,  ein  bekannter  und  nicht  grundsätzlich  abzu- 
weisender, jedoch  wegen  der  Kürze  der  zur  Verfügung  stehenden 
Zeit  in  dem  angedeuteten  Umfange  schwer  ausführbarer  Vor- 
schlag. 

Schließlich  geht  der  Verf.  auf  die  Kl  ein  sehen  Bestrebungen 
ein,  zeigt  sich  als  ihr  Anhinger  in  der  Forderung,  den 
Funktionsbegriff  in  den  Hittelpunkt  des  mathematischen  Unter- 
richts zu  stellen,  warnt  aber  dringend  vor  Umgestaltungen  des 
letzteren  und  Erweiterung  der  Lehrziele,  und  diesem  vermittelnden 
Standpunkt  werden  die  meisten  Fachkoilegen  am  Gymnasium  bei- 
treten, nicht  minder  auch  seinen  sich  zu  einem  energischen  Ein- 
spruch verdichtenden  Ausführungen  gegen  die  zu  weit  gehenden 
Forderungen  Kleins  in  betreff  der  Einführung  der  Differential- 
und  Integralrechnung  in  allen  höheren  Schulen.  Auch  in  dem 
folgenden  Abschnitt  über  den  Unterricht  an  Realgymnasien  und 
Oberrealschulen  hält  er,  nachdem  die  verschiedenen  Meinungen 
zu  Worte  gekommen  sind,  an  seinem  Standpunkt  im  ganzen  fest, 
indem  er  nur  für  die  Oberrealsehulen  die  Berechtigung  der 
Forderungen  auf  Einführung  oder  richtiger  Wiedereinführung  der 
Grundlehren  der  Infinitesimalrechnung,  sofern  dies  in  angemessener, 
der  Autfassungskraft  der  Schüler  entsprechender  Weise  geschieht, 
zugibt  In  diesem  Falle  würde  aber  bei  dem  heutigen  Bestreben 
der  Zentralbehörde,  der  Bewegungsfreiheit  des  Lehrers  keine  engen 
Grenzen  zu  ziehen,  eine  Änderung  der  bestehenden  Lehrpläne 
nicht  erforderlich  werden. 

Eine  gute  Besprechung  einer  Anzahl  mathematischer  Werke 
bildet  den  Schluß  der  Abhandlung,  und  es  ist  nur  zu  bedauern, 
daß  dem  Verf.  nicht  der  Raum  für  einen  größeren  Überblick  der 
Fachliteratur  zur  Verfügung  gestanden  hat. 

Biologie  von  B.  Landsberg.  Nach  einem  historischen 
Oberblick  über  die  Entwicklung  des  biologischen  Unterrichts  und 
der  Methode  skizziert  der  Verf.  die  zur  Erreichung  des  Unter- 
richtsziels in  den  drei  Stufen  einzuhaltenden  Gesichtspunkte.  Dem 
Einwand,  daß  das  biozentrische  Verfahren  ebenso  einseitig  wie  die 
frühere,  mehr  morphologisch-systematische  Methode  sein  und  die 
formale  Aufgabe  des  Unterrichts  zu  kurz   kommen   könnte,    ver- 


aogez.  voD  M.  Laatensehlacger.  465 

sucht  er  dadurch  zu  begegnen,  daß  er  ausföhrlich  zeigt,  wie  sich 
nach  seinen  Gesichtspunkten  der  Lehrpian  für  das  Gymnasium 
aasgestalten  läßt,  freilich  nicht  ohne  gleichzeitig  die  Notwendigkeit 
zu  betonen,  den  Abschluß  des  biologischen  Unterrichts  mindestens 
bis  zur  0  II  zu  verschieben.  Diese  Verlegung  bis  zur  Erledigung 
des  chemischen  Kursus  ist  schon  von  mancher  Seite  empfohlen 
worden  und  dürfte  sich  durch  Ausführung  des  vom  Verf.  gemachten 
Vorischlags,  den  propädeutischen  Physikunterricht  ganz  nach  0 III 
zu  legen,  so  daß  in  U  II  die  Chemie,  Anthropologie  und  Ernährungs- 
pbysiologie  zur  Behandlung  kommen  würden,  ermöglichen  lassen. 
Die  auf  diese  Weise  herbeigeführte  vollständige  Zerreißung  sowohl 
des  Physik-  als  des  Biologieunterrichts  hat  freilich  auch  ihre  Be- 
denken, erscheint  aber  den  jetzigen  schlimmen  Verhältnissen  gegen- 
öber  als  das  kleinere  Übel.  Eine  Vermehrung  der  Biologiestunden 
in  den  oberen  Klassen,  und  sei  es  auch  nur  um  zwei,  wie  sie 
von  vielen  Vertretern  des  Faches  befürwortet  wird,  muß,  solange 
die  jetzige  Mannigfaltigkeit  der  Unterrichtsfacher  besteht,  wenigstens 
f&r  das  Gymnasium,  als  absolut  ausgeschlossen  bezeichnet  werden. 

Leider  steht  mir  der  Raum  nicht  zu  Gebote,  auf  die  Aus- 
fahruogen  des  Verf.,  die  sich  übrigens  durch  besondere  Reich- 
haltigkeit der  Literaturangaben  auszeichnen ,  näher  einzugehen. 
Sit  zeigen  jedenfalls,  daß  es  bei  weiser  StofiTbeschränkung  einem 
geschickten  und  eifrigen  Lehrer  wohl  möglich  ist,  in  der  vom 
Verf.  geschilderten  Weise  das  Ziel  zu  erreichen.  Aber  auch  nur 
einem  solchen ;  denn  daß  auf  die  Persönlichkeit  des  Lehrers  gerade 
im  Biologieunterricht  alles  ankommt,  ist  zweifellos.  Ist  er  nicht 
ein  begeisterter  Freund  der  Natur,  mit  allen  ihren  Einrichtungen 
vertrant  und  methodisch  durchgebildet,  so  wird  er  auch  mit  dem 
vom  Verf.  angegebenen  Verfahren,  wenn  er  es  überhaupt  anzu- 
wenden versucht,  nur  Hangelhaftes  leisten. 

Der  Unterricht  in  Physik  von  E.  Grimsehl.  Nach 
einer  kurzen  historischen  Einleitung  werden  die  Lehrpläne  und 
Ziele  an  der  Hand  der  preußischen  Pläne  von  1901  besprochen. 
Als  wichtigste  Bestimmung  derselben  ist  entschieden  die  Forde- 
rung, das  Experiment  in  den  Mittelpunkt,  im  Vorkursus  sogar  in 
den  Vordergrund  des  Unterrichts  zu  stellen,  anzusehen,  die  es 
allerdings  nicht  verstehen  läßt,  warum  die  Wünsche  mancher 
Kollegen  nach  Vermehrung  der  Mittel  für  ihre  Apparatensamnilung 
80  wenig  Berücksichtigung  finden.  Die  in  den  Lehrplänen  emp- 
fohlene Stoffbeschränkung  gilt  nicht  nur  für  den  Vorkursus,  in 
dem  z.  B.  am  Gymnasium  Akustik  und  Optik  ganz  ausgeschlossen 
Verden,  sondern  auch  für  die  Oberstufe  namentlich  der  Gym- 
nasijtn  und  meines  Erachtens  auch  solcher  Reformrealgymnasien, 
die  auf  der  Oberstufe  nicht  mehr  Physikstunden  zur  Verfugung 
haben  als  jene  und  ihnen  deshalb  auch  in  bezug  auf  die  Lehr- 
ziele gleichgestellt  werden  sollten.  —  In  betreff  der  in  den  amt- 
lichen Lehrplänen  aufgestellten  Stoffverteilung  führt  der  Verfasser 


466        Aaler,  Haodbacb  für  Lehrer  an  höheren  Sehulea, 

die  Bedenken  an,  die  von  mancher  Seite  gegen  die  Anordnung 
auf  der  Oberstufe  geltend  gemacht  werden.  Wenn  er  hier  u.  a. 
empfiehlt,  mit  der  althergebrachten  Einteilungsweise  der  Physik 
ganz  zu  brechen  und  die  die  einzelnen  Gebiete  Yerbindenden 
Begriffe  und  Gesetze  der  Stoffanordnung  zogrunde  zu  legen,  so 
erscheint  dieser  ideale  Gesichtspunkt  theoretisch  zweifellos  richtig, 
seine  praktische  Durchführbarkeit  für  die  Schule  aber  nicht  so 
einfach.  Es  ist  daher  zu  bedauern,  daß  der  Verfasser  auf  seinen 
Vorschlag  an  dieser  Stelle  nicht  etwas  näher  eingeht  Die 
Stellung  der  Mathematik  zum  und  im  physikalischen  Unterricht 
kennzeichnet  er  in  Übereinstimmung  mit  den  gegenwärtigen  An- 
sichten dadurch,  daß  er  ihr  die  Rolle  einer  wichtigen  und  not- 
wendigen Hilfswissensdiaft  zuweist.  Dann  bebandelt  er  ausfuhr- 
licher die  Frage  der  physikalischen  SchüIerQbungen,  deren  er- 
ziehlicher Wert  ziemlich  allgemein  anerkannt  wird.  Blit  Recht 
verlangt  der  Verfasser  auch  die  Regelung  der  praktischen  experi- 
mentellen Ausbildung  der  Schulamtskandidaten  während  des 
Seminar-  und  Probejahrs.  Viel  schwieriger  jedoch  als  die  bald 
zu  erlernende  Handhabung  der  physikalischen  Apparate  ist  meines 
Erachtens  ihre  Anfertigung  und  Instandhaltung,  es  sollte  daher 
mit  noch  größerem  Nachdruck  die  allgemeine  Einrichtung  von 
Handfertigkeitskursen  auf  den  Universitäten  erstrebt  werden.  Als 
einen  nicht  zu  unterichätzenden  Faktor  für  die  Instandhaltung 
der  Apparate  möchte  ich  auch  die  Erziehung  der  Seminar-  und 
Probekandidaten  zu  peinlichster  Ordnungsliebe  bezeichnen.  Am 
Schlüsse  führt  der  Verfasser  die  von  der  Unterrichtskommission 
der  Gesellschaft  deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  aufgestellten 
Grundsätze  an.  Sie  laufen  bekanntlich  auf  das  Verlangen  nach 
Vermehrung  der  physikalischen  Unterrichtsstunden  hinaus,  das 
nun  einmal  bei  den  bestehenden  Verhältnissen  nicht  erfüllbar  ist. 
Erst  durch  eine  tiefgreifende  Änderung  derselben,  z.  B.  die  Ein- 
führung wahlfreien  Unterrichts  in  den  Primen  unter  Scheidung 
in  zwei  Gruppen,  würde  der  Physik,  wie  den  Naturwissenschaften 
überhaupt,  zu  ihrem  Rechte  verhelfen  werden  können. 

Chemie  von  B.  Schmid.  Der  chemische  Unterricht 
hat  eine  ziemlich  kurze  Geschichte.  Wenn  er  auch,  wie  aus  der 
historischen  Skizze  des  Verfassers  hervorgeht,  bereits  in  der  ersten 
Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  an  einzelnen  Schulen  Eingang 
gefunden  hatte,  kann  von  einer  wirklichen  Einführung  an  den 
höheren  Schulen  erst  seil  den  Jahren  1859  und  1860  gesprochen 
werden.  Aus  dem  Bericht  ist  übrigens  zu  ersehen,  wie  ver- 
schieden die  Verhältnisse  auch  in  diesem  Unterrichtsfach  in  den 
einzelnen  deutschen  Staaten  liegen.  So  besteht  z.  B.  in  Bayern 
am  Gymnasium  überhaupt  noch  kein  Chemieunterricht,  während 
andererseits  die  Realschulen  höhere  Anforderungen  als  die  gleichen 
Anstalten  der  anderen  deutschen  Staaten  stellen. 

in    dem  methodischen  Teil    berührt   der  Verfasser   zunächst 


aogez.  voD  11.  Lanteoschlaeger.  467 

die  Streitfrage    über   die  Art   des  Lehrgangs   im  Unterrlobt    und 
Lehrbuch  und  kommt   zu  dem  Schluß,   dafi  sowohl   der  mcytho- 
discbe  wie  der  systematische  Weg,   letzterer  allerdings  unter  der 
Voraussetzung,  daB  er  „einen   einführenden  Charakter  annimmt', 
gute  Resultate  liefern  kann.     Für  den  propädeutischen  Unterricht 
in  U  0  ist  selbstverständlich  der  methodische  Lehrgang  der  zweck« 
eDtsprechendsle,  es  fragt  sich  nur,  ob  auf  der  Oberstufe  der  Real- 
anstalten  bereits  in  0  II  systematisch  vorgegangen   werden   kann. 
dk  preoBischen  Lehrpläne  w&nschen  auch  für  diese  Klasse  eine 
methodische    Einführung    (die   Fußnote    des    Verfassers    S.  553, 
welche  sagt,    daß   nach  den    preußischen  Plänen   nur   der  pro- 
pädeutische Kursus  methodisch,    dagegen  der  für  die  Oberstufen, 
das  heißt  für  die  Klassen  0 II  bis  0 1  bestimmte  Lehrgang  syale- 
matisch    zu   gestalten    sei,    bedarf  einer   Berichtigung).     Heines 
Erachtens  kann,  da  die  Schüler  im  Vorkursus  mit  den  wichtigsten 
£Jementen  und  einer  Reihe  Verbindungen  bekannt  geworden  sind, 
in  Oll  recht   gut  der  systematische  Weg   eingeschlagen  werden, 
selbstverständlich    unter   möglichster  Anwendung   des   induktiven 
Verfahrens   im    einzelnen.      Der   Verfasser   warnt   dann    vor   zu 
üröhem    Gebrauch    der   Zeichensprache    und    Einführung   in    die 
AtoDDtheorie  und  bedauert,    daß    der  organische  Teil   der  Chemie 
auf  den  Schulen  so  wenig  betont  wird.   Allerdings  findet,  nament- 
lich auf  den  Realgymnasien,    aus  Mangel   an  Zeit   die  organische 
Cheoiie  nicht  die  ihrer  großen  Bedeutung  entsprechende  Behand- 
lung,  und  es  bleibt  deshalb    nichts  weiter  übrig    als    das  minder 
Wichtige    aus  diesem    großen  Gebiete   fortzulassen.     Denn    wenn 
man  auch  den  Stoff  der  anorganischen  Chemie  verringern    wollte 
—    Verfasser  macht   in   dieser  Beziehung   einige   beachtenswerte 
Vorschläge  — ,    so  wird    der  etwaige  Zeitgewinn    durch    das   von 
mancher  Seite  und  auch  vom  Verfasser  gewünschte  stärkere  Ein- 
gehen   auf    die  physikalische  Chemie   vollständig  aufgehoben.     In 
bezug  auf   die  letztere  bringt   die  Abhandlung  noch  verschiedene 
praktische  Hinweise,    auf  die   wegen  Raummangels    nicht    weiter 
eingegangen  werden  kann.     Bemerkt  sei  nur,  daß  dieser  Teil  der 
Chemie  nicht  selbständig  zu  behandeln  ist,  daß  die  Theorien  viel- 
mehr an  geeigneter  Stelle  eingeflochten  werden  sollen. 

Hineralogie  und  Geologie  von  B.  Schmid.  Die 
geschichtliche  Einleitung  zeigt,  wie  geringe  Pflege  die  Minera- 
logie und  Geologie  in  unseren  höheren  Schulen  gefunden  haben 
und  wie  diese  Vernachlässigung  im  Laufe  der  Zeit  eher  zu-  als 
abgenommen  hat.  In  der  Tat  treten  diese  Fächer  im  allgemeinen 
gegen  alle  übrigen  weit  zurück,  so  daß  sie  meistens  gar  nicht  als 
selbständige  Unterrichtsgegenstände  betrachtet  werden.  Nur  in 
den  sächsischen  Anstalten  scheinen  wie  für  den  chemischen  Unter- 
richt so  auch  für  die  in  Rede  stehenden  Disziplinen  gunstigere 
Verhältnisse  zu  bestehen.  Findet  nun  einmal  eine  Verschmelzung 
mit  anderen  Fächern  statt,    so  ist  der  Unterricht  in  der  Minera- 

30* 


468  H*  Lii.ckeobach,  Koost  und  Geschichte, 

iogie,  wie  es  auch  die  preußischen  Lehrpläne  empfehlen,  mit  der 
Chemie  zu  verbinden.  Anders  liegt  die  Sache  für  die  Geologie, 
welche  mit  der  physikalischen  Geographie  so  viele  Beröhrungs- 
punkte  hat,  daß  es  kein  Wunder  ist,  wenn  in  neuester  Zeit 
manche  Stimmen  laut  werden,  die  den  Geologieunterricht  mit  dem 
geographischen  verknüpft  wissen  wollen.  Der  Verfasser  hält  aus 
mehreren  Gründen  eine  derartige  Abtrennung  der  Geologie  vom 
naturwissenschaftlichen  Unterricht  nicht  für  vorteilhaft.  Die 
methodischen  Bemerkungen  empfehlen  u.  a. :  gelegentliche  Heran- 
ziehung der  Kristallographie  bei  der  Besprechung  der  einzelnen 
Mineralien  auf  der  Unterstufe  oder  ,,bei  geringeren  Anforderungen'% 
dagegen  getrennte  Behandlung  dieser  Hilfswissenschaft  „bei  höheren 
Anforderungen'*,  Anknüpfung  an  die  heimatlichen  Mineralien,  Be- 
rücksichtigung der  Veränderungen  der  Mineralien  durch  das  Wirken 
der  verschiedenen  Kräfte  unter  Bezugnahme  auf  geologische  Ver- 
hältnisse und  Hinweis  auf  die  Bedeutung  für  die  Organismen  weit, 
Gewinnung  der  geologischen  Grundlagen  im  Freien,  d.  h.  also 
zeitweise  Ausführung  von  Exkursionen,  Verknüpfung  der  Paläonto- 
logie mit  der  Geologie,  —  Wünsche,  denen  die  Fachkollegen  im 
allgemeinen  gewiß  zustimmen  werden,  wenn  auch  zuweilen  ört- 
liche Verhältnisse  der  Durchführung  erschwerend  im  Wege 
stehen.  —  Eine  Zusammenstellung  und  kurze  Charakterisierung 
der  bekannteren  Lehrbücher  bildet  den  Schluß  dieser  wie  der  vor- 
hergehenden Abhandlung  des  Verfassers. 

Hannover.  H.  Lautenschlaeger. 

H.  Luckeobücb,  Kunst  und  Geschichte.  Teil  11:  AbbildangeD  zor 
Deotscheo  Geschichte.  Zweite  Auflage.  Müachen  und  Berlin  1906, 
Oldenbour^.     96  S.     4.     1,50  ^,  geb.  1,80  ^. 

Über  Luckenbachs  Bilderwerk  „Kunst  und  Geschichte*'  noch 
viel  empfehlende  Worte  zu  sagen,  scheint  fiberflüssig:  nachdem 
es  sich,  wenigstens  mit  seinem  1.  Teile,  ungefähr  140  Anstalten 
erobert  hat  und  in  40000  Exemplaren  abgesetzt  ist,  hat  es  wohl  den 
Beweis  seiner  Vorzüglichkeit  erbracht.  In  der  Tat  sollte  es  keine 
höhere  Lehranstalt,  die  Wert  darauf  legt,  ihre  Schüler  in  das 
Verständnis  der  Kunst  einzuführen  und  sie  in  der  Fähigkeit, 
Kunstwerke  zu  betrachten,  zu  üben,  versäumen,  einen  Versuch 
mit  diesem  hervorragenden  Hilfsmittel,  das  namentlich  dem  Ge- 
schichtsunterricht zustatten  kommt,  aber  auch  in  anderen  Unter- 
richtsgegenständen  mit  Erfolg  verwendet  wird,  zu  machen. 

Wie  nun  jedes  Ding,  bevor  es  einen  gewissen  Grad  der  Voll- 
kommenheit erreicht,  eine  Reihe  von  Entwickelungsstufen  durch- 
gemacht hat,  so  auch  das  Werk  Luckenbachs,  und  zwar  um  so 
mehr,  als  es  aus  der  Praxis  für  die  Praxis  entstanden  ist,  und 
das  wäre  ja  eine  schlechte  Praxis,  die  sich  nicht  entwickdungs- 
fähig  zeigte,  sondern  in  bestimmten,  herkömmlichen  Formen  er- 
starrte.   So    liegt    denn    der   erste  Teil,    Abbildungen    zur  Alten 


a«gez.  voo  G.  Reinhardt.  469 

Geschichte,  bereits  in  6.  Auflage  vor,  und  jede  Auflage  bedeutet 
einen  Fortschritt;  der  überaus  röhrige  und  mit  hohem  prakti* 
sehen  Sinn  begabte  Verfasser  hat  nicht  geruht,  bis  er  das  Buch 
zu  der  Höhe  brachte,  auf  der  er  es  haben  wollte,  und  damit 
dürfen  wir  für  diesen  Teil  wenigstens  auf  einen  vorläufigen  Ab- 
schluß hoffen,  der  ja  auch  im  Interesse  des  Unterrichts  liegt. 

Schließen  wir  nun    von  der  Entwickelung  des  ersten  Teiles 
aaf  den  zweiten,   so  stehen  uns    hier  noch    manche  Änderungen 
bevor,   und  der  zweiten  Auflage  wird  bald  eine  veränderte  dritte 
folgen;  dies  ist  um  so  wahrscheinlicher,   als  in  der  Auswahl  des 
im  Geschichtsunterricht  der  Prima  darzubietenden  kunstgeschicht- 
lichen Stoffes»  wenn  auch  im  großen  und  ganzen  Obereinstimmung 
herrscht,   so  doch  in  den  Einzelheiten  die  Meinungen  viel  weiter 
auseinandergehen   als   in   der  Alten  Geschichte.     Im    übrigen  ist 
eio  solches  Bilderwerk  nicht  so  aufzufassen,  als  ob  Bild  für  Bild 
behandelt  werden  sollte  —   dazu  reicht  schon  die  Zeit  gar  nicht 
aas  — ,  sondern  es  ist  eine  Materialsammlung,  aus  der  man  nach 
Belieben  und  jeweiligen  Umständen  das  Geeignete  auswählt.   Wer 
die  vorliegende    zweite  Auflage    mit    der   ersten  nur  oberflächlich 
vergleicht,  der  wird  allerdings  keine  grundstfirzenden  Änderungen 
fisden,  die  Zahl  der  Abschnitte  mit  fast  denselben  Überschriften, 
ja  sogar  die  Seitenzahl   ist  geblieben;   betrachtet   man   aber  den 
lohalt  näher,   so   findet    man   zahlreiche  Umgestaltungen    in  der 
Auswahl,    Anordnung   und  besonders    im  Texte,    weit  mehr,    als 
BUS  der  bescheidene  Verfasser  im  Vorwort   glauben  machen  will, 
iodem  er  bloß   auf  die  wichtigsten  Änderungen    hinweist.     Weg- 
gefallen   sind    zunächst    folgende  Bilder:    Grundriß   des    oberen 
Stockwerks   vom   Grabmal    des   Theoderich  (Fig.  5,  3),    Ionischer 
Pibster  der  Torhalle  in  Lorsch  (11),  Grundriß  und  ursprüngliche 
Gestalt    der  Michaeliskirche   in   Hildesheim  (73,  75),    Chorgestühl 
in  Blaubenren  (66),  Burg  Münzenberg  und  Nürnberg  (90—92),  von 
der  Marienburg  Meisters  Winterremter  und  Hof  des  Mittelschlosses 
(106,  107),   Bild  Gutenbergs  (134),   Seite  der  Armenbibel  (135), 
Dürers  Selbstbildnis,    Hieronymus   Holzschuher,    Dürers  Madonna 
mit  der  Birne  (146,  147,  144);    von  den  Münzen  fehlen  die  des 
Quintilius  Varus  und    Leos  X.    ebenso  wie    die  Wendenpfennige, 
Hohlpfennige  und  Klippen;  in  der  Wappenkunde  endlich  vermißt 
man  jetzt  den  Überblick  über  die  Entwickelung  des  Schildes  und 
Helmes   in  Wort  und  Bild.     Diesen  Verlusten    gegenüber    stehen 
eine  Menge  Neuaufnahmen:  Pfalzkapelle  Karls  des  Großen  in  ur- 
sprünglicher   Gestalt  (14),    San  demente  (62),    Dom    zu  Florenz 
(82),  Peterskirche  (83),   Rekonstruktion  der  Pfalz  in  Gelnhausen 
(95),  Zeughaus  in  Berlin  mit  den  Masken  der  Medusa  und  eines 
loten  Kriegers  (126— 12S),   zwei  Bilder    des  Genter  Altars  (139, 
140),    Lodbners   Madonna    im    Rosenhag  (141),    Sixtinische  Ma- 
donna (150),    Reiterbilder  Mark  Aureis,    des  Großen    Kurfürsten, 
Colieonis  (167 — 169),  Moses  und  Grabmal  des  Giuiiano  de*  Medici 


470  H.  LuekeDbacb,  Kanst  and  Gegebichte, 

(180 — 181)  von  Michelangelo,  Halerisches  Relief  vom  Grabmal 
Maximilians  (182),  Entwicklung  des  Kruzifixes  (154— 156),  Altare 
germanischer  Gottheiten  (5—6),  Münzen  Justinians  und  Sixtus*  IV. 
(1  u.  3).  Manche  Bilder  endlich  erblickt  man  jetzt  in  anderer 
Form:  z.  B.  das  Grabmal  Theoderichs  (7),  dessen  frühere  Er> 
gänzung  im  oberen  Stockwerke  als  falsch  erkannt  ist,  oder  die 
Klosterkirche  von  Lorsch  (10),  der  jetzt  die  beiden  Ecktürme 
fehlen  und  die  ebenso  wie  der  Grundriß  der  Pfalzkapelie  in 
Aachen  (16)  jetzt  nach  der  entgegengesetzten  Richtung  orientiert 
ist,  oder  die  zweite  jHünze  mit  dem  Bilde  des  Großen  Kurfürsten, 
das  jetzt  auch  im  Profil  gegeben  wird.  Mit  diesen  Veränderungen 
des  Materials  kann  man  sich  im  großen  und  ganzen  wohl  ein- 
verstanden erklären,  denn  sie  entsprechen  ohne  Zweifel  den  Be- 
durfnissen des  Unterrichts;  konnte  etwas  von  dem  Weggelassenen 
beibehalten  werden,  so  war  es  vielleicht  das  Chorgestfihl  von 
Blaubeuren,  die  Burg  von  Nürnberg  (diese  nur  aus  historischen 
Gründen),  vor  allem  aber  Durers  Selbstbildnis  und  das  Bild  Holz- 
Schubers:  die  müchte  ich  in  der  Tat  beim  Unterricht  nicht 
entbehren,  während  ich  dafür  auf  das  Relief  am  Grabmal  Maxi- 
milians nnd  vielleicht  auch  auf  die  Entwickelung  des  Altars  ver- 
zichten würde.  Die  sonstigen  Neuaufnahmen  sind  dagegen  von  so 
ungeheurer  Wichtigkeit,  daß  sie  nur  mit  der  größten  Freude  be- 
grüßt werden  können.  Diese  Freude  wird  für  den  Berichterstatter 
dadurch  noch  erhöht,  daß  Verfasser  durch  Aufnahme  von  Bildern 
aas  der  italienischen  und  niederländischen  Renaissance  mit  dem 
früher  befolgten  Prinzip,  Bilder  nur  aus  der  deutschen  Kunst  zu 
bringen,  gebrochen  hat.  Zum  Verständnis  der  deutschen  ist  doch 
nun  einmal  die  fremde  Kunst  nicht  zu  entbehren,  außerdem  be- 
schäftigt sich  der  Geschichtsunterricht  in  Prima  mit  den  Haupt- 
erzeugnissen  der  fremden  Völker  auf  diesem  Gebiete,  zum  aller- 
mindesten  in  der  Renaissancezeit;  warum  also  nicht  gleich  das 
da^  nötige  Material  bieten,  das  man  sich  sonst  auf  anderem 
Wege  verschaffen  muß?  Nach  dieser  Richtung  hauptsächlich  wird 
sich  das  Buch  nach  meiner  Meinung  weiter  entwickeln,  also  in 
den  nächsten  Auflagen  noch  viel  mehr  aus  der  italienischen  und 
niederländischen  Renaissance  bringen,  aber  auch  wichtige  Ver- 
treter der  deutschen  Kunst,  wie  z.  B.  Adam  Krafft  und  Peter 
Vischer,  nicht  ferner  vernachlässigen.  Dann  wird  das  Buch  zwar 
umfänglicher  und  seine  Herstellung  teurer  werden,  dafür  aber  wird 
es  immer  weitere  Kreise  erobern,  so  daß  doch  vielleicht  der 
billige  Preis  beibehalten  werden  kann. 

Auch  in  der  Anordnung  des  Materials  sind  in  der  neuen 
Auflage  gegenüber  der  ersten  Fortschritte  zu  erkennen,  indem 
noch  mehr  das  Bestreben  hervortritt,  sachlich  Zusammengehöriges, 
wenn  es  auch  zeitlich  weit  auseinanderliegt,  zusammenzubringen, 
um  die  Fortschritte  in  der  Behandlung  desselben  Gegenstandes 
zu  veranschaulichen  und   ^    was  gerade  für  die  Schule  mit  das 


ämgtz.  y«B  G.  Reinhardt.  471 

Wichtigste  ist  ^  die  Beschauer  zu  Vergleichen  zu  reizen  und 
im  Sehen  zu  oben.  So  ist  jetzt  das  bekannte  Reiterbild  Karls 
des  Großen  an  ganz  anderer  Stelle  untergebracht  zusammen  mit 
den  Reiteii>ildeni  Mark  Aureis,  des  Großen  KurfQrsten  und  des 
Tenetianischen  Söldnerführers  CoUeoni;  die  Hichaeliskirche,  die 
froher  auf  einer  Seite  ffir  sich  behandelt  wurde  hinter  dem 
Munster  von  StraBborg  und  Bonn,  steht  jetzt  mit  Recht  an  der 
Spitze  der  Beispiele  romanischer  Kirchen  zusammen  mit  San 
Clemente  in  Rom;  die  Darstellung  des  Kruzifixes  kann  man  jetzt 
JD  Tier  Bildern  1000  Jahre  hindurch  verfolgen.  Wenn  diese  An- 
ordnung nach  sachlichen  Gesichtspunkten  nicht  auch  bei  den  drei 
behandelten  Madonnen  Lochners,  Raffaels  und  Holbeins  berück- 
sichtigt ist,  so  macht  der  Verfasser  dafür  vielleicht  geltend,  daß 
die  Madonna  Lochners  aus  anderen  Gründen  auch  gut  mit  dem 
Genttf  Altar  zusammengestellt  wird  und  eine  räumliche  Trennung 
ja  doch  statthaben  müßte,  da  jede  Madonna  eine  Seite  für  sich 
beansprucht;  im  übrigen  wird  sich  natürlich  auch  so  kein  Lehrer 
die  Gelegenheit  entgehen  lassen,  alle  drei  Madonnen  nebenein- 
ander zu  behandeln  und  zum  Vergleich  auch  noch  die  Madonna 
detta  Sedia,  die  leider  im  Buche  fehlt,  heranzuziehen.  Sachlich 
bnn  begründet  werden  die  doppelte  Abbildung  der  bekannten 
Minze  mit  Karls  des  Großen  Porträt  (Fig.  165  u.  184);  natürlich 
Seoügte  Bild  184,  da  aber  der  Raum  von  165  doch  nicht  anders 
augenntzt  werden  könnte,  so  mag  die  Münze  schon  hier  einmal 
gebracht  werden. 

Was  endlich  den  Text  betrifft,  so  erkennt  man  gerade 
hier  bei  einiger  Aufmerksamkeit,  mit  welcher  Genauigkeit  die 
neue  Auflage  durchgesehen  ist:  es  gibt  fast  keine  Seite,  die  nicht 
in  dieser  Beziehung  Änderungen  aufwiese,  meist  zwar  gering- 
fügiger Art,  manchmal  aber  doch  größeren  Umfanges;  im  allge- 
meinen ist  der  Text  vermehrt  und  darauf  bedacht,  noch  mehr 
Fiogerzeige  für  eine  fruchtbare  Betrachtung  der  Bilder  zu  geben, 
uod  trotz  der  Vermehrung  hält  er  doch  noch  das  richtige  Maß 
inne,  um  die  gemeinsame  Selbsttätigkeit  des  Lehrers  und  der 
Schüler  nicht  allzu  sehr  zu  beschränken.  Um  nur  eins  zu  er- 
wähnen, so  habe  ich  als  besonders  wohltätig  die  Hinzufögung 
einiger  kurzen  erläuternden  Angaben  zu  den  zahlreichen  Bildern 
der  Marienburg  empfunden,  die  früher  nichts  als  trockene  Be- 
zeichnungen dessen,  was  sie  darstellen  sollten,  trugen.  Auch 
frühere  Irrtümer  sind  richtig  gestellt,  so  daß  z.  B.  als  Standort 
der  Madonna  des  Bürgermeisters  Meyer  in  Darmstadt  nicht  mehr 
das  Museum,  sondern  das  Schloß,  wie  wir  auch  bei  Knackfuß 
lesen,  angegeben  wird  (S.  75),  und  jetzt  wohl  richtiger  Dennecker 
(S.  76)  för  Denecker  (S.  79  alte  Auflage)  geschrieben  wird. 
Natürlich  ist  die  textliche  Behandlung  damit  noch  nicht  abge- 
schlossen, ihr  wird  fernerhin  große  Sorgfalt  zuzuwenden  sein: 
z.  B.  bedarf   der   technische  Ausdruck    „Risalit*'  S*  60   einer  Er- 


472  E.  Eogel,  Geschichte  der  Devtscbeq  Literatur, 

klSruDg;  neben  Bramante,  Michelangelo  und  Bernini  darf  bei 
der  Peterskirche  S.  41  auch  der  Name  Madernas  nicht  fehlen, 
von  dem  ja  gerade  die  barocke  Fassade  herrührt;  eine  Beschrei- 
bung des  Kölner  Dombildes  von  Lochner  S.  67  hat  keinen 
Zweck,  wenn  es  nicht  zugleich  gebracht  wird,  ebensowenig  wie 
die  Angabe  beim  Reiterbild  des  Großen  Kurfürsten  8.  83,  daB 
die  vier  gefesselten  Sklaven  am  Sockel  nicht  von  Schlüter  her- 
rühren, da  sie  nicht  mit  abgebildet  sind;  auch  der  Druckfehler 
archtiektonisch  S.  88  durfte  dann  verschwinden.  Die  Bilder  sind 
jetzt  gegenüber  dem  tiefschwarzen  Ton  der  1.  AuO.  mehr  bräunlich 
gehalten,  was  ihnen  ja  ohne  Zweifel  vielfach  zum  Vorteile  ge- 
reicht, z.  B.  ist  Wiprecht  von  Groitzsch  (160,  früher  157)  jetzt 
viel  deutlicher  zu  erkennen;  anderen  Bildern  freilich  scheint  der 
dunkle  Ton  vorteilhafter  zu  sein,  wie  mir  besonders  bei  der 
Figur  des  Harschalls  Moritz  von  Sachsen  (183,  früher  172)  auf- 
gefallen ist. 

Ober  die  Ausstattung  des  Buches  sonst  noch  etwas  zu  sagen, 
scheint  überflüssig:  in  dieser  Beziehung  zeichnen  sich  ja  die 
Luckenbachschen  Bücher  dank  der  hohen  Unterstützung  durch 
tadellose  Vornehmheit  aus.  Ich  schließe  also  mit  der  nochmaligen 
Bitte,  dieses  nach  jeder  Richtung  hin  vorzügliche  Buch,  das  wie 
kaum  ein  zweites  eine  der  wichtigsten  Forderungen,  die  heule 
an  die  höhere  Schule  und  besonders  an  das  Gymnasium  gestellt 
werden,  entgegenkommt,  zu  prüfen  und  dem  eisernen  Bestände 
des  unterrichllichen  Rüstzeuges  einzufügen. 

Dessau.  G.  Reinhardt. 


Eduard  Engel,  Geschichte  der  Dentscheo  Literatur  voo  den 
Anfiiogen  bis  in  die  Gegenwart-  Band  i:  Von  den  Anfangen  bis 
zu  Goethe.  Mit  S  Handschriften  und  16  Bildnissen.  Band  11:  Von 
Goethe  bis  in  die  Gegenwart.  Mit  44  Bildnissen.  Leipzig  und  Wien 
1906,  G.  Freytag  und  F.  Tempsky.  X  n.  VIII  u.  1189  S.  gr.  8. 
geb.  12  JC^ 

Das  vorliegenden  Werk,  das  meines  Wissens  in  aller  Stille 
und  ohne  vorausgegangene  Ankündigung  auf  dem  Büchermarkt 
erschienen  ist,  bestimmt  der  Verfasser  unter  Anlehnung  an  ein 
Goethesches  Wort  über  die  Geschichtschreibung  „für  die  Nicht- 
wissenden*^,  d.  h.  mit  Ausnahme  der  Fachgelehrten  für  die  meisten 
Leser,  bei  denen  man  die  Kenntnis  einiger  klassischer  Werke 
der  deutschen  Literatur  voraussetzen  kann,  denen  man  also 
schülerhafte  Angaben  des  Inhalts  solcher  Werke  nicht  zu  machen 
braucht.  Als  obersten  Zweck  einer  Literaturgeschichte  —  statt 
einer  hätte  lieber  einer  solchen  gesagt  werden  sollen  —  be- 
zeichnet der  Verfasser  „die  Anregung  und  Wegeweisung  für  den 
Leser  zum  eigenen  Genuß  der  Literaturwerke*'.  Er  will  nicht 
selbstbewußte  eigene  Meinungen  über  sie  aussprechen,  sondern 
dem  Leser   möglichst   viele  Tatsachen    bieten  und  ihn  vor  allem 


aagex.  von  P.  Sehwarz.  473 

andern  zum  eigenen  Lesen  der  Werke,  nicht  zum  Nachsprechen 
von  seinen  Urteilen  antreiben.  Dagegen  ist  er  bemüht  gewesen, 
so  oft  wie  möglich  über  die  angeführten  Schriftsteller  Urteile  von 
ihren  Kunstgenossen  anzuführen,  weil  er  es  „für  das  unveräußer- 
liebe  Recht  der  Künstler  hält,  von  ihresgleichen  gerichtet  zu 
werden'',  und  außerdem  hat  er,  sooft  es  anging,  kurze,  aber 
treffende  Beispiele  vorzubringen  sich  bemüht,  weil  sie  „über* 
leugender  wirken  als  die  längsten  Auseinandersetzungen''.  Alle 
diese  Anführungen  beruhen  auf  des  Verfassers  eigener  Lesetätigkeit, 
die  vielen,  aber  nicht  allen  Lesestoff  bezwungen  hat;  nicht  darauf 
ist  er  bedacht  gewesen,  Vollständigkeit  auch  des  Mittelmäßigen 
und  des  Wertlosen  zu  erreichen,  sondern  einen  Überblick  über 
das  Wertvolle  zu  gewähren.  Hierbei  hält  er  es  für  seine  Pflicht, 
.,QDgerecht  übersehene  oder  vergessene  Schriftsteller  oder  einzelne 
Werke  unabhängig  von  der  Überlieferung  nach  Verdienst  hervor* 
zubeben'*.  Aber  auch  den  Personen  der  Verfasser  erklärt  er 
gerecht  werden  zu  wollen,  indem  er  jeden  „als  eine  einheitliche 
Persönlichkeit  einheitlich  zu  schildern*'  unternimmt,  „nicht  an 
fielen  weit  auseinander  liegenden  Stellen*'.  Freilich  glaubt  er, 
dafi  zu  solcher  Darstellung  eine  Menge  von  Jahreszahlen  un- 
umgänglich nötig  ist.  Endlich  unternimmt  er,  die  Literatur- 
geschichte bis  auf  die  Gegenwart  fortzuführen ,  und  will  bei 
seinem  Urteil  über  die  zeitgenössischen  Schriftsteller  sich  von 
oicbts  anderem  leiten  lassen  als  von  lebhafter  Parteinahme  „für 
aiies  Schöne  und  Gute"  und  „gegen  alles  Unkünstlerische  und 
Nichtige". 

Diese  Gedanken  des  Vorworts  sind  bei  der  Beschränkung  des 
Leserkreises  der  vorliegenden  Literaturgeschichte  auf  die  Nicht* 
wissenden  so  verständig  und  fast  selbstverständlich,  daß  man 
ihnen  unbedingt  zustimmen  kann.  Da  aber  zu  jenen  Nicht- 
wissenden auch  die  Schüler  der  Gymnasien  und  manche  ihrer 
Lehrer  gehören,  so  hat  die  Zeitschrift  für  das  Gymnasialwesen 
geradezu  die  Pflicht,  sich  mit  diesem  Werke  eingehender  zu  be- 
schäftigen und  zu  prüfen,  ob  es  nach  seinem  Inhalt  und  seiner 
Form  für  solche  Leser  passend  ist  und  ihnen  zur  Lektüre 
empfohlen  werden  darf,  ja  auch  ob  vielleicht  Lehrer  des 
Deutschen  in  den  oberen  Klassen,  wenn  sie  auch  wohl  zu 
den  „Wissenden"  zu  rechnen  sind,  Kenntnis  von  ihm  nehmen 
müssen. 

Zuerst  tritt  uns  in  allen  Teilen  des  Buches  eine  wahrhaft 
herzerquickende  Begeisterung  für  alles,  was  Deutsch  ist,  entgegen, 
die  trotz  ihrer  Stärke  nicht  blind  ist  gegen  die  Mängel  des  Volks- 
Charakters  und  die  aus  ihnen  entsprungenen  Schäden.  Von 
diesem  Gefühl  getragen,  beweist  der  Verfasser  mit  schlagenden 
Gründen,  daß  die  deutsche  Literatur  trotz  verschiedener  Mängel 
die  erste  in  der  Welt  ist,  und  daß  sie  sich  zu  diesem 
Range    trotz   der  größten  Hindernisse   emporgearbeitet  hat.    Er 


474  E.  Eo^el,  Geschichte  der  Deatschen  Literatur, 

gibt  sodann  einen  Oberblick  über  die  Geschichte  der  Sprache, 
kurz  und  klar,  geziert  mit  vielen  anziehenden  Einzelheiten,  immer 
unter  Vergleichung  mit  anderen  Sprachen,  und  auch  hier  wagt  er 
die  Vorzöge  und  Nachteile  der  deutschen  Sprache  fein  gegen- 
einander ab.  Ziemlich  ausfuhrlich  behandelt  er  im  Zusammen- 
hange die  Fremdwurterfrage,  auf  die  er  auch  sonst  häufig  Röck- 
sicht nimmt,  und  würdigt  dabei  mit  großer  Wärme  die  Verdienste 
des  Allgemeinen  Deutschen  Sprachvereins  um  die  Sprachreinigung. 
—  Nach  dieser  Einleitung  vom  Wesen  der  deutschen  Literatur 
und  von  der  deutschen  Sprache  beginnt  auf  Seite  20  das  erste 
Buch:  Von  deutscher  Art  und  Dichtung  im  ersten  Jahrtausend, 
ein  Thema,  das  in  8  Kapiteln  bis  Seite  52  höchst  ansprechend 
behandelt  wird,  wenn  auch  einzelne  sprachliche  und  sachliche 
Versehen  untergelaufen  sind.  Das  zweite  Buch  behandelt  von 
Seite  53  bis  105  in  9  Kapiteln  die  volkstömliche  Literatur  der 
mittelhochdeutschen  Zeit;  daran  schließt  sich  von  Seite  106  bis  150 
das  dritte  Buch,  das  in  8  Kapiteln  die  höfische  Dichtung  dar- 
stellt. Sehr  ansprechend  ist  in  diesen  Abschnitten  das  Lob  der 
mhd.  Prosa  am  Ende  des  zweiten  und  der  Einfluß  der  Kreuzzöge 
am  Anfang  des  dritten  Buches.  Dagegen  kann  ich  die  mehrfach 
hervortretende  Erbitterung  des  Verfassers  gegen  die  Versuche 
mythologischer  Deutungen  in  der  deutschen  Heldensage  nicht 
billigen;  dieses  Geföhl  scheint  daraus  hervorgegangen  zu  sein,  daß 
derartige  Versuche  nicht  richtig  von  ihm  aufgefaßt  worden  sind. 
Im  ganzen  verdient  auch  dieser  Teil  des  Buches  vollste  An- 
erkennung. Nur  bedaure  ich,  daß  die  Stellen  aus  Gudrun  auf 
Seite  69  und  70  nach  den  Obersetzungen  von  K.  Barthel  und 
G.  Boetticher  gegeben  sind,  da  diese  Obersetzer  den  eigenartigen 
Strophenbau  des  Dichters  durch  die  Körzung  des  letzten  Verses 
verändert  haben.  Auch  kann  ich  mich  nicht  damit  einverstanden 
erklären,  wenn  die  Übersetzung  des  Nibelungenliedes  von 
L  Freytag  als  die  beste  bezeichnet  wird,  vielleicht  deshalb,  weil 
sie  die  lesbarste  ist.  Engel  scheint  die  Übersetzungen  von 
G.  Legerlotz  nicht  zu  kennen,  da  er  sie  weder  bei  den  mittel- 
hochdeutschen Dichtern  noch  bei  der  Übersetzungsliteratur  des 
19.  Jahrhunderts  erwähnt;  wahrscheinlich  wörde  er  sie  sonst 
lobend  hervorgehoben  haben.  Das  vierte  Buch,  Seite  151  bis 
189,  behandelt  in  sieben  Kapiteln  „Das  ausgehende  Mittelalter''. 
Hier  gelingt  dem  Verfasser  nicht  übel  die  eigenartige  Begründung 
des  Verfalls  der  deutschen  Literatur  im  14.  und  15.  Jahrhundert. 
Im  fünften  Buche,  von  Seite  190  bis  251,  wird  das  Zeitalter  des 
Humanismus  und  der  Reformation  in  elf  Kapiteln  behandelt,  im 
ganzen  mit  fast  unübertrefflicher  Frische  und  Unmittelbarkeit. 
Im  sechsten  Buche  bis  zu  Seite  314  ist  „das  Ringen  um  Sprache 
und  Dichtungsform*',  wie  es  sich  im  17.  Jahrhundert  abspielte, 
sachgemäß  und  anschaulich  beschrieben;  insbesondere  läßt  der 
Verfasser    dem    Streben    der   Schriftsteller   dieses  Zeitabschnitten 


aBf«i.  roo  P.  Seliwars.  475 

oach  VerfeineruDg  der  Schriftsprache  voUe  Gerechtigkeit  wider- 
fahren. Waruni  er  aber  beständig  FlemroiDg  schreibt,  obwohl 
er  auf  Seite  280  die  Namensform  Fleming  ausdrücklich  als  die 
richtige  bezeichnet,  ist  mir  unverständlich.  Die  Zeit  von  Gott- 
sched bis  Klopstock  ist  im  siebenten  und  achten  Buche  von 
Seite  315  bis  398  mit  Verständnis  und  Geschmack  geschildert; 
anziehend  ist  insbesondere  das  dritte  Kapitel  des  siebenten 
Baches:  „Die  Erziehung  eines  Leserkreises  durch  die  Zeit- 
schrifllen'',  da  diesem  Kapitel  eingehendere  Studien  des  Verfassers 
zogrunde  zu  liegen  scheinen.  Vom  achten  Buche  interessieren 
Damentlich  Kap.  1:  „Der  Wandel  der  dichterischen  Formett'\ 
Kap.  2:  »^Shakespeares  Siegeszug'S  Kap.  3:  „Gottsched*\  Kap.  5: 
^Der  Umschwunges  Kap.  6:  „Klopstock'*.  Ungenau  ist  aber  auf 
Seite  383  unten  die  Angabe,  Klopstocks  Vater  sei  „Gutsbeamter 
ttnd  Pächter**  gewesen.  Zu  Seite  393  unten  ist  noch  anzumerken, 
daß  aufier  Händel  auch  andere  namhafte  Tonkänstler  Klopstocksche 
Oden  in  Musik  gesetzt  haben,  z.  B.  Franz  Schubert  und  Richard 
Straofl.  Zu  dem  Zitat  Seite  395  unten  war  noch  die  erste  Hälfte  des 
folgenden  Verses  hinzuzufügen:  „So  denk*  ich  nicht  mehr";  denn 
nur  80  ist  das  Urteil  Klopstocks  ober  Friedrich  den  GroBen  voll- 
ständig. Auch  des  Dichters  Verhältnis  zu  Joseph  II.  ist  auf  Seite 
396  oben  nicht  erschöpfend  behandelt:  auch  er  wurde  von 
tlopstock  anfangs  günstig,  später  ungünstig  beurteilt,  weil  er 
dnrch  sein  Mitwirken  bei  der  Teilung  Polens  ihm  als  „Eroberer** 
erschien,  und  weil  er  den  Plan  zur  Errichtung  einer  deutschen 
Akademie  wieder  fallen  ließ.  Endlich  mußte  notwendig  Klopstocks 
Verehrung  für  Luther  als  den  Übersetzer  der  Bibel  und  den 
Förderer  der  deutschen  Sprache  gebührend  hervorgehoben  werden. 
Das  ganze  neunte  Buch  von  Seite  399  bis  435  handelt  von 
Lessing,  und  zwar  werden  nach  der  Reihe  Lessing  der  Mensch, 
seine  Jugenddichtungen,  kleineren  Schriften  und  dramatischen 
Entwürfe,  seine  Dramen,  Lessing  als  der  erste  Kritiker  Europas, 
seine  gelehrten  und  religiösen  Schriften,  seine  Sprache  und  sein 
Stil  begeistert,  verständnisvoll  und  verständlich,  auch  so  voll- 
ständig, wie  es  auf  einem  so  kleinen  Räume  möglich  ist,  vor- 
geführt Im  zehnten  Buche  ist  die  Liederdichtung  des  18.  Jahr- 
hunderts anschaulich  dargestellt,  im  elften  ist  von  den  Erzählern, 
im  zwölften  von  den  Herolden  der  klassischen  Zeit,  Hamann, 
Herder  und  Winckelmann,  gehandeft,  und  zum  Schluß  kommt 
Friedrich  der  Große,  dessen  Schrift  über  die  deutsche  Literatur 
der  Verfasser  auf  13  Seiten  gerecht  und  doch  maßvoll  zu  be- 
nrteilen  bemüht  ist  Damit  schließt  der  erste  Band.  Wenn  schon 
in  ihm  die  oft  eigenartige  Anordnung  des  Stoffes  meist  ein- 
dringendes Verständnis  der  Literatur  und  aller  mit  ihr  zusammen- 
hängenden Verhältnisse  erkennen  läßt,  so  tritt  dies  noch  mehr 
in  dem  zweiten  Bande  hervor,  der  die  Literatur  von  Goethe  bis 
in  die  Gegenwart  behandelt    Goethe  dient  als  Überschrift  eines 


476  E.  £Dge],  Geschichte  der  Deatscheo  Literatar/ 

Abschnitts  von  sechzehn  Buchern,  13  bis  28,  von  Seite  544  bis 
892;  dieser  Abschnitt  umfaßt  Goethe,  Schiller,  den  Sturm  und 
Drang,  die  geringeren  Dramenschreiber,  ferner  Jean  Paul  und  die 
Fröhromantik,  die  Vollromantik^  die  Vaterlandsdichtung  unter  be- 
sonderer Hervorhebung  Heinrichs  von  Kleist,  sodann  die 
schwäbischen  Dichter,  von  denen  namentlich  Mörike  nach  Gebuhr 
in  einem  besonderen  Kapitel  gewürdigt  wird.  Darauf  kommen 
Ruckert,  Charoisso,  Platen  in  drei  besonderen  Kapiteln,  dann  in 
in  einem  Kapitel  vereinigt  Dichter  wie  Ernst  Schulze,  Simrock, 
Wolfgang  Muller,  Kinkel,  Strachwitz,  Sallet,  Schefer  u.  a.;  selbst 
Muhler  und  Ludwig  I.  von  Bayern  sind  nicht  vergessen.  Im 
5.  Kapitel  befinden  sich  die  österreichischen  Sänger  von  Lenau 
bis  Frankl,  im  sechsten  die  Sängerinen  wie  Elisabeth  Kulmann, 
Luise  Brachmann,  Betty  Paoli  und  mit  besonderer  Liebe  behandelt 
Annette  von  Droste-Hülshoff.  Buch  25  ist  dem  vormärzlichen 
Drama  gewidmet  und  behandelt  in  einem  besonderen  Kapitel  in 
anziehender  Weise  Grillparzer.  Dann  folgt  im  26.  Buche  der 
Roman  als  Unterhaltungs-  und  als  Zweckroman ;  unter  seinen 
Dichtern  ist  Immermann  mit  einem  Sonderkapitel  bedacht.  Den 
Schluß  des  Goethe-Abschnitts  bilden  das  27.  und  das  28.  Buch 
unter  der  Oberschrift  „Das  junge  Deutschland  und  die  politische 
Dichtung'*.  Hier  ist  die  gerechte  und  maßvolle  Beurteilung 
Börnes  und  Heines  besonders  ansprechend.  Die  vier  Böcher  29 
bis  32  umfassen  die  Zeit  von  1848  bis  1870  nebst  den  darauf 
folgenden  Jahren  bis  1885.  Der  Rest  des  Buches,  Seite  1000 
bis  1162,  gehört  der  Gegenwart;  nach  einem  Bilde  der 
„literarischen  Umwälzung  der  80  er  Jahre**  folgt  die  Darstellung 
der  Lyrik,  der  Erzählungskunst,  des  Dramas  der  Gegenwart,  und 
endlich  handelt  das  letzte  Buch  von  der  Wissenschaft  und  Presse. 
Trefflich  gewählte  Mottos  stehen  über  den  Hauptabschnitten; 
59  Bildnisse  hervorragender  Männer  zieren  das  Werk;  ein  Ver- 
zeichnis einiger  der  lesenswertesten  Bücher  der  deutschen 
Literatur,  eine  Bücherkunde,  d.  h.  eine  Auswahl  von  Ausgaben 
deutscher  Dichter  und  Schriften  über  solche,  und  ein  Namen- 
zeiger schließen  es  ab. 

Uneingeschränktes  Lob  verdient  in  diesem  Buche  die 
Sprache,  die  geradezu  musterhaft  genannt  werden  kann  und  sich 
nicht  selten  zu  hinreißender  Schönheit  entfaltet.  Es  mag  deshalb 
kleinlich  klingen,  wenn  ich  an  den  Verfasser  die  Bitte  richte,  bei 
einer  neuen  Auflage  auf  das  Unbedeutendste  in  der  Sprache,  die 
Rechtschreibung  und  die  Zeichensetzung,  noch  genauer 
zu  achten,  als  in  der  vorliegenden  Auflage  geschehen  ist.  Mag 
man  über  die  Vollkommenheit  der  amtlichen  Rechtschreibung 
denken,  wie  man  will:  ein  Fortschritt  ist  sie  jedenfalls,  und  in 
einem  Buche,  das  Schülern  der  Oberklassen  höherer  Schulen 
nach  seinem  Inhalt  empfohlen  zu  werden  verdient,  muß  auch 
die  Form    den  Regeln  entsprechen,   die  ihnen  von  Amts  wegen 


•ngei.  von  P.  Sehwtrs.  477 

als  derzeit  mafigebend  beigebracht  werden.  So  ist,  um  nur 
einiges  benrorzuheben,  anf  Seite  156  Z.  21  v.  a.  Gewandheit, 
statt  Gewandtheit,  Seite  566,  14  schweelende  statt  schwelende. 
Seite  777  Z.23t.  u.  freudenbaar  statt  —bar,  Seite  846 
kauderwälsch  statt  — welsch,  Seite  862  Roccocco  statt  Rokoko 
gedruckt ;  ferner  ist  keine  Einheitlichkeit  in  der  Behandlung  der 
substantivierten  Ad]ekti?a  und  Pronomina  beobachtet,  die  bald  mit 
kleinem,  bald  mit  groBem  Anfangsbuchslaben  gedruckt  sind;  end^ 
lieh  habe  ich  mir  Kommafehler  auf  Seite  609, 15,  S.  650, 9 
V.  u.,  S.  621,  2,  S.  626, 12  ?.  u.  angemerkt.  Die  Vorliebe  des 
Verüusers  für  den  Doppelpunkt  an  Stellen,  wo  ein  Komma 
ausreicht,  mag  nur  beiläufig  erwähnt  werden.  Die  neuere  Recht- 
schreibung würde  ich  dagegen  bei  dem  Titel  „Die  Heiterethei^' 
Dicht  anwenden,  d.  h.  ich  wQrde  das  h  hier  nicht  ausmerzen, 
weil  dieses  scherzhaft  gebildete  Wort  nun  einmal  mit  h  in  die 
Literatur  gelangt  ist  Engel  scheint,  wie  einst  Jean  Paul,  ein 
Feind  des  Wohllauts-s  zu  sein,  das  vielfach  bei  der  Bildung  zu- 
sammengesetzter Wörter  eingeschoben  wird;  daher  schreibt  er 
S.  85,  7  und  101,  tO  Geschichte  werke,  S.  85, 19  v.  u.  Lebenzeit, 
auch  Reformation  zeit,  Reformation  stufe;  dagegen  schreibt  er 
Volkssprache,  Preundschaflsbund,  Gottes sucher  (S.  254), 
Kampfe  8  ziel  (S.  256).  Ich  vermisse  hierin  die  Einheit  und 
Folgerichtigkeit.  Auch  kann  ich  die  Art  nicht  billigen,  wie  er 
die  Eigennamen  mit  vorhergehendem  Titel  beugt,  z.  B. 
des  Landgrafen  Hermanns  von  Thüringen'  (S,  114,  2  und  133,25), 
'des  Zauberdichters  Klinsors  Namen'  (ebd.  14  v.  u.),  Mes  Burg- 
grafen Friedrichs  von  Nürnberg'  (S.  151,11).  Eher  kann  ich  mich 
damit  einverstanden  erklären,  wenn  er  die  Adelspräposition  von 
als  eng  zum  Familiennamen  gehörig  betrachtet  und  deshalb  nicht 
den  Vornamen,  sondern  den  Familienamen  abwandelt:  Heinrich 
von  Hublers,  Hermann  von  Giims,  wiewohl  er  auch  dabei  nicht 
ohne  Widerspruch  bleiben  dürfte.  Obersehen  ist  augenscheinlich 
auf  S.  33  Z.  5  v.  u.  und  auf  S.  34  Z.  12  und  13,  daß  die 
Nominative  idealer  und  ein  durch  die  Akkusative  idealen  und 
einen  zu  ersetzen  waren  als  Appositionen  zu  einem  vorauf- 
gehenden Akkusativ,  ebenso  daß  auf  S.  251  Z.  13  v.  u.  des  statt 
dem  stehen  muß.  Zwei  Entgleisungen  im  Stil  sind  mir 
aafgefallen,  die  eine  auf  S.  26  Z.  18 f.:  „Erhalten  ist  uns  (von 
Wulfilas  Werken)  außer  einem  Teil  der  Bibel  nichts,  auch  diese 
nicht  annähernd  vollständig*',  die  andere  auf  S.  901  Z.  8  v.  u.: 
<,Die  Handlung  (von  Heyses  Dramen)  erblöht  nicht  so  sehr  aus 
<len  menschlichen  Naturen,  sondern  aus  seiner  dichterischen 
Laune".  Auf  S.  512  sind  mir  zwei  Ausdrücke  ungew&hnlich 
erschienen:  „aufs  tiefste  verehrt*'  und  „eine  tief  erbaute 
Gemeinde''.  Unvollständige  Sätze  finden  sich  auf  S.  351  Z.  3  v.  u., 
796  Z.  3  V.  u.  799  Z.  8  v.  u.  und  816  Z.  7  v.  u.  Da  von  den  erwähnten 
Fehlern  mancher  auf  mangelhafte  Durchsicht  der  Druckbogen  zurück- 


478  ^*  Engel;  Getchiekte  der  Deotsehen  Literatur, 

zufuhren  sein  durfte,  so  ist  es  wohl  erbubt,  hieran  ein  Ver- 
zeichnis der  unzweifelhaften  Druckfehler  anzuknüpfen. 
Bd.  I  S.  VIII  Z.  9:  ihres  Gleichen  statt  ihren;  &  X  Z.  8.  v.  u. 
vom  ein  t  ahgesprungen,  S.  39  Z.  5  v.  u.  ebenso,  ebd.  .2.  2  v.  u. 
ein  I,  wiederholt  auch  bei  Ä,  0,  Ü  die  Punkte;  S.  6  Z.  5  v.  u.:  Ein* 
heimischer  statt  — heimischer;  S.  24  Z.  6:  mermeit  statt  — *ee— ; 
S.  31  Z.  7:  Ludwig  der  Fromme  ....  bis  840  sUtt  870;  ebd. 
Z.  9:  Karl  der  Kahle  ....  bis  877  sUtt  884;  S.  34  Z.  20: 
sin  an  statt  sigan;  ebd.  Z.  2.  v.  u.:  in  thiu  statt  thin;  S.  37  Z.  23; 
Wilkina-Saga  statt  Wiltina;  S.  46  Z.  10  ?.  u.:  sario  statt  sar  io; 
S.  55  Z.  12  V.  u.:  atem  (Geist)  statt  (Christ);  S.  66  Z.  18: 
Gibeke  oder  Gibich  statt  Giebich;  S.  92  Z.  25:  welhsche 
statt  wehische;  S.  114  Z.  9:  geminret  statt  gewinret;  S.  141 
Z.  24:  unz  statt  uns;  ebd.  Z.  28:  mangiu  wildiu  statt  mangin 
wildin;  S.  225  Z.  12:  m örtlich  statt  wörtlich;  S.  417  Z.  18  v.  u.: 
Giudeo  statt  Gui;  S.  599  Z.  15  v.  u.:  1782  sUtt  1E86;  S.  612 
Z.  1  ▼.  u.:  werktätig  statt  — tägig;  S.  616  Z.  9  ?.  u.:  ihren 
statt  ihren;  S.  788  Z.  22  ?.  u.:  sein  statt  in;  S.  914  Z.  13  v.  u.: 
Hieron ymus  statt  — onaimus;  S.  962  Z.  1:  einem  statt  einen« 
—  Nahe  stehen  diesen  un verbesserten  Druckfehlern  eine  Anzahl 
ungenauer  Zitate;  wenn  ich  jetzt  solche  anführe,  so  kann  ich 
mich  doch  für  ihre  Vollständigkeit  nicht  verbürgen,  so  daß  für  den 
Verfasser  eine  Nachprfifung  sämtlicher  Anführungen  geboten 
ist.  S.  236:  Fischarts  Schrift  heißt  Podagrammisches  (nicht 
podagrammatisches)  Trostbüchlein;  S.  579  Z.  15:  Maler 
Müllers  volksbeliebtes  Lied  beginnt:  Heute  scheid'  ich,  heute 
wandr^  ich;  S.  616  Z.  3  v.u.:  Schillers  Schrift  hat  den  Titel 
„Was  heißt  und  zu  welchem  Ende  (statt  Zweck)  studiert  man 
Universalgeschichte''?  S.  627  Z.  8  v.  u.:  Die  Stelle  der  „Glocke«^ 
lautet:  Und  das  teuerste  (nicht  edelste)  der  Bande.  S.  667' 
Z.  7:  Das  Lied  aus  Claudine  von  Villa  Bella  heißt:  „Hit  Mädeln 
sich  vertragen,  Mit  Männern  Vumgeschlagen'*.  Ebd.  Z.  6  v.  u.: 
Der  Ausspruch  aus  dem  Westöstlichen  Divan  endet  richtig: 
„Höchstes  Glück  der  Erdenkinder  (nicht  Menschenkinder),  Sei 
nur  die  Persönlichkeit^'.  S.  680  Z.  8:  Es  heißt  im  Faust:  „Ach 
neige,  Du  Schmerzenreicfae'*,  nicht  .,0'*.  S.  734  Z.  3  v.  u. :  „in 
einem  kühlen  Grunde,  Da  geht  (nicht  steht)  ein  Mühlenrad''. 
S.  737  Z.  2:  „im  Meer  ersäuft^  nicht  ins.  S.  744  Z.  23: 
„Wenn  wir's  auch  nur  sterbend  gewannen'',  nicht:  Und  wenn. 
S.  898  Z.  14  V.  u.:  „Nun  lasst  die  Glocken  usw.",  nicht:  lasset. 
S.  469  Z.  12  und  899  Z.  t8  v.  u,:  nicht  vom  armen,  sondern 
vom  lust'gen  Musikanten  handelt  Geibels  bekanntes  Lied.  S.  204: 
von  Luthers  Umdichtung  von  Nolkers  Liede  Media  vita  in  morle 
sumus  lautet  der  dritte  Vers:  „Wen  such  wir,  der  Hilfe  tut", 
nicht  suchen,  der  sechste:  „Uns  reuet  unser  MiJBsetat'S  nicht 
unsere.  Auf  S.  398  ist  in  dem  letzten  Verse  der  Ode  von 
Denis  durch  ungenaues  Zitieren  ein  metrischer  Fehler  enstanden: 


•  D|res.  voB  P.  Sehwari.  479 

es  mufi  glinzete  heißen,  nicht  glänzte.  Auf  S.  464  ist  die 
Form  des  Liedes  von  Herrn.  Wilh.  Ultzen  nicht  als  erste  archi- 
lochische  Strophe  erkennbar;  auch  sind  zwei  falsche  Kommas 
darin;  die  Verse  müssen  folgendermafien  gedruckt  werden,  wenn 
sie  verständlich  sein  sollen: 

Namen  nennen  dich  nicht,  dich  bilden  Griffel  und  Pinsel 

Sterbiidier  Könsüer  nicht  nach. 

Auf  derselben  Seile  ist  das  bekannte  Studentenlied  unrichtig 
angeführt;  es  lautet:  „Vom  hoh'n  Olymp  herab  ward  uns  die 
Freude,  Ward  uns  der  Jugendtraum  beschert^^  Auch  der  Anfang 
¥on  Klamer  Schmidts  Liede  scheint  mir  dort  unrichtig  angegeben 
zu  sein;  mich  dünkt,  es  heißt:  Hier  sitz'  ich  auf  Rasen,  mit 
Veilchen  bekränzt,  Hier  will  ich  nun  trinken,  Bis  rötlich  vom 
Bimmel  mir  Hesperus  glänzt'S  Ebenso  haften  mir  zwei  auf  S.  465 
angeführte  Lieder  von  Salis-Seewis  anders  im  Gedächtnis:  „Blau 
ist  der  Himmel  und  blumig  das  Land'*  (statt  grönend)  und: 
„Traute  Heimat  meiner  Lieben,  Denk'  idi  still  an  dich  zurück^' 
(gtatt  Sinn'  ich).  Eichendorffs  bekannte  Erzählung  heißt  nicht, 
wie  auf  S.  489  Z.  17  v.  u.  steht,  „Tagebuch",  sondern«  wie 
richtig  auf  S.  736  zu  lesen  ist,  „Aus  dem  Leben  eines 
Taagenichts".  Auch  zu  der  Anführung  von  Namen  sei  mir  eine 
fienerkung  erlaubt.  Als  Geburtsort  Göckingks  ist  auf  S.  450 
Grüningen  bei  Halberstadt  genannt;  der  Ort  heißt  Grüningeo. 
Bürgers  Geburtsort  wird,  wie  auch  in  anderen  BQchern,  so  hier 
auf  S.  459  Molmers  wende  genannt.  Diese  Form  ist  infolge  des 
Bestrebens,  die  Aussprache  zu  verfeinern,  aus  der  ursprünglichen 
Form  Molmers ch wende  hervorgegangen;  Schwende  bezeichnet 
im  Harz  Stätten»  wo  der  Wald  durch  Feuer  zum  Schwinden 
gebracht  ist  (im  Gegensatz  zu  Rode,  wo  er  gefSIlt  und  aus- 
gerodet ist),  und  kommt  allein  oder  mit  Eigennamen  zusammen«- 
gesetzt  als  Ortsbezeicbuung  vor:  Schwenda,  Hilkeoschwende, 
Braunschwende,  Holmerschwende.  Rückerts  Wohnort  heißt  nicht 
Neoseß»  sondern  Neuses.  Bei  den  Personennamen  ist  mir 
aufgefallen,  daß  auf  Seite  230  und  232  Herzog  Heinrich  Julius 
von  Braunschweig  immer  nur  Julius  genannt  wird.  Ähnlich  wird 
von  S.  447  an  Johann  Heinrich  Voß  immer  nur  Heinrich 
genannt,  während  doch  so  einer  seiner  Söhne  bezeichnet  zu  werden 
pflegt,  der  auf  S.  556  als  Heinrich  Voß  der  Jüngere  erwähnt 
wird.  Auch  die  Benennung  Konrad  Ferdinand  Meyer  beizu- 
behalten würde  ich  ratsam  finden,  wenn  auch  der  Dichter,  wie 
S.  971  bemerkt  wird,  erst  seit  1877  so  genannt  ist:  manche 
Familiennamen  machen  ja  nun  einmal  eine  möglichst  genaue  Be* 
Zeichnung  durch  Vornamen  nötig. 

Nach  diesen  unbedeutenden  Kleinigkeiten  muß  ich  nun  noch 
einige  wichtigere  Punkte  erwähnen  oder  gar  verbessern.  Hier 
handelt  es  sich  zunächst  um  einige  subjektive  Ansichten 
des  Verfassers,  die  er  för   sich  immerhin  hegen  konnte,  aber  in 


480  E.  Eagel,  Goschiclite  der  Deotsehea  Literator, 

einer  Geschichte  der  deutschen  Literatur  nicht  auszusprechen 
brauchte.  Was  haben  z.  B.  die  AusflUe  gegen  junge  Privat- 
dozenten und  gegen  gelehrte  Philologen  mit  dem  Zwecke 
des  Buches  zu  tun?  Wozu  dienen  in  diesem  Buche  die  ab- 
fälligen Bemerkungen  über  die  Lehrweise  der  höheren  Schulen, 
wie  auf  S.  186  Ober  das  „Deutsch  der  Obersetzungen  aus  dem 
Lateinischen  auf  den  Gymnasien**  oder  auf  S.  393,  397  und  633 
über  die  „Behandlung  von  Klopstocks  Oden  auf  manchen  Schulen'' 
und  über  die  „Abnutzung  der  Schillerschen  Balladen  im  Schul- 
unterricht''? Solche  Erinnerungen  aus  der  eigenen  „Pennäler- 
zeit" muß  der  Mensch  immer  nur  mit  größter  Vorsicht  wieder- 
geben, da  sie  leicht  etwas  vom  Pennäierstandpunkt  an  sich  be- 
halten. Und  zur  Belustigung  von  Gegnern  der  höheren  Schulen 
schreibt  man  doch  keine  deutsche  Literaturgeschichte,  nicht  einmal 
wenn  man  selbst  ein  solcher  Gegner  ist.  Sollte  vielleicht  auf 
solche  Gegnerschaft  auch  das  harte  und  nicht  allgemein  anerkannte 
Urteil  ober  die  „für  fünf  Jahrhunderte  verderblichen  Wirkungen 
des  Humanismus  auf  die  Form  der  deutschen  Geistesbildung" 
zurückgehen  ?  Daß  man  dem  Einfluß  der  Humanisten  sogar  den 
Gebrauch  des  Akkusativs  mit  dem  Infinitiv  im  Deutschen  zu- 
schreiben muß,  wie  S.  197  unten  behauptet  wird,  ist  mir  un- 
wahrscheinlich; daß  aber  der  in  Goethes  Alltagssprache  „häufig 
vorkommende  unabhängige  Genitiv,  z.  B.  schweigsamen  Fittichs, 
aus  dem  Griechischen  entlehnt"  sein,  also  indirekt  auch  dem 
Humanismus  in  die  Schuhe  geschoben  werden  soll,  ist  entschieden 
abzuweisen.  —  Was  ich  nun  noch  auszusetzen  habe  und  bei 
einer  neuen  Auflage  zu  verbessern  vorschlage,  will  ich  nach  der 
Beihenfolge  der  Seiten  vorbringen.  Die  Angabe  auf  S.  11  Z.  9 
V.  u.,  daß  „die  zweite  Lautverschiebung  sich  im  1 3.  Jahrhundert 
vollzogen"  habe,  beruht  auf  einem  Irrtum,  da  sie  ja  schon  im 
siebenten  vollendet  war.  Nötig  war  hier  der  Zusatz,  daß  die 
Veränderung  von  i,  ü,  iu  zu  ei,  au,  eu  und  die  Verwandlung  von 
s  zu  seh  erst  im  Neuhochdeutschen  staltfand.  Im  gotischen 
Vaterunser  auf  S.  27  darf  die  Form  briggais  nicht  bring  über- 
setzt werden,  sondern  du  mögest  bringen,  da  sie  eine  Wunsch- 
form ist  —  Auf  S.  30  Z.  20  ist  das  Urteil  über  W.  Jordans 
Nibelungen  nach  meinem  Gefühl  zu  hart,  ebenso  wie  auf  S.  83 
Z.  6,  wo  noch  dazu  fälschlich  behauptet  ist,  sie  seien  eine  Um- 
dichtung  des  mittelhochdeutschen  Heldensanges;  auch  darf 
mau  nicht  behaupten,  daß  seine  Homerubersetzung  „weit  hinter 
der  von  Voß  zurückstehe".  —  Die  Aufgabe  auf  S.  34  Z.  22,  daß 
die  Sprache  des  Taufgelöbnisses  der  Sachsen  aus  der  Zeit  um 
770  „altniederdeutsch  mit  einigen  angelsächsischen  Formen" 
sei,  bedarf  der  Nachprüfung.  —  Den  Satz  auf  S.  70  Z.  12  v.  u.: 
„Wessen  Gudrun  fähig  gewesen,  wenn  es  zum  äußersten  ge- 
kommen wäre,  das  zeigt  das  deutsche  Heldenmädchen  da,  wo 
es  ...  .   Gerlind    zurückweist"    kann   ich    nicht    unbeanstandet 


aa^ez.  voa  P.  Schwan.  48t 

laneD:  ich  halte  es  ftir  uDsUtthaft,  bei  Besprechunng  eines 
Dichterwerkes,  das  fertig  vorliegt,  AnnahmeD  zu  machen,  wie 
etwas  in  ihm  sich  unter  dieser  oder  jener  Bedingung 
gestaltet  haben  könnte.  —  Die  auf  S.  109  Z.  8  v.  u.  angeführte 
Übersetzung  eines  Verses  Waltbers  von  der  Vogelweide  „Deutsche 
Zucht  geht  Yor  in  allem'*  ist  unrichtig;  Tiuschiu  zuht  gftt  vor 
in  allen  heißt:  Deutsche  Zucht  geht  ihnen  allen  voran.  — 
Auf  S.  137  sind  die  Stollen  und  der  Abgesang  flilschlich  als 
Strophen  bezeichnet,  während  sie  doch  nur  die  Teile  einer 
Strophe  sind.  —  Die  wahrhaft  eigenartigen  Dichter  Neidhart 
aod  Gottfried  von  Neifen  (so  und  nicht  Niefen  war  die  mittel- 
hochdeutsche Form  ins  Neuhochdeutsche  zu  übertragen)  hätten  nach 
meinem  Gefühl  noch  mehr  hervorgehoben  zu  werden  verdient, 
als  es  geschehen  ist;  namentlich  habe  ich  von  diesem  das  reizende 
Lied  mit  dem  Kehrreim  „Wigen,  wagen**  usw.  ungern  ver- 
mißt. —  Der  auf  S.  182  unten  erwähnte  italienische  Mönch 
durfte  nicht  einfach  Cessolis  genannt  werden,  da  er  Jacobus 
de  Cessolis  heißt.  —  In  der  Probe  aus  Opitzens  Übersetzung  des 
Sophokleischen  Chorgesangs  IloXXä  %ä  dsiva  auf  S.  267  ist  das 
Kragezeichen  am  Schlüsse  des  letzten  Verses  keineswegs  be- 
rechtigt; denn  die  Worte:  —  „die  Erde  Lässt  er  durch  die 
Schlacht  der  Pferde  Jährlich  nimmer  ungepflügt**  sind  durchaus 
verständlich,  sobald  man  daran  denkt,  daß  „die  Schlacht'*  hier 
gleich  dem  mhd.  VITorte  slahte  „das  Geschlecht*'  bedeutet,  so  daß 
,,die  Schlacht  der  Pferde"  wörtliche  Übersetzung  von  Xnnsltf  yipe& 
ist.  —  Auf  derselben  Seite  konnte  als  Komponist  des  von  Opitz 
Bachgedichteten  Liedchens  „Kompt  last  uns  außspatzieren'^  neben 
Zelter  auch  Hendelssohn  angegeben  werden,  zumal  da  seine 
Vertonung  bekannter  ist.  —  Auf  S.  328  Z.  20  ist  Swifts  bekannter 
Roman  „Gullivers  Reisen*'  nicht  ausreichend  bezeichnet  durch  die 
Angabe:  „Roman  von  Gulliver  und  LillipuV*.  —  Die  Bemerkung 
auf  S.  356  Z.  15ff.,  daß  Uhlands  Ballade  „Des  Sängers  Fluch" 
in  der  „Nibelungenstrophe"  gedichtet  sei,  ist  ungenau;  die 
Strophe  war  vielmehr  als  neue  Nibelungenstrophe  oder  als 
Hildebrandston  zu  bezeichnen.  —  Das  Zitat  aus  Lessing  auf 
der  Mitte  von  S.  361  lautet  nicht:  „Ich  bin  Shakespeare**, 
sondern  „Ich  bin  Shakespeares*'.  —  Der  Ausdruck  „ciloyen  du 
monde**  ist  nicht  von  den  Franzosen  erfunden,  wie  auf  S.  627 
behauptet  wird,  sondern  aus  dem  griechischen  Worte  xoCfio- 
nroAiri^g,  da^  sich  bei  Diog.  Laert.  findet,  übersetzt;  schon  Plato 
hat  im  selben  Sinne  das  Wort  xd(r/i*io$,  das  Cicero  durch 
mundanus  wiedergegeben  hat.  —  Was  auf  S.654  Z.23  v.u.  mit  dem 
„vergeblichen  Charakter  der  Dorothea**  gemeint  ist,  verstehe  ich 
nicht.  —  Goethes  Euphrosyne  ist  auf  S.  656  als  Klage- 
gesang bezeichnet,  anscheinend  weil  der  Verfasser  das  Fremd- 
wort Elegie  hat  vermeiden  wollen;  ich  fürchte,  wir  können  es 
nicht   entbehren    für  Dichtungen    wie   die    vorliegende    und    wie 

Z«itMhr.  f.  4.  OjinBM««lireMn.    LXT.    6.  31 


482  B-  Engel,  Gesehichte  d.  Dtsch.  Literttor,  t^z.  v.  P.  Schwarz. 

Goethes  Epilog  zu  Schillers  Glocke,  in  denen  kein  Wort  der 
Klage  über  die  abgeschiedenen  Personen,  sondern  höchstens 
Klänge  der  Wehmut  enthalten  sind.  —  Philipp  Hackert  kann 
nicht  als  unbedeutender  Maler  bezeichnet  werden,  wie  es  auf 
S.  669  Z.  7  geschehen  ist.  —  Der  angebliche  Tod  des  Armen- 
advokaten  Siebenkäs  erfolgt  nicht  in  der  Fremde,  wie  auf 
S.  692  Z.  4  gesagt  ist,  sondern  in  der  eigenen  Wohnung.  Der 
Titel  ?on  Grillparzers  Gedichtsammlung  Tristia  ex  Ponto  ver- 
mengt die  Titel  zweier  Sammlungen  Ovids,  von  denen  die 
eine  Tristia,  die  andere  Ex  Ponto  betitelt  ist;  die  Obersetzung 
auf  S.  826  „vom  Pontus"  ist  ungenau  statt  „aus  dem  Land  am 
Pontus*'.  —  Die  letzte  Strophe  von  Heines  Gedicht  „Das  Meer 
erglänzte  weit  hinaus"  wird  auf  Seite  862  als  „unecht'*  be- 
zeichnet; der  Ausdruck  ist  mißverständlich  und  soll  hier  nidit 
bedeuten,  dafi  die  Strophe  nicht  von  Heine  herrähre,  sondern 
daß  sie  minderwertig  sei.  —  Bei  R.  Volkmann  mußte  auf 
S.  909  erwähnt  werden,  daß  er  bis  zu  seinem  Tode  Professor 
der  Chirurgie  an  der  Universität  Halle  gewesen  ist.  —  Die  Ober- 
setzung „Tränen  der  Dinge*'  auf  S.  977  Z.  9  trifft  sicherlich 
nicht  den  Sinn  der  lateinischen  Worte  „lacrimae  rerum"  in 
Vergils  Äneis  I  462;  sie  bedeuten  vielmehr  „Tränen  für  Er- 
eignisse, Mitleidszähren  für  Unglöckliche'*.  —  Im  Register  habe 
ich  Wolfgang  Müller  vermißt. 

Alles,  was  ich  im  vorstehenden  unter  Angabe  der  Seiten 
und  Zeilen  aus  Engels  Deutscher  Literaturgeschichte  angeführt 
habe,  mag  zum  Beweise  dienen,  daß  ich  sie  nicht  bloß  durch- 
geblättert, sondern  von  Anfang  bis  zu  Ende  durchgelesen  habe. 
Hierbei  habe  ich  einen  Genuß  gehabt  wie  selten  beim  Lesen 
einer  Literaturgeschichte.  Die  Schönheit  der  Sprache,  die  Un- 
mittelbarkeit und  Frische  der  Urteile,  die  größtenteils  mit  meiner 
eigenen  Auffassung  übereinstimmen,  wenn  ich  auch  einige  neuere 
Schriftsteller  vermißt  und  andere,  die  ich  nicht  zu  finden  er- 
wartet hätte,  zu  meinem  Erstaunen  erwähnt  gefunden  habe,  sind 
mir  eine  wahre  Freude  gewesen.  Oft  hat  die  Darstellung,  ganz 
wie  es  der  Verfasser  auf  S.  VH  als  seine  Absicht  ausgesprochen 
hat,  den  Wunsch  in  mir  erweckt,  in  dieses  oder  jenes  der  er- 
wähnten Werke  durch  eigenes  Lesen  tiefer  einzudringen,  und  ich 
darf  annehmen,  daß  es  diesen  Literaturhunger  noch  mehr  bei 
den  Lesern  erregen  wird,  für  die  der  Verfasser  sein  Buch  in  erster 
Linie  bestimmt  hat.  Aus  voller  Überzeugung  empfehle  ich  es 
aufs  wärmste  allen  „Wissenden**  schon  jetzt  zur  Beachtung,  allen 
„Nichtwissenden**  aber  zum  fleißigen  Studium  unter  dem  Vor- 
behalt, daß  die  von  mir  oder  anderen  aufgefundenen  tatsäch- 
lichen Versehen  und  Irrtümer  in  der  nächsten  Auflage  berichtigt 
werden. 

Quedlinburg.  Paul  Schwarz. 


R.  Lehmann,  Deatsches  Lesebach,  angez.  von  C.  Heinse.  483 

R.  Lehmann,    Deatsches    Lesebach'för    höhere    Lehranstalten. 
Anhang  für  Schlesien. 

Eine  Mitteilung,  die  mir  von  dem  einen  Verfasser  des  An- 
hanges, Herrn  Direktor  Dr.  Altenburg  in  Glogau,  lugeht,  Yeranlaßt 
mich  zu  einem  Nachtrage  zu  meiner  Besprechung  in  dieser  Zeit- 
schrift (oben  S.  319  f.).  Es  handelt  sich  bei  dem  Anhange  keines- 
wegs um  ein  pädagogisches  Experiment,  das,  wie  ich  fürchtete, 
anderen  Provinzen  zur  Nachahmung  empfohlen  werden  soll.  Das 
Werkchen  bildet  vielmehr  ein  Stück  der  Lebensarbeit  des  aut 
diesem  Gebiete  hochverdienten  Verfassers,  der  für  deutsche  Eigen- 
art und  Sitte  in  der  Ostmark  unseres  Vaterlandes  kämpft.  Die 
Crfabrung,  daß  es  gerade  den  Schlesiern  an  Verständnis  für  ihre 
große  deutsche  Vergangenheit  fehlt,  das  sie  im  Kampfe  gegen  das 
Slawentum  so  herzlich  nötig  hätten,  hat  den  Verfasser  veranlaßt, 
diese  Sammlung  zu  veranstalten.  Er  denkt  sich  ihre  Verwendung 
nicht  nur  im  deutschen  Unterricht,  sondern  im  geschichtlichen 
und  geographischen  und  glaubt  schon  durch  das  bloße  Vorhanden- 
sein des  Buches  bei  Schülern  und  in  deren  Familien  Anregung 
auf  diesem  in  seiner  Heimat  so  vernachlässigten  Gebiete  zu  geben. 
So  kann  auch  manches  Stück,  das  vom  Standpunkte  der  deutschen 
Literatur  oder  des  deutschen  Unterrichts  verwerflich  schien,  als 
Waffe  in  dem  Kampfe  für  die  gute  Sache  brauchbare  Dienste 
leisten.  Ohne  im  übrigen  meinen  Standpunkt  über  den  pädagogi* 
sehen  Wert  solcher  provinziellen  Anhänge  aufzugeben,  hielt  ich  in 
diesem  Falle  eine  nachträgliche  Würdigung  nach  der  anderen  Rich- 
tung für  erforderlich. 

Cassel.  C.  Heinze. 

l)Thiers,  Ejcpedition  d'Egypte.  Heraasge^eben  vonF.  Weyel.  Leipzig 
1906,  G.  Preytag.  95  S.  Anmerkungen  30  S.  8.  geb.  ],50  JL, 
Worterbach  daza  34  S.     0,40  M. 

Die  Ausgabe  von  Weyel,  deren  Text  den  Geschichtswerken 
des  Thiers  entnommen  ist,  unterscheidet  sich  in  einigen  Punkten 
von  den  meisten  der  schon  vorhandenen  Ausgaben  der  'Expedition 
d'£gypte'.  Weyel  schließt  nicht  mit  der  Rückreise  Bonapartes, 
sondern  führt  die  Erzählung  bis  zum  Tode  Klebers  fort.  Das  ist 
wohl  zu  rechtfertigen.  Denn  mit  dem  vorzeitigen  Tode  dieses 
Führers  war  der  Kriegszug  nach  Ägypten  in  der  Tat  zu  seinem 
ergebnislosen  Ausgang  gekommen.  Um  nun  aber  einen  Lesestoff 
zu  bieten,  der  in  einem  Halbjahr  bewältigt  werden  könnte,  hat 
der  Herausgeber  den  Urlext  bedeutend  kürzen  müssen.  Er  hat 
mit  geschickter  Hand  gekürzt,  hätte  aber  meiner  Meinung  nach 
noch  etwas  schärfer  vorgehen  kennen.  Immerhin  sind  die 
90  Seiten  Text,  die  seine  Ausgabe  enthält,  eine  wenn  auch 
reichlich  bemessene,  so  doch  zu  bewältigende  Aufgabe  für  ein 
Halbjahr.  Ich  finde,  nebenbei  bemerkt,  daß  manche  von  unsern 
neusprachlichen  Schulausgaben   auf   die  Forderung  hin,    einen  in 

31» 


484     Shakespeare,  Jalios  Caesar,  aogez.  von  H.  Traelaen. 

einem  Halbjahr  bequem  zu  bewälligenden  Lekturestoff  zu  bieten, 
gekürzt  werden  mößten.  Die  soeben  erwähnte  Forderung  einer 
verständigen  Beschränkung  in  bezug  auf  den  Umfang  der  Schul- 
ausgaben scheint  mir  darum  berechtigt  zu  sein,  weil  bei  Lehrern 
und  Schülern  ein  Gefühl  des  Unbefriedigtseins  entstehen  muß, 
wenn  der  Lesestoff  nicht  bis  zur  letzten  Seite  durchgearbeitet 
wird,  oder  wenn  er,  auf  Kosten  der  Verarbeitung  des  Inhalts, 
am  Schluß  des  Semesters  fibereilig  und  flüchtig  zu  Ende  geführt 
werden  muß. 

Die  Anmerkungen,  die  Weyel  seiner  Ausgabe  hinzugefügt 
hat,  zeugen  von  sorgfältiger  Arbeit.  Das  Wörterbuch  ist  aus- 
reichend. Ich  kann  diese  Ausgabe  der  'Expedition  d'Egypte' 
bestens  empfehlen. 

2)  Shakespeare,  Jjolios  Caesar.  Obersetsaog  voo  A.  W.  Sehle^el, 
revidiert  von  Hermann  Conrad.  Mit  Einleitan^  ond  Anmerkangen . 
Stattgart  1906,  Dentsche  VerlassansUlt.  XXXV  und  147  S.  8. 
1,50  JL^ 

Das  vorliegende,  geschmackvoll  ausgestattete  Bändchen  kann 
zur  Benutzung  im  deutschen  Unterricht  der  Oberklassen  des 
Gymnasiums  durchaus  empfohlen  werden.  Der  Text  ist  dei* 
von  Hermann  Conrad  revidierten  und  von  der  Kritik  im 
ganzen  recht  beifallig  aufjgenommenen  Neuausgabe  der  Schiegel- 
Tieckschen  Shakespeare  -  Übersetzung  entnommen.  Wir  haben 
also  in  der  vorliegenden  Ausgabe,  für  welche  auch  verschiedene 
Verbesser ungs vorschlage  von  Christian  Eidam  benutzt  werden 
konnten,  wohl  die  beste  Verdeutschung  des  Shakespeareschen 
Caesars  vor  uns.  Die  Einleitung,  in  welcher  Conrad  u.  a.  über 
die  Quellen  und  die  Abfassungszeit  des  Dramas,  über  den  eigent- 
lichen Helden  und  die  Einheit  der  Handlung  in  unserm  Drama 
spricht,  ist  sehr  belehrend  und  wohl  geeignet,  reifere  Schüler  zu 
weiterem  Studium  der  Shakespeareschen  Dichtungen  anzuregen.  — 
Sollte  es  sich  nicht  empfehlen,  einer  zweiten  Auflage  des  be- 
sprochenen Bändchens  oder  den  etwa  noch  folgenden  Sonder- 
ausgaben Shakespearescher  Dramen  eine  kurze  Biographie  Shake- 
speares beizugeben? 

S)Macattiay,  Five  Speeches  on  Pärliameatary  Reform.  Herana- 
gegeben  von  0.  Thiergen.  Berlin  1906,  Weidnannache  Bachhandlang. 
95  S.    Anmerkungen  dasn  27  S.    8.    geb.  1,20  M^ 

Schon  lange  sind  die  geschichtlichen  Werke  Macauhys,  Ab- 
schnitte aus  der  'History  of  England'  sowie  einzelne  'E88ays\  eine 
beliebte  Lektüre  für  die  Oberklassen  unserer  höheren  Schulen 
gewesen.  Nun  hat  T  hier  gen  aus  der  von  Macaulay  selbst  be- 
sorgten Ausgabe  seiner  Parlamentsreden  jene  fünf  Reden,  die 
dieser  englische  Staatsmann  im  Anfang  seiner  parlamentarischen 
Laufbahn  für  die  Durchfuhrung  einer  gesunden. Wahlreform  ge- 
balten hat,  als  Schullektüre  herausgegeben.    Thiergen  konnte  keine 


I\,?rii9k,  Geiekiehle  d.  Meder  a.  Peraer,  ags.  v.  F.  ReaA.  4g5 

bessere  Wahl  für  einen  neuen  englischen  Lesestoff  treffen.  Denn 
wir  müssen  ihm  durchaus  zustimmen,  wenn  er  in  dem  Vorwort 
sagt,  daJS  „dieser  Lesestoff  wie  kein  anderer  geeignet  sei,  in 
engUscbes  Leben,  in  englische  Geschichte  und  vor  allem  in  das 
parlamentarische  Treiben  in  England  einzuführen''.  Freilich  sind 
diese  Reden  inhaltlich  schwieriger  als  die  meisten  geschichtlichen 
Werke  Macaulays;  denn  diese  Reden  enthalten  viele  Hinweise  auf 
innerpoliüsche  Vorgänge  bei  den  Kulturvölkern  der  Siteren  und 
neueren  Zeit  und  mancherlei  Retrachtungen  philosophischer  Natur, 
wie  z.  R.  Ober  die  Zulässigkeit  oder  Unzulässigkeit  des  allgemeinen 
Wahlrechts  unter  Reröcksichtigung  der  sozialen  Lage  eines  Volkes 
u.  a.  m.  Indessen  hat  der  Herausgeber  die  hauptsächlichsten 
Schwierigkeiten,  die  der  englische  Text  den  Schülern  bieten  mag, 
durch  eine  Anzahl  sorgfältiger  Anmerkungen  behoben.  Außerdem 
hat  er  in  der  'Einleitung',  welche  er  der  kurzen  'Riographie' 
Macaulays  hinzugefQgt  hat,  die  Geschichte  der  'Reformbiir  und 
die  politische  Redeutung  dieser  Rill  für  die  'rotten  boroughs'  und 
die  aufblühenden,  gewerbreichen  englischen  Städte  sowie  für  die 
politische  Entwicklung  Englands  überhaupt  klar  dargelegt.  —  Der 
Druck  ist  sorgfältig,  die  Ausstattung  gut.  Das  Rändchen  bietet 
eine  vortreffliche  Lektüre  für  die  Prima. 

Landsberg  a.  91.  Heinrich  Truelsen. 

J.  V.  Pradek,  Geschichte  der  Meder  ood  Perser  bis  znr  make- 
donisch eo  Eroberan^.  Baod  1:  Geschichte  der  Meder  und  des 
Reiehe  der  Lander.  Gothn  1906,  F.  A.  Perthes.  XU  n.  282  S.  8. 
7  JC, 

Das  verdienstvolle  Unternehmen  der  Perthesschen  Verlags- 
haodlung,  durch  „Handbücher  der  Geschichte''  das  historische 
Studium  zu  fördern,  dem  wir  bereits  eine  Reihe  für  wissenschaft- 
liche Forschungen  unentbehrlicher  Darstellungen  der  alten  Ge- 
schichte verdanken,  hat  die  geschichtliche  Literatur  um  ein  neues 
willkommenes  Werk  bereichert,  um  die  Rearbeitung  der  Geschichte 
der  Meder  und  Perser  durch  J.  Y.  Präsek,  der  soeben  den  ersten 
bis  zum  Tode  des  Kambyses  reichenden  Rand  hat  erscheinen 
lassen.  Zur  Lösung  der  gestellten  Aufgabe,  die  Geschichte  der 
arischen  Iranier  und  ihrer  Nachbarn  seit  den  ältesten  historisch 
beglaubigten  Regebenheiten  bis  zur  Auflösung  des  Achämeniden- 
reichs  durch  den  großen  makedonischen  Eroberer  zu  schreiben, 
befibigten  den  Verfasser  vielfache  Vorarbeiten  auf  diesem  Ge- 
biete, wie  z.  R.  die  Untersuchung  „Medien  und  das  Haus  des 
Kyaxares'*  Rerlin  1890,  „Hekataios  als  Herodots  Quelle  zur  Ge- 
schichte Vorderasiens*'  in  Reitr.  z.  A.  Gesch.  IV  265  ff.  u.  a.  Ver- 
wertet sind  alle  bis  auf  die  Gegenwart  zugänglich  gemachten 
Quellen  und  berücksichtigt  alle  seither  veröffentlichten  Unter- 
sudinngen.  PraSeks  Handbuch  ist  daher  vorzüglich  geeignet,  den 
Leser  über   den   neuesten  Stand    der   an   die  roediscb-persische 


486         J.  V.  Prisek,  Geschichte  der  Meder  and  Perser, 

Geschichte  anknöpfeDden  Fragen  aufzukläreD.  Von  den  zwei  Teilen, 
in  welche  es  zerfällt,  behandelt  der  erste  die  Meder,  der  zweite, 
^reicher  die  Geschichte  der  Perser  enthält,  bringt  in  der  bereits 
erschienenen  Abteilung  die  Geschichte  des  von  Kyros  geschaffenen 
„Reichs  der  Länder*',  d.  h.  der  Vereinigten  Staaten  Vorderasiens 
zur  Darstellung,  während  den  Inhalt  der  noch  ausstehenden 
zweiten  Abteilung  die  Schicksale  der  von  Dareios  begründeten 
Alleinherrschaft  der  Achämeniden  und  des  Perserstammes  bilden 
werden. 

In  einem  einleitenden  Abschnitte,  der  über  die  Quellen  zur 
medischen  Geschichte  orientiert,  finden  sich  neben  den  Angaben 
über  die  assyrischen,  babylonischen  und  persischen  Berichte 
treffende  Bemerkungen  über  den  Wert  der  Nachrichten  des  Be- 
rossos,  Hekataios  und  Ktesias.  Auf  Hekataios  fuhrt  Praäek  den 
ausfflhrlichen  Bericht  über  den  medischen  Nationalstaat  im  ersten 
Buche  Herodots,  die  Darstellung  des  Kampfes  mit  den  Lydern, 
die  Beschreibung  Babylons,  die  ägyptisch-grierhische  Oberlieferung 
über  Kambyses  u.  a.  in  der  Herodoteischen  Oberlieferung  zurück, 
Lehmann-Haupt  (Beitr.  z.  A.  Gesch.  II  S.  334  ff.  u.  a.  a.  0.)  nimmt 
vielfach  Dionysios  von  Milet  als  Mittelglied  zwischen  Hekataios 
und  Herodot  an.  Mag  Prjisek  die  Benutzung  des  älteren  Logo- 
graphen durch  den  jüngeren  Geschichtschreiber  auch  zu  weit 
ausdehnen,  Abhängigkeit  des  letzteren  von  jenem  ist  zweifellos 
und  daher  der  Widerspruch  von  v.  Wilamowitz-Moellendorff  nicht 
berechtigt:  „Nichts  führt  darauf,  daß  der  roilesische  Staatsmann 
die  Ereignisse  seiner  Zeit  oder  die  Chronik  einer  Stadt  geschrieben 
hätte,  wie  immer  wieder  behauptet  wird'*  (Griechische  Literatur 
S.  33).  Vor  den  Ariern  saß  in  Iran  eine  Urbevölkerung,  die 
später  in  den  eingewanderten  Indogermanen  aufging,  von  ihr 
stammt  der  Landesname  Mata  oder  Mada,  d.  i.  Medien.  Meder 
und  Perser  trugen  einst  den  Namen  Arier  (Herod.  VII  62),  ihre 
Sprache  läßt  sie  als  Verwandte  der  Baltoslawen  erkennen,  mit 
denen  sie  während  der  (Jrepoche  des  indoeuropäischen  Lebens 
die  Urheimat  an  der  mittleren  Donau  teilten.  Ihr  Einbruch  in 
Asien  erfolgte  an  zwei  verschiedenen  Stellen,  durch  die  Kaukasos- 
pässe  in  Westiran  und  aus  Südsibirien  in  Ostiran.  Arier  sind 
die  aus  hieroglyphischen  und  keilinschriftlichen  Angaben  bekannten 
Hittiter,  Arier  die  Skythen,  deren  Einfall  der  große  Pharao 
Sesostris  an  den  Grenzen  Ägyptens  Halt  geboten  haben  soll,  die 
Erinnerung  an  die  arische  Überflutung  Vorderasiens  ist  in  den 
Nachrichten  über  die  späteren  Kimmerier-  und  Skytheneinfälie 
festgehalten.  Vor  dem  arischen  Einbruch  in  Westasien  nahm  die 
arische  Völkerflut  Besitz  von  Turkestan  zu  beiden  Seiten  des 
Pamir  und  breitete  sich  von  hier  über  Ostiran  und  Vorderindien 
aus.  Assyrische  Inschriften  aus  der  Zeit  Sargons  erwähnen  Aribi 
im  Herzen  Irans.  Irrig  ist  es,  dabei  an  einen  versprengten  Araber- 
stamm   in    Medien    zu    denken,    Aribi   ist   Pluralform    von    der 


•  0(62.  voa  F.  Reaß.  4g7 

Wurzel  Ari  {Aq&o^)j  und  es  ist  auch  bei  Appian  Syr.  c.  55  herzu- 
stellen:    xal    JIsQifcdV    xal    llaQ&vaiwv    xal    Baxxqitav    xal 
^Aqißimv   (statt    ^Aqctßitav)   *al    Tanvqwv  x.  r.  L    Ihren    Ab- 
schloß fand  die  arische  Einwanderung  in  Medien  um  700  v.  Chr. 
Als  Stifter   des    königlichen   Hauses    in  Medien   wurde   von    den 
Medem  der  Zeit  des  Dareios  und  des  Ktesias   der  von  dem  spä- 
teren Eroberer  Nini?es   zu  scheidende  Kyaxares  (Uvachäatra)  an- 
gesehen, dessen  Name  für  Sargons  Zeit    keilinschriftlich    bezeugt 
ist ;   Herodot  (I  96)    setzt  dagegen  an  die  Spitze    der  mediscben 
Königsreihe  Phraortes,   den    Vater   des    Deiokes.     Wenn    Ktesias 
(Diod.  II  32  ovoßa  Kva^a^v)    in    seinem  Herodotexzerpte  den 
Namen    des  Kyaxares    bietet,   so    bat   er    mit   der  Cberlieferung 
seiner  Vorlage    eine  Änderung  vorgenommen,    und    es   ist  daher 
unrichtig,  die  Stelle  Diodors    durch  Änderung   mit  der  benutzten 
Quelle  in  Obereinstimmung   bringen  zu    wollen.     Irrefilhrend  ist 
hier  die  Inhaltsangabe  auf  S.  IX  §  6  „Kyaxares  kam  ursprunglich 
auch   bei  Herodot    vor*'.     Die    Ktesianische  Liste    der  medischen 
Könige  ist  von  dem  knidischen  Arzte  mit  Benutzung  der  Tradition 
zureditgemacht  und  durch  allerlei  Mittel  wie  z.  B.  Zufögung  von 
Doppelgängern    zu    der  1.,    2.   und    3.  Regierung   von    150    auf 
317  Jahre   erweitert  worden,    aber  auch  die  150  Jahre  der  Har- 
pagidentradition  (Hekataios-Herodot)  entbehren  der  geschichtlichen 
Grundlage  (Deiokes  und  Phraortes:  53  +  22  =  75,  Kyaxares  und 
Astyages:  40  +  35  =  75  Jahre).     Endjahr  des  medischen  Reiches 
ist  das  Jahr  550/549,    von  diesem  führen  die  nach  Prä§eks  Vor- 
aussetzung    der     medischen     Volksüberlieferung     entnommenen 
128  Jahre   hei   Herod.  1  130  auf  678/7  v.  Chr.   als  Anfangsjahr. 
Die  Harpagidentradition  schreibt  Deiokes  die  Gründung  des  medi- 
scben Reiches  zu.     Diese  beschränkte  sich  auf  die  Gründung  eines 
neuen  Mittelpunkts  in  der  Stadt  Agbatana   und  auf  die  politische 
und  nationale  Vereinigung  der  Stämme  Mediens,   die  der  Abwehr 
der  assyrischen  Angriffe  galt;  aber  die  Taten  der  Nachfolger  wurden 
Deiokes  gutgeschrieben,  weil  auch  die  durch  Harpagos  nach  Lydien 
Terpflanzte  Seitenlinie  des  medbchen  Königshauses  von  ihm  sich 
herleitete.     Als   erster    König    von  Medien    erscheint   bei    Präsek 
Mamitiarsu,  und  ihm  folgt  der  in   einer  Tafel  aus  Kujundzik  ge- 
nannte  Tukdammi,   den  andere  dem  aus  Strabo  bekannten  Kim- 
merierfiihrer    Lygdamis    {yivydai/^^g)   gleichsetzen.       Übertrieben 
sind    auch    die  Phraortes   zugeschriebenen  Erfolge,   insbesondere 
kann  von  einer  Eroberung  Persiens    durch  ihn    keine  Rede  sein, 
wenn  auch  die  Dauer  seiner  Regierung  richtig  auf  22  Jahre  (d.  i. 
646 — 625  V.  Chr.)  bestimmt  ist.     Er  ist  identisch   mit  dem  von 
den  Exzerptoren  des  Berossos  genannten  Satrapen  Astyages,    der 
mit  Nabnpaiusur  (Bussalossoros  bei  Abydenos)  einen  Bund  gegen 
Assyrien  schloß.    Phraortes  war  der  Personenname,  Astyages  der 
offizielle  Königsname,  doch  wurde  ihm  von  den  Assyriern  und  so 
auch  von  dea  Babyloniern  der  Königstitel  noch  verweigert.     Zur 


488  ^*  V.  Pradek,  Geschichte  der  Bieder  ood  Perser, 

.  Ausführung  des  geplanten  Angrifls  auf  Assyrien  ist  es  nicht  ge- 
kommen;  die  Harpagidentradition  hat  indessen  auf  Phraortes  die 
Niederlage  bezogen,  welche  sein  Vorgänger  Tukdammi  erlitten 
hatte.  Als  626  ?.  Chr.  Skythen  die  nördlichen  und  westlichen 
Provinzen  Assyriens  überfielen,  griffen  die  verbfipdeten  Babylonier 
und  Meder  das  assyrische  Reich  an;  doch  ein  Bündnis  zwischen 
Assyriern  und  Skythen  lenkte  den  Eroberungszug  dieser  gegen 
Medien.  Kyaxares  befreite  das  Land  von  diesem  Feinde  und  ge- 
wann mit  dem  Siege  bei  Zela  die  Herrschaft  über  das  den 
Skythen  entrissene  Kappadokien  und  Armenien.  Diesem  Siege 
ging  606  V.  Chr,  die  Eroberung  Ninives  voraus,  durch  die  der 
König  auch  Herr  des  Reiches  Elam  wurde.  Die  medischen  Er- 
oberungen im  Westen  führten  zum  Kriege  mit  Lydien,  über  die 
uns  der  glaubwürdige,  den  lydischen  Hofannalen  entnommene 
Bericht  des  Hekataios  bei  Herodot  vorliegt;  er  machte  den  Halys 
zur  Westgrenze  Mediens.  Auf  Kyaxares  folgte  585  v.  Chr.  sein 
Sohn  Astyages  JI.  Die  gehässige  Harpagidentradition,  die  ihn  zu 
einem  verabscheuungswürdigen,  regierungsunfahigen  Despoten 
macht,  hat  sein  Bild  entstellt;  günstiger  lautet  das  ältere  Urteil, 
wie  es  Dareios  bei  Aischylos  (Perser  766  f.  nach  Hellanikos) 
ausspricht:  „Der  zweite,  sein  Sohn,  krönte  das  Werk;  denn  edle 
.Geistestriebe  leiteten  sein  Gemut'^ 

Auch  die  Geschichte  der  Perser  leitet  ein  Abschnitt  über  die 
Quellen  ein.  Die  Handlungen  des  Kambyses  läßt  der  von  Heka- 
taios-Herodot  benutzte  ägyptisch-griechische  Roman  in  möglichst 
ungünstigem  Lichte  erscheinen.  Angaben  aus  persischen  Quellen 
finden  sich  bei  Ktesias,  doch  war  er  nicht  imstande,  Geschicht- 
liches und  Erdichtetes  voneinander  zu  scheiden.  Den  Namen 
des  Pseudobardes,  Gaumäta-Comatis,  lesen  wir  bei  Justin,  er  ist 
ihm  wahrscheinlich  durch  Dinon  aus  Charon  vermittelt.  Prasek 
vertritt  die  unhaltbare  Hypothese  Gutschmids,  die  in  dem  Werke 
des  Trogus  eine  lateinische  Bearbeitung  der  Geschichte  des  Tima- 
genes  sieht.  In  der  Behistuninschrift  bezeichnete  sich  Dareios 
als  neunten  unter  den  Königen  seiner  Familie.  Achaimenes  war 
der  Ahnherr,  sein  Sohn  Teispes  I.  eröffnete  um  675  v.  Chr.  die 
Reihe  der  Achämenidenkönige^  die  sich  mit  Teispes  H.  Könige 
von  Ansan,  d.  i.  des  um  das  Gebiet  der  Maraphier  und  Haspier, 
erweiterten  Landes  der  Pasargaden,  nannten.  Zu  weltgeschicht- 
licher Bedeutung  erhob  dieses  Reich  Kyros  HL,  der  Sohn  Kam- 
byses H.  Perser  von  arischer  Abstammung,  erweiterte  er  das 
Reich  Ansan  zum  Reiche  Parsu,  d.  h.  er  vereinigte  die  Perser- 
stämme zu  einem  Staate,  um  darnach  das  gesamte  Vorderasien 
seinem  Zepter  zu  unterwerfen.  Im  Vertrauen  auf  den  Verrat 
einer  Astyages  feindlichen  Partei,  an  deren  Spitze  ein  Mitglied 
des  Königshauses,  der  Feldherr  Harpagos,  stand,  erhob  er 
553  V.  Chr.  gegen  den  Mederkönig  die  Waffen  und  nahm  ihn  ia 
der  Schlacht   bei  Pasargadae   550  v.  Chr.    gefangen.    Durch   die 


«Dgez.  von  F.  Reuß.  489 

Heirat   mit  Astyages  Tochter  Amytis,    der  Witwe   des  beseitigten 
Spitames,  gab  er  seiner  Herrschaft  ober  die  Med  er  den  Schein  der 
Legitimität    Indem  er  die  Großen  des  Landes  in  ihren  Stellungen 
üeS,  erreichte  er,  daB  die  Perserherrschaft  nur  als  die  Fortsetzung  des 
Mederreichs  angesehen  wurde,    in  dem  nichts  als  die  Person  des 
Herrschers  gewechselt  hatte.    Dem  Falle  Mediens  folgte  der  Sturz 
des  Lyderkunigs  Kroisos   und   die  Oberwältigung  der  kleinasiati- 
sehen  Griechen.     Um   die  Verbindung  zwischen  Sardes  und  Ba- 
bylon unmöglich  zu  machen,  schloß  Kyros  einen  Vertrag  mit  dem 
Syennesis  von   Kilikien,    der   diesen    der   persischen    Oberhoheit 
unterstellte,    sonst   aber   seine   Machtstellung  im  eigenen  Lande 
Dicht  schmälerte.    Diese  Kombination  gründet  PraSek  auf  die  An- 
gabe im  Herodoteischen  Satrapenverzeichnis,  daß  persische  Reiterei 
io  Kilikien  als  Schutztrappe  gestanden  habe.     Auch  Kroisos  wurde 
mit  Schonung   behandelt   und   erhielt   die   Einkünfte   der   Stadt 
Bareoe  bei  Agbatana  zum  Unterhalte.    An  die  Unterwerfung  der 
linder   Irans    bis    zum    Indus    und   Jaxartes,    die  als  Teile  des 
Perserreichs  die  Behistuninschrift  nennt,  hat  sich  die  Erinnerung 
io  der  Mitteilung  über  die  Ariaspen  erhalten,  die  wir  z.  B.  bei  Diod. 
IVII  81   aus  der  Zeit  Alexanders  des  Grofsen  lesen.     Im  Jahre 
538  erlag  den  Persern  das  Reich  Babylon.    Auch  hier  war  Kyros 
bestrebt,    als    rechtmäßiger  Nachfolger  des  letzten  einheimischen 
Königs  zu  erscheinen  und  durch  Wiederherstellung  der  Harduk- 
religion  die  Priester  und  das  Volk  zu  gewinnen ;  wie  Medien  und 
Ljdien  wurde  auch  Babylon  durch  Personalunion  mit  dem  Perser- 
reiche verbunden.    Schon  faßte  Kyros  auch  den  Angriff  auf  das 
Pbaraonenreich  ins  Auge;    diesem  Vorhaben  entsprach . die  kluge 
Schonung,    welche  er  der  Bewohnerschaft  Syriens  und  Palästinas 
angedeihen  ließ.    Während  sein  Sohn  Kambyses  die  Vorbereitungen 
ztt  diesem  Feldzug  traf,   fiel  er  im  Kampfe  gegen  die  Steppen-* 
Völker  am    rechten   Ufer  des  Jaiartes  und  wurde  in  Pasargadae 
beigesetzt,    wo   sein  Grabmal  noch  von  Alexander  d.  Gr.  besucht 
wurde.    Kyros  hatte  die  Eigentümlichkeiten  der  eroberten  Reiche 
geschont,    Kambyses,   der  dscndtfig   der  Perser,   brach  mit  der 
Politik  des  Vaters    und    war  auf   die   Herstellung  des    Einheits- 
staates  bedacht.     Sein  Werk    war   die   Unterwerfung  Ägyptens. 
Die  griechische   Geschichtschreibung   hat   aus   ihm  einen   wahn- 
sinnigen Despoten  gemacht;   von    seinem  Wahnsinn    und   seinen 
Greueltaten    wissen   die  persischen  Quellen    nichts,    seinen   Zeit- 
genossen   erschien   vielmehr  der   König   als  Beschützer   der  Ge- 
rechtigkeit   Bardes  wurde  vor  dem  ägyptischen    Feldzug   heim- 
lich umgebracht,   durch  seine  Unbolmäßigkeit  gegen  den  Bruder 
halte  er  selbst  seinen  Tod  verschuldet.   Unwahr  sind  die  Berichte, 
welche   das   Scheitern   der   Feldzuge    nach  der  Oase  Siwah  und 
nach   Nubien    melden,   im  Widerspruche    mit   dem  Zeugnis  der 
Apisstelen   steht   die   Ermordung    des   Apisstiers.    Während  der 
König  zur  Bekämpfung  des  Betrügers  Gaumftta  nach  Iran  zurück- 


490  ^*  SchuUe  Q.  F.  Pahl,  Mathem.  Aufgabeo,  agz.  von  M.  Nath. 

eilte»  slarb  er  an  einer  Wunde,  die  er  sich  selbst  beigebracht 
hatte;  an  die  Spitze  des  persischen  Heeres  stellte  sich  Uareios 
und  besiegte  den  Usurpator,  der  in  dem  medischen  Sikajanwatis 
seine  Residenz  aufgeschlagen  hatte. 

An  kOhnen  Hypothesen  fehlt  es,  wie  die  vorstehende  kurze 
Inhaltsangabe  erkennen  läßt,  in  der  Darstellung  Präseks  nicht, 
viele  beruhen  auf  unsicherer  Grundlage  und  werden  kaum  blei- 
bende Bedeutung  gewinnen.  Es  soll  damit  kein  Vorwurf  aus- 
gesprochen sein,  ohne  eigene  Kombination  läßt  sich  die  Ent- 
wicklung der  großen  asiatischen  Reiche  noch  nicht  verstehen 
und  zum  Verständnis  bringen.  „Noch  gestattet  der  Standpunkt 
der  Forschung",  wie  der  Verfasser  selbst  erklärt,  „es  nicht,  die 
Geschichte  der  Hader  handbuchmäßig  zu  behandeln*',  und  er  hat 
es  daher  ratsam  gefunden,  „einzelne  strittige  Fragen  einer 
selbständigen  Untersuchung  zu  unterziehen'^  Dieser  Umstand  ist 
nicht  ohne  Einfluß  auf  die  Darstellung  geblieben,  neben  Unklar- 
heiten finden  sich  mehrfach  Wiederholungen,  für  die  man  ver- 
geblich nach  einer  Erklärung  sucht.  So  liest  man  z.  B.  S.  174 f.: 
„So  konnte  Herodot  für  die  Geschichte  des  Kambyses  den  bereits 
in  sich  abgeschlossenen  ägyptisch-griechischen  Roman  benutzen, 
der  sich  grundsätzlich  bemühte,  die  Handlungen  des  Kambyses  in 
schiefes  Licht  zu  setzen'',  und  8  Zeilen  weiter :  „Für  die  Ge- 
schichte des  Kambyses  konnte  Herodot  den  bereits  in  sich  abge- 
schlossenen ägyptisch-griechischen  Roman  benutzen,  der  die 
Handlungen  des  persischen  Eroberers  von  Äj^ypten  in  möglichst 
ungünstiges  Licht  zu  setzen  sich  bemühte".  Ahnlich  steht  es  mit 
einer  Angabe  auf  S.  217:  „und  zwar  war  es  Kroisos  selbst,  der  . . . 
die  Offensive  ergriff  und  in  das  nördliche  Kappadokien  .  .  .  einfiel 
Seine  erste  Waffentat  war  die  Belagerung  der  Hauptfeste  des 
Landes,  namens  Pteria",  auch  sie  kehrt  S.  218  wieder:  „ergriff 
Kroisos  die  Offensive,  setzte  über  den  unteren  Halys,  gab  Kappa- 
dokien der  Verwüstung  preis  und  belagerte  das  feste  Pteria".  Ge- 
wiß ist  der  Stoff  ein  spröder  und  setzt  der  Durcharbeitung  er- 
hebliche Schwierigkeiten  entgegen,  aber  Mängel,  wie  die  gerügten, 
sind  durch  ihn  nicht  bedingt  und  hätten  vermieden  werden  können 
und  müssen;  sie  zeugen  von  einer  gewissen  Flüchtigkeit  der  Ab- 
fassung des  Textes. 

Co  In.  Fr.  Reuß. 


1)  Edmaod  Schulze  uod  Franx  Pahl,  Matbematiscli«  Aufgabe  o. 
Ausgabe  für  Gynoasieo.  2.  Teil:  Aufgaben  für  die  Oberstufe  (0.  II 
uod  I).  Leipzig  1906,  Dürr'sche  Bacbhaodlaog.  VIII  uod  283  S. 
geb.  3,40  Jt. 

Der  erste  Teil  des  Werkes  konnte  hier  im  vorigen  Jahrgang 
empfehlend  angezeigt  werden.  Mit  dem  jetzt  ausgegebenen 
zweiten  Teile  liegt  die  für  Gymnasien  bestimmte  Bearbeitung 
vollendet  vor  und  weist  sich  bei  näherer  Prüfung  als  sehr  brauch- 


£.  GrimMhl,  Aasg.  physik.  Scbäleröboogeo,  agz.  y.  M.  Natb.  491 

bar  und  xaverlissig  aus.  Die  Aofgabensammlung  schließt  sich  im 
besoDderen  ja  an  die  von  dem  Berichterstatter  gelieferte  Ausgabe 
der  in  demselben  Verlage  erschienenen  „Mathematischen  Haupt- 
sätze für  Gymnasien^'  von  H.  Bork  an.  Zu  allen  Kapiteln  dieses 
Lehrbuchs  bietet  sie  ein  ausreichendes,  die  Kräfte  der  Schäler  in 
keiner  Beziehung  übersteigendes  Obungsmalerial.  Es  muß  als 
eJD  besonderer  Vorzug  des  neuen  V^erkes  hervorgehoben  werden, 
daß  verwickeitere  Zahlenrechnungen  oder  Umformungen  algebra- 
ischer Ausdrücke  durchgehends  vermieden  sind.  Es  wird  sich 
daher  vor  allem  für  den  Gebrauch  des  Schülers  bei  selbständigen 
CboDgen  außerhalb  der  Lehrstunden  und  bei  Klassenarbeiten 
eignen.  Für  die  gemeinschaftliche  Arbeit  in  den  Lehrstunden 
bat  der  Lehrer  dann  Gelegenheit  und  Zeit,  auch  etwas  schwierigere, 
ans  dem  Unterricht  selbst  erwachsene  eigenartige  Probleme  zu 
wählen.  Er  spart  ja  manche  Minute,  die  ihm  sonst  das  Diktat 
der  Aufgaben  für  die  häusliche  Bearbeitung  kostete. 

Da  das  Borksche  Buch  in  einigen  Richtungen  (Reihen, 
Gleichungen  3.  Grades,  Ausdehnung  der  analytischen  Geometrie) 
über  die  Grenzen  hinausgebt,  die  dem  Pensum  durch  die  ofBzi« 
seilen  Lehrpläne  gesteckt  sind,  so  werden  natürlich  gewisse 
Teile  der  Sammlung  da  überflüssig  erscheinen,  wo  diese  Grenzen 
streng  innegehalten  werden.  Indessen  ist  der  Umfang  des  Ruches 
durch  deren  Oberschreit ung  nicht  so  sehr  vergrößert  worden, 
daB  es  nicht  trotzdem  mit  Nutzen  gebraucht  werden  könnte. 
Mafivoll,  aber  doch  ausreichend  sind  die  Aufgaben  aus  den  Ge- 
bieten der  Geometrie,  der  Physik  und  Astronomie  entnommen; 
vorsichtig  ist  an  gewissen  Stellen,  bei  den  Aufgaben  über  Maxima 
und  Minima,  sowie  auch  in  der  analytischen  Geometrie,  die  Be- 
trachtung der  funktionalen  Abhängigkeit  nahegelegt. 

2)  E.  Grinsehl,    Aasc«wählte    phyiikaliiehe   SehülerabaBgeo. 
Leipzig  1906y  B.  G.  TeabMr.    42  S.    0,80  Jt^ 

Der  Verfasser,  dessen  hervorragende  Begabung  für  die  Technik 
der  Versuchsanordnungen  im  physikalischen  Unterricht  durch  seine 
Veröffentlichungen  in  Poskes  Zeitschrift  fast  jedem  Fachmanne  in 
den  letzten  Jahren  bekannt  geworden  ist,  berichtet  hier  über  sein 
Verfahren  bei  der  Leitung  physikalischer  Schülerübungen.  Der 
Staat  Hamburg  ermöglicht  es  ja  seinen  Lehrern  an  den  Ober- 
realschulen, diese  so  wichtige  und  aussichtsreiche  Methode  des 
naturwissenschaftlichen  Unterrichts  ausgiebig  zu  pflegen.  Hanchen, 
der  aus  größeren  Staaten  kommend  den  Hamburger  Betrieb 
kennen  lernt,  mag  wohl  stille  Wehmut  überkommen,  daß  es 
nicht  auch  bei  ihm  so  sein  kann. 

Ihre  Rechtfertigung  erhalten  diese  Schülerübungen  aus  der 
Oberzeugung,  daß  der  Schüter  „nur  dann  die  Naturvorgänge 
vorurteilsfrei  beobachten  kann,  wenn  er  durch  eigene  Tätigkeit 
die  Versuchsanordnungen  zusammenstellt,   die  für   das  Eintreten 


492        fi.PlIiiA,  Unsere  Getreidearteo  and  feldblomea» 

einer  bestimmten  Erscheinung  nötig  sind,  and  wenn  er  durch 
eigene  Arbeit  die  sich  hierbei  ergebenden  Beobachtungsresultate 
zu  einer  Gesetzmäßigkeit  zusammenfaßt".  Die  Übungen  schließen 
sich  also  dem  theoretischen  Klassen  Unterricht  auf  das  engste  an; 
die  letzte  Unterrichtsstunde  vor  der  Übung  schließt  mit  der  Pro- 
blemstellung ab,  die  erste  nachher  beginnt  mit  der  in  der  Übung 
ausgeführten  Lösung  des  Problems«  So  werden  also  die  Beob- 
achtungsresultate in  der  Unterrichtsstunde  selbst  verwertet. 

Eine  Eigentömlichkeit  der  Methode  des  Verfassers  ist  das 
„Arbeiten  in  gleicher  Front'S  d.  h.  die  gleichzeitige  Ausführung 
derselben  Beobachtung  durch  alle  zugleich  beschäftigten 
Scböler.  An  anderer  Stelle  wird  anders  verfahren.  Was  besser 
ist,  wird  schwer  zu  entscheiden  sein.  Es  kommt  so  viel  darauf 
auch  nicht  an.  Genug,  wenn  das  erreicht  wird^  was  der  Ver- 
iasser  bezweckt,  daß  trotz  der  Einfachheit  der  Versuchsanord- 
nungen die  erhaltenen  Beobachtungsresultate  durchaus  den  an 
die  Schule  zu  stellenden  Anforderungen  an  Genauigkeit  entsprechen 
und  daß  durch  diese  Übungen  bei  den  Schülern  ein  starkes  wissen- 
schaftliches Interesse  angeregt  wird. 

Der  Verfasser  teilt  von  Übungen  mit  die  Bestimmung  der 
Wellenlänge  des  Lichts  mittels  Fresnelscher  Spiegel,  durch  Beu- 
gung an  einem  Draht,  mittels  der  Newtunschen  Ringe,  die 
Messungen  des  Krümmungsradius  einer  Konvezlinse  auf  opti- 
schem Wege,  die  Bestimmung  der  Brennweite  einer  Konvex-  und 
einer  Konkavlinse,  die  Messung  des  Polarisationswinkels  an  Glas- 
platten, Beobachtungen  mit  einem  von  ihm  konstruierten  Polari- 
sationsapparate, die  Bestimmung  der  Polstärke  einer  magnetischen 
Stricknadel,  die  Bestimmung  der  Horizontalintensität  des  Erd- 
magnetismus, die  Messung  der  Oberflächenspannung.  Die  Her- 
stellung der  Apparate  und  der  Gang  der  Untersuchung  ist  jedes- 
mal bis  ins  einzelste  angegeben.  Aber  die  Eigenartigkeit  des 
Verfahrens  macht  die  Lektfire  für  den  Fachmann  überaus  an- 
ziehend. 

Nordhausen  a.  Harz.  Max  Natb. 


B.  Plöss,  Uosere  Getreideartea  vad  Feldblameo.  Dritte,  vemehrte 
uod  verbesserte  Aaflage.  Mit  244  Bildern.  Freibars  i.  Br.  1906, 
Uerdersehe  VerlassbachhandloDS.    VI  a.  220  S.    8.    geb.  2,40  JL. 

In  biegsamem  Leinenbande  liegt  mir  ein  kleines  Buch  vor, 
bequem  in  der  Tasche  zu  tragen,  das  jedermann,  der  sich  dafür 
interessiert,  die  Möglichkeit  gewähren  will,  die  in  seiner  Gegend 
angebauten  Getreidepflanzen  sowie  die  wichtigsten  Futterpflanzen, 
Feld-  und  Wiesenblumen  unterscheiden  zu  lernen.  Der  Verfasser 
bespricht  zunächst  die  Teile  der  Getreidepflanzen,  erklärt  dann 
botanische  Ausdrücke  an  der  Hand  von  sechs  Tafeln,  gibt  Be* 
Schreibungen  und  Bestimmungstabellen  und  eine  Obersicht  über 


•  ■gez.  voo  M.  Paeprer.  493 

Herkunft,  Verbreitung  und  Nutzen  der  Getreidepflanzen  sowie 
ober  die  Feinde  derselben  aas  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche. 
Alles  ist  Yolkstamlich  gehalten,  und  von  mancherlei  Unterscheidungen 
wird  wohl  deshalb  abgesehen.  Vielleicht  geht  der  Verfasser  dabei 
etwas  zu  weit.  So  wird  der  Buchweizen  als  Getreide  bezeichnet, 
die  Kartoffelknolle  als  Wurzel,  ohne  daß  der  doch  wohl  wünschens- 
werte Hinweis  auf  die  richtige  Auffassung  irgendwo  zu  finden 
wäre.  Eine  Menge  von  Pflanzenabbildungen  ist  beigegeben,  um 
das  Erkennen  der  Pflanzen  zu  erleichtern.  Manche  freilich  von 
diesen  Abbildungen  geben  mindestens  dem  ungeöbten  Auge  ein 
gar  zu  wenig  charakteristisches  Bild.  Gute  farbige  Abbildungen 
wQrden  fQr  den  Zweck  des  Buches  vorzuziehen  sein,  doch  mag 
die  Preisfrage  dagegensprechen.  Die  Tabellen  gehen  von  augen- 
fälligen Unterschieden  aus  (BlQtenfarbe,'  Blätter  einfach  oder  zu- 
sammengesetzt bzw.  tief  eingeschnitten,  Blfllen  regelmäßig  oder 
onregelmäßig  usw.)  und  scheinen  zur  leichten  Bestimmung  wohl 
geeignet  zu  sein.  Das  Buch  wird  fQr  seinen  Zweck  brauch- 
bar sein. 

Auffällig  ist  die  PluralbDdung:   die   Getreide  für   die   Ge<* 
treidearten. 

Seehausen  i.  d.  Altmark.  M.  Paeprer. 


EINGESANDTE  BÜCHER 

(BeipreohoQiP  einzelBer  Werke  bleibt  vorbehalteo). 


1.  P.  J.  ToDg^er,  Lebeosfreade.  Spräche  aod  Gedichte.  Rölo  o.  J., 
P.  J.  ToDger  Hof-Bachb«Ddloog.    160  S.    12.    eleg.  geb.  1  JL. 

2.  W.  Röttger,  Genoßmittel— Geaaflgifte?  BetrachtaBgeB  über 
Kaffee  aed  Tee  aof  Gruod  eioer  Umfrage  bei  dea  Arztea.  Mit  eiaem  Vor- 
wort voa  A^Euleabarg.     Berlia  1906,  Elwia  SUude.    98  S.     \  JL> 

3.  H.  Lackeabach,  Koait  nnd  Geschichte.  Teil  II:  Abbildoagea 
zar  Oeatscbea  Geschichte.  Zweite  Aaflage.  MKachea  1906,  R.  Oldeaboarg. 
96  S.    gr.  4.     1,50  My  geb.  1,80  JL. 

4.  P.  Pasig,  Abriß  der  Staats-  aad  Rechtskaade,  fdr  deo 
Gebrauch  la  Schale  und  Haus  bearbeitet.  Leipzig  1907,  Friedrieb  Jaoaa. 
VII  Q.  56  S.    kl.  8.    0,30  JL,  kart.  0,50  JL^ 

5.  J.  C.  Watsoa,  Doaatas's  Versioa  of  the  Tereace  Di- 
dascaliae.  S.-A.  aas  Transactioas  of  the  Americaa  Philologtcal  Association 
Vol.  XXXVl  (1906)  S.  125-  157. 

6.  Aasgewählte  Tragödien  des  fiaripides,  fdr  dea  Schul- 
gebraach  erklärt  von  N.  Wecklei a.  Leipzig  1906,  B.  G.  Tenbaer.  Band  VI: 
Blektra.    96  S.     1,40  JL.  —  Band  VII:  Orestes.     109  S.     1,60  JC. 

7.  £.  Wiehert,  Eia  Schritt  vom  Wege.  Zum  Obersetzen  aas  dem 
Deutschen  ia  das  Französische  bearbeitet  voa  E.  Bestaux.  Dresden  1906, 
L.  Bhlermaaa.     X  a.  175  S.    kl.  8.    geb.  1,60  JC, 

8.  F.  W.  Moormaan,  An  lotrodaction  to  Shakespeare.  With 
a  frontispiece  and  three  fall  page  illastratioos.  Leipsic  1906,  B.  G.  Teabner. 
82  S.     geb.  1  JC, 

9.  D.Schäfer,  Kolonialgeschichte.  Zweite,  bis  aof  die  Gegea- 
wart  fortgeführte  Aaflage.  Leipzig  1906,  G.  J.  Göschen'sche  Verlagshandluog. 
IV  u.  151  S.    0,80  JC.    (Sammluag  Göschea.) 

10.  F.  Schultz,  Lehrbach  der  Geschichte  Tür  die  Mittelklassen. 
Neu  bearbeitet  voa  G.  Klee.  Dritte  Aaflage.  Dresdea  1906,  L.  Ehlermana. 
IV  u.  304  S.    geb.  3,40  JC. 

11.  D.  M.  Robinson,  Ancieat  Sinope.  An  historical  Acconat. 
With  a  Prosopographia  Sioopensis  aad  aa  Appeadix  of  Inscriptioas.  Balti- 
more 1906,  The  Joha  Hopkins  Press.  Reprinted  from  American  Journal  of 
Philology  Vol.  XXVII  Nr.  2  (S.  125—153,  245—279,  294—333). 

12.  Aas  Natur  und  Geisteswelt.  Leipzig  1906,  B.  G.  Teabner. 
kl.  8.     1  JCf  geb.  1,25  JC» 

a)  Nr.  117.    A.  Erbe,  Historische  Städtebilder  aus  Holland  nad 

Niederdeutschland.    Mit  59  Abbildungen.     104  S. 

b)  Nr.  122.   Ch.  Gruber,  Wirtschaftliche  Erdkuode.  VIHu.  137S. 

c)  Nr.   129.     K.  Th.  Heigel,    Politische    Hauptstromuagen    in 
Europa  im  19.  Jahrhundert.     112  S. 

d)  Nr.  130.    H.  Miehe,  Die  Erscheinungen   des   Lebens,  Grund- 
probleme der  modernen  Biologie.     Mit  40  Figuren. 

e)  Nr.  133.  J.  Petzoldt,  Das  Weltproblem  vom  positivistischen 
Standpunkt  aus.     152  S. 

f)  Nr.  134.    A.Pott,    Der   Text  .des   neuen   Testamentes    nach 
seiaer  geschichtlichen  Entwickelung.    Mit  8  Tafeln.    lObS. 


BiogesaBdte  Bficlifr.  495 

I 

I        g)  Nr.  136.    P.  H.  Gerber,    Die    Meosehliehe   Stimme    aad    ihre 
f  Hyipieie.    Mit  20  AbbildaDg^eB.     116  S. 

'        h)  Nr.  137.  P.Mehlboro,  Wahrheit  and  Diehtoag  im  Lebeo  Jeia. 
132  S. 


13.  SammliiDg  Goschen.    Leipzig  1905/06,  G.  J.  Gfischen'sche  Ver- 
laf  shaadlnng.    Jedes  Bandchen  geb.  0,80  JL. 

a)  Nr.  33.  36.  F.  Kurze,  Deutsche  Geschichte.  I:  Mittelalter. 
Dritte  AuBage.  184  S.  —  III:  Vom  Westfälischen  Frieden  bis  zur 
Auflosang  des  alten  Reichs  (1648—1806).     213  S. 

b)Nr.  39.  R.  Kimmich,  Zeieheaschule.  Mit  18  Tafeln  in  Ton-, 
Farben-  vnd  Golddruck  und  200  Voll-  und  Teztbildern.  Fünfte  Auf- 
lage.    175  S. 

e)  Nr.  69.  C.  Weiser,  Englische  Literaturgeschichte.  Zweite 
Auflage.     175  S. 

d)  Nr.  73.  M.  Haberlandt,  Volkerkunde.  Mit  51  Abbildungen. 
Zweite  Auflage.    203  S. 

e)  Nr.  87.  F.  Junker,  Höhere  Anal ysis.  I:  Differentialrechnung. 
Mit  167  Obuflgsbeispielen    und    67  Figuren.     Dritte  Auflage.    204  S. 

0  Nr.  104.  F.  von  Rrones,  Österreichische  Geschichte.  I:  Von 
der  Urzeit  bis  zum  Tode  König  Albreehts  IL  (1439).  Zweite  Auflage 
von  K.  Uhlirz.     155  S.  mit  11  SUmmUfeln. 

S)  Nr.  114.  W.  Koppen,  Klimakunde.  I:  Aligemeine  Klimakunde. 
Mit  7  Tafeln  und  2  Figuren.    Zweite  Auflage.     133  S. 

b)  Nr.  136.  G.  Mahler,  Physikalische  Formelsammlung.  Mit 
65  Figuren.    Dritte  Auflage.     182  S. 

i)  Nr.  264.  265.  H.  Bauer,  Geschichte  der  Chemie.  1:  Von  den 
ältesten  Zeiten  bis  zur  Verbrennungstheorie  von  Lavoisier.  94  S.  — 
11:  Von  Lavoisier  bis  zur  Gegenwart     125  S. 

k)  Nr.284.  A.Oppel,  Landeskunde  des  Britischen  Nordamerika. 
154  S.  mit  13  Abbildungen  und  1  Karte. 

1)  Nr. 301.  W.Bahrdt,  PhysikalischeMessungsmethoden.  147S. 
mit  49  Figuren. 

■)  Nr.  302.  W.  Weitbrecht,  Ausgleichungsrcchnung  nach  der 
Methode  der  kleinsten  Quadrate.  180  S.  mit  15  Figuren  und 
2  Tafeln. 

b)  Nr.  309.  0.  Th.  Bürcklen,  Aufgabensammlung  zur  Analyti- 
schen Geometrie  des  Raumes.    98  S.  mit  8  Figuren. 

14.  DeutscheBticherei   Expedition  des  Verlags  „Deutsche  Bücherei*' 
(Alfred  Sarganek)  Berlin  S.W.  68.     Jeder  Band  0,30  JL> 

•)  57.  Band.  A.  Lassen,  Das  Knlturideal  und  der  Krieg.  Zweite 
Auflage.     135  S. 

b)  58.  59.  Band.  R.  M.  Breithanpt,  Musikalische  Zeit- und  Streit- 
fragen. Gesammelte  Skizzen  und  Aufsätze.  Erster  Band  94  S. 
Zweiter  Band  102  S. 

e)  60.  Band.  M.  Meyr,  Gleich  und  Gleich.  Eine  Erzählung  aus 
dem  Ries.     152  S. 

d)  61.  Band.  K.  Boetticher,  Karl  Friedrich  Schinkel  und  sein 
baukilostlerisches  Vermächtnis.  Eine  Mahnung  an  seine  Nachfolge  in 
der  Zeit  in  drei  Reden,  mit  einem  Anhang:  Ästhetische  Sentenzen  und 
Kleinere  Gedichte.  Zweite  Auflage.  Zur  100.  Wiederkehr  seines 
Geburtstnges  neu  herausgegeben  von  seiner  Witwe  Clarissa  Boetticher, 
geb.  Leydeo.    Mit   einer    Einleitung   von  W.  P.  Tuckermann.     107  S. 

e)  62.  Band.  K.  Boetticher,  Zur  Kenntnis  antiker  Gottes- 
verehrung. Aufsätze.  Eine  Gabe  zur  100.  Wiederkehr  seines  Ge- 
buruugea.    86  S. 

f)  63.  Band.  H.  v.  Wolzogen,  E.  T.  A.  Hoffmaon  und  Richard 
Wagner.    Harmoaien  und  Parallelen.     95  S. 


496  Eingesaidte  Bueber. 

g)  64. 65.  Band.  Aas  Richard  Wagners  Pariser  Zeit.  AafsÜtze 
und  Kaost-Berichte  des  Meisters  ans  Paris  1641.  Zum  ersteo  Male 
heraasgegeben  aod  eibgeleitet  von  R.  Stern fe Id.  firstftr  Baod  58  S. 
Zweiter  Baad  106  S. 

h)  66.  Band.  H.  v.  Wolzogen,  Ferdinand  Raimund.  Eine  Er- 
innerung und  eine  Mabauag.  Mit  einem  Anhang:  Der  AlpenkSnig  uad 
der  Menschenfeind  von  Ferdinand  Raimund.     121  S. 

i)  67.— 69.Band.  B.v.  Layden,  Populäre  Aufsätze  und  Vortrige. 
120,  113,  105  S. 

k)  70.  71.  Band.  H.  Leydea,  Kreuz  und  Quer.  Erster  Band  142  S. 
Zweiter  Band  120  S. 

15.  K.  D.  Wiggin,  The  Bird's  Christmas  Carol.  Fiir  des 
Schulgebranch  herausgegeben  von  E.  Merhaut.  Mit  1  Abbildungi  Leipxig 
1906,  G.  Freytag.    83  S.     1  JC- 

16.  M.  Simon,  Ober  die  Entwicklung  d«r  £iementar-Geo- 
metrie  im  10.  Jahrhundert  Bericht  der  deutschen  Mathematiker>Ver- 
eioigang.  (Jahresbericht  der  deutschen  Mathematiker- Vereinigung,  Er- 
gänzungsband I).    VIII  u.  278  S.    Lex.-8  mit  28  Figuren,    geb.  8  JC^ 

17.  K.  Schwering,  Arithmetik  und  Algebra  fiir  höhere  Lehr- 
ansUlten.  Dritte  Auflage.  Freiburg  i.  Br.  1906,  Herder.  VII  u.  88  S. 
1  JCy  geb.  1,40  JC, 

18.  Modnik,  Logaritbmisch  -  trigouometrische  Tafeln. 
Sechste  Auflage  von  J.  Reidiager.  Leipzig  1906,  6.  Freytag.  XIV  n. 
100  S.    gr.  8.    geb.  2  JC 

19.  H.  Steckelberg,  Die  Elemente  der  Differential-  und 
Integralrechnung,  für  die  Schüler  der  höheren  Lehranstalten  be- 
arbeitet.    Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.    48  S.    steif  brosch.  0,80  JC, 

20.  L.  Tesai^,  Elemente  der  Differential-  und  Integral- 
rechnung. Mit  83  Figureo.  Leipzig  1906,  B.  G.  Tenbner.  VIII  n. 
128  S.    gr.  8.    geb.  2,20  JC. 

21.  M.  Ebeling,  Lehrbuch  der  Chemie  und  Mineralogie  für 
höhere  Lehranstalten.  Teil  I:  Unorganische  Chemie.  Zweite  Auflage. 
Berlin  1906,  Weidnanosche  Buchhandlung.  IX.  u.  345  S.  mit  376  Abbil- 
dungen, geb.  3,80  JC.  —  Die  neue  Auflage  ist  mehrfach  verbessert  ob^ 
durch  eine  Reihe  von  Abschnitten  ans  der  physikalischen  Chemie  uod  der 
Geologie  sowie  durch  eine  Anzahl  neuer  Abbildungeu  erweitert  worden. 

22.  G.  John  und  R.  Sachsse,  Lehrbuch  der  Chemie,  för 
höhere  Lehranstalten  bearbeitet.  Mit  101  Figuren.  Kleine  Ausgabe.  Leipzig 
1906,  B.  G.  Tenbner.    VIII  u.  334  S.    gr.  8.    geb.  3  JC. 

23.  R.  von  Wettsteio,  Leitfaden  der  Botaaik  für  die  oberen 
Klassen  der  Mittelschulen.  Mit  3  Farbendrncktafeln  und  1005  Figuren  in 
205  Text-Abbildungen.  Dritte  Auflage.  Wien  1907,  F.  Tempskv.  236  S. 
gr.  8.    3  ÜT  20  A,  geb.  3  JT  70  A. 

24.  L.  Lindsbauer  und  K.  Lindsbauer,  Vorschule  der 
Pflanzen  Physiologie.  Eine  experimentelle  Einführung  in  das  Leben 
der  Pflanzen.  Mit  96  Abbildungen.  Wien  1906,  Verlagsbuchhandlung  Ctrl 
Konegen  (Ernst  Stülpnagel).     XIV  o.  255  S.    gr.  8. 

25.  E.  Wasmann,  Der  biologische  Unterricht  an  den 
höheren  Schulen.    Köln  1906,   J.  P.  Bachem.    30  S.    Lex.-8.     1,20  JC. 


ERSTE  ABTEILUNG. 


ABHANDLUNGEN. 


Zar  Homerlektflre. 

In  dem  1906  bei  Teubner  erschienenen  Handbuch  för  Lehrer 
böherer  Schulen  hebt  Rausch  (S.  232)  als  schulphilosophisch  er- 
giebige Werke  des  Altertums  Homer  und  Antigone  hervor,  und 
ebenda  (S.  313  ff.)  rühmt  WeiBenfels  an  jenem  die  unschätzbaren 
Dienste,  die  er  „hinsichtlich  des  Kulturhistorischen  wie  hinsicht- 
lich des  Psychologischen"  leiste,  „so  daß  er  denen,  die  sich  in 
dem  heutigen  Gewirre  der  Stimmen  in  der  Stille  sammeln  und 
2Qf  das  Menschliche  besinnen  wollten,  bald  wie  ein  Offenbarer 
der  Natur  und  Wahrheit  erscheine**.  Das  Anrecht  des  Dichters 
auf  einen  breiten  Raum  im  Lehrplane  ist  denn  auch,  wenn  wir 
von  der  wunderlichen  Idee  Herbaris  absehen,  der  die  Odyssee 
wenigstens  Knaben  von  8 — 12  Jahren  vorbehalten  wissen  wollte, 
niemals  ernstlich  in  Frage  gestellt  worden.  Ein  Schriftsteller,  der 
wie  Homer  den  antiken  Jugend  Unterricht  beherrscht,  die  antike 
Poesie  genährt,  die  Kunst  begeistert,  griechischen  und  römischen 
Schriftstellern  aller  Gattungen  als  Vorbild  und  Fundgrube  der 
Lebensklugheit  und  Lebensweisheit  gegolten,  der  befruchtend  auf 
nnsere  Klassiker  und  Neuhumanisten  gewirkt  hat  und  schließlich 
die  Sisyphusarbeit  der  deutschen  Philologie  geworden  ist,  wer 
sollte  diesen  xoQVipaZog  des  Chores  der  antiken  Autoren  nicht 
möglichst  lange  und  laut  zu  unsern  Schülern  sprechen  lassen 
wollen! 

Möglichst  lange.  Weißenfels  fragt  (a.  a.  0.  S.  317),  nach- 
dem er  einen  Homerkanon  skizziert  hat  und  für  starke  Aus- 
lassungen eingetreten  ist:  „Sollten  nicht  zwei  wöchentliche  Stunden 
zwei  Jahre  hindurch  för  die  ilias  zu  viel  sein?'*  Schenkl  (Der 
Kanon  der  altsprachlichen  Lektüre  am  österreichischen  Gymnasium 
S.  47  f.)  ist  trotz  des  heute  schon  recht  bescheidenen  Umfangs 
der  Homerlektfire  in  unserem  Nachbarlande  —  „4000  bis  4500 
Verse,  von  denen  ein  Viertel  oder  etwas  mehr  auf  die  Odyssee, 
der  Rest  auf  die  [lias  entfällt^*  —  noch  för  eine  Beschränkung 
um  etwa  1000  Verse,  „die  einer  Auswahl  aus  Hesiod,  dt^n  homeri- 
schen Hymnen,    den  Elegikern,  Bakchylides   und  Theokrit  zugute 

ZeiUehr.  t  d.  07mBM««lir«Mii.    LXI.    7.  32 


498  ^<><'  Homerlf ktüre, 

kämen'*.  In  dieser  Zeitschrifl  (1906  S.  216)  meint  Sachse: 
„Ferner  darf  auf  Homer .  .  .  nicht  so  viel  Zeit  verwendet  werden, 
wie  es  jetzt  geschieht;  es  sind  in  den  zwei  Jahren  ca.  160  Stunden!*' 
Während  keine  von  diesen  Anregungen  daran  denkt,  Homer  aus 
der  Prima  auszuschließen,  will  ihn  v.  Wilamowitz  nur  in  Se- 
kunda lesen  lassen,  zu  welchem  Vorschlage  Natorp  (Was  uns  die 
Griechen  sind  S.  25)  bemerkt:  „Dem  möchte  zuzustimmen  sein, 
nicht  weil  der  Primaner  üher  Homer  hinaus  wäre,  sondern  weil 
so  viel  anderes  von  ihm  zu  fordern  ist**. 

Diese  letzte  Oberzeugung  teile  ich,  ohne  daß  ich  freilich 
deshalb  den  Dichter  ganz  aus  der  Prima  verbannen  möchte.  Schnitte 
die  Homerlekture  mit  Ober-Sekunda  ab,  so  mdßten  wir  uns  ent- 
weder etwa  mit  dem  österreichischen  Kanon  begnügen  —  oder 
ihr  mehr  als  zwei  Wocheustunden  widmen,  wozu  sich  aber 
höchstens  Sachsen,  Württemberg  und  Mecklenburg  mit  ihren 
7  Wochenstunden  verstehen  wurden.  In  den  beiden  Sekunden 
an  zwei  Grammatikstunden  festzuhalten,  um  die  Formenlehre  zu 
befestigen  und  die  Syntax  durchzunehmen,  ist  doch  wohl  zweck- 
mäßig; mindestens  zwei  Stunden  aber  gebühren  dem  Prosaiker, 
dessen  Lektüre  in  Unter-Sekunda  zugleich  zur  Befestigung  im 
Atticismus  beitragen  wird  und  muß,  während  für  Ober-Sekunda 
auf  Xenophons  Memorabilien  ^)  als  Vorhalle  der  Platonlekture,  auf 
Lysias  als  Vorstufe  zii  Demosthenes  und  endlich  auch  auf  Herodot 
nicht  verzichtet  werden  kann. 

Es  könnte  sich  also  nur  darum  handeln,  ob  wir  mit  einer 
zweistündigen  Homerlektüre  in  Unter-Prima  schließen  —  oder 
eine  einständige  in  beiden  Primen  durchführen.  Für  jenen  Plan 
spräche  der  Wert  der  Konzentration  und  die  Entlastung  der  Ober- 
Prima,  dieser  unterhielte  das  Feuer,  erlaubte  eine  naturliche 
Kontrolle  der  Privatlektüre  und  wäre  ein  Entgegenkommen  gegen 
die  Abiturienten.  Einen  guten  Teil  Homer  der  Privatlekture  zu 
überlassen  ist  freilich  empfehlenswert,  ist  aber  auch  desto  un- 
bedenklicher, je  gewissenhafter  die  Lektüre  in  den  ersten  Jahren 
getrieben  ist.  Übrigens  könnte  eine  etwa  vierzehntägig  in  Ober- 
Prima  vorzunehmende  Kontrolle  der  Privatlektüre  zugunsten  der 
ersten  Einrichtung  sprechen,  ganz  abgesehen  davon,  daß  die  Platon- 
und  die  Sophoklesstunden  oft  genug  ungesuchte  Gelegenheit  geben, 
auf  Homer  zurückzukommen. 

Aber  wem  und  warum  soll  denn  nun  Homer  in  Prima 
weichen?  Fragen  wir  uns  zunächst,  was  ein  Primaner  im  Griechi- 
schen wohl  gelesen  haben  muß.  Wenn  wir,  wie  billig,  von  den 
amtlichen  Forderungen  des  Abiturientenexamens  ausgehen,  so 
sind  diese,  dem  Wortlaut  nach,  nicht  hoch:  „In  der  griechi- 
schen Sprache  muß  der  Schüler  den  Homer,  den  Xenophon,  die 


*)  Platoos  Apologie  ood  Kritoo    läse  ich  —  otoi  vvv  /S^oro/  tiaty  — 
lieber  in  Prima. 


voo  B.  Grüowald.  499 

kleineren  Staalsreden  des  Demostheoes  und  die  leichteren  Dialoge 
Piatons   verstehen    und    ohne   erhebliche  Nachhilfe  zu  übersetzen 
Termögen^^    Für   eine    extemporierte  Leistung  ist  diese  Auswahl 
durchaus    angemessen,    wenngleich  natürlich  noch  andere  für  die 
Prima  geeignete  Schriftsteller,  wie  Thukydides,  Arrian,  Mark  Aurel, 
für  diesen  Zweck  brauchbare  Stellen  in  Fülle  bieten.     Denn  daß 
sich   auch    nur   die  Prosalektüre  in  Prima  auf  Demosthenes  und 
Flaton  beschränken  sollte,  durfte  man  selbst  ohne  die  ausdrückliche 
Erweiterung  des  Kanons,  wie  sie  die  Lehrpläne  zeigen,  nicht  an- 
nehmen.    Diese    sind,    ihrer    im    ganzen   dem   persönlichen  Ge- 
schmack des  Lehrers  entgegenkommenden  Tendenz  entsprechend, 
auch    hier    recht    weitherzig.     Für  Ober-Sekunda    verlangen  sie: 
„Homer  und  Herodot;  daneben  andere  geeignete  Prosa*';  und  für 
Prima:    „Homers  llias,    Sophokles    (auch  Euripides)    und  Piaton; 
daDeben  Thukydides,  Demosthenes  und  andere  inhaltlich  wertvolle 
Prosa,    auch  geeignete  Proben  aus  der  griechischen  Lyrik**.     Auf 
die  Prima    bezieht    sich  auch  die  unter  „Lektüre"'  bei  Unter-Se- 
kunda angefügte  Bemerkung:  „Auch  kann  auf  dieser  wie  auf  den 
folgenden  Stufen  ein  geeignetes  Lesebuch,  das  eine  weitere  Aus- 
wahl   von  Proben    aus   griechischen  Schriftstellern   gestattet,    der 
Lektüre  zugrunde  gelegt  werden'*.    Sehen  wir  von  Homer  ab  und 
hpschränken  wir  uns  auf  die  Prima,    so  stehen  im  Vordergrunde 
d«r  Lektüre  Sophokles  und  Piaton.    Über  den  hohen  Bildungs- 
wert beider  Schriftsteller  herrscht  kein  Zweifel:  der  Zusatz  „auch 
Euripides'*  wird  von  den  meisten  Kollegen  so  verstanden  werden, 
daß   sie   statt  einer  zweiten  Tragödie  von  Sophokles  eine  des 
Euripides  wählen,  was  Weißenfels  (a. a.  0.  S.  321 ;  vgl.  auch  des- 
selben „Die  Entwicklung  der  Tragödie  bei  den  Griechen*'  S.  54 f.) 
befürwortet   —    andere   werden  zwei  Sophokleische  Stücke  vor- 
ziehen^);   daß    aber  Piaton   so  in  den  Vordergrund  tritt,    ist  ein 
großer  Fortschritt.     Mag    man    einige   vollständige  Dialoge  lesen, 
wie  den  Gorgias,  die  beste  Einführung  in  die  Platonische  Philo- 
sophie, den  Protagoras,    der  weniger  tief  gräbt,   aber  mit  seinem 
dramatischen  Leben,    seinem  Humor  und  seiner  feinen  Charakte- 
ristik den  Schülern  immer  Vergnügen  machen  wird,  den  Phaidon 
mit    Übergebung    der    eigentlichen    Unsterblichkeitsbeweise,    den 
Euthypbron,  den  man  mit  Unrecht  zu  wenig  ertragreich  genannt 
hat  (vgl.  Gillischewski  in  diesfr  Zeitschrift  1905  S.  577  ff.)  — 
oder  mag  man  eine  Chrestomathie  vorziehen,  wie  die  von  Weißen- 
fels   (vgl.  die  Besprechung  von  Hoff  mann   in  dieser  Zeitschrift 
1906  S.  648  ff.)'),  auf  keinen  Fall  sollte  ein  Abiturient  das  Gym- 

^).Der  oben  genaoote  Seh eokl sehe  Kaooo  „setzt  Sophokles  aU  Haupt- 
lektore  in  VIII  (=  Ober-Prima)  voraas^S  erlaubt  aber  statt  seiner  eine 
Tragödie  des  Enripides,  welche  Lektüre  daoo  jedoch  ,,dorch  einige  passend 
ausgewählte  Stücke  aus  Sophokles  ergänzt  werden  sollte'S 

*)  Nach  Materieo  geordnet  (Socrate;  education  et  politique;  la  rbetorique 
dang  ses  rapports  ivec  U  seieoee  et  la  oiorale;  norale;  niythes  et  croyances) 
ist  die  von  Dalmeyda,  Paris  1897. 

32* 


500  SSar  Homerlektüre, 

nasium  verlassen,  ohne  möglichst  gründlich  in  die  Ideenwelt  dieses 
tiefen  Denkers  und  glänzenden  Schriftstellers  eingeführt  zu  sein 
und  aus  ihm  ein  wenn  auch  idealisiertes  Bild  seines  groBen 
Lehrers  gewonnen  zu  haben. 

Thukydides,  diesen  ,Jjehrmeister  der  politischen  Einsicht*', 
den  Primanern  vorzuenthalten,  geht  nicht  an;  gibt  es  doch  nach 
Macaulay  in  der  Prosaliteratur  keines  Volkes  etwas  Vollendeteres 
als  die  Geschichte  der  sizilischen  Eipedition  im  sechsten  und 
siebenten  Buche.  Bei  Demosthenes  sehen  wir  la  politique  en 
action:  der  verzweifelte  Kampf  eines  gifihenden  Patrioten  um  eine 
veriorene  Sache,  sein  vergebliches  Bemühen,  die  unerbittliche 
historische  Entwicklung  aufzuhalten,  ist  etwas  so  großartig  Tragi- 
sches und  zugleich  so  typisch  Lehrreiches,  dafi  dem  Primaner  die 
Einsicht  in  diesen  Prozeß  durch  die  Lektüre  einiger  Beden  des 
Demosthenes  vermittelt  werden  muß. 

Dankbar  ist  auch  die  Anregung  der  Lehrpläne  zu  begrüßen, 
die  griechische  Lyrik  nicht  ganz  unbeachtet  zu  lassen.  Wohl 
geben  uns  ja  die  Chorlieder,  die  Sophokleischen  zumal,  eine  Vor- 
stellung von  der  Höhe,  die  die  griechische  Poesie  auch  in  dieser 
Gattung  erreicht  hat  —  aber  durchblättert  man  die  hübschen 
Aaslesen,  die  uns  jetzt  z.  B.  von  Buchholtz  und  Biese  zur  Ver- 
fugung stehen,  so  empfindet  man  es  geradezu  als  ein  Unrecht 
gegen  die  Antike,  die  Schiller  nicht  auch  einen  Blick  in  diesen 
blühenden  Garten  tun  zu  lassen,  um  nicht  davon  zu  reden,  daß 
von  hier  aus  mancher  Lichtstrahl  auf  den  princeps  qui  Aeolium 
Carmen  ad  Italos  deduxit  modos  fällt. 

Die  genannten  Schriftsteller  scheinen  mir  die  notwendige 
Mitgift  eines  Gymnasialabiturienten  zu  sein«  In  einigen  Bundes- 
staaten liest  man  auch  Aiscbyios,  Isokrates,  Lykurg,  Lukian  und 
Plutarch:  eine  unentbehrliche  Ergänzung  zu  einem  Schriftsteller- 
kanon,  der  die  wesentlichen  Zöge  des  klassischen  Schrifttums 
zeigt,  bildet  keiner  von  ihnen.  Zweifelhaft  könnte  man  sein,  ob 
man  sich  begnügen  solle,  die  außerplatonische  Philosophie,  die 
doch  für  das  Verständnis  Ciceros  und  Horazens  unumgänglich  ist, 
an  der  Hand  eben  dieser  Schriftsteller  zu  lehren,  oder  den  Schülern 
eine  Auswahl  aus  Aristoteles,  Epiktet  und  Mark  Aurel  in  die  Hand 
zugeben,  wie  sie  jetzt  von  Weißenfels  vorliegt.  Ich  habe  einen 
solchen  Versuch  nicht  zu  bereuen  gehabt:  die  Kapitel  aus  Aristo- 
teles* Politik  wie  die  aus  dem  Encheiridion  und  Mark  Aurd  haben 
das  lebhafteste  Interesse  der  Primaner  erweckt 

Endlich:  will  man  der  heutzutage  von  allen  Seiten  bekbgten 
Unsicherheit  in  der  Grammatik  begegnen  und  den  von  den 
Lehrplanen  ausdrucklich  empfuhlenen  grammatischen  Wieder- 
holungen und  schriftlichen  Übersetzungen  ihr  Recht  werden  lassen, 
so  wird  man  nicht  umhin  können,  eine  Wochenstunde  dafür  zu 
reservieren. 


von  £.  GräiwaU.  501 

Ein  griechisches  Lesebuch  käme  höchsteos  für  die  Privat- 
Jektöre  in  Betracht. 

Bei  5  wöchentlichen  Lektörestunden  yerfögen  wir  in  Preußen 
in  den  beiden  Primen  über  400  Stunden:  räumen  wir  davon 
PJaton  t20,  Sophokles  80,  Thukydides,  Demosthenes,  den  Lyrikern 
und  den  nachplatonischen  Philosophen  je  30  ein,  so  blieben  für 
Homer  80  Stunden,  die  zu  einer  genugenden  Bekanntschaft  mit 
der  Dias  fuhren  können. 

„Für  die  Homeriekture  empfiehlt  sich  die  Aufstellung  eines 
Kanoos,  welcher  aus  beiden  Gedichten  die  Abschnitte  bezeichnet, 
die  regelmäßig  zu  ieseo,  die  nicht  zu  lesen  und  die  der  Auswahl 
freizustellen  sind''  heißt  es  in  den  „Methodischen  Beinerkungen*'. 
Liest  man  in  einer  Stunde  50  Verse,  was  in  Prima  durchschnitt- 
lich geschehen  kann,  so  brauchte  man  für  die  Klassenlektüre 
der  llias  einen  rund  4000  Verse  umfassenden  Kanon.  Der  von 
Bauck  (in  dieser  Zeitschrift  1901  S.  59511.)  aufgestellte  hat  etwa 
2300  Verse  mehr.  Er  erlaubte  zwar  unbeschadet  der  Einheit  des 
„Liedes  vom  Zorne  des  Achiileus,  einer  Episode  im  Kampfe  vor 
Troja/^  noch  manche  Kürzungen,  z.  ß.  in  den  Büchern  XI — XV, 
aber  man  könnte  den  Überschuß  der  Privatlekture  überlassen, 
die  ja  durch  die  Lehrpläne  wenigstens  nicht  ausdrücklich  verboten 
ist.  F.  Kern  (in  seiner  för  Velhagen  und  Klasings  Sammlung 
deutscher  Schulausgaben  gearbeiteten  Auswahl)  hat  etwas  über 
4000  Verse ;  hier  könnten  die  Chryseisepisode  und  die  Spiele  in  XXIH 
wegfallen,  während  man  wieder  die  Hauerschau  und  die  Glaukos- 
szeae  ungern  vermißt  (vgL  Rot  he  in  den  Jahresberichten  von 
1891  S.  273).  Fick  (Das  alte  Lied  vom  Zorne  des  Odysseus, 
G5ltiogen  1902)  hat  mit  rund  2000  Versen  eine  „Achilleis''  aus- 
gesondert —  das  ist  aber  keine  llias  mehr,  und  ein  richtiges 
Bild  von  der  Dichtung  bekommen  wir  so  nicht.  Natürlich  kann 
der  Kanon  desto  vollständiger  sein,  je  mehr  man  in  der  Stunde 
bewältigt  —  ein  Kollege  teilt  mir  brieflich  mit,  daß  er  es  auf 
100—120  Verse  bringt  —  und  je  mehr  man  der  Privatlekture 
zuweisen  kann;  „alle  3—4  Wochen*',  schreibt  derselbe  Kollege, 
„werden  250 — 300  weniger  wichtige  Stellen,  namentlich  Kampf- 
szenen, za  Hause  gelesen,  in  der  Klasse  besprochen  und  einzelne 
Stellen  daraus  übersetzt''. 

im  Abiturienteoexamen  müßte  natürlich  Homer  auch  zurück- 
treten: er  bildet  doch,  selbst  bei  seiner  bisherigen  Stellung,  immer 
nur  einen  Ausschnitt  aus  dem  Klassenpensum  der  Prima  und  er- 
laubt außerdem  bei  seinen  einfachen  syntaktischen  Verhältnissen 
und  der  in  ihm  reflektierten  minder  wichtigen  Kultur  kein  sicheres 
und  abschließendes  Urteil  über  geistige  Reife  und  Wissen  des 
Prüflings.  Man  möge  den,  der  es  in  den  Klassenleistungen  für 
den  Dichter  ,zu  keinem  vollen  „genügend"  gebracht  hat,  einer 
mündlichen  Prüfung  unterziehen,  sonst  sich  damit  begnügen,  daß 


502  Vorübung  f.  d.  dtsch.  Aufsatz  in  Sexta  u.  Qaiuta,  v.  P.  ftoellig. 

dem  Examinanden  einige  Fragen  über  den  Dichter,  meinetwegen 
regelmäßig,  vorgelegt  werden.  Zu  dem  Zwecke,  aber  auch  aus 
anderen  Gründen,  wäre  es  angebracht,  den  griechischen  Unterricht 
in  der  obersten  Klasse  einem  Lehrer  anzuvertrauen. 

Piaton,  selbst  ein  großer  Dichter  und  Bewunderer  Homers, 
mußte  unter  schweren  inneren  Kämpfen  den  „Göttlichen^'  dem 
folgerichtigen  Ausbau  seines  Systems  opfern;  wir  halten  es  aber 
auch  ferner  trotz  ihm  mit  Alkibiades,  der,  als  ihm  ein  Lehrer  ge- 
stehen mußte,  nichts  von  Homer  in  der  Schule  zu  haben,  xov- 
dvkw  na&iTCOfAßyog  avTov  nag^Xd-sy. 

Berlin.  £.  Grünwald. 


Vorübung 
für  den  deutschen  Aufsatz  in  Sexta  und  Quinta. 

Dem  Quintaner  oder  Quartjaner,  der  einen  kleinen  Aufsatz 
anfertigen  soll,  macht  seine  Aufgabe  meist  sehr  viel  Schwierig- 
keit, weil  er  seinen  Gedanken  schriftlich  bisher  noch  keinen  Aus- 
druck gegeben  hat.  Denn  das  Diktatschreiben,  wie  es  fast  all- 
gemein geübt  wird,  ist  ein  mechanisches  Nachschreiben  immer 
wieder  vorgesprochener  Sätze,  das  die  Schüler  wohl  in  der  Recht- 
schreibung sicherer  macht,  im  Ausdrücken  eines  Gedankens  aber 
gar  keine  Übung  gibt 

Es  besteht  also  eine  Lücke  in  dem  Lehrgange  des  Deutschen 
auf  unsern  höheren  Schulen,  wie  er  gemeiniglich  gehaudhabt  wird. 
Um  diese  Lücke  einigermaßen  auszufüllen,  verfahre  ich,  wenn  ich 
Diktat  schreiben  lasse,  oft  folgendermaßen.  Ich  lese  die  kleine  Er- 
zählung, die  als  Diktat  geschrieben  werden  soll,  zunächst  ganz 
vor,  damit  der  Hauptinhalt  erfaßt  wird.  Dann  aber  sage  ich  jeden 
Satz,  den  die  Schüler  niederschreiben  sollen,  einzeln  noch  einmal, 
aber  nur  einmal.  Die  Knaben  müssen  dabei  den  Sinn  des  Satzes 
genau  in  sich  aufnehmen,  um  ihn  dann  mit  ihren  eigenen  Aus- 
drücken wiederzugeben.  Schon  einfache  Sätze  von  geringem  Um- 
fange erhalten  auf  diese  Weise  in  den  einzelnen  Schülerheften 
sehr  verschiedene  Formen.  Größer  noch  wird  die  Mannigfaltigkeit 
bei  zusammengesetzten  Sätzen.  Verwickelte  Satzgefüge  sind  dabei 
zu  vermeiden,  weil  viele  Schüler  ihnen  ratlos  gegenüberstehen. 

Ich  lasse  solche  freien  Diktate  mit  wörtlichen  Diktaten  ab- 
wechseln und  habe  gefunden,  daß  die  Resultate  in  jenen  bei  den 
einzelnen  Schülern  zwar  sehr  verschieden  waren,  aber  allmählich 
bei  der  Mehrzahl  recht  befriedigend  wurden. 

Potsdam.  P.  Roellig. 


Die  Krwerboag  d«  fac.  doc.  i.  d.  Musik  d.  Oberl.,  v.  H.  Biekhoff.  503 


Die  Erwerbung  der  facultas  dooendi  in  der  Musik 

durch  Oberlehrer. 

Die  Frage  der  Erteilung  des  Gesangunterrichts  durch  Ober- 
lehrer ist  spruchreif  geworden.  In  den  letzten  Jahren  ist  sie  auf 
masikpädagogischen  Kongressen,  in  Zeitschriften  und  Broschüren 
80  fielfach  behandelt  worden,  daß  nunmehr  dem  Warten  endlich 
die  Tat  folgen  muB.  Es  ist  mir  völlig  unverständlich,  wie  man 
in  neuerer  Zeit  den  Turnunterricht  in  die  Hände  wissenschaftlich 
gebildeter  Herren  hat  legen  können  und  daneben  die  edle  Musika 
meistens  den  Händen  solcher  Männer  anvertraut  hat,  die  mit  dem 
Gymnasium  sonst  in  keiner  Beziehung  stehen.  Es  steht  dies  in 
direktem  Widerspruch  zu  der  historischen  Entwickelung  unserer 
Lateinschulen,  vor  allem  aber  zu  dem  Bildungsideal  der  Griechen, 
das  eine  nachdruckliche  intensive  Beschäftigung  mit  der  Musik 
verlangt  (vgl.  hierzu  die  Urteile  des  Aristoteles  in  C.  von  Jans 
Httsici  scriptores  Graeci),  und  zu  der  gesamten  modernen  Be- 
urteilung der  Musik.  Ober  die  Bedeutung  derselben  für  unser 
Geistesleben  hat  Kollege  KöfTner  in  seinem  höchst  lesenswerten 
Buche  „Die  Musik  in  ihrer  Bedeutung  und  Stellung  an  den  Miltel- 
scbulen''  (Grofi-Lichterfelde,  Vieweg)  viele  treflliche  Aussprüche 
bedeutender  Männer  aller  Jahrhunderte  beigebracht  (S.  8 — 27). 

Unter  ihnen  interessiert  uns  besonders  ein  Wort  Bismarcks, 
das  er  Konrad  Dreher  gegenüber  äußerte:  „Hauskonzerte  liebe 
ich,  sie  fördern  das  Leben  in  der  Familie,  bringen  Gemüt  zwischen 
die  vier  Wände.  Ich  halte  Musik  für  das  beste  Beruhigungsmittel 
der  Nerven.  Man  hat  leider,  als  ich  jung  war,  zu  wenig  Zeit  für 
Musik  gehabt:  das  ist  unrecht.  Für  gute  Musik,  für  gute  dank* 
bare  Lieder  soll  man  in  der  Jugend  immer  Zeit  finden'^ 

Es  hieße  allbekannte  Dinge  wiederholen,  wollte  ich  versuchen, 
die  Notwendigkeit  einer  durchgreifenden  Änderung  des  Gesang- 
UQterrichts  an  unsern  höheren  Schulen  darzulegen.  Ich  rede  nicht 
zu  den  äfkovaotj  sondern  zu  solchen,  die  ein  fühlendes  und 
empfindendes  Herz  in  ihrer  Brust  haben  und  die  Sprache  der 
Töne  verstehen.  Es  ist  die  gewaltigste  Geistessprache,  die  es 
gibt.  Keine  gleicht  ihr.  Und  sie  der  Jugend  zum  Verständnis 
zu  bringen^  dazu  müssen  die  wissenschaftlichen  Lehrer  unserer 
höheren  Schulen  willig  und  gern  sich  bereit  finden  lassen.  Es 
ist  eine  Ehrensache  für  uns.  Bisher  hielt  man  sich  scheu  von 
diesem  Unterrieb tszweige  fern.  Er  gehörte  zum  „technischen'' 
Unterricht  wie  Schreiben  und  Zeichnen,  man  besaß  keine  Fakultas 
für  den  Gesangunterricht,  die  im  Zeugnis  ihren  Ausdruck  gefunden 
hätte,  die  Be^higung  zum  Gesangunterricht  gewährte  keinerlei 
materielle  Vorteile.  So  blieb  bis  zur  Stunde  der  Gesang  ein  noii 
me  tangere  für  den  Oberlehrer,  man  überließ  ihn  den  semi- 
naristisch gebildeten  Lehrern  oder  Fachmusikern,     Nur  hier  und 


504  ^'^^  firwerbong  der  fac.  doc.  in  derMasik  dureh  Ob-erlehrer, 

da  wurde  diese  Gewohnheit  durchbrochen.  Mit  Ehren  nenne  ich 
hier  den  Namen  Beliermann  in  Verbindung  mit  dem  Grauen 
Kloster  in  Berlin.  Was  drei  Träger  dieses  Namens  dort  geleistet 
haben,  wie  der  Direktor  selbst  den  Gesangunterricht  übernahm 
und  seine  Schüler  zu  hohen  Leistungen  befähigte,  das  steht  in 
den  Annalen  dieses  Gymnasiums  mit  Ruhm  verzeichnet.  Durch 
Fr.  Bellermann  angeregt,  begann  Karl  von  Jan  seine  Studien  und 
Lehrtätigkeit  in  der  Musik.  Cr  wirkte  bahnbrechend  in  seinen 
Forschungen  über  griechische  Musik  und  wird  auch  seinen  Schülern 
praktisch  viele  Förderung  haben  zuteil  werden  lassen.  Seinem 
oben  schon  genannten  Landsmann  Prof.  Dr.  Karl  Kfiffner  In  Nürn- 
berg verdanken  wir  durch  seine  aus  der  Praxis  erwachsenen  und 
mit  weitem  Bück  geschriebenen  Abhandlungen  vielfache  Atiregung. 
Auf  dem  Deutsch-evangelischen  Kirchengesangstage  in  Rothen- 
burg a.  T.  sprach  über  die  Beziehungen  zwischen  Gymnasium  und 
Kirchenmusik  gründlich  und  sachlich  Gymn.- Prof.  Hatz  aus  München. 
Man  sieht,  in  Bayern  ist  man  der  Lösung  unserer  Frage  naher 
als  bei  uns. 

Mit  ganz  besonderem  Interesse  erfüllte  mich  die  im  Oktober- 
heft der  Monatsschrift  für  Schulgesang  S.  148  enthaltene  Notiz, 
daß  der  große  Balladenkomponist  Karl  Löwe  neben  seinem  Musik- 
unterricht auch  wissenschaftlichen  Unterricht  am  Marienstifts- 
gymnasium in  Stettin  gegeben  habe.  Dasselbe  tat  bekanntlich 
auch  der  Thomaskantor  Job.  Seb.  Bach.  Wie  steht  es  heute  in 
Preußen? 

In  meiner  Heimat  Westfalen  unterrichten  an  den  Gymnasien 
drei  wissenschaftlich  gebildete  Lehrer  im  Gesang,  nämlich  in  Hagen, 
fiamm  und  Münster.  Die  Behörde  hat  dieser  Verwendung  von 
Lehrkräften  in  einem  Fach,  für  das  sie  keine  facultas  besitzen, 
stets  Wohlwollen  bewiesen  und  in  liberalster  Weise  Lehrmittel 
zur  Verfügung  gestellt,  ohne  den  fiskalischen  Standpunkt  zu  be- 
tonen. 

Wie  der  letzte  musikpädagogische  Kongreß  in  Berlin  bewies, 
steht  man  auch  im  Kultusministerium  einer  Reform  des  Gesang- 
unterrichts an  unsern  höheren  Schulen  durchaus  freundlich  gegen- 
über. Nun  gilt  es,  den  richtigen  Weg  zu  Onden,  und  da  meine 
ich,  ist  der  sicherste  und  gangbarste  der,  daß  den  Oberlehrern 
die  Möglichkeit  geboten  wird,  durch  eine  Prüfung  ihre  Befähigung 
zum  Gesangunterricht  nachzuweisen,  mit  der  Maßgabe,  daß  diese 
facultas  vollwertig  neben  den  übrigen  Fakultäten  steht.  Pastor 
Dr.  Fr.  Sannemann  sagte  auf  dem  letzten  Kunsterziehungstage 
in  Hamburg  (Bericht  S.  83):  „Daraus  folgt  die  Gleichbewertung 
sowohl  des  Gesangunlerrichts  mit  den  übrigen  Lehrfächern  als 
auch  der  Stellung  des  Gesanglehrers  mit  der  eines  Mathematikers 
oder  jedes  andern  Oberlehrers  ....  Gewiß,  meine  Herren,  es 
gibt  bereits  Oberlehrer  und  Direktoren,  welche  den  Gesangnnter- 
richt   selbst    erteilen.    Dann  erst   wird  das  ganze  Klagelied  über 


von  U.  Eickhoft  505 

die  Haogdhafügkeit  des  Gesangunterricbts  verstummen,  wenn  die 
Neuorganisation  in  einer  der  höheren  Schule  würdigen  und  ihren 
Aufgaben  angemessenen  Weise  erfolgt.  Soll  der  Musikunterricht 
in  die  Hände  solcher  von  Lehrern  und  Schülern  voll  bewerteten 
Persönlichkeiten  gelegt  werden,  so  muB  von  diesen  als  Gegen> 
leistung  das  Oberlehrerzeugnis  geboten  werden*'. 

Diesen  Worten  kann  ich  nur  aus  voller  Oberzeugung  bei- 
stimmen. Es  liegt  mir  fern,  hier  schon  spezielle  Vorschläge  für 
die  Zukunft  dieser  Sache  zu  machen.  Wer  längere  Jahre  in 
diesem  Fache  gearbeitet  hat,  weiß,  was  ein  Gesangiehrer  für  den 
Unterricht  an  Ausrüstung  gebraucht.  Vorläufig  befinden  wir  uns 
in  einem  Übergangsstadium.  Nur  sporadisch  wirken  Oberlehrer 
im  Fache  des  Gesanges,  es  fehlt  ein  klarer,  methodischer  Lehr- 
gang, vieles  ist  unfertig. 

Es  ist  deshalb  mit  Freuden  zu  begrüßen,  wenn,  wie  es  heißt, 
seitens  der  Behörden  Gesangskurse  füe  Vertreter  des  Fachs  ab- 
gebalten werden  sollen,  die  den  wissenschaftlichen  Kursen  anderer 
Fächer  entsprechen.  Im  vorigen  Jahre  fand  ein  solcher  Kursus 
in  Leipzig  von  Mitte  Juli  bis  Anfang  August  statt,  in  weichem 
bewährte  Kräfte  mitwirkten.  Man  gedenke  doch  endlich  unsrer 
lieben  Jagend,  die,  mit  Wissenschaft  nur  zu  oft  überfüttert,  nach 
einem  Lebensquell  lechzt»  der  ihr  wahrhaftige,  lautere  Freude  am 
Leben  bringt«  Diesen  gesunden  Optimismus  zu  erzeugen  vermag 
Ton  allen  Künsten  in  erster  Linie  die  Musika.  Sie  ist,  wie 
Lnther  sagt,  „ein  Geschenk  Gottes,  und  der  Teufel  kann  sie 
Sicht  leiden".  Im  übrigen  bleibt  es  bei  dem,  was  der  unvergeß- 
liche Karl  Löwe  1835  an  seinen  Freund  Karl  Schhdebach  in  Kiel 
schrieb:  „Das  wichtigste  Mittel,  unsere  Kunst-  und  Geistesprodukte 
wahrhaft  schön  zu  machen,  ist  die  Läuterung  des  Ichs.  Um  dies 
za  bewirken,  gibt  es  kein  höheres  Mittel  als  die  Schriften  der 
geoflenbarten  Religion.  Was  den  Modernen  eine  Torheit  und 
dem  Torea  ein  Ärgernis  ist,  das  sei  unser  Quell,  dessen  reines 
Kristailnaß  uns  gesund,  leicht,  klar  und  fröhlich  macht". 

Hamm  i.  W.  Hermann  Eickhoff. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


LITERARISCHE  BERICHTE. 


Theobald  Ziegler,  Allf^emeine  PÜdagog^ik.  Zweite  Auflage.  (Aus 
Natur  und  Geisteswelt).  Leipzig  1905,  B.  G.  Tenboer.  147  S.  8. 
geb.  ],25  Jt. 

Sechs  Vorträge,  gehalten  zu  Frankfurt  a.  M.  und  Hamburg, 
in  drei  Hauptabschnitte  geteilt:  I.  Zweck  und  Motive  der  Erziehung, 
H.  Das  Erziebungsgeschäft  oder  die  Mittel  der  Erziehung,  III.  Die 
Organisation  der  Erziehung.  „Behandelt  die  großen  Fragen  der 
Volkserziehung  in  praktischer,  allgemeinverständlicher  Weise  und 
in  sittlich-sozialem  Geiste''.  Das  ist  richtig,  und  ebenso  richtig 
ist  es,  daß  Ziegler  seinen  Zuhörern  viel  Interessantes  und  Be- 
achtenswertes vorträgt  Ob  diese  mit  allem  einverstanden  gewesen 
sind?  Ich  bin  mit  vielem  nicht  einverstanden,  kann  aber  in  dieser 
kurzen  Besprechung  nur  einiges  herausgreifen. 

Die  religiöse  Erziehung  ist  eins  der  schwierigsten  pädagogi- 
schen Probleme,  gewiß;  was  aber  Ziegler  zur  Lösung  vorbringt, 
halte  ich  für  höchst  anfechtbar  und  unzulänglicli.  Der  Religions- 
unterricht auf  unsern  höheren  Schulen  mag  verbesserungsbedürftig 
sein;  aber  woher  weiß  der  Verfasser,  daß  er  vielfach  im  argen 
liegt  und  geradezu  miserabel  ist?  So  absprechend  urteilt  er  doch 
wohl  nur  deshalb,  weil  nicht  überall  nach  seinem  Sinne  unterrichtet 
wird.  Wir  Beligionslehrer  sind  meist  noch  so  altmodisch  zu 
glauben,  daß  wir  dem  Schöler  nicht  unsere  eigene,  von  uns  selbst 
ersonnene  Weisheit,  sondern  die  Lehren  seiner  Kirche  vorzutragen 
haben,  die  er  doch  kennen  muß,  ehe  er  sich  dafür  oder  dawider 
entscheidet.  Wir  operieren  daher  mit  Bibel  und  Gesangbuch,  mit 
dem  Katechismus  und  auf  der  oberen  Stufe  mit  der  Augsburgischen 
Konfession  und  der  Kirchengeschichte,  nicht  mit  Beligionsgeschichte 
und  Beligionsphilosophie,  wie  Ziegler  will.  Christus  steht  uns  im 
Mittelpunkt  der  Unterweisung,  nicht  Buddha  oder  Konfuzius  oder 
Zarathustra.  Mein  Ideal  eines  Religionslehrers  und  Religions- 
unterrichts hat  Wilhelm  Schrader  in  seiner  Erziehungs-  und 
Unterrichtslehre  §  95—101  gezeichnet  (vgl.  Jahrg.  1907  S.  21 
dieser  Zeitschrift). 


TiZief^ler,  Allgemeine  Pädagui^ik,  togez.  voa  H.  F.  Möller  507 

lo  erfreulicher  Übereinstimmung  befinde  ich  mich  mit  Ziegler 
in  dem,  was  er  Qber  die  alten  Sprachen,  namentlich  über  die 
lateinische,  sagt.  In  beiden  toten  Sprachen,  sagt  er,  stecke  ein 
Stuck  Idealismas,  eben  weil  sie  tot  seien.  „Ein  nächster  sicht- 
barer Zweck  wie  bei  den  lebenden,  ein  Nutzen,  ist  nicht  da  oder 
doch  nicht  auf  der  Oberfläche  da;  es  handelt  sich  hier  wirklich 
um  ein  interesseloses  Wohlgefallen,  um  feinere  Geistesbildung,  um 
das,  was  wir  Humanismus  nennen  .  . .  Durch  die  toten  Sprachen 
wird  man  über  die  Grenzen  der  jetzt  lebenden  Henschenwelt  in 
die  Vergangenheit  zurückgeführt  und  erkennt  dadurch  den  großen 
Kolturzusammenhang  mit  der  ganzen  Menschheit  und  das  allge- 
mein Menschliche  als  das  Unsterbliche  und  bleibend  Wertvolle, 
wird  durch  sie  human*^  Im  besonderen  hat  nach  Ziegler  die 
lateinbche  Sprache  die  Last  der  grammatischen  Schulung,  die 
schlechterdings  unerUlBlich  ist,  allein  zu  tragen;  sie  soll  der 
grammatische  Knecht  und  Zuchtmeister  für  die  andern  alle  sein, 
lo  diesen  treibe  man  von  der  Grammatik  nur  das  AUernotwendigste 
[auch  ioQ  Griechischen?]  und  suche  so  rasch  als  möglich  darüber  hin- 
weg- und  hinauszukommen  [auch  im  Griechischen?!].  „Wo  Latei- 
nisch gelernt  wird,  ist  mit  ihm  und  nicht  etwa  mit  einer  modernen 
Sprache  zu  beginnen,  auch  hier  ist  der  Weg  von  vorn  dem  Krebs- 
gang vorzuziehen :  das  gehört  zu  den  wenigen  pädagogischen  Sätzen, 
die  ich,  trotz  des  Frankfurter  Lehrplans  und  der  mit  ihm  gemachten 
günstigen  Erfahrungen,  für  ganz  unbestreitbar  halte.  Die  Fabel, 
daß  men$a  est  rotunda  zu  schwer  sei  für  unsere  Seztaner,  wird 
ja  niemand  glauben,  der  es  einmal  selber  gelernt  hat*'.  Wenn 
dem  so  ist,  warum  verwahrt  sich  Ziegler  dann  so  entschieden 
gegen  das  Lateinschreiben  und  Lateinsprechen?  „Wo  einer  der 
Sprache  und  des  Wortes  Meister  werden  will*',  da  ist  außer 
Kenntnis  auch  eine  reichliche  Übung  im  Schreiben  und  Sprechen 
nötig,  und  den  lateinischen  Aufsatz  wenigstens  sollte  man  nicht 
verfemen.  Doch  hören  wir  den  Redner  weiter,  der  überzeugt 
ist  von  der  Unentbehrlichkeit  und  dem  Werte  der  lateinischen 
Sprache  und  römischen  Literatur  für  alle  gelehrten  Stände,  die 
historisch  interessiert  sind  und  der  historischen  Schulung  nicht 
entraten  können  noch  wollen,  also  in  erster  Linie  für  die  Ver- 
treter der  Geisteswissenschaften.  Das  Lateinische  „vermittelt  die 
historische  Kontinuität  unserer  Bildung  und  Kultur,  die  zweimal, 
durch  die  Kirche  des  Mittelalters  und  zu  Anfang  der  Neuzeit  durch 
die  Renaissance  und  die  Rezeption  des  römischen  Rechts,  mit 
Rom  und  Latiuro  verbunden  war,  und  so  ragt  es  in  unsere  moderne 
Welt  noch  immer  wie  die  Porta  nigra  in  Trier,  fremdartig  und 
doch  dazu  gehörig,  mächtig  herein*^  Beiläufig,  warum  verdammt 
Zitier  den  armen  Cicero,  den  er  nach  berühmten  Mustern  einen 
Unglücks-  und  Phrasenmenschen  nennt?  Seine  Schriften  dienen 
doch  wesentlich  zur  Erkenntnis  der  römischen  Literatur  und 
Sprache,   sie  gehören   zu   den  Humanitätsstudien.     Dann  aber^ 


508  M.  Desfioir,  Ästhetik  ood  allgemeine  Kanst.wisfteascJliaft, 

warum  verzichtet  Ziegler  auf  das  Griechische?  Warum  will  er 
die  historisch  Interessierten,  die  Vertreter  der  Geisteswissenschaften 
nicht  noch  eine  Strecke  weiter  am  Strom  der  Geschichte  hinauf- 
föhren?  Ohne  Kenntnis  der  griechischen  Literatur  und  Sprache 
kann  doch  keiner  das  Geistesleben  der  Römer  oder  auch  nur  die 
Renaissance  grundlich  verstehen.  Das  klassische  Altertum  ist 
griechisch-römisch,  wie  Theodor  Hommsen  u.a.  oft  genug  be- 
tont haben.  Und  nun  sollen  wir,  wir  Kinder  des  20.  Jahrhunderts, 
das  Griechentuqi  gar  aus  der  Literatur  des  18«  Jahrhunderts,  z.  B. 
aus  Goethes  Iphigenie  und  Hermann  und  Dorothea,  aus  Schillers 
Balladen  kennen  lernen!  Wenn  es  keine  Phrase  ist,  was  wir 
S.  45  lesen:  „Zweimal,  zur  Zeit  der  Renaissance  und  in  der 
Periode  des  Neahumanismus,  hat  das  Griechentum  den  intensiv- 
sten Einfluß  auf  unsere  deutsche  Geistesbildung  ausgefibt;  die 
feinste  Blute  deutschen  Geisteslebens  gegen  Ende  des  18.  Jahr- 
hunderts ist  unter  den  Strahlen  der  griechischen  Sonne  auf- 
gebrochen*' —  so  kann  vernünftigerweise  doch  nur  geschlossen 
werden:  also  lernen  wir  Griechisch,  damit  wir  uns  selbst  und 
unsern  kostbarsten  Besitz  verstehen  lernen.  Von  dem  Gerede, 
daß  man  zwar  nicht  ohne  eine  Summe  naturwissenschaftlicher 
Kenntnisse,  wohl  aber  ohne  Griechisch  ein  gebildeter  Mentch  sein 
könne,  will  ich  lieber  schweigen.  Es  ist  sehr  bedauerlich,  daß 
Ziegler  seinen  Gesinnungswechsel  urbi  et  orbi  verkündigt  und 
sich  durch  den  Verzicht  auf  das  Griechische  den  Totengribern 
unsers  humanistischen  Gymnasiums  beigesellt 

Blankenburg  am  Harz.  H.  F.  Müller. 


Max  Dessoir,  Ästhetik  und  allg;emeine  Kunstwissenschaft  in 
den  Grondzägen  dargestellt.  Mit  16  Textabbildnogeo  vnd  19  Tafeln. 
Stuttgart,  1906,  Ferdinand  Bnke.     Xll  o.  476  S.     U  JC. 

Das  Inhalt-  und  umfangreiche  Werk  zerfällt  seinem  Titel 
entsprechend  in  zwei  Hauptteile.  Dem  ersten  geht  eine  kurz 
gefaßte  Geschichte  der  neueren  Ästhetik  voran;  es  folgen  in  vier 
Kapiteln  Erörterungen  über  die  Prinzipien  der  Ästhetik  (Objekti- 
vismus, Subjektivismus,  Methoden),  den  ästhetischen  Gegenstand 
(Der  Umkreis  ästhetischer  Gegenstände,  Harmonie  und  Proportion, 
Bhythmus  und  Metrum,  Größe  und  Grad),  den  ästhetischen  Ein- 
druck (Zeitverlauf  und  Gesamtcharakter,  die  Sinnes-,  Form-  und 
Inhaltsgefühle),  endlich  die  ästhetischen  Kategorien  (Das  Schöne, 
das  Erhabene  und  das  Tragische,  das  Häßliche  und  das  Komische). 
Der  zweite  Hauptteil,  Allgemeine  Kunstwissenschaft  über- 
schrieben, bespricht  zunächst  das  Schaffen  des  Künstlers  nach 
seiner  allgemeinen  Seite  (Zeitverlauf  und  Gesamtcharakter)  sowie 
nach  individual-psychologischen  Gesichtspunkten  (Die  Unterschiede 
der  Anlagen,  die  Seelenkenntnis  und  die  Seelenverfassung  des 
Künstlers).    Das  zweite  Kapitel  behandelt  die  Entstehung  der  Kunst 


an|;ez.  vod  R.  Lahmann.  509 

(Die  KuDsl  des  Kindes  und  der  Nalurvölker,  der  Ursprung  der 
Kunst,  endlich  das  System  der  KQnste  im  allgemeinen).  Es  folgt 
sodann  Im  dritten  Kapitel  die  Behandlung  der  einzelnen  Kfinste 
(Tonkunst  und  Mimik,  Wortkunst,  Raumkunst  und  Bildkunst). 
Das  Schiußkapitel  behandelt  die  Funktion  der  Kunst  (als  geistige, 
iiissenschaftliche  und  sittliche  Funktion).  Ein  ausf ährliches 
Register  und  19  Tafeln  mit  Abbildungen  sind  beigegeben. 

Es  gehört  Mut  zu  dem  Unternehmen,  bei  dem  heutigen 
Slande  der  Wissenschaft  ein  ganzes  Gebiet  in  einer  zusammen- 
hängenden Darstellung  zu  umspannen  und  die  schier  unerschdpf- 
Me  Reihe  von  Gegenstanden,  Problemen  und  Gosichtspunkten, 
die  es  umfafit,  im  Zusammenhang  vor  den  Augen  des  Lesers  vor- 
überzufahren.  Und  es  ist  selbstverständlich,  daß  auch  in  einem 
umfangreichen  Werke  nur  die  Grundzüge  eines  solchen  Gebietes 
nacbgezeichoet  werden  können.  Die  Schwierigkeit  erwächst  nicht 
nur  aus  der  Fülle  des  wissenschaftlichen  Materials,  sondern  vor 
allen  Dingen  daraus,  daß  im  Gegensatz  zu  froheren  Zeiten  die 
heutige  Wissenschaft  es  aufgegeben  hat,  aus  einer  allgemeinen 
Idee  ein  System  von  Begriffen  abzuleiten  und  ihre  Erkenntnisse 
DQd  Urteile  hieraus  schöpfen  zu  wollen.  Die  moderne  Ästhetik 
ist  wie  alle  übrigen  Geisteswissenschaften  ein  durchaus  empiri- 
sches Erkenntnisgebiet  geworden.  Sie  fußt  auf  psychologischen 
und  geschichtlichen  Tatsachen,  und  sie  muß  daher  auf  die  Ein- 
heit des  Systems  von  vornherein  verzichten.  Daher  lehnt  es  auch 
Dessoir  ab,  die  sachliche  Einheit  seines  Buchs  „in  schonungsloser 
Verfolgung  eines  einzigen  Erklärungsgrundsatzes''  zum  Ausdruck 
zu  bringen  oder  überhaupt  die  Ästhetik  „als  Stuck  eines«  psycho- 
logischen Systems**  zu  behandeln.  Di«  Einheit  seines  Buchs  ist 
vielmehr  eine  wesentliche  persönliche.  Durch  eine  einheitliche 
Art,  die  Kunst  und  ihre  Probleme  zu  empfinden  und  zu  werten, 
soll  das  Einzelne  zu  einem  Ganzen  zusammenwachsen. 

In  der  Tat  liegt  hier,  wie  mir  scheint,  der  eigentümliche 
Wert  von  Dessoirs  Ästhetik.  Unter  den  Gesamtbearbeitungen  der 
Ästhetik,  die  in  den  letzten  Jahren  in  auffallend  großer  Zahl  er- 
schienen sind,  gibt  es  mehrere,  die  sich  durch  wissenschaftliche 
Schärfe  und  methodische  Klarheit  auszeichnen,  denen  aber  die 
innere  Fühlung  mit  ihrem  Gegenstande  so  gut  wie  ganz  abgebt. 
Sie  behandeln  die  Ästhetik  etwa  als  ein  Teilgebiet  der  Psycho- 
logie, und  man  hat  den  Eindruck,  daß  ihre  Verfasser  ihre  Unter- 
suchungen gerade  so  gut  auf  ein  anderes  Teilgebiet  hätten  richten 
können,  wenn  es  der  Zufall  oder  die  Lage  der  Wissenschaft  so 
gefügt  hätte.  Und  doch  ist  gerade  den  künstlerischen  Problemen, 
sowenig  sie  der  psychologischen  Behandlung  entraten  können,  mit 
den  methodischen  Mitteln  der  Psychologie,  mit  Beobachtung  und 
Zergliederung  allein  nicht  beizukommen.  Wo  ein  inneres  Ver< 
hältnis  des  Forschers  zu  seinem  Gegenstande  fehlt,  da  wird  hier, 
wo  so  vieles   notwendigerweise   gefühlsmäßig  bleiben  muß,   sich 


510   Dessoir,  Asth.  o.  allg.  Kuastwissenschaft,  agz.  v.  Lehmann. 

immer  ein  Zwiespalt  und  demeDtsprechend  ein  unbefriedigender  Rest 
ergeben.  Aus  Dessoirs  Ästhetik  nun  spricht  nicht  nur  ein  metho- 
disch gebildeter  Psychologe,  sondern  vor  allem  ein  Geist,  dem  die 
Kunst  in  ihren  Erscheinungen  ein  wirkliches  Erlebnis  ist  und  den  daher 
zu  den  Problemen  der  Kunstwissenschaft  nicht  bloß  ein  iußerlich 
überkommenes,  sondern  ein  inneres  Bedürfnis  zieht.  Dies  ist  es,  was 
dem  Inhalt  des  Buches  Wert,  der  Darstellung  WSrme  verleiht  und 
seine  Lektüre  anziehend  macht.  Diese  innerliche  Berührung  mit 
seinem  Gegenstand  bewahrt  den  Verf.  auch  vor  dem  wissenschaft- 
lichen Irrglauben,  daß  sich  auf  dem  ästhetischen  Gebiete  alles 
verstandesmSßig  aussprechen  und  in  Zusammenhang  bringen  lasse. 
Er  täuscht  sich  und  seine  Leser  nicht  über  die  Probleme  hinweg, 
und  wenn  er  nicht  überall  in  die  Tiefe  zu  leuchten  vermag,  so 
weiß  er  uns  doch  das  Gefühl  zu  erwecken,  daß  wir  über  Tiefen 
schreiten.  Zumal  in  den  Abschnitten,  die  der  Musik  und  der 
Poesie  gewidmet  sind,  sowie  in  den  allgemeinen  Abschnitten  über 
das  Schaffen  der  Künstler,  über  den  Naturalismus  u.  ähnl. 
tritt  ein  echtes  und  feines  Gefühl  für  das  Wesen  der  Kunst  her- 
vor. Ein  besonderer  Charakterzug  des  Buchs  ist  die  enge  Fühlung 
mit  der  modernen  und  modernsten  Kunst  und  Dichtung.  Auch 
hier  fühlt  man,  daß  es  ein  innerer  und  persönlicher  Zusammen- 
hang mit  dem  modernen  Kunstieben  ist,  welcher  die  Auffassung 
und  die  Auswahl  Dessoirs  bestimmt.  Doch  stellt  sich  der  Verf., 
wie  ausdrücklich  bemerkt  werden  soll,  keineswegs  einseitig  auf 
den  Standpunkt  moderner  Kunsttheorien,  er  wahrt  sich  durchaus 
ein  eigenes  Urteil  und  nimmt  oft  genug  Partei  für  altbewährte 
Grundsätze  und  überlieferte  Werturteile  gegenüber  den  einseitigen, 
nicht  selten  bis  zur  Verzerrung  individualistischen  Grundsitzen 
der  Modernen. 

Auf  einzelne  Gebiete  und  Fragen  darf  ich  hier  nicht  ein- 
gehen. Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  bei  einem  Werke  von 
diesem  Umfang  jeder  Kritiker  bisweilen  von  der  Meinung  des 
Verf.  abweichen  wird,  nicht  minder  auch,  daß,  trotz  aller  Sorgfalt 
in  der  Durcharbeitung,  einzelne  schwache  Punkte  hervortreten 
werden.  Auch  der  Stil  ist  nicht  ganz  gleichartig.  Neben  zahl- 
reichen glücklichen  Formulierungen  stehen  bisweilen  mißglückte 
oder  auch  allzu  gesuchte  Wendungen  —  erklärlich  aus  dem  be- 
rechtigten Streben  des  Verf.,  persönlich  zu  schreiben.  Im  ganzen 
genommen  aber  steht  das  Buch  in  der  Tat  hoch.  Es  ist  geeignet, 
jedem,  der  sich  nicht  nur  einen  oberflächlichen  Oberblick,  sondern 
einen  ernsten  Einblick  in  die  wesentlichsten  Fragen  der  Ästhetik 
verschaffen  will,  zum  Führer  zu  dienen,  und  es  darf  daher  gerade 
in  den  Kreisen  der  Philologen  besonders  empfohlen  werden.  Die 
Ausstattung  ist  glänzend,  die  Drucklegung  sorgfältig.  Nur  sollten 
die  Anmerkungen,  die  jetzt  in  recht  unbequemer  Weise  zwischen 
die  einzelnen  Kapitel  verstreut  sind,  bei  einer  neuen  Auflage 
unter    den  Text   oder   auch  zusammengefaßt  an  den  Schluß  des 


M.  Spanier,  Zor  Kaost,  aogez.  von  K.  Gomolinsky.        511 

Boches  gestellt  werden.     Es  ist  zu  wünschen^    daß  diese  Auflage 
nicht  lange  auf  sich  warten  läßt. 

Posen.  Rudolf  Lehmann. 


M.  Sptaier,  Zar  Kvost  Ansgewühlte  Stöeka  moderner  Pros«  lor  Kunst- 
betraehtoog  und  zum  Kunstgenuß.  Mit  Einleitung,  Anmerkungen  und 
Bilderanhang.  Leipzig  und  Berlin  1905,  B.  G.  Teubner.  X  u.  148  S. 
8.    geb.  1,20  M*    (Aus  dentseher  Wissenschaft  und  Rnnst.) 

Es  bringt  reichen  Genoß  and  Gewinn,  das  Buch  durchzu- 
nehmen: das  sei  von  vornherein  gesagt.  Es  mag  sich  eräbrigen, 
der  Reihe  nach  die  Namen  der  Verfasser,  die  Titel  der  Aufsätze 
und  der  größeren  Werke,  denen  sie  mit  Ermächtigung  der  Autoren 
und  unter  ihrer  besonderen  Teilnahme  entnommen  sind,  aufzu- 
zählen. Jeder  kann  sie  nachlesen,  und  es  ist  nur  zu  wünschen, 
daß  möglichst  viele  sich  dazu  in  den  Stand  setzen.  Es  sind 
Namen  von  gutem  Klange,  die  etwas  zu  sagen  haben,  sei  es  über 
die  Kunst  im  allgemeinen,  sei  es  aber  ein  Sondergebiet,  das  ihre 
ertragreiche  Arbeit  gefesselt  hält.  Auch  Künstler  selbst  sprechen, 
die  ja  wohl  am  besten  wissen  müssen,  was  sie  wollen,  worauf  es 
ankommt  und  was  not  tut.  So  bleibt  das  Buch  völlig  im  Rahmen 
der  Aufgabe,  die  die  trefiTiiche  Sammlung  *Aus  deutscher  Wissen- 
schaft und  Kunst'  lösen  will:  in  einer  Auslese  von  Darstellungs- 
proben die  besten  Könner  und  Kenner  zu  Worte  kommen  zu 
lassen.  Wir  hören  Bayersdorfers  tiefe  Auslassungen  in  Aphorismen- 
form und  werden  niedergedrückt  durch  das  Urteil,  daß  nur  der 
die  Kunst  erfassen  könne,  der  mit  dem  „Organ*'  für  die  Empfin- 
dung von  Kunstwerken  ausgestattet  sei,  und  daß  dieses  bei  so 
manchen  wenig  oder  gar  nicht  ausgebildet  sei,  und  fragen  uns: 
Ist  es  denn  für  den  Kunstfreund  überhaupt  möglich,  das  Kunst- 
werk ganz  zu  erfassen,  so  wie  es  der  Künstler  gemeint?  Muß 
nicht  immer  ein  Rest  bleiben,  da  auch  der  reifste  und  empfang- 
lichste Kenner,  der  vor  ihm  steht,  es  doch  nur  wieder  mit  seiner 
Seele  durchdringt?  G.  Hirth  tröstet  uns  aber,* [indem  er  dem 
Gedanken  Raum  gibt,  daß  ein  gutes  Kunstverständnis  auch  dem 
Laien  erreichbar  sei,  und  er  weist  den  Weg,  auf  dem  das  geht, 
wo  dann  die  Anmerkungen  besonders  geeignet  sind,  weitere,  er- 
mutigende Fingerzeige  zu  geben.  Wir  finden  auch  das  Wort,  daß 
das  Kunstgefühl  nicht  nur  den  Künstlern  in  Erbpacht  gegeben 
sei.  Die  Künstler  sind  gewiß  gut  daran,  da  ihnen  die  Natur  die 
Gabe  des  vollen  Genusses  in  Auge  und  Sinn  gelegt  hat.  Darum 
sind  sie  auch  nicht  unbefangen  genug,  um  Seelen  zu  verstehen, 
die  vor  dem  größten  Kunstwerke,  das  nicht  gerade  mit  grellen 
Stoffen  arbeitet,  sich  in  der  schmerzlichen  Lage  sehen,  sich  nichts 
dabei  „denken"  zu  können.  Das  Genie  kann  sich  wohl  am 
schwersten  zur  Unreife,  zum  unbeholfenen  sehnsüchtigen  Laien- 
tum  herablassen,  ja  für  es  ist  die  Kunst  doch  nur  eigentlich  ein 
frohes    geistiges  Spiel,    welches    der  Künstler    zunächst    für    sich 


612  M.  SptBier,  Zor  KsdsI, 

selber  zu  eigener  Befriedigung  ausübt,  wie  H«n»  Thoma  sagt. 
Da  mag  es  ihm  oft  gehen  wie  dem  Vater,  der  seinem  Söhneben 
hinter  einer  hohen  grünen  Hecke  den  schönen  Regenbogen  er- 
erklärt: der  Junge  sieht  nichts,  begreift  nichts,  bis  der  Vater  un- 
geduldig und  zornig  wird.  Da  sagt  der  Junge:  ich  sehe  ihn  aber 
gar  nicht.  Nun  beugt  sich  der  Vater  herab  in  die  Äugenlinie  des 
Knaben  und  sieht  vor  die  Hecke.  Er  hat  gar  nicht  daran  ge- 
dacht, daß  der  Kleine  nicht  seinen  hohen  Standpunkt  hat  and 
also  gar  nicht  so  viel  sehen  kann  wie  er.  Der  Adler  kann  Ja  wohl 
auch  nicht  begreifen,  daß  der  Hamster  so  schlecht  sieht  Aller 
Anfang  ist  eben  schwer,  vorab  im  Kunstverständnisse.  Aber  — 
und  das  ist  das  Tröstliche,  audi  für  Künstler  selbst  —  Lichtwark 
erzählt  uns  in  seinem  Briefe  über  die  Rembrandtausstellung  von 
den  ringenden  Versuchen  der  Jugend,  die  kaum  die  Meisterwerke 
des  Alters  ahnen  lassen,  von  den  zweifelhaften  Sachen  und  ver- 
fehlten Ansätzen,  die  neben  den  Vollreifen  Früchten  hangen. 
Also  auch  im  Kunstschaffen  ein  mühsames  Klimmen  aus  Tiefen 
zu  Höhen.  Drum  wohl  auch  im  Kunstverständnisse  durch  Seibat- 
erziehung und  Lehre  anderer,  ja  durch  das  belehrende  Wort. 
Auch  diese  Frage,  die  Frage  des  helfenden  Wortes,  die  so  wichtig 
ist  und  so  grundlegend  für  jedes  Bemühen  in  Erziehung  zum 
Kunstgenüsse,  und  die  beute  brennender  denn  je  ist,  findet  ihre 
beruhigende  Erledigung  durch  F.  Avenarius.  Die  Sprache  ist 
Ausdrucksmittel  des  Verstandes,  es  ist  unmöglich,  mit  ihr  das 
Kunstwerk  so  zu  zergliedern,  daß  die  durch  die  Schilderung 
hervorgerufene  Anschauung  sich  deckte  mit  der  durch  das  Kunst- 
werk selbst  erweckten,  sagt  Bayersdorfer.  Wenn  man  aber  immer 
warten  sollte,  vor  das  Kunstwerk  zu  treten,  bis  man  aus  eigner 
Kraft  oder  mit  fremder  Hilfe  es  ganz  zu  durchdringen  imstande 
wäre,  dann  käme  man  wohl  gar  nicht  davor.  Und  wer  denn 
überhaupt?  Gibt  nicht  nach  einem  Goetheschen  Worte  jedes 
echte  Kunstwerk  wie  ein  Nalurwerk  bei  jedem  neuen  Betrachten 
auch  immer  neue,  reizvolle  Rätsel  auf?  Und  ist  nicht  ein  echtes 
Kunstwerk  ein  so  reicher  Segen,  daß  es  nicht  auch  in  einem 
Bruchteile  seiner  Wirkung  noch  veredelnden  Genuß  spendete? 
„Kunst  wird  aus  EmpGndung  geboren  und  mit  Empfindung  er- 
faßt". Wenn  Böcklin  und  Ftoercke,  Liebermann  und  Lichtwark 
stunden-  und  tagelang  über  allgemeine  und  besondere  Fragen 
plaudern,  sinnen,  streiten,  ist  da  nicht  auch  der  Verstand  tätig? 
Ist  es  keine  Verstandesarbeit,  die  Natur  und  Umwelt  richtig  zu 
sehen,  die  gemalt,  gebildet  werden  soll?  zu  erwägen,  was  das 
Wesentliche  an  der  jedesmaligen  Aufgabe  ist,  das  nun  mit  den 
vorhandenen  Mitteln  dargestellt  werden  soll,  was  nebensächlich 
und  abzustreifen  ist?  Ebenso,  wenn  die  Gebrüder  van  Eyck  über 
die  öltechnik  grübeln  und  alsdann  ihre  Errungenschaft  zur  Offen- 
barung werden  lassen?  Ist  der  wissenschaftliche  Zug  in  Dürers 
Matur  keine  Verstandessache?  Soll  also,  was  Verstand  und  künstle- 


ang0z.  von  K.  GomoÜBsky.  513 

riscbes  Denken  als  ihren  Anteil  in  das  Kunstwerk  hineinbringen, 
nicht  auch,  begreifbar  für  einen  Lernenden,  durch  die  deutende 
Sprache  herausgebracht  werden  können?  Wenn  auch  das  Werk 
aus  der  traumhaften  Tiefe  künstlerischen  Empfindens  geboren  wird, 
so  wirken  doch,  wenn  es  zum  Lichte  ringt  und  Gestalt  gewinnt 
unter  des  Kunstlers  Hand,  alle  Geisteskräfte  mit.  Und  so  mufi 
dem  ungefügen  Laien  und  dem  blöden  Lernenden  das  Wort, 
wenn  auch  nicht  das  Letzte,  so  doch  vieles,  sagen  können,  das 
geeigoet  ist  zu  erwärmen  und  in  ihm  allmählich  auch  die  ge- 
heime hellere  Flamme  des  Kunstgeffihles  zu  entfachen,  das  ihn 
zu  einem  genieBenden  Nachschaffer  eines  Werkes  macht,  zumal 
wenn  das  leitende  Wort  auch  aus  kunstempfindendem  Herzen 
kommt  Denn  jegliches  reifere,  geläuterte  Empfinden  ist  die 
Frucht  stufenweiser  Entwicklung  durch  Erfiihrung  und  Lehre. 
Solch  freundliche  Aussicht  gewährt  in  dem  Kampfe  um  die  künstle» 
Tische  Erziehung  das  Buch  ebenfalls.  Durch  Wegräumen  und 
Einstellen  vor  der  blinden  Seele  den  Schleier  mittels  des  helfenden 
Wortes  fortzuziehen,  das  stellt  F.  Avenarius  als  gewinnverheißende 
Pflicht  der  Kunstbeschreibung  hin.  Und  dieser  Pflicht  genügt  das 
Buch  denn  auch  selbst,  indem  es  bei  Rethel,  Dürer,  Rembrandt, 
der  Antike,  Michelangelo,  Raffael,  Veiasquez  das  führende  Wort 
bietet.  Auch  über  kunsttechnische  Fragen  finden  wir  geistvollen 
Aufschluß. 

Cornelius  Gurlitt  (Was  will  die  Hellmalerei?)  macht  uds  den 
Blick  klar  über  die  moderne  Malerei,  ßürkner  lehrt  uns  rasch 
die  Sprache  der  gotischen  Schmuckforroen  würdigen.  Program- 
matisch für  den  Geist  der  Auswahl  ist,  wie  der  erste  Aufsatz, 
auch  der  zweite,  in  dem  W.  v.  Seidlitz  von  'Deutscher  Kunst*  und 
ihrer  erziehlichen  Aufgabe  spricht.  Die  Kunst  stellt  nicht  bloß 
eioeo  entbehrlichen  Schmuck  dar,  sondern  soll  wirkliche  Bedürf- 
nisse in  möglichst  vollkommener  und  daher  schöner  Weise  be- 
friedigen; auf  dem  Zusammenhange  mit  dem  Leben  und  dem  Ge- 
staltungsverlangen der  Zeit  beruht  die  Echtheit  der  Kunstwerke 
und  ihr  volkstümlicher  und  dauernder  Gehalt;  die  Kunstwerke  im 
öffentlichen  Leben  verfolgen  einen  nationalen  erzieherischen  Zweck. 
Nicht  nur  in  Ausstellungen  und  Museen  kann  man  Kunst  genießen, 
sondern  auch  in  der  Heimat:  man  muß  sich  umsehen.  Sicher 
iät  überall  eine  Kirche,  die  die  Anfänge  in  der  Weckung  künstle- 
rischen Sinnes  machen  kann.  Die  Kenntnis  deutscher  Meister, 
wie  Dürer,  Holbein,  L.  Richter,  Menzel,  Rethel,  deren  Werke 
jetzt  so  leicht  zugänglich  sind,  genügt,  um  zunächst  ein  gewisses 
Maß  nationaler  künstlerischer  Bildung  und  damit  überhaupt  einen 
festen  Standpunkt  gegenüber  der  Kunst,  auch  der  Gegenwart,  zu 
geben.  Die  heutigen  Bauten  in  Stadt  und  Land  zeigen  vielfach 
künstlerisclie  Unechtheit  und  Nüchternheit,  die  ihren  Grund  in 
der  Loslösung  von  den  in  der  Gberlieferung  sich  ausprageaden 
natürlichen    Entwickelungsgesetzen    hat,    sich    freilich    oft    unter 

ZtitMhr.  f.  d.  OjmnMÜLlwMen.    LXL    7.  33 


514   P*  Zange,  Leitfaden  für  den  evang.  Religionsooterrieht, 

dem  Zwange  äußerer  Verhältoisse  vollzieht:  Gedanken,  die  eine 
breitere  Ergänzung  in  dem  Aufsatze  *Vom  Bauernhaus'  von 
P.  Schultze-Naumburg  finden.  Fdr  die  Erhöhung  der  Wirkung 
der  Kunstwerke  ist  ihre  Einordnung  in  die  Umgebung,  die  Platz- 
und  Raumbestimmung  von  Bedeutung,  die  nicht  vernachlässigt 
werden  darf. 

Um  zusammenzufassen:  das  Buch  führt  von  den  verschieden- 
sten Seiten  und  unter  den  mannigfachsten  Gesichtspunkten  in 
alle  in  Betracht  kommenden  Kunstfragen  ein  und  stellt  den  Kenner 
und  Lerner  durch  die  treffende  Auswahl  des  Bedeutsamen  und 
Kernbildenden  mitten  hinein.  In  den  zahlreichen  Besprechungen 
von  Kunstwerken  bietet  es  Vorbilder  für  die  Betrachtung  und  Be- 
wertung von  künstlerischen  Schöpfungen,  so  daß  Theorie  und 
Praxis  sich  aufs  schönste  vereinigen.  Ein  ziemlich  reicher  Bilder- 
anhang tritt  ergänzend  und  unterstützend  hinzu.  Auch  die  An- 
merkungen des  Herausgebers,  die,  wie  seine  Einleitung,  davon 
zeugen,  daß  er  mitten  im  Stoffe  steht  und  daher  den  richtigen 
Griff  für  eine  solche  Auswahl  hat,  wie  auch  davon,  daß  er  selbst  eine 
künstlerische  Natur  ist,  verbürgen  dem  Tastenden  und  Fragenden 
gute  Hilfe.  Mir  scheint  das  Buch,  wenn  es  auch  vor  allem  die 
Bahnen  für  weitere  Belehrung  weisen  will  und  kann,  doch  be- 
sonders durch  den  Grundgedanken  wichtig,  der  kräftig  hervortritt, 
daß  jedem,  der  guten  Willens  ist,  der  Weg  zur  Kunst  offen  ist. 
Es  ist  selbst  ein  Weg  mitten  hinein  und  verdient  die  weiteste 
Verbreitung,  damit  der  Nutzen,  den  es  in  der  gegenwärtigen  Kunst-, 
bewegung  stiften  kann,  recht  zur  Geltung  komme.  A'uch  in  den 
Schülerbibliotheken  für  die  oberen  Klassen  wüi*de  es  seinen  passenden 
Platz  haben. 

Wattenscheid.  K.  Gomolinsky. 

Friedrich  Zange,  Leitfaden  für  den  evangelischen  Religions- 
unterricht. Erstes  Heft,  Sexta.  Zweites  Heft,  Quinta  und  Qnarta. 
Zweite  Auflage.  Gütersloh  1906,  C.  Bertelsmann.  40  S.  u.  65  S.  gr.  8. 
0,60  Jt  u.  0,90  Jt^ 

Vom  Zangeschen  Leitfaden,  dessen  erste  Stücke,  die  Pensen 
der  Klassen  von  Sexta  bis  Untertertia,  zuerst  als  Programm- 
abhandlungen veröffentlicht  worden  sind,  erscheint  jetzt  die  zweite 
ßuchauflage.  Sie  unterscheidet  sich  in  den  oben  genannten  Heften 
von  der  ersten  im  Pensum  der  Quarta.  Zange  bat^  um  für  eine 
Entlastung  der  Untersekunda  in  der  Tertia  Raum  zu  gewinnen, 
aus  dem  Tertiakursus  die  zweite  Hälfte  der  Apostelgeschichte  nebst 
Stellen  der  neutestamentlichen  Briefe  herausgenommen  und  der 
Quarta  zugewiesen,  wofür  dann  bei  dieser  die  Durchnahme  des 
Markusevangeliums  nebst  Zugaben  aus  den  anderen  Synoptikern 
in  Wegfall  gekommen  ist.  Quarta  erhält  also  als  Hauptgegenstand 
im  Religionsunterricht  die  Lektüre  der  Apostelgeschichte  unter 
dem  Titel  „Petrus  und  Paulus  nach  der  Apostelgeschichte'*.  Die 
früheren  Nebenaufgaben  kleineren  Umfangs  bleiben  bestehen. 


tDgez.  von  R.  Niemami.  515 

Wie  eingehend  Zange  die  Lehraufgaben  bis  ins  einzelne  hin- 
ein, ja  in  gewissem  Maße  den  Lehrgang  selbst  darstellt,  ist  bei 
der  Anzeige  anderer  Hefte  des  „Leitfadens"'  in  dieser  Zeitschrift 
her?orgehoben  worden.  Er  darf  in  dem  Vorwort  nachdrücklich 
betonen,  da£  er  nicht  bloß  „eine  einfache  Zusammenstellung  des 
zu  bewältigenden  Lehrstoffes*'  bietet,  „sondern  eine  Ordnung  des  • 
selben  nach  pädagogischen  Gesichtspunkten,  eine  Methode,  einen 
Weg,  auf  dem  man  nach  seiner  Erfahrung  die  Schüler  mit  reichem, 
bleibendem  und  praktischem  Gewinn  durch  das  unermeßliche  Ge- 
biet christlichen  Lebens,  christlicher  Lehre  und  Erfahrung  führt''. 
Alles  wird  auf  das  genaueste  bestimmt,  die  Gesamt-  und  die  Teii- 
ziele,  die  Reihenfolge  und  die  Gliederung  der  Geschichten  und 
der  Inhalt  der  Teile,  das  Neue  bei  denselben  an  Begriffen  und 
Lehren  und  deren  Ausprägung  in  Sprüchen,  Katechismusstellen 
und  Liederversen,  das  Bekannte  und  Verwandte  aus  früherem 
Unterricht  und  aus  der  Erfahrung  das  hinzuzuziehen  ist,  die  Hin- 
weise auf  geographische,  natur-  und  kulturgeschichtliche  Belehrung. 
Für  die  häufig  geforderten  Wiederholungen  werden  zahlreiche  Ge- 
sichtspunkte für  Ober-  und  Durchblick  und  vollausgefuhrte  Dis- 
positionen gegeben,  Arbeiten  von  ganz  besonderem  Werte.  Nicht 
minder  durchdacht  ist  die  Behandlung  der  Katechismusstücke. 
Sorgfältig  sucht  der  Verfasser  zu  verhüten,  daß  das  Gelernte  loter 
fiesitz  oder  bloßer  Verstandesbesitz  wird;  mechanisches  Einlernen 
und  Drillen  werden  verpönt.  Die  Hefte  sind  für  den  Lehrer  aus- 
gezeichnete Hilfsmittel;  sie  können  aber  auch  als  Lernbücber  der 
Schüler  dienen,  und  um  dieser  Verwendung  willen  hat  der  Ver- 
fasser die  zu  lernenden  Sprüche,  soweit  sie  nicht  in  den  Ge- 
schichten selbst  enthalten,  sondern  anderswoher  •  aus  der  Bibel 
entnommen  sind,  im  Sexta-  und  Quintakursus  (weil  die  Schüler 
die  Bibel  noch  nicht  zur  Hand  haben)  vollständig  abdrucken 
lassen. 

Ob  sich  die  neue  Pensenansetzung  für  Quarta  bewähren  wird, 
muß  die  Zeit  lehren.  Der  rechte  Ausgang  der  Bibellektüre  wird 
doch  immer  vom  Handeln  und  Reden  des  Heilands  genommen; 
der  Verf.  hat  ja,  wie  bemerkt,  auch  nur  einem  Zwange  der  Ver- 
bältnisse nachgegeben,  wenn  er  die  frühere  Lektüre  aus  den  Syn- 
optikern mit  der  der  Apostelgeschichte  und  epistolischen  Abschnitte 
vertauscht  hat.  Aus  den  Briefen  will  Zange  in  Quarta  lesen  lassen 
l.Thessal.  Kap.  1 — 3;  Philipper-  und  Philemonbrief  ganz;  1.  Kor.  13 
fast  ganz;  aus  anderen  einzelne  längere  oder  kürzere  Stellen,  die 
er  bestimmt  bezeichnet;  es  muß  sich  herausstellen,  ob  mit  diesen 
Stoffen  dem  Quartastandpunkt  am  besten  gedient  ist.  An  dem 
Gymnasium,  welchem  Referent  angehört,  wird  in  Quarta  zunächst 
nach  Zahn-Giebe  das  alttestamentliche  Pensum,  das  in  Sexta  nur 
bis  zur  Reichsteilung  geführt  ist  (wie  eigentlich  auch  bei  Zange), 
vollendet,  und  dann  erst  wird  zur  Hibel  selbst  übergegangen,  und 
zwar  bilden  die  Bergpredigt  und  größere,  im  Quintakursus  noch 

33* 


516  P.  Paehaly,  Anfgabeo  über  d«D  religiöieo  Uoterrichtsstoff, 

fehlende  Gleichnisse   des  Heilandes    den    ersten  Lese-  und  Lern- 
gegenstand aus  ihr  unmittelbar. 

Waren  (Mecklenburg).  R.  Niemann. 

Paul  Pachaly,  Aofcpaben  über  deo  religiöseo  (Joterrichtsstoff 
der  höheren  Schulen.  Heft  II:  Aufgaben  über  das  Nene  Testanent, 
Abteilnog  I:  Die  Evangelien  and  das  Leben  Jesu.  Leipzig  1906, 
W.  Engelmann.    IV  n.  111  S.    gr.  8.    kart.  1  M* 

Die  Aufgaben  wollen  nach  dem  Vorwort  des  Veif.  durch 
den  Intellekt  Gefähl  und  Willen  beeinflussen  und  so  lebendige 
christliche  Persönlichkeiten  bilden.  Sie  sollen  unter  Leitung  des 
Lehrers,  beziehungsweise  unter  der  Angabe  von  Richtlinien  oder 
Gesichtspunkten  seitens  des  Lehrers  vom  Schöler  gelöst,  erarbeitet 
werden.  Auf  eine  erschöpfende  Verwendung  oder  Anföhrung  der 
vorhandenen  Literatur  ober  das  Leben  Jesu  hat  Verf.,  wie  er 
sagt,  sein  Absehen  nicht  gerichtet.  Es  kam  ihm  nicht  darauf  an, 
zu  forschen  oder  Neues,  noch  nie  Dagewesenes  auszusprechen 
oder  weiterzutragen,  er  hat  sich  im  Gegenteil  gerade  bemüht, 
ausgemachte  oder  anerkannte  Wahrheiten  nutzbringend  zu  ge- 
stalten. Die  Verteilung  des  Stoffes  auf  acht  Kapitel  verdankt  ihre 
Entstehung  dem  Bedürfnis  der  Schule,  methodische  Einheiten  her- 
zustellen. „Ich  weiß,  daß  mancher  Kollege  nach  einer  Hilfe  zu 
kurzen,  thematischen  Schulandaehten  ausschaut,  und  verhehle  nicht, 
daß  ich  meine  Aufgaben  auch  für  diesen  Zweck  bereits  selbst 
erprobt  habe;  über  die  Gottheit  Christi  habe  ich  zum  Beispiel 
unter  Zugrundelegung  von  Aufgabe  24  drei  Andachten  gehalten. 
Endlich  dürfte  die  Sammlung  auch  för  Predigten,  biblische  Be- 
sprechungen mit  Konfirmanden  und  ähnlichem  nicht  ohne  Nutten 
sein".  —  Man  sieht,  Verf.  will  vielen  dienen. 

Das  Bändchen  schließt  sich  an  die  in  dieser  Zeitschrift  1905 
S.  721  von  mir  besprochene  Sammlung  alttestamentlicher  Auf- 
gaben an.  Ich  äußerte  schon  damals  in  ernsten  Worten  meine 
Bedenken  über  das  Beginnen,  Schüler  durch  religiösen  Stoff  zu 
dogmatischen  und  ethischen  Auslassungen  zu  zwingen.  An  den 
biblischen  Stoff  mögen  sich  historische  oder  ästhetische  Themen 
anlehnen;  alles  übrige  ist  vom  Obel,  bald  bringt  es  die  Schöler 
in  Gewissensnot,  bald  dringt  es  sie  zur  Heuchelei.  Nach  der 
Durchsicht  dieses  neuen  Bändchens  wiederhole  ich  meine  Worte. 
Solche  Ausarbeitungen  den  Schülern  zuzumuten,  schadet  ihren 
Seelen.  Schon  daß  Verf.  dieselben  Aufsätze,  die  für  Schüler* 
arbeiten  bestimmt  sind,  zugleich  den  Lehrern  zu  Andachten  emp- 
fiehlt, läßt  einen  hinreichenden  Schluß  auf  den  in  den  Aus- 
arbeitungen herrschenden  Ton  machen.  —  Die  Themen  behandeln 
das  Leben  Jesu  und  die  Evangelien.  Dem  Verf.  gelten  die  vier 
Evangelien  vom  Anfang  bi«  zum  Schluß  in  gleicher  Weise  als 
historische  Berichte.  Unter  dem  Banne  des  Dogmas  von  der  In- 
spiration macht  er  keinen  Unterschied   zwischen  dem,    was  einst 


aagez.  voD  A.  Joot8.  5|7 

wirklich  gewesen  ist,  und  dem,  was  die  dichterische  Phantasie, 
die  apologetische  Reflexion  und  die  spätere  Giaubensöberzeugung 
der  Gemeinde  in  die  Darstellung  des  Lebens  Jesu  hineingetragen 
hat.  Seit  nun  bald  hundert  Jahren  ist  die  theologische  Wissen- 
schaft beschäftigt,  diese  Scheidung  vorzunehmen.  Von  dem  scheint 
der  Verf.  nichts  zu  wissen.  Er  steht  noch  unter  der  altüber- 
lieferten dogmatischen  Anschauung,  und  indem  er  die  Schüler  in 
diese  hineinzwängt  und  sie  aus  dieser  heraus  Bekenntnis  abzulegen 
drängt,  hofft  er  sie  zu  lebendigen  christlichen  Persönlichkeiten  zu 
bilden.  Weg  mit  solchen  schriftlichen  Arbeiten,  weg  mit  solcher 
Erziehungsmethode ! 

Verf.  bietet  121  Aufgaben,  viele  sehr  eingehend  ausgearbeitet. 
Er  verfügt  über  einen  sehr  groBen  Schatz;  stellt  er  doch  noch 
zwei  fernere  Bändchen  in  Aussicht. 

Zur  Charakteristik  des  Ganzen  zunächst  einige  Aufgaben:  Der 
Zweck  der  Versuchungen  Jesu.  —  Die  Zeichenforderungen  im 
Leben  Jesu.  —  Jesu  Wissens  wunder.  —  Die  Gottheit  Jesu  nach 
dem  Jobannisevangelium.  —  Die  Menschheit  Jesu  nach  dem  vierten 
Evangelium.  —  Welches  Wertverhältnis  von  Wort  und  Wunder 
stellt  Jesus  auf?  —  Die  Vorwürfe  der  Besessenheit  im  Leben 
Jeiu.  —  Die  Sabbatübertretungen  im  Leben  Jesu.  —  Welche 
der  zwölf  Jünger  tragen  verschiedene  Namen?  —  DaB  das  Böse 
auch  den  wahren  Nachfolgern  Jesu  noch  anhaftet,  also  nur  all- 
mählidi  überwunden  wird,  soll  an  dem  Beispiele  des  Petrus  ge- 
zeigt werden.  —  Welche  Lösung  findet  die  Sonntagsfrage,  wenn 
wir  auf  sie  Jesu  Anschauung  vom  Werte  der  Persönlichkeit  an- 
wenden? —  Welches  Licht  wirft  Jesu  Ausführung  über  das  mensch- 
liche Auge  auf  die  Judastat?  —  Die  geschichtliche  Notwendigkeit 
des  Todes  Jesu.  —  Welche  Bolle  spielt  die  ungebildete  Hasse  in 
dem  Todesleiden  Jesu?  —  Welche  körperlichen  Leiden  hat  Jesu 
an  seinem  Lebensende  erduldet?  —  Jesus  Christus  die  persön- 
lichste Persönlichkeit! 

Aus  einzelnen  Aufsätzen.  Thema  „Die  Persönlichkeit  des 
Johannes*':  „Wir  tun  dem  Johannes  bitteres  Unrecht,  wenn  wir 
ihn,  weil  wir  ihn  geringer  als  Jesus  achten,  an  und  für  sich 
gering  achten.  Er  verdient,  daß  wir  ihn,  anstatt  zu  übersehen, 
uns  genauer  ansehen  und  vergegenwärtigen.  —  Vorzeugnisse  für 
Johannes:  „Die  erleuchteten  Propheten  des  Alten  Bundes  und  der 
Engel  Gabriel  in  den  Worten  zu  Zacharias''.  Zum  SchluB:  „Es 
ist  bedauernswert,  daB  diese  Heldengestalt  selbst  einmal  von  dem 
rechten  Wege  abgewichen  ist.  Wir  können  seinen  Zweifel  an 
Jesu  Messianitit  nicht  entschuldigen,  können  ihn  aber  verstehn*'. 
In  dem  Aufsatz  „Die  Taufe  Johannis  und  die  christliche  Taufe'* 
beifit  es  zum  Schluß:  „Wir  haben  in  unserer  Untersuchung  ab- 
gesehen von  der  Taufe  Christi  durch  Johannes;  denn  wir  dürfen 
nicht  aus  dieser  singulären  Tatsache  Wesen  und  Kraft  der 
Johannistaufe    ableiten«    Wir  dürfen  bei  diesem  rätselhaften  Vor- 


518    H.  Bahr,  Das  Reich  Gottes  im  A.  o.  N.  T.,  agz.  v.  A.  Bienwtld. 

gange  im  Leben  Jesu  überhaupt  nicht  zu  lange  grübelnd  verweilen; 
denn  wir  Menschen  sind  nicht  dazu  berufen,  den  Schleier,  den 
Gott  der  Herr  über  das  Geheimnis  gebreitet,  hinwegzunehmen^S 
So  sollen  die  Schüler  schreiben!  Im  8.  Aufsatz  behandelt  Verf. 
die  teuflischen  Anfechtungen  Jesu.  Da  heißt  es:  „Es  ist  bisher 
die  Frage  unberührt  geblieben,  in  welcher  Erscheinungsform  der 
Teufel  dem  Herrn  entgegengetreten  sei.  Daß  er  sich  sichtbar  als 
Person  zu  ihm  gesellt  habe,  diese  Auffassung  fordert  die  biblische 
Erzählung  nicht.  Wir  werden  uns  den  Satan  unsichtbar,  versteckt 
und  geistig  wirkend  zu  denken  haben,  und  auf  diese  Weise  wird 
die  Schwere  der  Versuchung  nicht  gemindert,  sondern  gesteigert*'. 

Aufsatz  25.  „Die  Zeugnisse  für  die  Sundlosigkeit  Jesu." 
1.  Von  Jesu  selbst.  2.  Aus  dem  Hunde  anderer:  a.  Von  Nicht- 
Christen  a.  der  Teufel,  ß,  Johannes,  y,  Pontius  Pilatus,  b.  Von 
Christen    a.  Judas,  ß.  die  übrigen  Apostel. 

Aufsatz  28:  „Christi  Selbstbewußtsein".  Da  heißt  es:  ,,Bei 
aller  erdenklichen  Selbsterniedrigung  und  Menschenliebe  macht 
der  Herr  doch  einen  feinen  Unterschied  zwischen  sich  und  den 
übrigen  Menschen.  Er  nennt  wohl  Gott  „den  Vater"  schlechthin, 
aber  er  schließt  sich  nicht  mit  der  Menschheit  zusammen  unter 
ein  „unser  Vater''.  Er  trennt  und  sagt  statt  dessen:  „Ich  fahre 
auf  zu  meinem  Vater  und  zu  eurem  Vater". 

Aufsatz  96.  „Wie  spiegelt  sich  in  dem  Verhalten  der  Kriegs- 
knechte und  Bediensteten  während  des  Todesleidens  Christi  die 
Gesinnung  ihrer  Vorgesetzten  wieder?"  Zum  Schluß:  „Die  Haupt- 
schuld an  der  Verwerfung  des  Messias  trifft  jene  Kreise,  deren 
Bildung  und  Besitz  zu  allen  Zeiten  die  Aufgabe  in  sich  schließt, 
den  andern  mit  gutem  Beispiel  voranzugehen.     Noblesse  oblige"! 

Aus  dem  Gegebenen  mögen  die  Leser  auf  das  Ganze  schließen. 
Ich  mag  nicht  noch  weitere  Belege  anführen.  Dieses  zweite  Bändchen 
ist  wie  das  erste  in  seinen  Absichten,  wie  in  seinem  Inhalt  und 
vielfach  auch  in  seiner  Form  verfehlt. 

Stettin.  Anton  Jonas. 

1)  H.  Bahr,  Das  Reich  Gottes  im  Alten  nod  Neoen  Testament. 
Für  die  mittleren  Klassen  aller  höheren  Schulen.  Mit  zwei  Karten. 
Leipzig  1906,  6.  G.  Teabner.     V  n.  96  S.    8.    geb.  1,30  JC. 

Das  Buch  bildet  den  2.  Teil  zum  Hilfsbuch  für  den  Religions- 
Unterricht  an  höheren  Schulen  von  P.  Siebert  und  H.  Bahr.  Nach 
einer  kurzen  allgemeinen  Bibelkunde  wird  das  Reich  Gottes  im 
Alten  Testament  behandelt.  Der  Stoff  ist  übersichtlich  geordnet, 
doch  ist  an  dem  herkömmlichen  Bilde  von  der  geschichtlichen 
Entwickelung  des  Volkes  Israel  festgehalten.  Auf  einen  Anhang, 
der  „messianische  Stellen''  enthält,  folgen  Palästinakunde,  Kirchen- 
jahr, die  Ordnung  des  Gottesdienstes  in  der  evangelischen  Kirche, 
die  5  Hauptstücke  mit  Sprüchen  und  ein  Anhang  zum  kleinen 
Katechismus.    Hieran  schließt  sich  die  Lehraufgabe  der  Obertertia. 


U.  Petriehi  P.  Gerbtrdt,  i.  Lied«r  n.  •.  Zeit,  tgi.  v.  Bodeaitein.  519 

Hier  ist  Jesa  Lehrart  aDd  die  Urgemeiode  in  Jeruaalem  treffend 
charakterisiert.  Auch  Luthers  Leben  und  religiöse  Entwickelung 
ist  unter  Abweisung  gegnerischer  Angriffe  anschaulich  geschildert. 
Ein  besonderer  Abschnitt  ist  den  wichtigsten  Unterscheidungslehren 
der  christlichen  Hauptbekenntnisse  gewidmet.  In  der  Lehraufgabe 
der  Untersekunda  wird  die  poetische  Literatur  im  Alten  Testament 
und  ebenso  die  Prophetie  klar  und  ?erstftndlich  dargestellt.  Den 
Schlufi  bilden  Abschnitte  ober  Entstehung  und  Inhalt  der  Synoptiker 
und  ober  die  Bedeutung  des  Katechismus. 

2)  P.  Sieberty  Blbelkande  für  hSber«  Scbulen.  Leipsig  and  Berlin 
1906,  B.  G.  Teabner.    II  o.  48  S.    8.    geb.  0,60  M* 

Das  Buch  ist  für  die  oberen  Klassen  bestimmt.  Hier  soll  es 
auch  den  Wiederholungen  aus  dem  Lehrstoff  der  Hittelklassen 
dienen,  wozu  es  recht  geeignet  ist,  wenn  auch  viele  das  gänzliche 
Vermeiden  kritischer  Fragen  bedauern  werden.  Besonders  die 
Darstellung  der  Prophetie  zeigt,  daB  der  Verfasser  in  den  Stoff 
tief  eingedrungen  ist  Sehr  zu  loben  sind  die  Hinweise  auf  die 
weltliche  Literatur,  besonders  auf  die  dem  Schiller  der  oberen 
Klassen  naheliegenden  Dichter  und  Schriftsteller.  Die  „Bibelkunde'' 
wird  sicher  ihren  Zweck  erfüllen. 

Görlitz.  A.  Bienwald. 

1)  Hernann  Petrieb,  Pavl  Gerbardt,  seine  Lieder  and  seine 
Zeit.  Ein  Beitrag  zor  Geacbiebte  der  deotacben  Diebtang  and  der 
christiieben  Kirebe.  Auf  Gnind  neuer  Foracbongen  and  fi ntdeckangen. 
Mit  Porträt.  Goteralob  1907,  €.  Bertelamano.  XIV  o.  240  S.  8. 
3  My  geb.  3,50  M. 

Unter  den  Schriften,  die  die  300  jährige  Wiederkehr  des 
Geburtstages  Paul  Gerhardts  hervorgerufen  hat,  darf  das  Werk 
H.  Petrichs,  der  sich  auf  ähnlichen  Gebieten  schon  mit  Erfolg  betätigt 
hat,  eine  eingehendere  Würdigung  beanspruchen.  Die  äuBeren 
Lebensumstände,  der  Geist  der  Zeit,  die  Frucht  ihres  Wirkens  yer- 
anschaulichen  uns  das  Bild  groBer  Männer.  Erfreulich  ist  es,  daB 
der  Verfasser  mit  emsigem  Sammeleifer  die  spärlichen  Nachrichten 
ober  den  Lebensgang  unseres  Dichters  vervollständigt  und  in  seinen 
Quellenangaben  den  Weg  für  weitere  Forschungen  gewiesen  hat. 
Das  Bestreben,  uns  Pani  Gerhardt  durch  die  Schilderung  der  Um- 
welt, in  der  er  sich  bewegt  hat,  näher  zu  bringen,  hat  den  Ver- 
fasser zu  weit  gefuhrt,  so  daB  auch  der  Titel  seiner  Schrift  den 
Weg  in  das  Einzelne  nicht  rechtfertigt.  Viel  loses  Rankenwerk 
ist  um  die  Gestalt  des  Dichters  geschlungen,  ohne  daB  es  ge- 
lungen wäre,  ein  völlig  geschlossenes  Bild  zu  geben  oder  die 
innerliche  Beziehung  zum  Werdegang  des  Helden  aufzudecken, 
zumal  man  bei  dem  Mangel  an  Nachrichten  auf  Vermutungen  an- 
gewiesen ist.  In  der  Beurteilung  des  Streites  zwischen  dem 
Grofien  Kurfürsten  und  unserem  Dichter  ist  der  Verfasser  mit 
weiser  Mäßigung  und  richtiger  Abwägung  des  gegenseitigen  Stand- 


520    P*  Wcrole,  Paalus  Gerhardt,  aogez.  von  M.  Bodenatein. 

Punktes  vorgegangen ;  den  Eindruck  der  Objektivität  hätte  er  aber 
erhöht,  wenn  er  die  europäische  Stellung  des  Kurfürsten  und 
Beinen  Kampf  gegen  die  mit  der  lutherischen  Orthodoxie  ver- 
bundenen Stände  in  den  Kreis  seiner  Betrachtung  gezogen  hätte. 
Die  am  reichsten  strömende  Quelle,  aus  der  wir  über  das  innerste 
Leben  des  Dichters  unterrichtet  werden  können,  seine  Lieder,  sind 
in  der  Behandlung  zu  kurz  gekommen.  Ich  habe  das  Buch  nicht 
aus  der  Hand  gelegt,  ohne  daß  das  Gefühl  innerer  Anteilnahme 
für  Paul  Gerhardt  in  mir  verstärkt  worden  wäre,  aber  ich  kann 
mein  Bedauern  darüber  nicht  unterdrücken,  daß  der  Verfasser 
nur  andeutet,  wie  der  Dichter  und  wovon  er  gesungen  hat  und 
was  die  Lieder  gewirkt  haben. 

2)   PanI  Werole,    Paolns    Gerhardt.     Tübinfpen    1907,   J.  C.  B.  Mohr 
(Paol  Silbeck).    I  u.  68  S.    0.50  M^  ktrt  0,75  My  feioe  Aasgabe  ia 
Geacheakbaod  1,50  JC' 
Religio  OS  geschichtliche  Volksbücher.     IV.  Reihe,    2.  Heft.      Herausgegebeo 
yoo  F.  M.  Schiele.    IV.  Reihe,  2.  Heft. 

Die    unbedingte  Beherrschung    des  Stoffes    hat  es  dem  Ver- 
fasser ermöglicht,  in  kurzen  Zögen  ein  anschauliches  und  packendes 
Bild  des  Dichters  zu  entwerfen.    Er  verzichtet  darauf,  die  dürftigen 
Notizen  über  das  Leben  Paul  Gerhardts  durch  Herbeiziehung  des 
Milieus    und    der   ganzen  Zeitgeschichte  farbiger  zu  gestalten,    da 
auf   diesem  Wege    die    wirkliche  Kenntnis  Gerhardts    kaum    ver- 
mehrt werden  kann;  er  begnügt  sich  vielmehr  damit,  die  religiöse 
Stellung  Paul  Gerhardts    in    scharfen  Strichen  zu  zeichnen.     Der 
Dichter  gilt  ihm  als  ein  typischer  Vertreter  der  kirchlichen  Richtung 
des  17.  Jahrhunderts,    als    größter  Offenbarer    des  religiösen  Be- 
sitzes   und    tapferer  Vorkämpfer    seiner  Reinhaltung    und  erfahrt 
eine  angemessene  Würdigung,   wenn  der  Verfasser  feststellt,   nur 
der  Umstand,    daß  er  zugleich  der  große  Liederdichter  sei,   ver- 
leihe seiner  Person  ein  Interesse;  ohne  dies  wäre  er  nicht  mehr 
als    ein  anderer  lutherischer  Eiferer.     Treffend  wird  der  KonQikt 
mit  dem  Großen  Kurfürsten  in  dem  Widerstreit  der  verschiedenen 
Tendenzen,    der    politischen    Aufrechterhaitung    des    öffentlichen 
Friedens  und  der  religiösen  Reinbewahrung  des  Glaubens,  in  dem 
Kampfe  des  lutherischen  Bekenntnisses  mit  dem  modernen,  kon- 
fessionell   neutralen    Staatsbegriff  gefunden.     Dem  Dichter    sucht 
der  Verfasser  gerecht  zu  werden  durch  den  Hinweis  auf  die  ge- 
waltige   religiöse  Kraft,    welche   leider  oft  den  Dogmatismus  und 
das  Ketzerverdammen    zeitigt,    durch   die  Hervorhebung  des  Paul 
Gerhardt  eigentumlichen  zarten  Gewissens,  durch  das  ein  Luther 
uns   einst  von  Rom  freigemacht  und  an  dem  noch  heute  die  Zu- 
kunft des  Protestantismus  hängt. 

Es  entspricht  der  Bedeutung  Paul  Gerhardts  für  unsere  Zeit, 
daß  der  überwiegende  Teil  des  Büchleins  Paul  Gerhardt  als  Lieder- 
dichter behandelt.  Eine  scharfe,  aber  von  echter  Wärme  getragene 
Kritik    läßt    uns   das   Bleibende  in  den  Gedichten  des  Glaubens- 


W.  Waekeroagel,  Poetik,  Rhetorik  a.  Stil.,  agz.  v.  P.  Geyer.  521 

beiden  erkennen.  Wir  werden  dem  Verfasser  zustimmen  müssen, 
wenn  er  in  der  Gerhardtschen  Dichtung  nicht  nur  das  klassische 
Werk  des  Luthertums  sieht,  sondern  den  christlichen  Ausdruck 
dessen,  was  die  frohsten,  aber  auch  die  im  Leid  erprobtesten 
Menschen  mit  ihrem  Gott  erlebt  haben. 

Greifenberg  i.  P.  Max  Bodenstein. 

1)  Wilhelm  WackerDagel,  Poetik,  Rhetorik  und  Stiliatik.   Dritte 

Anflase.    Balle  1906,  Buehhaodlong  des  Waisenhaases.   XIV  a.  605  S. 

8.     10  JC* 

Die  dritte  Auflage  dieses  rühmlichst  bekannten  Werkes,  die 
Jakob  Wackernagel  besorgt  hat,  unterscheidet  sich  von  den  beiden 
ersten  nur  dadurch,  daB  die  neue  Orthographie  durchgeführt  ist 
and  daß  die  Zitate  gelegentlich  genauer  gefaßt  sind.  Ferner  ist 
ein  Register  beigefügt,  das  die  Namen  der  angeführten  Autoren 
und  die  eigentlichen  Kunstausdröcke  enthält.  —  Wir  können  dem- 
nach auf  die  Inhaltsangabe  Verzicht  leisten.  Dagegen  wäre  zu 
prüfen,  ob  der  Standpunkt,  den  Wilhelm  Wackernagel  vor  etwa 
siebzig  Jahren  in  seinen  Baseler  Vorlesungen  eingenommen  hat, 
noch  heute  Zustimmung  verdient.  Ich  möchte  diese  Frage  im 
ganzen  und  großen  bejahen.  Gewiß,  Richard  M.  Meyer  hat  in 
seiner  „Deutschen  Stilistik''  (Mönchen  1906)  diese  und  jene 
stilistische  Erscheinung  (Ellipse,  Aposiopese  u.  a.)  anders  und  wohl 
richtiger  gedeutet  Aber  davon  abgesehen,  bietet  das  Buch  gerade 
in  diesen  —  unmittelbar  praktisch  verwendbaren  —  Einzelheiten, 
▼or  allem  auch  durch  die  Reichhaltigkeit  der  Beispiele  nach  wie 
vor  die  zuverlässigste  Beiehrung.  Dazu  kommt  die  edle,  klare 
und  anregende  Sprache.  Eher  möchte  ich  sagen,  daß  mich  das 
Werk  in  der  Behandlung  der  ästhetischen  Grundbegriffe  etwas  alt- 
vaterisch anmutet.  Bier  dürfte  die  antike  Theorie,  der  es  huldigt, 
z.  B.  die  Auflassung  des  Schönen,  des  Tragischen,  doch  wohl  in 
wesentlichen  Punkten  von  der  psychologisch  tiefer  schürfenden 
Wissenschaft  der  Gegenwart  überholt  sein.  Aber  gleichviel:  das 
treffliche  Buch  verdient  die  dritte  Auflage  vollauf,  wenn  auch  der 
Leser  gut  daran  tun  wird,  in  schwierigen  Fällen  die  oben  genannte 
Sülistik  von  Meyer,  sowie  etwa  die  ästhetischen  Schriften  von 
Vojkelt  oder  Baumgart  zum  Vergleiche  heranzuziehen. 

2)  Martin  Severae,  Der  Notstand  des  devtschen  Unterriehts  in 

den   oberen  Klassen  unserer  höheren  Schalen.    £ioe  Schrift 
for  Lehrer  nnd  Laien.     Leipzig  1906,  Paul  Eger.    67  S.    8.    \  JL» 

Verf.  ist  in  der  angenehmen  I^age,  seinem  „J'accuse''  einige 
scharfe,  ja  bissige  Bemerkungen  vorausschicken  zu  können,  die 
Theodor  Mommsen  und  v.  Wilamowilz  über  die  ««pädagogische 
Impotenz*'  des  Aufsatzbeüriebs  und  überhaupt  des  deutschen  Unter- 
richts gemacht  haben,  und  in  der  Tat:  wenn  dieser  öde,  platte, 
staoDpfsinnige,   banausische  Beirieb  durch  ein  kräftiges  Anathema 


522    M.  Severas,  Der  Notstand  des  deatscheo  Unterrichts, 

ZU  beseitigen  wäre,  so  könnte  der  Erfolg  nicht  mehr  lange  auf 
sich  warten  lassen.  —  Zunächst  wird  man  sich  versucht  fbhlen, 
an  die  Anthes  und  Severus  und  an  die  Weimarer  und  Hamburger 
Kunsterziehungsfreunde  insgesamt  die  Frage  zu  richten:  Seid  ihr 
wirklich  ganz  sicher,  daB  ihr  nicht  einige  üble  Erfahrungen,  die 
ihr  auf  der  Schulbank  oder  in  eigener,  vielleicht  nur  kurzer  und 
einseitiger  Amtstätigkeit  gesammelt  habt,  in  heiligem  Eifer  ver- 
allgemeinert? Ist  es  denn  immer  bloß  der  deutsche  Aufsatz,  der 
den  Knaben  peinigt,  dessen  Schreckbild  noch  den  Schlummer  des 
Erwachsenen  stört?  Solltet  ihr  aber  recht  haben  mit  euren  Klagen, 
warum  finden  sie  da  so  wenig  Beachtung  bei  all  den  Fachlehrern, 
Direktoren  und  Schulräten,  die  den  deutschen  Unterricht  an  Voll- 
anstalten aufs  genaueste  kennen,  die  Hunderte  von  Abiturienten- 
aufsätzen gelesen  haben?  Sind  sie  derart  in  „satte  Selbstgenögsam- 
keit**  versunken,  derart  von  allen  Göttern  verlassen,  daß  sie  sich 
wohl  fohlen  bei  ihrem  tempelschänderischen,  jugendmordenden 
Treiben?  —  Aber  ich  lege  keinen  Wert  darauf,  in  dieser  Weise 
—  extra  causam  —  zu  argumentieren,  und  erinnere  mich  recht- 
zeitig, daß  die  Reformatoren  alle  ein  wenig  gepoltert  und  ge- 
wettert haben  und  daß  die  Extreme  in  voller  Schärfe  hervor- 
treten müssen,  ehe  die  richtige  Mitte  bestimmt  werden  kann. 
Prüfen  wir  also,  was  und  wie  der  Verfasser  reformieren  will. 

1.  Literaturgeschichte:  Zusammenhängende  Darstellung, 
nicht  bloß.  Einzelbilder  mit  notdürftig  verbindendem  Text.  — 
Kein  Leitfaden;  statt  dessen  mag  ein  größeres  Werk  zur  An- 
schaffung empfohlen  werden.  —  Nicht  darum  handelt  es  sich, 
Namen  und  Zahlen  zu  Prüfungszwecken  einzuprägen,  sondern 
allein  darum,  das  Verständnis  zu  erschließen,  wirksame  Anregungen 
zu  geben.  —  2.  Lektüre:  Fort  mit  der  Verstandes-  und  ge- 
dächtnismäßigen, schematischen  Behandlung  der  Klassiker  zu 
Prüfungs-  und  Aufsatzzwecken!  —  Von  der  ästhetischen  Theorie, 
dramaturgischen  Gesetzen  usw.,  kann  im  Anschluß  an  Lessings 
und  Schillers  Prosaschriften  das  Nötigste  mitgeteilt  werden.  — 
Kürze  in  der  Besprechung  des  Sachlichen !  —  Möglichst  viel  vor- 
lesen und  vorlesen  lassen !  —  Weit  größere  Berücksichtigung  der 
neueren  und  neuesten,  auch  nichtklassischen  Literatur.  — 
3.  Aufsatz:  Als  Stilöbung  betrachtet,  leistet  der  Aufsatz  nicht 
mehr  als  der  sonstige  Unterricht,  ja  der  dort  geforderte  „schöne*' 
Stil  verdirbt  den  individuellen  Stil,  d.  h.  er  hemmt  die  natürliche 
Entfaltung  der  Persönlichkeit,  die  der  Stil  widerspiegein  muß.  — 
Ebensowenig  ist  der  Aufsatz  berufen  und  befähigt,  in  ganz  be- 
sonderem Maße  zum  Denken  zu  erziehen.  Die  Dispositionslehre 
ist  ein  Unding,  und  die  philosophische  Propädeutik  wäre  besser 
in  eigens  dafür  bestimmten  Stunden  zu  betreiben.  —  Der  Schüler 
soll  nicht  gezwungen  werden,  über  Dinge  zu  schreiben,  für  die  er 
weder  Interesse  noch  Verständnis  hat.  —  Literarische  und  allge- 
meine Themen  sind  gleich  sehr  bedenklich.  —  Oberhaupt  wird  man 


•  D^es.  voD  P.  Geyer.  523 

gut  tuD,  den  Aufsatz  ganz  zu  beseitigen  und  fortan  bloß 
,)Stilarbeiten*'  [gemeint  sind  die  sog.  kleinen  Ausarbeitungen, 
besser  „Facharbeiten"]  schreiben  zu  lassen,  jährlich  30 — 40  kurze 
Darstellungen  (2  Seiten)  aus  den  verschiedensten  Gebieten,  in  der 
Regel  Klassenarbeiten,  die  etwa  zur  Hälfte  dem  Lehrer  des 
Deutschen  zufallen.  Der  Schöler  hat  Gedachtes  nachzudenken 
und  ober  Geschautes  zu  berichten,  nicht  selbständig  zu 
produzieren.  Die  Prosastöcke  des  Lesebuchs,  Schillers  Abhand- 
lungen u.  a.  bieten  Stoff  in  Menge.  „Zielleistung  för  den  Ober- 
primaner ist,  daß  er  völlig  selbständig  einen  nicht  zu  schweren 
Aufsatz  erfassen  und  kurz  wiedergeben  kann**. 

Zu  diesen  Vorschlägen  möchte  ich  bemerken:  1.  Das  längere 
Verweilen  bei  einzelnen  Klassikern  schließt  doch  nicht  aus,  daß 
sie  im  Zusammenhange  mit  der  gesamten  Entwickelung  der  Literatur 
betrachtet  werden.  2.  Die  rein  philologische,  gelehrt-kritische 
Behandlung  der  Lektüre  ist  schon  längst  als  verfehlt  erkannt 
worden  und  kann  keineswegs  mehr  als  typisch  för  die  heutige 
Praxis  der  höheren  Schulen  bezeichnet  werden.  Daß  die  Lektüre 
in  Preußen  fast  überall  bloß  der  Aufsätze  wegen  da  sei,  ist  eine 
arge  Obertreibung.  3.  Die  bekannte  Ansicht,  daß  man  den  Schüler 
nicht  veranlassen  dürfe,  gute  Poesie  in  „schlechte**  Prosa  umzu- 
setzen, ist  in  Hinsicht  auf  epische  und  dramatische  Stoffe  unhalt- 
bar. Wenn  unsere  Frauen  und  Kinder  aus  dem  Theater  heim- 
kehren, wo  sie  ein  neues  Stück  kennen  gelernt  haben,  werden 
sie  selten  verfehlen,  uns  mit  seinem  Inhalt  bekannt  zu  machen 
und  wohl  auch  Bemerkungen  über  Motivierung,  Charaktere,  Gehalt 
und  Grundidee  damit  zu  verbinden.  Das  ist  die  natürlichste 
Sache  von  der  Welt.  Sollen  wir  sie  etwa  mahnen,  unsere  red- 
seligen Angehörigen,  sich  lieber  in  weihevolle  Erinnerung  zu  ver- 
tiefen und  ihre  fragwürdige  Prosa  für  prosaische  Gelegenheiten 
aufzusparen?  Und  was  hier  gestattet,  ja  selbstverständlich  ist, 
das  soll  in  schriMlicher  Wiedergabe,  in  Schüieraufsätzen,  die  vom 
Lehrer  inspiriert  sind,  verpönt  sein?  Höchstens  könnte  man  im 
Sinne  des  Verfassers  wünschen  und  fordern  —  was  ich  schon 
bei  anderer  Gelegenheit  getan  habe  — :  Laßt  doch  nicht  bloß  aus 
dem  Gedächtnis  referieren  und  disputieren,  sondern  gebt  dem 
Primaner  auch  einmal  eine  frische,  noch  nicht  abgegraste  Vorlage 
in  die  Hand,  an  der  er  sich  ohne  jeden  Zwischenhandel  —  an 
entsprechend  leichten  Aufgaben  natürlich  —  versuchen  kann! 
—  Die  Dispositionsübungen  der  Oberstufe  sind  praktische  Übungen 
in  der  Dialektik,  weit  wertvoller  als  alle  theoretische  Unterweisung 
in  der  Logik.  Unnütz  und  langweilig  sind  sie  bloß  dann,  wenn 
der  Lehrer  selbst  kein  Vergnügen  daran  hat. 

Erfreulich  ist  es,  daß  sich  Severus  nicht  auf  Verdammungs- 
urteile beschränkt,  sondern  bestimmte  Vorschläge  gemacht  hat, 
über  die  sich  reden  läßt.  Daß  die  Zahl  der  Hausarbeiten  zu- 
gunsten der  KlaseenaufpStze  upd  Facharbeiten  erheblich  verringert 


524  0.  Lyon  U.Willy  Scheel,  Aufgabeoboch  zur  Grammatik, 

werden  köunte,  habe  ich  erst  kürzlich  (Monalschr.  f.  höh.  Seh. 
1907,  Janaarheft)  zu  begründen  gesucht,  kann  mich  aber  yorliufig 
durchaus  nicht  für  den  Gedanken  begeistern,  den  Aufsatz  ganz 
und  gar  abzuschaffen.  Unter  dem  Aufsatzstil  scheint  Verfasser  so 
etwas  wie  ein  mit  Füttern  und  Tressen  besetztes  Prunk-  und 
Staatsgewand  zu  verstehen,  das  jeder  Aufsatz  anzulegen  habe, 
eine  fratzenhafte,  geschminkte  und  gepuderte  Rhetorik.  Ich  meine 
aber:  es  gibt  gar  keinen  besonderen  „Aufsatzslil'S  und  wenn  es 
einen  gäbe,  so  könnte  es  höchstens  der  Stil  der  Korrektheit  sein, 
der  sich  in  Sachlichkeit  und  Klarheit  äußert  Das  Schöne  höherer 
Art,  das  auf  Gefühl  und  Einbildungskraft  beruht,  ist  überhaupt 
nicht  lehrbar,  wenn  es  sich  aber  in  Schüieraufsätzen  entdecken 
läßt,  —  um  so  besser !  —  Daß  der  Schüler  im  wesenth'chen  bloß 
Gedachtes  nachzudenken  habe,  ist  auch  meine  Ansicht.  Wenn  er 
aber  in  Lesestücken  und  sonstwo  niedergelegte  fertige  Ge- 
dankengänge nachdenken  soll,  warum  nicht  auch  Gedanken,  die 
der  Lehrer  den  Schülern  im  Unterrichte  verdenkt,  am  besten 
unter  Hit  Wirkung  der  ganzen  Klasse,  mit  stilistischen  und  logischen 
Varianten?  Im  übrigen  möchte  ich,  daß  jedes  Lehrerkollegium 
das  Recht  hätte,  in  Sachen  des  deutschen  Aufsatzes  so  oder  so 
zu  —  experimentieren.  Da  wird  es  sich  ja  herausstellen,  was 
besser  ist,  das  Alte  oder  das  Neue.  Sonst  bleibt's  beim  Wort- 
gezänk, das  nachgerade  langweilig  wird. 

Brieg  (Schlesien).  P.  Geyer. 


Otto  Lyon  ood  Willy  Scheel,  AofgabeDbnch  zor  Grammatik, 
RechtscbreiboDg  uod  ZeicheBSetzang^  (Uoter- and  Mittelstufe). 
Nach  dem  Haadbaeh  der  deotseheo  Sprache  für  höhere  Sehnlea  be- 
arbeitet. Leipzig  uod  Berlin  1906,  B.  G.  Tenbner.  VIT  u.  157  S. 
S.     1,60  M^    (Auch  in  vier  Einzelteilen:  VI  bii  IIL) 

Mit  Rücksicht  auf  mehrfach  geäußerte  Wunsche  ist  dieses 
Aufgabenbuch  für  den  Unterricht  in  den  unteren  und  mittleren 
Klassen  höherer  Lehranstalten  nach  Lyons  Handbuch  zusammen- 
gestellt worden.  Den  nötigen  Vorrat  hat  dessen  Ausgabe  A,  diese 
schier  unversiegbare  Quelle,  gespendet,  an  der  die  Lehrer  des 
Deutschen  mit  Vorliebe  für  ihren  Bedarf  schöpfen.  Die  Anordnung 
im  einzelnen  rührt  von  der  Ausgabe  D  her,  die  Scheel  seiner 
Zeit  eingerichtet  hat  und  ich  in  dieser  Zeitschrift  vor  vier  Jahren 
besprochen  habe.  DaB  die  Beispiele  für  Zeichensetzung  und 
Rechtschreibung  erheblich  vermehrt  sind,  ist  zu  billigen  und  ent- 
spricht auch  meinem  damals  gemachten  Vorschlage,  nur  daß,  was 
ich  den  Tertianern  zugedacht  hatte,  bereits  in  Quarta  vorgenommen 
wird.  Was  ich  sonst  an  Änderungen  gewünscht  hatte,  ist  meist 
nicht  eingetreten;  ich  schließe  daraus,  daß  ich  mich  dabei  im 
Widerspruche  mit  der  Mehrzahl  der  Amtsgenossen  befinde,  die 
zur  Äußerung  von  Wünschen  und  Hinweisen  aufgerufen  werden. 
Die  Verfasser   müssen   ja  wissen   und  haben  es  zu  verantworten, 


aogez.  voD  P.  Wetzel.  525 

warum  sie  ihren  AufotelluogeD  die  von  ihnen  gewählle  und  keine 
andere  Fassung  geben.  Ich  kann  ihnen  noch  heute  verschiedent- 
lich nicht  beipflichten,  komme  aber  hier  nicht  wieder  darauf 
zurück.  Demnach  will  ich  nur  folgendes  erwähnen.  S.  61  f.  heißt 
es:  Vor  und  und  oder  wird  ein  Komma  gesetzt,  wenn  nach 
demselben  (?  —  froher:  nach  denselben)  ein  neues  Subjekt 
auftritt,  das  einem  neuen  vollständigen  Satze  angehört.  Wenn 
nach  und  und  oder  kein  neues  Subjekt  auftritt,  sondern  das- 
selbe Subjekt  bleibt,  dann  wird  kein  Komma  gesetzt,  ebenso  nicht, 
wenn  und  und  oder  nur  einzelne  Wörter  verbinden.  Die  bei- 
gefügten Beispiele  erläutern  die  Sache  in  der  bekannten  Weise. 
Nun  ist  aber  ein  neues  Subjekt  nicht  dasselbe  wie  ein  eigenes 
Subjekt  (noch  besser:  Subjektswort)  —  vgl.  C.  Tb.  HichAelis, 
Neuhochdeatsche  Grammatik  für  höhere  Schulen  S.  47, 1 1  — , 
und  Fälle  wie :  Ein  jedes  Blättlein  pflückt  er  (der  Sturm),  und  ab 
das  Bäumlein  knickt  er,  oder:  Herr,  Du  hast  Deine  Erde  gesegnet, 
and  unsre  Bande  hast  Du  gelöst,  wollen  doch  auch  richtig  be- 
handelt sein.  Die  Lehre,  daB  bei  entschiedenen  Gegen- 
sätzen vor  oder  „stets'*  ein  Komma  stehe,  erscheint  als  Pe- 
danterie. Für  Schüler  mache  man  den  entschiedenen  Gegensatz 
lieber  zu  einem  zu  entscheidenden  und  entziehe  ihnen  solchen 
guide-äne.  Im  Griechischen  müssen  sie  sich  auch  mit  f  zurecht- 
ßnden.  Und  kann  denn  (S.  146)  eine  den  Nebenton  tragende 
Silbe  tonlos  sein?  Kann  sie  es  aber  nicht:  wo  ist  das  Komma 
?or  oder  geblieben?  Das  S.  58  auftauchende:  „Merke  mit  kleinem 
Anfangsbuchstaben  morgens*'  besteht  selbst  für  den  Sextaner 
nicht  zu  Recht;  denn  die  „Kanzleiorthographie''  läßt  wenigstens 
in  Preußen  auch  Morgens  zu.  Wollen  wir  unnötigerweise  die 
Möglichkeiten,  Fehler  zu  machen,  für  Schüler  vermehren?  Die 
Verfasser  müssen  ihnen  jetzt  angesichts  eines  adverbialen  Morgens 
den  geschossenen  Bock  versalzen.  Hit  der  Orthographie  hapert 
es  überhaupt  gelegentlich.  Du  löscht  dürfen  wir  heute  nicht 
mehr  schreiben  (S.  146  Anm.).  Wer  heißt  uns  das  demonstrative 
so  lange  (S.  91  Z.  20  v.  o.)  zu  einem  Worte  machen?  S.  29 
Z.  9  V.  u.  steht  das  statt  des  richtigen  daß.  Er  schreckt 
zurück  (S.  93  Z.  6  v.  u.)  ist  in  einem  grammatischen  Lehrbuch 
ein  unerfreuliches  Zugeständnis  an  einen  um  sich  greifenden  Miß- 
brauch. Und  warum  sollen  die  Schüler  (S.  151)  eine  Zerkleinerung 
der  Wörter  vornehmen?  Es  muß  Deminutiva  heißen.  Doch 
derartige  mißfallende  Einzelheiten  sind  nicht  dazu  angetan,  den 
Wert  des  Buches  herabzudrflcken.  In  erster  Linie  will  es  sich 
denjenigen  Anstalten  zur  Verfügung  steilen,  die  der  rein  gramma- 
tischen Unterweisung  größere  Wichtigkeit  beilegen  müssen,  d.  h. 
Realgymnasien  und  anderen  Realanstalten,  die  Mädchenschulen 
mit  eingeschlossen.  Duß  auch  „dialektische  Eigenheiten  und  ihre 
Bekämpfung"  ins  Auge  gefaßt  sind,  ist  anzuerkennen. 

Pankow  bei  Bertin.  Paul  Wetzel. 


526  TL  Matthias,  Sprachlebeo  nod  Sprachscbädeo, 

Theodor  Matthias,  Spraehlebeo  uod  SprachschSden.  Ria  Führer 
darch  die  Schwankoogen  aod  Schwier igkeitea  des  deatschen  Sprach- 
gebraachs.  Dritte,  verbesserte  and  yermehrte  Auflage.  Leipzig  1906, 
Friedrieh  Brandstetter.     XTI  u.  488  S.    8.     5,50  JC,  geb.  6,30  JC, 

Karl  Gustaf  Andresen  hat  sein  bekanntes,  1880  zuerst  er- 
schienenes Buch  „Sprachgebrauch  und  Sprachrichtigkeii 
im  Deutschen''  überschrieben.  Matthias  hat  fCLr  sein  dem  gleichen 
Zwecke  gewidmetes  Werk  (1.  Auflage  1892)  den  Titel  „Sprach- 
leben und  Sprachschäden'*  gewählt.  Es  will  uns  bedunken, 
daB  schon  die  Wahl  der  Titelworte  einen  bedeutungsvollen  Hin- 
weis  enthält  auf  den  Fortschritt,  der  mit  diesem  Buche  erreicht 
ist.  Denn  noch  glücklicher  als  bei  Andresen  werden  hier  die 
beiden  Richtungen  der  Grammatik  angedeutet,  zwischen  denen 
die  „wegweisende  Sprachlehre*'  die  richtige  Mitte  zu  suchen 
hat*  Sprach  leben  —  das  ist  die  gesamte  Entfaltung  aller 
sprachlichen  Kräfte,  ein  Schaffen,  das  mit  dem  triebkräfligen 
Leben  der  Pflanzenwelt  verglichen  werden  mag.  Das  Sprachleben 
darzustellen,  ist  Aufgabe  der  geschichtlichen  oder  beschrei- 
benden Grammatik,  wie  sie  von  Jakob  Grimm  wissenschaftlich 
begründet  worden  ist  Ihr  ist  jede  Erscheinung  willkommen,  auch 
die  vereinzelte  Abweichung,  das  Abnorme;  ja  diesem  bringt  sie 
oft  eine  besondere  Teilnahme  entgegen,  wie  der  Naturforscher  den 
Mißbildungen.  Gewähren  doch  gerade  solche  Besonderheiten  oft 
einen  tiefen  Einblick  in  die  geheimen  wirkenden  Kräfte,  wie  dort 
des  physischen  Lebens  und  Wachsens,  so  hier  des  Laut-  und 
Seelenlebens.  Aber  mögen  sie  dem  Pflanzenforscher  willkommen 
sein  —  der  Gärtner  duldet  sie  nicht  und  darf  sie  nicht  dulden, 
er  ist  ein  Feind  der  HiBbildungen  und  Auswüchse,  soweit  sie 
sich  nicht  etwa  in  den  Dienst  einer  neuen  Aufgabe  stellen,  zur 
Erzielung  einer  neuen  Spielart  verwenden  lassen.  Und  so  hat 
auch  der  Gärtner  der  Sprache  die  Sprachschäden  ausfindig  zu 
machen  und  zu  bekämpfen.  Aber  seine  Aufgabe  ist  weit  schwieriger, 
weil  sich  der  Gegenstand  seiner  Pflege,  ganz  anders  als  die  Pflanze, 
im  Wechsel  der  Zeiten  verändert,  weil  immer  neue  Begriffe  und 
Anschauungen  nach  sprachlichem  Ausdrucke  verlangen,  immer 
neue  Aufgaben  von  der  sprachlichen  Darstellung  gelöst  werden 
müssen,  immer  neue  Ausdrucksneigungen  hervortreten.  Sehr 
erleichtern  kann  er  sich  diese  Aufgabe,  wenn  er  von  vorn- 
herein mit  gewissen  Voraussetzungen  an  seinen  Stoff  heran- 
tritt, wenn  er  zumal  in  der  Sprache  nur  eine  Art  angewandter 
Logik  und  in  jeder  Abweichung  von  seinen  Forderungen  einen 
„Sprachschaden"  erblickt.  Und  dieser  Fehler  der  einseitigen  ge- 
setzgebenden Grammatik  ist  in  dem  philosophischen  Zeit- 
alter von  Adelung,  Becker,  Heyse  u.  a.  gemacht  worden;  er  ist 
neuerdings  wiederum,  wenn  auch  nicht  ganz  so  engherzig,  von 
Wustmann  gemacht  worden  in  seinen  in  mancher  Beziehung  höchst 
verdienstlichen  „Allerhand  Sprachdummheiten". 


•  Dgez.  von  K.  Scbeffler.  527 

Es  gilt,  zwischen  beiden  Richtungen,  der  geschichtlichen  und 
der  gesetzgebenden  Grammatik^  den  richtigen  Ausgleich  zu  finden. 
Aber  darin  liegt  eben  die  Schwierigkeit.  Denn  es  handelt  sich 
bei  jeder  einzelnen  Spracherscheinung  um  die  Fragen :  ist  sie  für 
die  Gegenwart  anzuerkennen  oder  nicht  (nicht  mehr  oder  noch 
nicht)?  und  wieweit  ist  sie  anzuerkennen?  ist  insbesondere  eine 
Neuerung  berechtigt  und  in  welchen  Grenzen  ?  Wer  diese  Fragen 
für  das  ganze  weite  Gebiet  zufriedenstellend  beantworten  will, 
darf  nicht  engherzig  sein  —  denn  die  Freiheit  ist  nicht  unnötig 
einzuschränken  — ,  aber  auch  nicht  zu  weitherzig  —  denn  Will- 
kör und  Unsicherheit  sind  möglichst  zu  bannen.  Er  muB  eine 
gründliche  Einsicht  besitzen  in  das  bisher  geschichtlich  Gewordene 
and  in  das  Wesen  sprachlichen  Lebens  überhaupt,  er  muB  die 
Bedürfnisse  der  Zeit  kennen  und  die  Verschiedenheit  der  Stil- 
gattungen berücksichtigen,  er  muß  endlich  —  und  das  ist  wohl 
das  Wichtigste  —  ein  sicheres  Feingefühl  haben  für  das  schlecht- 
bin  oder  bedingt  Zulässige.  Nur  wer  diese  Eigenschaften  besitzt, 
kann  ein  zuverlässiger  Ratgeber  und  Wegweiser  durch  die 
Schwankungen  und  Schwierigkeiten  des  Sprachgebrauches  sein. 
In  Matthias  haben  wir  einen  Führer,  der  diesen  Erfordernissen 
entspricht  und  jetzt  unzweifelhaft  als  der  beste  auf  diesem  Gebiete 
bezeichnet  werden  muß. 

Auch  seine  Vorgänger  haben  ihre  unbestreitbaren  Verdienste; 
aber  das  Ziel,  die  richtige  Mitte  zu  finden  zwischen  geschichtlicher 
und  gesetzgebender  Sprachlehre,  haben  sie  nicht  erreicht.  Sanders' 
„Wörterbuch  der  Hauptschwierigkeiten  in  der  deutschen  Sprache" 
und  Andresens  „Sprachgebrauch  und  Sprachrichtigkeit  im  Deut- 
schen'* haben  eine  Fülle  dankenswerten  Stoffies  zusammengetragen ; 
aber  *  beide  stehen  teilweise  noch  unter  dem  Banne  der  älteren 
engherzigen  Grammatik,  beide  scheiden  auch  nicht  immer  mit 
wünschenswerter  Deutlichkeit  das  Richtigere,  Nachahmenswerte 
von  dem  nur  Möglichen  und  Erträglichen.  Das  letzte  gilt  auch 
von  Kellers  „Deutschem  Antibarbarus**,  der  im  übrigen  der  beste 
der  älteren  Ratgeber  ist,  weil  er  mehr  als  Sanders  und  Andresep 
und  vollends  Wustmann  dem  Wandel  der  Sprache  gerecht  wird. 
Aber  in  manchen  Abschnitten,  besonders  der  Syntax  des  Zeit* 
wertes,  reicht  er  nicht  aus.  Und  so  war  Matthias  durchaus  im 
Rechte,  wenn  er  einen  neuen  Versuch  zur  Lösung  der  schwierigen 
Aufgabe  unternahm. 

Was  ihn  vor  den  Älteren  vor  allem  auszeichnet,  ist  die  un- 
bedingte Gerechtigkeit,  die  auf  sicherer  geschichtlicher  Unter- 
lage und  mit  ausgiebiger  Berücksichtigung  des  beutigen  Sprach- 
gebrauches die  Möglichkeiten  sorgsam  abwägt,  die  Grenzen  des 
Erlaubten  gewissenhaft  festlegt.  Es  ist  für  den,  der  an  die  Be- 
trachtung sprachlicher  Dinge  gewöhnt  ist,  ein  wahres  Vergnügens 
seiner  kundigen  Führung  zu  folgen  und  ihm  bei  der  wohl- 
begründeten  Umgrenzung  des  Richtigen   zuzuschauen.     Man  wird 


528  fi.  Lörcher,  firlioter.  z  Leseb.  Wurtt.,  agt.  v.  L  Imendb'iffer. 

ibm  fast  immer  recht  gebeB  —  fast  immer,  sagen  wir,  ohne 
damit  einen  Mangel  ausdrucken  zu  wollen;  denn  es  wird  wohl 
nicht  zwei  Deutsche  geben,  die  in  allen  Punkten  der  Sprach- 
ricbtigkeit,  in  der  Beurteilung  aller  Einzelfälle  miteinander  über- 
einstimmen. Dazu  hat  die  subjektive  Auflassung  von  Regel  und 
Freiheit  einen  zu  großen  Spiehraum,  dazu  sind  die  das  Urteil  un- 
bewußt mitbestimmenden  Faktoren,  wie  Mundart,  Bildungsgang  u.a., 
zu  mannigfaltig.  Aber  in  allem  Wesentlichen  wird  man  sich  auf 
der  Grundlage  des  Hatthiasschen  Werkes  einigen  können  und 
müssen.  Möchte  es  nur  recht  viel  benutzt  und  recht  fleißig 
durchstudiert  werden!  Leider  scheint  es,  nach  persönlichen  Er- 
fahrungen zu  urteilen,  auch  in  Kollegenkreisen  noch  nicht  ge- 
nögend  bekannt  zu  sein. 

Es  fehlt  hier  an  Raum,  die  Eigenart  des  Buches  an  einem 
Beispiele  ausfuhrlich  nachzuweisen.  Aber  hervorheben  möchten 
wir  doch  einige  Abschnitte,  die  uns  besonders  beachtenswert  er- 
scheinen, so  die  §§  181—184  und  201—203,  die  von  der  Be- 
ziehung einer  Beifügung  auf  das  Bestimmungswort  einer  Zu- 
sammensetzung bandeln  („die  Todesanzeige  des  Professors  N.'*; 
„geistliche  Musikaufi'iihrung''),  §  212  über  den  Wechsel  zwischen 
Dativ  und  Akkusativ  („es  traf  ihm  oder  ihn  an  den  Kop^'), 
§  228—238  Ober  den  Kasus  prädikativer  und  ähnlicher  Bestim- 
mungen („sich  als  der  Beleidigte  gebärden'';  „das  Wirken  Sybels 
als  akademischer  Lehrer'').  Besondere  Sorgfalt  ist  der  Frage 
nach  dem  Subjekte  des  Infinitivs  und  des  Partizips  gewidmet 
(§  341 — 348),  nicht  minder  dem  Unterschiede  zwischen  Perfekt 
und  Imperfekt  (§  353—357)  und  den  beiden  Konjunktiven  (§  360 
— 364).  Aber  auch  jeder  beliebige  andere  Abschnitt  beweist 
die  Gründlichkeit  des  Verfassers  und  die  Besonnenheit  seines 
Urteiles. 

Das  Buch,  das  in  der  zweiten  Auflage  seine  eigentliche  Ge- 
stalt gewonnen  hatte,  ist  in  der  dritten  im  wesentlichen  dasselbe 
geblieben;  im  einzelnen  sieht  man  überall  an  Ergänzungen  und 
kleinen  Änderungen  die  bessernde  Hand.  Möge  das  überaus  ver- 
dienstliche Werk  bei  den  Herren  Pachgenossen  die  gebührende 
Beachtung  finden! 

Braunschweig.  Karl  Scheffler. 


B.  Lörcbef;  ErlftoteroDg^eD  lum  4.-6.  Band  des  Deutichea  Lese- 
bochs   för   die   höheren   Schalen   Wärttemberss.    Stnttsnrt 

1907. 

Bejaht  man  die  Frage,  ob  es  zu  befürworten  sei,  daß  der 
Lehrer  für  den  deutschen  Unterricht  bis  OUI  (K.  V)  des  öfteren 
ein  Hilfsbuch  gebrauche,  statt  sich  unabhängig  vorzubereiten  — 
und  för  Württemberg,  wo  dieser  Unterricht  von  Lehrern  mit 
viererlei  Vorbildung   an   oft    vollen  Klassen,    mit   einem  Arbeits- 


Goethes  Werke,  bsgb.  v.  R.  Heinemaoo,  aogaz.  voo  L.  Zütd.    529 

peDsum  TOD  30  Stunden  ohne  Korrekturen  erteilt  wird,  mufi  man 
sie  bejahen  — ,  dann  wird  man  die  nun  vorliegenden  Erläuterungen 
zum  4. --6.  Band  des  Deutschen  Lesebuchs  äußerst  willkommen 
heißen.  Bald  nur  mit  wenigen  Wort-  oder  Sacherklärungen  zu 
einem  Lesestück  sich  begnügend,  bald  anch  einzelne  mit  Recht 
ganz  überspringend,  geht  der  Verfasser  dann  bei  verschiedenen 
Musterstucken,  so  bei  den  Bailaden  und  auch  den  Bruchstücken 
aus  den  Schilierschen  Dramen,  um  so  mehr  in  die  Tiefe  und  gibt 
mit  glücklicher  Hand  nicht  nur  ein  reiches  Material  zu  Erklärungen, 
sondern  stellt  auch  Hauptinhalt,  leitende  Motive,  Entstehungs- 
geschichte in  genügender  Weite  dar.  Willkommen  dürften  auch 
die  Winke  für  Verwendung  zu  Stilübungen  und  Aufsätzen  sein, 
nnd  dankbar  werden  viele  den  Anhang  aufnehmen,  der  mühe- 
voll gesammelte  Notizen  über  die  einzelnen  Verfasser  bis  zur 
neuesten  Zeit  in  gedrängter  Kürze  enthält. 

Eßlingen  a.  N.  L.  Imendörffer. 


Geethes  Werke.  Beraus^egebeo  vod  R.  Heinemaoo.  Achtzehnler  und 
dreinodzwanzigsler  Baod.  Leipzig  o.  J.,  Bibliographisches  fnstitat. 
477  n.  41 1  S.    8.     Jeder  Baod  geb.  2  JC. 

Der  18.  Band,  besorgt  von  Prof.  Th.  Matthias,  bringt  zu- 
nächst die  aus  den  Frankfurter  Jahren  1773—74  und  den 
Weimarer  Jahren  1778 — 81  stammenden  Fastnachtsspiele  und 
verwandte  Stucke,  in  denen  „der  Dichter  in  dem  ersten  Zeit- 
abschnitte in  genial  ausgelassenem,  in  dem  zweiten  mehr  in 
galligem  Humor  auffällige  Richtungen  in  Lebensführung  und 
tjeistesentwicklung,  die  Stellung  der  Kritik  und  des  Publikums  zu 
den  schaffenden  Meistern  bald  in  allgemeiner,  bald  in  persönlicher 
Satire  durchhechelte*'  und  von  denen  manche  (z.  B.  Künstlers 
Erdeuwallen)  Vorbilder  für  die  Romantiker  geworden  sind, 
darunter  das  heute  noch  wirksame  und  oft  aufgeführte  Stück 
nDas  Jahrmarktsfest  zu  Plundersweilern*',  das  mit  sonnigem 
Humor  die  Mängel  der  Welt  betrachtet  und  auch  des  Dichters 
Titanendünkel  nicht  verschont,  „Das  Fastnachtsspiel  vom  Pater 
Brey*\  das  besonders  auf  den  Darmstädter  Empfindsamkeits- 
apostel  Leuchsenring  gemünzt  ist,  „Satyros  oder  der  vergötterte 
Waldteufel*',  von  Scherer  mit  Recht  auf  den  jungen  Herder  ge- 
deutet, das  jugendliche  Spottgedicht  auf  Wieland  „Götter,  Helden 
und  Wieland".  Dann  folgen  die  beiden  größeren,  aus  den 
ersten  zehn  Weimarer  Jahren  stammenden  Stücke  „Der  Triumph 
der  Empfindsamkeit**  und  „Die  Vögel**,  jenes  nach  Goethes  eigenem 
Zeugnis  gedichtet  als  „realistische  Gegenwirkung  gegen  die  über- 
handnehmende schale  Sentimentalität^',  dieses  eine  Literaturkomödie 
nach  dem  Vorbilde  des  Aristophanes,  voll  Mutwille  und  Ausge- 
lassenheit.   Die    zunächst   sich  anschließenden,    leider  Fragmente 

Zrttoelir.  r.  4.  OymnMttlwMM.    LXL    7.  34 


530  Goethe^  Werke,  hsgb.  v.  R.  Heioemaon,  aogez.  voa  L.  Zaro. 

gebliebenen  polilischen  Dramen  „Die  Aufgeregten'*  und  „Das 
Mädchen  von  Oberkirch'*  sind  als  Zeugnisse  für  Goethes  Stellung 
zu  der  französischen  Revolution  überaus  wichtig.  Die  sodann 
folgenden  Prologe,  Nachspiele,  Theaterreden,  alle  in  gebundener 
Form,  zeigen  uns  den  Dichter  als  Leiter  der  Weimarer  Buhne, 
des  Lauchstädter  Sommertheaters  und  einzelner  Gastspiele  auf 
fremden  Bühnen  in  seinen  hohen  künstlerischen  Anschauungen, 
in  seiner  Sorge  für  die  Pflege  guter  Beziehungen  zum  Publikum, 
seiner  dankbaren  Anerkennung  der  großen  Opfer,  die  der  Weimarer 
Hof  der  Bühne  brachte.  Der  schönen  Sitte  des  Hofes,  sich  an 
den  Redouten  der  gebildeten  Gesellschaft  in  Weimar  zu  beteiligen, 
entgegenkommend,  gestaltete  Goethe  künstlerische  Maskenzüge  und 
lebende  Bilder  und  erklärte  sie  durch  Gedichte,  zu  denen  Sym- 
bolik und  Allegorie,  Fabel,  Historie  und  Scherz  gar  mannigfaltigen 
StolT  und  die  verschiedensten  Formen  darboten.  Diese  Dichtungen, 
soweit  sie  noch  vorhanden  sind,  bilden  den  Schluß  dieses  Bandes, 
darunter  die  Stanzen  zur  Erklärung  des  Maskenzuges  „Die  romanti- 
sche Poesie**,  in  dem  Gestalten  aus  dem  Minnesang  und  der  alt- 
deutschen Heldendichtung  auftraten,  die  dichterische  Vorführung 
„einheimischer  Erzeugnisse  der  Einbildungskraft**,  die  als  Gestalten 
in  dem  glänzenden  Maskenzug  auftraten,  der  1818  zu  Ehren  der 
Kaiserin  Mutter  Maria  Feodorowna  stattfand.  Bei  der  Eigenart 
der  in  diesem  Bande  vereinigten  Dichtungen  sind  die  Aufschlüsse, 
die  der  Herausgeber  in  den  Einleitungen  und  den  Anmerkungen 
über  die  Entstehung,  die  verschiedenen  Fassungen,  den  Zusammen- 
hang mit  den  zeitgeschichtlichen  und  literarischen  Elreignissen 
sowie  dem  Leben  des  Dichters,  über  Aufnahme  und  Wirkung 
dieser  Dichtungen  kurz,  aber  ausreichend  gibt,  sehr  am  Platze. 

Der  23.  Band  bringt  die  Fortsetzung  der  im  22.  Band  be- 
gonnenen Schriften  über  bildende  Kunst  und  ist  wie  dieser  von 
Prof.  0.  Harnack  bearbeitet.  Zunächst  wird  die  Biographie  Philipp 
Hackerts  abgeschlossen,  und  dann  folgen  einzelne  Aufsätze  aus 
den  Jahren  1812—24.  Sie  legen  Zeugnis  ab  von  Goethes  viel- 
seitiger Beschäftigung  mit  der  bildenden  Kunst  in  diesen  Jahren; 
besonders  spiegeln  sich  in  ihnen  die  wechselnden  Anregungen 
wider,  die  Goethe  auf  diesem  Gebiete  erfuhr.  War  ihm  auch  die 
antike  Kunst  zeitweise  als  die  Kunst  schlechthin  erschienen,  so 
blieb  er  doch  nicht  in  den  Kreis  der  Antike  gebannt,  sondern 
kam  u.  a.  auch  den  Kunstinteressen  der  Romantiker,  besonders 
dem  Interesse  für  die  altdeutsche  und  niederländische  Kunst  ent- 
gegen, gab  sich  aber  der  romantischen  KunstaufTassung  nicht  ge- 
fangen, im  Gegenteil,  unter  der  Einwirkung  von  Lord  Elgins  Er- 
werbungen brach  sein  Interesse  für  die  Antike  wieder  übermächtig 
hervor. 

Freiburg  i.  B.  L.  Zürn. 


Goethes  Werke,  hs$h,  v.  Helliaghaas,  aogez.  voo  A.Führer.   531 

Goethes  Werke  für  Schale  nod  Haoa.  Mit  LehensbeschreibaDg,  Ein- 
leitoBfpeo  aod  ADmerkuDgeo  herausgeg^ebeo  vod  Otto  HelliDghaus. 
1.  Baod.  Mit  elDem  Bildois  Goethes  nach  G.  0.  May.  2.  Baod.  Mit 
einen  Bildois  Goethes  nach  der  Büste  voo  Alex.  Trippel.  3.  Band. 
Mit  eioem  Bildois  Goethes  nach  Job.  Karl  Stieler.  Freibarg  im  Breis- 
gao  1906,  Herdersehe  Verlagshaodlaog.  619,  582,  637  S.  12.  geb. 
jeder  Baod  3  JC^ 

Der  im  Jahre  1905  erschienenen  Schiller-Ausgabe,  die  in 
dieser  Zeitschrift  1906  S.  238  angezeigt  wurde,  ist  jetzt  eine 
Goethe-Ausgabe  in  drei  Bänden  gefolgt,  ebenfalls  eine  Neu- 
bearbeitung der  entsprechenden  Bände  der  „Bibliothek  deutscher 
Klassiker,  begründet  von  W.  LindenEiann*^  Sie  enthält  folgende 
Dichtungen:  I.  Gedichte.  Aus  dem  „Westöstlichen  Diwan''.  IL 
Reineke  Fuchs.  Hermann  und  Dorothea.  Achilleis.  Leiden  des 
jungen  Werthers.  Götz  von  Berlichingen  mit  der  eisernen  Hand. 
Hl.  Egmont.  Iphigenie  auf  Tauris.  Torquato  Tasso.  Faust.  Viel- 
leicht entschließt  sich  der  Herausgeber,  die  Prosadichtungen  dem- 
nächst noch  in  reicherem  Hafie  zu  berücksichtigen.  Jedem  Bande 
ist  ein  wohlgelungenes  Bildnis  Goethes  beigegeben.  Für  die  Aus- 
wahl der  Diebtungen  war  die  Bestimmung  der  Ausgabe  „für  Schule 
and  Haus'^  maßgebend,  so  daß  Gedichte  mit  sittlich  anstößigem 
Inhalt  überhaupt  nicht  aufgenommen  und  in  den  übrigen  Dich- 
tungen solche  Stellen,  die  bei  ängstlichen  Gemutern  Anstoß  zu 
erregen  geeignet  sind,  getilgt  wurden.  Damit  soll  denjenigen 
gedient  werden,  die  sich  scheuen,  den  unverkürzten  Goethe  der 
iogend  zur  Lektüre  zu  empfehlen.  Im  übrigen  wurden  dem  Texte 
die  besten  kritischen  Ausgaben  zugrunde  gelegt,  insbesondere  die 
Weimarer  Sophien-Ausgabe.  Einen  besonderen  Vorzug  besitzt 
die  vorliegende  Ausgabe  in  der  ausführlichen,  vorzüglich  ge- 
schriebenen, alle  wichtigen  Fragen  behandelnden  und  überall  dem 
beatigen  Standpunkte  der  Goethe -Forschung  entsprechenden 
Lebensbeschreibung  des  Dichters,  sowie  in  den  Einleitungen  zu 
den  einzelnen  Dichtungen,  die  sehr  geeignet  sind,  zum  Verständnis 
und  zur  richtigen  Beurteilung  derselben  anzuleiten.  Auch  die 
kurzgefaßten  Anmerkungen  (verständigerweise  nicht  unter  dem 
Texte,  sondern  am  Schlüsse)  sind  ohne  Zweifel  sehr  willkommen, 
da  ohne  sie  selbst  dem  erfahrenen  Leser  manches  unverständlich 
bleiben  würde.  Die  vornehme  Ausstattung  macht  diese  Klassiker- 
ausgabe zu  einem  wirklichen  Schmuck  für  jede  Haus-  und  Schul- 
bibliothek, und  da  der  Preis  mäßig  ist,  so  kann  sie  aufs  wärmste 
empfohlen  werden. 

Es  wird  vielfach  mit  Recht  geklagt,  daß  Goethes  Werke  und 
seine  Persönlichkeit  nicht  nur  bei  der  studierenden  Jugend,  sondern 
überhaupt  im  Volke,  auch  in  seinen  gebildeten  Ständen,  nicht  die 
wünschenswerte  Beachtung  6nden,  daß  Goethe  für  das  deutsche 
Volk  vielfach  nur  ein  klangvoller  Name  sei.  „Wohl  steht  er 
mitten  darin,  aber  nur  als  ein  hehres  Marmordenkmal,  an  dem 
die  Leute  vorüberrennen,  ihrem  Erwerb,  ihren  (jeschäften,  ihrem 

34» 


532      Karl  Simrocks  aujfgewahlte  Werke,  hsgb.  v.  6.  Klee, 

Vergnügen  nach**  (W.  Bode  in  den  „Stunden  mit  Goethe**).  Ein 
Teil  der  Schuld  scheint  mir  daran  zu  liegen,  daß  man  (anders 
wie  bei  Schiller)  in  dem  ungekürzten  Goethe  sich  nur  schwer 
zurecht  flndet  und  dadurch  gehindert  wird,  sich  oft  und  liebevoll 
in  seine  reiche  Geisteswelt  zu  versenken.  Darum  begrüße  ich  die 
vorliegende  sorgfaltige  Auswahl  mit  ihren  Einleitungen  und  An- 
merkungen als  besonders  geeignet,  uns  mit  Goethe  vertrauter  zu 
machen.  Möge  sie  bei  recht  vielen  das  Wunder  vollbringen,  „daß 
die  Steinfigur  sich  in  einen  lebendigen,  geistspruhenden,  warm- 
herzigen Menschen  verwandelt,  daß  Goethe  vom  hohen  Sockel  her- 
untersteigt und  unser  Begleiter  und  Hausgenosse  wird!*'  (W.  Bode.) 
Rheine.  Anton  Fuhrer. 

Karl  Simrocks  aDsg^ewablte  Werke  in  zwölf  Bäadeo.  Mit  Eialeituogeo 
lind  einer  Bioj^rapbie  des  Dichters  heraasj^egeben  von  Gotthold  Klee. 
Leipzig,  Max  Hesse.  In  4  Teile  geb.  B  JC'  Band  I:  Biographische  Ein- 
leitung; ausgewählte  Gedichte.  XXXII  u.  128  S.  Band  11:  Das 
Amelangeulied  I.Teil:  VVieland,  der  Schmied.  Wittich,  Wielaods 
Sohu.  Ecken  Ausfahrt  326  S.  Band  III:  Amelungeolied  2.  Teil: 
Dietleib.  Sibichs  Verrat.  280  S.  Band  IV:  Amelungeolied  3.  Teil: 
Die  beiden  Dietriche.  Die  Habenschlacht.  Die  Heimkehr.  263  S. 
Band  V:  Das  r^ibelungenlied.  326  8.  Band  VI:  Gudrun  245  S. 
Band  VH:  Das  kleine  Heldeobuch  I.Teil:  Walther  und  Hildeguode. 
Alphart.  Der  hörnerne  Siegfried.  Der  Rosengarten.  208  S.  Band  VIII: 
Das  kleine  Heldenbueh  2.  Teil:  Das  Hildebrandlied.  Ortnit.  Hog- 
dietrich  und  Wolfdietrich.  222  S.  Band  IX:  Wolframs  von  Cschen- 
bach  Parzival  und  Titurel.  I.Teil.  380  8.  Band  IX:  2.  Teil.  379  S. 
Band  XI:  Gedichte  VVallhers  v.  d.  Vogelweide.  208  S.  Band  XH: 
Heliand.     186  S. 

Schon  diese  trockene  Inhaltsübersicht  gibt  eine  Vorstellung 
von  dem  Reichtum  der  vorliegenden  Ausgabe,  die  aus  der  unend- 
lichen Fülle  von  Simrocks  W^erken  eine  ungemein  glückliche  Aus- 
wahl trifl't;  umfaßt  sie  doch  nahezu  alle  Arbeiten  des  trefflichen 
Gelehrten  und  Dichters,  die  bleibenden  Wert  besitzen,  die  längst 
jedem  Freunde  unserer  älteren  Literatur  wohlbekannt,  ja  unent- 
behrlich waren  und  nur  an  dem  einen  Mangel  erstaunlich  hoher 
Preise  litten.  Dem  ist  nun  gründlich  abgeholfen;  für  kaum  den 
sechsten  Teil  des  früheren  Betrages  erhält  man  Simrocks  vor- 
züglichste Schritten  in  durchaus  würdiger,  handlicher  Ausgabe  mit 
großem  Druck,  ausgewählt  von  einem  der  besten  Kenner  der 
älteren  deutschen  Dichtung,  von  Gotthold  Klee,  der  Simrock 
selbst  in  dem  untTmüdiichen  Bestreben  gleicht,  die  köstlichen 
Schäfze  jener  alleren  Zeit  zu  heben,  ihre  Heldensagen,  Volks- 
bücher, Kittergeschichten  dem  deutschen  Volke  und  insonderheit 
der  deutschen  Jugend  zu  Nutz  und  Frommen  zu  neuem  Leben 
zu  erwecken. 

In  ansprechender  Form  erzählt  uns  Klee  in  der  Einleitung 
das  Leben  Karl  Simrocks;  es  ist  ein  schlichtes  Gelehrten- 
und  Dichterleben,  das  der  Sohn  und  Sanger  des  Rheins  geführt, 
arm  an  äußern,    reich   an  innern  Erlebnissen,    reich  an  geistiger 


aogez.  vou  M.  Niettki.  533 

Arbeit,  wie  an  häuslichem  Glück,  reichbegluckt  auch  durch  den 
aoregeoden  Verkehr  mit  gleichstrebenden  FreuDden  und  zahlreichen 
zeitgenössischen  Dichtern. 

£rst  im  Alter  von  42  Jahren  trat  Simrock  selbst  mit  seinen 
eigenen   lyrischen   „Siebensachen*^   als  Dichter  auf,    von  denen 
uns  Klee    in    geschickter  Auswahl  ein  deutliches  Bild  gibt.     Ent- 
behrt der  rheinische  Sänger  des  Vorzugs  einer  stark  ausgeprägten 
Eigenart  und  Originaiitat,  so  hat  er  doch  den  Erfolg  gehabt,  daß 
einige  seiner  Lieder,   die  sich  durch  Formvollendung,  Gehalt  und 
neckischen  Humor  auszeichnen,   bekannt  geworden  und  geblieben 
sind,   ja  eins,  seine  „Warnung  vor  dem  Rheines    schon  längst  in 
allen  deutschen  Gauen  gesungen  wird.    Das  Hauptgeschenk  seiner 
Muse  ist  aber  das  gewaltige  Amelungenlied,  in  dem  der  „trefl- 
liche   Vermittler    zwischen    deutscher  Vergangenheit   und  liegen- 
warf'   die    gesamte    deutsche  Heldensage   (außer  Nibelungen  und 
Gudrun),    zu    einem    einzigen  großen  Heldenepos  vereinigt,    dem 
Herzen  des  deutschen  Volkes  nahe  bringen  wollte.    Hat  der  große 
Umfang  und  wohl  auch  der  teure  Preis  des  Werkes  den  Verfasser 
diese  Absicht    nur    zum    kleinen  Teile  erreichen  lassen,    so  wird 
die   vorliegende    Ausgabe    mit    ihrer    verdienstvollen    Einleitung 
hoffentlich  erfolgreicher  diesem  Zwecke  dienen  und  ihm  zunächst 
die  Schule,  d.  h.  die  Jugend  erobern.     (Erleichtert  wird  dies  da- 
durch,   daß    das  Amelungenlied,    wie   alle   andern  Teile  der  vor- 
liegenden Auswahl,  auch    in  Einzelausgaben  der  Volksbücherei  zu 
den  billigsten  Preisen    erschienen  sind.)     Schon  mehren  sich  die 
Stimmen  der  Kenner,  die  in  Simrocks  Amelungenlied  ein  Kleinod 
7on  hohem  Werte,  einen  nationalen  Schatz  sehen,  ja  die  es,  wie 
Max  Koch,  als  das  beste  Heldenepos  des  19.  Jahrhunderts  rühmen. 
Als  Übersetzer  ist  Simrock  weit  bekannter  wie  als  Dichter; 
wer   kennt    auch  nicht  seine  Übertragungen  des  Nibelungenliedes 
und  der  Gudrun,    des  Heliand  und  des  Parzival,    besonders  aber 
der   Gedichte    Walthers    von    der    Vogel  weide?      Die    ungemeine 
Schwierigkeit  der  Übersetzung  aus  der  älteren  in  die  neue  deutsche 
Sprachform   hat  er,    der  als  Gelehrter  mit  jener,    als  Dichter  mit 
dieser   auCs  vollkommenste  vertraut  war,    mit  Meislerschaft  über- 
wunden.    Seine    Anmerkungen    und    Erläuterungen    zu    Walthers 
Gedichten  und  Wolframs  Parzival    werden    ebenso   wie  die  wert- 
vollen Einleitungen  des  Herausgebers  zu  diesen  und  allen  andern 
Dichtungen    gelehrten    und    uugelehrten  Lesern    willkommen  und 
von  Nutzen  sein. 

Vor  wenigen  Jahren  ist  Simrock  in  seiner  Vaterhtadt  Bonn 
ein  würdiges,  wohlverdientes  Denkmal  errichtest  worden;  möchte 
diese  Ausgabe  dazu  beitragen,  die  Blicke  auf  jenes  Denkmal  zurück- 
zulenken,  das  der  treffliche  Gelehrte  und  edle  patriotische  Sänger 
in  seinen  Schriften  und  Dichtungen  sich  selbst  gesetzt  und  unser m 
Volke  hinterlassen  hat. 

Demmin.  Max  Nietzki. 


534  H.  Lodwigy  Lateioisohe  Phraseologie,  ugz,  von  C.  Stegmaoo. 

HermaooLod wig,  LateioischePhraeeologie.  Unter Berncksichtigang 
der  Sprichwörter  und  Fremdwörter  znsamniengestellt.  Stattgart  1906, 
Ad.  Bons  o.  Co.    11  n.  163  S.    8.    geb.  3,60^. 

Die  Yorliegende,  alphabetisch  nach  Stich worteo  geordnete 
Phraseologie  bevorzugt  nach  Angabe  des  Vorworts  unter  Aus- 
scheidung der  gewöhnlichen  Wendungen  vor  allem  moderne, 
fremdsprachliche  und  sprichwörtliche  Ausdrucke,  da  man 
bei  der  Übersetzung  schwierigerer  und  namentlich  moderner 
Themen  ins  Lateinische  von  den  Wörterbüchern  häufig  im  Stich 
gelassen  werde.  Sie  ist  allem  Anschein  nach  för  den  Gebrauch 
der  Schüler  berechnet,  da  als  Quellen  vor  allem  die  Schulschrift- 
steller (neben  Seneca  und  Quintilian)  herangezogen  sind.  Für  die 
württembergische  Heimat  des  Verfassers  mag  ein  solches  Schul- 
buch seinen  Wert  haben,  da  unter  den  dortigen  Verhältnissen  den 
Schülern  bei  den  Übersetzungen  in  das  Lateinische  noch  mehr 
zugemutet  werden  kann;  für  norddeutsche  Gymnasiasten,  die  sich 
mit  einfacheren  Vorlagen  begnügen  und  insbesondere  auf  die  Über- 
setzung moderner  Texte  so  gut  wie  ganz  yerzichten  müssen,  liegt 
das  Bedürfnis  einer  derartigen  Sammlung  nicht  vor.  Aber  för 
den  Lateinlehrer  haben  die  reichen  und  anregenden  Zusammen- 
stellungen des  sprachkundigen  und  belesenen  Herausgebers  überall 
ihren  Wert;  im  Lateinunterricht  der  oberen  Klassen  kommt  jeder 
wohl  einmal  bei  der  Wiedergabe  schwieriger  Ausdrücke  in  Ver- 
legenheit, und  da  bietet  sich  ihm  hier  ein  eigenartiges  Hilfsmittel, 
das  jedenfalls  warme  Empfehlung  verdient. 

Bin  ich  so  mit  dem  Verf.  hinsichtlich  der  ganzen  Anlage  ein- 
verstanden, so  kann  ich  allerdings  im  einzelnen  manche  Bedenken 
nicht  unterdrücken.  GewiB  denke  ich  nicht  daran,  einer  eng- 
herzigen Beschränkung  auf  den  klassischen  Sprachgebrauch  das 
Wort  zu  reden,  zumal  gerade  für  die  hier  berücksichtigten  Wen- 
dungen und  Ausdrücke  die  späteren  Autoren  mit  ihrer,  ich  möchte 
sagen,  schon  mehr  modernen  Auffassung  nicht  selten  treffendere 
und  schlagendere  Parallelen  in  ihrer  Ausdrucksweise  bieten  als 
ein  Cicero  oder  Caesar;  aber'm.  E.  werden  die  nichlklassischen 
Autoren  hier  über  Gebühr  bevorzugt.  So  wird  nach  Tadtus  aber- 
gläubisch =  mobilis  ad  superstitionem,  Furcht  ablegen  =  metum 
exuere,  mit  dem  Tode  bedrohen  s=  mortis  metum  intendere,  kom- 
mandieren =  curare  exercitum  gesetzt;  wenigstens  hätte  doch  ein 
superstitiosus,  metum  deponere,  mortem  alicui  minitari,  praeesse 
exercitui  nicht  ganz  unterdrückt  werden  müssen.  Noch  auffollender 
ist  es,  wenn  Horaz  so  oft  ohne  Not  verwertet  ist;  seine  dichteri- 
schen Wendungen  passen  doch  nicht  ohne  weiteres  in  die  Prosa 
hinein.  Aus  Horaz  gibt  L.  *bei  abnehmendem  Monde'  =  minorem 
ad  lunam,  'Geld  anlegen*  =  pecuniam  ponere,  ^ein  vom  Tiber 
bespültes  Landhaus '  =  villa  quamTiberis  lavit,  'gesenkten  Hauptes^ 
=  posito  capite,  'Wälder  roden'  =  silvestrem  agrum  flammis 
mitigare,  silvas  vomere  pacare  u.  a.  m.;  überall  hätte  da  doch  auch 


Th,Zitllnskif  Di«  Antike  «id  wir,  aogei.  von  H.  F.  Müller.  535 

woh]  die  klassische  Prosa  nicht  versagt.  Recht  wenig  will  mir 
freilich  das  nur  aus  Plaut.  Herc.  27  (vgl.  Schmalz  Antib.  s.  v.) 
belegte  incogitantia  =3  Geistesabwesenheit  behagen;  ebensowenig 
poetische  Wendungen,  die  dem  Schöler  dichterische  Konstruktionen 
zumuten,  2.  fi.  volgo  dissidere  =  sich  in  Gegensatz  setzen  zum 
Volke,  qui  contentus  est  pedibus  quid  daudere  senis  =  Dichterling. 
Manche  der  gegebenen  Obersetzungen  passen  auch  wohl  für  be- 
stimmte Verbindungen  und  Zusammenhänge,  aber  doch  nicht  in 
der  Allgemeinheit,  wie  hier  z.  B.  materia  ==  Bindemittel,  robustae 
fores  =  Eichenboblen,  geflissentlich  =  proprie,  von  Haus  aus  = 
protinus,  Charakter  =  constantia,  ein  Löwe,  der  Blut  geleckt  hat 
=  irritatus  suppliciis  (wenn  supplicia  auch  in  der  Fundstelle  Tac. 
Aon.  6,  19  am  Platze  ist)  oder  gar  eklatant  =  palam  vorge- 
fahrt wird. 

Dazu  einige  Einzelheiten,  die  mir  aufgestoßen  sind.  Was 
soll  der  Benutzer  mit  'abgestanden'  =  iatkog  C.  (Cicero)?  *Sich 
aussöhnen'  heißt  doch  wohl  in  gratiam  redire  cum  aliquo  (nicht 
alicuius).  Ferner  exuere  =  entwaffnen  entspricht  doch  kaum  dem 
Sinne  des  Ausdrucks  in  der  Fundstelle  (Tac.  Ann.  1,  2),  ebenso- 
wenig bono  exemplo  =  in  guter  Absicht  (Ann.  1,  38),  gewiß  nicht 
tamquam  referret  =  als  ob  dies  irgendwie  zur  Sache  gehörte  (Ann. 
6,2).  Für  'höher  hinauswollen'  konnte  auch  plus  quam  civilia 
agitare  (Tac.)  verwandt  werden,  für  'Liebhaber'  Studiosus  (Cic. 
Cat.  3, 10),  für  'nicht  vorlassen'  excludere  (Cic.  Cat.  1, 10).  'Wer 
das  Gluck  hat,  föhrt  die  Braut  heim '  =  vota  omnium  et  gaudia 
felicium  ist  ohne  Kenntnis  der  bezuglichen  Tacitusstelle  (Ann. 
13, 46)  kaum  verstandlich.  Endlich  fallen  manche,  wohl  dem 
Süddeutschen  eigentumliche  deutsche  Wendungen  auf,  so:  sich 
abkämpfen  mit  (luctari  cum),  es  gibt  einem  Anstand  bei  etwas 
(ofTenditur  aliquid  in  re),  ausgeschämt,  irgendwo  bürgerlich  werden 
(ascribi  in  aliquam  dvitatero),  sich  wohl  daran  machen  bei  jmd., 
sich  zu  einer  Einheit  durchdringen,  Ebenenland  u.  a.  m. 

Obige  Bedenken,  die  leicht  erklärlich  sind  bei  dem  ersten 
Versuche  derartiger,  aus  lauter  Einzelheiten  bestehenden  Zusammen- 
stellungen, sollen  natürlich  den  Wert  des  trefflichen  Büchleins 
nicht  abschwächen,  sondern  möchten  nur  die  Richtungen  andeuten, 
in  denen  eine  Verbesserung  möglich  wäre. 

Norden  (Ostfriesland).  Carl  Stegmann. 

Tb.  Zielinski,  Die  Aotike  und  wir.  Aotorisierte  ObersetzuDCp  vou 
E.  Scheeler.  Leipzig  1905,  Dieterichsehe  Bochkandlaof^.  126  S.  8. 
2,40  JC, 

Acht  Vorlesungen,  gehalten  vor  einer  Anzahl  von  Gymnasial- 
and Realschulabiturienten  zu  St.  Petersburg  im  Frühling  1903. 
Der  Inhalt  gliedert  sich  in  drei  Kapitel:  I.  Der  Bildung s wert 
der  Antike.  Darin  neben  konkreten  und  überzeugenden  Einzel- 
ausfahrungen   das   zusammenfassende  Wort  Jean  Pauls   aus    der 


536  TJiakydidea,  hflgb.  v.  Chr.  Härder,  angez.  von  S.  Widma  nn. 

Levana:  Die  heutige  Menschheit  wurde  in  einen  bodenlosen  Ab* 
grund  versinken,  wenn  die  Jugend  auf  dem  Wege  lum  Jahrmarkt 
des  Lebens  nicht  den  stillen  Tempel  des  erhabenen  klassischen 
Altertums  durchschritte.  IL  Der  Kultur  wert  der  Antike.  ,»Die 
Antike  soll  nicht  die  Norm»  sondern  eine  belebende  Kraft  der 
heutigen  Kultur  sein*^  Nicht  ,,Norm'S  sondern  „Same^M  sei  die 
Devise.  IIL  Die  Wissenschaft  von  der  Antike  ist  jetzt  inter- 
essanter als  je  vorher,  sie  beginnt  jetzt  erst  ihr  Gebäude  auf  dem 
früher  gelegten  Fundament  aufzubauen,  neue  zur  Erforschung  uud 
Lösung  lockende  Probleme  begegnen  uns  auf  jedem  Schritte 
unseres  Weges.  —  Die  sehr  ^nste  Schlußbetrachtung  beschäftigt 
sich  mit  Gestalt  und  Aufgabe  der  höheren  Schulen.  Zielinski 
mahnt,  aber  der  Differenzierung  die  Integration  nicht  zu  vergessen. 
Er  mahnt  ferner:  „Sie  dürfen  um  Gotteswillen  keine  leichte  Schule 
fordern  oder  einführen,  eine  leichte  Schule  ist  ein  soziales  Ver- 
brechen'*. 

Wenn  auch  die  Vorträge  manches  enthalten,  was  nur  auf 
russische  Verhältnisse  gemünzt  ist,  so  wird  doch  der  deutsche 
Leser  vollauf  seine  Rechnung  und  Befriedigung  finden.  Die  Ober- 
setzung liest  sich  wie  ein  Original.  Dem  in  Aussicht  gestellten 
größeren  Werke,  das  denselben  stolzen  Titel  führen  wird  wie 
dieser  Vorläufer,  sehen  wir  mit  Verlangen  entgegen. 

Blankenburg  am  Harz.  H.  F.  Müller. 


Tbukydides.  Ausgewählte  Abschoitte  für  den  Scholgebranch  bearbeitet 
von  Christian  Härder.  Teil  11:  SehüIerlLommeDtar.  Zweite,  ver- 
mehrte ond  verbesserte  Auflage.  Leipftig  1907,  G.  Freytag.  104  S. 
8.    geh.  1  JC. 

Dem  in  dieser  Ztschr.  Jahrgang  1906  S.511  kurz  besprochenen 
Texte  ist  jetzt  der  Schülerkonimentar  in  zweiter  Auflage  gefolgt, 
der  im  Vergleich  zur  ersten  Auflage  (s.  diese  Ztschr.  Jahrgang 
1897  S.  611fr.)  entschieden  gewonnen  hat  Die  bedeutende  Er- 
weiterung ist  schon  äuBerlich  durch  das  Anwachsen  der  Seiten- 
zahl von  34  auf  104  wahrnehmbar.  Aber  auch  die  Prüfung  im 
einzelnen  zeigt,  daß  der  Erklärer  ernstlich  bemüht  war,  den  Be- 
dürfnissen des  Lesers  hinsichtlich  des  Verständnisses  der  Sitze 
und  Wörter  möglichst  entgegenzukommen.  Sachliche  Erläuterungen 
bietet  der  Kommentar,  der  in  erster  Linie  der  Vorbereitung  der 
Schüler  dienen  soll,  nicht,  außer  wo  der  Text  nur  bei  Sach- 
kenntnis verständlich  wird,  z.  B.  bei  dem  Begriffe  Tirttyeg.  Mitunter 
wird  auch  an  inhaltlich  verwandte  Stellen  aus  der  sonstigen  Lektüre 
erinnert  oder  eine  Parallelstelle  angeführt,  z.  B.  Eurip.  Suppl.  404  ff. 
zu  II  37,  1  xccrä  nspiav.  Statt  der  Fragen,  die  zuweilen  an- 
gewandt sind,  würde  eine  kurze  Erklärung  ausgereicht  haben. 
S.  41  ist  z.  B.  bei  ijkTn^s  nach  der  Bedeutung  gefragt  und  auf 
17,  3  des  Textes  und  des  Kommentars  (S.  5)  verwiesen,  wo  es 
heißt:  ^yiXniCeip  hier  nicht  hoffen".    Der  Ausdruck  „vox  media'' 


E.  Ziebartb«  Rnltarbilder  a.  griecb.  Stadteo,  a^z.  v.  A.  Fanck.  537 

Utte  bessere  Dienste  getan.  In  der  ersten  Auflage  stand  ganz 
gut  „erwarten"".  An  ^ktxiag  fketixtuy  VII  60,  3  ist  zwar  fest- 
gebalten,  aber  die  alte  Bemerkung  wiederholt  Über  die  Berecb- 
tigaog  des  Ausdnicks  habe  ich  mich  in  der  Besprechung  der  ersten 
Auflage  ausgesprochen.  Es  wäre  ja  ein  Verlesen  für  vytelag  oder 
fvs&ag  wohl  möglich;  aber  es  hat  wenig  Wahrscheinlichkeit  für 
sich,  daß  ein  Abschreiber  von  einem  näherliegenden  Begriffe  auf 
einen  auffallenden  Ausdruck  kommen  sollte.  Nochmals  sei  daran 
erinnert,  daß  n^aßmeqok  mitgefahren  waren  (VI  24,2)  und 
noQ  %^q  an  Bord  mußte  (VII  60, 3.  62,  2  und  67, 2  XBqaaXoi), 
gleichviel  ob  er  Hoplit,  Leichtbewaffneter  oder  Seemann  war. 
Der  Schriftsteller  will  nicht  sagen  „alle  Gesunden'',  sondern 
„alle  Wehrhaften",  womit  selbstverständlich  auch  die  Gesunden 
einbegriffen  sind;  ^Xmia  ist  mit  einem  Worte  der  weitere 
Begriff.  Zu  loben  ist  die  Angabe  von  Buch  und  Kapitel  am 
Rande.  Hier  und  da  ist  ein  Druckfehler  stehen  geblieben,  z.  B, 
S.  30  difiog  sL  ^igog. 

Hadamar.  S.  Widmann. 

Krieh  Ziebartk,  Raltnrbilder  ans  prieehiseheo  Städten  (Ans 
Natur  nod  Geistetwelt  131.  Bäadehen).  Mit  22  Abbilduosen  in  Text 
oad  auf  1  Tafel.   Leipzig  1907,  B.  G.  Teobner.   111  o.  120  S.    8.    1,25  JC. 

Vorlesungen,  welche  der  Verfasser  im  Auftrage  der  Oberschul- 
behörde zu  Damburg  gehalten  hat,  erscheinen  hier  nach  sieben 
AbschnitteD  gegliedert  in  einer  handlichen  Buchausgabe.  Nachdem 
der  einleitende  Abschnitt,  „Antike  Archive'',  über  die  urkundlichen 
und  monumentalen  Quellen  unterrichtet  hat,  aus  denen  wir  jetzt 
unsere  Kenntnis  der  alten  Kulturwelt  zu  schöpfen  gelernt  haben, 
begleiten  wir  den  Verfasser  nach  Thera,  Pergamon,  Priene,  Milet 
und  zum  Apollotempel  von  Didyma ;  der  etwas  längere  letzte  Auf- 
satz schildert  namentlich  auf  Grund  der  Papyri  griechische  Städte 
in  Ägypten.  Die  geschickt  getroffene  Auswahl  gibt  so  Bilder  des 
Lebens  in  einer  Inselstadt,  einer  fürstlichen  Residenz,  einer  klein- 
asiatischen Kleinstadt,  einer  großen  Handelsmetropole  und  ihrer 
engen  Verbindung  mit  einer  der  berühmtesten  antiken  Kultstätten; 
offenbar  konnte  der  Vortragende  hier  überall  aus  eigener  An- 
schauung sprechen.  Die  unglaubliche  Fülle  lebensvollster  Einzel- 
heiten, mit  denen  uns  die  Papyri  beschenken,  bewirkt,  daß  dieses 
Kapitel  die  vorau^ehenden  fast  noch  an  Anschaulichkeit  übertrifft 
Wir  hören  Yorwiegend  von  der  Zeit,  in  der  Griechenland  politisch 
nach  außen  hin  so  gut  wie  nichts  mehr  bedeutete;  und  doch, 
welch  ein  machtiger  Strom  hellenischer  Geisteskultur  durchflutete 
immer  noch  bis  in  die  römische  Kaiserzeit  hinein  alle  Gebiete 
des  Lebens! 

Auch  diejenigen,  denen  in  der  frischen  Vortragsweise  des 
Verfassers  diese  Bilder  noch  farbenreicher  erschienen  sein  mögen, 
werden  gern  wieder  zu  seinem  Buche  greifen,    um  sich  in  ge- 


538  2^iebarlb|  Kulturbilder  a.  ^riech.  Stidteo,  a^s.  v.  Waeebter. 

nauerer  Betrachtung  der  vielen  interessanten  Einielheiten  immer 
aufjB  neue  bewußt  zu  werden,  wieviel  auch  wir  jener  helleni- 
schen Kulturwelt  schuldig  sind.  Die  beigegebenen  Bilder  freilich 
werden  nicht  selten  eine  deutliche  Vorstellung  nur  dem  erwecken, 
der  den  Gegenstand  schon  selber  kennt;  anstatt  der  Ruinenfelder 
wäre  wohl  auch  einmal  ein  Rekonstruktionsversuch  vorzuführen. 
Den  weiteren  Kreisen,  in  denen  wir  gerade  diesem  Buche  zahl- 
reiche  Leser  wünschen,  wäre  es  auch  erwünscht,  wenn  antike 
Ausdrucke  wie  Drachme,  Stater,  Hemiekton,  Delphinios  durch  uns 
geläufige  erläutert  würden. 

Sondershausen.  A.  Funck. 

In  der  bekannten,  bereits  viele  vorzügliche  Stücke  enthalten- 
den Teubnerschen  Sammlung  „Aus  Natur  und  Geisteswelt*'  bat 
Ziebarth  eine  Anzahl  in  Hamburg  gehaltener  Vorträge  über  grie- 
chische Kulturstätten  veröffentlicht.  In  7  Kapiteln  enthält  das 
Bändchen  treffende  Schilderungen  und  Beschreibungen  von  Thera 
(U),  Pergamon  (III),  Priene  (IV),  Milet  und  Didyma  (V  und  VI).  Im 
ersten  Kapitel  gibt  Verf.  ein  anziehendes  Bild  von  der  Reichhaltig- 
keit der  aus  den  Ausgrabungen  geschöpften  Hilfsmittel  für  die 
Kenntnis  der  griechischen  Kultur  und  zeigt,  wie  nicht  nur  die 
großen  Staats-,  Stadt-,  Tempel-,  Gerichts-  und  Familienarchive 
und  die  mannigfachen  andern  größeren  Inschriften,  sondern  auch 
die  kleinsten  Bruchstücke,  die  unscheinbarsten  Scherben  usw.  uns 
Einblick  in  das  Getriebe  des  antiken  Lebens  geben.  Im  letzten 
Kapitel  schließt  sich  eine  recht  reizvolle  Obersicht  über  die  ver- 
schiedenen Arten  von  Papyri  an,  die  durch  gut  gewählte  Beispiele 
vertreten  sind  und  durch  sich  selbst  schon  ihren  unendlichen 
Wert  für  die  Geschichtsforschung  sowie  auch  für  die  Erklärung 
der  antiken  Schriften  dartun. 

-  Ziebarth  bat  unter  Wiegand  in  Milet  gearbeitet,  er  hat  ihm 
auch  das  Buch  gewidmet  und,  wie  wir  glauben,  mit  Recht 
Wiegands  Geist  weht  aus  allen  den  Städtebildern,  seine  feine 
Kunst,  das  Antike  wieder  zum  Leben  zu  bringen,  zeigt  sich  auch 
in  diesen  Aufsätzen  Ziebarths.  Besonders  lebensvoll  sind  natür- 
lich die  Schilderungen  ausgefallen,  zu  denen  das  Inschriftenmateriai 
benutzt  werden  konnte,  so  Thera,  Pergamon,  Milet  und  Ägypten. 
Es  ist  schade,  daß  nicht  auch  die  Beschreibung  von  Priene,  dem 
Stolz  der  deutschen  Archäologen,  von  der  eben  herausgekommenen 
Inschriftenpublikation  profitieren  konnte.  Im  ganzen  wohlgelungene 
Abbildungen  und  Stadtpläne  ergänzen  den  Text.  Nur  vom  Theater 
von  Milet  müßte  man  bei  einer  Neuauflage  ein  besseres  Bild  ein- 
fügen; das  vorliegende  gibt  nicht  entfernt  die  imposante  Wirkung 
wieder,  welche  den  Bau  in  Wahrheit  als  ein  Wahrzeichen  Milets 
erscheinen  läßt. 

Den  besten  Platz  findet  das  Bändchen  jedenfalls  in  den 
Büchereien  unserer  Schüler.     Ich   möchte  wünschen,   daß  es  von 


Georg  Cortias'  griech.  Sehalgrammatik,  agi.  von  A.  Fritscb.  539 

ihnen  recht  eifirig  gelesen  wird.  Aber  auch  sonst  wird  es  für 
die  Kenntnis  der  antiken  griechischen  Kaltur  großen  Nutzen 
stiften  und  verdient  darum  weiteste  Verbreitung. 

Hildburghausen.  A.  Waechter. 


Georg  Cartias'  grieehisebe  Seholgrammatik,  bearbeitet  ron  W.  v. 
Bartel.  25.  Aaflage  von  Riebard  Meiat er.  Leipiig  1906,  G.  Frey- 
tag.    geb.  2,40  Jt* 

Die  Neubearbeitung  der  Curüus-Hartelschen  Schulgrammatik 
durch  Richard  Meister  bat  schon  nach  wenig  Jahren  eine  neue 
Auflage  nötig  gemacht:  ein  Beweis  dafOr,  daß  sie  auch  in  dieser 
veränderten  Gestalt  sich  bewährt  hat.  Von  Richard  Meister  war 
es  nun  nicht  anders  zu  erwarten,  als  daß  er  an  der  einmal  über- 
Dommenen  Aufgabe  sorgsam  weiter  arbeiten  und  sein  Buch  zu 
löblichster  Vollendung  zu  führen  suchen  werde.  Das  Ziel,  das 
er  sich  gesetzt,  druckt  er  in  den  Worten  aus:  der  Grammatik 
ihren  wissenschaftlichen  Charakter  zu  erbalten  und  ihre  Brauch- 
barkeit für  den  Unterricht  zu  fördern.  Sehen  wir,  wie  Meister 
dies  zu  erreichen  strebt. 

Zunächst  fallt  in  die  Augen,  daß  der  äußere  Umfang  des 
Baches  vermindert  ist.  Statt  266  Seiten  sind  es  nur  noch  222. 
Ton  den  44  ersparten  Seiten  entfallen  18  allein  auf  die  Über- 
siebt ober  den  homerischen  Dialekt.  Hier  bat  der  Verfasser  die 
ausführlichen  Verbalverzeichnisse  weggelassen,  för  die  er  auf  das 
Wörterbuch  verweist.  Ferner  hat  er  zahlreiche  Streichungen  vor- 
genommen, indem  er  mehr  den  Gesichtspunkt  hervorhebt,  nur 
die  Eigentümlichkeiten  des  homerischen  Dialektes  anzuführen,  in 
denen  sich  dieser  vom  Attischen  unterscheidet.  Die  danach  noch 
übrig  bleibenden  26  Seiten  sind  einerseits  dadurch  erspart,  daß 
die  vielen  dentschen  Obersetzungen  der  Beispiele  gestrichen  sind, 
außer  wo  sie  zum  Verständnis  unbedingt  nötig  erschienen;  hier- 
durch ist  jedenfalls  viel  Raum  gewonnen.  Andrerseits  ist  aber  auch 
das  Format  geändert;  dieses  ist  größer  geworden,  so  daß  jede 
Seite  einige  Zeilen  mehr  umfaßt  Warum  der  Verleger  diese 
Änderung  gewünscht  hat,  ist  nicht  wohl  verständlich.  Für  den 
Schüler,  der  das  Buch  in  seiner  Mappe  unterbringen  muß,  ist  es 
dadurch  nicht  bequemer  geworden.  Dafür  ist  in  typographischer 
Beziehung  eine  wesentliche  Besserung  zu  verzeichnen.  Der  Druck 
der  Anmerkungen  und  vieler  Verzeichnisse  von  Verben  ist  größer 
und  damit  trotz  aller  früheren  Schärfe  der  Lettern  für  das  Auge 
zuträglicher  geworden.  Befreunden  kann  ich  mich  nur  nicht  mit 
einer  gewissen  Sorte  kleiner  x,  wie  sie  in  manchen  Anmerkungen 
gebraucht  sind  (z.  B.  §  30  der  Dual  (rx»a  und  vi%0L).  Auch  er- 
scheinen mir  an  gleicher  Stelle  Spiritus  und  Akzente  zu  winzig. 
Daß  der  Obersichtlichkeit  halber  viele  typographische  Änderungen 
von   dem    Herausgeber   vorgenommen   sind,    verdient   besondere 


540  Georg  Cartius' griechische  Schulgramuatik, 

Hervorhebung;  denn  geschickte  äuBere  Anordnung  erhöht  sehr  die 
Brauchbarkeit  einer  Schulgranimatik. 

Aber  die  Verbesserungen  beziehen  sich  nicht  nur  auf  das 
Äußere.  Durch  das  ganze  Buch  hindurch  linden  wir  fast  Seite 
für  Seite  die  sorgsam  feilende  Hand,  die  hier  etwas  streicht,  dort 
etwas  hinzufögt.  Und  zwar  sind  gerade  der  Zusätze  nicht  wenige. 
Mancherlei  Anregungen  dazu  sind  dem  Verfasser  aus  der  Praxis 
von  Kollegen  ^uteil  geworden.  Es  verdient  auch  dies  hervor- 
gehoben zu  werden,  da  sich  häufig  genug  Kritiker  finden,  die 
alles^  besser  wissen,  aber  wenn  man  dann  bittet,  die  WQnsche 
auf  Änderungen  genauer  formulieren  zu  wollen,  fehlt  es  nicht  an 
ausweichenden  Redewendungen,  und  zu  einem  positiven  Ergebnis 
ist  schwer  zu  gelangen.  Die  einzelnen,  wohlüberlegten  Änderungen 
anzuführen  hat  nicht  viel  Zweck.  Man  wird  sie  durchweg  als 
Verbesserungen  anzusehen  haben.  Dabei  mögen  sich  immerhin 
in  der  Praxis  noch  Wünsche  nach  anderer  Ausdrucks  weise  geltend 
machen.  Einen  Stillstand  wird  es  hier  nie  geben,  er  ist  auch 
nicht  zu  wünschen.  Hervorheben  möchte  ich  nur  noch,  daß  viel- 
fach die  Beispiele  vermehrt  und  namentlich  in  der  Kasuslehre 
erwünschterweise  ganz  neu  hinzugefügt  sind,  wo  man  sie  früher 
ungern  vermißte. 

Die  Zusätze  in  der  neuen  Auflage  sind  aber  nicht  nur  prak- 
tischer Art,  wir  finden  auch  gar  manche  wissenschaftliche,  die 
das  Verständnis  für  den  Zusammenhang  der  Dinge  erleichtern  und 
Lehrern  wie  denkenden  Schülern  zu  mannigfacher  Anregung  dienen 
können,  z.  B.  die  Anmerkung  zu  den  Personalendungen  §  77. 
Einschneidendere  Änderungen  in  der  Formenlehre  wie  etwa  strenge 
Durchführung  der  Lehre  von  der  Stammabstufung  nach  neuerer 
Auffassung  oder  die  richtige  Erklärung  von  Formen  wie  dccifjbotfi, 
&Qdaog  bat  Meister  nicht  aufgenommen.  Er  hat  wohl  seine  Be- 
denken gehabt,  in  dieser  Beziehung  radikal  vorzugehen,  da  er  die 
Abneigung  kennt,  die  namentlich  in  neuerer  Zeit  gegen  stärkere 
Hervorkehrung  des  wissenschaftlichen  Charakters  von  Schulbüchern 
gehegt  wird.  Die  Sorge,  der  Unterricht  könne  zu  wissenschaftlich 
werden,  hat  ja  die  letzten  sogenannten  Schulreformen  beherrscht 
und  dementsprechend  die  Lehrbücher  beeinflußt.  Ein  kleiner 
Rückschlag  ist  in  den  letzten  Jahren  eingetreten,  und  so  darf 
wohl  auch  wieder  der  Wunsch  nach  stärkerer  Betonung  des 
Wissenschaftlichen  geäußert  werden.  In  der  lateinischen  Schul- 
grammatik, wenigstens  in  der  von  Ellendt-Seyfiert-Fries,  scheint 
ja  der  Abusus  für  alle  Zeiten  festgehalten  zu  werden,  sich  mög- 
lichst unwissenschaftlich  auszudrücken.  Im  Griechischen  ist  das 
seit  Georg  Curtius  anders  geworden.  Hier  kann  nur  die  Frage 
aufgeworfen  werden,  ob  die  Ergebnisse  der  Forschung  praktisch 
verwertbar  sind  und  ob  sie  so  sicher  stehen,  daß  sie  in  eine 
Schulgrammatik  aufgenommen  zu  werden  verdienen.  Und  die 
Entscheidung    darüber   darf   man    getrost  einem  so  bedeutcDden 


aogex.  voD  A.  PritscB.  541 

Gelehrten  und  gewiegten  Schulmanne,  wie  Meister  es  ist,  über- 
lassen. 

Aber  auch  noch  auf  etwas  anderes  m5chte  ich  bei  der  Ge- 
legenheit hinweisen.  An  eine  griechische  Schulgrammatik,  die 
durch  die  ganze  Schule  hindurch  gebraucht  wird,  sollte  nicht  die 
Forderung  gestellt  werden,  wie  sie  immer  von  neuem  erhoben 
wird,  dafi  sie  im  wesentlichen  nur  Memorierstoff  enthalte.  Ohne 
Zweifel  ist  das,  was  gelernt  werden  muß,  kurz  und  knapp  aus- 
zudrücken, durch  übersichtlichen  Druck  ist  das  Lernen  möglichst 
zu  erleichtern,  aber  daneben  darf  in  Anmerkungen  manches  ge- 
boten werden,  auf  das  in  den  Oberklassen  gelegentlich  zurück- 
gegriffen werden  kann.  Es  braucht  kaum  gesagt  zu  werden,  daß 
Meister  im  wesentlichen  nach  diesen  Grundsätzen  verfahren  ist 
Eine  Meinungsverschiedenheit  kann  sich  höchstens  in  bezug  auf 
das  Maß  geltend  machen,  das  bei  solchen  Bemerkungen  wissen- 
schaftlicher Art  zu  beobachten  ist.  In  Erwägung  zu  ziehen  ist 
auch,  daß  der  Lehrer,  der  oft  nach  jahrelanger  Unterbrechung 
den  Unterricht  wieder  bekommt,  sich  gern  von  dieser  oder  jener 
Bemerkung  leiten  lassen  wird,  seine  Erinnerung  aufzufrischen; 
daß  er  auch  gern  sich  vergewissert,  ob  die  wissenschaftliche  Auf- 
fassung inzwischen  sich  nicht  geändert  hat.  Oder  er  si^ht  sich 
auch  in  Fällen,  die  ihm  Zweifel  erwecken,  veranlaßt,  weiter  nach- 
zuforschen. Fehlt  solche  Anregung,  dann  bleibt  leicht  manches 
Samenkorn  ungenutzt  liegen.  Und  wie  mancher  nachdenkende 
Schuler  wird  auch  seinerseits  Gewinn  aus  solchen  Bemerkungen 
ziehen!  Ich  würde  es  daher  meinerseits  gern  sehen,  wenn  Meister 
sich  entschlösse,  noch  diese  oder  jene  erläuternde  Bemerkung 
hinzuzufügen.  Vornehmlich  die  §  9—12,  auf  die  durch  das  ganze 
Buch  hindurch  verwiesen  wird,  können  noch  manches  aufnehmen, 
was  deshalb  doch  nicht  über  den  Rahmen  der  Schule  hinauszu- 
gehen braucht.  Aber  auch  sonst  läßt  sich  an  manchen  Stelleu, 
besonders  auch  in  der  Übersicht  über  den  homerischen  Dialekt, 
ein  nützlicher  Zusatz  machen. 

Von  einschneidenderen  Änderungen  ist  weiter  anzuführen, 
daß  Meister  bei  der  Lehre  vom  Gebrauche  der  Tempora  aus  der 
Terminologie  der  wissenschaftlichen  Grammatik  die  Ausdrücke 
„Aktionsart^'  und  „punktuell'^  statt  „Zeitwort*'  und  „eintretend*' 
aufgenommen  hat,  wie  sie  auch  in  andern  Schulgrammatiken  zu 
finden  sind.  Ich  möchte  fast  glauben,  daß  manche  ungern  die 
deutschen  Ausdrucke  aufgegeben  sehen.  Gänzlich  umgearbeitet 
hat  Meister  das  Kapitel  über  den  Genitiv,  um  möglichste  Überein- 
stimmung mit  der  lateinischen  Schulgrammatik  zu  erzielen.  Er 
trennt  daher  den  eigentlichen  Genitiv  von  dem  ablativiscben  und 
unterscheidet  bei  dem  ersteren  den  genetivus  possessivus,  ob- 
iectivus,  partitivus  und  qualitatis,  bei  dem  ablativischen  den  gene- 
tivus comparationis,  materiae,  causae,  pretii  und  teniporis.  Den 
Schluß    bildet    der  genetivus   bei   Komposita.     Wie    mir  scheint, 


542   K.  Scheokl,  Griech.  Elementarboch,  an^ez.  voo  6.  Sachse. 

enthält  diese  Anordnung  mit  ihrem  steten  Hinweis  auch  im  ein- 
zelnen auf  das  Lateinische  eine  wesentliche  Verbesserung,  sie  ist 
wissenschaftlich  und  praktisch  zugleich,  wie  ja  meistens  die  Aus- 
nutzung wissenschaftlicher  Ergebnisse  auch  eine  Vereinfachung  für 
den  Schöler  mit  sich  bringt.  Somit  können  wir  auch  dieser  Auf- 
lage nur  die  besten  Wunsche  für  weitere  Verbreitung  mit  auf  den 
MTeg  geben. 

Hamburg.  A.  Fritsch. 

Karl  Sehenkly  Griechisches  £lemeDtarbach.  Im  Anschlofi  ao  die 
rüofaodzwaDzigste  Aoflage  der  Griechischen  Schalgrammatik  von 
Cartias-v.  Hartel  bearbeitet  von  Heiorich  Scheokl  und  Florian 
Weigel.  Zwanzigste  AoBage.  Wien  1 906,  F.  Tempsky.  240  S.  8. 
2  ir  25  A,  geb.  2  i?  85  A. 

Dieses  Buch  enthält  den  Obersetzungsstoff  für  das  ganze 
grammatische  Pensum,  S.  3 — 69  in  252  Abschnitten  für  die 
Formenlehre  in  griechischen  und  deutschen  Einzelsätzen  und  zu- 
sammenhängenden Stucken,  S.  77 — 90  in  deutschen  Einzelsätzen 
für  die  Syntax,  und  zwar  für  die  des  Verbs  in  10  Stöcken  S.  77 
-84  und  für  die  Kasuslehre  in  12  Stücken  S.  84—90. 

Im  zweiten  Teil  werden  auf  S.  93 — 145  zu  den  voraus- 
geschickten LesesLücken  die  Vokabeln  und  erklärenden  Anmer- 
kungen gegeben;  daran  schließen  sich  Wörterverzeichnisse,  S.  146 
— 202  ein  griechisch- deutsches  und  S.  202 — 240  ein. deutsch- 
griechisches. 

Der  grammatische  Stoff  aus  der  Formenlehre  ist  so  geordnet, 
daß  zunächst  die  Deklinationen,  die  Pronomina,  Komparation,  Zahl- 
wörter und  dann  erst  die  Konjugation  der  regelmäßigen  und  der 
unregelmäßigen  Verba  eingeübt  wird.  Zwar  sind  in  den  Lese- 
stöcken för  die  Einübung  der  Nominalflexion  auch  Verbalformen 
verwendet.  So  wird  der  Indikativ  des  Präsens  Aktivi  nebst  In- 
dikativ schon  in  Stück  1,  das  Passiv  dazu  in  Stuck  13,  das  Im- 
perfekt Aktivi  in  Stuck  30»  das  Passiv  in  Stück  40,  das  Partizip 
Praesentis  Aktivi  in  Stück  32,  der  Indikativ  des  1.  Aorist  Aktivi 
und  Medii  in  Stück  61,  sämtlich  von  Iva,  und  die  Bildung  des 
Indikativs  des  1.  Aor.  Akt.  und  Med.  von  Xiyoa,  ygatpa^  tpsvöta^ 
\pevdoikai  in  Stück  68  gelernt;  aber  trotzdem  werden  die  Aorist- 
formen ähnlicher  Pura-  und  Mutastämme  immer  wieder  erklärt 
und  übersetzt.  So  werden  die  Verbalformen  in  68:  er  hieß,  er 
zog  zu  Felde,  er  hinderte,  er  hatte  erlegt,  er  besänftigte  in  den 
Anmerkungen  durch  die  Aoriste  der  betreffenden  Verba  übersetzt. 
Das  gleiche  Verfahren  wird  in  den  Anmerkungen  zu  69,  73,  75, 
77,  78,  81,  85  und  91  beobachtet  Da  erst  mit  Stück  96  die 
systematische  Einübung  der  Konjugation  beginnt,  so  entbehren 
die  Sätze  in  den  vorausgehenden  Stöcken  der  Mannigfaltigkeit.  Dies 
erscheint  mir  als  ein  Mangel  des  sonst  sorgfältig  gearbeiteten  Buches. 

Charlottenburg.  Gotthold  Sachse. 


Weiflcnfels,  Answ.  a.  d.  griech.  Philos.,  ags.  y.  Gillifl'eliewski.  543 

0.  Weifienfels,  Aoswahl  aas  d«o  griechischen  Pbilosopheo. 
Teil  II:  Aoswnhl  aos  Aristoteles  ond  deo  oachfolgeadeo  Philosopheo. 
Text  (IV  a.  122  S.)  und  KonmeaUr  (IV  n.  110  8.).  Leipzig  1906, 
B.  6.  Tenbner.    8.    je  1,20  Ji, 

Seiner  Chrestomathie  aus  den  Platonischen  Schriften  hat 
0.  WeiBenfeis  eine  Sammlung  von  StQcken  aus  Aristoteles,  Epiktet, 
Marcus  Aurelius,  Epikur,  Theophrast,  Plutarch  und  Lukian  folgen 
lassen,  die  ihm  geeignet  schienen,  die  Schüler  des  Gymnasiums 
mit  den  Hauptstücken  der  griechischen  Philosophie  nach  Piaton 
bekannt  zu  machen.  Es  kann  sich  dabei  natürlich  nur  um  die 
oberste  Klassenstufe  handeln,  da  ja  wohl  niemand  an  die  Lektüre 
dieses  Buches  herangehen  wird,  ohne  vorher  mit  seinen  Schülern 
den  Piaton  traktiert  zu  haben.  Und  da  erhebt  sich  gleich  zu  An- 
fang eine  Frage  von  großer  Bedeutung.  Wodurch  soll  für  diese 
Lektüre  Zeit  gewonnen  werden,  d.  h.  was  soll  ihr  weichen?  Die 
Antwort  wird  nur  so  lauten  können,  daß  in  Oberprima  anstatt 
der  bisher  gelesenen  Platonischen  Dialoge,  d.  h.  in  erster  Linie 
doch  wohl  des  Phaidon,  das  neue  Buch  eintreten  müßte  und  daß 
der  Lehrer  vor  die  Frage  gestellt  wird,  ob  er  den  Ertrag  der 
Denen  Lektüre  für  ebenso  bedeutend  erachten  kann  als  den 
früher  mit  dem  Phaidon  oder  einem  ähnlichen  Werke  Piatons  er- 
zielten. Wird  nur  auf  die  Reichhaltigkeit  und  Vielseitigkeit  des 
Stoffes  gesehen,  so  wird  unbedingt  die  Wage  sich  der  neuen 
Chrestomathie  zuneigen;  kommt  anderes  mit  in  Rechnung,  so 
wird  die  Entscheidung  nach  der  subjektiven  Anschauung  des 
einzelnen  verschieden  ausfallen.  Man  wird  jedenfalls  gut  tun, 
Berichte  über  etwaige  Proben  mit  dem  vorliegenden  Buche  ab- 
zuwarten, ehe  man  ein  endgültiges  Urteil  abgibt. 

Die  sprachlichen  Schwierigkeiten  der  neuen  Lektüre  scheint 
mir  WeiBenfeis  jedenfalls  unterschätzt  zu  haben,  wenn  er  sagt, 
er  hoffe,  daß  mit  Hilfe  des  in  seinem  Kommentar  Gebotenen  die 
Schüler  der  Schwierigkeiten  der  Texte  Herr  werden  würden,  ich 
glaube  doch,  daß  es  intensivster  Arbeit  in  und  außerhalb  der 
Schule  bedürfen  wird,  um  mit  diesen  zum  Teil  ziemlich  spröden 
Stoffen  zu  einem  befriedigenden  Resultate  zu  gelangen,  und  werd«; 
das  in  den  nachfolgenden  Zeilen  zu  beweisen  versuchen^). 

Ich  bespreche  zunächst  den  Textband.  Da  ist  es  für  jemand, 
der  Weißenfels  kennt,  selbstverständlich,  daß  seine  Auswahl  allen 
Anforderungen,    die    man    an    eine   geschmackvolle  und  bildende 


')  iDzwiflcheo  bemerkt  £.  Grünwald  in  den  INeneo  Jahrbüchern  (1907 
XX  1):  Ander»  als  W.  denke  ich  freilich  über  die  Schwierigkeit  des  Autors 
(d.  i.  Aristoteles).  Der  Kommentar  läfit  hier  grammatische  und  syntaktische 
Winke  mehr  als  anderswo  scbmerzlich  vermissen.  Daß  sie  cn  geben  Sache 
des  Liehrers  sei,  könnte  man  mit  mehr  Recht  von  den  sachlichen  Erklärungen 
ood  Cfbersetznngshilfen  sagen.  Die  Schüler  haben  mit  dem  knappen,  um 
schone  Diktion  oubekümmerten  Kollegienheftstii  ihre  schwere  Not.  Dazu 
kommt,  daß  die  Ausschnitte  nicht  immer  fugenlos  sind  ood  für  das  Ver- 
ständnis nötige  Zwischenglieder  aaslassen. 


544  0.  WeifleofeU,  Attftwahl  ins  dea  grieehisehen  Pkilosopken, 

Lektüre  zu  stellen  berechtigt  ist,  im  weitesten  Sinne  genügt,  wo- 
bei naturlich  nicht  ausgeschlossen  ist,  daß  die  gewählten  Stucke 
an  sich  von  sehr  verschiedenem  Werte  sein  können.  Aristoteles 
nimmt  den  breitesten  Raum  ein:  er  ist  mit  der  Nikomachischen 
Ethik,  Rhetorik,  Politik  und  Poetik  vertreten  (S.  1 — 56).  Ich  hebe 
einige  besonders  wirkungsvolle  Stucke  hervor.  HO:  Die  Freund- 
schaft (Nik.  Eth.  VIII  1.  3.  4),  11  1 :  Charakteristik  der  Lebens- 
alter (Rhet.  II  12 — 14),  III 1:  Ursprung  und  Wesen  des  Staates 
(Pol.  I  1.  2),  III  2:  Beurteilung  des  Platonischen  Idealstaates 
(Pol.  U  1 — 5).  In  Stück  III  3  ist,  worauf  mich  Herr  Professor 
L.  Martens  in  Elberfeld  freundlich  aufmerksam  machte,  die  Partie 
von  aviitßaivBi  bis  zä  onXa  zu  streichen.  III 4:  Der  beste  Staat 
(Pol.  IV  11^)  und  sämtliche  Stücke  aus  der  Poetik.  Im  8.  Stück 
derselben  ist  wohl  xofAfAog  statt  Tco^ftog  zu  lesen.  Im  12.  Stück 
kann  ich  mich  mit  dem  Anfang  des  jetzt  üblichen  Textes  nicht 
befreunden,  wo  es  heiBt:  IS«»  di  ^&og  iiiv,  iop  noi^  ifavaqov 
6  Xoyog  ^  ^  nga^ig  nQoalQsalv  tivccj  XQV^'^^^  ^^«  ^^^  XQV^^^' 
Ich  lese  immer  noch  lieber  wie  Bekker,  bei  dem  hinter  dem 
Worte  tiva  noch  steht:  (pavXov  ^kiv^  iäv  (pavXiiv  usw.,  und  bei 
dem  es  statt  (pavsQOV  heißt  ^avBqdv* 

Epiktet  ist  mit  dem  iyx^^Q^^^ov  und  den  diavQtßai  ver- 
treten. Ich  nenne  aus  dem  ersten  Werke  besonders  folgende 
Stucke:  3.  Nicht  die  Dinge  selbst,  unsere  Meinungen  von  den 
Dingen  machen  uns  unglücklich,  14.  Man  kann  nichts  erwerben, 
wofür  man  nicht  den  entsprechenden  Preis  zu  zahlen  gewillt  ist, 
17.  Sich  bei  allem  Tun  die  Bedingungen  des  Gelingens  klar 
machen  —  ein  Stück,  das  für  die  zerstreuende  Vielseitigkeit  und 
die  Veränderungssucht  der  modernen  Menschen  außerordentlich 
belehrend  ist  (man  vgl.  äv&^Qume^  nqmov  iniax€ipa$f  onotov 
icfii  TO  TtQayfjka*  sha  xal  z^v  (feavzov  wvdtv  xavdika&s^  et 
dvvaaai  ßaazdaak^  ferner:  dkXog  yäq  nqog  aiXo  niq>vxB\  und 
endlich:  Iva  ce  dsX  äv&Q<anov  ^  äya^or  ^  tcccxop  slvai'  ^  t6 
^yefAOvtxop  OB  dst  i^eQyd^ea&at  to  aavzov  ^  zä  ixzog  ij  nsQt 
zä  60(0  ifiXoxsxvetv  ^  neql  zä  i^od'  zovi*  saziv  ^  g>tXoc6ipoif 
zd^tp  inixB^v  ij  lömizov),  18.  Die  wahre  Gottesverehrung, 
24.  Nachsicht  üben  gegen  die,  die  uns  Übles  tun.  Aus  dem 
zweiten  Büchlein  seien  genannt:  2.  Der  Mensch,  ein  Kind  Gottes, 
4.  Calamitas  virtutis  occasio  est  und  6.  Ober  den  Selbstmord. 

Marcus  Aurelius  wird  jugendlichen  Gemütern  vielleicht 
weniger  zusagen  trotz  seiner  feinen  und  milden  Weltanschauung, 
doch  gibt  es  auch  hier  Glanzstellen.  So  Stück  19:  Die  Länge 
des  Lebens  ist  gleichgültig,  14.  Seliges  Sterben,  111:  Pbilosophia 
vitae  dux,  114:  Die  rechte  Verfassung  des  Innern,  wo  in  der 
Stelle  zi  z6  öetra  ngdaasi  zu  lesen  ist  o-dsTva  (vgl.  in  dem- 
selben Stück  die  Stelle  (fccrza^ogAepov,  zi  nozB  aXXog  Xiyst  ^ 
nqdaCB^  ^  ötavoBlzai). 

^)  Im  Text  steht  irrtümlicli  VI  11. 


angez.  voD  H.  Gillische  wki.  545 

Von  Epikur  wurde  ich  alles  Gebotene  lesen  bis  auf  die 
Spruchsatnmlung,  die  mir  schwer  und  unergiebig  scheint.  Nicht 
leicht,  dafür  aber  um  so  Interessanter  sind  die  Abschnitte  aus 
Theophrast :  Der  Schmeichler,  Der  [AefAipifAOtQogj  Der  fnxQoXoyog. 

Plutarchs  Consolatio  ad  uxorem  könnte  meiner  Meinung  nach 
sehr  woht  fehlen.  An  ihr  ist  nichts  Besonderes  als  die  ruhrende 
Schilderung  der  kleinen  Charakterzöge  der  verstorbenen  Tochter. 
Dagegen  ist  die  Consolatio  ad  ApoUonium,  die  zum  Teil  an  Piatons 
Axiochos  anklingt,  yortrefflich;  auch  Stuck  6  (Auch  das  Unglück 
ist  zu  etwas  gut)  ist  brauchbar. 

Lukian  beschließt  mit  zwei  charakteristischen  Stücken  den 
Reigen:  Timons  Fluch;  Die  lächerliche  und  widerspruchsvolle 
Nichtigkeit  des  menschlichen  Lebens. 

So  viel  steht  fest:  die  Auswahl  ist  groß  genug,  daß  man 
auch  in  dem  Rahmen  derselben  nach  Geschmack  und  Neigung 
wählen  kann.  Diese  Eigenschaft  sollte  übrigens  jede  Chrestomathie 
haben. 

Nun  zum  Kommentar. 

Sein  Bestes  sind  die  zusammenhängenden  Charakteristiken. 
Hier  zeigt  sich  die  an  Weißenfels  längst  geschätzte  Tiefe  des  Ver- 
ständnisses, seine  umfassende  Belesenheit  und  vor  allem  sein  be- 
neidenswertes Geschick,  schwierige  Dinge  in  bewunderungswürdiger 
Klarheil  und  glänzender  Sprache  für  Schüler  lesbar  und  inter- 
essant zu  gestalten,  in  mustergültiger  Weise.  Was  hier  in  den 
„Vorbemerkungen"  über  Aristoteles,  den  Stoizismus  und  Epikureis- 
iDUs  und  dann  in  den  kurzen  „Einleitungen''  über  Epiktet,  Hark 
Aarel,  Theophrast,  Plutarch  und  Lukian  gegeben  ist,  kann  ich 
ohne  Ausstellung  und  Einschränkung  vortrefflich  nennen. 

Hit  den  sachlichen  Erläuterungen  des  Kommenlars  wird 
man  zufrieden  sein.  Sie  sind  auch  im  ganzen  ausreichend.  Die 
sprachliche  Erklärung  ist  aber  meiner  festen  Oberzeugung  nach 
zu  kurz  gekommen.  Hier  hätte  Weißenfels  mehr  geben  dürfen, 
sogar  wohl  müssen.  Allerdings  hat  neulich  H.  Draheim  in  der 
Besprechung  eines  Schälerkommentars  zu  Piatons  Apologie  und 
Kriton  gesagt,  nur  die  Ausnahmen  dürfte  ein  Kommentar  er- 
läutern, denn:  Grammatik  sollte  freilich  einer  können,  wenn  er 
Piaton  liest.  Aber  wir  wissen  ja  doch  auch,  daß  „Ausnahmen'* 
und  „Können''  sehr  dehnbare  BegrilTe  sind  und  daß  unsere  Jungen 
leider  recht  viele  Hilfe  brauchen.  Aus  der  reichen  Fülle  von 
Stellen,  zu  denen  ich  wohl  eine  erklärende  Äußerung  gewünscht 
hätte,  gebe  ich  einige  Proben.  S.  11  (im  Text)  steht:  oi>x  eazip 
^a&^yai  t^v  xov  öixaiov  (lii  opia  ölxaiov  oväi  ifjp  zov 
fiovatxov  fiTJ  ovta  fAOva^xov,  Was  macht  der  Schüler  mit  r^v 
tov  dixaiov^  Ähnlich  ist  es  auf  S.  14  mit  dem  Satze:  dö^sie 
d'  UV  xal  efvat  IxaCtoq  xovxo,  tlntq  xö  xvqiov  xai  äfistpop. 
Unverständlich  bleibt  ohne  Kommentar  sicherlich  der  Satz  auf 
S.  35:  xaitot  noxsqov  ovxui  xqaXtxov  %6  ifior  Xiyeiv  txadtov^ 

Z«iuehr.  t  d.  OjauMaialweMB.    LXI    7.  35 


516  Sophokles'  Oid.  Tyr.,  hsgb.  v.  Hüter;  aogez.  von  W.  Gemoll. 

TO  avTO  fiiv  nqoGayoQBvovxaq  dioxti-toav  xal  fAVQioav,  ^  ikalXov 
(ig  vvv  iv  %atg  nolscft  to  i^ov  liyova&;  Wer  versteht  ohne 
weiteres  S.  88  bei  Mark  Aurel:  i(p*  ^fiäv  di  noaa  alla  ststi^ 
d*'  a  noXvQ  o  änaiXaxtuSv  i^ficSv?  Oder  S.  93/94:  äp&Qtanog 
Teraf/tit^og  nqog  t6  yiv€<f&a$  d«'  otov  d^  t6  xoiv^  avfiq>iQOVy 
oder  den  dritten  von  den  Spröchen  Epikurs? 

Ich  glaube,  Weißenfels  selbst  würde,  hätte  er  sein  Buch  im 
Unterricht  länger  erproben  können,  den  Kommentar  erweitert 
haben.  Empfehlenswert  und  nützlich  wäre  es  sicher,  bei  schweren 
Stellen  auch  die  lateinische  Übersetzung  der  Akademieausgabe  im 
Kommentar  abzudrucken. 

Die  Interpunktion  im  griechischen  Text  geßllt  mir  nicht 
überall;  auch  hier  wäre  wohl  eine  Revision  geboten. 

Auf  S.  43  Zeile  5  (v.  u.)  muß  das  erste  Wort  heißen  slyat. 
Auf  S.  66  Zeile  7  (v.  o.)  hat  /i^  keinen  Akzent.  S.  55  letzte 
Zeile  lies  am  Anfang  eoixev     S.  74  Zeile  1  (v.  o.)  lies  sL 

Endlich  bemerke  ich  noch,  daß  mir  im  Kommentar  auf  S.  101 
die  Erklärung  zu  aipsXsXv  TCQoxvda  überflüssig  scheint.  Es  steht 
da:  es  galt  das  als  ein  Symptom  schwerer  Erkrankung.  Das  hat 
doch  mit  der  Auffassung  unserer  Stelle  nichts  zu  tun. 

Alles  in  allem  dürfen  wir  zuversichtlich  sagen,  daß  auch 
dieses  Werk  des  unermüdlichen  Mannes  sich  mit  allen  Ehren  den 
übrigen  Kindern  seines  Geistes  hinzugesellt  hat. 

Berlin.  H.  Gillischewski. 

Sophokles'  Oidipas  Tyranoos.  Dritte,  i^äozlich  umg^earbeitete  Anflage. 
Herausgegeben  vod  Schubert  und  Hüter.  Mit  11  Abbildaogen. 
Leipzig  1907,  G.  Preytag.     LXT  u.  58  S.     8.     geb.  1,20  JC. 

Das  hier  Gebotene  zerfällt  in  drei  Teile,  den  Text,  die  all- 
gemeine Einleitung  über  das  griechische  Drama  und  Theaterwesen 
und  die  Vorbemerkungen  zum  Oidipus  Tyraunos. 

Der  Text  ist  im  allgemeinen  der  von  Wolff-Bellermann,  der 
den  Zwecken  der  Schule  entsprechend  behandelt  wurde,  d.  h.  es 
wurde  nicht  bloß  eine  äußere  Gliederung  hergestellt  durch  darüber- 
gesetzte,  ausgeschriebene  Namen  neuauftretender  Personen,  durch 
Kennzeichnung  der  Abgänge  und  der  Gedankeneinheiten,  sondern 
es  wurden  alle  Lücken  ausgefüllt,  eine  strengere  metrische  Re- 
sponsion  hergestellt  und  eine  einheitliche  Orthographie  angestrebt. 
Von  diesen  Ausnahmen  abgesehen,  darf  der  Text  als  konservativ 
bezeichnet  werden.  Freilich  dürfen  wir  nicht  vergessen,  daß  der 
Text  des  Oidipus  «Jung  und  unsicher  überliefert  ist"  (v.Wilamowitz 
Obersetzung  des  öd.  S.  83),  wie  denn  ein  in  Oxyrhynchos  ge* 
fundener  Fetzen  die  Verse  376  und  434  ebenso  verdorben  ent- 
hält wie  unsre  Hss.,  daß  in  vielen  Fällen  „das  eine  so  gut  über- 
liefert sein  kann  wie  das  andre'S  daß  man  „nicht  nach  äußeren 
Kriterien,  sondern  nach  dem  Werte  der  Lesarten  auswählen  mufi^^ 
(v.Wilam.  a.  a.  0.  S.  82.  83).    So  kann  z.  B.  v.  229  aßXaß^g  ebenso 


R.  Ag^ahd,  Attisches  Obongsbuch,  angei.  von  0.  Kohl.      547 

richtig  sein  wie  das  von  Höter  bevorzugte  ä<f(paXijg^  so  halte  Ich 
V.  425  oif  ih(f6i(r€ig,  desgl.  v.  217  toS  S-et»  für  richtiger  als  a  a' 
ititfdasi  und  tj[  vocda  usw.  Ja  man  kann  ilberhaupt  fragen, 
ob  Huter  recht  daran  tat,  von  Wolff-Bellermann  auszugehen; 
wenigstens  v.  Wilamowitz  bezeichnet  die  erklärende  Ausgabe  von 
Bruhn  als  diejenijse,  welche  dem  ihm  vorschwebenden  Text  am 
nächsten  komme.  Aber  hier  ist  ein  Land  der  unbegrenzten  Mög- 
lichkeiten, und  Höter  tat  doch  wohl  klug  daran,  aus  dem  von  der 
Wissenschaft  nach  mancherlei  Methoden  bestellten  Acker  besonnen 
das,  was  der  Schule  frommt,  einzuheimsen. 

Die  allgemeine  Einleitung  gliedert  sich  in  folgende  Ab- 
schnitte: 1.  Ursprung  und  Entwicklung  der  griechischen  Tragödie, 
2.  Leben  und  Werke  des  Sophokles,  3.  Bau  und  Wesen  der  Tra- 
gödie, 4.  Metrisches,  5.  Theaterwesen  in  Athen.  Diese  Einleitung 
kann  natürlich  jedem  Sophokleischen  Drama  vorangeschickt  werden 
and  findet  sich  auch,  wie  hier,  so  in  der  Aias-,  Antigone-  und 
Elektraausgabe  des  Tempsky-Freytagschen  Verlags.  Das  hat  sein 
Gutes  gehabt;  denn  diese  Einleitung  ist  seit  der  Aiasausgabe  immer 
wieder  durchkorrigiert  und  inhaltlich  bereichert  worden,  so  daß 
der  Verf.  nun  eine  „gewisse,  wenn  natürlich  auch  elementare  Voll* 
ständigkeit''  erreicht  zu  haben  hofft.  Das  soll  ihm  gern  zuge- 
standen werden.  Höher  schätze  ich  ein  andres  Verdienst.  Dieser 
Teil  des  Buches  ist  für  den  Lehrer,  der  Schüler  kann  ihn  nur  an 
der  Hand  und  nach  Auswahl  des  Lehrers  genießen.  Somit  kann 
der  Lehrer  erwarten  und  verlangen,  daß  ihn  der  Verf.  wieder  in 
den  Kontakt  mit  der  Wissenschaft,  der  sich  leicht  im  Getriebe 
des  Dienstes  lockert  oder  gar  verloren  geht,  bringt.  Selbstver- 
ständlich kann  sich  der  Lehrer,  der  Sophokles  mit  Primanern 
liest,  nicht  auf  diese  Einleitung  beschränken,  aber  als  allgemeine 
Orientierung  über  die  in  Betracht  kommenden  wissenschaftlichen 
Forschungen  und  Fragen  leistet  sie  in  der  Tat  ganz  vortreffliche 
Dienste.  Soll  ich  auch  hier  die  sauer  blickende  Miene  des  Ke- 
zensenten  aufstecken,  so  sei  die  Bemerkung  gestattet,  daß  Teil  4 
,,Metri8ches''  eigentlich  wohl  an  die  fünfte  Stelle  rücken  und  aus- 
führlicher werden  müßte;  das  Gefühl  für  Metrik  bei  Schülern 
wu*d  gewöhnlich  überschätzt. 

Ib  den  „Vorbemerkungen  zum  Oidipus  Tyrannos'*  behandelt 
der  Verf.  1.  die  Vorgeschichte,  2.  den  Aufbau,  3.  Idee  und 
Charaktere.  Ich  habe  hier  zu  Ausstellungen  keinen  Anlaß  ge- 
funden. 

Liegnitz.  Wilh.  Gemoll. 

R.  Agahd,  Attisches  Obuo(^sboch.  Anhang:  Maße,  Münzen  u.a.,  Ge- 
schichte der  griechischen  Literatur  and  Philosophie.  Göttingeo  1905, 
Vandeohoeci[  dr  Roprecht.     X  u.  154  S.     8.    geb.     2,40^. 

Seiner  „Attischen  Grammatik*^  bat  Agahd  rasch  das  dieselbe 
verwertende  Obungsbuch  folgen  lassen,    indem  er  annimmt,    daß 

35* 


548  ^-  Agahd,  Attisches  Cboogsbach, 

ZU  gleicher  Zeit  Xenophons  Anabasis  von  Anfang  an  gelesen 
wird.  Nach  Hornemanns  Plan  sollte  die  ganze  U III  und  0  III  mit 
dem  „homerischen  Stofif^'  ausgefüllt  werden;  Agahd  hält  1|  Jahre 
für  ausreichend,  so  daß  im  zweiten  Halbjahr  der  0  III  nur  wenige 
Stunden  für  Repetieren  von  Homerlektüre  verwendet  werden. 
Mit  dem  zweiten  Halbjahr  der  0  III  beginnt  also  nach  ihm  der 
attische  Kursus,  und  zwar  wird  in  0  III  die  Formenlehre  bis  zu 
den  y.  fit  einschließlich  oder  auch  bis  Ende  der  unregelmäßigen 
Verben  einschließlich  erledigt,  in  U  II  ev.  die  unregelmäßigen 
Verben,  die  Genera  v.  u.  Modi  und  Kasus,  in  0  II  neben  den 
Hellenika  der  Infinitiv,  das  Partizip  und  die  Satzarten.  Im 
Reformgymnasium  reicht  nach  Agahds  Meinung  ein  Jahr  U  II  für 
den  homerischen  StolT  aus,  in  0  II  würden  neben  Xenophons 
Anabasis  I— IV  die  Formenlehre  und  die  Syntax  bis  zum  Infi- 
nitiv, in  U  I  der  Rest  erledigt.  Ob  der  die  Reformgymnasien 
überwachende  Geheimrat  Reinhardt  der  Homermethode,  welche 
er  früher  von  diesen  bestimmt  ausschloß,  eine  Probe  an  den 
betreffenden  Anstalten  gestatten  wird,  ist  abzuwarten.  Agahds 
grammatische  Verteilung  ist  ja  theoretisch  möglich,  bringt  jedoch 
zu  viel  grammatischen  Stoff  noch  nach  U  I;  ein  praktisches 
Übungsbuch  aber  kann  nicht  für  Schüler  von  U  II—U  I  in  gleicher 
Weise  gut  sein  wie  für  Schüler  von  0  HI — 0  II.  Das  Buch 
bietet  nur  deutsche  zusammenhängende  Stücke  mit  einer  am 
Schluß  stehenden  Aufführung  der  zu  je  einem  Stück  notwendig 
scheinenden  Vokabeln,  und  zwar  schließen  sich  die  32  Stücke 
des  ersten  Teiles  S.  1—34  (2.  und  1.  Deklination  bis  unregel- 
mäßige Verben)  und  die  31  Stücke  des  zweiten  Teiles  S.  57 — 87 
(Genera  und  Modi,  Kasus,  Infinitiv  und  Partizip)  inhaltlich  ziemlich 
genau  an  Anabasis  I  u.  II  bezw.  III  u.  IV,  die  13  Stücke  des 
dritten  Teiles  S.  88—103  (Satzarten)  an  Hellenika  I  7  u.  II 1—4 
an.  Immer  sind  übersichtlich  in  der  Oberschrift  die  Paragraphen 
der  Grammatik  und  die  Paragraphen  der  griechischen  Lektüre 
angegeben.  Aber  die  Stücke  7  u.  8  „Charakteristik  des  Kyros'% 
sowie  14  u.  15  des  ersten  Teiles  „Ober  Klearch  und  MenoD'S 
welch  letztere  zwischen  „Lektüre  Anab.  I  4,  1 — 17''  und  „Lektüre 
Anab.  1  4,  17 — 5,10''  stehen,  tragen  die  Oberschrift:  „Lektüre: 
Ohne  bestimmte  Anlehnung",  schließen  sich  jedoch  an  An.  f  9 
u.  II  6  an,  nur  daß  wegen  des  grammatischen  Pensums  in  7  u.  8 
mehr  Adjektiva,  in  14  u.  15  Worte  wie  „ersinnt",  „schrie" 
„Schwache  und  Kranke"  (diOj  eu),  ow)  eingesetzt  sind.  In  I  16 
opfern  die  Priester  erst  nach  Oberschreitung  des  Euphrat  dem 
Flußgott  und  gar  nicht  vorher;  auch  „wurde  von  den  Barbaren 
ein  Hügel  aufgeschüttet,  und  Steine,  die  aus  den  Bergen  gebrochen 
waren,  wurden  hinaufgeschleift,  von  Priestern  gesalbt".  In  I  1 
steht  ,,Proxenos  schickte  einen  Boten  zu  Xe.  nach  Athen'*,  in  II  1 
richtig  „einen  Brief".  II  2  Xe.  war  von  Sokrates  nicht  „beauf- 
tragt" worden,  als  er  nach  Delphi  ging;  dann  „S.  entließ  Xe.,  ob- 


aogez.  voD  0.  Kohl.  549 

gleich  mit  Zoro  ond  Trauer*^  Die  RedeD  Lysanders  und  eines 
Äbydeners  nach  der  Schlacht  bei  Aigospotamoi  III  sind  durch 
»sagt*'  i,sagle  folgendes**  als  echt  fiberliefert  hingestellt;  ebenso 
die  frei  erfundene  und  z.  T.  unwahrscheinliche  Ansprache  des 
Tberamenes  an  die  Athener  III  8.  Orontas  I  18  ist  nach  Meinung 
einiger  von  Sklaven  getötet,  aber  doch  nicht  „abgeschlachtet*' 
wonjeo. 

Die  Paraphrase  ist  im  ganzen  gut.  Daß  aber  „Klearch 
mit  lauter  Stimme  schrie,  sooft  er  zornig  war**,  daß  Kyros  in 
seinen  Parks  viele  Elefanten  und  Löwen  hatte,  die  Vögel,  die 
durch  die  Luft  flogen,  mit  dem  Pfeil  traf,  und  statt  sößen  Weines 
lieber  klares  Wasser  oder  liebliche  Milch  trank,  sind  eigene  z.  T. 
recht  zweifelhafte  Ausföhrungen.  Wie  1  u.  2  von  Xenophons 
Leben  und  5  u.  6  von  den  griechischen  Söldnerheeren  bandeln, 
wären  noch  einige  Stöcke  mit  freierem  Inhalt  fQr  die  Schfiler 
angenehm.  In  1 — 4,  Xenophons  und  Kyros'  Leben,  wird  die 
1  und  1.  Deklination  eingeübt.  Zu  den  12  Zeilen  von  1.  sind  im 
Wörterverzeichnis  26  aus  Homer  bekannte  (durch  f  bezeichnet)  und 
24  neue,  im  Text  noch  3  neue  gegeben;  zu  den  24  Zeilen  von 
1  im  Wörterverzeichnis  8  homerische  und  50  neue,  im  Text 
noch  12  gegeben.  Das  ist  för  den  Anfang  zu  viel,  später  wird  es 
besser;  zu  anavtdfa  und  a$ya<»  könnte  ijao[ia$  oder  F.  M.  hin- 
zugefögt  werden.  Im  Text  von  1  u.  2  stehen  viele  Namen 
Sfvoq^äv^  SmxQaTKgj  nq6%€Voq^  KSgog,  ^uiQta^ig^fi gj  ^AväßatShg^ 
'EXX^anoytogf  JSxt/iXovgj  ^Enafie^yoivdag,  dagegen  im  Vokabei- 
verzeichnis  ^A&nvai,  UeXoTtoyvfjüiaxog^  ^AS^vaXog,  ^HXetog, 
ßijßatog^  AaxsoaifAOViog,  AsvKxqa^  Ilovxog  Ev^eivog^  KoQhV- 
^og.  Die  sämtlichen  Eigennamen  würden  praktischer  in  ein 
alphabetisches  Verzeichnis  zusammengefaßt.  Grammatische  Hilfen 
stehen  wenige  unter  dem  Text,  viele  im  Text;  Vokabelhilfen  nur 
im  Text.  „Dat.  des  Mittels**  und  Hinweise  „als  gen.  abs.'*  oder 
„in  der  Hoffnung  partic.**  oder  „unter  Päanrufen  part.  praes.'* 
scheinen  mir  unnötig.  Der  Anfang  der  Deklination  ist  erschwert 
durch  den  Inhalt,  welcher  viel  in  späteres  Grammatikpensum  vor- 
greift. In  I  21  V.  liqu.  steht  sachlich  unwahrscheinlich  „die 
Soldaten  ruhten,  auf  die  Waffen  gelehnt*',  um  xXlvdn  anzubringen, 
dessen  Kompositum  iyxlivofia$  in  der  Anabasis  nicht  vorkommt, 
während  die  häufig  vorkommenden  xQiyca  und  dnoxQlpofiai 
fehlen.  In  1  13  „Bevor  die  übrigen  geantwortet  hatten,  führte 
Menon**,  heißt  es  in  der  Anmerkung  j^ngip  regiert  gewöhnlich  die 
Infinitivkonstruktion*';  hier  muß  diese  stehen. 

Alle  Hilfen  in  und  unter  dem  Text  sind  zu  klein  gedruckt, 
während  sonst  der  Druck  gerechten  Anforderungen  entspricht 

In  einem  Anhang  sind  zunächst  S.  116 — 121  die  Längen-, 
Wege-  und  Hohlmaße,  sowie  die  Gewichte,  die  Münzen  und  die 
Zeitmessung  praktisch  behandelt.  Es  folgt  S.  121-  134  im  An- 
schluß   an    Christ    und    Kopp    ein    übersichtlicher    ,, Abriß    der 


550  E.  Hesselmeyer,  Deatsch-griechisches  Schulwörterbacb, 

Literaturgeschichte"  bis  Demosthenes  und  Ephoros;  Polybius, 
Plutarch,  Arrian  und  Pausanias  sind  noch  zusätzlich  erwähnt;  bei 
der  Odyssee  hätte  die  Telemachie,  bei  Isokrates  eine  Rede  ge- 
nannt werden  sollen.  Die  an  Windelband  sich  anschließende 
„Geschichte  der  Philosophie*'  S.  134 — 153  behandelt  meines  Er- 
achtens  die  vorsokratische  Philosophie,  namentlich  Anaximander 
und  Anaximenes  zu  ausführlich,  während  von  den  sieben  Weisen 
nur  drei  genannt  und  Pythagoras  und  die  Pythagoreer  sehr  kurz 
abgetan  werden  (z.  B.  Lehrsatz  nicht  erwähnt).  Bei  Protagoras 
hätte  nsQi  &e<Sv  erwähnt  werden  müssen,  bei  Antisthenes  war 
Platz  zu  einem  treffenden  Spruch  über  den  noyog  statt  f,Die 
Kyniker  (Antisthenes,  Diogenes)  lehren,  daß  die  Tugend  allein 
glücklich  macht*'.  Bei  Plato  hätten  die  vier  zusammengehörenden 
Dialoge  Euthyphron,  Apologie,  Kriton  und  Phaidon  zusammenge- 
nannt und  weiterhin  Piatos  und  Aristoteles'  Politik  charakterisiert 
werden  müssen.  „Die  nacharistotelische  Zeil**,  bez.  die  „stoische 
und  die  epikureische  Schule**  (auch  „Epikureer*'  und  „Pythago* 
reer**)  erhalten  nur  eine  halbe  Seite.  Die  S.  154  bietet  eioe 
„synchronistische  Übersicht**  der  bedeutendsten  Dichter  und  Schrift-r 
steller  in  Elegie  und  Jambik,  Lyrik,  Tragödie  und  Komödie,  Ge- 
schichte, Beredsamkeit,  Philosophie. 

Kreuznach.  0.  Kohl. 

«  

E.  Hesielmeyer,  Deutsch-griechisches  Scholwörterbuch.    Stutt- 
gart 1907,  Adolf  Bonz  &  Comp.     IV  u.  415  S.     8.     geb.  6  JC- 

Hesselmeyers  deutsch-griechisches  Schulwörterbuch  ist  zu  einer 
Zeit  erschienen,  in  der  auf  den  deutschen  Gymnasien  die  Übungen 
im  Übersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  Griechische  allgemein  ein- 
geschränkt sind.  Auch  Württemberg,  das  Heimatland  Hesselmeyers, 
das  sich  lange  ablehnend  gegen  diese  Einschränkung  verhalten 
hat,  ist  jetzt  darin  dem  Zuge  der  Zeit  gefolgt.  Indes  dadurch 
hat  sich  H.,  mochte  er  auch  bei  der  Inangriffnahme  seines 
Wörterbuches  zunächst  an  die  württembergischen  Gelehrtenschulen 
gedacht  haben,  doch  nicht  abhalten  lassen,  sein  schon  vier  Jahre 
zuvor  begonnenes  und  inzwischen  der  Vollendung  nahe  gebrachtes 
Werk  vollends  fertig  zu  stellen  und  es  der  Öffentlichkeit  zu  über- 
geben. Auch  daß  in  Württemberg  die  Herausgabe  eines  offiziellen 
griechischen  Vokabulariums  vorgesehen  ist  und  daß  bei  den 
schriftlichen  Prüfungen  der  Gebrauch  eines  deutsch-griechischen 
Wörterbuches  fortan  wegfallen  soll,  hat  ihn  nicht  davon  abgebracht. 
Er  meint,  indem  er  sich  auf  das  navta  ^et  beruft,  mit  der 
wurttembergischen  Verfügung  über  die  Abschaffung  des  Lexikon- 
gebrauchs bei  der  Prüfung  sei  noch  nicht  das  letzte  Wort  in  der 
Sache  gesprochen.  Ferner  sei  doch,  sagt  er,  auch  anderwärts 
mit  der  Einschränkung  der  Übersetzungen  ins  Griechische  nicht 
die  absolute  Entbehrlichkeit  jedes  Lexikons  verbunden  gewesen, 
und  sein  Buch  sei  nicht  für  Württemberg  allein  bestimmt,  sondern 


toge«.  voQ  A.  Gramme.  55} 

für  das  gesamte  deutsche  Sprachgebiet,  soweit  io  dessen  Grenzen 
die  allgriechische  Sprache  erlernt  werde.  GewiB  kann  man  auch 
uDter  den  heutigen  Verhältnissen  einem  deutsch -griechischen 
Schulwörterbuche  die  Daseinsberechtigung  nicht  absprechen,  wo- 
fern es  nur  geeignet  ist,  dem  Schüler  beim  Erlernen  des  Griechin 
sehen  rechten  Nutzen  zu  stiften. 

Der  Verfasser  wollte  vor  allem  ein  kurzes,  billiges  Wörter- 
buch liefern.  „Bei  der  Auswahl  des  Stoffes'',  sagt  er,  „war  maß- 
gebend, daB  ein  Ersatz  geschaffen  werden  sollte  för  die  teuren, 
großen  deutsch-griechischen  Wöfterbücher,  die  Hunderte  von 
Wörtern  mitfuhren,  die  im  gewöhnlichen  Obersetzungsbetriebe 
überhaupt  nie  vorkommen**.  Und  kurz  ist  das  Wörterbuch  in 
der  Tat,  es  ist  zu  kurz.  Ich  habe  ein  paar  andere  Wörterbücher 
zum  Vei^leiche  herangezogen,  namentlich  das  allem  Anscheine 
nach  von  H.  selbst  benutzte  kleinere  deutsch-griechische  Wörter- 
bach von  Rost,  das  ein  Auszug  aus  ßosts  größerem  Wörterbuche 
und  ausdrücklich  nur  „für  den  ersten  Schulgebrauch"  bestimmt 
ist.  Das  Rostsche  Buch  weist  unter  A  2344  und  unter  L 
734  Artikel  auf,  das  Hesselmeyersche  dagegen  unter  A  874  und 
unter  L  435,  im  Durchschnitt  also  lange  nicht  halb  so  viele  Artikel 
wie  das  Rostsche.  Nun  will  ich  zwar  nicht  in  Abrede  stellen, 
daß  Rost,  Jacobitz  und  Seiler  u.  a.  gar  manches  Wort  aufführen, 
das  im  Bereiche  der  Gymnasialstudien  kaum  jemals  vorkommen 
dürfte  und  darum  aus  einem  Schulwörterbuche  recht  wohl  weg- 
bleiben kann.  H.  hat  aber  aus  seinem  Buche  auch  Wörter,  die 
nachzuschlagen  der  Schüler  leicht  in  die  Lage  kommen  kann,  in 
großer  Anzahl  weggelassen,  und  das  will  mir  nicht  als  richtig  er- 
scheinen. Ich  habe  bei  ihm  unter  A  gegen  170  und  unter  L 
über  100  derartige  Wörter  vermißt,  darunter  so  unentbehrliche 
wie  abgewöhnen,  Abmarsch,  Abzug,  abscheulich,  abstumpfen,  ab- 
wischen, Achse,  adelig,  Ähre,  Altertum,  sich  anheischig  machen, 
anpassen,  Antrieb,  Arglist,  arglistig,  atmen,  Augenbraue,  auslassen, 
ausnehmen;  Landbaus,  langmütig,  lautlos,  lebensmüde,  Leere,  lehnen 
wie  anlehnen,  Leichtigkeit,  Leim,  leimen,  Lende,  Lerche,  lernbar, 
Liebreiz,  lobenswert.  Loch,  lose.  Namentlich  sind  es  verba  com- 
posita,  die  fehlen,  wie  abnagen,  abpflücken,  abreiben,  abschreiben, 
abschwächen,  aufliSufen,  aufraffen.  Aber  nicht  allein  in  der  Aus- 
wahl der  deutschen  Wörter,  sondern  ebenso  auch  in  der  Auswahl 
der  griechischen  Obersetzungen  zeigt  sich  vielfach  eine  Beschrän- 
kung, die  zu  weit  geht.  Wenn  für  Abnahme  nur  tSiiqiitSiq^  für 
abspannen  nur  avUvah^  für  Abwechselung  nur  nohXhXia^  für  An- 
bau nur  (pvteia,  für  Anzeichen  nur  T€XfAiJQ$oyy  für  aufreiben  gar 
nur  xctralvfialvsad^a^  und  für  lästerlich  nur  dsivo^  angegeben 
wirdy  so  sind  das  sehr  einseitige  Obersetzungen,  durch  welche  die 
Bedeutung  der  deutschen  Wörter  längst  nicht  erschöpft  und  zum 
Teil  nicht  einmal  in  der  Hauptsache  zutreffend  wiedergegeben 
wird.     Daß    bei   langwierig   %(i6vio^   (vgl.  chronisch),    bei  liberal 


552  ^'  Hesselmeyer,  Dentsch-^riecbisches  Schalwörterbach, 

iXsvS'^Qtog  fehlt,  ist  befremdend;  daß  bei  Aufwand  öandvfin  bei 
aufzeichnen  ävayqdifshv  und  bei  Frühstück  aqktsxov  fehlt,  fallt 
um  so  mehr  auf,  als  bei  aufwenden  danaväv^  bei  Aufzeichnung 
ävaygaff^  und  bei  frühstücken  aq^atav  als  erste  oder  als  einzige 
Übersetzung  steht.  Wenn  aber  bei  Asche  nicht  anodog^  bei  Lilie 
nicht  Xeiqiov  und  gar  bei  Liebe  nicht  Sqijaq,  bei  Linie  nicht 
yQafjtfAi]  und  bei  Lust  nicht  ^dopij  angegeben  ist,  so  laßt  sich 
das  mit  dem  Streben  nach  Kürze  sicherlich  nicht  mehr  ent- 
schuldigen. Wie  weit  soll  denn  die  Rücksicht  auf  Kürze  und 
Billigkeit  bei  einem  Schul wörterbuche  gehen?  Sunt  certi  denique 
Ilnes  —  das  gilt  doch  auch  hier.  Sollte  es  nicht  besser  sein, 
wenn  ein  solches  Buch  ein  paar  Mark  mehr  kostet,  als  wenn  es 
den  Auskunft  und  Hilfe  Suchenden  so  und  so  oft  im  Stiebe  läßt? 
Und  sollte  es  so  gar  verkehrt  sein,  wenn  das  Wörterbuch,  das 
der  Primaner  benutzt,  auch  dem  Studenten  und  dem  Manne  der 
Praxis  noch  einigen  Nutzen  stiften  kann?  —  Durch  Weglassen 
des  Sterns,  der  zu  zahllosen  Verben  gesetzt  i^t,  um  auf  irgend 
eine  Unregelmäßigkeit  oder  Eigenheit  in  der  Form  hinzudeuten, 
durch  Beseitigung  des  Striches,  der  sich  zwischen  vielen  syno- 
nymen Wörtern  statt  eines  Kommas  findet,  durch  Weglassen  et- 
licher Präsens-  und  Perfektpartizipien  (wie  lodernd  neben  lodern, 
anvertraut  neben  anvertrauen)  u.  a.  wird  der  Verf.  bei  Ver- 
anstaltung einer  neuen  Auflage  Baum  für  Wichtigeres  gewinnen 
können. 

Becht  bedenklich  sieht  es  in  unserem  Wörterbuche  um  die 
alphabetische  Ordnung  der  deutschen  Wörter  aus.  Der  Verf. 
schreibt  zwar  durchweg  ä,  ö,  ü,  äu,  weist  aber  den  Wörtern  mit 
diesen  Umlauten  meist  die  Stelle  an,  die  ihnen  zukäme,  wenn 
man  eigentlich  ae,  oe,  ue,  aeu  zu  schreiben  hätte.  Er  stellt  z.  B. 
färben  vor  Farbe,  Größe  vor  groß,  gunstig  vor  Gunst,  häufen  vor 
Haufe  und  folgt  hierin  —  ob  aus  Grundsatz  oder  Bequemlich- 
keit, bleibe  dahingestellt  —  einem  ausschließlich,  wie  es  scheint, 
in  deutsch-griechischen  Wörterbüchern  noch  festgehaltenen  Brauche, 
trotzdem  er  dadurch  nicht  bloß  gegen  die  sonst  jetzt  allgemein 
übliche  Ordnung  verstößt,  sondern  auch  viele  zusammengehörende 
Wörter  in  ganz  zweckwidriger  Weise  voneinander  trennt.  So 
steht  Härte  cfregeoTf^g  5  Seiten  vor  seinem  Stammworte  hart 
CT€Q€6g  (oder  CTSQQog,  nicht  azegogl)  und  häuslich  olxslog 
6  Seiten  vor  Haus  otnog.  Noch  schlimmer  ist,  daß  der  Verf. 
diesem  Verfahren,  das  er  sich  zur  Regel  gemacht,  keineswegs 
überall  treu  bleibt.  Er  stellt,  um  nur  einiges  anzuführen,  Anstand 
vor  anständig,  Arzt  vor  ärztlich,  Glas  vor  gläsern,  Person  vor  per- 
sönlich, Schande  vor  schändlich,  Sturm  vor  stürmen,  Vater  vor 
väterlich,  Vernunft  vor  vernünftig,  zart  vor  zärtlich.  Dieses 
Schwanken  hat  ihn  sogar  dazu  geführt,  einzelne  Wörter  zweimal 
aufzuführen.  So  steht  Cppigkeit  S.  317  und  328,  ändern  S.  5 
und   7^    Äußere    (bez.    Äußeres)    und    Äußerung    S.  5   und    19, 


«Dgez.  von  A.  Gronime.  553 

JogstigeD  und  ängstlich  S.  5  und  8  und  Ärger,  ärgern,  ärmlich 
S.  5  and  12,  und  zwar  groBenteils  mit  anderen  griechischen 
W&rtern  und  Wendungen  an  der  zweiten  als  an  der  ersten  Stelle. 
Sonderbare  Widersprüche  finden  sich  in  der  Einreihung  abgeleiteter 
und  zusammengesetzter  Wörter,  auch  wo  kein  Umlaut  in  Frage 
kommt  Es  folgt  zwar  richtig  Aufmerksamkeit  auf  aufmerksam, 
Vaterland  auf  Vater,  aber  umgekehrt  steht  Apfelbaum  vor  Apfel, 
Anspruchslosigkeit  vor  anspruchslos,  Arglosigkeit  vor  arglos.  Auf« 
fTihrung  vor  auffahren.  An  unrechter  Stelle  stehen  alle  mit  außen 
und auBer beginnenden  Wörter,  fernerachten,  ausbessern,  Auspizien 
(auf  S.  21  statt  19),  betiteln,  hintragen  und  die  12  folgenden 
Wörter,  femer  Lagerwache,  Landzunge,  lebensgefährlich,  lehrreich, 
leibeigen,  Losung  und  manche  andere  Wörter.  Es  liegt  auf  der 
Hand,  daß  durch  so  viele  Verstöße  gegen  die  alphabetische  Ord- 
nung die  Raschheit  und  Sicherheit  des  Auffindens  erschwert  wird, 
und  selbst  der  schöne  und  deutliche  Druck  und  die  Beschränkung 
des  Wortvorrats  helfen  ober  diese  Schwierigkeit  nicht  allenthalben 
hinweg. 

Ke  Zahl  der  Fehler,  auch  der  nicht  angemerkten  Druckfehler, 
ist  ziemlich  groß.    Ich  erwähne  nur  einige  sprachliche  Inkorrekt- 
heiteo.    Anhaben    heißt    nicht   hdvea^at,    wie  angegeben  wird, 
sondern   ivdsdvxivaL    und    umgekehrt   anwachsen    nicht    ngotf- 
nafvxivai,  sondern  nqoCfpvBdd'a^,  ausdauern  in  oder  bei  etwas 
nicht  iyxa^€QeZv  nqog  t»v»  (wohl  eine  Verwechselung  mit  iyx. 
TT^og  r»),    sondern    iyx,  t^vi,     S.  13    findet   sich:    „Aschenkrug 
9  (fnodia'*.    Dafür  sollte  es  heißen:  Aschenhaufen  anodia,  Aschen- 
krug vdqia.     Es  sind  also  zwei  Artikel  irrtümlich  zu  einem  ver- 
bunden.    Derselbe  Irrtum    dürfte    bei  „ausschöpfen  ixxstp^'  vor- 
liegen, wofür  es  heißen  sollte:  ausschöpfen  i^aprlsty,  ausschütten 
ixx€tp,    S.  261  wird  zu  dem  Adjektiv  „rechter  ds^tog'*  die  Redens- 
art „zu  rechter  Zeit  iv  xahqm'*^  gesetzt,  die  doch  zu  „recht  ÖQ&og'' 
gebort    Als    eine   lexikalische  Ungenauigkeii   muß  es  bezeichnet 
werden,  wenn,  was  öfters  vorkommt,  das  griechische  Wort,  welches 
dem  Sinne  eines  deutschen  Wortes  am  meisten  entspricht,  nicht 
als   erste  Übersetzung   angegeben  wird,    sondern  erst  an  zweiter 
oder,  wie  z.  B.  x€v6g  bei  leer,  erst  an  dritter  Stelle  steht.    Ebenso 
ist  es  inkorrekt,  wenn  an  Stelle  des  unbestimmten  deutschen  Ge- 
schlechtswortes zu  einem  Substantiv  o,  i^,  ro  gesetzt  wird.    Richtig 
wird  „eine  leise  Stimme**  durch  (pcov^  (nxQa  übersetzt,  aber  un- 
richtig   „ein    langer  Weg*^   durch    f    /kaxQa   odog   und    „leichte 
Reiterei''  durch  oi  ip^lol  InneJg,    Doppelt  fehlerhaft  ist  ij  (laxf] 
hxvQci  für  „lebhafter  Kampf  und  o  Xoyog  ds^vog  für  „lebhafte 
Spräche'S    während  das  unmittelbar  daneben  stehende  „lebhafter 
Streit"    richtig   durch  Sqhg  noXXij  wiedergegeben  ist.     Eine  auf- 
fallende Unstimmigkeit  zeigt  sich  in  der  Verschiedenheit  der  Form, 
in  der  gewisse  deutsche  Wörter  aufgeführt  werden.    S.  261  findet 
sich  „rechter",  aber  S.  227  ,,link'*  und  S.  6  „air*;  S.225  „letzte**, 


554  Thiers,  Expedition  d'£gypte,  bsgb.  v.  Weyel, 

aber  S.  112  „cr8te(r)"  und  „ersterer"  und  S.  7  „anderer'';  S.  347 
„vorderer",  aber  S.  190  „hinter**  als  Adjektiv;  S.  136  ,»Ganze*'  und 
S.  5  „Äußere**,  aber  S.  19  „Äußeres**.  Also  starke,  schwache  und 
Stammformen  in  buntem  Wechsel.  Oberhaupt  ist  Gleichmäßigkeit 
nicht  die  starke  Seile  des  Buches.  Neben  reich  wird  noch  „Reiche 
o  nXovaiog'*^  aufgeführt,  aber  neben  arm  nicht  noch  (der)  Arme; 
neben  ganz  noch  „Ganze  rö  oXov'^j  aber  neben  all  nicht  auch 
(das)  Ali;  S.  346  ist  die  Präposition  „vor**  angegeben,  aber  S.  190 
vermißt  man  hinter  als  Präposition.  Eine  Ermunterung  zur  Grönd- 
lichkeit  und  Sorgfalt  kann  man  in  derartigen  Widersprüchen  und 
Ungenauigkeiten  für  den  Schüler  gewiß  nicht  finden. 

Angehängt  ist  dem  Buche  S.  376 — 415  ein  „kurzes  Wörter- 
buch der  Eigennamen**.  Der  Anhang  ist  ähnlich  gearbeitet  wie 
der  vorangehende  Hauptteil.  Es  fehlen  Namen,  die  wichtiger  sind 
als  manche  der  aufgenommenen,  z.  B.  Altis,  Amphion,  Amphipolis, 
Von  den  12  attischen  Monatsnamen  ist  nur  einer,  Anthesterion, 
verzeichnet.  Bei  einzelnen  Eigennamen  ist  die  Quelle  angegeben, 
bei  anderen  ebenso  sellenen  nicht,  und  zu  einigen  sind  Er- 
klärungen hinzugefugt,  zu  anderen  nicht,  auch  zu  solchen  nicht, 
die  deren  wohl  bedürfen.  Bei  einigen  Völkernamen  steht  der 
Artikel  ö,  oi,  bei  anderen  ist  er  ausgelassen.  *0  Bictovoq  ist 
ein  falscher  Singular  zu  o\  BlttTOveg,  Der  thrazische  Bosporos 
heißt  in  richtigem  Griechisch  nicht  6  Bocnoqoq  9Qqxix6c, 
sondern  6  Q.  B,  und  Aqua  Sextiä  nicht  td  vdaxa  Si^^a, 
sondern  rä  JS.  vdata.  Der  griechische  Name  für  Antium  ist  (ro) 
^Avviov  und  nicht  ii  ^Avihov^  aucb  nicht  tä  (!)  ^Avtsia  oder  gar 

Soll  das  schon  ausgestattete  Buch  den  Schulern  rechten 
Nutzen  bringen,  so  wird  sein  Inhalt  gründlich  verbessert  werden 
müssen. 

Gera-Untermhaus  (Reuß).  Albert  Grumme. 


Thiers,  Expeditioo  d'Ed^ypte.  Heravsgegebeo  von  F.  Weyel.  Mit 
3  AbbilduDC^eD  ood  4  Karten.  Leipzic^  1906,  G.  Frey  tag.  127  S.  S. 
1,50  JC' 

Diese  neue  Ausgabe  des  viel  gelesenen  Werkes  ist  empfehlens* 
wert.  Für  eine  zweite  Auflage  würde  ich  raten,  im  Text  die 
Beschreibung  Ägyptens  aufzunehmen  und  dafür  lieber  Kapitel  16 
(Aufstand  in  Kairo)  zu  kürzen.  Mit  Recht  hat  der  Herausgeber 
nicht  mit  der  Bückkehr  Bonapartes  abgebrochen,  sondern  das 
Schicksal  der  Expedition  bis  zu  Klebers  Tod  weitergeführt.  Ver- 
schiedene Anmerkungen  könnten  verbessert  und  ergänzt  werden. 
Überhaupt  will  es  mir  nach  einem  Aufenthalt  in  Ägypten  scheinen, 
daß  trotz  der  verdienstlichen  Arbeiten  von  Koldewey,  Hartmann, 
Schulze  u.  a.  für  die  Erklärung  noch  einiges  nachzuholen  ist. 
Sehr  wünschenswert  wäre  —  und    das   gilt   aucb  für  zahlreiche 


togcs.  voD  F.  J.  Wersboveo.  555 

andere  Ausgaben  —  eine  historische  Einleitung  in  französischer 
Sprache,  welche  kurz  das  Leben  Bonapartes  bis  1798  und  be- 
sonders den  Feldzug  in  Italien  zu  erzählen  halte;  sie  würde  zahl- 
reiche Anmerkungen  entbehrlich  und  dem  Leser  die  Sachlage 
klarer  machen,  als  es  die  zerstreuten  Anmerkungen  tun.  Auch 
eine  größere  Anzahl  Abbildungen  (Weyel  gibt  Bonaparte,  Kleber 
and  die  Cheops- Pyramide)  wäre  gerade  bei  diesem  Werk  sehr 
angebracht. 

Eine  grundsätzliche  Frage  möchte  ich  hier  berühren:  soll 
auch  bei  historischen  Werken  der  Text,  abgesehen  von  den  aus 
pädagogischen  oder  Zweckmäßigkeitsgränden  vorgenommenen 
Körzungen,  in  jedem  Fall  genau  nach  dem  Original  gegeben 
werden,  auch  wenn  er  tatsächliche  Irrtumer  enthält?  Die 
Herausgeber  scheinen  ziemlich  allgemein  dieser  Ansicht  zu  sein. 
Ich  kann  sie  nicht  teilen.  Auch  wenn  die  Irrtümer  in  den  An- 
merkungen berichtigt  werden,  ist  es  nur  zu  wahrscheinlich,  daß 
falsche  Angaben  des  Textes  sich  dem  Schüler  mehr  einprägen 
als  die  Berichtigungen  des  Herausgebers.  Daher  scheint  es  mir 
ratsam,  den  Text  in  Übereinstimmung  mit  den  Ergebnissen  neuerer 
Forschung  und  den  tatsächlichen  Verhältnissen  zu  bringen,  wo  es 
durch  Änderung  einer  Ziffer,  Streichung  oder  Abänderung  einiger 
Worte  geschehen  kann. 

Einige  Beispiele  aus  der  Expedition  d'Egypte:  —  Thiers 
spricht  von  den  Üe$  SahU'Pierr$\  Herausgeber  bemerken,  daß  es 
sich  nur  um  die  eine  Insel  San  Pietro  handelt.  Warum  setzt 
man  nicht  einfach  San  Pietro  in  den  Text?  —  Thiers  nennt 
unter  den  Erzeugnissen  Ägyptens  shU  und  cossia.  Die  Heraus- 
geber erklären,  daß  er  hier  dieselbe  Sache  zweimal  nennt,  denn 
die  sog.  Sennesblätter  sind  die  Blätter  der  Cassiapflanze.  Wäre 
es  nicht  einfacher,  eines  von  beiden  im  Text  wegzulassen?  — 
Thiers  sagt,  la  Valette  campte  30000  ämes,  h  Caire  renferme  plus 
de  300  000  habüants.  Die  Zahl  der  Einwohner  zur  Zeit,  als  Thiers 
sein  Werk  schrieb,  ist  hier  gar  nicht  von  Interesse,  sondern  die 
des  Jahres  1798  oder  der  Gegenwart;  ich  würde  also  z.  B.  setzen: 
renfermait  pr^s  de  300  000  habitants.  —  II  n'y  pleut  jamai$,  sagt 
Thiers  von  Ägypten.  Das  ist  unrichtig;  ich  habe  selbst  im  Januar 
in  Kairo  zwei  tüchtige  Platzregen  erlebt.  Statt  aber  eine  be- 
richtigende Anmerkung  zu  geben,  kann  man  im  Text  statt  „nie"' 
setzen  „fast  nie^'  oder  „sehr  selten'^  —  Vtgypte  nourrissait 
Qutrefais  tmgt  miUians  d^kdbUants.  Die  Angabe  ist  uni  etwa  die 
Hälfte  fibertrieben,  also  könnte  mngt  in  dix  verwandelt  werden. 
—  In  der  Schilderung  der  Landschlacht  von  Abukir  spricht  Thiers 
mehrmals  irrtümlich,  wie  Schulze  nachgewiesen  hat,  vom  Madieh- 
See  statt  vom  Heer;  warum  soll  man  da  nicht  statt  le  lac  Madieh 
setzen  la  nur,  um  den  Schülern  die  Verwirrung  zu  ersparen?  — 
Wie  hier,  gibt  es  auch  in  andern  Schriften  von  Thiers,  Thierry, 
Lantrey  u.  a.  manche  Stellen,  die  man  meines  Erachtens  in  Schul* 


556  P*  Bastier,  Trois  comedios  moderoes,  aogez.  voo  E.  Meyer. 

ausgaben   praktischer   durch   kleiue  Textänderung  als  durch  An- 
merkungen berichtigt. 

Losheim  (Bez.  Trier).  F.  J.  Wershoven. 

Paal  Baatier,  Trois  comediea  moderoea.  Le  vilUge  par  O.  Feuillet, 
L'ceiilet  blaoc  par  A.  Daudet,  Grio^oire  par  Tb.  de  Baovilie.  Recaeil 
de  commeDtairefl  explicatifs  pr^cedes  d'aoe  conrte  iotrodoctioD  litte- 
ralre.    Berlin  1906,  Weidmaoosehe  Bochhandlnoi;.    78  S.    8.    geb.  1  JL. 

In  der  von  L  Bahlsen  und  I.  Hengesbach  herausgegebenen 
Schulbibliothek  französischer  und  englischer  Prosaschriften  aus 
der  neueren  Zeit  bildet  obiges  Werk  das  57.  Bändchen.  Leider 
konnten  die  Herausgeber  die  Texte  der  Komödien  nicht  zugleich 
veröffentlichen,  weil  die  Verhandlungen  mit  den  französischen  Ver- 
legern gescheitert  sind;  indes  sind  diese  aus  Paris  zu  billigem 
Preise  leicht  zu  beschaiTen.  Wir  haben  also  nur  die  erklärenden 
Anmerkungen  vor  uns,  denen  eine  Einleitung  vorausgeschickt  ist, 
welche  das  Wichtigste  über  Leben  und  Schriften  des  Verfassers 
nebst  kurzer  Würdigung  des  Stückes  bringt,  alles  in  französischer 
Sprache.  Mit  der  Ausarbeitung  ist  ein  Franzose,  Paul  Bastier,  be- 
traut worden.  Die  schwierigen  Stellen  werden  erläutert  und  die 
nötigen  geographischen,  geschichtlichen  und  kulturhistorischen  Be- 
lehrungen gegeben;  auch  macht  B.  aufmerksam  auf  die  An- 
spielungen, Ellipsen  und  die  versteckte  Feinheit  vieler  Wen- 
dungen und  Ausdrücke  und  erklärt  die  Bedeutung  der  Inter- 
jektionen, worüber  die  Lexikographen  nicht  genügend  Auskunft 
geben.  Grammatische  Fragen  treten  mit  Recht  zurück,  docli 
hätte  wohl  je  me  laissai  surprendre  au  charme  eine  Besprechung 
verdient,  zumal  da  Schmager  in  seiner  sonst  sehr  wertvollen  Aus- 
gabe 'Le  village'  par  0.  Feuillet,  Weidmann  1879,  S.29  die  Stelle 
unrichtig  erklärt;  es  liegt  die  bekannte  Konstruktion  zugrunde, 
welche  Benecke,  Franz.  Schulgr.^  §  97,  8  bespricht.  Bei  dem 
Ausruf  mule  du  pape  S.  13  denkt  der  Verfasser  an  Maultier,  indes 
ist  (vgl.  Schmager)  offenbar  der  Pantoffel  des  Papstes  gemeint 
Transtevere  S.  15  ist  das  rechte  Tiberufer,  nicht,  wie  Bastier  er- 
erklärt, das  linke.  Bei  cela  sent  son  terroir  S.  67  konnte  auf 
Lafontaine  f.  5,  5,  3  verwiesen  werden.  Ungenaue  Zitate  sollte 
man  vermeiden,  z.  B.  S.  32  vers  de  Corneille  ohne  Angabe  des 
Stückes,  in  welchem  er  sich  findet.  Der  Name  Dupuis  wird  bald 
so,  bald  Dupuy  geschrieben.  Der  Druck  ist  korrekt.  S.  12  lies 
))rononcez. 

Herford  i.  W.  Ernst  Meyer. 

1)  Henri  Boroecque  et  A.  Mühlao,  Les  proviaces  friB^aises, 
moeurs,  habitudes,  vie.  Berlio  1906,  WeidmaBoscbe  Bach- 
handloDg.     VI  o.  156  S.     S.     1,60  Jt, 

Fremde,  sagen  die  Verf.,  beurteilen  Frankreich  und  die 
Franzosen  sehr  oft  nach  Romanen,  welche  doch  nur  Ausnahme- 


Tooroia  et  Lagarde,  Abrege  d^histoire,  agz«  v.  0.  Joinpeit  557 

Wie  darstellen,  oder  im  besten  Falle  nach  den  Parisern,  welche 
sie  infolge  eines  längeren  oder  kürzeren  Aufenthaltes  in  Paris  zu 
kenoen  glaoben,  die  aber  doch  kaum  den  zwölften  Teil  aller 
Franzosen  bilden. 

Die  andern  Franzosen  unterscheiden  sich  in  vielen  Punkten 
von  den  Parisern  wie  auch  untereinander,  obgleich  sie  allerdings 
gewisse  Zuge  alle  gemeinsam  haben.  Deshalb  wollen  uns  die  Verf. 
mit  dem  Teile  Frankreichs,  welchen  man  die  Provinz  nennt, 
näher  bekannt  machen. 

So  beschreiben  sie  uns  die  Tracht  (wo  noch  eine  besondere 
vorhanden  ist),  den  Charakter  und  die  Lebensweise  der  Bewohner 
Flanderns,  der  Normandie,  der  Bretagne,  der  Franche-Comte, 
ferner  der  Basken,  der  Korsen  und  der  Südfranzosen. 

Dann  widmen  sie  ein  besonderes  Kapitel  dem  Gesamt- 
cbarakter  der  Franzosen  und  heben  hervor  ihre  geistige  Leb* 
haftigkeit  und  Beweglichkeit,  welche  jedoch  --  wie  z.  B.  die 
Gründung  des  Kolonialreiches  in  Afrika  beweise  —  die  Beharr- 
lichkeit nicht  ausschließe ;  ferner  ihre  Arbeitsamkeit  und  voraus- 
sehende Sparsamkeit,  woher  die  verhältnismäßig  recht  gleichmäßige 
Verteilung  des  Reichtums  und  des  Grundbesitzes  stamme;  endlich 
ibre  Anhänglichkeit  an  den  eigenen  Grund  und  Boden,  ihr  Mit^ 
teilungsbedürfois,  ihre  Vorliebe  für  Geselligkeit  zugleich  und  für 
häusliches  Faniilienleben.  Ich  möchte  hinzufügen:  Höflichkeit^ 
Ritterlichkeit  und  Begeisterung  für  Ehre^  Recht  und  Freiheit. 

Der  letzte  Abschnitt  behandelt  in  Briefform  das  Leben  in 
der  Provinz,  wie  es  einem  jungen  Gymnasiallehrer  vorkommt, 
welcher  das  Pariser  Seminar  eben  verlassen  hat. 

2)Hareel  LeToaroaa  et  Loais  La|;ard  e,  Abr^ipe  d'histoire  de  la 
Ütt^rBlare  fraB9aise  k  Tosage  des  ^colea  et  de  TeDseii^DeineDt 
prive.  Berlio  190Ö,  Weidmaoosche  BachhaDdtoiii;.  VIII  o.  175  S. 
8.    2  JC. 

Diese  Literaturgeschichte  unterscheidet  sich  nicht  viel  von 
andern  bekannten.  Sie  ist  für  recht  verschiedene  Zwecke  be- 
stimmt: für  Seminare,  höhere  Knaben-  und  Mädchenschulen;  für 
alle  Schüler,  welche  in  kurzer  Zeit  die  literarische  Entwickelung 
Frankreichs  kennen  lernen  wollen;  sie  soll  auch  denjenigen,  welche 
die  französische  Sprache  kennen  und  können,  eine  Ergänzung 
bieten,  um  Charakter  und  Sitten  des  französischen  Volkes  besser 
kennen  zu  lernen;  sie  soll  endlich  zur  Repetition  unmittelbar  vor 
Hern  Examen  dienen.  Diese  Vielseitigkeit  der  Bestimmung  be- 
wirkt, daß  sie  bald  zu  viel,  bald  zu  wenig  bietet. 

Der  Inhalt  zerföllt  in  4  Hauptleile;  am  Anfange  jedes  Teiles 
stehen  allgemeine  Übersichten,  biographische  Notizen  und  kurze 
Analysen;  am  Schlüsse  jedes  Kapitels  findet  sich  eine  kurze  Zu- 
sammenstellung des  Wesentlichen. 

Tilsit.  ö.  Josupeit. 


558   K*  VV  ülker,  Geschichte  d.  eogl.  Literatar,  agz.  v.  M.  Lissoer. 

Richard  Walker,  Geschichte  der  eaiplischea  Literator  vod  deo 
ältesten  Zeiten  bis  sar  Gegenwart  Zweite,  neubearbeitete  ond  ver- 
mehrte Aaflage.  1.  Band.  Mit  100  Abbildungen  im  Text,  15  Tafeln 
in  Farbendruck,  Kupferstich,  Holzschnitt  und  Tonätzung  mit  7  Fak- 
simile-Beilagen. Leipzig  und  Wien  1906,  Bibliographisches  Institut. 
Vm  u.  422  S.    gr.  8.    geb.  8  Jt. 

Auf  die  Neubearbeitung  von  Wfilkers  Literaturgeschichte, 
deren  ausführliche  Besprechung  nach  dem  Erscheinen  des  zweiten 
Bandes  erscheinen  soll,  sei  durch  eine  kurze  Voranzeige  hinge- 
wiesen. Mit  Freuden  begrüßen  wir  die  Veränderungen,  welche 
diese  —  äußerlich  in  ihrer  alten,  gediegenen  Ausstattung  er- 
scheinende —  Neuauflage  erfahren  hat.  Sie  bestehen  hauptsäch- 
lich in  der  gewissenhaften  Verwertung  der  Fortschritte,  die  die 
Wissenschaft  seit  dem  ersten  Erscheinen  des  Werkes  (1896)  ge- 
macht hat,  in  wichtigen  Erweiterungen  des  Inhaltes  und  in  der 
HinzufQgung  eines  richtig  bemessenen  Literaturnachweises,  den 
wir  am  Ende  des  Bandes  vorfinden.  Der  in  nächster  Zeit  er- 
scheinende zweite  Band  wird  in  demselben  Sinne  öberarbeilet 
sein.  Außerdem  wird  er  eine  Fortführung  der  englischen  Literatur 
bis  auf  die  jüngste  Gegenwart  enthalten,  während  die  1.  Auflage 
mit  Tennyson  und  den  beiden  Brownings  schloß  und  nur  kurze 
Ausblicke  auf  die  neueste  Literatur  eröffnete.  Für  diesen  Teil 
seines  Werkes  hat  Walker  Herrn  Prof.  Dr.  E.  Groth  in  Leipzig  als 
Mitarbeiter  gewonnen.  Ein  letzter  besonderer  Abschnitt,  der  der 
Feder  des  Herrn  Prof.  Dr.  E.  Flügel  von  der  Stanford  Dniversity 
in  Kalifornien  entstammt,  wird  eine  Darstellung  der  Entwicklung 
der  amerikanischen  Literatur  enthalten.  Auch  diese  beiden  wich- 
tigen, von  tüchtigen  Fachleuten  abgefaßten  Erweiterungen  werden 
nicht  verfehlen,  dem  Werke  neue  Freunde  zuzuführen. 

Ohligs.  M.  Lissner. 

Schenk-Koch,  Lehrbach  der  Geschichte.  Teil  L:  Sexta, 
Lebensbilder  aus  der  vaterländischen  Geschichte.  Dritte 
Auflage.  Leipzig  a.  Berlin  1907,  B.  G.  Teubner.  90  S.  gr.  8.  geb. 
1,20  J#.—  Teil  V:  Obertertia.  Deutsche  Geschichte  von 
Zeitalter  der  Reformation  und  Preußische  Geschichte  bis 
zum  Jahre  1740.  Zweite  Auflage.  Mit  zwei  Karten.  Eben- 
daselbst 1907.     124  S.     gr.  8.     geb.  1,60^. 

Die  Neubearbeitung  des  Schenkschen  Lehrbuchs  durch  Julias 
Koch  ist  rüstig  vorwärts  geschritten,  und  man  kann  die  beiden 
neuen  Bände  mit  uneingeschränkter  Freude  begrüßen. 

Die  Geschichtsbilder  des  Sextateils  sind  nach  zwei  Seiten 
hin  wertvoll:  sie  sind  einmal  ein  gutes  Vorbereitungsbucli  für 
den  Deutschlehrer  in  Sexta»  der  ja  eine  Stunde  wöchentlich  auf 
die  Einführung  in  die  deutsche  Geschichte  verwenden  soll,  und 
dann  zugleich  ein  prächtiges  Lesebuch  für  die  kleinen  Leute, 
die  zu  Hause  sich  die  Dinge  von  neuem  vergegenwärtigen  wollen, 
von  denen  sie  in  der  Schule  gehört  haben  und  die  sie  in  einer 
Woche    nacherzählen   sollen.     Sie  erwecken    ohne  den  mißlichen 


Schenk-Koch,  Lehrbuch  der  Geschichte,  agz.  v.  A.  Reimtoo.  559 

Hurraton  durch  schlichte  und  dem  kindlichen  Verständnis  ange- 
pafite  DarsteUang  ein  warmes  Mitgefühl  för  die  Taten  und  Leiden 
unserer  Vorfahren  und  pflanzen  echte  vaterlSndische  Begeisterung; 
sie  bringen  zum  Teil  in  ganz  glänzender  und  unübertrefflicher 
Form  die  Heldengestalten  der  deutschen  Geschichte  dem  jugend- 
lichen Sinne  nahe  und  lassen  die  Seele  des  Kindes  wirklich  mit- 
erleben, was  sie  erzählen.  Und  das  ist  kein  kleines  Lob.  Wenn 
man  WGnsche  äußern  darf,  so  ist  es  zunächst  der,  daß  das 
humoristische  Clement,  das  hier  und  da  freundlich  anklingt,  in 
späterer  Bearbeitung  noch  mehr  gepflegt  werde;  der  Humor  ist 
nun  einmal  ein  ganz  ausgezeichneter  Helfer  zur  Belebung  des 
Stoffes,  und  wie  ihn  kein  Freund  der  Jugend  in  der  Schulstube 
überhaupt  missen  möchte,  so  erscheint  er  gerade  im  historischen 
Anfangsunterricht  neben  dem  Staunen  und  dem  eigenen  er- 
wachenden Tatendrang  als  einer  der  wichtigsten  Hebel  des  Inter- 
esses. Dann  aber  wünschte  ich  der  kindlichen  Phantasie  noch 
das  Geschenk  eines  reichen  Bilderschmuckes:  das  kann  den 
billigen  Preis  nur  um  ein  geringes  erhöhen  und  wirkt  ungemein 
anregend;  wo  sich  etwas  Schönes  schauen  läßt,  da  sind  die 
jungen  Köpfe  sofort  bereit  in  sich  aufzunehmen  und  das  Er- 
zahlte mit  ihrem  Innenleben  in  Verbindung  zu  setzen,  sie  spinnen 
veiter,  es  klärt  sich  mancherlei,  und  die  Erinnerung  haftet  un- 
endlich fester. 

Doch  wir  wollen  uns  zunächst  des  Gebotenen  dankbar  freuen. 
Da  der  Charakter  des  Handbuchs,  der  ja  auch  den  Vorschriften 
zuwider  wäre,  glücklich  vermieden  ist  und  das  Biographische, 
Fabulose  (im  guten  Sinne  —  denn  falsche  Vorstellungen  sollen 
natürlich  nicht  erzielt  werden  — )  und  Anekdotenhafte  durchaus 
im  Vordergrunde  steht,  so  ist  das  Buch  eine  ausgezeichnete  Er- 
gänzung zu  jedem  Lesebuche  und  kann  um  so  mehr  zur  Ein- 
führung oder  wenigstens  zur  Empfehlung  an  die  Schuler  in  Vor- 
schlag gebracht  werden,  als  die  anderen  gangbaren  Lehrböcher 
iieinen  Sextateil  haben  und  also  die  sonst  leicht  beliebte  Rück- 
sichtnahme auf  eingeführte  oder  besonders  protegierte  Namen 
in  diesem  Falle  fortfällt  und  jede  Konkurrenz  ausgeschlossen 
erscheint. 

Der  Obertertiateil,  zu  dem  wir  uns  nun  wenden,  kommt 
in  ?iel  höherem  Maße,  als  der  Bearbeiter  im  Vorwort  merken 
läßt,  einer  völligen  Vmschmelzung  des  Schenkschen  Buches  gleich. 
Schenk  hatte  olTenbar  sehr  eilig  gearbeitet,  der  Stoff  war  un- 
gleichmäßig behandelt,  stellenweise  viel  zu  breit,  bei  anderer 
Gelegenheit  wiederum  willkürlich  kurz;  man  fand  manchen  stö- 
renden Ballast  und  vermißte  zuweilen  absolut  Notwendiges.  Und 
namentlich  fehlte  streng  durchgeführte,  planvolle  Disposition.  All 
das  ist  jetzt  ausgeglichen  worden.  Zumal  gilt  dies  für  die  Teile 
des  Buches,  die  Schenk  besonders  hoch  bewertet  hat:  die  Be- 
lehrungen  ikber   Velrfassungs-    und    wirtschaftliche    Fragen.      Sie 


560  Sek^ok-Koch,  Lehrbach  der  Geschichte, 

mögen  damals  im  ersten  Wurf  eine  erfreuliche  Neuerung  geboten 
haben,  —    nutzten  aber    bei  dem  Hangel    an  fester  Gruppierung 
und  innerem  Zusammenhang  dem  Schäler  wenig.    Wie    lichtvoll 
und  klar    tritt  dagegen   jetzt  z.  B.  das  Staatsgebilde   des  Großen 
Kurfürsten  in  scharf  begrenzten  und  wohl  gegliederten  Abschnitten 
in  die  Erscheinung  (S.  87  (f.),    und  wie  einheitlich    schließt  sieb 
daran,  nach  denselben  Kategorien    geordnet,   die  Übersicht    über 
den  Neubau   des  Staates  durch  Friedrich  Wilhelm  I.  (S.  103  ff.)? 
Da  ist  handfestes  Material  för  den  Lehrer,    alles  innerlich  zuein- 
ander  passend,    aufeinander    abgestimmt;    man   kann    die    alten 
Fäden  ohne  weiteres  wieder  aufnehmen  und  das  Neue  mit  leichter 
Hübe  daran  anknüpfen.    Und  genau  so  ist  es  bei  den  mit  Recht 
aus  dem  überlasteten  Untertertiapensum  hier  nachgetragenen  und 
dann    an    den    Orten    entscheidenden   Einwirkens    fortgeführten 
Übersichten    über   die  Entwicklung    der  außerdeutscben  Staaten. 
Bei  Schenk  fehlte    da   oft  das  Wichtigste,   das  Ineinandergreifen; 
er  gab  wohl  einzelne  Bruchstücke,  die  aber  in  ihrer  Zerstückelung 
keinen  Überblick    über    den    universalen  Zusammenhang   ermög- 
lichten,    in  Obertertia   darf  aber  der  Standpunkt   nicht  mehr  so 
elementar  sein,    daß  nur  Einzelheiten   gelernt  werden,    der  Blick 
muß  auf  ganz  Europa  gerichtet  bleiben,  und  was  Ranke  in  seinem 
berühmten  Aufsatz   über   „Die  großen  Mächte'*,    dem    Programm 
seiner    Lebensarbeit,    über    die    Umwandlung    des    europäischen 
Staatensystems    um  1700  ausgeführt   hat,    muß   für    den  Lehrer 
ein  leitender  Gesichtspunkt  schon  auf  dieser  Stufe  bleiben,  sonst 
ist   eine  wirkliche  Erfassung   auch    der  spezifisch  deutschen  und 
preußischen  Vorgänge  einfach  unmöglich.     Schon  die  Reformation 
bedarf  zu  ihrem  Verständnis  durchaus    des  Einblicks  in  das  uni- 
versale  politische   Getriebe    und    damit   auch   der   Kenntnis   der 
wichtigsten  Momente   in    der  Entwicklung   der   anderen  Staaten, 
und  ebenso  sind  alle  weiteren  Epochen  der  deutschen  Geschiebte 
unverständlich  ohne  stete  Rücksichtnahme  auf  die  Gesamtverhält- 
nisse.    Die  Abschnitte  über  die  fremden  Staaten  dürfen  natürlich 
nur  das  Wesentliche  bieten,    das  was  die  Eigenart  dieser  Gebilde 
ausmacht,   ihre    Individualität,    und    was    eben    darum    auch  auf 
Deutschland  gewirkt  hat,    und  sie  müssen   es  so  bieten,    daß  bei 
jedem  neuen  Rückblick  die  alte  Perspektive  sich  öffnet  und  die- 
selben   als  wichtig    erkannten  Linien    der  Zeichnung    fortgeführt 
werden.     Diese    durchdachte  Struktur   fehlte    bei  Schenk;   sie  ist 
hier  im  Rankeschen  Geiste  und  mit  feinem  pädagogischen  Takte 
durchgeführt.   Die  durch  das  Buch  verteilten  Zusammenfassungen 
der  Geschichte  Frankreichs,  Englands,  Spaniens  und  so   fort  er- 
geben stets   in  sich    ein  abgerundetes  Bild,    sagen    zugleich  das- 
jenige,   was  zum  Verständnis  gerade  der  deutschen  Verwickelung 
an  der  Stelle,    wo  sie  eingefügt  sind,    von  Wert   und  Bedeutung 
ist,  und    erweisen  sich,    wenn  man  sie  aneinanderreiht,  als  vor- 
treffliches Hilfsmittel  der  historischen  Gesamtanschauung  und  da- 


ao|;ez.  von  A.  ReinaMo.  561 

mit  der  Repetition  auch  der  speziell  deutschen  (leschichte.  Ich 
kenne  kein  Lehrbuch,  auch  keina  der  oberen  Klassen,  in  dem 
dieses  Prinzip  so  exakt  und  treffend  durchgeführt  wäre. 

Freilich  muß  zur  vollen  pädagogischen  Wirkung  verlangt 
werden  —  was  aber  wohl  selbstverständlich  ist  — ,  daB  der  Auf* 
bau  auch  im  Untersekundateil  so  fortgeführt  wird.  Die  bisherige 
Wolffsche  Bearbeitung  dieses  Teils  paßt  ganz  und  gar  nicht  in 
den  neuen  Rahmen;  solange  nicht  auch  hier  dieselben  Grund- 
sätze zur  Anwendung  kommen,  kann  man  zur  Einführung  nicht 
raten,  es  fehlt  dann  doch  die  Geschlossenheit  des  einheitlichen 
Aufbaus.  Die  Wolffsche  Leistung  harmonierte  ganz  wohl  mit  der 
Schenkschen;  es  ist  eine  fleißige  Haterialsammlung,  die  neben 
vielem  überflussigem  Beiwerk  und  manchem  Verkehrten  sehr 
Brauchbares  und  Wertvolles  enthält,  aber  es  fehlt  die  straffe  Or« 
ganisation  und  ein  energisch  durchgeführter  Plan:  die  Arbeit  ist 
nicht  aus  einem  Gusse,  sondern  kompiliert  und  nicht  umsichtig 
kompiliert.  Das  zeigt  sich  übrigens  ebenso  deutlich  im  Ober- 
primateil, den  ich  jahrelang  im  Seminarunterricht  benutzt  habe 
und  sehr  genau  kenne.  Mit  diesem  Oberbau  jedenfalls  ist  vor- 
läufig das  Kochsche  Werk  doch  unbrauchbar. 

Wird  es  aber  erst  in  demselben  Sinne  vollendet  sein,  so  wird 
68  vielleicht  sogar  das  weitverbreitete  und  in  seiner  Art  vortreffliche 
iVeobauersche  Buch  überflügeln.  Denn  es  bietet  Lehrern  und 
Schülern  mehr.  Neubauer  wollte  den  ganzen  Lehrstoff  der  Mittel- 
stufe in  einem  mäßigen  Bande  geben  und  mußte  sich  darum  auf 
die  Hauptsachen  beschränken  und  oft  allgemeine  Wendungen  ge- 
brauchen, denen  die  persönliche  Note  und  der  Anklang  an  ver- 
arbeitetes Detail  fehlt.  Da  er  mit  sorgsamer  Hand  den  Ausdruck  ge- 
feilt hat,  ist  ein  ansprechendes  Lesebuch  herausgekommen,  nicht 
aber  ein  straff  disponiertes,  die  Fülle  der  Einzelheiten  in  wohl- 
gegliederte und  leicht  übersichtliche,  den  Fortschritt  scharf  mar- 
kierende Gruppen  zusammenfassendes  Denk-  und  Lernbuch, 
wie  wir  es  bei  Koch  haben.  Man  vergleiche  nur  einmal  etwa  die 
Folgen  des  dreißigjährigen  Krieges  in  den  beiden  Büchern  und 
speziell  das,  was  über  die  Bauern  gesagt  wird:  wie  da  den  wenigen 
und  noch  dazu  zerstreuten  Bemerkungen  Neubauers  ein  fest  ge- 
schlossener, über  Lassiten,  Leibeigene,  Erbpacht  und  Zeitpacht, 
Jagdrecht  und  andere  obrigkeitliche  Gerechtsame  sowie  über  den 
Unterschied  der  bäuerlichen  Lage  östlich  und  westlich  der  Elbe 
reiche  Belehrung  vermittelnder  Abschnitt  bei  Koch  gegenübersteht. 
Und  so  anch  in  der  Besprechung  der  Städte,  so  auch  selbst  bei 
den  politischen  Abschnitten.  Dadurch  erst  kommt  Leben  in  die 
Sache.  Natürlich  kann  der  Lehrer  dies  aus  eigener  Vorbereitung 
auch  geben,  aber  soll  der  Schuler  es  zu  dauerndem  Besitz  er- 
werben, soll  ihm  nicht  alles  wieder  nach  der  nächsten  Stunde  zu 
abstrakten  Vorstellungen  verblassen,  so  muß  er  das  Wichtigste 
nachlesen  können  und  durch  klare  Gruppierung  doch  stets  in  der 

ZeitMhr.  f.  d.  OymBaaimlwMea.    hXl.    7.  36 


S62  G.  WiDter,  Friedrich  der  Grofie,  anpez.  vod  M.  Hodermaon. 

Lage  sein,  den  groBen  Zug  der  Dinge  festzuhalten.  Nacli  diesem 
neuen  Buche  lernt  und  repetiert  es  sich  ohne  Frage  leichter,  und 
die  Selbsttätigkeit  des  Schulers  wird  auch  da  geweckt,  wo  der 
Lehrer  anderes  Detail  heransieht  oder  etwas  zu  überschlagen  sich 
versucht  fühlt.  Denn  es  soll  dieses  Buch  natürlich  nicht  als 
zerknitterter  Leitfaden  dem  Lehrer  die  Selbständigkeit  rauben,  er 
wird  sich  nur  eben  an  die  ausgezeichnete  Disposition  zu  halten 
haben  und  bei  guter  Vorbereitung  stets  imstande  sein,  das  Detail 
zu  differenzieren. 

Da  die  Darstellung  im  übrigen  an  Lebendigkeit,  Frische  und 
Gewandtheit  durchaus  der  Neubauerschen  ebenbürtig  ist,  ver- 
einigt das  Buch  die  meisten  Vorzüge  dieses  Werkes  mit  denen 
reiner  Dispositions-  und  Gruppierungsbücher,  wie  wir  anerkannte 
Muster  in  den  Ferdinand  Schultzschen  und  Dahnschen  Lernbüchern 
haben,  und  ich  für  meine  Person  halte  es  —  wenn  es  eben  in  gleichem 
Stile  vollendet  sein  wird  —  für  das  Geschichtsbuch  der  Zukunft. 

Berlin.  A.  Reimann. 

Georg  Wiuter,  Friedrich  der  Große.  Mit  13  ganzseitigen  Abbil- 
dungen und  2  Handsebriften.  Berlin  ]9ü7,  Ernst  Hofmaan  u.  Co. 
XXII  u.  952  8.    8.     9,60  JC. 

Vorliegende  Lebensbeschreibung  des  großen  Preußenkönigs 
gehört  der  bekannten  Sammlung  „Geisteshelden''  an,  deren  Her- 
ausgeber sich  die  dankenswerte  Aufgabe  gestellt  haben,  auf  Grund 
der  neuesten  wissenschaftlichen  Forschungen  in  den  Kreisen  der 
gebildeten  Laien  für  das  Schicksal,  den  Werdegang  und  das 
Wirken  der  führenden  Geister  Interesse  zu  erwecken. 

An  Biographien  Friedrichs  des  Großen  ist  zwar  kein  Mangel, 
zumal  hier  die  Quellen  reichlich  fließen  und  die  ersten  Historiker 
wie  Ranke,  Droyseo,  Koser  u.  a.  ihre  besten  Kräfte  der  Lebens- 
arbeit dieses  einzigen  Herrschers  gewidmet  haben.  Man  kann 
aber  die  Beobachtung  machen,  daß  in  den  meisten  der  bisherigen 
Darstellungen  des  Königs  Wirksamkeit  in  der  äußeren  Politik, 
seine  glänzenden  Leistungen  als  Diplomat  und  Feldherr  den 
Schwerpunkt  bilden,  während  seine  noch  größere  und  vielseitigere 
Tätigkeit  auf  dem  Gebiete  des  inneren  Staatslcbens  nicht  immer 
genügend  gewürdigt  worden  ist;  man  hat  eben  nur  zu  oft  den 
genialen  Feldherrn  auf  Kosten   des   großen   Organisators   gefeiert. 

Im  bewußten  Gegensatz  zu  dieser  mehr  landläufigen  Auf- 
fassung hat  der  Verfasser  des  vorliegenden  Werkes  Friedrichs 
äußere  Politik  und  seine  Kriege  nur  so  weit  in  den  Kreis  der  Be- 
trachtung gezogen,  als  sie  gleichsam  den  Rahmen  für  seine  bahn- 
brechenden Arbeiten  auf  dem  Boden  des  geistigen,  wirtschaft- 
lichen und  staatlichen  Lebens  bilden.  Es  kommt  ihm  vor  allem 
darauf  an,  zu  zeigen,  wie  Friedrich  als  ein  Mann  von  Schöpfer- 
kraft und  Scböpfergeist  seine  Zeitgenossen  und  die  folgenden 
Geschlechter  Deutschlands   bis  auf  unsere  Tage  nachhaltig  beein- 


M.  Jahns,  Peldmarscball  Moltke,  ao|;ez.  von  A.  Funck.    563* 

fluBt  hat,  wie  ,,da8  meiste,  was  in  unserem  Volke  und  Staate 
gut,  kraftvoll  und  gesund  ist,  im  letzten  Grunde  auf  die  Lebens-* 
arbeit  des  Philosophen  von  Sanssouci  zurückgeht''. 

Zu  diesem  Zwecke  schildert  er,  um  nur  die  wichtigsten  Mo- 
mente der  lehrreichen  Darstellung  hervorzuheben,  im  ersten  Buche 
besonders  eingehend  die  Charakterentwicklung  Friedrichs,  seine 
schweren  Zerwürfnisse  mit  dem  Vater,  sowie  das  Idyll  von  Rheins- 
berg als  Ausgangspunkt  seines  reichen  geistigen  Lebens.  Der 
Inhalt  des  zweiten  und  vierten  Buches  ist  in  der  Hauptsache  von 
kriegsgeschichtlichem  Interesse.  Im  dritten  Buche  —  ein  frucht- 
bares Friedensjahrzehnt  —  kommt  des  Königs  organisatorisches 
Talent  in  Sachen  der  Justizreform  und  Verwaltung,  seine  Handels- 
und Gewerbe-,*  Wirtschafts-  und  Sozialpolitilk  sowie  seine  lite- 
rarische Produktion  auf  dem  Gebiete  der  Geschichte  und  Dich- 
tung zur  Besprechung.  Das  fünfte  Buch  endlich,  inhaltlich  an 
das  dritte  anschließend,  handelt  vor  allem  von  Friedrichs  Stellung 
zu  den  Kullurmächten  seiner  Zeit,  von  seiner  Kirchenpolitik, 
seiner  Reform  des  Schulwesens  und  seinem  Verhältnis  zur  deut- 
schen Nationalliteratur. 

Ist  auch  vorliegendes  Werk  in  erster  Linie  für  weitere 
Kreise  bestimmt,  so  wird  es  gewiß  auch  der  Lehrer,  der  Student 
und  der  reifere  Schüler  mit  Vorteil  zur  Hand  nehmen,  um  so 
mehr,  da  die  Darstellung  klar  und  anschaulich  dahinfließt  und 
die  neuesten  Ergebnisse  der  Wissenschaft  immer  gewissenhaft 
berücksichtigt  worden  sind.  Ein  ausfuhrliches  Inhaltsverzeichnis, 
ein  Register  sowie  eingehende  Quellen-  und  Literaturnachweise 
im  Anhange  erleichtern  die  Benutzung  des  sorgfältig  gedruckten, 
schön  ausgestatteten  und  durch  wertvolle  Abbildungen  und  Hand- 
schriften illustrierten  Buches. 

Wernigerode  a.  H.  M.  Hodermann. 


Max  Jahns,  Feldmarschall  Moltke.  Mit  14  Abbilduogea,  2  Karten- 
Skizzen,  Moltkes  Wappen  and  Handschrift.  Zweite  Aaflage.  Berlin 
3906,  Ernst  Hofmann  u.  Co.  XXIII  u.  715  S.  8.  7,20^,  geb. 
10  Jt. 

Ein  so  anerkannt  vortreffliches  Buch  wie  die  Moltke-Bio- 
graphie  von  Jahns  bedarf  nicht  erst  besonderer  Empfehlung.  Es 
muß  als  höchst  erfreulich  bezeichnet  werden,  daß  die  von  1894 
—  1900  erschienene  erste  Ausgabe  des  umfangreichen  Buches  so 
starken  Absatz  gefunden  hat,  daß  jetzt  eine  zweite  Auflage  (4. — 
6.  Tausend)  notwendig  geworden  ist.  Man  kann  nur  wünschen, 
daß  das  Bild  des  großen  Mannes,  mit  warmer  Verehrung,  ge- 
nauester Sachkenntnis  und  psycliologischer  Feinheit  gezeichnet, 
den  weitesten  Kreisen  unseres  Volkes  bekannt  und  lieo  Aerde. 
Ohne  irgend  den  wissenschaftlichen  Charakter  zu  verleugnen,  der 
allerdings  gerade  bei  einer  Würdigung  Moltkes  unerläßlich  war, 
ist  doch  die  Darstellung  überall  so  fesselnd  und  flüssig,    daß  sie 

36* 


564  W.  Pütz,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Erdbeachreibang, 

im  besten  Sinne  volkstömlich  genannt  werden  darf;  das  schöne 
Denkmal,  welches  hier  der  Schaler  dem  Meister  gesetzt  bat,  ver- 
dient ganz  besonders  der  Jugend  unserer  höheren  Schulen  ver- 
traut zu  werden,  damit  sie  es  lerne,  nie  die  tiefe  Dankbarkeit 
gegen  die  Männer  der  großen  Zeit  zu  vergessen,  damit  ibr  eigenes 
Wesen  sich  an  diesem  lautersten  Charakter  läutere. 

Nur  in  bezug  auf  das  Äußere  des  Werkes  seien  einige 
Wünsche  an  den  Verleger  gerichtet.  Das  Buch  tag  mir  in  eins 
geheftet  vor,  dies  gibt  einen  sehr  unhandlichen  Band ;  weit  zweck- 
mäßiger ist  die  Ausgabe  in  zwei  Teilen.  Da  die  sehr  eingehende 
Schilderung  die  Ereignisse  eines  Jahres  oft  auf  viele  Seiten  ver- 
teilen mußte,  so  wäre  es  erwünscht,  die  Jahreszahl  oben  am 
Rande  jeder  Seite  wiederzufinden.  Das  Vorwort  dei*  zweiten  Auf- 
lage erwähnt,  sie  sei  durch  einige  Abbildungen  bereichert  worden; 
von  den  Bildern  ist  ganz  mißlungen  dasjenige,  welches  Moltke 
als  fünfzigjährigen  Generalstabsclief  vorführen  soll  (S.  177),  die 
Illustrationen  „Moltke  in  persönlicher  Gefahr'*  (S.  496)  und  „Moltke 
der  Schlachtendenker''  (S.  509)  entsprechen  nicht  recht  der  sonst 
so  vornehmen  Haltung  des  Buches.  In  einer  Neuauflage,  die 
hoflentlich  recht  bald  nötig  wird,  sähen  wir  mindestens  diese 
Bilder  gern  durch  Karlenskizzen  etwa  zu  den  Schlachten  von 
Königgrätz,  von  Mars-Ia-Tour  und  Gravelotte  und  von  Sedan 
ersetzt. 

Sonders  hausen.  Funck. 


Wilhelm  Püti^,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Brdbeschreibang 
für  die  oberen  Klassen  höherer  Lehranatalteo  und  zum  Selbatooler* 
rieht.  Achtzehnte  verbesserte  Auflage,  bearbeitet  von  Ludwig 
.\eumanu.  Freiburg  1905,  Herdersche  Verlagsbandlang.  XVI  u. 
392  S.     8.     geb.     3,60  Jt. 

Wilhelm  Pütz,  Leitfaden  der  vergleichenden  Erdbeschreibung. 
27.  und  28.  völlig  umgearbeitete  Auflage,  bearbeitet  von  L.  Neu- 
mann.     Ebenda  1906.     XU  u.  260  S.     8.     geb.     2,50^. 

Wenn  ein  Buch  zahlreiche  Auflagen  erlebt,  so  ist  dies  jeden- 
falls für  Verleger  und  Verfasser  ein  erfreuliches  Ereignis,  und  es 
ist  deshalb  auch  erklärlich,  wenn  der  Verleger  es  möglichst  lange 
zu  konservieren  sucht.  Oft  genug  ist  eine  wiederholte  Auflage 
ein  gutes  Zeichen  für  das  Ruch  selbst,  allein  nicht  immer.  Pas 
gilt  besonders  für  geographische  Werke;  denn  die  geographische 
Wissenschaft  und  Methodik  ist  wie  selten  eine  andere  Wissen- 
schaft in  fortwährender  Umbildung  und  Entwicklung  begriflen, 
und  wenn  ein  Lehrbuch  wie  das  vorliegende  seine  erste  Auflage 
in  das  Jahr  1855  datieren  kann,  so  ist  damit  klar  angedeutet, 
daß  entweder  von  seinem  ursprunglichen  Inhalte,  seiner  Anlage 
und  Methodik  nur  noch  das  Titelblatt  übrig  geblieben  sein  kann 
oder  daß  es  noch  völlig  auf  den  Anschauungen  seiner  Entstehungs- 
zeit aufgebaut  ist.     Dieser   letztere  Fall    gilt  von  dem  Lehrbuch, 


aagos.  Ton  A.  Bladao.  565 

daran  kann  auch  der  Name  des  neuen  Bearbeilers  nichU  ändern» 
der  in  der  geographischen  Welt  einen  guten  Klang  hat;  gibjL 
er  ja  auch  in  der  Vorrede  unumwunden  zu,  daß  ihm  die  Zeit  zu 
einer  gründlichen  Umarbeitung,  bei  der  eben  schließlich  nur  der 
Name  des  Verfassers  übrig  bleiben  kann,  einstweilen  noch  ge- 
fehlt hat.  Es  erübrigt  sich  daher,  über  diese  Auflage  ein  ein- 
gehendes Urteil  abzugeben.  Es  muß  anerkannt  werden,  daß  der 
Bearbeiter  das  Buch  hinsichtlich  realer  Angaben,  wie  Zahlen  aller 
Art,  politischer  Veränderungen,  Ergebnisse  neuester  Entdeckungen 
auf  den  neuesten  Standpunkt  gebracht,  auch  hier  und  da  vorteil- 
hafte Änderungen  vorgenommen  hat,  aber  der  alte  Pütz  ist  ge- 
blieben, und  der  ist  als  modernes  Lehrbuch  im  Sinne  der 
heuligen, Methodik  und  Lehrpläne  nicht  anzuerkennen.  Als  Buch 
zum  Selbstunterricht,  das  soll  nicht  geleugnet  werden,  ist  es  wohl 
immer  noch  geeignet,  besonders  wenn  einem  Autodidakten  daran 
gelegen  ist,  möglichst  viel  Tatsachenmaterial,  Namen  und  andere 
Daten  in  knapper  Darstellung  und  geschickter  Gruppierung  zu 
besitzen.  Den  reichen  Inhalt  dieser  Art  bezeugen  die  beigefügten 
Tabellen,  die  23,  und  das  Namenregister,  das  16  eng  gedruckte 
Seiten  umfaßt. 

Ein  wesentlich  anderes  Gepräge  zeigt  der  Leitfaden,  der 
völlig  umgearbeitet  ist.  In  ihm  ist  bereits  der  Hauch  der  modernen 
geographischen  Methodik  zu  spüren,  aber  auch  noch  nicht  kräftig 
genug;  er  zeigt  noch  eine  übergroße  Ähnlichkeit'  und  starke  An- 
klänge an  das'  Lehrbuch,  von  dem  er  von  Haus  aus  auch  nur 
ein  gekürzter  Auszug  war.  Der  Bearbeiter  hat  ihn  allgemein  für 
die  Unter-  und  Mittelstufe  höherer  Lehranstalten  bearbeitet. 
Unter  den  gegenwärtigen  Verhältnissen  genügt  der  Leitfaden 
besser  für  die  Mittel-  und  Oberstufe;  denn  trotz  der  durchge- 
führten Beseitigung  zahlreicher  Einzelheiten  ist  er  auch  jetzt  noch 
an  solchen  überreich,  umfaßt  doch  das  Namenregister  auch  hier 
15  eng  gedruckte  Seiten,  woraus  ohne  eingehende  Lektüre  auf 
einen  gewaltigen  Gedächtnisballast  geschlossen  werden  kann.'  Bei 
weiteren  Auflagen  wird  der  Bearbeiter  auf  eine  Verminderung 
überflüssiger  Namen  und  Ausscheidung  minder  wichtiger  Einzel- 
heiten und  auf  kräftigere  Hervorhebung  der  charakteristischen 
Zuge  der  Länderbildung  zu  achten  haben.  An  dieser  Neu- 
bearbeitung hat  er  immerhin  gezeigt,  daß  er  ein  veraltetes  Lehr- 
buch umzuarbeiten  vermag  —  eine  etwas  undankbare  Aufgabe 
—j  und  die  völlig  neue  Einleitung  läßt  erwarten,  daß  in  Zukunft 
auch  die  anderen  Abschnitte  eine  zweckmäßige  Umarbeitung 
erfahren  werden.  Dann  wird  freilich  von  dem  ursprünglichen 
Buche  nur  noch  der  Titel  übrig  bleiben,  und  wenn  es  der  Be- 
arbeiter dann  noch  für  angemessen  findet,  ihn  beizubehalten  und 
dem  Buche  nicht  ausschließlich  seinen  Namen  zu  geben,  so  wird 
es  wohl  nur  aus  dem  Grunde  geschehen,  um  die  Schwierigkeiten 
zu  vermeiden,  die  mit  einer  Neueinführung  naturgemäß  verbunden 


566  Bild«r  «US  dem  Alten  Berlin, 

ßind;    denn  im  ersten  Falle  ist  und  bleibt  das  Buch  formell  nur 
eine  Neuausgabe  eines  schon  eingeführten  Schulbuches. 

Coesfeld.  A.  Bludau. 


Bilder  aus  dem  Alten  Berlin.  Text  von  0.  Pniower.  Zweite,  ver- 
größerte AvOage.  Berlin  1907,  Verlafir  J-  Spiro  Berlin  W.  30.  59  S. 
Text  auf  Büttenpapier,  57  ganzseitige  Lichtdrockbilder.     3,50  Jt. 

Mit  der  großartigen  Entwicklung,  die  unsere  Reichshauptsladt 
in  den  letzten  Jahrzehnten  durchgemacht  hat,  sind  gerade  die 
älteren  geborenen  Berliner  meist  am  wenigsten  zufrieden.  Sie 
denken  mit  einer  gewissen  Wehmut  an  die  Zeit  zurück,  da  das 
Leben  und  Treiben  so  sehr  viel  gemütlicher  war,  sie  müssen  zu- 
sehen,  wie  die  ihnen  einst  vertrauten,  liebgewordenen  Statten  ihr 
Aussehen  gänzlich  verändern,  wie  altehrwärdige  Gebäude  vom 
Erdboden  verschwinden,  wie  die  Stadt  immer  weiter  hinauswächsl 
und  da,  wo  früher  Feld  und  Wald  war,  jetzt  endlose  Häuserreihen 
sich  hinziehen.  Immermann  sagt  einmal  vom  alten  Berlin,  es  sei 
ein  Konglomerat  von  vierundzwanzig  Krähwinkeln,  aber  keine 
Großstadt;  man  mag  das  Urteil  selbst  für  jene  Zeit  übertrieben 
finden,  aber  das  ist  jedenfalls  richtig,  daß  die  Leute  sich  damals 
sehr  viel  näher  standen  als  jetzt,  wo  sich  oft  die  Bewohner  des- 
selben Hauses  nicht  kennen.  ^Jeder  treibt  sich  an  dem  andern 
rasch  und  fremd  vorüber  und  fraget  nicht  nach  seinem  Schmerz'. 
Nun  wird  ja  wohl  niemand  ein  so  fanatischer  laudator  temporis 
acti  sein,  daß  er  diese  ganze  Entwicklung  verwünschen  und  die 
ungeheuren  Fortschritte,  die  sie  auf  den  verschiedensten  Gebieten 
gebracht  hat,  verkennen  wollte,  aber  es  drängt  sich  doch  bisweilen 
die  Frage  auf,  ob  denn  das  alles  nicht  auch  möglich  gewesen 
wäre  ohne  den  Mangel  an  Rucksicht,  Pietät  und  Geschmack,  der 
ein  charakteristisches  Merkmal  gerade  der  Entwicklung  Berlins  zu 
sein  scheint.  Daß  eine  Weltstadt  einen  großartigen  Straßenverkehr 
haben  muß,  ist  selbstverständlich,  daß  aber  so  schlecht,  so  brutal 
gefahren  wird,  wie  hier,  ist  jedenfalls  nicht  nötig.  Die  Lastwagen- 
fuhrer  wenigstens  scheinen  fast  alle  ihren  Beruf  verfehlt  zu  haben, 
eine  Beleuchtung,  die  diesen  Namen  verdient,  fehlt  ihren  Ge- 
spannen so  gut  wie  ganz,  und  was  soll  man  erst  sagen  von  der 
unerhörten  Anmaßung  so  vieler  Rad-  und  Automobilfahrer,  deren 
gewissenlosem  und  gemeingefährlichem  Treiben  die  Behörden  ^^ 
ziemlich  rat-  und  tatlos  gegenüberstehen?  So  viel  Zeit  muß 
jeder  noch  so  beschäftigte  Mensch  doch  haben,  daß  er  auch  auf 
Leben  und  Gesundheit  seiner  Mitmenschen  Rücksicht  nehmen 
kann.  Und  nun  die  baulichen  Veränderungen  der  Stadt  Sehr 
schön  mag  Berlin  ja  wohl  nie  gewesen  sein,  aber  es  lag  doch 
Charakter  in  den  Straßenzügen  und  Plätzen.  Was  an  die  Stelle 
davon  getreten  ist,  deutet  nur  auf  Erwerbstrieb,  auf  rücksichts- 
loseste Verwertung    von   Grund    und  Boden    hin.     Daß  ein^Haus 


angez.  von  F.  Härder.  567 

wie  das  Redernsche  Palais  so  einfach  devasliert  werden  kann,  ist 
unerhört,  and  dasselbe  läßt  sich  von  Hunderten  von  anderen, 
wenn  auch  nicht  so  hervorragenden  Gebäuden  sagen.  Und  was 
tritt  dafür  an  die  Stelle?  Was  ist  denn  in  neuerer  Zeit,  ab- 
gesehen vom  Viktoriapark  und  den  Treptower  Anlagen,  Erfreuliches 
geschaffen  worden?  Alles  wird  ins  Kolossale  verzogen,  der  Sinn 
für  einfache,  strenge  Schönheit»  der  doch  manchen  Teilen  des 
alten  Berlin  einen  eigenartigen  Reiz  verlieh,  scheint  ganz  ver- 
schwunden zu  sein.  Selbst  der  alte  Bernini  würde  vermutlich 
beute  sein  Haupt  verhüllen,  wenn  man  ihm  diese  neuen  Wunder 
Berlins  zeigen  wollte.  Da  ist  es  denn  nun  für  alle  Teile  lehr- 
reich, für  die  alten  Berliner  eine  wahre  Herzensfreude,  ein  Buch, 
wie  das  hier  zur  Besprechung  vorliegende,  in  die  Hand  zu  nehmen. 
Der  Verfasser  hat  sich  bei  der  Auswahl  der  Bilder  die  Aufgabe 
gestellt,  die  Entfaltung  unserer  Stadt  in  den  letzten  drei  Jahr- 
hunderten zur  Anschauung  zu  bringen.  So  hat  er  nun  eine  be- 
trächtliche Anzahl  älterer  Stiche  und  Pläne  in  kleinem  Haßstabe, 
aber  vorzüglicher  Reproduktion,  zusammengestellt,  die  zum  Teil 
eine  uns  Lebenden  nicht  mehr  bekannte,  aber  doch  anmutende 
Vorstellung  der  alten  architektonischen  Bilder  unsensr  Stadt,  zum 
Teil  auch  noch  den  Zustand  der  Straßen,  Plätze  und  Gebäude 
vorführen,  an  die  sich  unsere  eigenen  Jugenderinnerungen  knüpfen 
und  die  jetzt  fast  alle  verschwunden  oder  verändert  sind.  Wie 
malerisch  das  alte  Berlin  sich  ausnahm,  zeigt  ein  Vergleich  dieser 
Blätter  mit  den  Abbildungen  auf  den  jetzigen  Postkarten,  selbst 
den  besten,  die  doch  sicher  auch  daraufhin  gearbeitet  sind,  den 
denkbar  günstigsten  Eindruck  auf  den  Beschauer  zu  machen:  dort 
ruhige,  einfache,  oft  wirklich  schöne,  immer  gediegene  Verhältnisse, 
hier  eine  verwirrende  Nebeneinanderstellung  von  Dingen,  die  mit- 
einander nichts  zu  tun  haben,  zueinander  nicht  passen,  sich  gegen- 
seitig stören,  alles  groß,  aber  plump,  aufdringlich  und  gesucht. 

Die  in  dem  Werke  reproduzierten  Bilder  gehen  auf  Aquarell- 
zeichnungen von  Stridbeck  sowie  auf  Stiche  von  Chodowiecki  und 
Rosenberg  zurück,  der  Prospekt  von  Berlin  (ca.  1745)  auf  Schleuen, 
die  Gesamtansicht  LV  auf  Merian,  der  Grundriß  LVI  vom  Jahre 
1737  auf  den  Stich  von  Busch  nach  einer  Zeichnung  Walthers. 
Die  Quellen  sind  in  dem  begleitenden  Texte  meist  angeführt;  es 
würde  sich  wohl  empfehlen,  diese  Angabe  auf  alle  Bilder  auszu- 
dehnen, vielleicht  schon  im  Inhaltsverzeichnis.  Der  Text  selbst 
ist  knapp  gefaßt,  aber  deutlich  und  unbedingt  zuverlässig  und 
wohl  geeignet,  'die  Liebe  zur  engeren  Heimat,  die  dem  neuen 
Berlin  so  not  tut,  wecken  zu  helfen'.  Freunden  jener  alten 
Zeiten,  allen,  die  sich  für  die  Geschichte  unserer  Hauptstadt  inter- 
essieren, besonders  aber  der  Berliner  Jugend  sei  das  vorliegende 
Werk  auf  das  angelegentlichste  empfohlen. 

Berlin.  Franz  Härder«. 


568   P'  Reidt,  Auleituug  z.  niatfa.  Unterricht,  aogez.  von  M.  Nath. 

Fr.  Reidt,  Anleitung  zam  mathematischen  Unterricht  an 
höheren  Schalen.  Zweite  Auflage.  Revidiert  und  mit  Aamer- 
hangen  versehen  von  H.  Schotten.  Berlin  1906,  G.  Grote.  XIV 
u.  269  S.     4  JC. 

Vor  20  Jahren  ist  die  erste  Auflage  des  Buches  erschienen, 
und  erst  jetzt  ist  eine  zweite  nötig  geworden.  Es  scheint  kein 
sonderlich  günstiges  Zeichen  für  das  Interesse,  das  die  Lehrer 
der  Mathematik  an  Fragen  der  Methodik  genommen  haben,  daß 
diese  Tatsache  festgestellt  werden  muß.  Und  doch  täte  man 
unrecht,  wenn  man  diese  Folgerung  zöge.  Gegen  ihre  Berechtigung 
spricht  vor  allem  die  Existenz,  die  Arbeit  und  die  Erfolge  des 
Vereins  zur  Förderung  für  den  Unterricht  in  der  Mathematik  und 
den  Naturwissenschaften,  spricht  nicht  weniger  die  reiche  und  reich- 
haUige  Produktion  von  Leitfäden  und  Lehrbüchern,  von  dem 
doch  wenigstens  ein  Teil,  allerdings  zum  Schaden  seiner  Verleger 
und  Verfasser,  eigene  und  neue  Wege  erschließt  Man  könnte 
aus  der  Eigenart  des  Reidtschen  Buches  Gründe  für  die  nicht 
eben  günstige  Aufnahme  ableiten,  die  es  gefunden  hat.  Es  ist 
zweifellos  stellenweise  ein  wenig  breit  und  einseitig.  Der  Ver- 
fasser war  Lehrer  an  einem  humanistischen  Gymnasium  und  be- 
handelt den  Gegenstand  namentlich  mit  Rücksicht  auf  diese 
Anstaltsart.  Man  muß  aber  jederzeit  in  Erwägung  ziehen,  daß 
ein  solches  Buch,  in  die  Bibliotheken  der  Lehranstalten  und  der 
Fachlileratur  einmal  aufgenommen,  doch  Jahrzehnte  lang  seine 
Dienste  tut,  weil  es  nicht  den  zersetzenden  und  zerfetzenden 
Einwirkungen  ausgesetzt  ist,  die  das  Lehrbuch  in  der  Hand  der 
Schüler  zu  erdulden  hat. 

Wie  dem  auch  sei,  das  Erscheinen  der  zweiten  Auflage  muß 
freudig  begrüßt  werden,  um  so  freudiger,  als  der  IName  des  Her- 
ausgebers eine  eingehende  Berücksichtigung  des  in  der  Zeit  hin- 
zugekommenen Neuen  in  Aussicht  stellt.  Darin  glaubt  man  sich 
bei  näherem  Einblick  freilich  zunächst  getäuscht.  Es  ist  ein  so 
gut  wie  völlig  unveränderter  Abdruck  der  ersten  Auflage.  Nur 
gelegentlich  sind  nach  dem  Handexemplar  des  Verfassers  gering- 
fügige Änderungen  des  Textes  vorgenommen.  Der  Herausgeber 
hat  sich  darauf  beschränkt,  in  Anmerkungen  unter  dem  Texte 
Abweichungen  seiner  persönlichen  Ansichten,  methodische  Fort^ 
schritte  und  veränderte  Anschauungen  der  Mehrzahl  der  Fach- 
männer mehr  anzudeuten  als  auszuführen.  Dieser  Eindruck  der 
Enttäuschung  schwindet  aber,  wenn  man  das  Buch  noch  einmal 
liest  und  dazu  die  Anmerkungen  vergleicht.  Man  erkennt  dann, 
daß  sie  in  aller  Kürze  einen  bestimmten  Standpunkt,  den  der  so- 
genannten „Meraner'^  Beschlüsse,  in  aller  Kürze,  aber  klar  geltend 
machen.  Freilich,  ob  für  jeden  Leser,  ist  fraglich.  Für  den 
gewiß,  der  aus  längerer  eigener  Unterrichtserfahrung  und  mit 
genauer  Kenntnis  der  von  der  „Unterrichtskommission*'  verfolgten 
Ziele  das  Buch  studiert.     Aber  in  erster  Linie  gehört  es  doch  in 


E,  IVrobel,  Oboof^sbucb  z.  Aritbm.  u.  Alg.^  «gz.  von  A.  Kallias.  569 

die  Hand  des  Anfangers,   des  jungen  Lehrers  in  den  praktischen 
Vorbereitungsjahren.    Er  findet  hier  über  Unter  rieh  tsformen  aus- 
führliche   und  belehrende  Betrachtungen   und  Beispiele,   er  kann 
über  Aufgaben    und  Iit\e   des    mathematischen   Unterrichts    sich 
orientieren,    die  Bedeutung  der    einzelnen    Disziplinen,    ihre    Be- 
handlungsweise    auf    den     verschiedenen    Klassenstufen    kennen 
lernen.     Gerade   die    Schlichtheit   und    Sachlichkeit   der   Unter- 
suchung und    Darstellung    wird   imstande   sein,    ihn    für   seinen 
Beruf  auszubilden.     Er  wird  sich  nicht  Aufgaben  gegenüber  sehen, 
die  ihm  wegen  der  besonderen  Auflassung,   in  der  sie   ihm  ent- 
gegentreten,   schwierig    und    unlösbar   scheinen.      Das    Studieren 
des  Buches  wird  ihn  vor  zwei  Fehlern   bewahren,  vor   der  Ver- 
stiegenheit und  den  Anforderungen  an    wissenschaftliche   Strenge 
des  Unterrichts  und  vor  der  Einseitigkeit  und  Mangelhaftigkeit  in 
dessen  Gestaltung,  wenn  sie  wesentlich  auf  die  Erinnerungen  der 
eigenen  Schulzeit  begründet  ist.     Da  die  pädagogische  Vorbildung 
der  jungen  Lehrer   der  Mathematik  doch  oft  genug  noch  in  den 
Händen  von  philologischen  Vorgesetzten  liegt,  wird  die  Befassung 
mit  einem  solchen  Buche  von  beiden  Teilen  wohl  als  empfehlens- 
wert betrachtet  werden. 

Wenn  nun  in  der  neuen  Auflage  dem  Leser  der  Standpunkt 
der  Methodik  vor  20  Jahren  entgegentritt,  allerdings  stellenweise 
treffend  beleuchtet  und  berichtigt  durch  die  Bemerkungen  des 
Herausgebers,  so  würde  eine  gewählte  Angabe  der  neueren  Lite- 
ratur gewiß  als  dankenswert  empfunden  worden  sein.  Die  all- 
gemeinen Hinweise  auf  Rethwiscbs  Jahresbericht  und  die  Aufsätze 
in  der  Zeitschrift  für  mathematischen  und  naturwissenschaftlichen 
Unterricht  nutzen  dem  Anfänger  nicht  viel,  der  ratlos  einem  em- 
barras  de  richesse  gegenübersteht. 

Eine  erfreuliehe  Bestätigung  aber  hat  der  Berichterstatter 
der  erneuten  Lektüre  des  Buches  entnommen,  die,  daß  wirk- 
lich jene  Meraner  Vorschläge  nichts  so  grundslürzend  Neues  sind, 
wie  ihnen  nachgesagt  wird.  Gar  vieles,  was  sie  vorschlagen  und 
empfehlen,  ist  hier  schon  fast  als  selbstverständlich  besprochen. 
Sie  sind  in  der  Tat  der  Niederschlag  langjähriger  und  vielfältiger 
Oberlegungen  und  Erfahrungen  weiter  Kreise  der  Lehrerwelt,  und 
da  wohl  alles,  was  sie  enthalten,  teilweise  hier  und  da  versucht 
und  erprobt  worden  ist,  wird  es  möglich  sein,  auch  das  Ganze 
ins  Leben  zu  führen. 

Nordhausen  a.  Harz.  Max  Nath. 


1)  E.  Wrobe),  1.  Übaogsbocb  zor  Aritbuietik  uod  Algebra,  ent- 
haltend die  Pormelo,  Lebraätee  uod  Auflösnogsinetboden  io  systema- 
tiseber  Anordooog  ond  eine  große  Aezabl  voo  Frageo  uod  Aufgaben 
zam  Gebrauche  an  Gymnasien,  Realgymnasien  und  anderen  höheren 
Lehranstalten.  Teil  I:  Pensnm  der  Tertia  und  Untersekunda.  1]., 
durchgesehene  Doppeiauflage.    320  S.    8.    3,30  JC.    Teil  II:   Pensum 


570  ^'h<*'  Scbttieh],  Recheobucb  f.  höh.  Lehranst.^  agz.  v.  A.  Kalüus. 

der  ObersekuBda  und  Prima  des  Gymoasioins.  6.  Auflage.  163  S.  h. 
1,60,^.  2.  Obuogsbuch  zur  Arithmetik  uod  Algebra.  Ao- 
hang  für  höhere  realistische  Lebraostalteo.  4.  Auflage.  71  S.  8. 
1  M*  3.  Leitfaden  der  Stereometrie  oebst  einer  grofleo  An- 
zahl voo  Obungsaufgabeo.  Zum  Gebrauche  ao  höheren  Lehranstalteo. 
3.,  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.  105  S.  8.  2  JC.  Rostock, 
Hermann  Koch*s  Verlag. 

Die  vorliegenden  Übungs-  und  Lehrbücher  sind  nach  ver- 
hältnismäßig kurzer  Zeit  in  neuen  Auflagen  erschienen,  woraus 
man  schließen  darf,  daß  sie  sich  einer  wachsenden  Beliebüieit 
erfreuen  und  in  vielen  höheren  Schulen  zur  Einfuhrung  gelangt 
sind.  Da  ich  also  voraussetzen  darf,  daß  sie  ziemlich  allgemein 
bekannt  sind  und  da  sich  bei  1.  und  2.  die  neuen  Auflagen  gar 
nicht  von  den  froheren  unterscheiden,  so  wird  es  genügen,  hier 
auf  ihr  Erscheinen  aufmerksam  gemacht  zu  haben.  Der  Leit- 
faden der  Stereometrie,  dessen  erste  Auflage  in  dieser  Zeitschrift 
eingehend  besprochen  worden  ist,  unterscheidet  sich  aber 
von  den  früheren  Auflagen  wesentlich.  So  sind  die  Figuren 
schwarz  auf  weißem  Grunde  gezeichnet,  die  Anordnung  des 
Stofl'es  besonders  in  dem  ersten  Abschnitt,  der  von  den  Geraden 
und  Ebenen  handelt,  ist  etwas  anders  gestaltet,  und  für  den 
Obelisk  ist  eine  zweite  Ableitung  des  Inhaltes  mehr  geometrischer 
Natur  gegeben.  Hinzugefügt  sind  auch  den  einzelnen  Kapiteln 
des  ersten  und  zweiten  Abschnittes  Konstruktionsaufgaben  und 
Sätze  zum  Beweise.  So  hat  dieser  Leitfaden  eine  bedeutende 
Bereicherung  seines  Inhaltes  erfahren,  die  den  Wünschen  der 
Lehrer,  die  das  Buch  ihrem  Unterricht  zugrunde  legen,  durchaus 
entsprechen  dürfte. 

2)  Chr.  Schmehl,  Rechenbuch  für  höhere  Lehranstalten.  Teil  I: 
Das  Rechnen  mit  ganzen  Zahlen,  gemeinen  Brächen  und  Dezimal- 
brüchen. 6.  Auflage.  1906.  VH!  u.  227  S.  8  1,80  JC.  Teil  JI: 
Die  bürgerlichen  Rechnungsarten.  Mit  einem  Anhang:  Aufgaben  zur 
Kranken-,  Unfall-  und  Invalidenversicherung.  Berechnung  der  FJächen- 
und  Körperinhalte.  5.  Auflage.  1905.  VI  u.  256  S.  8.  1,80  X 
Gießen,  Emil  Rott 

Das  vorliegende  Rechenbuch  habe  ich  in  dieser  Zeitschrift 
(Jahrgang  1890)  eingehend  besprochen.  Ich  mußte  in  dieser 
Besprechung  hervorheben,  daß  „der  erste  Teil  dieses  Buches  in 
seiner  ganzen  Anordnung  und  in  seiner  Darstellung  des  Rechnens 
mit  ganzen  und  gebrochenen  Zahlen  eine  so  überraschende 
Ähnlichkeit  mit  einem  mir  bekannten  Rechenbuche  hat,  daß  man 
von  einem  Zufall  durchaus  absehen  muß  und  daß  dieser  Umstand 
um  so  mehr  auffallen  muß,  als  der  Verfasser  es  durchaus  nicht 
für  nötig  gehalten  hat,  in  der  Vorrede  oder  auch  im  Texte  die 
Quellen,  aus  denen  er  geschöpH  hat,  anzugeben*'.  Dem  Verfasser 
muß  diese  Besprechung  nicht  zu  Gesicht  gekommen  sein;  denn 
sonst  hätte  er  wohl  in  der  Vorrede  zu  den  späteren  Auflagen 
auf   diesen    Umstand    Rücksicht   genommen.     Die    neue   Auflage 


J.  Wirz,  Rechenbacb  f.  höh.  Lehraostalten,  agz.  v.  A.  Kallius.  571 

unterscheidet  sich  auch  sonst  wenig  von  den  früheren;  es  sind 
nur  bin  und  wieder  einige  Aufgaben  hinzugefugt,  so  namentlich 
Aufgaben  mit  Klammerausdrücken,  Aufgaben  aus  dem  Gebiete 
der  Arbeiterversicherung,  Aufgaben  über  die  Berechnung  von 
Flächen-  und  Körperinhalten  und  das  Ausziehen  der  Quadrat- 
und  der  Kubikwurzel.  Unverändert  geblieben  sind  die  der  mathe- 
matischen Genauigkeit  entbehrenden  Regeln  und  die  Art  und 
Weise,  wie  der  Verfasser  in  den  Aufgaben  des  praktischen  Lebens 
mit  Dezimalbrüchen  gerechnet  haben  will. 

3)  J.    Wirz,    Reeheobach    für    höhere    Lehranstalteo.     Gebweiler 
1906,  J.  Boltze.    VI  n.  255  S.    8.    2,50  Jt. 

Das  vorliegende  Rechenbuch  unterscheidet   sich  insofern  von 
anderen  Rechenbüchern,    als  es    in    zwei  Abteilungen    geteilt  ist, 
in  eine  Aufgabensammlung  und  in  einen  als  Anhang  bezeichneten 
Teil,  der  theoretische  Erläuterungen,    Regeln  und  Musterbeispiele 
enthält.     Maßgebend    für    diese    Teilung    waren    namentlich    die 
Wünsche    der  Rechenlehrer,    die  aus  pädagogischen    und  didakti- 
schen  Gesichtspunkten    eine    Einfügung    der    theoretischen    Er- 
läuterungen und  praktischen  Anleitungen  in  die  Aufgabensammlung 
verwerfen.     In  der  Einteilung  mit  den  Aufgaben  genau  überein- 
stimmend,   enthält  der  zweite  Teil  auch  die  notwendigen  Regeln 
in  kurzer  Zusammenstellung,    die  sich   übrigens  durch  mathema- 
tische Genauigkeit  auszeichnen.     Weiterhin  unterscheidet  sich  das 
Buch  auch  darin  wesentlich  von  anderen  Rechenbüchern,  als  eine 
Trennung    der  Grundrechnungen    mit    unbenannten    und  einfach 
benannten  Zahlen  einerseits  und   mit  mehrfach  benannten  Zahlen 
andererseits  nicht  durchgeführt   ist,    weil  nach  Ansicht   des  Ver- 
fassers das  Rechnen  mit  den  dekadischen  Einheiten  nichts  anderes 
ist  als  ein  Rechnen  mit  mehi^ch  benannten  Zahlen,  deren  Wäh- 
rungszahl eine  Potenz  von  10  ist.     Wohl  infolgedessen  behandelt 
der  Verfasser  das  Resolvieren  und  Reduzieren  nur  ganz  beiläufig. 
Mir  will  es  scheinen,  als  ob  bei  einer  solchen  Anordnung  das  so 
wichtige  Rechnen  mit    mehrfach    benannten  Zahlen,    deren  Wäh- 
rungszahl   eine  Potenz  von    10  ist,    zu  kurz  käme,    zumal  da  es 
doch  eine  so    wichtige  Vorstufe    für   das  Rechnen   mit  Dezimal- 
brüchen   bildet     Der  Verfasser    vermeidet    es   grundsätzlich,    mit 
allzu    großen    Zahlen    und    in    der    Bruchrechnung    mit    großen 
Nennern  zu  operieren.    Aber  die  Aufgaben  aus  der  Praxis  bieten 
doch  recht    häußg   auch    größere    und   unbequeme  Zahlen;    wird 
nicht  ein  Schüler,   der  nur  mit  kleineren  Zahlen  zu  rechnen  ge- 
wöhnt ist,  mit  einer  gewissen  Unlust  an  ihre  Lösung  herangehen 
und  bei  der  Arbeit   ermüden  ?     Es   sind  in    der  Tat    zwei  Divi- 
sionen mit  kleinen  Zahlen    nicht  gleichwertig    einer  Division  mit 
großen  Zahlen.     Bei  der  Addition    und   Subtraktion  von  Brüchen 
hat  der  Verfasser  nur    solche  Beispiele  aufgenommen,    bei  denen 
der  Hauptnenner  bequem  im  Kopfe  gefunden  werden  kann,    weil 


572  K.  Roeseo,  Lehrback  der  Physik, 

er  meint,  daß  Rechnuogen  mit  Nennern,  die  zu  einem  großen 
Hauptnenner  führen,  eine  schematische  Darstellung  notwendig 
machen  und  für  das  Verständnis  der  Operationen  wertlos  sind. 
Er  gibt  deswegen  auch  in  den  Erläuterungen  nicht  das  Verfahren 
für  die  Auffindung  des  Hauptnenners  an,  was  meiner  Ansicht 
nach  schon  deshalb  durchaus  notwendig  ist,  weil  der  Rechen- 
unterricht eine  Vorstufe  des  arithmetischen  Unterrichts  sein  soll. 
—  Die  Dezimalbruche  erklärt  der  Verfasser  als  Bräche,  deren 
Nenner  Potenzen  von  10  sind ;  er  entwickelt  demgemäß  die  vier 
Spezies  mit  Hilfe  der  gemeinen  Brüche  und  nicht,  wie  es  meiner 
Ansicht  nach  methodisch  richtiger  ist,  in  Anlehnung  an  das 
Rechnen  mit  ganzen  Zahlen.  Die  abgekürzten  Rechnungen  mit 
Dezimalzahlen  sind  zwar  behandelt,  aber  nicht  eingehend  genug, 
da  auf  die  Bestimmung  des  Fehlers  gar  keine  Rücksicht  ge- 
nommen ist.  Die  Subtraktion  durch  Ergänzung  ist  nur  erwähnt, 
aber  irgend  eine  Anwendung  dieser  vortreiTlichen  Methode,  z.  B. 
bei  der  Division,  wird  nicht  vorgeführt.  In  den  angewandten 
Aufgaben  sind  die  Verhältnisse  des  geschäftlichen  und  industriellen 
Lebens,  die  Handels-  und  Verkehrsverhältnisse  des  Deutschen 
Reiches  nach  Möglichkeit  und  der  Unterrichtsstufe  entsprechend 
berücksichtigt,  eine  Einheit  wie  Hektowattstunde  dürfte  freilich 
kaum  einem  Sextaner  verständlich  zu  machen  sein. 

Berlin.  A.  Kallius. 


K.  Roesen,  Lehrbach  der  Physik.  Leipzig  1906,  Oskar  Leioer.  X  o. 
380  S.     8.     Mit  328  AbbildaDgen.     4  My   geb.  4,60  JL. 

K.  Roesen,  Brgäozaogea  zum  Lehrbuch  derPhysik.  fibeoda.  68  8. 
8.     Mit  61  Abbilduugeo.     0,90  Jty   geb.  1/20  M- 

C.  W.  WirtZf  Leitsätze  zur  mathematischen  Geographie,  ein  An- 
hang zu  Roesen,  Lehrbuch  der  Physik.  Ebenda.  35  S.  8.  Mit 
15  Figuren.     0,50  JH,  geb.  1  Jt, 

Ober  die  Lehrbuchfrage  herrschen  bislang  bei  den  Physik* 
lührern  geteilte  Ansichten:  die  einen  bevorzugen  einen  nach  Um- 
fang und  Ausdrucksweise  knapp  gehaltenen  Leitfaden,  weniger  ein 
Lehrbuch  als  ein  Lernbuch,  das  dem  Schüler  nur  die  unentbehr- 
lichste Grundlage  für  häusliche  Wiederholungen  liefert,  die  anderen 
wollen  dem  Lehrer  für  die  Stoffauswahl  größeren  Raum  gewähren, 
dem  strebsamen  Schüler  Gelegenheit  zu  eigenem  Studium  geben 
und  ziehen  die  Grenzen  des  darzubietenden  Unterriclitsstofles  erst 
da,  wo  noch  zu  wenig  gesicherte  Ergebnisse  wissenschaftlicher 
Forschung  vorliegen  oder  der  unterrichtlichen  Rehandlung  durch 
die  Schwierigkeit  und  Kompliziertheit  des  Gegenstandes  Hinder- 
nisse in  den  Weg  gelegt  werden.  Die  meisten  Verfasser  neuerer 
Lehrbücher  neigen,  soweit  die  Oberstufe  in  Frage  kommt,  der 
letzteren  Auffassung  zu,  und  das  ist  verständlich;  denn  ihnen 
kommt  es  bei  der  Zusammenstellung  des  Lehrstoffes  am  deutlich- 
sten zum  Bewußtsein,    daß  die  Forderung  „nur  das  AUernotwen- 


Aogez.  von  E.  Höhnemaoo.  573 

digste"  je  nach  der  Persönlichkeit  des  Lehrers  und  den  ihm  zur 
Verfugung  stehenden  Lehrmitteln  schwankend  und  viel  zu  ver- 
schwommen ist,  um  als  Norm  für  den  Umfang  des  AuszuwahJenden 
gelten  zu  können. 

Das  Lehrbuch  von  Roesen  aber  übertrifft  alle  mir  bekannten 
in  der  FöJle  des  Stoffes.     Es  erschließt  dem  Schulunterricht  so- 
wohl  ältere    grundlegende  Untersuchungen,    z.  B.    die   Gaußsche 
Dioptrik  zentrierter  Systeme,   wie  neuere  und  neueste  Errungen- 
schaften   der    Wissenschaft,    die    Abbesche    Abbildungslehre,    die 
elektromagnetische  Lichttheorie,   die  Elektronentheorie,    die  sonst 
gewöhnlich    nur    angedeutet   wird,    und    vieles    andere.     Mag  er 
dann  in  manchen  Fällen    zu  weit  gehen  —  ich  erwähne  die  Be- 
handlung  des   absolut  schwarzen  Körpers  — ,    der  Brauchbarkeit 
seines  Buches  tut  es  keinen  Abbruch;  denn  die  Anordnung  ist  so 
übersichtlich,  das  Wesentliche  ist  überall  so  deutlich  hervorgehoben, 
(laß  selbst  der  Lehrer,  der  sich  zu  strengem  Maßhalten  gezwungen 
sieht,  auf  seine  Rechnung  kommen  wird,   mehr  als  mit  manchen 
weniger  umfangreichen  Lehrbächern,   die  weniger  Stoff,   das  ein- 
zelne  aber    mit    zu  großer  Breite   behandeln.     Der  Ausdruck  ist 
stets   knapp,    die  Formulierung  der  Gesetze  treffend,    so  daß  der 
Schüler  sich  bei  der  hauslichen  Wiederholung  nicht  durch  seiten- 
lange Auseinandersetzungen  und  Beschreibungen  hindurchzuarbeiten 
braucht.     Man    verfolge    nur  einmal  die  Durchführung  eines  Ab- 
schnittes,   etwa  der  Lehre  vom  Schall,   wie  kurz,   klar  und  wohl 
geordnet  da  eins  auf  das  andre  folgt.     Freilich  strenge  Auswahl, 
insbesondere    für   die  Benutzung  an  Gymnasien,    ist    unerläßlich; 
sie   wird    auch  von  dem  Verfasser  selbst  vorausgesetzt,    wie  sich 
aus  einer  Bemerkung  in  der  Vorrede  ergibt. 

Das  Lehrbuch  von  Roesen  steht  auf  modernem  Standpunkt. 
Es  geht  auch  für  die  oberen  Klassen  von  dem  Versuch  aus,  und 
zwar  vom  messenden  Versuch.  Es  behandelt  nach  Grimsehls  Vor- 
gang feste  Körper,  die  Arbeit  übertragen,  nicht  mehr  als  starre 
Systeme,  sondern  als  physische,  Deformationen  erleidende  Körper 
und  bringt  die  KraftlinientheoHe,  dieses  unentbehrliche  Hilfsmittel 
für  die  Lehre  vom  Magnetismus  und  Elektromagnetismus,  ferner 
die  Elektronentheorie  voll  zur  Geltung.  Modern  sind  auch  die 
von  Roesen  empfohlenen,  übrigens  durch  recht  gute  Abbildungen 
veranschaulichten  Apparate.  Die  physikalischen  Unterrichtsbücher 
tragen  in  der  Mehrzahl  dem  gewaltigen  Wandel,  der  sich  dank 
des  Einflusses  der  Zeitschrift  für  den  physikalischen  und  chemi- 
schen Unterricht  in  der  Verwendung  und  Herstellung  physikalischer 
Schulapparate  vollzogen  hat,  gar  zu  wenig  Rechnung.  Bei  der 
Betrachtung  der  in  ihnen  enthaltenen  Abbildungen  findet  man  nur 
hier  und  da  eines  jener  einfachen,  verhältnismäßig  billigen  Hilfs- 
mittel, die  in  den  letzten  Jahren  die  Verzeichnisse  unserer  größeren 
mechanischen  Werkstätten  so  stark  vermehrt  haben,  gewinnt  aus 
ihnen    kaum    eine  Ahnung  davon,    daß  der  wichtigste  Fortschritt 


574   K.  Roesea,  Lehrbuch  der  Physik,  aagez.  von  E.  Höhnemaon. 

des  physikalischen  Unterrichts  gerade  in  der  eigens  für  die  Schule 
ausgebildeten  Experimentierkunst  besteht«  Mit  Recht  bevorzugt 
der  Verfasser  die  von  Grimsehl  angegebenen  Versuchsanordnungen 
wegen  ihrer  Obersicbllichkeit  und  Billigkeit;  doch  scheint  er  wohl 
etwas  einseitig  nur  den  Leyboldschen  Katalog  benutzt  zu  haben, 
sonst  hätte  er  auf  die  von  Friedr.  C.  G.  Müller-Brandenburg  kon- 
struierten Schulapparate  wohl  kaum  verzichtet  und  z.  B.  der  Lehre 
vom  Trägheitsmoment  mit  Hilfe  des  in  der  Ztscbr.  f.  d.  phys.  u. 
ehem.  Unterr.  Bd.  14  S.  71  beschriebenen  Universalapparates  eine 
experimentelle  Grundlage  geben  können. 

Die  Ergänzungen  enthalten  neben  wichtigen  mathematischen 
Entwickelungen,  die  im  Lehrbuch  wohl  nur  mit  Rücksicht  auf 
seinen  Umfang  keinen  Platz  gefunden  haben,  weitergehende  Aus- 
führungen einzelner  Gebiete.  Es  wäre  zu  wünschen,  daß  der  In- 
halt des  Bändchens  dem  Lehrbuch  selbst  eingefügt  würde,  was 
durch  einige  Streichungen  sich  wohl  ermöglichen  ließe.  Auch  so 
wird  das  Buch  immer  noch  genug  des  Guten  enthalten.  Fort- 
fallen könnten,  um  einzelnes  zu  erwähnen,  Bemerkungen  wie 
S.  230:  „Andere  kostspielige  Apparate  sind  vielfach  zu  diesem 
Zweck  ausgeführt'',  S.  252:  „Auch  Amperemeter,  auf  demselben 
Prinzip  beruhend,  werden  von  derselben  Firma  ausgeführt'',  S.255: 
„Praktisch  für  die  Schule  sind  die  Apparate  von  Hartmann  und 
Braun"  usw.  Der  Lehrer  braucht  solche  Hinweise  nicht  aus  dem 
Lehrbuche  zu  entnehmen ;  für  den  Schüler  aber,  für  den  es  be- 
stimmt ist,  haben  sie  keinen  Zwek. 

Eine  vortreffliche  Ergänzung  des  Lehrbuches  bilden  die  ,Xeit' 
Sätze  zur  mathematischen  Geographie"  von  Wirtz.  Der  Anblick 
der  scheinbaren  Himmelskugel  und  der  scheinbaren  Bewegung 
der  Fixsterne,  ferner  der  scheinbare  Sonnen-,  Mond-  und  Pla- 
netenlauf bilden  die  methodisch  richtig  gewählten  Ausgangspunkte 
für  die  weiteren  Darlegungen  über  die  Orientierung  an  der 
Himmelskugel  und  die  Bewegungen  der  Körper.  Ich  habe  das 
Heft  praktisch  im  Unterricht  erprobt  und  durchaus  bewährt  ge- 
funden. 

Alles  in  allem  bilden  die  besprochenen  Bücher  einen  Fort- 
schritt namentlich  gegen  die  meisten  unmittelbar  nach  Einführung 
der  neuen  Lehrpläne  erschienenen  Schulbücher,  an  denen  zum 
Teil  nichts  neu  ist  als  die  Teilung  in  zwei  Stufen.  Ihre  Ein- 
fuhrung an  recht  vielen  Anstalten  wäre  ein  erfreuliches  Zeichen 
dafür,  daß  die  Wege  und  Ziele,  auf  die  unsere  besten  und  arbeils- 
freudigsten  Schulphysiker  seit  Jahren  in  der  Zeitschr.  f.  d.  phys. 
u.  ehem.  Unterr.  hingewiesen  haben,  in  weiteren  Kreisen  ge- 
bührende Beachtung  zu  linden  beginnen. 

Landsberg  a.  W.  E.  Höhnemann. 


EINGESANDTE  BÜCHER 

(Besprechung  eiozeloer  Werke  bleibt  vorbebalteo). 


1.  MoDatsschrift  für  Schalgesang,  heraasgegebeu  von  F.  Wieder- 
maoD  nod  E.  Paal.  Jahrg.  1,  Heft  11-12  (S.  241— ;^SS).  Jahrg.  2,  Heft  1 
(S.  1-24). 

2.  Die  Stimme,  Zentralblatt  für  Stimm-  und  Tonbildang,  Gesang- 
Doterrieht  nnd  Stimmhygieoe,  herausgegeben  von  Tb.  S.  Flatao,  K.  Gast, 
A.  Gnsiode.     Jahrg.  1,  Heft  5—6  (S.  129—192). 

3.  Blätter  für  deutsche  Erziehung,  herausgegeben  von  Arthur 
Schulz.    Jahrg.  9,  Heft  1-5  (S.  1— SO). 

4.  Zeitschrift  für  Lehrmitteiwesen  und  pädagogische  Lite- 
rator,  herausgegeben  von  F.  Frisch.    Jahrg.  3,  Heft  4—5  (S.  97—160). 

5.  V  ierteljahrsschrift  für  körperliche  Erziehung,  heraus- 
gegeben von  L.  Bur gerstein  nnd  V.  Pimmer.    Jahrg.  3,  Heft  1  (S.  1  —  72). 

6.  Jahresberichte  über  das  höhere  Schulwesen,  herausgegeben 
voo  Conrad  Reth wisch.  Jahrgang  XX  (1905).  Berlin  1906,  Weid- 
maonsche  Buchhandlung.     19  Jt' 

7.  Lycee  Engiadina.  Hochalpines  Reformrealgymaasium  mit  Gym- 
aasiil-  und  Real-Abteilnog.  Freie  höhere  Lehranstalt  mit  Familienheim  für 
40  Zöglinge  io  Zuoz  (Ober-Engadin,  Schweiz).  Prospekt  nebst  Auszug  aus 
den  Jahresbericht  1905/1906.  24  S.  mit  27  Abbildungen.  INormal-Lehrplan 
2U  S.  mit  1  Tafel. 

8.  Religionsgeschichtliche  Volksbücher  für  die  deutsche  christ- 
iic&e  Gegenwart,  herausgegeben  von  F.  M.  Schiele.  Tübingen  1906/07, 
J.C.  B.  Mohr.  —  I.  Reihe,  13.  Heft:  R.  Knopf,  Die  Zuknuftshoffnungeu 
des  Urchristentums.  64  S.  —  II.  Reihe,  7.  Heft:  G.  Beer,  Saul, 
David,  Salomo.  80  S.  —  10.  Heft:  H.  Guthe,  Jesaia.  70  S.  —  111.  Reihe, 
S.  Heft:  C.  H.  Becker,  Christentum  und  Islam.  56  S.  —  IV.  Reihe, 
I.Heft:  J.  Jungst,  Pietisten.  80  S.  —  V.  Reihe,  4.  Heft:  A.  Meyer, 
Was  uns  Jesus  heute  ist.  ÖOS.  Jedes  Heft  0,50^,  kart.  0,75  J|(. 
Aboonenten  erhalten  das  Monatsblatt  „Die  Religion  in  Geschichte  und  Gegen- 
wart'* unberechnet. 

9.  F.  Rausch,  Mängel  derAnschaunngsbilder  und  die  Stoff- 
lebr mittel.     Nordhansen,  als  Handschrift  gedruckt.     58  S. 

10.  Männer  der  Wissenschaft.     Leipzig  1906,  Wilhelm  Weicher. 

a)  Nr.  9.    E.  Mül  ler,  Friedrich  Karl  von  Sa  vigny.     32  S.     gr.  8. 

b)  Nr.  10.    R.  Jonas,  Karl  Rosenkranz.     50  S.     gr.  S. 

c)  Nr.  11.    R.  Ehlers,  Riehard  Rothe.     59  S.     gr.  8. 

11.  Moderne  Essays,  herausgegeben  voo  H.  Landsberg.  Berlin, 
Gose  &  Tetzlair. 

a)  F.  P.  Greve,  Oskar  Wilde.     Zweite  Auflage.     57  S.     0,50^. 

b)  Pflaam,  Dühring.     55  S.     0,50^. 

12.  £d.  Meyer,  Humanistische  und  geschichtliche  Bildung. 
Vortrag,  gehalten  in  der  Vereinigung  der  Freunde  des  humanistischen  <tyui- 
nasiums  in  Berlin  nnd  der  Provinz  Brandenburg  am  27.  November  1906. 
Berlin  1907,  Weidmannsche  Buchhandlung.     41  S.     0,60  Jt. 

13.  A.  Schultz,  Methodik  des  Unterrichts  im  Deutschen. 
Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.  245  S.  gr.  8.  %  JK^  (Methodik  des  Volks- 
und Mittelschulunterrichts,  in  Verbindung  mit  namhaften  Schulmännern  und 
unter  Mitwirkung  von  E.  Friedrich  herausgegeben  von  H.  Gehrig,  I  3.) 

14.  Neuere  Gedichte.  Eine  Sammlung  zur  Ergänzung  des  Lese- 
buches. Aasgewählt  im  Auftrage  der  Elberfelder  Jugendschrifteu Vereinigung 
von  £.  Kolepkamp,  F.  Lehmhaus,  K.  Toups.  Köln  a.  Rhein  o.  J.,  Her- 
mann &  Friedrich  Schaffstein.    78  S.     12. 


576  Bingesaodte  Bücher. 

15.  K.  Ludwig,  Heimatkarte  der  deutscheo  Literatar  mit 
Ortd-  und  Naineoverzeichnis.  Für  Scholzwecke  eDtworfeo.  Taschen-Ausf^abe. 
Wieo  1906,  G.  FreyUe;  aod  Berndt     22  S.  mit  1  Karte.     16.     50  Heller. 

16.  E.  de  Marchi,  Un  enigmatico  epigramma  attributo  a 
Virgilio.     6  S.     (S.-A.  ans  Riviata  di  filologia  1907.) 

17.  F.  Gaffiot,  Ecqai  fnerit  si  particalae  io  interrogpando 
latioe  usDS.     Paris  1904,  C.  Klincksieck.     51  S.    gr.  8.     3  fr.  50  c. 

18.  F.  Gaffiot,  Le  subjonctif  de  snbordioation  en  latin. 
I.  Fropositioos  relatives.  II.  CoojonctioD  cum,  Paris  1906,  C.  Kliocksieck. 
221  S.    gr.  8.     5/V. 

19.  Sophokles'  Aotigooe  von  F.  Schubert.  Bearbeitet  von 
L.  Hüter.  Siebeote  Auflage.  Mit  11  AbbilduDgeo.  Leipzig  1906,  G.  Freytaj;. 
XU  a.  52  S.     kl.  8.    geb.  1,20  JC. 

20.  J.W.  White,  Ad  Uorecogoized  Actor  in  Greek  Comedy. 
26  S.     (S.-A.  ans  Harvard  Studios  XVII  [1906]  S.  103-  129). 

21.  J.W.  White,  'Logaoedic'  Metre  in  Greek  Comedy.  38  8. 
(S.-A.  aus  Harvard  Studios  XVIII  [1907]  S.  1—38.) 

22.  P.  Passy,  Petite  phonetique  comparee  des  prineipales 
laogaes    europ^eones.      Leipzig   1907,    B.  G.  Teubner.     IV  u.  132  S.     kl.  S. 

1,80  X 

23.  Boerners  neusprachliches  Unterrichtswerk.  Lehrbach 
der  französiscbeo  Sprache.  Ausgabe  G  für  Gymnasien  und  Real- 
gymnasien unter  Mitwirkung  von  Direktor  Leitritz  herausgegeben  von 
0.  Boeruer  und  £.  Stiehl  er.  Teil  1  mit  einem  Hölzelschen  Vollbild: 
L'hiver.     Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.    X  u.  232  S.    geb.  2,40  JC- 

24.  P.  Heyse,  Im  Bunde  der  Dritte.  Zum  Obersetzeu  aus  dem 
Deutschen  in  das  Englische  bearbeitet  von  Ph.  Hangen.  Dresden  1901), 
L.  EhIermann.     VIII  u.  72  S.    geb.  0,80  JC. 

25.  G.  Krüger,  Englisches  Unterrichtswerk  für  höhere  Schnleo, 
unter  Mitwirkung  von  W^  Wright  bearbeitet.  Teil  If:  Grammatik.  Ge- 
kürzte Fassung.     Leipzig  1907,  G.  Freytag.     266  S.    gr.  8.    geb.  2.40  JC- 

26.  Shakespeare,  König  Lear.  Herausgegeben  von  E.  Wasser- 
aeieher.     Dresden,  L.  EhIermann.     160  S.    geb.  1,20»^. 

27.  Das  Deutschtum  im  Auslande.  Monatsblatt  des  Allgemeine« 
Deutlichen  Schul  Vereins  zur  Erhaltung  des  Deutschtums  im  Auslande.  Jahr- 
gang 26,  Heft  1. 

28.  Sammlung  Schubert.  Leipzig  1906,  G.  J.  Göschen'sche  Verlags- 
handlung. 

a)  Band  37.  K.  Heun,  Lehrbuch  der  Mechanik,  Teil  I:  Kine- 
matik mit  einer  Einleitung  in  die  elementare  Vectorrechnnng.  Mit 
94  Figuren.     XVI  u.  339  S.     geb.  8  JC. 

b)  Band  52.  A.  Adler,  Theorie  der  geometrischen  Kon- 
struktionen.    Mit  177  Figuren.     VIII  u.  301  S.     geb.  9  ^. 

29.  F.  Pietzker,  Lehrgang  der  Elementar-Ma  thematik  iu 
zwei  Stofen.  Teil  1:  Lehrgang  der  Unterstufe.  Mit  207  Figuren.  Leipzig 
1906,  B.  G.  Teubner.     XII  u.  318  S.     gr.  8.     geb.  3,20  JC. 

30.  F.  HoCevar,  Lehr-  und  Obungsbuch  der  Arithmetik  fnr 
die    unteren    Klassen.      Mit    3    Figuren.      Sechste    Auflage.      Wien    t90G, 

F.  Tempsky.     III  u.  152  S.    gr.  8.     geb.  \  R  QO  h,  geb.  2K  10  h, 

31.  K.Meyer,  Naturlebre  (Physik  und  Chemie)  für  höhere  Mädchen- 
schulen   usw.       Mit    324    Abbildungen.      Vierte    Auflage.       Leipzig    1906. 

G.  Freytag.     233  S.     gr.  8.     geb.  2,20  jfC. 

32.  Grabers  Leitfaden  der  Zoologie  für  die  oberen  Klassen. 
Bearbeitet  von  R.  Latzel.  Mit  474  Abbildungen,  4  Farbendrucktafeln  und 
1  Karte.  Fünfte  Auflage.  Wien  1906,  F.  Tempsky.  III  u.  232  S.  gr.  S. 
'A  K  20  /i,  geb.  3  Ä"  80  /i. 


EBSTE  ABTEILUNG. 


ABHANDLUNQEN. 


Über  den  Umfang  und  die  ermüdende  Wirkung 

der  Schularbeiten. 

Unter   dem    obigen  TiteJ    hat   Herr   Prof.  Dr.  med.  et  phi). 
Griesbach  in  Nr.  33  der  „Woche**  vom  Jahre  1906  einen  Aufsatz 
erscheinen  lassen.     Bei  der  Verbreitung  der  genannten  Zeitschrift 
in  den   weitesten  Volkskreisen   und    bei   der  unverhohlenen  Be- 
friedigung,   mit  der  heutzutage  jeder  noch  so  rücksichtslose,   den 
Tatsachen  nicht  entsprechende  Angriff  auf  unsere  höheren  Schulen 
kritik-  und  urteilslos  begrüßt  wird»    hätte  diese  Arbeit  nicht  un- 
widerlegt  bleiben  dörfen.     Denn  daß  die  sogenannte  ,,vornehme'^ 
Art,  durch  Schweigen    die  öbermutigen  Gegner  abzutun,   in  der 
Scbalfrage  durchaus  unangebracht  ist,  müßte  mittlerweile  allgemein 
klar  geworden    sein.     Zu   meiner  Verwunderung  aber  beschränkt 
sich  alles,  was  ich  bisher  von  Widerspruch  gelesen  habe,  auf  eine 
ziemlich    summarische   Erwiderung    des   Herrn  Direktor  Stutzer- 
Görlitz   auf    der   vorletzten    und   letzten    Seite   von  Heft  11  des 
V.  Jahrganges  (1906)  der  „Honatschrift  für  höhere  Schulen",  und 
das  erscheint  mir  bei  der  zweifellosen  Wichtigkeit  der  Sache  um 
so   mehr    zu   wenig,    da   mittlerweile  die  „Zeitschrift  für  Schul- 
gesundheitspflege'' in  Heft  10  des  Jahrgangs  1906  S.  729  ff.  das 
Wesentliche  aus  Griesbachs  Ausführungen   ohne    irgend    welchen 
Einwand,  d.  h.  also  mit  stillschweigender  Billigung,  wiedergegeben 
hat  und  zweifellos  von  da  aus  diese  Anklagen  weitere  Verbreitung 
finden  werden. 

Um  von  vornherein  über  meinen  Standpunkt  keine  Unklar- 
heit zu  lassen,  erkläre  ich,  daß  auch  ich  an  eine  Art  von  Über- 
bürdung  unserer  heutigen  Gymnasialjugend  —  denn  diese  habe 
ich  bei  meinen  Ausführungen  vor  allem  im  Auge  —  wohl  glaube; 
ja  sie  hängt  meiner  Ansicht  nach  in  gewisser  Beziehung  sogar 
mit  dem  zusammen,  was  Griesbach  am  Ende  seines  Aufsatzes 
hervorhebt,  wenn  er  S.  1412  erklärt,  „der  erste  Schritt  zur  Ver- 
hütung [geistiger  Oberbürdung]  besteht  darin,  daß  mit  der  Drei- 
faltigkeit im  höheren  Schulwesen  deünitiv  gebrochen  wird.  Das 
Rivalisieren  der  Gymnasien,  Realgymnasien  und  Realschulen  öffnet 

UtMhr.  1  d.  OTsuDMlalwtMB.    LZI.    8.  9.  37 


578    Ober  den  Umfange  und  die  Wirkang  der  SehalarbeiteD, 

der  Überbürdung  Tor  und  Tür;  denn  jede  dieser  Anstalten  sucht 
die  andern  an  Bildungsmaterial  zu  AberflQgeln,  insbesondere 
seit  der  Beschränkung  bezw.  Abschaffung  des  Partikuiarismus  in 
der  Zulassung  der  Absolventen''.  Ohne  auf  die  Frage  einzugehen, 
ob  die  von  ihm  verlangte  eine  Mittelschule,  „in  der  jeder  das 
findet,  was  er  an  allgemeiner  Bildung  braucht  %  zweckmäßig  oder 
auch  nur  möglich  ist^),  gebe  ich  die  Richtigkeit  des  letzten  Teils 
seiner  Behauptung  fQr  Realgymnasien,  Oberrealschulen  und  für  die 
Reformschulen  i  m  a  11  g  e  m  e  i  n  e  n  zu.  Zahlreich  sind  die  Klagen  von 
Eltern,  die  gerade  bei  der  letztgenannten  Schulart  aus  ihrem  ver- 
stärkten Wettbewerb  mit  den  Gymnasien  heraus  eine  Oberbärdung 
feststellen.  Für  die  Gymnasien  aber  kann  ich  sie  nur  insoweit  gelten 
lassen,  als  sie  nicht  durch  eigene  Schuld  in  den  Strudel  dieses 
Wettbewerbes  mit  gehäuftem  Bildungsmaterial  gerissen  sind.  Denn 
wenn  seit  dem  Erlaß  vom  26.  November  1900,  durch  den  die 
Gleichwertigkeit  der  drei  Arten  höherer  Lehranstalten  grundsätz- 
lich anerkannt  wurde,  immer  wieder  und  wieder  betont  wird,  es 
sei  nun  jeder  der  drei  Formen  der  neunklassigen  Schule  die 
Möglichkeit  gegeben,  ihre  „Eigenart  kräftiger  zu  pflegen''  (Lehrpl. 
S4  72),  so  trifft  das  —  wie  ich  neulich  auch  mit  Vergnügen  in 
Nr.  52  (1906)  der  „Grenzboten"  S.  717/718 ')  von  Direktor  SUmm- 
Anklam  bestätigt  fand  —  für  die  Gymnasien  durchaus  nicht  zu. 
Während  nämlich  die  Oberrealschulen  in  den  modernen  Sprachen, 
der  Mathematik  und  Naturwissenschaft  mit  verstärkter  Stunden- 
zahl arbeiten  und  in  den  alten  Sprachen  nicht  die  mindeste 
Kenntnis  von  ihren  Schulern  verlangt  wird,  haben  die  Gym- 
nasien für  die  Pflege  dessen,  was  ihre  Eigenart  ist,  nicht 
nur  keine  Verstärkung  ihrer  Stundenzahl  erfahren,  sondern 
die  seit  1882  eingetretene  Verminderung  der  ursprünglichen 
Zahl    von    86  Stunden   für   Latein    auf  77    und    62   [bezw.  68] 


')  Vsl.  Paalsen,  Das  deutsche  Bildaogsweseo  in  seiner  gesehichtlidieB 
Entwicklung  S.  139:  „Die  Reform  von  1900  ist  ohne  Zweifel  ein  wichtiger 
Schritt  und  ein  definitiver;  er  kann  and  wird  nicht  zurockgetan  werden. 
Er  bedeutet  den  endgültigen  Verzicht  auf  die  Dorehführnng  der  Idee, 
womit  die  Reform  am  Anfang  des  abgelaufenen  Jahrhunderts  einsetzte:  eine 
Einheitsschule  mit  dem  Zentrum  im  klassischen  Unterricht,  daneben  aber 
mit  ausreichendem  Betrieb  der  modernen  Wissenschaften  und  Sprachen  za 
schaffen,  durch  die  alle  höher  Gebildeten,  wenigstens  alle  Studierenden  hii- 
durchzufuhren  wären*'. 

')  „Wenn  nicht  bloß  die  Gegner  unseres  Gymnasiums,  sondern  auch 
viele  ihm  sonst  wohlgesinnte  Freunde  unter  den  UniversitatsproCassoren  die 
Kenntnisse  in  den  klassischen  Sprachen  unserer  Gymnasiasten  mangelhaft 
finden,  so  ist  das  leider  nicht  unberechtigt  Aber  es  kommt  daher,  wie  nun 
doch  allmählich  jeder  eingesehen  hat,  dafi  unsern  armen  Humanisten  zu 
vielerlei  aufgepackt  worden  ist.  Dadurch  stehen  wir  oatärlieh  fünter  den 
einheitlicher  gestellten  Realschulen  zurück.  Man  gebe  uns  eine  einseitige, 
aber  verstärkte  humanistische  Bildung,  wie  man  den  Realschulen  eloe 
einseitige  modern  realistische  Bildung  gegeben  hat,  dann  sind  die  Waffen 
gleich,  und  dann  wollen  wir  sehen,  wer  sie  besser  fährt''. 


von  H.  Röoigflbeok.  579 

nie  wieder  eingebracht.  Man  scheut  sich  eben,  die  Eigenart  krSflig 
und  rückhaltlos  zu  betonen,  ja  man  läßt  sogar,  krassem  Utilitarismus 
zuliebe,  die  Zöglinge  mit  den  modernen  Sprachen,  der  Mathematik 
und  den  Naturwissenschaften  mindestens  sieben  Jahre  lang  sich 
eingehend  beschäftigen.  Daher  ist  in  Wahrheit  dieser  „friedliche^* 
Kampf  für  das  Gymnasium  ein  sehr  ungleicher,  da  es  mit  einer 
Menge  Yon  überflüssigen  Ausrüstungsstücken  belastet  ist,  daher 
muß  es  immer  noch  non  multum,  sed  multa  leisten,  und  daher 
rührt  für  diese  Anstalten  die  Klage  der  Oberbürdung,  zumal 
heute  nur  sehr  wenige  Lehrer  so  viel  Entsagung  und  Selbstent- 
äußerung ihr  eigen  nennen,  daß  sie  ihr  Fach,  etwa  Französisch, 
am  Gymnasium  wirklich  als  ein  Nebenfach  betrachten  könnten; 
heute  wird  in  jedem  Fache,  in  jeder  Stunde  gleichmäßig  äußerste 
Anstrengung  der  Kräfte  verlangt. 

Ich  leugne  also  eine  Überbürdung  an  sich  nicht  —  freilich 
eine  weit  andere,  als  sie  Gr.  meint  — ,  ich  stimme  ihm  auch  zu, 
wenn  er  den  Nachmittagsunterricht  „das  stärkste  Gift  der  Schule*' 
(S.  1410)    nennt,   wenn    er   sich   gegen  den  hygienisch  nidit  zu 
rechtfertigenden  Schulbeginn   im  Sommer   um  7  Uhr  wendet  — 
für  den  Winter  ist  selbst  8  Uhr,  wie  ich  an  anderer  Stelle  ^)  aus- 
föbrlich    nachzuweisen   versucht   habe,   zu  früh  — ,   wenn  er  als 
Höchstmaß   jeder    Unterrichtsstunde   40  ( — 45)   Minuten   fordert. 
Aber   unmöglich   ist   es  mir,    seine  Resultate  und  Ausführungen 
über  die  Schularbeiten  selbst  als    richtig   anzuerkennen.     In    der 
Behandlung  solcher  Fragen  ist  übrigens   äußerste  Vorsicht   anzu- 
wenden, und  jede  Angabe,  ja  jeder  einzelne  Ausdruck  sollte  sorg- 
fällig überlegt  werden.    Wenn  also  Griesbach  S.  1410  die  Samm- 
lung seiner  Beispiele  für  Oberbürdung  damit  einleitet,  daß  er  be- 
hauptet:   „Der  Schulunterricht  umfaßt  nicht  selten  7,   manchmal 
auch  8  Stunden  am  Tag'',   so  kann  diese  Form  ein  gänzlich  un- 
kundiges Publikum  vielleicht  täuschen  und  von  vornherein  in  eine 
gewisse  Erregung    versetzen;    wer  aber  die  Lehrpiäne  und  Lehr- 
aufgaben   der  höheren  Bildungsanstalten  unseres  Volkes  kennt  — 
ich  nehme  hauptsächlich  Rücksicht  auf  die  preußischen,  von  denen 
die  übrigen  nicht  gar  zu  viel  abweichen  — ,    der  weiß,    daß    die 
Höchstzahl   der    verbindlichen  Stunden   selbst  in  den  Primen  der 
Gymnasien  einschließlich  3  Stunden  Turnen  und  2  Stunden  Singen 
nicht    mehr   als    35    (in  den  Realgymnasien  und  Oberrealschulen 
freilich  1  St.  mehr)  in  der  Woche  beträgt.    Außerdem  sind  aber 
die  2  Gesangstunden  nicht  einmal  für  alle  Schüler  verbindlich  und 
für  die  Sänger  selbst  nicht  streng  regelmäßig,  da  bald  die  Knaben-, 
bald  die  Männerstimmen  1  St.  aliein  oder  je  Va  St.  üben.    Rechnen 
wir    nun   den  Unterricht   am  Mittwoch   und  Samstag  zu  je  5  St., 
so  ergeben  sich  für  vier  Tage  noch  25  St.,  d.  h.  drei  Tage  zu  je 
6  und  nur  einer  zu  7  St. ;  in  der  Regel  freilich  liegt  der  Stunden- 


0  ZeiUchrift  f.  ScholgeaandheiUpOege  1907  S.  287  ff. 

37* 


580    Ober  den  Umfaog  and  die  Wirkung  der  Schularbeiten, 

plan  80,  daB  drei  Tage  zu  je  5  Sl.  angesetzt  sind  —  ein  Nach- 
mittag ist  dann  fdr  den  fakultativen  Unterricht  frei  — ,  so  daß 
also  an  zwei  Tagen  je  7  St.  herauskommen;  von  diesen  aber  sind 
dann  in  der  Regel  zwei,  etwa  an  einem  Nachmittage  von  5 — 7  Uhr, 
Tarnstunden,  zwei,  je  von  4 — 5  Uhr,  Chorstunden;  der  sechste 
Tag  mit  6  St.  hat  noch  eine  Turnstunde,  so  daß  also  wissenschaft- 
liche Lektionen  nie  mehr  als  fönf  auf  einen  Tag  entfallen.  Den 
wahlfreien  Unterricht  werden  wir  hier  natürlich  nicht  berück- 
sichtigen; denn  bei  ihm  handelt  es  sich  eben  um  selbstgewähite, 
freiwillige  Beschäftigung,  die  nur  der  übernehmen  soll  und  kann, 
der  die  überschüssigen  Kräfte  dazu  hat.  Dem  Gymnasium  aber 
gebührt  hier  die  Anerkennung,  daß  es  einerseits  Gelegenheit  dazu 
bietet,  sich  besondere  Kenntnisse  ohne  besondere  pekuniäre  Auf- 
wendungen ^)  zu  erwerben,  andrerseits  auch  hier  wieder  jeder  Über- 
bürdung steuert,  wenn  es  daran  festhält,  daß  derselbe  Schüler  m 
der  Regel  nur  an  dem  wahlfreien  neusprachlichen  oder  an  dem 
hebräischen  Unterrichte  teilnehmen  darf  (Lehrpl.  S.  73).  Bei  dieser 
Sachlage  aber  zu  behaupten,  „der  Schulunterricht  umfaßt  nicht 
selten  7,  manchmal  auch  8  St.  am  Tag",  ist,  so  schwer  es 
mir  wird,  es  so  zu  nennen,  mindestens  recht  unbedacht. 

Zu  diesem  Schulunterricht  kommt  nun  die  Zeit  für  die  An- 
fertigung  von  Hausaufgaben.  „Für  diese^S  so  behauptet  Griesbach, 
„ist  in  mehreren  deutschen  Staaten  keine  bestimmte  Zeit  vor- 
geschrieben, und  wo  eine  Vorschrift  besteht,  ist  die  angesetzte 
Stundenzahl  sehr  oft  eine  imaginäre  Größe;  es  fehlt  bei  den  Schul- 
behörden an  genauen  amtlichen  Erhebungen  über  die  auf  die  An- 
fertigung der  häuslichen  Schularbeiten  verwendete  Zeit,  über  die 
Verteilung  dieser  Arbeiten  auf  die  einzelnen  Tage,  über  den  Aus- 
fall der  Hausaufgaben  im  Vergleich  zu  dem  der  Klassenleistungen*^ 
Auch  das  ist  durchweg  stark  übertrieben  und  für  Preußen  geradezu 
unrichtig').  Die  Lehrpläne  und  Lehraufgaben  geben  S.  73/74  so 
ausführliche  und  nachdrückliche  Bestimmungen  über  die  Haus- 
arbeit, daß  kein  Leiter  oder  Lehrer  sich  über  sie  als  „imaginäre 
Größe*'  hinwegsetzen  kann;  Nr.  5  b  erinnert  mit  Ernst  daran,  daß 
die  Hausarbeiten  unter  steter  Berücksichtigung  des  Schulunter- 
richts und  unter  Beachtung  der  körperlichen  und  geistigen  Ent- 
wicklung sowie  der  Leistungsfähigkeit  der  betr.  Altersstufen  zu 
bemessen  sind;  5c  betont,  daß  ein  nicht  unerheblicher  Teil 
dessen,  was  früher  der  schriftlichen  Hausarbeit  zufiel,  bei 
richtiger  methodischer  Behandlung  des  Unterrichts  in  die  Schule 
verlegt  werden  kann;  5d  weist  darauf  hin,  daß  auch  die  nicht- 
schriftliche Hausarbeit   sich   in    demselben  Maße   vereinfacht,   in 


1)  lo  den  Oberrealsehalen  trägt  z.  B.  der  fakultative  Lateinnoterrieht 
den  Charakter  eioes  besonders  zu  vergütenden  Privatunterrichts.  (M.-Verf. 
V.  20.  Jnli  1904). 

*)  Vgl.  auch  R.  Roller,  Hausaufgaben  und  höhere  Schalen.    Leipzig  1907. 


Too  H.  RSnigflbeek.  581 

welchem  der  gedäcbtnUmäßige  Lernstoff  aaf  allen  Gebieten  durch 
sorgfaltige  Sichtung  gemindert  und  durch  umsichtig  geregelte 
Wiederholung')  dauernd  gesichert  wird;  5e  endlich  empfiehlt  zur 
Verminderung  der  Hausarbeit  die  methodische  innere  Verknüpfung 
Terwandter  Lehrfacher  untereinander  und  die  entsprechende 
Gruppierung  des  Lehrstoffes.  Es  wird  dann  ausdrdckh'ch  gefordert, 
daß  ein  Arbeitsplan  für  die  einzeloen  Klassen  bezüglich  der  Ver- 
teilung der  Hausarbeiten  entworfen  wird;  bei  dieser  wird  darauf 
Bedacht  zu  nehmen  sein,  daß,  normale  mittlere  Leistungs- 
fähigkeit der  Schüler  vorausgesetzt,  eine  Oberbürdung  nicht 
stattfindet  und  an  jedem  Tage  ausreichend  Zeit  zur  Erholung 
bleibt;  die  Übersicht  darüber  ermöglichen  die  genau  zu  führenden 
Klassenbücher.  Nach  dieser  Anleitung  wird  durchweg  an  den  An- 
stalten mit  größler  Sorgfalt  verfahren;  wenigstens  geschah  es  an 
allen,  denen  ich  im  Osten  und  Westen  angehört  habe.  Bei  der 
Anfertigung  des  Stundenplanes  wird  eine  Häufung  zu  vieler  wissen- 
schaftlicher Lektionen  auf  einen  Tag  sorgsam  vermieden;  in  ge- 
meinsamer Beratung  sämtlicher  Klassenlehrer  werden  für  die  schrift- 
lichen Klassen-  wie  Hausarbeiten  der  jedem  einzelnen  Fache  zu- 
fallende Wochentag  und  die  Daten  für  das  ganze  Vierteljahr  bezw. 
Tertial  genau  festgestellt  und  in  vorgedruckte  Arbeitspläne  oder 
Ibersichten  eingetragen,  von  denen  je  ein  Exemplar  der  Direktor 
erhält,  während  das  andere  in  der  Klasse  unter  Glas  und  Rahmen 
hängt;  ein  Zusammenstoßen  von  mehreren  schriftlichen  Arbeiten, 
selbst  kleineren,  an  oder  zu  einem  Tage  ist  also  ausgeschlossen. 
Aber  es  geschieht  noch  mehr,  was  geeignet  ist,  die  auf  S.  580  an- 
geführten Behauptungen  Gr.s  als  den  Tatsachen  völlig  wider- 
sprechend hinzustellen.  Durch  C.  Verf.  vom  10.  November  1884 
—  diese  Verf.,  die  sich  mit  großem  Ernst  der  Oberbürdungsfrage 
widmet,  ist  so  umfänglich,  daß  ich  sie  leider  nicht  völlig  hier 
wiedergeben  kann  —  ist  genau  festgestellt,  daß  die  häusliche 
Arbeitszeit  nicht  mehr  betragen  dürfe  als  für  VI  1  St.,  für  Y  1 V2  8t., 
für  IV  und  HI  b  2  St.,  für  HI  a  und  U  b  27,  St.  und  für  die 
oberen  Klassen  3  St  Diese  Zahlen  sind  nach  der  genannten  Verf. 
als  höchst  zulässige  Grenze  so  unbedingt  festzuhalten,  daß  selbst 
eine  Änderung  des  Lehrplans  und  der  Lehraufgaben  nicht  zu 
scheuen  wäre,  wenn  sie  dauernd  überschritten  werden  sollten. 

Daß  mit  Ernst  daran  gearbeitet  wird,  solche  Stundenzahl 
nicht  „sehr  oft'*  „eine  imaginäre  Größe*'  bleiben  zu  lassen,  daß 
es  auch  an  genauen  amtlichen  Erhebungen  über  das  Innehalten 
dieser  Zeit  durchaus  nicht  fehlt,  das  beweist  z.  B.  das  Verfahren 
an  einer  der  Anstalten  des  Ostens,    der  angehört    zu    haben    ich 

')  Man  hüte  sich,  bei  diesem  Worte  sogleich  wieder  so  solche  Wieder- 
hoIoBgeo  za  deokeo,  die  aaf  stondeolaoger  Haosarbeit  berahen;  offeobar 
«ad  Wiederholongeo  ia  der  Klasse  gemeiot,  bei  deoeo  die  Hanplaofgabe  der 
Mgruppiereadea,  dispoDiereodeo,  charakterisiereoden*'  Tätigkeit  des  Lehrers 
«ad  seioer  häuslichea  Vorbereitaag  zofäUt 


582    Ober  den  Umfaoir  und  die  Wirkang  der  Sehalarbeiten, 

mir  stets  zur^Ehre  schätzen  werde.  Ich  bin  fest  fiberzeugt,  daß 
mit  geringen  Änderungen  wohl  in  fast  allen  Gymnasien  der  Monarchie 
etwas  Ähnliches  geschieht.  Wenngleich  Gr.  richtig  behauptet,  daß 
sich  eine  völlig  einwandfreie  Methode  zur  Ermittelung  der  aaf 
die  Hausarbeiten  verwendeten  Zeit  kaum  ausfindig  machen  lasseo 
dürfte,  so  wird  er  doch  sicherlich  Resultate  nicht  beanstanden, 
die  auf  dieselbe  Weise  gefunden  sind  wie  seine  Beispiele.  Am 
Anfange  jedes  größeren  Schulabschnittes  legt  dort  der  Direktor 
eine  Anzahl  von  Zetteln  im  Lehrerzimmer  nieder,  und  jeder 
Ordinarius  hat  die  Pflicht,  wenn  der  regelmäßige  Gang  des  Unter- 
richts eingetreten  ist,  4 — 5  seiner  Schaler  von  verschiedener  Be- 
gabung zu  beauftragen,  eine  Woche  hindurch  die  Zeit  der  Haus- 
arbeiten für  jedes  einzelne  Fach  auf  ihnen  genau  zu  vermerken. 
Nach  einer  Woche  kommen  4 — 5  andere  Schöler  heran,  und  die 
erlangten  Resultate  werden  dann  zur  Grundlage  einer  Besprechung 
in  einer  besonderen  Sitzung  gemacht.  Es  gab  gerade  dort,  ia 
einer  ausgeprägten  Beamtenstadt,  genug  „einsichtsvolle  Eltern", 
die  mit  regem  Anteil  darüber  wachten,  daß  die  Eintragungen  auch 
ordnungsgemäß  und  wahrheitsgetreu  vorgenommen  wurden;  sie 
ließen  nichts  von  übermäßigen  Anforderungen  passieren  und  hielten 
mit  ihren  Beobachtungen  und  Erfahrungen  nicht  zurück.  Irgend 
ein  Druck  auf  die  Schüler  wurde  von  keiner  Seite  her  geübt;  ans 
der  langjährigen  Regelmäßigkeit  der  Erhebungen  wußten  sie  gant 
genau,  daß  ihre  Resultate  ihnen  weder  Schaden  noch  Nutzen  bringen 
konnten ;  niemals  kamen  übertrieben  hohe  oder  lächerlich  geringe 
Zahlen  zum  Vorschein,  und  so  war  das  Bild  ziemlich  getreu.  ^Sehr 
selten  wurde  eine  dauernde  Gberbfirdung  festgestellt,  die  zur  Ände- 
rung des  Stundenplans  genötigt  hätte;  zeitweilige  Oberbürdung  fand  in 
gemeinsamer  sachlicher  Besprechung  sofort  Abhilfe.  Sollte  man 
das  nicht  „genaue  amtliche  Erhebungen  über  die  auf  die  Anferti- 
gung der  häuslichen  Schularbeiten  verwendete  Zeit**  nennen  dürfen? 
An  einzelnen  Anstalten  wird  selbst  verlangt,  daß  in  den  Klassen- 
büchern jeder  Lehrer  neben  die  Aufgabe  die  von  ihm  dafür  ge- 
forderte Zeit  einträgt;  doch  führt  das  leicht  zu  Schematismus  und 
nutzt  nicht  viel. 

Um  so  seltsamer  erscheint  es  mir  nach  solchen  Darlegungen, 
wenn  Gr.  bei  seinen  Erhebungen  zu  dem  Resultate  kommt,  „daß 
die  auf  die  Anfertigung  der  Hausaufgaben  entfallende  Zeit  in  nicht 
wenigen  Fällen  die  Hälfte  bezw.  zwei  Drittel  von  derjenigen  be- 
trägt, die  auf  den  Unterricht  in  der  Schule  verwendet  wird,  ja  in 
einzelnen  Fällen  der  Unterrichtszeit  gleichkommt  oder  diese  nodi 
übertriflTt**.  Das  heißt  doch  an  der  Hand  der  von  Gr.  für  den 
Schulunterricht  herausgerechneten  Stundenzahl  (s.  S.  579):  sehr  häufig 
haben  die  Knaben  3Vs — ^  oder  4'/s — 5^8  Stunden  zu  Hause  zu 
arbeiten,  in  einzelnen  Fällen  gar  7 — 8  Stunden.  Wie  vorsichtig 
man  mit  Ausdrücken  wie  „nicht  selten,  sehr  oft,  in  nicht  wenigen 
Fällen*'  bei  so  wichtigen  Untersuchungen  sein  müßte,    zeigt  dann 


von  H.  RÖDigfbeek.  583 

Gr.8  eigene  Summierung,  nach  der  die  Schule  9 — 12  Stunden  am 
Tage  ihre  Zöglinge  geistig  [also  Turnen,  Singen,  Zeichnen, 
Schreiben  ist  noch  nicht  einmal  miteingerechnet?]  beschäftigt; 
denn  6  oder  7  bezw.  gar  8  -|~  3  V2 — ^  Stunden  ergibt  schon  als 
Mindestmaß  etwa  10  Stunden,  und  Gr.s  Höchstmaß  mflßte  danach 
gar  16  Stunden  sein.  Auf  eine  Widerlegung  seiner  Zahlen  will 
ich  jedoch  erst  bei  der  Betrachtung  seiner  Beispiele  eingehen; 
zunächst  ist  auch  die  Behauptung,  daß  „an  einzelnen  Tagen,  an 
denen,  wie  beispielsweise  an  Mittwochen  und  Sonnabenden,  vieler- 
orts^) kein  Nachmittagsunterricht  besteht,  sich  die  Arbeit  häuft'% 
d.  h.  doch  wohl  von  „unverständigen'*  Lehrern  gehäuft  wird,  ohne 
Kenntnis  der  vorhin  geschilderten  Art,  die  Hausarbeiten  festzu- 
stellen, ausgesprochen.  Verhängnisvoller  aber  noch  för  seine  Auf- 
fassung von  der  Hausarbeit  ist  es,  daß  Gr.  durchaus  irrige  An- 
schauungen hat  von  der  Art,  wie  größere  Arbeiten  —  als  solche 
kommen  för  die  Allgemeinheit  auf  den  Gymnasien  nur  noch  der 
deutsche  Aufsatz  und  die  mathematische  Hausarbeit  in  Betracht  — 
angefertigt,  und  in  welcher  Zahl  sie  verlangt  werden.  Von  den 
acht  deutschen  Aufsätzen,  die  meine  Primaner  jährlich  zu  fertigen 
haben,  sind  drei  Klassenaufsätze;  es  bleiben  also  fünf  häusliche 
Arbeiten,  die  so  verteilt  sind,  daß  je  zwei  in  die  beiden  ersten 
Tertiale,  nur  einer  in  das  dritte,  das  Abschlufstertial,  fällt.  V^eiß 
denn  nun  aber  Gr.  nicht,  daß  fast  jedes  Thema  aus  dem  Unter- 
richt herauswächst,  daß  der  Stoff  also  den  Schülern  durchaus 
bekannt  ist,  daß  die  Lehrpl.  S.  21  fordern:  „Aufgaben,  die  sich 
an  das  Gelesene  anschließen,  sind  besonders  auf  den  oberen  Stufen 
zu  empfehlen.  Indessen  muß  vor  jeder  Oberspannung  der  An- 
forderungen, namentlich  in  bezug  auf  den  Umfang  der  Arbeiten, 
dringend  gewarnt  werden*'?  Weiß  er  nicht,  daß  mindestens 
3 — 4  Wochen  Zeit  för  jeden  einzelnen  Aufsatz  vorhanden  sind? 
Und  gibt  es  heute  wohl  noch  Lehrer  des  Deutschen,  die  sich  nun 
in  der  ganzen  Zeit  nicht  darum  kömmern,  wie  weit  die  Arbeit 
ihrer  Schüler  vorgeschritten  ist,  die  weder  Stoffsammlung  noch 
Entwurf  je  sich  vorlegen  lassen?  Selbst  wenn  der  Aufsatz  im 
Entwurf  vollendet  ist,  haben  die  Schüler  noch  mehrere  Tage, 
unter  diesen  in  der  Regel  einen  Samstag  und  Sonntag,  zur  Rein- 
schrift. Nur  ein  Schüler,  der,  um  seine  Faulheit  zu  bemänteln, 
systematisch  bei  Revisionen  der  Stoffsammlung  oder  der  Entwürfe 
zu  täuschen  versucht  und  —  die  Möglichkeit  ist  freilich  gering  — 
einmal  damit  Erfolg  hat,  könnte  in  die  Lage  kommen,  wie  der 
von  Gr.  angeführte  Obertertianer  länger  als  4  Stunden  an  einem 
Tage  über  seinem  Aufsatz  brüten  zu  mössen!  —  Ähnlich  ist  es 
mit  den  mathematischen  Hausarbeiten;  ähnlich  werden  größere 
geschichtUche  Wiederholungen,  die  doch  auch  nie  zu  umfangreich 
sein    werden,   längere  Zeit  vorher  aufgegeben,    so    daß    sie   sich 


>)  Wo  besteht  er  4«Hn  ao  dieseD  Tugtu  ooch  „obligfatorisch**? 


:  584    Ober  den  (Jmfaog  uod  die  Wirkuog  der  SehaUrbeiteB, 

bequem  zerlegen  lassen.  Ich  kann  es  danach  nur  als  eine  be- 
.  dauerlicbe  YerfQbrung  zu  einer  so  verwerflieben  Methode  be- 
zeicbnen,  wenn  Gr.  behauptet:  „in  den  oberen  Klassen  kommt  es 
gar  nicht  selten  vor,  daß  Scböler,  um  von  den  täglichen  Vor- 
bereitungen entbunden  zu  sein  und  zur  Anfertigung  größerer 
Arbeiten,  wie  deutsche  und  fremdsprachliche  Aufsätze  oder  mathe- 
matische Aufgaben,  Zeit  zu  gewinnen,  sich  für  mehrere  Tage  vom 
Schulunterricht  fernhalten'^  Ebenso  sonderbar  sind  aber  auch 
Gr.s  Vorstellungen  von  lateinischen  und  griechischen  schriftlichen 
Hausarbeiten.  Wo  sie  überhaupt  noch  vorhanden  sind  —  manche 
Lehrer  haben  seit  langem  auf  sie  verzichtet  ^),  weil  sie  doch  selten 
selbständig  zu  sein  pQegen  und  nur  eine  SchreibQbung  bilden  — , 
da  sind  sie  jedenfalls  nicht  geeignet,  Oberburdung  hervorzurufen. 
In  der  Tertia  z.  B.  bestehen  sie  meist  aus  4 — 5,  höchstens  sechs 
nicht  selten  in  der  Klasse  übersetzten  Sätzen,  die  mit  der  Rein- 
schrift länger  als  30  Minuten  wohl  kaum  einen  Schüler  in  An- 
spruch nehmen  werden.  Was  aber  endlich  die  etwa  von  Stunde 
zu  Stunde  für  die  sprachlichen  Fächer  in  dem  Tagebuch  zu  ferti- 
genden schriftlichen  Übersetzungen,  meist  Wiederholungen  von 
Sätzen,  die  in  der  Klasse  geübt  sind,  angeht,  so  mag  man  über  ihren 
Wert  denken  wie  man  will;  jedenfalls  erscheint  es  auch  hier  bei 
einer  angemessenen  Anordnung  des  Stundenplanes  undenkbar,  daß  für 
einen  Tag  in  drei  sprachlichen  Fächern  solche  Aufgaben  verlangt 
werden  könnten;  sollte  es  aber  wirklich  einmal  vorkommen,  so  wurde 
bei  der  sorgfältigen  Durchsicht  der  Klassenbücher  durch  Ordinarius 
oder  Direktor  ein  solcher  Fall  sich  nie  wiederholen.  Ich  kenne  Gym- 
nasien, an  denen  solche  Aufgaben  ausdrücklich  verboten  sind  und 
habe  nicht  gehört,  daß  ihre  Resultate  dadurch  minderwertig  ge 
worden  sind.  Auf  solche  Hausarbeiten  gerade  scheint  mir  5  c 
auf  S.  73  der  Lehrpläne  zu  zielen. 

Aber  prüfen  wir  nun  nach  diesen  ziemlich  ausfuhrlichen  ali- 
gemeinen Bemerkungen  endlich  auch  Griesbachs  sieben  Beispiele, 
von  denen  vier  das  Gymnasium,  drei  die  Realanstalt  angehen !  Zu 
bedauern  ist  an  ihnen,  daß  die  Jahreszeit,  der  sie  entstammen, 
nicht  angeführt  ist;  denn  es  ist  ein  großer  Unterschied,  ob  ein 
Schüler  wie  im  Falle  4  im  Sommer  oder  im  Winter  um  6  Uhr 


^)  Die  Lehrp].  S.  25  fordero  ja  freilich  ab  Wechsel  od  Ktaaseoarbeil 
oder  htasliche  Arbeit;  aber  es  scheiot  dieser  Forderaog  doch  gerade  das 
Bestreben  zngraode  zu  liegen,  „mit  aller  Entschiedenheit  einer  einseitifea 
WertschiitzQog  des  sog.  Extemporales  entgegenzatreten"  (s.  Lehrpl.  S.  74) 
und  die  Oberbürdung,  die  dorch  die  Vorbereitaog  aaf  das  Extemporale  her- 
vorgerofeo  wird,  zu  verhüte d.  Lehrer  also,  die  sich  gefeit  wissen  gegea 
den  verderblichen  Einfluß  dieses  bösen  Extemporales  auf  ihr  Gemüt  und  ihre 
Zensur,  die  Ex  tempore  IIa  nicht  mit  Fallgruben  für  böses  Getier  verwechselo, 
die  werden  doch  wohl  —  denn  der  Geist  der  neuen  Lehrpläne  soll  ja  ein 
freier  Geist  sein  —  unbeschadet  wöchentlich  eine  kleine  Klassenarbeit 
schreiben  lassen,  den  Jungen  den  borror  vor  dem  Extemporale  benehmen  Qod 
jedenfalls  auch  noch  recbt  tüchtige  Leistungen  in  der  Schrift  erzielen  köoneo. 


von  H.  Königfbeek.  585 

das  Bett  verläBt.    Aber  immerhin    liegt   itchon    hier   entschieden 
eine  Gleicbgölligkeit  der  ,,einfiichtsvollen''  Eltern  vor;  solche  durften 
unter  keinen  Umständen  leiden,   daß  ihr  Kind  Arbeiten  vor  Be- 
ginn  der   eigentlichen  Schulzeit  anfertigt  und  dadurch  schon  er- 
müdet nnd  in    seiner  Aufnahmefähigkeit   erheblich    beeinträchtigt 
in  die  Schule  kommt;  solche  dürften    ebensowenig   leiden,    daß, 
wie  im  Falle  2,   ein  14^/2  Jahre   alter  Obertertianer   um  12.20, 
oder  wie  im  Falle  3  um  12.30  nachts  zu  Bett  kommt.    Da  müssen 
sie  sich   sagen,    daß  etwas  nicht  in  Ordnung  ist,   daß  etwas  ge- 
schieht, was  kein  verständiger  Lehrer  gern  sehen  kann;  sie  müssen 
mit  der  Schule  in  Verbindung  treten.    Wird  doch  in  den  Jahres* 
berichten  wieder  und  wieder  gebeten,  in  allen  solchen  Fällen  sich 
vertrauensvoll   an   die  Schule  selbst  zu  wenden;    denn  mehr  wie 
auf  andern  Gebieten    muß   gerade   hier   die  Schule   auf  die  Be- 
obachtungen des  Elternhauses  sich    verlassen.  —  Vollständig    un- 
hygienisch und  unpädagogisch  aber  ist  auch  das,    was  Fall  5  be- 
richtet; dort  hat  ein  Schüler,  der  von  8 — 12  und  von  2 — 5  Uhr 
Unterricht  hat,    die  Hittagspause  noch  dazu    benutzt,   eine    halbe 
Stunde    lang  Geschichte   zu    lernen.     Soll  denn  die  Schuld  auch 
hieran  dem  Gymnasium  aufgebürdet  werden,    während  doch  aus- 
driicklich    den  Schülern    eingeschärft    wird,   daß  die  Mittagspause 
nur  der  Erholung  dienen  soll,   während  doch  z.  B.  Arreststrafen 
im  Anschluß  an  den  Unterricht  an  solchen  Tagen   streng   unter- 
sagt sind,    an    denen  noch  eine  Nachmittagsbeschäftigung  in  der 
Schule  stattfindet?    Auch  da  müßten  einsichtige  Eltern  die  Gründe 
aufdecken  und  sich  sofort  an  die  Schule  wenden.    Hit  der  Phrase 
Ton   hochmütiger  Zurückweisung  durch   den  Lehrer  komme  man 
mir  höchstens  in  „Simplizissimus'*-  oder  „Jugend'*- Witzen  oder  in 
Romanen   and  Schauspielen,    die    Oberlehrer-Karikaturen    in    der 
Dichtung  schaffen  zu  müssen  glauben,  weil  manche  Leute  zu  ihrem 
Ärger   sehen,    wie    der   vielseitig  gebildete  und  durchaus  auf  der 
Höhe  der  Zeit  stehende  Stand  in  der  Wirklichkeit  auch  gesellschaft- 
lich die  Anerkennung  sich  längst  errungen  hat,  die  ihm  gebührt. 
Bei    der  Husterung  der  Beispiele  im   einzelnen  fällt  mir  bei 
dem  Fall  1:  „fleißiger,  gewissenhafter,  begabter  Schüler  der  Ober- 
tertia einer  Oberrealschule,  14  V2  Jahre  alt'',  auf:  einmal  die  Länge 
der  Vorbereitungszeit  für  Geschichte  mit  70  Hinuten,    dann  aber 
die  ganz  übermäßige  Forderung  von  3  St.  5  Hin.  für  Französisch. 
Die  Höglichkeit   für   das   erste  leugne  ich  nach  meiner  Kenntnis 
der  Gymnasial  Verhältnisse;  I^hrziel,  Lehraufgabe,  methodische  Be- 
merkungen  sind    bei  diesem  Fach  für  die  entsprechenden  Stufen 
aller  Arten    von   höheren  Schulen    dieselben    (Lehrpl.  S.  45);    es 
könnte    sich    höchstens    um    eine    seit  längerer  Zeit  aufgegebene 
Wiederholung  handeln;  bei  dieser  aber  wird  schon  die  geforderte 
Begelmäßigkeit  „ohne   Überlastung    mit    unnützem   Zahleuballasf' 
(Lehrpl.  S.  49)  dafür  sorgen,  daß  sie  so  umfangreich  nicht  werden 
kann.     Was   das   aber  für  eine  französische  Aufgabe  ist,   an  der 


586    Ober  den  Umfanff  und  die  Wirknog  der  SchaUrbeiten, 

ein  fleißiger,  gewissenhafter,  begabter  Junge  3  Stunden  sitzt, 
verstehe  ich  gar  nicht;  es  könnte  sich  nur  um  eine  schriftliche 
Hausaufgabe  im  Reinheft  handeln,  zu  der  dann  in  der  Regel  keine 
mundliche  hinzutritt;  diese  muBte  aber  in  einer  Obertertia  selbst 
der  gewissenhafteste  Schüler  in  spätestens  '/«  Stunden  bewältigt 
haben.  Die  Unmöglichkeit  einer  so  zeitraubenden  Aufgabe  för 
1  Lehrstunde  ist  mir  von  Lehrern  an  einer  Oberrealsciiule  ausdrück- 
lich bestätigt  worden.  —  Man  würde  nun  erwarten  —  und  einen 
wahrhaft  richtigen  Oberblick  über  die  dauernd  von  dem  Schuler 
beanspruchte  Arbeitszeit  würde  man  ja  auch  dadurch  erst  erlangen 
können  — ,  daß  in  Gr.s  Beispielen  auf  diesen  Mittwoch  als  Fall  2 
auch  derjenige  Donnerstag  folgt,  für  dessen  sechs  Lektionen  der 
Schüler  sich  vorbereitet  hat;  es  folgt  aber  anscheinend  ein  anderer 
Donnerstag  mit  sieben  Lektionen  von  8 — 12  und  2 — 5  Uhr,  wohl- 
gemerkt mit  sieben  durchweg  wissenschaftlichen  Lektionen. 
Der  Stundenplan  der  betr.  Anstalt  muß  danach  wenig  glucklich 
gefertigt  worden  sein,  und  da  ist  nun  mit  großem  Geschick  gerade 
der  meist  belastete  Tag  herausgegriffen.  Auch  nach  diesen  7  St« 
umfaßt  die  Arbeitszeit  zu  Hause  noch  4'/«  St.,  während  ein 
normaler  Obertertianer  höchstens  2  V2  St.  arbeiten  soll.  Von  dieser 
Zeit  entfallt  wieder  1  St.  auf  Französisch  und  gar  27481.  auf 
Algebra.  Ich  fordere  alle  Eltern,  alle  Amtsgenossen  auf,  mir  zu 
sagen,  ob  sie  selbst  wirklich  erlebt  haben,  daß  ein  Obertertianer 
je  über  3  St.  für  Französisch,  über  2  St  für  Algebra  zu  arbeiten 
gehabt  hat?  Ich  behaupte,  daß  solche  Vorkommnisse  —  es  kann 
sich  doch  auch  hier  höchstens  um  eine  Reinarbeit  handeln,  die 
sorgfaltig  in  der  Klasse  vorbereitet  sein  muß  — ,  soweit  es  sich 
um  Preußen  handelt,  geradezu  unmöglich  sind,  und  daß  es  sehr 
gewagt  ist,  in  weite  Kreise  des  Volkes  durch  Verallgemeinern 
abnormer  Verhältnisse,  die,  Gott  weiß  unter  welchen  Umständen, 
vielleicht  ein  einziges  Mal  vorgekommen  sind,  Beunruhigung  und 
Abneigung  gegen  die  sämtlichen  höheren  Bildungsstätten  zu  tragen. 
Diesen  Tag  aber  krönt  noch  eine  25  Minuten  in  Anspruch  nehmende 
„Strafarbeit'',  die  der  ganzen  Klasse  aufgegeben  ist.  Auch  hier 
immer  wieder  die  eine  Frage:  Wie  ist  es  möglich,  daß  kein  einziger 
von  allen  den  Vätern,  die  dabei  in  Betracht  kommen,  sich  des- 
halb mit  der  Schule  in  Verbindung  gesetzt  hat?  Weiß  denn 
kein  einziges  Elternhaus,  daß  sog.  „Strafarbeiten*'  als  unpädagogisch 
durchaus  verpönt  sind?  Ich  will  nicht  leugnen,  daß  es  auch 
heute  noch  Lehrer  gibt,  die  Störungen,  deren  Urheber  zu  er- 
mitteln sie  zu  bequem  oder  zu  schwach  sind,  dadurch  zu  strafen 
oder  für  die  Zukunft  zu  hindern  suchen,  daß  sie  der  ganzen  Klasse 
eine  Arbeit  „aufbrummen";  aber  ein  so  geringes  Maß  von  pädagogi- 
scher Einsicht  bildet  eine  Ausnahme,  und  nie  könnte  sich  ein 
solcher  Fall  zweimal  ereignen  oder  zu  dauernder  Belastung  führen, 
wenn  die  Eltern  nicht  zu  träge,  zu  feige  oder  zu  gewissenlos 
wären,  um  das  zu  verhüten,  was  in  dem  Kinde  die  empfindlichsten 
Störungen  seines  Gefühls  für  Gerechtigkeit  hervorrufen  muß. 


von  H.  K5Di|r«beek.  587 

Der  dritte  bis  fönfte  Fall  betrifft  einen  fleißigen,  gewissen- 
haften und  nicbt  unbegabten  ScbOler  der  Obertertia  eines  Gym- 
nasiams  im  Alter  von  14  Jahren.  Hier  muß  ich  vor  allem  in 
Abrede  stellen,  daß  es  an  unsern  preußischen  Gymnasien  auch  in 
der  Obertertia  noch  möglich  ist,  daß  zu  deni  Tage,  zu  dem  ein 
deutscher  Aufsatz  abzugeben  ist,  noch  för  3  —  drei  —  andere 
Fächer  schriftliche  Leistungen  gefordert  werden.  An  vielen 
Anstalten  fallt,  in  den  oberen  Klassen  wenigstens,  für  die  Tage 
der  Anfsatzabgabe  jede  andere  häusliche  Leistung  fort;  jedenfalls 
mi  schriftliche  Exerzitia  oder  Übersetzungen  in  die  Kladde  för 
einen  solchen  Tag  geradezu  verboten;  es  kann  uns  also  im  Fall  3 
weder  die  Zeit  von  55  Minuten  für  Latein,  noch  1  Stunde  und  zwei 
Minuten  för  Griechisch  irgendwie  imponieren;  dagegen  die  Angabe 
von  3  St.  49  Min.  für  den  Aufsatz  richtet  sich  ganz  von  selbst.  Wie 
mit  den  Aufsätzen  verfahren  wird,  habe  ich  oben  schon  erwähnt;  in 
mittleren  Klassen  pflegt  sogar  der  meiner  Meinung  nach  ganz 
richtige  Gebrauch  zu  besteben,  daß  an  dem  Tage,  zu  dem  der 
Aufsatz  im  Entwurf  aufgegeben  ist,  der  Lehrer  ihn  von  mehreren 
Schölern  vorlesen  läßt  und  auf  gröbere  Unrichtigkeiten  aufmerk- 
sam macht.  Der  Schaler  hatte  also  jedenfalls  höchstens  einige 
Änderungen  Torzunehmen  und  den  Aufsatz  einzuschreiben.  Im 
allgemeinen  werden  Tertianeraufsätze  8 — 10  Seiten  wohl  nie  über- 
schreiten, d.  h.  länger  als  1 Y, — 2  St.  wird  die  Reinschrift  nicht 
in  Anspruch  nehmen.  Warum  mußte  also  dieses  „gewissenhafte** 
BQrscbchen  erst  um  12.30  zur  Ruhe  kommen?  Hatte  er  doch 
noch  das  rätselhafte  Glück,  daß  von  11 — 12  und  von  2 — 4  Uhr 
der  Unterricht  „wegen  eines  Examens  an  der  Anstalt**  ausfiel. 
Was  mag  das  wohl  für  ein  Examen  gewesen  sein?  Preußische 
Verhältnisse  können  doch  auch  hier  nicht  in  Frage  kommen,  denn 
das  einzig  mögliche,  die  Reifeprüfung,  macht  doch  den  ganzen 
Tag  schulfrei.  Reichte  da  die  „Gewissenhaftigkeit**  des  Knaben 
und  die  „Einsicht**  der  Eltern  nicht  so  weit,  daß  sie  die  Pausen 
von  11 — 3  und  IM — 10  Uhr  („Erholung**!)  zugunsten  eines 
früheren  Beginns  der  Nachtruhe  angemessen  verkürzen  konnten?  — 
Derselbe  Schüler  hat  an  einem  wieder  beliebig  herausgegriff'enen 
Donnerstag  morgens  vor  der  Schule  '/4  St.  für  Griechisch  ge- 
arbeitet, oflenbar  zum  Extemporale.  Auch  hier  ist  nicht  gesagt, 
ob  das  zwingende  Notwendigkeit  war,  weil  er  für  den  betr.  Tag 
an  und  för  sich  schon  so  belastet  war,  daß  er  abends  seine 
Arbeiten  nicht  bewältigen  konnte,  oder  ob  diese  Arbeit  eine  seinem 
Angstgefühle  vor  dem  Extemporale  entsprungene  freiwillige  Leistung 
war,  die  jedenfalls  für  den  gewählten  Zeitpunkt  entschieden  zu 
verurteilen  ist.  För  den  folgenden  (?)  Freitag  hat  er  für  nur 
zwei  Fächer  zu  arbeiten  gehabt,  für  Französisch  und  Geometrie, 
für  diese  aber  auch  sage  und  schreibe:  vier  Stunden  und 
acht  Minuten.  Diese  Zahl  ist  für  das  Gymnasium  so  ungeheuer- 
lich, daß  jede  Kritik  sich  erübrigt.     Der  dritte  Fall  setzt  för  den 


588  Ober  den  Urnftog  und  die  Wirkang  der  SehuUrbei ten, 

Freitag,  an  dem  von  8 — 12  und  2 — 5  Uhr  Unterricht  gewesen 
ist  —  es  kann  also  wieder  nicht  derselbe  Freitag  sein,  für  den 
nur,  för  zwei  Fächer  zu  arbeiten  war  —  eine  Hausarbeit  von 
1  St.  45  Min.  für  Geschichte,  1  St.  48  Min.  für  Algebra,  1  St. 
12  Min.  für  Xenophon  fest;  auch  diese  Sätze  stehen  mit  allem 
in  Widerspruch,  was  ich  in  19jähnger  Tätigkeit  aus  eigener  oder 
fremder  Erfahrung  je  wahrgenommen  habe.  Wenn  in  den  ersten 
beiden  Angaben  die  volle  Stunde,  in  der  dritten  42  Minuten 
abgezogen  werden,  so  sind  die  Arbeitszeiten  annähernd  denen 
gleich,  die  bei  dem  S.  579  geschilderten  Verfahren  sich  ergaben. 
Mein  Sohn,  der  Tertianer  ist,  hat  niemals  länger  als  2 — 2  7a  St. 
insgesamt  zu  arbeiten  gehabt,  häuGg  aber  bedeutend  weniger. 

Ebenso  ist  es  abnorm  und  nur  dazu  angetan,  falsche  Urteile 
zu  erzeugen,  wenn  in  Beispiel  6  unter  den  regelmäßigen  Haus- 
arbeiten eines  Realabiturienten  neben  2  St  Mathematik  4  St. 
20  Min.  für  den  französischen  Vortrag  festgesetzt  sind.  Ein  solcher 
Vortrag  trifft  den  einzelnen  doch  nur  einmal  im  Jahre.  Bei  den 
Vorträgen,  die  meine  Primaner  im  Deutschen  zu  halten  haben, 
besteht  der  Brauch,  daß  am  Anfange  des  Halbjahres  oder  Tertiais 
der  Termin  für  jeden  einzelnen  genau  festgesetzt  wird,  und  je 
nach  dem  Standpunkt  der  Klasse  gebe  ich  selbst  jedem  Schüler 
ein  Thema  an  oder  veranlasse  ihn,  mir  im  Laufe  von  acht  Tagen 
sein  Thema  zu  nennen;  einige  Tage  vor  dem  Vortrage  hat  der 
Schüler  eine  nicht  zu  umfangreiche  Disposition  einzureichen,  aus 
der  sich  ersehen  läßt,  wie  er  sein  Thema  zu  behandeln  gedenkt; 
er  muß  also  schon  lange  sich  damit  beschäftigt  und  wiederholt 
daran  gearbeitet  haben;  eine  ausführliche  schriftliche  Ausarbeitung 
aber  wird  nicht  nur  nicht  gefordert,  sondern,  als  dem  Geiste  des 
frei  gesprochenen  Berichts  (Lehrpl.  S.  20)  zuwider,  geradezu  ver- 
pönt. Ähnlich  wird  wohl  meist  verfahren.  Mag  nun  auch  bei 
Vorträgen  in  den  modernen  Fremdsprachen  —  die  Lehrpl.  S.  36/37 
sprechen  von  ihnen  übrigens  gar  nicht  —  die  schriftliche  Fest- 
stellung nötig  sein,  so  können  sie  doch  andrerseits  lange  nicht  so 
ausgedehnt  sein  wie  die  deutschen;  verlangen  doch  die  Lehrpl. 
S.  37  erst  für  OH — I:  „Anleitung  zu  Aufsätzen,  von  häufigen 
kleinen  Wiedergaben  des  Gelesenen  bis  zur  freieren  Behandlung 
von  eng  begrenzten  konkreten  Aufgaben  fortschreitend'^  £s 
ist  also  wohl  ausgeschlossen,  daß  den  Schüler  zu  dem  einzelnen 
Tage  eine  Mebrlast  vou  4  St.  20  Min.  treffen  kann,  ausgeschlossen, 
daß  er  2  St.  10  Min.  an  seinem  Vortrag  schreiben  muß!  —  Ein- 
spruch erheben  muß  ich  schließlich  auch  gegen  die  Angaben  des 
7.  Falles,  der  einen  18  Jahre  alten  Gymnasial-Obersekundaner  be- 
trifft. Dieser  hat  sich  an  einem  Tage  für  drei  lateinische  Lektionen 
vorzubereiten  mit  insgesamt  beinahe  3  St.  Wie  heißt  die  Sdiule 
mit  einem  Stundenplan,  der  von  den  sieben  lateinischen  Wochen- 
stunden der  0  II  drei  auf  einen  Tag  legt?  Solche  Beispiele  richten 
sich  selbst! 


▼  OD  H.  Konigsbeek.  589 

Habe  ich  non  gleich  gegen  diese  Beispiele  erhebliche  Ein- 
Wendungen  zu  machen  gehabt,  so  liegt  mir  doch,  wie  ich  aus- 
drücklich versichere,  nichts  ferner,  als  sie  etwa  als  „exempla  ficta'^ 
aufzufassen;  mir  lag  vor  allem  nur  daran  zu  zeigen,  daß  Preußen 
die  Stätte  nicht  gewesen  sein  kann,  in  der  so  barbarisch  an 
der  Jugend  gesündigt  wurde.  Aber  die  Genesis  der  Beispiele 
ist  doch  wohl  folgende  gewesen.  Eine  gewisse  Voreingenommen- 
heit wird  Gr.  zu  dem  Wunsche  geführt  haben,  für  seinen  festen 
Glauben  einer  tatsächlich  vorhandenen  Oberbürdang  konkrete  Bei- 
spiele  aufstellen  zu  können.  Die  betr.  Schüler  sowohl  wie  ihre 
Ellern  werden  gewußt  haben,  nach  welcher  Richtung  hin  er  Er- 
gebnisse erwartete;  Verkettungen  von  Umständen,  Schuld  vom 
Hause,  von  Eltern  und  Kindern  her,  Schuld  auch  von  der  Schule, 
die  ich  durchaus  nicht  als  in  jedem  Falle  unfehlbar  hinstellen 
will,  werden  das  eine  öder  das  andere  Mal  eine  Überbürdung 
wirklich  herbeigeführt  haben,  und  nun  sind  —  das  ist  das,  wo- 
gegen ich  hauptsächlich  Vorwürfe  erhebe  —  einmal  vorgekommene 
Fälle  aus  dem  Zusammenhang  gerissen  und  so  verallgemeinert 
worden,  als  wenn  sich  Woche  für  Woche,  Tag  für  Tag  dasselbe 
grause  Schauspiel  der  Oberburdung  wiederholt  und  unsere  Jugend 
rettungslos  dem  körperlichen  und  geistigen  Siechtum  entgegen- 
fohren  müBteM- 

Es  ist  eben  diese  beklagenswerte  Unkenntnis  aller  inneren  Ver- 
bältnisse der  höheren  Schulen  und  die  Verallgemeinerung  einzelner 
Fälle  zu  Typen,  die  Gr.  im  weiteren  Verlauf  seines  Aufsatzes  zu 
der  Behauptung  führt,  daß  die  Extemporalien  „manchmal**  die 
Hausarbeiten  an  Qualität  überträfen.  Das  ist  nur  da  der  Fall, 
wo  die  häusliche  Arbeit  mit  vollendeter  Gleichgültigkeit  angefertigt 
ist;  im  Gegenteil,  gerade  weil  die  Hausarbeiten  an  Qualität  so 
verdächtig  hoch  über  den  auf  eigener  Kraft  fußenden  Klassen- 
arbeiten stehen,  daß  man  an  ihrer  Selbständigkeit  fast  immer 
Zweifel  hegen  und  sie  geradezu  als  eine  Verfuhrung  zur  Unred- 
lichkeit ansehen  muß,  sind,  wie  gesagt,  viele  Lehrer  schon  dazu 
gekommen,  sie  ganz  fallen  zu  lassen.  —  Was  Gr.  sonst  in  diesem 
Aufsatze  den  höheren  Schulen  vorwirft  —  darunter  der  Hieb  auf 
die  toten  Sprachen,  „deren  Wert  für  geistige  Bildung  seit  Jahr- 
hunderten von  Tausenden  der  geistig  höchststebenden  Menschen 
anerkannt,  ja  überhaupt  gar  nicht  bezweifelt  worden  ist''  (Grenz- 
boten 1906  S.  7J7)  —  ist  ebensowenig  maßvoll  wie  seine  Bei- 
spiele; wenn  er  z.  B.  von  den  „sog.  Reifeprüfungen  aller  Art'' 
spricht,  so  möchte  ich  gern  wissen,  welche  er  denn  außer  der 
einen  Reifeprüfung  am  Schlüsse  der  Schulzeit  noch  kennt?  Den 
Streit  aber  über  die  Berechtigung  dieser  aufzurollen,  ist  hier  nicht 
der  Ort.     Und  wenn  er  gar  behauptet:    „Eine  harmonische  Aus- 

^)  Die  richtige  Methode  für  solche  UotersDehaogeo  zei^^t  ein  Aufsatz 
voo  R.  Roller  ii  der  ZeitMhrifk  f.  Sehalgesandheitspflege  1906  S.  1—28. 


590    Ober  dea  Umfang  der  Schalarbeiten,  vod  B.  RöDigsbeck. 

bildung  der  geistigen  und  körperlichen  Anlagen  der  Jugend  kennt 
unser  Schulsystem    nicht",    so   scheint   ihm    die   Fülle    der  Ver- 
fügungen,   die  sich  gerade  mit  dieser  Harmonie  beschäftigen,  un- 
bekannt   zu    sein,    so    scheint    er  die  vorzüglichen  Ausführungen 
der   Lehrpläne    über   das   Turnen  (S.  70/7t)    und   die  Betonung 
der  Notwendigkeit  der  Erholung  (8.  74)  nicht  gelesen  zu   haben. 
Und    nun   zum  Schluß  eine  Frage:    Wohin  führt  denn  nun 
diese   Art   des    Oberbürdungsrummels?     Ellern,  Schüler,  Lehrer 
werden  verstimmt,  das  Verhältnis  zwischen  Schule  und  Haus  wird 
getrübt,    und    den  Schülern    insbesondere  werden  Ansichten  über 
Schule  und  Lehrer  als  über  „Zuchthaus*\  „Feinde  und  Tyrannen'^ 
eingeimpft,    die    den  Freund    der  Nation    mit  schwerer  Besorgnis 
erfüllen   müssen.     Unsere   Schüler   müssen   ja   zu   dem  Glauben 
kommen,    wenn   ihnen    solche  Aufsätze   in  weitverbreiteten  Zeit- 
schriften wieder  und  wieder  in  die  Hände  fallen,  daß  Lasten,  wie 
sie   früher    nie    zu    tragen    waren,    in  steter  Steigerung  auf  ihre 
Märtyrerschultern  gebürdet  werden.    Und  doch,  wie  war  es  früher? 
Noch    vor   drei  Jahrzehnten    mußten  wir  zu  jeder  Lektürestunde 
umfangreich  wiederholen  und  präparieren,  den  Inhalt,  die  Vokabeln, 
die  grammatischen  Erläuterungen  genau  können,  ja  im  Lateinischen 
sogar  häufig  den  Inhalt  schriftlich  in  lateinischer  Sprache  wieder- 
geben als  Vorübung  zum  Aufsatz,    wir    mußten    in    ausgedehnter 
Weise  auswendig  lernen,  wir  mußten  in  vier  Fächern  Privalleklüre 
mehrere  Male  im  Jahre  in  einem  heute  vielleicht  unerhörten  Um- 
fange nachweisen,  wir  mußten  10 — 12  deutsche  und  ebenso  viele 
lateinische    Aufsätze    fertigen,    unsere    mathematischen    Arbeiten 
waren    bedeutend  größer  als  heute,    und  doch  fanden  wir  neben 
aller  körperlichen  Erholung  und  geseiligem  Verkehr  oft  noch  Zeit 
zur  Pflege  besonderer  Lieblingsgebiete  M*    Heute  aber  ist  die  Zahl 
der  Aufsätze  von  20—24  auf  8  gesunken;    das  Präparieren    und 
Memorieren  ist  auf  ein  Minimum  beschränkt;    Privatlektüre  wird 
schon  mit  scheelen  Blicken  angesehen  und  nur  so  getrieben,  daß 
der   in    den  Lehrplänen   und  Lehraufgaben  geforderte  Stoff  ohne 
Schwierigkeit  bewältigt  werden  kann,  indem  „er  auf  Klassen-  und 
Privatlektüre  so  verteilt  wird,    daß  Schwierigeres  unter  unmittel- 
barer   Leitung    des    Lehrers    zur    Behandlung    kommt,    minder 
Schwieriges  dem  Privatsludium  überlassen  bleibt"  (Lehrpl.  S.  23). 
Sonst    ist  Privatlektüre    nicht   als  verbindlich  zu  fordern  (S.  27). 
Und  doch  sind  unsere  Schüler  noch  immer   durch  Hausarbeit 
überbürdet?    Sollen    sie    denn  aber  auch  ganz  die  Wahrheit  des 
alten    Spruches    verlernen:    „Nil    sine    magno    vita   labore   dedit 
mortalibus'*?     Sollen  sie  zu  der  Erwartung  erzogen  werden,  daß 
ihnen   alles   auch  in  ihrem  späteren  Leben  wie  eine  reife  Frucht 
in  den  Schoß  fällt,  sollten  sie  sich  auch  wohl  auf  die  Dauer  recht 


^)  Gaoz  ebenso  orteilt  auch  Koppio  „Zar  Stadieofreiheit  in  den  obereo 
Gymoasialklassen««  (Moaatschrift  f.  höhere  Scholen  1907  S.  135). 


Piaton  im  hamtDUtisehoii  Gymatfinm,  von  H.  F.  Müller.    591 

wohl  dabei  befinden,  so  künstlich  aufgepäppelt  zu  werden,  ohne 
sich  anzustrengen?  Wie  klagen  heute  schon  manche  Eltern  dar- 
über, daß  ihren  Kindern  alle  Denkarbeit  zu  bequem  gemacht  wird, 
daB  sie  oft  so  wenig  beschäftigt  sind,  daß  sie  mit  sich  selbst 
nichts  anzufangen  wissen!  —  Wie  muß  dieser  Jugend  zumute 
sein,  wenn  sie  liest:  „T^g  äQtrijg  ld^w%a  -d'sol  nQonaQot&ey 
i^xtxv^*'  oder  „Qui  studet  optalam  cursu  contingere  metam,  multa 
tulit  fecitque  puer,  sudavit  et  alsit,  abstinuit  ?enere  et  vino!" 
Ja,  das  war  damals,  fOr  uns  zarte  Geschöpfe,  fflr  uns  blasierte 
Herren  der  Schöpfung  gilt  das  nicht  mehr. 

Die  Gefahr  ist  ernst,  und  jeder  überlege  es  sich  zweimal 
und  dreimal,  ehe  er  durch  Einstimmen  in  diese  Art  von  Über-: 
bürdungsgeschrei  nicht,  wie  Griesbach  meint,  an  der  Gesundung, 
soodem  gerade  an  der  unheilbaren,  bösem  Ende  entgegenführenden 
Erkrankung  des  nationalen  Lebens  mitwirkt'). 

Saarbrücken.  Hans  Königsbeck. 


Piaton  im  humanistischen  Gymnasium. 

I. 

U.  von  Wilamowitz-Hoellendorff  fordert,  daß  von  Flaton 
etwas  Ganzes  und  Großes  im  Gymnasium  gelesen  werde.  Völlig 
einverstanden.  Denn  erstens  sind  die  in  Betracht  kommenden 
Schriften  nicht  so  schwer  und  groß,  daß  ein  normaler  Pri- 
maner sie  nicht  bewältigen  könnte.  Zweitens:  Kunstwerke, 
wie  die  Platonischen  Dialoge,  gibt  es  sonst  in  der  Literatur  aller 
Zeiten  und  Völker  nicht;  sie  im  Original  gelesen  und  verstanden 
zu  haben,  gehört  zu  den  kostbarsten  Schätzen  humaner  Bildung. 
Drittens  wird  uns  darin  die  wunderbare  Gestalt  des  Sokrates 
leibhaflig  vor  die  Augen  gemalt,  eine  Persönlichkeit,  die  ebenso 
wegen  ihres  sittlichen  Charakters  als  ihres  Philosophierens  wegen 


')  Der  sehr  leseDSwerte  Aafsatx  von  Alwin  Schmidt  „Die  neueste  Um- 

^estaltong    der    höheren   Sehnlen    in  Württemberg**    in    der   Monetschrift   f. 

höhere  Schalen  1907  S.  66  ff.,    in  dem  über  die  Arbeitszeit  der  Schüler  and 

den  Aufsatz  von  Griesbach  S.  70  ff.  gesprochen  wird,  kam  mir  erst  nach  der 

Abfassvng   meiner   obigen  Aasfiihrangen   in  die  Hände.    Es  nimmt  übrigens 

zwar   nicht  Gr.s  Forderungen,    aber    doch   seine  Beispiele,    „wenn  sie  auch 

die    grellsten    unter    den    nach    Hunderten    zählenden    Aufzeichnungen    sein 

werden**,   unwidersprochen    hin;    vgl.  dazu  auch  ebenda  S.  168 ff.  M.  Vietor 

„Unterrichtszeit  und  häusliche  Arbeit  an  den  höheren  Schulen**  und  S.  235  ff. 

Alw.  Schmidt   „Nochmals    Unterrichtszeit  n.  s.  w".      Kräftigere  Töne    findet 

Griesbaehs    „unbillige  Art**   gegenüber   das   mir  leider  anch  erst  nach  Vol- 

leodung    meiner    Arbeit    zugekommene    „Homanistische    Gymnasium**    1907 

Heft  ]->n  S.  15L   in  der  Wiedergabe  des  Vortrages  von  Direktor  Dr.  Lück 

bei  der  dritten  Versammlung  der  Freunde  des  humanistischen  Gymnasiums 

in  Berlin. 


592  Plttoo  im  homtDiatisehen  GymBasiany 

unser  Interesse   in  Ansprach   nimmt.    Denn   der  Mann  hat  dem 
Denken    neue  Bahnen  gewiesen,    er  bildet   einen  Wendepunkt  in 
der  Geschichte    der  Geisteswissenschaften,    und    seine  Bedeutung 
ragt  noch  in  die  Gegenwart  hinein.   Viertens:  das  Studium  Piatons 
kommt    der  philosophischen    Propädeutik    zugute.     Wenn  neuer- 
dings (z.  B.  von  Rausch  auf  der  Philologenversammlung  zu  Halle 
1903)  geäußert  worden  ist,    der  Weg  durch  Piaton    sei  ein  Um- 
weg,  so  halte  ich  das  entschieden  für  unrichtig.    Wie  der  Lehr- 
bursche in  der  Werkstätte  des  Meisters  sein  Handwerk  lernt,   so 
lernt   der   studierende  Jöngling    in    und   an    den  Werken    eine» 
Meisters    am    besten    philosophieren.     Die    Philosophie   ist    keine 
Katechismuslehre,    deren  Dogmen   formuliert   und  auswendig  ge- 
lernt werden  könnten.     In  Piaton  ist  der  Idealismus,  in  den  ein- 
zuführen   auch  ich    für    eine   absolute  Notwendigkeit  halte,    „ur- 
wüchsig,  gleichsam  autochthon.     Aus  der  schlichten  sokratisdien 
Entdeckung  des  Begriffs  wächst  er  hervor  mit  einer  inneren  Not- 
wendigkeit, der  kein  philosophisch  gerichtetes  Denken  sich  leicht 
entziehen    kann.     Und    auf  keiner  Stufe    verhärtet    er    sich   zur 
scholastischen    Formel,    bis   zuletzt   verbleibt   er   in    lebendigster 
Beweglichkeit.     Darin    liegt   der  unauslöschliche  Reiz,    darin   der 
unvergängliche    didaktische  Wert    des  Platostudiums.     Die  Ein- 
führung  in  Plato   ist   die  Erziehung   zur  Philosophie; 
erwächst   doch    bei   ihm   zuerst   ihr   ganzer   BegrilT'.     So   Paul 
Natorp,  und  er  hat  recht^). 

Was  kann  und  soll  auf  dem  Gymnasium  von  Piaton  gelesen 
werden?  In  Unterprima  die  Apologie  und  der  Kriton,  in  Ober- 
prima Phädon  und  Protagoras  oder  Gorgias.  Auch  das  Sympo- 
sion möchte  ich  nicht  ausschlieBen,  wenn  die  Klasse  darnach  ist. 
Ich  habe  es  einmal  gewagt  und  nicht  eben  ungünstige  Erfahrungen^ 
dabei  gemacht.  Phädon  und  Protagoras  oder  Gorgias?  Freilich 
etwas  viel.  Wir  werden  uns  wohl  mit  einem  von  den  dreien 
begnügen  müssen,  wenn  wir  die  Dialoge  ganz  und  gründlich 
wirklich  lesen  wollen.  Sonst  ginge  es  ja  auch  in  der  Weise, 
daß  der  Lehrer  mit  den  Schülern  nur  die  Hauptkapitel  läse,  die 
minder  wichtigen  selbst  übersetzte  oder  frei  reproduzierte  und 
sachlich  erläuterte. 

Die  Apologie. 

^AdiXBX  SüoxQOTiig  ovg  i^h  47  noX^g  voiii^sk  '9'BOvg  oi  vo- 
fxij^cayj  hsQcc  di  xccivä  daifiop^a  sttf^yovfisvog.  adix$%  öi  xal 
Tovg  viovg  dkatpd-Biqtay'  rlfi4ifß,a  •9'dvaTog, 

So  lautet  die  Anklage  der  drei  Genossen  Meletos,  Anytos 
und  Lykon  gegen  Sokrates,  eine  Anklage,  wie  sie  noch  manchen 
andern,  der  die  Welt  zu  erleuchten  kam»  bedroht  und  be- 
troffen hat. 


1)  Vorwort   S.  V   za   Paal  Nttorp,   Platos   Ideeslehre.      Eioe  fiio- 
rdhrong  in  den  Idealismaa.    Leipzifr  1903,  Diirrsche  Buehhaidlao^. 


vobA.  F.  ICvUttr.  ^99 

Die  -WeoigeB,  die  was  davon  erkannt. 
Die  töricht  g-nug  ihr  volles  Herz  nicht  wahrten. 
Dem  Pöbel  ihr  Gefühl,  ihr  Schauen  offenharten. 
Hat  man  von  je  gekreuzigt  und  verbrannt 
Sokralee  verteidigt  sich  in  längerer  Aede,  und  naehdem  die 
Richter  das  „schuldig*'  gesprochen  haben,  maoht  er  von  dem 
Becbte  des  wv^^^ftaadtu  Gehrauch.  Darauf  verhängt  der  Gerichts- 
hof das  Todesurteil,  und  der  Verurteilte  erhält  das  Schlußwort 
Dieser  Hergang  ergibt  sieh  mit  Notwendigkeit  aus  dem  attischen 
Gerichtsverfahren,  und  es  heißt  doch  wohl  die  Farben  zu  stark 
auftragen,  wenn  Cron  meint,  das  Werk  gestalte  sich  zu  einer 
Trilogie  und  gar  einer  Äschyleischen,  zu  einem  großartigen 
Drama,  das  eine  am  so  ergreifendere  Wirkung  äußere,  jß  ent- 
schiedener die  erste  Rede  den  gerichtlichen  Vorgang  im  Lichte 
eines  Konfliktes  zweier  Prinzipien  erscheinen  lasse.  Dort,  in  der 
ÄschyleisiAen  Tragödie,  spreche  die  weisheitsvolle  Scbutzgöttin 
Athens  selber  durch  ihre  Stimme  den  Angeklagten  frei,  hier,  wo 
nicht  die  ¥^eish«t  zu  Gerichte  sitze,  vierde  er  verurteilt,  aber 
auch  hier  gehe  er  nicht  als  Besiegter,  sondern  .als  Sieger  hinweg. 
Durch  solche  Übertreibung  und  Emphase  stören  wir  die  Wirkung. 
Die  stiHe  Große  der  Apologie  und  die  schlichte  Männlichkeit  des 
Redners  sind  eindrucksvoll  genug. 

I.  Die  eigenüiche  Verteidigungsrede  (Kap.  1 — 24)  ist  ganz 
nach  den  Regeln  der  rhetorischen  Technik  gebaut  Das  Pro- 
ömium  (Kap.  1)  sucht  die  Heliasten  günstig  zu  stimmen  durch 
eine  msmuafto.  Gleich  im  ersten  Satz  der  ganze  Sokrates. 
„Welchen  Eindruck  ihr  von  meinen  Ankligern  empfangen  habt, 
weiß  ich  nicht;  ich  bin  beinahe  vollständig  aus  der  Fassung  ge- 
bracht: so  überzeugend  sprachen  sie.  Jedoch  Wahres  haben  sie 
so  gut  wie  nichts  gesagt^'.  Am  meisten  erstaunt  bin  ich  über 
die  sofort  zu  widerlegende  Lüge  und  Unverschämtheit,  mit  der 
sie  euch  Tor  meiner  Redegewalt  warnen.  Nein,  ich  bin  kein  ge- 
wandter Redner.  Trete  ich  doch  jetzt,  in  meinem  aiehenzigsten 
Lebensjahr,  zum  erstenmal  vor  Gericht  auf.  Wie  sollte  ich  die 
Kunst  verstehen  und  wie  ein  Jungling  Lust  haben,  meine  Rede 
mit  schönen  Worten  zu  schmücken  und  zu  zieren?  In  gewöhn- 
lichen, alltäglichen  Ausdrücken  werde  ich  mit  eurer  Erlaubnis  zu 
euch  sprechen,  aber  die  Wahrheit  werde  ich  sagen,  die  ganze 
Wahrheit     Darnach  urteilt  ihr  über  Recht  und  Unrecht! 

Die  frapoiüto  (Kap.  2)  ist  mit  einer  partüio  verbunden. 
Sokrates  wMl  sieh  zuerst  gegen  die  früheren  und  dann  gegen  die 
jetzigen  AnUäger,  die  nur  das  HundsLück  jener  sind,  verteidigen. 
Schon  seit  langer  Zeit  treiben  die  Verleumder  ihr  Wesen,  ihre 
Zahl  ist  groß,  sie  sind  sdiwer  zu  fassen,  weil  man  nicht  einmal 
ihre  Namen,  außer  etwa  dem  eines  Komödiendichters,  kennt. 
Gleichwohl  muß 'man  es  mit  Gottes  Hilfe  wagen  und  dem  Gesets^, 
das  die  Verteidigung  befiehlt,   gehorchen  .  ...  In  dieser  Parüti^^a 

ZaliMh».  £  d.  OTWBMbdwvMiL    hlL    8.  9.  38 


594  PUtOD  im  hamanistiscJieD  Gymoasian, 

ist  indessen  der  Teil  nicht  mit  einbegriffeQ,  der  in  Kap.  16 
(St.  p.  28  B)  beginnt  und  die  Frage  beantwortet,  warum  Sokrates 
einen  Beruf  ausübe,  der  ihn  jetzt  in  Todesgefahr  bringe»  Wir 
werden  demnach  so  disponieren: 

A.  Sokrates   weist   die   Anklagen   seiner  Gegner   als  Verleum- 
dungen zurück  (Kap.  3 — 15). 

1.  Die  früheren  (3 — 10)  und  zwar  a)  die  Tatsache  (3  und  4), 
b)  die  Ursache  (5—10); 

2.  die  jetzigen  (11 — 15)  und  zwar  a)  er  sei  ein  Verderber 
der  Jugend  (11 — 13),  b)  er  sei  ein  Gottesleugner  (14 
und  15). 

B.  Sokrates  verteidigt  seinen  Lebensberuf  (Kap.  16 — 22). 

1.  Mein  Leben,  sagt  er,  ist  ein  Gottesdienst,  Gott  bat  mich 
auf  diesen  Platz  gestellt,  den  zu  verlassen  feige  Fahnen- 
flucht gewesen  wäre.  Lebens-  und  Sterbensgefahr  kommt 
dabei  nicht  in  Frage,  sondern  nur  Ehre  oder  Schande. 
Ich  habe  stets  auch  den  Posten,  den  die  Athener  mir 
angewiesen,  behauptet.  Liefiet  ihr  mich  frei  unter  der 
Bedingung,  die  Menschenprüfung  und  die  Philosophie 
aufzugeben,  so  müBte  ich  danken  (16  u.  17). 

2.  Ich  verteidige  mich  nicht  sowohl  in  meinem  als  in  eurem 
Interesse,  ich  bin  euch  zum  Wächter  und  Wecker  und 
Erzieher  gesetzt.  Tötet  ihr  mich,  so  wird  euch  kein 
anderer  geschenkt  werden,  und  ihr  versinkt  immer  tiefer 
in  geistigen  Schlummer.  Um  Gottes  willen,  nicht  um 
Lohn  habe  ich  dieses  meines  Amtes  gewaltet,  wie  meine 
Armut  beweist  (18). 

3.  Warum  ich  nur  idi(f  und  nicht  dijfMxflq^  die  Menschen 
zu  belehren  und  zu  bekehren  suchte?  Weil  mein  dai- 
fAoytov  mich  warnte,  nach  einem  Amt  im  Staate  zu 
trachten.  Zweimai  bin  ich  als  Buleut  und  Prytane  mit 
der  Volksstimmung  in  Konflikt  geraten,  und  es  hätte  mir 
den  Kopf  gekostet,  wenn  die  Herrschaft  der  Dreißig  nicht 
sobald  gestürzt  worden  wäre.  Für  den  wahren  Patrioten, 
dem  Recht  und  Gerechtigkeit  über  alles  geht,  ist  in  eurem 
Staatswesen  kein  Platz  (19  und  20). 

4.  Niemals  bin  ich  f&rmlich  als  Lehrer  aufgetreten  oder  habe 
eine  Schule  gebildet.  Jeder,  der  wollte,  konnte  mich 
hören  und  sich  mit  mir  unterreden.  DaB  ihrer  so  viele 
waren  und  diese  später  das  Geschäft  der  Menschenprüfung 
mit  Eifer  und  Behagen  fortsetzten,  ist  nicht  meine  Schuld. 
Verdorben  habe  ich  die  Jünglinge  nicht,  sonst  hätten  sie 
in  reiferen  Jahren  selbst  oder  ihre  Väter  und  älteren  Ver- 
wandten es  mir  heimgezahlt  (21  und  22). 

Die  Argumentation  weist  am  Schluß  auf  den  Anfang  zurück, 
der  Ring  ist  geschlossen.  Aber  an  den  negativen  Teil  reiht  sich 
ein  positiver,  an  die  ctmfutatio  eine  confirmattOt  die  wahrlich  mehr 


▼  on  H.  F.  Müller.  695 

ist  als  eine  extnnoHo  extra  causam.    Gelöst  von  dem  Bande  der 
Anklageschrift,  fließt  die  Rede  freier  und  voller  dabin. 

In  der  peroratio  (23  und  24)  lehnt  Sokrates  es  ab,  das  Mitleid 
der  Richter  anzuflehen  und  die  herkömmlichen  iXss^vä  dgäfkaxa 
aufzuführen.  Er  tut  dies  nicht  aus  Oberhebung  und  Gering- 
schützong  der  Heliasten»  sondern  um  seinet-  und  um  ihretwillen: 
um  seinetwillen,  denn  er  steht  nun  einmal,  gleichviel  ob  mit 
Recht  oder  Unrecht,  in  dem  Rufe  eines  durch  Weisheit  und 
Standhaftigkeit  ausgezeichneten  Mannes,  wie  sollte  er  als  Siebenzig- 
jähriger  den  Tod  fürchten?  —  um  ihretwillen:  denn  sie,  die  als 
Athener  den  Ruhm  der  Weisheit  und  Gerechtigkeit  genießen, 
dürfen  weibischen  Bitten  kein  Gehör  schenken  und  als  geschworene 
Richter  um  Gotteswillen  das  Recht  nicht  beugen. 

il.   Antwort  auf  die  erste  Abstimmung  (Kap.  25 — 28). 

Verwundert  nicht  über  die  Verurteilung,  sondern  über  die 
geringe  Stimmenmehrheit  (25),  sucht '  Sokrates  nach  einem 
Gegenantrag. 

a)  Da  dieser  dem  vifjtiifAa  entsprechend  und  gleichwertig 
(ahog)  sein  muß  und  da  ein  Wohltäter  der  Stadt,  der 
unbekümmert  um  das  eigene  Wohlergehen  seinem  Volke 
alles  geopfert  hat,  doch  nur  etwas  Gutes  für  sich  wünschen 
kann,  so  beantragt  der  Verurteilte  als  ein  armer  Mann 
Speisung  im  Prytaneioo,  und  das  nicht  zum  Spott  oder 
aus  Oberhebung  {anav&ad$^6fuyog),  sondern  in  der  Er- 
wägung, daß  er  sich  freiwillig  nicht  selber  unrecht  tun 
dürfe  (26  und  27  St.  p.  37  B). 

b)  Was  sollte  er  denn  sonst  beantragen?  Gefängnis?  Er 
kann  nicht  als  ein  Sklave  der  Elfmänner  leben.  Geld? 
Er  hat  keins.  Verbannung?  Er  würde  überall  forschen, 
lehren,  ermahnen  müssen  und  darum  allen  andern 
Menschen  ebenso  unerträglich  werden  wie  den  Athenern. 
Schließlich  gibt  er  zu,  daß  er  durch  eine  Geldstrafe 
wenigstens  nicht  geschädigt  werde  und  aus  eigenen 
Mitteln  eine  Silbermine,  mit  Hilfe  seiner  Freunde  dreißig 
Minen  zahlen  könne  (27  C  und  28). 

III.  Antwort  auf  die  zweite  Abstimmung  (Kap.  29 — 33). 

a)  Ruhig  und  gelassen  wendet  sich  Sokrates  an  die  Richter, 
die  ihn  verurteilt  haben  (29  und  30).  Mit  leiser  Ironie 
meint  er,  ihnen  werde  von  Leuten,  die  die  Stadt  schmähen 
wollten,  der  Vorwurf  gemacht  werden,  daß  sie  um  eines 
kleinen  Gewinnes  willen  einen  weisen  Mann  getötet 
hätten.  Nach  kurzer  Zeit  würde  von  selber  eingetreten 
sein,  was  sie  so  beschleunigen  zu  müssen  glaubten;  sei 
er  doch  als  ein  Greis  dem  Tode  nahe.  Ferner  fuhrt  er 
ihnen  zu  Gemüte,  daß  er  nicht  aus  Mangel  an  Beredsam- 
keit und  Beweisgründen,  sondern  aus  Mangel  an  Unver- 
schämtheit und  einer  Dreistigkeit,  die  alle  erlaubten  und 

38* 


596  Piaton  im  hnniXBistitelieii  GyBDasiani, 

uüeKlaabton  Mittel   anwendet,    udterl^en   nei.    Er    habe« 
nichtB  Unwürdiges  {dveksv&cQOp)   getan   und    lasse  sieb 
gern  Tom  Tode  ereilen,  seine  Ankläger  aber  würden  dem 
'Schimpf  und   der   Schande    nicht   entgehen.     Auch    die 
Richter  befinden  sich  im  Irrtum,  wenn  sie  glaubten,  den 
listigen  Mahner   ein  fClr  allemal  los  zu  sein ;   es  wQrdeo 
Yiel   Schlimmere,   die   er   bisher   im  Zaum  gehalten,    in 
Menge  auftreten.    Das  sicherste  Mittel,   sich  gegen  Vor- 
wurfe lu  schfitsen,  sei,  so  gut  als  möglich  zu  werden, 
b)  Denen,  die  ihn  freigesprochen  haben  (31  und  32),  versichert 
Sokrates   in   herzlichem  Tone,    dafi  ihm    auch   in  dieser 
Stunde  nur  Gutes  widerfahre.    Denn  das  Sa$(i6vtoy,  das 
sich  sonst  immer  melde  und  ihn  warne,   wenn  er  etwas 
Gefährliches   zu    unternehmen   im    Begriffe    stehe,    diese 
göttliche  Stimme  habe  diesmal  geschwiegen  und  ihn  nicht 
von  dem  Gange   ins  Gerieht  zurückgehalten.    Zu  diesem 
Grunde  komme  ein  anderer:  die  Hoffnung  auf  ein  seliges 
Leben   im   Jenseits.    Denn    entweder   sei   der  Tod    ein 
tiefer  traumloser  Schlaf,  und  schon  dann  ein  grofier  Ge- 
winn,  oder   er  sei   eine  Übersiedelung   in    6in  besseres 
Land,    und  dann  ein  unaussprechtiches  GlöcL     Und  nun 
schaut  Sokrates   mit  prophetischem  Geiste   sich   im  Ver* 
kehr   mit  den  gerechten  Richtern    und  den  Heroen,   den 
herrlichen  Männern    und    den   gleichfalls    ungerecht  ver- 
urteilten Weisen  der  Vorzeit:  man  fühlt  sich  erinnert  an 
die  apokalyptische  Art,    wie  christliche  Dichter   sich   den 
Himmel   im    seligen  Umgang   mit   den    Patriarchen   und 
Propheten,  den  Aposteln  und  Heiligen  ausmalen. 
Mit  einem  milden  Worte  des  Verzeihen«  för  die  ungerechten 
Richter,  die  nicht  wußten,  was  sie  taten,  mit  der  Bitte,  die  Söhne 
auf  dem  Wege  der  Tugend  zu  erhalten,    und  mit  dem  gläubigen 
Vertrauen   auf  die  behütende  Gnade    der  Götter,    die  dem  Guten 
im  Leben  wie  im  Tode  nichts  Böses  gönnen,  klingt  die  Apologie 
aus.    l^Xla  yuQ  rjd^  wQa  ämipa^j   ifiol  fifiy  äno^'cwovikhfify 
vfAlv  di  ßiwffOfAiyo&g*  onorsQOi  di  i^fMulv  Sqxovtock  inl  aiistray 
fCQäyfiMf  adffloy  nayvl  nl^y  ^  tfS  &sä. 

Was  gewinnen  unsere  Schüler  nun  durch  das  Studium  der 
Apologie? 

Zunächst  lernen  sie  ein  wohlgegliedertes,  übersichtliches 
rhetorisches  Kunstwerk  im  reinsten  attischen  Dialekt  und  in 
meisterhafter  Diktion  kennen.  Es  zeigt  ihnen,  wie  man  seine 
-Gedanken  sachgemäß  zu  disponieren  und  stilgerecht  auszudrücken 
hat.  Schlagen  wir  das  nicht  gering  an!  Die  ezemplaria  graeca 
werfen  auch  für  das  Deutsche  einen  Gewinn  ab.  Wir  erteilen 
auch  im  Griechischen  deutschen  Unterrieht.  Sodann  erarbeiten 
sich  die  Schüler  allerlei  nützliche  und  angenehme  Kenntnisse. 
Sie  erfahren  bei  dieser  Gelegenheit  etwas  vom  attischen  Gerichts- 


▼  00  H.  B.  Maller.  597 

wesen  qnd  tun  einen  Blick  in  die  Zustinde  der  alheniachen  De^ 
jnokratie  ums  Jahr  400.  Nicht  zu  verachten  und  mannigfach  vi 
verwerten.  Wir  werden  ihnen  ferner  etwas  ober  die  vorsohra^ 
tische  Naturforachung  oder  vielmehr  Naturphilosophie  sagen  und 
ÜB  Über  Anaxagoras  belehren  mOssen.  Sie  erfahren,  wer  der 
t»ih€^konok6q  ifit  und  wie  dieser  dazu  kam,  dsn  Sokrates  in 
.den  „Wolken*'  zu  verspotten.  Die  Sophisten  sind  nach  ihrer 
iu»torischen  Stellung  und  ihrer  Bedeutung  für  das  griechische 
Geiatesleben  kurz  und  bündig  zu  charakterisieren.  Dabei  wird 
sich  herausstellen,  was  es  mit  dem  %6v  ^vtm  lojray  xqsiruo 
nohstv  auf  sich  hat  und  inwiefern  Sokrates  von  den  Sophisten 
lerschieden,  inwiefern  er  ihnen  ähnlich  isl^).  Das  ist  ein  kleines 
Stück  Geschichte  der  Philosophie;  freilich  nur  Einzelkenntnisae, 
ausgestreuten  Samenkörnern  vergleichbar,  aber  fermente  oog- 
Qitioois.  Endlich,  was  das  meiste:  dem  Primaner  tritt  hier  zu- 
erst eine  große  Persönlichkeit  wie  die  des  Sokrates  wirklich 
nahe,  und  zwar  nicht  in  mortis  carte mine  allein,  sondern  im 
schwersten  Konflikt  zweier  Prinzipien,  in  einem  welthbtorischen 
Moment.  Was  dort  zu  Athen  im  Jahre  ^9  geschah,  ist  seither 
öfter  geschehen  und  wird  auch  in  Zukunft  noch  geschehen:  der 
erleuchtete  Prophet  ood  Lehrer  scheitert  an  dem  Widerstand  der 
stumpfen  Welt.  Er  kennt  die  Gefahren  wohl,  aber  er  darf  nicht 
^hweigen;  denn  er  redet  im  Namen  Gottes,  der  ihn  gesandt  hat, 
und  er  opfert  sich  im  Dienste  seines  Gottes.  Il^UfOficu  äi 
jkällor  w  ^sc^  ^  viktp  spricht  Sokrates  zu  den  Geschworenen 
in  Athen  (Apologie  Kap.  17)  und  Tia^aQx^Xv  deZ  &§4i  näUov 
^  äy-^Qcinokg.  sprechen  Petrus  und  die  Apostel  vor  dem  Syne- 
drium  in  Jerusalem  (Apostelgeschichte  Kap.  4,  19.  5, 29).  Sie 
können  es  ja  nicht  lassen  zu  reden  von  dem,  was  sie  gehört  und 
-liesehen  haben  und  was  sie  wissen. 

Versuchen  wir  an  der  Hand  der  Apologie,  die  Persönlichheit 
des  Sokrates  dem  Verständnis  des  Sohölers  zu  erschliefien. 

Zum  erstenmal   in  seinem  Leben   steht  der  siebenzigjähcige 
.Mann  vor  Gericht    Der   erste  Satz,   den  er  spricht,   zeigt   seine 
.köstliche  Parrhesie  und  feine  Ironie.    Mit  überlegener  Ruhe  führt 
er  seine  Sache-    Die  Gegner  behandelt  er  fast  geringschätzig,  er 
epielt  mit  ihnen.    Es  wird  ihm  nicht  schwer,  durch  allerlei  Bei- 
spiele in  unvollständigen  Induktions-  und  Analogieschlüssen   dem 
Meletos  zu  beweisen,  dafi  er  sich  nie  eingehend  mit  Erziehungs- 
iragen   beschäftigt,   also   auch   über   die  Erzieher  und  Verderber 
der  Jugend  kein  Urteil  habe.    Dazu  kommt  der  indirekte  Beweis, 
daß  niemand  einem  andern  freiwillig  unrecht  tue,  weif  ihm  dann 
mit  gleicher  Münze    heimgezahlt   wurde;   lue  er  es   aber  unfrei- 
,  «illig,  so   gebühre   ihm   nicht   Strafe,    sondern  Belehrung.    Ein 

^)   Idi    erlaube    vir    «nf    Rudolf   Eacken,    Die    LebeaMDSchivoDgeD 
4ts  §rQfi«a  JQaiiker  S*  18 — 20  lo  vorwaison. 


598  PlatoD  im  hanaBistisehen  Gymnasiom, 

wenig  sophistisch  ist  auch  das  Verfahren,  wie  er  den  Gegner  dazo 
drängt,  die  Anklage  ovg  ^  niX^q  vofii^€$  d'sovg  zu  dem  naqa- 
nav  -d-eovg  ov  voiki^st  zu  erweitern,    und    ihm   dann  aus    dem 
hcBqa  di  xa^vä  da$(jk6yia  ettffjyovfisvo^  einen  Strick  dreht,    als 
spräche    er  das  Rätselwort:    Sokrates    glaubt   an   die  Götter  und 
glaubt  nicht  an  die  Gölter.    Gemeint   war  freilich  wohl,    was  er 
in  die  Anklage  hineinlegt.     Denn  leider  ist  es  eine  traurige  Wahr- 
heit :  von  jeher  haben  die  kirchlichen  Zionswächter  und  staatlichen 
Machthaber  die  Männer,    die  nicht   in  den    rezipierten  Glaubens- 
formeln und  autorisierten  Bräuchen  ihr  Genäge  fanden,  für  irre- 
ligiös und  ungläubig,  för  Atheisten  erklärt.   —  Nach  diesem  Ge- 
plänkel   folgen  die  Hauptargumente,   und    die  Abwehr   geht   bald 
xum  Angriff  über.     Sokrates    meint,    ihn   worden    nicht  Meletos 
und  Anytos,    sondern    die  froheren  Anfeindungen    und  Verleum- 
dungen stürzen.   Aber  er  werde  in  seinen  Bemühungen  fortfahren. 
Was   sollte   ihn   hindern?     Furcht   vor   Gefahr?    Ein    tüchtiger 
Mann  frage  bei   seinem  Tun   nicht  nach  Lebens-  und  Sterbens- 
gefahr, sondern  nur  nach  Recht  und  Unrecht.    Auch  die  Helden 
vor  Troja  und  der  herrlichste  von  allen,  Achilleus,  wußten  nichts 
von  Gefahr.    Der  Thetis    göttlicher  Sohn   zog  ein   kurzes  ruhm- 
volles Leben  einem  langen  ruhmlosen  Lehen  vor  und  wollte  nicht 
ein  hfinkov  &xd'og  oQovqfig   bei  den  Schiffen   sein.     Wie  dürfte 
ein  Mann,    der  gehorsam  seinem  Feldherrn  bei  Potidäa,    Arophi- 
polis  und  Delion  seinen  Platz  nicht  verliefi,  den  Posten  verlassen, 
auf  den  ihn  Gott  gestellt  hat!    Er  sollte  den  Tod  fürchten?  Das 
wäre  Unwissenheit  und  Feigheit  zugleich,  denn  wir  wissen  nicht, 
ob  der  Tod  ein  Obel  oder  ein  Gut  ist;  aber  das  wissen  wir,  daß 
es  schimpflich    und  schmachvoll    ist,   einem  Besseren,    sei  es  ein 
Mensch  oder  Gott,   ungehorsam    zu   sein.    Wo  einer   sich  selbst 
in  gutem  Glauben  hingestellt  hat   oder  von    einem  Höheren  hin- 
gestellt ist,    da  muß  er  ausharren  und    nichts  fürchten  als  allein 
die  Schande.     Der  heroische  Mann  will  lieber  hundertmal  sterben 
als  seinen  Beruf  aufgeben,    und    er  versichert,    auch    wenn   die 
Athener  ihn,  unter  der  Bedingung  jedoch  zu  schweigen,  freiließen, 
werde  er  fortfahren    in  dem  Bemühen,   die  Menschen    zu  prüfen 
und  aufzuklfiren,   zu  bessern  und  für  ihre  Seele  zu  sorgen.     Die 
höchsten  Güter  seien  Weisheit  und  Wahrheit.   Oix  ix  XQVf*^^ 
äg€T^  yiyvsta^^    äkX*  i^  OQBT^g  x^i^jt^ara    xal  %ä  aXXa  äjra&i 
voTg  aifd'Qfino^g  anavxa  xal  tSttf  xal  dijfjboaiif.     Wie  er  seine 
Tätigkeit  bezeichnet  als  v^v  %A  dsw  vnfiqBalay,  so  nennt  er  sieb 
selbst  ^  %ov  &SOV  dotftg,  die  schönste  Gabe,  die  Gott  dem  Volke 
beschert   habe.    Töten   sie  ihren  besten  Freund  und  Berater,  so 
haben   sie   keinen    andern   zu    erwarten.     Sie   bedürfen  wie  ein 
edles  aber  schwerßillig  und  träge  gewordenes  Pferd  des  StachelSr 
und  fehlt  der  Treiber,    der  sie  spornt   und    weckt,   so  versinken 
sie  in  dumpfen  Schlaf.     Um  ihretwillen  ist  er  arm  geworden,  um 
seiner  göttlichen  Mission  nachgehen  zu  können,  hat  er  Haus  und 


▼on  H.  F.  Maller.  599 

Hof,  Weib  und  Rind  vernachlässigt  und  lebt  in  tausendfacher 
Armut.  Zeugt  dieser  Gehorsam  gegen  Gottes  Gebot  und  Berufung 
▼on  Unfrömmigkeit  und  Atheismus?  Ein  schlimmes  Zeichen  för 
die  Athener,  daß  sie  einen  so  frommen  und  gerechten  Menschea 
nicht  einmal  privatim,  geschweige  denn  im  öffentlichen  Leben 
ertragen  können.  So  verrottet  sind  die  politischen  und  sozialea 
Verhältnisse.  Das  dem  souveränen  Volke  ins  Gesicht  zu  sagen, 
dazu  gehörte  Mut,  der  Mut  eines  guten  Gewissens  und  der  Stolz 
eines  Mannes,  der  sich  als  den  größten  Wohltäter  seiner  Mit- 
bürger fuhlL  Mögen  sie  stimmen,  wie  sie  wollen,  aber  nicht 
verlangen,  daß  er  dem  Guten,  Gerechten  und  Heiligen  untreu 
werde.  Menschen  können  ihm  nicht  schaden,  am  wenigsten 
solche  wie  Melelos  und  Genossen.  Ruhig  und  gottergeben  er- 
wartet er  den  Spruch  der  Richter:  xal  vfAtr  inixqimo  xal  T«3f 
S^sa  xQtyai  negl  ifAOV  onfi  fAiXXs^  ifjboi  t«  oQKfva  slvai  nal 
v^Xv.  Als  das  Urteil  gesprochen  ist,  erörtert  er  in  aller  Ruhe 
md  nicht  ohne  einen  Anflug  von  Ironie,  welchen  Gegenantrag  er 
etwa  stellen  könne.  Im  besondern  betont  er,  daß  ein  Antrag 
auf  Verbannung  für  ihn  unmöglich  sei.  Denn  auch  dort  werde 
er  von  seiner  Art  nicht  lassen :  o  yccg  äys^itaffjog  ßioq  ov 
ßimrog  av^qfinm.  Ebenso  unerschütterlich  vernimmt  er  die 
Verkündigung  des  Todesurteils.  Er  weissagt  den  ungerechten 
Richtern,  sie  würden  sich  durch  die  Hinrichtung  seiner  doch 
nicht  entledigen.  Denn  es  würden  andere  Mahner  und  Tadler 
auftreten  und  diese  ihnen  um  so  lästiger  fallen,  je  jünger  sie 
wären.  Die  beste  und  leichteste  Art,  sich  vor  unangenehmen 
Vorwürfen  zu  bewahren,  sei,  die  Wirksamkeit  der  andern  nicht 
zu  verstümmeln  und  für  das  eigene  Beste  durch  Tugend  und 
Gerechtigkeit  zu  sorgen.  Den  gerechten  Richtern  gegenüber  aber 
begründet  Sokrates  seine  Hoffnung  auf  eine  selige  Unsterblichkeit. 
Er  erhebt  sich  zu  visionärem  Schauen,  und  ohne  rednerischen 
Schwung  und  Prunk,  allein  durch  seine  Glaubenszuversicht  und 
Geistesstärke  trägt  er  uns  zu  den  lichten  Höhen  eines  himmlischen 
Reiches  empor. 

Die  Apologie  ist  eine  tapfere  Verteidigungsrede,  das  männ- 
lichste Buch,  das  je  geschrieben  worden  ist.  Hier  redet  in  Wahr- 
heit ein  TstQoymvog  dv^Q,  und  ein  großer  Schriftsteller  legt  ihm 
die  Worte  in  den  Mund.  Ein  begeisterter  Schüler  hat  hinter 
der  Silenmaske  das  strahlende  Götterbild  des  Lehrers  erschaut 
und  mit  Meisterhand  enthüllt.  Wem  für  die  Schönheit  dieses 
Bildes  der  Sinn  fehlt,  wer  sich  durch  den  edlen  Stolz  dieses 
festen  Herzens  und  starken  Geistes  nicht  angezogen  fühlt,  dem 
ist  nicht  zu  helfen.  Die  Jugend  läßt  sich  wohl  dafür  begeistern, 
nur  predige  man  nicht,  sondern  lasse  die  Worte  Piatons  und 
still  die  Sache  wirken. 

Indessen  bedürfen  noch  zwei  Punkte  der  Erläuterung:  das 
sokratische  Nichtwissen  und  das  Daimonion. 


SOO  Piaton  im  hna^ma^aistfisohen  Gymoasium, 

Der  dielphteche  Gott   hatte   den  Sokrates    för  den  weisesten 
aller  Menschen    erklirt.     Dies   legte  sich   jener  so    aurecht:    die 
meisten'  Menschen    bildeten   sich   bloß  ein,   etwas  zu  wissen,    er 
dagegen,  wie  er  denn  nichts  wisse,  glauhe  auch  nicht  zu  wissen, 
was   er   nicht    wisse.     Natürlich    hat  Sokrates   die  empirische 
Kenntnis  der  Dinge,   aber  er  will  das  Wesen,  zi  eiif  i*a(i%ov 
t:^  ovtmv  erkennen.     Nur  eine   solche  Erkenntnis  verdient  den 
Namen  des  Wissens,  und  dieses  Wissen  kommt  nur  da  zustande, 
wo  der   das  einzelne    unter    sich   befassende,    mit  Notwendigkeit 
nnd  strenger  Allgemeinheit  geltende  Begriff  der  Sache,  das  „Gesetx 
der  Gesetzlichkeit'*  (Natorp)  gefunden  wird.     Wo  ein  solcher  Be- 
grifT  fehlt,    da  treibt    die   aAtoyog  vq^ßii  (Aristoteles)    ihr  Wesen. 
Wohl  versteht  der  Handwerker  einen  Schuh  zu  machen  und  der 
Politiker  einen  Staat  zu  regieren^   aber    eine  wissenschaftlich  be* 
gründete    und  denknotwendige  Einsicht    in    ihre  Tätigkeit  haben 
sie  nicht.    Auch   die  Dichter  wissen   buchstäblich  nicht,    was  sie 
tun;    sie  schaffen   ihre  Werke   kraft   gem'aler  Begabung    und  im 
Enthusiasmus  {ov  fsotpiq  AXXa  {pvask  rtfpl  xal  h^&ovc^^oyisg). 
Gott  sei  Dank,  möchten  wir  auarufeuw     Wir  erschrecken  fast  vor 
diesem  Begriffsfanatismus.     Dennoch    milssen  wir   diesem  Ratio- 
nalisten und  Verstandesfanatiker  den  Ruhm  lassen,  daß  er  zuerst 
zwischen    Form    und    Materie    des    Wissens    (Schleiermacher) 
unterschieden    und    durdi    eine   „ganz    neue  Besinnung    auf  die 
Form    des    Wissens'*   eine   kritische    Prüfung   des   vorliegenden« 
geltenden  Wissens   an  den    formalen  Erfordernissen   des  wahren 
Wissens    angebahnt    und    konsequent    durchgeführt    hat.  .  ,fDas 
Formale  des  Erkennens  gelangte  auf  diesem  Wege  zuerst  zu 
reiner  Ablösung.    Daher  hat  die  Entwickelung  des  logischen  Be- 
wußtseins,  d.  h.    des    Wissenschaftsbewußtseins,    seiner 
Form  nach,    von  Sokrates  den   für  immer  entscheidenden  An- 
stoß   erbalten.     Man    muß    die   Trias    Sokrates-Plato-Aristoteles 
würdigen  als  die  Geburt  des  Geistes  und  der  Form  abendländischer 
Wissenschaft''^).     Beiläufig,    ist  es   nicht   äußerst  wertvoll,    dem 
Schüler    diesen   Begriff   der  Wissenschaft    klar    und    deutlich    zu 
machen?    loh  sehe    darin    ein  gutes  Stück   philosophischer  Pro- 
pädeutik.    Aber    weiter.     Des  Sokrates    Bestreben,    zum    wahren 
Wissen    vorzudringen,     hatte    zunächst    nur    negativen    Erfolg. 
Aristoteles    zwar    billigt   ihm  zweierlei   zu:    rov^  vs  htoKV^xovg 
Xoyovg  xal  ro  oqi^ead'ai  xa&oXov.    Aber  so  stark  Sokrates  im 
i^stüCeiv  und  ilfyx^^"^  ^^r«    nnit  der  Induktion  haperte   es  und 
mit    den    Definitionen    hatte    es    gute    Wege.      Nicht    nur    auf 
logischem,  auch  auf  ethischem  Gebiete  begegnen  wir  dem  Nicht- 
wissen.   Ist  es  denn  aber    nicht  genug,   zuerst   das  Ziel  erkannt 


^)  Panl  Natorp,  Piatos  Ideeolehre  S.  8.  feb  zitiere  dieses  aoage« 
zeichnete  Buch  wiederholt,  am  die  Leser  tu  einen  kritischen  Stadian  des- 
selben aDznregen. 


von  H.  F.  Maller.  601 

HDd  dOD  Weg  zam  Ziele  beBchritten  zu  haben?  Und  davon  war 
Sofcnus  im  Gegensatz  zu  den  Sophisten,  ihrem  Relativismus  und 
SabjekliYiamus,    felsenfest    überzeugt,    daß    es    unabhängig    von 
unaerer  WiUkQr  allgemein  gältige  Wahrheiten  gebe,  wissenschaft- 
liche und  sittliche  WahrbeileB,    die  h6her   als   allea  Meinen    und 
Mögen    den  Menschen   im  Denken   wie   im  Handeln    binden  und 
Terpfliohten.    ,,Zwar  was  suletzt  das  Gute  sei,  weiß  Sokrates  uns 
nicht  ixx  sagen;   aber  daß   es  unbedingt   des  Menschen  Heil  ist, 
daß  gegen   die   bediogungsloee  Forderung    der   Gesetzliche 
keit  keine  KlogheitserwSgttng  aufkommen  darf,  daß  diesem  Einen 
alles  andere,   das  „Leben*'  mit  allem,   was  es  bieten  mag,   auch 
4ie  Hoffnung  eines  andern  Lebens,  willig  zu  opfern  ist,   das  tritt 
in  der  Apologie   und  dem  zugehörigen    kleinen   Dialog  Krito  er- 
haben genng,  und  wahrlich  nicht  bloß  redneriach  wirksam,    her- 
aus.   Dieser  Gegensatz  ist  dem  Sokratea  bestimmt  bewußt  als  der 
•dee  Seelischen  und  LeiMichen,   des  Selbst    und  dessen,    was  nur 
des  Seibat    (va  iovroS)  ist     Wir  erkennen    darin  den  Hinweis 
anf  das  praktische  Selbatbewnfltsein   als  den  Quell    des  Wissens, 
in  dem  das  Sittliche  beruhe.    Aub  Bewußtsein    kommt  alles  an: 
auf  die  Besinnung  (^oi^fcr«^),  Wahrheit  (aX^^Ma)  und,  da<r 
mit  gleichbedeutend,  anf  die  Seele,   daß  sie  so  gnt  als  möglich 
sei.     „Seele**  wird  hier  fbst  identisch   mit  Begriff  und  Wahrheit, 
weil  mit  Bewußtsein.     Die  Einheit  des  praktischen  Bewußtseins 
zu  wahren,  daran  hängt  alles  fdr  den  Mcmschen,  darum  hat  man 
au  allererst  und  zu  allermeiat   zu   aorgen.    Das  heißt  um  „sich** 
aorgen  mehr  ala  «m  „das  Seine**.  In  diesem  Punkte  ist  Sokrates 
CO  poaitav  wie  nur  denkbar.     Aber  diese  Poaitivitit  ist  allerdings 
mir  die  einer  Forderung,  und  darum,  bleibt  Sokrates  dabei,   daß 
sie    ein  Wissen«   mne   abgeschlossene   Erkenntnis    nicht   aei.   — 
Deu^ch  scbimm^t   durch  die  Platonische  Daretellung  der  uber- 
empirisohe  Charakter  des  Sittlichen  durch.   Und  darin  liegt  endlich 
der  Zusammenhang  der  Sokratischen  Ethik  mit  einer  höchst  gOf 
reinigten,   auaschließlich  auf  sittlichen  Grund   gestellten  Religion, 
„ich  glaube  an  Götter  wie  keiner  meiner  Ankläger**,  darf  Sokrates 
«rkliren.     Nimlich  er   glaubt  an  die  Gottheit  ala  den  Ausdruck 
läf  die  Realäit  des  Sittlicheo,   für  die  warm   und  stark  von  ihm 
ausgesprochene  Oberzeugnng,  daß  dem  Guten  niemand  und  nichts 
schaden    kann  weder   in  diesem  Leben    noch   in  einem    andern, 
w«nn   es   eines   gibt:    Gott  wird    den  Gerechten    nicht  verlassen. 
Eine  positivere,  eine  praktisch  wirksamere  Ethik  als  diese  g|bt  es 
»cht**   (Natorp  a.  a.  0.  8.  8  und  9).    Ich  habe  Natorp  das    Wort 
gegeben,  um  zur  Vergleichung  mit  meiner  Darstellung  aufzufordern 
und  um   einige  Bedenken   anzuknöpfen.     Daß   man    dem    Guten 
^aoch  die  Hoffnung  eines  andern  Lebens**  opfern  müsse,  lese  ich 
ans  der  Apologie   nicht   heraus.     Gewiß    muß   man   unier  allen 
Umständen   md   unbedingt   das  Gute   tun,   auch   wenn  es  kein 
«wiges  Leben  geben  sollte:   so    fordert   es  tapfer    und   mannhaft 


£02  Platon  im  hnmaoistisehen  Gymnasinm, 

unser  Sokrates;  aber  ich  habe  je  länger  desto  besümmter  den 
Eindruck,  dafi  Sokrates  für  seine  Person  an  die  Unsterblichkeit 
der  Seele  glaubt  und  auf  ein  anderes  Leben  hofft.  „Seele"'  wäre 
„fast  identisch  mit  Begriff  und  Wahrheit,  weil  mit  Bewußtsein''? 
Ich  finde  das  in  den  herangezogenen  Beweisstellen  Ap.  29  E, 
Kriton  47  E,  Prot.  313  A,  Men.  88  C  beim  besten  Willen  nicht. 
Keine  Seele  ohne  Bewußtsein,  kein  Bewußtsein  ohne  Seele.  Aber 
der  Schluß :  Bewußtsein  »=  Begriff  =  Wahrheit  =  Seele  will  mir 
nicht  einleuchten.  In  dem  Satze  der  Apologie:  ipQoyijiXsag 
di  xal  dl^&elag  xai  xi^g  ^^x^g  onmg  mg  ßeixiczfi  itfva^  ov* 
intfAeXsTj  gehören  fpqovfiatg  und  äl^&€$a  allerdings  eng  zu- 
sammen, aber  das  xal  vor  (dem  proleptischen)  yjvx^g  muß  man 
doch  wohl  durch  „und  überhaupt^'  (abschließend  und  zusammen* 
fassend)  übersetzen.  Im  Krilon  steht  ixstpo^  negl  S  ^  %9 
ddixta  xal  17  dixa^ofsivfi^  für  die  Seele.  Nach  dem  Protagoras 
liegt  es  in  der  Seele  ndina  %ä  aä  ii  ^  ^  xaxmg  nQa%TB$Vj 
und  nach  dem  Menon  ist  die  ägsv^  (s=  q^goy^a^g)  %mv  iy  t§ 
tpvxfi  T».  Die  Seele  ist  eben  eine  Substanz.  Ebenso  frage  ich 
zweifelnd:  wenn  durch  die  platonische  Darstellung  der  »«öber- 
empirische  Charakter  des  Sittlichen"  deutlich  schimmert,  wird 
dann  die  Religion  ausschließlich  auf  sittlichen  Grund  gestellt  und 
nicht  vielmehr  die  Sittlichkeit  auf  religiösen  Grund?  Ist  der 
Glaube  an  die  Gottheit  nur  der  „Ausdruck"  und  nicht  Tielmehr 
der  Grund   für  die  Realität  des  Sittlichen? 

Endlich  das  &€X6y  t*  xal  da&fAOPtov^  das  den  Auslegern  so 
viel  Skrupel  gemacht  hat  Ich  sehe  darin  lediglich  einen  zu- 
sammenfassenden Ausdruck  für  alles  Göttliche,  was  die  Brust  des 
einzigen  Mannes  erfüllte.  Seine  Seele  lebte  und  webte  in  einer 
höheren  Welt,  der  Gedanke  an  die  Gottheit  beschäftigte  ihn  früh 
und  spät.  Im  Dienste  seines  Gottes  —  ich  sage  absichtlich 
„seines"  Gottes,  denn  im  Grunde  hat  jeder  seinen  eigenen  Gott, 
ohne  dogmatische  Formulierung  —  also  im  Dienste  seines  Gottes 
verzehrte  er  sich,  und  es  war  in  seinem  Munde  keine  leere 
Redensart,  daß  er  eine  göttliche  Mission  an  sein  Volk  habe.  Einer 
besonderen  Erinnerung,  ausdrücklicher  Gebote  und  Verbote  be- 
durfte es  für  gewöhnlich  nicht  für  einen  Mann,  dessen  Geist  von 
göttlichem  Geiste  getrieben  wurde;  aber  in  außergewöhnlichen 
Fällen  und  gefährlichen  Krisen,  da  meldete  sich  die  Stimme,  f 
äel  änoTQinctf  ngarginst  di  ovnoTS.  Wo  kein  Zweifel  ob-* 
wallet  und  keine  Frage  gestellt  wird,  da  erfolgt  auch  keine  Ant* 
wort ;  wo  aber  gezweifelt  und  gefragt  wird,  da  ertönt  die  Stimme 
und  warnt  vor  dem  Fehltritt. 

Kriton. 

Zur  Apologie  gehört  als  das  Siegel  der  Bestätigung  der 
Kriton.  Das  Gespräch  beginnt  sehr  stimmungsvoll.  In  früher 
Morgenstunde    besucht  der  getreue  Kriton   den  Sokrates   im  Ge* 


von  H.  F.  Malier.  603 

liDgnis.  Er  steht  schweigend  an  dem  Lager  des  geliebten  Lehrers 
und  wagt  nicht  ihn  zu  wecken,  da  er  so  gar  sanft  und  sö£ 
schlummert.  Immer  wieder  muB  er  den  Freund  bewundern  und 
glücklich  preisen,  der  dem  drohenden  Verhängnis  so  ungebeugt 
und  heiter  entgegengeht.  Ist  er  doch  gekommen  um  zu  melden, 
daß  das  heilige  Schiff  noch  heute  von  Delos  her  eintreffen  wird, 
also  morgen  die  Todesstunde  schlägt.  Nein,  erwidert  Sokrates, 
sieht  morgen,  sondern  erst  übermorgen.  Denn  eine  schöne  weiß- 
gekleidete Frau  hat  ihm  in  einem  Traumgesicht  verkündet: 
ijikcni  %sv  rQivdrm  O&ifjv  iqißduXov  fxoto.  So  ändert  er  leise 
die  Worte  des  Achilleus  ll.'IX  363  und  deutet  sie  auf  seine 
Heimat.  Der  Tod  ist  für  ihn  ein  Nachhausekommen,  eine 
Heimfahrt  Wer  hierbei  in  der  Klasse  keine  überraschten  Ge- 
sichter und  leuchtenden  Augen  gesehen  hat,  versteht  sein  Hand- 
werk nicht. 

Nach  diesem  Prolog  setzt  die  Handlung  des  kleinen  Dramas 
ein,  das  in  drei  Akten  verläuft. 

L  Kritonals  ay(ay$(fTijg  vertritt  die  unphilosophische  Ansicht 
praktischer  Lebensklngheit. 

a)  Rette  dich,  du  kannst  es  mit  Leichtigkeit,  und  nimm 
Rücksicht  auf  die  Meinung  der  Menschen,  die  es  uns  nie 
▼erzeihen  wird,  daß  wir  dich  aus  Trägheit  oder  gar  Geiz 
nicht  gerettet  haben. 

b)  Gefahr  laufen  wir  kaum  dabei,  Geld  haben  wir  in  Menge, 
und  die  Sykophanten  sind /billig. 

c)  Du  mußt  dich  retten  um  deinetwillen,  denn  du  darfst 
dir  aus  fireien  Stücken  nicht  antun,  was  die  Feinde  dir 
antun  wollen;  um  deiner  Kinder  willen,  denn  du  hast  die 
Pflicht,  für  ihre  Erhaltung  und  Erziehung  zu  sorgen;  um 
unsertwillen,  denn  du  darfst  uns  durch  deine  Weigerung 
nicht  mit  ewiger  Schande  belasten.  liXlä  ßovlevoVf 
H&IlXov  di  ovdi  ßovksvsüd'ai  ht  fSga,  äild  ßsßov- 
Xsvif&M.  (äia  di  ßovX^'  T^g  jrdo  in^ovavig  yvxtog 
navja  rccvta  det  nsTTgöx^cc^.  et  o4  r»  TXBq^fievoviuVy 
advvceroy  xal  ovuir^  otdy  r«.     äiXa  nav%l  tgöntp,    cS 

'    Stixgcnsg,  ftst&ov  /uo*  xal  fjbtjdafAwg  alXatg  noh^» 
U.  Sokrates    als  wvccymvKfTijg    vertritt    die    philosophische 
Ansicht  weiser  Lebensführung. 

a)  Nicht  alle  Meinungen  der  Menschen  sind  zu  berücksichtigen, 
sondern  nur  die  der  verständigen  und  weisen. 

b)  Oberall  sonst  hört  und  beachtet  man  nur  den  Sachver- 
ständigen. 

c)  Diesen  wird  man  erst  recht  da  befragen,  wo  es  sich  um 
die  Seele,  um  Gerechtigkeit  und  Ungerechtigkeit  handelt, 
nicht  aber  die  blöde  Slasse,  wenn  sie  uns  auch  zu  töten 
vermag.  Denn  nicht  auf  das  Leben  kommt  es  an,  sondern 
auf  das  av  £^v,  d.  h.  das  xaXäg  xai  dixaiwg  l^^y. 


^04  Piaton  im  hnmattistischtfii  Gymaasiimiy 

IH.    Die  Xvtfig   der   nXox^,  ^urch  üatersuchoDg  der  Fraig^ 
ob  68  recht  oder  unrecht  sei  zu  fliehen. 

a)  Wir  dürfen  freiwillig  auf  keine  Weise  unjoecht  tun  {ait^ 
ncXy)^  also  auch  nicht  ein  Unrecht  gegen  das  andere 
setzen  (cnm^xdnisiy)^  nicht  Böses  mit  Bösem  vergelten. 
Vielmehr  müssen  wir  bei  dem  einmal  als  recht  Erkannten 
unverfornchlich  bleiben.     Daraus  folgt, 

b)  daß  wir  dem  Staate  nicht  Unrecht  mit  Unrecht  lohnen 
und  den  von  uns  anerkannten  Gesetzen  den  Gehorsam 
nicht  aufkündigen  dürfen.  Dies  um  so  wenigejr«  als  wir 
den  Gesetzen  nicht  neben-,  sondern  untergieordnet  sind 
und  nicbt  die  gleiche  Rechts-  und  Uachtsphäre  haben. 
Den  Gesetzen  ungehorsam  sein  heißt  die  ataatliche  Ordr 
nung  umstürzen.  Wie  aber  sollten  wir  uns  dessen  er- 
kühnen, da  uns  der  Staat  mit  seinen  Gesetzen  unzählige 
Wohltaten  von  Jugend  auf  erwiesen  hat!  Am  aller- 
wenigsten darf  ein  Sokrates  solchen  Frevel  begeben. 
Denn  er  hat  siebenzig  J[ahre  lang  alle  diese  Wohltaten 
genossen,  und  es  gefiel  ihm  nirgend  besser  als  in  der 
geliebten  Vaterstadt. 

c)  Wem  würde  ich  denn  durch  meine  Flucht  nützen? 
Meinen  Freunden?  Es  ist  doch  klar,  daß  sie  bestraft 
werden  und  entweder  ihr  Vermögen  oder  durch  Ver- 
bannung ihr  Vaterland  verlieren.  Oder  mir  selbst? 
Komme  ich  nach  Theben  oder  Megara.  oder  andern  wohl- 
regierten Städten,  so  werden  sie  mich  mit  feindseligen 
und  grimmigen  Blicken  als  einen  gefährlichen  Menschen 
betrachten.  Mit  Recht«  Denn  wer  die  Gesetze  verletzt, 
verdirbt  auch  die  Jugend.  Und  weleh  eine  llcherliche 
Figur  macht  ein  Gesetzes  Verächter,  der  von  Tugend  und 
Gerechtigkeit  predigt!  Ich  alter  Mensch  soll  wohl  gar 
als  entlaufener  Sklav,  etwa  in  Thessalien  bei  den  Freunden 
des  Kriton,  an  den  Tischen  der  Reichen  parasitisch 
schmausen?  Aber  ich  will  meiner  Söhne  wegen  leben. 
Wie  denn?  Nehme  ich  sie  mit  mir  ins  Elend,  so  werden 
sie  dort  mit  mir  verderben.  Lasse^  ich  sie  hier  zurück, 
so  werden  meine  Freunde  vermutlich  ebenao  gut  für  sie 
sorgen,  wenn  ich  in  den  Hades,  als  i^'ienn  ich  in  ein 
fremdes  Land  auswandere.  Also  mit  allen  diesen  Gründen 
ist  es  nicbU. 

Darum  will  ich  die  Gesetze  nicht  übertreten  noch  ver- 
achten,  damit  mich   ihre  Brüder   im  Hades   gnädig  auf- 
nehmen.  Nicht  die  Gesetze,  sondern  die  Menschen  haben 
mir  unrecht  getan. 
Diesen  Epilog   sprechen   wie   die  V4>rhergehande  Schutzrede 
die  Gesetze  selbst,  und  es  wird  nicht  vieler  Worte  bedürfen,  um 
die  Schüler  davon  zu  überzeugen,  wie  ganz  außerordeollich  dieser 


Ton  H.  F.  Mir  Der.  605 

meisterhafte  rhetorische  KunstgrifT  die  Wirkung  steigert.  Nur 
karz  aber  nachdrücklich  braucht  auf  den  Grundsatz,  den  die 
Geselle  yertreten,  'hingewiesen  'Zu  werden:  ovx  iti<fov  troi  rö  dl- 
wz$oy  fud  ^|i*lv,  ein  Grondsalz,  der  auch  för  das  Verhäitnis  von 
Eltern  und  Kindern,  Herren  und  Knechten  u.  s.  w.  gilt.  Gehorsam 
den  Gesetzen,  Gehorsam  der  Obrigbeit,  auch  wenn  wir  unrecht 
leiden.  Mögen  wir  sie  eines  bessern  belehren  und  unser  Recht 
suchen,  empören  dürfen  wir  uns  nicht.  Welch  ein  hoher  und 
reiner  Patriotismas  aus  dem  gesamten  Verhalten  des  Sokrates 
hsrrorleaebtet,  wird  die  Jugend  mit  Freuden  inne,  wenn  sie 
einen  Satz  wie  diesen  liest:  ^  ovtag  el  trotpog,  Aüxb  XiXfi&iy 
(SB  oTk  fMffvQog  TS  xal  ncn^g  xal  t(Sv  aXXonv  nqoyovtov  andv- 
wv  %^fk^mBQ6v  ia%$y  17  natQig  xal  ts$ikv6xsqoy  xal  aymtsqov 
xal  iv  f^BKovk  ftoiQqi  xal  naqa  S'fOTg  xal  naf^  dv&Q<iino&g 
"folg  vovv  S%ov(S$  X.  %.%.  51  B.  Doppeltes  Gewicht  aber  haben 
solche  Worte,  wenn  der  Mann,  der  sie  spricht,  sie  im  'Leben  be- 
währt und  durch  den  Tod  besiegelt. 


II. 

Protagoras. 

Der  Lehrer  wird,  denke  ich  mir,  den  ganzen  Protagoras 
nach  Form  und  Inhalt  durcharbeiten,  bevor  er  ihn  mit  den 
Sehülem  zu  lesen  kegnant.  Denn  nur  wenn  er  das  Ganze  yor 
Augen  nad  im  Herzen  bat,  wird  er  das  Einzelne  hinlänglich  zu 
erklären  imstande  sein.  Welehes  aber  ist  das  Ganze,  Zweck  und 
Ziel  des  Dialogs? 

Um  Erziehungs-  und  Büdungsfiragen  wird  gestritten.  Die 
Sophisten  sind  nicht  die  rechten  Bildner  und  Erzrefaer  der  Jugend; 
Sehritt  Tor  Schritt  enthüllen  sie  ihre  Unföhigkeit  und  bringen 
sich  selbst  zu  Falle.  Sie  wissen  ihre  eigene  Voraussetzung,  die 
Lebrbarkeit  der  Tugend,  nicht  zu  begründen,  noeh  sind  sie  sich 
über  die  Tugend,  ihre  Einheit  und  Vielheit,  klar.  Es  fehlt  ihnen 
an  der  wissenscfaaftlicken  Methode,  dem  Xoyov  dovva^  xal  di- 
iaadnk,  und  so  ist  ihr  Treiben  ein  aXoyov  nqccy^a, 

DaTon  sage  ich  anfangs  meinen  Schülern  natürlich  nichts, 
schon  darum  nicht,  weil  die  jungen  Leute  nur  allzu  geneigt  sind, 
Wisseascbaftliche  Sätze  wie  gangbare  Münzen,  die  man  einnimmt 
und  ausgibt,  zu  betrachten;  sie  bedenken  nicht,  daß  wissenschaft- 
liche Wahrheilen  erst  dann  den  echten  Wert  haben,  wenn  sie 
dnreh  eigene  Kraft  erarbeitet  snid.  Erarbeitet,  nicht  diktiert  soll 
auch  die  Dispesition  des  Ganzen  werden.  Das  ist  bei  unserm 
Dialog  nicht  eben  schwer  und  wird  noch  erleichtert  durch  die 
Druckeinrichtung  der  Ausgabe  von  Hans  Petersen  (Berlin,  Weid- 
maonsdie  Bncbiiandlung),  die  ich  in  den  Händen  der  Schüler 
wünsche,  weil  sie  durch  eine  genaue  Erklärung  des  Grammatischen 


j606  PlatOB  im  hamaoistisehea  Gymnasium, 

und  Übersetziingsbilfen  ein  schnelleres  Lesen  und  tieferes  Ein-* 
gehen  auf  den  Inhalt  ermöglicht.  —  Von  einer  literarhistorischen 
Einleitung  sehe  ich  ebenso  ab  wie  von  einer  Abhandlung  über 
die  Sophistik.  Die  Sophisten  charakterisieren  sich  im  Laufe  des 
Gesprächs  selber  hinlänglich,  und  es  wird  sich  Gelegenheit  fiaden, 
Piatons  Schilderungen  zu  ergänzen  und  zu  berichtigen.  HeB-- 
gleichen  sage  ich  im  voraus  kein  Wort  Yon  der  schriftstellerischen 
Größe  Piatons  und  seiner  Darstellungskunst.  Der  schalkhafte 
Humor  und  die  sprudelnde  Laune,  die  abgerundete  Komposition 
und  feine  Diktion,  der  dramatische  Aufbau,  kurz  der  reiche  könst* 
lerische  Schmuck:  dies  alles  drängt  sich  dem  aufmerksamen  und 
empfänglichen  Leser  ohne  weiteres  auf,  der  Lehrer  braucht  nur 
ein  wenig  nachzuhelfen.  Die  Form  scheint  den  Inhalt  zu  über- 
wiegen, und  manche  Ausleger  haben  gemeint,  der  ethische  und 
dialektische  Gewinn,  die  „reale  Ausbeute^'  sei  verhältnismäßig  gering. 
Wir  werden  sehen. 


Das  erste  Kapitel  ist  von  bestechendem  Reiz.  Lebhaft  setzt 
der  Hetairos,  dem  Sokrates  das  Gespräch  wiedererzählen  soll,  ein 
mit  der  Frage:  /Zo^cy,  (S  2tixQa%€g,  (paivsr,  ^  d^Xa  S^  or» 
ano  9tvv7iYB(Siov  %ov  neql  T^y*Ak*tß$ädov  Jiqav;  Da  haben  wir 
gleich  einen  prägnanten  Zug  im  Bilde  des  Sokrates.  Er  jagt 
dem  schönen  Jüngling  nach»  nicht  aus  Fleischeslust,  sondern  in 
dem  leidenschafilichen  Verlangen,  den  Wissenstrieb  in  seine  Seele 
zu  pflanzen.  Das  griechische  iqnag^  hier  zu  erklären,  sagt  alles. 
Und  nun  das  zweite.  Sokrates  hat  selbst  des  Alkibiades  über 
dem  großen  Ereignis  vergessen:  Protagoras  ist  hier,  und  er  hat 
mit  ihm  ein  langes  Gespräch  gehabt     „Erzähle  doch!'' 

Die  folgende  Partie  mag  man,  in  Anbetracht  des  drama- 
tischen Baues,  von  310 — 314  C  Prolog,  und  von  da  bis  316  A 
Parodos  nennen,  aber  sonst  künstle  man  mit  den  Teilen  der 
Tragödie  nicht. 

Des  jungen  Hippokrates  Eifer  und  Aufregung  wird  uns  er- 
frischen, und  mit  ihm  wollen  wir  uns  von  Sokrates  gern  belehren 
lassen,  daß  wir  uns  bei  aller  Wißbegier  nicht  an  vagen  Vor- 
stellungen zu  begnügen,  sondern  stets  zu  fragen  haben  nach  dem 
tI  iattp  ixa(ftov,  dem  Begriff.  Wir  halten  eine  kleine  dialek- 
tische Übung  ab.  Analogie,  Induktion  und  das  Entbymem  (313A) 
mit  dem  Schluß  a  minore  {aäfia)  ad  maius  {tpvxij)  kommen  zur 
Sprache.  Im  Vorbeigeben  achten  vrir  auf  den  Unterschied  des 
Lernens  inl  v^x^fi  und  inl  nahdeiq.  Ohne  zu  moralisieren 
oder  zu  predigen  dürfen  wir  auch  daraufhinweisen,  wie  gefährlich 
es  ist,  einem  Großhändler  oder  Krämer  unbesehens  seine  Seele 
zu  verpfänden.  Was  einmal  Verderbliches  in  die  Seele  aufge- 
nommen ist,  läßt  sich  nicht  wie  der  Schmutz  mit  einem 
Schwamm  wegwischen.  Darum,  liebe  Jugend,  hüte  Ohren  und  Augen! 


TOI  H.  F.  Müller.  607 

Vier  Gänge  sind  es,  die  Sokrates  und  Protagoras  miteinander 
machen.  Die  Gespräche  sollen  uns  zu  GemOte  föhrent  dafi  nicht 
die  Sophistik,  so  glänzend  und  geistreich  ihre  Künste  sein  mögen, 
sondern  allein  die  sokratische  Dialektik,  das  loyoy  dovvak  %al 
Siiac&ak^  wirkliche  Einsicht  und  Erkenntnis  zu  erzeugen  vermag. 
Was  davor  und  dazwischen  liegt,  dient  neben  der  Charakteristik 
und  Schilderung  demselben  Zwecke.  Es  soll  uns  eben  deutlich 
werden,  daß  nicht  der  Sophist,  sondern  der  Dialektiker  zum 
Tugendlehrer  berufen  ist. 

In  der  Ouvertüre  spielt  der  Humor  die  Hauptstimme,  doch 
klingt  ein  wenig  Bosheit  mit  darein.  Wie  der  Koryphaios  im 
Chor,  ja  wie  ein  Forst  schreitet  Protagoras  mit  seinem  Gefolge 
daher,  das  ihn  ehrerbietig  umgibt  und  bei  jeder  Wendung  ein- 
schwenkend ihm  aufmerksam  zur  Seite  geht.  Toy  di  fjtev* 
ftceyof^ca^  nämlich  den  Hippias,  xal  fjkip  d^  xai  TovtclXov  ye 
it(f€Xdoy^  nämlich  den  kranken  Prodikos:  wie  die  Schalten  aus 
der  Scheinwelt  des  Hades  werden  die  Sophisten  mit  Worten  der 
homerischea  Nekyia  beschworen.  Das  ganze  gebildete  und  vor- 
nehme Athen  ist  im  Hause  des  reichen  Kallias  versammelt,  selbst 
die  Speisekammer  moBte,  um  Platz  zu  schaffen,  ausgeräumt 
werden.  Begreiflich,  daß  der  Pförtner  den  neuen  Ankömmlingen 
die  Tür  vor  der  Nase  zuschlug  und  sie  erst  auf  wiederholtes 
Klopfen  und  Bitten  murrend  wieder  öffnete.  Aber  halten  wir 
uns  nicht  auf! 

1.     317  E— 328  D.    Die  Lehrbarkeit  der  Tugend. 

Protagoras,  der  in  geistreich  sein  sollender  Paradoxie  oder 
ans  Ruhmredigkeit  seine  Kunst  und  Wissenschaft  als  uralt  und 
weitverbreitet  gepriesen  hat  — '  von  Homer  an  sollen  ungefähr 
alle,  die  etwas  wußten  und  konnten,  Sophisten  gewesen  sein  — , 
erbietet  sich  nun,  vor  der  gesamten  Korona  seinen  Unterricht  zu 
beginnen,  und  verheißt  dem  Hippokrates,  er  werde  jeden  Tag 
besser  und  bereichert  von  ihm  weggehen.  Mit  solchen  Allgemein- 
heiten kommt  er  indes  beim  Sokrates  nicht  durch.  Dieser  will 
wissen,  fi^  zi  mal  nsql  %ov  in^ömdsk  6  ^Innoxgatrig  odf,  und 
so  muß  sich  denn  Protagoras  zu  der  bestimmten  Erklärung  ver- 
stehen, er  lehre  die  noht^x^  '^^Xyv  ^^^  verspreche,  die  Männer 
zu  tüchtigen  Borgern  zu  machen.  Sokrates  bezweifelt,  ob  '  die 
Tugend  lehrbar  und  erwerbbar  sei,  und  zwar  aus  einem  doppelten 
Grunde.  Die  „weisen"  Athener  nämlich  wenden  sich  in  jeder 
technischen  Frage  an  den  Sachverständigen,  aber  in  allen  poli- 
tischen Dingen  gestehen  sie  einem  jeden  ohne  Unterschied  das 
Recht  mitzureden  zn.  Ferner,  die  weisesten  und  hervorragendsten 
Borger,  Staatsmänner,  wie  Perikles,  lassen  ihre  Söhne  in  allem, 
was  von  Lehrern  abhängt,  sorgfaltig  unterweisen,  nicht  aber  in 
der  Töchtigkeit,  die  sie  selbst  besitzen,  in  der  nokkt^xi^  äQstijf 
offenbar  deshalb,  weil  sie  diese  nicht  für  lehrbar  halten.  Zur 
Beschwichtigung   des  Zweifels   gefällt   es   dem  Protagoras,   einen 


606  PUton  im  lnnMuiistiftclian  .GymDasiam, 

Mythos  Ton  der  Verteflung  der  Gaben  an  die  sterblichen  Geediöpfe 
durch   Prometheus   und    Epimetheus   lu   erzählen.    Die   Schüler 
werden  ihn  mit  Vergnögen  lesen,  aber  auf  Befragen  sofort  erktörao» 
daß  die  Frage  erst  am  Schluß  mit  der  an  die  gesamte.  Menschheit 
durch  Hermes  verliehenen  aidtig  und  diu^   gestreift   werde  und 
daß   aus   der  allgemeiaen  Verbreitung   dieser   notwendigen  aitt- 
liehen  Eigenschaften  (statt  aldmg  und  dkn^  erscheinen  bald  dar- 
auf d^atoffvy^  und  trmipQoavtfti)   der  Ailgemeinbesitz    der    no^ 
X$rix^  ägsrij  keineswegs  folge.     Noch  wunderlicher  ist  das  Aigu- 
ment,  jedermann  müsse,    wenn  er  nicht  für  einen  Narren  gelten 
wolle,   die  Gerechtigkeit  und  die  übrige  politische  Tüchtigkeit  zu 
haben  wenigstens  vorgeben.     Der  Umstand,  daß  kein  Mensch  wegen 
seiner  natürlichen,    wohl  aber   jeder  wegen   seiner  sittlichen  Ge- 
brechen belehrt,  gesdioiten,  bestraft  werde,   würde  für  die  Lehr- 
barkeit  der  Tugend  sprechen,    wenn   er   nur   dem  Schlüsse   dea 
Myibos    nicht   widerspräche.    Denn   danach   haben  die  Menacheo 
attioig  und  Sinfj   doch  nicht  als  erworbenen  Besitz,   sondern  als 
eine  Gnadengabe   des  Zaus.    <  Beiläufig,   die   Terschiedeoen  Stra^ 
theorien:  Vergeltung,  Abschreckung,  Besserung,   interesateren  die 
Schüler,   nicht  bloß  die  künftigen  Juristen  unter  ihnan.   —  Der 
Aporie,    warum    die   wackern   Bürger,    sogar   Staatsmänner    wie 
Perikles    ihre   Söhne   die  Tugend,    die   sie   selbst   hätten,   nicht 
lehrten,    begegnet  Pretagoras   mit   dem  Hinweis  darauf^   daß   es 
doch  widersinnig  wäre,    wenn  jene  Männer   ihre  Söhne   in  aUeai 
andern  sorgsam  unterweisen  ließen,  nur  nidit  in  dem,  wovon  die 
Sicherheit  des  Staates,  des  Hauses   und  der  eigenen  Existenz  ab- 
hängt.  Tatsächlich  würden  ja  auch  die  Menachen  von  Kindesbeinen 
an  erzogen,    und    wenn  die  Schule   sie   entlasse,   so   nehme  der 
Staat  sie   in  seine  Zucht.     Aber   die  Tatsache,   daß   die    Söhne 
•vieler  trefOichen  Männer  mißraten,  schafft  er  damit  nicht  aus  der 
Welt;    und  wenn  er  auf  die  Natnranlage   als  Grund  zurückgreift^ 
so  biegt  er  vom  graden-  Wege  der  Beweisführung  ab.   Was  sollen 
wir  sagen   zu  der   lahmen  Entschuldigung,   in   einer  zivilisierten 
Gesellschaft   seien    die  Schlimmsten   immer   noch    besser  als  die 
ganz  Wilden!     Ein  Lächeln  entlockt   uns  der  resignierte  Schluß, 
man  müsse  schon  zufrieden  sein,  wenn  nur  der  eine  oder  endo« 
die  Menschheit   ein  wenig   vorwärts  bringe;    wer  es   aber  besser 
könne  als  die  andern,    so  ein  Protagoras,   der  dürfe  dafür  einen 
angemessenen  Lohn  mit  Recht  beanspruchen.     Schade,  aber  von 
Piaton  beabsichtigt,  daß  Mythos  und  Logos,  die  so  stolz  anfingen, 
sich  im  Sande   verlaufen.    Vorlrefflieh   dagegen   ist,    was    wir  in 
dem  Abschnitt  über  athenische  Erziehung  er&hren.    Ein  Satz  wie 
der:    tovg  ^d-fj^vg  %$  nal  vag  ä^fiopiag  äyajrudJ^ov(f$v  olitsk- 
ov(f&ai  ratg   ipvxoXg  %äv  ncUdmtf,    Iva  ^fkeQwveQot   %€  (oait^, 

moiv   elg   ro   U}^sir   ts   ual  ngcmstv*    nag  .yotq    6  ßiog  tov 
ay^Qoinov    evgv^fAiag   %s    xa»    aictqikoCxiag    d^cu    verdient 


voa  H.  F.  Malier.  Q09 

ODterstricfaen  und  aus  dem  Phiiebos  und  andern  Quellen  erläutert 
zu  werden.  Die  Schdler  sollen  erfahren,  was  Maß  und  Ebenmaß 
den  Griechen  bedeuteten.  (Goethes  Musensohn:  „Und  nach  dem 
Takt  reget  Und  nach  dem  Maß  beweget  Sich  alles  an  mir  fort*'.) 
Nicht  minder  verdient  der  nftchste  Satz  vom  wahren  Zweck  der 
Gymnastik  Beachtung.  Die  eingesprengte  Bemerkung,  daß  die 
Söhne  der  Reichen  die  Schule  am  längsten  besuchen,  läßt  sich 
recht  hübsch  glossieren.  Der  Passus  Ober  Regierung  und  Zucht 
des  Staates  kannte  zu  allerhand  modernen  Betrachtungen  Ver- 
anlassung geben.  Wir  wollen  uns  an  der  Sozialpolitik  aber  hier 
nicht  verärgern. 

So  hätten  wir  denn  den  ersten  HaaptteiJ  hinter  uns  gebracht 
und  wir  dürfen  zurückblicken.  Protagoras  hat  uns  allerlei  schöne 
and  des  Nachdenkens  werte  Dinge  vorgetragen.  Piaton  will  ihn 
Uotz  gelegentlicher  kleiner  Bosheiten  durchaus  nicht  karikieren 
oder  lächerlich  machen.  Der  Mann  weiß  etwas,  ist  geistreich 
und  ein  Meister  des  Wortes.  Aber  eins  fehlt  ihm:  die  scharfe 
aod  strenge  Logik,  die  dialektische  Kunst,  die  Methode,  wissen- 
schaftliche Erkenntnis  zu  erzeugen.  Die  Schäler  werden  das  mit 
einiger  Nachhilfe  selbst  finden.  Und  was  mehr  ist:  der  Unter- 
schied des  wissenschaftlichen  und  unwissenschaftlichen  Verfahrens 
wird  ihre  Aufmerksamkeit  auch  für  den  Fortgang  des  Gepräches 
erregen.  Denen,  die  eifrig  bei  der  Sache  gewesen  sind, 
mache  ich  zur  Ermunterung  ein  kleines  Gewinnkonto  auf:  Er- 
weiterung der  Sprachkenntnisse  und  ästhetischer  Genuß,  logische 
und  dialektische  Übung,  Bereicherung  der  ethischen  Anschau- 
ungen. 

II.  328  D— 334  C.    Die  Einheit  der  einzelnen  Tugenden. 

Wie  wird  Sokrates  die  lange  Rede  des  Protagoras  aufnehmen? 
und  was  wird  er  erwidern?  Wie  bezaubert  saß  er  lange  Zeit 
da  und  blickte  sehnsuchtig  auf  den  Redner,  um  noch  weiteres 
zu  hören.  Und  als  nun  Protagoras  „wirklich^'  aufgehört  hatte, 
vermochte  er  sich  kaum  zu  sammeln  —  doch  man  muß  die 
köstliche  Stelle  selbst  nachlesen,  um  die  echt  sokratische  Ironie 
mit  zu  empfinden,  die  ganz  entzQckt  nur  eine  Kleinigkeit  vermißt 
und  damit  den  ersten  Stein  aus  dem  anscheinend  festgefügten 
Bau  nimmt,  der  dann  alsbald  zu  wanken  beginnt  und  einzu- 
stürzen droht.  Diesmal  sind  freilich  die  Argumente  des  Sokrates 
nur  schwach;  Protagoras  hätte  sich,  wäre  er  ein  Logiker  gewesen, 
dnrch  sie  nicht  fangen  lassen.  Für  unsere  Schüler  aber  ist  es 
eine  gute  Übung,  die  schwachen  Stellen  aufzudecken. 

Protagoras  hat  wiederholt  von  alScig  und  dix^^  von  Stxato- 
(fwif,  <smq>Qoavvfi,  oaUz^g  und  dann  zusammenfassend  von  der 
ii^Bx^  als  dem  Einen  was  not  tue  gesprochen.  Sokrates  möchte 
nun  wissen,  ob  das  alles  nur  verschiedene  Namen  für  die  eine 
Tugend  seien  und  wie  es  sich  mit  den  einzelnen  Tugenden  zu 
dem  Gesamtbegriff  der  Tugend    verhalte.     Er   fangt   also  an  zu 

MlNltt.  t  i.  eynwMüawww.    LXL    S.  9.  39 


610  PlatoD  im  homanistischeo  GyaiDasiam, 

katechisieren  und  erhSlt  zunächst  als  Resultat:  die  einzelnen 
Tugenden  unterscheiden  sich  voneinander  wie  die  Teile  des  Ge- 
sichtes, Augen,  Ohren  usw.,  nicht  wie  die  Teile  etwa  einer 
Goidplatte;  jede  hat  ihre  besondere  dvvafitg  {sqyov  sagt  Aristoteles), 
und  wer  die  eine  erwirbt,  besitzt  damit  noch  nicht  die  andern. 
Dann  erlangt  er  das  Zugeständnis,  die  dinaioavvfi  sei  ein  di- 
xaiov  und  die  oaiotfiq  ein  ofStov  ngäyficc^  und  schließt  nun: 
da,  wie  zugegeben,  beide  Tugenden  Terschieden  sind,  so  ist  die 
Sixa$oavvtj  nicht  heilig,  also  unheilig,  und  die  oatoriig  nicht 
gerecht,  also  ungerecht;  um  diesem  Widersinn  zu  entgehen,  halte 
er  seinerseits  beide  Tugenden  lieber  für  identisch  oder  doch  sehr 
ähnlich.  Protagoras  ist  in  Verlegenheit  und  weiB  nicht  recht, 
was  er  dagegen  einwenden  könnte.  Er  hätte  sagen  sollen,  es 
habe  keinen  Sinn,  die  Gerechtigkeit  gerecht  und  die  Heiligkeit 
heilig  zu  nennen;  denn  gerecht  nennen  wir  eine  Handlung  und 
Handlungsweise,  eine  Gesinnung,  einen  Menschen  und  nicht  die 
Gerechtigkeit  selbst.  Vollends  unrichtig  sei  es,  von  dem  kontra- 
diktorischen Gegensatz  ohne  weiteres  in  den  konträren  überzu- 
gehen. Eine  Belehrung  Ober  die  mmffomxäq  und  ivavzitag 
äyTiX£i(jbeva  und  damit  ein  kleines  collegium  logicum  wird  dem 
Primaner  sehr  dienlich  sein.  Es  wird  fortgesetzt,  da  Sokrates 
alsbald  die  aq>qoavvfi  als  Gegensatz  der  aofpia  und  der  afAfpqo- 
avpii  zu  erweisen  sucht,  obwohl  doch  ein  jedes  nur  ein  ivctvtiov 
haben  kann.  Die  Amphibolie,  mit  der  die  Einsicht  bald  als  in- 
tellektuelle, bald  als  moralische  verstanden  wird,  begeht  einen 
groben  Täuschungsversuch.  Äquivokation  nennen  das  die  Logiker, 
und  die  quaternio  terminorum  ist  eine  ergiebige  Quelle  der  Para- 
logismen.  Protagoras  wird  gereizt  und  kampflustig,  weiß  sich 
aber  nicht  recht  zu  helfen,  bis  er  sich  schließlich,  als  Sokrates 
auf  das  Gute  und  Nützliche  zu  sprechen  kommt,  an  einen  Neben- 
punkt klammert  und  sich  über  die  verschiedene  Art,  wie  etwas 
den  verschiedensten  Menschen  und  Dingen  nützlich  sein  könne, 
verbreitet.  Das  nimmt  nun  Sokrates  übel.  Er  sei  vergeßlich 
und  könne  die  langen  Reden  nicht  behalten.  Die  Unterredung 
habe  keinen  Zweck  mehr,  er  werde  weggehen. 

Die  Krisis  ist  da.  Man  muß  das  Intermezzo  (334  D— 
338  E)  lesen,  um  es  zu  genießen.  Von  erfrischendem  Humor 
diese  tragikomische  Szene,  ein  Meisterstück  darstellender  Kunst! 
Der  ganze  Kreis  gerät  in  Aufregung,  die  Hauptpersonen  treten 
in  Aktion,  und  den  vereinten  Bemühungen  aller  gelingt  es,  die 
Katastrophe  abzuwenden.  Sokrates  verspricht  zu  bleiben,  und 
Protagoras  entschließt  sich,  wenn  auch  ungern,  die  Rolle  des 
Antwortenden  mit  der  des  Fragenden  zu  vertauschen.  Wenn  er 
hinlänglich  gefragt  habe,  werde  er  Rede  und  Antwort  stehen, 
doiceiv  Xoyov.    Die  Unterhaltung  geht  weiter. 

HL  338  B— 347  A.  Erklärung  des  Simonideischen  Ge- 
dichtes. 


voB  H.  P.  MitUer.  611 

Protagoras  fluchtet  sich  aus  seiner  dialektischen  Bedrängnia 
in  die  Gefilde  der  Poesie.  Gedichte  zu  erklären  sei  ein  Großteil 
(ß^ynttay  fiigog)  der  Bildung^  und  «o  wolle  er  ein  bekanntea 
Gedicht  des  Simonides,  das  ja  auch  von  der  Tugend,  dem  vor- 
liegenden Gesprächsstoff^  handle,  näher  besprechen. 

Der  Sophist  beginnt  mit  Aufdeckung  eines  Widerspruchs, 
dessen  sich  Simonides  schuldig  mache.  Erst  sage  er  selbst,  es 
sei  schwer,  ein  guter  Mann  zu  werden,  und  dann  tadele  er  den 
Pittakos,  der  dasselbe  nur  mit  etwas  andern  Worten  sage.  Die 
Versammlung  ruft  ihm  Beifall,  und  Sokrates  ist  wie  vor  ded 
Kopf  geschlagen  und  einer  Ohnmacht  nahe.  Doch  ich  habe  hier 
nicht  den  Abschnitt  zu  analysieren,  sondern  will  nur  angeben, 
wie  ich  ihn  mit  meinen  Primanern  behandle.  Ich  lese  das  Ge- 
dicht im  Zusammenhang  vor,  übersetze  es  darauf  gemeinschaftlich 
mit  ihnen  und  erkläre  die  Worte  wie  sie  lauten.  Sokrates  mag 
recht  haben  mit  Unterscheidung  des  y€v4<f^a^  nnd  des  l/i*/i*«ya», 
aber  auf  die  Gewaltsamkeiten  seiner  Auslegung  und  die  burlesken 
Scherze  lasse  ich  mich  nicht  ein.  Wer  sie  zu  seiner  Erheiterung 
lesen  will«  mag  es  tun. 

Wozu  aber  dies  „mühevolle  Spiel",  diese  Persiflage  der  Inter- 
pretationsknnst?  Der  Grund  ist  ein  methodologischer.  Philoso- 
phischen Problemen  kommt  man  mit  Mythen  so  wenig  bei  als 
mit  Erklärung  von  Gedichten.  Dazu  ist  Logik  und  Dialektik, 
Uyovq  nokitad-at  nötig.  Dies  kann  den  jungen  Leuten  gar 
nicht  früh  und  ernst  genug  eingeschärft  werden.  Hätte  Prota- 
goras  das  Rüstzeug  dialektischer  Untersuchung  nicht  vernachlässigt, 
so  wäre  ihm  eine  Niederlage  erspart  geblieben.  Wäre  er  in  seine 
rhetorisch -poetischen  Künste  nicht  so  verliebt  gewesen,  dann  hätte 
er  die  Fehler  in  der  Argumentation  seines  Gegners  wohl  gemerkt. 
Wer  die  methodologische  Bedeutung  unsers  Dialogs  verkennt, 
wird  ihm  nicht  gerecht  In  der  Sache  selbst  sind  wir  allerdings 
nicht  erheblich  weiter  gekommen,  das  Problem  steht  im  wesent- 
lichen, wie  es  anfangs  stand.  Das  lösende  Wort,  das  uns  auf  der 
Zunge  schwebt,  dürfen  wir  indes  nicht  sprechen,  wenigstens  jetzt 
noch  nicht;  es  wäre  unmethodisch.  Vielleicht  bringt  uns  die 
folgende  Unterredung  vorwärts,  die  Sokrates  mit  höflichen  Wen- 
dungen gegen  den  Protagoras  einleitet. 

IV.  34&C— 460E.  Wiederanknüpfung  an  Teil  H.  Die 
Tapferkeit  wird  auf  Einsicht  zurückgeführt. 

Protagoras  gibt  nunmehr  zu,  daß  die  andern  vier  Tugenden 
unter  ach  gleichartige  Teile  der  einen  Tugend  seien,  ausgenommen 
jedoch  die  Tapferkeit.  Denn  tatsächlich  seien  viele  höchst  on^ 
gerecht,  uofromro,  zuchtlos,  unverständig,  dabei  aber  hervorragend 
tapfer.  Sokrates  erwirkt  sich  darauf  das  Zugeständnis,  daß  immer 
die  einsichtigsten  und  sachverständigsten  Taucher,  Reitet  und 
Peltasten  die  tapfersten  und  kühnsten  seien,  um  daraus  den 
Schluß   an  ziehen:    ot  (fotpmcnot^   ovto§    xai  ^iXQQaXsmmoi 

39* 


612  PlatoD  im  hananistischeo  Gynnasiam, 

elit^y,  &aQQalBmtätatoi  3i  ovrsg  ävdQSioranok.  xal  uccrd 
tavTOP  %ov  Xoyov  17  aoipta  av  mdqsla  eltj.  Aber  so  leichten 
Kaufes  kommt  er  diesmal  nicht  davon.  Sein  Partner  hält  ihm 
mit  Recht  entgegen,  aus  dem  Verein  Ton  Einsicht  und  tapferem 
Mute  folge  noch  lange  nicht  die  Identität  von  Einsicht  und 
Tapferkeit.  Die  sachverständige  Einsicht  ist  wohl  das  beste 
Mittel  zur  Betätigung  des  tapferen  Mutes,  aber  sie  gewährt 
keinen  Einblick  in  die  Zweckbestimmung  und  trägt  zar  Definition 
des  Begriffs  der  Tapferkeit  nichts  bei.  Protagoras  ist,  durch 
Schaden  klug  geworden,  viel  aufmerksamer  auf  den  logischen 
Gang  der  Beweisführung.  Darum  lehnt  er  auch  die  beiläufig  ein- 
geschmuggelte Dmkehrung  des  Satzes  ol  äyögeiarato^  ^aQ^a- 
Xs6itato&  in  ol  &aQQal€oitato$  avdqB^ovcnok  deutlich  und  ent- 
schieden ab.  Hier  wieder  ein  kleines  eollegium  logicum:  reali- 
sierende Mittel  und  Zweck  sind  zu  unterscheiden;  allgemein  be- 
jahende Urteile  lassen  sich  nicht  einfach  umkehren.  —  Sokrates 
läßt  scheinbar  das  Problem  fallen.  Er  fängt  an  von  dem  Ver- 
hältnis des  Angenehmen  zum  Guten  zu  reden  und  setzt  sich  mit 
der  Ansicht  der  „Menge"  auseinander,  die  nach  dem  Grundsatz 
verfährt:  video  meliora  proboque,  deteriora  sequor.  Von  den 
Lüsten  und  Begierden  und  allen  möglichen  Affekten  werden  sie 
wider  besseres  Wissen  und  Wollen  Aberwältigt,  es  herrseht  in 
ihnen  nicht  „Vernunft  und  Wissenschaft,  des  Menschen  allerhöchste 
Kraft":  einsq  tif  aXha^  altsxqov  i(tt&  xal  i[Aol  aoifiav  *al 
i^fftiftijfi^v  ftf^  o^x»  navTiov  XQdvKStoy  elva^  %Av 
avS'qwniimv  nqaygjbatmy,  sagt  Protagoras.  Es  sei  lächerlich, 
meint  Sokrates,  diesem  geborenen  Herrscher  in  uns  nicht  zu  ge- 
horchen. Vielmehr  es  wäre  lächerlich,  wenn  es  nicht  die  schimpf- 
lichste Unwissenheit  wäre.  „Jedermann  trachte  nach  seinem  Besten, 
er  identifiziere  ferner  das  Gute  mit  der  Lust,  das  Üble  mit  der 
Unlust;  er  erstrebe  demgemäß  allezeit  ein  Maximum  von  Lust, 
ein  Minimum  von  Unlust;  er  meide  daher  die  Lust  nur  dann, 
wenn  ihr  ein  größeres  Maß  von  Unlust  entquilit,  und  wähle  die 
Unlust  bloß  in  dem  Falle,  daß  ihr  ein  größeres  Maß  von  Lust 
entspringt.  Den  Lüsten  unterliegen,  das  besage  in  Wahrheit 
nichts  anderes,  als  daß  man  die  kleinere,  aber  nahe  Lust  der 
größeren,  aber  entfernteren  vorzieht,  was  dadurch  geschehe,  daß 
die  Nabe  das  kleinere  Gut  unserem  Geiste,  wie  das  kleinere  Ding 
unserem  Auge  als  das  größere  vorspiegelt  In  solchen  Fällen 
finde  eine  Täuschung  unseres  Urteils  statt.  Diesen  und  ver- 
wandten Irrungen  entgehe,  wer  in  Fragen  der  Lust  und  Unlust 
richtig  zu  zählen,  zu  messen,  zu  wägen  versteht.  So  gehe  denn 
die  richtige  Lebensführung  auf  eine  Art  von  Meß-,  Zähl-  und 
Wägekunst  zurück  und  somit  auf  eine  Einsicht  und  Erkennt- 
nis. Ihr  Gegenteil  aber,  das  angebliche  Bewältigtwerden  von  den 
Lüsten  und  Affekten,  habe  sich  als  Unwissenheit  entpuppt,  und 
zwar  als  die  größte  und  verhängnisvollste   aller  Unwissenheiten*' 


voo  H.  F.  Miller.  613 

(Tb.  Gonperz).  Die  Nutianwendung  auf  das  Gebiet  der  Tapfer- 
keif ergibt  sieb  daraus  mit  Leichtigkeit.  Die  Feigen  förchteu 
z«  B.  den  Krieg  deshalb,  weil  sie  nicht  wissen,  was  an  ihm  schön 
und  löblich,  gut  und  nützlich  ist,  das  heißt  sie  verkennen  die 
Güter,  die  er  erwirbt  oder  schützt:  Freiheit  und  Ehre,  die  GröBe 
des  Vaterlandes  und  die  nationale  Selbstftndigkeit.  (Dies  fügen 
wir  ergänzend  hinzu.)  Feigheit  ist  also  Unwissenheit,  und  also 
das  Gegenteil,  die  Tapferkeit,  Weisheit  oder  richtige  Erkenntnis. 
Protagoras  wird  demnach  einräumen  müssen,  dafi  auch  die  Tapfer- 
keit auf  Wissen  und  Einsicht  zurückzuführen  ist.  Nahe  am 
Schluß  erklärt  Sokrates,  es  sei  ihm  bei  der  ganzen  Untersuchung 
nur  darum  zu  tun  gewesen  zu  erfahren,  was  eigentlich  die  Tugend 
sei  und  wie  es  mit  ihr  stehe.  Das  Endresultat  wird  zwar  mit 
dogmatischer  Bestimmtheit  nicht  ausgesprochen,  aber  Temehmlich 
genug  angedeutet  Alle  Tugenden  bilden  eine  Einheit,  denn  sie 
lassen  sich  alle  auf  Erkenntnis  zurückführen,  oder  kürzer:  die 
Tugend  ist  eine,  denn  sie  ist  Erkenntnis;  ist  sie  Erkenntnis, 
so  ist  sie  auch  lehrbar. 

Wie  denn  nun  ?  Sokrates  wußte  doch,  ehe  er's  dem  Gegner 
bewies^  daß  die  Tugend  eine  Einheit  und  Erkenntnis  sei,  und 
dennoch  hielt  er  sie  nicht  für  lehrbar!  War  das  wieder  die  be- 
kannte „Ironie^S  mit  der  er  die  Gesellschaft  necken  will?  Ver- 
kündet er  doch  mit  Anspielung  auf  den  Prometheus  und  Epi- 
metheus  des  Mythos  launig  genug  als  Ergebnis,  daß  beide  sich 
geirrt  und  ein  wenig  blamiert  hätten:  n*otagoras,  weil  er  die 
Tugend  fär  lehrbar  hielt  und  doch  ihr  Wesen  als  Erkenntnis  mit 
Macht  bestritt;  er  sdbst,  weil  er  sie  nicht  für  lehrbar  hielt,  ob- 
wohl er  doch  mit  allem  Fleiß  zu  beweisen  suchte,  daß  sie  Er- 
kenntnis sei.  Dürfen  wir  uns  dabei  beruhigen?  Oder  sollen  wir 
annehmen,  daß  Sokrates  meine :  so,  wie  die  Sophisten  es  trieben, 
sei  die  Tugend  allerdings  nicht  lehrbar,  aber  es  gebe  einen  echten 
Tugendlehrer,  und  der  heiße  Sokrates? 

Ich  gestehe,  daß  mir  diese  Auskunft  nicht  Yöllig  genügt  und 
noch  nicht  des  Rätsels  Lösung  zu  sein  scheint  Weit  mehr  be- 
friedigt mich,  was  ich  bei  Paul  Natorp,  Piatos  Ideenlehre 
S.  10—18  finde.  Angesichts  der  bestimmten  Erklärungen  in 
unserm  Dialog  sowie  Yorher  in  der  Apologie  und  nachher  im 
Menon  hält  Natorp  es  für  eine  bare  Unmöglichkeit  hier  von 
,Jronie'*  zu  sprechen.  Beide  Thesen:  die  Tugend  ist  Erkenntnis 
und  doch  nicht  lehrbar,  sind  vollkommen  ernst  geroeint  „Den 
Konflikt  dadurch  wegbringen,  daß  man  die  These  der  Nichtlehr- 
barkeit  als  Ironie  deutet  heißt  dem  Dialog  das  Rückgrat  aus- 
brechen'^  Die  Antithese  legte  sich  mit  ganzer  Wucht  auf  die 
Seele  Piatons,  der  den  vollen  Begriff  der  Erkenntnis,  des  Lehrens 
upd  Lernens  noch  suchte.  Bei  den  Sophisten  fand  er  ihn  nicht 
Sie  wußten  weder  was  lehren  heißt  noch  schätzteii  sie  die  Selbst- 
ge&ttgsamkeit   und  das  Herrscherrecht   der  Erkenntnis   nach  Ge- 


-bubr«  Das  Wissen  ist  nicht  dazu  da,  das  Leben  mit  allerlei 
Gütern  und  Annehmlichkeiten  zu  schmäcken,  und  lehren  beißt 
nicht,  allerlei  nützliche  Kenntnisse  von  aufien  her  beibringen. 
Tugend  und  Erkenntnis  ist  der  Seele  nicht  yon  außen  „einzu- 
setzen'', wie  wenn  man  (nach  der  Politeia)  dem  blinden  Auge 
die  Sehkraft  einsetzen  wollte;  oder  nach  dem  Symposion:  lehren 
heißt  nicht  ein  volles  Gefäß  in  ein  leeres  ausschütten  oder  etwa 
den  Wein  aus  einem  volleren  Becher  in  einen  leereren  mittelst 
eines  Wollfadens  hinüberleiten.  Was  also  heißt  lehren  und  lernen, 
was  ist  Erkenntnis,  die  Erkenntnis,  auf  der  als  in  ihrem  letzten 
Grunde  die  wesentliche  Einheit  der  Tugend  und  ihre  Lebrbarkeit 
beruht?  Der  Protagoras  gibt  die  Antwort  nicht  Wir  mögen  sie 
mit  Hilfe  Natorps  und  der  andern  Platonischen  Dialoge  andeuten, 
nm  die  Schüler  zum  Nachdenke  anzuregen  oder  wenigstens  dar- 
über zu  beruhigen,  daß  Piaton  die  gesuchte  Lösung  gefunden  hat; 
aber  für  diesmal  geht  eine  vollständige  Beantwortung  der  Frage 
über  unsern  Lehrauftrag  hinaus. 

Wie  steht  es  denn  nun  mit  der  „realen  Ausbeute^*?  Abge* 
sehen  von  der  sprachlichen  und  logischen  Schulung,  die  ich  hoch 
anschlage,  haben  die  Schüler  ihren  geistigen  Horizont  um  ein  be- 
deutendes erweitert  und  bereichert.  Und  ist  es  denn  nichts,  ein 
solches  Kunstwerk  im  Original  gelesen  zu  haben  und  einem  so 
großen  Problem  an  der  Hand  Piatons  nachgegangen  zu  sein?  Es 
ist  das  wichtigste  Stück  der  philosophischen  Propädeutik  Man 
kann  es  den  jungen  Männern  nicht  früh  und  nicht  ernst  genug 
sagen,  daß  die  Philosophie  es  mit  Problemen  und  nicht  mit 
Dogmen  zu  tun  hat;  daß  nicht  rednerische  Kunst  und  schweifende 
Phantasie,  sondern  einzig  und  allein  methodisches  Denken  zum 
Ziele  führt.  Sonst  lernen  sie  nicht  philosophieren.  Freilich  sind 
die  philosophischen  Studien  auf  dem  Gymnasium  nur  Progym- 
nasmata,  aber  doch  recht  heilsame  und  notwendige.  Jlavta 
Tavza  nQOoifA$d  iativ  avzov  toS  voikOVy  ov  ist  ^kad-etv, 

Blankenburg  am  Harz.  H.  F.  Müller. 


Können  wir  Piatons  „Gesetze"  in  den  Kanon  unserer 

Gymnasiallektüre  aufiielimen? 

Mit  0.  Weißenfels  ist  ein  standhafter  und  unermüdlicher  Vor- 
kämpfer der  alten  Philosophen  als  der  geeignetsten  Schullektüre 
unserer  Gymnasialprima  dahingegangen.  Zu  den  letzten  Gaben, 
die  er  der  Schule  geschenkt  hat,  gehört  seine  vortreffliche  zwei- 
bändige Auswahl  aus  den  griechischen  Philosophen  (Teubner  1906), 
in  der  natürlich  Piaton  und  Aristoteles   den  Vorrang   behaupten. 


von  H.  Gilliflchewski.  glg 

In  ihr  hat  er,  der  jetzt  gestatteten  Freiheit  in  der  Auswahl  der 
Lektüre  freudig  folgend,  manches  herangezogen,  das  sonst  be- 
dauerlicherweise dem  Schulkanon  ganz  fern  blieb,  und  hat  mit 
glücklichem  Griffe  eine  schöne  Reihe  solcher  Stücke  ausgewählt, 
die  dem  Primaner  eine  Vorstellung  davon  vermitteln  können,  was 
die  Griechen  über  den  Staat  und  was  damit  zusammenhängt  ge- 
dacht haben«  Allerdings  hat  er  in  seiner  Chrestomathie  die  Ge- 
setze Piatons,  „in  denen  das  historische  und  religiöse  Moment 
ebenso  entschieden  vorherrscht  wie  in  den  meisten  früheren  Ge- 
sprächen das  dialektische^^  nicht  berücksichtigt.  Welche  Gründe 
ihn  dazu  bestimmt  haben,  ist  schwer  zu  sagen.  Vielleicht  lag 
auch  er  in  dem  Banne  jener  Vorstellung,  nach  der  die  NögjbOk 
nur  eine  greisenhafte  und  reizlose  Verwässerung  der  Gedanken 
der  Uok^reia  sind;  vielleicht  war  auch  er  durch  die  Ausfuhrungen 
von  Th.  Bergk,  Ivo  Bruns  und  Max  Krieg  beeinflußt,  welche  die 
Einheitlichkeit  des  Werkes  leugnen  und  nicht  nur  die  Gesamt- 
redaktion, sondern  auch  die  Konzeption  größerer  und  wichtiger 
Teile  dem  Philippos  von  Opus  zuschieben;  vielleicht  nahm  er  auch 
an  der  nicht  ganz  zu  leugnenden  Schwierigkeit  der  Sprache  An- 
stoß, obwohl  er  sonst  solchen  Dingen  gegenüber  großen  Mut  ge- 
zeigt hat,  wie  besonders  der  zweite  Band  seiner  oben  erwähnten 
Auswahl  beweist  (vgl.  E.  Grünwald,  Nekrolog  für  0.  Weißenfels, 
Neue  Jahrbucher  1907,  XX,  1).  Jedenfalls  möchte  ich  den  Ver- 
such nicht  unterlassen,  den  NofAO^  eine  bescheidene  Stelle  in  der 
Schule  zu  erobern. 

Es  ist  das  Verdienst  von  Constantin  Ritter,  die  Gesetze  man 
kann  wohl  sagen  der  Vergessenheit  entrissen  zu  haben.  1896 
hat  er  bei  Teubner  zwei  Bände  erscheinen  lassen  (mit  dem  Titel: 
Piatos  Gesetze  1.  Darstellung  des  Inhalts,  2.  Kommentar  zum 
griechischen  Text),  die  in  gleicher  Weise  einen  eisernen  Fleiß 
wie  eine  hervorragende  Sachkenntnis  dartun.  Sein  Vorwort,  das 
überaus  lesenswert  ist,  hat  den  Wert  der  Gesetze  meines  Erachtens 
in  das  rechte  Licht  gerückt.     Es  heißt  da  z.  B. : 

„Der  Inhalt  ist  kräftig  und  geistgewaltig  wie  in  irgend  einem 
der  berühmtesten  Dialoge:  aus  der  Tiefe  philosophischer  Be- 
trachtung geschöpft  und  zugleich  durchtränkt  und  gesättigt  mit 
den  Ergebnissen  feinster  und  sorgsamster  Cinzelbeobachtung  aus 
allen  Gebieten  menschlichen  Handelns''. 

,ylch  stehe  nicht  an,  dieses  Werk  ...  als  eines  der  groß^ 
artigsten  Denkmale  der  alten  griechischen  Kultur  zu  bezeichnen, 
zugleich  als  eines  der  schönsten  und  bewunderungswürdigsten 
Bücher,  welche  ich  kenne*'. 

„Wenn  ich  meinem  Büchlein  einen  lockenden  Titel  geben 
wollte,  so  hätte  ich  es  benennen  dürfen  'Plato  als  Erzieher';  in 
der  Tat  wäre  damit  der  Inhalt  ganz  treffend  bezeichnet.  Das 
ganze  praktische  Leben  des  Menschen  wird  ja  durch  die  An- 
ordnungen  der  Gesetze    umfaßt   und   geregelt,   und   der  höchste 


616         Platoos  „Gesetie''  in  onierer  G|aioasi«llektnrey 

Gesichtspunkt,  von  dem  aus  diese  entworfen  sind,  ist  kein  anderer 
als  die  Erziehung  des  Menschen  zu  allseitiger  Tüchtigkeit". 

„Interessieren,  meine  ich,  müßte  das  zur  Zeit  so  Ternacb- 
lässigte  Werk  eigentlich  alle  Gebildelen,  alle  jedenfalls,  die  Sinn 
fär  geschichtliche  Vergleichungen  haben,  insbesondere  unter  ihnen 
aber  die  Philosophen,  PhiMogen,  Politiker  und  Juristen.  Ich 
hoffe  öbrigens,  mit  meiner  Inhaltsdarstellung  auch  den  gebildeten 
Theologen  einen  Dienst  zu  lelsten^^ 

Diese  Worte  unterschreibe  ich  unbedenklich  tum  so  lieber, 
als  ich  zu  einem  ähnlichen  Urteil  schon  gelangt  war,  ehe  ich 
Ritters  Buch  kennen  lernte.  Sie  beweisen  allerdings,  wenn  sie 
richtig  sind,  nur  die  Vortrefflidikeit  des  Platonischen  Werkes  im 
allgemeinen  für  Gebildete,  und  es  bleibt  noch  zu  erdrtera,  wie 
es  mit  seiner  Brauchbarkeit  für  die  Schule  steht  Ich  halte,  um 
es  kurz  zu  sagen,  Buch  1,  Buch  3,  Buch  4,  Buch  5  Kap.  1 — 6, 
d.  h.  das  nqooiikiov  im  weitesten  Sinne  des  Wortes,  das  nach 
Steinhart  (Einleitung  zu  Piatons  Gesetzen,  1859)  die  ethische, 
geschichtliche  und  psychologische  Grundlage  der  Gesetzgebang  gibt, 
für  außerordentlich  geeignet»  sie  mit  Primanern  zu  lesen,  und 
hoffe,  mir  in  Kürze  die  Erlaubnis  zu  erwirken,  mit  einem  der 
genannten  Bücher  einmal  eine  praktische  Probe  zu  machen.  In- 
wieweit übrigens  die  Gesamtanschauung  Piatons  in  den  Nopot^ 
von  der  in  der  JloXiteia  niedergelegten  abweicht,  geht  die  Schule 
nichts  an.  Ihr,  die  aus  den  beiden  Werken  selbstverständlich  nur 
Probestücke  lesen  kann,  würde  auch  das  Material  für  die  schwierige 
Untersuchung  fehlen,  für  die  im  übrigen  auf  die  Ausführungen 
von  Steinhart  in  seiner  Einleitung  und  Zelier  im  zweiten  Bande 
seiner  Philosophie  der  Griechen  verwiesen  sei. 

Mir  sei  es  vergönnt,  zunächst  das  1.  Buch  einer  Besprechung 
zu  unterziehen,  um  die  Hauptfragen,  die  es  erörtert,  festzustellen 
und  im  Zusammenhang  damit  nachzuweisen,  wie  sie  sich  in  den 
Ideenkreis  älterer  Schüler  einfügen  und  ihn  erweitem  wurden. 
Ich  halte  mich  dabei  nicht  an  die  Reihenfolge  der  Paragraphen 
des  Textes,  auf  die  es  hier  nicht  ankommt,  sondern  greife  das 
Wichtigste  heraus. 

Wie  ich  in  andern  Platonischen  Schriften  gern  der  nmdsia 
und  allem,  was  damit  zu  tun  hat,  nachgegangen  bin,  so  habe  ich 
auch  hier  gute  Gelegenheit  dazu  gefunden.  Die  Frage  'Was  ist 
die  natdeiat'  beantwortet  das  wundervolle  12.  Kapitel  unseres 
Buches  folgendermaßen. 

vflTai.  vvv  yäq  dvsidi^oyrsg  inatvovvtsq  &^  kxatttußy  %ag 
TQOfpdg  Xfyo[Aev  cSg  röy  fiiy  ntnaidsvgjbi^fov  ^fMÜv  ovra  %&pä^ 
fbv  di  änaidevzQVj  ivioxB  slg  t€  xant/leiag  *al  yavxliiQUxg 
ual  aiXmv  %Ohov%mv  (idXa  nsna&devfiivoy^)  apodga  avd-qmnw^* 


^)  Der  Text  weicht  von  dea  bei  C.  Fr.  HermaBi  aa  iwei  StoUei  ab. 


von  H.  Gillifchewflki.  617 

ov  yao  tuSva  ^yoviUvu^y,  iig  ioiM€V,  sha^  nmdflay  o  H!fv 
Idyog  av  sXff,  %^v  di  ngög  äqstijv  ix  naidiov  na$d$icer,  no^- 
9wsav  int&vfiiiTijv  ts  nai  iquctifv  tov  noXi%f[if  ysvicd'ak 
%iUwy  UQX€$y  t9  xal  ä^ea^a^  intatafAerov  (jutd  dixf/g.  %av- 
xfpf  %^v  %Qo^v  agfOQ&ad(k6Vog  6  loyog  ovtog^  eog  ifAol  fpaivs- 
Tai,  rvr  ßovlon'  av  ikiv^v  naideiccy  ngoüayogevt^ry  tw  di 
€lg  x^ifjucrra  tsivavffcty  ^  viya  fiQÖq  itsxvv  ff  xal  ftQog  alli/v 
uyä  coiplar  ay$v  vov  xal  Üxifg  ßavavaov  t*  Bivak  xal  avsXsv- 
^iQOV  xai  ovx  aSlar  %6  naqdnav  natdelay  xal€tfT&a$,  «-^ 
fi^S  i^  ikffdiv  ivofkatk  diag^sQwfiS'S-'  avtctg^  alV  o  vvv  o^ 
Uyoq  ^fkXv  oikoXayfid'slq  fjbsydtto^  wg  o%  ye  igd-äg  nena^dev- 
lUvo$  ar^oy  äyad'ol  yiyyovta^,  xal  ist  dii  ti^y  natSslay  fii|f- 
idfiov  av$fidC€$v^  dg  nqätoy  täy  xaXJiifTTtay  totg  agiftTOig 
aviqdif$  naQay%yv6yi߀VW  xal  el  nots  i^igx^^h  iwaxoy  cf' 
ifStly  inavoQd'oic^a^^  tov%*  dsl  dqactioy  d$d  ßlov  nctyrl 
xara  dvvafkiy.  Das  ist  eine  Quelle,  aus  der  zu  schöpfen  lohnt, 
eme  Stelle,  an  die  sich  Erörterungen  ober  alle  möglichen  Schul- 
und  Bildungsfragen  anschließen  lassen,  hauptsächlich  fflr  das 
hnmanistische  Gymnasium  und  seine  Ziele.  Die  Sätze,  denke  ich, 
sprechen  für  sich  selbst:  nur  auf  die  einzig  schöne  Terminologie 
sei  noch  hingewiesen,  die  man  einen  Gymnasialabiturienten  wohl 
aaswendig  lernen  lassen  möchte.  Der  Gegensatz  zwischen  dem 
int&VfHixfjg  ts  xal  igcuf tig  vov  noXitupf  yiyysü^ai  xiXeoy^ 
i^t^kv  ve  xal  aQxe(i&a&  snKrtdfAsyoy  (Astd  dix^g  und  dem 
ßäyavffog  und  dy^Xiv^s^og^  dessen  naiösia  gar  zu  oft  elg  XQV^ 
fMtra  Tsive^j  besieht  heute  wie  damals  zu  Recht  Der  Satz  tig 
Ol  y$  li^ttl^  nsfU»tdsv(ih^o§  (fxedoy  dya&ol  ylyyoyva^  mit  der 
hohen  Wertung  einer  richtigen  idealen  Jugendbildung  hat  an  Be- 
deutung und  Wahrheit  im  Laufe  der  Jahrhunderte  nichts  ein- 
gebüßt^). 

Da^dsia  ist  aho  „das,  was  den  Menschen  gut  macht'*  (Ritter). 
Und  woran  erkennt  man  den  Guten?  Die  Antwort  wQrde  in 
schlichter  Form  lauten:  daran,  daß  er  Selbstbeherrschung  (afnnpqo- 
fsivfi)  zeigt,  so  daß  er  die  Triebe,  die  in  seinem  Innern  liegen, 
richtig  leitet.  Piaton  hat  hier  einen  fj^i&og  eingeschaltet,  ähnlich 
dem  im  Anfange  des  Phaidon  eingeflochtenen;  er  handelt  vom 
Menschen  als  einem  &adfMx  S'Btoy^  d.  h.  als  einer  Marionette  der 
Götter.  In  ihm  liegen  wie  in  der  beweglichen  Puppe  viele  Fäden 
oder  Drähte  —  er  meint  natörlich  die  Triebe  (%d  nd&tf)  — , 
durch  die  er  sozusagen  zu  seinen  Handlungen  bewegt  wird.  Sie 
sind  von  Eisen,  nur  einer  ist  von  Gold,  der  Xoyt^gjbdg^  o  vi 
Trov'  (iKvtmy)  äf^styoy  f  x^^^^y  ^?  yspo^ksvog  doyiia  noXstag 
wiiviv  yofA^g  inut^yoiioava^.  Das  ist  der  Faden,  der  allein  zur 
Tugend  fährt:  an  ihm  muß  der  Mensch  (helfend)  ziehen,  wenn 
er  das  hohe  Ziel,   den  Sieg  des   XQ^^^^^  Y^vog.   erreichen    will. 

^)  Vgl  Lehrprobeo  und  LehrgiofO  1906  II  S.  14<-18. 


618         PUtons  ,,Geaet«e"  in  anserer  Qyqinasiallektiire, 

Man  hat  diesen  fAv&og  wie  so  vieles  andere  bemängelt,  aber  es 
hat  mir  das  ihn  nicht  schlechter  gemacht.  Leitet  er  nicht  scb5n 
hinüber  in  das  wichtige,  im  Religionsunterricht  zu  behandelnde 
Gebiet  von  der  göttlichen  Bestimmung  und  vom  freien  Willen  des 
Menschen?  Verknüpft  er  sich  nicht  auf  das  beste  mit  jenem  im 
Euthyphron  ^)  berührten  Gedanken,  demiufolge  GAtter  und  Menschen 
Mitarbeiter  sind  zur  Verwirklichung  der  Idee  des  Guten? 

Die  ganze  Auseinandersetzung  über  die  üa^deta  war  hervor- 
gerufen durch  die  Verhandlungen  über  avfjkJtotfia  und  fki&fj^  in 
deren  Verwerflichkeit  der  Kreter  Kleinias  und  der  Lakedaimonler 
Megilios  einig  sind.  Der  Athener,  durchaus  der  Leiter  des  ganzen 
Gespräches,  ist  anderer  Meinung.  Er  lehnt  zunächst  das  Vorurteil 
ab,  das  alles  für  schlecht  hält,  was  im  eigenen  Lande  unbekannt 
und  anderswo  Brauch  sei.  Auch  müsse  man  nicht  nach  den  Aus- 
schreitungen die  ganze  Sache  beurteilen,  sondern  sie  bis  in  ihren 
Kern  verfolgen  und  studieren.  So  sei  z.  B.  ein  (SVfinotSiOv  erst 
dann  zu  beurteilen,  wenn  man  es  unter  Leitung  eines  geeigneten 
aqxwv  beobachtet  habe.  Sei  nämlich  der  erste  Zweck  eines 
solchen  Gelages  die  Pflege  und  Befestigung  freundschaftlicher  Be- 
ziehungen unter  den  Mitgliedern  und  sei  der  äqxi»v  zugleich 
v^qxAV  und  aoq)6g,  so  könnte  die  erregende  Wirkung  des  Weines 
sehr  wohl  für  die  (fvfAnovat  ein  sehr  wichtiges  Erziehungsmittel 
bilden.  Der  Athener  weiß  sehr  wohl,  daB  der  Weingenuß  im 
allgemeinen  %cig  ^doväg  xai  kvnag  xai  ^fAoifg  xal  sgmzag  be- 
lebt und  steigert,  dagegen  tag  aief&ijiteig  xal  fAPijfucg  xal  do^ag 
xal  q>Qoyij&€$g  herabdrückt,  aber  er  sieht  in  ihm  trotzdem  ein 
ungefährliches  und  bequemes  Mittel  zur  Prüfung  und  Erprobung 
der  Schamhaftigkeit.  Auch  bietet  nach  seiner  Meinung  die  Zwang- 
losigkeit  des  avfinociov  dem  Staatsmann  die  beste.  Gelegenheit, 
tieferen  Einblick  in  Wesen  und  Sinnesart  der  Teilnehmer  zu  tun, 
dessen  er  gewiß  bedarf,  um  jeden  Mann  an  die  rechte  Stelle  zu 
bringen.  Alles  das  ist  mit  behaglicher  Breite,  aber  doch  mit  so 
großer  Feinheit  ausgeführt,  daß  man  es  mit  Freuden  lesen  wird. 
Besonders  die  Auseinandersetzungen  über  die  beiden  Arten  von 
(poßog,  den  verwerflichen  und  den  lobenswerten,  der  mit  atdmg 
oder  ataxvy^  bezeichnet  wird,  sind  um  so  reizvoller,  als  Piaton 
des  öfteren  auf  sie  eingeht  und  sie  auch  sonst  in  der  griechischen 
Literatur  eine  Rolle  spielen').  Sie  enden  mit  dem  scharfgeprägten 
und  durchgeführten  Satze:  wpoßov  ^/i*<5y  äga  det  ^lyv^ad-a^ 
xal  (foßcQoy  ixa<fzov.  In  diesem  Zusammenhange  kann  ich  für 
Primaner  in  der  Behandlung  der  SyAiposien,  die  sie  bei  den 
griechischen  Lyrikern  und  bei  Horaz  ja  doch  zur  Genüge  kennen 
lernen,    nichts  Bedenkliches   finden,    mag   man   sich   zu  der  von 

1)  Vgl.  Zeitschrift  für  das  GymnasialweseD  1905  S.  579. 

<)  MaD  vgl.  Homer  llias  7,93;  Soph.  Aias  1073—1086;  Plato  Lackes 
198  B;  fiathyphroD  12  B;  Thokyd.  I  84,3.  U  37;  Xeooph.  Mem.  Hl  7,5  fr.; 
Aristotel.  Nie.  Ktb.  II  7;  Pintarch  Gleon^nes  9. 


von  H.  Giili8oh0W«ki.  619 

Platon  besprochenen  ^pädagogiBchen"  Verwendung  des  Weines 
stellen  wie  man  will.  Die  ganze  Art  der  Auseinandersetzung  ist 
80  dezent,  daß  eine  unangenehme  Nebenwirkung  auch  bei  jugend- 
lichen Lesern  v5llig  ausgeschlossen  erscheint  Zu  dem  ganzen 
Passus  yergleiche  man  dann  noch  in  Ritters  Kommentar  S.  54 — 69, 
dem  ich  in  allen  wesentlichen  Punkten  beistimmen  muB,  und 
Steinhart  io  der  Einleitung  S.  147  ff. 

Wir  sahen  soeben,  daB  Kreter  und  Lakedaimonier  sich  gegen 
die  Symposien  ausgesprochen  hatten.  Dagegen  hatten  sie  die 
Yvikvaa^a  und  av(Saix$a  hoch  gefeiert  und  auf  die  Frage  des 
Atheners  naxä  %i  %ä  ^aaix^a  te  vfkZr  avvxhaxBV  6  vo/iog  xai 
xä  yvikvaa^a  {%al  t^v  t&v  oniMv  l^^v);  geantwortet:  1.  nols- 
Itog  asl  n&Ck  d$ä  ßiov  h>^^X'iQ  i(fxi  nQog  andüaq  noletg^ 
2.  dg  %ov  nole/iov  anavta  äfifioalq  xal  idiq  tä  v6fAk[Aa  ^(Jbty 
anoßUmav  (fvystä^cero  (6  voiAod^iv^g).  Welch  eine  Fälle  Ton 
lehrreichen  und  für  unsere  Zeit  noch  vortrefflich  auszunutzenden 
Gedanken  schlieSt  sich  an  diese  Sätze  an!  Da  sagt  der  Kreter 
^y  yaQ  TtaXovCyv  oi  nlst&tot  %äv  w&Qdimay  eiQ^yfjy^  tovt^ 
iha$  ikovov  wo^cL,  und  der  Athener  läBt  ihn  seinen  Satz  vom 
beständigen  Kriege  so  weit  rückwärts  verfolgen,  daß  er  ausspricht, 
nicht  nur  zwischen  den  Staaten,  sondern  auch  den  Dörfern  und 
einzelnen  Menschen,  ja  innerhalb  der  Gemeinden  und  im  Innern 
jedes  einzelnen  Menschen  herrsche  Zwiespalt  und  Krieg.  Dann  weist 
der  Athener  schlagend  nach,  daß  das  aq^atov^  dem  doch  ein 
Gesetzgeber  nachgehen  müsse,  weder  nolefiog  noch  <TTd<r»^  sein 
könne,  sondern  slgijyii  ngog  aiXijlovg  agjba  »al  fp$lo(pQO(fvyii, 
Krieg  sei  nur  ein  notwendiges  Obel  (zAf  äpayHaiiov).  Richtig 
sei  es  also,  rd  nolifkov  vofiod'ec^Xv  xdq^v  ^i^^Vfig,  nicht  %ä  %^g 
€l(kpf^g  xmv  noXtiMxAv  iv€»a.  Könnten  sich  vielleicht  mit 
einigem  Rechte  Kreter  und  Lakedaimonier  auf  Tyrtaios  als  den 
Verfechter  ihrer  Anschauung  berufen,  so  halte  er  es  mit  Theognis 
und  seinem  Ideal  des  nnfzog  ovijq.  Denn  nuftog  xal  vyi^g  {iv 
iStdaBtfhv)  könne  niemand  sein  avev  l^findifiig  aQex^g.  Auch 
Minos  und  Lykurgos,  so  meint  der  Athener,  dürften  diesem  Grund- 
satze gehuldigt  haben,  wenn  es  ihre  Anhänger  und  Kritiker  auch 
nicht  immer  merkten.  Diesem  grundlegenden  Gedanken  läßt  er 
als  Gesichtspunkte  für  jede  vernünftige  ethische  Gesetzgebung  in 
dem  wichtigen  6.  Kapitel  eine  Aufstellung  der  aya&d  folgen,  die 
mit  den  Worten  beginnt:  dknlä  di  dyad-d  ia%t^  tu  f^iv  äv^qf»- 
nwa,  %a  di  S-etcCj  ^^ti^tcm  ö'  ix  %Av  d-sltav  ^drega.  xal  idv 
liiy  dixfnai  x^g  xd  fAti^ova  noXtgj  xxätak  xal  xd  iXdxxovay 
tl  di  fA$ij  oxiQ€xa$  äinpoXv.    Die  iXdxxaya  sind  vyleta,  xdXXog^ 


'}  Sehr  richtig  bemerkt  hier  Steinhart  (S.  137):  Schon  hier  schinmert 
dai  höohste  Gesetz  des  Staates,  wie  es  der  früheren  Schrift  (gemeint  ist  die 
noXiTitu)  zagmnde  lag,  wieder  darch,  daß  der  Staat  ein  Abbild  der  Idee 
des  Gatea  seui  moase« 


.620         PUtoBs  „Gesetze"  in  unserer  Gymnasiallektöre, 

taxvg  cig  zb  d^Ofi/oy  xai  tig  zag  aXXcig  nattag  »*vf (Tck  ^9 
fTtöfioT^^  nkovzog;  die  fkeiCwa  sind  qi^ov^a^g^  <fmq>QWP  tpvx^g 
l^^tg,  S$xato(fvvijy  avÖQsla.  Alle  andern  nQüCtdl^e^g  zielen  auf 
diese  hin  (ßXinstv  etg)  und  zwar  die  menschlichen  auf  die^5tl- 
liehen,  die  göttlichen  eig  rdv  ^ysfioya  yovv.  Hiernach  wird  ein 
vorläufiger  Plan  der  Gesetzgebung  entworfen :  er  handelt  von  Ehe- 
schließung, Zeugung,  Erziehung,  Besitz,  Aufwand,  Erwerb,  ge- 
schäftlichem Verkehr,  Ordnung  des  Begräbnisses  und  Bestellung 
von  tüchtigen  Wächtern  zur  Aufrechterhaltung  der  gesetzlichen 
Anordnungen,  Den  Schlußsatz,  der  wiederum  Anregung  zu  pro- 
pädeutischen Erörterungen  gibt,  schreibe  ich  her.  Kazidmy  di 
6  ^tlg  zovg  yofiovg  anaiSt  %ovvo$g  fpvhxxag  intczifife^y  %ovg 
l»,iv  d$ä  g>Qoyija€wgy  zovg  di  d«'  äXfj&ovg  do^iig  top- 
zag, OTtfog  navza  zavza  ^vydijaag  6  yovg  inofkeya  (fmg>QO- 
avpfi  xal  dixaioifvyfi  anroijpipi},  älXä  ji»^  tiXovzw  fk^di  tpkJüo- 
ziikiif.  Damit  wären  wir  wieder  bei  dem  Unterschied  vom  den 
oqd-Ag  nena^devfkiyot  und  den  ßavavaoi  und  avBksvd-sqok  an- 
gekingt.  Auch  sei  darauf  hingewiesen,  wie  schön  die  gesperrt 
gedruckten  Worte  sich  an  den  Schlußteil  des  Menon  ansd^ließen, 
in  dem  Sokrates  ausfuhrt,  wie  die  äydfiyii<ftg  das  festigende 
Moment  fflr  die  661^$  sei:  ov  noUov  a%iai  sta^y^  img  av  x^g 
avzdg  ifjiffi  aiziag  kay^^/km.  zovto  6*  iaziy,  Mhfmy  sz€ä[Q€^ 
äyduyii€figj  mg  iy  zotg  ngoffS-sy  ^fkXp  wfioJioyi^ak.  ans&day 
6i  oe^iSefty  nq&zoy  ^kky  intoz^fka^  yiyyovzai^  Sitskza  (koy^fioh. 

In  der  nun  folgenden  Erörterung  der  ovdqHa  (Kap.  7  ff.) 
wird  der  spartanisch-kretischen  Erziehung  vorgeworfen,  daß  sie 
sich  nicht  befasse  mit  der  Abhärtung  gegen  Verführungen  der 
Lust,  die  doch  ebenso  wesentlich  sei  wie  die  Abhärtung  gegen 
Gefahren.  Auch  zur  vollkommenen  afag)Qo<fvyf)  könne  niemand 
erzogen  werden»  dem  es  an  Gelegenheit  fehle,  seine  aUdg  in 
Aufregungen  ausgelassener  Lust  und  Tollheiten  aller  Art,  wie  sie 
etwa  die  Symposien  mit  sich  bringen,  zu  erproben  und  zum  Siege 
zu  fuhren. 

Das  ist  in  kurzen  Zagen  der  Hauptinhalt  des  1.  Buches.  Ich 
meine,  es  seien  der  Themata  genug,  die  wir  mit  unsem  ältesten 
Schfllern  bearbeiten  möchten.  Viele  Fäden  spinnen  sich  vos 
ihnen  zu  unserer  Zeit  hinüber;  gar.  manche  von  den  Fragen,  die 
den  Piaton  beschäftigt  haben,  sind  noch  immer  aktuell,  und  bei 
manchen  dürfte  es  noch  heute  wie  damals  heißen:  adhuc  sab 
iudice  lis  est.  Der  Beziehungen  zu  andern  Dialogen  sind  nicht 
wenige:  einiges  ist  ja  hier  schon  angedeutet 

Vielleicht  darf  ich  noch  einige  Sentenzen  hervorheben,  um  zu 
beweisen,  daß  auch  daran  kein  Mangel  ist. 

1.  To  yixqy  avzoy  avzoy  naaäy  yix&y  nqmzii  z€  xai 
äQiatfjy  z6  di  ^tzäiS&ai  avzoy  vtp^  iavzov  ndvzmy  aiffXKfzoy 
ZB  cifjba  xal  xdxtOzoy. 

2.  Ov  ydq  z6  zB  jryäyai  zk  zäy  fk^  xcdäy  äz$fAoy^  äiXa 


v«i  H.  GiUifchewski.  621 

liB^a  cÄX^  cdvoiq  dexo^kivm. 

3.  Ba$dsp^iy%$q  jujv  sv  Yiyvokvz'  otv  SrÖQsg  äjra&ot,  ye- 
viiksw^k  di  %o*av%Ok  %d  t'  aiXn  nqcetxoisy  xaläg^  Sv^  de  nSr 
¥inmw  tavg  Ttolsfilovg, 

4.  Uahdaia  giiv  0vv  ifiqsi  nal  vlxifv,  rlxfi  d'  ivlats  apcai" 
iwtftay. 

5.  Uatista  fiiy  oidentiftars  ^fyaye  KaSfuia,  ytua^  di 
cn^Q9ino&g  noiXal  i^  totavvat  yeywijusi  ts  xal  lifopTai. 

6.  AijiA  df  %ai  ^^(Jki  xov  6rr$ovy  aya&oy  aydqa  fiiiXoyta 
är«<r^*  r&vvo  avro  ist  naldwy  €vMg  fj^eXeräy  dsty  nai^oyta 
f€  xai  (fnavödCoyva  iy  %otg  %ov  nqaYfkaxog  ixd^tokq  nqotf- 
jnavaty. 

7.  ndXat  /€  avy^mq^aayißBy  dg  dya&äy  fkiy  oyrtay  täy 
dwafUymy  &Q%ß$y  wivAy^  tuczeiy  di  %äy  /tMjf. 

Dis  2.  Bneh  dftrfte  aus  mehreren  GrOndeo  för  die  Schule 
Hiebt  in  Betraebt  kommen.  Es  genügt,  seine  sprachliche  Schwierig- 
keit anzuführen:  der  Gewinn,  den  ihre  Bewältigung  bringen  wflrde, 
lohnt  nicht  die  große  Muhe,  die  man  daran  setzen  müßte. 

Um  so  mehr  empfiehlt  sich  dafür  das  3.  Buch,  die  Betrach- 
taog  der  Terschiedenen  Staatsformen  in  ihrer  geschichtlichen  Ent- 
wicklung zur  Beantwortung  der  Frage,  welche  von  ihnen  am 
besten  die  Eintracht  zwischen  Begierenden  und  Begierlen  erhalte. 
Wir  haben  da  einen  Abriß  der  Urgeschichte  bis  zur  Dorischen 
Wanderung,  eine  Geschichte  des  Dorisch- Peloponnesischen  Drei- 
staatenbundea  und  vornehmlich  Spartas  bis  in  die  Perserkriege 
hinein,  endlich  eine  Erörterung  über  Athen  und  das  Perserreich 
ab  die  Baupttypen  derjenigen  beiden  entgegengesetzten  Staats- 
formen,  welche  allen  andern  zugrunde  liegen,  der  Monarchie  und 
der  Demokratie  in  ihrer  maßlosesten  und  &oJSersten  Entwicklung. 
Was  das  Interesse  so  ungemein  belebt,  ist,  daß  wir  hier  geschichts- 
philosophische  Studien  haben,  deren  Art,  Ursache  und  Wirkung, 
Grund  und  Folge  aufzuklären  und  daraus  allgemeine  Normen  her- 
zuleiten, in  ihrer  einfachen  Größe  nicht  ohne  Eindruck  bleiben 
kann  und  die  zu  einem  Vergleich  mit  der  Einleitung  des  Thuky- 
dideisohen  Werkes  geradezu  einladet.  Hervorgehoben  seien  nur 
zwei  Stellen. 

1.  (697  BC)  Jüyofisy  toiyvy,  oxy  noXiy,  tig  Sotxs,  x^y 
niXlavacty  aut^ifd-ai  xe  xal  svSatfjkoyijcsty  tig  SvyecfAty  äy- 
^qmniyfiy  dst  xai  ävayxaXov  xi/idg  xs  xal  äxifiiag  dtayifjbsiP 
oqd'mg.  icxk  di  iQ&mg  aqa  x&fnwxaxa  ßiy  xal  nq&ta  xd 
nsql  x^y  y^vx^y  aya^d  xeta&at,  awifqoavytig  vnaqxovaiig 
orvT^,  dsvxMqa  di  xd  Tttql  xo  <s£[mx  xaXd  xal  dyad'd,  xal 
xqima  xd  TtMql  x^y  ovcfiay  xal  xni*^^^  leyoftsya.  xavxwy  di 
av  Ixxog  xtg  ßaiyfi  yof^o&ix^g  ^  nok^g,  sig  xt^dg  17  x^i^/t^ara 
noodyovffa  ^  x$  xtoy  icxiqmy  stg  x6  nq6cd'€v  xifAatg  xdxxovtfa, 
9v^'  ickoy  ovxe  nolUx^xiy  äy  dqtfi/  nqaypa. 


622         PlatoDS  „Gesetze'*  io  uDserer  GyranasiallektHre, 

Die  2.  Stelle  (700A— 701D)  versucht  den  Nachweis  zu  fuhren, 
daß  der  Verfall  der  athenischen  Macht  nicht  zum  wenigsten  durch 
den  Niedergang  der  musischen  Kunst  verschuldet  sei.  Ke  Kritik 
dieser  Stelle  gibt  zu  den  interessantesten  Erörterungen  Anlaß,  die 
in  eine  Prima,  in  der  das  griechische  Drama  doch  eine  hervor- 
ragende Rolle  spielt,  ausgezeichnet  hineinpassen,  selbst  wenn  man 
geneigt  sein  sollte,  der  Platonischen  Auffassung  hier  nicht  beizu- 
pQichten;  Hit  Recht  hat  nämlich  schon  Steinhart  bemerkt,  daß 
die  Zeit  des  Perikles^)  gerade  die  Zeit  höchster  Blute  der  musischen 
Kunst  gewesen  sei  und  daß  ihr  späterer  Verfall  nicht  die  Ursache, 
sondern  wohl  die  Folge  der  politischen  Maßlosigkeiten  der  Griechen 
gewesen  sei.  Ebenso  richtig  aber  hat  er  betont,  daß  unser  Philo- 
soph dadurch,  daß  er  eine  innige  Wechselwirkung  zwischen  den 
Zuständen  der  Kunst  und  des  öffentlichen  Lebens  anerkennt,  einen 
tiefen  Einblick  in  das  wahre  Wesen  der  Dinge  gezeigt  habe  und 
daß  man  sagen  könne,  er  habe  durch  diese  Verknüpfung  des  Zu- 
sammengehörigen eine  ganz  neue  Bahn  für  die  Auffassung  und 
Behandlung  der  Geschichte  gebrochen,  welche  von  keinem  Ge- 
scbichtschreiber  des  Altertums  weiter  verfolgt  und  erst  in  der 
neueren  Zeit,  besonders  seit  Herder,  wieder  aufgefunden  sei. 
Piatons  Stellung  zu  den  Dichtem  seines  Volkes  bedarf  in  jedem 
Falle  einer  Behandlung  auf  dem  Gymnasium.  Bausteine  dazu 
liefern  ja  auch  die  kleineren  Dialoge. 

För  das  4.  und  5.  Buch  gebe  ich  der  Körze  wegen  nur  die 
alten  Argumenta. 

Lib.  IV.  Pergit  in  explicanda  praefatione  quam  ad  quinti  dia- 
logi  paene  medium  persequitur.  .  Ut  autero  veram  constanteroque 
reipublicae  inaglStP  repraesentaret,  de  industria  coloniam  quandam 
in  agro  Cretensi  sibi  proponit,  ad  quam  legibus  exornandam  leges 
eae,  quae  tradit,  accommodari  queant.  In  summa  praefationis 
illius,  quam  ab  ipso  disputationis  initio  instituit,  illustria  quae- 
dam  capita  explicat  in  hoc  dialogo:  nimirum  De  situ  civitatis 
opportuno  (maritimum  autem  non  probat,  ut  commerciorum  ver- 
sutiis  magis  expositum):  De  quaerendanim  sedum  occasionibus; 
De  reipublicae  forma  et  de  Dei  ac  parentum  cultu. 
Tractat  etiam  praeclarissimos  locos  De  legum  vi  et 
auctoritate:  De  praefationum  ante  legitimam  principemque 
legum  constitutionem  necessitate  et  quibus  illae  regulis  debeant 
circumscribi. 

Lib.  V.  Prima  huius  dialogi  pars  complectitur  nonnuUa,  quae 
ad  praefationem  absolvendam  restabant,  et  tractat  pulcherrimuro 
locum  De  vero  animi  cultu,  id  est,  quanto  studio  et 
labore  versari  debeat  bonus  civis  in  animo  suo  colendo, 
et  quinam  sit  verus  et  genuinus  illius  colendi  modus: 


>)   Bekanntlich   arteilt  Platoo    auch   sonst  (t.  B.  im  Menon)  angünstif 
über  Perikles  and  andere  proße  StaatamänDer,  doe  Athener.  .     . 


voo  H.  Gillischewski.  623^ 

atqne  adeo,  quantum  corpori,  quantum  pecuniae,  et 
iis  Omnibus  rebus  exterois  sit  ab  eo  tribuendum.  Ita' 
Terum  verae  legum  institutionis  fundamentum  substernit  Plato. 
Frustra  enim  leges  instituerenlur,  neque  ullam  efOcaciam  ex- 
sererent,  nisi  eius,  cui  ponuntur,  animus  recte  prius 
fuerit  informatus,  ut  ipse  sibi  lex  sit.  (lüde  ad  ipsam 
vefio&eaicev  accedit,  quae  est  horum  duodecim  libroruni  altera  pars.) 
Die  durch  Sperrdruck  bezeichneten  Partien  bieten  wiederum 
eine  Fülle  des  Wissenswerten  und  Schönen,  wie  ich  an  ein  paar 
Textproben  erläutern  will. 

1.  (715  D)  y  ikiv  ydq  av  aqxoiiBVoq  if  xai  äxvfog  vofAog, 
(^OQay  oQw  rfl  tokavtfi  sroifhfjy  oiicav  iv  ^  6i  av  dstfnot^q ' 
%&v  oQxovTiav,    ol  de  aQxoyteq  dovXot   tov   vofAOVf    addXfjQiav 
xat    ndvd'*    oüa    x^sol     noXsff^y    iöotsav    ayad'ä    yij^yofieva 

2.  (715  E.  f.)  6  fjtev  d^  ^^og^  ätfncQ  «al  6  naXaiog  ioyog, 
aUXijv  TS  xal  teXevr^v  xal  f/kiaa  i&v  ovxwv  andvtiüv  Sxa^y, 
ivd-aict  nsQaivBi  xata  (pv(f$v  ncQinoQsvofASVog'  tm  d*  äcl 
hy^nsta^  dlxi^  %äv  änoXs^noikivanv  tov  d-eiov  vofAOV  tifjbtoQogj 
^g  6  fkiy  evSatfkOVijffeiv  fA4XX(ay  ixoasyog  l^winsrai  ranetyog 
*at  xenoafA^fkiyogj  et  di  iig  i^gd'eig  vno  (leyaXavxtccg  ij  XQ^- 
(Kctsty  irfatQOueyog  ^  t$(Aatg  ij  xal  (rdfifCcvog  €VfAOQ(pi(x  äfia 
yeoTfftk  xal  ayoiq  ipXfyeta$  tijy  Hfvx^y  f^ex^'  vßQewg,  (og  ovt" 
äqxoyrog  wre  vtyog  ijyefjkayog  oeöfAeyog,  aXXd  xai  äXXo^g 
Ixccyog  &v  ^yetif&ai^  xceraXeinetai  eQ^giog  ^eovj  xa%aXei(pd-eig 
ii  xdi  eti  äXXovg  toiovtovg  nqo^Xaßdv  dxhQtq  Taqdttiay 
ndy^'  ofka^  xal  noXXotg  t^aiy  eöo^ey  elvai  Tic,  p>etd  di  XQ^^^^ 
ov  noXvy  vno<f%^v  ttufaQiay  ov  ftefAnT^y  if  dixy  eavvov  te 
ta\  ofxoy  xal  noXkV  aqS^y  aydaxatoy  inoi^€fe. 

3.  (716  C)  0  d^  S'eog  i^kZy  ndvvfay  XQ^f*^'^<i^^  [Ahgoy  &v 
aijf  fkdXi<s%oij  xal  noXv  (ifäXXoy  ij  nov  rig,  £g  q^aüiy^  äy- 
x^Qwnog. 

4.  (717  BC)  inaxoXov&oX  d'  avrotg  IdgviAata  16 ta  na- 
igtofoy  d'eäy  xatd  yofAoy  dQy$a^6[ß,eycc,  yoyi(Ay  di  aerd  tavia 
tilkal  ^myrcoy,  otg  &ifjttg  iipsiXoyta  dnoxive^y  ta  nqäid  te 
xal  fkijrtcta  6(petXij(AaTa,  XQ^^^  ndyzcoy  nqsaßvxaxa^  yofAi^eiy 
dif  a  xhn^xay  xal  £%£»,  ndvxa  elyak  tdoy  yeyyti(fdyxcoy  xal 
d^Qetpafkiytay  nqog  to  naqixeiy  aixd  etg  vrtfjQetriay  inetyoig 
xatd  dvyafnv  ncusav^  aQXOfAeyoy  ano  xtjg  ovffiagy  öevxega  xd 
xov  Cüigtatog,  tqita  td  tijg  tpvxfig^  dnotivovta  daveiafß^ata 
in^neXelag  te  xal  vneqnovovvtfav  wdiyag  naXutdg  inl  yio^g 
dayetc&Biaag,  anodidoyta  di  naXaioXg  iy  t<S  yi]Q(f  atfodqa 
texqfiikivoig  xtX. 

5.  (726,  727  A)  ndvttay  ydq  täy  avtov  xrij/ttctrwv  [Aexd 
^Bovg  t/wx^  d-e^dtatoy,  otxetotaxoy  oy,  xd  d'  avxov  dtxxd 
ndr^  icxl  näifk,  td  fjbip  avy  xqeixxfo  xal  a^eivta  deüno^oyxa^ 
xd  d'  ffxtm  xal  x^^^co  dovXa,    ra/i^  oiy  avtov  td  deaito^oyta 


624         Platoos  ,,Gesetse<'  io  anierer  Gymntsiallektüre, 

asl  nqo%iiMi%iov  %Av  dovX€v6v%iov*  ovrm  d^  tjy  ctitöv  if^tfX^^ 
fAswä  ^€oifg  ovxotg  deffnotag  nai  toifg  %9vto&g  ^nofkivovg  x^^a^ 
dsXv  Xi^iAV  devtiqav  iq&äg  n(KQaxeXsvoi/kaf* 

6.  (728  A)  nag  yaq  o  %'  inl  y^g  xal  vno  y^g  Xijvaig 
oQBtfjg  ovx  äyraStog» 

7.  (729  BC)  6  3i  ifi^nmv  voiko&itfig  %o%g  nqeüßvtiqo^g  av 
(/i,äXlov  TtaQaxeXevotto  alffxvvs^d'cc^  vQvg  viovg  ica*  n6t»f%mv 
fAaXufva  evlaßstif^atf  i/bij  no%i  z^g  avroy  Xdfi  %w  vimv  S  xal 
inaxov(ffi  dq£v%a  ^  Xiyovxd  tk  %äy ,  attfXfA^j  »g  onov  ava^- 
aXVPTOV(f&  yiqovtsg^  avdyxfi  xal  viovg  ivxavd'a  ffvcu  dvatÖB- 
atdvovg'  natdela  yäq  vicuv  d^aq>iQovca  iaz$v  äfAcc  nal  aivw 
ov  %6  pov&steip,  aXX'  änsQ  äv  aklov  vovd'Btw  €ino$  %$gf 
(paivBC'd'ai  aivav  dgäwa  d&d  ßlov. 

8.  (730  BC)  di/i^d'€ka  d^  ndy%wv  pkip  aya^äy  ^soXg  iy^tah 
ndvxwv  di  äp&QüiTvotg'  ^g  6  ycvijifea&af  fkäXlmv  fiaxaQiog  %€ 
xal  evdatikiov  i\  ägx^g  cndvg  fk^oxog  ^f ,  tya  «c  Txiejaxov 
Xqorov  dlnS'ijg  wp  d^aß^oT. 

9.  (731 A)  fptXovekXfixm  di  ^fjttp  nag  nQog  äfst^v 
ätp&opwg. 

10.  (731  D — 732  A)  ndpvwv  di  lUy^tov  xaxAv  ctp&Q»- 
nofg  xotg  noXXoXg  Biktpvxov  iv  %aXg  tffvxatg  iaxhf^  ov  nag 
savTw  avyyywfAfiv  sx^ov  dnoipvy^v  avdef/kiav  f^ij^x^raira«  *  xovto 
d'  ifSviv  o  Xiyoviftv  dg  tptlog  avtfi  nag  up&Qanog  ^va$*  % 
hsxl  xal  OQd-iag  Sxe^  xo  dstv  elpat  xo$ovxov'  x6  ii  alij&Hq 
y$  ndpxoav  dfiaqxiifidxüip  did  ti^v  dfodqa  iavxov  ipiliav  cuxmv 
ixdaxto  yiyvsxa$  ixdtfxoxs.  xvg>Xovxa&  ydq  nsql  x6  q^^loti- 
fuvoy  6  (ftXäVi  ä<fx€  xd  dixata  xal  xd  dya&d  xai  %d  xald 
xax&g  xqivsty  xo  avtoi  nqo  xov  dlii&ovg  del  XkfA&v  dsXv 
^yovfjbsvog*  ovxe  ydq  iavxov  ovxb  xd  iavxov  XQV  '^^^  Y^  V^Y^ 
ävdga  iaofj^evov  axiqysiv^  dXXd  xd  dtxaia^  idv  xs  naq"  avxA 
idv  xe  naq'  aiXm  fAalXov  nqaxxofieva  xvyxdvfj,  ix  xavxov  ii 
diMcqxij(jbaxog  xovxov  xal  xo  x^v  duaS-iav  naq^  avxtS  öoxbXp 
oo(flav  slvaf  yiyovs  näaiv. 

11.  (734  B)  ^  ydq  dt  äf^ax^iav  ij  d»'  axqdxetav  ^  d»* 
äiAg>dx€qa  xov  C(o<pqov€Xv  ivde^g  äv  Cjl  ^dg  avd'qdntvog 
oy^og. 

Genug  der  Proben!  Für  den  ganzen  Anfang  des  5.  Buches, 
•  das  nicht  genug  gerühmt  werden  kann,  sei  noch  auf  die  zu- 
sammenfassende Darstellung  und  Charakteristik  von  Steinhart 
(S.  200 — 208)  verwiesen,  wo  auch  schon  auf  die  fast  christliche 
Tiefe  der  Auffassung  aufmerksam  gemacht  ist. 

Ist  nun,  wie  ich  dargetan  zu  haben  glaube,  der  Inhalt  der 
angegebenen  Partien  der  N6fio$  lesenswert,  so  bedarf  es  noch 
eines  ganz  kurzen  Schlußwortes  über  die  Form.  Ihre  Schwierig- 
keiten zu  leugnen,  wäre  unrecht.  Zu  ihrer  Oberwindung  mAßte 
also  durch  einen  Kommentar  den  Schulern  Hilfe  geboten  werden. 
Und  hat  0.  WeiBenfels  das  für  Aristoteles,  Epikur,  Hark  Aurel  ii.  a. 


von  H.  Gillischewski.  625 

zastande  gebracht,  so  kann  das  auch  für  unser  Buch,  für  das  ja 
nun  auch  C.  Ritters  Kommentar  zur  Verfügung  steht,  geleistet 
werden.  Wir  wollen  ja  doch  nicht  den  Sdhülern  alles  Schwere 
aus  dem  Wege  räumen,  sondern  sie  lehren,  durch  eigene  Arbeit 
eigenen  Gewinn  schaffen.  Hier  ist  die  Arbeit  wohl  nicht  leicht, 
aber  der  Gewinn  ist  desto  schöner. 

Übrigens  habe  ich  bei  der  Beschäftigung  mit  den  Gesetzen 
wieder  recbt  deutlich  gesehen,  wie  wenig  die  Obersetzungen  das 
Original  ersetzen  können  und  wie  wenig  einer  davon  haben  würde, 
der  nur  die  Obersetzung  lesen  wollte. 

Blit  gutem  Recht  hat  C.  Ritter  auf  eine  neue  Obersetzung 
des  Werkes  verzichtet  und  eine  „Darstellung  des  Inhalts*^gegeben. 
Sie  wird  jeder  mit  Nutzen  lesen  und  dabei  erkennen,  dafi  sie 
gewifi  als  höchstes  Ziel  vor  Augen  gehabt  hat,  jeden,  der  irgend 
dazu  fähig  ist,  auf  die  Lektüre  des  Originals  hinzuweisen.  Möchten 
das  nicht  zu  wenige  sein! 

Berlin.  H.  Gillischewski. 


Le  IV  Congris  International  pour  TEnfance 

aura  lieu  k  Berlin 

du  30  Septembre  au  4  Octobre  1907. 


Zil*Mk&  t  a.  ejBllMklwtMa.    LXt    8.  9.  40 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


UTERARISCHE  BERICHTE. 


Otto  Pfleiderer,  Die  Eot8tehaa{;  des  ChristentamB.  Zweit«,  ao- 
veräiiderte  Auflage.  Münchea  1907,  J.  F.  LehntODS  Verlag.  VI  n. 
255  S.    gr.  8.    4  JL,  geb.  6  Jt,    - 

Das  Buch  ist  aus  öffentlichen  Vorträgen  entstanden,  die  der 
gelehrte  Verfasser  vor  Studierenden  aller  Fakultäten,  yieien  älteren 
Gastzuhörem,  Herren  und  Damen,  an  der  Berliner  Universität  ge- 
halten hat:  die  reife  Frucht  eines  mehr  als  vierzigjährigen  Studiums, 
den  Lesern  zum  Nachdenken  und  Nachprüfen  geboten.  Der 
Standpunkt,  von  dem  aus  die  Entstehung  des  Christentums  be- 
schrieben wird,  ist  der  rein  geschichtliche.  Daher  ist  das 
Buch  nicht  für  solche,  die  sich  in  ihrem  überkommenen  Glauben 
befriedigt  fühlen;  sie  könnten  dadurch  leicht  in  ihren  Gefühlen 
verletzt  und  in  ihrer  Oberzeugung  irregemacht  werden.  Den 
Suchenden  will  es  vielmehr  entgegenkommen.  In  allen  Ständen 
und  Kreisen,  so  heiBt  es  im  Vorwort,  gibt  es  Männer  und  Frauen 
genug,  die  dem  überlieferten  kirchlichen  Glauben  völlig  entwachsen 
sind  und  das  dringende  Verlangen  haben  zu  erfahren,  wie  vom 
Standpunkt  der  heutigen  Wissenschaft  aus  über  die  Entstehung 
dieses  Glaubens  und  das  Vergängliche  und  Bleibende  an  ihm  zu 
denken  sei.  Der  Verf.  sieht  voraus,  daß  die  Wissenschaft,  wie 
sie  in  stetem  Fortschreiten  begriffen  ist,  so  auch  über  die  von 
ihm  gebotene  Stufe  der  Erkenntnis  wieder  hinauschreiten  wird, 
ja  daß,  nach  allen  bisherigen  Erfahrungen  und  nach  manchen 
Anzeichen  der  Gegenwart  zu  vermuten,  der  Fortgang  der  Er- 
kenntnis sich  nicht  sowohl  in  der  Annäherung  an  die  alte  Über* 
lieferung,  als  vielmehr  in  noch  weiterer  Entfernung  von  ihr  be- 
wegen dürfte.  —  Die  ersten  Versuche  einer  geschichtlichen  Auf- 
fassung der  Entstehung  des  Christentums  ging  von  den  englischen 
Freidenkern  oder  Deisten  aus,  sie  fanden  in  Frankreich  und  in 
Deutschland  ihre  Weiterbildung  in  der  Aufklärung  oder  dem 
Rationalismus.  Die  Befreiung  von  den  engen  Schranken 
dieser  Geschichtsbehandlung  kam  dann  von  zwei  Seiten:  von 
dem  tieferen  psychologischen  Verständnis    der  Religion    und  von 


0.  Pfleiderer,  Die  Entsteh^,  d.  Christeot.  angez.  v«  A.  Jonas.  g27 

der  schärferen    Kritik    der    Geschichtsquellen.      Zu    der    ersten 
Richtung,  der  romantischen,  gab  Herder  den  AnstoB;  ihr  größter 
Vertreter  wurde  Schleiermacher  und  nach  ihm  Ritschi.    Aber  bei 
allem  Bemühen  dieser  Männer,  das  Prinzip  der  wahren  Geschichts- 
forschung, den  steten  Kausalzusammenhang  des  Geschehenen,  fest- 
zuhalten,  —   ohne  die  romantische  Vergötterung   des  Menschen 
Jesus,     ohne     die    Voranstellung    eines    „Übermenschen*'     und 
Wunderwesens    am   Eingang    der    Geschichte    des    Christentums 
meinten   sie  dies  nicht   zu   können.    Ihr  Bestreben,    das  eigene 
Ideal   in   die   evangelische   Geschichte    hineinzudeuten    und    die 
charakteristischen  Zuge   derselben  so  zu  übermalen,    daB  sie  mit 
dem  Christusideal   der  Gegenwart   sich    zu   decken    schienen,  — 
dieses  überall  mehr  oder  weniger  ersichtliche  Bestreben    war  für 
die  unbefangene  Forschung  der  Entstehung  des  Christentums  sehr 
hinderlich.  —  Der  romantischen  Illusion  gab  einen  schweren  Stoß 
David  Strauß  und  in  seinem  Sinne  weiter  arbeitend  Bruno  Bauer 
und  andere.    Ihnen  drängte   sich  die  Überzeugung  auf,    daß  die 
Entstehung    des  Christentums   nicht   als   die  bloße  Wirkung  der 
einen  Person  Jesu  zu  begreifen  sei,  sondern  daß  es  das  Erzeugnis 
einer  gewaltigen  und  vielseitigen  Entwickelung   der  antiken  Welt 
gewesen  ist.    Aber  sie  schössen  über  das  Ziel  hinaus,  indem  sie 
meinten,  ohne  einen  geschichtlichen  Jesus  aus  den  bloßen  Massen- 
iostinkten  und  Massentendenzen  die  Entstehung  des  Christentums 
erklären  zu  können.    Die  richtige  Mitte    zwischen  dem  Romanti- 
zismus  der   einen  und  dem  sozialen  Evolutionismus   der  anderen 
hat  F.  Ch.  Baur   gewiesen.    Nach    ihm    ist   die  Entstehung   des 
Christentums   als   ein  Entwickelungsprozeß   zu  denken,   in    dem 
außer  dem  Lebenswerk  Jesu  noch  manche  andere  Faktoren  mit- 
wirkten,  deren  Verbindung  und  innere  Ausgleichung  miteinander 
nicht  ohne  Kämpfe  sich  vollziehen  konnte.    So  wurden  für  Baur 
die  neutestamentlichen    Schriften    aus  Orakeln   der   apostolischen 
Inspiration,  was  sie  für  den  christlichen  Glauben  sind,   zu  Zeug» 
nissen  von  dem  natürlichen  Werden  und  Wachsen  der  christlichen 
Religion  und  der  Kirche. 

Dies  gilt  noch  jetzt;  nur  dann  läßt  sich  die  Entstehung  des 
Christentums  wirklich  geschichtlich  verstehen,  wenn  nicht  mehr 
das  Dogma  'die  Geschichte  beherrscht,  sondern  diese  Geschichte 
nach  denselben  Grundsätzen  und  Methoden  wie  jede  andere  er- 
forscht wird. 

Verf.  scheidet  das  Buch  in  zwei  Teile,  1.  Vorbereitung  und 
Grundlegung  des  Christentums,  II.  die  Entwickelung  des  Ur- 
christentums zur  Kirche.  Im  ersten  Teil  behandelt  er  die  Vor- 
bereitung des  Christentums  in  der  griechischen  Philosophie,  in 
der  Philosophie  Philons,  im  Judentum;  dann  folgt  das  Leben  Jesu 
und  die  Messiasgemeinde.  Im  zweiten  Teile :  der  Apostel  Paulus, 
die  drei  älteren  Evangelien,  die  gnostische  Bewegung,  das  Evan- 
gelium Johannis,  die  Gründung  der  kirchlichen  Autorität. 

40* 


628         0.  PfUiderer,  Die  fiotstehaog  des  Cbristeotamfl, 

Alle,  denen  es  bei  ihren  sonstigen  Beschäftigungen  nicht 
möglich  ist,  das  grundlegende  Werk  des  Verfassers:  „Das  Ur- 
christentum, seine  Schriften  und  Lehren,  2.  Aufl.  1902**  durch- 
zuarbeiten, kann  ich  nur  dringend  bitten,  einige  Stunden  diesem 
Buche  zu  widmen,  sie  werden  sich  dadurch  Klarheit  und  Einsicht 
in  die  Fragen  verschaffen,  die  unsere  Zeit  mächtig  bewegen;  sie 
werden  merken,  daB  ein  tief  ernster  Forscher  zu  ihnen  redet, 
dem  die  Ergründung  geschichtlicher  Wahrheit  am  Herzen  liegt, 
und  dem  es  gegeben  ist,  das,  was  er  gefunden,  in  der  an- 
sprechendsten Form  zur  Darstellung  zu  bringen.  Auch  die,  welche 
geflissentlich  die  religiösen  Untersuchungen  meiden,  mögen  hier 
einmal  den  Anfang  machen,  ob  sie  nicht  doch  unrecht  getan, 
wenn  sie  sich  bisher  von  dem,  was  unser  Volk  immer  noch  tief 
erregt  und  jeden  einzelnen  früher  oder  später  zur  Stellungnahme 
drängt,  ferngehalten  haben.  Sie  werden  staunen  über  die  Er- 
leuchtung, die  ihnen  hier  wird.  Wie,  wenn  sie  lesen,  daß  Piaton 
den  Grund,  der  den  Urheber  des  Alls  zur  Schöpfung  der  Welt 
bewogen,  in  seiner  Güte  siebt;  weil  er  gut,  also  frei  von  Neid 
ist,  so  wollte  er,  daB  alles  ihm  selbst  so  ähnlich  als  möglich 
werde.  Daher  schuf  er  die  Welt  als  Abbild  seiner  selbst,  als  das 
schönste,  vollkommenste  Geschöpf,  seinen  eingeborenen 
Sohn,  der  selbst  ein  sichtbarer  Gott  ist.  Wenn  sie  weiter  die 
ethischen  Gedanken  Piatons  lesen:  Wir  sollen  Menschlich- 
keit Oben  gegen  alle,  im  Sklaven  die  gottverwandte  Seele 
achten  und  im  Fremden  die  Mitbörger  des  großen  Vater- 
landes, das  die  Welt  umfaßt,  denn  im  Königreich  Gottes  sind 
wir  geboren ;  ihm  zu  gehorchen  ist  Freiheit.  —  Dem  Philosophen 
Philon  ist  der  Begriff  des  Logos  der  Angelpunkt  seines  Systems; 
er  heißt  Gottes  eingeborener  Sohn>  er  ist  der.  Hohe- 
priester und  Anwalt  (Paraklet)  der  Menschen  vor  Gott  und 
teilt  sich  als  das  wahrhafte  Brot  vom  Himmel  den  frommen 
Seelen  mit.  —  Nach  diesen  Vorbereitungen  folgt  die  Lebens- 
geschichte Jesu.  Mit  Ausschluß  alles  Wunderbaren,  alles  dessen, 
was  die  fromme  Phantasie  künstlich  hineingetragen,  alles  Tenden- 
ziösen und  der  späteren  Glaubensöberzeugung  der  Gemeinde  Ent- 
nommenen entrollt  Verf.  das  Bild  getreu  der  Au^abe,  die  sich 
der  ernste  Historiker  stellt.  Da  heißt  es  zum  Schluß:  Die  ge- 
schichtliche Grundlage  des  Auferstehungsglaubens  inden  wir  also 
in  den  von  einzelnen  ausgegangenen  und  bald  alle  überzeugenden 
ekstatisch- visionären  Erlebnissen,  in  denen  sie  ihren  gekreuzigten 
Meister  zu  schauen  glaubten.  Die  in  der  Wunderwelt  heimische 
Phantasie  wob  das  Gewand  für  das,  was  die  Seele  erfüllte.  Die 
treibende  Kraft  der  Auferstehung  Jesu  in  ihrem  Glauben  war  also 
im  Grunde  nichts  anderes  als  der  unauslöschliche  Eindruck,  den 
sie  von  seiner  Person  bekommen  hatten.  Dieses  Wunder  der 
Liebe,  nicht  ein  Allmachtswunder  war  der  Grund  des  Auferstehungs- 
glaubens  der  Urgemeinde.    —    Auf  die  Schilderung    der  Messias- 


tDgex.  von  A.  Jonas.  629 

gemeinde  USt  Verf.  das  Leben  des  Apostels  Paulus  folgen.  In 
Tarsus  halte  dieser  Mann,  schon  ehe  er  etwas  von  Jesu  ?er- 
DODimeD,  unter  dem  Einfluß  der  griechischen  Philosophie  und 
der  Mithrasreligion  die  Ideen  aufgenommen,  die  er  später  in  sein 
Erangelium  verflocht  Die  Vorstellungen  von  der  Wiedergeburt, 
TOD  der  Taufe  als  einer  Gemeinschaft  des  Todes  und  der  Auf- 
erstehung Christi  weisen  dorthin;  gehörte  doch  auch  zu  den 
Mithrassakramenten  das  heilige  Mahl,  bei  dem  das  geweihte  Brot 
uod  der  Kelch  als  mystische  Symbole  zur  Mitteilung  des  göttlichen 
Lebens  an  die  Gläubigen  dienten.  Der  Pauiinische  Ausdruck  vom 
.^Anziehen  des  Heilandes''  geht  auf  den  Hithrasdienst  zurück.  Weil 
Paulus  es  später  verstanden  hat,  durch  die  schöpferische  Kraft 
and  Originalität  seines  religiösen  Genius  alle  Elemente  einer 
chaotisch  gärenden  Zeit,  die  Mysteriensprache  orientalischer  Kulte, 
die  Weisbeitslehre  der  griechischen  Popularphilosophen,  die  Le- 
geoden und  die  apokalyptischen  Bilder  des  jüdischen  Pietismus 
dem  einen  neuen  Geist  der  Christusreligion  zu  unterwerfen  und 
zu  GefaBen  und  Symbolen  der  christlichen  Idee  zu  gestalten,  ist 
er  der  eigentliche  Gruoder  der  christlichen  Kirche  geworden;  er 
hat  die  jüdisch-christliche  Urgemeinde  vom  mosaischen  Gesetz 
befreit,  sie  den  Heiden  zugänglich  gemacht  und  zur  Weltreligion 
erhoben;  mit  seinem  Evangelium  entwichen  in  der  Heidenwelt 
die  Geister  der  Dämonen,  die  orgiastische  Wildheit,  die  natura* 
listiscbe  Unzucht,  der  blinde  Aberglauben  vor  dem  Geiste  des 
Herrn,  der  Freiheit  ist  und  Liebe. 

Es  folgt  die  Besprechung  der  christlichen  Literatur  in  der 
Reihenfolge,  die  sich  durch  die  neuere  Kritik  als  die  zuverlässigste 
ergeben  hat,  Markus,  Lukas,  Matthäus,  und  nach  einer  besonderen 
Würdigung  der  gnostischen  Bewegung,  die  sich  als  das  wirksamste 
Ferment  der  Entwickelung  des  Christentums  und  seiner  Ausge- 
staltung zur  Weltreligion  erwiesen  hat,  die  Betrachtung  über  das 
Johannesevangelium,  das  die  beiden  in  der  damaligen  Christenheit 
nebeneinander  stehenden  Auflassungen  der  Person  des  Erlösers, 
die  idealistisch-gnostische,  die  von  oben,  dem  göttlichen  Wesen 
ausging,  und  die  realistisch-geschichtliche,  die  vom  Menschen  der 
evangelischen  Oberlieferung  ausging,  zur  inneren  Einheit  der 
Glaubensanschauung  vom  Gott-Menschen  zusammenfafite.  Die 
paulinisch-gnostische  Christusidee  mit  dem  geschichtlichen  Christus- 
bild der  Urgemeinde  zu  vermitteln  war  die  Aufgabe,  die  sich  der 
vierte  Evangelist  gesetzt  hat.  Wie  dann  auf  Grund  der  Auf- 
stellung einer  Sammlung  der  urchristlichen  Schriften  von  nor- 
mativer Dignität  die  Kirche  der  zuchtlosen  Willkür  phantastischer 
Einfälle  nnd  enthusiastischer  Eingebungen  eine  Schranke  gesetzt 
hat,  aber  zugleich  diese  Schriften  zu  übernatürlich  inspirierten 
Orakeln  erhob  und  damit  das  verständige  Denken  unter  das  Joch 
eines  geheiligten  Buchstabens  zwängte,  entwickelt  Verf.  im  letzten 
Abschnitt  seines  lehrreichen  bedeutenden  Baches. 


ß30  B- ^^■''^'■>®i*^^''*>  20tasgew.  PstlmeB,  agz.  v.  K.  Boetticher. 

Noch  einmal  sei  dies  Werk  allen  Kollegen  bestens  empfohlen. 
Papier  und  Druck  gefallen  sehr. 

Stettin.  Anton  Jonas. 


1)  E.  Werkmeister,  Zwaazig  aossewahlte  Psalmeo.  Präpa- 
rationeo.  Nach  neueren  GrandsSUen  methodisch  bearbeitet.  Berlin 
1907,  Verlas  von  W.  Praasaitz.    6  a.  128  S.    8.    geb.  1,80  JC. 

Jede  Schrift,  deren  Verfasser  es  glückt,  die  religiösen  Gedanken 
des  Alten  Testamentes  nicht  nur  glöcklich  herauszuheben,  sondern 
auch  ihren  Lesern  lebendig  zu  machen,  ist  dankbar  zu  begrüfien. 
Eine  solche  ist  Werkmeisters  Psalmenpräparation. 

Der  Verf.  geht  von  dem  richtigen  Grundsatz  aus,  daß  ein  Psalm 
verstanden  wird  und  Leben  erhält,  wenn  er  die  den  Kindern 
abstrakt  erscheinende  oder  doch  ferner  liegende  Gedankenwelt  mit 
einem  historischen  Hintergrund  zu  verseben  sucht.  Steht  auch 
dieser  beiden  Psalmen  nicht  immer  zweifellos  fest,  so  erreicht  er 
doch,  daß  die  Schüler  sofort  in  die  Grundstimmung  des  Ge- 
dichtes versetzt  werden  und  vieles  Farbe  erhält,  was  auf  den 
ersten  Blick  blaß  und  gegenstandslos  erscheint.  Hierzu  tritt  als 
zweiter  Grundsatz,  zur  Erklärung  des  Gedichtes  den  Erfahrungs- 
kreis des  Schülers  heranzuziehen.  Daß  der  Verf.  dabei  nicht  in 
Abgeschmacktheiten  verfallen  ist,  sondern  mit  großer  Wärme, 
Natürlichkeit  und  Vielseitigkeit  Verstand  und  Gemüt  der  Schäler 
zu  fesseln  versteht,  ist  ihm  besonders  hoch  anzurechnen  und  zeugt 
von  einer  reichen  und  glücklichen  Unterrichtserfahrung. 

Aus  dem  Zweck  des  Buches  wird  man  es  auch  verstehen, 
daß  der  Verf.  in  der  Behandlung  der  einzelnen  Psalmen  die  so- 
genannten Formalstufen  zugrunde  gelegt  hat.  Denn  man  er- 
reicht bei  Schülern  unschwer  die  geordnete  und  erfolgreiche  Er- 
klärung eines  Gedichtes,  wenn  man  sich  den  Stoff  zurechtlegt 
nach  den  Gesichtspunkten  der  Vorbereitung,  Darbietung,  Ver- 
knüpfung, Zusammenfassung  und  Anwendung.  In  dem  vor- 
liegenden Buche  erleben  wir  jedesmal  eine  Unterrichtsstunde  des 
Verf.,  aus  der  man  mit  Befriedigung  hinausgeht. 

Behandelt  sind  die  Psalmen  90,  8,  19,  23,  24,  1,  14,  2, 
51,  6,  103,  46,  42,  43,  121,  122,  126,  130,  91,  100.  Der 
geistige  Standpunkt,  der  bei  den  Schülern  vorausgesetzt  wird, 
entspricht  etwa  dem  der  U  lil,  wo  ja  auf  den  höheren  Lehr- 
anstalten die  Psalmen  zur  Behandlung  kommen. 

2)JohanDe8  Westphal,  Das  evaagelische  Kirchealied 
nach  seiner  s^schichtUchen  Entwiekeloog.  Zweite 
Aoflaf^e.  Leipzig  1906,  Verlag  der  Dörrseheo  ßaehhaadluag.  XVII 
Q.  221  S.    8.    3,20  JC. 

Der  Verf  glaubt,  das  evangelische  Kirchenlied  könne  in  der 
ausgedehnten  Weise,  welche  die  oben  angefahrte  Seitenzahl  ahnen 


J.  Westphtl,  Dti  evtDg.  Kireheolied«  agz.  v.  K.  Boetticher.   631 

läfit,  irgendwo  im  Unterricht  an  Lehrer-  oder  Schulerbildongsanstalten 
behandelt  werden.    Zwar  beförchtet  er  selbst  auf  S.  VI,  daB  auch 
im  Lehrerseminar,  för  das  er  das  Buch  in  erster  Linie  bestimmt 
bat,  die  yerfögbare  Zeit  nicht  ausreichen  werde,  und  stellt  anbeim, 
beim  Unterricht  eine  Auswahl  zu  treffen  oder  den  einen  und  den 
anderen  Abschnitt  der  Pri?atlektQre  zuzuweisen;  aber  die  Art  und 
Weise,  wie  er  den  Stoff  behandelt  hat,  und  die  Aufgaben,  die  er  im 
Anschluß  an  die  Darlegung  unter  dem  Text  und  am  Schluß  in  einer 
kleinen  Sammlung  den  Schülern  stellt,    wurden    den  Lehrer  un- 
weigerlich zwingen,    dem  gesamten  Gedankengang   des  Verfassers 
eindringlich    zu  folgen.     In    den  Seminarien    muß  wohl  bis  zum 
Jahre  1901  in  dieser  Weise  verfahren,  d.  h.  des  Guten  weit  über 
das  Ersprießliche   hinaus   zu   viel   getan   sein;    denn    die  neuen 
preußischen   Lehrpläne    für    Lehrerbildungsanstalten    vom   Jahre 
1901  setzten  diesem  Unterrichtsverfahren  ein  Ziel,  indem  sie  dem 
Kirchenlied    im    preußischen    Seminar    überhaupt   keinen   Raum 
mehr  gönnten.     Ich  muß  sagen:  mit  Recht,  wenn  in  den  Semi- 
narien so  ausgedehnte  und  eingehende  Kenntnisse  gelehrt  wurden, 
wie   in    dem   vortiegenden  Buche!    Man    hat    wieder  einmal  den 
Eindruck,    daß   den  Seminaristen    viel   zu  viel   zugemutet   wird; 
statt  einfach    und  schlicht  in  großen  Umrissen  die  Entwickelung 
des  Kirchenliedes  vorzufuhren,  wird  der  ganze  Apparat  der  profan- 
geschichtlichen,   kirchengeschichtlichen   und  literarischen  Verhält- 
nisse  in  Bewegung  gesetzt,    wie   er  wohl   bei  einer  Universitäts- 
vorlesung, nicht  aber  im  Seminar  am  Platze  ist,    wo  die  Schüler 
erst  in  jene  Verhältnisse  eingeführt  werden  sollen.     Das  Kirchen- 
lied aber  zu  benutzen,    um  Profan-,    Kirchen-   und  Literaturge- 
schichte   zu  lernen,    würde   ich   für  ein  verfehltes  Unternehmen 
halten. 

Mit  der  oben  erwähnten  Bestimmung  der  preußischen  Lehr- 
pläne für  Lehrerbildungsanstalten,  die  übrigens  just  in  dem  Jahre 
erschienen,  als  das  Buch  in  seiner  ersten  Auflage  veröffentlicht 
wurde,  wäre  nun  eigentlich  über  die  Verwendbarkeit  des  Buches 
der  Stab  gebrochen.  Trotzdem  ist  eine  zweite  Auflage  nötig  ge- 
worden. „Das  Buch  hat  seinen  Weg  in  der  evangelischen  Christen- 
heit offen  gefunden,  nicht  bloß  in  Schulen  innerhalb  und  außer- 
halb Preußens,  sondern  auch  in  den  Häusern  meiner  ehemaligen 
Amtsbrüder,  in  den  Familien  kirchlich  angeregter  Kreise  und  in 
der  Studierstube  von  Lehrern  und  Kandidaten  des  Predigt-  und 
Schulamts'*.  (S.  VII.)  Ob  es  nun  doch  als  Unterrichtsbuch  in 
Schulen  gebraucht  wird,  ist  nicht  deutlich ;  daß  es  aber  außerhalb 
der  Schalen  an  den  genannten  Stellen  ein  sehr  willkommenes 
Buch  ist,  ist  mir  nicht  im  geringsten  zweifelhaft. 

Es  zeichnet  sich  aus  durch  Vollständigkeit  des  Stoffes,  durch 
klare  geschichtUche  Anordnung,  durch  eingehende  Würdigung  der 
Zeitverbältnisse,  die  auf  das  Kirchenlied  von  Einfluß  gewesen 
sind,  durch   zuverlässige,   oft   in   erfreulicher  Reichhaltigkeit   ge- 


g32  G-  RothsteiD,  Unterr.  i.  Alten  TestAment,  agx.  v.  R.  Niemann. 

machte  Angaben  Ober  die  LebensyerhältnUse  der  Dichter,  yor  allem 
aber  durch  eine  gute  Charakterisierung  und  Gruppierung  der 
Lieder  selbst,  unter  denen  wohl  kaum  eins  fehlt,  worüber  man 
Aufschluß  zu  erhalten  berechtigt  ist 

In  einem  Anhang  gibt  der  Verf.  Inhaltsübersichten  der  be- 
kanntesten Lieder  nebst  einigen  Liederproben  aus  der  Yorrefor- 
matorischen  Zeit.  Er  behandelt  im  ganzen  78  Lieder  nach  den 
Gesichtspunkten :  1 .  biblische  Grundlage,  2.  Gedankengang,  3.  Ge> 
schichte  und  Charakter  der  Singweise,  unter  denen  Nr.  2  jedesmal 
ein  minutiös  ausgeführtes  Dispositionsschema  enthält.  Auch  hier 
habe  ich  wieder  den  Eindruck,  daB  das  Buch  sich  für  die  Hand 
des  Lehrers,  weniger  für  die  des  Schulers  eignet.  Lyrische,  be- 
sonders religiöse  Dichtungen  in  dieser  Weise  zu  zerpflücken,  ver- 
dirbt den  Geschmack  an  ihnen;  es  kommt  darauf  an,  daB  der 
Schüler  den  Hauptgedanken  und  die  Stimmung  erfaßt  und  fest- 
hält Auch  ist  es  pädagogisch  richtig,  daB  der  Schüler  unter 
der  Leitung  des  Lehrers  den  Gedankengang  erarbeitet,  nicht  ihn 
im  Buche  bis  ins  kleinste  gedruckt  vorfindet 

Um  nun  dieser  Zeitschrift  entsprechend  die  Brauchbarkeit 
des  Buches  für  die  höheren  Lehranstalten  zu  bezeichnen,  so 
empfehle  ich  es  den  Kollegen,  die  in  den  oberen  Klassen,  vor 
allem  in  der  I  den  kirchengeschichtlichen  Unterricht  geben.  Für 
0  III  paBt  es  nicht,  wie  überhaupt  dort  die  .  Behandlung  des 
Kirchenliedes  nach  meiner  Ansicht  nur  wenig  förderlich  ist.  Aber 
in  I  am  Schlüsse  des  Kirchengeschichtspensums  die  ganze  Kirchen- 
geschichte noch  einmal  unter  dem  Gesichtspunkt  der  Entwickelung 
des  Kirchenliedes  zu  wiederholen,  ist  für  die  Schüler  und  den 
Lehrer  interessant  und  lohnend;  hierfür  gibt  das  Buch  Material 
und  Form  in  vortrefflicher  Weise  dem  Lehrer  an  die  Hand. 

Waidenburg  i.  Schles.  Karl  Boetticher. 


Gustav  Rothstein,  Unterricht  im  Alten  Testament.  Hülfs-  vnd 
Qnellenbuch  für  höhere  Schulen  und  Lehrerbildungsanstalten,  zngleieh 
für  suchende  Freunde  der  Religion  Israels  und  ihrer  Geschiohte.  In 
Verbindung  mit  D.  theoL  Rothstein  verfaßt  und  beransgegeben  von 
Dr.  G.  Rothstein.  2  Teile.  Halle  1907,  Buchhandlung  des  Waisenbaoses. 
Teil  I:  Hülfsbuch.  X  u.  230  S.  gr.  8.  2,40  M>  —  Teil  H:  Quellen- 
buch.   XII  u.  216  S.    gr.  8.    2,60  M> 

Die  Zeit,  wo  im  Schulunterricht  „Einleitung  in  die  Schriften 
des  Alten  und  Neuen  Testaments'*  als  eine  Art  Literaturgeschichte 
getrieben  wurde,  ist  endgültig  vorbei;  wirkliche  Einführung  in  die 
Bibel  durch  Lektüre  und  Erklärung  derselben  ist  allgemein  ge* 
worden.  Die  Hilfsmittel  dafür  haben  sich  gemehrt,  aber  bis  jetzt 
doch  mehr  für  das  Gebiet  des  neutestamentllchen  Unterrichts  als 
für  den  alttestamentlichen.  Hier  liegt  nun  ein  Werk  vor,  das  die 
bisherige  Lücke  in  der  Unterricbtsliteratur  recht  glücklich  ergänzt. 


tDgez.  voD  R.  NiemaoD.  633 

welches  aber  über  dieses  nächste  Ziel  hinaus  noch  dem  Lehrer 
vieles  bietet,  auch  dem  älteren,  der  sich  nicht  durch  das  Studium 
der  Einzelwerke  in  dem  weitschichtigen  Wissensgebiete  selbst  auf 
dem  laufenden  halten  kann. 

Beide  oben  genannten  Bücher  tragen  wissenschaftlichen  Cha- 
rakter. Das  „Hölfsbuch**  legt  den  Wissensstoff  dar,  wie  ihn  die 
vereinigte  Arbeit  der  historischen  und  literarischen  kritischen 
Forschung  und  der  biblischen  Theologie  herausgestellt  hat,  geordnet 
nach  großen  Gesichtspunkten,  die  dem  Entwicklungsgange  der 
israelitischen  Religion  folgen.  Der  Verfasser  beschränkt  sich  nicht 
auf  das,  was  in  den  Unterrichtsstunden  durchgenommen  werden 
fflofi,  redet  auch  nicht  die  Sprache  eines  Leitfadens,  er  hält  sich 
mehr  akademisch  als  pädagogisch,  —  er  will  eben  vor  allem,  wie 
er  es  im  Vorwort  ausspricht,  „denen,  die  mit  Schulern  über  das 
Alte  Testament  reden  sollen,  ohne  selbst  Fachleute  zu  sein,  Hand- 
langerdienste tun*';  —  aber  in  einem  „zur  Einführung**  Yorauf- 
geschickten  Aufsatze  „Über  den  Gang  des  Unterrichts  im  A.  T. 
aaf  höheren  Lehranstalten**  gibt  er  an,  wie  er  sein  Buch  für  den 
Unterricht  in  den  Klassen  yon  Tertia  bis  Prima  ausgenützt  zu 
sehen  wünscht.  Das  „Quellenbuch**  dient  dem  Hilfsbuch  zur  wesent- 
lichen Unterstützung.  Für  die  Ausführungen  des  letzteren  bringt 
es  die  quellenmäßigen  Belege  in  deutscher  Übersetzung,  und  zwar 
nicht  bloß  biblische  Stücke,  sondern,  was  yielen  Lesern  besonders 
erwünscht  sein  wird,  auch  außerbiblische  und  nichtisraelitische, 
die  geeignet  sind,  ,,über  Wesen  und  Wert  der  Religion  Israels 
gerade  im  Vergleich  mit  der  Religion  verwandter,  kulturell  hoch- 
stehender Völker**  aufzuklären,  —  insbesondere  Stücke  aus  den 
netterschlossenen  morgenländischen  Inschriften  und  Literalurresten, 
von  Hammurabis  Gesetzbuch,  babylonischen  Beschwörungstexten 
und  einem  Abschnitt  aus  dem  ägyptischen  Totenbuch  bis  zu  den 
Psalmen  des  Salomo,  Henoch  und  Josephus.  Alle  mitgeteilten 
Quellen,  die  biblischen  wie  die  außerbiblischen,  sind  reichlich  und 
gründlich  im  einzelnen  kommentiert  Die  Übersetzung  aus  der 
Bibel  ist  fast  durchweg  auch  gegenüber  Kautzsch  selbständig  und 
sehr  geschickt.  Angeordnet  sind  die  Stücke  nach  sachlichen,  dem 
Stoffe  entnommenen  Gesichtspunkten;  sie  begleiten  im  allgemeinen 
die  Darlegungen  des  Hilfsbuchs,  die  volksgeschichtlichen  Abschnitte 
desselben  ausgenommen,  die  dort  nicht  entbehrlich  waren,  deren 
biblische  Quellen  aber  nicht  ohne  allzu  starke  Vergrößerung  des 
Buches  beigegeben  werden  konnten.  Allerdings  hätte  der  Paralle* 
lismus  beider  Bücher  in  der  Gliederung  wohl  noch  vollständiger 
zum  Ausdruck  gebracht  werden  können. 

Weit  mehr  Raum,  als  gewöhnlich  geschieht,  widmet  der  Ver- 
fasser in  beiden  Büchern  dem  religiösen  Denken  und  Leben  des 
nachexilischen  Israels.  Der  Grund  ist  teils,  daß  die  neuere  Kritik 
einen  größeren  Teil  der  alttestamentlichen  Schriften,  Ordnungen 
und  Gedanken  der  späteren  Zeit  zuweist,  teils  die  Erwägung,  daß 


634  Schuster  a.  Holztrameri  Hdb.  z.  Bibl.  Gesch.,agz.  v.  H.  Hoffmtoii. 

die  „nachexilische  Frömmigkeit  wesentlich  den  Boden  zur  Auf- 
nahme des  Christentums  bereitet  hat"  und  „die  Entstehung  des 
Christentums  aus  den  Zeitströmungen,  wie  sie  in  der  nachexili- 
schen  Zeit  herrschend  wurden,  nicht  losgelöst  werden  kann". 
Eine  bemerkenswerte  Eigentümlichkeit  hat  das  Quellenbuch  femer 
in  der  Übertragung  der  poetischen  Stucke.  Der  Verfasser  teilt 
die  Meinung  neuerer  Forscher,  nach  welcher  auch  in  der  hebi^äi- 
sehen  Dichtung  nicht  bloß  der  bekannte  Rhythmus  der  Sätze,  der 
Parallelismus  membrorum,  sondern  ein  Silbenrhythmus  geherrscht 
hat  und  nur  (ebenso  wie  die  strophische  Gliederung)  durch  Will- 
kur und  Unkenntnis  der  Späteren  aufs  äußerste  verdunkelt  worden 
ist.  Er  sucht  die  vermeintliche  ursprüngliche  rhythmische  Gestalt 
in  der  Übersetzung  zu  rekonstruieren,  kommt  auch  zu  recht  an- 
sprechenden Resultaten,  —  ob  er  aber  selbst  dabei  dem  Vorwurf 
der  Willkur  entgeht,  ist  wohl  fraglich.  —  Der  auf  dem  Titel  mit- 
genannte D.  theol.  Rotbstein  hat  dem  Verfasser,  seinem  Bruder, 
mit  Rat  und  Mitarbeit  zur  Seite  gestanden,  wie  dieser  im  Vorwort 
des  Quellenbuches  erklärt,  und  hat  mehrere  Abschnitte  unmittelbar 
beigesteuert.  —  Drei  Anhänge  des  Hilfsbuchs  bieten  erstens  eine 
kurze  Tabelle  Ober  den  Gang  der  israelitischen  Literatur  bis  zur 
Zusammenfassung  des  Kanons,  zweitens  eine  kurze  Darstellung 
der  Geographie  Palästinas,  drittens  die  Maße  und  Gewichte,  das 
Geldwesen  und  die  Zeitrechnung  Alt-Israels. 

Beide  Bucher  sind  ein  Studienmitte],  dem  man  bei  seiner 
Gründlichkeit,  Unbefangenheit,  Klarheit  und  religiösen  Wärme 
ohne  Bedenken  weiteste  Verbreitung  wünschen  kann,  auch  außer- 
halb des  Kreises,  den  der  Verfasser,  wie  erwähnt,  zuvörderst  im 
Auge  gehabt  hat 

Waren  (Mecklenburg).  R.  Niemann. 


1)  J.  Schuster  uod  J.  B.  Holzammer,  HaDdboch  zur  Bibliechen  Ge- 
schichte. Für  den  Unterricht  in  Kirche  und  Schule,  sowie  zur 
SelbstbelehroD^.  Sechste,  völlig  oeubetrbeitete  Auflaire  voo  Joseph 
Selbst  und  Jakob  Schäfer.  Freibarg  1906,  Herder.  Baad  II: 
Das  Neue  Testameut  Bearbeitet  voo  Jakob  Schäfer.  Mit  101  Bildern 
uDd  3  Karteo.  XX  u.  788  S.  gr.  8.  11  ^,  geb.  in  Halbfranz 
13,50^. 

Hit  diesem  Schlußband  liegt  das  ganze  Handbuch  in  seiner 
sechsten  Auflage  abgeschlossen  vor.  Bei  der  fünften  Auflage  hatte 
Holzammer  das  Alte  und  Neue  Testament  noch  allein  behandelt. 
Bei  der  neuen  Auflage  ist  mit  Recht  eine  Teilung  der  Arbeit 
zwischen  einem  Fachmann  der  alltestamentlichen  Exegese  und 
der  neutestamentlichen  eingetreten.  Schäfer  hat  durch  eine  Reihe 
wissenschaftlicher  Monographien  seine  Befähigung  erbracht  für  die 
Aufgabe,  das  Handbuch  zum  Neuen  Testament  agf  den  Stand  der 
Forschung,  der  in  den  15  Jahren  seit  dem  Erscheinen  der  fünften 
Auflage  erreicht    wurde,   zu    bringen.     Es   ist   so   ziemlich   alles 


R«osehen  o.  Gtpitain«,  Lehrb.  d.  k.  Reli^.,  agz.  v.  U.HoffmaDo.  635 

Material  aus  Kritik  und  Exegese,  aus  Geographie  und  Topographie, 
aus  Archäologie  und  Chronologie  zusammengetragen,  was  der 
Religionslehrer  an  höheren  Schulen  in  den  drei  Stufen  des  Religions* 
Unterrichtes  brauchen  kann.  Freilich,  die  neuesten  Untersuchungen, 
die  eine  fortschrittliche  Kritik  und  Exegese,  namentlich  in  Frank- 
reich, anch  auf  katholischer  Seite  anstellt,  sind  nicht  beräck- 
sichtigt  worden,  schon  aus  dem  Grunde  nicht,  weil  sie  för  den 
Unterricht  nicht  in  Betracht  kommen.  Die  Arbeit  des  Neuheraus- 
gebers zeigt  sich  fast  auf  jeder  Seite ;  ganze  Abschnitte  sind  nen- 
hinzugekommen,  von  den  alten  hat  jeder  Verbesserungen  und 
Erweiterungen  erfahren.  Ein  Vergleich  dieser  mit  der  letzten  von 
Holzammer  besorgten  Ausgabe  berechtigt  fast  von  einem  neuen 
Werk  zu  reden.  —  Stellenweise  nimmt  die  Sprache  einen  etwas 
stark  erbaalichen  Charakter  an.  Verfasser  tritt  ffir  die  Nordgalatien- 
theorie  ein  und  för  die  dreijährige  Wirksamkeit  Jesu.  Nicht  voll- 
befriedigt hat  mich  die  Behandlung  der  Perikopen  von  der  Hoch- 
zeit zu  Kana  (Meine  Stunde  ist  noch  nicht  gekommen),  vom  un- 
gerechten Verwalter,  von  der  Teufelaustreibung  im  Lande  der 
Gerasener,  von  der  Weissagung  vom  Weltende  (dies  Geschlecht 
wird  nicht  vergehen . . .).  Die  Erwähnung  vom  Schicksal  der 
Leiber  der  Magier  und  des  hl.  Hauses  von  Nazareth  (Loreto)  hätte 
mit  schärferer  Betonung  des  unhistorischen  Charakters  der  Legenden 
verbunden  sein  können.  —  Diese  wenigen  Bemerkungen  heben 
aber  nicht  im  mindesten  mein  Urteil  Ober  den  neutestamentlichen 
Teil  des  Handbuches  auf,  der  dahin  geht,  daß  uns  Religionslehrern 
hier  zur  Erklärung  des  Neuen  Testamentes  die  bequemste  und 
reichste  Quelle  fließt,  aus  der  man  fast  in  allen  einschlägigen 
Fragen  zuverlässigen  Aufschluß  schöpfen  kann. 

2)  G.  Raagehen  und  W.  Capittine,  Lehrbach  der  katholischen 
Religion  für  die  oberen  Klassen  höherer  Lehranstalten. 
Teil  I:  Kirchengeschichte  von  Gerhard  Rauschen.  Bonn  1906,  Peter 
Hanstein.     VII  n.  137  S.     8.    geb.  1,90  Jt* 

Die  Lehrbuchnot  an  höheren  Schulen  ist  groß,  uod  wenn 
eben  erst  über  eine  Neuauflage  eines  weitverbreiteten  Religions- 
lehrbuchs för  die  Oberstufe  der  höheren  Schulen  geurteilt  wurde, 
daß  es  eine  relativ  ideale  Vollkommenheit  erlangt  habe,  so  läßt 
schon  der  Umstand,  daß  dieses  klangvolle  Urteil  an  zwei  Stellen 
zu  lesen  war,  darauf  schließen,  daß  es  wohl  einem  Waschzettel 
entstammt  und  nicht  der  prüfenden  Praxis.  Einem  neuen  Unter- 
richtawerk  ist  die  Berechtigung  ohne  weiteres  zuzuschreiben. 
Gerhard  Rauschen,  der  von  dem  neuen  Werke  die  Kirchengeschichte 
bearbeitet  hat,  ist  Gymnasialreligionslehrer  und  Professor  der 
Kirchengeschichte  an  der  Universität  Bonn.  Kein  Wunder,  wenn 
peinlichste  Genauigkeit  und  Zuverlässigkeit  ein  Hauptvorzug  des 
Lehrbudies  sind.  Die  Fülle  des  Stoffes  ist  Oberraschend,  die  Dar- 
stellung erfolgt  so  weit  als  möglich  in  der  Form  von  Gharakter- 
bildem.    Das  christliche  Altertum  ist  besonders  liebevoll  behandelt; 


636  Schiller,  Doo  Carlos,  higb.  v.  F.  Khull,  tngez.  v.  B.  Arnold. 

das  liegt  Dicht  etwa  (nur)  daran,  daß  dieses  das  Hauptarbeitsfeld 
des  Verfassers  ist,  sondern  an  der  Bedeutung  dieser  Zeit  für  die 
gesamte  kirchliche  Entwicklung  und  an  der  Anziehungskraft  dieser 
klassischen  Zeit  der  Kirche  auf  die  Jugend.  Einzelne  Teile  sind 
geradezu  vorzuglich  gelungen,  ich  nenne  Innozenz  HL,  Bonifaz  VIH., 
Luther. 

Der  Stoff  ist  so  reich,  daB  er  um  eine  Fülle  von  Einzelheiten 
gekürzt  werden  dürfte.  Ich  halte  z.  B.  für  entbehrlich  §  10. 
§  11,  4.  5.  §  14,3.  Anmerkung.  §  36.  §  50,3.  Die  fremdsprach- 
lichen Zitate  müssen  durchweg  auch  in  Obersetzung  mitgeteilt 
werden.  Die  Literaturangaben,  die  sich  allenthalben  Bnden,  haben 
im  Kolleg  Berechtigung,  nicht  aber  im  Schulbuch.  Die  Abhandlung 
über  Johannes  Nepomuk  ist  ein  erratischer  Block  aus  den  Papieren 
eines  Universitätsprofessors.  Zudem  ist  die  Nepomukfrage  jetzt 
dahin  entschieden,  dafi  Nepomuks  Tod  mit  dem  ßeichtsiegei  nichts 
zu  tun  hat  (vgl.  A.  Nürnberger  im  82.  Jahresbericht  d.  Schles.  Ges. 
f.  vaterl.  Kultur.  Breslau  1905).  Die  Didache  ist  1883  entdeckt 
Bonifatius  heißt  ursprünglich  Vynfretb. 

Wir  wünschen  dem  Buche  aufrichtig,  daß  es  an  vielen  Stellen 
Eingang  linde. 

Breslau.  Hermann  Hoffroann. 


Grtcsers  Schalaosgiben  kltMischer  Werke. 

1)  Schiller,  Dob  Carlos.  Hit  Eioleitaas  nod  AomerkvogeB  veriehen 
von  Ferdintod  KhoU.  12.— 14.  Taasend.  Leipzig  1906,  B.  G. 
Tenbner.    XIII  u.  171  S.    gr.  8.    0,50  Jt. 

Schillers  Don  Carlos  verdankt,  wie  die  Einleitung  ausführt, 
seine  Entstehung  einer  Anregung  des  Freiherrn  von  Dalberg.  Die 
Hauptquellen  des  Dichters:  die  Erzählung  des  Abb^s  Cesar  Vichard 
de  Saint- Real  Dom  Carlos,  nouvelle  historique  und  Brantomes 
Memoires  (Abschnitt  „Philipp  H.  roy  d'Espagne**)«  die  beide  schon 
wesentlich  von  der  geschichtlichen  Wahrheit  abweichen,  wurden 
von  Schiller  noch  so  weit  abgeändert,  als  es  nötig  war,  „um  zur 
Seele  des  Dramas  seine  eigene  glühende  Freiheitsbegeisterung, 
das  liebende  Umfassen  der  ganzen  Menschheit,  den  Ruf  nach 
Menschlichkeit  auf  Königsthronen  und  nach  Rettung  von  Tyrannen- 
ketten zum  leitenden  Gedanken  zu  erheben*'.  Ob  wir  vor  allem 
den  Marquis  Posa  im  Auge  haben,  wenn  wir  Schiller  den  Dichter 
der  Freiheit  nennen,  mag  dahingestellt  bleiben.  Naher  Uegt  es, 
an  die  Räuber  zu  denken.  Daß  das  Stück  trotz  mancherlei 
Mängel  nach  Inhalt  und  Form  gerade  für  die  Jugend  ein  epoche- 
machendes Prachtgewebe  ist,  hebt  der  Herausgeber  mit  Recht  ge- 
bührend hervor.  Die  erklärenden  Anmerkungen,  die  unter  anderm 
mehrfach  auf  Schillers  Sprachgebrauch  eingehen,  sind  oft  zu  sehr 
auf  den  Elementarschüler  berechnet,  z.  B.  wird  erklärt:  Furien, 
Granden,  Louvre,  Ghibellinen  und  Guelfen,    Bakchanten  u.  dergl. 


Reiflseaberger,  Goethe,  Reioeke  Fachs,  agz.  v.  B.  Aroold.  637 

2)  Goethe,  Reioeke  Faehs.  Mit  Bioleitnag  uod  AamerkiiDgeo  ver- 
seheo  von  Karl  Reiaaeaberger.  10.— 12.  Teoaeod.  Leipzig  1906, 
B.  G.  Teabner.    IX  n.  105  S.    gr.  8.    0,50  JL. 

Die  Eioleitang  bespricht  in  ihrem  ersten  Teile  die  Tierepen 
bis  auf  Goethes  Dichtung.  Der  niederdeutsche  Reineke  wurde 
mehrfach  ins  Hodideutsche  übertragen.  Die  Bearbeitung  von 
Gottsched  (erschienen  1752)  bildete  für  Goethe,  der  des  Nieder- 
deutschen weniger  kundig  war,  die  Grundlage.  Goethe  bearbeitete 
1793  das  mittelniederdeutsche  Tierepos  in  Hexametern,  um  sich 
von  den  ekelhaften  Welthindeln  abzuziehen.  Was  er  an  der 
Gottschedschen  Bearbeitung  änderte,  ist  S.  VII  der  Einleitung  kurz 
zasammengefaBL  Mag  die  Aufnahme  yon  Goethes  Dichtung  bei 
dem  Publikum  eine  geteilte  gewesen  sein,  so  gebührt  doch  erst 
ihm  das  Verdienst,  das  Tierepos  zum  «^Gemeingut  der  Nation'*  ge- 
macht zu  haben.  Die  Anmerkungen  ergänzen  in  glücklicher  Weise 
die  Dichtung. 

Die  Meisterwerke  der  deutaeheo  Bähoe,  heraoagegebeii  voa  G  e  o rg  Wi  t  k  o  w a k  1. 

Leaaiag,  Miona  vod  BarohelaA.  Mit  Eioleitao^  nnd  Aomerkangea 
von  Araold  Zehme.  Leipzig  1906,  Max  Hesse.  XVIII  a.  78  S. 
kl.  8.     0,30  M^ 

Das  Unternehmen  will  einen  Plan  zur  Ausführung  bringen, 
den  schon  Schüler  1799  entworfen,  aber  leider  nicht  verwirklicht 
habe.  Neu  ist  die  Anordnung,  daß  die  Anmerkungen  —  alpha- 
betisch nach  Stichworten  geordnet  —  dem  Texte  vorausgeschickt 
werden.  Die  franzosischen  Stellen  des  IV.  Aktes  folgen  in  deutscher 
Obersetzung.  Das  Stück  ist  1764  entstanden,  aber  erst  1767 
gedruckt.  Die  Handlung  sei  von  Lessing  frei  erfunden.  Daß  sie 
sich,  wie  auch  Referent  bis  jetzt  glaubte,  in  dem  Breslauer  Gast- 
hofe zur  goldenen  Gans  wirklich  zugetragen  habe,  sei  unglaub- 
würdig. Was  sonst  über  den  historischen  Wert  des  Lustspiels, 
über  die  Quellen  —  der  KonQikt  zwischen  Ehre  und  Liebe  ent- 
stamme dem  1700  gedruckten  Lustspiel  von  George  Farguhar 
„The  constant  couple''  — ,  über  Handlung,  Motivierung,  Einheit 
des  Ortes  und  der  Zeit,  über  die  Charaktere,  über  Form,  Sprache, 
Bühnengeschichte  gesagt  ist,  faßt  kurz  und  doch  erschöpfend  zu- 
sammen, was  sonst  des  längeren  über  Lessings  Minna  von  Barn- 
helm geschrieben  worden  ist.  Ein  kurzer  Lileraturüberblick  be- 
schließt die  ansprechende  Einleitung. 

Goetbe,  Iphig^enie  anfTaoris.  Mit  Eioleitaag  aod  AnmerkaDgea  vod 
Baos  Morseh.  Leipzig  1906,  Max  Hesae.  XXX  o.  56  S.  kl.  8. 
0,30  M. 

Die  Einleitung  gehört  zu  den  interessantesten,  die  der  Unter- 
zeichnete über  Goethes  Iphigenie  gelesen  hat.  Goethe  gelangte 
zur  Bearbeitung  seiner  Iphigenie  auf  einem  Umwege  durch  die 
Dramen  seines  Freundes  Friedrich  Wilhelm  Gotter  und  durch  die 
französischen  und  Granzüsisierenden  Vorgänger  desselben.    Trotz- 


638  G.  Boetticher,  Denlsche  Literatargeschichte, 

dem  schuf  er  ein  Stack  dorcbaus  im  Geiste  der  griechischeD 
Tragödie.  Das  wird  im  einzelnen  an  der  Sprache  und  aus  dem 
Ideengehalte  (Freundesliebe,  Schwesterliebe,  Menschenliebe)  nach- 
gewiesen. Weiter  gebe  es  bei  Euripides  nur  eine  äußere  Hand- 
lung, bei  Goethe  eine  äußere  und  innere,  in  der  Weise,  daß  die 
innere  Handlung  die  äußere  bei  weitem  überrage.  Dramatische 
Bewegung,  äußere  sowohl  wie  innere,  sei  reichlich  vorhanden, 
„trotzdem  das  Drama  mit  seiner  strengen  Beobachtung  der  drei 
aristotelischen  Einheiten  äußerlich  den  ruhigen  Charakter  der 
klassizistischen  Tragödie  behauptet".  Nach  einem  Überblick  über 
die  Charaktere  stellt  Verfasser  die  geistreiche  Vermutung  auf,  die 
ganz  gegen  Goethes  sonstige  Art  so  schnell  bewirkte  Vollendung 
des  Dramas  (14.  Februar  bis  28.  März  1779)  sei  darin  begründet, 
daß  es  ursprünglich  als  Festspiel  zum  Kirchgang  der  Herzogin, 
die  am  3.  Februar  1779  von  einer  Prinzessin  entbunden  worden 
war,  gedacht  gewesen  sei.  Ein  Überblick  über  die  vier  ver- 
schiedenen Bearbeitungen  des  Stückes,  die  Form,  die  Aufnahme 
von  Seiten  des  Publikums  und  Bühnengeschichte,  über  die  Nach- 
wirkung der  Iphigenie  in  der  Literatur  usw.  beschließen  die  ge- 
haltvolle Abhandlung. 

Chemnitz.  Bernhard  Arnold. 


1)  Gotthold  Boetticher,  Deutsche  Ltteretnr^eschichte.  Mit 
141  Abbildangeo  im  Text  Hembor^  1906.  Baad  VII/VIII  von  Giutiv 
Schloeßmanoft  Bücherei  für  das  christliche  Haas  (Gastav  Pick).  VIII 
Q.  544  S.    8.    geb.  4  JC* 

Das  Buch  ist  von  einem  ganz  bestimmten  Standpunkte  aus 
verfaßt,  was  seinen  Eingang  in  manche  Kreise  erschweren  wird. 
Aber  besser,  man  hat  überhaupt  einen  Standpunkt,  als  daß  man 
hin  und  her  tappt.  Der  Verfasser  deduziert  etwa  folgendermaßen. 
Die  literarische  Betätigung  eines  Volkes  ist,  wie  jede  Kunst,  ein 
wichtiger  Teil  seines  geistigen  Lebens,  dessen  Elemente  seine 
religiösen  Vorstellungen  sind.  Diesen  begegnen  wir  daher  in 
seinem  Schrifttum  auf  Schritt  und  Tritt.  Besonders  gilt  das  von 
der  Literatur  des  deutschen  Volkes,  dessen  Ideale  —  und  sie 
kommen  in  seiner  Literatur  zum  Ausdruck  —  sich  an  seinen 
religiösen  Anschauungen  nähren.  Die  Scheidung  der  mittelalter- 
lich-katholischen und  der  reformatorischen  Zeit  nach  der 
in  ihnen  vorliegenden  christlichen  Weltanschauung  tritt  auch  in 
unserer  Literatur  zutage,  und  mit  dem  Schwinden  des  religiösen 
Interesses  nimmt  sie  wieder  eine  wesentlich  andere  Gestalt  an. 
So  will  Boetticher  die  religiöse  Entwicklung  unseres  Volkes  in 
unserer  Literatur  aufzeigen.  Andere  werden  sich  versucht 
fühlen  —  und  es  ist  zum  Teil  geschehen  —  diese  ans  anderen 
Gesichtspunkten,  beispielsweise  etwa  aus  dem  ihrer  Beeinflussung 
durch  antike  oder  überhaupt  nicht  nationale  Elemente,  darzustellen. 
Ob  die  religiöse  Beleuchtung  dessen,   was  wir  literarisch  geleistet 


tngtz,  voD  P.  Wetzel  639 

haben,  „eine  Klärung  aber  die  bisher  schwankenden  Standpunkte" 
zur  Folge  haben  wird,  mag  dahingestellt  bleiben.  Daß  bloße 
formale  Erscheinungen  einen  entscheidenden  Wendepunkt  litera- 
rischer Entwicklung  bedeuten  können,  ist  in  der  Tat  als  aus- 
geschlossen zu  erachten;  eher  dörfte  man  es  von  wichtigen  äußeren 
Ereignissen,  z.  B.  den  Kriegen  von  1864—1870,  annehmen,  die 
jedoch  die  in  sie  gesetzten  Hoffnungen  aus  den  von  maßgebenden 
Literarhistorikern  wiederholt  hervorgehobenen  Gründen  nicht  er- 
füllt haben.  So  läßt  Boetticher  einerseits  die  Reformation,  andrer- 
seits die  Krisis  der  christlichen  Weltanschauung  seit  der  Mitte  des 
vorigen  Jahrhunderts  ihm  willkommene  Grenzscheiden  der  Be- 
trachtung bieten:  erwartet  er  doch  für  die  deutsche  Zukunft  das 
Heil  von  einer  auf  christlicher  Grundlage  ruhenden  Weltanschaung. 
Ohne  manche  Gewaltsamkeit  geht  es  bei  solcher  Einteilung  des 
Stoffes  naturlich  nicht  ab.  Daß  die  Romantik  gerade  aus  der 
reformatorischen  Weltanschauung  (im  Gegensatze  zur  katholischen?) 
erwachsen  sein  soll«  mutet  einen  sonderbar  an  (s.  S.  VI),  und 
wenn  im  dritten  Abschnitt  der  das  Christentum  bedrohende  Kampf 
zwischen  Gottesglauben  und  Materialismus,  wie  er  seit  dem  Tode 
Goethes  die  Welt  erfüllt  (S.  407),  nach  Boettichers  Darstellung 
unsere  Literatur  beeinflußt,  dann  sollte  z.  B.  S.  413  vor  dem 
Gutzkowschen  Roman  „Der  Zauberer  von  Rom*'  folgerecht  nicht 
bloß  als  vor  einer  „höchst  langweiligen  Lektüre^*  gewarnt  sein. 
Übrigens  ist  ihm  ohne  Zweifel  bekannt,  daß  unsem  Vätern  das 
Werk  des  geistvollen  Tendenzschriftstellers  trotz  seiner  neun  Bände 
so  wenig  langweilig  erschienen  ist,  daß  sie  es  eingehender  und 
gern  erneuter  Lektüre  würdigten.  Gutzkows  große  Zeitromane, 
urteilt  ein  namhafter  Literarhistoriker,  enthalten  manches,  was 
noch  heute  nicht  überwunden,  d.  h.  durch  bedeutendere  Dar- 
stellungen derselben  Verhältnisse  in  den  Hintergrund  gedrängt  ist. 
Bei  einem  andern  liest  man:  „Gutzkow  besitzt  so  viel  Reichtum 
des  Geistes  und  der  Bildung,  daß  er  stets  den  Geist  des 
Lesers  in  Anspruch  nimmt,  und  daher  sind  bei  allen  Mängeln, 
welche  die  Kritik  im  einzelnen  nachweisen  kann,  seine  Romane 
eine  der  bedeutsamsten  Erscheinungen  der  neuesten  Literatur^*. 
„Seiner  größten  erzählenden  Dichtungen  kulturgeschichtliche  Be- 
deutung muß  auch  derjenige  gelten  lassen,  der  ihnen  die  poetische 
Vollendung  abspricht'S  heißt  es  bei  einem  dritten.  Ist  da  wirk- 
lich zu  furchten,  daß  heutige,  vielseitig  interessierte  Leser  über 
dem  Buche  einschlafen  werden?  Wenn  also  auf  der  einen  Seite 
bei  der  Kritik  der  besprochenen  Werke  durch  kurzes  Aburteilen 
zu  wenig  geschehen  ist,  so  scheint  auf  der  andern  manchmal  — 
und  das  liegt  an  dem  ganzen  Plane  des  Verfassers  —  gehörige 
Folgerichtigkeit  zu  fehlen.  Zeigt  sich  Gottfried  von  Straßburg  (S.  38) 
„weder  für  christliche  noch  ritterliche  Ideale  begeistert*',  was  ge- 
hört er  dann,  könnte  man  fragen,  in  diese  Literaturgeschichte? 
Was  ist  bei  Hartmann  am  Artusstoff  spezifisch  christlich?    Warum 


640  6.  Boetticher,  Deotsche  Literatorg^eschiehte, 

wird  umgekehrt  beim  Waltharitiede  nicht  auf  die  freilich  recht 
äußerliche  Vereinigung  heidnischer  und  christlicher  An- 
schauungen hingewiesen?  Boetticher  legt  doch  sonst  überall  und 
mit  Recht  auf  das  Charakteristische  Wert,  um  „lebendige  Bilder 
der  die  Zeitströmung  bestimmenden  Persönlichkeiten  mit  ein- 
gehenderer Beleuchtung  ihrer  Hauptwerke''  gewinnen  zu  lassen. 
Zumal  fQr  die  Zeit  nach  1848  war  das  nicht  ohne  Schwierigkeiten 
erreichbar.  Den  literarischen  Erscheinungen  der  neuesten  Zeit 
gerecht  zu  werden  —  es  handele  sich  nun  um  eine  vielfach  vor- 
handene Oberschätzung  des  Jörn  Uhl  (bei  dem  tör  die  Formßndung 
der  Verfasser  sozusagen  vor  dem  Spiegel  gestanden  hat)  oder  des 
Peter  Moor  oder  um  eine  Unterschätzung  von  Götz  Krafft  u.  ä.  — , 
ist  keine  Kleinigkeit,  und  man  muß  dem  Wegweiser  Dank  zollen, 
wenn  er  im  großen  und  ganzen  die  rechte  Bahn  einzuhalten  weiß, 
an  lohnenden  Ruhepunkten  Hall  macht  und  weniger  ergiebigen 
Stellen  schnell  den  Rücken  kehrt.  Insofern  kann  sich  der  Ver- 
fasser von  Tendenz  und  Parteinahme  nicht  freisprechen,  und  er 
will  es  auch  nicht.  Daß  ihm  die  rein  künstlerische  Würdigung  der 
Gegner  seiner  Anschauungen  am  Herzen  gelegen  hat  und  nicht 
mißlungen  ist,  beweist  u.  a.  der  Heine  gewidmete  Absatz.  Wie 
wenig  er  sich  irgendwo  verrannt  hat,  zeigt  auch  in  seiner  Weise 
das  schon  erwähnte  Kapitel  über  den  Meister  von  Straßburg,  das 
über  Wieland  u.  a.  m.  Den  von  Lessing  handelnden  Abschnitt  — 
auch  die  Auseinandersetzung  mit  seiner  abstrakten  Theorie  im 
Nathan  und  seinem  theologischen  Testamente  verdient  Beachtung  — 
wird  man  mit  demselben  Interesse  lesen  wie  das  über  Klopstock 
Gesagte,  und  die  unser n  beiden  größten  Dichtern  geltenden  Dar- 
legungen sind  so  hübsch  geschrieben,  daß  man  seine  Freude  daran 
hat.  Die  Entwicklung  des  deutschen  Geisteslebens  nach  allen 
Seiten  hin  zu  beleuchten,  worin  in  der  Tat  die  höhere  Aufgabe 
des  Literarhistorikers  besteht,  ist  dem  Verfasser  bei  den  ihm  schon 
äußerlich  gezogenen  engen  Grenzen  nicht  möglich  gewesen.  Immer- 
hin will  er  den  Leser  die  Gegenwart  aus  der  Vergangenheit  ver- 
stehen lehren  und  in  die  Erkenntnis  dessen  einführen,  was  unserem 
deutschen  Wesen  von  jeher  entsprach  und  fernerhin  ent- 
sprechen wird. 

Im  einzelnen  habe  ick  mir  hier  und  da  eine  Randnotiz  in 
meinem  Handexemplar  gemacht,  z.  B.  S.  107  in  bezug  auf  Paul 
Gerhardt.  Nach  Boetticher  hat  er  persönlich  den  religiösen  Streitig- 
keiten zwischen  Reformierten  und  Lutheranern  „ganz  fern  ge- 
standen'\  Ist  das  bei  dem  Manne  anzunehmen,  der  (wenn  auch 
aus  Gewissenhaftigkeit,  nicht  aus  Impuls  des  Temperaments  — 
Scherer)  Haupt  und  Seele  der  streng  Lutherischen  war  und,  sich 
an  die  F.  C.  klammernd,  als  Gegner  der  Synkretisten  in  seinem 
Testamente  vor  diesen  ausdrücklich  warnt?  Wir  merken  nur  in 
seinen  Liedern  —  und  das  ist  ihm  hoch  anzurechnen  —  nichts 
von    seinem   gestrengen  Luthertum,    wie  er  auch  auf  der  Kanzel 


iDgez.  von  P.  Wetze].  641 

sich  jedes  Gezänkes  enthalten  haben    soll.     Bei  Wieland    yermiSi 
maD,  sehe  ich  recht,   seine  Übersetzung  der  Briefe  Ciceros,   dem 
er  „innerlich**  ebensowohl  „verwandt'*  war,   wie  dem  Horaz   und 
dem  Lucian.    Sie  beide  verbindet,  was  man  so  recht  für  ihr  Ge- 
biet halten   darf,    der  Witz  —  trotz  Ciceros  eigener  Auffassung, 
daß  das  Pathos  ihm  besonders  gut  stehe,  und  der  zwischen  beiden 
darin  zutage  tretenden  Verschiedenheit,  daß  dem  alten  Romer  die 
liebenswürdige  Milde  des  Weimarer  Prinzenerziehers   abging,    der 
keinen  G^ner    mit  Behagen   zauste.     Übrigens    war  Goethes  be- 
kannte Farce  in  erster  Linie  doch  wohl  gegen  Wielands  Singspiel 
Äiceste  und  seines  Verfassers  Eitelkeit  gerichtet«  sich  über  Euripides 
erbeben    zu   wollen,    und  S.  240  Z.  3  v.  o.    werden   wir  uns  mit 
dem  sonst    doch  vorsichtigen  Verfasser  bezüglich    des  „und'*  auf 
Horaz,  ars  poet.  359,  verwiesen  sehen.    Unter  den  musikalischen 
Romantikern  darf  Mendelssohn  nicht  fehlen,  der  einst  mit  Goethes 
»besten  Segnungen**  von  ihm  schied.     Es  scheint  wirklich  Brauch 
werden  zu  sollen,  den  ehedem  manchmal  wohl  überschätzten,  jedenfalls 
aber  hochgebildeten  Künstler   heute  dafür  über  die  Achsel  anzu- 
sehen.    Zu    harte  Beurteilung   findet  auch  m.  E.  Friedrich  Halm, 
wenn  sein  Fechter  von  Ravenna  uns  heute  „kaum  noch  verständ- 
lich** sein   soll.    Sein  warmer  Patriotismus  hätte  wohl  immerhin 
ein  Wort  der  Anerkennung  verdient,  und  ein  Meister  der  sprach- 
lichen Form  zu  sein,  ist  auch  keine  Schande.    Wem  es  Vergnügen 
macht   zu    sehen,    wie   zwei   achtbare  Literarhistoriker   über  die 
nämliche  Persönlichkeit  rücksichtlich  ihrer  Leistungen  und  ihrer 
darin  liegenden  Bedeutung  in  ihren  Urteilen  auseinandergehen,  der 
vergleiche  Boettichers  Darlegung    über  Richard  Voß  (S.  509)    mit 
Karl  Weitbrechts  Herzenserguß  (Dtsch.  Literaturgesch.  d.  19.  Jahr- 
hunderts U  S.  125).     Man  muß  dabei  ersterem  nachrühmen,  daß 
er  seine  Auffassung   begründet,    und   ist   daher   geneigt,    die 
Frage    aufzuwerfen,    weshalb    er    es    z.  B.    nicht    auch    S.  523 
bei  Otto    Ernst   tut,    dessen   Flacbsmann   als    Erzieher   kurzweg 
wegen   des    „unverdienten  Aufsehens**    erwähnt  wird,   das  er 
erregte. 

Wer  sich  nicht  in  der  Lage  sieht,  eine  umfangreichere  Lite* 
raturgeschichte  zur  Hand  zu  nehmen,  wem  nicht  lediglich  um 
eine  streng  wissenschaftliche  Beleuchtung  der  Dinge  zu  tun  ist 
und  andrerseits  mit  bloßen  „Abrissen**  kein  Genüge  geschieht, 
wird  sieb  mit  Vorteil  und  Genuß  des  Boetticherschen  Buches  be- 
dienen, das  neben  anderen  den  Zugang  in  die  deutsche  Familie 
finden  möge,  den  es  erhofft.  Was  im  einzelnen  an  der  Form  der 
Darstellung,  in  geschichtlichen,  geographischen  oder  sonstigen 
sachlichen  Angaben  zu  verbessern,  in  Zeichensetzung  und  Recht- 
schreibung zu  ändern  ist,  wird  sich  der  umsichtige  Verfasser  für 
eine  neue  Auflage  schon  selbst  angemerkt  haben,  so  daß  ich  hier 
nicht  weiter  darauf  einzugehen  brauche.  Erst  recht  gilt  dies  von 
einigen  kleinen  Druckfehlern.    Solche  uns  hier  und  da  aufstoßenden 

Zeiieeltf .  f.  d.  OyuuiMialweMii     LXI.    8.   9.  41 


642  ^' Lochoer,  Dentiehe  Scholg^rtmmttik,  »$%,  voo  P.  Wetiel. 

Versehen  drücken  den  Wert  des  Buches  im  ganzen  nicht  herab: 
vult  simul  et  iucunda  et  idonea  dicere  vitae. 

2)  JohiDoes  Lochoer,  Deatsche  Sehiilflrranmttik  fiir  hShere  Lekr- 
anstalteo  (xom  Deatscheo  Lesebaeh  flir  höhere  LehraosUlteD  voo 
Radolf  LehmiDD).    Leipzif^  1907,  G.  Freyta;.    72  S.    §r.  8.    ipeb.  1  JC. 

Das  Buch  ist,  wie  manche  anderen,  im  Anschluß  an  die 
LehrpUne  und  Lehraufgaben  von  1901  gearbeitet,  unterscheidet 
sich  aber  ron  ihnen  durch  größere  Ausföhrlichkeit  im  einzelnen. 
Dies  ist  namenUich  in  der  Wortbildungslehre  der  Fall,  deren  Wesen 
und  Arten  (Ableitung  und  Zusammensetzung)  so  eingebend  be- 
handelt werden,  daß  sie  den  dritten  Teil  des  ganzen  Buches  aus- 
macht. Und  dabei  bringen  die  letzten  fönf  Seilen  eine  der 
Grammatik  doch  nur  ganz  äußerlich  angeheftete,  wenn  auch  brauch- 
bare Zugabe,  nämlich  einen  Abriß  der  Metrik.  Dies  genaue  Ein- 
gehen auf  die  Wortbildung  wird  an  sich  als  ein  tfißrerhältnis 
empfunden  werden,  demjenigen  aber  willkommen  sein,  der  mit 
dem  Verfasser  der  Meinung  ist,  daß  „die  Einsicht  in  das  Werden 
und  Vergehen  der  Sprache  nirgends  besser  als  in  der  Wort- 
bildungslehre gewonnen  werden  kann".  Auch  sind  gerade  hier 
absichtlich  die  Beispiele  recht  zahlreich  eingestreut,  um  den  Schöler 
zu  eigenem  Arbeiten  anzuregen.  Gelegentliche  geschichtliche  Be- 
merkungen sehen  wir  der  Untersekunda  zugewiesen,  wo  ihm  kleine 
Ausblicke  in  das  Pensum  der  folgenden  Klasse  zu  eröffnen  seien. 
Zum  Teil  konnte  hier  noch  etwas  mehr  geschehen.  S.  45  erfährt 
der  Schäler,  daß  -zig  so  viel  wie  „Zehner**  bedeutet.  Wird  er 
nicht  (zwei  Seiten  vorher)  bei  dem  Wortstamm  lif  in  elf  und 
zwölf  fragen,  welche  Bewandtnis  es  mit  ihm  habe?  Eine  Hypo- 
these ist  ihm  immer  noch  lieber  als  völliges  Schweigen.  Schlimmsten- 
falls sage  man  ihm,  daß  die  Bedeutung  des  Stammes  strittig  ist. 
Er  selbst  kann  sich  hier  nicht  geben,  was  man  ihm  vorenthält. 
Im  übrigen  ist  es  naturlich  empfehlenswert,  ihm  die  Arbeit  des 
Erkennens  möglichst  selbst  zu  überlassen,  so  daß  ihm  sein  Lehr- 
buch mehr  zu  einem  Leitfaden  als  zu  einem  Lembuche  dient 
wie  er  es  in  fremden  Sprachen  nötig  hat.  Daß  der  Verfasser 
vor  trockenem  Schematisieren  und  Systematisieren  in  der  Gram- 
matik der  Muttersprache  warnt,  wird  man  ihm  Dank  wissen,  desto 
mehr  freilich  dem  Lehrer  zur  Pflicht  machen,  die  Anknüpfung 
an  Gegebenes  so  vor  sich  gehen  zu  lassen,  daß  sich  allmählich 
ein  Zusammenhang  der  sprachlichen  Erscheinungen  herausstellt,  den 
der  Schüler  sich  selten  wird  allein  schaffen  können.  Andrerseits 
ist  der  nach  den  Lehrplänen  geforderte  Hinweis  auf  vorkommende 
Schwankungen  des  Sprachgebrauchs,  mit  denen  den  Lernenden 
auch  die  vorliegende  Grammatik  vertraut  macht,  recht  verdienst- 
lich, weil  er  durch  ihn  die  Überzeugung  gewinnt,  daß  die  Ent- 
wicklung seiner  Muttersprache  noch  nicht  abgeschlossen  ist,  er  m 
vielmehr  auch  an  seinem  Teile  auf  ihrem  lebensfrischen  Gange  io 


B.  Selialz*  Deutsches  Lesebuch,  aogex.  voo  B.  NaamtoD.   643 

fröhlicher  Mitarbeit  und  zarter  Rücksichtnahme  ihrer  Eigenart  zu 
begleiten  hat. 

Das  Bach  bringt  Gutes  und  Brauchbares.  Daß  es  immer 
neu  sei,  weist  der  Verfasser  selbst  von  der  Hand.  Es  liegt  ihm 
daran,  Erprobtes  festzuhalten,  so  daß  er  sich  Meistern  wie  Wil> 
manns  gern  zu  eigen  gibt.  Der  Anschluß  an  das  „Lesebuch'' 
figuriert  nicht  bloß  auf  dem  Titel;  besonders  die  Metrik  bietet  zu 
ihm  Tielfachen  Anlaß. 

Pankow  b.  Berlin.  Paul  Wetzel. 


Bernhard  Schulz'  Deutsches  Lesebuch  für  höhere  Lehranstalten. 
Nach  Maßgabe  der  Lehrpline  für  die  preufiischeo  höheren  Schnlea 
vom  Jahre  1901  neu  herausgegeben  von  Schmitz- Nancy,  Köster 
und  Weyel.  Paderborn,  P.  SchSoiogh.  Erster  Band:  Pur  die  uuteren 
Klasseo.  Vierzehnte  verbesserte  Doppelanflage.  1906.  XIV  u.  496  S. 
d.  geb.  3,20  JH.  —  Zweiter  Band:  ?'viT  die  Mittelklassen.  Zwölfte, 
ungearbeitete  Auflage.  1906.  XI  o.  694  S.  8.  geb.  \M,—  Dritter 
Band:  Obersekunda.     1907.    XI  u.  312  S.     8.    geb.  3  ^. 

In  der  Neubearbeitung  hat  das  Lesebuch  von  Schulz  auf 
Grund  der  Lehrpiäne  von  1901  durchgreifende  Änderungen  er- 
fahren. Diese  setzten  im  ersten  Bande  bereits  in  der  13.  Auflage 
(1905)  ein;  daß  sie  Anklang  gefanden  haben,  beweist  die  schnell 
notwendig  gewordene  14.  Auflage.  Die  Bearbeiter  haben  in  den 
beiden  ersten  Bänden  unter  vorsichtiger  Wahrung  des  Guten  und 
Brauchbaren  aus  dem  älteren  Bestände  für  die  Literatur  des  neun- 
zehnten Jahrhunderts  ausgiebigen  Raum  geschafl'en,  so  daß  wert- 
volle Gedichte  von  Tb.  Storm,  M.  GreifT,  G.  Keller,  W.  Weber  u.  a. 
Aufnahme  finden  konnten  und  in  den  Prosateilen  neben  Bismarck 
und  Moltke  R.  Baumbach,  W.  Rabe,  P.  Rosegger  und  andere  neuere 
Erzähler  vertreten  sind.  Man  wird  diesem  Lesebuch  also  nicht 
nachsagen  dürfen,  daß  es  hinter  der  Entwicklung  unserer  Literatur 
zurückbleibe.  Andrerseits  stellt  die  Auswahl  keine  Anforderungen 
an  den  Schüler,  die  über  seine  Fassungskraft  hinausgehen;  sie 
umfaßt  inhaltlich  und  stilistisch  Wertvolles,  auch  die  von  den  Be- 
arbeitern verfaßten  Stücke  sind  angemessen.  Den  Lehrplänen 
wird  durch  Vermehrung  der  Märchen  und  der  Erzählungen,  be- 
sonders der  Erzählungen  aus  der  vaterländischen  Geschichte,  die 
bis  auf  die  Gegenwart  fortgeführt  werden,  sowie  durch  Umarbeitung 
der  beschreibenden  Abschnitte  aus  früheren  Auflagen  Rechnung 
getragen. 

Der  dritte  Band  ist  ein  völlig  neuer  Teil,  in  welchem  das 
Lesebuch  nach  oben  weitergeführt  wird.  Es  enthält  dem  Lehrplan 
der  Obersekunda  entsprechend  in  dem  poetischen  Abschnitt  Mittel- 
hochdeutsches, dem  Perlen  der  gotischen  und  althochdeutschen 
Sprachdenkmäler  mit  nebenstehender  Übertragung  vorausgeschickt 
sind.  Die  mittelhochdeutschen  Texte  aus  den  Volksepen,  dem 
höfischen  Epos,  aus  der  höflschen  Lyrik,  innerhalb  deren  auch 
Proben  aus  der  Zeit  vor  und   nach  Walther   aufgenommen   sind, 

41* 


644  Deotiches  Lesebacli  f.  such«.  Seh»,  aogez.  von  K.  Endemano. 

und  aus  Preidanks  Bescheidenheit  werden,  wo  die  Konstruktion 
schwierig  ist,  durch  kurze  Anmerkungen  erläutert;  ein  klarer  und 
übersichtlicher  Abriß  der  mittelhochdeutschen  Grammatik  nebst 
Wörterverzeichnis  ermöglichen  es  dem  Schüler,  unter  Anleitung 
des  Lehrers  ein  zutreffendes  Bild  der  mittelhochdeutschen  Sprach- 
form zu  gewinnen.  Die  ausgewählten  Proben  selbst  sind  wohl 
imstande,  zu  einer  richtigen  Vorstellung  von  der  geistigen  und 
literarischen  Entwicjtlung  unseres  Volkes  in  seiner  älteren  Zeit 
den  Grund  zu  legen.  In  dem  Prosateil  wird  der  Gesichtskreis 
des  Schülers  erweitert,  indem  dieser  an  Erfassung  größerer  Zu- 
sammenhänge gewöhnt  und  zu  abstraktem  Denken  allmählich  hin- 
übergeführt  wird.  Dadurch  wird  die  Lehraufgabe  der  Prima  vor- 
bereitet. Und  es  ist  gut,  daß  diesen  Übungen  auch  konkrete 
Gegenstände,  die  der  Beobachtung  des  Schülers  unterliegen,  zu- 
grunde gelegt  werden,  wie  in  den  naturkundlichen  Lesestücken. 
Das  ganze  Werk  bietet  sich  in  seinen  einzelnen  Teilen  als 
eine  eigenartige  Erscheinung  von  selbständigem  Werte  dar. 

Schöneberg.  E.  Naumann. 

Deotiches  Leseboch  fdr  sachsisehe  Gymnaaieo,  herausge^ebea  voa 
B.  St en ding.  Abteilaog  VII:  für  Obarsekoada,  bearbeitet  voo 
Th.  Matthias.  Leipzig  1907,  OHrrsehe  Bachbaadlnag.  IV  0.295  S. 
8.     geb.  2,80  M> 

Wie  ein  Lesebuch  für  Obersekunda  angelegt  sein  muß,  zeigt 
am  besten  das  von  mir  auf  S.  324  ff.  dieser  Zeitschrift  besprochene 
von  Höfler.  Dieses  Buch  enthält  in  seinem  poetischen  Teile 
folgende  Abschnitte:  1.  Gotische  und  althochdeutsche  Sprachdenk- 
mäler, 2.  Das  Volksepos,  3.  Das  ritterliche  und  höGsche  Epos, 
4.  Das  Tierepos,  5.  Höfische  Lyrik,  6.  Ergänzungen  (aus  der 
modernen  Literatur).  Der  prosaische  Teil  bietet  Abbandlungen 
zur  deutschen  Göttersage,  zur  Literaturgeschichte,  zur  Kultur- 
geschichte der  Griechen,  Römer  und  Germanen,  aus  dem  Gebiete 
der  Philosophie  usw.  Wenn  nun  allerdings  das  Höflersche  Buch 
des  Guten  viel  zu  viel  bringt,  so  wird  man  in  dem  vorliegenden 
vielerlei  vermissen,  was  zur  Unterweisung  der  Jugend  auf  dieser 
Stufe  nötig,  zum  mindesten  sehr  nützlich  ist.  Ergänzungen  zu 
der  mittelhochdeutschen  Literatur  aus  der  modernen  Dichtung, 
wie  z.  B.  „Volkers  Nachtlied"  von  Geibel,  fehlen  ganz.  Das  aus 
dem  Althochdeutschen  Gebotene  genügt  nicht,  das  gotische  Vater- 
unser fehlt.  Betrachlungen,  wie  sie  Höfler  über  die  mhd.  Dich- 
tung im  Abschnitt  2  des  Prosateils  bietet,  vermißt  man  ebenfalls; 
denn  das  Lesesfück  „Der  Spielmann  und  seine  Dichtung"  von 
Storck  allein  reicht  nicht  aus.  Was  dagegen  Nr.  1  „Universalismus 
und  Nationalismus",  Nr.  2  „Germanentum",  Nr.  3  „Volkskunde" 
nach  H.  St.  Chamberlain  und  Riehl  bringen,  geht  zumeist  über 
das  Verständnis  des  normalen  Obersekundaners  hinaus.  Daß  in 
dieser  Hinsicht  freilich  die  meisten  Lesebücher,   Höfler  ebensogut 


F.  Pr«8ch,  Getehiehte  d.  deutsek.  Dichtimg,  a;z.  v.  B.  Arnold.  645 

wie  LehmaDD  u.  a.,  sich  arg  vergreifen,  habe  ich  auch  schon  in 
anderen  Besprechungen  zur  Genüge  herrorgehoben.  Ich  bin  seit 
einem  VierteJjahrbundert  in  Obersekunda  an  einer  ganzen  Reihe 
von  Anstalten  yerschiedener  Gegenden  beschäftigt  gewesen:  Ober- 
sekundaner, die  solche  Dinge  wirklich  yerstehen  könnten,  habe 
ich  —  aufier  in  Ausnahmeexemplaren  —  noch  nirgends  gefunden. 
Es  Uegt  hier  also  ein  entschiedener  FeUgrilT  vor;  denn  auch  das 
Schönste  und  Beste,  zur  unrechten  Zeit,  verfrüht,  geboten,  ver- 
fehlt völlig  seinen  Zweck.  —  Was  Nibelungenlied  und  Gudrun  be- 
trifft, so  würden  zwischen  den  ausgewählten  Aventiuren  kurze 
Inhaltsangaben  der  ausgelassenen  Stellen  sehr  am  Platze  sein,  und 
aus  Parzival  und  Tristan  und  Isolde  hätten  einige  kurze  Proben 
gegeben  werden  müssen.  Lob  verdient  die  Aufnahme  von  Ratzeis 
Sdbilderung  über  die  „Stille  der  Natur**  und  den  „Rhythmus  in 
der  Landschaft**.  Dieser  geistvolle  Geograph  sollte  überhaupt  in 
den  Lesebüchern  mehr  zu  Worte  kommen ;  „Troja**  nach  Schuch- 
bardt  verdient  ebenfalls  Billigung. 

Ein  mittelhochdeutsches  Wörterbuch,  das  m.  E.  nicht  ent- 
behrt werden  kann,  fehlt.  Die  Bedürfnisse  der  sächsischen  Gym- 
nasien entziehen  sich  meiner  Beurteilung;  für  preußische  Schulen 
kann  ich  ans  den  angegebenen  Gründen  das  Buch  nicht  emp- 
fehlen. 

KasseL  K.  Endemann. 


FriBz  Prosck,  Geschiehte  der  devtscheB  Diehtoo^  zom  Gebraacke 
«D  österreichischen  LehraostaltCD  and  für  das  Selbststodium.  Dritter 
Teil:  Von  Schillers  Tode  bis  zor  Gesenwart  Zweite,  völli|[  um- 
gearbeitete ond  erweiterte  Aoflage.  Wien  1906,  Karl  Graser  &  Cie. 
VII  n.  308  S.    gr,  8.    geb.  3,60  JC. 

Der  Verfasser  schließt  das  Vorwort  zu  seiner  Geschichte  der 
deutschen  Literatur  mit  dem  Wunsche,  daß  auch  der  Abschluß 
seines  Werkes  dieselbe  aufmunternde  Teilnahme  finden  möge,  die 
bereits  den  beiden  ersten  Teilen  geschenkt  worden  sei.  Dieser 
Wunsch  wird  sicher  in  Erfüllung  gehen:  der  Unterzeichnete 
hilt  die  Torliegende  Zusammenfassung  der  neueren  und  neuesten 
Literatur  für  eine  der  besten  ihm  bekannt  gewordenen.  Ob  die 
getrolTene  Einteilung,  die  zu  Wiederholungen  verleitet,  die  richtige 
ist,  möchte  Ref.  schon  deshalb  dahingestellt  sein  lassen,  weil  es 
bei  der  großen  Vielgestaltigkeit  gerade  der  neuesten  Literatur 
wohl  kaum  gelingen  wird,  eine  allen  Anforderungen  entsprechende 
systematische  Zusammenfassung  zu  treffen.  Gegenstand  des  Unter- 
richts in  der  deutschen  Literatur  ist  in  der  Schule  trotz  mancherlei 
Abweichungen  in  der  Hauptsache  die  Zeit  bis  zu  Goethes  Tode. 
Wenn  nun  der  Verfasser  meint,  es  sei  nur  eine  Frage  der  Zeit, 
daß  auch  die  neuesten  Literaturerscheinungen  in  den  Schulunter- 
richt mit  einbezogen  würden,  so  wird  sich  diese  Hoffnung  nur  in 
ganz  beschränktem  Maße  erfüllen  können.    Gewiß  werden  Dichter 


646  Goethes  Gedaokeo-Lyrik,  hsgb.  y.  A.  MttihUi  a.  P.Lorcirts. 

wie  Grillparzer  und  Hebbel  Eingang  in  die  Schule  finden.  Im 
allgemeinen  aber  wird  man  die  neueste  Literatur  sehen  wegen 
der  beschränkten  Stundenzahl  dem  Privatstudium  der  Schüler 
überlassen  müssen.  Und  hier  gerade  wird  Proschs  Literatur- 
geschichte vortreffliche  Dienste  leisten.  Denn  der  Schüler, 
der  bei  seinem  Interesse  für  neueste  Literaturerscheinungen  so 
gern  einer  wüsten,  nach  Belieben  und  Zufall  auswählenden  Lese- 
wut anheimfällt,  erhält  eine  wirklich  feste  Grundlage  für  eine  ge- 
ordnete Privatlektüre.  Die  Anmerkungen  —  meist  Inhaltsangaben 
größerer  Literaturwerke  —  sollen  den  Wunsch  rege  machen,  die 
Dichtungen  selbst  kennen  zu  lernen.  Vertreter  fremdländischer 
Literaturen  —  Tolstoi,  Björnson,  Ibsen,  Zola  — ,  desgleichen  kultur- 
historische Momente  aller  Art,  insoweit  sie  auf  unsere  neueste 
Literatur  einwirken,  sind  in  den  Rahmen  der  Betrachtung  mitein- 
bezogen. Ob  die  einzelnen  Urteile  immer  richtig  sind,  kann  um  so 
mehr  dahingestellt  bleiben,  als  der  Verfasser  selbst  S.  IV  des  Vor- 
wortes erklärt,  „daß  sich  die  Urteile  der  zeitgenössischen  Kritik 
oft  in  schroffster  Weise  gegenüberstehen".  Indessen  sei  im  ein- 
zelnen folgendes  aus  dem  reichen  Inhalte  herausgegriffen. 

Was  S.  1—30  über  Goethes  Werke  von  1805—1832  gesagt 
wird,  ist  im  allgemeinen  durchaus  zutreffend,  dagegen  weniger 
richtig,  wenn  es  in  den  Anmerkungen  S.  248  f.  heißt,  daß  Goethes 
Faust  „gleich  mit  allgemeinster  Begeisterung"  aufgenommen  wurde; 
und  daß  dieses  Drama  „vielleicht  von  allen,  die  unser  Theater 
besitzt,  außer  Kabale  und  Liebe,  der  stärksten  und  allgemeinsten 
Wirkung  sicher"  sei.  Wenn  weiter  S.  67  Gutzkows  Königsleutnant 
als  „schwache  Leistung",  S.  70  Brachvogels  Narziß  als  ein  Drama 
bezeichnet  wird,  das  sich  „trotz  erheblicher  Schwächen  auf  den 
Bühnen  behauptet",  so  vermißt  man  eine  kurze  Begründung  dieser 
Urteile,  ebenso  wie  man  S.  213  über  Hugo  v.  Hofmannslhals  Tragödie 
„ödipus  und  die  Sphinx"  (erschien  1906)  gern  ein  auch  nur 
knappes  Urteil  des  Verfassers  lesen  würde.  Der  Ref.  unterläßt 
es  schließlich,  auf  übertreibende  Urteile,  auf  Druckfehler,  auf 
stilistische  Mängel  aufmerksam  zu  machen,  weil  alle  Einzelbedenken 
derart  nicht  imstande  sind,  den  Gesamtwert  des  trefflichen  Buches 
zu  beinträchtigen,  dem  in  Lehrer-  und  Schülerkreisen  eine  recht 
weite  Verbreitung  gewünscht  wird. 

Chemnitz.  Bernhard  Arnold. 


1)  Goethe«   Gedankenlyrik.     Für  Schale  nnd  Haas  heraasge^ben  von 
A.  Matthias.     Leipzig  and  Wien  1905,  G.  Freytag  and  F.  Tenpsky. 

117  S.    8.     0,80^. 

In  seiner  trefflichen  Einleitung  betont  der  Herausgeber  dieser 
sehr  geschickten  Auswahl  Goethescher  Gedankenlyrik  den  Unter- 
schied zwischen  Empfindungs-  und  Stimmungslyrik  und 
eigentlicher  Gedankenlyrik,  macht  auf  die  charakteristischen 
Schaffungsweisen  des  Altmeisters,  auf  die  dramatische  und  die 


fofex.  voD  W.  Bänder.  Q47 

allegorische,  aufmerksam,  warnt  aber  mit  Recht  vor  einer 
allzu  weitgehenden  Schematisierung  und  Einzelgruppierung  dieser 
poetischen  Erzeugnisse. 

Die  Auswahl  im  einzelnen  bietet  natürlich  viele  Gedichte,  die 
wir  in  der  oben  besprochenen  Sammlung  finden.  Wir  begegnen 
daneben  einigen  schönen  Perlen  aus  dem  Schatze  des  Westöstlichen 
Diwan,  diesem  Jungborne  der  praktischen  Lebensweisheit,  und 
vielen  schönen  Sprachen  und  Worten  aus  den  Zahmen  Xenien. 
Der  am  Schlüsse  zugefügte  Kommentar  bietet  dem  Schulmann 
und  dem  Privatlehrer  beherzigenswerte  Winke  und  an  sachiicben 
Erklärungen  alles  Notwendige.  Besonders  möchten  wir  auf  die 
ebenso  treffenden  als  anregenden  Verweise  auf  Bibelstellen,  wie 
z.  B.  auf  die  Psalmen,  aufmerksam  machen.  Sehr  ansprechend 
ist  der  Kommentar  zu  dem  bisher  zu  wenig  gewürdigten  Gedichte: 
Ilmenau,  das  uns  über  Goethes  Verhältnis  zu  dem  edelgesinnten 
und  vorwärtsstrebenden  Herzoge  Karl  August  so  treffend   belehrt. 

Diese  Schulausgabe  wird  ohne  Zweifel  Lehrern  und  Schülern 
reichen  Nutzen  bringen. 

2)  Goethes  Gedankee-Lyrik,  heraasgegebeD  vod  Paal  Loreots. 
Oevteche  SekolenegabeD ,  herauage^ebea  voo  J.  Ziehen.  Nr.  35. 
Dreaden  1905,  L.  Ehlermaoo.     162  S.    8.    geb.  1,40  M* 

In  eiüem  Vorwort  und  einer  sich  anschließenden  Einleitung 
spricht  sich  Lorentz  über  die  Grundsätze  und  die  Gesichtspunkte 
aus,  von  denen  er  sich  bei  seiner  Ausgabe  hat  leiten  lassen.  Er 
war  besonders  bestrebt,  uns  und  besonders  unsem  Schülern  in 
aller  Kurze  einen  Einblick  in  die  wichtigsten  Gedanken  und  Inter- 
essenkreise zu  gewähren,  die  für  unsem  Altmeister  maßgebend 
waren.  So  werden  wir  mit  den  leuchtenden  Gedanken  des  Faust- 
dichters vertraut  auf  den  Gebieten  der  Kunst,  der  Natur  und  des 
allgemein  Menschlichen. 

Was  die  Auswahl  der  Dichtungen  betrifft,  so  findet  man  neben 
den  hervorragendsten  Erzeugnissen  Goethescher  GedankenJyrik,  wie 
Prometheus,  Grenzen  der  Menschheit,  Das  Göttliche  u.  a.,  eine 
Reihe  der  treffendsten  Sprüche  und  epigrammatischen  Sentenzen, 
und  daneben,  was  uns  sehr  angesprochen  hat,  einige  Abschnitte 
aus  den  Meisterdramen,  wie  das  Parzenlied  aus  der  Iphigenie  und 
mehrere  Monologe  aus  Faust.  Daß  nicht  jeder  mit  allen  gewählten 
Proben  einverstanden  sein  wird,  läßt  sich  erwarten.  Wir  z.  B. 
würden  gern  auf  Nr.  31  „Typus**  verzichten;  denn  das  Gedicht  ist 
weder  besonders  hervorragend  noch  eigenartig.  Doch  hierüber 
läßt  sich  streiten.  Im  ganzen  möchten  wir  uns  für  die  getroffene 
Wahl  aussprechen. 

Den  Gedichten  schließen  sich  noch  an:  I.  Anmerkungen, 
S.  113— 124,  und  U.  Anhang,  S.  125— 160,  zwei  sehr  dankens- 
werte Zugaben.  In  beiden  ist  das  geboten,  was  für  den  Primaner, 
auch  für  den  privatim  arbeitenden,  wichtig  ist;  besonders  gilt 
dies  von    dem  sehr  geschickt  gearbeiteten  Anhang,    der  uns  be- 


648  0*  Ladeodorfi  Historisches  Sekltf^wSrterbnch, 

lehrende  Belegstellen  und  Auszöge  aus  Werthers  Leiden,  Goethes 
Briefen  usf.  bietet. 

Wir  können  mit  gutem  Gewissen  diese  Ausgabe  für  den  deut- 
schen Unterricht  in  Prima  empfehlen. 

Homburg  ▼.  d.  Höhe.  Wilh.  Bauder. 


Otto  Ltdendorf,   Historisches   Schle^wSrterboch.    Straflbsrg  nod 
BerUo  1906,  R.  J.  Triiboer.    XXIV  n.  365  S.     8.    6  •#. 

Der  Verfasser  bezeichnet  sein  Werk  als  einen  'Versuch,  be- 
stimmt, die  bisherigen  zerstreuten  Ergebnisse  der  Schlagwort- 
forschung präzis  zusammenzufassen  und  durch  eine  große  Anzahl 
neuer  Artikel  zu  bereichern'.  Besonderer  Pflege  erfreut  sich  dieses 
Gebiet  der  Wortforschung  seit  R.  M.  Meyers  bekannter  Studie 
(Vierhundert  Schlagworte,  Leipzig  1900),  bedeutendere  Beiträge 
lieferten  dann  F.  Arnold  (Z.  f.  d.  österr.  Gymn.  52),  Gombert,  Feld- 
mann, Ladendorf  (in  den  letzten  Bänden  der  Z.  f.  d.  Wortf.).  — 
In  der  Einleitung  definiert  L.  den  Begriff*  Schlagworte'  als  'solche 
Ausdrücke  und  Wendungen,  denen  sowohl  eine  prägnante  Form 
wie  auch  ein  gesteigerter  Gefflhlswert  eigentömlich  ist,  insofern 
sie  nämlich  entweder  einen  bestimmten  Standpunkt  filr  oder  wider 
ein  Streben,  eine  Einrichtung,  ein  Geschehnis  nachdrückUch  be- 
tonen oder  doch  wenigstens  gewisse  Dntertöne  des  Scherzes,  der 
Satire,  des  Hohnes  und  dergleichen  deutlich  mit  erklingen  lassen'. 
Dabei  komme  es  weder  auf  die  Urheberschaft  noch  auf  die  Geltungs* 
dauer  noch  auf  die  Größe  des  Verbreitungsbezirkes  an,  Gesichts- 
punkte, die  trotzdem  sorgfältig  beachtet  werden.  Sodann  wird 
der  Begriff  des  Schlw.  von  den  älteren  des  gefldgeiten  Wortes 
und  des  Modewortes  abgegrenzt;  daß  die  Grenze  manchmal  fließend 
ist,  wird  festgestellt,  wie  denn  z.  B.  im  ^Böchmann'  je  länger  je 
mehr  Schigwe  mit  aufgenommen  wurden.  Richtig  wird  betont, 
daß  dem  Schlw.  immer  ein  besonderer  Gefühlswert  eignet  und 
daß  es  nur  so  lange  als  solches  gelten  kann,  als  dieser  empfunden 
wird  und  wirkt;  es  komme  ferner  vor,  daß  einzelne  Worte  ^die 
Metamorphose  vom  Schlw.  zum  Modewort  und  dann  zum  geflügelten 
Wort  oder  auch  in  anderer  Reihenfolge  durchmachen'.  Zufolge 
dieser  seiner  Auffassung  hat  L.  manche  Ausdrücke  nicht  auf- 
genommen, die  bisher  schon  als  Schlwe  (oder  'farbige  Worte') 
an  andern  Orten  besprochen  worden  sind ;  ein  anderer  Grund  war, 
wie  L.  in  der  Selbstanzeige  seines  Boches  (Z.  f.  d.  Wortf.  VII)  an- 
gibt, der  vorläufige  Mangel  ausreichender  Unterlagen.  So  enthält 
denn  dies  Wörterbuch  gegen  460  Artikel,  die  aber  öfters  mehrere 
verwandte  Schlwe  zusammenfassen.  Man  kann  die  Vorsicht  in 
der  Auswahl  loben,  doch  fragt  es  sich,  ob  die  Abgrenzung  gegen 
die  Verwandten  unseres  Begriffes  ausreichend  ist,  um  einer  — 
sicher  nicht  kleinen  —  Gruppe  von  Ausdrücken  hier  die  Aufnahme 
zu  versagen,  die,  ursprünglich  bestimmte  wissenschaflliche  Termini, 
infolge  vielfachen  Gebrauches  und  Erweiterung  ihres  Begriffskreises 


aDflrez.  von  F.  Weidliog.  649 

schlagworUrtig  geworden  sind,  ohne  etwa  Modewörter  oder  ge- 
flügelte Worte  zu  sein.  Hierher  gehörten  z.  B.  aus  dem  Gebiet 
der  Staatgwissenschaft:  Prärogative,  aus  dem  der  Philosophie: 
Materialist,  Prädestination,  aus  dem  der  Literaturwissenschaft: 
Klassik,  Romantik  nebst  Ableitungen;  'romantisch' z.  B.  ist  in  der 
einen  Bedeutung  heute  noch  Modewort,  in  der  andern  literarisches 
Sehlw.;  aus  dem  der  Kunstwissenschaft:  Interieur,  intim,  sich 
einfühlen  u.  a.  m.  Es  werden  meist  Fremdwörter  sein,  die  man 
hier  mit  heranziehen  könnte,  doch  das  Hegt  in  der  Natur  der 
Sache. 

Im  folgenden  gebe  ich  einige  Zusätze;  die  Belege  stammen 
^oßenteik  aus  'Kaiser  Wilhelms  des  Großen  Briefen  nsw.\  bsgg. 
▼on  Berner,  Band  I  (Berlin  190Q),  zitiert  KW  und  Seite,  und  aus 
der  Sammlung  *  Deutsche  Reden*  von  Flathe,  Band  I  (Leipzig  1893), 
zitiert  F. 

Zu  destruktive  Tendenzen  (Ladendorf  52)  das  etwas 
früher  auftretende  'revolutionäre  T.'  in  gleichem  Sinne  gebraucht 
TOD  Rotteck  1833  (F  184  und  193);  KW  89  schon  1832:  'die 
Tendenz  der  revolutionären  oder  liberalen  Partei  in  Europa  \  — - 
Deutschtümelei  'sogenannte^  KW  203.  —  Die  Edelsten  der 
Nation,  ein  politisches  und  danach  auch  in  die  schöne  Literatur 
eingedrungenes  Schlagwort.  —  Freihandel  nebst  Ableitungen, 
scheint  ebenso  wie  Schutzzoll  nicht  nur  als  wissenschaftlicher 
Ausdruck  in  dem  betr.  Gebiete  der  Staatswissenscbaft,  sondern 
auch  als  Schlagwort  im  Kampfe  der  Parteien  gebraucht  worden 
zu  sein.  —  Zu  Hegemonie  Preußens  (Lad.  116):  'PreuBehs 
geschichtliche  Aufgabe'  und  'das  politische  Lebensbedingnis  Preußens* 
KW  208,  255,  aus  dem  Jahre  1849.  —  Höhere  Politik  KW  152 
(1846).  —  Jasager  ebda.  —  Klassisch,  zwischen  Modewort 
und  wissenschaftlichem  Terminus  die  Mitte  haltend:  'der  klassische 
Boden'  von  Lutzen,  von  Leuthen  KW  5»  73.  —  Zu  dem  Schluß- 
satz über  Kamarilla  bei  Lad.  vgl.  KW  360.  —  Konstitution, 
zeitweilig  doch  sicher  ein  Schlagwort,  berücksichtigt  L.  gar  nicht; 
vgl.  KW  90:  'in  allen  Staaten,  wo  Konstitutionen  und  Kammern 
existieren' (1832);  Pfizer  1833:  Konstitutionelles  System  (F  154). 
—  Das  gleiche  dürfte  gelten  für  Loyalität:  KW  492:  'Ober  die 
L.  meiner  Bemühungen,  die  Kräfte  des  deutschen  Volkes  zu  ge- 
deihlicher Wirksamkeit  zusammenzufassen,  kann  kein  Zweifel  be- 
stehen" (1860);  'höchste  Illoyalität,  einem  neuen  Souverain  beim 
Antritt  seiner  Regierung  Garantieen  abzufordern'  ebda.  137  (1840). 
Den  schlagwortartigen  Charakter  des  Ausdrucks  erkennt  man  sicher 
in  Phrasen  wie  *  Mantel  der  L.'  (Dahlmann  1838  an  Jakob  Grimm, 
Ippel  I  283).  —  Der  März  (der  Juli),  vormärzlich  u.  ähnl. 
entbehren  ebenfalls  in  gewissem  Zusammenhange  nicht  der  das 
Schlagwort  kennzeichnenden  Färbung;  vergleicht  man  z.  B.  KW  100, 
105  'Juliempörung*  (1832)  mit  dem  1837  (ebda.  124)  gebrauchten 
Schlagwort  'der  Juli',    so   erscheint   das  Verlangen  nach  chrono* 


650  0.  Ladeodorf,  Hiator.  Sohlt^wörterbneh,  acpz. -v.  F.  WeidHn;. 

logischer  FesÜeguDg  jener  Ausdrücke  Dicht  Gberflössig.  —  Za 
moralische  Eroberungen  bucht  L.  den  Gebrauch  des  Aus« 
drucks  durch  K.  Wilhelm  aus  dem  J.  1858;  1855  setzt  er  noch 
' moralische  Präponderanz*  im  Gegensatz  zu  'Ländereroberung' 
(KW  387).  —  Zu  Mut  des  Fehlens  dürftie  einer  der  frühesten 
Belege  zu  finden  sein  in  Jac.  Grimms  Gesch.  d.  d.  Sprache,  Vor- 
rede. —  Menschenwürdiges  Dasein  braucht  bereits  Pfizer 
1833  (F  155).  —  Die  Verbindung  Not  der  Zeit  halte  ich  für 
ein  Schlagwort  aus  der  Zeit  von  1806  ab;  rückschauend  gebraucht 
es  z.  B.  Hegel  1816  (F  71).  —  Nationalitätsprinzip,  -itäten» 
frage  ist,  wie  es  1861  (F  VII)  war,  auch  heute  noch  für  öster- 
reichische und  ostdeutsche  Verhältnisse  ein  Schlagwort;  hierher 
sind  auch  zu  stellen  das  nationale  Bewußtsein  und  Volks- 
bewußtsein. —  Die  nationale  Wiedergeburt,  eine  wohl  in 
der  Zeit  der  Freiheitskriege  zum  Schlagwort  gewordene  Wort- 
verbindung (von  Fichte  geschaffen?),  fehlt  bei  L.  ganz;  Belege 
hierfür  und  für  ähnliches  bei  F  36,  74,  151.  —  Zu  den  Ver- 
bindungen mit  öffentlich  wäre  noch  'das  öffentliche  Leben'  zu 
stellen,  ein  Ausdruck,  der  später  entstanden  sein  dürfte  als  die 
'öffentliche  Meinung';  vgl.  Riemann  1817  (F  78);  dazu  die  'öffent- 
lichen Angelegenheiten'  Wirth  1832  (F  145);  auch  das  heute  fast 
Modewort  gewordene  'praktische  Leben'  und  das  'bürgerliche  L.' 
(Riemann  1817,  bei  F.  Seite  79  als  Gegensatz  zum  'akademi- 
schen L.')  seien  hier  gebucht.  —  Der  parlamentarische  Ausdruck 
Zur  Ordnung  rufen  (1838  Briefw.  Grimm-Dahimann,  Ippel 
1  140)  ist  als  Schlagwort  über  seine  ursprünglichen  Grenzen  hin- 
ausgedrungen.  —  Wann  ist  Opposition  als  Kollektiv  und  Per- 
sonifikation aufgekommen?  Vgl.  Wirth  1832  'die  Häupter  der  0.' 
(F  150).  -  Paulskirchner:  KW  219  (1849)  'diese  Leute,  die 
P. ..  sind  durch  ihren  eigenen  Schaden  nicht  klug  geworden'  — 
man  vgl.  die  Definition  L.s  für  das  Schlagwort  und  man  wird 
diesen  Ausdruck  für  aufnahmeßhig  erachten!  —  Politische 
Klugheit,  sogenannte:  Wilhelm  Grimm  an  Jacob  (1838;  Ippel 
I  234);  politische  Atmosphäre:  Pfizer  1833  (F  155).  —  Polster- 
staat: 'die  Wichtigkeit  von  Mittelmächten  und  Polsterstaaten' 
(H.  Schiller,  Weltgesch.  I  427);  der  Ausdruck  deckt  sich  mit  dem 
geläufigeren  'Pufferstaat';  vgl.  'Staaten  zweiten  Ranges':  Dahlmann 
an  Jac.  Grimm  1838  (Ippel  I  259).  —  Positiv  jetzt  nur  noch 
ein  theologisches  Schlagwort;  in  politischer  Bedeutung  KW  321 
(1852).  —  Preßben  gel  (-mameluk,  vgl.  Lyon-Heyse,  Fremd- 
wörterbuch): 1835  in  Webers  Juvenalübersetzung.  —  Quietismus, 
politischer:  Dahlmann  an  Wilh.  Grimm  1833  (Ippel  I  54).  — 
Reaktion  ist  sicher  schon  im  vierten  Jahrzehnt  des  19.  Jhs. 
Schlagwort:  Rotteck  1833  (F  183,  192  u.  ö.).  —  Zu  Rechts- 
boden:  'verfassungsmäßige  Rechte'  Pfizer,  Rotteck  1833  (F  154, 
203  u.  ö.).  —  Repräsentation  der  Nation  (des  Volkes)  darf 
man   für   die  ersten  Jahrzehnte  des*  19.  Jhs.  auch  als  Schlagwort 


DettweiUr,  Didaktik  o.  MeUod.  d.  Itt.  Uat.,  tgz.  v.  H.  Ziemer.  651 

ansprechen;  Belege:  Friedrich  Wilhelm  III.  1810  und  1815  (F217, 
'ReprSsentativ-Demokratie'  ßotteck  1818  (F  83);  andere  Belege 
(F 154,  159)  erübrigen  sieb.  —  Zu  Spitze  der  deutschen 
Bewegung  vgl.  'Bewegungspartei'  KW  152,  224,  299 f.  (1846— 
1852).  —  Staatsstreich:  Ygl.  Rotteck  (F  195)  «Bundesstaate- 
streiche'. —  Die  Ultras:  KW  388  (1853)  'die  Ultrareaktionäre' 
oder  'die  kleine  Partei'.  —  Zu  Volapuk  wäre  nun  auch  das 
'Esperanto'  nachzutragen.  —  Zum  Schluß:  Ist  Volk  in  Waffen 
kein  Schlagwort?  K.  Wilhelm  schrieb  1855  (S.  395)  noch  'V. 
uDter  W.'. 

Fürstenwalde.  Friedrich  Weidling. 


1)  P.  Dettweiler,  Didaktik  und  Methodik  des  lateioischen 
tJoterrichts.  Zweite,  umgearbeitete  Aoftage.  MÖDchen  1906, 
C.  H.  Becksehe  VerJa^sbachhandloDg  (0.  Beek).  VIIl  u.  268  S.  Lex 
geh.  5  Jit  geb.  6  M*  (SoDderaosgabe  aas  A.  Baaneisters  Haadbuch 
der  Erziehoags-  nod  Uoterriehtalehre  für  hShere  Schulen). 

Hit  diesem  Buche  hat  einst  vor  zwölf  Jahren  P.  Dettweiler 
sich  zu  den  Heistern  und  fuhrenden  Geistern  auf  dem  Gebiete 
des  lateinischen  Unterrichts  erhoben,  nachdem  er  durch  seine 
didaktische  Schulung  in  der  Schule  der  Herbartianer  und  besonders 
H.  Schillers  und  seine  praktische  Bewährung  sich  dazu  tQchtig 
gemacht  hatte,  ein  solch  umfassendes  Werk  zu  schreiben,  welches 
des  alten  F.  A.  Eckstein  Lateinischen  Unterricht  1887  bald  in  den 
Schatten  stellte  und  noch  weit  mehr  andere  ähnliche  Arbeiten 
überholte  oder  überflüssig  machte.  Ein  reiches  HaB  der  An- 
erkennung, freilich  auch  des  Widerspruchs  ist  Dettweilers 
Didaktik  und  Hethodik  in  dem  nunmehr  seit  ihrem  Erscheinen 
ferflossenen  Zeitraum  zugeflossen.  Den  besten  Beweis  ihrer  Be- 
deutung gibt  allein  schon  die  Tatsache  ab,  daB  im  letzten  Jahrzehnt 
kaum  eine  einzige  Schrift  über  die  Hethode  des  lateinischen 
Unterrichts  erschienen  ist,  die  nicht  auf  Dettweiler  Bezug  nimmt 
oder  sich  veranlafit  sieht,  sich  mit  ihm  auseinanderzusetzen. 
Aber  auch  in  den  neaen  preußischen  Lehrplänen  Yon  1901 
spiegelt  sich  der  Einfluß  Dettweilerscher  Lehren.  Sie  haben 
seiner  realpädagogischen  Richtung  bedeutende  Zugeständnisse 
gemacht. 

Ich  freue  mich  dessen  aufrichtig  schon  deshalb,  weil  ich 
selbst  darauf  hingewirkt  habe.  Der  Fachmann  weiß,  daß  die 
gesamte  Dettweilersche  Lehrmeinung  im  wesentlichen  dieselbe 
ist,  die  ich  seit  zwanzig  Jahren  in  Rethwisch'  Jahresberichten  über 
das  höhere  Schulwesen  vertreten  habe,  die  dann  eine  so  große  An- 
hängerschaft gewonnen  hat,  daß  sie  allmählich  zur  herrschenden 
sich  emporarbeitete.  Können  doch  auch  die  behördlichen  Lehr- 
pUne  nichts  anderes  sein  als  der  abgeklärte  Niederschlag  des 
pädagogischen  Zeitgeistes,  und  sind  sie  es  nicht  mehr,  so  sind  sie 


652  P-  Dettweiler,  Didaktik  q.  Methodik  des  lat.  Unterrichts, 

reif,  aufgehoben  zu  werden  und  anderen  Platz  zu  machen.  Wir 
haben  das  ja  fast  von  Jahrzehnt  zu  Jahrzehnt  bei  uns  erlebt. . 

So  ist  denn  auch  die  neue,  zweite  Bearbeitung  des  Dett- 
weilerschen  Handbuches  nicht  eine  Umarbeitang  in  dem  Sinoe, 
als  wäre  irgend  etwas  von  dem  aufgegeben  worden,  was  D.  mit 
den  zahlreichen  zustimmenden  und  mit  den  ganz  wenigen  grund- 
sätzlich  widersprechenden  Beurteilern  als  die  Eigenart  des  Buches 
ansieht.  Diese  ist  durchaus  gewahrt  geblieben.  Die  neue  Et* 
arbeitung  konnte  freilich  manches  kurzen,  anderes  erweitem,  wozu 
die  Literatur  seit  12  Jahren  Veranlassung  gab,  aber  wir  sehen 
auch  manches  zu  schroffe  realpädagogische  Urteil  gemildert,  manche 
Schärfe  beseitigt,  manche .  Polemik  aufgegeben.  Denn  tatsächlich 
ist  seit  1895  vieles,  wofür  Dettweiler  und  seine  Gesinnungs- 
genossen eingetreten  sind,  grundsätzlich  in  ihrem  Sinne  entschieden 
worden  und  sieghaft  durchgedrungen.  Diese  Methodik  und 
Didaktik  entspricht  also  auch  den  heutigen  Lehrplänen.  Natürlich 
ist  auf  sie  die  weiteste  Röcksicht  genommen,  ohne  daß  der 
grundsätzliche  Standpunkt  des  Buches  geändert  zu  werden  brauchte. 
Dettweiler  hat  sicher  darin  recht,  wenn  er  im  Vorwort  S.  Y  sagt, 
eine  Methodik  soll  zeigen,  wie  man  unter  den  gegebenen  Ver- 
hältnissen unterrichten  kann,  aber  nicht  Zukunftsmusik  machen. 
Gewiß  kann  sie  auch  in  einzelnem  den  Weg  zum  Besseren  zeigen 
und  Vorschlägen  Raum  geben,  die  dahin  zielen,  aber  die  Haupt- 
sache ist  und  muß  doch  sein,  daß  sie  die  Wege  zeigt,  die  man 
mit  erprobtem  Erfolg  gehen  kann,  daß  sie  nicht  den  An- 
spruch erhebt,  so  soll  man  es  machen,  sondern  so  kann  man 
es  zweckmäßig  machen.  Und  das  tut  Dettweiler.  Er  ist  selbst 
ein  guter  Lateiner  mit  reicher  Erfahrung  und  praktischem  Geschick; 
er  schreibt  planvoll,  gründlich,  verständlich  und  anschaulich.  Aus 
ihm  spricht  aber  auch  die  reifste  Erfahrung  unserer  besten  Latein- 
lehrer und  gewiegtesten  Methodiker.  Sein  Lehrgebäude,  auf  dem 
Grunde  der  Herbartianer  erwachsen,  ohne  deren  Auswüchse  und 
Übertreibungen  sich  anzueignen,  auf  psychologischer  Grund- 
lage aufgebaut,  ist  doch  ganz  vom  Geiste  der  Neuzeit  durchdrungen 
und  räumt  glücklich  mit  veralteten  pädagogischen  Anschauungen 
auf.  Es  führt  die  Forderungen  des  erziehenden  Unterrichts  für 
das  Lehrfach  des  Lateinischen  bis  ins  einzelne  sogar  mit  aus- 
geführten „Lehrproben  und  Lehrgängen'*  durch  und  erprobt  somit 
für  das  Lateinische  deren  Berechtigung  und  Erfüllbarkeit  im 
großen  wie  im  kleinen.  Dettweiler  verfolgt  die  seine  Lehrüber- 
zeugung beherrschenden  Grundgedanken  mit  entschlossenem  Hut 
und  strenger  Folgerichtigkeit  bis  zu  den  entlegensten  Winkeln  des 
Unterrichtsbetriebes. 

Man  wird  nun  vermuten,  daß  die  Aufnahme  der  neuen 
pädagogischen  Erfahrungen  und  die  Berücksichtigung  der  neuen 
Literatur  während  des  letzten  Jahrzehnts  den  Umfang  des  Buches 
erheblich  vergrößert  hat.     Allein  zahlreiche  Kürzungen  glichen  das 


aofei.  von  H.  Ziener.  653 

Plus  einigerBiaßen  aus;  statt  früher  255  S.  haben  wir  nuü  IV 
aod  268  S.  Weggeblieben  ist  zum  Beispiel  der  erste  längere  Satz 
der  alten  Einleitung.  In  dem  Abschnitte  I  Die  geschichtliche  Ent- 
wickelung  des  lateinischen  Unterrichts  sind  die  neuen  Nr.  10  und 
11  hinzugekommen  mit  Rücksicht  auf  die  letzte  Entwickelung  des 
lateinischen  Unterrichts  in  dem  verflossenen  Jahrzehnt.  Ganz  neu 
ist  das  Schiußkapitel  Der  lateinische  Unterricht  in  Reformanstalten 
S.  256->266.  Konnte  Verf.  hier  auch  kaum  aus  eigener  Er- 
fahrung urteilen,  so  hat  er  doch  an  der  Hand  der  maßgebenden 
Literatur  und  auf  Grund  persönlicher  Hitteilungen  die  wesentlichen 
Zöge  des  Unterrichts  auf  den  drei  Stufen  dieser  Anstalten  richtig 
gezeichnet.  Und  schließlich  fordern  wir  die  methodische  Durch- 
dringung und  Sichtung  des  Stoffes,  die  einheitliche  Arbeit  des 
Lehrerkollegiums,  die  psychologische  Behandlung  der  Syntax,  die  an 
die  Lektüre  angeschlossenen  Übungen,  die  zahlreichen  Ver- 
knüpfungen mit  anderen  Lehrßchern  —  alles  Bedingungen,  welche 
die  Reformgymnasien  zu  erfüllen  suchen  —  doch  auch  für  den 
lateinischen  Unterricht  unserer  Altgymnasien,  so  daß  nur  die 
Unterstufe  der  Reformanstalten,  der  Anfangsunterricht  besonders, 
nit  ihrem  schnelleren  Vorwärtsschreiten  der  reiferen  Schüler  eine 
andere  Methode  Terlangt. 

In  dem  anerkennenden  Urteil  über  die  Arbeit  der  Reform- 
anstalten stimme  ich  mit  Dettweiler  überein  und  habe  dem  in 
meiner  neuen  Bearbeitung  des  Abschnitts  „Lateinischer  Unter- 
richt'' in  W.  Reins  Enzyklopädie  der  pädagogischen  Wissen-» 
Schäften  2.  Auflage  Ausdruck  geben.  Ich  bedauere  nur,  daß  mir 
im  Februar  1906,  wo  ich  jene  Arbeit  zu  erledigen  hatte,  Dettweilers 
neue  Auflage  noch  nicht  vorlag.  So  mußte  ich  an  zahlreichen 
Stellen  mich  an  die  1.  Auflage  halten,  während  es  ein  wesentlicher 
Vorteil  gewesen  wäre,  auf  die  2.  Auflage  Bezug  zu  nehmen.  Dem 
Leser  beider  Arbeiten  wird  unsere  grundsätzliche  Übereinstimmung 
in  den  wichtigsten  methodischen  und  didaktischen  Punkten  nicht 
befremden.  Sie  erklärt  sich  aus  dem  oben  Gesagten.  Und  dazu 
kommt  noch  eins.  Ebenso  wie  Dettweiler  im  Laufe  der  Zeit  von 
H.  Schillers  allmählich  bis  zu  seinem  Tode  sich  verschärfenden 
realpädagogischen  Grundsätzen  etwas  abgerückt  ist,  habe  ich  mich 
bemüht,  H.  Schillers  allzu  schroffe  realpädagogisclie  Ansichten, 
wie  sie  in  der  ersten  Bearbeitung  für  die  Reinsche  Enzyklopädie 
entgegentreten,  auf  ein  eiirägliches  Mittelmaß  abzuschwächen.  Das 
war  durchaus  nötig,  denn  der  formalbildende  Wert  des  Lateinischen 
and  die  Bewertung  der  Grammatik  war  bei  Schiller  zu  kurz  ge- 
kommen. Dettweiler  nun  läßt  den  Übersetzungsübungen  ins  La- 
teinische volle  Gerechtigkeit  widerfahren  und  scheint  auch  geneigt, 
meinen  Vorschlag  in  Rethwisch'  Jahresb.  XIX  39  (nicht  89,  wie  bei 
Dettweiler  S.  237  irrtümlich  steht)  zu  unterstützen,  der  dahin  geht, 
den  Abiturienten  die  schriftliche  Obersetzung  ins  Lateinische  zu  er- 
lassen, dafür  aber  eine  Übersetzungsaufgabe  ins  Lateinische  in  der 


654    K.  Brogmaon,  Graodr.  d.  vergl.  Grinitt.  d.  iodof^.  Spr., 

müDlicheo  Prfifung  zu  stellen,  nacbdem  sie  schriftlich  einen 
lateinischen  Text  ins  Deutsche  fibersetzt  haben.  Solange  die  Zahl 
der  alten  Gymnasien  nicht  ganz  erheblich,  mindestens  auf  die 
Hälfte  des  jetzigen  Bestandes,  herabgemindert  ist  —  eine  For- 
derung, die  immer  wider  gestellt  werden  muB  — ,  halte  ich  diesen 
Ersatz  der  Zielleistung  für  durchaus  notwendig;  ich  wurde  aber 
auch  den  gänzlichen  Fortfall  des  lateinischen  Skriptums  aus  der 
Reifeprüfung,  ohne  jeden  Ersatz  —  nicht  ffir  ein  Unglück  an* 
sehen. 

Die  Zahl  der  Lateinlehrer  dürfte  gering  sein,  die  von  diesem 
vortrefflichen  Handbuche  Dettweilers  keine  Kenntnis  haben  oder 
sich  nicht  aus  ihm  haben  belehren  lassen.  Keine  Anstalt  und  kein 
Lateinlehrer  sollte  aber  versäumen,  die  neue  Auflage  anzuschaffen. 
Sie  macht  sich  durchaus  bezahlt. 

2)  Karl  Bra^mtno,  GrandriB  der  vergleicheaden  Grammatik 
der  indogermanischeo  SpracbeD.  Zweiter  Baod:  Lehre  voa 
deo  Wertformen  and  ihrem  Gebraach.  '  I.  Teil:  Allgemeines.  Zo- 
aammeDsetzaofl;  (Kompoeita).  Nomioaletämme.  Zweite  Bearheitoap 
StraBbnrg  1906,  K.  J.  Tröbaer.    XV  aod  68$  S.    17,50  Ji. 

Die  zweite  Bearbeitung  des  Brugmannschen  Riesenbaues  der 
vergleichenden  indogermanischen  Gramamtik  schreitet  rüstig  vor- 
wärts. Der  erste  Band,  Einleitung  und  Lautlehre  umfassend, 
erschien  in  2.  Auflage  11  Jahre  nach  der  ersten  Auflage  bereits 
1897  in  zwei  Hälften  1098  S.  stark  (28  JH).  Nun  liegt  der 
1.  Teil  des  zweiten  Bandes  vor,  gänzlich  umgestaltet,  selbst  der 
Titel  ist  verändert.  In  der  1.  Auflage  vom  Jahre  1889  lautete  der 
Titel  des  zweiten  Bandes:  Wortbildungslehre  (Stammbildungs- und 
Flexionslehre).  Erste  Hälfte:  Vorbemerkungen.  Nominalkomposila, 
Reduplizierte  Nominalbildungen.  Nomina  mit  stammbildenden 
Suffixen.  Wurzelnomina.  Jetzt  hat  die  erste  Hälfte  den  oben 
angegebenen  Titel,  während  die  Bezeichnung  „Wortbildungslebre" 
wohl  den  folgenden  beiden  Teilen  des  zweiten  Bandes  vorbehalten 
wird.  Der  zweite  Band  wird  also  in  der  neuen  Auflage  drei 
wahrscheinlich  gleich  starke  Teile  umfassen,  von  denen  jeder  seine 
eigene  Paragraphierung  und  Paginierung  haben  wird.  Es  wäre 
natürlich  gewesen,  diese  drei  Teile  fortan  als  Band  H,  HI  und  IV 
zu  betiteln.  Das  ging  aber  deshalb  nicht  an,  weil  der  Schluß 
des  ganzen  Werkes,  Delbrücks  Vergleichende  Syntax,  im  Titel 
als  dritter  und  vierter  Band  bezeichnet  worden  ist  und  somit  un- 
liebsame Verwechselungen  vorgekommen  wären. 

Siebzehn  Jahre  sind  also  seit  dem  ersten  Erscheinen  des  vor- 
liegenden Teiles  verflossen.  In  seiner  Anzeige  desselben  sagte  der 
bekannte  französische  Linguist  V.  Henry  in  der  Revue. critique 
1889,  101  ff.:  „Die  indoeuropäische  Linguistik  wird  hier  ein 
Standard  work  besitzen,  von  welchem  mindestens  ffir  ein  Viertel- 
jabrhundert  aller  Fortschritt  auf  diesem  Gebiete  ausgehen  muß"« 
Er  bat  nur  darin  recht  gehabt,  daß  in  der  Tat  Brugmanns  Werk 


•  Dgaz.  voQ  H.  Ziemer.  655 

babobrecbend  geworden  ist.  Aber  der  Portschritt  selbst  hat  sich 
so  reißend  scbnell  vollzogen,  dafi  das  Buch  nur  17  Jahre 
wirken  konnte  und  im  Grunde  noch  nicht  einmal  so  lange,  denn 
schon  nach  15  Jahren  sah  Brugmann  sich  genötigt,  den  Acker 
Tdllig  anders  zu  besteUen. 

Von  dem  ganzen  ersten  Aufbau  ist,  abgesehen  von  einzelnen 
zum  Bau  verwandten  Formsteinen,  einzelnen  Beispielen,  kaum  ein 
Stein  auf  dem  andern  geblieben.  Das  Material  ist  wiederver- 
wendet, aber  das  Gebäude  sieht  ganz  anders  aus  als  frAher.  Es 
ist  ein  völliger  Neubau,  der  uns  hier  überrascht.  Man  vergleiche 
nur  den  Inhalt  beider  Auflagen.  Die  alte  Auflage  ist  also  jetzt 
nach  17  Jahren  entwertet.  So  kurzes  Leben  ist  heutzutage  den 
schöpferischen  Taten  großer  Männer  der  Wissenschaft  beschieden ; 
sie  müssen  immer  wieder  einreißen,  um  neuaufzubauen.  Wer 
einmal  wie  Brugmann  einer  Wissenschaft  durch  die  finderische 
Kraft  seines  erleuchteten  Genius  neue  Bahnen  gewiesen,  der  muß 
von  dem  Tage  an,  wo  er  stolz  auf  die  vollendete  Schöpfung  seines 
Geistes  blickt,  sofort  von  neuem  an  die  Arbeit  gehen.  Ist  das 
Haus  fertig,  so  stellen  sich  erst  die  Mängel  heraus,  und  wer  am 
Wege  baut,  bat  viele  Meister,  die  mit  der  zersetzenden  Kritik  das 
Werk  der  Zerstörung  beginnen.  So  wird  ein  Stein  nach  dem 
anderen  herausgebrochen.  Inzwischen  schreitet  die  Wissenschaft 
selbst  rastlos  fort  —  und  nach  wenigen  Jahren  ist  eine  Neugeburl 
gerade  der  größten  und  kostspieligsten  Werke  notwendig. 

Durch  die  einschneidende  Umarbeitung  ist  dieser  Teil  äußer- 
lich starker,  innerlich  besser  geworden.  Was  den  Umfang  an- 
belangt, so  genügt  die  Bemerkung,  daß  den  436  Seiten  der  1 .  Auf- 
läge  hier  688  der  2.  Auflage  entsprechen.  Diese  Vermehrung  ent- 
stand nicht  etwa  bloß  durch  Erweiterung  der  einzelnen  Kapitel 
und  Abschnitte  der  1.  Auflage,  sondern  der  ganze  Inhalt  und  die 
ganze  Darstellung  ist  eine  andere  geworden.  Wir  zögern  nicht, 
der  neueren  Arbeit  den  Vorzug  zu  geben.  Sie  entwickelt  in 
wohlgeordneter  Übersicht  und  vortrefflicher  Gliederung,  zugleich 
gesprächiger  und  in  ruhigem  Verweilen,  aber  darum  weit  ein- 
leuchtender und  Terständlicher  vieles,  was  froher  nur  oberflächlich 
angedeutet  oder  in  einem  Winkel  versteckt  war.  Anderes,  was 
früher  gar  nicht  zur  Sprache  kam,  wurde  neu  eingefugt.  So 
sind  eine  Menge  neuer  Abschnitte  zum  großen  Vorteile  des  Werkes 
hinzugefügt  worden.  Eine  kurze  Übersicht  ober  den  Inhalt  der 
mehr  allgemeinen  Teile,  welche  etwa  die  ersten  beiden  und  das 
letzte  Siebentel  des  Buches  einnehmen,  mag  dies  bestätigen. 

Hier  war  in  der  1.  Auflage  von  Vorbemerkungen,  von 
nominaler  und  pronominaler  Stammbildung  und  Flexion  mit  den 
Unterteilen :  Nominale  Zusammensetzung  (Nominalkomposita), 
Bedeutung  der  Zusammensetzungen,  reduplizierte  Nominalbildungen, 
Nomina  mit  stammbildenden  Suffixen  im  allgemeinen  die  Rede. 
Diese  wenigen  Teile  verschwinden  gegen  die  Fülle  dessen,  was  die 


656  K*  BrDgmtDO,  Gr  aodr.4.  vgl  Gr.  d.iodof.  Spr.,  tgz.  v.  H.  Ziener. 

neue  Auflage  an  ihrer  Stelle  bietet.  Die  Aufzählang  der  Teile 
Dimmt  im  Register  S.  XI  und  XII  allein  zwei  Seiten  ein  und 
verbindert  uns  so,  sie  zu  wiederholen.  Doch  einzelnes  wenigstens 
mag  aus  dem  reichen  Inhalte  yerraten  werden.  Gerade  hier  zeigt 
sich  die  philosophische  Kraft  und  das  logische  Talent  des  Brug* 
mannschen  Geistes  im  glänzendsten  Lichte,  z.  B.  in  den  geist?ollen 
und  glücklichen  neuen  Begriffsbestimmungen  von  Satz,  Wurzel 
und  Basis,  Wurzeldeterminativ  und  Formans,  Formans  und 
Kompositionsglied  u.  a.,  während  in  den  mittleren  Teilen  des 
Buches,  wo  die  stammbildenden  Formantien,  vokalische  und 
konsonantische,  abgehandelt  werden,  mehr  die  liefe  üurdidringung 
des  Stoffes,  das  scharfe  und  sichere  Urteil  ia  den  schwierigsten 
Problemen  und  die  überwältigende  Fülle  der  Unterlagen  und  Belege 
aus  allen  Spraclien,  ein  beredtes  Zeugnis  der  umfassenden  Kennt- 
nisse des  weitblickenden  Forschers,  gerechte  Bewunderung  erregen. 

Daß  die  Lehre  von  der  Wortbildung  gegen  die  Lehre  vom 
Wortgefüge  und  Satze  nicht  überall  fest  abzugrenzen  ist,  sagt  Verf. 
gleich  im  Anfange.  Er  betrachtet  deshalb  Satz  und  Wort  in  ihrem 
Verhältnis  zu  einander  und  schlägt  für  den  Ausdruck  „Sätze'*  den 
besseren  „Aufierungen  einer  Gesamtvorstellung''  vor.  Da  nun  die 
Menschen  nicht  in  Wörtern,  sondern  in  Sätzen  reden,  so  sollte 
von  Rechtswegen  eine  wissenschaftliche  Darstellung  nicht  vom 
Worte,  sondern  vom  Satze  ausgehen.  Aber  den  Anfang  hiermit 
können  nicht  die  vergleichenden  Grammatiken,  sondern  nur  die 
einzelsprachlichen  machen;  dort  beherrschen  Wort  und  Einzel- 
form noch  immer  die  Darstellung,  und  man  wird  die  großen 
Vorteile,  welche  für  die  Übersichtlichkeit  und  leichte  Orientierung 
durch  das  Ausgehen  vom  Wort  entspringen,  nicht  gern  preisgeben« 
Aber  auch  die  wissenschaftlichen  Einzelgrammatiken  gehen  aus 
gleichem  Grunde  gewöhnlich  nicht  vom  Satze  aus.  Es  hat  sogar 
wissenschaftliche  Grammatiken  gegeben,  die  diesen  Titel  führten, 
ohne  die  Lehre  vom  Satze  überhaupt  zu  enthalten.  Das  Brug- 
mannsche  Werk  trifft  dieser  Tadel  nicht;  es  ist  durch  die  Syntax 
von  B.  Delbrück  in  mustergültiger  Weise  vervollständigt  worden. 
Aber  auch  die  Semasiologie,  die  Lehre  von  der  Bedeutung  der 
Wortformen,  die  auch  zu  den  syntaktischen  Partien  gehört,  kommt 
zu  ihrem  Rechte  und  zwar  in  diesem  Teile  S.  582  bis  686.  Hier 
werden  Form  und  Gebrauch  der  Substantiva  (Konkreta,  Abstrakta 
und  Kollektiva),  der  Adjektiva  und  der  Deminutiva  nebst  Hypo- 
koristika,  Amplifikativa  und  Deteriorativa  behandelt. 

Nach  einer  kurzen  Betrachtung  der  Begriffe  Simplex  und 
Kompositum  kommt  Brugniann  auf  S.  5  ff.  auf  Wurzel»  AfGx  oder 
Infix.  Die  Affixe  und  ihre  Teile  Suffixe  und  Präfixe,  sodann  das 
Infix  -9te',  -n-  faßt  Brugmann  in  diesem  ganzen  Werke  fortan 
unter  der  glücklichen  und  treffenden  Bezeichnung  „Formantia^ 
zusammen.  Wo  also  beispielsweise  in  der  1.  Auflage  von  Suffixen 
die   Rede    war,    steht    hier   überall  „das  Formans  3=  eleipentuv 


Die  Komödien  des  P.  Tef  entias,  «igez.  vob  M.  Niemeyer.  657 

fefinaii8'\  wie  schon  in  in  des  Verf.  Kttrxer  vergleichefiden  Gram- 
fflatik.  So  wird  die  Darstellung  der  Nominalstamme  nach  diesen 
Formantien  gegliedert  S.  120—582:  es  werden  also  vokaiische 
Formantia,  m-  und  n-,  r-  und  I-  Formantia,  Formantia  mit 
labialem,  dentalem  und  gutturalem  Verschlußlaut  und  s-Formantia 
QDterscbieden.  Was  ist  nun  Basis?  Es  ist  ein  VITortstGck  wie 
gau-  (zu  gignere),  das  bezüglich  der  Ahlautverhältnisse  als  eine 
lautliche  Einheit  sich  darstellt  Wurzel  wie  Basis  sind  grammatische 
Abstraktionen,  jene  einsilbig,  diese  mehr  als  einsilbig.  Ein  Wurzel- 
determinativ ist  z.  B.  -s-,  -m-,  -p-  in  trese*  zittern  bezw.  tremi-^ 
frept"  (lat.  trepidus).  „SufBr'  und  „Infix"  werden  also  vom 
Verf.  nicht  mehr  gebraucht.  Er  erörtert  dann  Motive  und  Arten 
der  Wortbildungsvorgänge,  wie  z.  B.  Analogiebildung,  Neu* 
schö(^ng  und  Umbildung,  vorwärts  und  rückwärts  schreitende 
Ableitungen.  Die  Ellipse  wird  durch  Lautentziehung  verdeutscht; 
zu  ihr  gehören  die  Kurzformen,  während  die  Koseformen  zu  den 
GefUilslautuDgen  gezählt  werden.  Es  folgt  Doppelung  oder 
Reduplikation  als  Wortbilduogsmiltel,  ferner  der  sog.  Sup- 
plelivismue,  wie  er  in  niiit,  fui;  ferOy  lull,  latum  vorliegt.  Das 
nächste  Kapitel  ist  der  Zusammensetzung  in  allen  ihren  Arten, 
das  4.  Kapitel  der  Geschichte  der  Nominalkomposita  gewidmet. 
Dann  wird  im  Mittelleile  des  Bandes  das  große  Heer  der  Nominal- 
stimme oiit  ihren  oben  genannten  Formantien  eingebend  be- 
handelt. 

DaB  überall  die  neueste  Literatur  zugezogen  worden  ist,  die 
Brugmann  wie  kaum  ein  anderer  beherrscht,  braucht  nicht  erst 
gesagt  zu  werden.  Audi  daß  die  lateinischen  und  griechischen 
Wortformen  und  ihr  Gebrauch  reichlich  bedacht  sind,  haben  wir 
schon  in  unserer  Anzeige  der  1.  Auflage  in  dieser  Zeitschrift  1890 
S.  358—361  bemerkt 

Kolberg.  H.  Ziemer. 

Die  Komodiea  des  P.  Tereotias  erklart  von  A.  Spetgel.  Zweites 
Bändehen:  Adelphoe.  Zweite  Auflasse.  Berlia  1905,  Weidnannsche 
Biichhaodlong.     221  S.    8.    2,20  w^. 

Nach  C.  Bardts  entzückender  Verdeutschung  der  Adelphi  vom 
Jahre  1903  und  nach  der  Neubearbeitung  der  Ausgabe  Dziatzkos 
durch  Robert  Kauer  (Wien)  ist  diese  pädagogische  Charakter* 
komodie  des  literarischen  Freundes  des  großen  Kartbagozerstörers 
wieder  in  den  Vordergrund  des  Interesses  getreten.  Sie  wurde 
bekanntlich  mit  der  Hecyra  an  den  Leichenspielen  des  Pydna- 
siegers  aufgeführt,  die  dessen  Söhne  Fabius  und  Scipio  veran- 
stalteten. 

Andreas  Spengel  hat  erst  nach  25  Jahren  seine  Ausgabe  er- 
neuert. Es  ist  die  letzte  Arbeit  des  scharfsinnigen  und  geistvollen 
Mannes,  und  die  letzte  Arbeit  Oskar  Seyfferts,  des  gröBten 
Kenners  des  Sprachgebrauchs  der  römischen  Komödie,  dessen  Tod 

ZmtMkr.  f.  d.  OjmiuMiftlweMD.    LXI.    8.    9.  42 


658  D>«  RoBödiea  des  P.  Terentiasy 

wir  DUD  auch  aufs  tiefste  beklageoi  war  eine  verdiente  Aoerkennung 
dieser  hervorragenden  Leistung  (B.  philoL  WS.  1906  Sp.  490  ff.). 
Das  Bach  ist  fast  um  100  Seiten  stärker  geworden,  obgleich  der 
gelehrte  Zitatenpomp  möglichst  eingeschränkt  ist.  Statt  einer  Ein- 
leitung findet  sich  jetzt  ganz  modern  in  anmutigster  Darstellung 
ein  Nachwort  über  Handlung  und  Charaktere  der  Komödie,  ferner 
über  die  Bedeutung  der  Personennamen,  Kontamination  des  Stückes, 
Abweichungen  vom  griechischen  Original,  Einteilung  der  Akte. 
Nach  jeder  Szene  gibt  Sp.  eine  genaue  Zergliederung  des  Inhalts. 
Auch  der  kritische  Anhang  ist  ausführlich  und  sehr  lesenswert, 
geradezu  erlösend  wirkt  z.  B.  nach  all  den  Übertreibungen  die 
nüchterne  Behandlung  der  sogenannten  Verkürzung  durch  Ton- 
anschluß zu  Vs.  268. 

Kauers  und  Spengels  Adelphi  ergänzen  sich  aufs  glücklichste. 
Bei  Kauer  erwischt  man  nicht  selten  ein  nützliches  Zitat  aus  der 
einschlägigen  Literatur,  bei  Spengel  freut  man  sich,  von  den 
Stampini,  Fabia,  Pessoneaux,  Psichari,  Poussielgue  nicht  allzuviel 
zu  vernehmen.  Verstimmt  jener  durch  die  neuausgegrabene, 
schauderhafte  Interpunktion  des  louiales,  bei  Spengel  hat  man*s 
hübsch  bequem  und  modern.  Ober  reichliche  Synizese,  pyrrhicbi- 
sches  tiempe,  iUe  u.  dgl.  vertritt  Sp.  die  älteren  Ansichten,  während 
Kauer  wie  Hauler  und  Lindsay  unter  Skutschs  Banne  steht,  be- 
teuerndes tum  weist  Sp.  ab.  Die  metrische  Gestaltung  des 
Kantikums  ist  in  beiden  Ausgaben  sehr  verschieden  und  weder 
hier  noch  da  zum  glücklichen  Abschluß  gebracht.  In  Kritik  oder 
Erklärung  stimme  ich  z.  B.  17  tUt,  38  ammum,  44  Interp.,  191  id 
zu  streichen,  199  f.  Umstellung,  225,  259  homitii  nemmt,  264, 
284  es,  288  Personenvert.,  313  Metrum,  358  Interp.,  397  coeperei, 
404  Adorhut,  439  est  hercte.  nah,  481  Interp.,  495,  507  fhmi, 
511  ff.  gut  verteidigt,  774  potasti,  891,  996  üpus  factost  mit 
Spengel,  117  ff.  Interp.,  173  caue$,  392  Danea  ae,  442  Aomo 
antiqua^  452  pater  eins,  604  dixti,  947  Hegio  und  sonst  oft  mit 
Kauer.  Erfreuliche  Übereinstimmung  herrscht  jetzt  z.  B.  223,  232, 
405.  Im  einzelnen  sei  das  Folgende  bemerkt.  Vs.  55  f.  Nach 
Vahlens  Interpretation  sollte  die  Oberlieferung  aut  audebil  (Sp. 
audacter)  nicht  mehr  beanstandet  werden.  Dem  gewohnheits- 
mäßigen Betrüger  des  Vaters  wird  zum  Geringeren  herabsteigend 
der  Sohn  gegenübergestellt,  der  sich's  auch  nur  mal  gelegentlich 
erlaubt,  getraut  hat  seinen  Alten  zu  beschupsen.  Auch  dieser 
wird,  da  er  ein  heiliges  Empfinden  verletzt  hat,  Fremden  gegen- 
über wenig  heikel  und  ängstlich  sein.  Das  kahle  audebit  (tX^trera^) 
bringt,  sollte  ich  meinen,  den  Gedanken  ausreichend  zum  Aus- 
druck. —  Vs.  83.  Richtig  bat  Spengel  Ritschis  Lesung  aufgegeben, 
aber  das  naheliegende  sit  et  für  stet  befriedigt  gar  nicht  und  ist 
viel  zu  matt.  Den  Sinn  hat  Seyffert  a.  a.  0.  Sp.  491  getroffen: 
„wo  Aeschinus  solche  Sachen  macht*';  hoffentlich  habe  ich  die 
richtige  Form  gefunden:  Ragas  me,  übt  nobis  Aeschinus  samt,  piid 


Barran,  Hift.de  la  Revolution  frao^tise,  tgz.  y.  Wershoven.  659 

tristü  ego  9im?    Der  Dativ  wie  Rud.  825  Ita  nunc  mihi  utrumque 

soiuit,  et  terra  et  mare.    Von  Personen    wird    saeuire   gebraucht 

Plaut.  Bacch.  408,  Cas.  647,  Epid.  658,  Truc.  896,  Ter.  Andr.  868 

ne  saeuü    Die  Verschreibung  von  siet  für  seuit  liegt  nicht  so  fern, 

and  das  Wort  findet  in  Vs.  185  Egon  debacchatus  sunt  autem  an 

tu  m  me?  eine  Stutze.    Die  folgenden  Worte  dixin  hoc  fore?  hat 

Micio  beiseite  gesprochen.  —  Vs.  607  wird  das  überlieferte  claudier 

vielleicht  geschützt  durch  das  freilich  auch  beanstandete  ulf^dov- 

Xoviksvok  Eurip.  Heracl.  1288,  wo  Herkules  nach  dem  Kindermord 

Yhi(S(Sfiq  mxQOtg   xivxqokCi  Vereinsamung  fürchtet.  —  Vs.  971 

hat  schon  Lachmann  Lucr.  p.  116  gratum  vorgeschlagen.  —  Vs.  981 

tftoc  «tlriM  heißt  „um  so  viel  billiger'^  mit  Hinweis  auf  Worte  des 

Angeredeten.    Bezieht  man  den  Ausdruck  auf  reidet  tibi  cito,    so 

ist  er   höhnisch   gemeint,   weil  Mirio  an  eine  schnelle  Rückgabe 

nicht  glaubt,    wogegen  dann  Aeschinus  wie  Syrus  Einwendungen 

machen.     Geht  er  auf  Demeas  Bitte,   so  will  Micio  sagen:    „um 

deinen  Vorschlag  wohlfeiler*',  „das  ist  mir  zu  teuer'*:  cetera  im- 

pelrasti,   istud  non  dabo.     Der  Ausdruck  ist  aus  dem  Gebiet  des 

Handelns    und    Feilschens    entlehnt.     Formelhaft   ist    auch    Quid 

istic?  133.  350.  956,    wo    Sp.  jetzt   ganz    wunderlich   quid?  istic 

trennt   trotz    der  metrischen  Bindung.    Es  ist  nichts  anderes  als 

Quid  faciam?,    nur   wird    mit  istic  der  Standpunkt  des  Partners 

berührt.    Was  läBt  sich  bei  deiner  verkehrten  Ansicht,  bei  deinem 

Eigensinn    oder   auch   bei    deinem  Unglück    erwidern,    tun    oder 

durchsetzen?    Übrigens  ist  Vs.  350  accedo,  ut  melius  dicas  einfach 

unlateinisch,   ich  begnüge  mich  mit  Bentleys  Quid  istic?  cedo^  ut 

melius  dicas.  —    Zu  Vs.  987  ex  uera  uita   kann    man    jetzt   die 

emendierten  Verse   Plaut.  Asin^  701  si  u/erum  quidem  et  decorum 

und  Cas.  313  a  uero  libertate  territas  heranziehen.     Endlich  will 

ich   daran    erinnern,    daß  Vs.  263  nur  der  Hiat  das  vortreffliche 

amcrem  verdächtigt  und  daß  die  Überlieferung  uah  sich  mit  apo- 

kopiertem  restare  (?)  halten  läßt. 

Spengels  Freund  M.  Rot tm anner  hat  das  Schifflein,  als  der 
treffliche  Kapitän  dahinsank,  getreulich  in  den  Hafen  gesteuert  — 
XccQiy  %s  fAVQtay  ddqonv  ex». 

Potsdam.  Max  Niemeyer. 

Birrta,  Bistoire  da  la  Rivolntioo  fraa^aiaa  (1789—93).  Haraoa- 
ge^ebea  von  Max  Pfeffer.  Leipzi^p  1907,  G.  Frey  tag.  120  S.  8. 
1,20^. 

Die  Bistoire  de  la  Rivolution  frangäise  von  Barrau,  ein  emp- 
fehlenswerter Lesestoff*,  ist  mehrfach  für  Schulen  herausgegeben 
worden.  Die  vorliegende  Bearbeitung  schließt  mit  dem  Tode 
Ludwigs  XVL,  gibt  aber,  indem  der  Originaltext  mit  Rucksicht 
auf  den  Umfang  des  Buches  verkürzt  wird,  eine  zusammenhängende, 
fortlaufende  Darstellung  der  Zeit  1789—93.  Dieses  Verfahren 
scheint  mir  empfehlenswerter  als  dasjenige  anderer  Herausgeber, 

42» 


660  E.  Koatke,  Lehrbuch  der  Gesehichta« 

welche  einzelne  Kapitel  herausgreifen  Und  den  Zusammenhang 
durch  ergänzende  deutsche  Erzählung  in  den  Anmerkungen  her- 
stellen. —  Die  Anmerkungen  sind  gut.  Einige  Zusätze  (z.  B.  über 
intendanceSy  mbdiUgiüions)  wären  erwünscht.  Es  sind  mir  nur 
wenige  kleine  Versehen  aufgefallen:  ein  juge  de  paix  ist  in  jedem 
canton;  der  Pant-Taumaut  ist  nicht  die  jetzige  Brücke  pwU  de  la 
Concordey  sondern  führte  vom  Eintracbtsplalz  in  den  Tuilerien- 
garten. 

Losheim.  F.  J.  Wershoven. 


Bmil  Roatke,  Lehrbveh  der  Gesehichte  f«r  obere  Klteean 
höherer  Leb riBstaiten.  Drei  Teile.  Teil  K:  ASmische  Kaiser* 
zeit.  Deutsche  Geschichte  bis  xam  Ende  des  DreiBigjthrigea  Krieges 
(Lehraafgsbe  der  Uoterprisiia).  Haonover  oad  Berlia  1906,  Karl 
Meyer  (Gastar  Prior)«    VIII  a.  290  S.    gr.  8.     2,50  JC. 

Mit  dem  vorliegenden  Lehrbuch  beschert  uns  Knaake  den 
2.  Teil  seines  Geschieh tswerkes  für  die  oberen  Klassen,  dem 
hoffentlich  bald  auch  der  3.  Teil  folgt,  womit  die  Arbeit  ihren 
Abschluß  findet.  Es  ist  eine  dankbare  Aufgabe  für  den  Bericht- 
erstatter, derartige  Werke  zu  besprechen;  denn  ohne  Obertreibung 
kann  er  sagen,  daß  ihm  selten  die  Lektüre  eines  geschichtlichen 
Lehrbuches  einen  solchen  Genuß  verschatTl  hat  wie  die  des 
Knaakeschen,  und  er  kann  das  Urteil  nur  wiederholen,  das  er  bei 
Besprechung  des  1.  Teiles  in  dieser  Zeitschrift  (1905  S.  431  if.) 
ausführlich  begründet  hat.  Die  Auswahl  und  Anordnung  des 
Stoffes,  die  Art  der  Darstellung,  die  Verwertung  neuester  For- 
schungen, die  geschickte  Anwendung  von  Gedächtnishilfen,  die 
nochmaligen  kurzen  Zusammenfassungen  am  Ende  größerer  Ab- 
schnitte u.  a.  heben  das  Werk  so  hoch,  daß  es  dem  Besten,  was 
wir  auf  dem  Gebiete  geschichtlicher  Lehrbücher  haben,  getrost  an 
die  Seite  treten  kann.  Nur  eins  erregt  von  vornherein  bei  der 
Betrachtung  des  Buches  im  allgemeinen  gewisse  Bedenken,  das 
ist  der  stattliche  Umfang.  Daß  das  Pensum  der  Unterprima  durch 
Aufnahme  der  römischen  Kaisergeschichte  gegen  früher  eine  starke 
Mehrbelastung  erfahren  hat,  die  ertragen  werden  muß,  unterliegt 
keinem  Zweifel,  daß  ferner  den  zustandlichen  Betrachtungen  in 
den  modernen  Lehrbüchern  ein  großer  Baum  zugestanden  wird, 
ist  durchaus  zu  billigen,  daß  endlich  der  Stil  nicht  gar  zu 
lapidar  und  trocken  ist,  sondern  verständlich  und  zusammen- 
hängend dahinfließt,  ist  eine  der  ersten  Forderungen  die  an  ein 
Schulbuch  zu  stellen  sind;  um  so  mehr  muß  der  Verfasser  solcher 
Bücher  auf  Beschränkung  in  anderen  Dingen  bedacht  sein,  und 
da  scheint  Knaake  noch  mehr  Entsagung  üben  zu  müssen;  wo, 
in  welchen  Partien  des  Buches,  das  kann  wohl  getrost  seinem 
pädagogischen  Takte  und  seiner  reichen  praktischen  Erfahrung 
anheimgegeben  werden:  dem  Berichterstatter  scheinen  jedenfalls 
an  einzelnen  Stellen  der  deutschen,   aber  auch  besonders   in   der 


angez.  y.  G.  Reinkardt.  661 

ausländischen  Geschichte  Körzungen  am  Platze  zu  sein;  in  der  vor- 
liegenden Form  ist  jedenfalls  das  sonst  Torzögliche  Werk  als 
Lehrbuch  zu  umFangreich  und  innerhalb  eines  Schuljahres  nur  in 
Gewaltmärschen  zu  erledigen,  wenn  auch  vielleicht  einzelne  Stellen 
von  vornherein  nur  als  Lektüre  der  Schüler,  ohne  eingehendere 
Behandlung  im  Unterricht,  dienen  sollen.  Auf  keinen  Fall  aber 
dürfen  die  kunstgeschichtlichen  Erörterungen  gekürzt  werden; 
denn  gerade  in  der  ausführlicheren  Behandlung  der  Kunst- 
geschichte erblicke  ich  einen  der  Vorzüge  des  Buches,  und  ich 
maß  gestehen,  daß  ich  z.  B.  die  Entstehung  des  christlichen 
Kirchengebäudes,  das  mit  Recht  nicht  aus  der  altrömischen 
Basilika,  sondern  aus  dem  Privalhanse  abgeleitet  wird,  nirgends  so 
klar  geschildert  gefunden  habe  wie  bei  Knaake.  Nur  dann  dürfte 
auch  hier  gestrichen  werden,  wenn  etwa  an  der  Anstalt  neben 
dem  Lehrbuche  noch  ein  Bilderatlas  mit  Text  ofOziell  eingeführt 
ist,  wie  z.  B.  der  Luckenbachsche,  der  soeben  in  seinem  2.  Teile 
„Abbildungen  zur  Deutschen  Geschichte*'  in  2.  Auflage  erschienen 
ist  und  sicherlich  mit  derselben  infolge  zahlreicher  Verbesserungen 
und  Vermehrungen  namentlich  im  Gebiet  der  Renaissance  zu  den 
alten  Freunden  neue  gewinnen  wird.  Ich  persönlich  ziehe  diesen 
Zustand  —  neben  dem  Lehrbuch  ein  Bilderatlas  — ,  in  vieljähriger 
Praxis  erprobt,  vor;  denn  die  Abbildungen  sind  im  Geschichtsunter- 
richte doch  nicht  zu  entbehren,  sie  aber  ins  Lehrbuch  aufzunehmen, 
ist  auf  keinen  Fall  zu  billigen.  So  würde  denn  vielmehr  ein 
großer  Teil  des  kunstgeschichtlichen  Textes  dem  Atlas  zugewiesen 
und  dadurch  das  Lehrbuch  entlastet  werden  können.  Doch  das 
ist  Zukunftsmusik,  nach  dem  Lehrbücherverzeichnis  der  einzelnen 
Anstalten  zu  schließen,  hat  sich  der  Gedanke,  ein  besonderes 
Heft  mit  Abbildungen  neben  dem  Geschichtsbuche  zu  benutzen, 
noch  nicht  weit  durchgerungen,  und  so  müssen  denn  auch  vor- 
läufig noch  die  Lehrbücher  mit  breitem  kunstgeschichtlichen  Text 
versehen  sein.  Dagegen  scheint  mir,  bei  aller  Vorliebe  für  die 
zuständliche  Geschichtsbetrachtung,  Verf.  auch  zuweilen  zu 
▼iel  kulturgeschichtlichen  Stoff  zu  bieten,  namentlich  in  der  Be- 
handlung der  geschichtlichen  Literatur:  Namen  wie  Hermann 
von  Reichenau,  Lambert  von  Hersfeld  und  Otto  von  Freising  muß  ein 
Primaner  natürlich  kennen  lernen,  dagegen  dürfte  die  Bekannt- 
schaft mit  einem  Wipo  oder  Ligurious  oder  Otto  von  St.  Blasien 
u.a.m.  nicht  zu  verlangen  sein  (S.  137f.);  anderseits  waren  die 
wichtigen  Kulturperioden  von  Hallstatt  und  La  Töne  wenigstens 
kurz  zu  erwähnen  —  wozu  vielleicht  S.  29  Gelegenheit  war — , 
ebenso  wie  der  Sachsenspiegel  (etwa  S.  129). 

Mit  der  Verteilung  des  Pensums  der  Unterprima  auf  vier 
Zeiträume  —  30  v.  Chr.  bis  843  n.  Chr.,  bis  1273,  bis  1493, 
bis  1648  —  kann  man  sich  wohl  einverstanden  erklären;  inner- 
halb derselben  ist  der  Stoff  in  zahlreiche  kleinere  Abschnitte,  die 
^eder   aus   einzelnen  mit  passenden  Oberschriften  als  Inhaltsan- 


6^2  ^'  Koatke,  Lehrbuch  der  Geschieht«! 

gaben  versehenen  Absätzen  besteben,  zerlegt;  dadurch  wird  die 
ganze  Darstellung  übersichtlich  und  Stichworte  am  Rande,  wie 
man  sie  sonst  liaufig  angewendet  findet,  entbehrlich;  nur  Zahlen 
sind  am  Rande  aus  dem  Texte  wiederholt  und  noch  einmal  am 
Ende  des  Buches  in  einer  Zeittafel  zusammengefaßt,  wo  aber 
viel  mehr  als  am  Rande  stehen  —  und  mit  Recht;  denn  die 
Ranfdzahlen  sind  sehr  wenig  zahlreich  und  keineswegs  immer  die 
wichtigsten,  während  diese  oft  fehlen,  so  daß  es  unmöglich  war, 
ein  bestimmtes  Prinzip  des  Verfassers  bei  der  Auswahl  der  Rand- 
zahlen zu  erkennen.  Das  ist  unzweifelhaft  ein  Mangel,  dem  in 
der  neuen  Auflage  abgeholfen  werden  muß;  denn  Rand-  und 
Zeittafelzahlen  mftssen  übereinstimmen  (vgl.  dazu  z.  B.  den  Ab- 
schnitt über  Friedrich  1.,  wo  1176  Schlacht  bei  Legnano  ebenso 
wie  1158 — 1162  2ter  Römerzug  am  Rande  fehlen,  während  das 
weniger  wichtige  1160  Konzil  in  Pavia  sich  vorfindet  —  und  in 
der  Tabelle  stehen  sie  alle  3).  —  Zahlreiche  Anmerkungen  unter 
dem  Texte  suchen  die  Darstellung  zu  verdeutlichen:  es  werden 
darin  fremdartige  Ausdrücke  erklärt,  wie  z.  B.  Minaret,  Stalaktiten, 
Alhambra,  Schultheiß  u.  a.,  oder  deutschen  Bezeichnungen  der 
fremde  Ausdruck  hinzugefügt,  wie  Feod  s=  feudum,  Hufe  s= 
mansus,  Marschalls  marescalcus,  oder  die  geographische  Lage  von 
Orten  näher  bestimmt;  das  ist  überaus  lobenswert  und  kann  den 
Wert  des  Buches  nur  erhöhen,  manchmal  scheint  freilich  nament> 
lieh  in  letzterer  Beziehung  des  Guten  zuviel  getan,  denn  z.  B.  zu 
wissen,  wo  Puy  liegt  (S.  103),  oder  daß  Amöneburg  an  der  Ohm, 
einem  Nebenflüßchen  der  Lahn,  und  Eichstätt  22  km  nordöstlich 
von  Ingolstadt  zu  suchen  ist  (S.  58),  ist  doch  nicht  von  Belang, 
während  z.  B.  bei  Schiiten,  Mohammed  (S.  47),  Grundholden  und 
AUod  (S.  66)  die  Erklärung  vermißt  wird.  —  Zahlreiche  Über- 
sichtstafeln deutscher  und  ausländischer  Fürstengeschlechter  sind 
nicht  in  das  Lehrbuch  selbst  aufgenommen,  sondern  gesondert 
angehängt.  Bei  der  Ausführlichkeit,  die  Verf.  hier  anwendet,  ist 
das  durchaus  gerechtfertigt;  wohl  aber  wäre  zu  erwägen,  ob  hier 
nicht  bedeutend  gekürzt  und  dann  die  betreffende  Tafel  an  ihrer 
Stelle  im  Text  eingefügt  werden  könnte;  hier  dürfte  sie  mehr 
Nutzen  stiften,  als  wenn  sie  erst  unter  vielen  mühsam  hervor- 
gesucht werden  muß. 

Daß  in  dem  vorliegenden  Buche  die  Resultate  der  neuesten 
Forschungen  zum  Ausdruck  kommen  und  daß  der  Verfasser  in 
zweifelhaften  Fällen  sich  vorsichtig  ausdrückt,  ist  selbstverständlich. 
So  kennzeichnet  er  das  Verhältnis  des  Landes  zwischen  Rhein 
und  Elbe  zu  Rom  nach  den  erfolgreichen  Kämpfen  des  Tiberius 
sehr  gut  dahin,  daß  es  als  unterworfen  gelten  konnte  (S.  5) 
—  tatsächlich  unterworfen  war  es  wohl  nie;  denn  die  Römer 
hatten  in  diesen  weit  ab  vom  Rheine  liegenden  Gegenden  eben 
nur  so  lange  Einfluß,  wie  sie  mit  Heeresmacht  dawaren.  —  In 
seine  Rechte  eingesetzt  ist  der  Vertrag  von  Mersen  870  (S.  69), 


to^ez.  foo  G.  Reinhardt  663 

der  doch  in  seiner  Bedeutung  dem  von  Verdun  nicht  viel  nach- 
steht und  trotzdem  z.  B.  von  dem  weit  verbreiteten  Geschichts- 
buch von  Neubauer  übergegangen  wird.  —  Die  Wallfahrt  Ottos  Hl. 
nach  Aachen  zur  Öffnung  des  Grabes  Karls  des  Großen  wird,  als 
dem  Reiche  der  Fabel  angehörig,  nicht  erwähnt.  —  Besonders 
angenehm  berührt  die  Behandlung  des  Auftretens  Gustav  Adolfs 
in  Deutschland  und  der  Zerstörung  Magdeburgs,  das  ,,durch 
furchtbare  Brände,  von  Freund  und  Feind  angelegt,  zerstört  wird*' 
(S.  242).  —  In  anderen  Fällen  freilich  läßt  sich  über  die  Auf- 
fassung streiten,  und  zuweilen  sind  wohl  offenbare  Irrtümer,  wie 
das  ja  gar  nicht  anders  sein  kann  bei  einer  derartigen  Arbeit,  mit 
untergelaufen.  Ob  z.  B.  Wallenstein  das  wenn  auch  erzwungene 
Recht  besaß,  selbständig  den  Reichsfärsten  Friedensbedingungen 
zu  bieten  (S.  244  oben),  scheint  nach  der  neuesten  Unter- 
suchung von  Ritter  (v.  Sybel,  Bist.  Zeitschr.  Bd.  97  S.  237  ff.) 
zweifelhafler  als  zuvor;  wahrscheinlich  hat  es  für  solche  Unter- 
handlungen immer  einer  besonderen  Vollmacht  bedurft  (a.  a.  0. 
S.  264).  Ebensowenig  ist  ihm  wohl  der  „alleinige  und  un- 
beschränkte Oberbefehl'*  eingeräumt  worden  (S.  243  unten):  so- 
lange Wallenstein  das  Vertrauen  des  Kaisers  besaß,  konnte  er 
freilich  nach  Belieben  schalten;  als  dies  aber  nicht  mehr  der  Fall 
war,  da  griff  der  Kaiser  durch  direkte  Befehle  auch  an  die  Unter- 
feldherren ein,  ohne  daß  ein  Zweifel  an  dem  Rechte  des  Kaisers 
zu  solchen  Befehlen  in  der  Korrespondenz  zwischen  Wsllenstein 
und  dem  Kaiser  laut  geworden  wäre  (v.  Sybel  a.  a.  0.  S*  2^  1).  — 
Der  Statthalter  von  Ägypten  hieß  nicht  procurator,  sondern 
praefectus  (S.  2);  allerdings  war  für  die  Rechtsprechung  in 
Alexandria  ein  eigener  kaiserlicher  Prekurator  eingesetzt.  —  Von 
Germania  soperior  und  inferior  als  römischen  Provinzen  kann  man 
erst  seit  ca.  90  n.  Chr.  Geb.  reden,  vorher  gab  es  ak  Verwaltungs- 
bezirk nur  eifi  Germanien,  allerdings  mit  einem  „oberen  und 
untm^eB  Heer'^  (S.  8;  vgl.  dazu  Koepp,  Die  Römer  in  Deutschland, 
S.  70  f.).  —^  S.  98  unten  heißt  es,  daß  die  Fürsten  unter 
Heinrich  IV.  die  Niederdrückung  des  Königtums  in  ein  Wahl- 
königtum erstrebten;  eigentlich  ist  Deutschland  auch  vor  dem 
Interregnum  nie  etwas  anderes  gewesen,  denn  selbst  unter  den 
starken  Herrschergeschlechtern,  die  die  Krone  längere  Zeit  fest- 
halten, geht  das  nie  ohne  eine  gewisse  Mitwirkung  der  Großen. 
—  Ob  die  Zusammenkunft  Friedrichs  I.  mit  Heinrich  dem  Löwen 
in  Partenkirchen  (S.  111)  und  nicht  vielmehr  in  Cbiavenna  statt- 
fand, steht  noch  nicht  fest.  —  Wenn  von  der  Bedeutung  des 
Lateran konzils  im  Jahre  1215  gesprochen  wird,  darf  nicht  ver- 
gessen werden,  daß  hier  die  Lehre  von  der  Transsubstantiation 
und  der  Ohrenbeichte  fixiert  wird  (S.  118).  —  Die  landläufige 
Erklärung  von  Weichbild  ist  allerdings  =  Ortsrecht  (S.  131); 
nach  anderen  ist  bild  =  Pfahl,  so  daß  wir  dann  auf  die  Be- 
deutung   „Ortszaun*^    kommen,   was  ja   auch  Sinn  bat.  —  Der 


gg4  E.  KDtake,  Lehrbuch  der  Geschichte, 

Handel  Chinas  und  Indiens  ging  nicht  nur  über  Alexandria  und 
Konstantinopel  (S.  132),  sondern  auch  über  Nowgorod.  —  Die 
Hohenzollern  traten  nicht  erst  1415  in  den  ReichsfCirstenstand 
*  (S.  165),  fielmehr  war  die  reichsfürstliche  Würde  schon  Friedrich  V. 
1368  durch  besonderes  Privileg  zuerkannt.  —  König  Sebastian 
▼on  Portugal  fallt  schon  1578  (nicht  1580,  S.  222),  sein  Oheim 
regiert  dann  noch  bis  1580,  worauf  das  Land  von  Spanien 
erobert  wird.  —  Die  englische  Gemahlin  des  Hohenstaufen 
Friedrich  II.  heiSt  nicht  Elisabeth  (S.  263),  sondern  IsabeUa.  — 
Der  Friede  zu  Venedig  ist  1177,  nicht  1176  (S.  278),  der  Beginn 
der  Hussitenkriege  1419,  nicht  1414  (S.  282). 

Manchmal  wird  es  nur  einer  geringen  Änderung  im  Ausdruck, 
der  im  ganzen  korrekt  und  der  Oberstufe,  für  die  das  Buch  be- 
stimmt ist,  angemessen  erscheint,  bedürfen,  um  die  Darstellung 
noch  klarer  und  verständlicher  zu  machen.  Hierher  rechne  ich  s.  B. 
die  Mitteilungen  über  den  Vertrag  von  Tribur  1076  (S.  96):  aus 
den  Worten  „sie  luden  den  Papst  ein,  einem  Reichstage  zu  Augs- 
burg beizuwohnen**  geht  noch  keineswegs  hervor,  daB  dem  Papst 
als  dem  Leiter  dieses  Reichstags  tatsichlich  die  Entscheidung  aber  die 
Regierungsfäbigkeit  des  Kaisers  übertragen  wird.  —  S.  99  konnte 
bei  den  Worten,  daß  die  Leiche  Heinrichs  IV.  5  Jahre  in  einer 
Seitenkapelle  des  Domes  zu  Speyer  stand,  hinter  „einer^*  bei- 
gefügt werden  „ungeweihten**.  —  S.  121  findet  sich  eine 
Tautologie  „auch  die  Reichsfürsten  erstrebten  ebenfalls*'.  — 
Was  sollen  die  Worte  bedeuten  „seit  dem  Niedergange  der 
Staufer  gab  es  keine  einheitliche  Macht  mehr  in  Italien*'  (S.  155)? 
Einheitlich,  das  heißt  einig,  war  doch  Italien  auch  unter  den 
Staufern  nicht.  —  Eigenartig  liest  sich  S.  144:  Als  der  letzte 
Karolinger  „ins  Grab  gelegt  war**,  wählten  die  Großen  .  .  •  .  ; 
warum  dafür  nicht  einfach  „gestorben  war**?  —  DaB  der  Gewinn 
Tirols  für  die  Witteisbacher  durch  die  Verheiratung  Ludwigs  von 
Brandenburg  mit  Margarete  Maultasch  nur  ein  sehr  voröber- 
gehender  war,  konnte  S.  157  durch  Hinzufügung  dieses  Wortes 
angegeben  werden,  denn  schon  nach  20  Jahren  1363  vermacht 
Margarete  das  Land  nach  dem  Tode  ihres  Sohnes  Meinhard  den 
Habsburgem.  —  Bei  der  Erbteilung  Karls  IV.  heißt  es  S.  161: 
„Mähren  verblieb  den  Söhnen  Johann  Heinrichs**;  dafür  besser 
„seinen  Neffen^*,  denn  wer  Johann  Heinridi  war,  ist  zwar  früher 
(S.  157)  erwähnt,  dem  Schüler  aber  wahrscheinlich,  da  er  keine 
große  Rolle  gespielt  hat,  nicht  mehr  bekannt.  —  Daß  die 
Engländer  nach  der  Thronbesteigung  Heinrichs  VI.  noch  Fort- 
schritte machen,  steht  nicht  im  Gegensatz  zur  Jugend  des  Königs 
(„trotz  der  Jugend  machten  .  .  .  Fortschritte**  S.  177),  die  Fort- 
schritte machte  eben  Bedford.  —  S.  202  unten  muß  es  wohl  statt 
„Luther  erkannte'*  heißen  „bekannte'*.  —  Wenn  S.  211  steht, 
Anhalt  habe  1534  die  Reformation  durchgeführt,  so  gilt  das  nur 
für  den  Dessauer  Landesteil;  ein  großer  Teil  von  Anhalt,  nament- 


asgez«  voB  G.  Reiahtrdt.  665 

lieh  wo  Wö]fgang,  einer  d^r  ersten  Bekennet  de«  neuen 
Evangeliams,  herrschte,  hat  bereits  froher  die  Reformation  an- 
genommen. Lttther  hat  2.  B.  schon  am  18.  Mai  1522  in  Zerbst 
gepredigt,  1525  wurde  hier  an  St.  Nikolai  ein  lutherischer  Prediger 
angestellt  und  1526  das  letzte  Kloster  von  den  Evangelischen 
besetzt.  —  Nicht  so  ohne  weiteres  klar  ist  der  Zusammenhang 
in  den  Worten  S.  215  Abs.  3,  daB  der  Kaiser  zu  dem  Zwecke, 
die  Ketzerei  mit  den  Waffen  auszurotten,  ein  Konzil  nach 
Trient  berufen  habe;  eigentlich  erföUte  der  Kaiser  doch 
damit  nur  eine  alte  Forderung  auch  der  Evangelischen,  ein 
deutsches  Konzil  Aber  ihre  Lehre  entscheiden  zu  lassen;  nach 
Kampf  sah  dabei  nur  aus,  daß  er  es  gerade  nach  Trient  berief, 
denn  das  konnte  kaum  noch  ein  deutsches  Konzil  genannt  werden. 
—  Wenn  S.  218  Abs.  3  der  Ausdruck  „fQrstliche  Religiosität"* 
auf  Moritz  von  Sachsen  bezogen  werden  soll,  so  scheint  er  mir 
nicht  glucklich ;  davon  kann  wohl  bei  diesem  PArsten  keine  Rede 
sein,  er  lieB  sich  in  seinem  Handeln  nur  vom  krassesten 
Egoismus  leiten,  nicht  durch  ideale  Beweggrflnde.  —  An  3  Stellen 
wird  der  in  seinem  Verhältnis  zu  seiner  Gemahlin  und  seinen 
Kindern  ganz  unnatflrliche  Albrecht  von  Thüringen  der  „Ent- 
artete'^ genannt  (S.  153,  S.  267,  S.  281),  warum  denn  nicht  auch 
an  der  4.  Stelle  statt  „der  Unartige"  (S.  259)? 

Obwohl  der  Verfasser  nach  einer  Äußerung  im  Vorwort  in 
der  Anwendung  der  volleren  und  kürzeren  Endung  des  Genitive 
und  Dativs  der  starken  Deklination  nach  bestimmten  Grundsätzen 
zu  verfahren  scheint,  so  finden  sich  hier  doch  noch  eine  ganze 
Menge  Ungleichstimmigkeiten  oft  dicht  bei  einander.  Ich  fQhre 
einiges  davon  an:  „Reichs"  (S.  16  Abs.  1,  S.  53  Abs.  6  u.  sonst), 
„Reiches"  (S.  19  Abs.  3,  S.  34  Abs.  4,  S.  53  Abs.  5  u.  sonst),  „Kreuz- 
zngs"  (S.  103  Abs.  3  u.  4).  „Kreuzzuges"  (S.  107  Abs.  5),  „Römer- 
zogs"  (S.  75  Abs.  4),  „EinheiUstaats"  (S.  51  Abs.  1),  „Einheits- 
staates" (S.  52  Abs.  3),  „StaaU"  (S.  73  Abs.  4),  „Könige"  (S.  75 
Abs.  3),  „König"  (S.  75  Abs.  6).  fnkonzinnitäten  anderer  Art 
sind:  „Ansiedlung''  (S.  28  oben),  „Ansiedelung"  (S.  34  Abs.  3), 
„Entwicklung"  (S.  65  Abs.  5),  „Bntwickelung"  (S.  57  oben), 
„Herovinger"  (S.  52^Abs.  6),  „Merowinger"  (S.  53  oben),  „Ge- 
sehichtschreibung"  (S.  73  Abs.  2),  „Geschichtsschreibung"  (S.  85 
Abs.  2),  „Einhart"  (S.  66  Abs.  2),  „Einhard"  (S.  73  Abs.  2), 
„Wiclif^  (S.  150  Abs.  3),  „WiclifP*  (S.  180  oben).  Druclifehler 
kommen  nicht  selten  vor;  ich  habe  mir  notiert  S.  13  Abs.  4 
,JLquädukt",  S.  17  Abs.  2  „oon"  (von),  S.  24  Abs.  4  „Arkadus" 
(richtig  S.  37  Abs.  4  „Arkadius"),  S.  25  Rand  „415"  (Tabelle 
richtig  „451"),  S.  28  unten  „d.  h."  (statt  „d."),  S.  30  Anm. 
„Zcvc",  S.  49  Abs.  6.  „Lehrmeister",  S.  54  Abs.  3  „barbaborum", 
S.  71  unten  „helsen"  (für  „helfen"),  S.  79  unten  „Monmartre", 
S.  123  Abs.  4  „über»,  „entband",  S.  125  Abs.  2  „Karls  IV"  (für 
»Kenrads"),  S.  136  Abs.  7  „Sachseu",  S.  151  unten  „kvnnte"  (für 


066  L*  Mickenseo,  Lebrbach  der  Geschichte, 


»» 


konnte''),  S.  158  Abs.  1  „Kurfursl'S  S.  182  Abs.  4  „Arogonien'S 
S.  188  Anm.  1  fehlt  die  Klammer«  S.  193  Abs.  2  „Aggrippa'%  S.  198 
Abs.  5  „0]malerei'S  S.  199  Abs.  1  „Dreeinigkeit'S  S.  206  Abs.  1 
„überall'*,  S.  213  Abs.  1  „Kolmar'*  (für  „Kalmar")*  Abs.  3  „gezwnngen'', 
S.  221  Abs.  1  „Unterwerfnng",  S.  222  Anm.  3  „1740"  (für 
„1640"),  S.  225  Abs.  2  „1378"  (för  „1578").  Das  ist  gewiß 
eine  überreiche  Menge  von  Druckfehlern,  die  wahrscheinlich  bei 
eifrigem  Suchen  noch  vermehrt  werden  könnten;  namentlich  bei 
einem  Schalbuche  ist  auch  in  dieser  Beziehung  mehr  Sorgfalt 
anzuwenden ;  daß  dies  nicht  geschehen,  wundert  mich  um  so  mehr, 
als  ich  schon  bei  der  Besprechung  des  Buches  für  Obersekunda 
zahlreiche  Druckfehler  gerügt  hatte.  —  Das  Komma  ist  nicht  immer 
dem  üblichen  Gebrauche  entsprechend  verwendet;  z.  B.  fehlt  es 
wiederholt  vor  Sätzen  mit  „und",  die  ein  eigenes  Subjekt  und 
Prädikat  enthalten,  wie  S.  116  Abs.  4  „das  Papsttum  war  befreit 
und  das  stolze  Gebäude  der  staufischen  Weltherrschaft  brach  zu- 
sammen", oder  S.  121  Abs.  7  „keiner  der  Fürsten  fiel  zu  ihm 
ab  und  er  mußte  sich  unterwerfen";  überflüssig  ist  es  dagegen 
S.  177  „als  sowohl  der  König  Heinrich  V.,  als  der  König  Karl  VI. 
starben". 

Sonst  ist  sowohl  der  Druck  wie  das  Papier  gut.  Karten  und 
Abbildungen  fehlen  auch  diesem  Bande,  mit  Recht;  denn  die  ge- 
hören am  allerwenigsten  in  ein  Lehrbuch  für  obere  Klassen,  dafür 
gibt  es  besondere  Hilfsmittel. 

Wenn  nun  auch  noch  manche  Mängel  hervorgehoben  werden 
mußten,  so  soll  doch  damit  das  oben  ausgesprochene  Lob  keines- 
wegs beschränkt  werden;  denn  einmal  sind  diese  Mängel  zam 
großen  Teil  nur  geringfügiger  Art,  und  dann  sind  sie  nur  des- 
halb so  eingehend  besprochen  worden,  um  das  Interesse  des  Be- 
richterstatters an  dem  wirklich  guten  Buche  zu  zeigen,  zu  dessen 
noch  größerer  Vervollkommnung  er  gern  einige  Beiträge  liefern 
möchte.  Wird  dies  und  jenes  von  den  Ausstellungen  in  einer  neuen 
Auflage  benutzt,  so  wird  die  Lektüre  des  Buches  noch  mehr 
Freude  machen  und  zu  weiterer,  verdienter  Einführung  an  höheren 
Lehranstalten  anregen. 

OnAsan.  G.  Keinbardt. 


L.  Mack«DS60y  Lehrbuch  der  GeBchiehte  för  höhere  Lehr- 
anstalten. Anf  Grand  der  Gehrkeachen  Grundrisse  der  Geachicbte 
in  Obereinatimmung  mit  den  neuen  LehrplMnen  verfaßt  Wolfenbütiet 
1905—6,  Julius  Zwifiler.  V.  Obersekunda.  2]5  S.  8.  1,50  Jt- 
VI.  UnterpriiM.  244  S.  8.  1,50  JL  VII.  Oberprima.  277  S.  8. 
1,60  JL. 

Als  vor  nunmehr  40  Jahren  Wilhelm  Herbst  wagte,  mit 
seinen  drei  Heften  dem  Geschichtsunterrichte  ein  Hilfsmittel  zu 
bieten,  das  an  Kürze  unerreicht  war,  wurde  sein  Versuch  mit  all- 
gemeinem Beifall  begrüßt.    Lange  Jahre  bat  Herbst  den  Geschieht^- 


togez.  v»n  Th.  Sorgenfrey.  667 

Unterricht  in  den  oberen  Klassen  geradezu  beherrscht,  und  so 
mancher  Lehrer  bat  an  der  Hand  des  trefflichen  Buches  viele 
Generationen  in  das  geschichtliche  Verständnis  der  Vergangenheit 
einfuhren  dürfen.  Heute  ist  yielleicht  mancher  von  den  Jungeren 
erstaunt  zu  hören,  dafi  in  den  ältesten  Auflagen  die  neuere  Ge- 
schichte mit  Yorks  mannhafter  Tat  abschloß.  Unter  Oskar  Jägers 
bessernder  Hand  ist  dann  auch  die  Gegenwart  berücksichtigt  worden, 
und  jede  neue  Auflage  hat  den  Umfang  etwas  erweitert,  aus  Worten 
sind  Sätze  geworden,  aus  Sätzen  längere  Ausführungen,  deren  Ver- 
ständnis leichter  war.  Die  neueren  Hilfsbücher  bemühen  sich  im 
Gegensatze  zu  den  Grundsätzen  des  alten  Herbst  ausführlicher  zu 
erzählen,  durch  schöne  Form  zu  locken  und  das  Lesen  des  Buches 
selbst  zu  einem  Genüsse  zu  machen.  Und  doch  erschweren  die 
neueren  Hilfsbücber  hierdurch  nicht  geradezu  den  Unterricht? 
Sind  denn  die  Lehrer  um  so  viel  tüchtiger  geworden,  daB  sie  mit 
ihrem  lebendigen  Worte  dem  gedruckten  die  Spitze  zu  bieten  ver- 
mögen? Es  kann  die  Besorgnis  nicht  unterdrückt  werden,  dafi 
der  Lehrer  um  so  leichter  zurücktritt,  je  mehr  das  Lehrbuch  sich 
in  den  Vordergrund  drängt.  DaB  wir  heute  unsere  Schüler  bis 
zur  Gegenwart  fähren,  daß  wir  von  den  wirtschaftlichen  und 
sozialen  Verhältnissen  der  Gegenwart  in  Prima  sprechen,  verlangen 
die  Lehrpläne,  und  so  nehmen  alle  neueren  Lehrbücher  darauf 
Rücksicht  So  auch  die  eben  jetzt  erschienenen  für  die  Ober- 
klassen bestimmten  Teile  des  Lehrbuchs,  welches  L.  Mackensen 
auf  Grund  der  Gehrkeschen  Grundrisse  der  Geschichte  in  Überein- 
stimmung mit  den  neuen  Lehrplänen  verfaßt  hat  und  dessen  erste 
Teile  im  LVHL  Jahrgänge  dieser  Zeitschrift  1904  S.  321  f.  be- 
sprochen sind.  Was  von  den  für  Quarta,  Tertia  und  Unter- 
sekunda bestimmten  Teilen  a.  a.  0.  gesagt  werden  konnte,  gilt 
auch  von  Teil  V — VII,  in  denen  die  L^braufgaben  der  Obersekunda, 
Unterprima  und  Oberprima  behandelt  werden.  Die  Vorzüge,  welche 
den  früheren  Bänden  eigen  sind,  treten  auch  bei  den  jetzt  vor- 
liegenden  deutlich  hervor:  scharfe  Disposition,  klares  Hervorbeben 
der  Hauptsachen  und  Hauptpersonen,  wohl  abgerundete  DarsteRung, 
treffende  Charakterisierung  von  Personen  und  Zuständen.  Natür- 
lich schließt  sich  M.  auf  das  genauste  an  die  preußischen  Lehr- 
pläne an,  sonst  könnte  seine  Arbeit  in  preußischen  Schulen  keine 
Verwendung  finden.  Manches  ließe  sich  vielleicht  noch  anders 
gestalten.  Es  ist  doch  sehr  bedenklich,  Obersekundanern  von 
dem  Begriffe,  den  Anfängen  und  Quellen  der  Geschichte  zu  reden, 
wie  nach  §  1 — V  S.  If.  —  H.  fordert.  Es  ist  schon  nicht  ganz 
leicht,  das  Interesse  für  die  orientalische  Geschichte  zu  wecken, 
und  die  auf  das  klassische  Altertum  zu  verwendende  Zeit  zwingt 
zu  möglichster  Beschränkung  der  Einleitung.  Vorläufig  wird 
Griechenland  und  Rom  noch  lange  der  Mittelpunkt  der  Geschichte 
des  Altertums  für  die  Schule  sein,  und  ob  je  ein  Lehrbuch  der 
Geschichte   des   Altertums   unter   dem   Zeichen   Hammurabis   in 


668  L.  Mickenseo,  Leiirbacbder  6ese1iiehte|toges.v.  Sorge ofrey. 

unseren  höheren  Schulen  Eingang  finden  wird,  Erscheint  ebenso 
zweifelhaft  wie  die  Erfüllung  des  Wunsches  begeisterter  Orien- 
talisten (Orientalist.  Literatur-Zeitung,  Jahrg.  10  S.  5),  in  Quarta 
und  Obersekunda  das  erste  Halbjahr  der  altorientalischen  Ge- 
schichte zu  widmen.  Zunächst  können  auch  unsere  Obersekun- 
daner mit  der  ^berühmten  Inschrift  von  Bagistana*  V  S.  19  noch 
nichts  anfangen.  Wie  M.  über  Personen  und  Zustände  im  allge- 
meinen urteilt,  dürfte  durchgängig  gebilligt  werden.  Auch  das 
Verfahren  in  der  griechischen  Mythologie  auf  die  noch  vorhandenen 
wichtigsten  Statuen  ausdrucklich  hinzuweisen,  ist  löblich,  wenn 
auch  Zusätze  wie  V  S.  106  die  *  bekannte'  Statue  des  Nils  mehr 
voraussetzt,  als  durchschnittlich  vorausgesetzt  werden  kann.  Mit 
gleichem  Beifall  ist  VI  S.  26  das  scharfe  Hervorheben  der  Haupt- 
werke Michel  Angelos  und  seiner  Zeitgenossen  zu  begrüßen.  Ob 
aber  der  Schüler  Spercheus  und  Zeus  richtig  aussprechen  wird, 
wenn  er  die  Worte  nebeneinander  stehen  sieht?  Manches  hätte 
schärfer  gefaßt  werden  können.  Z.  B.  fand  der  Ostrakismos  (V 
S.  53)  selbst  nicht  alljährlich  im  Frühlinge  statt,  sondern  es  wurde 
nur  alljährlich  die  Vorfrage  an  das  Volk  in  der  Haupsversammlung 
der  6.  Prytanie  gerichtet,  ob  es  den  Ostrakismos  angestellt  wissen 
wollte  oder  nicht;  s.  Schoemann,  Griechische  Altertümer!^  S.424. 
Und  gelten  2  Obolen,  s.  V  S.  65,  nicht  vielmehr  25  Pf.  statt  26  Pf., 
da  doch  eine  Drachme  75  Pf.  wert  ist?  Bei  der  Schilderung  der 
attischen  Erziehung  V  S.  72  f.  hätte  schon  in  Rücksicht  auf  die 
Gymnasiastinnen  betont  werden  sollen,  daß  es  sich  nur  um  die 
männliche  Jugend  handelte.  Mit  den  Jahreszahlen  der  älteren 
römischen  Geschichte  können  die  Hilfsbücher  nicht  sparsam  genug 
sein :  für  die  Schlacht  an  der  AUia  z.  B.  dürfte  sich  doch  nur  eine 
annähernde  Zahl  ergeben.  Dasselbe  möchte  auch  für  manche 
andere  Zahlen  gelten,  wie  VI  S.  20  der  Übergang  der  Sachsen 
nach  England  bestimmt  mit  449  angenommen  zu  sein  scheint 
Unrichtig  ist  V  S.  153  die  Angabe,  daß  die  Aulularia  das  Vorbild 
von  Voltaires  L'Avare  sei,  VII  S.  26  steht  richtig  L'Avare  unter 
Moliöre.  Der  Angabe  VI  S.  125,  daß  die  Rolandssäulen  als  Markt- 
zeichen zu  deuten  sind,  wird  nicht  allgemein  zugestimmt  werden. 
Vielleicht  beruht  es  auf  einem  Druckfehler,  wenn  VI  S.  237  der 
Mörder  Wallensteins  Dever  e  ux  genannt,  wenn  VI  S.  26  von  einem 
Edictus  Langobardorum  gesprochen  wird,  wie  V  S.  58  und  63 
Xantippus  zu  lesen  steht,  während  V  S.  136  Xanthippus  zwar 
ein  anderer  Mann,  aber  derselbe  Name  ist.  Wenn  VII  S.  106  von 
Friedrichs  des  Großen  Fürsorge  für  das  Schulwesen  gehandelt  und 
dabei  erwähnt  wird,  daß  später  Seminare  geschaffen  sind,  so  ist 
das  nicht  ganz  richtig,  da  ja  die  zu  Köpenick  und  Halberstadt 
Gründungen  aus  seiner  Zeit  sind.  Ebenso  möchte  die  Angabe 
VII  S.  137,  daß  der  Präsident  von  Nordamerika  noch  einmal  ge- 
wähl twerden  kann,  dahin  richtig  zu  stellen  sein,  daß  nach  der  Ver- 
fassung   unbeschränkte  Wiederwahl   gestattet   ist.     Bei   der    Be- 


HoheDxollern-Jthrbach»  tiig«s.  vod  B.  Heydeoreieh.      QßQ 

sprecbung  der  französischen  Revolution  dürfte  die  Darstellung  der 
literarischen  Grunde  doch  nicht  von  der  allgemeinen  Ausfährung  zu 
trennen  sein,  die  französische  Aufklärungsliteratur  hat  doch  den 
negativen  Zug  der  Revolution  nie  außer  acht  gelassen  und  steht 
in  ihrer  zersetzenden  Wirkung  auf  die  damalige  Generation  obenan. 
Ohne  Einzelheiten  an  dieser  Stelle  zu  häufen,  möchte  noch  anzu- 
führen sein,  wie  manche  Begriffe,  z.  B.  VII  S.  12  Navigationsakte, 
nicht  scharf  genug  erklärt  sind,  wie  auch  der  Realschüler  mit 
dem  griechischen  Zitate  V  S.  43  gerade  so  wenig  anfangen  kann, 
als  mancher  Gymnasiast  dem  Zitate  VII  S.  7  the  king  can  do  no 
wrong  verständnislos  gegenüberstehen  dürfte,  während  um  seinet- 
willen wenige  Zeilen  vorher  petition  of  right  und  wenige  Seiten 
nachher  sowohl  bill  of  attainder  als  auch  declaration  of  rights 
übersetzt  sind.  Ausdrücke,  die  wie  VII  S.  233  ^zuriet'  und  *  Ge- 
belfer' kaum  in  ein  Schulbuch  gehören,  fmden  sich  nur  vereinzelt. 
Das  Lehrbuch  von  H,  bietet  nach  jeder  Seite,  was  ein  gutes 
Hilfsboch  bieten  soll,  nach  einer  Seite  vielleicht  mehr  als  andere. 
Das  Lehrbuch  fordert  in  seiner  Ausführlichkeit  ganz  besonders 
fleißige  Schüler  und  Lehrer:  der  erstere  wird  der  Vorbereitung 
und  Wiederholung  tüchtige  Arbeit  widmen  müssen,  wenn  er  seiner 
Aufgabe  wirklich  gerecht  werden  will,  und  der  letztere  wird  durch 
die  scharfe  Gliederung  und  abgerundete  Darstellung  M.8  gezwungen 
sein,  dem  freien  Vortrage  besondere  Aufmerksamkeit  zuzuwenden; 
für  Lehrer,  die  mit  dem  Buche  in  der  Hand  unterrichten  wollen, 
eignet  sich  H.  nicht  Es  eröffnet  sich  mit  M.s  Lehrbuch  eine 
erfreuliche  Aussicht  für  die  Anstalten,  die  sich  zur  Einführung 
verstehen.  An  dem  Lehrbuche  liegt  es  nicht,  wenn  nicht  die 
geschichtliche  Auffassung  der  Schüler  sich  vertieft  und  die  letzten 
Ziele  jedes  Geschichtsunterrichs  zur  Geltung  kommen,  die  heilige 
Flamme  der  Liebe  zu  König  und  Vaterland  zu  nähren,  für  alles, 
was  schön  und  edel  ist,  zu  begeistern.  U.8  Arbeit  verdient  volle 
Empfehlung. 

Leipzig.  Th.  Sorgenfrey. 

HeheDzollerB-Jakrbvch.  Forsehaogeo  aod  Abbildungen  zur  Geschichte 
der  Hoheozollern  in  Branden barg-Preoflen.  Herausgegeben  von  Paul 
Seidel.  10.  Jahrgang,  1906.  Berlin  und  Leipzig,  Giesecke  &  De- 
vrient.     284  S.    4.    20  JC. 

Von  den  inhaltreichen  Aufsätzen  des  vorliegenden  Bandes 
sind  die  beiden  ersten  Aufsätze  „Hohenzollern  und  Oldenburg- 
Schleswig-Holstein"  von  Reinhold  Koser  mit  der  Konsangui- 
nitatstafel  dieser  Häuser  von  Georg  Schuster,  sowie  „Das 
Marmorpalais  im  Neuen  Garten  zu  Potsdam"  von  Paul  Seidel 
als  Festschrift  des  Hohenzollern-Jahrbuches  zur  silbernen  Hochzeit 
Ihrer  Majestäten  und  zur  grünen  Hochzeit  Ihrer  Königlichen 
Hoheiten  des  Prinzen  und  der  Prinzessin  Eitel-Friedrich  am 
27.  Februar    1906   erschienen.     Die    Doppelhochzeit   an    diesem 


670  HoheozoIIero-Jahrbach, 

Tage  wird  dadurch  um  so  denkwürdiger,  daß  die  beiden  erlauchten 
Bräute  zwei  Zweigen  eines  und  desselben  Ffirstenhauses  ent- 
stammen, den  Linien  Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg 
und  Schleswig-Holstein  Gottorp  des  Gesamthauses  Oldenburg. 
Fünfzehn  Ehen  sind  zwischen  den  Hohenzollern  und  den  Olden- 
burgern bis  heute  geschlossen  worden,  sieben  Prinzen  und  acht 
Prinzessinnen  aus  dem  kurförstlichen  und  königlichen  Hause 
Hohenzollern  haben  den  fürstlichen  Töchtern  und  Söhnen  des 
oldenburgischen  Gesamthauses  die  Hand  am  Altare  gereicht.  Das 
Marmorpalais  im  Neuen  Garten  zu  Potsdam  am  Dfer  des  Heiligen 
Sees  ist  mit  der  Geschichte  unseres  Kaiserhauses  auf  engste  Ter- 
knöpft.  Hier  wurde  unser  Kronprinz  geboren.  „Hurra  dem 
Könige!''  wurde  das  Schlagwort,  das  dann  als  geprägt,  rasch 
Deutschlands  Gaue  durchflog.  Hier  schloß  Kaiser  Friedrich,  der 
edle  Dulder,  seine  Augen  för  immer.  Hier  ist  dem  Kronprinzen- 
paar der  erste  Sohn  geboren.  Mit  feinem  Sinn  für  Natur  und 
Kunst  und  unter  Vorführung  eines  besonders  reichen  Bilder- 
schmucks führt  der  Herausgeber  des  HofaenzoUem-Jahrbuchs  die 
Geschichte  dieser  denkwürdigen  Stätte  dem  Leser  ?or. 

Das  gegenseitige  Verhältnis  von  Preußen  und  Osterreich  auf 
dem  breiten  Hinlergrunde  der  europäischen  Politik  und  auf  Grund 
des  umfassenden,  neuerdings  von  Preußen  und  Österreich  zumeist 
veröffentlichten  Akten materials  erörtert  Volz  in  dem  lehrreichen 
Au&atz  „Friedrich  der  Große  und  Joseph  H.  in  Neiße  und  Neu- 
stadt''. Ein  Vierteljahrhundert  hatten  sich  Österreich  und  Preußen, 
Maria  Theresia  und  Friedrich  der  Große  in  erbitterter  Feindschaft 
gegenübergestanden,  drei  Kriege  miteinander  geführt,  der  Sieg 
und  damit  der  Besitz  Schlesiens  war  in  Friedrichs  Händen  ge- 
blieben. Da  trat  eine  Änderung  in  dem  Verhältnis  beider  Mächte 
zueinander  ein.  Die  Monarchenzusammenkünfte  in  Neiße  und 
Neustadt  bezeichnen  den  Höhepunkt  dieser  Entwickelung.  Noch 
einmal  darauf  in  friedlichem  Vertrage,  in  der  Teilung  Polens, 
s  anden  beide  Mächte  zusammen;  dann  entbrannte  von  neuem  die 
Feindschaft,  die  um  der  bayerischen  Erbschaft  willen  zu  einem 
vierten  Waflengange  führte.  Und  in  ofl'ener  Gegnerschaft  gegen 
Habsburg  ging  Friedrichs  Regierung  zu  Ende. 

Es  ist  ungemein  interessant  zu  sehen,  wie  die  beiden  ein- 
ander würdigen  Gegner  miteinander  verfahren,  wie  sie  bei  dem 
unendlichen  Friedensbedürfnis,  das  in  Preußen  und  Österreich 
nach  dem  siebenjährigen  Kriege  herrschte,  aus  Utilitätsgrunden 
sich  einander  nähern  und  in  kluger  Berechnung,  wenn  auch  nicht 
ohne  Rechenfehler,  zeitweise  Hand  in  Hand  gehen,  bis  die  alte 
Gegnerschaft  aufs  neue  durchbricht.  Nach  den  Untersuchungen 
von  Volz  hieße  es  die  Bedeutung  der  Monarchenzusammenkunfle 
in  Neiße  und  Neustadt  verkennen,  wollte  man  ihnen  eine  größere 
politische  Tragweite  beimessen.  Denn  weder  war  von  der  Teilung 
Polens,  wie  später  gefabelt  worden  ist,    dort  auch  nur    mit  einer 


tolles,  von  E.  Heidanreieh.  671 

Silbe  die  Rede,  noch  kam  auch,  trotz  der  vorübergehenden  Er- 
wartung des  Königs,  ein  System  Wechsel  in  Frage;  erklärte  doch 
Friedrich  selbst  dem  Kaiser,  er  werde  die  Allianz  zwischen  beiden 
Staaten  nicht  mehr  erleben,  und  ebenso  erwiderte  er  seinem 
Bruder,  dem  Prinzen  Heinrich,  der  weitergehende  Hoffnungen  an 
die  Neißer  Tage  knöpfte:  er  solle  ihm  glauben,  nicht  er  mehr 
werde  den  Bund  Österreichs  und  Preußens  zur  Reife  bringen ;  denn 
nicht  nur  müsse  die  Zeit  die  Erinnerung  an  das  Vergangene  aus- 
löschen, sondern  auch  ein  völliges  Vertrauen  müsse  sich  ein- 
stellen und  die  Kaiserin-Königin  ihren  Haß,  den  sie  seit  30  Jahren 
gegen  ihn  genährt  habe,  vergessen. 

Der  Aufsatz  von  Hintze  „Hof-  und  Landesverwaltung  in 
der  Mark  Brandenburg  unter  Joachim  H/^  läßt  einen  tiefen  Blick 
tun  in  die  inneren  Schicksale  eines  deutschen  Territoriaistaates 
im  16.  Jahrhundert  und  berichtigt  und  ergänzt  in  einer  stattlichen 
Reihe  von  Einzelheiten  die  bisherige  Literatur.  Hof-  und  Staats- 
verwaltung sind  in  den  deutschen  Territorialstaaten  des  16.  Jahr- 
hunderts und  so  auch  in  der  Hark  Brandenburg  noch  unge- 
schieden beisammen  im  Rahmen  des  fürstlichen  Haushaltes.  In 
den  sogenannten  „Hofordnungen'',  die  vereinzelt  schon  seit  Ende 
des  13.  Jahrhunderts,  hauptsächlich  aber  im  15.  und  16.  Jahr- 
hundert erlassen  wurden,  finden  wir  auch  die  Anfänge  einer 
landesfurstlichen  Behördenorganisation,  bezeugt  in  Vorschriften  für 
Räte,  Kanzlei,  Rentmeister  und  andere  fürstliche  Beamte.  Wir 
sehen,  wie  diese  Personen  und  Einrichtungen,  an  die  sich  die 
Ausbildung  der  späteren  Zentralbehörden  des  Staates  anknüpft, 
damals  noch  in  den  großen  patriarchalischen  Haushalt  des 
Porsten  sich  eingliedern,  der  als  eine  Gesamtheit  einheitlich  ge- 
leitet und  geordnet  wird.  Vielleicht  die  interessanteste  dieser 
Hofordnungen  ist  die  brandenburgische  aus  der  Zeit  Joachims  H. 
Jedenfalls  nimmt  sie  unter  denen,  die  vor  kurzem  von  Artur  Kern 
in  den  „Denkmälern  der  deutschen  Kulturgeschichte*'  veröffentlicht 
worden  sind,  nicht  nur  äußerlich  den  ersten  Platz  ein.  Hier 
sehen  wir  ein  schon  ziemlich  ausgebildetes  Ämterwesen  noch  im 
engsten  Zusammenhange  mit  dem  Hofhaltungbetrieb:  der  Uarschalk, 
der  dem  Hofgesinde  vorsteht  und  die  Führung  des  fürstlichen 
Haushaltes  leitet,  ist  auch  noch,  neben  dem  Kanzler,  das  Haupt 
der  Ratstube  und  der  ganzen  forstlichen  Landesverwaltung.  Was 
heute  im  Hofmarschallamt  einerseits,  im  Staatsministerium  anderer- 
seits, streng  voneinander  geschieden  ist,  hängt  damals  noch  gleich- 
sam organisch  zusammen.  Wir  gewinnen  aus  diesem  Dokument 
eine  lebendige  Anschauung  zugleich  von  der  Art,  wie  man  am 
Hofe  lebt  und  wirtschaftet  und  wie  in  Ratstube,  Kanzlei  und  Hof- 
rentei  gearbeitet  und  verwaltet  wird.  Hier  kann  nur  auf  ganz 
weniges  beispielshalber  hingewiesen  werden.  Der  Gescliäftskreis 
der  Räte,  wie  er  sich  in  der  Hofordnung  darstellt,  war  ein 
doppelter.    Die   eine  Gruppe  umfaßt  das,    was   der  Kurfürst  als 


672  Hoheosonon^Jthrbach, 

„Unsere  Sachen^*  bezeichnet,  die  andere  die  Justizsachen.  Die 
Ratstube  fungiert  als  Kammergericht,  sobald  Parteien  ordouogs- 
mäßig  vorgeladen  sind.  Auch  das  Güteverfahren  schlägt  in  die 
kammergerichtliche  Tätigkeit  ein:  es  soll  die  Vorbedingung  für 
die  Eröffnung  des  ordentlichen  schriftlichen  Prozesses  sein,  ganz 
so,  wie  es  auch  im  17.  und  18.  Jahrhundert  nach  der  Kammer- 
gerichtsordnung  von  1709  üblich  geblieben  ist  Das  ist  nun 
freilich  ein  wesentlich  anderes  Bild  als  das,  was  man  aich  ge- 
wöhnlich von  dem  Kammergericht  zu  machen  pflegt.  Je  mehr 
der  gelehrte  Charakter  der  Rechtsprechung  hervortrat,  je  mehr  in 
Verbindung  mit  dem  eindringenden  schriftlichen  Verfahren  die 
Umwandlung  des  Kammergerichts  aus  einem  Quartalgericht  zu 
einem  ständigen  Gerichtshof  sich  vollzog,  um  so  weniger  konnte 
man  ständische  Beisitzer  ohne  Beamtenqualität  im  Kammergericht 
brauchen.  Aber  man  fand  einen  Ausweg,  um  die  Ansprüche  der 
Stände  doch  einigermaßen  zu  befriedigen:  Mitglieder  der  Ritter- 
schaft wurden  neben  gelehrten  Doktoren  als  kurfürstliche  Räte 
angenommen  und  im  Kammergericht  verwendet.  Es  ist  wohl  kein 
Zufall,  daß  in  der  Zusammensetzung  des  Statthaltereirates  von 
1542  einigermaßen  die  Zusammensetzung  wiederkehrt,  die  in  dem 
Entwurf  von  1516  für  das  Kammergericht  vorgeschrieben  war: 
zwei  Prälaten,  vier  von  der  Ritterschaft,  außerdem  Eustachius  voa 
Schlieben  und  vier  Doktoren.  Nur  haben  wir  es  hier  nicht  mehr 
mit  ständischen  Deputierten,  sondern  mit  fürstlichen  Räten  zu 
tun,  und  nicht  mit  Quartalsitzungen,  sondern  mit  einem  ständig 
arbeitenden  Gerichtshof.  Daß  diese  Umwandlung  sich  irgendwann 
einmal  im  16.  Jahrhundert  vollzogen  hat,  darüber  sind  alle 
Forscher  einig;  es  handelt  sich  nur  um  den  Zeitpunkt  Stölzel 
meint,  daß  das  Halten  des  Kammergerichts  im  Sinne  der  Refor- 
mation von  1 540  darin  bestanden  habe,  daß  den  gelehrten  Räten 
adelige  Räte  aus  dem  Lande  hinzutraten  und  mit  ihnen  vereint 
an  den  üblichen  Quartalzeiten  tagten,  d.  h.  also  er  hält  auch  für 
die  Zeit  nach  1540  noch  an  der  Annahme  von  Quartalsitzungen 
mit  adeligen  Beisitzern  fest.  Daß  diese  Auflassung  sich  nicht 
halten  läßt,  ergibt  sich  schon  aus  den  von  Holtze  beigebrachten 
Zeugnissen,  namentlich  aus  dem  Rechtsspruchregister,  das  vom 
1.  April  1540  an  keine  Quartalsitzungen  mehr  kennt.  Holtze 
selbst  aber  ist  geneigt,  diese  Veränderung  erst  auf  die  Reformation 
von  1540  zurückzuführen,  mit  der  seiner  Meinung  nach  auch  das 
schriftliche  Verfahren  erst  zum  Durchbruch  gekommen  ist  Beide 
Autoren  haben  die  Hofordnung  von  1537  nicht  beachtet  Aus 
dieser  erhellt,  daß  schon  vor  der  Reformation  des  Kamroergericfats 
von  1540  sowohl  das  schriftliche  Verfahren  wie  die  Ständigkeit 
des  Gerichtshofs  und  die  Ersetzung  der  ständischen  Beisitzer  durch 
adelige  Räte  eine  vollendete  Tatsache  war.  Die  Begründung  des 
Geheimen  Rates  tritt,  wenn  wir  nur  die  Stiftungsurkunde  berück- 
sichtigen, wie  eine  neue  epochemachende  Schöpfung  auf^  der  Irr- 


aoi^et.  von  fi.  HeydaBreieh.  g73 

tarn  ist  wohl  begreiflich,  als  ob  erst  von  diesem  Akt  der  Begina 
einer  fürstlichen  Beamtenregierung  und  einer  geordneten  Rats- 
behörde zu  datieren  sei.  Fassen  wir  aber  den  Gang  der  Ent- 
Wickelung  während  des  16.  Jahrhunderts  ins  Auge,  in  der  die 
Hofordnung  Joachims  IL  uns  einen  Einblick  verstattet,  so  ergibt 
sich,  daß  die  Errichtung  des  Geheimen  Rates  im  Grunde  nur  die 
letzte  entscheidende  Phase  des  Differenzierungsprozesses  darstellt, 
durch  den  aus  der  alten  ungeteilten  Ratstube  der  Hofordnung  als 
gesonderte  Zentralbehörden  das  Kammergericht,  die  Amtskammer 
und  der  Geheime  Staatsrat  hervorgegangen  sind.  Für  Österreich 
ist  ja  schon  vom  Ende  des  15.  Jahrhunderts  ab,  unter  Maximilian  I., 
das  Beispiel  der  französisch-burgundischen  Verwaltungsorganisation 
mafigebend  geworden  mit  der  Trennung  von  Ratsgericht  und 
Finanzkammer;  in  Brandenburg  sehen  wir  diese  Gliederung 
während  des  16.  Jahrhunderts  langsam  sich  vorbereiten  und  aus- 
bilden, ohne  daß  hier  die  Einwirkung  eines  fremden  Musters 
sichtbar  würde. 

Ein  sehr  dankbares,  durch  die  Größe  führender  Geister  aus- 
gezeichnetes Gebiet  behandelt  Keller  in  dem  interessanten  Auf- 
satz „Die  Hohenzollern  und  die  Oranier  in  ihren  geistigen,  ver«' 
wandtschafllichen  und  politischen  Beziehungen'S  Die  beiden 
Förstengeschlechter  der  Hohenzollern  und  der  Oranier  sind  ähn- 
lich wie  einst  das  Geschlecht  der  Mediceer  von  bescheidenen  An- 
langen aus  zur  Höhe  der  Macht  emporgestiegen,  und  gleich  wie 
die  letzteren  haben  sie  keineswegs  bloß  durch  ihre  militärischen 
und  politischen  Erfolge,  sondern  audi  durch  ihren  Einfluß  auf 
das  geistige  Leben  ihrer  Zeit  sich  eine  führende  Stellung  unter 
den  Nationen  erworben. 

Wenn  man  im  besonderen  die  Wirksamkeit  der  Mediceer  im 
15.  und  16.  Jahrhundert  und  die  Stellungnahme  der  beiden  eng* 
verbundenen  niederländisch-deutschen  Fürstenhäuser  im  17.  ver- 
gleicht, so  sind  die  verwandten  Züge  ihres  geistigen  Strebens 
deutlich  erkennbar,  und,  abgesehen  von  den  Verschiedenheiten, 
die  die  veränderten  Zeitverhältnisse  und  Umstände  bedingten, 
fillt  die  Gleichartigkeit  der  Zielpunkte  jedem  unbefangenen  Beob- 
achter  deutlich  in  die  Augen.  Wie  schon  Heinrich  v.  Treitschke 
gelegentlich  bemerkt,  wurde  der  Kampf,  den  einst  der  Humanismus 
für  die  Freiheit  des  Gedankens  begonnen  hat,  im  17.  Jahrhundert 
unter  Führung  des  Großen  Kurfürsten  siegreich  hinausgeführt, 
also  daß  die  deutsche  Nation  fähig  wurde,  der  Welt  die  Ideale 
der  Humanität  zu  verkündigen. 

Unter  der  schützenden  Hand  der  beiden,  durch  enge  geistige 
Zusammengehörigkeit  verbundenen  Männer,  Friedrich  Heinrichs 
von  Oranien  und  Friedrich  Wilhelms  von  Hohenzollern,  begann 
auf  dem  Festland  jenes  große  Zeitalter  der  naturwissenschaft- 
lichen und  technischen  Entdeckungen,  in  welchem  wir  uns 
noch  heute  befinden.     Große  Reformatoren  nennt  Treitschke  mit 

ZtitMlir.  f.  d.  0]nii]iMimlir«MD.    LXl.    8.    •.  43 


674      Hohaasollem-Jahrbach,  ängtt.  yon  E.  Heydeoreich. 

Recht  jene  Hänner,  die  dem  Zeitalter  den  Stempel  ihres  Geistes 
aufgedrückt  haben,  vor  allem  Baco,  Hugo  Grotius,  Galilei,  Leibniz, 
Comenius  und  Pufendorf,  Männer,  die  ebenso  auf  dem  Gebiete 
der  exakten  Wissenschaften  wie  auf  dem  der  Staatskunde  und 
Politik,  der  Erziehungslehre  wie  der  Literatur  und  Sprache  neue 
Bahnen  gewiesen  und  dem  scholastisthen  Wissenschaftsbetrieb, 
den  die  großen  Reformatoren  des  16.  Jahrhunderts  bewußt  bei- 
behalten hatten,  den  Todesstoß  versetzt  haben. 

Es  ist  ein  überraschend  gleichartiges  Gepräge,  das  uns  in 
Männern  wie  Wilhelm  dem  Schweiger,  Friedrich  Heinrich  von 
Oranien,  dem  Großen  Kurfürsten  einerseits  und  ihren  hervor- 
ragenden geistigen  Mitarbeitern  andererseits  entgegentritt,  ein  Ge- 
präge, das  in  erster  Linie  gekennzeichnet  wird  durch  die  gluck- 
liche Verbindung  eines  tiefgewurzelten  religiösen  Bedürfnisses  mit 
einer  weilherzigen  Toleranz,  die  die  Achtung  vor  jeder  fremden 
Oberzeugung  in  sich  schließt  und  zur  Voraussetzung  hat. 

An  der  Schwelle  der  Entwickelungen,  die  hier  zu  betrachten 
sind,  steht  die  mächtige  Gestalt  eines  der  Großen  aus  der  Ge- 
schichte der  neueren  Zeiten,  Wilhelm  !.  von  Nassau- Oranien.  Die 
Gedanken,  für  die  er  gekämpft  und  gelitten  hat,  vor  allem  der 
Gedanke  der  Toleranz  und  der  religiösen  und  politischen  Frei- 
heit, sind  die  Triebkräfte  geworden  und  geblieben,  die  allen 
späteren  Entwickelungen  der  abendländischen  Völker  den  Stempel 
aufgedrückt  haben.  Zu  seinen  Helfershelfern  gehörte  vor  allem 
Cornhert,  der  sprachgewaltige  Vorkämpfer  der  niederländischen 
Freiheit,  der  nebst  seinem  Freunde  Philipp  Harnix  von  Albegonde 
der  eigentliche  Begründer  der  heutigen  niederländischen  Schrift- 
sprache geworden  ist. 

Als  im  Jahre  1 702  mit  Wilhelm  !H.,  König  von  Groß- 
britannien, die  ältere  Linie  des  oranischen  Hauses  ausstarb,  waren 
die  Ergebnisse  des  Bundes  der  beiden  Dynastien,  der  etwa  ein 
Jahrhundert  früher  geknüpft  worden  war,  in  gewaltigen  politischen, 
militärischen,  kulturellen  und  geistigen  Erfolgen  bereits  voll  in 
Wirksamkeit  getreten.  Bei  der  Begründung  der  europäischen 
Stellung  des  Hauses  der  HohenzoUern  hat  sich  dieser  Bund  als 
ein  mächtiger  und  segensreicher  Faktor  erwiesen. 

Die  vorstehenden  Auszüge  und  Proben  mögen  eine  ungefähre 
Vorstellung  von  dem  mannigfaltigen,  tiefgründigen  Inhalte  des 
vorliegenden  stattlichen  Bandes  geben.  Es  seien  die  noch  übrigen 
Abhandlungen  desselben  kurz  verzeichnet:  Berg,  Die  HohenzoUern- 
gruft  in  der  Pfarrkirche  zuKüstrin;  Koser,  Voltaire  als  Kritiker 
der  Oeuvres  du  philosophe  de  Sanssouci;  Tschirch,  Prinz  Louis 
Ferdinand  als  Musiker.  Sein  Tod,  seine  Bestattung  und  sein  An- 
denken; Genthe,  Die  preußischen  Oberjägermeister.  Ein  Beitrag 
zur  Geschichte  des  Oberjägermeisteramtes  von  1579—1825.  Dazu 
Miszellanen.  Von  den  zahlreichen  Abbildungen  heben  wir  als  be- 
sonders  gut   gelungen   hervor:     Wilhelm  II.,    Kaiser  und   Kömg, 


Kaiser  Wilheln  d.  6r.  Briefe,  Red.  vt,  Schrift.,  apz.  v.  L.  Züro.  Q75 

Auguste  Viktoria,  Kaiserin  und  Königio,  als  Brautpaar  1880;  die- 
selben in  d«r  Gegenwart;  Eitel  Friedrich,  Prinz  von  PreuBen  und 
Sophie  Charlotte,  Herzogin  von  Oldenburg;  Wilhelm  und  Cecilie, 
Kronprinz  und  Kronprinzessin  des  Deutschen  Reiches.  Es  könnten 
noch  viele  andere  Bilder  angeführt  werden.  Denn  die  Illustrierung 
ist  roustergiltig  und  entspricht  der  Gediegenheit  des  Inhaltes. 
Dieser  10.  Band  der  überaus  nützlichen  Zeitschrift  reiht  sich 
würdig  den  früheren  Bänden  an  und  sei  allen  Freunden  vater- 
ländischer Geschichte  warm  empfohlen. 

Dresden.  Eduard  Heydenreich. 


1)  Ktiser  Wilhelm  des  Grofieo  Briefe,  Reden  uod  Schriften. 
Ausgewählt  nnd  erliutert  vonE.  fierner.  Zwei  Bände.  Berlin  1906» 
£.  S.  Mittler  u.  Sohn.     XXIH  n.  504,   XXm  u.  429  S.    8.    6  JC, 

gtb,    8  a^. 

Während  bis  jetzt  Äußerungen  unseres  ersten  Kaisers  nur 
gelegentlich  bekannt  gegeben  worden  sind  und  noch  dazu  meistens 
an  abgelegenen  Orten,  die  den  weiteren  Kreisen  nur  schwer  oder 
gar  nicht  zugänglich  sind,  hat  es  der  Geh.  Staatsarchivar  E.  Berner 
unternommen,  die  für  die  Kenntnis  von  Geist,  Gemüt  und  Cha* 
rakter  unseres  ersten  Kaisers  wichtigsten  Äußerungen  gesammelt 
und  zeitlich  geordnet  ^  herauszugeben.  In  der  Hauptsache  nahm 
er  erstens  nur  solche  Äußerungen,  mündliche  und  schriftliche,  auf, 
die  die  herrlichen  und  großen,  zum  Herzen  sprechenden  Eigen- 
schaften Wilhelms  I.  zum  Ausdruck  bringen,  zweitens  solche,  die 
seine  politischen  und  militärischen  Anschauungen  und  Tätigkeiten 
in  ihrer  Entwickelung  zeigen,  sofern  sie  von  ihm  persönlich  nieder* 
geschrieben  sind,  dazu  einige  amtliche,  besonders  wichtige  Schrift- 
stücke, auf  deren  Fassung  der  Kaiser  ohne  Zweifel  einen  be- 
stimmenden persönlichen  Einfluß  gehabt  hat.  Sonst  ließ  er  alle 
amtlichen  Schreiben,  Briefe,  Erlasse,  Thronreden,  Landtagsabschiede, 
Kriegsdepeschen  usw.  weg.  Auch  ließ  er  von  den  zahlreichen 
Briefen  an  0.  von  Manteuffel  und  Bismarck,  die  ja  leicht  zugänglich 
sind,  nur  eine  Auswahl  zu,  ebenso  nur  einige  militärische 
Schriften,  besonders  auch  dem  Laien  verständliche,  da  die  mili- 
tärischen Schriften  in  zwei  Bänden  vorliegen.  Einleitungen  orien- 
tieren jeweils  über  den  Zeitabschnitt,  dem  die  sich  anschließenden 
Äußerungen  des  Kaisers  angehören,  mit  besonderer  Berücksichti- 
gung dieser  selbst  und  der  Ereignisse,  durch  die  sie  veranlaßt 
worden  sind,  und  knappe  Fußnoten  geben  die  nötigen  sachlichen 
Erläuterungen  zu  den  einzelnen  Stücken,  drei  Verzeichnisse  zeigen 
die  Stücke  nach  der  Zeitfolge,  nach  den  Empfängern  und  nach 
den  Quellen  geordnet.  So  ist  das  Unternehmen  als  ein  echt 
vaterländisches  Gedenkwerk  wohl  dazu  angetan,  die  volkstumliche 
Gestalt  unseres  ersten  Kaisers  dem  Herzen  des  deutschen  Volkes 
immer  näher  zu  bringen.  Der  um  die  deutsche  Geschichts- 
forschung verdiente  Herausgeber,  der  wohl  noch  das  Werk  fertig 

43* 


676  H.  V.  Treitsclike,  AoBi^awälilte  Schriftan, 

Stallen  konnte,  aber  die  Vollendang  des  Druckes  nicht  mehr  er- 
leben sollte,  bat  uns  mit  dem  Werke  das  schönste  Vermächtnis 
seines  verdienstvollen  Lebens  hinterlassen. 

Der  Preis  der  beiden  umfangreichen  und  prächtig  ausge- 
statteten Bände  ist  außerordentlich  niedrig. 

2)  Heiarich  voa  Treittchke,  Aacgewählte  Schriften.  Zwei 
BÜDd«.  Leipzig  1907,  S.  Hirzel.  337  u.  357  S.  8.  Der  Baod  2,40  M^ 
geb.  3  Jt. 

Der  Verlag  von  S.  Hirzel,  in  dem  die  sämtlichen  Werke 
Treitschkes  mit  Ausnahme  der  „Vaterländischen  Gedichte*^  und 
der  zwei  Bände  „Zehn  Jahre  deutscher  Kämpfe''  erschienen  sind, 
hat  sich  entschlossen,  unter  grundsätzlichem  Ausschluß  aller  po- 
lemischen Schriften  durch  diese  billige  Auswahl  die  bedeutendsten 
der  literarischen,  historischen  und  politischen  Essays  und  der 
Vorträge  Treitschkes  auch  breiteren  Schichten  des  deutschen  Volkes 
zugänglich  zu  machen.  Eröffnet  wird  die  Auswahl  durch  den 
Aufsatz  ober  „Die  Freiheit'',  der  das  politische  Glaubensbe- 
kenntnis des  jungen  Leipziger  Privatdozenten  über  die  schwierige 
Frage,  wie  die  individuelle  Freiheit  mit  den  Pflichten  eines  Bürgers 
in  einem  mächtigen  und  starken  Staat  sich  vereinbaren  läßt,  ent- 
hält und  in  der  Mahnung  an  jeden  „rechten  Deutschen^'  gipfelt: 
Was  du  auch  tun  magst,  um  reiner,  reifer,  freier  zu  werden,  du 
tust  es  für  dein  Volk.  Wie  dieser,  so  gehören  auch  die  meisten 
anderen  in  diese  Auswahl  aufgenommenen  Essays  aus  Treitschkes 
erster  Dozentenzeit  den  Jahren  unmittelbar  vor  und  nach  1860 
an,  so  gleich  der  nächste  „Das  deutsche  Ordensland 
Preußen'',  in  dem  bei  der  tiefsten  und  klarsten  Geschichts- 
erkenntnis „die  Darstellung  des  Vergangenen  allenthalben  mit  den 
feurigen  Reflexen  gegenwärtiger  Gefühle,  künftiger  Aussichten 
Übergossen  und  so  die  Vergangenheit  als  Lehrerin  der  Gegenwart 
erscheint",  sodann  der  umfangreiche  Essay  über  „Cavour",  in 
dem  Treitschke  das  Bild  des  Begründers  des  italienischen  Ein- 
heitsstaates zeichnet,  der  getreu  seineip  Wahlspruch:  „Mag  mein 
Name,  mag  mein  Ruf  untergehen,  wenn  nur  Italien  eine  Nation 
wird",  mit  furchtloser  Energie  und  Hoffnungsfreudigkeit,  frei  von 
doktrinärer  Voreingenommenheit  alle  Kräfte  der  Nation  der  Er- 
reichung dieses  Zieles  Italien  zu  einigen  dienstbar  machte  und  so 
vorbildlich  für  die  deutschen  Patrioten  wurde.  Die  wundervolle 
Lebendigkeit,  die  die  Darstellung  durch  das  halb  dichterische  halb 
politische  Moment  erhält,  tritt  in  besonders  hohem  Grade  in  den 
farbenprächtigen  Dichtercharakteristiken  zu  Tag,  die  derselben  Zeit 
angehören,  in  den  Lebensbildern  und  Charakterzeichnungen 
Miltons,  Leasings,  Heinrich  von  Kleists,  Uhlands, 
Otto  Ludwigs  und  Hebbels.  Treitschke  hatte  ja  selbst  seine 
schriftstellerische  Laufbahn  als  Dichter  begonnen;  kein  Wunder, 
daß   die  ältesten    seiner  glänzenden  Essays  Dichtergestalten    zum 


tBgeB.  voi  L.  ZirA.  677 

Gegenstand  haben  und  zwar  fast  lauter  Kämpfer,  die  Dichten  mit 
politischer  Wirksamkeit  verbunden  haben,  also  mit  seinen  eigenen 
poetischen  und  politischen  Interessen  in  Zusammenhang  standen« 
,,Nan  rersteht  nur,  was  man  liebt**,  hat  er  einst  selbst  bekannt, 
deswegen  sind  die  Schilderungen  dieser  Persönlichkeiten,  die 
seinen  raterlindischen  Stolz  und  seine  freie  Mfinnlichkeit  besaßen, 
80  packend.  Was  ihn  besonders  zu  Milton  hinzog,  das  war 
dessen  felsenfeste  Oberzeugangstreue,  die  Vereinigung  Staats* 
niännischer  Begabung  mit  dem  Genius  des  Dichters,  die  tiefe  Auf- 
fassung vom  Staate,  die  auch  die  seinige  war.  In  L  es  sing 
mußte  ihn  die  die  ihm  selbst  eigene  klare  und  freie  Männlichkeit 
und  Tapferkeit  anziehen.  Den  großen  Dramatiker  und  Patrioten 
Kleist  bat  Treitschke  eigentlich  erst  entdeckt  und  ihm  gleich 
den  ihm  gebührenden  Platz  unter  den  deutschen  Dichtern  und 
Yalerlandafreunden  angewiesen.  Und  wie  dessen  Schlachtruf:  „In 
Staub  mit  allen  Feinden  Brandenburgs!"  auch  der  seinige  war,  so 
klingt  auch  in  diesem  Essay  der  Schmerz  nach  Qber  das  harte 
Geschick,  das  auch  ihn  zwang,  seine  dichterische  Begabung  ver* 
kömmern  zu  lassen.  Wie  in  dem  Essay  Qber  Milton  besonders 
der  PuUizist  gewürdigt  wird,  so  tritt  in  dem  über  Uhland  der 
Dichter  und  Germanist  zurück  hinter  dem  Politiker;  aber  dessen 
großdeutscher  und  demokratischer  Standpunkt  hindert  den  Essay- 
isten nicht,  seiner  politischen  Wirksamkeit  volle  Gerechtigkeit 
widerfahren  zu  lassen,  seine  Heden  im  Frankfurter  Parlament  als 
das  Beste  zu  bezeichnen,  was  je  für  die  „großdeutsche"  Richtung 
gesprochen  worden  ist,  und  rückhaltslos  anzuerkennen,  daß  auch 
Uhland  manchen  wuchtigen  Stein  zu  dem  Neubau  des  deutschen 
Staates  hinzugetragen  hat.  Daß  Olto  Ludwig,  der  kranke 
Dichter  des  Erbforsters  und  der  Makkabäer,  mit  unwandelbarer 
Treue  den  Glauben  an  sein  Volk  bewahrte,  rechnet  Treitschke 
diesem  sehr  hoch  an,  während  die  Verständnislosigkeit  Hebbels 
gerade  für  die  schönste  und  herrlichste  Erscheinung  unserer  Tage 
(1860),  das  Emporwachsen  unseres  Volkes  zum  staatlichen  Leben, 
ihm  neben  anderen  als  eine  Ursache  seiner  Unvolkstümlichkeit  er- 
scheint. Was  er  an  Hebbel  so  sehr  vermißt,  vaterländischen 
Stolz,  das  fand  er  in  Fichte  in  vollem  Maße,  der  in  den  Zeiten 
der  liebten  Erniedrigung  Deutschlands  seine  „Reden  an  die 
deutsche  Nation**  richtete,  von  denen  selbst  ein  Friedrich  Gentz 
gestehen  mußte,  so  groß,  tief  und  stolz  habe  fast  noch  niemand 
von  der  deutschen  Nation  gesprochen,  der  eben  durch  diese  Reden 
mächtigen  Anstoß  zur  Entfesselung  aller  Kräfte  der  Nation,  der 
sittlichen  Mächte  mehr  noch  als  der  physischen  zum  Zweck  der 
Befreiung  von  der  Fremdherrschaft  gab,  der,  während  er  anfangs 
den  Staat  nur  als  eine  Zwangsanstalt  betrachtet  hatte,  jetzt  mit 
der  Begeisterung  eines  antiken  Bürgers  in  dem  Staate  den  Er- 
zieher des  Volkes  zur  Freiheit  sah.  Wie  in  diesem  Essay 
nFichte  und  die  nationale  Idee*%  der  aus  einer  zur  Feier 


6*28  ^*  ^*  ^^^^^^^^'^^i  Ausgewählte  Schriften,  tngei.  v.  L.  ZUro. 

des  hundertjährigen  Geburtstags  des  Philosophen  (19.  Mai  1862) 
gehaltenen  Rede  hervorging»  so  vereinigen  sich  auch  in  den  andern 
9chon  genannten  tüchtige  Quellenstudien,  Sicherheit  und  Selb- 
ständigkeit des  wissenschaftlichen  und  ästhetischen  Urteils,  liebe- 
volles Eingehen  in  die  Individualität  besonders  der  ihm  konge- 
nialen Naturen,  künstlerischer  Aufbau,  überraschende  Fülle  neuer 
tiefer  Gedanken  in  knapper,  oft  überraschender  Fassung,  dichte- 
rischer weit  mehr  noch  moralischer  Schwung  der  Empfindung 
und  sichern  Treitschke  eine  der  ersten  Stellen  unter  den  Meistern 
des  deutschen  Essays.  Ganz  dieselben  Vorzüge  weisen  auch  die 
übrigen  sechs  in  der  Auswahl  enthaltenen  Stücke  auf,  die  aus 
den  siebenziger,  achtziger  und  neunziger  Jahren  stammen,  dar- 
unter ein  Abschnitt  aus  Treitschkes  Geschichtswerk,  die  meister- 
hafte Schilderung  der  V&lkerschlacht  bei  Leipzig,  sodann 
Vorträge  und  Reden,  die  Treitschke  bei  verschiedenen  Anlässen 
hielt.  Unter  ihnen  m&chte  ich  besonders  hervorheben  den  Vor- 
trag über  die  Königin  Luise  und  den  über  Zwei  Kaiser 
(Wilhelm  L  und  Friedrich  III.)  und  die  Rede  Zum  Gedächtnis 
des  großen  Krieges.  Schade,  daß  nicht  auch  noch  einige 
Gedichte  Treitschkes,  wenigstens  ,»Das  Lied  vom  schwarzen  Adler^S 
und  eine  oder  die  andere  seiner  parlamentarischen  Reden,  die 
gesammelt  in  demselben  Verlag  erschienen  sind,  Aufnahme  in 
diese  Auswahl  finden  konnten.  Noch  mehr  als  in  diesen  Reden 
offenbarte  sich  in  den  „improvisierten  Ansprachen  lapidaren  Stils^' 
die  in  ihrer  Art  einzige  Beredsamkeit  Treitschkes  in  der  ganzen 
ursprünglichen  Wucht  „Wie  oft  hat  er  da  den  Ton  getroffen, 
der,  aus  vollem  Herzen  hervorquellend,  die  Hdrer  widerstandslos 
fortriß!''  Unvergeßlich  sind  mir  die  zündenden  Worte,  mit  denen 
er  im  Juli  1870,  als  Frankreichs  Kriegserklärung  in  Aussicht 
stand,  auf  eine  ihm  auf  den  Katheder  gelegte  Aufforderung  seiner 
Zuhörer  hin  sich  über  die  augenblickliche  Lage  aussprach  und 
einen  Sturm  der  Begeisterung  entfesselte,  wie  ich  ihn  seitdem 
nicht  mehr  erlebt  habe.  Leider  hat  diese  aus  dem  Stegreif  ge- 
haltene Rede  niemand  stenographisch  festgehalten. 

Die  vorliegende  Auswahl  der  Schriften  wird  vom  Verleger 
sehr  schön  ausgestattet  und  zu  einem  sehr  niederen  Preis  dar- 
geboten. Auch  kann  jeder  der  zwei  Bände,  von  denen  der  erste 
die  ausgewählten  politischen  Schriften  und  Reden,  der  zweite  die 
Biographien  enthält,  einzeln  erworben  werden.  Wer  diese  Schriften 
gelesen  hat,  wird  Gustav  Freytag  zustimmen,  der  1863  Treitschke 
bei  dessen  Scheiden  aus  seinem  Leipziger  Freundeskreise  feierte 
als  ein  gutes  Teil  der  Poesie,  die  den  Kreis  erwärmte  und  hob, 
als  eine  groß  angelegte  Natur  von  stattlicher,  .frischer  Kraft,  von 
fester  Entschlossenheit,  in  seinem  heldenhaften  Wesen  in  be- 
wunderungswürdiger Weise  Ethos  und  Pathos  vereinigend  (Gustav 
Freytag  und  Heinrich  von  Treitschke  in  Briefwechsel,  Leipzig  1900, 
S.  Hirzel.  S.Off.) 


VV.  Scheel,  Zar  Geschiehte»  «o^ez,  von  L.  Züra.         g79 

3)  W.  Scheel»  Zur  Geechiehte.     Leipz%  1906,   B.  G.  Teabner.     174  S. 
8.    geb.  1,20  JCi 

Das  Büchlein  hat  die  Aufgabe,  „die  Entwicklung  der  Geschicht- 
schreibung, an  einem  kleinen  Teil,  für  die  moderne  deutsche  Ge- 
schichte wenigstens,  in  einem  anschauenden  Oberblick  zu  be-* 
leuchten"  (S.  169)  und  so  eine  Ergänzung  des  Geschichtsunter- 
richts der  reiferen  Schuler  zu  bilden  (Vorwort).  Zu  diesem  Zweck 
hat  der  Herausgeber  Abschnitte  aus  den  Geschichtswerken  von 
Hommsen,  firunner.  Freytag,  Giesebrecht,  Kugler,  Below,  Schäfer, 
Lamprecht,  Treitschke,  Ranke,  Schiller,  Droysen,  Friederich, 
Holtke  und  Marcks  als  klassische  Proben  ausgewählt  und  zwar 
von  jedem  der  genannten  Geschichtschreiber  je  eine  Probe,  im 
Anhang  die  Hauptstationen  in  der  Entwicklung  des  historischen 
Wissens  und  historischer  Auffassung  kurz  skizziert  und  über  die 
genannten  Historiker  einige  biographische  Notizen  beigefügt.  So 
mag  das  Büchlein  dem  oben  angegebenen  Zweck  wohl  entsprechen« 
Wie  es  aber  (nach  dem  Vorwort)  auch  noch  dazu  beitragen  kann, 
in  die  Lehre  der  Zusammenstellung,  Auswahl  und  Bewertung  der 
Quellen  eindringen  zu  lassen  und  dieses  für  die  Beurteilung  ge- 
schichtlicher Lektüre  höchst  wichtige  Moment  zu  verdeutlichen, 
ist  mir  nicht  ersichtlich.  Dagegen  wird  es  dem  Schüler  möglich, 
aus  den  mitgeteilten  Proben  die  Eigenart  der  Schriftsteller  zu 
erkennen,  bevor  er  an  die  Lektüre  der  großen  Geschichtswerke 
geht  und  sich  der  verschiedenen  Arten  der  historischen  Auffassung 
und  Darstellung,  der  Kunst  der  Charakteristik  und  ihrer  Mittel 
bewußt  zu  werden.  Mit  der  Auswahl  der  Proben  kann  man  sich 
zufrieden  geben.  Nur  meine  ich.  Rankes  und  Treitschkes  so 
grundverschiedene  Eigenart  wäre  doch  besser  verdeutlicht  worden, 
wenn  statt  der  zwei  Vorträge,  die  im  ganzen  denselben  Stoff 
behandeln,  Abschnitte  aus  ihren  eigentlich  historischen  Werken 
gewählt  worden  wären.  Hätte  so  ein  Abschnitt  aus  Treitschkes 
Geschichtswerk,  etwa  die  Zeit  der  Reform  in  Preußen  nach  1806 
oder  eine  der  prächtigen  Schlachtschilderungen  oder  Charakter- 
schilderungen, und  dann  auch  noch  ein  Abschnitt  aus  dem  letzten 
Geschichtswerk  Sybels,  der  doch  nicht  übergangen  werden  durfte, 
Aufnahme  gefunden,  so  wäre  auch  die  neueste  deutsche  Ge- 
schichte, die  in  den  mitgeteilten  Proben  etwas  zu  gering  bedacht 
worden  ist,  mehr  zu  ihrem  Recht  gekommen. 

Freiburg  i.  B.  L.  Zürn. 


DHaoeHelnolt,  Weltgetchiehte.  Uoter  MiUrbeit  von 37 P^ch^elehrteo 
beranegegebeo.  Mit  53  KartCD  u«d  177  Tafelo  io  Holzschoilt,  Atsaag 
aod  Farbendrack.  9  BMode  io  Halbleder  gebuoden  zo  je  10  JC  oder 
18  broschierte  Halbbtode  zo  je  i  JC.  Sechster  Band:  Mittel-  nod 
Nordenropa.  Voo  Karl  Weole.  Joseph  Girgeosoho,  Bdnard  Heyck, 
tKarl  Pauli,  Haas  P.  Helnolt,  Richard  MahreahoUz,  Wilhelm  Weither, 
Richard  Mayr,   Clemeos  Kleia,   Haas  Schjöth  aad   Alexander   Tille. 


ggO  Ii.Helmolt,  Weltgeschieht«, 

Mit  7  Ktrten  und  25  Tafeln  in  Holzsehaitt,  AtziiBg  und  Farbendraek. 
Leipzig  and  Wien  1906,  Bibliographisches  Institut  XVm  o.  630  S. 
gp.  8. 

„Von  den  neun  Bänden,  auf  die  das  groBe  Unternebmen  der 
Heimoltschen  Weltgeschichte  berechnet  ist,  fehlen  nunmehr  noch 
der  sechste  und  der  neunte.  An  den  Eingang  jenes  soll  die  ur- 
sprQnglicb  als  achter  Abschnitt  geplante  Abhandlung  Aber  die 
geschichtliche  Bedeutung  der  Ostsee  gestellt  werden,  wo 
sie  als  Überleitung  von  einem  Völkerkreise  zum  andern  der  Ein- 
führung zum  vierten  Bande  genau  entsprechen  wird'S  —  so 
schloß  die  vorige,  sechste  Besprechung  der  Heimoltschen  Welt- 
geschichte in  dieser  Zeitschrift  1906  S.  395.  Der  den  sechsten 
Band  einleitende  Abschnitt  über  die  Ostsee  (bis  S.  18)  rührt  von 
zwei  Verfassern  her:  Karl  Weuie,  dem  wir  in  dem  Sammel- 
werke  schon  als  Ethnologen  und  Prähistoriker  begegnet  sind,  und 
Joseph  Girgensohn,  einem  Balten,  der,  wie  die  meisten  Autoren 
dieses  Bandes,  neu  in  den  Kreis  der  37  Gelehrten  eingetreten 
ist.  Er  hat  die  geschichtliche  Zeit  im  ersten  Abschnitte  bear- 
beitet und  schließt  mit  den  Worten:  „Es  ist,  als  sei  der  aus- 
gleichende Beruf  der  Ostsee  nie  besser  zur  Geltung  gekommen, 
als  in  unseren  Tagen.  Friedlich  und  in  fast  gleicher  Stärke  be- 
gegnen sich  russische,  schwedische  und  dänische  Flaggen  auf  den 
Ostseefluten.  Das  Ansehen  der  Deutschen  hat  sich  gehoben; 
doch  niemand  wird  dadurch  beeinträchtigt.  Daß  eine  andere 
Handelsmacht  überstark  hervortrete  und  über  ihr  natürliches  Ge- 
biet hinausgreife,  hindert  die  Tatsache,  daß  Kiel  eine  Kriegsflotte 
bergen  kann,  die  stärker  ist,  als  die  aller  Nachbarn  zusammen- 
genommen. In  der  Hand  anderer  Nationen  würde  diese  Macht 
eine  Gefahr  werden  können  —  in  deutscher  Hand  ist  sie  die 
Gewähr  für  den  Frieden  und  das  Gedeihen  im  Wettbewerbe  der 
Ostseevölker!"  Der  zweite  Abschnitt  (bis  S.  122),  betitelt:  ,,Die 
Deutschen  bis  zur  Mitte  des  14.  Jahrhunderts'S  stammt 
aus  der  Feder  des  durch  seine  Deutsche  Geschichte  bekannt  ge- 
wordenen Historikers  Eduard  Heyck  und  hebt  folgendermaßen 
an:  „In  unserer  ^Weltgeschichte'  kommt  der  deutschen  Ge- 
schichte gleichsam  die  Stelle  der  schönen  Hausfrau  in  einer  von 
ihr  gegebenen  Gesellschafl  zu".  Was  Heyck  über  die  Urheimat 
der  Indogermanen  bringt,  wird  die  Leser  dieser  Zeitschrift  be- 
sonders interessieren. 

„Seit  der  Feststellung  unseres  Textes,  die  während  des  be- 
ginnenden Erscheinens  der  ,Weltgeschichte*  erfolgte^  ist  durch  die 
wichtigen  Forschungen  von  Johannes  Hoops,  niedergelegt  in  dem 
Werke  „Waldbäume  und  Kulturpflanzen  im  germanischen  Alter- 
tum'' (Straßburg  1905),  ein  Aufenthalt  der  Indogermanen  in  der 
Zeit,  ehe  sie  sich  in  Europäer  und  Asiaten  schieden,  weiter  nach 
Westen  gerückt  worden,  in  das  Heimatgebiet  der  Buche,  also  in 
die  mitteleuropäischen  Gegenden,  westlich  von  einer  Linie  Königs- 


«•gez.  vo«  E.  Stutier.  681 

berg-Odessa.  Der  Wortochatz  der  Indogermaneo  widerspricht 
nach  Hoops  Aasffihrungen  einer  solchen  Heimat  am  wenigsten, 
sondern  paßt  mit  dem,  was  er  enthält  und  was  er  vermissen 
]£St,  Tölüg  zu  ihr. 

Der  gemeinsame  Bestand  an  entlehnten  Kulturpflanzen  und 
Haustieren,  wenn  nicht  der  ältesten  Indogermanen,  so  doch  des 
Dächs^ungeren  Zeitalters  ihrer  noch  erhaltenen  Gemeinsamkeit 
and  ihres  noch  nicht  unterbrochenen  Kulturaustausches  deutet  auf 
Anregungen  und  Heröbernahme  aus  asiatischen,  und  zwar  aus 
nicht  sehr  nördlichen,  und  nicht  sehr  östlichen,  also  fClr  das 
mittlere  Europa  nicht  allzu  weitab  liegenden  Gebieten.  Ferner 
konnte  die  jöngere,  „w^st-indogermaniscbe'^  Gemeinsamkeit  mit 
überaus  förderlichen  Kulturbestandteilen  befruchtet  werden  aus 
der  im  Fruhlichte  der  Geschichte  aufdämmernden  mesopolamischen 
Zifilisation.  Wollten  wir  dagegen  den  indogermanischen  Schwer- 
punkt erheblich  nach  Norden  rücken,  so  mußten  alle  diese 
Entlehnungen  und  Kulturanregungen  viel  umständlicher  er- 
klärt werden,  und  das  geographische  Bild  der  indogermanischen 
Zerdehnung  würde  seine  einfache  Natürlichkeit  einbüßen**. 

Heyck  hat  audi  den  dritten  Abschnitt  (bis  S.  144):  „Die 
Kelten*^  verfaßt,  während  der  vierte  (bis  S.  154),  dessen  Gegen- 
stand „Die  Bildung  der  Romanen"  ausmacht,  von  dem  1901 
verstorbenen  Karl  Pauli  entworfen  und  von  dem  Herausgeber 
fiberarbeitet  worden  ist,  gerade  so  wie  einst  der  dritte  Abschnitt 
des  fänften  Bandes.  Von  Richard  Hahrenholtz  rührt  der  fünfte 
Abschnitt  (bis  S.  216)  her,  „Frankreich  vom  Aufkommen 
der  Merowinger  bis  zum  Ausgange  der  ersten  Kape- 
tinger'*  betitelt,  der  mit  einem  Rückblick  und  einer  Vorschau 
schließt.  Der  Verfasser  weist  dabei  darauf  hin,  daß  es  in  der 
Geschichte  keinen  ununterbrochenen  Fortschritt,  sondern  ein 
Auf-  und  Wiederabsteigen  gibt.  „Wie  die  Glieder  einer 
Kette  rollen  sich  die  großen  Wendepunkte  im  steten  Wechsel 
der  Erscheinungen  ab'*.  Der  sechste,  von  Wilhelm  Walther 
verfaßte  Abschnitt  (bis  S.  268)  behandelt  die  westliche  Ent- 
faltung des  Christentums  und  ergänzt  nicht  nur  manche 
Erörterungen  früherer  Teile  vom  kirchengeschichtlichen  Stand- 
punkte aus,  sondern  ist  auch  das  Bindeglied,  das  den  dritten  Ab- 
schnitt des  vierten  Bandes  mit  dem  dritten  des  siebenten  zu 
einer  Einheit,  wenn  auch  nicht  räumlich,  zusammenfügt,  so  daß 
die  Geschichte  des  Christentums  abgeschlossen  vorliegt.  Der 
siebente  Abschnitt  (bis  S.  2%),  aus  der  Feder  von  Richard 
Mayr,  ist  der  deutschen  Kolonisation  des  Ostens  bis 
zur  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  gewidmet,  der  achte  (bis 
S.  352),  von  dem  Heransgener  selbst,  befaßt  sich  mit  Italien 
vom  6.  bis  ins  14.  Jahrhundert,  bietet  aber  auch  Ausblicke 
auf  die  folgende  Zeit,  und  dadurch  ist  es  Helmolt  wenigstens  an- 
nähernd gelungen,  eine  wenn  auch  sehr  gedrängte,  so  doch  nichts 


982  H.  Helmolt,  Weltgeschichte, 

Wesentliches  fortlassende,  gewandt  geschriebene  Geschichte  Italiens 
von  der  langobardischen  Zeit  bis  zur  Gegenwart  zu  liefern.  Der 
neunte  Abschnitt  (bis  S.  626)  rührt  von  Clemens  Klein  her  und 
hat  zum  Gegenstande  die  KreuzzQge,  vor  allem  ihre  tiefein- 
greifenden  Einwirkungen  auf  das  Abendland;  denn  ihre  Bedeu- 
tung für  den  Orient  war  schon  früher  dargestellt  worden. 

Der  zehnte  Abschnitt  (bis  S.  498),  von  Hans  Schjöth, 
wendet  sich  dem  germanischen  Norden  zu  und  stammt  von 
einem  Norweger,  so  daß  eine  stilistische  Umfeilung  seitens  des 
Herausgebers  und  zweier  jüngerer  Historiker  nötig  war.  Die  Be- 
deutung der  Nordländer  für  Europa,  die  weniger  auf  politischem, 
als  auf  geistigem  Gebiete  hervortritt,  wird  kurz,  aber  erschöpfend 
dargelegt.  Der  elfte  und  letzte  Abschnitt  (bis  S.  598)  ist  betitelt 
Großbritannien  und  Irland.  Der  Verfasser,  Alexander  Tille, 
hebt  mit  einer  Schilderung  des  Schauplatzes  an;  ist  doch  gerade 
für  diese  Weltgeschichte  die  Ratzeische  Lehre  maßgebend,  daß 
die  einzelnen  Disziplinen  der  Geschichtswissenschaft  im  Grunde 
der  Erde  wurzeln,  die  allen  gemeinsam  ist  wie  die  Menschheit 
selbst.     Daher  sei  der  folgende  Abschnitt  wörtlich  angeführt 

„Die  Stellung  von  Großbritannien  und  Irland  ist  einzigartig. 
Ihr  Platz  auf  dem  Erdballe,  der  sie  als  Vorposten  der  Alten  Welt 
hinaus  in  das  westliche  Großmeer  setzt,  ihre  Küsten  und  Höhen- 
gliederung und  ihr  Reichtum  an  Erdschätzen  leichter  Hebbarkeit 
geben  ihnen  in  Europa  eine  völlige  Sonderstellung.  Als  west- 
lichster Punkt  Nordeuropas  fangen  sie  mit  ihrer  Westküste  den 
Golfstrom  auf,  der  aus  Mittelamerika  herüberflutet  Durch  ihre 
Insellage  schon  das  einzige  Land  Europas  mit  einem  Seeklima, 
erhalten  sie  durch  diesen  Wärmebringer  nicht  nur  noch  den 
Vorzug  eines  gleichmäßigeren  und  wärmeren  Klimas  als  jedes 
andere  Land  in  gleicher  Breite,  sondern  überdies  noch  offene, 
eisfreie  Küsten,  die  erste  Vorbedingung  zur  Aufrechterhaltung  des 
Seeverkehrs  über  den  ganzen  Jahreslauf  hin.  An  einer  Stelle 
rücken  die  Inselküsten  dicht  ans  Festland  heran;  aber  selbst  die 
weißen  Kreidefelsen  von  Dover,  die  dem  Nordrande  Frankreichs 
anzeigen,  daß  da  drüben  weiteres  Land  sich  dehnt,  sind  doch 
durch  einen  genügend  tiefen  und  breiten  Fiutstrom  vom  heutigen 
Leib  Europas  geschieden,  um  zugleich  als  Wahrzeichen  einer 
eigenen,  selbständigen  Entwicklung  des  Insellandes  zum  Himmel 
zu  ragen.  Wer  da  drüben  siedelte;  der  war  den  Festlands- 
menschen  entrückt  und  ebenso  zahlreichen  Festlandseinflüssen 
nichtmenschlicher  Art.  In  späterer  Zeit,  als  sich  drüben  ein 
Volk  entwickelt  hatte,  das  bewußt  sein  Selbst bestimmungsrecbt 
ausübte,  war  es  praktisch  in  dessen  Belieben  gestellt,  ob  und  wie 
tief  es  sich  in  Festlandsverhältnisse  einmischen  und  wann  es  sich 
von  dieser  Einmischung  zurückziehen  wollte.  Selbst  in  Hinsicht 
auf  den  Machtbereich  der  römischen  Kirche  ist  einzig  den  briti- 
schen Inseln   in   Europa  jene  zucückhaltende   Stellung   möglich 


«Dgez.  von  E.  Statzer.  gg3 

geworden,  welche  seinen  Königen  jeden  Kanossagang  ersparte» 
Anderseits  war  mit  dieser  Einzelstellung  unter  den  alten  und 
neuen  Staatengebilden  auch  die  Notwendigkeit  gegeben,  jede  Frage, 
die  ernstlich  auf  den  irischen  Inseln  selbst  ihr  Haupt  erhob,  auch 
auf  demselben  Schauplatze  zum  Austrag  zu  bringen.  Daher  das 
reiche  Haß  von  Binnenkämpfen  und  Burgerkriegen,  welches  die 
britische  Geschichte  auszeichnet'^ 

Die  Schilderung  geht  bis  zum  Tode  Georgs  III.  herab ;  rein 
„aus  buchtechnischen  Gründen^'  sind  die  Ausführungen  des  Ver« 
fassers  über  England  als  Industriestaat  dem  Ergänzungsbande, 
also  dem  neunten,  öberwiesen,  der  im  Laufe  des  Jahres  1907 
erscheinen  und  Nachträge,  Röckblicke  sowie  das  nötige  Gesamt* 
register  bringen  soll. 

Helmolt  wird,  wie  er  in  der  Vorrede  berichtet,  bei  diesem 
bereits  vorbereiteten  Schlußbande  nicht  mehr  „als  Redakteur 
seines  oft  recht  schweren  Amtes*'  walten.  Was  für  überaus 
große  Schwierigkeiten  er  zu  überwinden  gehabt  hat,  um  37 
wissenschaftliche  Kräfte  —  darunter  manche  ersten  Ranges  — 
unter  einen  Hut  und  dadurch  sein  Werk  glucklich  unter  Dach 
and  Fach  zu  bringen,  davon  können  Nichteingeweihte  sich  in  der 
Tat  schwer  einen  Begriff  machen,  und  gerade  ihnen  werden  die 
Mitteilungen  S.  X  f.  des  Vorworts  interessant  sein.  Clemens  Klein 
ist  mit  manchen  Änderungen  nicht  einverstanden,  die  der  Her- 
ausgeber, auf  sein  vertragsmäßig  festgelegtes  Recht  gestutzt,  vor- 
genommen hau  Umgekehrt  hat  es  diesem  auch  nicht  an  uner- 
betenen Anerkennungen  gefehlt. 

Das  den  Lesern  aus  den  früheren,  zum  Teil  sehr  eingehen- 
den Besprechungen  in  seiner  eigenartigen  Grundauffassung  und 
Anordnung  bekannte  Sammelwerk  geht  nunmehr  der  Vollendung 
entgegen,  und  bei  der  Auzeige  des  Ergänzungsbandes  wird  ein 
abschließendes  Urteil  zu  fallen  sein.  Daher  jetzt  nur  noch  wenige 
kurze  Bemerkungen!  Neue  Forschungsergebnisse  finden  sich  in 
dem  sechsten  Teile  nur  vereinzelt,  im  wesentlichen  beruht  sein 
Inhalt  auf  den  bisherigen  Darstellungen.  Durch  eine  gewisse 
Eigenart  und  Frische  des  Tones  zeichnet  sich  besonders  Heyck 
aus  (nur  „Entsprechung**  S.  35  ist  denn  doch  zu  eigenartig). 
Daß  die  Gruppierung  des  Stoffes  ihre  Bedenken  hat,  zeigen  auch 
in  diesem  Bande  die  recht  häufigen  Verweisungen  auf  früher  er- 
schienene TeUe,  S.  410  z.  B.  auf  Band  IV,  V,  VII  und  VIII.  Hit 
dem  ersten  Worte  des  Titels,  „Mitteleuropa*',  wollte  der 
Herausgeber  nicht  nur  ein  Gegenstück  zu  „Osteuropa",  Band  X, 
schaffen,  sondern  namentlich  auch  eine  Art  von  Gegensatz  zu 
dem  im  Vorwort  und  im  ersten  Abschnitte  von  Band  VII  ge* 
prägten  und  erläuterten  Begriff  „Westeuropa'*.  Von  einer  west- 
europäischen Kultur  im  eigentlichen  Sinne  kann  erst  nach  dem 
Aufhören  der  Kreuzzüge  geredet  werden;  was  nach  dem  Unter- 
gange  der   Kelten  in    geraeinsamer  Arbeit    der    Romanen   und 


684  G,  Wolf,  Bitntroks  Lehrjahre, 

der  Germanen  im  Herzen  Europas  aufgebaut  worden  ist  bis  zu 
dem  Augenblicke,  wo  sich  der  Schwerpunkt  aus  der  Mitte  mehr 
dem  Westen  zuneigt,  das  begreifen  wir  unter  „Mitteleuropa**  im 
historischen  Sinne  —  so  heißt  es  in  der  Vorrede  S.  VI.  Auch 
der  sechste  Band  weist  eine  Anzahl  von  Stammbäumen  in  An- 
merkungen und  außerhalb  des  Textes  auf;  ohne  solches  Hilfs- 
mittel können  in  der  Tat  manche  Ereignisse  in  ihren  Ursachen 
und  Anlässen  nur  halb  verstanden  werden. 

Der  Ausstattung  ist  wiederum  großes  Lob  zu  spenden. 
Die  farbigen  Karten  dienen  trefflich  zum  besseren  Verständnis 
des  Textes,  ebenso  die  meisten  Tafeln.  Als  Gegenstöck  zur 
Abteikirche  von  Saint  Denis  hätte  vielleicht  die  Marienkirche  in 
Danzig  nach  einer  Photographie  gebracht  werden  können,  da  sie 
ein  sehr  wirkungsvolles  Beispiel  für  den  vom  Orden  geschaffenen 
gotischen  Backsteinstil  mit  seinen  mächtigen  Türmen,  zierlichen 
Ziegelornamenten  und  spitzen  Fenstern  bietet;  dafür  verzichte  ich 
gern  auf  Nelsons  letzten  Brief  an  Lady  Hamilton. 

Schließlich  sei  erwähnt,  daß  (wie  ich  gelesen  habe)  die 
Helmoltsche  Weltgeschichte  bereits  ins  Englische  öbersetzt  wordenist. 

2)  Gustav  Wolf,  Bismarcks  Lehrjahre.    Leipzig  1907,  Dieteriehsehe 
VerlassboehhandlaBg.    376  S.     gr.  8.    6  jfC> 

Im  LIX.  Jahrgange  dieser  Zeitschrift  (t905)  S.  155 f.  habe 
ich  kurz  eine  Schrift  von  Prutz  über  „Bismarcks  Bildung,  ihre 
Quellen  und  ihre  Äußerungen"  angezeigt,  die  eine  Lücke  in  der 
Bismarckliteratur  ausfüllt  Dasselbe  läßt  sich  wenigstens  teilweise 
von  dem  Werke  Wolfs  sagen,  der  den  Ausführungen  von  Prutz 
„manche  Anregung  verdankt*'  (S.  368).  Wolf  bat  mehrfach  an 
der  Universität  Freiburg  i.  B.  Vorlesungen  über  Bismarck  gehalten 
und  diese  für  literarische  Zwecke  umgearbeitet,  da  uns  eine  zu- 
sammenfassende, in  das  allmähliche  innere  Werden  des 
jungen  Bismarck  eindringende  Biographie  fehlt.  Der  Verfassers 
Bestreben  ging  nun  darauf,  einerseits  dem  Werke  einen  wissen- 
schaftlichen Charakter  zu  verleihen,  so  daß  es  auch  für  den 
zünftigen  Historiker  sei  es  an  Stoff  sei  es  in  Gruppierung  müglichst 
viel  Neues  enthält,  andererseits  aber  doch  auch  ein  Buch  zu 
schreiben,  welches  nicht  nur  für  Gelehrte  bestimmt  ist  Viel 
Neues  habe  ich  nicht  gerade  entdecken  können,  und  die  Gruppie- 
rung des  Stoffes  ist  außerordentlich  einfach,  nämlich  in  die 
beiden  Abschnitte:  L  Bismarck  bis  zu  seinem  Eintritt  in  die  po- 
litische Ijaufbahn  (bis  S.  149),  IL  Bismarck  in  den  Revolutions- 
jahren. Stichworte  am  Rande  finden  sich  nicht,  wohl  aber  Seiten- 
überschriften mit  fortlaufenden  genauen  Inhaltsangaben.  Den 
zweiten  Abschnitt  eröffnet  eine  ziemlich  eingehende  Schitderung 
der  Verfassungsfrage  in  Preußen  vor  1840,  der  Persönlichkeit 
Friedrich  Wilhelms  IV.  und  der  Bedeutung  des  Vereinigten  Land- 
tages im  allgemeinen.    Sonst  hält  sich  die  Darstellung  eng  inner- 


an^ei.  voo  S.  Stntter«  686 

halb  der  durch  den  Titel  bezeichneten  Grenzen,  nur  in  einer  An- 
merkung unter  dem  Texte  (S.  285),  der  einzigen  im  ganzen 
Buche,  weist  Verfasser  besonders  darauf  hin,  er  habe  nicht  seine 
„subjektive  Ansicht  über  die  Personen,  Parteien  und  Verhältnisse 
TOD  1849*'  niederschreiben»  sondern  nur  die  damaligen  „Motive, 
Urteile  und  Gesichtspunkte  ,Bisroarcks'  prSzis  wiedergeben**  wollen. 

Besondere  Rucksicht  hat  Wolf  auf  die  Schulzeit  seines 
Helden  genommen,  worauf  ich  in  Teubners  Neuen  Jahrbuchern  nSher 
eingehen  werde.  Hier  sei  nur  wieder-  und  weitergegeben,  was  in 
der  Vorrede  S.  4f.  steht.  „Vor  einigen  Jahren  lebten  noch  Mitschüler 
Bismarcks,  die  durch  autobiographische  Mitteilungen  uns  wertvolle 
Anhaltspankte  hatten  gewähren  können,  welche  wir  uns  jetzt 
möbsam  und  unvollkommen  aus  den  Programmen  herausschälen. 
Aber  sie  haben  vielleicht  Kinder  und  jöngere  Freunde  hinter* 
lassen  und  ihnen  manche  Erinnerungen  an  Gymnasium  und  Uni- 
versität anvertraut ....  Alle  diese  Schilderungen  verkörpern  in 
ihrer  Gesamtheit  ein  StQck  Welt,  in  welcher  Bismarck  groB  ge- 
worden ist,  aus  welcher  wir  nur  ein  kleines  Erkenntnismaterial 
besitzen**.  Unser  Verfasser  hat  versucht,  die  vielen  kleinen  Einzel- 
heiten psychologisch  zu  verwerten  und  zu  einem  folgerecht 
sich  entwickelnden  Bilde  zu  gestalten,  wobei  es  sich  natürlich 
Dicht  immer  um  Beweisführung  im  streng  wissenschaftlichen 
Sinne,  vielmehr  oft  nur  um  subjektive  Ansicht  handeln  kann. 
Was  die  politische  Entwicklung  Bismarcks  betrifft,  so  bemüht 
sich  Wolf,  eine  einheitliche  Auffassung  vom  ersten  öffentlichen 
Auftreten  an  nachzuweisen,  scheint  mir  dabei  aber  das  rein  Ver- 
standesmäßige  und  kalt  Abwägende  zu  überschätzen;  er  urteilt 
nur  an  einer  Stelle  (S.  268)  sehr  richtig,  daß  sich  „häuGg  bei 
Bismarck  persönliche  und  sachliche  Motive  paarten**.  Eine  ein- 
seitig ausgeprägte  Verstandesnatur  war  er  sicherlich  nicht. 

Im  Texte  wird  an  geeigneten  Stellen  selbstverständlich  auf 
Bismardis  Reden,  Briefe  sowie  „Gedanken  und  Erinnerungen** 
stets  Bezug  genommen,  verhältnismäßig  selten  dagegen  auf  die 
Ansichten  neuerer  Geschichtschreiber,  wie  Sybels  und  Treitschkes 
(S.  153  und  189  z.  B.).  Auch  Vergleiche  stellt  der  Verfasser 
nicht  eben  gern  an;  der  mit  Hansemann  S.  211  ff.  drängt  sich 
geradezu  auf.  Die  Darstellungsweise  zeigt  zwar  im  allgemeinen 
leidliche  Gewandtheit;  an  Einzelheiten  aber  muß  man  häufiger 
Anstoß  nehmen,  wobei  ins  Gewicht  fällt,  daß  das  Buch  auch  für 
das  große  gebildete  Publikum  bestimmt  ist.  Um  nur  einiges  an- 
zuführen :  S.  74  stört  die  an  die  unmittelbare  Rede  erinnernde 
Aufzählung  „erstens*'  und  „zweitens**,  S.  152  muß  statt  „auch 
aus  Rücksicht**  gesagt  werden:  trotz  aller  Rücksicht,  auf  der- 
selben Seite  fallt  „eine  Schicht  der  Meinung  vom  Herrscher** 
auf,  ebenso  S.  193  die  Konstruktion  „war  abgestochen*'  und 
S.  269  „den  es  kein  Verlangen  trug**,  ferner  S.  286  der  Vergleich: 
9,Das  Betreten  des  Holzweges  hatte  in  einen  Zirkel  geführt**.   Auf 


686  J.  Kronsyer,  Antike  Sehltclitfelder, 

den  Seiten  366  und  367  sind  die  Pronomina  „derjenigen"  Z.  7 
V.  0.  und  „diejenigen''  Z.  11  ▼.  u.  nicht  am  Platze;  das  wunder- 
schöne Pronomen  derselbe  begegnet  natürlich  auch  öfter,  sogar 
unmittelbar  hintereinander.  Aufgefallen  ist  mir  ferner,  daß  Wolf 
nach  einem  Komparativ  niemals  „als*',  sondern  stets  ,,wie'*  setzt. 
Was  die  Schreibweise  betrifft,  so  lesen  wir  immer  vom  t,Ter- 
einigten  Landtage",  nur  in  der  Oberschrift  steht  richtig  stets  ein 
großes  V.  Die  Schreibart  „Henken"  statt  Hencken  beruht  wohl 
geradeso  auf  einem  Druckfehler,  wie  der  „Bundesrat"  S.  367. 

Zu  35  wichtigen  Stellen  sind  am  Schlüsse  des  Buches  vor 
dem  Personalregister,  das  die  Benutzung  erleichtert,  Anmer- 
kungen hinzugefügt  worden,  ganz  nach  dem  Vorbilde  der  Bis- 
marckbiographie  von  Lenz.  Ein  Vergleich  mit  dieser  fallt,  alles 
in  allem,  nicht  gerade  zu  Wolfs  Gunsten  aus. 

Görlitz.  E.  Stutzer. 


Job.  Kromayer,  Antike  Sehlaehtfelder  i«  GriechoDland.  Band  U: 
Die  heUeoUtUch-rSiniAehe  Periode  voo  Kyao«kephtlä  bis  Pharaalos. 
Mit  12  Utho^rtphischeD  Karteo,  11  Beiktrten,  2  Skizseo  im  Text  nnd 
einer  Tnfel  in  Lichtdraek.  Berlin  1907,  Weidmnnnsche  Bnchhandlanf. 
IX  u.  452  S.     8.     18  ^. 

Als  vor  vier  Jahren  der  erste  Band  von  Kromayers  Antiken 
Schlachtfeldern  in  Griechenland  erschien,  trat  er  mit  einer  Emp- 
fehlung durch  v.  Wilamowitz  seinen  Weg  an  und  wurde  durch 
einen  Erlaß  des  preußischen  Unterrichtsministeriums  den  Biblio- 
theken der  höheren  Lehranstalten  zur  Anschaffung  empfohlen. 
Bald  darauf  trat  ein  Rückschlag  ein.  Delbrück  und  seine  Schüler 
erhoben  gegen  Kromayers  Aufstellungen  energische  Einsprache, 
die  ihren  schärfsten  Ausdruck  wohl  in  dem  Aufsatze  Delbrücks 
„Theologische  Philologie'*  in  PreuB.  Jahrb.  Bd.  116  gefunden  hat, 
und  ließen  ihm  kaum  das  Verdienst,  zur  Aufklärung  der  topo- 
graphischen Verhältnisse  etwas  beigetragen  zu  haben.  Indessen 
Kromayer  blieb  die  Antwort  nicht  schuldig  und  behauptete,  wenn 
ihm  auch  im  einzelnen  Irrtümer  nachgewiesen  wurden,  doch  io 
der  entsponnenen  Fehde  seine  Stellung.  Dem  ersten  Bande  hat 
er  nunmehr  den  zweiten  nachfolgen  lassen,  mit  welchem  er  sein 
Werk  abgeschlossen  hat.  In  ihm  werden  behandelt:  1)  Der  zweite 
Makedonische  Krieg  (200 — 197  v.  Chr.).  2)  Der  syrisch-römische 
Krieg  (192—89  v.  Chr.).  3)  Der  Krieg  gegen  Perseus  (171—168 
V.  Chr.).  4)  Die  Feldzuge  Sullas  in  Griechenland  (87—86  v.  Chr.). 
5)  Pharsalos  (48  v.  Chr.).  Den  einzelnen  Abschnitten  sind  Anhänge 
und  Beilagen  zugefügt,  in  denen  Obersetzungen  der  zugrunde  ge- 
legten Schlachtberichte  gegeben  und  Untersuchungen  über  den 
Wert  dieser,  sowie  ober  die  Stärke  der  ins  Feld  gesandten  Heere 
und  über  die  Chronologie  der  Ereignisse  angestellt  werden. 

Für  die  drei  ersten  Kriege  ist  die  militärische  Berichterstattung 
dieselbe  geblieben,  wie  för  die  im  ersten  Bande  behandelten  Kri^s* 


■  Bgez.  von  Fr.  ReoB.  68t 

ereignisse,  es  ist  die  teils  in  Fragmenten,  teils  in  späterer  Be- 
arbeitung (Li?ius)  erhaltene  Darstellung  Polybs,  für  deren  Güte 
Kromayer  schon  früher  gegen  Delbrück  eingetreten  ist.  Der 
Widerstreit  der  Ansichten  tritt  uns  auch  in  dem  zweiten  Bande 
?ielfach  entgegen.  So  bezeichnet  Delbrück  die  Berichte  über  die 
Schlacht  von  Magnesia  bei  Appian  und  Livius  als  phantastisch  und 
erklärt  es  für  verfehlt,  aus  solchen  Schilderungen  eine  historisch 
Tortragbare  Erzählung  gewinnen  zu  wollen ;  Kromayer  dagegen  be* 
tont  die  Klarheit  und  Genauigkeit,  mit  der  bei  aller  Kürze  in  den 
Feldzugsberichten  die  einzelnen  Vorgänge  wiedergegeben  werden. 
Während  jener  die  Mischung  der  Phalanxhaufen  mit  Elefanten  zu 
den  Phantasien  des  Romanschreibers  rechnet,  sieht  dieser  darin 
einen  beachtenswerten  Versuch,  die  Phalanxstellung  selbständiger 
und  aktionsfahiger  zu  machen.  Aus  Polyb  leitet  Kromayer  mit 
Nissen-Meyer  gegen  Mommsen  auch  Appians  Schlachtbericht  her 
und  hebt  das  auffallende  Hervortreten  des  Domitius  gegenüber 
dem  Konsul  Scipio  hervor,  das  schlecht  zu  der  von  Mommsen  bei 
Appian  angenommenen  Monographie  eines  Scipio  über  den  Krieg 
stimme.  Direkte  Benutzung  Polybs  durch  Appian  ist  freilich 
nicht  vorauszusetzen,  zwischen  beide  schiebt  sich  als  Mittelglied 
ein  römischer  Annalist.  So  hoch  Kromayer  Polyb  in  militärischer 
Hinsicht  stellt,  ist  er  doch  weit  entfernt,  sich  auch  dessen 
politisches  Urteil  zu  eigen  zu  machen,  und  tritt  damit  in  Gegen- 
satz zu  der  landläufigen  modernen  Auffassung,  die  ganz  von 
Polyb  beeinflufit  ist.  Den  Vorwurf  üppiger  und  träger  Winter- 
ruhe in  Chalkis,  der  gegen  Antiochos  erhoben  wird,  betrachtet  er 
als  Ausfluß  der  philiströsen  Stimmung  Polybs,  die  Preisgebung 
Lysimachias  ist  ihm  durch  die  Verbältnisse  geboten,  nicht  durch 
göttliche  Verblendung  des  Syrerkönigs  oder  durch  Scipios 
„wunderbares  Glück'*  herbeigeführt,  unberechtigt  ist  das  harte 
Urteil  über  die  kopflose  und  unschlüssige  Kriegführung  des 
Perseus,  der,  wenn  auch  kein  militärisches  Genie  ersten  Ranges, 
doch  immer  ein  achtunggebietender  Feldherr  gewesen  sei.  Auch 
der  Kriegführung  des  Marcius  Philippus  ist  Polyb  nicht  gerecht 
geworden,  sein  Olympübergang  war  wohl  überlegt  und  gut  vor- 
bereitet und  sichert  ihm  einen  ehrenvollen  Platz  in  der  Kriegs- 
geschichte. So  nimmt  Kromayer  eine  Reihe  von  Ehrenrettungen 
bei  sonst  übelbeleumundeten  Persönlichkeiten  vor,  doch  wird  man 
gerade  hier  Bedenken  hegen  müssen,  sein  Urteil  über  das  des 
sachkundigen  Zeitgenossen  zu  stellen.  Anderes  Quellenmaterial 
hat  uns  Plutarch  in  den  einschlägigen  Biographien  erhalten.  Sein 
Bericht  über  die  Umgehungsbewegung  der  Römer  bei  den  Ther- 
mopylen  stammt  von  Cato  und  paßt  vortrefflich  für  das  Gelände 
bei  der  Annahme,  daß  Cato  bis  ans  Ende  der  großen  Schlucht 
von  Anthela  gelangt  sei  und  von  einer  der  Erhebungen  südöstlich 
von  Alt-Drakospilia  im  Grunde  der  kleinen  Seitenschlucht  die 
feindlichen  Vorposten    erblickt  habe.     Ebenso  ist  in  der  Lebens- 


6SÖ  J.  kromayer,  Antike  SehUchtfelder, 

beschreibang  des  Ämilius  Paulus  (c.  15  und  18)  eio  Brief  dei 
Scipio  Nasjca  benutzt,  in  dem  dieser  über  die  von  ihm  geleitete 
Umgehung  der  makedonischen  Stellung  am  Elpeos  berichtete. 
Über  die  Kämpfe  Sullas  in  Griechenland  wird  von  Plutarch  in 
Sull.  c.  17 — 19  gehandelt.  Dieser  Bericht,  der  nach  Delbrück 
„das  Produkt  der  dürftigen  Phantasie  eitler  Rhetoren''  ist,  geht 
auf  die  Memoiren  Sullas  zurück  und  ermöglicht  mit  seinen  zahl- 
reichen topographischen  Angaben  es,  die  militärischen  Vorgänge 
klar  zu  entwickeln.  Gegen  ihn  muß  Appians  ausführliche  Schilde- 
rung zurückstehen,  in  der  die  topographischen  Einzelheiten  be- 
seitigt oder  entstellt  wiedergegeben  sind,  die  aber  gleichwohl  mit 
Plutarch  zahlreiche  Obereinstimmungen  aufweist,  wie  z.  ß.  in  den 
übertriebenen  Heereszahlen  und  Verlustangaben  der  Pontiker  und 
in  der  Geringfügigkeit  der  Sullanischen  Verluste,  und  deshalb 
gleichfalls  auf  die  genannten  Memoiren,  wenn  auch  durch  das 
Mittelglied  einer  älteren  historisch-rbetorischen  Umarbeitung,  zu- 
rückgehen muß.  Für  die  Darlegung  der  Vorgänge  bei  Pharsalos 
müssen  die  Angaben  Cäsars  die  Grundlage  bilden.  Delbrück  ist 
auch  hier  anderer  Ansicht  und  bringt  namentlich  den  Zahlen- 
angaben des  Siegers  das  äußerste  Mißtrauen  entgegen.  Aus  ver- 
schiedenen Angaben  bei  Orosius,  Eutrop  und  Florus  konstruiert 
er  eine  Oberlieferung  des  Asinius  PoUio.  Diese  liegt  uns  bei 
Plutarch  und  Appian  vor,  sicher  sind  ihr  die  für  sie  in  Anspruch 
genommenen  Zahlenangaben  bei  den  angeführten  Autoren  fremd. 

Neben  diesen  aus  dem  Altertum  erhaltenen  Quellen  benutzt 
Kromayer  alles  Material,  was  die  moderne  Erforschung  der  be- 
treJBTenden  Landschaften  durch  Karten  und  Länderbeschreibung  ge- 
liefert hat,  und  macht  den  Versuch,  den  so  gewonnenen  Stoff 
nach  ausschließlich  militärischen  Gesichtspunkten  zu  verwerten 
und  zur  Darstellung  zu  bringen.  Mit  dem  Obersten  z.  D.  Janke, 
dem  Verfasser  des  Buches  „Auf  Alexanders  des  Großen  Pfaden" 
(Berlin  1904),  und  dem  Hauptmann  Goppel  hat  er  im  Jahre  1900 
die  griechischen  Schlachtfelder  bereist  und  auf  dem  Boden,  auf 
dem  die  kriegerischen  Ereignisse  sich  abgespielt  haben,  das  Ver- 
ständnis für  diese  zu  gewinnen  sich  bemüht  Die  Frucht  seiner 
Studien  sind  die  vortrefflichen  Karten,  die  seinem  Werke  bei- 
gegeben sind  und  an  deren  Hand  es  ein  hoher  Genuß  ist,  den 
Ausführungen  des  Verfassers  zu  folgen. 

Während  Philipp  von  Makedonien  darauf  bedacht  war,  eine 
Entscheidung  durch  die  Waffen  hinauszuschieben  und  durch  eine 
Defensivstrategie  die  Römer  zu  ermüden,  lag  es  im  Interesse  dieser, 
durch  rücksichtslose  Offensive  den  Gegner  niederzuwerfen.  Die 
Niederlage  an  den  Aoospässen  (198  v.  Chr.)  trieb  den  König  aus 
seiner  Verteidigungsstellung  und  öffnete  den  Feinden  Epeiros  und 
Thessalien.  Der  Aoos,  heute  Wjossa  genannt,  durchbricht  in 
einem  17  km  langen  Quertale  das  Gebirge.  In  dem  östlichen  Teile 
dieses  Durchbruchtals  hat  Philipp   nach  Niese  seine  Stellung  ge- 


aogez.  von  Fr.  Renfi.  6S9 

wählt,  E^mayer  dagegen  terlegt  sie  in  den  Westaüsgatlg  des  Tales. 
Nachdem  die  Hakedonier  vom  Norden  her  umgangen  waren  und 
ein  Flaokendetachement  im  RQcken  zwischen  Medzatgoriani  und 
Dragot  erschienen  war,  zog  der  König  sein  Heer  in  die  Gegend 
des  Zagoriabaches  zurück  und  setzte  dann  den  Rfickzug  nach 
Klissura  und  weiter  das  Aoostal  hinauf  fort.  Den  Versuch,  die 
verlorene  Stellang  wiederzugewinnen,  bOBte  Philipp  mit  der  Nieder- 
lage von  Kynoskephaiä  (197  v.  Chr.).  Leake  suchte  das  Schlacht- 
feld in  dem  Karadagh  zwischen  Supli  und  Gheremi,  und  darin 
sind  ihm  die  neueren  Darsteller  der  Schlacht  gefolgt,  indessen  die 
felsigen  [^rtien  dieses  Gebirges,  auf  die  Leake  die  miSverstandenen 
Worte  PoJybs  (XVIII  22,  9)  bezieht,  sind  für  eine  Phalanxschlacht 
imgeeignet.  Kromayer  läfit  die  Schlacht  auf  den  Höhen  südlich 
von  Hadschibeh  in  nächster  Nähe  der  StraBe  Larissa — Pharsatos 
schlagen,  wohin  von  Pherä  (Velastino)  zwei  Wege  führten,  der 
von  Philipp  benutzte  mitten  durch  den  Karadagh  und  der  von 
Flaminin  eingeschlagene  durch  die  Senkung  am  Südabhange  des 
Gebirges.  Der  Onchestos  Polybs  dürfte  dem  bei  Supli  ent- 
springenden Bache,  sein  Helampion  dem  Hügel  Kukurialo  ent- 
sprechen, die  Trümmer  des  Thetideion,  zu  dem  der  zweite  Marsch 
die  Römer  führte,  sind  zwischen  Alkani  und  Bekides  aufgefunden 
worden.  Den  Sieg  führte  auf  dem  schwergefahrdeten  linken  Flügel 
der  Römer^ein  Kriegstribnn  herbei,  der  durch  eine  Schwenkung 
das  zweite  und  dritte  Treffen  seiner  Legion  der  makedonischen 
Phalanx  in  den  Rücken  brachte.  In  einer  Beilage  wird  auch  die 
Pelopidasschlacht  von  Kynoskephaiä  (364  v.  Chr.)  besprochen« 
Der  Tyrann  Alexander  gelangte  auf  demselben  Wege  wie  Flaminin 
von  Pherä  nach  dem  erwähnten  Thetideion,  während  Pelopidas 
von  Pharsalos  aus  seinen  Marsch  antrat  Das  Schlachtfeld  lag 
auf  der  Südseite  der  Hügelkette  von  Kynoskephaiä.  Alexander  be- 
setzte den  Hügelrücken  von  Lasar  Buga,  der  nach  Süden  hin  zu 
der  Ebene  des  Enipeos  hinabsinkt,  und,  die  Front  gegen  Osten 
au&iehmend,  suchte  auch  Pelopidas  den  Kamm  dieses  Rückens 
zu  gewinnen.  Angriffsflügel  war  der  rechte  Flügel  mit  der  Reiterei; 
durch  wiederholte  Offensivstöße  mit  dem  Defensivflügel  hielt 
Pelopidas  den  Kampf  so  lange  hin,  bis  die  Reiterei  dem  Gegner 
in  die  Planke  fiel. 

Wenn  auch  die  Besetzung  Griechenlands  durch  Antiocbos  der 
Niederwerftingsstrategie  Hannibals,  der  die  Vernichtung  Roms  in 
Italien  forderte,  nur  in  geringerem  Grade  genügte,  so  nahm  der 
Syrerkönig  doch  im  Gegensatze  zu  Philipp  mit  ihr  die  Offensive 
gegen  die  Römer  auf.  Die  Übermacht,  mit  der  diese  in  Griechen- 
land erschienen,  zwang  ihn,  eine  Verteidigungsstellung  an  den 
Tbermopylen  einzunehmen ;  sie  wurde  unhaltbar,  als  Cato  auf  dem 
Ephialtespfad  mit  2000  Mann  auf  die  Sattelhöhe  von  Alt-Drako- 
spilia  vorgedrungen  war.  Der  Krieg  wurde  nach  Asien  hinüber- 
getragen, und  die  Entscheidung  fiel  bei  Magnesia  am  Sipylos.    Der 

Ztito«lff.  f.  d,  G7nDMiftlw«Ma,    LXI.    S.    9.  44 


690   J*  Kromayer,  Antike  Schlachtfelder,  a^z.  von  Pr.  RenB. 

Pbrygiosffuß,  den  Antiochos  überschritt,  kann  kein  anderer  sein 
als  der  heutige  Kam;  mit  ihm  vor  der  Front  nahm  die  syrische 
Armee  in  dem  Terrainabschnilt  zwischen  Kum  und  Gedis  (Hermos), 
d.  i.  am  äußersten  Westende  des  Streifens  zwischen  Tschal-Dagh 
und  Gedis  Aufstellung.  Nachdem  die  Römer  ebenfalls  den  Kum 
überschritten  hatten,  kam  es  hier  in  der  Ebene  am  zwölften  Tage 
zur  entscheidenden  Schlacht. 

Auch  für  Perseus  war  dem  römischen  Angriffe  gegenüber 
eine  defensive  Haltung  geboten.  Infolge  der  fehlerhaften  Strategie 
Roms  nahm  der  Krieg  in  den  ersten  beiden  Jahren  einen  schleppen- 
den Gang,  und  erst  das  dritte  Jahr  brachte  mit  dem  Oly mpüber- 
gange  des  Konsuls  Harcius  Philippus  einen  entscheidenden  Erfolg« 
der  Perseus  veranlaßte,  die  Verteidigung  der  Landesgrenzen  im 
Südwesten  seines  Reiches  aufzugeben,  die  Stadt  Dion  zu  räumen 
und  mit  seinem  Heere  nach  Pydna  zurückzugeben.  Hier  wurden 
168  V.  Chr.  die  Geschicke  des  makedonischen  Reiches  entschieden. 
Scipio  Nasica  nahm  den  von  5000  Mann  gedeckten  Paß  von 
Pythion — Petra  und  umging  so  die  Stellung  des  Königs  am  Elpeos. 
Doch  nicht  die  Gefährdung  seiner  rückwärtigen  Verbindungslinien 
durch  Scipio  bewog  ihn  zur  Aufgabe  seiner  Stellung,  sondern  der 
Umstand,  daß  die  römische  Flotte,  wie  Zonaras  erzählt,  in  der 
Richtung  auf  Pydna  vorübergefahren  war  und  seine  Verbindung 
mit  dieser  Stadt  zu  unterbinden  drohte.  Ob  es  richtig  ist,  den 
Tor  Augen  liegenden  Grund  gegen  eine  auf  eine  höchst  unzuverlässige 
Notiz  aufgebaute  Kombination  zurückzustellen,  ist  doch  recht 
zweifelhaft.  Die  Schlacht  wurde  am  Mavronori  geliefert,  nördlich 
von  ihm  stand  das  makedonische,  südlich  das  römische  Lager. 
Er  ist  identisch  mit  dem  Leukos  Plutarcbs  (c.  16),  sein  Nebenfluß 
Pelikas  mit  dem  ebendaselbst  genannten  Äson.  Für  die  Höhen 
von  Konduriotissa,  von  denen  aus  Ämilius  die  Ebene  von  Katerini 
überblickte,  bietet  der  Biograph  den  Namen  Olokros. 

Als  den  Philoboetoshügel  des  Schlachtfeldes  von  Chäronea 
betrachtete  Leake  den  Paroriberg,  Kromayer  erkennt  ihn  in  dem 
Hügel  von  Krevassara  und  verlegt  auf  diesen  Sullas  erstes  Lager. 
Von  diesem  durch  den  Kephissos  geschieden,  lag  Archelaos'  erstes 
Lager  auf  den  Höben  von  Merali.  Nachdem  der  Versuch  des 
pontischen  Heeifölirers,  die  Burg  von  Parapotamioi  westlich  vom 
Dorte  Belesi  zu  besetzen,  gescheitert  war,  bezog  er  sdn  zweites 
Lager  zwischen  Hedyllion  und  Akontioo,  d.  i.  am  Südftaße  des 
Gebirges  von  Karamusa,  während  ein  Detachement  den  Orthopagos, 
d.  i.  den  Felsen  Petracbos,  an  dessen  Fuß  Chäronea  lag,  besetzte. 
Sulla  nahm  darauf  Stellung  am  Südausgang  des  Passes  von  Para- 
potamioi.  Die  Flucht  des  linken  Flügels  der  Asiaten  ging  zum 
Molos,  welcher  der  mittelste  der  drei  vom  Thuriongebirge  her- 
unterkommenden Bäche  ist  und  nicht,  wie  man  vielfach  wollte, 
mit  dem  Morios,  dem  Bache  von  Kaprena,  gleichgestellt  werden  darf. 

Die  Schlacht  von  Pharsalos  setzt  Kromayer  mit  Leake  zwischen 


a  Preio,  Nachtrag  zu  Alito  bei  Oberaden,  ags.  v.  H.  Eiekboff.  691 

dem  kleiaen  Tschinarli  (Enipeus)  und  dem  Phersala  oder  Tabakhana 
an,  bezeichnet  aber  mit  Hazey  und  Stoffel  den  Raradscha- Achmet 
als  den  Ort  der  Kapitulation  der  Pompejaner.  Cäsar  hatte  sein 
Lager  nördlich  der  Tabakhana  an  einer  Stelle  der  Ebene,  an  der 
er  zugleich  den  PaB  von  Domoko  deckte,  Pompeius  nordöstlich 
von  Pharsalos  auf  der  Högelgruppe  Krindir,  deren  Verbindung  mit 
dem  Enipeos  durch  mehrere  Kastelle  gesichert  war. 

Vieles  von  dem  reichen  Inhalte  des  Kromayerschen  Werkes, 
der  nur  in  den  Hauptzögen  hier  mitgeteilt  werden  kann,  ist  ge- 
wiß hypothetischer  Natur  und  wird  den  Widerspruch  herausfordern. 
Auf  einzelne  schwache  Annahmen  habe  ich  bereits  hingewiesen, 
noch  möge  eine  Einzelheit  hier  berührt  werden,  bei  der  mir 
Kromayer  nicht  das  Richtige  getroffen  zu  haben  scheint.  Zu  den 
Worten  Plutarchs  (Sulla  18,  4)  tcSp  di  ^PwiMzimv  Tovg  (liv  vaaovg 
utataßaXovtmv,  önaöaikiyuiv  di  tag  lua^aifiag  xal  TtaQaxqovO" 
ydvfav  zag  iSctqiaaq^  mq  Ta%i(ita  nQoafki^snxy  avzoXq  d»'  oqyi^ 
bemerkt  er  S.  376  A.  2 :  „Daß  die  Legionen  die  Pilen  weggeworfen 
haben  sollen  {xcctaßaloyrav),  statt  sie  auf  den  Gegner  zu 
schleudern,  ist  natürlich  ein  Übersetzungsfehler  Plutarchs*^  Ich 
halte  die  Übersetzungsfehler  Plutarchs  nicht  für  so  natärlich  und 
selbstverständlich,  wie  das  vielfach  geschieht,  hier  aber  ist  ein 
solcher  ausgeschlossen  und  die  Situation  die  gleiche,  wie  Caesar 
I  52, 3  bestes  repente  celeriterque  procurrerunt,  ut  spatium  pila 
in  hostes  coniciendi  non  daretur.  Reiectis  pilis  cominus  gladiia 
pognatum  est.  Indessen  trotz  Verfehlungen  im  einzelnen,  die 
gewiß  auch  für  den  zweiten  Band  der  „Antiken  Schlachtfelder*' 
nachgewiesen  werden,  erscheint  auch  dieser  gleich  dem  ersten 
Bande  die  Empfehlung  zur  Anschaffung  für  die  Bibliotheken  höherer 
Lehranstalten  zu  verdienen;  beide  sind  vorzuglich  geeignet,  mit 
dem  Gange  und  dem  Schauplatze  von  Begebenheiten  bekannt  zu 
machen,  die  in  dem  Leben  unserer  Gymnasien  eine  hervorragende 
Stelle  einnehmen. 

Cöln.  Fr.  Reuß. 

0.  Prein,  Ntcbtrag  xn  Aliso  bei  Oberaden.  Neue  ForsehoDi^n  und 
Venniitaof^eo.  Miiotter  i.  W.  1907,  Ascheodorffsche  Bncbbaodlaa;. 
20  S.    8.    0,80  JC. 

Das  Prognostiken,  welches  wir  seinerzeit  in  dieser  Zeitschrift 
dem  Hauptwerke  Preins  stellten,  ist,  wie  der  Nachtrag  beweist, 
in  vieler  Hinsicht  in  Erfüllung  gegangen.  Die  Ausgrabungen  bei 
Oberaden  sind  reich  an  Überraschungen  gewesen.  Ein  Lager  ist 
entdeckt,  das  mindestens  ebenso  groß  ist  wie  das  von  Haltern, 
statt  der  beiden  dortigen  Gräben  hier  ein  einziger  tiefer  und 
breiter  Graben.  Nicht  weniger  als  300  wohlerhaltene  Holzspeere, 
z.  T.  mit  gut  fesbaren  Inschriften  versehen,  fand  man  an  der 
Nordseite  des  Lagers  auf  dem  Grunde  des  Grabens.  Die  vielen 
architektonischen   Stücke,    welche   gleichzeitig   an   das   Tageslicht 

44* 


692  0.  Pr«io,  N^icbtrag  zo  Aliso  bei  Obertdeo,  agz.  y.  H.  Eickhoff. 

kamen,  beweisen  unwiderleglich,  daB  wir  es  hier  nicht  mit  einem 
Marschlager  zu  tun  haben,  sondern  mit  einem  Kastell,  das  dauernd 
die  germanische  Eroberung  den  Römern  stchem  sollte.  Nachdem 
Prein  dies  konstatiert,  sucht  er  die  Identität  der  Befestigung  mit 
Aliso  zu  beweisen.  Aufier  der  Ähnlichkeit  der  Namensform  Aliso— 
Eisen,  Elsey,  was  jetzt  fast  allgemein  als  „Erlengebusch**  gedeutet 
wird  (vgl.  Rayensberger  Blätter  1907  Nr.  47),  betont  Prein  mit 
Recht  folgenden  Umstand,  östlich  yon  Oberaden  lippeaufwärts 
sind  so  gut  wie  keine  römischen  Funde  gemacht  worden.  Eine 
Ausnahme  bildet  nur  das  Soolbad  Werne  5  km  östlich  yon  Ober- 
aden, wo  man  1824  römische  Amphoren  gefunden  hat.  Aber 
weder  in  Hamm,  noch  in  Lippborg,  noch  in  Liesborn,  Lippstadt 
und  Elsen  bei  Paderborn  ist  Römisches  gefunden  worden.  Be- 
kanntlich ist  die  Bürg  bei  Oberaden  schon  lange  yor  den  Aus- 
grabungen reich  an  Funden  gewesen.  Dazu  gesellt  sich  als  dritter 
Grund,  daß  ein  so  hoch  ragender  Hügel  (cliyus  imminens)  sich  an 
der  oberen  Lippe,  wie  wir  aus  eigener  Anschauung  wissen,  nicht 
findet.  Es  bleibt  nur  zu  verwundern,  daß  frühere  Forscher  wie 
Hulsenbeck  an  dem  Hügel  von  Oberaden  so  achtlos  yorbei- 
gegangen  sind. 

Nachdem  Pr.  noch  einmal  die  Hypothese  Haltern — Aliso  be- 
sprochen, prüft  er  die  historischen  Nachrichten  über  die  Anlage 
von  Aliso.  Es  wurde  an  der  südlichsten  Stelle  der  Lippe  als  eine 
Zwingburg  der  Sugambrer  angelegt.  Pr.  hält  es  für  eine  alte 
germanische  Ansiedlung,  worauf  u.  a.  die  oben  auf  dem  Hügel  ent- 
deckte Viehtränke  hinweisen  soll ;  außerdem  sind  dort  germanische 
Waifen  und  Scherben  gefunden.  Schwierigkeiten  bereitet  noch 
immer  der  Name  des  Baches  „Seseke'^  Damit  hat  Elison  sicher 
keine  etymologische  Verwandtschaft.  Es  wäre  nicht  das  erste  Mal, 
daß  ein  Bach  seinen  Namen  im  Laufe  der  Jahrhunderte  geändert 
hätte.  Im  10.  Jahrhundert  v.  Chr.  heißt  er  susilbeke,  noch  jetzt 
an  seiner  Quelle  süchelbiake. 

Dann  bespricht  Pr.  die  Stellung  Halterns  zu  Oberaden.  H. 
ist  das  Lippekastell,  welches  mit  Aliso  nicht  identisch  ist 
H.  sicherte  die  Lippestraße  mit  seinen  großen  Vorräten  und  Be- 
festigungen. Pr.  glaubt,  daß  die  Stelle  20  Minuten  nordw.  von 
Oberaden,  wo  im  vorigen  November  viele  römische  Scherben  zu- 
tage kamen,  die  Obergangsstelle  der  Römer  auf  das  linke  Lippe- 
ufer gewesen  sei.  Hier  löschten  die  römischen  Schiffe  ihre  Ladung. 
Von  Oberaden  sei  dann  die  Alisostraße  an  der  Seseke  landein- 
wärts nach  Süden  gegangen.  Die  Existenz  dieser  Römerstraße 
werde  durch  sicher  bezeugte  römische  Hünzfunde  bestätigt  (S.  106). 
Der  Sesekebach  entspringt  bei  Hilbeck,  welches  Kampfbach  bedeute. 
Ebendort  ist  vor  200  Jahren  ein  großer  Hünzfund  aus  Augusteischer 
Zeit  gemacht  worden  (dicht  daneben  liegt  der  Ort  Budberg  = 
Knochenberg).  Wie  Prein  in  einem  Aufsatze  der  Voss.  Zeitung 
vom  21.  April   darlegt,   sucht  er   die  alte  Römerstraße  weiter  in 


H.Preii6|  D.  fiatwickl.  <L  d«Qtsoh.  SiadUw«,  agz.  v.  O.Genest  693 

der  Gegend  südlich  tod  Soest,  wo  der  Name  Bailoh  vielleicht  an 
Arbalo  erionert.  Hier  entging  Drusus  im  J.  11  kaum  der  Ver- 
nichtung. Weiter  führe  uns  der  Weg  über  Knebiinghausen,  wo 
Sparen  eines  Römeriagers  sich  leigten,  nach  der  Eresburg,  der 
alten  Sachsenfeste  aus  Karls  und  Ottos  des  Großen  Zeit.  Dort 
etwa  sei  also  der  Ort  der  Varusschlacht  zu  suchen. 

SchlieBlich  gibt  Prein  noch  eine  ansprechende  Erklärung  der 
Stelle  des  Velleius  Paterculus  II 120.  Er  nimmt  an,  dafi  Asprenas 
nicht  fon  Mainz  aus,  sondern  fon  Haltern  nach  Xanten  sich  ge- 
rettet hat  (ad  inferiora  hibema  descendendo).  Im  Frühjahr  des 
J.  10  sei  dann  der  tapfere  Caedicius,  der  mit  zwei  Legionen  mutig 
Aliso  ferteidigt  hatte,  entsetzt  und  gerettet  worden.  Es  hätten 
also  zu  Varos'  Zeiten  bedeutende  Truppenmassen  (fünf  Legionen) 
östlich  des  Rheins  gestanden,  davon  drei  Legionen  in  Haltern  als 
westiiches  Korps  und  zwei  Legionen  in  Aliso  als  östliches  Korps. 
Wir  sehen,  wie  durch  die  Forschungen  Preins  und  die  Aus- 
grabangen  mit  ihren  Resultaten  neue  interessante  Lichtblicke  auf 
die  Geschichte  der  Römer  in  Deutschland  fallen.  Bisher  ist  nur  in 
der  Peripherie  des  Lagers  gegraben,  erst  im  nächsten  Sommer  (1908) 
soll  das  Innere  des  Lagers  (praetorium  u.  a.  m.)  aufgedeckt  werden. 
Auf  dem  am  Mittwoch  nach  Ostern  in  Bremen  abgehaltenen 
Kongrefi  der  Archäologen  Nordwestdeutschlands  wurde  Ton  Dragen- 
dorff-Frankfürt  das  ganze  Problem  Oberaden — Aliso  mit  großer 
Vorsieht  und  Zurückhaltung,  aber  unter  rückhaltloser  Anerkennung 
des  NoTums,  das  nunmehr  geschaffen  sei,  behandelt  Die  Ent- 
scheidung liege,  meinte  er,  im  Spaten.  In  den  nächsten  Tagen 
(8.  Hai)  beginnt  die  Arbeit  von  neuem.  Hoffen  wir,  daß  endlich 
der  Schleier  von  diesen  dunklen  Orten  und  Namen  gehoben  wird. 

flamm  a.  d.  Lippe.     Herm.  Eickhoff. 

Hafo  Prenß,  Die  Bstwicklnng  des  deattchen  Städteweaeni. 
Enter  Band:  fintwieklangsgefehichte  der  deoUeheo  StädteverfaMoog. 
Leipzig  1906,  B.  G.  Teabner.    XI  n.  379  S.    8.    4,80  JH* 

In  der  Vorrede  zu  seinem  Buche  weist  der  Verfasser  darauf 
hin,  daB  die  mächtige  Entfaltung  unseres  Städtewesens  während 
der  letzten  Jahrzehnte  in  steigendem  Maße  die  literarische  Be- 
schäftigung mit  diesem  Gebiete  belebt  hat.  Den  Anfang  haben 
hier  die  Historiker  gemacht,  indem  sie  ober  die  Entstehung  und 
die  mittelalterliche  Blütezeit  des  deutschen  Städtewesens  eine 
reiche  Literatur  und  bedeutende  Qnellensammlungen  publizierten. 
Aber  ihre  Arbeiten  brechen  stets  an  der  Schwelle  der  neueren 
Zeit  ab,  und  mit  dem  Städtewesen  des  absoluten  Staates  und  des 
letzten  Jahrhunderts  haben  sich  wesentlich  nur  die  Wirtschafts- 
historiker und  die  Juristen  beschäftigt.  Doch  handelt  es  sich  da- 
bei mehr  um  die  Behandlung  von  Spezialfragen  der  modernen 
KoBimunaWerhältnisse  als  um  die  Darstellung  des  Gesamtverlaufs 
stadtischer  Verfassun^sentwicklung;.    Desl^b  will  der  Verfasser  in 


694       ILPreafiy  Di«  £ntwickl.  d.  deutioh.  Stidteweaeoi, 

seinem  Werke  eine  Betrachtung  des  deutschen  Stadtewesens  in 
entwicklungsgeschichtlichem  Zusammenhange,  seiner  Organisation 
und  seiner  Funktionen  geben,  und  iwar  in  der  Weise,  daß  der 
erste  Band  gewissermaßen  einen  Längsschnitt  der  städtischen 
Entwicklung,  der  zweite  aber  einen  Querschnitt  versucht,  indem 
er  die  Kommunalverwaltung  und  Kommunalpolitik  auf  den  wich* 
tigsten  Gebieten  ihrer  Punktionen  darstellt  und  die  daraus  sich 
ergebenden  Probleme  för  die  weitere  Entwicklung  der  städtischen 
Organisation  erörtert.  Um  die  Lektüre  des  Buches  auch  dem 
nngelehrten  Leser  zu  erieichtern,  hat  der  Verfasser  auf  Beibringung 
des  literarischen  Apparates  und  auf  jede  literarische  Polemik  ver- 
zichtet, doch  hat  er  bei  jedem  wörtlichen  Zitat  den  Namen  des 
Autors  im  Texte  angegeben.  Eine  irgendwie  erschöpfende  Voll- 
ständigkeit ist  nicht  beabsichtigt,  vielmehr  kommt  es  dem  Ver- 
fasser darauf  an,  die  entscheidenden  Momente  der  organischen 
Entwicklung  herauszuarbeiten  und  sie  nicht  durch  die  unendliche 
FöUe  der  Einzelheiten  zu  verwischen.  In  diesem  Sinne  faßt  er 
die  Gestaltung  seines  Stoffes  als  eine  künstlerische  Tätigkeit  au^ 
f&r  die  er  sich  das  Wort  zur  Regel  gemacht  hat: 

Bilde,  Künstler,  rede  nicht. 
Deine  Rede  sei  Gedicht 

Nach  einer  Einleitung,  in  welcher  der  Gegensatz  zwischen 
dem  Wesen  der  römischen  eimtoi  und  der  mittelalterlichen  deut- 
schen Stadt  hervorgehoben  wird,  insofern  jene  ihr  Wesen  dem 
sie  umgebenden  Lande  in  solchem  Maße  aufprägte,  daß  beide  zu 
einer  urbanisierten  Einheil  verschmolzen,  während  diese  zu  ihrer 
agrarischen  Umgebung  in  einem  Jahrhunderte  währenden  Gegen- 
satze geblieben  ist»  der  auch  heute  noch  dauert,  so  daß  von  einer 
Urbanisierung  Deutschlands  uro  so  weniger  die  Rede  sein  kann, 
als  auch  die  fürstlichen  Territorien,  die  in  Deutschland  sich  ent- 
wickelten, wesentlich  agrarische  Gebilde  sind,  behandelt  der  Ver- 
fasser seinen  Stoff  in  fünf  Kapiteln,  die  wieder  in  einzelne  Unter- 
abteilungen gegliedert  sind. 

Das  erste  Kapitel  stellt  das  Aufsteigen  der  deutschen  Städte 
dar.  Gemeint  ist  hier  die  Zeit  von  der  Entwicklung  des  deutschen 
Stadtewesens  im  Anschluß  an  Königspfalzen  und  Bischofssitze  bis 
zu  den  bekannten  c(m$titutiane$  in  favorem  principum  des  Hohen- 
staufen  Friedrichs  IL,  in  denen  sich  das  städtefeindliche  Prinzip 
des  deutschen  PfolTen-  und  Laienfürstentums  mit  besonderer  Deut- 
lichkeit dokumentiert,  nachdem  die  Städte  sich  im  Kampfe  gegen 
die  Stadtherren  ihre  Selbständigkeit  auf  politischem,  rechtlichem, 
finanziellem  und  wirtschaftlichem  Gebiete  erworben  und  sich  im 
Gegensatze  zu  ihrer  agrarischen  Umgebung  durch  die  Ausbildung 
der  korporativen  Organisation  ihrer  Bürgerschaften  zu  Reichs- 
städten, Freistädten  und  Landstädten  entwickelt  haben.  Das  zweite 
Kapitel  behandelt  dann  die  Blüte  und  den  Niedergang  der  Städte 
von  der  Mitte  des  13.  bis  zu  der  des  16.  Jahrhunderts.    In  dieser 


aogex.  voD  0.  Geoest.  095 

Periode  entwickelt  sich  der  Gegensatz  zwischen  den  Städten  mit 
ihrer  korporativen  Selbstverwaltung  und  dem  agrarisch  bestimmten 
Landesförstentum  zu  immer  größerer  Schärfe.  Er  kommt  zum 
besonders  deutlichen  Ausdruck  in  der  Bildung  und  Ausgestaltung 
der  großen  Städtebünde  und  in  den  Kämpfen  dieser  BQnde  gegen 
das  Landesförstentum  und  den  mit  ihm  verböndeten  Adel.  Daß 
dieser  Kampf  weder  in  Sud-  und  Westdeutschland  noch  in  dem 
norddeutschen  Gebiete  der  Hansa  zum  Siege  der  städtischen  Sache 
geführt  hat,  wird  begründet  sowohl  durch  die  handelspolitische 
Eifersucht  der  einzelnen  Städte  gegeneinander  wie  durch  die 
inneren  Kämpfe  zwischen  den  Geschlechtern  und  den  Zünften 
wie  endlich  dadurch,  daß  es  den  deutschen  Städten  nicht  gelungen 
ist,  ihre  Organisation  auf  das  Land  hinauszutragen  und  sich  so 
in  der  bäuerlichen  Landbevölkerung  einen  wirksamen  Bundes- 
genossen gegen  den  Feudalismus  des  großen  und  kleinen  Adels 
zu  verschaflen,  wie  das  zu  derselben  Zeit  in  der  Schweiz  ge« 
schehen  ist.  So  hat  das  agrarische  Prinzip  in  Deutschland  den 
Sieg  über  die  urbane  Kultur  errungen,  und  damit  hat  das  deutsche 
Stadtewesen  am  Ende  dieser  Periode  seine  politische,  wenn  auch 
nicht  seine  wirtschaftliche  Bedeutung  für  die  Entwicklung  der 
raterlaodischen  Geschichte  im  wesentlichen  verloren. 

Das  dritte  Kapitel  behandelt  das  Städtewesen  im  absoluten 
Förstenstaat,  wie  er  unter  der  Einwirkung  der  Reformation  und 
Gegenreformation,  der  rationalistischen  Staatsphilosophie  und  der 
Rezeption  des  römischen  Rechtes  sich  herausgebildet  hat.  Diese 
Entwicklung  hemmt  die  weitere  Durchbildung  der  von  den  Städten 
bisher  siegreich  vertretenen  Geldwirtschafl  und  führt  einen,  wenn 
auch  nicht  vollständigen,  Rückfall  in  den  Zustand  der  Natural* 
Wirtschaft  herbei.  Daraus  ergibt  sich  der  Verfall  der  städtischen 
Machtmittel,  während  das  Landesfürstentum  sich  gleichzeitig  durch 
die  Ausbildung  der  stehenden  Heere  und  des  von  ihm  völlig  ab- 
hängigen Beamtentums  sowie  durch  die  Einführung  des  Merkantil- 
Systems  seine  Oberlegenheit  sichert.  Der  Verfall  des  Städtewesens 
und  die  überragende  Bedeutung  des  Landesfürstentums  kommt 
auch  darin  zum  Ausdruck,  daß  die  schon  gegen  Ende  der  vorigen 
Periode  beginnende  Verknöcherung  der  städtischen  Selbstverwaltung 
immer  weiter  fortschreitet,  so  daß  zuletzt  jede  selbständige  Regung 
aufhört.  Die  städtischen  Magistrate  werden  fürstliche  Beamten, 
das  städtische  Gericht  wird  zum  fürstlichen  Landgericht,  der  städti- 
schen Finanzen  bemächtigt  sich  die  fürstliche  Kasse,  die  gewerb- 
lichen Zünfte  entarten  zu  fürstlichen  Polizeianstalten.  Ganz  be- 
sonders deutlich  zeigt  sich  dieser  Verfall  der  Städte  im  östlichen 
Teile  der  brandenburgisch-preußischen  Monarchie,  und  er  wird 
hier  gewissermaßen  gesetzlich  festgelegt  durch  die  Bestimmungen 
des  preußischen  Landrechtes.  Die  Folge  von  alledem  ist  die 
immer  zunehmende  Gleichgültigkeit  des  Bürgertums  dem  öifent- 
lichen  Leben  gegenüber,  die  dann  bei  dem  Sturz  Preußens  1806 
in  so  erschreckei^der  Weise  sichtbar  wurde. 


696  0.  Preuß,  D.  Entwickl.  d.  deutsch.  Slädt^w.,  tgz.  v.  0.  Genest. 

Das  vierte  Kapitel  stellt  die  Wiedergeburt  der  städtischen 
Selbstverwaltung  dar.  Naturlich  steht  hier  im  Hittelpuokte  die 
StSdteordnung  des  Freiherrn  von  Stein,  die  in  ihrer  Bedeutung 
nach  den  verschiedensten  Richtungen  hin  gewürdigt  wird.  Ihr 
enger  Zusammenhang  mit  den  Ideen  der  beginnenden  französischen 
Revolution  wird  aufgezeigt,  zugleich  wird  aber  auch  mit  beson* 
derem  Nachdruck  betont,  daß  die  St&dteordnung  ein  Torso  ist, 
insofern  die  zu  ihrer  Ergänzung  bestimmten  Gesetze  über  die 
Kreis-  und  Provinzialordnung,  sowie  über  die  Schaffung  von  Reichs* 
ständen,  die  Stein  plante,  infolge  seiner  schnellen  Entfernung  aus 
dem  Amte  nicht  zustande  gekommen  sind.  Immerhin  aber  be- 
deutet die  Städteordnung  so,  wie  sie  aus  den  Händen  Steins  und 
seiner  Mitarbeiter  hervorgegangen  ist,  eine  Wiederbelebung  der 
mittelalterlichen  Selbstverwaltung  mit  ihrer  korporativen  Organisation 
und  bildet  insofern  die  Keimzelle  des  modernen  preußischen 
Staates. 

Das  fönfte  Kapitel  endlich  beschäftigt  sich  mit  der  Entwicklung 
der  Städteverfassung  bis  zur  Gegenwart  Es  ist  hier  die  Rede 
von  der  Verkümmerung,  welche  das  Reformwerk  Steins  nach 
seiner  Amtsniederlegung  erfahren  hat,  aber  auch  von  der  Unmög- 
lichkeit, die  infolge  des  großen  wirtschaftlichen  Aufschwunges, 
den  Deutschland  besonders  in  der  zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts nahm,  mächtig  aufstrebenden  Städte  wieder  allzusehr  in 
ihrer  Entwicklung  zurückzuschrauben.  Trotzdem  bezeichnet  der 
Verfasser  die  Zeit  seit  der  Städteordnung  Steins  als  eine  wenig 
fruchtbare  für  die  Weiterbildung  der  städtischen  Selbstverwaltung. 
Übrigens  werden  in  diesem  Kapitel  auch  die  in  andern  deutschen 
Territorien  zur  Durchführung  gebrachten  Städteordnungen  be- 
sprochen und  mit  der  preußischen  und  den  verschiedenen  Ab- 
wandlungen, die  diese  im  Laufe  des  19.  Jahrhunderts  erfahren 
hat,  verglichen.  Schon  in  dem  vierten,  noch  mehr  aber  in  dem 
fünften  Kapitel  tritt  die  starke  Animosität  des  Verfassers  gegen 
den  preußischen  Staat  in  zahlreichen  Äußerungen  hervor,  die,  wie 
mir  scheint,  die  Ausgeburt  eines  sehr  starken  demokratischen 
Doktrinarismus  sind,  der  das  eigentümliche  Wesen  Preußens  und 
seine  Leistungen  nicht  richtig  zu  sehen  und  einzuschätzen  vermag. 
Denn  wenn  auch  vielleicht  zugegeben  werden  darf,  daß  der 
preußische  Staat  auf  dem  Gebiete  der  Städtepolitik,  um  diesen 
Ausdruck  der  Kürze  halber  zu  gebrauchen,  manches  versäumt  hat, 
so  ist  das  doch  kein  Grund,  ihm  bei  jeder  möglichen  Gelegenheit 
Vorwürfe  zu  machen,  als  ob  er  überhaupt  das  denkbar  schlechteste 
Staatswesen   der  Welt  und  ein  völlig  rückständiges  Gebilde  wäre. 

Aber  hiervon  abgesehen  ist  das  Buch  eine  treflfliche  Leistung 
aus  einem  Guß,  von  der  ersten  bis  zur  letzten  Seite  interessant 
und  in  einer  Sprache  geschrieben,  die  wir  leider  nicht  immer  in 
der  wissenschaftlichen  Literatur  &nden.  Der  Druck  ist  außer- 
ordentlich korrekt;  ich  habe  in  dem  ganzen  Buche  keinen  einzigen 


P.Sehafheitlii^y  Syntk«t..Geoiii.  d.  Kegelicba.,  aip'x.  v.  M.Ntth.  6Q7 

Druckfehler  geftmdeiL  Die  Ausstattang  macht  dem  Verlage  alle 
Ehre  and  der  Preis  ist  für  das  Gebotene  näfiig  zu  nennen.  Ich 
kann  das  Buch  den  Geschichtslebrern  an  unseren  höheren  Schulen 
zum  eifrigen  Studium,  aber  auch  andern  geschichtlich  Interessierten 
als  eine  sehr  fruchtbare  Lektüre  nur  auf  das  lebhafteste  emp- 
fehlen. 

Halles.  S.  Otto  Genest. 

1)  P.  Scii«f]i0itiio.   SyBthetisehe  Geometrie   der  Kegelschnitte, 

für  die  Prina  aöherer  LehranstalteD.  Leipzig  nod  Berlin  1907,  B.  G. 
Teabner.    VI  o.  92  S.    8.    geb.  1,80  JH* 

Nicht  in  „elementarsynthetischer  Behandlung^S  wie  einst 
W.  Erler  in  einer  ausgeteicbneten  kleinen  Arbeit  die  Kegelschnitts- 
lehre darlegte,  sondern  nach  der  Methode  der  Geometrie  der  Lage 
trägt  der  Verf.  seinen  Gegenstand  Tor.  Doch  nimmt  er,  wie  er 
in  der  Vorrede  schon  bemerkt,  einen  termittelnden  Standpunkt 
ein,  indem  er  die  projektiTen  Eigenschaften  der  Punktreihen  nnd 
Strahlenböschel  unter  fortwährender  Benutzung  von  Haßbexiehungen 
behandelt  Das  kleine  Buch  wird  gewiß  in  den  Händen  vieler 
Lehrer  sein,  die  dieses  Gebiet  su  pflegen  in  der  Lage  sind;  es 
wird,  Julius  Langes  synthetische  Geometrie  der  Kegelschnitte  ab- 
lösend, im  Verein  mit  R.  Bögers  Elementen  der  Geometrie  der  Lage 
und  K.  Döblemanns  Projektiver  Geometrie  in  synthetischer  Be- 
handlung die  Kenntnis  der  Disziplin  f5rdern.  Das  ist  ja  sicher, 
daß  sie  ganz  besonders  geeignet  ist,  dem  Übermaß  des  rechneri- 
schen Betriebes  in  der  Mathematik  auf  der  Oberstufe  unserer 
höheren  Schulen  zu  steuern,  und  nach  der  Erfahrung  des  Bericht- 
erstatters empGnden  die  Schuler  die  Abwechslung  als  eine  Wohl- 
tat und  kommen  dem  Gegenstand  mit  Interesse  entgegen.  Den 
sechs  Abschnitten,  in  denen  das  Buch  die  harmonischen  Gebilde 
und  den  Desarguesschen  Satz,  Projektive  Beziehungen,  die  ein- 
fachsten Eigenschaften  der  Kurven  zweiter  Ordnung,  die  einCaichsten 
Eigenschaften  der  BQschel  zweiter  Ordnung,  Involutionen  und 
Polarität  behandelt,  folgen  zwei  weitere  Kapitel,  Lehrsätze  und 
KonstruktioDsaufgaben  als  Obungsstoff  enthaltend.  Das  Ganze 
kann  also  zu  einem  Versuche,  die  Kegelschnittslehre  auf  diesem 
Wege  einzuföhren,  als  passendes  Hilfsmittel  wohl  empfohlen 
werden. 

2)  A.  Scbölke,   AnfgabensaniBlans   aus   der   Aritliaetik,    nebst 

Anwendnogen  anf  das  bürgerliche  Leben,  Geometrie  und 
Physik.  Teil  I:  Für  die  mittleren  Klassen  höherer  Schulen.  Leipzig 
1906,  B.  G.  Tevbner.  .  VIII  n.  194  S.    8.    seh.  VO  Jt. 

Der  Name  des  Verfassers  ist  in  der  mathematischen  Lehrer-* 
weit  wohl  bekannt  An  drei  Punkten  hat  er  ja  reformierend  in 
den  Unterrichtsbetrieb  einzugreifen  unternommen.  Seit  manchem 
lahr  kämpft  er  fOr  den  Gebrauch  vierstelliger  Logarithmentafeln 
und  fftr  die  Dezimalteilung  des  Winkels,   seit  einigen  Jahren  hat 


69S  .F.Po8JLe,  OhorBtttfe..d«r  Natarle)ir«^ 

er  in  einer  AufgabensammioDg,  zu  der  die  vorliegende  gewisser- 
maßen die  Einleitung  ist,  für  die  Bevorzugung  solcher  Angaben 
gewirkt,  die  die  Verhältnisse  des  realen  Lebens  zur  Grundlage  haben« 
endlich  gehört  er  zu  den  Lehrern,  die  den  offiziellen  Auftrag 
haben  zu  prüfen»  ob  die  Vorschläge,  durch  Einfähmng  und  Hervor- 
hebung der  funktionalen  Abhängigkeit  den  mathematischen  Unter- 
richt umzugestalten,  berechtigt  sind  oder  nicht.     . 

Den  beiden  letzten  Aufgaben  dient  auch  diese  neueste  seiner 
Veröffentlichungen.  Sie  ist  bestrebt,  von  Anfang  an  den  Funktions- 
begriff den  Schülern  geläufig  zu  machen,  indem  der  logische  Unter- 
schied von  identischen,  Bestimmungs-  und  Funktionsgleichungen 
hervorgehoben,  indem  die  anschauliche  geometrische  Bedeutung 
algebraisdier  Ausdrücke  gezeigt  und  der  Funktionsbegriff  auf  die 
Lösung  von  Gleichungen,  auf  Interpolation  und  zahhreiche  andere 
Verhältnisse  angewandt  wird.  Sie  behandelt  femer  in  besonderem 
Maße  die  Anwendungen,  indem  sie  die  Einkleidung,  die  sie  einem 
mathematischen  Gedanken  gibt,  auch  für  sich  anregend  und  be- 
deutend erscheinen  läßt.  Nicht  nur  aus  Physik  und  Geometrie, 
sondern  auch  aus  volkswirtschaftlichen  Verhältnissen  wird  der 
Stoff  zu  zahlreichen  Aufgaben  genommen. 

Aber  von  diesen  Eigenheiten  abgesehen,  bietet  das  Buch  aus- 
reichenden und  geeigneten  Stoff  für  die  Einübung  des  arithmeti- 
schen Lehrstoffs  der  Mittelstufe  und  hat  den  Vorzug,  daß  die 
Aufgaben  einfach  gehalten  sind  und  die  Überfülle  mechanischer 
Rechnung  glücklich  vermeiden,  die  so  oft  für  die  Schüler  einen 
Anlaß  des  Mißlingens  gibt 

Nordhausen  a.  Harz.  Max  Nath. 


Friedrich  Poske,  Oberstufe  der  Naturlehre  (Physik  nebst  AttroDonie 
nnd  mathematischer  Geosraphie).  Nach  A.  HSflers  Nttarlehre  für  die 
oberen  Klassen  der  österreichischen  Mittelschulen  bearbeitet  für  höhere 
Lehranstalten  des  Deutschen  Reiches.  Mit  442  z.  T.  farbigen  Ab- 
bildungen und  3  Tafeln.  Braonschweig  1907,  Priedr.  Vieweg  n.  Soho. 
XI  u.  S37  S.    8.    geb.  4  JtL. 

Der  „Unterstufe  der  Naturlehre",  die  wir  im  vergangenen 
Jahr  (LX.  Jahrg.  S.  158)  anzeigen  durften,  ist  nun  die  Oberstufe 
gefolgt,  und  es  liegt  somit  das  zweiteilige  Unterrichtswerk  des 
Verfassers  einheitlich  vollendet  vor.  Die  Unterstufe  hat  die  Auf- 
gabe, das  naive  physikalische  Denken  aUmählich  in  ein  wissen- 
schaftliches umzuwandeln.  Diese  Aufgabe  hat  der  Verf.,  das 
durften  wir  damals  sagen,  durch  seine  innerlich  lebendige  und 
doch  begrifflich  scharfe  Darstellung  in  mustergültiger  Weise  ge- 
löst. Die  Oberstufe  setzt  Schüler  von  höherer  wissenschaftlicher 
Reife  voraus,  sie  erfordert  daher  eine  anders  geartete  Kunst  der 
Wiedergabe,  aber  auch  hier  stehen  wir  nicht  an,  ^auszusprechen, 
daß  uns  der  Verf.  mit  einer  Lösung  dieses  schwierigen  Problems 
beschenkt  hat,  an  d^r  niemand,  der  sich  für  den  Fortschritt  des 


ao$ex.  von  £.  Goldbeck,  699 

physikalischen  Unterrichts  interessiert,  wird  achtlos  vorübergehen 
können. 

Die  Hauptfrage,  die  der  Verf.  sich  vorzulegen  hatte,  war  die, 
wie  denn  das  Buch  sich  zu  dem  lebendigen  Wort  des  Lehrers  zu 
stellen  habe.  Daß  Poske  kein  Buch  schreiben  wurde,  das  den 
physikalischen  Lehrstoff  in  lauter  etwa  gleich  groBe,  mehr  oder 
minder  geschmackvoll  dekorierte  Bissen  zerlegt,  die  vom  Lehrer 
fein  säuberlich  nacheinander  den  Schölern  zugeschoben  werden 
können,  war  von  vornherein  klar.  Immerhin  bleibt  eine  schwierige 
Fragestellung  zurück.  Wird  das  Buch  streng  methodisch  gehalten, 
so  kann  es  zwar  für  Lehrer,  die  nicht  die  Einsicht  und  Erfahrung- 
des  Verf.s  haben,  sehr  nützlich  werden,  aber  es  muß  notwendig, 
wenn  sich  die  eigene  Kraft  des  Lehrers  zu  regen  beginnt,  zu 
einer  hemmenden  Fessel  auswachsen.  Dies  aber  wünscht  der 
Verf.  offenbar  nicht  und  mit  ihm  viele  andere.  Nicht  zwei  Lehrer 
werden  methodisch  kongruenten  Unterricht  geben.  Schiebt  man 
andrerseits  die  freie  Lehrgestaltung  gänzlich  in  den  Vordergrund, 
so  wird  sich  die  systematische  Darstellung  empfehlen,  aber  sie 
wird  auf  die  Darbietung  eines  dürren,  toten  Repetitoriums  hin- 
dringen, das  sich  in  den  Händen  der  Schüler  als  ein  Skelett  aus- 
nimmt. Wie  alle  Fragen,  die  mit  dem  Leben  selbst  zu  tun  haben, 
gestattet  auch  diese  keine  extreme,  verstandesmäßige  Beantwortung. 
Den  Mittelweg  hat  die  Kunst  des  Verfassers  zu  finden.  Er  ist 
gegeben  dadurch,  daß  das  Grundlegende  im  Unterricht  der  selb- 
ständig durchdachte  und  geordnete  Vortrag  des  Lehrers  ist,  daß 
das  Buch  daher  systematischen  Charakter  trägt,  daß  aber  große 
methodische  Grundzüge  einfließen,  denen  der  Lehrer  am  besten 
tut  sich  willig  zu  fügen. 

Unter  diesem  Gesichtspunkt,  der  das  Buch  im  ganzen  be- 
herrscht, steht  nun  besonders  die  Mechanik.  Die  Mechanik  des 
Punktes  beginnt  mit  der  phoronomischen  Betrachtung  der  gleich- 
förmigen, der  gleichmäßig  beschleunigten,  der  gleichförmigen  Kreis- 
bewegung und  der  harmonischen  Bewegung.  Die  Analyse  dieser 
grundlegenden  Bewegungsarten  führt  dem  Schüler  die  Begriffe 
der  konstanten  und  veränderlichen  Geschwindigkeit  und  Be- 
schleunigung zu  und  gibt  ihm  damit  das  notwendige  und  hin- 
reichende Material  zu  einer  scharfen  Auffassung  der  Kraft  und 
der  Masse.  Hieran  schließen  sich  die  bis  dahin  mehr  implicite 
behandelten  Prinzipien  der  Mechanik,  die  auf  dieser  Stufe  ge- 
braucht werden,  und  das  nötige  Werkzeug  für  eine  Behandlung 
von  Problemen  der  Mechanik  des  Punktes  ist  beisammen.  Arbeit 
und  Energie  geben  dann  weitere  Ausblicke  auf  allgemeine  Zu- 
sammenhänge.  Erst  hiernach  wird  das  Wichtigste  aus  der  Mechanik 
starrer  Systeme  abgehandelt 

Diese  Anordnung  hebt  uns  glucklich  über  das  vielfach  noch 
vorhandene  Durcheinander  hinweg,  das  wir  in  vielen  Darstellungen 
der  Mechanik    antreffen,    und   das   bei    dem   grundlegenden    und 


700  P*  Poflke,  Oberstafe  der  Natarlekre,  t§s.  von  £.  Goldbeelu 

wissenschaftlich  so  fest  geschlossenen  Cbarakter  dieser  Disziplin 
doppelt  peinlich  anmutet.  Allerdings  war  es  eines  der  wesent* 
liebsten  Verdienste  des  Höflersehen  Buches,  als  dessen  Bearbeitung 
sich  das  vorliegende  darstellt,  ebenfalls  gerade  hier  dem  Bedärftiis 
nach  Einheitlichkeit  grundlich  entgegengekommen  zu  sein,  und  die 
Höflersche  Behandlung  hört  auch  nicht  auf,  trotz  alledem  sehr 
interessant  und  lehrreich  zu  sein.  Wir  möchten  aber  derjenigen 
Poskes  dennoch  den  Vorzug  geben,  da  sie  unter  Beibehaltung  des 
Besten  in  der  Methode  Höflers  doch  zu  größerer  Einfachheit  und 
Übersichtlichkeit  gelangt.  Ganz  hiervon  abgesehen  hat  auch  der 
^Bearbeiter  noch  in  vielen  Einzelheiten  eine  glückliche  Hand  auf- 
zuweisen. Wir  fahren  als  Beispiel  nur  die  kurzen,  aber  durch- 
schneidenden Bemerkungen  an,  in  denen  den  Ablieben  Unklar- 
heiten in  der  Behandlung  der  Zentrifugalkraft  ein  Ende  bereitet 
wird. 

Ebenfalls  ein  höchst  geschlossen  zusammenhängender  Abschnitt 
stellt  die  Elektrizitätslebre  dar.  Da  hier  von  vornherein  mit  dem 
absoluten  Maßsystem  gearbeitet  wird,  werden  sich  der  Benutzung 
in  Obersekunda  Schwierigkeiten  entgegenstellen.  Die  Anlage  des 
Buches  bat  dafür  gesorgt,  daß  diese  bei  gutem  Willen  nicht  un- 
überwindliche sind.  Immerhin  wäre  die  entschiedene  Stellung- 
nahme des  Verf.s  Anlaß  genug,  der  Frage  nahezutreten,  ob  nicht, 
wie  mehrfach  vorgeschlagen,  der  zweite  Teil  der  ElektrizitStslehre 
besser  in  das  zweite  Jahr  der  Prima  zu  verlegen  sei.  Wenn  diese 
Frage,  was  zu  wünschen  wäre,  bejaht  wird,  dann  stände  der  Dar- 
stellung der  Elektrizität,  wie  sie  P.  gibt,  natürlich  nichts  mehr 
im  Wege.    Sie  wäre  vielmehr  die  zur  Zeit  am  meisten  gebotene. 

Endlich  wollen  wir  aus  den  mannigfachen  Vorzügen  des 
Werkes  nur  noch  die  fein  und  sauber  gearbeitete  Astronomie 
hervorbeben.  Hier  sind  gewisse  historische  Verdeutlichungen  nach 
Kopernikus  und  Kepler  mit  erfreulicher  Sicherheit  und  Schönheit 
herausgehoben.  Diese  Hinweise  zeigen  überraschend,  welche  kernige 
Oberzeugungskraft  gut  ausgewählten  geschichtlichen  Momenten 
innewohnt. 

Die  Ausstattung  des  Buches,  besonders  die  schön  wieder- 
gegebenen Figuren  sind  rühmlich  anzuerkennen. 

Berlin.  Ernst  Goldbeck. 


EINGESANDTE  BÜCHER 
(B«8precliooc^  eiazelner  Werke  bleibt  rorbebalUo). 


1.  Meyers  Kleines  Konversations-LexikoD.  Siebeote,  gänz- 
lich nenbearbeitete  and  vermehrte  Anflage  in  sechs  Bänden.  Mehr  als 
130  000  Artikel  and  Nachweise  mit  etwa  520  BilderUfeln,  Karten  and 
Plänen  sowie  etwa  100  Textbeilagen.  Zweiter  Band:  Cambridge  bis 
Galizien.  Leipzig  and  Wien  1907|  Bibliographisches  Institut.  960  S. 
Lex.- 8.    geb.  12  JC. 

Die  Gediegenheit  der  einzelnen  Artikel  dieses  popolären,  aber  wissen- 
schaftlichoB  Werkes,  verbanden  mit  dem  billigen  Preise,  sichern  dem  Werke 
die  Anschaffang  in  weiteren  Kreisen.  Wohin  man  blickt,  ob  man  einen 
historischen  oder  geographischen  oder  volkswirtschaftlichen  Artikel  auf- 
schlägt, überall  tritt  oos  ein  reiches  Wissen  and  Belehrung  in  knappster 
Form  des  Aosdrucks  entgegen. 

2.  Zeitschrift  für  Lehrmittelwesen  and  pädagogische  Lite- 
ratur, herausgegeben  von  F.  Frisch.    Jahrg.  3,  Mr.  5  (S.  129—160). 

3.  Blatter  für  deutsche  Erziehung,  herausgegeben  von  Arthur 
Schulz.    Jahrg.  9,  Heft  4—5  (S.  49—80). 

4.  Die  Stimme,  Zentralblatt  für  Stimm-  und  Tonbildnng,  Gesang- 
Dnterricht  ood  Stimmhygiene,  herausgegeben  von  Th.  S.  Flataa,  K.  Gast 
and  A.  Gas  in  de.    Jahrg.  1,  Heft  7—8  (S.  193—256). 

5.  Bacherei  eines  deutschen  Lehrers.  Herausgegeben  von  den 
„Neaen  Bahnen*«.    Leipzig  1907,  R.  Volgtländers  Verlag.    96  S.     1,20.^. 

6.  K.  Rerp,  Die  firziehung  zur  Tat  zum  nationalen  Lebens- 
werk.    Bresiaa  1907,  Ferdinand  Hirt.     192  S.    2,50  w^. 

7.  H.  Bohostedt,  Zur  Strategie  and  Taktik  der  Schulauf- 
sicht.    Leipzig  1907,  R.  Voigtländers  Verlag.    79  S.    kl.  8.    1  JC. 

8.  Mitteilungen  des  Vereins  der  Freunde  des  hamanisti- 
sehen  Gymnasiums  (in  Wien).  Heraasgegeben  vom  Vereinsvorstande, 
redigiert  von  S.  Frankfurter.  Zweites  Heft.  Wien  und  Leipzig  1907,  Carl 
Fromme.     78  S.    0,85^. 

9.  P.  F5rster,  Anti-Roethe!  Eine  StreiUchrift.  An  die  Freunde 
des  Hamanistischen  Gymnasiums.  Leipzig  1907,  Teutonia -Verlag.  49  S. 
gr.  8.    0,60^. 

10.  Th.  Fachs,  Wie  mSBte  eine  Mittelsehale  beschaffen 
sein,  an  als  humanistische  Erziehungsanstalt  gelten  zu  kSnnen? 
Wien  1906.     16  S.     (S.-A.  aus  der  „Neuen  Freien  Presse".) 

11.  Th.  Fuchs,  Noch  einmal  unsere  Gymnasien.  Ein  Wort 
zor  Verständigung.     14  S. 

12.  G.  Herberich,  Entwurf  zn  einem  Lehrplan  für  die  Ober- 
realschole.  Nürnberg  und  Leipzig  1907,  U.  £.  Sobald.  52  S.  .mit  einer 
Tabelle.     1  M- 

13.  Der  Central-Aasschuß  für  die  Innere  Mission  der  deut- 
sehen evanKoIischen  Kirche.  Achtandvierzigster  Bericht  1906.  124  S. 
Berlin  SW.  61,  Johanniterstr.  6. 

14.  Christlieb-Fanths  Handbuch  der  evangelischen  Reli- 
gion s  lehre.  Zum  Gebraache  an  höheren  Schulen  nach  den  neuesten  Lehr- 
plänen völlig  umgearbeitet  von  R.  Peters.  Drittes  Heft:  Die  Kirchen- 
gesehichte.  Vierte  AuBage.  Leipzig  1907,  G.  FreyUg.  123  S.  gr.  8.  geb. 
1,60  JC. 

15.  W.  Herrmann,  Die  sittlichen  Weisungen  Jesu.  Ihr  Miß- 
branch  und  ihr  richtiger  Gebrauch.  Zweite  Auflage.  Gottingen  1907, 
Vandenhoeck  &  Ruprecht.    72  S.     1  JC. 


702  Biogestodte  Bücher. 

16.  £.  ZorhellöB-Pfleiderer,  Aogastios  BekeaDtaisfle.  Ge- 
kürzt und  verdeatscht  Zweite  Aaflage.  Güttiof^ea  1907,  Vanderhoeck 
&  Raprecht.    X  a.  146  S.     1,60  JL^  g^eb.  2  Jt. 

17.  Gnittv  Krüg^er,  Das  Papattom.  Seiae  Idee  aad  ihre 
Träger.  Tubiogeo  1907,  J.  C.  B.  Mohr  (Paal  Siebeck).  160  S.  1  JL^  kart. 
\y1X>Jty  feio  geb.  2^.  (Reiigioosgeachiehtliche  Voiksbacher.  IV.  Reihe. 
3./4.  Heft.  AboBBeotea  erhalten  hierzu  die  April-Mai-Nanner  des  Moaata- 
blittes  „Die  Religio o  io  Gesehichte  and  Gegenwart'*  anberechnet.) 

18.  Novam  Testamentam  Graece  et  Lalioe.  Edidit  F.  Brand- 
scheid.  Tertia  editio.  Pribargi  Brisgoviae  1906  snmptibas  Herder.  ParsI: 
Evaegelia.  XXIV  n.  652  S.  geb.  3,40  M^  Pars  D:  Apostolicam.  VIH  n. 
808  S.    geb.  3,60  JL, 

19.  F.  Ueberweg,  GrandriB  der  Geschichte  der  Philosophie. 
Teil  Ili:  Die  Pieozeit  bis  zam  Ende  des  achtzehnten  Jahrhanderts.  Zehnte, 
mit  einem  Philosophen-  and  Literatoren-Register  versehene  Anfinge,  be- 
arbeitet von  M.  Heinze.  Berlin  1907,  B.  S.  Mittler  und  Sohn.  VIII  n.  344  S. 
7,50  JL^  geb.  9  M^ 

20.  Die  Kaltur  der  Gegenwart,  ihre  Entwicklung  und  ihre  Ziele. 
Herausgegeben  von  P.  Hinueberg.  Leipzig,  B.  G.  Teubner.  Teil  I,  Ab- 
teilung 4:  Systematische  Philosophie,  von  W.  Dilthey,  A.  Riehl  u.a. 
Vin  u.  432  S.    Lex.-8.     10  Jt,  geb.  12  M- 

21.  0.  Behaghel,  Bewufites  und  Unbewufites  im  dichteri- 
schen Schaffen.    Leipzig  1907,  G.  Freyug.    48  S.    gr.  8.     1,20  w^. 

22.  J.  Strzygowski,  Die  bildende  Kunst.  Bin  Büchlein  für 
jedermann.  Leipzig  1907,  Quelle  &  Meyer.  XVI  u.  280  S.  4  Ji,  geb. 
4,80  Jt, 

23.  R.  Lippert,  Lehrbuch  der  deutschen  Sprache  für  Lehrer- 
bildungsanstalten. Mit  zahlreichen  Abbildungen  und  einer  Karte  der  deut- 
schen Mundarten.  Zweite  Auflage.  Leipzig  1907,  G.  Frey  tag.  Teil  l:  144  S. 
gr.  8.    geb.  2  Jt^    Teil  II:  109  S.    gr.  8.    geb.  1,80  JC^ 

24.  H.  Leonhard,  Der  deutsehe  Aufsatz  auf  der  Mittelstufe. 
Ans  der  Praxis  für  die  Praxis.  Zweite  Auflage.  Leipzig  1907,  W.  Weicher. 
72  S.     kart.  1,25  JL. 

25.  F.  Saran,  Deutsche  Verslehre.  München  1907,  C.  H.  Beck'sche 
Verlagsbuchhandlung  (Oskar  Beck).  XV  u.  355  S.  Lex.-8.  7  M,  geb.  8  Jt- 
(Handbuch  des  deutschen  Unterrichts  an  höheren  Schulen,  herausgegeben  von 
A.  Matthias  III  3.) 

26.  K.  Tumlirz,  Poetik.  Teil  I:  Die  Sprache  der  Dichtkunst  Der 
Lehre  von  den  Tropen  und  Figuren  desselben  Verfassers  fünfte  erweiterte 
Anflage.  Wien,  F.  Terapsky;  Leipzig,  G.  Freytag  1907.  150  S.  gr.  8.  geb. 
2,20  Jt. 

27.  Schultz-Matthias,  Meditationen.  Entwürfe  zu  deutschen 
Aufsätzen  und  Vorträgen.  Dresden  1907,  L.  Ehlermann.  12.  Heft:  Medi- 
tationen. 96  S.  8.  13.  Heft:  Grundlagen  und  Ausfiihrnngen  zum  12.  Heft 
104  S.  8.  Beide  Hefte  herausgegeben  und  zusammengestellt  von  Theodor 
Matthias. 

28.  W.  Bangert,  Fibel  für  den  ersten  Sprach-,  Lese-  uod  Schreib- 
unterriebt  nach  den  Grundsätzen  der  Phonetik  bearbeitet  Mit  35  Original- 
zeichouogen  von  £.  J.  Müller.  Vierzehnte  Auflage.  Ausgabe  B  in  preufii- 
scher  Normalschrift.  Frankfurt  a.  M.  1907,  Moritz  Diesterweg.  IV  u.  120  S. 
geb.  1  «4^. 

29.  H.  Spieß,  Prosalesebach  für  Obersekunda.  Zweite  Anf- 
inge. Dresden  1907,  L.  Ehlermann.  XH  u.  201  S.  geb.  ^  JU  -—  Prosalese- 
bach rdr  Prima.     Zweite  Anflage.    Ebenda  1907.    VHI  u.  392  S.    geb.  4  JL. 

30.  Die  ausländischen  Klassiker,  erläutert  und  gewürdigt  von 
P.  Hau  und  H.  Wolf.     Leipzig  1907,  Heinrich  Bredt 

a)  Nr.  7.  Aeschylus'  Prometheus -TrIlogie  übersetzt  von 
Donner,  neubearbeitet  and  mit  Erlänterungeo  versehen  von  H.  Wolf. 
112  S.     \Jt. 


Bingestnifte  Bächer.  703 

b)  Nr.8.  Boripides' Madea  abars«txtvoD  Dotaer,  oenbaarbeitet 
uod  mit  ErlänteniBfeB  versehen  voa  H.  Wolf.    109  S.     1,25  M- 

31.  Oeatsehe  SchaUasgabeo.     Leipiig  1907,  B.  G.  Teabaer. 

a)  Goethe,    Torquato    Tasso,   heraosgegebeo  voa  G.'Frick. 
120  S.    e^eb.  0,80  ^. 

b)  Sophokles'    Aotigoae,    übersetzt    voa    J.  Geffekea    ond 
J.  SchsUs.    43  S.    geb.  0,60  w^ 

32.  Goethe,  Hermaan  aad  Dorothea,  beraasgegebeo  voa 
A.  Haoffea.    Dritte  Auflage.    Leipzig  1907,  G.  FreyUg.     112  S.    0,60  .4^. 

33.  Grillparxers  Sappho,  erlfiatert  aad  gewürdigt  voa  R.  Jahake. 
Leipzig  1907,  Heinrieh  Bredt.    VIl  n.  107  S.     1,20  JL, 

34.  Brast  voa  Wildeabraeh,  Die  Qaitzows.  Volksansgabe. 
BerUa  1907,  G.  Groteseha  Verlagsbochhaadlaag.     188  8.    1  JL. 

35.  A.  KSster,  Gottfried  Keller.  Siebao  Voriesaagea.  Zweite 
Auflage.     Leipzig  1907,  B.  G.  Teubaer.     160  S.    eleg.  geb.  3,20  M* 

36.  K.  Ridderhoff,  Sophie  von  La  Roche  nad  Wielaad.  Zam 
boader^lUirigea  Todestage  der  Diehteria  (18.  Febmar  1807).  Progr.  Johaanenm 
Hanborg  1907.    42  S.    gr.  8. 

37.  P.  Gaaer,  Palaastra  vitae.  Das  Altertum  als  Qaelle  prakti- 
seher  Geistesbildung.  Zweite  Auflage.  Berlin  1907,  Weldmanosehe  Buch- 
biadlnag.    XI  o.  170  S.    geb.  3,60  JL- 

38.  Harvard  Studios  ia  Classieal  Pbilology.  Volume  XVII 
(1906).    Leipzig,  0.  Harrasowitz.     185  S.    geb.  6,50  M. 

39.  M.  Schanz,  Geschichte  der  rSmisehea  Literatur  bis  zum 
Gesetzgebuogswerk  des  Kaisers  Jostioiaa.  Teil  I:  Die  rSmisehe  Literatur 
ia  der  Zeit  der  Republik,  1.  BMlfte:  Voa  den  Apfüagen  der  Literatur  bis 
zam  Ausgaag  des  Buadesgeaossenkrieges.  Dritte,  gaaz  umgearbeitete  und 
stark  vermehrte  Auflage  mit  alphabetischem  Register.  Müachea  1907,  C.  H. 
Beck'sche  Verlagsbuchhaadlnag  (Oskar  Beck).  362  S.  Lex.- 8.  IJC^  ia 
Hilbfr.  geb.  8,80  ^. 

40.  B.  C.  Boaduraat,  Decimus  Junius  Brutus  Albinns.  A  histo- 
rieal  Study.     Dias.  Chicago  1907.     113  S.    gr.  8. 

41.  Gnrtius-v.  Hartel,  Griechische  Schulgrammatik,  be- 
arbeitet von  F.  Wei gel.  Sechsuodzwaazigste  Auflage.  Wien  1907,  F.  Tempsky. 
299  S.    gr.  8.    2/60  A,  geb.  8  i?  10  A. 

42.  F.  Weigel,  Rurzgefafite  grieehische  Schulgrammatik, 
Bseh  Cartius-v.  Harleis  Schulgrammatik  bearbeitet  Wien  1907,  F.  Tempsky. 
162  S.    gr.  8.    2  K^  geb.  2  iST  50  A. 

\  '  43.  A.  Przygode  und  B.  Bngelmaan,  Griechischer  Anfangs- 
ooterricht  im  Aoschlufi  aa  Xeaophons  Anabasis.  Teil  1.  Zweite 
Auflege.    Berlin  1907,  F.  A.  Herbig.    VIII  u.  176  S.    geb.  3  JC. 

44.  B.  WeiBeabora,  Aufgabensammlung  zum  Obersetzen  ins 
Griechische  im  Anschluß  an  die  Lektüre  für  Obersekunda  und  Prima. 
Zweite  Auflage.     Leipzig  1906,  B.  G.  Teubuer.    VIII  u.  226  S.    geb.  2,60  JC. 

45.  W.  Suckow's  Griechische  Schreibvorschrifteo  als  erste 
Stufe  des  griechischen  Uaterrichts.  Fünfzehnte  Auflage.  Breslau,  E.  Morgeo- 
stera.    24  S.    Quer-4.     0,35  JC. 

46.  Breslauer  philologische  Abhaadlungen,  herausgegeben  von 
R.  Forster.  Baad  IX,  Heft  4:  W.  Feisch,  Quibus  artifieiis  adhibitis 
poetae  tragici  Graeei  uaitates  illas  et  temporis  et  loci  observa- 
veriot.    Breslau  1907,  M.  4-  H.  Marcus.    84  S.    gr.  8.    3  JC. 

47.  0.  Schroeder,  Aeschyli  caatiea.  Leipzig  1907,  B.  G. Teubaer. 
Vm  n.  120  S.    kl.  8.    2,40  JC. 

48.  Sophokles,  erklärt  von  F.W.  Schoeidewin  und  A.  Nauck. 
Siebeates  Bandcheo:  Philoktetes,  10.  Auflage  von  L.  Radermacher. 
Berlia  1907,  Weidmaaasche  Boehhandlnog.    IV  u.  154  S.     1,80  Jt. 

49.  Augost  Rahm,  Ober  dea  Znsammenhang  zwischen  Chor- 
liedern und  Haadluag  ia  dea  erhaltenen  Dramen  des  Sophokles 
(aad  Baripides).    Progr.  Sondershansen  1907,  F.  A.  Bupel.    90  S. 


704  EiDgeiand'te  Bfiekcr. 

50.  0.  Apalt,  Der  Wert  dee  Lelöo«  oaeh  ?UtoD.  GSttingeB 
1907,  Vaadenhoeck  &  Ruprecht  31  S.  gr,  8.  0,80  JC.  ($.*A.  aas  y^Ab- 
handlaBgeo  der  Pries'aoheo  Sehale'*  2.  Band.) 

51.  A.  A.  Bryanl,  fioyhood  and  Yontli  in  the  daya  of  Aristo- 
phanes.  59  S.  (S.-A.  aoa  Harvard  Stndiea  in  Gaasicai  Philolo^y 
Vol.  XVffl,  1907.) 

52.  M.  Th.  Colardean,  Restitntioa  d'na  paeeage  de  Lveiea 
(Hernot.  63).  10  8.  (S.-A.  aas  Anoalea  de  l'nniTersit^  da  Grenoble  XVIII 
Nr.  3.) 

53.  W.Ule,  Alfred  Kirehhoff.  Ein  Lebensbild.  Mit  einem  Bildnis. 
Halle  a.  S.  1907,  Bachbandlnog  des  Waisenhauses.    30  S.    0,50  JC. 

54.  H.  Heiose,  Die  Mark  Brandenburg^.  Mit  30  Abbildungen  und 
Skizzen,  1  KartenbeUage.  Zweite  Auflage.  Berlin  und  Stuttgart,  W.  Speaann. 
151  S.  geb.  (Landeskunde  Preußens,  herausgegeben  von  A.  B  euer  Bann, 
Heft  7.) 

55.  Th.  Jiewest  (Haan  Goldzier),  Einige  Weltprobleme.  Teil  V: 
Erdendämmerung.  Vergangene  und  künftige  Katastrophen.  Wien  1907,  Ver- 
lags buehhand  long  Garl  Konegen.     133  S.    2,50  JC' 

56.  H.  Zimmer,  Randglossen  eines  Keltiaten  zum  Schal- 
streik in  Posen-WestpreuBen  und  zur  Ostmarkenfrage.  Berlin 
1907.  Weidmannsche  Buchhandluag.     124  S.     1,40  JC- 

57.  A.  Wagner,  Der  neue  Kurs  in  der  Biologie.  Allgemeine 
Erörteroogen  zur  prinzipiellen  Rechtfertigung  der  Lamarokachen  BntwicklBB^s« 
lehre.  Stuttgart  1907;  Kosmos,  Gesellschaft  der  Naturfreunde.  Geschnfts- 
stelle:  Franckh'sehe  Verlagshandlung.    96  S.     1,80,;^. 

58.  Wissensohaftliehe  Beilagen  zum  Jahresberichte  höherer  Lehranstalten 
in  Berlin.    Berlin  1907,  Weidmannsehe  Buchhandlung.    Je  1  Jt. 

a)  Tr.  Heinrich,  Zur  Aussprache  der  Stofilaute  in  der  neu* 
hochdeutschen  Schriftsprache.  Ein  Beitrag  zur  Auaspraeh« 
frage.    35  S.    4. 

b)  G.  Ulrich,  Der  Begriff  des  Raumes.    33  S.    4. 

c)  G.  Rolle,  Der  Gesang  Unterricht  in  den  höheren  Sehulea 
Preufiens.    28  S.    4. 

d)  F.  Johannesson,  Betrachtungen  über  Jngendlektare  und 
Schülerbibliothekeo.    27  S.    i. 

e)  F.  Luft,  Ober  die  Verletzbarkeit  der  Ehre  in  der  altfran- 
sSsischea  Chanson  de  Geste,  I.  Teil.    26  S.    4. 

f)  R.  Biedermann,  Zur  Morphologie  des  französischen  Verbs» 
speziell  der  unregelmäBigen  Verba.     19  S.    4. 

59.  Aus  Natur  und  Geistesweit.  Leipzig  1906/07,  B.  G.  Teubner. 
Jedes  Bündchen  geb.  1,25  JC. 

a)  Nr.  51.  G.  Witkowski,  Das  deutsche  Drama  des  19.  Jahr- 
hunderts in  seiner  Entwicklung  dargestellt.  Mit  einem  Bildnis  Hebbels. 
Zweite  Auflage.    IV  u.  172  S. 

b)  Nr.  139.  0.  Maas,  Lebensbedingungen  und  Verbreitung  der 
Tiere.     Mit  Karten  und  Abbildungen.    V  u.  138  S. 

c)0.  Külpe,  Immanuel  Kant  Darstellung  und  Würdigung.  Mit 
einem  Bildnisse  Kants.    Vm  u.  152  S. 

d)  E,  Daenell,  Geschichte  der  Vereinigten  Staaten  von 
Amerika.     VI  u.  170  S. 

e)  F.  Rnauer,  Zwiegestalt  der  Geschlechter  in  der  Tierwelt 
(Dimorphismus).    Mit  37  Abbildungen.    IV  u.  126  S. 


ERSTE  ABTEILUNG. 


ABHANDLUNGEN. 


Gips  und  Natur. 

Der  „'I'^g"}  <l6r  sonst  mit  gewisser  Vorliebe  den  höheren 
Schulen  am  Zeuge  flickt  und  vor  allem  revolutionären  Sturmern 
und  Drängern  das  Wort  gibt,  brachte  am  13.  Februar  d.  J.  eine 
höchst  erfreuliche  und  beachtenswerte  Betrachtung  über  eine  nicht 
minder  erfreuliche  Erscheinung  unseres  Schullebens.  Der  Aufsatz 
ist  „Eine  Erlösung'*  überschrieben  und  hebt  also  an  mit  einer 
Schilderung  der  Vergangenheit,  die  wir  Älteren  im  wesenllichen 
werden  bestätigen  müssen:  ,, Zeichnen  —  ein  Nebenfach.  Stumpf- 
sinnig saßen  wir  vor  unseren  Würfeln  und  Kegeln  aus  Holz,  den 
Akanthusblätlern  aus  Gips,  den  geometrischen  Sternen  und 
Kreisen.  Akkurat,  gleichmäßig  schraffiert,  gezirkelte  Schatten, 
perspektivische  Hilfslinien . . .  Herrgott,  was  für  Langeweile  be- 
scherte uns  dieser  Zeichenunterricht;  das  Gescheiteste  war,  man 
machte  unter  der  Bank  die  Schularbeiten.  So  wuchsen  wir  heran, 
mit  intellektuellem  Kleinkram  überfüttert,  blind,  als  wären  wir 
verkrüppelt  geboren.  Und  erst  spät,  ach  gar  spät  kam  eines  Tages 
das  Erwacben'^ 

Von  dem  düsteren  Bilde  aus  der  Vergangenheit  hebt  sich 
desto  lichter  das  Bild  aus  der  Gegenwart  ab: 

„Zeichnen  —  ein  Hauptfach.  Nicht  des  Sinnes,  daß  ein 
Fünfer  das  P^xamen  gefährdete.  Vielmehr  also:  man  hat  begriffen, 
daß  die  Erweckung  und  Entwicklung  des  Auges  eine  der  Dressur 
des  Hirnes  ebenbürtige  Kulturforderung  ist . .  Es  war  ein  zähes 
Kämpfen.  Die  allgemeine  optische  Renaissance  sicherte  schließlich 
den  Sieg;  es  sollte  ein  glänzender  Sieg  werden". 

Diese  Betrachtung  knüpft  an  die  Ausstellung  an,  welche  von 
dem  Landesverein  preußischer  Zeichenlehrer  im  Lichlhofe  des 
Kunstgewerbe-Museums  zu  Berlin  veranstaltet  wurde.  Wie  ich 
anderweitig  las,  beteiligten  sich  60  höhere  Knaben-  und  Mädchen- 
schulen mit  11000  Zeichnungen,  aus  denen  3500  ausgewählt 
wurden. 

Z«itaehr.  f.  d.  GyanM^AlwcMn.    LXL    lOi  45 


706  Gips  «od  Nator^ 

„Es  ist  herrliches  sagt  unser  Berichterstatter  im  „Tag'',  ««wie 
unserer  Jugend  die  Augen  aufgegangen  sind!  Die  Natur  war 
der  Zauberstab.  Seid  gegrüßt:  Schmetterlinge,  Höhnerfedern, 
kupferne  Kessel,  Bierflaschen  —  seid  gepriesen,  ihr  scheuchtet  die 
gipserne  Finsternis.  Herrlich,  herrlich!  Nun  zeichnen  sie  ihre 
Mütze  und  ihre  Schulmappe,  den  Hausflur,  den  Hof;  jetzt  schauen 
sie  aus  dem  Fenster  des  Zeichensaales  heraus  (aus  dem  Fenster 
heraus !)  und  versuchen,  das  Treiben  der  Straße  festzuhalten  . . . 
die  stereotype  Schablone  ist  verschwunden.  Die  Augen  unserer 
Jugend  sind  erlöst.  Welch  unermeßlicher  Reichtum  lag  hier  ver- 
schüttet! Wie  farbig  diese  Quartaner  sehen,  wie  richtig  das  StofT- 
liche  der  Blumenblfitter  und  der  Rhythmus  eines  Zweiges  gefühlt 
wurde!  Und  das  sind  nicht  etwa  Wunderkinder;  diese  Blätter 
sind  nichts  weniger  als  heraufgepäppelte  Kunstwerke.  Es  sind 
Durchschnittsarbeiten,  von  Kindern  gesehen  und  gemacht  Wohl 
spürt  man  die  weisende  Hand  des  Lehrers,  aber  nichts  von 
Drill". 

Wer,  wie  ich  —  seit  Jahrzehnten  —  nicht  nur  die  Geschichte 
des  Natursinnes  der  Vergangenheit  darzustellen,  sondern  auch  auf 
die  Erweckung  und  Pflege  des  Natursinnes  bei  der  Jugend  in  der 
Gegenwart  hinzuwirken  suchte,  der  begrüßte  diese  Renaissance 
des  Zeichenunterrichts  mit  Freuden.  Und  wer  unter  uns  Direktoren 
empfände  es  nicht  wie  eine  Erfrischung  und  Erholung,  wenn  er 
jetzt  in  den  Zeichensaal  tritt,  wo  mit  wahrer  Lust  und  Liebe  ge- 
schafl*!,  ja  geschaffen  wird?  Der  alte  Zeichenlehrer,  der  hier  von 
1873 — 1905  den  Unterricht  gab,  ward  wieder  jung  mit  der  neuen 
Methode.  Welche  Freude  war^s,  den  alten  Graubart  inmitten  der 
Knaben  zu  sehen,  wie  er  sie  auf  alle  die  kleinen  Zaubermittelchen 
der  Farben  und  der  Beleuchtung  hinwies,  mit  denen  die  Allmutter 
Natur  zu  wirken  weiß,  wenn  man  nur  zu  sehen  versteht!  Da  er- 
zählte er  mir,  wie  er  zwanzig  Jahre  früher  es  ähnlich  wie  heute 
gemacht  habe;  aber  bei  einer  Revision  sei  ihm  eröfi'net  worden, 
das  ginge  über  die  Forderungen  der  Schule  hinaus,  und  so  mußte 
er  die  Naturformen  hinwegtun  Und  die  Gipsformen  vom 
Boden  herunterholen.  Mit  welcher  Genugtuung  schaffte  er  diese 
vor  ein  paar  Jahren  wieder  in  das  Verlies,  wo  sie  hingehörten! 
Freilich  fügte  er  mit  ironischem  Lächeln  hinzu:  Ob  ich  das  noch 
erlebe,  daß  sie  wieder  zu  neuem  Leben  erstehen?  —  Freudig 
und  jugendlich  elastisch  verkündete  er  der  Jugend  das  Evangelium 
vom  Sehen,  und  oftmals  ließ  er  mich  in  den  Zeichensaal  rufen, 
ich  solle  doch  mich  wieder  mitfreuen,  und  oftmals  schickte  er 
mir  Buben  mit  prachtvollen  Illustrationen  su  Gedichten  und  mit 
wohlgelungenen  Zeichnungen,  die  sie  von  den  Gängen  oder  dem  Hofe 
angefertigt  hatten,  in  mein  Amtszimmer.  Jetzt  ruht  er  in  Frieden, 
am  Herzen  der  vielgeliebten  Natur.  Aber  die  Jugend  dankt  es  ihm, 
was  er  ihr  gewesen  für  alle  Zeit.  —  Hätten  wir  es  doch  ttuber 
auch   so   haben    können,   dann   wären  uns  aUch  die  Stunden  im 


Ton  A.  Biese.  707 

Fluge  dahingegangen«  und  wir  hätten  die  Pausen  auch  am  liebsten 
ununterbrochen  durchgearbeitet! 

Doch  wenn  jetzt  ein  so  frischer  Zug  durch  die  Zeichensäle 
webt,  wenn  Lust  und  Liebe  dort  die  Fittiche  zu  —  Taten  sind, 
dann  liegt  es  nahe  zu  fragen,  ob  nicht  an  anderen  Enden  und 
Ecken  auch  Gips  genug  vorhanden  ist,  der  nur  der  Beseitigung 
durch  Natur  harrt. 

Der  Gegensatz  gibt  viel  zu  denken  und  fordert  zur  Selbst- 
einkebr  und  Prüfung  auf. 

Gibt  es  nicht  immer  unter  uns  Schulmeistern  gipserne  Seelen, 
verknöcherte  Geister,  starre,  straffe,  strenge  Gestalten,  die  sich  in 
ihrer  Geradlinigkeit  ausnehmen,  als  ob  sie  eine  Elle  verschluckt 
hätten,  die  allewege  eine  Maske  tragen  und  keinen  Blick  in  ihr 
wahres  Gesicht,  in  ihr  Inneres  verstatten,  die  der  Jugend  nicht 
Brot,  sondern  Steine  bieten,  weil  ihr  Herz  von  —  Gips  ist?  — 
Lebendigkeit,  Freudigkeit  und  gesunde,  frische  Natörlichkeit  sind 
die  Feinde  alles  Gipsernen:  des  Öden  Paukens  und  Drillens,  das 
der  Schablone  und  dem  Schema  folgt,  das  Begriffe  ohne  An- 
schauung, Regeln  ohne  konkrete  Beispiele,  Namen  ohne  Inhalt 
bietet 

So  will  es  mir  als  Freund  der  Lyrik  auch  als  „gipsern*'  er- 
scheinen, wenn  man  unablässig  von  alcäischen  und  sapphischen 
und  asklepiadeischen  und  archilochischen  Versmaßen  bei  Horaz 
spricht  und  liest,  wie  er  Alcäus  und  Sappho  und  Pindar  usw. 
rühmt  als  unerreichbare  Vorbilder,  und  wenn  man  dann  doch  die 
griechischen  Lyriker  fem  hält,  wenn  man  Hör.  Epist.  I  4  die  feine 
Charakteristik  des  Tibull  behandelt  und  diesen  eine  unbekannte 
Größe  bleiben  läßt,  wenn  man  den  Schein  erweckt,  als  hätte  Rom 
nur  den  einen  Lyriker,  Horaz,  hervorgebracht  und  des  weit 
genialeren  Catullns'  Liederbuch  nicht  kennen  und  lieben  lehrt, 
wenn  man  Ovid  nur  als  Metamorphosenverfasser  der  Jugend 
vorstellt  und  nicht  auch  in  seiner  so  tief  persönlichen,  tief  mensch- 
lich röhrenden  Seite,  die  sich  in  den  Tristien  und  den  Briefen 
von  dem  Pontus  kundtut. 

Es  gehört  in  das  Gebiet  des  *  Gipsernen',  wenn  man  die  Lehr- 
pläne als  starre  Buchatabenformel  auffaßt  und  nur  in  den  aus- 
gefahrensten  Geleisen  sich  bewegt,  wenn  man  die  Freiheit  nicht 
wirken  läßt,  deren  kräftiger  Hauch  jetzt  gerade  von  oben  her,  von 
dem  vielgeschmähten  „grünen''  Tisch  her  weht  —  wie  ein  viel- 
verheißendes Fruhlingswipfelrauschen  — ,  wenn  man  die  freie  Be- 
wegung z.  B.  in  der  Auswahl  der  Lektüre  und  womöglich  auch 
in  der  Verschiebung  der  Unterrichtsfächer  in  Prima  zu  größerer 
Vertiefung  des  einen  im  Vergleich  zu  dem  anderen  nicht  ausnutzt, 
zum  Heile  der  Jugend,  zu  ihrer  fortwirkenden  Freude  an  dem, 
was  die  Schule  ihr  bot. 

Wird  nicht  immer  noch  gar  viel  Literaturgeschichte  ohne 
Literatur,  Kunstgeschichte  ohne  Kunst,  Antiquitätenkram  ohne  An- 

4ö* 


708  Das  Diktat  im  fraBiöiischen  Unterricht, 

scbauung,  ohne  Anschluß  an  das  Bedörfnis  der  einzelnen  Stunden 
oder  gar  an  das  Leben  selbst  getrieben? 

Der  'Gipserne'  ist  ein  starrer,  strenger  Gast,  der  kann  sich 
nicht  so  rasch  und  leicht  in  Fleisch  und  Blut  verwandeln.  Aber 
sollte  es  nicht,  wie  im  Zeichenunterricht,  auch  überall  sonst,  wo 
er  sich  zeigt,  möglich  sein,  ihn  zu  beseitigen,  unter  dem  Sieges- 
banner 'Natur'?  Er  ist  freilich  ein  Bruder  des  'Papierenen',  den 
uns  Otto  Schroeder  so  köstlich  charakterisiert  hat.  Verfolgen  wir 
daher  unablässig  die  bösen  Schliche  dieser  elenden  Gesellen, 
schlagen  wir  sie,  wo  immer  wir  sie  finden,  aufs  Haupt!  Dann 
werden  bei  der  Jugend  Lust  und  Liebe  sich  mit  der  Pflichtarbeit 
verbinden.     Und  nur  darauf  liegt  bleibender  Segen. 

Neuwied  am  Rhein.  Alfred  Biese« 


Das  Diktat  im  französischen  Unterricht 

Den  französischen  Rechtschreibubungen  wird  im  allgemeinen 
auf  unseren  höheren  Schulen  nicht  die  Bedeutung  beigelegt,  die 
sie  verdienen.  Die  preußischen  Lehrpläne  verlangen  sie  ausdrück- 
lich bis  Obertertia  einschliefilich,  und  in  den  methodischen  Be- 
merkungen wird  empfohlen,  sie  schon  früh  mit  anderen  schrift- 
lichen Übungen  abwechseln  zu  lassen.  Wenn  nun  auch  wohl  an- 
zunehmen ist,  daß  die  Fachlehrer  sich  in  der  Regel  nach  diesen 
Bestimmungen  richten,  so  glaube  ich  doch  behaupten  zu  dürfen, 
daß  diese  Diktate  vielfach  als  Nebensache  betrachtet  and  den  so- 
genannten Extemporalien  keineswegs  gleich  geachtet  werden,  weder 
als  Bilduogs-  noch  als  Prüfungsmittel.  Das  erklärt  sich  aus  dem 
Unistande,  daß  sie  meist  nicht  systematisch  betrieben  werden,  und 
darum  möchte  ich  im  folgenden  versuchen,  zu  zeigen,  in  welcher 
Weise  sie  für  den  französischen  Unterricht  wirklich  nutzbar  ge- 
macht werden  können. 

Als  Vorübung  für  die  Diktate  ist  für  den  Anfang  das  Ab- 
schreiben der  französischen  Vokabeln  und  Sätze  des  Obungsbuchs 
als  häusliche  Arbeit  zu  empfehlen,  womöglich  in  ein  besonderes 
Heft,  da  das  Abgeschriebene  selbstverständlich,  wie  jede  schrift- 
liche Arbeit  des  Schülers,  vom  Lehrer  nachgesehen  werden  muß. 
In  der  Klasse  folge  dann  das  Anschreiben  der  Sätze  an  die  Tafel, 
vielleicht  im  Anschluß  an  französische  Fragen  oder  Retroversion, 
ein  Verfahren,  das  mindestens  im  ersten,  tunlichst  aber  auch  im 
zweiten  Schuljahre  regelmäßig  geübt  werden  sollte,  und  das  auch 
nicht  viel  Zeit  beansprucht,  wenn  man  es  geschickt  einrichtet 
Allmählich  kann  der  Lehrer  den  französischen  Text  mehr  und 
mehr  umformen  oder  von  Schülern  umformen  lassen  oder  aus 
dem  gelernten  Wortstofl*  neue  Sätze  zu  Diktaten  bilden.  Beim 
Diktieren  ist  —  von  lauter,  deutlicher,  richtiger  Aussprache  ganz 


To«  W.  SehmiiaDD.  709 

abgesehen  —  streng  auf  die  Bindung  grammatisch  zusammen- 
gehöriger Satzteile  zu  achten,  und  zwar  nicht  nur  auf  die  der  an 
und  für  sich  stummen  Endkonsonanten,  sondern  auch  der  lautenden, 
sowie  der  Vokale.  Wenn  diese  Forderung  auch  fQr  die  Konversation 
nicht  angebracht  ist,  so  scheint  es  mir  doch,  daB  wir  sie  beim 
Diktat  stellen  müssen.  Denn  einerseits  machen  es  die  französi- 
schen Lehrer  in  ihren  Schulen  ebenso,  andererseits  werden  Ohr 
und  Verstand  dadurch  besonders  angestrengt. 

Mit  der  Zeit  werden  sich  nun  neben  die  mehr  oder  weniger 
reproduzierenden  Diktate  die  systematischen  stellen,  die  zum  großen 
Teil  auf  der  Homonymik  basieren,  wenn  ich  mich  dieses  Aus- 
drucks bedienen  darf.  Zunächst  kommt  dabei  die  Grammatik  in 
Betracht,  und  hier  wieder  ift  erster  Linie  die  Formenlehre  mit 
ihren  vielen  stummen  und  gleichlautenden  Endungen.  Hierher 
gehört  der  Gleichklang  des  Singulars  und  Plurals,  der  Plurale  auf 
aux  und  eauz,  oux  und  ous  (eux  und  eus),  die  Motion  der  Sub- 
stantiva  (ami,  amie)  und  Adjektiva  (vrai,  vraie;  eher,  chire;  public, 
publique  (grecque);  fol,  folle;  discrete,  muette;  divote,  sötte; 
secbe,  frafche  usw.),  die  gleichlautenden  Verbalformen  der  ver- 
schiedenen Konjugationen  (donne,  donnes,  donnent  —  donfner, 
donne,  donnez,  donnai;  finis,  finit,  finlt,  fini  usw.),  der  Hilfszeit- 
wörter und  der  anderen  unregelmäßigen  Verben,  die  orthographi- 
schen Eigentümlichkeiten  bei  den  Verben  auf  cer  und  cevoir,  auf 
ger,  oyer,  uyer  (ayer),  nebst  fuir,  voir,  croire,  auf  eler  und  eter 
nebst  mener,  semer,  lever,  peser  u.  a.,  vaincre  nicht  zu  vergessen, 
Unterschiede,  wie  je  crois  und  je  crols,  meus  und  penx,  tait  und 
plait,  pu  und  du,  mü  und  mue  (mus),  crü  und  accra;  vends, 
perds,  mouds  und  crains,  feins,  joins,  absous,  die  Partizipien  auf 
i,  is,  it,  die  Infinitive  auf  ir  und  ire,  oir  und  oire,  uir  und  uire, 
von  den  Pronomina  die  beiden  leur,  ses  und  ces,  tout  und 
attributives  tous,  von  den  Zahlen  quatre-vingt  und  cent.  So 
haben  wir  in  der  Formenlehre  eine  Fülle  von  Stoff,  der  sich 
leicht  zu  systematischen  Diktaten  verarbeiten  läßt.  Von  der  Syntax 
kommen  dafür  besonders  zwei  Kapitel  in  Betracht,  die  Lehre  von 
der  Konkordanz  der  beiden  Partizipien  und  die  Moduslehre,  die 
gleichfalls  reichliches  Material  für  Rechtschreibübungen  bieten. 

Wie  die  Kenntnis  der  Wortbiegungslehre,  ist  auch  die  der 
Wortbildungslehre  für  Diktate  von  großem  Wert.  Wenn  es  uns 
auch  an  Zeit  fehlt,  diese  auf  der  Schule  systematisch  zu  behandeln, 
so  muß  doch  dem  Schüler  nach  und  nach  manches  für  die  Ortho- 
graphie Wichtige  daraus  bekannt  werden,  z.  B.  daß  die  Feminina, 
die  lateinischen  auf  tas  entsprechen,  auf  te  endigen,  daß  die  auf 
eur  mit  Ausnahme  von  Theure  und  la  demeure  kein  stummes  e 
haben,  weshalb  man  le  parti,  aber  la  partie,  le  travail,  aber  la 
bataille  schreibt,  welche  Wörter  auf  ant  oder  ent  (ance  oder  ence), 
auf  oir  oder  oire  ausgehen,  wie  es  z.  B.  kommt,  daß  das  Adjektiv 
violent  (heftig),   das  Partizipium   violant  (verletzend)   geschrieben 


710  Dts  Diktat  !■  fraoiSsiicken  Uotecrielit,  von  W.  SchaBton. 

wird,   und   dafi   man   könstlich  differant  und  diffi&rent,   fatiguant 
und  fatigant,  fabriquant  und  fabricant  unterschieden  hat  usw. 

Auf  der  obersten  Stufe  ist  dann  eine  ausfilbriiche  Besprechung 
der  wichtigsten  Homonyma  am  Platze,  ohne  deren  Kenntnis  man 
manches  gesprochene  Wort,  besonders  Wortspiele,  nicht  yerstehen, 
manches  Rätsel  nicht  lösen  kann.  Ein  reichhaltiges  Verzeichnis 
davon  findet  sich  u.  a.  in  K.  Ploetz*  Vocabulaire  systematique. 
Wenn  man  im  Anschluß  daran  noch  die  mit  einzelnen  Wörtern 
oder  unter  sich  gleichlautenden  Wortverbindungen  behandelt,  wie 
passage  und  pas  sage,  Tattente  und  la  tante  (tente),  wobei  be- 
sonders Präpositionen,  Vorsilben,  Artikel,  Pronomina,  ne,  que,  en 
und  7  eine  große  Rolle  spielen,  wie  pourvoir  und  pour  Toir,  con- 
forme  und  qu'on  forme,  loi  und  Foie,  sapeur  und  sa  peur,  tua  und 
tu  as,  qu'elle  und  quelle,  ni  und  n'y,  enfer  und  en  fer  (en  faire) 
und  alles  das  zu  Diktaten  verwertet,  so  erreicht  man  etwas  ganz 
anderes,  als  wenn  man  die  Schuler  immer  nur  einen  beliebigen 
Text  nachschreiben  läßt.  Als  ganz  verkehrt  ist  das  vielfach  übliche 
Verfahren  zu  bezeichnen,  einen  noch  in  derselben  Stunde  ins 
Deutsche  zu  übersetzenden  Text  zu  diktieren,  vor  allem  weil, 
wenn  das  Französische  nicht  verstanden  wird,  die  Obersetzung 
unmöglich  ist 

Schließlich  muß  in  Diktaten  die  Lehre  der  Silbentrennung 
beachtet  und  die  von  den  Accenten,  der  Cedille,  dem  Bindestrich 
und  Apostroph,  besonders  aber  die  von  den  Satzzeichen  geübt 
werden.  Vergessen  wir  auch  nicht,  daß  sie  zugleich  eine  Übung 
im  Schönschreiben  sein  sollen,  damit  man  recht  oft  darunter  die 
Worte  setzen  kann,  mit  denen  der  Marquis  in  Sandeaus  Made- 
moiselle  de  la  SeiglMre  Bernhards  Briefe  beurteilt: 

Jolie  main,  bonne  ponctuation,  orthograpbe  irreprochable. 

Marburg.  W.  Schumann. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


UTERABISOHE  BERIOHTE. 


1)  A.  Gamlich,   GroDdrifi  der  Sitteolelire.    Leipzi|f  1906,  W.  Eogel- 
maon.     64  S.    8.    0,80  JL 

Im  ersten  HanptalMchiiitt  gibt  Verfasser  einen  „Überblick  aber 
die  fesdiiditliehe  Entwicklung  der  Sittlichkeit  und  Sittenlehre'^ 
fon  den  ersten  Anfingen  und  Keimen  an,  beginnend  mit  den 
alten  Indem.  In  großen  Zügen  stellt  er  die  Anschauungen  der 
Chinesen,  Japaner,  des  jüdischen  Volkes,  der  Griechen  und  Römer 
bis  hin  zum  Christentum  und  zur  neueren  und  neuesten  Zeit  dar. 
Wenn  auch  in  der  Gegenwart  „infolge  der  größeren  Freiheit  und 
Ungebundenheit  der  Individuen  sowie  der  vermehrten  Versuchungen 
und  Gelegenheiten  zu  Ausschweifungen  und  Ausschreitungen  sitt- 
liche Obel  und  Schäden  in  erschreckender  Weise  sich  zeigen,  so 
ist  doch  andererseits  nicht  zu  leugnen,  daß  unser  irreligiös  und 
materialistisch  geschmähtes  Zeitalter  aller  Orten  bemüht  ist,  auf 
dem  Gebiete  und  mit  Hilfe  der  Gesetzgebung  die  Schäden  der 
menschlichen  Gesellschaft  zu  • . .  heilen*'.  So  sei  denn  kein  Grund, 
an  dem  Fortschritt  der  ethischen  Kultur  der  Menschheit  zu  ver- 
zweifeln. 

Im  zweiten  Abschnitt  finden  wir  die  allgiemeinen  Grundlagen 
uod  Voraussetzungen  des  sittlichen  Lebens,  im  dritten  die  Dar- 
stellung der  Sittenlehre  selbst  in  ihren  Grundzügen,  sich  gliedernd 
in  die  Lehre  von  den  Gütern  des  menschlichen  Lebens,  die  Lehre 
von  den  Pflichten  des  Menschen  (gegen  sich  selbst,  gegen  seine 
Mitmenschen,  besondere  Pflichten  in  bezug  auf  Ehe,  Beruf,  Staat 
und  Kirche,  gegen  die  belebte  und  unbelebte  Natur),  die  Lehre 
von  den  Tugenden  des  sittlich  gebildeten  Menschen.  —  Soviel 
über  den  Inhalt  des  Büchleins.  Die  Darstellung  des  Verf.  ist  klar 
und  leicht  verständlich.  Sie  ist  für  weitere  Kreise  gebildeter  Leser 
berechnet  und  wohl  geeignet,  das  Interesse  derselben  zu  erregen. 
Wohl  weiß  jeder  richtig  fühlende  Mensch  schon  aus  sich  selber, 
was  er  zu  tun  und  wie  er  sich  zu  verhalten  hat,  und  doch  wird 
man  eine  Art  Theorie  der  sittlichen  Grundsätze  und  Gesetze  gern 
überschauen  und  sich  so  derselben  bestimmter  und  klarer  bewußt 


712  L.  Hohmana,  Pädagogische  Psychologie, 

werden.  Dazu  isl  das  vorliegemie  Heftchen  in  ganz  besonderem 
Maße  geeignet.  Bei  der  Einfachheit  und  Klarheit  seiner  Aus- 
führungen gibt  es  eine  auf  gründlicher  Denkarbeit  ruhende  Dar- 
stellung der  sittlichen  Pflichten  des  Menschen  in  allen  den  ver- 
schiedenen Verhältnissen  und  Beziehungen,  in  denen  er  steht. 
Besonders  passend  erscheint  es  auch  für  die  vorgeschrittene 
Jugend,  die  ja  erfabrungsmaßig  für  solche  Darlegungen  viel  Sinn 
hat  und  sich  gern  damit  beschäftigt.  Wird  ja  doch  von  vielen 
Seiten  der  Wunsch  geäußert,  daß  man  die  Ethik  auch  in  den 
Kreis  unserer  höheren  Schulen  einbeziehen  solle. 
So  ist  nun  das  Büchlein  sehr  zu  empfehlen. 

2)  L.  Hohmano,  Pädagogische  Psychologie,  dargestellt  unter  Be- 
räcksichtigang  der  übrigen  Grundwissenschaften  der  Pädagogik  sowie 
ihrer  Grenzwissenschaften  (HohininD,  Pädagogisches  Handbuch,  firster 
Band).  Mit  22  Abbildungen  im  Text.  Breslau  1906,  Ferdinand  Hirt. 
465  S.     8.     4,50  Jt. 

Es  ist  ganz  natürlich,  daß  die  gesamte  Erziehungslehre  in 
engster  Beziehung  mit  der  Seelenlehre  steht;  handelt  es  sich  doch 
bei  dem  Erziehungs werke  um  die  Seele  des  Kindes,  ist  doch  ohne 
genauere  Kenntnis  der  Kräfte  und  Regungen  derselben  eine  er- 
ziehliche oder  unterrichtliche  Einwirkung  gar  nicht  möglich.  Dies 
müßten  sich  ganz  besonders  diejenigen  gegenwärtig  halten,  die 
dereinst  Erzieher  werden  wollen.  Es  gibt  nun  auch  so  manches 
wertvolle  Buch,  welches  den  engen  Zusammenhang  der  Pädagogik 
und  der  Psychologie  nachweist  und  das  Ineinandergreifen  der 
beiden  Wissenschaften  darlegt.  Wir  erinnern  nur  an  Jahn,  Psycho- 
logie als  Grundwissenschaft  der  Pädagogik  (Leipzig,  Verlag  der 
Dürrschen  Buchhandlung).  Neuerdings  ist  nun  das  obengenannte 
Werk  von  Hob  mann  hinzugekommen,  welches  den  ersten  Teil  eines 
im  ganzen  auf  drei  Bände  berechneten,  pädagogischen  Handbuchs 
darstellt,  das  der  Vor-  und  Fortbildung  der  Lehrer  und  Lehrerinnen 
dienen  soll.  Das  Werk  ist  in  erster  Linie  für  die  Volksschule 
bestimmt,  es  hat  jedoch  auch  für  das  höhere  Unterrichtswesen 
eine  große  Bedeutung,  weil  die  darin  gezogenen  Richtlinien  über- 
haupt für  jede  Erziehung  Geltung  haben  und  Geltung  haben  müssen. 
Nach  einer  den  Begrifjf,  das  Ziel  und  die  Wege  der  Erziehung 
betrachtenden  Einleitung  wird  die  Bedeutung  der  Psychologie  für 
die  Erziehungssache  erörtert,  sowie  die  Aufgab«^  und  das  Verfahren 
der  Psychologie.  Diese  Erurlerungeu,  denen  man  nur  zustimmen 
kann,  erfolgen  auf  der  Grundlage  philosophischer  und  pädagogi- 
scher Studien.  Die  Erziehung  geschieht  auf  der  Grundlage  des 
Familiengeistes,  in  dem  das  Kind  heranwächst.  Notwendig  dazu 
ist  die  Erkenntnis  der  geistigen  Zustände  und  Tätigkeiten,  ver- 
möge deren  man  ,,alle  Formen  des  normalen  Verlaufs  der  Bewußt- 
seinserscheinungen im  menschlichen  Organismus  beobachtet".  Und 
zwar  muß  überall  die  Erfahrung  das  Feld  beherrschen,  die  philo- 
sophische Spekulation    zurücktreten.     Wenn  man  nun  der  Sache 


aogpet.  voB  R.  JoBts.  713 

SO  recht  auf  den  Grund  gehen  will,  so  ist  dazu  in  erster  Linie 
eine  Darstellung  der  Grundzfige  der  Nervenphysiologie  erforderlich, 
die  denn  auch  im  ersten  Teile  folgt:  Der  Nervenapparat  als  Träger 
des  Seelenlebens.  Der  Bau,  die  Funktionen  des  Nervensysteons, 
die  Lokalisationstheorie  und  die  Anwendung  der  Ausführungen 
auf  das  Kindesleben  werden  dargestellt  und  zwar  unter  Beifügung 
einer  Anzahl  guter  Abbildungen,  welche  die  phy.<iologischen  Ge- 
setze und  Erscheinungen  sehr  wohl  m  erläutern  imstande  sind. 
Durchweg  werden  auch  hier  die  Beziehungen  auf  pädagogische 
Fragen  im  Auge  behalten.  Die  weiterhin  erörterten  Erscheinungen 
des  Seelenlebens  behandeln  nach  einigen  allgemeineren  Betrach- 
tungen die  Erscheinungen  des  Erkennens  (1.  die  Empfindungen, 
2.  die  psychischen  Gebilde  auf  dem  Gebiete  des  Erkennens,  3.  die 
Verknüpfung  oder  Vergesellschaftung  der  Vorstellungen,  4.  die  Ge- 
staltung der  Vorstellungen).  Im  folgenden  Abschnitt  werden  die 
Erscheinungen  des  Fühlens  behandelt,  im  nächsten  die  Erscheinungen 
des  Wollens.  So  führt  Verfasser  seinen  Leser  durch  das  ganze 
Gebiet  der  Psychologie  hindurch,  aber,  wie  schon  am  Eingang 
bemerkt,  in  dem  Sinne  und  in  der  Art,  daß  die  Erfahrung  das 
Feld  beherrscht  und  die  philosophische  Spekulation  zurücktritt. 
Die  allgemeinen  Erscheinungen  und  Gesetze  der  psychologischen 
Wissenschaft  werden  überall  im  Anschluß  an  die  Praxis  und  unter 
Bezugnahme  auf  dieselbe  erörtert.  Das  macht  die  Darstellung  des 
Verfassers  anschaulich  und  auch  für  den  Anfanger,  für  den  sein 
Buch  auch  bestimmt  ist,  ja  dem  es  in  erster  Linie  dienen  soll, 
verständlich.  Das  Buch  lehrt  so,  alle  Seiten  des  jugendlichen 
Geistes  in  der  erforderlichen  Weise  zu  beeinflussen  und  zu  ihrer 
Ausbildung  beizutragen,  mit  andern  Worten:  es  lehrt  erziehen. 
Eine  lediglich  theoretische  Unterweisung  in  der  Erziehungs-  und 
Unterrichtskunst  kann  nicht  von  Bedeutung  sein;  sie  schwebt  in 
der  Luft  und  kann  niemals  zu  günstigen  Ergebnissen  führen. 
Und  ganz  besonders  kann  sie  dem  Anfanger  nichts  helfen.  Ihm 
fehlt  es  naturgemäß  an  der  für  das  ganze  Erziehungswerk  so 
wichtigen  Praxis.  Woher  soll  er  denn  die  Kräfte  und  Regungen 
des  kindlichen  Geistes  kennen?  Gerade  für  die  Erziehung  und 
den  Unterricht  jüngerer  Schüler  und  Schülerinnen  sollte  man  stets 
recht  erfahrene  Lehrer  und  Lehrerinnen  wählen;  denn  hier  sind 
die  größten  Schwierigkeiten  zu  überwinden.  Ein  Werk  wie  das 
hier  vorliegende  ist  nun  aber  wohl  imstande,  auch  in  die  Praxis 
hineinzufuhren.  Wer  es  aufmerksam  studiert,  wird  in  der  Lage 
sein,  einen  Einblick  in  die  Regungen  und  Strebungen  der  Kindes- 
seele, in  ihre  ganze  Anschauung  zu  gewinnen.  So  gibt  ihm  das 
Werk  in  gewissem  Sinne  das,  was  er  noch  nicht  so  recht  haben 
kann:  die  Praxis. 

In  diesem  Sinne  hat  Hohmann  einen  wichtigen  Beitrag  zur 
praktischen  Pädagogik  geliefert.  Wir  erwähnten  bereits,  daß  sein 
in  erster  Linie  für  die  Volksschule  bestimmtes  Buch    ebenso   der 


714  L.  Brintigam,  Die  Erll$8ang  v.  der  Geldgier,  agz.  ▼.  LwZfirB. 

höheren  Schule  gute  Dienste  leisten  wird.  Ganz  besonders  wird 
es  zu  dem  von  der  Unterrichtsbehörde  vorgeschriebenen  Vor- 
bereitungsdienst der  angehenden  Oberlehrer  recht  gute  Verwendung 
finden  können. 

Daß  die  Darstellung  eine  leicht  verständliche  ist,  wurde  auch 
bereits  gesagt.  Überdies  bekundet  sie  eine  reiche  Belesenheit  des 
Verfassers  auf  dem  ganzen  in  Frage  kommenden  Gebiete;  nament- 
lich bekundet  sie  auch  eine  eingehende  Beschäftigung  mit  den 
für  die  Pädagogik  in  Betracht  kommenden  philosophischen 
Schriften. 

Wenn  auch  das  Werk  in  erster  Linie  Pädagogen  dienen  soU, 
so  glauben  wir,  daß  es  bei  dem  heutzutage  ziemlich  lebhaften 
Interesse  für  alle  pädagogischen  Fragen  auch  weiteren  Kreisen 
Gebildeter  eine  willkommene  Lektüre  sein  wird,  namentlich  solchen 
Eitern,  die  mit  der  inneren  Entwicklung  ihrer  Kinder  gern  ge- 
nauere Fühlung  haben  und  einen  Einbh'ck  in  sie  gewinnen  möchten. 

Köslin.  R.  Jonas. 


L.  Bräatigam,  Die  Erlö#«iig  yod  der  Geldgier.     Berlio  1907,  Bgoo 
Fleischel  &  Co.     74  S.     8.     1  JC. 

Am  22.  Oktober  vorigen  Jahres  starb  in  Hülhausen  im  Elsaß 
im  kräftigsten  Mannesalter  Ludwig  Bräutigam,  früher  Lehrer  an 
der  höheren  Mädchenschule  in  Mülhausen,  zuletzt  Professor  an 
der  Realschule  beim  Doventor  in  Bremen^  in  weiteren  Kreisen  he- 
kannt  durch  seine  Schriften  ober  den  Marschendichter  Hermann 
Allmers,  durch  seine  Neubearbeitung  von  Kirchners  Geschichte 
der  deutschen  Nationalliteratur  des  19.  Jahrhunderts,  aus  der  die 
„Übersicht  über  die  deutsche  Literatur  1880—1900'',  von  ihm 
allein  verfaßt,  auch  als  selbständige  Schrift  erschienen  ist  und 
bereits  in  zweiter  Auflage  vorliegt  (Kassel  1903),  durch  seine  Ge- 
schichten und  Skizzen  „Auf  dem  Heimweg*'  (Berlin  1902)  und 
„Mein  Heimatbuch''  (Ohlau  1905),  die  zum  Besten  der  Heimat- 
kunst der  letzten  Jahrzehnte  zählen  und  u.  a.  die  feinsinnigsten 
und  stimmungsvollsten  Schilderungen  von  Land  und  Volk  Ober- 
sachsens, des  Geburtslandes  Bräutigams,  Niedersachsens,  seiner 
zweiten  Heimat,  und  des  Elsasses  enthalten,  durch  zahlreiche 
pädagogische,  literarhistorische  und  kritische  Aufsätze,  die  er  in 
den  verschiedensten  Zeitschriften  veröfl'entlichte,  durch  sein  ent- 
schiedenes Eintreten  für  die  „moderne"  Dichtung  in  seinen  kriti- 
schen Aufsätzen  und  in  den  Theaterkritiken,  die  er  als  Bremer 
Theaterrezensent  verfaßte. 

Aus  seinem  Nachlaß  veröffentlicht  nun  seine  Witwe  die  vor- 
liegende Schrift,  die  von  des  Verfassers  idealer  Denkweise  ein 
neues  Zeugnis  ablegt.  Sie  ist  gegen  den  Moloch  Geld  als  den 
Verderber  aller  Zeiten  gerichtet  und  bekämpft  den  weitverbreiteten 
Glauben,  daß  mit  dem  Aufhören  des  Gelderwerbes  auch  alle  Streb- 


G.  WobberMiD,  Der  ebristl.  Gottesg^Uobe,  ag^z.  von  A.  Jonas.  715 

samkeit  und  damit  aUer  Fortschritt  aufhören  würde.  Zahlreiche 
Zeugnisse  aus  der  ganzen  Weltliteratur  werden  angeführt,  durch 
die  alle  der  eine  Grundton  klingt,  wie  verächtlich  in  sittlicher 
Beziehung  die  Geldgier  ist.  Es  wird  darauf  hingewiesen,  daß  die 
Geldgierigen  doch  nur  ins  lecke  Fafi  der  Danaiden  schöpfen,  da 
der  ewige  Wechsel  im  Besitz  trotz  dem  Erbrecht  ein  lange 
dauerndes  Festhalten  des  erworbenen  Beichtums  in  der  Familie 
verhindert,  und  es  wird  mit  Nachdruck  betont,  daß,  wie  bisher 
schon  alle  Kulturfortschritte  von  denen  angebahnt  wurden,  die 
nicht  an  Gelderwerb  dachten,  sondern  in  Selbstaufopferung  und 
Hingabe  arbeiteten,  so  auch  jetzt  schon  in  verschiedenen  Kreisen 
das  Walten  der  Geldgier  eingedämmt,  ja  möglichst  beseitigt  ist, 
daß  die  meisten  Menschen,  überhaupt  besonders  auch  die  sozial 
am  niedrigsten  stehenden,  selbstlos  ihre  Pflicht  erfüllen  infolge 
eigener  Gesetze,  die  stillschweigend  entstanden  sind  und  ohne  be- 
sondere Mahnungen  befolgt  werden.  Den  Schluß  bildet  ein  hoff- 
nungsfreudiger  Ausblick  in  die  Zukunft.  Der  Verfasser  ist  über- 
zeugt, daß  an  die  Stelle  des  Hammonismus,  des  rücksichtslosen 
egoistischen  Gesellschaftsprinzips,  eine  höhere  Sittlichkeit  treten 
wird,  indem  der  Gemeinsinn,  die  Hingabe  an  die  Gesamtheit  immer 
mehr  die  zukünftige  Physiognomie  des  sozialen  Lebens  der  neueren 
Kulturwelt  bestimmen  und  die  verächtlichste  und  kläglichste  aller 
menschlichen  Leidenschaften  vertilgen  wird.  Dahin  drängen  die 
unabänderlichen  Gesetze  der  Entwicklung,  die  allein  Abhilfe  schaffen 
können,  indem  sie  auch  auf  dem  Gebiete  des  geistigen,  sittlichen 
und  wirtschaftlichen  Lebens  ein  fortwährendes  Weiterbilden  er- 
zeugen und  die  Denkweise  der  Menschen  allmählich  umgestalten. 
So  erweist  sich  L.  Bräutigam  in  dieser  Schrift  durch  seinen 
tapferen  Ansturm  gegen  den  Mammonismus  als  ein  tatkräftiger 
Kämpfer  für  wahre  sittliche  Kultur. 

Offenburg  i.  B.  L.  Zürn. 

Georg  Wobbermin,  Der  christliehe  Gotteiglaabe  in  seinem 
Verhältnis  zur  hentiren  Philosophie  nad  Naturwissen- 
schaft. Zweite,  omgearbeitete  Anflage.  Berlin  1907,  Alezander 
Dnneker.    171  S.  gr.  8.    2  JC^  geb.  2,60  JC- 

Die  erste  Auflage  der  vorliegenden  Schrift  hatte  ich  in  der 
Zeitschr.  f.  d.  Gymn.  1903  S.  432  ff.  eingehend  und  anerkennend 
besprochen.  Der  gelehrte  Vrf.,  der  inzwischen  zum  ord.  Professor 
der  Theologie  nach  Breslau  berufen  worden  ist,  hat  die  Form 
der  ersten  Auflage  wesentlich  verändert.  Trug  diese  noch  den 
Charakter  von  Vorlesungen,  die  in  einem  Ferienkurse  der  kirchlich- 
theologischen Konferenz  der  Provinz  Brandenburg  gehalten  waren, 
so  ist  nun  das  Gewand  ein  anderes  geworden.  Manches  ist  ge- 
tilgt, vieles  neu  umgearbeitet  und  erweitert  worden.  So  fällt  im 
Anfange  die  liebevolle  Beschäftigung  mit  Nietzsche  auf,  die  viel 
stärker    hervortretende    Polemik    gegen    Häckel,     die    schärfere 


716  C«  Wobbermin,  Der  ehristl.  Gottesglavbe,  ag^s.  voi  A.  Josas. 

wissenschaftliche  Gruppierung  der  Philosophie  und  philosophischen 
Weltanschauungen,  die  er  ganz  besonders  zu  beröcksichtigen  hat. 
Diesen  gegenüber  will  er  den  Richtweg  zeigen  zam  christlichen 
Gottesglauben.  Er  will  jedoch  nicht  mehr  beweisen,  als  za  be- 
weisen ist.  Er  ist  sich  dessen  voll  bewußt,  daß  dem  Frommen 
das  Dasein  Gottes  gewiß  ist,  aber  er  weiß  auch,  daß  das  Dasein 
Gottes  erweisen  zu  wollen,  ein  unmögliches  Diog  ist.  Aber 
darum  gerade  stellt  er  sich  die  Aufgabe,  den  christlichen  Gottes* 
glauben  in  wissenschaftlich-philosophischer  Weise  zu  vertreten, 
ihn  wissenschaftlich  zu  begründen  durch  eine  vom  Boden  der 
Naturwissenschaften  ausgehende  Reflexion  wie  durch  eine  vom 
Boden  der  Geisteswissenschaften  ausgehende  Argumentation.  Unter 
der  Devise  „zurück  zu  Kant''  und  „von  Kant  vorwärts"  leitet  er 
in  dauerndem  Kampf  gegen  die  Naturforscher  und  Philosophen, 
die  er  namhaft  gemacht  hat,  in  den  drei  Abschnitten:  1.  Die 
Kosmologie  und  der  christliche  Gottesglaube;  2.  Die  Biologie  and 
der  christliche  Gotlesglaube;  3.  Die  Psychologie  und  der  christ- 
liche Gottesglaube  seine  Leser  langsam  und  bedächtig  vorschreitend 
und  zwingt  sie  mit  ihm  von  der  Physik  zur  Metaphysik  über- 
zugehen, [n  der  Auseinandersetzung  mit  den  Gegnern  kommt  er 
zu  dem  Schluß,  daß  hinter  bezw.  vor  der  Entwickelung  des 
kreatürlichen  Lebens  eine  das  Ziel  der  Entwickelung  bestimmende 
und  sie  selbst  leitende  Lebensmacht  steht,  die  diejenigen  kreatür- 
lichen Lebensformen,  die  zu  geistigem  Personleben  gelangt  sind, 
in  die  Einheit  mit  sich  aufnimmt,  ohne  sie  in  ihrer  Individualität 
zu  vernichten,  die  Urform  und  einheitliche  Allheit  des  geistig- 
persönlichen Lebens.  Den  letzten  Abschnitt  mit  den  Mitteilungen 
von  Tolstoi,  von  William  James,  von  Adolphe  Monod  wird  niemand 
ohne  innere  Erschütterung  lesen. 

Ein  besonderes  Eingehen  verdient  die  Erweiterung  des  Ab- 
schnittes „Die  Kosmologie**  durch  die  Behandlung  des  Wunder- 
glaubens. Dem  Vrf.  liegt  das  psychologische  Motiv  und  daher 
der  religiös  wertvolle  Kern  der  Wundervorsteilungen  im  Vorsehungs- 
glauben. Der  christliche  Vorsehungsglaube  ist  die  Oberzeugung, 
daß  alles,  was  ist  und  geschieht,  auf  Gott  zurückgeht,  daß  also 
ohne  den  Willen  Gottes  niemals  irgend  etwas  —  es  sei,  was  es 
wolle  —  geschehen  ist  oder  geschehen  wird.  Dieser  Vorsehungs- 
glaube,  lehrt  Vrf.  weiter,  fordert  zu  seiner  Durchführung  durchaus 
nicht  die  Durchbrechung  von  Naturgesetzen.  Wenn  nämlich  der 
Vorsehungsglaube  überzeugt  ist,  daß  schlechthin  alles  Geschehene 
auf  Gott  zurückgeht,  er  also  im  Weltenlauf  ein  Spiegelbild  der 
göttlichen  Weltregierung  erblickt,  dann  hat  dieser  Glaube  von 
sich  aus  kein  Interesse  zu  wünschen,  daß  jene  Ordnungen  ge- 
legentlich einmal  auch  durchbrochen  werden.  Ganz  im  Gegenteil: 
derartige  Unterbrechungen  würden  die  Meinung  begünstigen,  als 
ob  Gott  nur  durch  Ausnahmewirkungen  und  also  nur  ausnahms- 
weise  in   die  Weltgeschichte  eingreife.     Der  christliche  Wunder- 


Walther,  Iah.  n.  Gedattkeng^aog  d.  Ev.  o.  Joh.,  agx<  v.  Bienwald.  717 

glaube  oder  Vorsehungsglaube  steht  also  zu  der  naturwissenschaft- 
lichen Betrachtung  der  Dinge  nur  insofern  im  Gegensatz,  als  diese 
die  Geltung  der  naturgesetzlichen  Ordnung  als  einer  fQr  sich  und 
«  in  sich  absoluten  letzten  Wirklichkeit  ansieht.  An  eigentlichen 
Ausnahmeerscheinungen  im  Sinne  von  Durchbrechungen  der  Natur- 
gesetze liegt  dem  christlichen  Glauben  schlechterdings  gar  nichts. 
Das  seelische  Leben  ist  das  eigentliche  Gebiet  der  religiösen 
Wunder;  an  eine  Durchbrechung  von  Naturgesetzen  braucht  aber 
auch  hier  nicht  gedacht  zu  werden,  so  wenig  die  religiöse  Anlage 
selbst,  ihre  Entwickelung  und  Entfaltung  auf  einer  solchen  Durch- 
brechung beruht.  —  So  wie  unser  Vrf.  hat  sich  schon  Lessing 
in  seinem  „Nathan'*  ausgesprochen.  Aber  zur  vollen  Befriedigung 
seiner  Leser  hat  Vrf.  die  Frage  doch  nicht  beantwortet.  Ein 
Zurückgehen  auf  die  biblischen  Wunder  war  nötig.  Der  gelehrte 
Theologe  wird  schon  mit  dem  Stoffe  fertig  werden;  ihm  stellen 
sich  die  Wundererzähiungen  bald  als  poetische  Gebilde  der  in  der 
menschlichen  Natur  tief  begründeten  Lust  am  Phantastischen  dar, 
bald  als  symbolische  Einkleidungen  wirklicher  Ereignisse,  bald  als 
geschmückte  dogmatische  Reflexionen.  Der  Nichltheologe  wird 
hier  eine  Lücke  empfinden. 

Den  Abhandlungen  hat  Vrf.  Zusätze  und  Literaturnachweise 
beigefügt,  biographische  und  literarische  Mitteilungen  über  die 
Gelehrten,  mit  denen  er  sich  auseinandersetzt.  In  diesem  An- 
hange steckt  gleichfalls  ein  gut  Stück  geistiger  Arbeil. 

Das  Buch,  das  auch  durch  seine  Ausstattung  wie  seinen 
Druck  einen  recht  angenehmen  Eindruck  macht,  sei  hiermit  an- 
gelegentlich empfohlen. 

Stettin.  Anton  Jonas. 

1)  E.  Walther,  Inhalt  uad  Gedankeogaag  des  Evangelioms  nach 

Johannes.     Berlin  1907,  Reother  &  Reichard.     80  S.     8.     1,25  Jt* 

Das  äußerst  sorgfältige  und  gründliche  Schriftchen,  das  die 
einzelnen  Gedanken  bis  ins  kleinste  zergliedert  und  in  ihrem 
Zusammenhange  aufzeigt,  befleißigt  sich  auch  in  den  Sach- 
erklärungen der  peinlichsten  Genauigkeit.  Ob  es  möglich  und 
förderlich  ist,  in  dieser  eingehenden  Weise  das  ganze  Evangelium 
auf  höheren  Schulen  zu  behandeln,  scheint  mir  zweifelhaft.  Jeden- 
falls darf  man  dabei  nicht  verabsäumen,  die  Schüler  in  die  Grund- 
fragen einzuführen,  so  daß  diese  über  das  Verhältnis  des  vierten 
Evangeliums  zu  den  Synoptikern,  seinen  Geschichtswert,  seine 
Bedeutung  für  die  Kirchenlehre,  über  die  Geschichte  des  Logos- 
begriffes, die  eigenartige  Beleuchtung  der  Wundererzähiungen  usw. 
das  Notwendigste  erfahren. 

2)  H.  Schaater,    Der   erste   Korintherbrief.    Nebst   einem  Anhang: 

Aosf^ewählte  Kapitel   ans    dem  zweiten  Korintherbrief.     Berlin  1907, 
Reother  ft  Reichard.     VI  u.  82  S.     8.     1,50  JL^ 

Die    HilCsmittel   zum    evangelischen  Religionsunterricht    von 


718  H*  Schaster,  Der  1.  Korintherbrief,  angez.  von  A.  Bieowald. 

Cvers  und  Fauth  bürgern  sich  in  den  Kreisen  der  Religionslehrer 
immer  mehr  ein  und  dies  mit  vollem  Recht.  Fast  alle  Be- 
arbeitungen bekunden  ein  hervorragendes  theologisches  und 
pädagogisches  Verständnis  sowie  auch  eine  umfassende  allgemeine 
Bildung  der  Verfasser.  Dies  gilt  auch  von  dem  vorliegenden 
Hefte.  Nur  die  sachlich  wertvollen  Gedanken  sind  behandelt, 
und  infoige  der  einfachen  und  übersichtlichen  Gruppierung  kann 
man  sich  überaus  leicht  in  der  Mannigfaltigkeit  des  Stoffes  zurecht- 
finden. Überall  sehen  wir  die  ausgezeichnete  Fähigkeit  des  Ver- 
fassers, sich  in  die  Gedankenwelt  und  die  Verhältnisse  der  ersten 
Christengemeinden  hineinzufinden  und  sie  anschaulich  darzustellen. 
Wie  treffend  ist  jene  tief  aufgeregte,  Wunder  glaubende  Zeit,  der 
sittliche  Zustand  der  korinthischen  Gemeinde  mit  seinen  Ursachen, 
die  Neigung  der  griechisch  gebildeten  Christen  zu  scharfer 
Dialektik,  sowie  die  asketische  Stimmung  der  „überkultivierten 
und  kulturmüden  griechisch-orientalischen  Welt"  in  ihrer  Abscheu 
vor  der  „zügellosen  Sinnlichkeit  der  breiten  Hasse"  charakterisiert! 
Ganz  vorzüglich  ist  auch  die  Persönlichkeit  des  Apostels  Paulus 
dargestellt.  „Das  Stadtkind  aus  Tarsos*'  in  seinem  Gegensatz 
zur  „sinnlich  frischen  Anschauungskraft*'  des  Nazareners,  seinen 
Optimismus  den  Schwächen  der  korinthischen  Gemeinde  gegen- 
über, seinen  Idealismus  und  seine  Weisheit  in  der  Beurteilung 
der  Sklavenemanzipation,  die  Festigkeit  im  Prinzip  neben  der 
Nachgiebigkeit  in  der  Praxis,  die  Leidenschaft  seiner  Empfindung 
und  den  idealen  Flug  seiner  Gedanken  —  alles  dies  weiß  der 
Verfasser  klar  und  lebendig  vor  Augen  zu  stellen. 

Jeder  Unterricht  soll  möglichst  zur  Gegenwart  in  Beziehung 
gebracht  werden.  Auch  nach  dieser  Richtung  enthält  die  Arbeit 
beherzigenswerte  Winke.  Zwar  möchte  ich  nicht  den  Abschnitt 
über  die  Unzucht  in  der  S.  21  angegebenen  Weise  verwerten, 
so  wahr  auch  die  hier  entwickelten  Gedanken  sind;  im  all- 
gemeinen scheinen  mir  selbst  Primaner  dazu  noch  nicht  reif. 
Doch  die  Bemerkungen  über  Gelehrsamkeit  und  Bildung,  Wissen 
und  Glauben  (S.  10  ff.),  das  Recht  der  Individualität  (S.  36)  und 
des  kirchlichen  Pfarramtes  (S.  54  ff.)  und  besonders  auch  die 
kurze  Betrachtung  des  Evangeliums  von  der  Versöhnung  mit  Gott 
(S.  76)  zeigen,  daß  die  Abhandlung  auf  gründlichen  Studien 
beruht  Das  beweist  auch  die  Behandlung  der  Abendmahlsfrage 
und  der  „großen  Frage  der  Auferstehung  Christi  und  unserer 
christlichen  Hoffnung*'.  Sehr  passend  wird  dabei  denen,  die 
leidenschaftlich  um  das  leere  Grab  und  Jesu  Fleischesleib  streiten, 
das  Wort  Jakob  Böhmes  zugerufen:  „Ich  habe  mit  den  Kindern 
Gottes  wegen  ihrer  ungleichen  Gabe  keinen  Zank;  ich  kann  sie 
mir  alle  einigen,  ich  gehe  mit  ihnen  nur  aufs  Zentrum,  so  habe 
ich  die  probam  aller  Dinge*^  Die  Vorzüge  des  Scbriftchens 
werden  noch  erhöht  durch  eine  fließende  und  lebhafte  Sprache, 
durch   Zitate    und   Ausblicke    in    die   Kirchengeschichte.     Kurz, 


F.  J.  Roch,  Leitfadeo  d.  kath.  Apologetik;  ags.  v.  H.  Hoffmaan.  7]9 

eiuem  Unterricht,  der  die  Schuler  in  dieser  Weise  in  die  Werde- 
zeit des  jungen  Heidenchristentums  einführt,  werden  sie  mit 
dankbarem  und  lebendigem  Interesse  entgegenkommen. 

Görlitz.  A.  Bienwald. 


1)  Fraoz  Joseph  Koch,  Leitfadea  der  katholiaeheo  Apolo- 

getik   zDm  Gebraoch   für  MitteUehulea.     Müochea  1906,  B.  Oldea- 
bourg.    VII  Q.  176  S.    8.    geb.  1,50  Jt. 

Den  im  „Lehrbuch  der  katholischen  Religion  für  die  oberen 
Klassen  der  Gymnasien^*  des  gleichen  Verlages,  das  in  Bayern 
allgemein  eingeführt  ist,  enthaltenen  apologetischen  Stoff  hat  Koch 
gesammelt,  systematisch  gruppiert  und  erklärend  erweitert.  So 
ist  ein  guter  Leitfaden  entstanden,  der  siclier  seinen  Weg  in  die 
Anstalten  finden  wird,  die  das  „Lehrbuch'*  benutzen. 

Die  preußischen  Lehrpläne  weisen  die  apologetische  Lehr- 
aufgabe  der  Untersekunda  zu.  Für  diese  Stufe  ist  der  Leitfaden 
zu  hoch  gehalten.  Er  bietet  auch  zu  viel  Stoff.  Koch  hat 
173  Seiten,  König  z.  B.  81  und  20  Seiten  Anhang.  Zwar  bietet 
Koch  vieles  Wichtige  und  Nötige,  was  anderen  Lehrbüchern  fehlt, 
aber  mancherlei  kann  weggelassen  oder  gekürzt  werden,  z.  B. 
§  10,  11,  13,  15,  17,  56  usw.  §  38:  Die  „Glaubwürdigkeit 
des  Alten  Testamentes'*  befriedigt  nicht  voll.  Die  Grenzen  der 
Inspiration  müssen  den  Schülern  klar  gemacht  werden,  wie 
Göttliches  und  Menschliches  zusammenfließt  in  der  HI.  Schrift, 
muß  schärfer  hervorgehoben  werden.  Bei  der. Inquisition  muß 
man  nicht  hloß  entschuldigen,  sondern  auch  erklären,  aus  der 
Zeit  heraus  verstehen  und  auch  beurteilen  und  bedauern.  Gute  Dis- 
pooierung  des  Stoffes  und  Übersichtlichkeit  sind  durchweg  Vor- 
zöge des  Buches.  Die  Sprache  bedarf  der  Nachprüfung,  manche 
Ausdrücke,  z.  B.:  Beweis  aus  der  Zufälligkeit,  Absolutheit,  Werke 
der  Schmückungen  u.  a.,  müssen  ausgemerzt  werden.  Viele 
scholastisch- theologische  termini  technici,  deutsche  und  lateinische, 
sind  durchaus  entbehrlich. 

2)  Hobert  Gerigk,  KatechismaserkläraDg.    Breslta  1906,  Aderholz. 

XIV  o.  324  S.     8.    3,20  Jt,  geb.  3,70  ^. 

Diese  neue  Katechismuserklärung  verdient  einen  Platz  neben 
den  bereits  vorhandenen.  Nicht  bloß  deswegen,  weil  sie  Neues 
bietet,  z.  B.  den  Spiritismus  behandelt  und  dem  Sozialismus  eine 
eigene  Katechese  widmet.  Die  katholische  Katechetik  steht  jetzt 
im  Zeichen  des  Kampfes:  die  neue  psychologische  Methode  der 
Munchener  tritt  erfolgreich  gegen  die  alte  Methode  auf.  Gerigk 
nimmt  einen  vermittelnden  Standpunkt  ein.  Er  verbindet  die 
analytische  und  synthetische  Lehrweise  und  läßt  dem  Stoff'  in 
seiner  Eigenart  die  Entscheidung,  ob  etwa  auch  die  analytische 
Methode  einmal  am  Platze  sei.    Er  verwirft  aber  die  mechanische 


720   E.  WasmaaD,  D.  biologisehe  Onterricht,  tgz.  v.  H.  HoffmaoB. 

Anwendung  der  Herbartschen  Formalstufen  auf  die  Katechese. 
Der  Veranschaulichung  legt  er  großen  Wert  bei,  zieht  aber  dazu 
noch  andere  Mittel  herbei  als  die  Erzählung.  Die  dreifache  Auf- 
gabe des  Katecliismusunterrichts,  den  Menschen  zu  religiösem 
Wissen,  Empfinden  und  Wollen  anzuregen,  ist  stets  angestrebt, 
ohne  daß  der  eine  Zweck  vor  dem  anderen  zu  kurz  käme,  wie 
z.  B.  Meunier  den  ersten,  Ott  den  letzten  Zweck  allzusehr  be- 
tonen auf  Kosten  der  anderen  Aufgaben.  Wissenschaftliche  Einzel- 
heiten hat  Gerigk  vermieden.  Die  antiquierte  Frageform  unserer 
Katechismen  hat  nicht  zu  einer  Zerstückelung  des  Stoffes  geführt. 
Lobenswert  ist,  daß  das  zweite  Hauptstück  als  Pflichtenlehre  ge- 
boten ist  und  nicht  als  Söndenkatalog  wie  sonst;  allerdings  ist 
mit  der  Überschrift  „Die  Liebe  des  Kindes  zu  den  Eltern''  der 
Inhalt  des  4.  Gebotes  nicht  ausgeschöpft.  Alles  in  allem  ist  die 
neue  Katechismuserklärung  eine  Leistung,  die  vollste  Beachtung 
verdient,  weil  sie  manchen  neuen  Weg  und  manchen  guten  Ge- 
danken in  den  Dienst  der  Katechese  stellt. 

3)  £.  Wasmano,    Der    biolog^ische    Unterricht    an    den    hÖherea 

Scholeo.    CöJd  1906,  J.  P.  Bachern.     30  S.    8.     1,20  Jt- 

Der  bekannte  Biologe  aus  dem  Jesuitenorden  befürwortet 
eingehendere  Berücksichtigung  der  Naturwissenschaften  und  ins- 
besondere der  Biologie  an  den  höheren  Schulen,  aber  unter  der 
Bedingung,  daß  bei  der  Entwicklungslehre  ihr  hypothetischer 
Charakter  betont  wird,  daß  die  Entwicklungslehre  im  anthropo- 
logischen Unterricht  beiseite  gelassen  wird,  und  daß  der  Lehrer 
der  Biologie  die  Beziehung  der  Entwicklungstheorie  zur  Welt- 
anschauung nicht  in  den  Bereich  seines  Vortrags  zieht 

4)  Aloys  Baldofi,   Kirchengeschichtliche  Charakterbilder.     Für 

höhere  Schalen  ood  zam  Selbstunterricht.    Dritte  Auflage.    Cöln  1906, 
J.  P.  Bachen.     105  S.     8.     geb.  1,40  JL^ 

Die  preußischen  Lehrpläne  fordern  für  Tertia  „Einführung 
in  die  Kirchengeschichte  mittels  heryorragender  kirchengeschicht- 
licher Charakterbilder".  Merkwürdigerweise  erschien  erst  1904 
die  erste  und  bisher  auch  einzige  Sammlung  derartiger  Charakter- 
bilder, eben  die  von  Baidus.  Daß  sie  jedes  Jahr  eine  neue  Auf- 
lage erlebte,  spricht  für  das  Bedürfnis  und  auch  für  die  Brauch- 
barkeit des  Buches.  Die  Charakterbilder  sind  gut  gewählt  und  in 
ansprechender  Form  dargestellt.  No.  5  und  20  halte  ich  für 
entbehrlich,  No.  16  wünschte  ich  bei  Tertianern  ersetzt  durch 
einen  Abschnitt  über  „die  Kreuzzüge",  No.  7  durch  ein  Bild  des 
hl.  Athanasius.  Bonifatius  heißt  mit  seinem  ursprünglichen 
Namen  Vynfreth.  Der  Grund  für  den  Haß  gegen  die  Jesuiten  ist 
nicht  richtig  angegeben. 

Breslau.  Hermann  Hoffmann. 


M.  Heyne,  Deatsches  Wörterboch,  angez.  von  F.  Weidling.  721 

Moris  Heyne,  Deutsches  WSrterboeh.  Zweite  Auflage.  Bandnandin. 
Leipsig  1906,  S.  HirseL    Je  10  M* 

Der  verdieDte  Verfasser  hat  die  Ausgabe  der  letzten  Bände 
der  neuen  Auflage  seines  Wörterbuches  nicht  mehr  erleben 
dürfen;  daß  er  ihnen  in  ähnlicher  Weise  wie  dem  ersten  Bande 
seine  Sorge  zugewandt  hat,  lehrt  ein  Vergleich  mit  der  1.  Ausgabe. 
Wegen  der  Stereotypierung  des  Satzes  konnten  die  Änderungen 
und  Nachträge  natürlich  nur  beschränkte  sein;  die  Aufnahme 
neuer  (kurzer)  Artikel  wurde  hauptsächlich  durch  Kürzungen  im 
Text  ermöglicht:  Stichproben  auf  60  Seiten  im  H  ergaben  5, 
auf  10  Seiten  im  Q  3,  auf  60  Seiten  im  R  5  und  auf  20  Seiten 
im  W  5  solcher  Zusätze«  Die  beiden  Quellenverzeicbnisse  im 
2.  und  3.  Bd.  der  1.  Ausgabe  stehen  jetzt  yereinigt  und  etwas 
ergänzt  im  3.  Bd.  —  Da  Heynes  Wörterbuch  dank  seiner  Hittel- 
stellung zwischen  dem  Grimmschen  und  den  vielen  kleineren, 
meist  wenig  nutzbaren,  weil  einbändigen  Werken  noch  auf  lange 
hinaus  gerade  der  Schule  die  trefflichsten  Dienste  zu  leisten  be- 
rufen istf  so  wird  sich  der,  dem  die  Pflege  des  verwaisten 
Werkes  anvertraut  wird,  nicht  nur  um  einzelne  Textes- 
verbesserungen, sondern  auch  um  Zusätze,  soweit  sie  der 
gegebene  Rahmen  noch  zu  fassen  vermag,  Ersatz  einzelner  Zitate 
durch  andere  und  ähnliche  Verbesserungen  bemühen  dürfen.  An 
ihn  möge  daher  auch  die  folgende  kleine  Nachlese  gerichtet  sein. 
Ich  wähle  vorzugsweise  Wörter  aus  Dichtungen,  die  im  deutschen 
Unterricht  behandelt  werden.  Die  bei  H.  ganz  fehlenden  Artikel  sind 
durch  *  gekennzeichnet.  Heldentod:  schon  Uhland  1804,  Arndt 
1812  (bei  H.  erst  aus  Körners  Zriny  belegt);  himmelan:  Arndt, 
Schenkendorf  (U.  nur  aus  Lenau);  *  hochgeboren:  Schenkendorf; 
*Hocbgesang:  ders.;  *  Höllen  wicht:  Arndt  ('Wer  soll  der  Hüter 
sein?'  Bedeutung  an  der  Stelle  übrigens  nicht  sicher);  Hurra, 
Subst.:  Körner  (bei  H.  erst  aus  Freytag);  Kaiserblume:  Herder, 
Vorr.  zu  den 'Stimmen  der  Völker';  *Lanclespforte:  Arndt  (bei  H. 
könnten  dafär  die  nur  tautologisch  erklärten  Artikel  Landes- 
obrigkeit, -Sitte  fallen);  ^Lebenslos,  -blick,  -quelle:  Schiller; 
*Lügenschein:  Arndt;  "^^ unlenksam:  Götz  v.  B.  U  1  in  besonderer 
Bedeutung;  ^Männerstreit:  Arndt  (bei  H.  weniger  zweckvoll  und 
unbelegt:  -ehre,  -stimme,  -gesang);  mondbeglänzte  Zaubernacht: 
Tieck  vor  Eichendorfl';  "^^ Naturgebot:  Schüler;  Opfer tod:  Körner; 
Pfaffenknecht:  Volksl.  d.  16.  Jhs.  (Zeitschr.  f.  d.  Unt.  20,  143); 
PreBbengel  schon  in  Webers  Juvenalübersetzung  von  1835 
(U.  erst  1890);  ^Räuberbrut:  Körner;  *Rebenkranz:  Schenken- 
dorf; *  Sattelhenken :  Götz  V;  *schauervoll:  Schiller;  Schaugerust: 
Schiller,  Kran.  d.  I.;  "^ schreckenbleich:  Schiller;  Schwanengesang: 
Arndt;  siegestrunken:  Schiller;  ^Sündenangst:  Arndt;  *  Todes- 
braus, -graus:  Arndt  (bei  H.  zahlreiche  leichter  verständliche 
Zusammensetzungen);  "^Todesweihe:  Körner;  ^Volkheit:  Goethe, 
danach  Lagarde,   D.  Sehr.;    Weltmann:    Götz  II,  1    (H.  erst  aus 

MtMkr.  f .  4.  eTBBMUlwMM«    IiXI.    10.  46 


722  G.  Jacoby,  Herders  and  Kants  Ästhetik,  agx.  v.  H;  J.  Müller. 

Wildenbruch);  *  wildherzig:  K(^rner;  *  Wogenschwall:  Arndt  (auch 
*-prall);  *  Wortweiser:  Scherer,  Jak.  Grimm  '  180;  '^^  Wunderbau: 
Schiller  (auch  *-kind). 

Förstenwalde.  Friedrich  Weidling. 


Güntlier    Jteoby,    Herders    uad    Kants    Ästhetik.      Leipzig   1907, 
Dörrsche  Bochhandlnng.    X  n.  348  S.    8.    5,40  JC,  eleg.  geb.  6,30  JC* 

Daß  sich  zwischen  so  verschieden  gearteten  Männern, 
zwischen  Kant  einerseits,  Goethe  und  Schiller  andererseits, 
zwischen  Königsberg  und  Weimar,  zwischen  Poesie  und  Rationalis- 
mus Bande  geistigen  Einverständnisses  knäpfen  und  sich  in  die 
Gedankenwelt  unserer  Dichter  hineinweben  konnten:  diese  Tat- 
sache ist  so  merkwürdig,  daß  sie  die  Aufmerksamkeit  der  Literar- 
historiker und  der  Philosophen  auf  sich  ziehen  mußte.  Sie  darf 
zugleich  auf  das  Interesse  aller  Gebildeten  rechnen. 

Schon  längst  hat  man  daher  das  Abhängigkeitsverhältnis 
Schillers  von  Kant  wissenschaftlich  untersucht  und  es  öffentlich 
zur  Gellung  gebracht.  Unter  dem  Eindruck  der  sorgfaltigen 
Nachforschungen  von  Karl  Korländer*)  beginnt  man  neuerdings 
auch  die  Beziehungen  Goethes  zu  Kant  zu  studieren.  Um  so 
auffallender  ist  es,  wie  wenig  Interesse  man  der  Stellun^^nahme 
des  dritten  großen  Weimarers  entgegenzubringen  ptlegl:  Herders. 
Und  doch  war  Herder  der  einzige  in  Weimar,  der  Kant  persön- 
lich befreundet,  ja  ein  Apostel  Kantischer  Weisheit  gewesen  war. 
Und  doch  war  Herder  der  einzige  unter  den  Weimarer  Dichtem, 
bei  dem  der  philosophische  Sinn  wirklich  tief  gegründet  war. 
Und  doch  hatte  er  die  Gedankenwelt  Goethes  unendlich  viel  tiefer 
beeinflußt,  als  es  Schiller  und  Kant  durch  Schiller  vermocht 
hatten. 

Aber  es  scheint,  als  könne  man  es  Herder  niemals  vergeben, 
daß  er  Kant  angegriffen  hat;  und  es  scheint,  als  müsse  es  Herder 
für  immer  wie  ein  historischer  Makel  anhaften,  daß  er  in  der 
Zeit  der  Freundschaft  Schillers  und  Goethes  uneins  war  mit  den 
Weimarer  Diuskuren. 

Er  hatte  aber  recht.  Zum  mindesten  hatte  er  auf  dem 
Gebiete  der  Ästhetik  recht.  Auf  dem  Gebiete,  über  das  er  sein 
Leben  lang  nachgedacht,  und  dem  er  die  besten  Kräfte  seines 
weitschauenden  Geistes  geschenkt  hatte.  Auf  dem  Gebiete,  auf 
dem  ihm  Goethe  mit  dem  ganzen  Wesen  seiner  Persönlichkeit 
folgte  und  auf  dem  der  scharfsinnige,  aber  nüchterne,  ja  haus- 
backene Geist  des  Königsberger  Philosophen  nur  gar  zu  begreif- 
licherweise in  die  Irre  ging.  Auf  diesem  Gebiete  konnte  der 
Verfasser  der  „Ideen''  dem  Verfasser  der  drei  „Kritiken^*  das 
Richtigere  und  das  Tiefere  gegenüberstellen. 


*)  Vgl.  oben  S.  386  ff. 


ILCorBelins,  Leitf.  d.  dtsek.  Literalavgeseh^  agi.  v. R.  Riiiel.  723 

Der  Veif^  hat  »ich  die  Aufgabe  gestellt,  den  Kampf  Herders 
gegen  Kants  Ästhetik  ausföhrlich  xar  DarsteOung  xu  bringen.  Es 
galt  dabei,  der  Gedankenbildung  Herders  auf  den  Grund  xu  gehen 
und  die  geistige  Wurzelung  seines  ästhetischen  Hauptwerkes  an 
den  Fundamenten  der  Ästhetik  Eants  zu  messen.  Diese  Unto*- 
SQchungen  fährten  ihn  xu  dem  Ergebnis,  daß  Herders  Ästhetik 
feinsinniger  und  richtiger  begrfindet  ist,  als  die  Ästhetik  Kants. 
Es  ist  erstaunlich,  wie  wenig  das  tiefgründige,  weitblickende, 
lebensfrische  und  gesunde  Werk  Herders  die  Gunst  der  Gebildeten 
and  der  Gelehrten  hat  an  sich  ziehen  können;  wie  sehr  der 
Reichtum  und  die  Tiefe  seines  Gedankengehaltes  sich  durch  die 
unfreundliche  Oberfläche  der  Herderschen  Darstellungsweise  dem 
Verständnis  entzogen  hat;  wie  sehr  die  sch(^ne  und  an  sich  gewiß 
berechtigte  Verehrung  des  19.  Jahrhunderts  für  Kant  zu  einer 
falschen  oder  einseitigen  Beurteilung  des  Kant  feindlichen  Denkers 
geführt  hat. 

Hier  darf  das  20.  Jahrhundert  berichtigend  eingreifen.  Die 
wissenschaftlichen  Anschauungen  der  Natur,  der  Geschichte,  der 
Sittlichkeit  und  der  Religion  nähern  sich  in  der  Gegenwart 
weit  mehr  den  biologisch  gerichteten  Ideen  Herders  als  den 
rationalistisch  ^  orientierten  Doktrinen  Kants.  Es  ist  auf  dem 
Gebiete  der  Ästhetik  nicht  anders.  In  den  geistvollen  Unter- 
suchungen des  Mönchener  Ästhetikers  Lipps  und  in  der  lebhaften 
Debatte  um  den  Begriff  der  ästhetbchen  ,,Einfilhlung'*  feiert  in 
diesem  Äugenblick  die  Ästhetik  Herders,  die  er  im  Kampfe  gegen 
Kant  niedergelegt  hat,  eine  Auferstehung. 

Die  Arbeit  wird  an  ihrem  kleinen  Teile  mit  dazu  beitragen, 
das  Interesse  der  Gebildeten  auf  den  Kampf  Herders  gegen  die 
Kantische  Weltanschauung  hinzulenken.  Dieser  Eampf  ist  jeden- 
falls nicht  minder  bedeutsam,  und  er  ist  vielleicht  gehaltvoller 
und  tiefer  gehend,  als  die  einseitige  Abhängigkeit  Schillers  von 
Kant  oder  die  losen  Fäden,  die  Goethe  mit  dem  Kritizismus 
verbinden. 

Berlin.  H.  J.  Müller. 


1)  Karl  Coraelins,  Leitfadea  der  dentsehen  Literatargesehiebte 
ia  Fragen  aad  Aatwortea  mit  Aaga^  das  lahalta  and  des  Grnnd- 
Sedankens  der  Dichtaaf  ea.  Paderborn  1907,  F.  SehSaingh.  X  n.  230  S. 
8.    2,40  JC. 

Bas  Werk  ist  ffir  Repetitionen  in  der  Klasse  und  zur  Vor- 
bereitung bezw.  Wiederholung  för  Prüfungen  im  Deutschen  be- 
stunmt.  In  579  Fragen  und  Antworten  wird  die  ganze  deutsche 
Literatur  geschickt  vorgeführt  bis  Dahn  und  Baumbach,  und  zwar 
so,  daß  der  Verf.  z.  T.  erzählt,  z.  T.  wichtige  Fragen  im  Änschlufi 
an  die  Dichtwerke  erörtert,  welche  sich  zugleich  zur  Bearbeitung 
in  Äubätzen  eignen.  Hier  sind  manche  gute  Anregungen  und 
brauchbare  Gedanken  gegeben. 

46* 


f  24  ^*  Conieiias,  L6»tf.  d.  dtsch.  Ltlerator^escli.,  af^E%  v.  K.  KiazeL 

Auch  die  Fragen,  welche  jeden  Paragraphen  einleiten,  mögen 
für  manchen  Prüfling,  besonders  für  junge  Damen,  die  sieb  auf 
die  Lehrerinnen-I^äfung  vorbereiten,  ganz  nätzlich  sein.  In  der 
Form  aber  sind  sie  nicht  ohne  Bedenken,  wie:  „Was  ist  das 
Nähert  ober  den  Gebrancb  des  Pentameters?*'  „Woraus  wurden 
die  Stoffe  zn  den  Gedichten  entnommen?**  „Was  ist  Aber  die 
Poedie  dieser  Zeit  zu  sagen?'*  „Was  ist  das  Nähere  über  Kk>p- 
Stocks  Hauptwerk?**  u.  dgl.  Der  Verf.  hat  sich  mit  dieser  Form 
eine  m.  E.  unnütze  Kette  geschmiedet,  weiche  drückt. 

Daß  er  jede  andere  Art  Ton  Einteilung  und  Obersichtlicbkeit 
Unterläßt,  nicht  einmal  die  Hauptperioden  durch  Oberscbriften 
u.  dgl.  abhebt,  dient  dem  Buche  als  einem  Leitfaden  nicht  zur 
Empfehlung.  Bisweilen  sind  wenigstens  Trennungsstriche  gemacht, 
wie  zwischen  Geliert  und  Klopstock,  dessen  Betrachtung  mit  der 
Frage  beginnt:  „Welcher  berühmte  Dichter  trat  in  der  Folge  noch 
dem  Leipziger  Dichterbund  bei?*'  Bisweilen,  wie  zwischen  Klop- 
stock und  Lessing,  fehlen  auch  diese. 

Die  Auswahl  ist  angemessen  und  beschränkt  sich  im  wesent- 
lichen auf  das,  was  die  höhere  Schule  in  Betracht  ziehen  kann. 
Im  einzelnen  muß  man  allerdings  an  manchen  Stellen  Widerspruch 
erheben.  Er  trifft  zunächst  die  Poetik  and  Metrik^  welche  der 
Literaturgeschichte  vorangestellt  ist.  Gleich  der  erste  Satz,  welcher 
Poesie  für  „die  schüne  Darstellung  d^s  Schönen  durch  die 
Sprache"  erklärt,  ist  nicht  zu  halten.  Ebensowenig  die  Erklärung 
des  Rhythmus  als  „regelmäßige  Abwechslung  vm  kmgen  und 
kurzen,  von  betonten  und  unbetonten,  von  schweren  und  leichten 
Silben**,  und  des  Verses  als  „Verbindung  mehrerer  Versfüße  zu 
einem  Ganzen**.  Diese  Einteilung  in  Versfüße  mit  den  zw&lf 
lateinischen  Brzeichnungen  ist  veraltet;  das  Wesentlichste  aber, 
die  Besprechung  der  Dipodie,  ist  vergessen. 

Auch  die  Literaturgeschichte  gibt  vielfach  zu  Bedenken  Ver- 
anlassung. Es  seien  nur  wenige  Beispiele  angeführt.  Von  der 
Entstehung  der  Nibelungen  wird  gesagt:  „Ob  diese  verschiedenen 
Lieder  von  einem  oder  mehreren  Dichtern  zu  einem  Ganzen  ver- 
eint worden  sind,  und  wann  diese  Zusammenstellung  stattgefunden, 
hat  sich  bisher  noch  Qicht  feststellen  lassen,  toenn  auch  in  neuerer 
Zeit  (?)  der  Dichter  Kürenberg  genannt  wird,  der  ia  der  Mitte  des 
12.  Jahrhunderts  lebte*'!  —  Der  Grundgedanke  des  Parzival  ist 
schwerlich  in  §  61  genügend  gekennzeichnet.  Veldeke  wird  auf 
S:  2S  eine  zu  große  Bedeutung  als  Erfinder  der  Strophe  (?)  und 
Schöpfer  des  Minnesangs  eingeräumt.  —  Die  Kaiser,  denen  Walther 
diente,  sind  nicht  genannt;  daß  er  später  im  Kampf  gegen  die, 
vom  Verfasser  in  Anführungszeichen  gesetzten,  Anmaßungen  des 
Papstes  zu  anderer  Ansicht  gekommen  sei,  wird  kühn  behauptet 
Seine  Gedichte  werden  mit  Überschriften  zitiert,  ohne  daß  an- 
gegeben wird,  welche  Übertragung  der  Verf»  benutet.  Luthers 
Bedeutung  wird  gewürdigt,  aber  seine  spraofaschöpferische  Tätig- 


S.  R.  Ntgtl,  De«t«c|i«r  LitcrataratUs,  aa(fa.voa  K  Ripf  e).  72$ 

keil  Dicht  klar  gemacht;  das  Reformatiooslied  beginnt... nicht: 
Ein  e  fegte  Burg.  —  Daä  Sachs'  „(Ingleiche  Kinder  Eve'*  a,u8  ()er 
Bibel  geschöpft  sind,  kann  man  nicht  sagen.  —  Griaimelshauaeo 
heißt  nicht  Christian.  —  Die  Kapuzinerpredigt  in  „Walienstein^ 
L^er'^  stammt  nicht  aus  Megerles  „Judas  der  Erzschelm*'«  ... 

Es  ist  anzuerkennen,  daß  der  Verf.  viel  eigene  Arbeit  im 
sein  Werk  gewandt  und  manchen  ffirderlichen  Gedanken  bein 
gebracht,  hat  Für  die  Form  aber  werden  sich  nui:  wenige. 
begeistern. 

.  '  '  .  '.-1,1 

2)  Siegfried  Robert  Nagel,  Deutscher  Literataratlts.  Die  geo- 
graphische  aod  politische  Verteilaog  der  deatschea  Dichthog  in  ihrer 
Entwicklnijg  oebst  eineiD  Aohtsg  voa  Lebeasktrtea  der  bedeoteadstba 
Dichter  aaf  J5  Haapt-  oad  30  Nebeokarlea*  Wien  ond  Leipaig  1907^ 
Carl  Fromme.    6  JC, 

Nicht  die  Forschung  der  Iiiteraturgei3(;hichte,  wohl  i^r  dip. 
Darstellung  ist  durch  dies  eigenartige  Buch  bereichert  worden, 
und  hierdurch  wird  es  d^s  Interesse  der.  Fachgenossen  erregen. 
Wer  die  Fülle  der  allmählich. im  Kopfe  aufgespeicherten  und,  siciy 
drängenden  Gesichte  erfahren  hat  und  zuweilen  zu  ordnen  b^muMt  | 
ist,  der  weiß,  daB,:d^ei  sebr  oft  nicht  nur  die  Zeil  eine  HoUf  , 
spielt,  sondern  auch  der  Ort,  Synchronistische  Tabellen  gibt  es 
genug»  Aber  oft  steljt.  sich  das  Bedürfnis  ein,  zu  wissen, .  w^phf 
literarischen  Pers6n)iphkeiten  zu  einer  bestinimten  Zeit  an  denir 
selben  Orte  oder  m  derselben  Gt'gcnd  geweilt  oder  gelabt  babeUi 
eoderjerseits,  wer  von  gleichzeitigen  Picbtern  derselben  Landschaft 
entstammt  .i  ,,:....... 

Diese  Gesichtspunkt^  haben  den  Vf4f.  s^u  d^lP  VexsiJph.,  eiu^f 
solchen  AarsteiluDg  auf  Karten  veranlaßt,  in  deipen  ef*.  pur  den 
Namen  der  Landschaft,  des  Dichters  uod  seines  tl^ohn-'  oder 
—  auf  anderen  Kärtchen  —  seines  Geburtsorts  eingetragen  hat, 
Die  ßchwierigkeitep  in  Auswahl,  der  PeirsönlicLkeiten«  der  Zeit-  * 
punkte  und  anderer  bedeutsamer  Momente  waren  sehr  groß,  und 
es. gibt  hier  selbstverständlich  manche  Pun|(te,  welche  zui*  Er- 
örterung abweichender  Ansichten  herausfordern;  ^ber  wer  sich  in 
die  Kärtchen  vertieft,  wird  dem  Verf.  seine  Aoerkennung  für  da^ 
Geleistete  nicht  versagen.  Durch  Beschr^bung  ka)[|n  man  natür- 
lich davon  keine  Vorstellung  geben.  Es  folge  daher  hier,  nur 
eine  Obersicht  des  Gebotenen. 

Besondere  Schwierigkeit  machte  selbstverständlich  das  Mittel 
alter  wegen  der  Unsicherheit  der  räumlichen  und  zeitlichen  Be- 
stimmung vieler  Denkmäler  und  ihrer  Verfasser.  Um  so  inter- 
essanter ist  es,  auf  Karte  1  aus  der  althochdeutschen  Zeit  ($.  bis 
12.  Jh.)  und  aus  2  und  3  aus  der  mittelhochdeutschen  Zeit 
(Blüte  der  epischen  Dichtung  und  Blüte,  der  .lyrischen  Dichtung 
mit  einigen  Nebenkarten)  zu  sehen,  was  nun  einigerfnaßen  sichei^ 
lokalisiert  i$t.  Nr^  4  ^d  5  führen  uns  dapn  die  Reformationsn 
zeit  in  6  Karten»  Nr.  6  und  7  die  Zeit-  dps  großen  Krieges,  8  dJ4 


736    ^'  BavBaia»  Spraelpiyeholof^ie  «ad  Spraekvatarriclit, 

Gottsched«,  9  die  derVorklassiker  (Klopstodc,  Wiebiid,  Les8iog  etc.) 
vor.  Es  folgen:  10  Klassikerieit  mit  Hainbund  und  Sturm  und 
Drang  auf  Nebenkarten,  11  Klassiker  und  Romantiker,  12  Junges 
Deutsehland,  13  Dichter  um  1848. 

Hinweisen  möchte  ich  auf  einige  Ungleichheiten  in  der  Aue- 
ffihmng.  Zunächst  in  der  Behandlung  der  Vornamen:  bald  fehlt 
er  ganz  (Gottsched),  bald  ist  ein,  bald  sind  iwei  Buchstaben  ge- 
sellt. In  Nr.  10  (1773)  sollte  es  Ad.  Schlegel  heißen  statt 
A.  Schlegel.  Ebenso  ist  das  Verfahren  ungleich  bei  Angabe  von 
Orten;  bald  sind  sie  angegeben,  bald  fehlen  sie  wie  bei  Merck, 
Scbubart,  F.  H.  Jacobi,  wo  man  sie  ungern  entbehrt.  In  Neben- 
karte 2  zu  Nr.  10  steht  der  Zusatz  „nadi  Geburtsländern'*  (warum 
nicht  „Orten*'?),  in  Nebenkarte  1  fehlt  er.  In  dieser  Nebenkarte  2 
ist  der  eine  Wagner,  als  II  bezeichnet,  durch  die  Vornamen  H.  L 
und  das  Geburtsjahr  1747  näher  bestimmt,  sein  Namensvetter, 
der  Kasseler,  ohne  Vornamen  (Henrich)  und  Jahr  gelassen. 

Das  Geburtsjahr  wäre  auf  allen  Karten  wünschenswert  ge- 
wesen. Man  möchte  oft  schnell  wissen,  wie  alt  die  an  einem 
Orte  lebenden  Dichter  in  dem  ausgewählten  Jahr  (z.  B.  Nr.  12: 
Deutsche  Dichter  vom  Jahre  1815  oder  1832)  gewesen  sind. 

Sehr  höbsch  sind  die  beigefügten  sog.  Lebenskarten  von 
Walther  von  der  Vogelweide,  Luther,  Sachs,  Opitz,  Klopstock, 
Wieland,  Lessing,  Herder,  Schiller,  Goethe  (Leben  ohne  Reisen 
und  die  Reisen  besonders),  H.  Kleist,  Hebbel,  Grillparzer.  Hit 
einem  Blick  übersehen  wir  hier,  wie  viel  diese  Männer  in  der 
Welt  herumgekommen  sind;  und  daa  ist  gewifi  nicht  gleichgültig. 
Man  betrachte  nur  die  Lebenslinie  Kleists} 

Priedenau.  Ktrl  KinzeL 

Friedrich  BaoBAiiB,  Spraehjpfycliolosie  nzd  Spracbnaterrieht. 
Bloe  kritiaehe  Studie.    Hatle  a.  S.  1905,  M^z  Nieffleyer.    142  S.    6. 

E.  V.  Sallwflrk  („Fünf  Kapitel  vom  Erlernen  fremder  Sprachen*'), 
0.  Ganzmann  („Über  Sprach- und  Sachvorstellungen^O  ^^^  B.Eggert 
(„Der  psychologische  Zusammenhang  in  der  Didaktik  des  neu- 
sprachlichen  Reformunterrichts")  haben  versucht,  die  Methodik 
des  Sprachunterrichts,  besonders  des  neusprachlichen,  auf  psycho- 
logischer Grundlage  aufzubauen.  Baomann  untersucht  in  der 
vorliegenden  Schrift,  ob  die  von  ihnen  entwickelten  Theorien 
richtig  sind  und  deshalb  die  daraus  gezogenen  praktisdien  Kon- 
sequenzen Ansprach  auf  Anerkennung  haben.  Zunächst  beschäftigt 
er  sich  mit  E.  v.  Sallwflrk.  „Er  hat  die  Aufmerksamkeit  auf  die 
sogenannte  sprachliche  Anschauung  gelenkt,  ohne  ihr  Wesen  und 
Wirken  klar  zu  entwickeln  und  zu  bestimmen.  So  muBte  er  ihre 
Bedeutung  überschätzen  und  gelangte  auf  diesem  Wege  zu  sonder- 
baren und  ganz  unhaltbaren  Ansichten  über  Grammatik  und  Wort- 
bedeutung.   Ganzmann  hat  auf  Grund  der  Gegenüberstellung  Ton 


angez.  TOB  G.  Badde.  727 

Sprach-  und  Sachvorsteilungen  unter  Berücksichtigung  der  Schrift- 
sprache maSvolie  Forderungen  für  die  Praxis  des  Unterrichts  auf- 
gestellt und  durch  seine  solide  Auffassung  viel  zur  Klärung  bei- 
getragen. Aber  die  aus  seiner  Theorie  abgeleitete  Lehre  von  den 
Abstrakten  und  vom  Verbum  kann  wohl  niemanden  befriedigen, 
am  wenigsten  den  Sprachlehrer.  Eggert  hat  zwar  die  psychischen 
Vorgänge,  die  aller  Sprachtatigkeit  zugrunde  liegen,  ausführlich 
und  gewandt  dargestellt,  aber  seine  didaktischen  Folgerungen,  die 
auf  den  ersten  Blick  einen  überzeugenden  Eindruck  machen,  halten 
vor  einer  genaueren  Prüfung  nicht  stand,  weil  er  das  Wesen  der 
Schriftsprache  verkennt  und  ihren  Wert  viel  zu  gering  einschätzt*'. 
Bei  Eggert  ist  die  Beweisführung  lückenhaft;  seine  Schrift  verdient 
keineswegs  das  uneingeschränkte  Lob,  das  die  „Reformer*'  ihr 
gespendet  haben.  „Die  Anhänger  der  sogenannten  Reform  müssen 
sich  besonders  davor  hüten,  blindlings- zu  glauben,  was  sie  wünschen, 
wenn  es  ihnen  um  die  Sache  zu  tun  ist  und  nicht  um  das  Inter« 
esse  ihrer  Partei'*.  Somit  kommt  B.  zu  dem  Schluß,  daß  keine 
der  drei  genannten  Schriften  geeignet  ist,  eine  allgemeine  Grund- 
lage für  das  Verfahren  im  neusprachlichen  Unterricht  abzugeben. 
Es  empfiehlt  sich  überhaupt  nicht,  bei  der  Feststellung  der  Methode 
TOD  der  Psychologie  auszugehen;  hierfür  müssen  vielmehr  Er- 
wägungen anderer  Art,  die  mehr  praktischen  als  wissenschaftlichen 
Charakter  haben»  maßgebend  sein.  Vor  allem  ist  erst  einmal  das 
Lehrziel  zu  bestimmen,  ehe  man  sich  über  die  Methode  ent- 
scheidet Es  ist  die  Frage,  ob  es  sich  im  neusprachlichen  Unter- 
richt um  Bildung  oder  Fertigkeit  handeln  soll,  wie  ich  in 
meiner  Broschüre  „Bildung  und  Fertigkeit'*  die  verschiedenen  Ziele 
bezeichnet  habe.  Die  Fertigkeit  des  Sprechens  der  fremden  Sprache 
wird  offenbar  in  höherem  Maße  erzielt  durch  die  analytische 
Methode  als  durch  die  grammatische  Deduktion,  wenn  sie  auch 
nimmermehr  die  Schüler  zu  einem  wirklichen  Sprechenköniien 
ti&hrt.  Aber  bei  der  analytischen  oder  direkten  Methode  hört  der 
Sprachunterricht  auf,  den  Schülern  eine  wirkliche  geistige,  wissen- 
schaftlidie  Bildung  zu  übermitteln.  Diese  aber  muß,  wie  E  mit 
Recht  sagt,  das  eigentliche  Ziel  des  Unterrichts  sein,  nicht  die 
Sprechfertigkeit.  Der  Unterricht  soll  vor  allem  breit  und  tief  in 
die  Schriftsteller  einführen,  die  Schüler  müssen  vor  allem  die 
fremden  Sprachen  lesen  lernen.  Die  Schriftsprache  ist  für  die 
Schule  viel  wichtiger,  „da  sie  nicht  nur  in  der  Form,  sondern 
auch  ganz  besonders  nach  ihrem  Inhalte  eine  höhere  Stufe  der 
Entwicklung  des  menschlichen  Geistes  darstellt.  Niemand  wird 
behaupten  können,  daß  das  Studium  der  Umgangssprache  den 
Geist  mehr  bildet  als  die  Beschäftigung  mit  den  Werken  der  Dichter 
und  Denker*'.  Es  darf  nicht  vergessen  werden,  „daß  die  Schrift- 
sprache das  Erzeugnis  und  der  wichtigste  Träger  einer  höheren 
Kultur  ist'*.  Ebensowenig  wie  das  materiale  Ziel  der  Einführung 
in  die  fremde  Knltur  erreicht  man  mit  der  Methode  der  extremen 


728  B.  Steiner,  Sappho, 

Reformer  die  formale  Bildung,  die  Grammatik  und  Hiaäber- 
Setzungen  gewähren.  Man  darf  aber  diese  formale  Bildung  nicht 
überschätzen,  und  es  will  mir  scheinen,  daß  sich  auch  B.  von 
einer  solchen  Überschätzung  nicht  freihält.  Ohne  Frage  gewährt 
das  Sprachstudium  eine  wertvolle  formale  Bildung;  wir  dürfen  nur 
nicht  in  bezug  auf  die  neueren  Sprachen  jetzt  in  den  Irrtum  ver- 
fallen, in  dem  die  Altsprachler  Jahrzehnte  lang  in  bezug  auf  das 
Lateinische  befangen  waren  und  z.  T.  noch  sind,  daß  nämlich 
gerade  diese  formale  Bildung  die  beste  und  intensivste  sei.  Sonst 
beschwören  wir  wieder  die  Zeit  herauf,  in  der  im  sprachlichen 
Unterricht  der  Inhalt  der  Autoren  Nebensache  war  und  grammatische 
Erörterungen  und  Extemporalien  bis  oben  hin  den  Unterricht  be- 
herrschten. Es  ist  meine  feste  Oberzeugung,  daß  wir,  um  der 
Gefahr  eines  solchen  Rezidivs  sicher  zu  entgehen,  überhaupt  auf- 
hören müssen,  im  fremdsprachlichen  Unterricht  die  „formale 
Bildung**  als  zweites  Ziel  aufzustellen.  Sie  soll  ein  Ergebnis 
des  Unterrichts  sein  und  wird  ein  sehr  wertvolles  sein  können, 
wenn  der  Unterricht  richtig  erteilt  wird.  Dagegen  das  Ziel 
jedes  fremdsprachlichen  Unterrichts  muß  auf  der  Unter-  und 
Mittelstufe  „die  Aneignung  der  Sprache  sein,  soweit  sie  zu 
einem  erfolgreichen  Lekturebetrieb  erforderlich  ist**,  und  auf  der 
Oberstufe  „das  wirkliche  Lesen  der  Schriftsteller  und  damit  ver- 
ständnisvolle Einführung  in  eine  fremde  Kultur**.  Bei  der  richtigen 
Verfolgung  dieser  Ziele  fällt  den  Schülern  die  „formale  Bildung** 
ganz  von  selbst  zu. 

Hannover.  G.  Budde. 

B.    Steiner,    Sappho.     Jeot    1907,    Eugem    Diederiehe.     112  S.     kl.  8. 
2,50  M. 

Immer  wieder  locken  die  spärlichen  Fragmente  der  Sapfriio, 
den  Schleier,  der  über  das  Leben  und  die  Persönlichkeit  der 
Dichterin  gebreitet  ist,  zu  heben;  die  Aufgabe  ist  schwierig;  sie 
erfordert  ebenso  Gelehrsamkeil  und  wissenschaftlichen  Takt  als 
Geschmack  und  Phantasie.  Der  Verfasser  des  vorliegenden  Buches 
ruft  vor  allem  die  letztere  zu  Hilfe.  „Zum  Schluß  will  ich  be- 
kennen**, sagt  er  im  Vorwort,  „daß  ich  mir  nicht  einbilde,  das 
Bild  der  historischen  Sappho  gezeichnet  zu  haben.  Aus  so 
dürftigen  Fragmenten  kann  man  ein  Dichterleben  nicht  rekon- 
struieren. Ich  habe  nur  den  Versuch  gemacht,  die  Lucken  der 
Überlieferung  ein  wenig  auszufüllen  .  .  .**. 

Ist  nun  wenigstens  das  Fundament  des  Phantasiegebäudes 
solide?  Stützt  sich  die  Darstellung  überall  auf  eine  wissen- 
schaftlich begründete  Erklärung  und  Deutung  der  Fragmente? 
Diese  Frage  kann  nicht  bejaht  werden.  S.  25  lesen  wir:  „Jetzt 
sing  ich  I  Meinen  geliebten  Mädchen  ein  schönes  Lied  (fr.  11). 
So  begann  vielleicht  das  Gedicht,  in  dem  die  Sage  von  Leto  und 
Niobe    behandelt   wurde:     Leto  und    Niobe   waren   einst  traute 


■  ng  es.  voB  P.  Bacher  er.  729 

FreundinDeD  (fr.  31),  bis  der  Übermut  der  sterblicheD  Frau  die 
ansterbliche  Göttin  erzürnte'*.  Ein  arger  Hißgriff,  da  das  erste 
Fragment  ein  Teil  einer  sapphischen  Strophe,  das  zweite  ein 
daktylischer  Hexameter  ist.  —  Noch  kühner  werden  frg.  78,  65, 
35  zu  einem  Ganzen  zusammengezogen  S.  33:  „Vor  übertriebener 
Putzsucht  und  Eitelkeit  warnt  die  Dichterin:  Winde  mit  zarter 
Hand  I  Kränze  von  Dill  ins  Haar  !|  Und  ihr  rosenarmigen  Charitinnen 
I  Kommt  herbei,  schmücket  mein  liebes  Kind  !|  Aber  du  sei  nicht 
stolz  auf  den  Schmuck,! Schnell  vorüber  ist  Schönheit  und  Jugend'^ 
Einer  solchen  Verbindung  der  Bruchstücke  widerstrebt  nicht  biofi 
das  Metrum,  sondern  auch  der  Sinn.  Wie  kann  man  die  Mahnung 
aXXa  fkfi  (uyaXvyeo  dantvXiia  niqt  zusammenstellen  mit  der 
Aufforderung,  sich  zum  Opfer  mit  Kränzen  zu  schmücken  (Athe- 
naeus:  mg  svav^itszsqov  yoQ  xal  *€%aQiaikivov  ffrdfAAov  %o%q 
^sotg  naQayyilXsi  at€^cafoSa&a$  voitg  ^ovrag)^  Wozu  end- 
lich die  Chariten  fr.  65  herbeigerufen  werden,  darüber  gibt  das 
kleine  Bruchstück  nicht  die  leiseste  Andeutung.  —  Pädagogische 
Weisungen  an  Schülerinnen  sieht  Steiner  auch  in  frg.  69  u.  68. 
„So  spendet  sie  einer  begabten  fleißigen  Schülerin  freigebig  Lob: 
Keine  der  Jungfrauen,  die  mit  dir  leben,|wird  sich  größeren 
Ruhm  erwerben.  So  versucht  sie,  eine  Träge  durch  die  Aussicht 
auf  ruhmloses  Vergessen  werden  aufzurütteln  und  für  die  Musen 
zu  gewinnen:  Wenn  du  gestorben  bist, | Wirst  du  vergessen  sein; 
I  Keiner  wird  mehr  deiner  gedenken.  |  An  Pieriens  Rosen  hast  du 
keinen  Teil,  |  Unbekannt  gehst  du  ein  zum  Reiche  des  Hades,  | 
Schwebst  zu  den  dunkelen  Schatten'*.  Die  Beziehung  von  frg.  69 
ist  nicht  klar;  vielleicht  spricht  Sappho  von  sich  selbst;  sicher 
ist,  daß  es  nicht  an  eine  Schülerin  gerichtet  ist,  ebensowenig 
wie  das  wohl  zu  demselben  Gedicht  gehörige  frg.  68,  das  sich 
gegen  eine  reiche  und  hochmütige  Frau  wendet.  —  Daß  Sappho 
ihre  Mädchen  auch  zu  weiblicher  Handarbeit  anleitete,  schließt 
der  Verf.  ganz  verkehrt  aus  der  Erwähnung  des  Sxv&txov  ^vloy 
(frg.  167).  —  Schließlich  soll  sie  auch  mit  sokratischer  Ironie  auf 
ihre  Schülerinnen  eingewirkt  haben  (S.  36).  Hier  hat  Steiner  den 
Maximus  von  Tyros  falsch  verstanden,  der  doch  deulUch  genug 
sagt,  daß  diese  Ironie  nicht  ihren  Schülerinnen,  sondern  ihren 
Gegnerinnen,  der  Gorgo,  der  Andromeda,  der  Tochter  des  Pjly- 
anax  gilt,  die  übrigens  bei  Steiner  S.  59  zur  „launischen  Tochter 
des  Astyanax**  wird.  Er  hat  also  keinen  Grund,  allzu  verächtlich 
auf  „den  urteiislosen  Sophisten**  herabzusehen. 

Den  höchsten  Flug  nimmt  die  Phantasie  des  Verfassers  in 
dem  Kapitel,  das  von  Sapphos  Persönlichkeit  handelt:  Liebesleben 
in  der  Jugend  —  Resignation  —  Der  ewige  Abschied.  Allgemein 
nimmt  man  wohl  an,  daß  Sappho  die  Worte  ylvxs^a  ikäzeqy 
ov%oh  dvvafka^  mqixtfv  %6v  löxov  usw.  (fr.  90)  einem  Mädchen 
in  den  Mund  legt.  Nach  Steiner  spricht  hier  die  Dichterin  ihre 
eigene  Empfindung   aus;   auch   in   frg.  38   {j&q   di   natq   nida 


730  B*  Steiaer,  Sappho,  aoges.  von  F.  6«eher«r. 

(latsga  nemeQvjrcufjbat)  scheint  ihm  die  liebende  Frau  zum  ge- 
liebten Manne  zu  reden  (S.  49),  und  so  bezieht  er  auch  mit 
Weicker  das  erste  Gedicht  /7oix»Ao^^o>^,  a&dyaz'  ^Afpgodita 
auf  die  Liebe  zu  einem  Manne;  ausschlaggebend  ist  ihm  der 
Schluß  (Ti)  d*  avra  tfvfifiaxog  i<StSOy  den  er  übersetzt:  „Leih' 
mir  hilfreich  deine  himmlischen  Reize*'.  Allen  diesen  Annahmen 
gegenüber  ist  daran  festzuhalten,  daß  keine  Steile  der  Fragmente 
mit  Sicherheit  auf  die  Liebe  der  Sappho  zu  einem  Manne  ge- 
deutet  werden  kann,  und  daß  gegen  solche  Liebesgedichte  auch 
die  Oberlieferung  über  Sappho  spricht.  Es  wird  also  an  dem 
Bergkschen  Urteile  Omnino  Sappho  a  virorum  amoribus  abhorre- 
bat  nicht  zu  rütteln  sein. 

Besonders  charakteristisch  für  die  Methode  des  Verf.  ist  es, 
wie  er  in  diesem  Abschnitte  S.  55  ff.  die  Verse  avä&$  navta 
ifiXog  xal  top  in'  oüüotq  äftnitaaop  X^*^  (f^*  ^^)  ™i^  H^^^ 
einer  Szene  aus  einem  Drama  Shaws  zu  deuten  sucht.  Sappho 
und  Shaw! 

Um  denen,  welche  griechisch  verstehen,  die  Kontrolle  zu 
erleichtern,  ist  in  einem  Anhang  der  griechische  Text  der  Frag- 
mente beigefügt,  der  nichts  Bemerkenswertes  bietet,  als  daß  er 
ohne  Akzente  gedruckt  ist.  Einen  philologischen  Maßstab  wird 
man  an  denselben  nicht  anlegen.  Aber  er  sollte  wenigstens  zu 
den  in  der  Darstellung  gegebenen  Obersetzungen  stimmen,  was 
z.  B.  frg.  4  und  68  nicht  der  Fall  ist;  ferner  müßten  die  Frag- 
mente 46  und  49  fehlen,  die  ja  Teile  des  von  Schubert  ver- 
öffentlichten Gedichtes  sind,  das  hier  als  frg.  172  erscheint;  ebenso 
Itl,  das  doch,  wenn  man  fio»  schreibt,  der  Anfang  von  2  ist. 

Auf  die  Textgestaltung  legt  wohl  der  Verf.  bei  seiner  Gering- 
schätzung  der  Wortklauber   keinen   großen  Wert.    Mehr    tut  er 
sich  auf  seine  Obersetzungen    zugute.     Er   schreibt  S.  80:    „Bei 
einem  Kunstwerk  läßt  sich  das  beste  doch  nicht  vermitteln,  und 
jede  Obersetzung    eines  wirklichen  Gedichtes    ist  Barbarei,   wenn 
der  Obersetzer   nicht   zugleich   Dichter   ist.     Dann   aber  gibt   er 
keine  Obersetzung,  sondern  eine  Umdichtung,  ein  neues  Gedicht". 
Damit  der  Leser   selbst  beurteilen  kann,    ob  Steiner   diesen  An- 
forderungen genügt,   fügen  wir   zu   den  oben   gegebenen  Proben 
noch  die  Obersetzung  des  zweiten  Gedichtes: 
Den  Mann  müssen  die  Götter  selbst  beneiden, 
Der  bald  sein  dich  nennt  und  dann  immer  lauschet 
Deinem  süßen  Geplauder 

Und  deinem  reizenden  Lachen,  das  so  berückend 
Mir  in  die  Seele  dringt;  wenn  ich  dich  nur  an  schau, 
Bin  ich  meiner  nicht  mächtig;  es  stockt  mir  die  Rede 
Und  ein  lindes  Feuer  durchrieselt  die  Glieder. 
Dann  auf  einmal  wird's  mir  schwarz  vor  den  Augen, 
Ein  betäubendes  Brausen  tönt  mir  im  Ohre, 
Kalter  Schweiß  bedeckt  mich,  ein  zitternder  Taumel 


Q.HoratiFUeei  Caraint,  rae.F.  Vollaer,  agi.  ¥.  SAweikeft.  731 

Fa£t  mdoeD  ganseii  Leib,  mein  bleiches  Antlitz 

Wird  noch  fahler  ab  Gras  . . . 

Die  Seele  verläßt  mich  .  .  . 

In  meiner  Ohnmacht  glaub  ich,  ich  möBte  sterben  * . . 
Dazu  vergleiche  man  den  Kommentar,  den  Steiner  S.  80  ff* 
za  seiner  Dichtung  gibt:  „Und  diejenigen,  welche  Griechisch  ver- 
stehen, werden  bei  jeder  einzigen  von  meinen  Obersetzongen 
leicht  sagen  können,  worin  sie  hinter  dem  Original  zurflckbleibt. 
Bei  nnserm  zweiten  Fragment  zum  Beispiel  ist  es  mir  nicht  ge* 
langen,  neben  dem  Gefflhl  der  Eifersucht  auf  den  jungen  Gatten 
auch  noch  den  Vorwurf  der  Kfilte  auszudröcken,  der  denjenigen 
trifft,  welcher  würdevoll  und  erhaben  wie  ein  Gott  dem  jungen 
Weibe  gegenöbersitzt.  Noch  viel  weniger  vermochte  ich  zum 
Ausdruck  zu  bringen,  was  wie  ein  leichter  Schmers  durch  die 
Verse  zu  zittern  scheint,  ein  Geföhl,  das  nicht  ganz  frei  von  einer 
gewissen  Erotik  zu  sein  braucht:  Erinnerungen  an  die  eigene  Ehe, 
in  der  wohl  der  sinnliche  Liebeshunger  gestillt  wurde,  aber 
nicht  das  Verlangen  der  Seele.  Scham  packt  die  Dichterin,  wenn 
sie  zurückdenkt  an  ihr  erstes  Liebesleben,  dem  zu  wirklichem 
Liebesglück  so  viel  fehlte.  Angst  kommt  über  sie,  wenn  sie  sich 
vorstellt,  daß  ihr  Liebling  ebenso  unter  der  Kälte  und  den  bru- 
talen Trieben  des  Herrn  und  Gemahls  leiden  könnte,  wie  sie 
selbst  gditten  hat''. 

Doch   genug!    Uneingeschränktes  Lob   verdient   der  Verlag, 
der  das  Buch  gediegen  und  geschmackvoll  ausgestattet  hat. 

Heidelberg.  F.  Bucherer. 


1)  Q.     Borati    Fls««i    GarBim    reeaasut    Friderievt    Vollmer. 

Bditio   Mdor.     Liptite    MCMVlf,   B.  G.  Teobner.      VIH    ■.    391  S. 

2)  Die  CberlieferoBfSfesehiehte   des   Horai   von   -Fr.   Vollmer. 

Pbilolofvs    SnppleaeatlMiiid   X    2.  SeptrataMrvek.     Leipxif    1906, 
Dietriekieke  Verkssknehbendlug.    64  S.    1,60^. 

W.  von  Christ  faBte  in  seiner  verdienstvollen  Abhandlung 
über  die  Klassifikation  der  Horazhandschriften  (Sitzungsberichte 
d.  bayerischen  Akademie  d.  Wiss.  1893,  pbilos.-histor.  Klasse 
S.  83  ff.)  das  Ergebnis  seiner  Untersuchungen  in  folgenden  Worten 
zusammen;  „Ich  schlieBe  mit  dem  Wunsche,  es  möchte  jemand 
auf  dieser  Grundlage  [V,  A,  B  (C),  F{L  =  k'  Kellers')),  E  (R  D  g)] 
einen  Horaztext  mit  kurzem  kritischen  Apparat  herstellen;  es 
ivürde  eine  solche  Ausgabe  eine  wesentliche  Vereinfachung  des 
Apparates  der  beiden  Ausgaben  von  Keller-Holder  ergeben  und 
die  völlige  Wertlosigkeit  des  kritischen  Apparates  von  Orelli  auch 


^)  Ich  gebraoehe  die  Zeiehen  der  Aaeseke  von  Keller-Holder,  die  sich 
koiMilieh  gan  eiobiirfera  werden. 


732  '     Qkflor»ti  FUcei  Ctrmitta,  recF.  Vollner^ 

io  der  neuen  Bearbeitung  von  Hirschfelder-Mewes  dartun".  Dieser 
Aufgabe  bat  sieb  Vollmer  in  der  neuen  Ausgabe  unierzogen.  Er 
weist  in  der  Adnotatio  die  lestimonia  nacb,  nicbt  sie  selbst,  aber 
die  Stellen,  wo  sie  zu  finden  sind,  und  gibt  einen  recht  knappen 
bandscbriftliciien  Apparat.  Inscriptio  und  Subscriptio  hat  er 
weggelassen. 

Zur  Ergänzung  der  von  Christ  als  UQenlbehrli«b  bezeichneten 
Handschriften  hat  er  noch  herangezogen:  a,  d  und  n;  ötwFX* 
faßt  er  unter  der  Chiffre  0  zusammen.  Er  hat  die  Handschriften 
gelbst  nicht  neu  verglichen,  sondern  stützt  sich  auf  den  Apparat  von 
Keiler- Holder.  Praef.  S.  VH  bemerkt  er:  ,Non  in  animo  habebam 
superAuam  et  inutUem  redd^re  editionem  Kelleri  Holderique 
maiorera,  «ed  quasi  ducem  et  hicem  praebere  in  perscrutanda 
diiudicandaque  amplissima  maieria  a  viris  chalceoteris  optiroeque 
meritis  eollecia'  und  S.  3 :  ,Nota  sigoa  0  vel  (H)  non  indicare 
suas  lectiones  in  omnibus  prioris  vel  alterius  classis  libris  in- 
veniri,  sed,  quantum  cognosci  licet,  infuiase  in  Ulis  vetustissimis 
apographis,  proinde  cave  ex.  silentio  mep  de  xingulofim  codicum 
lectionibus  coniecturam  facdre,  quas  est  inspioere  apud  Kellerum 
Holderumque'.  Er  setzt  nämlich  0  »  A  B C  (E)  D  (a),  (g) »  V  R 0^  g 
und  erläutert  dies  S.  4  durch  Fata  poematum  imagine  reprae- 
sentata.  Er  bezeichnet  mit  (I)  und  (Q)  zwei  Apographa  des  codex 
Mavortianus  cum  commento  Porphyrionis  a  neseioquo  docto  Caro- 
line inventus  et  propagatus.  Auf  diese  beiden  Apographa  aus 
Karolingischer  Zeit  fuhrt  er  also  die  gesamte  Überlieferung  zurück, 
wie  er  das ,  iq  der  unter  2.  genannten  Schrift  zu  begründen  ver- 
sucht hat. 

In  der  Unterscheidung  der  beiden  Gruppen  folgt  er  Christ 
und  Leo,  der  in  einer  Anzeige  der  zweiten  Auflage  des  ersten 
Bandes  der  Editio  maior  von  Keller-Holder  (GÖtliDg.'  gelehrte 'An^ 
zeigen  1904,  H  S.  849  fr.)  seine  Ansicht  über  die  Texlgeschichte 
des  Horaz  eingehend  entwickelt  hat,  nur  daß  diese  deiv  cod.  V 
eine  selbständige  Stellung  neben  den  beiden  Gruppen  zuweisen. 
Soweit  Vollmer  über  Leo  hinausgeht  oder  von  ihm  abweicht,  sind 
seine  Aufstellungen  nicht  ohne  Anatand.  Die  Bedenken,  welche 
W.  Kroll  in  der  DLZ.  1906  Sp.  1053  ff.  vorgetragen  hat,  sind 
durchaus  begründet.  Paß  im  7.  und  8.  Jahrhundert  alle  Horaz*- 
handschriften  bis  auf  ein  Exemplar  der  editio  Mavortiana  zugrunde 
gegangen  sein  sollen,  ist  eine  allzu  kühne  Hypothese,  nicht 
minder,  daß  Sat.  I  10,  1 — 8  von  Heiriq  von  Auxerre  „eben  für 
die  interpolierte  Rezension  des  Horaz  gemacht  worden  sind,  die 
wir  in  0  erhalten  haben''  (S.  302  A»  89).  Das  Verzeichnis  der 
allen  Handschriften  gemeinsamen  Fehler,  welches  Vollmer  S.  279  ff. 
zusammenstellt,  ist  zu  umfangreich.  Kroll  vermutet,  daß  Vollmer 
in  diese  Liste  alle  Stellen  aufgenommen  habe,  an  denen  er  in 
seiner  Ausgabe  von  der  Überlieferung  abweicht.   Ich  finde  aber  in 


aage«.  voD  B.  Seliweikert.  733 

der  Ausgabe  Carro,  I  20,  1:  poiaÜs,  Dicht  foiavi;  Carm.  IV  5  18: 
ntiirnr  rwra,  nicht  nuirü  farra;  Sat.  I  1,  88^):  «t,  nicht  sie; 
Sat.  I  4,  141:  vmiat,  nicht  venkt;  Sat.  1  6,  131:  patruus,  nicht 
praetor;  Epist.  I  13,  16:  im,  nicht  n«v;  Epiat.  II  2,  80:  conTo^^la 
ohne  den  Zusatz  ,»noch  nicht  verbessert^'.  Eine  Reihe  von  Les^ 
arten,  die  in  unseren  besten  Ausgaben  stehen,  bezeichnet  Vollmer 
als  allen  Handschriften  gemeinsame  Fehler.  Die  Vergleichung  der 
Lesarten  erscheint  aber  bei  der  Verquickung  unserer  Handschriften*) 
überhaupt  weniger  geeignet,  die  Geschichte  der  Überlieferung  auf^ 
zuklären  als  die  äußeren  Kennzeichen:  1.  die  inscriptiones  und 
die  subscriptiones,  2.  die  Abteilung  der  Gedichte,  3.  die  Reihen- 
folge der  einzelnen  Bücher,  4.  die  Interpolationen  (Sat.  I  10, 
1 — 8),  5.  die  beigeschriebenen  Schollen  und  Glossen.  Das  er- 
kannt und  ausgenutzt  zu  haben,  ist  das  Verdienst  von  Kießling, 
Christ  und  Leo* 

Wichtig  und  wesentlich  ist  die  Stellung,  welche  Vollmer  zu 
dem  Blandinius  vetustissimus  des  Cruquius  einnimmt.  Er  stellt 
(S.  307)  13  gemeinsame  Fehler  von  Apographon  (Q)  und  (S)  zu- 
sammen; „aber  ®  stimmt  im  Falschen  oder  im  Wahren  sehr  oft 
gegen  (Q)  zu  (J)^'  (S.  308).  Daher  vermochte  Keller  (Epilegomma 
8.  803)  ihn  in  sein  Dreiklassensystem  nicht  einzureihen,  in  der 
Adnotatio  der  neuen  Auflage  seiner  Ausgabe  erwähnt  er  seine 
Lesarten  überhaupt  nicht  mehr.  In  seiner  Besprechung  der 
Schrift  Vollmers  Rh.  Mus.  1906  (60)  S.  87  merkt  er  es  „mit 
großer  Satisfaktion  an,  daß  Vollmer  an  einer  ganzen  Reihe  von 
Stellen  seine  Geringschätzung  der  Zuverlässigkeit  des  Cruquius 
und  der  angeblichen  Lesarten  des  Blandinius  betont'' ;  er  ist  aber 
enttauscht,  da  Vollmer  an  der  „von  den  Blandinischen  Götzen- 
dienern besonders  ästimierten  Stelle  Sat.  I  6,  126  unfaßlicher 
Weise  in  die  alten  Irrtümer  verfallt".  Und  in  der  Tat  wird 
Vollmer  an  dieser  Stelle  seiner  Theorie  untreu,  wenn  er  nicht 
mit  Keller  schreibt:  Admonuit,  fugio  rabiosi  tempora  signi.  Er 
rechtfertigt  das  S.  309:  „Es  ist  durch  nichts  zu  erweisen,  daß 
rabiosi  tempora  signi  in  Apographon  I  gestanden  hat;  freilich  haben 
es  unsere  einzigen  Vertreter  dieses  Apographons  aED,  aber  diese 
sind  auch  an  anderen  Stellen  vielfach  interpoliert,  die  reinen 
alten  Zeugen  ABC  fehlen  in  diesem  Teil  der  Satiren;  hätten  wir 
sie,   so  wurde  ohne  Zweifel   der  Blandinius   nicht  allein  stehen''. 

Dazu  bemerkt  Kroll  a.  a.  0.  S.  1055:  „Einer  vorgefaßten 
Meinung  zuliebe  müssen  die  Tatsachen  umgedeutet  werden*'. 

^)  lo  der  Aasgabe  folgt  Vollmer  der  OberlieferDog;  io  der  Abhaud- 
liitg  wechselt  er  mit  Sernoo.  nad  Stt;  ich  xiehe  die  Gleichmäßigkeit  des 
Titels  vor. 

*)  Keller,  Rh.  Mus.  1906,6]  S.  85:  Die  meisten  ältesten  Handscbrifteu 
zeigen  systematische  Rorrektar  oder  Beischrift  von  Variaoteo  aus  anderen 
Handsehriftea. 


734  Q-  Hortti  FUeei  CtrmiBt,  ree.  F.  VoUner, 

„Aber  Porphyrio  bezeugt  doch  auch  rMm  lempors  mpu? 
Nein,  wir  haben  hier  einfach  zu  folgern,  daß  die  dürftige  Glossd 
€ameulare$  die$  dicir,  gm  iunt  eohraHuimi  und  ihr  Ableger  in 
achol.  r  nicht  echter  Porphyrie,  sondern  Karolingische  Weisheit 
ist,  die  natürlich,  nachdem  im  Text  die  alte  Lesart  verschwunden 
war,  auch  das  alte  Scholion  zu  der  Stelle  Terdringte.  —  DaB 
Porphyr,  das  Wort  trigimem  erklfirt  hatte,  ist  sicher**  (S.  309  u. 
A.  111).  Aber  an  anderen  Stellen  bezeugt  Porphyrio  ausdrücklich 
das  Auseinandergehen  der  Oberlieferung  nicht  bloß  bezAglich  der 
Absonderung  der  Gedichte  (Carm.  1  7,  l5.  III  24,  25.  IV  15,  in. 
Sat.  II  2,  53),  sondern  auch  der  Lesarten.  (Carm.  II  6,  24.  III 
6,22  (vgl.  Priscianus);  SaL  II  1,79.  3,69;  166;  238  usw. 
Vergl.  meine  Abhandlung  De  Porph.  et  Acr.  scholüs  Horatianis 
S.  33.  Vollmer  Anm.  127.  Graffunder,  Entstehung  und  Verfasser 
der  Akronischen  Horazscholien  Rh.  Mus.  1905  (60)  S.  132). 
Vollmer  ist  abo  genötigt,  auch  die  Redaktion  des  Kommentars 
des  Porph.  in  die  Karolingerzeit  berabzuriicken.  „Was  wir  Porpb. 
zu  nennen  gewohnt  sind,  die  Schollen  des  Vatic.  3314  und  Monac 
lat  181,  ist  weder  der  vollständige,  noch  der  reine,  d.  h.  in  seiner 
Gesamtheit  echte  Kommentar  des  Porphyrie ;  es  ist  vielmehr  eine 
in  der  Karolingerzeit  wohl  zu  Lorsch  gemachte  und  dann  weiter 
verbreitete  willkürliche  Sonderabschrifl  der  Schollen  einer  Hand- 
schrift der  zweiten  Klasse  des  Horaz''  (S.  313). 

Unsere  gesamte  Oberlieferung  aber  der  Gedichte  des  Horaz 
fuhrt  Vollmer  zurück  auf  die  editio  Porphyrionis  cum  commento, 
die  durch  den  codex  Havortianus  den  Karolingern  vermittelt  sei. 
Wir  wisssen  aber  gar  nicht,  daß  sich  die  Kollation  des  Mavortius 
auf  den  ganzen  Horaz  bezog,  und  finden  seine  Unterschrift  nur 
in  einigen  Handschriften.  Seine  Tätigkeit  ist  zudem  schwerlich 
eindringend  gewesen.  Vgl.  Leo,  Götting.  gel.  Anzeig.  1904,  2, 
S.  855  und  1899  S.  174  Anm.  —  Daß  Porphyrio  den  Text  des 
Horaz  mit  Anmerkungen  versehen  hat,  ist  nach  der  Bemerkung 
zu  Sat.  I  9,  52 :  Ne  n$ouH  sä  frequauer  oifmibre,  qui$  quae  vertm 
habeat  am  unde  meipiai  loqui^  hoe  ifbiemandwm  est  ileäiceps,  «rt 
$ufra^  ¥i,  übt  duo  pmcTa  Mtlerpostirii  swU,  aUeram  p$rtonam  lofm 
nUeUegat  (de  Porph.  et  Acr.  Schol.  Hör.  S.  46).  Vollmer  freilich 
meint,  daß  „diese  Notiz  späteren  Ursprungs  sein  kann,  ja  wohl 
sicher  ist''  (Anm.  126).  Die  beherrschende  Stellung  des  Porphyrio 
för  die  Textüberlieferung  des  Horaz  kann  ich  nicht  anerkennen. 
Ich  stimme  Keller  (Rh.  Mus.  1906  S.  89)  bei,  soweit  es  sich  um 
Porphyrio,  nicht  um  Probus  handelt:  „Mit  dem  ganz  gleichen 
Rechte  wie  auf  Probus  könnte  man  die  gesamte  Horaztradition 
auf  den  echten  Acren  zurfickföhren;  ja  dies  kommt  mir  noch 
viel  wahrscheinlicher  vor,  da  dieser  Gelehrte  ausdrücklich  als  der 
allerbeste  Erklärer  in  der  bekannten  Lebensbeschreibung  bezeichnet 
wird'^  Es  kommt  hinzu,  daß  alle  älteren  guten  Handschriften 
Acronische  Randscholien  haben,  ein  selbständiger  Kommentar  des 


tngei.  voo  B.  Sehweikert  735 

Acron  aber  ia  älteren  Handschriften  nicht  überliefert  ist^).  Ich 
habe  daher  schon  in  der  oben  angeführten  Abhandlung  S.  48  und 
in  dem  Koblenzer  Programm  vom  Jahre  187t  (De  Acrone,  qui 
ferlur,  Horati  scholiasta)  S.  9  darauf  hingewiesen,  daß  die  Vul- 
gata  und  wahrscheinlich  auch  die  Hauptbestandteile  des  Commen- 
tator  Cruquii  auf  Acron,  der  in  Hadrianischer  Zeit  lebte,  zurück^ 
geben.  Nachdem  wir  durch  den  unermüdlichen  Fleiß  von  Holder 
und  Keller  einen  diplomatisch  gesicherten  Text  der  beiden  Kom- 
mentare erballen  haben,  wird  diese  interessante  Frage  sich  weiter 
aufhellen  lassen. 

Sat.  I  10,  1 — 8  hat  Vollmer  in  die  Adnotatio  verwiesen, 
Epod.  9,  16  nimmt  er  den  Ausfall  von  zwei  Versen  an,  Epist.  I 
18, 91  von  einem  Verse.  In  den  Oden  hat  er  nur  Carm.  IV 
8,  15 — 19  nach  Lachmann  als  Interpolation  eingeklammert.  Es 
muß  aber  noch  weiter  interpoliert  sein,  wenn  das  Gedicht  sich 
dem  Lachmann- Heinekeschen  Vierzeil«*ngeselz  fugen  soll.  Vollmer 
bat  Vers  1  —  12  in  Strophen  abgeteilt,  den  Rest  des  Gedichtes 
ungeteilt  gelassen.  Konsequenter  ist  Keller  verfahren,  der  auch 
in  den  ersten  drei  BOcbern  dieses  Gesetz  nicht  durcbgeföhrt  hat, 
da  die  Oberlieferung  nichts  davon  weiß'). 

Angehängt  sind  dem  Texte  -der  Gedichte  in  der  Ausgabe 
1.  Initia  Garminum,  2.  Aunales  Carminum,  3.  Conspectus  metro- 
rum,  4.  Hetrica  et  Prosodiaca,  5.  Notabilia  Grammalica,  6.  Index 
Nominum :  sehr  sorgfiltige  und  übersieh tliche  Arbeiten.  Zu  Sat.  11 
1,  68  merkt  er  S.  342  cOp6rlo  (im  Text:  cooperto),  zu  A.  P.  65 

Salus  (-adis)  (S.  345)  an.  Im  Text  Mt  er  an  letzterer  Stelle  die 
beriieferung  bestehen,  die  auch  Keller  geändert  hat.  S.  345,11: 
Carm.  I  13, 6  manä  umar  (so  Kießling  I  S.  XVII),  im  Text  Vollmers 
steht  wuoieta  umor. 

Von  Fehlern  oder  Versehen  ist  das  Buch  nicht  ganz  frei; 
auf  der  letzten  Seile  sind  Addenda  und  Corrigenda  zusammen- 
gestellt. Ich  habe  mir  außerdem  angemerkt:  S.  336,  4:  4,  14, 
17  statt  4,  14,  7;  S.  346,  24:  p.  349,  23  statt  24;  S.  352,  35: 
3, 21, 14  statt  2,  21, 14;  S.  353,  5:  1,  9, 17  statt  19, 17;  S.  354, 
22:  serm.  2,  3,  56  sUtt  2,  3,  56;  S.  357,  41 :  permixerunt,  Text: 
permmxenmi;  S.  358,42:  1,35,33  statt  1,15,33. 

Die  Ausgabe  bietet  also  eine  dankenswerte  Vereinfachung  des 
kritischen  Apparates  der  Keller-Holderschen  Ausgabe,  die  Vollmer 


^)  Keller,  Peeodotcroiiis  Bcholit  in  Hör.  vetostiora  1  S.  VI  setzt  cod.  p 
=»  Paris,  lat.  7988  indes  13.  Jahrb.;  II  S.  XVI  (Siglornm  ezplicatio)  in  das 
15.  Jahrh.  auctore  Chttelain  ^11  S.  508).  Damit  ist  der  Anoabme  GrafTuuders 
(Hh.  Mos.  1906  S.  142),  daß  noch  im  13.  Jabrh.  ein  selbständiger  KommenUr 
des  Aeron  forbanden  gewesen  sei,  die  Stütze  entzogen. 

*)  Htnßner,  De  Hör.  earminnm  libri  qoarti  octavo,  Freiburg  1876,  S.  13 
meint,  in  den  drei  ersten  Büebern  hebe  Horaz  das  Gesetz  beobachtet,  in 
dem  vierten  Boebe  habe  er  es  aufgegeben ;  in  seiner  Aasgabe  hat  er  es  auch 
in  den  ersten  nSchen  aufgegeben. 


736  Georges,  Lat.-dUch.  usw.  Sehalwb'rterb.«  agz.  v.  Morirenstern. 

Dicht  überflüssig  macfaeD  will,  und  die  für  wigsenfichaftiiche  UDter- 
suchungen  auch  ferner  nicht  zu  entbehren  sein  wird. 

Bonn.  E.  Schweikert. 

1)  K.E.  Georges,  Ltteiniseh-deutscbes  ood  devtsch-ltieioiselies 
Schalwörterbach..  Hansover  aod  Leipzig,  Hahnsehe  Buehhaadlnog. 
Lateioisch-deutscber  Teil.  Zehote  Aasgabe  io  der  amtlichen  Recht- 
schreibung. 1907.  993  S.  8.  geb.  5,50  JL,  —  Deutsch-lateinischer 
Teil,  ausgearbeitet  von  weil.  Brost  Georges,  Pfarrer  so  Hochhein  bei 
Gotha.  Achte  Aasgabe  in  der  amtlichen  Rechtsehreiboog.  1906.  864  S. 
8.    geb.  5,50  JC, 

Der  Altmeister   der   lateinischen   Lexikographie  Karl  Ernst 
Georges    hat    bekanntlich,     um    allen    Bedürfnissen    entgegen- 
zukommen,   von  seinem  bewährten  Wörterbuche  drei  verschieden 
starke  Ausgaben  veranstaltet,  das  Ausführliche  Handwörter- 
buch, das  Kleine  Handwörterbuch  und  das  Schulwörter- 
buch.   Von  dem  ausführlichen  Handwörterbuche  umfafit  die  letzte 
(7.)  Auflage  des  lateinisch-deutschen  Teiles  (erschienen  1879  and 
1880)  2878    und    3210  Spalten,   des   deutoch-lateinischen  Teiles 
(erschienen  1882)   2052   und   2032  Spalten.     Das   kleine  Hand- 
wörterbuch,   das   seit   der   6.  Auflage   der  jüngere  Sohn,    Prof. 
Dr.  Heinrich  Georges,  Bibliothekar  der  Herzoglichen  Bibliothek 
in  Gotha,    bearbeitet,   ist   bei   gleichem  Format  (groBoktav)  etwa 
halb  so  umfangreich.     Der  lateinisch-deutsche  Teil,   der  1902  in 
8.  Auflage  erschien,  enthält  2742  Spalten,  der  deutsch-lateinische, 
dessen     letzte    (6.)    Auflage    aus    dem    Jahre    1898    herrührt, 
2624  Spalten.     Die   letzte  Neuausgabe    bat   das  Schulwörterbuch 
erfahren,  dessen  deutsch-lateinischer  Teil  von  dem  älteren  Sohne, 
dem    inzwischen    auch    verstorbenen   Pfarrer    Ernst  Georges, 
verfaßt  ist.     Der  lateinisch-deutsche  Teil  hat  in  der  10.  Ausgabe 
von  1907  993,   der   deutsch-lateinische   in    der  8.  Ausgabe    von 
1906  864  Seiten.    Das  Format   ist   kleiner  als   das   der   beiden 
Handwörterbücher,   sodaß   der    Umfang    der  drei  Ausgaben   sich 
etwa  verhält  wie  4:2:1.     Wer  nach  dem  Tode  der  beiden'  Ver- 
fasser  die  Neubearbeitung   besorgt  bat,   ist  weder  aus  dem  Vor- 
wort,   das   seit   der  ersten  Auflage   nicht  erneuert  ist,   noch  aus 
dem  Titelblatt   zu  entnehmen,    doch  sind   laut  Angabe  eines  ge- 
druckten Prospekts   der  Verlagshandlung   beide  Teile   von  Herrn 
Prof.    Dr.    Heinrich   Georges    in    Gotha    sorgfältig   revidiert    und 
ergänzt. 

Der  lat.-deutsche  Teil,  dessen  erste  Auflage  im  Jahre  1875 
erschien,  berücksichtigt,  wie  der  Titel  sagt,  außer  den  Schul- 
schriftsteilern  noch  Terenz,  Vellejus  Paterculus,  Justin 
und  Eutropius,  dagegen  nicht  Calull,  Tibull  und  Properz. 
Poetische  und  prosaische  Ausdrücke  sind  unterschieden,  nur  ein- 
mal vorkommende  Wörter  gekennzeichnet.  Auf  etymologische 
Angaben  ist  verzichtet.  Die  Eigennamen,  die  früher  einen  be- 
sonderen Anbang   bildeten,   sind  jetzt,    zum  Vorteil   für  die  Be- 


H.  Meag«,  Lftt.*dt8«]i.  SckalwörUrbnHi,  »gi.  y.  M^rg^uBitr^  731 

nutlulig,  eingereiht  worden.  Dasselbe  wörde  sich  auch  fttr  den 
geographischen  Anhang  des  deutsch-lateinischen  Teiles  empfehlen, 
da  ein  Alphabet  för  den  Benutzer  bequemer  ist  als  zwei  Alpha* 
bete.  Selbstverständlich  ist  in  beiden  Teilen  nunmehr  die  amt- 
liche Rechtschreibung  zugrunde  gelegt,  was  fQr  den  zweiten  Teil 
eine  Reihe  von  Umstellungen  nötig  machte.  Bei  der  nächsten. 
Auflage  wäre  es  wQnsclienswert,  auch  die  lateinische  Recht* 
Schreibung  einer  Durchsicht  zu  unterziehen  und  den  Schreibungen 
AppennmuBj  Ätuatuä,  Clgtaemutra  (ohne  n),  Aolomoeiis,  Jjer$e$ 
usw.,  die  die  vorliegende  Ausgabe  noch  nicht  kennt,  zu  ihrem 
Rechte  zu  verhelfen.  Ebenso  wörde  es  sich  empfehlen,  die 
Quantitätsbezeichnungen  (besonders  bei  den  Eigennamen  des 
Bellum  Gallicum)  nachzuprQfen.  Um  nur  ein  Beispiel  ankufilhren, 
so  fehlt  bei  flagro  und  seiner  Sippe  das  Zeichen  der  Körze  auf 
dem  a  (vgl.  Verg.  Aen.  2,  685:  crinemque  flagrantem).  Das 
kommt  z.  B.  für  die  Aussprache  von  deflagro  in  betracht. 

Bei  einer  Prüfung  der  Stichwörter  auf  ihre  Vollständigkeit 
vermiBlea  wir  von  Appellativen  nur  matrimus  (Cic.  har.  resp.  23), 
von  wichtigeren  Eigennamen  Diviciacus  und  den  bei  Cicero,  Uoraz, 
Vellejtts,  Tacitus  und  Justin  vorkommenden  Partherkönig  Pacorus. 
Auch  die  geographischen  Eigennamen  im  deutsch-lateinischen 
Teile  ließen  sich  vermehren  (St  Gotthard  Adülas  m.;  Stettin 
*Sedmufn). 

Die  Beliebtheit,  deren  sich  die  Wörterbücher  von  Georges 
erfreuen,  ist  eine  wohlverdiente;  sie  verdanken  sie  ihrer  Voll* 
ständigkeit  innerhalb  des  gesetzten  Rahmens,  der  Reichhaltigkeit 
der  Beispiele  und  der  Verläßlichkeit  der  Angaben.  Zu  diesen 
inneren  Vorzügen  kommt  noch  der  große,  deutliche  Druck  und 
der  billige  Preis.  Diese  beiden  handlichen  und  dauerhaften  Halb- 
franzbände für  zusammen  \\  JC  eignen  sich  zu  treuen  Begleitern 
jedes  Gymnasiasten  während  sehier  ganzen  Schulzeit. 

2)  UermtBa  Mea^e,  Lateioisch-deiitsehes  Schulwörterbneh  mit 
besonderer  Ber'dcksiehtisiiiiig  der  Etymologie.  Berti  d  1907,  Laa^n- 
seheidtfeke  Verlsfsboehhaadlvof  (Prof.  G.  LaogODfleheidt).  XVI  o. 
813  S.    gr.  8.    geb.  8  JC. 

Der  unermödiiche  Hermann  Menge,  dem  wir  außer  zahlreichen 
anderen  wertvollen  Schriften  —  ich  nenne  nur  das  Repelitorium 
der  lateinischen  Syntax  und  Stilistik,  das  1905  in  8.  Auflage  er* 
schienen  ist  —  auf  dem  Gebiete  der  Lexikographie  bereits  ein 
griechisch-deutsches  Schulwörterbuch  verdanken,  das  seit  seinem 
Erscheinen  im  Jahre  1903  schnelle  Verbreitung  gefunden  hat, 
ferner  drei  Taschenwörterbücher  (griech.-deutsch,  lat.-deutsch  und 
deutsch-lat),  hat  filr  den  gleichen  Verlag,  dessen  mustergültige 
Wörterbücher  für  das  Französische  und  Englische  sich  allgemeinster 
Anerkennung  erfreuen,  nun  auch  ein  lateinisch-deutsches 
Wörterbuch  bearbeitet.    Berücksichtigt  sind  folgende  Autoren: 

Utaihr.  1  d.  €l7«aaoialweMB.   LXL    10.  47 


738  U*  Menge,  Ltt-dtsch.  Scholw5rterboch,  tgz.  v.  MorgenaterB. 

von  Prosaikern  Cicero,  Cäsar,  Sallust,  Nepos,  Litius, 
Curtius,  Quintilian  X,  Tacitus,  JasliD,  Eutrop  und 
Äurelitts  Victor,  von  Dichtern  Horaz,  Vergil,  Ovid, 
PhSdrus,  sowie  Catull,  Tibull,  Properz. 

Es  ist  dem  Verfasser  gt^lungen,  den  gewaltigen  Stoff  auf 
813  zweispaltigen  Seiten  Großoktav  In  unöbertrefflich  übersicht- 
licher Weise  zur  Darstellung  zu  bringen,  so  daß  sich  der  Benutzer 
schnell  und  leicht  zurechtfindet.  Man  vergleiche  nur  Wörter  mit 
so  ausgedehnter  Verwendung  wie  ago  und  facio,  deren  Bearbeitung 
sich  ebenso  durch  Reichhaltigkeit  wie  durch  Knappheit  und  prak- 
tische Anordnung  auszeichnet.  Ober  die  Ableitung  der  Wörter, 
soweit  sie  bekannt  ist,  orientiert  am  Schluß  der  Artikel  ein  Ab- 
schnitt f.,  ober  die  vorkommenden  Formen  ein  Abschnitt  F. 
Durch  besondere  Zeichen  ist  kenntlich  gemacht,  ob  ein  Wort 
bezw.  eine  Bedeutung  der  goldenen  oder  silbernen  Latinität,  der 
Poesie  oder  der  Prosa  angehört,  und  auch  für  das  Obersetzen  aus 
dem  Deutschen  ins  Lateinische  ist  genau  unterschieden  zwischen 
unklassischen  Wörtern,  för  die  eine  klassische  Bezeichnung  vor- 
handen ist,  und  solchen,  die  aus  Hangel  einer  klassischen  Be- 
zeichnung beim  Lateinschreiben  unentbehrlich  sind.  Mit  be- 
sonderer Sorgfalt  ist  die  Bezeichnung  der  Quantität,  auch  in 
positionslangen  Silben,  durchgeführt 

Einer  der  Hauptvorzuge  dieses  Wörterbuches  vor  anderen 
besteht  in  der  durchgingigen  Berücksichtigung  der  Etymologie. 
Dabei  sind  überall  die  neuesten  Forschungen  verwertet,  für  die 
dem  Verfasser  bereits  das  .lateinische  etymologische  Wörterbuch'' 
von  Dr.  Alois  Walde,  a.  o.  Professor  an  der  Universität  Inns- 
bruck, Heidelberg  1906,  zu  Gebote  stand.  Um  nur  einige  der 
Angaben  zu  nennen,  so  wird  caelum  auf  dieselbe  Wurzel  zurück- 
geführt wie  das  deutsche  heiter,  caeruleus  ist  dissimiliert  aus 
^caeluleus,  also  eigentlich  himmeh farbig,  calamilas  stammt,  da 
die  ältere  Form  cadamitas  lautete,  von  derselben  Wurzel  wie  das 
homerische  x^östv  beschddigen\  die  übliche  Herleitung  von  calamus, 
also  Halmsehaden,  beruht  auf  Volksetymologie.  Die  Ableitung  von 
igitur  aus  agitur  wird  verworfen  und  das  Wort  wegen  der  ur- 
sprünglichen Bedeutung  dlshdld^  darauf  mit  der  Wurzel  von 
inelyeiv  drängen  zusammengebracht  indutiae,  nach  Stowasser 
altlateinisch  endo-iliae,  von  ^endo-itare  =  in-itare:  Überemkunfi, 
Konvention,  nach  Georges  wie  indutilis  von  induo,  daher  = 
tempus  indutum  oder  inserturo,  ethe  SchaUzeit,  welche  die  Kriegs- 
zeit  auf  eine  Weile  unterbricht,  erklärt  Menge  (mit  Walde)  als 
Verneinung  von  duellum,  also  Nichlanfeindung.  ofQcium  ist  aus 
opi-facium  entstanden,  so  daß  von  der  Bedeutung  Dienstleistung 
auszugehen  ist.  Für  opportunus  wird  an  der  Ableitung  von  ob 
und  portus  festgehalten,  orare  reden,  bitten  hat  nichts  mit  ös 
zu  tun,  sondern  ist  mit  dga  Gebet  verwandt,  parricida  wird  mit 
nfjog  Verwandter  zusammengestellt   und   ist  nicht  aus   patricida 


R.  Thielei  Das  Porvn  Rontnon,  iBg«i.  v.  A.  Zehne.      739 

entstanden.  Überall  wahrt  sich  Menge  sein  eigenes  Urteil.  So 
hält  er  an  der  Ableitung  von  daellam  aus  duo,  also  Zweäcampf, 
die  Walde  ablehnt,  wohl  mit  Recht  fest,  öbergeht  aber  die  von 
Walde  verzeichnete  Verwandtschaft  von  calidus  mit  unserem  lau. 

In  der  Vorrede  bittet  der  Verfasser  ausdrucklich  darum,  ihn 
auf  jeden  Hangel,  jedes  Versehen,  jede  Unklarheit  aufmerksam 
zu  machen.  Wer  das  Buch  daraufhin  einer  Prüfung  unterzieht, 
wird  finden,  daB  es  trotz  seines  Umfanges  von  erstaunlicher 
Korrektheit  und  Zuverlässigkeit  in  seinen  Angaben  ist,  zumal  für 
eine  erste  Auflage.  Ein  Versehen  ist  bei  der  Beschreibung  der 
Ghimära  untergelaufen,  die  als  ein  Untier  „mit  drei  Köpfen'*  (wie 
der  Cerberus)  bezeichnet  wird.  Falernerwein  gibt  es  nicht  nur 
„von  gelblicher  Farbe",  sondern  auch  von  dunkelroter  (fuscum 
und  nigrum  bei  Martial).  S.  1,  erste  Spalte,  Z.  26  v.  u.  ist 
a  sinistra  parte  mit  auf  der  rechten  Seite  öbersetzt,  in  dem 
Artikel  addere  steht  mulonibus  statt  mulionibus.  Bei  der  Ab- 
kürzung für  alicuius  könnte  das  i  gespart  werden;  alcs  ist  kurzer 
and  deutlicher  als  alcis,  das  kein  glucklicher  Ersatz  für  das  alt- 
modische alcjs  ist.  Hinsichtlich  der  Auswahl  der  Autoren  bedaure 
ich,  dafi  der  Verfasser  Plautus  und  Terenz  ganz  ausgeschlossen 
faaL  Werden  diese  Autoren  auch  in  der  Schule  nicht  gelesen, 
so  erscheint  es  doch  nicht  wünschenswert,  daB  den  strebsamen 
Schüler  beim  Hinausgehen  über  die  unmittelbaren  Anforderungen 
der  Schule  seine  Hilfsmittel  im  Stich  lassen.  Doch  darüber  kann 
man  verschiedener  Meinung  sein;  aber  warum  ist  z.  B.  die  in 
vielen  Schulausgaben  des  Horaz  abgedruckte  Vita  des  Sueton 
unberücksichtigt  geblieben?  Ihre  Berücksichtigung  sowie  die 
Aufnahme  der  Graeca  in  Ciceros  Briefen  würde  sich  auch  für 
das  griechisch -deutsche  Schulwörterbuch  meines  Erachtens 
empfehlen. 

Wenn  wir  von  diesen  kleinen  Ausstellungen  absehen,  so  steht 
das  Hengesche  lateinisch- deutsche  Schulwörterbuch  wissenschaftlich 
und  praktisch  auf  der  Höhe  und  ist  ein  ebenso  ehrendes  Zeugnis 
für  den  rastlosen  FleiB  und  die  gediegene  Sachkenntnis  des  Ver- 
fassers wie  für  die  Leistungsfähigkeit  des  Verlages. 

Groß-Lichterfelde.  Otto  Morgenstern. 


Richard  Thiele,  Das  Foram  Romaoam,  mit  heaonderer  Berück- 
siehtignDg  der  aeaestea  Aasgrahaogeo  geschildert. 
Zweite,  verbesserte  Auflage.  Erfurt  1906,  Villaret  58  S.  kl.  8. 
brosch.  1,20  JL 

Das  Starke  Interesse,  welches  'die  Fachmänner  und  die  ge- 
Lildete  Welt  den  seit  1898  begonnenen  Ausgrabungen  auf  dem 
Forum  Romanum  entgegenbringen,  beweisen  die  unausgesetzten 
Veröffentlichungen,  weldie  sie  in  der  Fachliteratur  (Mitteilungen 
des  Kais.  Deutschen  Archäol.  Instituts,  Archäol.  Anzeiger;  Hälsen, 

47* 


740    R.  Tbrele,.D%s  Forom  Rpioaaan,  tagex.  von  A.  Ztirme. 

Forum  RomaDum,  2.  A.  1905;  Perschinkay  Das  alte  Rom;  Petersen, 
Comitium,  Rostra,  Grab  des  Romulus  1904;  JordaD-Hulsen,  Topo« 
grapbie  der  Stadt  Rom  I  3,  1907),  in  der  Presse  und  in  guten 
ZeitscJirifteo  (Deutsche  Rundschau  XXXI,  1905,  S.  234fi.;  Illustr. 
Zeitung,  Leipzig,  6.  Juni  1907,  mit  Bildern),  erfahren  haben. 
Dieses  Interesse  wird  dadurch  in  Spannung  gehallen,  daß  immer 
neue  Funde  uns  überraschen,  wie  das  jungst  (Juni  1907)  an  einer 
zum  Paiatin  gehörigen  Kuppe  aufgedeckte  (^rab  eines  Häuptlings 
der  1.  palaliu.  Niederlassung  aus  dem  8.  Jahrb.  v.Chr.  Da  auch 
die  Schule  keinesfalls  an  diesen  wichtigen  Arbeiten  der  Gegenwart 
achtlos  vorübergehen  darf,  so  kommt  das  anspruchslose,  aber  recht 
brauchbare,  billige  Büchlein  von  Thiele  sehr  gelegen.  Die  2.  Auf- 
lage ist  wesentlich  verbessert  und  vermehrt  und  beruht  auf  ge- 
wissenhafter Benutzung  der  oben  angegebenen  einschlägigen  Fach- 
literatur.  Die  von  der  Kritik  erwähnten  kleinen  Mängel  oder 
Ungenauigkeiten  der  1.  Auflage  sind  sämtlich  sorgfältig  beseitigt; 
dagegen  hält  Verf.  die  Etymologie  des  Wortes  forum  aufrecht, 
was  man  ihm  nicht  übelnehmen  darf,  da  es  sich  um  Hypothesen 
handelt.  Das  Werkchen  schildert  in  drei  Abschnitten  die  Um- 
gebung der  Aufgänge  zum  Kapitol,  das  Forum  und  seine  Um- 
grenzungen, die  Via  Sacra  und  ihre  Umgebung  bis  zum  Titus- 
bogen,  wobei  die  neuen  Funde  eingehend  gewürdigt  werden,  d.  h. 
die  prähistorischen  Gräber  an  der  Via  Sacra,  Lapis  Niger,  Grab 
des  Romulus,  die  archaische  Säule,  Lacus  Curtius,  Basilica  Aemilia, 
Lacus  luturnae.  Regia,  Templum  Divi  Augusti.  Beigegeben  ist  ein 
Plan  des  Forum,  doch  hat  Verf.  von  Bildern  'für  diesesmal' 
Abstand  genommen,  holTentlich  nicht  auch  für  die  3.  Auflage,  die 
gewiß  bald  nötig  und  auch  wegen  der  Fortsetzung  der  Ausgrabungen 
später  erwünscht  ist.  Hübsche  Photographien  der  letzteren  liefert 
z.  B.  R.  Moscioni  in  Rom.  Solche  Abbildungen  werden  die  Brauch- 
barkeit des  Büchleins  noch  weiter  erhöben,  desgl.  ein  Index,  der 
noch  fehlt.  Ein  besonderer  Vorzug  des  Werkchens  ist  die  häuGge 
Bezugnahme  auf  die  Schullektüre  (Cicero,  Sallust,  Tacitus,  Livius, 
Horaz)  und  auf  die  römische  Geschichte,  sowie  die  Anschaulichkeit 
und  Faßlichkeit,  welche  ja  aus  den  sonstigen  lesenswerten  Ver- 
öfl'entlichungen  des  Verfassers  bekannt  sind,  u.  a.  aus  seinen 
„Reiseerinnerungen  an  Griechenland''  (1903)  und  seinen  Aufsätzen 
zum  klassisch-philologischen  Unterricht  (L.  L.  Heft  80  u.  92).  Vor 
allem  ist  die  Schrift  getragen  von  warmer  Begeisterung  für  die 
Antike.  Thieles  Forum  Romanum  kann  somit,  da  es  augenblick- 
lich auch  das  Neueste  auf  diesem  Gebiete  zusammenfaßt,  den 
Schülern  aller  höheren  Schulen  und  den  Schülerbibliothek ea  nach- 
drücklich empfohlen  werden. 

Stendal.  Arnold  Zehme. 


Exeerpta  historiet,  anget.  von  W.  CfSnert.  741 

Exccrpta  bistorica  iosaa  imperatorU  CoastaDtini  Porphyrogeoiti  coa- 
feeU  ediderant  U.  Ph.  Boissevaio,  C.  de  Boor,  Tb.  Bättoer- Wobst. 
Berolini  apad  Woidnaanos.  Vol.  H:  fixeerpta  de  virtutibas 
et  vitiis,  pars  I,  recensnit  et  praefatus  est  Tbeodorus  BüttDor« 
Wobst,  editionem  caravit  Aotooias  Gerardus  Roos.  J906  (XLII  n. 
369  S.)  lAJC.  —  Vol.  IV:  Excerpta  de  seoteotiis,  edidit. 
Ursulas  Philippas  Boissevain,  adiecta  est  tabala  phototypica.  1906. 
(XXVOI  D.  482  S.)     18  JC. 

Zu  den  schon  vorhandenen  Bänden  der  durch  wiederholte 
Stiftungen  der  Weidmannschen  Verlagsbuchhandlung  ermöglichten 
Ausgabe,  nämlich  den  Excerpta  de  legationibus  (ed.  C.  de  Boor, 
1903)  und  den  Excerpta  de  insidiis  (ed.  C.  de  Boor  1905),  sind  nun 
zwei  neue  getreten,  und  der  Abschluß  der  schönen  Sammlung 
kann  in  naber  Zeit  erwartet  werden. 

Die  Excerpta  de  tirtutibns  et  vitiis  sind  nur  durch  eine  alte 
Handschrift  (s.  XI)  erhallen,  die  der  Franzose  Peiresc  im  Jahr6  1627 
ffir  200  LiTres  durch  Vermittelung  des  französischen  Vizekonsuls 
in  Cypern  kaufen  ließ.  Sie  ist  nun  in  Tours  und  wird  gewöhn- 
lich codex  Peireseianus,  seltener  codex  Turonensis,  genannt.  Die 
Stücke  aus  verloren  gegangenen  Schriftwerken  hatte  bereits  der 
Philologe  Valesius  auf  Bitten  des  Besitzers  im  Jahre  1633  heraus- 
gegeben, sie  heißen  daher  Excerpta  Valesiana  und  umfassen 
Polybios,  Diodoros,  Nikolaos  ▼.  Damaskos,  Appianus  und  Dio 
Cassius.  Von  den  übrigen  Teilen  ist,  nachdem  der  Berliner 
Gymnasiallehrer  Julius  Wollenberg  im  Jahre  1859  die  Handschrift 
in  Tours  wieder  aufgefunden  hat,  nach  und  nach  vieles  bekannt 
geworden,  aber  noch  Karl  Hude  hat  in  seiner  vor  neun  Jahren 
erschienenen  kritischen  Thukydidesausgabe  die  Auszüge  des 
Peireseianus  nicht  benutzt.  So  ist  es  denn  sehr  erfreulich,  daß 
nun  durch  den  vollständigen,  sorgfaltigen  Abdruck  der  ganzen 
Oberlieferung  eine  sichere  Grundlage  geschaffen  ist  und  die  Kritik 
der  einzelnen  Schriftsteller,  besonders  aber  ihre  Textgeschichte 
einen  neuen,  festen  Anhaltspunkt  erhält.  Den  vorliegenden  Band, 
der  die  erste  Hälfte  der  Auszüge  enthält,  hatte  Büttner-Wobst 
bereits  zum  Drucke  fertig  gemacht,  als  ihn  der  Tod  abrief.  An 
seine  Stelle  trat  dann  der  Holländer  A.  G.  Roos,  dem  nun  auch 
die  Aufgabe  zugefallen  ist,  den  zweiten  Band  zurecht  zu  machen. 
Über  seine  Ausgabe  sagt  der  Verstorbene  mit  Fug  und  Recht 
(S.  XXX  VUI),  daß  er  nicht  eine  Rezension  der  ausgezogenen 
Schriftstelle,  sondern  nur  die  der  Auszüge  selbst  anzufertigen 
habe,  und  das  verpflichtet  ihn  dazu,  wo  nicht  die  gröbsten  Ver- 
sehen vorliegen,  der  Handschrift  zu  folgen.  Daneben  wird  überall 
verwertet,  was  Suidas  aus  den  Exzerpten  in  sein  Wörterbuch 
hinübergenommen  hat.  Denn  es  ist  sehr  reichhaltig  und  liefert 
ein  sicheres  Urteil  über  die  Güte  der  im  Peireseianus  vorliegenden 
Cberlieferung,  und  die  Fälle  sind  nicht  selten,  in  denen  die. beiden 
Zeugen  in  Fehlern  übereinstimmen,  die  eine  Andeutung  über  die 
Konstantinische  Urhandschrift  enthalten.     Das  Wichtigste,  was  der 


742  Excerpta  historic«!  tDg^ez.  voo  W.  CrSnert. 

Band  dem  Philologen  bietet,  ist  nächst  der  großen,  nun  ganz 
sicher  gelesenen  Stücke  aus  Nikolaos  von  Damaskos  die  lange 
Reihe  der  Auszöge  aus  Diodoros.  Selbst  in  dem  letzten  Band 
der  neuen,  von  C.  Th.  Fischer  besorgten  Teubnerausgabe,  die 
B.  XIX — XX  enthält,  hat  man  nachzutragen.  So  z.  B.  XIX  71,  3 
IkBtsßdXsTO  für  ikBxißaXev  der  Hss.,  4  xä  fiiv  noXvreXevofkByog, 
%ä  ak  yo(f(fti6(i€yog  (durch  das  sichere  noXvtsXsvofieyog^  das 
einzig  dem  Sinn  entspricht,  wird  auch  eine  Besserung  Lobecks 
bei  Bpikuros  S.  182  Usener  gesichert  und  ta  ii  dtayocq>$i6fi€yog 
der  Hss.  widerstrebt  dem  festen,  nun  auch  durch  die  Papyri  be- 
legten Sprachgebrauch,  der  nur  voff(pli€&at  kennt,  nach  oi  aber 
konnte  leicht  ein  dta-  eindringen). 

Auch  die  Excerpta  de  sententiis  sind  nur  in  einer  einzigen 
Bandschrift  enthalten,  dem  Vaticanus  Graecus  LXXIII  des  10. 
oder  11.  Jahrhunderts,  den  Angelo  Mai  zuerst  ans  Licht  gezogen 
hat  und  seinen  aufsehenerregenden  Ergänzungen  des  Polybios, 
Diodoros  und  Dio  Cassius  zugrunde  legte.  Indem  Boissevain  den 
Brief  abdruckte,  den  Niebuhr  an  Mai  schrieb,  als  er  eben  in 
glöhendem  Eifer  die  neuen  Schätze  verschlungen  hatte,  gab  er 
zugleich  seiner  Einleitung  einen  fesselnden  Anfang.  Nach  Mai 
haben  noch  Theodor  Heyse,  H.  van  Herwerden,  Hercher,  Jordan, 
Boissevain  und  C.  de  Boor  die  Handschrift  zu  ihren  Ausgaben 
und  Arbeiten  benutzt,  aber  auch  hier  blieb  noch  manches  bis  auf 
den  heutigen  Tag  unverwertet,  wie  die  Stöcke  aus  Xenophon, 
Arrianus,  Agathias  und  Prokopios.  Die  Erschließung  der  Über- 
lieferung ist  aber  dadurch  besonders  erschwert,  daß  es  sich  um 
einen  Palimpsest  handelt,  der  schon  zu  Mais  Zeiten  an  manchen 
Stellen  kaum  lesbar  war,  inzwischen  aber  durch  Nachdunkeln  und 
chemische  Eingrifie  in  noch  weiterem  Umfange  geschädigt  ist. 
Von  der  Art  des  Palimpsestes,  der  schönen  alten  Schrift  und  der 
genau  in  denselben  Zeilen  darüber  erscheinenden  Hand  des 
14.  Jahrhunderts  gibt  die  beigefugte  Tafel  ein  anschauliches  Bild. 
Im  Apparat  ist  Boissevain  eingehender  als  der  vorher  genannte 
Gelehrte,  doch  halte  er  hier  ohne  Zweifel  einigen  Baum  sparen 
können.  Es  bringt  doch  z.  B.  keinen  wesentlichen  Gewinn,  neben 
den  Exzerpten  nocli  die  orthographischen  Fehler  anderweitiger 
Oberlieferung  anzuführen,  wie  S.  336  eyyvov  för  fynvovy  wenn- 
gleich es  verständlich  ist,  daß  Boissevain  bei  seiner  bekannten 
Gewissenhaftigkeit  lieber  zu  viel  als  zu  wenig  gibt.  In  manchen 
Exzerpten  kann  man  nun  seine  Ausgabe  gar  nicht  entbehren,  so 
bei  Diodoros,  und  daß  auch  noch  scharfe  und  geübte  Augen  an 
der  Handschrift  selbst  sich  versuchen  mössen,  lehrt  die  Einleitung 
und  die  im  Anhange  gegebene  Übersicht  ober  einige  der 
schwierigsten  Blätter. 

Göttingen.  Wilhelm  Crönert 


ZarboD86D|  Qaelleabuch  d.  brdb.-preaA.  Gesch.,  tgz.  v.  JihalLe.  743 

Fr.  ZorboDsen,  Quelleobocb  zur  braDdeDbargiscb-preDfiiseben 
Geschichte.  Zweite  Auflai^e.  Berlin  1906,  Niookische  Bachhaad- 
iQDg  (R.  Stricker).     XU  a.  307  S.     8.     3,60  M,  geb.  4,40  Jt. 

Wie  weit  sich  die  zweite  Auflage,  in  der  das  Quellenbuch 
nach  dem  Vorwort  „eine  vielfältige  Umarbeitung  und  vor  allem 
Kürzung  erfahren''  hat,  von  der  ersten  unterscheidet,  entzieht  sich 
meiner  Kenntnis;  jedenfalls  aber  liegt  in  dem  Buche,  so  wie  es 
jetzt  ist,  ein  sehr  brauchbares  Hilfsmittel  för  den  Geschichts- 
unterricht vor.  Eis  enthält  248  Urkunden  und  Quellen  berichte; 
davon  beziehen  sich  21  Stucke  auf  die  Geschichte  der  Mark 
Brandenburg  vor  dem  Auftreten  der  Hohenzollern,  das  letzte  ist 
der  Erlaß  Kaiser  Wilhelms  II.  an  sein  Volk  vom  13.  Juni  1888. 
Die  Auswahl  ist  ganz  vortreiTlich.  Allerdings  könnte  man  zunächst 
bedauern,  daß  verhältnismäßig  wenig  Slucke  zur  Kulturgeschichte 
geboten  werden ;  aber  man  muß  dem  Verfasser  recht  geben,  wenn 
er  das  mit  dem  Zusammenwachsen  des  preußischen  Staates  aus 
den  verschiedenartigsten  Teilen  begründet.  Von  dem  reichen  In- 
halt des  Buches  einen  deutlichen  Begriff  zu  geben,  ist  nicht  möglich 
ohne  Aufzählung  der  Titel;  als  Beispiele  seien  folgende  genannt: 
Nr.  12  die  älteste  Polizei-  und  Kleiderordnung  von  Berlin-Kölln, 
Nr.  60  die  Urfehde  der  märkischen  Juden,  Nr.  85  der  Gluckwunsch 
Cromwelis  zum  Siege  bei  Warschau,  Nr.  98  der  geheime  Revers 
des  Kurprinzen  Friedrich  über  Röckgabe  des  Schwiebuser  Kreises, 
Nr.  111  die  Einführung  der  Schulpflicht,  Nr.  167  die  Verpflichtungs- 
formel des  Tugendbundes,  Nr.  223  der  Verzicht  des  Erbprinzen 
von  Hohenzollern  auf  die  spanische  Thronkandidatur.  —  Die  An- 
ordnung folgt  zweckmäßig  den  geschichtlichen  Ereignissen.  Latei- 
nische, französische  und  solche  deutsche  Urkunden,  deren  ur- 
sprüngliche Form  dem  Verständnis  wurde  Schwierigkeiten  bereitet 
haben,  sind  in  Obertragungen  gegeben.  Den  eiozelnen  Stöcken  — 
namentlich  den  älteren  —  gehen  Nachrichten  Aber  die  Quellen, 
denen  sie  entnommen  sind,  vorauf;  sonstige  Erklärungen,  die  für 
das  Verständnis  notwendig  sind,  stehen  unter  dem  Text. 

Alles  in  allem  ein  vorzügliches  Buch,  das  jedem  Lehrer  der 
deutschen  Geschichte  warm  empfohlen  werden  kann;  auch  in  den 
Böchersammlungen  der  oberen  Klassen  kann  es  gute  Dienste 
leisten. 

Lüdenscheid.  Richard  Jahnke. 


O.  Rlopp,  GesebichteD,  cbtrakteristiaebe  Zii^e  ood  Sa^eo  'der 
deatsehen  Volk  «stamme.  Zweite  Auflage.  Freiborg  i.  B.  1907, 
Fr.  B.  FehieDfeid.  Drei  Bäode:  XII,  416  a.  Vfl;  362  n.  VI;  521  S. 
8.    7  JLt  geb.  io  zwei  Bäode  9  Jt* 

Als  vor  mehr  als  50  Jahren  dieses  Werk  zum  erstenmal 
erschien,  war  die  Nachfrage  sofort  so  groß,  daß  es  bald  vergriffen 
war.  Und  das  Werk  verdiente  diesen  Erfolg.  Es  bot  dem  deutschen 
Volke,  insbesondere  der  deutschen  Jugend,  in  populärer  Darstellung 


744  0.  Klopp,  GescliiohteD,  Zügt  o.  Sagen  d.  dtflcfc.  Volkfstimi«« 

die  Ergebnisse  der  Gescbichtsforscbung  ober  die  Zeit  von  der 
Völkerwanderung  bis  zum  Ausgang  der  saliscben  Kaiserzeit,  und 
zwar  in  der  Weise,  daß  es  nicht  Zustände  beschrieb,  sondern  den 
Leser  durch  Erzählungen  lebendiger  Ereignisse  entweder  nach 
Berichten  von  Augenzeugen  oder,  wo  dies  nicht  m&gtich  war, 
nach  Sagen,  in  denen  sich  Begebenheiten  reflektierten,  in  das 
Leben  und  Treiben  jener  Zeiten  hineinversetzte  und  ihm  so  die 
Gestalten  der  alten,  vielfach  rohen,  aber  tatkräftigen  uifd  festen 
Helden  lebendig  machte.  Besonders  war  der  Verfasser  bemQht,  die 
sittlichen  Triebfedern  der  Handlungen  möglichst  durchleuchten  zu 
lassen.  So  war  es  ihm  bei  der  Schilderung  eines  Krieges  oder 
eines  sonstigen  Ereignisses  weniger  um  die  Tatsache  an  sich  als 
um  die  Gesinnungen  und  Handlungen  der  Menschen  zu  tun,  die 
sich  in  dem  Ereignis  offenbaren.  Die  Geschichte  vom  ersten 
Zusammentreffen  der  Germanen  mit  den  Römern  als  bekannt 
Voraussetzend  und  sich  mit  einem  kurzen  Ruckblick  begnügend, 
setzte  er  ein  mit  der  Wiedergabe  des  allgemeinen  Teils  der 
Germania  des  Tacitus,  weil  die  hier  erzählten  Züge,  „die  ein  so 
schönes  Morgenrot  auf  die  deutsche  Urgeschichte  werfen''  (Jakob 
Grimm),  sich  auch  bei  den  wandernden  Stämmen  der  Hauptsache 
nach  bis  zur  Annahme  des  Christentums  und  selbst  darüber  hinaus 
wieder  finden.  Von  da  an,  wo  die  einzelnen  Völker  sich  scheiden, 
befolgte  er  eine  ethnographische  Anordnung.  Um  die  deutseben 
Stämme  zu  vervollständigen,  nahm  er  auch  die  Angelsachsen 
hinzu,  die  unabhängig  von  den  anderen  Stämmen  und  ohne  Be- 
rührung mit  ihnen  für  sich  allein  dastehen.  Im  übrigen  berück- 
sichtigte er  nur  die  Stämme,  die  selbst  Reiche  bildeten,  und 
unter  diesen  selbst  wieder  nur  diejenigen,  über  die  sich  eine 
Anzahl  von  Berichten,  die  dem  Zweck  des  Werkes  entsprechen, 
vorfindet  Deshalb  terwob  er  die  Erzählungen  von  Gepiden, 
Thüringern,  Burgundern,  Friesen  unter  die  anderen  Volksstämme. 
Auch  das  MaB  des  Raumes,  das  den  einzelnen  Stämmen  zu- 
gedacht  wurde,  mußte  sich  den  Quellen  und  Berichten  anbequemen. 
Es  stehen  eben  nicht  für  alle  Ereignisse  so  lebendige  und  aus- 
führliche Schilderungen  zu  Gebole  wie  die  Prokops  über  den 
Untergangskampf  der  Ostgoten. 

Da  die  Nachfrage  nach  dem  Werke  gleich  rege  fortdauerte, 
dieses  selbst  aber  kaum  mehr  aufzutreiben  war,  so  entschlofi  sich 
der  Sohn  des  im  Jahre  1903  verstorbenen  Historikers,  der  selbst 
zu  einer  Neubearbeitung  nicht  mehr  gekommen  war,  eine  neue 
Auflage  zu  veranstalten,  sorgte  aber  dafür,  daß  das  Buch  auch 
in  dieser  neuen  Ausgabe  doch  eigenstes  Werk  seines  Vaters  blieb. 
Es  war  ja,  wenn  auch  volkstümlich  gehalten,  nach  Quellen  ge- 
arbeitet und  bedurfte  in  dieser  Hinsicht  keiner  Änderung,  und  die 
Beurteilung  der  Tatsachen,  die  der  Vater  in  den  fünfziger  Jahren 
des  vorigen  Jahrhunderts  gegeben,  ersetzte  der  Sohn  durch  die 
spätere  Auffassung  desselben,    indem  er  auch  den  Vorträgen,   die 


•  Dgei.  von  L.  Zliro.   '  745 

dieser  id  den  siebenziger  und  achtziger  Jahren  über  Mittelalter 
Qod  Neuzeit  gehalten  hatte,  soweit  es  nötig  war,  Teile  entnahm 
und  so  den  Text  der  ersten  Auflage  der  späteren  Auffassung  seines 
Vaters  entsprechend  gestaltete.  Warum  hat  er  aber  nicht  auch 
dem  dritten  Bande  ein  Verzeichnis  der  Quellen  gleich  dem  der 
zwei  ersten  Bände  beigefögt,  wenn  ein  solches  dem  dritten  Bande 
der  ersten  Auflage  fehlte?  Auch  hätte  vielleicht  in  das  Einleitungs- 
kapitel  ein  und  der  andere  Zug  altgermanischer  Art  aus  der  Zeit 
der  Kämpfe  der  Germanen  mit  den  Römern,  wie  solche  Tacitus 
und  andere  berichten  —  ich  erinnere  nur  an  die  Erzählung  von 
den  Friesen  im  Theater  in  Rom  (Tac.  ann.  XIII  54)  — ,  ein- 
gefügt werden  können.  In  der  Darstellung  des  Vorganges  in 
Canossa  folgt  auch  die  zweite  Auflage  noch  der  Erzählung  Lamberts 
von  Hersfeld  ohne  Rucksicht  auf  die  Ergebnisse  der  neueren 
kritischen  Forschung  (über  diese  vergl.  jetzt  Gebhardt,  Handbuch 
der  deutschen  Geschichte  1  Bd.  i  56). 

Im  übrigen  gilt  das,    was  der  Verfasser  vor  mehr  als  einem 
halben  Jahrhundert    über   „die  Idee   solcher  einzeln  ausgeführter 
Bilder'S    wie   er   sie   in  seinem  Werke  ausführte,    schrieb,    auch 
heute   noch.     „Das  Begräbnis    des   Königs  Alarich    im  Bette    des 
Bttsentoflusses,  der  Heldentod  des  Königs  Tejas  wird  das  Bild  der 
mannhaften  Tatkraft  der  Goten  niemals  wieder  entschwinden  lassen 
and  uns  Achtung  vor  dieser  Kraft  abfordern.     Die  edle  Ritterlich- 
keit in   der  Werbung   des  Autari  um  Teudelinde    wird    uns  un- 
vergeßlich   bleiben,    der  Trotz   des  Friesenfürsten  Radbod    gegen 
die  Annahme    der  Taufe  zeigt  uns    die  Abneigung   der  seßhaften 
Stämme   gegen   das  Christentum    klarer   und    einleuchtender   als 
lange  Auseinandersetzungen.    In  dieser  Hinsicht  dürfte  mein  Buch 
manchem  Lehrer  der  Geschichte  nicht  unwillkommen  sein,  zumal 
wenn,  me  es  jetzt  häufig  geschieht,  der  Unterricht  von  früh  auf 
zu  Übungen   im  freien  Wiedererzählen  angewandt  wird''.     „Aber 
mehr  noch    war   mein  Ziel    dahin   gerichtet,    die   reifere  Jugend 
selber  in  anschaulichen  Bildern  an  die  Taten  und  Leiden  unserer 
Vorfahren  zu  mahnen,  in  ihr  die  Gefühle  und  die  Gedanken  zu 
erwecken  und   zu  beleben,    deren  Kräftigung  erfordert  wird,   um 
eine  bessere  und  ehrenhaftere  Zukunft  herbeizuführen.  (Geschrieben 
in  der  Zeit  eines  schrecklichen  Tiefstandes  von  Deutschlands  Macht 
und  Ehre!)    Des  Vaterlandes  Ehre,  Macht  und  Größe  fordert  vor 
allen  Dingen  Bereitwilligkeit  zur  Hingebung  an  dieses  eine  große 
Ziel,  und  die  Kräftigung  dieses  Gefühls  und  Willens  in  den  Herzen 
unserer  Jugend  würde  ich  als  den  schönsten  Lohn  meiner  Arbeit 
ansehen*'.     Ober  die  Wirkung  seiner  Erzählungen  auf  die  Jugend 
in   dieser   Hinsicht   sagt    der  Verfasser   ferner:    „Den   deutschen 
Knaben,   den  Jüngling    möchte   ich  sehen,    der  nicht  warm  wird 
für  eine  Heldengestalt  wie  Totiias,  für  den  herrlichen  Alfred,  der, 
zum  Kriege  gezwungen,  mit  dem  Lorbeer  des  Sieges  in  der  Feld- 
stbhcht   die  Palme  des  Friedens  verbindet'S     Endlich  verspricht 


746     B.  Biel,  Matbematisehe  Anff^aben^  anges.  vod  M.  Nath. 

sich  der  Verfasser  von  dieser  lebendigen  Einfuhrung  in  die  Ge- 
schichte ihres  Volkes  auch  für  die  politische  Bildung  unserer  Nation 
den  besten  Erfolg. 

So  sei  denn  dieses  echt  vaterländische  Werl^  das  der  Ver- 
leger auch  seinem  wertvollen  Inhalt  entsprechend  ausgestattet 
hat,  den  Lehrern  der  Geschichte  und  dem  weiteren  Kreis  der 
Gebildeten  bestens  empfohlen.  Möge  es  aber  besonders  von  der 
deutschen  Jugend  gleich  Freytags  „Ahnen*'  und  „Bildern  aus  der 
deutschen  Vergangenheit''  recht  viel  gelesen  werden.  Deswegen 
werden  es  sich  die  Vorsteher  von  Schulbibliotheken  nicht  ent- 
gehen lassen,  und  .zu  Geschenken  für  die  Jugend  ist  es  wie  wenige 
andere  Bücher  geeignet 

Offenburg  i.  B.  L.  Zum. 

1)  B.   Biel,    Matbematiache    Aufgraben    für   die    beberen    Lehr- 

aostalteo,  Aufgrabe  far  Gymoasieo.    Teil  II:  Die  Oberstufe.    Leipzig 
1907,  G.  Freytag.    272  S.    geb.  3,50  M> 

Der  erste  Teil  dieser  Sammlung  ist  hier  Jahrg.  1903  S.  754 
angezeigt  worden.  Das  Erscheinen  des  zweiten  Teiles  läßt  jetit 
zu,  daß  der  mathematische  Unterricht  unter  Hinzuziehung  der 
II.  Thiemescben  Lehrbucher  nach  einheitlichem  Plane  erteilt  werden 
kann.  Da  die  Lehrbucher  selbst  zu  den  geometrischen  Abschnitten 
schon  eine  ausreichende  Anzahl  von  Übungsaufgaben  enthalten, 
beschränkt  sich  auch  dieser  Teil  der  Aufgabensammlung  wesent- 
lich auf  solche  Aufgaben,  die  durch  Rechnung  zu  lösen  sind.  Das 
gebotene  Material  ist  hinreichend  zahlreich  und  bietet  die  ge- 
nugende Abwechslung,  indem  die  Anwendungen  auf  andere  Gebiete 
möglichste  Berücksichtigung  finden.  Wünschenswert  wäre  viel- 
leicht eine  größere  Anzahl  von  Zahlenbeispielen,  z.  B.  in  der  sphäri- 
schen Astronomie  und  in  der  analytischen  Geometrie,  da  das  Buch 
dann  in  der  Hand  des  Schulers  für  dessen  eigene  Übung  an 
Brauchbarkeit  gewinnen  würde.  Verhältnismäßig  zahlreich  sind 
die  Aufgaben  für  Zinseszins-  und  Rentenrechnung,  für  die  denn 
auch  zwei  dem  Buche  angehängte  Tabellen  bestimmt  sind.  Den 
Stichproben  nach,  die  der  Berichterstatter  gemacht  hat,  sind  die 
Aufgaben  durchgängig  nicht  so  schwer,  daß  sie  eine  besondere 
Anleitung  durch  den  Lehrer  nötig  machten.  Das  kann  auf  der 
einen  Seite  als  ein  Vorzug  des  Buches  bezeichnet  werden,  anderer- 
seits ist  damit  doch  ein  Verbleiben  auf  gebahnten  Pfaden  gegeben, 
die  die  Arbeit  nach  dem  Buche  vielleicht  etwas  mechanisch  werden 
läßt.  Brauchbar  und  zweckentsprechend  ist  es  aber  trotz  dieser 
nicht  zu  sehr  ins  Gewicht  fallenden  Ausstellungen. 

2)  Fr.  Knho,  Fragen  und  Aufgaben   aus  dem  Anfangskapitel  der 

Planimetrie.     München    und   Leipzig  1906,   R.  Oldenbourg.     VI  n. 
48  S.     8.    kart.  1  Jt. 

Der  Verfasser  versucht  die  Schwierigkeiten  des  planimetri- 
sehen  Anfangsunterrichts   ohne    Hilfe   eines  Vorkursus   zu    über- 


C.  Blook,  L«kr-  n.  Obaogsb.  f.  d.  plan.  Uoterr.,  ags.  ▼.  M.  Nath.  747 

winden,  indem  er  die  rein  propädeutische  und  die  streng  wissen - 
schaflliche  Bebandlungsweise  des  Lehrstoffes  der  Anfangsstufe  in 
organische  Verbindung  bringt.  Er  entwickelt  die  Begriffe  auf 
Grund  ?on  Anschauung  und  Beobachtung  \ind  übt  sie  zunächst 
grundh'ch  ein,  ehe  sie  zur  AufQndung  von  Lehrsätzen  verwendet 
werden.  Auch  diese,  zuerst  empirisch  gefunden,  werden  dann 
streng  bewiesen  und  gröndlich  eingeöht,  ehe  sie  bei  der  Lösung 
der  Übungsaufgaben,  deren  das  Heft  eine  große  Menge  enthält, 
Anwendung  finden.  Die  praktische  Anwendbarkeit  der  mathe- 
matischen Sätze  wird  durch  vielerlei  Hinweise  auf  ihre  Beziehungen 
zu  der  Praxis  des  Alltaglebens,  zu  Physik,  Geographie,  Technik 
nsw.  aufgezeigt.  —  Es  ist  ein  eigenartiges,  gewiß  sehr  brauch- 
bares Hilfsmittel  mit  dem  kleinen  Buch  in  die  Hand  des  Lehrers 
gelegt. 

3)  C.  Block,    Lehr-  nod   Obnogtbaeh    für   den    planimetriseheD 

ÜDterrieht  aa  höheren  Seholea.  2.  TeU:  Uaterterlia.  Leipzig 
1906,  B.  G.  Tenbaer.    64  S.    8.     1  JC. 

Der  erste,  för  die  Quarta  bestimmte  Teil  dieses  Werkes  ist 
hier  schon  früher  empfehlend  angezeigt  worden.  Diese  Empfehlung 
kann  auch  dem  zweiten  Teil  mit  auf  den  Weg  gegeben  werden* 
Der  Lehrstoff  ist  klar  und  übersichtlich  dargestellt,  und  eine  Fülle 
zweckmäßiger  Übungen,  vor  allem  Konstruktionsaufgaben,  durch- 
setzen ihn.     Die  Ausstattung  ist  tadellos  und  spricht  sehr  an. 

4)  0.  HeiaevaDB,    Haadbneh   aber  die   OrganiaatioB   and   Ver- 

walianer  der  ttaatlieheo,  staatlieh  verwaltete»  nodataat« 
lieh  nateratätsten  Unterriehtsanatalten  io  Preaßen,  in 
lexikaliseher  Fom  bearbeitet  Potsdam  1907,  A.  Stein.  Lieferung  1— S. 
je  112  S.    je  3JC. 

Das  Buch  ist  auf  zwölf  Lieferungen  in  demselben  Umfange, 
wie  die  drei  jetzt  vorliegenden,  angelegt.  Doch  soll  der  Gesamt- 
preis des  yoUständigen  Werkes  bei  Bezug  in  Lieferungen  30  Jt 
nicht  übersteigen.  Es  dürfte  sich  nach  seiner  Vollendung  als  ein 
sehr  brauchbares  Nachschlagewerk  für  alle  die  Kreise  erweisen, 
die  aus  irgend  einem  Grunde  mit  den  Schulen  zu  tun  haben. 
Es  wird  dann  wohl  in  sich  vereinen,  was  die  „Verordnungen  und 
Gesetze*'  L.  Wieses,  A.  Beiers  „Die  höheren  Schulen  Preußens  und 
ihre  Lehrer"  und  t.  Bremens  bekanntes  Werk  über  das  Volks- 
schulwesen PreuBens  darbieten.  Diesen  Stoff  aber  würde  es  in 
bequemerer  Form  bieten,  weil  es  bei  der  lexikalischen  Anordnung 
in  jedem  Artikel  entweder  alles,  was  auf  den  Gegenstand  Bezug 
hat,  zusammenfaBt  oder  durch  Hinweis  auf  die  Artikel,  die  etwa 
noch  dazu  gehören,  eine  vollständige  Belehrung  herbeiführt.  Ober 
den  Inhalt  der  oben  angeführten  Werke  hinaus  findet  man  in- 
dessen in  den  bisher  veröffentlichten  Lieferungen  eine  nicht  ganz 
kleine  Zahl  von  Stichwörtern  und  unter  ihnen  gegebene  Aus- 
tübrungen,  die  den  Kreis  dessen  noch  erweitern,  über  das  man  hier 


748      A.  Beieri  Die  Bernfsiasbildang,  111902;  ron  M.  Natb. 

Auskunft  findet.  Es  sind  vor  allem  die  Verhältnisse  der  Fach- 
schulen, allerhand  auf  die  soziale  Gesetzgebung  sich  beziehende 
Fragen,  die  besprochen  werden.  —  Möchte  eine  recht  schnelle 
Vollendung  des  Werkes  es  bald  seinen  vollen  Nutzen  erweisen 
lassen. 

5)  Adolf  Beier,  Die  BerafsansbildoDg  oseh  deo  BerechttgaageD 
der  höbereo  Lebraostalten  in  Preoßea.  Zweite  Aefla^e. 
HaUe   a.  S.   1907,    Bochbandlaofr    des    Waiseabaases.     IV  n.   173   8. 

Die  erste  Auflage  dieses  Buches  erschien  im  Jahre  1903.  Sie 
enthielt  eine  Zusammenstellung  der  bezuglichen  Gesetze,  Bekannt-; 
machuDgen,  Bestimmungen,  Erlasse,  Verordnungen  und  Verfügungen 
in  der  vom  1.  April  1903  ab  gültigen  Fassung.  Für  die  vorliegende 
Auflage  ist  der  Zeitpunkt  des  1.  März  1907  maßgebend.  Die 
starke  Erweiterung  des  Umfanges  von  54  auf  172  Seiten  ist  z.  T. 
verursacht  durch  etwas  weiteren  Druck,  zum  andern  Teil  durch 
eine  Veränderung  in  der  Anordnung,  dann  aber  durch  ausführ- 
lichere Mitteilungen  aus  den  amtlichen  Quellen.  Jede  dieser  Ände- 
rungen kann  aber  als  eine  Verbesserung  bezeichnet  werden.  Das 
Buch  hat  vor  allem  an  Übersichtlichkeit  bedeutend  gewonnen. 
Ein  Sachregister  erleichtert  dazu  noeh  den  Gebrauch.  Neben  dem 
altbewährten  Buche  von  A.  Dreyer,  „Die  Berufswahl  im  Staats- 
dienste*', dem  es  durch  die  genaue  Angabe  der  amtlichen  Erlasse 
nach  Daten  und  Aktenzeichen  voransteht,  ist  es  gewiB  der  zu- 
verlässigste Batgeber  b^i  der  Wahl  eines  Berufes.  Der  Lehrer, 
der  oft  genug  in  die  Lage  kommt,  Schülern  und  Eltern  dabei 
behilflich  sich  zu  erweisen,  wird  also  gut  tun,  es  sich  für  den 
Gebrauch  bereit  zu  stellen. 

Pankow  b.  Berlin.  Max  Nath. 


H.  Müller  oad  P,  Pietzker,  Recheabnch  für  die  uaterea  Klaaaea 
der  höhereo  Lehranstalten.  Vorstafe  xa  den  AnfgabeosaaiB- 
langen  von  Bardey  and  Mtiller-Katnewsky.  Aasgabe  C.  Beft  1,  für 
Sexta.  0,80  JL.  Heft  2,  fdr  Quiata.  0,80  JL^  Heft  3,  fdr  QnarU. 
1  Jt»    Leipzig  and  Berlia  1906,  B.  G.  Teobaer.    252  S.     8. 

Nachdem^  ich  die  Ausgaben  A  und  B  dieses  Rechenbuches  in 
dieser  Zeitschrift  eingehend  besprochen  habe,  wird  es  genügen, 
anzuführen,  wodurch  sich  die  dritte  Ausgabe  G  von  den  beiden 
anderen  unterscheidet  Die  Ausgabe  ist  in  drei  einzelne  Hefte 
geteilt,  „um  den  Kleinen  die  Böcherlast  zu  verringernd^  Ich  halte 
diese  Einteilung  fdr  keinen  Vorteil,  denn  es  ist  dem  unterrichtenden 
Lehrer  die  Möglichkeit  genommen,  auf  früher  Erlerntes  dadurch 
zurückzugehen,  daB  er  einige  Aufgaben  zur  Wiederholung  wieder 
rechnen  läßt.  Das  dürfte  besonders  bei  Heft  3  schwer  empfunden 
werden:  es  enthält  vornehmlich  die  vier  Spezies  in  Dezimalbrüchen, 
die  man  doch  durchaus  in  Verbindung  mit  den  gemeinen  Brüchen 


H.  Moller  und  F.  Pietxkar,  Recheobnch,  agz.  von  A.  Kallins.   749 

wird  behandeln  müssen,  zumal  da  gewisse  Teile  der  Spezies  in 
gemeinen  Brüchen  den  Schülern  viel  mehr  Schwierigkeiten  machen 
als  die  Spezies  in  Dezimalbrüchen.  —  Die  ausführlichen  Sach- 
erlauterungen  und  die  ausgedehnte  Besprechung  der  Lösungswege 
sind  gröBtenteils  weggelassen  und  auf  das  unumgänglich  Not- 
wendige beschränkt  worden;  der  dadurch  freigewordene  Raum  ist 
namentlich  für  Vermehrung  der  Regeldetriaufgaben  verwendet 
worden  und  es  wurden  dabei  besonders  diß  Vorschläge  ver^urk- 
licht,  welche  von  der  Unterrichtskommission  der  Naturforscher* 
gesellschaft  für  den  Rechen  Unterricht  gemacht  worden  sind.  Unter 
den  neuen  Aufgaben  finden  sich  aber  z.  B.  in  Heft  1  einige,  die 
kaum  in  Sexta  Verwendung  finden  können,  da  sich  eine  Erklärung 
der  zu  der  Aufgabe  geroachten  Angaben  nicht  ermöglichen  läßt. 
So  verwendet  z.  B.  Aufg.  136  S.  41  eine  „frischgeladene  Akkumu- 
latorenbatterie''. Auch  den  sogenannten  Denkübungen  sind  eine 
Reihe  Aufgaben  hinzugefügt  worden.  Ganz  neu  ist  der  Abschnitt, 
der  die  abgekürzte  Multiplikation  und  Division  behandelt.  Hier 
wären  aber  meiner  Ansicht  nach  doch  etwas  ausfQhrlichere  Er- 
läuterungen notwendig  gewesen,  weniger  für  die  Schüler  als  für 
die  Lehrer;  denn  die  Kenntnis  dieser  Rechnung  ist  noch  immer 
recht  wenig  verbreitet.  Das,  was  die  Verfasser  davon  gegeben 
haben,  reicht  nur  dazu  aus,  daß  man  ihnen  nicht  den  Vorwurf 
machen  kann,  sie  hätten  diese  Rechnung  gar  nicht  erwähnt  — 
Sehr  aufgefallen  ist  mir  der  Vorschlag  der  Verfasser,  statt  Hundertstel, 
Tausendstel  usw.  Hundertel,  Tausentel,  also  wohl  auch  Zwanzigtel 
usw.  zu  sagen.  Ich  halte  es  nicht  für  angebracht,  im  Rechen- 
unterricht Wörter  zu  gebrauchen,  die  von  dem  allgemeinen  Sprach- 
gebranche  abweichen;  der  Lehrer  des  Deutschen  würde  doch  solche 
Wortbildungen  als  Fehler  anstreichen  müssen. 

Ein  Gebrauch  der  Ausgabe  C  ist  neben   den   beiden   andern 
Ausgaben  in  der  Schule  nicht  möglich. 

Berlin.  A.  Kallius. 


EINGESANDTE  BÜCHER 

(Bespreehaog  eiazeloer  Werke  bleibt  vorbebalteo). 


1.  Meyers  Grofies  Kooversetions-Lexikoii.  Ein  NaebsebUge- 
werk  dea  allgpemeiaeD  Wisseos.  Secbste,  gSnslieh  oeubearbeitete  oad  ver- 
mebrte  Auflage.  Mit  mehr  als  1 1 000  Abbildaagen  im  Text  aod  aof  aber 
1400  BilderUfelo,  Karteo  nod  PlKaeo  sowie  130  Textbeilageo.  Siebzebater 
Band:  Rio  bis  Sehöoebeek.  Leipzig  nad  Wien  1907,  Bibliographisches 
lostitot.    952  S.    Lex.- 8.    eleg.  geb.  10  ^. 

Der  grofie  „Meyer<<  nähert  sich  seinem  Abschlnß.  Alle  VorzHge,  die 
den  sechzehn  ersten  Banden  naehgerähmt  werden  konnten,  zeigt  aaeh  der 
vorliegende  Band:  Gediegenheit  des  Inhalts  nod  eine  grofiartige  lUostratioa, 
welche  die  Lektüre  auf  Schritt  und  Tritt  fördert. 

2.  Sammiang  Göschen.  Leipzig  19U7,  G.  J.  Göscbensche  Verlagshandlang. 
Jedes  Bändchen  geb.  0,80  JL. 

a)  K.Roth,  Geschichte  der  christliehen  Balkanstaaten  (Bulga- 
rien, Serbien,  Rumänien,  Montenegro,  Griechenland).     157  S. 

b)  H.  Simroth,  Abriß  der  Biologie  der  Tiere.  Zweite  Auflage. 
158  S. 

c)  E.  Berneker,  Rnssisch-deutsches  Gespriehsbuch.  Zweite 
Auflage.     135  S. 

d)  R.  Günther,  Deutsche  Kulturgeschichte.  Zweite  Auflage. 
123  S. 

e)  W.  Staerk,  Neutestamentliche  Zeitgeschichte.  Teil  I:  Der 
historische  und  knlinrgeschichtliche  Hintergrund  des  Urchristentums. 
Mit  3  Karten.  192  S.  —  Teil  11 :  Die  Religion  des  Judentums  im 
Zeitalter  des  Hellenismus  und  der  Römetberrschaft.  Mit  1  Planskisse. 
168  S. 

f)  Deutsches  Leben  im  12.  und  13.  Jahrhundert.  Realkommentar 
zn  den  Volks-  und  Kunstepen  und  zum  Minnesang.  L  Öffentliches 
Leben  von  J.  Di  offen  bacher.  Mit  10  Abbildungen.  142  S.  — 
IL  Privatleben  von  J.  Dieffenbacher.  Mit  38  Abbildungen. 
162  S. 

3.  Ans  Natur  und  Geisteswelt.  Leipzig  1907,  B.  G.  Tenbner.  Jeder 
Band  geb.  1,25  JL^ 

a)  F.  Kuypers,  Volksschule  und  Lehrerbildung  in  den  Ver- 
einigten Staaten  in  ihren  hervortretenden  Zügen.  Reiseein  drucke. 
Mit  49  Abbildungen.    XII  u.  146  S. 

b)  J.  Tews,  Moderne  Erziehung  in  Haus  und  Schule.  IV  n. 
132  S. 

4.  G.  Kerschensteiner,  Grundfragen  der  Schulorganisation. 
Eine  Sammlung  von  Reden,  Aufsätzen  und  Organisationsbeispielen.  Leipzig 
1907,  B.  G.  Tenbner.    VII  u.  296  S.    3,20  M^ 

5.  B.Otto,  Deutsche  Erziehung  und  Hauslehrerbestrebungen. 
Ein  Reformprogramm.  Grofi-Liehterfelde  1907,  Verlag  des  Hauslehrers.  50  S. 
0,30  Jt^ 

6.  Tb. Fuchs,  Die  Ausbildung  der  Gymnasiallehrer  und  die 
philosophische  Fakultät.  Wien  1907.  10  S.  (S.-A.  aus  der  Neuen 
Freien  Presse.) 

7.  Festschrift  zur  Feier  des  250jährigen  Bestehens  des 
Königlichen  Gymnasiums  zn  Hamm  i.  W.  am  31.  Mai  1907. 
Hamm  i.  W.  1907,  E.  Griebsch.     211  S.    gr.  8. 

8.  R.  Gaede,  Zwei  Jahre  Bewegungsfreiheit  im  Unterricht 
der  Prima.  Progr.  Strasburg  in  Westpreußen  1907.  Leipzig  1907, 
G.  Fock.    52  S.     1  ^. 


Biagesandte  Bücher.  751 

9.  M.  BraQDsehviif,  L'Art  et  rfinfant.  Essay  sar  r^daeatioa 
estbetiqae.    Paris  1907,  Reori  Didier.     XVI  n.  400  S.    kl.  8. 

10.  Jahrbach  für  Volks- und  Jagpeudspiele.  Heraasgegebeo  vod 
H.  Raydt.  16.  Jahrgang  (1907).  Leipzig  1907,  B.  G.  Teaboer.  375  S. 
kart  3  Jt. 

11.  R.  Lehne  BD,  Lehrbach  derphilosophischeo  PropMdentik. 
Zweite  Auflage.  Berlin  1907,  Reater  &  Reiehard.  VII  a.  182.  S.  gr.  8. 
3,60  JL 

12.  P.  Geyer,  Seholethik  aof  Grood  einer  Sentenzenharmonie. 
Berlin  1907,  Reother  ft  Reiehard.     XIII  u.  97  S.     1,80  JL. 

13.  M.  Bvers,  Die  Bergpredigt  (Matth.  5—7).  Pöafte  Auflage  von 
H.  Marx.     Berlin  1907,  Renther  &  Reichard.     VI  n.  61  S.     1,20  M> 

14.  A.  Julicher,  Paulus  und  Jesus.     Tübingen  1907,  J.  G.  B.  Mohr 
(P.  Siebeck).     72  8.    0,50  ^.    (Religionsgeschichtliche  Volksbücher  L  Reihe 
]  4.  Heft) 

15.  E.  Fischer,  Kants  Stil  in  der  Kritik  der  reinen  Ver- 
nosft  nebst  Ausführungen  über  ein  neues  Stilgesetz  auf  historisch-kritischer 
nsd  sprachpsychologischer  Grundlage.  Berlin  1907,  Reuther  &  Reichard. 
VIII  0.  136  S.     gr.  8.    4  ^. 

16.  J.  Naumann,  Theoretisch-praktische  Anleitung  zur  Be- 
sprechung and  Abfassung  deutscher  Aufsatze  in  Regeln,  Bei- 
spielen, Entwürfen  und  StolTdarbietungen  für  höhere  Schulen.  Achte  Auf- 
lage.   Leipzig  1907,  B.  G.  Teobner.     XVIII  u.  612  S.    geb.  4,80  M* 

17.  von  Sanden»  Deulsche  Sprachlehre  für  höhere  Schulen. 
Siebente  Auflage.     Lissa  i.  P.  1907,  F.  Ebbecke.    IV  u.  83  S.    geb.  0,80  JL. 

18.  0.  Mensing,  Mittelhochdeutsches  Hilfsbuch.  Für  Ober- 
kiissen  höherer   Schulen.    Dresden  1907,   L.  Ehlermann.    78  S.    geb.  1  JL^. 

19.  G.  Mosengel,  Deutsche  Aufsätze  für  mittlere  und  obere 
Klassen  höherer  LehransCalten  im  AnschluB  an  den  deutschen  Lesestoff. 
Katwnrfe  and  ausgeführte  Aufsatze.  Zweite  Auflage.  Leipzig  1907, 
B.  G.  Teubner.     Vlll  u.  139  S.    geb.  1,80  .>^. 

20.  M.  Schueidewin,  Eine  antike  Instruktion  ao  einen  Ver- 
wattnngsehef.  Mit  einer  Einleitung  über  römische  Provinzialverwaltung. 
Berlin  1907,  Karl  Gnrtius.    XI  n.  125  S.     2,50  Jt^ 

21.  Cortins,  für  den  Schulgebranch  erklärt  von  Th.  Vogel.  Zweites 
Bäodehen:  Bach  VI— X.  Dritte  Auflage  von  A.  Weinbold.  Mit  einer  Karte. 
Leipzig  1907,  B.  G.  Teubner.    VIII  u.  256  S.     2,60  JL^ 

22.  Aasonius,  Moseila.  Erklärt  und  übersetzt  (in  tschechischer 
Sprsche)  von  Rudolf  I^euhöfer.  Progr.  des  Staatsgymnasiums  in  6rn£ 
(Brüan)  1907.     18  S.    gr.  8. 

23.  A.  Scfawarzenberg,  Obungsbücher  für  den  Unterricht  in 
der  lateinischen  Sprache  an  gymnasialen  Anstalten  mit  lateiolosem 
Unterbau  (Reformgymnasien,  Reformrealgymnasien).    Leipzig,  B.  G.  Teubner. 

a)  Untertertia.    Zweite  Auflage.     1906.     VI  u.  230  S.    geb.  2,40  JL^ 

b)  Obertertia.    Zweite  Auflage.     1907.     VIU  u.  151  S.    geb.  2  Ji. 

Th.  Vogel,  Lateinische  Schulgrammatik  für  gymnasiale 
Anstalten  mit  lateiolosem  Unterhau  (Reformgymnasien,  Reformreal- 
gymnasien). Zweite  Auflage.  Leipzig  1906,  6.  G.  Teubner.  Xu  u.  258  S. 
geb.  2,80  Jt. 

24.  Th.  Fuchs,  Die  lateinische  Grammatik  und  die  so- 
genannte formale  Bildung.  Verlag  des  Vereins  für  Schulreform  in 
Wien.    14  S. 

25.  E.  Loch,  Wörterverzeichnis  zu  Ostermann-Müllers  la- 
teinischen Obungsbüchern.  Zweiter  Teil:  Quinta.  Leipzig  1907, 
B.  G.  Teubner.    IV  u.  48  S.    kart.  0,40  JL^ 

E.  Landshoff,  Wiederholungstabellen  zur  lateinischen 
Grammatik  nebst  Musterbeispielen,  nach  H.  J.  Müllers  Lateinischer 
Schalgrammatik  zasammeagestellt  Leipzig  1907,  B.  G.  Teubner.  IV  u. 
112  S.    kart.  1,40./^. 


752  Bingaftadie  Biichar. 

26.  C.Pascal,  Poasia  Laiina  Madievale.  Saggi  t  note  eriticke. 
Catania  1907,  Coocetto  Battiato.    VIII  o.  188  S.    kl.  8. 

27.  Th.  Drück,  Griechisches  Oboogsbaeh  for  Sekunda  zur 
EinäbuDg  der  Syntax.  Dritte  Auflage.  Staltgart  1907,  A.  Bona  &  Cenp. 
VIU  0.  125  S.    geb.  2  JC. 

28.  K.  Koppin,  Zur  aoterrichtliehen  Behaodlaog  der  grie- 
chischen Modi  auf  wissenschaftlicher  Grnodlage,  namentlieli 
iD  den  Bediognagssätaeo.  Programm  des  König-Wilhelms-Gymnaaissns 
io  Stettin.  Teill:  Vorbetrachtnog  19U5.  19  S.  4.  ~  Teil  II:  Grnndiinien 
zur  griecbischeo  Modoslehre.     1907.     36  S.    4. 

29.  Thnkydides,  für  deo  Schalgebrauch  erklSrt  von  G.  Böhme, 
von  der  4.  Auflage  ao  bearbeitet  von  S.  Widmann.  Sechstes  Bändchen: 
Bach  VI.  Sechste  Anflage.   Leipzig  1906,  B.  G.  Teuboer.   VI  o.  108  S.   1,20^ 

30.  £.  Kosohwitz,  Anieitaag  zom  Studium  der  französiacben 
Philologie  für  Stadiereode,  Lehrer  ood  Lehrerinnen.  Dritte  Auflage  von 
G.  Thurau.     Marburg  1907,  N.  G.  Biwert.     Vlll  n.  268  S.    A  JC. 

31.  Jeaa-Waterloo-Sedan  par  Lonfray-Durny-Rousset,  her- 
ausgegeben von  F.  J.  WershovcD.  Trier  1907,  Jacob  Liotz.  82  S.  6. 
Mit  2  Abbilduogeo  und  3  Karten,    geb. 

32.  J.  Schnltheß,  Obungsstücke  zum  Obersetzen  aus  dem 
Deatschen  ins  Französische,  besteheod  in  Erzählungen,  Parabeln, 
Anekdoten,  kleinen  Schaospielen  und  Briefen,  für  deo  Schul-  und  Privat- 
gebrauch  bearbeitet.  Sechzehate  Auflage.  Zürich  1907,  Schnlthefi  ft  Co. 
204  S.     1,40  JC. 

33.  W.  Lorey,  Leonhard  Bnler.  Leipzig  1907,  in  Rommiasion  bei 
B.  G.  Teubner.  20  S.  Vortrag.  S.-A.  aus  den  AbhandlungeD  der  Natur- 
forschenden  Gesellschaft  zu  Görlitz,  Band  25  (1907). 

34.  U.  Thieme,  Leitfaden  der  Mathematik  für  Gymnasien. 
Teil  I:  Die  Dnlerstufe.  Mit  108  Figuren.  Dritte  Auflage.  Leipzig  1907, 
G.  Freytag.     102  S.    gr.  8.    geb.  1,60  JC. 

35.  K.  Barchanek,  Lehr-  und  Übungsbuch  der  darstellenden 
Geometrie  für  Oberrealschulen.  Mit  309  Figuren.  Zweite  Auflage. 
Wiea,  F.  Tempsky;  Leipzig,  G.  Freytag  1907.     268  S.    gr.  8.    geb.  3,20  Uf^. 

36.  Schflllens  Aufgaben  zum  Gebrauche  beim  Reebenunterrieht. 
Munster  (Westf.)  1907,  Franz  Coppenrath.  Ausgabe  A.  Teil  I:  für  höhere 
Lehranstalten  usw.  ZwfiunddreiBigste  Auflage  voa  A.  Bliad  und  H.  Frank. 
IV  u.  261  u.  41  S.  geb.  —  Teil  II:  für  mittlere  und  obere  Klaaaen  der 
Realschulen  usw.    Neunte  Auflage  von  A.  Blind.    IV  u.  188  S. 

37.  Schellens  Materialien.  Ein  Handbuch  für  Lehrer  zum  Ge- 
brauche beim  Reebenunterrieht.  Munster  (Westf.)  1907,  Fraaz  Coppenrath. 
Ausgabe  A.  Teil  I:  für  höhere  Lehranstalten  usw.  Sechzehnte  Auflage  von 
A.  Blind  und  H.  Frank.  VIII  u.  296  n.  40  S.  geb.  —  Teil  II:  ein  Hand- 
buch für  Lehrer  und  zur  Selbstbelehrung  angehender  Kauflente  usw.  Siebente 
Auflage  von  A.  Blind.     VIII  u.  268  S.    geb. 

38.  J.  Mischke,  Naturgeschichte  der  Ziffern.  Bremen  1907, 
Max  Nössler  &  Co.  48  S.  (Vortrag,  gehalten  in  der  Deutacben  Gefellsehaft 
für  Natur-  und  Völkerkunde  Ostasieos  zu  Tokio,  Japan). 

39.  F.  von  Hemmelmayr,  Lehrbuch  der  organischen  Chemie 
für  die  sechste  Klasse  der  Oberrealschulen.  Mit  11  Abbildungeu  «nd 
1  Farbendrucktafei.  Dritte  Auflage.  Wien  1906,  F.  Tempsky.  IV  u.  150  S. 
gr.  8.     1  jf  80  A,  geb.  2  /T  30  A. 

40.  F.  von  Hemmelmayr,  Lehrbuch  der  aaorganis eben  Chemie 
für  die  fiinfte  Klasse  der  Realschulen.  Mit  40  Abbildungen  und  1  Spektral- 
Ufel  in  Farbendruck.  Dritte  Auflage.  Wien  1906,  F.  Tempsky.  237  & 
gr.  8.     2  JT  50  A,  geb.  3  R. 

41.  H.  Zuschneid,  Freibnrger  Taschen-Liederbuch.  Seehate 
Auflage.  Freiburg  i.  Br.,  Herdersche  Verlagshandlnng.  XII  n.  288  S.  geh. 
1,50  JC. 


ERSTE  ABTEILUNG. 


ABHANDLUNGEN. 


Magers  methodische  Ansichten  und  ihre  Bedeutung 

fllr  die  Gegenwart. 

Magers  ^n^oderne  HumaDitätsatudien**  haben  s.  Z.  berechtigtes 
Aa&ehen  erregt,  scheinen  aber  fast  gan2  in  Vergessenheit  geraten 
zu  sein.  Und  doch  enthalten  sie  eine  ganze  Reihe  yon  Gedanken, 
die  gerade  jetzt,  wo  vielfach  einem  einseitigen  pädagogischen 
Intellektualismus  das  Wort  geredet  and  im  fremdsprachlichen 
Unterricht  das  formalistische  Prinzip  wieder  auf  Kosten  des 
materialen  gepflegt  wird,  in  Erinnerung  gebracht  zu  werden 
verdienen. 

In  bezug  auf  das  Endziel  des  Unterrichts  steht  Mager  durch- 
aus auf  dem  Standpunkt  Herbarts.  In  seiner  Schrift  ,J)ie  ge- 
netische Methode  des  schnlmäßigen  Unterrichts  in  firemden 
Sprachen  und  Literaturen''  1846  heißt  es  S.  177:  „Alles 
Wissen  und  Können,  das  der  erziehende  Unterricht 
gibt,  soll  der  Charakterbildung  dienen''.  Also  ganz  das 
Herbartsche  Ziel.  Den  alten  Literaturen  mißt  M.  einen  großen 
pidagogischen  Wert  bei,  ist  aber  der  Meinung,  daß  dieser  Wert 
in  dem  herrschenden  Schulbetrieb  in  keiner  Weise  zur  Geltung 
komme.  ^J)ie  beiden  alten  Literaturen  sind  dermaßen  ewig  jung, 
daß  heute  so  gut  wie  zu  Reuchlins  und  Huttens  Zeiten  die  Jugend 
sich  gern  mit  ihnen  beschäftigt  und  sich  auch  ältere  Leute  mit 
ibnen  gern  beschäftigen  würden,  wenn  die  Schule  an  ihnen  ihre 
Pflicht  getan  hätte*'.  Aber  der  herrschende  Sprachunterricht  ist 
ganz  verkehrt.  Deshalb  ist  und  bleibt  das  Lesen  eine  Qual  und 
eine  Stümperei  und  wird  darum  nach  der  Schule  nicht  fortgesetzt. 
Man  mutet  jungen  Leuten  die  Lektöre  von  Schriften  zu,  die  den 
meisten  von  ihnen  auch  im  höheren  Alter  noch  zu  schwer  sein 
würden.  Dafür  sollte  man  solche  Werke  nehmen,  denen  der 
Mitteischlag  junger  Leute  gewachsen  ist.  Pindar,  Thucydides, 
Plato   sind  schlechterdings  keine  Schriftsteller   für  unsere  Gym- 

Ztttadtur.  1  d.  OyiBiiMulircMn.    LXL    11.  48 


754  Magers  meth.  ADsichten  o.  ihre  Bedeutung  f.  d.  Gepenwart, 

nasien,    das  Buchstabieren    ao  ihnen    dient   zu  weiter  nichts  als 
daß    die  Zeit   verloren    geht,    in   der  man,    wenn   man  sich  auf 
Homer,    Herodot,    Xenophon    etc.    beschränkt,    nicht    nur    etwas 
lernen   lassen,    sondern    auch    für    das    ganze   Leben    dauernde 
Neigung  für  die  alten  Literaturen  erwecken  könnte.     „Wenn  man 
einmal  einsehen  wird,  daß  junge  Leute,  die  erst  zur  UniYersität 
gehen  sollen,  keine  Professoren  sein  können,   und  daß  es  besser 
ist  weniges  gut  als  vieles  schlecht  zu  wissen,    so  wird  man  die 
Reglements  über  die  Maturitätsprüfungen  bedeutend  ändern'^   Wenn 
einmal  die  klassische  Philologie  unter  uns  zugrunde  gehen  sollte, 
so  haben  nach  M.s  Meinung  die  Philologen  sie  zugrunde  gerichtet. 
„Schon   jetzt   sieht   fast    niemand,    dem    nicht   die  Sache  Brot- 
studium ist,  in  späteren  Jahren  einen  griechischen  oder  römischen 
Autor  auch  nur  an;  kaum  werden  noch  Übersetzungen  der  Alten 
gelesen*'.    Das  kommt  daher,  daß  man  in  den  Schulen  nicht  durch 
Eindringen  in  den  Inhalt  Liebe  fürs  Altertum  erweckt,    sondern 
durch  den  einseitigen  grammatisch  formalistischen  Betrieb  Wider* 
willen    gegen    dasselbe   erzeugt.      „Die    Knaben    halten    auf    gut 
aristophanisch  die  Schule  für  einen  Sorgenort,  und  sie  wünschen 
die  Grammatik  und  das  Latein,    und  manchmal  den  Lehrer  dazu 
dahin,    wo  der  Pfeffer  wächst*'.     Nach  Mager  konstituierte  Niet- 
hammer mit  seinem  Buche  „Der  Streit  des  Pbilanthropismus  und 
Humanismus    in    der  Theorie   des  Erziehungsunterrichts    unserer 
Zeit**  (1808)  den  rationalistischen  oder  formalistischen  Humanis- 
mus, mit  dem  eine  neue  Epoche  auch  im  Grammatizismus  eintrat 
Für   diesen    formalistischen   Humanismus    wurde    das    Denken- 
können   das  Schiboleth,    während    der  frühere  Humanismus  das 
fari  posse  zum  Ziel  seines  Unterrichts  gemacht  hatte.     Dadurch 
sei    dem    synthetischen    Elemente    im    Sprachunterricht    ein 
schädliches    Obergewicht  gegeben;  die  rationalistischen  Humanisten 
seien  Grammatisten  und  Argumentenschreiber.    (Argumente  hiefien 
in  Suddeutschland    die  Extemporalien).     Die    „gründliche'*  gram- 
matisUsche  Methode  sei  so  gründlich,    daß  sie  aus    den  Gründen 
gar    nicht    herauskomme,    nämlich     aus     den    Anfangsgründen. 
„Nicht  nur    die  grammatischen  Massenbegriffe,    sondern  auch    die 
einzelnen  Lehrsätze    werden    den  Schülern    tradiert,   so  daß    das 
Gerede    von    formaler    Bildung,    für    welche    das    Studium     der 
Grammatik    so   probat    sein    soll,    nur    ein  Geschwätz    ist.     Man 
könnte   die  Schüler  mit  gleichem  Gewinn  für  ihre  Geistesbildung 
mit    der  Heraldik  beschäftigen'*.     Dadurch,    daß    die  Regel   fertig 
gegeben,    statt  durch  Abstraktion   von   einzelnen  Fällen 
selbsttätig  gesucht  und  formuliert  wird,  wird  der  Denk- 
faulheit   Vorschub     geleistet.      Wenn    die    Grammatisten    sagen: 
„Unsere  Aufgabe   geht   dahin,    daß    der  Schüler  eine  Einsicht  in 
den  inneren  Bau    der  Sprache,    ein    wissenschaftliches  BewuBtein 
über   die    notwendigen  Gesetze    der    einzelnen  Sprache   und    der 
Sprachen  überhaupt,    als  des  Organons  alles  Denkens,    gewinnen. 


von  G.  Budde.  755 

kurz,  das  grammatische  VerständDis  einer  Sprache  ist  uns  die 
Hauptsache'*,  so  erinnere  solches  Gerede  an  den  Fuchs,  der  die 
Traube,  die  ihm  zu  hoch  hing,  „gut  für  TroBbuben**  nannte,  oder 
an  jenen  anderen,  dem  der  Schweif  abhanden  gekommen  war 
und  der  nun  seinen  Mitfuchsen  eine  Rede  über  die  großen  Vor- 
teile der  Schwanzlosigkeit  hielt  Der  Sprachunterricht  soll  nicht 
nur  sprachliche,  sondern  auch  und  ganz  besonders 
historische  Bildung  geben.  Diese  grammatistiscbe  Richtung 
ist  ganz  unbrauchbar.  „Dr.  Ruth ar dt  in  Breslau  hat  den 
Grammatismus  einer  wesentlichen  Reparatur  unterzogen  und  ihm 
einen  hochnötigen  Anbau  gegeben,  wodurch  das  hinfällige  Gebäude 
wieder  für  etliche  Jahre  zur  Not  bewohnbar  gemacht  worden  ist. 
Ratich  hat  schon  ?or  200  Jahren  den  richtigen  Weg  gezeigt, 
aber  das  Licht,  das  er  verbreitete  und  dem  alle  Schulen  sich 
hätten  öffnen  sollen,  haben  die  Pedanten  unter  den  Scheffel  ge- 
stellt, sie  haben  die  Welt  darum  betrogen.  Wo  könnten  wir 
jetzt  stehen»  hätte  man  den  Ratichschen  Samen  nicht  zertreten 
und  erstickt,  der  nun  seit  200  Jahren  aufgegangen  wäre  und  die 
herrlichsten  Schulfiröchte  hätte  tragen  müssen!  DaB  wir  jetzt, 
sozusagen,  wieder  da  anfangen  müssen,  wo  man  vor  200  Jahren 
hätte  anfangen  sollen  und  können,  das  schlägt  nieder,  ja  es 
empört^'. 

Die  analytischen  Methoden,  wie  sie  z.  B.  von  Hamilton, 
Jacolot  u.  a.  empfohlen  wurden,  haben  sich  nach  M.  auch  nicht 
als  die  rechten  erwiesen.  Auch  diejenige  Verbindung  der  syn- 
thetischen und  analytischen  Methode,  wie  sie  von  Herbart  und 
von  Herbartianern  vertreten  wird,  sei  nicht  zu  empfehlen.  Sie 
sei  nicht  neu,  sondern  stamme  von  Comenius.  Comenius  wollte 
in  den  unteren  Klassen  den  Sprachunterricht  mit  dem  Real- 
Unterricht  verbinden,  er  wollte  den  Sprachunterricht  zugleich 
zum  Realunterricht  machen.  „Dadurch  hat  aber  Comenius 
die  Interessen  des  Sprachunterrichts  dem  Realunter- 
richt zuliebe  gefährdet''.  Dieser  Gefahr  kann  man  nur 
aus  dem  Wege  gehen,  wenn  man  besondere  Grammatik- 
Stunden  einführt. 

Sie  sind  unumgänglich.  Wie  in  diesem  Punkte  weicht  Mager 
auch  noch  in  einem  anderen  von  den  Herbartianern  ab.  Sie 
wollen  im  Sprachunterricht  gleich  von  zusammenhängenden  Lese- 
stucken, womöglich  gleich  von  einem  Autor  ausgehen.  Dazu 
bemerkt  M.,  daB  man  den  Schülern  nicht  zumuten  dürfe,  auf 
einmal  alle  die  Abstraktionen  zu  machen,  welche  gemacht  werden 
müssen,  wenn  die  erste  Periode  eines  Autors  verstanden  werden 
soll;  deshalb  soll  man  statt  eines  zusammenhängenden  Textes 
dem  Anfänger  isolierte  Sätze  geben  und  aus  diesen  die  gram- 
matischen Formen  und  Regeln  abstrahieren. 

Die  erforderlichen  Ziele  werden  seiner  Meinung  nach  erreicht 
durch  die  genetische  Methode,  die  bei  der  Zerlegung  des  Stofl'es 

48* 


756  Magers  meth.  Ansichten  ik  ihre  Bedeutvng  f.  d.  Gegenwart, 

in  seine  Elemente  nicht  nur  die  Natur  des  Stoffes,  sondern 
auch  die  Natur  des  lernenden  Subjekts  befragt.  Die 
Anschauung  der  firemden  Sprache  muß  Ausgangspunkt  des  Unter* 
richts  in  derselben  und  das  Angeschaute  Grundlage  der  Grammatik» 
Onomatik  und  Technik  sein.  „Für  den  Anfang  soll  man 
die  Anschauung  auf  solches  richten,  was  fibersehen 
und  zugleich  für  sich  verstanden  werden  kann.  Dieses 
Übersichtliche  und  zugleich  VerslSndliche  ist  im  Anfang  weder  ein 
Text  noch  ein  Wort,  wohl  aber  ein  Satz.  Der  isolierte  Satz 
spricht  einen  Gedanken  aus,  der  öbersehen  und  verstanden  werden 
kann''.  Erat  nachdem  der  Unterricht  an  einzelnen  Sätzen  3 — 4 
Monate  lang  gegeben  ist,  darf  die  LektQre  leichter  Texte  hinzu- 
treten. Dam  beginnt  auch  das  Memorieren  von  Texten.  Da  der 
Sprachunterricht  zugleich  Sacbunterricht  sein  soll,  so  muß  der 
Schuler  neben  dem  grammatischen  und  onomatischen  Allgemeinen 
auch  den  Gedanken-  und  Sachverhalt  festhalten.  Es  werde,  so 
meint  M«,  im  ganzen  genögen,  wenn  von  den  isolierten  Sätzen 
diejenigen,  welche  einen  ethisch  bedeutenden  Gedanken  oder  einen 
bemerkenswerten  realistischen  Inhalt  haben  und  von  den  Texten 
etwa  ein  Sechstel  wörtlich  eingeprägt  werden.  Von  den  übrigen 
Sätzen  und  Texten  müsse  das  grammatische  und  ooomatische  All- 
gemeine fest  eingeprägt  werden,  aber  auch  des  Inhalts  müsse  sieb 
der  Schüler  bis  auf  einen  gewissen  Grad  bemächtigen  und  den- 
selben, wenn  nicht  in  der  fremden,  so  doch  in  der  Mutlersprache 
reproduzieren  können.  Auf  der  elementarischen  Stufe  sei  die  auf 
grammatische  Richtigkeit  und  onomatische  Reinheit  gmcbtete 
Technik  und  das  Verstehen  unser  Hauplpensum;  successiv  müsse 
dann  zuerst  die  Grammatik  und  die  Onomatik^  dann  die  Sprach- 
kunst und  die  Literatur  das  Hauptpensum  werden.  Der  mittlere 
Kursus  sei  als  grammatisch-onomatischer  dogmatisch,  dagegen  für 
den  literarischen  Unterricht,  der  hier  beginnt,  wieder  propädeutisch. 
In  den  beiden  mittleren  Klassen  soll  epische  und  historische  Lektüre 
leichterer  Art  vorherrschen,  daneben  ist  einiges  Lyrisdie  und 
Rhetorische,  einiges  Didaktische  und  einiges  Dramatische  leichterer 
Art  zu  lesen.  In  den  drei  oberen  Klassen  des  Gymnasiums  muß 
in  der  drittletzten  Klasse  das  Epische  und  Historische,  in  der  vor- 
letzten das  Lyrische  und  Rhetorische,  in  der  letzten  das  Dramatische 
und  Didaktische  vorwalten.  In  den  beiden  mittleren  Klassen 
sollen  die  Schüler,  nachdem  sie  im  propädeutischen  Kurs  eine 
anschauliche  Kenntnis  der  wichtigsten  Wort-  und  Satzformen  ge- 
wonnen haben,  diese  Kenntnis  teils  ergänzen  und  vervollständigen, 
teils  durch  Eingehen  auf  die  Gründe  der  Regeln  und  ihren  sach* 
liehen  und  logischen  Zusammenhang  erweitern,  befestigen  und 
vertiefen.  „Das  schulmäßige  grammatische  Studium  mu& 
im  wesentlichen  in  den  beiden  mittleren  Klassen  ab- 
gemacht werden;  wenn  dies  versäumt  wird,  so  hat  der 
Unterricht   der   oberen    Klassen    kein    Fundament,  wie 


voB  6.  Badde.  757 

schoD  Qu  in  tili  an  bemerkt:  quae  (grammalica)  nisi  oratori  füturo 
faodameQta  fideliter  iecerit,  quidquid  super  struxeris,  corruef 
Auch  der  Onomatik  ist  in  den  beiden  mittleren  Klassen  ein  Teil, 
der  Lehrstunden  zu  widmen,  und  es  ist  die  Erwerbung  eines 
Wortschatzes  durch  besondere  Veranstaltungen  zu  sichern.  Im 
Elementarkursus  soll  der  Schüler  Gelegenheit  gewinnen,  an  etwa 
20  Wortfamilien  nebenbei  die  Weise  der  Derivation  und  Kom- 
position, an  etwa  50  Wörtern  den  Obergang  der  ersten  Bedeutung 
zu  einer  zweiten,  dritten,  vierten,  an  etwa  25  leichteren  Synonyma 
die  Sinnverwandtschaft  gewisser  Wörter  zu  beobachten.  Darauf 
ist  dann  weiter  zu  bauen.  —  In  den  beiden  mittleren  Klassen 
sollen  nicht  mehr  einzelne  Sätze  zur  Einübung  bestimmter  gram- 
matischer Regeln  und  zur  Anwendung  bestimmter  Vokabeln  in 
die  fremde  Sprache  öbersetzt  werden,  „wie  dies  die  Grammatisten 
tun'S  da  dies  die  Schöler  im  Elementarknrsus  hinlänglich  geQbt 
haben,  sondern  hier  sollen  dafür  zusammenhängende  StQcke  ge- 
geben werden,  und  zwar  will  M.,  daß  nicht  bloß  aus  dem  Deut- 
schen, sondern  später  auch  aus  einer  fremden  Sprache  in  eine 
andere  übersetzt  werde.  Das  Memorieren  soll  den  ganzen  Schul- 
unterricht hindurch  fortdauern.  Für  den  Unterricht  auf  der  Ober- 
stufe ist  zu  berücksichtigen,  „daß  die  Schule  es  dem  akademi- 
schen Unterricht  überlassen  muß,  Jünglinge,  welche  sich  zu 
Künstlern  in  gebundener  oder  ungebundener  Rede,  sei  es  in  der 
eigenen  oder  in  einer  fremden  Sprache,  ausbilden  wollen,  dazu 
anzuleiten;  aber  sie  hat  doch  die  Pflicht,  ihre  Schüler  in  der 
Sprache  und  in  der  literarischen  Kunst  so  weit  zu  bringen,  als 
es  das  Bedürfnis  der  eigenen  Bildung  und  des  Lebens  erfordert'S 
Auf  der  Oberstufe  soll  einerseits  eine  Reihe  ganzer  Werke  (ganz 
oder  teilweis),  andererseits  eine  literarhistorisch  geordnete  Antho- 
logie gelesen  werden.  Die  Interpretation  fährt  fort  sprachlich  und 
sachlich  zu  sein,  ist  jedoch  von  nun  an  hauptsächlich  auf  den 
ethischen  und  logischen  Gehalt  und  auf  die  literarische  Form  ge- 
richtet. Ober  die  logische  Konstruktion  des  Gelesenen,  die  vor- 
kommenden  Tropen  und  Figuren,  die  Unterschiede  poetischer  und 
prosaischer  Darstellung,  die  Unterschiede  des  historischen,  rhetori- 
schen und  didaktischen  Stils  —  Dinge,  die  schon  in  den  mittleren 
Klassen  beachtet  wurden,  sollen  jetzt  die  Schüler  meist  selbst 
Auskunft  geben.  Die  in  der  zweiten  Hälfte  des  mittleren  Kursus 
begonnenen  freieren  Obersetzungen  historischer,  rhetorischer  und 
didaktischer  Stücke  in  die  firemde  Sprache  sind  hier  eine  Zeitlang 
fortzusetzen.  Dann  treten  halbfreie  und  erst  am  Ende  der  Schul- 
zeit freie  Arbeiten  ein.  Die  Schüler  auch  im  mündlichen  Ge- 
brauch der  fremden  Sprachen  (im  Gymnasium  auf  das  Lateinische 
ond  Französische  zu  beschränken)  zu  einer  gewissen  Fertigkeit  zu 
bringen,  hat  nach  M.s  Ansicht  in  zahlreichen  Klassen  große 
Schwierigkeiten,  doch  lasse  sich  einiges  tun.  Der  schulmäßige 
Unterricht   in   der  Literaturgeschichte   (und    in   der  literarischen 


758  Magers  meth.  Aasichteo  u.  ihre  BedeataD§f  f.  d.  Gegrenwart, 

Theorie)  habe  die  Aufgabe,  die  Literaturfragmente,  welche  der 
Schüler  im  Laufe  seiner  Schulzeit  kennen  gelernt  hat,  sachlich 
zu  verbinden  und  auf  anderes,  was  gekannt  zu  werden  verdient, 
aber  in  der  Schule  übergangen  ist,  für  kilnfliges  Studium  hinzu- 
weisen. Auch  solle  das  Gymnasium  einen  kurzen  Unterricht  über 
einige  besonders  interessante  Kapitel  der  sogenannten  allgemeinen 
oder  philosophischen  Grammatik  und,  wenn  es  der  Lehrer  könne, 
der  allgemeinen  Onomatik  geben.  Dieser  Unterricht  werde  am 
besten  der  philosophischen  Propädeutik  einverleibt,  dem  Unterricht 
in  der  Logik  angehängt  oder  dem  Unterricht  in  der  Psychologie 
eingeschoben.  Obgleich  auf  der  ersten  Unterrichtsstufe  die  LektQre 
noch  eine  ganz  andere  Bedeutung  habe  als  die,  bloßes  Mittel  zur 
Erlernung  der  fremden  Sprache  zu  sein,  so  sei  sie  doch  zunächst 
und  vorzugsweise  als  ein  solches  Mittel  zu  betrachten  und  zu  be- 
nutzen. Die  Interpretation  sei  darum  hauptsächlich  onomatisch 
und  grammatisch.  „Wenn  die  unteren  und  mittleren 
Klassen  ihre  Pflicht  getan  haben,  muB»  nachträgliche 
Belehrung  ober  Einzelheiten  und  fortgesetzte  Übung 
abgerechnet,  der  Sprachunterricht  als  solcher  mit  dem 
Eintritt  in  die  oberen  Klassen  abgetan  sein.  Das  Nächste, 
nach  welchem  die  Schulen  streben  müssen,  ist,  daß  ihr  Unterricht 
in  fremden  Sprachen  und  Literaturen  endlich  wieder  den  nächsten 
Erfolg  habe,  den  der  gemeine  Menschenverstand  von  einem  jahre- 
lang fortgesetzten  Unterricht  mit  Recht  erwartet".  Der  zünftige 
Unterricht  ist  philologisch.  „Geht  man  dagegen  (wie  Herbart) 
vom  Leben  aus  und  läßt  nur  dessen  Gesichtspunkte  gelten,  ge- 
setzt auch,  man  stellt  sich  auf  den  höchsten  Standpunkt,  so  daß 
alles  der  Sittlichkeit  untergeordnet  und.  in  ihren  Dienst  gestellt 
wird,  so  entsteht  der  unwissenschaftliche  Unterricht,  der  für  den 
gemeinen  Mann  und  die  Frauen  genügt,  aber  nicht  für  die,  die 
in  ihrem  Leben  in  dieser  oder  jener  Weise  der  Wissenschaft  be- 
dürfen, also  wieder  ein  Fehler  ist,  wenn  auch  kein  so  schwerer 
wie  der  erste  (der  zünftige)'^  Diesen  Herbartschen  Fehler  hält 
aber  Mager  für  ganz  ungefährlich.  Er  sagt,  daß  er  in  unserer 
heutigen  Unterrichtspraxis  fast  gar  nicht  vorkomme;  vor  ihm 
brauche  deshalb  so  wenig  gewarnt  zu  werden  als  neapolitanische 
Soldaten  einer  Warnung  gegen  übertriebene  Tapferkeit  bedürften. 
Der  erste  Fehler  dagegen  sei  die  Regel  in  unseren  Schulen.  M. 
gibt  sogar  zu,  daß  der  Herbartsche  Standpunkt  für  die  allgemeine 
Erziehungsscliule  eigentlich  der  richtige  ist;  denn  er  verlangt  für 
die  künftigen  Gelehrten  besondere  Einrichtungen.  Er  schlägt 
vor,  daß  für  künftige  Gelehrte,  gleichviel  welchem  Fache  sie  sich 
zu  widmen  gedenken,  auf  ungefähr  6—8  Gymnasien  eine  zwei- 
klassige  höhere  Schule,  die  man  Selekten,  Lyzeum  oder  wie  sonst 
immer  nennen  mag,  gegründet  werde,  so  daß,  während  das  Gros 
der  künftigen  Praktiker  mit  etwa  18  Jahren  vom  Gymnasium  un- 
mittelbar zur  Universität  ginge,  die  künftigen  Gelehrten  noch  einer 


vdn  6.  Bodde.  759 

zweijährigen  Schulbildung   teilhaftig   worden.    Der  Zweck   dieser 
Lyceen  wäre: 

1.  ihren  Schülern  eine  größere  Fertigkeit  im  Verständnis 
und  Gebrauch  der  beiden  alten  wie  der  beiden  neueren  fremden 
Sprachen  zu  geben; 

2.  ihnen  eine  yollständigere  Kenntnis  zunächst  der  beiden 
alten,  dann  aber  auch  der  drei  neueren  Literaturen  zu  geben; 

3.  sie  zur  Philologie  anzuleiten,  dieselbe  nicht  als  Beschäfti- 
gung mit  den  Nationalliteraturen  und  ebensowenig  als  Altertums- 
wissenschaft Yerstanden,  sondern  als  eine  zur  gelehrten,  zur 
philologisch-historischen  Behandlung  jedes  Faches  nötige  Technik. 

Man  braucht  nicht  in  allen  einzelnen  Punkten  derselben 
Meinung  zu  sein  wie  Mager,  um  doch  sagen  zu  können,  daß  er 
ohne  Frage  unter  den  Methodikern  des  19.  Jahrhunderts  eine  der 
markantesten  und  interessantesten  Persönlichkeiten  ist. 

Ich  wurde  nicht  dafür  sein,  daß  man  im  Primaunterricbt 
auf  Thucydides  und  Plato  verzichtete,  und  ich  glaube  auch,  daß 
bei  richtiger  Gestaltung  des  griechischen  Unterrichts  die  Schüler 
sehr  wohl  zum  guten  Verständnis  dieser  Schriftsteller  zu  bringen 
sind.  Ich  vermag  ferner  nicht  einzusehen,  weshalb  auf  der 
Mittelstufe  grundsätzlich  keine  Einzelsätze  geduldet  werden  sollen. 
Auch  auf  dieser  Stufe  kann  doch  der  Schüler  ebenso  wie  auf  der 
Unterstufe  am  klarsten  und  sichersten  aus  ihnen  die  Regeln  ab- 
strahieren. Daß  daneben  zusammenhängende  Stücke  geboten 
werden  müssen,  in  denen  der  Schüler  die  Regeln  in  den  einzelnen 
Wortformen  anschaut,  ist  selbstyerständlich.  Mager  will,  daß  die 
in  der  zweiten  Hälfte  des  mittleren  Kursus  begonnenen  freieren 
Übersetzungen  historischer,  rhetorischer  und  didaktischer  Stücke 
in  die  fremde  Sprache  auf  der  Oberstufe  noch  eine  Zeitlang 
fortgesetzt  werden  sollen.  Auch  dafür  bin  ich  nicht,  es  wider- 
spricht auch  der  anderen  Forderung  Magers,  daß  der  Sprach- 
unterricht als  solcher  mit  dem  Eintritt  in  die  Oberstufe  abgetan 
sein  soll.  Wenn  die  allgemeine  oder  philosophische  Grammatik 
Berücksichtigung  finden  soll,  so  kann  dies  doch  höchstens  in  den 
▼on  M.  verlangten  Selekten  geschehen.  Wenn  wir  sie  in  dem 
allgemeinen  Unterricht  behandeln  wollten,  würden  wir  damit 
wieder  aus  dem  Rahmen  der  Schule  heraustreten.  In  bezug  auf 
die  Selekten  ist  auffallend  und  einseitig,  daß  M,  sie  nur  für  das 
Sprachstudium  verlangt.  Damit  wird  doch  nur  der  Individualität 
einer  Kategorie  von  Schülern  genügt.  Jedenfalls  aber  ist  es 
beachtenswert,  daß  der  Gedanke  an  „Selekten^\  der  neuerdings 
so  sehr  die  pädagogische  Diskussion  beherrscht  und  bei  den  be- 
deutendsten Pädagogen  der  Vergangenheit  sich  findet,  uns  auch 
bei  Mager  begegnet,  wenn  auch  in  anderer  Form,  als  wir  uns 
die  Einrichtung  denken. 

Doch    das  sind  alles  Einzelheiten,    die  nicht  von  so  wesent- 
licher Bedeutung  sind  als  die  Punkte,  in  denen  ich  voll  und  ganz 


760  Malers  meth.  Aus.  vu  ihre  Bedevtg.  f.  d.  GegeDW.  y.  G.  Bodde. 

mit  M.  übereinstimme  und  die  gerade  in  der  Gegenwart  wertvolle 
Dienste  leisten  können.  Da  ist  vor  allem  die  Betonang  einer 
allseitigen  Bildung  durch  das  Sprachstadinni  statt  einer  ein* 
seitigen  Bildung  zum  Denkenkönnen,  es  ist  die  Verwerfung 
eines  von  den  Grammatisten  vertretenen  reinen  Intellektualismus 
im  Sprachunterrieht.  Ferner  ist  es  die  Forderung,  daß  der 
eigentHehe  Grammatiknnterricht  auf  der  Unter-  und  Mittelstufe 
erledigt  werden  muB,  so  daB  die  Oberstufe  ausschließlich  der 
Lektüre  gehört.  Die  Interpretation  der  Autoren  hal  sich  dabei 
hauptsächlich  auf  den  ethischen  und  logischen  Gehalt  und  auf  die 
literarische  Form  zu  richten.  Weiter  vertritt  M.  mit  Entschieden- 
heit die  induktive  Methode  im  Sprachunterricht.  Das  sind 
Forderungen,  die  ja  auch  von  den  Herbartianem  erhoben  sind. 
Verschiedene  Einseitigkeiten,  in  die  diese  in  ihren  methodischen 
Vorschriften  verfallen  sind,  werden  von  Mager  vermieden.  So 
wendet  er  sich  gegen  die  Auffassung  von  dem  Verhältnis  des 
Sprachunterrichts  und  des  Realunterridits  auf  dtf  Unterstufe, 
die  die  Herbartianer  im  Anschluß  an  Comenius  vertreten.  Da- 
durch werden,  wie  er  mit  Recht  sagt,  die  Interessen  des  Sprach- 
unterrichts dem  Realunterricht  zuliebe  gefiihrdet.  Die  Sprachen 
können  nicht  so  nebenher  an  der  Hand  der  Lektüre  erlernt 
werden,  dazu  ist  ein  selbständiger  Sprachunterricht  erforderlich. 
Deshalb  sind  besondere  Grammatikstunden  unerläßlich.  Der 
Unterricht  darf  nicht,  wie  es  die  Herbartianer  verlangen,  von 
Anfang  an  nur  von  zusammenhängenden  Stöcken  ausgehen.  Da- 
mit schafft  man  unnötige  und  kaum  überwindüche  Schwierig- 
keiten. Die  Induktion  erfolgt  leichter  und  sicherer  an  Einzel- 
sätzen; aus  ihnen  sollen  die  grammatischen  Formen  und  Regeln 
abstrahiert  werden. 

Wenn  man  bei  der  Ausarbeitung  der  preußischen  Lehrpiäne 
von  1892  diese  durchaus  berechtigten  Ausstellungen  Hagers  an 
den  methodischen  Vorschriften  der  Herbartianer  bericksichtigt 
nnd  nicht  von  unten  an  den  von  ihnen  geforderten  Sachunterricht 
eingeführt  hätte,  würden  die  Bestimmungen  dieser  Lehrpiäne  für 
den  altsprachlichen  Unterricht  sich  als  ksbensfähig  erwiesen  haben, 
und  es  wäre  uns  der  1901  erfolgte  Röckfall  in  einen  überiebCen 
Formalismus  erspart  geblieben. 

Hannover.  G.  Bndde. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


LITERARISCHE  BERICHTE. 


Karl   Roller,    Haasauf^aben    and   hShere    Schaleo.    Leipzigs  1907, 
Qoelle  Q.  Meyer.    IV  q.  143  S.    8.    geh.  2,80  JL^  geb.  3, 20  M* 

Der  Verf.  hat  sich  mit  der  Frage  der  Hausaufgaben  in  den 
höheren  Schnlen,  die  in  letzter  Zeit  so  lebhaft  besprochen  worden 
ist,  obwohl  sie  schon  1829,  also  noch  vor  Lorinsers  Anklagen  vom 
Jahre  1836  gegen  das  Gymnarium,  die  Aufmerksamkeit  der  Be- 
hörde erregt  hat,  schon  wiederholt  beschäftigt.  Er  hat  1904/05 
Erhebungen  über  das  MaB  der  häuslichen  Arbeitszeit  in  der  Unter- 
tertia einer  Oberrealschule  veranstaltet  (vgl.  Vorwort  S.  106  und 
137)  und  im  Juni  1906  in  Dresden  bei  der  VII.  Jahresversamm- 
lung des  „Deutschen  Vereins  für  SchulgesundheitspOege*'  über 
dasselbe  Thema  einen  Vortrag  gehalten  (vgl.  S.  IV,  14,  138). 
Seine  Untersuchungen  haben  ihn,  wie  er  S.  III  versichert,  zu  der 
Oberzeugung  geführt,  daB  es  möglich  sei,  die  Hausaufgaben  in 
Grenzen  zu  halten,  die  jegliche  Gefahr  der  Oherbürdung  aus- 
schlieBen,  ohne  daB  dem  vrissenschaftJichen  Scbulbetrieb  daraus 
Nachteil  erwächst.  Ref.  freut  sich  demgemäB,  den  Verf.  nicht 
unbedingt  auf  der  Seite  derer  zu  wissen,  deren  „Neuen  Vorschlägen 
zur  Hausaufgabenfrage"  er  den  ersten  Teil  seiner  Arbeit  (S.  1 — 15) 
in  rein  historischer  Darstellung  widmet,  ohne  an  ihnen  zunächst 
Kritik  zu  Oben.  Diese  Zusammenstellung  ist  jedoch  in  doppelter 
Hinsicht  dankenswert  Denn  erstens  zeigt  sie,  daß  die  meisten 
der  „Neuerer**  doch  festhalten  an  dem  Satze:  „Die  Hausaufgaben 
haben  an  sich  einen  unbestreitbaren  Wert"  (S.  10),  und  daB  mit 
sehr  geringen  Ausnahmen  selbst  die  entschiedensten  unter  ihnen, 
wie  etwa  Dr.  med.  Jäger  (S.  11),  die  gänzliche  AbschafTung  der 
Hausarbeiten,  „wie  heute  die  Verbältnisse  liegen",  zwar  zu  fordern, 
aber  nicht  zu  bofien  wagen,  daB  sie  dazu  vielmehr  erst  „einer 
Revision  des  Pensums  näherzutreten"  für  nötig  halten.  Vor 
deren,  ich  weiB  nicht  wievielter,  Wiederholung  wolle  uns  aber 
der  Himmel  in  Gnaden  bewahren!  —  Zweitens  aber  deckt  sie 
einen  Zwiespalt  auf,  in  dem  ,.pereunt  per  mutua  vulnera  fratres". 
Denn    der   eine   bezeichnet   als    das  monstrum    horrendum,    das 


44 


762  K.  Roller,  Hansaufgaben  und  höhere  Scholen, 

„Grundübel'S  alle  sog.  mündliche  Hausarbeit  (S.  4)  und  will  sie 
gaDz  in  die  Klasse  verlegt  wissen,  während  er  solche  schriftliche 
Hausarbeiten  zuläßt,  die  entweder  der  „Anleitung  zur  Ordnung  und 
Sauberkeit*'  dienen  oder  „zur  Einübung  des  in  der  Schule  Ge- 
lernten unerläßlich*'  sind.  Eine  hübsche  Vermehrung  der  jetzt 
schon  in  ihrer  Zahl  scheel  angesehenen  Sitzstunden  unter  strenger 
Aufsicht  oder  eine  Verkürzung  der  Unterrichtsstunden  bis  auf 
30  Minuten  hin  müßte  die  Folge  sein;  denn  10 — 15  Minuten 
würde  man  doch  wohl  von  jeder  Stunde  der  Memorierarbeit 
schenken?  Der  andere  wieder  will  den  schriftlichen  Teil  der 
Hausaufgaben  in  die  Schule  verlegen  und  nur  den  Meroorierstoff 
der  Hausbeschäftigung  vorbehalten  (S.  11)  oder  erachtet  nur  für 
den  fremdsprachlichen  Unterricht  Hausaufgaben  —  und  zwar 
„schriftliche  Wiedergabe  des  in  der  Stunde  gelesenen  Autors" 
(S.  6)  —  für  nötig.  Was  würde  sich  für  ein  Geschrei  erheben, 
wenn  wir  eine  solche  Aufgabe  unsern  Schulern  wirklich  dauernd 
zumuten  wollten!  —  Einzelne  dieser  Vorschläge  seien  übrigens 
der  Aufmerksamkeit  des  y,Allgemeinen  Deutschen  Sprachvereins 
empfohlen,  z.  B.  der  mit  dem  schönen  Wort  „Bezeugnissung 
(S.  9  Z.  1),  das  offenbar  vornehmer  ist  als  „Bewertung**  oder 
„Wertung**;  in  ihm  finden  sich  auch  in  sechs  Zeilen  gehäuft 
„Komposition,  korrekt,  Dialekt,  Exploration**,  wie  denn  entbehrliche 
Fremdwörter  in  Fülle  auch  von  dem  Verf.  selbst  verwendet  werden« 
Dazu  halte  man  den  Titel  einer  vom  Verf.  angeführten  Verordnung 
im  „Hessischen  Amtsblatt'*  vom  23.  Februar  1883  „betreffend  die 
Feststellung  des ...  einzuhaltenden  Maßes  und  die  Maßregeln 
zur  Verhütung  einer  Überschreitung  dieses  Maßes**  (S.  33).  An 
^.Benehmm'*  mit  den  Eltern  und  „stcA  verlässigen'^  an  ^^desfaUmge" 
Wahrnehmungen  und  Vorschriften,  nach  denen  man  „stcA  zu  he- 
messen^^  hat  (S.  36  f.),  haben  wir  uns  ja  nachgerade  gewöhnt. 

Von  dem  zweiten  Abschnitt  des  Buches:  „Die  Berechtigung 
der  Hausaufgaben**  nimmt  nach  kurzer  Einleitung  den  größten 
Teil  (S.  18—87)  ein  alphabetisch  geordneter  Bericht  über  die 
Stellung  der  obersten  Schulbehörden  der  deutschen  Bundesstaaten 
zu  der  Hausaufgabenfrage  in  Anspruch.  Der  Verf.  hat  durch  An- 
fragen bei  allen  26  die  allgemein  geltenden  Grundsätze  für  die 
Hausarbeiten  festzustellen  versucht  und  die  einschlägigen  Be- 
Stimmungen  und  Verfügungen,  die  oft  nicht  leicht  zu  beschaffen 
waren,  sorgsam  geprüft.  Am  eingehendsten  sind  naturgemäß  neben 
denen  Hessens,  des  Landes  seiner  eigenen  Lehrtätigkeit,  die  Ver- 
hältnisse in  Preußen  geschildert;  erklären  ja  doch  zwölf  und  mehr 
Staaten,  daß  sie  sich  nach  den  preußischen  Bestimmungen  richteten, 
und  auch  die  übrigen  stimmen  wesentlich  mit  ihnen  überein,  ab* 
gesehen  von  Mecklenburg-Strelitz,  das,  stolzer  als  die  Schwester, 
die  avfKpiXeJp  €g)v  (S.  42),  erklärt:  „Es  sind  weder  Verordnungen 
über  Hausaufgaben  erlassen,  noch  findet  Anlehnung  an  auswärtige 
Verordnungen  statt**  (S.  42).    Ref.  steht  nicht  an,  diesen  Teil  der 


angez.  von  H.  Koenigsbeck.  763 

Arbeit  für  den  verdienstvollsten  zu  erklären,  der  auf  dem  Gebiet 
der  Hausaufgabenfrage  dieselbe  Lücke  ausfüllt,  die  für  die  Gesamt- 
heit der  das  höhere  Lehramt  betreifenden  Fragen  das  treffliche 
Buch  von  Hans  Morsch  geschlossen  hat.  Sachdienlich  wäre  es 
vielleicht  gewesen,  wenn  der  Verf.  auch  Verhältnisse  an  öster- 
reichischen Gymnasien  in  den  Kreis  seiner  Betrachtungen  gezogen 
hätte;  haben  diese  doch  den  Ruf,  der  Hygiene  des  Unterrichts 
bedeutende  Aufmerksamkeit  zn  sckenken.  Das  Verdienst  nun, 
das  sich  Verf.  mit  dieser  Zusammenstellung  erworben  hat,  besteht 
vor  allem  darin,  daß  sie  schlagend  zeigt,  wie  alle  die  Forderungen, 
die  für  die  Hausarbeit  verständigerweise  ^)  gestellt  werden  können, 
längst  von  den  Behörden  berücksichtigt  und  dauernd  im  Auge 
behalten  worden  sind.  Was  Ref.  schon  in  seinem  Aufsatze 
auf  S.  577—591  dieser  Zeitschrift  (1907)  betont  hat,  findet 
sich  auch  durch  diese  Darstellung  bestätigt,  daß  nämlich  die 
Überbürdung  nicht  sowohl  von  dem  Maße  der  in.  den  ein- 
zelnen Fächern  an  die  Arbeitskraft  der  Schüler  gestellten 
Anforderungen  herrührt ,  als  vielmehr  von  der  Fülle  der 
Fächer,  die  gerade  das  Gymnasium  am  meisten  belastet.  In  den 
Jahren  29*),  37,  54,  56,  59,  65,  75,  89,  92  des  19.  Jahrhunderts 
und  1901,  d.  h.  zehnmal,  ist  in  Preußen  in  besonderen  Verf.  und 
l^hrplänen  auch  auf  Berücksichtigung  der  richtigen  Gesichtspunkte 
und  des  Maßes  der  Anforderungen  für  die  Hausarbeit  mit  allem 
Nachdruck  aufmerksam  gemacht  worden.  Gegenüber  manchem 
frivolen  Angriff  der  „Neuerer''  mag  also  die  Tatsache  noch  einmal 
festgestellt  werden:  Die  Behörde  hat  mit  dankenswerter  Ent- 
schlossenheit, ja  mit  berechtigter  Schärfe  gegen  wiederholte  Über- 
tretung ihrer  Verordnungen  (vgl.  S.  37.  55.  59.  74),  eine  Über- 
bördung  mit  Hausaufgaben  stets  zu  vermeiden  gesucht  (vgl.  S.  85 
Z.  5  V.  u.  ff.).    Daß  in  einzelnen  Fällen,  und  zwar  auch  hier  mehr 


^)  Di6  yerstaodigsteD,  bei  derea  Aaoahme  wir  allen  Seiten  gerecht 
werden  konnten,  sind  von  der  Konigl.  Württemberg.  MinisteriaUbt.  f.  d.  böh. 
Schuieo  in  der  am  31.  Mai  1906  erlassenen  Reform  f.  Gymnas.,  Realgymo. 
und  Oberrealschnlen  erbeben. 

')  Dadurch,  dafi  der  Verf.  von  der  Min.-Verf.  vom  29.  März  1829  nur 
zwei  Punkte  ^fiw  Rtaiotüai  halber**  (S.  5!)  heraushebt,  wird  der  Eindruck 
erweckt,  als  habe  man  damals  die  erforderliche  Rücksicht  auf  die  körperliche 
Gesondbeit  der  Jugend  überhaupt  nicht  genommen.  Verf.  hätte  wenigstens 
zo  dem  S.  51  abgedruckten  Vordersatze  auch  den  Nachsatz  (vgl.  Wiese- 
Kubier  I  S.  253)  abdrucken  sollen:  „hieße  es  andererseits  gegen  alle  Regeln 
einer  vernünftigen  Erziehung  und  eines  verständigen  Unterrichts  handeln, 
wenn  man  die  Sehüler  der  unteren  und  der  oberen  Klassen  des  Gymnasiums 
nach  gleiehem  Maßstabe  messen  und  die  geistige  Ausbildung  und  Erstarkung 
derselben  durch  überspannte  und  dem  jedesmaligen  Standpunkte  Ihrer  Kraft 
nicht  gehörig  angepaßte  Forderungen  bewirken  wollte'*;  s.  auch  S.  254:  ,,E8 
ist  die  Sache  der  Lehrer,  der  Klassenordioarien  und  der  Direktoren,  unab^ 
lätsiff  darüber  zu  wachen,  daß  in  der  fragl.  Beziehung  von  den  Schülern 
nicht  mehr  gefordert  werde,  als  mit  der  pflichtmäßigen  Sorge  für  die  Er- 
haltung ihrer  geistigen  und  körperlichen  Gesundheit  verträglich  ist". 


764  I^*  Roller,  Haasaafgpaben  nod  hb'here  Schnlen, 

aus  Obereifer  als  aus  böser  Absicht,  eine  solche  trotzdem  vor- 
gekommen  ist  und  noch  Torkommt,  gibt  Ref.  gern  zu,  aber  viel 
wird  dabei  könstlich  aufgebauscht.  Wenn  Verf.  S.  87  ff.  fordert, 
„die  Hausaufgaben  auf  das  Minimum  zu  beschränken,  das  not- 
wendig ist,  um  die  fQr  den  Unterricht  notwendige  Ergänzung  zu 
schaffen'',  wenn  er  mit  H.  Schiller  intensiv  methodischen  Unter- 
richt zur  Erreichung  dieses  Zieles  fordert,  wenn  er  zur  Ver- 
ringerung der  H.  dem  Klassenlehrersystem  das  Wort  redet,  so 
wird  damit  durchweg  nichts  Neues  gefordert,  wie  denn  Verf.  meist 
darauf  sich  beschränkt,  die  Forderungen  hervorragender  Pädagogen 
und  Hygieniker  geschickt  zusammengefaßt  anzuführen;  vor  einer 
noch  höheren  Steigerung  der  Intensität  der  Methode  möchte  Ref. 
im  Interesse  der  Schuljugend  nachdröcklich  warnen. 

Des  Verf.  Untersuchungen  über  mündliche  und  schriftliche  H. 
(S.  89 — 98)  ergeben,  daß  man,  wie  bisher,  beide  Arten  nicht  wird 
entbehren  können,  freilich  unter  Vorwiegen  der  mündlichen  Arbeit, 
besonders  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen;  ebenso  bleibt 
Verf.  davon  überzeugt,  daß  die  Selbständigkeit  der  Schüler  durch 
passende  H.  gef&rdert  werde  (S.  98 — 102).  Zu  dem  Kapitel :  Die 
experimentelle  Forschungsmethode  und  die  H.  (S.  103 — 115) 
möchte  Ref.  bemerken,  daß  auch  er  die  exp.  Forschung  auf  diesem 
Gebiete,  wie  sie  etwa  Lay  und  Meumann  üben,  für  wertvoll  hält, 
sofern  sie  nicht  von  vorgefaßten  Meinungen  ausgeht,  die  ihre 
Vertreter  um  jeden  Preis  zu  erweitern  bestrebt  sind,  oder  sich 
so  anspruchsvoll  gibt,  wie  in  den  Ergebnissen,  die  S.  108/9  an- 
geführt werden.  Die  Resultate  v.  Kemsies  (S.  106),  der  für  den 
Untertertianer  einer  Oberrealschule  in  Berlin  als  tägliche  Arbeits- 
zeit 1  St.  18  Hin  erhält,  oder  die  des  Verf.s,  der  für  den  Schüler 
der  gleichen  Klasse  in  Dar m Stadt  1  St.  15  Min.  feststellt,  stehen 
in  ungeheurem  Gegensatze  zu  den  mehrfach  erwähnten  Resultaten 
Griesbachs.  Jedenfalls  beschränkt  sich  auch  nach  dieser  exp. 
Forschung  die  Oberbürdung  nur  auf  die  oberen  Klassen,  und  hier 
wird  vielleicht  die  jetzt  angestrebte  freiere  Gestaltung  des  Prima* 
Unterrichts  —  aber  in  der  P.  Cauerschen  ^)  Richtung  —  vielfach 
als  ausgleichendes  Mittel  wirken.  —  Ablehnen  muß  Ref.  die  weit- 
übertriebenen Behauptungen  neuerer  Hygieniker  über  die  vor- 
wiegend schädliche  Einwirkung  der  H.  auf  die  Charakterbildung 
(S.  109 — 115);  der  Verf.  weist  ganz  richtig  nach,  daß  Erziehung 
zur  Oberflächlichkeit  oder  Ertötung  der  Arbeitsfreudigkeit  durch  die 
H.  bei  richtiger  Methode  und  Kontrolle  durch  den  Lehrer  wenig  zu 
befürchten  sei,  daß  Mangel  an  Pflichtbewußtsein,  Unehrlichkeit  und 
Lüge  auch  mit  dem  Schwinden  der  H.  nicht  ganz  aufhören  würden. 

Der  Schlußabscbnitt  (S.  116—135)  bespricht  die  Hygiene  der 
H.    Verf.  verlangt,  daß  die  Lage  des  Nachmittagsunterrichts  bzw 


^)  Paul  Caaer,  Zar  freieren  Gestaltung  des  Coterrichts.    Bedeoken  nod 
AoregaDgen.     Leipzig  1906,  Dieterich.    48  S.     8.     1  JL^ 


anc^ez.  voo  H.  Koeoigsbeck.  765 

dessen    völliger  Fortfall    durch  Beschränkung    der    wöchentlichen 
Stundenzahl    auf  30,    die  Freiluftbewegung    ermögliche,    daß    das 
Elternhaus    die  Kräfte    der  Kinder   für   sich    nicht  übermäßig  in 
Anspruch  nehme  —  ein  sehr  wunder  Punkt,  nicht  nur  bei  „Gast- 
wirten"', sondern  wie  Ref.  aus  eigener  Erfahrung  yersichern  kann, 
bei    dem  Bürger  kleiner  Städte  überhaupt,    „der  ländlich  Gewerb 
mit  Bürgergewerb  paart**  — ;  er  fordert,  daß  die  Arbeit  möglichst 
bei  Tagesbelettchtung  und  im  Zusammenhang  erledigt,    daß  nie, 
weder  morgens  noch  mittags,    vor   dem  Schulbeginn    gearbeitet 
werde,    daß  das  Kind  eine   angemessene  Arbeitsstätte    habe,    daß 
das  Nehmen  und  Geben  von  Privatunterricht  möglichst  beschränkt 
werde,  daß  auch  der  Stundenplan  einer  Oberbürdung  mit  H.  vor- 
beuge.    Weniger  vermag  Ref.  in  das  Lob  der  sog.  Arbeitsstunden 
(S.  130)  einzustimmen^),  bei  denen  unter  Aufsicht  und  Anleitung 
eines  Lehrers  die  H.  in  der  Schule  selbst  erledigt   werden.     Ab- 
gesehen davon,  daß  von  dem  erziehlichen  Einfluß  der  Hausarbeit 
viel    dabei    verloren    geht,    ist    unter  Umständen    (man  denke  an 
weite  Wege  u.  dgl.)  eine  Überbürdung  zu  befürchten;  auch  könnte 
sicli  das  Gerechtigkeitsgefühl  der  Schüler  insorern   verletzt  sehen, 
als    manche    die  für  diese  Einrichtung  notwendigen  Kosten  nicht 
aufbringen  und  törichterweise  annehmen  könnten,  diese  ganz  und 
gar    im  Brutofen   des  Gymnasiums   auskommenden  Küchlein  ge- 
nössen irgend  welchen  Vorzug.    Das  Schlußwort  (S.  133)  verweist 
noch   auf  eine  andere  Ursache,    die  zu  häufigen  Anklagen  wegen 
Oberbürdung  durch  H.  führt,   nämlich  auf  die  nicht  geringe  Zahl 
geistig    schwacher  Kinder,    denen    von    ihren    eigenen  Eltern   das 
Unrecht  der  Oberbürdung  dadurch   zugefügt    wird,   daß    sie    von 
ihnen  Gymnasialstudien   verlangen,    und    empfiehlt  Rücksicht   auf 
die  Rekonvaleszenten. 

So  stellt  sich  das  anspruchslose  Büchlein,  wenn  es  auch  nicht 
gerade  Neues  bringt,  als  ein  zuverlässiger  und  meist  maßvoller 
Ratgeber  dar,  der  besonders  der  historischen  Seite  der  Hausauf- 
gabenfrage gerecht  wird;  seine  Brauchbarkeit  wird  noch  erhöht 
durch  ein  ziemlich  ausführliches  Namen-  und  Sachverzeichnis. 
Sehr  zu  tadebi  aber  ist  die  große  Nachlässigkeit  des  Druckes  und 
der  Korrektur.  Auch  im  Ausdruck  erregt  mancher  Provinzialismus 
und  manche  Flüchtigkeit  Anstoß;  abgesehen  von  der  falschen 
Stellung  des  ,,auch''  S.  17  Z.  4  v.  o.  und  des  „nicA^''  S.  91  Z.  10 
v.  o.  erscheinen  mir  recht  gewagt  S.  17  Z.  1  v.  o.  und  113  Z.  1 
V.  o.  ^Jemanden  abschreiben'^  S.  79  Z.  3  v.  u.  ..sowohl . .  und''  statt 
., . .  ab  auch",  S.  112  Z.  9  v.  u.  „daß  das  Kind  . .  geholfen  he- 
komtni",  S.  114  Z.  11/12  „wo  es  sich  um  das  Nachgehen  besonderer 
Neigungen  handelt'S  S.  121  Z.  t  v.  o.  „so  geht  viel  Zunschenzeit  ver- 
trödeU'%  S.  131  Z.  15  v.  u.  „die  da»  Fach  unterrichtenden  Lehrer''. 

0  Vgl.  aach  Zeitscbr.  f.  Schalgesnndbeitspflege  1906,  Nr.  4,  S.  262. 

Saarbrücken.  Hans  Koenigsbeck. 


766   F.  Paulsen,  Das  deutsche  Bildua^swesen,  agz.  v.  R.  Jonas. 

F.  Paolsea,  Das  deutsche  BildoDgswesea  iu  seiner  geschicht- 
lichen Entwicklung.  (Ans  Natar  und  Geisteswelt,  Sammlung 
wissenschaftlich-gemeinverständlicher  Darstellungen,  100.  fiaodchen.) 
Leipzig  1906,  B.  G.  Teubner.     192  S.    8.    geb.  1,25  ^. 

Die  von  der  Verlagsbuchbandluog  seit  einer  Reihe  von  Jahren 
herausgegebene  Sammlung  „Aus  Natur  und  Geisteswett'*  bat    sich 
eines  immer  steigenden  Beifalls  zu  erfreuen  gehabt.    Die  Gediegen- 
heit   der  Bändchen    hat  ihnen  Eingang  in    immer  weitere  Kreise 
verschafft,    um  so  mehr,  da  ihr  Preis  bei  einer  sehr  guten  Aus- 
stattung sehr  niedrig  ist.    Jetzt  b'egt  uns  das  100.  Bändchen  vor, 
die  Sammlung  feiert  somit  eine  Art  Jubiläum.     Und  das  Bändchen 
bebandelt   einen  Gegenstand,    der   für   alle  Gebildeten    von    dem 
größten  Interesse  sein  muß:  das  deutsche  Bildungswesen  in  seiner 
geschichtlichen  Entwicklung,  und,  was  noch  hinzukommt,  aus  der 
Feder  eines  Mannes,  der  zu  den  vorzüglichsten  Kennern  der  Sache 
gehört.     Auf   einem    verhältnismäßig   so  geringen  Räume  konnte 
nur    ein  Meister    wie  Paulsen    eine  Darstellung   dieser    wichtigen 
Seite  deutscher  Kultur  geben.    Es  ist  nicht  zu  leugnen,  daß  heut- 
zutage viele  Kreise  ein  großes  Interesse  für  das  gesamte  Bildungs- 
wesen unseres  Volkes  haben,  namentlich  auch  deshalb,  weil  damit 
allerlei    Fragen    des    praktischen    Lebens    in    Verbindung    stehen. 
Aber    es    ist    auch   von  Wichtigkeit  zu  erfahren,    wie  der  gegen- 
wärtige Zustand  allmählich  geworden,  d.  h.  wie  sich  das  deutsche 
Bildungswesen    geschichtlich    gestaltet    hat.     Das    kann  der  Leser 
aus  dem  trefflichen  Buche  leicht  entnehmen.    Der  Inhalt  desselben 
gliedert   sich    in    vier  Bücher:    1.  Das  Bildungswesen  des  Hittel- 
alters, 2.  Das  Zeitalter  der  Renaissance  und  der  Reformation  1 500 
— 1650,    3.  Das   Zeitalter    der    höfisch-modernen    Bildung   unter 
vorherrschendem    französischen     Einfluß    1650 — 1800,     4.    Das 
19.  Jahrhundert.  —    Der  Stoff  ist  so  sehr  übersichtlich  geordnet. 
Jedes  der  genannten  Bücher  enthält   drei  Kapitel.     Das  Büdungs- 
wesen    eines   jeden  Zeitalters    ist    naturgemäß    das  Ergebnis    der 
ganzen    in    ihm    sich    zeigenden  Kultur.     Mit   ihr   hängt  es  aufs 
engste   zusammen,    nur   im  Zusammenhang  damit  kann  es  recht 
verstanden  werden.    Den  Zusammenhang  des  Bildungswesens  mit 
den   jeweiligen  Kulturzuständen    weiß    nun    der   aus    dem   vollen 
schöpfende  Verfasser  in  geschickter  Weise  darzustellen.     So  lernt 
der  Leser  diese  Seite  der  Geisteskultur  im  Rahmen  der  gesamten 
Kultur  kennen.    Er  hat  in  dem  Bande  eine  auf  breitester  Grund- 
lage ruhende  Geschichte  der  deutschen  Pädagogik,  und  zwar  auf  ihren 
verschiedensten  Gebieten    sowohl    der  Universitäten  als  auch    der 
höheren  und  niederen  Schulen,  immer  in  Verbindung  mit  den  An- 
schauungen   und  Tendenzen,    die  in  den  verschiedenen  Zeitaltern 
zur  Geltung  kommen.    Es  entgeht  dem  aufmerksamen  Leser  keine 
Seite    des    geistigen  Lebens    unseres  Volkes,    hat  er  in  gewissem 
Sinne  doch  die  ganze  Kulturentwicklung  desselben  vor  sich.    Dabei 
ist  die  Darstellung  einfach  und  leicht  faßlich,    geeignet  für  jedes 


L.  Bräotic^am,  Meiouogea,  ao^^ez.  von  L.  Zürn.  767 

gebildeten  Leser.  Für  ihn  in  weitesten  Kreisen  ist  denn  auch 
das  Buchlein  bestimmt,  ihm  sei  es  in  erster  Linie  empfohlen. 
Sehr  gute  Dienste  wird  es  aber  auch  dem  Studierenden  leisten 
können,  der  sich  dem  höheren  Lehrfach  widmet,  er  wird  durch 
dasselbe  über  das  Gebiet,  auf  dem  er  einst  tätig  sein  will,  einen 
guten  Oberblick  gewinnen. 

Köslin.  K.Jonas. 


L.  Bräatigam,   MeioungeD.     Leipzi^f  1907,   Teotooia-Verlag.     XXX  n. 
205  S.     8.    geh,  3  JC^  geb.  4  JC. 

In  den  letzten  Jahren  seines  Lebens  hatte  sich  Bräutigam 
mehr  als  sonst  mit  Fragen  der  Erziehung  und  des  Unterrichts 
beschäftigt  und  seine  Anschauungen  hierüber  in  bald  längeren, 
bald  kürzeren  Aufsätzen  oder  in  Bücherbesprechungen  oder  Ge- 
schichten und  Komödien,  yon  denen  erst  ein  Teil  in  verschiedenen 
Zeitschriften  erschienen  ist,  kundgegeben.  Die  wichtigsten  dieser 
ÄuBerungen  hat  nun  einer  seiner  ehemaligen  Schüler  in  einem 
stattlichen  Sammelbande  unter  dem  Gesamttitel  „Meinungen*'  ver- 
einigt Ohne  Zweifel  wollte  er  mit  dieser  'Bezeichnung  auf  den 
stark  subjektiven  Charakter,  den  manche  von  ihnen  tragen,  hin* 
weisen.  Aber  gerade  das  Subjektive,  auch  vielfach  den  Wider- 
spruch Herausfordernde,  Selbständige  und  allem  Zünftlertum  und 
Zopfigen  Abholde  verleiht  diesen  zudem  flott  geschriebenen  und, 
wenn  nötig,  auch  die  Satire  nicht  verschmähenden  MeinungsäuBe- 
rungen  einen  eigenen  Reiz.  Bräutigam  bekämpft  das  Obermaß 
des  Kontrollierens  und  Reglementierens  besonders  im  höheren 
Schulwesen,  fordert  für  den  Lehrer  die  Möglichkeit  der  Entfaltung 
seiner  Individualität,  will  nicht,  daB  der  Lehrer  in  dem  Großbetriebe 
der  modernen  Schule  nur  das  willenlose  Rad  einer  Maschine  sei, 
sondern  will  als  Lehrer  freie,  selbständige,  öberzeugungstreue 
Männer,  ist  ein  abgesagter  Feind  der  bloßen  Dressur,  der  blinden 
Unterwürfigkeit  und  des  mechanischen  Eindrillens  und  fordert 
Raum  für  frisches,  freies  geistiges  Leben.  Er  wendet  sich  ins- 
besondere gegen  den  hohlen  Formalismus  beim  Sprachunterricht 
und  verlangt,  daß  der  ethische  und  ästhetische  Lebensinhalt  der 
Antike  den  Schülern  zugeführt  werde,  rügt  die  Barbarei  der  Nach- 
sitzstrafe und  der  Nacbsitzscheine,  die  den  Schüler  zu  seinem 
eigenen  Henker  machen,  rügt  die  entsetzliche  Verblendung  mancher 
Väter,  die  darin  besteht,  daß  diese  den  heranwachsenden  Sohn 
wider  dessen  Natur  und  Begabung  zu  einer  Geistesrichtung  und 
einem  Studium  zwingen,  die  ihm  im  Innersten  widerstrebt,  rügt 
die  Förderung  nationalen  Dünkels  durch  den  Inhalt  mancher  deut- 
schen Lesebucher  und  die  Nährung  des  Völkerhasses  durch  Kriegs- 
poesie und  -musik,  fordert  vielmehr  Veredlung  des  Geschmacks 
und  Läuterung  der  Leidenschaften  der  breiteren  Volksmassen, 
tadelt    die  Anhäufung  toten  Wissensballastes   im  (leschichtsunter- 


768  L.  Bräatigam,  Ueiunngtn,  aagez.  von  L.  Zürn. 

rieht,  tritt  energisch  ein  für  die  Pflege  der  Kunst  in  der  Schale 
und  erörtert  bei  dieser  Gelegenheit  die  Art,  wie  er  selbst  mit 
Hilfe  der  Kunstwerke  Bremens  seine  Schüler  in  das  Verständnis 
von  Kunstwerken  einführte,  gerade  wie  er  in  einem  andern  Auf- 
satze Proben  von  Schulfeierlichkeiten  gibt,  die  unter  seiner  Leitung 
in  der  Realschule  beim  Doventor  in  Bremen  veranstaltet  wurden, 
stimmt  mit  Tolstoi  überein  in  der  Forderung  produktiver  körper- 
licher Arbeit  der  Lehrer  zur  Erholung  von  der  einseitigen  geistigen 
Tätigkeit  und  weist  auf  das  Lehrerland  in  der  Heide,  auf  das 
Luromland,  hin,  das  sich  die  Bremer  Lehrer  erwarben,  um  sich 
auf  dieser  reizvollen  Siedelung  durch  naturwissenschaftliche  Studien 
zu  erholen.  In  einem  der  größeren  Aufsätze  feiert  er  Michael 
Georg  Conrad,  der  durch  seine  anfängliche  Berufstätigkeit  und 
literarisch  zu  dem  Lehrerstande  manche  Beziehungen  gehabt, 
dann  besonders  durch  Herausgabe  der  Zeitschrift  „Die  GeselUchafl'* 
Bannerträger  der  Modernen,  aber  noch  bedeutender  als  schaffender 
Künstler  geworden  ist,  besonders  als  Dichter  des  fränkischen  Dorf- 
romans „Der  Herrgott  am  Grenzstein'',  zu  dem  treuinnige  Liebe 
zum  Lehrerstande  dem  Sechzigjährigen  die  Feder  führte  und  den 
nun  Bräutigam  ausführlich  bespricht.  Andere  Aufsätze,  so: 
Fr.  Nietzsche  und  die  Kulturprobleme  unserer  Zeit,  R.  Wagners 
Stellung  in  [der  deutschen  Literatur,  Zeugnisse  R.  Wagners  über 
Schiller,  Staat  und  Königtum  nach  den  Lehren  Gregors  VU.  und 
seiner  Anhänger  stehen  mit  dem  Unterrichts*  und  Erziehungs- 
problem in  etwas  weiterem  Zusammenhange.  Den  Preis  aber 
möchte  ich  den  sechs  letzten  Skizzen  und  Erzählungen  zuerkennen, 
die  sich  wieder  mit  der  Frage  der  Erziehung  eng  berühren.  Sie 
zeigen,  welch  tiefen  Blick  der  Verfasser  in  das  Henschengetriebe, 
in  Menschenglück,  noch  mehr  aber  in  Menschenleid  getan.  Be- 
sonders gern  erzählt  er  von  „den  Leberecht-Hühnchen- Naturen, 
jenen  bescheidenen  Gemütern,  die  selbst  aus  den  Giftpflanzen  noch 
Honig  saugen,  jenen  anspruchslosen  Seelen,  die  sich  in  der 
rauhesten  Wirklichkeit  eine  schuldlos  neue  Welt  aufzubauen  ver- 
mögen, von  jenen  schlichten  Leuten,  die  mit  allem  zufrieden  sind 
und  die  schlieBlich  sich  durchhungern,  bis  sie  hochkommen*%  wie 
„Die  drei  Schmeckebiers  von  Rathenow'',  und  wenn  man  wissen 
will,  wie  er  in  den  Seelen  seiner  Schüler  zu  lesen  verstand  und 
wie  er  sie  von  der  rechten  Seite  zu  fassen  wußte,  so  lese  man 
nur  seine  Erzählung  vom  „Kätzchen-Meyer*'. 

Eingeleitet  wird  die  Sammlung  durch  eine  gut  geschriebene 
Biographie  Bräutigams,  die  neben  dem  Biographischen  besonders 
der  musikalischen,  schriftstellerischen,  erzieherischen  und  volks- 
aufklärenden Tätigkeit  des  so  vielseitig  begabten  und  kraftvollen 
Mannes  gerecht  wird,  der  auch  nach  seinem  Tode  durch  die  Fülle 
lebensfrischer  Anregungen,  die  von  dem  Lebenden  ausgegangen 
sind,  und  durch  seine  Schriften  gewiß  noch  lange  fortwirken  wird. 
In    den    Gesichtszügen    des   beigegebenen    Porträts   spiegelt   sich 


Unsere  Vorzeit    Ul,  Germ.  Volkssacrei,  agz.  v,  G.  Siefert    769 

seine  Verstaodesklarheit,  leidenschaftliche  Unabhängigkeitoliebe  und 
teaiperameDt volle  Kampfesfreude  wieder. 

Offenburg.  L.  Zilrn« 

Unsere  Vorseit.  m.  Germanische  Volkssagpen,  erzählt  fBr  Jagend 
und  Volk  von  J.  Nover  ond  J.  Wagner  n.  a.  Zweite,  vermehrte  and 
verbesserte  Anflage,  Mit  43  Abbildungen  und  Zeichnungen  von  Erdmao« 
Wagner  d.  a.     Leipzig  1907,   Otto   Spamer.     524  S.     geb.  8,50^. 

Der  alte  braye,  zu  oft  unterschätzte  Wagner,  der  neben 
Gustav  Schwab  uns  in  der  Jugend  für  die  deutsche  Vergangenheit, 
für  altgermanisches  Götter-  and  Heldentum  begeisterte,  hat  trotz 
der  scharfen  Konkurrenz  der  letzten  Jahrzehnte  seine  Anziehungs* 
krafl  nicht  verloren.  In  modernem,  schmuckem  Gewände,  wie  es 
heute  anscheinend  für  Jugendschriften  unerläßlich  ist,  kehrt  der 
dritte  Band  wieder,  stolzer,  vornehmer  als  früher,  namentlich  was 
Druck  und  Bilderschmuck  betrifft,  aber  mit  allen  Vorzügen  des 
bewährten  Jugendfreundes.  Die  lebensvollen,  frischen  Farben  der 
Erzählung,  die  doch  treu  den  Quellen  folgt,  sind  im  Laufe  so 
vieler  Jahre  nicht  verblaßt;  daß  die  neuere  Wissenschaft  zu  Rate 
gezogen  ist,  spürt  der  Kundige  wohl;  Wertloses  ist  abgestoßen, 
Wertvolles  hinzugekommen.  In  der  Hauptsache  erzählt  der  vor-* 
liegende  Band  die  spätmittelhochdeutscben  und  frühneuhochdeut- 
schen Epen,  Legenden  und  Volksbücher  nach,  deren  Inhalt  man 
so  bequem  wie  hier  selten  zusammenfindet.  Unbillig  wäre  es, 
einem  Buche,  das  sich  an  die  Jugend  wendet  und  in  ihr  dea 
Sinn  für  die  Herrlichkeit  des  deutschen  Mittelalters  wecken  will, 
wissenschaftliche  Verstöße  nachzurechnen  oder  über  die  gezogenen 
Grenzlinien  zu  kritteln;  aber  das  muß  doch  gesagt  werden,  daß 
der  Titel  'Germanische  Volkssagen'  irreführt.  Für  die  Schild- 
bürger- und  Eulenspiegelschwänke,  für  Faust  und  Rübezahl  wollen 
wir  ihn  nicht  beanstanden ;  aber  Erzählungen  wie  die  von  Wilhelm 
von  Orange,  von  Genoveva,  Griseldis,  Hirlanda,  Legenden,  wie  der 
gute  Gerhard  und  die  dankbaren  Toten,  können  doch  unmöglich 
als  germanische  Voikssagen  passieren,  wenn  auch  deutsche  Dichter 
und  deutsche  Volksbücher  sie  nacherzählt  haben  und  durch  sie 
vor  allem,  nicht  durch  die  echte  deutsche  Volksepik,  in  dem 
jungen  Goethe  die  Begeisterung  für  deutsche  Art  und  Kunst  ge- 
nährt worden  ist.  Das  ist  so  irrig,  wie  im  zweiten  Bande  die 
Eingliederung  von  Wolframs  Parzival  in  die  deutsche  Heldensage. 

Auch  auf  ein  zweites  könnte  Wagner  verzichten,  auf  die  an- 
geblich wissenschaftlichen  Exkurse  historischer  und  literarischer 
Art.  Das  gelehrte  Beiwerk  entstellt  besonders  den  ersten  Band, 
die  Mythologie;  aber  auch  im  dritten  ist  mancherlei  an  ihm  aus- 
zusetzen. Der  jugendliche  Leser  braucht  diesen  Kleinkram  nicht; 
der  erwachsene  Laie  wird  dadurch  eher  verwirrt  als  gefördert. 
So  bringt  der  Abschnitt  über  die  Heliassage  mit  seinen  wunder- 
lichen Kombinationen  über  Hellas,  Lohengrin,  Sceaf,  Beowulf  eine 

Ztitsehr.  f.  d.  07iiuiMiüwM«n.    LXI.    11.  49 


770    ^-  Braao,  Habt  Glanbeo  an  Gott,  asgez.  von  G.  Jaeobi. 

haltlose  Behauptung  nach  der  andern;  sogar  Hofforys  friesisdier 
Schwanengott  Tivaz  steht  da  wieder  von  den  Toten  auf  und  er- 
zeugt noch  eine  lange  Descendenz  bis  auf  Gottfried  von  Bouillon. 
Oder  was  soll  man  von  dem  Preise  des  späten,  wüsten  Volks- 
buches vom  gehörnten  Siegfried  sagen,  es  vermeide  'den  großen 
Fehler  des  Nibelungenliedes'  und  zeige  die  Entwicklung  'der 
einzelnen  Gesänge  zum  großen  Liede'  älter  und  unverfälschter  als 
selbst  die  Niflungenlieder  der  Edda  ?  Bei  der  Faustsage  fehlen  kein 
Volksbuch,  kein  Puppenspiel,  wohl  aber,  außer  Marlow  und  Goethe, 
alle  Dramatiker,  selbst  Lessing  und  Grabbe;  nur  das  völlig  ephemere 
Drama  eines  Darmstädter  Dichters  Ad.  MflIIer  wird  als  die  glück- 
lichste Ergänzung  Goethes  mit  vielen  Worten  verherrlicht  und 
Fr.  Tb.  Vischers  Parodie  ebenso  ausführlich  bekämpft.  Wenn  bei 
den  Schildbürgern  nun  einmal  Wieland,  die  Lalenburger  und 
sogar  Aleph  Beth  Gimel  erwähnt  werden  mußten,  dann  konnte 
auch  Kopischs  prächtiges  Gedicht  Die  Histörchen,  eine  Zusammen- 
stellung aller  möglichen  Schildbürgerstreiche,  genannt  wenien. 

Auf  solchen  Flitter  und  Ballast  sollten  die  Neubearbeiier 
Wagners  verzichten;  auch  die  an  sich  ganz  netten  Bilder  gäbe 
ich  gerne  preis.  Das  Buch  könnte  dann  billiger  werden,  und  je 
schlichter  und  unmittelbarer  unserer  Jugend  die  deutsche  Ver- 
gangenheit nahe  gebracht  wird,  um  so  besser. 

Pforta.  Georg  Siefert. 

0.  Braan,  Habt  Glanbeo  an  Gott.     GedaDken  über  Religion  ond  Kunst. 
Zweite  Anflage.    KSnigaberg  i.  Pr.  1907,  Gräfe  nnd  Unzer.   8  S.    0,30  Ji. 

Das  Ineinandergreifen  von  Religion  und  Philosophie  bei  seinen 
Schülern  in  die  rechte  Bahn  zu  lenken :  das  ist  eine  der  delikatesten 
Aufgaben,  die  sich  dem  Religionslehrer  und  dem  Lehrer  des  Deut- 
schen auf  dem  Gymnasium  stellen.  Ich  habe  in  dieser  Hinsicht 
früher  auf  die  gesunde,  lebensprudelnde  und  zartfühlende  Philo- 
sophie Herders  hinweisen  dürfen  (Jahrg.  LXI  dieser  Zeitschrift 
S.  30—33).  Heute  möchte  ich  auf  eine  kleine  Broschüre  auf- 
merksam machen,  die  in  einfacher  und  schöner  Sprach^  auf  das 
sittliche  und  religiöse  Motiv  in  der  modernen  Philosophie  hinweist: 
es  ist  die  Schrift  des  0.  Braun.  Sie  wird  dem  Lehrer  der  Religion 
wie  dem  Lehrer  des  Deutschen  um  so  willkommener  sein,  als  sie 
von  derjenigen  Philosophie  ausgeht,  die  in  der  Gegenwart  sich 
durch  die  Kunst  vermittelt,  und  die,  weil  sie  Volksgut  ist,  dem 
Gymnasiasten  am  verständlichsten  und  am  wertvollsten  ist. 

Glasgow.  Günther  Jacoby. 

J.  Schmitz,  Lehrbuch  der  katholischen  Religion.  Zum  Gebrauche 
in  SeroiDarvorschalen  ond  in  den  mittleren  Klasaen  hfiherer  Lekr- 
anstalten.     Paderborn  1906,  P.  Sehöningb.     839  S.    gr.  8.     2,80  Ji^ 

Das  Neue  dieses  aus  Vorbereitungen  auf  den  Religionsunter- 
richt   hervorgegangenen  Lehrbuches  besteht  darin,    daß  die  Kate- 


ILStreekor^  Ekkehards  Waltkariut,  aagas.  vo«  F.  KniiUo.  771 

chiamusantworten  mit  den  erklärenden  und  vertiefenden  Erweite« 
ruogen  zu  einem  organischen  Ganzen  und  die  einielnen  Kapitel 
behufs  größerer  Obersichtlichkeit  in  Abschnitte  mit  Oberschriften 
zerlegt  werden.  GewiB  ist  es  in  einer  Hinsicht  von  Vorteil,  wenn 
die  l^kläningen  kurz  gefaßt  sind,  doch  dOrfte  dem  Verfahren  nicht 
zugestimmt  werden,  die  konkreten  Beispiele  ans  der  biblischen 
Geschichte  und  der  Liturgie  zur  Veranschaulichung  der  Katechisrous- 
lehren  auf  das  Notwendigste  zu  beschrSnken  und  die  weiteren 
Ausführungen  dem  Katecheten  zu  überlassen,  da  es  sich  bei  dem 
Katechismusunterricht  an  erster  Stelle  um  Sachanschauung  und 
Sachliebe  bandeln  muß  und  erst  demnächst  die  Texterklärnng  in 
Betracht  kommt.  Da  das  Lehrbuch  zum  Gebrauch  in  Seminar« 
Vorschulen  und  in  den  mittleren  Klassen  höherer  Lehranstalten 
bestimmt  ist,  kann  durchaus  gebilligt  werden,  daß  der  Beweis« 
fährong  ein  größerer  Raum  gewidmet  ist.  Aufgefallen  ist  aber, 
daß  ein  eingehender  Beweis  für  das  Dasein  Gottes  fehlt.  Er- 
freulich ist  eine  ausführlichere  Behandlung  des  Lehrstückes,  welches 
von  der  hl.  Schrift  bandelt,  obschon  auch  hier  zu  wünschen  wäre, 
daß  die  Frage  der  Echtheit,  besonders  der  Evangelien,  erörtert 
würde.  Was  die  Uethode  anbetrifft,  so  ist  nach  der  Biemerkung 
des  Verfassers  in  der  Vorrede  das  analytische  und  synthetische 
Verfohren  zur  Anwendung  gekommen.  Dem  ist  nur  zuzustimmen. 
Wünschenswert  wäre  es  aber,  wenn  die  Texlanalyse  mehr  zurück- 
träte und  die  von  der  Anschauung  ausgehende  Methode  in  höherem 
Maße  betont  würde,  was  besonders  von  jenen  Lehrstücken  gilt, 
die  einen  historischen  Charakter  an  sich  tragen,  so  den  meisten 
Glaubenaartikeln.  Von  einer  Anwendung  der  Stufeneinteilang,  wie 
sie  die  ,3(ünchener  Richtung'^  ausgebildet  hat,  wird  von  dem  Ver* 
fasser  gänzlich  abgesehen. 

Weißwasser  O.-L.  Hubert  Gerigk. 


Karl   Streeker,    Bkkakarda   Waltharias.     Berlio    1907,    Waid- 
maooscbe  Baebhaadloog.    XVII  a.  109  S.    8.    2,40  JL. 

Verf.  hat,  wie  er  im  Vorwort  angibt,  mit  dem  vorliegendem 
Buche  Peipers  Walthariusausgabe  erneuern  wollen,  aber  im  Laufe 
der  Arbeit  mit  der  Vorlage  so  durcbgreifeode  Änderungen  vor- 
genommen, daß  er  Peipers  Namen  vom  Titel  entfernen  und  das 
Werk  als  eigenes  geben  konnte.  So  haben  wir  denn  eine  neue 
Ausgabe  des  Waltharius  vor  uns,  die  unter  Berücksichtigung  der 
neuesten  Literatur  auf  Grund  eigener  selbständiger  Forschungen 
und  erneuter  Kollation  einzelner  Handschriften  zustande  gekommen 
ist.  Auf  die  Einleitung,  die  zunächst  die  bekannte  Stelle  aus  den 
Casus  S.  Galli  über  die  Person  des  Dichters  und  was  sich  daran 
anschließt  bringt,  dann  aber  in  knapper  übersichtlicher  Weise  die 
Handschriften  aufzählt  und  ihr  Verhältnis  bespricht,  folgt  der  Text 
des    Gedichtes    nebst    kritischem    Apparat    und    Parallelstellen, 

49* 


772  K.Strecker,  Bkkehards  WalthariiiSy  aog^ez.  voq  F.  Kvotze. 

während  ein  Anhang  die  beiden  Fragmente  des  ags.  Waldere  mit 
Übersetzung   und    die  Grazer   und    die  Wiener  Bruchstücke    des 
verlorenen    mhd.  Gedichtes   bringt.     Der  Text   beruht   auf  den 
Lesarten  der  Geraldusklasse,  —  ein  kritisches  Verfahren,  wogegen 
sich  als  dem  Ergebnis  der  neuesten,  mühsamen  Forschungen  nichts 
einwenden  läfit,  wenngleich  man  in  einzelnen  Punkten  Vorbehalte 
machen  könnte.    Der   kritische  Apparat  unter   dem  Text  ermög- 
licht die  bequeme  Vergleichung  dei*  Lesarten.    Besonders  dankens- 
wert  aber  ist  die  Zusammenstellung  der  Parallelstellen,   gestattet 
sie    uns    doch   einen    genauen  Einblick   in   die  Arbeitsweise  des 
jungen  KlosterschüIerSf  der  den  Vergil,  den  Prudentius,  die  Vul- 
gata  gewissermassen  als  Gradus  ad  Parnassum  benutzt  hat.    Dazu 
kommen  noch  einige  —  allerdings  vereinzelte  —  Stellen  aus  Ovid, 
Lucan,  Valerius  Flaccus,  Boethius  und  Notker.     Horaz  fehlt     Ob 
mit  Recht?  Strecker  hat  früher  schon  einmal  auf  die  Möglichkeit 
hingewiesen,    daß    V.  794    venenatas    als    Beiwort   von    sagittas 
Reminiszenz    an  Horat.  I  22  sei.    Er  scheint  aber  jetzt  seine  An- 
sicht geändert  zu  haben,  da  er  im  Glossar  s,  v.  bemerkt:    „doch 
wohl  vergiftete  Pfeile*^    Ich  glaube  freilich  nicht,  daß  Ekkehard 
den  Werinhard    als   mit   vergifteten  Pfeilen    kämpfend    darstellen 
wollte  (s.  meine  Rezension  von  Althofs  Waltharii  poesis  in  Jahr- 
gang LX    dieser   Zeitschrift  S.  129),    aber  die  Stelle   kann  auch 
noch  anders  erklärt  werden  und  die  Anlehnung  an  Horaz  ist  nicht 
evident     Deutlicher  scheinen  aber  zwei  andere  Stellen  auf  Horaz 
zu  weisen,  V.  126 :   ne  vestri  imperii  labatur  columna  und  376: 
en  hodie  imperii  vestri  cecidisse  columna    nosdtur.     Hier  fallen 
einem   die   bekannten  Verse   aus   der  Ode   an    die  Fortuna  von 
Antium  (135)   iniurioso   ne   pede   proruas  stantem  columnam 
neu  populus  frequens  ad  arma  cessantis  ad  arma  condtet  i  m pe- 
rl um  que  frangat  ein.     Natörlich  ist  auch    hier  die  Entlehnung 
problematisch,  das  Bild  von  der  Säule  könnte  ja  auch  in  Ekkehards 
Kopf  entstanden  sein,   aber  die  Beziehung  ist  doch  möglich,  und 
wenn    der  Ausdruck   nicht   direkt  aus  Horaz  stammt,  so  konnte 
er  doch  schon  zu  Ekkehards  Zeit  geflügeltes  Wort  geworden  sein. 
Immerhin  durften  die  Horazischen  Verse  unter  den  Parallelstellen 
angeführt  werden.     Wie  mir  scheint,    mit  mehr  Recht  als  einige 
andere.    Wenigstens  sehe  ich  nicht  recht  ein,  warum  V«  1351  zu 
der  Anrede  o  Paliure  das  doch  nur  lautlich  anklingende  o  Palinure 
aus  Aen.  6, 373   herangezogen   ist   oder   weshalb   zu    1284   der 
Vers  et  quos  maliferae  despectant  moenia  Abellae   erwähnt  wird. 
Denn  entweder  ist  maligerae  (V),  was  Strecker  in  den  Tezt  auf- 
genommen hat,   die  richtige  Lesart,   dann  gehört  der  Vergilische 
Vers  sicher  nicht  hierher,  oder  es  ist  mit  aV  maligenae  zu  lesen, 
was    ich   für   die  echte  Lesart  halten  möchte,  dann  ist  das  Bei- 
wort Übersetzung  des  ahd.  affolterln  und  hat  wieder  nichts  mit 
Vergil  zu  tun.      Dem  Glossar   traut  Verfasser  selbst  nicht  recht, 
er  meint,   es    werde   den    einen   zu  elementar  sein,   den  andern 


6.  Boetticheri  Obnagon  t,  dentich.  Gram«,  ag2.  v«  P.  Watzel.    773 

nicht  weit  genug  gehen.  Ich  glaube,  dafi  beide  BefQrchtungen 
unbegründet  sind  und  daß  Verf.  mit  gutem  Takt  die  richtige 
Hitte  zwischen  dem  Zuviel  und  dem  Zuwenig  getroffen  bat  Das 
Glossar,  so  knapp  es  auch  sein  mag,  läßt  den  Leser  selten  im 
Stich,  ja  es  ersetzt  in  rielen  Fällen  den  fehlenden  Kommentar, 
indem  es  kurze  Erläuterungen  einzelner,  namentlich  auch  kontro- 
verser Stellen  bringt.  Somit  dürfen  wir  das  Buch  als  ein 
neues,  tüchtiges  HilÜBmittel  für  die  Walthariusstudien»  mögen 
diese  auf  der  Schule  oder  der  Universität  oder  privatim  betrieben 
werden,  begrüßen  und  darin  wohl  einen  Vorlaufer  der  schon  von 
Winterfeldt  in  Angriff  genommenen  Ausgabe  für  die  Monumente 
erblicken* 

Blankenbain  bei  Weimar.  F.  Kuntze. 


GottkoJd  Boettieher,  ÜboDgen  zur  deatfohen  Grammatik 
mit  einem  Abriß  der  deutschen  Spraehlehr  e  nach  den 
Lehraulgiben  geordnet  für  Sexta  bis  Tertia  hSherer  Schalen,  ina- 
besondere  der  Realsehalen  und  verwandten  Anstalten.  Zweite,  völlig 
umgearbeitete  Auflage.  Wien  ond  Leipiig  1907,  F.  Tempsky  und 
6.  Frey  tag.     176  S.   gr.  8.   geb.    2  JC. 

Die  nach  ihrem  ersten  Erscheinen  (1896)  von  mir  in  der 
vorliegenden  Zeitschrift  gewürdigte  Schulgrammatik  zeigt  in  der 
neuen  Auflage  eine  veränderte  Gestalt  Zwar  sind  die  beiden 
Hauptteile  (Übungen  und  AbriB)  geblieben,  innerhalb  beider  Teile 
aber  ist  der  gesamte  Stoff,  nach  den  amtlichen  Lehrplänen  ver- 
mehrt und  vervollständigt,  an  die  einzelnen  Klassen  im  Hinblick 
auf  die  ihnen  zukommenden  Pensen  verteilt  worden.  Der  Ver- 
fasser hat  darauf  Rücksicht  genommen,  daß  diese  Anordnung 
beute  allgemein  üblich  und  jedenfalls  beliebt  ist.  Doch  ist  er 
auch  sich  selber  dabei  insofern  treu  geblieben,  als  er  schon  in 
der  älteren  Auflage  dem  Gedanken,  für  die  Stoffbehandlung  ein- 
zelne Stufen  anzudeuten,  mehrfach  wenigstens  durch  Verschieden- 
heit des  Druckes  Rechnung  getragen  hatte.  Ich  hob  damals 
lobend  hervor,  daB  dem  das  Buch  benutzenden  Amtsgenossen  da- 
durch im  einzelnen  keine  Fesseln  angelegt  seien;  auch  bei  seiner 
jetzigen  Einrichtung  wird  er  sich  mit  einer  gewissen  Freiheit  be- 
wegen können,  soweit  sie  angesichts  der  amtlichen  Vorschriften 
möglich  ist  Und  diese  binden  ja  nicht  unbedingt,  wenn  nach 
ihnen  z.  B.  für  Quinta  „das  Notwendigste  vom  zusammengesetzten 
Satze^'  und  für  Quarta  „der  zusammengesetzte  Satz''  zur  Be- 
handlung steht.  Boettieher  hat  sich  dahin  entschieden,  das 
Satzgefüge,  dessen  Eigenart  im  Quintapensum  nur  angedeutet 
wird,  der  Quarta  zu  überlassen,  damit  auf  der  voranliegenden 
Stufe  gehörige  Einübung  der  Satzverbindung  stattfinden  kann. 
Überall  wird  natürlich  das  früher  Dagewesene  wiederholungsweise 
herangezogen  und  mit  ausdrücklichen  Vermerken  dieser  Art  nicht 
gespart.    Zum  Teil    freilich  ergibt  sich  ein  solches  Verfahren  an 


774    0.  Boettichar,  ObniftB  i.  deattch.  6r«tt.,  ags.  t.  P.  W«tzel 

der  Hand  der  Lehrpline  gans  von  selbst  Wenn  diese  fAr  Quinta 
y^EioQbung  der  Rechtschreibung  und  der  Zeichensetzung"' 
vorschreiben,  so  hätte  das  den  Verfasser  folgerecht  die  Ortho- 
graphie in  sein  Buch  miteinbeziehen  lassen  können.  Aber  einer- 
seits stehen  die  LehrpiSne  selber  auf  dem  Standpunkte,  daß  Ober- 
all  der  innere  Zusammenhang  der  Zeichensetzung  mit  dem  Auf- 
bau des  Satzes  zu  betonen  ist,  anderseits  hebt  Boetticher  mit 
Recht  hervor^  daä  das  Wichtigste  von  der  Rechtschreibung  die 
Schüler  höherer  Lehranstalten  aus  den  Vorbereitungsklassen  in 
die  Sexta  milbringen,  so  daB  sie  weitere  Festigkeit  darin  in 
systematisch  zusammengestellten  Diktaten  gewinnen. 

Das  Buch  zeigt  sich  nach  wie  vor  mit  großem  Geschick  in 
seinen  eioielneil  Teilen  dem  Auffassungsvermögen  der  ScbOler  an- 
gepaßt. Nur  selten  wird  etwas  zu  viel  bei  ihnen  vorausgesetzt 
Man  kann  es  doch  z.  B.  dem  Obertertianer  nicht  einfach  über- 
lassen herauszufinden,  daß  bei  „faulenzen*'  (S.  168,  $  3)  ein 
Verb  (?!)  in  Verbindung  mit  dem  Adjektiv  ein  „zusammen- 
gesetztes** Zeitwort  habe  entstehen  lassen.  Vielleicht  spricht  sich 
der  Verf.  ito.  einer  späteren  Auflage  gemiß  dem  schon  vor  Jahren 
von  mir  geäußerten  Wunsche  etwas  näher  darüber  aus.  Bis  da- 
hin gedeidte  ich,  VNe  auch  andere  Grammatiker,  das  Wort  Us  ein 
von  einem  Adjektiv  abgeleitetes  Verbumf  zu  hetrachteil. 
Auch  sonst  wünscht  man  die  aufgestellten  Regeln  hier  und  da 
etwas  genauer  gefaßt  zu  sehen.  Es  ist  richtig,  daß  „ergeben**  in 
Sinne  von  dedere  nur  refletiv  vorkommt;  aber  das  steht  (8.  143, 
§l,2c)  nicht  de,  sondern  die  gana  allgemein  gebHiuchte  Wen- 
dung wird  den  Schüler  glauben  machen,  über  Sätze  wie:  Das 
Feld  ergibt  eine  reiche  Ernte,  die  Untersuchung  hat  seine  IV 
schuld  ergeben  (Sachs  ^Villatte,  Handausgabe  S.  308)  solle  der 
Stab  gebrochen  werden.  Was  S.  118  über  die  Konkreta  gesagt 
wird,  ist  annehmbar;  statt  dessen  heißt  es  im  ersten  Teile 
&  24  sehr  viel  ungenauer,  ja  sprachlieh  anstößig:  Dingnamen 
oder  konkrete  Substantiva  sind  solche,  die  man  mit  den  Sinnen 
wahrnehmen  kann.  Die  Absicht  ist  offenbar  nicht,  daß  wir  der 
Wahrnehmberkeit  des  für  die  Vorstellung  eines  Gegenstandes  ge- 
brauchten Zeichens  versichert  werden  sollen.  Oberhaupt  bat 
der  Verf.  an  dieser  Stelle  keine  glückliche  Hand  gehabt,  da  er 
IPersoiien*,  Tier-  und  Saehnamen  der  Einzeldinge  für  Appellativs 
ausgibt  Im  übrigen  möchte  ich  zum  Schluß  die  Frage  anregen, 
ob  Sich  nicht  nach  den  Lehrplätlen  eine  Scheidung  der  beiden 
Tertiapensen  empfiehlt,  damit  vor  allem  Ablaut,  Umlaut  und 
Brechung  (A  —  Umlaut)  noch  mehr  zu  ihrem  Rechte  kommen. 
Das  auch  diesmal  wieder  einen  sehr  günstigen  Eindruck  hinter- 
lassende Buch  würde  dadurch,  scheint  mir,  noch  gewinnen. 

Pankow  b.  Berlin.  Paul  Wetzel. 


M«i«ii^***M««i*^ 


Prokasel  n.  Wahner,  Avff.  a.  d.  ProtalektUra,  agx.  v.  BShmo.  775 

Prokasel  und  Wahnor,  Anf|pab0n  ans  der  dentfehen  Proaa- 
lektüred«r  Prima.  Leipzig  1906,  W.  EngelmaaD.  4.  und  5.  BMad- 
eben:  Prohaael,  Anff^aben  aus  Lessiofrs  Hambnripiscber 
Pramatnri^ie.  4.  Bindcben  :  labalt  der  Dramaturgie.  X(V  n.  120  S. 
8.  kart.  1,20  Jt^  5.  Bindeben:  Beispiele  zur  Dramaturgie.  VIII  n. 
113.    8.    kart.  1  ^. 

Von  dem  gewiß  richtigen  Gedanken  ausgehend,  daß  bei  Er* 
fullung  der  Forderung  der  Lehrpläne,  die  gelesenen  Dramen  nach 
ihrem  Aofban  und  den  Charakteren  der  handelnden  Personen  zu 
einem  volleren  Verständnis  zu  bringen,  immer  auf  die  „Ham* 
borgische  Dramatnrgie'*  zurückgegangen  werden  muß,  den  „drama* 
turgischen  Kodex**  der  Schule,  bietet  Prohasel  in  dem  ersten  der 
beiden  Bindcben  70  z.  T.  kürzere,  z.  T.  ausgeführte  Stoff« 
anordnungen,  denen  sich  384  Aufgaben  zur  Auswahl  anschließen. 
Mit  pädagogischem  Geschick  sind  die  für  die  Schule  brauchbaren 
Abschnitte  aus  der  „Dramaturgie**  ausgewählt  und  rerwertet,  die 
einschlägige  Literatur  ist  gewissenhaft  benutzt.  Selbstverständlich 
wird  man  bei  einer  so  großen  Anzahl  von  Themen  über  Wert 
und  Verwendbarkeit  einzelner  der  gestellten  Aufgaben  anderer 
Ansicht  sein  als  der  Heransgeber.  Aber  gerade  bei  der  Frage  der 
Aufgabenauswahl  spielen  persönliche  Anschauungen,  augenblickliche 
Anfofderungen  des  Untejrrichts,  der  jisweilige  Standpunkt  der  Klasse 
zu  bedeutende  Rollen,  als  daß  es  möglich  wäre,  wenigstens  in 
vielen  Fällen,  ein  allgemein  gültiges  Urteil  über  Wert  oder  Unwert 
eines  Themas  abzugeben.  Bei  der  Vorbereitung  der  Erklärung 
von  Leasings  Werk,  bei  dem  eigenen  Studium,  bei  der  Suche  nach 
einem  geeigneten  Aufsatsthema  wird  Prohaseis  Werkchen  dank* 
bare  Benutzer  finden.  Dasselbe  gilt  von  dem  2.  Bändchen,  welches 
aus  den  auf  unseren  höheren  Schulen  gelesenen  Werken  eine 
Anzahl  Beispiele  von  Entwürfen  und  Ausführungen  als  Proben  auf 
Lessings  dramaturgische  Regeln  zusammenstellt.  Auch  epische 
und  geschiditliche  Stoffe  sind  mit  Bezug  auf  ihre  dramatische 
Verwendbarkeit  berücksichtigt.  Geboten  werden  49  mehr  oder 
weniger  ausgeführte  Dispositionen  und  199  Aufgaben  zur  Auswahl. 
—  Der  Druck  in  beiden  Bändchen  ist  sorgfältig  überwacht,  die 
Ausstattang  gut.    Sie  seien  hiermit  den  Fachgenossen  empfohlen. 

Schleis  (ReuB).  Walther  Böhme. 


W.  Rereten,  Lateinisches  Blementarbuch   für  ReformschiileB. 
Leipsi«  1907,  G.  FreyUg.    354  S.    8.    geb.  3  M. 

Auf  254  Seiten  hat  der  Verfasser  den  gesamten  Lern-  und 
Übungsstoff  des  lateinischen  Anfangsunterrichts  zusammengefaßt. 
Insbesondere  enthält  das  Buch:  1.  ein  lateinisches  Lesebuch 
mit  Wörterverzeichnis,  sowohl  zu  den  einzelnen  Lesestücken,  als 
auch  einem  alphabetisch  geordneten.  2.  Deutsche'  Übungs« 
stücke  mit  alphabetischem  Würterverzeichnis  und  3.  eine 
Formenlehre.     Alles  Nötige   in   einem  Bändchen   vereinigen» 


776  ^-  Kersteoi  Lateinitchos  EleBentarbnchy 

bedeutet  ohne  Zweifel  einen  äaBerlichen  Vorzug  vor,  sagen  wir 
z.  B.  Wulff,  der  zu  demselben  Zweck  die  Anschaffung  von  vier 
Büchern  verlangt. 

Was  dem  Werkchen  innerlich  sein  eigenartiges  Gepräge  ver- 
leiht, ist  die  Darbietung  des  Lesestoffes  in  lauter  zusammen- 
hängenden Stöcken^  bei  deren  Abfassung  Kersten  in  der  Ober- 
windung der  zahllosen  Schwierigkeiten  groBes  Geschick  bewiesen 
hat.  Eine  derartige  Form  der  Darstellung  wirkt  gewiß  gefälliger 
als  das  sogenannte  „Satzragout'S  das  hat  der  Verbsser  erkannt; 
es  verbindet  sich  hiermit  aber,  meine  ich,  noch  ein  anderer,  mehr 
innerer  Vorzug:  inhaltlich  kann  mehr  geboten  werden,  und 
dazu  werden  die  Gedanken  unserer  ohnehin  schon  oft  genug  zer- 
streuten Tertianer  eher  zusammengehalten.  Besonders  bemerkens- 
wert erscheinen  mir  von  den  LesestOcken  No.  54  de  re  publica 
Romana,  55  de  provinciis  und  56  monumentum  Ancyranum,  in 
denen  das  an  und  für  sich  so  trockene  Kapitel  der  Zahlwörter 
recht  interessant  gemacht  wird«  Die  Einfuhrung  in  das  klassische 
Altertum,  die  sich  Verfasser  (s.  Vorwort)  außer  anderem  als  Ziel 
gesteckt  hat,  wird  an  der  Hand  solcher  und  ähnlicher  Lesestoffe 
nicht  zu  leerer  Phrase. 

Es  war  zu  erwarten,  daß  ein  so  eigenartiger  Versuch  nicht 
etwas  Vollkommenes  auf  den  ersten  Wurf  zutage  förderte.  Das 
Bingen  mit  dem  Stoff  ist,  zumal  bei  der  Abfassung  der  ersten 
Stücke,  ein  so  gewaltiges,  daß  besonders  hier,  wie  mir  scheint, 
manches  Verbesserungsbedürftige  stehen  geblieben  ist.  In  1,  2 
vermißt  man  hinter  copiam  einen  Genitiv  wie  plantarum  als  Er- 
gänzung, in  1,  7  liest  man  inter  Siciliam  et  Italiam  amicitia  erat 
statt  inter  incolas  Siciliae  et  Italiae.  So  findet  sich  auch  in  15,  4 
der  Name  der  Stadt  statt  desjenigen  der  Bewohner:  potentia 
Athenarum.  In  2,  3  steht  terras  für  das  bessere  agros.  3,  4: 
Caesar  Ariovistum  superabat,  wo  nur  superavit  am  Platze  ist  In 
13,  4  ist  ut  amicitia  separetur  unmöglich;  wenn  ein  Verb  der 
I.  Konjug.  angewandt  werden  muß,  so  empfiehlt  sich  wohl  eher 
dissociare.  Unlateinisch  erscheint  mir  auch  unter  anderem  24,  1 : 
Caesaris  et  Taciti  opera  .  •  •  narrant  und  nomen  Germanorum  pristinis 
temporibus  nomen  naüonis  fuit.  Schließlich  ist  in  26,  2  statt 
adhibere  verecundiam  parentum  zu  setzen  in  oder  erga  parentes  statt 
des  Gen.  obiect.  parentum.  Doch  wie  erklären  sich  diese  und  andere 
Verstöße  gegen  den  lateinischen  Sprachgebrauch?  Warum  findet 
man  so  häufig  adventare  oder  spectare  (letzteres  ist  wiederholt 
für  videre  gebraucht)?  Sehr  einfach.  In  den  Stücken,  in  denen 
adventare,  spectare  vorkommen,  kann  noch  nicht  die  Kenntnis 
einer  anderen  als  der  I.  Konjug.  vorausgesetzt  werden.  Parentum 
aber  statt  erga  parentes  (26,  2)  hat  Verfasser  an  der  Stelle  ge- 
wagt, um  *den  Gen.  Plur.  parentum  als  Ausnahme  vorführen  zu 
können.  In  26  sollen  nämlich  die  Abweichungen  in  der  Bildung 
des  Gen.  Plur.  veranschaulicht  werden. 


aügei.  von  0.  Voi^t  777 

Mehr  noch  als  das  Lateinische  bietet  der  deutsche  Text  An- 
laß zu  Verbesserungen.  In  St.  1  läBt  Kersten  Kolonien  von 
Seelenten  nach  SiciUen  wandern.  In  der  lateinischen  Sprache 
ist  diese  Verbindung  allerdings  möglich,  nicht  aber  in  der  deutschen. 
In  Stück  8  heißt  es:  er  besetzte  den  Rucken  des  Tieres,  statt: 
er  setzte  sich  auf  den  Rucken.  In  12:  der  Krieg  wird  gerüstet 
werden;  im  16:  ein  Mann  guter  Hoffnung;  in  19  wird  der  Staat 
befestigt  • . .  usw.  Verfasser  wird  im  allgemeinen  gut  daran  tun« 
den  deutschen  Text  etwas  unabhängiger  von  dem  ihm  vorschwe- 
benden oder  im  lateinischen  Text  wirklich  vorliegenden  lateinischen 
Ausdruck  zu  gestalten  und  dafür  lieber  Obersetzungshilfen  in 
Klammern  hinzuzufügen. 

In  der  Art  der  Verarbeitung  des  Lernstoffes,  insbesondere 
der  Verteilung  der  Formenlehre  auf  die  Lesestücke,  hat  sich  Ver- 
fasser in  mancher  Hinsicht  an  bewährte  Vorgänger  angeschlossen. 
So  stellt  er  z.  B.  mit  Müller-Michaelis  das  Verb  gleich  in  den 
Dienst  der  ersten  Lesestücke«  doch  zwar  so,  daß  er  in  den  drei 
ersten  nur  die  3.  Person  zur  Anwendung  bringt.  Zwecks  Vor- 
führung der  1.  und  2.  Person  folgen  von  Stuck  4  an  häufig  Er- 
zählungen mit  direkter  Rede.  No.  9  ist  sogar  ein  regelrechtes 
Zwiegespräch.  Von  Wulff  hat  Verfasser  die  recht  zweckmäßige 
Art  der  „Syntaktischen  Zusammenstellungen'*  im  deutschen  Teile 
seines  Baches  übernommen. 

Eigene  Wege  ist  Verfasser  wieder  bei  der  Behandlung  der 
3.  Deklination  gegangen.  Hier  scheidet  er  hinsichtlich  des  Ge- 
schlechts der  Substantive  nicht  mehr  zwischen  regelmäßig  und 
unregelmäßig,  sondern  führt  alle  Substantiva  in  3  Gruppen  ge- 
trennt zugleich  vor:  1.  Die  auf  or,  os,  er  und  es  (im  gen.  eine 
Silbe  mehr).  2.  Die  auf  o,  as,  x,  aus,  is,  es  (gen.  keine  Silbe 
mehr),  s  mit  vorhergehendem  Kons,  und  3.  die  auf  a,  e,  c,  1,  n, 
t,  ar,  ur,  us.  Die  1.  Gruppe  umfaßt  also  die  männlichen  Sub- 
stantiva samt  den  sogen.  Ausnahmen.  Es  werden  gleichzeitig  ge- 
lernt: honor  m.  und  marmor  n.,  wie  in  der  2.  Gruppe  navis  f. 
neben  finis  m.,  fortitudo  f.  neben  ordo  m.  Darüber  hören  wir 
im  Vorwort:  „Das  Genus  kann  nach  Perthesscher  Methode  durch 
den  Zusatz  eines  Adjektivs  gelernt  werden*^  Im  Wörterverzeichnis 
aber  vermißt  man  diesen  Zusatz.  In  der  Formenlehre  allerdings 
sind  solche  Adjektiva  den  Ausnahmen  hinter  den  Genusregeln 
beigefügt.  Von  diesen  aber  heißt  es  im  Vorwort:  „Für  über- 
flussig halte  ich  die  Mühe,  die  man  auf  das  Erlernen  der  Genus- 
regeln verwendet*'.  Das  mag  richtig  sein,  dann  müßte  man  aber 
auch  alle  Substantiva,  honor  so  gut  wie  marmor,  mit  ent- 
sprechendem Attribut  lernen  lassen,    nicht   bloß  die  Ausnahmen. 

Hinsichtlich  der  Vollständigkeit  des  vorgeführten  Materials 
bin  ich  durch  einen  Vergleich  mit  Wulff  und  Müller- Michaelis  an 
der  Hand  eines  Beispiels  zu  folgendem  Resultat  gelangt:  Von  den 
Substantiven  auf  er  männl.  Geschlechts  verwendet  M.-M.  7  in  den 


778  Th.  Liok,  Gram  maired«  r^capitalatioD  delalaDf^nefraDfaise, 

betreffenden  Obungssätzen  (carcer,  agger,  anser,  passer,  aer,  imber, 
Tenter),  W.  3  (anser,  imber,  agger),  K.  nur  agger;  späterhin 
kommt  nocb  carcer  vor.  Das  ist  freilich  nur  ein  Beispiel.  Die 
Art  der  Darstellung  in  zusammenbingenden  Lesestöcken  liBt  aber 
erwarten,  daß  es  sich  mit  anderen  Wortgruppen  ähnlich  verhilt. 
Das  System  der  Einzeisätze  gestattet  eben  in  dieser  Hinsicht 
größere  Vollständigkeit.  Damit  aber  will  ich  nicht  den  Stab  über 
das  Buch  brechen.  Was  an  Vokabeln  im  ersten  Jahre  nicht  vor- 
gekommen ist,  för  deren  Erlernung  wird  die  Cäsar«  und  Ovid- 
lektöre  schon  sorgen.  —  Die  Formenlehre  enthält  in  knapper 
Fassung  alles  Notwendige.  Daß  is,  ea,  id  als  Pronomen  der 
3.  Person  eingesetzt  wird  statt  des  Refiexivum  sui,  sibi,  se  ist 
durchaus  zu  billigen.  Die  Bezeichnung  der  Quantität  dürfte 
vielleicht  etwas  einheitlicher  durehgeföhrt  werden. 

Alles  in  allem  ist  das  Buch  ein  dankenswerter  Versuch  und 
trefOicher  Beitrag  zur  Gestaltung  des  zukünftigen  Elementarbucbes 
für  Reformscbulen.  Seine  Einführung  wird  sich  jedoch  dann  erst 
empfehlen,  wenn  es  in  neuer,  verbesserter  Auflage  vorliegt  und 
zumal  der  deutsche  Teil  einer  aufmerksamen  Durchsicht  unter- 
worfen worden  ist. 

Barmen.  0.  VogU 


1)  Theodor  Link,  Grammaire  de  recapitalatioo  de  la  langne 
frao9ai8e  a  Tasage  des  ^coles  aecoodaires.  Edition  B.  Franxoaiaolie 
RepetitioDsgrämmatik  für  MitteUdmlea.  Aasgabe  B.  MiiDebea  aad 
Berlia  1907^  R.  Oldenboiirg.     VIII  a.  134  S.    8.    geb.  2  M. 

Der  Verfasser  gibt  in  der  angekündigten  Grammatik  eine  fiber- 
arbeitete und  gekürzte  Ausgabe  seiner  für  Realgymnasien  be- 
stimmten Grammaire  de  r^pitulation.  Sie  sucht  in  knapper, 
anschaulicher  und  übersichtlicher  Darstellung  die  Formenlehre  sowie 
die  Hauptregeln  der  Syntax  zu  bieten  und  zwar  in  französischer 
Sprache;  sie  schließt  sich  an  die  Breymannschen  Lehrbücher  an, 
ohne  jedoch  eine  selbständige  und  von  denselben  unabhängige 
Benutzung  auszuschließen;  sie  ist  im  besonderen  für  die  Ober- 
realschulen und  die  oberen  Klassen  der  Realschulen  Bayerns  be- 
stimmt und  soll  nach  des  Verfassers  Absicht  von  dem  Zeitpunkt 
an  gebraucht  werden,  wo  das  Fransüsische  als  Unterrichtssprache 
vorgeschrieben  ist. 

Zunächst  wird  die  Formenlehre  nach  den  Redeteilen  auf 
42  Seiten  abgehandelt;  durch  fetten  Druck  werden  die  Wandlungen 
des  Wortstammes  hervorgehoben.  Überall  werden  die  Beispiele 
vorangestellt  und  dann  durch  eine  kurze  und  möglichst  bestimmte 
Regel  erläutert.  Die  Syntax  zerfallt  in  die  Lehre  vom  einfachen 
und  zusammengesetzten  Satz.  Sie  ist  kurz  und  bündig»  beschränkt 
sich  aber  nicht  bloß  auf  das  Notwendigste,  so  daß  der  Schüler 
sie   auch   in  Zweifelfallen   als  Nachschlagebuch   benutien  kann; 


ADgex.  von  K«  Meyer.  779 

allerdings  wäre  dann  ein  Register  wünschenswert  trotz  der  sorg- 
fältigen Gliederung  des  Stoffes. 

Im  einzelnen  bemerke  ich  folgendes.  Reste  s-y  ist  wohl  ab- 
sichtlich übergangen.  Daß  die  Verben  auf  guer  das  u  behalten, 
auch  wo  es  orthographisch  unndtig  wäre,  z.  B.  nous  distinguons, 
wird  mit  Recht  S.  7  erwähnt.  Die  Regel  les  verbes  en  ayer 
s'ecrivent  indifferemment  avec  i  ou  y  ist  mißverständlich,  obwohl 
aus  dem  Zusammenhang  das  Richtige  leicht  erkannt  werden  dürfte. 
Daß  je  paie  und  je  paye  sich  durch  die  Aussprache  unterscheiden, 
war  zu  bemerken  S.  2.  Auf  S.  0  liest  man  on  ictii  ras  ä  Tim- 
peratif  devant  en  et  y;  zunächst  trifft  dies  nicht  zu  auf  die  Prä- 
position en,  vgl.  va  en  paiz*  Barante,  H.  d.  J.  d'Arc  chap.  14;  aber 
auch  das  sogenannte  pronom  en  wird  besser  nicht  berücksichtigt 
wegen  der  Seltenheit  und  des  Schwankens  der  Grammatiker, 
cf.  Girault-Duvivier,  graromaire  des  grammaires  S.  521.  Auf  S.  16 
waren  die  zu  Adjektiven  gewordenen  Partizipia  vaillant,  puissant, 
savant  zu  erwähnen  und  S.  17  die  abweichende  Aussprache  von 
gisons.  S.  18  waren  Verben  wie  s'arroger  wegen  des  Dativ- 
pronomena  zu  berücksichtigen  mit  Hinweis  auf  S.  72.  Auf  S.  23 
lies  la  Saint-Michel  r=:  la  f^te  de  saint  Hichel.  S.  28  wegen  toule« 
puissante  verweise  auf  §  151.  S.  30  füge  hinzu  vingt  et  une 
maiaona,  quatre-vingt-une  eglises  und  S.  31  Catherine  premi^re, 
quatre  miiles  4  Heilen  und  S.  33  vaincre  les  difScultes  une  k 
une.  Die  Regel  S.  34  je,  me,  te,  ae,  la  erhalten  den  Apostroph 
vor  einem  vokalisth  anlautenden  Worte  ist  ungenau  statt  „ihr 
Schlußvokal  wird  elidiert'S  wobei  übrigens  noch  Fälle  wie  ai-je 
arros^,  cachez-le  au  pere  zu  beachten  sind;  ebenda  füge  zu  etwa 
mon  autre  main.  Mit  Recht  wird  S.  39  hervorgehoben,  daß 
Formen  wie  constamment,  prudemment  sich  daraus  erklären,  daß 
conatans,  prudens  keine  besonderen  Femininformen  hatten.  S.  45 
füge  bei  a'attendre  ä  hinzu  die  Bedeutung  erwarten,  weil  sonst 
die  Vorausaetzung  Dicht  zutrifft,  daß  das  Verb  nur  im  Franzüsi- 
schen  ein  verbe  pronominal  ist;  anzugeben  war  bei»se  tenir  debout, 
daß  debout  ein  Adverb  ist  S.  46  lies  nous  avons  riussi  ä. 
S.  60  il  me  semble  «>  je  crois,  deshalb  que  mit  dem  Indikativ. 
S.  68  schreibe  il  lui  tarda  de  statt  il  me  tarde,  um  den  Dativ 
erkennen  zu  lassen.  S*  90  lies  Schwanenritter,  Siebenhügelstadt, 
nidit  die  aiebenhügelige  Stadt.  §  139  Regel  3  ist  mißverständ- 
lich. S.  95  en  mentir  ist  zu  tilgen,  wie  denn  der  Verfasser  selbst 
i  153  ein  abweichendes  Beispiel  gibt;  das  en  wird  nur  dann  bei 
luentir  zugefügt,  w^nn  eine  Beziehung  auf  das  Vorhergehende  an- 
gedeutet werden  soll  ,^du  hast  damit,  mit  deiner  Behauptung  ge- 
logen'*. S  141  füge  zu  aide-toi  toi-m6me.  S.  98  mon  colonel 
sagt  der  Untergebene,  sonst  monsieur  le  colonel.  S.  100  zuzufügen 
tous  ceux  qui.  S.  104  daß  personne  als  pronom  masculin  ist, 
während  es  sonst  heißt  une  personne,  bedurfte  eines  Hinweises. 
S.  108  lies  quel   que,   quelle  que.    §  159  que  ne  tais-tu  «»  so 


780  G.Sand,  La  petit«  Fadotte, 

schweige  doch.  S.  116  Tarmee  dltaUe  das  in  Italien  stehende 
Heer,  setze  hinzu  eines  tremden  Landes.  S.  120  bien  d'autres, 
zu  ergänzen  ist  hommes,  also  eine  ganz  regelrechte  Konstruktion 
(vgl  diese  Zeitschrift  1899  S.  586).  S.  107  ist  zu  schreiben 
„mach  das  einem  andern  weis''  nicht  weiß,  das  lehren  die  Wörter- 
bucher, und  es  wird  dadurch  bestätigt,  daB  es  hierzulande,  woraof 
mich  Prof.  Böcke) mann  aufmerksam  macht,  heißt  „jem.  etwas  wis 
machen'S  während  man  für  weiß  die  Form  wit  hat  Zu  S.  120 
HL  5  füge  hinzu  de  tels  hommes.  S.  36  steht  ,.quelque  chose, 
une  —  etwas'';  statt  des  Gedankenstriches  ist  chose  zu  setzen. 
Die  Ausstattung  des  Buches  ist  gut,  der  Druck  korrekt,  nur 
S.  54  lies  je  statt  j'e,  S.  59  on  met  statt  me,  S.  64  sa?oir  statt 
sovoir.    §  169.  1  fehlt  ein  Komma  hinter  court. 

2)  Georg«  Sand,  La  patite  Fadetta.  Nach  der  Pariser  Aossabe  der 
Oeavres  illnstrees  de  George  Sand,  Michel  Livj  freres  1869  heraos- 
gegeben  aod  erläntert  vod  K.  Sachs.  Zweite  Auflage.  Berlio  ]907, 
Weidmanosche  Buclihaadlaag.  Text  173  S.  8.  Dazn  Anmerkaogeii 
32  S.    geb.  1,80^ 

Nach  30  Jahren  läßt  der  verdiente  Verfasser  La  petite  Fadette, 
die  bedeutendste  unter  den  Dorfgeschichten  von  George  Sand,  in 
neuer  Auflage  erscheinen.  Auf  die  Einleitung  S.  1 — 10,  welche 
George  Sands  Leben  und  ihre  Bedeutung  in  der  französischen 
Literatur  bespricht,  die  literarischen  Hilfsmittel  aufzählt,  welche 
recht  zahlreich  sind,  und  eine  Würdigung  der  französischen  Dorf- 
geschichten gibt,  folgt  der  Text  auf  S.  11  — 173.  Die  vor- 
genommenen,  übrigens  nur  geringen,  Kürzungen  stören  nirgends 
den  Zusammenhang,  nur  einmal  S.  15,30  wird  der  Gedanke  durch 
die  Kürzung  schief. 

Wertvoll  sind  die  Anmerkungen,  welche  die  zahlreichen  Pro- 
vinzialismen erklären,  schwierige  Stellen  erläutern  und  sachliche 
Belehrungen  bieten;  auch  hat  der  Verfasser  ein  alphabetisches 
Verzeichnis  der  wichtigsten  besprochenen  Wörter  zugefügt,  was 
sehr  dankenswert  ist. 

Da  George  Sand  vielfach  die  Sprache  des  Landmanns  in  Berri 
wiedergibt,  so  findet  sich  viel  Abweichendes  vom  gewöhnlichen 
Sprachgebrauch;  der  Verfasser  hat  sich  auf  das  Wichtigste  be* 
schränkt,  sonst  würde  die  Zahl  der  Anmerkungen  erheblich  größer 
geworden  sein.  Auf  einiges  jedoch  möchte  ich  hier  noch  hin* 
weisen,  pour  ce  que  =  parce  que  48, 18.  en  core  que  =  quoi- 
que  59, 24.  il  avan9a  un  petit  peu  ein  klein  wenig,  ein  bißchen 
33, 7.  s'en  courir  30,  30.  s'en  retourner  33, 18.  il  s'en  fuit  62,  34 
il  ne  la  quitta  point  d  e  la  joumie  29, 12.  s'en  aller  mit  Infinitiv 
85,14.  gentillement  110,28  und  106,3  (fehlt  in  den  Wörter- 
büchern), die  Stellung  des  Adjektivs  in  la  blanche  epine  110,36. 
Das  Fehlen  des  partitiven  de  z.  B.  depuis  longues  annees  122,11 
(Verne,  le  tour  du  monde  ed.  Velh.  S.  2:  depuis  de  longues  annees), 
ferner  zahlreiche  Verbindungen  wie  avoir  intention  112,11.    lequel 


ani^ez.  von  E.  Meyer.  781 

statt  qui  107,14.  ecouter  qn.  qui  pleurait  jemand  weinen  hören 
41,9,  ygL46,  16.  65,21.  81,11.  Der  Subjonctiv  du  plus  loin 
que  je  me  souvienne  163,30;  sonst  steht  der  Indikativ  du  plus 
loin  qu'elle  pouvait  les  voir  venir  17,7,  vgl.  42,29.  48,1.  62, 19. 
63,  23.  79, 36.  108,  33  und  152, 19.  faire  als  Ersatz  des  vorher- 
gehenden Verbs  78,  32  und  167, 2,  vgl.  la  mare  au  diable  Note  85. 
Das  Fehlen  des  pronom  in  j'aurais  du  vous  laisser  debrouiller 
73,26  und  pour  te  faire  noyer,  vgl.  dazu  die  Note  zu  130,35. 
Hoi,  il  me  serable  99, 27  nach  Analogie  von  Ta  lettre,  je  Tai 
recue.  Auffallend  ist  auch  die  Konstruktion  Ils  sont  chacun  aussi 
beau  et  aussi  bien  corpore  que  s'il  etait  fils  nnique  13, 10.  Le 
reste  du  petit  monde  16,5,  vgl.  la  ro.  au  d.  Note  68.  Cette  loi 
de  nature  que  le  eure  croyait  impossible  ä  d^faire  18,  24.  Hier 
ist  que  abhängig  von  croyait  impossible,  nicht  von  defaire,  sonst 
muBte  de  stehen,  vgl.  les  ennemis  que  j^ai  eus  ä  combattre  neben 
qae  j'ai  eu  ä  combattre.  Zandt,  Franz.  Gramm.  S.  471,  je  nach- 
dem man  que  von  avoir  oder  von  combattre  abhängen  läßt.  II 
ne  se  fit  point  voir  ä  lui  33, 16,  wir:  sie  ließ  sich  von  ihm  nicht 
sehen  oder  sie  zeigte  sich  ihm  nicht,  ähnlich  eile  se  fit  voir  k 
Landry  108,14,  eine  häufige  Konstruktion,  die  aber  doch  vielfach 
verkannt  wird ;  vgl.  Benecke,  Franz.  Schulgr.  IP  §  97,  8.  Elle 
D'alla  point  de  son  cdt6  61,31  ging  nicht  auf  ihn  zu  (ja  nicht 
„von  seiner  Seite*'),  vgl.  48, 2.  encore  un  coup  73, 12  noch  ein- 
mal. On  lui  attrihuait  de  pouvoir  faire  retrouver  les  choses 
perdues  45, 22,  eine  seltene  Konstruktion,  die  sich  in  den  Wörter- 
büchern nicht  findet,  cinquante  choses  dont  je  n'entends  jamais 
parier  aux  personnes  qui  se  croient  bien  sages  92,27  ähnlich 
Vous  ä  qui  j'ai  tant  vu  parier  de  son  merite.  Mol.  Mis.  1598, 
le  docteur  S.  dont  il  est  bien  impossible  que  vous  n'ayez  pas 
entendu  parier  ä  votre  oncle.  G.  Sand,  Christian  Waldo  III,  da- 
gegen natürlich  il  fallait  qu*on  le  ftt  parier  dans  le  moment  au 
general  Ducker.  Voltaire,  Ch.  XII.  7, 76.  Vgl.  Hätzner,  Franz, 
Gramm.  1856  S.  416.  Aussi  n'est-ce  pas  sans  un  peu  de  honte 
moi-m6me  et  sans  beaucoup  de  regret  que  je  me  vois  oblige  de 
te  confesser  devant  ta  famille  128, 9,  wo  moi-m^me,  das  zu  dem 
Satz  mit  que  gehört,  sich  in  den  Vordersatz  gedrängt  hat.  Le 
regardant  toujours,  ses  yeux  se  remplirent  de  larmes  135, 15  eine 
inkorrekte  Partizipialkonstruktion.  II  reconnaissait  que  plus  Sylvinet 
voyait  son  besson,  tant  plus  il  avait  envie  de  le  voir  34,11. 
Une  chose  oü  jamais  il  n'aurait  du  y  en  entrer  un  brin  38, 13 
das  pleonastische  y.  Tous  les  amours  59,15,  während  amour 
im  Plural  feminin  ist.  Hais  la  voix  de  la  petite  Fadette,  pour 
^tre  douce,  n'en  etait  pas  moins  claire  105, 29,  vgl.  163, 2  und 
la  mare  au  diable  Note  47.  Plus  aimable  que  pas  une  fille  sur 
terre  104, 2  stärker  als  aucune.  In  der  Einleitung  S.  2  wird  von 
dem  Namen  der  Verfasserin  gesprochen,  aber  es  bleibt  dabei  un- 
klar, woher  sie  den  Namen  George  nahm.    Heyer,  Konversations- 


782         G.Sand,  La  petita  Fädelte,  aDgai.  von  E,  Meyer. 

Lexikon  '^  sagt  darüber:  aie  naonte  sich  George  Sand,  weil  George 
der  Spitzname  ihrer  Landsleute  von  Berri  ist. 
Zu  den  Anmerkungen: 

Zu  S.  14,  29  wird  livre  tournois  erwähnt;  ich  wurde  hinzu- 
fügen, daß  tournois  =  turonensis  ein  adjectif  inyariable  ist.    Zu 
24, 27  das  populäre  voye  unterscheidet  sich  durch  die  Aussprache 
von    voie.     Zu    36, 8    es    findet   sich  noch  du  hon  temps  67, 5. 
du  bon  vin  125,20.     du  beau  gazon  90,23  und   des  gros   sous 
157,  18.     Bei   den  letzten  drei  Beispielen  soll  offenbar  „eine  be- 
stimmte Art    eines  Gegenstandes    in    ausdrucksvollem  Gegensatze 
hervorgehoben  werden'\    Benecke,  Franz.  Schulgr.  IP  §  34. 6.    Zu 
27. 23  travailler  rüde  vgl.  travailler  dur.    Malot,  Sans  famille  ed. 
Velb.  S.  29.    Außer  44, 30  und  57, 8  findet  sich  autre  nachgestellt 
noch  95,35.    Souvenance  77,18  auch   bei  Lafontaine  f.  7, 1,49. 
Zu  89, 3  in  betreff  der  Anwendung  von  nous  und  toi  ist  belehrend 
S.  168, 32  (übrigens  im  Index  erwähnt).    45,  5  se  voir  outrepassee 
de  sa  riputation  sich  an    ihrem  Rufe   geschädigt   zu   sehen;    ich 
verstehe  darunter  sich   überboten  zu  sehen  in  ihrem  Rufe,    d.  h. 
zu  sehen,  daß  man  ihr  mehr  zutraue  (etwa  Hexereien)  als  sie  zu 
leisten   imstande   sei.     120, 13  desenfl^  frei  von  der  Geschwulst, 
statt  frei  von  der  Anschwellung,  von  dem  Aufgeblasensein  des  Leibes 
(eine   bekannte  Krankheit   der  Kühe).     125,26  „etwas  begegnen, 
was*^  dafür  zu  setzen  einer  Sache  begegnen,  die.    89, 20  ecurieui 
aus  sciurus,  und  6cureuil  aus  dem  Deminutiv  sciurulus.      133,21 
„La  Hadelon  a  et6  bien  traltre  envers  toi    man   sollte   trattresse 
erwarten**;  indes  besser  nimmt  man  hier  traltre  als  Adjektiv,  dann 
hat    es    nichts  Anstößiges.     Einige  Wörter    werden  erst  an  einer 
späteren    Stelle    erklärt,    z.B.  fit-il   129,23  statt  12,11.     rideau 
26, 11  statt  25, 10.    tant  que  36,  27  statt  12,  31.    par  ainsi  159,  22 
statt  22,36.    en  savoir  plus  long  56,13  sUtt  45,21.    h  Tendroit 
de  74,22  statt  34,30.      Zu  S.  158,3    war   noch    zu    erwähnen 
grand'  nuit   76,8.  86,23.     grand*  peur    14,9   u.  ö.  grand'  pitie 
25, 39.     grand'  chose  22, 33.     11   eut   beau    appeler   et   chercher 
43,  6  vgl.  ia  mare  au  diable  Note  98.    Sans  passer  par  les  mains 
des  hommes  de  chicane,  qui  ne  sont  pas  tous  bien  fideles  150,  32. 
Der  Verfasser  versteht  darunter  sie  sind  alle    unzuverlässig,    aber 
dann    müßte    es    point    statt    pas    heißen;   vgl.  Girault-Duvivier, 
Grammaire    des    grammaires  S.  877.     Nach  brieflicher  Mitteilung 
haben    alle   hierüber   befragten    Franzosen,    darunter  H.  Besson, 
Prof.  au  lyc^e  Condorcet  in  Paris,  einstimmig  erklärt,  „eine  Zwei- 
deutigkeit   sei    völlig    ausgeschlossen,    es    bedeute  nur,    die  nicht 
alle   sehr    treu    sind'*.     Beachtenswert  ist  auch  die  Konstruktion 
si  c'etait  lui  qui  m'eüt  fait  cet  affront,  je  ne  m'en  serait  jamais 
console   60, 4.     II    a    une    dröie    d'idee  de  se  coiffer  de    Ia  plus 
vilaine    qu'il    n'y    ait    pas    dans    toute  Tassemblee  82, 33.     Dazu 
bemerkt    der    Verfasser:     „beim    Komparativ    der    Ungleichheit 
folgt   gewöhnlich  ne,    hier  aber  steht  noch  pas  dahinter  als  Ver- 


E.  RrebSy  litteratara  fraB^aUe,  aagox.  v.  0.  Jotnpoit.    7g3 

stärkang**;  allein  wir  haben  es  ja  an  dieser  Stelle  mit  einem 
Superlativ  zu  tun;  der  Fall  ist  also  ein  anderer.  n*a  point  de 
torl  131,  27  mit  Nachdruck  hat  durchaus  nicht  unrecht;  ?gl.  29, 18 
und  104,26. 

Druckfehler  im  Text.  Lies  Sainte-Beuve  S.  6.  jamais  8. 
tres  16, 20.  rlnt  21, 16.  s'interramptt  37,  4.  tant  de  souci 
41,15.  ricompenser  51,35.  sans  rien  trouver  57,2.  ce 
57,19.  allons-nons-en  58, 4.  etait  59, 20.  aise  71, 33.  courage 
77,12.  eti  86,3.  resolüment  87,33  (so  die  Lexika),  crois-tu 
89, 18.  TOS  pres  90,  24.  ä  eux  90,  26.  est  97, 14.  insense 
104,16.  Seitenzahl  128  verdruckt.  elle-m«me  133,31.  c'est 
bien  k  eile  de  s^en  aller  133, 29  ohne  Kommata,  fröres  et  soeurs 
141,19.  eile  145,32.  a  154,23.  put  171,30.  In  den  An- 
merkungen maUresse  14,36.  idee  16,26.  boeufs  20,33.  C'est 
21,24.  posito  33,29.  vergne  m.  42,15.  ehigauch^  =&  lahm 
48, 6.  d  u  63,  23.  Lafontaine  IV,  1 5, 4  zu  80,  24.  sta  mmt  82, 22. 
da  statt  das  85,25.  perte.  102,9.  gredots  110,13.  empöche 
134,19.  souventes  fois  146,33.  Lies  150,32  zu  147,17  und 
148,23  zu  147,19.  10  francs  149,30.  carriole  149,34.  put 
152,18.  Fieberparoxysmus  155,18.  Im  Index  lies  dormir  ä 
pleins  yeux,  retirance.  Falsch  gestellt  die  Anmerkungen  zu 
62,29  und  142,15. 

Herford  i.  W.  Ernst  Meyer. 


Elvira  Rrabs,  Abregt  de  Phistoire  de  litt^ratnre  frao^aise  de 
Coraeille  äocsjoars  a  l'naaye  des  eeolei.  Leipzig  and  Beriio 
1907,  B.  G.  Teaboer.    VI  a.  63  S.    8.    0,90  JC. 

Dieses  Werkchen  soll  den  Forderungen  entgegenkommen, 
welche  in  neuerer  Zeit  an  den  französischen  Literaturunterricht 
an  höheren  Mädchenschulen  gestellt  werden.  Danach  ist  eine 
systematische  Behandlung  ausgeschlossen,  die  Kenntnisse  sollen 
aas  der  Lektüre  heraus  entwickelt  werden. 

Deshalb  beginnt  das  Buch  auch  erst  mit  dem  17.  Jahrhundert. 
Da  erklärende  Erweiterungen  aus  früherer  Zeit  (z.  B.  die  Ent- 
wicklung der  französischen  Sprache  vom  4.  bis  16.  Jahrhundert) 
gelegentlich  beigefügt  sind,  ist  dennoch  eine  zusammenhängende 
Entwicklung  der  einzelnen  Zweige  der  Literatur  dargeboten. 

Nur  solche  Werke  werden  besprochen,  die  tatsächlich  in  der 
Schule  behandelt  werden  können.  Durch  Auswahl  der  Haupt- 
Vertreter  der  einzelnen  Zweige  der  französischen  Literatur  soll 
trotz  der  gebotenen  Beschränkung  doch  ein  klarer  Überblick  über 
die  Hauptströmungen  der  Literatur  gewährt  werden. 

Die  Darstellung  zerfällt  in  drei  Abteilungen. 

Le  siecle  classique  wird  charakterisiert  durch  die  Namen 
Corneille,  Racine,  Moliere,  La  Fontaine  und  Mme  de  Sevigne. 

Als  Vertreter   des   si^le   philosophique    werden    besprochen 


784  J-  G.  Andrä,  Grandrifi  der  Gaschiclite  III, 

Lesage,  Voltaire,  J.  J.  Rousseau,  Bernardin  de  Saint-Pierre  und 
Chenier.  Bei  Rousseau  vermisse  ich  die  Erwähoung  des  Contrat 
social  und  der  entsprechenden  sozialen  Theorie.  Sein  Gegenbild 
Montesquieu  mit  seiner  Rechtfertigung  des  historisch  Gewordenen 
dürfte  nicht  ganz  fehlen. 

Der  letzte  Teil,  Le  XIX*  si^cle,  enthält  folgende  Abschnitte: 
les  pr^curseurs  du  romantisme,  les  romantiques,  Scribe;  Beranger, 
Delavigne;  les  idealistes,  les  Pamassiens,  les  rialistes  et  les  natura- 
listes,  Augier,  hors  du  Naturalisme,  le  theätre  contemporain, 
Rostand.  Bei  Zola  scheint  mir  dessen  tatkräftige  Wahrheitsliebe 
doch  hervorgehoben  werden  zu  mQssen,  sowie  die  gewaltige  Darstellung 
gesellschaftlicher  Probleme  in  seinen  letzten  sozialen  Romanen. 

Am  Schlüsse  finden  wir  ein  Verzeichnis  von  guten  französi- 
schen Romanen  und  Novellen  als  Wegweiser  bei  der  Wahl  der 
Privatlektöre. 

Tilsit.  0.  Josupeit 


J.  C.  Andrä,  Grandrifi  der  Geschichte  für  höhere  Sehaleo,  Dea 
bearheitet  aod  far  die  Oberstufe  Deonklassiger  Schulen  fortgesetzt 
voo  Karl  Eodemaoo  aod  £mil  Stutzer.  HI.  Teil:  Geschichte  des 
Altertums  für  die  Obersekuoda  höherer  LehraDStalten  von  Rarl 
Bndemaon.  Zweite  Aufleime.  Mit  fünf  Geschichtakarten.  Leipzig 
1907,  R.  VoigtläDders  Verlai^.     VIII  u.  195  S.    gr.  8.    2,20  JC. 

Der   beste  Beweis  für  die  Brauchbarkeit  der  Endemannschen 
Bearbeitung  der  Alten  Geschichte  kann  darin  erblickt  werden,  daB 
nach  wenig  mehr  als  drei  Jahren  eine  neue  Auflage  nötig  wurde. 
Da    ich    mich   mit  der  ersten  Auflage  in  dieser  Zeitschrift  (1904 
S.  566  ff.)  auf  das  eingehendste  beschäftigt  habe,  so  kann  ich  mich 
diesmal   kurz    fassen.     Zunächst   muß   ich  da  zu  meiner  großen 
Freude   feststellen,    daß    der  Verf.  meine   damaligen  Winke   und 
Vorschläge,  die,  yon  dem  großen  Interesse  für  die  nicht  gewöhn- 
lichen Vorzuge    des  Buches   eingegeben,    vielleicht  über  das  Maß 
dessen,  was  man  im  allgemeinen  bei  einer  Bücheranzeige  leistet, 
hinausgingen,   fast   sämtlich   in  der  neuen  Auflage  beräcksichtigt, 
aber   auch    sonst   manches  Falsche   beseitigt   hat     Da  somit  die 
zweite  Auflage  Yon  einer  Reihe  geringfügiger  Irrtümer  oder  sagen 
wir  lieber  Ungenauigkeiten  und  Unklarheiten  befreit  ist,  so  ist  ihr 
Wert  nach  der  sachlichen  Seite  hin  noch  mehr  gestiegen;  aber 
auch  am  Ausdruck  hat   der  Verf.  rastlos   gefeilt,   und    es   gibt 
fast  keine  Seite,   die  nicht  seine  bessernde  Hand  erkennen  ließe: 
oft    handelt  es  sich  nur  um  eine  Änderung  in  der  Wortstellung 
oder  um  Einführung  eines  andern  Ausdrucks  für  einen  eben  schon 
gebrauchten  oder  um  Uineinziehung  einer  bisherigen  Klammer  in 
die  fortlaufende  Darstellung  oder  um  präzisere  Fassung  eines  vor- 
her  nicht   ganz   klaren  Ausdrucks   oder   um  Zerlegung  eines  zu 
langen  Absatzes;    manches,    was    früher  in  einer  Anmerkung  ge- 
geben wurde,   steht  jetzt  im  Text  und  umgekehrt,   Yor  allem  ist 


aogez.  von  G.  Reinhardt.  7g5 

jetzt  kein  griechisches  Wort  und  eia  lateinisches  nur  mit  zu- 
gefügter Verdeutschung  im  Text  zu  finden,  wodurch  sich  das  Buch 
den  Realanstalten  noch  mehr  empfiehlt.  Wie  sehr  sich  E.  die 
Besserung  des  Ausdrucks  angelegen  sein  läßt,  zeigt  vielleicht  am 
besten  das  Beispiel  S.  49,  wo  der  erste  Abschnitt  bisher  mit  den 
Worten  schloß  „Hippias  starb  unterwegs*',  während  der  erste 
Satz  des  nächsten  Absatzes  gleichfalls  das  Wort  „starb'*  enthielt; 
dafür  beißt  es  jetzt  an  jener  Stelle  „Hippias  fand  seinen  Tod'*. 
So  hat  denn  also  auch  die  Darstellung  und  der  Ausdruck  eine 
lobenswerte  Hohe  der  Vollkommenheit  erreicht. 

Abgesehen  nun  von  diesen  zahlreichen  Änderungen  im  kleinen 
ist   die  Anlage   und    der  Umfang,   kurz   der  ganze  Charakter  des 
Buches    derselbe   geblieben.    Wir   finden    dieselbe  Einteilung  des 
Stoffes,    dieselben  Paragraphen   und  fast  dieselben  Abschnitte,  — 
nur  an  wenigen  Stellen  ist  auch  hier  gebessert,  indem  Zusammen- 
gehöriges   zusammengelegt   ist,    wie  z.  B.  bei  der  Darstellung  der 
Solonischen  Verfassung;  manche  Abschnitte  sind  um  ein  Geringes 
gekürzt,  andere  dafür  erweitert,  wie  z.  B.  dem  Werke  Cäsars  auf 
meine  Anregung  jetzt  eine  etwas  längere  Würdigung  zuteil  wird. 
Als   einzige    wichtigere  Neuerung  sind  fünf  Karten  zu  erwähnen, 
die    dem  Texte   an    geeigneter  Stelle   eingefügt   sind.     Es  hat  ja 
unzweifelhaft  manches  für  sich,  wenn  der  Schüler  nicht  erst  den 
Atlas   aufzuschlagen  braucht,    um  sich  über  die  Lage  eines  Ortes 
Klarheit  zu  Terschaflen,  und  gewiß  wird  er  leichter  veranlaßt,  da 
es  ihm  bequemer  gemacht  ist,  sich  die  Karte  überhaupt  anzusehen; 
trotzdem    vermag   ich    die  Beigabe   von  Karten  nicht  zu  billigen, 
denn    dadurch   gewöhnt   sich    der  Schüler  noch  mehr  als  bisher 
daran,   den  Atlas   als   etwas  Überflüssiges  zu  betrachten  und  ihn 
auch  da,  wo  die  Karten  im  Text  nicht  ausreichen,  erst  recht  nicht 
mehr  zu  benutzen.   Unser  Streben  muß  aber  gerade  dahin  gehen,  die 
Stellung  des  Atlasses  besonders  am  Gymnasium,  wo  kein  besonderer 
Geograpbieunterricht   mehr   in    den    oberen  Klassen  erteilt  wird, 
in  jeder  Weise  zu  stärken;  darum  muß  der  Schüler  daran  gewöhnt 
werden,    überhaupt   keine   Repetition    ohne    Atlas    vorzunehmen, 
sondern    sich    von   der  Lage  jedes  erwähnten  Ortes  Rechenschaft 
zu  geben  und  so  durchaus  heimisch  in  seinem  Atlas  zu  werden; 
erzielen  läßt  sich  das  aber  ganz  gut,  wenn  man  dafür  sorgt,  daß 
der    Atlas    zu   jeder   Geschichtstunde    mitgebracht    und    bei    der 
Durchnahme   des    Neuen   eifrig    benutzt   wird,   außerdem  in  der 
nächsten  Stunde  bei  der  Repetition  die  erwähnten  Orte   auf   der 
Wandkarte  von  den  Schülern  vorgezeigt  werden. 

Bezüglich  der  Fremdwörter  hatte  ich  den  Wunsch  aus- 
gesprochen, daß  in  der  neuen  Auflage  ihr  Gebrauch  vielleicht 
noch  etwas  mehr  eingeschränkt  würde;  das  ist  mit  lobenswerter 
Bereitwilligkeit  geschehen,  so  daß  jetzt  Ausdrücke  wie  providentiell, 
Appellationsinstanz,  Funktionen,  Renommist,  Hierarchie,  Kontingent 
u.  a.  verschwunden  sind.    Selbstverständlich  kann  es  nicht  in  der 

ZtitMkr.  f.  a.  GymoMiAlweMO,    LXI.    11,  50 


786  J>  C.  Aadrä,   GroodriB  der  Geschichte,  agz.  v.  G.  Reinhardt. 

Absicht  eines  verstandigen  Menschen  liegen,  die  Fremdwörter  über- 
haupt abzuschaffen;  viele  gehören  als  technische  Ausdrucke  der 
verschiedensten  Gebiete  zum  eisernen  Bestände  unserer  Sprache, 
und  andere  haben  sich  so  fest  eingebürgert,  daß  sie  schwer  ent- 
behrt werden  iiönnen.  Die  müssen  natürlich  getragen  werden 
und  sind  in  einem  Lehrbuch  für  obere  Klaseen  nicht  ängstlich 
zu  meiden,  vielmehr  sind  die  Schuler  damit  bekanntzumachen. 
Ich  glaube,  daß  der  Verf.  auch  in  dieser  Frage  mit  mir  völlig 
eins  ist  (vgl.  Vorwort  V). 

Um  mein  ferneres  Interesse  an  der  Arbeit  des  Verfassers  zu 
bekunden,  erlaube  ich  mir  zugunsten  der  nächsten  Auflage  wieder 
auf  einiges  hinzuweisen.  Die  kretische  Kultur  als  eine  vormykeniscbe 
zu  bezeichnen  (S.  23),  halte  ich  nicht  für  glücklich;  ich  meine, 
die  kretische  sowohl  wie  die  mykenische  und  die  troische  Kultur 
der  6.  Schicht  haben  zwar  alle  gewisse  Sonderzüge,  gehören  aber 
trotzdem  alle  ein  nnd  derselben  Kulturperiode  an,  die  vielleicht 
nach  ihrem  Verbreitungsgebiet  am  besten  die  'ägäische'  genannt 
wird  (vgl.  Michaelis,  Die  archäologischen  Entdeckungen  des  19.  Jahr- 
hunderts S.  199).  —  Während  jetzt  als  Einkommen  der  Zeugiten 
richtig  mindestens  200  Scheffel  angegeben  werden,  wird  den  Theten 
jedes  Einkommen  abgesprochen  (S.  39);  die  frühere  Fassung  schien 
mir  besser,  daß  zu  den  Theten  die  gehörten,  die  ein  geringeres 
Einkommen  als  200  Scheffel  oder  —  fügen  wir  noch  hinzu  — 
gar  kein  Einkommen  aus  Grundbesitz  hatten;  so  verlangt  es. auch 
Aristoteles.  —  S.  41  heißt  es,  Hippias  sei  uach  seiner  Vertreibung 
zum  Perserkönig  geflohen;  das  stimmt  nicht  ganz:  er  ging  nach 
seiner  Besitzung  Sigeion  und  erkannte  allerdings  die  persische 
Oberhoheit  an.  —  Mit  einer  ganz  bestimmten  und  noch  dazu  so 
hohen  Zahlenangabe  der  Heeresstärke  in  den  Perserkriegen,  wie 
sie  Verf.  macht,  kann  ich  mich  nicht  befreunden,  seitdem  be- 
sonders Delbrück  den  Beweis  erbracht  hat,  wie  übertrieben  die 
früheren  Angaben  sind;  wenigstens  wird  man  darin  die  Nicht- 
kombattanten, die  Knechte,  mit  einbeziehen  müssen.  Ebenso 
steht  es  mit  der  Bevölkerungsstärke  Attikas  zur  Zeit  desPeriUes; 
ich  habe  noch  keine  zwei  Böcher  gefunden,  die  übereinstimmende 
Zahlen  enthielten,  vielmehr  gehen  sie  meist  weit  auseinander  (S.  56). 
—  Daß  die  Erbauer  der  Propyläen  und  des  Parthenon  nicht  mehr 
genannt  werden  (S.  57),  bedauere  ich;  sie  verdienten  es.  —  Bei 
der  Erwähnung  der  pergamenischen  Funde  ist  jetzt  wenigstens 
der  Name  Humanns  genannt  (S.  87);  im  übrigen  werden  sie  im 
Verhältnis  zu  ihrer  Bedeutung,  und  zwar  gerade  für  uns  Deutsche, 
viel  zu  kurz  behandelt.  —  Die  Worte  „Du  hast  gesiegt,  Galiläer!** 
(S.  179)  gehören  nicht  in  ein  Geschichtsbuch,  denn  Julian  hat 
sie  niemals  gesprochen;  sie  stammen  von  Theodoret  (Hist.  eccl. 
lü  20)  und  gehören  zu  den  gehässigen  Erfindungen,  die  fanatische 
Kirchenschriftsteller  über  den  abfälligen  Kaiser  aufbrachten.  — 
Zu    den   40  000  Sitzplätzen   des  Kolosseums    mußte    ein    'etwa* 


K.  Jacob,  Qnelleokande  d.  dtseh.  G«fch.,  affc.  v.  R.  Jahnke.   787 

hinzugefügt  werden  (S.  181).  —  Nebeneinander  finden  sich  noch 
immer  'Pergamon'  (S.  182  Z.  3  t.  u.)  und  'Pergamuin'  (S.  126 
Mitte),  ' Feldherr n'  (S.  35  Z.  2)  und  *  Feldherren*  (S.  122  Mitte); 
eboaso  hat  sich  Verf.  noch  nicht  von  dem  ungewöhnlichen  *Haus* 
tOre'  (S.  100  Z.  12)  freimachen  können. 

Ich  haffe,  daß  diese  Ausstellungen,  die  vielleicht  manchmal 
kleinlich  erscheinen,  richtig  aufgefaßt  werden :  sie  sollen  nur  dazu 
dienen,  das  Buch,  das  man  seiner  großen  Vorzüge  wegen  lieb- 
haben muß,  zu  einer  möglichst  hohen  Stufe  der  Vollkommenheit 
zu  erheben  und  ihm  zum  Heile  des  Geschichtsunterrichts  die 
Wege  weiter  zu  ebnen. 

Dessau.  G.  Reinhardt 

Rarl  Jacob,  QaolleokuDde  der  deatsehan  Gaschiehte.  I.  Band. 
Saminlaoif  Gösehea  Nr.  279.  Leipzig  1906,  G.  i.  GSscheasehe  Ver- 
Kagsbaadlaai^.     154  S.     8.    0,S0  Jt. 

Trotz  seiner  Kleinheit  ein  durchaus  wissenschaftliches  und 
außerordentlich  inhaltreiches  Buch.  Die  Einleitung  erörtert  den 
Begriff  und  die  Aufgabe  der  Quellenkunde  sowie  den  aligeipeinen 
Charakter  des  Quellenmaterials  für  die  deutsche  Geschichte.  Das 
erste  Kapitel  bespricht  die  Sprache  der  Quellen,  die  Überlieferung 
und  Sammlung  des  Quellenmateriais;  es  gibt  eine  allgemeine  Über- 
sicht über  die  Quellen  der  deutschen  Geschichte  des  Mittelalters 
und  zählt  die  wichtigsten  Quellensammlungen  auf.  Das  zweite 
Kapitel  bietet  eine  Übersicht  über  die  wichtigsten  Quellen  der  ein- 
zelnen Epochen  ¥on  der  Zeit  der  Karolinger  bis  zum  Ende  des 
14.  Jahrhunderts.  Den  Schluß  bildet  das  sorgfältig  gearbeitete 
Register. 

Als  Benutzer  sind  wohl  vor  allen  andern  Studierende  der 
Geschichte  gedacht;  trotzdem  hätten  nach  meinem  Dafürhalten 
manche  Fremdwörter  vermieden  werden  sollen.  Die  Darstellung 
ist  sehr  gedrängt  und  darum  nicht  immer  ganz  leicht  verständ- 
lich. Von  sprachlichen  Entgleisungen,  die  mir  aufgefallen  sind, 
nenne  ich  eine.  Es  heißt  auf  S.  14:  wir  haben  heute  nur  noch 
einen  erheblich  geringeren  Teil  als  dasjenige,  was  in  jenen  Jahr- 
hunderten des  Mittelalters  selbst  vorhanden  gewesen  ist.  Es  muß 
heißen:  einen  geringen  Teil  von  dem,  was  ....  oder:  erheblich 
weniger,  als  in  jenen  Jahrhunderlen  ....  Aber  das  soll  keine 
ernstliche  Ausstellung  sein,  sondern  nur  ein  Fingerzeig  für  den 
Verfasser.  Das  Buch  verdient  alle  Anerkennung,  und  der  Preis 
steht  in  keinem  Verhältnis  zu  dem  überaus  reichen  Inhalt. 

Lüdenscheid.  Richard  Jahnke. 

1)  K.  Schmelzle,  Deotschland.  Nach  aeaea  methodischen  Gesichts- 
puokteo  für  Scholer  höherer  LehraostalteD.  Leipzig  1907,  B.  G. 
TeobAer.    V  a.  64  S.    8.     1  My 

So  wenig  die  Erdkunde  bisher   auf  unsern  höheren  Schulen 

50* 


788  R.  Sehmelzle,  Deatschlaod, 

die  ihr  gebührende  Stellung  einnimmt,  insofern  ab  die  ihr  zu- 
gewiesenen Stunden  durchaus  unzureichend  sind  und  andrerseits 
insofern  als  der  erdkundliche  Unterricht  noch  immer  zum  groBen 
Teile  Lehrern  übertragen  wird,  die  keine  fachmännische  Vorbil- 
dung dafür  besitzen,  so  rührig  sind  die  Vertreter  der  Schul- 
geographie  an  der  Arbeit,  durch  Schaffung  neuer  Lehrbücher  dafür 
zu  sorgen,  daß  mit  deren  gewissenhafter  Benutzung  das  zu  er- 
strebende Ziel  trotzdem  möglichst  erreicht  werden  kann.  Nach- 
dem zuerst  A.  Kirchhoff  mit  seiner  Schulgeographie  und  seiner 
Erdkunde  für  Schulen  den  Kampf  gegen  die  bis  auf  ihn  fast 
allein  im  Gebrauch  befindlichen  erdkundlichen  Schulbücher  von 
Daniel  und  v.  Seydlitz  aufgenommen,  sind  eine  reichliche  Anzahl 
von  Lehrbüchern  entstanden,  die  mehr  oder  weniger  seinen 
Spuren  folgend  sich  bemühen  in  zusammenhängender,  anschau- 
licher Schilderung  der  Landesnatur  möglichst  greifbare  Bilder  von 
Land  und  Leuten  zu  entwerfen  und  zugleich  unter  steter  Hervor- 
hebung des  ursächlichen  Zusammenhanges  der  Erscheinungen  das 
richtige  Verständnis  für  die  Erdkunde  zu  eröffnen.  In  Gegensatz 
zu  dieser  Methode  der  Unterrichtsbflcher  ist  in  der  letzten  Zeit 
das  Bestreben  hervorgetreten,  durch  die  Art  der  Abfassung  des 
Schulbuchs  den  Schüler  zu  zwingen,  auch  bei  seiner  häuslichen 
Arbeit,  wie  es  in  der  Schule  beim  Unterricht  geschieht,  vor  allem 
den  Atlas  zu  benutzen  und  aus  ihm  alles  selbst  noch  einmal  zu 
suchen  und  zu  finden,  was  der  Lehrer  in  der  Schule  an  der 
Hand  der  Karte  entwickelt  hat.  Auf  diese  Weise  soll  der  Schüler 
bewahrt  werden  vor  einem  gedankenlosen  Auswendiglernen,  er 
soll  zur  Selbsttätigkeit  erzogen  und  angehalten  werden  zu  einem 
wirklichen  Lesen  und  Verständnis  der  Karte.  Dieses  Ziel  soll 
dadurch  erreicht  werden,  daß  an  Stelle  des  Lehrbuches  ein 
Lernbuch  tritt,  welches  alles,  was  im  Atlas  zu  finden  ist,  nicht 
namentlich  aufführt,  sondern  erfragt  und  nur  den  Stoff  bietet, 
der  dem  Atlas  zur  Erläuterung  und  Vertiefung  dient.  Diesem 
Grundsatze  folgt  auch  das  vorliegende  Buch.  Wenn  nun  aber  der 
Titel  sagt,  daß  es  „nach  neuen  methodischen  Gesichtspunkten^* 
bearbeitet  sei,  so  heißt  das  nicht  etwa,  daß  diese  Gesichtspunkte 
hier  zum  ersten  Male  in  Anwendung  kommen,  sondern  daß 
ihre  Befolgung  erst  neuerdings  der  Abfassung  von  erdkundlichen 
Schulbüchern  zugrunde  gelegt  worden  sei.  Nachdem  die  Frage, 
welche  Art  von  erdkundlichen  Schulbüchern  die  zweckmäßigste 
und  richtigste  sei,  besonders  in  der  Zeitschrift  für  Schulgeographie 
XXII,  XXIU  und  XXV  ausführlich  erörtert  war,  hat  der  bekannte 
österreichische  Schulgeograph  A.  Becker  mit  seinem  Lernbach 
der  Erdkunde,  Wien  1901,  den  Versuch  gemacht,  die  von  ihm 
aufgestellten  Grundsätze,  der  Frage  wieder  ihre  Rechte  einzu- 
räumen, in  die  Tat  umzusetzen  Vollständig  aber  nach  diesen  neuen 
methodischen  Gesichtspunkten  gearbeitet  ist  meines  Wissens  zu- 
erst das  Lernbuch  der  Erdkunde  von  Dr.  E.  Dennert,  Gotha  1902, 


aogez.  voll  K.  Schlemmer.  789 

das  inzwischen  in  zweiter  Auflage  erschienen  ist.  Hier  ist  alles, 
was  auf  der  Karte  sich  finden  läßt,  nur  jnit  Fragen  und  Stich- 
worten angedeutet,  so  daß  dem  Schuler  für  seine  häuslichen 
Wiederholungen  gar  nichts  übrig  bleibt,  als  die  Karte  gründlich 
anzusehen.  Genau  in  derselben  Weise  verfährt  nun  Schmelzle  in 
seinem  „Deutschland'^  —  Einige  wichtige  Abschnitte  aus  der 
mathematischen  und  physikalischen  Erdkunde  (Mondphasen^  Mittel- 
europäische Zeit,  die  feste  Erdrinde,  Gletscher,  Gezeiten)  stellt  er 
voran,  auf  die  später  in  den  Fragen  wiederholt  verwiesen  wird. 
Der  übrige  Lernstoff  ist,  wie  gesagt,  wie  bei  Dennert,  in  Fragen 
gegeben,  wozu  dann  als  unerläßliche  Ergänzungen  einzelne  Stich- 
worte und  kurze  Erläuterungen  kommen.  Für  die  Amtsgenossen, 
denen  diese  „neuen''  Lernbücher  noch  nicht  bekannt  geworden 
sind,  wird  es  am  zweckmäßigsten  sein,  eine  kurze  Probe  hier 
anzuführen. 

Schwarzwald.  1.  Bestimme  die  Grenzen  des  Schwarzwaldes! 
Witiviei  beträgt  ungefähr  seine  Langen-  und  Breitenausdehnung? 
—  2.  Wie  setzt  er  sich  nach  Norden  fort?  Die  Abhänge  des 
vorderen  Odenwaldes  mit  seinen  Granit-  und  Porphyrkuppen 
tragen  reichlich  Obst  und  Wein  im  Gegensatz  zu  dem  Sandstein- 
räcken  des  hinteren  Odenwaldes.  —  3.  Welchen  Unterschied  der 
Oberflächengestalt  zeigt  der  südliche  und  n5rdliche  Teil  des 
Schwarzwaldes?  Grund  davon  ist  die  verschiedene  geologische 
Beschaffenheit.  (Nämlich?)  —  4.  Welche  drei  Täler  öffnen  sich 
nach  dem  Rhein?  Orte  an  den  Talmündungen?  Welches  ist  für 
den  Verkehr  am  wichtigsten?  Welche  Täler,  Länder,  Orte  werden 
miteinander  verbunden?  —  5.  Eignen  sich  diese  Gebirgsflüßchen 
für  die  Schiffahrt?  Inwiefern  sind  sie  für  den  Schwarzwälder  von 
größter  wirtschaftlicher  Bedeutung?  —  6.  Welche  Hauptnahrungs- 
quelle  hat  die  Natur  dem  Schwarzwälder  angewiesen?  Nenne 
Arbeitszweige  der  Bevölkerung  I  —  7.  In  welchem  Teile  des 
Schwarzwaldes  ist  die  Bevölkerung  dichter?  Gründe!  —  Auf 
diese  Fragen  folgen  noch  Erläuterungen,  die  aus  Platzmangel  hier 
nicht  angeführt  werden  können. 

So  wenig  bestritten  werden  kann,  daß  in  dieser  Art  abge- 
bßte  Lehrbücher  manche  Vorteile  bieten,  so  muß  doch  den  Ver- 
fechtern der  neuen  methodischen  Grundsätze  gegenüber  immer 
wieder  betont  werden,  daß  auch  sie  nicht  unbedingt  den  ge- 
wünschten Erfolg  gewährleisten.  Es  gibt  keine  alleinseligmachende 
Methode  und  demnach  auch  kein  alleinseligmachendes  Schulbuch: 
der  eine  Lehrer  wird  mit  einem  beschreibend-erzählenden  Lehr- 
buche so  viel  erreichen  wie  der  andere  mit  einem  fragenden  Lern- 
buche. Auch  zur  selbständigen  Arbeit,  zur  fleißigen  und  richtigen 
Benutzung  des  Atlas  vermag  der  geschickte  Lehrer  an  der  Hand 
des  beschreibenden  Lehrbuchs  die  Schuler  zu  erziehen,  während 
der  nicht  fachmänm'sch  Vorgebildete  oder  Ungeschickte  auch  mit 
dem  fragenden  Lernbuche  nicht  zum  Ziele  kommen  wird.  —  Das 


790  H.  Fitcker,  Schalatlas, 

voriiegeode  Buch  ist  nach  den  oben  dargelegten  Grundsätzen  mit 
großer  Sorgfalt  und  unyerkennbarero  Geschick  gearbeitet;  hier 
und  da  aber  ist  der  Stoff  zu  umfangreich  geworden,  weshalb  der 
Verfasser  yorbeugend  bemerkt,  „es  ist  nicht  nötig,  daß  sich  der 
Schüler  alles  merkt,  was  das  Buch  yerlangt  nnd  bietet'^  Das 
halte  ich  nicht  für  richtig.  Muß  eine  Auswahl  getroffen  werden, 
so  darf  sie  nicht  dem  Schuler  Gberlassen,  sondern  muß  yom 
Lehrer  bzw.  in  dem  Buche  getroffen  werden.  För  die  wahr- 
scheinlich in  Aussicht  genommenen  Qbrigen  Teile  des  Lernbuches 
ist  also  eine  größere  Beschränkung  anzuraten.  Mit  dem  Verf. 
aber  wünschen  wir,  daß  auch  diese  Arbeit  dem  erdkundlichen 
Unterrichte  zur  Förderung  gedeihen  möge. 

2)  Heiorich  Pitehef,  Schalatlas  für  AofaDgsaDterricht  nod 
Mittel  st  ofeo.  47  Haopt-  and  74  Nebeokartea  aof  52  Rartcoseiteo. 
Bielefeld  and  Leipzig,  Velhageo  fr  Klasiog.    geh.     1,60  JL- 

„Ein  guter  Schulatlas  muß  für  sich  allein  sprechen;  kann 
er  dies  nicht,  so  war  er  nicht  wert  zu  erscheinen'S  sagt  das 
Vorwort  Schon  der  Name  des  Herausgebers  und  der  Verlags- 
handlung borgt  dafQr,  daß  der  yorliegende  Atlas  dieser  Forderung 
entspricht.  Trotzdem  soll  hier  wenigstens  auf  einige  Punkte  hin- 
gewiesen werden,  die  den  Atlas  als  besonders  empfehlenswert  er- 
scheinen lassen.  Zuerst  ist  hervorzuheben,  daß  bei  den  für  die 
einzelnen  Kartenblätter  gewählten  Projektionen  möglichste  Gleich- 
mäßigkeit, Flächentreue  und  Vermeiden  yon  Besonderheiten  der 
bestimmende  Grundsatz  gewesen  ist  Ebenso  ist  der  Forderung 
möglichst  einheitlicher  Maßstäbe,  um  Flächenfergleiche  zu  er- 
möglichen, Rechnung  getragen«  Die  Karten  sind  entworfen  in 
den  Maßstäben  von  3^  6,  12,  18,  24,  48Mil].;  nur  drei  Blätter 
(Mitteleuropa,  Deutschland,  Österreich  und  Alpenländer)  sind  ans 
leicht  einzusehenden  Grönden  1  :  4000000  gezeichnet.  Die 
Größenvergleiche  einzelner  Gebiete  wurden  ferner  dadurch  ge- 
fördert und  erleichtert,  daß  am  Kartenrande  die  Größe  der  Grad- 
netzmaschen in  Quadratmeter  angegeben  ist  Von  größter  Wichtig- 
keit ist  es  weiter,  daß  der  Schäler  eine  richtige  Vorstellung  von 
der  Lage  eines  Landes,  eines  Ortes  auf  der  Erdoberfläche  und  im 
•Vergleich  lu  andern  erhält.  Dieser  Punkt  ist  in  dem  Atlas  ganz 
besonders  berücksichtigt.  Ich  verweise  in  der  Beziehung  vor 
allem  auf  die  Kartenblätter  9  und  12  Mitteleuropa  und  Deutsch- 
land, 15  Ostseeländer,  18  Britische  Inseln,  19  Frankreich,  38  Nord- 
amerika, 39  Südamerika,  40  Australien  und  Polynesien.  Demselben 
Zweck  dient  es,  daß  am  Kartenrande  stets  wichtige  Orte  genannt 
sind,  die  in  andern  Ländern  und  Erdteilen  unter  gleicher  geo^ 
graphischer  Länge  oder  Breite  gelegen  sind  wie  die  auf  den 
einzelnen  Kartenblättern  verzeichneten.  Auch  die  Karte  33  trägt 
vor  allem  Sorge,  daß  bei  Benutzung  der  Sonderkarten  für  die 
deutschen  Kolonien  in  Afrika  deren  Lage  zu  den  andern  Gebieten 
des  dunklen  Erdteils    nicht    außer  acht   gelassen    wird.    In  ganz 


•  nges.  von  K.  Schlemmer.  791 

besonderer  Weise  sucht  der  Atlas  sodann,  die  deutsche  Heimat 
und  das  deutsche  Volk  zur  Anschauung  zu  bringen.  Das  suchen 
die  Karten  2 — 5  zu  erreichen,  auf  denen  die  typischen  Boden- 
und  Siedelungsformen  des  Deutschen  Reiches  in  sorgfaltig  abge- 
wogenen Beispielen  zur  Darstellung  kommen.  Hier  sind,  natürlich 
unter  großer  NamenbeschrSnkung,  alle  Siedlungen  bis  zu  den 
Einzelgehöften  verzeichnet,  so  daß  die  yerschiedenen  Formen  der 
Dorfumrisse,  die  Waldrodung  usw.  in  die  Erscheinung  treten.  Ob 
es  freilich  bei  einer  Wochenstunde  für  Erdkunde  möglich  sein 
wird,  diese  Karten  in  der  vom  Herausgeber  gedachten  und  ge- 
wünschten Weise  zu  verwerten,  erscheint  mir  allerdings  fraglich. 
Immerhin  ist  es  möglich,  auf  ihre  Bedeutung  hinzuweisen,  zu 
ihrem  Studium  anzuleiten,  und  begabtere  Schüler  werden  sie  ge- 
wiß gern  und  mit  Erfolg  betrachten,  zumal  wenn  sie  vorher  ge- 
lernt haben,  die  nähere  Heimat  an  der  Hand  der  jetzt  so  billig 
zu  habenden  Karten  der  Königl.  Landesaufnahme  genauer  kennen 
zu  lernen.  Leider  wird  allerdings  von  diesen  Karten  noch  lange 
nicht  genug  Gehrauch  gemacht.  —  Blatt  10  veranschaulicht  in 
zwei  Karten  die  „Industrie  und  Verkehrswege*'  von  Mitteleuropa. 
Auf  beiden  Karten  sind  die  Wege  der  Binnenschiffahrt  durch  blaue 
Farbe  recht  deutlich  hervorgehoben,  dagegen  treten  die  großen 
Eisenbahnlinien  viel  zu  wenig  hervor.  Ich  würde  es  für  richtiger 
oder  wenigstens  für  sehr  wünschenswert  halten,  wenn  auch  die 
Linien  des  Schnellzugsverkehrs  durch  rote  Farbe  hervorgehoben 
wurden.  Um  das  Kartenbild  nicht  zu  sehr  zu  belasten,  können 
vielleicht  auf  der  einen  Karte  die  Wasser-,  auf  der  andern  die 
wichtigsten  Schienenwege  zur  Darstellung  gebracht  werden.  Die 
Innenseiten  der  Atlasdeckel  bringen  Karten  a)  zu  den  deutschen 
Einheitskriegen,  b)  zur  biblischen  Geschichte. 

Wenn  bei  einer  sicher  bald  nötig  werdenden  neuen  Auflage 
des  Atlas  diese  Karten  verschwinden  würden,  würde  ich  mich  sehr 
freuen:  sie  sind  an  dieser  Stelle  überflüssig  und  geradezu  nach- 
teilig. Oberflüssig  sind  sie,  da  fast  alle  neueren  Hilfsbücher  für 
den  Unterricht  in  der  Geschichte  und  in  der  biblischen  Geschichte 
solche  Karten  enthalten  und  außerdem  wohl  in  allen  höheren 
Schulen  ein  besonderer  geschichtlicher  Atlas  im  Gebrauch  ist. 
Nachteilig  sind  si^  meines  Erachtens  deshalb,  weil  ihr  Vorhanden- 
sein den  in  den  Kreisen  der  Nichtgeographen,  wie  es  scheint, 
unausrottbaren  In*tum  bestärkt,  als  ob  Geschichte  und  Erdkunde 
eine  Wissenschaft  seien.  Soll  die  Erdkunde  auf  unseren  Schulen 
den  ihr  gebührenden  Platz  erhalten,  muß  sie  vollständig  und 
grundsätzlich  von  der  Geschichte  getrennt  uud  als  selbständiger 
Dnterrichtsgegenstand  endlich  anerkannt  werden.  Da  der  Her- 
ausgeber des  vorliegenden  Atlas,  einer  der  lautesten  und  nam- 
haftesten Rufer  im  Streit,  für  Erringung  dieses  Zieles  ist,  hätte 
er  der  Aufnahme  dieser  Karten,  welche  die  Verlagshandlung  aus 
leicht  verständlichen   geschäftlich-praktischen  Gründen   gewünscht 


792  ^^  £beliag  a.  Chr.  Grober,  Neaer  Atlat,  agx.  v.  R.  Schlemmer. 

haben  mag,  nicht  zustimmen  sollen,  und  das  umsomebr,  da  gerade 
auch  diese  Karten  und  der  ihnen  angewiesene  Platz  der  Firma 
George  Westermann  in  Braunschweig  ein  Anlaß  geworden  sind, 
einen  überaus  heftigen  Angriff  gegen  Herausgeber  und  Verleger 
des  in  Rede  stehenden  Atlas  zu  richten,  denen  sie  vorwerfen, 
daß  in  ihm  die  Diercke'schen  Atlanten  ihres  Verlages  „nachgebildet'' 
und  „nachempfunden*'  seien.  Ich  glaube  bei  Besprechung  des 
Fischerschen  Atlas  diesen  Vorwurf  nicht  unerwähnt  lassen  zu 
dürfen,  bin  aber  überzeugt,  daß  jeder,  der  ohne  Voreingenommen- 
heit die  beiden  Kartenwerke  sorgfältig  vergleicht,  die  Anschauung 
gewinnen  muß,  daß  jener  Vorwurf  durchaus  unberechtigt  und 
unhalibar  ist  Daß  Schulatlanten  inbezug  auf  Auswahl  der  Karten, 
auf  Umgrenzung  und  Inhalt,  inbezug  auf  Schrift  und  Gelände- 
darslellung,  auf  Maßstab  und  Projektionen  eine  gewisse  Ähnlich- 
keit aufweisen  müssen,  ist  einfach  unab weislich,  ist,  wie  auch  bei 
den  Schulbüchern,  durch  die  Forderungen  der  Schule  und  die  Bedürf- 
nisse des  Unterrichts  bedingt.  Wer  aber  die  genannten  Atlanten, 
nachdem  nun  einmal  der  Vorwurf  des  „Nachempfindens  und  Nach- 
bildens*'  erhoben  ist,  sorgfältig  miteinander  vergleicht,  wird  fast 
auf  allen  Blättern  so  viel  erhebliche  Unterschiede  finden,  daß  er 
sich  sagen  muß:  die  Firma  G.  Westermann  kann  bei  gewissen- 
hafter Prüfung  ihrer  und  des  Fischerschen  Atlas  gar  nicht  anders 
als  den  in  Obereilung  gemachten  Vorwurf  in  aller  Form  zurück- 
nehmen. 

Ober  die  Ausführung  der  Karten  braucht  und  kann  bei  den 
allgemein  rühmlichst  bekannten  anderweitigen  Veröffentlichungen 
der  Verlagshandlung  auf  dem  Gebiete  der  Kartographie  nichts 
Empfehlendes  gesagt  zu  werden,  nur  auf  den  erstaunlich  niedrigen 
Preis  des  Atlas  will  ich  noch  aufmerksam  machen. 

3)  Ph.  BbeliDg  und  Chr.  Graber,  Neuer  Atlas  für  Haodels-  und 
kaufmäooisehe  FortbildnngssehuleD  mit  beiooderer  BerSek* 
sichtigung  der  Haodels-  und  Wirtecheftsgeographie.  35  Haupt-  und 
39  Nebenkarten  auf  44  Kartenseiten.  Bielefeld  und  Leipzig  1907, 
Velha^en  ft  Riasing.    geb.     2  JC, 

Wenngleich  der  vorliegende  Atlas  zunächst  für  kaufmännische 
Fachschulen  bestimmt  ist,  so  möchte  ich  doch  auch  die  Lehrer 
der  Erdkunde  an  andern  Unterrichtsanstalten  ai{f  ihn  aufmerksam 
machen.  Selbstverständlich  treten  bei  diesem  Atlas  die  Staaten- 
karten zurück  hinter  den  physisch-geographischen  und  vor  allem 
hinter  denen,  welche  die  Warenerzeugung  und  den  Verkehr  der 
verschiedenen  Länder  veranschaulichen.  Aber  eben  diese  bringen 
dem  Lehrer  der  Erdkunde  eine  höchst  willkommene  Ergänzung 
unserer  sonstigen  Schulatlanten.  Im  Vordergrunde  steht  mit  Recht 
Deutschland  bzw.  Mitteleuropa,  dessen  Industrie,  Handel,  Verkehr 
und  Bodenbenutzung  auf  sechs  Karten  zur  Darstellung  kommen. 
Da  sind  besonders  die  beiden  Blätter,  welche  den  Wasser-  und 
den  Eisenbahnverkehr  darstellen,  hervorzuheben.   Hier  sind  nicht 


Rleiber-Schdffler,  Physik  f.  d.  Oberstufe,  agz.  v.  R.  Schiel.   793 

nur  die  Wasserstrafien  des  Binnenverkehrs  durch  kräftige  blaue 
Linien  bezeichnet  —  auch  die  größeren  Kanäle,  deren  Bau  in 
Angriff  genommen  oder  beabsichtigt  ist,  sind  eingetragen — , sondern 
durch  die  Stärke  der  Linien  ist  auch  zugleich  kenntlich  gemacht, 
von  wie  großen  Schiffen  sie  befahren  werden  können.  Ferner  ist 
bei  den  wichtigsten  Handelsplätzen  durch  beigesetzte  Zeichen  an- 
gegeben, wie  groß  die  Menge  der  ihnen  auf  dem  Wasserwege  zu- 
geführten  bzw.  von  ihnen  versandten  Guter  ist.  Ebenso  sind  auf 
der  Eisenbahnkarte  für  Mitteleuropa  durch  verschiedene  starke  rote 
Linien  die  hauptsächlichsten  Schienenwege  deutlich  gemacht,  und 
auch  hier  geben  farbige  Quadrate  die  Menge  der  den  großen 
Mittelpunkten  des  Handels  auf  der  Bahn  zugehenden  und  von 
ihnen  ausgehenden  Guter  an.  Von  gleich  hohem  Werte  sind  so- 
dann die  beiden  Karten,  auf  denen  die  Verbreitung  von  Bergbau 
und  Metallindustrie  und  Textil-  und  anderen  Industrien  dargestellt 
sind.  Da  alle  diese  Verhältnisse  im  erdkundlichen  Unterrichte 
auch  auf  Gymnasien  gebührend  berücksichtigt  werden  müssen, 
werden  diese  Karten  jedem  Lehrer  der  Erdkunde  höchst  will- 
kommen sein,  zumal  wenn  ihm  dafür  nicht  die  neue  „Wandkarte 
zur  Kultur-,  Wirtschafts-  und  Handelsgeographie  von  Deutschland 
und  seinen  Nachbargebieten,  bearbeitet  von  Maetschke"  (Verlag 
von  B.  Fahrig)  zu  Gebote  steht.  .Ebenso  nützlich  sind  die  Karten 
über  die  Bodenbenutzung  in  Deutschland  sowie  diejenigen,  die  den 
Handel  des  Deutschen  Reichs  mit  den  Ländern  Europas  nach 
Ein-  und  Ausfuhr  veranschaulichen.  Endlich  sind  noch  die  außer- 
europäischen Erdteile  durch  besondere  Karten  über  ihre  Erzeug- 
nisse und  Verkehrswege,  Nordamerika  entsprechend  seiner  großen 
Bedeutung  in  dieser  Beziehung  sogar  durch  zwei  vertreten.  Bei 
aller  Fülle  des  verarbeiteten  Stoffes  zeichnen  sich  sämtliche  Karten 
durch  große  Klarheit  und  Obersichtlichkeit  aus.  —  Auch  reiferen 
Schülern  ist  der  Atlas  zum  Privatgebrauch  zu  empfehlen  und  jedem 
Gebildeten,  der  sich  über  die  Grundlagen  unterrichten  will,  auf 
denen  der  Aufschwung  der  Gutererzeugung  des  Handels  und  Ver- 
kehrs unsres  Vaterlandes  beruht,  der  die  Beziehungen  des  in- 
dustriellen und  gewerblichen  Deutschland  zu  andern  Völkern  und 
die  Wege  des  großen  Handelsverkehrs  kennen  lernen  will,  wird 
er  ein  willkommenes  Hilfsmittel  sein,  auf  das  hingewiesen  worden 
zu  sein  er  dankbar  anerkennen  wird. 

Treptow  a.  R.  K.  Schlemmer. 

Kleiber-Seheffler,  Physik  für  die  Oberstufe.  Zam  Gebraach  für 
die  Oberklassen  höherer  Lehraostalteo.  Uater  besonderer  Berück- 
siehtiguog  der  oorddeatscheo  Lehrpläoe  bearbeitet  voo  iohaan 
Kleiber  aod  Bngo  Seheffler.  Zweite,  volUtäodig  omgearbeitete 
AoBage  mit  mehr  als  660  Figoren,  zahlreieheo  durchgerechneteo 
Mttsterbeispieleo  ood  Aafgabea  samt  Lösoogen.  Möochea  and  Berlin 
1907,  R.  Oldenbonrg.    IX  a.  446  S.    8.     geb.  4,45  JC. 

Dem   wertvollen   Unlerrichtswerke,    von   dessen    erstem  Er- 


794    Kleiber-Scheffler,  Physik  f.  d.  Oberstufe,  a^z.  v.  R.  SehieL 

scheioen  ich  vor  zwei  Jahren  an  dieser  Stelle  Nachricht  gab,  ist 
eine  so  allgemeine  Anerkennung  zuteil  geworden,  daß  der  ersten 
großen  Auflage  schon  jetzt  eine  zweite  folgen  mußte. 

Eine  vortreffliche  Gliederung  des  umfangreichen  Stoifes, 
großer  Reichtum  an  Figuren  und  Musterbeispielen  und  eine 
didaktisch  ausgezeichnete  Behandlung  der  darzustellenden  Tatsachen, 
Gesetze  und  Hypothesen,  die  durch  zahlreiche  in  die  Darstellung 
eingeflochtene  Übungsaufgaben  und  gelegentlich  auch  durch 
Experimentierfragen  dem  Verständnis  der  Schuler  näher  gebracht 
werden,  sind  Yorzäge,  auf  die  ich  schon  bei  der  ersten  Auflage 
hinweisen  konnte,  und  die  in  noch  höherem  Grade  in  der  neuen 
Auflage  hervortreten.  Von  neueren  Ergebnissen  der  physikalischen 
Forschungen  ist  die  drahtlose  Telegraphie  und  die  tönende  Bogen- 
lampe etwas  eingehender  besprochen,  während  die  neu  auf- 
genommene Elektronentheorie  und  die  Komsche  Femphotographie 
eine  knappere  Darstellung  erfahren  haben.  Auch  einige  methodisch 
wichtige  Unterrichtsmittel,  die  man  in  der  Praxis  mit  bestem  Er- 
folge verwendet,  sind  neu  hinzugekommen,  so  der  Reifenapparat 
von  Fr.  C.  G.  Muller,  der  in  höchst  instruktiver  Weise  zur  Dar- 
stellung der  Gesetze  beschleunigter  Bewegungen  dient,  das  weit- 
verbreitete Difl'erentialthermoskop  von  Looser  und  mehrere  Ver- 
suchsanordnungen von  Grimsehl.  Die  schon  in  der  ersten  Auf- 
lage reiche  Ausstattung  des  Werkes  mit  Figuren  ist  noch  um 
150  neue  vermehrt  worden.  Unter  den  meist  schematisch  ge- 
haltenen, zweckmäßigen  und  klaren  Figuren  finden  sich  auch 
mehrere  Gesamtbilder  wichtiger  Apparate,  die  gewiß  dem  leb- 
haftesten Interesse  der  Schüler  begegnen  werden.  Um  die  in 
dem  Unterrichtsgange  gewonnenen  Begriffe  praktisch  in  geeigneter 
Weise  einzuöben,  sind  sehr  zahlreiche  Aufgaben  und  Muster- 
beispiele neu  hinzugefügt,  deren  Gesamtheit  jetzt  mehr  als 
60  Seiten  des  Buches  füllen.  Besonders  sei  auf  eine  Reihe  von 
Aufgaben  hingewiesen,  welche  Messungen  an  Textfiguren  verlangen 
und  so  einen  wenn  auch  nur  schwachen  Ersatz  für  mangelnde 
Schülerübungen  bilden  dürften.  Endlich  erwähne  ich  eine  weitere 
Ausgestaltung  der  mathematischen  Geographie  an  Lehrstoff  und 
Aufgaben,  bemerke  aber,  daß  auch  in  der  neuen  Auflage  eine 
Sternkarte  diesem  Abschnitte  nicht  beigefügt  ist. 

Eine  so  weitgehende  Vermehrung  des  Inhaltes  hätte  eine  be- 
trächtliche Vergrößerung  des  Buchumfanges  zur  Folge  haben 
müssen,  wenn  nicht  in  anderer  Hinsicht  bedeutende  Kürzungen 
stattgefunden  hätten,  welche  nunmehr  den  Umfang  des  Buches 
um  54  Seiten  vermindert  haben.  Um  dem  Wunsche  des  preußi- 
schen Unterrichtsministeriums  zu  entsprechen,  daß  das  Werk  zum 
ausschließlichen  Gebrauche  für  die  oberen  Klassen  umgearbeitet 
merden  möchte,  ist  der  ganze  Stoff  der  Unterstufe,  einschließlich 
des  Abschnittes  über  Chemie,  ausgeschieden,  dadurch  eine 
wünschenswerte    Verringerung    des    Buchumfanges    herbeigeführt 


Sehnidti  Möller^  Radeswill,  Schöoh.  a.  Gymn.,  a^s.  v.  G.  Riehm.  795 

und   eine  einheitliche  Anwendung   der  Darstellnngsmitte)   erzielt 
worden. 

Da»  Buch  ist  nicht  frei  von  Druckfehlern.  So  ist  S.  424 
Thorn  in  Ostpreußen  zu  verbessern.  Für  den  Unlerrichtszweck 
ist  eine  schnelle  Folge  Yon  Auflagen,  welche  beträchth'che  Um- 
arbeitungen aufweisen,  nicht  wünschenswert,  sind  doch  beim 
gleichzeitigen  Gebrauche  mehrerer  Auflagen  wesentliche  Ab- 
weichungen der  neuen  yon  den  alten  in  hohem  Grade  störend. 
Dies  war  im  vorliegenden  Falle  nicht  zu  vermeiden.  Nun  darf 
man  wohl  hoffen,  dafi  dem  so  vortreffichen  Buche  eine  stetigere 
Entwickelung  zuteil  werden  möchte. 

Berlin.  R.  Schiel. 

P.A.  Schmidt,  Karl  MSlIer,  Minna  Radczwill,  Schönheit  and 
Gymnastik,  drei  BeitrÜse  sar  Ästhetik  der  Leibeserxiehnbg.  Mit 
40  Bildern.    Leipzig  1907,  B.  G.  Tenbner.    VIII  a.  224  S.    8.    2,80  JC^ 

Die  drei  Aufsätze,  welche  in  dem  vorliegenden  Bändchen 
Tereinigt  sind,  sind  aus  Vorträgen  hervorgegangen,  welche  die  Ver- 
fasser auf  dem  Runsterziehungstage  in  Hamburg  bzw.  im  Goethe- 
bund zu  Dresden  und  im  Verein  Hamburger  VoiksscbuUehrerinnen 
gehalten  haben;  sie  sind  0.  H.  Jäger,  „dem  Vorkämpfer  mannhafter 
Schönheit,  dem  Feinde  undeutscher  und  unweiblicher  Scheingrazie'', 
zugeeignet. 

Der  erste  Aufsatz  führt  den  Titel:  „Die  natürlichen 
Grundlagen  der  Erziehung  des  Körpers  zur  Schönheit*'. 
Er  zeigt,  wie  die  spezifischen  Merkmale  menschlicher  Schönheit 
stammesgeschichtlich  sich  ergaben  aus  dem  aufgerichlelen  Gange 
des  Menschen,  der  auch  die  übrigen  formgebenden  Bewegungen 
erst  ermöglichte,  so  daß  Pflege  und  Obung  derselben  Bewegungs- 
arten geeignet  sein  müssen,  das  Werk  der  Natur  am  einzelnen 
Menschen  zu  unterstützen  und  zu  vollenden.  Dabei  ist  Schönheit 
keine  gleichgültige  Sache;  denn  der  schönste  Körper  ist  zugleich 
der  gesundeste  und  derjenige,  der  mit  dem  sparsamsten  Kraftauf- 
wand das  Höchste  leistet.  Und  Schönheit  wird  vom  geschulten 
Auge  als  solche  gesehen  und  empfunden,  auch  ohne  mathematische 
Angaben.  Eine  Idealgestalt  für  den  Knaben  erkennen  wir  z.  B. 
im  Adoranten,  für  das  Mädchen  in  der  Wettläuferin  des  Vatikans, 
für  den  Jüngling  im  Apoxyomenos. 

Die  Grundlage  der  Menschengestalt,  das  Skelett,  ist  durch 
Bewegungsübuogen  in  hohem  Maße  zu  beeinflussen,  sowohl  nach 
seiner  absoluten  Größe  wie  nach  der  Harmonie  seiner  Teile.  Am 
kindlichen  Körper  wird  das  nachgewiesen,  und  auch  die  ab- 
weichenden Maßverhältnisse  des  Frauenkörpers  gegenüber  dem 
männlichen  werden  als  kindlich  unentwickelte  aufgefaßt  und  auf 
falsche  Erziehung  mit  mangelhafter  Bewegung  zurückgeführt.  Am 
leichtesten  und  ausgiebigsten  und  naturlichsten  vollziehen  sich  die 
die   harmonische   Ausbildung   des    Skeletts   gewährleistenden  Be- 


796      Schmidt,  MSller,  Radczwill,  Schönheit  aod  Gymnastik,  ' 

wegungen  im  Spiel,  erst  im  kindlichen  Spiel,  später  im  Kampfspiel, 
ferner  in  Wanderungen,  Bergsteigen,  Laufen,  Werfen,  Schwimmen, 
Rudern,  Schlittschuhlaufen.  Die  Beschlagnahme  der  Straßen  für 
den  sausenden  Verkehr,  der  Plätze  für  umgitterte  Schmuckanlagen 
begründen  daher  die  Forderung  ausreichender  Spielplätze. 

Besonders  aber  die  Muskulatur,  welche  weder  infolge  Nicht- 
gebrauchs schlaff«  noch  infolge  falschen  Gebrauchs  knollig  aus- 
sehen darf,  sondern  prall,  kräftig  und  schlank,  wenn  sie  den 
Forderungen  der  Schönheit  genügen  soll,  erweist  sich  als  der  Aus- 
bildung durch  Bewegung  in  hohem  Grade  zugänglich.  Da  wird 
mit  Recht  gewarnt  Yor  den  beliebten  ruck-  und  zuckartigen  Be- 
wegungen bei  den  Freiübungen,  vor  den  unoatürlichen  Verbindungen 
yon  Arm-,  Bein-  und  Rumpfübungen,  die  doch  ganz  verschiedenes 
Tempo  erfordern,  vor  der  Vorliebe  für  schwere  Hanteln  und  Eisea- 
stangen,  die  die  Beugemuskeln  unnatürlich  schwellen  lassen,  vor 
dem  Obermafi  von  Stützübungen  (Handstand)  am  Barren  und 
Pferd,  das  die  häßliche  Verkürzung  des  Brustmuskels  zur  Folge 
hat  und  den  Turnerbuckel  erzeugt.  Es  wird  ferner  auf  gute 
Haltung  im  Gehen  und  Stehen  Wert  gelegt,  die  auch  von  vielen 
tüchtigen  Turnern  in  dem  Maße  hintangesetzt  werde,  daß  ihnen 
eine  möglichst  nachlässige  Haltung  geradezu  als  vornehm  zu  gelten 
scheine,  während  doch  die  Lernschule  durch  das  viele  Bücken 
beim  Lesen  und  Schreiben  die  Körperhaltung  der  Schüler  schon 
aufs  ungünstigste  beeinflußt.  (Ref.  ist  übrigens  der  Ansicht,  daß 
der  runde  Rücken  in  Verbindung  mit  dem  vorgestreckten  Kinn 
hauptsächlich  durch  das  „Liegen'*  auf  der  Schulbank  erzeugt  wird, 
wenn  nämlich  das  auf  die  Vorderkante  der  Bank  rutschende  Ge- 
säß dem  Rumpf  eine  schräge  Lage  gibt,  während  der  Kopf  auf- 
gerichtet wird,  um  den  Lehrer  ansehen  zu  können.  Gesäß  hinten 
'ran!  das  ruft  er  seinen  Schülern  unzählige  Male  im  Unterricht 
zu.)  Durch  mancherlei  Freiübungen,  namentlich  aber  durch 
Schwimmen,  kann  die  Rückenmuskulatur  so  gekräftigt  werden, 
daß  eine  schöne,  leichte,  freie  Körperhaltung  erzielt  wird. 

Baden  und  Schwimmen  ist  es  auch,  welches  in  hervor- 
ragendem Maße  der  Hautdecke  unseres  Körpers  die  rosige  Farbe, 
die  weiche  Frallheit  und  die  gesunde  Frische  verleiht,  wie  sie  die 
Schönheit  erfordert.  So  wird  der  in  rechter  Weise  gymnastisch 
wohlgeschulte  und  schöne  Körper  immer  mehr  zu  einem  nie  ver- 
sagenden Werkzeug  des  Geistes. 

Es  ist  eine  Autorität  ersten  Ranges,  die  uns  in  diesem  Auf- 
satz die  Augen  öffnet  über  Mißstände  in  unserm  Turnbetriebe, 
und  es  geschieht  in  überzeugender  Weise  und  in  vollendeter 
Form.  Möchten  recht  viele  Turnlehrer  sich  von  der  Begeisterung 
mit  fortreißen  lassen,  mit  der  hier  für  eine  gute  Sache  ein- 
getreten wird. 

Auch  der  zweite  Aufsatz:  „Kunst  und  Leibesübung  im  er- 
ziehlichen   Zusammenwirken''    von   Karl   Möller   enthält   viel  Be- 


aDgez.  ¥00  G.  Riehm.-  797 

herzigcDswertes. '  Er  hat  noch  am  meisten  den  Charakter  des 
Vortrags  an  sich,  sowohl  in  den  Licht-  wie  in  den  Schattenseiten. 
Viel  Schwung,  aber  nicht  immer  dasselbe  Maß  von  Klarheit  (z.  B. 
Seite  179:  Die  Gymnastik ...  macht  den  Körper  zu  einem  wohl- 
geordneten, ansprechenden  Gefüge  von  mechanischen  Kraft- 
wirkungen!). Auch  der  Inhalt  wird  nicht  überall  Zustimmung 
finden.  Wenn  z.  B.  der  Streckschritt  verhöhnt  wird,  weil  die 
Steifung  des  Fußes  den  Gang  nicht  elastischer  machen  kann,  so 
ist  das  einfach  ein  Irrtum.  Verf.  sagt  selbst:  „Die  Soldaten  hei 
der  Parade,  der  Kaiser  selbst  und  die  kaiserlichen  Prinzen 
marschieren  nicht  im  Streckschritt'S  und  doch  wird  der  Streck- 
schritt beim  Militär  in  ausgiebigster  Weise  geübt,  um  die  Streck- 
muskeln des  Fußes  dadurch  zu  kräftigen,  damit  das  „leichte  und 
federnde  Abheben  des  hinteren  Fußes'^  ermöglicht  werde.  Auch 
bei  seiner  Ablehnung  von  eingehenden  Lehrplänen,  die  das  Vor- 
ausnehmen von  Obungen  der  späteren  Stufe  verbieten,  dürfte 
Verf.  vergessen  haben,  daß  der  geniale  Turnlehrer  natürlich  alles 
darf,  daß  man  aber  im  allgemeinen  doch  mit  Mittelgut  zu  rechnen 
hat.  Aber  wozu  sich  mit  solchen  kleinen  Mängeln  aufhalten.  Es 
weht  durch  diesen  Au&atz  eine  solche  frische  Begeisterung,  daß 
man  den  Ausführungen  des  Verf.  mit  immer  steigendem  Genüsse 
folgt.  Man  möchte  nur  immer  wünschen,  daß  der  Verf.  noch 
mehr  Einzelbeispiele  gäbe,  damit  auch  der  begeisterte  Leser  weiß, 
wie  er  es  machen  soll,  um  dem  Ziele  nahezukommen,  welches 
ihm  lockend  vorgehalten  wird. 

Diesen  Wunsch  hat  man  auch  bei  dem  dritten  Aufsatze: 
,,Reigen  und  Reigentanz*'  von  Minna  Radczwill.  Mit  durchgängiger 
Zustimmung  wird  der  Leser  den  Ausführungen  der  Verfasserin 
folgen,  die  die  Fehlerhaftigkeit^  ja  Sinnlosigkeit  der  überall  üblichen 
„Reigen*'  aufzeigt.  Aber  nur  ein  einziges,  noch  dazu  ziemlich 
kümmerliches  Beispiel  zeigt,  wie  man  es  besser  machen  soll,  um 
den  „Tänzen  Inhalt  zu  verschaffen,  so  daß  sie  wieder  Ausdrucks- 
bewegungen des  Empfindens  werden,  was  sie  ursprünglich  waren'*. 
Hoffentlich  schenkt  uns  die  Verfasserin  bald  ein  Reigenbüchlein, 
damit  auch  wir  Durchschnittslehrer  anfangen  können,  sinnvolle 
Reigen  tanzen  zu  lassen. 

Die  Ausstattung  des  Bändchens  ist  vortrefflich,  und  die  Bilder 
gereichen  ihm  zu  einem  wirklichen  Schmuck,  gaoz  besonders  das 
Titelbild  (Martin  Götze:  Vor  de^  Bade). 

Halle  a.  S.  G.  Riehm. 


Berichtigung. 

Auf  S.  734  Z.  12  ▼.  u.  ist  am  Schluß  des   Satzes  „durchaus 
wahrscheinlich**  hinzuzufügen. 


EINGESANDTE  BÜGHEB 
(BesprediaDg  eincelner  Werke  bleibt  vorbebalteo). 


1.  CooteurB  modernei.    Grooio^e,  P.  Noordboff. 

Nr.  2.  A.  Dandet,  Cootes  cbnisis.  Preeedee  d'aae  notice  litte- 
raire  etc.  per  E.  B.  B.  Lacombl^.  Gioqoiene  ^ditioe.  1907.  151  S. 
0,60/,  geb.  0,75Ä. 

Nr.  4.  £.  Zola,  Cootes  choisis.  PrMd^i  d'ane  notiee  litte- 
raire  etc.  pir  E.  B.  B.  LacombU.  Troisieme  Edition.  1907.  147  S. 
0,60  fi,  geb.  0,75  fl, 

2.  La  composItioB  frao^aiae.    Les  georea.    VII. 
Coaaeilsg^D^raux  (pr^paratioo  a  Tart  d'^rire)  par  M.  R  o  n  a  ta  o. 

Paria  1907,  P.  Delaplane.     \p  60  c. 

F.  Piqaet,  Pr^cia  de  pboa^tiqne  bistoriqoe  del'alieasaad 
accoBipaga^  de  notioDS  de  pbooetiqae  deacriptive.  Avee  deax  figorea  et 
aoe  carte  coloriee.    Paris  1907,    C.  Klioeksieek.    XV  a.  241  S.    12.    geb. 

3.  A.  Stabl,  Bio  Ferieokuraaa  in  Saint- Valery-ea-Canz, 
XQgleicb  ein  Beitrag  zam  Verstäodois  des  Rüstenstrlcbs.  Progr.  Greifawald 
1907,  Braacken  ft  Co.     32  S.     0,80  JC- 

4.  W.  Irving,  Tbe  lifeaad  voyages  of  Chriatopber  Colnasbaa. 
Vorgesebicbte  and  erste  Bntdeckongsreise.  Erklärt  von  E.  Sehr id de. 
Dritte  Anflage.  Berlin  1907,  Weidnannaehe  Bacbhandloag.  Text  220  S., 
Aomerkangen  31  S.    geb.  2,20  JC. 

5.  J.  Bliinger  und  A.  J.  P.  Butler,  Lehrbaeb  der  engliseben 
Sprache.  Ausgabe  B  (für  Madebealyteeo  vaw.).  Teil  I  (Blementarbaeh). 
Mit  10  Abbildnagen  und  1  Miastafel.  Wien  1907,  F.  Teapsky.  170  S. 
gr.  8.     geb.  2  iT  50  A. 

i.  Ellinger  and  A.  J.  P.  Butler,  A  Short  English  Syntax 
and  Exercises,  witb  a  Eoglisb-Germaa  and  a  Gennan- English  Gloasary. 
Vieona  1907,  F.  Tenpaky.     110  S.    gr.  8.     1  ilT  40  A,  geb.  1  JT  90  A. 

6.  M.  Kleinaehmidt,  Prolegomena  an  einer  eagliaehea 
Grammatik.  Braanscbweig,  Vieweg  &  Sohn.  12  S.  0,20^.  (S.-A.  aas 
dem  Pädagogischen  Archiv,  48.  Jahrg.) 

M.  Rleinsebmidt,  Karzgefa  fite  Grammatik  der  engl  lache  a 
Sprache.     Leipzig  1907,  B.  G.  Teabner.     VI  a.  28  S.     hart.  0,50  JC- 

7.  H.  Weersma,  A  collection  of  Stories  and  Sketches  by 
modern  aothors.     Groningen  1907,  P.  Noordboff.    IV  a.  228  S.     1,50  fr. 

8.  R.  Ploetz,  Auszag  aus  der  alten,  mittleren  undaeneren 
Geschichte.  Fünfzehnte  Auflage.  Leipzig  1907,  A.  G.  Ploetz.  VIII  u. 
440  S.    kl.  8.    3  M^ 

9.  i.  Wild,  Erklärender  Text  zu  der  Wandtafel  xur  Ver- 
ansehaolicbung  geographischer  Grundbegriffe  in  Schulen  aud  als 
Beigabe  zum  Aascbauungsunterricht.  Dritter  Neudruck.  Efilingen  und 
München  1907,  J.  F.  Schreiber.  16  S.  und  1  WandUfel  In  verkleinerter 
Wiedergabe.     0,40  Jt. 

10.  F.  Neubauer,  Geschichts-Atlaa  zo  dem  Lehrbuch  der  Ge- 
schichte für  höhere  Lehranstalten.  Für  den  Geschichtsunterricht  in  Quarta 
bis  Untersekunda.  12  Haupt-  und  8  Nebenkarten.  Fünfte  Auflage.  Halle  a.  S. 
1907,  Buchhandlung  des  Waisenhauses.     0,60  JC- 

11.  Die  Weltgeschichte  in  mn  emoniscben  Reimen  (Gedächtais- 
kunst). Für  seine  Enkelkinder  verfaßt  von  Frhr.  Fritz  von  Holxhansen. 
Berlin  o.  J.,  L.  Schwarz  ft  Comp.     32  S.     12.     0,50  Ji. 

12.  P.  Hinneberg,  Die  Rultur  der  Gegenwart  I  8:  Die 
griechische  und  lateinische  Sprache  von  U.  v.  Wilamowitz-Moellen- 
dorff,    R.  Rrumbacher,    i.  Wackeraagel,    F.  Leo,    B.  Norden,    F.  Skutsch. 


Eingesandte  Bücher.  799 

Zweite   Aoflage.     Leipzig    1907,    B.  6.  Teoboer.     VIII   u.    494  S.     Lex.-8 
«cb.  12  Jt. 

13.  P.  Wagner,  Lehrbuch  der  Geologie  und  Mineralogie 
far  höhere  Schalen,  insbesondere  für  Realanstalteo  und  Seminare.  Mit 
222  Abbildungen.  Leipzig  1907,  B.  G.  Teubner.  VIII  und  178  S.  gr.  8. 
geb.  2,40  M. 

14.  H.  Schubert  und  A.  Schunpelick ,  Arithnetik  für  Gym* 
aasien.  Zugleich  fänfte  Auflage  von  Schaberts  SamaBlnog  von  Aufgaben  usw. 
Erstes  Heft:  Für  mittlere  Klassen.  VII  u.  199  S.  1,80  JC^  —  Ausgewählte 
ReaulUte  zur  Arithmetik  Tdr  Gymnasien.  1.  Beft  26  S.  Leipzig  1907,  G.  J. 
^Ssehen'sehe  VerJagshandlung. 

15.  G.  John  und  R.  Sachsse,  Lehrbuch  der  Chemie  für  höhere 
Lebranstalten  und  zum  Selbststudium  bearbeitet.  Mit  106  Figuren.  Leipzig 
1906,  B.  G.  Tenbner.  Grofie  Ausgabe.  X  «.  358  S.  gr.  8.  geb.  3,40  Ji. 
—  Kleine  Ausgabe.     Vm  u.  334  S.    gr.  8.    geb.  3  JL. 

16.  KSrper  und  Geist.  Festnommer,  E.  v.  Schenckendorff  zum 
70.  Geburtstag  gewidmet  vom  Zentralausschofi  für  Volks-  und  Jugendspiele 
in  DenUchland.     Jabrg.  16,  Heft  3—4  (32  +  30  S.). 

17.  Hermann  Günther,  Botanik.  Zum  Gebrauehe  in  den  Schalen 
4io4  auf  Bxkorsionen  bearbeitet.  Siebente  Aoflage.  Mit  324  Holzschnitten. 
Haottover  1907,  Helwingsche  Verlagsbuchhandlung.    V  u.  510  S.   geb.  3,20  Jt^ 

18.  H.  Müller,  Vierstellige  Logarithmen-Tafeln,  für  die 
flaud  der  Schüler  zusammengestellt.    Leipzig  1906,  B.  G.  Tenbner.   hart.  0,25  M- 

19.  Willy  Olympier,  Körperkultur.  Berlin,  Gose  ft  TeUlaff. 
64  S.  mit  43  Abbildungen.    2  M^ 

20.  B.  Lippold,  Das  Ehrgefühl  und  die  Schule.  Leipzig,  1907, 
•Quelle  ft  Mever.    51  S.     0,80  JC^ 

21.  R.  Maaek,  Künstlerische  Heimatkunde  von  Hamburg  und 
Dmgegend.    Leipzig  1907,  Quelle  &  Meyer.    43  S.    Lez.-8.    0,80^. 

22.  J.  Weis  weil  er.  Das  Schulkonzert.  Ein  Beitrag  zur  Frage 
der  Kunsterziehung  am  Gymnasium.  Leipzig  1907,  Qoelle  &  Meyer.  48  S. 
0,80  JC. 

23.  K.  Troost,  Beiträge  zur  Behandlung  der  Philosophischen 
Propädeutik  in  Prima.     Leipzig  1907,  Qoelle  &  Meyer.    42  S.    0,80  w^. 

24.  C.  Schöler,  Praktische  Deaklehren  auf  neuen  Grundlagen 
gemeinverständlich  dargestellt.  Amstetten  1906,  Selbstverlag  des  Ver- 
Aissers.     136  S. 

25.  A.  Höfler,  Grundlehren  der  Logik  und  Psychologie. 
Mit  einem  Anhange:  Zehn  Lesestücke  aus  philosophischen  Klassikern. 
Zweite  Auflage.    Leipzig  1907,  G.  Freytag.    XII  u.  4ü0  S.    geb.  5  A*. 

26.  F.  J.  Knecht,  Praktischer  Kommentar  zur  Biblischen 
Geschichte  mit  einer  Anweisung  zur  Erteilung  des  biblischen  Geschichts- 
unterrichts und  einer  Konkordanz  der  Biblischen  Geschichte  und  des  Kate- 
chismus. Mit  4  Kärtchen.  Binundzwanzigste  Auflage.  Freiburg  i.  Br.  1907, 
Herdersche  Verlagshandlung.    XX  u.  889  S.    geb.  7  JL> 

27.  J.  W.  Arenz,  Historisch-apologetisches  Lesebuch  für  den 
katholischen  Religionsnnter rieht  an  den  obersten  Klassen  höherer  Lehr- 
anstalten sowie  zur  Selbstbelehrung.  Freibnrg  i.  Br.  1907,  Herdersehe  Ver- 
lagahandinng.    XV  u.  232  S.    2,60  Jt. 

28.  H.  Wedewer,  Lehrbuch  für  den  katholischen  Religions- 
unterricht in  den  oberen  Klassen  höherer  Lehranstalten.  Erste  Abteilung: 
Grundriß  der  Kircheogeschichte.  Elfte  und  zwölfte  Aoflage.  Mit  8  Ab- 
bildungen. Freiburg  i.  Br.  1907,  Herdersehe  Verlagshandlung.  XV  u.  138  S. 
1,60  JC  geb.  2  M* 

29.  E.  M.  ^amann,  Abrifs  der  Geschichte  der  deutschen 
liiteratur.  Fünfte  Auflage.  Freiborg  i.  Br.  1907,  Herdersche  Verlags- 
haadlung.     IX  n.  319  S.     2,70  Jt. 

30.  K.  Hnffmann,  Deotsche  Sprachlehre.  Ein  methodischer 
l^eitfaden    für    Mittelschulen    und    höhere    Lehranstalten.     Vierte    Auflage. 


800  Eioi^esaodte  Bücher. 

Gießen  1907,  Emil  Roth.  VII  a.  1S9  S.  1  Jt,  in  Schnlbaod  1,50  JL, 
(1.  Sttzlehre  mit  95  Obaof sstackeD.  II.  Wortlehre  mit  222  Obangsbeiapielen. 
III.  Anhang:  Die  wichtigeren  Regeln  der  deatschen  Reehtschreibnng  nebst 
einem  Wörterverzeichnisse.) 

31.  Tb.  Matthits,  Kleiner  Wegweiser  darch  die  Schwan- 
kangen  und  Schwierigkeiten  des  deatschen  Sprachgebrauchs. 
Dritte  Aaflage.    Leipzig  1906,  Fr.  Brandstetter.    VIII  n.  160  S.    geb.  1,40  Jt- 

32.  H.  Handwerck,  Goethes  Reineke  Pncha.  Leipzig  1907, 
G.  Preytag.     166  S.    geb.  0,90  Ji. 

33.  Rlopstock,  Oden.  firklSrt  von  R.  Windel.  Mit  einens  An- 
hange: Einige  charakteristische  Stellen  ans  dem  Messias.  Dritte  Auflage. 
Leipzig  1907,  G.  FreyUg.     147  S.    0,75  JC. 

34.  Lessing,  Laokoon.  Beraasgegeben  von  M.  Mantik.  Mit  1  Ab- 
bildang.     Leipzig  1907,  G.  FreyUg.     128  S.    geb.  0,60  M. 

35.  A.  Gndeman,  Grondrifs  der  Geschichte  der  klassiaehen 
Philologie.    Leipzig  1907,  B.  G.  Teobner.    VI  a.  224  S.    4,80  M^ 

36.  B.  Gerth,  Griechische  Schnlgrammatik.  Achte  Anflage. 
Leipzig  1907,  G.  FreyUg.    IV  u.  204  S.    geb.  2,50  JL. 

37.  M.  Wetzel,  Griechisches  Lesebach  mit  deatschen  Obangs- 
stücken  fdr  Unter-  and  Ober-Tertia.  Sechste  AalUge  von  J.  Weskamp. 
Preibnrg  i.  Br.  1907,  Herdersche  Verlagshandlang.  XV  a.  225  S.  2,40  Jl^ 
geb.  3  Jt» 

38.  E.  Bora,  Der  Komparativ.  Bio  neaer  Deotangsversach.  Frei- 
stadt O.-Ö.  1907,  J.  Seidler.    36  S. 

39.  E.  M.  Rankin,  The  rdle  of  the  Maye&Qot  in  the  lifo  of 
theAncientGreeks.  As  depicted  in  Greek  Literatare  and  Inseriptions. 
VI  n.  92  S. 

40.  R.  Johannes,  De  stadio  venandi  apad  Graecos  et  Ro- 
manos.    Diss.     Gottingen  1907.    82  S. 

41.  Th.  Mommsen,  Gesammelte  Schriften.  Dritter  Baad. 
Juristische  Schriften.  Dritter  Band.  Berlin  1907,  Weidmannscha  Bach- 
handlnng.     XII  u.  632  S.    Lex.-8.     15  JC. 

42.  Th.  Tapetz,  Gindley's  Lehrbach  der  allgemeinen  Ge- 
schichte für  die  oberen  Klassen  der  Gymnasien.  I.  Band:  Das 
Aitertam.  Mit  53  Abbildnngen.  Zwölfte  Anflage.  Wien  1907,  F.  Tempaky. 
271  S.     Lez.-8.    geb.  3  JST  50  A. 

43.  Th.  Steinwender,  Die  Marschordnung  des  römischen 
B  e  e  r  e  8  zur  Zeit  der  Manipularstellung.  Danzig  1 907,  A.W.  Kafemann.  43  S. 
0,80  JC. 

44.  F.  M.  Martin,  Lehrbach  der  Geschichte  für  die  aoteren 
Klassen  der  MitUlschulen.  Dritter  Teil:  Die  Neuzeit  Fünfte  Aaflage.  Mit 
53  Abbildungen  und  1  Karte  der  ÖsUrreiehisehen  Monarchie.  Wien  1907, 
F.  Tempskv.    IV  u.  124  S.    geb.  2  K. 

45.  M.  Mertens,  Bilfsbach  für  den  Unterricht  in  der  deat- 
schen Geschichte.  In  drei  Teilen.  Preibnrg  i.  Br.  1907,  flerdersche 
Verlagshandlang.  I.  Teil:  DenUche  Geschichte  von  den  ältesten  Zeiten 
bis  zum  Ausgange  des  Mittelalters.  Elfte  and  zwölfte  Aaflage.  VIIl  u.  140  S. 
K40  JC,  geb.  1,80  JC.  H  Teil:  Deutsche  Geschichte  vom  Beginn  der  Neu- 
zeit bis  zur  Thronbesteigong  Friedrichs  des  GroBen.  Neunte  und  zehnte 
Auflage.    S.  141^240.     1,20  JC,  geb.  1,60  JC. 

46.  R.  Boldermaon  und  R.  Setzepfandt,  Bilder  und  Erzäh- 
lungen aus  der  allgemeinen  und  deutschen  Geschichte.  Vierte 
Aaflage  von  R.  Setzepfandt  und  A.  Böttcher.  Zweiter  Teil:  Deutsche 
Sagen  und  GeschichUbilder  aus  dem  Mittelalter.  Mit  66  Abbildungen  and 
4  Karten.    Leipzig  1907,  G.  Preytag.     128  S.    geb.  2,20^. 

47.  H.  Thieme,  Leitfaden  der  Mathematik  für  Gymnasien. 
Zweiter  Teil :  Die  Oberstufe.  Mit  64  Figureo.  Zweite  Aaflage.  Leipzig 
1907,  G.  Freytag.     111  S.     geb.  1,60^. 


ERSTE  ABTEILUNG. 


ABHANDLUNGEN. 


Aus  der  pädagogischen  Sektion  der  49.  Versammlung 
deutsoher  Philologen  und  Schulmäniier  zu  Basel, 

24.-27.  September  1907. 

Nach  Konstituierung  der  Sektion  hielt  Regierungsrat  Gym- 
nasialdirektor Dr.  Thumser-Wien  den  angekündigten  Vortrag 
über:  „Anforderungen  der  Gegenwart  an  die  Mittel- 
schule*', dem  die  nachstehenden  Thesen  zugrunde  lagen: 

1.  Nach  Zuerkennung  der  Gleichberechtigung  an  die  verschiedenen 
Mittelschultypen  h<1ngt  die  gedeihliche  Entwicklung  des  Mittel- 
schulwesens von  der  Betonung  und  Ausgestaltung  der  Eigen- 
art der  einzelnen  Schulgattungen  ab;  daher  darf  an  den 
Gymnasien  beim  Unterricht  in  den  altklassischen  Sprachen 
neben  dem  realen  Gesichtspunkte  das  Formale  schon  im  Hin- 
blick auf  die  sprachlich-ästhetische  Würdigung  der  Lektüre 
nicht  in  den  Hintergrund  treten. 

2.  Die  Einheitsschule  ist  aus  inneren  Gründen  unmöglich,  aus 
äuBeren  Gründen  unnötig,  da  die  Eltern  mit  der  Wahl  der 
einzelnen  Schulgattungen,  sobald  diesen  die  Gleichberech- 
tigung zuerkannt  ist,  keineswegs  mehr  eine  Vorentscheidung 
über  die  Berufswahl  ihrer  Söhne  treffen. 

3.  Nur  wo  die  Gleichberechtigung  der  verschiedenen  Mittel- 
schulen nicht  durchgeführt  ist  und  soweit  es  an  der  er- 
forderlichen Zahl  von  Realanstallen  mangelt,  ist  in  den  beiden 
obersten  Jahrgängen  eine  freiere  Gestaltung  des  Unterrichts 
gerechtfertigt. 

4.  Die  Vermengung  von  Klassen*  und  Fachsystem  und  die  aus- 
gedehnte Verwendung  der  Kompensationen  gefährdet  das 
Ziel  der  Mittelschule,  die  Jugend  an  ernste  Pflichterfüllung 
zu  gewöhnen,  und  drückt  ihr  Bildungsniveau  herab. 

5.  Der  Rücksicht  auf  die  Praxis  des  Lebens  kann  die  Mittel- 
schule,   das  Gymnasium   im    besonderen,    in  ausreichendem 

ZttitMitf.  t,  d.  OTmnMiidwtMii.    LZI.    19.  5X 


g02  Aus  d.  ptida;.  Sekt.  d.  49.  Vers,  dtsch.  Phil.  n.  Schnlm.  zu  Basel, 

Maße  dienen,  indem  der  Unterricht  den  Zusammenhang  der 
einzelnen  Disziplinen  mit  dem  Leben  methodisch  ausnutzt 
und  den  Lehrstoff  in  der  Muttersprache,  sowie  in  Geschichte 
bis  auf  die  Gegenwart  herabfuhrt.  Diesen  beiden  Zielen 
sollte  schoc  die  Vorbildung  der  Mittelschullehrer  an  den 
Hochschulen  Rechnung  tragen. 
6.  Eine  gunstige  Lösung  der  Mittelschulfrage  ist  am  sichersten 
bei  einträchtigem  Zusammengehen  von  Schule  und  Haus  zu 
erzielen.  Daher  empfiehlt  es  sich,  an  den  sogenannten 
Elternabenden  auch  aufklärende  Vorträge  über  streitige  Schul- 
fragen zu  halten. 

Darauf  folgte  der  Vortrag  des  Oberstudienrats  Rektor 
Dr.  Hirzel-Ulm  über:  „Einseitigkeiten  und  Gefahren  der 
Sehulreformbewegung'S    der   in   folgenden  Thesen  gipfelte: 

1.  Der  Vorwurf,  daß  der  gymnasiale  Unterricht  der  Gegenwart 
dem  Geiste  der  Zeit  widerspreche,  ist  einerseits  sachlich 
nicht  begründet,  andrerseits  begrenzt  er  die  Aufgaben  des 
Gymnasiums  zu  eng.  Demgegenüber  ist  als  die  wichtigste 
Aufgabe  zu  bezeichnen,  die  Schaffung  eines  auf  der  Höhe 
seiner  Angabe  stehenden  Lehrerstandes. 

2.  Der  Ton,  in  dem  die  Polemik  gegen  das  Gymnasium  sich 
zu  äußern  pflegt,  entspricht  vielfach  den  Anforderungen  an 
eine  sachliche  Auseinandersetzung  nicht,  ihr  Inhalt  aber  läßt 
Kenntnis  der  tatsächlichen  Verhältnisse  in  weitem  Umfange 
vermissen. 

3.  Die  wachsenden  Ansprüche  der  organisierten  schulhygieni- 
schen Bestrebungen  an  die  Einschränkung  des  Unterrichts 
sind  mit  einer  erfolgreichen  Führung  desselben  nicht  mehr 
zu  vereinigen. 

4.  Der  Vorwurf,  das  Gymnasium  sei  nicht  national  und  ver- 
säume die  Pflege  vaterländischer  Erziehung,  ist  nicht  be- 
gründet und  beruht  auf  einer  Oberspannung  des  Wertes 
einseitig  nationaler  Bildung. 

5.  Die  Beseitigung  der  Vorschulen  als  Voraussetzung  der  Ein- 
heitsschulen läßt  sich  aus  den  Forderungen  einer  gesunden 
Sozialpolitik  nicht  begründen. 

6.  Der  Einfluß  künstlerischer  Bildung  auf  den  Gymnasialunter- 
richt ist  als  berechtigtes  Element  desselben  anzuerkennen. 
Art  oder  Umfang  dürfen  aber  seine  übrigen  Aufgaben  nicht 
beeinträchtigen. 

7.  Die  Zurückdrängung  des  grammatischen  Unterrichts  und  der 
ihn  erst  zu  voller  Wirkung  bringenden  Übungen  in  den 
alten  Sprachen  bat  die  richtigen  Grenzen  jetzt  schon  über- 
schritten, da  dieser  sowohl  an  sich  wie  als  Stütze  der  Ein- 
führung in  die  Literatur  einen  durch  nichts  zu  ersetzenden 
Wert  hat;  darum  ist  die  Rückkehr  zu  einer  stärkeren  Pflege 
desselben  anzustreben. 


▼00  M.  Goerne.  803 

8.  Das  Gnindubel  des  Gymnasialunterrichts,  wie  er  sich  im 
letzten  Menschenalter  gestaltet  hat,  ist  die  wachsende  Über- 
fuliung  mit  Lehrfachern  und  Wissensstoffen.  Mit  Räcksicht 
auf  die  nunmehr  im  wesentlichen  durchgeföhrte  Gleich- 
berechtigung der  yerschiedenen  Wege  höherer  Schulbildung 
ist,  ohne  völligen  Ausschluß  anderer  Elemente,  nament- 
lich der  mathematischen,  eine  Vereinfachung  und  Konzen- 
trierung auf  das  Gebiet  der  altsprachlichen  und  der  auf 
vaterländischer  Grundlage  ruhenden  historischen  Bildung  an- 
zustreben. 

9.  Im  Bewußtsein  dessen,  was  das  Gymnasium  in  der  Ver- 
gangenheit dem  deutschen  Volke  geleistet  hat,  wird  es  auf 
Grund  einer  so  gearteten  Reform  in  gleicher  Richtung  wie 
bisher,  aber  mit  gesammelter  und  verstärkter  Kraft,  seiner 
Aufgabe  auch  künftig  gerecht  werden  können. 

10.  Zur  Durchführung  der  in  den  obigen  Sätzen  bezeichneten 
Ziele  wird  eine  Unterrichtskommission  niedergesetzt,  die  der 
nächsten  Versammlung  Einzel  vorschlage  zu  praktischen  Maß- 
nahmen und  Schritten  vorlegen  soll. 

Nach  dem  Hirzelschen  Vortrag  wurde  die  Diskussion  über 
beide  Vorträge  eröffnet.  Geh.  Hofrat  Dr.  Uhlig- Heidelberg  und 
Gymnasialdirektor  Dr.  Aly- Harburg  sprachen  ihre  volle  Oberein- 
stimmung mk  den  beiden  Vorträgen  aus  und  wünschten,  daß  die 
gesamte  pädagogische  Sektion  sich  dieser  Zustimmung  anschließen 
möge.  Aly  stellte  (entsprechend  These  10  Hirzels)  den  Antrag 
auf  Einsetzung  einer  Onterrichtskommission  zur  Prüfung  der 
wichtigsten  Fragen  des  höheren  Schulwesens;  diesen  Antrag  zog 
er  jedoch  in  einer  späteren  Sitzung  selbst  zurück.  Auch  Prof. 
Dr.  Lasson- Berlin  stimmte  von  ganzem  Herzen  den  Ausführungen 
Hirzels  bei.  Gegen  die  beantragte  Zustimmung  der  Sektion  er- 
klärte sich  Gymnasialdirektor  Dr.  Lange-Solingen,  indem  er  sich 
besonders  gegen  Hirzel  wandte:  dessen  Ausführungen  zeigten  einen 
einseitigen  und  engherzigen  Geist,  da  Hirzel  nur  das  Alte  gelten 
lasse,  ohne  den  berechtigten  Forderungen,  welche  die  völlig  ver- 
änderten Verbältnisse  der  Gegenwart,  des  20.  Jahrhunderts,  an 
die  Weiterentwicklung  des  Gymnasiums  stellten,  im  geringsten 
Rechnung  zu  tragen.  Ebenso  einseitig  sei  es,  wenn  Hirzel  die 
Forderungen  der  Schulhygiene  von  vornherein  ablehne;  wenn  er 
z.  B.  den  Nachmittagsunterricht  «empfehle,  so  stelle  er  sich  in 
Gegensatz  zu  den  Ärzten,  die  ihn  verwerfen.  Wenn  Hirzel  alle 
sexuellen  Belehrungen  aus  dem  Gymnasium  ausgeschlossen  wissen 
wolle,  so  verkenne  er  vollständig,  daß  das  Gymnasium  geradezu 
die  heilige  Pflicht  habe,  wenigstens  die  Abiturienten  über  die  Ge- 
fahren, denen  sie  entgegengingen,  aufzuklären;  rede  doch  die 
Statistik  bezüglich  der  Verbreitung  der  sexuellen  Krankheiten  unter 
den  Studierenden  ein  geradezu  vernichtendes  Wort  über  die  bis- 
herige Praxis,  die  Belehrung  nur  den  Eltern  zu  überlassen;  diese 

51* 


804   Ans  d.  padag.  Sekt.  d.  49.  Verf.  dtfeh.  PhiL  u.  Sehnlm.  za  Basel, 

seien  oft  nicht  dazu  imstande,  besonders  Witwen;  am  besten  ge- 
schehe  sie  durch  Vorträge  von  Ärzten  an  die  Abiturienten.  — 
Eine  große  Obertreibung  enthalte  These  7:  es  sei  eine  ganz  ein- 
seitige Oberschätzung,  wenn  Hirzel  dem  grammatischen  Unterricht 
an  sich  „einen  durch  nichts  zu  ersetzenden  Wert'*  zuschreibe; 
das  sei  das  alte  Härchen  von  der  allein  formal  bildenden  Kraft 
der  latein.  Grammatik;  dem  gegenüber  sei  längst  die  Erkenntnis 
durchgedrungen,  daß  auch  andere  Unterrichtsfacher  formal  bildend 
wirkten.  Eine  noch  stärkere  Pflege  der  grammatischen  Übungen 
auch  in  den  Oberklassen  sei  keineswegs  anzustreben,  im  Gegen- 
teil, man  könne  bis  zum  Schlüsse  der  Untersekunda  die  gram- 
matische Grundlage  so  fest  legen,  daß  die  Oberklassen  von  dem 
grammatischen  Ballast  frei  bleiben  und  sich  lediglich  auf  die  Ver- 
tiefung der  Lektüre,  auf  die  Einführung  in  das  Geistes-  und 
Kulturleben  des  klassischen  Altertums  beschränken  könnten;  diese 
sei  und  bleibe  Ziel  und  Blüte  des  ganzen  Gymnasialunterrichts  in 
den  klassischen  Sprachen,  nicht  der  Betrieb  der  Grammatik.  Der 
Wegfall  der  Obersetzungen  in  das  Griechische  in  den  Oberklassen 
habe  das  Griechische  von  einer  lästigen  Fessel  befreit  und  der 
Lektüre  nur  genutzt. 

Auch  Prof.  Stählin -München  sprach  sich  gegen  Hirzel  aus: 
dessen  Forderungen  für  den  Betrieb  der  Grammatik  gingen  ihm 
zu  weit;  in  Bayern  sei  die  gegenteilige  Ansicht,  daß  die  Grammatik 
als  Bildungsmittel  minderwertig  sei,  weit  verbreitet.  Gymnasial- 
direktor Dr.  Lück- Steglitz  erklärt,  er  bewirke  die  sexuelle  Auf- 
klärung der  Abiturienten  durch  einen  Arzt;  im  übrigen  aber  sei 
er  ganz  mit  Hirzel  einverstanden,  auch  bez.  der  Wertung  der 
grammatischen  Übungen. 

Als  Ergebnis  der  Diskussion  stellte  der  Vorsitzende  fest,  daß 
Hirzels  Vortrag  in  der  Sektion  von  verschiedenen  Seiten  Beifall, 
aber  anderseits  auch  starken  Widerspruch  gefunden  habe. 

Die  nächste  (kürzere)  Sitzung  war  ausgefüllt  mit  der  Diskussion 
über  die  in  der  allgemeinen  Sitzung  des  vorausgehenden  Tages 
gehaltenen  Parallelvorträge  über  Universität  und  Schule,  insbesondere 
über  die  Ausbildung  der  Lehramtskandidaten,  von  Prof.  Dr.  Klein- 
Göltingen  (Mathematik  und  Naturwissenschaften),  Prof.  Dr.  Wend- 
land-Breslau (Altertumswissenschaft),  Prof.  Dr.  ßrandl-Berlin 
(Neuere  Sprachen),  Prof.  D.  Ad.  Ha rnack- Berlin  (Geschichte  und 
Religion).  In  der  Besprechung  wurde  von  verschiedenen  Seiten 
die  erfreuliche  Tatsache  betont,  daß  die  Universitätslehrer  jetzt 
den  Bedürfnissen  der  höheren  Schulen  mehr  Beachtung  schenkten, 
und  den  Vortragenden  wärmster  Dank  ausgesprochen,  besonders 
Harnack  für  seine  geist-  und  lichtvollen  Ausführungen.  —  Brandl 
hatte  Zwischenprüfungen  für  die  neuphilologischen  Studiereoden 
gefordert:  die  Oberrealschulabiturienten  müßten  nach  zwei  Semestern 
eine  Prüfung  im  Latein  ablegen,  in  der  sie  etwa  das  Maß  der 
lateinischen   Kenntnisse   eines  Realgymnasialabiturienten   darlegen 


voQ  M.  Goerne.  805 

sollten;  ohne  Latein  könne  niemand  neuere  Philologie  studieren. 
Sehr  wesentlich  sei  es,  daB  die  Neuphilologen  bereits  als 
Studenten  längere  Zeit  im  Auslande  zubrächten,  nicht  erst  später 
als  Oberlehrer;  nach  dem  Vorgange  anderer  Staaten  möge  auch 
Preußen  ausreichende  Stipendien  för  den  Auslandsaufenthalt  von 
Studenten  der  neueren  Philologie  auswerfen.  Gegen  Brandls  Forde- 
rung von  Zwischenprüfungen  sprach  sich  Prof.  St  enge! -Greifs- 
wald aus;  Oberhaupt  habe  Brandt  durchaus  nicht  im  Sinne  der 
neuphilologischenUniversitätslehrer  gesprochen,  die  mit  gar  manchen 
seiner  Ausföbrungen  nicht  einverstanden  seien. 

Uarnack  hatte  bedauert,  daß  manche  Studenten  in  den 
einfachsten  Dingen  der  Burgerkunde  große  Unwissenheit  zeigten, 
z.  fi.  die  Stellung  und  Aufgabe  des  Bundesrats,  des  Herrenhauses 
usw.  nicht  kennten;  er  hatte  Unterricht  in  Burgerkunde  auf  den 
höheren  Schulen  und  den  Universitäten,  größere  Berücksichtigung 
der  römischen  Kaisergeschichte  als  eines  für  die  geschichtliche 
Weiterentwicklung  sehr  wichtigen  Zeitraumes,  Einführung  in  die 
historische  Kritik  und  Aufweisung  der  leitenden  Ideen  in  der 
Weltgeschichte  verlangt.  Für  den  Religionsunterricht  hatte  er 
es  als  die  wichtigste  Aufgabe  bezeichnet,  daß  der  Schüler  zu  einer 
religiösen  Weltanschauung,  die  keineswegs  gleichbedeutend  sei  mit 
Dogmenglauben,  herangebildet  und  zum  Verständnis  der  die  Gegen- 
wart bewegenden  religiösen  Fragen  angeleitet  werde:  dazu  gehöre 
besonders,  daß  er  das  Wesen  der  protestantischen  und  der  katholi- 
schen Kirche  genau  kennen  lerne;  Dogmen  sollten  nicht  Gegen- 
stand des  Schulunterrichts  sein;  es  sei  am  besten,  etwa  im  13.  oder 
14.  Jahre,  wo  der  jugendliche  Geist  den  überlieferten  biblischen 
Geschichten  bereits  kritisch  gegen  überzutreten  anfange,  ohne  doch 
för  tieferes  Verständnis  noch  reif  genug  zu  sein,  den  Religions- 
unterricht in  der  Schule  ruhen  zu  lassen,  während  die  Kirche  den 
Konfirmandenunterricht  erteile,  und  ihn  dann  später  wieder  auf- 
zunehmen. Die  sicheren  Ergebnisse  der  historisch -kritischen 
Forschung  solle  man  den  Schülern  nicht  vorenthalten.  Auf  der 
Universität  müsse  eine  Vorlesung  über  religiöse  Weltanschauung 
und  je  eine  über  die  Ergebnisse  der  Bibelforschung  für  das  A.  T. 
und  für  das  N.  T.  gehalten  werden. 

Gegenüber  Harnacks  Forderung,  auf  den  höheren  Schulen  die 
Kenntnis  der  Burgerkunde  zu  übermitteln,  wurde  von  verschiedenen 
Seiten,  besonders  von  Geh.  Hofrat  Uhlig- Heidelberg,  hervor- 
gehoben, daß  dies  schon  zur  Genüge  geschehe.  Gymnasialdirektor 
Dr.  Aly-Marburg  bezeichnete  eine  größere  Berücksichtigung  der 
römischen  Kaisergeschichte  erst  dann  als  möglich,  wenn  das  zweite 
Jahr  für  die  alte  Geschichte  in  Sekunda  wieder  zurückerlangt  sei. 
Bedenklich  erschienen  ihm  Harnacks  Ausführungen  über  den 
Religionsunterricht:  dieser  solle  doch  einfach  die  Tatsachen  des 
christlichen  Glaubens  und  vor  allem  eine  gründliche  Kenntnis  der 
Bibel  den  Schülern  übermitteln;  eine  kritisch-historische  Behand- 


g06  Ans  d.  pädag.  Sekt,  d.  49.  Vera,  dtscb.  Phil.  0.  Schalm.  Kfl  Basel, 

lung  passe  nicht  für  ihn;  eine  Unterbrechung  sei  zu  verwerfen. 
Prof.  Harnack  erwiderte,  daß  nach  seiner  Auffassung  der  Religions- 
unterricht nur  die  feststehenden,  allgemein  anerkannten  Ergebnisse 
der  Forschung  als  Tatsachen  darbieten,  nicht  aber  die  Schüler  mit 
Hypothesen  behelligen  solle.  —  Im  weiteren  Verlauf  der  Diskussion 
in  der  nächsten  Sitzung  betonte  Gymnasialdirektor  Dr.  Lange- 
Solingen,  die  ablehnende  Haltung  Alys  gegenüber  Harnacks  Aus- 
führungen werde  durchaus  nicht  von  allen  preußischen  Direktoren 
geteilt;  er  selbst  als  Theologe  und  sicherlich  noch  viele  andere 
stimmten  Harnack  zu. 

Weiter  hielt  Gymnasialdirektor  Dr.  Aly-Harburg  den  an- 
gekündigten Vortrag  über:  „Die  Stellung  des  Lateins  im 
Lehrplan  des  humanistischen  Gymnasiums*',  dessen  Haupt- 
inhalt die  nachstehenden  Thesen  wiedergeben: 

1.  Die  lateinische  Sprache  hat  aus  historischen  wie  aus  didakti- 
schen Gründen  ein  Anrecht  auf  die  Stellung,  die  sie  zur 
Zeit  im  Lebrplan  des  humanistischen  Gymnasiums  ein- 
nimmt. 

2.  Der  Betrieb  der  lateinischen  Sprache  erfordert  eine  an- 
gemessene Anzahl  von  Wochenstunden;  es  sind  im  ganzen 
auf  den  unteren  und  mittleren  Stufen  je  8,  auf  den  oberen 
je  7  Wochenstunden  zu  verlangen. 

3.  Der  Unterricht  in  der  lateinischen  Grammatik  dient  als 
Grundlage  für  die  grammatisch-logische  Bildung. 

4.  Die  Obersetzungen  in  das  Latein  sind  auf  allen  Stufen  und 
auch  in  der  Reifeprüfung  festzuhalten. 

5.  Als  Voraussetzung  einer  ergiebigen  Lektüre  ist  ein  einjähriger 
Kursus  in  der  römischen  Geschichte  zu  fordern. 

6.  Der  Kanon  muß  reichballig  und  elastisch  sein,  dem  Lehrer 
ist  die  größte  Freiheit  in  dieser  Hinsicht  zuzubilligen,  jedoch 
mit  der  Beschränkung,  daß  die  Lektüre  den  erziehlichen 
Grundsätzen  entspricht. 

7.  Der  Kanon: 

für  VI  und  V  ein  Lesebuch  mit  Einzelsätzen  (lateini- 
schen und  deutschen)  und  zusammenhängenden  Stücken 
sagenhaften  oder  historischen  Inhalts,  auch  Fabeln; 

für  IV  ein  Nepos  plenior,  der  aus  Justinus,  Cicero, 
Curtius  Rufus  u.  a.  ergänzt  ist,  wie  der  von  Lattmann,  in 
chronologischer  Folge,  aber  mit  anekdotenhaftem  Charakter, 
dazu  leichtere  Fabeln  des  Phädrus; 

für  HI  2  Caesar  De  hello  GalUco  I— IV  und  leichtere 
sowie  kürzere  Abschnitte  aus  Ovids  Metamorphosen 
(Delectus  Siebelisianus); 

für  III  1  Caesar  V— VII,  dafür  auch  Abschnitte  aus 
De  hello  civili  (Belagerung  von  Hassilia,  Curio,  Schladit 
bei  Pharsalus),  umfangreichere  Stücke  aus  Ovid,  griechische 
Sagen ; 


von  M.  Goeroe.  g07 

für  11 2  Cicero  in  Catilinam  I  und  Tfl,  De  imperio 
Cd.  Pompei,  Pro  Archia,  Pro  Ligario,  Philippica  I,  Livius 
aus  der  ersten  Dekade  (besonders  V  und  VII  29 — VIH); 
Vergil  Aeneis  I  und  11,  Auswahl  aus  Elegikern  (Seyfferts 
Lesestucke); 

für  II  1  Sailust  Bellum  Catilinae,  Bellum  lugurthinum: 
Cicero,  Cato  maior,  Laelius,  Livius  3.  Dekade  (XXI,  XXII); 
Vergil  Aeneis  IV  und  VI,  Abschnitte  aus  der  zweiten 
Hälfte,  besonders  Nisus  und  Euryalus,  Elegiker; 

für  I  2  Cicero,  eine  größere  Rede  (Pro  S.  Roscio,  In 
Verrem  IV,  V.  Pro  Murena,  Pro  Sestio,  Pro  Plancio,  Pro 
Hilone)  oder  Auswahl  aus  den  philosophischen  Schriften, 
davon  die  zweite  von  Weißenfek  (Somnium  Scipionis, 
Tuskulanen  I  und  V,  De  natura  deorum,  De  officiis); 
Tacitus  Germania  1 — 27,  Cicero  Briefe  in  Auswahl,  histo- 
risch geordnet;  Horaz  Oden  I  und  II,  Epoden  2, 16, 
Satiren  I  6,  9,  II 1,  6. 

für  I  1  Tacitus  Annalen  I— III,  Historien  IV~V.  Dia- 
logus,  Agricola;  Cicero  Orator,  Auswahl  aus  De  oratore 
und  Brutus;  Horaz  Oden  III  und  IV,  Episteln  I,  auch  II  2. 
Die  in  dem  Vortrage  zutage  tretenden  Anschauungen  stimmten 
durchaus  mit  den  Ansichten  Hirzels  überein;  auch  Aly  wandte 
sich  gegen  die  übertriebene  Berücksichtigung  der  Hygiene.  Be«- 
sonders  scharf  verurteilte  er  das  Reformgymnasium;  es  habe  durch 
die  Gleichsteilung  der  drei  Arten  höherer  Schulen  jede  Berech- 
tigung verloren;  auf  sozialen  Rücksichten  sei  es  aufgebaut,  die 
nimmermehr  der  Grund  für  eine  Schulbildung  sein  dürften;  das 
Französische  sei  als  Grundlage  des  Sprachunterrichts  nicht  ge- 
eignet. Trotzdem  suche  die  preußische  Regierung  mit  Zwang  das 
Reformgymnasium  auszubreiten.  Ober  den  Lateinunterricht  habe 
Geheimrat  Matthias  in  seinem  Buche  über  den  deutschen  Unter- 
richt ein  sehr  wegwerfendes  Urteil  gefällt.  Dieser  Unterströmung 
im  preußischen  Kultusministerium,  die  es  auf  noch  größere  Zu- 
ruckdrängung  des  Lateinunterrichts  abgesehen  habe,  wolle  er  mit 
seinem  Vortrag  entgegentreten  und  öffentlich  auf  die  Gefahr,  die 
diesem  drohe,  aufmerksam  machen. 

In  der  Debatte  erklärte  Gymnasialdirektor  Dr.  Lange- Solingen, 
er  wolle  sich  nicht  gegen  Einzelheiten  wenden,  sondern  er  halte 
es  für  seine  Pflicht,  trotz  der  großen  Zahl  der  Gegner  in  dieser 
Versammlung  Widerspruch  gegen  den  ganzen  Geist  zu  erheben, 
von  dem  Alys  Vortrag  durchweht  sei.  Der  Jesuiteogeneral  Ricci 
habe  seiner  Zeit  alle  Mahnungen  zu  einer  Reform  des  Jesuiten- 
ordens schroff  abgelehnt  mit  den  Worten:  „Sint,  nt  sunt,  aut  non 
sinth'  Der  gleiche  Geist  sei  es,  der  durch  Alys  Äußerungen  wehe, 
der  Geist  des  starren  Festhaltens  am  Alten,  dagegen  der  prinzipiellen 
Ablehnung  jeglicher  Rücksichtnahme  auf  die  Verhältnisse  und 
Bedürfnisse  der  Neuzeit     Da  aber  die  Schule  dem  Leben    dienen 


808  Aus  d.  pädag.  Sekt.  d.  49.Veri.  dtsch.  Phil.  a.  Schalm.  za  Basel, 

und  für  das  Leben  vorbereiten  solle,  so  mfiisse  sie  unbedingt  sieb 
den  Verhältnissen  der  Gegenwart  anpassen,  sonst  erstarre  sie  und 
werde  unfruchtbar.  Ganz  unbegründet  seien  Aiys  Angriffe  auf  das 
Reformgy mnasium :  nicht  bloß  soziale  Erwägungen  hätten  es  ins 
Leben  gerufen,  sondern  vor  allem  die  Rücksicht  darauf,  daß,  wie 
schon  Comenius  betont  habe,  der  kindliche  Geist  leichter  eine 
lebende  als  eine  tote  Sprache  aufzufassen  vermöge.  Das  Reform- 
gymnasium komme  mit  den  durch  das  Französische  vorgeschulten, 
an  Alter  und  damit  an  geistiger  Reife  den  Sextanern  ganz  ge- 
waltig überlegenen  Tertianern  im  Lateinunterricht  bei  aller  Gründ- 
lichkeit sehr  rasch  vorwärts;  noch  weit  mehr  gelte  dies  für  das 
Griechische  von  Untersekunda  ab.  Wenn  irgend  ein  Fach  Ge- 
winn habe  von  der  Einrichtung  des  Reformgymnasiums,  so  seien 
es  in  erster  Linie  die  beiden  klassischen  Sprachen.  —  Ein  zwei- 
jähriger Betrieb  der  alten  Geschichte  in  Sekunda,  wie  er  durch 
These  5  gefordert  werde,  sei  zu  verwerfen:  dazu  habe  das  Gym- 
nasium des  20.  Jahrhunderts  keine  Zeit  mehr;  es  habe  weit  Wich- 
tigeres im  Geschichtsunterricht  zu  tun,  als  daß  es  zwei  Jahre  für 
die  alte  Geschichte  verwenden  könne;  lasse  man  alles  Unwichtige 
fort  und  beschränke  sich  auf  die  für  die  geschichtliche  Fort- 
entwicklung wirklich  bedeutungsvollen  Hauptsachen,  so  könne  man 
recht  wohl  die  römische  ebenso  wie  die  griechische  Geschichte  in 
je  einem  Halbjahre  in  0  11  durchnehmen ;  es  sei  eine  Fata  Horgana, 
weiche  die  Anhänger  des  Alten  sich  selbst  vorspiegelten,  wenn  sie 
an  die  Möglichkeit  der  Wiedereinführung  des  zweiten  Jahres  für 
die  alte  Geschichte  in  Sekunda  glaubten;  das  sei  ein  für  allemal 
dahin  und  komme  nie  wieder.  —  Auch  gegen  die  Cberschätzung 
der  Übersetzungen  aus  dem  Deutschen  ins  Lateinische  müsse  er 
Widerspruch  erheben.  Aly  habe  behauptet,  nur  die  Übersetzung 
aus  dem  Deutschen  ins  Lateinische  gebe  einen  sicheren  Haßstab 
für  die  Leistungsfähigkeit  der  Schüler;  aber  gerade  das  Gegenteil 
sei  richtig:  die  gute  Übersetzung  eines  Abschnitts  aus  einem 
lateinischen  Schriftsteller  ins  Deutsche  sei  ein  weit  besseres  specimen 
eruditionis,  da  sie  weit  mehr  die  geistige  Selbständigkeit  und  Reife 
des  Schülers  zeige  als  das  weit  unselbständigere,  weit  mehr  auf 
Einpauken  beruhende  Obersetzen  aus  dem  Deutschen  in  das 
Lateinische.  Zudem  stießen  diese  letzteren  Übungen  durch  ihre 
Einförmigkeit  die  Schüler  der  Oberklassen  ab,  die  doch  immerbin 
schon  in  gewissem  Grade  eigenes  Urteil  und  fast  durchweg  eine 
Abneigung  gegen  den  toten  Grammaticismus  hätten.  Dazu  komme, 
daß  der  Inhalt  der  Übungsstücke  für  erwachsene  Schüler  kein 
Interesse  habe  und  daß  das  Deutsch  der  Übungsstücke  meist  ein 
geradezu  greuliches  sei ;  für  vernünftige  Menschen  seien  sie  großen- 
teils fast  unlesbar.  Darum  solle  man  die  Schüler  der  Oberklassen 
mit  diesen  ihnen  unsympathischen  und  deshalb  unfruchtbaren 
Übungen  verschonen,  vielmehr  dafür  sorgen,  daß  bis  U II  die 
grammatische  Grundlage    hinreichend    befestigt   sei,   und   in  den 


von  M.  Goerae.  S09 

Oberklassen  die  Lektüre  desto  gründlicher  pflegen  als  Mittel  zur 
Einfährung  in  die  Geistes-  und  Kulturwelt  des  klassischen  Alter- 
tums; dafür  hätten  die  Schuler  lebhaftes  Interesse.  (Weitere 
Ausführungen  wurden  durch  den  Hinweis  des  Vorsitzenden  auf 
den  Ablauf  der  für  die  Diskussion  bestimmten  Zeit  abgeschnitten). 

Prof.  Stähli  n-Hünchen  schloß  sich  den  Einwendungen  Langes 
an,  indem  er  besonders  betonte,  daß  er  die  dem  Lateinunterricht 
zugeschriebene  formal  bildende  Kraft  bestreite  und  somit  grund- 
sätzlich ablehnend  Alys  Oberschätzung  des  Wertes  desselben  gegen- 
überstehe. 

Gymnasialdirektor  Dr.  Lück- Steglitz  bedauert,  daß  bisher 
nur  Gegner  des  Vortrags  zu  Worte  gekommen  seien,  und  bittet 
billigkeitshalber  den  kurzen  Rest  der  noch  zur  Verfügung  stehenden 
Zeit  solchen,  die  für  denselben  sprechen  wollten,  zu  überlassen; 
er  stimme  Aly  bei.  Auch  Gymnasialdirektor  Dr.  Thumser-Wien 
erklärt  seine  Übereinstimmung  mit  Alys  Ausführungen:  festzuhalten 
sei,  daß  die  Lektüre  nicht  bloß  in  die  Kultur  des  Altertums  ein- 
fuhren, sondern  auch  der  formalen  Bildung  dienen  solle.  Ober- 
Stadienrat  Dr.  Hirzel-Ulm  freut  sich,  mit  Aly,  trotzdem  er  diesen 
zum  ersten  Male  sehe,  so  vollkommen  übereinzustimmen,  daß  er 
alles  von  ihm  Ausgeführte  gutheißen  könne. 

In  seinem  Schlußwort  verzichtet  Aly  auf  eine  Abstimmung 
über  seine  Thesen  und  wendet  sich  besonders  gegen  Lange,  den 
er  an  seine  eigene  Vergangenheit  erinnert.  Als  er  (Aly)  die 
Direktion  des  Marburger  Gymnasiums  übernommen  habe,  hätten 
ihm  gegenüber  wiederholt  ehemalige  Schüler  und  Eltern  solcher 
den  trefflichen  Lateinunterricht  gerühmt,  den  sie  bezw.  ihre  Söhne 
in  den  vorausgehenden  Jahren  von  dem.  kurz  vorher  fortberufenen 
Lange  erhalten  hätten;  daher  hoffe  er,  daß  auch  von  Lange  einst 
noch  das  Wort  gelten  werde:  On  revient  toujours  ä  ses  premiers 
amonrs. 

Charlottenburg.  M.  Goerne. 


ZWEITE  ABTEILUNG. 


UTERARISCHE  BERICHTE. 


Gerhard  Bndde,  Die  Theorie  def  fremdspraehlicheo  Uoterriehts 
in  der  HerbartscheD  Schule.  Eine  historisch-kritische  Studie 
nebst  einem  Vorschlag  za  einer  Neugestaltung  des  fremdsprachlichen 
Unterrichts  nach  einem  einheitlichen  Prinzip.  Hannover  and  Leipzig 
1907,  Hahnscbe  Buchhandlung.     154  S.     8.     Z  Jt- 

Der  Titel  verspricht  mehr,  als  das  Buc^h  enthält.    Wer  den  Plan 
einer  Neugestaltung  des  gesamten  fremdsprachlichen  Unterrichts  zu 
finden  hofft,  wird  enttäuscht  sein.    Und  ist  denn  eine  Neugestaltung 
nötig?    Der  Verf.  liebt   es  freilich,    den  jetzigen  Schuibetrieb  als 
sehr  verbesserungsbedürftig  hinzustellen,    er  malt  den  augenblick- 
lichen Zustand  des  Sprachunterrichts   grau   in    grau   und    macht 
sich    mit   wahrem  Behagen  die  harten  Worte  zu  eigen,    die  einst 
J.  Lattmann  über  das  philologische  Junkertum  ausgesprochen    hat 
(S.  t43).    Aber  unwillkürlich  steigt  dem  Leser  dabei  das  Bild  jener 
jungen  Ärzte  auf,  die  eine  Krankheit  recht  schlimm  darstellen,  um 
dann  ihr  Licht  um  so  heller  leuchten  zu  lassen.    Es  ist  gewiß  überall 
ehrliche  Überzeugung,  die  sich  in  der  Darstellung  des  Verfassers  aus- 
spricht.  Aber  man  wird  doch  sagen  müssen,  daß  sein  Beobachtungs- 
horizont,   wenigstens    im  altsprachlichen  Unterricht,    zu  klein  ge- 
wesen ist,  um  ein  allgemein  gültiges  Urteil  zu  gewinnen,  vielleicht 
auch    sein  Standpunkt    nicht   gut  gewählt  war.     Jedenfalls  tut  er 
der  großen  Mehrzahl  unserer  Lehranstalten  bitteres  Unrecht,  wenn 
er    behauptet  (S.  142):    „Das    materielle  Ziel    der  Einführung  in 
eine  neue  Gedankenwelt  stand  dort,    wo  es  auch  jetzt  wieder 
steht,   nämlich  auf  dem  Papier'^     Mit  mehr  Recht  weist  er  auf 
die  Unsicherheit  in  der  Beherrschung  der  Sprachformen  bin,   an 
der   wir   lange  Jahre    schwer    gelitten   haben  und  zum  Teil  noch 
leiden.    Aber  daran  sind  lediglich  jene  Theoretiker  aus  der  Herbart- 
schen  Schule    schuld,    die    eine  weit  über  das  gesunde  Maß  hin- 
ausgehende Induktion    empfohlen  haben.    Unter  ihrem  Einfluß  i^t 
diese  Methode  häufig  zu  einem  reinen  Kinderspiel  geworden,   das 
viel    kostbare  Zeit    erforderte    und   doch  nur  einen  sehr  zweifel- 
haften Gewinn    abwarf.     Noch    schlimmer   war  es,    daß  sich  ihre 
extremen  Anhänger  damit   begnügten,   die  Spracbformen   heraas- 


G.  Bndde,  Die  Theorie  d.  fremdspr.  Unterr.,  Mgt,  v.  A.  Boise.  811 

zoschälen  und  vielleicht  noch  zu  erläutern,  aber  auf  die  Ein- 
prägung  vornehm  verzichteten.  Hier  ist  die  Quelle  fQr  die  mangel- 
haften Sprachkenntnisse  zu  suchen,  die  wir  an  unsern  Schülern 
in  den  letzten  Dezennien  des  vorigen  Jahrhunderts  wahrnahmen, 
nicht  in  der  Aufstellung  des  materialen  Prinzips  auch  für  die 
Unter-  und  Mittelklassen. 

Wir  sind  damit  zu  dem  Kernpunkte  des  ganzen  Buches  ge- 
langt, zu  dem  Zentrum,  wohin  alle  Radien  des  recht  weit  ge- 
spannten Kreises  zusammenlaufen.  Das  ist  die  Frage,  ob  das 
formale  oder  das  materiale  Prinzip  für  den  gesamten  Sprach- 
unterricht bestimmend  sein  soll,  d.  h.  ob  wir  die  Sprache  lehren 
um  der  Sprache  willen  und  um  dadurch  die  Geisteskräfte  zu 
wecken,  oder  ob  der  Unterricht  die  Anbahnung  des  Verständnisses 
der  in  dem  Sprachkleide  verhüllten  Gedanken  und  die  Einführung 
in  die  Geisteswelt  des  fremden  Volkes  zum  letzten  Ziele  hat.  Um 
eine  Antwort  auf  diese  Frage  zu  finden,  verfolgt  der  Verf.  die 
Auffassungen  von  dem  Prinzip  des  sprachlichen  Unterrichts  in  der 
Herbartschen  Schule  von  ihrem  Gründer  bis  zur  Gegenwart  und 
schließt  mit  seinem  eigenen  „Vorschlag  zu  einer  Neugestaltung 
des  fremdsprachlichen  Unterrichts  nach  einem  einheitlichen  Prinzip*'. 
Der  geschichtliche  Überblick  leidet  etwas  unter  der  ungeschickten 
DispositioD,  welche  zu  zahlreichen  Wiederholungen  zwingt.  Auch 
ist  es  weniger  eine  systematische  Darstellung  der  Entwickelungs- 
reihe  als  eine  Summe  von  geordneten  Exzerpten  und  Merkzetteln, 
die  uns  hier  geboten  wird.  Daher  kommt  es,  dafi  die.  einzelnen 
Didaktiker  sich  nicht  klar  und  bestimmt  voneinander  absondern, 
daß  die  Eigenart  der  einzelnen  nicht  deutlich  genug  hervortritt. 
Andrerseits  ist  es  mit  Dank  anzuerkennen,  daß  der  Verf.  die  Ent- 
Wickelung  dieses  Gedankens  in  großen  Zügen  uns  vorgeführt  und 
damit  gezeigt  hat,  wie  hingebend  die  großen  Pädagogen  an  der 
Klärung  und  Vertiefung  des  Problems  gearbeitet  haben.  Als  der 
feinsinnigste  und  gedankenreichste  tritt  auch  hier  wieder  Willmann 
hervor,  der  mit  vielseitigem  Verständnis  und  klarem  Blicke  die 
beiden  Prinzipien  in  das  rechte  Verhältnis  gesetzt  hat.  Es  ist 
nicht  richtig,  wenn  der  Verf.  erklärt  (S.  42),  daß  Willmann  das 
formale  Prinzip  dem  materialen  völlig  fEleichstellt.  Vielmehr  hat 
auch  bei  ihm  wie  bei  allen  Schülern  Herbarts  und»  man  kann 
wohl  sagen,  bei  allen  denkenden  Didaktikern  unserer  Zeit  das 
materiale  Ziel  den  Vorrang.  Eindringendes  Verständnis  einiger 
nach  Inhalt  und  Form  hervorragender  Literaturwerke  der  Griechen 
und  Römer  und  eine  hierdurch  angebahnte  Einführung  in  das 
Geistes-  und  Kulturleben  des  Altertums,  das  ist  die  erste  Forde- 
rung, die  wir  an  den  altsprachlichen  und  mit  entsprechenden 
Änderungen  auch  an  den  neusprachlichen  Unterricht  stellen.  Die 
erste  Bedingung  für  die  Erfüllung  dieser  Forderung  aber  ist  die 
richtige  Auffassung  der  sprachlichen  Erscheinungen,  welche  ihrer- 
seits abhängt  von  einer  sicheren  Beherrschung  der  Sprachformen 


812   G.  Budde,  Die  Theorie  d.  fremdspr«  Unterr.,  «gz.  v.  A.  Bnsse. 

und  hinreichenden  Kenntnis  der  Sprachgesetze.  Jeder  Bildungs- 
Stoff  aber  ist  Bildungsmittel  und  Lebrgut  zugleich  (S.  36).  Darum 
hat  selbstverständlich  auch  die  Sprachbiidung  einen  hohen  Eigen- 
werL  Diesen  an  den  alten  Sprachen  klar  und  scharf  dargelegt 
zu  haben,  ist  das  Verdienst  Paul  Cauers,  dessen  Schriften  in  dem 
Quelleonachweis  des  Verfassers  fehlen. 

Der  hierin  ausgedrückten  einheitlichen  Auffassung  des  Bildungs- 
zieles gegenüber  ist  der  Vorschlag  des  Verfassers  etwas  äußerlich 
und  entbehrt  gerade  das,  was  wir  von  ihin  am  ehesten  erwarten, 
nämlich  die  Einheit.  Wir  lesen  auf  S.  150:  „Der  Formalismus 
auf  allen  Stufen  hat  seine  pädagogische  Impotenz  in  einer  fast 
100jährigen  Wirksamkeit  zu  erweisen  Gelegenheit  gehabt,  der 
Versuch,  den  Realismus  auf  allen  Stufen  einzuführen,  ist  gescheitert; 
nun  teile  man  das  Gebiet  der  Schule  unter  die  beiden  feindlichen 
Brüder  und  gebe  dem  Formalismus  die  Unter-  und  Mittelstufe, 
dem  Realismus  die  Oberstufe''.  Diese  Worte  erregen  in  mehr- 
facher Beziehung  Anstoß  und  bedürfen  der  Richtigstellung.  Zu- 
nächst wollen  wir  doch  endlich  einmal  aufhören,  so  geringschätzig 
auf  die  l'ädagogik  der  Glanzzeit  des  deutschen  Volkes  herab- 
zusehen. Dieser  gescholtene  Formalismus  hat  jedenfalls  Kräfte 
ausgelöst,  die  auf  allen  Gebieten  menschlicher  Betätigung  die 
größten  Wirkungen  erzielt  haben.  Es  kommt  eben  viel  weniger 
auf  das  Ziel  an  als  auf  die  Art,  wie  man  das  Ziel  verfolgt.  VVir 
bekennen  uns  jetzt  mit  vollem  Bewußtsein  zu  dem  Realismus  und 
wollen  nur  wünschen,  daß  man  ebenso  kräftig  und  umsichtig 
diesem  Ziele  nachstrebe,  wie  unsere  Vorfahren  dem  formalen 
Prinzipe.  Dann  wird  der  Versuch  nicht  scheitern,  und  wir  brauchen 
nicht  durch  Aufstellung  eines  doppelten  Prinzips  wenige  Jahre  vor 
dem  Abschluß  die  Richtung  zu  verändern.  Mcht  weil  das  Ziel 
falsch  war,  haben  wir  den  Mißerfolg  gehabt,  sondern  weil  der 
Weg  falsch  war,  den  wir  eingeschlagen  hatten.  Wenn  der 
didaktische  Realismus  zum  Materialismus  ausartet,  so  sind  aller- 
dings keine  anderen  Früchte  zu  erwarten.  Hält  man  dagegen  an 
dem  Gedanken  fest,  daß  zum  Verständnis  eines  Literaturwerkes 
vor  allem  die  Beherrschung  der  Sprachformen  gehört,  und  ver- 
fahrt man  demgemäß  von  unten  auf,  dann  werden  bald  die 
Schwarzseher  verstummen.  Dabei  wird  in  allmählicher  Abstufung 
von  unten  nach  oben  die  Grammatik  immer  mehr  zurücktreten 
und  die  Lektüre  sowie  die  Behandlung  der  sog.  Realien  an  Be- 
deutung gewinnen.  Ob  man  so  weit  gehen  soll,  auf  der  Ober- 
stufe das  lateinische  Skriptum  abzuschaffen,  ist  eine  Frage  von 
geringerer  Wichtigkeit.  Nach  den  entschieden  guten  Erfahrungen, 
die  wir  mit  den  griechischen  Übersetzungen  gemacht  haben,  scheint 
die  Aufhebung  des  Skriptums  und  der  Ersatz  durch  eine  Über* 
Setzung  aus  dem  Lateinischen  nicht  mehr  so  bedenklich  wie  man 
wohl  früher  glaubte.  In  diesem  Punkte  wird  der  Verf.  gewiß 
von    vielen    Seiten    Zustimmung   finden.      Ebenso    verdient   sein 


Vergilt  Gedichte,  beerb,  v.  P.  Deutieke,  a|pz.  v.  Ilorgenstero.  g^S 

mannhaftes  Auftreten  gegen  die  Auswüchse  des  von  Victor  ein* 
geleiteten  Formalismus  im  neusprachlichen  Unterricht  volle  An- 
erkennung. Hier  bewegt  er  sieb  auf  seinem  Gebiete,  das  er  schon 
in  vielen  Aufsätzen  und  Abhandlungen  bearbeitet  hat.  Bei  der 
Erörterung  des  altsprachlichen  Unterrichts  geht  er  mehr  an  fremden 
Kracken. 

So  enthält  das  Buch  zwar  keinen  Plan  zur  Neugestaltung 
des  gesamten  fremdsprachlichen  Unterrichts  und  läßt  gerade  das, 
was  im  Titel  besonders  stark  betont  wird,  das  einheitliche  Prinzip, 
vermissen,  doch  enthält  es  eine  Reihe  recht  verständiger  Gedanken 
und  darf  daher  allen,  die  für  besonnenen  Fortschritt  eintreten, 
wohl  empfohlen  werden. 

Berlin.  Adolf  Busse. 


Vergili  Gediehte.  Erklärt  von  Th.  Ladewig  nod  C.  Schaper.  Erstes 
ßändcheo:  Bokolika  ond  Georg ika.  Achte  Auflage,  bearbeitet 
von  Paul  Deaticke.  (Sammlaog  griechischer  und  lateioischer  Schrift- 
steller mit  deatschea  AnmerkoogeD.  Begrüedet  von  M.  Haapt  und 
H.  Saappe.)    Berlin  1907,  Weidmannsche  Buchhandlaog.    VIII  u.  292  S. 

Ein  Vierteljahrhundert  ist  seit  dem  Erscheinen  der  von  Schaper 
bearbeiteten  letzten  Auflage  des  ersten  Bändchens  von  Ladewigs 
Vergiiausgabe  vergangen.  Das  gleiche  Jahr  (1882)  brachte  Paul 
Deutickes  ersten  Jahresbericht  über  Vergii  in  dieser  Zeitschrift. 
1889  übernahm  D.  Ladewigs  kritische  Bearbeitung  der  Äneis  und 
1891  dessen  Ausgabe  des  Dichters  mit  deutschen  Anmerkungen 
in  der  Haupt-Sauppeschen  Sammlung,  zunächst  das  zweite  Bänd- 
chen (Äneis  1—6),  von  dem  1902  abermals  eine  Auflage  (die  12.) 
erforderlich  wurde.  1904  folgte  die  andere  Hälfte  der  Äneis 
(9.  Aufl.),  und  nunmehr  liegt  das  ganze  Werk  in  der  neuen  Be- 
arbeitung vollendet  vor.  Inzwischen  (1895)  bat  D.  in  der  Weid- 
mannschen  „Sammlung  griechischer  und  lateinischer  Scbulschrift- 
steller'*  die  Äneis  für  den  Schulgebrauch  gekürzt  und  erklärt  er- 
scheinen lassen.  Wer  wie  D.  in  seinen  Jahresberichten  die  Vergii- 
literatur  unausgesetzt  mit  Liebe  und  Sorgfalt  verfolgt  hat,  der  er- 
scheint ganz  besonders  zum  Herausgeber  berufen,  dessen  Pflicht 
es  ist,  alle  neuen  Ergebnisse  der  Wissenschaft  zu  beröcksichtigen. 

Für  die  ländlichen  Gedichte  war  eine  doppelte  Aufgabe  zu 
lösen :  einerseits  galt  es,  Penelopearbeit  zu  leisten  und  das  wieder 
zu  beseitigen,  was  Schaper  auf  Grund  verfehlter  Hypothesen  in 
den  Anmerkungen  geändert  hatte,  andrerseits  Stellung  zu  den 
zahlreichen  Schriften  zu  nehmen,  die  sich  in  den  letzten  25  Jahren 
mit  diesen  Gedichten  beschäftigt  haben.  Um  aus  der  umfang- 
reichen Literatur,  die  D.  teils  im  Vorwort,  teils  an  andern  Stellen 
anführt,  nur  einiges  zu  erwähnen,  so  kam  für  die  Schollen  die 
Serviusausgabe  von  Thilo  und  Hagen  in  Betracht,  für  die  Ein- 
leitung Heinze,  Vergils  epische  Technik,  för  des  Dichters  Sprache 


814  Vergilt  Gediehte,  1.  Bd.  bearb.  voa  P.  Denticke, 

und  Verskunst  Nordens  Anhänge  zur  Äneis  VI,  f&r  seine  Quellen 
und  Vorbilder  P.Jahns  Aufsätze,  für  die  Eklogen  Skutsch,  Aus 
Vergils  Frühzeit,  und  für  die  Georgika  Mayers  Kommentar  zum 
vierten  Buche.  Keine  von  den  211  Seiten  der  siebenten  Auflage 
ist  ungeändert  übernommen  worden. 

In  der  Einleitung  über  Vergils  Leben  und  Dichten  wird 
der  Name  des  Dorfes  bei  Mantua,  wo  der  Dichter  geboren  wurde, 
nicht  mehr  genannt,  da  mit  tTtco  Andico  (Probus)  wohl  eher  der 
Gau  des  Volksstammes  als  der  Name  einer  Ortschaft  bezeichnet 
werde.  (S.  2^^;  vgl.  S.  274  zu  9, 57.)  Unter  den  Bildungsstätten 
seiner  Jugend  (Cremona  seit  58,  Mailand  55  und  bald  darauf  Rom) 
finden  wir  Neapel  und  seinen  dortigen  Lehrer  Parthenias  nicht 
mehr  erwähnt,  dagegen  hören  wir  von  seinen  Studien  bei  dem 
Redner  Epidius  in  Rom,  bevor  er  sich  dem  Epikureer  Siron  zu- 
wandte. Ober  Vergils  Erlebnisse  bei  den  Landanweisungen  läfit 
sich,  wie  D.  feststellt,  kein  klares  Bild  gewinnen,  da  die  Angaben 
der  Alten  schwanken  und  sich  mehrfach  widersprechen.  In  den 
Erörterungen  über  die  Entstehung  der  ländlichen  Gedichte  weicht 

D.  völlig  von  seinem  Vorgänger  ab.  Er  verwirft  Scbapers  An- 
nahme einer  zweiten  Ausgabe  der  Bukolika  im  Jahre  25  und  be- 
gnügt sich,  die  Eklogen  sachlich  in  drei  Gruppen  zu  scheiden, 
ohne  jedoch  die  zweite  zeitlich  genau  festzulegen:  2,  3,  5,  7  rein 
ländlich,  vor  den  Landanweisungen  verfaßt;  1, 9, 6  durch  Be- 
drohung oder  Verlust  des  Gutes  beeinflußt;  4,  8,  10  ohne  aus- 
drücklichen Bezug  auf  dies  Unglück.  Ebenso  sind  die  Aus- 
führungen über  die  Entstehung  der  Georgika  gänzlich  umgearbeitet 
Die  Betrachtung  der  Bukolika  wird  durch  einen  treffenden  Ver- 
gleich unseres  Dichters  mit  Tbeokrit  bereichert,  der  durchaus  zu- 
gunsten des  griechischen  Vorbildes  ausfallt.  Auch  das  Verhältnis 
zu  den  römischen  Dichtern  wird  eingehend  gewürdigt  Der  Schlufi- 
abschnitt  über  Vergils  Nachruhm  ist  beträchtlich  erweitert.  Im 
Endurteil  schließt  sich  D.  den  Worten  Leos  (in  Hinnebergs 
'Kultur  der  Gegenwart')  an,  wonach  Vergil  „durch  die  Schönheit 
des  Klanges,  die  vollkommene  Sprache,  die  hohe  Gesinnung  un- 
ersetzlich'' ist 

Im  Texte  ist  bis  auf  Einzelheiten  nichts  geändert;  D.  folgt 
der  Oberlieferung  noch  strenger  als  Ladewig  und  Schaper.  Da- 
gegen haben  die  Anmerkungen  infolge  der  seit  1882  hinzu- 
gekommenen Forschungen  vielfach  ein  ganz  anderes  Aussehen  ge- 
wonnen. Dies  gilt  besonders  von  den  Bukolika.  Völlig  umgeworfen 
ist  die  Erklärung  der  Eklogen  4,  6  und  10.     Schaper  nahm   an, 

E.  4  sei  im  Jahre  25  entstanden  und  feiere  Augusts  Verdienste 
und  den  aus  der  Ehe  seiner  Tochter  Julia  mit  Marcellus  erwarteten 
Enkel;  D.  verwirft  diese  Umdatier ung  und  denkt  (trotz  Skutsch) 
mit  den  meisten  alten  Erklärern  an  einen  Sohn  l^oUios.  Zu 
Ekloge  6  bekämpft  D.  mit  gewichtigen  Gründen  Scbapers  Deutung 
auf  die  Macht  der  Liebe,  ohne  indes  zu  einer  befriedigenden  Er- 


kiarung  zu  gelangen.  Die  Beziehung  des  Adressaten  Varus  zu  dem 
gefeierten  Gallus  bleibt  ein  ungelöstes  Rätsel.  In  den  Worten 
dwmo  earmine  (v.  67)  sieht  D.  mit  Haaß  und  Skutscb  eine  höf- 
liche Anspielung  auf  das  Gedicht  des  Gallus,  jedoch  scheint  mir 
die  nur  hier  begegnende  Bezeichnung  des  Linus  als  Hirt  {p<utor) 
einen  attributiven  Zusatz  zu  fordern,  der  an  seine  Eigenschaft 
als  berühmter  Dichter  erinnert  {der  Hirt,  der  so  göttlich  singt). 
In  dem  Mythus  von  Prokne  und  Philomela  (v.  78—81)  ist  die 
Änderung  des  ursprunglichen  Sachverhalts  und  die  dadurch  ver- 
ursachte Vertauscbung  der  Namen  wohl  auf  geflissentliche  Ab- 
weichung der  Alexandriner  von  der  altepischen  Gestaltung  der 
Sage  zurückzuführen.  E.  10  behandelt  nach  D.  die  Herzensnot 
des  mit  Vergil  befreundeten  Dichters  Gallus,  währeud  Schaper 
darin  eine  Minie  auf  den  bereits  Gestorbenen  sah. 

Ich  muß  mich  hier  darauf  beschränken,  einige  der  wichtigsten 
Abweichungen  der  neuen  Bearbeitung  von  ihrer  Vorgängerin  er- 
wähnt zu  haben.  Der  Herausgeber  hätte  gewiß  ein  schonenderes 
Verfahren  vorgezogen,  wenn  er  es  mit  seiner  wissenschaftlichen 
Oberzeugung  hätte  vereinen  können.  Ich  glaube  sogar,  daß  bei 
der  nächsten  Auflage  noch  mancher  alte  Bestand  fallen  wird,  z.  B. 
die  Bemerkung  zu  E.  6,66:  „tn'ro  sagt  Vergil,  um  nicht  das  ton- 
lose Fronomen  is  zu  gebrauchen''.  Hiernach  sieht  es  so  aus,  als 
ob  dies  eine  spezielle  Eigentümlichkeit  Vergils  wäre,  während  sich 
dieser  Gebrauch  doch  auch  in  der  Prosa  findet.  Und  sollten  wir 
nicht  dem  Dichter  mehr  gerecht  werden,  wenn  wir  hier,  wo  es 
der  Sinn  zuläßt,  vir  in  prägnantem  Sinne  fassen?  Vor  dem 
Menschen  (Gallus)  erheben  sich  achtungsvoll  die  göttlichen 
Wesen  (die  Musen),  vor  dem  Manne  die  weiblichen  Wesen. 
Auch  Schapers  Erklärung  zu  E.  2, 18:  „vacctnia  bedeutet  hier 
wohl  eine  dunkelfarbige  Art  der  Levkoie.  Vgl.  Glaser,  Studien  zu 
Vergils  Buc.  S.  30"  (?)  bedarf  einer  Nachprüfung.  Bei  den  Aus- 
drücken abfallen  (alba  ligustra  cadunt)  und  auflesen  (vaccinia 
nigra  leguntur)  denkt  man  eher  an  Beeren  als  an  Blumen, 
zumal  nicht  einzusehen  ist,  warum  man  die  weißen  Blutenbüschel 
des  Liguster  für  Kränze  hätte  verschmähen  sollen.  Auch  was  die 
Alten  von  den  Vaccinien  sonst  sagen,  hindert  nicht  in  ihnen  ein 
Beerengewächs  zu  sehen.  Vitruv  (VII  14,2)  lehrt,  daß  man  aus 
ihnen  einen  Farbstoff  für  die  Zwecke  der  Wandmalerei  bereitete, 
aus  Ovid  (trist  I  1, 5)  sehen  wir,  daß  sie  zum  Roifärben  der 
Buchhülle  dienten,  und  Plinius  (XVI  77)  berichtet,  daß  man  damit 
der  Sklavenkleidung  eine  (billige)  Purpurfärbung  gab.  Neben  der 
Gewinnung  von  Färbestofi'  erwähnt  Plinius  die  Verwendung  beim 
Vogelfang.  Die  etymologische  Identifizierung  von  vaccinium 
mit  idxtv&og  (Diosk.  IV  62)  darf  nicht  dazu  verführen,  beide  für 
die  gleiche  Pflanze  zu  halten;  Vergil  trennt  vaccinium  (E.  2, 18,  50; 
10,  39)  und  hyaänthus  (E.  3,  63;  6,  53.  Georg.  4,  137.  183. 
Aen.  11, 69), 


816    A.  Ipfelkofer,  Bildende  Ranst  an  Bayerns  Gymnasien, 

Von  den  hauptsächlichsten  Veränderungen,  die  D.  Torgenonimen 
hat,  gibt  der  fast  völlig  erneuerte  reichhaltige  Anhang  aosföhriiche 
Rechenschaft.  Durch  die  umfassende  und  besonnene  Verwertung 
der  neuen  Literatur  stellt  die  Ausgabe  einen  wesentlichen  Fort- 
schritt dar  und  entspricht  auch  höheren  Anforderungen  als  denen 
der  Schule,  für  die  sie  ursprünglich  gedacht  war. 

Groß-Lichterfelde.  Otto  Morgenstern. 


A.  Ipfelkofer,  Bildende  Kamt  an  Bayerns  Gymnasien.  Erwäfangen, 
Brfahrangen  und  Vorschläge.  Miinehen  1907,  J.  B.  Lindl.  191  S. 
Sr.  8.    \Jt. 

Die  Literatur  über  den  Kunstunterricht  am  Gymnasium,  wie 
wir  ihn  kurz  nennen  wollen,  erfährt  al^ährlich  eine  nicht  un- 
beträchtliche Zunahme,  so  daß  man  sie  schon  kaum  noch  bis  ins 
einzelne  verfolgen  kann.  Wenn  nun  auch  die  meisten  dieser 
Schriften  nicht  wesentlich  Neues  bringen,  sondern  schon  ander- 
wärts geäußerte  Gedanken  und  Vorschläge  näher  ausführen,  so 
können  sie  doch  immerhin  als  erfreuliches  Zeichen  dafür  gelten, 
daß  die  Bestrebungen  verständiger  Männer,  der  bildenden  Kunst 
in  der  höheren  Schule,  besonders  im  Gymnasium,  eine  gewisse 
Heimstätte  zu  verschaffen,  immer  mehr  Anklang  finden,  und  sie 
mögen  dazu  dienen,  auch  da,  wo  man  der  Sache  noch  kühl  gegen- 
übersteht, durch  stetes  Mahnen  die  „dreifach  gepanzerte  Brust** 
zu  erweichen.  Freilich  ist  es  kaum  denkbar,  daß  es  noch  An- 
stalten geben  sollte,  wo  man  dem  Gebiete  der  bildenden  Kunst 
angehörende  Besprechungen  gänzlich  fernhielte;  dazu  hat  sich  die 
Überzeugung  von  ihrer  Nützlichkeit,  ja  Notwendigkeit  doch  schon 
zu  sehr  hindurchgerungen,  das  verbieten  auch  die  Lehrpläne,  die, 
wenn  auch  schüchtern,  auf  eine  maßvolle  Beachtung  der  bildenden 
Kunst  hinweisen  —  allerdings  mehr  im  Dienste  des  Anschauungs- 
unterrichts. £8  handelt  sich  in  der  Hauptsache  nur  noch  um  den 
Umfang,  die  Zeit  und  die  Art  der  könstlerischen  Darbietungen, 
worüber  die  Meinungen  auseinandergehen;  allmählich  werden  aber 
auch  hier  die  Ansichten  immer  geklärter,  und  diesmal  herrscht, 
nach  meiner  Kenntnis  der  einschlägigen  Literatur,  auch  zwischen 
Nord  und  Süd  eine  erfreuliche  Übereinstimmung,  woran  gewiß  ein 
großes  Verdienst  die  verschiedenen  archäologischen  Kurse  haben, 
an  denen  Teilnehmer  aller  deutschen  Staaten  zugelassen  sind.  So 
hat  denn  das,  was  der  Verfasser  vorliegender  Schrift  über  die 
bildende  Kunst  an  den  bayrischen  Gymnasien  sagt,  für  jedes 
deutsche  Gymnasium  Geltung,  die  meisten  Kapitel  sind  ja  über- 
haupt allgemeinen  Inhalts. 

Die  überaus  fleißige  und  unter  gewissenhafter  Benutzunic  der 
reichen  Literatur  abgefaßte  Schrift  umfaßt  elf  Kapitel,  deren  Ober- 
schriften von  der  umfassenden  und  fast  erschöpfenden  Behandlung 


«Bget.  von  6.  Reialiardt.  8{^ 

der  Frage  Zeugnis  ablegen.  Sie  lauten:  I.  Gymnasium,  Zeitgeist  und 
bildende  Kunst.  II.  Bildende  Kunst  und  Bayerns  Gymnasien.  III.  Ge- 
legentliche Besprechung  von  Kunstwerken  oder  eigene  Stunden  da- 
für? IV.  Eine  Regelung  der  Kunstanschauungskurse  ist  notwendig. 
V.  Stoff  der  Kunstanschauungskurse.  VI.  Nicht  Kunstgeschichte, 
wohl  aber  historische  Betrachtungsweise  ausgewählter  einzelner 
Heister  werke.  VII.  Eingliederung  in  den  Geschichtsunterricht; 
VIII.  Das  Verfahren  bei  den  Kunstanschauungskursen.  IX.  Vor- 
tragende Lehrweise.  X.  Die  Lehrerfrage.  Xi.  Die  Kostenfrage.  Man 
kann  dem  Verf.,  einem  begeisterten  Verehrer  der  bildenden  Kunst 
und  einem  überzeugten  Anhänger  der  Notwendigkeit  ihrer  ein- 
gehenden Berücksichtigung  im  Unterricht,  nur  dankbar  sein  für 
seine  ausfuhrlichen  und  lichtvollen  Darstellungen,  die  wohl  geeignet 
Bind,  einen  klaren  Einblick  in  die  Entwickelung  und  den  augen- 
blicklichen Stand  der  Angelegenheit  zu  verschaffen;  Neues  fi^eilich, 
was  nicht  schon  anderwärts  sowie  auch  vom  Berichterstatter  in 
seinen  beiden  Aufsätzen  „Zur  Pflege  der  Kunst  auf  dem  Gym- 
nasium*' und  „Archäologie  und  Gymnasium*'  (Zeitschr.  f.  d.  GW. 
1901  S.  718  ff.  und  1905  S.  193  ff.),  wenn  auch  mit  weniger  Auf- 
wand von  Worten  gesagt  wäre,  findet  man  in  der  Schrift  nicht, 
und  es  hätte  ihrer  Bedeutung  sicherlich  keinen  Abbruch  getan, 
wenn  sich  Verfasser  namentlich  an  den  Stellen,  über  die  eine 
Meinungsverschiedenheit  kaum  noch  vorhanden  ist,  kürzer  gefaßt 
hätte,  wie  in  Kap.  I,  VI  u.  a.  Deshalb  ist  es  auch  nicht  nötig, 
am  wenigsten  im  Rahmen  dieser  Besprechung,  auf  alle  Einzel- 
heiten, die  L  vorbringt,  einzugehen  und  somit  die  ganze  Frage 
des  Kunstunterrichts  wieder  aufzurollen;  befinde  ich  mich  doch 
auch  in  den  meisten  Punkten  in  einer  wunderbaren  Oberein- 
stimmung mit  dem  Verfasser,  wie  in  den  eben  genannten  Auf- 
sätzen nachgelesen  werden  kann;  es  sollen  deshalb  nur  diejenigen 
Fragen,  die  besonders  wichtig  erscheinen  oder  wo  ich  anderer 
Meinung  bin,  möglichst  kurz  behandelt  werden. 

Mit  vollem  Rechte  verwirft  L  die  Kunstbesprechungen  als 
besonderes  Unterrichtsfach,  will  sie  vielmehr  der  Geschichte  lehr- 
planmäßig eingereiht  wissen,  —  eine  Forderung,  die  ich  seit  Jahren 
vertrete  und  in  der  Praxis,  ich  glaube  nicht  ohne  Erfolg,  durch- 
führe. Demnach  richtet  sich  auch  nach  dem  Geschichtsunterricht 
die  Auswahl  und  die  Verteilung  des  Stoffes;  in  Bayern  wird  diese 
etwas  anders  sich  gestalten  dürfen  als  in  den  meisten  nord- 
deutschen Gymnasien,  da  dort  för  die  zweite  Wanderung  durch 
das  Gebiet  der  Geschichte  vier  Jahre  zur  Verfügung  stehen.  Da 
aber  auch  in  Bayern  das  Pensum  der  la  mit  1648  beginnt,  so 
durfte  för  eine  12 — 14stöndige  Besprechung  der  griechischen 
Plastik  bei  den  sonstigen  Aufgaben,  die  der  Geschichtsunterricht 
gerade  in  dieser  Klasse  zu  lösen  hat,  und  bei  der  Verkürzung  des 
Schuljahres  durch  das  Abiturientenexamen  dazu  keine  Zeit  sein, 
80  geeignet  auch  sonst  diese  Stufe  dafür  erscheinen  mag  und  so 

2iitMte.tA.GjwMirialw«MB    LXL    IS.  52 


818    A.  Ipfelkofer,  BiHend«  RudbI  a»  Bayerni  Gymnasien, 

sympathisch  mir  auch  das  klingt,  was  I.  über  einen  luaammen- 
fassenden  kulturhistorischen  Durchblick  durch  das  klassische  Alter- 
tum  sagt  (S.  33  f.).  Die  griechische  Plastik  gehört  nach  H  a,  wo- 
hin durch  die  preußischen  Lehrpllne  die  ganze  Alte  Geschichte, 
außer  der  römischen  Kaiserzeit,  gelegt  ist  in  der  richtigen  Er- 
kenntnis, daß  für  die  yielseitigen  und  zum  Teil  recht  schwierigen 
Aufgaben  derselben  das  Alter  des  Obersekundaners  eben  gerade 
ausreicht;  in  la  könnte  höchstens  einiges  noch  einmal  bei  der 
Vergleichung  mit  der  modernen  Plastik  herangezogen  werden. 

Neben  der  mehr  systematischen  und  künstlerischen  Behandluug 
yon  Kunstwerken  im  Geschichtsunterricht  braucht  auf  die  ge* 
legentliche  in  andern  Unterrichtsgegenstlnden,  wie  Verf.  das  wünscht 
(S.  34  ff.),  nicht  verzichtet  zu  werden,  manchmal  wird  man  gar 
nicht  darum  herumkommen;  wenn  man  z.  B.  das  8.  Buch  der 
Odyssee  liest  mit  den  Wettk&mpfen  bei  den  Phäaken,  wird  man 
unbedingt  eine  Abbildung  des  Diskos werfers  nach  Hyron  zeigen, 
die  ja  wie  gemacht  ist  auf  die  Schilderung,  und  wenn  auch  hier 
in  erster  Linie  das  Stoffliche  und  Inhaltliche  der  Zweck  der  Be- 
trachtung ist,  so  wird  man  doch  auch  die  andere  Art  derselben, 
die  Betrachtung  um  des  Kunstwerkes  selbst  willen,  schon  be- 
rühren können.  Nie  und  nimmer  dürfen  naturlich  solche  ge- 
legentlichen Besprechungen  mit  den  Haaren  herbeigezogen  werden, 
das  Stande  ganz  im  Widerspruch  mit  den  Aufgaben  der  betreffenden 
Unterrichtsfächer,  und  völlig  verkehrt  wäre  es  z.  B.,  die  vierte 
Verrinische  Rede  für  ausführliche  Kunstunterweisungen  zu  be- 
nutzen, wie  das  der  leider  nun  schon  verstorbene  Hachtmann  vor- 
geschlagen hat  (Progr.  Gymn.  Beroburg  1894).  In  den  mittleren 
und  unteren  Klassen  dienen  gelegentlich  herangezogene  Kunst- 
werke naturlich  nur  zur  Anschauung. 

S.  51  f.  wünscht  1.,  daß,  um  namentlich  Anfängern  Irrwege 
zu  ersparen,  seitens  der  Schulverwaltung  gewisse  Wegweiser  und 
Markierungen  für  die  Handhabung  der  Kunstbesprecbungen  ge- 
geben werden.  Wenn  sich  diese  nur  in  allgemeinen  Grenzen  be- 
wegen und  auf  einengende  Bestimmungen  verzichten,  so  sind  sie 
unbedingt  mit  Freuden  zu  begrüßen;  denn  die  Einführung  in  die 
Kunst  darf  nicht  planlos  dem  Belieben  des  einzelnen  überlassen 
werden,  sondern  es  muß  die  Gewähr  da  sein,  daß  sie  überall 
in  einem  gewissen  Umfange  und  nach  bestimmten  Grund- 
sätzen stattfindet.  Dagegen  kann  ich  mich  für  einen  Kanon  der 
2u  besprechenden  Kunstwerke  nicht  erwärmen;  einmal  gehen  die 
Meinungen  über  den  Wert  der  einzelnen  Gegenstände  nicht  seilen 
weit  auseinander,  und  dann  wird  sich  die  Besprechung  auch  nach 
.dem  an  der  Anstalt  vorhandenen  Material  sowie  nach  der  je- 
weiligen Scbülerbeschaffenheit  zu  richten  haben;  man  überlasse 
^alfio  die  Auswahl  im  einzelnen  ruhig  dem  Lehrer,  wirklich  Wichtiges 
^und  Wertvolles  wird  kaum  unbeachtet  bleiben. 
,         Daß  die  einmalige  Vorführung  der  Bilder  bei  der  Besprechung 


an^es.  voll  G.  Reiahardt. 819 

nicht  genügt,  ist  allgemein  anerkannt.  Ich  habe  vief  daröbef 
nachgedacht  und  verschiedene  Wege  versucht,  wie  dem  Scholar 
sonst  noch  Gelegenheit  geboten  werden  kann,  sich  in  die  Bilder 
zu  Teriiefen,  vor  oder  nach  der  Besprechung;  am  geeignetsten 
schien  auch  mir  schließlich  immer  die  Ausstellung  in  der  Klasse 
auf  eine  bestimmte  Zeit,  frei  oder  im  Wecbselrahmen  oder  in 
Schaukästen,  wie  Verf.  vorschlägt  (S.  98).  Freilich  darf  diese  Be^ 
mnhung  nicht  durch  bilderfeindliche  Kollegen  zunichte  gemacht 
werden,  die  die  Bilder  einfach  entfernen;  das  könnte  verhindert 
werden  einmal  durch  den  Direktor,  dann  auch  dadurch,  daß  die 
Schaukästen  verschließbar  sind.  Der  Vorwurf,  daß  durch  die 
wechselnde  Ausstellung  die  Aufmerksamkeit  der  Schüler  von  dem 
jedesmaligen  Cnterricbtsgegenstande  abgelenkt  werde,  ist  nicht 
stichhaltig,  dann  mußten  die  Wände  überhaupt  kahl  sein,  was  ja 
nnn  glücklicherweise  nicht  mehr  der  Fall  ist. 

Nicht  beistimmen  kann  ich  dem  Verf.  in  der  Art  der  Dar- 
bietung nur  durch*  das  Skioptikon  (S.  91  ff.),  da  nur  hierdurch 
genügend  große  und  damit  deutliche  Abbildungen  gewonnen  würden. 
Ich  gebe  zu,  daß  es  bei  sehr  starken  Klassen  seine  Schwierig- 
keiten hat,  allen  SchQlern  die  Feinheiten  des  Bildes  nahezubringen, 
aber  so  starke  Klassen,  wie  I.  sie  anführt,  sind  doch  wohl  Aus- 
nahmen. Klassen  kombinieren  darf  man  bei  diesem  ernsten 
Gegenstande  ebensowenig  wie  in  andern  Fächern;  mit  30  Schülern 
wage  ich  es  schön,  mit  Hilfe  einer  Brunn-Bruckmannschen  Ab- 
bildung oder  eines  Seemannschen  Wandbildes  oder  einer  nicht 
allzu  kleinen  Nachbildung  in  Gips,  Ton,  Marmor  oder  Bronze  in 
die  Besprechung  eines  Kunstwerkes  einzutreten;  dabei  bleiben  die 
Schüler  natürlich  nicht  auf  ihren  Plätzen,  sondern  sie  gruppieren 
sich  um  das  Bild,  benutzen  dabei  auch  die  Bänke,  außerdem  hat 
jeder  seinen  Luckenbach  zur  Hand.  Denn  wenn  die  Vorträge  mit 
dem  Skioptikon  auch  noch  so  sorgfältig  und  lehrreich  (S.  103) 
eingerichtet  werden,  es  bleiben  immer  nur  Vorträge,  und  es  wird 
dem  Schüler  geboten,  was  er  zum  Teil  selbst  finden  kann;  und 
das  ist  doch  gerade  mit  die  Hauptsache  bei  dem  gymnasialen 
Knnstunterrichl,  die  Schüler  im  Sehen  zu  üben.  Das  kann  man 
aber  entschieden  besser  erreichen  durch  die  Sokratische  Methode, 
da  können  auch  die  schwächeren  Schüler  mit  geringerem  künstleri- 
schen Verständnis  mehr  herangezogen  werden,  und  falsche  und 
verkehrte  Antworten  werden  immer  wieder  der  Ausgangspunkt 
neuer  Erörterungen.  Daß  dadurch  „jeden  Augenblick  Fremdes, 
Zerstreuendes,  Abziehendes  in  die  Erörterung  geworfen  würde^* 
(S.  115),  ist  mir  nicht  unangenehm  aufgefallen.  Natürlich  darf 
diese  Methode  nicht  zu  weit  getrieben  und  das  Kunstwerk  bis  in 
die  kleinsten  Atome  zerpflückt  werden,  das  würde  der  künstteri-r 
sehen  Wirkung  die  schwersten  Gefahren  bereiten.  Manchmal  wird 
es  sich  sogar  empfehlen,  ein  Kunstwerk'  nur  durch  sich  allein 
wirken  2u  lassen,  ebenso  wie  bei  vielen  Gedichten  der  bloße  Vor^ 

Ö2* 


820  A.  Ipfelkofer,  BiU.Rnoit  ».Bayerns  G.,  agz.  v.  G.  Reiabardt. 

trag  föi*  AuffassuDg  und  VerständDis  ToHkommen  ausreicht.  Wenn 
ich  nun  auch  ein  Gegner  der  Alleinherrschaft  des  Skioptikons  bin, 
so  bin  ich  noch  lange  kein  Gegner  der  Verwendung  des  Skioptikons 
in  der  Schule  überhaupt,  vielmehr  halte  auch  ich  es  för  ein  durch- 
aus unentbehrliches  Hilfemittel  für  den  Kunstunterricht  in  der 
Schule;  es  darf  aber  nur  gelegentlich  benutzt  werden  —  und 
dann  auch  vor  einem  größeren  Schölercötus  im  physikalischen 
Kabinett  oder  in  der  Aula  — ,  um  vielleicht  zusammenfassend 
Höhepunkte  in  der  Entwickelung  der  Kunst  oder  besonders  wichtige 
Stätten  vorzuführen,  wie  z.  B.  Athen,  Olympia,  Rom«  Pergamon, 
Pompeji  u.  a.  m«,  etwa  viermal  im  Jahr,  am  Schlüsse  jedes  Quartals. 

Was  die  Beschaffung  geeigneten  und  ausreichenden  Materials 
betrifft,  so  können  gewiß,  wie  Verfasser  mit  Recht  hervorhebt 
(S.  t28),  manche  Kosten  gespart  werden  durch  Selbstanfertigung 
von  Glasbildern  oder  durch  BegrQndung  und  behördliche  Sub- 
ventionierung einer  Zentralstelle  für  Abgabe  von  Nachbildungeo 
aller  möglichen  Kunstwerke;  aber  auch  noch  auf  andere  Weise  werden 
Mittel  för  den  Kunstunterricht  gewonnen,  nämlich  durch  freiwillige 
Stiftungen  von  Abiturienten  sowie  durch  öffentliche  Vorträge,  die 
von  Mitgliedern  des  Lehrerkollegiums  för  die  erweiterte  Schul- 
gemeinde  gehalten  werden  und  für  die  ein  kleines  Eintrittsgeld 
erhoben  wird.  Vielleicht  kann  auf  diese  Weise  allmählich  sogar 
ein  Schulmuseum  erstehen;  daröber  hat  sich  I.  nicht  geäußert 

Selbstverständlich  hängt  der  Erfolg  der  Kunstbesprechungen 
zum  allergrößten  Teile  von  der  Persönlichkeit  'des  Lehrers  ab, 
und  deshalb  ist  auf  ihre  Ausbildung  und  Auswahl  die  größte  Sorg- 
falt zu  verwenden.  Gewiß  kann  auch  der  Zeichenlehrer  zur 
Weckung  und  Ausbildung  des  könstlerischen  Sinnes  der  Schüler 
viel  beitragen,  der  eigentliche  Träger  aber  des  Kunstunterrichts  ist 
der  Geschichtslehrer,  Ihm  fällt  damit  eine  der  schwierigsten  und 
verantwortungsvollsten  Aufgaben  am  Gymnasium  zu,  und  er  wird 
sich  för  dieselbe  schon  auf  der  Universität  durch  reichliche  Be- 
nutzung der  dort  gebotenen  Mittel  vorbereiten  müssen.  Später 
wird  er  zur  Vertiefung  seiner  könstlerischen  Interessen  und  zur 
Fortbildung  von  Zeit  zu  Zeit  zu  einem  archäologischen  Anschauungs- 
kursus oder  zu  einer  Studienreise  entsendet  Hat  ein  Geschichts- 
lehrer gar  kein  Verständnis  för  die  bildende  Kunst,  also  auch 
nicht  die  Fähigkeit,  jemand  dafür  zu  interessieren  und  darin 
einzuf Öhren,  so  ist  ihm  auf  keinen  Fall,  trotz  der  Facultas,  der 
Geschichtsunterricht  in  den  oberen  Klassen  anzuvertrauen,  da- 
für vielmehr  ein  anderer  Vertreter  des  Faches,  selbst  wenn  er 
jöoger  ist,  einzustellen.  Im  übrigen  habe  ich  mich  gerade  über 
diese  Frage  in  den  beiden  oben  genannten  Aufsätzen  eingehend 
geäußert,  und  ich  freue  mich,  auch  hier  in  völliger  Obereinstimmung 
mit  L  mich  zu  befinden. 

Wenn  somit  die  vorliegende  Schrift  auch  nicht  gerade  neue 
Gedanken  zum  Kunstunterricht  am  Gymnasium    bringt,  so    kann 


H.  Klajo,  Waldeofels  «Dd  seiae  Greaadiere,  ags.  v.  J,  Heliag.  g2] 

si«  doch  sehr  wohl  zu  eingehender  Orienüerung  auf  diesem  Ge- 
biete dienen  und  besonders  auch  wegen  der  schönen  anregenden 
Sprache,  wegen  der  lichtvollen  Darstellung  und  auch  wegen  der 
maBTollen,  in  den  Schranken  des  Erfüllbaren  sich  hallenden  Forde- 
rungen jedem  Freunde  einer  könstlerischeo  Ausbildung  unserer 
Jugend  warm  ans  Herz  gelegt  werden. 

Dessau.  G.  Reinhardt. 


1)  Hermann  Klaje,  WaldeofeU  and  seine  Grenadiere.  Bin  Beitrag 
xnr  Geaehiehte  der  Belagerung  Kolbergs  im  Jahre  1807.  Mit  einer 
Karte.  Kolberg  1907,  Kommisaioas -Verlag  von  Dietz  4r  Maxeratb. 
X  u.  151.    8.     1,50  JC* 

Am  2.  Juli  d.  J.  waren  100  Jahre  verflossen  seit  dem  Tage, 
an  welchem  die  Festung  Kolberg  den  Angriff  der  Franzosen  sieg- 
reich überstand.  Dieser  Tag,  der  alljährlich  von  den  Bewohnern 
Kolbergs  festlich  begangen  wird,  ist  in  diesem  Jahre  durch  eine 
große  Feier  Yerherrlicht  worden,  die  geehrt  wurde  durch  die 
Anwesenheit  Sr.  Königlichen  Hoheit  des  Prinzen  Friedrich  Wilhelm 
und  durch  Vertretungen  der  Regimenter,  die  aus  den  Truppen, 
welche  Kolberg  io]  Jahre  1807  so  ruhmvoll  verteidigt  haben,  ge- 
bildet worden  sind.  Diese  Zentenarfeier  hat  auch  die  Veranlassung 
zu  dieser  Festschrift  gegeben.  Der  Verfasser  ist  Oberlehrer  am 
Königlichen  Domgymnasium  in  Kolberg.  Ihm  standen  bei  der 
Bearbeitung  eine  Reihe  von  bis  dahin  ungedruckten  Quellen  zur 
Verfügung,  die  er  mit  Meisterschaft  benutzt  hat.  In  erster  Linie 
das  Kolberger  Stadtarchiv,  femer  das  Stetliner  Staatsarchiv,  das 
Geheime  Archiv  des  Kriegsministeriums,  das  Kriegsarchiv  des 
Großen  Generalstabes  und  durch  Vermittlung  des  deutschen  Bot- 
schafters auch  die  Archives  de  la  guerre  aus  Paris.  Auch  die 
gedruckten  Quellen  und  Bearbeitungen  über  die  Belagerung  der 
Festung  Kolberg  sind  von  dem  Verfasser  gewissenhaft  und  mit 
kritischem  Urteil  ausgebeutet  worden. 

Von  den  Männern,  die  sich  um  die  Verteidigung  Kolbergs 
hervorragende  Verdienste  erworben  haben,  sind  Gneisenau,  Nettel- 
beck und  Schill  gebührend  gewürdigt  worden;  von  ihnen  gibt  es 
umfangreiche  Biographien,  und  in  den  Lehrbüchern  der  Geschichte 
für  den  Jugendunterricht  sind  sie  bei  Erwähnung  der  glorreichen 
Verteidigung  Kolbergs  noch  niemals  vergessen  worden.  Gneisenau 
und  Netleibeck  ist  in  der  Nähe  des  Doms  vor  einigen  Jahren 
auch  ein  schönes  Denkmal  in  einer  prächtigen  Doppelgruppe  er- 
richtet worden,  auf  dessen  Sockel  Schills  Gedächtnis  im  Relief 
Terewigt  ist.  In  vollstem  Maße  verdienen  es  diese  Minner,  daß 
ihre  Namen  nicht  nur  in  Erz-  und  Marmorstein,  sondern  auch 
in  des  Dichters  Liede  verherrlicht  worden  sind.  Denn  unzweifel- 
haft verdankt  Kolberg  in  erster  Linie  seine  Errettung  aus  schwerer 
Gefahr  dem  genialen  Kommandanten  Neilhardt  von  Gneisenau 
und  dem  braven  Bürgermeister  Nettelbeck. 


822  H*  KUje,  W«ldenfeU  and  seine  Grenadiere, 

Die   rubmvoUe  Verteidigung   dieser   kleinen  Festung  war    in 
jener  traurigen  Zeit  der  tiefsten  Erniederung  Preußens   von    der 
größten  Bedeutung;   sie  war  ein  heiler  Sonnenstrahl  in  dunkler 
Nacht  und  zeigte  deutlich,  daß  Preußen,  der  Staat  Friedrich  des 
Großen,  nicht   verloren    war,    wenn   nur  jeder  seine  Pflicht  und 
Schuldigkeit   tat.      Hinter  Qneisenau    und  Ncttelbeck    steht  „an- 
geehrt  und  unbeachtet**  der  erste  Kommandant,  Oberst  Lucadou. 
Ein  so  hartes  Schicksal  hat   er   nach   der  Ansicht  des  Verfassers 
obiger  Schrift   nicht   verdient,   er    verdankt   es   der  harten  Ver- 
urteilung Nettelbecks,  die  nach  des  Verfassers  Meinung  nicht  auf 
objektiver  Grundlage,   sondern  auf   persönlicher  Feindschaft    be- 
ruht.    Aber   nicht  ihm  wendet  sich  des  Verfassers  Interesse  zu, 
sondern   dem  Vizekommandanten,   dem  Hauptmann  Karl  Wilbelm 
Ernst  Freiherrn  von  Waidenfels;   diesen,  der  es  verdient,  will  er 
der  Vergessenheit    entreißen.     Er   bedauert   es   mit  Recht,    daß 
man    von    dem  trefflichen  Mann,  an  den  zwar  in  Kolbergs  Nähe 
„die  Waldenfelsachanze'*  und  auf  der  Hunde  „die  Waldenfelsstraße^ 
erinnert,   sonst  recht  wenig  weiß;    diesem  Obelstand  will  er  ab- 
helfen.    Mit   bestem  Erfolg   ist   er  bemüht,   uns  ein  klares  BUd 
von    diesem  Manne   zu    entwerfen.      Er   hat  dem  tapferen  Vixe- 
komroandanten  in  seiner  Schrift  ein  weithin  strahlendes  Denkmal 
errichtet,  das  wertvoller  ist  als  der  Gedenkstein,  den  dem  tapferen 
Krieger  am  2.  Juli  dieses  Jahres  auf  der  „Waldenfelsschanze"'  die 
Offiziere   des  Grenadierregiments   Kaiser  Alexander,    das  aus  den 
Waldenfelsgrenadieren  gebildet  worden  ist,  gesetzt  haben. 

Das  Buch  zerfällt  in  2  Hauptteile;  der  erste  trägt  die  Cber- 
Schrift  „Der  VizekommandanV^  In  diesem  Teil  schildert  der 
Verfasser  zunächst  die  Lage  der  Festung  Kolberg,  indem  er  hervor- 
hebt, daß  für  die  Armierung  und  Verproviantierung  derselben 
beim  Ausbruch  des  Krieges  von  1806  so  gut  wie  nichts  ge- 
geschehen  war,  weil  man  nicht  angenommen  hatte,  daß  die 
Franzosen  bis  in  die  Nähe  von  Kolberg  kommen  würden.  Die 
Besatzung  betrug  höchstens  1500  Mann  und  die  Feldgeschütze  72. 
Der  Kommandant,  der  Oberst  Lucadou,  ließ  den  Hauptwall  und 
die  Außenwerke  instand  setzen  und  bereitete  die  Iiiundaiion  vor, 
ebenso  trug  er  Sorge,  die  Besatzung  zu  vermehren,  so  daß  er,  als 
am  8.  November  die  erste  Aufforderung  von  Seiten  der  Franzosen 
zur  Übergabe  der  Festung  erging,  diese  entschieden  ablehnen 
konnte. 

Am  14.  Dezember  1806  wurde  der  Freiherr  v.  V^aldenfels 
durch  königliche  Kabinetsorder  zum  Zweiten  Kommandanten  er- 
nannt mit  der  ausdrücklichen  Bestimmung,  daß  er  den  Ober- 
befehl übernehmen  sollte,  wenn  Lucadou  die  Kräfte  versagen 
sollten.  Wahrscheinlich  Anfangs  Dezember  war  Waidenfels  in 
Kolberg  angekommen,  und  schon  am  14.  desselben  Monats  wurde 
ihm  diese  Vertrauensstellung  übertragen.  Dieses  Vertrauens  bat 
er   sich    durchaus  würdig  gezeigt,    indem    er  sich   um   die  Ver- 


aogez.  von  J.  Holiog.  g23 

teidigoog  der  Festung  bis  zum  Eintreffen  des  Majors  Gneisenau 
die  größten  Verdienste  erworben  hat. 

Neben  dieser  Hauptaufgabe  erhielt  er  von  dem  Kommandanten 
noch  eine  Nebenaufgabe,  indem  er  zum  Befehlshaber  der  neu- 
formierten Grenadiere  ernannt  wurde. 

Außerdem  wurde  ihm  noch  das  gesamte  Rechnungswesen 
übertragen,  eine  Aufgabe,  die  er  mit  Meisterschaft  gelöst  hat.  Wie 
er  sich  im  einzelnen  verdient  gemacht  hat  hei  der  Instandsetzung 
der  Festung  und  um  die  Ausbildung  seiner  Grenadiere,  schildert 
der  Verfasser  in  höchst  klarer  und  packender  Weise.  Ein  be* 
redtes  Zeugnis  för  seine  Tüchtigkeit  ist  auch  darin  zu  sehen, 
daß  Lucadou  ihm  den  Oberbefehl  über  alle  Truppen,  die  außer- 
halb Kolbergs  lagen,  übertrug.  Hier  hatte  er  genügend  Gelegenheit 
seine  Tüchtigkeit  zu  zeigen. 

In  helleres  Licht  aber  tritt  diese  erst,  als  mit  dem  14.  März 
1807  die  förmliche  Belagerung  der  Festung  beginnt,  die  im 
ganzen  111  Tage  gedauert  hat.  An  diesem  Tage  wurde  auf 
Lucadous  Befehl  die  Lauenburger  Vorstadt  abgebrannt.  Wenn 
Nettelbeck  darin  einen  Akt  von  unnötiger  Grausamkeit  sieht,  so 
hat  Klaje  nachgewiesen,  daß  diese  Maßregel  durch  die  Umstände 
geboten  war.  Den  einzigen  Vorwurf,  den  er  dem  unglücklichen 
Kommandanten  machen  muß,  sieht  der  Verfasser  mit  Recht  darin, 
daß  Lucadou  den  Gegner  überschätzte,  wodurch  er  sich  in  seinen 
Unternehmungen  zu  sehr  beeinflussen  ließ.  Nettelbeck  scheut 
sich  nicht,  in  seinem  Bericht  an  den  König  nicht  nur  Lucadou 
zu  verdächtigen,  sondern  er  geht  in  seiner  Ungerechtigkeit  sogar 
so  weit,  daß  er  selbst  den  Vizekommandanten  y.  Waldenfels  als 
Verräter  dem  Könige  hinstellt.  Wie  unrecht  er  hierin  handelte, 
hat  Klaje  zuerst  überzeugend  auseinandergesetzt  und  sich  dadurch 
ein  großes  Verdienst  erworben.  Ebenso  hat  er  nachgewiesen, 
daß  Waldenfels  mit  Erfolg  bemüht  gewesen  ist,  ein  gutes  Ver- 
hältnis zwischen  Lucadou  und  Schill  herbeizuführen  und  zu  er- 
halten. 

Leider  konnte  Waldenfels  nicht  verhindern,  daß  die  Fran- 
zosen im  Westen  näher  an  Kolberg  heranrückten,  da  er  von 
Lucadou  nicht  genügend  unterstützt  wurde,  obwohl  es  ihm  ge- 
lungen war,  den  Franzosen  anfangs  hier  Terrain  zu  entreißen. 
Auch  wurde  durch  ihn  im  Westen  der  Stadt  eine  neue  Ver- 
teidigungslinie geschaffen,  welche  die  Preußen  gegen  die  Franzosen 
bis  zum  t.  Juli  1807  behauptet  haben;  an  dieser  Arbeit  hat 
Waldenfels  einen  großen  Anteil,  indem  er  namentlich  eine  Inun- 
dation  aus  dem  Holzgraben  vorbereitete,  dessen  Ausführung  erst 
eintrat,  als  Lucadou  durch  Gneisenau  ersetzt  wurde.  Ebenso  weist 
Klaje  in  überzeugender  Weise  nach,  daß  Waldenfels  sich  auch  um 
die  Verteidigung  der  Festung  auf  der  Ost-  und  Nordfront  sehr 
verdient  gemacht  hat;  so  lenkte  er  im  Verein  mit  Schill  und 
Döring   die  Aufmerksamkeit   des  Kommandanten  auf  die  Befesti- 


$24  H.  Klaje,  Wald«DfeU  und  seioe  Grenadiere) 

gUDg  des  Wolfsberges,  leider  wurde  diese  aber  nicht  mit  der 
nötiges  Energie  ins  Werk  gesetzt,  da  die  Arbeilskräfte  fehlteo» 
die  irietoebr  nur  ausreichten,  um  den  Norden  genügend  gegen 
A^ngrife  4kr  Franzosen  zu  schützen.  Dies  schien  wichtiger  za 
sein,  denn  es  galt  vor  allen  Dingen,  die  Verbindung  der  Festung 
mit  der  See  zu  sichern.  Auch  bei  diesen  Arbeilen  erscheint 
Waldenfels  als  der  eigentlich  leitende  Mann,  wShrend  Lucadoa 
sich  damit  begnügt,  ihm  nicht  entgegenzutreten.  Wenn  letzterer 
sich  endlich  seit  Ende  März  dazu  bequemte,  die  Hilfe  der  Kol- 
berger  Bärgerschaft  anzunehmen,  so  hat  sicher  auch  Waidenfels 
s^ine  Hand  dabei  im  Spiele  gehabt.  Ebenso  war  die  Komman- 
datur  unausgesetzt  darauf  bedacht,  die  Festung  mit  dem  nötigen 
Proviant  zu  versehen,  wozu  der  König  58000  Taler  bewilligt 
hatte.  Wir  sehen  also,  daß  auch  in  dieser  Hinsicht  dem 
nachmaligen  Kommandanten  Gneisenau  sehr  gut  vorgearbeitet 
worden  ist. 

Nicht  mit  Unrecht  wird  dagegen  Lucadou  und  Waldenfels 
von  dem  Verfasser  der  Vorwurf  gemacht,  daß  sie  das  Schillscbe 
Korps,  das  im  Westen  der  Stadt  Neu-  und  Altwerder,  sowie  Neu- 
und  Altbork  erobert  und  dadurch  alle  Erfolge  der  Franzosen  vom 
19.  März  in  Frage  gestellt  hatten,  nicht  genügend  unterstützten. 
Denn  wäre  dies  geschehen,  so  hätte  auch  Sellnow  zurückerobert 
werden  können,  was  ein  Erfolg  von  der  größten  Tragweite  ge- 
wesen wäre.  Den  Grund  für  dieses  Verhalten  sieht  der  Verfasser 
darin,  daß  Lucadou  die  Macht  des  Feindes  bedeutend  überschätzte; 
ihn  trifft  also  die  Hauptschuld,  aber  auch  Waldenfels  ist  nicht 
ganz  frei  zu  sprechen  nach  des  Verfassers  Ansicht,  da  er  nicht 
genügend  auf  Lucadou  eingewirkt  hat,  sondern  vielmehr  das  Ver- 
halten desselben  am  12.  April  zu  rechtfertigen  sucht  in  einem 
Schreiben  an  den  König  vom  15.  Mai  1807. 

Diese  Verhältnisse  hat  zuerst  Klaje  in  seiner  Schrift  klar 
gelegt  und  kritisch  beleuchtet,  das  ist  ein  großes  Verdienst,  und 
somit  bleibt  seine  Schrift  wertvoll  für  alle  Zeiten,  und  jeder,  der 
die  Geschichte  der  Belagerunft  Kolbergs  behandeln  will,  wird  auf 
ihn  zurückgreifen  müssen.  Klaje  ist  mit  großem  Eifer  und  dem 
besten  Erfolge  bemüht,  jedem  der  Kommandeure  Recht  wider- 
fahren zu  lassen.  Damit  schließt  der  erste  Uauptteil,  und  wir 
gehen  in  unserer  Besprechung  nun  über  zu  dem  zweiten,  der 
die  Überschrift  trägt  „Waldenfels  und  sein  Bataillon'S 

Der  König  Friedrich  Wilhelm  111.  hatte  für  die  Vorgänge  in 
und  vor  Kolberg  das  größte  Interesse  gezeigt,  und  als  Nettelbeck 
ihn  bat,  einen  neuen  Kommandanten  für  die  Festung  zu  er- 
nennen, war  er  diesem  Wunsche  nachgekommen  und  halte  Gneise- 
nau dazu  auserwählt.  Dieser  traf  denn  auch  am  29.  April  in 
Kolberg  ein.  Dies  hatte  nun  für  Waldenfels  die  schwerwiegendsten 
Folgen.  Wir  erinnern  uns,  daß  dieser  zum  Vizekomroandanten 
ernannt    worden    war   mit  der  ausdrücklichen  Bestimmung,   daß, 


aftgex.  voo  J.  Heliog.  g25 

faUs  Lucadou  die  Kräfte  ansgiogeD,  er  an  dessen  Stelle  treten 
sollte.  Für  ihn  mußte,  wie  Klaje  hervorbebt,  Gneisenaus  Er^ 
nennung  eine  bittere  Nuß  sein,  und  er  mußte  sich  tief  verletzt 
fühlen,  aber  als  preußischer  OfGzier  fügte  er  sich  in  das  Unver- 
meidliche, was  ihm  dadurch  erleichtert  wurde,  daß  der  Major 
Gneisenau  einen  höheren  Rang  bekleidete  als  er.  Dieser  erkannte 
auch  die  Verdienste  Waldenfels'  rückhaltlos  in  einem  Schreiben  an 
den  König  an  und  holte  bei  allen  wichtigen  Entscheidungen  dessen 
Rat  ein.  Trotzdem  aber  verlor  er  doch  an  Bedeutung  und  Ein- 
fluß und  mußte  sich  der  Hauptsache  nach  mit  der  Stellung  eines 
Bataillonskommandeurs  begnügen. 

Die  von  Lucadou  beim  Könige  beantragten  Verstärkungen 
trafen  bald  nach  Gneisenaus  Eintreffen  in  Kolberg  ein,  und  da* 
durch  wurde  die  Besatzung  der  Festung  nicht  unerheblich  ver- 
größert. Auch  das  Kriegsmaterial  wurde  bedeutend  vermehrt,  so 
daß  Gneisenau  über  bedeutendere  Sireitmittel  verfügte  als  Lucadou. 
Aber  auch  die  Belagerer  erhielten  Verstärkungen,  und  die  Be- 
lagerungstruppen  erreichten  eine  Höhe  von  8—9000  Mann,  die 
Mitte  Juni  noch  um  6--7000  Mann  vermehrt  wurden.  Man  sieht 
hieraus»  welchen  Wert  Napoleon  auf  die  Einnahme  der  Festung  legte. 

Waidenfels'  Stellung  war,  wie  bereits  erwähnt,  seit  dem  Ein- 
treffen Gneisenaus  eine  beschränktere  geworden,  er  nahm  mit 
seinem  Bataillon  nur  noch  an  den  Kämpfen  um  den  Wolfsberg 
teil,  der  nach  der  Meinung  des  Kommandanten  nur  schlecht  be- 
festigt war,  während  die  Franzosen  von  ihrem  Standpunkt  aus 
die  Befestigung  für  eine  ausgezeichnete  hielten.  Klaje  wird  sicher 
niit  seinem  Urteil  recht  haben,  wenn  er  meint,  Gneisenau  habe 
über  diese  zu  ungünstig  geurteilt. 

Wie  wichtig  den  Franzosen  der  Wolfsberg  erschien,  erhellt 
zur. Genüge  daraus,  daß  sie  am  7.  und  in  der  Nacht  vom  17. 
auf  den  18.  Mai  versuchten,  sich  in  den  Besitz  desselben  zu 
setzen.  Dies  aber  gelang  ihnen  nicht,  was  in  erster  Linie  der 
Tapferkeit  des  Vizekommandanten  zu  verdanken  war,  dem  dafür 
auf  den  Bericht  Gneisenaus  vom  Könige  der  Verdienstorden  ver- 
liehen wurde. 

Es  folgt  in  dem  nächsten  Abschnitt  eine  kritische  Unter- 
suchung, die  von  großer  Geistesschärfe  des  Verfassers  zeugt,  die 
wir  aber  hier  übergehen  können,  da  sie  den  Zusammenhang  etwas 
stört  und  wohl  besser,  wie  auch  Klaje  selbst  meint,  als  Exkurs 
hätte  angefügt  werden  können. 

Sehr  ausführlich  und  eingehend  werden  dann  in  dem  folgen- 
den Kapitel  die  Befesligungsmaßregeln  des  Wulfsberges  besprochen, 
EU  dessen  förmlicher  Belagerung  die  Franzosen  übergegangen 
waren,  nachdem  sie,  wie  wir  gesehen,  zweimal  vergeblich  ver- 
sucht hatten,  ihn  im  Sturm  zu  nehmen. 

Trotz  aller  Tapferkeit  der  Preußen  konnte  dieser  wichtige 
Punkt   nicht   behauptet  werden,   am  11.  Juni   ging   er  verloren. 


826  H*  Klaje,  Waldeofels  u.  aeine  Greoadiere,  ags.  v.  J.  Hell  og. 

Ein  furchtbarer  Artilleriekampf,  in  dem  nicht  weniger  als 
3008  Schuß  gelöst  waren,  ging  dem  Sturm  der  Franzosen  voran. 
Die  Feinde  erkannten  die  Tapferkeil  der  preußischen  Grenadiere 
voll  und  ganz  an  und  boten  der  tapferen  Besatzung  freien  Abzug 
mit  dem  sämtlichen  Geschütz  an. 

Klaje  vergleicht  hier  eingehend  den  Bericht  Gneisenaus  mit 
dem  Loisons  und  hat  durch  diese  Untersuchung  erst  volle  Klar- 
heit über  den  Verlust  des  Wolfsbergs  und  die  Kapitulation  ge- 
schaffen. 

Am  14.  Juni  versuchte  Gneisenau  noch  einmal  den  Wolfs- 
berg zurückzuerobern,  zugleich  um  die  Franzosen,  die  bereits 
den  Hafen  Kolbergs  beherrschten  und  somit  das  Einlaufen  engli- 
scher Schilfe  verhinderten,  von  diesem  Punkte  abzuziehen.  Die 
Erstürmung  des  Wolfsberges  wurde  Waidenfels  und  seinen  Grena- 
dieren Obertragen.  Der  Sturm  gelang«  aber  Waldenfels  erbielt 
bei  ihm  die  Todeswunde,  das  war  ein  schwerer  Verlust,  der  noch 
erhöht  wurde  durch  den  Tod  vieler  Grenadiere,  die  mit  der 
größten  Todesverachtung  in  wenigen  Hinuten  die  schwere  Auf- 
gabe gelöst  hatten. 

Waidenfels  starb  als  ein  Held  und  nahm  die  Freude  über 
einen  großen  Erfolg  mit  hinüber  in  die  Ewigkeit. 

Einen  wie  gewaltigen  Eindruck  dieser  Sieg  auf  die  Franzosen 
gemacht  hat,  ersehen  wir  aus  dem  Bericht,  den  Loison  an  den 
Harschall  Brune  macht,  von  dem  er  dringend  Verstärkungen  der 
Belagerungsarmee  fordert.  Ohne  solche  hält  er  die  Einnahme 
der  Festung  für  unmöglich.  Hit  Recht  behauptet  der  Verfasser 
dieser  Schrift,  daß  ohne  die  Erstürmung  des  Wolfsberges  durch 
Waldenfels  die  Festung  sich  bis  zum  Beginn  des  Waffenstillstandes 
nicht  hätte  halten  können. 

Ober  den  Tod  des  Helden  hat  Klaje  nichts  Genaueres  er- 
mitteln  können,  obwohl  er  die  Berichte  einer  gründlichen  Prüfung 
unterworfen  hat. 

Leider  ging  der  Wolfsberg  wieder  an  die  Franzosen  verloren, 
und  deshalb  versuchte  Gneisenau  noch  einmal  am  19.  Juni  den- 
selben zurückzugewinnen,  wurde  aber  von  den  Franzosen  blutig 
zurückgeschlagen.  Viele  tapfere  Grenadiei^e  und  ihr  neuer  Kom- 
mandeur bedeckten  das  Schlachtfeld.  Die  Oberlebenden  mußten 
sich  auf  die  Verteidigung  der  Ziegelschanze  beschränken.  Am 
15.  Juni  wurde  der  tapfere  Held  auf  dem  Hünder  Kirchhof  bei- 
gesetzt, wo  auch  später  Nettelbeck,  der  ihm  einen  Gedenkstdn 
aus  eigenen  Hitteln  hatte  setzen  lassen,  begraben  wurde. 

Wenn  ich  kurz  den  Inhalt  der  Klajeschen  Schrift  angegeben 
habe,  so  soll  dies  keineswegs  das  höchst  gediegene  Buch  selbst 
ersetzen,  sondern  nur  dazu  dienen,  Interresse  für  dasselbe  za 
erwecken;  ich  kann  nur  sagen,  daß  es  mir  beim  Durchlesen  mit 
jeder  Seite  mehr  gefallen  und  mein  ganzes  Interesse  in  Anspruch 
genommen  hat 


R«  Sehlemner»  Leitfaden  der  Erdkande,  «gz.  von  J.  Heliog.  g27 

Vielbch  hat  der  Verfasser  auch  die  Bericbte  des  französischen 
Höchstkommandierenden  im  Urtext  angeführt,  es  ist  dies  ja  durch- 
aas nicht  zu  tadeln,  es  wäre  aber  vielleicht  zweckentsprechender 
gewesen,  eine  deutsche  Übersetzung  beizugeben,  da  das  Buch 
doch  für  einen  größeren  Leserkreis  und  nicht  allein  för  Fach- 
genossen bestimmt  ist. 

So  möchte  ich  namentlich  auch  das  Buch  zur  Anschaffung 
fär  Schölerbibliotheken  der  oberen  Klassen  angelegentlichst 
empfehlen.  Denn  sicher  verdient  es  Waldenfels  ebenso  wie  Schill, 
daß  er  der  deutschen  Jugend  bekannt  wird.  Er  ist  unzweifelhaft 
ein  Held  im  wahrsten  Sinne  des  Worts,  und  schon  seine  Zeit- 
genossen haben  ihn  für  einen  solchen  gehalten,  wie  wir  dies  aus 
einer  Elegie  auf  seinen  Tod  ersehen,  die  der  Verfasser  als  Schluß 
seinem  Buch  angefügt  hat 

Das  Bach  ist,  am  es  kurz  noch  einmal  zu  sagen,  nach  jeder 
Richtung  hin  zu  empfehlen.  Es  zeugt  von  großem  Fleiß  und 
von  einem  feinen  historischen  Verständnis.  Der  Verfasser  ist 
offenbar  für  seinen  Helden  begeistert;  dies  aber  stört  ihn  nicht 
in  seinem  Urteil,  sondern  er  bleibt  stets  gerecht  und  sachlich. 
Daß  dem  Buch  ein  Plan  der  Festung  Kolberg  vom  Jahre  1807 
beigefügt  ist,  wird  sicher  jeder  mit  Freuden  begrüßen;  nur 
möchte  ich  wflnschen,  daß  die  Schrift  auf  ihm  etwas  klarer  und 
schärfer  wäre. 

2)  Karl  Sehlemmer,  Leitfaden  der  Brdknode  für  höhere  LehraBsUlteo. 
1.  Teil:  Lehrstoff  fdr  SexU  aod  QqIoU.  Mit  3  Abbildoogeo.  Dritte, 
verbeiserte  Auflage.  Berlio  1906,  Weidmaoosche  Bachhandlaog. 
n  V.  63  S.    8.    0,60  M. 

Da  die  erste  und  zweite  Auflage  dieses  Lehrbuchs  von  mir 
ausfflhrlich  und  eingehend  in  der  Zeitschrift  för  das  Gymnasial- 
wesen besprochen  sind,  so  kann  ich  mich  bei  der  Besprechung 
der  dritten  Auflage  um  so  kürzer  fassen.  Sechs  Jahre  sind  ver- 
strichen, ehe  eine  neue  Auflage  nötig  geworden  ist,  das  ist  för 
ein  Lehrbuch  der  Erdkunde  eine  ziemlich  lange  Zeit,  da  gerade 
ein  solches  leicht  veraltet  Um  so  mehr  ist  das  Erscheinen  der 
dritten  Auflage  mit  Freuden  zu  begrüßen.  Der  Verfasser  ist  mit 
bestem  Erfolge  bemüht  gewesen,  alle  Fortschritte  der  Wissenschaft 
in  seinem  Lehrbuch  zu  verwerten,  so  daß  es  nach  jeder  Richtung 
hin  auf  der  Höhe  steht.  Fast  auf  jeder  Seite  findet  sich  eine 
Verbesserung.  Zahlreich  sind  diei  Nachträge  und  Ergänzungen, 
die  in  einem  Lehrbuch  der  Erdkunde  ja  stets  nötig  sind.  Be- 
sonders dankenswert  ist  es,  daß  der  Verfasser  bei  der  Länder- 
kunde die  Stoffgliederung  noch  strenger  als  in  der  zweiten  Auf- 
lage durchgeführt,  wodurch  die  Gbersichtlichkeit  bedeutend  ge- 
wonnen bat.  Der  Lehrstoff'  der  Quinta  ist  mit  gutem  Recht  er- 
weitert worden.  Der  vierte  Abschnitt  behandelt  nicht  nur  das 
Deutsche  Reich,  sondern  in  Übereinstimmung  mit  den  neuen 
Lehrplänen   von    1901    Mitteleuropa,   also   außer  dem  Deutschen 


828  K.  Sehlamner,  Leiiftdeo  der  ErdkuDde,  agz.  voa  J.  Heliog. 

Reich  die  Niederlande,  Belgien,  die  Schweiz,  ?on  Österreich-Ungarn 
die  Alpen-  und  Sudetenländer.  DaB  dem  Deutschen  Reich  eine 
kurze  Obersicht  über  die  deutschen  Kolonien  beigefügt  ist,  wird 
sicher  die  Zustimmung  aller  Fachgenossen  finden,  wie  der  Ver- 
fasser dies  in  der  Vorrede  erwartet. 

Ebenso  verdient  es  volle  Anerkennung,  daß  der  Verfasser  die 
„neue  Rechtschreibung''  überall  angewandt  hat  Druck,  Papier 
und  Ausstattung  sind  vorzüglich,  wie  es  freilich  bei  der  Weid- 
mannschen  Verlagsbuchhandlung  nicht  anders  zu  erwarten  ist 

3)  Karl  Sehlemmer,  Lei tfadan  der  Erdkunde  für  höhere  Lehraastalteo. 
2.  Teil:  Lehrstoff  für  die  mittleren  Klasien.  Mit  84  Abhildnngen. 
Dritte,  verbeaaerte  Auflage.  Berlin  1906,  Weidmannache  BarJihandliiag. 
Vn  u.  296  S.    8.    2,25  UfT. 

Sehr  erfreulich  ist  es,  daß  nach  sechs  Jahren  eine  neue  Auf- 
lage des  vorzüglichen  Leitfadens  der  Erdkunde  nötig  geworden 
ist.  Es  ist  dies  zugleich  ein  Beweis  dafür,  daß  das  iußerst  ge- 
schickt angelegte  Lehrbuch  der  Erdkunde  eine  größer«  Verbreitung 
gefunden  hat  und  von  einer  größeren  Zahl  höherer  Lehr- 
anstalten eingeführt  worden  ist.  Für  ein  Lehrbuch  der  Erdkunde 
ist  es  geradezu  Lebensbedingung,  daß  die  Auflagen  möglichst  schnell 
aufeinander  folgen;  denn  ist  dies  nicht  der  Fall,  so  lernen  die 
Schüler  vielfach  etwas,  was  Ungst  veraltet  ist  Die  beiden  ersten 
Auflagen  dieses  Buches  sind  ausführlich  von  mir  in  der  Zeitschrift 
für  das  Gymnasialwesen  besprochen  und  die  von  mir  gemachten 
Ausstellungen  in  der  neuen  Auflage  berücksichtigt  worden.  Da- 
neben hat  sich  der  Herausgeber  veranlaßt  gesehen,  einige  Ver- 
änderungen in  der  neuen  Auflage  vorzunehmen,  die  nach  jeder 
Richtung  hin  die  Zustimmung  der  Fachgenossen  finden  werden, 
aber  nicht  hindern,  die  neue  Auflage  neben  der  alten  in  der 
Schule  zu  gebrauchen.  So  sind  die  Angaben  über  die  geo- 
graphische Lage  der  einzelnen  Länder,  wie  der  Verfasser  in  der 
Vorrede  bemerkt,  gleichmäßiger  gestaltet  und  den  einzelnen  Para- 
graphen vorangestellt  worden;  ebenso  die  Angaben  über  Größe 
und  Einwohnerzahl.  Diese  Veränderung,  an  sich  unbedeutend, 
ist  zweckmäßig,  weil  der  Text  nicht  durch  die  Zahlenangaben 
gestört  wird.  Wichtiger  ist  es,  daß  bei  den  Zahlenangaben  häufige 
Hinweise  auf  bereits  nach  Größe  bekannte  Länder  gegeben  und 
die  Größe  der  einzelnen  Länder  miteinander  verglichen  worden 
sind.  Denn  erst  dadurch  gewinnen  die  Zahlenangaben  an  Wert, 
während  sie  ohne  solche  Vergleichungen  eine  Vorstellung  über  die 
Größe  derselben  bei  den  Schülern  nicht  gewinnen  können,  sondern 
sofort  wieder  vergessen  werden.  Daß  die  wichtigsten  Verkehrs- 
linien noch  weitere  Berücksichtigung  gefunden  haben  und  die 
„Kleine  Verkehrskunde'S  welche  der  zweiten  Auflage  als  Anhang 
beigegeben  war,  nunmehr  dem  Buch«  einverleibt  worden  ist»  ist 
durchaus  zweckentsprechend  und  fördert  die  Einheitlichkeit  der 
Darstellung. 


G.E  Web0r,  Methodik  d.  TordodterficMs,  agz.  v.  CRieboi.  §29 

Auf  die  ErkMruDg  der  geographischen  Namen  hat  der  Ver- 
fasser in  der  neuen  Auflage  mehr  Wert  gelegt  als  in  den  beiden 
vorhergehenden.  Es  ist  dies  aus  allgemein  didaktischen  Gründen 
richtig;  denn  der  Schuler  wird  sich  die  Namen  der  Gebirge» 
Flösse  usw.  viel  leichter  einprägen,  wenn  er  weiß,  was  der  Name 
bedeutet,  als  wenn  er  dies  nicht  weiß.  So  bedeutet  Pyrenäen 
,,Gebirge^'  und  Ebro  „Strom'*;  sie  wurden  von  den  Anwohnern 
,,da8  Gebirge''  und  „der  Fluß''  genannt.  Freilich  fehlt  bei  einer 
großen  Anzahl  von  Namen  immer  noch  die  Erklärung,  z.  T.  weil 
es  vielfach  noch  keine  gibt  oder  weil  sie  noch  unsicher  ist.  Die 
Geologie  ist  auch  in  der  neuen  Auflage  nicht  berücksichtigt  worden. 
Ich  kann  dies  nur  billigen,  wenn  ich  auch  weiß,  daß  andere  Fach- 
genossen es  vermissen  werden.  Bei  der  bescheidenen  Anzahl  von 
Stunden,  die  dem  erdkundlichen  Unterricht  zugewiesen  sind,  bleibt 
eben  keine  Zeit  zu  geologischen  Erörterungen,  und  da  in  den 
oberen  Klassen,  wenigstens  in  den  Gymnasien,  die  Erdkunde 
keinen  selbständigen  Unterrichtsgegenstand  mehr  bildet,  dürfte 
auch  das  nötige  Verständnis  bei  den  Schülern  der  unteren  und 
mittleren  Klassen  fehlen.  Es  nvörde  nur  auf  eine  Belastung  des 
Gedächtnisses  hinauskommen,  was  besser  vermieden  wird. 

Die  Anzahl  der  Abbildungen  ist  nicht  unerheblich  vermehrt 
worden,  wofür  namentlich  dem  Verleger  der  wärmste  Dank  ge« 
bohrt,  der  auch  auf  die  ganze  Ausstattung  des  Buches  die  größte 
Sorgfalt  verwandt  hat. 

Auf  Einzelheiten  einzugehen  möchte  ich  vermeiden,  nur  will 
ich  rühmend  hervorheben,  daß  der  Verfasser  überall  die  neuen 
Forschungen  und  Ergebnisse  der  Wissenschaft  mit  größtem  Ge- 
schick berücksichtigt  hat.  Die  ganze  Darstellung  ist  klar  und 
übersichtlich,  der;  Stofl"  auch  äußerlich  sehr  gut  gegliedert,  der 
Ausdruck  knapp  und  zutreflend.  Es  kann  daher  das  Lehrbuch 
der  Erdkunde  nach  jeder  Bichlung  bestens  empfohlen  werden. 
Es  ist,  um  es  kurz  zu  sagen,  eine  Zierde  der  erdkundlichen 
Sctiulliteratur.  Auf  Druckfehler  habe  ich  nicht  besonders  geachtet, 
aufgefallen  sind  mir  beim  Durchlesen  keine. 

Beigard  a.  Persante.  J.  Heling. 

G.  B.  Weber,  Methodik  dei  Tornnoterriclits  fdr  Koaben  uod  Mäd- 
eheo  io  Volks-  und  Mittelschalea.  Vierte,  am^earbeitete  Auflage. 
Mäaehea  aod  Berlin  1906,  R.  Oldeoboarg.    X  a.  150  S.    8.  1,85  JC. 

Da  es  sich  nur  um  eine  neue  Auflage  des  bewährten  Buches 
handelt,  so  könnte  sich  Ref.  darauf  beschränken,  die  Veränderungen 
gegen  die  frühere  Auflage  aufzuzeigen.  Indessen  diejenigen  Leser 
dieser  Zeitschrift,  welche^  das  Buch  in  seiner  früheren  Gestalt 
kennen,  werden  seinen  Wert  ohnehin  schätzen,  Jene  aber,  bei 
denen  dies  nicht  der  Fall  ist,  würden  aus  einer  solchen  Ver- 
gleichung  wenig  Nutzen  ziehen.  Und  doch  ist  es  für  jeden  Turn- 
lehrer  so   wichtig,   daß   er   sich   einmal    von   einem  erfahrenen 


§30  ^-  B.  Weber,  Methodik  des  TaronDterriehts/ 

Freunde  die  Wahrheit  über  den  Tarminterricht  sagen  läBt,  auch 
über  seinen  Turnunterricht  Und  das  Buch  ist  so  knapp  ge- 
schrieben, so  frei  von  überflüssigen,  breiten  Auseinandersetzungen, 
daß  man  es  gern  liest,  rasch  liest  und  wohl  mit  durchgängiger 
Zustimmung  liest.  Es  wird  nicht  überflüssig  sein,  wenn  Verf. 
in  dieser  gegenwärtigen  Zeit,  wo  so  vielfach  Schülervorführungen 
nur  den  Zweck  haben,  die  Schaulust  der  geladenen  Gäste  zu  be- 
friedigen, daran  erinnert,  daß  die  Turnübungen  den  Schülern 
einen  leiblichen  Gewinn  schaffen,  ihr  Kapital  an  Jugendfriscbe 
und  Lebensfreudigkeit  vermehren,  ihre  Kürperkraft  und  Gesund- 
heit fördern  und  ihren  Charakter  bilden  helfen  sollen,  nicht  über- 
flüssig, wenn  er  den  Turnlelirern  immer  wieder  einschärft, 
daß  nur  ein  frischer,  anregender,  planvoll  durchdachter  Turn- 
unterricht für  unsre  Jugend  Gewinn  bringt  und  die  Zeit  nicht 
mit  unnötigen,  nur  blendenden  Aufführungen  hingebracht  werden 
darf,  die  ihr  Dasein  nur  der  Eitelkeit  des  Turnlehrers  verdanken. 
Nicht  von  jedem  läßt  man  sich  dergleichen  sagen,  aber  von  einem 
so  erfahrenen  Meister  gern,  weil  man  aus  jeder  Zeile  sieht,  wie 
ernst  es  ihm  um  seine  Sache  ist. 

Nachdem  Verf.  kurz  über  das  Wesen  des  Turnens,  über  den 
Zweck  des  Turnunterrichts  und  über  Forderungen  und  Förde- 
rungen desselben  gesprochen  hat,  behandelt  er  die  Erfordernisse 
eines  guten  Turnplatzes  und  Turnsaales,  wobei  er  für  Schulen 
mit  mehr  als  16  Klassen  mindestens  2  Turnsäle  für  notwendig 
erachtet,  und  gibt  die  Geräte  an,  die  notwendig,  und  jene,  die 
bloß  wünschenswert  sind.  Es  folgt  eine  Ordnungsanweisung  für 
den  Turnsaal  mit  Angaben  über  das  Benehmen  der  Schüler  dar- 
in, über  die  Temperatur  und  über  Staubverhütung. 

Ein  dritter  Abschnitt  behandelt  die  Frage:  Wer  soll  Turn- 
unterricht erhalten?  und  fordert  solchen  auch  für  Landschüler, 
auch  für  Mädchen,  auch  für  die  untersten  Klassen,  auch  für  Fort- 
bildungsschüler, auch  für  Studierende.  Dispensgesuche  würden 
3eltener  werden,  wenn  der  Turnunterricht  frisch  und  anregend 
erteilt  wird  und  der  Lehrer  auch  auf  Rekonvaleszenten  verständnis- 
volle Rucksicht  nimmt. 

Im  folgenden  Abschnitt  wird  die  Frage  nach  der  Zeit  des 
Turnunterrichts  einer  Prüfung  unterzogen.  Wieviel  Stunden 
sollen  darauf  verwendet  werden,  und  wann  sollen  sie  liegen? 
Dabei  ist  freilich  die  Einrichtung  des  ausschließlichen  wissen- 
schaftlichen Vormittagsunterrichts,  wie  wir  sie  jetzt  in  allen  Groß- 
städten (leiderl)  haben,  nicht  berücksichtigt,  die  ihre  besonderen 
Schwierigkeiten  mit  sich  bringt,  weil  die  Turnstunden  sich  an 
anderen  Nachmittagsunterricht  (Zeichnen,  Singen)  anschließen 
müssen. 

Der  fünfte  Abschnitt  handelt  voin  des  Turnlehrers  Vorbildung 
und  Fortbildung,  auch,  ob  beim  Mädchenturnen  der  Turnlehrer 
oder  die  Turniehrerin,  ob  der  Klassenlehrer  oder  ein  Fachlehrer 


aB|^«x.  von  6:Riehm.  831 

den  Vorzug  verdient.  Da  wird  aber  auch  dem  Turnlehrer  zur 
Pflicht  gemacht,  mit  allem  Fleiß  und  in  steter  Ausdauer  nach 
eigener  Turnfertigkeit  zu  trachten  und  sie  durch  Obung  zu 
erhalten  und  zu  steigern  dadurch,  daß  er  mit  Fachgenossen  ge* 
meinschaftlich  und  regelmäßig  zu  Turnstunden  sich  zusammen- 
findet oder  einem  Turnverein  beitritt  Ob  eine  solche  Mahnung 
wohl  überflüssig  ist? 

Nun  folgt  der  Hauptabschnitt,  der  das  ganze  übrige  Buch 
umfaßt,  unter  dem  Titel:  Tumbetrieb.  Es  wird  ebensosehr  vor 
den  Kunststücken  an  Geräten,  wie  vor  den  unbedeutenden  Frei- 
übangen  und  den  mehr  geistig  als  körperlich  anstrengenden 
Ordnungsübungen  gewarnt,  dagegen  stramme  Turnarbeit  gefordert, 
die  den  Körper  allseitig  in  Anspruch  nimmt,  jeden  Schüler  häußg 
genug  heranzieht  und  auch  den  schlechtesten  fördert.  Es  werden 
Beispiele  gegeben,  wie  ein  turnerisches  Thema  entwickelt  wird, 
und  dabei  auch  der  Wert  der  Musik  für  das  rhythmische  Gefühl 
hervorgehoben,  aber  auch  die  richtigen  Schranken  für  ihre  Ver- 
wendung gezogen.  Auch  für  die  Gerätübungen  wird  Klassen- 
turnen gefordert  und  nur  für  die  obersten  Klassen  der  Hittel- 
schulen (Gymnasien,  Realanstalten  usw.)  teilweises  Riegenturnen 
gestattet,  wie  das  wohl  allerorts  üblich  ist;  dabei  bietet  sich 
Gelegenheit  auch  über  die  Vorturner,  deren  Wahl,  Ausbildung 
und  Behandlung  zu  sprechen.  Dann  werden  im  einzelnen  die 
Frei'  und  Ordnungsübungen  besprochen,  ihr  Wert  und  ihr  Ver- 
hältnis zu  den  Gerätübungen  festgestellt,  dem  Turnspiel  der  rechte 
Platz  angewiesen  und  dabei  auch  jeder  Klasse  ein  Pflichtspiel  zu- 
gewiesen und  für  Turnfahrten  Grundsätze  aufgestellt,  die  auf  den 
ersten  Blick  den  erfahrenen  Pädagogen  erkennen  lassen.  In  der 
Folge  wird  dann  vom  Turnen  im  Freien  gehandelt;  es  wird  mit 
Recht  davor  gewarnt,  die  Turnstunden  zu  gewaltsamer  Abhärtung 
um  jeden  Preis  zu  verwenden,  und  dem  Turnlehrer  seine  Ver- 
antwortung dafür  vorgehalten,  daß  sich  die  Schüler  nicht  durch 
längeres  Stehen  nach  anstrengenden  und  erhitzenden  Obungen 
erkälten.  —  Sehr  wilkommen  wird  manchem  Turnlehrer  das  über 
Klassenziele  Gesagte  sein.  Verf.  trifft  ganz  des  Ref.  Meinung, 
wenn  er  es  für  ein  wichtiges  Gesetz  wie  für  jeden  anderen  Unter- 
richt so  *  auch  für  das  Turnen  erklärt,  daß  kein  Lehrer  seinem 
Vormann,  keine  Klasse  einer  anderen  in  den  Stofl  pfuschen  und 
Dinge  herbeiziehen  darf,  die  erst  in  den  Zielen  eines  höheren 
Kursus  vorgesehen  sind.  Es  bleibt  wahrhaftig  auch  für  den 
eifrigsten  Turnlehrer  dabei  noch  Freiheit  genug,  und  dem  plan- 
losen Haschen  nach  dem,  was  den  Jungen  vielleicht  momentan 
Spaß  macht,  muß  Einhalt  geboten  werden.  Wer  mit  der  großen 
Mehrzahl  seiner  Schüler  die  aufgestellten  Klassenziele  erreichen 
will,  hat  tüchtig  zu  arbeiten,  und  schon  Sirach  sagt  treffend: 
,,Es  frommt  Dir  nichts,  daß  Du  gaffest  nach  dem,  das  Dir  nicht 
befohlen  ist.     Denn  Dir  ist  vor  mehr  befohlen,  denn  Du  kannst 


S32    G.  H.  Weber,  ManehDer  S^ielbaefcy  äuget.  voB  6.  Riehm. 

ausrichten'S  Solche  Klassenxiele  werden  nun  fflr  die  verschiedenen 
Schalarten,  zunächst  Bayerns,  au^estellt,  können  aber  natürlich 
ohne  weiteres  auch  für  das  ganze  Reich  übernommen  werdeo,  j 
und  es  wSre  gut,  wenn  das  allgemein  geschähe;  denn  die  Aus- 
wahl ist  gut  und  zeugt  von  großer  Erfahrung.  —  Ganz  besonders 
wünschenswert  aber  wäre  es,  wenn  recht  viele  Turnlehrer  den 
folgenden  Abschnitt  nicht  nur  lesen,  sondern  auch  beherzigeH 
würden,  wo  von  der  Vorbereitung  des  Lehrers  auf  die  einzelne 
Stunde  die  Rede  ist  und  von  der  Notwendigkeit,  ein  Tagebuch 
zu  führen,  in  das  regelmäßig  nach  der  Turnstunde  kurz  notiert 
wird,  was  wirklich  durchgenommen  ist,  und  was  für  Erfolge  er- 
zielt wurden.  Das  ist  ein  eminent  praktischer  Vorschlag,  und 
Verf.  sagt  mit  Recht:  „Ein  Tagebuch,  welches  auch  nur  ein  Jahr 
lang  in  dieser  Weise  gewissenhaft  und  regelmäßig  geführt  wurde, 
gewährt  dem  Lehrer  für  ein  anderes  Jahr  große  Erleichterung 
und  die  erfolgreichste  Beihilfe  bei  der  Erteilung  des  Unterrichts 
und  gibt  ihm  verständlichere  und  nutzlichere  Fingerzeige  als  das 
dickleibigste  Turnbuch''. 

Im  weiteren  Verlaufe  werden  dann  noch  behandelt:  die 
Versäumnisse  der  Turnstunden,  der  Beginn  der  Turnstunden,  das 
Verhalten  des  Lehrers  den  Schülern  gegenüber  (vortrefflich!), 
Disziplin,  Strafe,  Lob,  Ehren,  die  Aufstellung  der  Schüler  und 
des  Lehrers,  der  Befehl,  Korrekturen,  Wiederholung,  Qualifikation, 
d.  h.  Zensierung  der  Schüler,  Behandlung  de^  Turngeräte,  Ge- 
fahren und  Hilfeleistungen  in  den  Turnräumen,  der  Gesang,  Schloß 
der  Turnstunde,  Weggang  der  Schüler  aus  dem  Turnranme, 
Schulfeste  und  Turnen,  schließlich  anhangsweise  auch  noch  Baden, 
Schwimmen,  Fechten,  Schlittschuhlaufen,  Tanzen,  Reiten,  Faß- 
wandern  und  Radfahren,  Eine  Fülle  von  wertvollen  Winken  wird 
hier  in  knappster  Form  dem  angehenden  Turnlehrer  geboten, 
und  auch  mancher  ältere  Kollege  wird  von  der  Erfahrung  eines 
so  ausgezeichneten  Turnpädagogen  gern  Nutzen  ziehen. 

2)  6.  H.  Weber,  Müoehaer  Spielboeb  für  Koabeo-  wie  Mädchen- 
Volks-  ood  MittelsebaleD.  Mfincheo  uod  Berlio  1907,  R.  OldeDboor; 
XI  a.  135  S.   8.    2  Jt. 

Der  Verf.  hat  uns  nun  auch  mit  einem  Spielbuch  beschenkt, 
und  zwar,  wie  das  nicht  anders  zu  erwarten  ist,  mit  einer  reich- 
haltigen und  vortrefflichen  Sammlung.  121  verschiedene  Spiele 
werden  beschrieben,  und  zwar  durchweg  so,  daß  man  danach 
spielen  lassen  kann,  auch  wenn  man  das  Spiel  nicht  kannte. 
Zunächst  werden  12  Spiele  für  die  jüngste  Altersstufe  in  der 
Volksschule  dargeboten,  dann  4  Versteckspiele,  11  Spiele  um  einen 
Platz  weniger  als  Spieler,  3  mit  verbundenen  Augen,  32  Lauf-und 
Fangspiele,  6  Hinkespiele,  16  Gewalt  gegen  Gewalt,  4  Täuschuogs  - 
spiele,  1  Darstellungsspiel,  18  Spiele  mit  Handbällen,  5  Spiele  mit 
Hoblball,  5  mit  dem  großen  VoUball  und  4  Winterspiele,  außer- 


A.  Hermanii,  Pest  im  Takt!,  ancpet.  von  6.  Rielini  833 

dem  in  einem  Anhang  eine  große  Anzahl  Abzählreime.  Die 
letzteren  tragen  ja  meist  eine  starke  lokale  Färbang  an  sich,  aber 
eine  Anzahl  davon  sind  anch  in  Norddeutschland  bekannt  und 
verwendbar;  in  der  Schule  kann  man  sie  entbehren.  Im  ali- 
gemeinen wird  es  gut  sein,  wenn  ein  derartiges  Spielbuch  in  der 
Band  des  Lehrers  ist;  denn  es  ist  ganz  nützlich,  wenn  er  ab  und 
zu  daran  erinnert  wird,  wie  viele  brauchbare  und  unterhaltende 
Spiele  es  gibt,  und  daß  nicht  gerade  immer  Barlauf  und  Fußball 
gespielt  zu  werden  braucht.  Die  Spielfreudigkeit  wird  sicher  da- 
durch gefördert 

Die  Ausstattung  des  Buches  ist  gut,  leider  ist  aber  die 
Korrektur  nicht  grundlich  genug  gelesen;  es  finden  sich  eine 
ganze  Reihe  von  Druckfehlern  und  falschen  Wortstellungen« 

3)  F«9t  im  Taktl  Leichte  Toostiieke,  Sing-  vnd  Tansweiseo  zum  Gebraneh 
beim  Toronaterricht  voa  A.  H  e  r  m  a  o  o.  Zweite,  vermehrte  Anf- 
lage.  Berlin,  Weidmanosche  Bachhandliuis  1907.  VUl  a.  86  S.  4. 
3,60  JC' 

Wer  jemals  es  versucht  hat,  Freiübungen  nach  dem  Takte 
der  Musik  ausführen  zu  lassen,  wird  schwerlich  wieder  davon 
zuröckkommen.  Man  muß  sich  nur  darüber  wundern,  daß  man 
in  den  Turnhallen  so  selten  Musik  hört.  Und  doch  genügt  ein 
von  einem  Schüler  gespieltes  Klavier,  eine  Geige,  ja  eine  Zieh- 
harmonika zur  Begleitung  der  Übungen.  Die  Phantasie  ergänzt 
bezw.  verschönt  gern  etwaige  Mängel.  Man  denke  nur  daran, 
mit  wie  wenig  musikalischem  R&nnen  tanzlustige  Leute  zufrieden 
zu  stellen  sind,  und  man  wird  verstehen,  daß  nicht  viel  dazu 
gehört,  um  Freiübungen  mit  Musik  zu  begleiten;  nur  „fest  im 
Takr'  muß  gespielt  werden.  Man  denke  daran,  mit  welcher  Lust 
zur  erbärmlichsten  Musik  getanzt  wird,  und  man  wird  zugeben, 
daß  die  als  langweilig  verschrieenen  Freiübungen  zur  Musik  gern 
ausgeführt  werden.  Daß  beim  Turnen  der  Mädchen  die  Musik 
gar  nicht  fehlen  darf,  ist  selbstverständlich;  aber  auch  beim 
Knabenturnen  sollte  man  sich  diese  Hilfe  nicht  entgehen  lassen. 
—  Nicht  jede  Musik  freilich  eignet  sich  für  den  in  Rede  stehen- 
den Zweck.  Es  gibt  Volks-  und  Wanderlieder,  die  man  wohl 
verwenden  kann;  aber  es  gibt  mehr,  die  dazu  zu  schade  sind. 
A.  Hermann  bietet  uns  in  der  vorliegenden  Sammlung  eine  Reihe 
von  82  Tonstücken,  die  ganz  vorzüglich  dem  Zwecke  entsprechen. 
Die  meisten  Stücke  sind  geradezu  in  Musik  gesetzter 
Takt  und  lassen  sich  im  Knabenturnen  zu  Ordnungs-  und  Frei* 
Übungen,  zu  Hantel-  und  Stabübungen  ausgezeichnet  verwenden. 
Ihren  eigentlichen  Zweck  freilich  erreichen  sie  erst  im  Mädchen- 
tttmen  zur  Einübung  von  Zier-  und  Tanzschritten  und  wirklichen 
Tänzen  und  Reigen.  Die  Stücke  sind  zwar  nicht  streng  metho- 
disch geordnet,  doch  ist  eine  solche  Ordnung  beigegeben.  —  Die 
Anschaffung  der  Sammlung,  die  leider  viel  zu  wenig  bekannt  ist, 
kann  den  Herrn  Kollegen  nur  dringend  empfohlen  werden,  schon 

Wtad».  i.  d.  GTWDMialwMMi.    LXL    IS.  53 


§34  G.  Leaboicher,  Sehnlarzttätigk.  n.  Sebalgesandbeitspfle^e, 

um  der  Musik  erst  einmal  Eingang  in  unsre  Turnhallen  zu  ver- 
schaffen. Ob  man  dann  später  lieber  nach  dem  Flottenlied  oder 
nach  den  Klängen  der  Lustigen  Witwe  turnen  lassen  will,  ist 
ganz  gleich. 

Halle.  G.  Riehm. 


G.  Leubuselier,  SehaUrzttätigkeit  nnd  ScholgesuDdheitspflef^e. 
Leipzig  aod  Berlio  1907,  B.  G.  Teobaer.    70  S.     1,20  JL- 

Der  Verfasser,  Prof.  Dr.  G.  Leubuscher,  Regierungs-  und  Ge- 
heimer Medizinalrat  in  Meiningen,  hat  im  Jahre  1902  in  einer 
bei  Reuther  8:  Reichard  in  BeHin  unter  dem  Titel  „Staatliche 
Schulärzte'*  erschienenen  Broschüre  die  Grundzöge  der  schulärzt- 
lichen Organisation,  wie  sie  in  Sachsen-Meiningen  für  sämtliche 
Schulen  des  Herzogtums  seit  1900  (für  die  Volksschulen)  und  1901 
(für  die  höheren  Schulen,  auch  Seminare  und  Privatschulen)  fest- 
gelegt ist,  zugleich  mit  dem  Erfolge  der  erstmaligen  Untersuchungen 
veröffentlicht.  Jetzt  —  nach  fünf  Jahren  —  erscheint  es  ihm  an 
der  Zeit,  einen  kritischen  Oberblick  über  die  Ergebnisse  der  schul- 
ärztlichen Tätigkeit  und  ihren  Einfluß  auf  die  Schulgesundheits- 
pflege zu  geben.  Für  diesen  Bericht  haben  wir  Grund  dankbar 
zu  sein;  denn  wenngleich  das  Gebiet,  von  dem  wir  hören,  ein 
ziemlich  eng  begrenztes  ist,  auch  kaum  eines,  dessen  wirtschafi- 
liche  und  klimatische  Verhältnisse  für  größere  Teile  unseres  Vater- 
landes typisch  sein  dürften,  wenngleich  ferner  der  Bericht  über 
Beobachtungen  an  Volksschulkindern  den  breitesten  Raum  ein- 
nimmt, so  hat  die  Schrift,  abgesehen  davon,  daß  sie  viele  für 
jeden  Lehrer  beachtenswerte  Winke  im  einzelnen  gibt,  das  Gute, 
daß  sie  uns  zu  einem  besonnenen,  scharf  beobachtenden  Arzte 
Ton  reicher  Erfahrung  in  Beziehung  setzt  und  uns  zum  erneuten 
Durchdenken  wichtiger  Fragen  der  Jugenderziehung  und  Jugend- 
pflege zwingt. 

Das  steht  mir  —  meinen  persönlichen  Erinnerungen  und 
Erfahrungen  nach  —  fest,  daß  die  Schule  jahrzehntelang  den 
Körper  unserer  deutschen  Jugend  malträtiert,  zum  mindesten  ihm 
nicht  ausreichende  Beachtung  geschenkt  hat  Mi  und  daß  es  auch 
heutzutage  nicht  wenige  Lehrer  gibt,  die  immer  noch  jeder  aus- 
giebigeren Körperpflege  seitens  der  Schule  ablehnend  oder  miß- 
trauisch gegenüberstehen  aus  Furcht,  der  Dnterricht  und  besonders 
die  häusliche  Schularbeit  könnten  darunter  leiden.  Es  gibt  doch 
hoch  immer  Lehrer  —  junge  und  alte  — ,  denen  bei  aller  Pflicht- 
treue der  einzelne  Junge  nicht  mehr  ist  als  ein  Name  in  ihrem 
Notizbuch,  hinter  den  sie  gute  und  besonders  schlechte  Nummern 
setzen,  nicht  eine  aus  Geist  und  Körper  gewobene  Persönlichkeit, 


^)  MiD  denke:  Dnr  etwa  die  HSifte  aller  Militärpflichtigen  ist  dteast- 
tauglich,  hei  den  fiiojährigen  noch  nicht  die  Hälfte,  nach  einigen  Angaben 
aar  25<>/o,  nach  andern  sogar  nur  207o* 


KBgex.  Von  F.  Sattif^.  835 

die  ohne  gebührende  Berücksichtigung  des  Leiblichen  auch  ihrem 
geistigen  und  sittlichen  Wesen  nach  nicht  yoII  gedeihen  kann» 
Seltsamerweise  findet  man  hier  und  da  sogar  Lehrer,  die  für 
ihre  eigene  Person,  ihre  krankhaften  Zustände,  ihre  Nervosität 
und  ihre  Stimmungen  die  größte  Rücksichtnahme  verlangen,  aber 
kaum  daran  zn  denken  scheinen,  daß  sie  gleiche,  ja  erhöhte  Rück- 
sichtnahme der  noch  nicht  ausgereiften,  noch  in  jeder  Beziehung 
in  Entwicklung  begriffenen  Jugend  schulden.  Wieviel  Lehrer  z.  B* 
ahnen  denn  etwas  von  dem  bis  zu  Selbstmordgedanken  reizbaren 
Ehrgefühl  der  Mannbarwerdenden  und  handeln  danach?  Es 
schadet  nichts,  an  diesem  Punkte  immer  und  immer  wieder  die 
Gewissen  zu  schärfen.  Daß  unsere  deutschen  Schulen  dadurch 
zu  gemütlich  würden  oder  zum  Turnverein  oder  Fußballklub  mit 
fremden  Sprachen  und  Mathematik  als  Nebenfächern,  ist  kaum  zu 
befurchten. 

Aus  der  berechtigten  Sorge  für  den  gesunden,  rüstigen  Leib 
unserer  Jugend  ist  die  Schularztbewegung  hervorgegangen.  Kein 
Wunder,  daß  sie  in  naturgemäßer  Gegenwirkuog  gegen  die  be- 
obachtete Vernachlässigung  des  Körperlichen  hier  und  da  zu 
extremen  Forderungen  sich  hinreißen  ließ  und  den  Arzt  fast  zum 
Herrn  in  der  Schule  machen  wollte.  Natürlich  fehlte  es  nicht  an 
gereiztem  Widerspruch  auf  selten  der  Direktoren  und  Lehrer  der 
höheren  Schulen  gegen  diese  beabsichtigte  „ärztliche  Invasion''. 
Im  Laufe  der  letzten  Jahre,  stellt  Leubuscher  fest,  haben  sich  die 
Ansichten  geändert  und  geklärt:  „Die  Zahl  der  Vertreter  einer, 
sagen  wir,  konservativen  Richtung  ist  eine  recht  geringe  ge- 
worden" (S.  3). 

Was  ist  nach  Leubuschers  Auffassung  der  Amtsbereich  der 
Schulärzte  und  was  haben  sie  bisher  gewirkt?  Festzuhalten  ist: 
die  Schule  ist  keine  Sanitätsinstitution,  und  den  Charakter  einer 
solchen,  eines  Hospitals,  würde  es  der  Schule  verleihen,  wenn, 
wie  es  in  Neuyork  geschieht,  der  Arzt  täglich  die  Schule  revidieren 
und  einmal  wöchentlich  alle  Schulkinder  untersuchen  wollte.  Ein 
zweimal  im  Jahre  erfolgender  Besuch  der  Ärzte  in  den  Schulen 
hat  sich  als  ausreichend  erwiesen.  „Der  Frühjahrsbesuch  dient 
Torzugsweise  der  Untersuchung  der  Anfänger"  (L.  schreibt  In- 
zipienten!)  „und  der  krankheitsverdächtigen  Schüler,  der  Herbst- 
besuch dient  im  wesentlichen  einer  Revision  und  ist  für  die  Unter- 
suchung der  Konfirmanden  bestimmt'*  (L.  denkt  offenbar  nur  an 
Volksschulverhältnisse)  (S.  17  f.).  Regelmäßige  Sprechstunden  in 
den  Schulen  einzuführen,  ist  nicht  ratsam.  Als  zweckmäßig  ist 
anzusehen,  daß  in  regelmäßigen  vierjährigen  Zwischenräumen 
immer  wieder  eine  Gesamtuntersuchung  aller  Schuler  erfolge.  So 
wird  jedes  Volksschulkind  während  seines  Schulaufenthaltes  min- 
destens dreimal  untersucht.  —  Das  W^ichtigste  aber  ist,  daß  die 
durch  die  schalärztliche  Tätigkeit  aufgedeckten  Schäden  nun  auch 
beseitigt   werden.    „Die  Schularztinstitution   soll  nicht  nur  theo- 

53* 


836  &.  Leuboscher,  Schalarsttitigk.  o.  Schalgeiundlieitspflege» 

Fetisch-fitatistisches  Material  sammeln,  sondern  sie  soll  praktisch 
zur  Besserung  des  Gesundheitszustandes  der  Schuljugend  führen''. 
Zu  diesem  Zwecke  ist  einmal  auf  die  Herstellung  gutbelichteter, 
zweckmäßig  ventilierter,  mit  einem  Worte  gesunder  Schul- 
räume, auf  Entfernung  alter,  unhygienischer  Schulbänke,  auf  zweck- 
mäBige  Anlage  der  Aborte  usw.  zu  halten,  und  was  dies  Ge- 
biet anlangt,  „so  kann  man  nur  sagen,  daß  die  Schulärzte  auBer- 
ordenüich  viel  geleistet  haben''  (S.  19).  Was  aber  auf  der  andern 
Seite  die  schulärztliche  Tätigkeit  zur  Beseitigung  der  bei  den 
Schulkindern  gefundenen  krankhaften  Störungen  betrifft,  so  ist 
hier  die  Auskunft  keine  recht  befriedigende.  Der  Schularzt  „kann 
veranlassen,  daß  Kinder  mit  akuten  oder  chronischen  Infektions- 
krankheiten vom  Unterricht  ausgeschlossen  werden,  er  kann  dafür 
sorgen,  daß  Kinder  mit  Herzfehlern  und  Brüchen  vom  Turnen 
und  Baden,  andere  wieder  vom  Singen  dispensiert  werden,  daß 
Kinder  mit  Kurzsichtigkeit  und  Schwerhörigkeit  Plätze  auf  den 
vorderen  Schulbänken  erbalten  und  dergleichen  mehr"  (S.  20). 
Aber  „bei  allen  denjenigen  Leiden,  die  eine  länger  dauernde  ärzt- 
liche Behandlung,  ein  Verbringen  (?)  in  ein  Krankenhaus,  die  Vor- 
nahme einer  Operation  erfordern,  hat  nach  L.  der  Schularzt  nur 
den  Weg  der  Mitteilung  an  die  Eltern,  deren  Erfolg,  wie  dar- 
gelegt wird,  ein  zweifelhafter  bleibt,  —  auch  wohl  im  ganzen  bei 
Eitern  und  Schülern  höherer  Schulen. 

Danach  ist  die  Wirksamkeit  des  Schularztes  als  Schülerarztes 
gerade  keine  überwältigend  große.  Denn  was  von  den  Schul- 
ärzten nach  Leubuschers  Angabe  wirklich  geleistet  wird:  Aus- 
schluß offenkundig  kranker  Schüler  vom  Unterricht,  Dispensationen 
vom  Turnen  usw.,  Anweisung  besonderer  Plätze  für  Kurzsichtige 
und  Schwerhörige,  ist  wohl  schon  längst  überall  auch  ohne  be- 
sondere Schulärzte  von  Ärzten  oder  den  Lehrern  selbst  kurzer- 
band geübt  und  veranlaßt  worden.  Nein,  um  y,die  Wechsel- 
beziehung zwischen  Fehlern  und  Abnormitäten  der  Schüler  zu 
den  Einrichtungen  der  Schule"  festzustellen,  um  uns  zu  sagen, 
wieviel  Prozent  Schüler  an  „Myopie'*  leiden  oder  wieviel  kariöse 
Zähne  durchschnittlich  jedes  Schulkind  im  deutschen  Vaterlande 
im  Munde  hat,  —  dazu  brauchen  wir  wirklich  keine  besonderen 
Schulärzte;  das  mag  statistisches  Interesse  haben,  aber  gesünder 
wird  davon  kein  einziges  Kind. 

Wenn  schon,  denn  schon!  Ich  stimme  im  Grundsatze  durch- 
aus dem  Sonneberger  Schuldirektor  Enders  bei.  Die  schulärzt- 
liche Tätigkeit  muß  zu  einer  heilenden  ausgebaut  werden.  Alle 
die  Hygiene  des  Schulhauses  und  den  inneren  Schulbetrieb,  die 
Verteilung  der  Stunden,  Machmittagsunterricht  usw.  betreffenden 
Fragen  können  durch  Gesetze  und  Verordnungen  bis  ins  kleinste 
geregelt  werden;  ihre  Befolgung  überwachen  neben  den  Schul- 
aufsichtsbeamten die  zuständigen  Medizinalbeamten  (in  Preußen 
die  Kreisärzte).    Die  Arbeit   der  Schulärzte   betrifft   lediglich   das 


«Df^ei.  voB  F.  Salliff.  S37 

Gebiet  der  Schulerhygiene.  „Die  Feststellung  des  Gesundheits- 
zustandes der  Kinder,  seine^ Beobachtung  und  Förderung  ist  ihre 
ausschließliche  Aufgabe'^ 

Ganz  richtig!  Die  Schule  ist  keine  Sanitätsinstitution,  und 
das  Schulgebäude  kein  Lazarett;  aber  auch  das  Militär  ist  keine 
Sanitätsinstitution,  und  die  Kaserne  kein  Hospital,  und  doch 
können  wir  uns  kein  geordnetes  Heer  ohne  Militärärzte  denken, 
und  doch  ist  der  Offizier  und  nicht  der  Arzt  Herr  im  Hause. 
Ich  wußte  auch  nicht,  daß  sich  die  Sanitätsoffiziere  darum  be- 
drückt fühlten,  und  vermag  deshalb  beim  besten  Willen  nicht  ein- 
zusehen, wieso  L.  befürchten  kann,  falls  der  Lehrer  in  den  Hittel- 
punkt der  hygienischen  Fürsorge  trete,  werde  der  Arzt  zu  einem 
untergeordneten  Gehilfen  des  Lehrers  degradiert,  „zu  einer  Stellung, 
für  die  die  Ärzte  sich  mit  Recht  bedanken  werden*'  (S.  12). 

Ich  stelle  fest:  der  Lehrer  bleibt  Herr  im  Hause,  in  seiner 
Klasse,  er  muß  in  den  Mittelpunkt  der  hygienischen  Füsorge 
treten,  genau  so  wie  der  Hauptmann  in  seiner  Kompagnie  und 
die  Eltern  in  der  Familie.  Im  einzelnen  denke  ich  mir  die  Tätig- 
keit des  Schularztes  (vor  allem  an  höheren  Schulen)  etwa  folgender- 
maßen. 

Jeder  Junge,  der  vor  vollendetem  neuntem  Lebensjahre  in 
eine  höhere  Schule  eintreten  will,  hat  —  wie  bisher  —  ein  ärzt- 
liches Zeugnis  vorzulegen,  daß  er  körperlich  den  Anstrengungen 
gewachsen  ist.  Dieses,  wie  alle  anderen  von  Privatärzten  aus- 
gestellten Zeugnisse  hat  der  Schularzt  nachzuprüfen  und  nach 
dem  Ergebnis  dieser  Prüfung  die  Annahme  oder  Zurückstellung 
des  Jungen  zu  verfügen.  Dasselbe  gilt  in  entsprechender  Weise 
von  den  privatärztlichen  Zeugnissen  für  Entbindung  vom  Turnen, 
Singen  usw.  —  Jeder  Klassenlehrer  hat  gleich  in  der  ersten  Stunde 
des  Schuljahres  die  körperlichen  Mängel  seiner  Schüler  (Kurz- 
sichtigkeit, Schwerhörigkeit,  Vorhandensein  von  Brüchen  u.  ä.) 
durch  einfache  Befragung  festzustellen  und  danach  seine  Maß- 
nahmen zu  treffen,  d.  h.  den  Kurzsichtigen  und  Schwerhörigen 
geeignete  Plätze  anzuweisen,  die  andern  dem  Schularzt  vorzu- 
stellen. —  Zu  Anfang  jedes  Schuljahres  werden  sämtliche  Schüler 
vom  Turnlehrer  gewogen  und  nach  Körperlänge  und  Brustumfang 
(Unterschied  zwischen  Aus-  und  Einatmung)  gemessen.  Die  Er- 
gebnisse werden  für  jeden  Schüler  auf  ein  besonderes  Blatt  ge- 
schrieben, das  den  Jungen  während  seiner  ganzen  Schulzeit  be- 
gleitet (beim  Schulwechsel  der  neuen  Schule  zugestellt  wird),  so  * 
daß  man  mit  einem  Blicke  seine  körperliche  Entwicklung  vom 
Eintritt  in  die  Sexta  bis  zur  Keifeprüfung  überschauen  kann. 
Diese  Blätter  werden  nach  ihrer  Ausfüllung  dem  Schularzt  vor- 
gelegt, der  daraus  feststellen  kann,  wo  auffallender  Stillstand, 
rückgängige  Entwicklung  oder  sonstige  bedenkliche  Erscheinungen 
(etwa  unnormal  geringe  Brustausweitung  beim  Atmen)  vorliegen. 
In   solchen  Fällen    wird    er   durch  genaue  Untersuchung  der  be- 


838  ^'  Leabüscher,  SchnUrzttätigk.  n.  Scholgesandheitspflege, 

treffenden  Schüler  den  Grund  feststellen  und  Abhilfe  zu  schaffen 
suchen.  Außerdem  hat  er  sämtliche  Schüler  auf  ihre  Seh-  und 
Hörschärfe,  die  Beschaffenheit  ihrer  Zähne  und  endlich  auf  die 
ihres  Nervensystems  zu  untersuchen  und  den  Befund  in  die  oben 
erwähnten  Listen  einzutragen.  Bemerkungen  über  überstandene 
Krankheiten  oder  Operationen,  über  vorhandene  körperliche 
Schwächen,  Gebrechen  usw.  bringen  die  Aufstellungen  zum  Ab- 
schluß. —  Diese  Listen,  die  stets  bis  spätestens  Pfingsten  aus- 
gefüllt sein  müssen,  werden  den  Klassenlehrern  zu  fleißigem  und 
sorgfältigem  Studium  empfohlen.  Betont  sei  noch  einmal,  daß  es 
sich  hier  nirgends  um  statistische  Ermittelungen  handelt,  sondern 
um  heilendes  Handanlegen. 

Im  weiteren  Verlaufe  des  Schuljahres  entwickelt  sich  die 
Sache  etwa  so:  der  Lehrer  bemerkt  z.  B.  bei  einem  Schüler  An- 
zeichen rascher  geistiger  oder  körperlicher  Erschlaffung,  früher 
nicht  beobachtete  Stumpfheit,  auffallend  schlechtes  Aussehen,  fort- 
währende Erkältungserscheinungen,  nervöses  Augenzwinkern  oder 
ähnliche  Zuckungen,  nach  Turnübungen  oder  nach  raschem  Laufe 
statt  normaler  Erhitzung  plötzliches  Erblassen  u.  dergl.  m.  Ist  ihm 
sein  Schüler  eine  wertvolle  Persönlichkeit,  für  deren  ganzes  Wohl 
einzustehen  seine  Pflicht  ist,  so  werden  ihm  diese  Beobachtungen 
Grund  genug  sein,  diese  Schuler  dem  Arzte  zuzuführen,  der  viel- 
leicht hier  Blutarmut  oder  einen  Herzfehler  feststellen,  dort  einen 
operativen  Eingriff  in  den  Nasenrachenraum  für  nötig  befinden, 
anderswo  einer  beginnenden  Erkrankung  der  Atmungsorgane  ent- 
gegenarbeiten, immer  aber  heilend  eingreifen  wird. 

Ich  lasse  die  Frage  unentschieden,  ob  der  Arzt  im  Anstalts- 
gebäude seine  regelmäßige  Sprechstunde  abhalten  soll  oder  die 
Jungen  in  seine  Wohnung  zu  schicken  sind.  Diese  wie  manche 
andere  praktischen  Fragen,  z.  B.  ob  stets  der  beamtete  (Kreis-) 
Arzt  zugleich  Schularzt  sein  soll  oder  andere  Ärzte  als  solche  an- 
zustellen sind,  werden  zweckmäßig  aus  den  gegebenen  Verhält- 
nissen heraus,  vor  allem  auch  danach,  ob  die  Anstalt  in  einer 
Großstadt  liegt  oder  nicht,  ob  eine  oder  mehrere  höhere  Schulen 
am  Orte  sind,  zu  entscheiden  sein.  Auch  die  Befürchtung  macht 
mir  wenig  Kummer,  daß  die  Schulärzte  den  anderen  Kollegen 
einen  Teil  ihrer  Praxis  entziehen;  man  wird  darüber  schelten  und 
sich  mit  der  Zeit  beruhigen  und  die  Sache  endlich  ganz  natürlich 
finden.  —  Wer  die  Kosten  der  schulärztlichen  Behandlung  tragen 
soll?  fragt  man  endlich.  Natürlich  erhalten  die  Schulärzte  vom 
Staate  oder  von  der  Stadt  eine  entsprechende  Besoldung.  Auch 
könnten  ja  die  Schüler  beim  Eintritt  in  die  Schule  mit  etwa 
3 — 5  JC  zu  ihrer  Deckung  mitherangezogen  werden.  —  Die 
Kosten  für  die  verschriebenen  Arzneien  und  Stärkungsmittel  müßten 
zunächst  die  einzelnen  oder  vielmehr  ihre  Eltern  tragen.  Aber 
auch  hier  könnte  man  vielleicht  an  die  Entrichtung  einer  all- 
jährlichen oder  einmaligen  Pauschsumme   denken.     Auch   private 


angez.  tob  F.  Sättig.  839 

^Tohltäligkeitsfibung  hätte  hier  ein  weites  Feld;  bei  Gymnasial- 
Jubiläen  z.  B.  sollten  Sammlungen  für  solche  Zwecke,  etwa  für 
Land-  oder  Badeaufenthalt  kranker  oder  erholungsbedürftiger 
Schuler,  veranstaltet  werden.  Es  gibt  der  gangbaren  Wege  viele, 
wenn  nur  der  gute,  feste  Wille  da  ist  und  die  feste  Überzeugung 
Yon  der  Notwendigkeit  derartiger  Maßnahmen. 

Freilich,  mancher  im  Alter  eingerostete  laudator  temporis 
acti  wird  all  diese  Vorschläge  lächerlich,  zum  mindesten  undurch- 
führbar finden.  Das  kann  mich  wenig  irre  machen.  Alle  Reformen, 
die  kleinsten  wie  die  größten,  sind  zuerst  für  undurchführbar 
gehalten  worden,  hinter  allen  sah  man  den  Zusammenbruch  und 
den  Weltuntergang;  aber  sie  setzten  sich  durch,  und  die  Welt 
sollte  ihre  Bahn  weiter,  und  bald  schien  es,  als  ob  es  gar  nicht 
anders  sein  könnte.  Das  ist  die  unbesiegliche  Macht  der  ewigen 
Wahrheit,  die  sich  auch  an  ihren  letzten  Ausstrahlungen  offenbart. 

Ich  weise  noch  auf  einige  Einzelheiten  in  Leubuschers  Aus- 
führungen hin. 

Er  will  die  besondere  Ausbildung  der  Schulärzte  in  besondere 
schulärztliche  Ausbildungs-  und  Fortbildungskurse  verlegt  wissen; 
an  diesen  würden  „an  erster  Stelle  die  Vertreter  der  Hygiene, 
der  Augenheilkunde,  der  Ohrenheilkunde,  der  Nervenheilkunde, 
der  Psychiatrie  und  der  Kinderheilkunde  sich  beteiligen  müssen. 
Außerdem  aber  wäre  jedenfalls  ein  Pädagoge  als  Vortragender  zu 
gewinnen*'  (S.  17).  —  Auch  für  die  Lehrer  ist  hygienische  Vor- 
bildung unerläßlich.  „Die  Schulhygiene  ist  ein  notwendiger  Be- 
standteil der  Vorbildung  der  Kandidaten  des  höheren  Lehramts*' 
(Resolution    des    deutschen  Oberlehrertages  zu  Eisenach)   (S.  63). 

Zu  den  Amtspflichten  der  Schulärzte  gehören  auch  hygienische 
Vorträge  an  Elternabenden  (S.  22  ff.),  auch  solche  zur  Bekämpfung 
des  Alkoholismus,  ein  Gebiet,  auf  dem  von  den  Eltern  vielfach 
nur  aus  Gedankenlosigkeit  und  Unwissenheit  gesündigt  wird,  weil 
sie  im  Alkohol  ein  Stärkungsmittel  für  ihre  Kinder  sehen  (S.  63). 
Auffallend  ist  der  sehr  starke  Prozentsatz  von  Kurzsichtigen  auch 
in  rein  landwirtschaftlichen  Gegenden  bis  zu  25  Vo  (S.  26).  Man 
wird  daraus  den  Schluß  ziehen  dürfen,  daß  die  höhere  Schule 
nicht  so  ausschließlich  die  Augenverderberin  ist,  als  die  sie  ge- 
wöhnlich hingestellt  wird.  Seit  mehreren  Jahren  prüfe  ich  an 
dem  mir  unterstellten  Progyronasium  alle  Schüler  auf  ihre  Seh- 
schärfe und  glaube  die  Beobachtung  gemacht  zu  haben,  daß  sich 
nur  sehr  wenige  ihre  Augen  während  der  Schulzeit  verderben. 
Wo  Rückgang  der  Sehschärfe  vorlag,  waren  entweder  bestimmte 
äußere  Gründe  nachweisbar  —  vorangegangene  Augenentzündungen, 
äußere  Verletzungen  —  oder  eine  bereits  mitgebrachte,  wohl  zu- 
meist ererbte  Schwäche  hatte  sich  im  Laufe  der  Jahre  gesteigert. 

Bezüglich  der  Tuberkulose  bemerkt  Leubuscher  nach  Mit- 
teilung der  statistischen  Berechnungen,  wonach  für  Berlin  bei 
0,399  Vo  Schulkindern  Tuberkulose  festgestellt  ist,  für  das  Herzoge- 


g40   G.  Leoboscher,  Schnlarzltätigk.  n.  SchnlgeiODdheitspflege, 

tum  Sachsen-Meiningen  i.  J.  1905  unter  ungefähr  46000  Schul- 
kindern nur  38  Tuberkulöse  aufgeführt  sind,  er  könne  danach 
der  Schule  für  die  Verbreitung  der  Tuberkulose  nicht  die  Be- 
deutung zusprechen,  wie  es  von  mancher  Seite  geschehe  (S.  30). 

Wichtig  für  jeden  sorgfaltigen  Lehrer,  ist  der  Hinweis  auf  das 
häufige  Auftreten  anorganischer  Herzslörungen  in  den  Entwicklungs- 
jahren, die,  wenn  sie  auch  meist  vorübergehender  Natur  sind  und 
im  Wachstum,  in  Blutarmut,  in  nervösen  Momenten  begründet, 
doch  ernste  Beachtung  verdienten,  weil,  abgesehen  davon,  daß  mit 
Sicherheit  vielfach  nicht  zu  entscheiden  ist,  ob  es  sieb  um  organische 
oder  anorganische  Veränderungen  handelt,  man  wohl  auch,  an- 
nehmen kann,  „daß  ein  Teil  der  anorganischen  Störungen  zu 
bleibenden  Veränderungen  des  Herzens,  zu  Verdickungen  der 
Herzwand  und  Erweiterung  der  Herzhöhlen  führen  kann.  Es  geht 
daraus  für  den  Schularzt  die  Mahnung  hervor,  auch  bei  solchen 
anorganischen  Störungen  die  Kinder  vom  Turnen  und  Baden  zu 
dispensieren  und  die  Eltern  auf  die  Gefahren  von  stärkeren  körper- 
Uchen  Anstrengungen  aufmerksam  zu  machen'*  (S.  35).  —  Ich 
gehe  darauf  ein,  weil  vielfach  die  Neigung  zu  bestehen  scheint, 
derartige  Störungen  der  Herztätigkeit  sehr  leicht  zu  nehmen,  ihre 
Geltendmachung  wohl  gar  als  „Druckerei*'  aufzufassen. 

Gleich  beachtenswert  sind  Störungen  im  Nasen-  und  Bachen- 
raum. Teilnahmlosigkeit  (Stumpfsinn)  hat  häufig  hier  ihren  Grund. 
Meiner  Ansicht  nach  drückt  sich  L.  zu  vorsichtig  aus,  wenn  er 
bei  Besprechung  geistig  minderwertiger  Kinder  sagt,  „daß  derartige 
Störungen  auch  die  geistige  Entwicklung  der  Kinder  beeinflussen 
können,  ist  zweifellos''  (S.  46). 

Beschämend  für  die  höheren  Schulen  ist  die  Mitteilung  aus 
dem  Bericht  eines  Schularztes  aus  einer  Beal&chule:  „Bei  einer 
großen  Anzahl  Schüler,  besonders  der  mittleren  Klassen,  fand 
sich  eine  außerordentlich  mangelhafte  Hautpflege.  Elf  Schüler 
(von  wievielen?)  mußten  als  direkt  unsauber  bezeichnet  werden. 
Entsprechend  der  schlechten  Hautpflege  kamen  in  einer  Anzahl 
von  Fällen  Hautausschläge  . . .  zur  Beobachtung,  zweimal  Schuppen- 
flechte, einmal  Gürtelrose"  (S.  49). 

Auf  den  Seiten  50 — 61  macht  Leubuscher  eingehende  Mit- 
teilungen aus  den  statistischen  Erhebungen  über  den  Aikoholgenuß 
der  Schulkinder.  Seiner  grundsätzlichen  Stellungnahme  zur  Alkohol- 
frage wird  man  nur  zustimmen  können.  „Daß  der  Alkohol  in 
kleineren  Mengen  für  den  gesunden  Erwachsenen  absolut  schäd- 
lich sein  sollte,  ist  sehr  zu  bezweifeln.  Bei  Kindern  liegt  die 
Sache  anders,  hier  ist  Alkohol  in  jeder  Form  nicht  nur  unnütz, 
sondern  direkt  schädlich  (S.  50).  Zur  Bekämpfung  des  Alkoholismus 
ist  zunächst  der  Weg  der  Belehrung  zu  empfehlen.  Hier  wird 
auf  den  Vorgang  verschiedener  Staaten  Nordamerikas,  vorzüglich 
von  Illinois,  und  von  Ungarn  hingewiesen.  Für  das  Herzogtum 
Sachsen-Meiningen   ist   bestimmt,    „daß  in  den  obersten  Klassen 


angez.  V0D  F.  Sattig.  g41 

aller  Schulen  und  der  Seminare  eine  Stunde  im  Monat  dem  be* 
sonderen  Unterricht  üher  die  Schädlichkeit  des  Alkoholgenusses 
mit  eingehender  Begründung  aus  der  Physiologie  und  Gesundbeits- 
lehre  gewidmet  wird.  Ein  entsprechender  Lehrplan  mit  Verteilung 
des  Unterrichtsstoffes  auf  zehn  Monatspensen  ist  zugrunde  zu 
legen"  (S.  62).  Dieser  Apparat  will  mich  etwas  zu  groß  dünken; 
auch  gibt  das  Wissen  um  die  Schädlichkeit  einer  Sache  noch  nicht 
den  festen  Willen,  sie  zu  meiden;  Tugend  ist  kein  Wissen.  Neben 
der  im  naturwissenschaftlichen  Unterricht  zu  gebenden  notwendigen 
Belehrung  —  aber  man  mache  daraus  keinen  neuen  Unterrichts- 
und  gar  Prüfungsgegensland!  —  schaffe  man  gesunde  Lebens- 
Yerhältnisse  und  stärke  Charakter  und  sittlichen  Willen.  Hier  soll 
und  kann  jeder  sittlich  ausgereifte  Lehrer,  nicht  zum  mindesten 
der  Religionslehrer,  ohne  groBe  physiologische  und  hygienische 
Fachkenntnisse  mitwirken.  Hier  tut  vielleicht  ein  gelegentlicher 
kräftiger  Appell  eines  geliebten  Lehrers  mehr  als  der  peinlich  auf 
zehn  Monatspensen  verteilte  Unterrichtsstoff.  Schmählich,  sich 
durch  Trunkenheit  zum  vernunftlosen  Tier  zu  erniedrigen!  Un- 
würdig auch  des  freien  ßurschen,  sich  durch  stumpfsinniges  ge- 
zwungenes Bierschlucken  zum  Sklaven  zu  erniedrigen  1  Ehre  dem, 
der  sich  seine  Freiheit  wahrt  und  sich  seinen  Leib  frisch,  ge- 
schmeidig, rüstig  erhält!  —  Grundbedingung  aber  eines  erfolg- 
reichen Kampfes  gegen  alle  Ausschreitungen  auf  diesem  Gebiete 
ist  das  vorbildliche  Leben  der  Lehrer.  Ein  Lehrer,  dem  sein 
täglicher  Schoppen  zur  philisterhaften  Gewohnheit  geworden  ist, 
der  sich  selbst  in  rauchgeschwängertem  Bierdunst  behaglich,  „ge- 
mütlich^* fühlt,  wird  hier  nicht  erziehlich  zu  wirken  vermögen. 

Berechtigt  ist  die  Forderung  eingehenderer  hygienischer  Be- 
lehrungen auf  den  höheren  Schulen;  ich  sage:  eingehenderer; 
denn .  schon  jetzt  fordern  für  Preufien  die  Lehrpläne  im  natur- 
wissenschaftlichen Unterricht  der  0  lU  „Unterweisungen  über  Ge- 
sundheitspflege'S  was  L.  nicht  zu  wissen  scheint;  —  vernünftig, 
daß  er  daraus  kein  eigenes  Unterrichtsfach  geschaffen  sehen  will, 
sondern  damit  zufrieden  ist,  wenn  „im  Anschluß  an  die  bereits 
gelehrten  naturwissenschaftlichen  Fächer,  im  Anschluß  an  die 
Biologie,  an  die  Physik  und  an  die  Chemie  die  erforderlichen 
Grundlehren  der  Gesundheitspflege  vorgetragen  werden**  (S.  64). 
Als  einen  ^kleinen  Ersatz*'  bierfür  sieht  L.  die  Einrichtung  von 
Samariterkursen  für  die  Primaner  an,  wie  solche  bereits  in  einer 
Anzahl  höherer  Schulen  auf  Anregung  des  Deutschen  Samariter- 
bundes gehalten  werden.  L.  selbst  hat  solche  Kurse  seit  zwei 
Jahren  vor  den  Schülern  der  beiden  höheren  Lehranstalten 
Meiningens  gehalten.  „Wenn  ein  solcher  Kursus  sich  auch  nur 
auf  12 — 20  Stunden  erstreckt,  so  lassen  sich  sehr  wohl  und  in 
fegischem  Zusammenhang  mit  den  eigentlichen  Aufgaben  des 
Samariterkursus  grundlegende  hygienische  Fragen,  in  knapper 
Form  vorgetragen,  verbinden**  (S.  65). 


842    G.  Leaboscher,  Schulirzttiitigk.  n.  Schalg^esaDdheitspflege, 

Die  SchluBausföhrungen  L.s  beschäftigen  sich  mit  der  sexuellen 
Beiehrung  der  Jugend.  Hier  werden  nicht  nur  die  extremen 
Forderungen  Maria  Lischnewkas,  einer  Huferin  im  Streit  im  Bunde 
für  Mutterschutz,  als  „Frevel  an  der  Kindesseele*'  energisch  ab- 
gelehnt —  „man  kann  behaupten,  daß  bei  dieser  vorgeschlagenen 
Art  des  Unterrichts  am  Schluß  nur  noch  die  bildliche  oder  figür- 
liche Darstellung  des  menschlichen  Geschlechtsaktes  selbst  fehlt" 
(S.  64)  — ,  sondern  es  wird  jede  sexuelle  Aufklärung  während 
der  Schulzeit  als  bedenklich,  weil  leicht  gerade  die  Sinnlichkeit 
reizend,  hingestellt.  Meines  Erachtens  kennt  L.  die  wirklichen 
Verhältnisse  unter  der  Jugend  zu  wenig,  als  daß  sein  Urteil  darin 
maßgebend  sein  könnte.  Ich  gehe  hierauf  nicht  weiter  ein,  weil 
ich  mich  an  anderer  Stelle  bereits  (bei  Gelegenheit  der  Besprechung 
des  Wegnerschen  Buches  „Wir  jungen  Männer''  auf  S.  376. ff.  des 
laufenden  Jahrganges  dieser  Zeitschrift)  dazu  geäußert  habe.  Frei- 
lich ist  vorzeitige  Aufklärung  vom  Übel;  rechtzeitige  aber  — 
spätestens  im  14.  Jahre  —  notwendig.  Der  naturwissenschaftliche, 
biologische  Unterricht  hat  hier  vorzuarbeiten.  Die  Hauptsache 
bleibt  der  sittlich  erziehliche  Einfluß  kraftvoll  männlicher  Lehrer- 
persönlichkeiten. Auch  hier  wird  der  Religionslehrer  eine  wichtige 
Rolle  spielen,  neben  ihm  aber  alle  die,  die  berufen  sind,  die 
Jugend  in  das  Verständnis  der  Literaturwerke  einzuführen  mit 
ihrem  alten  und  stets  neuen  Problem  des  Eros,  unbesiegt  im 
Kampf.  Das  Verständnis  von  der  Wurde  hoher  heiliger  Liebe,  die 
stark  ist  wie  der  Tod,  wird  die  beste  Wehr  und  Waffe  sein  gegen 
die  Verführung  der  ^A(pQo6itfj  nävdfjfAog, 

Bemerkenswert  erscheint,  daß  nach  L.  die  schädigenden 
Wirkungen  der  Onanie  überschätzt  werden.  Krankhafte  Störungen 
als  Folge  der  Onanie  seien  selten;  die  Onanie  sei,  wo  sie  in 
exzessiver  Weise  betrieben  werde,  nicht  Ursache,  sondern  Er- 
scheinung einer  in  der  Entwicklung  begriffenen  Erkrankung  oder 
einer  dauernd  bestehenden  degenerativen  Veranlagung  (8.  68). 

Sexuelle  Belehrung  während  der  Schulzeit,  wie  gesagt,  lehnt 
L.  ab;  dagegen  hält  er  es  für  richtig,  „daß  eine  sexuelle  Auf- 
klärung, die  sich  auf  die  Entwicklung  des  Geschlechtsapparats,  auf 
die  Gefahren  der  übermäßigen  und  frühzeitigen  Inanspruchnahme 
dieser  Organe,  sowie  über  die  Verbreitung  und  die  Gefahren  der 
Geschlechtskrankheiten  erstreckt,  den  jungen  Leuten  bei  ihrem 
Austritt  aus  der  Schule  gegeben  werden.  Bei  den  Schülern  der 
höheren  Lehranstalten  würde  somit  die  sexuelle  Aufklärung  nach 
dem  Abiturientenexamen,  für  die  Schüler  der  Volksschule  bei  dem 
Verlassen  der  Fortbildungsschule  zu  erfolgen  haben''  (S.  69). 

Als  Abschluß  dieser  über  Erwarten  lang  ausgefallenen  Be- 
sprechung eine  kurze  Bemerkung.  Wenn  ich  warm  für  stärkere 
Berücksichtigung  des  leiblichen  Wohles  unserer  Jugend  eintrete, 
so  tue  ich  es  nicht  in  der  Absicht,  die  Jungen  zu  verzärteln, 
sondern   gerade    um    ein  kerniges,    festes  Geschlecht  zu  erzielen, 


ange«.  vod  F.  Stttig.  843 

das  seinen  Mann  steht  zu  Lande  und  zu  Wasser,  im  Mutterlande 
und  draußen,  das  fest  zugreift  und  festhält,  wo  die  Geschicke  der 
Völker  entschieden  werden.  Ich  weiß  es  so  gut  wie  einer:  es  ist 
der  Geist,  der  sich  den  Körper  baut.  Drum  ist  und  bleibt 
Geistesbildung  das  Höchste  und  Letzte,  nicht  aber  so,  daß  man 
ihn  bis  zum  Ersticken  mit  totem  Wissen  belastet,  sondern  daß 
man  ihn  zu  festem,  sittlichem  Wollen  erzieht.  Und  dieser  so  ge- 
bildete Geist  soll  und  wird  sich  seinen  Körper  bauen  zum  tüchtigen, 
nie  versagenden  Werkzeug  kraftvoller  sittlicher  Betätigung. 

Goldberg  L  Schi.  Fritz  Sattig. 


DRITTE  ABTEILUNG. 


BERICHTE  Ober  Versammlungen,  Nekrologe,  miszellen. 


VerhaDdlungen  der  Direktoren -VersammlaDgen 

in  den  Provinzen  des  Königreichs  Preufsen  seit  dem  Jahre  1879. 

Berlin  1907,  Weidmannsche  Buchhandlang. 

71.  Band.    Neunte  Direktorea-VerstninlnDg  in  der  Rheinprovioz. 

1.  Ist  eine  freiere  BehaDdlang  des  LehrpUns  der  obereo  Klassen  höherer 
Lehranstaltea  wÖDscheoswert?  Welche  Formen  freierer  Behandlang  sind 
vornehmlich  anzustreben  und  kSnoen  mit  den  der  Schale  zar  VerfnguDg 
stehenden  Mitteln  verwirklicht  werden  T 

2.  Der  natarwissenschaftliche  Unterricht  mit  besonderer  Berüeksichtigoog 
der  Biologie  und  der  praktischen  Obungen. 

3.  Die  schriftlichen  Klassenarbeiten  und  ihre  Wertung  für  die  Be- 
urteilung der  Schüler. 

4.  Was  kann  die  Schule  als  solche  tun,  um  ihre  Schüler,  auch  nich 
ihrem  Eintritt  ins  Leben,  vor  sittlichen  Verirrungen  zu  bewahren? 

5.  Was  kann  geschehen  zu  einer  besseren  Pflege  der  Handschrift  bei 
den  Schiilern  höherer  Lehranstalten? 

6.  Wie  lassen  sich  durch  zweckmäßige  Einteilung  und  Gestaltung  des 
französischen  Unterrichts  auf  der  Tertia  der  Gymnasien  die  Forderungen  der 
Lehrpläne  erfüllen? 

72.  Band.     Zehnte  Direktoren -Versammlung  in  der  Provinz  Hannover. 

1.  Wie  hat  die  Schule  für  die  Gesundheit  der  Schüler  zu  sorgen? 

2.  Die  Bewegungsfreiheit  in  den  oberen  Klassen  der  höheren  Schulen. 

3.  Die  philosophische  Propädeutik  im  Unterricht  der  Prima  unserer 
Vollanstalten. 

4.  Die  naturwissenschaftlichen  Ausflüge  (Unterricht  im  Freien). 

5.  Behandlung  und  Wertung  der  Extemporalien. 

6.  Was  kann  die  Schule  zur  Sicherung  einer  leserlichen  Handschrift 
beitragen  ? 

73.  Band.     Neunte  Direktoren -Versammlang  in  Schleswig-Holstein. 

1.  Welche  Mittel  stehen  der  Schule  zu  Gebote,  um  auf  die  Eltern 
ihrer  Zöglinge  einzuwirken,  und  wie  kann  sie  diese  Mittel  zum  Zwecke  er- 
sprießlichen Zusammenarbeitens  von  Schule  und  Haus  am  erfolgreichsten 
gebrauchen  ? 


VerhaBdIangeo  d«r  Dtrektorei-VeriammlaDgeo.  S45 

2.  Wodnrch  ISfit  sich  die  mehrftch  geforderte  größere  Freiheit  aod 
Selbetandjgkeit  der  Stadien  und  Arbeiten  in  der  Prima  ermöglichen  and 
fordern  ? 

3.  In  welchem  Umfange  kann  der  natnrwisRenschaftliehe  Unterricht 
der  Forderung,  biologische  Kenntnisse  in  genSgeadem  Maße  zu  vermitteln, 
innerhalb  des  Rahmens  der  Lehrpline  von  1901  gerecht  werden? 

4.  Wie  ist  der  mathematische  Unterricht  sowohl  seinem  Inhalte  als 
auch  der  Form  seiner  Darbietang  nach  in  gestalten,  um  ihn  insbesondere 
mit  Benatzung  elementarer  Anschanangen  ans  der  Dülerential-  ond  Integral- 
rechnong  mehr  als  bisher  den  Zwecken  der  Allgemeinbildnng  dienstbar  zu 
machen? 

5.  In  welchem  Umfange  und  in  welcher  Weise  soll  die  neuere  deatsche 
Literatur  im  Unterrichte  behandelt  werden?  Wie  ist  insbesondere  die  Privat- 
lektäre  der  einzelnen  Schüler  auf  diesem  Gebiete  für  die  Gesamtheit  der 
Schüler  nutzbar  zu  machen? 

74.  Band.    Zehnte  Direktoren -Versammlung   in    der  Provinz  Sachsen. 

1.  Wie  ksnn  den  Schülern  der  höheren  Schulen  das  Verständnis  des 
Geistes-  und  Knltnrlebens  der  Alten  mehr  als   bisher    erschlossen    werden? 

2.  Was  kann  innerhalb  der  gegenwürtigen  Lehrpläne  seitens  der  Sehale 
für  die  Pflege  des  Kunstsinnes  und  des  Runstverstiindnisses  geschehen? 

3.  Durch  welche  Mittel  ist  auf  doo  obersten  Klassenstufen  eine  Brücke 
zu  schlagen  von  der  Gebundenheit  der  Schule  zur  Freiheit  des  Universitäts- 
lebens? 

4.  Welche  Erfahrungen  sind  mit  den  Versetzungsbestimmnngen  von 
1901  gemacht  worden? 

5.  Bedeatiing  und  Maß  biologischer  Unterweisungen  im  Unterricht  der 
höheren  Sehulen  unter  Beantwortang  der  Frage:  Wie  kann  die  Biologie  in 
den  oberen  Klassen  genügende  Berücksichtigung  finden,  ohne  daß  ihr  Im- 
sondere  Unterrichtsstunden  zugewiesen  werden? 


VIERTE  ABTEILUNG. 


EINGESANDTE  BOGHEB 

(BesprechnDg  eiazeloer  Werke  bleibt  vorbebalten). 


1.  MoDatssehrift  für  Schalgesaoi^yberaas^egebeDvoDF.Wieder- 
maDD  aod  E.  Paul.    Jahrg.  2,  Heft  2—6  (S.  25—144). 

2.  Die  Stimme,  Zeotralorgao  fiir  Stimm-  ood  ToobildoDg  naw.  Her- 
aosgegebea  vod  Th.  S.  Flatau,  K.  Gast  ood  K,  Goaiade.  Jahrg.  1»  Heft  9 
(S.  257—288). 

3.  Vierteljahrsscbrift  für  körperliebe  BrziehsDg,  heraoa- 
gegebeo  von  L.  Burgersteia  aod  V.  P immer.    Jahrg.  3,  Heft  2  (S.  73 — 136). 

4.  Bericht  über  die  am  2.  nad  S.April  1907  ia  Leipzig  ab- 
gehaltene siebzehnte  Jahresversammlaag  des  Sächsischen  Gym- 
nasiallehrervereins,  erstattet  vom  Vorstande  des  Vereins.  Leipzig 
1907,  Dürrsche  Bachhandlnng.     68  S. 

5.  Mikrokosmos.  Zeitschrift  zor  Förderung  wissenschaftlicher  Bildung, 
herausgegeben  von  der  Deutschen  mikro logischen  Gesellschaft  unter  der 
Leitung  von  R.  H.  Fr anc^- München.  Band  I,  Heft  1—4.  Jährlieh  8  Hefte, 
für  f^icbtmitglieder  6  JC-  Mitglieder  der  Deutschen  mikroiogischen  Gesell- 
schaft erhalten  die  Zeitschrift  kostenlos. 

6.  Deutsche  Lehrervereins-Warte.  Zentral-Blatt  für  das  Vereios- 
wesen  der  gesamteo  Lehrervereine  Deutschlands.  Herausgegebeo  von 
R.  Fttlde  in  Wald  (Rheinlaad).     Jahrg.  1,  Heft  t. 

7.  IIaidaytjy$x6v  öeltioVy  ixMofievov  vno  loij  Iv  Idd-^nuig 
^EkXrivtxov  ^i&aaxalixov  avlXoyov.     TofioQ  nptitog.     *Ev  ji&rjvaii  1906. 

8.  A.  Ufferheimer  und  0.  Stäblin,  Warum  kommen  die  Rinder 
in  der  Schule  nicht  vorwärts?  Zwei  Vorträge  vor  der  Schulkommission 
des  Ärztlichen  Vereins  in  München.  München  1907,  Ärztliche  Rundschau 
(0.  Gmelio).     56  S.     Lex.- 8.     1,40^. 

9.  K.Roller,  Lehrerschaft  and  Schulhygiene  io  Vergangen- 
heit und  Gegenwart.  Leipzig  1907,  B.  G.  Teubner.  35  S.  0,80.^. 
(8.-A.  aus  „Gesunde  Jugend**  6.  Jahrgang.) 

10.  F.  W.  Foerster,  Schule  und  Charakter.  Beiträge  zur  Päda- 
gogik des  Gehorsams  und  zur  Reform  der  Schuldisziplin.  £rste  und  zweite 
Auflage.     Zürich  1907,  Schultheß  ft  Co.     213  S. 

11.  W.  Ostermann,  Das  Interesse.  Eine  psychologische  Unter- 
suchung mit  pädagogischen  Nutzanwendungen.  Zweite  Auflage.  Oldenburg 
und  Leipzig  1907,  Scholzes  Hofbuchhaadinug,  Rudolf  Seh wartz.  IV  u.  184  S. 
1,80  JC- 

12.  P.  Hoffmann,  Die  Bedeutung  der  Farbenblindheit  für 
die  Schule.     Leipzig  1907,  Quelle  &  Meyer.    39  S.    0,80^. 

13.  A.  Höfler,  Zehn  Lesestücke  aus  philosophischen  Klassi- 
kern.    Vierte  Auflage.    Leipzig  1907,  G.  Freytag.     51  S.     1  JC* 

14.  Alfred  Holder,  Ait-celtischer  Sprachschatz.  Siebzebate 
Lieferung:    U  —  Ves-onti-ö(D).     Leipzig  1907,    B.  G.  Teubner.     255  S.    ^  JC. 

15.  G.  Weitzenböck,  Lehrbuch  der  französischen  Sprache 
für  Mädchealyzeen  usw.  Wien  1907,  F.  Tempsky.  L  TeiL  Mit  1  Munz- 
Ufel.  Dritte  Auflage.  H  u.  180  S.  geb.  2  if  90  A.  IL  Teil.  A.  Oboogsbuch 
mit  24  Abbildungen,  1  Kärtchen  von  Frankreich  und  1  Piaae  von  Paris. 
Zweite  Auflage.    284  S.    geb.  3  iT  80  A. 


Eingesandte  Bücher.  847 

16.  G.  Steinmallery  Auswahl  von  fünfzig  französischen  Ge- 
dichten, für  den  Schalgebraoch  zusammengestellt  und  erläutert  nebst  einem 
Wörterbuch.  Dritte  Auflage.  Miincben  und  Berlin  1907,  R.  Oldenbourg. 
\Ul  n.  104  S.    geb.  tfiOJC. 

17.  100  poesies  enfantines.  Recueillies  et  mises  en  transcription 
phonetique  par  D.  Jones.  lUustrations  psr  £.  M.  Pugh.  Leipzig  1907, 
B.  G.  Teubner.    VIIl  n.  116  S.     1,80  JC. 

18.  Scribe,  Le  verre  d'ean  ou  les  enfants  et  les  causes. 
Herausgegeben  von  Friedrieb.  Leipzig  1907,  G.  Preytag.  122  S.  geb. 
ly20JC.     Wörterbuch  24  S.    OfiO  JC, 

19.  G.  Bruno,  Le  tour  de  la  France  par  deux  enfants.  Be- 
arbeitet von  B.  Walther.  Mit  1  Obers ichtskarte*  Vierte  Auflage.  Leipzig 
1907,  G.  FreyUg.     140  S.     geb.  1,50  Ji^;    Wörterbuch  49  S.     0,60  JC. 

20.  A.  Lichtenberger,  Mon  petit  troll  et  sa  soenr,  bearbeitet 
von  A.  Höhlan.     Leipzig  1907,  G.  Preytag.    28  S.     0,40^. 

21.  Anna  Brunnemann,  La  France  en  Zigzag.  Geographie — 
Hiatoire — Monuments — Industrie — Administration.  Ausgewählt  und  für  den 
Schulgebranch  herausgegeben.  Mit  20  Abbildungen  und  i  Karte.  Glogau 
i907,  Carl  Flemmiog  Verlag.     VIII  u.  125  S.    geb.  1,60  jfC. 

22.  R.  K  ron.  Französische  Taschengrammatik  des  Nötigsten. 
Freibnrg  i.  Br.  1906,  J.  Bielefeld.    64  S.     geb.  1  JC. 

23.  R.  Krön,  Englisches  Taschenwörterbuch  des  Nötigsten. 
Freiburg  i.  Br.  1907,  J.  Bielefeld.    80  S.     geb.  1,25  JC^ 

24.  Velhagen  und  Kissings  Sanimlaog  französischer,  englischer  usw. 
Schulansgaben  1907,  gebunden. 

Nr.  167.  J.  Chailley-Bert,  Tu  serss  commer9aDt.  Ausgabe 
für  kaufmänoische  Lehranstalten  von  L.  Voigt.  VII  o.  116  S.  1  JC. 
Wörterbuch  36  S.     0,20  JC. 

Nr.  168.  P.  Girsult,  Tony  a  Paris.  Herausgegeben  von  J.  Nieder- 
länder. Mit  9  lliostrationen  und  1  Karte.  IV  u.  190  S.  Anhsng  72  S. 
1 ,80  JC.    Wörterbach  64  S.     0,30  JC. 

Nr.  169.  A.  Chuquet,  La  guerre  de  1870  —  7  1.  Hersusgegeben 
von  L.  Wespy.  Mit  1  Obersichtskarle.  V  u.  14$  S.  Anhang  78  S. 
1,^0  JC.    Wörterbuch  70  S.     0,30  Ji^. 

Nr.  170.  F.  Guizot,  Histoire  de  la  civilisation  en  Europe. 
Le  people  et  le  gou veroement.  Herausgegebeo  von  H.  Gröhler. 
VUI  u.  129  S.     Anhang  47  S:     1,20  JC.     Wörterbuch  32  S.     0,20  JC. 

Nr.  171.  E.  und  J.  de  Gonconrt,  Histoire  de  la  societ^ 
fran^aise  pendant  la  revolution  et  le  directoire.  Heraus- 
gegeben von  W.  Kalbfleisch.  Mit  1  Obersichtskarte.  IV  u.  107  S. 
Anhang  35  S.  ,  1,10^.     Wörterbuch  27  S.    0,20^. 

Nr.  172.  E.  Gaspard,  Les  pays  de  France.  I.  Herausgegeben 
von  Fr.  Petzold.  Mit  7  Karten  und  10  Abbildnogen.  VIII  o.  256  S. 
Anhang  41  S.     1,80  JC.     Wörterbuch  74  S.     0,30  JC. 

Nr.  108.  From  Lincoln  to  Mac  Kinley.  Forty-one  Years  of 
the  Ristory  of  United  States  (1860 — 1901).  Herausgegeben  von  Pe  rönne. 
Mit  ]  Obersichtskarte  nod  3  Kartenskizzen.  1906.  V  u.  132  S.  Anhang 
35  S.     1,20  JC.    Wörterbuch  68  S.     0,30  JC. 

Nr.  HO.  B.  Harraden,  Things  will  take  a  Turn.  Heraas- 
gegeben  von  F.  Kund  t.  VI  u.  75  S.  Anhang  15  S.  0,75  .y^.  Wörter- 
buch 23  S.    0,20  JC. 

Nr.  111.  Ch.  A.Witchell,  Nature's  Story  of  the  Year.  Her- 
ausgegeben von  Fr.  Strohmeyer.  1906.  VI  u.  111  S.  Anhang  19  S. 
1  JC.     Wörterbuch  71  S.     0,30  JC. 

Nr.  112.  G.  A.  Henty,  With  Glive  in  India  or  The  Beginnings 
of  an  empire.  Herausgegeben  von  G.  Opitz.  Mit  1  Karte.  VI  u. 
143  S.    Anhang  21  S.     1,20  JC.    Wörterbuch  47  S.     0,20  JC. 


g48  Biageiandte  Bücher. 

Nr.  113.  Lires  of  Emineot  Explorers  aod  loventor«.  Her- 
aosge^ebeo  von  A.  Starmfela.  Mit  6  Porträts  nod  2  Kartea.  V  n. 
186  S.    Aohaoff  56  S.     1,60  M^    Wbrterboeh  47  S.    0,20  Jt, 

Nr.  114.  S.  R.  Gardiner,  Historical  Biographies.  Cromwell 
aod  Williaan  III.  Heraosgegebeo  voo  J.  Schoppe.  Mit  1  Karte  aod 
8  AbbildoDgen.  XVI  u.  109  S.  AnliaBg  38  S.  1^0  JL.  WorUrbodi 
28  S.     0,20  ^. 

^T,  8.  J.  ßaltzer,  Augast  Hermaoo  Fraacke.  Für  den  Ge- 
brauch aa  Semluarea  heraosgegebeD.  Mit  6  Abbildaagen  aod  1  Pias  der 
Fraockescheo  StiftUDgea.     1906.    XXX  a.  80  S. 

Nr.  116.  Moderae  ErzahlnDgea,  7.  Bändchen.  Herausgegeben 
von  G.  Perger.    XVI  n.  164  S. 

Nr.  118.  H.  Löschhorn,  Anthologie  mittelalterlicher  Ge- 
dichte. Mit  ßeontzuDg  der  von  G.  Legerlotz  veranstalteten  Aosgaben 
für  den  Scholgebraoch  znsamraeDgestellt.    XIV  n.  172  S. 

Nr.  120.  E.  V.  Sallwärk,  Oberoo,  ein  Gedicht  in  12  Gesängen 
von  Chr.  M.  Wieland.     X  o.  149  S. 

Reform- Ausgaben  mit  fremdsprachlichen  Anmerkungen: 

Nr.  19.  Fr.  Webster,  The  Island  Ream  or  Günter's  Wanderyear 
heing  Scenes  from  Bnglish  Life.  With  notes  by  R.  W.  Reynolds.  Witb 
10  lllustrations  and  1  Map  of  London.  X  a.  175  S.  Appendix  25  S. 
1,40  JC. 

Nr.  20.  P.  Girault,  Tony  k  Paris.  Avec  9  lllustrations  et 
1  carte  de  Paris.     V  u.  190  S.     Appendix  64  S.     1,80  JL^ 

Ph.  Aroostein,  English  Prose  Selections.  Auswahl  engli- 
scher Prosastücke  vom  16.  Jahrhundert  bis  zur  Gegenwart.  Mit  14  Hin« 
strationen.    XI  u.  410  S.    geb.  —  Dazu  Ergänzungsband.    85  S.    geb. 

25.  Freytags  Sammlung  französischer  und  englischer  Schriftsteller. 
Leipzig  1907,  G.  FreyUg. 

E.  Lytton-Bulwer,  Money,  a  comedy.  Annotated  by  G.  Rrnger. 
103  S.    geb.  1,20  Jt^ 

H.  Malot,  En  famille.  Herausgegeben  von  B.  Pariselle.  Dritter 
Abdruck.     157  S.    geb.  2  JC.     Wörterbuch  68  S.     0,10  JC. 

26.  Gustav  Krueger,  Englisches  Unterrichtswerk  für  höhere 
Schulen.  Unter  Mitwirkung  von  William  Wrigbt  bearbeitet.  Vierter  TeU: 
Dentsch-eDglisches  Obuogsbuch.  Leipzig  1907,  G.  Freytag.  220  S.  gr.  8. 
geb.  2,50  JC. 

27.  J.  Ellinger  nod  A.  J.  P.  Botler,  Lehrbuch  der  engliachei 
Sprache.  Ausgabe  B  für  Mädcheolyzeen  und  andere  höhere  Töchteracbnleo. 
IL  Teil:  An  English  Reader.  With  45  lllustrations  and  4  Maps.  338  S. 
geb.  4  iT  50  A. 

28.  A.  Mohrbutter,  The  Adviser.  Lexikon  für  englische  Grao- 
matik.  Leipzig  1907,  Reogersche  Buchhandlung  (Gebhardt  &  Wilisch). 
IV  u.  148  S. 

29.  Chambers's  History  of  England  55.  B.C.  to  the  present  time. 
Für  den  Schulgebranch  hergerichtet  voo  J.  Rlapperich.  Mit  14  Abbildungen, 
5  Nebenkarten  und  1  Hauptkarte.  Glogau  1907,  Carl  Flemming  Verlag. 
VEl  u.  128  S.     geb.  1,40  Jc. 

30.  Mary  Bradford  Peaks,  The  general  civil  and  military 
administration  of  Noricum  and  Raetia.  Reprinted  from  volumen  IV 
of  Studios  in  Classical  Philology.    Chicago  1907.    S.  161—230. 

31.  Byron's  poems,  Selections.  Herausgegeben  von  A.  Herrmana. 
Leipzig  1907,  G.  Freytag.     135  S.     1,50  JC, 

32.  Shakespeare,  First  part  of  King  Henry  IV.  Ausgabe  für 
Studenten  von  G.  Krüger.     196  S.    2,50^. 


Draek  ron  W.  Pormvitar  ia  Berlin. 


Programmwesen  and  Programmbibliotkek  der 
höheren  *  Schulen.     Mit  Programm -Bibliographie  von 

1824  bis  1906 'X 

(Schloß  der  AbhandlaDg  dea  Febraar-Mürz-Ifcfles). 

Es  18t  auch  wünschenswert,  daß  solche  Lehrer,  die  Ueber  auf 
den  Höhen  der  Wissenschaft  weilen,  sich  an  Programmen  be- 
teiligen, die  der  Aufklärung  der  Eltern  über  Schulfragen  zu  dienen 
bestimmt  sind,  wenn  sie  halbwegs  Geschick  dazu  haben  und 
sich  in  den  Gedanken  einleben  können,,  r  daß  die  geschild'erte  Art 
der  Tätigkeit  kein  „Herabsteigen''  bedeutet,  für  die  kleinere 
Geister  gerade  gut  genug  wären,  sondern  nur  ein  Kfittel  mehr, 
ihre  wichtigste  Aufgabe,  die  geistige  und  sittliche  Förderung 
der  ihr  anvertrauten  Jugend,  so  vollkommen  als  möglich  zu 
lösen.  Und  während  die  gewissenhaftesten  Lehrer,  soweit  sie  in 
wissenschaftlicher  Richtung  literarisch  tätig  sind,  hier  gewohnt 
sind,  die  Feder  nur  dann  anzusetzen,  wenn  sie  im  Zusammen- 
bang mit  der  Arbeit  der  Vorgänger  wirklich  Neues  zu  geben  ver- 
mögen und  so,  wenn  auch  nur  auf  einem  kleinen  Gebiete,  zur 
Förderung  der  Wissenschaft  beitragen,  wurde  es  för  die  eben 
bezeichneten  Zwecke  durchaus  kein  Schade  sein,  wenn  derselbe 
Gegenstand  auch  zu  verschiedenen  Zeiten  im  wesentlichen  in 
gleicherweise  behandelt  würde,  sofern  eben  Plan  und  Methode 
der  betr.  Anstalten  in  der  Hauptsache  gleich  sind.  Man  muß 
doch  damit  rechnen,  daß  eine  noch  so  vortreffliche  Arbeit,  die 
z.B.  über  die  neue  Methode  des  Zeichenunterrichts')  an  der 
Realschule  in  X.  veröffentlicht  wird,  durch  den  Programmentausch 
wohl  den  Lehrern  der  gleichen  Anstalt  in  Z.  zu  Gesichte  kommt, 
nicht  aber  dem  dortigen  Publikum  und  besonders  den  Eltern,  die 
eine  ähnliche  Abhandlung  von  dem  ihnen  bekannten  oder  auch 
nichtbekannten  Lehrer  ihrer  Kinder  über  den  gleichen  Gegenstand 
vielleicht  mit  Interesse  läsen.  Die  Individualität  des  Autors  von 
einer  bestimmten  Anstalt  wird  doch  unter  sonst  im  wesentlichen 
gleichen  Verhältnissen  sachlicher  Art  bei  gleichartigen  Anstalten 
noch  Spielraum  genug  haben,  sich  frei  zu  entfalten,  und  die 
„Uniformität''  der  Lebrpläne,  die  ja  im  allgemeinen  nur  den 
Rahmen  abgeben  sollen,  innerhalb  dessen  den  einzelnen  Schulen 
und  ihren  Lehrern  einiger  Spielraum  zu  freier,  eigenartiger 
Entwicklung  gegönnt  ist,   hat,   wie  schon  Reth wisch  (a«  a*  0., 

1)  Ein  für  allemal  bemerke  ich,  daß  sieb  Zitate,  die  io  gewb'fan- 
licben  Zlffero  gegeben  sind,  aaf  die  betr.  Seiten  des  Febraar-März- 
Heftes    beziebeo,   solebe  io  KarsivzifferD  aaf  die  des  Sopplemeatbeftes. 

^  VkI.  z.  B.  Osw.  Stieger,   Das  Stilleben.     Ein  Baustein   zur  künst- 
leriscben  Brziebnog  der  Joggend.    Progr,  Gras,  Landes-OR,  1905. 
ZoiiMkr.  f.  d.  GTmnMiaiweMD.    LXL    Supplementlieft.  / 


2      Programinwe3eii  und  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalea, 

Nr.  138,  S.  7)  treffend  bemerkt  hat,  z.  B.  in  PreuBen  mit  dem 
Jahr  der  vorletzten  Lehrpläne  (1892)  ihren  Höhepunkt  überschritten. 
So  werden  also  auch  Arbeiten,  die  an  die  amtlichen  Lehrpläne  als 
die  allgemeine  Norm  anknöpfen,  im  einzelnen  je  nach  Schule, 
Lehrern  und  Publikum  so  erfreulich  verschieden  sein  können, 
daß  auch  die  selbständige  Tätigkeit  ihrer  Verfasser  eine  gewisse 
Rechnung  findet 

Man  muß  sich  nur  allmählich  daran  gewöhnen,  was  bis  in 
die  neueste  Zeit  zumal  den  außerhalb  der  Arbeit  der  Schule 
stehenden  Gelehrten  immer  noch  schwer  wird  (s.  o.  S.  243),  die 
Beilagen  nicht  ausschließlich  unter  dem  rein  fachwissenschaftlichen 
Gesichtspunkte  anzusehen  und  zu  bewerten  und  die  ganze  Ein- 
richtung und  ihre  Existenzberechtigung  an  dem  Gewinn  zu  messen, 
den  die  reine  Wissenschaft  von  ihr  bat.  Dieser,  wie  wir  sahen, 
selbst  in  den  ersten  Jahrzehnten  des  Programmwesens  nicht  in 
dem  bisher  gewöhnlich  angenommenen  Maße  vorherrschend  ge- 
wesene Gesichtspunkt  hat  durch  die  zwingende  Macht  der  Ver- 
hältnisse eine  starke  Einschränkung  erfahren  und  wird  sie  vor- 
aussichtlich noch  mehr  erfahren  —  eine  Art  Lebensfrage  für  die 
weitere  Entwicklung.  Je  mehr  sich  die  Programmbeilagen  der 
ihnen  vor  8  Jahrzehnten  in  Preußen  vorgezeichneten  Bestimmung 
wieder  nähern,  um  so  besser  für  sie.  Sie  insbesondere  auch 
für  die  Eltern  wieder  fruchtbarer  zu  machen,  ist  ein 
wesentlicher  Teil  der  Aufgaben,  welche  die  Lehrer  höherer 
Schulen  für  die  Zukunft  zu  lösen  haben  werden.  Ob  es  immer 
mit  Erfolg  geschehen  wird,  sowohl  was  die  Qualität  der  Arbeiten 
selbst  wie  ihren  Zweck  betrifft,  darf  bezweifelt  werden.  Es  ist 
Optimistenarbeit.    Aber  der  Lehrer  säet  auf  Hoffnung. 

Y)  Was  kann  aber  weiter  der  Inhalt  der  Beilagen  den 
Lehrern  selbst  bieten,  und  weiterhin  den  Gelehrten,  insbe- 
sondere denen,  die  ihre  Lebensarbeit  in  den  Dienst  der  Forschung 
über  das  Schulwesen  in  seiner  Gesamtheit  gestellt  haben?  Denn 
mit  dem,  was  die  Abhandlungen  den  Schulen  und  den  Eltern,  über- 
haupt dem  Publikum  einer  einzelnen  Anstalt  leisten,  kann, 
so  überaus  wichtig  dieser  in  den  beiden  vorigen  Abschnitten 
{a  und  ß)  behandelte  Gesichtspunkt  ist,  ihre  Bedeutung  nicht 
erschöpft  sein.  Die  Beilagen»  die  von  einer  bestimmten  Schule 
herausgegeben  werden,  müssen  natürlich,  soweit  möglich,  auch  den 
Lehrern  anderer  Anstalten  etwas  Wesentliches  zu  geben  haben; 
sie  müssen  —  im  höchsten  Sinne  —  dem  Schulorganismus 
\m  ganzen  zugute  kommen,  wie  dies  jene  in  schulpolilischer 
Hinsicht  für  immer  denkwürdige  erste  preußische  Verordnung 
von  18'24  in  der  Hauptsache  schon  wollte.  Wie  ist  das  durch 
den  Inhalt  der  Al>bandlungen  zu  erreichen? 

Zunächst  ist  klar,  daß  Abhandlungen  mit  dem  in  den  beiden 
letzten  Abschnitten  {a  und  ß)  bezeichneten  Inhalt,  die  nach  ihrem 
ursprünglichen   Zwecke    den  Schülern    und    dem  Elternpublikum 


von  R.  Ullrich.  $ 

einer  einzelnen  Anstalt  im  Interesse  der  möglichst  vollkommenen 
Lösung  der  mannigfaltigen  Aufgaben  der  Schule  zu  dienen  be- 
stimmt sind,  doch  auch  für  die  Lehrer  dieser  einen  Anstalt  wie 
durch  den  Tauschverkehr  für  alle  übrigen  nicht  wenig  bedeuten. 
Für  beide  Kategorien  muß  es  in  hohem  Grade  lehrreich  sein  zu 
sehen,  wie  an  einer  bestimmten  Schule  diese  Aufgaben  zu  lösen 
versucht  worden  sind,  und  es  kann  dies  selbstverständlich  leicht 
Anlaß  werden,  die  Ergebnisse  an  anderen  Verhältnissen  zu  messen, 
sie  abzulehnen  oder  auch  anzunehmen,  jedenfalls  aber  —  und  das 
ist  die  Hauptsache  —  die  bezeichneten  Gesichtspunkte  irgendwie 
wirken  zu  lassen.  Denn  erst  durch  die  gemeinsame  Arbeit  vieler 
werden  die  oben  angeregten  Gedanken  für  das  Ganze  recht  frucht- 
bar werden,  und  die  mannigfachen  Gegensätze,  die  ohne  Zweifel 
aus  der  Persönlichkeit  und  den  Anschauungen  der  Verfasser,  der 
Verschiedenheit  der  Verhältnisse  eines  Landes,  eines  Ortes  oder 
einer  Schule,  auch  aus  manchen  Imponderabilien  sich  ergeben 
werden,  sind  recht  eigentlich  dazu  bestimmt,  wiederum  zur 
Klärung  der  wesentlichen  Aufgaben  der  Schule  beizutragen. 
Sollte  also  wirklich  einmal  die  Hauptmenge  der  Abhandlungen 
sich  auf  die  genannten  Stoffe  beschränken  (was  übrigens  an  sich 
ebensowenig  wahrscheinlich  wie  wünschenswert  ist),  so  würden 
diese  allein  schon  die  Existenzberechtigung  der  ganzen  Einrichtung 
dartun,  in  einer  Zeit,  wo  es  infolge  der  überaus  abweichenden 
Schulorganisationen  schon  innerhalb  derselben  Staaten  und  Städte, 
und  wieviel  mehr  in  verschiedenen,  Direktoren  wie  Lehrern,  die 
nicht  bloß  am  Nächstliegenden  haften,  außerordentlich  efwünscht 
sein  muß,  Verhältnisse,  Probleme  und  Versuche  ihrer  Lösung  von 
andrer  Seite  kennen  zu  lernen,  ganz  besonders  aber  den  Behörden, 
welche  aus  der  verschiedenen  Entwicklung  auch  dieses  nun  so 
lange  bestehenden  Bestandteiles  der  Schulorganisation  sich  Ober- 
blicke über  die  wesentlichen  Richtungen  zu  verschaffen  suchen,  um 
Anhaltspunkte  für  weitere  Regelung  auf  einer  Mittellinie  zu  finden. 
Ich  meine  aber,  die  Aufgabe  der  Abhandlungen  soll  damit  auch 
in  Zukunft  nicht  erschöpft  sein;  sie  sollen  und  können,  wie  oben 
schon  angedeutet  wurde  (S.278),  auch  den  Fachwissenschaften 
erhebliche  Dienste  leisten,  nach  der  ganzen  Entwicklung  der  Sache 
gewiß  nicht  mehr  in  dem  früheren,  ursprünglich  ja  (wenigstens 
in  Preußen,  Hessen  und  Baden)  nicht  einmal  gewollten  Umfange*), 
aber  doch  immer  noch  in  recht  beachtenswerter  Weise.  In  nicht 
wenigen  Fällen  wird  sogar,   wie  im    nächsten  Abschnitt  (B)  noch 


1)  feil  ksDo  daher  W.  Gemoll  nicht  ganz  beistimnien,  der  vor  10  Jahren 
aof  der  II.  schlesischen  Direktoren-Versammlang  (Nr.  113;  S.  237) 
vorzngs weise  wissenschaftliche  Progamme  empfahl,  so  hoch  ich  seine 
eignen,  öbrigens  mit  Recht  als  Programmbeilagen  veröffentlichten  Arbeiten 
aveh  schätze;  vgl.  unten  den  Abschnitt  B,  sowie  das  Programm-Ver- 
zeiehDiB  (Abschnitt  C)  and  Jahresher.  d,  Phil.  Fcreins  XXX  (1904)  S.  108 ff. 
{=s  Z,  f,  da$  Gymn.'ff'esen  LVIII). 


4^      Programmweseo  and  Progr^nmli^l^liothek  d.  hSh.  SchaleB, 

nachzuweisen  ist,  die  Verdff^nÜicbMOg  deU)st  rein  Wissenschaft* 
Ucher  Arbeit^  to^  Leihreitn  höherer  Schulen  in  der  Form  tob 
Programmbeiiaigen  die  einzige  Möglichkeit  sein.  Und  wie  man 
auch  über  die  Entwicklung  des  Pragraninwesens  in  mehr  ge* 
lehrier  Richtung  in  früheren  Jahrzehnten  denken  und  wie  sehr 
man  auch  —  nut  Recbt  —  dort  den  Zusammenhang  mit.  den 
eigentlichen  Au^ben  der  Schule  und  dem  Publikum  vermisseD 
mag,  so  viel  wird  man  vubedingt  zugeben  mussent  daß  diese  Cin- 
ricbtURg  die  Wissenschaft  mii  einer  FAlle  werivolkr  Uteratur 
bereichert  hat  und  z,  T.  noch  bereichert  (vgl.  den  Abschnitt  C), 
daß  sie  a^uch  dem  klassischen  Unterricht  —  und  nicht  einmal 
diesem  allein  —  und  seinen  Vertretern  an  den  Schulea  die  nach- 
haltigsten Anregungen  gebracht  bat.  Un9  versuchen  ea  heute 
Programmabhandiungen  — •  wie  ja  tatsächlich  geschiebt  —  z.  B. 
Gegenstände  des  klassischen  Altertums  nach  dem 
Stande  der  neusten  Forschung  und  womöglich  im  Zusammen- 
hange mit  modernen  Verhältnissen  so  darzustellen^»  daß 
Schulen  und  Lehrern  ein  Gewinn  daraus  erwächst 
(s.  0.  S.  280  f.)  und  das  Publikum  nach  den  vielen  Irrwegen  und 
mißgunstigen  oder  einseitigen  Urteilen  der  antigymnasialen 
Literatur  der  beiden  letzten  Jahrzehnte  wenigstens  hier  und  da 
einiges  Interesse  an  den  von  ihm  doch  m^hr  verkannten  als  ge- 
kannten Dingen  wiedergewinnt  ($.  279),  so  sind  sie  mit  Freike 
zu  begrüßen.  Soli  doch  das  Gymnasium  —  nach  Herstellung 
der  Gleichberechtigung  der  drei  Schularten  in  Preußen  im 
Jahre  1900  —  sich  nun  wieder  selbständiger  enlwickelii;  haben 
doch  erst  kürzlich  im  Abgeordnetenbause  Mitglieder  aller  Parteien 
aus  den  verschiedensten  Lebenskreisen  vor  dem  ganzen  Lande 
den  Wert  der  humanistischen  Bildung  auch  für  die  Gegenwart  in 
wahrhaft  erquickender  Einmütigkeit  betont  und  den  dringenden 
Wunsch  ausgesprochen,  die  Gegner  möchten,  nachdem  sie  ihr 
eignes  Ziel  erlangt,  nun  mit  verdächtigenden  und  entstellenden 
Anfeindungen  endlich  aufhören! 

Aber  auch  rein  gelehrte  Abbandlungen,  aus  dem  eben 
bezeichneten  Gebiete  wie  aus  anderen,  möchte  ich  von  den  Pro- 
grammen heute  nicht  ausgeschlossen  sehen,  um  des  Standes 
willen,  mit  Rücksicht  auf  den  Zusammenhang  mit  der  geschicht- 
lichen Entwicklung  der  Sache,  endlich  auch  aus  rein  praktischen 
Gründen  (vgl.  Abscbn.  B).    Freilich  dürfte  es  sich  empfehlen,  in 


^)  Vgl.  z.  B.  aas  dem  Frogramin-VerteichDis  io  Abschniit  C 
folgende  AbbandluDgeo:  F.  Bauingarteo  (XI 25),  Alb.  KuhaCXIlT),  Tfa.Piaß 
(XII  32),  0.  Bibbeck  (XII  3ü),  L.  Hirzel  (XII  42),  0.  Jäger  (XUI  13J), 
A.  Riese  (XIV  121),  W.  Gilbert  (XV  90),  Tb.  Matthias  (XV  114),  H.  F. 
MUUer  (XV  120;  XVI  184),  M.  Ilodermano  (XVI  157),  H.  Luckeabach 
(XVI  178;  XVII  172);  R.  Wagner  (XVI  208)  aad  viele  andere  aos  dea  ver- 
scbiedeosten  Wisseusgebielen. 


von  R.  Ullrich.  5 

dieser  Beziehung  den  Kreis  zwar  nicht  allzusehr  einzuschränken,  aber 
immerhin  so  eng  zu  ziellen,  daß  doch  ein  gewisser  Zusammen- 
hang mit  den  wiss^nscttafltichen  Grundlagen  der  Arbeit 
der  Lehrer  an  den  h<>heren  Sehuten  gewahrt  bleibt  (vgl. 
0.  S.  278).  FAr  Österreich  ist  diese  ganze  Frage  ja  insofern  nicht 
brennend,  als  hier  der  Slaat  bei  der  gewaHigen  Fölle  der  Betitigung 
auf  dem  Prograromgebiete  (vgl.  o.  S.272)  den  Verfassern  hinsichtlich 
der  Wahl  des  Stofl'es  auch  in  bezug  dBf  gelehrte  Abbandfungen 
durchaus  ft*eie  Hand  laßt,  z.  T.  sogar  im  Zusammenhang  mit 
prinzipiellen  Anschauungen  vom  Zweck  der  gattzen  Einrichtung 
(vgl.  o.  S.  141  u.  d.;  doch  siehe  auch  S.  271  f.);  ähnlich  sieht  es 
bei  den  staatlichen  Anstalten  Preußens  und  Bayerns 
nnd  in  Hamburg,  im  wesentlichen  auch  bei  den  sächsischen 
und  wdrttembergischen  Anstalten,  den  Schulen  der 
Stadt  Berlin  und  einiger  andrer  größerer  StMte,  wenn  auch 
bei  den  zuletzt  genannten  4  Kategorien  infolge  des  dreijährigen 
Turnus  («.  o.  S.  137  a.  213)  die  Mö^ichkeit  vielseitiger  Betätigung 
eine  erhebliche  Einschränkung  erfahren  hat.  Es  wäre  zu  bedauern, 
wenn  wirklich  einmal  eine  allgemein  vierbindliche  Bestimmung  für 
irgend  einen  größeren  Staat  oder  eine  Großstadt  käme,  fach- 
wissenschaftliche  Arbeilen  —  ich  meine  allei*dings  immer  solche, 
die  im  Zusammenhang  mit  d€n  auf  den  Schulen  gelehrten  Fächern 
stehen  —  seien  von  den  Programmen  auszuschließen  und  durch 
soldie  zu  ersetzen,  die  ganz  unmittelbar  der  Schule  dienen.  Hier 
muß  vielmehr  das  geschichtiiche  Recht  ebenso  zur  Geltung  kom- 
men wie  das  ftecht  und  die  Pflicht  größererer  Verbände,  den 
einzelnen  Kräften  freieren  Spielraum  zu  Leistungen  zu  geben, 
zwischen  denen  sich  bei  ihrer  größeren  Zahl  ein  gewisser  Aüs^ 
gleich  dann  von  selbst  einstellt.  Etwas  anders  liegt  die  Sache 
wohl  in  kleineren  Staaten  und  besonders  bei  kleinen  Gemeinden, 
wo  auch  die  finanzielle  Frage  mehr  zur  Geltung  kommt,  die 
von  der  Programmeinrichtung  ja  nicht  zu  trennen  ist,  sie  viel- 
mehr sogar,  wie  wir  sahen,  in  ihrer  Entwicklung  ziemlich  stark 
beinflußt  hat  (o.  S.  279).  Vgl.  hierüber  noch  die  Abschnitte  D 
und  E. 

Im  einzelnen  nun  hier  anzugeben,  welche  Steffe  fach- 
wissenschaftlicher  Art  (mit  der  oben  bezeichneten  Beschränkung) 
für  Progammabbandlungen  geeignet  seien,  steht  mir  weder  zu 
noch  wurde  zur  Anführung  mit  Ausfährung  der  Raum  reichen. 
Nur  auf  einiges  möchte  ich  hinweisen.  So  scheineu  mir  z.  B.  auf 
dem  Gebiete  der  klassischen  Philologie  wissenschaft- 
liche Beiträge  zur  Erklärung  der  Schulschriftsteller, 
auch  solcher,  die  schon  recht  häußg  behandelt  sind,  eine  durch- 
aus dankbare  Aufgabe  für  Programmabbandiungen  zu  sein,  die 
um  so  näher  liegt,  wenn  die  betr.  Lehrer  die  Autoren  mehrere 
Jahre  hindurch  in  der  Klasse  zu  lesen  haben.  Was  z.  B.  för 
Xenophon   in  dieser  Beziehung  noch  zu  leisten  ist,    habe  ich 


ß       Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

früher  schon  an  andrer  Stelle  ausgesprochen  ^);  und  was .  etwa 
Caesar  betrifft,  so  bat  uns  kürzlich  erst  H.  Heuseis  NeubearbeitUDg 
der  erklärenden  Ausgabe  des  Bellum  dnile  von  Kraner-Hof- 
mann') nebst  den  Beiträgen  von  W.  Nitsche^)  gezeigt,  wie- 
viel Neues  und  wirklich  Förderndes  für  die  Erklärung  auf  eioem 
mit  einer  wahren  Flut  von  Literatur  bedachten  Gebiete  noch  ge- 
geben werden  konnte  und  welche  Aufgaben  sogar  späterer  Lösung 
harren.  Auch  die  Erforschung  des  Sprachgebrauchs  ein- 
zelner Schriftsteller,  die  ja  mit  der  Erklärung  Hand  in 
Hand  gehen  muß,  kann  in  Zukunft  noch  viel  Kräfte  beschäftigen, 
während  schon  vor  11  Jahren  der  Anonymus  in  den  Crmst- 
boten  anzunehmen  geneigt  war  (Nr.  108»  S.  118;  vgl.  o.  S.  218), 
dieses  Gebiet  sei  nahezu  erschöpft.  Voraussetzung  dabei  ist  natür- 
lich, daß  den  betr.  Verfassern  die  größeren  grammatischen  Werke 
und  kritischen  Schriftstellerausgaben  aus  neuster  Zeit  und  über- 
haupt die  neuere  allgemeine  und  spezielle  Literatur  in  ausreichen- 
dem Umfange  zur  Verfügung  stehen,  ebenso  —  besonders  bei 
den  Prosaikern  —  inschriftliche  Quellen  und  Zusammenfassungen 
ihrer  Ergebnisse^),  unter  Umständen  auch  die  Literatur  der 
Papyri.  Wo  diese  Vorbedingungen  fruchtbarer  Arbeit  nicht  zu- 
treffen, wird  es  geratener  sein,  Aufgaben  aus  den  oben  (S.  280  ff. 
u.  285  ff.)  bezeichneten  Gebieten  zu  wählen,  als  mit  unzureichenden 
Mitteln  sich  an  jene  Gegenstände  zu  wagen  und  das  Ergebnis, 
das  mangelhaft  bleiben  muß,  dann  mit  dem  Fehlen  ausreichender 
literarischer  Quellen  zu  entschuldigen,  wie  nicht  selten  geschieht. 
An  lohnenden  Aufgaben  fehlt  es  also,  wie  man  siebt, 
schon  auf  die,sen  viel  behandelten  Wissensgebieten 
nicht,  und  für  andere  dürfte  Ähnliches  zutreffen.  Ist  übrigens 
der  zu  liefernde  Beitrag  nicht  umfangreich  (etwa  1  Druckbogen 
oder  weniger),  so  dürfte  eine  Fachzeitschrift  sich  zur  Ver- 
öffentlichung mehr  empfehlen;  andernfalls  ist  das  Programm  der 
geeignetere  Ort,  immer  vorausgesetzt  —  was  nicht  oft  genug  be- 
tont werden  kann  — ,  daß  es  sich  um  Gegenstände  handelt,  die 
wenigstens  mittelbar  (in  den  genannten  Fällen  würde  es  sogar 
unmittelbar  sein)  die  Tätigkeit  des  Lehrers  bei  seiner  Vorbereitung 
auf  den  Unterricht  wie  in  diesem  selbst  zu  fördern  geeignet  sind. 
Die  üblichen  erklärenden  Ausgaben  versagen  nur  zu  oft,  und  in 
neuen  Auflagen  finden  wir  selbst  fördernde  Leistungen  nicht  immer 
ausreichend  verwertet.  Doch  liegt  es  in  der  Natur  der  Sache  und 
ist  durch  die  obige  Skizze  der  Entwicklung  (S.  265  ff.)  noch  näher 


>)  Vgl.  Jahresber.  d.  Phü.  Feireitu  XXX  (1904)  S.  133  HZ.  f.  d. 
Gymn.-Wenn  LVIII). 

^)  Elfte,  vollständig  umgearbeitete  Auflage,  Berlio  1906,  Weid- 
mann ;    XVI,  375  S.,  3,40  JC* 

»)  Jahresber.  d.  Phü,  Vereins  XXXIII  (1907)  S.  19—48  (« Z.  f,  d. 
Gymn.'ß^esen  LXI). 

*)  Ebenda  XXX  (1904)  S.  126 ff.    {^Z.f.d.  GymiL-fTesen  LVni). 


von  R.  Ullrich.  7f 

gelegt  vv^rden,  daß  alle  derartigen  Beiträge  facbwisseDschaftlicher 
Art  der  Zahl  nach  wohl  immer  erheblich  gegen  die  unter  a  und  ß 
genannten  zurückstehen  werden.  Diese  können  allen  beteiligteff 
Instanzen  etwas  geben,  die  andern  immer  nur  einer  Minderheit. 
Besondere  Beachtung  verdienen  aber  in  diesem  Zusammen- 
hange Programmabbandlungen,  die  dem  Lehrerstandtf 
in  seiner  Gesamtheit  durch  Programmen  tausch  und  Programm-* 
bibiiothek  am  leichtesten  zugänglich  gemacht  werden  können, 
ihrem  Inhalte  nach  gerade  für  Lehrer  und  Schulbehörden, 
auch  für  viele  Gelehrte,  yon  allergrößter  Bedeutung  sind,  den 
Schülern  und  weiteren  Kreisen  des  Publikums  aber  ihrer  Natur 
nach  wenigstens  in  vielen  Fällen  tieferes  Interesse  nicht  ein- 
flößen können,  manchmal  auch  nicht  einzuflößen  brauchen  — 
ich  meine  Arbeiten,  die  auf  wissenschaftlicher  Grundlage 
das  Schulwesen  in  seiner  Gesamtheit  wie  in  seinen 
einzelnen  Teilen  behandeln,  Schulgeschichte  und  -Organisation, 
SchuIverfassuDg  und  -Verwaltung,  Schulrecbt  und  -Statistik  u.  ä.  m. 
Daß  ich  in  diesem  Zusammenhange  Arbeiten  aus  der  Päda- 
gogik und  Methodik  im  engeren  Sinne,  soweit  sie  in  erster 
Linie  für  Lehrer  bestimmt  sind  (doch  vgl.  o.  S.  288),  nicht  an 
bevorzugter  Stelle  nenne,  muß  ich  mit  einigen  Worten  recht- 
fertigen. Zunächst  leiden  wir  auf  diesem  Gebiete  an  gewisser 
Überproduktion;  jedes  Jahr  kommen  neue  pädagogische  Zeit- 
schriften mit  neuem,  hochtönendem  Programm;  viele  Terschwinden 
aber  auch  bald  wieder,  und  es  zeigt  sich,  daß  das  wirklich  vor- 
liegende Bedürfnis  durch  die  allen  Hauptorgane  und  einige  wenige 
neuere,  die  zu  Achtung  —  und  einer  ausreichenden  Abonnenten- 
zahl —  gelangt  sind,  im  ganzen  gedeckt  wird.  Über  den  lateini- 
schen Unterricht  in  Sexta  z.  B.  oder  über  die  Behandlung  deut^ 
scher  Gedichte  in  den  Mittelklassen  wird  sich  z.  Z.  kaum  so  viel 
Neues  sagen  lassen,  daß  das  Erscheinen  einer  Programmarbeit 
darüber  gerade  eins  der  dringendsten  Bedürfnisse  wäre.  Wer  als 
jüngerer  Lehrer  in  diesem  Falle  —  und  in  zahlreichen  anderen  — 
Belehrung  sucht,  findet  in  ditser  Zeitschrift y  der  Zeitschrift  für 
d&n  deutschen  Unterricht,  auch  in  den  an  manchen  Stellen  nicht 
nach  Gebühr  gekannten  und  geschätzten  (oft  auch  unrichtig  be- 
urteilten) Lehrproien  und  Lehrgängen  und  anderen  Organen,  vor 
allem  auch  in  Programmarbeiten  früherer  Jahre  selbst, 
mehr  als  ausreichende  Gelegentveit  dazu.  Es  muß  schon  eine 
besonders  kraftvolle,  außerdem  die  ganzen  Verhältnisse  mit  Sicher- 
heit beherrschende  Persönlichkeit  sein,  die  solchen  Stoffen  noch 
so  viel  neue  Seiten  abzugewinnen  wüßte,  daß  eine  doch  in  der 
Begel  drei  und  mehr  Bogen  umfassende  Behandlung  in  Programra- 
form  nötig  wäre.  Bausteine  aber  werden  besser  in  Zeitr 
Schriften  untergebracht;  unter  Umstanden  wird  es  auch  ge- 
nügen, sie  den  Verfassern  oder  Herausgebern  eines  größeren« 
schon    bekannten    einschlägigen    Handbuchs   allgemeiner    oder 


S      ProgramiDwesen  und  Programmbi^liotliek  d.  höh.  Schulen, 

si^exieUer  Art  (z.B.  IL  Schule r^),  Rud.  Lehmann^),  neuer- 
dings Ad.  Matthias^)  u.a.)  zu  übermittelD,  die  dann  in  Text 
oder  Vorjpede  ober  den  fördernden  Beitrag  dankend  quittieren 
und  ihm  ao  dauerndere  Beachtung  verleihen  als  er  in  Zeitschriften 
finden  wurde,  in  deren  Zersplitterung  er  leicht  vergessen  wird, 
oder  in  Programmen,  wo  er  entbehrlich  ist.  Ähnliches  gilt 
übrigens  auch  für  manche  neue  Schulbucher,  in  deren  Labyrinth 
sich  beute  selbst  der  Kenner  eines  Sondergebiets  kaum  noch  zu- 
recht findet^);  auch  hier  herrscht  eine  durch  die  Sache  nicht 
immer  geforderte  Stärke  der  Produktion,  die  oft  sogar  Verleger 
und  Verfasser  in  schönstem  Bunde  dazu  verleitet,  ältere,  verdiente 
Arbeiten  herabzusetzen  —  kein  erfreulicher  Zustand').  Einiger 
weniger,  wenn  auch  zuweilen  guter  Gedanken  wegen  braucht  ja 
nicht  immer  gleich  ein  neues  Buch  geschrieben  zu  werden.  Was 
die  Programme  betriflt,  so  konnte  schon  die  Diskussion  früherer 
Jahrzehnte  nicht  mit  Unrecht  auf  die  Gefahr  der  Trivialität 
hinweisen,  die  bei  Arbeiten  über  schon  öfter  behandelte  Gegen- 
stände pädagogisch- didaktischer  Art  besonders  nahe  liegt  (vg]. 
z.  B.  o.  S.  214);  das  gilt  heute  noch  in  stärkerem  Maße.  Auch 
kommen  hier  tatsächlich  (mehr  als  in  Speziallehrplänen,  s.  o.  S.287) 
nicht  selten  Interna  zur  Sprache,  die  nicht  immer  gerade  für 
Schüler   oder   das  Publikum  bestimmt  sind,   in  deren  Hände  sie 


')  Handbuch  der  praktischen  Pädagogik  für  höhere  Lehranslalten  (zaerst 
1886),  Leipzig«  1904,  0.  R.  ReUland;  XIV,  750  S.,  geb.  13,60  JC>  Das  Baeh 
ist  z. Z.  wieder  verwaist,  nachdem  inzwischeo  aach  F.  Faath  heimgegangeD  ist, 
der  die  ooeh  veo  Schiller  seibat  begonncDe  4.  Aoflaupe  z«  Ende  geführt  hatte. 

*)  Der  deutsche  Unterrieht,  Eine  Methodik  für  höhere  Lehranstalten, 
fierUn»  1897,  Weidmaaa;   XIX,  460  S.,  geb.  9  JC 

')  Haftdbuch  des  deutschen  Unterrichts  an  höheren  Schulen,  MoncheD, 
C.  H.  Beck;  von  dem  groB  angelegten  Sammelwerk  waren  bis  Anfang  1907 
folgende  4  Bande  erschienen:  12:  Der  deutsche  Aufsatz  (P.  Geyer),  1906, 
g«b.  7^.,  18:  Lesestiicke  und  Sehrifttoerke  (P.  Goldseheider),  1906, 
geb.  9JC.,  IUI:  Deutsche  Stilistik  (R.  M.  Meyer),  1906,  geb.  6^.,  III 3: 
Deutsche  Verslehre  (Frz.  Saran),  1907,  geb.  S  JC, 

*)  Hoffentlich  machen  sich  alle  diejenigen,  die  neue  Schnlbiicher  zn 
vertassen  beabsichtigen,  mit  der  Arbeit  von  Bwald  Hörn  bekannt:  Fer- 
meichnis  der  an  den  höheren  Lehranstalten  Preußens  eingeführien  Schulbücher^ 
Leipzig  M906,  B.  G.  Teabner;  VI,  117  S.,  geb.  2,60  JC.  —  Br  fahrt  nicht 
weniger  als  1010  +  7  JNnmmern  aof,  wobei  die  einzelnen  Teile  eines  für 
verschiedene  Unterrichtsstufen  bestimmten  Baches,  die  Aasgaben  A,  B,  C  asw. 
noch  nicht  einmal  besonders  gezahlt  sind,  ein  warnendes  Momente  fUr  alle, 
difl  sich  nen  auf  das  Gebiet  zu  begeben  beabsichtigen.  Dabei  bezieht  sieh 
das  Verzeichnis  allein  aaf  Preaßen;  wie  würde  es  erst  aussehen,  wenn 
noch  die  in  den  andern  dentschen  Staaten  and  in  Deatsch-Öster- 
reich  gebrauchten  Schalbücher  hinzukamen!  Obrigens  haben  viele  der  an- 
geführten Leitfäden,  Grammatiken,  Obnngsbücher  usw.,  wie  die  vom  Ver- 
fasser beigefügte  Statistik  zeigt,  nur  eine  sehr  geringe  Verbreitung. 

*)  Besonders  zu  bedenken  ist  dabei  ein  Gesichtspunkt,  auf  den  s.  Z. 
L.  Spree r  (im  Hinblick  auf  die  in  beängstigender  Fülle  entstehenden 
Schülerpräparationen)  in  dieser  Zeäsehriß  LVH  (1903)  S.  625— 635 
hinwies ;  vgl.  besonders  S.  635  und  daza  meine  Bemerkungen  in  den  Jahresher. 
d.  Phil.  Vereins  XXX  (1904)  S.  101  ff.  (==  Z.f.  d.  Gymn.-fFesen  LVllI). 


voa  a.  Ullrich.  0 

gleichwohl  gelaogeo.  Von  besonderen  Aosnabmen  abgesehen,  die 
sich  durch  den  Verfasser  oder  den  Gegenstand  rechlferügen  — 
ich  denke  hierbei  vor  aJlem  etwa  an  Arbeiten  über  den  Unter- 
richt an  Reformschulen,  die  ja  noch  mitten  in  einer  großen 
Entwicklung  stehen,  auch  z.  B.  an  solche  Ober  einige  Teile  des 
Religionsunterrichts,  wie  das  Kirchenlied^)  —  werden  also 
derartige  Stoffe  besser  in  solchen  Zeitschriften  unterzubringen 
sein,  die  sich  erfahrungsmäfiig  einer  gewissen  Verbreitung  in  den 
Lehrerbibliotlieken  erfreuen.  Direktoren  tun  daher,  glaube  ich, 
gerade  in  diesen  Fällen  ein  gutes  Werk,  wenn  sie  von  dem  ihnen 
überall  zustehenden  Recht,  über  die  Annahme  eines  Programms 
zu  entscheiden  (s.  o.  142  fl*.),  ausgiebig  Gebrauch  machen  und  be- 
sonders jüngere  Kollegen  mit  noch  geringer  Erfahrung,  die  solche 
Arbeiten  anmelden,  entweder  auf  die  Zeitschriften  verweisen,  deren 
Redakteure  sie  ja  dann  auf  eigene  Verantwortung  annehmen  oder 
ablehnen  können,  oder  ihre  Aufmerksamkeit  auf  andere,  geeignetere 
Stoffe  lenken. 

Deren  aber  sind  gerade  für  PrugrammabhandluDgen  aus  den 
das  Ganze  des  Schulwesens  betreffenden  Gebieten  eine 
wahre  Fülle*  Ich  möchte,  ohne  andere  auszuschließen,  hier  nur 
fünf  besonders  nennen:  1)  Schulgeschichte,  2)  Schulorgani- 
sation und -Verwaltung,  3)  Schulbau  und  Schuleinrich- 
tung, 4)  Schulstatistik,  5)  Schulbibliographie. 

Was  1)  die  Schulgeschichte  anlangt,  so  könnte  es  sich  unter 
Berücksichtigung  der  äußeren  Grenzen,  die  auch  den  Programmen 
selbst  bei  großem  Entgegenkommen  von  Staaten  und  Städten  ge- 
steckt sind,  handeln  um  Darstellungen  über  eine  einzelne  Anstalt, 
im  ganzen  oder  —  bei  älteren  —  auch  für  bestimmte  Perioden, 
über  das  höhere  Schulwesen  kleinerer  Staaten  oder  größerer  Ge- 
meinden, wiederum  entweder  im  ganzen  oder  für  bestimmte  Ab- 
schnitte; das  höhere  Schulwesen  einzelner  Provinzen,  die  eine 
Sonderentwicklung  gehabt  haben,  kann  in  einem  oder  mehreren 
Programmen  für  sich  betrachtet  werden,  die  Entwicklung  bestimmter 
Schulgattungen  wie  des  Real-  und  Reformschulwesens,  im  ganzen  oder 
für  einzelne  Staaten,  auch  die  einzelner  Unterrichtsfächer  kann  ver- 
folgt, die  Verfügungen  der  Behörden  für  bestimmte  Gebiete  können 
im  Zusammenhange  übersichtlich  dargestellt  werden ;  Instruktionen, 


1)  Aof  diesem  Gebiete  liegt,  was  die  Bedürfnisse  der  höheren  Schule 
aelAD^,  eio  eoUchiedenee,  noch  lange  nicht  io  genögeodem  (Jmraage  be- 
friedigtet Bediirfaie  vor.  Auch  das  Evers-Fauthsche  Uoteraehmen,  das 
dea  Religiooslehrero  so  viele  Aoregaagen  gebracht  and  manchen,  die  ohne 
besonderea  Beruf  an  den  schwierigen  Unterricht  gingen,  diesen  allmählich 
lieb  gemacht  bat,  nun  aber  kurz  hintereinander  seiner  beiden  Führer  be- 
raubt ist,  konnte  leider  bisher  gerade  die  Behandlung  des  Kirchenliedes 
immer  noch  nicht  bringen;  vgl.  vorläufig  die  Arbeit  von  Gerb,  Gehrcke, 
Erläuterungen  zu  den  zum  Lehrpensum  der  Hansaschale  in  Bergedorf  ge- 
hörigen Kirchenliedern,  2  Tle.,  17  «.  40  S.,  Progr,  Bergedorf  b.  Hamburg, 
Hansasch.  1897.  98  (s.  d.  Verzeichnis  in  Abscho.  C,  Nr.  XVI  55/6). 


^ 


10     Prugrammweseo  und  Prog^rammbibliothek  d.  höh.  Schales, 

Schulordnungen,  Lehrpläne,  Schulböcber,  Stiftungen,  Sammlungen, 
insbesondere  Bibliotheken  alter  Anstalten,  geben  weitere  geeignete 
Stoffe  zu  geschichtlicher  Behandlung,  Publikationen  aus  dem 
Archive^)  der  Anstalten  —  das  ja  an  und  für  sich  schon  eine 
der  wichtigsten  Quellen  für  die  meisten  schulgeschichtlichen  Dar- 
stellungen bilden  wird  — ,  könnten  im  ganzen  oder  für  bestimmte 
Teile,  z«  B.  das  Etatswesen,  in  urkundlich  genauer  Form  erfolgen; 
das  Programmwesen  einzelner  Staaten,  z.  B.  der  oben  (S.  95  Ol) 
nicht  oder  nicht  vollständig  vertretenen,  sollte  AnlaB  zur  Dar- 
stellung werden,  Biographien  von  Schulleitern  und  -Lehrern  der 
Vergangenheit  können  unser  Wissen  vom  Schulwesen  bereichern, 
die  Entwicklung  des  höheren  Lehrerstandes,  nicht  bloß  die  äußere, 
auf  Titel*,  Rang-  und  Gehaltsfragen  bezügliche,  sondern  auch  die 
innere,  von  der  wissenschaftlichen  und  unterrichtlichen  wie  er- 
zieherischen Tätigkeit  des  Standes  handelnde  kann  für  einzelne 
kleinere  Staaten  im  ganzen  oder  für  größere  in  bezug  auf  bestimmte 
Perioden  untersucht  werden. 

2)  Die  Schulorganisation  und -Verwaltung  bietet  weitere 
Slofle.  Ich  denke  an  Arbeiten  über  die  gegenwärtige  Gesamt- 
Organisation  besonders  in  den  kleineren  deutschen  Staaten'), 
auch  der  Auslandstaaten,  an  Sammlungen  der  heute  noch  gelten- 
den Verfügungen,  wiederum  gerade  in  den  kleineren  Staaten'), 
ausgeführte  Lehrpläne  ^),  im  ganzen  oder  für  bestimmte  Fächer, 
soweit  sie  Eigentümlichkelten  einzelner  Schulen  oder  Schul- 
komplexe betreffen,  allgemeine  und  vergleichende  Darstellungen 
bestehender  Lehrpläne  überhaupt,  über  Abiturientenaufgaben  ^) 
(nicht  bloß  für  das  Deutsche^)  und  die  Mathematik)  in  einzelnen 
Schulen,  Städten,  kleineren  und  —  für  einzelne  Perioden  — 
auch  in  größeren  Staaten,  über  Methoden  des  Stundenplanes  und 
der  Lage  der  Stunden,  den  Konfirmandenunterricht  und  die  Lage 
der  Religionsstunden,  Kataloge  über  die  Bestände  der  Schüler- 
und  Lehrerbibliotheken   (im  ganzen')    wie   im   besonderen  über 


>)  Vgl.  J.  Walloer,  Das  Archiv  des  1.  Deotschen  Staatsgymoasiams 
ia  BrÜDD,  Jahresber.  d.  G,  1905,  S.  1 — 18,  und  daza  meine  Bemerknoi^eo 
ia  Reios  Etaykl,  Hdb,  d.  Päd.  H'  (1906)  S.  447  Ann. 

'}  Gerade  für  die  kleiaereo  Staaten  sind  z.  B.  die  entsprechenden  Ab- 
schnitte in  Baumeisters  Handbuch  ganz  unzureichend;  vgl.  o.  S.  93  Anm.  1. 

B)  Vgl.  0.  S.  91  Anm.  1. 

^)  Für  dieses  Gebiet  liegt  schon  eine  reiche  Programm-Literatur 
vor  (vgl.  KluBmanns  Bibliographie),  die  aber  noch  manche  KrgÜnzung  zu- 
läßt; vgl.  jetzt  die  zusammenfassende  Obersicht  von  Ew.  Hörn,  Das  höhere 
Schulwesen  der  Staaten  Europas.  Eine  Zusammenstellung'  der  Lehrplane, 
Berlin  1906,  Trowitzsch  u.  Sohn;  VllI,  201  S.,  geb.  T  JC.  —  Ober  eine 
andere,  mögliche  Form  von  Speziallehrplanen  vgl.  o.  S.  287. 

^)  Vgl.  hierzu  die  Ausführungen  in  Teil  113  (Jahresberichte). 

^)  Wie  z.B.  die  Zusammenstellung  von  F.  Reggel  für  Bayern; 
s.  o.  S.  156,  Anm.  1. 

^)  Die  frühere  Meinung,  daß  solche|K  a  ta  1  o  ge  nur  )  o  k  a  1  e  Bedeutung 
hätten  (s.  o.  S.  214),  ist  schon  oben  (a  a.  0.)  kritisiert  worden;  und  selbst 


von  H.  Ullrich.  H 

Handscbriften ') ,  lokunabelo  und  andere  ältere  und  wertvolle 
Werke),  über  andere  Sammlungen  der  Anstalten  (Archäologiscbe 
Apparate,  Münz-,  naturwissensehaftliches,  ethnograpbiacbes ') 
Kabinett  u.  ä.),  das  Leben  in  Internaten,  Spiele  und  Sport,  Reisen, 
Etatsverbältnisse,  besonders  in  bezug  auf  die  Sammlungen'),  Scbul- 
recht  ^)  ü.  a.  m.  —  Arbeiten,  die  zwar  zunächst  den  gegenwärtigen 
Zustand  und  die  dabei  angewendeten  Methoden  ins  Auge  zu 
fassen  hätten,  aber  auch  die  ev.  in  kurzer  Obersiebt  zu  gebende 
Entwicklung  nicht  außer  acht  lassen  durften,  soweit  diese  nicht 
schon  in  den  unter  1  angeführten  Darstellungen  eine  besondere 
Behandlung  gefunden  bat 

Ich  gedenke  weiter  3)  des  Schulbaues^)  und  der  Schul* 
ein  rieht  ung.  Hier  können  Beschreibungen  neuer  Sclmlbauten 
und  ihrer  Teile  —  diese  ev.  in  besonderer  Darstellung,  wie 
z.  B.  des  chemischen  und  physikalischen  Kabinetts*),  der  Naturalien- 


diejeDigen,  deoeo  wirklich  onr  diese-  Bedeotoog  zakHnie,  kSooaD  doch  für 
die  betr.  SUdt  aod  ihre  UmgeboDg  nberaii  da  sehr  viel  NaUen  stiften,  wo 
die  Bevolkeroog  (wie  z.  B.  in  Westfalen)  nähere  Beziehongen  zu  den 
Schul bibliotheken  vielfach  unterhält.  DaB  sie  aber  gar  LUckenbiifler 
seieo  (o.  S.  186),  ist  eine  Auffassung,  die  heute  nicht  mehr  berechtigt  ist 
und  von  H.  Morsch  (Nr.  139,^  S.  84)  nicht  noch  neuerdings  hätte  vertreten 
werden  sollen.  An  innerem  Werte  wie  praktischem  Nutzen  stehen  viele 
solcher  Arbeiten  manchen  anderen  aus  dem  Gebiete  des  Schulwesens  durch- 
aus gleich;  vgl.  o.  S.  214  Anm.  2,  doch  auch  S.  108  Anm*  1.  Auch  be- 
weisen sie  nicht,  wie  Morsch  (a.a.O.)  anzunehmen  geneigt  ist,  ,, Mangel 
an  wissenschaftlicher  Arbeitskraft*'  (denn  es  haben  sich  auch  sehr  tüchtige 
Gelehrte  unter  den  Schulmännern  an  ihnen  beteiligt),  sondern  erhöhtes  Ver- 
ständnis fiir  die  Aufgaben  auch  des  Lehrerbibliotheksweseos  in  oener  Zeit,  — 
womit  natürlich  nicht  gesagt  sein  soll,  daß  alle  diese  Arbeiten  zweck- 
mäßig ansgeifährt  wären.  Es  gibt  gute  nnd  schlechte,  wie  eben  auf  anderen 
Gebieten  auch. 

>)  Vgl.  o.  S.  142  u.  S.  214  mit  Anm.  1. 

*)  Vgl.  z.  B.  Mireiber.  d,  Priv,  -  G,  d»  Ges.  Jetu  in  Kalksburg'  (bei 
Wien)  1904,  S.  40—65. 

*)  Vgl.  o.  S.  233  die  Bemerkungen  von  B.  Schwalbe;  häufigere  An- 
gaben darüber  in  den  Jahresberichten,  wie  sie  dieser  wünschte,  können 
Anlaß  zu  fruchtbaren  Gesamt betrachtungen  in  den  Beilsgen  werden. 

^)  Es  ist  als  ein  Maogel  zu  betrachten,  daß  sich  auf  den  Universitäten 
für  die  Studierenden  der^  philosophischen  Fakultät,  insbesondere  für  die 
künftigen  Lehrer  an  höheren  Schulen,  bis  jetzt  wenig  Gelegenheit  bietet, 
Vorlesungen  über  Schnlrecht  und  Schul  Verwaltung  zu  hören;  daher  herrscht 
über  diese  Verhältnisse  in  unseren  Kreisen  manchmal  eine  Unkenntnis,  die 
ganz  erstaunlich  ist.  Auch  über  die  Rechte  der  städtischen  Patronate  gegen- 
über den  von  ihnen  unterhaltenen  höheren  Schulen  bestehen  manche  Un- 
klarheiten. Eine  knappe  Darstellung  auch  dieser  Dinge  in  einer  oder 
mehreren  ProgranuDbeilagen  könnte  willkommen  geheißen  werden. 

')  Die  Zahl  solcher  Arbeiten  ist  schon  jetzt  so  groß,  daß  hier  eine 
Anführung  auch  nur  der  besten  nicht  möglich  ist  Doch  erwähne  ich  z.  B. 
die  Programme  von  Speyer  G,  1904,  StuUgart  Eberh.-Ludw.-G,  1904  und 
dachen,  Kaiser  Karis-G.  1906  (vgl.  auch  Abschn.  C,  Ve  r z.,  bes.  Nr.  Xfli— XVIII). 

*)  Vgl.  z.  B.  Paul  Glatzel,  Die  Räume  fdr  den  naturwiss.  Unterr.  i.  d. 
neueren  hblieren  Lehranstalten  Berlins,  Berlin,  Progr.  d,  Friedr,'Rg.  1906, 
31  S.  (mit  12  Abbildungen  «nd  4  Tafeln). 


12    ProgrammwescD  uod  Progrninmbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

sammlang,  des  Scliulgarteng,  des  Zeichensaals,  der  Tarnhalle,  der 
Bibliothek  ^)  —  gegeben  werden,  vergleichende  Darstellung  tod  neueren 
Schuibauten  kleinerer  Verbände  oder  beslimmter  Typen  dörfte 
lohnend  sein,  die  der  hygienisciien  EinridUnngen  wiederum  wäre 
gerade  zeitgemäß.  Auf  gute  Abbildungen  wäre  hier  besonderer  Wert 
zu  legen,  aucli  der  Zusammenhang  mit  früheren  Zuständen  darzu- 
legen. So  wären  bei  Darstellungen  neuer  Schuibauten  öder  einzelner 
Teile  immer  die  alten  Bauten  vergleichend  zu  berücksichtigen, 
von  ihnen  in  letzter  Stunde  auch  Aufnahmen  zu  madien,  soweit 
sie  nicht  in  den  Gesamtdarstellungen  unter  t  schon  vorliegen. 

Für  die  4)  Schulstatistik  öflnet  sich  ein  weites  Feld. 
Hier  sind  zunächst  Statistiken  für  einzelne  Schulen  er- 
wünscht, über  Lehrer,  Schüler  (insbesondere  Abiturienten)  nach 
Zahl,  Herkunft,  Alter,  Konfession  und  anderen  Gesichtspunkten 'X 
für  einen  bestimmten  Zeitpunkt  wie  —  dies  z.  T.  zu  1  gehörend  — 
für  längere  Zeiträume,  Gesamtstatistiken  über  die  entsprechen- 
den Punkte  in  Stadt,  Provinz,  Staat  usw.,  auch  über  die  Zahl  der 
Schulen  überhaupt  oder  bestimmter  Schularten  z.  B.  im  Verhält- 
nis zur  Gesamtbevölkerung;  vergleichende  Betrachtung  wird  auf 
notwendige  Zustände,  auch  abzustellende  Mißstände  in  verschiedenen 
Staaten  oder  Provinzen  führen. 

Endlich  gedenke  ich  5)  der  Scbulbibliographie,  ein 
Gebiet,  auf  dem  es  trotz  Zeitschriften,  Jahresberichten  usw.  noch 
eine  Menge  von  dankbaren,  wenn  auch  Entsagung  fordernden  und 
zudem  z.  Z.  von  vielen  noch  nicht  einmal  recht  geschätzten  Auf- 
gaben gibt.  Ich  meine  Zusammenstellungen  der  Literatur  über 
einzelne  Fachgebiete  (der  Bücher,  Zeitschriftenaufsätze,  Programme 
und  wichtigeren  Rezensionen),  die  möglichst  bestimmt  und  eng  ab- 
zugrenzen sind;  es  wäre  hier  die  methodische  Literatur  annähernd 
vollständig  und  die  wissenschaftliche,  soweit  sie  den  Unterricht 
zu  unterstützen  und  zu  vertiefen  geeignet  ist,  in  zweckmäßiger 
Auswahl  zu  geben,  in  gewissen  Fällen  mit  kurzer  Charakteristik, 
Hinweisen  auf  sachgemäße  Rezensionen  u.  ä.m.').    Ich  widme 


^)  Aaf  diesem  Gebiete  fehlt  es  ao  geeisoetei  DarsteUangeo  noeh  sehr, 
eio  Umstaady  der  viel  dasa  beigetragea  hat,  daß  selbal  bei  aaiieheii  Neu- 
eiorichtaDSeo  voo  Lehrerbibliotliekea  alle  Fehler  wiederholt  werdea  «ad 
voB  den  eiofachsten  Fortachrittea  der  8ibliethekateehDtk  kaum  Motii  ^e- 
Dommeo  wird.  Zwar  gibt  es  eioe  Reihe  aosgeieiehaet  eiageriehteter  oeuerer 
Lehrerbibliothekeo ;  aber  sie  milssea  hekaoot  gemacht,  beschriebe«  werdea, 
damit  andere  davoa  Nutzeo  sieheo!  Vgl.  z.  B.  Reias  Ens»  Hdb.  d.  Päd.  '  V 
(1906)  S.  443. 

')  Aach  hier  liegt  schon  eioe  Reihe  guter  DarateUnagea  vor  (vgl.  o. 
S.  123  Aom.  1;  a.  a.  S.  219  mit  Aam.  3  iiod  u.  Abseh.  C),  aber  oech  mehr 
bleibt  zu  tuo  übrig. 

3)  Was  z.  B.  vor  11  Jahren  Friedr.  Seyring  in  seinem  Führer  dwrek 

die  Literatur   des  evangelischen  ReUgions -Unterrichts   an  höheren  Sehnten 

(1886—1895)  versucht  hat,  übrigens  in  Buchform  (Berlin  1896,  Reutber  u. 

.Reichard;  VI,  10]  S.,  1,60  .>^.)    könnte  in  Progammfertt  auch  für  andere 

Gebiete  gegeben  werden,  sei  es  in  tabellarischer  Übersieht  oder  in  tofammen- 


von  R.  UUrieh.  13 

diesen  DiBgen  ein  gewisses  persönliches  Interesse  und  bin  daher 
oft  Ton  Freunden  und  Kollegen  befragt  worden,  was  es  über 
diesen  oder  jenen  Gegenstand  „gebe*^  —  ein  Beweis,  daß  hier 
ein  (bisher  keineswegs  überall  befriedigtes)  Bedürfnis  wirklich  vor- 
liegt. Denn  die  wissenschafthchen  Gesamt-  und  Fachbibliographien 
sind  noch  seltene  Gäste  in  den  LebrerbiUiotheken,  teils  wegen 
des  teuren  Preises,  teils  auch  wegen  mangelnden  Interesses  der 
maßgebenden  Persönlichkeiten,  geben  übrigens  naturgemäß  immer 
nur  Cbersicbten  über  g^nz  kurze  Zeiträume.  Gerade  in  kleinen 
Städten,  die  keine  größere  wisseusohaftliche  Bibliothek  am  Orte 
oder  in  erreichbarer  Nähe  haben»  wären  daher  knappe,  zuverlässige, 
den  Bedürfnissen  des  höheren  Unterrichts  angepaßte  Fachbiblio- 
graphien über  bestimmte  größere  Zeiträume,  etwa  die  letzten 
15—20  Jahre,  mit  Uinzufügung  einer  Auswahl  dessen,  was  aus 
früheren  Perioden  noch  notwendig  oder  nützlich  ist,  ein  wirklicher 
Segen  und  durch  die  Veröffentlichung  in  Programmform  fast 
allen  höheren  Schulen  ohne  weiteres  zugänglich»  was  bei  Büchern 
niemals  zu  erreichen  ist  Sie  hätten,  glaube  ich,  sogar  Aussicht, 
zwei  oder  mehr  Auflagen  zu  erleben.  Auch  bibliographische 
Zusammenstellungen  der  Literatur  über  eins  oder  mehrere  der 
unter  Nr.  1 — 4  genannten  Fachgebiete,  von  kundiger  Hand  an- 
gefertigt, können  Nutzen  stiften  und  manche  Arbeit  erheblich  er- 
leichtern, so  z.  B.  über  Schulhygiene,  Schulgeschichte  bestimmter 
Landesteile  ^),  Programm wesen^)  u.  a.  ro.,  so  daß  die  Frage  „Was 
gibt  es  darüber?"  in  Zukunft  allmählich  seltener  gestellt  zu 
werden  brauchte. 

Wie  man  sieht,  liegen  auf  den  bezeichneten  fünf  Gebieten 
und  noch  manchen  andern  —  ich  habe  meinen  Wunschzettel 
in  stark  verkürzter  Form  hier  zum  Abdruck  gebracht  —  Aufgaben 
für  Jahre,  ja  für  Jahrzehnte  vor.  Wie  viele  Kräfte  gerade  von 
Lehrern,  die  bisher  brach  gelegen  oder  mit  weit  unfruchtbareren 
Stoffen  sich  abgemüht  haben,  können  hier  wirklich  nutzbar  ge- 
macht werden !  Manches  ist  ja  schon  geleistet,  auch  Vortreflliches 
(die  Anmerkungen  zu  den  fünf  Abschnitten  geben  eine  kleine  Aus- 
wahl aus  dem  mir  Bekannten ;  vgl.  auch  unten  das  Programm- 
Verzeichnis  des  Abschnitts  C),  aber  anderes  ist  noch  in  den  An- 
fangen, hier  und  da  bilden  sich  erst  sichere  Methoden  der  Behandlung. 

Das  Gelingen  hängt  hier  von  einer  Reihe  von  Faktoren 
ab,  die  erst  zum  Teil  vorhanden  sind;  aber  darum  ist  die  Auf- 
gabe um  so  reizvoller  für  emsige  Arbeiter,  die  es  auf  vielen  der 
bezeichneten  Gebiete  nicht  mit  einer  erdrückenden  Hasse  von  Lite- 
ratur zu  tun  haben,  die  außerdem  oft  nicht  ausreichend  zugäng- 

häageoder  Diirstellaog.  Beides  erfordert  SachkenotDis,  da«  leUtere  aaeh 
Geschick  oad  Geschmack. 

^)  Zum  Beispiel  in  der  Art  der  Zosaameastellaog  voo  Biblioffr.  Abt. «?, 
Nr.  3S  (o.  S.  116). 

>)  Bbenda  Nr.  39,  sowie  S.  115  f.  Nr.  34—36. 


i4    Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hob.  SchnleB, 

lieh  ist,  manchmal  sich  auch  bei  näherer  Betrachtung  als  wissen- 
schaftliche Grundlage  z.  T.  nicht  brauchbar  erweist,  sondern  hier 
ganz  neuen  Boden  beackern  können  und  fast  bei  jedem  Schritt 
vorwärts  auf  neue  lohnende  Aufgaben  stoßen.  Auch  wer  z.  B. 
die  vorliegende  Abhandlung  aufmerksam  liest,  wird  an  nicht 
wenigen  SteUen  Desiderate  bemerken,  auch  da,  wo  ich  sie  selbst 
nicht  ausdröcklich  hervorgehoben  habe. 

Was  nun  die  Faktoren  des  Gelingens  betrifft,  so  ist  zunächst 
im  allgemeinen  wichtig,  daß  die  größere  Zahl  der  Lehrer  an 
höheren  Schulen  selbst  den  Aufgaben  aus  der  Geschichte 
und  Organisation  des  Schulwesens  im  ganzen  wie  in  seinen 
Teilen  mehr  Beachtung  schenke  als  es  bisher  geschehen  ist. 
Das  immer  noch  starke  Vorurteil^),  Arbeiten  ober  derartige  Gegen- 
stände —  filr  die  freilich  leider  auf  der  Universität  nur  ein 
schwacher  Grund,  oft  auch  gar  keiner  gelegt  wird')  —  seien 
weniger  wertvoll  als  solche  Aber  Gegenstände  irgend  einer  Fach- 
wissenschaft, muß  noch  mehr  der  Einsicht  weichen,  daß  auch 
hier  Gelegenheit  ist,  Wissenschaft,  Kritik  und  Methode  zu  vollem 
Rechte  kommen  zu  lassen,  und  daß  diese  Gelegenheit  dazu  bei- 
tragen kann,  die  Liebe  zu  dem  eignen  Berufe  zu  mehren,  ja  — 
wenn  man  will  —  die  Zusammengehörigkeit  der  Glieder  eines 
immerhin  noch  jungen  Standes  zu  festigen,  je  mehr  diese  sich 
gewöhnen,  sich  in  dessen  Vergangenheit  zu  versenken  und  den 
gegenwärtigen  Zustand  geschichtlich  zu  betrachten.  Denn  das 
freilidi  ist  notwendig,  daß  alle  derartigen  Aufgaben,  die  ein  wenn 
auch  noch  so  beschränktes  Gebiet  behandeln,  im  Zusammenhang 
bleiben  mit  der  ganzen  Entwicklung.  Wer  die  Geschichte  einer 
einzelnen  Schule  in  wissenschaftlichem  Sinne  bearbeiten  will,  kann 
dies  erst  mit  Erfolg  tun,  wenn  er  sich  mit  der  Geschichte  des 
Schulwesens  wie  des  geistigen  Lebens  überhaupt  einigermaßen 
vertraut  gemacht  hat.  Was  för  jede  Monographie  jeder  anderen 
Wissenschaft  schon  lange  gilt,  muß  auch  hier  gelten;  und  be- 
geisterte Vertreter  der  schulgeschichllichen  Forschung  haben  da- 
her nicht  ganz  mit  Unrecht  auf  gewisse  Mängel  mancher „Schul- 
geschichten'' in  dieser  Beziehung  hingewiesen').     Wer  z.  B.  über 


^)  Vgl.  schon  die  ältoreo  ßemerkuogea  voo  O.  Fr  ick,  s.  o.  8.193 
und  203;  s.  a.  P.  WendlaDd:  „Bei  deo  echten  Philologen  war  die  An- 
schanong  weit  verbreitet,  daß  es  zum  gateu  Ton  gehöre,  sich  von  der 
pädagogischen  Sektion  fern  zn  halten**  {Ferk.  d.  48.  Fers,  deutsch,  PhiL  u. 
Schulm,  t.  Hambff.  1905,  S.  44). 

2)  Vgl.  auch  0.  S.  ii,  Aum.  4. 

^)  So  z.  B.  ziemlich  gleichzeitig  M.  Wehrmaon  in  den  Mät.  d.  Ges. 
f.  deutsche  Erz.-  u.  Schulgesch.  XVI  (1906)  S.  333  ff.,  der  aoch  sonst  be- 
achtenswerte Gesichtspnnkte  bietet,  Ernst  Srhwabc  in  seinem  Aufsatz: 
Behandlung  schalgeschichtlicher  Aufgaben,  Deutsche  Gesehichtsbtätter  VIII 
(1906/7)  S.  59—82,  der  viel  Literatur  mitteilt,  die  den  Aofiinger  io  das 
Stndinm  des  Gegeojitaodes  einführen  kann,  und  ganz  neuerdings  wiederom 
M,  VVchrmann,    Einiges    zur    Methode    und    zu    den  Aufgaben    der  scfani- 


Von  R.  Ullrich.  25 

m 

dad  Program  m  Wesen  mit  Aussicht  auf. Erfolg  reden  will»  muB 
seine  Entwicklung  studiert  haben  und  den  Stand  der  Dinge  in 
der  Gegenwart  in  gewissem  Umfange  kennen;  wir  haben  oben 
gesehen,  daß  eben  dieser  Mangel  so  viele  der  Autoren  gerade  aus 
neuerer  Zeit,  die  in  der  Frage  das  Wort  ergriffen  haben,  völlig 
in  die  Irre  geführt  hat.  Vor  allem  ist  es  notwendig,  daß  jeder, 
der  an  solche  Aufgaben  geht,  wenigstens  die  hauptsächlichste 
Literatur,  die  große  wie  die  kleine,  einigerknaßen  kennt  und  be- 
herrscht. In  anderen  Wissensgebieten  gilt  das  seit  langem  als 
selbstverständlich,  hier  muß  es  leider  noch  besonders  hervor- 
gehoben werden;  vgl.  oben  S.  82,  192  Anm.  1,  229,  243  u.  ö. 
Notwendig  ist  ebenso,  daß  die  Verfasser  die  benutzte  Literatur 
vollständig  und  mit  einer  gewissen  bibliographischen  Genauigkeit 
angeben,  womöglich  auch  —  solange  werbende  Kraft  hier  noch 
nötig  ist  —  den  weniger  kundigen  Leser  gelegentlich  auf  weitere 
Quellen  hinweisen.  Erst  so  wird  die  Kleinarbeit,  unter  größeren 
Gesichtspunkten  betrachtet,  dauernd  wertvoll  und  kann  den  größeren 
Gesamtdarstellungen  über  Schulgeschichte  und  -Organisation  manchen 
wichtigen  Baustein  liefern,  während  diese  jetzt  infolge  des  Hangels 
an  gründlichen  Einzeluntersuchungen  erhebliche,  oft  schmerzlich 
(auch  vom  Verfasser  der  vorliegenden  Arbeit)  empfundene  Lücken 
aufweisen  — ,  so  z.  B.  den  noch  ausstehenden  Bänden  der  MonummUa 
Germaniae  paedagogica^),  neuen  Auflagen  von  F.  Pa  ulsens  Geschichte 
des  gelehrten  UnterridUs*),  der  Fortsetzung  von  A.Heu  bau  ms 
Geschichie  des  deutschen  Büdungswesens  seit  der  Mitte  des  17.  Jahr- 
hunderts%  manchen  Schulgesetzsammlungen*),  den  weiteren  Auf- 
lagen von  Bd.  IVß    ißckulhim)   des  Handbuchs  der  Architektur^) 


l^escbichtlicben  Forschung,  Mitt,  d.  Ges.  f.  deutsche  Erz.»  u.  Schut^,  XVII 
(1907)  S.  1 — 17,  wo  aach  aaf  die  ältere,  ooeb  beute  sebr  leseoswerte  Arbeit 
von  Ppdr.  Koldewey  {Neue  Jbb.  f,  Phü.  u.  Päd,  118  (1878)  S.  526—535) 
und  voD  oeuereo  besonders  auf  die  Leistoogeo  vod  Alfr.  Heobaum  hio- 
f^e wiesen  wird,  die  io  mehreren  Aufsätzen  der  Monalschrijt  f,  höh.  Schulen 
nod  der  Mitteäungen  d.  Gesellschaft  f,  deutsche  Erziehungs-  u.  Schulgeschichie 
vorliageo. 

^)  Vgl.  o.  S.  88  Anm.  2  und  S.  129  Anm.  1. 

S)  2  Bde.,  Lpz.,  ^  1896/7,  Veit  u.  Co.,  geb.  34  ^;  vgl.  o.  S.  132  Anm.  2. 
Dort  ist  übrigens  ein  Druckfehler  stehen  geblieben;  es  muß  beifien  Bd.  *  1 
(1896)  S.  585. 

3)  Bisher  erschien  Bd.  I  (Berlin  1905,  Weidmann ;  Xll,  403  S., 
geb.  9  JC.)y  der  Ah^  Zeitalter  der  Standes-  und  Berufserziehung  (bis  1763  (f.) 
behandelt. 

^)  Vgl.  in  bezug  auf  Desiderate  dieses  Gebiets  o.  S.  91  Anm.  1  u.  4, 
S.  92  Anm.  4. 

^)  Gebäude  für  Erziehung,  f^issenschaft  und  Kunst  (von  mehreren 
Verfasaern),  Stuttgart  ^903,  A.  Kröoer;  VII,  360S,  Lex,  fi\  18^., 
geb.  21  JH.,  vgl.  besonders  S.  3  ff..  S.  141—299;  S.  331—360,  dazu  neuer- 
dings Fedor  Liodemann,  Das  künstlerisch  gestaltete  Schulhaus^  Leipzig 
1904,  R.  Voiglländer,  120  S.,  geb.  ^  JC.  (beide  mit  vielen  Abbildungen,  das 
erster»  auch  mit  zahlreichen  Grundrissen).  Wie  viele  Schulmänner  kennen 
beide  Werke? 


tß    Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  h6h.  Schalen, 

und  so  vielen  anderen.  Ein  Vorteil  der  Bescbäfügnng  mit  solchen 
Arbeiten  wftrde  auch  der  sein,  da£  der  Schulmann  aus  seiner 
Isolierung  heraustritt  und  bei  kleinen  Arbeiten  aber  Schnlverwal- 
tung  und  Schulrecht  mit  Juristen,  bei  solchen  aber  Schulhygiene 
mit  Medizinern,  bei  den  sich  mit  Schulbau  und  Scboleinrichtung 
beschäftigenden  mit  Architekten  und  Technikern  der  verschiedensten 
Art,  endlich  bei  bibliographischen  Arbeiten  mit  Fachbibliothekaren 
in  persönliche  Beziehungen  kommt  und  eigene,  notwendig  ein- 
seitige Urteile  berichtigt  auch  ein  gut  Stock  von  Literatur  ans 
manchen  ihm  bisher  fremden  Gebieten  kennen  lernt,  wie  es 
anderseits  Angehörige  jener  Berufsklassen,  die  in  ihren  Arbeiten 
auf  Schulfragen  stoßen  und  oft  der  entsprechenden  Einseitigkeit 
verfallen,  nur  erwünscht  sein  kann,  mit  wissenschaftlich  tätigen 
Schulmännern,  deren  Hilfe  sie  hier  nicht  entraten  könen,  in 
dauernder  Verbindung  zu  bleiben. 

.  Als  unterstützende  Momente  erfolgreicher  Arbeit  auf 
den  bezeichneten  Gebieten  kämen  weiter  hinzu  die  genügende 
Ausstattung  der  Lehrerbibliotheken,  auch  mancher 
größeren  Bibliotheken,  wenigstens  mit  den  wichtigsten 
grundlegenden  Werken  ober  Schulgeschichte  usf.,  das 
Bekanntwerden  eigenartiger  größerer  Spezial-Biblio- 
theken  in  Lehrerkreisen,  sowie  die  zweckmäßige  Gestaltung 
der  Jahresberichte  der  einzelnen  Schulen  selbst 

Was  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  bleibt  in  den  Lehrer- 
bibliotheken, wie  mich  das  Studium  der  Zu  wachs  Verzeichnisse 
vieler  Hunderte  von  Jahresberichten,  gedruckter  Kataloge  und 
ziemlich  ausgedehnte  persönliche  Erfahrung  gelehrt  haben,  noch 
vieles  zu  tun.  Mit  pädagogischen  Zeitschriften,  allgemeinen  wie 
für  einzelne  Fächer,  sind  die  meisten  im  Durchschnitt  ganz  gut 
versorgt;  in  manchen  tritt  beinahe  ein  Zuviel  zuungunsten  wissen* 
schaftlicber,  ebenfalls  notwendiger  Fachzeitschriften  hervor.  Auch 
die  kleineren  methodischen  Arbeiten  für  einzelne  Fächer  —  die 
eigentlich  der  Fachlehrer  selbst  besitzen  muß  —  sind  meist  vor- 
handen. Dagegen  fehlt  es  im  allgemeinen  an  den  größeren,  grund- 
legenden —  übrigens  ja  bis  jetzt  durchaus  nicht  allzu  zahlreichen 
Werken  neuerer  Zeit  über  das  Ganze  des  höheren  Schulwesens'); 
und  sehr  teure  fachwissenschaftliche  Werke  anderer  Art  (man 
vgl.  die  Jahresberichte!),  oft  aus  recht  entlegenen  Gebieten,  die 
nur  wenige  interessieren,  haben  z.  B.  bei  Direktoren  und  Biblio- 
thekaren streng  philologischer  Observanz  in  der  Regel  weit  eher 
Aussicht  angeschaflt  zu  werden,  als  etwa  die  von  F.  A.  Specht*), 


')  Vgl.  über  diesen  Pankt  schoD  meine  BemerkoDgen  io  der  Schrift 
Benutsunff  und  Einrichtung"  der  LehrerbibUoiheken  an  höheren  Schulen  (s.  o. 
S.  85  Arn».  1)  8.  97  (=  Z.  f,  d.  G.  IT,  LVllI  (1904)  S.  769). 

^)  Geschichte  des  Unterrichtstoesens  in  Deutschland  von  den  ältesten 
Zeiten  bis  sur  Mitte  des  13.  Jahrhunderts^  Stuttgart  1&85,  J.  6.  Cotta. 
XII,  411  S.,  8  JC. 


von  R.Ullrich.  17 

H.  J.  Kaemmel^),  G.  Mertz'),  C.  Varrentrapp*),  Wiese- 
Iriner*),  W.  Rein»),  0.  Willmann«),  Alfr.  Hcubaum^),  die 
Monumenta  Germaniae  paedagogica«)  (wenn  auch  nur  in 
einzelnen  Teilen),  K.  Kehrbachs')  Bibliographie  und  manche 
andere,  deren  Anschaffung  wegen  ihres  Preises  dem  einzelnen 
Lehrer,  falls  er  nicht  aus  diesen  Dingen  ein  Spezialstudium  seines 
Lebens  machen  will,  kaum  zugemutet  werden  kann.  Auch  die 
größeren  wissenschaftlichen  Bibliotheken,  z.  B.  die  Königliche 
Bibliothek  zu  Berlin  und  die  Universitätsbibliotheken,  sollten 
über  den  Kreis  der  Pflichtexemplare  hinaus  diesem  Teile 
ihrer  Bestände  (auch  in  bezug  auf  Schulzeitschriften)  ^^)  etwas 
mehr  Aufmerksamkeit  zuwenden,  da  sie  von  Lehrern  höherer 
Schulen  unmittelbar  oder  durch  Vermittlung  des  amtlichen  Leih- 


^)  Geschichte  des  deutschen  Schtdwesens  im  Übergänge  vom  JHiitelaUer 
zur  Neuzeit,  Aas  s.  Nachlaß  hrsg.  v.  0.  Kaemmel.  Leipzig  1882,  Doocker 
u.  Hamblot.    XII,  444  S.,  8,40  JC. 

')  Das  Sehuhoesen  der  deutsehen  Reformation  im  16,  Jahrhundert, 
Heidelberg  1902,  G.  Wioter.    VFI,  681  S.,  16^.,  geb.  18  y^. 

3)  Vgl.  o.  S.  131  Adid.  2. 

*)  Vgl.  0.  S.  89  Anm.  2. 

*)  Dis  oben  schon  mehrfach  erwähnte  Enzyklopädische  Handbuch  der 
Pädagogik,  1.  Aufl.,  Langensalza  1895—1899,  H.  Beyer  a.  Söhne,  7  Bde., 
2.  Aufl.  seit  1903  (im  Erscheinen,  anf  8  Bde.  berechnet),  bis  Anfang  dieses 
Jahres  5  Bde ,  jadfr  Bd.  geb.  18,5()  t^.  Die  ältere  Bozylilopadie  von  K.  A. 
Schmid  (in  2.  Aufl.  z.T.  von  W.  Schrader  neu  bearbeitet),  die  fdr 
schnlgeschichtliehe  Stadien  noch  hente  anentbehrlich  ist,  reicht  natür- 
lich für  die  richtige  firiienntnis  der  Organisation  eines  so  weit  verzweigten 
Gebietes  in  der  Gegenwart  nicht  mehr  ans,  da  der  letzte  Band  vor  20  Jahren 
erschienen  ist,  nnd  wäre  in  den  Lebrerbibliotheken  allmählich  darch  Heins 
Werk  zn  ergänzen  oder  zu  ersetzen.  Ebenso  erwähne  ich  Reins  Päda- 
gogik in  systematischer  DarstMing,  2  Bde.,  ebenda  1902  nnd  1906,  geb.  je 
12  JC. 

*)  Didaktik  als  Bildungslehre  nach  ihren  Beziehungen  zur  Sozialforsckung 
und  zur  Geschichte  der  Bildung  dargestellt  (znerst  1882),  3.  Aufl.,  2  Bde., 
Braonschweig  1902  n.  1903,  F.  Vieweg,  geb.  8,50^.  n.  9fiQ  JC. 

^)  Vgl.  0.  S.  lö  Anm.  3. 

')  Seit  1886,  bis  jeUt  35  Bde.  (verschiedenen  Preises),  Berlin,  A.  Hof- 
nann  o.  Co.;  vgl.  o.  S.  lö, 

")  Vgl.  o.  S.  126  Aom.  1.  Das  Werk  hat  leider  mit  dem  4.  Bande  (der 
die  Literatur  des  Jahres  1899  enthält)  abgebrochen  werden  mösseo.  Eine 
Fortsetzung  (in  verkürzter  Form)  ist  ein  dringendes  wissenschaftliches  Be- 
dürfnis. 

^^)  Selbst  die  größten  Bibliotheken  zeigen  hier  viele  Lücken.  So  fehlen 
z.B.  in  der  Kgl.  Bibliothek  zn  Berlin:  die  Südwestdeiäschen  Sehulblätter 
(vgl.  0.  S.  126  Nr.  110),  das  Verordnungsblatt  des  Großherzogl  Oberschul- 
rats (Baden)  —  s.  o.  S.  91,  Nr.  XIV,  die  neueren  Bände  des  öster- 
reichischen Verordnungsblatts  (o.  S.  94,  Nr.  XXVII),  die  Zeitschrift  für 
lateirdose  höhere  Schulen,  das  Pädagogische  fVochenblatt.  Die  Österreichi- 
sche Mittelschule  (s.  o.  S.  114  Aom.  2),  die  früher  auch  fehlte,  ist  nenerdings 
auf  Bitte  des  Verfassers  aogeschafft  uod  für  diese  Arbeit  schon  ausgebeutet 
worden.  Es  ist  der  Verwaltung  überhaupt  erwünscht,  wenn  sie  von  fach- 
männischer Seite  auf  Lücken  aufmerksam  gemacht  wird,  und  sie  sucht  diese 
nach  Möglichkeit  zn  ergänzen. 

Zeitsehr.  t  d.  O/mnasiAlweaen.    LXI.     Snpplemeniheft  2 


IS      Programmwesen  ood  Pros^rammbibliothek  d.  hSh.  Sehnleo, 

Verkehrs  (s.  o.  S.  148  Anm.  1)  erfahrungsmäßig  ziemlich  lebhaft 
benutzt  werden.  Aber  die  Lehrer  müssen  auch  selbst  Umschau 
halten  nach  geeigneten  Quellen  der  Unterstützung  ihrer  Arbeit, 
von  denen  manche  lange  vorhanden,  aber  nicht  ebenso  lange  auch 
wirklich  gekannt  sind,  obschon  sie  —  wenngleich  in  der  Haupt- 
sache nach  Einrichtung  und  Verwaltung  für  das  Volksschulweseo 
bestimmt  —  doch  auch  denen  manches  zu  bieten  haben,  die  dem 
Studium  des  höheren  Schulwesens  im  ganzen  ihr  Interesse  zu- 
wenden; ich  meine  z.  B.  die  Pädagogische  Zentralbibliothek 
der  Comeniusstiftung  in  Leipzig,  die  Auskunftsstelle 
für  Schulbücher  des  höheren  Unterichtswesens  in  Berlin 
(vgl.  o.  S.  8  Anm.  4)  und  die  beiden  Schulmuseen  (städtisches 
und  deutsches)  in  Berlin^,  Veranstaltungen,  von  denen  die 
erste,  dritte  und  vierte  auch  gedruckte  Kataloge  neusten  Datums 
besiuen  und  die  Comeniusstiftung  wie  das  Deutsche  Schul- 
museum in  Berlin  auch  nach  auswärts  Bücher  verleihen. 

Endlich  könnten  die  Jahresberichte  der  Anstalten  für 
viele  der  oben  genannten  Arbeiten  weit  fruchtbarer  gemacht 
werden,  wenn  ihre  Verfasser  nebst  Gehilfen,  wenn  sie  nicht 
selbst  ein  persönliches  oder  wissenschaftliches  Interesse  für  all- 
gemeinere Schulfragen  besitzen,  ihre  jährlich  wiederkehrende  Ab- 
fassung nicht  als  eine  lästige  Pflicht  betrachten  wollten,  deren  Nutzen 
eigentlich  nicht  recht  einzusehen  sei,  sondern  dem  Gedanken  all- 
mählich Raum  zu  geben  vermöchten,  daß  hier  eine  für  alle  Zukunft 
wichtige,  ja  unersetzliche  Quelle  für  Schulgeschichte  und  Schul- 
organisation vorliegt,  und  daher  die  Angaben  (durchaus  im  Rahmen 
der  bestehenden  Vorschriften)  in  der  Vollständigkeit,  auch  Richtig- 
keit und  Genauigkeit  machten,  die  für  eine  sachgemäße  wissen- 
schaftliche Verwertung  im  ganzen  unerläßlich  ist  (über  Einzel- 
heiten zu  diesem  Punkt  vgl.  Teil  II  3).  So  würde  auch  der 
innere  Zusammenhang,  in  dem  die  Jahresberichte  und  ihre  Beilagen 
nach  der  Absicht  ihres  preußischen  Organisators  vom  Jahre  1824  ge- 
dacht waren,  der  aber  lange  Jahrzehnte  hindurch  fast  aus  den  Augen 
gelassen  worden  ist  (vgl.  o.  S.  267  (f.),  in  Zukunft  mehr  Aussicht 
haben  wieder  gewonnen  zu  werden,  zumal  da  deutliche  Zeichen 
für  diesen  sich  vorbereitenden  Umschwung  vorhanden  sind  (s.  o. 
S.  270).  Ihn  schneller  herbeizuführen,  dazu  können  alle  Arbeiten 
der  oben  (S.  274  <f.)  bezeichneten  Art  helfen. 

Aus  dem  Gesagten  ergibt  sich,    daß   die  Beilagen  zu  den 
Jahresberichten  heute  und  in  Zukunft  eine  für  Schüler, 


^)  Vgl.  daza  oeuerdiogs  P.  Schwenke  n.  \d.  Uortzschaosky, 
Berliner  BibUotheke/iführer,  Berlto  1906,  Weidmaoo,  geb.  1,20,  S.  92—94 
U.  a.  meine  Bemerkuagen  darüber  in  dieser  Zeitschrift  LX  (1906)  S.  763 
— 770).  Auch  auf  die  beideo  Poblikationea  von  Max  Hiibner,  Die  deut- 
schen Schulmtueen  und  Die  auslandischen  Sehulmuseen  sei  hingewieaen 
(In:  Feröffentlichung^n  des  Stadt.  Schulmuseums  zu  Breslau,  Nr.  5  n.  6, 
Breslau  1904  und  1906,  F.  Hirt,  1^50  u.  3  JC^). 


voB  R.Ullrich.  1$ 

Eltern,  Lehrer,  Gelehrte  und  Behörden,  für  Fach- 
wissenschaft und  insbesondere  für  die  Wissenschaft 
vom  Schulwesen  eine  dankbare,  nützliche  und  wert- 
Tolle  Aufgabe  zu  lösen  haben,  mit  einem  Worte,  daß  sie 
zweckmäßig  sind;  und  weiter,  daß  ihre  Verfasser  diese 
Aufgabe  am  besten  erfüllen  werden,  wenn  sie  die 
ganze  Entwicklung  der  Einrichtung  und  die  Zeichen 
der  Zeit  zu  verstehen  suchen  und  den  Inhalt  so  ge- 
stalten, daß  sie  jedem  das  Seine,  aber  der  Schule  und 
ihrem  Kreise  das  Beste  geben. 

Ich  fuge  aber  hinzu,  daß  die  Programmbeilagen  zur  Er- 
reichung der  genannten  Zwecke  die  denkbar  beste,  in  zahl- 
reichen Fällen  sogar  die  einzig  mögliche  Form  der 
Veröffentlichung  darbieten,  daß  sie  vor  allem  durch  Zeit- 
schriften oder  andre  Publikationen  wohl  zu  ergänzen,  aber 
nicht  zu  ersetzen  sind. 

Da  auf  diesen  „Ersatz*'  jedoch  seit  langem  und  bis  in  die 
Beuste  Zeit  mit  Nachdruck  hingewiesen  worden  ist,  muß  ich  hier 
auf  diesen  Punkt  etwas  näher  eingehen. 


B.  ErsAti  dnreh  Zeitschriften  oder  andre  YerdffeBtllchnngent 

Der  erste,  zunächst  nicht  gebilligte  Vorschlag,  die  Beilagen 
zu  den  Jahresberichten  abzuschaffen,  die  literarischer  Produktion 
fähigen  und  bedürftigen  Lehrer  höherer  Schulen  auf  die  ver- 
schiedenen Fachzeitschriften^)  zu  verweisen  und  damit  die 
organische  Verbindung  eines  Teiles  ihrer  Arbeit  mit  den  Jahres- 
berichten der  einzelnen  Schulanstalten  tatsächlich  zu  lösen,  liegt 
jetzt  47  Jahre  zurück  (s.  o.  S.  187);  der  andere,  von  der  preußi- 
schen Regierung  alsbald  zurückgewiesene,  an  die  Stelle  der  ein- 
zelnen Abhandlungen  eine  für  deren  Zusammenfassung 
ausschließlich  bestimmte  Zeitschrift  oder,  wie  man 
später  sagte,  ein  „Jahrbuch*^  zu  setzen,  wodurch  wenigstens 
ein  Zusammenhang  mit  der  Gesamtheit  der  Schulen  aufrecht  er- 
halten worden  wäre,  fällt  sogar  schon  in  das  Jahr  1833,  ist  also 
beinahe  so  alt,  wie  die  Programm-Organisation  n.  St.  in  Preußen 
selbst  (o.  S.  184  Anm.  2).     Was  ist  davon  zu  halten  ? 

a)  Der  Hinweis  auf  Zeitschriften. 

Schon  in  den  Zeiten,  in  denen  die  Diskussion  über  den 
ganzen  Gegenstand  reger  zu  werden  anfing  und  die  Behörden  den 


>)  Ober  den  erst  io  oenster  Zeit  s^n'^l^teo  Vorschlag,  die  Tas^8~ 
zeitaogen  fdr  manelie  der  bisher  in  den  Beilagen  za  den  Jahresberichtea 
bebandelten  Stoffe  za  benutzen,  ist  schon  oben  dts  Notwendige  bemerkt 
worden  (S.  274  f.). 


20     Pro^rammwesen  ond  Programmbibliothek  d.  hSib.  Schale b, 

zunächst  von  ihnen  selbst  regulierten  Tauschverkebr  (s.  o.  S.  167), 
die  Schulbibliotheken  oder,  richtiger  gesagt,  die  einzelnen  Biblio- 
thekare die  ihnen  zugehenden  Programme  als  eine  „Last'' 
zu  empGnden  anfingen  (S.  203),  wozu  dann  noch  das  vielfach 
ausgesprochene  und  nachgesprochene  Wort  von  der  „Minder- 
wertigkeit'* der  meisten  Programme  kam  (s.  o.  S.  187, 197  u.  ö. 
und  unten  Abschnitt  C),  begegnet  mehrmals  der  Vorschlag,  die 
ganze  Einrichtung  abzuschaffen.  Man  meinte,  sie  sei  wohl  in  den 
zwanziger  Jahren  und  auch  in  den  folgenden  Jahrzehnten  noch  als 
'Antrieb  der  Lehrer  zur  Fortsetzung  ihrer  Studien  (gemäfi  der  Ver- 
ordnung von  1826;  s.  o.  S.  138  u.  S.  264)  und  bei  dem  Hangel 
anderer,  ausreichender  Gelegenheit  zur  Publikation  kleinerer  wissen- 
schaftlicher  Arbeiten  nötig  gewesen.  Das  träfe  aber  —  so  sagte  man 
in  Verbindung  mit  der  Diskussion  über  die  jährliche  Verpflichtung 
der  Lehrer  zum  Schreiben  von  Abhandlungen  —  nicht  mehr  zu,  seit 
der  höhere  Lehrerstand  sich  zu  wissenschaftlicher  Selbständigkeit 
entwickelt  habe  (vgl.  o.  S.  242,  247  ff.  und  u.  Abschn.  F)  und  durch 
eine  Fülle  von  Zeitschriften  der  verschiedensten  Art  geeigneter  Ersatz 
für  sie  geboten  sei.  Der  so  wichtige  Zusammenhang  mit  Schulern, 
Eltern  und  dem  Publikum  (s.  o.  S.  273  ff.)  wurde,  wie  man  sieht, 
dabei  ganz  aus  den  Augen  verloren.  Konnten  aber,  selbst  zugegeben, 
dafi  dieser  Zusammenhang  gar  nicht  mehr  von  Bedeutung  sei, 
für  die  Lehrer  selbst  die  Zeitschriften  ein  ausreichender  Ersatz 
sein,  für  die  Autoren  wie  für  die  Leser? 

Schon  1867  wies  ein  einsichtiger  Beurteiler  darauf  hin 
(o.  S.  197),  daß  es  bei  angesehenen  Zeitschriften  oft  schwer  sei, 
Abhandlungen  unterzubringen;  in  den  siebziger  Jahren  traten  wieder- 
holten Vorschlägen  des  „Zeitschriften-Ersatzes''  kundige  Verleger 
und  Journalisten  selbst,  die  es  doch  am  besten  wissen  mußten, 
mit  ihrer  ausgebreiteten  Kenntnis  entgegen  (S.  226),  bald  danach 
wies  Schwalbe  in  seinem  mehrfach  erwähnten  Aufsatze  (Nr.  88), 
wiederum  aus  einer  doch  gewiß  reichen  Erfahrung,  denselben 
Einwand  ab  (S.  230);  es  half  wenig.  Bis  in  die  neueste  Zeit  hat 
die  Meinung  ihre  Vertreter,  daß  „ein  wirklich  wertvoller  Artikel 
unter  allen  Umständen  irgendwo  ein  Unterkommen  findet^'  (so 
Pietzker  a.  a.  0.  S.  406)  oder  —  fast  ebenso  —  (Hortzschansky 
a.  a,  0.  —  Nr.  146  —  S.  168),  „daß  jede  auch  nur  einigermaßen 
wertvolle  Arbeit  unschwer  Unterkommen  findet''. 

Man  sollte  denken,  die  Meinung  zweier  Fachmänner  (ich 
wähle  für  die  Frage  gerade  diese  beiden  als  die  neuesten  und 
bekanntesten),  eines  literarisch  sehr  tätigen,  hochangesehenen 
Schulmannes  und  eines  in  bibliographischen  Dingen  und  im  Zeit- 
scbriftenwesen  wohl  erfahrenen  Fachbibliothekars,  müßte  alles 
Gewicht  guter  Gründe  für  sich  haben.  Und  doch  haben  beide 
das  Richtige  nicht  getroffen.  Es  war  schon  ein  Fehler,  die  eben 
erwähnten  Aussprüche  ohne  jegliche  Einschränkung  zu  tun.  Im 
besonderen  irrte  Pietzker,    weil  er  die  Erfahrung,  die  er  viel- 


voE  R.  Ullrich.  21 

leicht  persönlich  mit  mathematischen  oder  physikalischen  Zeit- 
schriften gemacht  hat,  ohne  weiteres  auf  alle  übertrug,  und 
Hortzschansky,  indem  er  wiederum  seine  in  großen  Biblio* 
theken  und  bei  Fachgelehrten  gemachten  Erfahrungen  (ihm  selbst 
steht  ja  für  AuÜsätze  oder  Besprechungen  beinahe  jedes  Heft  des 
ZentralhhUts  für  Bibliothekswesen  und  für  seine  laufende  Biblio- 
graphie jedes  Heft  dieser  Zeitschrift  zu  Gebote)  für  Verhältnisse 
als  zutreffend  annahm,  die  ihm  ferner  lagen  —  wie  er  sich 
denn  überhaupt  in  seiner  nicht  näher  begründeten  Kritik  der 
auf  das  Schulwesen  bezüglichen  Programme  in  einer  Weise 
vergriffen  hat  (s.  u.),  die  bei  einem  sonst  stets  sachlichen  Beur- 
teiler ganz  auffallend  ist.  Beide  endlich  lassen  die  hohe  Bedeutung, 
die  die  Schulprogramme  gerade  als  Einzelveröffentlichungen 
für  den  großen  Kreis  der  am  Leben  der  Schule  Interessierten, 
nicht  am  wenigsten  für  die  Lehrer  selbst  haben  (o.  S.  274  ff.), 
ganz  außer  Betracht.  Dies  im  allgemeinen.  Sodann  ist  die  Mei- 
nung, jede  tüchtige  Arbeit  finde  „irgendwo*'  oder  „unschwer''  ein 
Unterkommen,  durchaus  unrichtig.  Man  muß  sich  nur  die  Zeit- 
schriftenverhältnisse mit  besonderer  Beziehung  auf  höhere  Schulen 
und  ihre  Lehrer  —  darauf  kommt  es  hier  an  —  etwas  deut- 
licher vergegenwärtigen.  Gewiß  ist  die  Zahl  der  Zeitschriften 
groß,  und  gerade  auf  dem  Gebiet  der  Naturwissenschaften  und 
der  Technik  bringt  ja  sogar  fast  jede  neue  Entdeckung  (Röntgen- 
strahlen« Radium,  drahtlose  Telegraphie  u.  s.  w.)  auch  neue  Zeit- 
schriften hervor.  Aber  auch  die  Zersplitterung  ist  groß.  Was 
kann  selbst  dem  gelehrten  Schulmann  daran  liegen,  daß  seine 
tüchtige  Arbeit  „irgendwo''  unterkommt?  Sie  muß  da  unter- 
kommen, wo  sie  nicht  bloß  gedruckt,  sondern  auch  gelesen  wird, 
gelesen  werden  kann,  insbesondere  von  wissenschaftlich  tüchtigen 
Schulmännern,  also  in  solchen  Zeitschriften,  die  wirklich  weit 
verbreitet  sind,  in  den  Schulen  gelesen,  in  ihren  Bibliotheken 
gehalten  werden.  Wie  viele  sind  das  aber!  Und  der  Fach- 
bibiiothekar  weiß  doch  am  besten,  daß  neue  Zeitschriftenhefte 
von  den  großen  Bibliotheken  nicht  nach  auswärts  verliehen 
werden,  die  neueren  und  oft  alle  Bande  gerade  der  gelesensten 
and  wichtigsten  Zeitschriften  auch  nur  in  den  Lesesälen  der 
Universitäts-  und  größeren  Landes-  oder  Stadtbibliolheken  selbst 
benutzbar  sind.  Die  Wissenschaft  ist  doch  aber  keine  Domäne 
der  Bewohner  der  Groß-  und  Universitätsstädte,  sondern  wird. 
auch  in  den  Mittel-  und  Kleinstädten  mit  höheren  Schulen  eifrig 
betrieben.  Hier  sind  aber  die  Lehrer  eben  gerade  für  neuere 
Fachzeitschriften,  an  die  H.  vornehmlich  denkt,  durchaus  auf  ihre 
Schulbibliotheken  angewiesen.  Die  Minderzahl  von  ihnen  ist  in 
diesem  Punkte  gut  ausgestattet,  die  meisten  dürftig.  Es  ist  also 
irrig  zu  glauben,  daß  ein  gelehrter  Schulmann  seine  Arbeit,  deren 
weite  Verbreitung  er  doch  wünschen  muß,  in  Fachzeitschriften 
am  besten  aufgehoben  sehen  kann,  und  es  bleibt  dabei,  daß  eine 


22^    Programmwesea  and  Prograninbibiiothek  d.  höh.  Schales, 

Program mabhandluDg,  die  durch  den  Tauschverkehr  allen  daran 
teilnehmenden  Schulbibliotheken  und  doch  auch  den  großen 
wissenschaftlichen  Bibliotheken  ohne  weiteres  zugänglich  und 
jedem,  der  sich  darum  kümmert,  außerdem  noch  durch  die  oben 
(S.  255)  erwähnten  Verzeichnisse  nahe  gebracht  wird,  noch  immer 
das  beste  Mittel  för  die  weiteste  Verbreitung  gerade  in  Schal- 
kreisen ist.  Wer  also  den  Schulen  ihre  Programme  nehmen 
will,  sorge  für  geeigneteren  Ersatz  —  der  schwer  zu  finden  sein 
durfte  —  und  berücksichtige  vor  allem  in  bezog  auf  Zeitschriften- 
verhältnisse die  Bedingungen«  unter  denen  die  Lehrerbibliotheken 
der  meisten  Schulen  arbeiten! 

Dazu  kommen   noch  andere  Momente.    Zeitschriftenaufsätze 
sollen  kurz  sein;  jeder  Redakteur,  auch  einer  wissenschaftlichen 
Zeitschrift,    wünscht    seinem    Publikum    in   jedem    Hefte    einen 
möglichst   mannigfaltigen  Inhalt   zu   bieten.    Zeitschriften  in  8^ 
die   Aufsätze    von    mehr    als    zwei    Bogen   Umfang    willig    und 
häufig  aufnehmen,  sind  zu  zählen;   und  mit  „Fortsetzungen*'  be- 
lasten  ihre  Redakteure   die  folgenden  Hefte    ungern.     Die    vor- 
liegende Abhandlung  —  auf  die  ein  Vertreter  des  „Zeitschriften- 
ersatzes'' leicht  verweisen  möchte  —  bildet  infolge   ganz  beson- 
deren Entgegenkommens   von  Redaktion   und  Verlag   eine  unge- 
wöhnliche,  durch   den  Gegenstand    und  andere  Umstände  zu  er- 
klärende Ausnahme,  die  für  die  Frage  im  ganzen  nicht  in  Betracht 
kommt.    Andrerseits  war  für  die  Anstalt,  der  ich  angehöre,  nach 
dem    dreijährigen  Turnus  (s.  o.  S.  137  Anm.  3)   zu  Ostern  1907 
eine  Abhandlung    nicht   fällig.    Jedenfalls   kann   aber  das  Pro- 
grammwesen   nicht    mit    einzelnen,    gelegentlich   vorkommenden 
Ausnahmen  rechnen,  sondern  es  muß  die  Regel  ins  Auge  fassen. 
Die  Regel   aber   sind  bei  Programmen   längere   Abhandlungen, 
von  2,    3,   4  und    mehr  Bogen,   und   zwar   in  Deutschland  (mit 
Ausnahme  von  Bayern)  in  4^  in  Österreich  im  größten  8"!  Das 
Institut  ist   gerade  dazu  recht   eigentlich  da,   den  Abdruck  ein- 
gehenderer Untersuchungen   möglich  zu  machen,   die  als  Bro- 
schüre   bei   der   geringen  Aussicht  auf  irgend   welchen   Gewinn 
selten  einen  Verleger  finden   oder,   selbst  wenn  dies  gelänge,   io 
dieser    Vereinzelung,    durch   keinen    Tauschverkehr    unterstützt, 
verkommen    würden!      Erst   in    neuester    Zeit  ist    wieder   von 
einem  Schulmann,   der  zugleich  ein  hervorragender  Gelehrter  ist 
und  eine  Reihe  gediegener  Arbeiten  in  Programmen  niedergelegt 
hat  (vgl.  Abschn.  C),    Eberh.  Nestle,   auf  Grund  seiner  eigenen 
Erfahrungen^)  und  mit  Rücksicht  auf  andere  Programmarbeiten') 
hervorgehoben  worden,  daß  sie  anderwärts  nicht  unterzubringen 


1)  I.  a.  0.  (Nr.  13])  S.  61. 

')  Es   wareo   die  Arbeiteo    voo  G.  Bilfioger   (vgl.    auch  das  Ver- 
xaichiiis  in  Abschn.  G). 


voD  R.  üllricb.  23 

waren.   Und  das  waren  alles,  wie  die  Fachgelehrten  wissen,  keine 
Löckenbößer,  för  die  das  Programminstitut  ein  „Asyl  für  obdach- 
lose   Arbeiten'*    gewesen    wäre    oder   die    wegen    ihres   geringen 
Wertes   zu    dem  gehört    hätten,   „was  sonst   nicht  unterkommt'^ 
(Hortzschansky  S.  168),    sondern  Arbeiten,    die    der  Wissen- 
schaft wirkliche  Forderung  gebracht  haben.     Ihre  Verfasser  hätten 
sie  aber   auf  eigne  Kosten  drucken  lassen  müssen^),    wenn  eben 
die  Programmgelegenheit  sich  nicht  geboten  hätte*).    In  welcher 
Zeitschrift  aber   sollten  denn  z.  B.    die   zahlreichen  ausfuhrlichen 
Speziallehrpläne,  geschichtlichen  Abrisse,  Beschreibungen  der  Neu- 
bauten einzelner  Anstalten  und  ihrer  Teile,  Arbeiten  über  Lokal- 
geschichte, Heimatkunst,   die  Flora  und  die  geologischen  Verhält- 
nisse der  Gegend  u.  a.  m.  veröfientlicht  werden?  Hin  und  wieder 
könnten    die    Müteihingen   für   deutsehe   Erziehungs'    tmd   5cAu/- 
geschiehte    mit    ihren    Beiheften    einiges    aufnehmen,     auch    die 
DetUsfhen    GeechichtebläUer^    die    eine    oder    andere    der    Zeit- 
schriften   über   Kunst,    auch    manche    der    Zeitschriften 
lokaler  Vereine  für  Geschichte  einer  Stadt  oder  Pro- 
vinz; aber  wieviele  Schulen,  schon  innerhalb  der  einen  Provinz, 
halten    diese   Zeitschriften?    Die   Mitteilungen  für   deutsche  Er- 
ziekungs-  und  Schulgeschichte  aber,    die  mit   ihren  Beiheften  jetzt 
wenigstens  eine   gewisse  Verbreitung  gefunden  haben,    in  Schul- 
bibliotheken wie  bei  einzelnen  Lehrern,    die  der  Gesellschaft   als 
Mitglieder  angehören,  müßten  ihren  Umfang  vervielfachen,  wollten 
sie  auch    nur   den    tüchtigsten  Schulprogrammen,   die   in   ihren 
Bahmen    passen,    Aufnahme    gewähren.      Und    wo    blieben    die 
Schüler,  die  Eltern,  das  Publikum,  gerade  die  Kreise,  für  welche 
die  Beilagen    von   so  hervorragender  Bedeutung  sind?     Vielleicht 
ist  diese  Lage  der  Dinge    auch    manchen  andern,    die  sich  nicht 
öffentlich  geäußert  haben,  noch  nicht  so  recht  deutlich  zum  Be- 
wußtsein gekommen.   Gesetzt  den  Fall,  die  Programmabhandlungen 
würden  eines  Tages  beseitigt;  es  würden  alsbald  manche  Autoren, 
die  eine  längere  Untersuchung  zum  Abdruck  bereit  haben,   auch 
die  Lehrer,   die   nach  den  Verzeichnissen    griffen   oder  die  Pro- 
gramme wenigstens  ihrer  Heimatprovinz  alljährlich  zu  gewohnter 
Zeit  gern  zur  Hand  nahmen,  sie  sehr  vermissen  und  —  zu  spät 
—  bedauern,   nicht  selber  in  Wort  und  Schrift   für   eine  Sache 
gewirkt  zu  haben,  deren  Wichtigkeit   —  schon  im  Interesse  der 
Lehrer  allein   —  ihnen  deshalb  nicht  so  deutlich  war,    weil  sie 
die  letzten  Konsequenzen,  die  sich  im  Falle  der  Abschaffung  nach 
obigem  ergeben  haben,  sich  nicht  klar  gemacht  hatten. 

Eigentlich  ist   die  Sache    damit   schon    erledigt.     Doch  muß 
des  Hinweises  noch  kurz  gedacht  werden,  tüchtige  Arbeiten  kämen 


>)  Hieranf  wies  u.  a.  im  Jahre  1897  Mager  hio  (jetzt  Vize-Präsident 
det  Rgl.  Prov.-SebvlkoU.  d.  Prov.  BraodeDbarg),  ygl.  Ferh.  d,  lt.  Dtr,- 
Fers.  t.  d.  Prw.  Schlesien  (Nr.  113)  S.  239  f.  nod  oben  S.  245. 

*)  VgL  darüber  Äofieriuigea  aus  früherer  Zeit,  o.  S.  197  a.  21$. 


24    Programmwesea  and  Programmbibliothek  d.  hoL  Seh«l«n, 

in  Zeitschriften  „anschwer''  unter,  wie  Hortzschansky  (a.  a.  0. 
S.  168)  noch  kürzlich  meinte.  Er,  dem  die  Spalten  des  „Zentral- 
blatts f&r  Bibliothekswesen"  — für  kürzere  Beiträge!  — 
immer  offen  stehen,  beurteilt  diese  von  hervorragenden  Schul- 
männern und  Gelehrten,  von  denen  ich  aus  den  achtziger  Jahren 
eben  nur  Schwalbe  (s.  o.  S.  230)  und  aus  den  neunziger 
Wilh.  GemolP)  nennen  will,  anders  beantwortete  Frage  doch 
wohl  zu  einseitig.  Die  wirklich  bedeutenden,  weit  verbreiteten 
Hauptorgane  der  einzelnen  Fachwissenschaften,  insbesondere  die- 
jenigen, die  in  höheren  Schulen  heimischer  sind,  werden  mit 
Material  überreich  versehen.  Und  auch  wenn  der  Redakteur  „die 
Beiträge  auswählt.  Geeignetes  aufnimmt,  anderes  zur  Umarbeitung 
zurückgibt,  Ungeeignetes  ablehnt"  (so  Hortzschansky  S.  168), 
so  müssen  dann  immer  noch  genug  gute  Arbeiten  lange  zurück- 
gestellt  werden,  die  Monate,  auch  Jahre  (wirklich!)  liegen  bleiben, 
ehe  sie  gedruckt  werden.  So  kann  es  leicht  geschehen,  daß  sie 
dann  „schon  überholt  sind"  —  besonders  auf  dem  naturwissen- 
schaftlichen Gebiete,  aber  auch  auf  anderen  (W.  Gemoli  a.a.O.). 
Und  davon  wird  nicht  etwa  nur  der  Neuling  betroffen.  Auch  ist  die 
eben  —  übrigens  richtig  —  charakterisierte  Tätigkeit  des  Redakteurs 
nicht  jedermann  willkommen,  am  wenigsten  den  selbständigen, 
tüchtigen  Naturen,  die  nicht  Lust  haben,  ihre  Anschauungen 
nach  der  Meinung  eines  Herausgebers  (manchmal  auch  nach  der 
Tendenz  der  Zeitschrift,  dem  Ton,  auf  den  sie  gestimmt  ist)  zu 
modeln.  Auch  hat  nicht  jeder  Redakteur  Personen  und  Sachen 
gegenüber  die  nötige  Unabhängigkeit.  In  den  Programmabhand- 
lungen ist  der  Verfasser  viel  weniger  gebunden,  innerhalb  der 
Grenzen,  die  in  der  Art  der  Behandlung  jedem  wissenschaftlich 
Tätigen  und  zumal  jedem  höheren  Beamten  gesteckt  sind.  Auch 
in  diesen  Arbeiten  handelt  es  sich  nicht  selten  um  die  Erörterung 
grundsätzlicher  Fragen.  Und  es  ist  anzuerkennen,  daß  das 
Recht  der  Prüfung  der  Arbeit,  das  infolge  der  Verantwortlichkeit 
den  Direktoren  der  Schulen  von  jeher  zugestanden  bat  und  bei 
einer  im  Namen  der  Schule  zu  veröffentlichenden  Arbeit  immer 
wird  zustehen  müssen  (s.  o.  S.  142  f.,  S.  164),  soviel  mir  bekannt 
geworden,  in  den  letzten  Jahrzehnten  fast  immer  mit  Takt  und 
äußerst  liberal  gehandbabt  worden  ist.  Kurz  —  wer  keinen 
Wert  darauf  legt,  daß  seine  Arbeiten  in  den  Kreisen  seiner 
Standesgenossen  wirklich  bekannt  werden,  wird  für  kürzere 
Arbeiten  Zeitschriften  oder  auch  Lokalblätter  (s.  o.  S.  274) 
wählen;  für  die  meisten  anderen,  insbesondere  für  längere 
Arbeiten,  ist  das  Programm  der  rechte  Ort,  und  die 
Rücksicht  auf  Schüler,  Eltern  und  Publikum  verstärkt 
dieses  Moment  erheblich. 


»)  Ftrh,  d,  IL  Dir.-Fers.  t.  d,  Prov.  Schlenm  (Nr.  113)  S.  237. 


von  R.Ullrich.  25 


b)   Die  „Jahrbuch^^-Idee. 

Aber  die  alte  Idee  des  Jahrbuches,  d.h.  die  Zusammen- 
fassung der  gesamten  Abhandlungen,  naturlich  nicht  der  Schulen 
eines  einzelnen  Staates,  sondern  aller  am  Tauschverkehr  teil- 
nehmenden aus  Deutschland,  und  z.T.  doch  auch  aus  Österreich! 

Daß  für  jeden  Bibliothekar,  in  großen  wie  in  Schulbibliotheken, 
bei  Ausfähr ung  dieser  Idee  manche  Arbeit  wegfiele,  ist  gewiß 
richtig.  Aber  unter  diesem  Gesichtspunkt  darf  doch  die  Sache 
nicht  behandelt  werden,  sondern  vor  allem  unter  dem  der  Leser! 
Man  kann  auch  gern  zugeben,  daß  ein  solches  Sammelwerk  mit 
einer  Reihe  von  sachlich  geordneten  Bänden  (philologischen,  ge- 
schichtlichen, mathematischen  usw.)  und  den  nötigen  Indices  den 
Überblick^)  über  einen  Teil  des  in  einem  Jahre  von  den  Schul- 
männern in  schultechnisch-praktischer  und  rein  wissenschaftlicher 
Beziehung  Geleisteten  sehr  erleichtern  würde.  Aber  es  erheben 
sich  dagegen  gewichtige  organisatorische  Bedenken,  auch  solche 
innerer  Art,  die  nnsern  modernen  Programm-Reformern  leider  gar 
nicht  oder  nicht  vollkommen  zum  Bewußtsein  gekommen  sind  (vgl. 
dagegen  o.  S.  228),  denen  es  nicht  selten  an  einer  der  wichtigsten  or- 
ganisatorischen Eigenschaften  gebrach,  nämlich  der,  die  Schwierig- 
keiten, die  einer  beabsichtigten  Neugestaltung  entgegenstehen,  richtig 
zu  erkennen^).  Daß  auf  unserem  Gebiete  eine  Neugestaltung,  die 
etwa  an  die  Stelle  des  Teubnerschen  Tauschverkehrs  der  Cinzel- 
schriften  treten  sollte,  nur  dann  durchzufuhren  ist,  wenn  sämt- 
liche deutsche  Staaten  sich  ihr  anschließen,  ist  für  jeden,  der  die 
frühere  Entwicklung  mit  ihren  zahlreichen  Anstößen  kennt,  ohne 
weiteres  klar,  auch  neulich  im  Anschluß  an  die  entsprechenden 
Vorschläge  Schnorrs  von  Carolsfeld  für  Sachsen  (Nr.  145, 
S.  126 f.;  vgl.  auch  oben  S.  216)  von  bibliothekarischer  Seite 
hervorgehoben  worden').  Daß  neuerdings  trotzdem  Stemplinger 
a.  a.  0.  (Nr.  148)  S.  14  einen  ähnlichen  Vorschlag  für  die  Jahres- 
berichte Bayerns  gemacht  hat  (Ersetzung  der  Jahres- 
berichte durch  ein  nach  einheitlichen  Grundsätzen  abgefaßtes 
Jahrbuch),  zeigt,  .wie  wenig  er  die  Bedeutung  eines  einheitlich 
geregelten  Verkehrs  zwischen  allen  deutschen  Schulen  zu  schätzen 
weiß.  Als  mildernd  kann  hier  der  Umstand  angesehen  werden, 
daß  Bayern  ja  überhaupt  dem  allgemeinen  Tauschverkehr  nicht 


1)  Diejenigeo,  die  Henbanms  Werk  (s.  o.  S.  lö  Anin.  3)  noch  nicht 
keaaeo,  seien  darauf  anfmerksain  gemacht,  daß  schoo  um  die  Mitte  des 
18.  Jahrhunderts  (a.  a.  0. 1  S.  269  f.)  der  Versuch  gemacht  wurde,  den  lohalt 
der  ProgrammabbandluDgen  jener  Zeit  durch  Auszüge  in  einem  periodischen 
(übrigens  aneh  andere  Dinge  enthaltenden)  Blatte  zugänglich  zu  machen; 
vgl  o.  S.  231  f.  m.  Anm.  2. 

>)  Vgl.  dazu  Neue  Jbb.  f,  d.  Mass.  AÜerium  usw.  XVI  (1905  II)  S.  438. 

*)  Vgl. die  Bemerkung  der  Redaktion  des  Zeniralblatts  für  Bibliotheks" 
Wesen  XXOI  (1906)  S.  127. 


26.    PrograinBi\%eseD  and  Programmbibliotbek  d.  hSh.  Schnlto, 

beigetreten   ist   und  z.B.  die  Jahresberichte   der  bayerischen 
Schulen  seit  1875  wenigstens  den  Schulen  der  anderen  deutschen 
Staaten  überhaupt  nicht  mehr  zugehen.    Man  sollte  jedoch  diesen 
Ausnahmezustand  lieber  zu  beseitigen  suchen,  anstatt  ihn  zu  ver- 
stärken.   Aber  selbst   wenn  es  gelänge,   alle   deutschen  Staaten 
zum  Anschluß  an  eine  solche  Neuorganisation  zu  bewegen,   wie 
würde   es  mit  den   österreichischen   Jahresberichten  werden 
(sie   enthalten   bekanntlich    meist  Abhandlungen  und  Schulnach- 
richten  zusammen,   s.  oben  S.  133  u.  141),   von   denen   doch 
wenigstens  eine  Auswahl  jetzt  (s.  o.  S.  169,  Anm.  3)  nach  Deutsch- 
land    kommt   und    dazu  beitragen  kann,   das  Verständnis  für  die 
in  vieler  Hinsicht  abweichenden  Scbuleinrichtungen  des  Nachbar- 
landes zu  erschließen  und  auch  uns  einen  Teil  der  wissenschaft- 
lichen Tätigkeit  der   dortigen  Kollegen   nahe   zu   bringen?     Soll 
Österreich   auch    seine  Organisation    ändern?    Daß   dazu  wenig 
Aussicht  ist,  geht  aus  dem  oben  (S.  214  u.  217)  Gesagten  hervor, 
und  es  sind  keine  Zeichen  dafür  vorhanden,  daß  Regierung  oder 
Schulmänner  seitdem  anderer  Meinung  geworden  wären.    Es  ist 
das  auch  nicht  wünschenswert,    weder   dort   noch   bei    uns,   im 
Interesse  der  Stetigkeit^)  der  jetzigen  Art  ebensowohl,  auf  die 
sich  die  Schulbibliotbeken,  und  zwar  manche  mit  nicht  unerheb- 
lichen   Kosten,    eingerichtet   haben,    wie   aus   anderen    Gründen. 
Denn    mag   man   nun    die   Abhandlungen   im    Manuskript    einer 
Zentralstelle   (mit   oder   ohne  Rezensionseigenschaft  ^))  einsenden, 
die  sie  dann  zu  ordnen,  bis  zum  Drucke  zu  führen  und  zu  ver- 
breiten  hätte,    oder    mag  jede  Schule  die  ihrigen  selbst  drucken 
lassen  und   sie  dann  der  Zentralstelle  nur  zum  Zusammenfassen 
zu  Bänden  und  zur  Verbreitung  übergeben,  die  große  Schwierig- 
keit wird  immer  die  sein,  Manuskripte  bzw.  Abhandlungen  selbst 
zu  einem  bestimmten  Termin  zu  vereinigen.    Jeder  Redakteur 
einer    größeren  Zeitschrift    weiß,    welche  Not   oft   versprochene, 
aber    nicht   rechtzeitig   eingelieferte  Manuskripte  machen;   er  hat 

M  Aach  for  die  groB«D  wisseDschiftlichen  Bibliothekea  wird  sie  fnr 
diese  Frt^e  nit  Recht  von  Hortzschtotky  (a.  a.  0.  S.  166)  betoot. 

*)  Daß  noch  neaerdios^s  gerade  im  Zatammenhang  mit  dem  Standes- 
Interesse  Machule  a.  a.  0.  (Nr.  133)  S.  284  wieder  Vorschläge  in  dieser 
Richtong  macht,  die  eigentlich  darch  die  Diskussion  der  froheren  Jahr- 
zehnte (s.  0.  S.  187,  197,  199,  214,  216)  als  abgetan  erscheinen  konntea, 
ist  aaffallend.  Er  wünscht,  daß  die  von  den  Oberlehrern  für  die  „Deut- 
schen Schalschriften"  eingelieferten  Abhnndlangen  von  einem  „Pach- 
manne  geprüft'*,  auch  angemessen  honoriert  werden.  Ober  den  letzterea 
Punkt  vgl.  n.  Abschnitt  G.  Was  aber  diese  9,Prüfuog"  anlangt,  so  werden, 
meine  ich,  wissenschaftlich  tüchtige  Oberlehrer,  die  neue  Resultate  ihrer 
Arbeit  aufzuweisen  haben,  auf  einen  derartigen  vor  dem  Druck  sn 
führenden  BefähigungsDachweis  gern  verziehten.  Und  was  sagt  die  „Zeatrsl- 
stelle  der  ünterrichtsverwaitungen**,  welche  die  Herausgabe  übernimmt,  so 
dem  weiteren  Vorschlage  (a.  a.  0.),  später  die  „Kritiken  über  die  eiaselaea 
Abhandlungen  zu  sammeln  und  sie  den  Verfassern  zuzustellen'*?  Mir  fallt 
dabei  der  schöne  Vers  ein:  „Wir  spinnen  Luftgespinste  und  suchen  viele 
Künste  und  kommen  weiter  von  dem  Ziel'*. 


von  R.  IJlIrieh.  27 

jedoch  fast  immer  sofort  geeigneten  Ersatz.  Nun  erscheinen  aber 
außerdem  die  norddeutschen  Programme  zu  Ostern,  die  süddeut- 
schen und  österreichischen  im  Hochsommer,  andere  noch  zu 
andern  Terminen  (s.  o.  S.  165),  was  alles  in  Schuleinrichtungen 
begründet  ist»  deren  Änderung  nicht  einmal  wünschenswert  ist. 
Man  müßte  also  die  Fächer  wieder  in  Oster-  und  Michaelisbände 
sondern,  zahlreiche  Nachträge  würden  nötig  werden,  die  not- 
wendigen Indices  könnten  erst  sehr  spät  erscheinen,  alles  Üinge, 
die  nicht  dazu  einbden,  das  bisherige  System  zu  ändern,  das 
sich  —  und  zwar  in  gleichem  Urteil  von  Freund  ^)  und  Feind ')  — 
bewährt  hat.  Auch  die  Benutzung  würde  durch  eine  derartige 
Neuordnung  nur  erschwert  werden.  Jetzt  kann  in  den  Schul- 
bibliotheken')  jeder  Benutzer  jede  neue  Abhandlung  einer  be- 
liebigen Schule  einzeln  erhalten,  unter  Umständen  auch,  wenn 
sie  —  wie  bei  neuen  Schulen  nicht  selten  —  noch  nicht  vor- 
banden ist,  von  der  ausgebenden  Stelle  geschickt  bekommen. 
Künftig  müßte  man  immer  auch  für  jede  Einzelheit  die  dicken 
Jahresbände  benutzen  und  mit  nach  Hause  „schleppen*',  was  in 
Schulen,  die  kein  Präsenzsystem  haben  —  und  das  ist  immer 
noch  weitaus  die  Hehrzahl  —  eine  überaus  lästige  Sache  wäre, 
ganz  abgesehen  davon,  daß  wegen  einer  bestimmten  Abhandlung 
des  Bandes,  die  benutzt  wird,  alle  anderen  darin  verölTentlichten 
anderen  Benutzern  unzugänglich  bleiben^).  Oder  man  müßte 
wieder,  wie  ja  natürlich  vorgeschlagen  ist,  daneben  Separatabzüge 
in  größerer  Zahl  herstellen  lassen,  was  die  Kosten  jedenfalls  nicht 
herabsetzt,  während  bei  denen,  die  auch  der  finanziellen  Seite 
der  Sache  nachgegangen  sind,  eher  eine  Ersparnis  erzielt  werden 
sollte*).  Am  schwersten  aber  fiele  wieder,  gerade  wie  bei  dem 
vorgeschlagenen  Ersatz  der  Abhandlungen  durch  Zeitschriftenartikel 
(s.  0.  S.  19 — 24\  der  Umstand  ins  Gewicht,  daß  ehemalige  und 
jetzige  Schüler,  Publikum  usw.  leer  ausgingen.     Sollen    sich    die 

1)  V;].  z.  B.  Rillnton  t.  a.  0.  (Nr.  122)  S.  482. 

>)  B.  Müller  1. 1.  0.  (Nr.  127)  S.  7. 

')  Bier  itt  maa  allmihlieh  —  eotgegea  früherem  Braache  —  dazu 
abergegaD^ea  (aod  verführt  jetzt  wohl  beinahe  aassehließlich  so),  die  Ab- 
haadlnngea  einzela  anfzabewahreo ;  vgl.  Teil  111. 

*)  Diet  ist  ja  aneh  ein  yod  den  Verfasser  gerade  bei  dieser  Arbeit 
oft  eapfaadeoer  MiBstand  der  neisten  grofieo  öffeotlichea  Bibliothekeo,  die 
freilieh  bei  ihren  nach  Tauseaden  zählenden  Poblikam  wohl  nicht  werden 
darauf  verziehten  können,  die  einzelnen  Jahresberichte  and  Programme  nach 
dem  einen  oder  andern  Gesichtsponkt  (z.  B.  nach  Ländern,  innerhalb  dieser 
nach  Jahrea  and  Orten)  in  SammeUȊnde  binden  za  lassen.  In  einer  kleineren 
Universitätsbibliothek,  die  insbesondere  von  Sehnlmännern ,  den  Hanpt- 
beaatzern  der  Programme,  nicht  za  oft  in  Anspruch  genommen  wird,  kann 
maa  die  Programme  wohl  aach  nngebanden  anfbewabren  aod  aar  die  häufiger 
verlaagtea  in  eiafaeher  Weise  einbinden  lassen.  Dies  berichtet  Hortzschansky 
a.  a.  0.  (Nr.  146)  S.  166  z.  B.  von  Narbarg. 

*)  Vgl.  z.  B.  oben  S.  216  die  Vorschläge  von  Tumlirz,  ebenda  aber 
aach  das  —  onzweckmäfiige  —  Mittel,  mit  dem  die  Ersparnis  herbei- 
geführt  werden  lollte. 


28    Progrtmmwesen  und  Programmbibliothek  d.  hb'h.  Schalen« 

letzleren  Kreise,  die  doch  meist  nur  Interesse  für  eine  bestimmte 
Schule  haben,  nun  die  Sammelbände  kaufen?  Wenn  man  daher 
meinte,  die  Abbandlungen  würden  in  Jahresbänden  besser  bekannt, 
so  ist  dies  bei  der  notorisch  erschwerten  Benutzung  und  der 
Dbergehung  ganzer  Kreise  von  Freunden  der  einzelnen  Schule  nicht 
richtig.  Also  auch  dieser  sogenannte  „Ersatz''  hat  sich  als  wenig 
aussichtsvoll  erwiesen. 

Doch  dem  Leser,  der  bis  hierher  gefolgt  ist,  schwebt 
längst  die  Frage  auf  den  Lippen:  Hat  denn  aber  diese  ganze 
Erörterung  nicht  bloß  theoretische  Bedeutung?  Die  Pro- 
gramme haben  ja  doch  in  der  Hauptsache  keinen 
Wert  (wenn  auch  manche  recht  gute  darunter  sind),  haben 
ihn  im  ganzen  kaum  je  gehabt!  Wozu  also  über  Zweck 
und  Organisation  streiten,  wenn  doch  über  ihren  durch- 
schnittlich geringen  Wert  'consensus  omnium*  (s.  oben 
S.  243)  nahezu  besteht,  wenn  erst  kürzlich  wiMer  ein  Fach- 
mann, diese  Worte  aufnehmend'),  in  einer  Sonderschrift  (Nr.  148; 
S.  6)  von  ihrer  „zweifellos  zunehmenden  Hinderwertigkeit'' 
spricht?  Ist  es  nicht  eine  „absterbende  Literatur'*?  Ist  nicht 
„der  Grund,  der  sie  ins  Leben  rief,  längst  geschwunden?  Führen 
sie  nicht  nur  noch  ein  Scheinleben'*?')  Tut  man  also  nicht 
besser,  sie  abzuschaffen,  da  doch  auch  ihre  Zahl  von  Jahr  zu  Jahr 
sinkt,  und  die  „Unsummen  Geldes*',  das  sie  kosten,  lieber  den 
Schulbibliotheken  zuzuwenden,  die  eine  Verstärkung  ihrer  Mittel 
doch  so  nötig  brauchen? 


C«  Der  Wert  der  Abhandlnnir^n« 

Einer  der  Gründe,  welche  die  Programme  ins  Leben  riefen,  war 
der  gewesen,  die  „Lehrer  zur  Fortsetzung  ihrer  Studien  aufzu- 
muntern". Ob  dieser  heute  noch  zu  Recht  bestehe,  bezweifeln 
manche,  und  ich  werde  später  noch  Gelegenheit  haben,  auf  diese 
Frage  einzugehen.  Wie  man  aber  auch  darüber  urteilen  mag: 
der  andere  Grund,  der  die  Einrichtung  herbeiführte  (denn  es 
waren  deren  zwei  oder,  wenn  man  will,  drei,  s.  o.  S.  264),  ist,  wie 
oben  nachgewiesen  wurde  (S.  273 ff.),  auch  jetzt  nicht  geschwunden, 
nämlich  der,  eine  engere  Verbindung  zwischen  den  einzelnen 
Schulen  und  ihren  Lehrern  herzustellen  und  Eltern  wie  Publikum 
(wozu,  wie  wir  sahen,  in  gewissem  Umfange  auch  noch  die  Schüler 
kommen)  für  die  Schule  zu  interessieren.  Wir  fanden  im  Gegen- 
teil (s.  0.  S.  270),  daß  die  Entwicklung  dahin  geht,  diese  zeit- 
weilig unterbrochenen  Beziehungen  wieder  anzuknüpfen,  und  dafi 


^)  So   StempliB^er   (t.  a.  0.  S.  10)   über   HortzsehtDtky  (a.  t.  0. 

S.  167  f.). 

^)  Hortzschansky  a.  a,  0.  S.  167 f. 


von  R.  Ullrich.  29 

es  nun  Sache  der  Behörden,  der  Schulen  und  ihrer  Lehrer  ist, 
Maßnahmen  zu  treffen,  damit  diese  Beziehungen  in  Zukunft  noch 
stärker  betont  werden.  Eine  Abschaffung  also,  etwa  mit  Rück^ 
sieht  darauf,  daß  die  Abhandlungen  nicht  mehr  zeitgemäß  wären, 
kOonte  man  kaum  rechtfertigen,  um  so  weniger,  als  ein  voU^ 
wertiger  Ersatz  för  sie,  wie  ich  nachgewiesen  habe,  im  ganzen 
bisher  nicht  gefunden  ist^ 

Aber  wie  steht  es  mit  ihrer  früher  und  jetzt  behaupteten 
„Minderwertigkeit*'?  Denn  wenn  dieses  (Irteil  in  erheblichem 
Umfange  zutrifft,  dürfte  es  in  der  Tat  geraten  :sein,  auf  eine 
nicht  unwesentliche  Kosten  verursachende'  Einrlciitung  je  eher  je 
lieber  zu  verzichten  und  das  Geld  fruchtbringender  anzulegen. 
Hier  wird  es  sich  zunächst  darum  handeln,  eine  Unterlassungs- 
sünde auch  der  meisten  Verteidiger  der  Einrichtung  bis  zu  einem 
gewissen  Grade. dadurch  gut  zu  n^achen,  daß  versucht  wird,  die 
Fülle  der  Programme  in  den  verschiedenen  Zeiten  und  Ländern 
so  weit  zu  durchmustern,  daß  man  erkennen  kann,  wie  es  mit 
dem  beliebten  Einwände  der  „Minderwertigkeit''  eigentlich 
steht.  Denn  das  ist  ja  doch  der  Kern  der  Sache;  es  hat  wenig 
Bedeutung,  wenn  die  Gegner,  um  doch  nicht  allzu  unvorsichtigen 
Urteils  geziehen  zu  werden,  in  der  Rege)  mit  einer  gewissen 
G&nnermiene  von  „recht  tüchtigen  Arbeiten*'  sprechen,  die  sich 
„iaimer  noch'*  unter  den  Programmarbeiten  fanden.  Im  Zu- 
sammenhange damit  stehen  die  weiteren  Fragen,  ob  es  richtig 
ist,  wie  man  behauptet  hat,  daß  tüchtige  Autoren  sich  hüteten, 
ihre  Arbeiten  in  Programmen  niederzulegen,  daß  die  Gelehrten 
meist  keine  Notiz  vop  den  Abhandlungen  nähmen,  daß  sie  nicht 
bekannt  genug  würden,  auch  in  größeren  wissenschaftlichen 
Werken  keine  Verwertung  fänden. 

Die  Diskussion,  soweit  sie  sich  mit  dem  absoluten  Wert 
der  Programroabhandlungen  (ganz  abgesehen  von  Gegenstand  und 
Zweck)  beschäftigte,  hat  sich  in  den  meisten  Fällen  darauf  be- 
schränkt, allgemeine  Urteile  abzugeben,  auch  zu  einer  Zeit, 
wo  es  noch  verhältnismäßig  leicht  war,  an  der  Hand  erst  einiger 
tausend  Arbeiten,  auch  mit  Hilfe  der  seit  den  vierziger  Jahren 
des  vorigen  Jahrhunderts  ja  schon  existierenden  (freilich  nicht 
sehr  verbreiteten  und  bekannten)  Bibliographien  unter  Mitwirkung 
von  Fachmännern  einen  bestimmten  Überblick  über  die  Leistungen 
auf  den  einzelnen  Gebieten  zu  gewinnen.  Nur  hin  und  wieder 
versuchten,  wie  wir  sahen,  einige  Schulmänner  und  Gelehrte, 
aus  ihrem  Erfahrungskreise  heraus  auf  besonders  gute  Programm* 
abhan^llungen  aufmerksam  zu  machen  (vgl.  z.  B.  o«  S.  198,  225, 
227),  und  Schwalbe  warnte,  indem  er  dasselbe  tat,  zugleich 
mit  Recht  davor  (o.  S.  230),  vereinzelte  ungünstige  Erscheinungen 
eines  beschränkten  Erfahrungskreises  zum  Wertmesser  des  Ganzen 
zu  machen.  Nach  ihm  begegnen  wir  denn  auch  gelegentlich 
Versuchen   einzelner,    bestimmtere   Angaben    für   das    eine   oder 


30    Programmwesea  nod  Pro^rtminbibliothek  d.  höh.  Sehnleo, 

andere  Gebiet  beizubringen,  um  die  Nützlichkeit  der  Eiorichtung 
darzutun.  Ich  glaube  nun,  daß  wir  auf  diesem  Wege  doch  etwas 
weiter  kommen  können. 

Man  hat  gelegentlich  gesagt,  wollte  man  die  Mitglieder  der 
höheren  Lehranstalten  insgesamt  zu  einem  Urteil  ober  die  Pro- 
gramme veranlassen  (so  zu  sagen  „abstimmen*^  lassen),  so  wörde 
sich  eine  überwältigende  Mehrheit  für  ihre  Abschaffung  ergeben 
(vgl.  z.  B.  oben  S.  249).  Diese  und  ähnliche  AuBerungen  er- 
folgten zwar  in  erster  Linie  im  Zusammenhange  mit  der  Frage, 
ob  man  den  Lehrern  noch  weiter  die  Verpflichtung  zum 
Schreiben  von  Abbandlungen  auferlegen  sollte,  aber  sie  zogen 
doch  auch  fast  immer  die  Frage  des  Wertes  mit  hinein  (so 
a.  a.  0.).  Ich  knüpfe  daran  an  und  meine,  es  ließe  sich  auch 
denken,  daß  man  jedes  Mitglied  des  höheren  Lehrerstandes 
befragte,  welche  Programmabhandlungen  ihm  bei  seinen  Studien 
vor  und  während  seiner  amtlichen  Tätigkeit,  bei  rein  wissen- 
schaftlicher Arbeit  wie  bei  der  für  den  Unterricht,  Förderung  und 
Nutzen  gebracht  hätten,  welche  er  von  anderen  zuverlässigen  Be- 
urteilern habe  als  tüchtig  rühmen  hören,  welche  er  in  wissen- 
schaftlichen Werken  (auch  solchen,  die  für  die  Schule  bestimmt 
sind)  mit  Anerkennung  erwähnt  oder  benutzt  gefunden  habe  u.s.  f. 
So  wenig  sich  etwas  derartiges  wirklich  durchführen  ließe,  so 
sicher  scheint  ipir  die  Tatsache,  daß  wohl  nahezu  jeder  der 
Tausende  von  Lehrern  höherer  Schulen  in  Deutschland,  Oster- 
reich und  der  Schweiz  und  mancher  andere  der  Arbeit  der 
Schule  Nahestehende  im  In-  und  Auslande  aus  seinem  Erfahrungs- 
kreise wenigstens  eine  kleine  Anzahl  von  Programmen  auf  der 
Stelle  würde  zu  nennen  wissen,  die  ihm  im  Laufe  der  Jahre 
etwas  bedeutet  haben,  und  vielleicht  sogar  eine  größere,  wenn  er 
der  Sache  näher  nachginge  und  Vergessenem  nachforschte.  So 
würde  ja  wohl  ein  Bestand  vieler  Tausende  sich  ergeben.  Sollte 
sich  dabei  herausstellen,  daß  ein  und  dasselbe  Programm  wieder- 
holt begegnete,  wäre  es  noch  besser.  Was  mich  persönlich  be- 
trifft, so  wüßte  ich  eine  ganze  Reihe  von  schulgeschichtlichen, 
didaktischen  (für  die  verschiedensten  Gebiete),  theologischen, 
philologischen,  geschichtlichen  und  geographisdien  Programm- 
abhandlungen zu  nennen,  die  mir  im  Laufe  von  etwa  zwei  Jahr- 
zehnten wesentliche  Förderung  gebracht  haben,  und  vielen  andren 
wird  es  ähnlich  gehen.  Ich  will  nun  hier  nicht  den  Versuch  — 
den  ich  für  mich  privatim  gemacht  habe  —  ausführen,  eine 
Bibliographie  auch  nur  der  wertvollsten  Arbeiten  von  1824  bis 
1907  zu  geben.  Sie  würde,  wenn  auch  mein  Interessenkreis 
ziemlich  umfangreich  ist,  doch  noch  ganz  unvollständig  sein,  die 
exakten  Wissenschaften  würde  ich  so  gut  wie  ganz  beiseite 
lassen  müssen,  jeder  Leser  würde  etwas  vermissen  —  was  übrigens 
für  den  Wert  der  Sache  spräche.  Auch  würde  damit  ein 
Buch  gefüllt  werden  müssen,    während  diese  Abhandlung    schon 


voo  R.  Ullrich.  31 

weit  über  den  Rahmen  hinausgewachsen  ist,  der  ihr  ursprünglich 
bestimmt  war.  Aber  wenigstens  eine  Auswahl  zu  geben  ist 
möglich,  aus  alter,  neuer  und  neuster  Zeit  Meine  eigenen  Auf- 
zeichnungen haben  hierbei  durch  Beiträge  der  oben  (S.  86  Anm.  1) 
genannten  und  noch  ?ieler  anderer')  Schulmänner  und  Gelehrten 
wesentliche  Bereicherung  erfahren;  in  vielen  Fällen  trafen  die 
Urteile  mit  dem  meinen  zusammen,  in  andern  wurden  mir  Ab- 
handlungen namhaft  gemacht,  die  ich  selbst  öbersehen  hatte  oder 
die  aus  einem  mir  femer  liegenden  Gebiete  stammten.  Die 
Reichhaltigkeit  dieser  Listen  und  die  Bereitwilligkeit,  mit  der  sie 
dargeboten  wurden,  nicht  selten  unter  ausdröcklicher  Billigung 
meines  Zweckes,  war  mir  ein  erfreuliches  Zeichen  dafür,  daB  die 
Einrichtung  im  ganzen  doch  auch  heute  noch  gerade  unter  den  Besten 
weit  mehr  überzeugte  Anhänger  hat,  als  Uneingeweihte  nach  den 
Versicherungen  neuerer  Kritiker  etwa  von  der  Art  des  Anony- 
mus in  den  GreiahoUn  vom  Jahre  1896  (s.  o.  S.  248  AT.)  anzu- 
nehmen geneigt  sein  könnten. 

Um  den  Raum  des  Verzeichnisses  möglichst  zu  beschränken 
(es  sollte  durchschnittlich  kein  Titel  mehr  als  eine  Zeile  bean- 
spmchen),  habe  ich  zwar  Namen  und  grundsätzlich  auch  Vor- 
nanaen')  der  Verfasser,    Anstalt  und  Jahr  des  Erschei- 


1)  Voo  ihoen  mSchte  ich  aasdriicklidi  noch  B.  Renn  (Stadienrat  ood 
Professor  in  Land  ahnt)  nennen,  der  besonders  fSr  Bayern  noch  Beiträ|pe 
geliefert  hat,  als  der  Draek  der  Abhaodlnng  schon  begonnen  hatte. 

*)  Die  Peststellang  der  Vornamen,  die  im  Interesse  der  Sache 
gleichwohl  nnerläfilich  war,  hat  fnr  die  Zeit  von  1824—1875  ein  Mifi  von 
Arbeit  erfordert,  von  dem  sieh  Uneingeweihte  schwerlich  eine  Vorstellnng 
machen.  Bekanntlich  ist  die  früher  sehr  verbreitete  Unsitte  (vgl.  o.  S.  173, 
221),  aof  den  Titelblättern  der  Abhandlnogen  selbst  die  Vornamen  der  Ver- 
fasser nicht  so  nennen,  ancb  hente  noch  nicht  ganz  geschwanden.  Die 
alteren  Bibliographien  (s.  o.  S.  109  ff.)  sind  verschieden  verfahren.  Am 
schlechtesten  sind  in  dieser  Hinsieht  Vetter  ond  Terbeclt,  welche  die 
Voroamen  äberliaapt  weglassen,  auch  da,  wo  sie  in  den  Abhandlungen  selbst 
stehen,  and  so  den  Wert  ihrer  Arbeiten  erheblich  beeiotrSebtigen.  Wini- 
ewski,  Hahn,  Häbl,  Moshacke  and  das  Tenbnersche  Verzeichnis, 
sowie  Fesenbecith  geben  die  Vornamen  bald  ao,  bald  nicht,  bald  voll- 
staadig,  bald  nor  einen  Anfaogsbachstabeo.  Besser  sind  Gatenäcker- 
Zeifi-Renn,  Gntscher,  Köhler,  Büeler  and  Bittner,  am 
besten  Klufimaoo,  dessen  gediegene  Arbeit  (vgl.  o.  S.  209,  238  ff.),  ebenso 
wie  das  Berliner  Verzeichnis,  aoch  in  dieser  fieziehong  alle  Ansprüche 
befriedigt  Seine  Angaben  konnten  daher  ohne  weiteres  zagrnode  gelegt 
werden,  wenn  mir  in  gegebenem  Falle  die  eine  oder  andere  Abhandlung  selbst 
K.  Z.  gerade  nicht  zngänglich  war.  Für  das  halbe  Jahrhondert  vor  1876  habe 
ich,  soweit  die  Progrimme  selbst  die  Voroamen  nicht  boten,  die  verschie- 
dcDSten  Hilfsmittel  benutzt.  Am  hanfigsten  halfen,  insbesondere  für  das 
Gebiet  der  Altertamswissenschaft,  a.  a:  Konrad  Borsian,  Geschichte  der 
klass.  Philologe  in  Deutectdand  von  den  Anfängen  bu  stir  Gegenwart^ 
Miiocheo  n.  L»eipzig  1883,  R.  Oldenboorg,  2  Tic.  (in:  Gesch.  d,  fTissen" 
schafien  in  Deutschland,  Neuere  Zeit.  Bd.  XIX  1  o.  2),  ferner  Fried r. 
Aog.  Eckstein,  Nomenclittor  philologorum,  Leipzig  1871,  B.  G.  Teobner, 
ood  V^.  P'6ke\,PhUologisehes  Schrißstellerlexikon,  Leipzig  1882,  A.  Krüger, 
aafierdem  natürlich  die  Aügemeine  deutsehe  Biographie  und  (fdr  Österreich) 


32    Programmwesen  und.  Programmbibliothek  d.  hob.  Schaieo, 

neos  durchweg  vollständig  bezeichnet,  dabei  aber  die  TiteP] 
soweit  gekürzt,  als  es  mftglicb  war,  ohne  die  Deutlichkeit  zu 
beeinträchtigen.  Durch  Hinzufuguog  der  Stelle,  an  der  jeder, 
der  weiter  auf  die  Sache  eingehen  will,  die  betreffende  Ab- 
handlung bibliographisch  genau  (oder  doch  —  was  ältere  Vcr* 
zeichnisse  betrilR  —  ziemlich  genau)  angeführt  findet,  ist  aber 
Sorge  getragen  worden,  daß  keine  Mißverständnisse  entstehen. 
Zugleich  ist  jedem  so  die  Möglichkeit  geboten,  weiteres,  hier  nicht 
verzeichnetes  Material  leicht  zu  finden.  Sachlich  habe  ich  mich 
in  der  Hauptsache  auf  das  Gebiet  der  Geisteswissenschaften 
beschränkt,  und  hier  wieder,  meinem  Erfahrungskreise  ent- 
sprechend, die  Abhandlungen  aus  dem  Bereich  der  Altertums- 
wissenschaft bevorzugt,  die  anderen  Wissenschaften  (wie  Ger- 
manistik, romanische  Sprachen,  Geschichte,  Erdkunde  u.  s.  f.) 
aber  wenigstens  soweit  berücksichtigt,  als  sie  mir  im  Laufe  vieler 
Jahre  unmittelbar  oder  mittelbar  irgendwie  nahe  getreten  waren. 
Die  Arbeiten  aus  der  Pädagogik,  der  Schul geschichte  und 


KooBt.  von  Wurtbachs  Biog^.  Lexikon  d.  Riti»ert,  Östemiek.  Aber 
diese  gewöbnliebsten  Hilfimittel  veriagteo  bäafig  genug,  und  es  mofiten  ait 
erbeblicbem  Zeitaufwand  oft  Dutzende  von  entlegenen  Quellen  aufgesuckt 
werden,  Facbbibliograpbieo,  Programmverzeicbnisse  einzelner  Scbulen  o.  iLn. 
um  nur  eioige  Vornamen  unzweifelbaft  featznstellen.  Sehließlieb  ist  es 
überall  gelangen,  und  hoffentlieb  sind  Febler  in  der  Hauptsscbe  verniedea 
worden.  Docb  werde  leb  für  jeden  Nacbweis  in  dieser  Richtung  dankbir 
sein.  An  einem  neueren  biogra  phiscb-bibliograpbischeB 
Hilfsmittel,  das  z.B.  nur  Tur  die  letzten  2  bis  3  Jahrzehnte  über  die 
literarisch  tStigen  Mitglieder  der  theologischen,  philolo- 
gischen und  historischen  Wissenschaften,  deren  es  ja  gerade 
im  höheren  Lehrerstande  sehr  viele  gibt,  knappe,  aber  zuverlässige 
Angaben  machte  und  bei  mäßigem  Preise  allgemein  zngäog- 
lieh  wäre,  fehlt  es  durchaus.  Ein  rühriger  Verleger  im  Verein  nit 
einem  sachkundigen  Bibliographen  würde  sich  ein  wirkliches  Verdienst  er- 
werben, wenn  er  sich  dieser  Sache  aonehmen  wollte.  £io  vor  Jahresfrist 
angekündigtes  Werk  ähnlicher  Richtung  (A.  Hettler)  wurde  nach  der 
Probe,  die  ich  davon  gesehen  habe,  nicht  geeignet  sein,  das  zu  bieten,  was 
hier  nottut. 

^)  Den  im  Interesse  möglichster  Raombeschränkung  zunächst  erwogeoei 
Plan,  nur  die  Namen  der  Verfasser  mit  der  Anstalt  und  dem  Jahre  des 
Erscheinens  anzugeben,  für  die  Titel  aber  auf  die  genannten  Programia- 
bibliographien  zu  verweisen,  habe  ich  bald  wieder  aufgegeben.  Für  die 
Zeit  nach  1876  hätte  das  allenfalls  genügt,  wenn  auch  Klußmanns  Wert 
in  den  Schulbibliotheken  bei  weitem  noch  nicht  so  heimisch  ist  als  ei 
sollte  (s.  o.  S.  239),  und  Kenner  hätten  wohl  auch  für  die  älteren  Periodea 
so  wenigstens  einen  gewissen  Anhalt  gehabt.  Aber  einmal  ist  die  Arbeit 
(vgl.  0.  S.  83)  nicht  ausschließlich  Tur  Kenner  geschrieben,  und  andrerseits 
schien  es  wesentlich,  auch  die  Gebiete  zu  bezeichnen,  denen  die  betr. 
Arbeiten  angehöreo,  besonders  mit  Rücksicht  auf  die  Mitglieder  der  zahl' 
reichen  jüngeren  höheren  Lehranstalten,  die  ältere  Programme  in  ihrea 
Bibliotheken  noch  wenig  besitzen  und  so  manche  Anregung  entbehrea,  derci 
sich  die  Augehörigen  älterer  Anstalten  wie  einer  selbstverständlicheB  Sacke 
erfreuen.  Auch  werden  die  folgenden  Abschnitte,  besonders  F,  G  uod  H, 
durch  die  vollständigeren  Angaben  auch  dessen,  was  geleistet  ist,  eise 
nicht  unwesentliche  Stütze  erhalten. 


i 


Yoa  R.  Ullrich.  33 

SchulorganisatioD  sind  in  ausgedehntem  Maße  herangezogen 
worden,  die  zur  Methodik  der  einzelnen  Unterrichts- 
fächer etwa  in  demselben  Verhältnis  wie  die  aus  den  ent- 
sprechenden Wissenschaften  selbst.  FQr  die  exakten  Wissen- 
schaften und  die  Methodik  der  entsprechenden  Unter- 
richtsfächer wäre  eine  Ergänzung  von  fachmännischer 
Seite  sehr  wünschenswert;  sie  würde,  wie  ich  vermute,  an  Ge- 
halt hinter  dem  von  mir  Verzeichneten  gewiß  kaum  erheblich 
zurückstehen,  d.  h.  im  Verhältnis  zu  der  oben  (S.  265  ff.)  unge- 
fähr festgestellten  Gesamtproduktion  in  den  einzelnen  Perioden 
and  Ländern. 

Von  den  oben  (S.  109 — 118)  angeführten  Programm  Ver- 
zeichnissen habe  ich  für  die  ältere  Zeit  wie  für  einige  Sonder- 
gebiete diejenigen  zugrunde  gelegt,  die  entweder  im  ganzen  am 
zuverlässigsten  oder  doch  für  bestimmte  Perioden  unentbehrlich  sind. 
Es  sind  für  P  re  uß  e  n  (allein)  die  Verzeichnisse  von  Winiewski  (Nr.  3) 
und  Hahn  ([i]  u.  [U],  Mr.  7  u.  8),  für  Preußen  und  andere 
Staaten  Deutschlands  und  zum  Teil  für  Österreich  die  von  Vetter 
(Nr.  9  u.  10),  Terbeek  (Nr.  12)  und  mskacke  (Nr.  13  a),  für 
Bayern  das  von  GuUnOeker  mit  den  Fortsetzungen  von  Zeifs 
und  Remi  (Nr.  19—24),  für  Baden  Fesenbetkh  (Nr.  17)  und 
Köhler  (Nr.  18),  für  die  Schweiz  Büeler  (Nr.  37);  über  Hübl 
(Nr.  28  u.  29)  s.  unten.  Hehrere  kleinere  Verzeichnisse 
(Nr.  1,  4 — 6,  11  u.  a.)  können  hier  außer  Betracht  bleiben,  da 
ihr  Inhalt  sich  einerseits  ganz  oder  teilweise  in  einigen  der  schon 
genannten  wiederholt,  andererseits  bei  den  meisten  nicht  darauf 
zu  rechnen  ist,  daß  sie  wenigstens  in  einer  gewissen  Zahl  von 
Lehrerbibliotheken  höherer  Schulen  vorhanden  sind  —  wogegen 
die  eben  angeführten  Bibliographien  doch  meist  in  den  Ländern, 
die  sie  betreffen,  oder  in  den  Provinzen,  von  denen  sie  ausge- 
gangen sind,  heimisch  sein  dürften.  So  wird  natürlich,  was  die 
ältere  Zeit  und  die  genannten  Sondergebiete  betrifft,  nicht  allen 
alles,  aber  doch  hoffentlich  jedem  etwas  gegeben  werden  können. 
Jüngere  Schulbibiiotheken,  die  erst  eine  kleine  Anzahl  von  Jahr- 
gängen der  Programmabhandlungen  aus  neuerer  Zeit  besitzen'), 
insbesondere  solche,  die  sich  an  Orten  ohne  größere  wissen- 
schaftliche Bibliothek  befinden,  sind  ja  in  bezug  auf  Kenntnis  und 
Benutzung  dieses  ganzen  Literalurzweiges  in  ziemlich  übler  Lage, 
zumal  wenn  die  betreffende  höhere  Lehranstalt  die  einzige  am 
Orte  ist*).  Durch  den  Hinweis  auf  die  genannten  Programm- 
Bibliographien   werden    auch  jüngere  Schulen   und  deren  Biblio- 


>)  Hier  werden  die  Lehrerbibliotheken  älterer  Anstalten  mit  reichem 
Proframmbestaode  den  jüngeren  manehe  Aushilfe  leisten  können,  was  die 
letxteren  aber  nicht  abhalten  darf,  eine  eigene  Programmbibliothek  an- 
zulegen. 

2)  Solehe  Anstalteu  werden  wieder  von  der  Programmsammlung  einer 
älteren  Anstalt  derselben  Provinz  Nutzen  ziehen  können  (vgl.  auch  oben 
ZeitMhr.  f.  d.  QjmiunftlwaMn.    LXI.    Supplemeatbeft.  3 


34     Prof^ranfliwesen  und  Programmbibliothek  d.  hb'h.  Scholea, 

theken,  soweit  sie  diese  Verzeichnisse  oder  die  AbhandlangeQ 
selbst  nicht  besitzen,  leichter  in  die  Lage  versetzt,  auf  die  letzteren 
aufmerksam  zu  werden  und  sie  sich  gegebenenfalls  von  größeren 
Bibliotheken  oder  den  betreffenden  Schulen  selbst  zu  verschaffen. 

Eine  gewisse  Schwierigkeit  machte  die  Berücksichtigung  der 
österreichischen  Programme.     Die  in  den  Verzeichnissen  von 
Gutscher  (Nr.  26—27),  Hübl  (Nr.  28  u.  29)  und  Böfiier  (30—32) 
aufgeführten   Programme   sind    in    reichsdeutschen    Bibliotheken, 
den  größeren  wissenschaftlichen    wie  den  Lehrerbibliotheken   der 
höheren  Schulen,   infolge  des  beschränkten  Programmtausches  (s. 
o.  S.  169  Anm.  3)  nur   zum  kleineren  Teile  vertreten  und  daher 
auch  mir  nicht  in  vollem  Umfange  bekannt  geworden.    Es  bitte 
danach    wenig  Zweck  gehabt,    Arbeiten  anzuführen,    die    wohl  in 
Österreich  selbst   geschätzt,   aber   außerhalb    des  Landes    für  die 
Allgemeinheit  kaum  zu  erlangen  sind.    Ich  habe  mich  daher  hier 
in  der  Hauptsache   auf  die    bei  Klufsmann  (s.  o.  S.  112,  Nr.  14) 
und  in   dem  zweiten  Teuhnerschen  Verzeidwis  (Nr.  13b;   s.o. 
S.  112  u.  S.  231  mit  Anm.  1)    angeführten  beschränkt   und   die 
anderen  nur  gelegentlich  herangezogen.    Dagegen  sind  wiederum 
aus  den  beiden  Teilen  von  Hübl,   insbesondere   aus  dem  zweiten 
(Nr.  29),    der  für  die  Jahre  1869—72    auch  für  Preußen  neben 
Mushacke   (Nr.  13  a)   eine   wesentliche  Quelle   ist,   eine   größere 
Anzahl  im  Interesse  reichsdeutscher  Leser  berücksichtigt  worden. 
Es   bleibt   also   hier  (ebenso   wie   auf   dem  Gebiete  der  exakten 
Wissenschaften    überhaupt   und  einiger   anderer  wenigstens  teil- 
weise, s.  0.  S.  32t,)  noch  eine  lohnende  Aufgabe  für  einen  öster- 
reichischen Schulmann   mit  vielseitigen  gelehrten  Interessen 
zu   lösen,    dem    die    betreffenden  Programme   in  ihrer  Mehrzahl 
wirklich  zugänglich  sind. 

Im  übrigen  bildete  natürlich  das  XIu/smoiiHsche  Verzeichnis 
für  die  Zeit  von  1876—1900  die  Hauptquelle,  nach  der  die  in 
diese  Zeit  fallenden  Abhandlungen  anzuführen  waren.  Von  1901 
— 1905  ist  das  zweite  Teuhnersche  Verzeichnis  zugrunde  gelegU 
für  1905  (vgl.  o.  S.  269  Anm.  1)  unter  Heranziehung  des  von 
der  Kgl  Bibliothek  in  Berlin  herausgegebenen.  Für  1906  erfolgten 
die  Aufnahmen  an  der  Hand  der  mir  zugänglichen  Abhandlungen 
selbst;  auch  aus  dem  Jahre  1907  konnte  wenigstens  eine  Aus- 
wahl (meist  norddeutscher)  angeführt  werden,  die  mir  schon  zu- 


S.  201  Aom.  1),  dl  z.  B.  der  Leihverkehr  der  grofieo  wiMensebaftlicbee 
Bibliotheken  mit  den  Bibliotheken   der  höheren  Sehnlen  in  Preußen  {vgl,  o. 

5.  148  AniB.  1)  gernde  fdr  die  Progrnoime  an  bestimmte  Grenzen  i^ehnndea 
ist;  vgl.  z.  B.  die  Benuivtmgsordnung  für  die  KgL  BibUothek  zu  BerUn  wm 

6.  Februar  l$Oö,  mü  j4bänderungen  vom  30.  September  1905^  §  30,  Abs.  t. 
—  Der  Leihverkehr  zwischen  einzelnen  Lehrer bibliothekeo,  nieht  blofi  inner- 
halb desselben  Ortes,  bedarf  in  Zukunft  im  Interesse  der  Ausnutzung  der 
Bestände  überhaupt  noch  einer  bestimmten  Organisation;  fiir  das  Gebiet  der 
Zeitschriften  werde  ich  demnHchst  Vorsehläge  in  dieser  Richtnag 
maehea;  vgl    o.  S.  86  Anm.  1,  Z.  9  f. 


▼  00  R.  Uilrich.  3S 

gänglich  waren.    Vergleiche   dazu   noch   die  betr.  Anmerkung  zu 
Nr.  XVIII. 

Die  Reihenfolge  ist  in  der  Hauptsache  chronologisch 
und  im  einzelnen  so  gestaltet,  daß  mit  den  Verzeichnissen  be- 
gönnen  wird,  die  ausschliefilich  oder  im  wesentlichen  den  preußi- 
schen bezw.  deutschen  Anteil  der  Programmliteratur  anfuhren 
(I.  Wimewiki,  II.  HI.  Hahn  1  n.  //,  IV.  V.  Vetter  I  u.  //,  VI.  Ter- 
hedc);  es  folgt  dann  eine  Auswahl  deutscher  und  öster- 
reichischer Programme  aus  VII  u.  VIII  (Hibl  Teil  I  u.  II),  mit 
Ergänzungen  aus  GtUscker  und  Mashacke,  endlich  (für  1873—1875) 
aus  IX a  und  b  {Muskaeke)  ausschließlich.  Hierbei  ergibt  sich  eine 
ununterbrochene  chronologische  Folge  von  1825—1875.  Dann 
folgen  (Xa— f)  die  bayerischen  Sonderverzeichnisse  (Guten- 
4dcer—Ze8s — Renn),  die  Zeit  von  1824—1902  umfassend,  weiter 
(XI)  die  badi8chen(FesaiiedlrA  und  JTMfer),  bis  1887  reichend, 
und  (XU)  das  schweizerische  (ßüeler),  von  1855 — 1889;  den 
Beschluß  (XIII— XVI)  macht  (nach  Klufmann)  für  die  Zeit  von 
1S76—1900  eine  reichliche  Auswahl  deutscher  und  eine  kleine 
österreichischer  Programme  (s.o.  S.  169  Anm.  3)  mit  den 
Ergänzungen  (XVII.  XVIII.)  von  1901—1905  bezw.  1907 
(s.o.)  nach  den  Teubnerschen  Jahresverzeichnissen.  So  er- 
hält man  eine  im  ganzen  lückenlose  Reihe  vom  Beginn  der  Neu- 
regelung der  ganzen  Einrichtung  bis  zur  Gegenwart.  Über  die 
Anordnung  im  einzelnen  ist  u.  L  Anm.  1  das  Nötige  bemerkt. 


Yerzeiclmis 
ausgewähUer  Programme  Ton  1824— 1907  0* 

I«   Winiewski  (Preafsen).    1826—1841. 

,  {BaHogr.  AbL  3,  Nr.  3;  o.  S.  110.) 

1. 

1.    Allcesaiaei.    Sehalgcschiebte.    Scknlre4«o. 

8. 

1.  Nieneyer,  Hera.  Afathooy  Oberd.  Vorzüge Sffentl.  Er- 

ziehvDffsaoslaltoB.  Math  Päd,  36      1  L 

2.  — ,  Obtr  Wolff.  Ratiebias.  m       ^     ^    ^^ 

3.  — ,     „  „  „  Forts.  (//  a-'lO)  „       „     41 


tj 


0  ErUoterangeo.  Die  Bibliograpbien  folfeo  bier  io  der 
obeo  angegebenen  OrdnuQf.  lonerbalb  jeder  eiozeloeo  lind  zuerit  immer 
die  anf  Sebnlwesen,  Pädagogik,  Methodik  asw.  bezüglieheo  Pro- 
gramme angefubrt  (A),  danacb  die  facbwissenscbaftiicheo  (B),  in 
beiden  Abteilongeo  tnniicbat  in  der  in  den  betr.  Bibliographien  seibat  be- 
obachteten Reihenfolge.  Doch  vgl.  für  Bayern  and  Baden  dieerstenAn- 
merkaogea  za  Nr.  X  und  XI.  Oberali  innerhalb  der  einzelneu  Unter- 
abteilangeo  die  alphabetische  Aoordnong  darchznrdhren,  schien  aus  ver- 
schledettett  Gründen  nicht  zweckmafiig;  es  ist  übrigens  keine  von  diesen  so 
nmfaogreich,  dafi  sie  sich  nicht  leicht  übersehen  ließe.  Bine  zu  weit 
gebende  Systematik  innerhalb  von  A  und  B    ist  vermieden  worden,   om  die 


36    Prof^ranmiwesen  aod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schnlen 

8. 

I.    4.  Ribbeck,   Aog.    Perd.,    Stellg.  d.    Gymoasien  z.  deo 

verach.  AoforderungOD  d.  Zeit  Berlin  Fr. -ßf^d.  G,  29      3 

5.  Wieae,Ldw.,Ober  Scholdiatipl.  (137/8; n4)       Prenxlau^)  38      4 

6.  B  0  n  0  e  1  i ,  Karl  Ed.,  De  a  r  t e  m  e  m  ojr  i  a  e  commeotat.  histor. 

(/  61;  II  7;  FI  3)  Berlin  Fr.-Wd.  G.  38    15 

7.  — , OberErziehangskunst,  Antrittsrede.  „  „        „  38    23 

8.  BellermaDo,  Joh.  Joach.,  Daafgraae  Kloster  in  Berlio. 

1II.2)  (1574— 1765).*)  Berlm  gr.  Kl.  23 

9.  — ,    —    —    IV.  (1766—1826).  „       „        26    ll 

10.  —,  Rede   bei    d.  3.  Säkular-Fe  ier  d.  Augsb.  Kon- 

fession 24.  Jun.  1S30.    (/  23)  Berlin  gr.  KL32    29 

11.  Gotthold,  Frdr.  Aug.,  Vorw.  z.  Sehulordn.  d.  Fr.-KoU. 

(I16I8;  II 315)  Kömgsbg.  Fr.-K.  29    19 

12.  Aagust,    Ernst  Ferd.,   Antrittsrede    (Für  das  Leben, 

nicht  für  die  Schule).  Berlin  Kölln.  Rg.  27    23 

13.  Spitz 0 er,  Franz,   De  periculis,   qnae  varia  et  mnltif. 

doctrin.  sopellez  seholisintendit.  (/  2819)  WüUnberg  25     „ 

2.   Sprachnnterrrieht. 

14.  V.iehoff,  Heior.,    Beiträge  z.  Erl.  deatseher  Dichter 

f.  d.  oberen  Gyma.- Klassen.  Emmerich  35    10 

B. 

1.    Altertumswissenschaft. 

15.  Wellauer,    Aug.,    Addit.  ad  Vechaeri  Hellenolexic. 

(de  partic.  re  et  que).  Breslau  Elis.-G.  28    33 


Obersicht  nicht  zu  erschweren;  die  Zugehörigkeit  zu  bestimmten  Päehero 
ist  aus  den  Namen  der  Verfasser  und  den  Titeln  der  Abhandlungen  sofort 
ersichtlich,  soweit  es  nicht  zweckmäßig  schien,  sie  —  wie  z.  B.  bei  ei|ier 
gröfieren  Zahl  von  Arbeiten  aus  demselben  Gebiet  —  durch  besondere  Ober- 
sehrift  kenntlich  zu  machen.  Autoren,  die  innerhalb  von  A  oder  B  wieder- 
holt vorkommen,  was  nicht  selten  ist,  sind  mit  ihren  Arbeiten,  die  dem- 
selben Gebiete  angehören,  meist  an  einer  Stelle  angefahrt.  Ohne  kleine 
Inkonsequenzen  ging  es  dabei  nicht  ab,  znmal  die  Anordnung  in  den  einzelaen 
Bibliographien  wiederholt  abweicht;  es  ist  ein  Mittelweg  eingeschlagen,  an 
einerseits  die  Arbeiten  derselben  Autoren  hintereinander  anfuhren  za 
können,  auch  wenn  sie  in  den  Verzeichnissen  an  verschiedenen  Stellen 
standen,  andrerseits  die  leichte  Orientierung  nach  der  Seitenfolge 
in  letzteren  zu  ermöglichen.  Dies  ist  deswegen  wichtig,  damit  der  Leser 
an  der  Hand  der  genannten  Bibliographien  leicht  nachprüfen  kann,  was  von 
mir  ans  der  Fülle  der  Literatur  ausgewählt  ist.  Die  Seiten,  anfwelchea 
die  Abhandlungen  in  den  Biblioi^raphien  stehen,  sind  jedesmal  hinzngefägt. 
Was  sonst  geschehen  ist,  die  Obersiebt  zu  erleichtern  und  Zusammenhäage 
herzustellen,  wird  jeder  Benutzer  alsbald  selbst  finden.  Besonders  erwähnen 
will  ich  nur  die  Verweisungen,  die  in  Klammern  (hinter  dem  Titel)  ge- 
macht sind  und  sich  auf  Haupt-  und  Spezialnummer  der  18  Programm-Ver- 
zeichnisse beziehen.  Der  Leser  wird  dadurch  an  jeder  der  betr.  Stellen  in 
die  Lage  versetzt,  die  wichtigsten  Programmbeiträge  der  vielen  wieder- 
holt vorkommenden  Autoren  und  ihre  Zahl  leicht  zu  überblickeu.  Weitere 
Bemerkungen,  die  einzelne  Verzeichnisse  betrefTen,  sind  jedesmal  in  der 
betr.  ersten  Anmerkung  dazu  gemacht. 

^)  Bei  Ortsnamen  ohne  weiteren  Zusatz  ist  immer  das  betreffende 
einzige  (oder  z.  Z.  der  Veröffentlichung  einzige)  Gymnasium  gemeiat 
Die  Abkürzungen  (r.,  Hg.  usw.  sind  die  allgemein  üblichen. 

*)  Teil  I  u.  II,  die  Zeit  der  Fraaziskaner  im  Kloster  bebaa- 
delod  (1271—1574),  erschienen  1823  und  1824. 

3)  Fehlt  bei  ß^iniewski. 


voa  R.  Ullrich.  31 

16.  Gotthold,  Fr.  Aug.,  In  Earip.  Heradidtu.  König$berg  Fr.-K.  S7  44  !• 

17.  — ,   Ästhetische   Beorteilang   d.    PhönHurirmen   d.  Eori* 

pides  (v.  2  Priauoern).                                  RönigMbg»  Fr,-K,  34  „ 

18.  — ,  Urspr.  d.  Brasm.  Ansspr.  d.  Griech.  (/ 11 ;  113/5)     „             „      36  34 

19.  Poppo,  BrnsiFr.,  DeGraee.  verbU mediis, pass'., deponeot. 

recta  diseerneodis,  ac  de  deponent.  osu.             Frankfurt  tu  0.  ti7  ,, 

20.  — ,  Bmeodaoda   et   sappl.    io  Matthiaei  gramm.    Graec. 

(Hauptsächlich  iiher  die  Modi).                         Frankfurt a,  0.  32  „ 

21 .  — ,  SyraensarDBi  obsid.  hello  Pelop.  factae  p.  I.                 ,,              36  63 

22.  — »  De  latinitate  falso  aut  merito  auspecta,  sive  adoot  ad 

Krebsii  JnUbarb.  [1].  {II 27/9;  III  öl)           Frankfurt  a.  0.  41  38 

23.  BellermaoD,  Joh.  Joach.,  De  Graeca  verbh.  tineadi  stroc- 

tara.    (/  8/lOj                                                     Berlm  fr,  KL  33  35 

24.  Bellermann,  ioh.  Friedr.,  FragBientoB  Graec.  scriptioois 

de  musieoy  e  codd.  ed.                                          Berlin  gr,  KL  40  95 

25.  Pape,  Wilh.,  De  inveniend.  Graec.  ling.  radic.          „           „       37  35 

26.  Lahrs,  Karl,   Qoaest.  epic.  spec.  I.   (1.  luCi   »c;  2.  {,  17; 

3.  nQwtj  TtQdi'i'y  4.  Uyna^  d-ttUia,  iltt^tia.    Veter.  prae- 

cepta  de  aDastrophe,  de  encliUc.)                  KömgMberg  Fr.-K.  25  ,, 

27.  — ,  De  voc.  (pUoloyos,  ygafifucjtxos,  XQirtxog.         „              „       3S  75 

28.  Spitz  ner,  Franz,  De  praep.  avaeixard  ap.  Hom.     ff^äienberg  31  36 

29.  — ,    De  accentos  inclinat.    particolae   mgl   apud  Homer. 

concedenda  e.  corollario.    (1 13)                               Wittenberg  32  „ 

30.  Marckscheffel,  Wh.,  De  Emend.   Aesch.^)  SuppL  Hirtchberg  41  41 

31.  Ellendt,  Frdr.,  De  trag.  Graec,  impr.  Euripide,  ex  ips.  aet. 

et  tempp.  indicandis,  aeqaaliomqae  indiciis.  Königtbg.  Awt,  G.  27  44 

32.  — ,  Bmeod.  in  Cic.  de  erat,  1.  HI.  (II 17;  III 56 J           Eisleben  39  51 

33.  Ellendt*),  Joh.  Ernst,  Qoaestt.  A  r  r  i  a  n.       König§berg  Kph.-G.  31  43 

34.  — ,  De  Arrian.  libr.  reiiqaiis  {III 1/2)                 „               „       36  '„ 

35.  Mallach,  F.  W.A.,Qo.  Demoer.  [I.]  (II44\III32)  Berlin Fz.G.  35  „ 

36.  Bergk,  Th.,  De  prooemio  Empedoclis.            Berlin  Joach,  G.  39  „ 

37.  Wiese,    Ludw.,   In  optima  Piatonis    civitate   qoalis  sit 

paeroram  institvtio.                                                         Prenzlau  34  47 

38.  — ,  De  vitaram  script.  Rom.     {15;  FI  4)         Berlin  Joach,  G.  40  76 

39.  Steinhart,  Karl,  De  dialect.  Plotini  ratiooe.  I.            Pforta  29  48 

40.  — ,  MeletemaU  Plotiniana.  {II 59;  III 43)                         „       40  „ 

41.  Nene,  Chr.  Frdr.,  Sapphonis  Mytil.  fragmenta.                  „       27  „ 

42.  Ameis'),   Karl  Frdr.,  Adnot.  i.  theocritum.    I.  {II25i 

III73iir42)                                                Miihlhausen  i.  Th.  40  49 

43.  Kräger,  Karl  Wh.,  Leb.  d.  Thukydides.         Berlin  Joach,  G.  32  „ 

44.  Sehopen,  Ldw.,   Spec.  em.  i.  Donati  eomm.  Terent.  Bonn  [kg,]  G,  26  58 

45.  — ,  Kritische  Beiträge  zo  Fronto  [I].                               „         „  30  53 

46.  — ,  Unedierte  Schollen  zum  Terenz.                                 „         „  i?2  58 

47.  —  Beitr.  z.  byz.  Gesch.  o.  Chronologie,  aus  den  nach  un- 

gedr.  Blatt,  d.  JNlcephorus  Gregoras«)-          Bonn  [kg,]  G.  35  67 

48.  — ,  Emend.  Frontooianae  IL  (II55;  11154/5)            „          „   41  53 

49.  Dillenbnrger,    Wilh.,    Qoaest.   Horat.  L   (zu    14  St.  d. 

Oden;  Epod,  2, 23).     (// 12/3,  54)                            Münstereifel  38  „ 

50.  — ,  Horatiana  (Text  d.  Horaz.  Scholiast.).     j4achen  [Karls-]  G,  41  55 

^)  Abhandlungen  zu  griechischen  und  lateinischen  Schrift- 
stellern sind  tunlichst  in  deren  alphabetischer  Folge  angeführt. 

3)  Bei  Winiewski  rälscblich  mit  Friedrich  E.  identifiziert. 

3)  Ober  ihn  vgl.  auch  0.  S.  187  u.  Ö. 

^)  In  dieser  Abteilung  aufgeführt,  um  die  zahlreichen  Programme 
dieses  Gelehrten  zu  vereinigen. 


38    ProgrammwoBen  and  Prograniinbibliotliek  d.  höh.  Sehvleo, 

B. 

I.  51.  BcksteiB,  Frdr.  Aaf.,  Proleg;,  i.  Tae.  diaiog.    (1114.63 

-^eöilin— 9,18 ',FI24l5,60',Fn  11;  yUI 3.29)    HaUßLat.35    58 
52.  Rritz,  Prdr.,  Prpl.  ad  nov.  Velleii  ad.  I.  (11167)         Brßai  40    59 


53.  Scheibe,  Kl.  Prdr.,   Obs.  i.  erat  Att.  {1F43I4)     HmUb  LoL  36    m 

54.  Zampt,    Aag.  Wilh.,    De   C.   JoUi    Caeaaris   coloaiia. 

(HI  59160;  FUllOö',  1X15)  BwUn  Fr.-Wd.  G.  41    65 

55.  Krämer,  GmU,  Der  Foeioer  See.    (II 47;  III 6;  FI 92; 

FIII50)  Berlin  FH.  G.  39    U 

56.  Marqaar dt,    Joaeh.,    Hiator.  eqaituBi   Ronaoornm 

Ubri  IV.    (II 19;  11176/7;  FI  48)  Dmmg  [Mät.]  G.  40    „ 

57.  Eehtermeyer>),  Brast  Th.,  Prob.  a.  6.  Abhdlg.  üb.  Nan. 

o.  synbol.  Bdtg.  d.  Fioger  b.  d.  Grleeh.  d.  Ron.     HaüePäiL  35    67 
58/60.  Meineke,   Aag.,   Qoaeat  seeoicamm  spee.  I.  II.  lü. 

(alte  o.  nitU.  Koaiödie).  (II 42/3)         BerUnJeh.  G.  26.  27.  30    75 

61.  B  o  B  o  e  1 1,  Karl  Ed.,  De  notata  aab  prim.  Gaeaar.  eloqo.  Ron. 

coadic,  imar.  de  rhet.  achol.  (16.  7;  117;  FI 3)  Berlin  gr.  Kl,  36    76 

62.  Seyffert,  Nor.,  Obs.- n.  firkl.-Prob.  (Oba.  Schillersch.  Ged. 

i.  Lat,  lat.  Prosa  i.  Deutsche;  Brkl.  v.  Verg.  Aen.\V  56 — 

89  a.  d.  ProSn.  z.  Cie.  Brut.;  MUc.  crit.)  (II 50.  71)  Halle  Päd.  37    99 

2.    Deatsch  uad  Verwandtes. 

63.  Giesebreeht,  Ldw.,  Halfred  VaodradaskaldCZ.  altaord. 

Sage  a.  Literatur).  SteHin  M.'St.'G.  30    73 

64.  — ,  Relig.  d.  wead.  Völker  a.  d.  OsUee.  (F15)       „  „        38    „ 

65.  Kobersteia,    Aag.,  Sprache  des  osterr.  Dichters  Peter 

Sacheowirt,  I.  (Laatlehre).  (1167/8;  III81)  PfoHe  28  77 

66.  Hiecke*),  Rob.  Hör.,  Gaog  d.  Handig.  i.  Goethes  Iphig.  I.        Zeäx  34  „ 

67.  — ,  Dgl.  II.    (II 24;  11115.34—36)  „     37  „ 

68.  ~,  Ideengehalt  i.  Uhlands  D.  Sängers  Fluch.  Mereeburg  39  „ 

3.   Bibliographie«). 

69.  Reiche, S.G.,Ven.d.Progr.usw.(o.S.109f.,Nr.2a.b).JErferMe{.-(;.  40/1    80 

IL   Hahn  [I.]  (Prenfsen),    1848-1860. 

(Bibliogr.  AH.  3,  Nr.  7;  e.  S.  111.) 

1. 

1.    Allgeneines.    Schalgesehiehte.    Sehulreden. 

IL    1.  Gottschick,  Alb.  Prdr.,  Stellnng  d.  Schale  zur  Kirche,  z. 

Staat,  zur  Familie.  Andam  49     1 

2.  Spilleke,  Aug.  Gottl.,  Erfolg d.  Unt.  a.  Realsehul.  Berl.kg.B.  50     „ 

M  Vgl.  o.  S.  143  Ann. 
*)  Vgl.  o.  S.  198  Ann.  1. 

*)  Am  Schluß  dieser  Abteiluog  sei  erwähnt,  dafi  in  der  ältesten  Periode 
des  Programnwesens  voa  Vertretern  der  exakten  Wissenschaften 
gerade  nehrere  ersten  Ranges  an  Progrannabhandlungen  beteiligt  ge- 
wesen sind,  deren  Nanen  neist  auch  Niehtfachnäanern  geläufig  sind,*  ich 
nenne  z.  B. : 

Dove,  Heinr.  Wilh.,  Berlin  Fr.-IFd.  G.  33    88 

— ,  Ber^  Fr.  fFiOL-G.  38    89 

Grün  er  t,  Job.  Aug.,         Torgäu  26  u.  Brandenburg  29    82 
Kunner,  Ernst  Ed.,  Uegnü%  34  u.  40    84 

Schellbach,  Karl,  Berlin  Fr.-fFd.  G.  36    Si 

(vgl.  S.  41  A.  1,  S.  44  A.  i,  S.  49  u.,  50  A.  1,  52  A.  1,  56  u.,  62  A.  1,  6ö 
und  66  A.  1). 


n 


n 


99 


von  R.  Ullrich.  3$ 

8. 

3.  Gotthold,  Frdr.  Aug.,  Schülorseosoreo.      Ki>nig§berg  Pr.-K.  43      1  II, 

4.  — g  Uoterrieht    i  Gospr&chsf.  „  „       44      2 

5.  — ,  IdMl  des  GTmoasiQiiis.  (/ 11, 16/8)  „  „       48 

6.  Weierstrnfi,  Karl,  Die  sokr.  Lelirmeth.  a.  der.  Anwend- 

bark.  b.  Unterr.  (a.  o.  S.  225  Aom.  2  a.  S.  41  Aom.  1).    Dt.  Krone  43 

7.  Bonn  eil,  Karl  Ed.,   Padagog.  Aniicbteo  aod  Erfahrongeo. 

{16/7,61',  nS)  Berlin  Fr,'Wd,  G,  47 

8/9.  Niemeyer,  Herrn.  Agth.,Ratiehiu8i.Köthea.     HallePäd.  42,43      7 

10.  --,  Rat iebi na  in  Magdeburg,    (/i— «?)|  ,»       „  46      „ 

11.  Ranke,  Karl  Ferd.,  Job.  Jnl.  Heck  er,  d.  Grönder  d.  kgl. 

Realachole.    {1139;  n31;  FIII 109)  Berlin  kg,  R.  47      8 

12/3.  Dillenbarger,    Wilb.,    Geacb.  d.  Gymn.  z.  Emmerieb 

LH.    {1 49/50  f  il  54)  Emmerieh  46,  48      „ 

14.  fiekatein,  Frd.  Aug.,  Beitr.  z.  Geacb.  d.  H a  1 1.  Schul.  I.  (7 51; 

II 63/5 ;  III 7/9, 18  ;  VI  24/5, 60 ;  VII 11;  VIIl  3. 29)  Halle  Lt.  50  9 

15.  Rircboer,  Karl,  D.  Landeaaeh.  a.  Anfang  d.  19.  Jb.        Pforta  43  10 

16.  — ,  Beriebt  iib.  d.  Sttknlarf.  v.  20.— 23.  Mai  1843.  {1153}      „       44  „ 

17.  £  1 1  e  0  d  t ,  Frdr.,  Rede  t.  300  j.  Stiftongaf.  (131/2; III 56)  Eisleben  46  1 1 

18.  Hanow,   Rod.,   Drei  Reden    (zo  Königs  Gebnrtatag  1840, 

1842  n.  1844).    (II 56;  III 10)  ZülUehmt  45    13 

19.  Marqnardt^),  Joaeh.,   Die  M&nzaaainiluog   d.  Dan- 

ziger  Gyanasiuma.    {156-,  III 76/7;  VI  48)      Danzig  [mL]  G,  46    35 

2.    Reli gl onannterriebt. 

20i  Kl  ix,  Goat  Ad.,  ErklSrg.  d.  ScfaSpfaogageacb.  f.  d.  Stand- 
punkt d.  Schule.    (III 4/5,  52.  86;  VI  82)  Kottlnu  50      3 

2.    Sprachunterricht 

Hanow,  Rad.,  a.  u.  Nr.  56. 

21.  Schmidt,  Herrn.,  Klaaa.  Spracbunt.  i.  a.  Verb.  z.  Ggw.  fVittenbg,  44      3 

22.  — ,  Die  Anachaunng  als  Grundlage  alles  Unterrichts  mit 

bea.  Anwendg.  auf  d.  Latein.  {II 30/2;  III 41/2)       fVittenberg  50      4 

23.  Haaeke, Aug., Sprachen. Spracbunt* a. Gymn. (i//i 7) iVon/Aotfien  48      3 

B, 

1.    Altertumswissenschaft. 

24.  Hiecke,  Rb.,  De  part.  orat.1.  (166/8-,  11115,34/6)    MerMebg.  45    14 

25.  Am  ei  8,  Karl,  De  articuli  usu  ap.  poet.  Graec.  bucol. 

{142;  III  73;  IV  42)  Mählhausen  i,  Th.  46     15 

26.  Keil,  Heinr.,  Anal,  grammatica  (I.  Anecd.  Ambros.  II. 

De  Italicia  grammaticorum  Lat.  codd.).  Halle  Päd.  48    16 

27.  P  0  p  p  o ,    Ernst  Frdr.,    De  latioitate  falso  aut  merito  ans- 

pecU  n.    (1 19/22;  III 51)  FrankfuH  a,  0.  48  „ 

28/29.  — ,  Betantii  Lex.  Tbocyd.  soppl.  In.  II.  „  45.47  24 

30.  S  eh  m  i  d  t ,  Herm.,  De  verb.  demovere  et  dimovere  discr.  fVittenbg,  44  17 

31.  — ,  Duorum  Phaedonis  Platonici  locc.  dispot.  „         46  23 

32.  — ,    Einb.  d.  Handig.  im  Honig  Ödipus   d.  Sophocies   u. 

krit.  Anm.  zu  V.  1271—1274.  (II 21/2;  III 41/2)    fVittenberg  47    24 

33.  Sommm  erbrodt,  Jul.,  Disp.  seenieae  (I.  De  thymele; 

n.  De  tripl.  pantomim.  genere).  Liegnit*  R,-j4,  43    37 

34.  — ,  De  Aescbyli  re  scnenica  1.    (III 21/2.  40)         „  „      48    20 

35.  Rayser,  Wilb.  Karl,    Quaestt.  tragg.  I:   Fragm.  Aga- 

thoniscoU.  (III 37 18;  IV  26  ;  VI  7 ;  1X30;  XIII 136)     Sagan  45     „ 


*)  VgL  dazu  die  Bemerkungen  oben  S.  158. 


40    ProgrammweseD  und  Programmbibliothek  d.  höh.  SchnleB, 

S. 

II«  36.  Merkel,  Karl  Rad.,  Metr.-krit.  Abhaodluaff  über  Apoll. 

Rh  od.  MagdOnarg  U.  L.  Fr,  44     20 

37.  — ,   Ein  Kapitel  Prologomena  xa  Apoll.  Rh  od.    {III 61  \ 

IV  25 ;  VIII 70-,  IX  24)  SMmuingen  50      „ 

38.  Eoger,  Roh.,  RoUenverteilg.  i.  d.  Lysistraia  d.  Ari8to- 

p  ha  n  es.     (///  23/7 ;  IV  24 ;  VIII 69)  Ostrowo  48 

39.  R^nkt,K.F.J).Nub.KrU%,{IIll;VI31;VIII109)Berl.Fr.fVh,'G.  44 

40.  Bonitz>),   Herrn.,   Obs.  crit.   i.  Ar  ist.  MtAaph,  Berlin  gr,  KL  42 

41.  —,  In  Arist.q.f.Jtf<^n.illor.  et£eA.^t«f.  {IV  73)   Stettin  M.St.-G,  44 
42/43.  Meine  ke,  Aag.,  Philol.  exercit.  in  At  he  na  ei  Detpno- 

soph,  I.  II.    (1 58160)                                   Berlin  Joach,  G.  43,  46  21 

44.  M  u  1 1  a  e  h ,  F.  W.  A.,  Qn.  Demoer.  ü.  (/  35 ;  ///  32)  Berlin  Frz,  G,  42  „ 
44a.  Gry  aar.  Kl.  Jos.,  D.  Akadem.  Philo  u.  Antiochos.  Rölnkth,  G.  49  37 

45.  Rassow,   Herm.,   Beurteilg.  d.  Hom.  Epos   b.  Piato    a. 

Aristot.  {III 31;  IV 27/8,76;  VI 5,  41.  42)  Stettin  M.-St-G,  50    21 

46.  Koek^),  Th.,  D.  Parodos  d.  gr.  Trag.  i.  allg.  n.  die  d.  Ödip, 

in  Hol,  im  besond.  {11145/50;  VI  69)  Posen  Fr.  ßVlL-G.  50    24 

47.  Kramer,  Gast.,  Fragmeata  1.  Vm  Geographie,  Strabonis 

prim.  cd.  (155;  1116;  VI92;  VIII50)  BerUn  Frz,  G.  43 

48.  Breitenbach,  Ldw.,  Qoaest.  d.  Xen.  yigesiL  [I.]     Schleuting.  42 

49.  — , II.     rn09;  III 57 J  fVittenberg  43 


79 


99 


99 


n 


50.  Sey  f  fe  rt,  Mor.,  Bpist.  crit  ad  C.  Halmiam  de  Cic.  pro  Svüa 

et  pro  Sestio  orat.  ab  ipso  ed.  {162;  II 71)  Berlin  Jch,  G,  48    25 

51.  Tischer, Gost.,  Prob.  e.  neuen  Aasg.  v.  C i c.  d, genect,  Brandenbg,  46    26 

52.  M  ätze  1 1,  Jol.,  De  translation.  q.  v.  ap.  Cart.  nsa.       BerL  Jch,  G.  42     ,, 

53.  Kirchner,    Karl,   Novae  qoaestiones  Horatianae   (Be- 

schreibung V.  Codices).     {II 15/6)  Pforta  47     „ 

54.  Dillenbnrger,  Wilh.,  Horatiana  II.  (Stellung  von  fue, 

ne,  ve).    (/  49/50;  U 1213)  Bmmerieh  45    27 

55.  Schopen,  Ldw.,    Uned.  Schollen  zu  Juvenals  3,  Satire, 

{144/8;  in  54/5)  Bonn  [kg,'\  G.  47 

56.  Hanow,  Rud.,  De  Coro.  Nepote  a  loco,  quem  in  scholis 

obtinet,  removendo.     {II 18;  III 10)  ZülUehau  50 

57.  Brix,  Jal.,£mend. Plautin.  {III 62/4;  IV 93;  VII 22)        Brieg  47    28 

58.  Goßrau,  Gottfr.  Wilh.,  Probe  einer  neuen  Ausgabe  der 

Jineide  Vergils.    {IV 15)  Quedliniwrg  43    29 

59.  Steinhart,   Karl,   Symbb.  critt.  (Plato,  Aristoteles, 

Sophocles).    {1 39/40 ;  III 43)  Pforta  43     „ 

60.  K  uh  n ,  Adalb.,  Z.  ältest.  Gesch.  d.  idg.  Volk.  (///  79)  Bert,  hlln,  Rg.  45    30 

61.  Rehdantz,    Karl,   Spec.    libri   „Vitae  Iphicratis  Chabriae 

Timothei  Atheniensium".  Berlin  Jch,  G,  44    31 

62.  Franke,  Karl,  De  praefectura  urbis  cap.  dno.  „  „       50    33 

2.   Geschichte  des  Mittelalters. 

63/65.  Eckstein,  Frd.  Aug.,  Chronic,  mont  sereni  ex  cod. 
Frcheriano  I— IH.  {151;  II 14;  1117/9,18;  VI  24/5,  60; 
Villi;  VIII 3.  29)  Halle  Lot,  44,  45.  46    33 

3.    Mythologie. 

66.  Scbwartz,  Wilh.,  D.  heut.  Volksglaube  u.  d.  alte  Heiden- 
tum m.  Bez.  a.  Norddeutsch!.,  bes.  d.  Marken,  ßerl,  Fr,'IVd,  G,  50    36 


1)  Vgl.  0.  S.  188  u.  S.  238. 

')  Vgl.  die  Bemerkungen  o.  S.  226  mit  Anm.  4. 


voo  R.  Ullrich.  41 

S. 
4.   Daatsch. 

67.  Koberstein,  Ang.,  Qoaest.  Sachen wirtiaoae  II.     Pforia  42    38  II* 

68.  ^,  Beton,  mehrsilb.  Wort.  b.  Suebenw.  {I6ö;  III  81)         „       43     „ 

69.  Breitenbaeh,  Ldw.,  Entwich] nngagang  d.  Goctheschen 

Poesie  b.  z.  Ilal.  Reise.    (II 4819;  III 57)  tFitUmberg  49    38 

5.    Gelehrtengeschiehte. 

70.  Kern,  Herrn.,  De  Leibnit.  seient.  generali.  {IFß;  yilll)  UaiU  Pd.  47    39 

6.    Gedichte^). 

71.  Seyffert,    Mor.,   Carmina   quaedam   Räche rti    Latine 

reddiU.    ^"162;  IIöOJ  Brandenburg  42    50 


III.   Halm  [1/.]  (Preufseu).    1861—1860. 

{BibL  Abt.3y  Mr.  8;  o.  S.  111.) 

k. 

1.    Allgemeine!.    Schnlgeschiehte.    Scholreden. 

1/2.  Eilend  t,   Joh.  Ernst,  Lehrplan    d.  Altstädter  Gym- 
nasiums I.  II.    {133  14)  Königsberg  Jit.  G.  53154  2  III* 

3.  Hülsmann,  J.,  Einrichtg.  v.  Sebulerbibliothehen. /Hfu^ir^"  55  „ 

4.  K 1  i  X ,  G.  Ad.,  Antrittsrede.  {1120;  III 52,  86 ;n  82)  Glogau  ei\  G,  55  11 

5.  — ,  RSchbliehe  a.  d.  Geschichte  d.  Gymnasinms.  „  58  8 

6.  Kramer,    Gast.,    A.    H.  Pranche,    J.    J.   Roosseaa, 

H.  Pestalozzi.    (155;  II 47;  FI 92;  mi 50)     Halle  Päd.  54  9 

7.  Ech stein,  F.  A.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Hall.  Schal.  II.  Halle  Lat.  51  „ 

8.  ~,  Sehalrede  za  Schillers  lOOjähr.  GebartaUg.          „        „     60  13 

9.  — ,  —  b.  d.  Gedächtnisf.  d.  Tod.  Melanchthoos.    {151; 

II 14. 63/5;  llt  18 ;  FI 2415,  60;  FII 11 ;  FIII 3, 29)  Halle  hat,    „      „ 
10.  Hanow,  Rad.,  Bericht  üb.  d.  außer.  Verb.  d.  Steinbart- 
sc h  e  n  Erziehangs-  a.  UnterrichtsansUlt.  fll  18, 56)  Züüichau  52    10 


2.  Sprachanterricht. 

11.  Sehrader,    Wilh.,   Aaleitang  z.  Privatstudiam    f.  d. 

beiden  oberen  Klassen  d.  hies.  Gymnas.    (FI 30)  Sarau  55      3 

12.  Arnoldts),  Jol.,  Fr.  Aug.  Wolf.  I.  Z.  Leht.- a.  Stondenpl. 

gelebrt  Seh.  II.  V.  d.  (Jnterrichtsfolge  n.  d.  gramm.  u. 

lexikolog.  Unterr.  i.  d.  beid.  gelehrt.  Sprach.  Gumbinnen  56      „ 

13.  Köhler,  Otto,  Ob.  d.  lateio.  Unterricht  a.  Gymnasien. 

{XIII 23. 52 ;  XF  57)  Krotoschin  56      4 

14.  Deinhardt,   Joh.   Heior.,    Zur    Dispositionslehre. 

{III84.87;  Fl;  FI 54.  85;  FII29)  Bromberg  58      5 


1)  Unter  Bezagnahme  auf  S.  38  Anm.  3  nenne   ich    von   allgemein   be- 
kannten  Vertretern  der  exakten  Wissenschaften  hier: 
Weierstraß,  Karl,  Dt.  Krone  43    40 
— ,  Braunsberg  49    41 

(vgl.  Nr.  116  und  o.  S.  225  Anm.  2) 
Schonemann,  Tb.,  Brandenburg  44    40  (vgl.  S.  44  Anm.  1) 
Gallenkarop,  Wilh.,  Duisburg  49    42  {XIII72  und  S.  49  o.). 
Schellbach,  Karl,  BerUn  Fr.  JFüh.-G.  45    44 
—,  Berlin  Kgl.  R.  49    44  (vgl.  S.  38  Anm.  3,  S.  44  Anm.  1,  50  Anm.  1). 
2)  Vgl.  desselben  Verfassers  Werk  Friedr.  Aug.  fF<^f  in  seinem  Fer- 
häUnis  zum  Schulwesen   und  zur  Pädagogik,    Braun  schweig    1861  a.  1862, 
Sehwetschke  u.  S.,  2  Bde.    VllI,  280  S.  a.  VHI,  415  S.;  9,70  JC. 


42    Programmweseu  und  Programmbibliothek  d.  höh.  SehaleBi 

8. 

B. 

1.   Altertumswisseosehaft 

III«  15.  Hieeke,  Rob.  Hör.,  Vorbom.  %.  t.  ParalleUyoUx  d.  Kasas 

i.  DeuUch.,  Griech.  a.  Ut  {166/8;  1124;  III 34/6)  GrüifkuHtU  54     14 

16.  Kern,  Georg,  De  aoaatropha.    fXFlOSJ         Stettin  M.'SL-G.  60    15 

17.  Haaeke,   Aog.,  Qnaest.  Hom.  (I.  aga.  II.  De  eooinoetivo 

et  fataro.    Add.  qoaed.  de  oon.    xm^inv^)  (II 23)  Nwrdfunu.  67    16 
18*.  Bcksteio,   F.  A.,   Aaecd.  Paris,  rhetor.     (löl;  II 14, 

18 
18 


6315;  Itn-9;  ri24J5,60;  HI  11;  FIII3.29J      Haue  Ut.  32 
19.  Corssen,  Wilh.,  De  Volseoram  lingua.  Ppurta  68 


20.  Todt,  G.  A.  Boh.,  De  A  es  eh.  voeabb.  iov.  {flI75)    HalUtPätL  So  21 

21.  Sommerbrodt,  Jal.,  De  Aesch.  re  scaeniea  II.    lidgnUz  R.'j4,  51  „ 

22.  — ,  dgl.  III.     ril  :i3l4 ;  ///  40)                                           Andam  58  „ 

23.  Enger,  Rob.,  Bemerk,  z,  Aiax  d.  Sophocles.  \             Ostrowo  51  27 

24.  — ,  D.  Parabase  d.  IFollun  d.  Arietophan  es.  1(1138;      „       53  22 

25.  — ,  In  loe.  quosd.  Agamemn,  Aeschyi.              \lF24\      „        54  21 

26.  ~,  Aeschylea  fChaephormJ.                           \FUI69)     „       57  „ 

27.  — ,  De  Aesebyl.  Septem  ade,  Thebtu  Parodo.  )                 ^^       58  „ 

28.  ÜRener,  Herrn.,  Alexandri  Aphrodis.  q.  f.  präblemat. 

Über  III  et  IV  ex  libr.  mser.  rec.  BerUn  Jch,  G,  59     „ 

29.  Seagebusch,  Maxim.,  Aristo  nie  ea.                 Berlin  gr.  AX  55  22 

30.  Velsea,Fdr.Ad.  v.,Obs.cr.  i.Ariitoph.(f^///7^)  Saarbrücken  60  „ 

31.  Rassow,  Herrn.,  Observ.  erit.  in  Aristo  telem.  (II45; 

ly  2718.  76  \  FI  5. 41/2)                                        Berlin  Jch.  G,  68  „ 

32.  Moliaeh,  F.W.A.,Qaaest.Bmped.II.(/d«5;//4^)  BertinFn.G,  53  23 

33.  Stein,  Reiar.,  Vindic  Herodotearam  spec.     Danxig[st.]  G.  58  „ 

34.  Hieeke,  Rob.  Hnr.,  D.  gegw.  Std.  d.  Homer.  Frage.  GreifewM  56  24 

35.  — ,  D.  Einheit  des  1.  Ges.  der  IHas,                                    „          57  „ 

36.  — ,  Lachmanas  10.Liedd.//ui«.  {166/8;  II24;  III15)       „          59  „ 
37/38.  Kays  er,    Wilh.  Karl,   De  verss.  aliq.  Homeri  Odyte. 

I.  II.    {II 35;  IF26;  FI  7 ;  1X30;  XIII 136)           Sagan  54.57  25 

39.  C  a  n  e  r ,  P.  Ed.,  D.  Caes.  d.  Jal.  Apost  (FI 78;  IX 1)  BresL  MgiL-G.  56  „ 

40.  Sommer brodt,  Jul.,   Luciani  Momnium  sive  vit.  Lue. 

ex  codd.  Marc,  recogn.    {1133/4;  11121/2)                  Anelmn  59  „ 

41.  Schmidt,  Herrn.,  Plat  Phaed.  f.  Schalzw.  erkl.     fFütenberg  54  26 

42.  — ,  DifBcil.  aliq.  loci  Gorg.  Plat.  (//  21/2. 30/2)               „          60  „ 

43.  Steinhart, Karl^ProKadPlstPAiM.  [139/40;  II 59)    PfoHa  53  „ 

44.  Deaschle,    Jul.,    Der    Platonische   Politicue.     Ein 

Beitr.  z.  s.  Erklärg.    (/f  54/5)                  Magdeburg  iL  L.  Fr.  57  „ 
45/47.  Kock^),  Th.,  D.  Aristo  tel.  Begriff  d.  Katharsis!. 

d.  Tragöd.  a.  d.  Anwdg.  a.  d.  König  Ödipus.  1— III.  Elbing  51. 52. 53  27 

48.  — ,  De  Philonide  et  Callistrato  (Aristoph.)        Guben  55  22 

49.  »y  Soph.  StQd.  H.    B.  Komm.  z.  König  Ödipus.                     „      57  27 

50.  — ,  Epistad  J.  Fr.  Msrtinum,  qua  cootin.  mem.  A.  S.  Schoen- 

boroi.  Ace.  fragm.  tragoed.  Graee.  {II 46;  FI 69)  Stolp  58  34 

51.  Poppo,  Ernst  Friedr.,  Betantii  Lexici  Thucydidei 

snppl.  m.    {119/22;  II 27/9)                            Frankfurt  a.  0.  54  28 

52.  Klix,   Gast.  Ad.,   Thncydides  n.  d.  Volksrelig.  {II20; 

111415.86;  y  182)                                                       Zältichau  54  „ 

53.  Möller,  Karl  Fr.  Wlh.,  Coniectur.  ToUia  nae.  {FI  70; 

Flu  65  \  XFlIIWa)  Königsberg  Fr.-K.  60    29 

54.  Schopen,  Ldw.,  D.  Paris.  Hss.  d.  Engraphios.  Benn[kg.]G.  52    30 


1)  Vgl.  d.  Bemerkungen  oben  S.  226  mit  Anm.  4. 


voQ  R.  (Jlirich.  43 

». 

55.  Seliopen,Ldw.,Diortliot.inTAC.i/»a/.(/44/«;//^)J9onii[Asr.]^*  ^^    98  III* 

56.  £  1 1  e  B  d  t,  Frdr.,  Erkl.  d.  Hör.  a.  d.  Praxis.  (I31I2;  II 17)  EUMen  53    30 

57.  Breitenbach,  Ldw.,  De  loeii  quibnad.  Horatii  earm.. 

libri  I.    {114819.6$)  Wittenberg  57    31 

58.  Pater,  Karl,  Verb.  d.  Livins  n.  Dionys  v.  Hai.  zaeio- 

aoder  n.  zu  d.  älter.  Aooalisten.    (IF  92\  V  9)  Andam  63     „ 

59.  Zumpt,  Aog.  Wilb.,    De  fastoram  manicip.    Campan. 

fragneote  defeosio.  Berlin  Fr,  Wütu-G,  53    38 

60.  — ,   De  Livian.  libr.  inscriptione  et  cod.  antiqaiss.  Vero- 

nensi.    (754;  FIII 105;  1X15)  Berim  Fr.  WUh.-G.  59    32 

61.  Merkel,  Rad.,  Obersetzg.  a.  Ovidii  Fastis  1.  I.  [113617; 

IF25;  mi70;  1X24)  SctJeusingen  56  „ 

62.  Briz,  Jol.,  De  Terent.  11.  mss.  a  R.  Bentleio  adhib.         Brieg  52  „ 

63.  — ,  Emeadatiooea  Plantina e.  Hir$chberg  54  „ 

64.  — ,    DeTerentii   fabulis    post  R.  Beotleinm   emendandis. 

(//57;  1F93;  ril  22)                                                    UegnOs  57  „ 

65.  Tbilo,  Gg.,  Servil  comm.  Verg.  Aen.  1.  I  189—200.  Naumbg.  56  33 

66.  — ,  QnaesL  Sil i an.  crit.    {mO.68;  FIIl 34)          Halte  Päd.  58  32 

67.  Rritz,  Frdr.,  De  glosa.  falioTae.  Agrie.  impnt  {152)      Erfurt  57  33 

68.  Heraeos,   Karl,    Zur  Kritik  und  firkläroDg  d.  Tacitas. 

(f7//  28 ;  XI 35 ;  XIII 44. 125)  Hamm  59     „ 

69/70.  W einkaoff ,  Franz,  DeTac.  dial  aact.  MI.  Köln  Fr.fFh.'G.  57.59     „ 

71.  Kampf,  Karl  Frdr.,  De  incerti  anctoris  fragm.  q.  ioscr.  de 

proBominibna  (Valerins  Maximus).  {FI 67)     Berlin  gr,  KL  54    44 

72.  Ribbeck,  Otto,  Leetiones  Vergilianae  {X1I36)        Elberfeld  55    33 

73.  Am  ei 8,  Kl.,  Speeil.  explic  Verg.  {142;  II 25;  IF 42)   Mühlhaus.  51     „ 

74.  Nanck,  Aug.,  De  trag.  Graec.  fragm.  obs.  crit.    Berlin  Ich,  G.  55    34 

75.  Todt,  G.  A.  Bob.,  Dionys.  v.  Syrak.  {IIIW)   Treptow  a.  R.  58    36 

76.  Marqnardt,  Joaeh«,  Z.  Statist  d.  rSm.  Provinzen.  !Naohtr. 

zn  Becinr-Marquardt,  Hdb.  d.  röm.  AU.  III.     Dan»ig  [H.]  G.  54    38 

77.  — ,  üb.  e.  asiat  Mnnze.  {156;  II 19;  FI  48)     Posen  Fr.  fFh.-G.  57    42 

78.  Hofmaan,   Frdr.,  De  prov.  sompt    pop.  Rom.    (XIFll) 

BerHn  gr.  Kl.  51    38 
2.  Mythologie. 

79.  Kuhn,  Adalb.,  Die  Mytbea   v.  d.  Herabholong  des  Feners 

bei  den  Indogermanen.    {1160}  Berlin  Kölln.  Bg.  58    42 

3.  Deotsch. 

80.  Kirchhoff,  Ad.,  Das  gotische  Raoenalphabet.    Berlin  Jeh,  G.  51    19 

81.  Roberstein,    Aag.,    Die    Sprache   des    Österr.   Dichters 

P.Sacheawirt,  lU.  Konjugation.    {165;  1167/8)       Pfarta  52    44 

4.  Biographisches. 

81a.  Prowe,  Lpd.,  Z.  Biographie  v.  Nik.  Kopernikns.  Thom  53    47 

b.  — ,  De  Nie.  Copernici  patria.  „     60     „ 

5.  Bibliographie. 

82.  Hahn,  Gast,  Verz.  der  preofi.  Programme  1842—1850. 

(vgl  0.  S.  111  Nr.  7  and  o.  FI  84)  Sahwedel  54    47 

6.  Philosophie. 

83.  Wehrenpfenoig,  Wilh.,  D.  Verschiedenb.  d.  eth.  Prin- 

zip, b.  d.  Hellenen  n.  ihre  Brklamngsgrnnde.      BerUn  Jch.  G.  56    56 

7.    Theologie. 

84.  Deinhardt,Joh.Heinr.,  Begriff  der  Religion.    {11/14.87; 

Fl;  FI 54. 85;  FII29)  Bromberg  59    57 


44    Pro^rammweseo  and  Prof  rammbibliothek  d.  höh.  Schoiea, 

8. 

IIL  85.  Lagarde,  Paal  de,  D«  Novo  Teatamea  to  ad  versioBnm 

orieotaliom  fidem  edendo.  Berlm  KSUn.  Hg,  öl    58 

86.  Kl  ix,  Gast.  Ad.,   Melanchthon,  d.  praecept.  GernaDiae. 

{1120;  HI  4.  ö.  52;  ri82)  Glogau  «v.  G,  60    59 

8.   Kaott>). 

87.  Deinhardt,  Joh.  Hnr.,  V.  d.  Idealen  m.  bes.  Rucks,  a.'bild. 

Kunst  o.  Poesie.  {III 14.  84;  Fl;  n54.  83;  ril2$)  Brombarg  53   60 

IT.  VeUer  I.  (Prenfsen  ud  andere  Staaten).  ISöl-lSSS,  L>) 

{Bibl  Abt,  3,  Nr.  9;  o.  S.  112.) 

k. 

1.  AligeBeiaes.^) 

IT,     1.  Stallbaum,   Joh.   Gottfr.,   De  animis    adoleseentiun    ad 

veritatis  amorem  conformandis.  Leipzig  Thom.  54     7 

2.  — ,   De   vetere    aymnas.  disciplio.  et  institutione  praesent 

aetatis  rationibns  eante  attemperaDda.  Leipzig  Thom.  56     9 

3.  — ,  De  cautionibos  quibusdam  e  pristina  gymoasiorum  forma 

repetendis  (/f^d.4^— ^)  Leiptig  Thom.  61     „ 

4.  Ro  tb,  K. Ldw.,  UmstÜDde,  welche d. Gedeih. d. Unterr.  b.  Knab. 

a.  d.  höh.  Stand,  z.  erschwer,  scheinen.  {X 59/64)  Stuttg.  [Eb.-L.]  G.  52     8 

5.  Ploetz,  Kar),  Qoel  pent  ^tre  le   but  d'on  eollege  fran^ais 

en  AUenagne?  Berlin  Frz.  G.  54     9 

6.  Kern,  Herrn.,  Konzentration  des  Unterrichts  u.  die  Real- 

sehulen.    {II70;  FIII 1)  Mülheim  {Ruhr)  R.  63    10 

2.    Sprachunterricht 

7.  Georges,  Karl  Ernst,   Zur  Lehre  vom  Übersetzen  ans 

dem  Lateinischen  ins  Deutsche.  Gotha  R.  52    12 

3.    Geschiehtsonterricht. 

8.  Aß  mann,   Wilh.,  lOber  Geschichtsunterricht  nebst   einem 

Auszöge  aus  Joraandes.  Braunsehweig  M»'K.  55    14 

B. 

1.  Theologie. 

9.  Stallbaum,    Joh.    Gottfr.,     De    religio oe   potentissima 

reipubl.  adiutrice.     {W 1-^.  46—53)  Leipzig  Thom.  52    17 


-1  (vgl.  S.  49)  l 

1) 

60  „. 

JochmaDOyE.,  „ 

)f 

59  53 

Dub,  Jul.,         „ 

gr.Kl. 

53  54 

1)  Von  bekannteren  Vertretern  der  exakten  Wissenschaften  ans 
dem  Zeitraum  von  1851—1860  seien  erwähnt  (vgl.  o.  %,  38  Ann.  3  n. 
S.  41  Anm.  1): 

Hermes,  Os.,  Berl,  Köün.  Rg,  54  bO         K a  m  b  1  y,  L.,  Breslau  Etu.-G.  59  51 

56  51  Schoenemanu, Th.,  Brandb.  54  52 

(vgl.  S.  41  Anm.  1) 
Schellbach,    Karl,    Berlin 

Fr.'fFah.-G.  51  52 
(vgl.  S.  38  A.  3,  S.  41  A.  1, 50 \.  1). 
3)  Von  preußischen  Abhandlongen  sind  hier  in  der  Hauptsache  nnr 
die  aus  den  Jahren  1861—1863  aufgenommen,  da  die  von  1851—1860  schoa 
in  dem  2.  Teile  von  Hahn  (S.  41  ff.)  enthalten  sind;  doch  sind  aus  ietztereia 
Zeitraum  einige  nachzutragen,  die  bei  Hahn  nicht  stehen,  besonders  ?ob 
Realschulen.  Die  Yett ersehe  Bibliographie,  so  onvolUommea  sie 
sonst  ist,  bietet  zum  ersten  Male  auch  außerpreußische  PrograisBe 
der  älteren  Zeit  und  bat  deshalb  einen  gewissen  Wert. 
>)  Schulgeschiehte  fehlt  bei  Fetter. 


von  R.  Ullrich.  U 

S. 

10.  M  ezger,  K.  L.Fr.,  Lib.  Ruth  i.  Ut.  vers.  {XIII 43)  Schmäh,  ih,  S,  56  18  lY. 

11.  Holsten,  Karl  Joh.,  Bedeotoog  von  aaQ^  b.  Paolos.    Rostock  öö  ,» 

12.  — ,  Inhalt  o.  Gedankengang  des  Brinfs  an  die  Galater.          „      69  19 

13.  Classen,  Joh.,  Beziehangen  Melanchthons  za  Prank- 

furt a.  M.    (1^37—40',  VI  6416)                     FrankfuHa,M.  60  22 

2.   Altertamswissenschaft. 

14.  Rost,  Val.  Chr.  Frdr.,  Ober  die  Partikel  ovv.                  Gotha  ö9  26 

15.  Goßran,  Gottfr.  Wilh.,  V.  d.  lat  WortsteUg.  (II Ö8)  Quedimbg.  61  28 
16a.  Drager,  Ant.  Aug.,  Sprachgebr.  d.  röm.  Historiker.  GüMtrow  60  „ 

b.  — ,Z.Lexikogr.  d.  1  a  t  e  i  o.  Sprache.  {FI  66;  ^11123; 

XIII 107;  XIF6SI6)                                                   Güstrow  61  „ 

17.  Allgay  er,  F.  X.,  Bemerk.  zviKttht^*  Anttbarbams,      Ehingen  öö  „ 

18.  Sehaper,  Karl,  De  tertio  hexametri  Lat.  ordine  cap.  I. 

(FI  30;  rill  100;  1X40;  XIII  28  a)                          Insterburg  62  31 

19.  Hamerlingi),  Rb.,  Grundideen  d.griech.  Trag,  (f^,?)  (;r<u[/.]  G.  Ö4  32 

20.  Ribbeck,  Wold., De  usuparod.ap.  com icos  Athen.  I  (epie. 

parod.  coDtio.).  (FI4ß;  XIII  170a;  XIFllOßO)   Berl.  KOn.  Rg.  61  „ 

21.  Hereher,  Rud.,  De  Aeliani  varia  historia,              RudoUtadt  57  „ 

22.  — ,  Astrampsychi  OraettU,  Decad.  CHI  prim.  ed.  Berlin  Jch.  G.  63  35 

23.  Wunder,  Ed.,  De  Aeschyli  Jgamemnone  (FI 47)      Grimma  57  33 

24.  Enger,  Rob.,  EmendationesAe seh ylea e(^^am.  1006 — 30 

u.  1580—1619),    (1138;  11123—27;  FIII69)              Ostrowo  61  „ 

25.  Merkel,   Rud.,   Zur   Äschyl.-Krit.    u.   -£rkl.  (Chore  d. 

Choeph).    {II 36/7;  III 61;  FI f  170;  1X24)          Sehleusmgm  63  „ 
36.  Rays  er,  Wilh.  Karl,   De  Aristarchi   aetate  miaoribus 

codd.    {II35;  11137/8;  FI7;  1X30;  XIII  1^6)             Sagan  62  34 

27.  Rassow,  Herrn.,    Emendationes  Aristoteles e.            fFeimar  61  „ 

28.  — ,  Zur  Erklärung   der   Nikomach.    Ethik.   {1145;  III 31; 

IF  76 ;  FI  5.  41/2)                                                          fFeimar  63  „ 

29.  Laas,  Ernst,  Aristotelische  Textes-Stadien.     Berliti  Frdr.-G.  63  „ 

30.  Ahrens,    Lud.  Hnr.,    De   hiat/         F16;        \ 

Hom.  legit.  qnibosd.  geoeribus./     FI  8.  35/6;    \Hannov,  [Lyi.  I]  51  38 

31.  — ,    Bionis   Smyrnaei  EpitaphA  FIII 52/3. 122 ;\ 

Mon,                                       \     IX  1313  a     \      „              „      54  35 

32/3.  Sintenis,  Karl,  Emend.  Dionvs.  1.  IL    {FI 45)   Zerbst  56.  62  „ 

34.  Abicht,Rar],  CuraeHerodot.    {FIII 80 ;  XIF46)      Lüneburg  62  36 

35.  La  Roche,  Jak.,  Grundidee  des  Phibktet.     Graz  [1.  Deutsch.]  G.  56  42 

36.  — ,  Didymns  üb.  d.  Arist.  Rez.  d.  Hom.  {FX$;  FIII 86; 

2UII173l6a.b;   XIF122;   XFWOjl)               Triest  Dtsch.  G.  59  37 

37/40.  Classen,  J.,  Betr.üb.d.Hom.Spracbgebr.  I— IV.  fyanA[/'.a.ilf.  54/7  „ 

41.  — ,  Symb.  er.  [I).  (Her.  u.  Thuk.)  {IF13;  FI64I5)         „               59  52 

42.  Ameis,  Kl.,  Homer. Kleinigk.(Patrooym.,Doppelkoo8tr.,7rae- 

naXoeiSy  uiv  n.  ?,  iTrciia,  Tmesis)  m.  e.  uohom.  Vorw.  (o. 

S.  120,  Nr.  54,  S.  187;  142;  1125;  III 73)  Mühlhausen  t.  Th.  61  38 

43.  Scheibe,  Karl,  Emend.  Lysiacarum  fascieolos.     Neustrelitz  52  39 

>)  Der  bekannte  Dichter.  —  Osterreichische  Verfasser  des  Zeit- 
raums von  1851 — 1863  schien  es  zweckmäßiger  hier  zu  nennen  als  im  An- 
schlofi  an  die  Bibliographien  von  Gutscher  und  Hübt  (s.  not.),  da  die 
letzteren  in  höheren  Schulen  Deutschlands  so  gut  wie  gar  nicht  bekannt  sind, 
wogegen  die  Vettersche  durch  den  Programmentausch  wenigstens  in  Nord- 
dentacblaod  in  eine  ganze  Reihe  von  Schoibibliotheken  gekommen  sein  muß. 
Österreichische  Schulmänner  finden  die  betr.  Abhandlungen  dagegen  leichter 
in  den  beiden  genannten  Verzeichnissen  ihres  Landes. 


4ß    Progrtmmweseo  and  Progrtnmbibliothek  d.  hoL  Sohvlei, 

8. 

lY.  44.  Seheibe,  Ktrl,  De  1 1 a  e i  orttioDiboi.  {153)  Dresden  rätth.  G.  69  )9 

45.  Stoppe,  Herrn.,  Philodemi  de  vüüm  üb.  X.  Weimar  S3  „ 

46.  Stallbtnm,  Job.  GoUfr.,  Lyiitcatd   illoatr.   Pkaedr. 

Pitt,  orifiues.  Leip*,  Thom.  St  40 

47.  — ,  Arti«  rhet.  io  Phaedr,  Plat.  ezprompUe  indiciom    „  „      62  „ 

48.  — ,  De  artii  dialect  in  Phaedro  Piat.  dactrina.        „  „      53  ^ 

49.  — ,  De  fjptJtom.  vnlgoPlat.  adacriptaefideetaoet.        ,,  „      55  „ 

50.  — -,  Recogo.  indicior.  de  H  o  r.  «.  1 10  exord.  (IF 1/3. 9)   „  „      57  47 

51.  — ,  De  Ade  doctria.  de  diis  i.  X  Lßg^gr-  Plat.  explicat   „  „      58  39 

52.  — ,  De  ttf«  qad.  voc.  io  Leg^,  Plat.  iainria  soapeet.    „  „      59  „ 

53.  — ,  De  temp.  qoib.  dial.  Io  Gitrg^.  Piat.  bab.  fingatar  „  %»      ^  » 

54.  Deoicbie,  Jol.,  Die  Platoo.  Spraehpbiios.         Marburgs  t.  H,  52  41 

55.  — ,  PlatoB.  Mytbeoy  inibesood.  im  Pkädnu.  {III 44)          Hanau  54  40 
56/57.  Doeboer,Th.,QaaeatPUtar€b.II.IIl.  (/:i^4^)    Meif*en5S.ea  41 

58.  Hultieb,  Frdr.,  Qnaest.  Polyb.  [I.]    (^17;  mf2e)  Zuntkau59 

59.  Volkoiaoo,Rich.,  Leet  Sibylliaae  (Fini02;  1X2516; 

XJII 196/7;  Xiri45)  Pyräz  61 

60.  Lnbker,  Frdr.,  Zergliedernag  o.  vergleichende  Würdigang 

der  EMbra  des  Sophokles.  Parehim  51  42 

61.  — ,  Prolegomena  zn  Sophokles'  j4ias.  „        53  41 

62.  — ,  Die  Sophokleiscbe  Ethik.  „        55  43 

63.  — ,  Soph.  Oed,  a.  Shakeap.  Lear.  {FIS;  Fl 75)  „        61  42 

64.  Sehe  Dkl,  Ki.,  Anm.  z.  Soph.  Track.  Prag,  Dteek.  G.  (KUuu.)  53  „ 

65.  LipsiuSy  Jost.  Herrn.,  De  Soph.eoiend.  praeaid.  {Fl 59150)  Meifsen  60  43 

66.  Herbst,  Wilb.,  Der  Abfall  Mitylenes.  Ein  Beitr.  z.  Verständ- 

nUdesTbukydidea.  (/f'77;f^/:2«;r///6f7)   KdlnFr.fFh.-G. 61  „ 


I» 


n 


67.  Fleekeisen,  Alfr.,   Catonis  poesis  reliqniae.      Franl{f.  a.M.  54 

68.  — ,  Krit  d.  alüat.  Dichterfragn.  b.  Gell.  {IF7H)  Dreed.  FüfUh.  G.^)  54 


45 

46 


^)  Unter  den  Programmen  des  Vitxth  am  sehen  Gymnaaimiis  (bexw. 
des  Blochmannsches  Institats)  befinden  sieh  noch  aodere  hervorrageade 
Arbeiten,  die  in  den  Mlteren,  nur  P  reo  Ben  berücksichtigenden  Bibliographiea 
nicht  verzeichnet  sind«  Ich  nenne  (vgl.  die  Obersieht  im  XLIV.  Jahresber. 
des  Gymnasioms  von  1905,  S.  30—32): 
IT.  69.  Bloebmann,  Karl  Just.,  Über  die  Grandsätze,  Zwecke  a.  Mittel 

meiner  Erziehangsanstalt  26 

70.  — ,  Ein  Wort  über  die  Bildung  anserer  Jogend  zor  Wohlreden- 

heit  und  öffentlichen  Beredsamkeit.  31 

71.  — ,  Was  haben  die  Lehrer  o.  Büdner  der  Jagend  zu  tan,  am  den 

Bemöhong.  ansrerStaatsbeh.  n.  d.  Vertr.  unsres  Volkes  um  grüadL 
Verbesserg.  des  allgem.  Schal w.  e.  segensr.  Erfolg  zo  sichern?  34 

72.  — ,  Pestalozzi.  Zuge  ans  dem  Bilde  seines  Lebens  u.  Wirkens 

nseh  Selbstzengnissen,  Anschaaangen  und  Mitteilungen.  46 

73.  Bonitz,  Herrn.,  Disput.  Platonicae  duae.    {1140/1)  37 

74.  Schaefer,  Arn.,  De  libro  decem  oratornm.    {F7)  44 

75.  Curtius,    Georg,   Die  Sprachvergleichang   in  ihrem  Ver- 

hältnis zur  klassischen  Philologie.  45 

76.  RassoWf  Harm.,  Die  Bedeutung  der  Altertnmsstndieo  für  die 

sittl.  Ansbild.  der  Jagend.     (77  4,5/  III 31;  FF27/8;  FI 5.  41/2)  47 

77.  Herbst,  Wilh.,  Zur  Gesch.  d.  auswärt.  Politik  Spartas  im 

Zeitalter  des  Pelop.  Krieges.    {IF66 ;  FI 28 ;  FIII 87)       63 

78.  Fleckeisen,  Alfr.,  Kritische  Miszelleo.    {IF67I8)  64 

79.  Polle,  Frdr.,  De  artis  voeab.  quibusd.  Lucret  {XIF 117 ; XF 66)  66 

80.  Mayhoff,  Karl,  De  Rhiaai  Cretensis  studiis  Homericis.        70 

81.  — ,  Novae  lucnbrationes  Plinianae.  74 

Weitere   Programme   dieser   Anstalt   und   ans  Sachsen   über- 
haupt seit  1876  s.  besonders  Nr.  XIII  ff.  {Klufemann). 


voB  R.  Ullrich,  ^^ 

a 

82.  Piderit,  Karl  Wilh.,  Krit.  n.  Exegese,  v.  Cie.  de  Otat,    Hanau  58  45  lY. 

83/84.  — ,  Zor  Kritik  vod  Cicelros  Brubu,   I.  11.    (FI 59)      ,,60.62  „ 

85.  Sorof,    Gast,   De  Cie.   pro  Mur.  I.     (FI 58)               Potsdam  61  46 

86.  Hirsehfelder,  Wilh.»  Qotest.  Horat.  spec.      Btrlin  frilh.-G.  62  47 

87.  Jeep,  Juat.  Wilh.,  De  emeod.  Justioi  hüL  Phil    ßFo^fenbättd  55  48 

88.  — ,  Kritische  BemerkaageD  zn  Jastio.)                                „          ^^  n 

89.  — ,  Aliquot  loci  ex  oratt  Ciceronis  editi.                        „          61  45 

90.  — ,  Krit.  Bemerk,  zu  Ciceros  Reden.    {FI 9,  56/7)           „          62  „ 

91.  WeifieaborD,  Wiih.,  Ad  Car.  Wexiam  de  loeis  aliquot 

Livii  epiatula.    {FI 61)                                               BUenach  56  48 

92.  Peter,  Karl,  Qoellea  des  21.  u.  22.  B.  d.  Liv.  {11158-,  F9)   Pforia  63  „ 

93.  B  rix,  Jal.,  Bin.  i.  Plant.  Capt.  (II 57;  III 6214;  FfI22)    Liegmiz  62  49 

94.  Peter,   Herrn..    Ezerc.  crit  ia  Script.  Bist.  Augastae. 

(Fn20;  XIII24a',  166;  XF 1516)                  Posen  Fr.  fT.-G.  63  50 

95.  Peiper,  Rad.,  Obs.  in  Sea.  trag.  (FIII31;  Xf^  125)  Bred.  Mgd.'G.  63  „ 

96.  Eberz,  Aot.,  Obersetzoogspr.  a.  Bioii  o.  Tib alias.  Franlff.  a.M.  62  51 

97.  L  a  d  e  w  i  g ,  Herrn.  Gg.  Th.,  Einige  St.  d.  Verg.  (FIfl  33)  NeustreUtz  54  „ 

98.  Dietsch^),  Rad.,  Theologomecon  Verg  iL  particula.     Grimma  53  „ 

3.    Deatsche  Sprache  und  Literatur. 

99.  L  e  X  e  r,  Matth.,  D.  Ablaut  i.  d.  deutsch.  Sprache.  KrakauG.St.A.  56  29 

100.  Tojnaschek,  Karl,  Schiller  uod  Kant.           IFien  Thpr,  57  55 

4.    Englisch. 

101.  Büchmano,  Gg.,  Loogfellow.  {FI  15)  BerUn[Fr.'fFd.]  Gwsch.  58  57 

102.  Kl  auch  e,   Paol,   On   the   beaoties  in   Shakespeares 

Othello.    (mi58;  XIII 62)                             Landsberg  o.  IF.  58  „ 


T.  Vetter  II.    (Prenfseii  und  andere  Staaten).  1851—1868,  II*). 

(Bm.  Abt.  3,  ^T.  10;  o.  S.  112.) 

B. 

1.   Philosophie. 

1.  Deinhardt,  Joh. Har.,  Die Vernunftgründe f. d. Unsterblich- 

keit  der  Seele.     (11114.84.87-,  VI  54. 85;  VII 29)    Brombg.  63      4  Y. 

2.  Heipze,  Max,   Stoic.  ethica   ad.  orig.  suas  relata.    Pforta  62      5 

3.  Hamerling,  Rh.,  D.Nenplatoniker.  (/ri^)  Triest[dtsch.]G.58 

4.  L  a  s  s  0  n  '),  Ad.,  B  a  c  o  s  v.  Vernlam  wisseoschaftliehe  Prin- 

zipien.   (VI  17}  VIII 8)  BerUn  Lst.  R.  60 

5.  Sigwart,  Christoph  v.,  Schleiermacher  u.  seine  Be- 

ziehnagen  zu  dem  Athenäum  der  beiden  Schlegel.    Zur 
Charakteristik  seiner  inneren  Entwickluag.    Blaubeuren  th.  S.  61      „ 


>» 


}» 


2.  Geschichte. 

6.  Jüger,  Osk.,  Zur  Geschichte  Alexanders  d.  Großen. 

(VI29. 34;  VIII 11;  XIII 10-14. 131;  XIV94;  XVI 28)  fVetslar  61      6 

7.  Schäfer,  Arn.,   De   sociisAtheniensiom   Chabriae 

aetate  in  tabula  publica  inscriptis.    (IV  74)  Grunma  56      7 

8.  Fla  the«),  Th.,  Der  phok.  Krieg.    {VIII 44;  XIII  24  b)  Platten  54      „ 


n  Vgl.  ober  ihn  außerdem  o.  S.  185  fT.  und  S.  259. 

')  Vgl.  die  Bemerkungen  auf  S.  44  Anm.  2. 

')  Vgl.  auch  oben  S.  227,  Anm.  1. 

«)  Ober  ihn  vgl.  auch  o.  S.  104  Anm.  2  n.  3  und  S.  167  Anm.  3. 


48    Progrtmmweiea  ood  Progrtmmbibliothek  d.  höh.  SeholeO) 

s. 

T.     9.  Peter,   Karl,    Zar  römischeo  Geschichte  mit  Be- 

ziehuDgee  auf  M  o  m  m  s  e  o.    (///  38;  IF32)  PJoria  €1     8 

10/H.  ByieiP),   Georp?  Frdr.,   Leben  d.  iohaofi«  d'Arc 

I— V.    {nilö4.ö4a,112)  RinUln  S7-60.  63    14 

15.  Giesebreeht,  Ldw.,  D.  Füriteohof  s.  M i r o  w  1708^61. 

{163/4)  Stettin  M.SL-G,  63    19 

3.  Mythologie. 

16  a.  b.  A  h  r  e  B  8 ,  Lud.  Heior.,  D.  Gb'tt.  T  h  e  m  i  s  [I.]    {irSO/t ; 

f  /  8. 30/6 ;  yill  6213. 122 ;  IX 13/13  a)     Hannov.  Ly%.  [/]  62,  63    21 

4.  Nomismatik. 

17.  Holtsch,  Frdr.,  De  Damareteo SyraeasaDorom  anoiBO. 

{IF58;  niI26)  Dresden  Knteh,  62   22 

Nachträge  zu  TeäHohen  Nr.  IV): 

Za  2.    Altertumswissenschaft 

18.  Lübker,  Friedr.,  Theologie  und  Ethik  des  fioripides. 

{IF60—63;  FI  75)  ^  Parekim  63   25 

19.  La  Roche,  Jak.,   Haotußolal  tov   fitycHov   ^iuaros  ix 

Ttüv  *Hoadiavov,  £  doob.  eodd.  Caes.  Reg.  bibl.  Vindob. 
edit  (IF  3Ö/6',  FIII  86-,  XIII  173/6 a.h',  XIF 122-, 
XF 130 jl)  Wien  Jk.  G.  63    „ 

Tl.  Terbeck  (Prenfgeii  und  andere  Staaten).  1864—18681). 

{Bihl.  Abt,  3,  Nr.  12;  o.  S.  111.) 

A. 

1.  Allgemeines.    Sehnlgeschiehte.    Schnlreden. 
TI*  20.  Schimmelpfeng,    Gast.,    Die    gruppierende    Unterrichts- 
methode.  (FIII  89;  XIII  46;  XF  59)  Marhurg  i.  H,  65 
21.  Duden,  Ronr.,  Begriff  u.  Ziel  d.  Ürziehusg  m.  Bemerk,  ab. 

d.  Verh.  v.  Schale  n.  Haus  (vgl.  o.  S.  194  ff.  a.  FIII  36)       Soest  65 


t 


n 


M  Vgl.  dazu  o.  S.  198  Anm.  2. 

<)  Aus  Ed.  Mushack  es  SckMaknder  fdr  die  Jahre  1867--1869  (e>t- 
haltend  die  Programme  voa  1 866-- 1868)  seiea  ergänzend,  besonders 
von  nichtpreuflischen  Anstalten  und  von  Realschulen,  noch  fol(;«>d< 
Abhandluagen  genannt  (die  Zahl  in  der  letzten  Spalte  bezieht  sich  immv 
auf  den  dem  Erscheinungsjahr  der  Abhaadluag  folgenden  Jahrgasg  ^^ 
Kalenders): 

A. 

Allgemeines. 

TI«     1.  Kleiber,  Lodw.,    Der   Nachmittagsunterricht   und  das 

Schul  lokal.  Berlin  Dar.  R.  61  332 

2.  — ,    Der    Nachmittsgsunterricht    und    der    Lehrplan. 

{FIII  2;  XIII  15)  Berlin  Der.  R,  68  356 

3.  Bonnell,  Karl  Bd.,   Entlassongsreden  sn  die  Abitu- 

rienten 1838—1867.  (16,7,61;  117)         Berlin  Fr,'fFd.G,  68  362 

4.  Wiese,  Lud w.,   Eröffnungsrede.   (15,37/8)  U/M  6b  l^ 

B. 

1.  Altertumswissenschaft. 

5.  Rassow,  Herrn.,  Z.  Erkl.  d.  7.  fi.  A.^ik,  Eth.  d.  Aristo- 

teles.   (1145;  III 31 ;  IF  27/8,  76 ;  FI  41/2)  Weimar  68  366 

6.  Hentze,    Karl,  Periodenbildong    bei  Homer.     (XIII  124; 

XIF86,  87;  XF  95)  GöttingeH  68  361 


von  R.Ullrich.  4$ 

22.  Schot  tmüller,  Gust.  Ad.  Alfr.,  Einflufl  (großer  o.  kleioer 

Städte  a.  d.  Charakter  ihrer  GymaasieD  {Flu  47)    RasUnburg  66      8  TL 

23.  Dielitz,  Theod.,  Einige  io  der  Kooi(^st.  Realschule  aa- 

gewaadte  pädag.  und  didakt.  Gruad sitze.  Berlin  Rgst  R.  66      ,, 

24.  Eckstein,  Frdr.  Aog^.,  Aoal.  z.  Gesch.  d.  Padag.    {l Öl\ 

1114.63^65-,  lll  7—9,18;  n60\  Hl  11\  riU3.29)     HaUe  Lai,  61    13 

25.  — ,  Zor  Geschichte  der  Haliischeo  Schalen  in.  „       „     62     14 

26.  Prick,  Otto,   Brrichtan(^  und  Bröffhong  des  Gymnasiums. 

(^/  33\  yui  51.  56;  IX  8)  Bttrg  65     13 

27.  Stander,  Joh.,  Zur  Gesehichte  d.  Emmericher  Studien- 

Stiftungen.  Emmerich  65     14 

28.  Landfermann,  D.,  \   Reden  b.  d.  Einfuhr.  (^129) 
Herbst,  Wilh.,  \    des  Dir.  Herbst.    (^  66,  77; 

j     yill  87)  min  Fr.  Wk,'G.  61     17 

29.  Landfermann,  D.,  |   Reden  b.  d. Einfuhr.  {Fl  28) 
Jäger,  Osk.,  I     d.Dir.  Jäger.     (F6;n34; 

{    Flu  11;    XIII   10-- 14.    131 1 

f     XlF94;Xn28)    Köln  Fr.  IFh.-G.  65    18 

7.  Kays  er,  Wilh.  Karl,   De  versibns  aliqn.  Homeri  Odysseae 

disp.llf.  {1135;  11137.38;  ir  26;  1X30;  XIII 136)       Beuthen  68  367  Tl. 

8.  Ahrens,  Lud.  Heinr.,  De  Theocriti  carm.  Aeolico  tertio 

nuper  inveoto.  {IF 30.31;  F 16;  Fl  35.  36;  FIU52.53. 

122;  IX  13. 13  a)  Hannov.  Lyz.  [1]  68  368 

9.  Jeep,  Just.,   De    iocis   nonn.  phiios.  Ciceronis  librorum 

emendandis.  {1F87-90;  Fl  56.  57)  fFolfenbOUel  68  369 

10.  Thilo,  Gg.,    Quaestiooes  Servianae.    {111 65.66;  Fl  6$; 

Flu  34)  Halle  Päd.  67  343 

2.   Neuere  Sprachen   und  Literaturen. 

11.  Znpitza,  Jul.,    Ober  Fr.  Pfeiffers  Versuch,   d.  KUren- 

berger  als  d.  Dicht  d.  ISibelungen  z.  erweisen.         Oppeln  67  345 

12.  Laun,  Ad.,  Über  Yriartes  literarische  Fabeln.  Oldenburg  68  373 

13.  Elze,  Karl,  Der  englische  Hexameter.  Desiau  67  346 

14.  Gerber  ding,  Wilh.,  Die  orthographischen  Reformversucbe 

der  älteren  französischen  Grammatiker.        Berlin  Lst.  Gwsch.  68  372 

15.  Büchmann,  Gg.,   Über   den   Ursprung  des   Bramarbas. 

(IFIOI)  Berlin  Fr.-Wd,  Gwsch.  68  371 

3.    Erdkunde. 

16.  Rüge,  Sophns,  Kompaß  u.  Kompafikartea.  Dresden  Hdlsseh,  68  377 

4.    Philosophie. 

17.  Lasson,  Ad.,  Das  Kulturideal  und  der  Krieg,  (vgl.  o.  S.  227 

Anm.  1  und  F  4;  Flll  8)  BerUn  Lsl.  R.  68  363 

18.  Schneidewin,  Max,  Ob.  d.  Keime  erkenntoistheor.  u.  eth. 

Philosopheme  b.  d.  vorsokrat.  Denk.  {Flll  114;  XF137)  .Arnstadt  68    „ 

5.   Theologie. 

19.  Heinzelmann,  Wilh.,    Angustios  Lehre  v.  Wesen   und 

Ursprung  der  menschlichen  Seele.  {XFI  72.  167)     Halberstadt  68  364 

Von  bekannteren  Vertretern  der  exakten  Wissenschaften  (s.  oben 
S.  3b  A.  3,  41  u.  U  A.  1,  50  u.  52  A.  1,  56  u.,  62  A.  1,  65  u.  6ü  A.  1) 
seien   hier  genannt: 

Gallenkamp,  Wilh.  (S  4i  A.  1  u.  XI1I72).  Berlin  Fr.-fFd.Gwbsch.  68  377 
Hermes,  Osw.  (S.  44  A.  1).  „       KöUn.  G.  68    „ 

Martns,  Herm.  „      Künigst.  R.  6'«  380 

Wossidlo,  Paul  {Flll  45;  XF  195)  Breslau  R.  a.  Zwinger     68  381 

SSeitMhr.  f.  d.  OjmnMiftlweMD.    LXl.    Soppl«m«nthef(.  4. 


50      Pro^rtmmwesen  aad  Programmbibliothek  d.  höh.  Schnlen, 

s. 

Tl.  30.  Schrader,  Wüh.,  1  Redeo  b.  d.  Eioführ.     {Ulli) 


lh.,1 


Schaper,  Karl,     \    d.  Dir.  Schaper    {iri8;  FHI 100; 

1X40;  XW28a)  Lydt  6S    Ib 

31.  Ranke,  Karl  Ferd.,  Eroat  Ferd.  Yxe ms  Leben.    (II IL 39; 

ym  109)  ßerfin  Frd,  fFüh,'G,  67   48 

2.  Religionsunterricht. 

32.  Polte,  Herm.,  Das  Leben  Jetn  im  Anschlnfi  an  d.  2.  Art. 

(Pensum  f.  II)  ßaiibor  64     9 

3.  Deutseher  Unterricht. 

33.  Fr  ick,  Otto,  Ausgeführter  Lehrplan  für  DeuUch.   {n26; 

FUl  öl,  Ö6;  IX  8)  Burff  67    10 

4.  Geschichtsunterricht'). 

34.  Jäger,  Osk.,    Bemerkungen   ob.  d.  geschichtl.  Unterricht 

a.   Gymnasien.     (FS;  Fl  29;  Flll  11;  Xlll  10—14.  ISl; 

XIF94;  Xri28)  Köln  Fr.  fFh.G.  66    11 

B. 

1.  Altertumswissenschaft 


35.  Ahrens,    Lud.  Heinr.,    Die 

Göttin  Themis  IL 

36.  — ,   — ,     ^fQvg     und     seine 

Sippe. 


IF  30/31; 
F16a.b.;  Fl  8; 
Flu  52,  63.122; 
IX  13. 13a 


Himnw.  Lyt,  [1]  6i    44 

66    22 


«  if 


37.  Bellermann,    Lndw.,     De    metris    Sophoclis    veterom 

rhythmicornm  doctrina  ezplicandis.    {XlF2)        Berlin  gr.  Kl.  64    25 

38.  Gleditscb,  Hugo,  D.  Sophokl.  Strophen  metr.  erklirt.  1. 

{FU 19)  Berlin  fFh.-G.  67    26 

39.  Kb'pke,  Reinb.,    De    Arati   Soleosis   aetate   quaestionum 

chronologicarum  spec.  I.   {FUl  71.111;  XllI  51)  Guben  66  n 

40.  Schuppe,  Wilh.,  me  Aristot.  Kategorien.  (Fl  86)       GleiiDÜz  66  27 

41.  Rassow,  Herm.,  Ob.  einige  St.  d.  Politik  d.  Aristoteles.  Weimar  64  „ 

42.  — ,  Ober  die  Repttblik  des  Plato  und  den  besten  Staat  des 

Aristoteles.     {U  45;  lU  31\  IF27.28.76;  Fl  5)  „       ^6?    35 

43.  Kern,  Franz,  Quaestionum  Xenophanearnm  cap.  II.      Pforta  64    30 

44.  — ,  Symb.crit.ad  Übel).  Aristoteiicum  [q.f.]  Hegl  Sivoifdvovg 

etc.  {Flu  70. 113;  1X35;  XIU  137.138;  XF9.10)   Oldenburg  67    21 

45.  Siiiteois,   Karl,  Emendd.  Dionysiac.  III.  {IF32.33)    Zerbst  66    „ 

46.  Ribbeck.  Wold.,    In    Euripidis    Helenam.    {IF20\  XUl 

170a;  MF  119/20)  Berlin  Ist.  C.  65    „ 

47.  Wunder,  Herrn.,  Vindic.  Euripidearnm  L  {IF23)      Grimma  67    2b 

48.  Marquardt,  Joach.,  Galeni  loc.  q.  est  de  horolog.  veterom 

emeodatus  et  explicatus.    (7  56;  U  19;  lU  76.  77)  Gotha  63  „ 

49.  Li|)8ius,  Just.  Herrn.,  Qnaest.  Lysiacarum  spec.    Leipzig  ^ik.  64  „ 

50.  — ,  Appsratus  Sopboelei  supplementnm.    {IF65)         „         „     67  30 

51.  Mommsen,  Tycho,    De   scholiis   Piodaricis    epimetrum. 

{FU  18;  Flu  5;)  Frank f .  a.  M.  65    29 

-,  Exercitt,  Sophocleae.  (/A'i,9;  A7//4J.i,5^— ^5)         „  65   30 

52.  Wohlrab,  Mart.,    De    aliquot    locis  Gorgiae  Platonici. 

{Flu  25)  Dresden  Krzsch.  63^)  29 


^)  Ans  dem  Gebiete  der  exakten  Wissenschaften  (s.  o.  S.<?^ 
Aom.  3,  S.  41  u.  44  A.  1,  52  A.  1,  56  u.,  62,  65  n.  66  A.  1)  %t\  erwsbiit: 
Schelibach,  Karl,  BerUn  Fr.  fFh.G.  66  12  (vgL  o.  S.  38  A  3,  41  u.  44  A.  1). 

*)  Nachtrag  zu  FeUer  I  (o.  S.  44  ff.). 


voD  R.  Ullrich.  51 

B. 

53.  Haydnck,  Mldt,   Bchtheit  des  SopMstes  ood  Polttikos  I. 

(FIII  79-,  IX  27;  Xlll  122)  Greiftwdd  64    29  Tl. 

54.  Deinhardt*),  Joh.  Hör.,  lahalt  n.  Zasammenhg.  v.  Pia  tos 

Symposion.  {III 14.  84.  87;  Fl;  Fl  85;  FII 29)  Brmnberg  65     „ 

55.  Langeo,  Pet.,  EmendatioDes  AmmiaDeae.  Düren  67    31 

56.  Jeep,  Jnst  Wilb.,    G.  T.  A.  Kraegero  S.  D.  (De    Quin- 

tilitni  1.  X).  ßFolfenbüUel  64    33 

57.  — ,    De   loci«   qoiboad.  Tuseul.  disput.  [Cicero als]  qnae- 

stiones  criticae.  {IF87-90;  FI  9)  fFol/enbätUl  65    31 

58.  Sorof,  Gost.,  Viodiciae  Tallianae.  {IF85)  Potsdam  66     „ 

59.  Piderit,  Karl  Wilb.,   Zor   Kritik    voo    Ciceros  pariü. 

orator.  l.  (IF  82—84)  Hanau  66     „ 

60.  EckstetD*),  Frdr.  Aog.,   Familitris   iaterpretatio  primae 

satirae  Horatitoae.    {151;  II 14.  63—65;  III  7— 9.18; 
FI  24. 25;  FII  11 ;  FIII 3. 29)  Leipzig  Tham.  65     „ 

6).  WeißeoborD,  Wilh.,  De  cod.  Liv.  Mof uat  I.  (IF91)    Eüenach  65     „ 

62.  Maller,  Mor.,   Znr   Kritik   nod  Brkläroog   des   Livius. 

{FIII  94;  XlF  114)  Stendal  66     „ 

63.  Koro, Otto,  Z.H88..Kooded.BB.iSa?Pofi<o.(f7//^J;/A',?7)   JFesel  66    32 

64.  Classeo,  Job.,  Symbol,  crit.  partic.  11  (Tacitas)    Franl^f.a.M.  63^)^ 

65.  --,  Symbol,  crit.  partic.  III  (Tac).  (IF  13.  37^40)  Hamburg  Joh.  66     „ 

66.  Draeger,  Aot.  Aag.,    Die  SyaUx  des  Tacitns.   (IF  16 ; 

FIII  23;  XIII 107;  XlF 65/66)  Putbus  66      „ 

67.  Kempf,  Karl  Frdr.,   JNov.  Qaaest.  Valer.  {III 71)     Berlgr.Kl  66    34 

68.  Thilo,  Gg.,    Servil    gramm.   ia  Verg.   Georg.  \  1—100 

commeot  (III 65.  66;  Fl  10;  FIII  34)  Hatte  Päd.  66     „ 

69.  Kock^),Th.,  Ezercit  crit  (Aristophaaes,  Sophocles, 

Plato,  Tftcitos).   {II  46;  III  45—50)  Memel  64     „ 

70.  Malier,  Karl  Frdr.  Wilb.,   Bemerk,  z.  lat.  Prosaikera. 

(///  53;  FIII  65;  XFIII  137a)  Landsberg  a.  fF.  65    35 

71.  Byssenhardt,    Fraoz,    Lectiooes    paaegyricae    (über 

lat.  Paoegyriker).   (XIII 111)  Berlin  Fr.-fFd.  G.  67     „ 

72.  Holm,  Ad.,  Z.Berichtig.d.Karted.alLSicilieos.  (1X19)  Lübeck  66    37 

73.  Frohberger,  Gerb.  Aug.  Herrn.,    De   opificum    ap.  vet. 

Graecos  coodicioae.  Grimma  66    38 

74.  Ziogerie,  Ant.,    De    Germaaico    Caesare    Drosi    filio. 

(FII  21 ;  FIII  19. 95)  Trient  67    37 


75.  Liibker,   Frdr.,     Die     Nataraoschaoaog    der    Alten. 

{^1^60—63;  F18)  Flensburg  67     50 

2.    Mittlere  and'aeaere  Geschichte. 

76.  Horawitz,  Adalb.,  Zur  Eatwickloogsgeschicbte  der  deat- 

scheo  Historiographie.  (FIII  119)  fFien  Josephst.  G.  65    35 

77.  Heidemaoo,   Jol.,     Hatto    I.,     Erzbischof    voo     Mainz. 

{XIII 217;  XFI 245)  Berlin  gr.  Kl.  65    39 

78.  Caaer,  Paal  Ed.,  Üb.  d.  Flagscbrifteo  Friedr.  d.  Gr. 

a.  d.  Zeit  d.  7  j.  Kr.  (///  39;  IX  1)  Potsdam  höh.  B.  65     „ 

3.  Deutsch  aad  andere  neuere  Sprachen. 

79.  Liibben,  Hnr.  Aog.,  Die  Tieroamen  i.  Reineke  Fos.      Oldenburg  63^)  4h 

80.  Hopf  Der,    Brost,    RefornibestreboDgeD  a.   d.   Gebiete   der 

deutschen  Dichtung  des  16.  and  17.  Jahrh.  Berlin  fFh.'G.  66    46 


1)  Vgl.  o.  S.  198  o.  274.  >)  Vgl.  ober  ihn  aoch  o.  S.  121  Nr.  63. 

')  Nachtrag  za  FeUer  /.  (o.  S.  44  ff.).  «}  Vgl.  o.  S.  226  u.  A.  4. 

4*  • 


52     Prog^rammweseD  uod  Programnbibliothek  d.  höh.  SeholeB, 

TL  81.  Boxher^er,n,,Spräche6.bibe\lSchiUersR&ib.{lX43)  Erfur(R.67  -46 

82.  Kl  ix,  Gost.  Ad.,   Zum  VerstäDdnis    von   Shakespeares 

Hamlet.  {U  20;  III  4.  5.  32.  86)  Glogau  ev.  G.  65   47 

4.    HaodschrifteokuDde. 

83.  Lebnert,    Alb.,   Ober    Lobecks    literarischeo    Nachlaß. 

{Fll  13\  Xm  55)  Königsberg  Fr.-K.  63   49 

5.    Bibliographie^). 

84.  Hahn,  Gast.,  Programme  II  (1851—1860).  {11182)    Sahwedd  64    „ 

6.    Philosophie. 

85.  Deinhardt,  Job.  Har.,  Gemütslebeo  und  GemöUkildaDg. 

(///  14.  84.  87;  Fl;  Fl  54;  Fll  29)  Bromimrg  61*)  61 

86.  Schuppe,  Wilh.,    Logische    Betrachtaageo.     I.  Gruodlage 

einer  Lehre  vom  Begriff.  (Fl  40)  Beutken  67    62 

7.    Theologie. 

87.  Kleinert,  PI.,  Der  Prediger  Salomo.    Übersetzg.,  spracbl. 

Bemerk,  o.  ErÖrterangen  zum  Verständnis.    Berlin  Fr.  fF/u-G.  64    „ 

88.  Siegfried,  Karl,  Spinoza  als  Krit.  o.  Aasleger  d.  A. T.  Pforta  67    „ 
89a.  b.  Weingarten,    Herrn.,    lodependeotismus   aad    Qoäker- 

tom  I.  II.  Berlin  Joach.  G.  €1\  64   63 

90.  — ,  D.  Wander  d.  firscheinong  Christi  (z.  Krit  v.  Straafi' 

Leben  Jesu).    Apologetischer  Vortrag.  Berlin^  StraL  höh.  Bgsch.  67    ,, 

91.  Deutsch,  Sam.  Mart.,  Ambrosius' Lehre  von  der  Sünde 

und  Sündentilgung.  (/A  55;  XI U  226)  Berlin  Joach.  G.  67    „ 

92.  Kram  er,  Gast.,  Francke  und  die  Hallischc  Geistlichkeit 

(155;  1147;  1116;  F III 50)  HaUe  Päd.  64   64 

93.  Koldewey,  Frdr.,    Mitteilongeo  über  die  Reformation 

Wolfen büttels  während  der  Schmalkald.  Okkupation 
1642-47.  (FIIl  4;  1X5;  XlII  16^18;  XlF  13.  197; 
XF  11 ;  XFII 3415;  XFIII  27)  fFol/enbüttd  66    , 

94.  Heidrich,  Rad.,  Das  theol.  System  des  Meist.  Eckha rt 

(A7'  ,32^34;  XFI  68—71;  XFII  84.  85)       Posen  Fr.  fFh.-G.  64    „ 

TU.  HMl  JS).  (Österreich  1850~1869M9  Prenfsen»)  1862-1868, 

BayerD^)  1868-18«8). 

{Bibl.  Abi.  3,  Mr.  28;  o.  S.  114.) 

A. 

1.    Allgemeines.    Schalgeschichte.    Scholredeo. 

Yll»  10.  Langbein,  W.,    Die    höhere    Bürgerschule   und    die 

höheren  bürgerlichen  Stände.  Stettin  Fr.  R  h.'Seh  56    25 

^)  Von  bekannteren  Vertretern  der  exakten  Wissenschafteo 
(vgl.  o.  S.  38  Anm.  3)  seien  hier  erwähnt: 

Fuchs,  Imm.  Laz.,  Berlin  [Fr.-fFd.]  Gwsch.  65    52 

Graßmano,  Herm.  Günther,     Stettin  Mar.-Si.-G.  67    56 
Grnhl,  Emil  (s.  S.  .56'  und  A7//^)  Hagen  R.  67     „ 

Kirchhoff^  Alfr.,  Berlin  Lst.  Gwsch.  67    60 

«)  Nachtrag  zu  Fetter  (s.  o.  S.  44  ff.). 

')  Aus  Gutscher  (/  u.  //;  vgl.  o.  S.  114  Nr.  26.  27)  seien  hier  nur  in- 
geführt  (vgl.  die  Bemerkung  über  die  Auswahl  österreichischer  Pro- 
gramme oben  S.  4.5  Anm.  1): 

Teil    L 
TU.  1.  Maderoer,  J.  Chr.,  vgl.  o.  S.  119  Nr.  46.  Iglau  31     6 


2.3.  Fox,  Wilh.,  Analyse  o.  Würdiguag  d.  Rede  d.  Demosth. 

Für  Ktesiphon  vom  Kranze  I.  U.  Feldkireh  G.  Soo.  Jes.  63. 66   46 


von  R.  Ullrich.  53 

8. 

11.  Eckstein,  Frd.  Aug.,  Aoal.  z.  Geseb.  der  Päd.    I.  Ein 

griech.  Elameotarb.  a.  d.  Mittelalter.  II.  Isidors  Eozy- 
klopädie  u.  Victorioos.  Sigism.  Bveoios'  Formol  u.  Abriß. 
(/  31;  II 14. 63/5 ;  ///  7/Ä  18;  Fl  2415. 60;  miS.  29)  Halle  Lot.  61    25  VIL 

12.  NasemaDO,    Otto,    A.   H.  Fraocke    und    der    Uoterrickt 

in  Realgegeostäoden.  Halle  R.  63    28 

13.  Lehoerdt,  Alb.,   Sehäler-Albam   des   Thoroer    Gym- 

nasioms.   {Fl  8S;  Xlll  55)  Thom  67     „ 

14.  Daniel,  Herrn.  Adalb.,  Rede  zor  Feier  des  lOOj.  Gebarts- 

tage«   Schillers    nod  Rede    zur  Feier   des  Todestages 

des  Grafen  von  Zinzeodorf.  Haue  Päd.  60    37 

B. 

1.    Altertomswissenschaft 

15.  Foerster,  Rieh.,  D.  ältesten  Herabilder  oebst  e.  Exkars 

über  die  Glaabwördigkeit  der  kaostgesch.  Angaben  des 
Atheoagoras.  Breslau  Mgd.'G.  68    79 

16.  Goebel,  Ant,  JNov.  qoaest.  Homericae.    De  adv.  a/a  s. 

ayav  deque  voc.  Hom.  inde  compositis.  Konüz  65    86 

17.  — ,    Uomerica  od.  etymol.  Unters,  üb.  Wurzel  AN  n.  da- 

mit Zusammenhängendes.  „       61     „ 

18.  Mommsen,  Tycbo,  Scbol.  Thomano-Trielin.  in  Pindari 

Pyth.  V— XII  ex  cod.  Fiorentino  edita.     (FI  51;   FIII5; 

1X18;  Xlll  45. 156— 158)  Frankfurt  a.  M,  67    88 

19.  Gleditsch,    Hugo,   Die  Sophokleischen  Strophen   me- 

trisch erklärt  II.    (Fl  38)  Berlin  fFh.-G.  68    93 

20.  Peter,  Herrn.,  Q.  Claudi  Quadrig.  ann.  reliqu.  {IF94; 

Xlll  24a.  166)  Fran/^i  a.  Q.  68  102 

21.  Zingerle,  Ant,  De Halieutic.  fragm.  Ovidio  nou  abiudi- 

cnndo.    (Fl  74 ;  Flll  19.  95)  Ferona  65  108 


3a.  Pichler,  Ad.,  Ludns  de  ascens.  Domiai.   (Fll9a)        Innsbruck  52  58  TU. 

4.  Prammer,  Igo.,  A.  d.  Familienleb.  d.  Sophokles.  Czemowitz  [/.]  G.  60  51 

5.  — ,  Bemerkungen  zu  Sophokles'  j4ias  (im  Anschl.  an  d-  Aus- 

gaben von  G.  Wolff  und  Schneidewin-Nauck).        Znaim  61  49 

6.  -— ,  Zu  Li  vi  US,  Buch  I  (ed.  Weißeoborn).                                   „      61  53 

7.  — ,  Bemerkungen  zu  Sophokles*  yfias  und  Elekira.                 „      64  50 

8.  — ,  Taciteisches  (Annalen  ^.  Hutorien).  (Flll  98. 99;  XIII 

167—169;  XI F 118)                                                              „      67  54 

8a.  Wildaner,  Tob.,  Plan  und  Einh.  der  fUas.                  Innsbruck  50  47 

Teil  n. 

9.  Ficker,  Ad.,    Beiträge  z.  alt.  Gesch.  d.  Bukowina  u.  ihrer 

Nachbarländer.  I.  Die  Geten  u.  Daker.  Czemowiiz  [/.](?.  52  6 
9a.  Pichler,  Ad.,  Geol.  d.  nordtirol.  Kalkalpen.  (FIl  3a)  Innsbruck  $4    40 

Einige  andere  österreichische  Arbeiten  sind  schon  obeo  unter 
Nr.  IV  u.  V  (S.  44—48)  genannt. 

^)  Ober  die  Gesichtspunkte  bei  der  Auswahl  österreichischer 
Programme  vgl.  o.  S.  34  und  -^  Anm.  1,  aoßerdem  hier  die  vorige  An- 
merkung. 

*)  Von  preußischen  Programmen,  für  die  in  dem  Zeiträume  von 
1852—1868  hauptsächlich  die  Verzeichnisse  von  Hahn  (II),  Fetter  (1  u.  U) 
ond  Terbeck  maßgebend  sind  (vgl.  S.  41—52),  sind  hier  nur  solche  angefahrt, 
die  in  letzteren  fehlen. 

*)  Ober  die  bei  Hübl  angerührten  bayerischen  Programme  vgl.  u. 
Nr.  Xa.  b  {Gutenäcker-Zei/ff)  und  dazu  S.  62  A.  2. 


S4     Prof^rtminwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  SchiileD, 

s. 

TIl«  22.  Br'ix,  Jol.,  Epiitala  ad  Andr.  Speag^eliom  (Lect  Plau- 
tin a  e).    (//  37;  ///  62-64;  IF  93)  Liegnüz  st.  G.  68  109 

23/23a.  Detlefseo,  Detl.,  De  arte  Roman,  antiqaias.  I.  II. 
(Xnil02—Ö;  XI f^  3;  Xr  2-^;  XH  810.  142.  219; 
Xril  19. 148.  229)  Gmekitadt  67. 6H  171 

2.    Deutsch. 

24.  Lemcke,   Hago,   Hartmano    von  An e.    {XV 12 — 14; 

XFU  39140)  Stettin  M.-St.  62  120 

25.  — ,   Frida ogi    Dücretio.    —    Freidanks    Bescheidenheit 

deatscb  a.  lat  nach  der  Stettioer  Hs.  Stettin  M.-St.  68    „ 

3.   Mittiere  and  neuere  Geschichte. 

26.  Prutz,  Hs.,  Stud.  z.  Gesch.  Kais.  Friedrichs  I.  Danrng^  [st.]  G.  68  152 

4.   Biog^raphisches. 

27.  Bernhardi,  Wh.,   BIttteo  di  Giovenazzo    (vgl.  o.  S.  227 

Anm.  1).  Berlin  Ist.  G.  6b  165 

28.  Weidner,   Aodr.,  De  C.  F.  Naegelsbachi  vita  ac  dis- 

ciplina.     (1X23;  XlF  146;  XF 1209110)  Merseburg  68  166 

5.   Philosophie. 

29.  Deinhardt,   Joh.  Heinr.,   Entwicklung  des  Menschen  zur 

Willensfreiheit.  {III 14.  84. 87 ;  F 1 ;  Fl Ö4.  8S)    Bnmberg  67111 

Till.  Hübl  II.    (Ogterreieh ')  1870—1878;  PrenfseD  und 

Bayern^)  1869-1872)*). 

(Bihl  Akt.  3,  Nr.  29;  o.  S.  114.) 

A. 

1.    Allgemeines.     Schalgeschichte.    Schnlreden. 

Till.     47.  Sehottmöller,   Gast.  Ad.  Alfr.,   Wahl  des  Berufes. 

{FI  22)  Rastenhurg  69  19 

48.  L  0  o  8 ,  Job.,  An  die  Leser.  Kaaden  Rg.  72  20 

49.  -,  Kurz.  Gesch.  d.  Anst  {XlF  18.188;  XFl  30)        „        „    72  25 


^)  Für   österreichische   Programme   vgl.   die   Bemerkungen  S.  -i^ 
u.  4J  A.  1  und  S.  52  u.  63  Anni.  3  u.  4. 

2)  Die  bayerischen  Programme  s.  unt.  Nr.  Xa.  h  {Gutenacker-Zeiß)' 
9)  Aus  Bd.  Mashackes  Schulkalender  (vgl.  o.  S.  48)  für  die  Jahre 
1870—1873)  —  enthaltend  die  Programme  von  1869—1872  —  seien  er- 
gänzend, besonders  von  nichtpreoßischen  Anstalten  und  von  Reit- 
schulen, hier  folgende  Abhandlungen  genannt  (über  die  Zitier  weise 
s.  0.  S.  48  Anm.  2): 

A. 
1.    Allgemeines.    Schulgeschichte.     Schulreden. 

Till«     i.  Kern,Herm.,Z.  Realschulfrage.  {II 70;  IF6)    BerL  Lst  Gwbsch.  6$  377 

2.  Kleiber,  Ldw.,  Einrichtg.  v.  Schulbänken  u.  Schul- 

tischen.     {FI  1. 2;  XIII  IS)  Berlin  Doroth.  R.  69   „ 

3.  Eckstein,  Frdr.  Aug.,  Festr.  üb.  Geßners  Wirksamk.  f. 

d.  Verbesserung  d.  höh.  Schulen.      {löl;  II  14.63^-63; 

III  7—9. 18;  FI  2413. 60;  FII 11;  FIII 29)        Leipzig  Thom,  69  371 

4.  Koldewey,  Frdr.,  Geschichte  des  Paedag.  illustre  zu 

Gnndersheim  und  seiner  Umwandlung  in  die  Julius- 
Universität  Helmstedt  (FI  93;  1X3;  XIII  16— 18; 
Xiy  13. 197;  XF  11;  XFII 34/3;  XFlII  27)  fFolfenbätttd  69  382 

5.  Moumsen,  Tycho,  Z.  Gesch.  d.  Gvmn.  i.  FrankL  a.  M. 

1.   {FI  31;  FII  18 ;  1X18;  Xdll  43. 136 -38)      Frank fuH  a.  M.  69   „ 


vuu  H.  Ullrich.  ^ 

S. 

50,  Kram  er,  Gost.,  A.  H.  Franckes  Reise  i.  d.  südl.  Deutsch- 

laad.    (/Ä5i  7/ 47;  Ill6\  n  92)  HaUe  Päd,  70    23  Till, 

51.  Friek,  Otto,  Aas  d.  GrundlehrplaD  io  3  Abschoitteo. 

(FI  26.33-,  nilSS;  IX  8.42)  Potsdam  71     „ 


6.  Baameister,  Karl  Aag.,  Aa  die  Bltero  and  Schüler.         Gera  70  396  YHh 

7.  Tbome,  Wh.,  Gesundheitspflege  i.  d.  Schul.   (Xm  72)\  Köln  H.  70  397 
S.  La 8 so D,  Ad.,  Umrisse  zur  Lehre  voa  der  Schale.    {F4j 

Vi  17  n.  o.  S.  227  Aum.  1)  Berlin  LH.  R.  71  390 

9.  Kreyssig,   Frdr.,    Die  Wöhlerschole  i.  ihr.  Verh.  z. 

Gewerbe-  u.  Handelsschule.     Frankfurt a.  M.  fVöhkrseh,  71  392 

10.  —y  Erläotgo.  z.  Lehrplao  nos.  Aostalt.         „  „  72  360 

11.  Jäger,   Osk.,   Ober  wahres nod  falschen  Patriotismas. 

Rede.       {FS;   Fl 29. 34;    Xlll  10-14: 131;    XIF94; 

XF12S)  Köln  Fr.  fFh.'G.  79  397 

2.    Sprachunterricht. 

12.  Lattmann,    JuL,   Die    durch    d.  neuere  Sprach wissensch. 

herbeigef.  Reform  d.  Elementarunterrichts  in  den 

alten  Sprachen.  {Xlll 53/4. 14ö ;  X1F33)  Clatuthal  71  393 

13.  Menge,  Herrn.,  Probe  e.  Repetitor,  d.  lat.  Grammat.  u. 

Stilistik  L    {XF 58)  HoUntinden  71    „ 

3.    Geographischer  Unterricht. 

14.  Matzat,  Hnr.  Ferd.,  Prinzipielle  Erwäg,  zum  geogr.  Uoterr. 

(XW  70)  Spremberg  R.  72  363 

B. 

1.    Allgemeine  Sp rachwissenschaft. 

15.  Wilhelm,  Eng.,  De  infinit!  vi  vi  et  natura.    {Xinö8.79\ 

XF  70)  EUenach  69  386 

2.    Altertomswissenschaft. 

16.  Merguet,  Hug.,  Welche  Beweiskr.  hat  d.  Verb,  postum  f. 

die    Entstehung   der    Verbalendungen   aus    Hilfsverben? 

(XFI  133/4)  Gumbinnen  h.  B.  69  387 

17.  De  ecke,  Wh.,   Einleit.  Kapitel  zu  einer  Geschichte  d. 

latein.  Sprache.  {1X17;  XlUlOl;  X1F44.63)    ElberfeUR.  70  407 

18.  Wagener,  Karl,  Beitr.  z.  latein.  Syntax.  Bremen  72  370 

19.  Zingerle,    Ant.,    Kleine    philologische  Abhandlungen. 

(VI  74;  f'irJl;  y  11193)  Innsbruck  71  401 


20.  Ditttenberger,  Wh.,  Bemerkungen  z.  einigen  Stellen  d. 

Aristoteles  (Metaph.  u.  De  animä)  Rudolsiadi  69  387 

21.  — ,  Vermögenstausch  u.  d.  Trierarchie  d.  Demosthenes.  „  72  370 

22.  Jacobitz,  Karl  Gfr.,  Spec.  lex.  Herodotei.         Leipzig  Nik.  70  409 

23.  Draeger,  Aug.,  Platonica.       {IF  16;   Fl 66;  Xlll  107 ; 

XIF65I6)  Friedland  72  371 

24.  Grumme,  Alb.,  Comm.  de  Piatonis  Phaedri  aliq.  locis. 

{XIF  7/8.  82.  82a;    XF  516.  49J50.91;    XFl  149/50; 

XFll  24.  155/7. 208)  Gera  72    „ 

25.  Wohlrab,  Mart.,  Quid  Plato  de  animae  mundanae  elem. 

doG.    [FI  52)  Dresden  Krzsch.  72  STl 

26.  Halt  seh,  Frdr,  Quaest.  Polyb.  II.  (iF  58;  F 17)     „  „       69  389 

27.  Meltzer,  Otto,   Vorarbeiten  z.  Gesch.  d.  Karthager  a. 

Sizilien.  (1X3;  Xlll  25. 151;  XFll  45)    Dresd.  Halbes  PHv.-A.  69  397 


28.  Heraeus,  Karl,   Spicileg.  critic.  ex  Digestorum  libris. 

(lll  68 ;  XI  35;  Xlll  44. 125)  Hamm  70  411 


^.     Progrtmmweseo  uod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

TUL     52.  Ah  reo  8;    Lad.    Hr.,    Urkoodeo    zur   Geschichte   des 

Lyzeums  (I)  id  HsDDover.  Hannover  Lyz,  I  69    25 

53.  — ,  Geschichte  des  Lyz.  (I)  za  Hsdb.  v.  1267—1533. 

(IF  3011 ;  V 16 ;  Fl  ü.  3516 ;  nil  122;  IX 13. 13a)    Hamiov.  L.IW    „ 

54.  Eysell,    Gg.  Prdr.,   AktCDst.   a.  d.  Griiadg.  d.  Gymuas. 

bezüglich.  HersfM  70    26 

54a.  —,  D.  300j.  Jubil.  d.  Gymn.    {F  10^14;  HU  112)         „       71    „ 

Till.  29.  Ecksteio,  Frdr.  Aog.,  Schol.  Horatiaoae.  {151-,  1114, 

63—65 ;  ///  7-9. 18 ;  Fl  24/5.  60  ,•  VII 11 ;  nil  3)     Leips,  TA.  69  391 

30.  LnpoSy  Berob.,  Satzban  d.  C.  Nepos.  1.     Der  einfache 

Satz.    {XIII 146)  Warm  Pg.  72  374 

31.  P  ei  per,   Rnd.,   Praefatioa.  ia  Senecae  trag,    anper  ed. 

Sopplemeatom.     {IF95;  XF  t2b)  Breslau  Mgd,'G.  70  412 

32.  Kiefiliag,    Ad.,   Neue  Beiträge  zur  Kritik  des  Rhetors 

S  e  B  e  c  a.    {XII  IS)  Hamburg  Jok,  71  406 

33.  Ladewig,  Herrn.  Georg.  Theod.,  De  Vergilio  verborum 

oovatore  p.  I.    {IF  97)  Nautrelüz  70  413 

34.  Thilo,  Georg,  Observ.  crit  i.  Servii  i.  Verg.  Aen.  FI 

commentariom.     (///  65/6;  Fl  10.  68)  Nmibrandeaburg  71  407 

3.    Deutsch  und  aadere  aeuere  Spraehea  u.  Literatareo. 

35.  Bobertag,  B.,    Wielaods  Romaoe.    Beitr.  z.  Gesch   u. 

Theor.  d.  Prosadichtung.  Breslau  R.  z.  HeiL  G.  71  407 

36.  Dudea,  Koar.,  Zur  deutschen  Rechtschreibung  (vgl.  o. 

S.  194  ff.).  Schieiz  71    „ 


37.  Pritsche,  Herrn.,  Komm.  z.  Molieres  femme«  «av.  Grünberg  R,  71  iQ9 

38.  Lotheifien,Ferd.,Beroard.deSt.Pierre.  fFien  OR. {Ldstr.)  71    „ 

39.  Schmidt,  Alexander,  Plan  u.  Probe  e.  Wörterbuchs  zu 

Shakespeare.  Königsberg  Laben,  R»  71  410 

4.   Mittlere  und  neuere  Geschichte. 

40.  Richter,    Gust,   Annalen  d.  Geseh.  Ottos  L    {XF  128; 

XFI 42.  191 ;  XFII 58)  Weimar  70  420 

41.  Hirsch,  Perd.,  D.  Herzogt.  Benevent  bis  z.  Unterg.  d. 

loogobardisch.  Reiches  1.     {1X50;    XIII 218;   XIF 174; 

XFI  24617)  Berlin  Kgst.  R.  71  412 

42.  Liadoer,   Th.,   Eutwickluag  des  Papsttums  und  seine 

Stellung  im  Mittelalter.  Breslau  R.  a.  Zw.  72  379 

43.  Röhricht,  Rhld.,  Kreuzfahrt  Friedrichs  U.     {1X52; 

XIF  182/3)  Berlin  Lst.  R.  72    „ 

44.  Flathe,  Th.,    D.  Verhandl.  üb.  die  d.  Kurf.  Friedrich 

August  III.  von  Sachsen  aagebotene  Thronfolge  in 
Polen  u.  d.  sachs.  Geh.  Legationsr.  v.  Essen.  {F  8 ; 
XIII 24  b)  Meißen  70  419 

5.    Philosophie. 

45.  Wossidlo,  PI.,  Naturgenuß.  (S.  4^  u.  und  XF  195)  TarnawilzR,  72  366 

6.    Theologie. 

46.  Hollenberg,    Wh.,    De  scboliis  in  Lucam   ab  A.  Maio 

Olim  edit.     {XIII  42)  Saarbrücken  72  367 

Von  Vertretern    der    exakten  Wissenschaften    (vgl.    oben   S.'J^^ 
Anm.  3  und  die  dort  zitierten  Stellen)  seien  hier  genannt: 

Grnhl,  Em.  (S.  <^V  A.  1  und  XIII 5)       Mülheim  (Ruhr)  R.  72  3S1 
Lampe,  Em.  (A7//  74)  Berlin  LsL  Gtobsch.  70  422 

Hochheim,  Ad.  (S.  61^  A   1)         Magdeburg  höh.        „        70  423 
Ohrtmaan,  Karl,  Berlin  kg,  R.  72  382 


voD  R.  Ullrich.  j7 

S. 

55.  Leoehteoberger,   Gott!.,   Was  Ut  v.  d.  Bea'üiig.  v. 

Obersetznogea  seiteas  d.  Schüler  zu  halten  resp. 
welche  Mittel  siad  dagegea  in  Aawcndang  zo  hrinf^eo. 
{Xreö)  Bromberg  72    29  Till. 

1.    Sprachunterricht. 

56.  Frick,  Otto,  Lehrplan  f.  d.  iatein.  u.  griech.  Unterr. 

(n  26,  33;  VUl  öl;  IX  8.  42)  Potsdam  69  30. 31 

57.  Malfertheiner,   J..    Z.  Unterr.    i.  d.  alt.  klass.  Spr. 

a.  d.  österr.  Gymnas.  Innsbruck  72    29 

58.  Klaucke,  Panl,  Der  deotsche  Anfsatz  in  dea  oberen 

Klasaen.    {IF 102 ;  XlU  62)  Landsberg  a,  ff^.  71    34 

59.  JouaS|  Ant.,   Die  deutschen  Aufsätze  in  den  beiden 

Tertien.    (XllI 61)  Stettin  Stadt-G.  71     „ 

60.  Wilnianns,  Wh.,  D.  deutsch.  Sprache  o.  Orthographie 

a.  Unter richtsobj.  i.  d.  anter.  Gymoasialklasaen.  Berlin  gr.  Kl.  70    35 


61.  Lücking,  Gnst,   Analyse  d.  französ.  Verhalt  für  d. 

Zweck  d.  Unterrichte.    {XHI 213J16)  Berlin  Ist,  Gw.  71    36 


Herbst,  Wilh.,  Thnkydides  auf  d.  Schule,  s.  u.  Nr.  87. 

2.    Geographischer  Unterricht. 

62.  Snpan,  Alex.,  Geogr.  Unterr.  a.  uns.  Mittelschul.  Laibach  OB,  73    67 

B. 

63.  Blaß,  Frdr.,  Ausspr.  d.  Altgriech.  (1X28)  Naumburg  69    30 

64.  Schmidt,   Joh.  Herrn.  Hnr.,  D.  Synonyme  d.  Schlafs 

in  d.  griech.  Sprache.     (IX  16)  Husum  70    31 

65.  Müller,  Kl.  Prdr.  Wh.,  Gebranch  v.  sive.  (111  ö3;  Fl  70; 

Xyin  137a)  Berlin  Jck,  G,  71    32 


66.  Hoffmann,  Wh.,  Das  Walten  d.  Gottheit  i.  Menschen- 
leben nach  Aeschylos  u.  Sophokles  I.  Berlin  Soph,-G,  69    39.49 

67/68.  — ,    Obersetzuogen   Sophokleischer   Chorgesange. 

(Xn  16819)  Berlin  Soph,-G.  69,  70    50 

69.  Enger,  Roh.,   Z.  Parodos  in  d.   Persem  d.  Aeschvius. 

{1138;  11123-27;  ir  24)  Posin  Mar,- G.  70    40 

70.  Merkel,  Rud.,  Aeschyli  Cod.  Laur.  Oxoniae  typ.  expr. 

praefat.  lineam.  (1136/7;  III  61;  If^  26;  IX  24)      Quedlinburg  71     „ 

71.  Köpke,Rhld.,  Emendat.  Andocideae.  (Fl 39;  Hil  111; 

XllI  öl)  Guben  69     „ 

72.  Muff,    Christ.,    D.  Chor  in  d.    att.  Komödie    v.  Aristo- 

phanes.    (XllI  lö9.  Iö9a)  Halle  Lat.  71     „ 

73.  V eisen,    Ad.  v.,    Ob.  d.  Cod.  Urbinas  d.  Lysistrata  u. 

d.  Thesmophoriazusen  d.  Aristophanes    (///  30)  Saarbrücken  71     „ 

74.  Bamberg,    Alb.  v.,    Exercit.    crit.    in  Ari^toph.  Plut. 

(XllI  90;  Xn3.  137;  XFII 10)  BerUn  Jch.  G.  69    41 

75.  Eueken,  Rnd.,  Methode  u.  Gruodl.  d.  Aristotelischen 

Ethik.  Frank furta,M,  70 

76.  Kern^),  Franz,  Krit.  Bern.  z.  3.  Teil  d.  pseudo-aristot. 

Schrift  negl  Sevoipävovg  u.  s.  w.      (Fl  43/4;   Flll  113; 

IX  3ö;  XllI  137/38;  XF  9110)  Oldenburg  69 

77.  Weifienfels,  Osk.,  Quae  partes  ab  Aristotele  j(ß  v^ 

trihuantur.     (XIF 147/48)  Berlin  J>-«.  G,  70 

78.  Im6lmann,Joh.,  Z.  Aristotel.  To/^iÄ.  (Ar26'4)  BerLFr.H^h.-G    70 


»f 


^}  Hier  ergänzt. 


58     Progrtmmweseo  und  Programmbibliothek  d.  höh.  SchalcD, 

8. 

Till.    79.  Haydack,  Mich.,   Bemerk,  z.  Physik  des  Aristoteles. 

{n53i  1X27;  Xlll  122)  Greif ttoM  11    41 

SO.  Abicht,   Karl,    De  eodd.  Herodoti  fido  atqoe  auctorit. 

{ir34;Xir4e)  PfortaeS    43 

81.  Blleodt,  Gg.,  Sammig.  d.  Parallelst,  z.  1.  B.  d.  Odyssee, 

a.  d.  aachgelass.  Maooskript  d.  Parallel-Homer    voo  J. 

E.  E 1 1  e  o  d  t  (/X  iö ;  XJU  2/3 ;  Xn  10/11)    Königsberg  Fr.-K.  71    Ai 

82.  Genz,  Herrn.,  Zur  lUas,    {lX20\  Xlll  IIH)  Sorau  70     „ 

83.  Pilger,  Rob.,  D.  Athetese  d.  Platoo.  Sophisles.   BerL  Wh.-G,  69    47 

84.  Treu,    Max.,   De   codd.    oooo.  Paris.  Plutarchi  Moral. 

{IXS4;  2Ü11  ISl/ö;  Xlf^  13S—142',  XP' 147/9;  Xyi207; 

Xni  249 ;  XFlll  144/3)  Jauer  71    48 

85.  Siebeck,  Herrn.,   D.  Probl.  d.  Wisseas  b.  Sokrates  u. 

der  Sophistik.  Halle R.  70     „ 

86.  La  Roche,  Jak.,  Kön.  Oedip.{d.  Sophokl.).  (1^35,36; 

ri9;  Xllll73-'76a.b,;  XlF  122\  XF  130/1)  Linz {Ob.-ÖH.)  73    49 

87.  Herbst,  Wh.,  1. Thukydides  a.  d.  Schule.   2.Thttkvd. 

I  22,  1.     (IF  66,  77;  Fl  2H)  Magdeburg  U.  L.  Fr.  69    50 

88.  Stahl,  Job.  Matth.,  Quaest.  gramm.  ad  Thoc.  pert  Köbi  Mz.-G.  72    51 

89.  Schiiumelpfeng,    Gnst.,  Z.  Würdigg.    v.  Xeoophoas 

Jnäbasis.    {Fl  20;  Xlll  46;  XF  59)  Pforta  70    „ 

90.  Nitsche,  Wh.,    D.  .\bfassuog  v.  Xeaophoos  HeUenika. 

{Xlll  161.  162)  Berlin  Soph.G.  71 


n 


91.  Petscheoig,  Mich.,  Krit.  d.  Horaz-Scholiasteo.  Klagenfuri  72    54 

92.  — ,  Zu  deo  Scholiasteo  des  Horaz.    {Xlll  165)    Graz  2.  G.  73    „ 

93.  Korn,  Otto,  Beiträge  zur  Kritik  der   Historia  evangeliea 

des  loveucns.     {Fl 63;  1X37)  Dansig  [st.\  G.  70    55 

94.  Müller,   Mor.,    Beiträge   zur   Kritik  nod  Erklärung  des 

Livius.     (FI 62;  XlF  114)  Stendal  71    56 

95.  Z i nge r  1  e ,  Aot,  Handschriftl.  zu  0  v  i  d  s  Remed.  ani.  —  Zu 

deo  Sulpicia^Eleg.  d.  Tibullus. — Petra rkas  Verh.  z. 

d.röm.  Dicht.    (F174;  F1121;  Flll  19)  Innsbr.  71    56.69.65 

96.  Lorenz,  Frdr.  Aug.,  Collat.  d.  Cod.  vet.  Camer.  (B,  bibl. 

Vatic.  cod.  Pal.    1615)    und    des  Cod.  (Jrsio.   (D,  Vatic. 

3870)  zur  Auhdaria  des  Plautus.  Berlin  KöWi    G.  72    57 

97.  Stejskal,  Karl,    Sallusts   Bedeutung  in  der  römischen 

Literatur.     {Xlll  211)  OhniUz,  deutsch.  G.  70    „ 

98.  Prammer,  Igo.,  Taeiteischea  (^^nc, /^wt.,  ^fi;i.).    Troppau70    58 
99.—,    Zu    Tacitus*    Historien    libr.    IH— V.      {Fll  4-8; 

Xlll  167—169;  XlF  118)  fpien  Josephst.  G.  71     „ 

100.  Seh  aper,    Karl,    De   eclogis  Vergilii  ioterpretaodis  et 

emeod.    {1F18;  Fl 30;  1X40;  Xlll  28a)     Posen  Fr.-H^Hh.-G.  72    59 


101.  Volkmann,  Diedericb.  Itiner.   Alexaodri.  {XF151)  Pforta71    60 

102.  — ,   Rieh.,   Observat.    miscellae    (Aeschin.,   Ap.  Rhod., 

Apuleius,  Aristid.,  Aristod.,  Galen.,  Gell.,  Her- 
mog.,  Horat.,  Lactant.,  Lucian.,  Lucilios  etc.) 
{IF  59;  1X25.26;  Xlll  196/7;  XIF145)  Jauer  72    „ 


103.  Neubauer,  Rieh.,  Curae  epigraphicae.  BerUn  gr.  Kl,  72    72 

104.  Bormann,  Eug.,  Ungedrockte  latein.  Inschriften  „  „      71     „ 

105.  Zumpt,  Aug.  VVilh.,  Demonumento  Aocyrano  suppl. 

{154;  11159.60;  1X15)  Berlin  Fr.  fFüh.-G.  69    „ 

106.  Petersen,    Eug.,    Kritische  Bemerkungen   zur  ältesten 

Geschichte  der  griechischen  Kunst.  Plön  71    75 

107.  Quossek,  K.,  Versuch  d.  Umf.  d.  röm.  Lagers  Novaesiom 

in  d.  gcgenw.  INeuB  nachzuweiseu.  (XlF 22;  XF1153)    ^eufs  70    71 


voD  R.  Ullrich.  J^ 

S. 

108.  Bar  dt,  Kar),  Die  Priester  d.  4  großen  KoUegieo  aas  röai.- 

repablik.  Zeit.  {XU191I2;  Xni38;  XFlUö)         BerL»'h,-G,  71    76  YIIL 

109.  Ranke,   Karl   Ferd.,    Otfr.    Müller.     Eio    Lebeosbild. 

(1111.3$;  n  31)  BerlinKg.R.70    84 

2.    Deutsch. 

110.  Zwiediaeck-Sädenhorst.  H.  v..  Die  Neugestaltoog  d. 

dentscheo  Natiooal-fipos.    {mi  117)  •  Graz  L-OR.  70    60 

111.  Köpke,ReiDb.,Zn  Goethes /pA^vnte.    in 39}  nU71; 

Xm  öl)  Charlottenhurg  70    63 

112.  Bysell,  Geor;  Frdr.,  Schillers  Jungfrau  v.  Orleans,  neu 

erklart  o.  oach  ihrem  christlichen  Gehalte  ;e würdigt  1. 

(vgl.  0.  S.  198  Aom.  2  o.  f^  10-14;  Flll  Ö4  Ö4a)       Hertfeld  70     „ 

3.   Philosophie. 

113.  Kero,  Fraoz,  Z.  Darstellg.  d.  Philosopheme  d.  XeoophaD. 

{Fl  43 !4;  FllI  76;  1X35;  Xlll  137, 138-,  XFSjlO)    Danzig  [sL]  G.  71  108 

114.  SehaeidewiDy  Max,  Ober  die  oeoe  „Philosophie  des  Un- 

hewufsien''  1.    {Fl  18;  XF 137)  Hameln  71  109 

4.    Geschichte,  iosbesoadere  mittlere  und  neuere.     * 

115.  Kaufmann,   Georg,    Inwieweit   darf   die   Geschicht- 

schrei hang  subjektiv  sein?  GötUngen  70    71 

116.  Rethwisch,  Conr.,  Westpreußens  Wiederaufleben  unt 

Friedrich  d.  Gr.    {XFl 227)  Berlin  fFh.^G,  72    83 

117.  Z  wied in eck-Südenhor st,  H.  V.,  Zeitungen  n.  Flug- 

schriften aus  d.  1.  Hälfte  des  17.  Jh.  I.  Sammig.  a.  d. 
Bibliotheken  d.  Karl  Franzens-Universität  n.  d.  Joanneums 
z.  Graz  u.  d.  Steiermark.  Laodesarchiv.  {Flll  110)    Graz  L-OR.  73    62 

118.  Loserth,    Job.,    Beitrage   zur  Kunde  Österreich.  Ge- 

schichtsquellen. 1.  Der  angebliche  Bernardus  No- 
ricns.  IL  Petrus  v.  Zittau  n.  d.  Cosroas-Hs.  z.  Donau- 
eschiagen.  fFien  BOG.  auf  d.  Landstr.  {3,  B,)  72    73 

119.  Uorawitz,  Adalb.,  G.  Frey  tag  als  Dichter  u.  Historiker. 

{Fl  76)  Wim  Schotten  f.  OB,  (7.  B.)  71    84 

5.    Erdkunde. 

120.  Schwalbe,  Bh.,  D.  Nordlicht.    (XlF 24.  184;  XF151; 

XFll  120)  Berlin  kg.  R.  71    68 

121.  Kloeden,  Gust.  Ad.  v.,  Afrikan.  Inseln.  Berl.  Fr.-Wd.Gwseh.  71    70 

122.  Ahrens,    Lud.  Heior.,   Titi siege,  e.  wichtiger  Grenz- 

aunkt  d.  Landschaften  Engern   u.  Ostfaleo    wie  d.  Diöz. 
linden  u.  Hildesheim  inuerh.  d.  jetzig.  Stadt  Hannover. 
{IF30I1;  F16;  F18.3ÖI6;  F11152J3;  1X13. 13a)    Hannov.  L.  I  71 


n 


IX.   Aus  Mfisliacke  1874—18^ 

(enthaltend  die  Abbandlangen  der  Jahre  1873—1875  aus 

Devtsehland,  Ost  erreich*)  und  der  Schweiz).^) 

[BibUogr.  j4bt.  3,  Nr.  I3a,  o.  S.  111.) 

A. 

1.    Allgemeines.     Schulgeschicbte.    Reden. 

1.  Cauer,   PI.  Ed.,   Friedrichs  d.  Gr.  Grunds,  über   Er- 
ziehung u.  Unterricht.     {11139;  Fl  78)         Danzig  st,  G.  73  425  IX. 


')  Österreichische  Programme  vom  Jahre  1873  s.  o.  unt  ISr.  VIII. 
')  Über  die  Angabe    der  Seitenzahlen    in    der  letzten  Spalte  vgl. 
oben  S.  48  Anm.  2  n.  S.  Ö4  Anm.  3. 


ßO     Prof^rammwesen  and  Progrtinnibibliothek  d.  höh.  Schalen, 

8. 

IX«  la.  Ellen dty  G^.,  Eotw.  e.  o.  Stofen  geordo.  Katal.  f.  d. 
Schülerbiblioth.  höh.  Lehraost.  (bes.  d.  Gymn.)  (T.] 
{Flu  81 ;  XlU  2, 3 ;  XFi  10, 11)  Königsberg  Fr.-KoU.  75  444 

2.  Klaiber,   Jal.,    D.  linterr.  in  d.  eheoial.  Hohen  Karls- 

schnle  in  Stuttgart.  Stuttgart  Rg.  73  430 

3.  Meltzer,  Otto,   Beitr.  z    Geseh.  d.  dram.  Aoffiihrong. 

a.  d.  Krenzschnle.    (niI27',    XHI2ö,löl;    XFII 43) 

(Aus  d.  Festschrift.)  Dresden  Krzsch.  73    „ 

4.  Sach,  Aug.,   Uit  Sehola  trivial,  s.  particuL  u.  d.  paedagog. 

public,  in  Schleswig  während  d.  16.  Jahrb.  {XF l50a\ 

XFI 102)  Schleswig  73  431 

5.  Koldewev,  Frdr.,  Geseh.  d.  Gymo.  z.  WolfeDbüttell. 

(FI  93;  ■  FW  4 ;    XIII  16^18 ;  XlF  13. 197 ;   XF  11\ 

XFII  34\5',  XFIII  27)  fFolfenbüttd  74  411 

6.  Ilberg,  Hugo,  Antrittsrede.  Dresden  G.  Neust.  75  427 

7.  Latendorf,  Frdr.,    D.  Lehr.  u.  d.  Abitur,  d.  Friderician. 

1834—1874  (vgl.  0.  S.  219).  Schwerin  75  426 

2.   Sprachunterricht. 

8.  Frick,  Otto,  Tabelle  üb.  d.  griechisch.  Modnslehre. 

{FI  26,  33  \  Fl II 51.  56)  Potsdam  73  485 

10.  Radtke,  Gust.,  Griech.  Unt.  a.  d.  deutsch.  Gymn.  Pieß  74  410 

11.  Rothfuchs,  Jnl.,  Päd.-didakt.  Aphorismen  üb.*  Synt.  or- 

nata,  Extemporieren,  Konstruier.,    Präparier.     {XlII  26\ 

27.  230;  XlF  23)  Marburg  i.  H.  75  430 

12.  Ostendorf,  J.) Mit  welch.  .Spr.  beginnt  zweckmäßigerw. 

der  fremdspr.  Unterricht?  Düsseldorf  R,  73  427 

B. 

1.    Altertumswissenschaft. 

13.  Ahrens,  Lud.  Hnr.,  *P^.  Beitr.  z.  griech.  Etymol.  n.  Lexi- 

kogr.  (iF  3011  ;F16;F18.  35/6 ;  FW  52/3. 122)   Hannov.  L.  I.  73  435 
13a.  -,  Dgl.  „        „     74  415 

14.  Röscher,    Wh.,    Das  tiefe  Naturgefühl  d.  Griechen  u. 

Römer  in  s.  histor.  Entwicklung.  {XF  132)  Meifien  75  428 

15.  Zumpt,  Aug.  Wh.,  De  dictatoris  Caesar  is  die  et  anno 

natali.  (/ J4;  11159/60;  Flll  105)  BerUn  Fr.  ßf^'h.-G.  74  424 

16.  Schmidt,    Job.    Herrn.   Hnr.,    Zur    Sprachgeschichte: 

Akzente,  Tropen  u.  Synonyme.    {Flll  64)  fFismar  74  414 

17.  Deecke,  Wh.,  Facere  u.  fieri  in  ihr.  Kompos.  m.  anderen 

Verbis.  (Flll  17;  Xlll  101;  XlF  44.63)  Strafsburg  L.  73  435 

18.  Mommsen,  Tycho,  Entwickig.  einiger  Gesetze  f.  d.  Gebr. 

d.  griech.  Präpos.     {F151;    Fll  18;   Flll  5;  Xlll  45. 
156— 15h)  Franl^urt  a.  M.  74  Wh 

19.  Holm,  Ad.,  Das  alte  Katana.     {Fl  72)  Lübeck  73  447 

20.  Genz,  Herm.,    D.  Serviao.  Zenturienverfassung.    {Flll  82; 

Xlll  118)  Sorau  74  424 

21.  Zoeller,  Max,  Das  S.  C.  üb.  Capua  (211  v.  Chr.)  n.  dessen 

Ausführung.  MiUhausen  i.  E,  75  438 

22.  Riese,  Alex.,    Die  Idealisierg.  d.  Naturvölker  d.  Nordens 

in  d.  griecb.  u.  röm.  Lit.  (A7^  122)  Franltfurt  a.  M.  75  430 

23.  Weidner,  Andr.,   Epist.  ad  C.  G.  Co  b  et  um  de  Aescbin. 

emend.     (  Fll  28;  XlF  146;  XFl  209/10)  Giefsen  73  436 

24.  Merkel,    Rod.,    Nachtr.  z.  Progr.  v.  1871  (Aeschylus). 

(7/  36/7 ;  lll  61 ;  IF  25 ;  Flll  70)  Quedlinburg  73    „ 

25.  Volkmann,    Rieh.,    Observ.    roisc.  11.    {F59i    Flll  102; 

Xlll  196/97 ;  XIF 145)  Jauer  73  441 


voo  R.  Ullrich.  ßl 

8. 

26.  VolkmaDD,  Rieh.,    Bern.  ab.  d.  y^rgonatäica  d.  Apollo- 

Dins  V.  Rhodufl.  Jauer  73  430  IX* 

27.  Ha y dock,    Mich.,    Observ.  crit  in  aliq.  loc.  Aristotel. 

(r/Ä5;  rill  79;  MU122)  Greifswald  73  436 

28.  Blaß,  Frdr.,  Die  Echth.  der  Demostheoes'  Nameo  trag^. 

Briefe.    {Flllb'3)  Kömgiberg  ßfk.-G.  73  431 

29.  Lortziog,  Fraoz,  D.  eth.  Fragm.  Demokrits.  Berlin  Soph,'G.  73  437 

30.  Kayser,  Wh.  Karl,  Anoot  crit.  ttd  Odyss.  exord.  {1133; 

11137/8;  IF62;  yi  7;  XIII 136)  Sagan  73  431 

31.  Kohl,  Otto,  De  Isocrat.  «umor.  disp.    {XIII 143;  Xr36a; 

Xyill  168)  Kreuznach  74  AM 

32.  Lud  wich,    Arth.,    Beiträge  zur  Kritik    des  Mooooa  voo 

PaoopoHs.  Königsberg  Fr.-K.  73  437 

33.  Heller,  Herrn.,    Carae  crit  io  Platoois  de  repubUca  11. 

(Festschrift.)  Berlin  Jch.  G,  74  417 

34.  Trea,  Max,  Der  sog.  Lamprias-Katal.  d.  Plotarch-Schrift. 

{^111  84 ;     XIII  19113 ;      XlV  138  —  142 ;     XF  147/9 ; 

XFI207;  Xyil249;  XFIII 144/3)  ff  Oldenburg  73  438 

35.  Kero,  Franz,    Ob.  Xenophanes  v.  Kolophon.  {f^l  43/4; 

Flll  76,  113;  XIII 137/8;  XV 9/ W)  Stettin  Stadt-G.  73  418 

36.  Vollbrecht,  Wh.,    De  Xeo.  Hellen,  in  epitomeo  qod  co- 

actis.     {XIII  197a ;  XFll  199)  Hannover  L  11  74    „ 

37.  Koro,  Otto,  De  codd.  doob.  carm.  Ovid.  ex  Ponto  Mooac. 

{Fl  63;  rill  93)  Strehlen  74  419 

38.  Seyffert,  Oscar,  Stodia  Plaatioa.  Berlin  Soph.'G.  74    „ 

39.  Aodreseo,    Georg,    De  verborum  ap.  Tacitam  coUocat. 

{XF  71;  XFI  133/6)  Berlin  gr.  KL  74  420 

40.  Sc  ha  per,  Karl,  De  Georg,  a  Vergil.  emeadatis.   {IF 18; 

Fl  30;  Flu  100;  XIII  28a)  Berlin  Jch.  G.  73  440 

41.  (ImpfeDbach,  Fraaz,  Aoalecta  Tereotiaoa.  Mainz  74  420 

2.    Deutsch. 

42.  Fick,  Aug.,  Die  GSttioger  Fauiilieonaneo.  Göttingen  73  435 

43.  Boxberger,  Rob.,  Proleg.  z.  Schillers  Dram.  (Fl  81)  Erfurt  R.  74  421 
43a.  iSichboltz,Pl.,Uhlaodsschwäb.Ball.,  s.  o.  S.  178  A.  2.  Berl  gr.Ki  73 

44.  Piper,   PL,    Gebr.  d.  Dativs   im  Ulfilas,    Heliaod  n. 

Otfried.  j4Uona  R.  II.  0.  74  421 

45.  Schreyer,  Herrn.,  Untersnchaog.  über  Leben  o.  Dichtung. 

Hartmauos  v.  Aue.  {XIII210;  XFI 228)  Pforta  74    „ 

3.   Andere  neuere  Sprachen. 

46.  Hu m her t,    Clas,    Meliere    in    England.     {XIII  203.  212 ; 

XIF  163/6;  XFI  233/6)  Bielefeld  Rg.  74  422 

47.  Münch,    Wh.,    Die  Entstehung  des  Ferlomen  Paradieses. 

{XIII  64/3;  XIF  30 131)  Cleve  74  423 

48.  Wingerath,    Hub.,   De  l'emploi  du  choeur  dans  les  trag. 

de  Racine,  Esther  et  Mhalie.  MiUhausen  i.  E.y  Gwhsch,  73  437 

49.  Böddeker,  Karl,  Polit.  Lied.  a.  d.  Zeit  Eduards  1.  Stettin  R.  IL  0.  73     „ 

4.    Mittlere  und  neuere  Geschieh te'). 

50.  Hirsch,  Perd.,  Konstantin  VIL  Porpbyrogennetos.  {Flll  41; 

XIII 218;  XIF  174;  XFI  240/7)  Berlin  Kgst.  R.  73  446 

51.  Körting,  Gust.,  Wilh.  v.  P oitien  Gesta  Guilelmi  ducis 

Normann,  ei  reg.  ^nglorum.     E.    Beitrag   z.  anglo-nor- 

manniscben  Historiographie.  Dresden  Rrzsch.  73  439 


^)  Ans  Osterreich  sei  außerdem  erwähnt: 
49a.  Bachmann,  Ad.,   Zur  Krönung  Georgs  von  Podiebrad. 

Prag  G.  d.  Mtst.  73  (Bittner  II  S.  36). 


62     Prof^rammwesen  and  Proprarnnbibliothek  d.  höh.  Scholeo, 

8. 

XL  52.  Röhricht,   Rhld.,    Quellenbeitr.    z.  Gesch.    d.  Kreazzöge. 

{Fin  43^  \1F  182/83)  BeHin  Ist,  R,  73  439 

5.  Philosophie. 

53.  Paath,  Franz,  Die  EaUtehnng  d.  Böseo,  in.  Hälfsniitt  d. 

Lotzescheo  Philosophie.  (XIII 41 ;  XF  31)  Saarhrüeken  73  432 

6.  Theologie'). 

54.  H  es  sei,  Karl,  Die  altchristl.  Basiliken  Roms,  iosbes.  d. 

Basilika  Sao  demente.  H'etdar  73  433 

55.  Deutsch,  Sam.  Mart,  Z.  Gesch.  d.  Donatismns.    (fl91; 

Xlll  220')  Berlin  Jch.  G.  75  42b 

56.  Gott  schick,  Joh.,  Schleiermachers  Verh.  z.  Kant,  ff^emigerode  75    „ 

X«  Die  bayerischen')  Programmbibliograpliieii  (1824—1902).^) 

(vgl.  Bibliogr.  Abt,  3,  Nr.  19-24;  o.  S.  113.) 

a)  Chttenäcker  [I.]  (1824—1860)«). 

X«     1.  Christ,  Wh.  v.,  Qoaest.  Locretianae.      München  Maxim^-G.  55    43 

2.  Cron,  Christ.  Wh.  Jos.,  Sacra  saecnl.  gymn.  Erlangensis 

etc.    —  De  loco  Poeticae  Aristotel.,  quo  Eoripides 

poetaram  maxime  tragicos  appellat.  {X  70/1.  101/2)  Erlangen  45  27 

3.  — ,    Vergl.  d.  Redegattongen  m.  d.  Dichtongsarten.                „        46  ,. 

4.  — ,  Appeodicola  cansae  Socraticae.               AugAurg  Prii,  G.  57  15 


')  Von  bekannteren  Vertretern  der  exakten  Wissenschaft  es 
(vgl.  0.  S.  38  Anm.  8)  seien  hier  erwähnt: 

Holzmüller,  Gust,  Elberfeld  73  449 

— ,  Hagen  Gwbsch,  75  441 

Loew,  Em.,  Berlin  kg.  B,  74  430 

Hochheim,  Ad.  (s.  ^,56  n.)  Magdeburg  R.  IL  0,  75  U\ 

Müller,  Fei.,  Berlin  kg.  B.  75    „ 

^)  Bayerische  Programme   ans   dem  Zeitraom   von  1824 — 1902  sind 

nur  hier    anfgefdbrt,    auch    wenn    sie    in    anderen  Bibliographien    (so   bei 

retter,  Hübl  I  n.  //  und  Klußmann,  s.  Nr.  IV.  V.  XIII— XVI)    vorkommen; 

einige  aus  den  Jahren  190311'.  s.  u.  Nr.  XVH  u.  XVIII. 

')  Die  systematischen  Teile  (C)  sämtlicher  6  bayerischen  Biblio- 
graphien leiden  an  dem  Übelstande,  daß  in  ihnen  nur  die  Titel  der  Ab- 
handlungen angefahrt  sind,  aber  nicht  die  Namen  der  Verfasser,  wo- 
für die  Beifügung  der  Nummer,  unter  der  die  Schriften  (mit  dem  Namei 
der  Verfasser)  in  dem  Verzeichnis  nach  Studienanstatten  (A)  zu  finden  sind, 
keinen  ausreichenden  Ersatz  bietet.  Vielleicht  entschließt  sich  der  ver- 
dienstvolle Heransgeber  der  letzten  3  Bibliographien,  Em.  Renn,  in  den 
7.  Verzeichnis,  das  wohl  in  einigen  Jahren  zn  erwarten  ist,  noch  diese 
keine  große  Mühe  verursschenden,  auch  wenig  mehr  Platz  beanspruchenden 
Zusätze  zu  machen. 

*)  Die  systematische  Anordnung  der  Abteilungen  1 — IX  (und  Xll— 
XVIII),  über  die  S.  35  u. »%'  Anm.  1  zu  vergleichen  ist,  wurde  hier  zugunsten 
der  nach  Verfassern  verlassen.  Da  es  sich  um  die  Programme  eines 
kleineren  Landes  bandelt,  die  wiederum  auf  6  verschiedene  Zeitabschnitte 
verteilt  sind,  schien  eine  Obersieht  nach  Verfassern  in  nlphs- 
betischer  Ordnung  zweckmäßiger,  die  es  ermöglicht,  die  Arbeiten  der 
einzelnen  Autoren,  besonders  einiger  an  der  Progrsmmliteratur  hier  in 
außergewöhnlichem  Umfange  beteiligter,  Pur  die  einzelnen  Perioden  mit  einen 
Blicke  zu  übersehen.  Dazu  kommt  noch  der  Umstand,  daß  die  Zahl  der  Ge- 
biete, sus  denen  die  mir  zugänglich  gewesenen  Arbeiten  stammen,  eine  ver- 
hältnismäßig kleine  ist. 


voD  R.  Ullrich.  ß3 

S. 
5.  Döderleio^),  Ldw.,  De  vocabnio  iriliyiToi, 


6. 

7. 

8. 

9. 
10. 
11. 
12. 
13. 
14. 
15. 
16. 
17. 
18. 


Lectionum  Horatiaaaruin  decas. 


Erlangen 

25 

26  X 

>» 

2H 

28 

)» 

30 

)» 

>» 

33 

)i 

)i 

37 

1* 

1? 

38 

27 

»f 

42 

}f 

j> 

43 

»> 

7» 

48 

» 

i> 

4$ 

1» 

») 

53 

28 

>» 

55 

»> 

» 

56 

f) 

LecL  Horat.  heptaa. 

OberaetzuDgsproben  a.  kriech,  n.  lat.  Scbriftst. 
Geg.  Misologie,  Prakozität  u.  Plebejitat. 
Pädag.  Betracbtangeo  n.  Bekenatnisse. 
Aristologie  f.  d.  Vortrag  d.  Poetik  n.  Rhetorik. 
Rede  b.  d.  lOOj.  Stiftnogafest  14.  Jali  1843. 
D.  1,  oiynth.  Rede  d.  Demos t he aea  übers. 
Didaktische  firfahroageo  n.  Oboogeo. 
Scherfleio  z.  Verstäadois  des  Horatini. 
Lob  d.  Scholpedantismaa.  Rede  (8.  Aag.  1855). 
Coiument.  z.  DSderleins  LaL  Fokabular. 
Homerica  partic.  yaQ  aasqa.  refertor  ad  ioseqaeatem 
seoteotiaiD  (Gratnlatioasschr.  aa  Friedr.  Thierseh).  „        58     „ 

19.  Fallmerayer,   Phil.    Jak.,    Wichtigkeit  u.  Notzea  gesch. 

Stndieo.  Landshut  L,  26    38 

20.  Fenerbach^),  Aas.,  Eioltg.  a.  Fragm.  a.  e.  ooch  nagedr. 

Werke^)  üb.  d.  Apollo  v.  Belvedere  a.  d.  Verhalto. 

d.  griech.  Plastik  z.  Tragödie.  Speyer  28    58 

21.  Grasberger,  Lore  dz,  £2:  TulN  SIEPSXIOY  HENTA- 

KONTAETHPI/IA.   Griech.  Ode  in  ]5  sapph.  Strophen 

(z.  SOj.  Doktorjubil.  v.  Fr.  Thierseh).  (A  7617)    Würzburg  58    65 

22.  Goteoäcker,  Jos.,   Die  griech.  Mathematiker  o.  be- 

sonders Euklid.  Münnerstadt  27    44 

23.  — ,  HqoxIov  öifaiQtt  in  ling.  vernac.  traasl.  ill.  „  30     „ 

24.  — ,  Dar  Grabmal  d.  Archimedes.  „  33     „ 

25.  — ,  Variae  lect.  Sallnstlanae  p.  I  (Catü,),  „  37     „ 

26.  -,       „         „  „  p.  II  {Jug.)  .       „  ^45 

27.  — ,  Verz.  d.  Progr.*)  usw.  1824—1842.  A.  Verz.  n.  Aast.     „  43     „ 

28.  — ,  Dgl.  B  D.  C,  n.  Verfass.  n.  Gegeastaad.  „  43     „ 

29.  — ,  Gesch.  Bericht  üb.  d.  Kasse  f.  erkrankte  Gymnasiast. 

(A  7$,  80)  Bamberg  55    17 

30.  Halm,  Karl,  Lect.  Aeschylearnm  p.  I.      München  Neues  G.'')  35    42 

31.  — ,  Emendationes  Velleianae.  „  „  36     „ 

32.  — ,  Lectioaes  Stobeos  es,  p.  I.  Speyer  41    59 

33.  — ,  Spec.  commeot.  de  Ciceronis  pro  SesUo  orat.  „       42     „ 

34.  — ,  Z.  Kritik  u.  Erkl.  d.  Annalen  d.  Tacitus.  „       46    60 

35.  — ,  Z.  Haodschrifteok.  d.  Ciceroo.  Schriften.  München  Max.-G.  50    43 
36/37.  — ,    Anal.  Talliana  1.  (lect.  var.  ad  U.  rhet  ad  Her. 

ex  codd.  coli.  c.  brev.  adn.  critica  I.  If.)    München  Max.-G.  52.53     „ 

38.  — ,  Emendationes  Valerianae.  „  „  54     ,y 

39.  He  erwägen,  Hnr.,  De  P.  et  L.  Scipionnm  accusatione 

(Liv,  XXX Vni  50—60).  Bayreuth  36    19 

40.  — ,  Collectaaeoram  ad  Aem.  Prob  um  specimeo.  ,,         49    20 

41.  — ,  Drakenborchii  ad  Longolium  epist.  XII  prim.  ed.  „         «^    21 

42.  — ,  Excerpta  e  cod.  Bamberg,  ad  Li  vi i  1.  1.  „         56     „ 

43.  — ,  De  Grani  Liciniani  frgm.  aon.  libr.  XXVI.  (In  der 

Gratulationsschr.  zu  Fr.  Thierschs  50j.  Doktorjub.)  Nürnberg  58    51 

1)  Vgl.  dazu  Reden  und  ylufsäize,  Erlsngen  1S43  a.  1847,  2  Bde., 
Ferd.  Encke,  und  Offentl.  Reden  m.  e.  Anhange  pädag.u,  philog.  Beiträge, ^ 
Fraakf.  a.  M.  1S60,  Heyder  u.  Zimmer. 

^)  Der  Vster  des  gleichnamigen  bekannten  Malers. 

^)  Der  Vatikanische  Apollo.  Eine  Reihe  archäol.-ästhtAischer  Betrach- 
tungen.    Nürnberg  1833,  Friedr.  Campe.     2.  Aufl.    Stuttg.  1855. 

*)  Vorarbeit  zu  dem  bis  1860  reichenden  Haoptverzeichnis  (s.  o. 
S.  113  Nr.  19). 

^)  Jetzt  Lud wigs-Gymnasium. 


ß4     Prog^ranunwesen  and  Progrunmbibliothek  d.  höh.  Schal ea, 

X«  44.  Heerwageo,  Har.  Wh.,  Zor  Gesch.  d.  Nnrob.  Gelebrteo- 

scholeo  J  485— 1526.  {X  82''b6,  107),  Nürvdwrg  60    51 

45.  HemiioD,    Prdr.  Beoed.  Wh.  v.,   Zucht    o.  Erziehoof  in 

SchalcD.  Nürnberg  27    49 

46.  Jan,    Ldw.  v,    Lect.  Plinian.  I  a.  H.    InediU  qnaed.  ad 

Uitt.  Not.  finen  in  sappiementam  addenda  contiaeoa.    (a. 

d.  Festochr.  z.  Sakalarf.  8.  Apr.  1834).  Sehufemfurt  34    56 

47.  — ,  Ad  notit.  codd.  atqae  emend.  epiMtot.  Senecae.  „  39     ^ 

48.  — ,  Ad  Macrobii  11.  Saturn,  emendandos.  „  43     „ 

49.  — ,  Ansicht,  a.  Wäosche  in  betr.  d.  f.  b.  bayer.  Studienaost. 

vorgeschr.  Aasgaben  d.  alten  Klassiker.  M.  Adaot. 

z.  Demosth.  Olynth.  I  m,  Horat.  rarm.  I  1.        Schwemfurt  46    57 

50.  — ,    Anm.  z.  Earipid.  y^ndrom.   z.  PSrdernng    e.  groadl. 

Vorbereitung.  Sckwnmfurt  50     „ 

51.  ^,  Grundziige  e.  Ltchrb.  d.  franz.  Sprache.  „  55     ^ 

52.  — y  De  aactorit.  codd.  Plinian.  (Grat,  zo  Fr.  Thierse hs 

50j.  Doktorjnb.)    {X  S7/8)  Schwemfurt  58    „ 

53.  Loch,  Valeat.,  Anteil  d.  Mark.  Eagenikns  an  d.  Fort- 

bestehen d.  griech.  Scbisma  durch  s.  Agitation  a.  d.  Kon- 
zile zo  Florenz  a.  nach  demselben.     (A  89)  Amberg  44     2 

54.  Möller,  Iw.  [v.],    De  Philostrati  in   compon.  memoria 

Apoüonii  TSfonensü  fide  1.                                                Anabach  58  6 

55/56.  — ,  Dgl.  n.  UI.                                                    Zweibrücken  59. 60  6<» 

57.  Naegelsbach,  Karl  Frdr.,  De  part.  ye  usu  Homer.    Nürnberg  30  49 

58.  — ,  Bxplicat.  et  emendationes  Platonicae.                       „         36  n 

59.  Roth^),  Karl  Ladw.,  Taciti  aliquot  per  figuram  ^V  dia 

^voiv  dicta.                                                                   Nürnberg  25  4S 

60.  — ,  Oratio  saecul.  (z.  300j.  Jubelf.  d.  Gymn.).                       „  26  „ 

61.  — ,  Grammat.  qaaest.  V  e  Tacito  repetitae.                         „  29  49 

62.  — ,  Bmendatt.  Tacitanae.                                                     „  ^V  „ 

63.  — ,  Deotsche  Obs.  d.  Schrift  d.  Tac.  aber  DeuUchland.        „  35  ^ 

64.  — ,  De  satirae  natura.    {IF  4)                                            „  43  r> 
64a.  Sorget,  Job.,   De  Tib.  et  G.  Graccbis  p.  I.  {X92a.  b\ 

116a.  b)  Erlangen  60    2b 

65.  Spengel,   Lnhd.,  Caecil.  Statu  comici   poetae  deperd. 

fragment.  ed.                                                       München  Alt.  G.  29  39 

66.  — ,  Emendd.  Varronianarum  spec.  I.                        „           „     30  40 

67.  — .  Spec.  comment.  in  Aristo t.  II.  de  arte  rhet.        „           „     39  n 

68.  Zeuß,   Kaspar,   D.  freie  Reichsst  Speyer   vor  ihr.  Zer* 

störg.  n.  urk.  Quellen  örtlich  geschildert  Speyer  4^i    59 

b)  Zeifs  (GiUenäeker  II)  (18«1— 1878).«) 

69.  Auteorieth,Gg.,SyDtax.comp.ferm.t.9i/em.(X<9.9/7(?^)i?r/0i}^.  68    12*) 

70.  Cron,  Christ.  Wh.  Jos.,  D.  delph.  Sprüche  d.  J.  480  v.Chr. 

(A  99.  WO.  129)  Augsburg  prot.  G.  63      T 

71.  — ,  De  oracnl.  Siphiis  edit.  vi  ac  polest.  (Gratulatioosschr. 

z.  4ü0jähr.  Jubiläum  d.  Univers.  Mönchen).     {X  2 — 4. 

10 112)  Augsburg  prot.  G.  72      „ 

72.  Dombart,    Hur.  ßroh.,    De  codd.  quibusd.  IL  Aogustin. 

de  civü.  Dei,  Nürnberg  62    20 

73.  — ,  Obersetzungsprobe  aus  d.  Miaue  Fei.  Octav,  „         64     „ 


^)  Auf  Roths  Nörnberger  Amtsreden  weist  Gutenacker  bin 
(a.  a.  0.  S.  51);  vgl.  K.  L.  Roth,  Kleine  Schriflen  päd.  u.  biogr.  Inhalts. 
Stuttg.  1857,  Steinkopf,  2  Bde. 

*)  Vgl.  oben  S.  62  Anm.  2—4. 

3)  Seitenangabe  nach  dem  Progr.  von  1875  (s.  o.  S.  113,  Nr.  20^ 
B.  tt.  C). 


TOD  R.  Ullrich.  ßS 

B* 

74.  Dombart,  Heiar.  Bernh.,  />.  KHegsgef.  d.  Plantoi,  übs. 

(X  i^J.  105a.  133)  Bayreuth  70      9  X, 

75.  Eaßier,  Adam,   Commentan'oL  'peiiUonü  ezaminat.  et  ex 

Baecbeieri  receas.  passim  emend.  H^ünburg  72    26 

76.  Grasberge r,  Lor.,  Carm.  saecolare.   (Z.  SOOjäbr.  Jubelf. 

d.  GymnafliniDs).  IFürtburg  61    24 

77.  — y  Obersetznngsprobeo  a.  Lo  er  et  ins.    {X21)  „         €2    2S 

78.  Grimm  1),   Jos.,    Der   xatixw  des   2.  Thessaloo.- Briefes 

(Cap.  n  7).  Regmabwrg  61    21 

79.  Gateoäcker*),  Jos..   Verz.  d,  Progr.  usw.  1824->1860. 

I.  A.  (Nach  A  est  alten.)  Bamberg  61      8 

80.  — ,  Dgl.  n.  B.  u.  G.  Nach  Verf.  o.  Gegenst.  (X  22'-'29)        ,,        6^      „ 

81.  Heerdegen,  Ferd.,  Üb.  lat.  Genusregeia.    £;  apolog.- 

kritisch.  Versach.  Erlangen  73    12 

82.  He  er  wagen,  Hnr.  Wh.,   Z.  Gesch.  d.  Nürnberg.  Ge« 

lehrtensch.,  3  Aktenst  a.  d.  J.  1485,  1575  n.  1622.  Nürnberg  63    20 

83.  — ,  GratalatioDsschr.  z,  200j.  Jub.  d.  G.  Bayreuth.  ^         64     „ 
84./85.  — ,   Z.  Gesch.  d.  Nürnberg.  Gelehrteasch.*)  1526 

—1535.  I.  n.  Nürnberg  67.  68     „ 

86.  — ,  De  Livii  L  XXVI  41,  18—44, 1.  {X 39-^44. 107)  Nürnberg  69     „ 

87.  Jan,   Ldw.  v.,    Aom.  %.  Enripid.  Hippol,   s.  Förderg.  e. 

gr'dndl.  Vorbereitong  (s.  o.  S.  64  Nr.  50).  SehnoeinfuH  61    22 

8Sw   — ,  D.  Erlang.  Gymo.  vor  o.  not  Db'derleias  Leitang. 

(X  46-52)  Erlangen  64    12 

89.  Loch,  Val., Material,  z. e.  lat  Gramm,  d.  Valgata.  {X53)  Bamberg  70      8 

90.  Meyer,  Wh.,  Beiträge  z.  Kritik  d.  Horaz-Scholiasten 

Porphyrioo.  München  Max.-G.  70    17 

91.  N  usch,  Aug.,  Vergl.  d.  Nibtktngenl.  m.  d.  lliae.  (X  111)  Speyer  63    23 

92.  Preger,    Wilh.,    Albrecht   von  Österreich    u.    Adolf  von 

Nassau.  München  Max.-G.  65  1,7 

92«.  Sörgel,  Job.,  De  Tib.  et  G.  Gracchis  pp.  II.  HI.  Erlangen  63.66  12 

92b.  —,  Dgl.  partic.  IV.  (X  64a.  116a.  b)  ,  Hof  69  14 

93.  Spengel,  Andr.,  Lectiones  Pia  atioae.  München  Ludw.-ö.  66  16 

94.  — ,  Die  Partikel  nonne  im  Altiatein.  „  „        67  ,, 

95.  — ,  D.  Hs.  Cod.  Angast.  I  Monac  d.  Demosth.      „  ^,         72  11 

96.  IJnger,  Frdr.,  Othryades.    Eine  hist.-krit.  Abhandlaag.       Hof  64  13 

97.  — ,  Die  letzten  Jahre  des  altrömischen  Kalenders.  „    70  14 

98.  Wecklein,   Nikolans,    Comm.  i.  Aristophanis    Ranat 

(GratoL-Schrift  z.  400j.  Jab.  d.  Univ.  München).  Münch.  Max.-G.  72    17 

c)  Zeifa  [Gutenäeker  III)  (1874—1884)*). 

99.  Antenrieth,  Georg,    Grnndzüge    der   Modaslehre   im 

Griechischen  ond  Lateiniscben.  Zweibrücken  75    38 

100.  — ,  Emendationes  Sophoeleae.  (X^^)  „  79     „ 

101.  Cron,Cbr.Wh.Jos.,  Kede  z.Wittelsbaeh-Feier.  Augsbg.  prat.  G.  80      8 

102.  — ,  3  Schulreden  (1.  Lessing  u.  d.  Schule.  2.  Goethe  n. 

d.  Schule.  3.  Schale  u.  Haus).   (X  2-^4.  70/1)  AvgMbg.proL  G.  84      9 

103.  Dietsch,  Karl,    Zur  Methodik   des  lat  ein.  Unterrichts. 

I.  Nomen  und  eiof.  Satz  in  d.  untersten  Lateinklasse.        Ho/  79    18 

104.  — ,  dgl.  n.   Der  einfache  und  der  zusammengesetzte  Satz 

in  der  Lateinschule.    (X 121. 150-^152)  „    80     „ 


')  Von    bekannten    Vertretern     der    exakten    Wissenschaften 
(vgl.  o.  S.  38  Anm.  3)  sei  hier  erwähnt: 

Günther,  Sigm.,  tFeifsenburg  a.  Sd.,  Latsch.  72    30. 
>)  Vgl.  0.  S.  113  Nr.  19  u.  S.  63  Nr.  27  u.  28  mit  Anm.  4. 
«)  Vgl.  o.  S.  64  Nr.  44. 
«)  Vgl.  S,  62  Anm.  2—4. 
Zatticlir.  f.  d.  OynuMiAlwMon.    LXL    SiipploiBOnik«ft.  J 


ßß     ProcpraiDDiwesea  und  Programmbibliothek  d.  hob.  Sebnlen, 

s. 

X«  t05.  Dombart,  Broh.,  OktmmUi  e.  Dialofr  d.  Minne.  Felix, 

105  a.   iiberg.  1. 0.    (X  72'-'U,  133)  Briangm  75,  76    16 

106.  Fiaseh,  Ad.,  Zum  Parthenon- Pries.  fß^ärzburg  77    37 

107.  He  er  wagen,    Heinr.  Wilh.,    Dentsehe    Leaestncke    mit 

lateinischer  Obersetznng.   (X  39^44, 82^80)  Nürnberg  76    29 

108.  Helmreieh,  Gg.,    ralfivov   mol  tov  Sta  rtj^  fffax^uf 

OifwlQag  yvfivaalov,  Galeni  lib.  q.  e.  de  parvae  pilae 
exereiUo.  Ad  codd.  prim.  coüat.  recensnit.  (A  123, 
106/7;  Xni  139;  XFlll  131)  Augsburg  prU.  G.  78     8 

109.  Krombacher,    Karl,    De   codd.   qnibns   Inlerpretameota 

Psendodositbeana  nobis  tradita  sunt     München  Ludw.-G.  83    24 

110.  Landgraf,  Gost.,  Die  Valgata  als  spraehlicbes  Vorbild 

d.  Konstaatin-Romans.   {X  123J6, 142, 162)  Spejfer  8t    35 

111.  Nasch,  Aug.,  Ronrad  IL  1.  d.  deatsch.  Sage  o.  Poesie.  {X  91)    „      75     „ 
lila.  Ohlensehlager,   Prdr.,    Die    römischen    Truppen    im 

rechUrheinisehen  Bayern.  {X  163)  München  Max.-G,  84    25 

112.  Renn,  Emil,  Ad  tria  Martialis  epigramm.         Lindau  LtscK  81    43 
US.  — ,  Novae  tres  ad  Martialem  commeotationes. 

(X 127, 144, 167-,  XFU  253)  „  „      S2    43 

114.  Rehmer,  Ad.,  De  schol.Victorian.  Homericis.  Münch  Ldw,-G.  74    23 

115.  —,   Ein   Dichter  n.  ein  Kritiker  vor  d.  Rtchterstnhle  des 

Herrn  R.  Peppmöller.  P.s  Kommentar  z.  XXlF.  B. 
der  lUas  kritisch  beleachtet.  {X  14516)  München  Ldm,'G,  77    24 

116 a.  b.  Sörgel,  Job.,  Demosth. Stud. L 0.  {X64a\  92a. h)  Hof  81, 84    18 

117.  Sp enget,  Aodr.,  Die  Akte-Binteilnng  der  Komödieu  des 

Plan  tos.  {X  93-^5)  Münchm  Max.-G.  77    25 

117a.  Stolzle,  Remig.,  Lehre  v.  UnendL  b.  Aristoteles.  L') 

Augsburg  St,  Sleph.  82    10 

118.  Welshof  er,  Karl,  Bin  Beitrag  z.  Handschriftenknnde  der 

Nai,Hist,d.P\ia\nB.  {XFn202\  Xrm  149)    Münch. Uw.-G.  78    24 
119/120.  ZeiB,   Joh.  Gg.,   Verzeichnis  der  Programme  etc. 

1 86 1  —  1 8 7 3  (s.  o.  S.  1 13,  Nr.  20)  2  Tic.  Landshut  74/5    22 

d)   Benn  {Gutenäcker  IV)  (1886— 1889)*). 

121.  Dietsch,  Karl,  Zor  Methodik  d.  lateio.  Unterrichts. 

IH.  Aus  einem  Lehrgang  der  lateinischen  Syntax  Tdr  die 

4.  Uteinklasse.   (A  W3I4. 150/2)  Hof  86    14 

122.  Doe  berl,  Mich.,   Reicbsonmittelbarkeit  o.  Schatz  Verhält- 

nisse der  ehemal.  Zisterzicaser-Abtei  Waldsassen    in 

den  drei  ersten  Jahrb.  ihres  Bestehens.  {X  130/2)  Passau  86    21 

123.  Helmreich,  Gg.,   Galeni  de  utüüate  partium  lib.  IV  ad 

codd.  prim.  collat.  rec.     {X  108. 156/7-,  XFll  159\  XHU 

131)  Augsburg  proL  G.  86      9 

124.  Hildeobrand,   Frdr.  Job.,    S.  Properti    elegg.   lib.  1 

commentar.  gramm.   instroxit    {X  138^140,  158-^161; 

XFU  26)  Frankenihal  Usch.  85    25 

125.  Landgraf,  Gast,  Die  Fita  Aleaeandri  Magni  des  Arcbi- 

presbyters  Leo  {Historia  de  pretiis).  Mach  d.  Bamberg, 
a.  ältesten  Münch.  Hs.  zum  ersten  Male  heraasgegeben. 
I:  Die  NekUnebassage  1  1—14.  Schwei^furi  85    22 

')  Bin  zweiter  Teil  ist  nicht  erschienen. 

')  Vgl.  o.  S.  62  Anm.  2  —  4.  —  Von  Vertretern  der  exaktes 
Wissenschaften  (vgl.  o.  S,  38  Anm.  3)  sei  hier  wiederum  genaont  (s. 
oben  S.  65  Anm.  1): 

Giinther,  Sigm.,    An^Mch  77,81     e)    S.  6. 
— ,  „  86    d)    S.  8. 


VOB  R.Ullrich.  67, 

8L 

126.  Landgraf,   Gast,   Uatenrachna^eo   sq   Caesar  nod  s. 

Fortsetzera,  iosbes.  üb.  Aotorseh,  u. Komposit.  d.  Bell. 

Alßxandr,  o.  ^fruuuaan.  {X  110, 142. 162)   München  fFilh.'G.  S8    t$  X« 

127.  Rena,    Emil,    Griechische    Ei^eonamen    bei    Martial. 

(X 11213. 144. 167;  XFll  2Ö3)  L<mdthut  89    16 

128.  Stan^l,   Thom.,    Tulliaoa    et   Mario-Victoriataaa. 

IX 147/8. 168)  Münehen  Ltp.-G.  88    17 

«)  Benn  iOutmäcker  V)  (1890—1895)  ^). 

129.  Antenrieth»  Gg.,  Eatwickloog   der  RelativaKtxe  im 

lodogermaaischea.  (X  69. 99. 100)  Nürnberg  All.  G.  93    23 

130.  Doeberl,  Mich.,  Zorn  Rechtfertigongsschr.  Gregors  VII. 

an  die  deutsche  Nation  im  Sommer  1076.      München  Ldm.-G.  91    18 

131.  — ,  Regesten  n.  Urkunden  z.  Geschichte  d.  Dipoldia ger 

Markgrafen  auf  dem  Nordgan.  Münehen  Ldw.-G.  93     „ 

132.  — ,    Die    Markgrafschaft   und    die    Markgrafen    auf   dem 

Nordgan.   (A 122)  Münehen  Ldw.-G.  94    23 

133.  Dombart,  Brnh.,  Die  Ansbach.  Gymnasialbibliothek 

im  18.  Jahrhundert   (X  72/4.  lOö.  lOöa)  Ansbach  93      6' 

134.  Dyroff,  Karl.,   Ober    einige    Quellen    des    llias-Dia- 

skeuasteo.  fFüraburg  A.  G.  91    28 

135.  Haury,  Jak.,    Qnib.  foot  Ael.  Aristides    usus   sit  in 

compon.  declamat  q.  i.  IIava&t[yauc6s.  Augsburg  Hg.  88  35- 

136.  — 9  Procopiana  I.  „           „    91  „ 

137.  — ,             „            II.  (X  löS)  München  Rg.  93  36 

138.  Hilden brand,   Frdr.  Joh.,    Matth.  Quad  und    dessen 

Europae  univertalis  ei  partieularis  deseriptio.    Beitrag 

z.  Gesch.  d.  deutsch.  Kartographie.  1, 11.       Frankenthel  Pg.  90. 92    30 

139.  >-,  a)  Beitr.z.  Gesch. d.Sudt  Frankeothal  I.  Obers,  d. Gesch. 

d.  höh.  LehransUlten  d.  Sudt  Frankenthal  >). 

140.  —,8)  Quellen  z.  Geschichte  d.  SUdt  Frankenthal  I. 

{X 124. 1Ö8'-161\  XFU  26)  Frankenthal  Pg.  94    31 

141.  Kerschensteiner,  Georg,   Die   Resultate   der   zweiten 

Gepatschfern  er -Vermessung  Sekweinfuri  93    26 

142.  Landgraf,  Gust.,  Das  Bellum  Alexandrinum  und  d.  Cod. 

AshburnhameasU.  (X  HO.  125. 126. 162)  Müneh.  JFK-G.  91    20 

143.  Melber,  Joh.,   Dio  Cassius  üb.  d.  gail.  Kriege  Caesars. 

I:  Kriege  m.  d.  Helvet.  u.  gegen  Ariovist.      Münehen  Max.-G.  91     „ 

144.  Renn,  Em.,  Verz.  d.  Programme  etc.  IV.  (t885<--89);  , 

vgl.  o.  S.  113  Nr.  22.  (X  112/3. 127. 167;  XVll  263)    Landshut  90  16 

145.  Roemer,  Ad.,  Beitr.z.Krit.o.  Ezeg.gr loch.  Schriftst.  Kempten  92  15 

146.  — ,  Homers  Ilia*.    Editionis  prodromus.  {X 114/5)  „        93  „ 
146a.  Stahlin,  Otto,   Beiträge  z.  Hss.  d.  Clem.  Alexandr. 

{X  167  a.  b)  Nürnberg  N.  G.  95    24 

147.  Stangl,  Thom.,  Virgiliana.    Die  grammat.  Schriften  d. 

Galliers  Virg.  Maro  a.  Grund  e.  1.  Vergl.  d.  Hs.  v.  Amiens 

u.  e.  erneut,  d.  Hss. ▼.  Paris  u.  Neapel  textkr. unters.  Münch.  Ltp.-G. 91     19 

148.  — ,  Bobiensia.    Neue  Beiträge  z.  Textkr  it.  u.  Sprache  d. 

Bob.  Gie.-S;chol.  {X  128. 168)  Münehen  Ltp.-G,  94     „ 

f)   Benn  {GtOenäeker  VI)  (1896-1902)  >)• 

149.  Beyschlag,  Frdr.,  O.Anklage  d.  Sokrates.  Neustadt  a.H.  00  25 
149n.  Buttmano,  Rud.,  Gesch.  d.  Gymn.-Bibl.  (Xm  17)  Zweibr.  98  35 
150/2.  Dietsch,  Karl,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Gymnas.  Hof.  I.  U.  III. 

iX  103/4. 121)  Hof  96/98    15 

i>  VgL  o.  S.  62  Anm.  2--4. 

>)  Vgl.  die  Berichtigung  von  E.  Renn  (Gutenäcker  FI)  S.  36  Aam.. 

5* 


ßS     Procprammwesen  and  Progriminbibliothek  d.  h5h.  Schalei, 

8. 

X.  153.  Dyroff,  Ad.,  Anlage  d.  stoiseb.  BSeherkataloge.   Würsbg.N.G.  96    34 

154.  — ,  Tierpsyeholog.  d.  Pinta rch.  y.  Chat r OD eia.  „  37     „ 

155.  Haury,  Jak.,   Zur   Beurteilg.  d.  Geschichtschr.  Proeop. 

(XlSö/7)  München  irk,-G.  97    23 

156.  Helnreieh,    Gg.,   Galen i    de  temperameniis  1.  I.    Ad 

codd.  primam  eollatos  recensait.  Augsburg  prot.  G.  97      7 

157.  — ,  GaL  dB  Hftima  eorp,  eonstitut.    Idem  de  bono  habäu, 

Aceed.  coroU.  var.  lectt  Ad  eodd.  prün.  coli,  reeeosnit 

(X 108. 123 ;  Xni  159;  XFlll  131)  Hof  Ol    15 

158.  Hildenbrand,  Frdr.  Job.,  Die  korfürsti.  Kriegs-  n.  Real- 

festnag  Prankentbal  in  der  Unteren  Pfalz.    FrankmOhal  Pjg.  96    36 

159.  — ,  SignacnL  mediei  oealar.  Rom.  in  agro  Franken- 

thal.  repert.  et  prim.  in  qoaeationem  voeatnn.    Franhmthal  Pg,  97     „ 

160.  — ,  Die  Überreste  der  roman.  Abteikircbe  Pranken- 

tbal i.  d.  PC  in  i.  kaltorgescb.  n.  arebit  Bedtg.  Frankenihal  Pg.  99     „ 

161.  — .  Die  Kollyrien-Stempel   der  gall.-röoi.    Augen- 

ärzte 1.     Nebst  Anhg.:    necoeil  de  sept  cacbets  d'oea- 

listes  etc.    {X  124. 138—140 ;  XHl  2$)  FnmkaäAal  Pg.  IM)    37 

162.  Landgraf,  Gnst.,  Beitrage  zar  bistor.  Syntax  d.  lat. 

Sprache.     (X  110. 120/6. 142)  München  Wilh.-G.  99    23 

163.  Ohleoacblager,  Frdr.,   Die  temporale  Verwendnag  der 

Formen  des  ZeitworU.    {Xllla)  München  Ludw.-G.  Ol    21 

164.  Reggel,  Fz.,  D.  dtscb.  Themata  ete.  I  (Forts.  II  {0:i)  n. 

HI  {flö)  vgl  o.  S.  156  Anm.  1,  XFll  89)                Neuetadta.H.,  02  25 

165.  Rehm,  Alb.,  Mytb.  Unters,  iib.  gr.  Sternsagen.  Münch.  ff'h.-G,  96  23 

166.  — ,  Eratostb.  Caimsteritmormn  fragm.  Vatieana.         Ansbach  99  6 

167.  Renn,  Bmil,  Verz.  d.  Programme  ete.  V  (vgl.  o.  S.  ]]3 

Nr.  23  n.  X  112/3. 127. 144;  XFIl  2ö3)  Landihut  96  IS 

167  a.  Stähl  in,  0.,  D.  Scholiea  z.  Clem.  Alex.    Nürnberg  N.  G.  97  27 

b.  — ,  Clem.  Alex.  o.  d.  LXX.    {X146a)  „  „     Ol  „ 

168.  Stangl,  Thom.,  Talliana.    Der  Text  des  Thee.  Hng.  Lat. 

za  Cicero  de  oratore.    {X128. 147/8)  München  Ltp,-G.  98    21 

169.  Stemplinger,   Ed.,   Studien  za  d.  *E&wwtt   des  Steph. 

V.  Byzanz.  München  Max. -G.  02    22 

170.  Zocker,  Ad.,  D.  Gebrancb  d.  Artikels  b.  Personen- 

namen in  Xenophons  Anabasis.  Nürnberg  N,  G.  99    27 

171.  — ,  Xenoph.  o.  d.  Opfermantik  i.  d.  ^ifoAtfm.     „  „      00    ^^ 

XI.  Die  badischen  BibliographieD  18S7~1887).M 

(vgl.  BOfl.  Abt.  3,  Nr.  17  und  18;  o.  S.  112  f.) 

a)  Fesenbeckh  (1887— 1862)  >). 

XL  1/2.  He  rtlein,  Frdr.  Karl,  Observat.  crit  in  Xenophontis 

Bist.  Graec.  H'}.  HL  IFertheim^)  L  41.45    19 

^)  Ober  die  Anordnung  (wie  bei  der  Auswahl  der  bayerischeo 
Programme)  vgl.  o.  S.62  Anm.  2 — 4. 

*)  Es  wird  hier  nur  eine  ganz  knappe  Auswahl  gegeben,  da  mir  eis 
großer  Teil  der  alteren  Programme  aus  Baden  infolge  des  mit  Nord- 
deutsc  bland  erst  sehr  spät  eingeführten  Taoschverfcehrs  nicht  zugänglich  war. 
Badi  sehe  SchuImäaDer  werden  hier  manche  Ergäazung  liefern  können.  — 
Übrigeos  enthält  das  Fesenbeckhsehe\eT%t\ch!a\%  leider  nicht  wenige  Druck- 
fehler (gerade  in  bezug  auf  Jahre  s  zahl  e.n),  die  hier  (z.T.  nach  iSoiA/cr; 
XI  b)  verbessert  sind;  auch  viele  Titel  sind  ganz  ungenau. 

')  Teil  I  erschien  1836  (verzeichnet  bei  Köhler -^  s.  u.  Nr.  XI  b  S.  4S). 

^)  Von  1809—1845  als  Gymnasium  bezeichnet,  bis  1872  als 
Lyzeum,  seitdem  wieder  als  Gymnasium  (vgl.  o.  die  TiAeile  (hinter 
S-  160)  Anm.  2). 


s. 

47 

17 

öO^) 

i9 

54 

18 

56 

17 

57 

n 

58 

18 

5B 

16 

von  R.  UUriciL  $$ 

s. 

3.  Hertleio,  Frdr.  Kar),  fimeodatiooes  Jalianeae.  U^erthmm  L  47    17    XI« 

4.  — ,  Rritiflche  Beioerkao^en  za  Julia o«  Schrift^o.  \, 

5.  — y  Beiträge  zar  Kritik  des  Polyaeaas.  ,, 

6.  — ,  Coniect.  crit.  ia  Jaliaai  orat,  atqae  epist,  „ 

7.  — ,  Spec.  oov.  Joliaai  Caesares  editioais.  „ 

8.  — ,  Zur  Kritik  u.  firkl.  v.  Xenophons  Anabasü  „ 

9.  — ,  Symboiae  criticae  ad  Aeoeam  Tacticnm.  „ 

10.  — ,  Konjekturen  zu  griechisehen  Prosaikern  J.  (haupts. 

Plato,  Xenophoo,  Julian).  Werthmm  L.  61    17.19 

11.  — ,  dgl.  IL  (haupts.  zu  Rednern,  Thokyd.,  Xenophon). 

(XI 36— 43)                                                          fTertheim  L  62  16 

12.  Kappes,  Karl,  Z.  firkl.  v.  Vergiis  Jineide  (B.  I).      Freiburg  5$  20 

13.  — ,  Erläut  z.  Gesch.  d.  röm.  Kitter  unt.  d.  Köoigen.       „        55  24 

14.  — t  Zur    Methode    des    Geschichts- Unterrichts    auf 

Gelehrtenschnlen.    (XI 47—54)  Freiburg  61    15.25 

15.  Kayser,  Karl  Phil.,  Bern.  üb.  e.  Stelle  des  Cicero.    HeidAet^  27*) 

20.  r^ußlin»),  Frdr.  Aug.,  Rede  Basilius'  d.  Gr.  an  chrütL 

JüngUnge  über  den  rechten    Gebrauch   der  heidnischen 
SehrifUteüer^  übersetzt  und  erklärt.  Mannheim  L,  38*)  17 

21.  — ,  Erkl.  d.  H  om.  Gesänge  a.  ihr.  sitt).  filem. ;  5.  Ges.        „  42     „ 

22.  — ,  Beantwort  d. Frage,  ob  d.  spät.  Vergessen  d.  Griecb. 

ein  Grund  s.  Verbann,  a.  d.  Schul,  werden  könne.  Mannheim  L.  43    16 

23.  — ,  Rollins  Anleäg,,  d,  Homer  zu  lesen,  deutsch.  „  47    11 

24.  — ,  Beitr.  zu  e.  anregend.  Erläuterg.  d.  Homer  nach  dem 

Elemente  des  Sittlich-Schönen.   1)  des  8.  Gesanges  der 

Oe^fMe;  2)  einiger  Pia  ton.  Stellen  a.  Homer.    Mannheim  L  48     „ 

b)  Köfder  (1868-1887)"). 

25.  Baumgarten,    Fritz,    Ein    Rundgang   durch    die    Ruinen 

Athens.     (XFI 4a;  XFIU 125)  H'erlheim  87    49 

26.  Bis  sing  er,  Karl,  Funde  röm.  Münz.  i.  Baden.  (XIF53I4; 

XF  77. 183;  XVII 15, 95  a;  XFIl!  73. 126)     Donaueschg.  Pg.  81    51 

^)  Trägt  bei  Fesenbeckh  fälschlich  die  Jahreszahl  1860. 

«)  Vgl.  h'öhler  (XI  b)  S.  12. 

')  Vgl.  dessen  Biographie  von  Fritz  Baumgarten,  Progr,  Frei- 
bürg  ß.  1896;  s.  a.  die  ältere  Schrift  von  P.  Behaghel,  Progr,  Mann- 
heim L.  1851. 

*)  Von  älteren  Programmen  dieses  bekannten  badischen  Schulmanns 
seien  erwähnt  (vgl.  RbhUsr,  XI  b,  S.  26): 

16.  Einige  Vorerinneruogen.  Mannheim  16 

17.  Vorbericht,   eine   Erklärung  enth.,   die   den  Zweck  hat, 

„gewissen  Mißverständnissen  durch  einige  vertrauens- 
volle Worte  zu  begegnen*'.  „       28 

18.  Des  Perikles  Standrede  auf  die  gefall.  Athener  (Thuk. 

II  33 — 46)  übersetzt,   mit  Einleitung  u.  Anmerkungen.  „       Si 

19.  KriUm,    Ein  Platonischer  Dialog  über  Gesetzlichkeit, 

Volksurteil  und  Selbstbestimmung.  „       35 

*)  Das  Köhlersche  Verzeichnis  (s.  o.  S.  113  JVr.  18)  enthält  zwar 
auch  Programme  aus  älterer  Zeit,  sogar  viele  aus  dem  18.  Jahrhundert  (so 
die  von  Karlsruhe  G,  seit  1721,  von  Heidelberg  G.  seit  1760,  Rastatt  G,  seit 
1719,  IVerQuim  G,  seit  1772),  wie  es  in  Deutschland  überhaupt  bisher  die 
einzige  Sammlung  ist,  in  der  ein  Versuch  gemacht  ist,  für  alle  Gebiete 
(für  einzelne  vgL  z.B.  o.  S.  116  Nr.  38)  die  ganze  Programmltteratnr 
eines  Staates  möglichst  von  Anbeginn  der  ganzen  Einrichtung  zu  ver- 
einigen ;  doch  ginge  eine  Berücksichtigung  dieser  Literatur  über  den  Rahmen 
der  vorliegenden  Arbeit  hinsus;  Tor  die  älteren  Programme  des  19.  Jahr- 
hunderts vgl.  0.  die  Bemerkung  S.  68  Ann.  2. 


KKarUr.  L  11    19 


70     Programmweseo  od4  Programmbibliothek  d.  höh.  Seimlei, 

8. 

XL  27.  EgoDolff,  Pet,   BrotemaU  gramm.  ex  arte  DioBysiaaa 

orianda  max.  pari,  nuac  primnm  edidit  Mannkeim  80    28 

28.  -->,  Die  orthoepUehea  Stücke  der  byzant.  Lit   {XIF64)      „        87     „ 

29.  Feeeabeckhy  Ladw.  Friedr.,   Das  Programmeaiastitnt 

in  Großh.  Badeo.    (g.  XIa  o.  o.  S.  112,  Nr.  17)  Lahr  63    25 

30.  Hartfelder,  Karl,  Qaellea  v.  €ic.  2  BB.  de  dwinai.    Freiburg  78     7 

31.  — ,  Die  alten  Zanftordnangen   der  Stadt  Freibarg, 

hrsg.  und  mit  Anmerkoogen  versehen.  Freiburg  7$     „ 

32.  — ,  Deutsche  Obersetzimgen  klassischer  Schriftsteller  ans 

dem  Heidelberger  Hnmanistenkreis.  Heidelberg  84    14 

33.  -*,  Unedierte  Briefe  von  Rad.  Agricola.  „        ^« 

34.  Hebel,  Joh.  Peter,  filnladang  za  den  öffentlichen  Prii- 

fangen.    Programm^)  der  Vorträge: 

1)  Kare  wäre  das  measchliehe  Leben?    Nein,  es 

ist  lang  (lat). 

2)  Nil  mortallboa  ardaam  est  etc.  (deatseh). 

3)  Jedes  Zeitalter   stellt  große  Master  für  die 

Nachwelt  aaf  (frz.). 

4)  Lobrede  aaf  den  RSoig  Persona  (l*^-)* 

5)  Die  fehlerh.  Seite  i.  Charakter  Ciceros  (dtseh). 

6)  Ober  die  Klage,  daß   sich  die  Zeiten  immer 

ins  Schlimmere  verändern  (deatseh). 

35.  Heraens,  Karl,  Z.  Math.  d.  CJnterr.  i.  d.  griech.  Formenl. 

Uli  68;  FinS8;  XIII44.12S)  J^einheim,  Benders  IntL  53    57 

36.  Hertlein,  Friedr.  Karl,  Variae  leet.  adJnliani  Caesare* 

e  eodd.  enotaUe.  ff^eriheim  63  49 

37/9.  — ,  Beiträge  z.  Kritik  d.  Diodonis  I II  1  a.  2.  „  64/66  „ 

40.  — >,  Zar  Kritik  der  1.  Rede  Jaliaas.  „        69  „ 

41.  — ,  Beiträge  znr  Kritik  des  Diodoras  [IH].  „       71  „ 

42.  —,  Zar  Kritik  der  Reden  des  Themistias.  „        72  „ 

43.  — ,  Konjekt.  za  griech.  Prosaikern  HP).  (Xt  1-^11)     „       79  „ 

44.  Hilgtrd,  Alfr.,  De  art  gramm.  a  DionysioThrace  comp. 

interpretat.  veteribas  in  singnL  commentarios  distriba- 

endis.    Accednnt  explanationes  ineditae.  Heidelberg  80    U 

45.  — ,  ExerpU  ex.  11.  Herod.  Technici.    (XFl  1Ö6)  „         87    ,, 

46.  Hitzig,  Herm.,  Beiträge  zar  Textkritik  des  Pausanias. 

(X// 14/5)  Heidelberg  73    « 

47.  Kappes,  Karl,  Zar  Erkl.  v.  Vergils  ^hom^s.   (B.  H)    Ronetan*  63   24 
48.—,  „      „     „         „  „   (B.lII)Z;oiiaveidk.P^.^^    51 

49.  — ,  Zam  deatsch-Iateia.  Wörterbuch.  n  68    „ 

50.  — ,  Rede  bei  Brölfnang  des  Neabaus  des  Rg.  ia  KarUrahe 

(mit  Beschreibang.  des  Gebäadea).  KarUruhe  Hg.  76   52 

51.  — ,  Zar  Real  schalfrage.  „  77    „ 
52/4.  ^  Zar  Gesch.  der  Aastal t  I/m.  (Ai/S—i4)            „         8315    „ 

55.  Köhler*),  Jak.,  Die  Hss.  a.  Inkan.  d.  Gymnas.-Bibl.        Haetatt  86    45 

56.  Sallwark,  Ernst  v.,  Die  Syntax  des  Vulvila.         P/orskeim  75    30 
57/8.  Schiller,  Herrn.,  D.  stoische  Oppos.  u.  Nero  1 1.2.  H'ertheim  67/8   49 

59.  — ,  „        „  „       »>    II     1 3.         KarUruhe  69  22 

60.  — ,  Pädag.  Zeitfr.    1.  Das  Griech.  im  Gymn.    {Xin56)  Honstmz  75  24 

61.  Schmalz,  Jos.  Heior.,  Glogiam  Ferdinand!  Caspsri.    Mannheim  79  28 

62.  — ,  Die  Latinität  d.  P.  Vati n ins  (Cic  ad  fam.  V9  u,  10)    „       81  ^ 

63.  -•,  dgl.  d.   Asin.   Pollio   (Cic  ad  fam.  XSl--^)  mit 


1)  Dies  Programm  aas  älterer  Zeit  ist  aasnahmsweise  aafgeaoBffleoi 
om  der  Person  willen,  anter  deren  Leitnng  sich  sein  Inhalt  abspielte,  iui4 
wegen  der  Stoffs,  die  damals  behandelt  worden  sind. 

»)  1  a.  n  s.  0.  Nr.  10/1. 

')  Der  Verfasser  der  hier  henatzten  Programm -Bibliographie. 


n 
n 


von  R.  Ullrich.  7J 

B. 
Berücksichtig,    dar   bei  Qaiotil.,   Seoeca  etc.    über!. 

Fragm.  a.  deas.  Red.  u.  tieschichtsb.  {XIF41)  TmherhUehoftk.  82  46 

64.  Sitzler,  Jak.,  £mendatioaes  Theogoideae.                     Baden  78  4  XI* 

65.  — ,  De  Xeoophooteo  q.  f.  Hierone»             TauberbischofMheim  74  46 

66.  — ,  Soloa  als  Dichter.                                                   „                  SO  „ 

67.  — ,  Studien  z.  d.  Elegiker  Theogois  I.                      „                  ^  n 

68.  — ,  Die  Lyriker  Bomelos,   Terpaoder  n.  Alkmao  im 

Verhiütais  za  Homer.  Tauberbüchqfthmm  86  „ 

69.  S  t  a  d  t  m  u  1 1  e  r ,  Hg.,  Beitr.  z.  Textkrit.  d.  Enrip.  Medea,  HeÜMff.  76  14 

70.  —,  Emendd.  io  poet.  Graee.    {XFlil;  XFI 202)  „         82  ,, 

71.  Thorbecke,  Aug.,  Casaiodoros  Senator.  ,,         67  ^ 

72.  — ,  GesU  Theodorici.  „         74  ,, 

73.  Uhlig,  Gast.,  Append.  art.  Oioays.  Thr.  ab  (J.  reeens.      ,,         81  „ 

74.  Weodt,  Gostav,  Zwei  Schnlreden.     (14.  VUl.  70  nad 

19.  I.  71)  Karlsruhe  71    22 

75.  — y  ZamLehrpl.  d.  Gymnas.  (L'at.,  Deatsch.,'Grtech.).      „        77     ,, 

76.  — ,    ,y  „        „        „        (Geogr.  o.  Geschichte).      „        79 

77.  — ,  Oberbl.  d.  Gesch.  d.  Gym aas.    (Z.  300j.  Jnbelf.).      ,,        816 

78.  ~,  Festrede  z.  300  j.  Jabil.   des  Gym  aas.    {XFU79),      ,,        87 

79.  Ziegler,  Theob.,  Aofäage  einer  wisseoschafUichen  Ethik 

bei  den  Griechen.    {JUI62)  Baden  79 


XU.  Ans  der  Sehireix  (1866-1889)>). 

Büeler  (vgl.  Bibliogr.  Abt.  3,  Nr.  37;  s.  o.  S.  116). 

1.   Allgemeines.    Schalgeschichte. 

1.  Fröhlich,  Franz,  Zar   Eiaaerang    an    Alt-Rektor    Rod. 

Rancheastein.  /larau  /T.')  80      2  XIL 

2.  Grob,  Karl,  Unsre  städt.  Schole  o.  i.  Zukonft     Aarau  st.  Seh.  76      3 

3.  Hagen,   Herrn.,    Jac.  Bongarsias,  e.  Beitr.  z.  Gesch.  d. 

gelehrt  Stud.  im  16.— 17.  Jahrb.  Bern  K.  G.  74      9 

p;5lt«.**r»»     I    Zar  Geschichte  der  Zürcherischen   lyjt^'^t,    oo    «i 
Sli.xikerfFr  j  «••'•■»«•>»»•  (1893-1883)  (XII 13)  j^""**  ^    " 

5.  Miihly,  Jakob,  Mensch  and  Tier.    Eine  Erzahlnng  Tdr  die 

Jogend.   (XII 20—24.  45)  Basel  Rg.  57      6 

6.  Vögelin,  Sal.,  Zar  Erinoeraog  an  Joh.  Ulr.  Faesi.    Zürich  K.  70    30 

2.   SpraehBnterrieht. 

7.  [Kahn,  Alb.],  Die  klass.  Philol.  als  Bildnngsmittel.  Eine 

historische  Skizze.     {XII 43,  56.  57)  Einsiede  Ben.'St,  69    13 


I)  Hier  tritt  wieder  (wie  io  Nr.  I-IX;  aber  X  a.  XI  vgl  o.  S.62 
Anm.  2— 4  and  S.  ^^  Anm.  1)  die  systematische  Anordnung  ein.  Die 
Aaawahl  schweizerischer  Programme  ist  absichtlich  mit  großer  ZarUck- 
haltong  getroffen.  Abgesehen  von  Soßeren  Hindernissen  (es  kommt  bekannt- 
lich nor  eine  ganz  kleine  Anzahl  dieser  Programme  in  den  dentschen  Taasch- 
verkehr;  vgl.  aoch  oben  S.  68  Aom.  2)  fiel  hier  der  Umstand  ins  Gewicht,  daß 
bei  einem  großen  Teile,  zamal  aaf  dem  Gebiete  der  Landesgeschichte  im 
ganzen  wie  der  Schalgeschichte  im  besonderen,  der  Bearteilaog  durch  Nicht- 
aebweizer  eigenartige  Schwierigkeiten  entgegenstehen.  Schweizerische  Schal- 
manner  werdea  hier  ohne  Zweifel  viele  wertvolle  Ergaazangen  liefern  können. 

>)  Innerhalb  der  einzelnen  Abteilongen  ist  die  Ordoaog  alphabetisch 
nach  Verfas  sern. 

*)  AI  »s  Kaotonschole. 


>« 


12     Prograniinwesen  und  Programmbibliothek  4.  höh.  Seholen, 

5. 

B. 

1.    Ailgemeiae  Sprachwisseoachaft. 

XII.    8.  R aegi,  Ad.,  D.  R ig-Veda,  die  alt.  Lit.  d.  lader  I.  H.  Zürich  K.  78/$  30 

2.    Altertamswiaseoschaft 

9,  Bernoalli,  Job.  Jak.,  Die  Laokooograppe.           Basel  Päd,  63  4 

10.  — ,  Die  Bildaifse  dea  älterea  Scipio.                           „       ,)     7<$  5 

11.  — ,  Die  erhalt.  BUdaiaae  berühmter  Grieehea.  „       „     77 

12.  Dziatsko,  Karl,  Die  Plaatiaiaeheo  Prologe.          Lustm  K,  07  17 

13.  Finsler,  Gg.,  Raveaaa  in  d.  rSm.  Kaiaerzeit.  {Xll  4)  Zürich  K.  86  31 

14.  Hitzig,  Herrn.,  Weitere^)  Beiträge  zar  Texteskritik    des 

Pansanias.                                                                 Burfcdorf  76  10 

15.  ^,  Studien  so  Isaeas:    {Xl4ß)                                Bern  R.,  G.  83  9 

16.  Hng,  Arnold,   Antioehia   nad   der  Aufstand  des  Jahres 

387  n.  Chr.                                         fTiiderthur  höh.  StadUch,  63  26 

17.  Jacoby,  Karl,  Sprache  d.  Dionys  v.  Halik.  in  der  Adni. 

ArehäoiogiB,                                                                Aarau  K.  74  2 

18.  Riefiling,  Ad.,  Znr  Kritik  der  Rom.  Archäd.  d.Dioays 

V.  Hai.    (Vm  32)                                                      BtutA  PätL  68  5 

19.  Lnterbaeher,   Franz,  Prodigienglanbe   n.   Prodigienstil 

der  Römer.                                                                  Burgdorf  SO  10 

20.  Mähly,  Jak.,  Znr  Kritik  des  LehrgedichU  Aetna.      Basel  Päd.  62  i 

21.  — ,  Varroniaoa.                                                             „        „     65  5 

22.  — ,  Das  30.  Idyll  d.  Theo^rit                                      „        „     72  „ 

23.  — ,  Satnra.                                                                       „       G.    86  „ 

24.  — ,  1.  Die  Sonnenhelden  der  Mythologie.  2.  Sophok» 

leischea.    (XJIö,4S)                                                 Basd  G.  89  6 

25.  Mettaaer,  Tb.,  Com.  Nepos,  s.  Leb.  n.  s.  Schrift.  Muri  Bz.'Seh.  82  20 

26.  — ,  Solon  als  Diehter.                                                 ,,         „       84  „ 

27.  ~,  Die  Philosophie  des  Sokrates.    (XJl 34)             f,          „       ^^  » 

28.  Nietzsche,  Friedr.,  Beiträge  zur  Qnelleokoade  n.  Kritik 

des  Laertius  Diogenes.                                        Basel  Päd.  70  5 

29.  Oeri,  Job.  Jak.,  Novaein  responsionem  Aristophaneam 

animadversiones.                                                     Schaffhausen  76  23 

30.  — ,  Interpolation  n.  Responsion   in  den    iambiseben  Partien 

der  Andramache  des  Enripidea.                          Sehaffhausen  82  24 

31.  — ,  Götter  n.  Menschen  b.  Bnrip.    (XFIW ;  XFJl  176)    Basel  89  6 

32.  Pltifi,  Theod.,  D.  Reiz  erzähl.  Dichtg.  n.  d.  An.  Vergils.    Basel  82  5 

33.  — ,  Die  Eröffonogsszeoe  J.  JS/eA^ra  d.  Soph.    (XFI 188)        „     89  6 

34.  Ranchenstein,  Rnd.,  fimead.  in  Aesch.  Eumenides.   Aarau  R.  So  1 

35.  — ,  Emendatiooes  io  Aeschyl.  Agamemnon.    (XII  öS)         „        SS  „ 

36.  Ribbeck,  Otto,  Baripides  und  seine  Zeit.  (///  72)    Bern  R.,  G.  60  8 

37.  Wirz,  Bans,  De  fide  atqoe  anetor.  cod.  Sallast.  q.  Paris. 

in  Bibl.  Imp.  o.  1576  asser vatnr.                                Aarau  R.  67  2 

38.  —,  Kritik  d.  J.  &i(tro  Jnyenals.    {XFI 21S)                     „        68  „ 

39.  Wölfflin,  Ed.,  Liv.  Krit  n.  Sprachgebr.  ßf^interth.  höh.  Stadtseh.  64  26 

3.  Neuere  Sprachea  und  Literaturen. 

40.  Bächtold,  Jakob,   Über  Schillers   Demetrius.    {XIIS2) 

Zürich,  Lehrerinn.'S.  88  31 

41.  Ettmüller,  Ldw.,   Vers.    e.  strengeren  krit.  Behaadlnng 

altnd.  Texte.                                                                Zürich  R.  S^  30 

42.  Hirzel,  Ldw.,  Schillers  Beziehungen  zum  Altert.    Aarau  R.  72  2 

43.  Kuhn,  Alb.,    Ideelle  a.  ästh.  Bedeutung  d.  mhd.  Poesie. 

XII  7. 5617)                                                    Einsiedeln  Ben.-St.  74  13 

^)  Der  Anfang  erschien  als  Progr.  d.    G.  z.  Heidelberg  1873  (s.  o. 
S.  70  Nr.  46.). 


9» 
'9 


von  R.  Ullrich.  /^ 

44.  Kurz,  Heior.,   Walthers   v.    d.  Vogelweide    Herkunft 

and  Heimat.  Aarau  K.  63  1  XII, 

45.  Mähly,  Jak.,  Friedrich  R'dckert.     (KU 5,20^24)      Basel  Rg,  69  6 

46.  Wackernagel,  Wh.,  Unldeatschnngfremd.Wö'rter.      „  Päd.  61  4 

47.  — ,  6  Brochstacke  einer  Nibelangen-Hs,  aas  der  mittel- 

alterlichen Sammlang  za  Basel.    {XU  58)  Basel  Päd.  66      5 

48.  Breitinge r,    Heinr.,    Aphorismen    zar  französ.    Gramm. 

a.  Phraseologie.  Frauenfeld  K,  61    14 

49.  — ,  Zar  Gesch.  d.  franz.  Gramm.  (1530—1647)  „  ,,   68 

50.  — ,  2iaion  Ramboaillet  o.  s.  kalturgescb.  Bdtg.  ,,  „    74 

51.  Tobler,  Ad.,  Bruchstück  a«  d.  Chevalier  au  lion  nach  der 

Vatikanischen  Hs.  Solothurn  h\  62    24 

4.  Mittlere  uad  neuere  Geschichte. 

52.  BSchtold,  Jak.,   Der   Minorit  Georg  König  v.  Solothurn 

u.  s.  Reisebeschreibungen.  (XU  40)  Solothurn  K.  74    24 

53.  Hnoziker,  Otto,  Wallenstein  als  Landesherr,  insbes.  als 

Herzog  v.  Mecklenburg.  Zürich  K.  76    30 

54.  Mettaner,  Th.,  D.  Femgerichte  Westf.  (XU 23/7)  Muri  Bz.-Sch,  86    20 

55.  RaueheusteiB,  Rad.,  Winkelrieds  Tat  b.  Sempacb  ist 

kelae  Fabel.    (XU  34135)  jiarau  K.  61      1 

5.    Kunst  des  Mittelalters  und  der  Neuzeit. 

bßßl.  Kuhn,  Alb.,  Der  jetzige  Stiftsbau  Maria-Einsiedeln.    I. 

II.    (XU  7.  43)  Einsiedeln  Ben,-St,  81/2    13 

58.  Wackernagel,    Wh.,    Die  goldene  Altartafel   v.  Basel. 

(XU  4617)  Basel  Päd.  57      4 

6.  Religionswissenschaft. 

59.  Furrer,   Konr.,   Allg.  Religionsgeschichte  u.  relig. 

Bildung.  Zürich  Lehrerinn^-S,  84    31 

60.  Herzog,  EdL,  Abiassungsz.  d.  Pastoralbriefe.      Luzem  K,  u.  Th.  72    17 

7.    Philosophie. 

61.  Göring,  Hag.,   Sophie  Germain.    Ein  Lebensbild  a.  d. 

Geschichte  d.  Philosophie.  Basel  Gwbsch.  79      8 

62.  Ziegler,  Theob.,   Die  Vertragstheorie.     Ein  Kapitel  a.  d. 

philos.  Lehre  v.  Staat.  (XI  79)        fFinterihur  Höh.  SUuUsch.  74      26 


XIII«  Klufsfnann  [!•]%     (Gebiet  des  TenbnerfMslieD  Tansch- 

rerkelirs').    (1876-18$4)*). 

(vgl.  BibUogr.  Abt  3,  Nr.  14;  o.  S.  112). 

A. 

1.  Allgemeines.    Seh  ulgesehichte.    Schulreden. 

1.  Capelle,    Karl,   Z.  Erinnerung  a.  H.  L.  Ahrens  (vgl.  o. 

IX  13  a).    (Xn  6)  Hannover  L.  I  82    45  XIII. 

2.  Elleodt,  Gg.,  Ob.  SehSlerbibl.  [11}  (s.  o.  IX  la)  Kömgsbg.  Fr.-K.  78      3 

3.  — ,  DgL  lu.   (nusi-,  xmo/i)  „         „     84.   „ 

1)  Die  Anordnang  in  Nr.  XIII--XVI  (1876—1900)  folgt  im  ganzen 
der  Ton  RluBmann  selbst  gegebenen;  doch  aind  Arbeiten  derselben 
Autoren,  falls  sie  nicht  ganz  verschiedenen  Gebieten  angehören,  tunlichst 
an  derselben  Stelle  genannt,  um  den  Überblick  über  das  von  ihnen  Ge- 
leistete zu  erleichtern.  Innerhalb  der  einzelnen  Abteilungen  ist  die 
alphabetische  Ordnung  maßgebend. 

2)  Ober  die  Beteiligung  vgL  o.  S.  169  ff*. 

*)  Bayerische  Programme  dieses  Zeitraums  sind  unter  Nr.  X»  c 
und  d  (s.  0.  S.  ^Jir.),  badische  dgL  unter  Nr.  XI b  (o.  S,  ^^ff.)  genannt 


7^     Prograamweseo  and  Programmbibliothek  d.  hob.  SchaIeD, 

XIII.    4.  Ehwtld,   Rod.»    GedächUiar.  auf  J.  Marqnardt  (vgl.  o. 

n  48;    XIII 109;    XIF  67;    XF  85.   187;    XH  143; 

Xni  162)  Gotha  83    56 

Flathe,  Th.,  a.  Nr.  24b. 
5.  Grnhl,  Em.,  Lehrverfassoog  d.  Realsehnle.  (vgl.  o. 

S.  52  Aom.  J,  S.  ^  o.)  MiOheim  {Ruhr)  77.  77       7 

6/9.  Ho  che,  Rieh.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  St.  Joh.*Sch.  i.  Bambg.: 

1.  Stiftoogeo.    11.  Reformverhaodl.    a.  Direktion  Job. 

Garlitta.    III.  Ordnungen  im  16.--18.  Jh.   [IV].  Er- 

gKnz.  o.  Naehtr.  z.  I  (Stiftongeo).  Hambg.  GeL-Seh.  d,  Joh.  77.79.  84  45 
9a.  — ,      Fr.     Aog.     Wolfs    Briefe     an    Joh.    Gnrlitt. 

(XiriO)  Hamburg  Gd^-Sch.  d.  Joh,  81  202 

10/14.  Jäger,  Oak.,  Lebrpi.  d.  Anst  f.  1877/8,  79/80,  82/3, 

83/4,  84/6.  (r6;  H  20.  34;  Flll  11;  Xlll  131;  XIF 94; 

XVI 28)  Köln  Fr.  fFK-G.  77/9.  82/4      5 

15.  Kleiber,  Ldw.,  Z.  Gesch.  d.  Baves  d.  Doroth.  R.  Ein- 

weihnngsrede.  Baobesehreibong.  {Fl  1.  2;  Flll  2)  Berl.  Dar.  R.  76  40 

16.  Koldewey,  Frdr.,  Gesch.  d.  G.  z.  Wolfeobättel.    11.  (D. 

bish.  Schulhaas.  Akteomäfi.  zaaammengest.)  fFoCfenhüM  79    52 

17.  — ,  D.  brsehwg.  Sehaldirektoriam  a.  d.  Bolzmindener 

Sehalordng.  v.  1787.  HoUmmdm  84    39 

18.  — ,   Gesch.  d.  Rg.  z.  Brannschw.    1.  Nach  gedr.  a.  nngedr. 

Qaell.  zaaammengest  {FI  93 ;  Flll  4;  IX  5;  XlF  13. 197; 

XF 11 ;  XFII 34/5 ;  XFIII 27)  BraunMchwatff  Rg.  85    41 

19.  Kroschel,  Sam.,  Bem.  üb.  d.  früh.  Gedächtnisfeier  d. 

Graf.  Katharina  v.  Sehwarxbg.  jtmHadt  77  40 

20.  — ,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  neaen  G.-Gebiades.  „        79  ^ 

21.  — ,  liitt.  üb.  das  v.  Beeksebe  Legat.  „        80  „ 

22.  — ,  D.  Arnst.  lat.  Seh.  z.  Z.  d.  Reformat    (XIF  14/5; 

XF  IIa.  b)  AmHaii  85    „ 

23.  K5bler,  Otto,  Aos  d.  erat  25  J.  d.  Best  d.  Anit  (11113; 

XIII 52)  BerÜH  fFh.-G.  83   41 

24a.  Peter,  Herm.,    Karze  Gesch.  d.  Baas  o.  d.  Einweihg.  d. 

neuen  Geb.  {IF  94;  FII20;  XIII 166;  XF  15/6)  Meifsm  80    48 

b.  Plathe,  Th.,  Epist  aliq.  rect  Afran.  (F8;  Flll  44)         ,,        „     „ 

25.  Meltzer,  Otto,    Mitt  ab.  d.  Bibliothek  d.  Kreuzsch. 

(Flll  27;  1X3;  Xlll  151;  XFII  45)  Dresden  Rrssch.  80  204 

26.  Rothfochs,  Jal.,  Parallele  a.  sich  schneid.  Linien  sokrat 

a.  Christi.  Lebensweisheit.  Gütardoh  78   57 

27.  — ,  Dichtung  u.  Wahrh.  i.  Unterr.-StoK  (IX  11;  Xlll  230; 

XIF  23)  Gütardoh  85    „ 

28a.  Schape r,  Karl,  IRed.  a.  Sarge  v. A.  Seebeck.  {IF18;  BerLJch.  G.  85    iß 
b.  Scholz,  Herm.,iFI30;  Flll  10;  IX 40) {XIF 25a) 

29.  Scher  er,   if.,  Pflege  d.  Beobachtung  u.  ihr  Wert  f.  d. 
menschl.  Bildung.  Gi^sea  85     1 

30.  Stein  hart,  Qaintiu,  Größere  Reisen  mit  Schülern.  Duidtg.  Rg.  85     1 
31/4.  Vogt,  Gid.,  Leb. u. päd.  Bestreb.  Ratichius'.  MV.  Koitd  76.7.9.81   3S 

35.  — ,  Qoell.  u.  Hilfsschrift,  z.  Gesch.  d.  Ratiehias.        „      82  39 

36.  — ,  SUtist  Roekblicke  a.  d.  Gesch.  d.  G.  „      85  41 
37/40.  Wallner,  Jul.,  Gesch.  d.  G.  z.  Iglaa  [bis  1773].  (Bin- 

leitg.,  I,  II  [1.  2J).  {XIF  26;  XFII  75)  Iglau  8011.83/4   46 

2.   Einzelne  Unterrichts fä eher. 

a)   Religion. 

41.  Fauth,   Franz,    Darstellg.   d.  Glaub.-  u.  SittenL    (1X53; 

XF  31)  Höxter  81     9 

42.  Hollenberg,  Wh..    Beitr.  z.  e.  schulm.  Behdig.  d.  Hode- 

getik  a.  Enzyklopädie.  (Flll  46)  Saarbrüehan  82   10 


von  R.  UUrleb.  75 

43.  Mexg^er,  K.  L.  Fr.,  GeMwU  Kap,  t—3  f.  d.  erste  Stnfe  d. 

Rel.-Ü.  i.  Ober-G.    (IF  10)  Schönthal  Th.  S.  76    10  XIII. 

b)   Grieobiscb. 

44.  Heraeus,  Kl.,   Eiordhrg.  L  d.  Horoer^Lekt  (m.  Vokabal. 

!•  Od.  I.  UllßS;  mi2S\  1X35.  126)  Hamm  16    12 

45.  Mommseo,  Tyeho,  Gr.  Pormeal.  (Fl 51;  Fl!  18-,  mi3\ 

IX  18 ;  XIII 156IS)  Frankfurt  a.  M.  83    13 

46.  Scbimmelpfeng,  Gu«t.,   D.  kriech.  Lektüre  i.  Prima. 

{FI  20;  nil  89;  XV  59)  Ilfeld  81     „ 

e)  Latein. 

47.  Drenekhabo,  Otto,    Leitf.  z.   lat  Stilistik  f.  ob.  Kl. 

{Xlf^  40^  Mühlhauten  t.  Th.  84    14 

48.  Hey  na  eh  er,  Maz,   Waa  er;,  sieh  a.  d.  Spraebgebr.  Cae- 

sars i.  M.  Gaü.  f.  d.  Behdl|r.  d.  lat.  Synt  i.  d.  Seh.?  Norden  81    15 

49.  — ,    Lebrpl.  d.  lat.  Fornenl.    {XII1127;  XF56;  XFI27; 

Xni209)  Norden  83     „ 

50.  Kniepen,  Hern.,  D.  rSm.  Kriegsw.  b.  Caesar.  Neufi  80  121 

51.  Röpke,  Rbld.,  D.  lyr.  Versm.  d.  Horaz  erklSrt.   {H 39. 

FIll  71. 111)  Landsberg  a.  W.  83    „ 

52.  Kubier,    Otto,  Semestralkorse   d.  lat.  U.  L  VL    (i//i<?; 

XIII 23)  Betlm  »'h.-G.  80    „ 

53.  Lattmann,  in].,  Die  Kombinat  d.  metbd.  Prinzip,  i.  lat 

U.  d.  nat  n.  mittl.  Klassen.  CUnuthal  82    „ 

54.  --,   GesUltg.    d.    lat  Sehulgramm.    (FIII12;  XIII 145; 

Xir  33)  Clausthal  85    16 

55.  Lehnerdt,  Alb.,  Horai  in  Prima.  (Fl  83;  m  13)  Thom  76     „ 

56.  Schiller,  Berm.,  Päd.   Zeitfrageo.    2.  Der  lat  Stil  im 

Gymoas.    {XI 57 19,  he».  60)  Giefsen  77    17 

57.  Teg^e,    Aug.,   Znr  latein.   Synonymik    anf  Gymnasien. 

(XIF42I3;  XH 10415)  Bunalau  83     „ 

58.  Wilhelm,  Eng.,  Lat  Pbraseol.   {VIII 15;  XIII 79;  XF70)  Jena  82    18 

59.  Wulff,  Jos.,  Lat  Unterr.  in  IV  im  Znsammenhang  mit  d. 

Perthessehen  Ref.- Vorschlägen.  Franf^rt  a.  M.,  Must,  84     „ 

d)   Deotseh. 

60.  Bindseil,  Fr. W.,  Z.  Math.  d.  deutoeh.  fJ.  in  I  d.  Gymn.    Po».  M.-G.  83     „ 

61.  Jonas,  Ant,  Mitt  a.  d.  deutsch.  U.  i.  I.  {FIII 59)   SletHn Stadi-G.  78     19 

62.  Klaueke,  Paul,   Dentoehe  Aufs,  in  L    (IV 102;  F III 58) 

Landeherg  a.  fF.  79     „ 

63.  Matthias,  Ad.,   Lehrplan  für  den  deutschen  Unterricht. 

(XIII 147 ;  Xir  19. 20. 109)  Lemgo  85      7 

e)  Französiseh  u.  finglisch. 

64.  Müneh,  Wilh.,    Ober   die   franz.  n.  engl.  Lekt  in  den 

ob.  Bealklassen.  Ruhrort  Rg.  79    22 

65.  — ,  Shakespeares   MaeMh  im  Unterr.  der  L    (1X47; 

Xiy30ll)  Barmen  Bg.  84    23 

66.  Ulbrich,  Osk.,  Ob.  d.  frz.  Lekt  an  Realg.    BerUn  Frd.-Bg.  84    22 

f)  Hebräisch. 

67.  Walther,  Ernst,  Grundz.  d.  hehr.  Formenl.  n.  d.  Ergebn. 

d.  neuer.  Spraehwiss.   {7ÜF39;  XFI73;  Xnil62)    Potsdam  85    24 

g)  Geschichte. 

68.  Wessel,  Paul,  Einltg.  i.  d.  Gesch.  d.  Mittelalt  (für  I).  KüitHn  79    26 

h)   Brdkunde. 

69.  Böttcher,  Karl,  Vorschläge  z.  Methodik  d.  geographisch. 

UnUrrichU.  Köiugsberg  Bg,  a.  d.  B.  84    24 


T6     Progrimmwesen  ond  Progranmbibliothek  d.  köh.  Schnleo, 

S. 
XIII« '^O.  Matzat,   Heior.,   Geogr.    v.  Westasieo   v.   d.  grieeh. 
Halbiasel.  lo  schalgemäßer  Behtodlg.  Dach  e.  zeich- 
oeodeo  Methode.    {FW  14)  Sorau  76    25 

71.  Richter,  Ed.,  Bist.  Geogr.  ala  Untefr.-Gegenstd.       Salzburg  77     „ 

i)   Mathematik. 

72.  Galllenkamp,  Wh.,  Der  Lehrgg.  d.  syothet.  Geomet 

i.  d.  0. 1  d.  Fr.-Wd.  Gewerbeschale   (vgl.  o.  S.  4/ 

ADm.  1  und  S.  40  u.).  Berlin  Fr,-Wd.  Gwbick.  76    28 

73.  Kallias,  Alb.,  Bemerk,  z.  d.  Uaterr.  lo  d.  4  Spezies  io 

gaozeo  Zahleo.  Berlin' Kggt,  G,  85    29 

74.  Lampe,  Em.,  Geometr.  a.  nechao.  Aofgabeo  z.  nom. 

Aoflösg.    V.  Gleiehangen  h;5'h,  Grade   (vgL  o.  ^.56 

uateo).  Berlin  LtL  OB,  85     „ 

k)   Natarwisfleaschaften. 

75.  Petri,  F.,  Üb.  d.  Datarh.-chem.  Uot.  a.  höh.  Lehr-A.  BerLLsLBg.  84    34 

1)    Philosophische   Propadeotik. 

76.  Höfler,  Alois,  Z.  PropMdeatik frage.  (XFI  108a)     Wien  Tkeres.  84    35 

B. 

1«    AUgenaiae  und  vergleichende  SprachwissensehafL 

77a.  b.  Vogrinz,  Gottfr.,  Zur  Kasastheori«.  LeämerUz  82(3    63 

78.  — ,   Z.  e.  Geschichte  des  Kasvssystems.    {XF  150\ 

Xri  119/10)  LmtmerÜs  84     „ 

79.  Wilhelm,  Bug.  De  verb.  deoom.  liog.  bactr.   (FUl  13\ 

XlU  58 ;  XF  70)  Jena  78    „ 

80.  Ziemer,  Herrn.,  Das  psycholog.  Moment  in  d.  Bildung 

<    syntakt  Sprachformen.  Kotberg  79    „ 

2.   Altertumswissenschaft*). 

81.  Adamek,  Otto,  D.  Senatsboten  d.  r5m.  Rep.  (XIF  169'y 

XF 182)  Gras  2.  G,  83  151 

81a.  Aly,  Frdr.,  Z.  Qnellenkrit  d.  ä.  Plin.  {XFll  1)  Magdbg.  U.L.Fr.  85  135 

82.  Anton,  Hg.  Saiotine,  Ob.  d.  deutsch,  phraseol.  Verba 

im  Lateinischen  (vgl.  u.  Nr.  145).  Naumburg  78    70 

83/85.  ^,  Btym.  Erkl.  Homer.  Wörter.  „  7$.  80/1   66 

86.  Anz,    Hr.,   Ciceros  Sprachgebr,  i.  d.  Beziehg.  d.  gemeina. 

PrMd.  b.  mehreren  Sqbj.  (XlF  46)  Quedlinburg  84   72 

87.  Apelt,  Otto,  Unters,  üb.  d.  Parmen.  d.  Plato.  Weimar  7$  107 

88.  — ,  Obs.  crit.  i.  Platonis  dial.  (Xrj250;  XFU  95, 134/6; 

Xmi  123/4)  Weimar  80     „ 

89.  Bachmann,  Ottom.,  Lex.  Aristoph.  spec.  (XFll  5/6)  Frank  f.  a.  0.  84  90 

90.  Bamberg,  Alb.  v.,   Exerc.  crit.  in  Aristophan.  Plutum. 

(FW  74;  XF13.  137;  XFll  10)  GiOha  85    „ 

91.  Bardt,  Karl,  Zu  Ciceros  Clneotiana.  Neuwied  78  123 

92.  — ,   Die    Legende  v.  d.  Angar  Att.  Na v ins.      (Flll  108; 

XFl  138 ;  XFIII  4)  ßlberfeld  83  147 

93.  Becher,  Ferd.,  De  Ciceronis  q.  f.  ad  Brut,  ejfüt.       Harburg  76  123 

94.  — ,  Qoaest.  ad  Quintil.  l  X.  (XIF  49;  ZF  72/3)  Ilfeld  79  136 

95.  Biifinger,    Gnst,    D.  ant.  Stundeozählg.     (XIF51/2; 

XF  76 ;  XFl  218;  XFll  206)  StuttgaH  Eb.  Ldw,'G.  83  133 

96.  Brieger,   Ad.,    Urbeweg.  d.  Atome  u.  Weltentstehg.  b. 

Leukipp  n.  Demokrit     (XF 81)  Haue  St-G.  84    93 


>)  Die  einzelnen  Teile  des  weiften  Gebiets  sind  bei  Klufimann  as 
verschiedenen  Stellen  aufgeführt  Die  hier  angerührten  Programme  siad  is 
liner  Obersicht  gegeben. 


Ton  R.  Ullrich.  77 

8. 

97.  BuermiDD,  Hör.,    Hs.  Oberl.  d.  Tsocr.  1.  (Hss;  d.  Vulg.) 

{X1F56)  Berlin  Frdr.-G.  83  104  XIII. 

98.  Carooth,    Otto,    De  Et^i.  magni  footibos  IP):    De  iis 

loeis,  q.  ex  Berodiaai  lUaca prosodia  io  Etym,  magn, 

translati  sunt.  Jever  76    96 

99.  — ,  QaelJcnrtnd.  i.  Etym.  Gudiänum.  [XlF  58)    Danzig  st.  C.  80    97 

100.  Caoer,  PI.,  Z.  VerstSodo.  d.  nachihm.  Kanst  d.  Vergil. 

{XFJ  7 ;  Xni  18)  Kid  85  142 

101.  Deecke,    Wilh.,    Die  etrosk.    Bleiplatte   v.  Magliano 

Obers,  a.  crl.  (HU  17  ;  1X17-,  Xiy  44.63)  Buc/moeiler  86  172. 

102.  De  tief«  eo,  Detl.,   De  arte  Ro'mao.  antiqnias.  III.  (MI 

vgl.  Fll  23.  23a)  GlückMiadt  80  254 

103.  — ,  Ob.  einige  QaelleoftchrifUtellei'  d.  Plioios.  „         81  135 

104.  — ,  Maße  d.  Erdteile  n.  PliDioa.  {Xiy3i  XF  214-,  XFI  819. 

142.  219;  XFU  19.  148.  229)  GUickMtadl  83  „ 

105.  — ,  Z.  d.  geogr.  Bfr.  d.  Plioina.    I.  Die  Weltkarte  d.  M. 

Agrippa.  Glückstadt  84  „ 

106;  Diele,  Herrn.,  Theophrastea.  Berlin  Kgst.  G.  83  117 

107.  Draeger,  Aug.,  Nachtr.  s.  hat.  Syntax.  (IF  16\  FI66-y 

Flu  23 ;  XlF  6516)  Aurich  79    70 

108.  Draeseke,  Jb.,   Qoaest.   NaziaDzeoaroin    spec.    {XlF 

190;  XF1 260/66;  XFIII 163)  fFandsheck  76    9«) 

109.  fihwald,  Rad.,  De  scholiaaU,  q.  e.  ad  Ovid. /6iii  (Xlll  4; 

XlF  67;  XF85.  187;  XFl  14,'i;  XFU  152)  Gotha  76  134 

110.  EDgelmaon,  Rieh.,  Beitr.  z.  Earip.  I.  Alhnene.  BerL  Frdr.-G.  82    97 

111.  flysseahardt,  Franz,  Nicaodri  Nacii  fragm.  ex  cod. 

Ambros.  exscripsit     {Fl  71)  Hamburg  Joh.  82  106 

112.  Pritzsche,  Herm.,  Die  Sollan.  Gesetzgebung.  Essen  82  147 

113.  Gern  oll,  Alb.,  Spec.  crit.  i.  Script,  bist  Aag.  IFohlan  76  127 

114.  — ,  Z.  Einfuhrg.  i.  Homer  I.  Hs  Leb.  a.  Gesänge.  „       79  102 

115.  — ,  Homerische  Blätter  {XlF  7114;  XF 4a;  XFU  154\ 

XFIU  63)  Slriegau  Pg.  85  „ 

116.  Gemoll,  Wh.,  Adn.  crit.  in  Senecäe  dialog.  Ohlau  77  137 

117.  — ,  Nepoalii  frgm.  ni^l  Tiiv  xaia  dyrina^^iiay  xal  avfi- 

na&staf  et   Demolcriti  neol  avuna^imv  xa\  avtma» 

9eMV  rec.  {XlF  75/9;  XFl  148;  XFIU  129)        Striegau  Pg.  84    93 

118.  Genz,  Hrm.,  D.  Zenturiatkom.  nach  d.  Reform.  {FUIS2; 

IX  20)  Freienwalde  82  152 

119.  Gerth^  Bhd.,  Gramm.-Krit.  z.  griech.  Modasl.   Dresden  N st. -G.  78    64 

120.  Gilbert,  Walth.,  Ad  Martial.qaaest  crit.  (XF 90)   „  „        83  133 

121.  Hachtmann,   Karl,    Chron.  Bestimm,  d.  beid.  erst  Catil. 

Red.  Cic.  {XF 55)  Seehausen  77  123 

122.  Haydack,  Mich.,  Emeod.  Aristoteleae.Cf'/J/y;^////^; 

1X27)  Meldorf  77    91 

123.  Hecht,  Max,  Orthogr.-dialekt.  Forsch,  o.  att.  Inschr.  [IJ. 

{XlF  85)  Königsberg  fFh.-G.  85     68 

124.  Hentze,  Karl,  Einltg.  z.  11.  Ges  d.  lUas.  (Fl 6;  XlF 86/7; 

XF95)  GUttingen  77  102 

125.  Heraens,  Karl,  Ob.  einige  Fehler  asw.  d.  Germ.  d.  Tac. 

(IU68;  Flu  28;  X135;  XlU  44)  Hamm  80  139 

126.  Herrlich,  Sam.,  Die  Verbrechen  geg.  d.  Leben  nach 

attisch.  Recht    {XFl  155)  BerUn  Humb.-G.  83  150 

127.  Heynacher,  Max,  Stellg.  d.  Sil.  Italiens  not.  d.  Quell,  z. 

2.  Pan.  Kriege  {XlU  48/9;  XF56;  XFl  27 ;  XFU  209)  Ilfeld  77  138 

128.  Hnemer,  Job.,  Ob.  d.  iamb.  Dimeter  b.  d.   cbristl.- 

lat.  Hymaen- Dichtern  d.  vorkaroi.  Zeit  fFien  G.i.9.B.  76  178 


1)  Teil  1  erschien  1873  (ßerlip). 


78     Progrimmwesen  und  Profrarnnbibliothek  d«  hSli.  Sclinl«!» 

a 

XIII.  129.  Haenery  Joh.,  Ob.  d.  altestea  Ut-ehrUtl.  RhythneD. 

fyien  G.  i.  9.  B.  79  178 

130.  — ,  MitUilateiD.  Aoalektea     {XF  98)  ,,  „  82    „ 

131.  Jäger,  Osk.,  M.  Atil.  Regalas.  (f^^;  Fl 29.34;  FlU  11-, 

XIII 101 14;  ^If^S^'i  XFI28)  Köln  Fr.  fFh,-G.  78  147 

132.  Ja  renk«,  Bog.,  Z.  Krit  d.  Ovid.  Heroiden.   Wim  G.  u  8.  B.  81  134 

133.  — ,  Qoaest  crit   1.  De  Callimacho  Apoll.  Rbodii  iDimico. 

\l  Kd  Heraid.  Ovid.  {XFlOö/O;  XFI 171)  fFumer-NH.  85    93 

134.  Halle  ab  erg.  Herrn.,  Comn.  crit  i.  Herod.  (XF  107.128; 

XFII 16718)  Berlin  Fr.-fFd,  G.  84  100 

135.  Kammer»  fid.,  Z.  Homer.  Frage  OH).    {XIF  100)  l^k  83  102 

136.  Kay  «er,  Wh.  Kl.,  Aonot  crit  ad  Odyss,  exord.  v.  51 — 85. 

n.  (I:  s.  o.  1X30;  vgl.  (//Ä5;  11137/8;  IF26;  Fl  7)  Sagan  79    „ 

137.  Kero,  Frs.,  D.  Qaellea  f.  d.  Philosoph.  d.Xeooph.  Stettin  Sl.'G.  77  US 

138.  — ,  Za  Soph.  Aias  a.  jintigone,     {FI  43/4;  FIII  76. 113; 

1X35;  XF9/10)  Stettin  StadtG.  80  Mb 

139.  Kettaer,  Gst,  Coroel.  Labeo.  B.  Beitr.  z.  Qoelleokrit 

d.  Aroobios.  {XIF  158;  XF  165a,  b.  166 ;  XFI 222/3)   P/oHa  77  120 

140.  KiDzel,  Kl.,  Zwei  Rozeos.  d.  Füa  Jlex.  Magni  ioterpr. 

Leone  archipresbyt  Neap.  {XFII  126)  Berlin  gr.  KL  84  178 

141.  Klatt,  Max,  Chroo.  Beitr.  z.  Gesch.  d.aeh.  Bnades.    BerL  Less.-G.  83  145 

142.  Koaack,  Gg.,  Coaiectaaea.    (XIF  101)  SteUin  M.-St.-G.  83    89 

143.  Kohl,    Otto,   Die  rSm.  loschr.    n.  SteiDsknlpt  voo 

Rrenzoach.    {1X31;  XF 56a;  XFIII 168)  Kreuznach  80  Ml 

144.  Kiihleweio,  Hog.,  De  orognoHic.  Hippocrat.  II.  mas. 

{XIF  16 ;  XFI  114.  250)  Ufdd  76  100 

145.  Lattmaao,  JoL,  D.  dentseh.  Mo'dalit.-Verba  i.  ihr. 

Verh.  z.  Lat  (m.  Bez.  auf  Aatons  Progr.,  s.  o.  Nr.  82; 

FIII  12;  XIII 53/4;  XIF  33)  Klautthal  79    70 

146.  Lopos,  Bnhd.,  Svrakns  i.  Altert  (FIII 30)  Straf sburg ProL  G.  85  147 

147.  Matthias«  Ad.,  De  lituris  et  correct  q.  iov.  i.  Xeo.  j4nab. 

cod.  C  (Paris.  1640).  {XIII 63;  XIF  19/20. 109)  Bochum  82  119 

148.  Meister,  Rieh.,  Z.  griech.  Dialektologie.    I.  Z.  doriseh. 

Alizeatoat.    IL  D.  Exzerpte  irc^l  SucUximy,  oamoDtl.  io 

bezog  aof  d.  Abschnitte  niQl  JeyQl^o^,  Leipzig  Nik.  83    64 

149.  Mekler,    Sgfr.,    Revision  d.  Frage   d.  eaesnra  media 

im  iamb.  Trimet  d.  Buripides.  Wien  Ak.  G.  78    98 

150.  — ,  Krit  Beitr.  z.  Barip.  a.  Sophokl.  {XFII  174)      „         „        79     „ 

151.  Meltzer,   Otto,   De  belli  Poo.   sec.   primord.  capita  IV. 

(FIII  27;  1X3;  XIII 25;  XFII  45)  Dresden  fFett.  G.  85  148 

152.  Menge,  Rad.,  Qaaestt  Caesarianae.  EiMenaeh  G.  83  121 

153.  —,   a.    Preuß,    Siegm.,    Spec.    lex.    Caes.      (XIF  110; 

XF  115 ;  XFII  178)  Eisenach  G.  84    „ 

154.  Measel,  Hör.,  (Jtri  Ferrin,  cod.  maior  fides  habeoda  sit, 

palimps.  Vatic.  an  regio  Parisieosi.  Berlin  Frdr.-G.  76  124 

155.  Mewes,  Wh.,  Wert  d.  Cod.  Blandin.  vetnstiss.  f.  d. 

Kritik  d.  H  oraz.  Berlin  Fr.-fFd.  G.  82  130 

156.  Mommseo,  Tycho,   Gebraach  v.  avv  a.  fiixa  c.  gen.  b. 

Baripides.  Frankfurt  a,  M.  76    66 

157.  -,    Parerg.  Pindarica.  {FI 51;  FU  18;  FIII 5;  IX  18; 

Xlll  45)  Franl^rt  a.  M.  77  lOT 

158.  — ,  2vv^  fieia  n.  afia  bei  d.  nachhom.  Bpikera  „  7^    66 

159.  Maff,  Christ,  De  choro  Persarum  Aesehyl.  Haue  Lai.  78  87 
159a.  — ,  D.  Chor  i.  d.  Sieben  d.  Aischyios.  {FIII  72)  Stettin  /Fh.'G.  82  „ 
16U.  Müller,  Otto,  ElecU  Statiana.  Berlin  LH.  G.  82  13S 
161.  Nitsche,  Wh.,  König  Philipps  Brief  a.  d.  Athener  o. 

Hieronym.  v.  Kardia.  Berlin  Soph.- G.  76  100 

>)  Teil  I  n.  n  erschien  Königsberg  1870  n.  1871. 


von  R.  Ullrich.  T9 

8. 

162.  PütflchOy  Wh.,  D«r  Rhetor  MeDtodros  n.  d.  Schol.  z. 

Demosth.    {nü90)  Berlin  Leäm.'G,  83    94X111. 

163.  Nohl,  Herrn.,  Anal.  Vitraviao«.  (XFII 2öO)      BerUngr.Kl.  82  143 

164.  Paehler,  Roh.,  Löschoog  d.  Stahles  b.  d.  AUeo.  Zn 

Soph.  Aiag  650  ff.    {XV 124)  meihadm  85  115 

165.  PetscheBif,  Mich.,   Zor  Kritik  d.  script  hist.  Aag. 

{Flu  $1/2)  Graz  2.  G.  85  127 

166.  Peter,  flerm.,  De  Ovid.  Fast.  (IF B4\  Fll20\  XIU24a; 

XF15I6)  Meiften  17  134 

167.  P r a m m e r ,  Ign.,  Bemerknog.  z.  versch.  Aosgaben  des 

Tacita».  fFünG.i.8.B.  78  140 

168.  — ,  Tacit.  Misrell.  (FIU/S;  FlII  98/9  ;XIF  118)  „  7$    ,, 

169.  — ,  Z.  Lezikogr.  v.  Caea.  beU,  Galt,  ,,  84  122 
Preafi,  Siegm.,  s.  o.  oater  Mengte  Nr.  153.  {XFII 178), 

170.  Reiohardt,  Karl,  D.  Phileb.  d.  Plato  a.  Aristot.  iVi». 

Ethik,    {XF 18 j9 ;  XFl  38 j9)  Bielefeld  78    92 

]70a.  Ribbeck,  Wold.,  Archestrati  Syrac.  a.  Gelens.  q.  f.  ap. 

Athen,  reliqu.  rec.  {IF20\  Fl4ß\  XlF  119/20)  BerlMk.G.  77    89 

171.  Richter,  Otto,   Die  Befestii^.  d.  Janicolom  {XF  129-, 

XFll  179180;  Xt^Ul  138)  Berlin  ^sk.  G.  82  152 

172.  Riemann,  F.,  Obs.  ia  dial.  Xeaoph.  Jever  81    69 

173.  LaRoche,Jak.,Bezeicho.  d.  Parbenb.Homer.  Lsfi3(06.-d«/.)  80  103 

174.  — ,  Das  Angment  d.  grieeh.  Verbums.  „  82    64 

175.  — y  Ob.  d.  Adj.  zweier  Endaogen  aaf  -os,  „  83     ,f 
176a/b.  — ,   D.  Komparation    i.    d.  f^riech.  Sprache.    I.  II. 

(IF  35/6  ;F19\  FlU  86 ;  XIF122',  XF  130/1)  Linz  {Ob.-ÖH.)  84/5     „ 

177.  R5hl,  Hern.y  Z.  {^rieeh.  Bpigraphik.  I.  Inscr.  aliq.,   qoae 

Londtni  et  Ozoaiae  asserv.  II.  fnscr.  Sebastopolis  Gala- 
tlcae.  III.  Variarom  inscr.  leetioaes.  (XF43i  XFl  192  \ 
XFll  59.  181)  Berlin  Jeh.  G.  70  172 

178.  Rosen berp,  Em.,  Z.  Kritik  d.  Rede  d.  Lykarf^  ff^S^f^ 

Leokratee.    {Xß^l  182-,  XFlll  139)  Ratibor  70  105 

179.  Rothe,  Karl,  Devotere  quem  ex  (7d^«iea  Kirchhof  f  ins 

eruit  Noartp.    (XlF  124,  XF  133)  Berlin  Frs.  G.  82  103 

179a/b.  Ryssel,    Vikt.,    Textkr.  Wert  d.  syr.  Obers,  griecb. 

Klassiker.  Leipsiff  Nik.  80/81    86 

160.  Schiebe,  Th.,  Zu  Cic.  Brief,  a.  Micus.  IH).    {XF  134; 

XFl  193;  XFll  185)  Berlin  Fr.-fFd.  G.  83  125 

Schreyer,  Herrn.,  vgl.  u.  Nr.  210. 

181.  Sehroder,  Otto,  Pindarica.     {XFlll  14  t)        Berlin  Jeh.  G.  78  105 
181a.  Sehnbert,  Frdr.,  Textkr.  Bem.  z.  Phil.  d.     ( 

SophC'kles.  j    Prag;  deutsch.  84  116 

b.  — ,  Bem.  z.  d.  Track,  d.  Soph.  {XlF  127 ;    1  G.  a.  d.  Kleins. 

XF138)  [  85  „ 

182.  SedImayer,  Hör.  St.,  Krit.  Komm.  z. Ov.  AeroiV/.  fFien  Ak.  G.  80  134 

183.  Sieeke,  Ernst,  De  Niso  et  Scylla  in  aves  mut.  Berlin  Frdr.-G.  84  174 

184.  — ,  Z.  gen.  Brkenntn.  d.  Mondgottheit  b.  d.  Griechen. 

{XFll  189)  Berlin  Less.-G.  85    „ 

185.  Stengel,  PL,  Qnaest.  sacrifical.  {XlF 25b)       „     Jeh.  G.     79  151 

186.  Steodiog,    Herm.,   Z.  Textkrit.    i.  Dialoi^  d.  Tacitns. 

{XFl  78)  fFur^en  78  140 

187.  Stolz,  Frdr.,  Beitr.  z.  Dekl.  d.  griech.  Nomina.         Innsbruck  80    65 

188.  Stowasser,  Jos.  Mar.,  D.  Hexam.  d.  Locilias.  fFien  G.  t.  9.  B.  80  132 

189.  —yfioülMM.  {XlF  132/4;  Xf"  142/3;  XFll  191.252)  FreistadlÖstr.  84  133 

190.  Thalheim,  Th.,    Die  Rede  f.  Polystratos  [Lysias  XX]. 

{XlF  136/7;  XF  144/5;  XFl  204)  Breslau  EUs.-G.  76  106 


1}  Teil  I  vgl.  Feäsehr.  %.  2,  Säkularfeier  d.  Fr.-Werd.  G.  (Berlin  1881). 


80     Programmwesen  oDd  Programmbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

8. 

XIII,  191.  Treu,  Max,  Z.  Gesch.  d.  Oberl.  v.  Plnt.  Moral.    IFaldeitburg  77  111 

192.  I.   [f.  III.     (nil84;    1X34;    XlF  138142;  Ohlau  81    „ 

1 93.  Xri47/$;  Xn  207;  XHI 249 ;  XFlll  144/0)  Breilau  Fr.-G.  84    „ 

194.  — ,  Max.  Plaoudia  comp.  hiem.  et  verü  ed.  Ohlau  78  lu7 

195.  — ,  AnoD.  Byzaat.  excerpt.  ex  cod.  Paris,  soppl.  Gr.  607  A.    „     80    88 

196.  VoIkmaoD,   Rieh.,    Nachtr.  z.  Gesch.  u.  Krä.  d.  fFolf- 

Mchen  Proleg^omena,  Jiater  7$  104 

197.  — ,  Homer  a.  Dicht,  d.  ep.  Zykl.  o.  d.  abgebl.  Homerideo- 

schulen  d.  Altert.    {1^39;  HU  102;  1X2316;  XlF  145)     „     84    „ 
197a.  Vollbrecht,  Wilh.,   Z.  Wärdigang    o.   Erkl.  V.  Xen. 

^nab.    {1X30;  Xm  199)  Ratzehurg  80  \\^ 

198.  Wellmaoo,  Ed.,    Galeni  q.  f  de  partt,  phäos,  1. 1.  ed. 

BerUn  Rgst.  G.  S2    99 

199.  Weniger,  Ldw.,  Das  Kolleg,  d.  Thy laden  zo  Delphi.  Eisenach  70  174 

200.  ~,  D.  Kolleg,  d.  16  Frauen  n.  d.  Dionysosdienst  in 

E 1  i  s  (XF 138 ;  XFUl  48)  fFeitnar  83    „ 

201.  Wessely,  Karl,  D.  griech.  Papyri  d.  Kais. Sammlungen 

Wiens.   {XlF  149/33;  XF  139,01;  XH  212/3)  fFien  Frz.  J.-G.  83  107 

202/3.  Methner,  Jul.,  Poesie  u. Prosa,  ihre  Arten  u.  Formen. 

LXlF134a.b;  XFIl  94)  Gnesen  83/4  176 


3.   Deutsch. 

204.  Fischer,  Hnr.,  Stud.  z.  Less.  Laokoon.    Bern,  zu  Bliim- 

nera  iMokoonstud.  Heft  2.    Üb.  d.  fruchtb.  Moment.  Greif swaM  84  1S7 

205.  Humbert,  Glas,  Schi  Her,  Lessing,  Goethe,  Moliere 

o.  H.  Dr.  P.  Lindau.  Goethe  über  Moliere  nebst  einig. 
Bemerk,  v.  Lessing  u,  Schiller.  {1X40;  X111212; 
XI F 103/0;  xn  233/0)  BielefM  83  186 

206.  Khuil,  Ferd.,  Sprache  des  Job.  v.  Frankenstein.   Grai2.G.  80    82 

207.  — .  Zum  rahd.  Wörterbuch.     {Xlll 222;  XlF  139— 101; 

Xy  107/9;  XFI 248/9;  XFII 233/4)  Graz  2.  G.  84    82 

208.  Lambeck.  Gust,  Ad.,  Lessings  Ansichten  üb.  d.  Verh. 

d.  Trag.'z.  Gesch.  krit  dargest     {XFl  110/7)  Koblenz  OR.  83  18S 

209.  Naumann,  E.,  Ob.  Herders  Stil.  (XFI  220)  Berlin  Fr.  fFK-G.  84    82 

210.  Schreyer,  Herrn.,  Goethe  u.  Homer  L    Bis  zur  Reise 

n.  Italien  (1X43;  Xlll  228)  Pforta  84  104 

211.  Stejskal,   Karl,  Büchelin  d.  heil.  Margareta.  Beitr. 

z.  Gesch.  d.  geistl.  Litt  d.  14.  Jahrb.    (Flu  97)  Znaim  80  180 

4.   Französische  und  englische  Literatur  und  Spracbe. 

212.  Humbert,  das,  Fr.  Jacobs  Bb.  Moliere  u.  d.  Klassiker 

aus  d.  Zeitalter  Ludwigs  XIV.     L  Moliere.      {1X40; 

Xlll  203;  XlF  103/0;  XFl  233/0)  Bielefeld  79  197 

213.  Schmidt,  Alex.,  Z.  Textkrit.  d.  King  Lear.     Königsbg.st.  Rg.  79  193 

214.  — ,  D.  alt.  XuBs.d.Sommernachtstraums.  (Fl II 39)    „  „      81    „ 

215.  Süpfle,  Th.,  Kultoreinflufi  Deutschi,  auf  Frankr.       Metz  L.  82  175 

5.    Italienisch. 

216.  Wiese,    Berth.,    19  Lieder   Leonardo   Ginstinianis 

n.  d.  alten  Drucken.  Ludwigslust  Rg.  85  l^ 

6.    Geschichte  des  Mittelalters  und  der  Neuzeit 
Flathe,  Th.,  s.  o.  Nr.  24b. 

217.  Heidemnnn,  Jul.,    Bin  Tagebuch  d.  brandenb.  Kanzlers 

L.  Distelmeier.     (Fl  77;  XFl 243)  Berlin  gr.  Kl.  85  163 

218.  Hirsch,  Ferd.,  Die  ersten  Ankoüpf.  zw.  Brand enbg.  u. 

Rußland  untd.  GroB.  Kurfürsten.  (FIII 41;  1X30; 

XIF 174;  XFl  246/7)  BerUn  KgsL  Rg.  85    „ 


von  R.üllritb«  U 

8. 

319.  HoffmaDO,  Max,  Allg.  Haiisatoge  io  Lübeck.  {Xy^^T)    Lübeck  84  168 XUL 
S20/I.  Jaei^er,  JqI.,  Orkuod.  d.  Klost.  Teiainügenhurg  im 

Bicbsfelde  r.  If.   {Xy  188 ,  Xm  30)  Duderstadt  78/9  l^H 

222.  Khull,  Pard.,   SUdtoeaetze  v.  Eger   1352-- 1460.   {XIII 

206/7;  XiyiS9iei',Xri67l$;Xri 248/9;  Xni2S3/4)  Graz  2. G.  81  161 

223.  Rraoae,  Kl.,  Sekul-  o.  Uoiv.-Jahre  d.  fiob.  Hessoa  IP).    Zerbtt  77  201 
223a.  Speck«    Brest,    Die  geg.  d.  Haodel    d.  Lateioer    mit  d. 

SärazeMo  gericht.  kirchl.  o.  staatl.  Verbote.  Zittau  80  175 

7.    Theologie. 

224.  Bnddensieg,  Rad.,   Job.  Wielifa  de  Christo  et  advers, 

suo  AntichristOj  a.  d.  Has^  d.  Wien.  Hofbibl.  o.  d.  Prager 

Uaiv.-Bibl.  z.  1.  |«ai  hrsg.  Dresden  f^üM.  G.  80  249 

225.  Clemeo,Aag.,D.WaDderber.öb.Bliaii.Elisa.(Xri.^^^/i) (rrtinma  77  247 

226.  DeatscJi,  San.,    Luthers  These  v.  Jahi-e  15]d  über  die 

päpstliche  GewaU.  (Fl  91;  IX  öö)  .     BerÜn  Luü.-G,  84  249 

227.  JacobacD,  Aug.,  Qoelleo  d.  jlpostel^eschichU,      „  Fr.-fTd,  G,  85^  247 
.228.  Preifi,  Harm.,  Pauli  Brief  an  d.  ßpheser, ' s,  Emutiagery 

a.  Verh.  s.  Brief  an  d.  Kotosser,  a.  Echtheit.   {Xiri93; 

XF203)  Königsberg  A,  B,  81  248 

8.   ladisehe  Literatur. 

228a.  Grill,  Jal.,  100  Lieder  des  A tfaarra-Veda,  übersetzt 

und  mit  Bemerkuegeo  verseheu.  Maulbronn  th,  S,  7d  17^ 

9.   Bibliographie*).    Bibliothekakaade. 

229.  AckermauD,    Karl«  Die   iendeskjaudliche   Literatur 

des  Rflir.-Bex.  Kaaael.   {XlF  1)  Kassel  R.  84  203 

Meltzer,  Otto,  a.  o.  Nr.  25. 

10.    Gedichte. 

•  -, 

230.  Rothfuchs,  Jul.,  /IIa  ywaixbiv,     Hymo.  i.  Hom.  Spr. 

z.  ]00j.  Ged.  d.  K5o.  Luise.  {IX 11;  XIII 26/7;  Xir2S)    Hanau  70  255 


XI  F.    Klufamann  XI'). 
<Ctobi«t  468  Tenbnenebeii  Tav8eh?er kehrt)*).    (1886—1890)'). 

(vgl.  BiHiogr.  ^bL  3,  Nr.  14,  o.  S.  112.) 

1.   Allgemeines.    Sehulgeschichte.    Schuireden. 

1.  Ackermann,    Karl,    Die   pid.   Litt,   für    uns.  Reg. -Bez.  '    XIT» 

{XIII  229)  Kassel  i?.  80    36 

2.  Bellermaon,  Ldw.,  Kais.  Wilh.  Tod«).  {Fl 37)  Berlin KgsU  G.  88    68 

3.  Detlefsen,Detl.,  Gesch.  d.G.  1.  (1617— 1747).  {yil2:j/3a; 

Xllll02lö;Xr2-4;Xn8l9.142.219;XyU19.148,229)Glück$t.  90    46 

4.  Engel,    Karl,    Das   Schul weseo    in  Strafiborg    vor    der 

Grüpdooip  des  prot.  Gymnasiums.  Strafsburg  prot.  G.  86    65 

5.  F.raacke,  Otto,  Re^eat.  z.  Gesch.  d.  G.  z.  Weimar.  fFeimar  88    57 

1)  Teil  I  erschien  1873. 

*)  Von  Vertretern  der  exakten  Wissenschaften   (vgl.  o.  S,38 
Abb.  3)  sei  hier  erwShnt: 

Sehellbach,  Karl,    (vgl.  o.  S.  38  Anm.  3,  8.  41,  44  n.  öO 

Aom.  1).  Berlin  Fr.  fFh.-G,  77  S.  .120 

')  Ober  die  Anordnung  vgl.  o.  S.  73  A.  1.    «)  Vgl.  o.  S.  169ff.     - 
')  Bayerische  Programme  s.  o.  Nr.  X  d  und  e  (S.  ^^f.),  bad  ische 
bis  1887  einschl.  s.o.  Nr.  Xlb  {S.69ff.). 
•)  Im  Jahresbericht  1888,  S.  19—23. 
SMtsehr.  f,  d.  Ojmnttialwaaeo.    LXL    Sapplamrathaft.  6 


$2     Progranunwesen  und  Progr«iiin{>ibliothek  d.  höh.  Sehnlea, 

8. 
ZIT«    6.  Fritsehe,  Herrn.,  Geschichte  der  Friedr.-Wilh.- Schale 

(1840-1890).  ^Stettin  F.  fr.'Seh.  91    hh 

7.  Gramme,  Alb.,  VctostiM.  gymo.  Gerao.  le^^.  tiaoc  prim.  edit.  Gtra  SS    44- 

8.  — ,  Päd.  a.  did.  Vorbilde^,  d.  Kand.  d.  h.  Seh.     {mi 24; 

Xir  82/2a;   Xr  0/6.49,00,01;   XFl  149150;   XFU24, 

1ÖÖ/7.208)  „     Ä?      t 

9.  Henke,  Osk.,  Chronik  des  G.  x.  Barmen  I.     {Xf^8a.b\ 

XFl  22—26;  XFll  88. 122)  Barmen  90    39 

10.  Boche,  Rieh.,  a.  a..   Die  Bugenhagen-Feler  des  Ham- 

burger Johanneams.     {XIII 6— 9a)  Hamburg  Jok.  SS    7t 

11.  Bofmann,  Prdr.,  Reden  am  10.  a.  22.  III.  and  30.  VI.  18881). 

(///  78)  Berlin  gr,  RL  89    6^ 

12.  Kolbe,  A.,  Rede  z. 400 j.Gebartsf.  Bng[enhagens.  Treptow  a.R,  86    71 

13.  Koldewev,  Frdr.,  Verfassg.  d.  R.  z,  Braanschweig  v. 

1764.    {VI  93;    Flll  4;    IX  5;    XIII  16—18;    XIV 197; 

XV 11;  XVII 3415;  XVIII 27)  Braunschweig  Rg,  86    41 

14.  Kroschel,  Job.  Sam.,  Die  früheren  Morgenandachten  der 

A  r  n  s  t.  Schule.  j4mstadl  86    3^ 

15.  — ,  Die  grüfl.  Brz.-A.  im  BarfUfier-Rloster  za  A.  u.  Arost. 

Abitur,  d.  16.  u.  17.  Jh.    {XIII 19— 22;  XVlla,h.)  ^nutadt90     „ 

16.  Rühleweio,    Hugo,  Zur   alt.  Gesch.    d.   Klosterschale. 

(s.  0.  8.  123  Anm.  1;    XIII 144;  XVI  174.250)  Ilfeld  86    4T 

17.  Leimbach,   Karl  Ludw.,  Album   d.    1.  u.  2.  Kl.  d.  Pg. 

(1840—68),  d.  R.  1.  0,  (1868—83),  des  Rg.  (s.  1883)  u. 

des  G,  (s.  18S4)  Goslar  Rg,  u.  G.  88    4» 

18.  Loos,  Jos.,  Bdtg.  d.  Fremdwortes  f.  d.  Seh.   (VIII48/9; 

XIV 188;  XVI 30)  Prag  Reutseh.  G,  t.  d.  Neust.  {Graben)  87      4 

19.  Matthias,    Ad.,   Zur    Geschichte   d.    Gyma. -Abteilung 

(Festschrift).  Düsseldorf  sL  Rg.  u.  G.  88    42 

20.  —y  ü.bOy  Jubelt.  {XIII 63. 147;  XIV 109)  „  „        89    43 

21.  Nodnlagel,  Lw.,  Gesch.  d.  Rg.  o.  d.  R.  v.  1837—1887« 

Giefsen  Rg.  u,  R.  87    45^ 

22.  Quossek,  Karl,  Lehrpl.  d.Anst  {VIII 107 ;  XVII 53)  Krefeld R.  87      & 

23.  nothfnchs,  Jul.,   Vom  Obers,  i.  d.  Deutsche  u.  maachem 

anderen.     Bin  Gestäodnis   ans    der  didaktischen   Praxis. 

{IX 11;  XIII 2617. 230)  Gütersloh  87     4 

24.  Schwalbe*),  Beruh.,  Das  50 j.  Bestehen  d.  Rg.    { VIII 120; 

XIV 184;  XVI 51;  XVII  120)  Berlin  Bor.  Rg.  87    40 

25a.  Scholz,  Herm.,i  Gedächtnisr.  auf  K.  Schaper.  {2UII28b) 

h.  Stengel,  Paul,/    (10.X.  u.  16.X.1886)  {XIII 185)  Berlin  J.G.  86    63 

26.  Wallner,  Jnl.,  Mikod.  Frischlins  Bntw.  e.  Laibacher 

Schulordnung  V.  1582.    {XIII  37^-40;  XVII  75)  Laibach  88    4» 

2«   Binzelne  Unterrichtsfächer. 
a)    Religion. 

27.  Boetticher,  Gotth.,  D.  Brflillg.  d.  at.  Welssag.  i.  Christo 

als  Gesichtsp.  für   die  Behandlung    des  MaUh.'Ev.   a.  d. 
Oberstufe.  BerUn  Less.-G.  90      a 

28.  Zange, Frdr., Lehrpl.  f.d.R.-ü.  LSezU.  {XV 27 18.36/7)  Erfurt  Rg. 90      6 

b)  Deutsch. 

29.  Goldsehe ider*),  Paul,  BrkiSrung  deotseh.  Schriftw.  in  d. 

oberen  Klassen  {XV 40;  XVII 22/3)       Mülheim  a.  Rh.,  Rg.  89    10 

30.  Münoh,  Wilh.,  D.  deut.  U.  a.  Rg.  {IX  47;  XIII 64/5)  Barmen  Rg,  86    11 

31.  — ,  Weitere  Beitr.  s.  deutsch.  UT  (Ausspr.,  Deklam.)        ),         87     ^ 

1)  Im  Jahresbericht  1889,  S.  13—23, 
8)  Vgl.  über  ihn  auch  o.  S.  229-234, 
>)  S.  0.  S.  8  Anm.  3  (1 3). 


voB  R.  Ullrich.  S3 

8. 
c)   Französisch. 

32.  DiekmanD,   Otto   E.    A.»   Das  Obungsb.  z.  ßbs.  aas  d. 

Dentoch.  i.  d.  Frx.  a.  d<  Oberst,  d.  OR.     Berlin  Fr.-ff^d.  OR.  87    14  XIT« 

33.  LattmaDD,   Jol.,   Welche  VeräoderoDgeD  d.  Lehrpl.  i.  d. 

alt  Spr«  ward,  erforderl.  sein,  weoo  d.  fremdsp.  (Jnt.  m. 

d.  Frz.  begonoeo  wird?  (mi  12;  XIII 33/4.140)        Clausthal  88     15 

34.  Plattoer,  Phil.,  Uosre  Fremdwort  v.  Staadp.  d.  frz.  Uat 

{Xr47, 179a.  h ;  XFl  233 ;  XFU  225a.  h)  fFastelnhmm  i.  E.,  R.  89    16 

35.  Qniehl,  Karl,  Biofdlirg.  1.  d.  frz.  Aussprache.  Kassd  R.  89     „ 

d)  Griechisch. 

36.  Joost,  Arth^  Waserf^.  sieh  a.  d.  Spracbgebr.  Xeaoph.  i. 

d.  jnab.  (.  d.  Behdlg^.    d.  grieeh.  Syot.    i.  d.  Seh.?    I. 

Kasus  (Acc.  n.  Geo.).  {XVI 87 \  XV 11 213)  LöizenPg.  88    IS 

37.  Thumser,  Vikt,  Z.  griech.  n.  lat.  Schalgramm.  (I.  Ao- 

ordog.  d.  Verba  d.  »-Konjug.;  IL  Goepi  ra.  d.  Inf.). 

{XV 146 ;  XVI  89/90 ;  XV JJ  73/4)  fVien  G.  i.  9.  B.  90    19 

38.  Weifieoborn,   Edm.^  Xenoph.   Memorab.  a.  Schallekt. 

{XV  löS)  Mühlhatuen  t.  Th.  86     „ 

e)  Hebrüiseh. 

39.  Walther,   Ernst,    Grundz.  etc.    IL   (Verb,    ohne   Suff.). 

{Xm  67 ;  XVI 73 ;  XVIII 62)  Potsdam  86     „ ' 

f)  Lateinisch. 

40.  Drenckhahn,   Otto,   25   latein.  Abitur. -Extemporalien. 

{XIII 47)  Mühlhausm  i.  Th.  87    20 

41t  Sehmalz,    Jos.  Herrn.,    Erl.  s.  m.  latein.  Sehnlgramra. 

{2Ü  61/3)  Tauberbisehofsheim  90    22 

42.  Tegge,  Aug.,  Abgreozg.  u.  Verteilg.  d.  lat.  Phrase o log. 

n.  d.  einzeln.  Klass.  d.  Gymn.  Bwuilati  87    23 

43.  — ,  dgL  der  Stilistik.  (X///^7;  XVI 104/5)  ,,        88     „ 

B. 

1.    Allgemeine  und  vergleichende  Sprachwissenschaft. 

44.  Deecke,  Wh.,  Gr.  n.  lat  Nebensätze.  {VIII 17 \  1X17; 

XIII 101;  XIV  63)  BuehsweiUr  87    73 

45.  Lyon,  Otto,  Histor.  n.  gesetzg.  Grammatik.    Dresden Annmsch.  90     „ 

2.   Altertumswissenschaft 

46.  Abicht,  KL,  D.  Wiener  Hs.  d.  Herodot  {IV 94;  VIII 80)    OeU  88  101 

47.  Anz,   Hnr.,    Krit    Bem.    z.  Cic.    Cot.  tnai.  Parad.  Somn. 

{XIII 86)  Quedlinburg  90  119 

48.  Bannack,  Job.,  Aus  Epidanros.  E.  epigr.  Studie.     Leipzig; Nik,  90  155 

49.  Becher,Ferd.,Sprachgebr.d.T.  Caelius  (Cic.  ad /am.  Will 

u.  Quintilian).  {XIII 93/4;  XV 72/3)  Iljeld  88    80 

50.  Belger,Christ,  Griech.  Kuppelgräber.  (Af"  74)  Berl  Frdr.-G.  87  138 

51.  Bilfinger,  Gust.  D.  Zeitmesser  d.  ant  Völker.  Stuttg.  Eb.  1.-0.  86  „ 
52.—,    Die    babylon.    Doppelstunde.     {XI1I95;    XV  76 ; 

XVI 218;  XVII 206)  Stuttgart  Eb.-L.-G.  88  155 

53/54.  Bissiuger,  KL,  Funde  röm.  Münzen  L  Baden  IL  HL 
{XI  26;    XV  77.  183;   XVII  15.  95a;   XVIII  73. 126) 

Donaueschingen  Pg .  88/9  155 

55.  BüchsenschütZ)    6h.,   RSm.  Volkswirtsch.   d.    Königs- 

zeit BerHn  Fr.-fVd.  G.  86  140 

56.  Buermann,  Hnr.,  D.  bs.  Cberl.  d.  Isokrates  IL  D.  Ur- 

binas  n.  s.  VerwaodUchaft  (XIII 97)  Berlin  Frdr.-G.  86  105 

57.  Büttner- Wobst,   Th.,  Stad.  Byzantina  L    [XV 11 145) 

Dresden  Krzsch.  90    97 

6* 


84     Programmweseo  aad  Progra-moibiiiliothek  d.  hSh.  Sehnlea, 

8. 

XIT»  58.  Caroath,    Otto,    Qoellanslod.     s.    Etyia.    Gndiao.    11. 

(XIII  98(9)  Dmifig:  af.  G.  89    99 

51/60.  Gorsse«,  Peter,   Epist.  Pauli a.  eodd.  Craac  et  Lat. 

scriptos  . . .  exaasiaavit  etc.  spao.  I.  II.  /atwr  87,  89  133 

61.  — ,    Die  Altereatio  SiBionis  ladaei   et  Thaophili  Christiaoi 

auf   ihre    Qoellaa    geprüft.      {Xr  83;   XFI  141. 26ö; 

XFII 147)  Jeoer  90  „ 

62.  Crasius,  Otto,  Z.  griecb.  Ujth.  a.  Relig.-Geack.   [I. 

Die  Peiasger  n.  ihre  Kalte.]  Leipzig^  Thom.  8$  164 

63.  De  ecke,   Wilh.,    Beitr.  z.  Aoffassg.  d.  lateio.  lafioitiv-. 

Gerund.-   u.   Sapia.KoBstrnktiooea.      {HU  17;    1X17; 

XIII 101;  XIf^44)  MülAatuM  t.  B,  90    76 

64.  Egeaolff,   Pet,    D.  orthoep.  Stiicke   d.  bys.  Lit    [IL] 

{XI 2718)  HeideUm^  88  168 

65.  Draeger,  Ant  Aug.,  Ovid  ala  SpraeliMldoer.  ^wieh  88  126 

66.  — ,  Z.  Lexikogr.   d.  lat  6pr.    {1^16;  FI 66;  FII123; 

Xmi07)  „      $0    79 

67.  Ekwald,   Rad.,    Ad  bist.  eod.  Ovidiao.    reeeaaioDem^Qe. 

{Xill  4. 109;  XF  8ö.  187 ;  XFI  143 ;  XFII  lö2)  Gotkm  89  126 

68.  Engelbrecht,  Aug.,  Hephaestion  v.  Theb.  u.  s.  astrol. 

RompendisB.  fFim  TJUr.  87  161 

69.  -^1    Stad.  ftb.  d.  Scbriften  d.  Bischofs   v.  Reii  Pauatos. 

Beitr.  z.  spätlat.  Ltg.  {XF86I7;  XFI  99, 100)       ffien  Ther.  89  122 

70.  Fisch y  Rieh.,    Lateio.  snbstaot.  persoa.    aaf  o  (üo),   ontr 

{UmU).    {XFI  144)  Berlin  j4ndr.-Bg,  88    79 

71.  Genoll,  Alb.,  D.  Script.  hi|st  Aug.  I.  Striegau  Rpg,  86  129 

72.  — ,  Homer.  BlStter  II.  „            88  103 
76.  — ,  Das  Recht  v.  Gortyn.  ,,             89  138 

74.  — ,    Z.  d.  Homer.  Hymnen.    {XIII 113 j IS.  vgl.  o.  Nr.  78; 

Xy  4a  I  XFII  1Ö4 ;  XFIII 63)  Stri^mi  Rpg.  90  103 

75.  GemoU,  Wh.,  Adn.  orit.  i.  Se«eeae  efitt,  mwmU   Krmusburg  86  129 
76/77.  — ,  Z.  Krit.  a.  Erkl.  v.  Xeooph.  ^nab.  [I.]  11.  „       88 [9  116 

78.  — ,   „      „      „      „      „  „  „      III.  (s.  Nr.  74) 

Striegau  Rfig.  90    „ 

79.  — ,  Krit.  Bem.  a.  latSchrift«t  [I.]  {XIII 11617;  XFl  148; 

XFIII  129)  LiegmiM  90  117 

60.  Gemfi,  Gost.,  Reform  d.  Textkrit   d.  Com.  Nepos.  BerlUtu.-O.  88  126 
M.  Gilbert,  Job.,  Ad  Ovid.  Herofd,  onaeat.  {XFI  147)       Meifsen  87  W 


82.  Gramme,  Alb.,  Cic.  orat 

Muren,  diapoa. 
82a.  — ,     Cic.    orat.    Jftfon. 

dispos. 


r  {FIIl  24},   XIF  7.  8  ; 
XF  6.  6.  49,  50.  91;  I  Gera  87  120 

XFI  149 jöO ;  XFII  24.  { 
15517.  208)  I  ,,    89    „ 

83.  Gorlitt,   Ldw.,   Non.  Marcellas  u.  d.  Cicer'o-jffrti^e. 

{XFI  152)  '     Stegtöz  Pg.  88    „ 

84.  Härder,  Frz.,  D.  Fragmente  d.  Maecenas.  {XF 93)  BerlLet.G.  89  126 

85.  Hecht,   Ferd.  Max,   Orthogr.-dialekt.  Foracbgn.  a.  Grond 

att.  loschr.  U.    {XIII 123)  Gumbinnen  86    77 

86/87.  Hentze,    Karl,    Parataxis    b.    Homer    I.   II.      {FI 6; 

XIII 124;  XF95)  Gottingen  88 [9    76 

88.  Heraeas,  Wh.,  Vindic.  Livianae.  {XF96;  XFI  134)    Hantm  89    82 

89.  Hiller  v.  Gaertringen,  Frdr.,  Zar  arkad.  KSnigaliste 

d.  Paosanias.  /aver  ^  108 

90/91.  Hintner,  Val.,  Meridie$  [I.  IL]    {XF69;  XFII 21112) 

fFienAk.  G.  86.90    79 

92.  Hoffmann,  Max,  D.  Cod.  Med.  pl.  XXXIX  1  d.  Vergil. 

{XFII  160)  Pf&rta  8$  132 

93.  Hoffs,  Fr.  van,    2  SaHren  d.  Horaz  pl  4.  8],   nach  Edm. 

Vogts  Grunds,  obs.  a.  als  Erginzg.  s.  hioterl.  Werkes 

rerölfentl.  Trier  [Fr.-fFh.-G.]  87  123 


vobR.  Ullrich.  83 

8. 

94.  Jäger,  Osk.,   NachlMe  z.  Horatias.     (K^;  Fl 29,  34-, 

null',  XllllOjU,  131;  XFl28a)  Köln  Fr,  fFh.-G,  87  128  XIT, 

95.  John,  RoDst,  T«c.  diaL  I— XXVIl  öbs.  v.  erläut.  (Xy  99; 

.  Xn  165)  Urach  th.  S.  86  130 

96/99.  Irmseher,    Em..    Verg.   j4m,    B.  VI.  I.  lU.  V   übers. 

{XV 100/4;  XFJ  166170-,  XFll  166)  Druden  Zeidl.  Ä.  87/90  132 

100.  Kammer,   Ed.,   Krit-fisth.  Uoters.  betr.  d.  Ges.  MNgO 

d.  IhaM.    (XIII 136)  Lyek  87  104 

101.  Knaack,  Gg.,  Callimachet.    {XIII 1^        Stettin  M.-St.-G,  87    97 

102.  Kirchner,   Joh.,    Proaop^ogr.    Att    spee.     {XFI 172) 

Berlin  Fr,  fFh.-G,  90  138 
JOS.  Lftntensach,  Otto,  Verbalflez.  d.  att.  loschr.  (XFI  176}  Gotha  87    11 

104.  Lessiag,    Karl,   Stad«    z.^d.  Script  bist.  Aagostae. 

{XFI  177)  Berlin  Frdr.-G.  89  129 

105.  Liaeke,  Karl,  De  Xenoph.  11.  Socrat.  Jena  90  116 

106.  Lioke,  Hogo,  Stadien  zur  Itala.  Breslau  Elis.-G,  89  133 
14)7.  Mag 0118,    Hag.,   Stod.  z.  Ovids  Metamörph,    {XF 113; 

XFII 173)  Berlin  Seph,-G,  87  12t 

108.  Manitias,   Karl,   Des  Hypslkles  Schrift    ^naphorikos 

nach  Oberl.  a.  Inh.  krit.  behaodelt.  Dresden  Kfuch,  88  105 

109.  Matthias,  Ad.,  Z.  Krit.  n.  £i»kl.  v.  Xen.  Anab,  {X1II63, 

147 ;  XIF 19/20)  DiUseldorf  st.  Bg.  u.  G,  88  117 

110.  Menge,   Rad.,   Das  'Relativ,   i.    d.  Sprache  Caesars. 

{Xfll  152/3;  XF 115)  Halle  Lot.  89    81 

111.  Morsch,    Hans,   Goethe   a.   d.  griech.  Bühnendichter. 

{XFI  179;  Xyill35)  Berlin  kg.  Rg,  88  112 

112.  Mücke,  Rad.,  Zn  Arrians  n.  Epiktets  Sprachgebranch. 

{XF 119;  XFI  180;  XFII 49,  50)  JlfM  87    75 

113.  Müller,   Karl  Friedr.,   Ignatii  Diac.  tetrast.  iamb.  53, 

versns  in  Adamnm  143  rec.  (XFII  220)  Kiel  86  105 

114.  Müller,  Mor.,  Z.  Krit.  n.  Sprachgebr.  d.  Liv.    {FI62; 

Fül  94)  Stendal  88    82 

115.  Peppmüller,  Rud.,  In  poet  Graec,  maz.  in  eleg.  Theo> 

gnid.    ezerc.    er  it.;    acc   Th.  Bergkii   ad  Pericl.  vit. 

Plutarch.  adootam.  Seehausen  87  111 

116.  — ,  Emeadationsvorschl.  i.  Homer:  (XF126;  XFII  177)    „        88  104 

117.  Vo\U,frAT.,l^eS^^)^.  Oed,Rege.{IF79;XF66)  Dresd.Füslh.  G.  86  113 

118.  Prammer,    Ign.,   Sallnst.    Misz.     (FII4/8;    FIII98I9; 

XIU 167/9)^  fFien  G,  i,  8.  B.  87  128 

119.  Ribbeck,  Wold.,    Homerische  Miszellen  Ü.     Berlin  Ask,  G.  88  104 

120.  — ,  Obersetzungsproben.  (IF20;  FI  46;  XIII  170a)   „         „       90    „ 

121.  Riese,   Alex.,    Z.  Gesch.    d.   Rhei|nl«nde   i.    rSm.   Z. 

{IX  22)  Frankfurt  a,  M,  89  137 

\n,  La  Roehe,  Jtk.,  Mat«-ial.  f.  a.  Komm.  z.  Odyss,  {IF35. 

36;F19;  FIII86;  XIU  173 /6a.  b;  XF 130/1)  Lins  {Ob. -Ost.)  88  104 
123.  Robden,  P.  v.,  P.  Quiot.  Varns.  SiegUtz  90  137 

194.  Rothe,    Rarl,  Bdtg.  d.  Wiedarhalangen  f.d.  Homer. 

Frage.  {XIU  179;  XF  133)  Berlm  Frz.  G,  90  104 

125.  Seheokl,  Hör.,  Florileg.  dao  Graeea  edidit    fFien  j4k.  G,  88  100 
125a.  Schmidt,   M»x  C.  P.,  Z.  Gesch.  d.  geogr.  Lit  b.  Gr. 

Q.  R8m.    {XFI  196a)  BerUn  Ask,  G,  87  169 

126.  Schneider,  Rnd.,  Portos  Itins.  ,,     Kgst.  G,  88  118 

127.  Schobert,  Prdr.,   Aoftleeta  Sophoclea.    A.  Traeh,    B. 

Cod.   Par.  A.  (2712)   u.   Laor.  XXXII  9.     {XIU  181a.  b; 

XF138)  Prag  deuUch.  G.  d,  Kteins.  86  \U 

128.  Schnltefs,  FHr.,  Aonaeanastndia.  {Xf^  22)   Hamburg  Joh»  88  130 

129.  Schnlze,  Karl  PI.,  Qoaast.  gramm.  ad  Xenoph.    pert 

{XFIS9;  XFI  198)  Berlm  Fr.-JFd,  G.  88    78 


86     Progrommweseo  und  Prograniinbibliothek  d.  höh.  Schnlea, 

8. 
XlTt  130.  Seeliger,  Koor.,  Die  Oberl.  d.  griech.  Heldens.  b.  Ste- 
sichoros  I.    {Xm99.200)  Ifei/Mi  ^^  114 

131.  Soooenbor§^,   Pet.,   Bemerk,    x.  Notkers  Bearbeite,  d. 

Boethius.  Bmn  [kg,]  G,  87  118 

132.  Sto Wasser,  Jos.  Mar.,  locert  aaet.  Hisperiea  famiaa 

deoao  ed.  et  explan.  Wien  Fr9,  Jos.-G,  87  133 

133.  — ,   Die  14.  Bpitoma  d.  G>anmat.  Verg.  1 

Marc.  \fFim  Fn.  jQt,-G.  8$    „ 

De  qoarto  qaod.  Seotic.  Lati'oit  J 

134.  — ,   Duokle    Wörter   (lat).    {XUI 188/9;   Xri42f3; 

Xm  191,  2Ö2)  Wim  Fn.  Jos.-G.  90    80 

135.  Strinb,  Lor.,  D.  Natarsion  d.  alt.  Griecheo.  StuUg^.  Eb.  L.-G.  89  139 
lS5a.  Teuffel,  Sigm.,  Lebeasabriß  v.  Wh.  Sign.  Teaffel.  fi. 

Beitr.  z.  Gesch«  d.  philo  log.  Studiams    ia  Wörttem- 
berg.  Tübittgmi  89  189 

1^.  Thalheim,  Th.,  De  Dioarchi  eodd.  Breslau  Wfu-G,  86    98 

137.  — ,  Qaaest  Demosth.  (XUJ190;  XF 144/01  Xn204)  SehneidemiUd  89     , 
138/142.  Trea,    Max,    Max.   Plaoadis   epistniae;    5  partes. 
{mi84;  1X84;  XIII 191 /ö;  XF  14719;  Xn207;  XFII 
249;  XFIII1441Ö)  Breslau  Frdr,-G,  86/90  108 

143/144.  Treuber,  Osk.,  Beitr.  z.  Geseh.  d.  Lykier  [I.J  II    Täbing.  86/7  134 

145.  Volkmaoo,    Rieh.,    Nachtr.  s.  Gesch,  u.  h'rä,  d,  Wolf- 

sehen    Froleg^omena    11.      {IF  59;    Flu  102 1    IX  25/6; 
XIII 196/7)  Jauer  87  105 

145a.  Volkmina,  Walth.,  Qaaest.  de  Diog.  Laert.  I.  BreslMgd.-G,  90    98 
b.  — ,  Uaters.  z.  Diog.  Laert.  (XF  151a.  203a;  XFl230a; 

XFII  108a;  XFIU 146)  Jauer  (Festschr.)  90     „ 

146.  Weidner,    Andr.,   Emeod.    Jnveaal.     {FII28;   1X23; 

XFI 209/10)  Dortmund  87  125 

147.  Weifieofels,  Osk.,  De  Seoeca  Epicureo.  Berlin  Frz.  G.  86  130 

148.  — ,  De  Platooie.  et  Stoic.  doctr.  affioit.  {FIII77)    „  „       90  110 

149.  Wessely.Karl, Ephesia  Grammata  aos  Papyr.,  loschr., 

Gemmeo  etc.  Wien  Fn,  Jos, -G.  86  139 

150.  — ,  Zythos  a.  Zythera.  Hemals  87    „ 

151.  — ,  £.  biliogues  Mijestätsfesoch  v.  391/2  n.  Chr.  „       88  107 
152/53.  — ,  Z.  d.  griech.  Papyri  d.  Lonvre  a.  d.  Bibl.  oatioa., 

2Tle.    {XIII 201;  XF  159/61;  XFI  212/3)  HemaU  89/90    „ 

154a.  b.  Methoer,   Ja!.,   Poesie  n.  Prosa,   ihre    Arteo    a. 

Formea  III.  IV.    {XIII  202,3;  XFII  94)  Gnesen  86/87  168 

3.    D  e  u  t  s  e  h. 

155.  Bieliog,  Alex.,Textkrit.  Stud.s.  JlliVinao.  iffamA.  Berl.  Less.-G.  88  177 

156.  Hoffmauo,    Otto,    Herder-Faode   a.  Nicolais    ^Ug^, 

D.  Bibl.  BerUn  KöUn,  G,  88  176 

157.  Jacoby,  Daoiel,  Georg  Mocropedias.  Berlin  Rgst.  G.  86  178 

158.  Kettoer,  Gust.,  Herders  1,  knt.  Wäldchen.  {XIII 139; 

XF  165a.  b.  166;  XFI  222/3)  Pforta  87  176 

159.  Khull,  Ferd.,   Zar  Ober!,  a.  Textfest.  v.GoUes  Zukunft 

d.  Heiorich  v.  Wiener-Neostadt.  Graz 2,  G.  86  171 

160.  — ,  Figa-Ghtm.    Aas  d.  Altislüadischeo.  „        88  183 

161.  — ,  Figlund  u.  Ketürid,  dgl.  {XIII 206/7.  222;  XF  167/9; 

XFI  248/9;  XFII  233/4)  „       90    „ 

Morsch,  Haas,  s.  o.  Nr.  111. 

162.  Nerrlich,  Paul,  Za  Jeao  Paul.  Berlin  Mk.  G.  89  178 

163.  Rudolph,    Koor.,   Geeignetste   Form   e.   Nibeloogea- 

Obersetzttog.  JBerlin  RölUu  G.  90  172 


voa  R.  Ulirieh«  S7 

4.   FransSsisch.i) 

}64.  DnbislaVy  Gg^.,   Satzbeiordog.  für  Satzuoterordog.  im 

AltfraozSsischeo.  BerUn  1,  höh,  B.  88    %^  XIT» 

165.  Hambert,    Clas,    Die  Gesetze    d.    franz.  Verses,    flin 

Versuch  sie  a.  d.  Geiste  d.  Volkes  zu  erkläreo  m.  bes. 

RHcks.  a.  d.  Alexandriner.  BiBitfeld  88    92 

166.  — ,    Nochmals   das  e  muel   u.  d.  Vortrag   franz.  Verse. 

{IX  46-,  XJII 205.  212 ;  XFl  230/6)  BusbfM  90     „ 

167.  Klöpper,  Klem.,  Wiedergabe  d.  deutsch.  Prüpositim 

Französischen.  Bosiock  90    85 

168.  Osterhage,   Gg.,   Ober  einige  ehansons  de  geste  d. 

Lohengrin kreises.    (XF  122, 180)  Berlin  Humb.-G.  88  184 

5.    Geschichte  des  Mittelalters  nnd  der  Neuzeit. 

169.  Adamek,   Otto,   Z.  Gesch.  d.  byz.  Kaisers  Maaricios 

(582—602)  I.    {XJII  81;  XF 182)  Graz  1.  G.  90  142 

170.  Blasender  ff,  KL,  Blücher  als  Gutsbesitzer.  {XFI 238)  Pyrüz  89  149 
171/3.  Darpe,  Franz,  Gesch.  d.  Stadt  Bochum.  T.  Im  M.-A.; 

III A.  Urknndenbocb,  M.-A. ;  IH  B.  dgl.  Neuzeit.  {XF 18416; 

Xn  240)2;  XFII228;  XFlII  162)  Bochum  88/90  151 

174.  Hirsch,  Ferd.,  D.  ersten  Ankn.  zw.  Brdbg.  u.  Rufild. 

unter  d.  Gr.  Kurfürst.  II.   {nH41i  IXöO;  XIII218; 

Xri  246/7)  BerUn  Rgit.  Bg.  86  145 

175.  Koch,  Gottfr.,  D.  „unumschränkte"  Königt  Ludw.  XIV. 

(Mit  Obers,  d.  Literatur.)  BerUn  /eh.  G.  88  154 

176.  _,   Boliagbrokes   polit.   Ansieht,   u.  d.  So irarehie. 

{XFII23Ö)  Berlin  3.  B.  90  153 

177.  Kohl,    Horst,   Beitr.    z.  Rrit.    Rahewins    I.    Entleh- 

nungen n.  fremden  Autoren.  Chemnitz  90  141 

178.  Lange,   Rud.,   Roatocker  Verfas8.*Kimpfe   b.  z.  Mitte 

d.  15.  Jahrh.  Bostock  88  152 

179.  Matthaei,    Gg.,   D.   lombard.  Politik  Kais.  Friedr.  I. 

u.  d.  Gründg.  v.  Alessandria.  Gr.-Uehterfelde  Pg,  89  143 

180.  Nottebohm,   Wilh.,   Montecuccoli   u.  d.  Legende  v. 

{  St.  Gotthard.  Berlin  Fr.-fFd.  G.  87  145 

181.  Parow,  Walt,  D.  Schlacht  b.  Trafslgar.        „         „      OB.  90  153 

182.  Röhricht,   Rhld.,   Zus.   u.  Verbess.  z.  Du  Gange,   Les 

Jamiües  d'otäre  mer.  Berlin  Humb.-G.  86  143 

183.  ^,  Kl.  Stud.  z.  Gesch.  d.  Kreuzzüge.    (FIII43;  IX 32) 

BerUn  Humb.-G.  90    „ 
6.   Erdkunde. 

184.  Schwalbe,  fihd.,  Eishöhlen  u.  Eislöcher,  nebst  Bem. 

ttb.  V e n  ta r  0 le n  u.  niedr.  Bodentemperaturen.   (FIII 120; 

XIF  24 ;  XFI  öl ;  XFII 120)  Berlin  Dor.  Bg.  86  160 

7.    Philosophie. 

185.  Biese,    Alfr.,   D.  Assoziationspriozip  u.  d.  Anthropomor- 

phismus    i.    d.   Ästhetik.      {XFI5;   XFII  13/4.  203/6; 

XFIII 8.  62a)  Kiel  90  221 

186.  Jerusalem,  Wh.,  Laura  Bridgman  n.  Erziehg.  e.  Taub- 

stumm-Blinden. E.  psycholog.  Studie.  {XFII  31)  fFien  G.  i.  8.  B.  90  219 

187.  Koppelmann,  Wh.,    Kants  Lehre  v.  kateg.  Imperativ. 

{XF  33)  Lippsfadt  Bg.  88  220 

*.  .■         

^)  Aus  Österreich   sei  hier   (von  einer  nicht   im  deutschen  Tausch« 
verkehr  stehenden  Anstalt)  erwähnt: 
164a.  Friedwagner,   Matth.,   Goethe  als   Co  roeille*0ber- 

aetzer.  fFien  B.  i.  18.  B.  90  —  Bätner  lU  S.  53 


$j     Progranrnweseo  und  Progranmbibliotliek  d.  hSh.  Sehvlen, 

8. 

XIT«  1S8.  Loos,   Jos.,   BoUtahmig  o.  Eatwickloofsgaog  willkor- 
licher  BewefaBgeo.    {nU48l9;  XlF  18,   XV130) 

Prag  deutsch.  G.  i.  d.  Neust.  (Graben)  86  219 

189.  Math,  Max,  Psycho].  Hern.  Lotses  i.  Vorh.  z.  Herbart. 

{Xn  32 ;  XFU  51a.  b)  Brandenburg  R.-A,  87    „ 

8.   Theologie. 

190.  Draeseke,  Job.,  Job.  Rist  als  ksiserl.  Hof*  o.  Pfalsgraf. 

{XIII 108;  Xn260.  206;  XFIU 163)  ßFanäsbeek  90  178 

191.  Mollensiereo,  PI.,  D.  Begr.  fiuravota  in  N.T.,  I.    AmstoA  88  211 

192.  Nestle,  Eberb.,  LXX-Stodieo  (I];  Z.  Gesch.  d.  Siz- 

tioa.  {xn268i9;  xyn2U\  xniiisi)  vhn  86  m 

493.  Preiß,    Hertti.,   Vorgeschichte  d.  ni  Kaaoaa.    {Xm228; 

XF203)  Kimigsberg  Üb.  R.  89     „ 

9.    Bibliographie. 

194.  Bittoer,   Jos.,    Progr.-Verx.  {Österreich)  L  (s.  o.  S.  US 

Nr.  30  a.  S.  255)  {XF  204)  Teschen  90  19» 

195.  Köhler,  Jak.,  Dgl.  (ITacfe/i)  (s.  o.  S.  113  Nr.  !8a.S.  217).  Rastati  88    « 

196.  Streit^),  Ldw.,  Zeitschr.  d.  höh.  $ch.  Pommeros.  RMerg  87    „ 

10.   Gedichte. 

197.  Koldewey,    Prdr.,    Carmina.     {Fl  93-,    FIU  4;    1X6; 

XIII 16/8;  XIF13;  XF11\  XFnSijS;  XFIII27)  Brsckwg.Rg,  90  229 

XT.   Klufßtnann  JU*). 
(Gebiet  des  Tenbnergcbes  Tantcbrerkehn)').  (1891— ISIN^)«)» 

(vgl.  BibL  jIU.  3,  Nr.  14;  o.  S.  112.) 

A. 

1.  Allgemeiaes.  Schalgeschichte.  Schnlreden. 

XT»     1.  Clemeo,    Aog.,    Pred.    b.  Weihef.    d.   Försteoseh.    1891. 

(XIU  225 ;  XF  200/1)  Grimma  91    9ft 

2/4.  Deiiefseo,   DetK,    Gesch.    d.  Gyne.  II/IV   (Ms  1820; 

I  s.  0.  XIV  3).  {FII23,  23a;  XIII 102/0;  XFI 8.  9. 142. 

219 ;  XFn  19. 143.  229)  GUiekstadt  91.  92.  95    70 

4a.  Gemoll,  Alb.,  D.  Gyno.  a.  d.  Kampf  %t%*  d.  Sosialdemo- 

kratic.  (XIU  11315 ;  XIF71/4 ;  XFU  154 ;  XFIII63)  Stri^au  Pg.  91     1 

5.  Gromtne,   Alb.,    Die  Beschlösse   d.   Berl.  Scholkfs.    v. 

1890  m.  BetrachtgD.  üb.  d.  Ref.  d.  höh.  Schnlw.  Gera  91     4 

6.  — ,    Üb.    d.  neoeD  preofi.  Lehrpl.  [v.  1892]   f.  alte  Spr. 

0.  alte  Gesch.    (F III 24;  XIF  7.  8.  82.  82a;  XF  49.  50. 

91 ;  XFI  149/50;  XFU  24. 155/57.  208)  Gera  92  ,> 

7.  Hausknecht,  Em.,  Amerikaa.  Bildaagsweseo.      Berlin  2.  R.  94  5 

8.  Hott,  Ed.,  Zu  Vorbereitg.  a.  d.  höh.  Lehraul.       BsmUmfg  Rjg.  92  1 
8a.  Heoke,    OsIl.^   Aus  d.  Lehrplao  d.  Gyno.  %.  Bremen. 

1.  Horaz.  Bremen  94     8 
b.  -,  II.  Physik.  Geographie.    (JÜF 9 ;  XFI 22/6 ;  XFU 

88. 122)  Bremen  95     ^ 

9.  Kern,    Pranz,   Scholreden    b.    d.  Entlass.    v.  A'bitnr.  [I] 

(M.  «7-M.  90).  Berlin  RäOn.  G.  91  M 

10.  —,  Dgl.  pl.]  (O.  M-M.  92)  {FI  43/4;  FUI  76. 113;  1X35; 

XIU  137/8)  Berlin  KöUn.  G.  93   n 

1)  Vgl.  d.  Verf.  Benuttung  u.  EinriMungZuew.  (s.  o.  S.  85  Aam.  1) 
&  6  {^Z.f.d.  G.'9F.  LVIII  [1904]  S.  678). 

')  Ober  die  Anordonng  vgl.  o.  S.  73^  Ann.  1. 

»)  Vgl.  o.  S.  1691t 

*J  Bjyerisclie  PcogrAmme  sind  oben  anter  Nr.  Xe  aogeührt  (S.  ^ 


von  R.  Ullrich.  8$ 

11.  Roldewey,  Frdr.,    Verz.  d.  Direkt,   n.  Lehr.  d.  Mart- 

Kath.  zo  B.  aeit  1828,  biogr.  a.  bibliogr.  zasamineDgest. 

{Fl 93;  VU14\  1X6;  ÄlUie/S;  XlF  13, 197;  XFIlSd/ö; 

Xnu  27)  Braunschweig  M.-K.  94    60  XT« 

IIa.  Kroschel,  Stm.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Arnst.  Scholw.  Arnstadt  91    66 
b.  — ,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Programms. »)  {XIH 19/22;  XlFU/ö)    „       9ö     „ 
12/4.  LcaDcke,    Hog.,    Beitr.  z.  Geach.    d.  Stett.  Ratsach. 

in    5  JahfhoDderteo.   I.   1—8:    Urkaadeo.    (Hl 2413; 

XyilS9,40)  Stettin  Stadi'G.  93/93    89 

15/6.  Peter,  Herrn.,    G.  Fabrieii  ad  Aodr.  fratr.  epistoUe 

prin.  ed.  1.  II.  UF94;  Hl 20;  XIII 24a,  166)  Meißm  91/2    80 

17.  Raasch,    Alfr.,   Thomas  ins  als  Gast  i.  Brh.  WeigeU 

Sehnie  i.  J  e  n  a.  (Xn  37 ;  XFllI  37)  Jena  93    63 

18.  Reinhardt,  Rarl,  D.  nene  Organis.  d.  Aoat.  Frankf.  a,  M,  st,  G.  93    10 

19.  — ,  D.  Oorchfiibrg.  d.  Frankf.  LehrplSoe   (im  Jahresb.). 

(Xni  170;  XF138/9)  Frankfurt  a,  M.  st,  G.  94    67 

20.  Scheibe,  Ldw.,  Pestschr.  s.  300j.  Best.  d.  Schule.       EWerfeld  93    65 

21.  Sehlee,   Ernst,    D.  öffentl.  Schnlw.   i.  Nord-Amerika. 

{XVI 43/6)  Mtona  Rg,  94      6 

22.  Schnitefi,  Frdr.  h.  a.,  Job.  Classeo.  (XIF 128)  Hamburg  Joh,  92  72 

23.  Hrbach,  Th.,  Kl.  Chronik  d.  Krenzschnle.       Dresden  Kzsch.  91  64 

24.  Viereck,  Ldw.,  Wilh.  Krumme.  Braunschweig  OB.  93  60 

25.  W  ehrm  ann,  Mart.,  Geseh.  d.  M.-St.-G.  1544-1894.  Stett. M. -St.- G.  94  89 

26.  Weicher,  Giist.,  ü.  Jnbelf.  d.  M.-St-G.  1894.       „  „         93  „ 

27.  Zange,  Frdr.,  Gesch.  d.  Erfurt.  Rg.  Erfurt  Bg,  94  66 

28.  — ,  D.  Feier  d.  50j.  Best.  d.  Rg.  {XIF28;  XF  36/7)         „  93  „ 

2.   Einzelne  Unterrichtsfächer. 

a)  Religion. 

29.  Bähnisch,  Alfr.,  D.  Schnlbibel.  Glogau  ev.  G,  92    15 

30.  Bornemnnn,  Wh.,  Katech.  Bhdlg.  d.  1.  Artik.  Magdbg.U.LFr,  93     „ 

31.  Fanth,  Franz,  Zum  altt.  Rel.-U.  {1X33;  XlII 41)  Höxter  91  „ 
82.  tf  eidrich,  Rad.,  Lehrplan  f.  d.  ev.  Rel.-U.  Nakel  92  „ 
S3/4.  — ,  Dgl.  f.  VI  tt.  V.  {n94;  XFl  68—71;  XFll  84/6)  „  94/3  „ 
85.  Reppelmann,  Wh.,  Vers.  e.  Oarstellg.  d.  Sittenl.  Jesn 

ft.  Grd.  d.  synopt.  Evgln.  f.  P r im B.(XlF  187)  Lippstadt  Bg,  94    10 
S6/7.  Zange,    Frdr.,    Lehrpl.  f.  d.  ev.  R.-U.  2.  in  Quinta, 

3.  in  Quarta.  {X1F28;  XF  27/8)  Erfurt  Bg.  91/2     „ 

b)  Deutsch. 

88/9.  Franz,  Lndw.,  Schillers Demetrius  in  I.  2  Tle.  Halberst.  Bg.  92/3    IS 

40.  Goldscheider,  PI.,  Offene  Fragen.    Nachtr.  z.  XIV  29. 

{XFU  22.  23)  Elberjeld  93     „ 

41.  Grosse,  Em.,  Obers,  üb.  Lessings  Laokoon  n.  Schillers 

Abhdlg.  Üb.  d.  Erhabene.  (XFI  74/6)  Königsberg  H^h.-G.  93     „ 

42.  Hellwig,    PI.,   Techo.   d.  Eleraentar-U.    i.  d.  deutsch. 

Gramm.  I.  Formenlehre.  (XF1220)  Berlin  3,  B.  93    19 

43.  R8hl,  Bern.,    Prakt.  Brauchbark.  d.  «nichtigst,  mod.  Spr., 

spez.  d.  deutsch.  (Xlll  177;  XFI  192;  XFll-39, 181)  Nttunümrg  92    17 
43a.  Vockeradt,    Hnr.,    Prakt.   RatschL    f.   d.    Aufsatz   I. 

(XFI  33.  70.  80)  Becklinghausen  93    21 

e)  Baglisch. 

44.  Rron,  Rieh.,  Dial.   Bespr.  H.ölzelacher  Wandbilder;   s. 

n.  46;    {XFI  81)  M.- Gladbach  B.  96    23 

d)  Französisch. 

45.  Bahlsen,   Leo,   Franz.  U.   n.   d.  Grunds,   d.  Reformer.  .   . 

{Xy  1T6)  Berlin  6.  B.  92    24 

>)  Vgl.  0.  S.  125  IHr.  105  und  S.  129  Aab.  1. 


j^O     ProgrtmmweseD  ood  Programmbibliothek  d.  höLSchoIei, 

8. 

XT.  46.  Kr  00,  Rieh.,   Dialof^.  Bespr.  etc.,  wie  Nr.  44.    {XH  81) 

M.' Gladbach  R.  94    25 

47.  Plattner,  Ph.,  Frz.  Schülergramm.  (X/f^d4;  Af^i7^a.6; 

XFl  233  \  XVn  225a.  b)  ^asselnheim  t.  E.  Ä.  $1     „ 

e)  Griechisch. 

48.  Albreeht,  Em.,  Vereiofachg.  d.  g^r.  Schalgramm.  BerLFrdr.-G.  94    27 
48a.  Gronau,   Arth.,   £.  Versach  s.  And  erg.    d.  gr.  Uoterr. 

iXFlU  16a\  «.  a.  XVI  85)  SchtoeU  Pg.  95     „ 

49.  Gramme,  Alb.,  Ind.  loc.  z.  4.  Aafl.   v.  Eog.  Frohweins 

ffauptr.  d.  griecL  Syntax.  Gera  93     „ 

50.  — ,  Besonderh.  d.  homer.  SynUx.    {FIJI 24;  XIF'7,8.82, 

82 af  Xy  J.  6.  91-,  XFl  149150-,  XFlI  24,  löSjy.  208)       Gera  95    „ 

f)  Lateinisch. 

51.  Altenbarg,  Osk.,  Schalaaslegg.  d.  Germania  d.  Tac.    JFohlau  92    29 
52/3.  — ,  Dgl.  d.  Horaz  (l.  C.  III\  2.  C.  /a.  Epod.).  (XFIll  65a)    „    9314     „ 
64,  Frey,  Jos.,  Z.  Gesch.  d.  lat.  Schalgrammatik.    {7^1 13\ 

Xni  20)  Münster  95    30 

55.  Bachtmann,   Karl,   Verwertg.  v.  Cic.  t.  Ferr,  IV    f.  d. 

aot.  Kanst.     {Xlll  121)  Bemburff  95     „ 

Henkel,  Osk.,  Lebrpl.  f.  Horaz,  s.  a.  Nr.  8a. 
$6.  Heyoacher,  Max,    Lat.  Gramm,  a.  Statist.  Grondlage. 

{Xni48i9, 127;  XFl  27;  XFll  209)  Norden  92    31 

56a.  Kohl,  Otto,  Verwendg.  rö'm.  Münzen  i.  Unterr.  {1X31; 

XIII 143;  XFIII 168)  Kreuznach  92  189 

57.  Kühler,  Otto,  Z.  Meth.  d.  lat.  U.  {IlTlS;  XIII23,52)  BerlfFh^-G.  92    31 

58.  Menge,   Herm.,   Probe  t.  Bearb^.   d.  Oden  o.  Epoden  d. 

Horaz,  bes.  f.  d.  Primaner.  {F III 13)  Sangerhausen  92    32 

59.  Schi mmelpf eng,  Gast.,  Erziehl.  Horazlektüre.  {FI 20; 

FIII  89 ;  XIII 46)  lifM  92     „ 

g)  G  e  s  c  h  i  c  h  t  e  ^). 

60.  Brettschneider,  Harry,  Wert  d.  Gesch.-U.  Insterburg  95    35 

61.  Fischer,    Karl,   Staats-,    Wirtschafts-    a.  Sozial- 

politik a.  höh.  LA.  {XFI91;  XFU  207)         ß^iesbaden  Bg,  92  36 

62.  Jange,  Frdr.,  Qnell.  u.  Hiilfsm.  z.  deutsch.  G.    Magdeburg  Rg.  93  „ 

63.  Neabaaer,  Frdr.,  Volkswirtseh.  i.  Gesch.-U.  (XFl 253)  Haue  Lat.  94  3T 

64.  Statzer,  Em.,  Lehr-  a.  LernstoGf  i.  Gesch.-U.  Barmen  94  „ 

h)  Philosophisehe  Propädeatik. 

65.  Leochtenberger,  Gtl.,  Idee  a. Ideal.  {FIII 55)  PosenF.  fF.-G.  93    50 

66.  P  0 11  e ,  Frdr., Sch.-Ü.  i.  d.  Philos.  {IF79 ;  XIF117)  Dresd.  Fäzth.  G.  94    „ 

i)   Kanstanterricht. 

67.  Gahraoer,  Hnr.,  Knnst-U.  a.  d.  Gymo.  (XFl  19a.  151; 

XFU  158;  XFIII  17)  JFittenberg  91     „ 

k)  Tarnen  and  Jagendspiele. 

68.  Wie kenhagen,  Hm., Anta.mod. Gymnastik.  (X^/jrd2)  Bendsbg.  91    53 

B. 

1.    Allgemeine  and  vergleichende  Sprachwissenschaft. 

69.  Hintner,  Val.,    D.  Verb,  d*  Befehlens    i.  d.  idg.  Spr.  L 

(XIF90.91;  XFU  21112)  fFien  Ak.  G.  93  i\2 

70.  Wilhelm,  Eug.,  Eranica.   {FlU  15;  XUI58.79)  Jma  95  113 

2.    Altertumswissenschaft. 

71.  Andresea,    Gg.,    De   codd.  Medd.  jInnaL  Tac    {1X39; 

XFl  135/6)  Berlin  j4sk.  G.  92  165 

1)  Für  Erdkunde  u.  Physik  vgl.  o.  Nr.  8b. 


T«D  R.  Ullrich.  91 

S. 
71t,  Asmns,  Rod.,   Jolian    a.  Dio  Chrysostom.   {XFll  ISßa) 

Tauöerbüehofs/L  95  139  X7« 

72.  Becher,  Ferd.,  Z.  10,  B,  d.  QoiotiliaD.  ^ttrich  91  163 

73.  — ,  De  loc.  qoibosd.  ^rnial.  Tae.  (XlII  93/41  XlFiO)  Halle  Lot,  94  165 

74.  Beiger,    Christ,    D.    mylLeo.    Lolialsage    v.  d.  Gräbero 

AgamemnoBi.    Mit  e.  Rekoastrnkt.  d.  Sehliemaoo- 

sehen  Gräberroodes.    {XlFSO)  Berlin  Frdr.-G.  93  201 

75.  BelliDg,  UeiBo,  Qoaest.  Tibullianae.  „        ^sk.  G.  94  166 

76.  Bilfiager,  Gost.,  D.  SternUfela  v.  BibAo  el  M'oluk. 

(2Un93;  Xiröl/'J;  XFISIS;  XFU  206)         SluUg,  Eb,  L.-G.  91  192 

77.  Bissioger,  Kl.,  Bronzefd.  v.  Aekeobach.  {XI26\  Xir 

63/4;  Xri83;  XFll  15, 95a;  XFlU  73, 126)     Banauesch.  Pg,  93  203 

78.  Brtodes,  Wh.,  Beitr.z.  Auiooios.  {XFni39l40)  fTolfenbätt,  95  155 

79.  Brandt,  Sam.,  Frgm.  d.  Lactaut.  d,mot.anmi.         Heidelbg.  91  161 

80.  — ,  DeLaetant.  ap.  Prndentiora  vestig.  {XFl  139)      „         94    „ 

^1.  Brieger,   Ad.,    Epikars  Lehre  v.   d.  Seele.    (XIII 96) 

Halle  Sladt'G.  93  139 
£2.  Bnsie,   Ad.,   D.  nenplat.  Aosleger  d.  Isagoge  d.  Por- 

phyrins.  Berlin  Frdr.G.  92  150 

53.  Corssen.  Pet,    D.  Cyprian.  Text  d.  j4ct.  apost.    iXlF 

59/61 ;  Xn  141. 265\  XFU  147)  Schönebg.  Fr.  H.-G.  92  157 

54.  D  r  0  y  s  e  n ,  Hans,  Z.  A  r i 8 1 0 1.  *A»,  noXnsia.    {XFU  230/1) 

ßerUn  Kgst.  G.  91  135 

85.  Ehwald,  Rnd.,  Ad  bist  cod.  0  vid.  recens.  {XIII 4.109; 

XJF67',  XF187;  XFI 143  y  XFII 152)  Gotha  92  162 

86.  Bngelbrecht,  Aug.,  Patrist  Analekten.  fTien  Ther.  92    „ 

87.  — ,  Titel w ese n  b.d.spStlatEpistoiographen.  {XlF68/9\ 

XFI99.100)  „        „     93  158 

88.  Gersteoberg,  Karl,  D.  Reden  b.  Sallnst    Berlin  j4ndr.-fig.  92  163 

89.  — ,  Ist  Sali.  e.  Parteischriftsteller?  „       Frdr.-Hg.  93    „ 

90.  Gilbert,  Walth.,Eth.Gehaltd.(?<f.d.Horaz.(X///i2(;)  Schneebg.91  159 

91.  Gromme,  Alb.,  Dispos.  Horatianae.  {Fni  24;  XIF7.S. 

82. 82a;  XF 5. 6.49.50;  XFI 149/50 ;  XFII  24. 155/7. 208)  Gera  94    „ 

92.  Gruppe,  Otto,  De  Cadmi  fabola.  Berlin  ^sk.  G.  90  201 

93.  Härder,    Frz.,     Astroga.    Bern.   z.   d,    röm.    Dichtern. 

{X1F84)  Berlin  Lst  G,  33  163 

94.  Ha  Ol  er,  Edm.,   Z.  Geseh.  d.  griech.  Mimos.    {XFI  153) 

fFien  G.  i.  2.  B.  93  206 

95.  Hentze,Kl.,  Parataxis  b.  Homer  III.  {FI  6;  XIII  124; 

XIF86/7)  Göttingen  91  111 

96.  Heraeos,Wh.,Viodic.Livian.11.(X/f^«^;AA^/i<^)  0ffenb,Rg.92  161 

97.  Hoffmann,  Max,  Z.  Erinnerg.  a.  Aug.  Böckh  {XIII  219)  Lübeck  94  230 

98.  Huemer,  Job.,  Z.  Gesch.  d.  mittel  alt.  Dichtg.  Hei  orici 

Angostensis  Plancius  Evae.  {XIII  128/30)     fFien  G.  t.  2.  B.  91  208 

99.  John,  Konst,  Tac.  dial.  c.  XXVlil  b.  Schi,  übers,  u.  erl. 

{XIF95;  XFI  165)  Schw.-Haü  92  165 

100/4.  Irmscher,   Em.,  Vergils  j4en.  obs.  (VII.  II.  IV.  Vlll. 

IX).  5  TIe.  {XIF96/9;  XFI  166/70;  XFII  166)  Dresd.  Zeidl.  R.  9115  167 

105.  Jarenka,  Heg.,  Pindars  i.  n.  3.  OL  Ode.     Wien  G.  i.  9.  Bez,  94  147 

106.  — ,  D.  griech.  Epioikion  bis  auf  Pindar.  {XIII  132.33; 

XFI  171)  fFien  G.  i.  9.  B.  95  206 

107.  Kaileo berg,   Herrn.,   Stud.   üb.  d.  griech.   Artikel   II. 

(XIII  134;  XFII  167/8)  Berlin  Fr.-JFd.  G.  91  U3 

108.  Kern,  Gg.,  Im  Dionysostheater  z.  Athen.  {III 16)   Frankf.  a.  0.  94  171 

109.  Klett,  Tb.,  Sokrates  a.  d.  Xen.  Memorab.  Canttatt  93  150 
lÖ9a.  Knapp,  PI.,  Orpheusdarstellungeo.                           Tübingen  95  272 

110.  Knoke,    Frdr. .     D.    r8m.    Moor  brücken    i.    Deutschi. 

{XFII  169;  XFIII 134)  Osnabr.  RaU-G.  95  190 


92     Pro^rammwesen  nod  Pro^rtmmbijiliotliek  d.  hSh.  Schalea, 

X7.  111.  Koroitser,   Aloisi   Textkr.  Ben.  z.  Gie.  JMmi.    (A^/ 

175)  Nikolshm  91  156 

112.  Läbke,  Herrn.,  Meoander  a.  i.  Ranst  BerUn  Less.-G,  92  145 

113.  Me.prDQs,  Hofc.,    Z.  Oberl.  «.  Rrit  d.  Jfetom.  Ovids  V. 

iXiri07;  XV 11173)  Berlin  Soph.-G.  93  162 

114.  Matthies,Tli.,  Stell«,  d.fj^ieeh.  Frau  i.  d.  kUss.Z.  Zittau  Hg.  93  171 
116.  Menge,    Rad.,    Emeod.    Caesariaoae.       (XlU  1Ö2/3; 

TUy  110)  Halle  Lot.  94  155 

116.  Meyer,  Edm.,  D.  Schi.  i.  Tentob.  Walde.        BerUn  £mü.-G,  93  170 

117.  Michaelis,  RJ. Tb.,  De  Platarchi  cod. mscr. Matritensi 

(PliiUrchea  111) i).   (Xri98;  XFl 252)  BerUn  V.R.  93  14» 

1)8.  Morgeaster  o,  Otto,  Corae  Catnll.  Gr.-Uehtetf.  94  156 

119.  Mücke,   Rod.,   D.  Uelzeaer   Hi.  z.  Seoects   Briefen^ 

(Xiy  112  y  Xn  180 1  XFll  4$.  ÖO)  UfM  95  164 

120.  Müller.  Herrn.  Frdr.,   Eorip^  ilMaa  o.  Grillparzers 

GM.  rUes  I.  {Xni84\  XFIlI64a)  Blankenburff  a.  H.  95  140 

121»  Niemeyer,  Max,  Plaut  Studiea.  Potsdam  93  162 

122.  Osterhage,  Gg.,  Bern.  z.  Greg.  v.  Tours  Rl.  Schriffceo. 

iXjri68;  XF 180)  Berlin  ffumb.-G.  95  158 

123.  Ox^,  Job.  Gg.  Aug.,  Victorini    versus   de  lege  Domini. 

Bin  uned.  Zento  a.  d.  earmen  adv,  Mareümitas.  Rrefdd  94  168 

124.  Paebler,  Rob.,  Bern.  z.  Soph.  Aias.  {XlU  164)       Wiesbaden  92  152 

125.  Peiper,   Rud.,    De   Senee.  trag,  vulgari   lect.  (A)   cod- 

stitaend«.  {IF95\  FIIISI)  Breslau  Mgd.-G.  93  164 

126.  Peppmuller,    Rud.,    Variationen     im     psendohesiod. 

HerakUsseh.  {XIF 115/6',  XFII 177)  StraUund  93  141 

127.  Prellwitz,  Walth.,  E.  griech.  u.  e.  Ist.  Etymologie.    Bartenstein  95  114 

128.  Richter,  Gast.,  De  corrnpt.  quibnsd.  Senec.  trag,  locis. 

{FW  40\  XFl  42. 191 1  XFII  58)  Jena  94  164 

129.  Richter,  Otto,  D.  alt.  Wohnst,  d.  r6m.  Volkes.  {XHl  171; 

XFll  179/80',  XFIII 138)  Sckonebg.  Pr.  H.-G.  91  191 

130/1.  La  Roche,  Jak.,   Stud.  z.  Theognis.    2  Tle.    (JF35. 

36;  FW;  F 111 86;  XIII  173^76a.b;  X1F122)  Linz  {Ob.-Öst)  91/2  118 

132.  Roseber,  Wilh.,   Nacbtr.  z.   „Seiene   u.  Verwandtes**. 

{IX  14)  fFurten  95  202 

133.  Rothe,  Rarl,   Bdtg.  d.  Wide'rspr.  f.  d.  Rom.  Fr.  {XllI 

179;  XIF 124)  Berlin  Fr%.  G.  94  143 

134.  Schiebe,  Th.,   Z.  Cic.  Brießüechsel  i.  J.  51.   {XIII 180: 

XFl  193;  XFII  185)  BerUn  Fr.-Wd.  C.  Ä5  157 

135/6.  Schiraberg,   Ad.,   Z.  hs.  Oberl.  d.  scbolia   Didymi 

II.  Ill.>)  Ratibor  91/2  138 

137.  Schneidewio, Nax,Ruckb]. a. C I c e r o s Benrtlg. d. E p i k n r. 

Ethik  i.  2.  B.  dt  ftmhus  {FI  18;  FIII 114)  Hamdn  93  1*57 

138.  Schubert,  Frdr.,    Z.  mehrfach,  prifix.  Zusammenaetzg. 

i.  Griech.  {XllI  181a.b;  X1F127)  Prag,  dtsch.  G.  a.  d.  Kleins.  93  115 

139.  Schulze,  Rarl  Paul,  Z.  Erki.  d.  rSm.  Eleg.    {XIF  129 \ 

XFl  198)  Berlin  Fr.-fFd.  G.  93  158 

140.  So  1  tau,  Wh.,  Quell,  d.  Liv.  i.  21.  u.  22.  B.  (!.]  {XFI20U 

XFII  190)  Zabem94\U 

141.  Stadtmüller,    Hug.,    Z.    griech.    Anthol.    {XI  69.70; 

XFl  202)  Heidt^rg  94  IM 

142.  Stowosaer,Jos.Mar.,E.2.Reihedunkl.WSrter.  fFien F.Jos.-G,  91  120 

143.  — ,  Lex.-Rritisches  a.  Porphyrie.  {Xltt  188/9;  2UF 132/4; 

XFII  191.  252)  fFien  F.  Jos.-G.  93  123 

144.  Thalheim,  Th.,  Z.  d.  griech.  Rechtsaltert  [I.].  SehneidenriOil  92  172 

145.  — ,  dgl.  II.   {XIII 190;  XIF  136/7;  XFl  204)  Hirsthberg  94    „ 

>)  Über  I  u.  II  vgl.  Klnfimann  a.  a.  0. 
*)  Zu  I  vgl.  Rlnfimann  a.a.O. 


von  R.  Ullrich.  9$ 

a 

146.  Thamser,  Vikt.,    Aufgaben    eiodR  kiioft.  grieob.  Staats- 

pechU.  (XirST;  XFl  89, 90-,  XFll  73/4)         9Fien  G.  l  9.  B,  93  11%  XT 

147.  Treu,  Max,  Nieeph.  Chrysobergae  ad ^ngeloM  oratt. 

III  ed.  Breslau  Frdr.-G,  92  146 

148*  — ,  Eustathii  Maoremboikae  q.  f.  aen^mate  e4.  „  „         93  140 

149.  — ,  DichtttOfeD   d.  Theod.  Metochites  hrsg.    (mi  84; 

1X34;   Xin  191/6;   XiF  138/42;   Xyi  207;   Xm  249; 

Xnn  144/6)  Potsdam  96  15| 

150.  Vogrioz,  Gottfr.,  D.  Hom.  Gebr.  v.  £7.  {Xm77ü.b.78; 

Xnil$/20)  Briinn  2.  deutsch.  G.  93  11T 

151.  VolkmaoD,  Died.,  Ad  It|o.  Alex.  «da.  criL    (mi  101)  Pforta  93  160 
i5ia.  VolkmaDD,  Walth.,  Qoaeat.  de  Diog.  Laert  II.  (XJK 

146a.  b;   XF203a;  XH 230a;  XFll  198a;  XFlll  146) 

Breslau  Mgd.^G.  96  139 
152/3.  Waehmer,  Walt,   Ob.  i|,  i^  «pccro,  iq  ttntov  o.  ver- 
wandte ep.  Formela.  1.  n.  {XFll  200/1;  XFlll  147/8)  GÖUing.  93/4  116 

154.  Wallies,  Max,  D.griech.Ao8legerd.AriBt.ro/M;/l(.  Berl.Soph.'G.91  136 

155.  Weinberger,    WUh.,    Kallimacb.    Sind.     (XFl  211; 

XFll  100. 264)  fFien  G.  l  17.  B.  96  187 

456.  Weifienboro,  £dai.,  Ben.  z.  Xeo.  Mem.  14.    {XIF38) 

Mühlhausm  i.  Th.  93  154 

157.  Weodlaod,  PI.,  Die  philo«.  Qaellen  d.  Philo  i.  a.Schrift 

Ib.  d.  Forschung.  Berlin  Köün.  G.  92  146 

158.  Weniger,  Ldw.,  D^  helL  Ölbaam  i.  OlynpU.  {Xlll  199. 

200;  XFlll  48)  JFeimar  96  147 

169.  Weasely,  KarJ,    Binige  Urk.  4.  BerL  äg.  Mos.;   Antike 

Reste  griech.  Masik.  /Tfen  G.  i.  3.  B.  91  146 

160.  — ,  Z.  einigen   Pohl.  x.  ält.  griech.  Paläogr.  „             „         ^2    ,, 
t^l.  — ,  £.  griech.  Heiratskontr.  y.  136  n.  Chr. 

{Xlll '201;  XIF 149/69)  „             „         Ä?    „ 

3.    Deutsch  und  Verwandtes. 

162.  Ellinger,  Gg.,  Gellerts  F<d>.  o.  Erzählungen.      Berlin  6.R.  96  21| 
463.  Berchner,    Hans,   D.  Cyrov,  i.  Wielands  Werken    [I.]. 

{XFl  221)  Berlin  Humb.-G.  92  153 

164.  Ijoelmaan,   Joh.,    Herder   n.   Schillers    fFidlenstein. 

(Flll  78)  Berlin  Jeh.  G.  93  2\^ 

165a.  Kettner,  Gast«,  Leasings  ßnulia  GalotU.  Pforta  93  217 

b.  — ,  Schillers  JFarbeck.  „       „    216 

166.  — ,  Schillerstodicn.    {Xlll  139;  XIF168;  XFl 222/3)         „      94    „ 
167/68.  Khall,    Ferd.,    D.  Gesch.  Ptluatokis   o.  d.  Joms- 

b arger.    2  Tic.  Graz  2.  G.  91/2  224 

469.  --,   Höskold  KoUson  a.  Olaf  Pfan.    {Xlll  206/7.222;  XlF 

169/61;  XFl  248/9;  XFll  233/4)  Graz  2.  G.  96    „ 

170.  Klee,  GoUh.,  L.  Tiecki  germanist.  Stoöien.  Bautzen  96  220 
M&ller,  Herok  Priedr.,  s.  o.  Nr.  120. 

171.  Redlieh,  Karl,  Leasings  Britfe.    Nene  Nachtr.  o.  Be- 

richtignogen.  Hambg.  R.  v.  d.  Holst  92  217 

172.  Schrader,0.,Lingai8tisch.Historisohes(Taobea. Wieaal).  Jena  9p  126 

173.  Stiller,  Otto,  Goethes  Botwörie  z.  Faust.         Berlin  gr.  Kl.  91  214 

4.  Englisch. 

174.  Abeck,  Fritz,  D.  Shakespeare-Bacon-Frage.        Bonn  OB.  96  221 

175.  Bahlsen,    Leo,    E.    Komödie    Fletchers,    ihre    span. 

Qnelle  eU.    {Xr46)  Berlin  6.  R.  94  222 

5.   FranzSsiaeh. 

176.  fingwer,  Th.,  Zola  als  Kanstkritiker.  Berlin  3.R.  94  228 
^77.  Ktbis«h,   Otto,    Marie    de    Rabatin -Chaatal,    Marqaise 

de  Sivigni.     Ein  deatsches  Charakterbild.       Berlin  Lst.  G,  91    „ 


94     Pro^rimmwesaa  nod  Programmbibliothek  d.  hSli.  Sehale ii| 

8. 
XT«  178.  Rreßoer,  Ad.,  Rofttehaef,  e.frz.Dich.d.  13.Jh.  KatselneueR.  S4  lU 
|79.  Mangold,  Wh.,   Archiv.  Notizen  z,  frz.  Lit*  a.  Kultnr- 

gesch.  d.  17.  Jh.    (XHl  217/8)  Berlin  Ask.  G.  $3  204 

179a.  b.  Piattner,  Ph.,   Spec.  d'nn  Dictionn.  de  la  pronooc. 
fran9.  [IJ  II.  {XlF 34\  Xy47;  Xyi233;  XyjI22öa.b.) 

Berlin  4.  R.  34/6  12^ 

6«  Italienisch. 

180.  Oiterhage,  Gg.,  Erl.  z.  d.  sagenh.  TeiL  i.  Taatos  Befir. 

Jerus,   {X1F168\  XF 122)  Berlin  Humb.-G.  93  22» 

181.  Wiese,    Berth.,    Handschriftliches.     I.    E.  neues   Teso- 

retto- Brachst.     II.    Die   lyr.  Gedd.  i.  cod.  1069  fonds 

ital.  d.  Bibl.  nat.  z.  Paris.    {XIII 21$)  Haue  st.  OR.  94  22» 

7,   Mittlere  and  nenere  Geschichte,  einschl.  Gelehrten- 

gescfaichte. 

182.  Adamek,  Otto,  D.  byz.  Kaiser  M aar i eins  (582— 602)  II. 

{XlII  W;  XIF169)  Gra%  1.  G.  91  m 

183.  Bissinger,  Karl,  Einige  Minzf.  a.  Baden  (15.— 17.  Jh.). 

{XI 26-,  Xirö3.54;  XF77i  XHI 13. 9öa ;  XHIl  73.126) 

Donaueschg.  Pg.  94  189' 
184/86.  Darpe,  Frz.,    Gesch.  d.  Sudt   Bochnm  II.    In    der 
JNeuzeit.    A.  B.  C.  (XIF 171/3;  Xn240/2\  XyH228\ 
Xnil  162)  Bochum  91/3/4  183 

187.  Ehwald,  Rad.,  Vier  Briefe  (Eob.  Hessiis,  Melanch- 

thon,  Niki.  v.  Amsdorff)  a.  d.  Samnlg.  d.  Gymnas. 

{XW  4. 109;  X1F67\  XF  85;  XFI 143;  XFII 152)  Goiha  93  231 

188.  Jaeger,  Jnl.,   Beitr.  z.  Gesch.  d.  Erzstifts  Mainz  aoter 

Die  th er  V.  Isenbnrg  a.  Adolf  ü.  v.  Nassau.  {XIII 220/1; 

XFII  30)  Osnabr.  Cor.  94  179 

189.  Kurze,  Frdr.,  Die  Hersfeld.  a.  d.  groß.  Hildesheimer 

Jbb.  bis  984.   {XFI  251)  SbraUund  92  173 

190.  Meyer,  Paul,   Sam.  Pafendorf.  GHtnrna  95  231 
190a.  Sach,    Aug.,   Ursprg.  d.  Stadt   Hadersleben.    {1X4; 

XFI  102)  Hadersl  92  183 

191.  Schm'artz,  PI.,  Z.  Gesch.  d.  Neamark  i.  7j.  Kriege. 

(XA7  255)  Berlin  6.  R.  93  179 

192.  Thonret,  Gg.,  Prdr.  d.  Gr.  Verh.  z.  Masik.  „  Kgtt.  G,  95  132 
193a.b.  Tücking,  KI.,  Novaesinm.  Neofi  (2  Tic.).  {XFI 256)  Nef^^ll2  181 

194.  Witte,  Lpd.,  Frdr.  d.  Grofie  u.  d.  Jesaiten.  Pjforta  92  178 

8.   Erdkunde'). 

195.  Wossidlo,   PI.,   D.  Tarnowitzer  Plateau  I.  (S.4^n.; 

Flll  45)  Tamawü%  Rg,  91  194 

9.  Philosophie. 

196.  Gneiße,  Kl.,   D.  sittl.  Handeln    n.  Kants   Ethik.   {XH 

261)  Rolmar  L,  95  264 

197.  Lehmann,  Rod.,   Schopenhauer   n.  d.  Entwickig.   der 

m  0  0  i  8 1.  Weltaoschg.   {XFI  118)  Bertin  LH.  G.  92  261 

198.  Michaelis,  Kl.Th.,  Z.Entstehg.v.  Kants  Rrü.d.  UrteiU- 

kraft  I.    {XF117;  XFI  252)  Bertin  7.  R.  92    „ 

199.  Wernicke,  Alex.,   Kant...  o.  kein  Endet   {XF157/8; 

XFII  SO.  242)  Braunsehweig  N.  G.  94    „ 


^}  Aus   dem   Gebiete   der  exakten   Wissenschaften   seien  er- 
wähnt: 

195a.  Elster,  JuL,^    1  ^XFI 273a;  XFIII 174)  fFoffenbüUel  91  25T 


von  R.  Ullrich.  Q5 

a 

10.   Theologie. 

200.  Giemen,   Aog.,    Gebr.  d.  A.  T.  im   N.  T.  a.  spes.  i.  d. 

Reden  Jesu.  Grimma  91  267  XT* 

201.  ~,    dgl.  a)  i.  d.  Reden  Jesu  (Forts.),   b)  bei  d.  Evan- 

gelisten.   {2UU22SiXri)  Grimma  93    „ 

202.  Mayer,  £m.,   D.  christl.  Moral  i.  ihr.  Verh.  z.  (sUatl.) 

Recht  Berlin  Fr.  W^h.-G,  92  265 

203.  Preiß,  Herrn.,   Zorn  Deoterooom.  (XJIJ 228-,  XIF193) 

Berlin  Fr.-Wd.  G.  92  266 
203a.  Vo  1  k  m  •  n  o ,  Walth.,  Uriel  AeosU.  {XlF14öa,  b ;  XFlöla ; 

Xn230a',  Xmi98a;  X HU  146}   BresL  Mgd.- G.{FesUchr,)  93  230 

11.    Bibliographie.     Bibliothekswesen^). 

204.  Bittoer,  Jos.,  Progr.-Verz.  (Österreich)  II.  (s.  o.  S.  115 

Nr.  31  u.  S.  255)  (XI F 194)  Tesehen  91  238 

205.  MoUmano,  Ernst,  D.  Biblioth.  d.  Kneiph.  G.  (z.  250j. 

Best).   [Xni  48)  Königebg,  Knph.  G,  94    „ 

XTI.  Klufsmann  IV*). 
(Oebiet  des  Tenbnenohen  TanschTerkehrs)')«    (1896-1900)«)« 

(vgl.  BibUoffr.  Abt.  3,  Nr.  14,  o.  S.  112.) 

k. 

1.  Allgemeines.    Sehalgesehichte*).     Seholreden. 

1.  Asbaeh,  Jol.,  D.  Napol.  Univera.  i.  Düsseldorf  1812/3. 

Düsseldorf  kg,  (?.  99    66  XYI» 

2.  — ,  D.  Dosseld.  Lyz.  nnt.  bsyer.  n.  frz.  Herrschaft  (lb05 

—1813).     (Xm4;  XFIU  2.  3)  Düsseldorf  kg.  G.  00     „ 

3.  Bamberg,  Alb.  V.,  Sehnlreden.  {nn74',  XIII 90;  XFI 137; 

XmiO)  Gotha  98  120 

4.  Baneh,   Gost,   Aktenst  z.  Gesch.  d.   Bresl.   Schnlw.   im 

16.  Jh.    {Xni  11;  Xnil  G)  Breslau  eu.  Ä.  //  98    60 

4a.  Bavmgarten,  Fritz,  P.  A.  NöBlin  (s.  o.  S.  69  Mr.  20ff. 

mit  Anm.  3  n.  4;  Xi  2J;  XFIII 126)  Freiburg  i.  B.  96  239 

6.  Biese,  Alfr.,   Goethes  Bdtg.  f.  d.  Ggw.  (XlF  185;  XFII 

1314.  20315;  XFIII  8.  62a)  Neuwied  00  131 

5a-e.  Branse,  Alb.,  Job.  Gottfr.  Stall  bäum.  I— III.  Lpzg.  Thom.  9719    87 

6.  Capelle,  Karl,         I  Das  städt  Lyz.  \\]  v.  1848—98  I  Hannov. 
Hörnerne 0 n,  Perd.,f(z.  550j.  Job.).  (X///i)  f     Ly%.  I  98    78 

7.  Gau  er,  Panl,    Wie   dient  d.  Gymn.  d.  Leben?   {XIII 100; 

XFII 18)  Düsseldf.  st  G.  00      2 

8.  9.  Detlefseo,  Detl.,  Gesch.  d.  Gymn.  z.  G.;  V.    (2  TIe.). 

(FII 23.23a;   XIII 102/5;   XlF 3;   XF2^4;   XFI 142. 

219;  XFII 19. 148. 229)  GUiekstadt  9718    73 


^)  Von  der  Anfiihrang  selbst  einer  Auswahl  der  zahlreichen  als  Pro- 
grammbeilagen erschienenen  Lehrerbibliotheks-Kataloge  wird  hier 
(wie  schon  in  den  früheren  Abschnitten)  abgesehen,  da  eine  zusammen- 
hangende Spezialarbeit  über  den  Gegeostaud  vorbereitet  wird  (vgl.  oben 
S.  10  Anm.  7). 

*)  Betr.  d.  Anordnung  vgl.  o.  S.  73  Anm.  1. 

»)  Vgl.  0.  S.  169  ff. 

*)  Bayerische  Programme  s.  o.  noter  Nr.  X  f.  (S.  ^7f.). 

')  Veröffentlichungen  scholgeschichtlicher  Art  sind  in  diesem 
Zeitraum  besonders  zablreicb,  so  daß  ich  mir  in  der  Auswahl  die  äußerste 
Beschränkung  auferlegen  mußte,  ebenso  in  bezng  auf  die  vielen  und  z.  T. 
sehr  charakteristischen  Reden,  zu  denen  die  Jahrhundertfeier  des  Geburts- 
tages Kaiser  Wilhelms  sowie  der  Tod  Bismsrcks  Anlaß  gaben. 


Sd     Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hSh.  Schalen, 

8. 

XTI«  10.  Bllendt,    Gg.,    Lehrer  «.  Abit.  v.   1698—1898.  (vgl.  o. 

Nr.  62).  Kömf^Mbg,  Fr.-K,  98    8) 

H.  — ,  Feier  d.  200j.  Best.  d.  Antt  {nu 81;  IX la;  Xm2.3) 

König^g,  Fr,'K,  99     „ 
12.  Flemmiog,  PI.,   Briefe  n.  Akteest.  z.  Sltest.  Gesch.  voe 

SchalpforU  (1543—1548).  Pfarta  00    95 

18.  Frey,  Jos.,  D.  Paul.  G.  z.  Mo.;  e.  gesch.  Oberbl.  (XF  54x 

Xni  20)  Mümgter  97    91 

14/5.  Friedel,  Otto,  Sohulr.  n.  Aosprachee  [I].  11.    ^Wernigerode  96,98  121 

16.  Fritze,  Ernst,!  Biogr.-bibliogr.  Verz.  d.  Lehrer  i     BerUn 

I     d.  Joaeh.  G.  bis  1826.  I  Jek,  G.  00    56 

17.  Todt,  Karl,       1  Biogr.-bibliogr.  Verz.  d.  Lehrerf    BeHm 

\    d.  Joflch.  G.  seit  1826.  I  Ich,  G.  99    „ 

18.  9erhardt,0sw.,  Ggw.  Gest.  d.hSh.  Schalw. i.Fraokreich. 

Berlin  RgeL  äg.  96     a 

19.  Gndoppi  firnst,  Dramat.  AnlTdhröogeB  a.  Berliner  Gymn. 

i.  17.  Jh.  (s.  n.  Xni2ö)  Berlin  Leibn  -(?.  00    55 

19a.  Gahrauer,  Heinr.,   Z.  Bismareks  GedSchtn.     (XF67; 

XFl  131;  Xni  1Ö8;  Xmi  17)  fFäienberg  99  130 

20/1.  Gntsohe,  Osk.,  Urk.  z.  Geach.  d.  6.  z.  Stendal  1.  U.  SUndal  9617  103 

22.  Heoke,  Osk.,  A.d.  Lehr  pl.  d.  G.  lU.  üorazifoai^. poef.  J?remen  ^     7 

23.  — ,  Dgl.    IV.  StODOgraphie.     (vgl.  XV8a,b;   Xni  88. 

122;  aoßerdem  XlF  9).  Bremen  97  S 

24.  — ,  Dgl.,  V.  Lehrpl.  v.  1.  X.  1897.  „       98  „ 

25.  — ,  Dgl.,  Vi.  Pbilos.  Propädeutik.  ,,       99  „ 

26.  —I  DgL,  VII.  Gesch.  u.  Statist  d.  Reife priif an g.  „       00  ^ 

27.  Heyoacher,   Max.    Festsehr.   z.    250j.   Job.     {XIII  48/9. 

127;  Xrö6;  XFll  209)  Aurieh  96    54 

^8.  flackert,  figoo,  Z.  SUtistik  d.  preoS.  Stadeoten.  Neiße  Rg.  98  52 
28a.  Jäger.  Osk.,  Kais.  Triyan  (z.  27.  Jan.  1898).  (^6;  FI 29 

34;  FIIIII ;  XIIIIO-^U.  131;  XIF94)  Köln  F^.fFh.-G.  98  125 

29.  Kaemmel,   Otto,   Chr.  Weise,    e.  aSohs.  Gymn.-Rektor. 

FesUehr.  s.  44.  Phü-Fen,  91    49 
29a.  Liermann,  Otto,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  G,  n.  z.  Frkft.  Ge- 

lehrt.-Gesch.  (XFII 41;  XFIII 31)      Frankfurt  a.  M.  Goelhe-G.  97    (9 

30.  Loos,  Jos.,    D.  ersten  25  J.  d.  Max.-G.    iFII14S/9;  XlF 

18. 188)  fFien  Max.-G.  96  199 

31.  Latsch,  Otto,  D.  Kreozn.  Gem.-Schal-Koll.  1807—09.  Rreusnack  00  $5 
Zf,  Nath,  Max,  Lehrpläoe  a.  Präfaogaordnungen  i.  hSh.  Schalw. 

Preußens    s.    Eiardhrg.    d.  Abitor.-£xam.    {XiF  189; 
Xyil  51a.  b)  Berlin  Lme.-G.  00     5 

33.  Paul,  Aag.,  Eotwickl^f.  n.  Aafg.  d.  lateinlos.  Soh.,  vor- 
nehmt, i.  H  am  barg.  Hamburg-Eitneb.  B,  96     4 
84.  Ramdohr,  Ernit,  Stand  d.  Reformschalfrage.  Hannover  Lbnuth,  98     3 
35/6.  Rasmas,  Ed.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Alt-  a.  Nst-G.  2  Tle. 

Brandenburg  M-  u.  Nst.-G.  97/8    5S 

37.  Rausch,    Alfr.,    Thomasius    n.    A.  H.  Franck«.     {XF 17; 

XFIII  37)  Halle  Lai.  98    59 

38.  Reinhardt,   Kl.,   D.  Durchf.    d.  Frankf.  Lehrpläne.    (In 

5  Jahresberichten.)  FrankfuHa.  M.  st.  Goethe-G.  96J00    11 

39.  — ,  D.  Eröffonog  d.  Goethe-Gymn.   [XIII  170;  XF 1819) 

Fran^urt  a.  M.  st.  Goethe-G.  97  69 

40/1.  Ribbeck,  Ronr.,  Gesch.  d.  G.  z.  Essen  (bis  1611)  L II.  Essen  96.  8  69 
42.  Richter,    Gust.,    Vier  Schalreden.    {FIII 40;  XF  128; 

XFI 191;  XFII Ö8)  Jena  97  121 
43/4.  Rodkowski,  Wilh.,  Stiftungen  d.  Elis.-G.  L  1293— 

1500;  n.  1501—1670.  (XFII  60  jl;  XFIII  139a)  BroslEUs.G.  99/00  b9 

45.  Schlee,  Ernst,  Gesch.  d.  Rg.  z.  Altona.                   AUona  Rg.  96  5^ 

46.  — ,  Feier  d.  25j.  Best  d.  Anstalt  (XF21)                         „         97  „ 


v«n  R.  Ullrich.  $J 

8. 

47.  Seholler,  Goal.,  Gesch.  d.  ev.  G.  zn  Mediasch.     Mediaach  96    89  XYI* 
48/9.  Schaller,  Rieh.,  Geseh.  d.  Sebißbar^er  G.  2  Tle.  Seh^bwg  96/7  101 

50.  Schnitz,  Perd.,  Das  Ktis.  Aa^sU-G.       Charlottmburg  kg,  G,  99    62 

51.  Schwalbe,  Bh.,   Scholhygieoische  Fragen.     {FlU  120, 

Xir  24. 184\  XFU 120)  Berlin  Dor,  Bg,  98      3 

52.  SimoD,  Otto,  Gesch.  d.  kgl.  Realtch.  1  (1747—1814).  Berl. kg. Rg.  97    56 

53.  Thiele,    Rieh.,    D.  Grdg.  d.  Rats-G.  z.  Erfurt  (1561)  u. 

s.  ersten  Schicksale.  {XVn  7L  192)  Erfurt  96    68 

Todt,  Karl,  s.  o.  Nr.  17. 

54.  Toischer,    Wendelin,    Die    ältesten   Scholeo    Öster- 

reichs.                                                      Prag  Na.  G,  {Grab.)  99  52 

55.  Vockeradt,  Hnr.,  Schnlreden.  {XF  43a;  XFI 79/80)  Recklingh.  00  122 

56.  WaFsner,  Jnl.,  D.  ersten  50  J.  d.  Seh.                        Ratseburg  96  98 

57.  Wer  nicke,  Alex.,  Kurse  n.  Stip.  f.  Neuphilologen.  Brsrkwg.  OR,  96  4 

58.  — ,  Jnc.  Böhme.  (XF 199;  XFU  80. 242)                         „            98  2 

59.  Wetekamp,  Wilh.,  Schnlref.  o. -Bestrebongen  i.  d.  skan- 

dinnv.  Lindern.  Breslau  Rg.  z.  h.  G.  97      6 

60.  Wotke,   Karl,    Die    ältesten   Piaristeoschnlen    Mähreos. 

(XFl  216)  fFien  G.  i.  17.  B.  00    52 

61.  Zernecke,  Alfr.,   Die  Haderslebener  Gelehrtenschnle 

vor  100  Jahren.  Haderslebm  98    75 

62.  Zippel,    Gast.y   Gesch.    d.  Friedr.-Kolleg.    (s.  o.  Nr.  10.) 

Königsberg  Fr.-K.  98    83 

63.  (o.  N.),  D.  Nenbnn  d.  Rg.  in  filberfeld.  Eiber feld  RG.  00    67 

64.  (    „   ),  Mitt.  ab.  d.  Stad.-Stiftangen  b.  Fr.  Wh.-G.  Trier  F.  fF.-G.  97  105 

2.   Einzelne  Unterrichtsgegenstände. 

a)  Religion. 

65/6.  Gehrcke,    Gerh.,   £rl.   z.    den   z.    Lehrpl.    d.  Hansa- 
schale in  B.  gehörigen  Kirchenliedern  ^).  Bergedf.  Hans.-S.  97/8      7 

67.  Ha  lfm  Ann,  Herrn.,  Bern.  m.  Proben  z.  e,  neuen  Hilfsb.  f. 

d.  Rel.-Unterr.  Eisleben  R.  99    18 

68.  Heidrich,  Rad.,  D.  SonnUgs-Gottesdienst.  yakel  96     „ 
69/70.  -,  Lehrpl.  f.  d.  ev.  R.-Ü.  in  IV  u.  HL  (Fl  94;  XF32/4\    „  98/9     „ 

71.  —,  Qoellenb.  n  (ev.  Kirchenbuch).  V     XFU  84/5     j    „     00      „ 

72.  Heinzelmnnn,  Wh.,  Behandig.  d.  Kircheogesch.    (Fl  19; 

2^1267)  Erfurt  98    18 

73.  Walther,  Brnst,  Inhalt  n.  Gedankengang  d.  Römerbriefs. 

{Xin  67 ;  XIF  39 ;  XFlll  62)  Potsdam  Rg.  97     1 9 

b)  Deutsch. 

74.  Grosse,  Em.,  Zusätze  z.  Herders  iVemeiif.    Königsbg.  fF^h-G.  96  20 

75.  — ,  Zu  Goethe,  f.  d.  Schulgebr.  zusgst.  (XF  41)     „  „       99  „ 

76.  Jonas,  Rieh.,  Z.  deutsch.  U.  i.  d.  letzt.  Jahrzehnten.  Kroioschin  97  „ 

77.  Seiler,  Prdr.,  D.  Aristot.  Def.  d.  Tragödie  im  deutschen 

Unterricht.     (JLFII  $8,  XFIU  42)  fFernigerode  00      „ 

78.  Steoding,  Herm.,  Bhdlg.  d.  deutsch.  Nat.-Lit.  in  Ol  a. 

d.  Hauptwerken  Goethes  eri.  (XlII  186)  fFurzen  98     „ 

79.  Vockeradt,  Heinr.,  Prakt.  Ratschi.  f.  d.  Aufs.  11.    Reckling/u  96    21 

80.  -  ,  Stttd.  d.  deutsch.  Stils  an  Musterst.  {XF43a;  XFl 65)      „         98     „ 

e)  Französisch  (bezw.  z.  T.  Englisch). 

81.  Krön,  Reh.,  Bildl.  Anschauung  i.  nsp.  U.  (XF44. 46)  Quedlinbg.  R.  96    23 


^)  „Für  die  Hand  der  Schüler''  bestimmt  —  aber,  wie  mir  scheint, 
far  jüngere  Lehrer  erst  recht  braachbar  und  überhaupt  eins  der  wenigen 
geeigneten  Hilfsmittel,  die  es  für  höhere  Schulen  über  den  Gegenstand 
gibt  (vgL  0.  S.  9  Anm.  1). 

Ssteehr.  t  d.  OTmBMislwsMo.    LXL    SnppUmmihoft  7 


S8     Programm wesen  nod  Programmbibliothek  d.  hSh.  ScholoD, 

s. 

XYI.     82    Rorsmaon,  Ph.,  E.  Stodieoaufenth.  i.  Paris,    ff^iesbaden  OR.  96    26 

83.  Schwarz  ,  Herrn.,  D.  nsp.  Lebrbüeh.  i.  d.  höh.  Seh.  Halle  st.  OR.  98     3 

84.  Tenderiog,  Frdr.,  Molieres  Femtn.  Sav.  io  I.  Hamb,  Rff.  tLJoh,  98     „ 

d)  Griechisch. 

85.  Baltzer,Mart.,  Weiterer  Ber.  üb.  d.  1892  begooo.  Ver- 

such z.  And  erg.  d..  griech.  U.  (s.  o.  XF  48  a)     Schweiz  Pg,  9S    16 

86.  Hodermaoo,  Max,  Vorschi.  z.  Xeoophou-^jOberselzg. 

{Xniö7)  Wernigerode  00    27 

87.  Jooüt,  Art.,  D.gr.  Vokabelschatz  I  (1.  Dekl.)  iXir36; 

Xm  213)  Lötzen  Pg.  $7  „ 

S8."}Kttthe,  Aot.,  Xeoopb.  /In,    als  Grdlge.  d.  gr.  BL-U.^). 

{Xnn  29)  fTumar  00  28 

89.  Thomser,  Vikt.,  Z.  Meth.  d.  altspr.  U.  [I.]  Troppau  96  29 

90.  — ,  Dgl.  n.  {XIF37;  XF146;  XFIl  73/4)         fTien  C.  t.  6.  B.  00  „ 

e)  Lateiaisch. 

91.  Fischer,  Karl,  Lehrplao  f.  d.  lateio.  Uoterr.  {X^ßl; 

Xm207)                                                                    Wiesbaden  00  IT 

92.  Giercke,  Max,  Hilfsm.  f.  d.  U.  i.  d.  Formenlehre.  BerLFrz,G.  96  30 

93.  ->,  I).  1.  Jahr  d.  lat.  U.  nach  d.  jetz.  Lehrpl.  d.  Frz.  G.            „           97  7 
Henke,  Osk.,  Horaz,  s.  o.  Nr.  22. 

94.  Klotz,  Rieb.,  Ausspr.  d.  Lat.  i.  d.  Schule.          Treptow  a.  R.  98  30 

95.  W  e g  e  n  e  r ,  Ph.,  Z.  M  e  t h  o  d.  d.  lat.  a.  gr.  U.  {Xrill  47)  Greif sw.  99  29 

f)  Erdkunde. 

96/7.  Bohn,  Hnr.,  Diegeogr.  Naturaliensammlg.  d.  Dor.  Rg,u, 

ihre  Verwendg.  1  u.  1.  Forts.  {XFII 106/6 a.b)  Berl.  Dor.  %.  99100     7 
9S.  Lübbert,  Jürg.,  Yerwertg.  d.  Heimat  i.  Gesch. -Uoterr. 

Halle  Lat.  00    33 
g)  Geschiebte.     Altertümer. 

99.  Bngelbrecht,  Aug.,  Myk.-hom.  Anschaooogsm.   fFien  Ther,  96    36 
lüO.  — ,  Das  antike  Theater.  {XJF  68/9,  XF  86/7)  „  97    „ 

Labbert,  Jürg.,  s.  Nr.  98. 

101.  Pfeifer,  Wh.,  Kais.  Wilh.  I.  (f.  Sexta).      Berlin  Fr.  W/l-G.  96    35 

102.  Sach,  Aug.,  Bhdig.  wirtsch.  u.  gese lisch.  Fragen  mit  bes. 

Rucks,  a.  Schlesw.-Holstein.  (IX  4\  XF  190a)  Hadersieb.  96    35 

103.  Schaper,  Gh.,  Ant.  Münzen  a.  Anschaanngsm.  Magdebg.  IVh.-G.  96    2S 
104/5.  Tegge,    Aug.,    D.  Staatsgewalt,    d.    röm.  Rep.  [f ]  II. 

(Xmö7',  Xir42l3)  BunzUm  99/00    36 

h)  Mathematik  und  Nat  orwissenschafte  d'). 
Bohn,  Heinr.,  s.  o.  Mr.  96/7. 

106.  Böger,  Rud.,   Geom.  d.  Lage  i.  d.  Schale.    {XFIII 82a) 

Hamburg  Rg.  d,  Jo/L  97    37 

107.  Grimsehl,   Ernst,    Einltg.  i.  d.  Physik.     (XFII 111; 

XniI87)  Cuxhaven  R.  96    42 

108.  Henniger,  Karl  Ant,    Chem.  Praktikum  L     {XFll  112) 

Charlottenburg  st.  Rg.  00    42 
lüSa.  Hofier,  Alois,  Welche  H  im  melserscheinung.  i.  Scholj. 
1S96/7  V.  uns.  Schülern  beobachtet  worden  sind,   mit    Be- 
schreibung e.  Schülersternwarte.  (XIII  76)  Wien  Ther.  97    17 

109.  Jetter,    Karl,    Math.  Au  fg.  b.  d.  württ.  Konkorsprüfg. 

d.  letzt.  50  Jahre.  Urach  th.  S.  98     5 


^)  Vgl.    dazu  meine  eingehende  Besprechung  in   den  Jahresb.  d,  PhiL 
Fereins  XXX  (1904)  S.  151-154  (Z.  f.  d.  G.'H\  LVIIl). 
2)  Vgl.  ebenda  S.  154—157. 
^)  Vgl.  dazu  die  Bemerkungen  o.  S.  33. 


von  R.  UIlricL  $$ 

a 

110.  Leuz,  Ernst,  Einr.  f.  d.  ntw.  U.  am  G.  u.  d.  baoliche 

Anlage  1).  Eiber fM  91     10  XYI. 

111.  Obmann,  OUo,  Zeichnende  Meth.  i.  ntw.  U.     Berlin Htmb.-G.  99    44 
lUa/b.  Pahl,  Franz,  Entwicklj^.  d.  math.  U.  a.  höh.  Seh.  I.  ]l. 

(XVn  11516 ;  XFin  98)                          CharloUenburg  tU  Rg.  98/9  5 1 

112.  Schotten,  Heinr.,  Mathem.  Unterr.                       Hallest  OR,  99  40 

113.  Trentlein,  Pet,  Lefarpl.  d.  math.  U.  d.  bad.  ^%.  Karlsruhe Rg,  96  4 

114.  ->,  Lehrpl.  d.  Anstalt  I.  Natorgeseh.    (Xm 91, 108; 

XFIII 4415)  Sarisruhe  Rg.  98    13 

115.  Tropfke,    Job.,    Erstmal.  Anftr.    d.  einzeln.  Bestandteile 

nnsr.  Schnlmath.  L  Berlin  Frdr.-Rg^  99    41 

i)  Philosopbiscbe  Propädeutik. 

116/7.  Lambeck,   Gnit.    Ad.,  Phil.    Prop.    auf   ntw.  Grnndl. 

iJahresb.)  (X///^^)  Barmen  Rg.  97 (8  45 

118.  Lehmann,  Rad.,  Ob.  philos.  Prop.  {Xf^  197)       Berlin  Ist  G.  00  „ 

119.  Vogrtnz,  Gottfr.,  Krit  Bern.  z.  Lehrst,  d.  pb.  Prop.    nUach  97  46 

120.  — ,  Semasiolog.  u.  Psycholog.  {XIII  77  a.b.  78;  Xf^  150)     „       00  „ 

k)  Uaterweisnngen  in  der  Knnst. ^} 

121.  Bernhard,    Jol.,    Kunstgeschichtlicbes    fdr    die    Sehole. 

(Xm  12)  (Dresden  ntzth.-G.)  97    47 

Heoßner,  Frdr.,  )  Einführnog   nnsrer    Scböler    i.    d. 
122/4.  p      1         i\*4.  >  Kasseler  Bildergalerie    [I.]U.ni. 

ranins,  ütto,        j  ^XFü  125;  Xnil  19)  Kassel  Frdr.-G.  98/00      9 

125.  Hoffmann,  Otto,  Gymnas.  o.  Moseom.  Metz  L.  99     15 

126.  Malfertheiner'),    Ant.,    Welche    Aofg.    s.   noch  z.  cr- 

foilen,  am  d.  antik.  Denkm.  d.  Schole  dienstb.  z.  machen? 

{XFII42)  Mähr.'Trübau  99    47 

127.  Nelson,  Jnl.,  Bhdlg.  d.  Kaostgescb.  i.  G.-U.  y4aehen  f^h.-G.  97     „ 
Paulus,  Otto,  s.  Nr.  122/4. 

I)  Schälerreisen*).    Sport. 

128.  Herrmann,  Ernst,  E.  Schülerreise  n.  Rom.  Sehönebg.  Pr,H,'G,  00    46 

129.  Kanter,  Herm.,  Beitr.  z.  prakt.  Ausgestaltg.  d.  Ferien- 

reisen m.  Schul ern.  Marienburg  00     „ 

130.  Kubse,    Bnh.,    Im    Sehölerboot    durch    ostd.    Gewässer. 

[Xni  36 ;  XFIII 114)  Bromberg  Rg.  96    47 

131.  Netoliczka,  Osk.,  E.  Schnlreise  n.  Venedig.        Kronstadt  97    46 

132.  Wickenhagen,    Herm.,   Der  Rendsburger  Primaner- 

Ruder  verein  1880— 1900.  (Xr  ^5)  Rendsburg  00    98 

B. 

1.    Allgemeine  Sprach wisseuschaft. 

133.  Mergoet,  Hogo,  Bem.  üb.  d.  Entw.  d.  Sprache.        Insterburg  99  135 

134.  — ,  (Jber  Lexikographie.  {FIII 16)  „         00    „ 

2.    Altertumswissenschaft. 

135/6.  Andresen.  Gg.,    In  Tac.  Hist.  stnd.  crit.  et  palaeogr. 

I.  II.     [1X39;  XF71)  Berlin  Mh.  G.  99/00  177 

137.  Bamberg,   Alb.  v.,    Qoaest.    crit.    i.  Plat,    q.    f.    j4poL 

{Flu  74;  XIII 90;  XFI3;  XFII 10)  Gotha  99  161 

138.  Bardt,    Karl,  D.  Zinswucher  d.  M.  Brutus.     {FIII 108; 

Xin91/2;  XFIII4)  Berlin  Jeh.  G.  98  169 


i)  Vgl.  0.  S.  11. 

^)  Vgl.  dazu  die  Ausführungen  oben  S.  281  ff. 

8)  S.  a.  Jahrb.  d.  phil.  F.  XXX  (1904)  S.  87—89  (=  Z.  f.  d.  GW.  LVHI). 

«)  Vgl.  0.  die  Attsführuogeo  S.  284  f.  m.  S.  284  Anra.  2. 

7* 


100  Programmwesen  ond  Programmbibliothek  d.  hSh.  Seholen, 

S 

XYI.  139.  Brandt,  Sam.,  Ad  Cic.  de  repbL  libr.  (XF  79.  80)    Heidelberg  96  170 

140.  Breysig,  Alfr.,  GermtDici  phaen.  loci  qa.  ado.  Erfurt  96  172 
140a.  Broschmaoo.Mart,  Lex.  Beitr.z.Herod.  {XFU 142)  Zwickau  98  137 

141.  Corsseii,  Pct,  D.  ^ntig.  d.  Soph.  {X1F59I61\  XF 83; 

XFl  263;  XFII 147)  Sehäveöerg  Pr.  H^-G.  98  165 

142.  Detlefseo,  Detl.,  Quam  u.  s.  Zasammeos.  (FII23.23a; 

Xm  10215;   XIF3;   XF2/4i    Xn8,9.219;   XFII19 

148.  229)  GUiekstadt  00  139 

143.  Ehwald,  Rud.,  Komm.  z.  A/A^.  i^er.  Ovids.  (XIH4,109; 

XIF  67 ;  XF  86.  187 ;  XFll  152)  Gotha  00  174 

144.  Fisch,  Rieh.,  £.  Waoderg.  D.Ostia.  {XlF  70)  Bert,  ^ndr-Rg,  98  202 

145.  Pritzsche,  Gg.,  Gesch.  Platääs  b.  z.  4.  Jahrh.  Bautssen  98  180 

146.  Geffckea,  Job.,  Stod.  z.  Menaoder.  Hamburg  tFk.'G.  98  161 

147.  Gilbert,  Job,  Ovid.  quaest  crit.  et  exeg.  {XlF  81)   Meißen  96  175 

1 48.  G  e  m  o  11 ,  Wh.,  Krit.  Bern.  z.  1  a  t.  Schriftst.  II.  {XIU  11617 ; 

XlF  7519-,  XFllI  129)  Liegnäx  H.  G.  98  169 

149.  Gromme,  Alb.,  Cic.  j9.  Mur.  dispos.  ed.  If.  Gera  98  170 

150.  — ,    Dgl.    p.  Mikme  ed.  II.    {F  11124-,  XlF  7 .  8.  S2.  82a\ 

XF  5.  6.  49.  50.  91 ;  XFll  24. 155/7.  208)  Gera  00    „ 

151.  Guhraaer,  Hr.,  Aotigone  u.  Ismeoe.  {XF67;  XFl  19a; 

XFll  158 ;  XFW 17)  JFittenherg  96  165 

152.  Garlitt,  Ladw.,  Textkr.  z.  Cic.  Briefen.  {XlF 83)       St^r^äz  98  170 

153.  Haoler,  Edm.,  Catos  Sehr.  üb.  d.  Landwesen.   {XF 94) 

fFien  G.  i.  2.  B.  96    „ 

154.  Heraens,    Wh.,    D.   Spr.    d.    Petroa    n.   d.    Glosseo. 

{XlF  88-,  XF96)  Offenbach  99  141 

Herchoer,  Haas,  s.  u.  Nr.  221. 

155.  Herrlich,  Sam.,  Epidaurus,  e.  aot.  Heilstatte.  {XlU  126) 

Berlin  Humb.-G.  98  183 

156.  Hilgard,   Alfr.,   Des    Urbanos  v.  Be;iliiD0   Instü.   i 

ling.  Graec.  gramm.  IL  IL  {XI 44/5)  Hetd^berg  96  136 

157.  Hodermaon,  Max,  Xen.  fFirtschafUl.  {XFl  86)  fFemigerade  99  167 
158/9.  HoffmaoD,    Wh.,    Cborlieder    etc.     des    Sophokles 

übers.  I    ffön.  Öd.,  Öd.  a.  K.,  j4nt.;  II.  Die  iibr.  St.  o. 

Tereus.  (Flll  66/8)  Berlin  Soph.-G.  96/7  165 

160.  Hoppe,  Hr.,  De  serm.  Tertoll.  qaaesliooes.  Detmold  97  142 

161/3.  Jahn,  PI.,  Abb.  Vergils  v.  Thcokrit.  {XFll  161)  BerL  KoUn.  G.  97/9  166 

164.  Ilberg,  Joh.,  U.  Sphiox  i.  griech.  Kaost  u.  Sage.  Ldpz.  kg.  G.  96  212 

165.  JobD,   KoDst.,  Briefe  d.  j.  Pilo.  u.  Tac.  dial.  (XlF 95; 

XF99)  Schw.-Hall  96  176 

166/8.  Ir  mach  er,    Em.,    H|omer.    Od.    VI.    XXII.    V    ubers. 

Dresden  Zeidl.  R.  96/7.  99  158 
169/70.  — ,  Dido   {Aen.  I),  Jeti.  X  übs.  {XlF 9619;  XF  100/4; 

XFll  106)  Dtesden  Zeidl  R.  98.  00  179 

171.  Jurenka,    Heg.,    Archilochos  v.  Paros.     {X111132/3; 

XF  105/6)  fFien  Max.-G.  00  153 

172.  Kirchner,  Job.,    Beitr.  z.  Gesch.  att.  Pam.    {XlF  102) 

Berlin  Fr.  fFk.-G.  97  183 

173.  Koroitzer,    Alois,    E.  Studienreise    nach  Italien    n. 

Griechenland.  [XF  111)  fFien  Lpst  G.  96  209 

174.  KU  hiewein,  Hug.,    Hippokr.  chirarg.  Sehr.    {Xlll  144; 

Xiy  16;  XFl  250)  üfdd  98  158 

175.  Lattmann,  Herrn.,  De  cooiunctivo  Lat.  HfM  96  139 

176.  Lontensach,    Otto,    Gramm.  Stud.    z.  d.  griech.  Trag. 

n.  Kom.  I.  Personaleoduugen.  {XlF  103)  Gotha  96  138 

177.  Lessing,  Karl,  Uist.  Aug.  lexicoo  L  {XlF  104)  Berl  Frdr.-G.  97  141 

178.  Luckenbach,  Herrn.,  D.  Akropolis  v.  Athen.  {XFll  127. 

172;  XFin  137)  Karlsruhe  96  202 


von  R.  Ullrich.  JQ! 

8. 
178«.  \  May  «er,    Bdw.,    Gramm,    d.    |f  riech,    f  Heäbronn  96  138 

b.  I  Papyri  aus  d.  Ptolemäerzeit.  I.  II.         \  ShOtgart  Sarb-G.  00    „ 

179.  MorBeh,   Hs.,    De    Varroue   Reat.  in  George,   a  Verf. 

expreaso.  (XlV  111-,  XnU  3ö)  Berlin  kg.  Rg.  97  178 

180.  Hacke,   Rud.,   De  praesiaotia   cod.  Uelceosia  i.  prior. 

p.  ttpUt  Seaecae  rec.  {XlF  112;  XF 119,  Xni 49.  50)  Ilfeld  96  176 
181/3.  Müller,    Franz,   Zo    Thnkydidea,   a.    d.    Nach!,    v. 

W.  Herbst.  I-lII.  Quedlinburg  98/00  166 

184.  Maller,   Herrn.  Prdr.,    Eor.  Med.  u.  Grillp.  Gold.  VI.  0. 

{XF 120 ;  XFlll  64  a)  Blankenburg  96  161 

185.  Nanck,  Hs.,  htm.  berechtigt,  i.  d.  Odyssee  e.  2.  Dichter 

anzanehmen?  ,  Ein  Dialog.  Charlottenburg  kg.  G.  98  159 

186.  Oder,  Eng.,  Anecd.  Cantabrig.  I.  Berlin  Fr.- fFd,  G,  96  152 

187.  Oeri,    Jak.,   D.    Eoripid.    Verssysteme.     {XU  29-^31', 

XF1I176)  Basel  98  157 

188.  Pläfs,  Tb.,  Abergl.  o.  Rel.  i.  Soph.  Electra,  {XU32I3)    Basel  00  165 

189.  Prenschen,  Erw.,  Mö'ochtam  o.  Sarapiskult.  (XFII 243) 

Darmstadt  L.  Gg.-G.  99  212 

190.  Reich,  Herrn.,  D.  ält.  bernfsm.  Darsteller  d.  griech.-ital. 

M  i  m  n  s.  Königsberg  fFk.-  G.  97  217 

191.  Riehter,   Gnst,    Krit.  Uot.   z.  Senec.  Trag.    (FIII 40; 

XF128;  XF142;  XFII  58)  Jetm  99  177 

191a.  Ritter,  Honst,  Beitr.  z    Erkl.  v.  Plat.  PoUticus.     Ellwangen  96  163 

192.  Rb'bl,  Herm.,  Z.  griech.  o.  lat.  Texten.  {XUI 177 ;  XF  43; 

XFII  59. 181)  Halberstadt  97  152 

193.  Schiebe,  Th.,   Z.   Cic.   Briefw.   a.  Cilicien.   {XIII 180; 

XF134;  XFII  185)  Berlin  Fr.-IFd.  G.  97  171 

194.  Schimberg^  Ad.,  Schol.  i.  Hom.  II,  A  1—50.  {XF  133/6) 

Berlin  Fr.  ßFh.-G,  97  159 

195.  Sehlee,  Prdr.,  Z.  Lekt.  d.  Horaz.  Sorau  98  173 

196.  — ,  2  Berlin.  Sallnst-Hss.  „     99  176 
196a.  Schmidt,  Max  C.  P.,  Ob.  griech.  Dreireiher.  {XIF  125a) 

Sehönebg.  P.  H.-G.  99  184 

197.  Schultz,  Jol.,  Z.  Illas-Rrit.;  Prolegomena.    (XFI 263) 

Berlin  Soph.'Rg.  00  159 

198.  Schulze,  Karl  Paul,  Z.  Erkl.  d.  röm.  Eleg.ü.  (XIF  129; 

XF139)  Berlin  Fr.-IFd.  G,  98  1 72 

199.  Seeliger,  Konr.,  Hessenien  n.  d.  ach.  Bond.  Zittau  97  181 

200.  — ,    Dicaearchns,    Brachst,    e.    Reiseführers    dorch 

Griechenld.  am  100  v.  Chr.  {XIF  130)  „      00  155 

201.  Soltaa,  Wilh.,  Qoell.  d.  Liv.  i.  21.  u.  22.  B.  II;   Liv. 

XXn  u.  Plutarch.    {XF  140;  XFII  190)  Zabem  96  169 

202.  Stadtmüller,  Hag.,  Grabschr.  d.  Pal.  Anth.  {XI 69.70; 

XF141)  Heidelbg.  96  153 

202a.  Sir eeker,KL,Zn  IFaltharws,{XFII224; XFIII158)  Dortmd.  99  179 

203.  Sydow,  Rad.,  Krit  Beitr.  z.  Ca  es.  bdt.  Galt.      Berlin  Fr».  G.  98  169 

204.  Thalheim,   Th.,    Z.    Lyknrg   a.    Lysias.    {XIII 190; 

XIF  136/7;  XF  144/5)  Hirsehbg.  00  m 

205.  Trampe,  Ernst,  Syrien  v.  d.  Eindr.  d.  Israeliteo  (n.  d. 

Tont.  V.  Teil  el-Amarna).  (XFII  193)  Berlin  Less.-G.  98  180 

206.  Trendelenbarg,  Ad.,  Bendis.    {XFII  194/5)      „       ^sk.  G.  98  212 

207.  Treu,  Max,   Theod.  Pediasimi  eiasque  amicc.  q.  ext. 

ed.  {FIII 84;  IX  34;  XIII 191/5;  XIF  138/42;  XF147/9; 

XFII  249;  XFIII 144/5)  Potsdam  99  166 

208.  Wagner,  Rieh.,  EntwickJg. d.  griech.  Heldensage.  Dresd.  Kzsch.  96  212 

209.  Weid  ner,  Andr.,   Mise,  critica.  Dortmund  97  160 

210.  — ,  Altera  mise.  crit.  {FII28;  1X23;  XIF  146)  „        98  152 

211.  Weinberger,  Wilh.,  Z.  spätgr.  Epikern.  iXF155;  XFII 

100.254)  IgUuOOlh^ 


102  Progranrnweseo  odiI  Programmbibliothek  d.böh.  Sebnlea, 

S. 

XYI.  212.  Wessely,  Karl,  Lesezeicboo  d.  Ikas-Hs.  //h.     fFien  G.i.S.B,  91  159 

213.  — ,    Wie  hab.  d.  alt.   Rom.   gesehriebea?    (XIII201', 

Xiri40!S3;  XF 159/61)  fFien  G.u3.  B,  98  165 

214.  Wilma,  Alb,  D.Schlacht  i.  Ten  tob.  Walde.  Hambg,,  Rg,  d.Joh.  99  182 

215.  Wirz,  Hs.,  Sallnst.  d.  btU.  Jug.  part.  extr.  (103—112) 

ad  opt  cod.  rec.  em.    {XII 37/8)  Zürich  K.  97  176 

216.  Wotke,  Karlf    Des  Pseadoencherias    (ranem-Romm. 

(I — IV  I)    im   cod.    Aogiensis   CXCI    hrag.    v.    eiogel. 

(XFI 60)  IFüm  G,  1. 17,  B.  97  172 

217.  Ziegeler,  Ernst,  12  Reden  aeeros  diapon.  {Brmneny)  99  17] 

3.   Deutsch  and  Verwaodtea. 

218.  Bilfinger,  Gast.,  Zeitr.  d.  altea  Germanea  I.  {XIH95\ 

Xir51l2;  XF76)  StuUg.,  a^.  L-G,  99  200 

219.  Detlefs en,   Detl.,    Laodsch.  Schildg.  Schleswig-Holat.  b. 

aos.  Dichtern.     (FII  23,23a;   JUII 102/6;   XIF3;   XF 

2—4;  XFI 8, 9. 142;  XFII 19. 148. 229)  GUiekstadt  99  2l\ 

220.  Hellwig,    Paul,    Erkl.    Beitr.    x.    Dichter-Lekt.   (Arndt. 

Schiller).    iXF42)  BerUa  5.  R.  99    „ 

221.  Herchner,  Hs.,  D.  C^ro;».  i.Wielaods  W.U.  {XF 163) 

Berlin  Humb.-G.  96  167 

222.  Rettner,  Guat,  Leasings  Minna  v.  B.  Pforia  96  225 

223.  -,  Relig.  Geh.  v.  Lesa.  Nathan.  {XIII 139;  XIF138;  Af^ 

165a.  b.  166)  „       98    „ 

224.  Lorentz,  PL,  Deutach.  Spr.  a.  Qn.  dentach.  Rnlturgach.  Sorau  96  14Ö 

225.  ",   Goethes   Wirks,  i.  Siaoe    d.  Vertiefg.  n.  Fortbildg. 

deutsch.  Gharakterzfige.  „     00  223 

Müller,  Herm.  Prdr.,  Bar.  a.  Grillparzer  s.o.  Nr.  184. 

226.  MaomauD,  Ernst,  A.  Herders  Jogenddichtg.  (XIII 209) 

Berlin  Fr.  fFh.-G.  97  225 

227.  Rethwisch,  Ronr.,   Bleib.  Wert  d.  Laokoon.   (FIII116) 

Frankfurt  a.  0.  99  in 

228.  S  c  h r  e  y  e  r,  Herm.,  Dramaturg.  Studien  (Schillers  Jugend- 

werke.     Wildenbrachs  Heinr.  u.  H.  Geeehl).   {1X45; 

XIII  210)  Pfortm  97  228 

Strecker,  KL,  s.  o.  Nr.  202a. 
229/30.  Türk,   Mor.,  Frd.  d.   Gr.  Dichtungen  i.  Urteil   dea 

18.  Jahrh.  L  II.  BerUn  8.  R.  97/8  223 

230a.  Volkmaon,  Walth.,  Z.  Immerlm.  JlföitcAA.  (XIF145a.b; 

XF  151a.  203a;  XFII  198a;  XFIII 146)  Brest  3^d.'G.  97  225 

231.  Ziehen,  JuL,  Knnstg.  ErL  z.  Less.  Laokoon.  (XFI  234) 

Frkfl.  a.  M.  IFöhl.  99  226 
4.    Französisch. 

232.  Henze,  Wh.,  D.  bevorst.  Ref.  d.  frz.  Orthographie.  Berl.Dor.Rg,  96  143 

233.  Plattner,  Ph.,  Zur  Lehre  v.  ArtikeL  (XIF34;  XF47, 

179a.  b;  XFII 225a.  b)  BerUn  4.  R.  97  143 

234.  Ziehen,  JuL,  Stud.  z.  Gesch.  d.  Philhellenismas  i.  d. 

frz.  Lit.  (XFI 231)  Frkfl.  a.  M.  Goethe-G.  97  233 

5.    Englisch*). 
335.  Humbert,  Glas,  Shakesp.  Hamlet.  /       1X46;      \  Bieltfeld  97  231 

236.  — ,  Zu  Molieres  Leb.  u.  Shtltap.l XIII 205  212;] 

Hamlet.  \  XIF 165/6;  J        „       99  231 

237.  Riese,  Wh.,  Stratford-on-Avoa.  BerUn  Less.-G.  96  209 

^)  Fest  sehr.  d.  höh.  L.-A.   Bremens    z.  45.  Vera,  dentsck  Phil.  n. 
Schulm.  1899... 

*)  Aus  Österreich  (vgL  o.  S.  87  Anm.  1): 
236a.  K|elloer,  Leon,  Altenglische  Spruch  Weisheit. 

IFien  R.  i.  18.  B,  97.    Bittner  DI  S.  61 


voa  R.  Ullrich.  103 

8. 

5.    Mittlere  ond  oenere  Geichiehte,  eioschl.  Gelehrteo- 

(e  schichte. 

238.  Blftsendorff,    Kl.,   Blüchers   Wiedereiotr.   ins    Heer. 

(Xivno)  sufttin  frh.'G.  sr  i9i  xti. 

239.  Bolte,  Joh.,  M.  F.  Seidel,  e.  brdbf.  Geschichtsf.  d.  17.  Jb. 

Berlin  Kgtt  G,  96  239 
240/2.  Dtrpe,  Frz.,    Koesfelder  Ijrkandenb.     3  Tle.     {Xiy 

171/3;  Xr  184/6',  XFII228;  XF III 162)  Koe$fdd  98/00  195 

243.  Bfcelhaaf,    Gottlob,    Arch.   Beitr.  s.  Gesch.  d.  schmal k. 

Krieges.  Stuttg,  KarU^G.  96  186 

244.  Eogelmano,   Em.,    Phil.  v.  Schwaben    o.  Idooccds   III. 

Schönebg.,  Pr.  H.-G.  96  187 

245.  HeidemaoD,  Ja).,  Ü.  deatscb.  Kaiseridee  o.  Kaisersage 

i.  M.-A.  n.  d.  falsch.  Friedriche.  {FI  77;  XI  11 217)    Berl  gr.  Kl.  98    „ 
246/7.  Hirsch,   Ferd.,     Brdbg.  o.  Boglaad    1674—79.     2  Tle. 

{FIII41;  1X50;  XIII 218;  XI F 174;  XFI 246/7) 

Berlin  KgsLRg.  98/9  191 
248/9.  Khall,  Fd.,    D.  Ritters   Haas  y.  Hirnheim   Reisetage- 

buch   (Reis.  d.  Ital.  o.  Paläst.).     2  Tic.    (XIII 206/7. 

222;  XIF 159/61;  XF  167(9;  XFII 2S3/4)  Graz  2.  G.  96/7  203 

250.  Röhleweio,    Hg.,    D.   Ziosbeberolle    d.  Prämoostr.-Kl. 

S.  Mar.  i.  llfeld.   {XIII 144;  XIF  16;  XFI  174)  Ilfeld  96  192 

251.  Karze,  Frdr.,  Binhard.  (XF  189)  BetUn  Lms.-G.  99  186 

252.  Mlohaelis,    Karl   Th.,    Gast.  Michaelis    (m.  Brief,  y. 

Varob.  y.  Base,    A.  v.  Humb.,   J.  Grimm,   K.  Müllenhoff 

0.  a.).  {XF117. 198)  BerUn  7.  Ä.  97  239 

253.  Neubauer,  Frdr.,  Stein  o.  Bismarck.    {XF6f3)    Halle  Lat.  98  191 

254.  Schneider,    Max,      Die     Gelebrtenbriefe    d.    Gothaer 

Smn.-Bibl.  a.  d.  16.  a.  17.  Jh.  (s.  a.  XF  187;  XFII  64/6; 
'III 40)  Gotha  97  240 

255.  Schwartz,  PI.,    Z.  Geseh.  d.  Neamark    i.  30j.  Kr.    I. 

(XF191)  Berlin  6,  R.  97  192 

256.  Tack  log,   Kl.,    Urk.  a.  d.  Arch.  d.  Klariss.  z.    Neuß. 

{XFlS3a.b)  Neujff  96  195 

257/8.  Wehrmann,    Pet,    Frdr.    d.  Gr.   als  Kolonisator   in 

Pommern.   [I.]  II.    {XFII  238/9)  Ptfritt  97/8  19^ 

6.    Philosophie. 

259.  Apelt,    Otto,    Rankes    Geschichtsphilos.     {XIII 87.88; 

XFII  95. 134/6;  XFIII 123/4)  Eisenach  99  179 

260.  Draeseke,  Joh.,  Zam  Streit  üb.  d.  Mitteldinge  i.  ]7. 

n.  18.  Jh.  {XIII 108;  XIF  190;  XFI  266;  XFIII  163)  fFandsb.  98  271 

261.  Gneifie,  Karl,  Deknkt.  u.  Induktion.    {XF  196)         Siraßh.L,  99    „ 

262.  Heabaam,  Alfr.,  Aaseinandersetzg.  zw.  d.  mech.  a.  teleol. 

Natarerkl.  i.  ihrer  Bdtg.  f.  d.  Forteotwicklg.  d.  religiös. 

Vorstellens  seit  dem  16.  Jh.  Berlin  Lets.-G.  00  272 

263.  Schnitz,   Jnl.,    Bem.    z.   Psych,   d.   Axiome.     {XFI  197: 

XFII 241)  Berlin  Soph.Bg.  97  253 

264.  Wallen  borg,  Gg.,  Kants  Zeitlehre.  „  9.  R.  96  272 

7.    Theologie. 

265.  Corssen,  Pet.,  Zwei  nene  Frgm.  d.  Wein  gart.  Prophet.- 

Hs.,  m.  Unters,  üb.  ihr  Verb.  z.  Würz  borg.  Proph.-Hs. 

{XIF 59-^61;  XF8S;  XFI  141;  XFII  147)     IH.-JFilmersdr.  99  274 

266.  Draeseke,  Joh.,  Z.  Johanneischea  Frage.   (XIII 108; 

XIF  190;  XFI  260;  XFIII  163)  fFandsbeek  00  275 

267.  Heinzelmann,  Wh.,  D.  Brief  a.  Diognet  öbs.  n.  ge- 

würdigt  {FI  19;  XFI  72)  Erfurt  ^  160 


104  ProgrammweseD  uod  Programmbibliothek  d.  hob.  SeholeD, 

B. 

XTI«  268.  Nestle,  Ebb.,  Septoagiota-Skad.  II.  Ulm  36  275 

269.  — ,  dgl.  III.  (Xiri92;  XFII244;  XFUIISI)  Mmtlbrmm  ULS.  99    „ 

Preoscheo,  Brw.,  s.  o.  Nr.  189. 
270/1.  Schellhoro,  Rud.,  Verh.  d.  Preiberger  a.  Tepler  Bibel- 

Hs.  [L]  11.  Freiberg  96/7  221 

272.  Techen,  Ldw.,  D.Targum  s.d.Pfo/menri]  {XyiII182)  ß^ismar  96  275 

273.  Törk,  Gast.,  Lotbers  Romfabrt  i.  ihr.  Bdtg.  f.  seine 

ianere  £otwickluDg.  Meißen  97  279 

8.    Bibliographie.     Bibliothekaweseo  i)S)>). 

274.  Bel8ehoer,Cbr.,  D.  Bibl.  d.  G.  zu  Lttdwigsbnrg.  Ludwigsbg.  00  247 

275.  Braobofer,  Igo.,  D.  Iglaner  Gyma.-Bibl.  Igiau  96  245 
276a.  b.  Richter,  Wh.,  Hss.-Verz.  d.  Theod.  Bibl.  z.  Pader- 
boro  I.  H.   {XmJ38)                                          Päderbant  96/7  249 

XYII«  5  Teubnersche  Jahresveneeiehnisse, 
z»  T,  ergänzt  durch  die'  der  KgU  Bibliothek  zu  Berlin 

(1901-1906)«)  % 
(vgl.  J?tM.  Abt,  3,  Nr.  13  b  u.  16;  o.  S.  112.) 

A. 

1.    Allgemeines.    Scholgeschiehte.    Schnireden. 

XYII.  1.  Aly,  Frdr.,  Sapiens  atque  eloqaens  pietas.  Rede.  {XIII 81a) 

Marburg  t.  H,  Ol     7 
2.  — ,  Alb.  d.  ak.  Päd.  v.  1653—1833.  (vgl.  XVIUO)  „  05     4 


')  Vgl.  o.  die  Bemerkung  S.  95  Aom.  1. 

^)  Ans  Österreich  (vgl.  o.  S.  87  Anm.  1)    sei  ans  dem  Gebiete  der 
exakten  Wisseoschaften  hier  erwähnt: 
277.  Andreasch,  Rud.,  Ober  einige  Thioharnstoffderivate. 

Wien  R.  i.  18.  B.  99,  Biüner  III  S.  153. 
Von  der  genannten  Anstalt  wurden  s.  Z.  innerhalb  eines  Sdmijahres 
(1899/1900)  —  ein  seltener  Fall  —  drei  Mitglieder  des  Kollegiums  on 
Hochschuleo  berufen  (nach  freundlicher  Nachweisung  voa  Herrn  Prof. 
Dr.  Gi  Strakosch-Graßmann,  s.  o.  S.  86  Anm.  1),  anfier  Andreasch 
die  oben  (S.  87  Aom.  1  und  S.  102  Anm.  2)  genannten  Proff.  Fried- 
wagner  und  Kellner. 

')  Aus  dem  Gebiete  der  exakten  Wisssenachaften  seien  erwähnt: 

273a.  ß*^»*«^»  Jyl » I  iXri95a;  Xr III 174)  Jl^olfenbÜUd  97  268 

^)  Von  1903  ab  sind  hier  auch  wieder  bayerische  Programme  ver- 
treten ;  vgl.  o.  S.  62  Anm.  2,  S.  67,  X  f.,  S.  73  Anm.  3,  S.  81  Anm.  5,  S.  S^ 
Anm.  4,  S.  95  Anm.  4. 

^)  Znr  Erläuterung,  üa  dorch  Zitieren  nach  den  eiazelnen 
Jahresverzeichnissen  Teubners,  die  von  1901 — 1905  einschl.  im  Anhang  der 
Jahrgänge  XXHl— XXVK  (1902/3—1906/7)  des  Statut,  Jahrbuchs  d.  höh. 
Seh.  vorliegen,  eine  starke  Zersplitternog  des  Stoffes  herbeigefäbrt  wordeo 
wäre,  sind  die  5  Programm- Jahrgänge  in  der  Weise  ineinander  gearbeitet 
worden,  die  den  letzten  4  Abschnitten  XIII— XVI  (S.  73—104)  ungefähr 
entspricht;  so  wird  nach  Inhalt  und  Umfang  auch  ein  Vergleich  mit  des 
letzten  drei  Jabrniafteo  (1886—1900)  ermöglicht  Die  Auswahl  wurde  durch 
die  oben  (S.  32  f.)  dargelegten  Gesichtspunkte  bestimmt. 

In  praktischer  Beziehung  bemerke  ich  folgendes.  Da  das  letzte 
Teubnersche  Verzeichnis  der  wirklich  erschienenen  Programme 
(über  d.  J.  1905)  erhebliche  Lücken  aufweist  (s.  o.  S.  269  A.  1),  wurde  für 
diesen  Jahrgang  das  Berliner  Verzeichnis  zur  Ergänzung  stark  heraa- 
gezogen,  das  auch  für  die  im  wesentlichen  voUatändigen  Teobnerachea  Ver- 


vei  R.  UHrieb.  JQQ 

8. 

3.  Arastedt,  Rieb.,  Geseb.  d.  Kaeipb.  G.  I.     Königsberg Hn.  G.  05  BX  XTU. 

4.  Asbtcby   Jal.,  Eoiwarf  e.  Binr.  e.   Bergisebeo  Doiv.  i. 

MäDster  (1808/9).  {XVIL  2;  XFm2  S)    DüuMorfkg,  G.  Ol      7 

5.  BachmaDO,  Ottom.,  D.  Progr.  d.  G.  1694—1813.  Frank  f.  a.  0.  02    30 

6.  — ,  Abit,  d.  G.  1789—1904.  (XIII 89)  „  04      7 

7.  Biibo,  Eroftt,  Abitor.  d.  Joaeb.  G.  I  (1789—1870).    Berl.Jch.G.  02      8 

8.  —,  Dgl.  11  (1871—1904).  „  05  B1 

9.  fialdamos,  Alfr.,  Das  K.  A)b.-G.  1880—1905.     Lmp^ig  Mb.-G,  05  B 2 

10.  Bamberg,   Alb.  v.,   LebrplSae   d.  G.  s.  1860.    {F!II74\ 

XIII  $0;  XFI 3, 137)  Gotha  03      4 

11.  Bau  ob.  Gast.,  3  Deokn.  z.  ä.  sebles.  Scbolgescb.  {XFI  4; 

XFIII 5)  Breslau  ev.  R.  II  Ol      8 

12.  Berobard,    Jol.    Ad.,   Mitt    z,    Geacb.   d.  Vitztb.-Gyoin. 

(XFI  121)  Dresden  Fäztk,-G.  05  BS 

18.  Biese,   Alfr.,    Was  ist  Bildoog?  (27. 1.  1902)  q.  e.  AbiL- 

Rede  v.  1903.  Neuwied  03      8 

1 4.  — ,  Aos  B  i  8  n  a  r c  k  s  Welt-  0.  LebensanscbaiioBg.  {XIF 185 ; 

XFI  5 ;  XFII 202/5 ;  XFIII  8,  $2  a)  Neuwied  04      7 

14a.  BiBdei,R€h.,Gesch.d.höh.L,'\.lik{iiL{Fstschr.)QuakenbrilekRg,  04 

15.  Bissioger,  Kl.,  Z.  Geseb.  q.  Statist.  d.G.  {Xl26i  XIF 5314 \ 

XF  77. 183-,  XFII 95a',  XFIII  73, 126)  Pforzheim  Ol      8 

16.  Blom,  Frdr.,  Der  gemeins.  Unterbaai.  s.  geseb.  Botw.  Jliannh.R.  04      7 

17.  BatlBiaon,  Rud.,  Die  Matrikel  d.  Horabaeber  Gyma. 

1559—1630.  1.  (X  149a)  Zweibrüeken  04      ,, 

18.  Caoer,  PI.,  Weber?  o.  Wobin?   6  Abitnr.-R.    (XIII 100; 

XFI  7)  Düsseldorf  sL  G.  02      9 

19.  Detlefsen,  DetL,  Geseb.  d.  G.  VI  (1836— 1853).  {FII23. 

23a',  XIII 102/5;  XIF 3;  XF2''4;  XFI  8.  Ä  142. 219; 

XFII  148,  229)  Glüekstadi  04      7 

20.  Frey,  Jos.,  Z.  Geseb.  d.  G.  i.  d.  1.  Hälfte  d.  19.  Jabrb. 

(XF  54 ;  XFI  13)  Münster  Paul.  G.  03      9 

21.  Gille,  Alb.,  Aosgef.  Lebrplan  d.  Realseh.  (XFII  102)  Ems  B,  02      4 

22.  Goldsebeider,   PL,   D.  Graadcüge  d.    aenea  LebrpL, 

dargest  f.  d.  Kreis  d.  elJg.  Bildang.  Mülheim  (Rh.)  02      5 

23.  — ,  Entw.  e.  Haos-  o.  Scholordog.  {XIF 29;  XF 40)  „  04      2 

24.  Grnvue,  Alb.,  Tres  oratt.  sebol.  {FIII 24;  XIF  7.  8,82. 

82a;  XF  5.  6,  49,  50.  91;  XFI  149/50;  XFII  15517.208)  Gera  03 B\^ 

zeichoisse  über  die  Jabre  1901 — 1904  nocb  eioige  Naebtrüge  lieferte.  Dafi 
bei  dieser  Lage  der  Dinge  die  Berliner  Verzeieboisse  nicbt  aus- 
scblierslicb  den  Zitaten  zogronde  gelegt  wurden,  reebtfertigt  sieb  eiaiDal 
dadareb,  daß  sie  keine  systematiscbe  Anordnong  beben,  wie  sie  die 
Teobnerseben  bieten.  Daza  kommt,  dafi  die  letzteren  in  den  böberen 
Schalen  20 — 30  mal  so  stark  vertreten  sind  als  die  ersteren.  Die  Seiten- 
zahlen in  der  letzten  Spalte  bezieben  sich  immer  anf  die  Seite  des  betr. 
Teobnerseben  Jahrganges,  nnd  zwar  des  (auch  im  Sonderdroek  käaf- 
liehen)  zweiseitig  bedruckten  Verzeichnisses,  das  auch  als  Teil  des /tfAr- 
buehs  besonders  paginiert  ist  Ue  das  Jahr  des  Erscheinens  jedes 
Programms  wie  in  den  früheren  Abschnitten  regelmäfiig  angefahrt  ist,  ergibt 
sieh  daraus  leicht,  in  welchem  Verzeichnis  man  die  betr.  Abhandlung  sa 
Sachen  hat,  sobald  beachtet  wird,  daß  jeder  Jahrgang  dea  Verzeichnisses 
immer  die  Abhaadlaogen  des  vorangehenden  Jahres  enthalt,  so  Jahr- 
gang XXDI  (1902/3)  die  von  190],  XXIV  (1903/4)  die  von  1902  u.  s.  f. 
Doreh  Nacbschlagea  im  systematischen  Verzeichnis  kann  jeder  Leser  leicht 
die  Kontrolle  ober  die  getroDene  Auswahl  üben.  Abband  langen,  besonders 
aus  dem  Jahre  1905  (s.  o.),  die  nur  in  den  Berliner  Verzeichnissen  aaf- 
gefuhrt  siad,  sind  dorch  ein  der  Seitenzahl  dieser  Verzeichnisse  vorgesetztes 
B  kenntlirh  gemacht;  es  sind  hier  die  Jahrgänge  XIU— XVII  (1901-1905), 
die  immer  ungefibr  in  der  Mitte  des  foigeadeo  Jahres  erscheinen. 


f06  Programmwesen  ond  Programmbibliothek  d.  hob.  Sehnten, 

8. 

XTII.  25.  Gq d  0  pp,  Ernst,  Dram.  AaiT. (Schi n8).( vgl. o.  Xß^ll9)  Berl  Le&H,'G.  02  9 

26.  Hildenbrand,  Frdr.  Job.,  D.  neae  G. -Gebäude  z.  Speyer^) 

m.  Rückbl.  a.  d.  Gesch.  d.  G.  {X 124.  138140. 168161)  Speyer  04  8 

27.  ifoffacholte,  Hör,    Bdtg.  a.  Entw.    d.  lateinl.  Schulen 

in  Preufieo.  (XFIII 24)  Münster  R.  i.  E.  05 B\i 

28.  Ho  Ix  er,   Jos.,    Eot.  d.  steier.  Mittclsehulw.  seit  d.  Or- 

ganis.'Efdw.  I.  Graz.  (XFIII 22)                              Gna  1.  G.  04  9 

29.  Jacobs,  Frdr.,  Ref.  d.  hSh.  (J.  i.  Fraokr.  i.  J.  1902.  M^%  OR,  03  10 

30.  Jaeger,   Jol.,    Vers.  d.  Schaler  d.  G.  Car.   1625—1804. 

iXIJI  22011;  XF  188)                                         OemUnräck  Car.  03  „ 

31.  Jerusalem,  Wh.,  D.  Hans  d.  Piaristeo.  (A/^7^^  ß^ienG,i.8.B.  Ol  9 

32.  Knabe,  Karl,  Eiobeitl.  Ziele  i.  Schalweseo.    Marburg  uH.  OR.  02  5 

33.  Knauth,    Herrn.,   Was  kuBpfl   uns   an  Elsaß-Lothringen? 

2  Scholreden.                                                                 HaXle  Lot.  02  „ 

34.  Koldewey,    Frdr.,   Jogendgedichte   d.  Honanisten  Job. 

Caselius.                                                    Brawuekweig  M.-K.  02  10 

35.  — ,  Paräoel.  Gedd.  desselb.  {FI 93-,  FIII4;  IX ö;  XIII 16 

^18;  XIF  13. 197;  XF 11;  XFIII 27)    Braunschweig  M.-R.  05  10 

36.  Kobse,  Bbd.,    Harmon.  Aosbildg.  d.  körperlich.  Kräfte. 

(XFI 130;  XFIII  114)                                        Bromberg  Rg.  02  6 

37.  Lachmann,  Jal.,  Wilh.  Panzerbieter.             Berlin  Fdk-^.  Ol  9 

38.  Laadien,  Bhd.,  Lehrpl.  d.  Anstalt.                    Breslau  Joh.-G,  04  4 

39.  L  e m ck  e,  Hug.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Stett.  Ratsach.  I  4.  Stettin  St,'G.  02  11 

40.  — ,  Dgl.  15.  (D.  Schollokal).  (f7/24/J;  An2/4)             „            04  9 

41.  Liermann,  Otto,  Heoric.  Petr.  Herdesianos  a.  d.  Frkft. 

Lehrpläne    v.    1579    a.   1599.    {XFI29a;  XFIII 31) 

Pranitfürt  a.  M.  Goethe- G.  Ol  „ 

42.  Malfertheiner,  Ant,  E.  Wort  a.  d.  Eltern.  {XFI  126)  Krems  03  6 

43.  Markseheffel,  KI.,  D.  intern.  Schülerbriefwechsel,  ß^eimar  Rg,  03  6 

44.  Mayer,  Herm.,  Gesch.  d.  Freih,  Gymn.-Bibl.      Freiburg  i.  B,   Ol  9 

45.  Meitzer,   Otto,   D.  Wett.-Gymo.  i.  d.   erst.  25  Jahren  . 

(FW  27;  1X3;  Xni2ö.  151)                        Dresden  9FeU.'G.  04  10 

46.  Meyer,  Gg.,  Verz.  d.  Ilf.  L.  n.  Seh.  1853—1903.             I^eUt  03  „ 

47.  — ,  Um-  Q.  Nenbaa  v.  Kl.  Ilfeld  1859—1884.  {XFIII  34.  76)    „     04  „ 

48.  Mollmann,  Ernst,  Scholschr.  d.  Koeiph.  G.     {XF205) 

Königsberg  Knp.  G.  Ol  9 

49.  Mneke,  Rad.,  A.  d.  alt.  Scbolgesch.  Ilfelds.                       UfM  02  11 

50.  — ,  Dgl.,  Forts.  {XIF  112;  XF 119;  XFI  180)  „     (?5Ä23 
51a.  Nath,   Max,   Fi  cht  es    Red.  a  d.^deuUch.  Not.    (Rede.) 

{XIF  189;  XFI  32)                                           Nordhausen  Rg.  04  10 

b.  — ,  Lehrplan  d.  Rg.  zo  Nordhansen.                                 „              05  S 

52.  Perthes,    Otto,    Gegenw.  Stand    d.  Ref.  v.  H.  Perthes 

u.  Mittel  z.  ihrer  Weiterbildung.                                  Bielefeld  Ol  6 

53.  Qoossek,  Karl,   Lehrpl.   d.  OR.  z.  Krefeld.  {F III 107; 

XIF  22)  Krefeld  OR.  02  Bk\ 

54.  Rathmann,  Wh.,  Comenins  o.  Herbart  I.                      T^Us  03  11 

55.   — ,   Dgl.   n.                                                                                                                   yy       04  \^ 

55a.  Rannecker,    Frdr.,    Beitr.    z.    Gesch.    d.   höh.  Schal,  i. 

Württ.  i.  17.  n.  18.  Jahrb.  L  {XFIII 36)           Ludwigsburg  05^)  10 

56.  Reiche,  Arm.,  Entw.  d.  Realscbw.  i.  Bremen.  Bremen  R.  Altst.  05  7 

57.  Richter,  Fritz,  Anflinge  d.  Dresd.  Realscbw.  Dresden  Dreiksch.  Ol  10 

58.  Richter,  Gost,  Z.  Erg.  a.  Grofih.  Kl.  Alexander.  {FIII40; 

XF  128 ;  XFI  42. 191)                                                        Jena  Ol  „ 

59.  Röhl,    Herm.,    Eotlassnngsreden.      {XIII  177;    XF  43; 

XFI  192;  XFII 181)                                                Halberstadt  04  1 1 


M  Vgl.  0.  S.  11  Anm.  5. 

>>  Für  1905  bestimmt,  aber  erat  1906  erschienen. 


roB  R.  Ullrich.  201 

8. 

60.  Rodkowski,  Wh.,StiftgB.  d.  Elis.-G.  HI  (1671--1776). 

Breslau  ßUs.-G.  Ol    10  XYII. 

61.  —,  Dgl.  IV  (1777—1900).  (AW45/44;Xr////5^fl)     „  „       02    12 

62.  Schädel,  Ldw.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  6.  i.  Giefieo.        Girftm  OöB29 

63.  Schmidt,  Max.  Gg.,  Hess.  Schulw.  z.  Z.  Phil.  d.  Grofiv. 

Marburg  IH.  04    11 

64.  Schoeider,  Mtx,  Lehrer  d.  G.  1524—1859.  1.  Gotha  Ol    10 

65.  — ,  Dgl.  n.  (Schlofi).  „      02    12 

66.  — ,  Abitorieoteo  1768—1859.  I.  {XFI 254-,  XFIII 40)  „      0ÖBZ2 

67.  Siefert,  G.,  Lehrpl.  d.  G.  m.  Ansführaogen.  Jena  02      7 

68.  Spiegel,  .Nik.,    D.    fthr.    Schölertam,    e.   BrgebD.  d.     . 

deatsch.  Schulw.  d.  15./16.  Jtbrh.                     1Für%burg  J.  G.  04  11 

69.  Stahlecker, Rhld.,Bettr.z.Gesch.d.höh.Sch.i.TiibiDg.  Tübingen  05  7 

70.  Stranb,  Lor.^  Biowhg.  d.  NenbausM.          Stuttgart  Eh.  L-G.  04  11 

71.  Thiele,  Rieh.,  Schicks,  d.  Erf.  Akademie  nach  d.  erst. 

Besitze,  d.  Preofieo  (1802—3).  {XFI  53\  XFII 192)     Erfurt  02    13 

72.  Thom^,  Wilh.,  LehrplKoe  f.  d.  R.  {FIIII)  Köln  R,  03      7 

73.  Thamser,   Vikt.,   Sokrates  a.  Vorbild   d.  stod.  Jogeod. 

Wien  G.  t.  6,  B.  02     13 

74.  — ,  ElterDtbeDde^)  a.  Mariah.  G.    {X1F37\  XV  14ß\  XVI 

89.  90)  Wien  G.  t.  6.  B.  04      6 

75.  Walloer,  Jol.,  D.  Archiv  d.  1.  G.  i.  BriiaD.  (XIII 37/40; 

XIV 26)^)                                                  Brunn  1.  deutMch,  G.  06  8 

75a.  Walter,  Karl,  Herders  Typus  Lectloaom.                  fVeimar  03  8 

76.  Weicher,  Max,  Stiftga.«)  a.  Stip.  d.  Gymo.              Bitleben  03  12 

77.  WehrmaoB,   KI.,   D.  50j.  Best.  d.  Aast.    —   Schnlref.  o. 

lateiaL  höh.  Schale.  Bochum  OR,  02  13 

78.  — ,  D.  Aasstellg.  d.  OR.  i.  St.  Lonis  1904.  „  04  29 

79.  Weodt,  Gast,  Beitrag  z.  Gesch.  d.  G.  {XI  74^78)    KarUruhe  02  13 

80.  Wernicke,    Alex.,    D.  25jähr.  Best.   d.  Aast.    {XV 199; 

XVI 57 18;  XFII  242)  Brauneckweig  OR.  02     „ 

81.  (o.  N.),  Lehrpliae  d.  Joach.  G.  I.  Berlin  Jeh.  G.  02      6 

82.    (      ,>     )»  9,  9»  9,  „      ll.  )»  99  "4  4 

83.  (   „   ),  Verz.  d.  Progr.  d.  G.  (1606— 1903) >).  Stendtü  04    28 

2.    Biazelae  IJDterrichtagegeostäode. 

a)   Religion. 

84.  Heidrich,  Rad.,  Quelleob.  ].  Lather.  (s.  o.  XVI 71)     Nakel  02 B\^ 

85.  — ,  LehrpL  f.  d.  R.-ü.  {VI  94;  XV 3214;  XVI 68— 70)         „      03      6 
85a.  H  0  y  e  r ,  Job.,  Aasgew.  Psalmen  erkl.  [I.]  (XVIII 55)  Halberst.  OR.  03      „ 

86.  Hapfeld,    Prdr.,    Wie  k.   d.  ev.  R.-(J.  i.  d.  ob.  Kl.   f.  d. 

philos.  Bildg.  d.  Schiller  natabar  gem.  werden?        Eiber fM  04      3 

87.  Strauß,  Herrn.,  Behdlg.  d.  Conf.  Aug.  in  I.  Lyek  Ol      7 

b)   Deatsch. 

Piseber,  Karl,  s.  n.  Nr.  207. 

88.  Henke,  Osk.,  A.  d.    Lehrpl.  d.  Anstalt  VlIL    Deotsch: 

Anderg  d.  Rechtsehrbg.  i.  J.  1902.  {XIV 9;  XV  8a.b; 
XVI 2216)  Bremen  03  BU 

Kiazel,  Karl,  s.  n.  Nr.  126. 

89.  ReggeP),  Frdr.,  D.  deutsehen  Themata  etc.  II.  Neustadt  a.  H.  03      6 

90.  — ,  D.  deutschen  Themata  etc.  HL  (SchL).  [X  164)  „  05      3 
Spreer,  Lpd.,  s.  u.  Nr.  99. 

1)  Vgl.  0.  S.  11  A.  5.    >)  Vgl.  o.  S.  286.    >)  Vgl.  dazu  o.  Si  10  k.\. 

*)  Vgl.  o.  S.  10  und  Nr.  XVI 43/4;  XVII 60/1. 

f')  Vgl.  o.  S.  108  Aom.  (Forts,  d.  Aom.  2  v.  S.  107). 

•)  Vgl.  0.  S.  156  Aoffl.  1. 


108  Proj^rammwesen  and  Proj^ranBibibliothek'd.  höh.  Schnlen, 

a 

XYII.     91.  Treutlein,  Pet,  Lehrpl.  d.  A.  Ilt.  Deutsch  i.  VI— IV. 

{XFI 11914 ;  Xril  108 ;  XFIU  4415)        KarUruhe  Rg.  Ol    11 

92.  Weise,  Osk.,  Masterbeisp.  z.  deutseb.  Stillehre.      Euenherg  02     8 

e)  Lateinisch. 

93.  Maho,  Paal,  Die  1890—1902  f.  d.  schriftl.  Eotl.-Profj^.  z. 

Answ.   gest.  Aufgaben,   m.  Abdrack    goter  Schal  er- 
arbeiten. Kempen  (Posen)  Pg.  02     6 

94.  Metboer,  Rad.,  Darstellg.  d.  Temporals.  in  0.  III;  üb. 

d.  Bdtg.  V.  poitquam.   {XIII 202 13 i  XI F  154a,  b) 

Bramberg  02    16 
d)   Griechisch. 

95.  Apelt,  Otto,  G.  griech.  Lesebuch.    {XIIISI,  88;  XVI 

25$;  XVII1S4I6',  XFIII 123J4)  BUeHmA  02     3 

95a.  BissioKor,    Karl,   Griech.  Schreiböbaagen.    I.     (AI 20; 

XIV  5314;  XV  77. 183;  XFII 15;  XVIII  73.  126)  P/onkeim  03     4 

96.  Koppin,  Karl,  Unterr.  Bdhlg.   d.  griech.  Modi  auf  wies. 

Grnndl.,   nanentL    i.    Bedingnngss.   I.    Vorbetraehtg. 

{XVIll  74)  Stettin  fVk.-G.  05     2 

97.  Przygode,   Alf.,   Grieeh.  Anf.-U.    o.  Xeooph.  Anab,^) 

Charhttenburg  Momms.-G.  05  ^26 

98.  Seiler,  Prdr,   Binf.  d.  Leseb.  v.  Wilamowitz.    {XVI 

77 ;  XVIII  42)  Luckau  04     5 

99.  Spreer,  Lpd.,  D.  Poetik  d.  Aristot  i.  d.  Sehnle.   Merseburg  02     7 

100.  Weinberger,  Wh.,  Z.  gr.  Blem.-U.  {XV 155;  XVI 211; 

XVII 254)  Iglau  04     6 

e)   Französisch. 

101.  Boeroer,   Otto,   Z.  Meth.    d.   neusp.  U.    nebst  Stoff- 

verteilf.    i.    Anschl.  an   Boerners  Unterrichtswerk. 

Dresden  KrudL  03     4 

102.  Gil le,  Alb.,  Znsstellg.  d.  gramm.  Merkstoffs.  (XVII 21)  Em*  M.  03     „ 

f)  Hebräisch. 

103.  Kretschmer,  Bog.,  Pens.  d.  0.  II  i.  Hehr.       Glogau  Roth.  G,  04     4 

g)   Geachichte. 

104.  Koch,  Jol.,  Gesch.-U.  a.  d.  Mittelst,  gynn.  Aast  DL-fVibnersäf.  Ol     5 

h)   Erdkunde. 

Becker,  A.  u.  Hödl,  Rom.,  s.  u.  Nr.  130. 

105.  Bobn,  Hör.,   D.  geogr.  Natural  .-Sa  mmlg.  d.  Dar.  Rg.  o. 

ihre  Verwendg.  b.  Unterr.  2.  PorU.  Berlin  Der.  Rg.  Ol     4 

106a.  b.  — ,  3.  Forts,  u.  Schi.  {XVI 06/7)  „  „   02.03 it„ 

107.  Fischer,  Hör.,  Ber.  üb.  d.  „Ausstellg.  geogr.  Lehrni.*^ 

i.  Amsterdam.  Berlin  Soph.'G.  03    29 

108.  Treutlein,  Pet.,  Lehrpl.  Illa.  Brdk.  i.  VI  u.  V.    (XVI 

113/4;  XVII  Ol;  XVIII 44/5)  Karlsruhe  Rg.  05     6 

109.  (LehrerkoU.),  Heimatk.  v.  Beutheo  L  BeutksnR.  03     5 

i)   Mathematik    und  Naturwissenschaften. 

109a.  Feist,    Aug.,   Verz.   d.    math.    Abit.-Aufg.   i.    Herzogt. 

Braunschweig  (1892—1903).  {XVIII 82)     Brmmschw^  M.-K.  04     2 


im    l^^^rmer,  Ludw.,  ^  Räume  n.  Eiar.  f.  ehem.  u.  biolog. 
'^"*  Krüger,  Edg.,        |  Unterr.  a.  d.  OR.    v.  d.  Holstentore. 

Hamburg  OR.  v.  d.  Holstent.  05     5 
.111.  Grimsebl,    Ernst,    Die  Räume    f.    Physik.    {XVI 107; 

XVIII 87)  Hamburg  OR.  ühlenherst  03     9 

^)  Vgl.  o.  ^f.Xy48a  und  XVI  8ö. 


voo  R.  Ullrich.  IQS 

a 

112.  Henoifer,  Kl.  Ant,  Chem.  Prakt  11.  (XFI 108)  CharloUhg.Rg,  Ol  5  XTIL 

113.  HoU«,  Gast,  D.  Schnlgtrteo  v.  G.  u.  R.  Bremerhaven  G.U.R  04  3 
Krüger,  Edg.,  b.  o.  Nr.  110. 

114.  Möller,  £og.,  Blektr.  Aolage  d.  OR.  KoosUnz.  Kotutanz  OR.  03  B 2^ 

115.  Pahl,  Fraos,  Eotw.  d.  phya.  U.  I.                CharioUenhurg  Rr,  02  H 

116.  — ,  Dgl.  II.  {Xr/llla.b;  Xrill  98)                      „              „     04  6 

117.  Sehnidt,  £d.,  Elektr.  Aol.  d.  OR.                             Kiel  OR,  04  „ 

118.  Sehmidt,  Walt.,  Philoa.  Prep.  i.  phys.  U.             Düren  Rg.  04  „ 

119.  Schoster,  Bb.,  Räume  u.  Lehrm.  f.  Phyi.  q.  Chen. 

i.  oeaeo  Stadt-G.  (vgl.  o.  S.  11  Add.  6)  SMtm  Statä-G,  05      7 

120.  Schwalbe,  Bhd.,    SoodereiDriehtongeo  d.  Der.  Rg. 

f.  Porderg.    d.    ntw.  Unterr.    m.  method.  Darlegaogeo. 

{Flu  120-,  XIF24. 184-,  XFIöl;  XVII 120)  Berlin  Bor.  Rg.  Ol  BAS 

121.  Tharling,  Gast.,  D.  wahlfr.  U.  i.  Chem.  a.  KöUn.  G. 

Berlin  KSUn.  G,  04      6 

k)   Philosophische  PropÜdeatik. 

122.  Heake,  Osk.,  Beitr.  z.  Uoterr.  i.  d.  phil.  Prop.   (XilF 9; 

Xr8a.b;  Xn  2216 ;  XFII 88)  Bremen  04      8 

123a.  b.  Hermano,  Ernst,   D.  Eiern,  d.  Philosoph,  z.  Gebr.  io 

Mittelsehalen  I.  II.  Baden-Baden  02/3  je  3 
Sebmidt,  Walt.,  s.  o.  Nr.  118. 

1)   KonstanterweisongeD. 

124.  Helmke,  PI.,  D.  Altertomssammlg.  d.  Priedb.  Geseh.-V. 

a.  ih.  Verwertg.  i.  d.  Seh.  I.  D.  prahist.  Altert.  Friedberg  i,  H,  04      3 

125.  Ifeoßoer,   Frdr.,   Einfohrg.  i.  d.  Kasseier  Galerie  IV. 

{Xn  122/4-,  Xmil9)  RasielFr.'G.  03      5 

126.  Kinzel,  Kl.,  Bild.  Koast  i.  deotseh.  U.  d.  I.  {XIII 140) 

Berlin  gr.  Kl,  04      4 

127.  Loekeabach,  Herai.,  Aot.  Kaostw.  i.  klass.  U.  (XFI 178; 

Xf^II  172-,  Xrill  137)  Karlsruhe  Ol      5 

128.  Mielke,    Hob.,    Z.  Frage  d.  Kuasterzhg.    i.   d.  Seh.  [I.] 

(XFIIIIOS)  Berlin  Fr,  Wh,-G,  04      4 

129.  Stieger,  Osw.,  D.  Stillebeo  (s.  o.  S.  1  Aom.  2).  -  Graz  LOR.  05      8 

m)   Tarne 0.    Sport.    Seholreiseo. 

130.  Becker,  Aat,  I  Bericht   über   d.    aoteraomai.   geogr. - 

Hödl,  Rom.,      I  hitftor.  Schalaasflöge.             fFim  G.  t.  8,  B.  05  2 

131.  Gericke,  Job.,  10  Jahre  Schäler ra de ra.          Berlin  Leibn,'G,  04  29 

132.  Groß,  JuL,  E.  Scholreise  nach  Palästiaa  u.  Ägypten.  Knmstadt  05  20 

133.  Loreotzea,  Iw.,  Schäler-Reigeo.                                     P/orta  05  3 

B. 

1.   Altertamswissenschaft. 

134.  Apelt,  Otto,  Ansicht,  d.  griech.  Philosoph,  üb.  d.  Aofg.  \  ».  ^_-jl  .w     4 « 

d.  Kultar.  —  Krit.  Miszellen(za  Pinto,  Plutareh,  i^"*"^^       b\ 
Stobaeos  u.  a.).  j  " 

135.  — ,  Z.  Eudem.  Ethik.  „       02     14 

136.  — ,    Antrittsrede;    zo    Plnt.    u.    Pia  ton.      {XIII  87j8\ 

Xri259',  Xm95;  Xrm  123/4)  Jena  05  B  1 

136a.  As  mos,   Rad.,    Jalinns  Galiläerschrift   i.  Zshg.   m.  s. 

Öhr.  Werken.  (XFTlä)  Freiburg  uB.  04    16 

137.  Blase)  Hnr.,  Stad.  o.  Krit.  z.  iat  Syntax.  1.  Mains  Berbst-G.  04    13 

138.  — ,  Dgl.  II.  „  „         05      9 

139.  Brandes,   Wh.,   Beitr.  z.  Aasonias  (ForU.)    (XF  78) 

ITolfenbüttel  02    16 

140.  — ,  D.  Aaspieias  v.  Tool  Epist.  a.  Arbogast  v.  Trier. 

WolfenbiUUl  05      9 


110  Proj^rammwefen  und  ProgrAmnbibliothek  d.  höh.  Schnlea, 

XVIL  141.  Brandt,  Kl.,  M etr.  Zeit-  a.  Streitfrageo.  Pforta  02    15 

142.  Bro86hmaao,Mart,  Sappl.  lex.  HarodoL  {KFl  140a)  Zwickau  04     „ 

143.  Bürger,  Kl.,  Stod.  z.  Gesch.  d.griech.RoiDaaa  I.  BUaüunbg.a.H.  02     „ 

144.  — ,  Stnd.  E.  Gesch.  d.  griech.  Roaiaos  II.  „  03    14 

145.  BiittDer-Wobst,Th.,Beitr.z.Polybios.(X/f'^7)Z)»'«MliSrrsfeA.  OIB  9 

146.  Coosbrnch,  Max,  Z.  Oberl.  v.  Hephaestiaas  ly^ii^i- 

diof  n€^l  uit^mf.  Hallt  St.-G.  Ol    13 

147.  Corsseo.    Pet,    Horatiaaa.   I.    {XIF 59161',   XFSS; 

Xy  1141.265)  DL'frUmersdarf  03    16 

148.  Detlefsen,  Detl.,i'(rfai.  Lat.  {nj23.23a;  XIH 10215; 

JUrS;  XF2I4',  XVI 8,  9. 142.  219;  XVll  19.  229)  GUieksladl  Ol    12 

149.  Di ri Chi  et,   Gg.,   Thukyd.  II  35—46    uoter    BeDuUaoi^ 

L eh  rs acher  Mscr.  übs.  (XFIII W)  KättigHmg  MUt.  G.  04    17 

150.  Dörpfeld,  Wh.,  I   ,  ^„.  ..  ...     .^  -  zic »  s 

Evers,  Blith.,      \  Lcukas-Ithaka.  Barmen  03 B  8 

151.  Egg,  Wh.,  Polyb.-Pragmante  c.  154.  Ol.  Zweibrücken  05    12 

152.  fihwald,  Rud.,  Aldhelma  Ged.  de  virgtniUOe.    {XIII 4. 

109-,  Xiyei\  XV  35.  IST;  Xyil43)  GMa  04    U 

153.  Fr  ick,  Karl,  DarsteUg.  d.  Peraönl.  io  Xen.  y4fiab.      Höxter  05    12 

154.  Gern  oll,    Alb.,   D.    Hom.   Schiffskat.    {XIII  11315',  Xir 

71/4;  XF4a;  XFIII 63)  Strierau  Pg.  04    15 

155.  Gramme,  Alb.,  Disp.  v.  Cie.  de  off.  I.  Gera  Rg,  04     „ 

156.  — ,  Erganz.  z.  Georges'  dentseh-lat.  Hand-WB.  „     G.     „  B\i 

157.  — ,  Dgl.  Porta.  {mi24;  XlF  7.  8.  82.  82a;  XF  5.  6.  49. 

50.  91 ;  XFI 149150;  XFII 24.  208)  Gera  G.  (^  B 10 

158.  Gahraaer,  Hnr.,  Altgriech.  Progr.-Mnsik.  (XF  67 ;  XFI 

19  a.  151;  XFIII  17)  fFätenberg  04    18 

15a.  Helmreich,  Gg.,  Galen  Ob.  d.  Kräfte  d.  Nahrung»- 
mittel  1  1—13  als  Probe  e.  neaea  Textrez.  {X  108. 123. 
15617;  XFIII  131)  Jnebaeh  05    11 

160.  Hoffmano,  Max,  Cod.  Med.  d.  Vergil.  (s.  e.XIF92).  PfoHa  Ol    15 

161.  Jahn,   PI.,   Aas  VergiU    Dichterwerkatälte   {Gemrg.  IV 

281—558).  {XFI  161/3)  Berlm  Köün.  G.  03  B  „ 

162.  I                                             1    I.  Gemsheim  R.  02    19 

163.  Mhm,  Gg.,  VergilstadienV  IL  „           03    18 

164.  l                                              I  m.  „            04     „ 

165.  Im  misch,   Otto,   De  rec.  Pia  ton.  praesid.  atqoe  ration. 

Leipzig  Alh.-G.  03    17 

166.  Irmscher,   Em.,    Verg.  Aen.  XI  abers.    {XIF96—99; 

XF  100/4;  XFI  166/70)  Dreeden  Zeidl.  R.  02    19 

167.  Kallenberg,    Herm.,   Textkrit.  o.  Sprachg.  Diodors  L 

Berlm  Frd.-fFd.  G.  Ol    13 

168.  — ,  Dgl.  II.  (X///i«?d;  X^iÖ7)  „  „  02    IT 

169.  Kooke,  Frdr.,   SUod  d.  Forschg.  üb.  d.  RSmerkriege 

im  nw.  DeuUchlaad.  {XF  110;  XFIII  134)  Osnabrück  Rats-G.  03    18 
169a.  König,    Job.,    Mitteil.   a.   d.  assyr.-bab.  Altertum.    [T]. 

{XFIII  135)  Dramburg  06  BV 

170.  Loewe,   Phil.,  Nachtr.  z.  Thes.  /.  L.  aas  Ovid.  Breslau  Frd.-G.  02    16 

171.  Lucas,  Hs.,  Z.  Gesch.  d.  ISeptnnsbasil.  i.  Rom.  Ber!.  K.  fF.-Rg.  04    18 

172.  Luckeobach,  Herm.,  D.  Propyläen.  {XFI178;  XFII 

127 ;  XFIII  137)  Karlsruhe  02    20 

173.  Magnus,    Hug.,   Stud.  z.  Krit  u.  Oberl.  d.  Met.  Ovids 

VI.  {XIF 107 ;  XF  113)  Berlin  Soph.'G.  02    18 

174.  Mekler,  Sgfr.,  Z.  d.  Prgm.  d.  griech.  Tragg.  {XIII 149/50) 

Wien  EUs.-G.  04    14 

175.  Michael,  Hag.,  D.  Heimat  d.  Odysseus;  e.  Beitr.  z.  Krit 

d.  Ob'rpfeldschen  Hypothese.  Jauer  05    12 

176.  Oeri,   Jak.,    Uuripides  unt.  d.  Drucke  d.  siz.  o.  dekel. 

Kriegw.  {XII 29/31;  XFI  187)  Basel  05    11 


von  R.  Ullrich.  Hl 

177.  PeppffluUer,    Rad.,    Solons    Gedichte.      (XIF  11016-, 

Xy  126)  Stralsund  04    17  XVlI. 

178.  Preufi,  ägm.,  lod.  Ifoertteas.  {XlII  163)  Fürth  04    16 

179.  Richter,   Otto,    Beitr.  s.  röm.  Topogr.:    1.  Alliaschl.  a. 

ServiBflmeaer.  2.  Capit.  n.  Cliv.  Capit.     Sehöneberg  Pr,  H.-G.  OS    18 

180.  — ,    Dgl.    3.    Roetra.    (XIII 171-,    Xr  12$;    Xmi  138) 

Schöneberg  Pr,  H.-G.  04    19 

181.  Röhl,   Herrn.,   Z.  griech.  Texteo.    (XIII 177-,   Xr43; 

Xri  192 ;  XFII 59)  Hälberetadt  03    14 

182.  Roseoberg,    Em.,    Zo    Cic.    p.    Murena.      (XIII  178; 

Xr  11  1139)  Hitichherg  02  17 

183.  Schambach,  Karl,  Vergil,  e.  Faast  d.  Mittelalters.  I.  Nordhs.  04  18 

184.  —,  Dgl.  II.  {Xnil  140)  „       05  12 

185.  Sehiche,    Th.,    Z.    Cic.    Brufen,    {XIII 180;   Xri34; 

XFI 193)  Berlin  Fr.-IFd.  G.  05  B  30 

186.  Schott,  Wh.,  Stnd.  z.  Geseh.  d.  Kais.  Tiberins  \\Bmnberg  N.  G.  04    19 

187.  — ,  Dgl.  II.  „  „      05    n 

188.  Schultz,  Gerh.,  Tivoli  n.  d.  Villa  HadriaDi.  Steglüz  03    18 

189.  Sieche,  £rB8t,ludiaflDracheukaupf.(A///i&?/4)  BerLLess.G,  05BU 

190.  Soltau,  Wh.,  Qoell.  Plotarchs  i.  Poptieola.    (XF 140; 

XFI  201)  Zabern  05     12 

191.  Stowaaser,   Jos.  Mar.,    Ob.  e.   paar  «oapast.  lat.  Id* 

schrifteo.      (XIII  18819;     XI F  13214;     XF  142/3; 

XFII  252)  fFien  Frz.  JoM.'G.  04    14 

192.  Thiele,    Rieh.,    D.  Fora m  Rom.    m.  BerScksichtigg.   d. 

nematen  Ausfr.  1898—1903.  (XFI  53;  XFII  71)  Erfurt  04     19 

193.  Trampe,  Brost,  Syrieo  etc.  II.  (vgl.  a,  XFI 205)  Berlin  LesM.-G.  Ol  "^1 

194.  Treodeleobarg,  Ad.,  AlUr  d.  Zeos  i.  Olympia.  „      j4sk.  G.  02    20 

195.  —,  Brl.  z.  Piatos  Menexenus.  (Xf^I  206)  „  „  05BZ1 

196.  Tretter,  Lor.,  Xcd.  q.  f.  j4poL  Soor.  rec.  Graz  1,  G.  03    18 

197.  Viertel,  Aot.,  Tiber,  o.  Germaoicas.  (XFII 237)      GöUingen  Ol     16 

198.  Volker,  Frz.,  Syot.  d.  griecb.  Papyri  1.  (Artikel.)  Münster  Rg,  03    14 
198a.  Volkmaoo,  Walth.,  Z.  Technik  d.  Ovid.  (XJF  145a.b; 

XF  151  a.  203  a ;  XFI  230  a ;  XFIII 146)        Breslau  Mgd.-G,  Ol     14 

199.  Vollbrecht,  Wh.,  E.  ueoe  Hvpoth.  betr.  d.  Heransg.  d. 

Dichtaogen  d.  Horaz.  {1X36';  XIII  197a)  ^Uona  02    18 

200.  W nehme r,  Walt,  Ob.  \  äs  (foto  etc.  ni.  Götüngen  03     14 

201.  — ,  Erz.  a.  Nonoo»'  Dionysiaea  [1.]    (XF  152/3;  XFIII 

147/8)  Göttingen  05BZS 

Weioberger,  Wh.,  s.  a.  ISr.  254. 

202.  Welzhofer,  Karl,  Kompos.  d.  Staatar.  d.  Demos  theo  es. 

I.  Olynth.  Beden,  (X118;  XFIII  149)  Straubing  04    15 

2.    Deutsch  ond  Verwandtes. 

203.  Biese,  Alfr.,  Tasso  o.  Fautt.  Neuwied  Ol    16 

204.  — ,    Goethes  ep.  Kunst   n.  Lebensweish.    i.  Hermann  ti. 

Dorothea.  Neuwied  02    20 

205.  — ,  Wie  ward  Schiller,  und  was  ist  er  uns  noch  heute? 

(XIF 185;  XFI  5 ;  XFII  13/4 ;  XFIII  8.  62a)  Neuwied  05      4 

206.  Bilfinger,  Gast.,  Zeitr.  II.  D   germ.  Jolfest.  {XIII95; 

XIF  51/2;  XF  76 ;  XFI  218)  Stuttgart  Eb.  L,-G.  Ol    16 

207.  Fischer,  Karl,  Ed.  Mö'rike.  (XF61;  XFI 91)        fFiesbaden  Ol    17 

208.  Gramme,  Alb.  Walth.  v.  d.  Vogelw.  (FIII24;  XIF  7. 

8.  82.  82  a ;  XF  5.  6.  4$.  50.  91 ;  XFI  149/50 ;   XFII  24. 

155/7)  Gera  Ol  BIS 

209.  Heynacher,  Max,  D.  menschl.  Seele  l  FausL  (XIII  48/9. 

127;  XF  56;  XFI  27)  Hildeshehn  Andr.  02    21 

210.  Hintner,  Florian,  H.  Sachs  in  Wels.  (XFIII 20)  JFeU  04    19 


112  Programmweseo  nnd  Proi^rammbibliothek  d.  hSh.  Schal eo, 

XYII.  211.  HiDtaer,  Val.,  Die  Stnbtier  Person.-  n.  GoteraameD. 

/^ieit  ^k.  G.  03 

212.  — ,  Dgl.  Nachtrag.  (J^F  SOjl-,  XF  69)  „         „       OA    20 

213.  Joost,  Art.,  Schillers  Persönl.  i.  s.  Briefen,  {XlF36'y 

XFI 87)  Lyek  Öö    13 

214.  Larfeld,    Wh.,   E.    oiederrh.   Teafelsspak    v.     1668. 

Nach  uDgedr.  Quelle.  [XFIII 169)  Remscheid  Rg,  02    21 

215.  Liiekiag^,  Gast.,  Sohiller  als  Heraasgeber  d.  Memoirea- 

samnloDg.  I.  Beriin  3.  R,  Ol    17 

216.  — ,  Dg^l.  IL  {Flu  61)  „        „     02    21 

217.  Mangold,  Wh.,   £ioige  Gedd.  Frdr.  d.  Gr.,  z.  I.Male 

beransgg.  [I.]M  Berlin  Ask,  G.  Ol    17 

218.  — ,  Dgl.,  ir.  (XF179)  „  „       03    20 

219.  Malthaei,  Gg.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Siegfriedsage.  Gr.-Lichtfde,  03 B22 

220.  Müller,    Karl  Frdr.,   Z.  Spr.  u.  Poetik   Fr.  Reuters. 

{XIF113)  KM  02  22 

221.  Poivermaeher,  Nath.,  Berliner  Vornamen.  I.  Berlin  Less,-G.  02  32 

222.  — ,  Dgl.  II.  „  „        03  20 

223.  Sehfitte,  Otto,  Braanschw.  Personeanamen  aas  Urk.  d. 

14.— 17.  Jahrh.  (vgl.  o.  S.  285  Aom.  1)      Brauneckweig  N,  G,  Ol    IS 

224.  Strecker,  Karl,   Hrotsvits  Maria  a.  Ps.-Matth.  (XFI 

202 a;  XFfll  168)  Dortmund  02    22 

3.  Französisch. 

225a.  Plattner,  Ph.,  Paris  et  aotoar  de  Paris,  IM).       Berlin  4.  R,  Ol    21 
b.  — ,  Dgl.  in.  {XIF34i  XF47,  179a,  &;  XFI  233)      „  „  02   23 

226.  Wohlfeil,   PI.,  D.    deutscheo    Moliere-Obersetxaogen. 

Frankfurt  a.  M.  Adlfl.'R.  04    22 

4.  Gesehiehte. 

227.  Brüll,  Jh.,  Hardenberg  a.  Kaoonik.  Wolf.        HeiUgenstadt  Ol    19 

228.  Darpe,   Frz.,    Koesfelder  (Jrkoodb.  III.    (XIF 171/3; 

XF 184/6;  XFI  240/2;  XFIII 162)  Roesfeld  05  B  6 

229.  Detlefsen,  Detl.,    D.  Rolle  d.  Herzhoroer  Brandgilde 

V.  1650.    {FII23.23a;    XIII 102/3;   XIF3;   XF  2/4; 

XFI  8.  9.  142.  219;  XFII 19, 148)  GUickstadt  02    24 

230.  Droysen,    Hs.,    Beitr.   z.  e.  Bibliogr.    d.  pros.  Schriften 

Friedrichs  d.  Gr.  [I]  Berlin  Kgst  G.  04    19 

231.  — ,  Dgl.  II.  {XF84)  „  „        05  B  ^ 

232.  Gebhardt,  Br.,  2  Denkschr.  a.  d.  Z.  Fr.  Wilh.  III.    BerUn  4.  R.  03    23 

233.  Khall,  Fd.,  Jagend- u.  Kriegserinnerg.  Joh.  B.  Tarka.  [I.] 

Graz  2,  G.  Ol    27 
234.—,    Dgl.    II.     {XIII 206/7.  222;  XIF 139/61;  XF  167/9; 

XFI  248/9)  Gra%  2.  G.  02    32 

235.  Koch,  Gotlfr.,  D.jakob.  Staat  v.  1894.  {XIF  17516)  Berl.  Soph.'G.  04    22 

236.  Krause,  Gott!.,  Ber.  e.  Aogenzeugea  ob.  d.  Zusamnienk. 

Frd.  d.  Gr.  a.  Jos.  II.  in  Neiß«  1769.       Königsberg  Ast,  G,  02    25 
236a.  Thamni,  Max,  Epilog  z.  Aüg,    deutsch.  Biographie.        Brieg  05  B  3^ 

237.  Viertel,  Ant.,    Busbeeks  Krleboisse  i.  d.  Türkei  1553 

—1562  n.  s.  Briefen.  {XFII  197)  Göttwgen  02    26 

238.  Wehrmano,  Pt.,  Worte  Bismarcks  f.  d.  Jugend.        P^it^  Ol    26 

239.  — ,  Kloster  Kolbatz  o.  d.  Germanisierung  Pommerns.  I. 

(XFI  257/8)  Pifräs  05    l6 

5.  Philosophie. 

240.  Devaotier,  Frz.,  Z.  firg.  a.  F.  A.  Trendelenbarg.    Eutin  02     9 


1)  Vorarbeit  zn  einer  neuen  kritischen  Ausgabe  der  Gedtehte. 

2)  Teil  I:  Gotha  1900,  F.  A.  Perthes  {Schdmug.  engl  u.  frz.  Sekn'ft- 
steUer  Nr.  25). 


voD  R.  Ullrich.  225 

8. 

241.  Schnitz,  Jul.,  Briefe  üb.  geoet.  Psychol.  (XFI  197.263) 

BerUn  Soph^-ßg,  02     14  XTII. 

242.  Wernieke,  AI.,  D.  Theorie  d.  GegeosUndes  u.  das  Ding 

OH  iieh  b.  Kant.  {XF  19$;  Xn37/8;  Xm 80)  ßrschwg,  Oß,  04     13 

6.    Theologie. 

243.  Achelis,  Jh.,  Religionsgeach.  Gehalt  d.  Psalmen.     Berlin  ö.  ß.  04     12 

244.  Nestle,  Eh.,  Septuag.-Stud.  IV.     {XIK192;  Xyi26'8l9; 

XFIII 181)  MauWronn  th,  S,  03    13 

Mo  hl,  Herrn.,  s.  u.  Nr.  250. 

245.  Prenschen,  £rw.,  Z.  Vorgesch.  d.  Ev.-Kaa.    {XFI 189) 

Darmstadi  L.  G.-G.  05      9 

246.  Schlecht,  Jb.,  Bibel  u.  Babel  (f.  Sohn  1er).  Schrimm  06      „ 

247.  Seyring,   Prdr ,    Isr.  Rel.    i.    d.  ,,Heideoli  edern*^  d. 

B,  d.  ßieMer  (vgl.  o.  S.  12  Anm.  3).  Hamburg  ß.  Eilb.  02    14 

248.  Tranb,  Frdr.,    D.  neuere  Anlfassg.  d.  isr.  Rei.>Gesch.  n. 

d.  chriatl.  Offen  bar  uogsglanbe.  Schönthal  th.  S,  02     15 

249.  Treu,    Max,   Matthias,    Metropolit  v.  Ephesos,    üb.  s. 

Leben    n.    s.    Schriften.    {mi84;    1X34;    Xflf  191/0; 

Xir  138/42;  Xr  14719;  Xf'I207;  Xmi  144/5)         Potsdam  Ol     12 

7.    Bibliographie,  Bibliotheks-  und   Handschr  iftenknod  e'), 

Varia. 

Baehmaan,  Ottom.,  s.  o.  ^[r.  5. 
Droysen,  Hs.,  s.  o.  Nr.  230/1. 
Mayer,  Herrn.,  s.  o.  Nr.  44. 

250.  Nohl,    Herrn.,    D.  Leichenpredigten    d.  Bibl.    d.   %i\ 

Klosters  (16.— 18.  Jahrh.)-';.  {XJU  103)  Berlifigr.  KL  02     14 

251.  Posnansky,  Herrn.,  D.  Volksbibl.  i.  Oberschles.  MysUnväz  Pg,  Ol     27 

252.  Stowasser,  Jos.  Mar.,  Das  ^^Goü  er/ialte'^  griech.  u.  lat. 

{Xin  188/9  ;X1F  132/4  ;Xy  142/3  ;Xm  191)  HienFrJos.-G,  02    32 

253.  Renn,    Em.,    Verz.  d.  bayer.  Progr.   VI  (1^96—1902). 

(s.  0.  S.  113  JNr.  22—24  u.  Ä  112/3, 127. 144. 107)     Lavdshut  03    28 

254.  Weinberger,  Wh.,  Stnd.  z.  Hss.-Kunde.  {XF  155;  XFI 

211;  XFII 100)  Iglau  Ol     13 

Wohlfeil,  PL,  s.  o.  Nr.  226. 

255.  Ziebarth,Er.,E.Inschr.-Hs.d.Hamb.Stadtbib].//am6^.Mt7A.-(;.  03    20 

256.  (o.  N.),  Katalog  d.  Seminarbibliothek^j.  Köln  Fr.  fFh.-G.  04    27 
(    „    ),  Steudaler  Progr.  s.  o.  Nr.  83. 


^)  Vgl.  oben  die  Bemerkungen  S.  95  Anm.  1. 

S)  Vollständig    in    der    Fierteljahrschr.    (d.     Herold)    f.    ff'appen-, 
Siegel'  u.  FamtUenJamde  XXU  (1903)  U.  2. 

3)  Meines  Wissens  das  ers  te  Beispiel  eines  gedru  ckten  von  einem 
mit  einer  höheren  Schule  verbundenen  Seminar.  Der  Katalog,  der  auf 
32  Sieiten  über  500  Nummern  verzeichoet,  hatte  über  bei  diesem  Umfange 
nicht  alphabetisch,  sondern  systematisek  geordnet  werden  sollen,  um 
praktisch  wirklieh  recht  brauchbar  nod  für  die  in  andero  Seuiioareu  zu 
treffende  Auswahl  des  Biichervorrats  in  gewissem  Sione  vorbildlich  zu 
werden.  &b  kommt  gerade  bei  Arbeiten  für  diesen  Zweck  nicht  bloß  darauf 
an,  featznatellen,  ob  ein  bestimmtes  Buch,  das  man  keont,  vorhanden  ist, 
sondern  es  ist  für  Anßinger  im  Lehramt  wichtiger,  eioe  Übersicht  über  die 
auf  einem  bestimmten  Gebiete  zur  Verfügung  steheode  Literatur  zu  erhalten. 
Die  syst  ematis che  Anordnung,  besonders  wenn  sie  von  einer  praktischen 
Inhaltaübersieht  begleitet  ist,  erfüllt  beide  Zwecke. 

ZMiMhrifi  1  d.  67mnMialfr«Mn.    LXL    Snpplementohaft  ^ 


114  Programmwesen  uod  Programmbibliothek  d.  hSb.  Schalen, 


XTill.    Ans  den  Jahren  1906  und  1907. 
(Bereich  de»  Teabnersehen  Tausehyerkehrs)*)'). 

A. 

1.   Allgemeioes.     Seh  ol^e  schieb  te.     Schalredeo. 

XYIII«  1.  AcheliSy  Tbom.,  Be«chr.  d.  ueoeo  Sehalgebiudes').  Bremen  N»  G.  07 

2.  Asbach,    Jal.  u,  and.,    FeatschrifC.     (Xf'I1.2\   X^II  4) 

Düsseldorf  ffah.'G,  06  15 

3.  — ,  Einzug  in  d.  oeoe  Scholg'ebäude.  „  „       07  16 

4.  Aschaaer,  Bdm.,  D.  Internat.  Brierwechael.  Troppau  A.  06  2ö 

5.  Bardt,  Karl,  Nachtr.  z.  Verz.  d.  Lehrer  u.  Abitur.*)  (vgl. 

o.  Xril6/7    u.  Xnn.Si    «.  a.  milOS;   XIIIS1I2; 

XFI 138)  ßtrlin  Jch,  G,  07      3 

6.  Bauch,    Gust.,    Aas  'd.  Hausbache   d.  Goldberger  Lehrers 

Zach.  Bart.  (Ä'f7 4 ;  Xril  11)  Breslau  eu.  R.  II  07      8 

7.  Becker,  Em.,  Nachtr.  z.  Alb.  acad.  {y^\.  XFII 2)  Marburgi.H,  06    14 

8.  Biese,  Alfr.,  Modern.  Naturgefühi;  Selbstzucht   o.  Selbst- 

sucht (2  Reden).     (XIF 185;  XFlöi  Xm  1314.  20315; 

Xmi62a)                                                                    Neuwwd06  16 

9.  Busse,  Hud.,  L.  Wieses  päd.  Vermächtnis.                     Rüstrin  06  3 
9a.  Capitaiue,  Wh.,  D.  Schulwesen  i.  GroBbritannien.  ßschweäer  07  16 

10.  Coste,  Dav.,  Versuche  e.  freieren  Gestaltg.  d.  Unter- 

richts in  I.  Dt.^H^ümertdwf  07     4 

11.  Credner,  Karl,  L.  Wiese  als  prakt.  Schulmaoo.    Jüterbog  a.  06     ^ 

12.  Den  ig,    Karl,    A.  d.  Lebeuserinneroogen    v.  Frdr.  Kohl- 

rausch (Hannover).  Bingen  R,  07    22 

^)  Da  für  1906  and  1907  die  endgültigen  Verzeichnisse  (abgesehes 
von  dem  amtlichen  Ssterreichischeo  fiir  das  Jahr  1906;  s.  o.  S.  115 
Nr.  33)  z.  Z.  (Juoi  1907)  noch  nicht  erschienen  waren  (das  Berliner  Ver- 
zeichnis für  1906  ist  demnächst  zu  erwarten),  so  wurden  die  beiden  vor- 
läufigen Teubnerscheu  Verzeichnisse  dem  Schlüsse  der  hier  gegebenen  Aas- 
wahl zugrunde  gelegt  (o.  S.  170/9,  Abs.  2),  wobei  stets  festzusielleo  vir, 
ob  die  angezeigten  Abhandlungen  auch  wirklich  erschienen  waren.  Die  voo 
1906  haben  mir  im  Original  sämtlich  (die  österreichischen  in  der  S.  169 
Anm.  3  bezeichneten  .Auswahl,  z.  T.  auch  in  weiterem  Umfange)  Vorgeleges; 
von  den  iui  Jahre  1907  bereits  erscbienenen  norddeutschen  Abhandlnngei 
habe  ich  wenigstens  einen  erheblichen  Teil  infolge  besonders  dankenswertes 
Entgegeukouimens  der  Firma  B.  G.  Teubner  in  Leipzig  schon  im  Juni  d.  J. 
benutzen  können.  Einige  wenige  (besonders  süddeutsche),  die  im  Jani  19U7 
noch  nicht  erschienen  waren,  sind  gleichwohl  aufgenommen,  nm  auch  hier 
auf  sie  hinzuweisen,  weil  nach  der  Persönlichkeit  ihrer  Verfasser  Gutes  za 
erwarten  war  oder  der  Gegenstand  ein  besonders  zeitgemäBer  schien. 

^)  Di«  Seitenzahlen  beziehen  sich  für  die  Abhandlungen  des  Tfubaer- 
schen  Tauschverkehrs  auf  die  entspr.  Seiten  der  vorläufigen  Teoboerscbeo 
Verzeichnisse  (o.  S.  170/9,  Abs.  2),  für  die  österreichischen  von  19U6 
auf  das  im  Dezember  ]90()  erschienene  amtliche  Verzeichnis  (o.  S.  11^ 
Nr.  33);  die  Auswahl  ist  hier  mit  einer  Aosnahme  (Nr.  25)  auf  die  As- 
stalten  mit  deutscher  Unterrichtssprache  beschrankt. 

3)  lu  Teubners  Verzeichnis  nicht  angezeigt  Enthält  S.  17f.  aack 
Angaben  über  die  Bibliotheksräume,  die  nach  Lage  und  Kinrichtang  des 
heute  auch  für  Lehrerbibliotheken  höherer  Schalen  in  neuen  Gebändco 
zustellenden  Anforderungen  entsprechen  (vgl.  d.  Verfassers  i^en.  tf.  Eüir. 
d.  Uhrerbibi  u,  s.  w.  S.  1 19  IT.  «  Z.  f.  d.  GfT.  LVIII  (1904)  S.  791  ff.,  s.  «. 
oben  S.  12). 

*)  Soli  August  1907  zur  300jähr.  Jubelfeier  erscheioeo;  an  der  Ab- 
fassung sind  mehrere  Lehrer  des  Gymnasiums  beteiligt. 


voo  R.  Ullrich.  ^/J 

8. 

13.  Eskuche,  Gast,  Schälereespräche  in  Versen.      Stettin  Stadt-G,  07      6  XYIIL 
Ewers,  Wilh.,  s.  Nr.  14. 

Festschrift  z.  250j.  Best.  d.  G.  in  Hamm,  vgl.  Nr.  105a. 

137c  1).  Hamm  07    13 

14.  Gaede,  Rieh.,  2  Jahre  Bewegaogsfreiheit  in  I.  Strasburg  t  H^pr.  07      2 

15.  Gaozel,  Karl,  Gesch.  d.  G.  i.  d.  ersten  25  Jahr.  Berlin  Luie.-G.  07      3 
15a.  GeDzkeo,  Herrn.,  Abitur,  d.  G.  1807^1907.  Lübeck  07    25 

Gizewski,  PI.,  s.  Nr.  14. 

16.  Görges,  Wilh.,  I  Geschichte  d.  Johanueoios   io  Lüneborg 

Nebe,  Aog.,         f  (t 406— 1906).  Lüneburg  07     12 

16a.  Gronau,  Arth.,  2  Jahre  Bewegungsfreih.  i.  I.  [XnSa)  Elbing  07^) 

17.  Gahrauer,  Hör.,  Aufg.  d.  Gyron.  i.  d.  Gegen w.   {Xf^ 67 \ 

Xri  19a.  151 ;  XFII 138)                                          müenberg  06  5 

17a.  Haof,  Gg.,  Z.  Frage  d.  Reformgymnasiums.  Magdeburg  Dom-G.  07  9 

18.  Heckhoff,  Max,  Entstehg.  a.  Eier.  d.  Rf.-Schol.  Altenessen  Rpg,  07  17 

19.  Henfsner,    Frdr.,    Schillerfeier     1905.    (Xri   122/4; 

XFI112Ö)  Kassel  Fr.'G.  06     14 

20.  Hintner,  Flor.,  Neabaa  d.  städt.  G.  {XFIl 210)  f^ets  06      3 

21.  Hof  er,  Aug.,   Eine  Stadienreise   nach  d.  Verein.  Staat  v. 

Nordamerika.  Frankfurt  a.  M.  Mstseh.  06    14 

22.  Holzer,   Jos.,    Entw.    d.    steir.  Mittel-Schulw.    \\.  Laml- 

«ladte.    {XFII28)  Graz  LG.  06      5 

23.  Hoffmann,  PI.,  Bdtg.  d.  Farbenblindh.  f.  d.  Seh.  Reichenback  Rg.  07      % 

24.  Hoffschoite,  Hör.,  D.  angenblickl.  Stand  d.  höh. Schulen, 

bes.  d.  Realsch.    {X^IJ27)  Münster  i.  f^.,R.  07^) 

25.  Holik,    Adalb.,    Das  Mittelschul wesen    i.    Deutschland. 

Aos  e.  Studienreise  (in  böhm.  Spr.).  Ziikov  R.  06    22 

26.  Johannesson,  Fritz,  Jugeudlekt.  u.  Schnlerbibl.     Berlin  14.  R.  07      5 

27.  Roldewey,  Frdr.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Anst.:  1.  Stiftoogs- 

urk.  (1415).  2.  Bogenbageos  Schulordng.  (1528).  {^1  9:i  ; 
riir  4;  IX  ö;  Xlir  16/8;  XIF  13.  197;  XV  11; 
XVll  34 j5)  Braunschweig  M.  -R.  07    26  ») 

28.  Kranfse,  Rad.,   Bewegungsfreiheit  i.  d.    ober.    Klassen^). 

rVilhdnishaven  07     13 

29.  Käthe,  Ant.,  Das  Parallelsystem ;  eine  hist.-p'ad.  Studie'). 

{Xri88)  Parchim  06      23 

30.  Laurent,  Jos.,  Neubau  d.  Kaiser  Karls-Gymn.  Aachen  Karls- G.  06     15 

31.  Li  ermann,    Otto,    D.  Lyc.  Carolinom,  Beiir.  z.  Gesch.  d. 

Bildungsw.  i.  Großherzogl.  Frkfl.     {Xyi29a;   XFI141) 

Frankfurt  a.  M.  fVöhler-Rg.  07     15»). 
32/33.  Machale,    PI.,    Entw.  d.    off.  Scholw.   d.  alt.  Provinz. 

Preufleos  1806—1901.  Statistik  L  11.  Ratibor  06/7  je  8 

34.  Meyer,  Gg.,  Lehrer  u.  Schüler  1800—1653.    {XVII 46/7 ; 

XriII76;  vgl.  aach  o.  S.  123  Anm.  1)  Ilfeld  06     11 

35.  Morsch,  Hs.,  Schiller  a.  Vorbild  f.  d.  Jngeud.  (XIV 111; 

XVI 179)  Berlin  K.  fV.-Rg.  06      4 

35a.  Müller,  Mich.,  Griechische  Muße.  Posen  Aug.  V.-G.  07      7 

36.  Raunecker,  Frdr.,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  höh.  Seh.  i.  Württem- 

berg etc.  U.  {XVII  5öa)  Ludwigsburg  07     21 

37.  Rausch,  Alfr.,  Ern e st is /niY.  </oc(r.  «o(u/<brü  (in:  Ehren- 

gabe d.  Latina).    (XV  17 ;  XVI 37)  Halle  LaL  06      9 


^)  Bei    keinem    der  Beiträge  der  Festschrift   ist   der  Vorname  des 
Verfassers  angegeben  (vgl.  o.  S.  173  und  S»31  Anm.  2). 

*)  War  in  dem  vorläufigen  Teubn ersehen  Verz.  nicht  euthalteu. 

')  Noch  nicht  erschienen. 

*)  Soll  erst  später  erscheinen. 

*)  Erscheint  Ostern  1908  (nach  Mitteilung  des  Herrn  Verfassers). 


^^^  ProgrtmmweseD   uod  Programmbibliothek  d.hoh.Sch 

XTin.  38.  Kichter,    Wh.,    Z.    Gesch.    d.    G.    Theod,    i.    18.  Jahrb. 

(Xf^I  276  a.  b)  Paderborn  06    1 3 

39.  Sarowy,    Walth.,    Begröodg.    d.  Praakfart.  VoikMcbul». 

Frankfurt  a.  M.  Adl-R.  07    15 

40.  Schoeider,  Max,    AbitnrieDteu  d.  Gymn.  1768—1859.  II. 

{XFI 264 ;  XFU  6416')  Gotha  06 ») 

41.  Schumacher,  Gg.,  Schulw.  i.  Corvey  1803—1807.       Höxter  06    13 

42.  Seiler,  Frdr.,  Was  ist  Schiller  uos?  (ÄKl  77;  XFIISS)  Luchau  06      3 

43.  Sw^t,    Kort,    Die    Haudelsrealschulfrage    io    Deatsehland. 

Hamburg  R.  i.  St.  P.  06    26 

44.  Troutleio,  Pet.,  Maß  d.  Unterrichtszeit  a.  höh.  Seh.  Karlsr.  Rg,  06    22 

45.  — ,    Gesch.  d.    Karlsruher    sog.  Ref.-G.  i.  l.Jahrz.    s.  Be- 

stehens. {XFI 11314;  Xril  91. 108)  KarUruhe  Rg.  07     „ 

46.  Voigt,    Jul.,    PatriütiSDi.  u.    ioteroat.  Weltfriedensbestre- 

bnogen  ioaeih.  d.  frz.  Volksschule.  Ilmenau  R.  06    23 

47.  Wegen  er,  Ph.,  Z.  Geseh.  d.  deotochen  (Joterr.    {XFI  96) 

Greifswald  06     6 

48.  Weoiger,  Ldw.,  J.  Kroroayer.    2  Schulschr.  von  1629  o. 

1640.     {XIII 199.  200;  XF  158)  fFeimar  06  23 

49a.  Wetzsteio,    Otto,    Gesch.  Entw.  d.    Real  schul  wes.    in 

DeoUchlaod  1.  N.-Streläs  Rpg.  06  ,, 
b.  — ,  Dpi.  II.  „            „    07  ') 
50.  Zehme,Aro.,  Schillers  Persönlichkeit  und  Menschheits- 
ideal. Stendal  06  9 
51a.  (o.  IN.),  Lehr  plan  d.  AnsUlt.  Lübeck  06  2» 
b.  (    „    ),  Lehrpläoe  d.  OK.  Rheydl  OR.  07  >) 

2.    Biozelne  Unterrichtsfächer. 

a)  Religion. 

52.  Bodenstein,  Max,  Meth.  o.  StolTvertlg.  i.  U.-  u.  Mittelkl. 

Greifenberg  07     6 

53.  Branner,    Gg.,    Vers.  z.  Bhdlg.  d.  vergl.  Relig.^Wiss.  in 

d.  oberen  Klassen.  Fürth  06 

54.  Hoffmann,  Frdr.,  Das  A.  T.  im  ev.  R,-U.                   Insterbttrg  07  1 

55.  Hoyer,  Job.,  Ausgew.  Psalmen  erkl.  11.  {XFI [  85a)  Halberst.OR.  06  10 

56.  Jacobi,  Max,  Vglde.  Rel.-Gesch.  u.  a  t.  Uuterr.              H^eimar  07  24 

57.  Linke,  Bhd.,  Wie  kano  d.  Hel.-L.  Goeth.  Iphig.  nutzen?  Luckau  07  3 
5S.  Red  1  in.  Roh,  Schulngende.  Texte  u.  Lieder  f.  tägl.  Scbnl- 

andachteo.     2  Jahrgänge.  Demmin  07      ^ 

59.  Puls,  Alfr.,  Beitr.  z.  n t.  Lektüre.  Husum  06    lU 

60.  Schröder,    Wh.,    Zusammhg.  d.  R.-U.  m.  Ntw.,  Gesch.  a. 

Deutsch.  Frankenstein  Pg.  06     ' 

61.  Schultze,  PI.,  Beitr.  z.  Bhdlg.  d.  Paulin.  Briefe.  fFitistoek  fJ7         4 

62.  Walt  her,    ßnist,    Inh.  u.  Gedankengang  d.  Bvnngel.  Joh. 

(A7//  67 ;  XIF  39 ;  XFI  73)  PoUdam  Hg.  07      ,. 

b)  Deutsch. 

62a.  Biese.  Alfr.,  D.   Oichtf^rt^emUt.  Goethe  als  Philosoph  in  1. 

(XIF  185;  X/  1 5;  XFII  13; 4.  203  5 ;  XFIII  8)  Neuwied  itJ    IT 

63.  Geuioll,  Alb.,  Meditatioasarbdt.    {XIII 113/5',  X{F71j4; 

XF  4a;  XFII  15^)  Slriegau  Pg.  06     > 

64.  Glaser,  Otto,  Eignet  sich  Heyses  Kolberg  z.  dram.  Ao- 

faugslekt.  io  U.  11?  Darmstadl  N.  G,  06    Ht 

Meyer,  Ernst,  s.  u.  iNr.  121. 

64a.  Müller,    Herrn.  Frdr.,    Entsühng.  d.  Orest  b.  Aesch.  u. 

Goethe.  {XF 120-,  XFI  184)  Blankenburg  07    24 

^)  lu  dem  vorläufigen  Tenbnerschen  Verzeichnis  nicht  angefahrt. 


von  R.  Ullrich.  i^7 

S. 

65.  Sieke,  Karl,  H.  v.  Kleist  i.  deutsch.  U.  d.  höh.  Sch.M      Höchst  01     U  XYIII. 
Wegen  er,  Ph.,  s.  o.  Nr.  47. 

c)  Lateinisch. 

65«.  Altenbnrg,  Osk.,  Grandtagen  d.  Gymn.-Unt.  I.  E.'ilatein. 

Sachbach.  Glos^au  ev.  G.  07      7 

66.  Blum,  Frdr.,  Gestaltg.  des  in  III  begiuo.  lat.  V.     Mannheim  R,  06      2) 

67.  Kubik,  Jos.,    Wie  kann  d.  Vertief;,  e.  geles.   Autors  ge- 

fördert werden  ?                                                   WieJi  G  i  17.  B.  06  2 

67a.  Lentz,  Ernst,  Lehrgang  d.  lat.  Kasas-Synt.  in  IV.  Damig  kf^.  G.  07  „ 

68.  Nissen,  Th.,  Lat.  Satzl.  a.  Ref.-Anstalten.  ^    Kiel  Ref.- ftg  u.R-  07  11 

69.  Schirner,  Kl.,  Bilder  a.  d.  aitröni.  Leben.         Magdeburg  flg.  06  10 
Sinon,  Jak.,  s.  o.  Nr.  77. 

70.  Worms,  PI.,  Lat.  Extemp.  f.  ob.  Klass.  (lat.  a.  deutsch).  Meldorf  06  U 

71.  (Lehrerkoll.),L  Lat  Grondlehrplaod.  Gyma. /fem/f^^.  (;.  ti.  i^.  06  „ 

72.  — ,  Jl.  Lat.  Grundlchrpl.  d.  III  u.  II  d.  Gymn.         „              „         07  „ 

d)    Griechisch. 

73.  Bissinger,  Kl.,  Griech.  Schreibäbungeo  II.    {XI26\  XIF 

S3I4;  Xr  77.  183;  XFII 15.  9öa;  XFIII 126)  Pfonheim  07    22 

74.  Koppin,  Kl.,  Uoterr.  Behdlg.  d.  griech.  Modi  IL  {XI' II 96) 

Stettin  JFh.'G.  07.  6 

75.  Härtens,  Ldw^  Plato-Lektöre  im  Gymn.                       Biberfeld  06  16 

76.  Meyer,  Gg.,  Di^Götterwelt  Homers.  (Af//4<?/ 7;  XFII/34)  IlfM  07  12 

77.  Simon,  Jak.,  Altklass.   Lekt.  i.  Dienste  d.  psychol.  Unterr. 

Brunn  1.  deutsch,  G.  07 

e)   Französisch  and  Englisch. 

78.  (Fachlehrer),  Franzos.  Gedichte  in  d.  OR.  Barmen- fTupperf.  OR.  06    17 

79.  (         „        ),  Eiserner  Bestand  d.  Wortschatzes  in  den  oeu- 

eren  Sprachen ').  AÜenbiirg  Rg.  07    24 

f)   Erdkunde. 

Binn,  Max,  a.  u.  Nr.  172a. 

80.  Liidtke,  Fraaz,  D.  Geologie  i.  Unterr.  höh.  Seh.  ffollsiein  R.  t.  E.  07      7 

81.  Stäben ow,  Hans,  Eiofohrg.  i.  d.  Reichs-Knrsbuch  a.  höh. 

Schalen.  Schmalkalden  OR.  07     ^) 

Stummer,  Ed.,  s.  a.  Nr.  119. 

g)   Mathematik. 

82.  Feist,  Aag.,   Verzeichn.  d.  math.  Abitnr.-Aafgab.  asw.  11. 

{Xm  109  a)  Braunschweig  M.-K.  06    24 

82a.  Boger,  Rad.,  D.  opt.  Verwandtsch.   i.  projekt.  Darstellg. 

{Xri  106)  Hamburg  Rg.  d.  Joh.  07     26 

82b.  Br  lisch,  Wh.,  Räume  f.  Phys.  a.  Chemie.  Lübeck  Joh.  07    25 

S2c.  Busch,  Frdr.,  E.  neuer  Experimentierkasten  f.  d.  Uut.  in 

d.  ElektrosUtik.  Arnsberg  07     13 

82d.  Danckwortt,  Otto,  Die  Ült.  Apparate  d.  phys.  Sammig. ^3 

Magdeburg  Rg.  07     10 

h)   Naturwissenschaften. 

83.  Doehler,  Max,  Lehrm.  f.  Ntw.,  Kindermoseen,  Schulmus., 

Schulgärten.  LankwUz  Rpr.i,  E.  07      4 

84.  Eichoer,  Aug.,  Unser  Schulgarten.  Lauban  07      8 


>)  Soll  August  d.  J.  erscheinen. 

*)  In  Teubners  erstem  Verzeichnis  nicht  angeführt. 

S)  Wird  später  erscheinen. 

*)  Ein  Beispiel  fnr  „die  sich  mehr  und  mehr  bemerkbar  machende  Ten- 
dent,  die  historische  Forschung  in  den  exakten  Wisienschaften  zu  beleben*' 
(S.  2  d.  Ahhdlg.). 


118  ProgrtmmweseD  nnd  Progranmbibliothek  d.  höh.  Schnlea, 

s. 

XVIII.     85.  Franck,  Ror.,  Bluteobiologie  i.  d.  Heimat.                  Dortmund  07  13 

86.  Glatzel,  PI.,  vgl.  o.  S.  11  Aom.  6.  Berlin  Frdr -Rg,  06  4 
86a.  Gnau,  £w.,  Astronomie  io  d.  Schule  I.               Sangerhausen  07  9 

87.  Grimsehl,  ßrnst,   Physikal.  Schälerüboageo.  {XFI 107 \ 

Xril  111)  Hamburg  Ofi.  a.  rf.  Uhlh.  0$^) 

88.  Habenicht,  Bodo, Blameopaege i. e. lodostriegegeDd.  Linden  Rpg,  06    12 

89.  H  a  h  0 ,  Herrn.,    Lehraofg.  d.  phys.  n.  ehem.  Unterr.  ao  deo 

höh.  Scholeo  Frankreichs.                              Berlin  Dor.  Rg.  06  4 

90.  Haller,  Paul,  Gomeoias  u.  d.  nlw.  Uoterr.                 Leimig  R.  06  20 

91.  Ruotscher,  Hog.,  Eotw.  o.  Bdtg.  d.  biolog.  Uot.  QuedUttburg  R.  06  10 
91a.  Kaiser,  Wh.,  Phys.  Schnlerübgo.  io  ob.  Kl.  Bochum  OR.  07  14 
91b.  Kolig,   Em.,  Beitr.  z.   Eiiifiihrg.  d.    prakt  phys.    Schal- 

übangen  a.  aos.  Mittelschulen.  NeutHtchmn  R,  OS    24 

91c.  Laodsberg,  Bhd.,  Aus  d.  biolog.  Hot.  Köoigsb.  Schulen. 

Königtberg  ß^h^G.  06    \ ») 

92.  Lauter,    Ludw.,  D.  elektr.  Stromaolage  f.  d.  phys.  Kab. 

d.  Gymo.  io  Iglau.  Iglau  07 

93.  Leick,  Walt,  Prakt.  Schölerarbeiteo  i.  Physik.  Gr.-Lic/derf  OR.  07      5 

94.  Lippold,  Bhd.,  Bdtg.  u.'  Mafi  biolog.  Unterweis.  Torgau  06     9 

95.  Löweohardt,  Em.,  Prob.  a.  e.  Leitf.  f.  d.  ehem.  Praktik. 

Halle  Mt  OR,  07    lü 
Lüdtke,  F.,  s.  o.  Nr.  80.  ^ 

96.  Miltz,    Otto,    D.  oatnrhist.  Mos.  u.  d.  wahlfr.  Uot.  i.  d. 

beschr.  Ntw.  am  Mar.-St.-G.  SteUin  MSt-G.  07     6 

97.  Niklitzsch,  Kl.  Hob.,  D.  Scholgart.  d.  Oschatz.  77.  Oschatz  R,  07    20 

98.  Pahl,  Franz.  Eotw.  d.  phys.  Uoterr.  III.     {XFI lila.  b\ 

Xni  11ÖI6*)  Charlottenburg  Rg.  07     4 

99.  Puls,  Cäs.,  Vgl.  Obers,  üb.  d.  Lehrbb.  d.  Zoologie.  BieleJMR.  06    13 

100.  Sabin,   Karl,  D.  Scbolgarlen  d.  R.  z.  Barmen.  Barmen  R.  07    IS 

101.  Sauerborn  ,  Job.,  Anwdg.  d.  Photogr.  i.  d.  Astronom.  Geisenh.  R.  06    15 

102.  Schierl,    Alfr.,    Mitt.    ans    d.    chemisch.    Laboratorium. 

Mähr.'Ostrau  L.-R.  06  24 

103.  Schnell,  Hnr.,  UmgesUltg.  d.  Räume  f.  Physik.  Darmst.  L.  G.-G.  06  22 

104.  Schwarz,  Ad.,  D.  geodät.  Kurs.  d.OR.  im  Somm.  1906.  A'id  OR.  07  W 
104a.  Weber,  Ed.,  D.  mioeralog.  Sammig.  d.  G.                     Kottbus  OS  3 

105.  Weber,  Hs.,  Botan.  Schülerwaoderungeo  I.  Neuburg a^  D.  06 

i)   Philosophische  Propädeutik. 
Simon,  Jak.,  vgl.  o.  Nr.  77. 

k)   Zeichnen.     Gesaug.     Kunstunterweisung. 

105a.  Eickhoff,    Herm.,    Ref.  d.  Gesang-U.  am  Gymnas.    (in: 

Festschrift,  s.  o.  S.  115),  Hamm  07    13 

106.  Holz  mann,    Mor.,     Kunsterziehung    u.    höhere    Schule. 

Hamburg  OR.  v.  d.  Holst  06    26 

107.  Kuhlmano,  Fritz,  Zeicheo-U.  u.  HeimaUUdt.  JUona  Rg.  07    11 
107a.  Maack,  Rieb.,  Künstler.  Heimatk.  von  Hamburg  u.  Um- 
gegend.                                                           Hamburg  R.  St.  Gg.  07 

Metzner,  Aug.,  s.  u.  Nr.  116. 

108.  Mielke,    Roh.,    Beitr.  z.  Konsterziehnng  in  d.  Schule  II. 

{Xni  128)  BerUn  Fr.  fFh.'G.  06     3 

109.  Reinhardt,  Scbiffstypen  i.  Zeichen-Unterr.«)  Emden  R.  67    12 

110.  Holle,  Gg.,  Gesang-Uuterr.  a.  höh.  L.-A.  Berlin  6.  R.  07      ä 


')  In  Teubaers  erstem  Verzeichnis  nicht  angeführt. 
^)  Statt  einer  anderen,  ursprünglich  angezeigten  Abhandlung. 
*)  Erscheint  zu  Michaelis  1907. 

*)  Wird,  wie  ich  soeben  bore,    nicht  als  Programm,  sondern  als  Bock 
erscheinen;   doch  sei  trotzdem  auf  die  eigenartige  Arbeit  hingewiesen. 


voo  R.  Ullrich.  1%$ 

8. 

111.  Stoewer,  WL,  Kaalbacbs  Bilderkreis  d.  Weltgesch.  im 

Berliner  Maeeom.  Schöneberg  R.  06       5  XTIII. 

112.  Weis  weil  er,  Jos.,  Das  Scbolkoozert.  Düren  01     16 

1)   Gesundheitspflege.     Sport     Reisen. 

113.  Graeser,  Dan.,  Der  Haodfertigkeits-Unterr.  Mediageh  01    26 

114.  Kubsoi  Bbd.,  S  Wochen  im  Schälerboot  dnreb  d.  uordw. 

Dentsehlaod.  {KVllSO-,  XfII36)  Berlin  N.  f^.-Rg.  01      4 

115.  Loewe,  Hs.,  Leibesöbnogeu  als  Erziehoogsmittel.  Manch*  ßf'h.-G.  06 

116.  Metxner,  Aug.,  D.  erziehl.  Wert  d.  Amatenrphotogr.    Olmütz  06     12 

117.  Schwarz,  Ht.,  Bescbrbg.  d.  Gymu.-Badeanstalt.  Rinteln  06     12 

118.  Seraphin,  Prdr.  Wh.,  Schnlreisen  im  grofien  Stil.    Kronstadt  06 

119.  Stummer,  Bd.,  Reisen  in  d.  Alpen  u.  ihr  Wert  für  den 

Geographielehrer.  SaUburg  R.  06    19 

B. 

1.    Allgemeine  Sprach  Wissenschaft. 

120.  Mainzer,  Ldw.,  D.  Frage  e.ioternat.  Hilfssprache.  Karlsruhe  R,  01    22 

121.  Meyer,  Ernst,  D    neuest.  Entdeckungen  a.  d.  Gebiete  d. 

Spracbwissensehaft.  Ruhrort  Rg.  06     17 

2.    Altertamswissenschaft. 

122.  A hiebt,    Ernst,    Die  Hss.- Frage   b.  Arrian  u.  krit.  Be- 

arbeitg.  d.  1.  Buch.  d.  Anab.  Brandenburg  herein,  st,  G.  06      3 

122a.  Adam,  Rnd..  D.  Echth.  d.  Pia  ton.  Briefe.        Berlin  Fk.'Rg.  06      4 

123.  .Apelt,  Otto,  Krit  Bemerknngen  (Clem.  Alex.,  Stoic.  frgro., 

Flut,  Plat).  Jena  06    23 

124.  — ,  Zq  Piatons  (;0«e«seA.  {XIIl  81/8;  Xri  239-,  XFII 93. 

134/6)  „     Ö7    24 

125.  Banmgarten,    Fritz,   Neues    aus    d.  Bereich  des  Minus. 

(XI 25  5  Xn  4a)  Freiburg  Berth,-G  01    21 

126.  Bissinger,  Karl,  Funde  röm.  Münzen  in  Baden.  {XI26\ 

XIF33/4;  Xril.  183\  Xmi3.93a;  Xf^rillS)  Pforzheim  06    21 

127.  Dirichlet,    Gg.,    Thnk.  11—23  m.  Benutzg.  Lehrssch. 

Mscr.  übers.    (KV  11 149)  Königsberg  ^Ust.  G,  06      1 

128.  Dissel,  Kl.,  D.  Opferzug  d.  ara  pacis  A.  Aug.  Hambg.  ffh.-G.  07    26 
Freund,  Job.,  s.  u.  Nr.  ]37b. 

129.  Gern  oll,   Wilh.,    Bern.    z.  Xeo.  ^nab.  V.     (X/II 116/7; 

Xir  1519 ;  xn  148)  Liegmtz  st,  G,  06      8 

129a.  Graf,  Ernst,   D.  Kampf  um  d.  Musik  i.  griech.  Altert 

Quedlinburg  01      9 

130.  Hahn,  Ldw.,    Roms  Sprache  u.  d.  Hellenismus  z.  Z.  des 

Polybins.  Nürnberg  N.  C.  06 

131.  Helmrrich,  Gg.,  Gtilen  üb.  d,  Kräfte  d.  Nahrungsmittel 

I  14—11  20  hrsg.  (X  108.  123.  136/7 ;  Xril  150)  Ansbach  06 

132.  Hirzel,  PI.,  Archäol.  Ferienkurs,  in  Bonn  u.  Trier.  Urach  th.^S.  06 
132«.  Jnngblut,    Hnr.,    Arbeitsweise    Ciceros    in  de  off.  I. 

Franl{furt  a.  M.  Less.-G.  07     14 

133.  Kaiser,  Bruno,  Unters,  z.  Gesch.  d.  Samniteo.  Pforta  07  9 
133a.  Ledl,  Art.,  Stud.  z.  alt  Epiklerenrecbte  [1].             Graz  1.  G.  07 

134.  Knoke,  Frdr.,  Begriff  d.  Tragöd.  o.  Aristo t  {XV 110 \ 

XFni69)  Osnabrück  RaU-G.  06    12 

135.  Ron  ig,    Job.,    Mitt    aus    d.  assyr.-babylon.  Altertum  II. 

{Xmi69a)  Dramburg  01      5 

186.  K  rein  er,  Jos.,  D.  karthag.-röm.  Handelsverträge.  Budweis  R.  06  21 
137.  Lnckenbach,  Herrn.,  Archäol.  Ergänzungen.    {XVI 178; 

XFII 121. 112)  Donaueschingen  Pg.  01     21 

]37a.  Mittermaan,  Vikt,  D.  Grundgedanken  d.  griech.  Sozial- 

Philosophie.  Krems  07 


120  Proprammwesen  nnd  Programmbibliothek  d.  hSh.  SchoUa, 

s. 

XYIII.  137b.  Müller,  C.  F.  Wh.,  Bern.  z.  Dialor.  d.  Tac,  aos  s.  Naehl. 

hrag.  V.  Job.  Freund.  (III 33 ;  FI  70;  FIII6Ö)  BresL  Joh,'G.  07      7 
137c.  Oetling,    Wb.,    Phil.-jnr.  Komm.    z.  Cic.  pro  Quinctio 

(io:  Festschrift  s.  o.  S.  113).  Hamm  07    13 

138.  Richter,  Otto,  Beitr.  z.  röin.  Topogr.  III  (Alliaachlacht). 

(XIII 171;  XrrjO-,  Xm  nO/SO)  SehÖMbergP.  U.'G.  in     3 

139.  Roseoberg,    Em.,    Zu    Horaz    u.    Cicero.       (XIII  178 \ 

Xmi82y)  Hirsehberg  07     7 

139a.  Rodkowski,  Wh.,  G.  A.  Bürger  als  Übersetzer  Ver- 

gils.  {Xri43l4;  XriieO/l)  Breslau  EIÜ.-G.  07     ^ 

140.  Schambach,    Kl.,    Vergil  ein  Paust    d.  Mittelalters   111. 

{Xm  183/4)  NordhatumOe     9 

141.  Schröder,    Otto,    De   teichoscopia  Eorip.  Phoeniss.    in- 

serU.  (XIII 181)                                          "          Berlin  Jeh.  G.  06  % 

142.  Schnlze,  PI.,  Lucian  in  Lit.  o.  Kunst  d.  Renaissance.  Dessau  06  24 

143.  Sorof.  Gust.,  Bemerkungen  zu  Horaz.                      ß^andsbeek  06  11 
Strecker,  Karl,  s.  u.  Nr.  158. 

144.  Treo,  Max.,  Manuel.  Holoboli  oraiUmes  [L]                  Potsdam  06  4 

145.  -,    Dgl.  II.     {nn84;  1X34;  XIII 10113;    XIF 138/42; 

XF 147/0;  XI^12ü7;  XFII  240)  Potsdam  07     3 

146.  Volkmann,  Walth.,  Unters,  z.  Schriftst.  d.  Altert.  I.  Zu 

Verg.,  Hör..  Cic.   {XIF  145a.b;  XF  131a. 203a ;  XFI 

230a;  XFII  198a)  Breslau  MgdG.  06     T 

147.  Waehroer,  Walt.,  Brz.  a.  Nonnos'  Dionys.  II.  Güttinfrem  06  It 
UH.  -,Dglin*).  {XF 132/3;  XFII  200/1)  „  07  „ 
/49.  Weizhofer,    Karl,   Kompos.  d.  Suatar.  d.  Demoath.    II. 

Rede  a.  d.  Brief  Philipps  u.  Frgm.  d.  Rede  a.  d.  Messe- 
nier  u.  Argiver.  {X118;  XFII  202)  Straubing  06 

150.  Wolf,  Jos.,  Aus  laschr.  u.  Papyr.  d.  Ptc^em.-Z.  Feldkirch  St-G.  06     5 

3.   Deutsch. 

151.  Braun,  Kl.,  Vergl.  Darstellg.  d.  Mundarten  in  d.  Umgebg. 

von  Heilbronn.  Heilbronn  OB.  06    21 

151a.  Fehse,  Wh.,  Der  Ursprung  d.  Totentänze.  Burg  07     9 

151b.  Hauschild,  Rieh.,    Verh.  v.  Goethes  Born.  u.  Julia  zu 

Shakespeares  gleichn.  Tragödie.  Frani^urt  a.  M.  Goetke-G.  07  14 
Heufsner,  Frdr..  s.  o.  Nr.  19. 

152.  Hifsbach,  Kl.,  Gesch.  Bdtg.  v.  Maasenarbeit  u.  Heroen- 

tum  im  Lichte  Goethescher  Gedanken.  Eisenach  Bg.  07    24 

Kariowa,  Osk.,  s.  u.  Nr.  176a. 
152a.  Latzke,  Rud.,  Roseggers  „Martin  der  Mann".  Analyae. 

fFien  G.  i.  13.  B.  07 

153.  Mayer,  Christ,  Köln.  Ftmiliennam.  d.  12.  Jh.  Köln-Nippes  Bpg.  06    17 

154.  Merwin,    Berth.,    2    Motive    ans    Detl.    von  Liliencrons 

Schöpfung  (Krieg  u.  Frieden).  Lemberg  2.  G.  06  14 
Morsch,  Hs ,  s.  o.  Nr.  35. 

155.  Prehn,  Aug.,  Ago.  Bernauer  in  d.  deutsch.  Dichtg.  Nordhmuen  07  9 

156.  Priese,  Osk.,  Wortschatz  d.  Otfried  (WB.)  Halle  OB.  d.  F.  Stift.  07  10 
156a.  Ridd erhoff,  Kuno,  Soph.  v.  La  Roche  u.  Wieland.  Hamhg.  Joh.  07  26 

157.  Schoeps,  Rieh.,  Zu  Goethes  M'ztA.  Meister.  Pforta  06      9 
Seiler,  Frdr.,  s.  o.  Nr.  42. 

158.  Strecker,  Karl,  Teztkritisches  z.  Hrotsvit.  {XFI 202a; 

XFII  224)  Dwtmund06    13 

159.  Strigl,   Steph.,    Schillers  Teü  u.  d.  ggw.  Schriftsprache. 

Brunn  St.-B.  06    23 


^)  Enthält  nur  den  Abschnitt  (1)  über  Horaz. 

')  Tn  Teubners  erstem  Verzeichnis  nicht  aufgeführt. 

^)  Erseheint  voraussichtlich  später. 


von  R.  Ullrich.  121 

8. 

160.  We D d li  D g^  Em.,  Goethes  BühDeobearbtg.  v.  i?om.  u.  Julia,  Zähem  07     19  XYIIL 
Zehme,  Afd.,  s.  o.  IHr.  50. 

4.   Mittlere  and  neaere  Geschichte.     Kalturgeschichte. 

161.  Besser,    Rhid.,    J.  Raskios  Beziehuogeo    za  Th.  Carlyle. 

Dresden  ff'eü.  G.  07    19 
161a.  Bot  he,  Frdr.,  Beitr.  z.  Wirtschafts-  u.  Sozialgeschichte 

der  Reichsstadt  Frankfurt  Franl^fuH  a.  M.  Lieb.-R.  Oii     15 

162.  Dar'pe,  Praoz,  Koesfeld.  UrkDodeoboch  112.  {Xir  171/3; 

Xy  184/6 ;  Xn  240/2 ;  Xni  22S)  KoesfM  06    1 3 

163.  Draeseke,   Joh.,   Aas  d.  Friedeosschrift   d.  Patriarcheo 

Job.  Bekkos  v.  J.  1275.    {XJll  108;  XIF  190;  Xn  260, 

266)  f^andsbeck  0.7     1 1 

163a.  Ernst,  Hör.,  D.  prenfi.  Armee  1740—1821.    Langenbers^ Rpg.  06    17 

163b.  Fröblich,    Praoz,  Fichtes  Reden  a.  d,  deutseh,  IVat.; 

(Joters.  ihrer  Eotstehaagsgesch.     Charlottenburg  Kais.  Jug.-G.  07      3 

164.  Reokelmano,  Kl.,  Das  Odeuwälder  Baaeruhaas.         Bensheim  06    22 

165.  I de  1er,  Herrn.,  E.  kl.  prenfi.  Stadt  z.  Fraozoseozeit.        Stade  06     12 

166.  Koaake,  Em.,  Königin  Luise  im  Lichte  d.  Geschichte  f. 

(—  i8uß).  Tilsit  Rg  06      2 

167.  — ,  Dgl.  II.  1806/7.  „      „    07      1 

168.  Kohl,    OUo,   Tageb.  von  G.H.Schmerz    über  d.  Baseler 

Frieden  1.  {1X31;  XI11143;  XFö6a)  Kreuznach  06    1« 

169.  Larfeld,  Wh.,  Abriß  d.  bergischen  Gesch.  {Xm 214) 

Remscheid  Rg.  06    17 
169a.  Prem,    Sim.  M.,    Graz  ia  d.  März-  u.  Apriltageo  1848. 

Graz  2,  G.  07 

170.  Savelsberg,    Heinr.,   Aachener  Gelehrte   in   älterer   u. 

aeoerer  Zeit.  dachen  fyh,'G,  06    15 

170a.  Sehnippel,  Em.,    tJrk.  Beitr.   z.  Gesch.   d.  J.  1806.    L 

Osterode  {Ostpr,)  06      1 

171.  Simon,    Kart,   Einfl.  d.    engl.  Seegewalt    auf  d.  Feldzug 

Napoleons.  Sckwiebus  Rpg.  07      4 

172.  Thiel,  Flor.,  Laged.südd.  Bauers  nach  d.  Mitte  d.  13.  Jh. 

(auf   Grund    der   Predigten  Bertholds    von  Regensburg). 

Khstemeuburg  L-R,~  u,  -OG,  06      2 

5.   Erdkunde^ 

172a.  Binn,  Max,  Geogr.  Beziehgn.  zwisch.  Öst.-Ung.  u.  Nord- 
amerika. H^ien  G,  i,  6.  B.  07 

173.  Schwerdfeger,  Jos.,  Beschreibung  v.  Wien  aus  d.  Zeit 

Karls  VI.  Wien  Ak,  G,  06      1 

6.    Mathematik  und  Naturwissenschaften. 

ITA    PI«**»   11    )  ^^-  ^'  B*dioaktivität  d.  Erdsubst.  u.  ihre 
'  rViV/i    n.'  [mögliche  Bezhg.  z.  Erdwärme.   {XF  19öa; 

ueitej,  HS.,  j  xn273a)  Wolfenbüttel  07    24 

Franck,  Hnr.,  s.  o.  Nr.  85. 

175.  Glauner,  Th.,  Bedeutg.  d.  Mathemat.  u.  Naturwiss.  f.  d. 

Allgemein-Bildang.  Wütenberg  07      9 

175a.  Onstein,    Franz,   Method.  Darstellung   d.  Leibrent.-  u. 

Lebensvers. -Recbog.  f.  e.  Person.  Aachen  Rg,  07     17 

175b.  Simroth,  Hnr.,  Natur*  u.  Kulturgesehiehtliches  a.  Ober- 

lUlien  u.  Sardinien.  Leipzig  1.  R.  07    20 

7.    Philosophie. 

176.  Baumaan,    Ad.,   Formen  d.  Argumentation  bei  den  vor- 

sokratischen  Philosophen.  fFürzburg  A,  G.  06 

]76a.  Kar  Iowa,  Osk.,  Hölderlin  u.  Nietzsche-Zarathustra.        Plefs  07      8 
Mittermann,  Vikt.,  s.  o.  Nr.  137a. 


^22  Pi'^^SCAiDinweflea  uod  Programmbibliothek  d.  h5h.  Schalen, 

8. 

S.    Recht.     Wirtschaft.' 

XYIII«  176b.  Schulz,  Oak.,   Die  preufi.  Renteogatagesetzgebg.  o.  die 

Neagestalt^.  laodw.  Betriebe    in  d.  weatf.  Reoteagätero. 

Herford  Ldwtch.  u,  R.  07    14 

9.   Theologie. 

177.  Bach,  Jos.,  Oster berechog. i.  alt.  o.  oeaer  Zeit.  Straf sbg.  Bisch,  G.  07     19 

178.  Bosse,  Alfr.,  Zorn  cbroool.  Schema  des  A.  T.  Räthen  06    24 

179.  Db'rwald,  PI.,  Ausgew.  Psalmen,  übers,  u.  erklärt.  Ohlau  06      8 
Draeseke,  Job.,  s.  o.  Nr.  163. 

Fehse,  Wli.,  s.  o.  Nr.  151a. 
König,  Job.,  s.  o.  Nr.  135. 

180.  Ludwig,    KL,    De  Psahnis  delectis  emendat.    ac  metrice 

edend.  G&lha  07    24 

181.  Nestle,  Bbhd.,  Septusg.-Stud.  V.  (XIF 192;  XH 268/9; 

Xni  244)  Mmäbrofm  th.  S.  07    20 

182.  Techen,  Ldw.,  D.  Targum  s.  d.  P«almeif  II.  {Xri 272)  Wismar  07     22 
Treu,  Max,  s.  o.  Nr.  144/145. 

10.    Kunst 

183.  Briokmano',  Ad.,  D.  Peter- Pauis-Dom  in  Zeitz.  ZeOs  06      9 
Fehse,  Wh.,  s.  o.  Nr.  151a. 

184.  Hämmerle,  Alois,  D.  Pappeoh.  AlUr  io  Eichstatt.     EiehsiäU  06 

185.  Kirsten,   Rnd.,   Streifz.    durch    die  mnsik.  Deklamat.  in 

Richard  Wagners  Pars\fal.  Armaberg^  Rg.  Ol     19 


Das  hier  auf  reicblicb  5  Bogen  gegebene  Verzeichnis  von 
Programmen  umfafit  weit  über  2000  Resultate  gelehrter,  pädago- 
gisch-didai(lischer  und  organisatorischer  Arbeit.  Und  doch  stellt 
es  nur  einen  kleinen  Ausscbuilt  dessen  dar,  was  im  Laufe  von 
mehr  als  8  Jahrzehnten  drei  Generationen  von  Schulmännern  in 
dieser  Form  der  Veröflentlichung  für  Wissenschaft  und  Schule 
geleistet  haben.  Daß  und  warum  viele  Gebiete^)  teilweise  oder 
ganz  fehlen,  die  den  hier  vertretenen  an  Umfang  und  Wert  kaum 
nachstehen  durften^  ist  schon  oben  (S.  33)  angedeutet  worden. 
Und  aus  zwingenden  äußeren  Gründen  mußte  ferner  davon  ab- 
gesehen werden,  die  Menge  des  trefflichen  Materials,  das  ich  nach 
dem  Stande  meiner  Kenntnis,  mit  Unterstützung  vieler  Fach- 
männer (s.  0.  S.  86  Anm.  1 ;  ^.31  Anm.  1)  und  unter  Benutzung 
der    mir   zugänglichen,    denkbar    besten    Prc^rammsammlungen') 


')  Besonders  muß  anch  noch  daranf  hingewiesen  werden,  dafi  wir  far 
die  Zeit  vor  1876  über  die  Entwickelung  des  Programoiwesens  der  dentscheo 
Realschulen,  sowie  über  die  ganzen  Verhältuisae  der  kleineren  dentscheo 
Staaten  überhanpt  (anfier  Bayern  und  Baden  —  s.  o.  S.  62 — 71)  and  dem- 
gemäß auch  über  das  dort  Geleistete  bis  jetzt  ganz  oogenügrnd  nnterricbtet 
sind,  so  daß  diese  umfangreichen  Gebiete  für  eine  Gesauitbetrachtnng  vor- 
läufig leider  so  f(ot  wie  ganz  ausscheiden.  Es  ist  hohe  Zeit,  daß  diesen 
Obelstandp  durch  geeignete  Veranstaltungen,  vor  allem  darch  Sammlnog  des 
betr.  Materials,  endlich  abgeholfen  wird  (vgl.  Abschnitt  H). 

[v*)  Der  KSnigl.  Bibliothek  und  des  Gymnasiams  zum  graien 
Kloster  in  Berlin.  Aach  meine  eigene,  vor  Jahren  begonnene  and  syste- 
matisch vervollständigte  Sammlung  hat  mir  wesentliche  Dienite  geleistet. 


von  R.  Ullrich.  ^23 

hätte  geben  können,  in  gewisser  Vollständigkeit  auch  wirkh*ch 
vorzulegen  —  Gesichtspunkte,  die  iob  wohl  zu  beachten  bitte. 
Ich  hätte  das  Verzeichnis  ohne  besondere  Schwierigkeit  verfünf- 
fachen können,  und  die  Verantwortung  für  die  getroffene  Aus- 
wahl wäre  außerdem  bedeutend  geringer  gewesen.  Denn  was 
diese  selbst  nun  betrifft,  so  zweifle  ich  keinen  Augenblick  daran, 
daß  Fachgenossen,  die  sich  mit  der  Programmliteratur  beschäftigt 
haben,  ältere  wie  jüngere  und  jeder  aus  seinem  Gebiete,  in  ihrer 
Gesamtheit  leicht  Hunderte  von  Abbandlungen  anfuhren  könnten, 
die  hier  nicht  stehen,  ihnen  aber  von  ihrem  Standpunkt  aus 
oder  für  ihre  Studien  wichtiger  erschienen  sind.  Doch  wQrde 
das  ja  den  Wert  der  von  mir  verzeichneten  Programme  an  sich 
nicht  beeinflussen;  im  Gegenteil!')  Und  es  wäre,  wie  ich  schon 
oben  angedeutet  habe  (s.  S.  33)^  durchaus  zu  wünschen,  wenn  im 
Anschluß  an  diese  Arbeit  Ergänzungen  erfolgten,  för  die  hier 
vertretenen  Gebiete  ebensowohl  wie  für  die  aus  guten  Gründen 
nicht  behandelten,  z.  B.  auch  in  der  mir  äußerst  zweckmäßig 
scheinenden  Form,  die  ich  oben  (S.  12  zu  Abs.  5)  vorgeschlagen 
habe.  Das  freilich  glaube  ich  nach  wiederholter  Prüfung  be- 
haupten zu  dürfen,  daß  die  mehr  als  2000  Arbeiten,  die  ich  an- 
geführt habe,  ohne  Ausnahme  tüchtige,  wertvolle,  z.  T.  ganz  her- 
vorragende Leistungen  sind  —  oder  doch  für  ihre  Zeit  gewesen 
sind.  Nicht  als  wollte  ich  hier  so  etwas  wie  eine  Rezension  des 
Programmwesens  im  ganzen  geben;  kein  Fachmann,  auch  der 
begabteste  und  belesenste  nicht,  könnte  das  für  die  vielen  hier 
vertretenen  Wissenschaften  und  Unterrichtsfächer,  die  sich  nach 
Inhalt  und  Methode  immer  mehr  spezialisieren  und  verfeinern. 

Aber  ich  hätte  doch  die  viel  Entsagung  fordernde  Arbeit 
wiederholter  Lektüre,  Prüfung  und  Sichtung,  die  Umstände  zahl- 
reicher brieflicher  Anfragen,  auf  die  erfahrungsmäßig  nicht  immer 
beim  ersten  Male  Antworten  erfolgen,  endlich  auch  die  recht 
mühselige  Korrektur  schwerlich  auf  mich  genommen,  wenn  ich 
mir  nicht  von  alledem  einen  erheblichen  Nutzen  versprochen 
hätte,  in  wissenschaftlicher  Beziehung  ebenso  wie  in  prak- 
tischer. 

a)  Praktischer  Nutzen  des  Verzeichnisses.  Zunächst 
glaube  ich,  daß  es  —  rein  praktisch  angesehen  —  manchen 
Kollegen  nicht  unwillkommen  sein  wird,  für  die  neuere  Zeit  eine 
knappe  Auswahl  guter  Programmarbeiten  aus  verschiedenen 
Wissenschaften,  zur  Methodik  einzelner  Unterrichtsfächer  und  über 


>)  Ich  sehe  daher  den  zn  erwartendeo  Eiawäoden:  „Warum  haben  Sie 
die  vortreffliche  Abhandlang^  von  A.  nicht  angeführt?'*  oder:  „Wenn  Sie  die 
Arbeiten  von  B.  nannten,  hätten  Sie  nach  die  von  C.  und  D.  verzeichnen 
nnssen*',  nicht  blofi  mit  Rohe,  sondern  mit  Preode  ent^gen.  Freilich  hätte 
ich  das  gekonnt.  Aber  ich  hätte  dann  neben  den  vorliegenden  Band  einen 
zweiten  von  25  Bogen  legen  müssen,  was  am  finde  weder  dem  Herrn  Ver- 
leger, trotz  freandliclisten  Eotgegenkommeos,  noch  den  Käufern  erwünscht 
gewesen  wäre. 


jf2^  Program mweseo  and  Programnbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

ailgemeine,  unsere  Zeit  bewegende  schulorganisatoriscbe  Fragen 
in  leicht  zugänglicher  Übersicht  zu  erhalten.  Was  zumal  die 
beiden  letzteren  Gebiete  betrilTt,  so  denke  ich  besonders  an  die 
Jahre  1901  —  1907  (Nr.  XVii  und  XVl»,  S.  i04— Jf22),  für  die 
eine  zusammen  fassen  de  bibliographische  Übersicht  bisher  weder 
im  ganzen^)  noch  in  Auswahl^)  verliegt.  Soweit  ich  habe  beob- 
achten können,  sind  z.  B.  viele  vortreffliche  Arbeiten  metho- 
discher Art,  die  über  den  Religionsunterricht,  das  Deutsche, 
Lateinische  und  Griechische,  über  die  naturwissenschaftlichen 
Fächer  u.  a.  in  den  letzten  Jahren  in  Programmform  erschienen 
sind,  z.  T.  von  Methodikern  ersten  Ranges,  in  Lehrerkreisen 
durchaus  nicht  so  bekannt  geworden,  wie  sie  es  verdienen.  Die 
von  mir  deshalb  gerade  für  die  letzten  7  Jahre  besonders  reich- 
lich gegebene  Auswahl  wird,  meine  ich,  vielleicht  manche  Kollegen, 
besonders  jüngere,  in  ihrem  Bestreben  unterstützen,  sich  mit  der 
methodischen  Literatur  ihres  Faches  bekannter  zu  machen,  von 
der  nicht  der  schlechteste  Teil  gerade  in  der  Programmform  ver- 
öffentlicht worden  ist;  und  da  überall  die  Stelle  angegeben  ist, 
an  der  sich  (zunächst  freilich  nur  bis  zum  Jahre  1900)  bei 
Klufsmann  bezw.  in  dem  Teubnerschen  und  Berliner 
Verzeichnis  die  betr.  Schrift  bibliographisch  genau  zitiert  findet, 
hat  es  jeder,  der  tiefer  eindringen  will,  leicht,  weiteres  Material 
für  seine  Zwecke  zu  finden.  Es  würde  damit  zugleich  der  noch 
viel  zu  wünschen  übrig  lassenden  Verbreitung  der  drei  genannten 
Verzeichnisse,  besonders  der  ausgezeichneten  Bibliographie  Klufs- 
mann s,  in  den  Handbibliotheken  der  höheren  Schulen  Vorschub 
geleistet;  und  wenn  die  hier  gegebenen  Anregungen  an  manchen 
Anstalten,  an  denen  die  Programmsammlung  bisher  ein  stilles 
Dasein  fristete,  dazu  führten,  daß  die  eine  oder  andere  Abhandlung 
häufiger  verlangt  würde,  von  deren  Vorhandensein  viele  bisher 
wenig  wußten,  so  könnte  das  für  die  weitere  Entwicklung  der 
Verhältnisse  (vgl.  Abschnitt  H  und  Teil  HI)  nur  heilsam  sein. 

b)  Wissenschaftliches  Ergebnis.  So  wichtig  mir  in* 
dessen  dieser  mehr  praktische  Gesichtspunkt  erschienen  ist,  be- 
deutsamer scheint  mir  noch  der  wissenschaftliche.  Ich 
habe  mich  selbst  mit  der  Programmliteratur  seit  Jahren  für  die 
verschiedensten  Zwecke  eingehend  beschäftigt  und  bin  mit  einer 
stets  steigenden  Hochachtung  für  die  Fülle  von  gelehrter  und 
praktischer  Arbeit  erfüllt  worden,   die  in  ihr  von  Tausenden  von 


-^ 


'  (*!1  ')  Der  5.  Band  von  Hlufsmannt  Bibliographie  soll,  wie  mir  der 
Herr  Verfasser  mit  der  Erlaubnis  der  Verö'ffeotlichnDg  mitgeteilt  hat,  aicbt 
mehr  nar  5  Jahre  amfasaeo,  wie  die  letzteo  3  Bäode,  sondero  gleich  bis 
1907  reicbeo.  Der  Leser  wolle  daaach  die  I^iotiz  o.  S.  112  Aom.  2  be- 
richtigeo. 

^)  Die  Jahresverzeichaisse,  besonders  das  Berliner  (o.  S.  112  Nr.  15) 
erfreuen  sich  leider,  wie  oben  hervorgehoben  ist,  in  Scbalbibliotheken  aieht 
der  Verbreitung,  die  ihnen  zu  wünschen  wäre. 


voo  R.  UJlrich.  J2Ö 

Verfassern  niedergelegt  worden  ist.  Ebenso  offen  bekenne  ich 
aber  auch,  dafi  mich  die  Art  mit  iebhaftem  Unwillen  erfüllt  hat, 
mit  der  über  diese  Arbeit  in  den  letzten  Jahrzehnten  von 
manchen  Autoren  abgeurteilt  worden  ist,  von  denen  sich  einige 
als  „Kenner''  ausgaben  (vgl.  o.  S.  250),  andere  aber  offenbar  es 
nicht  der  Muhe  für  wert  gehalten  haben,  sich  vor  ihrem  Urteils- 
spruch eine  umfassende  Sachkenntnis  zu  verschaffen.  Doch  erst 
als  ich  mich  dem  bisher  noch  nicht  in  größerem  Umfange  unter- 
nommenen Versuche  unterzog,  wenigstens  für  einige  Gebiete  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  einen  Oberblick  über  das  geleistete 
Gute  zu  gewinnen,  wurde  mir  recht  deutlich,  was  die  höheren 
Schulen  an  dieser  ganzen  oft  mit  so  unzureichenden  Waffen  an- 
gegriffenen Einrichtung  nicht  bloß  gehabt  haben  und  noch  be- 
sitzen, sondern  auch  was  sie  —  bei  zweckmäßiger  Organisation 
—  in  weiterer  Zukunft  noch  durch  sie  gewinnen  können.  Es 
tritt  jetzt  klarer  als  bisher  schon  für  einzelne  Gebiete  hervor, 
welche  bedeutenden  Kräfte  bei  dieser  Literatur  von  jeher 
tätig  gewesen  sind  und  es  noch  sind;  man  erkennt  ferner,  daß 
gerade  die  Programme  in  Hunderten  von  Fällen  Anlaß,  Aus- 
gangspunkt und  Unterstützung  bedeutender  wissen- 
schaftlicher und  pädagogisch-didaktischer  Werke  ihrer 
Verfasser  waren  und  bis  in  die  neueste  Zeit  geblieben  sind; 
endlich  ist  auch  die  jetzt  deutlicher  hervortretende  Tatsache  von 
Bedeutung,  daß  die  Programmliteratur  in  wissenschaftlichen 
Werken  von  Universitätsgelehrten  wie  in  vielen  für  die 
Schule  bestimmten  die  ausgiebigste  Verwertung  gefunden, 
d.  h.  also  Wissenschaft  und  Schule  reichlich  befruchtet 
und  Gelehrten  wie  Schulmännern  wertvolle  Anre- 
gungen gegeben  hat  und  noch  gibt.  Es  sind  das  lauter 
Gesichtspunkte,  die  in  der  Diskussion  über  die  Sache,  wie  wii* 
sahen  (vgl.  z.  B.  o.  S.  187,  214,  230)  leider  nur  vereinzelt  auf- 
gestellt worden  sind;  es  war  und  ist  bekanntlich  die  Meinung 
vorherrschend  (s.  o.  S.  197,  249  u.  ö.),  tüchtige  Autoren  „hüteten 
sich,  ihre  Arbeiten  in  einem  Programm  zu  vergraben'',  die 
,. Wissenschaft  nehme  keine  Notiz  von  ihnen'*,  „die  Programm- 
iiteratur  habe  auf  den  wissenschaftlichen  Sinn  der  Oberlehrer 
keinen  bestimmenden  Einfluß  gehabt''  (S.  248)  u.  s.  f.  Dem  Gewicht 
einfacher  Tatsachen  gegenüber  werden  solche  Auffassungen  in 
Zukunft  hoffenthch  nur  noch  bei  denen  Eingang  finden,  die  Agi- 
tation über  die  Wahrheit  und  Worte  über  die  Sache  stellen.  Und 
es  ist  zu  hofleu,  daß  diese  lauge  verdunkelten  Tatsachen  dazu 
helfen  werden,  eine  gerechtere  Würdigung  der  Sache  anzubahnen. 
Bei  der  Wichtigkeit,  die  ihr  besonders  im  Hinblick  auf  die  Frage 
weiterer  Existenzberechtigung  beigemessen  werden  muß,  lohnt  es 
durchaus,  sich  die  drei  von  mir  hervorgehobenen  Gesichts- 
punkte etwas  näher  anzusehen. 

a)  Anteil    der    bedeutendsten    Kräfte    an    der   l^ro- 


126  Prof  rammwesen  oad  Proprammbibliothek  d.  h  5h.  Sc  holen, 

grammliteratar.  Hier  ist  festzustellen,  daß  nicht  nur  ver- 
einzelt, sondern  in  Hunderten  von  Fällen  in  Deutsciiland,  Öster- 
reich und  der  Schweiz  Schulmänner,  die  von  höheren  Schulen  an 
Hochschulen  oder  in  andere  gelehrte  Stellungen,  zur  Mitgliedschaft 
von  Akademien  ersten  Ranges  u.  a.  berufen  worden  oder  auch 
an  Hochschulen  und  höheren  Schulen  nebeneinander  tätig  ge- 
wesen sind,  einen  großen  Teil  ihrer  Forschungen  in  Programmen 
niedergelegt  haben  ^).  Ein  weiteres  sehr  erhebliches  Kontingent,  auf 
fachwissenschaftlichem  wie  pädagogisch-didaktischem  Gebiete,  stellen 
die  Schulmänner,  die  zu  Mitgliedern  der  Schulaufsichts- 
behörden (Ministerien,  Provinzial-SchulkoUegien,  Landesschulräte, 
Magistrate  größerer  Städte  u.  ä.)    berufen   worden    sind').     Viele 


^)  Ich  oeone  —  in  alphabetischer  Folge  —  von  1824  an  bis  aaf  ansre  Tage, 
aos  deo  Gebieteo:  a)  All;.  Spraehwisaeoschaft,  klaaa.  Philoloipie, 
Pädagogik:  J.  J.  ßerooalli,  Tb.  Bergk,  F.  BlaB,  H.  BooiU,  £.  BomaDn,  S. 
Brandt,  W.  v.  Chriat,  Chr.  Crou,  O.  Crusins,  G.  Cortins,  H.  üiels,  VV.  DitUn- 
berger,  L  Döderlein,  K.  Dziatzko,  F.A.Eckstein,  A.  Engelbrecht,  A.  Feoerbach, 
A.  Pick,  A.  Plasch,  R.  Foerster,  0.  Frick,  J.  GelTcken,  L.  Grasberger,  K.  J. 
Gryaar,  K.  Halm,  £.  Haaler,  F.  Heerdegen,  H.  W.  Heerwagen,  W.  Herbst, 
H.  Horcher,  H.  Hitzig,  A.  HöOer,  A.  Holm,  A.  Hng,  F.  Hallxch,  0.  Hausiker, 
0.  Jäger,  L.  v.  Jan,  J.  Imelinann,  0.  Immisch,  A.  Kaegi,  K«  Ph.  Kayser,  H. 
Keil,  A.  Kießliug,  Ad.  KirchholT,  G.  Kramer,  K.  Krnmbacher,  A.  Rabo,  P.  de 
Lagarde,  P.  LaogcB,  K.  Lehrs,  J.  H.  Lipsius,  A.  Ladwich,  J.  Mähly,  A. 
Meineke,  R.  Meister,  W.  Meyer,  Iw.  v.  Müller,  Chr.  Mnff,  F.  W.  A.  Mnllach, 
K.  F.  ?lägelsbach,  A.  JVaock,  F.  Nene,  F.  Nietzsche,  F.  Oblenschlager,  H. 
Peter,  K.  Peter,  E.  Petersen,  Th.  Plnß,  W.  Preger,  A.  Rehm,  0.  Ribbeck, 
A.  Roemer,  W.  H.  Röscher,  H.  Sanppe,  H.  Scheokl,  K.  Scheoki,  H.  Schüler, 
J.  H.  Schmalz,  L.  Schopen,  0.  Schrader,  F.  Scbnbert,  P.  SoDoeoburg,  A. 
Speogel,  L.  Speogel,  J.  Stahl,  J.  G.  Sullbaam,  Thom.  Stangl,  K.  Steinhart, 
F.  Stolz,  K.  Strecker,  G.  Uhlig,  G.  F.  Uoger,  H.  Usener,  JN.  Weckieio,  P. 
Weodland,  T.  Wildaoer,  fi.  Wilhelm,  £.  Wölfflio,  K.  ZeuB,  A.  Zingerle.  — 
b)  Germanistik:  J.  Bäcbtold,  L.  EttmöUer,  L.  Hirzel,  R.  Lehmaon,  M. 
Lexer,  K.  Tomascbek,  W.  Wackernagel,  W.  Wilmanns.  —  c)  Französisch 
und  Euglisch:  K.  Elze,  M.  Friedwagner,  L.  Kellner,  G.  Körting,  F.  Lotb- 
eißeo,  A.  Tobler,  B.  Wiese,  J.  Zupitza.  —  d)  Geschichte:  A.  Bachmano, 
M.  Doeberl,  Hb.  J.  Fallmerayer,  A.  Horawitz,  G.  Kaufmann,  Th.  Lindner,  J. 
Loserth,  H.  Prutz,  A.  Schaefer,  H.  v.  Zwiedineck-Södenhorst.  —  e)  Erd- 
kunde: S.  Günther,  Alfr.  KirchhofT,  Ed.  Richter,  A.  Supao.  —  f)  Philo- 
sophie: Ad.  Dyroff,  R.  Bocken,  H.  Heinse,  E.  Laas,  A.  Lassen,  W.  Schuppe, 
H.  Siebeck,  Chr.  v.  Sigwart,  R.  StSlzle,  Th.  Ziegler.  —  g)Theolugie: 
W.  Bornemann,  Sam.  Üeotscb,  K.  Furrer,  J.  Gottschick,  J.  Grimm  (kath.). 
Ed.  Herzog  (altk.),  K.  J.  Holsten,  P.  Kleioert,  Em.  Mayer,  £.  Preuschen,  R. 
Siegfried,  H.  Weingarteo.  —  h)  Ans  dem  Gebiete  der  exakten  Wissen- 
schaften (in  ganz  beschränkter  Auswahl,  die  sich  nur  auf  die  oben 
S.  SH  ff.,  meist  io  den  Anmerkungen  genannten  Autoren  bezieht)  nenne  ich: 
R.  Andreasch,  H.  W.  Dove,  J.  L.  Fuchs,  J.  A.  Grunert,  Osw.  Hermes,  G.  Holz- 
müller,  E.  E.  Kummer,  Em.  Lampe,  Ad.  Pichler,  K.  Schellbach,  H.  Simroth, 
K.  Weierstraß,  A.  Weroicke.  —  Einzelne  der  hier  verzeichneten  Verfasser 
sind  auf  mehreren  Gebieten  tätig  gewesen,  bei  einigen  gehören  die  von  ihnen 
veröffentlichten  Programme  nicht  ihrem  Hauptarbeitsgebiete  an,  sondern  sind 
anderen  Wissenschaften  gewidmet. 

')  VoD  ihnen  seien  erwähnt:  a)  Preußen:  F.  Abeck,  F.  Becher,  H. 
BooiU,  O.  Carnuth,  E.  Cauer,  P.  Caner,  O.  Friedel,  H.  Genz,  K.  Gersteaberg, 
A.  Goebel,  A.  F.  Gottschick,  E.  Grnhl,  M.  Heynacher,  A.  Uochheim,  Fr.  Hof- 


von  R.  (Ulrich.  j2 

von  ihnen  haben  bestimmeDden  Einfluß  auf  die  Gestaltung  des 
höheren  Schulwesens,  z.  T.  auch  auf  Volks-  und  Fortbildungs- 
schulwesen geübt,  auf  die  Organisation  im  ganzen  wie  auf  einzelne 
Unterrichtsficher,  oder  sich  um  seine  Geschichte  hervorragende 
Verdienste  erworben;  von  alledem  legen  auch  ihre  Programm- 
arbeiten —  bis  in  die  neueste  Zeit  -~  beredtes  Zeugnis  ab.  Was 
endlich  Direktoren  und  Lehrer  betrifft,  die  ihre  Lebens- 
stellung im  praktischen  Schuldienste  in  der  Hauptsache  allein 
gehabt  haben,  so  ist  die  Zahl  tüchtiger,  z.  T.  hervorragender  Bei- 
träge, die  sie  gerade  zur  Program  ml  ilei*atur  geliefert  haben,  so 
groß,  daß  viele  Seiten  nötig  wären,  um  auch  nur  die  Besten  mit 
Namen  anzuführen.  Sie  zählen  nach  Tausenden.  Und  zwar  ist 
die  rein  gelehrte  Forschung*)   dabei   ebenso  mit  ausgezeich- 


■laon,  E.  Höpfner,  B.  Kaoiuier,  M.  Klatt,  G.  A.  Klix,  R.  Kb'pke,  G.  A.  Lambeck^ 
D.  LandfermtaQ,  A.  Matthias,  K.  Th.  Michaelis,  W.  Mäach,  J.  Mützell,  J' 
NeUoD.  R.  Paehler,  R.Pilger,  H.  Polte,  K.  Reiohardt,  J.  Rothfachs,  W' 
Schrader,  B.  Schwalbe,  J.  Sommerbrodt,  J.  Stander,  ß.  Todt,  W.  Wehres-, 
pfeanig,  L.  Wiese,  J.  Zieheo.     —     b)  Sachsen:    0.  Lyon,  R.  Seeliger.     — 

c)  Andere  norddeatsche  Staateo:  W.  Brandes,  F.  Koidewey,  R.  Menge. 

d)  Elsaß-Lothringen:  A.  Baumeister.  —  e)  Beyern:  H.  Heerwageo,  F. 
B.  W.  V.  Hermann,  G.  Kerscheosteiner.  — f)  Baden:  J.  P.  Hebel,  E.  v.  Sall- 
würk,  G.  Wendt.,, —  g)  Hessen:  L.  Nodosgel.  —  h)  Württemberg:  K. 
L.  Roth.  —  i)  Österreich:  H.  Bonitz,  A.  Fieker,  J.  Haemer,  J.  Loos,  R. 
Stejskal. 

')  Ich  möBte  hier  die  meisten  der  aaf  S.  36—122  genannten  Autoren 
wiederholen,  um  auch  nor  einen  knappen  Überblick  über  die  Leistongen  zu 
geben.  Der  Leser  sehe  selber  zu.  Doch  nenne  ich  einige  der  bekanntesten 
Namen,  soweit  sie  nicht  schon  S.  126  angeführt  sind:  a)  Rlassisehe 
Altertums-  and  allgemeine  Sprachwissenschaft:  L.  H.  Ahrens, 
R.  F.  Ameis,  G.  Andresen,  0.  Apelt,  J.  Asbach,  R.  Asmos,  G.  Autenrieth,  A. 
V.  BambiTg,  K.  Bardt,  F.  Bannigarten,  Chr.  Beiger,  G.  Bilfinger,  A.  ßrieger, 
J.  Brix,  A.  Bugse,  J.  Classen,  W.  Corssen,  W.  Deecke,  D.  Dellefsen,  Th. 
Doehner,  B.  Dombart,  A.  Draeger,  H.  Droysen,  P.  Egeoolff,  R.  Ehwald,  F. 
EUendt,  F.  Eyssenhardt,  A.  Fleckeisen,  A.  Gemoll,  W.  Gemoll,  B.  Gerth,  F. 
Härder,  K.  Hartfelder,  J.  Haory,  G.  Helmreich,  ;K.  Hentze,  K.  Heraeus,  W. 
Haraeus,  A.  Hilgard,  W.  Hoffmann,  J.  Jeep,  J.  Ilberg,  W.  R.  Rayser,  R.  F. 
Rempf,  F.  Rem,  G.  Rnaark,  F.  Rnokf,  Th.  Rock,  0.  Rohl,  H.  RUhlewein,  G. 
Landgraf,  F.  A.  Lorenz,  F.  Löbker,  B.  Lopns,  F.  Luterbacher,  H.  Magnus,  J. 
Marquardt,  K.  Mayaer,  R.  Meister,  0.  Meltzer,  H.  Menge,  R.  Menge,  H. 
Mergaet,  H.  Meusel,  T.  Monimsen,  H.  F.  Müller,  R.  F.  W.  Müller,  M.  Müller, 
W.  INitsche,  H.  Nohl,  E.  Oder,  W.  Pape,  R.  Peiper,  R.  P<<p)imüller,  E.  F. 
Poppe,  J.  Prammer,  W.  Prellwitz,  8.  Preuß,  H.  Rassow,  H.  Rehdantz,  W. 
Ribbeck,  G.  Richter,  0.  Richter,  J.  La  Roche,  H.  Roehl,  E.  Roseoberg,  J.  H. 
Schmidt,  0.  Schröder,  R.  P.  Schulze,  M.  Sengebusch,  M.  Seyffert,  0.  Seyffert, 
J.  Sitzler,  W.  Sollen,  G.  Sorof,  F.  Spilzuer,  H.  Stadtmüller,  0.  Stählio,  H. 
Stein,  P.  Stengel,  H.  Steudiog,  J.  M.  Stowasser,  G.  Thilo,  V.  Thumser,  M. 
Treu,  F.  Umpfeobach,  A.  v.  Velseo,  G.  Vogriuz,  D.  Volkmann,  R.  Volkmaon, 
W.  Volkmaun,  W.  Vollbrecht,  W.  Waehnier,  R.  Wageoer,  W.  Weiuberger, 
W.  Weißeoboro,  E.  Wellmann,  H.  Wessely,  H.  Wirz,  M.  Wohlrab,  E. 
Wunder,  E.  Ziebartb,  A.  W.  Zumpt  —  b)  Deutsch:  A.  Biese.  E.  Bobertag, 
R.  Boxberger,  G.  EUinger,  G.  Rettner,  G.  F.  RhuU,  G.  Riee,  Ä.  Roberstein, 
H.  Rorz,  H.  A.  Löbbeo,  P.  Piper,  R.  Redlich,  H.  Schreyer,  W.  Schwartz.     — 

e)  Andere  neuere  Sprachen:  U.  Breitioger,  H.  Fritsche,  A.  RreBner, 
A.  Uno,  W.  Mangold,  Alex.  Schmidt,  Th.   SüpBe,  B.  Wiese.    >-    d)  Ge- 


^2j  Prof^ramiDweseD  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehnlea, 

neten  Leistungen  vertreten,  wie  andrerseits  bewährte  und  allge- 
mein anerkannte  Pädagogen  und  Methodiker')  einen  erheb- 
lichen Teil  ihrer  Arbeiten  in  Programmen  veröffentlicht  haben. 
Daß  dies  vor  1875  in  grofiem  Umfange  geschehen  ist,  dem  Jahre 
der  Aufhebung  des  ,,Zwanges''  in  Preußen  (vgl.  o.  S.  147),  das 
ja  den  Hauptanteil  an  der  Programmliteratur  überhaupt  hat,  be- 
darf keiner  besonderen  Hervorhebung.  Denn  solange  Pro- 
gramme geschrieben  werden  „mußten'',  fanden  hier  alle  Ge- 
rechten (neben  den  Ungerechten)  ihren  natürlichen  Platz.  Wichtig 
ist  aber  und  sollte  allen  Gegnern  der  Einrichtung  zu  denken 
geben,  daß  auch  seit  1876  (s.  besonders  S.  73ff.)  und  bis  auf 
den  heutigen  Tag  in  Preußen  wie  in  anderen  Staaten  die  guten 
Programme  wissenschaftlichen  und  pädagogisch-didaktischen  Inhalts 
noch  nach  Tausenden  zählen,  trotz  der  so  oh  als  ,,Ersatz'*  an- 
gepriesenen, an  Zahl  so  sehr  gewachsenen  Zeitschriften  (o.  S.  19 
— 24),  trotz  der  (angeblichen)  Abneigung  des  Standes  gegen  sie, 
trotz  der  Gefahr  des  „Begrabenwerdens'',  auch  trotz  des  mangelnden 


schiebte:  W.  Bernbardi,  F.  Darpe,  Th.  Flathe,  B.  Gebbardt,  J.  HeideoMBo, 
F.  Hirsch,  H.Kohl,  F.  Karze,  H.Röhricht.  —  e)  firdkande:  G.  H.  v. 
Kloedeo,  S.  Ruf e.  —  f)  Philosophie:  M.  Schaeidewio,  A.  Weroicke.  — 
$)  Theologie:  R.  Buddensieg,  A.  Clemea,  J.  Draeseke,  A.  Jaeobseo,  V.  Loch, 
Kb.  Nestle,  H.  Preiß,  £.  Preuscbeo,  L.  Teehea,  L.  Witte.  —  h)  Aas  deai 
Gebiete  der  exaktea  Wissenschaften  (wiedernm  nar  in  ^as  be- 
schrankter Auswahl,  vgl.  0.  S.  126  A.  l,h):  J.  Dab,  J.  Kister  and  H.  Geitel, 
H.  G.  Grafimaoo,  K.  Ohrtmaun,  Th.  Schoenemano. 

^)  In  Auswahl,  in  der  aus  praktischen  Gründen  ausnahmsweise 
auch  einige  schon  oben  nagefiihrte  Verfasser  nochmals  genannt  werden: 
a)  Für  allgemeine  Scholfragen,  Schulgeschichte  u.  äL:  J.  J. 
ßellermann,  K.  fi.  Bonaell,  K.  J.  Blochmann,  F.  A.  Gotthold,  A.  Gramme,  0. 
Henke,  F.  Heußuer,  O.  Kaemmel,  F.  Kern,  H.  Kern,  G.  Kramer,  £.  Leatz,  0. 
Liermann,  P.  Machule,  H.  A.  Niemeyer,  M.  Nath,  F.  A.  iNüfiJin,  K.  F.  Ranke, 
A.  Rausch,  K.  Reinhardt,  H  Schiller.  £.  Schlee,  A.  G  Spilleke.  Q.  Steinbart, 
P.  Treatiein,  G.  Vogt,  L.  Weniger,  K.  Wotke.  —  b)  Für  einzelne  Lehr- 
fächer: a)  Religion:  P.  Dörwald,  F.  Fauth,  R.  Heidrich,  Wh.  Heiasel- 
maon,  W.  Hollenberg,  F.  Hupfeld,  W.  Koppelmann,  E.  Walther,  F.  Zaige. 
ß)  Deutsch  und  philos.  Propädeutik:  J.  H.  Deiabardt,  K.  Dudea,  L. 
Franz,  P.  Goldscbeider,  B.  Grosse,  P.  Hellwig,  R.  H.  Uiecke,  A.  Jonas,  P. 
Klaucke,  R  Lehmann,  G,  Leuchtenberger,  W.  Mönch,  H.  Viehoif.  y)  Alt- 
sprachlicher Unterricht:  fi.  Albrecht,  O.  Altenburg,  K.  Dietsch,  0. 
Dreockbahn,  K.  E.  Georges,  A.  Gronau,  A.  Uaacke,  K.  flachtwano,  M.  Hey- 
nacher,  A.  Joost,  0.  Kühler,  A.  Kuthe,  J.  Latimaon,  U.  Lackenbach,  A. 
Malfertheiuer,  H.  Menge,  G.  Radtke,  J.  Rothfochs,  G.  Schimmelpfeog,  K. 
Schirmer,  J.  H.  Schmalz,  A.  Tegge,  J.  Wulff.  <f)  Englisch  und  Fraazo- 
sisch:  L  Bahlseo,  C.  Humbert,  0.  Kabisch,  R.  Krön,  G.  LüciLiog,  W.  Moach, 
J.  Ostendorf,  Pb  Plattiier,  K.  Ploetz,  K  Qniehl,  0.  Ulbrich.  €)  Geschichte: 
W.  Afimaun,  H.  Brettschneider,  K.  Fischer,  0.  Jäger,  F.  Junge,  F.  Neubaver, 
E.  Stutzer.  C)  Erdkunde:  K.  BöUcber,  H.  F.  Matzat,  A.  Sopau.  rj)  Mathe- 
matisch-natarwissenschaitlicher  Unterricht:  K.  Galienkanp,  fi. 
Grimsehl,  K.  Jochmann,  A.  Kaliius,  L.  Kambly,  B.  Laudsberg,  H.  Martus,  H. 
Schotten,  B  Schwalbe,  W.  Thome,  P  Treatiein,  O.  Wossidlo.  ^)  Zeichnen. 
Kunstunterricht:  F.  Heufiuer,  K.  Kiuzel,  F.  Kahlmann,  U.  Luckeabach, 
0.  Stieger.  f)  Turnen,  Jugendspiele,  Reisen,  Sport:  H.  Kanter,  B. 
Kohse,  H.  Wickenhagen. 


voB  R.Ullrich.  129 

Honorars  (s.  u.  Abschn.  G).  Zahlreiche  Autoren  bekanntesten 
Namens  und  mit  den  besten  Beziehungen  zu  Zeitschriften-Redak- 
tionen und  Verlegern  hätten  weniger  umfangreiche  Arbeiten 
gewiß  in  Zeitschriften  veröffentlicht,  größere,  die  sie  auch 
in  der  Form  des  mehr  Raum  gewährenden  Programms  noch  in 
mehrere  Teile  zerlegen  mußten,  Tielieicht  in  Buchform  heraus- 
geben können,  wenn  ihnen  das  möglich  oder  nützlich  erschienen 
wäre;  sie  haben  die  Form  des  Programms  gewählt.  Viele,  und 
gerade  die  besten,  haben  darin  überhaupt  einen  erheblichen  Teil 
ihrer  wissenschaftlichen  Arbeit,  die  Früchte  ihrer  pädagogisch- 
didaktischen Erfahrungen  und  eine  Fülle  organisatorischer  Vor- 
schläge niedergelegt^),  z.  T.  in  solchem  Umfange,  daß  diese  Pro- 
gramme einen  wesentlichen  Teil  der  Lebensarbeit  ihrer 
Verfasser  überhaupt  darstellen  und  nicht  bloß  diesen  selbst  zur 
Ehre  gereichen,  sondern  auch  ein  wertvolles  Stück  Geschichte  der 
Anstalten  bilden,  in  deren  Namen  sie  veröffentlicht  worden  sind') 
Sie  wurden  dabei  offenbar  von  gleichen  oder  ähnlichen  Erwägungen 
geleitet,  die  den  Verfasser  dieser  Arbeit  zu  der  Ansicht  geführt 
haben,  daß  das  Programm  neben  der  Buch-  und  Zeitschriften- 
literatur eine  selbständige  Aufgabe  zu  erfüllen  hatte,  die  heute 
wie  in  Zukunft  noch  zu  Recht  besteht  (vgl.  o.  S.  19). 


^)  Man  vergleiche  besooders  a)  vor  1876  (io  der  Hauptsache)  die 
Arbeiteo  von:  L.  H.  Ahreos,  K.  F.  Ameis,  K.  £.  BoDaell,  J.  Brix,  J.  Classen, 
Chr.  W.  Groo,  J.  H.  Oeinhardt,  S.  Deutsch,  L.  Döderlein,  H.  B.  Dombart,  F. 
A.  Ecksteio,  0.  Frick,  F.  A.  Gotthold,  R.  Halm,  H.  W.  Heerwagea,  K.  He- 
raeus,  W.  Herbst,  F.  K.  Hertleio,  R.  H.  Hiecke,  L.  v.  Jaa,  W.  K.  Kayser,  G. 
A.  Klix  (trotz  seiner  Polemik  gegen  die  Eiorichtaug,  vgl.  o.  S.  197),  Th. 
Kock,  R.  Köpke,  G.  Kramer,  F.  Läbker,  J.  Marqoardt,  A.  Meiaeke,  K.  F.  W. 
Maller,  F.  A.  N'dßilo,  B.  F.  Poppo,  J.  Prammer,  K.  F.  Raake,  H.  Rassow,  K. 
L.  Roth,  K.  Schellbacb,  H.  Schiller,  H.  Schmidt,  L.  Schopen,  A.  Speogel,  L. 
Spengel,  J.  G.  Stalibaam,  G.  Thilo,  L.  Wiese,  A.  Ziogerle,  A.  W.  Zampt;  für 
die  Zeit  b)  voo  1876  ao  bis  zar  Gegenwart  oeone  ich  folgende  Autoren 
(von  deren  Arbeiteo  einige  wenige  aach  schon  dem  Zeitraum  vor  1876  an- 
gehören): 0.  Apeit,  G.  Aodresen,  A.  v.  Bamberg,  K.  ßardt,  F.  Becher,  A. 
Biese,  G.  BilfiDger,  P.  Corssen,  F.  Darpe,  W.  Deecke,  0.  Detlefsen,  A. 
Draeger,  J.  Draeseke,  R.  Ehwald,  A.  Gngelbrecbt,  A.  und  W.  Gemoll,  P. 
Goldscheider,  A.  Gramme,  H.  Guhraner,  K.  Hartfelder,  J.  Heidemaon,  R. 
Heidrich,  G.  Helmreieh,  0.  Henke,  K.  Heotze,  K.  Heyuacher,  F.  J.  Hilden- 
brand,  F.  Hirsch,  J.  Huemer,  C.  Humbert,  0.  Jüger,  F.  Kern,  G.  Kettner,  F. 
KhüU,  F.  Knoke,  0.  Kohl,  F.  Koldewey,  H.  Köhieweio,  G.  Undgraf,  J.  Latt- 
mann, J.  Loos,  A.  Matthias,  O.  Meltzer,  T.  Mommseo,  W.  Münch,  M.  Natb, 
Eb.  Nestle,  H.  Peter,  Ph.  Plattoer,  K.  Reinhardt,  W^.  Ribbeck,  G.  und  0. 
Richter,  J.  La  Roche,  H.  RÖhl,  R.  Röhricht,  A.  Roemer,  G.  Schimmelpfeng,  J. 
U.  Schmalz,  B.  Schwalbe,  H.  Stadtmüller,  J.  M.  Stowasaer,  Th.  ThaUieim;  V. 
Thnmser,  M.  Treu,  W.  Volkmann,  J.  WaUner,  E.  Walther,  G.  Weodt,  K. 
Wessely,  F.  Zange. 

*)  Ich  nenne  z.  B.  für  die  ältere  Zeit:  Ahrens,  Classen,  Döderlein, 
Eckstein,  Kayser,  Kock,  Marquardt,  Poppo,  Rassow,  Schell bach,  Schopen, 
Stallbaum:  Tur  die  neuere:  Bilfinger,  Detlefsen,  Ehwald,  W.  Gemoll, 
Kettoer,  Eh.  Nestle,  H.  Peter,  Schwalbe,  Stowasser,  Wessely  und  vor  allem 
F.  Koldewey  und  M.  Treu. 

Eeitaahr.  f.  d.  OTmnMialweaeo«    liXI.    Sopplementhofi.  0 


X^  Pro^rammweseo  nad  Programmbibliothek  d.  höh.  Scholen, 

ß)  Programme  als  Ausgangspunkt  und  Unter- 
stützung größerer  wissenschaftlicher  und  pädagogisch- 
didaktischer Werke  ihrer  Verfasser.  Jedes  größere  lite- 
rarische Werk,  das  Anspruch  auf  dauernde  Bedeutung  erheben 
will,  bedarf  eingehender  Vorstudien.  Zahlreichen  Autoren  ist  es 
auch  Ton  jeher  wünschenswert  erschienen,  eine  oder  mehrere 
solcher  Vorarbeiten,  die  der  Prüfung  und  Sichtung  von  Quellen- 
material, der  Auseinandersetzung  mit  entgegengesetzten  Meinungen, 
der  Anregung  neuer  Fragen,  organisatorischer  und  methodischer 
Reformen  dienen  sollten,  der  Veröffentlichung  größerer  Werke 
vorauszuschicken,  um  die  Meinung  der  Fachgenossen  zu  hören, 
gewisse  Fragen  in  Fluß  zu  bringen  und  so  umfassenderen  Dar- 
stellungen wirksam  vorzuarbeiten.  Daß  für  Tausende  kleinerer 
Proben  dieser  Art  die  Menge  der  Fachzeitschriften  aller  Art  von 
jeher  als  ein  geeigneter  Boden  betrachtet  worden  ist,  für  schon 
umfänglichere  Monographien  die  Sonderausgabe,  ist  bekannt  und 
braucht  nicht  erst  nachgewiesen  zu  werden.  Daß  aber  auch  die 
Programme  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  für  solchen  Zweck  als 
außerordentlich  geeignet  befunden  worden  sind,  nicht  in  ver- 
einzelten Fällen,  sondern  in  ganz  bedeutendem  Umfange,  wird 
allen  denen  neu  sein,  die  sich  ihr  Urteil  über  Wert  oder  Unwert 
der  ganzen  Einrichtung  durch  die  negierende  Majorität  in  der 
Diskussion  der  letzten  Jahrzehnte  nur  zu  sehr  haben  trüben 
lassen.  In  der  Tat  läßt  sich  für  Arbeiten,  die  den  Rahmen  eines 
gewöhnlichen  Zeitschriftenaufisatzes  überschreiten,  ohne  doch  9chon 
für  die  Sonderveröffentlichung  geeignet  zu  sein^),  kaum  ein 
passenderer  Ort  denken  als  das  Programm.  Hier  fallen  nicht  bloß 
viele  der  Unmöglichkeiten,  Hindernisse  und  Bedenken  fort,  die 
der  Veröffentlichung  in  Zeitschriften  entgegenstehen  (vgl.  o. 
S.  21  ff.),  sondern  es  kann  auch  überall  da,  wo  die  Autoren  nicht 
den  geschäftlichen  Gesichtspunkt  in  den  Vordergrund  stellen,  in 
unmittelbarster  Weise  und  ohne  erhebliche  Kosten  für  den  Kreis 
aller  Interessenten  positiver  Nutzen  gestiftet  werden,  besonders 
wenn  die  Programmbibliothek  der  Schulen  (vgl.  Abschnitt  111} 
zweckmäßig  verwaltet,  vor  allem  leicht  zugänglich  und  über- 
haupt die  ganze  Organisation  der  Sache  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  die  Lehrer  und  z.  T.  auch  das  Elternpublikum  auf  die  mög* 
liebste  Verbreitung  der  Programme  zugeschnitten  ist,  worauf  es 
doch  vor  allem  ankommt  (vgl.  meine  Ausführungen  darüber  oben 
S.  275  f.).  Und  das  ist  nicht  etwa  bloße  Theorie,  sondern  wir 
stehen  beweiskräftigen  Tatsachen  gegenüber.  Wer  bisher  andrer 
(nicht  begründeter)  Ansicht  war,  hätte  (wenigstens  für  die  Zeit 
von  1876  ab)  nur  einige  Stunden  daran  zu  wenden  brauchen, 
die  vier  Bände  Kl ufsmanns  daraufhin  zu  durchblättern.    Dieser 


^)  Bei  dieser  ist  meist  der  (übrij^ens  oieht  aaberechtig^e)  Gesichtsponkt 
der  Verleger  maßgebend,  ob  das  Werk  „gehea"  wird. 


von^Ullpich.  '    i3\ 

fleißige,  umsichtige  und  kenntnisreiche  Bibliograph  hat  sich  nämlich 
nicht  mit  der  bloßen  Sammlung  und  Ordnung  des  gesamten 
Programmmaterials  begnügt,  sondern  wertvolle,  nach  Hunderten 
zählende  Hinweise  fOr  alle  die  Fälle  gegeben,  in  denen  Programme 
später  in  (meist  revidierter)  Buchform  (z.T.  in  mehreren  Auf- 
lagen) erschienen  sind,  die  Grundlage  für  gröfsere  Arbeiten 
ihrer  Verfasser  gebildet,  in  „gesammelten  Schriften*' Aufnahme 
gefunden  haben  u.s.f.  —  Dinge,  die  doch  deutlich  genug  beweisen, 
daß  die  Arbeit  der  Programmatarii  nicht  vergeblich  gewesen  ist, 
sondern  reiche  Frucht  getragen  hat.  Der  Leser  möge  für  den 
Zeitraum  von  1876 — 1900  bei  Klufs mann  selber  zusehen!  Aber 
für  den  langen  Zeitraum  von  1824 — 1875  wie  für  die  wenigen 
Jahre  seit  1901  gibt  es  zahlreiche  Beispiele  ähnlicher  Art. 
Wiederum  liegen  eine  ganze  Reihe  von  Programmen  ^)  vor,  die  z,  B. 
Ausgaben  von  klassischen  Schriftstellern  oder  gröfsere  Mono- 
graphien über  sie,  Lexika  und  andere  gröfsere  Werke'),  z.T. 


>)  Vgl.  obeo  das  VerzeiehaM  S.  35—65,  €9lt,  und  S.  68,  104^122. 

')  Vgl.  z.  B.  (ich  gebe  nar  eioe  Aas  wähl  der  bekaon  testen 
NameD)  A.  Für  den  Zeltraam  von  1824 — 1875:  a)  Zn  grlech.  o. 
lat.  Autoren:  K.  Abicht  (Herodoi),  K.  Ameis  (ffomer),  6.  ^Andresen 
(Taeüus),  F.  Blafi  (Dem.),  H.  Bonitz  {PUüo  u.  Ariitot),  J.  Classen  {Hom.), 
{Tfmk,),  Chr.  Cron  u.  J.  Deuschle  {Plaio),  D.  Detlefsen  {PUn.),  W.  DUlen- 
bnrger  {Haraz),  Th.  Doehner  (Plutarch),  B.  Dombart  (Augiutinui),  A.  Draeger 
KToc.),  K.  Dziatzko  {Rom,  KomÖd.),  F.  EUendt  {Cic.),  R.  Enger  (Aeschylut), 
A.  Fleckeisen  {Rom,  Komöd,),  G.  Vf.  Gofirau  (Ferg,),  K.  Halm  {Cic.),  M. 
Haydnck  {Aristot),  R.  Hentze  (^om.),  K.  Heraeas  ( r<ic.),  R.  Hercher  (Aelian), 
F.  K.  Hertlein  {Xenophon,  Julian),  H.  Hitzig  {Pausan),  Fr.  Hnltsch  (Polyb,), 
K.  Jaeoby  {Dum,  Hai),  L.  van  Jan  {PUn.,  Macrob,),  J.  Jeep  (Justin),  K.  Kappes 
{f^erg,),  W.  R.  Kayser  (Hom.\  H.  Keil  (Grammatiker),  K.  F.  Kempf  (Fal. 
Max,),  Ad.  Kießling  (Dion.  Hai,  Senec,  rhet,),  Th.  Koch  (Griech,  Komöd.), 
O.  Korn  (Ovid)  F.  Kritz  (Tac),  K.  W.  Kroger  (Tiuik,),  Th.  Ladewig  (Ferg,), 
K.  Lehrs  {Gr,  Epik),  J.  H.  Lipsius  {Gr.  Redn.),  B.  Lapas  (ISepoe),  W.  Marck- 
Scheffel  {Aeschyl,),  A.  Meineke  {Gr.  Komöd.),  R.  Merkel  (Aeschyl,  ApoU. 
ßhod.,  Quid),  W.  Meyer  {Pwpt^rion),  T.  Mommsen  {Pindar),  K.  F.  W. 
Müller  (Cic),  M.  Müller  (Liv,),  F.  W.  A.  Mallach  {Frgm,  d.  gr.  Philos.),  A. 
Nanck  (Gr,  Trag,),  M.  Witsche  {Xen.),  R.  Peiper  {Seneca),  K.  W.  Piderit 
(Cic),  E.  F.  Poppo  {Thuk.),  J.  Prammer  {Tac),  F.  Ranke  {Arisioph.),  0, 
Ribbeck  {Ferg.),  W.  Ribbeck  {Att,  Komöd.),  J.  La  Roche  {Hom.),  K.  L.  Roth 
(Tac.),  A.  Schaefer  (Gr.  Redn,),  K.  Schaper  (Ferg.),  K.  Scheibe  (Gr,  Redn.), 
O.  Schroeder  (Pind.),  M.  Sengebasch  {Hom.),  J.  Sommerbrodt  (Lucian),  G. 
Sorof  (Cic),  A.  Spengel  (Plaut.),  L.  Speogel  (Farro),  F.  Spitzner  (Hom.), 
J.  M.  Stahl  (Thuk.),  J,  G.  Suilbaam  (Plato),  H.  Stein  {Herod.),  K.  Steinhart 
(Piato),  G.  Thilo  (Serviue),  G.  Tischer  (Cic),  F.  Umpfenbach  (Ter,),  A. 
V.  Velsen  (Aristoph,),  R.  Volkmann  {Faria),  W.  Weißenborn  {Liv.),  H.  Wirz 
{Sau,),  E.  Woelfflin  {Liu,),  M.  Wohlrab  (Plat),  E.  Wooder  (Eurip.),  A. 
Zingerle  (Rom.  Eleg.), — b)  Zar  klass.  Altertumswissenschaft  (nebst 
alt.  Geschichte,  Lexikographie  u.  Grammatik,  Methodik  d.  lat. 
n.  gr.  Uoterr.):  L.  H.  Ahrens  (Gr.  Dialekte),  J.  Arnoldt  {F.  A,  JFolf), 
J.  J.  Bernonlli  (Ikonogr,),  F.  Blaß  (Gr,  Ausspr.),  W.  Corssen  (LaL  Spr.), 
W.  Deecke  (Sprachw.),  A.  Oraeger  (Lat.  Spr.),  H.  Gleditsch  (Mär.),  A. 
Goebel  {Lexil.  Hom.),  A.  Haacke  (Gramm.),  M.  Heinze  {Gr.  Philos.),  A.  Holm 
(Sizäien),  O.  Jüger  (Gesch.),  J.  Lattmann  {Gramm,),  V.  Loch  (Fulgata),  K. 
F.  Lübker  (Reallex,),    B.  Lapas  (Sizilien),    J.  Marqnardt   {Rörn.  Altert,),   O. 


132  Programmwesen  und  Progrirombibliothek  d.  höh.  Schnlen, 

Standard  works,  vorbereitet  oder  unterstfitzt  und  so  die  Forscbang 
beeinflaßt,  dazu  Handerten  von  Fachgenossen  der  verschiedensten 
Gebiete  Förderung  in  ihren  Stadien  gebracht  und  sie  zu  weiteren  Ar- 
beiten angeregt  haben.  So  kann  es  nicht  wundernehmen,  daß  auch  die 
f)  Verwertung  der  Programmliteratur  in  rein 
fachwissenschaftlichen  Werken  wie  in  pädagogisch- 
didaktischen eine  außerordentlich  große  gewesen  und  geblieben  ist. 
Die  Meinung,  daß  z.  B.  Universitätsprofessoren  den  Programm- 
arbeiten nur  geringe  Beachtung  schenkten^),  ist  nicht  zutreffend. 
Man  braucht  hier  nicht  einmal  lange  zu  suchen,  um  schließlich 
einige  Ausnahmen  mühsam  herauszufinden;  die  Beispiele  drängen 
sich  jedem,  auf  welchem  Gebiete  auch  immer,  förmlich  auf).  In 


Meltzer  {KaHhager),  H.  Menge  {SUlittik\  H.  Mergaet  {Lexikogr.),  W.  Pape 
(Gr.  Lex.),  K.  aod  H.  Peter  {Rom,  Gesch.),  W.  ftoscher  (Mythol,),  H.  RoeU 
{Epig;raph.),  V.  Rost  {Gr.  Lex.),  J.  Rothfachs  {Lai.  u.  gr.  Uriterr.),  H. 
Schiller  {Rom.  Gesch.),  J.  H.  H.  Schmidt  {Synoni^m.),  F.  Unger  {ChrimoL)^ 
R.  VolkmtBD  (F.  A.  Wolfs  Prolegg.),  H.  W'ageoer  [Lat.  Gramm.),  R.  W. 
Zumpt  {Rom.  filtert.).  —  c)  Deutsch:  F.  Boberta^  {Roman),  R.  Boxberper 
(Schüler),  K.  Duden  {Orthogr.),  R.  Hiecke  {Unterr.),  A.  Jonas  {j4t^s.),  P. 
Klaucke  (dgl.),  M.  Lexer  {Mhd.  Wb.),  P.  Piper  {(Jlßlas),  K.  Tonia^chek 
{SchiUer).  —  d)  Französisch  a.  Englisch:  H.  Fritsche  {MoHere),  W. 
Läcking  {Frz.  Gramm.),  Alex.  Schmidt  (Shakesp.-Lex.).  —  e)  Mittl.  «. 
neuere  Geschichte:  Th.  Flath e  {Sachs.  Gesch. ),  A.  H orawi tz  {HumanisuL), 
Tb.  Lindner  {M.-ji.),  G.  Richter  {dgi),  R.  Röhricht  {Kreuzziige),  H.  v.  Zwie- 
dineck-Südeohorst  {Neuere  G.).  —  f)  Erdkunde:  A.  Supao  [Lehrb.d.  Erdk.), 
H.  Matzat  {Unterr.).  —  g)  Veri^leichende  Mythologie:  A.  Kuhn  aad 
W.  Sohv^artz.  —  h)  Theologie:  S.  Oeotsch  (Kirchengeseh.  d.  M.-A.),  R. 
Ueidrich  (Kirchettgesch.,  Rel.-Unterr.),  K.  J.  Holsten  {Pmäus),  P.  de  Lagarde 
(BibeUext),  H.  Weingarten  {Ktrchengesch.).  —  i)  Philosophie:  W.  Schuppe 
{Logik),  Th.  Ziegler  {Ethik).  —  k)  Pädagogik  (Werke  zu  einzelaeD 
Unterrichtsfächern  s.  o.  h — d):  L.  Döderlein  {f^aria),  A.  Frick  {dgl), 
F.  Koldewey  {Mon,  Germ,  paed.),  J.  Loos  (Österr.  Schulw.),  H.  Schiller 
{Prakt,  Päd.). 

B.  FUr  den  Zeitraum  seit  1901:  Zu  a)  (vgl.  A):  0.  Apelt  (^^rif^ot. 
Nik.  Eih.),  Th.  Büttner-Wobst  {Polyb.),  M.  Cousbruch  (Uephaesiion),  VV. 
GemoU  {Xenoph.),  K.  Hachtmano  {Cic.  Ferr.),  J.  Haury  {Prokop),  G.  Helm- 
reich  {Galen),  A.  Hilgard  {Dion.  Thr.),  H.  Kiihlewein  {Hippokr.),  K.  MayhofT 
{PUn.),  M.  INiemeyer  {Plaut.),  H.  Feter  (HUt.  Rom.  rel.),  H.  StadtmüUer 
{Gr.  AnihoL),  0.  Stählin  {Clem.  Alex.),  K.  Strecker  {HroUvit,  ^altharius). 
—  Zu  b)  H.  Blase  {Lat.  Gramm.),  J.  Kirchner  (Prosopogr.),  G.  Landgraf 
{Lat.  Gramm.),  K.  Leasing  {HisL  Aug.  lex.),  H.  Reich  {Mimus),  0.  Richter 
{Rom,  Topogr.),  0.  Weißenfels  {Gr.  Philos.),  K.  Wessely  {Papyn).  —  Zn  e) 
A.  Biese  {Litt.-Gesch.),  P.  Goldscheider  {Deutsche  Schriftwerke),  G.  Rettner 
{Lessing).  ~  Zu  d)  0.  Boerner  {Gramm.),  Ph.  Plattoer  {dgL).  —  Zu  b) 
£b.  iNestle  {Griech.  d.  IV.  T.)  u.a.m. 

Von  einer  Aufzählung  auch  nur  einer  Auswahl  von  Werken  aas 
dem  Gebiete  der  exakten  Wissenschaften  wird  aus  den  wiederholt 
bemerkten  Gründen  abgesehen  (vgl.  z.  B.  o.  S.  3S).  Auch  hier  fehlt  es 
übrigens  nicht  an  einer  großen  Menge  solcher,  die  auf  Programme  zurück- 
gehen, durch  sie  ergänzt  worden  sind  u.  s.  f. 

I)  Vgl.  z.  B.  H.  Müller  a.  a.  0.  {Bibl.  Abt.  4,  INr.  127)  S.  23. 

^)  H.  Morsch  a.  a.  0.  (Bibl.  Abt.  4,  Nr.  139)  S.  82  nennt  als  solche: 
W.  Scherer,  Gesch.  d.  deutsch.  Lit. ,  K.  Goedekes  Grundrifs  { vgl.  seh  od 
oben    S.  187),    S.  Teuffei,  Gesch.  d.  röm.  La.,  M.  Schanz,  dgl.,  B.  Heb- 


vou  R.  Ullrich.  13S 

der  Tat  ließe  sieb  ja  kaum  etwas  Seltsameres  denken»  als  wenn 
etwa  die  Universitätslehrer,  die  sich  ja  Ton  jeher  aus  den  Reihen 
des  höheren  Lehrerstandes  ergänzt  haben  und  noch  ergänzen,  diese 
Literatur  geflissentlich  ignorieren  wollten,  die  ein  so  erhebliches 
Stuck  der  Wissenschaft  und  ihrer  Gescl)ichte  darstellt.  Die  gene- 
relle ölTentliche  Herabsetzung  der  Philologen  durch  einen  tempe- 
ramentvollen Hochschullehrer  ist  ja  erst  neusten  Datums.  Daß 
ferner  die  Programme  in  den  meisten  Fachbibliographien^) 
sorgsam  gebucht,  in  den  Jahresberichten')  für  die  ver* 
schiedenen  Wissenschaften    angezeigt    und  z.T.    sehr  ein- 


hard[t]  (gemeiot  ist  doch  wohl  das  Hdb,  d.  dtsck.  Gesch.?).  Die  Zahl  läfit 
sich  ohne  irgend  welche  Schwierigiteit  beliebig  vervielfachen;  ich  nenne 
z.  B.  aus  der  Zahl  der  von  mir  häafiger  beuatzten  größeren  Werke  zar 
AI  tertamswisseosehaft  and  Geschichte  (einschl.  d.  Kirchen- 
geschichte): C.  Bursiao,  Geseh.  d.  kUus,  PhüoiU^gie  in  DeutMckland  (s. 
o.  S.  31,  Aom.  2)»  G.  Bosolt,  Griech.  Gesch.,  A.  Haack,  Eirchengeseh, 
Deutschlands,  K.  F.  Hermann,  Lehrb.  d.  griech.  Antiquitäten,  J.  Marqaardt- 
Th.  MoDifflsen,  Hdb.  d.röm,.AUert.,  sämtliche  Bande  von  Iw.  Müllers 
Hdb.  d.  klass.  j4ltertufnswiss.  (nicht  nur  die  von  Schanz),  W.  U.  Röscher, 
^usf.  Lex.  d.  griech.  u.  rötn.  Mythol.,  A.  Schaefer,  Demosth,  u.  s.  Zeä^ 
£.  Srhiirer,  Gesch.  d.  jäd.  Folkes  i.  Z.  Jesu  Christi,  F.  Sasemihl,  Gesch, 
d.  griech.  Lit.  in  d.  Alextmdrinerzeit,  E.  Zeller,  Phüos.  d.  Griechen,  auch 
B.  Meyer,  Gesch.  d.  yiUertums.  Die  größeren  Werke  über  höheres 
Schalwesen  ziehen  mit  Recht  ebenfalls  die  Programme  in  aasgedehotem 
Maße  heran.  Deco  gerade  hier  verdanken  ja  viele  Gebiete  Fundament  und 
Aasbao  ganz  besonders  den  Schulschriften.  Ich  nenne  z.  B.  die  verschie- 
denen Bände  von  A.  Ba  ameisters  „Handbuch",  die  Monomen  ta  German. 
paedagogica,  F.  Paalseo,  Gesch.  d.  gelehrten  Unterrichts,  W.  Rein, 
EnsykL  Hdb.  d.  Pädagogik,  H.  Schiller,  Hdb.  d.  prakt.  Pädagogik.  Sogar 
io  der  oeusten  (6.)  Auflage  von  Meyers  Grofs.  Konversat.- Lexikon,  die  sich 
überhaupt  durch  sorgfältig  ausgewählte  Literaturangaben  auszeichnet,  habe 
ich  schon  häufig  Programmarbeiten  zitiert  gefunden.  Der  Tatbestand  wird 
aar  dadurch  etwas  verdunkelt,  daß  in  den  genannten  Werken  wenigstens 
Dicht  überall  die  zitierten  Programme  auch  als  solche  ausdrücklich  gekenn- 
zeichnet worden  sind. 

^)  Ich  nenne  aus  der  großen  Fülle  z.  B.  die  seit  34  Jahren  bestehende 
Bibliotheca  philo logica  classica  (Leipzig,  0.  R.  Reisland),  die  nicht 
nur  den  Abonaenten  von  Bursians  Jahresbericht  (s.  Anm.  2)  und  den 
Jahresabooneoten  der  Berliner  phäol.  IFS.  zugänglich  gemacht  wird  und  so 
auch  io  viele  Lehrerbibliotheken  kommt,  sondern  auch  einzeln  käuflich  ist; 
alle  einschlägigen  Programme  werden  hier  jedes  Vierteljahr  sorgfältig  ge- 
bucht. Andere  Gebiete  sind  ähnlich  versorgt.  Von  nicht  periodisch  er- 
scheinenden Werken  nenne  ich  z.  B.  Dahlmann-Waitz,  Quellenk.  d. 
deutsch.  Gesch.,  7.  Aufl.  Leipzig  1906,  Th.  Weicher,  mit  £rgänssungsband, 
1907,  ebenda. 

^)  Vgl.  C.  Rethwisch,  Jahresberichte  üb.  d.  höh.  Schulwesen,  seit 
18bt}  (Berlin,  Weidmann),  Bursian-Kroll,  Jahresb,  üb.  d.  Fortschr.  d. 
klass.  Altertumswiss.,  seit  1873  (Leipzig,  0.  R.  Reisland),  die  Jahresberichte 
des  philolog.  Vereins,  die  der  Z.  f.  d.  Gytnn.-H^.  seit  1874  beigegeben 
werden  und  fachwissenschaftliche  wie  methodische  Programmarbeiten  ein- 
gehend würdigen  (Berlin,  Weidmann),  die  Jahresberichte  über  neuere  deutsche 
Literaturgeschichte,  seit  1890  (Berlin,  B.  Behr),  die  Jahresberichte  der  Ge- 
Schichtswissenschaft,  seit  1878  (Berlin,  Weidmann),  Ohrtmann-Lampe, 
Jahrbuch  üb,  d,  Fortschritte  d.  Mathematik,  seit  1868  (Berlin^  G.  Reimer)  uam. 


134  Programmwesen  and  Proerrammbibliothek  d.  hob.  Seholeo, 

gehend  gewürdigt  werden,  daB  ein  großer  Teil  der  Zeit- 
schriften^), gerade  auch  solcher,  die  in  den  Lehrerbibliotheken 
der  höheren  Schulen  heimischer  sind,  den  Ertrag  der  Programme 
jedes  Jahres  einzeln  oder,  was  noch  zweckmäßiger,  nach 
Wissensgebieten  geordnet,  in  Sammelbesprechungen*)  den 
Lesern  zugänglich  macht»  wurde  ich  überhaupt  für  unnötig  halten 
besonders  zu  erwähnen,  wenn  man  nicht  in  der  Diskussion  über 
den  Gegenstand  (s.  o.  S.  197,  249  u.  ö.)  wieder  und  wieder  zu 
hören  bekommen  hätte,  die  Programme  „würden  nicht  genügend 
bekannt"  —  oder  wie  es  sonst  heißen  mochte.  Sollte  das 
wirklich  für  eine  kleinere  Anzahl  von  Schulen  zutreffen  (die 
Möglichkeit  bestreite  ich  zunächst  nicht),  so  liegt  die  Schuld  an 
diesen  selbst,  die  ihren  Etat  yielfach  lieber  in  Kleinigkeiten  auf- 
gehen lassen  (vgl.  die  Jahresberichte),  anstatt  ihn  für  größere 
Werke,  wissenschaftliche  Jahresberichte,  führende  Zeitschriften 
und  andres  von  dauerndem  Werte  zusammenzuhalten.  Damit 
hängt  es  auch  zusammen,  daß  die  Klufsmannsche  Biblio- 
graphie noch  bei  weitem  nicht  in  jeder  Handbibliothek  jeder 
höheren  Schule  zu  finden  ist,  daß  man  an  der  gleichen  Stelle 
das  zweite  Teubnersche  Verzeichnis  (s.  o.  S.  112  Nr.  13b, 
S.  222 f.)  erst  teilweise,  das  Berliner  (o.  S.  112  Nr.  15,  S.  223 
Anm.  2)  und  das  Focksche  Verzeichnis  (o.  S.  112  Nr.  16)  so 
gut  wie  gar  nicht  antrifft.  Ehe  man  aber  so  ungerechtfertigte 
Klagen  erhebt,  sollte  man  daran  gehen,  ihnen  —  was  ohne  viel 
Aufwand,  nur  mit  etwas  mehr  Beachtung  der  einschlägigen  Lite- 
ratur geschehen  kann  —  den  Boden  noch  mehr  zu  entziehen, 
als  dies  hier  in  meinen  Ausführungen  geschehen  ist. 

Aus  ihnen  aber  geht  doch  wohl  für  jeden  unbefangenen  Be- 
urteiler die  Tatsache  hervor,  dafs  wir  in  der  Programm- 
1  leratur  Deutschlands,  Österreichs  und  der  Schweiz 
eiinen  wirklichen  Schatz  gelehrter  wie  pädagogisch- 
didaktischer und  organisatorischer  Arbeit  besitzen, 
den  zu  erhalten  und  zu  mehren  ebenso  eine  Ehren- 
pflicht der  Lehrer,  die  ihn  selbst  gesammelt  haben 
und  seine  Früchte  geniefsen,  wie  der  Behörden  ist, 
staatlicher  wie  städtischer,  in  deren  Händen  auch  in 
Zukunft  die  Gewährung  der  Mittel  für  ein  geistiges 
Kapital  liegt,  das  so  reichliche  Zinsen  getragen  hat') 
und  —  wenn  nicht  alle  Zeichen  trügen  —  weiterhin 
tragen  wird. 

^)  Über  ihre  Verbreitung  aa  des  höheren  Schalen  und  viele  sich  dar» 
knöpfende  organisatorische  Fragen  wird  die  oben  (S.  86,  Anoi.  ],  Z.  10)  •■- 
gekündigte  Arbeit  des  Verfassers  Genaueres  bringen. 

*)  So  z.  B.  in  der  (seit  1902  erscheinenden)  MonaUchr.  f.  haken 
Schulen  (Berlin,  Weidmann). 

')  K.  Duden,  der  s.Z.  (s.  o.  S.  197)  das  Schlagwort  von  der  ., Nil- 
Überschwemmung"  für  die  Programmliteratur  prägte,  bat  damit,  ohne  es  zn 
wollen,  xugleich   die  befruchtende  Wirkung   dieser  Arbeiten  beseicbaet 


von  R.  Ullrich.  i3S 

c)  Minderwertige  Programme?  Wissenschaft  und 
Schule  in  der  Prograromliteratur.  Die  „Hinderwertigkeit'' 
der  ,,meisten  Programme"  ist  in  der  Diskussion,  besonders  der 
letzten  Jahrzehnte,  wie  wir  sahen,  ein  beliebtes  Schlagwort  ge- 
wesen, und  im  Zusammenhange  mit  dem  „Zwange  zum  Programm- 
schreiben", der  eines  wissenschaftlich  hoch  entwickelten  Ober- 
lehrerstandes unwürdig  sei,  im  Hinblick  auch  auf  die  hohen 
Kosten  bat  man  dann  das  Kind  mit  dem  Bade  aiisgeschöttet,  die 
Abschaffung  der  „Kinder  der  Not"  kategorisch  verlangt  und  inso- 
fern  ja  auch  wenigstens  einen  äußeren  „Erfolg"  der  Bemühungen 
erzielt,  als  einige  Staaten  und  Städte  durch  Einführung  des  drei- 
jährigen Turnus  der  Lieferung  die  Produktion  wesentlich  einge- 
schränkt haben.  Geschichtliches  Verständnis,  das  muB  gesagt 
werden,  hat  bei  solchen  Urteilen  wenig  mitgesprochen.  Wie  kann 
man  aber  die  Beurteilung  des  Programms  loslösen  von  der  Art 
seiner  Entwickelung,  die  doch  wiederum  nicht  erfaßt  werden 
kann,  ohne  daß  man  den  Wandlungen  nachgeht,  die  der  höhere 
Lehrerstand  selbst  in  wissenschaftlicher  und  pädagogischer  Hin- 
sicht im  Laufe  des  19.  Jahrhunderts  bis  beute  erfahren  hat!  ^) 

Gibt  es  minderwertige  Programme?  Natürlich,  auf  fach- 
wissenschaftlichem Gebiete  ebenso  wie  auf  dem  pädagogisch- 
didaktischen. Genies  sind  in  jeder  Organisation  selten,  Talente 
schon  häufiger,  das  Mittelgut  —  gleichwohl  ein  notwendiger 
und  nutzlicher  Bestandteil  —  bildet  die  Hauptmasse,  und  manche 
stehen  noch  tiefer.  Warum  hätte  es  in  der  Organisation  des 
Programm  Wesens  zunächst  anders  sein  sollen?  Meinem  Eindruck 
nach  ist  das  auch  —  was  insbesondere  Preufsen  anlangt  —  in 
den  ersten  Jahrzehnten  der  Existenz  des  Programm wesens,  etwa 
bis  in  die  fünfziger  Jahre  hinein,  so  gewesen,  in  Österreich, 
dessen  MittelschuUehrerstand  n.  St.  erheblich  jünger  ist  als  der 
preußische,  wohl  noch  etwas  länger.  Es  war  dies  auch  ziemlich 
natürlich;  was  konnte  man  von  einem  Lehrerstande  in  seiner 
Gesamtheit,  der  sich  in  den  ersten  Stadien  seiner  Entwickelung 
befand,  in  wissenschaftlicher  Beziehung  Bedeutendes  erwarten! 
Er  hatte  Mühe,  den  hohen  Anforderungen  gerecht  zu  werden,  die 
in  der  strafTen  Schulzeschen  Ära  an  ihn  gestellt  wurden.  Das 
kam  auch  in  den  mit  Recht  oft  als  „specimina  eruditionis"  be- 
zeichneten Programmen  der  damaligen  Zeit  deutlich  zum  Aus- 
druck, die  in.ihrer  grofsen  Mehrzahl  die  Literatur  doch  nur 
mäßig  bereichert  haben,  besonders  soweit  sie  fachwissenschaftlichen 

^)  Wer  einmal  die  ebenso  reizvolle  wie  schwierige  Auff^abe  über- 
Dohmen  wird,  die  Geschichte  des  höheren  Lehrerstandes,  be- 
sonders in'Preufsen,  im  19.  Jahrhandert  zu  schreiben,  nicht  bloß 
die  äußere,  aaf  Standesfrageo  usw.  bezügliche,  wie  sie  kürzlich  (1904) 
Eo|f.  Brand  für  Bayern  geliefert  hat,  sondern  vor  allem  die  innere,  die 
der  wissenschaftlichen  und  praktischen  Tätigkeit  der  Lehrer  gerecht  zu 
werden  sacht,  wird  in  der  Progranmliteratür  eins  der  wesentlichsten  HUfs- 
mittel  für  seinen  Zweck  zu  erblicken  haben. 


ISß  Programmw«8eii  and  ProgrammbibliAthe k  d.  hSh.  SehaleD, 

Inhalts  waren.  Selbst  ein  guter  Lileratorkenner,  der  noch  das 
historische  Interesse  in  die  Wagschale  fallen  läBt,  das  besonders 
den  auf  Scfaulgeschichte  und  Schulorganisation  bezüglichen  Pro- 
grammen zukommt,  der  weiter  nachforscht,  welchen  Einfluß  die 
damaligen  Programme  (in  ihrer  Gesamtheit  versteht  sich)  auf 
die  wirklich  wissenschaftliche  Literatur  geübt  haben,  wird 
schwerlich  zu  wesentlich  anderem  Ergebnis  kommen.  Darüber 
darf  auch  der  Umstand  nicht  hinwegtauschen,  daB  wir  unter  den 
Programmautoren  der  ersten  25  Jahre  nach  1824  einige  aller- 
ersten Ranges  finden,  d.  h.  die  dem  lebenden  Geschlechte  als 
solche  erscheinen  —  ut  amni$  voHva  pateat  veluti  descripta  tabella 
üüa  senis  —  die  Meineke,  Lehrs,  Bonitz,  Ad.  Kirchhoff, 
Kummer,  Weierstraß;  ich  glaube  nicht,  daß  man  dieser  Elite, 
wenn  ich  so  sagen  darf,  aus  der  Zahl  der  oben  (S.  33—  41)  ge- 
nannten Verfasser,  die  selber  wiederum  ra.  E.  die  verhältnismäßig 
bedeutendsten  von  den  vielen  Tausenden  von  Programmverfassern 
der  ersten  drei  Jahrzehnte  sind,  noch  weitere  von  gleicher  Be- 
deutung hinzufügen  kCtnnte.  Richtig  ist  freilich,  daß  wir  unter 
den  heutigen  praktischen  Schulmännern  und  Verfassern  von  Pro- 
grammabhandlungen wohl  keinen  finden,  der  den  genannten  sex- 
viri  an  wissenschaftlicher  Bedeutung  gleichkäme.  Doch  ist  dabei 
zweierlei  nicht  zu  vergessen.  Wenn  wir  den  richtigen  Maßstab 
gewinnen  wollen,  dürfen  wir  zunächst  nicht  ins  Auge  fassen,  was 
jene  Männer  (von  denen  ja  einer  hochbetagt  noch  unter  uns 
weilt)  uns  heute  bedeuten,  sondern  muß  beachten,  daß  sie  da- 
mals doch  erst  in  den  Anfängen  ihrer  Entwicklung  standen  und 
z.  T.  gerade  durch  die  Einrichtung  des  Programms  erst  bekannter 
wurden.  Auch  unter  dem  lebenden  Geschlecht  der  Schulmänner 
sind  nicht  wenige,  von  denen  man  noch  Bedeutendes  in  der 
Wissenschaft  erwarten  darf.  Das  beweist  u.  a.  auch  der  Umstand, 
daß  die  philosophischen  Fakultäten  trotz  der  gewaltigen  Scharen 
von  Privatdozenten,  die  sich  ausschließlich  der  Wissenschaft 
widmen  können  und  auf  eine  Berufung  warten,  noch  immer 
nicht  darauf  verzichten,  sich  aus  den  Kreisen  der  Oberlehrer  zu 
ergänzen  ^),  trotzdem  an  diese  schon  in  der  Praxis  des  Uoter- 
riclits  gegen  die  alte  Zeit  vervielfachte  Anforderungen  gestellt 
werden.  Ferner  ist  zu  beachten,  daß  die  oben  genannten  sechs 
Männer  (auch  noch  viele  andere  der  S.  35—41  verzeichneten)  — 
mit  Ausnahme  von  Bonitz    —    nicht  so  sehr  Schulmänner  als 


1)  Ich  nenne  aaf  philologischem  Gebiete  ans  den  letzten  Jahren  nur  J. 
Geffcken,  A.  Rehm,  S.  Sadhaos,  P.  Wendland  und  fbge  weiter  hinso, 
daß  aoch  mehrere  Oberlehrer,  denen  z.  T.  wiederholt  Ordinariate  unter  dea 
günstigsten  Bedingangen  angeboten  worden  sind,  sie  abgelehnt  haben.  Es 
scheint  mir  das  kein  uugiinstiges  Zeichen  für  den  Stand,  in  dem  einmal  die 
Wissenschaft  doch  noch  aasgezeichnete  Vertreter  hat,  der  aber  andrerseits 
auch  soweit  selbständig  geworden  ist,  daß  gerade  die  wissenschaftlich  Tfidi- 
tigsten  ihm  treu  bleiben  und  die  doppelte  Tätigkeit  der  Praxis  «ie  ^^r 
wissenschaftlichen  Produktion  dauernd  zu  leisten  willens  sind. 


von  R.  üllpich.  757 

vielmehr  Gelehrte  waren,  die  schon  in  jungen  Jahren  in  die 
oberen  Klassen  kamen,  hier  auf  eine  Minderzahl  Begabter  durch 
das  Beispiel  ihrer  hervorragenden  Gelehrsamkeit  auf  einem  Fach- 
gebiete oft  bestimmenden  Einfluß  übten  ^),  aber  von  den  mannig- 
faltigen Aufgaben  des  Unterrichts  —  auch  in  den  sog.  Neben- 
fächern —  und  vor  allem  der  Erziehung  großer  Hassen  wenig 
kennen  lernten,  mit  denen  sich  heute  auch  die  Begabtesten  unter 
den  Lehrern,  nicht  immer  zu  ihrer  Freude,  jahraus  jahrein  plagen 
müssen,  so  daß  sie  oft  schon  müde  sind,  wenn  sie  endlich  in 
die  oberen  Klassen  vordringen,  die  jenen  meist  schon  wenige 
Jahre  nach  der  Universitätszeit  wie  selbstverständlich  zufielen. 
Auch  das  gibt  zu  denken,  daß  in  jener  ersten  Periode  des  Pro- 
grammwesens, die  ja  zugleich  in  Preußen  mit  den  Anfangen  der 
Ausbildung  eines  höheren  Lehrerstandes  im  heutigen  Sinne  un- 
gefähr zusammenfällt,  nicht  selten  Lehrer  in  noch  sehr  jugend- 
lichem Alter^  —  manche  hatten  die  Dreißig  noch  nicht  erreicht 
—  zu  Direktoren  von  höheren  Lehranstalten  berufen  wurden, 
und  zwar  nicht  etwa  nur  an  die  Spitze  kleiner,  in  den  Anfangen 
befindlicher  Schulen  (wie  heute  die  „Leiter*'  an  die  Schulen 
„i.  E.*'),  sondern  auch  an  ältere  Anstalten,  oft  unter  den  schwie- 
rigsten Verhältnissen').  Noch  in  den  vierziger  und  fünfziger 
Jahren  „besetzte'*  Friedrich  Ritschi  von  Bonn  aus  viele  Direktoren- 
und  Professorenstellen  mit  seinen  fähigsten  Schulern.  Derartiges 
wäre  jetzt  undenkbar,  nicht  nur  weil  es  einem  so  jungen  Manne, 
und    wäre    er   noch    so   gelehrt,   an    der   notwendigen   Autorität 


')  L.  Wiese  erzählt,  dafi  die  Schüler  des  Jotchimsthalschea  Gymoa- 
siams  von  einem  ihrer  Lehrer  (A.  Kirchhoff)  glaubten,  „er  habe  bereits 
die  ganze  griechische  Literator  nach  der  Zeitfolge  durchgelesen'*  {Lebeiu- 
erinnerungen  u,  AmUer fahrungen,  Berlin  1886,  Wiegandt  u.  Grieben,  2  Bde.; 
vgl.  Bd.  I  S.  193).  Ebendahin  gehört  die  damalige  Schaffung  der  Stelle  eines 
besonderen  AInmnatsinspektors  (L.  Wiese)  an  derselben  Anstalt,  die  aus 
dem  Grunde  erfolgte,  weil  der  Direktor  der  Anstalt,  eben  der  um  die  philo- 
logische Wissenschaft  so  hochverdiente  A.  Meineke,  sich  den  mannigfachen 
Aufgaben  der  Erziehung,  die  gerade  ein  Alumnat  stellt,  nicht  wohl  ge- 
wachsen fühlte.  Man  lese  nach,  was  Wiese  darüber  berichtet  (a.  a.  0. 
Bd.  I  S.  102  ff.;  vgl.  auch  S.  73). 

>)  Vgl.  die  Beispiele  hei  F.  Paulsen,  Gesch,  (L  gel  ^n^err. MI  (1897) 
S.  313  Anm.,  die  sich  noch  erheblich  vermehren  ließen.  So  war  z.  B. 
L.  Ooderlein  28  Jahre  alt,  als  er  im  Jahre  1S19  Professor  an  der  Uni- 
versität und  zugleich  Rektor  des  Gymnasiums  in  Erlangen  wurde,  ein 
Amt,  das  er  44  Jahre  hindurch  bekleidet  hat. 

S)  Als  K.  L.  Roth,  dessen  Wirksamkeit  besonders  Württembergs 
Schulwesen  so  viel  verdankt,  als  Rektor  nach  Nürnberg  berufen  wurde, 
um  das  in  Verfall  geratene  Nürnberger  Gymnasium  zu  reformieren,  war  er 
31  Jahre  alt  (vgl.  K.  L.  Roth,  QymnasialpÖdagogik,  Stuttg.^  1874,  J.  F. 
Steiokopf,  S.  384ff ;  M.  Planck,  Aüg.  deuUche  Biogr,  XXIX  il8b9)  S.  331). 
—  Nicht  älter  war  A.  Weiche rt,  der  unter  ähnlichen  Verhältnissen  IS  19 
(bezw.  1823)  als  Rektor  in  Grimma  über  mehrere  20  bis  30  Jahre  ältere 
Rollegen  gesetzt  wurde,  „die  mit  verhaltenem  Groll  den  jungen  Mann  an 
ihre  Spitze  gestellt  saben'^  (K.J.  Röl'sler,  Gesch,  d»  Fürsten^  und  Landes- 
schule  G.  S.  165;  s.  o.  S.  104  Anm.  3). 


138   Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hSh.  Schaleo, 

gegenüber  einem  wissenschaftlich  und  praktisch  auf  der  Höhe 
stehenden  Kollegium  reifer  Männer  fehlen  wurde,  sondern  auch 
wegen  der  so  erheblich  komplizierteren  Verhältnisse  vieler  Riesen- 
anstalten ^)  von  heute,  deren  Leitung  nicht  bloß  grundliche  Ge- 
lehrsamkeit —  auf  diese  Anforderung  sollte  auch  in  Zukunft  nie- 
mals verzichtet  werden  —  sondern  auch  reichere  pädagogische 
Erfahrung  und  ein  gutes  Stück  mehr  Menschenkenntnis  er- 
fordert, als  sie  Männern  eigen  zu  sein  pflegt,  die  noch  an  der 
Grenze  des  Jünglingsalters  stehen.  Die  damalige  Tatsache  ist  nur 
dadurch  zu  erklären,  daB  das  wissenschaftliche  Durchschnitts- 
niveau  der  Lehrer  ein  niedriges  war,  über  das  sich  nur  eine 
Auswahl  von  Anstalten,  wie  die  in  größeren  Städten,  die  Fürsten- 
schulen u.  ä.  m.  erhoben.  Und  zwar  handelte  es  sich  dabei  nicht 
nur  um  die  wissenschaftliche  Tüchtigkeit,  in  der  es  für  viele 
Fächer,  die  gleichwohl  an  den  Schulen  zu  lehren  waren,  noch  an 
der  geeigneten  Vorbereitung  auf  den  Universitäten  fehlte');  auch 
das  Interesse  für  methodische  Ausbildung  wie  besonders  für  er- 
ziehliche Fragen,  für  das  „lebendig  Menschliche^*,  war  noch  nicht 
allzu  häufig  anzutrefi*en').  Die  Schüler  durften  sich  viel  heraus- 
nehmen, in  Alumnaten  und  anderwärts,  und  die  Lehrer,  gelehrte 
und  ungelehrte,  hatten  nicht  immer  genügende  Autorität 
Mancherlei  Wunderlichkeiten  begegneten.  An  glaubwürdigen 
Zeugnissen  mannigfaltigster  Art  fehlt  es  nicht*).  Man  muß  sich 
diese   ganzen   Verhältnisse   vergegenwärtigen,   um   zu   verstehen, 


1)  Dem  ge^enöber  sei  z.  B.  daraa  erioDert,  daß  L.  Döderlein  in  Br- 
laogeo  (vg^l.  S.  137  A.  2)  im  Jabre  1833  (auf  Lateioscbule  uod  Gymnasiaa 
zasammen)  nur  105  Schäler  hatte,  eine  Zahl,  die  1842  aaf  111  geatief^ea  war, 
aber  selbst  20  Jahre  später,  eia  Jahr  vor  seinem  Tode,  erst  122  betrag 
(vgl.  die  Jahresberiehte  des  Gymaasioms).  Unter  aolcheo  goostigea  ioflereo 
Verhältnissen  mochte  es  fdr  einen  begabten  Schulmann  leieht  sein,  oi^t 
blofi  daneben  eine  Professar  in  einer  kleinen  Universitätsstadt  zn  bekleidea, 
sondern  auch  noch  eine  überaus  fruchtbare  literarische  Tätigkeit  za  est- 
falten,  in  Programmabhandluogen  (vgl.  o.  S.ßSj  Xö—18)  und  sonst  Ab 
solche  und  ähnliche  Verhältnisse  mögen  sich  die  Gelehrten  erinnern,  die 
sich  heute  beklagen,  daß  die  wissenschaftliche  Prodaktion  von  Direktoren 
und  Lehrern  immer  mehr  abnehme,  was  übrigens  nicht  einmal  ganz  richtig 
ist;  vgl.  o.  S.  143  Anm.  1. 

')  Dieser  Grund  scheint  mir  wohl  zu  beachten  gegenüber  der  damals 
erhobeuen  Klage,  „daß  die  Studierenden,  welche  sich  dem  gelehrten  Sehnl- 
fach  widmen  wollten,  auf  einigen  Universitäten  fast  ausschließlich  nur  philo- 
logische Studien  trieben  und  das  Studium  der  Philosophie  und  der  Inr  den 
Gymnasiallehrer  unentbehrlichen  theologischen  und  historischen  Disziplinei 
vernachlässigten**  (Varrentrapp,  Joh.  Schulze,  S.  390;  vgl.  o.  S.  131 
Anm.  2  n.  S.  17). 

')  So  ist  denn  auch  die  Zahl  der  Abhandlungen  aus  dem  padagogisefa- 
didaktischen  Gebiete,  die  sich  über  den  Durchschnitt  erheben,  in  dea  erstes 
2—3  Jahrzehnten  nach  1S24  verhältnismäßig  gering  und  übte  noch  nicht 
den  Einfluß,  der  ihrer  Bedeotung  entsprochen  hätte;  vgl.  für  Preufsen  vor 
allem  die  Programme  von  K.  E.  Bonnell,  F.  A.  Gotthold,  H.  A.  Nieoiefer, 
A.  Spilieke,  L.  Wiese;  für  Bayern  L.  Döderlein;  für  Baden  P.  A.  Nüfilis. 

*)  Vgl  z.B.   für   die  zwanziger  Jahre:    Th.  Flathe,   St,  Afra  (s.  o. 


VOD  R.Ullrich.  139 

daB  TOD  einem  solchen  Lehrerstande  —  im  ganzen  angesehen  — 
zunächst  noch  keine  hervorragenden  produktiven  Leistungen  auf 
wissenschaftlichem  Gebiete  zu  erwarten  waren,  wie  tüchtig  auch 
immerhin  eine  kleine  Auslese  schon  sein  mochte.  Wenn  gleich- 
wohl der  damalige  Leiter  des  preußischen  höheren  Schulwesens 
der  schon  bestehenden  Programmeinrichtung  die  festen  Formen 
gab,  die  wir  oben  skizziert  haben,  und  die  Abhandlungen  bei  den 
beschränkten  Finanzen  des  Staates  sogar  drucken  ließ,  darunter 
recht  viele,  die  wir  heute  als  des  Druckes  nicht  wert  bezeichnen 
worden,  so  hat  er  weise  gehandelt.  Die  verschiedenen  Anstalten 
und  ihre  Lehrer  lernten  voneinander,  die  guten  Abhandlungen 
gewannen  vorbildlichen  Einfluß,  und  diejenigen,  deren  wissen- 
schaftliches Ergebnis  minimal  war,  waren  doch  nötzlich  für  den 
Autor  und  seine  Fortbildung;  die  Publikation  war  ein  „Antrieb", 
möglichst  Tüchtiges  zu  leisten.  Die  Abfassung  nach  der  „Reihen- 
folge*' in  den  einzelnen  Kollegien,  so  unwürdig  sie  uns  heute 
erscheinen  mag,  ist  aus  den  damaligen  Verhältnissen  und  Be- 
dürfnissen des  Standes  recht  wohl  zu  erklären.  Und  die  Früchte 
reiften,  wenn  auch  langsam.  Die  weitere  Entwicklung  lehrt  es 
jedem,  der  nur  sehen  will,  deutlich  genug.  Die  Zeit  vom  An- 
fang der  fünfziger  Jahre  etwa  bis  1875,  wiederum  etwa  ein 
Vierteljahrhundert,  das,  soweit  Preußen,  sein  höheres  Schulwesen 
und  sein  höherer  Lehrerstand  in  Betracht  kommt,  mit  Ludwig 
Wies  es  Namen  untrennbar  verknüpft  ist,  zeigt  uns  in  der  Pro- 
grammliteratur ein  wesentlich  anderes  Bild  als  die  Periode  von 
1825 — 1850.  Die  Hebung  des  wissenschaftlichen  Niveaus 
unseres  Standes  spiegelt  sich  aufs  deutlichste  auch  in  den  Pro- 
grammen ^).  Selbst  wenn  man,  wie  billig,  die  erheblich  gewachsene 
Zahl  der  höheren  Schulen  und  weiter  den  Umstand  in  Betracht 
zieht,  daß  uns  für  diese  Zeit  die  außerpreußischen  Programme 
Deutschlands  und  die  aus  Osterreich  und  der  Schweiz  in  größerem 
Umfange  zugänglich  sind,  ist  doch  die  Fülle  wertvoller  Arbeiten') 
ganz  ersUunlich.  Wir  finden  (vgl.  S.  41-65,  681,  7iff.)  die 
glänzendsten  Namen  vertreten  von  solchen,  die  aus  dem  Schul- 
dienst in  das  akademische  Leben  übergetreten  bzw.  zu  Mitgliedern 
von  Akademien  ersten  Ranges  berufen  worden  sind ,    ebenso  wie 

S<  104  Aom.  2)  S.  352,  K.  J.  Röfsler:  für  Grimma,  t.  a.  0.  (s.  o.  S.  104 
A.  3)  S.  164ir.,  195ff.  (ao  letzterer  Stelle  nach  eioem  Berichte  voo  Köchly, 
der  fnr  die  zwanziger  aod  dreiBiger  Jahre  —  Rektorat  von  A.  Weichert  — 
günstiger  urteilt),  fär  die  vierziger  Jahre  (Marienwerder):  Aum  Kindheit 
und  Schule.  Fragmente  einer  Familienchronik  {Deutsche  RuneUchau  XXXIl, 
Heft  9  —  Jaoi  1906  —  S.  421—438),  ebenfalls  für  die  vierziger  Jahre:  A. 
Beintze,  Drei  Jahre  auj  dem  Marien$tiflsgymn.  z.  Stettin  {1846 — 1849) 
{Neue  Jahrbb.  f.  d,  Mass.  Alt.  X  (1907),  II  S.  33—51).  \%\.  anch  F. 
Panlaen,  Gesch.  d.  gel  Unterr.^  II  (1897)  S.  389ff. 

>)  Vgl.  auch  Wies  es  eigne  Bemerkungen  über  das  wissenschaftliche  Niveau 
des  damaligen  LehrersUades  {D.  höh.  Schulw.  i.  Pr.  II  (1869)  S.  709  Z.  27  f.). 

*)  Ich  nenne  ans  dem  Gebiet  der  klassischen  Altertamswissen- 
s ehalt  (im  weitesten  Sinne)  nnr:  F.  Blaß,  J.  J.  Bernonlli,  E.  Bormann,  W. 


/^  Prog^rammweseD  und  Proprtmmbibliotbek  d.  hob.  SchuleB, 

von  ausgezeichneten  Gelehrten,  z.  T.  ersten  Ranges,  unter  den 
standigen  Schulmännern  selbst^).  Bei  einigen  von  ihnen  fallen  die 
A  nf  ä  n  ge  ihrer  Tätigkeit  schon  v  or  1 850.  Von  jenen  Schulmännern 
sind  noch  heule  etliche  im  Schnlamt  tätig  und  dazu  his  in  die 
jüngste  Zeit  unermüdlich,  uns  in  Programmen  wieder  und  wieder 
Fruchte  ihrer  wissenschaftlichen  und  erzieherischen  Tätigkeit  zu 
schenken*).  Wichtiger  fast  noch  und  för  die  spätere  Entwicklung 
von  entscheidender  Bedeutung  ist  die  Tatsache,  da£  auch  von 
sehr  gelehrten  Schulmännern  nun  schon  eine  größere  Zahl  den 
erziehlichen  Aufgaben  wie  den  didaktischen  für  die  verschiedensten 
Zweige  des  Unterrichts,  auch  der  Geschichte  des  Schulwesens  in 
steigendem  Maße  ihr  Interesse  zuwendet')  und  dies  in  zahl- 
reichen Programmarbeiten  zum  Ausdruck  bringt  —  auch  eio 
Zeichen  der  Wieseschen  Ära.  Viele  solcher  Arbeiten  sind  grund- 
legend geworden  und  z.  T.  noch  heute  von  vorbildlicher  Be- 
deutung^). Der  Gesichtspunkt  des  „specimen  eruditionis'*,  möchte 
er  auch  gesetzlich  noch  bestehen,  tritt  in  der  Praxis  stark  zurück. 
Es  ist  auffallend,  daß  alle  diese  mit  Händen  zu  greifenden  Tat- 
sachen von  den  Kritikern  negativer  Richtung  in  der  damaligen 
Zeit,  denen  doch  das  Material  viel  leichter  zugänglich  war  als  es 
uns  heute  in  den  meisten  Lehrerbibliotheken  ist,  so  wenig  erfaßt 
worden  sind;  noch  auflallender  freilich,  daß  selbst  die  Verleidiger 
der  Einrichtung  den  Redensarten  von  der  „Makulatur*'  und  der 
„Nilüberschwemmung''   (s.  o.  S.  197)')  nur  recht  spärliche  Argu- 

Ditten  berger,  R.  Foerater,  K.  Halm,  A.  Holm,  A.  Hag,  F.  Holtocb,  A.  KieB- 
liDg,  H.  J.  Lipsias,  A.  Lud  wich,  A.  Naock,  0.  Ribbeek,  H.  Saappe,  K. 
Sehen  kl,  J.  Suhl,  H.  Useoer,  B.  Wölfflin;  für  tilg  od  eine  Sprach- 
wiaaeoBchaft:  A.  Fick;  für  germanische  o,  romanische  Sprachea: 
J.  Bächtold,  L.  Hirzel,  G.  Körting,  M.  Lexer,  F.  Lotheißen,  A.  Tobler,  K. 
Tomaschek,  W.  Wackeroagel,  W.  Wilmanns,  J.  Zupitza;  für  GeschickU 
UDd£rdkonde:  S.  Günther,  G.  Kanfmano,  Alfr.  Kirchholf,  Th.  Liadoer, 
J.  Loserth,  H.  Prntz,  H.  v.  Zwiedineck-Südenhorst;  für  Philosophie:  M. 
Heinze,  £.  Lsas,  W.  Schoppe,  Theob.  Ziegler;  für  Theologie:  J.  Golt- 
gchick,  £.  Herzog,  H.  J.  Holsteo,  P.  Kleinert,  P.  de  Lagarde,  K.  Siegfried, 
W.  Weingarten;  für  Mathematik:  J.  S.  Fuchs,  E.  Lampe. 

*)  Philologen  und  Historiker:  L.  H.  Ahrens,  K.  Bardt,  W.  Bere- 
hardi,  J.  Glassen,  W.  Corssen,  W.  Deecke,  B.  Dombart,  A.  Draeger,  TV 
Flathe,  A.  Fleckeisen,  R.  Hercher,  F.  Haltoch,  W.  K.  Kayser,  Th.  Kock,  A. 
Kuhn  iMylhol.)^  J.  Marquardt,  0.  Meltzer,  K.  und  H.  Peter,  W.  Preger,  R. 
Röhricht,  W.  H.  Roseber,  Alex.  Schmidt,  H.  Schreyer,  A.  Spengei,  J.  G- 
Stallbanm,  H.  Thilo,  M.  Treu,  A.  W.  Zumpt  und  viele  andere.  Von  Vertreten 
der  exakten  Wissenschaften  nenne  ich  n.  a.:  H.  G.  Graßoaaa,  0. 
Hermes,  K.  Schellbacb,  Th.  Schoenemann. 

s)  So  z.  B.  K.  Bardt,  H.  Peter,  M.  Treu. 

')  Ich  nenne  vor  allem:  J.  H.  Deinhardt,  F.  A.  Eckstein,  0.  Frick,  0* 
Jager,  F.  Koldewey,  G.  Kramer,  J.  Lattmann,  K.  L.  Roth,  J.  Bothfochs,  G. 
Schi mmelpf eng,  W.  Schrader. 

4)  Ich  nenne  G.  Ellendt  [IX  la),  J.  Hülsmann  (III 3),  0.  Jiger  {nSi), 
P.  Klaucke  {FIII5S),  0.  Kühler  {1II13),  J.  Lattmann  {niI12),  H.  Mitut 
iniI14)y  J.  Ostendorf  {1X12),  J.  Rothfochs  (IX  11),  H.  Schiller  (Xl60h  W. 
Schrader  (III 11),  W.  Wilmanns  (f^IIIßO). 

^)  Doch  vgl.  dazu  auch  o.  S.  134  Anm.  3. 


voD  R.  Ullrich.  141 

mente  entgegenzusetzen  wußten,  anstatt  auf  die  erdrückende  Fülle 
ausgezeichneter  Programmarbeiten  zu  verweisen.  Schon  damals 
hatten  offenbar  weder  die  einen  noch  die  andern  den  nötigen 
Überblick  über  die  wirklichen  Verhältnisse,  die  doch  allein  den 
Ausgangspunkt   für  Kritik    und  Reformvorschläge   bilden  können. 

DslB  unter  der  großen  Menge  von  Arbeiten  der  damaligen 
Zeit  sich  auch  minderwertige  befinden,  ist  niemals  bezweifelt 
worden;  besonders  mögen  z.  B.  in  den  siebziger  fahren,  der  Zeit 
des  Lehrermangeis,  der  schnellen  Examina  und  Anstellungen, 
nicht  seltenExamensarbeiten  als  Programmabhandlungen  auch  in 
Deutschland^)  veröffentlicht  worden  sein,  ein  Verfahren,  das  dem 
Zwecke  der  Einrichtung  doch  nicht  entsprach.  Auch  die  Nötigung  zur 
Abfassung  in  einer  bestimmten  Reihenfolge')  innerhalb  jedes 
Lehrerkollegiums,  die  zur  Zeit  der  specimina  eruditionis  ver- 
ständlich war,  hat  unzweifelhaft  dazu  beigetragen,  Arbeiten  zum 
Abdruck  zu  bringen,  die  nicht  dem  wissenschaftlichen  oder  prak- 
tischen Bedürfnis  entsprachen,  sondern  invita  Minerva  aus  der 
Not  geboren  waren.  Ihre  Zahl  reicht  aber  nicht  aus,  um  eine 
so  radikale  Maßnahme,  wie  es  die  völlige  Abschaffung  einer  seit 
Jahrzehnten  bestehenden  Einrichtung  wäre,  zu  rechtfertigen.  Und 
die  Kritiker,  besonders  der  sechziger  Jahre,  unter  denen  sich 
doch  (im  Gegensatz  zu  den  Streitern  der  letzten  anderthalb  Jahr- 
zehnte) viele  besonnene  Männer  von  wissenschaftlichem  und 
praktischem  Ruf  befanden,  wären  schwerlich  zum  äußersten 
Extrem  gekommen,  wenn  sie  ernstlich  versucht  hätten,  sich  einen 
Einblick  in  das  positiv  Geleistete  zu  verschaffen. 

Das  Jahi*  1875/6  bezeichnet,  wie  oben  (S.  146  f.)  ausgeführt 
ist,  einen  wichtigen  Wendepunkt  für  die  Abfassung  der  Pro- 
grammabhandlungeu  in  Preufsen  —  dessen  Programm  verhält- 
nisse  wegen  der  großen  Zahl  der  Schulen  und  der  Mannigfaltig- 
keit ihrer  Organisation  eine  um  so  größere  Bedeutung  zu  bean- 
spruchen haben,  je  mehr  wir  uns  der  Gegenwart  nähern.  Der 
Zwang  der  Abfassung  von  Programmabhandiungen  in  bestimmter 
Reihenfolge  durch  die  Mitglieder  der  einzelnen  Kollegien  llel 
fort,  wenn  auch,  wie  ausgeführt  werden  konnte  (o.  S.  147),  die 
Regierung  keinen  Zweifel  darüber  ließ,  daß  sie  in  den  Pro- 
grammen nach  wie  vor  einen  wertvollen  Teil  der  Schulorganisation 
erblickte.  Zwar  hat  die  Tradition,  wie  begreiflich  ist,  noch  eine 
Zeitlang  nachgewirkt,  und  auch  nach  1876  ist  zweifellos  mancher, 
wenn  nicht  mehr  offiziell,  so  doch  offiziös  zur  Produktion  ge- 
nötigt worden,  weil  „die  Reihe  an  ihm  war''.  Doch  sind  diese 
Fälle  wohl  immer  seltener  geworden,  zum  Nutzen  des  inneren 
Wertes  der  Abhandlungen,  der  wiederum  gerade  in  den  letzten 
Jahren  wieder  so  lebhaft  bestritten  worden  ist.   Sollte  hier  freilich 


^)  Über  Österreich  vg^i.  o.  S.  214  die  Bemerkao^eo  voa  ScbÖnbacb. 
')  Vgl.  darüber  o.  S.  %  u.  ö. 


142  Pro^rammweseD  and  Progrtmmbibliothek  d.  höh.  SchnlcD, 

nur  Meinung  gegen  Meinung  stehen,  so  worden  wir  aus  der  Un- 
klarheit  auch   in  Zukunft  schwerlich  herauskommen.    Das  wäre 
im  Interesse   der  Sache    zu  bedauern.    Ich  glaube  aber,    dafi  es 
im    ganzen   doch    möglich   ist,   zu    einem   einigermaßen  sicheren 
Urteil  zu  gelangen;   gewiß   zu  keinem   abschließenden   —   dazu 
stehen  uns  viele  im  Fluß  befindliche  Dinge  zeitlich  noch  zu  nahe. 
Aber  wir  sehen  doch  schon  klarer,  wenn  wir  nur  die  Wandlungen 
beachten,    die  der   höhere  Lehrerstand   seit   den  Lehrplänen  von 
1882  und  in  noch  höherem  Grade  seit  denen  von  1892  (in  Ver- 
bindung mit  der  Schulkonferenz  von  1890)  und  endlich  denen  von 
1901    durchgemacht   hat.    Die  Wertung   der  Programme   ist  — 
zumal   in  den  letzten  IVs  Jahrzehnten  —  dadurch   in  ganz  ver- 
kehrte Bahnen  geraten,  daß  bei  Fachgelehrten  außerhalb  der  Schule 
(so  neuerdings  besonders  bei  A.  Hortzschansky,  s.  o.  S.  243) 
und  leider   auch   bei    vielen  Schulmännern  selbst,    die   eigentlich 
einen  richtigeren  Maßstab  hätten  anlegen  sollen,  immer  noch  viel 
zu  sehr  die  Frage   in  den  Vordergrund    gestellt  worden  ist,    was 
sie   für   die  Fachwissenschaften   leisten.    Die  Zahl  der  rein 
gelehrten  Programme  überhaupt  ist  immer  mehr  zurückgegangen 
(s.  0.  S»  268  f.),    und    dementsprechend   ist   z.  B.    auch  die  Zahl 
der  wertvollen  Beiträge  dieser  Art,  die  oben  unter  Nr.  XVII  und 
XVIII  (1901—1907)  angeführt  worden  sind   (besonders  auf  dem 
Gebiete   der   klassischen  Altertumswissenschaft)   geringer   als  die 
der   gleichartigen  Arbeiten,    die  sich  unter  Nr.  XIII — XVI  (Jahre 
1876 — 1900)    verzeichnet   finden.    Nicht   als    wäre  der  Sinn  für 
rein  wissenschaftliche  Arbeit  überhaupt  unter  den  Lehrern  höherer 
Schulen   im  Schwinden   begrifi'en:   die   zahlreichen  Beiträge  von 
Schulmännern   zu  den  hervorragendsten  wissenschaftlichen  Zeit- 
schriften (ich  nenne  für  das  philologische  Gebiet  nur  AAemisckes 
Mumim,  Philologus,  Hermes,  Neue  Jahrbücker)  beweisen  das  Gegen- 
teil—  von  größeren  Monographien,  die  wiederum  vielfach  mit 
Programmarbeiten  in  Zusammenhang  stehen,  ganz  zu  schweigen 
(vgl.  0.  S.  131t    mit   Anm.).     Und   die  Abhandlungen,    die   von 
Schulmännern  auch  in  den  Organen  zu  finden  sind,  die  neu  er- 
schlossenen Gebieten  dienen(z.B.  der  Byzantinisehen  Zeüschrip, 
dem  Ardiiv  für  Papyruskunde  u.  a.  m.)   zeigen  deutlich,    daß  die 
Lehrer   höherer  Schulen   auch   wissenschaftlich  keinen  Stillstand 
kennen,  sondern  bemüht  sind,  selbst  in  reiferem  Alter  sich  noch  in 
neue  Aufgaben  zu  vertiefen.  Zahlreiche  gelehrte  Arbeiten,  besonders 
kleineren  Um fangs,  die  früher  bei  der  geringeren  Zahl  der  Zeil- 
schriften in  Programmen  veröJQTentlicht  wurden,  sind  in  den  letzten 
Jahrzehnten  immer  mehr  in  die  periodischen  Organe  abgewandert; 
dabei  ist  aber   die  Zahl  der  den  Schulschriften  verbliebenen 
Arbeiten,    und  zwar   gediegener,    tüchtiger,    von   ausgezeichneten 
Gelehrten    veröffentlichter,    besonders   solcher   gröfseren   Um- 
fangs,    die   aus  diesem  Grunde   in    Zeitschrtften   nicht  unter- 
kommen, doch  so  groß,    daß  für  die  Zeit    von  1876 — 1890   wie 


von  R.  Ullrich.  143 

für  die  von  1891  bis  zur  Gegenwart^)  schwer  zu  verstehea  ist, 
wie  der  um  die  bibliographische  Nutzbarmachung  der  Programme 
so  hochverdiente  A.  Hortzschansky  das  Urteil  aussprechen 
konnte'),  es  wären  zwar  ,, immer  noch  recht  tüchtige  Arbeiten 
darunter '\  zumeist  lägen  aber  doch  Arbeiten  vor,  die  wegen 
ihres  minderen  Wertes  in  Zeitschriften  „nicht  unterkämen''.  Hier 
wäre  eigentlich^  und  zwar  ?on  Standes  wegen,  ein  Anlaß  gewesen, 
dagegen  Einspruch  zu  erheben,  daB  die  Programmproduktion  der 
gesamten  höheren  Schulen  Deutschlands  yon  einem  außerhalb 
ihrer  Kreise  stehenden  Gelehrten  in  der  Hauptsache  als  minder- 
wertig bezeichnet  worden  ist,  der  doch  über  einen  erheblichen 
Teil  ein  eignes,  begründetes  Urteil  gar  nicht  haben  konnte,  z.  B. 
über  alle  die  zahlreichen  Arbeiten,  die  Organisation  und  Methode 
des  höheren  Unterrichts wesens  selbst  betreffen.  Daß  seinem 
Urteil  bisher  aus  Schulkreisen  nicht  widersprochen  worden  ist, 
läßt  sich  wohl  nur  aus  dem  Umstände  erklären,  daß  das  Zentral^ 
blatt  für  Bibliothekswesen  den  meisten  Schulmännern  nicht  zu- 
gänglich ist.  Abjsr  freilich,  die  letzteren  sind  selbst  nicht 
ganz  ohne  Schuld  daran,  daß  es  zu  solchen  Äußerungen  über 
einen  erhebüchen  Teil  ihrer  wissenschaftlichen  und  didaktischen 
Arbeit  überhaupt   kommen    konnte;    denn   wenn   sich  IL   darauf 


^)  Ich  braoche  hier  gar  keine  besonderen  Namen  zu  nennen;  alle 
S.  6ö  ff.y  69 — 81  Genannten  (und  noch  viele  andere,  die  man  bei  Kli^tmann 
findet)  dörften  jedem  Literatarkenaer  gelSufig  sein.  Viele  von  denen,  die 
ihre  Tätigkeit  für  die  Programme  schon  vor  1876  begonnen  haben,  zeigen 
,8ich  hier  auf  der  Höhe  ihres  Schaffens,  das  bei  manchen  bis  in  die  Gegenwart 
hineinreicht.  Besonders  genannt  sei  auch  hier  wieder  (vgl.  o.  S.  12Üt.  mit 
Anm.)  die  große  Zahl  der  Programmantoreo,  die  als  Professoren  an  Hoch- 
schalen oder  ZQ  Mitgliedern  von  Akademien  ersten  Ranges  bernfen  worden 
sind.  So  aas  dem  Gebiet  der  Alter  tu  ms  Wissenschaft  (im  weitesten  Sinne): 
S.  Brandt,  0.  Crusias,  H.  Diels,  A.  fingelbrecht,  A.  Flasch,  J.  Geffcken,  E. 
Hanler,  H.  Hitzig,  0.  Immisch,  A.  Kaegi,  K.  Krnmbacher,  R.  Meister,  F. 
Ohlenschlager,  H.  Peter,  A.  Rehm,  A.  Roemer,  W.  Röscher,  H.  Schenkl,  F. 
Schobert,  P.  Sonnenbnrg,  A.  Spengel,  Tb.  Stangl,  K.  Strecker,  N.  Wecklein, 
P.  Wendland;  Tor  aligemeine  Sprachwissenschaft:  0.  Schrader,  F. 
Stolz,  £.  Wilhelm;  iar  germanische  n.  romanische  Sprachen:  M. 
Friedwagner,  L.  Kellner,  R.  Lehmann;  für  Geschichte:  M.  DÖberi;  für 
Philosophie:  A.  Dyroff,  R.  Stö'lzle;  fiir  Theologie:  W.  Bornemann,  K. 
Fnrrer,  £.  Mayer,  £.  Preuscfaen;  fdr  Mathematik  u.  JN  ator Wissen- 
schaften (in  knapper  Auswahl,  vgl.  o.  S.  140  A.  1):  R.  Andreasch,  H.Sim- 
roth,  A.  Wernieke;  für  Pädagogik:  P.  Cauer,  A.  Höfler,  0.  Hnnziker,  0. 
Jäger,  W.  Manch,  Chr.  Moff,  H.  Schiller.  —  Dabei  ist  besonders  zu  betonen, 
daß  nicht  wenige  der  eben  Genannten  erst  in  den  letzten  Jahren  berofen  worden 
sind.  Daß  übrigens  von  den  für  das  letzte  Jahrzehnt  (etwa  seit  1896,  o. 
S.  ^7f.,  döfS,)  genannten  Autoren  noch  nicht  alle  jedem  Schulmann  so  be- 
kannt sind  wie  etwa  die  aus  dem  Zeitraum  von  1876 — ]895  (o.  S.  66 — 67, 
09!,y  7iff.,  73— $ö),  erklärt  sich  sehr  natürlich  daraus,  daß  ein  Teil  von 
ihnen  erst  im  Anfange  schriftstellerischer  Tätigkeit  steht  und  ein  ab- 
schließendes Urteil  aber  sie  daher  noch  nicht  möglich  ist  (vgl.  über  diesen 
Gesichtspunkt  schon  oben  S.  136). 

>)  Ztbl.  f,  BibUotÄeksw.  XXIII  (1906)  S.  168. 


1^4  Programmweseo  aod  Progrtmmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

berufen  konnte,  da£  über  den  „durchschnittlich  geringen  Wert^) 
der  Programmabhandlungea  nahezu  consensus  omnium  herrsche, 
die  über  den  Gegenstand  geschrieben  haben'S  so  waren  diese 
omnes  —  leider  —  in  der  Hauptsache  Schulmänner  selbst,  die, 
wie  oben  nachgewiesen  worden  ist,  eine  so  wichtige  Sache  nicht 
mit  der  nötigen  Vorsicht  behandelt  haben  und  auf  Grund  ganz 
beschränkten  Materials  zu  völlig  unzutreffenden  Urteilen  über  den 
Wert  der  Programme  gekommen  sind.  Aber  kannte  denn  H. 
nicht  die  Arbeiten  und  Äußerungen  von  W.  v.  Hartel  (s.  o. 
S.  214),  Paulsen,  Rethwisch,  Nestle  und  Morsch  (oben 
S.  245fr.)?  Sie  hätten  ihn,  meine  ich,  doch  nadidenklicb 
stimmen  und  zur  näheren  Prüfung  veranlassen  sollen.  Wenn 
irgendwo,  so  galt  es  hier,  die  Stimmen  nicht  zu  zählen,  sondern 
zu  wägen,  sich  an  diese  wenigen,  aber  gründlichen  Sachkenner 
zu  halten,  anstatt  Majoritäten  zu  folgen.  Und  üner  das  Verhältnis 
insbesondere,  welches  im  allgemeinen  zwischen  dem  Werte  der 
Programme  und  der  in  Zeitschriften')  veröffentlichten  Arbeiten 
besteht,  hat  sich  schon  Pauls en  (a.  a.  0.  — >s.  Bibliogr.  Abt.  4 
Nr.  126  —  S.  14)  auf  Grund  seiner  doch  gewiß  ausgebreiteten 
Literaturkenntnis  so  zutreffend  geäußert'),  daß  ich  darauf  nicht 
näher  einzugehen  brauche. 

Was  aber  den  Ausführungen  H.s,  so  kurz  sie  sind,  und  den 
Anschauungen  auch  andrer  Gelehrter  außerhalb  wie  innerhalb 
der  Schule^)   eine   typische  Bedeutung  gibt,   ist   folgendes.    Die 

i)  lo  dem  Aufsätze  von  P.  E.  Richter  {Bibliogr.  Abt,  4^  Nr.  141), 
von  dem  H.  meiot,  er  habe  „oach^ewieseo*',  weshilb  ea  nicht  aoders  sein 
köone,  ist  ^ar  oicht  der  Versoch  gemacht,  der  inaereD  fiotwicklon^  des 
höherea  Lehrerstaodes  oachzugeheo,  die,  wie  wir  saheo,  auch  in  der  Pro- 
grammliteratur und  ihrem  Werte  so  natürlich  zum  Anadruck  gekommen  ist. 

^)  H.  hatte  gemeint,  in  Programmen  würden  in  der  Hauptsache  solehe 
(minderwertigen)  Arbeiten  veröffentlicht,  die  in  Zeitschriften  „nicht  ooter- 
kämen";  vgl.  die  Revision  der  Frage  oben  S.  19V, 

')  „Ihr  Wert  bleibt  hinter  dem  Onrehachnittswert  von 
Zeitschrifteuabhandlungen  nicht  zurück'*.  Ich  glaube  sogar,  di6 
man  beinahe  sagen  kann,  ihr  Wert  ist  durchschnittlich  hoher,  besonders  was 
viele  unserer  pädagogischen  Zeitschriften  betrifft,  in  denen  die  RezeasiooeB 
nicht  selten  einen  so  breiten  Raum  einnehmen,  dafi  für  gediegene  Abhand- 
lungen, die  auf  eingehendem  Studium  der  Literatur  des  Faches  beruhen  osd 
eiuon  wirklichen  Forlschritt  bezeichnen,  kein  ausreichender  Platz  bleibt. 
Muß  denn  übrigens  in  jeder  dieser  Zeitschriften  tunlichst  jede  literarische 
GrscheioQDg  besprochen  werden,  die  doch  nur  zu  häufig,  wie  bekannt,  gar 
nicht  wirklichem  wissenschaftlichen  oder  praktischen  Bedürfnis  eatspriogt, 
soüdern  nur  dem  Geschäftsgeist  der  Konkurrenzverleger?  Ein  Verleger 
fordert  einen  bekannten  Autor  auf,  über  einen  bestimmten  Gegenstand  eis 
Buch,  eine  „erklärende"  Schulausgabe  (ihrer  ist  Legion)  o.  ä.  zu  schreiben. 
Dieser  lehnt  ab,  weil  dafür  schon  reichlich  gesorgt  sei;  darauf  der  Verleger: 
„Aber  bei  mir  nicht"! 

^)  £8  ist  leider  immer  noch  richtig,  was  kürzlich  wieder  W.  Hnnck 
bemerkt  hat:  ,,lNoch  jetzt  ist  Ablehnung  aller  intensiveren 
tlmpfäuglichkeit  (so!)  für  die  weiteren  pädagogischen  Probleme 
weithin  anzutreffen"  {Eitern,  Lehrer  u.  S Juden  in  d.  Gegenwart,  Berlin 
19Ut),  A.  üuncker,  S.  94  —  ein  Büchlein,    dem  mau   wünschea  mag,    daß  es 


¥•0  R.  Ullrich.  ^45 

Wertung  der  Programme  geschah  und  geschieht,  aller 
äufseren  und  inneren  Entwicklung  der  höheren 
Schulen  und  ihrer  Lehrer  in  den  letzten  zwei  Jahr- 
zehnten zum  Trotz,  immer  noch  zu  einseitig  vom  ge- 
iehrt-fach wissenschaftlichen  Standpunkte.  Was  nehen 
den  Zeitschriften  alier  Art,  den  Verhandlungen  auf  Direktorenkonfe- 
renzen,  in  Lehrervereinen  und  der  mehr  im  stillen  sich  voll- 
ziehenden Tätigkeit  der  Lehrerkonferenzen  der  einzelnen  Schulen 
gerade  die  P  rogra  m  m e  in  pädagogischer  und  didaktischer  Richtung, 
in  der  Behandlung  schulgeschichtlicher  und  schulorganisatorischer 
Fragen  und  der  vielen  Probleme,  die  uns  auf  dem  Gebiete 
des  höheren  Schulwesens  gestellt  worden  sind  und  täglich  in 
immer  neuen  Formen  an  uns  herantreten,  geleistet  haben  und 
besonders  seit  dem  Anfange  der  neunziger  Jahre  leisten,  das  wird 
von  den  gelehrten  Kreisen  gerade  auch  in  der  Schule  selbst  immer 
noch  viel  zu  wenig  erkannt  und  gewürdigt.  Und  doch,  welche 
F  Olle  des  Stoffs,  welcher  Eifer,  ja  welche  Liebe  in  der  Behandlung, 
und  wie  viele  Perspektiven  öffnen  sich  hier  noch!  Denn  wir 
stehen  ja  in  bezug  auf  viele  Dinge  noch  mitten  in  einer  großen 
Entwicklung,  ja  z.  T.  erst  in  den  Anfängen.  Das  oben  gegebene 
Verzeichnis  (vgl.  besonders  S.  88 — 122)^  das  doch  nur  eine  kleine 
Auswahl  der  Dteratur  gibt,  mag  vorläufig  mit  dazu  helfen,  den 
Verächtern  der  schulgeschichtlichen,  didaktischen  und  organisa- 
torischen Programmliteratur  ein  Bild  der  tatsächlichen  Bewegungen, 
Ziele  und  Bestrebungen  im  Kreise  der  höheren  Schule  zu  geben 
—  soweit  sie  nur  sehen  wollen  und  nicht  hartnäckig  an  dem 
Vorurteil  festhalten,  das  alles  wäre  minderwertig  gegenüber  den 
Leistungen  auf  gelehrtem  Fachgebiete. 

Es  fehlt  hier  der  Raum,  die  ganze  Fülle  des  Stoffes  zu  ab- 
gerundeten Bildern  zu  gestalten.  Hervorheben  aber  möchte  ich 
doch  folgendes.  Die  Erörterung  methodischer  und  orga- 
nisatorischer Fragen  in  den  Programmen  ist  durch  die  Lehr- 
pläne von  1892  und  1901,  besonders  in  Preui'sen,  außerordentlich 
belebt  worden.  Zahlreiche  Anstallen  haben  ihre  Speziallehr- 
pläne,  im  ganzen  wie  für  einzelne  Fächer,  herausgegeben,  die 
aus  eingehenden  Beratungen    der  Lehrerkollegien    hervorgegangen 


wirklich  nicht  bloß  voo  Lehrero,  soodero  auch  von  Eitern  eifrigst  gelesen 
werde);  vgl.  0.  S.  i4,  Anm.  1.  Andrerseits  geht  Manch  zn  weit,  wenn  er 
(a.  a.  0.)  meint:  „Es  gibt  noch  jetzt  Gymnasien,  an  denen  niemals  ein  päda- 
gogisches Werk  in  die  Lehrerbibliothek  eingestellt  und  neben  den  zahl- 
reichen faehwissenschaftlichen  keine  pädagogische  Zeitschrift  gehalten  wird". 
Das  trifft  heute  doch  nicht  mehr  zu,  wie  schon  ein  Blick  in  die  Jahres- 
berichte der  Anstalten  lehrt.  Manche  Anstalten  sind  sogar  mit  pädagogi- 
schen Zeitschriften  so  gesegnet,  daß  man  ihnen  (besonders  vielen  iu  kleineren 
Städten)  nar  wänachen  kann,  sie  möchten  auch  dafür  sorgen,  daß  wenigstens 
einige  der  bedeotenderen  faehwissenschaftlichen  Organe  den  Lehrern  die 
Kenntnis  der  neueren  wissenschaftlichen  Probleme  vermitteln.  Genaoere 
nachweise  sollen  demnächst  erfolgen;  s.  o.  S.  86  Anm.  1  Z.  10. 
r.  f.  d.  G jmnsaialwoaaa.    LZL    Snpplomenthoffe.  iQ 


liß  Pro^ramnwesea  und  Progr^mubibHothek  d.  höh.  Schale«, 

sind  und  entsprechend  der  großen  Freiheit,  die  uns  von  der  Be- 
hörde jetzt  gelassen  wird,  trotz  des  gleichen  Rahmens  doch  recht 
verschiedene  Zöge  aufweisen;    die  seit  1890  in  FJuß  gekommene 
Frage    der  Lehrerausbildung   ist    mehrfach    erörtert   worden, 
die  Vereinfachung   des  griechischen  Elementarunterrichts,    der 
Anfang  des  Lateinunterrichts  an  Reformanstalten,  die  Methode 
des  englischen  und  französischen  Unterrichts  ist  wiederholt 
Gegenstand    eingehender    Behandlung    gewesen,    Kanones   für 
Lektüre  sind  aufgestellt  worden,  die  Verwertung  der  Kunst  im 
Unterricht,  im  klassischen  wie  im  deutschen,  auch  die  Benutzung 
der   Museen    für    diese   Zwecke    hat    viele    ihrer   Freunde   be- 
schäftigt.   Die  neuen  Entdeckungen  im  Orient,  die  wissenschaft- 
lichen Ergebnisse  der  vergleichenden  Rel ig ions geschiebte,  der 
kritischen  Forschung  auf  dem  Gebiete  des  Alten  und  Neuen 
Testaments  sind  nicht  nur  zusammenfassend  behandelt  worden, 
sondern    man  hat  auch  Möglichkeit  und  Maß    ihrer   Verwertung, 
z.  fi.  im  Religionsunterricht,  in  Betracht  gezogen.   Die  Frage 
der  Einfuhrung  der  Schüler  in  wirtschaftliche  Fragen  ist  mehrfach 
beantwortet   worden;   die   physikalischen  Schulerubungen, 
die  Frage   des    biologischen  Unterrichts,    der   Schulgarten, 
die  Bedeutung  der  Heimatkunde   (im  weitesten  Sinne)    in  der 
Schule    haben    auf   die  Programme   befruchtend    eingewirkt,    die 
philosophische    Propädeutik    reizt    noch   immer    ihre    Ver- 
teidiger zu  Darstellungen  über  die  zweckmäßigste  Form  ihrer  Be- 
handlung.    Der  Zeichenunterricht   hat  sich   neue  Wege  ge- 
sucht,   und    seinen  Vertretern    verdanken  wir  mehrere,    auch  für 
Laien    überaus  anziehende  Darstellungen    in  Programmform,   der 
H  an  dfertigkeits  unter  rieht  ist  nicht  zurückgeblieben;Schäler- 
wanderungen  und  -Reisen,  für  Zwecke  verschiedener  Unter- 
richtsfächer,  zur  Gewinnung  von  Kunstanscbauungen,    zur  Pflege 
der  Körperkräfte   und  Stärkung    des   Kameradschaftsgefühls,   sind 
unternommen  und  in  Programmen  beschrieben  worden;  Rudern 
und  Sport   jeglicher  Art,    auch  die  Photographie,  haben  be- 
geisterte   Darsteller    gefunden.      Der    wichtigen    Frage,    wie   die 
Schülerbibliotheken  zu  organisieren  seien,  um  ihrem  Zwecke 
immer  mehr  gerecht  zu  werden,  ist  man  mehrfach  näher  getreten; 
das  Erscheinen  zahlreicher  Kataloge,    besonders   von  Lehrer- 
bibliotheken, beweist  das  löbliche  Bestreben,  diese  Sammlungen 
nutzbarer    zu  machen,    als    sie  es    früher  waren.     Neue  Einrich- 
tungen   und    Versuche    im    Scliulleben    hat    man    sich    bemüht 
Freunden    wie    Skeptikern    naher    zu    bringen,    so    die  Eltern- 
abende, den  internationalen  Schülerbriefwechsel,  vor  allem 
neuerdings    die  „freiere  Gestaltung    des  Unterrichts  auf 
der  Oberstufe'',    von  der  so  vieles  erwartet  wird.     Und,    was 
das    wichtigste  ist,    es  handelt   sich   fast  in  allen  diesen  Dingen 
nicht  um  theoretische  Erörterungen,  sondern   um   solche,  die  an 
praktische  Versuche   anknüpfen,    deren  weitere    Vervollkommnung 


yoii  R.Ullrieh.  W 

durch  GedankeDaustauBch  mit  den  Kollegen  angestrebt  wird.    Daß 
Erörterungen    über   das  Reformschul-   und  das  Realschul- 
wesen   einen   breiten   Raum    einnehmen,    ist   selbstverständlich, 
ebenso  daB  das  Gymnasium    der  alten  Form  den  Wert  seiner 
Bildungsmittel  auch   für  die  Gegenwart   immer  aufs  neue  zu  be- 
gründen trachtet.     Daß  man  bei  alledem  sich  nicht  mit  der  Dar- 
stellung preufsischer   und    deutscher  Verhältnisse   begnügt, 
sondern  das  ausländische  Unterrichts  wesen,  für  sich  allein 
und  im  Vergleich  zum  inländischen,  in  den  Kireis  der  Betrachtung 
gezogen    hat,   ist   bei    den    immer   engeren  Beziehungen,   in  die 
Wirtschaft,  Wissenschaft  und  Bildung  der  europäischen  und  außer- 
europäischen Staaten  zu  einander  treten,    kaum  auffallend.     Was 
den  hierher   gehörigen  Programmen   noch  besonderen  Wert  ver- 
leiht, ist  der  Umstand,    daß  ihre  Verfasser  zum  großen  Teile  aus 
eigner  Anschauung   heraus   schreiben.     Ich   gedenke    weiter   der 
Sammlungen  von  Aufgaben   für    die  verschiedensten  Unter- 
richtsfächer (besonders  Deutsch  und  Mathematik),  denen  viel 
hingebende  Arbeit  gewidmet   worden  ist,   der  Lehrbücher,   die 
man  kritischer  Prüfung  im  Zusammenhange  unterzogen  hat.  Viela 
unserer  Direktoren,  deren  Namen  in  aller  Munde  sind,  haben  ihre 
Schulreden  veröffentlicht,   voll    von  eindringlicher  Mahnung  an 
das  junge  Geschlecht,  gedankenreich    und  nicht  selten  von  abge- 
rundeter künstlerischer  Form,  anziehend  und  vorbildlich  zugleich. 
Die  Dutzende  von  Programmen  über  Schulbau    im  ganzen  wie 
im  einzelnen,  so  besonders  über  die  Einrichtung  der  Räume  für 
den  naturwissenschaftlichen    und    den    Zeichenunter- 
richt, geben  mit  ihren  nicht  selten  künstlerisch  vollendeten  Bei- 
gaben   ein  anschauliches  Bild  davon,    wie   unendlich  viel  besser 
unsre  Schüler   es  heute  haben  als  ihre  Väter  und  Großväter,    in 
ästhetischer  Beziehung  wie  in  hygienischer,  und  wie  Staat 
und  Städte,  ganz  besonders  in  Preufsen,  wetteifern  —  manchmal 
sogar  über  das  Bedürfnis  hinaus  —  dem  jungen  Geschlechte  Erzie- 
hung und  Unterricht  auch  in  schönen,  gesunden  Räumen  zu  geben. 
Welch  ein  Gegensatz  gerade  hier  zwischen   einst  und  jetzt!    Man 
sieht,    es   gibt    kaum    eine    das    heutige   Schulieben  be- 
treffende Frage  von  Bedeutung,    die  nicht  in  den  Pro- 
grammen   ihre    Behandlung  z.T.    wiederholt   und   von 
den     verschiedensten    Standpunkten     aus     gefunden 
hätte. 

Dazu  kommt  die  geschichtliche  Seite  des  höheren  Unter- 
richtswesens; ihre  Belebung,  für  die  insbesondere  den  Bestre- 
bungen der  Gesellschaft  für  deutsche  Erziehungs-  und 
Schulgeschichte  und  ihren  Organen  so  viel  verdankt  wird, 
hat  auch  auf  die  Programme  befruchtend  eingewirkt,  am  meisten 
in  den  beiden  letzten  Jahrzehnten.  Auch  hier  ist  die  Fülle,  auch 
die  Mannigfaltigkeit  der  Programmarbeiten,  wiederum  gerade  der 
beiden     letzten    Jahrzehnte,    ganz     erstaunlich.       Geschichten 

10* 


*148  Programmwesen  oifd  Pro^rmmbibliothek  d.  hSb.  Sehnleo, 

* 

einzelner  Schulen,   im  ganzen  und  für  bestimmte  Zeiträume, 
sind  80  zahlreich,  daß  nur  noch  wenige  ältere  Schulen  ohne  eine 
Darstellung  ihrer  Entwicklung  oder  wenigstens   einen  Versuch  zu 
einer  solchen  geblieben  sind.     Dazu  kommen  Geschichten  (oder 
Vorarbeiten  zu  solchen)  des  höheren  Schulwesens  kleinerer 
Staaten  oder  von  Teilen  gröfserer,  weiterhin  Versuche  fiber 
die  Entwicklung  bestimmter  Schularten,  wie  der  Real- 
schulen,  im    ganzen    wie    in    einzelnen  Staaten    oder  größeren 
Städten.      Zur    Geschichte    einzelner   Unterrichtsgegen- 
stände (es  fehlt  kaum  einer)  liegen  in  den  Programmen  wichtige 
Beiträge  vor,    Lehr  plane  und  Prüfungsordnungen  sind  io 
ihrer  Entwicklung  gewürdigt  worden;  verschiedene  EinrichtuDgen 
nicht    weniger    Schulen,    ihre    Bibliotheken     und    Archive, 
ihre  Stiftungen    haben   Bearbeiter    gefunden,    Verzeichnisse 
von    Lehrern,    Abiturienten,    Schulern    älterer    Anstalten 
sind    erschienen,    z.  T.    mit    reichen    biograjjhischen   und  biblio- 
graphischen,   mit    Bienenfleiß     zusammengetragenen    Materialien 
ausgestattet,    weiterhin    Biographien     zahlreicher     Schnl- 
männer,   die    in    kleinerem    Kreise    Bedeutendes    geleistet    oder 
auch  tiefer  gehenden  Einfluß  auf  die  Gestaltung  des  Schulwesens 
oder  seiner  einzelnen  Zweige  gewonnen  haben  —    wichtige  Vor- 
arbeiten   für    spätere    umfassendere    Darstellungen.      Das   Real- 
Schulwesen,    im  ganzen    und   für  kleinere  Komplexe,    hat  man 
geschichtlich  behandelt;   auch  das  ausländische  Schulwesen 
sehen    wir    nach    der    geschichtlichen  Seite    wiederum  gewürdigt. 
Bibliographische  Zusammenstellungen  der  Programme 
vieler  Anstalten    geben    einen  Einblick   in  einen  Teil  der  schrift- 
stellerischen Arbeit  ihrer  Lehrer,    sind  auch  nicht  ohne  Interesse 
für    die  herrschenden  Richtungen    an    den  Schulen    zu   gewissen 
Perioden.     Mitteilungen    von    Schülerarbeiten    —    besonders 
wertvolle  Gaben    —    lassen    erkennen,   nicht    was  vorgeschrieben 
gewesen,  sondern  was  wirklich  geleistet  worden  ist. 

Es  gehört  in  der  Tat  ebensoviel  Hut  wie  umfassende  Sach- 
kenntnis dazu,  wenn  z.  B.  A.  Hortzschansky  (a.  a.  0.  S.  168) 
diese  ganze  Literatur  in  der  flauptsache  als  minderwertig  be- 
zeichnet und  sie  von  dem  „Jahrbuche^")  (dem  er  im  übrigen 
selbst  mit  Recht  skeptisch  gegenübersteht)  als  ungeeignet  ausge- 
schlossen sehen  will,  dem  nur  die  (wiederum  minderwertigen)*) 
fachwissenschaftlicben  Beiträge  verbleiben  würden.  Hier  erkennt 
man  recht  deutlich,  wie  von  gelehrter  Seite  die  Arheit  an  der 
Schule  und  für  die  Schule  angesehen  wird.  Die  fachwissenschaft- 
lichen Arbeiten  sind  sozusagen  hofl'ähig,  die  andern  aber,  die 
doch  Leben  und  Streben  der  höheren  Schule  am  deutlichsten 
zum  Ausdruck   bringen,    sollen    vor   der  Tür    bleiben!     Die  Vor- 


1)  Vgl.  diräber  o.  S.  25^28. 

*)  Dies  Urteif  ist  obeo  einer  Revision  unterzogen  worden;  s.  S.  X^^f. 


voo  R.  Uilriek.  i49 

Stellung  von  dem  „unehrlichen  Gewerbe**  des  Schulmeisters 
scheint  unausrottbar.  Fach  wissenschaftliche  Arbeit,  sei  das  Er-^ 
gebnis  noch  so  gering  und  die  Wirkung  auf  einen  kleinen 
Kreis  beschränkt,  gilt  sogar  in  unseren  Kreisen  bei.  vielen  von 
denen,  die  sie  leisten,  noch  immer  für  vornehmer  als  die  auch  in 
literarischer  Produktion  zum  Ausdruck  kommende  Tätigkeit  an 
der  Schule  und  für  die  Schule,  die  doch  Kenntnis,  Kritik, | 
Methode  erfordert  gleichwie  jene.  Die  Technik  hat  sich  die 
Gleichberechtigung  neben  der  Wissenschaft  (z.  T.  auch  neben  der 
Verwaltung)  erst  mQhsam  erringen  müssen  und  wird  immer  noch 
trotz  ihrer  hohen  Entwicklung  nur  zu  gern  beiseite  geschoben, 
wo  es  auf  Einfluß  und  starke  Wirkung  ankommt.  So  auch  hier. 
Die  Ausbildung  des  höheren  Lehrerstandes  hat  doch  in  den 
letzten  Jahrzehnten  unbestreitbar  gewaltige  Fortschritte  gemacht, 
im  ganzen  wie  in  allen ^)  einzelnen  Fächern.  Aber  so  hoch  die 
„Kunsr* .  gestiegen  ist,  so  groß  die  Fortschritte  sind,  welche 
iu  der  besseren  Ausgestaltung  der  Unterrichtsmittel,  der  Räume, 
der  Organisation,  kurz  aller  der  Dinge  erzielt  sind,  deren  Be- 
deutung für  einen  gedeihlichen  Unterricht  selbst  immer  mehr  er- 
kannt wird,  die  Tatsache  bleibt  bestehen,  daß  unter  und  außer 
uns  recht    viele    das   alles  doch   als   sehr  unerheblich  ansehen"). 


^)  So  mioderwertiger  malhematisGher  oder  .  Dutnrwisgeoschaft» 
lieber  Unterricht,  wie  er  noch  vor  20  oder  30  Jähren  erteilt  wurde  (der 
entweder  sieh  onr  an  wenige  Begabte  wandte  oder  mit  ganz  anzurefehendev 
Mitteln  arbeitete),  ist  doch  beute  nicht  mehr  möglich,  vom  geographischen 
ganz  za  schweigen;  und  was  der  Religionsunterricht,  besonders  in 
anteren  und  mittleren  Klassen,  damals  bot  oder  vielmehr  nicht  bot,  wissen 
die  meisten  derer,  die  ihn  genossen  haben,  wohl  noch  geoao. 

*)  Man  vergleiche  z  B.  such  das  Verhältnis,  in  dem  die  Mittel  zd 
einander  stehen,  die  von  Staaten,  Akademien,  Stiftungen  usw  an  solche| 
Schnlmänner  gegeben  werden,  die  einen  Kodex,  der  schon  zwolfmal  ver- 
glichen ist,  zum  dreizehnten  Male  vergleichen  wollen  (um,  wie  Datürlicb, 
oft  nur  recht  unwesentliche  Ergebnisse  heimzubringen),  oder  die  z.  B.  für 
Detailarbeit  auf  aaturwissenschaftli.ehem  Gebiete  aufgewendet  werden,  und' 
die  man  andrerseits  gewährt,  um  Schulmäonern  in  größerem  Umfange 
den  Besuch  und  das  Studium  von  Schulen  des  In*  und  Auslandes  zu  er- 
mSglicheO;  wo  sie  Methoden,  Verschiedenheit  der  Organisation,  bedeutende 
Lehrerpersönlichkeiten  und  so  manches  andere  kennen  lernen,  das  sie  über 
die  Enge  der  Anschsuong'  heraushebt,  ihren  Blick  erweitert,  sie  vor  allem 
dauernd  frisch  erhält,  so  daß  dem  jungen  Geschlechte  der  beste  Dienst  ge- 
leistet wird,  den  man  ihm  nur  wünschen  kann!  Ich  hoffe,  daß  man  mich  nicht 
mißversteht,  etwa  als  wollte  ich  die  wissenschaftliche  Ausbildung  des  Schul- 
mannes gegenüber  der  praktischen  herabsetzen  Nichts  liegt  mir  ferner. 
Ich  hal>e  ja  auch  mehrfach  betönt,  daß  und  warum  ich  den  rein  fachwissen- 
schaftlichen Arbeiten  gerade  in  den  Programmen  ihren  Platz  auch  in  Zu- 
kunft in  gewissem  Umfange  gewahrt  sehen  will.  Nur  das  muß  man 
wünschen,  daß  auch  der  praktischen  Tätigkeit  der  Lehrer  allmählich  eine 
breitere  Grundlage  gegeben  werde  dadurch,  daß  es  ihnen  mehr  als  bisher 
ermÖgUclit  wird,  aus  eigener  Anschauung  andere  Schul  Verhältnisse  kennen 
zu  lernen,  zu  sehen,  zu  hören,  sich  auszusprechen.  Buchstndium  allein  tut's 
hier  nicht,  auch  der  Meinungsaustausch  über  pädagogische,  methodische, 
organisatorische  Fragen,    der  in  Vereinen    und  auf  Versammlangen    geboten 


/^  PrograiiBwesen  «nä  Programmbibliothek  d.  hSh.  Scbnlei , 

Man  mufi  sich  das  vergegenwärtigen,  um  lu  verstehen,  daß  auch 
die   literarische  Produktion    der  Lehrer,   die  sich  auf  Erziehung, 
Unterricht  und  organisatorische  Fragen    der  Schule   bezieht    und 
auch  in  Tausenden  von  Programmen  der  letzten  Jahrzehnte  (Tgl. 
besonders  o.  S.  730.)   niedergelegt  worden  ist,    sich  das  Borger- 
recht  immer  noch  erwerben  muß.    Und  doch  ist  klar,  daß  nicht 
bloß   die   rein    fachwissenschattlichen  Programme    und    Abhand- 
lungen, Yon  denen  es  eigentlich  (lanz  selbstferstSndlich  ist  (doch  ygl. 
noch  die  besonderen,  oben  S.  127 j  1300.  gelieferten  Nachweise),  an 
ihrem  Teile  Einfluß  auf  die  verschiedenen  Fachwissenschaften  ge- 
wonnen  haben.    Auch   alle  auf   das   Schulwesen,    seine  Ge- 
schichte,   seine    Organisation     und    seinen    Betrieb    bezöglichen 
Arbeiten,   die  auf  Quellenstudium   oder    umfassender  Anschauung 
und  ausgebreiteter  Erfahrung  beruhen,   haben   den  größeren  ein- 
schlägigen Werken  wertvolle  Bausteine  zugefQhrt   und  werden  sie 
ihnen  auch  in  Zukunft  zufuhren,  je  mehr  —  besonders  bei  neoen 
Problemen  —  die  Fragesteilung  präziser,  die  Behandlung  metho- 
discher gestaltet    wird    und   somit  die  Resultate  an  wissenschaft- 
licher Bedeutung   gewinnen.     An   größeren,   das   Schulwesen   in 
seiner  Gesamtheit   und   in   seinen  einzelnen  Teilen  in  geschicht- 
lichem Verlaufe^)   wie   nach   der  Seite   der  Organisation    behan- 
delnden Werken   aus    neuester  Zeit   ist  bekanntlich  nicht  gerade 
Überfluß  (vgl.  o.  S.  16)^  zumeist  aus  dem  Grunde,  weil  die  Locken 
der  Einzelforscbung  noch   zu  groß  sind.    Hier  haben  gerade  die 


wird  nod  violo  oiitxlicho  Anregnogea  gibt,  kann  doch  die  aDscbaaliebe,  ii 
ADderoD  Schulea  selbst  gewoD&eoe  KeoatDis  Dicht  ersetzen.  NatSrlicb  weiS 
ich,  was  zar  VervollkoDnaaog  der  AosbildoDg  oeusprachlicher  «ad 
aatorwisseoschaftlicher  Lehrer  voo  Staaten  and  tach  von  Stidtet 
beigetragen  wird  —  wiewohl  das  nicht  so  sehr  in  der  hier  von  mir  betoatei 
Richtung  geschieht  Aber  wu  bleiben  die  Altsprachler  (vom  arehiolo- 
gischen  Reisestipendium  und  den  Perienfortbildnngskursen  sehe  ich  hier 
natürlich  ab),  wo  die  Geschichts-,  Geographie-,  Mathematik-  ond 
Religionslehrer?  Hier  sind  für  Staaten  und  Gemeinden  noch  die 
achSnsten  Anfgsben  zn  lösen!  Ich  denke  dabei  nicht  blofi  an  die  heute  im 
Vordergründe  des  Interesses  stehenden  Reformschnlen,  deren  Binrichtangea 
ja  nicht  blofi  von  Mitgliedern  der  Behörden  und  Schul karatorien  und  von 
Direktoren  —  zumal  wenn  es  sich  om  Neuorganisationen  älterer  Schulea 
handelt  —  undjhier  und  da  such  von  Lehrern  anderer  Anstalten  studiert  werdet 
sind.  Auch  die  alteren  Anstalten  weisen  eine  solche  Menge  von  ans- 
gezeichneten  Lehrern  auf,  die  wir  meist  nur  tos  ihrer  literarischen  Tatig- 
iieit  kennen,  und  auch  die  Neobsuleo  von  Anstalten  alten  Stils  bieten  des 
Ijiteressanten  und  Lehrreichen  so  viel,  daß  ihr  Besuch  zur  Zeit  vollen 
Unterrichtsbetriebes  noch  mehr  als  bisher  solchen  Lehrern  ermöglicht  werden 
sollte,  die  ein  über  den  Durchschnitt  hinausgehendes  Mafi  von  Wissen  und 
Können  und  das  lebhafte  Bestreben  nach  Erweiterung  ihrer  Ansehauanges 
an  den  Tag  gelegt  haben. 

')  Zu  S.  8  Anm.  3  kann  jetzt  des  zur  Zeit  des  Dracks  des  betr.  Bogens 
noch  nicht  erschienene  Werk  nachgetragen  werden:  I  1:  GtMckiMe  des 
dBuUthm  Unterriehts  (A.  Matthias),  1»U7,  geb.  10  JC  ;  vgl.  dazu  die  Be- 
merknogen  von  A.  Heu  bäum,  MiU,  d.  Gei.  f,  deutsche  &%,-  u,  Scktdgmch. 
XVII  (1»07)  S.  241—246. 


von  R.  UUriek.  i$l 

vielen  Programm-MonographieD  in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten 
schätzbare  Beiträge  geliefert.  Man  kann  nur  wünschen,  daß  das 
auch  weiter  geschehe. 

Die  Gegner  des  Programmwesens,  insbesondere  diejenigen, 
die  über  den  Wert  der  fachwissenschaftlichen  und  noch  mehr 
der  auf  das  Schulwesen  bezüglichen  Abbandlungen  so  überaus 
ungünstig  geurteilt  haben  —  wenngleich,  wie  wir  sahen,  durch- 
aus mit  Unrecht  —  werden  meinen,  ich  sei  auf  dem  besten 
Wege,  in  das  andere  Extrem  zu  fallen.  Daß  es  „auch"  minder- 
wertige Programme  gibt,  ist  selbstverständlich  nicht  zu 
leugnen,  auch  von  überzeugten  Freunden  der  Einrichtung  (s.  o. 
S.  144  A.  3)  niemals  in  Abrede  gestellt  worden;  es  konnte  aber 
schon  gezeigt  werden,  welche  Umstände  geeignet  waren,  den  durch- 
schnitt liehen  Wert  der  Programme  allmählich  zu  heben.  Daß 
ferner  besondtf'rs  in  den  auf  methodische,  schon  oft  behandelte 
Fragen  bezüglichen  Programmen  sich  manches  Oberflüssige, 
ohne  ausreichende  Lileraturkenntnis  und  praktische  Erfahrung 
Veröffentlichte  und  darum  in  der  Tat  Minderwertige  befindet,  ist 
ebenfalls  schon  angedeutet  worden  (o.  S.  7).  Auf  gewisse  Mängel 
in  der  Behandlung  schulgeschicbtl icher  Fragen  in  den  Pro- 
grammen haben  andere,  sehr  sachverständige  Beurteiler  hin- 
gewiesen^). Die  Beschreibungen  neuer  Schulgebäude  und 
ihrer  Teile,  insbesondere  der  Räume  für  naturwissenschaftlichen 
Unterricht,  der  Zeichensäle,  der  Turnhallen^)  uam.  (die  übrigens 
in  Zukunft  nicht  von  den  Bauleitern,  wie  heute  nicht  selten  ge- 
schieht, sondern  ausschließlich  von  einem  Mitgliede  des  Lehrer- 
kollegiums  verfaßt  werden  sollten)')   könnten  dadurch   an  Wert 


>)  Mao  Tf^l.  0.  S.  14  Anm.  3;  i.  oeaerdings  noch  A.  Heabanm  io  der 
MS.  /  höh.  Seh.  VI  (1907)  S.  872  ff. 

')  Dail  die  Besehreibaog  der  Bibliotheksraome,  die  aoch  Abbil- 
dnnifeo  vertragen,  io  Zukonft  baofiger  atattfiodeo  möge,  sei  auch  hier  bio- 
zogefogt  (ygh  o.  S.  12  Aom.  1).  Aoeh  gegeo  die  Bibliothekskataioge, 
die  !d  den  letzteo  Jahren  besoodera  sahlreieh  veröffentlicht  worden  sind, 
läßt  sieh  maochea  eioweodeo,  vgl.  o.  S.  $ö  Aom.  1. 

')  Dafi  die  betr.  Baameister  in  tecbni scher  Hinaicht  die  Berufensten 
sind,  ist  selbstverständlich.  Aber  darauf  kommt  es  bier  nicht  io  erster 
Linie  an,  sondern  anf  das,  was  in  Röcksicht  auf  die  Zwecke  der  Schale  in 
Gestaltnng  und  Ansstattong  der  Räume,  besonders  io  hygienischer  Be- 
ziehung, am  bemerkenswertesten  ist.  Auch  das,  ästhetische  M»ment  ist 
gebührend  hervorzuheben.  Das  sind  aber  Dinge  die  eio  Schulmaoo  dorch- 
aos  zu  leisteo  imstaode  ist,  weoo  er  sich  nur  eioigermaßeo  mit  deo  hier  zu 
losenden  Aufgaben  vertraut  gemacht  hat.  Daß  das  in  vielen  Fällen  ge- 
schieht, beweisen  aodrerseita  schon  jetzt  die  zahlreichen  von  ScholmHonern 
selbst  (ev.  unter  Beirat  der  Bauleituog)  verfaßteo  Beschreibungen  dieser 
Art.  Aueh  der  Stilbehandlung  wissen  manche  durchaus  gerecht  zu  werden. 
Warum  auch  nicht?  Zahlreiche  Lehrer  haben  zu  wiederholten  Malen  durch 
Reisen  im  In-  und  Auslande,  durch  Besichtigung  und  Studium  bedeutender 
Ronstdenkmiler  ihr  Stilgernhl  l^ebildet,  haben  „sehen^'  gelernt.  Nicht  wenige 
führen  weiterhin  im  klassischen  Unterricht,  im  Deutschen,  in  der  Geschichte, 
in  der  Hirehengesehiehte,  der  Erdkoode  bei  sieb  bietender  Gf  legisnheit  ihren 


152  Profraiimw«s«B  und  Progranmbibliothdk  d.  höh.  Schal« b, 

• 

erheblich  gewioneD,  wenn  mehr  als  bisher  der  ÜDterschieil  fon 
alt  und  neu,  also  der  erzielte  Fortschritt,  der  Zusammenhang 
der  gerade  vorliegenden  Baubeschreibung  mit  anderen  gleichartigen 
Arbeiten    betont    würde ^).    Auch   ist   es   weder  notwendig   noch 


Seh*dI«ro  läogit  mit  Erfolg  bedtntendo  Arehitekiardenkmülor  in  gutea 
AbbiidaDfea  vor,  könoeo  ihnea  io  sttostiferoo  Fälleo  nicht  selten  aaeh  die 
Originale  selbst  seigeQ  und  nach  ihren  charakteristischen  Merkmalen  er- 
IMntern  (vgl.  o.  S.  282 ff.).  Man  darf  ihnen  wohl  xntrsnen,  dafi  sie  der  Be- 
schreibnng  nener  Schnibaaten  gewachsen  sind,  soweit  die  oben  be- 
xeichneteo  Zwecke  in  Betracht  kommen.  Der  Baumeister  bleibt  im  Schal- 
Programm  ohne  Zweifel  doch  ein  fremdes  Clement.  Seine  Beschreibaagea 
gehören  in  die  Banz  eitangen  und  führeo  von  hier  aas  wieder  den  groflerea 
Werken  über  Architektar,  wie  z.  B.  dem  oben  S.  13  genannten,  wertvolles 
Material  zn,  das  in  seiner  Gesamtheit  dann  auch  die  Scbalroünner  aaf  sich 
wirken  lassen  mögen.  Nicht  unerwähnt  lassea  will  ich  bei  dieser  Gelegen- 
heit, dafi  bei  Sehulneubaaten  das  Zusammenwirken  der  Bau-  nad 
Schulleitung  (bezw.  der  in  Betracht  kommenden  Fachlehrer)  noch 
einiger  Entwicklung  fähig  scheint;  nicht  selten  wird  (und  wohl  mit  Recht) 
darüber  geklagt,  dafi  die  erstere  im  Gefühle  der  fachmännischen  Sicher- 
heit nicht  sehr  geneigt  sei,  wohlbegründeten  Anregungen  der  beteiligten 
Schalmänner  Folge  zu  gebea.  Die  letzteren  wie  ihre  Schüler  haben  daas 
an  den  nachteiligen  Folgen  maachmal  recht  übel  zu  tragen;  denn  aber 
Mängel  der  inoeren  Einrichtung  von  SchulrSumen,  die  bei  Vorhandenseio 
jener  erwünschten  Einmütigkeit  zwischen  den  beteiligten  Instanzen  oft  leicht 
vermieden  werden  können,  helfen  die  glänzendsten  Fassaden  nicht  hinweg, 
die,  wie  mir  scheint,  oft  über  Gebühr  ausgestaltet  werden.  In  wie  vorbild- 
licher Weise  dagegen  wiederum  hier  und  da  verfahren  worden  ist  (ond  in 
Zükuoft  in  solchen  Fällen  immer  verfahren  werden  sollte),  möge  man  z.  B. 
in  den  Jahresberichten  von  Stuttgart,  EberiL  Ludw.-G.  1^4  S.  2  oad 
Stettin,  Stadt-G,  1905  S.  3  nachlesen. 

*)  In  dem  von  manchen  Seiten  geplanten  „Jahrbuche**  (vgL  jedoch 
die  Kritik  oben  S.  26-^28)  hätten  natürlich  alle  diese  Beschreibangen  aiit 
demselben  Rechte  Platz  zu  finden,  wie  nur  irgend  eine  faehwisscoschsft- 
liche,  pädagogische,  didaktische  oder  organisatorische  Fragen  bebaadelade 
Programmarbeit  Es  wäre  schlechterdings  kein  Grund  einzusehen,  sie  aat« 
znschliefien,  wie  z.  B.  A.  Hortzscbansky  Tur  gut  findet  Denn  sie  siad 
genau  so  ein  wesentliches  Stück  der  Gestalt  des  höheren  Schulweseas  in 
bestimmten  Zeiten  und  Ländern  wie  jene  anderen  Arbeiten  und  ergäaxen 
sie  aufs  glücklichste.  Sie  zeigen,  wie  Staaten  und  Städte  die  Notwendig- 
keit der  Herstellung  hoher,  gesunder,  luftiger  Räume  immer  mehr  er- 
kennen, sie  beweisen  ferner  den  Eltern,  in  deren  Hände  auch  alle  diese  Be- 
schreibangen, jede  an  ihrem  Orte,  kommen  müssen  (vgl.  o.  S.  275  f.),  recht 
eindrioglich,  welche  gewaltigen  Fortschritte  auf  diesem  Gebiete  jedes  Jsbr 
gemacht  werden  im  Gegensatze  zu  der  Zeit,  in  der  sie  selber  in  anderen 
Räumen  auf  der  Schulbank  safien ;  sie  geben  Schulleitern  und  -Lehrern,  die 
nar  immer  die  günstige  Gelegeuheit  benutzen,  unerachöpfiichea  Material, 
das  sie  mit  Nutzen  verwerten  können,  wenn  sie  selber  am  Neubau  itt 
eigenen  Schale  irgendwie  mitzuraten  haben  (vgl.  die  obige  Anm.,  Ende). 
Medizinische  Zeitschriften  wissenschaftlichster  Richtung  bieten 
neben  den  fachwissenschaftlichen  Aufsätzeu  Baubeschreibungen  ves 
KrankCDhäusern,  Kliniken  u.  s.  f.,  mit  Plänen  und  Grundrisses, 
natarwisseoschaftliche  ebensolche  ihrer  Institute  für  Physik, 
Chemie  u.s.f.;  das  Zentralblatt  für  Bibliothekswesen  ioshe- 
sondere,  an  dessen  Redaktion  einer  unserer  neusten  Programmkritiker 
wesentlichen  Anteil  hat,  bringt  fast  in  jedem  Bande  die  Beschreibaog  einer 
•tfueo    Bibliothek,   fast   in  jedem   Hefte   organisatorische   Vor- 


TOB  R.  Ulirieb.  J^Q 

auch  Dor  zweckmäBiK,  daß  diejenigen,  die  zum  ersten  Male  ein 
paar  Ferien  wo  chen  im  Auslande  zugebracht  haben,  nun 
gleich  ihre  Erlebnisse  in  Programmform  mitteilen.  Die  Literatur- 
benutzung steht  in  den  Programmen  nicht  überall  auf  der 
Höhe,  literarische  Nachweise,  die  den  mit  der  Sache  noch 
nicht  verti*auten  Leser  tiefer  in  sie  einführen  können,  sind  oft 
unzureichend;  gewisse  Äußerlichkeiten  —  die  übrigens  keines- 
wegs nur  solche  sind  —  wie  genaue  Inhaltsübersichten, 
Indices  und  dgl.  m.  könnten  die  wissenschaftliche  Ausnutzung 
mancher  Programme  noch  mehr  erleichtern.  Das  alles  kann  gern 
zugegeben  und  der  Wunsch  und  die  Hoffnung  ausgesprochen 
werden,  die  Programme  möchten  auch  in  diesen  Beziehungen 
einen  immer  höheren  Grad  der  Vollkommenheit  dadurch  erreichen, 
daß  die  Grundsätze  wissenschaftlicher  Forschungsarbeit  auch  in 
ihnen  immer  mehr  zur  Anwendung  gelangen.  Wer  aber  das 
reiche  oben  (besonders  S.  88 — 122)  gegebene  Material  und  noch 
▼iele  andere  Abhandlungen  etwa  aus  den  letzten  17  Jahren  durch- 
mustert, ohne  Vorurteil,  nicht  vom  einseitigen  Standpunkte  des 
Spezialforschers,  wohl  aber  unter  voller  Kenntnis  und  Würdigung 
der  tiefgreifenden  Änderungen,  die  sich  in  der  Gestaltung  des 
höheren  Schulwesens  und  der  Arbeit  der  an  seinem  Ausbau  tätig 
teilnehmenden  Lehrer  in  dieser  Zeit  vollzogen  haben  und  z.  T. 
noch  vollziehen,  wird  doch  wohl  den  Eindruck  gewinnen  müssen 
—  d.  h.  wenn  er  die  Abhandlungen  nicht  bloß  registriert  und 
geordnet,  sondern  auch,  wenigstens  bestimmte  typische  Erschei- 
nungen in  angemessener  Auswahl,  gelesen,  studiert,  exzerpiert, 
verglichen  hat:  hier  ist  fiberall  Leben,  Bewegung,  Fort- 
schritt erkennbar,  zahlreiche  tüchtige  Kräfte  sind  an 
der  Arbeit,  das  höhere  Schulwesen  in  allen  seinen 
Teilen  immer  vollkommener  zu  gestalten.  Bei  solcher 
Lage  der  Dinge  von  einer  „absterbenden  Literatur"^)  zu  reden, 
heißt  denn  doch  wesentliche  Punkte  der  Schulentwicklung  in  den 
letzten  beiden  Jahrzehnten  vollkommen  verkennen. 

Daß  neben  den  Beiträgen,  die  in  wissenschaftlichen  Fach- 
organen und  Schulzeitschrifren  für  den  Ausbau  des  höheren 
Schulwesens  geleistet  worden  sind,  gerade  die  Programme 
in  so  umfassender  Weise  besonders  in  den  letzten  anderthalb 
Jahrzehnten    daran    beteiligt    waren,    muß    ganz    abgesehen    da- 

schlüge  der  verflehiedeoetea]  Art '  for  die  feriere  AaagesUltaog  des 
Bibliotheksweseos  o.  s. f.  Das  alles  ist  ebeaso  berechtigt  wie 
■al'drlich;  Wisseoscheft,  Techaik  ood  OrgaaiaatioD  siod  aufeiomader  söge- 
wiescD  aad  nasseo  sich  gegeoseitig  ergaozeo.  Noch  niemaad  hat  geroodeo, 
daA  der  „wissenschaftliche''  Charakter  der  betr.  Zeitschriften  daranter  litte, 
dafl  jene  ergänzenden  Arbeiten  einen  ständigen  Plats  in  ihnen  einnehmen, 
und  das  sollte  in  einem  „Jahrbaehe  der  höheren  Schulen ''  oder, 
da  es  ZQ  einem  solchen,  wenigstens  als  Ersatz  der  Programme,  hoffentlich 
io  absehbarer  Zeit  nicht  kommen  wird,  in  dar  Gesamtheit  der  einzeln  er- 
scheinenden Jahres  Programme  anders  sein?  Jedem  das  Seine! 
1)  Hortzsehansky  a.  t.  0.  S.  167 f. 


/^  Programmw«g«B  nad  Prof  rtiambibliothek  d.  k8h«  Sekvlen, 

von,    daB  es  an  sich  verdienstlich  ist,   noch   aus  anderen,    mehr 
praktischen,    aber    sehr    wirksamen    Gründen    als    wertvoll    be- 
zeichnet  werden.     Von  dem,    was    in  Zeitschriften   und  anderen 
periodischen  Erscheinungen  auf  allen  genannten  Gebieten  geleistet 
wird,    kommt    bei    der   groBen    Zersplitterung    des    Gebiets,    bei 
der  Unmöglichkeit  für  die  meisten  Schulbibiiolheken  (wie  für  viele 
kleinere  Behörden),  auch  nur  einen  erheblichen  Teil  davon  anzu- 
schaffen  und    zugänglich    zu    machen,    nur  ein   Bruchteil    dem 
Lehrerstande  in  seiner  Gesamtheit  jemals  zu  Gesichte  (vgl.  schon 
oben  S.  21)  —  von  der  Minderwertigkeit  der  vielen  Splitter  und 
Splitterchen,    die  hier  mitunterlaufen,    um    den  Raum    zu  fSllen, 
einmal    ganz  abgesehen.    In  der  Program mliteratur    über    alle 
wichtigen,  die  Zeit  bewegenden  Fragen  des  höheren  Schulwesens 
dagegen  findet   die  Mannigfaltigkeit   der  Bestrebungen  einen  weit 
stärkeren,  fruchtbareren  Sammelpunkt;  und  das  Geleistete  geht 
durch  den  Tausch  verkehr  allen  beteiligten  Behörden,  Bibliotheken 
und  Schulen  zu  und  kann    nicht  bluB,    sondern  soll  so    —  bei 
zweckmäßiger  Organisation  der  Programmbibliothek — allen  Lehrern 
bekannt  werden  und  immer  aufs  neue  dazu  beitragen,  ihr  fnter- 
esse  an  allem,    was  die  Schule    im  ganzen  angeht,    erfreulich  zu 
beleben.     Ferner  ist  zu  bedenken,    daß  ein  sehr  erheblicher  Teil 
der  Programmliteratur  (in  Preußen  jetzt  weit  über  die  Hälfte  — 
s.  0.  S.  269f.)   sich  mit  Fragen  beschäftigt^),   die  auch  dem  am 
Leben  der  Schule  einigen  Anteil  nehmenden  Publikum  wohl  Inter- 
esse abgewinnen  können,  und  daß  die  in  den  letzten  beiden  Jahr- 
zehnten über  solche  Fragen  geschriebenen  Programme  zum  groBen 
Teile    wertvolle,    gediegene,    auf    gründlicher    Arbeit    beruhende 
Leistungen  sind   —   gerade  recht  geeignet   (unter  Voraussetzung 
der   oben  S.  275f.  geforderten  Verteilung  derartiger    Programm - 
abhandlungen  an  alle  Schuler  bezw.  deren  Eltern),  das  Pubfikum, 
dessen  Meinungen    über  die  Schule    durch  einen  Teil  der  Presse 
und    agitatorische  ültrareformer   immer   mehr   verwirrt    werden, 
sachgemäß  aufzuklären.     Auch  sind  die  Schulmänner  in  nicht 
wenigen    gerade   solcher  Abhandlungen,   die  „den  weiteren  Kreis 
der  Gebildeten'*  zu  interessieren  vermögen,    aus   der  früher  auch 
in  Universitätskreisen    beliebten  Abgeschlossenheit  herausgetreten. 
Indem  sie  Probleme  behandelten,  die  im  Zusammenhang  mit  der  ge- 
samten geistigen  Kultur  stehen,  an  der  unsrer  höheren  Schule  ein 
so  wesentlicher  Anteil  zukommt,    haben  sie  ihre  Geneigtheit  und 
Fähigkeit  bewiesen,  im  Zeitalter  der  „Grenzgebiete*'  (das  so  viele 
periodische  Organe  unter  diesem  Zeichen  geschaffen  hat)  aus  dem 
engen  Kreis  der  Schule  herauszutreten  und  mit  den  Arbeiten  der 
anderen  Fakultäten   mehr  und  mehr  Fühlung   zu  gewinnen,  auf 
dem    Felde    der   Religionswissenschaft,    der  Hygiene,   der  Sozial- 


0  Anders  alt  oooh  io  den  liebziger  Jahren  ood  friiber;  vgl.  o.  S.  365  f. 
und  besonders  S.  268. 


poIitik,  der  Technik  und  auf  anderen  Wissens-  und  Lebendgebieten. 
Und  das  ist   kein  kleiner  Gewinn    für   die  wissenschaftlich  gebil- 
deten Mitglieder  von  Anstalten,  deren  stolze  Inschrift  synm  scholae, 
sed  vitae  discitnus''  nun  den  Charakter  der  toten  Formel  verliert, 
kein  kleiner    auch  für   das  Elternpublikum,    das   immer  mehr  zu 
der  Einsticht  kommen  muß,    daß  die  Jugend    nicht    in  eine  Welt 
eingeführt   wird,    der    das  Leben   und    die   Probleme   des  Tages 
fremd  sind,    sondern  daß  sie  von  Lehrern  unterrichtet  wird,  die 
mitten  im  Leben  stehen  und  ihren  Schülern,  soweit  es  deren  Ver- 
ständnis und  der  Rahmen  des  Lehrplans  gestattet,  nichts  Wesent- 
liches von  dem  vorenthalten,  was  Denker  und  Männer  der  Tat  heute 
beschäftigt.     Daß  der  eine  Grund,  der  die  Programme  jins  Leben 
rief,    nämlich    die   Lehrer   zu    wissenschaftlicher   Arbe  t   „aufzu- 
muntern'*,   wenigstens   in  der  Hauptsache  geschwunden  ist  (doch 
Tgl.  Abschn.  F),  kann  man  gern  zugeben.    Aber  fast  alle  (inner- 
halb wie  außerhalb  der  Schule),    die  aus    dem  Schwinden   dieses 
Grundes   glaubten  folgern    zu  müssen,    die  Programme  hätten  in 
dier  heutigen  Zeit  keine  Existenzberechtigung  mehr,  haben  über- 
sehen,   daß  dieser  Grund  ja  keineswegs  der  einzige  war,   der  die 
ganze  Einrichtung   geschaffen   hat,   sondern    daß  den  Organisator 
der   Sache,   dessen    wir    auch    hier    wieder    in    Pietät   gedenken, 
außerdem    die 'schulpolitisch   so   weisen  Rücksichten  auf  die  Be- 
ziehungen der  Schulen  untereinander  und  auf  die  leben- 
dige Fühlung  der  Schulen    und    ihrer  Lehrer   mit  dem 
Publikum    leiteten    (vgl.  o.   S.  263 ff.).      Diese    beiden,    heute 
gerade,    wie   nachgewiesen    ist,    besonders    wirksamen    und  noch 
bedeutender  Entwicklung   fähigen  Gesichtspunkte    und    damit  die 
Berechtigung  weiteren  Erscheinens    der  Programme   würden  erst 
dann  wegfallen,  wenn  man  aus  dem  Programmbestande  der  letzten 
anderthalb  Jahrzehnte   glaubte   nachweisen   zu  können,    daß   die 
Schulmänner   sich  als  unfähig   erwiesen  hätten,    die  damit  ihnen 
gestellten  Aufgaben  zu   lösen,    oder   daß   etwa   gerade    den  Pro- 
grammen   nur   ein    unbedeutender  Anteil    an   der  Lösung  dieser 
Aufgaben    zuzusprechen    sei.     Diesen  Nachweis    hat   aber   bisher 
keiner  der  Gegner  der  Einrichtung  unter  Beibringung  ausreichenden 
Materials  ernstlich  zu  führen  unternommen;  nach  den  oben  vor- 
gelegten Tatsachen  dürfte  die  Aussicht,  ihn  mit  Erfolg  zu  führen, 
auch  keine  große  sein. 

Eins  freilich  ist  trotz  alledem  not:  die  Schulmänner  in  ihrer 
Gesamtheit,  nicht  bloß  diejenigen,  die  Programme  geschrieben 
haben  oder  in  Zukunft  schreiben  werden,  dürfen  ihr  Urteil  über 
eine  nun  schon  mehrere  Menschenalter  bestehende  und,  wie  wir 
sahen,  trotz  aller  Veränderungen  im  höheren  Schulwesen  oder 
gerade  wegen  ihrer  noch  wirksame  und  weiterer  Entwicklung 
fähijce  Einrichtung  nicht  mehr,  wie  in  der  Diskussion  der  letzten 
Jahrzehnte  leider  hervorgetreten  ist,  aus  zweiter  Hand  oder  aus 
zufälligen  vereinzelten  Erscheinungen  entnehmen,  sondern  müssen 


X^  Programmwogon  nnd  Programmbibliothek  d.  höh.  Seholea, 

sich,  wie  auf  anderen  Gebieten,  auch  hier  wieder  gewöhnen,  selbst 
zu  prüfen,   jeder   auf  seinem  Gebiete    und    in  mö^licbst  weitem 
Umfange.     Welchen  geradezu  unheimlichen  Einfluß  die  suggestive 
Macht   des   gesprochenen    wie    des  gedruckten  Wortes  selbst  auf 
ruhige  Gemüter  zu  üben  imstande  ist,  besonders  wenn  die  Dinge 
in  gewandter  Darstellung  und  geschickter  Gruppierung  erscheineo, 
konnte  ja  oben  (vgl.  z.  B.  S.  250  IT.)    nachgewiesen  werden.     Das 
schon  früher  nicht  in  jeder  Beziehung  berechtigte    und  heute  (in 
bezug  auf  den  „l^rogrammzwang*')  kaum  noch  erforderliche  Hin- 
einziehen der  „Standesfrage''  hat  ein  weiteres  getan,    denen,    die 
weder  das  Material  selbst   noch  die  den  wirklichen  Verbältnissen 
gerechter    werdenden    Arbeiten  (s.  o.   S.  245    und  144)    studiert 
hatten,  den  klaren  Einblick  in  die  Dinge  zu  rauben.   So  konnte  es 
geschehen,  daß  die  voreiligen  Schlagworte  vom  „dekorativen  Wert 
der  Programme^'  oder  von  den  „Jahresballen  bedruckten  Papiers**  \ 
zumal   sie  ein  sonst   als  besonnen  bekannter  Schulmann   geprägt 
hatte,   bis  in  die  neueste  Zeit  gern  nachgesprochen  wurden,    ob- 
gleich sie  den  tatsächlichen  Verhältnissen  so  gar  nicht  entsprachen 
und  der  bedeutenden  Wirkung   der  Programme   in  wissenschaft- 
licher   und    praktischer    Hinsicht    nicht    im    mindesten    gerecht 
wurden.     Mögen  um  so  mehr  nach  dem  von  mir  gemachten  Ver- 
suche umfa.<senderer  Art  alle,   denen  die  Sache  am  Herzen  liegt, 
die    sich    aber   noch    nicht  öffentlich  geäußert  haben,    an   ihrem 
Teile    und   jeder    in    seinem    Kreise    mithelfen,    allmählich   eine 
gerechtere  VorstMlung    von  Wert   und  Aufgaben    der  Programme 
auch  in  der  heutigen  Zeit  herbeizuführen.   Eine  so  wichtige  Sache 
muß,  wie  es  früher  trotz  \iel  ungünstigerer  äußerer  Verhältnisse 
geschehen  ist,  wieder  von  dem  Vertrauen  eines«  ganzen,  für  fach- 
wissenschaftliche  Tätigkeil  und  auch  literarische  Mitarbeit  an  den 
großen  Aufgaben  der  höheren  Schule  in  unserer  Zeit  fähigen  und 
bereiten  Standes  getragen  werden;  und  auch  die  Behörden  müssen 
bei  der  jährlichen  Bewilligung  der  bedeutenden  Mittel  nicht  mehr 
nur  der  alten  Gewohnheit  folgen   dürfen,   nach  der  das  vorhan- 
dene Geld    eben    ausgegeben    wird,    weil    es   nun  einmal   da  ist, 
sondern    in    steigendem    Maße    von    der   Empfindung   beherrscht 
werden,    daß    die  aufgewendeten  Summen    nützlich  angelegt  sind 
und  gerade  in  der  heutigen  Zeit  großer  Entwicklung  des  höheren 
Schulwesens  mit  zur  Erfüllung  der  Aufgaben  beitragen,    die  dem 
weitblickenden  Organisator  von  1824  vorschwebten! 

D,    Das  Abnehmen  der  Zahl  der  Programmabhandlangen  and 

seine  Orflnde. 

Die  von  vielen  Kritikern  der  letzten  zwei  Jahrzehnte  mit 
mehr  Nachdruck  als  Sachkenntnis  wiederholt  ausgesprochene 
Meinung,    daß   die  Programmabhandlungen   sich   überlebt  hätten, 


1)  Vgl.  R.  Richter  a.  a..O.  (o.  S.  126,  Nr.  116)  S.  95. 


von  R.  Ullrich.  157 

könnte  darin  eine  wesentliche  Stütze  finden,  daß  ihre  Zahl  in 
Deutschland  wenigstens  (vgl.  o.  S.  269r.)  dauernd  zurück- 
gegangen ist,  während  umgekehrt  die  der  höheren  Schulen  sich 
erheblich  vermehrt  hat.  Das  scheint,  wenn  man  die  Sache  nur 
so  ansieht,  in  der  Tat  kein  gutes  Zeichen  für  ihre  Freunde.  Denn 
wenn  man  auch  sagen  könnte,  es  käme  auf  die  Zahl  nicht 
an,  sondern  auf  den  Wert  (und  dieser  ist  ja,  wie  nachge- 
wiesen ist,  kaum  bestreitbar),  so  müßte  man  doch  nachdenklich 
gestimmt  werden,  daß  die  Hunderte  von  Schulen,  die  in  den 
letzten  beiden  Jahrzehnten  im  Norden  und  Süden  neu  gegründet 
worden  sind,  eine  so  vortreffliche  Einrichtung  im  Dienste  der 
Wissenschaft  wie  der  Schule  und  ihrer  Kreise  immer  weniger 
benutzen;  der  Schluß  läge  nahe,  daß  ihre  Verteidiger  doch  den 
Geist  der  Zeit,  der  mit  allem  Alten  energisch  aufräumen  müsse, 
nicht  begriffen  und,  predigten  sie  gleich  mit  Engelszungen,  nie 
wieder  zum  Leben  erwecken  würden,  was  die  Modernen,  Auf- 
geklärten längst  als  veraltet  beiseite  geschoben  hätten.  Steht 
es  so? 

Es  ist  ein  gut  Ding  um  die  Statistik.  Sie  ist  nicht  bloß 
eine  theoretische  Wissenschaft,  sondern  eine  soziale  Macht  ge- 
worden. Ohne  sie  sind  Reformen  heute  kaum  noch  denkbar, 
and  gerade  die  preußischen  Schulmänner,  die  statistische  Arbeit 
vielfach  immer  noch  als  eine  Tätigkeit  ansehen,  die  eines  Gelehrten 
eigentlich  nicht  würdig  und  für  Kanzlistenseeten  gerade  gut  genug 
sei,  haben  ihr  in  bezug  auf  die  Hebung  des  Standes  wertvolle, 
fühlbare  Resultate  zu  verdanken^).  Aber  freilich,  sie  entfaltet  ihren 
vollen  Wert  doch  erst  dann,  wenn  die  Anwendung  ihrer  Mittel 
mit  der  genauesten  Kenntnis  der  tatsächlichen  Verhältnisse  auf 
jedem  in  Betracht  kommenden  Gebiete  Hand  in  Hand  gebt. 
Zählen,  Rechnen  und  Schließen  allein  tut's  nicht.  Stellt  man  in 
unserer  Sache  die  stetige  Abnahme  der  Zahl  der  Programme  und 
das  stetige  Steigen  der  Zahl  der  Schulen  einfach  zusammen,  so 
konnte  man  in  der  Tat  leicht  zu  der  Vorstellung  von  einer  „ab- 
sterbenden Literatur"  kommen '),  besonders  wenn  das  (oben  als 
irrig  nachgewiesene)  Vorurteil  von  der  durchschnittlichen  Minder- 
wertigkeit der  meisten  Programme  noch  hinzutritt.  Das  würde 
allein  aber  doch  nicht  genügen,  um  zu  einem  abschließenden 
Urteil  zu  gelangen;  man  müßte  tiefer  eindringen.  Es  wäre  etwa 
zu  fragen,  ob  ^^eringere  wissenschaftliche  Fähigkeit  der 
Schulmänner  von  heute,  im  Gegensatz  zu  der  ihrer  Kollegen  aus 
dem  vorigen  Jahrhundert,  mitgewirkt  habe,  die  Lust  und  Freude 


')  Ich  braochc  oor  an  oosereo  j^Kunze"  aod  die  Schrift  von  R.  Böckh 
and  M.  Klatt,  Die  Älter t-  und  SUrblichkeiUverhäUnitte  der  Direktoren  und 
Oberlehrw  in  Preujim   (Halle  1901,    Bochh.  d.  Waiaeahaoses)   za  erinoero. 

')  So  A.  Hortzsehanaky,  der  Fachbibliothekar  und  Prosramm- 
bibliosraph  (a.  a.  0.  S.  169)  uod^  ihm  Beifall  zoUeod,  B.  Stenplinser, 
der  gelehrte  ScholmanD  (a.  a.  0.  S.  10). 


i^j  Programmweidii  nad  Fro^rammbibliotkek  4.  k$L  Sebalea, 

am  Programmschreiben  zu  mindern»  oder  auch  mangelnde 
Zeit  zu  wissenschaftlicher  Produktion  infolge  zu  großer  An- 
spannung der  Kräfte  durch  die  gegen  früher  erheblich  an- 
strengendere praktische  Tätigkeit  in  der  Schule,  vielleicht 
auch  der  Hangel  an  literarischen  Hilfsmitteln,  Ver- 
legenheit in  bezug  auf  die  Wahl  eines  geeigneten 
Themas  oder  die  von  Behörden  und  Schulmännern  in  vollster 
Einmütigkeit  gewonnene  Überzeugung,  die  Einrichtung  sei 
kein  Bedürfnis  mehr,  weil  sie  durch  anderes  zu  ersetzen  oder 
tatsächlich  zum  großen  Teile  schon  ersetzt  sei,  endlich  das  Wider- 
streben der  Lehrer  gegen  den  „Zwang"'  (wie  es  nun  einmal 
hieß),  gegen  den  y,Antrieb'\  der  heute  ebenso  unwürdig  wie 
unnötig  sei. 

Jeder  dieser  Gründe  ist  in  seiner  Art  wohl  zu  beachten; 
mancher  von  ihnen  hat,  wie  wir  sahen,  die  Diskussion  über  den 
Gegenstand  wirklich  nicht  unerheblich  beeinflußt,  weniger  aber 
die  Tatsachen;  denn  keiner  von  ihnen  ist  stichhaltig.  Ober  die 
Frage,  ob  ein  „Antrieb"  heute  noch  nötig  sei,  wird  weiter 
unten  noch  zu  reden  sein,  ebenso  über  das  Thema  von  den 
mangelnden  Hilfsmitteln  und  der  fehlenden  Zeit 
(Abschn.  F.).  Ober  die  „geringere  wissenschaftliche 
Fähigkeit'*  braucht  aber  wohl  nach  dem,  was  oben  im  An- 
schluß an  das  vorgelegte  Material  ausgeführt  worden  ist,  kein 
Wort  mehr  verloren  zu  werden,  ebensowenig  über  den  Hangel 
an  geeigneten  Stoffen,  und  der  angebliche  „Z ei tschriften- 
ersatz"  hat  sich  nicht  bloß  aus  inneren  Gründen  theoretifK^ber 
Art,  sondern  durch  die  Tatsachen  als  irrig  erwiesen.  Es  sind 
hier  vielmehr  äufsere  Umstände  gewesen,  die  das  allmähliche 
Herabgehen  der  Zahl  der  Abhandlungen  in  Deutschland  herbei- 
geführt haben,  zunächst  die  Aufhebung  der  jährlichen  Ver- 
pflichtung in  Preufsen  im  Jahre  1875,  die  Einführung 
des  dreijährigen  Turnus  in  Sachsen,  Württemberg,  Berlin 
(städtische  Anstalten)  und  die  ähnliche  Einschränkung  oder 
gar  Abschaffung  in  einer  Reihe  anderer  kleiner  Staaten  und 
Städte,  vor  allem  aber  das  Verhältnis  der  Entwicklung  von 
Gymnasial-  und  Realanstalten  seit  dem  Anfange  der  neun- 
ziger Jahre  bis  zur  Gegenwart;  endlich  hat  vielleicht  auch,  wie- 
wohl es  nicht  so  sicher  zu  sagen  ist,  eine  gewisse  Unruhe,  wie 
sie  durch  zu  schnelle  Entwicklungen  besonders  im  Schulwesen 
leicht  herbeigeführt  wird,  die    Programmproduktion  beeinträchtigt. 

Die  Aufhebung  des  Zwanges  in  Preufsen  im  Jahre 
1875  (s.  0.  S.  146f.,  S.  212)  hatte  zwar  ein  Herabgehen  der  Zahl 
der  Pro  graninie  zunächst  nicht  zur  Folge.  Im  Gegenteil  sliegdie 
Produkt  ion,  fast  im  richtigen  Verhältnis  zu  der  Vermehrung  der 
Schulen.  Die  Tradition  war  noch  zu  mächtig,  auch  die  Inter- 
pretationen, welche  die  preußische  Regierung  dem  Erlaß  von  1875 
einige  Jahre  später  hinzufügte  (s.  o.  S.  147),  mochten,  so  richtig 


von  R.  Ullrich.  15$ 

sie  sachlich  waren,  doch  hier  und  da  die  VeranlassuDg  sein, 
Programme  jährlich  zu  fordern.  Aber  je  mehr  in  den  nächsten 
beiden  Jahrzehnten  Direktoren  und  Lehrer  ins  Amt  kamen,  denen 
das  Erscheinen  der  Abhandlung  nicht  mehr  als  etwas  Selbst- 
verständliches, schlechthin  zum  Jahresbericht  Gehöriges  erschien, 
sondern  als  eine  freiwillige,  ins  Belieben  der  Anstalten  gestellte 
Leistung»  um  so  natörlicher  war  ein  allmähliches  Sinken  der  Zahl. 
Es  ist  eine  alte  Erfahrung,  daß  ganz  unabhängig  von  dem  inneren 
Werte  solcher  Einrichtungen,  die  Aufwendungen  von  Geld  und 
Arbeit  erfordern,  die  Beteiligung  abnimmt,  sobald  an  die  Stelle 
der  Pflicht  freies  Ermessen  tritt.  Indessen  war  bei  den  staat- 
lichen Anstalten  Preußens  der  Rückgang  nur  ein  mäßiger,  in 
einigen,  auf  gute  Tradition  haltenden  Provinzen  sogar  kaum  be- 
merkbarer^). Der  Qualität  der  Arbeiten  ist  er  übrigens,  wie  er- 
klärlich, sicher  zustatten  gekommen  (s.  o.  S.  139 tt.).  Und  da  die 
preufsische  Regierung  bei  den  von  ihr  za  unterhaltenden 
Anstalten  die  Mittel  für  die  Abhandlungen  Jahr  für  Jahr  einstellte 
und  noch  heute  einstellt,  würde  die  Beteiligung  im  ganzen  wohl 
im  Verhältnis  nur  um  einen  geringen  Prozentsatz  schwächer  sein, 
wenn  wir  wie  Bayern  und  Österreich  vorwiegend  staatliche 
Anstalten  hätten  (vgl.  o.  S.  272).  Nun  strichen  aber  in  den 
siebziger  Jahren  einige  größere  Städte  (s.  o.  S.  213)  die  Mittel 
für  die  Abhandlungen  gänzlich,  und  zwar  —  was  zu  beachten  ist 
—  nicht  aus  inneren  Gründen'),  sondern  aus  finanziellen. 
Und  wenn  auch  diese  Maßnahmen  später  mit  einer  Ausnahme') 
ganz  oder  teilweise  rückgängig  gemacht  worden  sind,  ein  Einfluß 
auf  die  Entschließungen  vieler  Mittel-  und  Kleinstädte,  auch  einiger 
Großstädte  der  gleichen  finanziellen  Richtung  ist  bis  heute  un- 
verkennbar; man  vergleiche  nur  das  Verhältnis  der  Beteiligung 
staatlicher  und  städtischer  Anstalten  inKIufsmanns  viertem 
Bande ^),  das  sich  in  dem  zu  erwartenden  fünften  wohl  noch 
mehr  zu  Ungunsten  der  städtischen  verschoben  zeigen  wird,  da 
die  Regierungen  wenigstens  einen  unmittelbaren  Einfluß  auf  das 
Geldbewilligungsrecht  der  Gemeinden  für  die  Lieferung  von  Ab- 
handlungen (anders  als  bei  den  Jahresberichten,  s.  u.  113) 
nicht    üben    und    auch    wohl    nicht    üben    können.      Auch    in 


1)  Vgl  noch  für  1907  o.  S.  213  Aom.  3. 

')  Doch  vgl.  für  Berlin  aoeh  die  Ausfofaraogeu  o.  S.  225.  Die  da- 
mals, wie  wir  sabeo,  noch  öberwiegeod  gelehrten  Abhaodlongen  waren 
Dicht  ganz  ohne  Schuld  ao  der  Verweigeruag  der  Mittel  dorch  die  Stadt- 
verordneteo.  Hätte  der  obeo  (S.  268)  gekeoDzeichoete  Umschwoug  früher 
etageaetzt,  so  wSreo  vielleicht  maoche  nachteiligen  Folgen,  die  sich  ans  der 
Pficbtbewilligang  der  Mittel  in  mehreren  Kommnaen  ergaben,  nicht  ein- 
getreten. 

')  Hannover,  s.  o.  S.  213  mit  Anm.  1. 

^)  Die  Ortsverzeichnisse  am  SchlnJB  der  Bünde  ermöglichen  einen 
Oberblick,  der  aoeh  instruktiver  wäre,  wenn  die  Verzeichnisse  nicht  durch- 
gehen da  alphabetisch,  sondern  nach  Staaten  und  Provinzen  und  erst  inner- 
halb dieaer  alphabetisch  angeordnet  wären ;  vgl.  o.  S.  240. 


IßO  Profframmwdfleii  aad  ProgrammbibliotlielL  d.  hö'h.  Schmleii, 

Sachsen  (1898),  Württeinberg  (1902)  und  beiden  sUdtischen 
Anstalten  Berlins  (1905)  ist  durch  Einführung  eines  dreijährigen 
Turnus,  wie  bekannt^),  die  Zahl  der  Abhandlungen  weäentlich 
eingeschränkt  worden,  wiederum  in  der  Hauptsache  aus  finan- 
ziellen Gründen').  Die  meisten  mitteldeutschen  Kleinstaaten 
sclieinen  immer  mehr  ähnlichen  Erwägungen  zu  folgen,  wie  ihre 
meist  minimale  Beteiligung  an  der  Programmproduktion  beweist; 
sie  ist  übrigens  auch  schon  in  früheren  Jahrzehnten,  noch  ehe 
die  Agitation  gegen  die  Abhandlungen  begann,  nie  besonders 
stark  gewesen.  Eine  rühmliche  Ausnahme  bildet  Hamburg, 
dessen  Anstalten,  auch  die  Real-  bezw.  Ober-Realschulen, 
fast  regelmäßig  Abhandlungen  herausgeben'),  und  zwar,  wie  her- 
vorzuheben ist,  zum  größten  Teile  wertvolle,  gediegene  Arbeiten, 
was  bei  der  ausgezeichneten  Zusammensetzung  der  Hamburger 
Kollegien  nicht  weiter  zu  verwundern  ist. 

Ich  komme  damit  auf  den  Hauptgrund  des  Rückgangs  der 
Zahl  der  Abhandlungen.  Denn  wenn  aucli  der  Ausfall,  der  sich 
z.  B.  in  Sachsen,  Württemberg  und  Berlin  infolge  des  dreijährigen 
Turnus  bei  den  Vollanstalten  zeigt,  immerhin  bemerkenswert 
ist,  er  beläuft  sich  doch  nur  auf  einige  Dutzende,  nicht  auf  rund 
150,  wie  der  Bestand  von  1905 — 1907  gegenüber  etwa  dem  aus 
den  achtziger  Jahren  zeigt.  Diese  große  Zahl  kommt  in  der 
Hauptsache  auf  die  Rechnung  der  —  meist  städtischen  —  Real- 
schulen, überhaupt  der  Anstalten  mit  nur  sechsjährigem 
Kursus;  nicht  einmal  in  dem  Sinne,  daß  diesen  in  ihrer  Ge- 
samtheit eine  Art  von  Schuld  beigemessen  oder  überhaupt  nur 
eine  grundsätzliche  Stellungnahme  zu  der  ganzen  Frage  nach- 
gesagt werden  könnte;  der  Grund  liegt  einfach  in  dem  Verhältnis 
der  starken  Entwicklung  dieser  Schularten  in  den  beiden  letzlea 
Jahrzehnten  zu  der  viel  schwächeren  der  Gymnasien  bezw.  der 
VoUanstallen  (mit  Ausschluß  der  Ober-Realschulen)  überhaupt 
und  in  der  verschiedenen  Stellung,  welche  die  preußische  Re- 
gierung und  auch  die  Regierungen  der  meisten  anderen  deutschen 
Staaten  in  bezug  auf  Programmlieferung  zu  diesen  Schularteo 
von  jeher  eingenommen  haben.  Das  ist  für  die  richtige  Beur- 
teilung des  „Rückgangs'',  des  „Absterbens*'der  Abhandlungen  fast 
von  entscheidender  Bedeutung.  Wir  erinnern  uns,  daß  die  Ver- 
pflichtung zur  Lieferung  von  Programmen  in  Preußen  vor  1875 
nur  für  die  Gymnasien  bestand  (seit  1859  auch  für  die  Real- 
schulen I.  0.,  aus  denen  sich  die  heutigen  Realgymnasien 
entwickelten),  nicht  aber  für  die  fast  ausschließlich  städtischen 
Realschulen  (bezw.  die  damaligen  höheren  Bürgerschulen)  und 
die  anderen  Anstalten  mit  sechsjährigem  Kursus.  Diesen  war 
die  Abfassung  durchaus  freigestellt,  und  sie  machten  von  der  ge- 

>)  Vflpl.  0.  S.  137  Bit  Addi.  3. 

')  Vpl.  besonders  o.  .S.  254  mit  Aom.  3. 

')  Piäheres  dsriiber  {y$\,  auch  o.  S.  136 f.)  s.  weiter  lutoa. 


von  R.  üllrieh.  Jßl 

botenen  Gelegenheit,  soweit  sich  öberseheD  läBt^),  aus  nahe- 
liegenden Gründen  nicht  gerade  häufig  Gebrauch.  Die  Produktion 
ist  insbesondere  bei  den  Realschulen  zwar  etwas  gestiegen,  wenn 
man  den  Zustand  von  1907  mit  dem  von  1896  vergleicht.  Dabei 
ist  aber  zu  beachten,  daß  die  Zahl  dieser  Schulen  sich  während  des 
elfjährigen  Zeitraumes  beinahe  verdoppelt  hat;  und  der  geringe 
Rückgang  z.  B.  bei  den  Gymnasien,  cUe  sich  jedoch  nur  um  Ve 
yermehrt  haben,  kann  in  der  Hauptsache  nur  dadurch  erklärt 
werden,  daß  bei  den  zahlreichen  neuen,  überwiegend  von  Kom- 
munen unterhaltenen  Anstalten  die  feste  Tradition  fehlte,  welche 
die  Mehrzahl  der  älteren  Schulen  dieser  Art,  besonders  die  könig- 
lichen, aber  auch  viele  städtischen,  an  einer  Einrichtung  festhalten 
ließ,  deren  Zweckmäßigkeit  einleuchtete,  auch  unter  veränderten 
Zeitverhältnissen  oder  gerade  wegen  dieser,  die  neue  Aufgaben 
auch  auf  diesem  Gebiete  stellten  (vgl.  o.  S.  145).  Und  daß 
Kommunalverwaltungen  insbesondere  für  die  zahlreichen  neuen 
,4n  Entwicklung**  begriOenen  Realscb  ul  en,  überhaupt  die  Anstalten 
mit  sechsjährigem  Kursus,  ohne  besondere  Anregung  freiwillig 
hätten  geneigt  sein  sollen  Kosten  für  Programmbeilagen  zu  be- 
willigen, zu  deren  Lieferung  diese  Schulen  niemals  verpflichtet 
gewesen  waren,  wäre  beinahe  unbillig  zu  verlangen;  der  „Nutzen** 
liegt  hier  nicht  so  klar  zutage  wie  bei  den  „Berechtigungen'*  oder 
der  steigenden  „Steuerkraft",  die  eine  kleine  Industriegemeinde 
durch  Neugründungen  von  Realschulen  sichtlich  erfShrt.  Es  ist 
überaus  lehrreich,  den  Bestand  an  Schulen  und  Schul- 
arten, wie  die  gelieferte  Zahl  der  Abhandlungen  in 
Preufsen  und  denübrigen  Staaten  des  Deutschen  Reiches 
für  die  Jahre  1896  und  1907  einmal  in  Tabellenft)rm') 
einander  gegenüberzustellen  (S.  162 — 165). 


^)  Vgl.  0.  S.  213  mit  den  AnmerkaDgen. 

^)  Für  den  Besttod  tn  Schalen  wurde  du  Jahr  1895  and  dem- 
gemaB  für  die  Zahl  der  Abhandlaogen  das  Jahr  1896  gewählt,  weil 
dieser  Tennio  sehen  oben  (S.  268)  der  mehr  sommarisehen  Obersicht  za 
Grande  gelegt  warde.  DaB  znr Gegen iibersteUuQg  sodann  dieJahre  1906 
bezw.  1907,  nicht  1905  bezw.  1906,  benutzt  worden  sind,  hat  darin  seinen 
Grnad,  daB  die  äberaas  zahlreichen  Abhsndlnngen,  die  1906  aas  besonderem 
Aniafl  erschienen  sind  (Schillerfeier  im  Jahre  1905),  den  Tatbestand  im 
ganzen  leicht  etwas  verdunkelt  hatten.  Aach  schien  es  wünschenswert, 
tanlichst  den  neusten  Stand  der  Sache  zu  veranschanliehen.  Da  mir  in- 
zwischen fast  alle  bisher  wirklieh  erschienenen  Abhandlungen  des  Jahres  1907 
zugänglich  (was  bei  der  Drucklegung  der  SteUe  o.  S.  269  f.  noch  nicht  der 
Fall  war)  oder  doch  bestimmte  Nachrichten  über  das  Erscheinen  der  noch 
nicht  gelieferten  zuteil  geworden  sind,  war  kein  Grund,  von  der  Verwertung 
für  meinen  Zweck  abzusehea,  wenngleich  noch  nicht  alle  Zahlen  (besonders 
die  auf  nichtprenfsische  Programme  bezüglichen)  als  definitive  anzu- 
sehen sind  (doch  vgl.  schon  oben  die  Bemerkung  S.  269,  Z.  20  f.).  Die 
Bayern  betrefTendea  Zahlen  für  1907  (S.  165)  sind  provisorische  und  als 
solche  in  Klammern  gesetzt;  sie  entsprechen  aber  ungefähr  dem  Bestände, 
der  nach  den  ErCihrnngen  der  letzten  Jahre  erwartet  werden  kano.  Jeden- 
faUs  wurde  eine  etwaige  Differenz  nach  unten  hin  unerheblich  sein  und 
meine  Ergebnisse  im  ganzen  nicht  beeinflussen. 

Zeitoekr.t  d.  QTBDuislwweii.   LXI.    BoppIemeDtheft.  jfjf 


lad  Prasraaiibikliatb«k  d.  bSk  Sehalea, 

A.    P  r  e  n  - 

I.   Zahl  der 
HoTember  189(: 


i.  XlehtTVlUutelteB. 

d)  Pr»gyniBa«iaB    . 
B)  RcalfroffiiaadeD 
0  Realithnlea    .    . 


Imt  tanamt  (i  +  ü) : 


. 

S 

2 

2 

i 

2 

, 

2 

a   (• 

4S 

! 

4 

1 

} 

> 

»1 

1 

j 

> 

1 

18 

- 

— 

6 

5 

3 

S 

2   e 

11 

M 

t 

10 

27\ 

J 

2 

iO 

IS 

10 

W 

sja? 

4 

ISO 

I  S3[  S7{  83]  87|  »0|  B7{  51)  £B|  47|  41[  46[  S6|  US 


II.    Zahl  der  Pro- 


■? 

1 

« 

1 

■ 

^ 

S 

"f 

s 

"3 

i 

^ 
^ 

1 

s 

, 

1 

J 

i 

1 

1 

1 

i 

1 

S  Si. 

1  1 

fl 

fi 

3I] 

u 

31 

M»3 

b)  BetleynDaiieB.    . 
e)  Ober-6<.UehiiUa 

S 

2 

1(1 

5 

1 

't 

ü 

1 

5 

5 

1 

d  >! 

2 

2 

8 

1 

- 

1 

2 

^ » 

12 

10 

« 

K 

11 

5ff 

^ 

ff 

JO 

18 

B 

äja. 

8.  HichtToUanstalteD. 

d|  ProgyoiDi.i.B     . 
e)  HaalpragTiBDaiien 
r)  Railtchalta    .     .     . 


9 

- 

2 

2 

2 

1 

_i 

J     « 

1 

S 

'1 

1 

1 

n 

— 

_. 

1 

4 

— 

sl 

a 

2 

5 

13 

- 

2 

3 

ff 

5 

J 

i 

■51 

53 

1 14;  i&i  ii5|  la;  1S|  4i;  ssj  iij  isj  laj  17|  39|  sei 


f  s  e  n. 
höheren  Schulen. 


2.  iriohtTeUsuBtalten. 

e)  RealproEymnaiiei 

0  ReaUcbultD    .    .    . 

Zttttoiwtmii 


n 

2 

7 

2 

4 

1 

^ 

^ 

, 

14 

37 

1 

■i 

11 

! 

1 

1 

-     .1 

V 

3« 

7 

6 

28 

2 

3 

7 

]5 

11    9 

H 

13 

IH 

133 

8 

13 

« 

7 

5 

Ja 

IS 

11  13 

22 

16 

di 

207 

I  S8|  31|113|  30|  24]  «fi|  aS|  KS|  H|  ft»|  47|118|  652 


g  ramm- Abhandlungen. 


1 

1 

1 

S 

.£ 

.2 
1 

ä 

^ 

s 

1 

O 

« 

n 

£ 

Ä 

M 

=2 

£ 

fi 

= 

« 

Si. 

1.  Talluutklten. 

>)  GyniDiiiea      .    .    . 

f 

Ifl 

lf 

6 

3: 

!< 

t 

f 

n 

K 

20 

166 

b)  ReilgTaiaiiita  .     . 

c)  Ob<ir-BeiUchaI«D 

\ 

fl 

•, 

^ 

! 

1 

1 

4 

1 

4 

30 

3 

2 

— 

2 

5 

2 

1 

2 

4 

•J 

23 

Ziuantnu».- 

3 

7 

24 

18 

7 

3b 

3t 

» 

it 

2(J 

« 

27 

2/« 

2.  HiehtraUaDitalten. 

d)  Progrmoaii«!     . 
•)  fteaIpr«f]raiBisieD 
f)  Rtalichilen    .     . 


A 

- 

1   1   [ 

12      1     2|    5 

s!- 

11  1 

—     6      10 
_     3       « 
1     5       4t 

5 

I 

15     5\    2\    5 

5|- 

3\    1 

i  14     63 

leD   ana  Prosramubibliothek  d.  höh.  SehDlen, 

B.    Die    übrigen    Staates 
I.    Zahl  der 


>.-)  7|li«|107{U{  «|M|13|8K|  S|  ell6|  fi|  7|  1|  8|«>|  S\  KJ  S|  7)  1|  S|  4,39|390 

n.   Zahl  der  Pro- 


«0. 
c)  OR. 


eis 
0« 


i,\  >|ii{in|  «1  i|li|ii|  7|  i|  !|  S|  S|  SH-|«|  t|  4|  s|  «1-1  i|  «|ii|m 

A    +    B.    Deut- 

I.  Zibidn 

1885: 


■)   I  k)   I  t)  I        I  d)   I  e)  I   I)   I        1 
daejiwj  36  |b8||  BO  I  71  jlSlla««    « 


l«Ml 
991|  G3  {  34  |«8||  14  |  16  |  63  |  93^674 


des    Dentsohea    Reiches. 

höheren  Schulen. 


am.(i  +  »J;\  7|G8[1S4{1S|  S|81|17|30|  8|  3jt7{  B|  8|  1|  3|6S|  4|  &|  7|  8]  8]   2\  4|liq493 

gra  mm- Abhandlungen. 


«)  C. 

*)»«■! 

e)  OB. 


d)  Pf. 
f)R. 


»..CI  +  »;.-|8|  g|(4S)|4|  1[6|U110|  1|8|4|  1|-|-|  1|18|  1|  8|-|  4|-|-|  8|  8|  t8T 

solies    Belch. 
hfiheren  Schulen. 


G,     Rr.  '  — 
aOO    120 


1906  t 


OR-U-c  Pg.  Bpe.    B.    d-f|s.. 
80     700     TG      52     319   448  1146 


Abhandliing«n. 


2i^    46  I  33  |33e{  12  I  12  j  58  I  82  [  «18 


166  Programmweseo  nnd  Prog^ramnibibliotliek  d.  boh.  Schulen, 

Die  Zahlen^)  bedürfen  in  der  Hauptsache  keines  Kommentars; 
sie  reden  eine  deutliche  Sprache  für  jeden,  der  sie  zu  lesen 
weiß  und  die  froher')  entwickelten  Tatsachen  beachtet.  Das 
wichtigste  Ergebnis  ist  aber  nun  die  richtigere  Erkenntnis 
des  Verhältnisses  der  Zahl  der  gelieferten  Abhand- 
lungen'), das  zwischen  Vollanstalten  und  NichtToll- 
anstalten,  insbesondere  zwischen  Gymnasien  und  Real- 
schulen, zwischen  der  einheitlichen  Organisation  des 
Grofsstaatjes  Preufsen  und  der  Mannigfaltigkeit  in  den 
Zuständen    der    durch    geringere    gemeinsame    Bande 


^)  Die  Zahlen  der  höheren  Scholen  sind,  wasPreafseD  betrifft, 
den  betr.  Jahrsängen  des  Runse-Kalendert  entnemoen;  die  An^ben  bei 
ff^iese-Irmer  (i.  o.  S.  89  Anm.  2)  S.  626ff.  für  das  Jahr  1895  sind  vielfach 
za  buch,  wohl  deswegen,  weil  der  Begriff  der  „höheren  Schale*'  hier 
nieht  so  konsequent  durchgeführt  ist,  auch  kombinierte  Anstalten  mehrfach 
doppelt  gezählt  scheinen,  wahrend  für  die  Progranunliefeniog  in  alles 
solchen  Fällen  in  der  Regel  nur  je  eine  Anstalt  in  Betracht  kommt.  Für 
die  aurserpreufsischen  Anstalten,  die  im  „Kunze^*  angeführt  aiod,  habe 
ich  ebenfalls  dessen  Angaben  zu  gründe  gelegt,  im  übrigen  die  im  Statistik 
sehen  Jahrbuch  (s.  o.  S.  112  Nr.  13  b)  vorliegenden  verwertet,  unter  Aas- 
scbeidung  aller  der  Anstalten,  die  nieht  eigentlich  als  „höhere"  geltes 
können,  sowie  der  Privatanstalten,  die  nicht  regelmäfiig  Jahresberidite  nnd 
noch  weniger  Abhandlungen  herausgeben. 

>)  Besonders  o.  S.  132ff.,  136ff.,  146f.,  248ff. 

*}  Der  Begriff  der  „Abhandlungen"    bedarf  gerade  in  diesem  Zn- 
sammenhange einer  Erläuterung.    Bs  können  m.  £.  nur  diejenigen  als  solche 
angesehen  werden,  die  entweder  (wie  in  Deutschland  jetzt  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  mit  Recht  geschieht)   von    dem  Jahresberichte   gesondert  auf- 
gegeben werden    oder,    wenn  nftht   (wie    fast  aasschließlich  in  Österreich), 
dem  Jahresberichte  vorgedruckt  sind,  nicht  aber  Veröffentlichungea,   die 
überhaupt  nicht  für  sich  gelten  sollen,  sondern  irgend  einen  Teil  des  Jahres- 
berichts erläutern  und  sich  denn  auch  an  den  verschiedensten  Stellen  inner- 
halb desselben  finden,  wie  ganz  kurze  Berichte  über  Einführungen  von  Direk- 
toren,   kurze  Reden  auf  verstorbene  Lehrer,   Satzungen  der  verschiedenstea 
Art,    Kassenberichte,    Schulgeldregulative,    Bestimmungen    über    Schnler- 
pensionen  u.  ä.  ro.     Alle  diese  und  ähnliche  Dinge  sind  wichtig  und  an  ihrer 
Stelle   in    den  Jahresberichten    sehr   zweckentsprechend ;   es   ist   auch  sehr 
dankenswert,    daß  sie  sowohl  bei  Klufsmann    wie   in  Hortzachanskys 
Programmverzeichnissen    besonders  berücksichtigt  sind   (s.  o.  S.  112  Nr.  14 
u.  15).    Nur  darf  man  sie    nicht  als  „ Abhandlungen'*   nehmen   nnd  Hortz- 
schanskys  Verzeichnis,  in  dem  alle  diese  Dinge    gleichwie  die  wirklichen 
Abhandlungen    (im   obigen   Sinne)    mit    laufenden    Nummern    angefahrt 
werden,  ohne  vorangängige  sorgfältige  Scheidung  etwa  zur  Gmod- 
lage  statistischer  Berechnungen  machen,  die  dann  den  faktirchen  Niedergang 
des  Programmwesens  erweisen  sollen.    Wie  notwendig  eine  solche  Seheidisg 
aber  für  die  richtige  Erkenntnis  der  ganzen  Verhältnisse  ist,  zeigt  z.  B.  der 
Umstand,   daß   von    den    670  laufenden  Nummern,    die  H.8  „Sehulschriftea- 
abhandlungen'^  für  das  Jahr  1896  umfassen,  nur  674  Arbeiten  sind,  die  naa 
wirklich    als  Abhandlungen    bezeichnen   kann.    In    den  späteren  Jahrganges 
hat  H.  übrigens  (was  in  anderer  Beziehung  wieder  sehade  ist)  die  Aufaahae 
von  Beiträgen,  die  Teile  der  Jahresberichte  sind,   wesentlieh  eingeschräokt. 
Vielleicht   würde   es  sich  in  Zukunft   empfehlen,   sowdil   bei  Klufsrnssa 
wie  in  Hortzschanskvs  Verzeichnis   die  Verschiedenheit   des  Charakters 
der  Arbeiten  deutlicher  kenntlich  zu  machen,  auch  in  der  Drnckeiariehtaag; 
vgl.  dazu  noch  n.  Abschnitt  H. 


voD  R.  Ullrich.  IßJ 

zusammengehaltenen  öbrigen')  24  kleineren  und 
kleinsten  Staaten  in  dieser  Hinsicht  besteht.  In 
Preufsen  ist  der  Ruckgang  bei  den  Vollanstalten  (238:218) 
Qbrigens  nur  unerheblich;  herTorheben  möchte  ich  hierbei  die 
Terhältnismärsig  starke  Beteiligung  der  preußischen  Ober- 
Realschulen,  von  denen  bekanntlich  gerade  im  letzten  Jahr- 
zehnt viele  aus  ursprünglichen  Realschulen  entanden  sind.  Die 
Zahl  der  Abhandlungen  ist  hier  1896  und  1907  im  Verhältnis 
zur  Zahl  der  Schulen  etwa  die  gleiche  (50  %).  Recht  inter- 
essant und  zu  weiterer  Nachforschung  anregend  sind  auch  die 
erheblichen  Unterschiede,  die  in  bezug  auf  die  Vollanstalten  über- 
haupt zwischen  den  einzelnen  preufsischen  Provinzen 
sich  ergeben:  auf  der  einen  Seite,  1896  wie  1907,  eine  starke, 
z.  T.  der  Summe  der  Anstalten  beinahe  gleichkommende  Zahl 
von  Abhandlungen  (Pommern,  Schlesien,  Sachsen),  auf 
der  anderen  nur  ein  geringer  Bruchteil  (V3  oder  V4;  Rhein- 
provinz,  Hannover).  Die  Gründe  ergeben  sich  einerseits  aus 
dem  Bestehen  einer  Tradition,  die  nicht  bloß  Gewohnheit  war, 
sondern  im  Bewußtsein  ihres  Wertes  festgehalten  worden  ist 
(auch  bei  städtischen  Anstalten),  wie  sich  das  für  Sachsen  und 
Schlesien  direkt  nachweisen  läßt'),  andererseits,  so  für  die 
Rbeinprovinz,  aus  der  starken  Zunahme  städtischer,  z.T.  aus 
Schulen  mit  sechsjährigem  Kursus  hervorgegangener  Vollanstalten, 
die  aus  finanziellen  Gründen  oder  in  Beibehaltung  des  Brauchs, 
den  sie  als  Nichtvollanstalten  beobachtet  hatten,  auf  die  Heraus- 
gabe von  Abhandlungen  verzichteten.  Was  Brandenburg  be- 
trifft, so  fällt  für  die  Vollanstalten  1907  das  Fehlen  der  zwanzig 
städtischen  Schulen  Berlins  gegenüber  1896  erheblich  ins  Ge- 
wicht; doch  findet  ja  bei  dem  dreijährigen  Turnus  hier  wieder 
ein  gewisser  Ausgleich  statt,  wogegen  in  der  Provinz  Hannover 
der  geringe  Prozentsatz  der  Abhandlungen  1896  wie  1907,  haupt- 
sächlich infolge  der  Streichung  der  Mittel  seitens  der  Stadt 
Hannover  für  ihre  (9)  Anstalten,  wohl  ein  dauernder  bleiben 
wird  (vgl.  schon  0.  S.  213  m.  Anm.  1).  Die  Zunahme  bei  den 
preufsischen  Realschulen  (28:41)  ist  nur  darauf  zurück- 
zufuhren, daß  bei  den  städtischen  Anstalten  Berlins  im  Jahre 
1907  nach  dem  dreijährigen  Turnus  gerade  die  Realschulen 
„falUg"  waren,  steht  aber  sonst  in  gar  keinem  Verhältnis  zu  der 
enormen  Vermehrung  dieser  Schulen  überhaupt.  In  den  aulser- 
preufsischen  Staaten  ist  die  Beteiligung  der  Realschulen, 
die  ja,   wie  nicht  oft   genug  betont  werden  kann,   zur  Lieferung 


^)  Dtß  uoter  diesen  Waldeck-Pyrmoot  nicht  anfgefobrt  ist,  hat 
darin  seinen  Grand,  daß  die  wenigen  höheren  Schulen  (3)  dieses  Kleinstaates 
znr  Sehalverwaitung  der  preußischen  Provinz  Hessen-Nassau  gehören, 
bei  der  sie  auch  mitgezählt  sind;  übrigens  haben  sie  gerade  weder  1896 
noch  1907  Abhandlungen  veröCfeaUicht 

>)  Vgl.  0.  S.  213  Anm.  3  und  S.  234  ff. 


168  Prog^rammweseo  and  Pragrammbibliotliek  d.  hoL  Schale  o, 

von   Abhandlungen    niemals   und    nirgends   (mit  Ausnahme   der 
bamburgischen)  verpflichtet   gewesen    sind^),    eine   geradezu 
minimale  und  trotz  der  auch  hier  (wenn  auch  nicht  in  demselben 
Umfange   wie  in  PreuBen)   erfolgten   starken  Vermehrung  dieser 
Schulen   sogar   ganz  erheblich  (35 :  17)   zurückgegangen.    Inwie- 
weit  dieser  Röckgang,   abgesehen  von   den   rein  finanziellen  Er- 
wägungen (s.  0.  S.  159  L)  bei  den  zumeist')  kommunalen  Anstalten, 
etwa  auf  üble  Nachwirkung  des  Artikels   in  den  Grenzboten  von 
1896  (0.  S.  248  ff.)  zurückzuführen  ist,  läBt  sich  direkt  natürlich 
nicht   nachweisen«     Möglich  ist  immerhio,   daß  manchen  kleinen 
Gemeinden  die  etwa  vorhandene  Lust  zur  Bewilligung  von  Hittdo 
für  Abhandlungen   durch   die  dort   gemachten  irrigen  Angaben 
(S.  250  ff.)  über  deren  Wert  und  Kosten  benommen  wurde,    An- 
gaben,   die   zu   kontrollieren    die    zur  Geldbewilligung    berufenen 
Instanzen  in  den  wenigsten  Fallen  imstande  waren,  während  eine 
Richtigstellung   von  kundiger  Seite  ja  leider  ausblieb.     Was  ins- 
besondere  die   sächsischen  Realschulen  betrifft,   so  scheint 
es  mir  sogar  recht  wahrscheinlich,  daß  die  zwei  Jahre  nach  dem 
Erscheinen  jenes  von  einem  sächsischen  Verfasser  herrührenden 
Artikels   in   den  Grenzboten   auf  Grund  finanzieller  Erwägung 
erfolgte   Einschränkung    der    Programmausgabe    für    die    Voll- 
anstalten   (zunächst   die  staatlichen,   s.  o.  S.  106  Anm.  1  u.  2) 
auch  auf  das  Verhalten   der  Kuratorien   der   zahlreichen  städti- 
schen Realschulen    nicht   ohne  Einfluß   geblieben   ist;    denn 
1896  lieferten  von  23  Realschulen   doch  16  Abhandlungen,   da- 
gegen   im    Jahre    1907    von    32    nur    3!      Für    die   meisten 
anderen  aufserpreufsischen  Staaten,  die  starke,  schwache 
oder  auch    gelegentlich   ganz  fehlende  Beteiligung   ihrer  Schulen, 
Voll-  und  Nicbtvollanstalten,  an  Programmabhandlungen  verweise 
ich  die  Leser  und  besonders  die  Lehrer  der  betr.  Staaten  auf  die 
Tabellen  (S.  1641, 172);  die  richtige  Beurteilung  dieser  Verhältnisse 
bedarf  noch  in  manchen  Punkten  der  Aufklärung,   teils  weil  die 
einschlägigen  amtlichen  Bestimmungen  der  einzelnen  Regierungen 
nicht  allgemein  zugänglich  sind,    teils  weil  die  Zahl  der  Schulen 
in  einzelnen  Staaten    überhaupt  so  gering  ist,   daß  Schlüsse  aus 


^)  Id  Würtemberif  ^ebeo  e.  B.  nicht  etarnal  alle  Reaisc holen 
regelmäßig^  Jahresberiohte heraus, gpesehweiso deno  Abhaodlangeo.  Aoeh ist 
xn  beachteo,  daß  yod  den  1146  höheren  Sehnleo  (im  Siaoe  vod  S.  i$6  Anm.  1), 
die  es  Mitte  1906  im  Deatschen  Reiche  g^ab,  bis  jetzt  nur  927  (bezw.  anter 
Hiozurechnnng  der  bayerischen  Gymnasien  972)  dem  Teubnerseheo 
Tanschverkehr  angehören,  so  daß  wir  nnr  bei  diesen  in  der  Lage  sind,  den 
Bestand  an  Abhandlungen  mit  Zuverlässigkeit  zu  kontrollieren. 

')  Nur  Bayern  macht  in  dieser  Hinsicht  eine  erhebliche  Ausnahme, 
da  auch  dessen  sechsklassige  Anstalten  meist  staatlich  sind;  aber  auch  deren 
z.  Z.  nicht  unbedeutende  Zahl  (85)  scheidet  fdr  eine  Gesamtbetrachtung  in 
wesentlichen  aus,  da  ihre  Beteiligung  an  Abhandlungen,  wie  jeder  aus  dem 
Verzeichnisse  von  U.  Renn  ersehen  kann  (vgL  o.  S.  113,  Nr.  22 — 24),  von 
jeher  eine  ganz  geringe  gewesen  ist. 


von  R.  Ullrich.  1Q9 

einer  Statistik^)  nur  Yon  solchen  mit  Erfolg  zu  ziehen  sind,  die 
mit  den  amtlichen  Vorschriften,  dem  Verhallen  städtischer  Be- 
hörden, den  Stimmungen  innerhalb  der  Fachkreise  und  anderen 
für  die  Beurteilung  wesentlichen  Dingen  aus  eigener  Kenntnis 
und  Erfahrung  vertraut  sind.  Es  wäre  daher  durchaus  zu 
wünschen,  wenn  die  hier  gegebenen  Anregungen  dazu  führten, 
daß  Angehörige  dieser  Staaten  der  Sache  ihre  Aufmerksamkeit 
etwas  mehr  zuwenden  möchten,  als  es  bisher  geschehen  ist. 

Der  Mühe  übrigens,  auch  für  die  Verhältnisse  der  öster- 
reichischen Mittelschulen  eine  vergleichende  Tabelle  über  die 
Zahl  der  gelieferten  Abhandlungen,  im  ganzen  wie  nach  den 
einzelnen  Kronländern  und  Schularten,  etwa  für  die  Jahre  1896 
und  1906  zu  geben  (für  1907  liegt  mir  der  Bestand  noch  nicht 
in  vollem  Umfange  vor)  konnte  ich  mich  nach  dem,  was  schon 
oben  (S.  272f.)  darüber  gesagt  ist,    hier  für  überhoben  erachten. 


^)  Sichere  Schlüsse  lasseo  sieh,  was  die  i^eg^en  früher  geriog^er  ge- 
wordene Zahl  der  AbhaodlQog^eD  betrilTt,  oar  noch  Tcirfilsars-LothriogeD 
nod  Württemberg  zieheo,  hier  im  Zasammeahaog  mit  amtlichea,  wieder- 
um aas  fiaaoziellea  Grüodeo  getroffenen  Bestimmungen  (vgl.  o.  S.  103, 
Nr.  LXXIIa;  S.  107,  Nr.  LXXXXI).  Die  entsprechenden  Verhältnisse 
Badens  und  Hessens  —  auch  hier  hat  die  Zahl  der  Abhandlnogen  abge- 
nommen —  sind  nicht  so  bestimmt  za  erklären,  doch  ist  wohl  aach  hier 
hanptMchlich  die  Kosten  frage  ins  Gewicht  gefallen,  wie  man  vielleicht 
ans  wiederholten  Hinweisen  anf  möglichst  knappe  Fassang  der  Jahres- 
berichte schließen  darf  (vgl.  z.  B.  o.  S.  100,  JVr.  LXlb;  S.  104,  Nr.  LXXV; 
S.  179 f.)  Antfallend  ist  die  geringe  Zahl  in  Anhalt,  trotz  der  o.  S.  99 
(Nr.  L)  mitgeteilten  Bestimmungen.  Recht  beachtenswert  sind,  auch  der 
Zahl  nach,  besonders  die  Beiträge  von  Brannschweig,  Mecklenburg- 
Schwerin  and  Sachsen- Weimar-Eisenach,  wenigstens  bei  den  Voll- 
anstalten. Bayern  und  Hamburg  möchte  ich  in  diesem  Zusammenhange 
nicht  besonders  hervorheben,  weil  die  starke  Beteiligung  der  Zahl  nach  (der 
übrigens  aach  der  Wert  im  ganzen  durchaus  entspricht)  hier  noch  mit  amt- 
lichea Bestimmnagen  zasammenhängt;  vgl.  o.  S.  102,  Nr.  LXXa;  S.  136,  145, 
über  Ha  mbu  rg  noch  die  oben  S.  92  u.  103  (s.  a.  S.  160)  anerwähnt  gebliebene 
Bestimmung  ,,die  wissenschaftlichen  Lehrer  sind  verpflichtet, 
der  Reihe  nach  die  Programmabhandluog  za  schreiben",  bei 
A.  Hieolci,  Doi  (Jnierrichtsioesen  des  Hamburgischen  Staates.  Eine 
Sammlung'  der  geltenden  Gesetze,  Verordnungen  und  sonstigen  Bestimmungen 
über  das  ünterrichtswesen  in  Hamburg,  Hamburg  1884,  Th.  G.  Meißner. 
XIV,  712  S.  SJC.>  S.  230,  §23  Abs.  2.  Herr  Prof.  Dr.  Ew.  Hörn  (vgl. 
o.  S.  8,  Anm.  4)  war  so  freundlich,  mich  privatim  darauf  hinzuweisen. 
Übrigens  ist  diese  Anordnung  des  Regtäativs  über  die  amtlichen  Ferhältnisse 
der  an  den  höheren  Staatsschulen  (Hamburgs)  angestellten  Lehrer  vom 
17,  März  1877  in  den  entsprechenden  Bestimmungen  über  die  amtlichen  Ver- 
hältnisse der  an  den  höheren  Staatsschulen  angestellten  Direktoren  und  Lehrer 
vom.  18.  Jimi  1903  anverändert  geblieben.  E«  heißt  daselbst  (§  13) :  „ZH'e 
tDissenMehaftUehen  Lehrer  sind  verpflichtet,  der  Reihe  nach  die  Programm- 
abhandkmg  zu  sehreihen  .  .  .  .;  der  Ausfall  einer  solchen  Abhandlung  befreit 
den  an  der  Reihe  befindlichen  Lelirer  nicht  von  dieser  Verpflichtung,  Der 
Direktor  kann  die  Lehrer  in  einzelnen  Fällen  von  dieser  Verpflichtung  ent- 
binden. Ein  Anrecht  wird  dadurch  nicht  begründet^*  (nach  direkter  Mit- 
teilung). Gedruckt  ist  die  letztere  Verfügung  nicht.  Ein  Nachtrag  zu 
der  Sammlung  Micolcis  von  1884  wäre  erwünscht. 


IJO  Pro^prammwesen  und  Programmbibliothek  d.  h5h.  Schaleo, 

Die  Einrichtung    blüht    und  gedeiht    dort  wie    nur  je  zu?or,  an 
Umfang  wie  an  Wert,  nicht  bloB,  weil  (ähnlich  wie  in  Bayern) 
noch   eine    gewisse  Verpflichtung   (nicht  „Zwang'*)    vorliegt,   die 
Aufgeklärtere  als  ruckständig  bezeichnen  mögen,  sondern  weil  die 
Aufl^assung,  die  dort  vor  17  Jahren    von  sachkundiger  Seite  ver- 
treten wurde  (vgl.  o.  S.  214),  auch  heute  noch  in  weiten  Kreisen 
lebendig  ist  und  durch    die  Tat  Jahr  für  Jahr   immer  aufs  neue 
bewährt  wird,    ohne   daß  seitdem    gerade   viele  Worte  über  die 
Sache    gemacht    worden    wären    (doch  vgl.   die  bemerkenswerten 
Äußerungen  oben  S.  272  m.  Anm.  1).     Aus  dem,  was  ich  selbst 
bei    einem    mehrwöchigen    Studienaufenthalt    in   österreichiscben 
Mittelschulen  im  Sommer  1907  von  der  Sache   gesehen  und  ge- 
hört  habe,  konnte  ich  übrigens  durchaus  den  Eindruck  gewinnen, 
daß  man  dort  Wert  und  eigenartige  Bedeutung   der  Einrichtung 
wohl    zu   schätzen    weiß.      Es    ist    recht    aulTallend,    daß    nicht 
bloß  die  Kritiker    der  letzten  IVs  Jahrzehnte    über    diese  öster- 
reichischen Verhältnisse,    die  der  Frage    der  Abschaffung  oder 
erheblichen  Einschränkung  des  Programmwesens  so  wenig  günstig 
sind,    stillschweigend    hinweggegangen    sind,    sondern    auch    die 
Freunde    der  Sache    eine   so    naheliegende  Stütze    ihres   Stand- 
punktes   verschmäht    haben.     Letzteres    lag    vielleicht    an    dem 
äußeren  Umstände,  daß  ja  von  den  Abhandlungen  deutsch-öster- 
reichischer Mittelschulen    nur   etwa    ein  Drittel  in  den  Teubner- 
schen  Tauschverkehr   kommt    und    so  in  Deutschland    bekannter 
wird  (o.  S.  169  Anm.  3);    aber   die   Bittnerschen  Verzeichnisse 
(s.  0.  S.  115  Nr.  30 — 32;    S.  255)    waren    doch    zugänglich  und 
konnten   zu  umfassenderer  Orientierung   auch    bei   uns  anregen. 
Wer  aber  in  Deutschland  oder  Preufsen  an  der  Sache  Kritik 
üben  wollte,  durfte  die  Lage  der  Dinge  in  dem  Nachbarstaate  um  so 
weniger  übergehen,    als  deren  Neuorganisation  nach  preußischem 
Muster  (unter  Wahrung  der  Landeseigentümlichkeiten)  doch  dem 
preufsischen  Schulmanne,    Gelehrten  und  Verwaltungsbeamten 
Hermann  Bonilz  zu  verdanken  war. 

Mag  man  aber  auch,  was  Preufsen  und  besonders  das  übrige 
Deutschland  betrifft,  gern  zugeben,  daß  hier  noch  manches 
der  Aufklärung  bedarf,  ehe  ein  abschheßendes  Urteil  über  die  für 
die  weitere  Entwicklung  des  Programmwesens  nicht  unwichtige 
Frage  der  geringer  gewordenen  Produktion  möglich  wird,  so  ist 
doch  schon  aus  den  hier  gegebenen  Darlegungen  mit  einiger 
Sicherheit  zu  entnehmen,  daß  die  Vorstellung  unrichtig  ist,  die 
im  Verhältnis  zur  gestiegenen  Zahl  der  höheren  Schulen  nicht 
ebenfalls  vermehrte,  vielmehr  sogar  selbst  absolut  zurückgegangene 
Anzahl  der  Abhandlungen  lasse  einen  Schluß  auf  Wert  oder 
Existenzberechtigung  dieser  Arbeiten  zu.  Daß  die  in  der  Dis- 
kussion der  letzten  beiden  Jahrzehnte  behauptete  „Minderwertig- 
keit"' der  Programme  einer  erheblichen  Bevision  bedarf,  konnte 
in  Abschnitt  C  gezeigt  werden;  eine  Verquickung  des  Wertmafs- 


von  R.  Ullrich.  171 

Stabes  mit  der  geringer  gewordenen  Zahl  ist  also  abzuweisen. 
Erkennt  man  nunmehr  deutlicher,  daß  diese  geringere  Zahl  nicht 
so  sehr  in  inneren,  als  vielmehr  in  äufseren  Gründen  zu  suchen 
ist,  so  durfte  für  unbefangene  Beurteiler,  insbesondere  solche,  die 
die  Art  der  Entwicklung  unseres  höheren  Schulwesens  in  den 
letzten  beiden  Jahrzehnten  gebührend  mit  in  Betracht  ziehen, 
kaum  ein  Zweifel  sein,  daß  von  einem  „Absterben*\  das  doch 
nur  in  inneren  Gründen  gefunden  werden  könnte,  keine  Rede 
ist.  Und  wer  weiter  den  Umschwung  in  derStoffwahl  für  die 
Abhandlungen  seit  etwa  IV2  Jahrzehnten  brachtet  (o.  S.  142ff.), 
wer  die  Fülle  der  wissenschaftlichen,  methodischen  und  organisa- 
torischen Probleme  durchgeht,  die  unserem  Schulwesen  und  den 
Lehrern  seitdem  gestellt  und  in  zahlreichen  Programmen  gerade 
dieses  Zeitraums  (0.  S.  88 — 122)  mit  Erfolg  behandelt  worden 
sind,  wird,  meine  ich,  im  Gegenteil  zu  der  Meinung  kommen 
müssen,  daß  hier  eine  Einrichtung  gegeben  ist,  die  noch  Auf- 
gaben in  Menge  auch  für  die  Zukunft  hat.  Wenn  übrigens  nicht 
alle  Zeichen  trügen,  scheint  in  bezug  auf  die  Zahl  der  Abhand- 
lungen mit  dem  Jahre  1905  in  Deutschland  der  Tiefstand  erreicht 
worden  zu  sein  und  ein  wenn  auch  langsames  äußeres  Anwachsen 
sich  vorzubereiten.  Den  etwa  418  Abhandlungen  von  1907  stehen 
nur  etwa  400  von  1906  gegenüber^).  Das  ist  um  so  bedeutungs- 
ToUer,  wenn  beachtet  wird,  daß  uiiler  den  1906  veröffentlichten 
über  20  Schillerprogramme  sich  befinden,  die  ohne  die  Feier 
vom  Mai  1905  weder  veröffentlicht  noch  —  in  der  Hauptsache  — 
wohl  durch  andere  ersetzt  worden  wären.  Wesentlich  ist  jetzt  nur 
für  diese  Verhältnisse,  daß  in  allen  beteiligten  Kreisen,  denen  zu 
Nutz  und  Frommen  die  vorliegende  Arbeit  unternommen  worden 
ist,  mit  einer  Reihe  irriger,  meist  auf  unzureichender  Kenntnis 
der  Entwicklung  und  der  Tatsachen  beruhender  Anschauungen 
gebrochen  werde,  und  daß  vor  allem  diejenigen,  in  deren  Macht 
die  Bewilligung  der  Mittel  für  die  Sache  liegt,  ihr  Urteil  über 
ihren  Wert  und  demgemäß  ihre  Erwägungen  über  ihre  Zukunft 
durch  die  angebliche  Einmütigkeit  der  Kritiker  über  die  „Minder- 
wertigkeit'' nicht  weiter  beeinflussen  lassen. 

Nicht  unerwähnt  lassen  möchte  ich  endlich  ein  Moment, 
von  dem  man  vielleicht  nicht  ganz  ohne  Grund  sagen  kann,  daß 
es  die  Produktion  auf  dem  Programmgebiete  —  rein  nach  ihrer 
Menge  angesehen   —    ungünstig    beeinflußt  hat,   ich    meine   die 


>)  Ntch  dem  soebeo  (September  1907)  mir  zugeheoden  Berliner  Ver- 
zeichois  (Bd.  XVm,  s.  0.  S.  112  JNr.  15)  über  die  AbbandlaDgen  von  1906. 
Mach  AoMeheiduDS  der  Abhandloogea  eioer  Aazahl  von  böhereo  Mädcben- 
schnlen,  kürzerer,  aber  an  Zahl  nur  geringer  Abschnitte  aus  Jahres- 
berichten n.  i.  m.  bleiben  von  den  431  Nummern,  die  angeführt  werden, 
mnd  400  als  wirkliche  „Abhandlungen*'  (s.  0.  S.  16$  A.  8)  übrig.  Die 
Verteilung  auf  die  einzelnen  Staaten,  Provinzen  und  Schularten  ist  danach 
etwa  folgende: 


i/jS'.PrograBiiwei 


»d  Prograrnnbibliothek  d.  hSh.  Schales, 


Es  lieferten  Abhandlungen  1906  (vgl.  o.  S.162f.  und  lS4t.): 
A.  Prenfsen. 


1 

1 

; 

. 

• 

1 

i 

■ 

1 

1 

1 

s 

, 

1 

J 

1 

■s 

t 

1 

i 

1 

1 

Si. 

1.  TallMutalten. 

«)  GyaiD»ieii      .     .    . 

12 

.1 

« 

Hl 

M 

2& 

24 

i> 

11 

H 

4 

2fi 

1«S 

b)  ReilsyBDatieo 
0  Obir-RealtchaUn 

) 

1 

t1 

.1 

^ 

■1 

1 

1 

a 

1 

S 

36 

1 

— 

Ö 

— 

1 

1 

7 

1 

- 

1 

1 

2 

i5 

4 

59 

J5|i5 

ä):j5 

s 

11 

18\   6 

^ 

22Ö 

2.  NlehtTolUBsUlteB. 

d)ProKTD>na«l«.    . 


_ 

3 

_ 

1 

1 

] 

_ 

1  - 

4 

11 

3 

1 

6 

l 

— 

2     6     1 

- 

4     t 

3 

a 

5 

4 

8 

2 

1 

J|    (f     i 

a 

5     2 

S 

de 

JmvaH«ia  +  W--  |1S|    8|47|1S|14|SS|41|    »|  U{  XS)    S|4S|ni 

B.  Die  ftbrlgen  Stiftten  des  Dentseken  Belehes. 


a«.<l+2,:\  2|11|4B|  «1-1  6|18|  8|-1  1|  4|  4j  1|-|  I|  8|  8{  X)  Ij  K|  1|  %\  l|ig)m 
Demnach  A  +  B.    Destselies 


264  {  46   I  29  |  SsTI  12    I 


B«lckt 

<")  I  •)  I  »)  I      ü  s« 


von  R.  Ullrich.  ]73 

überaus  rasche,  fast  hastige  Entwicklung,  Aus-  und  Um-' 
gestaltuDg  unseres  höheren  Schulwesens  besonders  in  den 
letzten  zehn  Jahren.  Da  wird  „kombiniert",  „reformiert**,  „an- 
gegliedert'*, „entwickeltes  „umgestaltet**  u.  s.  f.,  Maßnahmen,  die 
allen  reformfiroheii  Gemütern  zur  Freude  gereichen,  denen  das 
Alte  veraltet  und  das  Neue  doch  immer  noch  nicht  neu  genug 
scheint,  so  daß  es  bald  wieder  verändert  wird.  Des  Bleibenden 
freuen  sich  wenige.  Nicht  daß  ich  etwa  meinte,  dieser  Verlauf 
wäre  an  sich  ein  Schaden;  neue  Probleme  verlangen  ja  nach  äußerer 
Gestaltung,  auch  im  Schulwesen.  Aber  es  läßt  sich  doch  nicht 
leugnen,  daß  diese  Verhältnisse,  so  viel  Leben  und  Bewegung 
sie  im  guten  Sinne  auch  erzeugen  (wie  ja  denn  ein  Teil  der 
Programmüteratur  der  letzten  Jahre  gerade  auf  sie  zurückzuführen 
ist,  s.  0.  S.  146 1,\  im  Zusammenhang  auch  mit  dem  immer  noch 
bestehenden  Lehrermangel,  der  manche  jüngere  Kollegen,  auch 
fest  angestellte,  an  ihrem  Orte  und  ihrer  Anstalt  vielfach  kaum 
warm  werden  und  mit  der  Schule  und  ihren  besonderen 
Bedürfnissen  nicht  recht  vertraut  werden  läßt,  umfassenderer  Pro- 
duktion, auch  größerer  Sammlung  und  Vertiefung  gerade  bei  der 
jüngsten  Lehrergeneration  nicht  günstig  sind.  Einen  kleinen  Auf- 
satz in  eine  Zeitung  oder  in  eine  belletristische  Zeitschrift  zu 
bringen,  wo  man  sachliche  Kritik  von  seilen  des  Durchschnitts- 
publikums gewöhnlich  nicht  zu  erwarten  hat,  ist  einfach,  ein  tüch- 
tiges, auf  gründlichetai  Studium  der  Literatur  oder  umfassender, 
nur  durch  langjährige,  eingehende  Beobachtung  zu  gewinnender 
Kenntnis  tatsächlicher  Verhältnisse  beruhendes  Programm  zu 
schreiben,  das  Kenner  zur  Mitarbeit  veranlaßt,  schwieriger.  So 
kann  es  leicht  geschehen,  daß  heute  manche  der  Jüngsten  zu 
einem  Programm  nicht  recht  „kommen**  können.  In  den  sieb- 
ziger Jahren  hatten  wir  ähnliche  Verhältnisse,  wenn  sie  auch  bei 
weitem  nicht  so  kompliziert  waren  wie  die  jetzigen.  Doch  es 
werden  voraussichtlich  auch  wieder  ruhigere  Jahre  kommen, 
Zeiten  stetigerer  Entwicklung  (die  von  Eiferern  dann  als  „Still- 
stand** oder  „Rückschritt**  bezeichnet  werden  mögen),  die  wohl 
auch  dem  Programm  manchen  neuen  Freund  zuführen  werden 
—  wie  ja  auch  in  den  achtziger  Jahren  trotz  der  Freistellung 
der  Lieferung  in  Preußen  im  Jahre  1875  (s.  o.  S.  146  f.)  und 
trotz  der  im  Verhältnis  zu  den  siebziger  Jahren  geringeren 
Zahl  der  neugegründeten  Vollanstalten  die  Zahl  der  Programme 
erheblich  zugenommen  hatte.  Es  sind  das  freilich  Impondera- 
bilien; aber  ihre  Wirkung  wird  in  Zukunft  doch  wahrscheinlicher, 
wenn  sie  in  der  Vergangenheit  unter  ähnlichen  Verhältnissen  schon 
einmal  erprobt  worden  ist. 

E.  Die  Kostenf^age. 

Im  vorigen  Abschnitt   ist  mehrfach    von  den  finanziellen 
Erwägungen   die  Rede   gewesen,   die   in   mehreren   kleineren 


27^  P  roiprammwesea  and  Prog^rammbibliothek  d.  hSIi.  SchnleD, 

Staaten  und  vielen  Städten  dazu  geführt  haben,  die  Abhandlungen 
einzuschränken  oder  gar  abzuschaffen.  Es  ist  natürlich  nicht  zu 
verkennen,  daß  solche  Erwägungen  bei  der  Feststellung  der  Etats 
von  Staaten  und  Städten  an  sich  ihre  volle  Berechtigung  haben, 
besonders  bei  großen  und  größten  Budgets,  wo  bei  den  mannig- 
faltigen Anforderungen,  die  von  allen  Instanzen  an  finanzielle  Be- 
willigungen gestellt  werden,  auch  mit  Rucksicht  auf  den  not- 
wendigen Ausgleich  zwischen  den  Ansprüchen  der  verschiedensten 
Art  bei  der  Feststellung  des  Etats  große  Vorsicht  am  Platze  ist, 
besonders  wenn  es  sich,  wie  bei  den  Programmen,  um  jährlich 
oder  in  kürzeren  Zwischenräumen  regelmäßig  wiederkehrende 
Ausgaben  handelt.  Bedenkt  man  freilich,  was  Staaten  und  auch 
Städte  z.  B.  für  sogenannte  offizielle  Drucksachen  jährlich 
ausgeben  ^),  deren  augenblicklicher  oder  gar  dauernder  Wert  kaum 
im  Verhältnis  zu  den  dafür  gemachten  Aufwendungen  steht,  so 
möchten  es  überzeugte  Freunde  der  Einrichtung  der  Programme 
doch  fast  bedauern,  daß  die  Sparsamkeit  gerade  sie  betroffen  hat 
Als  mildernd  kommt  dabei  nur  der  Umstand  in  Betracht,  daß 
bis  auf  den  heutigen  Tag  bei  vielen  der  maßgebenden  Instanzen, 
besonders  in  den  kleineren  Gemeinden,  über  Wert  und  Zweck 
der  Einrichtung  —  falls  man  sich  überhaupt  mit  der  sachlichen 
Seite  ernstlich  befaßt  hat  —  irrige  Anschauungen  bestanden  und 
nach  Lage  der  Dinge  bestehen  mußten.  Die  Sache  erhält  aber 
ein  wesentlich  anderes  Gesicht,  wenn  man  nicht  bloß  erwägt,  was 
die  Programme   kosten,   sondern    vor  allem,    was   sie    leisten. 


>)  Auch   die  Btaetats,   besooders   mancher  Städte,   yerlrac^ea  woU 
DOch    Abstriche,   die    sich   nicht,   wie   meist  bei  deo  Profframmen,  oar  taf 
einige    Ränderte    voo    Mark   beziehen    würden,    sondern    leicht   aaf   viele 
Tausende.     Wer   z.  B.    die    zahlreichen    Baobeschreibnng^en    höherer 
Lehranstalten    durchsieht,   wie   sie  ja   gerade   in   den  Programmen  der 
letzten  Jahre  in  so  großer  Zahl  vorliegen,   wird  sich  bei  aller  Freude  über 
die  Bereitwilligkeit,   mit  der  oft  sehr  hohe  Summen  zur  Verfugnog  gestellt 
worden  sind,   bei   gerechter  Würdigung   auch   des  grofien    und  wohltätigen 
Einflusses,  den  schöne  und  behagliche  Räume  in  ästhetischer  wie  hygienischer 
Beziehung  üben,    doch  des  Bindrucks  nicht    erwehren  können,    dafl  hier  tob 
den  Baumeistern  (was  von  ihrem  Standpunkte  oft  begreiOich)  auf  die  äuBere 
Erscheinung,   die  oft  luxuriöse  Ausstattung  der  Fassaden,   Featsäle,    Vesti- 
büle usw.    ein  übertriebener  Wert   gelegt   wird.    Dagegen   läßt  nur  zu  oft 
die  innere  Einrichtung  manches  zu  wünschen  übrig.    Ich  darf  mir  auf  diesem 
Gebiete  ein  auf  reichliche  Aaschanung  gegründetes  Urteil  zutrauen,    da  ich 
nicht   bloß   zahlreiche  Banbeschreibungen   studiert,    sondern    auch  Dutzende 
von  neueren  Scholgebauden    und  ihre  Einrichtungen,    Klassen,   Sammlangen 
in  Deutschland  und  Österreich  gesehen  und  Gelegenheit  gehabt  habe,  mich 
mit,  einsichtigen  Männern  über  viele  hierher  gehörige  Fragen  auszusprechen. 
In  Österreich  z.  B.    baut   man    im  allgemeinen,   was    gerade    das  Äußere 
betrifft,   einfacher  als  bei  uns,   hat  dann  aber  nicht  selten    mehr  Mittel  fnr 
die  zweckmäßige  Einrichtung  der  verschiedenen,    Jahr  für  Jahr  immer  aofs 
neue  Geld  erfordernden  Sammlungen  der  verschiedensten  Art  übrig,   was 
doch  für  die  weitere  Entwicklung    einer  Schule  recht  wesentlich  ist;  auch 
Für  die  Programme  hat  es   dort  an  Mitteln  und  Bereitwilligkeit,  sie  her- 
zugeben, noch  niemals  gefehlt. 


voD  R.  Ullrich.  175 

Es  müßte  Dun  freilich  ein  hoher  Grad  voq  Voreingenommenheit 
und  Kurzsichtigkeit  dazu  gehören,  wollte  man  nach  den  obigen 
Ausführungen  an  der  Meinung  von  ihrem  „durchschnittlich  ge- 
ringen Werf'  noch  weiter  testhalten. 

Aber  die  Summen,  die  alljährlich  aufgewendet  werden,  sind 
doch  enorme^)!  Zunächst  konnte  schon  oben  darauf  hingewiesen 
werden,  daß  besonders  die  Berechnungen  des  Verfassers  in  den 
GrenzhoUn^  die  gleichwohl  von  den  Widersachern  der  Einrichtung 
fast  ausnahmslos  zur  Grundlage  der  Agitation  gemacht  worden 
sind,  ganz  unzutreffende  waren  (s.  0.  S.  252).  Heute  betragen 
die  Gesamtkosten  für  die  rund  400  Programmabhandlungen, 
die  im  Deutschen  Reiche  durchschnittlich  jährlich  erscheinen  (s.  0. 
S.  269f.,  S.  171\  wenn  man  für  jede  einen  Umfang  von  etwa 
2V2 — 3  Bogen')  in  4^  annimmt,  im  allgemeinen*)  zwischen 
80  000  und  100000  M.  Man  wird  diese  Summe  nicht  übertrieben 
hoch  nennen  können,  wenn  man  bedenkt,  welchen  Nutzen  in 
idealer  und  praktischer  Beziehung,  nach  der  wissenschaftlichen, 
schultechnischen  und  sozialen  Seite  —  ganz  im  Sinne  des  Orga- 
nisators von  1824  —  die  Programme  seit  Jahrzehnten  den  Hun- 
derten von  Schulen  und  den  Tausenden  ihrer  Lehrer,  z.  T.  auch 
schon  den  Schülern  und  dem  gewaltig  angewachsenen  Eltern- 
publikum gebracht  haben  und  —  besonders  in  letzterer  Beziehung 
(vgl.  o.  S.  285  fr.)  —  bei  zweckmäßiger  Ausgestaltung  in  Zukunft 
noch  in  yiei  höherem  Grade  bringen  können.  Es  sind  eben,  wie 
mit  einiger  Sicherheit  gezeigt  werden  konnte,  Kapitalien,  die  in 
geistigen  Werten  angelegt  sind,  deren  Pflege  ja  die  Schulen 
und  ihre  Förderer  sich  besonders  angelegen  sein  zu  lassen  be- 
rufen sind.  Wenn  ich  aber  diese  Gesamtberechnung,  dem 
früheren  Brauche  folgend,  überhaupt  anstelle,  so  bekenne  ich  doch 
offen,  daß  ich  ihr,  wie  all  den  früheren  Aufstellungen  in  gleicher 


1)  Vgl.  o.  S.  174  IT. 

*)  Dieser  Umfang  ist  heute  im  Darchschoitt  der  übliche.  Manchmal 
ist  er  größer,  so  bei  Programmen,  die  zu  besonderen  Gelegenheiten  er- 
scheinen, wie  Festschriften,  Schalgeschichten  u.  ä.,  oft  aber  auch  erheblich 
gerioj^er. 

')  Ich  lege  (nach  Angaben  verschiedener  Berliner  Druckereien)  einen 
Durchschnittspreis  von  80»^.  für  den  Bogen  von  8  Seiten  in  4^  zu  gründe, 
für  Satz,  Druck,  Papier  und  Broschieren  bei  einer  Auflage  von  1500  bis 
2000  Exemplaren.  Auch  hier  ergeben  sich  natürlich  Unterschiede.  Tabellen- 
satz, die  Anwendung  verschiedener  Schriftarten,  häuGgere  Verwendung  von 
Abbildungen  —  soweit  sie  besonders  anzufertigen  sind  —  endlich  mathema- 
tische, mit  viel  Formeln,  Berechnungen  usw.  ausgestattete  Abhandlungen 
hedingen  höhere  Preise;  andererseits  sind  derartige  Programme  aher  in  der 
Minderheit,  und  insbesondere  bei  den  Beschreibungen  von  Schulbanten,  die 
naturgemäß  Abbildungen  erfordern,  pflegt  der  Text  wiederum  weniger  aus- 
gedehnt zu  sein.  In  kleineren  StSdten  ermäßigen  sich  die  Druckkosten 
etwas.  Zu  bemerken  ist  noch,  daß  die  Kosten  des  Bogeos  bei  den  Ab- 
handlungen im  allgemeinen  etwas  geringer  sind  (etwa  um  20%)  als  bei 
den  Jahresberichten;  vgl.  darüber  unten  Teil  II  3. 


176  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Sebnleo, 

Richtung,  keinen  übertriebenen  Wert  beilege  —  was  den  finan- 
ziellen   Effekt    angeht.     Dieser   fiele   nur   dann   entscheidender 
ins    Gewicht,    wenn    es    sich    (wie    etwa    im    wesentlichen    io 
Österreich)    um  eine  von  einer  Instanz   zu  tragende  Ausgabe 
handelte.     In   Deutschland    aber   kommen    nicht    weniger    als 
26  Bundesstaaten  und  einige  Hundert  Städte  in  Betracht,  auf  die 
sie    sich    (öbrigens    in   recht   verschiedenem  Verhältnis    zur  Zahl 
ihrer    Schulen)    verteilen.      Man    erwäge    nun    folgendes.      Der 
österreichische  Staat,  dem  man  so  gern  finanzielle  Schwierig- 
keiten nachsagt,  ist  imstande,  dauernd  die  Ausgaben  für  eine  von 
ihm  als  zweckmäßig  erkannte  Einrichtung  an  mehreren  Hunderten 
seiner  Mittelschulen  zu  bestreiten;  der  preufsische  hat  sie  — 
wiederum   in    vollster  Würdigung   ihrer   idealen  wie  praktischen 
Bedeutung   —   in  Zeiten   schwerer   finanzieller  Bedrängnis  (s.  o. 
S.  131)  geleistet  und  stellt  die  Mittel  noch  heute   überall  da  zur 
Verfügung,  wo  sie  nach   der  freieren  Gestaltung  in  den  siebziger 
Jahren    (o.    S.    146 f.)    begehrt    werden.     Bayern    bewiltigt   sie 
jährlich  für  mehr  als  40  seiner  Vollanstalten,   Hamburg  ebenso 
regelmäßig   für   reichlich    ein  Dutzend   seiner   höheren   Schulen. 
Auch    viele  Städte,    deren  Verwaltungen   nicht  gerade  die  Ver- 
hältnisse   der  Schulen   als    geeignete    Objekte  sparsamer  Finan- 
zierung  betrachten,    haben  fär  diese   nicht  unwichtige  Seite  der 
Schulorganisation    noch  immer   eine  offene  Hand.    Es  wäre  nun 
verfehlt,    etwa   zu   sagen,   was    größere  Staaten    oder  Städte  in 
dieser  Beziehung  leisten,  wäre  kleineren  eben  nicht  möglich;  hier 
müsse  man  auch  im  kleinen  und  kleinsten  sparen.   Jeder  Finanz- 
politiker  weiß   vielmehr,    daß   die    finanzielle    Leistungsfähigkeit 
eines  Organismus   keineswegs    auch    nur  fiberwiegend  immer  im 
Verhältnis   etwa   zur  Einwohnerzahl   oder  zur  Stenerkraft  wächst 
Im  Gegenteil  sind   —   sonst   normale  Finanzverhältnisse  voraus- 
gesetzt —  gerade  kleinere  Staaten  und  Städte,  deren  Verwaltungs- 
apparat  weniger   kompliziert   ist   und    in   finanzieller    Beziehung 
nicht  den  vielseitigeren,  oft  im  Augenblick  in  den  Konsequenzen 
kaum  übersehbaren  Anforderungen  größerer  Verbände  zu  genügen 
hat,  in  der  Begel  viel  eher  imstande,  auf  dem  einen  oder  andern 
Gebiete  neue  organisatorische  Maßnahmen  zu  treffen  oder  als  zweck- 
mäßig erkannte,   fast   immer  erhöhte  Aufwendungen  erfordernde 
Reformen  einzuführen,  überhaupt  Mittel  für  Zwecke  zu  bewilligen, 
denen  gegenüber   größere  Staaten   oder  Gemeinden,    deshalb  oft 
bitter  geschmäht,   zunächst   unter    dem  Zwange   der  Verhältnisse 
sich  abwartend  verhalten  müssen;   ich  brauche  nur,  was  äußere, 
z.  Z.    im    Vordergrunde  des  Interesses   stehende  Fragen   unseres 
Standes  betrifft,  etwa  an  die  verschiedene  Regelung  der  Pensions- 
verhältnisse,   der   Anrechnung   von   Hilblehrerjahren  u.  a.  m.  zo 
erinnern.     Diese  einfache  Tatsache   wird  leicht   von  denen  über- 
sehen,  die  z.B.   von   den  großen  Verhältnissen  Preufsens  — 
von   den   noch   komplizierteren  Österreichs    zu    schweigen  — 


von  R.  Ullrich.  m 

ohne    weiteres    die   Erfüllung    von    Wünschen    erwarten,   die   in 
Bayern,    Baden  oder  Hessen   leichter  möglich  sind,    oder  die 
von    Berlin    oder    Breslau   fordern,    was    in    manchem    viel 
kleineren  Orte  längst  verwirklicht  sei,  und  nun  die  größeren  Ver- 
bände  als   „rückständig**    zu    schelten    nicht   müde   werden.    In 
Sachen  unserer   nun  schon    die  grüßen  Verbände   6nanzieli  nicht 
unerträglich   belastenden  Programmausgaben    darf  aber  z.  B.  von 
den    kleineren   und    kleinsten  Städten    mit  höheren  Schulen  die 
verhältnismäßig   geringe  Aufwendung  darum  desto  eher  erwartet 
werden.     An    den  Mitteln  —  einigen   Hundert  Mark  jährlich   — 
fehlt  es  hier  wohl  kaum,  vielleicht  auch  nicht  an  dem  guten  Willen ; 
desto  mehr  aber  an  sachgemäßer  Aufklärung  über  Wert  und  Be- 
deutung der  Einrichtung,  die  zu  geben  die  Anstaltsleiter,  die  in 
den  betreffenden  Kuratorien  sitzen,  am  berufensten  sind.   Besonders 
die  Realschulen,   vor   allem   in  Preufsen    (und   hier  wieder 
besonders  am  Rhein)  und  Sachsen  (in  Bayern,    Baden    und 
Württemberg  sind  die  Verhältnisse  dieser  hier  sehr  zahlreichen 
kleineren  Anstalten    etwas   anders  zu  beurteilen)    dürfen  in  Zu- 
kunft,   was  die  Zahl    ihrer   Programmabhandlungen    betrifft,    sich 
gerade   bei  ihrer  rapiden  äußeren  Entwicklung   nicht  dauernd  in 
so  auffallenden  Gegensatz  zu  den  Vollanstalten  setzen,  wie  er  zur 
Zeit  besteht  (s.  o.  S.  167  i^.    Es  ist  ja  freilich  oben  betont  worden, 
worin  diese   auffallende,    von    den    modernen  Kritikern  gar  nicht 
beachtele  Tatsache  ihren  Grund  hat,  nämlich  in  den  bestehenden 
amtlichen  Bestimmungen,    die  zunächst   meist  nur  für  die  Voll- 
anstaiten  (genau  genommen  auch  hier  nur  für  die  Gymnasien 
und  Realschulen  1.0.    bezw.    Realgymnasien)    Programme 
forderten  oder  erwarteten.    Die  mächtige  äußere  Entwicklung  der 
Realschulen  in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten   legt  es  doch  aber 
einigermaßen  nahe,   die  Lehrer  dieser  Schulen  nicht  wesentlicher 
Momente    wissenschaftlicher    und    praktischer  Förderung    zu    be- 
rauben oder  die  Schulen  selbst  in  der  Hauptsache  von  einer  Ein- 
richtung auszuschließen,  die  jenen  anderen  für  sich  wie  in  ihren 
gegenseitigen    Beziehungen    und    für   die  Verbindung    mit  ihrem 
Publikum  so  viel   Segen   gebracht   hat.     Denn   daß  die  jüngeren 
Anstalten  realen  Charakters  aller  dieser  fördernden  Momente  etwa 
weniger    bedürften,    können   wohl   nur   ganz  „Moderne''    zu  be- 
haupten wagen;  je  schneller  eine  äußere  Entwicklung  ist,   um  so 
eher  hat  sie  doch  Anlaß,  alle  irgendwie  zweckdienlichen  Mittel  zU 
benutzen,    die    sie    innerlich    zu  festigen    geeignet  sind.     Daß  es 
auch  um  des  Tausch  Verkehrs  willen  ein  Gebot  der  Gerechtig- 
keit sei,  daß  die  Schulen,  die  fortwährend  empfangen,  ihrerseits  auch 
geben«  ist  schon  früher  von  Mitgliedern  staatlicher  wie  städtischer 
Verwaltungen    mit    Recht   hervorgehoben    worden  M*     Die  Regie- 
rungen haben    es  bisher  vermieden,    die  älteren  Vorschriften  für 


1)  \^\.  0.  S.  225  und  227. 
Zcitsclir.  f.  d.  OjmoMiiilwMan.    LXI.    SoppUmaDthaft  i2 


178  Programmweseo  nad  Programmbibliothek  d.  böL  Schalen , 

die  Vollanstalten  (s.  o.)  in  entsprechender  Weise  auf  die  Anstallen 
mit  sechsjährigem  Kursus  aaszudehnen;  in  älterer  Zeit  mit  Recht 
deshalb,    weil    diese    Anstalten    damals    nicht    eigentlich    höhere 
Schnleo  waren,  in  neuerer,  wo  dieser  Grund  weggefallen  ist,  wohl 
mehr  in  der  Absicht,  die  meist  städtischen  Verwaltungen,  die  für 
ihre    höheren    Schulen    manche    Opfer    gebracht   haben     und   ja 
natürlich  auch  die  (wenngleich  geringen)  Programmkosten    trageo 
müssen,  in  ihren  freien  Entschließungen  nicht  zu  beengen.     Sollte 
aber  die  Entwicklung  des  Programmwesens  bei  den  städtischen 
Realschulen   sich  auch  in  Zukunft   in  stark  absteigender  Linie 
(d.  h.  im  Verhältnis    zur  Zahl  der  Schulen)   bewegen,    so   hätten 
die  Regierungen  wenigstens  in  Preufsen  und  Sachsen,    wenn 
nicht  das  äufiere  Recht,   so  doch  sicher  das  innere,    die  Verwal- 
tungen, die  ihrer  Aufsicht  ja  in  allen  ihren  Verhältnissen   unter- 
stehen, wenigstens  auf  die  Möglichkeit  der  Benutzung  einer 
Einrichtung  hinzuweisen,  an  deren  Wert  und  Bedeutung  auch  für 
diese  Schulen  und  ihr  Publikum  kaum  zu  zweifeln  ist. 

Nimmt  man  den  oben  im  allgemeinen,  wie  ich  hoffe,   nach- 
gewiesenen Wert  der  Programme  als  Ausgangspunkt  wetterer  Er- 
wägungen und  gibt    man  auch    —    was  noch  wichtiger   —  ihre 
Existenzberechtigung    in     der    Gegenwart    und    die    Möglichkeit 
künftiger  Weiterentwicklung  zu,  so  fallen  damit  eigentlidi  alle  die 
Vorschläge  von  selbst  weg,   die  man   in   dem  Bestreben  gemacht 
hat,  die  für  eine  angeblich  veraltete  oder  absterbende  Organisation 
bisher  aufgewendeten  Mittel  anderen,   fruchtbareren  Zwecken  zu- 
zuwenden.  Da  indessen  gerade  ein  Vorschlag  dieser  Art  besonders 
häuGg  laut  geworden  ist,  der  —  was  hier  übrigens  nebensächlich 
ist  —  mit  meinen  persönlichen  Oberzeugungen  und  Bestrebungen 
in  einer  gewissen  Verbindung  steht,  will  ich  ihn  wenigstens  kun 
charakterisieren.      Hauptsächlich    deshalb,    um    zu    zeigen,    daß 
Organisatoren  oder  solche,    die  es  gern  sein  wollen,    häufig  zwar 
an  sich  sehr  erfreuliche  Vorschläge  zu  machen  wissen,   aber  die 
einfache  Macht  realer  Verhältnisse  nicht  genügend  erkennen  und 
schätzen.    Viele  derjenigen^),   denen  die  Programmabhandluogen 
z.  T.  als  eine  veraltete  Einrichtung  erschienen,  wünschten,  die  frei  ge- 
wordenen Mittel  sollten  für  die  Zwecke  der  Lehrerbibliotheken 
verwendet    werden.    Auf   den   ersten  Blick    ein  sehr  glückliche 
Gedanke,   der    mir   besonders  sympathisch  erscheinen  müJSte.   da 
ich  selbst  vor  einigen  Jahren  für  eine  bessere  Ausstattung  dieser 
Sammlungen  eingetreten  bin').   In  der  Tat  sind  in  dieser  Beziehung 
an    manchen    Schulen,    besonders    in    kleineren    Städten,    noch 
Wünsche  zu  erfüllen;   ich  habe   mich   aber  doch   in  den  letzten 
Jahren   durch    das    Studium    der   Bibliotheksabteilungen    in  den 

*)  Vgl.  z.  B.  J.  BeschmaDQ  (o.  S.  187),  R.  Duden  (S.  200),  A. 
Schöobtch  (S.  215),  der  uogeoaonte  Verfasger  des  Artikels  is  den 
Grentboten  (S.  249)  d.  a.  m. 

')  Vgl.  o.  S.  85  Aom.  1  ood  2. 


voi  R.  Ullrieh.  US 

Jahresberichten,  der  gedruckten  Kataloge  zahlreicher  Lehrer- 
bihliotheken,  Tor  allem  aber  durch  vielfache  Aotcbaunng  aa  Ort 
und  Stelle  und,  was  mir  am  wertYollsten  war,  durch  Korreepon«^ 
deaz  und  Unterredungen  mit  Schulmannern  flberaeugt  und  dieser 
Obeneugung  auch  Ausdruck  gegeben,  daß  es  in  der  Mehnahl  der 
Fälle  gar  nicht  so  sehr  auf  Erhöhung  der  betreffenden  Etats,  als 
▼ielmehr  auf  zweckmäßigere  Verwendung  der  Mittel  und  vor  allem 
auf  zeitgemäßere  Regelung  der  Ben u tau ngs frage  ankommt. 
Die  sehr  gut  gemeinten  Vorschläge  zur  Vermehrung  der  Etats 
haben  aber  auch  das  tatsächliche  Verhalten  der  Instanzen  nicht 
beachtet,  die  die  Kosten  fär  Programme  zwar  gern  strichen  oder 
aiQschränkten,  aber  keineswegs  gewlUt  waren,  sich  nun  gewisser- 
maßen eines  gerechten  Ausgleichs  halber  för  andere  Zwecke 
wissenschaftlicher  Art,  wie  sie  z.  B.  in  der  Förderung  von 
Bibliotheken  zum  Ausdruck  kämen,  festlegen  zu  lassen.  Es  liegt 
das  auch  gar  nicht  im  Wesen  von  Pinanzverwaltungen,  die  im 
Durchschnitt  in  erster  Linie  immer  mehr  darauf  ausgehen,  z.  T. 
es  auch  müssen,  für  das  unbedingt  Notwendige  in  nüchterner  und 
pQichtmäßiger  Erwägung  zu  sorgen  als  dem  in  idealer  Hinsicht 
Wünschenswerten,  und  sei  es  an  sich  noch  so  vortrefflich,  größeren 
Einfluß  auf  ihre  Maßnahmen  zu  gestatten.  Mir  ist  in  der  Tat 
kein  Fall  bekannt  geworden  (für  Nachweise  in  dieser  Richtung 
wäre  ich  dankbar),  wo  Instanzen,  die  das  Programm  in  ihren 
Etats  gestrichen  oder  eingeschränkt  haben,  dafür  die  Bibliotheken 
höher  dotiert  hätten.  Im  Gegenteil.  Ein  Beispiel,  und  gerade 
ein  recht  charakteristisches,  bietet  die  Stadtverwaltung  von  Han- 
nover^). Hier  werden,  wie  sich  schon  bei  WitH-hmer^)  be- 
sonders erwähnt  findet,  Mittel  für  Programmabhandlungen  an  den 
stadtischen  höheren  Schuten  schon  seit  Über  30  Jahren  nicht 
bewilligt  —  für  eine  größere  deutsche  Stadt  mit  zahlreichen 
höheren  Schulen  und  für  einen  so  langen  Zeitraum  ein  ganz  einzig 
dastehender  Fall,  der  übrigens  seinen  Grund«  wie  hervorgehoben 
sein  mag,  in  finanziellem')  Unvermögen  nicht  bat;  der 
wirkliche   ist    nicht  bekannt  geworden.      Dabei    zeigen    aber  die 


>)  Vgl.  0.  S.  213  m.  Aom.  1;  s.  a.  S.  224  Aain.  1.  Auch  ia  Breslau 
warao  die  AbhaDdlnogeB  für  eioiae  Zeit  abgeschaflft  werden  {y$:\,  o.  S.  213). 
Bald  aaehdem  sie  wieder  eiogeführt  waren,  taa4:hte  der  Plan  aof,  die 
Lehrerbiblietkekea  der  städtischen  höheren  Schalen  ao  einer  Zentral- 
•teile  zu  vereiaigen,  am  am  Etat  su  sparen;  aber  sfimtliche  Direktoren 
spnieheB  sich  dagegen  aas,  und  es  blieb  beim  alten.  Das  alles  ermutigt 
nicht  dasn,  beide  Dinge  in  finanzielle  Verbindung  zu  setsea. 

S)  A.  a.  0.  S.  441. 

*)  Bs  werden  z.  B.  dort  120  %  Einkemmensteoer  erhoben,  ein  Satz, 
dea  man  als  niedrig  bezeichnen  muß  gegenüber  dem  aaßerordeatlieh  hohen, 
den  X.  B.  fiele  oberschlesisehe,  westfälische  und  rheinische  Städte  mit 
starker  Arbeiterbevölkerang  erheben  müssen,  ohne  doch  deshalb  —  was  eher 
veratÜDdlich  wäre  —  ihre  Anf Wendungen  für  Unterriobtszwecke  erheblich 
zu  kürzen. 

12* 


J^SQ  Prograjumwesea  aad.Prp.grajSiiiblbliotliek  d.Jiö]i.  Schnleo, 

Bibliottiekaetats M  und  andere  Posten')«  wie  die  Jabreaberichte 
der  Anstalten  erkennen  lassen,  nicht  nur  keinen  Vorzug  Tor  denea 
anderer  sUaÜicher  joder  stadtischer  Anstalten  von  sonst  ähnlichen 
Verhältnissen,  sondern  sogar  erhebliche  Nachteile  selbst  Schttloi 
gegenüber,  .  bei  denen  man  eine  sparsamere  Bemessung  z«  B,  des 
Bibliotbeksetats  durchaus  rechtfertigen  könnte*).  Man  erwarte 
also  von .  etwaiger  Abschaffung  oder  Einschränkung  des  Programm- 
Wesens  nicht  su  viel. an  Ersatz,  wenigstens  nicht  für  Schulzwecke, 
sondern  trachte  lieber  darnach,  das  Gegebene  zu  .erhalten,  das 
Verständnis  für  seine  Bedeutung  in  den  maßgebenden  Kreisen 
—  und  das  wären  in  diesem  Zusammenhange  die  Finanzver* 
waltungen  . —  zu  wecken  .  und  eine  zeitgemäße  Weiterentwicklung 
anzubahnen! 

Dieser  Abschnitt  würde  aber  seinen  Z^eck  schlecht  erfüllen, 
wenn  er  nicht  versudite,  im  Anschluß  an  die  z.  Z..  .doch  noch 
bestehenden  realen  Verhältnisse  auch  zu  der  Frage  der  Kosten 
einen  Beitrag  zu  liefern  in  dem  Sinne,  daß  diese,  isoweit  möglich, 
auf  ein  Maß  beschränkt  bleiben,  das  finanziell  als  billig  anzu- 
erkennen ist,  aber  doch  andererseits  die  möglichst  yoUkommene 
Erreichung  des  Zweckes  der  Einrichtung  gewährleistet.  Ich  be* 
ginne  bei  einigen  mehr  äufserlichen,  aber  doch  in  bezug  auf  die 
Kostenfrage   nicht   ganz  unwesentlichen  Dingen.    Bei   der  Aus- 


^)  Sie  sind  (vgl.  die  Verzeichaisge  über  ADsehaATaDgeo  in  deo  Jahre«- 
bericIiteD)  sehr  dürftig,  für  VoUaiigtaUen  aod  aach  für  stark  besackte  Real- 
scholeo  mit  zahlreichen  Lehrern  nicht  ausreichend.  Der  mir  "nrohlbekaante 
Umstand,  dafl  die  Stadtbibliothek  einen  Zeit8ehriftena»8taa8cb 
^wiacheo  den  einzelnen  Schalen  Termittelt,  gleicht  den  Mangel  nicht  ans;  ich 
werde  noch  Gelegenheit  haben,  mich  an  anderer  Stelle  darüber  xo  äuBera 
(vgU  0.  S.  S6  Anm.  1  Z.  10). 

')  Ganz  auffallend  ist  z.  B.  der  geringe  Prozentsatz,  den  die  Stadt 
Hannover  für  Gewährnng  von  Preisehnle  an  bedürftige  Sohüler  bewilligt, 
oämUeh  nur  dorchichnittlich  2|  %,  z.  T.  noch  weniger!  —  Oerpreafsi- 
sehe  Staat  gewährt  für  seine  Anstalten  his  zu  10  7o  (^ffl-  ^^r  a.  a.  0. 
S.  276),  and  von  Städten  ist  mir  keine  bekannt  geworden,  die  bei  sonst 
etwa  gleichen  Pioanzverhiiltnissen  so  wenig  für  bedürftige  Schüler  an  Frei- 
stellen bewilligte  als  gerade  Hannover. 

3)  So    meine    ich    z.  B.,    daß    die    Bibliotheken    mancher    höheren 
Scholeni  die  sich  in  kleinen  Universitätsstädten  oder  kleineren  Orten 
nit  einer  wissenschaftlichen  Bedürfnissen   genügenden    Landes-  oder 
Stadtbibliothek  befinden,  recht  wohl  mit  geringeren  Mittein  aaskommen 
könnten,  als  sie  z.  Z.  haben,  dagegen  Schulen  in  kleinen  Orten  ohne  die  ge-* 
nannten  günstigen  Bedingungen   der  Arbeit  reichlicher  zn  bedenken  wären.. 
Gröfsere  Städte  werden  wiederum,  auch  wenn  bedeutendere  wisseosehaft- 
liche  Bibliotheken  am  Orte  sind,  auf  angemessene  Ausstattung  ihrer  Lehrer« 
bibliotheken    nicht   gut    verzichten    können.     Die  Entfernungen    sind  zu 
groß  und  die  Ansprüche   an   die   großen  Bibliotheken    zu  mannigfaltig,   als 
daß  den  Lehrerbibliotheken    die  Möglichkeit   henommen  werden  dürfte,  die 
für  Schul-»   und   wissenschaftliche    Arbeit   notwendigen  Werke  anzuschaffen 
und  danernd  angemesaen  zu  ergänzen,  —  falls  man  ihnen  nicht  einen  weseot- 
Uchen  Teil  der  Zwecke    nehmen  will,    weg«n   derer   sie  gegründet  worden 
sind  und  erhalten  werden. 


TOB  R.  üllricb.  "   Igl 

Stattung  kann  z.  B.  alles  Luxuriöse  in  Druck  und  Papier^) 
vermieden  werden,  das  sich  nicht  selten  bemerkbar  macht.  Bei 
der  hohen  Auflage,  die  infolge  des  Tauschverkehrs  nötig  ist, 
gegen  1500  Exemplare,  oft  noch  mehr,  und  bei  den  in  den 
letzten  Jahren  sehr  gestiegenen  Papier  preisen  ist  dergleichen 
nicht  ganz  unerheblich,  und  man  hat  doch  keinen  Grund, 
die  Väter  einer  Kleinstadt,  die  sich  pflicbtgemäfi  gern  auch  um 
die  Kleinigkeiten  des  Rechnungswesens  kOmmern'),  durch  hohe 
Programmrechnungen  gegen  die  Sache  einzunehmen.  Die  grund* 
sätzliche  äufsere  Trennung  von  Abhandlung  und  Jahres-- 
be rieht,  die  gegenwärtig  in  Deutschland')  zwar  überwiegt,  aber 
noch  keineswegs  durchgeführt  ist  —  trotz  vielfacher,  auch  amt- 
licher Anregungen  —  ist  ein  weiteres  Mittel,  die  Kosten  herab- 
zusetzen. Denn  der  erste  Teil,  die  Abhandlung,  kann  in  allen 
den  Fällen,  wo  es  sich  um  rein  gelehrte  Arbeiten  handelt,  deren 
Verteilung  an  Schöler  oder  Publikum  kaum  in  Frage  kommt,  in  er* 
beblich  geringerer  Auflage  gedruckt  werden  als  der  Jahresbericht, 
der  auch  diesen  Kreisen  unbedingt  in  möglichst  liberaler  Weise 
zuganglich  zu  machen  ist,  ganz  abgesehen  davon,  daS  die  Tren* 
nung  auch  in  bibliothekstechnischer  Hinsicht  Vorteile  hat  (vgl. 
Teil  ni).  Für  die  (heute  weit  zahlreicheren)  Fälle,  in  denen  die 
Abhandlung  Gegenstände  allgemeineren  Interesses,  besonders  aus 
dem  Gebiete  des  Schulwesens,  behandelt,  kommt  ein  derartiger 
Ersparnismodus  natürlich  nicht  in  Betracht;  seine  Anwendung 
liefe  hier  dem  Zweck  der  ganzen  Einrichtung  direkt  zuwider  (vgl. 
o.  S.  275 f.).  Auch  darf  man  nicht  durch  gewaltsame  Kürzung^) 
der  Jahresberichte,  wie  sie  in  deren  durchschnittlicher  Herab- 
setzung auf  den  Umfang  nur  eines  Bogens  liegen  würde,  die 
Mittel  für  die  Abhandlungen  leichter  gewinnen  wollen.  Ob  es 
zweckmäßig  ist,  Geld  für  die  Programme  (und  auch  die  Jahres- 
berichte) von  den  Schülern  bezw.  den  Eltern  zu  nehmen  (wie  es 
z.T.  in  Bayern  üblich  ist,  je  0,50  Jf.),  um  so  einen  Teil  der 
Kosten  wieder  einzubringen,  kann  man  bezweifeln').  Im  Wesen 
der  ganzen  Einrichtung,  wenn  man  sie  wenigstens  im  Sinne  der 
klassischen  Erlasse  von  1824  und  1826  auffaßt,  scheint  eine  solche 
Praxis  nicht  zu  liegen.  Aber  der  Umfang  der  Abhandlungen 
sollte  sich  in  mäßigen  Grenzen  halten  (etwa  3  Bogen  in  4^  im 
Maximum),  von  denen  nur  in  besonderen  Fällen  abzugehen  wäre. 


*)  Natarlich  ist  aoeh  das  aadere  Bxtrem  cn  meideo;  vgl.  o.  S.  180 
m.  Anm.  1. 

>)  V^i.  z.  B.  Nägele  {Bibl  Abt.  4,  Nr.  110)  S.  52. 

>)  Für  Österreich  vgl.  o.  S.  tSOf. 

*)  Vgl.  0.  S.  216;  über  zweckmäfsige  Kürzoog  des  Jahres- 
beriehts  rgl.  n.  Teil  II  3. 

*)  Was  Bayer D  betrifft,  so  lieBe  sich  hier  alieofalls  der  Umstand 
geltend  machen,  dafi  der  Schalgeldsatz  überaus  gering  ist,  weit  geringer 
als  in  irgend  einem  anderen  Staate;  er  betragt  jährlich  ü  JC.  (s.  H.  M  orsch, 
Das  höh.  Lehramt  S.  329). 


iS2  Programmweseo  nad  Pre^rtmnbibliothek  d.hSh.  Schalen, 

wie    z.  B.    bei    Gelegenheit   von    SchuIjubilSen,    wo   ja   Landes* 
oder  Lokalpatriotiemus  Fiskus  wie  Kämmereien  milder  zu  stimmeD 
pOegt.    In  allen  anderen  Fällen   müßte  eine  iängere  Arbeit,   falls 
sie  sich  nicht  überhaupt  besser  zur  Bacbausgabe  eignet,  auf  zwei 
oder  mehr  Jahre  verteilt  werden.     Damit  komme  ich  auf  dasjenige 
Mittel,   das  in  letiter  Zeit  ganz  besonders    zur  Erreichung  einer 
VerbiUigung  im  großen  ergriffen  worden  ist,  die  Einführung  eines 
mehrjährigen  Turnus,  in  der  Regel  eines  dreijährigen.    In 
diesem  Modus  ist  ein  berechtigter  Kern  wohl  zu  finden.     Seit  der 
Gesichtspunkt  des  „specimen  eruditionis'*  nicht  mehr  wirksam  war 
(s.  0.  S.  139  f.),   fielen  naturgemäß  auch  Hunderte   Ton  Arbeiten 
weg,  die  früher  die  Bibliotheken  und  die  Etats  beschwert  hatten, 
und  es  schien  nahe  zu  liegen,   die  geringere  Produktion  ^-  falls 
man  nicht  ganz  auf  sie  glaubte  Terzichten  zu  dürfen  —  äußerlich 
etwas  anders  sich  regeln  zu  lassen  und  wonüglich  eine  Ersparnis 
zu  erzielen.     Es  wurde  damit   eine  Jahrzehnte  alte  Tradition  jäh 
abgeschnitten;  die  Bedürfnisfi^age  streifte  man  kaum,  das  Gespenst 
der  „Minderwertigkeit^'  drohte  im  Hintergründe^),   und  zahlreiche 
Kollegien  sahen  sich  pl&tzlich  in  der  Möglichkeit,  wissenschaftliche 
Arbeiten    ihrer    Mitglieder    zu    Teröffentlichen,    zu    schwebenden 
Fragen  des  SchuUebens  Stellung  zu  nehmen  oder  mit  dem  Eltern« 
publikum  auch  auf  diesem  Wege  Fühlung  zu  behalten,   erheblich 
eingeengt  Ob  es  geraten  war,  Ton  den  jährlichen  Publikationen 
gleich   auf  einen    dreijährigen   Turnus   herabzugeben,   kino 
bezweifelt  werden.    Ein   zweijähriger  wäre   zunächst  Yielleicht 
zweckmäßiger  gewesen  und  hätte  nicht  so  sehr  den  Eindruck  er- 
weckt, daß  die  Abschaffung  überhaupt  als  Endzweck  vorschwebe. 
Bemerkenswertere  Kundgebungen   darüber   ans  Sachsen   liegen 
noch   nicht   vor.    Ober   den   dreijährigen  Turnus   der  Berliner 
städtischen  Anstalten  enthalte  ich  mich  zunächst  des  Urteilt, 
da  die  Neuorganisation  hier  noch  zu  jungen  Datums  ist  und  erst 
weitere  Erfahrungen   zu   sammeln   sind.    Im    allgemeinen  kann 
man  über  die  Einrichtung  der  Programmlieferung  in  mehrjährigen 
Zwischenräumen,    soweit    es   sich   dabei    um   Anstalten   gleichen 
Patronats  handelt,  aber  wohl  sagen,  daß  derartigen  Festsetzungen, 
so   erwünscht   sie   für   die   bequeme  Aufstellung   der  Etats   sein 
mdgen,  doch  etwas  Äußerliches  anhaftet.     Wissenschaft,  Gelegen- 
heit,   Bedürfnis  und  Stimmung   lassen  sich  nicht  kommandieren; 
der  jährliche  Zwischenraum,  allenfalls  ein  zweijähriger,  war  natör- 
lieber  x^ud   gab  weiteren  Spielraum.    Fiel   die  Abhandlung  dabei 
hier  und  da  einmal  aus,  so  schadete  das  ja  nicht  viel:   geschieht 
es  aber  bei  dreijährigem  Turnus,  so  ist  der  Sache  nicht  gedient 
Auch  die  Grüfse  der  Kollegien,   die  besonderen  Bedürf- 
nisse einzelner  Schulen  und  ihres  Publikums  kommen  bei  solchen 
mehr   mechanischen  Festlegungen   fast   überaU   zu   kurz.    Große 


^)  Vgl.  für  Stohseo  besooders  o.  S.  243  mit  Ana.  2. 


▼  OB  R.  Ullrich.  Jgß 

Anstalten  mit  zwanzig  und  mehr  wissenschaftlichen  Lehrern  wollen 
in  dieser  Hinsicht  doch  anders  behandelt  sein  als  kleine^),  mag 
man  nun,  wie  der  Verfasser  des  Artikels  in  den  Grenxboten  vom 
Jahre  1896  tut  (a.  a.  0.  S.  121,  s.  o.  S.  250)  darin  eine  „Hftrte^'') 
gegen  die  kleineren  sehen  oder,  was  mir  richtiger  erscheint,  es 
für  eine  Schädigung  der  großen  halten,  die  im  Verhältnis  zu  der 
Menge  ihrer  tAchtigen  Kräfte  und  zu  ihrem  doch  größeren 
Interessenkreise  viel  zu  selten  zu  Worte  kommen.  Am  liberalsten 
zugleich  und  der  Sache  selbst  am  förderlichsten,  also  im  ganzen 
am  zweckmäßigsten  scheint  mir  das  Ton  der  preufsi sehen 
Regierung  nunmehr  seit  über  30  Jahren  geübte  Verfahren  zu  sein, 
jährlich  die  Mittel  för  eine  Abhandlung  in  den  Etat  der  einzelnen 
Anstalten  einzustellen,  es  aber  dem  Bedörfnis  zu  überlassen,  ob 
jedesmal  Ton  der  gebotenen  Gelegenheit  Gebrauch  gemacht  wird. 
Ein  Ausgleich  zwischen  großen  und  kleinen  Kollegien  wird  sich 
so  auf  ganz  naturliche  Weise  fast  Ton  selbst  einstellen,  wenn  nur 
im  allgemeinen  die  Bedeutung  der  Sache  von  der  Regierung  wie 
den  Lehrerkollegien  festgehalten  wird  und  wenigstens  in  einer  ge- 
wissen  Stetigkeit  des  Erscheinens  von  Abhandlungen  an  jeder  An- 
stalt auch  tatsächlich  zum  Ausdruck  kommt. 

Dies  führt  uns  nun  auf  die  Frage,  ob  und  inwieweit  die 
Lehrer  höherer  Schulen  auch  in  Zukunft  noch  zur  Abfassung  von 
Programmabhandlungen   verpflichtet   (oder  berechtigt)  sein  sollen. 

F«  Die  Terplliehtnng  der  Lehrer  zur  Abfassung  von 

Prograaimabhandlunfen« 

Die  Frage,  ob  und  inwieweit  die  Lehrer  der  höheren  Schulen 
noch  zur  Abfassung  von  Programmabhandlungen  verpflichtet 
sein  sollen,  hat,  wie  wir  sahen,  in  der  Diskussion  der  letzten 
Jahrzehnte  eine  gewisse  Rolle  gespielt.  Gerade  hier  schien  sich 
das  gehobene  Standesbewußtsein  zur  Geltung  bringen  zu  müssen, 
das  sich  gegen  eine  „Zumutung*^  sträubte,  die  man  vor  80  oder 
60  Jahren  zu  machen  berechtigt  gewesen,  deren  Fortdauer  in  der 
Gegenwart  aber  ebenso  unnötig  wie  unwürdig  sei.  Auch  der 
Hinweis  auf  andere  Stände,  die  zu  derartiger  literarischer 
Produktion  von  Amts  wegen  niemals  „genötigt''  worden  seien,  hat 
fortgesetzt  zu  den  Argumenten  derjenigen  gehört,  die  es  dem 
Stande  schuldig  zu  sein  glaubten,  zur  Abschaflung  so  veralteter 
Einrichtungen  beizutragen.     Was  ist  davon  zu  halten? 

Der    Hinweis    auf   andere    Stände    ist    mehrfach    von 


1)  MtD  Tergleiehe  z.  B.,  was  Sachsen  betrifft,  die  grofien  Aa stalten 
von  Leipzig,  bresden  nnd  Chemnitz  mit  den  viel  kleineren  von 
Sehneeberg,  Worzen  and  Zittau  im  Hinblick  auf  o.  S.  106  Anm.  1. 

*)  Daß  der  Verfasser  aaf  diesen  Pnnkt  hinweist,  ist  ziemlieh  das 
einzige  in  seinen  Aasföhrangen,  was  (im  Gegensatz  za  der  Fälle  des  lin- 
riebtigen  oder  Verkehrten,  o,  S.  250 ff'.)  beachtenswert  ist 


IS4.  Programmwesen  and.  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehalea, 

solchen,  die  den  nötigen  Oberbiick  ober  die  Entwicklung  des 
höheren  Schulwesens  besaßen-  und  sich  die  besonderen  Aufgaben 
der  Hitglieder  unseres  Standes  klarer  gemacht  hatten,  in  seiner 
ganzen  tlinseitigkeit  geböbrend  gekennzeichnet  worden.  Man  mufi 
nur  wünschen,  daß  die  sehr  beherzigenswerten  Worte,  die  z.  B. 
Paulsen,  Rethwisch  und  Morsch  zur  Sache  gesagt  haben 
(vgl.  o.  S.  245),  noch  mehr  das  Ohr  derjenigen  finden  möchten, 
die  im  Zusammenhang  mit  den  —  berechtigten  —  Bestrebungen 
auf  äußere  Gleichstellung  des  Standes  mit  anderen,  bisher  über 
Geböhr  bevorzugten,  auch  bei  uns  den  „Beamten^'  in  den  Vorder- 
grund zu  stellen  geneigt  sind  und  von  dem  Gelehrten  und 
Forscher  (im  Gegensatz  zum  Lehrer  und  Erzieher)  nicht 
mehr  viel  erwarten,  wenn  sie  auch  nicht  wohl  unterlassen  können, 
ihm  einige  höfliche  Verbeugungen  zu  machen.  Die  tatsächliche 
Entwicklung  gibt  solchen  Erwägungen  indessen  nicht  einmal 
recht.  Es  waren  nicht  bloß,  sondern  sind  auch  heute  noch  unter 
uns  zahlreiche  bedeutende  Gelehrte  und  Forscher  —  die  aber 
zugleich  auch  ausgezeichnete  Lehrer  sind  —  zu  finden.  Das  kam 
und  kommt,  wie  z.  T.  schön  oben  gezeigt  werden  konnte  (S.  126 fS.), 
in  der  gelehrten  Programmliteratur«  in  der  starken 
Beteiligung  der  Lehrer  an  wissenschaftlichen  und 
besseren  Zeischriften  aus  dem  Schulgebiet  und  an 
gröfseren  gelehrten  Unternehmungen  usw.^),  auch  in  dem 
Umstände  zum  Ausdruck,  daß  seit  der  Zeit  des  Rektors  von 
Osterode  bis  zur  Gegenwart  fortgesetzt  Berufungen  von  Ober- 
lehrern an  Hochschulen')  erfolgen,  auch  von  solchen,  die  schon 


')  Es  kaon  hier  aomoglich  der  Ver«uch  gemacht  worden,  das  in 
•inzeloen  oachza weisen.  Man  braucht  indesseo  nur  irgend  eine  der  be- 
kannteren wissenschaftlichen  Zeitschriften,  eins  der  |pr80eren  Sammel- 
werke o.  s.  f.  anfznschiagen,  am  alsbald  auf  Mitglieder  des  Standes  u 
ato0eo.  Für  das  philolo; isch-historisohe  Gebiet  ist  es  z.  Z.  auBer- 
ordentlich  schwer,  sich  einen  schnellen  Oberblick  über  dieae  Dinge  zo  rer- 
schaffen,  da  es  an  zasammeofasseoden  biographisch-bibliographischen  Hilfs- 
mitteln geeigneter  Art  darchans  fehlt;  die  oben  S.  31  (A.  2,  Ende)  geaanaten 
reichen  aar  bis  in  den  Anfang  der  achtziger  Jahre.  Für  die  exaktes 
Wi ssenschaften  sind  wir  besser  versorgt.  Dem  Biograf hüeh-Uterürüchmt 
Handwörterbuch  zur  Getehichte  der  exakten  ff^üsentchaften  von  J.  C. 
Poggendorff,  fortgeführt  von  B.  W.  Feddersen  and  A.  J.  v.  Oettingen 
(4  Bde.,  bis  1904  reichend,  Leipzig  1863—1904,  A.  Barth)  haben  wir  aof 
dem  Gebiete  der  Geisteswissenschaften  kein  ähnliches  an  die  Seite  zusetzen; 
vgl.  o.  S.  32,  Aom.  2  (von  S.  31)  Schlofi. 

')  Außer  den  oben  (S.  126  Anm.  1)  genannten,  die  zagleieh  als  Ver* 
fasser  wertvoller  Programmarbeiten  zn  erwähnen  waren,  führe  ich  noch  an 
aus  den  Gebieten:  a)  Allg.  Sprachwissenschaft,  klass.  Philologie, 
Pädagogik:  H.  v.  Arnim,  G.  Delbrück,  A.  Dieterich,  A.  Gercke,  A.  Gold- 
bacher, G.  Kaibei,  B.  Keil,  E.  Martinak,  H.  Osthoff,  F.  Passow,  A.  PhiUppi, 
M.  Pohlenz,  W.  Rein,  F.  Schoemann,  S.  Sadhaos.  —  b)  Germanistik:  ft. 
Heinzel,  J.  Seemüller.  —  c)  FranzSsiach  u.  Englisch:  L.  Herrig,  A. 
Stimming,  W.  Victor.  —  d)  Geschichte:  Ad.  Beer,  H.  Breßlan,  A.  Dove. 
J.  G.  Droysen,  A.  Gindelv,  M.  Lehmann,  L.  v.  Bänke.  —  e)  Erdkunde: 
G.  Gerlaod,    H.  Gnthe,   F.  v.  Wieser.    —    f)  Philosophie:    Ose  Erdmaoo, 


von  R.  Ullrich.  '285 

]äQger6  Zeit  im  Schuldienst  tätig  waren  und  also  gezeigt  haben, 
daß  die  lebendige  Fühlung  mit  der  Wissenschaft  und  ihre  un- 
mittelbare Förderung  sich  mit  den  stetig  gewachsenen  An- 
forderungen an  die  Arbeitskraft  des  Berufes  noch  immer  verträgt. 
Dafi  sogar  nicht  einmal  alle  derartigen  Berufungen  angenommen 
werden^),  ist  kaum  ein  unerfreuliches  Zeichen.  Zahlreiche  Ober- 
lehrer versahen  oder  versehen  neben  ihrem  Berufsamte 
akademische  oder  andere  bevorzugte  Stellungen  (als 
Honorarprofessoren,  a.  o.  Professoren,  Privatdozenten,  Lektoren, 
Assistenten  u.  ä.)').  Auch  an  die  Tatsache  kann  erinnert  werden, 
daß  mehr  als  früher  Oberlehrer  in  den  wissenschaftlichen 
Prüfungskommissionen  für  das  höhere  Lehramt  tätig 
sind,  wenn  man  auch  bei  dem  unverkennbaren  Zusammenhang, 
in  dem  sie  mit  der  mehr  äußeren  Standesbewegung  steht,  und 
in  Erwägung  mancher  besonderer  mehr' zufalliger  Umstände,  die 
dabei  mitspielen*)»   kein   so    wesentliches  Gewicht   auf    sie  legen 

R.  Wähle.  —  g)  Theologie,  OrieuUlia:  F.Arnold,  W.  Beyschlag, 
Th.  Brieger,  W.  Fell  (kath.),  F.  H.  R.  Prank,  E.  Hanpt,  W.  Herrmaon,  G. 
Jahn,  O.  Kaweran,  A.  König  (kath.))  A.  Twesten.  —  h)  Rechtswissen- 
sehnft:  B.  Rabler.  —  i)  Aas  dem  Gebiete  der  exakten  WissseD* 
sehaften:  F.  Aagast,  J.  Blaaa,  F.  A.  Clebsch,  £.  Daboia-Reymoad,  W.  Eiseo- 
lohr,  W.  V.  Exaer,  G.  Frobeoiua,  G.  Galle,  H.  Graflmaao,  W.  Haokel,  £. 
Heia,  G.  Helm,  B.  Holzapfel,  E.  Jahoke,  F.  Joachimsthal,  W.  Killing,  L. 
KSsigsberger,  B.  KoBak,  E.  Lommel,  H.  G.  Magnus,  R.  Mehrake,  F.  Miodiog, 
R.  Netto,  C.  NeamaDD,  A.  Oberbeck,  S.  Ohm,  Th.  Poleck,  0.  Reichel,  H.  Rose, 
H.  A.  Schwarz,  A.  Slaby,  H«  Stahl,  J.  Steioer,  R.  Starm,  A.  WaDgerio,  J. 
Weingarten,  A.  Wülloer.  Das  ist  nur  eine  beschränkte  Aaswahl 
der  bekannteren  Namen. 

>)  Wie  z.B.  von  dem  Mathematiker  H.Schubert  (Hamburg),  dem 
Heraasgeber  der  „Sammlung'  Sehubert^*^  (Leipzig,  Goschen)  und  den  ebenso 
bekannten  Dioskaren  aof  physikalischem  Gebiete  J.  Elster  and  H.  G eitel 
(Wolfenbättel). 

*)  Hier  können  genannt  werden:  Auf  dem  Gebiete  der  Geistes- 
wissenschaften: K.  Baomann,  Pr.  Baomgarten,  E.  Böckel,  K.  Brauner,  L. 
Cootzeo,  E.  Dremp,  R.  Fredrich,  B.  Haasknecht,  E.  Herzog,  H.  Hilgeofeld, 
Vf,  Jerusalem,  H.  Jurenka,  R.  Rroo,  G.  Rrueger,  J.  Lambel,  F.  Lehner,  P. 
Lesaiak,  R.  Medem,  S.  Mekler,  G.  Rauschen,  P.  Reimann,  F.  Schmidt,  L. 
Schütte,  P.  Stentzler,  A.Viertel,  H.Weber,  A.  Zauner,  L*  Zürn.  —  Auf 
dem  Gebiete  der  exakten  Wissenschaften:  A.  v.  Bockelmaon,  A. 
Borgerstein,  L.  Bargeratein,  P.  Epstein,  R.  Fuchs,  G.  Gorich,  E.  Haeotzschel, 
B.  Hammerl,  Th.  Hanausek,  A.  Heimerl,  F.  Hemmelmayr  Edl.  v.  Augastenfeld, 
W.  Mertens,  J.  MüUner,  F.  Pfohl,  J.  Petzoldt,  H.  Schnitze,  M.  Schwarzmann, 
K.  Seith,  H.  Servus,  W.  Sigmund,  M.  Simon,  L.  SUtterlin,  M.  Switalski,  G. 
Wellenberg,  K.  Wild,  P.  Zilblke. 

>)  Wie  etwa  des  Umstandes,  daB  die  betr.  Lehrer  an  dem  Prufangsorte 
oder  in  seiner  Nähe  wohnen.  Es  ist  aber  keineswegs  immer  der  Fall,  dafi 
gerade  dort  diejenigen  za  finden  sind,  denen  nach  ihren  Wissenschaft» 
liehen  Leistoogen,  auch  produktiver  Art,  und  zwar  nicht  blofi  auf  einem 
kleinen  Spezialgebiete  —  und  die  müflteo  die  eondieio  sine  qua  nan  sein  — 
aolche  Berufungen  in  erster  Linie  zukämen.  Werden  z.  fi.,  wenn  solche  zu- 
fällig am  Orte  nicht  vorhanden  sind  oder  —  was  auch  vorkommt  -^  die 
Berafenen  das  Prufungsamt  ablehnen,  aus  Rücksicht  auf  die  Ehrung  des 
Standes  andere  gewählt,  die  zwar  wohlunterrichtet  und  tüchtige  Lehrer  der 
oberen  Rlassen,  aber    nicht   eigentlich   bedeutende  Forscher    sind,    so  liegt 


186  PrefranmwessD  und  Progranmbibliothek  d.  ]i5h.  Sehvlei, 

wird«  wie  auf  die  anderen  hier  herforgebobeneu  Momente.  Ist 
es  bei  solcher  Lage  der  Dinge  eine  zu  harte  „Zumutung'*,  ?on 
den  Kollegen  einer  h&heren  Schule  jährlich  oder  in  gröBeren 
Zwischenräumen  die  Abfassung  einer  Programmabhandlung  zu 
erwarten?  Von  einer  solchen  „Zumutung''  könnte  meines  Er- 
achtens  überhaupt  nur  dann  mit  Recht  gesprochen  werden,  wenn 
noch  in  neuerer  Zeit  der  Gesichtspunkt  des  specimen  eruditionis 
maßgebend  zu  sein  brauchte.  Dieser  ist  aber  weggefallen,  und 
ich  meine,  daß  auch  der  letzte  Rest  dafon  noch  verschwinden 
muß,  der  in  der  den  Lehrern  auferlegten  Verpflichtung  gefunden 
werden  kann,  die  Abhandlung  „der  Reihe  nach'*  zu  schreiben^). 
Gerade  dadurch  sind  ja  früher  zahlreiche  wissenschaftlich  wenig 
bedeutende,  wiewohl  für  die  Verfasser  selbst  gewiß  nicht  ganz 
unfruchtbare  Programme  hervorgerufen  worden.  Wenn  auch  nach 
dem  heutigen  Bildungsstande  der  Oberlehrer  solche  Elaborate  nur 
noch  in  Ausnahmefällen  zu  erwarten  wären  (schon  die  Ver- 
antwortlichkeit des  Direktors  könnte  übrigens  davor  schützen),  so 
sollte  auch  der  geringste  Schein  eines  Zwanges  vermieden  werden, 
nicht  weniger  auch  die  offenbare  Störung  der  Kollegialität,  die 
dann  liegt,  daß  der  eine  oder  andere  (es  braucht  nicht  einmal 
der  Schlechteste  zu  sein),  der  gerade  keine  Arbeit  zur  Verfügung 
hat,  sich  als  „übergangen''  anzusehen  hätte.  Es  soll  niemand 
mehr  zu  literarischer  Produktion  gewissermaßen  von  Amts  wegen 
„genötigt*'  werden.  Die  Programmabhandlung  erscheint  im 
Namen  der  Schule,  im  Interesse  der  Wissenschaft  oder  des  Unter- 
richts, zur  Herbeiführung  eines  immer  engeren  Zusammenhanges 
zwischen  den  einzelnen  Schulen  und  Schularten,  ihrer  Ziele  und 
Bestrebungen  auch  in  verschiedenen  Staaten,  zu  Nuu  und  Frommen 
des  Elternpublikums  und  zur  Aufklärung  über  schwebende  Fragen 
in  allen  den  Kreisen,  die  am  Leben  der  höheren  Schule  inter- 
essiert oder  dafür  erst  nodi  zu  gewinnen  sind.  Es  ist  in  der 
oft  viel  zu  einseitig  die  Wahrung  der  Würde  des  Standes  in  den 
Vordergrund  stellenden  Diskussion  der  letzten  beiden  Jahrzehnte 
nur  zu  sehr  übersehen  worden,  daß  diese  schon  vor  acht  Jahr- 
zehnten weitausschauend  aufgestellten  Gesichtspunkte  heute  durch- 
aus noch  zu  Recht  bestehen,  ja  in  noch  viel  höherem  Grade,  bei 
den  viel  komplizierteren  Schulverhältnissen,  bei  dem  trotz  aller 
Vereine,  Versammlungen  und  periodischen  Organe  immer  noch 
viel  zu  geringen  inneren  Zusammenhange  zwischen  den  Hunderten 
von  Schulen  und  ihren  Lehrern  und  bei  dem  oft  unheilvollen  Einfluß 


immer  di«  Gefahr  oahe,  daß  die  Kandidaten  Mch  Dtn^ea  gefraft  werde«, 
die  sie  nock  gar  niolit  za  winen  krencliea,  und  der  notwendise  Zoe  anmee- 
haog  mit  ihreu  wiseeaschaftliehen  Faehstodiee,  ihrer  Tätigkeit  in  Uaivereitiu- 
seminaren  a.  s.  f.  nicht  genügend  beraeksiehtigt  wird;  vgl.  zv  der  Präge 
auch  die  Bemerkangen  von  Paalsen  (a.  a.  0.  S.  15),  dar  die  wicktigeren 
Prüfnngen  in  der  Regel  wieder  Akademikern  in  die  HSnde  gegekeo  sa  sehen 
wünseht,  weil  „der  wissenschaftliche  Charakter  der  Priifnng  dies  fordert*'- 
1)  Vgl.  e.  S.  106,  ISr.  LXXXVUI  and  S.  169  Anm.  1. 


TOD  R.  UUrieb.  1S7 

eines  Teiles  der  Presse  und  dem  lauten  Gebaren  der  sogenannten 
zeitgemäßen  überpädagogischen  Reformliteratur  in  Broschörenform, 
deren  Urheber  dem  Publikum  immer  noch  (und  nur  zu  oft  mit 
Erfolg)  einreden,  es  wäre  eigentlich,  besonders  an  den  Gymnasien, 
noch  alles  so  wie  vor  30  oder  50  iabren,  und  jedenfalls  mit  daiu 
beitragen,  das  TJelfach  geschwundene  Vertrauen  des  Publikums  sur 
Wirksamkeit  der  höheren  Schalen  noch  weiter  zu  untergraben. 
Es  konnte  oben  gezeigt  werden,  daß  unter  solchen  Umständen 
gerade  heute  das  Programm  ein  wesentlicher,  in  vielen  Fällen 
fast  der  einzige  Faktor  ist,  belehrend,  aufklärend,  verständigend 
einzugreifen. 

ie  weiter  diese  Auflassung  auch  im  höheren  Lehrerstande 
selbst  an  Boden  gewinnt  —  und  das  oben  (besonders  S.  88 — 122) 
vorgelegte  Material  und  die  weiterhin  (S.  122  ü.^  145 ff.)  gegebenen 
Ausführungen  zeigen  doch  recht  erfreuliche  Portschritte  in  solcher 
Richtung  — ,  um  so  eher  ist  zu  erwarten,  daß  das  Gerede  von 
der  mangelnden  Existenzberechtigung  der  so  lange  bestehenden 
Einrichtung  allmählich  verstumme.  Die  Schulen  und  ihre  Lehrer 
werden  es  nach  dieser  Lage  der  Dinge  in  Zukunft  nicht  mehr 
als  eine  „Nötigung*'  oder  „Zumutung'*  zu  empfinden  brauchen, 
Programme  herauszugeben,  sondern  es  als  eine  Ehrenpflicht 
ansehen,  die  in  gleicher  Weise  im  Interesse  der  Schule,  des  Standes 
und  aller  beiden  nahestehenden  Kreise  liegt.  Wenn  die  meisten 
der  für  die  Bewilligung  der  Kosten  in  Betracht  kommenden  In- 
stanzen die  äußeren  Mittel  dazu  regelmäßig  bewilligen,  so  können 
die  Hitglieder  des  Standes  nur  freudig  die  Gelegenheit  ergreifen, 
Arbeiten  zu  veröffentlichen,  fdr  die  an  anderen  Orten  bei  so 
vielen  Gelegenheiten  weder  gleicher  Raum  noch  gleiche  Wirkung 
gegeben  isL  In  welcher  Weise  die  einzelnen  Schulen  die  „Reihen* 
folge**  der  Verfasser  regeln,  kann  ihnen  billig  selbst  dberlassen 
bleiben,  wenn  sie  sich  nur  Oberhaupt  mit  der  Sache  befassen. 
Die  Erfahrung  des  letzten  Jahrzehnts  hat  ja  gezeigt,  daß  es  damit 
keine  Not  hat.  Gezwungen  werde  niemand;  wer  sich  aber  be- 
rufen fühlt,  behalte  die  Ergebnisse  seiner  Studien,  wenn  sie 
gründliche  und  umfassende  sind,  nicht  für  sich,  teile  mit,  was  er 
an  methodischen  Erfahrungen,  die  über  das  Niveau  des  allen 
Schttlmeistem  gemeinsamen  Handapparats  hinausgehen,  in  lang- 
jähriger Arbeit  unter  verschiedenen  Verhältnissen  gesammelt  hat, 
halte  auch  nicht  zurück  mit  dem,  was  ihm  umfassende  Kenntnis 
und  reichliche,  auf  das  Studium  mannigfaltiger  Gebiete  sich 
gründende  eigene  Anschauung  an  fördernden  Gesichtspunkten 
etwa  für  die  künftige,  zweckmäßigere  Gestaltung  dieser  oder  jener 
Seite  der  Organisation  des  höheren  Schulwesens  ergeben  hat  Ich 
denke  hierbei  nicht  nur  an  diejenigen,  die  der  Eros  treibt,  die 
mitten  in  jeder  Arbeit,  die  sie  sich  stellen,  schon  wieder  die  Grund- 
linien neuer,  fruchtbringender  Aufgaben  selbständig  entdecken  und 
eher    des  Zügels  als  des  Sporns  bedürfen,    um  sich  nicht  aufzu- 


188  Programmwes«!!  QDd  Prograianibibliothek  d.  hb'h.  Scholeo, 

reiben  im  Dienste  der  Interessen,  zu  denen  eigner  freier  Wille  nnd 
die  immer  umfassender  werdende  Kenntnis  und  Erfahrung  sie 
geführt  haben;  natürlich  auch  nicht  an  die,  deren  es  in  jedem, 
wenn  auch  „akademisch"  gebildeten  Stande  gibt,  die  nach  ge- 
taner Examensarbeit  und  heute  so  leicht  erlangter  Anstellung 
das  gute  Ruhen  im  festen  Amte  als  Preis  der  Hüben  ansehen 
und  alle  Arbeit,  die  sich  nicht  zählen  und  wägen  läfit  und  außer- 
halb des  amtlich  festgelegten  Pflichtenkreises  liegt,  als  überflüssige, 
unberechtigte  „Zumutung"  betrachten  und  die  „Streber"'  sogar 
gern  scheel  ansehen,  die  darüber  hinaus  noch  das  Bedürfnis 
selbständigen ,  selbstgewählten  Schaffens  empfinden,  während 
es  doch  gerade  die  Hitglieder  der  Stände  in  gesicherter  Lebens- 
stellung als  eine  Ehrenpflicht  betrachten  sollten,  gegenüber  denen 
nicht  zurückzustehen,  die  sich  —  wie  etwa  im  ärztlichen  oder 
Anwaltstande  —  jeden  Fortschritt  auch  in  ihren  äußeren  Ver- 
hältnissen durch  fortgesetzte,  gesteigerte  Arbeitsleistung  in  prak- 
tischer und  wissenschaftlicher  Betätigung  erkämpfen  müssen. 

Desto  mehr  habe  ich  die  nicht  kleine  Zahl  derer  im  Sinne, 
die  wohl  kenntnisreich  und  arbeitsam  sind,  aber  durch  übertriebene 
Zurückhaltung,  Scheu  vor  der  Öffentlichkeit,  oft  auch  durch  man- 
gelnde Gelegenheit  zu  umfassenderer  Betätigung  auBerhaib  des 
Kreises  der  einen  Schule,  in  der  sie  Jahrzehnte  hindurch  allein 
heimisch  sind,  niemals  kommen.  Wer  kennt  sie  nicht,  diese  oft 
rührend  bescheidenen,  immer  hilfsbereiten  und  gefalligen  Männer, 
die  aus  der  Fülle  vielseitigen  Wissens  an  Alte  und  Junge  gern 
spenden,  ohne  doch  jemals  seit  ihrer  Examenszeit  oder  ihrer 
Promotion  auch  nur  eine  Zeile  veröffentlicht  zu  haben!  Hanch- 
mal  sind  es  nur  Naturen,  die  eine  durch  eminentes  Gedächtnis 
geförderte  Notizengelehrsamkeit  aufgespeichert  haben  (deren  Träger 
werden  dann  gern  hinter  ihrem  Rücken  als  „wandelnde  Konver- 
sationslexika'' bezeichnet),  oft  aber  auch  Hänner,  die  in  einer  oder 
gar  mehreren  Wissenschaften  und  über  die  in  ihnen  gemachten 
Fortschritte,  manchmal  auch,  wiewohl  seltener,  in  der  Geschichte  und 
Organisation  des  Schulwesens  des  In-  und  Auslandes  sich  wohl- 
unterrichtet zeigen,  denen  zu  umfassenderer  Betätigung  außerhalb 
eines  engeren  Kreises  nicht  die  eigne  Kenntnis,  auch  nicht  die 
Lust,  wohl  aber  der  Anstoß,  die  äußere  Gelegenheit  fehlte,  die 
sie  doch  nach  ihrer  ganzen  zarten,  empfindsamen  Natur  nicht 
suchen  mochten;  wenn  sie  es  aber  einmal  wirklich  versucht  hatten, 
so  standen  sie  bald  wieder  davon  ab,  besonders  wenn  sie  eine 
Abweisung  erfahren  hatten.  Waren  sie  doch  mit  den  Gepflogen- 
heiten der  Durchschnittsredakteure  von  Zeitungen  oder  Zeitschriften 
natürlich  wenig  vertraut,  die  (ähnlich  wie  auch  manche  Verwaltungs- 
instanzen) sich  nicht  für  yerpflichtet  hallen,  Bewegungen  und  Be- 
strebungen, die  sich  in  der  Literatur  oder  in  der  Organisatioo 
des  höheren  Schulwesens  ankündigen,  selbständig  zu  verfolgen 
und  nach  den  besten  Hitarbeitern  für  wissenschaftliche  und  prak- 


voD.R.  Ullrich.  1S9 

tische  Fragen  Umschau    2u    halteo,   sondern   die    Menschen    und 
Dinge  an  sich  herankommen  lassen  und  in  dem  Bestreben,   dem 
Leserpublikum    oder  auch   höheren  Autoritäten  nicht  zu  nahe  zu 
treten,  vor  selbständiger,  gründlicher  Arbeit  lieber  das  „Lesbare'^ 
- —  wie. man  sagt  —  bevorzugen,  das  dem  Durchschnittsleser  nicht 
zu    viel  Arbeit   zumutet.    Hier   stellt   sich   nun    das    regelmäßig 
wiederkehrende   Programm  auch   für    den   an    sich   nicht   zur 
Schriftstellerei  neigenden,   aber  sonst  kenntnisreichen  Lehrer  als 
denkbar  beste  Gelegenheit  ein,   ohne  Beengungen  der  vorher  ge* 
nannten  Art   einmal   in  seinen  Liebiingsstudien,   mögen  sie  nun 
einem  fachwissenschaftlichen  Problem  gewidmet  sein  oder  mit  der 
Arbeit  der  Schule  unmittelbarer  zusammenhängen,  einen  gewissen 
Abschluß   zu   suchen,    die  Gedankengänge   schriftlich   zu  fixieren 
und  die  Arbeit,  falls  sie  hinreichend  ausgereift  ist  und  zu  neuen 
Ergebnissen  führt,  auch  drucken  zulassen;  um  den  Ballast  wert-^ 
loser  Programme  zu  vermehren  —  werden  die  Gegner  des  Pro* 
grammwesens    sagen!      Doch    diese    angebliche    „Wertlosigkeit'^ 
konnte  ja  oben  auf  ihr  richtiges  Maß  zurückgeführt  werden.    Daß 
ein    tüchtiger   Lehrer   der   genannten   Art,   dem    die    produktive 
Tätigkeit    zunächst    fern    lag,    allzuoft    in    die  Lage  kommen 
wird»  sie  im  Programme   zu  üben,   ist  ja  übrigens  kaum  zu  be- 
furchten.   Ein-,  auch  zweimal  während  seiner  ganzen  LehrerlaufT 
bahn,    häufiger  wird  es  schwerlich  sein;    denn  es  liegt  weder  im 
Interesse  der  Schule    noch   der  wissenschaftlichen  Weiterbildung 
der  Lehrer,  daß  die  Abfassung  allzuhäufig  in  derselben  Hand  liege 
und  der  Direktor  oder  ein  älterer  Professor  —  wie  es  besonders 
früher  häufiger  geschehen  ist,  vgl.  o,  S.  129  —    das  Programm 
gewissermaßen  pachte.     So  ausgezeichnete  Leistungen  auch  gerade 
durch    diesen  Brauch    —    der   in   diesem  Zusammenhange  doch 
eher   ein  Mißbrauch   zu  nennen   ist   —   heryorgebracht    worden 
sind,   es  ist    doch  wünschenswert,   daß    tunlichst  alle  Mitglieder 
des    Kollegiums   zu    Worte    kommen.    An   geeigneten    tüchtigen 
Kräften    fehlt    es    ja    wohl    nicht,    wenigstens    in    der    älteren 
und    mittleren  Lehrergeneration  ^).     Denn   daß   auch   diejenigen, 


^)  Wie  sich  die  jäagste,  onter  dem  Einfloß  der  letztea  Pröfoogsordouuj; 
iD  Prenfseo  (vom  12.  September  189S)  ios  Amt  and  sehr  leicht  ins  feste. 
Amt  gelaog^e  Lebrergeoeration  des  neaea  Jahrhnoderts  za  dieseo  Fragen 
stelleo  wird,  muß  abgewartet  werdea.  Manche  scharfen  Beobachter  (mit 
mehreren  habe  ich  auch  über  diese  Frage  mich  zu  verständigen  gesacbt) 
glauben  bemerkt  zu  haben,  daß  hier  ein  unerfreulicher  Umschwung  sich  vor- 
zubereiten scheine.  Wenn  es  richtig  ist,  was  im  allgemeinen  ja  durch  die 
Erfahrung  aller  Realpolitiker  bestätigt  wird,  daß  geringere  Anforderuogea 
auch  ein  Sinken  der  Leistungen  im  Gefolge  zu  haben  pflegen,  möchte  man 
vielleicht  wiinscheo,  daß  die  erwähnte  Prüfungsordnung,  die  in  nicht  zu 
verkennender,  wohlgemeinter  Rücksicht  anf  die  Standesinteressen  ein  ein* 
heitliches  Mindestmafs  der  Anforderungen  festsetzte  (ein  Fach  für  alle 
Klassen,  zwei  für  mittlere),  in  ruhigeren  Zeiten  eine  Ergänzung  mindestens 
insoweit  erfahre,  daß  zwei  Fächer  für  alle  Klassen  und  wenigstens 
eins    für   die    mittleren    die   condicio   sirie  qua  non  des  Bestehens    der 


JffQ  ProgrtLmmw989ü  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Scholoa, 

die  sich   im  allgemeinen   nicht  zur  Produktion    berufen  glauben, 
wenigstens  ein-  oder  zweimal   —   falls  sie  es  an  anderen  Orten 
nicht  ton  —  im  Programm  Gelegenheit  finden,  eine  Probe  ihrer 
Leistungsfähigkeit  zu  geben,  ist  gerade  auch  um  ihrer  selbst  willen 
wertvoll.    Man    beachte    folgendes.     Für  Hunderte   von  Lehrern, 
die  sich    bisher  weder  im  Programm    noch   sonst  literarisch  be* 
tätigt  haben,    sind    die  Examensarbeiten    die   letzten  zusammen- 
hängenden größeren  Arbeiten  überhaupt  gewesen^);  arbeiten  später 
z.  B.  die  Lehrer  des  Deutschen,  der  Geschichte,  der  Religion  die 
Vorträge,   die   sie  den  Schülern  halten,    aus,   in  formvollendeter, 
bis  ins  kleinste  wohldurchdachter,  fein  abgewogener  Darstellung? 
Gewiß  tun  es  manche,  aber  schwerlich  alle;   nicht  wenige  lassen 
es    wohl   bei    einer   wohlerwogenen    Disposition    bewenden    und 
zeichnen    vielleicht   nur  hier  und   da  den  Gedankengang  genauer 
auf.     Und  diejenigen,  die  lateinische  und  griechisclie  Scbriflsteller 
im  Unterricht  erklären,  haben  ja  an  sich  überhaupt  noch  weniger 
t^elegenheit,    die    doch   gerade   für  jeden  Lehrer   so  notwendige 
schrifüiche,  bis  ins  kleinste  ausgeführte  Darstellung  zu  oben,  die 
nicht  bloß  dem  Inhalt,  sondern  auch  der  Form  voll  gerecht  wird. 
Wer  sich  auf  die  rezeptive  Seile  beschränkt,  dem  wird  doch  ein 
wesentliches  Stück  an  seiner  strengen  methodischen  Weiterbildang 
fehlen,    er  mag    noch   so  fleißig    die  Werke   anderer    für  seinen 
Unterricht   lesen    und   exzerpieren;    und   das   wird    in   manchen 
Fällen   gewiß   auch   auf   seine    mündliche   Darstellung    vor   den 
Schülern    oberer  Klassen    nicht   gerade   günstigen  Einfluß  üben. 
Selbst  wer  sich  häufiger  schriftstelleriscb  betätigt  und  eine  gewisse 
Gewandtheit  erlangt  hat,    das  gesammelte   und  kritisch  gesichtet« 
Material    zu    zusammenhängender    Darstellung    zu    verarbeiten, 
empfindet   wohl   immer   wieder   eine   gewisse  Schwere   in  seiner 
Feder,   wenn    er   einmal   längere   Zeit   pausiert   hat      Und   daß 
Arbeiten,    die   veröffeoüicht   werden,    der  Kritik    (die  sachliche, 
wirklich  fördernde  meine  ich,    vgl.  o.  S.  278  Anm.)   unterliegen, 
ist  doch    wohl  auch  ein    nicht   gering  einzuschätzendes  Moment, 
weil  es  den  Verfasser  zu  strengerer  Selbstkritik  veranlaßt,  als 

PräfoDg  wäre.  Zu  dieser  Leistaos  mnfs  oaeh  vierjährigem  Staditm 
jeder  gelaogei  kSooen,  oder  er  geb5rt  io  den  Orgaoismas  eiaer  hSfaerea 
Schale  and  in  den  höhereo  Lehrersttod  oieht  hineiD.  Daß  schoa  heate 
maache  Kaadidaien  sieh  mit  jenem  Miadeatmafi  begaüiceo  nod  a«f  Graad 
deaaeo  uomittelhar  nach  dem  Prob^ahr  feat  aoseatellt  werdeo,  iat  im  later- 
ease  der  Schale  aad  aoch  der  weiteren  Entwicklang  des  Standes  aieht 
gerade  erfreulich.  Sollte  die  Zahl  solcher  Oberlehrer  sich  stark  vermehrea. 
so  würden  gar  bald  manche  Direktoren  in  Verlegenheit  kommen,  die  eiazelaea 
Unterriehtafächer,  beaoadera  in  den  oberen  Krassen,  erdnangsmiifiig  sn  be- 
setzen. Man  darf  aber  hoffen,  dafi  die  oaeh  dem  jetzigen,  immer  aoeh  aicbt 
ganz  beseitigten  Lehrermangel  wohl  wieder  eintretenden  normaleren  Ver- 
hältnisse die  wichtige  Angelegenheit  von  seihst  regeln  werden. 

^)  Daaa  kamen  etwa  noch  die  Arbeiten,  die  in  Preofsen  gegen  Ende 
des  Seminarjahres  and  am  Schlafi  dea  Probejahrea  von  den  Kandidatea 
angefertigt  werden. 


von  ft.  Ullrich.  191 

sie  bei  der  bloß  rezeptiven  Art  der  Arbeit  geöbt  wird.     Von  der 
ikritiic    der  wissenschaftiicben  Leistuugeo    des  Lehrers    durch  die 
Sdiuler,    etwa  im  Unterricht    der  oberen  Klassen,    sehe  ich  hier 
ab.     Die  Schulbehörden,    denen    ein  Teil    der   moralischen    Ver- 
antwortung zttfilit  auch  bei  der  Frage,    durch  welche  Mittel  eine 
möglichst   gediegene    Weiterbildung   des    höheren    Lehrerstandes 
und  damit  die  Förderung  der  Zwecke  der  höheren  Schulen  selbst 
zu  erreichen  sei,  haben,  meine  ich,   den  Mitgliedern  des  Standes 
einen  wertvollen  Dienst  dadurch  erwiesen,    daß  sie  ihnen  in  der 
Programmeinrichtung    fortgesetzt  Gelegenheit  gaben,   sich  von 
Amts  wegen  an  der  Lösung  wissenschaftlicher  und  praktischer  Auf- 
gaben zu  beteiligen.     Es  ist  auch  von  Wert,    daß  das  Programm 
ein  Mittel  mehr  ist,   die  Kollegen    derselben  Anstalt  wie 
anderer  Schulen  einander  näher  zu  bringen.  Den  Unter- 
richt unserer  Kollegen,  was  doch  so  wichtig  wäre,  lernen  wir  ja 
aus   eigener  Anschauung    kaum    kennen;   den   sieht   selten    der 
Direktor,  noch  seltener  der  Schulrat.     Was  unsere  Standesgenossen 
in  Zeitschriften    der    verschiedensten  Art   von    wissenschaftlichen 
Leistungen,    praktischen   Erfahrungen  und  organisatorischen  Vor- 
schlägen   mitteilen,    kann   nur   immer   einem    kleinen  Teile  der 
anderen  wirklich  bekannt  werden.     Gerade  darum  scheint  mir  das 
Programm   als   eine  Art  Sammelpunkt   zwar  mannigfaltiger, 
aber   doch   durch   wissenschaftliche   und   praktische  Arbeit^)  der 
Mitglieder  ein  und  desselben  großen  Standes  zusammengehaltener 
Interessen  so  wichtig   —   immer    vorausgesetzt,    daß    die  äußere 
Organisation,    besonders    soweit    die    Programmbibliotheken    der 
einzelnen  Schulen    in  Betracht   kommen,    so   beschaffen  ist,    wie 
es    zur  Erreichung   des    idealen  Zweckes    notwendig   ist.     Daran 
fehlt  freilich  noch  manches  (vgl.  Teil  HI).     Und  je  mehr  weiter- 
hin die  Mitglieder   des  Standes   aus   gelehrter  Isolierung  heraus- 
treten,  die  sozialen  Probleme    der  Zeit  zu   erfassen  suchen  und 
die  notwendige  Verständigung  mit  dem  Publikum  als  einen 
wesentlichen    Teil    ihrer   Aufgaben   ansehen,   die   nicht    auf  die 
Schulstunden  und  überhaupt  den  engeren,    fester  umschriebenen 
Kreis   dienstlicher  Pflichten   sich    zu  beschränken  hätten,    um  so 
leichter  werden  sie  im  Programm  einen  vortrefflichen  Mithelfer 
erblicken.     Welches  Verdienst    sich    Direktoren,    die   selbst  trotz 
der    Akten    und    der    Kanzleiarbeit    die     Fühlung    mit    der 
Wissenschaft  nicht  verloren  haben')   und  sich    gegen  neue, 

^)  Da0  die  ADSchaauag,  es  lägea  in  den  ProgrammeD  so  za  sagen  nur 
Abfälle  vor,  dasjenige  „was  sonst  nicht  anterkommt",  ganz  irrig  ist, 
konnte  oben  gezeigt  werden  (S.  i42ff.)< 

')  Es  wäre  dtrom  sehr  wünschenswert,  wenn  anf  diesen  Pnnkt  künftig 
bei  der  Berafong  ond  BestÜtigiing  der  Direktoren  wieder  etwas  mehr  tie- 
wieht  gelegt  würde.  Sehr  treffend  bemerkte  einmal  Penisen  (a.  a.  0.  S.  13): 
„ .  . .  tüchtige  wissenschaftliche  Leistoogeo  sind  ein  Moment  von  nicht  zv 
antersehützender  Wichtigkeit:  vor  allem,  sie  geben  im  Kollegium 
gleich  ein  personliches  Gewicht,   wie  es  nieht  so  leicht  durch 


192  Programmwesoa  und  Prof^rammbiililiothek  d.  höh.  Schaleo, 

nach    Geltung    strebende    organisatorische,    auf    immer    voll- 
kommenere Ausgestaltung   des    höheren    Schulwesens 
abzielende  Erwägungen  nicht  engherzig  verschließen»  um  ihre 
Kollegen,  besonders  die  jüngeren^),   auch    nach  deren  Seminar* 
und  Probejahr  noch  dadurch  erwerben  können,  daS  sie  diese  zur 
Lösung  von  Aufgaben,  die  für  das  Programm  geeignet  sind,  an- 
regen,   möchte  ich  noch   besonders   bemerken.    Es  gibt  so  viele 
tüchtige  Kräfte,  die  im  Interesse  des  Ganzen  etwas  leisten  könnten, 
aber   brachliegen   bleiben,    weil  sie   sich  selber   nicht  immer  die 
richtigen  Aufgaben  zu  stellen  vermögen,   während  sie  durch  den 
rechten  Anstoß    von  selten  derjenigen,    die  sie  an  den  richtigen 
Platz  zu  'Stellen  wissen,  zur  Entwicklung,  zur  Entfaltung  und  da- 
mit allmählich  auch  zu  größerer  Selbständigkeit  gebracht  werden 
können.     Sehr  richtig  ist  schon  früher  bemerkt  worden,  daß  durch 
die  Gelegenheit  des  Programms    mancher   sich  so  zu  sagen 
„selbst  entdeckt"    habe,    dessen  Fähigkeiten   sonst   schwerlich  je 
zur  Geltung  gekommen  wären.     Voraussetzung  solcher  werbenden 
Tätigkeit,    die  auch    den    wissenschaftlichen  Zusammenhang   von 
Vorgesetzten   und  Untergebenen   nur   günstig  beeinflussen    kann, 
ist   freilich    eine   größere   Stetigkeit   in   demselben   Amte. 
Die   vielen  Neugründungen    von  Anstalten   besonders   im  letzten 
Jahrzehnt   haben  naturgemäß   in  dieser  Beziehung   viel  Wechsel 
gebracht,   der  ja  auch  sein   Gutes  hat.   Es  ist  anzunehmen,   daß 
darin  allmählich    wieder   eine   gewisse  Ruhe  eintreten    wird,   die 
von    dem    anderen  Extrem    des  Stillstandes   recht    weit  entfernt 
sein  kann,  aber  für  das  innere  Gedeihen  der  Anstalten  und  auch 
das  Verhältnis  der  Lehrer  untereinander  recht  nötig  ist. 

Es  wird  sich  also  doch  wohl  nicht  leugnen  lassen,  daß  die 
produktive  Tätigkeit  des  Lehrers,  sei  sie  auch  nur  be- 
scheidensten Umfanges  und  käme  sie  nur  gelegentlich  in 
einigen  Programmen  zum  Ausdruck,  wenn  nicht  notwendig,  so 
doch  in  hohem  Grade  für  ihn  selbst  nützlich  wie  für 
den  Stand  und  seine  wissenschaftlichen  und  sozialen 
Aufgaben  aufserordentlich  fruchtbringend  ist. 

Aber  ist  sie,  was  insbesondere  die  Programmarbeiten 
angeht,  auch  möglich?  Oder  sind  gewichtige  oder  gar  zwin- 
gende Umstände  vorhanden,  die  ihre  Fortsetzung  widerraten,  wie 
etwa  Mangel  an  wissenschaftlichen  Hilfsmitteln,  geeigneten  Stoffen, 
vielleicht  sogar  die  Rücksicht  auf  die  Tätigkeit  des  Lehrers  im 
Unterricht   (für  die  ich  doch    die  produktive  Tätigkeit  gerade  als 


andere  Verdieoste  erworben  wird^^  Die  Methode  der  Stellenaiu- 
Schreibung  erzeugt  manche  bedenkliche  Miflstände,  die  ich  hier  nioht  näher 
za  charakterisieren  braache,  die  aber  in  ihren  anerfrenlichen  Erscheinnageo 
allem  andern  eher  dienen  als  der  Pörderong  persönlicher  Tüehtigkeit  oder 
des  Standes  im  ganzen. 

')  Dafi  diese  solche  Anregungen  als  „Bevonnandnng'^  aalTaaaen  konnten, 
besorge  ich  im  allgemeinen  nicht. 


voQ  R.  Ullrich.  103 

förderlich  glaubte  nachweisen  zu  können),  auf  seine  Gesundheit, 
sein  Geld? 

Zunächst  die  Wahl  geeigneter  Stoffe.  Nach  den  Proben, 
die  oben  (S.  dff.,  145fS.)  gegeben  sind,  brauche  ich  darüber  nicht  viel 
Worte  zu  machen.  Sie  sind  auch  in  unserer  Zeit  literarischer 
Oberproduktion  für  den  Schulmann  in  solcher  Fülle  da,  daß  man 
es  wirklich  kaum  versteht,  dafi  dieser  Gesichtspunkt  auch  nur 
geltend  gemacht  werden  konnte.  Man  braucht  in  der  Tat  auf 
Dutzenden  von  Gebieten,  wissenschaftlichen  und  schultechnisch- 
praktischen,  nur  zuzugreifen.  Freilich  fallen  auch  hier  die  Früchte 
nicht  in  den  Schoß.  Wer  schon  bald  nach  der  ersten  Anstellung 
es  nicht  mehr  versteht,  einen  gewissen  Zusammenhang  mit  den 
Universitätsstudien  im  ganzen  zu  wahren  und  womöglich  wenigstens 
auf  einem  Gebiete  dauernd  heimisch  zu  bleiben,  es  auch  ver- 
absäumty  beizeiten  in  Verbindung  mit  seiner  Tätigkeit  als 
Lehrer  und  Erzieher  der  einen  oder  anderen  Seite  eines  so 
reichen  Organismus  etwas  selbständiger  nachzudenken,  ist  in  übler 
Lage,  wenn  der  Direktor  ein  halbes  Jahr  vor  dem  Erscheinen  des 
nächsten  Programms  in  der  Konferenz  anfragt  (übrigens  ein 
höchst  nndiplomatisches  Verfahren),  wer  von  den  Kollegen  es 
schreiben  wolle ^);  in  noch  üblerer  freilich  die  Schule,  die  ihn 
zu  ihren  Mitgliedern  zählt.  Gewiß  kann  man  nicht  von  allen, 
nicht  einmal  von  der  Mehrzahl  erwarten,  daß  sie  zu  jeder  Zeit 
bereit  oder  auch  —  bei  mancherlei  äußeren  Hinderungen  — 
überhaupt  in  der  Lage  wären,  eine  Abhandlung  so  zu  sagen  aus  dem 
Ärmel  zu  schütteln.  Aber  es  muß  doch  ein  geistiger  Fonds 
vorhanden  sein,  aus  dem  man  nehmen  und  in  einigen  Monaten  ge- 
stalten kann,  sobald  eben  die  günstige  äußere  Gelegenheit  da  ist. 

Was  weiter  die  äufseren  flilfsmittel  betrifft,  d.h.  in 
diesem  Falle  zunächst  die  Lehrerbibliotheken  (auch  die 
Programmbibliotheken)  der  einzelnen  Schulen,  so  darf  gern 
zugegeben  werden,  daß  hier  besonders  an  manchen  kleineren 
Orten,  die  von  bedeutenderen  wissenschaftlichen  Bibliotheken 
entfernter  sind,  noch  gebessert  werden  kann  —  wiewohl  schon 
oben  bemerkt  worden  ist,  daß  es  sich  in  gar  vielen  Fällen  nicht  so 
sehr  um  Vermehrung  der  Mittel  handelt  als  darum,  die  vorhandenen 
besser  zu  verwenden.  Außerdem  ist  aber  gerade  in  den  letzten 
Jahrzehnten  für  die  Förderung  der  Lehrerbibliotheken  und  ihrer 
Benutzer  auf  dem  Wege  des  Leihverjcehrs  mit  den  grofsen 
wissenschaftlichen  Bibliotheken  fast  in  allen  Staaten  so 
viel  geschehen'),  daß  ein  wesentlicher  Teil  der  Einwendungen, 
die  in  den  sechziger  oder  siebziger  Jahren  gegen  das  Programm- 


^)  Eioe  derartige  (weoif^  erfreuliehe)  Szene  schildert  z.  B.  P.  KoÜtel, 
f^on  der  wittentchqftUchen  Tätigkeit  der  höheren  Lehrer,  Päd,  Jrch.  XLV 
(1895)  S.  174,  eio  Aufsatz,  der  io  bezog  auf  das  Pro^rammweaen  die  Irraogen 
der  Zelt  getreolieh  teilt. 

*)  Für  Preafseo  z.  B.  vgl.  o.  S.  148  Anm.  1. 
Zf&tMlmft  £  d.  GyrnnMiBlifMeii.    LXL    SupplemeutsheO.  ij 


i^4  ProgranmweseB  aocl  Prograinnibibliotk«k  d.  h6h.  Sckalea, 

schreiben    wegen    des   Fehlens   ausreichender   literarischer  Hilfs- 
mittel mit  einem  gewissen  Recht  gemacht  werden  konnten,  heute 
von  selbst  wegfallt.     Naturlich  ist  auch  der  Leihverkehr  noch  des 
Ausbaus  flhig,  und  selbst  dann  wird  er  niemals  alle  die  Vor* 
teile  bieten    können,    die   der   am  Orte    einer  großen  Bibliothek 
selbst  Lebende   von   deren    Benutxung   hat.     Aber   zu    tn^denken 
bleibt,  daß  ja  auch  nicht  alle  Programmarbeilen  in  bibliographischer 
Beziehung   so  große  Aiiforderungt^n  sli'Uen,    daß  man  nicht  auch 
mit    der  Lehrerbibiiothek    seiner  Scliule    auskommen   könnte  — 
unierstötzt    von    der    eigenen    Privatbibliot|hek.      Von    der 
letzteren  ist  in  der  ganzen  Diskussion    über  das  Programmwesen 
kaum  die  Rede  gewesen.     Ist  die  Lust,    solche  Sammlungen  an- 
zulegen  und  mit  Liebe  auszubauen,  dem  heutigen  Lehrergeschlechte 
abhanden  gekommen?     im  ganzen  doch  wohl  nicht  (ich  halte  im 
Geiste  unter  den  Böcherschätzen  meiner  Bekannten  der  Großstadt 
Umschau),  wenngleich  nicht  zu  verkennen  ist,   daß  der  gewaltige 
Aufschwung    des   wissenschaftlichen    und    Volksbibliotbekswesens 
seit  20  Jahren^),  die  fortwahrend  gewachsenen  Vermehrungsetats 
und    die    stetig   gunstiger   gewordenen    Ausleihebedingungen    das 
Publikum,  auch  das  gelehrte,   immer  mehr  sich  daran  gew^oen 
lassen,   von   den    großen  Sammlungen   so  gut  wie  alles  za  ver- 
langen und  den  eigenen  Bücherbesilz  tunlichst  einzuschränken,  ohoe 
doch  gerade  deshalb  die  ersparten  Gelder  immer  anderen  geistigen 
Werten  zuzuführen.     Mir  scheint  aber  doch  auch  heute  noch  der 
Besitz  einer  wenn  auch  kleinen,  aber  auf  individuelle  Bedürfnisse 
berechneten  Privatbibliothek  gerade  für  jedes  Mitglied  des  höheren 
Lehrerstandes,    der    neben    dem    ärztlichen   Stande    vielleicht  am 
meisten  durch  seineu  Beruf   darauf  hingewiesen   ist,    dem  Fort- 
schritt zu  folgen,  eine  Notwendigkeit.     Üieser  Besitz,  der  wirklich 
jeder  Zeit  nutzbar  ist,  sichert,  und  sei  das  Gebiet  noch  so  eng, 
Vorteile,    die    die    größten  Sammlungen   und  der  ausgedehnteste 
Leihverkehr   niemals   gewähren    können,    und    besonders    die  in 
kleinen  Städten  ohne  große  Bibliotheken  lebenden  Amtsgenossen 
werden  auch  in  Zukunft  seiner  nicht  entraten  können,    als  eines 
sicheren  Gegengewichtes    gegen  mancherlei  Öde,    die  das  geistige 
Niveau  hier  herabzudrucken  droht').     Äußerlich  ist  ja  wohl  heute 
jeder  von  uns  in  der  Lage,  einen  angemessenen  Posten  dafür  in 
seinen  Etat  einzustellen,  mehr  jedenfalls  als  die  Kollegen  vor  30 
oder  50  Jahren,    die    es    trotz    äußerster   Enge   der   finanziellen 
Verhältnisse  zu  tun  meist  für  ihre  Pflicht  hielten.     Und  wenn  ich 
z.  B.  vorschlage,    mau  möchte  in  den  kleinen  Städten  einen  Teil 
der   scheinbar   kleinen,    aber    bei  längerer  Gewöhnung  recht  er- 


^]  Vgl.  Benutzung  u.  Einrichiung  usw,  (s.  o.  S.  85  Anm.  1)  S.  Iff. 
(—  Z,  /.  d.  Gymn,'IF.  LVIII  (1904)  S.  673  ff.). 

*)  Bio  «ach  wissenschaftlich  sehr  tätiger  Direktor  eioer  kJeineren 
ProvioKialstadt  schrieb  mir  kürzlich:  „Sie  haben  keine  Vorsteltnng,  wieviel 
Zeit  hier   mit   dem  Früh-,    Dümmer-  und  Ab^ndscüioppen    vertrödelt  wird*'. 


von  R.  Ullrich.  iSQ 

heblichen  Opfer,  die  dem  Stammtisch  zageföhrt  werden,  der  Aus- 
stattnng  der  Pn?atbibliothek  zuwenden,  besonders  mit  größeren 
Werken  aus  den  Fachwissenschaften  und  dem  Gebiete  des  Schul- 
wesens (die  eine  oder  andere  Zeitschrift  nicht  zu  vergessen),  so 
hoffe  ich  nicht  für  einen  Pedanten  gehalten  zu  werden,  der  be- 
rechtigter Lebensfreude  abhold  ist  oder  den  Wert  persönlicher, 
auch  außeramtlicher  Aussprache  mit  Facbgenossen  und  anderen 
Lebenskreisen  verkennt,  sondern  ich  möchte  nur  die  Bedeutung 
recht  eindringlich  hervorheben,  die  der  eigene  Besitz,  das  dauernde 
enge  Verhältnis,  das  man  nur  zu  ihm  im  Laufe  der  Jahre  ge- 
winnt, gerade  für  die  wissenschaftliche  Fortbildung  des  Lehrers,- 
den  organischen  Zusammenhang  seiner  Studien  und  die  Leichtig- 
keit auch  selbständiger,  produktiver  Tätigkeit  hat  Hätte  man 
dies  wichtige  Moment  nicht  völlig  außer  Acht  gelassen,  so  wäre 
man  schwerlich,  wie  doch  wiederholt  geschehen  ist,  zu  der 
wunderlichen  Forderung  gekommen,  die  Behörde,  die  Programme 
aoitlich  fordere  oder  erwarte,  solle  dem  Verfasser  auch  die  Kosten 
der  zu  diesem  Zwecke  angeschafften  Werke  ersetzen!^)  Konse- 
quenterweise müßte  man  dann  auch  verlangen,  daß  die  Aufwen- 
dungen för  die  Werke,  die  etwa  bei  der  Vorbereitung  der  Themen 
der  Direktorenkonferenzen  von  den  einzelnen  Lehrern  gebraucht 
werden,  ja  schließlich  för  alle  Werke,  deren  sie  bei  der  Vor- 
bereitung auf  den  Unterricht  (z.  B.  in  den  oberen  Klassen)  be- 
nötigen und  die  ihnen  die  Anstaitsbibliothek  oder  eine  größere 
Sammlungnicht  liefert(und  dauernd  ja  doch  überhaupt  nicht  liefern 
kann),  ersetzt  würden.    Da  wäre  ein    Ende  nicht  abzusehen. 

Aber  ist  nicht  der  Beruf  des  Schulmannes  heute  so 
aufreibend,  daß  man  produktive  wissenschaftliche  Leistungen 
von  ihm  kaum  noch  hoffen,  geschweige  denn  von  Amts  wegen  er- 
warten oder  gar  fordern  kann?  Was  über  diesen  Punkt  in  der 
Diskussion  gesagt  worden  ist,  und  besonders  wie  es  gesagt  worden 
ist,  muß  allerdings  den  Eindruck  erwecken,  daß  wir  heute  ein 
überbürdetes,  vom  Racker  Fiskus  bis  zur  letzten  Neige  der  Kraft 
ausgesogenes  Lehrergeschlecht  sind,  das  demnächst  zusammen- 
brechen muß,  dessen  Ende  sämtliche  Kultus-  und  Finanzminister 
dann  schwer  auf  dem  Gewissen  hätten.  Steht  es  so?  Jeder- 
mann weiß,  daß  die  Anforderungen  an  die  Berufstätigkeit  des 
einzelnen  gewachsen  sind;  wir  leisten  —  um  uns  einmal  selbst 
zo  loben  —  im  ganzen  zweifellos  mehr  als  die  Kollegen  vor 
30  oder  50  Jahren  —  wie  das  eben  in  allen  Berufen  so  ist 
und  so  sein  muß.  Die  Klassen  sind  größer,  die  Anforderungen 
an  die  methodische  Ausbildung,  auch  in  den  sog.  Nebenfächern, 
umfassender,  die  Schulwege   —   ein  recht  wesentlicher  Gesichts- 


1)  So  wirklich  za  lesen  im  Päd,  ß^ochenbl  VII  (1897/8)  S.  1S2,  wo 
eiik  KoUege  seioeo  Aafwaod  für  das  Programm  auf  100  JC.,  ein  anderer 
auf  über  150  w^.  berechnet!  (s.  o.  S.  126  Nr.  117). 

13* 


i^ß  Prof  rammweseD  ond  Prof  ramabibliothek  d.  hSh.  Schalaa, 

puDkl  in  den  großen  Städten  —  immer  weiter,  zeit-  und  kraft- 
raubender   geworden.     Und    daß    in    Deutschland    eine    gewisse 
Herabsetzung   der  Stundenzahl,    etwa   von  24  (22)  und  22  (20) 
auf  20/18,  angestrebt  wird  —  wenn  man  auch  zu  den  niedrigen 
Zahlen  Österreichs^)    wohl   nicht   gut  kommen  kann    —    scheint 
durchaus  berechtigt.     Wer  aber  nur  einen  Blick  in  die  Literatur 
des  Tages  tut  und  dabei  sieht,    was  trotz  alledem  die  Mitglieder 
unseres  Standes,  und  zwar  nicht  bloß  Oberlehrer,  sondern  gerade 
auch   die    doch    weit   stärker  amtlich    in  Anspruch  genommenen 
Direktoren,    an  fachwissenschafllichen   Werken    und  Arbeiten  aus 
dem  Gebiete   des  Schulwesens   seihst    herausgeben,   in    welchem 
Umfange  sie  sich  an  Vorträgen  in  wissenschaftlichen  und  Standes- 
vereinen  beteiligen,  Beiträge  zu  Sammelwerken,  Zeitschriften  und 
Programmen   liefern,   der   wird    denen    wohl   schwerlich    folgen, 
die  dem  Leser    vorrechnen    —    zahlenmäßig  sogar^  —  mit  wie 
vielen  Stunden  der  Lehrer  täglich  durch  Korrekturen,    Vorberei- 
tungen auf  die  Unterrichtsstunden,   Konferenzen,  Prüfungen  usw. 
belastet  sei,  derartig,  daß  er  Nächte  hindurch  arbeiten,  „Raubbau 
an  seinem  Körper  treiben''')  mösse,  wenn  er  dazu  noch  —  ein 
Programm   schreiben    solle;   man   denke,    von  2—4  Bogen 
Umfang,  ein-  bis  zweimal  während  seiner  ganzen  Dienstzeit!  Man 
könnte  über  solche  Yersliegenheiten,  die  einen  stark  agitatorischen 
Charakter  haben,    ruhig    zur  Tagesordnung    übergehen   (allenfalls 
ihnen    bekannte  Horaz-   oder  Juvenalzitate  anhängen),   wenn   die 
Tatsachen  nicht  lehrten,    daß  sie   -—    wenn  häufiger  vorgebracht 
—   auch  sonst  ruhiger  Urteilende  anstecken.    Es  tritt  auch  hier 
wieder   das  gefährliche  Verallgemeinern   vereinzelt  vorkommender 
Tatsachen  hervor.    Natürlich  gibt  es  an  jeder  Schule  Zeiten,   zu 
Anfang    und  Schluß  der  Semester,   vor  Prüfungen  usf.,    wo  der 
einzelne  stärker  belastet  ist;  die  Mitglieder  jüngerer,   „i.  E/'  be- 
griffener Anstalten,   die   fast  jedes  Jahr   neuen  Unterricht  über- 
nehmen müssen,  haben,    soweit  besonders  die  oberen  Klassen  in 
Betracht  kommen,  ein  erheblich  höheres  Maß  an  häuslicher  Arbeit 


*)  Wobei  «Qch  oicht  tn  verge§sea  ist,  daB  nosere  österreiehiseheo 
Kollege»  ein  erheblich  geringeres  Gehalt  besieheo  al§  wir  io  Preoßeo, 
trotzdem  die  Lebeosbaltung,  weoigsteoa  io  deo  grSfiareo  Stadteo,  dort 
kaineiiwegs  billiger  ist   als  io  deu  entspreeheuden    deulscheo  Verhältoissea. 

')  Der  obeo  (S.  193  Aom.  1)  erwähnte  (oamealose)  Aotor  rerbnet 
siebeo  Stoodeo  und  mehr  aossch ließ] ich  für  deo  regeimüfsigea 
Schuldienst  herausl  Diese  Täiigiieit  mös^ie  der  Lehrer  veroaeh- 
I  US«  igen,  ^eon  er  —   ein  Prnrramm  zo  schreiben  habel 

3)  So  nach  R.  R.  {P&d.  fTochenbL  X  (1900/1)  S.  2ö7;  s.  o.  S.  127, 
Nr.  124),  der  dann  befürwortet,  der  Lehrer  solle  wÜlirend  des  betr.  ganzen 
Schuljahres  nm  mindestens  zwei  Wochenstnnden  entlastet  werden!  Ich 
rdrchte,  diese  Erleichterung  würde  solchen,  die  sich  durch  das  Prograaa 
derartig  beschwert  rühleo,  auch  kaum  etwas  helfen.  Viel  eher  scheint  mir 
eioe  solche  Entlastung  denen  gegenüber  geboten,  die  der  Staat  als  Mit- 
glieder in  die  wissenschaftlichen  PrüfnogskommissioDeo  für  das 
höhere  Lehramt  beruft  (s.  o.  S.  18ö  mit  Aom.  3}. 


voD  R.  Ullrich.  ISJ 

za  leisten  als  diejenif^en,  die  Jahre,  ja  Jahrzehnte  hindurch  (man 
▼gl.  die  Jahresberichte)  auf  der  Domäne  des  immer  gleichen 
Unterrichts  in  gleichen  Klassen  ausruhen  —  cum  grano  salis  zu 
▼erstehen  ^).  Aber  das  alles  sind  „Belastungen'*  vorübergehender 
Art ;  im  übrigen  ist  besonders  die  Art,  wie  sich  der  einzelne 
mit  seinen  .20 — 24  Unterrichtsstunden  und  mit  dem,  was  vor- 
und  nachher  von  ihm  gefordert  wird,  abfindet,  durchaus  indivi- 
duell, von  Begabung,  Fleifs  und  vor  allem  weiser  Aus- 
nutzung der  Zeit  abhängig.  Auch  darf  wohl  daran  erinnert 
werden,  dafi  wir  Ferien  haben,  ein  volles  Vierteljahr  sogar! 
Aber  freilich,  die  sind  zur  „Erholung^'  da.  Als  ob  selbstgewählte 
geistige  Tätigkeit,  die  wir  gerade  wegen  der  Ferien  in  so  um- 
fassender Weise  leisten  können,  nicht  an  sich  eine  Erholung 
wäre,  manchmal  im  Gegensatz  zur  amtlichen,  die  dem  Lehrer 
wie  jedem  Beamten  doch  ganz  naturlich  auch  Arbeilen  auferlegt, 
die  ihm  durchaus  nicht  „liegen'^  DaB  die  literarische  Tätig- 
keit des  Lehrers  (ich  rede  hier  nur  von  der  wissenschaftlichen 
und  mit  dem  Schulwesen  zusammenhängenden)  seinen  Unter- 
richt schädige^,  ist  auch  eine  von  den  Erfmdungen,  mit  denen 
uns  der  Kampf  gegen  die  Programme  begluckt  bat  Natürlich 
kann  das  vorkommen  —  obwohl  mir  kein  Fall  dieser  Art 
bekannt  ist  —  besonders  wenn  ein  Verfasser  auf  entlegene 
Liebhabereien  verfällt,  die  mit  der  Arbeit  der  Schule  in  gar  keinem 
Zusammenhange  mehr  stehen.  Im  allgemeinen  wird  es  aber  doch 
wohl  richtig  bleiben,  was  durch  unsere  eigenen  Erfahrungen  als 
Schüler  wie  als  Lehrer  bestätigt  wird,  daß  der  anregende,  oft 
vorbildliche  Einfluß,  den  produktiv  tätige,  an  allen  Forlschritten 
der  Wissenschaft  wie  der  Schule  selbständig  irgendwie  beteiligte 
Schulmänner  auf  die  Schüler  der  oberen  Klassen  und  nicht  selten 
auch  auf  viele  ihrer  Kollegen  (wer  wüßte  nicht  Beispiele?)  aus- 
üben, ein  wertvolles  Moment  des  gesamten  Schullebens  ist,  von 
dem  man  im  Interesse  des  Ganzen  nicht  wünschen  möchte,  daß 
es  jemals  sich  geringer  geltend  machte  oder  gar  verschwände, 
um  einem  alle  in  gleicher  Weise  umfassenden  Durchschnittsmaß 
Platz  zu  machen.  Es  wäre  ja  auch  durchaus  wider  die  Natur, 
wenn  die  Gründlichkeit  der  Methode,  die  Vorsicht  in  der  Unter- 
suchung und  Schlußfolgerung,  die  immer  wachsame  Kritik,  die 
bei  der  Abfassung  wirklich  wertvoller  Arbeiten')  und  so  auch 
der  Tausende  von  guten  Programmabhandlungen  von  den  Ver- 
fassern betätigt  worden  ist,  sich  nicht  ganz  von  selbst  auf 
deren   Arbeit   in    den   oberen   Klassen    übertrüge.     Daß  übrigens 


1)  Vgl.  dazo  anch  o.  S.  288  (der  Sooderaosd^abe)  Aom.  1. 

')  Vgl.  z.  B.  deo  obeo  S.  195  A.  1  sitierteo  Aofsats,  der  diesen  schädi- 
geaden  Eioflofi  sogar  beim  Schreiben  des  einen  Programms  feststellt! 

*]  Ab  die  obeo  S.  1^  A.  3  charakterisierten,  weder  durch  eigenes  Be- 
diirfais  ihrer  Verfasser  noch  durch  tatsächliches  hervorgerafoaea  denke  ieh 
hier  aatiirlich  nicht. 


198  Programmwesea  UDd  Programmbibliothek  d.  höh.  Schuleo, 

gerade  die  Mitglieder  des  höheren  Lehrerstaades  von  jeher  sich 
auch  produktiv  in  solchem  Grade  betätigt  haben,  ist  in  seiner 
ganzen  Entwicklung  und  seiner  eigenartigen  Stellung  selbst  be- 
gründet. Talent  und  Begabung  verlangt  nach  umfassender  Be* 
täligung,  auch  nach  Teilnahme  und  Anerkennung  weiterer  Kreise. 
Schon  die  Lehrer,  die  lange  vor  uns  waren  und  so  gern  als 
selbstgenilgsame,  im  engsten  Kreise  der  amtlichen  Tätigkeit  zu- 
friedene Naturen  geschildert  werden,  wußten  das.  An  äußeren 
Ehren,  wie  z.  ß.  Beförderungen,  haben  wir  ja  doch  weit  weniger 
zu  erwarten  (viele  von  uns  trachten  nicht  einmal  danach)  als  die 
Hitglieder  anderer  Beamtenklassen ;  das  ist  so  oft  gesagt  und  ja 
sogar  zahlenmäßig  einwandfrei  nachgewiesen  worden,  daß  hier 
nur  daran  erinnert  zu  werden  braucht.  Die  freieren  akademisch 
gebildeten  Berufsarten,  der  tüchtige  Arzt,  der  Anwalt  uam.,  haben 
schon  durch  die  Art  ihres  Berufes,  der  sie  mit  allen  Lebens- 
kreisen in  Berührung  bringt,  ganz  anders  Gelegenheit,  ihr  Wissen 
uud  Können  zu  zeigen,  und  besitzen  in  dem  Ansehen,  das  sie  ge- 
nießen, in  den  Erfolgen,  die  ihnen  zuteil  werden,  ein  wesentliches, 
notwendiges  und  sie  zu  immer  neuer  Anstrengung  befähigendes 
Gegengewicht  gegen  die  kleinen  und  kleinsten,  oft  ärgerUchen, 
mechanischen,  abstumpfenden  Hüben  der  laufenden,  sich  auch 
hier  immer  wieder  gleich  bleibenden  Praxis,  so  daß  sie  literarischer 
Tätigkeit  kaum  bedürfen,  wenngleich  sie  auch  von  ihnen  oft  in 
umfassender  Weise  geübt  wird.  Für  den  Schulmann  dagegen, 
der  seinen  Überschuß  an  geistiger  Kraft  und  auch  der  nnter 
normalen  Verhältnissen  —  wenn  wir  ehrlich  genug  sind  —  doch 
wirklich  vorhandenen  Zeit  nutzen  will,  wird  in  dieser  Richtung 
die  literarische  Tätigkeit  auch  in  Zukunft  die  beste  und  würdigste 
bleiben,  würdiger  jedenfalls  und  für  ihn  selbst,  die  Schule  und 
die  Ehre  des  Standes  fruchtbarer,  als  etwa  das  Stundengeben  und 
Pensionärehallen,  das  der  Natur  der  Sache  nach  zwar  nie  ganz 
wird  verschwinden  können,  aber  doch  immer  noch  recht  erheb- 
licher Einschränkung  bedarf.  Daß  es  zahlreiche  tüchtige  und 
gewissenhafte  Lehrer  gibt,  die  auch  heute  noch  in  dem  engeren 
Kreise  ihrer  amtlichen  Tätigkeit  allein  ihr  volles  Genügen  finden, 
braucht  uns  doch  nicht  gegen  diejenigen  einzunehmen,  die  darüber 
hinaus  nach  Betätigung  verlangen;  um  so  weniger,  wenn  diese, 
wie  wir  sahen,  den  heilsamsten  Einfluß  auf  die  Wissenschaft  und 
die  Arbeit  der  Schule  hat  und  so  geeignet  ist,  gerade  das  Pro- 
grammwesen in  der  Richtung,  die  es  neuerdings  immer  mehr 
genommen  hat,  zu  fördern,  auch  den  Zusammenhang  mit  den 
Kreisen  zu  festigen,  auf  deren  Hitwirkung  die  Schule  hei  der 
Erfüllung  ihrer  erziehlichen  Aufgaben  angewiesen  bleibt.  Es  liegt 
auch,  scheint  mir,  ein  innerer  Widerspruch  darin,  wenn  manche 
in  einem  Atem  die  gegen  früher  so  sehr  gehobene  wissenschaft- 
liche Qualifikation  des  höheren  Lehrerstandes  betonen,  der  einen 
„Antrieb"    nicht   mehr   nötig  habe,    und  ihm    doch  zugleich  die 


voo  R.  Ullrich.  Jffff 

Höglicbkeit  absprechen,  sie  gelegentlich  auch  nach  außen  hin  zu 
betätigen.  Ehrlich  gesagt,  gereicht  es  dem  deutschen  und  preußi* 
sehen  höhereu  Lehrerstande  nicht  sonderlich  zur  Ehre,  daß 
gerade  aus  der  Reihe  seiner  Mitglieder  so  viele  „Belastungsgründe" 
gegen  das  Programm  gesammelt  worden  sind,  obwohl  die  „Ver- 
pflichtung", was  ja  auch  in  der  geringeren  Zahl  der  Programme 
lum  Ausdruck  kam,  hier  gerade  in  den  meisten  Staaten  seit  1875 
(and  z.  T.  schon  seit  frAherer  Zeit)  nicht  mehr  in  dem  Grade  be- 
stand wie  I.  B.  in  Österreich,  wo  man  Wert  und  Bedeutung  der 
Einriehtnng  auch  in  Lehrerkreisen  viel   mehr  zu  schätzen  wußte. 

Läßt  sich  also  schlechterdings  kein  vernünftiger  Grund  im 
besonderen  gegen  die  Beibehaltung  der  Programmabhandlungen 
anfuhren,  so  würde  es  sich  m.  B.  jetzt  in  der  Hauptsache  darum 
handeln,  dafs  die  SchulbebOrden  —  soweit  es  nicht  einfach 
bei  den  bisher  beobachteten  Verfahren  bleiben  kann  —  eine 
geeignete  Form  finden,  noch  bestehende  Härten  zu  beseitigen 
und  so  die  Einrichtung  denen  wieder  lieb  zu  machen,  die  sich 
durch  kleine  äußere  Anstöße  leicht  so  weit  verstimmen  ließen, 
daß  sie  auch  ihren  guten  und  erfk'eulichen  Seiten  nicht  mehr  un- 
befangen genug  gegenüberzustehen  vermochten.  Vor  allem  muß, 
wie  schon  oben  angedeutet  ist,  die  Bestimmung,  daß  die  Lehrer 
,»der  Reihe  nach"  zur  Abfassung  verpflichtet  sind,  da  beseitigt 
werden,  wo  sie  überhaupt  noch  besteht;  es  kann,  meine  ich,  so* 
weit  nicht  schon  bestimmtere  Vorschriften  in  dieser  Richtung 
gegeben  sind,  der  freien  Vereinbarung  der  einzelnen  Kollegien, 
ev.  der  Konferenz  M«  überlassen  bleiben,  wer  von  den  Lehrern  gerade 
die  Abhandlung  schreiben  soll.  Das  in  den  letzten  Jahrzehnten 
doch  wesentlich  erstarkte  Kollegialitätsgefühl  wird  sich,  meine  ich, 
hier  vor  keine  Entscheidung  von  unüberwindlicher  Schwierigkeit 
gestellt  sehen. 

Einer  Fe'stsetzung  darüber,  wie'oft  eine  Abhandlung 
erscheinen  soll,  bedarf  es  (soweit  es  nicht  schon  in  beson-^ 
derer  Weise  geschehen  ist,  die  ich  im  Interesse  der  Stetigkeit 
nicht  kritisieren  will)  m.  E.  ebenfalls  nicht.  Die  Sache  muß 
sich,  wie  das  bisher  s.  B.  in  Preufsen  im  allgemeinen  erfolgt  ist, 
durch  das  Bedürfnis,  auch  nach  den  in  den  einzelnen  Kollegien 
jeweilig  vorhandenen  Kräften   (auch    die  wechseln  ja)    und  ihrer 


1)  So  in  Österreich,  vgl.  o.  S.  lOS,  Nr.  LXXXXVII.  Man  wird 
das  Mtürlieb  wohl  oieht  ia  detn  Siooe  sa  veriteheo  haben,  daß  erst  iooer- 
halb  der  betr.  Ronfereot  (etwa  oach  Anfrage  des  Direktors,  vgl.  o.  S.  iA? 
aait  Aom  1)  in  eine  förmliche  Beratnog  darüber  einzatreten  sei,  wer  der 
Piicht  und  dem  Rechte  der  Anstalt  in  bezog  auf  das  Programm  genügen 
wolle.  Wer  es  sehreibeo  will  —  es  wird  sich  am  besten  immer  am  frei- 
willige Angebote,  in  einem  großen  Rollegiom  womöglich  nm  mehrere,  za 
bandeln  haben  —  darüber  müssen  sieb  Direktor  nod  Kollegen  schon  vorher 
zwanglos  verständigt  haben.  In  der  Konferenz  hätte  dann  nur  die  offizielle 
Erklärung  des  zur  Abfassang  bereiten  Lehrers  za  erfolgen,  die  für  ihn 
bindend  sein  muß. 


200  Progrtmmweseo  und  Programmbibliothek  d.  hSh.  Schalen, 

Neigung  und  Lust  zur  Sache  regeln.    Wes^tlich  ist  freilich,  dafi 
überall   da,    wo   bisher   nicht   aus   finanEiellen  Rocksichteo  Ein- 
schränkungen   in    der    Gewährung    der    Mittel    erfolgt    sind'}, 
diese   (200— 300Jlf.    für  jede  Anstalt)  jährlich   zur   Verfögung 
gestellt  werden.     Werden  sie  nicht  benutzt,  so  fließen  die  Gelder, 
falls  man  nicht  grundsätzlich  Freiheit  zu  anderweitigem  Gebrauch 
lassen  will   —    die   unter    Umständen    wünschenswert   sein,    der 
Sache  aber  auch  leicht  gefahrlich  werden  kann  —  in  die  Kassen 
der   betr.  Instanzen    zurück.    Schwierigkeiten   bei   der  Etatsauf* 
Stellung  würden    sich   ja  selbst   bei    der  umfangreichsten  in  Be- 
tracht kommenden  Instanz,  der  Verwaltung  der  staatlichen  Schulen 
des  preußischen  Staates,  kaum  ergeben.    Nur  darf  man  selbst  eine 
gute  Sache,   die  von  solchen,  die  sie   in   ihrer  Entwicklung  und 
Bedeutung   gar  nicht   ausreichend   kannten,    häufiger   ang^riffen 
als  von  Kennern  verteidigt  worden  ist,  nicht  einfadi  gehen  lassen 
wie   sie   will.      Es    könnte    wirklich   sonst   der   Schein   erweckt 
werden,   als   bestünden    die  Kritiken   der  Gegner  in  wesentlichen 
Punkten   zu    recht,   während    doch    das   Gegenteil    nachgewiesen 
werden  konnte.    Darum  ist  es  nötig,  daß  nach  langem  Zwischen- 
raum (vgl.  z.  B.  0.  S.  147,  S.  227  u.  ö.)  besonders  in  den  nord- 
deutschen  Kleinstaaten,   vielleicht  auch  selbst  in  Preufsea 
von   mafsgebender   Stelle    ein    aufklärendes    Wort  er- 
folge, das  der  Bedeutung  der  Einrichtung,  die  nach  der  ganzen 
Entwicklung  nicht  zweifelhaft  ist,  gerecht  wird  nnd  ihre  Aufgaben 
für  die  Zukunft  bezeichnet.     Vor  allem  wichtig  aber  ist  die  Aus - 
dehnung,    auch    von  Amts  wegen,    auf  die   Anstalten   mit 
sechsjährigem  Kursus,  besonders  die  Realschulen,  die  z.  Z. 
so    erheblich    hinter   den   Vollanstalten    zurückbleiben.    Auch  sie 
müssen  als  solche,  nicht  jeder  einzelne  Lehrer,  zur  Abfassung  von 
Programmabhandlungen    berechtigt    und    verpflichtet  sein.    Noeh 
vor   neun   Jahren    konnte  auf  der  hannoverschen  Direktoren- 
Versammlung    (o.  S.  126,   Nr.  120)   die  Frage   allen  Ernstes  er- 
örtert werden,  ob  auch  diese  Schulen  Abhandlungen  herausgeben 
sollten.  Ist   man   aber   überhaupt  von    deren   wissenschartlichem 
oder   praktischem    ¥^ert   überzeugt   (und    das  sind  alle,   die  sie 
wirklich   kennen),  so    läßt   sich   in    der   Tat  kein    vernünftiger 
Grund  entdecken,    warum    die  Realschulen   auch   in    Zukunft 
äußerlich    so    geringe  Beiträge  liefern  sollten    wie    bisher.     Sie 
sind    höhere    Schulen,    haben  Lehrer    mit   derselben   Vorbildung 
wie  die  Vollanstalten,    dazu  ein  Publikum,   das  an   der  Tätigkeit 
der  Lehrer  und  den  Bestrebungen   der  Schule  genau  das  gleiche 
Interesse  hat  (oder  haben  sollte),  wie  das  der  Voilanstalten;  viel- 
leicht ist  es  bei  ihnen,  weil  sie  jünger  sind,  der  Tradition  mehrerer 
Generationen  noch  entbehren  und  ihr  Publikum  im  ganzen  der  Auf- 
klärung   wohl  noch  bedürftiger    ist,   fast  noch  notwendiger,  dafi 


')  Cber  diese  vgl.  o.  S.  137,  S.  i^ff.,  100  Adbi.  1. 


voo  R.  üllrieb.  201 

wirklieb  alles  geschehe,  was  die  Beziehungen  zwischen  Schule  und 
Haus  immer  enger  gestallen  kann.    Da  bei  den  Realschulen  die 
Zahl  der  Gemeindeanstalten   die  der  staatlichen   noch  weit  mehr 
übertrifft  als  das  bei  den  VoUanstalten  der  Fall  ist,   scheint  eine 
zweckmäßige  Regelung  im  einzelnen  nicht  ganz  leicht.    Zunächst 
wäre  notwendig,    daB  die  einzelnen  Regierungen  fQr  ihre  freilich 
wenig  zahlreichen  staatlichen  Anstalten   mit  sechsjährigem  Kursus 
(doch  s.  0.  S.  168  A.  2)  die  Mittel  fär  Programmabhandlungen  jähr- 
lich oder,  soweit  es  sich  um  kleinere  Schulen  mit  einer  geringeren 
Anzahl  von  Oberlehrern  handelt  (etwa  12  oder  weniger),  vieUeicht 
alle  zwei  Jahre   in  den  Etat  einstellten.     Ob  dieser   Umstand  die 
Kuratorien  der  zahlreichen  Kommunalanstalten  dann  von  selbst  dazu 
veranlaßt,  nach  und  nach  in  Ansehung  der  Wichtigkeit  der  Sache  auch 
für   ihre   Schulen   die  Kosten    zu    bewilligen   (es   würde  sich  an 
jeder  Stelle  ja  immer  nur  um  verhältnismäßig    wenige  Anstalten 
handeln,   in   den  meisten  Fällen    nur  um  je  eine),   könnte   man 
zunächst   abwarten.     Sollte   sich    diese  Erwartung    im  Laufe  der 
Jahre  nicht  erfüllen,  so  wäre  der  Staat  zweifellos  berechtigt,  An- 
regungen zu  geben,  welche  auf  das  Erscheinen  von  Abhandlungen 
auch  an  den  städtischen  bezw.  Gemeinde-Realschulen  hinwirkten, 
ohne  Zwang  und  Nötigung,   nur   in   demselben  Sinne,   wie   sich 
2.  B   in  Preufsen  jetzt  die  Sache  bei  den  Vollanstalten  regelt.   Es 
ist  auf  die  Dauer  ein  unhaltbarer  Zustand,   daß  den  Oberlehrern 
der  Realschulen    in  völligem  Hißverhältnis    zu  ihrer  Zahl  nur  in 
dem  bisherigen  geringen  Umfange  Gelegenheit  gegeben  wird,  sich 
an   einer  Einrichtung   aktiv  zu  beteiligen,   die   für  alle  höheren 
Schulen  durchaus  die  gleiche  Bedeutung  hat. 

Die  Programme  sind  ja  doch,  das  hat  man  so  oft  ver- 
gessen, nicht  bloß  persönliche  Veröffentlichungen  dieses 
oder  jenes  Lehrers,  sondern  werden  im  Namen  und 
unter  Verantwortlichkeit  einer  ganzen  Schule  her- 
ausgegeben. Daß  hier  keine  zurückbleibe,  wenn  es  sich  um 
die  Lösung  der  vor  vielen  Jahrzehnten  schon  richtig  bezeichneten, 
jetzt  nur  zeitgemäßer  Ausgestaltung  bedürfenden  Aufgaben  handelt, 
liegt  in  ihrem  eigensten  Interesse.  Einer  der  Kritiker  des  Pro- 
grammwesens aus  den  sechziger  Jahren,  der  gleichwohl  selbst 
mehrere  wertvolle  Beiträge  geliefert  hat  (nach  damaliger  Lage  der 
Dinge  auch  zu  liefern  verpflichtet  war),  G.  A.  Klix,  hat  die  Ab- 
handln ngen  unter  anderem  auch  deswegen  bekämpft,  weil  er 
den  8.  E.  nach  notwendigen,  aber  damals  und  noch  bis  in  die 
achtziger  Jahre  hinein  stark  gestörten  Zusammenhang 
zwischen  ihnen  und  den  Jahresberichten  vermißte. 
Wäre  er  heute  unter  uns,  so  würde  er  ihnen  bei  der  Wandlung, 
die  ihr  Inhalt  seit  dem  Anfang  der  neunziger  Jahre  erfahren  bat 
(er  hat  sie  z.  T«  noch  miterlebt,  sich  aber  nicht  mehr  dazu  ge- 
äußert), wohl  anders  gegenüberstehen  und  vielleicht  finden,  daß 
eine   derartige  Mitarbeit   der   Lehrer,    wie    sie   nun   schon   seit 


202 ''rogrtinm  weseo  oDd.ProgrjBiiibibliothek  d.  hob.  Sehalea, 

V/i  JahrzobnteD  neben  der  Behandlung  fachwissenschaft^kher  Auf- 
gaben in  immer  steigendem  Umfange  an  allen  methodiscben, 
technischen,  schulorganiaatoriacheo,  schulgeachichtlichen  Fragen 
und  Problemen  gerade  in  den  Programmabhandlungen  stattfindet, 
für  jeden  einzelnen  von  ihnen  wie  für  die  ganze  Schule  und  ihr 
Verhältnis  zu  ihrem  gesamten  Kreise  segensreich  und  insbesondere 
wohl  geeignet  ist,  das  naturgemfiB  etwas  schematiscbe,  knappe, 
oft  auch  dürftige  und  farblose  Bild,  das  die  Jahresberichte  dar* 
bieten,  in  erfreulichster  Weise  zu  beleben.  Doch  wir  brauchen 
die  Toten  nicht  zu  zitieren;  man  darf  hoflen,  daß  das  lebende 
Lehrergeschlecht  aus  der  Entwicklung  der  letzten  Jahrzehnte 
selbst  die  Folgerung  ziehe,  daß  es  sich  hier  nicht  nm  eine 
unw Ardige,  ihm  äußerlich  aufgenötigte  Pflicht,  sondern  um  eine 
durch  die  Tradition  zwar  geheiligte,  aber  in  den  Bedürfnissen 
der  Schulen  noch  heute  liegende  Aufgabe  handelt,  deren  Existenz* 
berechtigung  zu  verkennen  ebenso  Hangel  an  geschicbtlidiem 
Verständnis  bewiese,  wie  an  Einsicht  in  die  sozialen  Aufgaben 
auch  der  höheren  Schule  der  Gegenwart. 


G,  Honorar«    AntorreehU 

Der  im  vorigen  Abschnitte  hervorgehobene  Satz,  daß  die 
Programmabhandlungen  nicht  rein  persönliche  und  auf  eigene 
Gefahr  oder  Nutzen  unternommene  Arbeiten  ihrer  Verfasser 
schlechthin  sind,  sondern  im  Namen  der  Schulen  und  mit  Ver- 
antwortUchkeit  ihrer  Direktoren  unter  weiteren  Gesichtspunkten 
herausgegebene  VeröflTentlichungen,  ebnet  uns  den  Weg,  die  in 
alter  Zeit  selten,  in  neuerer  häutiger  angeregte  Frage  der  Hono- 
rierung dieser  Abhandlungen  durch  die  zuständige 
Behörde  richtig  zu  beurteilen.  Man  hat  gefragt,  wie  denn  der 
Lehrer  dazu  käme,  ihm  amtlich  auferlegte  literarische  Produktion 
gratis  zu  leisten^),  während  es  doch  sonst  das  gute  Recht  eines 
Autors  sei,  ein  Äquivalent  för  seine  Arbeitsleistung  in  Gestalt  eines 
(vom  Verleger  gezahlten)  Honorars  zu  verlangen,  und  hat  dann 
auch  unter  Hinweis  auf  einige  Fälle,  in  denen  tatsächlich  Honorar 
gezahlt  wurde  und  wird'),  zunächst  zurQckhaltend,  alimählich  aber 
immer  dringender  die  allgemeine  angemessene  Honorierung 
der  Programmabhandlungen  durch  die  Behörde  verlangt.  Auch 
diese  Forderung  hängt  mit  dem  gehobenen  StandesbewuBlsein 
zusammen,  das  einige  seiner  eifrigsten  Vertreter  durch  lebhafte 
Betonung  der  Honorarforderung  noch  mehr  glaubten  heben  so 
mössen.  Einige  sachlicher  gerichtete  Beurteiler  der  Frage 
glaubten  von  der  Erfüllung  dieses  Desideriums  sogar  eine  Hebung 


>)  Vgl.  z.  B.  Heior.  Müller  a.  «.  0.  S.  22](o.1^S.  127,  Nr.  127). 
>)  Vgl.  dazu  Wiese,  ß.  höh.  Sehalweien  i.  Prtußm  11  (1969)  S.  70S, 
Aom.  2,  s.  aacb  o.  S.   186,  S.  199. 


▼  OB  R.  Ullrieh.  203 

des  (nach  ihrer  Meinung  geringen)  Wertes  der  Abhandlungen  er- 
warten zu  sollen^  während  andere  sich  in  dieser  Beziehung 
skeptischer  äußerten.  Ich  kann  daher  nicht  umhin,  der  Sache 
einige  Worte  zu  widmen. 

Ich  beginne  mit  der  rechtlichen  Seite  der  Sache.  Das 
Programm  ist,  wie  bemerkt,  keine  private  Veröffentlichung  des 
Verfassers,  sondern  diese  erfolgt  im  Namen  der  Schule  unter 
Verantwortung  ihres  Leiters.  In  Preußen,  Elsaß* Lothringen, 
Sachsen,  Bayern,  Hamburg,  Osterreich  und  anderwärts  gehörte 
die  Abhandlung  genau  so  wie  der  Jahresbericht,  von  dem  sie 
eiuen  integrierenden  Teil  bildete,  von  Anfang  an  zu  den  von  Amts 
wegen  festgesetzten  Aufgaben  der  Schule  und  konnte  deren 
Mitglieder,  den  Direktor  wie  die  Lehrer,  insofern  nur  mäßig  be- 
lasten, als  den  einzelnen  die  Abfassung  nur  in  sehr  weilen 
Zwischenräumen  traf.  Daß  man  die  Berechtigung  gerade  dieser 
Forderung  leugnete  —  was  an  sich  nicht  verwunderlich  ist,  da 
sich  ja  schließlich  über  jede  amtliche  Anordnung  je  nach  dem 
Standpunkt  des  Beurteilers  streiten  läßt  —  hing  zu  einem  Teile 
wohl  damit  zusammen,  daß  als  amtliche  Pflicht  nur  die  Tätigkeit 
des  Lehrers  in  der  Schule  und  die  hiermit  unmittelbar  in  Verbin- 
dung stehende  und  nötig  scheinende  Arbeit  betrachtet  wurde, 
Dicht  aber  eine  im  Druck  erscheinende  Abhandlung.  Von  dem 
Gesichtspunkt  des  specimen  eruditionis  im  alten  Sinne,  das  eben 
dazu  dienen  sollte,  die  Angehörigen  eines  noch  wenig  entwickelten 
Standes  im  einzelnen  wissenschaftlich  zu  heben  und  im  ganzen 
durch  gegenseitige  Mitteilung  wenn  auch  zunächst  meist  be- 
scheidener Leistungen  in  derselben  Beziehung  zu  stärken,  kann 
ich  hier  absehen.  Diese  im  unmittelbarsten,  eigensten  Interesse 
des  Standes  liegende  amtliche  Anordnung  war  für  ihre  Zeit  kaum 
anfechtbar,  ebensowenig,  daß  die  Leistung  als  ein  wesentlicher 
Teil  der  amtlichen  Pflichten  angesehen  wurde;  sie  besonders  zu 
honorieren,  wäre  geradezu  widersinnig  gewesen.  Als  dann  später 
ein  specimen  eruditionis  mit  Recht  nicht  mehr  gefordert  wurde, 
blieben  doch  (in  Preußen)  die  beiden  andern  Rücksichten  be- 
stehen, durch  die  die  Neuorganisation  von  1824  und  1826  mit- 
bestimmt worden  war,  nämlich  die  HerbeifQhrung  eines  engeren 
Verhältnisses  zwischen  den  einzelnen  Schulen  und  die  Förderung 
der  Beziehungen  zum  Publikum  (vgl.  o.  S.  139).  Das  haben  die 
Kritiker  zumeist  übersehen.  Die  Notwendigkeit  aber,  diese  Zu- 
sammenhänge aufrecht  zu  erhallen,  liegt  heute  mehr  denn  je  vor. 
Wenn  nun  auch  in  Preußen  und  einigen  anderen  Staaten  die  un- 
mittelbare Verpflichtung  des  einzelnen  Lehrers,  Abhandlungen 
zu  schreiben,  nicht  mehr  besteht,  aber  doch  durch  Gewährung 
der  Büttel  stillschweigend  die  Beibehaltung  der  Einrichtung  an 
den  Schulen  anerkannt  wird,  so  ist  nicht  recht  einzusehen,  in- 
wiefern die  Regierungen  etwa  dadurch,  daß  sie  das  Verhältnis  des 
einzelnen  Lehrers  zu  einer   festen  Einrichtung  der  Schule  freier 


20^  Programmwf  sen  nod  Pro^rtmobibliothek  d.  hSh.  Sehmlei, 

gestaltet  haben,  mehr  als  früher  io  die  Lage  kommen  sollten, 
dafür  ein  Honorar  zu  gewähren  —  von  den  Kosten  eiomai 
ganz  abgesehen,  die  in  Preußen  schon  für  die  staatlichen  Anstalten 
im  ganzen  doch  nicht  unwesentlich  ins  Gewicht  fallen  und  gewifi 
auch  ihren  Einfluß  auf  die  SUdte  oben  würden.  In  den  Staaten, 
in  denen  die  Abfassung  noch  heute  ein  Teil  der  amtlichen 
Pflichten  der  Lehrer  ist  (vgl.  o.  S.  144  ff.,  169  A.  1),  käme  die 
Honorarfrage  überhaupt  nicht  in  Betracht.  Die  Hinweise  auf  einige 
wenige  Internate,  deren  Lehrer  die  Abhandlung  honoriert  erhalten 
(o.  S.  186  u.  202  A.  2),  bedeuten  wenig.  Es  handelt  sich  hier 
wie  in  zahlreichen  anderen  Angelegenheiten  dieser  Anstalten  um 
bestimmte,  stiftungsmäßige,  aus  aller  Zeit  stammende  Rechte  — 
die  eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  der  Sitte  zeigen,  den  Pro- 
grammatarius  an  den  Universitäten  zu  honorieren  —  die  auf  alle 
Schulen  zu  übertragen  ebensowenig  Sinn  hätte  als  wollte  man 
andere  Besonderheiten  solcher  Schulen,  die  geschichtlich  oder 
sachlich  begründet  sind,  kurzerhand  bei  allen  anderen  einführen. 
Doch  scheint  mir  die  rechtliche  Seite  der  Sache,  wenn  ich 
sie  so  nennen  darf,  nicht  einmal  die  wichtigste.  Wesentlicher 
ist  wohl  die  andere,  die  ich  die  ideale  nennen  möchte.  Wie 
kommt  der  Lehrer  dazu,  auf  diesem  Gebiete  gratis  schriftstellerisch 
tätig  zu  sein?  —  hat  man  wohl  gefragt  Ja,  wie  kommt  der  Direktor 
dazu,  den  Jahresbericht  abzufassen,  jedes  Jahr  immer  wieder  aufs 
neue,  und  zwar  von  Amts  wegen,  während  der  Lehrer  im  Durch- 
schnitt doch  nur  höchstens  ein-  oder  zweimal  in  die  Lage  kommt, 
ein  Programm  zu  schreiben!  Natürlich  weiß  ich,  daß  ein  Pro- 
gramm mehr  Arbeit  erfordert  als  ein  Jahresbericht;  aber  dieser 
{Stellt  eine  dauernde  Belastung  dar;  und  die  Berichte  nicht 
weniger  der  größeren  Anstalten  sind  —  besonders  in  ihrer 
„Chronik**  —  recht  mannigfaltig  und  erfordern  ziemlich  er- 
hebliche Zeit,  auch  keine  geringe  Kunst,  ein  oft  überreiches 
Material  geschickt  zu  gestalten.  Oder  wie  „kommen  die  Lehrer 
dazu'S  Witwen-,  Pensions-  und  andere  Kassen  der  Schulen  zu 
verwalten,  oft  recht  große  mit  umfangreichen  Geschäften,  oder 
Schölerstiftungen,  lange  Jahre  hindurch,  meist  unentgeltlich,  oder 
in  der  Schule  Vorträge  vor  geladenem  Publikum  zu  halten, 
Gesangsaufführungen  zu  veranstalten,  dramatische  Aufführungen  ein- 
zustudieren, Spielnachmittage,  Rudervereinigungen,  Schälerwande- 
rungen zu  leiten  uam.?  Das  alles  sind  Veranstaltungen,  die  zu  Nutz 
und  Frommen  der  Schule  und  ihres  Publikums  eingerichtet, 
entweder  durch  alte  Sitte  geheiligt  oder  auch  erst  neuerdings 
üblich  geworden  sind.  Auch  diese  Dinge  werden  von  den  ein- 
zelnen Lehrern,  je  nachdem  sie  Lust,  Neigung  und  Geschick  dazo 
haben,  „erwartet",  nicht  als  ein  ihnen  auferlegtes  Stück  amt- 
licher „Pflicht'*,  wohl  aber  als  eines  der  Mittel  (die  z.  T.  natürlich 
je  nach  Zeit  und  Geschmack,  auch  nach  der  Mode  wechseln),  die 
Zwecke  des  Unterrichts  und  der  Erziehung  immer  vollkommener 


voo  R.Ullrich.  205 

za  erreichen,  den  Verkehr  der  Schule  auch  mit  den  „weiteren 
Kreisen**  immer  inniger  zu  geslallen.  Und  es  finden  sich  in 
schönem  Idealismus  und  in  der  Überzeugung,  einer  guten  Sache 
zu  dienen,  doch  immer  Lehrer  dazu,  der  eine  für  dies,  der  andere 
für  das,  und  sie  steilen  ihre  Arbeitskraft,  ihre  Zeit,  nicht  selten 
sogar  ihr  Geld  bereitwillig  zur  Verfugung.  Man  kann  nur 
wünschen,  daß  diejenigen,  die  bisher  es  mit  dem  Programm- 
schreiben ähnlich  gehalten  wissen  wollten,  sich  durch  die  Stimmen 
derer  nicht  beunruhigen  lassen,  die  in  stark  banausischer  Art 
—  ich  kann  das  harte  Wort  leider  nicht  yermeiden  —  hier  den 
HaBstab  von  Leistung  und  Lohn  anlegten.  Unsere  moralische 
Pflicht  gegen  die  Schule  und  ihren  Kreis  endet  doch  wohl  nicht 
mit  dem  Glockenschlage,  bei  dem  der  Maurer  die  Kelle  wegwirft, 
sondern  sie  soll  den  ganzen  Menschen  durchdringen,  ihn  über 
das  bloB  Vorgeschriebene,  Amtliche  hinausheben  und  ihn  auch 
solche  Arbeit  gern  verrichten  lassen,  bei  der  nur  irgend  ein  Zu- 
sammenhang mit  der  engeren  Berufstätigkeil  besteht.  Vielleicht 
wurde  die  Diskussion  (auch  hier  wieder  im  Zusammenhang  mit 
der  Standeshebung,  die  manche  etwas  nervös  gemacht  hat  und 
auch  in  guter  Tradition  eine  ^Zumutung'*  sehen  ließ,  die  anderen 
Ständen  zu  machen  man  nicht  wage)  dadurch  beeinÖuBt,  daß  sie 
die  Bedeutung  des  Program mwesens  in  der  heutigen  Zeit,  wie  sie 
sich  uns  ans  eingehender  Betrachtung  des  geschichtlichen  und  tat- 
sächlichen Materials  ergeben  hat,  nicht  voll  würdigte.  Das  kann 
ihr  zu  einer  gewissen  Entschuldigung  dienen,  wenn  auch  nicht 
zur  Rechtfertigung.  Da  doch  aber  mit  einiger  Sicherheit  fest- 
gestellt werden  konnte,  daß  auch  die  Programmeinrichtung  dazu 
dient  und  in  Zukunft  noch  viel  mehr  wird  dienen  können, 
nicht  bloß  die  Wissenschaft  zu  fördern  und  den  Schulmann  in 
gewisser  Verbindung  mit  ihr  zu  erhalten,  sundern  vor  allem  den 
notwendigen  Zusammenhang  der  höheren  Schulen,  soweit  möglich, 
an  ihrem  Teile  zu  fördern  und  das  Publikum,  was  doch  heute 
so  nötig  ist,  aber  Tätigkeit,  Ziele  und  Probleme  der  Schule  auf- 
zuklären, so  liegt  ein  Grund  wohl  nicht  vor,  warum  die  Lehrer 
dieser  Einrichtung  mit  weniger  idealem  Sinn  gegenüberstehen 
sollten  als  jenen  anderen,  die  den  einzelnen  oft  dauernder  und 
intensiver  anspannen,  als  dies  —  unter  normalen  Verhältnissen 
(s.  0.  S.  196)  —  bei  der  um  so  viel  seltener  an  ihn  heran- 
tretenden Programmarbeit  der  Fall  ist.  Ich  würde  es  nicht  für 
würdig  halten,  daß  wir  uns  für  eine  derartige  Leistung  bezahlen 
ließen,  noch  viel  weniger  freilich  von  einer  solchen  Bezahlung 
gar  eine  (an  sich  nicht  erforderliche)  Steiv[erung  des  Wertes  der 
Arbeiten  erwarten.  Im  Gegenteil.  Die  Rücksichten,  die  heute 
manchen  dazu  bewegen,  „ehrenvollen  Anträgen''  betriebsamer 
Verleger  zur  Abfassung  von  allerlei  Kleinkram  zu  folgen,  könnte 
leicht  auch  hier  zur  Folge  haben,  daß  an  die  Stelle  freiwilliger, 
in   idealem    Sinne   geleisteter   Arbeiten   solche    träten,    die    den 


20^  Programmweseo  vnd  Programmbibliothek  d.  höh.  SchoIeD, 

äiifieren  Beweggrund  ihres  Erscheinens  auch  innerlich  nicht  ver- 
leugneten. DaB  gelegentlich  selbst  Männer,  deren  Leben  und  ganze 
Tätigkeit  in  idealer  Lebensauffassung  wurzelte,  der  Honorierung 
der  Programme  das  Wort  geredet  haben  ^),  scheint  sich  mir  weniger 
aus  inneren  Gründen  als  vielmehr  daraus  zu  erklären,  daß  sie  eine 
Art  von  Verlegenheitshilfe  zur  Hebung  des  Niveaus  suchten  (der 
sie  übrigens  selbst  nicht  recht  zu  trauen  schienen).  Das  Vorurteil 
von  dem  geringen  Werte  der  meisten  Programme  war  auch  auf 
sie  nicht  ohne  Einfluß  gebliehen. 

Mit  der  Honorartrage  in  gewisser  Beziehung  steht  die  neuer- 
dings   ebenfalls    mehr   gelegentlich    erörterte    des  Autorrechts, 
wenigstens  soweit  die  Erzielung  eines  Gewinnes  damit  im  Zusammen- 
hang steht.   Hier  muß  zunächst  daran  erinnert  werden,  daß  ein  er- 
heblicher Teil  der  Abhandlungen  nach  ihrer  ganzen  Bestimmung, 
die   ja    gerade  in    den   letzten  IVt  Jahrzehnten,    wie  wir  sahen, 
wieder   deutlicher  zum  Ausdruck   gekommen  ist,    für   den  buch- 
händlerischen,  auf  weite  Kreise  berechneten  Vertrieb  gar  nicht  in 
Betracht  kommt.     Die  Verleger  hätten  in  den  meisten  Fällen  mit 
einem  Gewinn  kaum  zu  rechnen,  eher  mit  Verlust,  den  häufiger 
zu  tragen  man  ihnen  nicht  wohl  zumuten  kann.    Und  besonders 
viele   der   etwas  umfangreicheren,   größere  Herstellungskosten  er- 
fordernden, übrigens  f&rdernden  Arbeiten  mehr  gelehrter  Art,  die 
nicht  wegen  ihres  Unwertes,    wie  man  gemeint  hat,   sondern  aas 
äußeren  Gründen    in    geeigneten  Zeitschriften    nicht  unterkamen, 
hätten   als  Sonderveröffentlichungen    sicher   keinen  Verleger  ge- 
funden.   Sie  haben  es,  wie  schon  mehrfach  richtig  heryorgeboben 
worden  ist,  einzig  der  Programmeinrichtung  zu  danken,    daß  sie 
ohne   Kosten    für   den   Autor   gedruckt    worden    und    ihre   gute 
Wirkung   tun    konnten.     Es   liegt  unter  solchen  Umständen  also 
kaum  eine  Veranlassung  vor,    das  Autorrecht   besonders  zu  be- 
tonen.   In    eine   ausführliche   theoretische  Erörterung   über   die 
juristische  Seite,   die  einem  Fadimann    zukäme*)   (wie  sie   denn 
tatsächlich  von  einem  solchen  schon  einmal  kurz  gegeben  worden 
ist')),  will  ich  mich  hier  nicht  einlassen.    Dagegen  weise  ich  auf 
eine  Reihe  von  Tatsachen  hin,   die  das  Recht  der  Autoren  an 
ihrer   in  Programmabhandlungen    niedergelegten    geistigen  Arbeit 
zu  klären  und  Mißverständnisse  zu  beseitigen  wohl  geeignet  sind. 
Bis    in    die    neueste    Zeit   sind    die    Fälle   gar   nicht   selten,    in 
denen     Programmabhandlungen    in    Zeitschriften     oder     in 
„gesammelten    Schriften'^    eines    Autors    wiederabgedruckt 
worden  sind,  sei  es  unverändert  oder  in  erweiterter  Form. 
Andere  sind,  nachdem  sie  ihren  Beruf  als  Programm  erfüllt  hatten, 
in    zweiter   oder  mehrfacher  Auflage  f;esondert  im  Buch- 

i)  Vgl.  z.  B.  0.  S.  199,  Addi.  t. 

^)  Sie  köDote  z.  B.  von  dem  Jastitiar  •ioes  Proviozial-ScholkoUesiuu 
gegebeo  werden. 

»)  Vgl.  0.  S.  245. 


voD  R.  Ullrich.  207 

bandel  erschieneo;  manche  kfeioe  Abbanülungen  haben  sich  auf 
diese  Weise  allmäblich  zu  Büchern  erheblicheren  Umfaoges  aus- 
gewachsen. Der  Verlauf  erklärt  sich  sehr  einfach  so :  Hätten  die 
betr.  Autoren  ihre  Arbeiten,  statt  sie  als  Programm  zu  ver- 
&ffentlichen,  gleich  für  den  Erstdruck  einer  Zeitschrift  oder  einem 
Verleger  angeboten,  so  wurden  sie  aus  den  bekannten  GrQnden  nur 
in  den  seltensten  Fällen  Erfolg  gehabt  haben ;  nur  wenige  der  letzteren 
hätten  das  geschäftliche  Risiko  übernehmen  mögen,  oft  auch  dann 
nicht,  wenn  es  sich  um  literarisch  schon  bekanntere  Autoren 
handelte.  Nun  geschah  es  aber,  daß  nach  vielen  Programmen, 
die  sich  durch  den  Namen  des  Autors  oder  den  behandelten 
Gegenstand  empfahlen  oder  in  sachlichen  Rezensionen  günstig  be- 
sprochen wurden,  auch  dann  noch  Nachfrage  stattfand,  nachdem  die 
wenigen  Exemplare  vergriffen  waren,  die  sich  außerhalb  des  Tausch- 
Verkehrs  noch  im  Besitze  des  Autors,  der  veröffentlichenden  Schule 
oder  des  Verlegers  befanden,  der  eine  beschränkte  Zahl  in  Kommission 
genommen  hatte  ^).  Da  war  es  natürlich,  daß  Autoren  und  auch 
Verleger  sich  zu  neuen,  ausschließlich  durch  den  Buchhandel  zu 
vertreibenden  Auflagen,  zur  Aufnahme  in  „gesammelte  Schriften*'  usf. 
leichler  entschlossen,  wodurch  die  gelehrte  und  die  Schulwelt  in 
den  Besitz  nicht  weniger  jetzt  weit  bekannter  und  geschätzter 
Werke  kam,  die  man  ohne  den  Erstdruck  in  Programmform 
wahrscheinlich  kaum  jemals  erhalten  hätte.  Solcher  Fälle  sind 
mehrere  Hunderte')  zu  verzeichnen;  man  vgl.  für  die  Zeit 
vor  1876  und  nach  1900  die  oben  (S.  131 1.)  angeführten  Beispiele, 
für  1876—1900  die  von  Klufsmann  in  seinem  Werke  ver- 
zeichneten. Von  juristischer  Seite  scheint  also  doch  der  buch- 
händlerischen Verwertung  von  Programmarbeiten  nichts  im  Wege 
zu  stehen.  Natürlich  haben  die  Autoren  in  den  meisten  dieser 
Fälle  auch,  wie  billig,  das  übliche  Honorar  erhalten.  Es  ist  auf- 
fällig, daß  sich  die  Diskussion  dieses  wertvolle,  übrigens  verhältnis- 
mäßig leicht  zugängliche  Material  hat  entgehen  lassen  und  wirklich 
davon  gesprochen  werden  konnte,  den  Verfassern  „mußte  ihr 
Autorrecht  gewahrt  werden'',  während  sie  sich  bisher  „in  jeder 
Hinsicht  gebunden  fühlten'''). 

Indessen,  so  erfreulich  diese  Talsachen  für  die  Arbeil  des 
Autors  und  ihren  nachhalligeren  Erfolg  in  den  weitesten  Kreisen 
sein    mögen  —  und   fehlen    werden   sie   voraussichtlich    auch  in 


^)  Vgl  dtzo  z.  B.  die  Bemerkangen  o.  S.  228  mit  Aum.  2. 

')  Es  iit  charakteristiseh  fdr  die  Art  der  Beweisführaog  des  schon 
öfters  zitierten  anonymen  Verfassers  in  den  Grenzboten  vom  Jahre  1896 
(v|(l.  0.  S.  248—254),  daß  er  (a  a.  O.  S.  122)  meinte,  in  Unsend  Fällen 
würde  das  (aSnlich  die  Sicheran^  des  Autorrechts)  ja  höchstens  einmal 
praktiseh  werdeo.  Ein  Dorcbhlätteru  nor  der  beiden  ersten  Bände  Kinfs- 
maans,  die  ihm  1896  vorlagen,  hätte  ihn  aber  schon  öberzensen  können, 
daB  es  sieb  anders  verhielt. 

')  So  wiederim  der  Anon  mos  in  den  Gren%boten  von  1896,  a.  a.  0. 
S.  122. 


208  ProgramaweseQ  nod  Programmbibliothek  d.  hSh.  Scholea, 

Zukunft  nicht  — ,  wesentlich  för  die  ganze  Einrichtung  als 
solche  sind  sie  nicht,  weil  es  sich  eben  zunächst  gar  nicht  um 
private  Arbeit  eines  einzelnen  Autors  handelte,  deren  Zweck  auch 
nur  zu  einem  Teile  auf  äuBeren  Lohn  gerichtet  wäre,  sondern 
um  Veröffentlichungen  von  Schulen  mit  fest  umgrenzten  Zwecken 
und  Zielen. 

Die  Erreichung  dieser  Zwecke  hängt  nun  aber  nicht  biofi  von 
inneren  Gründen  ab.  Zwar  sahen  wir,  daß  besonders  die  irrigen 
Anschauungen  von  Wert,  Bedeutung  und  Aufgaben  der  Programme 
nicht  wenig  dazu  beigetragen  haben,  das  Urteil  ober  sie  ungunstig 
zu  beeinflussen  und  ihre  Wirkung  abzuschwächen.  So  muBte  die 
Arbeit  unternommen  werden,  durch  geschichtliche  und  syste- 
matische Untersuchung  diese  Anschauungen  auf  das  Maß  des  Be- 
rechtigten zuröckzuföhren.  Ganz  wesentlich  haben  aber  auch 
äufsere  Gründe  wenigstens  mitgewirkt,  die  Einrichtung 
zu  schädigen  und  ihren  Nutzen  in  den  Kreisen,  für  die  sie 
bestimmt  ist,  oft  nicht  zur  Geltung  kommen  zu  lassen;  nicht 
daß  es  von  jeher  an  äußeren  Veranstaltungen  gefehlt  hätte  oder 
heute  mangelte,  die  Programme  so  nutzbar  wie  möglich  zu 
machen.  Die  beteiligten  Kreise  und  besonders  diejenigen,  die 
harte  Kritik  an  der  Sache  übten,  haben  aber  vielfach  verabsäumt, 
längst  vorhandene  Mittel  der  Nutzbarmachung  wirklich  aufzusuchen 
oder,  falls  sie  es  doch  taten,  an  etwaige  Mängel  die  bessernde 
Hand  zu  legen.  So  wende  ich  mich  denn  am  Schluß  dieses  Ab- 
schnitts endlich  noch  zur  Erörterung  auch  dieser  wichtigen  Frage. 

H.  Die  NntzbarmaohuBg. 

Die  äußere  Nutzbarmachung  der  Programme  hängt  im  wesent- 
lichen von  drei  Dingen  ab.  Es  sind  dies  der  Tausch  verkehr, 
die  bibliographische  Bearbeitung  und  die  Programm- 
bibliothek. Die  letztere  dient  zunächst  jeder  Anstalt  allein  und 
wird  aus  verschiedenen  Gründen  besser  för  sich  bebandelt,  was 
in  Teil  III  g«*schehen  soll;. die  beiden  anderen  Mittel  aber  kommen 
der  Ausnutzung  der  Einrichtung  im  ganzen  zu  gute;  von  ihnen 
soll  daher  zunächst  die  Rede  sein.  Ich  beschränke  mich  dabei, 
soweit  der  Tauschverkehr  in  Betracht  kommt,  nicht  auf  die 
Abhandlungen,  sondern  schließe  aus  praktischen  Gründen 
die  Jabresberi'chte  mit  ein. 

a)    Der  Tauschverkehr. 

Der  Teubnerscbe  Tauschverkehr,  der  nun  schon  über 
30  Jahre  besteht,  hat,  wie  im  Vergleich  zu  den  früheren  Ver- 
hältnissen erklärlich,  bedeutende  Wirkung  geübt  und  übt  sie 
noch.  Freunde  und  auch  Gegner  der  Programme  haben  ihn  in  seiner 
jetzigen  Form  für  zweckmäßig  erklärt.  Vorschläge,  die  bestehende 
Organisation  wesentlich  zu  ändern,  konnten  als  aussichtslos  nach- 


von  R.  Ullrich.  i09 

gewiesen  werden  (o.  S.  252 f.,  S.  25—28);  sie  haben  glöcklicher- 
weise  auch  bisher  nirgends  zu  praktischen  Versuchen  oder  gar 
Erfolgen  geführt  Und  das  ist  gut.  Man  muß  noch  heute  an- 
erkennen, daß  der  Plan  s.  Z.  so  sorgfältig  entworfen  worden 
ist,  daß  der  Apparat  auch  in  der  Gegenwart  in  allen  Haupt- 
punkten gut  funktioniert.  Das  will  immerhin  etwas  sagen,  wenn 
wir  bedenken,  wie  schnell  auf  anderen  Gebieten  in  unserer  rasch- 
lebigen, immer  vorwärts  drängenden  Zeit  Organisationen  geändert 
werden  und  auch  wechseln  müssen,  weil  die  Sache  es  dringend 
fordert.  So  wird  es  sich  hier  nicht  darum  handeln,  einzureißen 
und  von  Grund  auf  neu  zu  bauen,  sondern  nur  einzelne 
Stellen  zu  bessern,  auszubauen,  den  Anforderungen 
der  Zeit  gemäfs  auszugestalten,  ohne  die  nötige  Stetigkeit, 
die  Gewöhnung  der  Pachgenossen,  auch  die  Einriebtungen  der 
Programmbibliotheken,  die  auf  die  gegenwärtige  Organisation  zu- 
geschnitten sind,  irgend  erheblich  zu  stören.  Daß  diese  über  ein 
Menschenalter  bestehende  Organisation  hier  und  da  besserungs- 
fähig sein  mag,  ist  an  sich  naturlich.  Ich  folge  bei  den  Vor- 
schlägen, die  ich  hiermit  den  Behörden,  Fachgenossen  und  vor 
allem  der  um  die  Sache  hochverdienten  Teubnerscben  Verlags- 
buchhandlung vorlege,  im  wesentlichen  der  Reihenfolge,  die  ich 
in  der  historischen  Skizze  und  der  Peststellung  der  gegenwärtigen 
Praxis  befolgt  habe  (o.  S.  166ff.,  170f.). 

a)  Die  Beteiligung  (zu  S.  169f.). 

Das  neuste  (erste  und  vorläufige)  Teubnersche  Pro- 
grammverzeichnis für  1907  führt  von  1146  höheren  Schulen  des 
Deutschen  Reiches  927  auf,  die  mit  ihren  Jahresberichten  und 
Abhandlungen,  soweit  sie  auch  letztere  liefern,  am  Tauschverkehr 
beteiligt  sind.  Darunter  vermissen  wir  aus  dem  bekannten  Grunde 
(s.S.  169  A.  2)  noch  immer  die  bayerischen  Schulen,  von  denen 
wenigstens  die  Gymnasien  nach  Erscheinen  ihrer  Abhandlungen 
auf  einem  besonderen  Verzeichnis  vermerkt  werden  (S.  171). 
Das  ist  immerhin  störend;  die  Polge  ist,  daß  die  bayerischen 
Abhandlungen  in  Norddeutschland  weit  weniger  bekannt  werden 
als  die  übrigen,  was  um  ihres  Inhalts  willen  zu  bedauern  ist. 
Denn  das  eine  Blatt,  auf  welchem  sie  (zusammen  mit  den  bei 
den  übrigen  Schulen  seit  dem  ersten  Verzeichnis  in  der  Heraus- 
gabe der  Programme  etwa  eingetretenen  Änderungen)  aufgeführt 
werden,  verliert  sich  leicht  und  kommt  in  den  einzelnen  Schulen 
noch  weniger  Kollegen  zu  Gesicht  als  das  erste,  größere  Ver- 
zeichnis, so  daß  der  einzelne  nur  dann  auf  das  ihn  persönlich 
Interessierende  aufmerksam  wird,  wenn  er  sich  in  der  nicht 
gerade  immer  zweckmäßig  eingerichteten  und  leicht  benutzbaren 
Programmbibliothek  (vgl.  Teil  III)  aus  sämtlichen  (ev.  schon 
eingeordneten)  bayerischen  Programmen  das  ihm  Erwünschte 
heraussucht  —  ein  umständliches  Verfahren.  Sollte  wirklich,  was 
in  Baden,    Elsafs-Lothringen    und  Württemberg   möglich 

ZdtMhr.  f.  d.  GhymBMialwcteB.    LXI.    8applemelltbe^.  t4 


2t0  ProfrtBDweseo  mod  Programmbibliothek  d.  hSh.  Sehnlea, 

ist   (auch  in  diesen  Ländern  erscheinen    wie  in  Bajern  die  Pro- 
gramme erst  im  Hochsommer),  es  nicht  auch  in  Bayern  sein,  um 
so    mehr,    als  von    den  bayerischen  Programmen  weitaus    die 
meisten  (s.  o.  S.  269f.)    fachwissenschaflliche   Gegenstände 
bebandeln?     Deren    Ausarbeitung   erfordert   aber    in    der    Kegel 
mehr  Zeit    als  es   bei  d^n    auf   allgemeines  luteresse    geriditelen 
Abhandlungen    der  Fall    i)>t;   so  kann    es   auch    keine  besondere 
Schwierigkeit  machen,  die  Themata  V«  oder  V«  Jahr  vor  dem  Er- 
scheinen   der  Arbeit  Torläufig    und  ohne  Verbindlichkeit  bekannt 
zu  geben,  so  daß  sie  in  das  erste  Verzeichnis  eingereiht  werden 
könnten.     Die  Sache    ist  seit  langem    in  Bayern  und  sonst  nicht 
wieder  angeregt  worden,   wenigstens    nicht  öffentlich.     Wenn  ich 
auch    keine  große  Hoffnung    auf  Erfüllung   des    im  Interesse  der 
Nutzbarmachung    der  bayerischen  Programme  sicher  berethtigten 
Wunsches  hege,  so  will  ich  doch  nicht  unterlassen,  ihn  zu  äußern, 
ebenso  wie  einen  zweiten,  der  sich  auf  die  Lieferung  der  baye- 
rischen Jahresberichte  der  Vollanstalten  und,  soweit  sie 
überhaupt   solche    herausgeben,    auch    der  Progymnasien  und 
Realschulen    im  Tausch  verkehr    bezieht.     Nur  die  bayerischen 
Abhandlungen    gelangen    überhaupt    zum  Tausch.     Von  dem, 
was  an   den    bayerischen  Schulen    im  Laufe    des  Jahres  voi-gebt, 
können  wir  nur  dann  etwas  erfahren,  wenn  wir  uns  die  Jahres- 
berichte   von  jeder    Schule  besonders  erbitten,    schon^für    den 
einzelnen  kaum  durchzuführen,  aber  jedenfalls  ohne  allgemeineren 
Nutzen.     Ich  will  zwar  nicht  verschweigen,  daß  die  bayerischen 
Jahresberichte,    von   denen   ich    mir   für   den    Zweck    dieser 
Arbeit  eine  Anzahl  auf  dem  genannten  Wege  verschafft  habe,  was 
die  Mannigfaltigkeit   des  Inhalts  betrifft,    ebenso   wie  die  meisten 
übrigen  süddeutschen,  dem  für  Schulgeschichle  und  -Organisation 
interessierten  Leser  nicht  allzuviel  bieten,  besonders  in  dem  sehr 
kurzen  Abschnitt  „Chronik*'.     Das  sehr  genaue  „Schulerver- 
zeichnis**   nimmt    erheblichen    Platz    ein,    in    der    Abteilung 
über  die  erledigten  Pensen    bieten,    wie    bei    der   größeren 
Gleichmäßigkeit  der  bayerischen  Schulverfassung  gegenüber  z.  B.  der 
preußischen  nicht  zu  verwundern  ist,   die  Berichte  der  einzelnen 
Schulen  mit  gleichen  Lehrzielen  wenig  Abweicliendes.     immerbin 
.ist  aber  doch  jeder,  der  etwas  Näheres  über   eine  einzelne  Schule 
wissen  will,  auf  ihre  Jahresberichte  zunächst  angewiesen.    Es 
ist  deshalb  zu  wünschen,    dafs    auch    die   bayerischen 
Jahresberichte,     zunächst    die    der    Gymnasien,    in    den 
Tauschverkehr    kommen.     Eine   allzu    starke  Mehrbelastung 
der  Programmbibliotheken    und    der    Bibliothekare  der    einzelnen 
Schulen    ist    bei     ihrer     nicht    großen     Zahl     kaum      za     be- 
fürchten.     Zum      mindesten      müßten      aber     die     grofsen 
wissenschaflli,'chen  Bibliotheken    in    den   Besitz    auch   der 
bayerischen     Jahresberichte     zu    kommen     suchen.       Bis  in 
die     Mitte     der     siebziger    Jahre     finden     wir     sie    dort     auch 


von  R.  Ullrich.  211 

(so  Z.B.    auf  der   Königlichen  Bibliothek   zu  Berlin),    seitdem 
fehlen  sie. 

Noch  wichtiger  scheint  mir  ein  ähnlicher  Wunsch,  der  aus 
sachlichen  Gründen  fast  den  Charakter  einer  Forderung  an- 
nehmen möchte,  bei  den  Programmen  (Jahresberichten  wie 
Abhandlungen)  ans  Österreich  und  der  Schweiz. 

Was  von  schweizerischen  Programmen  jetzt  in  den 
deutschen  Tauschverkehr  kommt,  ist  minimal  (o.  S.  170  Anm.  2). 
Bedenken  wir  aber,  wie  eigenartig  das  schweizerische  Sekundar- 
schulwesen  in  den  einzelnen  Kantonen  gestaltet  ist^),  wie  viel 
tüchtige  Programmarbeiten  die  verhältnismäßig  geringe  Zahl  der 
Hittelschulen  des  kleinen  Landes  geliefert  hat'),  so  ist  es  doch 
zu  bedauern,  daB  uns  davon  in  Deutschland  auf  dem  einfachen 
Wege,  den  nur  der  Tauschverkehr  bietet,  so  wenig  bekannt  wird. 
Ohne  Büelers  verdienstliches  Verzeichnis  (o.  S.  116,  Nr.  37), 
das  wenigstens  bis  zum  Jahre  1889  den  Bestand  zugänglich 
macht,  wüßten  wir  selbst  von  den  früheren  Zeiten  so  gut  wie 
nichts.  Die  Schwierigkeit  liegt  natürlich  darin,  daß  die  etwa  30 
in  Betracht  kommenden  Anstalten  der  Schweiz  (wie  mir  z.  B.  bei 
einem  Besuche  in  Prauenfeld  auch  versichert  wurde),  wenn  sie 
an  dem  deutschen  Tauschverkehr  teilnehmen  wollten,  nicht  bloß 
sämtlich  eine  erheblich  höhere  Auflage  herstellen  müßten,  sondern 
—  nach  dem  Gesetze  des  Gebens  und  Nehmens  —  *)  auch  ihrer- 
seits die  vielen  Hunderte  deutscher  Programme  erhalten  würden, 
für  die  man  in  solchem  Umfange  bei  ihnen  weder  Interesse 
noch  Bedürfnis  voraussetzen  kann,  ganz  abgesehen  davon,  daß 
ihre  Schulbibliotheken  nicht  seit  langem  so  darauf  eingerichtet 
sind  wie  die  deutschen.  Es  wäre  aber  schon  ein  Vorteil,  wenn 
wenigstens  zwischen  einigen  der  bekannteren  schweizerischen 
Sekundärschulen  (über  die  wenigen  oben  S.  170,  Anm.  2  ge- 
nannten hinaus)  und  einer  Auswahl  deutscher  Anstalten  im 
Zusammenhange  mit  der  Teubnerschen  Organisation  ein  be- 
schränkter Tauschverkehr  hergestellt  werden  könnte.  Auf 
beiden  Seiten  würden  in  erster  Linie  die  Anstalten  in  Betracht 
kommen,  die  durch  Alter,  eigenartigen  Charakter,  auch  —  was 
wesentlich  —  durch  ausreichende  Bibliotheksräume  dazu  besonders 
geeignet  sind  %  Durch  eine  Umfrage  Teubners  bei  den  einzelnen 
Schulen  beider  Länder  ließe  sich  das  am  Ende  regeln.  Es  wäre 
doch  ein  Fortschritt,  wenn  man  wenigstens  in  einer  bestimmten 
Anzahl   deutscher   Schulen   sicher   sein   könnte,    eine  Auswahl 

^)  V|;l.  fchoo  dis  ei 0  6  Beispiel  tnf  der  Ttbelle  o.  hinter  S.  160. 

0  Vgl.  die  kleine,  oben  S.  71—13  gegebene  Aaswthl  und  daza  8.  71 
Anm.  1. 

>)  Vgl.  darüber  o.  S.  225,  227  und  S.  177. 

^)  Von  schweizerischer  Seite  denke  ich  etwa  an  Aar  an,  Basel 
(alle  Anstalten),  Bern,  Bargdorf,  Eiosiedeln,  Frauenfeld,  St. 
Gallen,  Genf,  Laasaone,  Lasern,  Schaffhaaseo,  Solotharn, 
Winterthar  aad  Zürich  (anch  die  Kantonschole). 

i4* 


j}22  Proi)''*BiBweseo  «od  Profraviibibliothek  d.  hSh.  Sehalea, 

schweizerischer  Programme  zu  finden;  und  auch  einige 
Schulen  der  Schweiz  durften  am  Ende  einem  irgendwie  be- 
schränkten Tauschverkehr  mit  deutschen  Schulen  nicht  ganz  ab- 
geneigt sein,  der  sie  mit  manchem  an  den  höheren  Schulen 
Deutschlands  Geleisteten  oder  Angestrebten  bekannter  machen 
würde.  Naturlich  mußten»  gerade  wie  bei  den  bayerischen 
Jahresberichten,  so  auch  hier  unsere  Universitätsbiblio- 
theken —  es  sind  ihrer  ja  nicht  zu  viele  —  und  die  grofsen 
Bibliotheken  etwa  von  Berlin,  Darmstadt,  Mönchen  und 
Stuttgart  sich  der  Sache  annehmen. 

Ganz  besonders  empfindlich  macht  sich  aber  im  deutschen 
Tauschverkehr  ein  önt erreich  betreffender  Mangel  gellend, 
wenig:«tens  für  alle  diejenigen,  die  sich  für  diesen  oder  jenen 
Zweck  mit  irgend  einer  Seite  des  österreichischen  Miltel- 
schul Wesens,  seiner  Entwickelung  in  bestimmter  Zeit  oder 
seinem  gegenwärtigen  Stande  vertraut  machen  möchten,  —  Dinge, 
für  die  als  Hauptquelle,  soweit  es  sich  um  einzelne  Schulen  oder 
Kronländer  handelt,  wiederum  die  —  sehr  ausfuhrlichen  — 
Jahresberichte  der  Anstalten  und  auch  recht  viele  ihrer 
Abhandlungen  in  Betracht  kommen.  Was  hekommen  wir  aber 
davon  in  Deutschland  zu  sehen?  Nur  etwa  den  dritten  Teil 
(ich  rechne  hier  natürlich  nur  die  Schulen  Deut  seh -Österreichs), 
der  oben  (S.  169,  Anm.  3)  verzeichnet  ist.  Zwar  ist  die  Zahl 
der  österreichischen  Programme,  die  im  Tauschverkehr  an 
deutsche  Schulen  kommen,  ja  seit  den  siebziger  Jahren  etwas 
gewachsen,  jedoch  nur  unerheblich,  etwa  um  V4.  Aber  was  am 
schwersten  ins  Gewicht  fällt,  die  Realschulprogramme  fehlen 
so  gut  wie  ganz;  von  den  österreichischen  Realschulen,  deren 
Organisation  von  der  der  deutschen  erheblich  abweicht,  von  ihrer 
Geschichte,  von  allem,  was  Jahr  für  Jahr  bei  ihnen  vorgeht,  er- 
fahren wir  —  was  doch  durch  Vermittelung  des  Tausch  Verkehrs 
so  leicht  wäre  —  nichts,  gar  nichts,  auch  nicht  auf  unseren 
großen  Bibliotheken.  Denn  auch  diei^e  erhalten  nicht  mehr 
aU  die  oben  S.  169  verzeichneten  69  Berichte  (von  68  Gymnasien 
und  1  Ober-Realschule),  die  deutschen  Schulen  aufserhalb 
Preufsens,  Bayerns,  Sachsens,  Badens  und  Württem- 
bergs nicht  einmal  diese.  Der  einzige  Weg,  wenigstens  von 
den  Abhandlungen  der  übrigen  ca.  150  Schulen  Deutsch- 
Österreichs,  vor  allem  der  Realschulen,  etwas  zu  erfahren,  ist 
die  Einsichtnahme  in  das  (in  deutschen  Schulen  zudem  kaum 
bekannte)  amtliche  österreichische  Verzeichnis  (o.  S.  115, 
Nr.  33),  in  dem  natürlich  alle  stehen  (auch  die  mit  böhmischer, 
polnischer  usw.  Unterrichtssprache),  und  ev.  Besorgung  in  jedem 
einzelnen  Falle  durch  die  betr.  Schulen  selbst.  Wer  also  etwa 
in  Preufsen  eine  gewisse  Übersicht  über  den  Stand  eines  größeren 
Komplexes  von  österreichischen  Realschulen  an  der  Hand 
ihrer  Jahresberichte   gewinnen    wollte   (und    diese  enthalten  sehr 


von  R.  Ullrieh.  21$ 

viel  sehälzbares  Material),  könnte  das  erst  auf  einer  österreichi- 
sehen  Bibliothek  erreichen.  LieBe  sich  hier  nicht  ein  gewisser 
Wandel  schaffen?  Ich  glaube  wohl.  Erleichtert  wird  die  Sache 
durch  den  auffallenden  Umstand,  daß  die  meisten  österreichischen 
Mittelschulen  in  ihren  Programmbibliotheken  einen  weit  größeren 
Bestand  an  reichsdeutsch en  Programmen  haben,  als  wir  an 
österreichischen.  Während  bei  uns  für  jedes  Jahr  immer  nur 
die  genannten  69  zu  finden  sind,  haben  nicht  wenige  öster- 
reichische Schulen  150,  200  und  mehr  reichsdeutsche  Programme 
je  eines  Jahrganges  in  ihrem  Besitz^),  wie  sie  denn  Oberhaupt  auf 
die  möglichste  Vollständigkeit,  die  Ordnung,  Statistik  und  Nutz- 
barmachung ihrer  Programmbibliotheken  von  jeher  großen  Wert 
gelegt  haben.  Dieser  Umstand  legt  den  berechtigten  Wunsch 
nahe,  daß  die  österreichischen  Schulen,  die  so  reichlich 
Programme  von  deutschen  erhalten,  diesen  (sowie  den  großen 
deutschen  Bibliotheken)  auch  die  ihrigen,  wenigstens  solche  in 
deutscher  Unterrichtssprache  (reichlich  200),  vor  allem  die  der 
Realschulen,  in  größerem  Umfange  mitteilen  als  es  bisher  ge- 
schieht. In  Österreich  gehen  die  Berichte  von  den  einzelnen 
Schulen  an  das  K.  K.  Ministerium  und  erst  durch  dieses  an 
Teubner,  der  aber,  wie  er  mir  mitteilt,  eben  auch  nicht  mehr 
als  die  69  genannten  zur  Weiterverteilung  an  die  oben  genannten 
Staaten  erhält.  Es  wäre  also  das  österreichische  Ministerium  um 
seine  Vermittelung  anzugehen  in  dem  Sinne,  daß  ein  gewisser 
Ausgleich  zwischen  Empfangen  und  Geben  hergestellt  wird.  Um 
eine  zu  große  Belastung  der  Programmbibliotheken  der  einzelnen 
deutschen   höheren   Schulen   zu   vermeiden,    von   denen   manche 


^)  Die  meist«o  österreichiseheD  Jahresberichte  waisea  eioe. 
gentae  Bibliotheks-  uod  Programmstatistik  auf,  die  z.  T.  bis  ios 
eiozeloste  gebt,  besooders  io  Böbmeo.  Hier  geben  z.  B.  maocbe  Aastaltea 
aaeh  den  jfabreszawaehs  an  Programmen  nach  den  Ländern  ibrer 
Herkonft  an.  So  finden  wir  io  den  Berichten  ober  das  Scbaljahr  19U5/6 
als  jÜbrliebcn  Zuwachs  an  Programmen  aufgeführt:  In  Bndweis  G.  (S.  32): 
716  Stück,  Eger  G  (S.  50):  789,  Landskron  G.  (S.  40):  788  im  ganzen. 
Aof  Österreichiiche,  bei  denen  Abhandlung  nod  Jahresbericht  fast  durch- 
weg eine  Einheit  bilden,  kommen  davon  im  Höchstfall  (vgl  o.  S.  272)  gegen 
370,  verbleiben  also  aareichsdeutscben  300 — 400  and  mehr.  Sollten  hier- 
bei diese  ja  meist  getrennt  erscheinenden  Abhaodlnngen  und  Jahreiberichte 
gesondert  gezählt  aeio,  so  blieben  immer  noch  durchschnittlich  gegen 
200  Programme  im  ganzen  übrig,  mehr  als  das  Doppelte  der  Zahl,  die  von 
Österreich  zu  uns  kommt.  Noch  bestimmter  lesen  wir  im  Bericht  von 
Saaz  G.  von  demselben  Jahre  (S.  32):  „Programme  wurden  zugesandt:  ..  • 
von  K.  bayeriscbeo  Anstalten  45,  von  anderen  Anstalten  des  Deutschen 
Reichs  und  Lektiooskataloge  von  Universitätro  (deren  Zahl  ja  nur  unerheb- 
lich ins  Gewicht  Hiilt):    388'S   in  dem  von  Bielitz  G.  (Scblesieo)  (S.  30): 

yyDorch  Taosch   erhielt   das  Gymn 378    bayerische    und    anderweitige 

reichsdeutsche  Berichte''.  Dafl  die  bayerischen  Berichte  besooders  nam* 
baft  gemacht  werden,  bat  seinen  Grund  in  dem  zwischen  Osterreich  und 
Bayern  beateheaden  Sonderaustanseh;  vgl.  o.  S.  107  Nr.  LXXXXVI 
nad  S.  172. 


214  Progrannwofen  and  Proframabibliotliek  d.  kSh.  Schol»«, 

älteren  und  leider  auch  etliche  neueren  keinen  OberfluB  an  Raum 
haben,  lieBe  sich  ja  die  Sache  etwa  in  derselben  Weise  regeln« 
wie  es  überhaupt  schon  jetzt  im  allgemeinen  Taoschverkehr  ge- 
schieht. Die  Anstalten  mögen  je  nach  Neigung  und  vor  allem  nach 
Baum  wählen,  welche  österreichischen  Berichte  sie  haben  wollen. 
Anstalten,  die  Platz  genug  haben  und  bei  deren  Kollegien  gröBerea 
Interesse  auch  für  Schulverhältnisse  außerhalb  der  Landesgrenzen 
besteht,  werden  vielleicht  alle  etwa  200  österreichischen  Pro* 
gramme  zu  haben  wünschen;  manche  Gymnasien  werden  sich 
mit  denen  der  gleichartigen  österreichischen  Anstalten  begnügen, 
dgL  die  Realschulen  sich  etwa  auf  die  österreichischen  Realschal- 
berichte beschränken  usf.;  etliche  Schulen  werden  vielleicht  ganz 
verzichten  (wiewohl  man  das  bedauern  müBte),  wie  ja  denn  auch 
nicht  wenige  österreichische  Anstalten,  besonders  Realschulen, 
reichsdeutsche  Berichte  nur  in  ganz  geringer  Zahl  oder  überhaupt 
nicht  beziehen.  Nur  die  Möglichkeit  müßte  gegeben  sein,  daß 
man  z.  B.  in  jeder  preußischen  Provinz  an  mehreren  Stellen 
sämtliche  Berichte  aus  Deutsch-Österreich  bestimmt  vorfände 
und  benutzen,  oder,  wo  das  aus  einem  der  genannten  Grunde 
nicht  angängig  ist,  auf  irgend  eine  Weise  in  sichere  Erfahrung 
bringen  könnte,  an  welcher  Stelle  bestimmte  Berichte 
sicher  zu  finden  sind.  Es  ist  das  freilich  ein  Problem, 
das  selbst  für  die  inneren  deutschen  Verhältnisse  noch  der  Lösung 
bedarf,  die  zu  geben  indes  nicht  gar  so  schwer  ist,  wie  man 
meinen  möchte  (vgl.  den  Abschnitt  b,  S.  220  ff.). 

Ein  äufseres  Bedenken  will  ich  aber  nicht  übergehen,  das 
manche  gegen  eine  wenn  auch  mäfsige  Ausdehnung  des 
Tauschverkehrs  haben  könnten,  selbst  wenn  sie  mir  sach- 
lich beistimmen,  wie  wohl  wenigstens  alle  Arbeiter  auf  dem  Ge- 
biete der  Schulgeschichte  und  Schulorganisation  tun  dürften,  — 
idi  meine  die  Befürchtung  zu  starker  Belastung  der  Programm- 
bibliotheken und  der  Bibliothekare.  Man  wird  sich  dabei  erinnern, 
daß  in  den  letzten  Jahrzehnten  nur  zu  häufig  über  diesen 
„Ballast**,  die  „Nilöberschwemmung**  oder  wie  es  sonst  heißen 
mochte,  geklagt  worden  ist  —  allerdings  beinahe  ausschließlich 
im  Zusammenhang  mit  der  Vorstellung  von  der  „Minderwertig- 
keit** der  Abhandlungen.  Fällt  die  letztere  Vorstellung  aber  als  irrig 
weg  (und  daß  sie  das  ist,  habe  ich  geglaubt  mit  einiger  Sicherheit 
nachweisen  zu  können),  so  verliert  auch  das  Bedenken,  das  gegen 
die  Beschwerung  der  Programmbibliotheken  mit  „Ballast"  —  im 
eigentlichsten  Sinne  —  erhoben  werden  möchte,  an  Bedeutung, 
um  so  eher,  da  die  Zahl  der  Abhandlungen  sich  seit  den  neun- 
ziger Jahren  erheblich  vermindert  hat.  Und  wenn  auch  An- 
zeichen dafür  vorhanden  zu  sein  scheinen,  daß  sie  sich  wieder 
langsam  heben  wird  (vgl.  o.  S.  171),  so  nehme  ich  doch  nicht 
an,  daß  die  hohen  Zahlen  der  achtziger  Jahre  in  absehbarer  Zeit 
wieder  erreicht  werden.     Überdies   halte  ich  ja  die  allgemeine 


TOft  R.  Ullrieb.  216 

Ausdehnung  d«*8  Tauschverkehrs  (abgesehen  von  dem  der  bayeri- 
schen Jahresberichte)  auf  die  Anstalten  Österreichs  und  der 
Schweiz  weder  für  zweckmäßig  noch  geboten.  Er  bleibe  auf 
die  Anstalten  beschränkt,  die  Interesse  und  zugleich  Platz  dafür 
haben.  Innerhalb  Deutschlands  freilich  halte  ich  den 
Tauschverkehr  aller  Anstalten  mit  allen  für  richtig;  die 
Grflnde  liegen  eigentlich  nahe  genug,  als  daß  ich  sie  nennen 
mußte.  Da  aber  doch  gelegentlich  die  Frage  aufgeworfen  ist, 
wozu  denn  diese  oder  jene  Anstalt  eine  so  hohe  Auflage  z.  B. 
ihrer  Jahresberichte  in  den  Tausch  geben  sollte^),  wie  oft  ge- 
fordert werde,  so  muß  ich  kurz  darauf  eingehen.  Der  hohe  all- 
gemeine Nutzen  der  Einrichtung  wird  —  soweit  wenigstens 
Deutschland  zunächst  in  Frage  kommt  —  nur  dadurch  erreicht, 
daß  Jeder  Lehrer  in  seiner  Schule  sämtliche  Programme 
der  anderen  Schulen  von  einem  bestimmten  Termine 
ab  sicher  vorfindet')  und  —  für  welche  wissenschaftlichen  oder 
praktischen  Zwecke  auch  immer  —  benutzen  kann.  Die  Teubner- 
scben  Bestimmungen  (o.  S.  171,  Z.  1  und  2)  haben  zwar  den 
Anstalten  die  Auswahl  frei  gestellt.  Wer  soll  die  aber  treffen? 
Der  Direktor,  der  Bibliothekar,  die  Konferenz?  Jede  dieser  In- 
stanzen würde  subjektiv  urteilen,  und  ein  Mehrheitsbeschluß  in 
der  Konferenz  mußte  die  Minderheit  wissenschafUich  und  praktisch 
in  unerwünschten  Nachteil  setzen.  Außerdem  ändert  sich'  das 
Gesicht  mancher  Kollegien  im  Laufe  weniger  Jahre  erheblich. 
Was  heute  vielleicht  an  Abhandlungen  oder  Jahresberichten  ent- 
behrlich schien,  wird  später  wertvoll  und  begehrt.  In  richtiger 
Würdigung  dieser  Sachlage  haben  denn  auch  weitaus  die  meisten 
Kollegien  eine  „Auswahl**  für  unz weckmäfsig  gebalten 
und  beziehen  sämtliche  Jahresberichte  und  Abhandlungen  der 
anderen  Schulen  —  was  übrigens  auch  den  Bibliothekaren  wie 
der  Verlagsbuchhandlung  die  Arbeit  wesentlich  erleichtert'). 
Einen  prinzipiellen  Unterschied  zwischen  Abhandlungen  und 
Jahresberichten  (soweit  sie  äußerlich  getrennt  erscheinen)  in 
dieser  Beziehung  etwa  mit  Röcksicht  auf  ihren  Wert  zu  machen, 
halte   ich  für  überaus  mißlich^),   besonders   wenn  die  Jahres- 


>)  Vgl.  c.  B.  M.  Killmao D  a.  a.  0.  (vgl.  S.  126  Nr.  122)  S.  483. 

*)  leh  halte  daher  aach  den  Vorschlag  Kiilmaoos  (a.  a.  0.)  nicht 
for  zweekinäßig,  daß  aar  die  AbhandiDogen  io  den  Tausch  verkehr 
konmeo,  die  Schal  oaehrichten  aber  voo  der  Schale  selhsti 
aad  Bor  aof  direktes  Verlaogeo,  abgegeben  werden  sollten. 

')  So  bezieheo  zur  Zeit  —  nach  freundlicher  Mitteilung  der  Verlagi- 
bachhaodlang  —  Y«  ^^i*  '"^  Tauschverkehr  teiloehoeudeu  Anstalten  alle 
Programme  (Abhandlungen  und  Jahresberichte),  Vs  beziehen  alle  Ab- 
handlangen  (ohne  Jahresberichte),  endlich  wihlt  ^/^  unter  den  Ab- 
handlangen  allein. 

*)  Die  Lehrer  an  solchen  Anstalten,  die  io  der  Art  wie  die  oben 
(Aom.  3)  genannten  %  nur  eine  Aas  wähl  bestellen,  siod  daher  sehr  im 
Maehteil  gtgtn  die  aodereo,  die  alle  erhaltea. 


216  Programmweseo  and  Pro^rannbibliothek  d.  höh.  Schule b^ 

berichte  davon  betroffen  werden,  die  in  ihrer  Gesamt- 
heit, weil  sie  eben  alle  Schulen  umfaßt,  viel  bedeutungsvoller 
sind  als  eine  wie  auch  immer  geartefje  ZusammenstelluDg  von 
Abhandlungen,  die  nur  ein  Teil  der  Schulen  (zur  Zeil  nicht 
einmal  die  Hälfte)  liefert 

ß)  Einzelbestimmungen  (zu  S.  170). 

Zu  2.    Die  Einzelbestimmungen  des  Tauschverkebrs 
bedürfen   in   einigen  Punkten   dringend   der  Verbesserung.     Zu- 
nächst sind  die  2  Exemplare  des  (vorläufigen)  gedruckten 
Verzeichnisses,   das  immer   gegen  Ende  des  Jahres  erscheint, 
die  Übersicht   der  teilnehmenden  Schulen   und   die  Ankündigung 
der   für   das   nächste  Jahr    in  Aussicht   gestellten  Abhandlungen 
enthält,  völlig  unzureichend,  schon  für  die  Kollegien  ganz  kleiner 
Anstalten,   geschweige   denn  der  großen  und  größten.    Was   für 
Nutzen  sollen  diese  2  Exemplare  stiften?  Den  Zweck,  die  einzelnen 
Mitglieder  der  Kollegien  auf  das  sie  Interessierende  vorzubereiten 
(und  das  sollen  sie  doch),  erreichen  sie  ganz  gewiß  nicht.     Eins 
der  Exemplare  muß  zudem,    wenigstens  von  allen  Anstalten,    die 
nur  eine  Auswahl  bestellen,  binnen  14  Tagen  an  Teubner  zurück- 
geschickt werden,  das  andere  aber  muß  unbedingt  —  wenigstens 
überall  da,  wo  auf  Ordnung  gehalten  wird  —  der  Bibliothek  ver- 
bleiben,   und  zwar  ehe  es  durch  20  oder  mehr  Hände  gegangen 
ist.    Wie  sollen  die  Lehrer,  und  zwar  jeder  einzelne,  zur  Kennt- 
nis der  zu  erwartenden  Programme  kommen?    Und  gerade  dieses 
vorbereitende  Aufmerksam  machen  ist  wichtig.    Von  nicht  wenigen 
Kollegen  an  verschiedenen  Orten  (und  ich  habe  über  die  Programm- 
angelegenheit  wohl   mit  einigen  Hundert  korrespondiert  oder  ge- 
sprochen), wird  darüber  geklagt,  daß  sie  das  genannte  Verzeichnis 
kaum   jemals    zu  Gesicht    bekommen   hätten.    Das  ist  natürlich. 
Woher  soll   dann  aber  ein   tieferes  Interesse   für   die  jedes  Jahr 
erscheinende  Programmliteratur   kommen?    Hier   muß   also  za- 
nächst  Wandel  geschaffen  werden  dadurch,  daß  an  kleineren  An- 
stalten mindestens  5,    an  größeren  10  Exemplare  zur  Verfügung 
stehen;   am  besten  wäre  es  freilich,  wenn  jedem  Kollegen  eins 
zugestellt  werden   könnte.     Ob  das  möglich  ist,    müßte  der  Ver- 
leger entscheiden;  es  ist  eine  reine  Kostenfrage.     Sollte  der  Satz 
von  9  M,    den  jetzt   jede  Anstalt    zu    der  Organisation    beiträgt, 
etwa  auf  10  M  erhöht  werden  müssen,  so  wäre  das  ja  wohl  von 
jeder  zu  ertragen  im  Hinblick  auf  den   großen  Nutzen   für    den 
einzelnen  Lehrer  wie  für  das  Interesse  an  der  Programmeinrichtung 
überhaupt.     Da    aber   jede   Erhöhung   eines    einmal    festgelegten 
Beitrags,  und  sei  sie  noch  so  notwendig,  auf  viele  Menschen  immer 
verstimmend  wirkt,  ließe  sich,  gerade  was  die  Teubnersche  Hand- 
lung betrifft,    vielleicht  auf  andere  Weise   ein  Ausgleich  schaffen, 
z.  B.  dadurch,    daß  diese  den  Druck  ihrer  oft  sehr  umfänglichen 
Kataloge  und    besonders    die  Versendung  an  jeden  einzelnen  der 
Tausende    von  Oberlehrejn,    oft  mehrmals   im  Jahre,   etwas  ein- 


TOB  R.  üllrieL  217 

schränkt.  Solche  größeren.  Altes  und  Neues  vereinigenden  und 
doch  selten  erschöpfenden  Kataloge,  besonders  wenn  sie  nicht 
bloB  Verzeichnisse  sind,  in  denen  man  sich  leicht  zurechtfindet, 
sondern  noch  allerhand  Randglossen  liefern,  lohnen  die  enormen 
Versendungskosten  nicht  und  hahen  nach  meinen  Beobachtungen 
bei  den  meisten  Lehrern  nicht  den  Erfolg,  den  der  rührige  Ver- 
leger (und  auch  andere)  von  ihnen  erwarten ;  die  wenigsten  dieser 
Kataloge  werden  wirklich  studiert,  viele  enden  alsbald  im  Papier- 
korbe. Empfehlungen  einzelner  neuerer  V\^erke,  knappe  Zu- 
sammenstellungen aus  einzelnen  Literaturgebieten,  wie  sie  z.  B. 
Zeitschriften  beigelegt  oder  auf  den  Umschlägen  von  Büchern  ab- 
gedruckt zu  werden  pflegen,  sind  viel  wirksamer.  Vielleicht 
zieht  die  Teubnersche  Verlagsbuchhandlung  beide  Vorschläge  in 
Erwägung  und  entscheidet  sich  für  den  einen. 

Zu  4  (S.  171).  Es  bedarf  die  große  Unpflnktlichkeit 
der  Lieferung  durch  manche  Anstalten  einer  erheblichen  Kor- 
rektur. Wenn  wirklich  in  allen  den  Fällen,  wo  nicht  gewichtige 
Hinderungsgründe  vorliegen,  von  den  Anstallen  so  verfahren 
würde,  wie  der  Vertrag  vorschreibt,  nämlich  daß  die  Programme 
unmittelbar  nach  Erscheinen  (oder  sagen  wir  milder: 
spätestens  14  Tage  danach)  an  Teubner  einzusenden  sind, 
so  wäre  viel  geholfen.  Bei  nicht  wenigen  norddeutschen  Anstalten 
(und  zwar  sind  es  nach  meinen  Beobachtungen  der  letzten  Jahre 
fast  regelmäßig  dieselben)  ist  aber  die  verspätete  Einsendung 
der  Berichte  geradezu  chronisch,  ohne  daß  sich  ein  vernünftiger 
Grund  dafür  einsehen  ließe,  wie  er  etwa  in  einem  durch  die 
Schulorganisation  der  betr.  Anstalten  veranlaß! en  späteren  Er- 
scheinen liegt  (so  in  den  oben  (S.  165)  angeführten  Fällen)^). 
Die  Folge  ist  dann,  daß  die  erste  Teubnersche  Sendung  bei 
weitem  nicht  alle  Osterprogramme  enthält  (die  fehlenden  kommen 
immer  erst  im  Dezember  nach,  vgl.  S.  171,  Abs.  ^),  wie  es  doch  auch 
im  Interesse  der  leichteren  und  gleichmäßigeren  Einordnung  in 
die  Programmbibliothek  (s.  Teil  111)  wünschenswert  wäre,  und  die 
Versendung  durch  Teubner,  anstatt  um  Pfingsten  herum,  immer 
erst  kurz  vor  den  Hundstagen  erfolgt  —  für  den  größten  Teil 
der  norddeutschen  Anstalten,  die  ihre  Sommerferien  Anfang  Juli 
beginnen,  der  denkbar  ungünstigste  Termin,  was  wohl  nicht  näher 
begründet  zu  werden  braucht.  Noch  länger  verzögert  sich  sodann 
die  zweite  Sendung  (S.  171,  y\  die,  anstatt  im  Oktober  zu 
kommen,  wie  sie  sollte  und  könnte,  in  der  Regel  erst  Weih- 
nachten, manchmal  noch  später  eintrifft.  Hier  ist  der  Grund 
freilich  erklärlicher.  Die  süddeutschen  Programme  erscheinen 
Ende  Juli   mit  Schluß   des    Schuljahres;   dann   setzen   hier  die 


^  ßbrigeofl  kommt  das  stiftmissmaSig  erat  Ende  Mai  erscheioende 
Porleoter  Prosramm  trotzdem  reseimäfiig  schon  mit  dem  „Hundataga- 
paket**  an. 


218  Pro^rammweseo  und  Programmbibliothek  d.  hSh.  Seholea, 

groSen  Ferien  (bis  Mitte  September)  ein,    so  daß   bei  nicht  sehr 
großer  Konsequenz  der  belr.  Schuldirektionen  leicht  ein  um  viele 
Wochen  längerer  Verzug  eintritt  als  in  Norddeutscbland,    wo  auf 
das  Erscheinen    des   Osterprogramms   nur    kurze    Ferien   folgen. 
Hier  wäre  vielleicht   besonders  eine  gelegentliche  amtliche  Er« 
innerung  an  den  bestehenden  Vertrag  erwünscht.     Die  öster- 
reichischen Programme   erscheinen    zwar  schon    Anfang   Juli, 
werden  aber  (s.  o.)   nicht  direkt   an  Teubner  geschickt,    sondern 
zunächst  an  das  Ministerium   und  erst  durch  dessen  Vermittlung 
an  die  Verlagsbuchhandlung.    Jeder  Instanzenweg  verzögert  aber 
die  Schnelligkeit    der  Grledit^uog.     So    wäre   es    vielleicht    anzu- 
streben, daß  die  österreichischen   Sendungen,    soweit  sie  für 
den  deutschen  Tausch  verkehr   bestimmt   sind,    und  zwar  tan- 
liehst  in  gröfserer  Zahl  als  bisher  (s.  o.  S.  2I2B.),  direkt  an 
Teubner  gelangen,    so  daß    die  Verteilung  durch  ihn  etwa  schon 
im  Oktober  erfolgen  könnte.     Die  Verlagshandiung  wurde  sich  ein 
Verdienst   um    die  Sache   erwerben,    wenn    sie   im  Interesse  des 
Ganzen    sich    mit   dem    österreichischen   Ministerium    in    diesem 
Sinne  in  Verbindung  setzte.     Es  handelt   sich  nämlich  nicht  nur 
darum,    daß    die  Programme    selbst   den  Interessenten  möglichst 
bald  nach  Erscheinen  zugänglich  gemacht  werden;    vielmehr  wird 
auch    die    bibliographische  Nutzbarmachung    der  Programm- 
literatur durch  die  späten  Versendungen   so  ungünstig  beeinflußt, 
daß    wenif^stens    in  heutschland    die    beiden    wichtigsten  Jahres- 
verzeichniiise,    das    zweite    (endgiltige)    von   Teubner    und 
das  der  Königl.  Bibliothek  zu  Berlin  (s.  o.  S.  112,  Nr.  13b 
und   15)    erst  sehr  spät   erscheinen  können,    meist  erst  reichlich 
ein  Jahr  nach  Erscheinen  der  Abhandlungen»  während  ein  froherer 
Termin  sehr  erwünscht  und  bei  größerer  Pönktüchkeit  der  Ver- 
sendung durch  die  Anstalten  auch   wohl  recht  gut  möglich  wäre. 

Zu    6   (S.  171)   ist   schon    oben   {S.  216)   das    ev.    Nötige 
bemerkt. 

Zu  7  (S.  171).  Über  das  trotz  des  Vertrages  immer  noch 
sphr  ungleiche  (vielfach  zu  große)  Format  der  Programme,  das 
für  die  Bibliotheken  eine  wahre  crux  bildet,  ist  schon  oben 
(S.  173f.)  gesprochen  worden.  Auch  das  letzte  Jahr  bietet  wieder 
zahlreiche  Beispiele  dafür,  daß  sich  viele  Anstalten  höchst  un- 
nötigerweise von  dem  Format  von  25Vs  :  20Vt  cm  emanzipieren. 
Wied«*rum  liegen  auch  Programme  vor,  bei  denen  auf  dem  Titel 
des  Jahresberichts  (wenn  er  getrennt  ausgegeben  wird)  ein  Hin- 
weis auf  die  gleichwohl  beigegebene  Abhandlung  fehlt  oder 
dieser,  wenn  vorhanden,  nicht  die  nötige  Vollständigkeit  aufweist 
(Name  und  Vorname  —  ev.  mehrere  —  des  Verfassers, 
genauer  Titel  der  Schrift).  Wiederum  begegnen  Abhandlungeo, 
die  weder  die  Namen  des  Verfassers  mit  der  nötigen 
Vollständigkeit  (s.o.)  noch  —  was  schlimmer  —  den  Namen 
der    zugehörigen  Anstalt,    das    Jahr    des  Erscheinens    und 


voi  R.  UllrielL  219 

die  Teubnersche  (fortlaufende)  Nummer  (S.  170,  Abs.  2)  ent- 
halteDy  so  daB  der  Bibliograph  und  Biblioth«kar  zunächst  ratlos 
ist  und  ganz  unnötige  Arbeit  aufwenden  muB,  um  das  Richtige 
schlieBüch  festzustellen.  Auch  „der  Direktor'*  •—  ohne  An- 
gabe des  Namens  und  Vornamens  —  spielt  noch  immer  ge« 
legentlich  seine  geheimnisvolle  Rolle  in  mehreren  Szenen,  auf 
den  Titelblättern,  im  Lehrerverzeichnis  und  in  der 
Unterschrift  der  Jahresberichte;  die  Programme  mit  Um- 
schlag (ohne  wiederholten  Titelaufdruck),  sowie  solche  mit  feh- 
lender, unrichtiger  oder  an  falscher  Stelle  stehender 
Teubnerscher  Nummer  scheinen  unausrottbar,  ganz  zu 
schweigen  überhaupt  von  der  höchst  ungleichartigen  Behandlung 
des  Titelblatts^  was  dem  einzelnen  Leser  wenig  Pein  macht,  desto 
mehr  dem  Bibliothekar,  der  die  Sachen  einzuordnen  und  .ev.  her- 
auszusuchen hat,  sowie  dem  Benutzer,  der  in  Anstalten  mit  ge- 
stattetem Präsenzsystem  eine  größere  Anzahl  von  Programmen 
aus  verschiedenen  Komplexen  zu  Studienzwecken  an  Ort  und 
Stelle  ausfindig  machen  will.  Und  doch  sind  diese  Dinge  so 
überaus  einfach,  daB  man  sich  wundern  muB,  wenn  sie  noch 
immer  in  Dutzenden  von  Fällen  nicht  beachtet  werden.  Diese 
werfen  übrigens  auch  kein  günstiges  Licht  auf  die  Sorgfalt  der 
Verwaltung  in  manchen  Programmbibliotheken.  Jeder,  der  als 
Bibliothekar  auch  nur  kurze  Zeit  mit  den  Programmen  zu  tun 
bat,  merkt  doch  alsbald  alle  diese  ärgerlichen  AnslöBe;  würde 
jeder  an  seiner  Anstalt  in  eigi^nstem  Interesse  darauf  hinarbeiten, 
daß  bei  dem  Druck  des  Programms  in  bezug  auf  die  genannten 
äußeren  Dinge  korrekt  verfahren  werde  —  was  doch  am  Ende 
zu  erreichen  sein  sollte  — ,  so  müßten  alle  die  erwähnten  Unarten 
alsbald  von  selbst  verschwinden.  Hohe  Naturen  mögen  das  alles 
wohl  für  elenden,  pedantischen  Kanzlistenkram  halten ;  sie  würden 
aber  wahrscheinlich,  falls  sie  fleißige  Arbeiter  und  häufige  Be- 
nutzer der  Programmsammlung  sind,  unwillig  werden,  wenn  der 
Bibliothekar  dies  oder  jenes  Programm,  das  doch  „da  sein  muß", 
nicht  herausfände.  Es  bleibt  den  Regierungen  nichts  anderes 
übrig,  als  daß  sie  von  Zeit  zu  Zeit  immer  wieder  der  Indolenz 
in  diesen  doch  nicht  unwichtigen  Dingen  durch  Erinnerung  an 
die  bestehenden  Vorschriften  entgegentreten,  am  besten  durch 
Vorlegung  eines  genau  zu  befolgenden  Titeischemas, 
und  man  mufs  wünschen,  dafs  dies  demnächst  beson- 
ders in  Norddeutschland  da  und  dort  geschehe. 

Wie  man  sieht,  ist  der  Tauschverk  ehr  in  verschie- 
dener Richtung  weiterer  Ausgestaltung  in  der  Zu- 
kunft fähig.  Schulmänner,  Verlagsbuchhandlung  und  Behörden 
können,  jede  Instanz  an  ihrem  Teile,  dazu  helfen,  daß  offen- 
kundige Hißstände  abgestellt  werden  und  die  Organisation  ihren 
vollen  Nutzen  im  Interesse  des  ganzen  Programminstituls  und 
aller  an  dieser  Literatur  geistig  teilnehmenden  Kreise  entfalte. 


22lt7  Programmweaeo  and  Progrirnnbibliothak  d.  hSIuSehoIao, 

b)   Die  bil[)liographi8che  Bearbeitung. 

Bald    Dach    der    Neuorganisation    des    Projcramrowesens     in 
Preußen  im  Jahre  1S24  hatte   man  erkannt,    daB  die  folle  Wir- 
kung einer  vielfach  zersplitterten,  im  Bucbbandei  nicht  verbreiteten 
kleinliteratur    nur    durch    zweckentsprechende   bibliogra- 
phische Zusammenfassung  gesichert  werden  könnte.     Dieser 
Erkenntnis  hatten  die  zahlreichen,   oben  (S.  109—118)  verzeich- 
neten   und   je    nach    ihrer  Bedeutung   kürzer  oder  ausfäbrlicher 
besprochenen^)  Programrobibliographien    von    den  vierziger 
Jahren  ab  bis  in  die  siebziger  hinein  ihr  Entstehen  zu  verdankeD, 
die    nach    und    nach   in  Deutschland,    Österreich   und  der 
Schweiz  erschienen,  meist  eine  größere  Anzahl  von  Jahren  um- 
faßten, Fortschritte,  auch  Röckschritte  machten,   aber   doch  jede 
in    ihrer  Art    mit   den   beschränkten    Hilfsmitteln    der  Zeit    und 
einer   noch   unausgebildeten  Technik    versuchten,    den  Gelehrten 
und  den  Schulmännern    die  Ergebnisse   der  gelehrten  und  päda- 
gogischen Programm-Schriftstellerei  der  Lehrer  mit  einer  gewissen 
Vollständigkeit  zugänglich   zu  machen,    soweit  es    eben  der  nicht 
immer  glatt  funktionierende  Tauschverkehr  alten  Stils,   die  Ord- 
nung oder  Unordnung    der  Programmbibliotheken    und    auch  die 
äußeren,    meist    knappen    Mittel   zuließen.     Diese  HilCsmittel,    so 
unvollständig  und  so  unzureichend  sie  im  ganzen  oder  einzelnen 
heutigen  Anspröchen    erscheinen,    sind    doch    noch   jetzt  unent- 
behrlich für  jeden,    der  sich  über  die  schriftstellerische  Tätigkeit 
unserer    Vorfahren    im   Schulamte    in    bestimmten  Ländern    und 
Perioden    wie    auf    den    verschiedenen   Fachgebieten    einen    ge- 
wissen   Überblick    verschaffen    will.     Sie   lehren    uns   erkennen, 
welche  Aufgaben  man   sich  stellte,    welche  Stoffe  bevorzugt  oder 
gemieden  wurden,  und  tragen  an  ihrem  Teile  dazu  bei,  das  Bild, 
das  wir    uns  von    der  Tätigkeit    und    den  Bestrebungen  des  da- 
maligen höheren  Lehrerstandes  machen  wollen,    zu  klären.     Bis 
zum  Jahre  1875  einschliefslich  ist  aber  alles  unvoll- 
ständig;   das    Realschulwesen    im   ganzen    ist   wenig  oder 
gar  nicht   berücksichtigt,   die   meisten   kleineren   deutschen 
Staaten,    wie  Mecklenburg,   Oldenburg,    Braunschweig, 
Anhalt,    die    Hansestädte,    auch    Sachsen,    Württemberg 
und  Hessen    fallen    ganz  oder  teilweise  aus,    nur   ober  Öster- 
reich und  die  Schweiz,    die    preußischen  Gymnasien,    über 
Bayern  und  Baden    sind    wir    genügend   unterrichtet,   in    dem 
letzteren  Lande   allein  sogar  über  die  vor  der  preußischen  Neu- 
organisation   von  1824  liegende   Zeit.     Was  Deutschland  und 
die    im    deutschen    Tauschverkehr    stehenden    öster- 
reichischen Anstalten   betrifft,    stehen    wir    erst  ron  1876 
an')  auf  ganz  sicherem  Boden  durch  den  Beginn  der  eine  neue 


*)  Vgl.  0.  S.  185,  187,  201,  2l7f. 

-)  Vgl.  Tür  die  letzten  30  Jahre  obea  S.  236—239,  254—256. 


▼  o«  R.  üllpicb.  221 

Ära  in.  der  Programmbibliographie  eioleitenden  Arbeit 
Klufsmanns;  die  seit  dem  gleichen  Termin  und  för  den  gleichen 
Umfang  des  Gebiets  geltenden  Teubnerschen  (zweiten)  Ver- 
zeichnisse geben  den  Jahresertrag,  in  der  Hauptsache  yoU- 
ständig,  kaum  zu  übertreffen  sind  an  Vollständigkeit  und  minu- 
tiösester bibliographischer  Genauigkeit  die  mit  1889  einsetzenden 
Berliner  Jahresverzeichnisse^),  für  Österreich  im  ganzen 
sind  seit  der  Mitte  der  siebziger  Jahre')  das  amtliche 
Jahresverzeichnis  und  die  wieder  längere  Zeiträume  zu- 
sammenfassenden Arbeiten  Bittners  (von  1S74 — 1905)  maß- 
gebend. Endlich  hat  eine  größere  Zahl  einzelner  Schulen^) 
ihren  Programmertrag  zusammengestellt,  und  die 
bibliographische  Zusammenfassung  einiger  Fach- 
gebiete^) für  große  Zeiträume  ist  in  Angriff  genommen. 

Wir  vergegenwärtigen  uns  so  in  Kürze,  soweit  das  hier  in 
der  Hauptsache  allein  berücksichtigte  deutsche  Sprachgebiet 
in  Betracht  kommt,  die  Entwicklung  und  den  Stand  der  Pro- 
grammbibliographie —  unter  Ausscheidung  alles  Unwesentlicheren 

—  um  einen  sicheren  Maßstab  dafür  zu  haben,  was  fehlt  und 
also  in  Zukunft  noch  zu  leisten  ist.  In  letzterer  Beziehung  will 
ich  das  Wesentliche  in  knappen  Umrissen  hervorheben.  Ich  gehe 
dabei  von  den  einzelnen  Schulen  aus. 

a)   ProdfrtmmbibliographieD   der  einzelnen  Schulen. 

Hier  liegen  manche  nützlichen  Zusammenstellungen  schon  vor 
(o.  S.  103  Anm.  5,  S.  109  Anm.  2).  Aber  nur  wenige  dieser 
Obersichten    über   die  Programmabhandlungen   einzelner  Schulen 

—  z.  T.  in  Form  eigener  „Programme^'  selbst  erschienen  —  sind 
als  solche  leicht  zu  ermitteln;  will  man  wissen,  von  welchen 
Schulen  solche  Arbeiten  vorliegen,  so  muß  man  an  vielen  Stellen 
suchen,  ehe  man  findet,  was  man  braucht.  Viele  sind  auch  in 
„Pestschriften*'  zu  Schuljubiläen  „vergraben'*  —  hier  kann  das 
Wort  mit  Recht  angewendet  werden  — ,  die  nicht  einmal  ohne 
weiteres  immer  in  den  Tauschverkehr  gekommen  sind.  Sie 
wurden  vielfach  „nur  auf  Verlangen'*  geliefert.  War  an  der 
Schale,  welcher  der  Suchende  angehört,  zur  Zeit  des  Erscheinens 
gerade  ein  Bibliothekar  tätig,  der  Verlangen  nach  diesen  Arbeiten 


^)  Soeben  (September  1907)  ist  davon  der  XVHI.  Band,  die  Abband- 
langen von  1906  enthaltend,  erschienen,  was  zur  Ergünzang  der  Notiz  auf 
S.  112  Nr.  15  bemerkt  werden  mag. 

>)  Ich  habe  oben  S.  115  (Nr.  33)  das  Jahr  1876  als  Anfang  dieses  mir 
von  da  ab  auch  zogäog]ieh  gewesenen  Verzeichnisses  angegeben,  gestützt  be- 
sonders auf  eine  Mitteilong  der  K.  K.  Schuibücher-Verlags-Üirekticu  in  Wien. 
Nach  einer  freundlichen  Mitteilung  von  Herrn  Prof.  Dr.  R.  Kinfsmaun 
sind  aber  schon  vor  diesem  Jahre  derartige  amtliche  Jahresverzeichnisse 
erschienen,  doch,  wie  es  scheint,  nicht  vor  1874.  Mit  letzterem  Jahre 
wurde  auch  das  Anfaogsjahr  bei  Bittoer  (s.  o.)  stimmen. 

*)  Vgl.  dazu  die  Bemerkungen  o.  S.  109  Anm.  2  mit  Forts,  aof  S.  110. 

«)  S.  0.  S.  116  Nr.  38  ff.  und  S.  255. 


222  Programmweseo  ond  ProgrtBBibibliothek  dl.  hSh.  Sehnlea, 

hatte,  gut.  Andernfalls  st6Bt  man  wieder  und  wieder  auf  Locken. 
Oberhaupt  haben  aUu  in  der.  Hauptsache  solche  Bibliographien 
über  den  Programmerirag  einer  bestimmten  Schule  zunächst  nur 
fiir  die  Mitglieder  derselben  Anstalt  Wert,  die  mit  der  betr.  Fest- 
schrift vertraut  sind.  Und  wo  eine  verständige  Verwaltung  für 
die  Aufstellung  sämtlicher  von  der  eigenen  Anstalt  herausgegebenen 
Programme  in  deren  Lehrerzimmer  sorgt,  bedarf  es  des  ge- 
druckten Verzeichnisses  auch  weniger,  da  man  die  ganze  Serie 
in  natura  täglich  vor  Augen  hat.  Wichtiger  ist,  daß  die 
Hitglieder  der  anderen  Schulen,  soweit  sie  für  bestimmte 
Anstalten  oder  größere  Komplexe  von  solchen  irgend  ein  wissen- 
schaftliches Interesse  haben,  sich  schnell,  leicht  und  zu- 
verlässig darüber  zu  orientieren  vermögen,  was  an 
jeder  sie  interessierenden  Schule  seit  deren  Bestehen 
und  bei  den  älteren  wenigstens  seit  der  Organisation 
in  Preufsen  von  1824,  in  Bayern  von  dem  gleichen 
Zeitpunkte  ab,  in  Österreich  seit  1850/51  usf.  von 
Programmen  erschienen  ist.  Selbst  von  1876  ab  läßt  sich 
das  trotz  Klufsmann  usw.  doch  immer  erst  durch  Nachschlagen 
in  mehreren  Bänden  feststellen,  wobei  noch  vorausgesetzt  ist, 
daß  die  betr.  zusammenfassenden,  seit  1876  vorliegenden  biblio- 
graphischen Hilfssmittel  wirklich  in  der  Schule,  welcher  der  gerade 
Suchende  angehört,  vorhanden  sind  —  was  doch,  wie  wir  sahen, 
bei  weitem  nicht  in  allen  Fällen  zutrifft,  vor  allem  nicht  für  das 
Berliner  Verzeichnis.  Hier  kann  nur  eins  helfen:  Die  Titel 
der  Programmabhandlungen  jeder  Schule  müssen  seit 
deren  Gründung,  bei  den  älteren  mindestens  von  1824, 
1850/51  usf.  ab  (wenn  tunlich,  schon  von  früheren  Terminen 
an)^)  in  jedem  Jahre  in  jedem  Jahresberichte  und,  wo 
Abhandlung  und  Jahresbericht  getrennt  ausgegeben 
werden,  in  beiden  in  chronologischer  Folge')  ab- 
gedruckt werden,  an  leicht  sichtbarer  Stelle,  auf  der  Rückseite 
des  Titelblatts  beginnend,  fortgesetzt  —  bei  älteren  Anstalten  — 
auf  der  Innenseite  des  letzten  Blattes,  abschließend  —  bei  ganz 
alten  —  auf  dessen  Außenseite.  Es  ist  dringend  zu  wünschen, 
daß    möglichst   alle  Regierungen    für   ihre   sämtlichen  Anstalten 


^)  Bis  tnf  waleheo  Termin  man  saröckgeben  will,  wSre  je  naek  den 
besondereo  UuistäDden  der  Eutwickeluni;  des  Programmwesens  in  den  ein- 
zelnen Staaten  besonders  festiuitellen.  Gerade  bei  den  kleineren  bleibt  j« 
überhaupt  z.  Z.  noch  manches  unlilar  (vgl.  schon  oben  S.  88 — 108).  Anck 
von  manchen  äußeren  Umständen  würde  die  Brfiiliang  der  Aafgabe  natirlick 
nicht  unwesentlich  beeinflußt  werden. 

')  Die  systematische  Anordnung  wurde  nur  bei  ganz  alten  Anstaltea 
überhaupt  lohnen  und  wäre  eher  als  Sonder  veröffentlichong,  z.B.  is 
Programmtorm  oder  bei  ähnlicher  Gelegenheit,  zu  empfehlen,  schon  wegen 
des  größeren  Umfanges,  wie  man  denn  auch  kürzlich  bei  den  Franckeschea 
Stiftungen  in  Halle  so  verfahren  ist;  vgL  o.  S.  110,  Anm.  (Forts,  d. 
Anm.  2  von  S.  109). 


voo  R.  Ullrich.  223 

eioe  dahin  gehende  Verfögung  mit  näherer  Anweisung  (s.  u.) 
recht  bald  erlassen.  So  kann  jeder,  sowohl  der,  in  dessen  Hände 
zofällig  irgend  ein  Jahresbericht  oder  eine  Abhandlung  kommt, 
wie  vor  allem  jeder,  der  mit  bestimmter  Absicht  etwas  sucht, 
ohne  Umstände  und  mit  Sicherheit  feststellen,  ob  etwas  für  ihn 
Wertvolles  an  einer  bestimmten  Anstalt  erschienen  ist.  DaB  es 
wissenschafilich  und  praktisch  von  größtem  Werte  ist,  von  jeder 
Schule,  die  in  der  Programmsammlung  der  Anstalt  des  Suchenden 
durch  Programme  vertreten  ist,  ev.  auf  jeder  am  Tausch  teil- 
nebmeoden  großen  Bibliothek  zu  jeder  Zeit  sich  einen  Oberblick 
ober  die  Programmliteratur  jeder  höheren  Schule  in  Üeutscbland, 
Osterreich  und  der  Schweiz  zu  verschaffen,  braucht  Einsichtigen 
nicht  erst  bewiesen  zu  werden.  Aber  das  Verzeichnis  muß  jedes 
Jahr  wieder  abgedruckt,  wo  sich  Fehler  eingeschlichen  haben, 
entsprechend  verbessert  und  immer  auf  dem  Laufenden  erhalten 
werden,  sonst  verfehlt  es  seinen  Zweck.  Die  Idee  an  sich  ist 
nicht  neu;  als  ich  1906  die  entsprechende  Obersicht  —  so  wie 
ich  sie  mir  etwa  allgfmein  ausgeführt  dachte  —  im  Jahres- 
bericht des  Berlinischen  Gymnasiums  zum  grauen 
Kloster  veröffentlichte^),  konnte  ich  darauf  hinweisen,  daß 
das  von  mir  hier  zu  allgemeiner  Einführung  Geforderte  in  einer 
gröXseren  Zahl  österreichischer  Jahresberichte')  schon 
erfüllt  ist  (vgl.  auch  o.  S.  218)  und  daß  auch  einige,  freilich 
zunichst  sehr  wenige  preußische  Anstalten,  denen  ich  inzwischen 
noch  einige  andere  anreihen  könnte,  aus  freien  Stucken  Ähnliches 
—  und  zwar  jedes  Jahr  —  für  ihre  Anstalten  geleistet  haben. 
Aber  es  muß  mehr  System  in  die  Sache  kommen;  daß  der 
Abdruck  nur  hier  und  da  geschieht  und  von  Programmlesern 
mehr  zufallig  entdeckt  wird,  bedeutet  wenig.  Auch  die  biblio- 
graphische Genauigkeit  der  Angaben  läßt  im  einzelnen  zu 
wünschen  übrig  und  entbehrt  vor  allem  der  notwendigen  Ein- 
heitlichkeit. Es  wären  daher  von  den  einzelnen  Behörden  all- 
gemein verbindliche  Normen  aufzustellen,  die  beachtet  und 
im  Anfang  ev.  von  kundigen  Bibliographen  kontrolliert  werden 
mössten.  Ich  schlage  in  dieser  Beziehung  folgendes  vor:  Die 
Verzeichnisse  der  Titel  (in  chronologischer  Folge  übersichtlich 
untereinanderstehend)  müssen  enthalten:  1.  Jahr  des  Erscheinens. 
2.  Namen  des  Verfassers,     3.  Vornamen  (ausgeschrieben;  bei 

')  Wiederib|cedrockt  im  Jahresbericht  von  190  7.  Das  Verzeichois 
kooDte  bei  dem  ersten  Abdruck  aus  äuAereo  GrÜDden  ooch  oicht  mit  der 
bibliograpbiscbeo  Geuaoigkeit  berf^estelit  werdeo,  wie  sie  mir  jetzt  er- 
wäoscht  scheint;  ich  hoffe  die  noch  vorhandenen  Mängel  im  Jahresberichte 
voo  1908  abstellen  za  können. 

')  Da  dort  Abbandlangen  und  Jahresberichte  fast  durchweg  äußerlich 
als  Einheit  erscheinen,  ist  hier  nur  Abdruck  an  einer  Steile  nötig.  Doch 
fchrint  aas  bekannten  Gründen  (s.  z.  B.  o.  S.  löl)  Hir  die  komplizierteren 
drotfcheo  Verhältnisse  die  Trennung  von  Abhandlung  uod  Bericht  zweck- 
mäßig. Der  Satz,  was  die  Hauptsache  ist,  wäre  ja  allerdings  (gleiches 
Format  der  beiden  Teile  voraasgesetzt)  aar  einmal  herzostellen. 


224  Progrinmwefen  oodl  Prograttinbibliothek  d.  koh.  Schalen, 


/ 


bekannten    Zunamen    mehrere),    ev.    auch  Angabe    des    Anits^ 
Charakters.     4.   Genauer  Titel   der   Abhandlang    (ev.   mit 
Angabe,  ob  Abbildungen,  Tafeln,  Grundrisse  u.  1  beigegeben  sind 
und  in  welcher  Zahl).    5.  Angabe  der  Seitenzahl.     6.  Format, 
soweit    es    nicht   überall   das   gleiche  ist     Wo,    wie   bei  Fest- 
schriften   häufig,   mehrere  Verfasser    beteiligt  gewesen    sind, 
müssen  sie  natürlich    sämtlich   mit  Vornamen^)    (s.  o.)   an- 
gegeben werden,  ebenso  wie  die  Seitenzahlen  der  einzelnen 
Beiträge.     Die  Zunamen    sind    durch    den   Druck    herTor- 
zuheben,  ebenso  die  vollen  Titel  bei  allen  den  Abhandlangen, 
die  sich  auf  die  betr.  Anstalt  selbst  beziehen  und  z.  B.  ihre 
Geschichte,  Besonderheiten  ihrer  Organisation,  Lehrpläne,  Methoden, 
Bibliotheken  und  andere  Sammlungen,  den  Schulbau,  die  Einrichtung 
einzelner  Räume,  Statistisches  uam.    behandeln,    damit    das  jeder 
Schule  Eigentümliche  auch  hier  sofort  hervortritt.  Was  als  „Abhand- 
lung'* zu  gelten  hat,  wäre  allgemein  zu  vereinbaren  (vgl.  o.  S.  166 
A.  3).  Sämtliche  Angaben  sind  nach  den  in  der  Programmbibliothek 
vorhandenen  Originalen  zu  machen;  wo  diese  —  wie  leider  nicht 
selten  vorkommt  —  nicht  mehr  vorhanden  sind,  müssen  sie  von 
einer  anderen  Anstalt  oder   der  nächsten  größeren  Bibliothek  im 
Wege    des  Leihverkehrs   beschafft   werden.    Schätzenswerte  Zu- 
sätze —  in  Form  von  Anmerkungen   oder  am  Schlufs  — 
wären  z.  B.  folgende:    1.  Angabe,    welche   Abhandlungen    in 
der  Anstalt  noch  vorhanden  bezw.  von  ihr  zu  beziehen  sind; 
2.  welche  Abhandlungen  in  gleicher  oder  veränderter  Form  auch 
in   Zeitschriften    (welchen,  Jahrgang,  Jahr,  Seitenangabe),   in 
^gesammelten  Schriften^'  oder   als  Buch  (bezw.  ob  in  er- 
weiterter Form  und  etwa  in  mehreren  A uf lagen,  s.  o.  S.306t) 
erschienen   sind    oder  zu  anderen  Arbeiten    des  betr.  Autors  in 
bestimmter  Beziehung    stehen   —  auch    hier   unter  Angabe  des 
Umfangs  und  ev.  des  Verlegers  uam.    Falls  einige  Angaben,  die  für 
die  bibliographische  Fixierung  wichtig  sind,  sich  in  den  Originalen, 
besonders  der  älteren  Zeit,  nicht  finden,  wie  Vornamen,  Amts- 
Charakter^)  u.a.,    so  sind   sie   aus   anderen  zuverlässigen 
Quellen")  zu  ergänzen  und  durch  eckige  Klammern  als  Zusätze 
des  Bearbeiters  kenntlich  zu  machen.    Soweit  jüngere,  nicht  sehr 
literaturkundige  Bibliothekare  sich  außerstande  sehen,  der  letzteren 
Anforderung    nachzukommen,    wären  Kenner   im  Kollegium,   auf 
der  nächsten  Bibliothek  usf.  zu  Bäte  zu  ziehen.     Irgend  größere 
Schwierigkeiten  äußerer  oder  innerer  Art  erwüchsen  bei  jüngeren 
Anstalten  keine,    bei  älteren  nur  dann,    wenn  deren  Programm- 


*)  Vgl.  den  oben  S.  115  Anm.  1  aogedeutateo  Mtogel. 

-)  D.ese  Aogabe  ist  auch  deswegen  wichtig,  weil  mandie  Progranv- 
beitrage,  so  besonders  tos  neuerer  Zeit  Beschreibungen  von  Sehnl- 
bauteo  (s.  o.  S.  löl  A.  3),  gar  nicht  von  Schulmännern  selbst  stammen. 

')  Einige  davon,  die  auch  bei  der  vorliegenden  Arbeit  fiir  ähnlichen 
Zweck    benutzt  worden  sind,   habe  ich  oben  angeführt  (vgl.  S.  31  Ana.  2). 


voD  R.  Ullrich.  226 

sammluDg,  selbst  was  die  ArbeiteD  der  eigenen  Schule  angebt, 
sicli  in  größter  Unordnung  befände.  Unter  normalen  Verhält- 
nissen lassen  sich  30  Programme  an  der  Hand  der  Originale  in 
verhältnismäßig  kurzer  Zeit  bequem  buchen.  Die  Kosten  sind  bei 
jungen  Anstalten  ganz  gering,  bei  älteren  treten  sie  nur  im 
ersten  Jahre  in  Erscheinung;  für  alle  folgenden  lassen  sie  sich 
dadurch  wesentlich  ermäßigen,  daß  die  vollständige  erste  und 
ev.  zweite  Seite  beim  ersten  oder  besser  erst  beim  zweiten  Ab- 
druck stereotypiert^)  werden,  so  daß  nur  die  dritte  mit  dem 
ev.  Zuwachs  jährlich  neu  zu  setzen  ist.  In  allen  solchen  Fällen 
wäre  auf  bibliographische  Genauigkeit  gleich  beim  ersten  oder 
wenigstens  beim  zweiten  Male  natürlich  besonderer  Wert  zu  legen, 
und  es  maßten  ergänzende  Angaben,  wie  die  oben  ge- 
nannten, die  sich  naturgemäß  im  Laufe  der  Jahre  etwas  ändern 
werden,  nicht  in  Form  von  Anmerkungen  g^eben,  sondern  am 
Schlüsse,  der  jedes  Jahr  neu  gesetzt  wird,  kurz  zusammen- 
gestellt werden. 

Es  liegt  auf  der  Hand,    welcher  Nutzen  auch  weiterhin  aus 
solchen  regelmäßigen  Zusammenstellungen  erwachsen  müßte.  .  Es 
wurden   für  die  Zeit   vor    1876,    besonders  für   die    älteren 
Realschulen    und     die    höheren    Schulen    vieler     deutscher 
Kleinstaaten   überhaupt.  Hunderte   von  Abhandlungen 
an  den  Tag  kommen,  die  in  keiner  der  älteren  Biblio- 
graphien  zu   finden  sind.     Nicht  alles  davon  dürfte  veraltet 
sein.     Besonders    das,    was   die   höheren   Schulen    selbst,    ihre 
Geschichte,    den    Schulbau,    die  Organisation    und  Ähnliches  be- 
trifft,   ist  auf  alle  Fälle  von  Interesse  und  würde  manche  Lücke, 
die  unsere  wenigen  größeren,  wirklich  wertvollen  schulwissenschaft- 
lichen Werke  aus  neuerer  Zeit  aufweisen'),  vielleicht  aufs  glück- 
lichste   ergänzen,   jedenfalls    unser  Bild  von    den  Leistungen  be- 
stimmter Zeiten  auf  den  mannigfaltigsten  Gebieten  nicht  unerheblich 
▼ervollständigen.     Es   wäre   weiterhin  eine   zuverlässige   Grund- 
lage  für    bibliographische     Zusammenstellungen     der 
yerschiedensten     Art     gegeben.       Einer     Gesamtbiblio- 
graphie   der  deutschen  Programmliteratur   von    1825 
— 1875  (s.  u.  S.  230  ff.)  könnten   daraus  wirksame  Anregungen 
erwachsen. 


^)  Die  meisteo  Anstalteo  Itsseo  ja,  was  sieh  schon  ans  praktischen 
GrÜDden  empfiehlt,  ihre  Programme  Jahre,  ja  Jahrzehnte  hindnrch  in  der- 
selben Drnckerei  herstellen,  so  daß  sich  wepen  der  Herst^Ilaog  der  Platte 
und  der  Abzöge,  die  viele  Jahre  hindnrch  ohne  Beeinträchtigung  der  Deut- 
lichkeit genommen  werden  können,  Schwierigkeiten  nicht  ergäben.  Sollte 
dennoch  ans  irgend  einem  Grande  bei  älteren  Anstalten  im  Laufe  von  Jahren 
einmal  ein  Wechsel  in  der  Wahl  der  Druckerei  nötig  werden,  so  steht 
nichts  im  Wege  (nach  Versicherung  einer  namhaften  Berliner  Druckerei), 
die  Stereotypplatte,  die  für  die  erste  Druckerei  ja  keinen  besonderen  Wert 
hat,  der  betr.  Schule  zu  anderweitiger  Verwendung  zu  überlassen. 
*)  Vgl.  0.  S.iJff. 
Zeitaekrift  f.  d.  Ojinniaialwasoii.    LXJ.    Sapplomeauheft.  iJ 


2^  Profcrammweseo  und  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalen, 

Wesentlich  ist  freilieb,  daß  alle  deutschen  Staaten  sich 
nach  den  gleichen  Grundsätzen  an  der  Sache  beteiligen. 
Es  ließe  sich  das  aber,  wie  es  in  anderen,  ?iel  schwierigeren 
Dingen  schon  geschehen  ist,  auf  Anregung  des  preußischen  Kultus- 
mioisters^)  durch  Vermittlung  des  Reichskanzlers  wohl  erreichen. 
Nur  darf  kein  Stückwerk  herauskommen;  es  muß  ganze  Arbeit 
geleistet  werden.  So  würde  die  ganze  Programmein- 
richtung und  das  Interesse  für  sie  in  wissenschaft- 
licher, insbesondere  geschichtlicher,  wie  in  praktischer 
Hinsicht  einen  bedeutsamen,  ihr  sehr  nützlichen  An- 
stofs  erhalten,  der  nicht  ohne  segensreiche  Folgen 
bleiben  könnte. 

Das  wäre  der  Dienst,  den  die  einzelnen  Anstalten  —  und 
ohne  besondere  Schwierigkeit  für  jede  einzelne  —  der  ganzen 
Sache  zu  leisten  hätten. 

Was  kann  aber  weiter  geschehen,  um  bibliographische  Be- 
arbeitungen gröfserer  Programmkomplexe  nach  Jahrgängeo, 
Ländern,  Fächern  oder  sonst  in  einer  für  Wissenschaft  und  Praxis 
zweckmäßigen  Weise  neu  zu  schaffen  oder,  wo  sie  schon  bestehen, 
zu  vervollkommnen? 

/S)   Bibliographische  Bearbeitongen'^grSrserer  Prograi^m» 

komplexe. 

Daß   bibliographische  Bearbeitungen   größerer  Zusammhäuge, 
nach  einzelnen  oder  mehreren  Jahren,    nach  Ländern,    kleineren 
wie  größeren,   wieder   kleinere  Einheiten    in    sich    begreifenden, 
nach    Fächern    oder    wie    sonst    immer    notwendige    Hilfsmittel 
der  Wissenschaft    und  der  Praxis  sind,    ist  heute  ziemlich  allge- 
mein anerkannt.     Ohne  sie  kommt   kein  geistiger  Arbeiter  mehr 
aus.     Das   gilt   auch   für    das  Programmgebiet     Auf  eine  Kritik 
der  vor  1876  liegenden  verschiedenen  Arbeiten  dieser  Art  brauche 
ich  mich  nicht  näher  einzulassen;  sie  ist  schon  von  anderen  ge- 
geben, in  der  Hauptsache,  soweit  nötig,  auch  in  dieser  Arbeit  an 
verschiedenen  Stellen    vermerkt   worden.    An    den  Mängeln    der 
meisten   dieser  Bibliographien  ist  in  der  Praxis  nichts    mehr  zu 
ändern,  da  sich  (abgesehen  von  der  —  übrigens  vortrefDichen  — 
bayerischen)')    keine   von   ihnen   als   Fortsetzung    oder  Neu- 
bearbeitung bis  in  die  Gegenwart  erhalten  hat.     Aber  lernen  kann 
man  aus  ihnen  auch  heute  noch,  wie  es  zu  machen,  oder  besser, 
wie  es  nicht  zu  machen  ist,  und  besonders  die  klaffenden  Lücken, 
die  manche  von  ihnen  aufweisen,  geben  wertvolle  Fingerzeige  für 


^)  Aaf  diese  Weise  ist  z.B.  P.  Schweakes  Adre/ibueh  dar  dmdsdaa 
Bibliotheken  (Leipzig  1893,  0.  Harrassowits)  zastakide  gekommeo. 

3)  Vgl.  0.  8.  113,  Nr.  20—24,  S.  188,  201,  217;  Bittoers  Arbeit  for 
Österreich  (o.  S.  115,  JNr.  30— 32,  S.  255),  die  zeitlich  ao  Bäbl  (o. 
S.  114,  Nr.  28 — 29}  aokDäpft,  möchte  ich  io  diesem  Zasammenhaoge  zieht 
nenneo,  da  sie  als  eio  neues,  selbstäzdiges  Werk  zo  betrachtea  ist. 


voB  R.  Ullrich.  221 

die  notwendigen  Grundlagen  ähnlicher  Arbeiten  für  die  Zukunft. 
Ich  beschränke  mich  im  folgenden  auf  kleine  Vorschläge  zur  Aus- 
gestaltung der  seit  187  6  entstandenen  Arbeilen,  die  in  der 
Gegenwart  noch  fortgeführt  werden,  sowie  auf  Anregungen,  die 
auf  das  außerdem  noch  Wünschenswerte,  z.  T.  unbedingt  Not- 
wendige die  Aufmerksamkeit  lenken  möchten. 

aa)  Jahresverzeichnisse.  Es  kommen  hier  drei  in  Be- 
tracht, das  amtliche  österreichische^),  das  (zweite) 
Teubnersche')  und  das  Berliner  Verzeichnis*). 

Zunächst  ein  Wort  über  den  Zeitpunkt  des  Erscheinens 
Je  früher  Jahresverzeichnisse  erscheinen  können,  um  so  besser 
ist  es.  Gerade  im  Program mwesen,  wo  jedes  Jahr  in  der  Haupt* 
sache  zu  zwei  bestimmten  Terminen  neuen  Segen  bringt,  ist  es 
für  die  Sache  wünschenswert,  daß  das  Verzeichnis  über  die  Pro- 
gramme des  neuen  Jahres  wenigstens  etwas  früher  erscheint,  als 
die  des  nächsten  Jahres  selbst  uns  zugehen.  Bei  dem  öster- 
reichischen Verzeichnis,  dem  der  gleiche  Zeitpunkt  des  Er- 
scheinens sämtlicher  Programme  und  die  Staatseinheit  zugute 
kommt,  geschieht  das  auch.  Es  erscheint  genau  in  der  Mitte 
zwischen  der  Herausgabe  der  darin  enthaltenen  Programme  des 
betreffenden  Jahres  und  der  Veröffentlichung  derer  des  nächsten. 
Die  beiden  anderen  Verzeichnisse,  das  Teubnersche  und  das 
Berliner,  werden  später  herausgegeben  als  man  wünschen  muß. 
Doch  liegt  der  Grund  (vgl.  o.  S.  2111.)  nicht  an  den  Bearbeitern, 
sondern  wohl  an  der  verzögerten  Einsendung  durch  die  Schulen 
bezw.  Behörden.  Es  wäre  sehr  erfreulich,  wenn  darin  Wandel 
geschaffen  würde.  Es  müßte  dann  möglich  sein,  daß  das  (ein- 
facher gehaltene)  Teubnersche  Verzeichnis  der  Jahresprogramme 
wenigstens  am  Ende  desselben  Jahres  im  zweiten  Teile  des 
Statistischen  Jahrbuchs  und  auch  separat  erschiene.  Das  jetzige 
Erscheinen  gegen  Ende  des  folgenden  Jahres  ist  viel  zu 
spät.  Unter  der  Voraussetzung,  daß  sich  die  gemachten  Vor- 
schläge (o.  S.  2i7  f.)  verwirklichen  lassen,  besonders  in  bezug  auf 
die  Auswahl  der  im  Teubnerschen  Verzeichnis  mitgeteilten  öster- 
reichischen Programme,  wäre  zu  empfehlen,  daß  sobald  wie 
möglich,  sagen  wir  1908,  für  einmal  zwei  Jahrgänge  (1907 
und  1908)  im  29.  Jahrgange  des  Statistischen  Jahrbuchs  ver- 
zeichnet würden,  von  1909  ab  aber  dann  immer  die  Programme 
des  laufenden  Jahres.  Das  Erscheinen  des  Berliner  Verzeich- 
nisses, das  im  Gegensatz  zu  dem  Teubnerschen  mit  subtilster 
bibliographischer  Genauigkeit  bearbeitet  ist  und  schon  deswegen 
mehr  Zeil  zur  Herstellung  erfordert,  war  ursprünglich  immer  für 
den  Hai   des   auf  das  Erscheinen    der  Programme   folgenden 


1)  S.  115,  Nr.  33;  vgl.  dazu  S.  221  A.  2. 
^  S.  112,  Nr.  13  b. 
»)  S.  112,  Nr.  15. 


228  Programmweseo  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehnlea, 

Jahres  iD  Aussicht  genommen^).  Es  erschien  aber  neaerdings 
immer  später,  im  laufenden  Jahre  (1907)  erst  im  September^). 
Sollte  es  mit  den  Kräften  der  größten  Bibliothek  Deutschlands 
nicht  möglich  sein,  die  Herausgabe  vor  Ostern  berbeizuföhreD, 
um  so  mehr,  als  die  österreichischen  Berichte  ja  hier  fehlen ? 
Vielleicht  zieht  die  Verwaltung  den  Vorschlag  in  Erwägung. 

Was  den  Inhalt   der   drei  Verzeichnisse  betrifft,   so  ist  in 
dem  nach  Schularten,   innerhalb   dieser   nach   Kronländern    und 
Orten   geordneten    österreichischen    Verzeichnis    die    Beigabe 
einer  wenn  auch  kurzen  systematischen  Obersicht  dringendes 
Bedürfnis.     Diese  Übersicht   brauchte  ja   nicht  die  vollständigen 
Titel  zu  wiederholen;    es  würde   genügen,   unter   den  einzelnen 
Fächern  die  Namen  der  Verfasser  mit  Angabe  der  Anstalten,  oder, 
foUs  diese   in  dem   jetzt  vorliegenden  Zustande   mit  laufenden 
Pfummern  versehen  würden,  noch  einfacher  mit  der  betreffenden 
Nummer   zu   versehen.     An   praktischer  Brauchbarkeit  dürfte  es 
so  entschieden  gewinnen.    Die  Anlage  des  systematischen  (zweiten) 
Teubnerschen  Verzeichnisses    der   wirklich   erschienenen    Ab- 
handlungen   ist   im   ganzen  zweckmäßig;   nur   ist  größere  Voll- 
ständigkeit  erwünscht   (vgl.    o.   S.  269   Anm.  t    und    S.  104 
Anm.  5).    Das   Berliner   Verzeichnis    ist   (nach    der  Angabe  in 
Bd.  (,   Vorrede)    zunächst   für    Bibliothekszwecke   bestimmt. 
Soll  es   aber  in   den    höheren  Schulen  heimischer  werden,   was, 
wie  ich  höre,    der  Verwaltung   erwünscht   wäre,    so  lägen  einige 
kleine  Verbesserungen  vielleicht   noch  im  Bereich  des  Möglichen. 
Da  es  die  alphabetische  Anordnung  nach  Verfassern  hat, 
ergänzt   es  das  Teubnersche  aufs  glücklichste,    und  die  beige- 
fügten Sach-  und  Ortsregister  gewähren  die  denkbar  beste   Hilfe. 
Doch  müßte  der  Begriff  der  Abhandlung  schärfer  gefaßt  werden, 
etwa    in    dem    oben  (S.  166  Anm.  3)   empfohlenen  Sinne.    Daß 
Teile  von  Jahresberichten  (a.  a.  0.)  mitaufgeführt  werden,  ist  an 
sich  zu  billigen,    hat   aber    doch  manche  Schwierigkeiten'),   und 
die   Redaktion    ist   im    Laufe   der   Jahre   darin   immer   zurück- 
haltender  geworden.     Der  Umstand  jedoch,  daß  alle  verzeichneten 
Beiträge   ohne    Unterschied    mit    laufenden    Nummern   versehen 
sind,    erweckt   leicht   irrige  Vorstellungen  von   dem  Bestände  an 
eigentlichen  Abhandlungen,  die  wirklich  diesen  Namen  verdienen. 
Auch  dürften  nicht,    wie  mehrfach   geschieht,    verschiedene  Teile 


1)  Vgl.  Jahrgang  I  (1889)  im  AafaDg  d«r  Vorrade. 

')  Allerdiogs  wohl  aus  Üofiereo  Grüadeo;  das  Verzeichois  giog  oiit 
dem  im  September  1907  ertchieoeaea  18.  Baode,  der  die  Abhaedlaogea  ?•■ 
1906  eotbält,  aas  dem  Asherschea  Verlage  ia  deo  von  Behread  a.  Co. 
io  Berlin  über;  vgl.  o.  S,221  Anm.  1. 

^)  Hier  eine  zweckmäfsige  Auswahl  zu  treffen,  erfordert  nicht  t« 
sehr  einen  tüchtigen  Bibliographen  als  vielmehr  einen  mit  der  Ge> 
schichte  und  Organisation  des  höheren  Schalwesens  wohl  vertrautes,  längere 
Zeit  im  praktischen  Dienst  stehenden  Schulmann. 


von  R.  Ullrieii.  229 

desselben  Programms  als  mehrere  Nummern  gezählt  werden;  es 
wäre  nur  eine  Nummer  zusetzen  und,  wenn  an  späterer  Stelle 
in  der  alphabetischen  Folge  dieselbe  Schule  wieder  begegnet,  auf 
die  frühere  Nummer  zu  verweisen.  Höhere  Mädchenschulen'), 
▼on  denen  in  Bd.  XVUI  (1906)  17 -vertreten  sind  —  wenn  ich 
richtig  gezählt  habe  —  wären  besonders  aufzuführen,  ev.  am  Schluß 
für  sich  zusammenzustellen,  ebenso  Seminare,  die  gelegentlich 
auch  begegnen ;  beide  Kategorien  sind  hier  zunächst  noch  fremde 
Elemente.  Ich  komme  so  aber  zugleich  darauf,  dem  Vermittler 
des  Tauschverkehrs  der  höheren  Mädchenschulen  vor- 
zuschlagen, in  dem  Verzeichnis,  das  er  alljährlich  über  die  be- 
teiligten Schulen  gibt,  auch  die  Titel  der  von  diesen  gelieferten, 
ja  nicht  allzu  zahlreichen  Abhandlungen  anzuführen.  Bisher 
ist  das  merkwürdigerweise  nicht  geschehen ;  doch  liegt  der  Nutzen 
wohl  auf  der  Hand. 

ßß)  Verzeichnisse  über  gröfsere  Zeiträume.  Die  seit 
den    siebziger  Jahren  hervorgetretenen  Arbeiten  dieser   Art   sind 
oben^)  gebührend  gewürdigt  worden    und  bedürfen  keines  Lobes 
mehr,    wohl   aber   immer    noch    des   Hinweises,    damit    sie    in 
den  Schulen    heimischer    werden.    Aber  gerade  ihre  VortrefDich- 
keit   fuhrt    besonders   jeden,    der   sich  mit  irgend  einem  Zweige 
des   höheren    Schulwesens   beschäftigt,   für   den    auch   die   Pro- 
grammabhandlungen    als    wesentliches    Hilfsmittel    in    Betracht 
kommen,  immer  wieder  recht  deutlich  vor  Augen,  welche  Lücken 
hier  noch  vorliegen  und  welche  dankbaren  Aufgaben  die  Programm- 
bibliographie im  Dienste   der  Schule  und  ihrer  wissenschaftlichen 
Arbeit   noch    zu  erfüllen    hat.     Was   fehlt   und   doch  gar  nicht 
allzu  schwer  zu  geben  ist,  am  besten  in  Form  neuer  Programm- 
abhandlungen   selbst,    sind   Zusammenfassungen   des    Pro- 
grammbestandes der  kleineren  deutschen  Staaten  (z.B. 
der   oben   S.   220   genannten),    mindestens   von    Anbeginn    der 
Neuorganisation    des  Programmwesens  in  diesen  Staaten   bis  zur 
Gegenwart,  etwa  nach  Art  der  für  Baden  (bis  1887)  vorliegenden 
Arbeit;    nur  würde  ich  es   für  zweckmäßiger  halten,    die  syste- 
matische  Anordnung   in    den  Vordergrund    zu   stellen    und 
knappere  Verzeichnisse  nach  Verfassern,  Schulen  usw.  nebst  den 
notwendigen   Registern   folgen    zu   lassen.     Die    preufsischen 
Realschulprogramme    (bis    1875    einschließlich)   würdep   für 
sich    eine    bibliographische  Bearbeitung   lohnen    und    viel  neues, 
s.  Z.  kaum  recht  bekannt  gewordenes  Material  an  den  Tag  bringen, 
besonders  für  schulgeschichtliche,  methodische  und  organisatorische 


<)  Die  Kgl.  Bibliothek  zn  Berlin  ist  seit  1905  an  dem  Sonder- 
tanseliverkehr  der  höheren  Mädfchenschulen  (Franz  Wagner  in 
Leipzig)  beteiligt. 

«)  Vgl.  S.  238— 240  (wo^anch  S.  240  einige  bescheidene  Vorschläge 
znr  Herbeifohroog  noch  größerer  Brauchbarkeit  des  vortrefaichen  Klars«» 
mannsehea  Werkes  gemacht  sind),  S.  ^17,  S.  254 ff. 


230  Programmw«Ben  oDd  Programaibiblioihek  d.  bSh.  Sehnlea, 

Fragen.  Auch  das  Hädchenschulwesen  verdiente  eine  ent- 
sprechende Zusammenfassung  seiner  Programmliteratur  bis  xur 
Gegenwart;  es  würde  doch  lohnen,  einmal  im  Zusammenhange 
zu  überschauen,  was  an  den  Mädchenschulen  hier  geleistet  worden 
ist,  besonders  für  Fragen  dieser  Anstalten  selbst.  Es  ist  geradezu 
auffallend,  daß  die  heute  in  Standesfragen  so  rührigen  männlichen 
und  besonders  weiblichen  Hitglieder  dieser  Schulen  an  diese 
wichtige,  nicht  allzu  schwer  zu  lösende  bibliographische  Aufgabe 
noch  nicht  herangegangen  sind.  Bisher  liegen  nur  spärlicdbe, 
gelegentliche  Obersichten  über  ganz  kurze  Zeiträume  vor^).  Alle 
derartigen  Arbeiten  würden  übrigens  im  Zusammenhange  mit  den 
oben  (S.  222)  vorgeschlagenen  regelmäfsigen  Sonderver- 
zeichnissen  der  Programme  der  einzelnen  Schulen 
wesentlich  erleichtert  werden. 

rr)  Gesamtbibliographie  (1825—1875).  Die  wich- 
tigste, wenn  auch  freilich  am  schwierigsten  zu  lösende, 
aber  dringend  notwendige  Aufgabe  bleibt  noch  immer  eine 
deutsche  Gesamtbibliographie  von  1825') — 1875,  die  s.  Z. 
C.  Fr.  Müller*)  vorgeschlagen  und  ebenso  wissenschaftlich  be- 
gründet, wie  er  andererseits  auch  für  die  praktische  Durchführung 
alle  notwendigen,  sorgsam  erwogenen  Gesichtspunkte  angegeben 
hat.  Ich  brauche  die  Gelehrten  und  Schulmänner  daher  nur  recht 
eindringlich  auf  seinen  Aufsatz  zu  verweisen.  Seitdem  sind 
20  Jahre  vergangen,  und  es  hat  niemand  die  Hand  gerührt  oder 
seinen  EinfluB  geltend  gemacht,  daß  der  praktischen  Lösung 
näher  getreten  würde,  obwohl  wir  im  letzten  bibliographiefreudigen 
Jahrzehnt  so  viele  Unternehmungen  erlebt  haben,  die  sich  doch 
mit  einer  Programmbibliographie  der  deutschen  Schulen 
über  den  Zeitraum  eines  halben  Jahrhunderts  und  der 
bedeutenden  Wirkung,  die  von  ihr  ausgehen  müßte,  kaum  messen 
können.  Daß  ein  solches  Werk  „einem  lebhaft  empfundenen 
Bedürfnis  entsprechen  würde'S  wurde  übrigens  schon  damals  von 
dem  preußischen  Ministerium  ebenso  wie  von  der  Verwaltung  der 
Kgl.  Bibliothek  in  Berlin  anerkannt^).  Hinderlich  ist  der  Sache 
wohl  einmal  der  Umstand  gewesen,  daß  die  in  schneller  Folge 
ersclieinenden  Klufsmannschen  Bände,  die  uns  von  1876  an 
so  ausgezeichnet  versorgen,  darüber  hinweggetäuscht  haben,  daß 
für  die  genauere  geschichtliche  Erkenntnis  wie  für  eine  Fülle 
spezieller  Schulfragen,  die  in  ihrer  Wirkung  bis  in  die  Gegen- 
wart reichen,  eine  zuverlässige  Zusammenfassung  der  Programm- 

M  So  z.  B.  in  der  (jetzt  Dicht  mehr  erscheineiideD)  Znisehrift  fSr 
weibUeh»  Bildung:  *n  Schule  und  Haus  (Leipzig,  Teoboer)  Bd.  XXV  (1897) 
S.  105—119  UDd  S.  157—170  über  die  Abhandlaogen  des  Jahres  1896  (za- 
gleieh  Bespreehu'ngeo). 

')  Ober  Beginn  mit  froheren  Terminen   vgl.  o.  S.222  n.  Ana.  1. 

•)  ZmtbL  f.  Biblüdhekiw.  V  (1888)  S.  511—523;  s.  o.  S.  125,  ISr.  98 
und  S.  236—238. 

«J  Vgl.  Ztbl.  f.  BHUoth^kno.  V  (1888)  8.  511. 


von  R.  (Jllrieh.  231 

literatur  der  älteren  Zeit  nicht  zu  entbehren  ist.  Weiterhin 
wohl  auch  die  —  freilich  irrige  —  Anschauung  von  der 
,, Minderwertigkeit*'  dieser  Schulschriften,  endlich  die  finan- 
zielle Frage,  an  der  damals,  wie  es  scheint,  außer  anderen  Hin- 
derungsgrunden  die  so  sachgemäß  begründete  wissenschaftliche 
Forderung  hauptsächlich  gescheitert  ist.  Das  Unternehmen  ist 
heute  teils  leichter,  teils  schwerer  geworden.  Leichter, 
weil  V«  des  von  Malier  damals  ins  Auge  gefaßten  Zeitraumes, 
nämlich  der  von  1876 — 1885,  durch  das  Erscheinen  des  ersten 
Bandes  Klufsmanns  weggefallen  ist;  schwerer,  weil  die 
notorische  Mißwirtschaft  in  nicht  wenigen  Programmbibliotheken 
die  Erlangung  des  älteren,  doch  so  wichtigen  Materials  von  Jahr 
zu  Jahr  weniger  aussichtsreich  erscheinen  läßt.  Darum  tut 
schneller  Entschluß  not,  um  die  damals  nicht  zustande  ge- 
kommene Arbeit  in  unseren  Tagen  doch  noch  in  die  Wege  zu 
leiten,  im  besonderen  Hinblick  auch  auf  die  so  sehr  lebendig 
gewordene  Erkenntnis  von  der  Notwendigkeit  sicherer  biblio- 
graphischer Grundlagen  auf  allen  Gebieten  überhaupt.  Die 
finanzielle  Regelung  dürfte  nicht  unüberwindlichen  Schwierig- 
keiten begegnen;  ich  glaube  nicht  einmal,  daß  zur  Herausgabe 
des  Werkes  eine  materielle  Beihilfe  der  Regierungen  erforderlich 
wäre^),  die  im  übrigen  natürlich  das  für  die  Wissenschaft  und 
das  Schulwesen  so  wichtige  Werk  nach  Möglichkeit  fördern 
müßten.  Wenn  allen  deutschen  Schulbibliotheken  die  An- 
schaffung der  für  jede  von  ihnen  unschätzbaren  Bibliographie 
auferlegt  würde,  müßte  sie  auch  als  buchhäodlerisches,  wenn 
auch  nicht  lukratives  Unternehmen  immerhin  möglich  sein. 
Und  auch  sämtliche  großen  Bibliotheken,  dazu  viele  einzelne 
Gelehrten  und  Schulmänner  würden  sie  selbstverständlich  als 
ein  wichtiges  Nachschlagewerk  kaum  entbehren  können.  Ob  der 
damalige  Antragsteller,  der  ja  noch  heute  (in  Kiel  G.)  rüstig  im 
Schulamt  tätig  ist,  noch  Neigung  hat,  die  Arbeit  zu  übernehmen, 
weiß  ich  nicht ;  der  geeignetste  Mann  wäre  er.  Empfehlen  würde 
es  sich  vielleicht,  daß  seine  damals  in  weiteren  Kreisen  kaum 
bekannt  gewordene  Abhandlung  (vgl.  o.  S.  209  u.  238)  durch 
einen  Neudruck'),  der  mit  Rücksicht  auf  manche  inzwischen 
hervorgetretene  neue  Gesichtspunkte  entsprechend  zu  ergänzen 
wäre,  vor  allem  den  Schulmännern  in  größerem  Umfange 
zur  Kenntnis  gebracht  würde.  Wenn  auch  natürlich  manches 
von  der  älteren  Programmliteratur  aus  den  ersten  Jahrzehnten 
nach  1824  veraltet  ist,  zumal  soweit  fach  wissenschaftliche  »«speci- 

')  SchoD  s.  Z.  meinte  die  preufiische  Regiernog  (a.  t.  0.  S.  511),  ,,die 
HertQBgttbe  . .  .  kSaoe  recht  wohl  als  eia  privates  (Joteraehmeo  .  .  .  von 
einer  Bachhandlang ...  in  die  Hand  genommen  werden'^ 

')  Am  besten  in  einer  auch  anfierhalb  Preußens  mogliehst  verbreiteten 
S  Chol  Zeitschrift,  z.  H.  in  den  Neuen  Jahrbüchern,  oder,  falls  der  Verleger 
des  Zentralblatt*  f.  BibUotheksweten  dagegen  Bedenken  hätte,  in  Form  eines 
von  dem  letzteren  zu  veranstaltenden  Separatdracks. 


232  Programmweteo  nod  Prograninbibliothek  d.  höh.  Sehalaa, 

mioa  eruditioDis^'  in  Betracht  kommen,  so  wfirde  doch  ins- 
besondere die  schulgeschichtliche  Forschung  aus  einem 
solchen  Werke  die  reichste  Nahrung  ziehen.  Möchte  es  diesen 
Zeilen  gelingen,  etwas  dazu  beizutragen,  daß  die  notwendige 
Arbeit  in  absehbarer  Zeit  verwirklicht  werde! 

dd)  Verzeichnisse  Ober  einzelne  Fachgebiete.  Das 
letzte  endlich,  was  auf  diesem  Gebiete  wünschenswert  und  ver- 
hJUltnismäßig  wieder  leichter  zu  schaffen  ist  als  etwa  die  zuletzt 
▼on  neuem  empfohlene  Arbeit,  besteht  in  der  Herstellung  von 
besonderen  Programmbibliographien  fQr  bestimmte 
Wissensgebiete,  sei  es  für  einzelne  Länder,  sei  es  im  ganzen. 
Das  eigentlich  Fach  wissenschaftliche,  zumal  aus  neuerer  Zeit, 
wörde  hier  weniger  in  Betracht  kommen,  da  die  betr.  Programme, 
in  erster  Linie  die  am  meisten  beteiligten  philologischen, 
seit  langem  wie  billig  in  den  schon  bestehenden^Fachbibliograpbien 
regelmäßig  ihre  Stelle  finden  und  ja  außerdem  mit  der  Tätigkeit 
der  Schule  in  überwiegendem  Maße  nicht  unmittelbar  zusammen- 
hängen. Gleichwohl  ist  ja  gelegentlich  der  Versuch  gemacht 
worden,  bestimmte  Fachgebiete  der  Programmlileratur  biblio- 
graphisch zu  behandeln.  Aber  schon  der  Umstand,  daß  in  den 
größeren  dieser  Versuche  andere  wissenschaftliche  Klein* 
literatur  einbezogen  ist^).  Ober  die  man  sich  schon  seit 
Jahren  leichter  und  zuverlässiger  aus  anderen  Quellen')  unter» 
richtet,  wirkt  störend.  Auch  haben  solche  Arbeiten,  sollten  sie 
wirklich  unternommen  werden,  erst  dann  größeren  Wert,  wenn 
sie  die  irgend  erreichbare  Vollständigkeit  aufweisen  und  in 
allem  fQr  bibliographische  Werke  Wesentlichen  so  genau  aus- 
geführt sind,  daß  der  Benutzer  sich  einigermaßen  auf  sie  ver- 
lassen darf.  Was  aber  alles  in  dieser^Beziehung  an  der  einzigen 
gröfseren  Programm-  (und  zugleich  Dissertationen-)  Fachbiblio- 
graphie, der  für  neuere  Sprachen  von  Varnhagen-Martin 
(8.  0.  S.  117,  Nr.  41/2)  auszusetzen  ist,  hat  ein  Sachkenners.  Z. 
nachgewiesen').  Sehr  viel  wichtiger  dagegen  wären  vollständige 
Sonderbibliographien  der  Programmliteratur  (für  Preufsen  seit 
1825)  auf  dem  Gebiete  des  Schulwesens,  in  denen  alle  oder 
wesentliche  Teile  dieses  großen  Organismus,  die  Beiträge  zur 
Erziehung  im  allgemeinen,  zur  Methodik  der  einzelnen  Unterrichts- 
fäclier,  zur  Schulgeschichte  und  -Organisation  im  ganzen  oder  für 
einzelne  Länder  wie  Preufsen,  Sachsen,  Hessen  usf.,  um 
nur  diese  zu  nennen,  übersichtlich  verzeichnet  würden.  Zu- 
verlässige Bücher   oder  auch  Programme  mit  dem  Titel:    „Pos 


1)  Ober  das  Poc.ksebe  Verzeichnis  (o.  S.  112,  iSr.  16)  vgl.  &  217; 
s.  aach  schon  oben  S.  189. 

*)  So  besonders  aas 'dem  von  der  Kgl.  Btbliot'hek  zu  |BerIi,'a  seit 
1885/S6  herRiisgegeheneaJahresverxeiehrtii  der  an  den  detdsckeRÜniveraü&en 
erschienenen  Schriften  (Berlin,  A.  Asber). 

*)  V^l.  Rod.  KlafsmaiiB,  ZtbL  f.  MibUoikeksw,  XI  (1894)  S.  282—285. 


von  R.  (Jllricb.  233 

höhere  Sckulwesen  Preufsens  (Sachsens,  Hessens,  Österreichs)  in 
seinen  Progframmen'*^  köonteD  einmal  zum  eisernen  Bestände  der 
Nachschlagewerke  der  Bibliotheken  und  jedes  einzelnen  Gelehrten 
gehdren,  der  sich  mit  dem  Schulwesen  wissenschaftlich  beschäftigt 
(vgl.  o.  S.  i2fl.).  An  einer  zuverlässigen  Gesamtbibliographie 
auch  nur  des  höheren  Schulwesens  (nicht  der  Programm- 
literatur allein)  fehlt  es  ja  seit  dem  Eingehen  der  großen, 
allerdings  viel  zu  breit  angelegten  Kehrb ach  sehen  Arbeit^) 
durchaus,  und  es  scheint  auch  leider  vorläufig  keine  Aussicht, 
daß  wir  eine  solche,  sei  es  nach  einzelnen  Jahren  oder  für 
größere  Zeiträume,  erbalten.  So  ist  der  Wunsch  berechtigt  wie 
auch  leichter  erfüllbar  —  am  besten  in  der  Form  von  Pro- 
grammen selbst  — ,  daß  die  Programmliteratur,  soweit  sie  sich 
auf  allgemeine  oder  spezielle  Schulfragen  bezieht,  für  sich 
bibliographisch  ganz  oder  nach  einzelnen  Seiten  behandelt  werde. 
Hier  kommen  Stoffe  in  Betracht,  die  recht  eigentlich  aus  dem 
Wesen  der  ganzen  Einrichtung  hervorgegangen  und  nach  sehr 
langer  Verdunkelung  dieser  Tatsache  seit  den  letzten  2  Jahr- 
zehnten (s.  0.  S.  145ff.)  gerade  in  den  Schulprograromen  wieder 
in  überwiegendem  Maße  heimisch  geworden  sind.  Der  z.  B.  für 
Württemberg')  jungst  unternommene  Versuch  dieser  Art 
(vgl.  0.  S.  116,  Nr.  38;  S.  255)  legt  den  Wunsch  nahe,  Arbeiten 
in  ähnlicher  Art  auch  für  andere  Länder  zu  erhalten.  Was 
die  Stellung  der  Aufgabe  betrifft,  so  scheint  es  am  zweck- 
mäßigsten, wenn  der  Umfang  nicht  zu  groß  genommen  und 
recht  bestimmt  abgegrenzt  wird.  Auf  kleinem  Gebiete  mög* 
liehst  Vollständiges  zu  geben  ist  wertvoller  und  für  dauernde 
Wirkung  viel  fruchtbarer,  auch  für  Schulmänner,  falls  sie  sich  mit 
den  Anforderungen  bibliographischer  Arbeiten  vertraut  gemacht 
haben,  leichter  durchführbar,  als  das  bei  umfassenderen  Werken 
solcher  Art  der  Fall  ist,  besonders  wenn  sie  auch  die  Literatur 
außerhalb  der  Programme  registrieren  wollen.  Solche  umfassen- 
deren Aufgaben  sind  besser  gründlich  geschulten  Fachbibliographen 
zu  überlassen. 

Wie  man  sieht,  liegt  auch  auf  diesem  Gebiete  noch  eine 
Fülle  von  Aufgaben  vor,  die  der  Lösung  harren.  Die  Lust,  sie 
zu  unternehmen,  wird  auch  wesentlich  davon  abhängen,  daß  die 
irrigen  Anschauungen  von  Wert  und  Verwertung  der  Programme 
einer  unbefangeneren  Beurteilung  weichen.  Die  letztere  herbei- 
zuführen habe  ich  mir  in  der  vorliegenden  Arbeit  besonders  an- 
gelegen sein  lassen. 


1)  Vgl.  ,0.  S.  126,  Aom.  1  und  S.  17,^  Aom.  9. 

^)  För  Österreich  vgl.  z.  B.  G.  Strakosch-GrafsmaDD,  Biblio 
grofhie   zur  Geschichte  des   österreichisehen  Unterrichtswesens ,   Programme 
von  Kemeuburg  Rg.  1901102.     Diese   Arbeit    ist   alJerdiogs    aof    breiterer 
GruDdlage    oDteraommeo    nod  omfaßt  weder    die  Mittelschalea  alleio,    noch 
besehränkt  sie  sich  aof  die  Programmliteratar. 


^^  Prof^rammwesea  und  Prof^rammbibliothek  d.  holuSeholeB, 

Daß  auch  die  Jahresberichte  der  höheren  Schulen 
noch  eine  nachhaltigere  Zusammenfassung  gestatten  (die 
wieder  ihrer  wissenschaftlichen  Ausnutzung  zustatten  käme),  als 
ihnen  bisher  zuteil  geworden  ist,  wird  weiter  unten  gezeigt  werden 
(s.  Absch.  3  C).  Vorerst  ist  klarzulegen,  daß  sie  an  und  für 
sich  wichtige,  durch  andere  Veranstaltungen  nicht  zu  ersetzende 
Dokumente  des  höheren  Schulwesens  sind,  wenn  sie  auch 
im  einzelnen,  ebenso  wie  dies  von  den  Programmabhandlangen 
gezeigt  werden  konnte,  der  Ausgestaltung  nach  Inhalt  und  Form 
noch  bedürfen.    Ich  wende  mich  jetzt  daher  zu  ihnen. 

3.    Die  Notwendigkeit  der  Jahresberichte^). 

Die  Abhandlungen  haben  eine  längere,  eingehendere  Er- 
örterung nötig  gemacht,  die  durch  ihre  lange  Geschichte  und  ihre 
hohe  Bedeutung,  auch  wegen  der  vielen  Fragen  und  Bedenken, 
die  sich  im  Laufe  der  Jahrzehnte  an  sie  geknöpft  haben,  wohl 
gerechtfertigt  war. 

Über  die  Jahresberichte  kann  ich  mich  wesentlich  kurzer 
fassen.  Nicht  daß  sie,  im  ganzen  angesehen,  weniger  wichtig 
wären  als  die  Abhandlungen.  Im  Gegenteil.  Aber  ihr  Nutzen  ist 
unmittelbarer  und  tritt  deutlicher  zutage;  ihre  Wirkung  erstreckt 
sich  auf  weitere  Kreise,  ihr  Inhalt  ist  leichter  verständlich.  So 
hat  denn  die  Diskussion  sich  zwar  auch  mit  ihnen  beschäftigt, 
aber  nicht  so  sehr  die  Einrichtung,  die  man  als  eine  gegebene 
hinnahm,  im  ganzen  grundsätzlich  nach  Für  und  Wider  erörtert, 
als  vielmehr  an  Einzelheiten  gebessert,  manchmal  einseitig  und 
kleine  Anstöße  gern  verallgemeinernd,  oft  aber  auch  unter  voller 
Würdigung  der  Bedeutung  der  Sache  im  ganzen  und  von  dem 
Bestreben  geleitet,  sie  für  die  Zwecke,  denen  sie  dienen  soll, 
immer  vollkommener  zu  gestalten. 

So  wird  es  sich  im  folgenden  in  der  Hauptsache  um  drei 
Dinge  handeln.  Zunächst  gilt  es,  die  allgemeine  Bedeutung 
der  Jahresberichte,  soweit  sie  innerhalb  oder  außerhalb  unserer 
Kreise  noch  nicht  voll  erkannt  ist,  ins  rechte  Licht  zu  stellen  (A); 
ferner  ist  zu  untersuchen,  nach  welchen  Seiten  sie  im  einzelnen 
der  Besserung  und  Ausgestaltung  fähig  sind  (B);  endlich 
wäre  zu  erwägen,  durch  welche  Mittel  die  so  im  einzelnen 
zweckmäßiger  eingerichteten  Dokumente  der  Organisation  des 
höheren  Schulwesens  im  ganzen,  insbesondere  für  das  Studium 
und  die  Praxis  des  Schulwesens  selbst,  fruchtbarer  gemacht 
werden  können  (C).    Zustatten  kommt  mir  dabei,   daß  vieles 


M  Pur  diesen  ganzen  Absehoitt  ist  die  Sammlang  der  VerfngBngei 
o.  S.  95 — ]08,  soweit  diese  die  Jahresberichte  betreffen,  und  die 
historische  Skizze  oben  S.  150— 166  nebst  der  Tabelle  (hinter  S.  160; 
zu  vergleichen. 


▼  OD  R.  Ullrich.  235 

von  dem,  was  die  Diskussion  zur  Sprache  gebracht  hat,  besonders 
soweit  sie  sich  in  mehr  negierender  Richtung  bewegte,  schon 
früher  erledigt  worden  ist^),  so  daß  hier  ein  kurzer  Hinweis  und 
ev.  Zusammenfassung  der  Hauptpunkte  genügen  wird  und  der 
Nachdruck  auf  das  Positive,  Ergänzende,  Aufbauende  gelegt 
werden  kann. 

A.  AUgemeine  Bedeutung. 

Es  spricht  wieder  für  den  weitausschauenden  Scharfblick  des 
preußischen  Organisators  von  1824  und  1826,  daß  die  von 
ihm  damais  aufgestellten  Gesichtspunkte  für  Zweck  und  Bedeutung 
der  Jahresberichte,  die  er  —  wie  bei  den  Abhandlungen  —  in 
der  gegenseitigen  Förderung  der  Schulen  und  ihrer  Lehrer  und 
in  der  Erhaltung  fester  Beziehungen  zwischen  Schule  und  Publikum 
erblickte  —  mehr  oder  weniger  auf  die  Verhältnisse  der  anderen 
Staaten  Einfluß  geübt  und  bis  beute  ihre  Lebenskraft  bewahrt 
haben.  Es  war  —  wenigstens  dem  Wortlaut  nach  —  nicht 
eigentlich  eine  Verbesserung,  wenn  die  zweite  und  zugleich 
letzte  preußische  Gesamtverfügung  von  1885  (s.  o.  S.  151)  nur 
von  den  „Kreisen"  sprach,  „welche  an  der  Wirksamkeit  der 
einzelnen  Anstalt  besonders  beteiligt  sind''  (d.  h.  doch  wohl 
rubrer  und  Publikum),  also  die  Beziehungen  einer  Hehrheit  von 
Anstalten  zu  einander  nicht  berücksichtigte.  Indessen  waren  diese 
Beziehungen,  die  ja  schon  in  der  amtlich  geförderten  Einrichtung 
des  Tausch  Verkehrs  tatsächlich  zum  Ausdruck  kamen,  der  Be- 
hörde wohl  so  selbstverständlich  erschienen,  daß  sie  nicht  mehr 
für  nötig  hielt,  sie  besonders  zu  betonen,  wie  dies  sechs  Jahr- 
zehnte vorher  geschehen  war.  Vielleicht  mochte  es  auch  eine 
Wirkung  der  Lehrpläne  von  1882  sein  (die  jene  1892  ihren 
Höhepunkt  erreichende  „Uniformiläf'  der  Verfassung  der  preußi- 
schen höheren  Schulen  einleiteten),  die  eine  Betonung  der  gegen- 
seitigen Förderung  der  Anstalten  gerade  durch  die  Jahres- 
berichte weniger  na^e  legte,  wenngleich  dabei  die  Rücksicht  auf 
die  doch  auch  durch  den  Tauschverkehr  den  preußischen  Schulen 
mitgeteilten  Jahresberichte  der  anderen  deutschen  Staaten 
und  Österreichs  etwas  zu  kurz  kam,  deren  Anstalten  sehr 
abweichende  Einrichtungen  aufwiesen  und  noch  heute  aufweisen. 
Daß  dagegen  in  diesem  Zusammenhange  der  —  an  sich  im  all- 
gemeinen selbstverständliche  —  Umstand  besonders  betont  wurde, 
die  Berichte  sollten  „den  vorgesetzten  Behörden  einen  Einblick 
in  die  gesamte  Organisation  und  in  die  einzelnen  Einrichtungen 
jeder  Schule  ermöglichen'S  konnte  auffallen,  da  gerade  in  den 
achtziger  Jahren  die  Verschiedenheilen  in  dieser  Beziehung  — 
von  einzelnen  auf  geschichtlicher  Überlieferung  beruhenden  und 
der  Behörde   ja  doch  am    besten  bekannten  besonderen  Einrich- 


1)  VffL  o.  S.  189  ff.»  202 ff.,  218ff.,  256ff. 


2^  Progr  ammweseo  ood  Progranunbibliothek  d.  höh.  Schulen, 

tuDgen  einer  kleinen  Anzahl  von  Schulen  abgesehen  —  Qicht 
eben  groB  waren.  Heute  ist  das  freilich  ganz  anders,  gerade 
innerhalb  Preufsens,  und  darum  haben  hier  die  Jahresberichte 
eine  um  so  größere  Bedeutung.  Welche  Anschauungen  aber  auch 
immer  jenen  Bestimmungen  von  1885  in  dem,  was  sie  sagten 
ebensowohl  wie  in  dem,  was  sie  verschwiegen  oder  als  selbst- 
verständlich voraussetzten,  zugrunde  liegen  mochten,  die  Tatsache 
ist  nicht  zu  leugnen,  daß  sie  der  Kritik  an  der  Einrichtung  der 
Jahresberichte  willkommenen  Stoff  gegeben  haben  zu  einer  Zeit, 
in  der  sich  die  Verhältnisse  schon  der  preußischen  Schulen  allein 
recht  erheblich  verändert  hatten  und  —  so  sollte  man  doch 
denken  —  demgemäß  vielleicht  auch  den  Jahresberichlen  ein 
etwas  anderer  Beruf  zukam.    Sehen  wir  näher  zu. 

Ohne  zunächst  auf  die  innere  Einrichtung  der  Jahresberichte 
näher  einzugehen  (darüber  s.  unter  B),  halte  ich  es  für  das 
Zweckmäßigste,  von  ihrer  Bedeutung  für  die  einzelnen 
Schulen  und  ihren  Interessenkreis  auszugehen  (a)  und 
daran  Bemerkungen  über  ihren  Wert  im  ganzen  zu  knüpfen  (b). 

•)   Bedeataog  für  die  einzelne  Schale  and  ihren  Isteressenkreis. 

Als  Interessenkreis  der  Schule  sind  anzusehen  die  Lehrer, 
die  Schüler,  wirkliche  und  ehemalige,  die  vorgesetzten  Be- 
hörden und  das  Publikum,  Eltern  sowohl  wie  die  Bewohner 
des  Ortes  und  seiner  Umgebung  überhaupt.  Was  können  die 
Jahresberichte  jedem  dieser  Kreise  leisten? 

a)  Für  den  Lehrer  scheint  der  einzelne  Bericht  über 
ein  Schuljahr  der  eigenen  Anstalt  zunächst  nicht  allzuviel  zu  be* 
deuten;  das  kann  man  z.  B.  H.  Müller  (vgl.  o.  S.  258)  im  all- 
gemeinen noch  am  ehesten  zugeben.  Jedenfalls  lohnte  es  nicht, 
ihn  in  dem  üblichen  Umfange  drucken  zu  lassen,  falls  er  in  erster 
Linie  auf  den  Lehrer  als  Leser  berechnet  wäre.  In  der  Tat 
hat  dieser  das  meiste,  was  darin  steht,  „miterlebt*'.  Aber  wirklich 
alles?  Es  stehen  doch  auch  Dinge  darin,  die  er  nicht  miterlebt 
hat,  sondern  die  ihm,  auch  an  Schulen,  wo  auf  peinlichste  Ord- 
nung in  jeder  Hinsicht  gehalten  wird,  völlig  neu  sind.  Kennt 
er,  z.  B.  als  Ordinarius,  alle  Aufsätze,  die  der  Kollege  des  Deutschen 
oder  Französischen  im  Laufe  des  Jahres  gegeben  hat,  die  Themen 
der  „kleinen  Ausarbeitungen^^  die  Aufgaben  aus  der  Beifeprüfung  ? 
Weiß  er  immer,  welche  Bücher  für  die  Ijehrerbibiiothek  ange- 
schafft worden  sind,  welche  Stiftungen  an  der  Anstalt  bestehen, 
wie  stark  die  einzelnen  Klassen  besucht  sind?  Ist  ihm  etwas 
von  dem  Leben,  den  Studien,  den  Veröffentlichungen  der  Kollegen 
bekannt,  die  neu  an  die  Anstalt  kommen?  Aus  den  Jahres- 
berichten erfahrt  aber  jeder,  dessen  fnteressenkreis  nicht  an  der  Tnr 
der  Klassen  aufhört  (oder  vielleicht  schon  bei  den  Fächern,  die 
er  gerade  in  ihnen  lehrt),  dies  und  noch  manches  andere,  nicht 
vereinzelt,  sondern  in  zweckmäßiger  Obersicht,  und  vernimmt  es 


von  H.  Ullrich.  2$f 

gern,  nicht  bloß  zum  Nutzen  für  sieb,  sondern  auch  häufig  im 
Interesse  des  Elternpublikums.  Ja,  wurde  an  allen  Anstalten, 
was  durch  geeignete  Vorkehrungen  wenigstens  bei  einigen  der 
genannten  Dinge  sicher  möglich  wäre,  dafür  gesorgt,  daß  jeder 
Lehrer,  den  sie  interessieren  —  und  das  sollten  eigentlich  alle 
sein  —  sie  auch  ohne  Umstände  zu  jeder  Zeit  erfahren  könnte, 
so  wären  för  ihn  die  Berichte  entbehrlich ;  aber  da  das  wphl  nie 
und  nirgends  immer  gerade  in  dem  erwünschten  Umfange  ge- 
schehen wird  —  und  abfragen  kann  man  das  den  Kollegen  weder 
alles  noch  wünschen  es  viele  — ,  wird  man  doch  wohl  zugeben 
müssen,  daß  die  Verfügungen,  welche  die  Jahresberichte  ins  Leben 
riefen  und  ihre  Gestaltung  im  einzelnen  genau  vorschrieben,  so 
übel  nicht  sind.  Indessen,  die  Menschen  sind  unvollkommen, 
auch  manchmal  unzugänglich,  selbst  Kollegen;  man  müßte  sich 
damit  abfinden,  wie  mit  so  vielem  andern.  V^ozu  brauchen  Staat 
und  Stadt  das  viele  Geld  herzugeben,  Jahr  für  Jahr  alles  ab- 
drucken zu  lassen,  was  der  sonderbare,  wißbegierige  Kollege 
wissen  will,  der  doch  nun  schon  so  viele  Jahre  an  der  Anstalt 
„heimisch**  ist  (wirklich?).  Alles  braucht  er  doch  auch  gar  nicht 
zu  wissen! 

Aber  wenn  er  nun  neu  bei  der  Anstalt  eintritt? 
Bietet  sich  nicht  der  Jahresbericht,  zunächst  der  neuste,  wenigstens 
als  ein  recht  zweckmäßiger,  durch  andere  Mittel  so  leicht  nicht 
zu  ersetzender  Helfer  dar,  sich  zu  orientieren  ?    Und  das  ist  doch 

.  heute  gerade  in  Preußen  ebenso  erwünscht  wie  nötig,  wo  die 
von  der  Behörde  gewährte  und  von  den  meisten  Lehrern  freudig 
begrüßte  Freiheit  der  Schulorganisation  im  ganzen  wie  in  zahl- 
reichen Einzelheiten  wieder  dazu  führt,  der  „Individuaiitär*  Spiel- 
raum zu  gewähren,  nicht  bloß  den  Schülern,  sondern  auch  den 
Lehrern  und  ganzen  Kollegien.  Und  wer  nun  wirklich  in  seiner 
Schule  und  ihrer  Tradition  —  wenn  anders  sie  eine  hat  —  hei- 
mischer werden  will,  wird  wohl  auch  mit  ihrer  Geschichte  etwas 
vertrauter  zu  werden  wünschen,  etwas  von  den  früheren  Lehrern, 
ihrem  Leben  und  ihrer  Arbeit  an  der  Anstalt  und  sonst  wissen 
wollen,  auch  gern  vernehmen,  unter  welchen  Verhältnissen  man  vor 
seiner  Zeit  lebte,  welche  Feste  man  feierte  und  wie  man  es  tat,  mit 
welchen  Schwierigkeiten  —  und  sie  waren  oft  recht  groß  —  die 
auch  einmal  jung  gewesene  Anstalt  zu  kämpfen  hatte,  in  ihren 
Räumen  sowohl  wie  in  ihren  ganzen  Verhältnissen,  auch  finan- 
ziellen, und  so  noch  manches  andere.  Großes  wie  Kleines,  das  ge^ 
fordert  oder  gehemmt,  Freude  oder  Verdruß  geschaffen.  Gibt  es 
aber  in  allen  alten  Schulen  eine  auf  den  Akten  aufgebaute,  bis 
nahe  an  die  Gegenwart  reichende  „Geschichte*^,  aus  der  man  solche 
Dinge  leicht  erfahren  könnte?  Und  wenn  schon,  so  vermißt 
man  gerade  das,  was  man  zunächst  wenigstens  wissen  möchte, 
Einzelheiten  über  bestimmte  Personen   oder  Verhältnisse,    die 

'  einem  in  der  Beziehung   zur  Gegenwart  oft  wichtig  werden,    die 


238  Programmwesan  Dod  Progrimmbibliothek  d.  höh.  Sehnlem, 

aber   in  zusammenhängenden   Darstellungen    bei   der   Fülle    des 
Stoffes  naturgemäß  nicht  zu  vollem  Rechte  kommen  und  es  aach 
bei  dem  besten  Willen  der  Verfasser  nicht   können,    oft  schon 
deswegen  nicht,   weil   kein  einzelner  alle  Unterrichtsfächer  und 
überhaupt  die  ganze  Mannigfaltigkeit  der  Verhältnisse,  die  ein  so 
großer  Organismus  in  sich  birgt,  so  vollkommen  beherrscht,  um 
jedem  Suchenden  das  Seine  zu  geben.    Also  mußte  man  in  jedem 
Falle  die  älteren  Kollegen  befragen,   falls   man  Gegenliebe  findet, 
oder  den  Direktor,  der  aber  an  manchen  Schulen  so  häufig  wechselt 
und  sich  selbst  erst  orientieren  muß,  oder  gar  —  am  umständ- 
lichsten —  das  Archiv,   falls  es  leicht  zugänglich^)  und  —  in 
musterhafter  Ordnung  ist').     Wohin  kommen  wir  da?    Und   «-- 
fahren  am  Ende  doch  nicht,  was  wir  suchen;  an  alten  Anstalten 
wäre    es   auf   dem   genannten    Wege    überhaupt   kaum   möglich. 
Wieder  helfen  uns  die  Jahresberichte,  im  großen  und  —  wenn 
sie   mit   leidlicher  Sorgfalt   abgefaßt   sind    —   auch   im  kleinen. 
Wer  ihrer  zunächst  nur  10  oder  20  von  der  eigenen  Anstalt  aas 
neuerer  Zeit   —    weiteres  Zuröckgehen   vorhehalten  —  nachein- 
ander durchgegangen  ist,  wird,  denke  ich,  für  den  ersten  Anfang 
ein   gewisses  Fundament   seiner   neuen  Stellung   haben,    das    er 
sich  auf   andere  Weise   niemals  hätte  verschafiTen  können»    wenn 
anders  er  überhaupt  für  die  Bedeutung  des  geschichtlich  Gewor- 
denen Sinn  hat  und  nicht  ein  Zugvogel  ist,   der,   in  einer  Stelle 
kaum  warm  geworden,  schon  wieder  nach  einer  neuen  ausschaut, 
um  auch  in  dieser  nicht  heimisch  zu  werden.     Die  schöne  Sitte, 
daß    nicht   wenige  Anstalten    —    gerade  ältere   —    ihre  eigenen 
Programme,    neben    den  Abhandlungen   auch   die  Jahresberichte, 
sämtlich  und  zeitlich    soweit  wie   möglich    nach   rückwärts  nicht 
in    der   Bibliothek    „vergraben'S   sondern   sie    wohlgeordnet,   zu 
mehreren  Bänden  vereinigt,  im  Lehrerzimmer  zu  jedermanns  Ein- 
sicht aufstellen,  hängt  doch  wohl  mit  der  Empfindung  zusammen, 
daß  sie  ebenso  unmittelbar   dazu  nAtzlich  sind,    diese  oder  jene 
Einzelheit  gelegentlich  bequem  nachschlagen  zu  können,  wie  auch 
andererseits  dazu,  jeden,  der  seine  Tätigkeit  an  einer  bestimmten 
Schule  immer  lieber  gewinnt,   um  so  enger  an  sie  zu  fesseln,  je 
mehr  er  mit  ihrer  Entwicklung  vertraut  wird.     Erkennt  man  die 
hohe  Bedeutung  dieser  Momente  an,    so  wird  man  —  denke  ich 
—  wohl  nicht  leugnen  können,  daß  schon  die  Jahresberichte 
einer  einzelnen  Schule  fQr  jeden  ihrer  Lehrer  aufser- 
ordentlich  zweckmäfsig,  ja  bei  dem  Mangel  geeigneten  oder 
leicht  zugänglichen  Ersatzes  nahezu  notwendig  sind. 

ß)  In  bezug  auf  das,  was  die  Jahresberichte  einer  Anstalt 
för  ihre  Schüler  bedeuten,  wird  man  im  allgemeinen  aber 
theoretische  Erörterungen  nicht  hinauskommen,  man  müßte  denn 

1)  Vgl.  daED  C.  Reth  wisch  t.  a.  0.  iBäfl.  Abt.  4,  Nr.  138)  S.  7. 
*)  Ober    dessen   zweckmäßige  Ordoaog    vgl.   die  Abhaadlaog  von  W» 
Stoewer  io  der  Z./  <f-  Gymn^-fy.  LVÜ  (1903)  S.  369—374. 


voB  R.  Ullrich.  239 

einzelne  aus  verschiedenen  Klassenslofen  darüber  befragen  oder 
auch  (was  meinen  vorurteilslose  Lehrer  des  Deutschen  dazu?) 
einmal  ganz  gelegentlich  einer  verständigen  Prima,  unter  Um- 
ständen auch  schon  einer  Klasse  der  Mittelstufe,  ein  Blatt  Papier 
in  die  Hand  geben  —  ohne  irgend  ein  Wort  weiter  zu  sagen  — 
mit  der  Aufforderung,  unbefangen  niederzuschreiben,  was  ein 
jeder  etwa  dächte  über  die  Frage:  „Haben  die  Schulnachrichten 
für  uns  Schüler  einen  Zweck,  was  bieten  sie  uns  und  was  ver- 
missen wir  in  ihnen  ?''    Modern  wäre  das  Thema,  auch  „aktuell*' 

—  man  findet  gelegentlich  gewiß  noch  aktuellere  —  und  etwas 
wurde  sicher  dabei  herauskommen,  ganz  abgesehen  von  der 
stilistischen  Obung.  Gewiß  würde  man  finden,  daß  manche 
Schüler  die  jährliche  Gabe  der  Schule  (wie  so  vieles  andere,  was 
sie  ihnen  bietet)  als  etwas  Gewohntes  hingenommen  haben,  ohne 
sich  etwas  Besonderes  dabei  zu  denken;  vielleicht  gelänge  es 
aber,  wie  bei  anderer  Gelegenheit,  träge  Naturen  auch  hier 
wenigstens  schon  durch  die  bloße  Frage  anzuregen,  der  Sache 
nachzudenken.  Solche,  die  der  Schule,  der  sie  schon  lange  an- 
gehören, mit  Liebe  anhängen  und  mit  einiger  Regelmäßigkeit 
sogar  den  einen  oder  anderen  Teil  zu  lesen  pflegen  (wie  manche 
von  uns  es  früher  taten  —  s.  u.)t  würden  aber  doch  wohl  aus 
ihrer  geringen  Erfahrung  und  bei  aller  natürlichen  Begrenztheit 
des  Urteils  mancherlei  zu  sagen  wissen,  das  selbst  dem  Direktor 
und  den  Lehrern  (wie  oft  werden  die  Schüler  beider  Lehrer!) 
eine  bescheidene  Anregung  zu  geben  vermöchte  in  der  Richtung, 
ob  vielleicht  auch  die  Jahresberichte^)  mehr  als  bisher  hier  und 
da  etwas  enthalten  könnten,  was  den  Schülern  Interesse  einflößt. 
Was  kein  Verstand  der  Verständigen  gesehen,  könnte  hier  wirk- 
lich in  Einfalt  ein  kindlich  Gemüt  finden.  Vielleicht  macht  ein- 
mal jemand  den  Versuch;  schaden  könnte  er  —  bei  normaler 
Disziplin  —  kaum,  eher  einiges  nützen.  Doch  kommen  wir  über 
diese  zunächst  theoretischen  Erörterungen  hinaus  schon  einen 
Schritt  weiter,  wenn  wir  uns  selber  —  nicht  bloß  Lehrer, 
sondern  auch  andere  ehemalige  Schüler  —  soweit  möglich  daran 
za  erinnern  versuchen,  ob  wir  vor  20,  30  und  mehr  Jahren  mit 
diesen  Berichten  etwas  anzufangen  wußten,  die  wir  ja  eigentlich 
den  Eltern  abzuliefern  verpflichtet  waren,    die   zu  lesen  uns  aber 

—  wenn  anders  wir  wollten  —  niemand  binderte.  Natürlich 
werden  wir  dabei  der  Gefahr  nicht  ganz  entgehen,  einiges  von 
dem,  was  wir  jetzt  denken  und  schätzen,  auch  für  die  Zeit 
unseres  harmlosen  Schülerlebens  schon  als  „feste  Oberzeugung*' 
anzunehmen,  wie  das  ja  selbst  manchen  Großen,  die  ihr  Leben 
oder  ein  Stück  davon  im  vorgerückten  Alter  aufzeichneten,  mit 
ihren  Jugendjahren  so  ergangen  ist  Seien  wir  also  vorsichtig. 
Wie  stand  es  nun  damit?    Wenn  wir   den  meisten  Wortführern 


1)  Ober  die  Abhaodlnogen   vgl.  io   dieser  fiesiehoDg  o.  S.  280ff. 


2i0  ^rogrtmmwasei  nad  Pr6graBimliibliotliek  d.  höh.  Schvlei, 

der  Diskussion  in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten  glauben  woHeu, 
so    hallen    die  Berichte   an    uns  Schulern   ziemlich  ausnahmslos 
ihren    Beruf    verfebit;    sie    waren    etwa    ein    Stuck    bedrucktes 
Zeitungspapier,  zu  allem  zu  gebrauchen  ^),  nur  nicht  dazu«  gelesen 
oder   gar    geschätzt    zu  werden.     Ich    muß   dem    ebenso  wider- 
sprechen,   wie  dies  schon  gelegentlich  andere  getan  haben")  und 
wohl    noch    manche,    die   diese  Zeilen    etwa    lesen    sollten,   tun 
werden.     Von    der    kindischen  Freude,    die   wir  empfanden,   als 
wir    unseren    Namen    zum    ersten  Male   im  WohltäterTeraeiclinis 
gedruckt  sahen,    wenn    wir   einen  Schwalbenschwanz    oder   eine 
Fischgräte   ins  Natoralienkabinett  gestiftet   hatten,    sehe  ich  hier 
ab;  sächsische  oder  süddeutsche  Schüler  mögen  sich  in  ähnlicher 
Weise  gehoben  fühlen,  wenn  sie  heute  ihren  Namen  im  Schäler- 
verzeichnis   (in  Preußen  ist  es  weniger  üblich)    begegnen.     Dem 
Umstände,    daß  unsere  Klasse  wenigstens,    die  zur  (damals  noch 
üblichen)  öffentlichen  Prüfung  „herankam",  am  Schluß  des  Jahres- 
berichts  gedruckt   war,    standen    wir    mit    gemischten    Gefühlen 
gegenüber.      Auch    im    Lehrerverzeichnis   sahen    wir    nach    und 
waren   sehr  enttäuscht,    daß  der  stattliche,   bärtige  Herr  X.,   der 
uns  in  Sexta  und  Quinta  so  vortreffliche  Geschichten  za  erzählen 
gewußt  hatte,  sogar  als  Ordinarius  mit  uns  deklinierte  und  kon- 
jugierte   und    unsere  Hefte   mit   roter  Tinte   reichlich    bedeckte, 
kein    „ordentlicher*'    Lehrer    war,    sohdern    „bloß^'    ein    Probe- 
kandidat.    Und    als  wir    mit    einem  Stipendium    zur    Universität 
entlassen  waren,  auch  gar  später  wohl  noch  ein  solches  erhielten, 
fanden  wir  es  bei    aller  Dankbarkeit  gegen  die  Schulen,    die  uns 
solches  gegeben,  doch  sehr  unnötig,  daß  mit  unseren  Namen  im 
Jahresbericht  darüber  quittiert  wurde.     Aber  als  wir  älter  wurden, 
suchten  wir  nicht  mehr  bloß  nach  Dingen,  die  die  Eitelkeit,  Neu- 
gier oder    den  Widerspruchsgeist   reizten;  wir   lasen   doch    auch 
anderes,   als  Schüler  und  später   noch  oft,   die  Reden  z.  B.,    die 
unsere  Direktoren  beim  Amtsantritt  hielten,  auch  die  Worte  des 
Gedenkens,  die  ihnen  und  anderen  Lehrern,  als  sie  selbst  dahin- 
gegangen waren,    von  ihren  Kollegen  nachgerufen  wurden.     Wir 
hatten  sie  ja  freilich  meist  schon  mitangehört,  aber  nicht  immer 
alles  verstanden  und  lasen  sie  darum  in  Ruhe  gern  noch  einmal,  eben- 
so wie  unsere  Eltern.    Auch  das,  was  über  den  Lebenslauf  unserer 
neuen  Lehrer  im  Jahresbericht  stand,   lasen  wir');    es  war  nicht 
viel,  aber  doch  etwas.     Und  wenn  wir  bei  dem  betr.  Lehrer  auch 
niemals  Unterricht    gehabt  hatten,    so    erfuhren    wir   doch  noch 
etwas  anderes    von  ihm,   als    uns    unsere  Kameraden  aus  seinen 
Stunden    erzählten.     Auch    wenn  da  zu  lesen  stand,    daß  dieser 


1)  Vgl.  2.  B.  o.  S.  126,  Nr.  114. 

3}  Z.  B.  Faust  (s.  o.  S.  127,  Nr.  125),  R.  Hoer«nz  (Nr.  128)  uU 
besonders  F.  Pietzker  (S.  128,  Nr.  155). 

3)  Dasselbe  berichtet  K.  Hoereos,  Päd.  fTocAenbL  XI  (1901/2)  S.  121 
(ÄW.  Abt,  4,  Nr.  128). 


von  R.  Ullrieh.  24i 

oder  jener  I^ehrer  zu  einer  wiBsenscbaftlicben  Reise  beurlaubt 
war,  80  macbtejes  den  jugendlidien  Gemütern  —  warum  sollte 
es  das  nicht  —  Eindruck.  Und  so  würe  noch  anderes  zu  nennen, 
was  ich  hier  nicht  alles  aufzählen  kann.  Naturlich  waren  nicht 
alle  für  solche  Dinge  gleich  zugänglich,  aber  etliche  hatten  doch, 
z.  T.  noch  unbewußt,  die  Empfindung,  daß  ihnen  hier  etwas  mit- 
gegeben war,  auch  för  das  Leben,  das  sie  nicht  missen  mochten. 
Manche  hoben  die  Jahresberichte  auch  auf;  ich  habe  sie  heute 
beinahe  noch  alle.  Mögen  andere  anders  gedacht  haben  oder 
denken,  ich  kann  sie  nicht  hindern,  höchstens  bedauern.  Damit 
verlasse  ich  diesen  Abschnitt. 

y)  Mag  aber  immerhin  der  positive  Nutzen,  den  ich  hier 
gar  nicht  in  den  Vordergrund  steUen  möchte,  im  allgemeinen  für 
die  große  Menge  der  wirklichen  Zöglinge  einer  Anstalt  nicht  er- 
heblich sein,  desto  größer  ist  er  för  die  ehemaligen  Schüler. 
Die  Anstalten,  auch  solche,  die  nicht  Internate  sind,  suchen  doch 
mit  Recht  einen  gewissen  Zusammenhang  mit  ihren  früheren 
Schulern  aufrecht  zu  erhalten.  Die  vielen  „Vereine  ehemaliger 
Schüler*'  streben  nicht  bloß  den  Verkehr  ihrer  Mitglieder  unter 
sich  an,  sie  wollen  auch  die  Beziehungen  zu  der  Anstalt  pflegen, 
der  diese  ihre  Ausbildung  verdanken.  Wie  wichtig  es  ist,  daß  von 
beiden  Seiten  alles  geschehe,  solche  Zusammenhänge  zu  stärken, 
brauche  ich  nicht  erst  nachzuweisen.  Und  daß  jedes  mögliche 
Mittel,  das  diesem  schönen  Zwecke  dienen  kann,  zu  benutzen  ist, 
kann  für  selbsverständlich  gelten.  Auch  hier  erfüllen  die  Jahres- 
berichte eine  wichtige  Aufgabe.  Es  ist  nicht  viel,  aber  doch 
wohl  etwas,  wenn  ehemalige  Schüler,  die  sich  darum  kümmern, 
wenigstens  jährlich  einen  Bericht  ihrer  alten  Anstalt  erhalten, 
aus  dem  sie  alles  Neue,  was  sich  seit  ihrem  Abgange  zugetragen 
hat,  alle  Veränderungen,  die  eingetreten  sind,  ohne  Schwierigkeit 
erfahren.  Zumal  für  alle,  die  nicht  am  Orte  ihrer  Schule  bleiben, 
und  das  sind  doch  die  meisten  (besonders  soweit  kleinere  Orte 
in  Betracht  kommen),  ist  das  wichtig.  Was  den  alten  Fürsten- 
Schülern^)  jedes  Jahr  eine  willkommene  Gabe  ist,  sollte  es  auch 
für  die  alten  Zöglinge  anderer  Anstalten  sein.  Doch  kann  wohl 
noch  mancherlei  geschehen,  die  Jahresberichte  dahin  auszuge- 
stalten (vgl.  Abschn.  B),  daß  die  Verbindung  zwischen  der  Schule 
und  ihren  alten  Zöglingen  immer  mehr  gefestigt  werde. 

d)  Wenn  weiterhin  in  Preufsen')  die  Behörde  selbst 
erklärt  hat,    daß  die  Jahresberichte  der  Schulen   für  sie  von  Be- 


^)  Vgl.  daxQ  noch  die  schöne,  obeo  S.  273  Aon.  1  erwähnte  ^Sitte, 
daB  die  ehemaligen  Schüler  der  Porstenseholen  (auch  die  der  Landea- 
achnle  Pforta)  fdr  eine  bestimmte  Anzahl  von  Jahren  anf  die  Abhand- 
langen ihrer  Schulen  abonnieren,  womit  hier  sogleich  noch  einem  wohl- 
tätigen Zwecke  gedient  wird.  Mit  den  iJahresberiehten  geschieht 
das  gleiche. 

*)  Auch  in  Hesico,  s.  o.  S.  161. 
Zoitsehf .  1 4. 07BuiaaiAlwis«a.    LZL    Bapplamonthoft.  26 


242  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hob.  Schales, 

deutung  seien,  schon  zu  einer  Zeit,  wo  zweifellos  die  Verfassung 
der  Schulen  und  demgemäß  auch  ihre  Berichte  eine  weit  gröfiere 
„Uniformität"  zeigten  als  jetzt,  so  ist  doch  anzunehmen,  daß  sie 
ihre  Gründe  dazu  hatte,  trotz  der  Verwaltungsberichte, 
und  man  versteht  nicht  recht,  daß  dies  von  anderer  Seile  ^)  an- 
gezweifelt werden  konnte.  Natürlich  können  die  Jahresberichte 
für  die  Mitglieder  der  Schulbehörden  verschiedenster  Instanz 
nicht  das  einzige  Mittel  sein»  von  der  Verfassung  der  Schulen 
Kenntnis  zu  erhalten;  das  wollen  und  sollen  sie  ja  auch  gar  nicht. 
Aber  der  „Einblick^',  von  dem  die  preußische  Verfügung  von  1885 
redet  (s.  o.  S.  15t),  läßt  sich  z.  B.  für  einen  Schulrat,  der  über 
20  oder  mehr  Anstalten  das  Dezernat  erhält,  besonders  im  An- 
fange seiner  Tätigkeit  ganz  gewiß  mit  Hilfe  der  Jahresberichte 
leichter  ,,erniöglichen^'')  als  aus  ebensovielen  Verwaltungsberichten, 
die  außerdem  nur  alle  vier  Jahre  (früher  alle  drei)  erfolgen,  also 
nicht  immer  den  neusten  Stand  der  Dinge  in  bezug  auf  Personen 
wie  Sachen  darstellen  und  doch  mehr  Interna  enthalten,  die  von 
dem  Jahresbericht  naturgemäfs  ausgeschlossen  sind.  Beide  Arten 
von  Berichten  haben  eben  ganz  verschiedene  Aufgaben;  die  Ein- 
richtung des  Jahresberichts  ist  —  soweit  die  Rücksicht  auf  die 
Behörden  in  Betracht  kommt  —  außerdem  geeignet,  die  Ver- 
waltungsberichte')  von  einer  ganzen  Menge  Material  zu  entlasten. 

Es  zeigt  sich  also,  daß  schon  für  die  Lehrer  einer  be~ 
stimmten  Anstalt,  für  ihre  Schüler,  wirkliche  und 
frühere,  auch  für  die  Behörden  die  Jahresberichte  in  ver- 
schiedener Weise  ihren  Zweck  wohl  erfüllen. 

€)  Wollte  man  aber  selbst  zugeben,  daß  sie  für  die  einen 
oder  andern  (es  käme  ja  auch  auf  die  besonderen  Verhältnisse 
jeder  Anstalt  an)  zur  Not  entbehrlich  wären,  so  müßte  man  io 
Rücksicht  auf  das  Publikum,  besonders  die  Eltern,  doch 
an  ihnen  festhalten.  Es  ist  oben  (S.  258)  gezeigt  worden,  daß 
ein  Ersatz  für  sie  neben  dem  nützlichen  und  notwendigen 
mündlichen  Verkehr  der  Lehrer  mit  den  Eitern  und  dem 
Publikum  überhaupt  nicht  gefunden  ist;  die  Zeitungen 
können  diesen  Ersatz  nicht  bieten  (wie  sie  auch  die  Abhand- 
lungen nicht  einmal  teilweise  ersetzen  könnten);  jeder  Vater  liest 
wieder  eine  andere,  und  die  Tendenz  recht  vieler  Blätter  geht 
leider  mehr  darauf  aus,  dem  Geschmack  des  Publikums  oder  einer 
gerade  herrschenden  Richtung  zu  dienen  als  ruhigen,  aufklärendes 
Darlegungen  aus  den  Kreisen  des  Lehrerstandes  Raum  zu  geben ^). 

>)  Vgl.  H.  Möller  a.  a.  0.  (o.  S.  127,  Nr.  127)  S.  15f. 

*)  Vgl.  daza  H.  Müller  ■.  a.  0. 

')  Über  ihre  jetsige  EiDriehtoof  io  Prenfseo  vgl.  A.  Beiei^  a.  i. 
O.  S.  8ff. 

*)  Voitrefflich  ist,  was  schon  1867  0.  Friek  bemerkt  hat,  die  Lehrer 
solltea  die  Aufkläruog  des  Publifcnms  über  Schulaogeleseaheitea  „eicht 
den  Dilettanteo  in  derPresse  and  in  den  Kammern  allein  ober- 
lassen**, sondern  sie  selbst  UbernehmeD  (ßiöL  j4bU4^  Nr.  70  S.  42). 


voB  R.  Ullrich.  243 

Regelmäßige  Sprechstunden^),  die  der  Lehrer  etwa  abhält, 
haben  —  wie  jeder  weiß  —  mehr  den  Zweck,  bestimmte  „Pälle'^ 
zu  behandeln  als  allgemeine  Fragen  zu  erörtern  oder  Ausein- 
andersetzungen über  größere  Zusammenhänge  zu  geben.  Jn  zahl* 
losen  Fällen  ist  der  mündliche  Verkehr  zwischen  Eltern  und 
Lehrern  überhaupt  ausgeschlossen,  weil  die  ersteren  (in 
manchen  kleinen  Orten  mit  einer  höheren  Schule  zu  50  ^/^  und 
mehr)  auswärts  wohnen.  Aber  der  Schule  und  ihren  Lehrern, 
auch  den  Behörden  muß  heute  noch  mehr  als  früher')  daran 
gelegen  sein,  daß  das  Interesse  der  Eltern  an  der  Schule,    ihrer 


')  Über  diese  SprechstnodeD  aoeh  ein  Wort.  Es  ist  nenerdings 
bei  maDehen  Scholeo  üblich  gewordeo,  daß  der  Lehrer  die  Eltero  Dicht  in 
der  Schule  (in  den  Pausen  oder  in  einer  freien  Stande),  sondern  in  seiner 
Wohnnng  empfangt.  Soweit  es  sich  hierbei  um  wirkliche  Anordnungen 
der  Direktoren  handelt,  halte  ich  sie  für  durchaus  untulässig  und  die  ganze 
Btnriehtang  der  häaslichen  Sprechstunde  auflerdem  in  den  meisten  Fällen, 
besonders  in  den  grSfiereh  Städten,  für  höchst  unpraktisch.  Sollte  wirklich 
einmal,  was  kaom  anzunehmen  ist,  die  Aufsichtsbehörde  von  Amts 
wegen  dem  Lehrer  das  Abhalten  einer  oder  mehrerer  wöchentlicher  Sprecb- 
stundeu  in  seiner  Wohnung  auferlegen,  so  wSre  die  notwendige  Konsequenz 
ihre  Anrechnung  auf  die  PflichtütuDdenzabl.  Das  würde  finanzielle  Wir- 
kungen ergeben,  die  in  gar  keiaem  Verhiltnis  zu  dem  Bedürfnis  stSaden, 
das  bei  einer  Klasse  mit  Durchscbnittsfrcqoenz  für  das  Mafi  des  Verkehrs 
des  Ordinarius  mit  den  Eltern  vorliegt.  In  großen  Städten  dürfte  die 
Plenerung  wegen  der  weiten  Entfernungen  schwerlich  rätlich  sein,  auch 
deswegen  aicht,  weiJ  in  den  meisten  Fällen  der  besorgte  Vater  oder  die 
Matter  nicht  nur  den  Ordinarius,  sondern  auch  andere  Lehrer  zu  sprechen 
wünschen,  die  in  der  Schule  meist  sofort  zu  finden  sind.  Es  wird  also  der 
Brauch,  die  Eltern  in  der  Schule  zu  empfangen,  sich  auch  fdr  die  Zukunft 
mehr  empfehlen,  noch  deshalb,  weil  derartige  Besprechungen  fast  täglich 
möglich  siod,  was  bei  der  „Sprechstunde''  ansgeseblossen  wäre.  „Unzu- 
träglichkeiten" können  sich  in  irgend  erheblichem  Maße  kaum  ergeben;  ich 
habe  die  Sache  an  drei  Anstalten,  zwei  sehr  großen  und  einer  kleineren, 
kennen  gelerot;  sie  vollzog  sich  überall  ohne  irgeod  welche  Störung  zu 
beiderseitiger  Zufriedenheit.  In  neueren  Schulbaoten  wird  das  vor- 
bandene  Bedürfnis  jn  auch  sehr  zweckmäßig  dadurch  unterstützt,  daß  be- 
sondere „Sprechzimmer"  eingerichtet  werden.  Täusche  ich  mich  nicht, 
so  entspringt  das  Verlangen  nach  häuslichen  Sprechstunden  überhaupt 
weniger  dem  Bedürfnis  als  einer  extremen  Standesrichtung,  deren  schäd- 
liehe  Folgen  in  der  ganzen  Programmdiskussion,  wie  wir  sahea,  sich  mehr- 
fach gezeigt  haben;  es  schien  würdiger,  daß  die  Eltern  den  Lehrer  in 
seiner  Wohnung  umständlich  „aufsuchten",  als  dsß  der  Verkehr  sich  in 
der  viel  einfacheren,  fnr  beide  Teile  zweckmäßigeren  Form  einer  Rück- 
sprache in  der  Schule  selbst  vollzöge.  Daß  es  schwierige  Fälle  gibt,  wo 
besorgte  Eltern  dem  Manne  ihres  Vertrsuens  ihr  Herz  ausschütten  wollen, 
wozu  sie  dann  einen  Besuch  im  Hsuse  des  Lehrers  vorziehen,  weiß  ich 
natürlich  auch;  uad  es  müßte  ein  wunderlicher  Lebrer  sein,  der  solchem 
Wunsche  nicht  zu  jeder  möglichen  Zeit  Folge  gäbe.  Aber  derartige  Fälle 
siad  glücklicherweise  selten;  ihretwegen  bedsrf  es  fester  häuslicher 
Sprechstunden  nicht. 

^)  Ober  die  Bedeutung  der  Jshres berichte  Tur  das  Verbal  tnis 
von  Schule  und  Hans  hsben  sich  bisher  alle  Behörden  ausgesprochen, 
die  überhsQpt  in  ihren  Verfügungen  grundsätzliche  Bemerkungen  über 
ihren  Zweck  gemacht  hsben,  so  außer  in  Preufsen  (s.o.)  die  von  An- 
halt, Hessen  und  Österreich  (o.  S.  151). 

16* 


244  ProgranmwoseD  und  Prograimbibliothek  d.  böb.  Scboleo, 

Tätigkeit  und  ihrer  Verfufiung  im  ganzen  wie  ihrer  Einrichlongen 
im  einzelnen  rege  erhalten  werde;  wenigstens  sollte  alles  ge- 
acheben,  was  die  Beziehungen  der  beiden  für  die  Erziehung  der 
Jugend  wichtigsten  Inatanzen  so  harmonisch  wie  möglich  ge- 
stalten kann^).  In  äufserer  Beziehung  ist  dabei  natürlich  be- 
aonders  darauf  zu  achten«  daß  die  beteiligten  Kreise  ebenso  wie 
alle  Abhandlungen  allgemein  verstindlichen  Inhalts  (s.  a 
S.  275f.)  auch  die  Jahresberichte  in  reichlicher  Zahl 
wirklich  bekommen;  das  Geizen  mit  einigen  Dutzend  Exem- 
plaren ist  übel  angebrachte  Sparsamkeit.  Auch  wie  die  „wei- 
teren Kreise"  der  Bewohner  einer  Stadt  und  ihrer  Umgegend 
der  höheren  Schule  des  Ortes  und  ihren  Bestrebungen  gegen- 
öberstehen,  ist  doch  nicht  gleichgillig;  man  maßte  denn  die  oben 
(S.  285)  angeführte  Meinung  eines  Schulmannes  teilen,  daß  das 
große  Publikum  und  die  Eltern  überhaupt  kein  Interesse  an  ihr 
hätten.  Stände  es  freilich  so,  dann  wäre  nicht  bloß  über  die 
Jahresberichte  als  Vermittler  solcher  Beziehungen  überhaupt  kein 
Wort  mehr  zu  verlieren,  sondern  man  müßte  sagen,  unsere  ge- 
samte Tätigkeit  an  der  Schule  und  für  sie  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten habe  auf  Sand  gebaut.  Aber  ich  denke,  und  mit  mir 
doch  gewiß  viele,  zu  solchen  extremen  Anschauungen  brauchen 
wir  wohl  nicht  zu  kommen,  wenn  wir  sehen,  wie  nicht  bloß 
von  den  oberen  Instanzen  von  Amts  wegen  an  der  Fürderung 
der  Schulen  gearbeitet  wird,  sondern  vor  allem  —  was  in  diesem 
Zusammenhange  fast  noch  wichtiger  ist  — ,  mit  welcher  Bereit- 
willigkeit in  den  großen  wie  auch  in  den  kleinen  und  kleinsten 
Gemeinden  nicht  allein  die  Mittel  für  Erhaltung  alter  und  die 
Gründung  neuer  Schulen  bereit  gestellt  werden,  sondern  auch  mit 
welcher  Hingebung  selbst  die  unteren  und  untersten  Instanzen 
daran  arbeiten,  z.  T.  im  Ehrenamte,  allein  im  Dienste  ihrer  Bürger- 
pflirbt,  die  höhere  Schule  zu  heben  und  sie  für  die  mannigfachen 
Anforderungen  der  Zeit  immer  tüchtiger  zu  machen.  Als  in  den 
siebziger  Jahren  in  der  Berliner  Stadtverordneten-Versammlung 
(vgl.  0.  S.  224fr.)  der  Streit  um  die  Abhandtungen  geführt 
wurde,  betonte  man  doch  hier  schon  mit  vollem  Kechte  (S.  228f.), 
wie  wertvoll  die  Jahresberichte  nicht  bloß  den  Schülern  und 
Eltern,  sondern  auch  den  Mitgliedern  der  Vertretung  der  Bürger- 
schaft als  ein  Mittel  mehr  zur  Erlangung  zuverlässiger  Kenntnis 
über  den  wirklichen  Beirieb  der  höheren  Schulen  wären. 
Wie  viel  einfacher  waren  aber  damals  deren  Verhältnisse,  wie 
viel  geringer  ihre  Zahl  als  heute!  Wie  viele  kleinere  Gemeinden 
kamen  damals  überhaupt  in  die  Lage,  an  der  äußeren  Verwaltung 


')  Was  0.  Altenborg  auf  der  11.  fohl'«!.  Dir.-Ve  rsanmlvng 
{BM,  j4bt.  4,  Nr.  113)  voo  deo  AbhandlaDgea  bemerkte,  mea  mmtu 
„jede  Gelegenhait  benotxea,  das  Blterahaas  für  die  Sehale  an 
interesf  ieren^'  (a.  a.  O.  8.  237)  gilt  io  noeh  hSherem  Grade  voa  dea 
Jahresberiehteu. 


voD  R.  Ullrieh.  ,§4^ 

einer  höheren  Schule  mitzuarbeiten !  Heute  haben  Hunderte  veit 
Stadtverordneten  in  zahlreichen  kleinen  Orten  Ober  wichtige 
Fragen  der  Verwaltung  höherer  Schulen  —  besonders  soweit  die 
Gewährung  von  Mitteln  in  Betracht  kommt  —  zu  beraten  und 
zu  entscheiden.  Was  kann  hier  erwönschter  sein,  als  daB  zu  der 
möndlichen  Aufklärung  der  Direktoren,  die  den  Kuratorien  an- 
gehören, zu  den  Belehrungen  gleicher  Art  von  Schulmännern, 
die  selbst  hier  und  da  in  den  Stadtvertretungen  sitzen,  eine 
regelmäßige,  jährlich  wiederkehrende  Berichterstattung  der  Schule 
im  ganzen  tritt,  wie  sie  die  Jahresberichte  vermitteln?  Die  Kritik 
der  letzten  Jahrzehnte,  die  eine  so  vortreffliche  Gelegenheit,  alle 
diese  Kreise  zu  orientieren,  beseitigt  wissen  wollte,  hat  an  der 
falschen  Stelle  eingesetzt.  Die  Jahresberichte  (man  studiere  sie 
nur  genauer!)  geben  übrigens  selbst  reichlich  genug  davon  Kunde, 
daß  das  Interesse  der  „weiteren  Kreise"  an  der  höheren 
Schule  recht  rege  ist.  Borger  der  Stadt,  auch  für  ihre  Person 
allein,  zeigen  sich  ihr  gegenüber  nicht  bloß  opferwillig,  wenn  es 
gilt,  einen  Neubau  würdig  zu  schmöcken;  sie  geben  Geschenke, 
oft  sehr  wertvolle  und  nötzliche  (nicht  bloß  Löckenbüßer,  was 
auch  vorkommt)  für  die  Sammlungen  der  Anstalten,  errichten 
namhafte  Stiftungen  für  Schüler,  auch  für  Lehrer,  sie 
nehmen  an  den  Schulfesten  teil,  bezeigen  der  Schule  ihr  tätiges 
Interesse  oft  so  reichlich,  daß  sich  diese  wirklich  nicht  be- 
klagen kann. 

In  Österreich  übrigens,  wo  die  Programme  ja  von  jeher 
weniger  angefochten  gewesen  sind  als  in  Deutschland,  sorgen 
auch  die  Tageszeitungen  dafür,  daß  ihr  Inhalt  dem  Publikum 
zur  Kenntnis  kommt;  ich  habe  bei  einer  Studienreise  im  Sommer 
1907  in  zahlreichen  Provinzial-  und  Lokalblättern  Berichte  über 
die  Anfang  Juli  neu  erschienenen  Abhandlungen  und  Jahresberichte 
gefunden.  Aus  dem  Berichte  einer  kleinen  preufsischen  Anstalt 
konnte  ich  kürzlich  die  Notiz  entnehmen,  daß  ihr  Programm 
in  allen  Gasthäusern  der  Stadt  zur  Einsicht  für  jedermann 
aasliegt,  in  dem  Berichte  einer  anderen  (es  war  der  einer 
höheren  Mädchenschule)  las  ich  wiederum  etwas  von  der  „wer- 
benden Kraft**  der  Jahresberichte.  Es  ist  ein  wahres  Wort. 
Nicht  nur  daß  sich  tatsächlich  nachweisen  läßt,  daß  die  Jahres- 
berichte und  die  durch  sie  vermittelte  Kenntnis  der  näheren 
Verhältnisse  einer  Schule  dieser  manche  Schüler  zugeführt  haben, 
deren  sie  auch  zu  ihrer  äußeren,  manchmal  unsicheren  Existenz 
notwendig  bedurfte!  Das  wäre  nicht  die  Hauptsache.  Wichtiger 
ist  der  ideale  Gewinn,  der  erreicht  wird,  wenn  auch  die  mittleren  und 
unteren  Kreise  des  Volkes,  die  ihre  Söhne  auf  den  höheren  Schulen 
haben  —  oft  die  tüchtigsten  Elemente  — ,  auf  jede  mögliche 
Weise  Verständnis  für  diese  Bildungsanslalten  gewinnen.  Was  die 
Abhandlungen  in  Zukunft  noch  leisten  können,  um  vorhandenes 
Interesse    zu   stärken,     verlorenes     wiederzuerlangen,    ist    oben 


246  Programmwesea  ond  Proframmbibliotliek  d.  höh  Sehulea, 

darzulegen  versucht  worden,  und  es  sdiien  ja,  als  ob  günstige 
Zeichen  für  eine  gedeihliche  Entwicklung  in  dieser  Richtung  vor- 
handen wären.  Es  wird  Aufgabe  der  Schulen  und  ihrer  verant- 
wortlichen Leiter  sein,  diese  Entwicklung  zu  beschleunigen, 
die  leider  z.  Z.  infolge  der  vielfach  irrigen  Auffassung  von 
dem  Werte  der  Abhandlungen  überhaupt  in  unerwünschter 
Weise  gehemmt  ist.  Bis  diese  Dinge  allmählich  wieder  in  die 
richtige  Bahn  kommen,  haben  die  Jahresberichte,  deren 
Lieferung  glucklicberweise  beinahe  ausnahmslos  für  alle  höheren 
Schulen  obligatorisch  ist,  eine  um  so  wiebtigere  Aufgabe  zu  er- 
füllen, indem  sie  durch  zwockmäfsige  Gestaltung  des  In- 
halts —  was  innerhalb  des  amtlich  vorgeschriebenen  Rahmens 
durchaus  möglich  ist  —  alles  tun,  was  den  genannten  Zwecken 
dienen  kann.  Dabei  möchte  ich  noch  auf  einen  Punkt  besonders 
hinweisen.  Den  Lehrern  mag  manches,  was  die  Jahresberichte, 
besonders  der  eigenen  Anstalt,  in  ihrer  gegenwärtigen  Beschaffen- 
heit durchschnittlich  bieten,  selbstverständlich,  gleichgiltig,  ja 
trivial  erscheinen;  sie  vergessen  dabei,  daß  vieles  von  dem  Be- 
handelten sich  anderen  Lesern,  besonders  in  den  Kreisen  des 
nicht  sachverständigen  Publikums,  ganz  anders  darstellt,  und  daB 
viele  Dinge,  die  sich  übrigens  doch  auch  immer  wieder  ändern, 
zwei-,  dreimal  und  öfter  wiederholt  werden  müssen,  ehe  sie  so, 
wie  man  es  wünscht,  und  bei  denen,  auf  die  sie  berechnet  sind, 
Eingang  finden^).  Das  Bildungsniveau  des  Publikums,  das  bei 
den  einzelnen  Anstalten  doch  überaus  verschieden  ist,  dürfte 
in  dieser  Beziehung  etwas  mehr  zu  beachten  sein.  Manches 
ruhige,  aufklärende  Wort  kann  hier  zum  Publikum  gesprochen, 
auch  manches  Mißverständnis  beseitigt  werden.  Der  Ort  ist 
schicklicher  als  die  Spalten  der  Tagespresse  (s.  o.),  das  Mit- 
geteilte wird  allen  beteiligten  Kreisen  zugänglich  (s.o.  S.  2^. 
Daß  an  der  jetzigen  Form  der  Berichte  nicht  alles  voll- 
kommen ist,  bat  man  schon  vielfach  bemerkt,  und  auch  ich  ver- 
schließe mich  dieser  Erkenntnis  nicht.  Man  wird  sich  Muhe 
geben  müssen,  weniger  schematisch  zu  verfahren,  besonders  im 
Hinblick  darauf,  daß  sie  zu  den  Einrichtungen  gehören,  welche 
eine  Aufgabe  haben,  die  immer  die  schwierigste  ist,  nämlich 
verschiedenen  Lebens-  und  Bildungskreisen  zu  dienen. 

b)    fiedeatuo^  für  die  Gesamtheit  der  hohereo  Schaleo. 

Wenn  die  bisherigen  Ausführungen  nachweisen  konnten,  daß 
die  Jahresberichte  schon  dem  Interessenkreise  einer  einzelnen  An- 


')  Zu  starke  Besehninkans  des  UmfaDga  ist  also  aach  in  dieser  Rnck- 
sieht  nicht  ^ünscheoswert.  Wollte  man  etwa,  wie  s.  Z.  Tamlirs  (in  Z«* 
sammenhang:  mit  der  Jahrbach-Idee  fdr  die  AbhaodlaDgeo,  vgl.  o.  S.  25  ff.) 
vorschlug,  die  Jahresberichte  auf  eineo  fiogeo  besehräokeo  (s.  o.  S.  216), 
so  wäre  man  genötigt,  auf  zahlreiche  Mttteilaasen  so  rerzichtea,  die  gerade 
auf  weitere  Kreise  berechnet  sind. 


voD  R.  Ulirieh.  247 

stait  nicht  bloß  positiven  Nutzen  für  den  Augenblick  gewähren, 
sondern  —  was  bei  allen  Verhältnissen  einer  höheren  Bildungs- 
anstait  vor  allem  zu  beachten  ist  —  auch  Werte  idealer  Natur 
in  sich  schließen,  so  kommt  das  letzte  Moment  erst  recht  zur 
Geltung,  sobald  man  ihre  Bedeutung  für  die  Gesamtheit 
der  höheren  Schulen  sich  klarmacht,  zunächst 

a)  mit  Rucksiebt  auf  die  unmittelbare  Förderung  in 
methodischer  und  organisatorischer  Hinsicht  Schon 
eine  der  ersten  preußischen  Vjerfugungen  (auf  die  man  wegen 
ihrer  ganz  einzigen  Bedeutung  immer  wieder  zurückkommen 
muß)  stellte  als  ein  wesentliches  Moment  des  Zweckes  der 
Jahresberichte  die  Belehrung  hin,  welche  Direktoren  und 
Lehrern  der  verschiedenen  Schulen  aus  dem  gegen- 
seitigen Austausch  erwachsen  sollte,  zu  einer  Zeit,  wo  die 
Verfassung  dieser  Schulen,  vorzugsweise  der  damals  fast  allein  ins 
Auge  gefaßten  preußischen  Gymnasien,  noch  einfach  und  im 
wesentlichen  gleichartig  war.  Die  Regierungen  Hessens  und 
Österreichs  —  bei  ähnlichen  Verhältnissen  ihrer  Schulen  — 
äußerten  sich  einige  Jahrzehnte  später  in  gleichem  Sinne.  In 
Hessen  wurde  insbesondere  noch  der  dauernde  Wert  der 
Jahresberichte  der  Schulen  „für  andere  Schuianstalten*' 
hervorgehoben^).  Bei  dieser  Lage  der  Dinge  ist  es  kaum  zu 
verstehen,  daß  in  jüngster  Zeit  die  Meinung  Oberhaupt  hat  aus« 
gesprochen  werden  können,  eine  solche  gegenseitige  Mitteilung 
sei  überflüssig,  weil  mit  ,jedem  neuen  I^ehrplan  die  Uniformität 
größer''  werde.  Schon  für  die  Zeit  vor  1902  (dem  Jahre  der 
letzten  Lehrpläne)  könnte  man  das  kaum  in  bezug  auf  Jede  der 
drei  flauptschuiarten  Preußens,  Gymnasien,  Realgymnasien  und 
Oberrealschulen  und  die  ihnen  entsprechenden  sechsklassigen 
Anstalten  unter  sich  zugeben;  denn  daß  Gymnasien  auch  aus 
dem  Betriebe  der  Realanstalten  wertvolle  Anregungen  ziehen 
können  — und  umgekehrt,  —  wird  doch  wohl  überhaupt  niemals 
in  Abrede  zu  stellen  sein,  ebensowenig  etwa  im  Hinblick  auf  das 
denkwürdige  Jahr  1900,  in  dem  die  Gleichberechtigung  der  drei 
Schularten  in  Preußen  grundsätzlich  ausgesprochen  wurde.  Und 
je  mehr  Reformschulen  verschiedener  Art  entstehen,  je  mehr  die 
Entwicklung  dazu  führt,  den  Unterricht  auf  der  Oberstufe  „freier 
zu  gestalten'*,  je  stärker  der  von  Mitgliedern  mehrerer  Behörden 
gerade  in  den  letzten  Jahren  wiederholt  mit  Nachdruck  betonte 
Grundsatz  in  die  Praxis  umgesetzt  wird,  die  Lehrpläne  sollten 
Bur  den  allgemeinen  Rahmen  abgeben,  innerhalb  dessen  sich  der 
Betrieb  der  einzelnen  Fächer  mit  einer  gewissen  Freiheit  ent- 
falten könnte,  um  so  verschiedener  werden  demgemäß  auch  die 
Jahresberichte  aussehen,  und  um  so  größer  —  io  sollte  man 
wenigstens  meinen  —  müßte  an  jeder  Schule  das  Interesse  sein, 


>)  Vgl.  o.  S.  151. 


248  ProgrtnmweseB  «ad  Programabibliolhek  d.  höh.  Schale«, 

2U  vernehmeD,  wie  es  anderwärts  gemacht  wird  uod  welehe  Er- 
fahrungen man  dabei  gesammelt  bat  Nicht  selten  werden  ganie 
Programmabhandlun*gen  solche  Fragen  zu  größeren  Ganzen 
zusammenfassen,  wie  dies  ja  in  den  letzten  Jahren  schon  so 
bSufig  geschehen  ist  (rgl.  o.  S.  95—122  und  S.  145V.).  Uäuiger 
aber  werden  die  Jahresberichte  die  geeignete  Stelle  sein, 
kürzere  Mitteilungen  in  genannter  Richtung  in  machen. 
Dabei  ist  noch  zu  beachten,  dafi  sie  doch  außer  den  Lehrpensen 
noch  anderes  enthalten,  Chronik,  Statistisches,  Hitteilungen  aber 
Sammlungen  uam.  ^),  Dinge,  die  zu  großem  Teile  für  fiberßfissig 
oder  auch  nur  entbehrlich  zu  erklären  den  hohen  Grad  von  Kurz- 
sichtigkeit und  Mangel  an  Wertschätzung  größerer  Zusammen- 
hänge und  Gesichtspunkte  erfordert,  der  die  Ausführungen  des 
zweiten  ungenannten  Verfassers  in  den  Grenxheten  ?om 
Jabre  1901  charakterisiert').  Ich  werde  in  Abschnitt  B  noch 
Gelegenheit  haben,  näher  darauf  einzugehen,  dsß  und  warum  die 
genannten  Teile  der  Jahresberichte  allgemeine  Bedeutung  bean- 
spruchen dürfen.  Hier  mache  ich  nur  einige  Bemerkungen,  die 
dss  Ganze  in  seiner  Bedeutung  ?or  allem  für  die  Ge- 
samtheit des  Standes  betreffen. 

Was  diese  Jahresberichte  geboten  haben,  bieten  und  bei  noch 
zweckmäßigerer  Einrichtung  in  Zukunft  erst  recht  bieten  werden, 
kann  man  sich  kaum  schlagender  klar  machen  als  wenn  man 
sich  Torstellt,  welches  heute  als  selbstTersländlich  vorhanden  an- 
genommene Material  mit  einem  Schlage  fehlte,  falls  es  je  dabin 
käme,  was  ja  kaum  denkbar  ist,  daß  diese  Jahresberichte  eines 
Tages  abgeschafft  würden.  Nur  die  Hitglieder  der  Schulverwaltungen 
selbst  i^ürden  dann  noch  imstande  sein,  über  Entwicklung  und 
Stand  des  höheren  Schulwesens  der  Gegenwart  in  seinen  ver- 
schiedenen Beziehungen  auf  Grund  ihrer  Akten  (auch  der  Ver- 
waltungsberichte, s.  o.  S.  242^  was  gerade  keine  Erleichterung 
der  Arbeit  darstellte)  zu  urteilen  und  mit  offiziellen  oder 
offiziösen  Kundgebungen  hervorzutreten.  Andere  Verwaltungen, 
wie  statistische  Ämter,  Hagistrate  ua.,^auch  die  Gelehrten,  wie 
Professoren  der  Pädagogik,  Statistiker,  Ärzte,  auch  die  Archiukten 
könnten  sich  ein  Haterial,  das  sie  jetzt  ohne  weiteres  be- 
nutzen, in  Zukunft  gar  nicht  oder  nur  unter  sehr  erschwerenden 
Umständen  und  dann  voraussichtlich  bei  weitem  nicht  in  solchem 
Umfange  verschaffen  wie  heute.  Vor  allem  aber  wären  die 
Oberlehrer   selbst,    soweit   sie    an   größeren    Untersuchungen 


^)  DaB  DSD  aus  deo  Berichten  aaoh  ersehen  kann,  welchen  (Joterricht 
Reliefe  A.  in  X.  erteilt,  ist  ja  riehtis-  Deswegen  braaehten  allerdinss 
die  Jnhrrsberichte  nicht  da  za  sein.  Nnr  hatte  nan  diese  „Berri^dignng 
der  Neugierde*'  nicht  so  in  den  Vordergrand  stellen  aod  daraas  einea 
Grand  gegen  ihre  Bxistenzberechtignng  ableiten  sollen,  wie  dies  x.  B. 
Beschmanii  getan  hat  (vgl.  o.  S.  192),  den  H.  Miiller  folgt  (a.a.O.  S.  9). 

>)  VgL  o.  S.  127,  iXr.  123  and  5.  267  f. 


von  R.  Ullrieh.  249 

ober  methodische  wie  organisatorische  Fragen  sich  zu 
beteiligen  gewohnt  sind  —  und  das  sind  doch  schon  jetzt  nicht 
wenige  —  nicht  mehr  imstande,  sich  über  den  Stand  ganzer 
Schulkomplexe,  sei  es  nach  Landern,  Provinzen,  Schulorten,  für 
bestimmte  Zeiten  oder  wie  sonst  immer,  ebenso  für  viele  Einzel- 
fragen nach  ähnlichen  Gesichtspunkten  so  allseitig  und  dabei  in- 
folge des  Tauschverkehrs  verhältnismäßig  so  leicht  gewisse 
sichere  Grundlagen  ihrer  Arbeit  zu  verschaffen,  wie  das  jetzt 
möglich  ist.  Auf  ihre  Mitwirkung  nicht  bloß  in  allgemeinen  er- 
zieherischen und  speziellen  didaktischen  Fragen,  für  die  es  selbst- 
verständlich ist,  sondern  auch  bei  der  Lösung  organisatorischer 
Probleme  verschiedenster  Art  legen  doch  aber,  je  näher  wir  der 
Gegenwart  kommen,  auch  die  meisten  Unterrichtsbehörden  mit 
Recht  größeres  Gewicht.  Sind  doch  wesentliche  Fortschritte, 
die  das  Schulwesen  in  neuster  Zeit  in  dieser  Richtung  gemacht 
bat,  gerade  auf  Anregungen  aus  den  Kreisen  der  Schulmänner 
selbst  zurückzuführen  I  Es  würde  einen  Rückschritt  zu  bureau- 
kratischer  Verwaltung  längst  vergangener  Zeiten  bedeuten,  wollte 
je  eine  Unterrichtsbehörde  diese  wichtige  Quelle,  die  sie  selbst 
einst  zum  Besten  gerade  der  Förderung  des  Standes  in  idealem 
Sinne  geöffnet,  auf  das  Drängen  übereifriger  Förderer  des  Standes 
wieder  verschließen,  die  ganz  am  einzelnen  hafteten  und  über 
manchem  Verkehrten  und  OberOussigen,  das  die  Jahresberichte 
einzelner  Schulen  tatsächlich  enthielten  und  z.  T.  noch  heute 
gelegentlich  enthalten,  die  Fülle  des  Guten  und  Wertvollen  über- 
sehen, das  sie  allen  Anstalten  und  ihren  Lehrern  zu  gegen- 
seitiger Förderung  jedes  Jahr  bringen.  Denn  was  in  dieser  Be- 
ziehung schon  oben  (S.  236fS.)  von  ihrer  Bedeutung  für  die  Lehrer 
derselben  Schule  gesagt  worden  ist,  trifft  doch  naturgemäß  in 
noch  höherem  Grade  zu,  wenn  befruchtende  Anregungen  aus  dem 
Betriebe  anderer  Schulen  in  Frage  kommen. 

Handelte  es  sich  freilich  für  ein  Mitglied  des  Standes  nur 
darum  (das  Fehlen  der  Jahresberichte  vorausgesetzt),  über  den 
einen  oder  anderen  Punkt  des  Unterrichts,  der  Organi- 
sation usw.  von  der  Leitung  dieser  oder  jener  Anstalt  bestimmte 
Auskunft  für  ernsthafte  Zwecke  zu  erhalten,  so  möchte  es  noch 
gehen  —  obgleich  ich  (auf  Grund  vielfacher  in  dieser  Hinsicht 
gemachter  Erfahrung)  nicht  glaube,  daß  solche  Auskünfte  überall 
so  bereitwillig,  vollständig  und  vor  allem  zuverlässig  gemacht 
werden  würden,  wie  z.  B.  H.  Hüller  anzunehmen  geneigt  ist^). 


^)  „Was  eodlieh  die  statistischen  MtUeilongeo,  die  Sammlnn^  von 
Lehnnittelo,  Stiftungen  aad  UnterstUtzuDgeo  von  Schülern  betrifft,  so 
braucht  der  Oberlehrer  das  teils  gar  nicht  zu  wissen  (?),  teils  kann  er  sieh 
jederzeit  auf  dem  kürzesten  Wege  Kenntnis  davon  verschaff'en"  (a.  a.  0. 
S.  10).  Dafi  der  tirlangong  dieser  Kenntnis  selbst  an  der  eigenen  Anstalt 
des  Wifibegierigen  —  an  die  M.  znoSchst  denkt  —  manche  Schwierigkeiten 
entsegeostehen,  ist  sehon  oben  (S.  238)  angedeutet  worden. 


250  Progrinmwesen  aoil  Programmbibliothek  d.  hSh.  Sehnlea» 

Aach  stehen  der  Beantwortung  solcher  Anfragen  infolge  anlieb- 
samer  Vorkommnisse  mehrfach  direkte  amtliche  Bestimmungen 
entgegen;  es  würde  nicht  immer  ganz  leicht  sein,  zu  entscheideD, 
wo  die  Grenze  zulässiger  Auskünfte  läge.  Außerdem  kann  man 
z.  B.  nicht  von  allen  vielbeschäftigten  Direktoren  erwarten,  daS 
sie  sich  die  Zeit  nehmen,  Personen  gegenüber,  die  sie  vielleicht 
nicht  eiomal  näher  kennen,  in  Erwägungen  solcher  Art  einzu- 
treten. Viel  schwieriger  wird  die  Sache  aber,  sobald  es  sich  um 
die  Anstellung  systematischer  Untersuchungen  handelt, 
z.B.  auf  statistischem  Gebiete,  wo  nur  ein  umfassendes 
Material  die  Grundlage  fruchtbarer  Forschung  bieten  kann,  oder 
wo  bestimmte  Organisationen,  die  unter  gewissen  Verhält- 
nissen vorhanden  (oder  nicht  vorhanden)  sind,  die  man  aber  in 
ihrer  Gesamtheit  kennen  muß,  allseitig  auf  allgemeinere  Ver- 
wendbarkeit geprüft  werden  sollen.  Hier  wären,  wenn  es  keine 
Jahresberichte  gäbe,  alle  diejenigen,  die  solche  Untersuchungen 
anstellen  wollten,  in  jedem  einzelnen  Falle  auf  die  provin- 
ziellen oder  ministeriellen  Verwaltungsorgane  angewiesen,  and 
zwar  in  der  Regel  nicht  bloß  eines  Staates,  sondern  —  was  das 
Deutsche  Reich  z.  B.  angeht  —  gleich  auf  deren  26!  Denn  je 
breiter  die  Grundlage  für  die  Behandlung  derartiger  Fragen  ge- 
nommen werden  kann,  um  so  wertvoller  ist  das  Material,  um  so 
sicherer  werden  die  Schlüsse.  An  der  Grenze  eines  kleinen 
Staates  oder  selbst  Preußens  halt  zu  machen,  hieße  den  wissen- 
schaftlichen und  praktischen  Wert  solcher  Arbeiten  von  vornherein 
erheblich  beeinträchtigen.  Bei  der  überaus  verschiedenen  Stellung 
aber,  welche  die  einzelnen  Regierungen  mit  teils  konservativeren, 
teils  liberaleren  Tendenzen  und  infoige  einer  naturgemäß  stets 
mehr  abwartenden  Haltung  solchen  Ansuchen  gegenüber  einnehmen 
würden,  wäre  die  Erlangung  gleichmäßig  gearteten  Materials  inner- 
halb gewisser  Zeit  (worauf  nicht  selten  gerade  viel  ankommt,  da 
manches  sonst  bald  wieder  veraltet)  nur  in  wenigen  Fällen  zu 
erwarten;  es  wäre  m.  E.  auch  ein  unbilliges  Verlangen,  den  mit 
Arbeit  aller  Art  überlasteten  Behörden  häußger  derartiges  zuzu- 
muten. Die  Jahresberichte  geben  nun  für  die  höheren  Schulen 
der  verschiedensten  Art  und  für  zahlreiche  Einzelfragen  fast  in 
allen  deutschen  Staaten,  in  Österreich  und  der  Schweiz 
ein  so  umfassendes,  im  wesentlichen  gleichartig  geordnetes  und 
im  ganzen  zuverlässiges  Material,  wie  man  es  sich  für  die  erste 
Grundlage  wenigstens  kaum  besser  wünschen  kann.  Daß  es 
—  je  nach  Art  der  Aufgabe,  die  sich  ein  Arbeiter  gestellt  hat  — 
für  weitere  Ausgestaltung  noch  Ergänzungen,  auch  Ver- 
besserungen mancherlei  Art  nötig  machen  wird,  verkenne  ich 
nicht.  Diese  herbeizuschaffen  ist  aber  verhältnismäßig  leicht, 
wenn  ein  gewisser  Grund  erst  einmal  gelegt  ist,  wobei  ich  gleich 
darauf  hinweisen  möchte  (näheres  vgl.  unter  B),  daß  nicht 
wenige   solcher  Ergänzungen    durch   zweckmäßigere    Einrichtung 


vbn  R.  Ullrich.  251 

ddr  Jahresberichte  seihst  erfolgeo  könnten,  niit  deren  Ausbau 
sich  die  Behörden  in  den  letzten  Jahrzehnten  im  aligemeinen 
wenig  befaßt  haben. 

Was  ich  hier  ausgeführt  habe,  ist  keine  Zukunftsmusik, 
sondern  wird  durch  reichliche  Erfahrung  aller  Schulmänner,  die 
sich  mit  solchen  Dingen  beschäftigt  haben,  auch  durch  meine  per- 
sönlichen, auf  mehrmaligen  Studienreisen  in  Anstalten  des  Deutschen 
Reiches  wie  Deutsch-Österreichs  gemachten  Beobachtungen  bestätigt. 
£s  mußten  sich  ja  in  der  Tat  sämtliche  Schuibehörden,  von  denen 
bis  auf  die  Gegenwart  die  Bedeutung  der  Jahresberichte  für  den 
gegenseitigen  Verkehr  der  Schulen  untereinander  betont  worden 
ist,  über  Zweck  und  Mittel  völlig  getäuscht  haben,  wenn  die 
Heinung  richtig  sein  sollte,  sie  wären  überflüssig.  DaB  ihre 
Benutzung  und  der  Vorteil,  den  sie  gewähren,  an  alten  An- 
stalten mit  reicherer  Programmsammlijng  und  längerer  Tradition 
mehr  hervortritt  als  an  neueren,  wo  sich  beides  erst  im  Laufe 
von  Jahren  gewinnen  läBt,  ist  natürlich.  Das  darf  die  Mitglieder 
der  letzteren  aber  nicht  zu  einseiliger  Beurteilung  fuhren,  sondern 
sollte  sie  eher  veranlassen,  sich  auch  ihrerseits  der  Bedeutung 
dieser  beiden  Momente  bewußt  zu  werden.  Es  sind  keine  „aus- 
gefahrenen Geleise*',  in  denen  die  Organisation  der  Jahresberichte 
einhergebt,  sondern  sie  sind  eine  in  dem  Streben  nach  Herbei- 
führung eines  gewissen  Zusammenhanges  der  höheren  Schulen 
aller  Art  auch,  in  verschiedenen  Ländern  wohlbegründete  Ein- 
richtung, die  im  einzelnen  wohl  noch  des  Ausbaus  fähig  ist  (vgl. 
unter  B),  im  ganzen  sich  aber  wohl  bewährt  hat  und  der  nur  zu 
wünschen  ist,  daß  ihre  Bedeutung  besonders  im  Kreise  der 
höheren  Schulen  selbst  immer  mehr  erkannt  und  ihre  Mittel 
noch  von  mehr  Kräften  zum  Wohle  des  Ganzen  ausgenutzt 
werden. 

Das  bisher  Gesagte  betraf  die  Bedeutung  der  Jahresberichte 
in  ihrer  Gesamtheit  als  Quelle  besonders  für  die  näheren,  un- 
mittelbaren Aufgaben  der  höheren  Schulen  in  Sachen  der  Er- 
ziehung und  des  Unterrichts,  der  Verwaltung  und  der  Organisation; 
auch  die  Statistik  wäre  noch  besonders  zu  betonen,  weil  ihre 
Ergebnisse,  soweit  sie  sich  auf  die  Schulen  an  sich  beziehen, 
wie  Frequenz  im  ganzen  oder  in  bestimmten  Klassen,  Art  der 
eine  Anstalt  besuchenden  Schüler  nach  Bevölkerungsklassen,  kon- 
fessioneller Zusammensetzung  uam.  gewiß  nicht  ohne  Einfluß  be- 
sonders auf  Maßnahmen  organisatorischer  Art  sind  und  sein 
müssen.  Eine  andere,  nicht  minder  wichtige  Seite  ist  aber  bisher 
noch  nicht  besprochen,  übrigens  in  allen  oben  (S.  löOfl".)  be- 
handelten, auf  die  Jahresberichte  bezüglichen  Verfügungen  kaum 
gestreift^),  in  der  Diskussion  wiederum  erst  gelegentlich  berührt 
worden   und   darum   zunächst   ohne  tiefere  Wirkung  wenigstens 

*)  Doch  vgl.  fiir  Österreich  die  Bemerkongea  o.  S.  151,  Z.  SIT.  (v.u.). 


2^  Progrannw^seo  und  Programmbibliothak  d.  h5h.  Sdivle», 

auf  die  weiteren  Kreise  der  Mitglieder  des  höheren  Lehrerstandes 
geblieben,  ich  meine  die  Bedeutung  der  Jahresberichte 
för  die  Wissenschaft,  insbesondere  ffir  die  Schul* 
ge schichte.    Ihr  seien  einige  Worte  gewidmet. 

ß)  Bedeutung  für  die  Wissenschaft,  insbesondere 
die  Schulgeschichte.  Ein  einzelner  neuer  Jahresbericht  ge- 
wöhnlichen Stils  irgend  einer  höheren  Schule,  wenngleich  er  in 
dem  Augenblicke  seines  Erscheinens  schon  ein  kurzes  Stück  ihrer 
Geschichte  darbietet,  bedeutet  dem  Schuihistoriker  und  dem  Ge- 
schichtschreiber überhaupt  zunächst  noch  nicht  viel.  Der  Inhalt 
steht  der  Gegenwart  noch  zu  nahe,  das  rein  persönliche  Interesse 
an  Menschen  und  Dingen,  der  Gesichtspunkt  der  augenblicklichen 
Belehrung,  des  mehr  praktischen  Nutzens  steht  durchaus  im 
Vordergrund.  Wesentlich  anders  wird  das  Bild  schon,  sobald 
man  10,  20  oder  mehr  Berichte  derselben  Schule  oder  auch 
Terschiedener  aus  dem  gleichen  Zeiträume  nacheinander  durch- 
geht. Nicht  als  ob  man  erwarten  dürfte,  so  ohne  weiteres  ein 
treues  Bild  der  Entwicklung  sei  es  einer  einzelnen  Anstalt  oder 
der  Schulen  einer  Provinz,  eines  kleinen  Staates  oder  eines 
ganzen  Landes  zu  erhalten  oder  gar  auf  solcher  Grundlage  eine 
Geschichte  oder  selbst  den  Versuch  einer  solchen  für  kleinere  oder 
größere  Einheiten  aufbauen  zu  können.  Zu  solchem  Zweck  gehören 
noch  ganz  andere,  jedem  Historiker  wohl  bekannte  Dinge,  die 
mit  besonderer  Rucksicht  auf  die  in  methodischer  Hinsicht  noch 
mancher  Vervollkommnung  bedürftige  Literatur  der  Schul- 
geschichten erst  kürzlich  von  mehreren  Seiten  eingehend  er- 
örtert worden  sind^)«  Was  insbesondere  die  Jahresberichte 
als  schulgeschichtliche  Quelle  angeht,  so  hängt  deren  Wert 
und  die  Möglichkeit  geeigneter  Verwertung  ganz  besonders  von  der 
Person  der  jeweiligen  Berichterstatter  ab,  deren  Art  der  Dar* 
Stellung  selbst  erst  einer  kritischen  Prüfung  zu  unterwerfen  ist, 
ehe  an  eine  allgemeine,  historische  Treue  gewährleistende  Arbeit 
gegangen  werden  kann.  Dabei  kann  gleich  bemerkt  werden,  daß 
die  weit  verbreitete  Anschauung,  diese  Berichte  —  wenigstens 
aus  gleichen  Zeiträumen  oder  von  gleichartigen  Schulen  desselben 
Landes  —  sähen  einander  ähnlich  etwa  wie  ein  Ei  dem  andern, 
durchaus  irrig  ist,  was  weiter  unten  (Abschnitt  B)  noch  aus- 
zuführen sein  wird.  Was  aber  auch  immer  im  einzelnen 
Falle  von  dem  Inhalt  dieser  Jahresberichte,  besonders  unter  Be- 
rücksichtigung der  Persönlichkeit  ihrer  Verfasser,  abzuziehen,  was 
andererseits  aus  anderen  Quellen,  archivalischen,  gedruckten  und 
(unter  günstigen  Umständen)  auch  mündlichen  hinzuzufügen  sein 
mag,  soviel  steht  ohne  weiteres  fest:  die  Jahresberichte 
einer  einzelnen  Schule,  einer  Provinz,  eines  Landes  usf. 
im  Laufe  mehrerer  Jahrzehnte  stellen    eine  wichtige 


1)  Vgl.  o.  S.  U  mit  Aom.  3,  S.  löl. 


voo  R.  Ullrich.  253 

nicht  zu  umgebende,  z.T.  ganz  unersetzliche  Quelle 
der  Schulgeschichte  dar;  sie  sind  somit  wesentliche 
Dokumente  eines  Stockes  der  geistigen  Kultur  einer 
Nation  Oberhaupt. 

Im  Gegensatz  zu  den  eigenartigen  Anschauungen  mancher 
Kritiker  aus  den  Kreisen  der  höheren  Schule  selbst  über  unseren 
Gegenstand  spricht  es  für  den  weiten  Blick  eines  berufsmäßigen 
Historikers  wie  E.  Bernheim,  daß  er  in  seinem  bekannten 
größeren  Werke  unter  den  wichtigsten  geschichtlichen 
Quellen  auch  die  Schulprogramme,  von  denen  die  Jahres* 
berichte  ein  Teil  sind,  nicht  vergessen  hat^).  Unersetzlich 
aber  für  die  schulgeschichtliche  Forschung  im  ganzen  —  es 
mußte  denn  sein,  daß  ein  gleichartiger,  ebenso  leicht  zugänglicher 
Ersatz  gescbaflen  würde,  was  aber  weder  zweckmäßig  noch  möglich 
ist  —  sind  besonders  diejenigen  Teile  der  Jahresberichte,  die 
nach  den  bestehenden  Vorschriften  in  gleichmäßiger,  bestimmter 
Form  erscheinen  und  in  anderen  Dokumenten,  wie  Verwaltungs- 
berichten, Archivalien  u.  ä.  gar  nicht  oder  doch  nicht  in  gleicher 
Weise  niedergelegt  zu  werden  pflegen,  auch  von  der  Persönlich- 
keit des  Berichterstatters  so  gut  wie  ganz  unabhängig  sind,  wie 
z.  B.  die  Obersichten  der  erledigten  Lektüre,  der  bearbeiteten 
schriftlichen  Aufgaben,  die  Verzeichnisse  über  die  An- 
schaffungen der  einzelnen  Sammlungen,  der  gebrauchten 
Lehrbücher  uam.,  auch  die  Reden  von  Lehrern  bei  bestimmten 
Gelegenheiten,  die  in  der  Diskussion  so  vielfach  beanstandeten 
biographischen  (auch  bibliographischen)  Notizen  über  Schul- 
:^  männer,  Schülerverzeichnisse,  Nekrologe  u.a.,  von  denen 
J^  die  letzteren  wieder  freilich  nicht  selten,  soweit  das  überhaupt 
möglich  ist,  auch  mit  kritischen  Augen  angesehen  werden  wollen. 
Man  erkennt  aus  dem  Angeführten  schon,  daß  nicht  bloß  das, 
was  gewöhnlich  unter  der  Rubrik  „Chronik  der  Anstalt^'  in 
den  Jahresberichten  auftritt,  geschichtliches  Material  bietet;  auch 
die  anderen  Abschnitte  sind  fast  ohne  Ausnahme  geschichtlicher 
Betrachtung  zugänglich,  wenn  das  auch  noch  nicht  überall  voll 
erkannt  worden  ist.  Es  kommt  nur  darauf  an,  einmal  die  Be- 
deutung der  Jahresberichte  auch  für  die  geschichtliche  Forschung 
im  allgemeinen  klarer  zu  stellen,  andererseits  aber  ihren  Inhalt 
80  zu  gestalten,  daß  er  auch  in  dieser  Hinsicht  noch  brauchbarer, 
vor  allem  zuverlässiger  wird  als  dies  jetzt  häufig  der  Fall  ist. 
Hier  hätte  die  Fürsorge  der  Behörden,  die  —  soweit  zunächst 
die  deutschen  Bundesstaaten  in  Betracht  kommen  —  tunlichst 
nach  gleichen  Grundsätzen  eintreten  müßte,  noch  manche  schöne 
und  nützliche  Aufgabe  vor  sich. 

>)  Lehrbuch  der^histor.  Methode  'und  'deriGesehichtsphihsophie.  Mit 
Nacku>eU  der  wichtigsten  QueUen  und  Hüftmütel  zum  Studium  der  Ge- 
sehiehte.  Leipzifp  »- «  1903,  Daoeker  o.  Hnmblot,  (XII,  781  S.;  15^,  geb. 
njCh  S.246. 


254  Pr ogranmweseD  nod  Prograninbibliothek  d.  höh.  Schalea, 

Daß    die   Behörden   der    einzelnen  Staaten    (mit   Ausnahme 
Österreichs)^)  der  geschichtlichen  Bedeutung  der  Jahres- 
berichte bisher  noch    nicht   in  umfassenderer  Weise  näher  ge- 
treten sind,  liegt  z.  T.  an  äußeren  Umständen.     Von  den  ältesten 
preußischen  Verfügungen    vom  Jahre  1824  und  1826    konnte  es 
nicht  gut  erwartet  werden.     Selbst  die  dort  zunächst  angeregtes 
wichtigsten    Gesichtspunkte,    Regehaltung    des   Interesses    des 
Publikums    und    gegenseitige   Förderung   der   Schulen, 
mit  denen   ein   weitausschauender  Organisator   der   eigenen  Zeit 
vorauseilte,     haben    ja,     wie     wir    sahen,    trotz    der    angeblich 
rasch   fortschreitenden    Erkenntnis    der    letzten   Jahrzehnte    bi& 
heute   selbst    in    den   sie   am    meisten    angehenden   Kreisen  der 
Schulmänner    noch    nicht   die   gebührende    Beachtung    gefunden 
Die  Erweckung    historischen  Interesses   aber,    auf  die  Jahres- 
berichte  angewendet,    konnte    damals    um    so    weniger    erwartet 
werden,  als  es  zunächst  überhaupt  galt,   eine  völlige  Neuordnung 
der  praktischen  Verhältnisse   allmählich  herbeizuführen,    wenn  es 
auch  an  Versuchen,  sogar  ziemlich  umfänglichen,    historischer 
Darstellung   einzelner  Schulen    schon  damals  nicht  ganz  fehlte'). 
In  den  folgenden  Jahrzehnten  stand,  wie  wir  sahen,  die  Behand- 
lung fachwissenschaftlicher  Themata   in   den  Programmen 
durchaus  im  Vordergrund;    das  geschichtliche  Interesse  an 
der  Schule  war  noch  gering,  und  vor  allem  zu  sicherer  metho- 
discher Darstellung  gelangten  verhältnismäßig  wenige.     Erst  gegen 
Ende  der  siebziger  Jahre  erschien  die  klassische,    bis  heute  viel- 
leicht beste  geschichtliche  Darstellung  einer  einzelnen  Schule  mit 
bedeutender  Vergangenheit,  der  Pürstenschule  St.  Äfra  in  Meifsen 
von  Tb.  Flathe'),    der  nicht  bloß  ein  bedeutender,  auch  durch 
andere  Werke   rühmlichst    bekannter   Historiker,   sondern   ancb, 
wie  die  Schulmänner   mit  Stolz   hervorheben    dürfen,    einer   der 
Ihrigen    war.     Die    achtziger  Jahre    brachten    dann    eine  größere 
Anzahl  von  Werken    —    ich   nenne   vor   allem  Paulsen^),   die 
Anfänge   der  Monuments   Germaniae    paedagogica^)    und 
Varren trapp')   — ,    die   ebenso    die    historische    Wissenschaft 
im  ganzen  und  die  schulgeschichtliche  Forschung    im  besonderen 
wesentlich    beeinflußt,    wie    auch    z.  T.,    so   besonders   das   von 
P  a  u  l  s  e  n ,    manche   organisatorische   Fragen    in    Fluß   gebracht 
haben.    Letzterer    nannte   in   der  zweibändigen   zweiten  Auflage 


1)  Vgl.  0.  S.  2Ö1  Aon.  1. 

^)  leb  eriooere  i&  das  zweibaDdige  Werk  vod  M.  Joh.  Ang. 
Müller,  Fersuch  einer  volhiändigern  Geschichte  der  cßuirsächnMcke* 
Fürsten-  und  Landschule  zu  Meifsen^  aus  Urkunden  und  giaubwürd^tm 
Tiachrichten,  Leipziff  1787  o.  1789,  S.  L.  Crosios;  vgl.  darüber  Th.  Flathe, 
St,  Afra,  S.  Vlllf. 

^)  Vgl.  o.  S.  104  Aom.  2. 

«)  Vgl.  o.  S.  132,  Aom.  1,  S.  15  mit  Aom.  2. 

•)  S.  o.  8  88  Aom.  2,  S.  11  Aom.  8. 

6)  S.  darüber  o.  S.  131  Aom.  2  nod  S.  IT. 


von  R.  Ullrich.  255 

seines  Werkes  (Bd.  I  S.  XIV)  unter  den  Quellen,  „ohne  die  nie- 
mand auf  diesem  Gebiete  erfolgreich  arbeiten  kann'S  auch  die 
,,Geschichten  einzelner  Anstalten**  —  wenngleich  mit  einigem 
Vorbehalt^)  —  und  führte  deren  im  Verlaufe  der  Darstellung 
wie  in  dem  Literaturverzeichnis  am  Schlüsse  (Bd.  II  S.  704 — 711) 
eine  ganze  Anzahl  besonders  an.  Wenn  er  (Bd.  I  S.  XIV  u.  XV, 
Abs.  2  u.  4)  nicht  auch  die  Jahresberichte  ausdrücklich 
nannte,  so  kann  es  doch  wohl  kaum  einem  Zweifel  unterliegen, 
daß  er  sie  miteinbezogen  hat,  wenn  er  von  „Biographien  her- 
vorragender Schulmänner**  (deren  sich  viele  auch  in  Jahres- 
berichten finden)  und  der  „gesamten  Literatur  der  Pä- 
dagogik und  Schulorganisation'*  (die  gerade  auch  in  den 
Jahresberichten  zum  Ausdruck  kommt)  als  Quellen  seiner  Dar- 
stellung spricht.  Daß  die  letzte  preufsische,  auf  die  Jahres- 
berichte bezügliche  Gesamtverfügung  von  1885  (o.  S.  98.  Nr.  XLI) 
ihrer  geschichtlichen  Bedeutung  noch  nicht  gedenkt,  erklart 
sich  leicht  daraus,  daß  sie  zeitlich  noch  vor  die  meisten  eben 
genannten  Hauptwerke  fallt,  die  unsere  Kenntnis  der  geschieht^ 
liehen  Entwicklung  des  höheren  Unterrichtswesens  (nicht  des 
Schulwesens  allein)  so  wesentlich  gefördert  haben,  wenngleich  die 
unmittelbare  Wirkung  auf  die  Kreise  der  höheren  Schule  selbst, 
abgesehen  vielleicht  von  dem  Werke  Paulsens,  z.T.  aus  den 
oben  (S.  14fi.)  angeführten  Gründen,  zunächst  keine  allzu  große 
war.  Erheblichen  Anteil  an  der  Belebung  der  schulgeschicbtlichen 
Forschung  auch  unter  den  Schulmännern  selbt^t  hatte  dann  seit 
1891  die  Tätigkeit  der  Gesellschaft  für  deutsche  ErziehungS'  und 
Schülgeschichte  mit  ihren  Publikationen'),  deren  Beginn  zeitlich 
ungefähr  mit  dem  Wendepunkte  zusammenfiel,  der  in  der  stei- 
genden Wertschätzung  auch  der  literarischen  Arbeit  an  der  Schule 
und  für  die  Schule  überhaupt  gegenüber  der  Betonung  der  fach- 
wissenschaftlichen Arbeit  gegen  den  Anfang  der  neunziger  Jahre 
eintrat.  Wir  sahen  (o.  S.  268  f.,  S.  145  ff.),  daß  auch  die  Art  der 
Programmproduktion  seitdem  nicht  unberührt  davon  geblieben 
ist.  Eine  heute  oder  in  absehbarer  Zeit  erfolgende  amtliche  Neu- 
regelung des  Inhalts  der  Jahresberichte,  die  nicht  umzubauen, 
sondern  nur  auszubauen  hätte,  mußte  dieser  Entwicklung  unbe- 
dingt  dadurch    gerecht    werden,    daß   sie  auch  die  ge schieb t- 


')  Vgl.  dazö  auch  obeo  S.  14  mit  Anm.  3  und  S.  löl, 
')  Es  sind,  wie  im  loteresise  der  Schalen,  die  sie  immer  noch  nicht 
kennen  and  in  ihren  Bibliotheken  halten,  noch  hier  bemerkt  sei,  die  lUit" 
teäungen  der  Ges.  /.  deutsche  Erziehungs-  u.  Schulgtsckiefde  (seit  1891), 
die  jährlich  in  4  Heften  erscheinen,  nebst  den  zwanglos  ausgegebenen 
Sapplemeuteo,  die  seit  1 897  unter  dem  Titel  Texte  u.  Forschungen  z.  Gesch. 
d,  Er%,  u,  d,  ünterr.  in  d.  Ländern  deutscher  Zunge  (bis  1901:  5  Hefte) 
heransgegeben  wurden,  seit  1903  a.  d.  T.  Beihefte  d,  Mut,  d.  Ges.  f, 
deutsche  Erz.-  u.  Schulgesch.  (bis  September  1907:  14  Hefte)  erscheinen, 
beide  im  Verlag  von  A.  Hofmann  n.  Co.  (Berlin),  jetzt  unter  Redaktion  von 
Alfr.  Heubaoni. 


256  PrograninweseD  und  Programmbibliotbek  d.  bSb.  Schulen, 

liehe  Bedeutung  dieser  Dokumente  etwas  mehr  betonte^)  und 
die  beteiligten  Kreise  veranlaBte,  bei  ihrer  Abfassung,  soweit  es 
sich  mit  den  fibrigen,  fQr  die  unmittelbare  Gegenwart  noch 
wesentlicheren  Aufgaben  der  Jahresberichte  verträgt,  diese  Rück- 
sicht nicht  außer  Acht  zu  lassen.  Natürlich  läBt  sich  nicht  in 
jedem  Augenblick  tibersehen,  weder  bei  Personenfragen  nocli  bei 
sachlichen  Maßnahmen,  ob  sie  einmal  historische  Bedeutung  ge- 
winnen werden  und  demgemäß  ^zu  erwähnen  sind  oder  nicht, 
ausfOhrlichere  oder  kürzere  Besprechung  erfordern  usf.  Es  wäre 
aber  schon  viel  gewonnen,  wenn  alles  das«  was  heute  in  die 
Jahresberichte  zu  kommen  pflegt  oder  hier  und  da  (vgl.  unter  B) 
weiterhin  hinzukommen  könnte,  ohne  Ausnahme  so  unbedingt 
sachgemäß  abgefaßt  würde  und  so  zuverlässig  wäre,  daß  es  auch 
in  Zukunft  als  eine  Art  Grundlage  für  umfassendere  geschicht- 
liche Betrachtung  brauchbar  ist. 

Es  ist  schon  mehrere  Jahrzehnte  her,  daß  auf  diese  Bedeu- 
tung der  Jahresberichte  für  die  Schulgeschichte  von  kundiger 
Seite  hingewiesen  worden  ist  (o.  S.  219),  und  etwas  beschämend, 
daß  diese  Erkenntnis  gerade  unter  den  Schulmännern  noch  bei  weitem 
nicht  so  an  Boden  gewonnen  hat,  wie  man  wünschen  müßte. 
Was  sie  für  andere  Teile  der  Geschichte,  wie  Loka  Ige  schiebte 
und  Biographie,  besonders  Familiengeschichte  leisten 
können,  hat  man  freilich  schon  lange  erkannt,  aber  die  vor  beinahe 
drei  Jahrzehnten  in  dieser  Beziehung  geäußerte  Meinung  Fö  rste- 
manns  (s.  o.  S.  218)  hat  immer  noch  nicht  das  Ohr  aller  Schul- 
männer gefunden.  Für  die  Namenforschung,  die  Statistik 
und  andere  Wissenschaften  hat  man  ebenfalls  schon  reichlich  aus 
den  Jahresberichten  geschöpft,  aber  auch  dies  ist  in  der  Diskussion 
der  letzten  beiden  Jahrzehnte  nicht  in  solcher  Weise  hervor- 
getreten, daß  es  die  Angriffe  auf  sie  auf  das  rechte  Maß  beschränkt 
hätte.  Es  wird  hier  ganz  besonders  darauf  ankommen,  daß  ihre 
künftige  innere  Einrichtung  möglichst  so  getrotfen  wird,  daß  sie 
immer  mehr  auch  in  dieser  Beziehung  eine  zuverlässige  Grundlage 
abgeben  können.  Aus  Altertum  und  Hittelalter  sammein  wir  mit 
Feuereifer  jeden  Stein,  jede  Scherbe,  jedes  Dokument  —  mit 
Becht.  Denn  mag  es  in  der  Vereinzelung  noch  so  wenig  be- 
deuten, jedes  führt  doch  der  Forschung  auf  allen  Gebieten  wertvolle 
Bausteine  zu,  die  uns  jedes  größere  Ganze  aus  längst  vei^angenen 
Kulturperioden  mit  jedem  Jahrzehnt,  oft  mit  jedem  Jahre  immer 
deutlicher   erkennen   lassen,    immer    neue  Zusammenhänge    her- 

*)  Dafi  di0  neoeste  Ges^amtverfdgiiDg  über  das  ProsramDweaea  ia 
Baden  vom  Jabre  1904  (s.  o.  S.  100,  Nr.  LXIa.  b)  diese  Seite  vberbao^t 
■iebt  io  Betracbt  ziebt,  hangt  wohl  teils  mit  fiDaDzielleo  ErwägoDgeii  se- 
aammen  (vgl.  darüber  schoo  o.  S.  179 f.),  teils  mit  anderen,  mebr  id  der  Saebe 
selbst  liegeoden,  die  dazu  geführt  haben,  den  Inhalt  der  Jabreaberiehte 
durch  Weglassang  von  Diogeo  za  kürzen,  die  in  denea  anderer  Staateo  ihre 
feste  Stelle  haben  und,  wie  mir  sebeint,  aaeb  bebalteo  soUteo  (vgL  data 
unten  Abschnitt  B). 


steHeD,  der  wisseDscbafÜicheD  Arbeit  ganzer  Generationen  immer 
sichrere  Grundlagen  gewähren  und  sie  zu  neuen  Aufgaben  anregen. 
Ein  groBer  Teil  der  Kräfte  des  höheren  Lehrerstandes  hat  in 
den  letzten  Jahrzehnten  in  weit  größerem  Umfange,  als  dies 
andere  Stände  nötig  gehabt  haben,  der  Hebung  des  Standes  hin- 
gebende und  erfolgreiche  Arbeit  gewidmet;  es  konnte  nicht  fehlen, 
daB  dabei  manche  innere  Angelegenheiten  des  Standes,  die 
richtige  Erkenntnis  ihrer  geschichtlichen  Bedeutung  wie  die  Arbeit 
an  ihrem  Ausbau  für  Praxis  und  Wissenschaft  etwas  zu  kurz  ge* 
kommen  sind.  Es  ist  vielleicht  zu  hoffen^  daB  mit  der  größeren 
Ruhe,  welche  in  der  Behandlung  schon  jener  äußeren  Angelegen- 
heiten in  den  letzten  Jahren  zutage  getreten  ist,  auch  im  Zu- 
sammenhang mit  der  hoffentlich  demnächst  zu  erwartenden  end- 
giltigen  Regelung  unserer  äußeren  Verhältnisse  in  Zukunft  noch 
mehr  Kräfte  als  bisher,  wenn  ich  so  sagen  darf,  für  die  inneren 
Angelegenheiten  des  Standes,  deren  Klärung  und  deren  Ausbau 
frei  werden.  Zu  diesen  gehören  aber,  wie  die  Programm  ab - 
handlungen,  so  auch  die  Jahresberichte.  Die  Abband«^ 
lungen  sind  ganz  gewiß  von  hohem  wissenschaftlichen  und 
praktischen  Werte ;  sie  stellen  ein  erhebliches  Stück  der  geistigen 
Arbeit  eines  ganzen  Standes  im  Laufe  vieler  Jahrzehnte  dar.  Das 
ist  oben  (S.  28 — 156)  ausführlich  dargelegt  worden.  Aber  die 
zahlreichen  in  ihnen  niedergelegten  Ergebnisse,  besonders  der  fach* 
wissenschaftlichen  Art,  die  sich  vielfach  in  ganz  entlegene  Gebiete 
verloren,  entbehren  doch  oft  des  Zusammenhangs.  Dagegen  bieten 
die  Tausende  von  Jahresberichten  aller  höheren  Schulen 
Deutschlands,  Österreichs  und  der  Schweiz  ein  Ge* 
samtbild  der  Organisation  des  höheren  Schulwesens 
dieser  Länder  und  damit  eine  fast  unerschöpfliche  Quelle  der 
Belehrung  für  Vergangenheit  und  Gegenwart. 

Was  kann  nun  geschehen,  sie  so  auszugestalten,  daß  sie  der 
Aufgabe,  die  ihnen  für  Schuler,  Lehrer,  Behörden  und  Publikum, 
für  den  Zusammenhang  der  Schulen  untereinander  wie  für  die 
schulgeschichtliche  Forschung  und  die  Wissenschaft  überhaupt  zu- 
kommt, in  Zukunft  noch  besser  gerecht  werden? 

B.  Die  kllnftige  Gestaltunir  0* 

a)    AHsemeiDe   Gesichtspankte. 

Im  vorigen  Abschnitt  ist  mehrfach  hervorgehoben  worden, 
daß  die  Jahresberichte  in  ihrer  inneren  Einrichtung  des  Aus- 
baus bedürfen,    wenn   sie  den   sehr  verschiedenen  Kreisen,   für 


1)  Fär  dieaeo  ganzen  Abschnitt  aiod  die  entspreohendeD  VerfügaDgen 
Q.  S.  95—108,  die  von  den  Jahresberichten  handelnden  Teile  der  histo- 
risehen  Skizze  S.  150—166  nnd  die  hierher  gehörisen  Abschnitte  der,,Di8- 
kaaaion««  S.  1891f.,  202lf.,  218tf.  nnd  256ff.  zn  versleiehen.  Für  alle 
Einzelheiten  istanBerdem  die  Tabelle  (hinter  S.  160)  sa  Rate  za  ziehen. 
2aito«hr.  L  d.  GymiMsialwaMn.   LXL    Sopplementhefk.  ^7 


S68  Pro^rammwesoii  und  Pra^ramaibiiiliotliek  d.  hSh.  Schult ■, 

die  sie  bestimint  sind,    nicht  bloB  einigermaßen  gerecht  werden, 
sondern  ihnen  womöglich  besser  dienen  sollen  als  bisher.     Von 
den  Bedenken    (so   will   ich   einmal   sagen),    die   gegen   sie    als 
dauernde  Einrichtung  des  Schulorganismus  geltend  gemacht  worden 
sind,  waren  manche   (s.  unten  zu  b)   gewiß   nicht    unberechtigt, 
wenn    auch    das  Vorhandensein    vereinzelter  Anstöße    in    diesem 
oder  jenem  Schulbericht   viel  zu  leicht   (gerade  wie  bei  den  Ab- 
handlungen)   dazu   gefuhrt   hat,   das   Ganze   zu  verurteilen.     So 
wird   es   sachlich   immerhin  gerechtfertigt   sein,   die  Einrichtung 
einer  Revision  mit  Bezug  auf  ihre  weitere  Gestaltung  zu  unter- 
ziehen;  denn  wie  die  Schulen    in   den  letzten  Jahrzehnten  fort- 
geschritten  sind,   so    müßte    ein    gleicher  Vorzug   auch    in   den 
Jahresberichten   zum    Ausdruck  kommen,    die    vom    Leben    und 
Streben  Jener  regelmäßig  Kunde  geben.     Wie  dort,  so  muß  auch 
hier  Veraltetes   ausgeschieden   oder  beschränkt,    Neues  und  Not* 
wendiges  aufgenommen  werden,  wäre  es  auch  nur,  um   den  An- 
griffen derer  den  Boden  zu  entziehen,  welche  die  Ünnöügkeit  der 
Einrichtung   in  der  Neuzeit  glaubten   erweisen   zu  können.     Das 
wird    auch  durch  die  Erwägung    nahe   gelegt,    daß  die  neusten 
Gesamt  Verfügungen    über   die  Jahresberichte   in   den    beiden 
Staaten,    die  nach   der  Zahl   ihrer   höheren  Schulen    das  weitaus 
stärkste  Kontingent  zu  ihnen  steilen,  in  Preufsen  und  Öster- 
reich, schon  mehrere  Jahrzehnte   alt  sind.    In  den  klei- 
neren Staaten  liegt   die  Sache  nicht  wesentlich  anders.     Hier 
und  da  sind  zwar  kleine  Ergänzungen  erfolgt,  aber  sie  berühren 
das,  was  mir    nach  der  heutigen  Lage   der  Dinge   wesentlich  er- 
scheint, nur  wenig;  und  auch  einige  Gesamtverfügungen  neueren 
und     neusten     Datums    in   diesen    Staaten,    so    in    Sachsen, 
Bayern  und  Baden,    stellen  sich   mehr    als  eine  Art  von  Neu- 
auflage   älterer    allgemeiner   Maßnahmen    dar^),   als    daß  sie  die 
doch  nun  einmal  überaus  verschiedenen  Zwecke   der  Einrichtung 
scharf  ins  Auge  faßten    und  demgemäß  deutliche,    nicht  mißzu- 
versteliende  Bestimmungen  festsetzten,  die  jedem  der  beteiligten 
Kreise  geben,  was  er  erwarten  darf,    ohne  daß  dabei  die  allge- 
meine Bedeutung    der  Sache  zu    kurz   käme.     Das  ist  natürlich 
nicht  ganz   einfach.     Die  Ausführung   erfordert  insbesondere  von 
den    Berichterstattern    ebenso    gründliche    Vertrautheit   mit 
der  Schulorganisation,    nicht   bloß   der    eigenen  Schule    und  des 
eigenen  Landes,    wie  richtige  Erkenntnis    der   —    im  Laufe   der 
Jahre    auch    wechselnden    —   Bedürfnisse    eben  der    verschie- 
denen Interessenkreise')  und  dazu  ein  gut  Teil  sicheren  Taktes. 
Bliebe   der  Zweck    der  Jahresberichte   auf  den    engen  Kreis  der 


<)  Vgl.  dazo  S.  152  f. 

')  Eiaeiii  Direktor,  der  «oeh  diese  Dioge  erntt  Dirnnt,  koante  es  m.  E. 
Dicht  allzu  schwer  falleo,  einmal  fesUnslelleo,  was  seiaeiu  Blteropahlikan 
voD  dem  Inhalt  der  Jahresberichte  (deren  möglichste  Verbreitaog  er  sich 
natürlicb  aagelegeo  seia  iasseo  maß)  lieh  ~  oderaach  leid  ist;  vgl.  q.  S.  23$. 


von  II.  Ullrtdh.  ^^ 

einen  Schule  beschränkt,  so  wäre  die  Lösung  der  Aufgabe,  auch 
im  Sinne  eines  gewissen  Fortschritts,  nicht  allzu  schwer.  Werden 
aber  einmal,  wie  doch  von  selten  vieler  Behörden  und  auch  nicht 
weniger  Schulmänner  weiteren  Gesichtskreises  geschehen  ist, 
die  weitergehenden  Röcksichten  auf  die  Gesamtheit  der 
Schulen,  auf  die  Schulgeschichte  und  die  Wissenschaft 
überhaupt  —  wie  billig  —  als  wesentlich  för  die  Jahresberichte 
ausdnlcklieh  anerkannt,  so  liegt  darin  filr  jeden  Berichterstatter, 
der  nicht  bloß  der  gewohnten,  vielleicht  gar  als  eine  Belästigung 
empfundenen  jährlichen  Pflicht  scheroatisch  genügt,  die  deutliche 
Aufforderung,  zu  erwägen,  inwieweit  je  nach  den  besonderen 
Verhältnissen  jeder  Anstalt  und  jedes  Landes  größere  Zusammen- 
hänge gesucht  und  in  der  Darstellung  zum  Ausdruck  gebracht 
werden  können. 

Ich  meine  nicht,  daß  darum  an  der  allgemeinen  Grund- 
lage der  Jahresberichte,  besonders  in  den  beiden  Großstaaten 
Preufsen  und  Österreich,  auch  in  den  meisten  nord-* 
deutschen  Staaten,  die  dem  preußischen  Muster  gefolgt  sind, 
Erhebliches  geändert  zu  werden  braucht.  Die  Stetigkeit  hat 
in  jedem  Teile  eines  großen  Organismus  ihr  inneres  Recht  und 
auch  nicht  zu  unterschätzende  äußere  Vorteile,  för  den  engeren 
Leserkreis  einzelner  Anstalten  und  die  besonderen  Verhältnisse 
eines  kleineren  Landes  ebenso  gut  wie  für  die  Schulmänner  und 
Gelehrten,  die  auf  die  Gewinnung  von  Übersichten  im  großen  an 
der  Hand  dieser  authentischen  Belege  bedacht  sind.  Der  engere 
Kreis  ist  seit  langem  gewohnt,  gewisse  ihm  lieb  gewordene  Dinge 
immer  wieder  zu  finden,  womöglich  an  der  gleichen  Stelle;  das 
soll  ihm  nicht  verkürzt  werden.  Auch  för  den  Gelehrten  ist  es 
eine  wesentliche  Erleichterung  der  Arbeit,  wenn  er  jeder  Einzel- 
heit, die  er  sucht,  jedes  Jahr  in  bestimmtem  Zusammenhange 
wieder  begegnet.  Nehmen  ist  hier  in  beiden  Fällen  bedenklich 
und  sollte  nur  aus  zwingenden  Gründen  erfolgen,  Geben  abef 
wohl  ein  Fortschritt  und  würde  von  keiner  der  beteiligten  In- 
stanzen, die  wirklichen  Anteil  an  der  Sache  nehmen,  als  ein  Nach- 
teil empfunden  werden.  Und  das  läßt  sich,  was  Preufsen  und 
das  übrige  Norddeutschland,  sowie  Osterreich  betrifft, 
durchaus  im  Rahmen  der  z.  Z.  bestehenden  amtlichen  Vor- 
schriften verwirklichen;  die  denkwürdige  erste  preußische  von 
1824,  deren  Grundsätze  noch  lange  ihre  Lebenskraft  bewähren 
werden,  hat  in  dieser  Richtung  schon  zweckmäßig  vorgearbeitet, 
indem  sie^)  die  Beschränkung  auf  die  damals  vorgeschriebenen 
Teile  der  Jahresberichte  nicht  allgemein  forderte,  sondern  es  den 
Schulleitern  freistellte,  „auch  dasjenige,  was  sie  aus  ihren  Be- 
obachtungen für  einen  solchen  öffentlichen  Schulbericht  Geeignetes 
vorzutragen  wünschen,  und  unter  den  im  obigen  vorgeschriebenen 


1)  Vgl.  bei  Rörme  «.  a.  0.  S.  159  Abs.  V. 

17* 


j2{^  Programm  Wesen  oad  Progranrmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

Artikeln  keine  angemessene  Stelle  findet,  in  der  Einleitung  oder 
am  Schlüsse  der  Schulnachrichten  beizufügend^  Es  war  hierbei 
mehr  an  den  engeren  Kreis  der  einzelnen  Schulen  gedacht;  die 
Beziehung  auf  den  Zusammenhang  der  Schulen  untereinander  trat 
erst  1826  hinzu.  Und  die  preufsische  Verfügung  vob 
1885,  ebenso  wie  schon  vorher  die  österreichische  von 
1876  ^)y  die  beide  den  inzwischen  reichhaltiger  gewordenen  Stoff 
bestimmter  umgrenzten,  meinten  (ebenso  wie  die  allgemeiner 
bekannt  gewordenen  neueren  Verfügungen  kleinerer  nord* 
deutscher  Staaten)  gewiß  für  ihre  Zeit  den  Kreis  des  Not- 
wendigen oder  Zweckmäßigen  einigermaßen  zu  erschöpfen;  des- 
halb enthielten  sie  zwar  keine  besondere  Bestimmung  mehr  dar- 
über, ob  der  Bericht  irgendwie  über  das  vorgeschriebene  Maß 
ausgedehnt  werden  könnte'),  aber  doch  auch  kein  Verbot  dagegen. 
Die  weitere  Entwicklung  hat  gelehrt,  daß  der  so  stillschweigend 
gegebene  Spielraum  durchaus  von  Vorteil  gewesen  ist  Wer  Jedes 
Jahr  auch  nur  einige  Dutzende  österreichischer  und  nord- 
deutscher Berichte  mit  gewisser  Regelmäßigkeit  aufmerksam 
liest,  wird  bald  bemerken,  daß  nicht  wenige  Direktoren  es  sich 
angelegen  sein  lassen,  über  das  bestimmt  Geforderte  hinaus, 
wenngleich  immer  in  dem  gegebenen  Rahmen,  manches  Eigen- 
tumliche mitzuteilen,  was  für  die  verschiedenen  Interessenkreise 
von  Bedeutung  ist  (vgl.  unter  b).  Man  kann  nur  wünschen,  daß 
auf  diesem  Wege  fortgefahren  wird.  Damit  aber  die  Rücksicht 
auf  das  Schulwesen  im  ganzen,  auch  die  auf  die  ge- 
lehrte Forschung')  intensiver  zur  Geltung  komme,  ist  doch 
wünschenswert,  daß  auch  die  Behörden,  zunächst  in  Preufsen 
und  iNorddeutschland  überhaupt,  auf  Grund  dieser  besonderen 
in  den  letzten  Jahrzehnten  gemachten  Versuche  und  Erfahrungen 
erwägen,  ob  nicht  eine  gewisse,  vorsichtig  abzugrenzende  allge- 
meine Erweiterung  (die  durch  zweckmäßige,  längst  von  Ter- 
schiedenen  Seiten  als  wünschenswert  bezeichnete  Kürzungen 
wieder  eingebracht  werden  könnte  —  auch  in  finanzieller  Rück- 
sicht) obligatorisch  zu  machen  sei.  Denn  von  den  erst  an 
einzelnen  Schulen  in  ihren  Jahresberichten  mit  einer  gewissen 
Konsequenz  gemachten  planmäßigen  Erweiterungen  sind  doch 
nicht  wenige,  dazu  nicht  einmal  etwa  an  besondere  Verhältnisse 
gebundene,  derart,  daß  ihre  Ausdehnung  auf  alle  Schulen  der 
betr.  Länder  gerade  im  Interesse  gleichmäßiger  wissenschaftlicher 
Verwertung  äußerst  erwünscht  ist. 

In  gewissem  Gegensatz  zu  solchen  erfreulichen,  von  dem 
frischen  Leben  der  höheren  Schulen  und  der  geistigen  Teilnahme 
ihrer  Leiter  auch  in  den  zusammenfassenden  Jahresberichten  der 


1)  Vgl.  0.  S.  98,   Nr.  XLI   mit   Adoi.  1,   S.  108,  Nr.  LXXXXVU  iii4 
dazo  S.  150  ff. 

3)  Doch  vgl.  für  PrenfsoD  anteo  den  AbschoUt  b,  14. 
3)  Dazu  8.  0.  S.  2Ö2S. 


voo  R.  Ullricli.  261 

Anstalten  Zeugnis  ablegenden  Erscheinungen  in  Norddeutsch- 
land und  Österreich  steht  eine  nicht  abzuleugnende  Knappheit, 
um  nicht  zu  sagen  Magerkeit,  der  meisten  süddeutschen  Be- 
richte. Ihr  Inhalt  ist  kaum  erweitert,  sondern  immer  mehr  ein- 
geschränkt worden,  wie  dies  auch  besonders  in  der  neusten 
badischen^)  Gesamtverfugung  von  1904  zum  Ausdruck  kommt. 
Das,  was  suddeutsche  Berichte  mehr  bieten  als  in  den  meisten 
Fällen  die  norddeutschen,  z.B.  die  genaueren,  mit  Angaben 
über  Geburt,  Herkunft  usw.  ausgestatteten  Schülerverzeich- 
nisse,  wiegt  doch  den  Ausfall  ganzer  Abteilungen,  wie  z.  B.  den 
der  Verzeichnisse  ober  die  etatsmnfsige  Vermehrung 
der  Sammlungen,  der  biographischen  Angaben  über  neu 
eintretende  Lehrer  und  die  in  bezug  auf  Umfang  und  indivi- 
dnelle  Gestaltung  stark  eingeengte  „Chronik"  nicht  auf.  So 
sehr  das  in  die  Augen  springt,  wenn  man  von  intensiver  Lektüre 
norddeutscher  und  österreichischer  Berichte  zu  den 
suddeutschen  kommt,  wurde  ich  es  für  meine  Person  doch 
nicht  für  angezeigt  halten,  es  besonders  hervorzuheben,  wenn 
mir  nicht  süddeutsche  Kollegen,  die  ich  in  ihrem  Wirkungskreise 
oder  auch  in  Norddeutschland  kennen  gelernt  und  über  diese 
Verhältnisse  befragt  habe,  versichert  hätten,  sie  fänden  ihre  Jahres« 
berichte  im  Vergleich  zu  den  anderen  überaus  dürftig').  Sollte 
diese  Verkürzung,  für  die  man  finanzielle  Gründe  doch  eigentlich 
kaum  stärker  geltend  machen  könnte  als  dies  etwa  an  sich  in 
Norddeutschland  verständlich  wäre,  dort  noch  weiter  fortschreiten, 
so  wäre  der  Tag  allerdings  vielleicht  nicht  mehr  fern,  wo  man 
die  ganze  Einrichtung  überhaupt  fallen  lassen  könnte  —  eine 
Art  scheinbaren  Erfolgs  für  diejenigen,  die  in  ihr  schlechthin 
nicht  bloß  einen  entbehrlichen,  sondern  geradezu  unnützen  Rest 
älteren  Brauches  zu  erblicken  meinten.  Man  lernt  tatsächlich  aus 
diesen  Berichten  —  von  einigen  Ausnahmen  abgesehen  —  nicht  all- 
zuviel von  dem  inneren  und  äußeren  Leben  der  einzelnen  Schulen 
kennen,  kaum  wesentlich  mehr,  als  man  etwa  aus  den  amtlichen 
Verfugungen,  allgemeinen  Lehrplänen,  den  geschichtlichen  Dar- 
stellungen über  einzelne  Schulen,  den  Schulkalendern  u.s.f.  entnimmt 
Wäre  nun  der  Zweck  der  Jahresberichte  im  allgemeinen  wirklich  nur 
der,  den  engeren  Interessentenkreis  auf  dem  laufenden  zu  erhalten, 
so  brauchte  diese  Knappheit  den  weiteren  nicht  sonderlich  zu 
kümmern.  Bedenkt  man  aber,  daß  in  den  Jahresberichten,  als 
Ganzes  angesehen,  ein  nicht  unwichtiges  Stück  deutschen 
Schullebens  zum  Ausdruck  kommt,  das  auf  dessen  einzelne 
Teile  doch  wiederum  möglichst  befruchtend  einwirken  sollte,  so 
wird  man  gewiß  keinen  Vorteil    darin  erblicken  können,    daß  in 

1)  Vgl.  o.  S.  100,  Nr.  LXl  a.  b  a.  besODde^s  S.  157  f.;  vgl.  «.  S.  256  A.  1. 

')  Damit  erledigeo  sich  wohl  dit  RemerkuDgen  von  Halbfafs,  der 
{Päd,  fFocfunbl.  VII  (1S97/8)  S.  100)  gerade  diese  Berichte  als  Master 
IriaatelU.  -  • 


262  Programmwesen  nod  Prof  ramnbibliothek  d.  höh.  Sc  knie  b, 

den  meiflien  süddeutschen  Berichten  wesentliche  Stücke  der 
norddeutschen  fehlen.  Will  man  bei  der  Behandlung  irgend 
einer  Einzelfrage  die  Gesamtheit  der  deutschen  Jahresberichte 
verwerten,  was  doch  wünschenswert,  in  vielen  Fällen,  so  z.  B. 
bei  statistischen  und  organisatorischen  Fragen,  geradezu  not- 
wendig ist  (vgL  o.  S.  2S0)y  so  muB  man,  36  Jahre  nach  der 
Gründung  des  Deutschen  Beiches,  doch  noch  an  der  Mainlinie 
Halt  machen;  oder  man  ist  in  jedem  Einzelfalle,  der  sich 
aufdrängt  und  fast  immer  die  Berücksichtigung  auch  der  süd- 
deutschen Schul  Verhältnisse  rällich  erscheinen  läßt,  auf  die 
Auskünfte  der  einzelnen  Schulen  oder  der  Behörden  angewiesen, 
ein  Weg,  dessen  Beschwerlichkeit  schon  oben  (a.  a.  0.)  an- 
gedeutet worden  ist.  Es  wäre  daher  sehr  wünschenswert, 
wenn  bei  einer  Revision  der  süddeutschen  Programm- 
verhältnisse die  Bedeutung  dieser  Gesichtspunkte  in  Er 
wägung  gezogen  und  ihr  Inhalt  etwa  in  der  oben  ange- 
deuteten Richtung  vervollständigt  würde.  Die  berechtigten 
Eigentümlichkeiten  der  drei  in  Betracht  kommenden 
Staaten  (z.  T.  auch  Hessens)  und  ihr  Landespatriotismus 
würden  darunter  m.  E.  nicht  leiden,  wohl  aber  dem  Zusammen- 
hange zwischen  Norden  und  Süden  auch  auf  diesem  Gebiete  ein 
nicht  unwesentlicher  Dienst  geleistet  werden.  In  bezug  auf 
Osterreich  brauchen  besondere  Wünsche  ähnlicher  Art  hier 
kaum  geäußert  zu  werden.  Die  dortigen  Berichte  bieten  so 
reiches  Material,  daß  man  nur  den  anderen  Umstand  bedauern 
muß,  daß  es  uns  infolge  des  beschränkten  Tauscbverkehrs  nur 
zu  einem  kleinen  Teile  zugänglich  wird.  Ich  habe  daher  oben 
(S.  21211.)  die  Aufmerksamkeit  der  beteiligten  Kreise  darauf  lenken 
wollen,  hierin  in  geeigneter  Weise  Wandel  zu  schaffen. 

Eine  derartige,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  zwischen  den 
Jahresberichten  der  am  Austausch  beteiligten  Staaten  und  Schulen 
im  Interesse  der  Gesamtheit  des  Schulwesens  herbei- 
zuführende Annäherung  würde,  wie  aus  den  bisherigen  Dar- 
legungen ersichtlich  ist,  zunächst  mehr  darauf  hinauskommen, 
den  Umfang  der  Berichte,  hin  und  wieder  der  norddeut- 
schen und  österreichischen,  in  stärkerem  Grade  der  süd- 
deutschen, zu  erweitern  und  damit  natürlich  die  Kosten 
zu  erhöhen.  Es  wäre  das  nicht  ganz  unbedenklich.  An  sich 
nützliche,  ja  notwendige  Reformen  pflegen  am  ehesten  an  der 
Kostenfrage  zu  scheitern;  und  gerade  im  vorliegenden  Falle  wäre 
eine  Verteuerung  um  so  weniger  zu  empfehlen,  als  schon  der 
bisherige  Aufwand  für  Abhandlungen  wie  Jahresberichte  vielen 
Wortführern  der  Diskussion  viel  zu  hoch  erschienen  ist  und  hier 
und  da  auch  schon  maßgebende  Instanzen,  insbesondere  bezüglich 
der  Abhandlungen,  zu  Einschränkungen  geführt  hat,  die  der  Sache 
nicht  von  Vorteil  waren  (s.  o.  S.  1739,),  Da  nun  die 
Kosten    für  Satz,    Druck,    Papier  usw.    bei  den  Jahres* 


voD  {Lüllriek.  263 

berichten^)  infolge  ihrer  (bei  gesonderter  Ausgabe)  meist 
höheren  Auflage,  der  häufigeren  Verwendung  verschiedener  Schrift- 
arten, Beifügung  von  Tabellen  usf.  im  Durchschnitt  etwas  höher 
sind  als  bei  Abhandlungen  mit  laufendem  Satz,  wird  es  sich  ganz 
besonders  empfehlen  zu  fragen,  ob  nicht  als  Ausgleich  gegenüber 
mancher  nutzlicher  oder  notwendiger  Erweiterung  in  einzelnen 
Abschnitten  eine  Kürzung  in  anderen  möglich  ist  Die  Frage 
läßt  sich  bejahen.  £ine  Verkürzung  gewisser  Abschnitte,  die 
ohne  ersichtlichen  Zweck  für  die  beteiligten  Kreise  Jahr  für  Jahr 
in  ziemlichem  Umfange  wieder  abgedruckt  werden,  auch  die  Weg- 
lassung bestimmter  Notizen,  die  unnötigerweise  an  mehreren 
Stellen  gebracht  werden,  ist  durchaus  möglich,  ohne  daß  dadurch 
der  Wert  des  Ganzen  irgendwie  beeinträchtigt  würde.  Es  ließe 
sich  so  nicht  bloß  im  allgemeinen  Raum  für  manche  not- 
wendige Ergänzung  erübrigen,  besonders  in  den  süd- 
deutschen Berichten,  sondern  in  sehr  zahlreichen  Fällen  sogar 
eine   nicht    unerhebliche    Verminderung    des   Umfangs    im 

^)  Die  organisierteo  Verbäode  der  Setzer  baben  den  Besitzern  vod 
Drockereiea  im  Laofe  der  Jahre  eioeo  immer  kumpIiziertereD  Tarif  aufge- 
«6tigt,  der  für  jede  besondere  Sehriftart,  jeden  vom  gewShnlicbeD  ir^nd 
abweichenden  Satz,  wie  er  z.  B.  bei  Tabellen,  Katalof^artigem  o.  a.  m.  not- 
wendig wird,  höhere  Preise  ansetzt,  ein  Umstand,  der  aoch  anf  die  Verleger 
seine  Wirkoog  nicht  verfehlt  ond  den  Autoren,  die  sich  im  Interesse  der 
Sache  solcher  Besonderheiten  in  ihren  Arbeiten  bedienen  müssen,  immer 
mehr  Beschränkung  auferlegt.  Es  wird  für  manche,  besonders  solche,  die 
zom  ersten  Male  einen  Jahresbericht  in  Druck  geben,  vielleicht  nicht  ohne 
Interesse  sein,  wenn  ich  hier  eine  Rechnung  fiir  einen  Jahresbericht 
neusten  Datums,  der  nach  Inhalt  und  Umfang  ungefähr  das  allgemein 
Obliche  darstellt,  mitteile,  die  mir  von  einer  namhaften  Berliner  Druckerei 
fiir  diesen  Zweck  zur  Verfilgung  gestellt  worden  ist.  Es  mag  aoch  lehr- 
reich sein,  die  entsprechenden  Kosten  in  kleinen  Städten  damit  zu  ver^ 
gleichen. 

Umfang  des  Berichts:  26  Seiten  (davon  25  bedruckt)  in  4^sb 
3V4  Bogen;  Auflage:  1800. 

1.   Satz  (nach  Seiten): 

3  Seiten  Petit  (je  5,25  JC.) 15,75  JC. 

17       „       Corpus  (je  3,75^.) 63,75  „ 

5       „       Tabellen  (je  10,50  JC.) 52,50  „ 

n.    Druck  (nach  Bogen): 

1000  ganze  Bogen  (1000:  6,50^.)  X  3 \9fiQjC. 

800       „         „      (100:0,50^) 4,—   „ 

1000  V4  Bo^cn 4,50   „ 

800    „       „      (100:0,35^.) 2,80   „ 

III.  Heften  (100  Ex.  je  1,50^.)    ....     27)—^! 

Summe  von  I—ni 189,80^. 

Dazu  Aufschlag  von  10%  für  1907  (vgl.  0.  S.  178)      .    .     .     19,—  „ 
Im  ganzen 208,80  ,>^. 

IV.  Papier   (1000  Bogen    18^.)   für  5850   (abgerundet 

5900)  Bogen 106,20   „ 

Gesamtkosten 315, —  JC» 

Danach  beträgt  der  Preis  für  den  Bogen  in  4^:  96,92  w^. 


264  Progranrnweflen  vod  Prograniibibliothek  d.  kSh.  Schale a, 

ganzen  herbeiföhren;  auf  diese  Weise  worden  diejenigen  In- 
stanzen, die  einer  Erweiterung  mit  Röcksicht  auf  die  Kosten 
skeptisch  gegenüberstehen,  vielleicht  am  ehesten  für  sachgemäßen 
Ausbau  und  Ausgleich  in  der  oben  (S.  260  ff.)  angedeuteten  Rich- 
tung gewonnen  werden  können.  Soweit  sich  die  Diskussion  mit 
dieser  Frage  beschäftigt  hat,  konnte  sie  schon  manche  nützliche 
Beiträge  liefern.  Diese  kamen  nur  darum  wieder  nicht  recht  zur 
Geltung,  weil  diejenigen,  die  sie  empfahlen,  gleich  wieder  in  das 
andere  Extrem  ßelen  und,  wie  z.B.  der  anonyme  Verfasser 
unter  der  Rubrik  Mafig^Uehei  und  ünmafsgehUehes  in  den 
Grenzboten  von  1901,  von  den  Jahresberichten  so  wenig  übrig 
lieBen,  daß  diese  als  ein  einigermaßen  getreues  Abbild  des  Lebens 
einer  Schule  im  Laufe  eines  Jahres  —  was  sie  doch  sein  sollen 
—  und  als  ein  auch  für  höhere  Zwecke  nutzbarer  Teil  eines 
ganzen  Organismus  kaum  noch  gelten  können.  Indem  ic^  mir 
dieAnföhrung  und  Begründung  aller  Einzelheiten  für  den  beson- 
deren Teil  (b)  vorbehalte,  bemerke  ich  hier  nur  im  allge- 
meinen, daß  m.  E.  vor  allem  die  sehr  umfangreichen 
Abschnitte,  die  von  den  im  Laufe  des  Schuljahres  erledigten 
Lehraufgaben  handeln  (unter  bestimmten  Voraussetzungen), 
sowie  die  Mitteilungen  über  die  Verfügungen  der  Behörden, 
auch  die  über  die  Krankheiten  der  Lehrer  und  die  den 
Anstalten  gemachten  Geschenke  z.  T.  erhebliche  Kür- 
zungen vertragen  dürften.  Dagegen  scheinen  mir  solche  in 
anderen  Abschnitten,  die  seit  Jahrzehnten  zum  eisernen 
Bestände  der  Jahresberichte  in  den  meisten  Staaten  gehören, 
unzulässig,  weil  dadurch  Wert  und  Verwertung  zu  sehr  beein- 
trächtigt werden  würde.  Ehe  ich  jedoch  auf  die  Besprechung 
dieser  Einzelheiten  eingehe,  bedürfen  noch  einige  Gesichtspunkte 
der  Erörterung,  die  das  Ganze  der  Berichte  angehen,  so  die 
Reihenfolge  der  einzelnen  Abschnitte,  die  Form,  in 
der  die  Hitteilungen  erfolgen,  und  zumal  ihre  Zuver- 
lässigkeit. 

Besonders  mit  Rücksicht  auf  die  wissenschaftliche  und 
praktische  Verwertung  der  Jahresberichte  im  ganzen 
wäre  es  gewiß  sehr  erwünscht,  wenn  diese  in  der  Reihenfolge 
ihrer  Abschnitte  eine  größere  Gleich mäfsigkeit  zeigten. 
Innerhalb  der  einzelnen  Staaten  des  Deutschen  Reiches  treten 
aber  die  größten  Verschiedenheiten  auf.  Die  preufsischen 
Berichte  sind  anders  angeordnet  als  die  badischen,  diese  wieder 
anders  als  die  bayerischen;  die  sächischen  haben  wieder 
ihre  besondere  Reihenfolge.  Der  Unterschied  wäre  für  die  Be- 
nutzung im  ganzen  unerheblich,  wenn  wenigstehs  die  Rubriken 
an  sich  im  wesentlichen  den  gleichen  Inhalt  darböten.  Aber  audi 
hier  walten  die  größten  Verschiedenheiten  ob.  Manches,  was  in 
Preufsen  z.B.  im  Abschnitt  Allgememe  Lekrverfassung  steht, 
muß  man  in  Baden  unter  der  Rubrik  StatüHk  suchen;   Unter- 


roD  R.  Ullrich.  265 

Stützungen,  Stipendien  usw.  stehen  in  Baden  unter  6«- 
sckichie  der  AnUM,  in  Preufsen  bilden  sie  eine  Rubrik  für 
sieb.  In  Sachsen  trifft  letzteres  wiederum  auf  die  Schulbücher 
zu,  die  in  Preufsen  im  Abschnitt  Allgemeine  Lehrverfassung 
untergebracht  sind  usf.  Wer  die  Jahresberichte  länger  gebraucht 
hat,  gewöhnt  sich  allmählich  daran;  aber  es  kommt  doch  auch 
leicht  vor,  daß  von  dem  Suchenden  unter  diesen  Umständen 
manches  übersehen  wird.  Wer  möchte  nicht  wünschen,  daß  un- 
beschadet aller  Verschiedenheiten  im  einzelnen,  in  denen  die  be^ 
sonderen  Verhältnisse  und  langjährigen  Gewohnheiten  der  Ange- 
hörigen der  verschiedenen  Staaten  zum  Ausdruck  kommen  mögen, 
im  ganzen  eine  größere  Gleichmäßigkeit  herrschte!  Ich  glaube 
indessen,  daß  zur  Erreichung  einer  solchen  wohl  wenig  Aussicht 
ist  Die  Berichte  der  einzelnen  Staaten  haben  sich,  wie  die  Bei- 
spiele aus  verschiedenen  Perioden  in  der  Tabelle  (hinter  S.  160) 
aufs  deutlichste  zeigen,  in  bezug  auf  die  Reihenfolge  einander 
niemals  anzunähern  versucht;  jeder  Staat  hat  sich  bei  seinen 
Neuordnungen  des  Inhalts  der  Jahresberichte  immer  möglichst  an 
die  eigenen  älteren  Ordnungen  angeschlossen,  ohne  auf  die  der 
anderen  Staaten  irgend  Röcksicht  zu  nehmen;  das  Festhalten  an 
der  eigenen,  an  sich  wohl  berechtigten  Überlieferung  hat  sich  als 
stärker  erwiesen.  Der  geeignetste  Moment,  einen  gewissen  Aus- 
gleich wenigstens  unter  den  deutschen  Bundesstaaten  in  dieser 
Hinsicht  herbeizuführen,  wäre  die  Neuordnung  des  Tauschverkehrs 
im  Jahre  1875  gewesen;  man  hat  ihn  aber  vorübergehen  lassen. 
So  wird  man  sich  damit  leider  wohl  abfinden  müssen  und  kann 
nur  mit  einem  gewissen  Neide  auf  die  einheitlichen  Verhält- 
nisse des  Nachbarstaates  Osterreich  in  dieser  Hinsicht  blicken, 
dessen  Berichte,  man  mag  einen  aus  Böhmen  oder  Galizien  oder 
woher  sonst  immer  vornehmen,  bei  manchen  kleinen  Abweichungen 
innerhalb  der  festen  elf  Rubriken  eine  unmittelbare  Vergleichung 
Schritt  für  Schritt  gestatten  und  eine  Verwertung  im  ganzen 
ungemein  erleichtern. 

Sehr  lehrreich  ist  ferner  eine  Betrachtung  der  Form,  in 
welcher  die  Hunderte  von  Berichterstattern  sich  ihrer  jährlichen 
Pflicht  entledigen.  Man  könnte  wirklich  eine  ganz  interessante, 
durch  viele  individuelle  Züge  belebte  Abhandlung  über  dies 
Kapitel  schreiben;  so  überaus  verschieden  ist  der  Ton,  der  an- 
geschlagen, die  Behandlung,  die  denselben  Gegenständen  in  dem- 
selben Lande  oder  in  derselben  Provinz  widerfahrt,  die  ganze  Art 
überhaupt,  wie  die  Verfasser  ihre  Aufgabe  auffassen  und  durch- 
führen. An  sich  ist  das  erfreulich.  Je  individueller  innerhalb 
des  einmal  vorgeschriebenen  Rahmens  die  Sachen  in  der  Form 
behandelt  werden,  um  s6  besser  ist  es.  Und  zahlreiche  lebendig, 
anschaulich,  z.  T.  packend  geschriebene  und  den  Leser  festhaltende 
Berichte,  denen  man  die  ganze  Freude  ihrer  Verfasser  nach- 
empfindet,   zeichnen  sich  vorteilhaft   vor   ebenso   vielen  Schema- 


266  Pro^rammwesea  und  Programmbibliothek  d.  hob.  Scbulen, 

tischen,  Wichtiges  und  Unwichtiges  trocken  nebeneinander 
stellenden  aus.  Natörlich  sind  solche  Dinge  ja  Ton  dem  Inhalt 
des  gerade  zu  Berichtenden  sehr  abhängig;  und  das  eigentlicfa 
„Lesbare"  und  Fesselnde  wird  wohl  im  wesentlichen  auf  den  Ab* 
schnitt  Chronik  beschränkt  bleiben;  auch  in  den  meist  am  Sclüosse 
stehenden  Mitteilungen  an  die  BUem  usf.  kann  Gelegenheit  dazu 
sein»  Wichtiges  auch  in  treffender  Form  zu  sagen.  Aber  von 
alledem  abgesehen  treten  auch  Verschiedenheiten  hervor,  die  man 
lieber  nicht  bemerken  möchte.  Hat  man,  wie  der  Verfasser  dieser 
Arbeit,  im  Laufe  der  Jahre  einige  Tausende  von  Berichten  aus 
verschiedenen  Staaten  durchblättert,  viele  Hunderte  aufmerksam 
gelesen,  so  drängen  sich  manche  unangenehme  Wahrnehmungen 
auf.  Das  rhetorische  Element,  die  Kunst  oder  vielmehr  der  MiB- 
brauch,  Worte  zu  machen,  die  Phrase  tritt  nicht  selten  unan- 
genehm hervor.  Manche  Berichterstatter  haben  es  zu  einem  ge- 
wissen System  ausgebildet,  all  und  jedem  womöglich  nur  Freund- 
liches zu  sagen.  So  sieht  man  —  um  nur  einiges  zu  erwähnen, 
was  mir  besonders  aufgefallen  ist  —  da  und  dort  den  Probandus, 
der  zu  seiner  Ausbildung  einer  Anstalt  überwiesen  worden  ist, 
ungefähr  mit  denselben  Worten  verabschiedet  wie  einen  hoch- 
verdienten Professor,  der  einige  Jahrzehnte  seine  Kräfte  in  ihren 
Dienst  gestellt  hat.  Die  unbedeutendsten  Geschenke,  oft  reine 
Danaergeschenke,  werden  nicht  selten  mit  ebenso  dankbarem 
Herzen  registriert  wie  die  tatsächlich  fördernden,  der  Anstalt  zu 
wirklichem  Segen  gereichenden  Gaben.  Haßnahmen  von  Behörden, 
staatlichen  oder  städtischen,  sie  mögen  noch  so  einfach  und 
selbstverständlich  sein  und  sich  in  keiner  Weise  über  das  MaB 
des  einfach  Notwendigen  erheben,  werden  mit  einer  Devotion 
vermerkt,  die  an  Kriecherei  grenzt  und  etwas  Unwürdiges  an  sich 
hat.  Solche  Erscheinungen  machen  schon  den,  der  den  Verhält- 
nissen der  betr.  Schule  ferner  steht,  mlfitrauisch  gegen  die  Treue 
des  Berichts;  kennt  er  sie  aber  zufällig  näher  und  findet,  daB 
das,  was  da  gedruckt  steht,  den  tatsächlichen  Verhältnissen  nidit 
gerecht  wird,  so  wendet  er  sich  unwillig  ah.  Takt  ist,  das  sieht 
man  auch  hier,  nicht  jedermanns  Sache,  und  manche  Bericht- 
erstatter haben  den  Maßstab  für  das,  was  wichtig  ist  und  der 
Hervorhebung  bedarf  —  eigentlich  gehört  das  doch  zum  Hand- 
werkszeug des  rechten  Schulmeisters  — ,  völlig  verloren.  Dem- 
gegenüber tritt  wieder  an  anderer  Stelle  eine  in  echt  männlichem 
Freimut  geliandhabte  Berichterstattung  hervor,  die,  ohne  sich  im 
Ton  oder  in  der  schuldigen  Röcksicht  auf  Personen  oder  Sachen 
etwas  zu  vergeben,  doch  die  Dinge  beim  rechten  Namen  nennt, 
nicht  bloß  das  Erfreuliche,  sondern  auch  das  Mangelhafte  sachlich 
hervorhebt,  überhaupt  jedem  das  Seine  gibt.  Interessant  zu 
schreiben  ist  nicht  jedem  gegeben;  auch  nicht  in  jedem  Jahre 
wird  es  durch  den  Stoff,  der  gerade  vorliegt,  begünstigt.  Wohl 
aber    kann  Sachlichkeit    von    jedem  Berichterstatter    gefordert 


von  R.  IJUriefa.  267 

werden.  Sie  scheint  mir  geradezu  das  Wesen  der  Einrichtung 
zu  sein,  ohne  die  sie  weder  in  Gegenwart  noch  in  Zukunft  ihren 
Zweck  erfüllt.  Hag  der  Bericht  trocken,  nüchtern  oder  —  wie  er 
manchem  durch  pikantere  Lektüre  verwöhnten  Leser  erscheinen  mag 

—  meinetwegen  langweilig  sein,  wenn  er  nur  wahr,  gerecht, 
sachlich  ist,  dann  werden  ihn  die  Besseren  dennoch  zu 
würdigen  wissen. 

Hieraus  ergibt  sich  das,  was  m.  E.  von  den  Hitteilungen  tat* 
adchlicher  Art  im  einzelnen,  soweit  sie  für  die  oben  (S.  236 — 
257)  bezeichneten  Zwecke  notwendig  oder  nützlich  erscheinen, 
gefordert  werden  muß:  Zuverlässigkeit  und  Genauigkeit, 
auch  im  kleinen  und  kleinsten«  Für  den  Augenblick  mag  es 
manchem,  auch  dem,  der  im  allgemeinen  an  sich  hohe  Anforde- 
rungen in  dieser  Beziehung  zu  stellen  pflegt,  unwesentlich  er- 
scheinen, ob  dieser  oder  jener  Name,  einer  Person,  eines  Buches, 
ein  Datum  usf.  richtig  gedruckt  ist  oder  nicht,  ob  eine  Abkürzung 
deutlich  ist,  das  Resultat  einer  Addition  stimmt,  ein  Durchschnitt 
richtig  gezogen,  auch  gerade  hier  kein  Druckfehler  stehen  ge- 
blieben ist.  Der  Leser  der  Gegenwart  kennt  doch  die  Dinge, 
und  im  Grunde  ist  ja  vieles  von  dem,  was  verlangt  wird,  so 
herzlich  gleichgiltig,  die  Statistik  z.  B.  (!),  daß  es  wirklich  nicht 
lohnt,  darauf  besondere  Mühe  zu  verwenden!  Es  wird  nur  zu 
oft  vergessen,  daß  diese  Jahresberichte  dauernden  Wert  haben, 
freilich  nur  dann,  wenn  sie  auch  in  solchen  Dingen  gewissenhalt 
bebandelt  worden  sind*  Was  der  heutige  Leser  an  Fehlern  still- 
schweigend verbessert,  wofern  er  die  Verhältnisse  kennt  —  was 
auch  nicht  einmal  immer  der  Fall  ist — ,  macht  einige  Jahre  oder 
Jahrzehnte  später  dem  Benutzer   —    und   es  gibt  deren  wirklich 

—  rechte  Pein.  Er  müßte  sich,  wozu  er  immer  die  Be- 
richte benutzen  mag,  auch  auf  die  Richtigkeit  der  Einzelheiten 
unbedingt  verlassen  können.  Der  Wert  der  ganzen  Einrichtung 
wird  erheblich  beeinträchtigt,  wenn  die  Berichte  nicht  fehlerfrei 
sind.  Und  das  sind  verhältnismäßig  wenige  heute.  Manche 
wimmeln  geradezu  von  Fehlern  schlimmster  Art,  die  oft  nicht 
einmal  bloße  Druckfehler  sind,  (ch  werde  poch  an  anderer  Stelle 
Gelegenheit  haben,  darauf  zurückzukommen,  und  möchte  hier  nur 
ausdrücklich  betonen,  wie  wichtig  es  ist,  daß  wie  in  anderen 
Fällen  —  in  denen  es  den  betr.  Berichterstattern  gewiß  ganz 
selbstverständlich  erschiene  — ,  so  auch  hier  die  Richtigkeit 
genau  beachtet  und  kontrolliert  wird. 

Ich  glaube  nicht,  daß  diese  Anforderung  bei  einer  Druck- 
schrift von  20 — 30 J  Seiten  Umfang  eine  besonders  hohe  ist. 
Daß  sie  manchmal  so  wenig  erfüllt  wird,  liegt  wohl  meist  daran, 
daß  die  Abfassung  der  Hauptleile  des  Berichtes  von  den  be- 
teiligten Instanzen  zu  lange  hinausgeschoben  wird,  bis  in  die 
Zeit  der  Prüfungen,  des  Semesterscblusses  hinein,  was  ja  denn 
9uch    die   oben  (S.  217)    beklagte    chronische   Verspätung   vieler 


2^5  Pi'<*9r*in<nwe8eD   ond  Pr^grannbibliothek  d.  hSh.  Scholen, 

Berichte  im  Tauschverkehr  zur  unerwünschten  Folge  hat.  Es 
läßt  sich  das  doch  ändern,  um  so  leichter,  als  ja  wohl  wenige 
Direktoren  den  ganzen  Bericht  eigenhändig  von  Anfang  bis  zu 
Ende  abfassen.  Der  Rahmen  des  Lehrplans  z.  B.  steht  im  ganzen 
fest;  die  betr.  Lehrer  haben  nur  nötig,  in  das  ausgelegte,  ev. 
durchschossene  Exemplar  des  vorhergehenden  Jahres  die  nötigen 
Veränderungen  einzutragen;  die  Übersicht  über  die  gebrauchten 
Lehrbücher  ist  meist  unverändert  abzudrucken.  Die  Vermehrungs- 
liste der  einzelnen  Sammlungen  reichen  die  betr.  Verwalter  wohl- 
geordnet und  druckfertig  ein,  ebenso  die  Verwalter  der  etwa  be- 
stehenden Kassen  die  ihrigen;  auch  die  Siatisttk  pflegt  ein  ge- 
fälliger Kollege  zu  machen,  gewöhnlich  ein  Mathematiker.  Für  fast 
all  dies  stehen  die  Grundlagen  ein  für  allemal  fest,  es  gilt  nur 
Eintragung  der  Änderungen.  Dem  Direktor  selbst  bleibt 
in  der  Hauptsache  noch  die  Abfassung  der  Obersicht  über  die 
Verfügungen  der  Behörden,  die  Chrw^  und  die  Müteäungen  an 
die  EUem  usf.  Die  Korrektur  ist  von  den  Verfassern  der  betr. 
Abschnitte  zu  lesen,  die  Revision  des  Ganzen  endlich  von  dem 
verantwortlichen  Hauptberichterstatter  vorzunehmen.  Greifen  so 
alle  lostanzen,  von  deren  jeder  natfiriich  von  vornherein  Zu- 
verlässigkeit ihrer  Angaben  erwartet  werden  muß,  zweckmäßig 
ineinander,  so  darf  man  erwarten,  daß  ein  richtiges  und  kor- 
rektes Produkt  herauskommt,  auf  das  auch  andere  sich  ver- 
lassen können. 

Nach  dieser  Erörterung  der  mehr  allgemeinen  Gesichtspunkte, 
die  mir  fQr  die  künftige  Gestaltung  des  Inhalts  und  der  Form 
der  Jahresberichte  wichtig  oder  notwendig  erscheinen,  wende  ich 
mich  nun  zu  den  Einzelheiten. 

b)  AassestaltoDg  in  eiozolneo. 

Umfang,  Inhalt  und  Reihenfolge  der  Jahresberichte 
in  den  verschiedenen  am  Tauschverkehr  teilnehmenden  Staaten 
ist,  wie  die  Tabelk  (hinter  S.  160)  anschaulich  macht  und  im 
vorigen  Abschnitt  schon  fOr  einige  Punkte  hervorgehoben  wurde, 
recht  verschieden.  Völlige  oder  auch  nur  annähernde  Ober- 
einstimmung zu  erzielen  ist  unmöglich,  vielfach  auch  nicht 
wünschenswert.  Die  folgenden  Bemerkungen  wollen  nur  einen 
vielleicht  nützlichen  Beitrag  zu  der  Frage  liefern,  inwieweit  ins- 
besondere der  Inhalt  der  einzelnen,  seit  langem  eine  feste 
Stellung  in  den  meisten  Jahresberichten  zumal  der  Staaten  des 
Deutschen  Reiches  einnehmenden  Rubriken  im  Interesse  allge- 
meinerer Nutzbarmachung  eine  gewisse  Annäherung  erfahren 
kann,  soweit  die  verschiedene  Entwicklung  in  den  einzelnen 
Staaten  es  irgfind  zuläßt.  Es  soll  weiter  erwogen  werden,  ob 
und  welche  Teile,  die  z.  B.  in  fast  allen  norddeutschen 
und  österreichischen  Berichten  stehen,  in  den  süddeutschen 
aber  z.  T.    völlig  fehlen,    aus   gleicher  Rücksieht    vielleicht   auch 


▼  da  ft.  üllriiSh.  2B$ 

diesen  zugänglich  gemacht  werden  könnten.  Hierbei  wird  es 
sich  nur  um  das  Wesentliche,  m.  E.  wirklich  Fördernde  handeln; 
alles  andere,  manchmal  an  sich  nicht  Uninteressante,  aber  für 
die  Verwertung  der  Jahresberichte  im  ganzen  doch  Unerheblichere 
übergehe  ich  schon  im  Interesse  möglichster  Kürze  des  Abschnitts 
und  der  Erhaltung  einer  gewissen  Übersichtlichkeit.  Die  oben 
(S.  150 — 166)  gegebene  Übersicht  der  Entwicklung  wie 
der  tatsächlichen  Verhältnisse  ist  durchweg  zu  ver- 
gleichen; sie  wird  hier  als  bekannt  vorausgesetzt. 

Für  die  Ausfährung  scheint  es  mir  am  praktischsten,  das 
preufsische  Schema  von  1885  (s.  o.  Tabelle  —  hinter 
S.  160  —  Nr.  III) ^)  zugrunde  zu  legen^)  und  die  ent- 
sprechenden Verhaltnisse  der  wichtigsten  anderen,  Besonderes 
und  Eigenartiges  bietenden  Staaten*)  an  geeigneter  Stelle  zu  be- 
sprechen. Daß  es  sich  hierbei  nicht  bloß  um  Verbesserungen  in 
Gestalt  von  Zusätzen,  sondern  auch  von  Streichungen  zu 
handeln  haben  wird,  ist  nach  den  früheren  Ausführungen  selbst- 
verständlich. 

I.    Allgemeine  Lehrverfassung. 

])  Lehrgegenstäode  ood  ihre  Stundenzahl  in  den  einzelnen 

Klassen  (Tabelle). 

Diese  Übersicht,  die  in  den  Berichten  Preufsens,  der 
meisten  anderen  norddeutschen  Staaten,  auch  Elsafs- 
Lothringens  ihre  feste  Stelle  hat,  ist  zweckmäßig  und  trotz 
der  im  Druck  erschienenen  amtlichen  Lehrpläne  nicht  so  ent- 
behrlich, wie  man  wohl  gemeint  hat^).  Letzteres  träfe  nur  dann 
zu,  wenn  die  Berichte  ausschließlich  für  den  engeren  Kreis  der 
einen  Schule  bestimmt  wären,  und  selbst  hier  schon  mit  Rück- 
sicht auf  das  oben  (S.  287)  über  die  Benutzung  der  amtlichen 
Lehr  plane  durch  das  Publikum  Bemerkte  nur  unter  Vorbehalt. 
Da  aber  ferner  in  der  Gestaltung  dieser  Lehrpläne  im  einzelnen, 
auch  was  Stundenzahl  und  -Verteilung  auf  die  einzelnen  Klassen 
betrifft,  schon  innerhalb  Preußens  manche  Verschiedenheiten 
bestehen   und   in  Zukunft,    besonders   auf   der  Oberstufe,    wohl 


1)  Vgl.  aaeh  ff^iege- Kubier  a.  a.  0.  I  S.  376—379;  Beter  a.  a.  O. 
S.  267—271. 

>)  Hierbei  wird  aach,  soweit  nötig,  der  znstimmenden  oder  ab- 
weichenden Bemerkaogen  zu  gedenken  sein,  die  von  Schalmäooern  za  dea 
einzelnen  Rnbriken  gemacht  worden  sind.  In  Betracht  kommeo  hier  be- 
sonders drei  Arbeiten,  die  des  ungenannten  Verfassers  (J.  S.)  in  den 
Grensöotm  von  1901,  1  {BibL  AbL  4,  Nr.  123),  die  von  H.  Müller  (Nr.  127) 
und  von  F.  Pietzker  (Nr.  135). 

>)  Für  diese  sind  wiederum  die  Nrn.  Vf,  IX,  XII,  XV  und  XVII  der 
Tabelle  zu  vergleichen. 

*)  Vgl.  J.  S.  (a.  a.  0.  S.  341),  H.  Müller  (a.  a.  0.  S.  9),  F.  Pietzker 
(a.  a.  0.  S.  411f.). 


270  Pro^raminwesen  aod  Pro^rammbililiotliek  d.  koh.  Sehalei, 

Doch  mehr  sich  gellend  machen  werden,  ist  der  jährliche  Ab- 
druck durchaus  erwöoscht.  Hinzuweisen  ist  ferner  auf  die  nnn 
schon  erhebliche  Zahl  von  Reformschulen^),  besonders  Frank- 
furter Systems,  deren  Lehrverfassung  bisher  in  den  preußischen 
Lehrplänen  (von  1901)  nicht  vertreten  ist').  Auch  der  Wechsel 
der  Anstalt,  zu  dem  z.  B.  viele  Beamte,  Offiziere  usf.  in  besag 
auf  ihre  Kinder  so  häufig  genötigt  sind,  ist  zu  beachten.  Endlich 
kann  es  den  verschiedenen  oben  (S.  246f!.)  genannten  weiteren 
Interessenkreisen  der  Organisation  der  höheren  Schulen,  besonders 
soweit  es  sich  um  verschiedene  Staaten  handelt,  nur  erwünscht 
sein,  von  dieser  überhaupt  und  auch,  was  ich  besonders  hervor- 
heben möchte,  dem  neusten  Stande  der  Entwicklung  bei  den 
einzelnen  Schulen  auf  dem  einfachsten  Wege  des  Tauschverkehrs 
jährlich  Kenntnis  zu  erhalten.  Es  dürfte  wohl  z.  B.  nicht  jeder 
eiuzelne  Lehrer,  der  aber  eine  bestimmte  Frage  6es  Lehrplans 
an  bestimmten  Orten  Aufklärung  verlangt,  geneigt  sein,  sich  die 
amtlichen,  auch  Erläuterungen  enthaltenden  Lehrpläne  einer  Mehr- 
zahl von  Staaten*)  zu  kaufen.  Recht  wönschenswert-wäre  es, 
wenn  auch  den  süddeutschen  und  österreichischen  Be- 
richten eine  derartige  knappe,  nur  die  Stundenzahl  jedes  Lehr- 
gegenstandes mit  der  Verteilung  auf  die  einzelnen  Klassen  in 
Tabellenform  vorausgeschickt  würde — was  bisher  nicht  geschieht. 

2)   Tabellarische  Obersicht  über  die  Verteilan^  der  Lehr- 
st an  deo  aafdie  eiozeloeo  Lehrer,  mitAngabe  der  OrdiDariate. 

Daß  sie  in  Tabellenform  (Norddeutschland,  Baden, 
früher   auch  Osterreich,    vgl.  Tabelle   hinter  S.  160,   Nr.  XIII) 

^)  Über  ihre  Eotwickloog  ood  ihren  Stand  vgl.  H.  Hoffschalte  ia 
des  Ja/ireib.  d.  R.  t.  E.  »  Münster  ]9U4ff.,  zaletzt  1907  S.  15;  danach 
hat  sich  ihre  Zahl  von  75  (Ostern  1904)  bis  anf  116  (Ostern  1907)  ver- 
mehrt Weitaas  der  gröflte  Anteil  kommt  aaf  Prenfsen,  wo  sie  s.Z. 
schon  fast  ein  Sechstel  der  Gesamtzahl  höherer  Schalen  ansmaehen. 

')  Diese  enthalten  (S.  7)  nor  die  Bemerkang:  „Die  fiinriehtiing  tob 
Schalen  nach  den  besonderen  Altonaer  oder  Frankfurter  LehrpIMnen  bedarf 
der  ministeriellen  Genehmigung^^  Da  die  Neugrändong  derartiger  Schalen 
and  die  ÜmwaDdluag  älterer  in  solche  mit  Reformlehrplan  gerade  in  Preußen 
besonders  begünstigt  vvorden  i«t,  wäre  es  erwänscht,  wenn  bei  einen  I*len- 
druck  der  amtlichen  Lehrpläne  hinter  S.  6  die  (Ibersichteo  der  verschiedenen 
Reformlehrpläne  eingenigt  würden. 

*)  Vor  korcem  hat  fi.  Hörn  (vgl.  o.  S.  8  Aom.  4)  eine  noch  das  Aas* 
Und  umfassende  Gesamtübersicht  der  Lehrpläne  gegeben  in  dem  ßoche 
D(u  höhere  Schulwesen  der  Staaten  Europas.  Eine  ZusamtnensieUung'  der 
Lehrpläne,  Berlin  1906,  Trowitzsch  a.  Sohn,  VIII,  201  S.,  6  JC.,  geb.  9  JC., 
auf  welches  die  Lehrerbibliotheken  der  höheren  Schalen  hierdorch 
hingewieseo  werden  mSgen.  Leider  nar  sn  richtig  ist  die  Notis  (S.  51: 
„Die  Schoien  kennen  einander  nieht^*;  überhaupt  enthält  die  Vorrede 
eine  Reihe  sehr  beachtenswerter  Bemerkangen,  die  sich  vor  allem  «of  die 
Herbeiführung  engerer  Beziehungen  zwischen  den  maßgebenden  InaUnseo 
des  Unterrichtswesens  der  verschiedenen  Länder  beziehen.  So  konntea 
Pablikationeo  in  die  Wege  geleitet  werden,  die  jeden  Intereaaenten  aber 
alles  Neue,  was  in  der  Organisatioa  des  Scholweseos  hervortritt,  z  vsaamea- 
hängend  und  dauernd  unterrichteten. 


roD  R.  Ullrich.  271 

am    iweckmäßigstea    ist,    bedarf  keiner    Begründang.     Zwar   i»t 
auch  aus  dem  Abschnitt  1  3    der  Stand   der  Sache  zu  ermitteln, 
aber    dodi    erst    durch   Zusammensuchen    der    an   verschiedenen 
Stellen    zerstreuten     Angaben.       £ine    VVegiassung     der    eine 
schnelle  Übersicht    bietenden  Tabelle,    etwa    aus   Gründen  der 
Sparsamkeit,    scheint    mir    darum    nicht    empfehlenswert.    Auch 
muß  .sie,    was    nicht    äberaii    geschieht,    für    Sommer-    und 
Winterhalbjahr  gesondert  gegeben  werden,  falls  die  Stunden- 
verteilung   nicht   TöUig    die    gleiche  geblieben  ist.     Die  Obersicht 
dient    übrigens    nicht    bloß    der    Befriedigung    der    Neugierde 
(ist    es    nicht    oft    doch    mehr    als    dies?),     damit    Kollege    A. 
in  X.  erfahre,    welche  Stunden  Kollege  B.    in  Z.  erteilt,   sondern 
sie    ist    sachlich    wohl    berechtigt.       Der    Grad,     in    welchem 
sich    der  engste  Kreis    der   einen  Schule,    besonders  Eltern  und 
Schüler,   dafür   interessiert,   mag    an    verschiedenen   Orten    ver* 
schieden    sein,    wie   in    anderen   Dingen   auch*     Der    Wert    des 
einzelnen  Jahresberichtes  ist  in  dieser  Beziehung  überhaupt  für 
mich    nicht   ausschlaggebend.     Wichtig  scheint    mir  dagegen  der 
Umstand,    daß    bei  Benutzung   von  drei,   vier   und  mehr  aufein- 
anderfolgenden   Jahresberichten   jeder    Leser,    auch    jede    Be- 
hörde, nicht  bloß  der  angehende  Direktor,  aus  der  schlichten 
Tabelle   einen   Einblick    in    die   Methode    der    Stundenver- 
teilung erhält*     Es  bedarf  wohl  kaum  des  Nachweises,  daß  diese 
für  Lefhrer  und  Schüler  recht  wichtig  ist,  daß  die  Art,  wie  jeder 
Direktor  sie  im  Laufe  der  Jahre  handhabt,  nach  Haßgabe  der  ihm 
zur  Verfügung  stehenden  Lehrkräfte,   ihres  Dienstalters  und  ihrer 
Befähigung    (worunter   ich    nicht   bloß    die    offizielle    „Facultas'* 
verstehe)    einen    gewissen    Maßslab    auch   für    seine    organisato- 
rische   Befähigung   abgibt,    einmal    die    notwendige    Stetigkeit 
des  Unterrichts    herzustellen    und    zu    schnellen  Wechsel  zu 
vermeiden,    andererseits    aber    auch    in   angemessenen  Zwischen- 
räumen seinen  Lehrern    neue  Aufgaben    zu  stellen    und 
so  ihre  Fähigkeiten  im  Dienste  der  Schule  möglichst  zu  ent- 
wickeln, Einrosten,  Stagnation  in  diesem  oder  jenem  Fache  und 
in  den  verschiedenen  Klassen  zu  verhindern.     Der  erste  Gesichts- 
punkt dürfte  bei  neuen,  schnell   wachsenden  Anstalten  besonders 
zu  beachten  sein,  der  andere  mehr  bei  den  vollständigen  und  den 
älteren  überhaupt,  deren  Lehrpersonal  in  seiner  Zusammensetzung 
abgesehen    von   den    natürlichsten  Gründen    eines    Wechsels    im 
allgemeinen    konstanter   bleibt.      Wer   eine    Reihe    aufeinander- 
folgender Jahrgänge    von   Jahresberichten   derselben    Schule    auf- 
merksam liest,  wird  in  beiden  Beziehungen  manches  anzumerken 
finden,    besonders    wenn    er  Personen    und  Verhältnisse  genauer 
kennt.    Auf  einige    mir   wesentlich  erscheinende  Punkte    —    in 
gleicher  Weise  für  Schüler  und  Lehrer  —  möchte  ich  hier  hin- 
weisen.    Die  Anstalten    „i.  E.'',    deren  wir   jetzt  so  viele  haben, 
setzen   ihr  Kollegium    aus    naheliegenden   Gründen    vorzugsweise 


272  Pi'^ffP'iBnweseB  und  Progratamibibliothek  d.  höh.  Seholea, 

aus  ganz  jungen  Lehrern  zusammen;  in  den  Annoncen  ?oii  G«^ 
meindebehörden  werden  „Probandeu,  auch  jüngere  Oberlehrer* 
zur  Bewerbung  aufgefordert,  gewählt,  auch  meist  bestätigt.  Sie 
rücken  dann  sehr  schnell  von  Klasse  zu  Klasse  auf,  oft  sogar 
in  mehreren  Fächern,  ohne  —  wie  natürlich  —  recht  Zeit  zo 
haben,  sich  in  so  mannigfaltige  Aufgaben  wirklich  zu  vertiefen, 
oder  Gelegenheit  zu  erhalten,  denselben  Stoff  und  ihr  eigenes, 
fortschreitendes  Können  auch  mehrere  Male  hintereinander  an 
verschiedenen  Generationen  zu  erproben.  Sehr  begabten  Naturen 
schadet  das  nichts;  im  Gegenteil.  Aber  es  gelangen  auf  diese 
Weise  doch  auch  manche  mäßig  Begabte  viel  zu  schnell  in  die 
oberen  Klassen  und  in  die  Prüfungskommission  in  einem  Alter, 
in  dem  gleichaltrige  Kollegen  an  anderen  Anstalten  noch  tief 
unten  sitzen,  und  es  wird  von  ihnen  erwartet,  Schuler  zu  bilden, 
die  sich  schon  im  Jünglingsalter  beGnden  und  zu  ihrer  allseitigen 
Erziehung  doch  gereifterer  Kräfte  bedürfen.  Die  weitere  Folge 
ist,  daß  solche  Anstalten,  wenn  sie  vollständig  sind,  ein  Kollegium 
haben,  dessen  erste  Mitglieder  oft  nur  wenige  Jahre  älter  sind 
als  die  letzten;  diesen  fehlt  die  so  notwendige  Anlehnung  an 
Kollegen  von  reicherer,  umfassenderer  Erfahrung,  und  im  Laufe 
der  Jahre  tritt  dann  (da  frische  Kräfte  nun  seltener  hineinkommen 
und  der  Abgang  sich  meist  nur  durch  Tod  oder  Pensionierung 
regelt)  insofern  eine  gewisse  Stagnation  ein,  als  der  meiste  Unterricht, 
besonders  der  in  den  oberen  Klassen,  in  „festen  Händen^*  der 
Dienstältesten  zu  sein  pflegt  und  den  oft  nur  wenige  Jahre  jüngeren 
Kollegen  die  Möglichkeit  wenigstens  allmählicher  Entwicklung  ihrer 
Kräfte,  die  auch  an  schwierigeren  Aufgaben  sich  versuchen  wollen, 
zu  lange  verschlossen  bleibt  und  sich  ihnen  oft  erst  dann  bietet, 
wenn  sie  selber  zu  den  „Alten^*  gehören.  Jeder  Staat  hat  bei 
den  von  ihm  ausschließlich  erhaltenen  Anstalten  ja  leichter  Mittel, 
solche  offenbaren  Mißstände  zu  verhüten,  und  tut  es  auch.  Aber 
auch  Gemeindebehörden,  in  denen  finanzpolitische  Rücksichten 
bei  der  ersten  Zusammensetzung  des  Kollegiums  manchmal  viel- 
leicht eine  zu  einseilige  Rolle  spielen,  sollten  den  genannten  doch 
recht  eigentlich  gerade  im  Interesse  der  Erziehung  und  des  Unter- 
richts liegenden  Momenten  ihre  volle  Aufmerksamkeit  zuwenden. 
Das  kann  zunächst  dadurch  geschehen,  daß  bei  den  ersten  Be- 
rufungen mehr  Wert  auf  die  Gewinnung  auch  älterer,  schon  länger 
bewährter  Lehrer  gelegt  wird,  die  manchmal  von  älteren  Anstalten, 
in  denen  sie  sich  gerade  befinden,  aber  nach  Lage  der  Dinge 
nicht  ausreichende  Betätigung  ihrer  Kräfte  findeu,  gern  an 
jüngere  übergingen,  wenn  eben  hier  nicht  die  Rücksicht  auf 
jüngere  Lehrer  zu  einseitig  vorwaltete.  Die  Sache  scheint  mir 
wichtig  genug,  um  auch  die  Aufsichtsbehörde  häufiger,  als  ^  zu 
geschehen  pflegt,  zum  Eingreifen  zu  veranlassen.  Ein  anderes, 
schon  oben  —  S.  288  A.  1  der  Sonderausgabe  —  in  anderen 
Zusammenhange   angedeutetes  Mittel    der   Abhilfe    liegt   aber   in 


voa  ti.  Ullrick.  273 

einem  planmäßigeren  Wechsel  der  Stundenverteilung,  nach 
Klassen  ebensowohl  wie  nach  Fächern.  Sorgfältiges  Studium  der 
Methode  dieser  Stundenverteilungen,  zu  dem  die  Tabellen  der 
Jahresberichte  jedem  so  erwGnschte  und  umfassende  Gelegenheit 
bieten,  lehrt  aber,  dafi  hier  an  noch  recht  vielen  Stellen  Schulern 
und  Lehrern  geholfen  werden  kann.  Zunächst  dadurch,  daß  die 
Lehrer  nicht  5,  10  Jahre  oder  gar  noch  länger  ununterbrochen 
in  derselben  Klasse  belassen  werden,  sondern  2 — 3  Jahre  mit 
ihrem  Zötus  „mitgehen^S  von  Sexta  bis  Qnarta,  von  Untertertia 
bis  Obertertia,  durch  die  beiden  Sekunden,  durch  beide  Primen, 
in  diesem  Fache  auf  der  einen  Stufe,  in  jenem  auf  anderen« 
Das  ist  auch  an  kleinen  Anstalten,  sechsklassigen  Realschulen, 
die  keine  Doppelz6ten  haben,  achtklassigen  Vollanstalten  (mit  un- 
geteilter Prima)  in  der  einen  oder  anderen  Weise  möglich,  wie- 
wohl naturlich  schwieriger  als  an  fünfzehn-  oder  gar  achtzehn- 
klassigen  Schulen,  bei  denen  es  direkt  vorgeschrieben  werden 
sollte.  Es  darf,  meine  ich,  z.  B.  nirgends  vorkommen  (wie  es 
dennoch  geschieht),  daß  ein  wenn  auch  noch  so  tüchtiger  Mathe- 
matiker oder  Lehrer  des  Deutschen  10,  20  Jahre  oder  noch 
länger  die  Prima  oder  den  Sitz  in  der  Prüfungskommission, 
wohin  er  durch  günstige  Umstände  in  jungen  Jahren  gelangt  ist, 
als  seine  dauernde  Domäne  betrachtet,  die  erst  bei  Tod  oder 
Pensionierung  auch  anderen  Händen  anvertraut  werden  könnte; 
den  jüngeren  dazu  „befähigten^*  und  geeigneten  Kollegen  des 
Faches  ist  bei  Zeiten  Gelegenheit  zu  geben,  ebenfalls  dahin  zu 
kommen,  damit  sie  nicht  in  den  unteren  und  mittleren  Regionen 
immer  wieder  dieselben  Dinge  lehren  müssen  (um  einen  nahe- 
liegenderen Ausdruck  zu  vermeiden),  was  sie  doch  auf  die  Dauer 
schwerlich  mit  gleicher  Freude  tun  werden.  Es  scheint  mir  auch 
nicht  gleichgiltig,  daß  solche  Lehrer  nicht  selten  sich  veranlaßt  sehen, 
nur  aus  diesem  Grunde  (in  der  Chronik  der  Jahresberichte  ßnden 
sich  hier  und  da  lehrreiche  Andeutungen  darüber)  einer  Anstalt, 
der  sie  sonst  gern  angehörten,  den  Rücken  zu  kehren.  Auch 
eine  zu  einseitige  Anhäufung  der  sog.  Hauptfächer,  die  naturlich 
den  größten  Einfluß  üben,  äußeren  wie  inneren,  in  derselben 
Hand  besonders  in  den  oberen  Klassen  wäre  zu  vermeiden.  Wer 
z.  B.  jahrelang  nur  Lateinisch  und  Griechisch  an  Gymnasien, 
nur  Französisch  und  Englisch  an  Realanstaiten  unterrichtet,  ver- 
liert, so  erwünscht  ihm  selbst  eine  solche  Konzentration  sein 
mag,  doch  wohl  etwas  den  Maßstab  für  die  Bedeutung  der 
anderen  Fächer,  wird  zu  einseitig  und  leicht  auch  (oft  gewiß  wider 
Willen)  ungerecht  gegen  seine  Schüler,  die  wohl  befähigt  sein  und  im 
ganzen  weit  über  dem  Durchschnitt  stehen  können  (wie  nicht 
ticlten  ihre  umfassende  Betätigung  nach  dem  Abgang  von  der 
Schule  in  frei  gewähltem  Berufe  zeigt),  auch  wenn  sie  im  Ex- 
temporale und  der  Grammatik  es  nie  zu  genügenden  Leistungen 
bringen    konnten.     Gerade   in  dieser  Richtung   wi^d   ja  übrigens 

Ztitsehr.  f.  d.  OTmnMinlwMeiu    LXL    Snpplenentlieft  iS 


^^  Programmwesen  ood  Proi^raiiiiibibliotliek  d.  höh.  Sclialeo, 

die  schon  mehrfach  erwähnte  „freiere  Geslaitung  des  Unterridits 
auf  der  Oberstufe*'  noch  manchen  schönen,  ausgleichenden  Beruf 
zu  erfüllen  haben.  Daß  es  in  jedem  Stande  auch  tardae  naturae 
gibt,  die  einen  Wechsel  ihrer  Tätigkeit^  in  der  sie  es  sich  beqaem 
gemacht  haben«  gar  nicht  wollen,  weifi  ich  natörlich;  soweit 
aber  Unterricht  an  höheren  Schulen  in  Betracht  kommt,  sollte 
das  kein  Anlafi  sein,  denen,  die  anders  denken,  die  Möglichkeit 
umfassenderer  Arbeit,  nach  der  sie  verlangen,  zu  TerkQmmem. 
An  nicht  wenigen.  Schulen  wird  schon  jetzt  in  der  angedeuteten 
Richtung  verfahren,  an  manchen  sogar  schon  zu  planmäfiig,  wie 
das  bei  neuen  Organisationen,  für  die  sich  jemand  begeistert, 
wohl  zu  geschehen  pflegt;  denn  es  kommen  hier  naturlich  auch 
manche  Imponderabilien  in  Betracht,  nicht  bloß  äußerer  Art. 
Grundsätzlich  aber  sollte  ein  derartiger  Ausgleich  zwischen 
alt  und  jung,  Ober-  und  Unterklassen,  Haupt-  und  Nebenßchern 
überall  selbstverständlich  sein  oder,  wo  er  es  noch  nicht  ist,  doch 
werden.    Die  Schule  im  ganzen  kann  dadurch  nur  gewinnen. 

Diese  auf  Grund  zahlreicher  Jahresberichte  in  Verbindung 
mit  den  Alterslisten  des  Kunzekalenders  ^)  angestellten  Beob- 
achtungen wären  ohne  beide  Hilfsmittel  unmöglich  gewesen.  Es 
wird  gut  sein,  an  beiden  festzuhalten.  Einige  kleine  Ver- 
besserungen der  Lehrertabelie  wären  aber  vielleicht  zu  er- 
wägen. So  ist  es  z.  B.  hier  und  da  Brauch  geworden,  nur  die 
Namen  der  Kollegen  anzuführen  (wie  in  den  Akademien)  ohne 
Bezeichnung  des  Titels,  Amtscharakters  usf.  So  gut 
die  naheliegende  Absicht  dabei  sein  mag,  ich  vermag  sie  doch  im 
allgemeinen  nirJit  zu  billigen.  Der  amtliche  Charakter  muß 
in  diesem  von  Amts  wegen  herausgegebenen  Dokument  gerade 
an  dieser  Stelle  zum  Ausdruck  kommen.  Recht  wünschenswert 
wäre  es,  wenn  den  Namen  der  Vorname,  ev.  in  verständlicher 
Abkürzung,  beigefugt  würde,  bei  den  Müller,  Schulze,  Schmidt 
die  richtig  zu  drucken  sind),  Lehmann  usw.  mehrere,  ev. 
zweckmäßig  abzukürzende  Vornamen.  Die  Verwalter  der 
einzelnen  Sammlungen  sind,  wie  dies  z.B.  in  Österreich 
regelmäßig,  anderwärts  hin  und  wieder  geschieht,  nicht  bloß  in 
Abschnitt  V,  sondern  auch  in  der  Tabelle  als  solche  zu  kenn- 
zeichnen. In  einer  Reihe  von  Jahresberichten  habe  ich  in  der 
letzten  Spalte  der  Tabelle  die  Zahl  der  Korrekturen  der 
einzelnen    Kollegen    angegeben   gefunden.    Das    ist   für    kundige 

^)  Seine  Verbreitung  laflt  immer  noch  zu  wünschen  übrig,  d.  h.  es 
kennt  ihn  wohl  jeder  and  benutzt  ihn  auch,  aber  es  ist  doch  meist  nur 
ein  Teil  der  Mitf^lieder  jedes  Kollegiums  za  bewegen,  jährlich  für  sich 
ein  Exemplar  zu  erwerben.  Es  sollte  für  jeden  Ehrensache  seio,  die 
kleine  Summe  jedes  Jahr  zu  opfern,  auch  dann,  wenn  er  persönlich  keinea 
besonderen  Nutzen  mehr  von  dem  Erwerb  hat.  Vielleicht  wäre  das  ßoch 
dfliiii  auch  noch  einiger  Verbesserungen  fähig,  besonders  in  statistischer 
Hinsicht.  Der  Verleger  wäre  dafür  gewiß  leichter  zu  gewinnen,  wenn  die 
Zahl  der  Vorbestellungen  größer  würde,  als  sie  es  zor  Zeit  ist. 


ron  tl.  Ullrich.  ÜJ$ 

Leser  ?öllig  überflussig,  für  unkundige  oft  irreführend  und  unter- 
bJeibt  daher  besser.  Unpraktisch,  weil  die  Übersicht  erschwerend, 
ist  es,  die  Tabelle  über  mehr  als  zwei  gegenüberstehende  Seiten 
auszudehnen;  sie  läBt  sich  auch  bei  sehr  großen  Anstalten  be- 
quem auf  zwei  Seilen  geben;  der  Text  ist  dann  quer  und  ev.  in 
Petit  zu  setzen. 

Konnte  so  einer  Beseitigung  oder  Verkürzung^)  der  Ab- 
schnitte 11.2  nicht  das  Wort  geredet  werden,  so  ist  die  letztere 
in  erheblichem  Maße  möglich  bei  Abschnitt 

S)  Erledigte  Lehrstoffe. 

Dieser  Abschnitt  nimmt  in  den  meisten  Jahresberichten  den 
verhältnismäßig  größten  Raum  ein,  etwa  die  Hälfte  des  Ganzen, 
oft  noch  mehr,  z.  B.  bei  Anstalten,  die  in  Abschnitt  III  (Chronik) 
oder  V  (Sammlungen)  nicht  viel  zu  berichten  haben.  An 
sich  ist  das  natürlich;  denn  hier  ist  ja  von  dem  wesentlichsten 
Teile  der  im  Laufe  des  Jahres  erledigten  Arbeit  zu  berichten. 
Da  aber  diese  Arbeit  an  allen  Anstalten  derselben  Organisation 
in  den  Grundzügen  die  gleiche,  durch  die  amtlichen  Anordnungen 
in  der  Hauptsache  festgelegte  ist,  so  ist  mehrfach  vorgeschlagen'), 
z.  T.  auch  schon  in  die  Praxis  umgesetzt  worden  (z.  B.  vielfach 
in  Schlesien),  hier  nur  das  von  den  amtlichen  Lehr- 
plänen an  einzelnen  Anstalten  etwa  Abweichende, 
natürlich  auch  die  ja  vielfachem  Wechsel  unterworfene  Lektüre 
zu  verzeichnen,  im  übrigen  aber  auf  die  amtlichen 
Lehrpläne  zu  verweisen.  Dies  Verlangen  ist  im  allgemeinen 
durchaus  berechtigt;  der  Platz,  der  dadurch  gespart  wird,  ist 
recht  erheblich,  und  die  Kosten  können  an  anderer  Stelle,  be- 
sonders in  den  Abschnitten  HI  und  V  (s.  u.),  nutzbringender 
werden.  Nur  soll  man  auch  hier  vorsichtig  zu  Werke  gehen. 
Das  Laienpublikum  auf  die  amtlichen  Lehrpläne  zu  verweisen, 
hat  aus  verschiedenen  Gründen  (s.  o.  S.  287)  wenig  Zweck.  Es 
muß  für  diesen  Kreis  der  Interessenten  dadurch  Ersatz  ge- 
schaffen werden,  daß  möglichst  bald  alle  Anstalten  ihre  Spezial- 
lehrpläne,  im  ganzen  oder  für  einzelne  Fächer,  gesondert 
drucken  lassen,  am  besten  als  Programm beilage,  wie  dies  viele 
ja  auch  schon  getan  haben').  Jeder  Schüler  der  Anstalt  erhält 
ein  Exemplar  davon  zur  Übermittlung  an  die  Eltern  oder  deren 
Stellvertreter,  jedem  einen  Sohn  anmeldenden  Vater  wird  gleich- 
falls ein  solches  mit  einem  geeigneten  Hinweis  übergeben.  Die 
Auflage  ist  in  solcher  Stärke  herzustellen,    daß  dies  eine  Reihe 


^)  Vgl.  die  allgemeioeD  BemerkaogeD  darüber  o.  S,263l. 

*)  Vgl.  o.  S.  155  mit  Adoi.  1 ;  s.  o.  Tabeüe  (hinter  S.  160)  Aom.  la. 

')  In  dem  Verzeichnis  ausffewählter  Programme  (o.  S.3Ö—122)  sind 
zahlreiche  Beispiel«  aogeführt;  vgl.  Xill  63;  Xir  22.  28;  XF  S.  3214. 
3611  \  XVI 2216.  69170.  9L  11314-,  XFII  51b.  33.  67.  86.  88.  91. 108-,  XV lU 
71/2  —  denen  aieh  noch  einige  Datsend  weiterer  anreihen  ließen. 


276  t'ro^raiiinweseB  nad  Programnbibliotbek  d.  h5b.  Schotee, 

voD  Jahren  hindurch  geschehen  kann  und  nur  ?od  Zeit  za 
Zeil  ein  Neudruck  nötig  wird.  Die  Form,  in  der  diese  Ver- 
üfTentlichung  erfolgen  soll,  ist  sorgfältig  festzustellen.  Sie  brauchte 
nicht  gerade  genau  den  gleichen  Wortlaut  zn  haben,  dürfte  es 
manchmal  vielleicht  auch  nicht,  wie  der  im  Lehrerzimmer  für 
den  Gebrauch  der  Lehrer  selbst  ausliegende,  in  Fach-  und  all- 
gemeinen Konferenzen  festgestellte  Speziallehrplan.  Es  wäre 
vielmehr  denkbar,  daB  dieser  ^Lehrplan  für  das  Publikum"^), 
wie  ich  ihn  einmal  nennen  möchte,  etwas  ausföhriicher  ge- 
balten wäre  als  der  ofGzielle  und  hier  und  da  versuchte,  durch 
geeignete  Fassung  dem  Durchschnitt  des  Publikums,  das  seine 
Söhne  der  Anstalt  übergibt,  die  Aufgaben  der  Schule  etwas  näher 
zu  bringen.  Es  wäre  keine  leichte  Aufgabe,  aber  doch  wohl  eine 
lohnende.  Legt  man  Wert  darauf,  den  vielleicht  Charakteristisches 
bielenden  offiziellen,  fQr  das  Laienpublikum  aber  nicht  ohne 
weiteres  geeigneten  Speziallehrplan  den  Lehrern  anderer  Schulen, 
den  Behörden  und  anderen  sachkundigen  Beurteilem  besonders 
zugänglich  zu  machen,  so  stunde  ja  nichts  im  Wege,  ihn  eben- 
falls in  Form  einer  Abhandlung  drucken  zu  lassen  und  ihn  nur 
durch  den  Tauschverkehr  zu  verbreiten.  Solange  aber  An- 
stalten ihren  Speziallehrplan  in  keiner  von  beiden  Formen  ge- 
sondert herausgegeben  haben,  werden  sie  m.  E.  nicht  gut  davon 
abgehen  können,  ihn  bis  auf  weiteres  in  der  bisherigen,  für  das 
Publikum  wenig  genießbaren,  aber  immerhin  einigen  Anhalt  bie- 
tenden Form  Jahr  für  Jahr  abzudrucken').  Sie  sollten  aber  mit 
Rücksicht  auf  die  sich  jedes  )ahr  erneuenden  erheblichen  Kosten 
dieses  doch  wenig  Frucht  bringenden  Verfahrens  möglichst 
bald  zu  der  oben  angedeuteten  Methode  übergeheu;  auch  hier 
könnten  die  Behörden  ev.  bestimmte  Anregungen  geben.  Ober 
die  Angabe  der  Lektüre  habe  ich  nichts  Besonderes  zu  bemerken; 
sie  ergibt  sich  durch  die  tatsachlichen  Verhältnisse  von  selbst 
Für  diesen  Abschnitt  „Lektüre*'  würde  dann  auch  die  tabella- 
rische Form  möglich  und  geeigneter  sein,  als  sie  es  für  den 
ganzen  Lehrplan  ist  (vgl.  dazu  o.  S.  157).  Nur  bezüglich  der 
Privatlektüre  wäre  zu  wünschen  (s.  o.  S.  156),  daß  auch  in 
Deutschland  gleich niäfsige  Angaben  darüber  erfolgten,  am 
besten  (wie  in  Österreich)  an  besonderer  Stelle  iu  kurzer 
Zusammenfassung  nach  Klassen  (oder  Fächern),  die  m.  E.  für 
Lehrer  anderer  Anstalten  nicht  ohne  Nutzen  sein  dürRe. 

Etwas  mehr  ist  zu  sagen    von  der  Angabe  der  Themata 


>)  Vgl.  die  BemerkoDf^eD  o.  S.  287;  die  an  sich  vortreffliche  Akbtftd- 
luDg  von  1*.  Gold  sehe  i  der  (o.  S.  lOö,  ?lr.  22)  ist  anderer  Art,  wienokl 
Für  deo  gebildeteo  Leser  sehr  lehrreich. 

'')  Beocbteuswert  ist,  was  Baehnisch  aaf  der  H.  schles.  Dir.- 
Versommluof?  voo  1S97  (BM  y4öt  4y  Nr.  113,  S.  240)  hervorbebt,  o 
solle  bei  der  Übersieht  über  die  erledig!  Lehrstoffe  aaeh  deotlieh  genacht 
werden,  in  welcher  Reihenfolge  die  Durchnahine  erfolg  sei. 


voo  R.  Ullrich.  217 

schriftlicher  Arbeiten,  besonders  aus  den  mittleren  und 
oberen  Klassen,  sowohl  der  im  Laufe  des  Jahres  in  den 
Klassen  erledigten  wie  der  bei  den  Reifeprüfungen  gestellten. 
Das  in  Deutschland  in  dieser  Hinsicht  von  den  Behörden  vor- 
geschriebene Verfahren  (ober  Einzelheiten  vgl.  die  Tahelh  hinter 
S.  160  und  0.  S.  155f.)  scheint  mir  zu  einseitig.  Warum 
kommen  in  der  Hauptsache  nur  die  deutschen  (bezw.  fran- 
zösischen) Aufsätze  und  die  mathematischen  Aufgaben 
in  Betracht?  Der  Zweck  soll  doch  der  sein,  andere  Anstalten 
zur  Prüfung  und  Vergleichung  anzuregen;  für  diesen  Zweck  sind 
aber  die  anderen  Fächer,  die  größere  schriftliche  Arbeiten  er- 
fordern, durchaus  ebenso  wichtig.  Die  Themata  sämtlicher 
Klassenarbeiten,  etwa  von  U.  II  ab,  abdrucken  zu  lassen,  wurde 
zu  weit  fähren,  auch  zu  viel  Platz  beanspruchen.  Unbedingt 
aber  sollte  amtlich  vorgeschrieben  werden,  daß  sämtliche 
bei  der  Reifeprüfung  bearbeiteten  Themata  (nicht  bloß 
die  der  Aufsätze  und  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Arbeiten), 
bei  den  sechsklassigen  Anstalten  die  Themata  der  entsprechenden 
Arbeiten  der  Schlufsprüfungen,  in  den  Jahresberichten 
verzeichnet  würden,  wie  dies  z.  B.  in  Österreich  seit  langem 
geschieht.  Warum  sollen  wir  nicht  Gutes  vom  „Auslande'* 
annehmen,  besonders  wenn  es  sich  um  ein  solches  bandelt,  das 
zu  einem  Teile  die  Sprache  mit  Deutschland  gemein  bat,  wie 
dies  auch  s.  Z.  im  Programm  der  M(mcU$chrift  für  höhere  Schulen 

—  vgl.  Bd.  I  (1902)  S.  10*)  —  angedeutet  worden  ist?  Und 
daß  gerade  in  der  Gestaltung  des  Inhalts  der  Jahresberichte  das 
Nachbarland  einiges  vor  den  reichsdeutschen  voraus  hat,  wird 
keiner  leugnen  wollen,  der  sich  mit  beiden  etwas  länger  be- 
schäftigt hat.  Es  genügt  doch  heute  gerade  auf  dem  Gebiete 
der  höheren  Schule  nicht  mehr,  daß  Gutes  erstrebt  und  geleistet 
wird;  es  soll  auch  bekannt  und  dadurch  so  weit  wie  möglich 
fruchtbar  werden.  Dazu  sind  die  allen  höheren  Schulen  durch 
den  Tauschverkehr  zugehenden  Rechenschaftsberichte  jeder  ein- 
zelnen von  ihnen  das  weitaus  beste  Mittel,  dem  an  Wir- 
kung (d.  h.  bei  verständiger  Organisation  der  Programmbibliothek 

—  Teil  III)  keine  auch  noch  so  verbreitete  Zeitschrift  gleich 
kommt.  Was  die  Mitteilung  der  Themata  der  schrift- 
lichen Arbeiten  aus  der  Reifeprüfung  anlangt,  so  haben 
auch  schon  manche  Direktoren  die  bisher  in  Deutschland  herr- 
schende  Einseitigkeit   deutlich    empfunden   und    vielfach,   einige 


^)  „Damit  aber  nasrer  Schale  alleieit  der  weite  Blick  gewahrt  bleibe, 
aad  damit  sie  oicht  in  selbstgefällige  Sicherheit  und  Selbstüberschätzuog 
sich  einwiege,  soll  aoch  das  Unterrichtswesen  der  anderen  deutschen  Länder 
und  in  angemessener  BeschrSnlLang  auch  des  Auslandes  mit  in  den  Kreis 
der  Betracbtang  gezogen  werden,  nm  alles  Gute,  wo  es  sich  auch  immer 
findet,  der  eigenen  Schule  und  dem  eigenen  Unterricht  nutzbar  zu  mapb^Q*^ 
(A.  Matthias). 


278  Programmwei6D  vnd  Progrannbibliothek  d.  höh.  Schal ea, 

schon  seit  Jahren,  Qber  das  amtlich  Geforderte  hinaus  z.  B.  auch 
häufiger  die  Aufgaben  für  die  Obersetzungen  aus  dem  Latei- 
nischen  oder  Griechischen,  seltener  fQr  die  aus  deat 
Deutschen  ins  Lateinische  in  den  Jahresberichten  angegeben, 
ohne  daß  die  Behörde  es  gehindert  hätte  (?gl.  dazu  o.  S.  269  f.). 
Aber  warum  sollen  diese  so  nützlichen  Anregungen  von  Zufällig- 
keiten abhängen?  Ob,  was  insbesondere  die  Mitteilung  der  eben 
bezeichneten  Arten  der  Themata  betriflt,  der  vollständige  Teit 
mitgeteilt  werden  soll  oder  nur  die  betr.  Steile  des  SchrifUtellers, 
bezw.  (wie  oft  in  Ost  erreich)  des  i)etr.  Obungsbucbe«,  hinge 
von  den  näheren  Umständen  ab.  Wird  ein  Schriftstellertext  für 
das  Thema  geändert,  so  wäre  der  ganze  Text  mitzuteilen  und 
die  Veränderungen,  Auslassungen  usw.  im  Druck  hervorzuheben; 
dies  ist  in  methodischer  Hinsicht  für  die  Leiurer  anderer  Anstalten 
gerade  lehrreich.  Frei  entworfene  Texte  zur  Übersetzung  ins 
Lateinische  wären  ebenfalls  mitzuteilen.  Denkbar  wäre  es  auch, 
dafi  die  Übersetzung,  so  wie  sie  sich  der  betr.  Lehrer  gedacht 
hat,  beigefügt  würde.  Warum  soll  die  geistige  Arbeit  aus- 
gezeichneter Methodiker  oder  auch  solcher,  die  Männer  der  Praxis 
und  bedeutende  Gelehrte  zugleich  sind^),  nicht  auch  für  andere 
fruchtbar  gemacht  werden?  Ein  Bedenken  irgend  welcher  Art, 
die  Themata  dieser  Arbeiten  abdrucken  zu  lassen,  etwa  im  Hin- 
blick auf  Mißbrauch  durch  spätere  Schulergenerationen,  besteht 
nicht.  Zweifel,  die  gelegentlich  in  bezug  auf  die  Mitteilung  der 
Themata  der  deutschen  Aufsätze  in  dieser  Hinsicht  auf- 
tauchten, sind  schon  1892  vor  einem  geeigneten  Forum*)  für 
unbegründet  erklärt  worden.  Der  Raum,  der  auf  diese  Weise 
beansprucht  würde,  und  demgemäß  die  Druckkosten  fallen  um 
so  weniger  ins  Gewicht,  je  mehr  in  diesem  Abschnitt  an  der 
Mitteilung  der  allgemeinen,  jährlich  ohne  viele  Abweichungen 
wiederkehrenden  Pensen  (s.  o.)  gespart  wird,  ebenso  wie  an  dem 
nächsten  Teil  II  (Verfügungen  der  Behörden).  Ehe  ich  zu  diesem 
übergehe,   sind    noch    einige  Bemerkungen    zu  machen  über  das 

4)   Verzeiehois  der  eiofeführten  Lebrbiicher. 

Dieses  Verzeichnis  ist  in  dreifacher  Hinsicht  wichtig,  in 
praktischer  (für  das  Elternpublikum),  in  methodischer 
(für  die  Lehrer  anderer  Schulen)  und  in  wissenschaftlicher 
(für  die  Schulgeschichte).  Der  erste  Punkt  bedarf  kaum 
einer  Begründung;  was  den  zweiten  betriflt,  so  gehört  doch 
wohl  auch  die  Kenntnis  von  den  Lehrmitteln,  die  an  einer  be- 
stimmten Schule  gebraucht  werden,  zu  den  Dingen,  weiche  die 
Kollegen  anderer,    besonders  gleichartiger  Anstalten    inter- 

^)  Vgl.  z.  B.  Jahresh.  d.  Joach.  G,  s.  Berlin  1906,  S.  28. 
•)  P'erh   d.  l'l  Direkt.-Fers.  i.  Ost-  u.  ff^ettpr.  (».  o.  S  125,  Nr.  102) 
S.  4J2. 


von  R.  Ullrich.  279 

esBieren  sollteD,  sei  es,  um  den  Bestand  überhaupt  kennen  zu 
lernen,  sei  es,  um  von  Neueinfubrungen  Kenntnis  zu  erhalten. 
Man  hätte  ganz  gut  schon  in  der  preufsischen  Verffigung  von 
1885,  in  der  die  besondere  Zusammenstellung  der  Schulbucher 
an  dieser  Stelle  nur  als  fakultativ  bezeichnet  wird,  die  An- 
führung obligatorisch  machen  können  (s.  auch  o.  S.  205). 
Zweckmäßig  wäre  es  übrigens,  wenn  bei  Neueinfubrungen,  mag 
es  sich  um  das  Hinzukommen  eines  Buches  zu  dem  bisherigen 
Bestände  oder^  um  den  Ersatz  eines  gebrauchten  durch  ein  neues 
handeha,  die  Änderung  —  etwa  in  Form  einer  Anmerkung  — 
kurz  begründet  würde.  Die  meisten  Eltern  geben  bekanntlich 
nicht  gern  Geld  für  Schulbücher  aus;  manche,  die  es  sonst  „dazu 
haben**,  geizen  schon  um  ein  Groschenheft.  Läßt  man  sich  dazu 
herbei,  den  Wechsel  von  Lehrbüchern  zu  erläutern,  so  wurden 
vielleicht  manche  Teile  des  Publikums,  die  diesem  Angriff  auf 
ihren  Geldbeutel  unsympathisch  gegenüberstehen,  etwas  Interesse 
gewinnen  und  zu  der  Ansicht  gelangen  können,  daß  es  sich  auch 
hier  nicht  um  schnelle  Entschlüsse,  sondern  um  wohlüberlegte 
Maßregeln  handelt.  Das  vortreffliche  Verzeichnis  der  an  den 
höheren  Schulen  gebrauchten  Lehrbücher  von  Ew.  Hörn,  das 
nun  schon  in  zweiter  Auflage  vorliegt  (s.  o.  S.  8  Anm.  4), 
stellt  doch  immer  nur  gerade  den  Stand  zu  einem  bestimmten 
Zeitpunkte  dar,  bezieht  sich  übrigens  auch  nur  auf  Preufsen. 
Damit  komme  ich  auf  den  dritten  Punkt,  die  Bedeutung  der 
Schulbücher- Verzeichnisse  für  die  Wissenschaft,  insbesondere 
die  Schulgeschichte.  In  den  Lehrbüchern,  welche  an  den 
Schulen  gebraucht  werden  und  gebraucht  worden  sind,  spiegelt 
sich  doch  ein  gut  Stück  der  Anschauungen  und  Richtungen 
wieder,  die  zu  bestimmten  Zeiten  und  in  bestimmten  Staaten 
maßgebend  gewesen  sind.  Die  schulgeschichtliche  Forschung 
würde  es  mit  Freude  begrüßen,  wenn  sie  für  die  Zeit  vor  1824 
für  größere  Schulkomplexe  gleichmäßige  Nachrichten  darüber 
hätte,  welche  Lehrbücher  an  jeder  Schule  benutzt  worden  sind. 
Erhalten  wir  also  wenigstens  für  unsere  Zeit  die  Zeugnisse^),  die 
uns  für  die  ältere  nur  mangelhaft  zu  Gebote  stehen!  Daß  die 
Schulbücher,  jedoch  nicht  mit  ausführlichem  Titel  (was  wesentlich 
ist),  auch  schon  in  Abschnitt  I  3  bei  den  einzelnen  Klassen  und 
Fächern  aufgeführt  werden,  hindert  nicht,  sie  noch  einmal  in 
zusammenfassender  Übersicht  zu  geben.  Was  übrigens  die  Form 
anlangt,  in  der  diese  Verzeichnisse  mitgeteilt  werden,  so  läßt  diese 
in  zahlreichen  Jahresberichten  recht  viel,  in  manchen  alles  zu 
wünschen  übrig.     Die  Anführungen    sind  genau    zu  geben,    mit 


')  Es  scheint  mir  deshalb  auch  nicht  zweckmäßig,  daß  in  den  Schul- 
bibliothekeo  altere  Auflagen,  von  wissenschaftlichen  Werken  wie  von 
Schulbüchern,  kassiert  werden,  wie  das  (z.  T.  leider  aus  räumlichen 
Gründen)  vielfach  geschieht,  weil  sie  doch  veraltet  wären;  für  die  ge- 
schichtliche Betrachtung  yeraltet  nicht  so  leicht  etwas. 


280   Programmweseo  und  Programmbibliothek  d.  hSh.  Schalen, 

NauiaD  des  VerEaisers,  Vornamen  (ev.  mehreren),  yollständigem 
Titel,  Bezeichnung  der  Auflage,  der  Ausgabe  (A,  B,  C  usw.  — 
durch  dies  Labyrinth  finden  sich  heute  schon  Kenner  schwer 
durch),  des  Ortes,  Verlegers,  der  Jahreszahl^)  und  —  besonders 
wegen  der  praktischen  Bedeutung  —  durchweg  auch  des  Preises. 
Auch  in  letzterer  Beziehung  ist  es  natürlich  wichtig,  daß  die 
Jahresberichte  p|Qnktlich  erscheinen  (s.  O.S.217L  und  267t). 

II.  Verfögungen  der  Behörden. 

Über  dies  Kapitel  haben  die  Behörden  selbst  mehrfach 
Anweisungen  gegeben,  und  auch  die  Diskussion  hat  sich  lebhaft 
damit  beschäftigt.  Es  wird,  wie  nicht  zu  leugnen  ist,  neben  der 
Chronik  (Abschn. III)  immer  eins  der  schwierigsten  für  den  Be- 
richterstalter bleiben,  weil  es  nicht  bloß  Takt,  sondern  auch 
mancherlei  Kenntnisse  und  die  Beachtung  vieler  Gesichtspunkte 
erfordert,  für  die  nicht  jeder  ohne  weiteres  Sinn  hat.  Manches 
ist  auch  durchaus  individuell').  Eine  Verfügung  kann  für  die 
heutige  Zeit  oder  als  vereinzelte  Erscheinung  ziemlich  belanglos 
scheinen,  während  sie  später,  in  größeren  Zusammenhang  ge- 
stellt, Bedeutung  gewinnL  Auch  das  Maß  des  Mitzuteilenden 
bereitet  im  Hinblick  auf  den  so  sehr  verschiedenen  Interessen- 
kreis der  Jahresberichte  nicht  geringe  Schwierigkeiten.  Dasjenige, 
was  dem  Publikum  zu  wissen  nötig  ist,  wird  am  besten  über- 
haupt nicht  in  diesem  Teile,  sondern  vielmehr  in  dem  Schluß- 
abschnitt VII  unterzubringen  sein,  wie  auch  meist  geschieht,  so 
z.B.  betr.  der  Ferien  Ordnung.  Die  von  den  staatlichen  Be- 
hörden erlassenen  Verfugungen  allgemeiner  Art  stehen  auch 
in  den  Amtsblättern,  die  von  jeder  Schule  zu  halten  sind, 
und  durften  daher  in  den  Jahresberichten  am  ehesten  zu  ent- 
behren sein ;  eine  bloße  Angabe  des  Gegenstandes  ohne  Mitteilung 
des  Wortlauts  hat  aber  wenig  Zweck.  Wichtiger  sind  für  den 
Jahresbericht  diejenigen  Verfügungen,  die  eine  einzelne  Anstalt 
betrelTen,  und  diese  sollten  daher,  soweit  sie  irgend  von  Bedeu- 
tung und  nicht  zu  lang  sind,  vor  allem  aufgenommen  werden« 
Der  Oberlehrer  erhält  keineswegs  von  allen  Kenntnis*),  sondern 
in  der  Regel  nur  von  denen,  die  sich  auf  seine  unmittelbare 
Tätigkeit  im  Schulamt  beziehen.  Besondere  Berücksichtigung 
verdienen  auch  dieHitteilungen  der  Magistrate,  die  schon  den 
Lehrern  der  betr.  Anstalten  selbst  nicht  ausreichend  bekannt  würden 
(in  den  Gemeindeblältern   stehen   nicht  alle,   und  die  aufge- 


')  Vj^l.  dazu  die  iberechtigteo  Rla^ea  von  Bw.  Hörn  a.  a.  0. 
(2.  Aufl.)  s.  m. 

^)  Mehrfach  ist  der  Vorichlag  gemacht  worden,  die  BehSrden  nochtea 
aelbst  darüber  Anweisuogea  geben,  welche  Verföguoges  abgedraekt  werdea 
sollten  (0.  S.  191  und  233);    doch  vgl.  schoa  die  Bemerkongen  dexa  S.  233. 

»)  Vgl.  H.  Müller  a.  a.  0.  S.  10, 


voo  R.  (Jllrieb.  281 

nommenen  sind  oft  schwer  zu  finden),  wenn  der  Jahresberichf 
sie  nicht  brächte,  ganz  zu  schweigen  davon,  daß  sie  doch  nicht 
selten  auch  Direktoren  und  Lehrer  anderer  Schulen  zu  lehrreicher 
vergleichender  Betrachtung  anregen.  Übrigens  berühren  sich 
manche  unter  sich  oft  gar  nicht  im  Zusammenhang  stehende  Ver* 
fugungen  auch  mit  Angaben,  die  besser,  in  die  Chronik  und 
andere  Abschnitte  aufgenommen  werden.  Doppelte  Anfuhrung 
ist  unnötig^),  besonders  bei  Personalien.  Viele  Mitteilungen,  die 
registrierfrohe  Berichterstatter  unter  Angabe  des  Datums,  sogar 
der  Journalnummer  hier  zu  buchen  pflegen,  sind  weder  für 
Gegenwart  noch  Zukunft  des  Abdrucks  bedürftig,  also  überhaupt 
entbehrlich.  Wenn  z.  B.  angegeben  wird,  daß  die  Behörde  das 
Programm  für  diese  oder  jene  Einrichtung')  übersandt  hat,  ohne 
daß  nähere  Mitteilungen  über  deren  Zweck  gemacht  werden,  so 
ist  damit  nicht  einmal  praktisch  etwas  anzufangen,  weil  die  Zeit 
der  betr.  Veranstaltungen  langst  verstrichen  ist,  wenn  die  Kreise, 
die  es  erst  in  Jahresfrist  lesen,  davon  erfahren.  Von  Bedeutung 
erscheint  es  mir  dagegen,  die  Titel  der  Werke,  Lehr- 
mittel usw.  abzudrucken  (doch  besser  in  Abschnitt  V),  die  von 
der  Behörde  zur  Anschaffung  für  die  Bibliotheken 
und  anderen  Sammlungen  der  Schule  empfohlen 
worden  sind.  Man  muß  es,  meine  ich,  den  mit  Arbeit  über- 
lasteten Mitgliedern  der  Aufsichtsbehörde  Dank  wissen,  daß  sie 
die  Mühe  nicht  scheuen,  sich  auch  mit  solchen  Dingen  abzu- 
geben, und  die  betr.  Reskripte  an  Hunderte  von  Schulen  gesondert 
verschicken  lassen*);  es  geschieht  ja  doch  im  Interesse  der  Anstalten 
und  der  Bibliothekare  und  übrigen  Vorsteher  von  Sammlungen, 
die  entweder  zu  beschäftigt  oder  auch  —  manchmal  —  zu  be- 
quem sind,  selbst  nach  dem  Besten  Umschau  zu  halten,  und  da- 
für lieber  die  Buchhändler  mit  ihren  vom  Zufall  bestimmten 
Ansichtssendungen  und  Anpreisungen  sorgen  lassen.  Natürlich 
laufen  auch  bei  behördlichen  Empfehlungen  manchmal  Werke 
unter,  die  sich  weniger  durch  inneren  Wert  auszeichnen,  der 
ihnen  für  längere  Zeit  Bedeutung  verleiht,  als  dadurch,  daß  sie 
gerade  herrschenden  Richtungen  dienen,  die  sich  häufig  genug 
wieder  ändern.  Im  allgemeinen  sind  aber  die  so  gegebenen  An- 
regungen für  viele  nicht  sehr  literaturkundige  Vorsteher  von 
Sammlungen  doch  dankenswert;  manches  tüchtige  Werk,  das  sonst 
bei  der  literarischen  Überproduktion  nicht  bekannt  genug  würde, 
kommt  so  an  der  richtigen  Stelle  zu  seinem  Rechte.    Nicht  un- 


^)  Hier  iit  eiaer  der  weoi^eo  Punkte,  in  deoen  mao  dem  Grenssboten" 
Autor  TOD  1901  aainahms weise  beiitimmeo  kann. 

3)  So  K.  B.  für  Ferienkurse,  Vorträge  u.a.m. 

')la  Österreich  werden  derartige  Empfehlungen  meist  nur  im 
FerordnungtblaU  abgedruckt  (s.  o.  S.  94,  Nr.  XXVII),  ein  Verfahren,  dessen 
Nutzen  die  wirkliche  Lektüre  der  hetr.  Notizen  durch  die  beteiligten  In- 
stanzen zur  Voraussetzung  hat 


2J2  Prograinnweseo  and  Programmbibliothek  d.  hob.  SchnlcB, 

interessant   ist   es   öbrigens   zu    beobachten,   (in   Abschnitt   \\ 
weiche  Schulen  solche  Hinweise  benutzen  und  welche  nicht 

Daran,  daß  in  bezug  auf  persönliche  Verhältnisse  der 
Lehrer  hier  ZnrAckhaitung  zu  üben  sei,  hat  die  preoBische  Be- 
hörde wiederholt  erinnert  (s.  o.  S.  97,  Nr.  XXXV c)^);  es  wird 
aber  hiergegen  bis  in  die  neuste  Zeit  immer  noch  in  ganz  klaren 
Fällen,  die  kaum  einen  Zweifel  gestatten,  verstoBen.  So  habe 
ich  z.  B.  erst  kürzlich  wieder  in  einem  Jahresberichte  die  Notiz 
gefunden,  der  Magistrat  habe  dem  Dr.  A.  für  Vertretung  die 
Summe  von  x  M.  bewilligt').  Im  allgemeinen  kann  man  aber 
doch  sagen,  daß  solche  dem  Zweck  der  Sache  schädliche  Hit- 
teilungen seltener  geworden  sind.  Ihre  Nützlichkeit  im  ganzen 
wird  dadurch  naturlich  nicht  berührt.  Nur  kann  man  nach  dem 
Ausgeführten  überhaupt  zweifelhaft  sein,  ob  die  „Verfugungen  der 
Behörden'*  als  besondere  Rubrik  auch  in  Zukunft  empfehlenswert 
sind.  Ihre  allgemeinen  Anordnungen  kommen  ja  doch  fast  in 
allen  Teilen  einer  großen  Mehrheit  von  Berichten  zum  Ausdruck, 
die  auf  die  besonderen  Verhältnisse  einer  einzelnen  Anstalt  be- 
züglichen aber  gehören  nebst  dem,  was  in  ihrer  Befolgung  im 
Laufe  des  Berichtsjahres  geschehen  ist,  zu  deren  „Chronik*^  Ich 
möchte  also  mehr  zu  der  Ansicht  neigen,  diesen  Ahschnilt 
—  soweit  nicht  ganz  besonders  geartete  Umstände  anderes  zu 
empfehlen  scheinen  —  im  ganzen,  so  wie  er  bisher  in 
Preufsen  und  Österreich  besteht,  fallen  zu  lassen  und 
die  Verfügungen,  besonders  den  Bericht  über  ihre  Aosfühning, 
auf  die  übrigen  Rubriken  entsprechend  zu  verteilen, 
wie  dies  in  den  Berichten  der  meisten  anderen  Staaten  gescbiehu 
So  wird,  wie  schon  durch  die  oben  vorgeschlagene  erhebliche 
Kürzung  des  Abschnitts  I  3,  wiederum  Raum  gewonnen  för  den 
Teil  des  Jahresberichts,  der  andererseits  eine  maßvolle  Erweiterung 
seines  Inhalts  vor  allem  nötig  hat,  nämlich  für  die  „Chronik*'. 


*)  Mao  ver^Ieicbo  aoch  die  Brläoternogeo,  die  voo  der  preafaisehea 
Regieruog  im  Aoschlaß  ao  die  VerfüguDf^  voo  18S5  gegehea  worden  siad 
(Beter  a.  a.  0.  S.  270).  Bs  wird  getadelt,  dafi  z.  B.  Aofaahme  gefaoden 
habe:  „Ansschliefioüg  eiozelner  Scböler  von  den  Anatalteo  einer  Proviat, 
sogar  onter  Angabe  der  Namen;  Bewilligang  einer  Unterstötznog  fnr  einen 
Lehrer  aus  Zentral fonds;  Gewährong  von  pernio oaberechtigten  Zalagen  an 
Elemeotarlehrer;  AuflTorderaug  eines  Lehrers  zu  gutachtlicher  AoBernng 
über  ein  zor  Einfdhrnng  an  einer  anderen  Anstalt  vorgeschlagenea  Lebr> 
buch;  abfällige  Kritik  über  die  Unzolanglichkeit  der  für  das  Frogrann  vom 
Patron  der  Anstalt  bewilligten  Geldmittel**;  vgl.  aoch  o.  S.  163.  VVas  speziell 
die  Erwähnung  von  Relegierten  betrifftf  so  geschiebt  sie  wohl  jetzt 
nirgends  mehr.  Wir  sind  heute  im  allgemeinen  weniger  geneigt,  als  man 
es  früher  war,  Tadel  der  Schüler  an  die  breitere  ÖffentUchkeit  za  bringen, 
ebenso  das  Lob.  Voa  letzterem  haben  sich  nar  in  Sachsen  and  Öster- 
reich noch  Reste  erhalten;  s.  dazu  unten  Abschnitt  IV  3  (Abiturienten- 
Verzeichnisse)    nnd    IV  [5]   (Allgemeine    Schülerverzeichoiss  e) 

')  Andere  ältere  Beispiele    mag,    wer  Interesse    daran    bat,    aaeUesea 
z.  B.  im  Päd,  ff^ochenöL  I  (1891/2)  S.  93  (s.  o.  ßibl.  AbL  4,  i^r.  101). 


voo  R.  Ullrich.  283 

III.   Geschichte  der  Anstalt  (Chronik). 

1)  Fast  jeder  Verein,  und  wäre  er  noch  so  klein  und  seine 
Wirksamkeit  auf  die  engsten  Kreise  beschränkt,  pHegt  einen 
Jahresbericht  herauszugeben.  Nicht  alle  Mitglieder  haben  an 
den  Verhandlungen  teilgenommen,  die  Feste  mitgefeiert,  die 
mancherlei  Störungen  und  Hemmnisse,  die  nicht  ausbleiben, 
miterlebt.  Aber  auch  die  geistig  Regsameren,  die  wirklich 
„dabei*^  gewesen  sind  und  nicht  bloß  zur  Schar  der  Mitläufer 
gehören,  lassen  immer  gern  das  im  Laufe  eines  Jahres  Geschehene 
im  Zusammenhange  noch  einmal  an  sich  vorüberziehen.  Solche 
Berichte  werden  als  ein  Bedürfnis  empfunden,  sie  erhalten 
alte  Teilnahme  und  wecken  neues  Interesse.  Sollte  das  in  dem 
großen  Organismus  einer  Schule  anders  sein,  die  Hunderte  von 
Schölem,  wirkliche  und  ehemalige,  die  Eltern,  die  Lehrer,  wieder- 
um gegenwärtige  und  frühere,  Mitglieder  von  Behörden,  die  doch 
auch  einer  Schule,  oft  mehreren,  als  Schuler,  Lehrer  oder  Direktor 
angehört  haben,  und  noch  so  manchen  anderen  in  Stadt  und 
Land  irgendwie  zu  den  Ihrigen  zählt?  Daß  sich  auch  solche,  finden 
—  eine  unerfreuliche  Spezies  — ,  denen  die  Schule  nichts  weiter 
war  als  Mittel  zum  Zweck,  deren  Teilnahme  an  ihr  schon  während 
der  wirklichen  Zugehörigkeit  zu  ihrem  Organismus  gering  war, 
mit  dem  Verlassen  der  Schule  aber  völlig  aufhört,  ändert  doch 
nichts  an  der  Tatsache,  daß  es  noch  mehr  gibt,  die  ihr  als 
Schüler  oder  Lehrer  oder  in  welcher  Eigenschaft  sonst  immer 
dauerndes  Interesse  und  wirkliche  Anhänglichkeit  bewahren,  auch 
wenn  sie  längst  von  ihr  geschieden  sind  und  —  wie  häufig 
geschieht  —  die  Stätte  ihrer  Jugendbildung  oder  ihren  engeren  Kreis 
vielleicht  niemals  im  Leben  wiedergesehen  haben.  Solchen  Zu- 
sammenhang dauernd  zu  erhalten,  sind  die  Jahresberichte  ganz  be- 
sonders geeignet.  Was  uns  aus  den  Augen  ist,  entschwindet  leider 
nur  zu  oft  nicht  bloß  dem  Herzen,  sondern  auch  dem  Sinn ;  es  wird 
durch  anderes  oft  völlig  verdrängt,  wenn  es  uns  nicht  in  irgend 
einer  Weise  wieder  nahe  gebracht  wird.  Daß  alles  von  dem  in 
den  Jahresberichten  Mitgeteilten  einem  so  mannigfaltigen  Inter- 
essentenkreise Teilnahme  erwecken  sollte,  ist  nicht  zu  erwarten,  auch 
weder  beabsichtigt  noch  möglich.  Die  Chronik  scheint  mir 
aber  derjenige  Teil  zu  sein,  der  vor  allen  anderen  dazu  berufen 
ist,  alle,  die  der  Schule  zugetan  waren  oder  sind,  zu 
interessieren  und  den  Zusammenhang  mit  ihr  aufrecht 
zu  erhalten.  Haben  denn  diejenigen,  die  an  die  Macht  dieser 
bald  zarteren,  bald  unzerstörbar  festen  Bande  nicht  glauben,  ganz 
vergessen,  daß  es  —  Gott  sei  Dank  —  noch  heute  genug  alter 
Schulen  gibt,  in  denen  schon  Großvater  und  Vater  des  angehenden 
Lateiners  auf  der  gleichen,  oft  ehrwürdigen  Schulbank  (unbe- 
kannten Systems)  gesessen  haben,  die  dann  dem  jungen  Ge- 
schlechte wohl  gern  von  alten  Zeiten  erzählen  und  so  gute 
Tradition  und  echte  Pietät  hoch  zu  halten  streben?    Das  braucht 


284  Programmwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schales, 

freilich  Zeit,  um  zu  wachsen  und  zu  reifen.  Aber  auch  die 
jungen  Anstalten,  die  kaum  ein  Jahrzehnt  Leben  hinter  sich 
haben  und  z.  Z.  leider  ihre  Lehrer  so  häuGg  wechseln,  daB  sie 
schon  in  wenigen  Jahren  manchmal  ein  ganz  anderes,  immer 
wieder  „modernes"'  Gesicht  zeigen,  haben  doch  wohl  AnlaS,  auf 
das  nicht  herabzusehen,  was  zur  Förderung  solcher  Zusammen- 
hänge beigetragen  hat,  und  selber  zu  beachten,  wie  sie  die  Keime 
pflegen,  damit  sie  einmal  zu  gleicher  Frucht  gedeihen.  Die  ehe- 
maligen  Angehörigen  der  alten  Schulen  aber  (nicht  bloB 
weniger,  auserwählter),  die  ihre  Feste  nicht  immer  mehr  mit- 
feiern können,  lesen  doch  ihre  Berichte,  am  liebsten  die 
Chronik,  die  von  dem  äußeren  und  inneren  Leben  der  auch 
von  der  Zeit  nicht  unberührt  gebliebenen  Schule  Kunde  gibt, 
beifällig,  auch  mit  Bedenken,  je  nachdem,  doch  immer  mit  Teil- 
nahme. Wenn  das  Publikum,  wie  manche  glauben,  oder  besser, 
ein  Teil  dieser  schwer  definierbaren  Spezies,  kein  Interesse  da- 
für hat^),  so  liegt  der  Grund  wohl  nicht  ausschließlich  an  ihm, 
sondern  vielleicht  manchmal  auch  an  den  Schulen  selbst,  die 
nicht  immer  den  rechten  Weg  finden,  auch  zu  denen  zu  gehen, 
die  nach  ihrer  Meinung  zu  ihnen  kommen  sollen.  In  der  Tat 
erfüllen  manche  dieser  „Chroniken**,  die  nach  der  Meinung 
des  Verfassers  auch  einen  bescheidenen  Beitrag  zu  dem  viel- 
besprochenen Kapitel  ,^Schule  und  Haus**  liefern,  so  wenig  ihren 
Zweck,  daß  man  sich  nicht  wundern  darf,  wenn  sie  kaum  an- 
gesehen, bald  beiseite  geschoben  werden  und  —  leider  —  ohne 
jede  dauernde  Wirkung  im  idealen  Sinne  bleiben. 

Was  ist  bisher  geschehen  —  oder  auch  nicht  ge- 
schehen, . —  diese  Chroniken  zunächst  für  die  ge- 
nannten Kreise  und  in  der  bezeichneten  Richtung 
fruchtbar  zu  machen,  und  wie  können  sie  etwa  ge- 
staltet werden,  damit  ihr  Zweck  vollkommener  er- 
reicht wird? 

Mir  scheint,  daß  auch  auf  diesem  Teilgebiete  des  Programm- 
wesens die  Abneigung  gegen  eine  angeblich  veraltete  Einrichtung 
durch  nichts  so  sehr  bestärkt  worden  ist  als  dadurch,  daß  die- 
jenigen, die  vielleicht  an  der  „Chronik**  der  eigenen  Schule  oder 
auch  anderer,  die  ihnen  gelegentlich  in  die  Hände  kamen,  wenig 
Freude  hatten,  es  versäumten,  sich  auch  anderwärts  umzusehen, 
etwa  in  den  Jahresberichten  älterer  Schulen,  auch  verschiedener 
Staaten.  Denn  so  konnten  sie  einen  richtigeren  Haßstab  finden  und, 
anstatt  das  Ganze  auf  Grund  vereinzelter,  unerfreulicher  Beobach- 
tungen zu  verwerfen,  leichter  mithelfen,  daß  das  Gute,  was  doch 
manche  gaben,  und  der  Weg,  wie  sie  es  konnten,  möglichst  auch 
denen  zustatten  käme,  die  bisher  davon  noch  wenig  berührt  worden 
waren.     Es    ist  mir  seit  Jahren  eine  höchst  reizvolle  Arbeit   ge- 


>)  Vgl.  o.  S.  285,  244;  v^L  «ach  H.  Moller  «.  a.  0.  S.  14. 


roft  K.  (lllrieh.  285 

weseD,  Dutzende,  Hunderte  von  Chroniken  aus  Jahresberichten, 
sei  es  derselben  Anstalt  nacheinander,  oder  von  verschiedenen 
Schulen  gleicher  Verfassung,  alten  wie  jungen,  aus  diesem  oder 
jenem  Staate,  zu  lesen,  zu  vergleichen.  Erfreuliches  und  Betrüb- 
liches, was  begegnete,  anzumerken,  um  vielleicht  einmal  das  Fazit 
daraus  zu  ziehen,  und  ich  empfehle  denen,  die  es  bisher  nicht 
getan  haben,  aber  dennoch  die  Einrichtung  als  solche  glaubten 
abtun  zii  können,  dringend  ein  gleiches  zu  tun.  Vielleicht  erkennen 
sie  dann  doch,  dafi  aus  diesen  Berichten  mehr  herauszuholen  ist, 
als  sie  je  gedacht  haben.  Was  finden  wir  heute,  wenn  wir  ein- 
mal so  ein  Hundert  von  „Chroniken'*  —  ich  will  bescheiden  sein 
—  an  uns  vorüberziehen  lassen,  an  Inhalt  und  an  Form  in 
ihnen? 

Da  begegnen,  besonders  an  zahlreichen  älteren  norddeut- 
schen Schulen,  aber  auch  schon  an  nicht  wenigen  jüngeren  von 
frischem  Leben,  auch  an  manchen  österreichischen,  Jahres- 
chroniken reichsten  I  nh  alts,  die  schon  durch  die  FöUe  des  Stoffs, 
den  sie  bieten,  interessant  sind  und  selbst  einen  Lehrer  fesseln 
können,  der  zu  der  betr.  Schule  zunächst  gar  kein  näheres  Ver- 
hältnis hat,  falls  er  nur  von  dem  inneren  und  äußeren  Leben 
eines  Organismus  sich  berühren  läßt,  dem  er  selbst  angehört. 
Solche  Berichte  müssen  aber  geradezu  demjenigen  etwas  Wert- 
volles bieten,  der  persönlich  zu  der  Schule  in  engeren  Beziehungen 
gestanden  hat  oder  steht,  deren  letzte  Jahreschronik  ihm  nun 
mitgeteilt  wird.  Auf  der  anderen  Seite  begegnen  wieder  Chroniken, 
die  nicht  bloß  „knapp**,  wie  manche  Verfugungen  es  wollen, 
sondern  mager,  äußerst  mager,  ja  so  dürftig  sind^),  daß  man  es 
allerdings  verstehen  kann,  wenn  gerade  das  Publikum  dadurch 
kaum  äußerlich  berührt,  geschweige  zu  innerer  Teilnahme  am 
Leben  der  Schule  herangezogen  wird.  Das  „Publikum**  aber,  wenn 
anders  ich  es  richtig  beurteile,  verlangt  gerade  hier  nach  aus- 
fuhriicheni  reichhaltigen,  durch  möglichst  viel  individuelle  Zuge 
belebten  Hitteilungen,  während  dem  Gelehrten,  dem  Forscher 
häufig  knappe,  bestimmte,  natürlich  unbedingt  zuverlässige  Tat- 
sachen wertvoller  sind,  falls  er  sie  immer  an  derselben  Stelle 
und  in  möglichst  vielen  Berichten  findet,  um  sie  in  größerem 
Zusammenhange  zu  verwerten.  Handelte  es  sich  nun  bei  den 
„knappen*'  Chroniken,  die  ich  im  Auge  habe,  etwa  nur  um  kleine 
Anstalten,  so  könnte  man  es  wohl  verstehen;  wir  finden  diese 
dürftigen  Mitteilungen,  teils  aus  Gewohnheit  der  Berichterstatter, 
teils  aber  —  leider  —  auch  mit  Rücksicht  auf  übel  angebrachte 
Sparsamkeit  der  maßgebenden  Instanzen,  auch  in  den  Berichten 
alter  Anstalten  mit  langer  Tradition,  gewaltiger  Schälerzahl  und 
einem  demgemäß  umfangreichen  Interessentenkreise.  Hier  ist  die 
Knappheit    so  gar  nicht   am  Platze,    um  so  weniger,    wenn  man 


>)  Vgl.  dazu  obeo  S.  201  mit  Ann.  2. 


j?j^  Progrtmmweflen  ond  Programnbibliotbek  d.  Ii5h.  Sehol«o, 

findet,  daß  in  denselben  Berichten  der  Abschnitt  I  3,  der  in  der 
oben  (S.  276  f.)  angedeuteten  Beschränkung  in  den  meisten  Fällen 
durchaus  seinen  Zweck  erfüllen  würde,  auf  vielen  Seiten  Jahr 
für  Jahr  immer  wieder  mit  den  erheblichen  Rosten,  die  dadurch 
entstehen,  abgedruckt  wird.  Das  umgekehrte  Verhältnis  wäre 
sicher  noch  etwas  billiger,  und  —  was  die  Hauptsache  —  das 
Publikum  hätte  mehr  Freude  an  der  Sache.  Die  kurzen 
„Chroniken'*  kleiner  Anstalten  möchte  ich  in  diesem  Zusammen- 
bange nicht  besonders  her?orheben,  obgleich  bei  älteren  Schulen 
dieser  Art,  die  zwar  manchmal  wenig  Schüler,  aber  doch  einen 
großen  Interessentenkreis  haben,  auch  naturliche  und  erfreuliche 
Ausnahmen  begegnen.  Aber  bei  manchen  kleineren  Anstalti», 
älteren  wie  jüngeren,  „passiert"  eben  nicht  viel;  eine  lange 
Chronik  würde  in  vielen  Fällen  etwas  Gezwungenes  haben.  Etliche 
rangen  und  ringen  auch  uro  ihre  Existenz;  da  gibt  es  nicht  viel 
Erfreuliches  zu  berichten,  und  man  beschränkt  sich  auf  das  Alier- 
nötigste.  Aber  die  Hehrzahl  der  Anstalten  ist  doch  älteren  Datums, 
und  viele  der  jüngeren  haben  sich  in  kurzer  Zeit  großartig  ent- 
wickelt; in  ihnen  ist  alles  Leben  und  Bewegung,  auch  an  äußerem 
Interesse  kann  es  bei  ihrer  großen  Schülerzahl  nicht  fehlen.  Man 
kann  nun  doch  nicht  gerade  sagen,  daß  das,  was  ein  so  großer 
Organismus  im  Laufe  eines  Jahres  durchschnittlich  an  innerem 
Leben  entwickelt,  auch  das,  was  nach  außen  in  den  Beziehungen 
zum  Publikum  zutage  tritt,  so  armselig  wäre,  daß  es  eine  Gestaltung 
in  Form  einer  Chronik  nicht  lohnte,  die  nicht  bloß  das  rein  Tat- 
sächliche schicklich  mitzuteilen,  sondern  ihm  auch  eine  Form  zu 
geben  weiß,  die  den  Leser,  mag  er  der  Schule  schon  lange 
wohlgeneigt  sein  oder  erst  versuchen,  an  ihr  einiges  Interesse  zu 
gewinnen,  irgendwie  fesselte.  Man  braucht,  um  Möglichkeit 
und  Wirklichkeit  dieser  Momente  zu  erproben,  nicht  nur  Schul- 
chroniken durchzulesen,  die  in  die  Jahre  großer  Ereignisse  fallen, 
wie  1859.  1864,  1866,  1870/1,  1883,  1888,  1890.  1895,  1897, 
1905  (wie  man  sieht,  sind  es  nicht  allein  solche  politischer  Art). 
Unzählige  Berichte  aus  diesen  Zeiten  sind  nicht  bloß  er- 
freulich, sondern  erhebend  zugleich;  nicht  wenige  von  ihnen,  bei 
denen  zu  der  Größe  der  Tatsachen  noch  eine  glücklich  gestaltende 
Hand  kommt,  bereiten  geradezu  ästhetischen  Genuß,  selbst 
dem  anspruchsvolleren  Leser.  Aus  ihnen  lernt  später  der  Kultur- 
historiker, wie  die  große  Weit  draußen,  die  Tat  der  Großen  im 
Reiche  des  Staates  und  der  geistigen  Kultur,  in  der  kleineren 
Welt  der  Schule  sich  spiegelt.  Solche  großen  Jahre  sind  ja  nun 
freilich  selten.  Aber  die  stilleren  Zeiten  zeigen  wiederum  die 
Schule  recht  eigentlich  in  ihrem  Elemente,  der  Arbeit  ihrer 
Lehrer  und  Schüler,  ihrer  Behörden  in  Staat  und  Stadt.  Sie 
wissen  zu  erzählen  von  manchem  Wechsel  in  Personen  und  Ver- 
hältnissen, erfreulichem  Aufschwung  und  hemmenden  Einflüssen, 
von  freundlicher  Teilnahme   hochherziger  Wohltäter,   von  Festen 


voD  R.  UUricli.  287 

und  Sorgen,  von  Besuchen  aus  der  Heimat  wie  aus  weiter  Ferne, 
auch  von    den  ernsten  Stunden,   in  denen  der  Tod    seine  Ernte 
hält  unter  Alten  und  Jungen,  und  von  so  vielem  anderen,  Großem 
und  Kleinem,  das  heute  stärker,  ein  andermal  schwächer  hervor- 
tritt  und    seine  Wirkung   tut.    So    wird   auch    der  Inhalt  der 
Chronik  wechseln,  bald  reicher  sein,  bald  ärmer;  aber  immer  wird 
sie  doch  ein  möglichst  treues  Bild  vom  Leben  der  Schule  geben 
können,  an  deren  Geschick  so  viele  Menschen  teilnehmen.    Auch 
die  Form   der  Darstellung   muß    verschieden   sein   und    ist   es 
auch.    Dem  einen  Berichterstatter   ist  die  Arbeit  nicht  mehr  als 
eine  Gewohnheit;    er  widmet   sich   ihr  gewissenhaft  zwar,    doch 
ohne  besondere    innere  Teihiahme,    während    man   dem  anderen 
deutlich   anmerkt,    daß   er  auch   mit   dem  Herzen    ganz  bei  der 
Sache  war.    Ich  vermeide  es  mit  Absicht,  Beispiele  für  alle  diese 
Tatsachen  anzuführen,    die  sich  dem  ständigen  Leser  aufdrängen, 
wo  er  nur  immer   eine  Chronik   aufschlagen  mag.     Lob  ist  hier 
ebenso  mißlich  wie  Tadel;  der  letztere  besonders  deswegen,  weil 
der  ferner  Stehende  leicht  verletzte,  wenn  er  die  Hand  an  Dinge 
legte,   die   dem  Eingeweihten   ganz   anders  erscheinen   und  ihre 
Berechtigung   haben.     Ich   glaube  aber,    daß   jedem  langjährigen 
Leser  der  Jahresberichte,  in  dessen  Hände  auch  diese  Zeilen  ge- 
langen sollten,   aus  seiner  Erinnerung   manche  Chroniken,    nicht 
bloß  der  eigenen  Anstalt,  wieder  lebendig  werden  mögen,  auf  die 
der  eine  oder  andere  der  Züge  zutrifit,  die  mir  nach  dem  Studium 
von  Hunderten  als  charakterisüscb  erschienen  sind. 

Das  bisher  Erörterte  hat  im  wesentlichen  die  Eigenart  der 
Chronik  und  ihre  Bedeutung  für  den  Kreis  der  Leser  im 
Auge  gehabt,  die  zu  einer  bestimmten  Schule  in  einem 
Pietätsverhältnis  stehen,  wie  ich  es  einmal  nennen  will. 
Selbst  wenn  sie  nur  in  diesem  Sinne  wirksam  wäre,  hätte  sie 
schon  einen  guten  Zweck  erreicht,  und  bei  dem  durchschnittlich 
bescheidenen  Umfang,  den  sie  zu  haben  pflegt,  wäre  die  jährliche 
Aufwendung  der  Kosten  vollauf  gerechtfertigt. 

2}  Aber  ihre  Bedeutung  geht  weiter.  Wie  der  Jahresbericht  im 
ganzen  und  ihre  Summe  bei  Hunderten  von  Schulen  in  verschie- 
denen Provinzen  und  Ländern,  so  stellt  wiederum  jede  einzelne 
Chronik  und  ihre  Gesamtheit  nach  größeren  Einheiten  eine 
wichtige  Quelle  der  Schulgeschichte  und  Schulorgani- 
sation dar  für  jeden  Lehrer  und  Gelehrten,  der  über  den 
Kreis  der  einen  Schule  hinaus  nach  Zusammenhängen  zwischen 
einer  Mehrheit  von  Anstalten  in  der  Gegenwart  sucht  oder  so- 
weit wie  möglich  rückwärts  in  kleinere  oder  größere  Entwick- 
lungen eindringen  will.  Das  bat  man  schon  lange  erkannt,  und  ins- 
besondere  ist  au:$gesprocben  worden  (s.  o.  S.  219),  daß  ohne  diesen 
reichlich  fließenden  Born  zahlreiche  Untersuchungen  überhaupt 
unmöglich  gewesen  wären,  die  unser  Bild  von  dem  Leben  der 
Schuleim  ganzen  wie  in  unendlich  vielen  kleineren  Zügen  in  den  letzten 


25j  Prograrnnwestfo  «ad  Prograttnbjbliothek  d.  höh.  Seholeo, 

Jahrzehnten  so  weseDtlicb  geklärt  haben.  Der  Diskussion  der 
neueren  und  neusten  Zeit  ist  es  vorbehalten  geblieben,  diese  Be- 
deutung zu  verkennen  und  die  Jahresberichte  for  öberflössig  zu 
erklären.  Es  wäre  aber,  scheint  mir,  ein  Widerspruch  seltsamster 
Art,  wollte  man  daran  denken,  auf  diese  wichtigen  Dokumente 
Verzicht  zu  leisten,  gerade  in  einer  Zeit,  in  der  schulorgani- 
satorische Fragen  der  verschiedensten  Art  auf  der  Tages- 
ordnung stehen  und  die  schnigeschichlliche  Forschung 
immer  mehr  Kreise  an  sich  zieht.  Viel  ist  hier  geseheben,  mehr 
noch  bleibt  zu  wQnschen.  „Die  Schulen  kennen  einander  nicht^ 
—  so  wurde  kürzlich  gesagt  (s.  o.  S.  270  A.  3),  leider  nicht  mit 
Unrecht,  und  es  muBte  auch  ausgeführt  werden,  daß  die  Ver- 
tiefung in  ihre  Geschichte  noch  vielen  weit  weniger  er- 
sprießlich und  würdig  erscheint,  als  auf  dem  schon  so  oft  beackerten 
und  hier  und  da  unfruchtbar  gewordenen  Gebiete  einzdner  Fach- 
wissenschaften Ehren  zu  suchen.  Das  Studium  der  Chroniken 
der  Jahresberichte  der  Gegenwart  wird  ein  wesentliches  Mittel 
sein,  die  Kenntnis  der  Organisation  der  Schulen  im  ganzen  zu 
fördern,  systematisches  Eindringen  in  die  Chroniken  früherer  Jahr- 
zehnte aber  mit  dazu  beitragen,  das  schulgeschicbtiiche  Ver- 
ständnis zu  vertiefen.  Das  Gelingen  hängt  von  äufseren  und 
inneren  Umständen  ab.  Die  äufseren  liegen  ganz  wesentlich 
in  der  Art  der  Verwaltung  der  Programmbibliotheken  (Teil  111), 
die  inneren  in  der  zweckmäfsigen  Gestaltung  der  Be- 
richterstattung in  den  Chroniken  selbst. 

Was  müssen  diese  etwa  enthalten,  welchen  Um- 
fang sollen  sie  haben,  auf  welche  Seiten  des  Schul- 
lebens sich  erstrecken,  um  gleichzeitig  dem  engeren 
Interessentenkreise  der  einzelnen  Schule  etwas  mehr 
als  eine  vorübergehende  Unterhaltung  zu  gewähren, 
andererseits  aber  dem  nach  Zusammenhängen  suchen- 
den Schulmann  und  Forscher  des  Studiums  immer 
werter  zu  werden?  Und  andererseits:  Was  ist  in  gleicher 
Rücksicht  zu  meiden,  da  es  Unbehagen  oder  Anstofs 
erregt? 

Wenn  ich  es  unternehme,  diesen  Fragen  näher  zu  treten 
und  sie  vielleicht  in  einigen  Punkten  der  Lösung  näher  zu 
bringen,  so  schmeichle  ich  mir  zunächst  nicht,  das  Ohr  aller 
derer  zu  finden,  die  das  Interesse  jener  Kreise  schlechthin  leug- 
neten oder  die  Jahresberichte  überhaupt  für  ungeeignet  erklärten, 
es  zu  befriedigen.  Das  Interesse  ist  da,  Hunderte  wissen  das; 
und  sie  werden  mir,  hoffe  ich,  darin  beistimmen,  daß  der  un- 
verwüstliche Optimismus,  der  das  Lebenselement  jedes  rechten 
Schulmeisters  ist,  unbeirrt  durch  Unverstand,  Übelwollen  und 
Verkennung  auch  hier  versuchen  muß,  seine  werbende  Tätigkeit 
fröhlich  zu  entfalten.  Kann  er  nicht  alle  gewinnen,  so  muß  er 
sich  an  den  Besten  genügen  lassen.    Ich  glaube  auch  nicht,  daß 


voD  R.  Ullrieh.  2S9 

es  möglich  ist,  aaf  eiDigen  Blättern  den  reichen  Inhalt,  den  die 
Chroniken  haben  oder  haben  sollten,  auszuschöpfen  und  fär  alle 
£inzelfragen  Wege  der  Lösung  zu  zeigen;  dazu  sind  die  Verhält* 
nisse  der  Hunderte  von  Anstalten  in  Deutschland,  Öster- 
reich und  der  Schweiz  viel  zu  verschieden.  Hier  müssen 
auch  andere  helfend  eintreten.  Ich  beschränke  mich  daher  auf  einige 
Hauptpunkte,  die  mir  wesentlich  erscheinen. 

3)  Im  allgemeinen  dürften  die  wichtigsten  Erforder- 
nisse der  Chronik  etwa  folgende  sein:  Im  Hinblick  auf  den 
mannigfaltigen,  an  Stärke  des  Interesses  und  Bildungsniveaus  so 
sehr  verschiedenen  Kreis  der  Leser,  besonders  aber  mit  Rücksicht 
auf  die  Freunde  der  eigenen  Schule,  sei  sie  zunächst  so 
reichhaltig^}  wie  möglich.  Der  Berichterstatter  scheue  sich 
nicht,  aus  den  Ereignissen  des  Schuljahres  auch  solche  zu  er* 
wähnen,  die  ihm  selber  oder  seinen  Kollegen  gleichgiltiger  er- 
scheinen, dem  Publikum  aber  vielleicht  wichtig  sind.  Besser  es 
erhält  zu  viel  Stoff,  aus  dem  jeder  auswählen  kann,  was  ihn 
näher  berührt,  als  zu  wenig,  so  daß  viele  enttäuscht  werden.  Es 
gilt  hier  im  besonderen,  was  schon  oben  (S.  246)  im  allgemeinen 
von  den  Jahresberichten  gesagt  worden  ist.  Dem  Durchschnitts- 
leser des  Jahresberichts  wird  es  kaum  anders  ergehen  als  etwa 
dem  Leser  einer  Zeitung.  Ist  der  Inhalt  zu  dürftig,  so  legt  er 
sie  unbefriedigt  bei  Seite  oder  schafft  eine  andere  an.  Die  Be- 
richterstatter mögen  also  auch  in  der  Chronik  nicht  zu  sehr  das 
bloB  Amtliche  herauskehren,  sondern  auch  dem  rein  Menschlichen 
etwas  Raum  geben.  In  bezug  auf  die  Mitteilung  dessen,  was  im 
engere  nSinne  schulgemäß  ist,  also  das  mehr  Amtliche,  Offizielle, 
wird  ein  Berichterstatter  ja  nicht  leicht  in  Verlegenheit  geraten. 
Neuorganisationen  des  Unterrichts,  Revisionen,  Prüfungen,  Neu- 
anstellungen (mit  biographischen  Notizen),  Versetzungen,  Beförde- 
rungen, Beurlaubungen,  Krankheiten  der  Lehrer,  Schulfeiern  im 
engeren  Sinne,  so  bei  Eröffnung  und  Schluß  des  Schuljahres,  an 
den  patriotischen  und  kirchlichen  Gedenktagen,  auch  bei  Jubiläen, 
Schulreden,  Ausflüge  bieten  den  üblichen  Stoff.  Was  über  diese 
typischen  Bestandteile  einer  Schulchronik  hinaus  noch  mitzuteilen 
sei,  ist  schon  zweifelhafter,  besonders  soweit  das  so  sehr  ver- 
schieden zusammengesetzte  Publikum  des  jeweiligen  Ortes  als 
Leser  in  Betracht  kommt.  Hier  wird  es  gellen,  möglichst  indi- 
viduell zu  verfahren,  den  Bedurfnissen  der  verschiedenen  Ver- 
hältnisse nahe  zu  kommen  zu  suchen,  das  Schema  möglichst  zu 
vermeiden  —  zumal  für  einen  neuen  Direktor  in  neuer  Umgebung 
eine    ziemlich    schwere     Aufgabe,     die     aber     ein     geschickter. 


^)  Ober  B.  Schwalbes  eotsegeogesetste  AnffassDog  vgl.  o.  S.  233f.; 
erfrenlieh  ist,  dafi  auf  der  11.  schlesischeo  Direktoreo-Versamm- 
loDg  (BibL  Abt,  4f  Nr.  1]3)  doch  aach  die  Meioang  hervortrat  (Baehnisch), 
die  Kürze  der  Jahresberichte  sei  ein  Mangel  (S.  240). 

Soitaohf .  f.  d.  Oymnuialwaaon.    LXI.    8npplem«Dth«fL  jf9 


29Q  Pro^rammweseo  und  Programmbibliothek  d.  boh.  Seboleo, 

umsichtiger  Mann,  der  ernstiich  FöhluDg  mit  den  Kreisen  seiner 
Schule  sucht,  sich  auf  mancherlei  Weise  erleichtern  kann,  z.  B. 
auch  auf  dem  oben  (S.  239  und  258  A.  2)  angedeuteten  Wege. 
Daß  der  Berichterstatter  den  reichhaltigen  Stoff  auch  geschidit 
zu  gestalten,  ihn  lesbar  zu  machen  weiß,  ist  eine  persönliche 
Gabe.  Die  einen  leisten  es,  die  anderen  nicht,  und  können  doch 
sehr  kundige,  um  das  Wohl  ihrer  Schule  und  die  Aufrecht- 
erhaltung enger  Beziehungen  zu  deren  Freunden  ernstlich  be- 
mühte Männer  sein.  Sie  werden  sich  damit  begnügen,  eine 
Chronik  zu  liefern,  die  Tatsachen  enthält,  reichhaltig  ist,  daß 
jeder  Leser  etwas  finde,  wohl  geordnet,  daß  er  sich  zurechtfinde, 
genau,  daß  er  sich  darauf  verlassen  kann.  Diese  Treue  in 
der  Wiedergabe  des  Tatsächlichen  scheint  mir  das  zweite 
wichtige  Erfordernis  auch  einer  guten  Schulclironik  zu  sein. 
Der  Durchschnittsleser,  der  von  methodischer  Schulung  unberührt 
ist,  wird  vielleicht  einen  hübsch  geschriebenen,  wortreichen,  auch 
die  kleinsten  Wohltaten  stark  unterstreichenden  Bericht  einem 
rein  sachlichen,  aber  doch  etwas  nüchternen  vorziehen.  Für  jeden 
aber,  der  die  Chronik  für  ernste  Zwecke  benutzen  will,  ist  un- 
bedingte Zuverlässigkeit  des  Mitgeteilten  erstes  Erfordernis. 
Man  sei  also  peinlich  genau  auch  in  Zahlen,  Namen,  Daten, 
deren  es  ja  in  jeder  Chronik  so  manche  zu  verzeichnen  gibt, 
lese  auch  die  Korrektur  sorgfaltig,  damit  auf  den  paar  Seiten, 
die  es  durchschnittlich  doch  nur  sind,  nicht  ein  halbes  Dutzend 
oder  mehr  sinnstörender  Druckfehler  stehen  bleiben.  Auch 
trachte  man  danach,  besonders  wenn  der  Bericht  etwas  länger 
ist,  ihn  durch  geeignete  Gruppierung,  Hervorhebung  von  Stich- 
worten, Absätze  usw.  übersichtlicher  zu  gestalten,  damit  jeder, 
der  auf  Einzelheiten  fahndet,  bald  das  Gesuchte  findet. 

4)  Nun  zu  den  besonderen  Aufgaben.  Die  preufsische 
Verfügung  von  1885  ist  mit  ihren  knapp  sechs  Zeilen,  die  sie 
der  Chronik  widmet^),  doch  bei  weitem  die  ausführlichste  von  den 
in  dieser  Untersuchung  vertretenen  Staaten,  die  (mit  Aus- 
nahme von  Anhalt'),  das  sich  hier  bis  aufs  Wort  an 
Preufsen  anschließt)  meist  nur  ganz  kurze  Andeutungen  für 
diesen  Abschnitt  geben.  Sie  versucht  in  engem,  z.  T.  wört- 
lichem Anschluß  an  die  Verfügung  vom  Jahre  1824')  das  Wich- 
tigste, was  nach  der  Ansicht  der  Regierung  hineingehört,  so  zu 
umschreiben: 

„In  diesen  Absebnilt  geliSreD  [a]  Mitteilaos^n  ober  des  Besiaa 
des^chaljahres,  [fi]  ober  vaterländische,  kirehüclie  and  andere 
Feierlichkeiten,  [^]  über  Veränderonsen  im  LehrerkollesinB« 
[J]  über  Unterbrechungen  des  reselmißisen  Unternchta|Eanse$ 
durch  Krankheit,  Beurlanbans  und  dienstliche  Abwesenheit  von 


1)  Beter  a.  a.  0.  S.  269. 

^)  Hrüffer  a.  a.  0.  S.  395. 

')  Rönne  a.  a.  0.  S.  159,  unter  B. 


voa  R.  Ullrich.  291 

Lehrero,  sowie  [e]  über  aafserordeot liehe  Ereig^nisse,  welche 
sich  wehreod  des  abgelaQfeoen  Jahres  zo^petrageo  haben". 

Die  Rubriken  a — d  haben  demgemäß  ihre  feste  Stelle  in 
allen  Jahresberichten  preufsischer,  auch  vieler  norddeutscher 
Anstalten,  die  sich  stillschweigend,  wie  die  von  Anhalt  ausdröck- 
lich,  an  das  preußische  Muster  angeschlossen  haben;  die  Rubrik  «, 
an  sich  natürlich,  weil  sich  eben  nicht  alle  möglichen  Begeben- 
heiten eines  Schuljahres  an  einer  Anstalt  voraussehen  lassen, 
Jäßt  einen  gewissen  Spielraum  für  die  Berichterstattung  in  der 
Chronik,  und  die  Verfasser  machen  von  dieser  Freiheit  den  ver- 
schiedensten Gebrauch.  Ohne  auf  alle  Einzelheiten  einzugehen, 
möchte  ich  Ober  diejenigen  der  hier  genannten  Rubriken  [a—d\ 
«inige  Bemerkungen  machen,  die  entweder  in  der  Diskussion 
über  die  Sache  eine  gewisse  Rolle  gespielt  haben  oder  mir, 
im  Gegensatz  zu  dem  bis  jetzt  meist  üblichen  Brauch,  der 
Verbesserung  und  Ausgestaltung  bedürftig  erscheinen,  sowie 
endlich  zu  [«]  einige  Gegenstände  hervorheben,  die  bisher  in 
den  Chroniken  gar  nicht  oder  nur  unvollkommen  zur  Geltung 
gekommen  sind,  aber  m.  E.  der  Beachtung  und  Förderung  im 
Interesse  von  Schülern  und  Lehrern,  Gelehrten  und  Publikum, 
auch  der  Behörden,  wohl  bedürfen. 

(Za  \ß\)i    Offixielle  Schalteiero  uod  Schnlredea. 

Von  vaterländischen  Gedenktagen  feiern  alle  Schulen  der- 
einzelnen  Staaten  regelmäfsig  Kaisers  Geburtstag,  die  Geburts 
tage  der  Landesherren,  den  Sedantag,  von  kirchlichen  die  evange- 
lischen das  Reformationsfest,  die  katholischen  mehrere  hohe 
Festtage,  außerdem  etliche  ihren  Sliftungstag,  Gedenktage  von  Wohl- 
tätern, auch  der  im  Schuljahre  verstorbenen  Angehörigen  der 
Anstalt  (Ecce).  Dazu  kommen  die  regelmäßig  wiederkehrenden 
Feiern  zur  Entlassung  der  Abiturienten.  Außerdem  begeht  von 
aufserordentlichen  Festen  [c],  die  ich  aus  Zweckmäßigkeits- 
grunden  gleich  hier  anschließe,  bald  diese,  bald  jene  Schule  ein 
Schuljubiläum,  die  Einweihung  eines  neuen  Hauses,  die  Einführung 
eines  neuen  Direktors,  den  Abschied  von  Direktoren  oder  Lehrern, 
das  fünfzigjährige  Dienstjubiläum  eines  Direktors  oder  Lehrers 
und  noch  manche  andere  Feier,  die  besondere  Verhältnisse  von 
Staaten  oder  Städten  veranlassen. 

Bei  allen  solchen  Festen  werden  Reden  gehalten»  lange 
und  kurze,  typisch-ofGzielle  und  herzlich  bewegte,  für  die  Schul- 
gemeinde wohl  geeignete  und  wenig  verständliche  usf.  Als 
Redner  kommen  in  Betracht  Mitglieder  der  Behörden,  Direktoren, 
Lehrer,  gelegentlich  auch  Schuler,  so  besonders  beim  Reformations- 
fest. Sollen  diese  Reden  in  der  Chronik  erwähnt, 
unter  Umständen  auch  ganz  abgedruckt  werden?  Von 
dem  Gesichtspunkte  der  Befriedigung  der  Eitelkeit,  der  gelegentlich 

19* 


292  Pro^rammweseo  and  Pro^rammbikliothek  d.  boh.  Schaleo, 

hier  gellend  gemacht  worden  ist^),  sehe  ich  ab.  An  diesen 
Reden  hat  die  engere  und  weitere  Schulgemeinde  durchaus  Inter- 
esse, falls  man  sie  nicht  bloß  als  Gewohnheitsprodukte  auffaßt, 
sondern  auch  in  ihnen  wichtige  Zeugnisse  vom  Leben  der  Schule» 
insbesondere  von  den  Bemfihungen  der  Redner  sieht,  der  je- 
weiligen Veranlassung  nach  Gedanken  und  Form  möglichst  ge- 
recht zu  werden.  Eine  bloße  Erwähnung,  daß  Professor  X.  zu 
Kaisers  Geburtstag  die  Festrede  gehalten  habe,  hat  freilich  wenig 
Zweck.  Mindestens  muß  auch  das  Thema  mit{(eteilt  und  vielleicht 
häufiger,  als  geschieht,  der  Inhalt  kuri  wiedergegeben  werden. 
Das  wird  in  vielen  Fällen  ausreichen.  Vor  Gelehrten  zu  aprecben 
ist  für  den  Redner,  der  seinen  Speziaigegenstand  gründlich  be- 
herrscht und  auf  jeden  Einwurf  in  der  Diskussion  gefaßt  ist, 
nicht  besonders  schwer;  viel  schwieriger  ist  es  für  den  Lehra-^ 
eine  Schulrede  so  einzurichten,  daß  sie  dem  Durchschnitt  der 
Schölergemeinde  verständlich  ist.  Empfindet  doch  schon  der  Ge- 
schichtslehrer im  Klassenunterricht,  wie  schwer  es  ist,  selbst  für 
im  wesentlichen  Gleichaltrige  den  rechten  Ton  zu  treffen.  Ich 
habe  einmal  eine  Rede  dieser  Art  über  die  Waldenserhelden  ge- 
hört, die  auch  die  Schüler  fesselte,  wie  man  an  ihrer  gespannten 
Aufmerksamkeit  wahrnehmen  konnte,  ein  andermal  eine  solche 
über  den  Freiherrn  vom  Stein,  die  voll  feiner,  z.  T.  neuer  Ge- 
danken war  (es  war  vor  dem  Erscheinen  von  M.  Lehmanns 
Werk)  und  die  Lehrer  außerordentlich  interessierte,  für  die  Schüler 
aber,  selbst  die  Primaner,  viel  zu  hoch  war,  so  daß  ein  Kollege 
nachher  auf  Matth.  VU  6  verwies.  Eine  Programmabhandlung 
etwa  über  das  Thema:  „Eine  Schulrede,  wie  sie  sein  soll  und 
wie  nicht,  mit  Erläuterungen*'  könnte  sehr  lehrreich  sein.  Findet 
ein  Direktor  oder  die  Lehrer,  daß  eine  derartige  Rede,  gerade  in 
Rücksicht  auf  die  Schülergemeinde,  besonders  wohl  gehingen 
war,  so  sollten  sie  den  Redner  veranlassen,  sie  im  Programm 
abdrucken  zu  lassen.  Das  ist  zwar  keine  Bereicherung  der  Fach- 
wissenschaft, wohl  aber  eine  methodische,  zum  Nachdenken  auf- 
fordernde Anregung  für  den  Kreis  der  Kollegen,  nicht  bloß  der 
einen  Anstalt.  Reden,  die  bei  aufserordentlichen  An- 
lässen, wie  Schul-  und  Lehrerjubiläen  und  ähnlichen  Gelegen- 
heiten, gehalten  werden,  sollten  durchweg  vollständig  in  der 
Chronik  wiederholt  werden,  auch  die  bei  der  Entlassung  von 
Abiturienten  gehaltenen').  Sie  sind  wichtige  Dokumente  für 
bedeutsame  Wendepunkte  des  Schullehens;  allzu  lang  pflegen  sie 
ja  meist  nicht  zu  sein,  schon  weil  bei  vielen  solcher  Gelegen- 
heiten fast  immer  mehrere  Redner  das  Wort  ergreifen.  Ob 
längere  Reden  bei  anderen  Schulfeiern,  soweit  sie  den  üblichen 

Raum  der  Chronik   überschreiten,    gesondert   als  Programm  bei- 

■■ • 

1)  Vgl.  H.  Malier  t.  ■.  O.  S.  10. 

*)  Vfl.  4mvl  f.  Pi«tBker  a.  a.  0.  S.  413;   M.  Nath,   MmuUsckr.  f. 

höh.  Seh.  VI  (1907)  S.  41. 


voD  R.  Ullrieh.  293 

lagen  —  ev.  mehrere  zu  einer  Sammlung  Tereinigt  -^  abzu- 
drucken aind,  muß  man  der  Selbsterkenntnis  des  Redners,  auch 
sachlichem  Beirat  seiner  Freunde  Oberiassen.  Es  gab  und  gibt 
unter  solchen  Reden  genug,  die  über  den  Durchschnitt  hinaus- 
^hen,  oft  nicht  blofi  alte  Gedanken  in  neuer  Verknöpfung  zeigen, 
sondern  auch  ganz  neue  Fragen  anregen,  wirkliche  Muster  redne- 
rischer Prosa,  mit  denen  man  zahlreiche  Parlameatsreden  unserer 
Tage,  die  gehört  und  auch  gedruckt  werden  müssen,  gar  nicht 
in  einem  Atem  nennen  kann.  Das  Verzeieknis  amgtmähUeir  Pro^ 
gramme  (o.  S.  35 — 122)  bietet  genug  Beispiele.  .  Ich  bin  also 
durchaus  der  Meinung,  daB  ihr  Abdruck  in  der  Chronik  (und  ev. 
gesondert)  den  Zwecken  der  engeren  und  weiteren  Schulgemeinde 
entspricht.  Reifere  Schüler  der  Anstalt  können  sie  Jetzt  und 
später  auf  sich  wirken  lassen  (s.  o.  S.  240),  ehemaligen  (S.  241) 
geben  sie  immer  wieder  ein  Stück  vom  Leben  ihrer  alten  Schule 
und  ihrer  Lehrer,  für  umfassendere  geschichtliche  Betrachtung 
sind  sie  gar  nicht  zu  entbehren,  als  ein  Ausdruck  des  Geistes 
des  SchttUebens  in  bestimmten  Zeiten  und  Orten,  als  ein  Mittel 
der  Charakteristik  bedeutender  Persönlichkeiten,  nicht  bloß  derer, 
von  denen  sie  stammen,  sondern  auch  derer,  von  denen  sie 
handeln.  Und  daß  sie  in  letzterer  Beziehung  biographischen, 
überhaupt  historischen  Wert  haben  können  und  tatsächlich 
oft  gehabt  haben,  ist  doch  wohl  deutlich.  Das  trifft  besonders  auf 
Nekrologe  zu,  die  darum,  sie  mögen  so  tief  wie  immer 
empfunden  sein,  doch  weniger  das  panegyrische  Moment  als  viel- 
mehr das  der  geschichtlichen  Treue  in  den  Vordergrund  zu 
stellen  hätten,  auch  soweit  es  sich  um  äußere  Lebensdaten,  Titel 
von  Werken,  die  der  Verstorbene  verfaßt  hat  u.a.m.  handelt. 
Scheut  sich  der  Redner,  wie  erklärlich,  soldie  Dinge  der  ge- 
sprochenen Rede  einzufügen,  weit  sie  ihren  Eindruck  schwächen, 
so  steht  nichts  im  Wege,  sie  der  gedruckten  in  Form  von  An- 
, merkungen  beizugeben,  deren  recht  genaue  Redigierung,  auch 
bei  der  Korrektur,  unbedingt  notwendig  ist.  Wir  sind  über  das 
Leben  mancher  bedeutender  Schulmänner  der  letzten 
Jahrzehnte  nicht  so  gut  unterrichtet,  wie  man  wünschen 
möchte;  hier  können  die  Nekrologe  der  Anstakschroniken  also 
viel  Gutes  stiften.  An  welchen  Schulen  der  Verstorbene  gewirkt 
.  und  was  er  sonst  geleistet  hat,  wissen  Kundige  in  der  Regel  oder 
können  wenigstens  das  erstere  meist  leicht  ermitteln;  über  viele 
wertvolle  Einzelheiten  der  letzteren  Art  aber  sich  einigermaßen 
vollständig  zu  unterrichten,  hält  oft  sehr  schwer.  Man  be- 
nutze also  diese  günstige  Gelegenheit!  In  geringerem  Umfange 
bietet  sie  sich  auch  schon  in  bezug  auf  Lebende;  ich  meine  die 

(Zu  [y]):  Veränderniis^ii  lia  LehrerkollesiniD. 

Biographische    Angaben     üher     neu     eintretende 
Lehrer.     Diese  Rubrik    hat  sich    meist  nicht   des  Beifalls  der^ 


^^  Programmweseii  ojid  Programmbibliotkek  d.  hSh.  Seholen, 

jenigen  erfreut,  die  zur  Frage  der  Jahresberichte  und  ihres  nötigen 
und  unnötigen  Inhalts  das  Wort  ergriffen  haben  ^).  Von  Standes 
wegen  fand  man  sie  ungehörig,  und  ein  nicht  besonders  ge- 
schmackvolles Schlagwort»  das  einmal  jemand  für  die  Sitte  ge* 
prägt  hatte,  machte  bald  die  Runde^).  Diese  biographischen  An- 
gaben gehen  nun,  wie  hervorzuheben  ist,  kaum  irgendwo  auf 
bestimmte  behördliche  Anordnungen  zurück.  Sie  haben  sieb 
vielmehr  nach  und  nach  von  selbst  eingestellt;  und  nachdem  die 
eine  oder  andere  Anstalt  sie  gebracht  hatte,  fanden  sie  bei  vielen 
Eingang  und  sind  uns  heute,  besonders  in  den  norddeutschen 
Berichten,  eine  gewohnte  Erscheinung.  Daß  bei  diesen  biographischen 
Angaben  Ungehörigkeiten,  ja  Taktlosigkeiten  des  Bericht- 
erstatters unterlaufen  können,  ist  selbstverständlich;  wo  gäbe 
es  dergleichen  nicht!  Aber  auch  hier  hätten  vereinzelte  Vor- 
kommnisse solcher  Art*)  nicht  dazu  führen  sollen,  das  Gute,  was 
m.  E.  doch  in  diesem  Brauche  liegt*),  im  ganzen  zu  verkennen. 
Dero  Mißbrauch  im  einzelnen  kann  am  ehesten  dadurch  abge- 
holfen werden,  daß  nicht  der  Direktor  diese  Notizen  zusammen- 
stellt, sondern  den  Neueingetretenen  selbst  berichten 
läfst,  wie  mit  Recht  oft  geschiebt.  Denn  was  kann  er  von  der 
Entwicklung  des  jungen  Oberlehrers  viel  wissen,  den  er  doch 
erst  kurze  Zeit  kennt,  oder  gar  von  der  eines  älteren,  von  einer 
anderen  Anstalt  ilbertretenden  Professors  I  Ich  meine  nämlich, 
daß  diese  biographischen  Abrisse  nicht  bloß  die  paar  üblichen 
äußeren  Lebensdaten»  Ort  und  Zeit  des  Studiums,  der  abgelegten 
Prüfungen,  etwa  schon  früher  bekleideter  Stellungen,  Titel  einiger 
Schriften  usf.  enthalten  sollten.  Das  ist  wirklich  zu  dürftig. 
Es  wäre  vielmehr  auch  etwas  davon  zu  sagen  (soweit  nicht  Rück- 
sichten auf  Lebende  entgegenstehen),  welche  Lehrer  auf  den  Neu- 
eingetretenen in  der  Schule  und  auf  der  Universität  besonderen 
Einfluß  geübt  haben,  von  welcher  Seite  er  sonst  bestimmende 
Eindrücke  erfahren,  ob  er  wissenschaftliche  Reisen  gemacht  hat, 
zu  welchen  Zwecken  und  mit  welchem  Ergebnis,  welche  Schriften 
er  veröffentlicht  hat  (bei  wichtigeren  mit  einigen  erläuternden 
Bemerkungen),  ev.  welchen  Unterricht  er  an  früheren  Schulen 
erteilt  hat,  ob  er  etwa  auf  politischem,  kirchlichem  Gebiete  oder 
sonst  irgendwie  hervorgetreten  ist  —  lauter  Dinge,  über  die  der 
betr.  Lehrer  selbst  ja  wohl  am  besten  Bescheid  zu  geben  wüßte.  Zu 
lang  dürfte  es  natürlich  nicht  werden,  aber  auf  einer  halben  oder 
viertel  Seite  in  4  ®  läßt  sich  auch  in  knapper  Zusammenfassung 
doch  ein  Bild  geben,  das  nicht  bloß  dem  engeren  Schulkreise  (s. 

M  \gl  über  diese  Frage  oben  S.  157,  191,  205,  257. 

>)  \gl  z.  B.  [0.  N.]  Päd,  ^oehenbL  I  (1891/2)  S.  94;  H.  Moller 
a.  a.  O.  8.  10. 

S)  Vgl.  z.  B.  [o.  JH.]  Päd.  J^ochenhl  I  (1891/2)  S.  94. 

<)  Mao  erinnere  sich  aocb  hier  der  vortrefflidien  Worte  von  Laten- 
dorf  (s.  0.  S.  219). 


von  R.  Ullrich.  296 

0.  S.  289)  etwas  mehr  bedeutete  als  die  jetzt  in  der  Hehrzahl 
der  Fälle  vorliegenden,  etwas  schematisch  aneinander  gereihten 
Notizen,  sondern  auch  für  die  Geschichte  der  Anstalten  und 
oft  auch  die  Schulgeschichte  im  ganzen  dauernden  Wert  be- 
hielte^), besonders  wenn  es  (vgl.  schon  oben  S.  267)  auch  in  allen 
Einzelheiten  treu  ist.  Findet  der  für  die  Chronik  verantwortliche 
Direktor  der  Anstalt  an  dem  von  seinen  jüngeren  oder  älteren 
Kollegen  eingereichten  Bericht  nach  Inhalt  oder  Form  etwas  aus- 
zusetzen, so  wäre  es  wohl  nicht  zweckmäßig,  eigenmächtig  Ände- 
rungen vorzunehmen,  sondern  böte  Gelegenheit  mit  jenen  selbst 
sich  über  die  Sache  zu  verständigen.  Es  kann  das  ein  neuer 
Anlaß  sein,  Vorgesetzte  und  Untergebene  einander  innerlich  näher 
zu  bringen,  die  sich  doch  heute  auch  da,  wo  ein  sogenannter 
„gesellschaftlicher"  oder  „geselliger**  Verkehr  besteht,  oft  herzlich 
fremd  gegenüberstehen,  was  geistiges  Sichverstehen  betrifft.  Und 
daß  die  Kollegen,  überhaupt  der  engere  Kreis  der  einen  Schule 
oder  einer  Mehrzahl  solcher,  von  der  bisherigen  Entwicklung  des 
neuen  Hitarbeiters  ein  wenig  mehr  erfahren,  ist  nicht  bloß 
wünschenswert,  sondern  z.  B.  für  das  Interesse  der  Standes- 
genossen an  Leben  und  Streben,  das  oft  schon  schätzenswerte 
Leistungen  gezeitigt  hat,  bei  jedem  der  Ihrigen  recht  notwendig. 
Darum  schwächt  es  auch  die  Wirkung  dieser  Uitteilungen  er- 
heblich, wenn  sie  auf  verabschiedete  Lehrer  beschränkt  bleiben 
(vgl.  0.  S.  157).  Ich  meine,  daß  unsere  Vorfahren  im  Amte, 
die  diese  biographischen  Angaben  nicht  auf  amtliche  Bestimmungen 
hin,  sondern  freiwillig  einführten,  die  richtige  Empfindung 
hatten,  hiermit  einen  schätzenswerten  Beitrag  zur  Herstellung 
einer  Art  von  geistigem  Zusammenhang  zwischen  den  Gliedern 
der  engeren  oder  weiteren  Schulgemeinde  zu  liefern,  mochte  er 
auch  zunächst  noch  so  bescheiden  sein.  Was  will  es  aber 
heute  sagen,  wenn  man  den  „Stand**  zu  heben  unternimmt,  zu- 
gleich aber  einen  Weg  sperren  will,  auf  dem  seine  Hitglieder  — 
soweit  sie  sich  persönlich  ferner  stehen  —  einander  näher  treten 
können!  Es  ist  das  wieder  einer  jener  schwer  begreiflichen 
inneren  Widerspräche,  die  uns  in  der  Diskussion  des  Programm- 
wesens bei  denen  begegnen,  die  in  bestem  Glauben  zwar,  aber 
doch  zu  einseitig  und  ohne  Würdigung  größerer  Zusammenhänge 
die  Erreichung  guter  Zwecke  wollten,  aber  den  Wert  so  vieler  dazu 
schon  vorhandener  Hittel  verkannten,  die  nicht  besonderer  neuer 
Mühen  oder  Kosten,  sondern  nur  verständiger  Pflege  bedürfen,  um 
ihrer  Wirkung  sicher  zu  sein.  Wer  ein  aufrichtiger  Freund  solcher 
Zusammenhänge  ist,  helfe  also  dazu,  auch  dieses  so  unscheinbar 
scheinende  Stück  des  Schulorganismus  verständig  auszubauen;  es 
wird  zur  Stärkung  des  Ganzen  dienen. 


^)  Der    Kaoze-Kaleoder,     aof   den    der    Aator    der    Grensboten 
(1901)  8.342  verweist,  kaon  diese  Mitteilaog^en  doch  nicht  ersetzen. 


296  Pro^ranmwesen  aod  Programnbibliotliek  d.  höh.  SchaieD, 

Die  Erfüllung  dieser  wohl  berechtigteo  Wünsche,  die  ja, 
wie  jedermann  sieht,  bei  einigem  guten  Willen,  ihre  Beweggründe 
zu  verstehen,  nicht  schwer  ist,  erfordert  weder  erheblichen  Auf- 
wand an  Zeit  noch  an  Kosten,  an  letzteren  um  so  weniger,  wenn 
ein  anderer  Teil  der  Chronik  erheblich  eingeschränkt  wird,  der 
vielfach  dafür  einen  desto  breiteren  Raum  einzunehmen  pOegt, 
nämlich  die 

(Zu  [S]):   Mitteilaogen  über  Kraokbeiten  und  Boarlaobangea 

von  Lehrern. 

Hier  geschieht  an  den  meisten  Stellen  des  Guten  (oder  viel- 
mehr nicht  Guten)  zu  viel.  Mit  peinlicher  Gewissenhafligkeic 
füllen  noch  jedes  Jahr  viele  Berichterstatter  ihre  Chronik,  manch- 
mal eine  halbe  Seite,  damit,  uns  mitzuteilen,  dafi  der  Direktor 
oder  Kollege  A.  wegen  eines  Trauerfalls  zwei  Tage,  B.  oder  C 
wegen  einer  Unpäßlichkeit  (die  wiederum  umständlich  erläutert 
wird)  1  Vt  Tage  gefehlt  hat,  oder  D.  wegen  einer  Reise  zu  einer 
Familienfestlichkeit  einen  Tag  beurlaubt  gewesen  ist  —  von  anderen, 
teils  ungehörigen,  teils  ans  Lächerliche  streifenden  Buchungen 
ganz  abgesehen 0*  Diese  Dinge  sind  wirklich  schon  an  sich  für 
keinen  der  hier  in  Betracht  kommenden  Interessentenkreise  von 
besonderer  Bedeutung,  noch  weniger  verdienen  sie  gar  im  Druck 
für  alle  Zeiten  verewigt  zu  werden.  Wie  wenige  verstehen  es 
hier,  die  schon  mehrfach  auch  in  dieser  Arbeit  betonte  alte  Schul- 
meistertugend  der  Unterscheidung  des  Wesentlichen  und  Unwesent- 
lichen zu  üben! 

Was  insbesondere  die  Krankheiten  betrifft,  so  kann  es 
schwerlich  in  der  Absicht  der  verfügenden  Behörde  gelegen  haben, 
die  Drucklegung  solcher  kleinen  und  kleinsten  Vorkommnisse  zu 
wünschen;  vielleicht  wäre  es  im  Hinblick  auf  den  Cbereifer  vieler 
auch  hier  registrierfroher  Berichterstatter  zweckmäßig  gewesen, 
in  der  Verfügung  von  1885  den  Zusatz  von  1824,  der  „längere 
Krankheilen*'  hervorhob,  zu  belassen.  In  der  Tat  sind  diese  eine 
in  das  Leben  der  Schule  einschneidende  und  dazu  die  Teilnahme 
aller  ihrer  Glieder,  gegenwärtiger  und  früherer,  erweckende  Sache, 
und  es  ist  ebenso  verständlich,  wenn  der  glücklichen  Wieder- 
herstellung eines  lange  krank  gewesenen  Kollegen  auch  in  der 
Chronik  freundlich  gedacht  wird.  Alles  übrige  aber  kann  ohne 
Schaden  fortbleiben;  es  müßte  denn  sein,  daß  sich  das  Fehlen 
von  Lehrern,  auch  von  Schülern,  aus  kleineren  Anlässen  an 
einer  Anstalt  im  Laufe  eines  Jahres  so  gehäuft  hat,  daß  es  auch 
für  den  Berichterstatter  geraten  ist,  den  allgemeinen,  vielleicht 
tieferen  Gründen,  die  sehr  verschiedener  Art  sein  können,  nach- 
zuforschen und  auf  Abhilfe  bedacht  zu  sein.    Aber  auch  in  solchen 


0  Vgl.  Seh.,  Päd.  ff'ochenbi,  II  (1892/3)  S.  109;    H.  Miller,  a.a.O. 
S.  10. 


voo  R.  Ullrich.  29t 

Fällen  wfirde  eine  allgemeine  Erwähnung,  wenn  nötig  unter 
Angabe  der  wirklichen  oder  sehr  wahrscheinlichen  Grönde,  und 
womöglich  unter  Hinzufögung  der  getroffenen  Abhilfe,  genügen. 
Auch  in  bezug  auf  Angabe  von  Beurlaubungen  aus 
anderen  Grönden  wird  künftig  mehr  Maß  zu  halten  sein.  Es 
kommt  hier  indessen  vielleicht  nicht  so  sehr  auf  den  Umfang  als 
auf  den  Grund  an.  Das  auf  rein  persönliche  Verhältnisse  Bezög- 
liehe  braucht  nicht  angeführt  zu  werden.  Wird  aber  ein  Lehrer 
als  Geschworener  oder  Schöffe  oder  zu  einer  militärischen 
Obung  einberufen,  zur  Besichtigung  einer  Ausstellung,  für 
wissenschaftliche  oder  Schulzwecke,  zu  einem  Kongreß  von 
Fachgelehrten  oder  Fachgruppen  der  Schulmänner  selbst,  einem 
Fortbüdungskursus  oder  sonst  zu  einer  Reise  im  Dienste  der 
Schule  oder  Wissenschaft  beurlaubt,  erhält  er  Urlaub  oder  Ent- 
lastung zur  Förderung  irgend  welcher  wertvoller  Arbeiten,  wird 
er  zu  dem  Jubiläum  einer  andern  Schule  oder  einer  andern  wissen- 
schaftlichen Anstalt  als  Vertreter  abgeordnet,  so  gehören  alle  diese 
Dinge  durchaus  in  die  Chronik,  mag  die  Dauer  des  Urlaubs  auch 
nur  eine  ganz  kurze  sein.  Für  die  Lehrer  der  eignen  Schule, 
die  das  meiste  von  dem  Genannten  ohnehin  wissen,  wäre  die  An- 
fuhrung zwar  entbehrlich;  nicht  so  aber  für  die  Schüler,  gegen- 
wärtige und  frühere,  das  Publikum,  die  Kollegen  andrer  Schulen  und 
überhaupt  alle,  die  sonst  noch  an  der  betr.  Schule  Anteil  nehmen. 
Insbesondere  hört  das  Publikum  auch  dadurch  etwas  mehr  von 
manchen  Veranstaltungen  oft  allgemeiner  Bedeutung,  als  die  kleinere^ 
Lokalblätter  zu  melden  pflegen,  was  für  die  vielfachen  Förderungen, 
die  die  Schule  im  ganzen  durch  viele  solcher  Einrichtungen  erfährt, 
keineswegs  gleichgültig  ist.  Und  haben  gar  gewisse  Kreise  des 
Publikums,  wie  z.  B.  die  Mitglieder  städtischer  Kuratorien  oder 
diejenigen,  die  diesen  nahestehen,  direkten  Einfluß  auf  die 
Teilnahme  der  Lehrer  an  manchen  dieser  Dinge,  soweit  z.  B.  die 
Gewährung  eines  Urlaubs  von  mehr  als  einer  Woche  und  ev.  die 
Bereitstellung  außerordentlicher  Mittel  für  solche  Zwecke  in  Frage 
kommt,  so  ist  es  durchaus  angemessen,  wenn  alle  Tatsachen  dieser 
Art  regelmäßig  und  überall  in  der  Chronik  ihre  Stelle  finden. 
Es  ist  so  überaus  wichtig,  daß  auch  die  Väter  der  kleinen  und 
kleinsten  Gemeinden,  die  eine  höhere  Schule  zu  unterhalten  haben, 
immer  mehr  zu  der  Ansicht  kommen,  daß  der  Lehrer  einer  höheren 
Unterricbtsanstalt  nicht  bloß  dazu  da  ist,  sein  Pensum  jahraus 
jahrein  schlecht  und  recht  abzuarbeiten,  sondern  auch  von  Zeit 
zu  Zeit  einmal  eine  geistige  Erfrischung  nötig  hat,  um  vor  dem 
Einrosten  bewahrt  zu  bleiben.  Dazu  dient  aber  viel  weniger 
Bücherstudium  als  die  Gewinnung  lebendiger  Anschauungen,  Ver- 
kehr mit  bedeutenden  Persönlichkeiten,  die  unter  anderen  Ver- 
hältnissen leben  und  arbeiten.  Jede  kleine  Störung,  die  der  ge- 
wöhnliche Unterrichtsbetrieb  durch  derartige  Beurlaubungen  natur- 
gemäß immer  erleidet,   auch  wenn  eine  durchaus  geeignete  Ver- 


298  ProgrammweieD  nod  Programmbibliotbek  d.  hSh.  SclmleB, 

tretung  sofort  vorhanden  ist,  wird  doch  wohl  meistens  reichlich 
durch  das  geistige  Kapital  au^ewogen,  das  der  Beurlaubte 
neu  in  seinen  Wirkungskreis  mitbringt  und  in  dessen  Dienst  ver- 
wendet. Wissen  aber  die  erwähnten  Väter^der  Stadt,  daB  Be- 
urlaubungen zu  solchen  Zwecken  auch  da  und  dort  geschehen,  so 
wollen  sie  in  der  Regel  nicht  zurückbleiben;  auch  das  Publikum, 
soweit  es  Ober  die  materiellen  Interessen  des  Tages  hinausstrebt, 
hat  ja  vielfach,  auch  in  neuerer  Zeit,  seinen  Anteil  an  der  wissen- 
schaftlichen Förderung  der  praktischen  Schulmänner  durch  Ge- 
währung von  Mitteln  fQr  solche  Zwecke  durch  die  Tat  bewiesen*); 
aber  es  muß  natürlich  erfahren,  ob  und  wo  dergleichen  not- 
tut, um  nicht  bloß  in  der  Stiftung  von  Schülerstipendien,  die 
zumal  an  alten»  reich  damit  gesegneten  Anstalten  nur  zu  oft  der 
Mittelmäßigkeit  zugute  kommen,  die  beste  Förderung  der  Aufgaben 
der  höheren  Schule  zu  erblicken,  sondern  auch  für  ihre  größeren 
Zwecke  Verständnis  zu  gewinnen  und  ihre  tatkräftige,  oft  so  leichte 
Hitwirkung  besonders  da  zu  gewähren,  wo  Staat  und  Gemeinden 
an  der  Grenze  der  Leistungsfähigkeit  angelangt  sind.  So  erzähle 
man  denn  in  der  Chronik  gewissenhaft  und  ausführlich,  was  immer 
auf  diesem  Gebiete  zu  melden  ist 

(Za  [c]):  Attfierordeatliehe  BreigDifie. 

Die  Mannigfaltigkeit  dessen,  was  unter  dieser  in  einer  all- 
gemeinen Verfügung  natürlich  kaum  zu  spezialisierenden  Ober- 
schrift in  einer  Chronik  Aufnahme  finden  kann  und  auch  findet, 
ist  natürlich  groß.  Die  besonderen  Verhältnisse  jeder  Anstalt 
sprechen  dabei  mit.  Ich  möchte  aus  dem,  was  ich  in  vielen 
Hunderten  von  Berichten  Passendes,  z.T.  für  alle  Anstalten 
Mögliches,  Nützliches  und  im  Sinne  der  von  mir  vertretenen  An- 
schauungen vom  Zwecke  der  Jahresberichte  fast  Notwendiges  ge- 
funden habe,  einiges  mitteilen  und  begründen,  außerdem  noch 
Bemerkungen  hinzufügen  über  Dinge,  die  mir  selten  oder  nie 
begegnet  sind,  aber  vielleicht  im  Rahmen  der  bestehenden  Ver- 
fügungen wohl  verwendbar  scheinen.  Ich  hebe  fünf  heraus: 
ao.  Schulausflüge  und  ähnliche  Veranstaltungen,  ßß.  Ge- 
schenke, yy.  Besuche,  dd.  Angaben  über  die  Verstorbenen 
aus  dem  Kreise  der  Anstalten  —  in  weiterem  Sinne  ge- 
nommen —  und  endlich  auch  entsprechende  bb,  Angaben  über 
die  Lebenden. 

oa.  Die  Schulausflüge  sind  eine  alte  Einrichtung  der  An- 
stalten und  noch  heute  um  ihrer  erziehlichen  Wirkung  willen 
hochgeschätzt.  Im  letzten  Jahrzehnt  haben  sie  nicht  selten  den 
Charakter  wirklicher  Reisen  angenommen,  die  teils  zur  Erfrischung 
des  Körpers,   teils    dazu   unternommen  werden,    um  Unterrichts- 


>)  Vfl.   z.  B.   Jahresber.  v.  Dt.-Wilmersdorf  G.  1906    S.  38,   dgl 
Rheioe  G.,  z,  B.  1906,  S.  27. 


von  «.Ullrich.  299 

zwecke  durch  Anschauungen  in  der  Natur  und  Kunst  zu  unter- 
stützen. Wie  ich  im  allgemeinen  über  solche  Reisen  denke,  ins- 
besondere welche  Art  mir  nach  Ziel  und  Umfang  zweckmäßig 
scheint,  habe  ich  oben  (S.  284 f.;  vgl.  auch  S.  146)  ausgefflbrt.  Wie 
soll  sich  der  Jahresbericht  dazu  verhalten?  Ich  denke,  er  soll  so 
ausfuhrlich,  so  individuell  wie  möglich  sein.  Gerade  hier  sind 
doch  die  Eltern  besonders  interessiert;  sie  haben  die  Söhne  mit 
auf  die  Reise  geschickt,  ihr  Geld  geopfert,  oft  viel  zu  viel  sogar 
(a.  a.  0.).  Sie  möchten  nun  doch  auch  von  berufener  Seite  hören, 
wie  es  gewesen  ist,  und  würden  auf  diese  Weise  manches  erfahren, 
was  ihnen  in  den  Erzählungen  der  Knaben  oder  Jünglinge  nicht 
begegnet  ist.  Wenn  es  sich  um  größere  Reisen  handelt,  wo  das 
Moment  der  Belehrung  eine  bedeutendere  Rolle  spielt,  ist  das  ganz 
zweifellos.  Aber  auch  in  der  Berichterstattung  über  die  üblichen 
Schulausflüge  sei  man  etwas  mitteilsamer  und  vermeide  so  all- 
gemeine Wendungen  wie  die,  daß  an  diesem  oder  jenem  Tage 
die  verschiedenen  Klassen  unter  Führung  ihrer  Lehrer  die  üblichen 
Ausflüge  gemabht  hätten.  Davon  hat  kein  Leser  etwas.  Man 
teile  Näheres  mit  über  Wohin  und  Wie.  Nicht  jeder  Bericht- 
erstatter hat  Sinn  dafür,  verhältnismäßig  einfache  Dinge  so  zu 
erzählen,  daß  sie  dem  Leser  etwas  bieten,  der  Ton  wird  nicht 
immer  getroffen;  das  „herrliche  Wetter'*  und  die  „wundervolle 
Natur''  kommen  dem  gebildeten  Leser,  der  sie  in  mehreren  Be- 
richten findet,  leicht  trivial  vor.  Aber  Vater  und  Mutter  X.  lesen 
doch  nicht  alle  Berichte  über  Schulausflüge,  sondern  nur  den, 
bei  welchem  ihr  Junge  „dabeigewesen*'  ist.  An  dies  Moment  er- 
innere man  sich  etwas  mehr^)!  Die  Berichte  über  längere  Reisen 
werden,  wie  noch  bemerkt  werden  mag,  naturgemäß  in  einem 
gewöhnlichen  Jahresbericht  oft  nicht  Platz  finden  können.  Da 
bietet  sich  die  Beilage  als  eine  willkommene  Gelegenheit,  eine 
ausführlichere  Darstellung  zu  geben.  Und  wenn  diese  so  lebendig 
und  anschaulich  von  den  Freuden  und  auch  den  Strapazen  der 
Jugend  zu  erzählen  weiß,  wie  dies  —  um  nur  ein  Beispiel  an- 
zuführen —  in  der  (auch  durch  Aufnahmen  nach  der  Natur 
unterstützten)  kürzlich  von  B.  Kuhse*)  gelieferten  Arbeit  geschieht, 
so  erfüllt  eine  solche  Beilage  ihren  Zweck  weit  mehr  als  eine  noch 
so  gelehrte  Abhandlung  über  einen  schon  den  Lehrern  oft  fern- 
liegenden Gegenstand.  Sie  interessiert  das  Haus  wirklich  für  die 
Bestrebungen  der  Schule,  und  das  sollten  wir  doch  fördern! 

Nicht  zu  vergessen  sind  hier  andere  Veranstaltungen, 
die  teils  die  Schüler  allein  betreffen,  teils  auf  die  Mitwirkung  des 
Hauses   berechnet   sind.     Ruder  Vereinigungen^)    haben   sich. 


>)  Der  Spott   des  Aatori   der  Grenzbaten   voo  1901  (S.  343)   scheint 
mir  daher  reclit  weoig  aof^ebracht 

*)  Beil.  z.  JahreMb.  d,  Kais,  JFüh,'Rg,  za  Berlin  1907;  vgl.  o.  S.  119, 

xnii  114. 

•)  Vgl.  «.  ß.  0.  S.  99,  Xri  132, 


dO0  Programmweseo  ond  Programmbibliothek  d.böh.  Schnleo, 

z.  T.  auch  materiell  von  den  maßgebenden  Inslansen  gef5rdert 
neuerdings  vielfach  gebildet;  sie  hallen  regelmäßige  Obungen  ab, 
veranstalten  Feste;  Eltern  lassen  ihre  Söhne  daran  teilnebmen. 
So  ist  es  selbstverständlich,  daß  auch  hierüber  der  Jahresbericht 
sich  vernehmen  lasse,  nicht  bloß  in  einigen  dürren  Sitzen,  sondern 
etwas  aasfübrlicher,  um  die  Freude  an  der  Sache  zu  erhöhen« 
vielleicht  auch  —  wo  ein  Obennaß  hervortritt  —  verständigen 
Lesern  gelegentlich  Bedenken  nahezulegen.  Die  Schale  ist  auch 
hierbei  durchaus  auf  die  Hitwirkung  des  Hauses  angewiesen: 
es  muß  ihr  erwünscht  sein,  auf  Grund  ihrer  ausführlichen  Mit- 
teilungen auch  einmal  Anregungen  aus  den  Kreisen  des  PubUkums 
zu  erhalten,  denen  sie  sich,  falls  sie  begründet  sind,  hoffentlich 
nicht  verschließt. 

Demselben  Publikum,  besonders  aber  den  ehemaligen  Schülern, 
ist  es  auch  sicher  erfreulich,  von  den  üblichen  gesanglichen 
und  dramatischen  Aufführungen  etwas  Näheres  zu  ver- 
nehmen, nicht  gerade  bloß  die  Tatsache,  daß  eine  solche  Veran- 
staltung stattgefunden  hat.  Viele  waren  doch  selbst  einmal  „dabei'\ 
sie  hören  gern  auch,  was  nach  ihnen  geschehen  ist. 

ßß,  Geschenke.  Die  höheren  Schulen  haben  voa  jeher 
Geschenke  aus  den  ihnen  nahestehenden  Kreisen  erhalten;  auch 
heute  ist  die  Lust  und  Bereitwilligkeit  zum  Geben  bei  ihren 
Freunden  nicht  geschwunden.  Besonders  bei  Gelegenheit  der 
Einweihung  von  Neubauten  und  bei  Schu^jubiläen  zeigt  sich  er- 
freuliche Opferwilligkeit,  das  Haus  zu  schmücken  oder  Mittel  für 
irgend  einen  guten  Zweck  zu  stiften.  Aber  auch  sonst  gibt  private 
Anhänglichkeit  gern  und  reichlicher,  als  diejenigen  glauben  würden, 
die  nicht  ständige  Leser  der  Jahresberichte  sind  und  auf  sie  ver- 
zichten wollen,  ohne  sie  im  ganzen  recht  zu  kennen^  übrigens 
wieder  ein  Grund  mehr,  sie  zu  erhalten.  Besonders  «ind  zwei 
Einrichtungen  der  Anstalten  daran  beteiligt,  die  Sammlungen 
und  die  Stiftungen,  und  die  entsprechenden  Abschnitte  (V  und 
VI)  pflegen  denn  auch  mit  größerer  oder  geringerer  Vollständig- 
keit darüber  zu  berichten  (s.  u.  zu  diesen  Abschnitten).  Soweit 
diese  Gaben  aber  —  an  Beispielen  fehlt  es  nicht  ^)  —  das  Maß 
des  Üblichen  überschreiten  und  eine  wirkliche  Bereicherung  des 
Schulorganismus  im  ganzen,  ein  ,,Ereigni6'*  des  abgelaufenen 
Schuljahres  darstellen'),  wird  es  angemessen  sein,  ihrer  ab  eines 
Zeugnisses  der  Anhänglichkeit  ihrer  Angehörigen  auch  in  der 
Chronik  kurz  zu  gedenken,  mögen  die  Einzelheiten  dann  immer- 
hin, wie  billig,  unter  den  Abschnitten  V  und  VI  oder  unter  Um- 
ständen (vgl.  Abschnitt  V)  auch  gesondert  veröffentlicht  werden. 
Es  ist  also  wohl  berechtigt,  wenn  die  Verfügungen. einiger  Staaten 
(so  in  Baden  und  Sachsen)  Angaben  über  Geschenke,    die  ich 

1)  Vgl.  z.  B.  0.  S.  298  Aam.  1. 

')  Ober  aodere  Gabeo,  deren  Anrdbraog  in  Jabresberiebt  besssr  rer- 
mieden  wird,  vgl.  u.  xa  Abscboitt  V  (s.  auch  «eliQa  o.  S.  266), 


von  R.  Ullrich.  30h 

allerdings  auf  Fälle  der  eben  genannten  Art  beschränkt  sehen 
möchte,  im  Abschnitt  „Chronik'^  angeföhrt  wissen  wollen,  wozu 
noch  bemerkt  werden  mag,  dafi  wenigstens  für  Baden  in  bezug 
auf  die  den  Sammlungen  gemachten  Geschenke  nach  Lage  der 
Dinge  (vgl.  o.  S.  158  und  unten  zu  Abschnitt  V)  eine  andere 
Stelle  nicht  gut  möglich  ist. 

yy.  Besuche.  Die  Anstalten  erhalten  regelmäfsige  und 
a  ufserordentliche  Besuche.  Zu  den  ersteren,  über  die  alle 
Schulen  etwas  zu  berichten  haben,  gehören  die  amtlichen  Re- 
visionen durch  die  direkten  Vorgesetzten  der  Provinzial-  und 
Ministerialbehörden  oder  durch  die  von  diesen  besonders  Beauf- 
tragten fOr  bestimmte  Zwecke,  so  zur  Inspektion  des  Zeichen-, 
Turnunterrichts  uä.;  auch  außerordentliche  Revisionen  durch  Mit- 
glieder der  Behörden  finden  nicht  selten  statt,  besonders  in  den 
Fällen,  wo  bauliche  Veränderungen  in  Frage  kommen.  Viele  An- 
stalten, bald  diese,  bald  jene,  erhalten  aber  auch  hin  und 
wieder  aufserordentliche  Besuche  von  Schulmännern  oder 
Gelehrten  des  Inlandes  und  besonders  des  Auslandes,  welche 
Unterricht  und  Einrichtungen  im  ganzen  oder  für  bestimmte 
Einzelheiten  studieren  wollen.  V^as  hat  die  Chronik  von  diesen 
„Ereignissen**  zu  berichten? 

Bei  den  amtlichen  Besuchen  begnügt  sich  die  Chronik 
meist  mit  der  Angabe,  daB  der  Schulrat  1.  die  Anstalt  zu  einem 
bestimmten  Termine  revidiert,  dem  Unterrichte  in  diesen  und 
jenen  Klassen,  bei  diesem  oder  jenem  I^ehrer  beigewohnt,  auch 
—  was  schon  seltener  —  die  Sammlungen  der  Anstalt  besichtigt 
und  schliefilich  eine  Konferenz  mit  dem  Kollegium  abgehallen, 
seine  Wahrnehmungen  mitgeteilt  und  Weisungen  für  den  Betrieb 
gegeben  habe.  Und  der  Berichterstatter  pflegt  dann  in  schlichten 
oder  überschwenglichen  Worten  (s.  o.  S.  ^6)  den  Dank  dei^ 
Anstalt  auch  in  der  Chronik  zu  veröffentlichen.  Das  ist  alles. 
Etwas  mehr  pflegt  schon  mitgeteilt  zu  werden,  wenn  es  sich  um 
die  meist  von  einer  größeren  Kommission  angestellten  Revisionen 
z.B.  zu  baulichen  Zwecken  handelt.  Man  erfahrt  die  Voraus- 
setzungen des  Besuchs,  die  baulichen  Mißstände,  es  werden  die 
Vorschläge  des  Direktors  für  die  vorzunehmenden  Verbesserungen, 
oft  auch  die  Einwände  oder  weiteren  Verbesserungsvorschläge  der 
Kommissionsmitglieder  und  schließlich  das  positive  oder  (meist 
aus  finanziellen  Gründen)  negative  Ergebnis  mitgeteilt  —  alles 
oft  sehr  ausfuhrlich,  besonders  wenn  es  sich  um  ältere  Internate 
handelt,  bei  denen  wegen  ihres  größeren  ümfanges  Fragen  der 
baulichen  Verbesserung  überhaupt  eine  viel  größere  Rolle  spielen 
als  bei  offenen  Anstalten.  Man  muß  wünschen,  daß  solche  Mit- 
teilungen in  Zukunft  in  möglichster  Ausführlichkeit  in  den  Chro- 
niken aller  Anstalten  erfolgen,  bei  denen  es  irgend  etwas  der- 
artiges zu  berichten  gibt;  es  ist  nicht  bloß  für  die  Nächstbeteiligten 
von  hohem  Interesse,  kann  vielmehr  auch  den  Leitern  und  Lehrern 


^02  P'^offr am B Wesen  ond  Programmbibliothek  d.  höh.  SckiileB, 

anderer  Aostalten,  bei  städtischen  auch  deren  Patronaten,  uDter 
ähnlichen  Verhältnissen  nutzliche  Anregungen  geben. 

Es  fragt  sich,  ob  eine  ausfuhrlichere  Berichterstattang 
nicht  auch  bezüglich  der  regelmäfsigen  amtlichen  Revisi- 
onen möglich  ist.  Ansätze  dazu  fehlen  nicht,  und  Anlaß  daxu  wäre 
am  ehesten  da  gegeben,  wo  es  sich  um  die  Feststellung  handelt,  ob 
neue  Organisationen  im  Unterricht  oder  Versuche  su 
solchen  sich  bewährt  haben  (an  Reforroanstalten,  im  griechischen 
Anfangsunterricht,  bei  der  „freieren  Gestaltung  auf  der  0ber8tufe'\ 
im  Zeichenunterricht  usf.)  und  ob  eine  deGnitive  Einrichtung  in 
bestimmter  Form  möglich  ist  Ausfuhrlichere  Mitteilungen  solcher 
Art  sind  von  unmittelbarem  Werte  für  die  näheren  Kreise,  aber 
auch  von  Interesse  für  die  weiteren.  Vielleicht  ist  aber  auch 
etwas  mehr  Mitteilsamkeit  in  der  Chronik  bei  Gelegenheit  des 
Berichts  über  die  mehr  in  gewohntem  Rahmen  sich  abspielenden 
allgemeinen  Revisionen  möglich.  Naturlich  weiß  ich,  daß  hier 
Vorsicht  am  Platze  ist,  zumal  mit  Rücksicht  auf  die  Schüler; 
eine  ungeschickte  Hand  kann  hier  wie  in  anderen  Teilen  des  Be- 
richts (s.  o.  S.  282\  vgl,  auch  Abschnitt  VI)  viel  Schaden  an- 
richten. Indessen  unsere  Behörden  sind  heute,  was  Fragen  der 
Verwaltung  der  höheren  Schulen  betrifft,  sehr  liberal,  oft  liberaler 
als  manche  von  den  praktischen  Schulmännern  selbst,  die  vielem 
Neuen,  wenn  es  gleich  gut  ist,  schon  um  der  Neuheit  willen  miß- 
trauisch gegenüberstehen,  die  den  bisherigen  Gang  unerwünscht 
stört.  Und  ein  taktvoller  Berichterstatter  erwürbe  sich  m.  E.  auch 
hier  ein  Verdienst,  wenn  er  den  Versuch  machte,  den  oben 
(S.  301)  erwähnten  typischen  Revisionsbericht  etwas  farb^- 
reicher  zu  gestalten.  Vielleicht  gelänge  es,  zum  Nutzen  für  Di- 
rektoren und  Lehrer  anderer  Anstalten,  die  den  Bericht  lesen, 
und  ohne  Schaden  für  den  engeren  Kreis  der  eigenen  Schule 
Ich  stelle  die  Frage  zur  Diskussion. 

Aber  die  Schulen  erhalten  auch  aufserordentliche  Be- 
suche von  Fremden,  besonders  aus  dem  Auslande.  Das 
deutsche  höhere  Schulwesen  zieht  das  Ausland  immer  noch  in 
steigendem  Maße  an,  ein  ehrenvolles  Zeugnis  für  die  Tüchtigkeit 
seiner  Organisation  und  der  zahlreichen  Kräfte,  die  ihm  dienen. 
Manche  Schulen,  wie  die  bekannteren  Internate,  z.B.  Pforta  und  das 
Joachimsthalsche  Gymnasium,  ferner  das  Gymnasium  zum  grauen 
Kloster,  das  Wilhelms-Gymnasium  in  Berlin  uam.,  neuerdings  das 
Goetbe-Gymnasium  in  Frankfurt  a.  M.,  die  Leibnizschule  in  Hannover 
—  diese  als  Musterbeispiele  der  Reformschulen  — ,  erhalten  in 
jedem  Jahre  so  oft  Besuche,  daß  diese  fast  zur  Gewohnheit  ge- 
worden sind  und  Lehrer  wie  Schüler  kaum  noch  stören.  Ver- 
stehen es  die  Direktoren,  falls  die  Besucher  sich  durch  Sach- 
kenntnis, Urteil  und  Leistungen  empfehlen,  sie  bei  dieser  Ge- 
legenheit näher  an  sich  heranzuziehen  und  sie  mit  geeigneteo 
Mitgliedern   ihrer  Kollegien    bekannter  zu  machen,    so  kann  hier 


voD  R.  Ullrich.  303 

und  da  vielleicht  eio  nicht  zu  unterschätzender  Gewinn  für  manche 
von  diesen  und  damit  fast  immer  in  irgend  einer  Form  auch  für 
die  Schule  erwachsen.  Nicht  wenige  Besucher  (wie  unsere  Schul- 
männer es  im  umgeiiehrten  Falle  auch  tun)  veröffentlichen 
dann  die  Erfahrungen  ihrer  Studienreisen  in  Zeitschriften  oder 
Buchern»  die  aber  den  deutschen  Lehrern  nicht  immer  leicht  zu- 
gänglich werden,  besonders  in  kleinen  Städten.  Die  „Chronik^S 
falls  sie  diese  Besuche  überhaupt  vollständig  erwähnt,  begnügt 
sich  nun  meist  damit,  Namen,  Herkunft  und  allenfalls  noch  den 
Zweck  der  Besucher  und  seine  Durchführung  kurz  zu  erwähnen. 
Was  gewinnt  aber  der  Leser  des  Jahresberichts  daraus?  Allen- 
falls dies,  daß  er  sieht,  Deutschland  steht  mit  seinen  höheren 
Schulen .  immer  noch  „obenan*',  und  das  ist  immerhin  etwas. 
Könnte  es  nicht  mehr  sein?  Denn  mit  den  bloßen  Namen  usw. 
der  Professoren  H.,  N.  und  0.  usw.,  die  aus  Wien,  Bukarest, 
Helsingfors,  Christiania,  New  York,  oder  woher  auch  immer,  das 
Gymnasium  in  X.  besucht  haben,  weiß  das  Laienpublikum  gar 
nichts  und  selbst  der  Lehrer  nur  dann  einigermaßen  etwas  an- 
zufangen, wenn  ihm  diese  Personen  schon  sonst  in  der  Literatur 
begegnet  sind.  Hier  könnte  die  „Chronik'*  Gutes  stiften,  wenn 
sie  versuchte  —  im  Einverständnis  und  ev.  mit  Unterstützung 
der  betr.  Besucher  —  dem  Leser  etwas  von  deren  Leben,  Stellung, 
amtlichen  und  literarischen  Leistungen  und  ihren  besonderen 
Studienzwecken  mitzuteilen,  auch  auf  die  Schriften  hinzuweisen, 
welche  sie  etwa  im  Anschluß  an  ihre  Besuche  veröifentlicht 
haben,  und  so  ein  wenn  auch  zunächst  noch  zartes  Band  zwischen 
der  Wissenschaft  und  der  Schule  von  In-  und  Ausland  zu  knüpfen. 
Es  könnte  das  vielleicht  manchem  Lehrer,  der  jetzt  vom  Schul- 
wesen des  Auslandes  wenig  weiß,  eine  kleine  Anregung  werden, 
sich  damit  zu  beschäftigen;  wo  wie  hier  persönliche  Beziehungen, 
wenn  auch  zunächst  noch  nicht  engerer  Art,  hinzukommen, 
pflegen  solche  Studien  einen  viel  regeren  Antrieb  zu  erhalten. 
Auch  dem  Durchschnittspublikum,  das  sich  seine  Kenntnis  vom 
ausländischen  Schulwesen  fast  ausschließlich  aus  der  Tagespresse 
bolt,  die  leicht  dazu  neigt,  auf  Grund  vereinzelter  Vorzüge  aus* 
ländischer  Schulorganisation  die  heimische  Verfassung  als  rück- 
ständig zu  bezeichnen,  könnte  auf  diese  Weise  hin  und  wieder 
gezeigt  werden,  um  welcher  Vorzüge  willen  das  Ausland  unsere 
Schulen  aufsucht,  und  so  ein  Gegengewicht  gegen  unrichtige  oder 
extreme  Darstellungen  gegeben  werden,  die  ihm  anderswo  oft  ent- 
gegentreten, ich  meine,  es  lohnte  wohl,  den  Versuch  zu  machen. 
dd,  Angaben  über  Verstorbene  aus  dem  Kreise  der 
Schule.  Der  schönen  Sitte,  mit  der  die  Fürstenscbulen  ihrer 
verstorbenen  Lehrer  und  Schüler  gedenken,  gegenwärtiger  und 
früherer,  ist  schon  oben  (S.  160  f.)  gedacht  und  erwähnt  worden 
<a.  a.  0.),  daß  sie  auch  an  anderer  Stelle  Eingang  gefunden  hat. 
Es    erscheint   mir   im  Interesse   der  Pflege   engerer  Beziehungen 


d^^  ProgrammweseD  aod  ProgramBbibliothek  d.  hob.  Seholeo, 

zwischen  allen  Gliedern  der  Schulen  recht  wünschenswert,  daB  sie 
mehr  Ausdehnung  auch  an  Anstalten  gewinne,  die  sie  bis  jetzt  nii±t 
kennen.  Will  man  nicht  eine  besondere  Jahresfeier  veranstaiteo, 
wie  es  zunächst  erst  an  wenigen  Schulen  geschieht,  und  den 
Verlauf  mit  den  kurzen  Biographien  pietitvoUen  Gedenkens  in  die 
Chronik  aufnehmen,  so  mache  man  wenigstens  ö  bera  11  Angaben  in 
letzterer  (vgl.  die  sächsischen  Berichte).  Es  wird  sich,  denke  idi, 
wohl  an  jeder  Schule  ein  Lehrer  finden  —  der  Direktor  braucht  es 
nicht  notwendig  selbst  zu  sein  >-,  der  mit  Unterstützung  der 
alten  Schöler  der  Anstalt  in  jeder  Jahreschronik  eine  knappe 
Übersicht  einmal  mit  den  notwendigen  Daten,  aber  auch,  wenn 
es  sein  kann,  in  würdiger  Darstellung  von  den  Angehörigen  der 
Schule  zu  geben  versuchte,  die  im  Berichtsjahre  aus  dem  Leben 
geschieden  sind.  Was  die  Lehrer,  die  im  Amte  oder  als 
Pensionäre  sterben,  auch  andere  Persönlichkeiten,  die 
zur  Verwaltung  der  Schule  in  Beziehung  gestanden  haben, 
oder  die  während  ihrer  Schulzeil  verstorbenen  Schüler 
betrifft,  so  geschieht  es  ja  schon  jetzt,  bei  den  ersteren  durch 
die  Gedächtnisfeiern,  die  dann  in  irgend  einer  Form  in  der 
Chronik  wieder  erscheinen,  bei  den  letzteren  wenigstens  durch 
kurze  Erwähnung  und  die  üblichen  freundlichen,  oft  etwas  kon- 
ventionellen Worte.  Es  käme  also  hauptsächlich  darauf  an,  das 
hinzuzufügen,  was  vom  Leben  früherer  Schüler,  die  im  Berichts- 
a  hre  gestorben  sind,  der  Schulgemeinde  im  weiteren  Sinne  mit- 
uteilen  möglich  wäre.  Sie  erführe  so  nicht  blofi  überhaupt  vom 
Tode  der  Betreffenden,  der  ihr  sonst  oft  nicht  einmal  bekannt 
wird,  sondern  ließe  sich  auch  die  Erinnerung  an  manche  liebe 
Gestalt,  mag  sie  lange  dem  Gesichtskreis  entschwunden  oder  ihm 
erst  kürzlich  entrückt  sein,  hier  gern  wieder  lebendig  werden. 
Und  die  Angehörigen  der  Verstorbenen  würden  in  dem  Gefühl 
bestärkt  werden,  daß  diese  doch  noch  als  Glieder  einer  großen 
Gemeinschaft  gelten,  mögen  sie  äußerlich  audi  längst  von  ihr  ge- 
schieden sein. 

««.  Angaben  über  Lebende  aus  dem  Kreise  der 
Schule.  Aber  der  Lebende  hat  recht.  Warum  hier  bei  den 
Toten  Halt  machen,  wo  doch  die  Hunderte  von  Angehörigen  einer 
Schule,  Lehrer,  Schüler,  Publikum  und  alle  ihre  Freunde  oder 
wenigstens  manche  der  einen  oder  anderen  Gruppe  gern  z.  B.  davon 
erführen,  was  aus  den  Abiturienten  des  Jahrganges  X.  geworden, 
oder  wie  es  diesem  oder  jenem,  der  aus  äußeren  Gründen  die 
Schule  früher  verließ,  auf  den  man  aber  Hoffnungen  setzte,  im 
Leben  gelungen  ist?  Wie  viele  unserer  Schüler  entschwinden, 
nachdem  sie  der  Schule  kaum  einige  Jahre  entwachsen  sind, 
unseren  Augen  nicht  bloß,  auch  unserem  Gedächtnis  völligl  Und 
doch  hörten  wir  von  manchem  gerne,  ob  er  seine  Examina  be- 
standen, wo  er  einen  Wirkungskreis  gefunden,  ob  die  hochfliegen- 
den  Pläne,    mit  denen  M.  sich  immer  trug,    verwirklicht  wordeo 


von  R.  Ullrich.  305 

sind,  und  wozu  es  denn  der  wackere  N.,  der  80  gute  Kenntnisse 
und  so    reifes  Urteil    und    doch    so    wenig  Vertrauen    zu    seiner 
Kraft  hatte,  im  Leben  gebracht  haben  möge,  und  so  von  manchem 
anderen.    Die  Wege   der   einzelnen    gehen  oft  weit  auseinander. 
Die  Schule    aber   sollte    ihre   früheren  Glieder   auch  nach  ihrem 
Abgange  etwas  im  Auge  behalten  und  in  der  Chronik  von  ihren 
wichtigsten  Schicksalen  einiges  mitzuteilen  trachten.     Dazu  gehört 
freilich  guter  Wille,  auch  von  der  anderen  Seite.     Jeder,  der  die 
Schule  verläßt,  sollte  aufgefordert  werden,  von  wichtigen  Wende* 
punkten  seines  Lebens  ihrer  Leitung  oder  auch,  besonders  wenn 
diese  inzwischen    gewechselt    hat,    einem  seiner   früheren  Lehrer 
Kenntnis    zu    geben.      Unvollkommen    genug    würden    natürlich 
solche  Nachrichten  sein,    auch  schwerlich  alles,    was  gerade  mit- 
geteilt wird,    sich  für    die  Chronik  eignen.     Die  Frage,    wie  weit 
man  in  den  Mitteilungen  gehen,  wie  viel  Platz  sie  beanspruchen, 
ob  nur  trockene  Aufzählungen  des  Tatsächlichen  gegeben  oder  etwas 
mehr  versucht  werden  solle  usf.,  würde  in  der  ersten  Zeit  manchem 
sonst   für    die  Idee   gewonnenen  Berichterstatter  Schwierigkeiten 
machen;    indessen    das   sind    spätere  Sorgen.     Erkennt  man  die 
Wichtigkeit    des  Ganzen    für    die  Erhaltung    rechten  Zusammen- 
hanges zwischen  der  Schule  und  auch  ihren  alten  Gliedern  über- 
haupt einmal  an,  so  wird  auch  die  Ausfuhrung  sich  finden;  mag 
jeder    ein    verschiedenes  Verfahren    anwenden  —   wenn    es    nur 
überhaupt  versucht  wird.     Vergleichung  vieler  solcher  Chroniken, 
der  Beifall  auch,    den  sie  in  ihrem  Leserkreise  finden,    würde  ja 
bald    zeigen,    welcher  Weg    der   beste    ist.     Daß   es  auch  solche 
geben  mag,   die  diese  „Mehrforderung**  im  Jahresbericht  als  eine 
„Belästigung**  des  Direktors  ansehen  (der  es  ja  übrigens,  wie  be- 
merkt,  nicht  gerade  selbst  zu  machen    braucht),    vielleicht  auch, 
woran  wir  ja  schon  gewöhnt  sind,    meinen  würden,  Lehrer  oder 
Publikum  hätten  gar  kein  Interesse  daran,  glaube  ich  gern.    Andere 
wiederum  dürften  vielleicht  erklären,  das  ginge  über  den  Rahmen 
dessen  hinaus,  was  in  einen  Jahresbericht  gehöre,  oder  auch  auf 
die  Kosten  hinweisen.     Das  alles  brauchte  uns  freilich  nicht  irre  zu 
machen.     Zu   den  Mitteln,    ein    möglichst   starkes  Band    um    die 
^anze  Schulgemeinde  zu  ziehen,  gehört  auch  dieses  unzweifelhaft 
Um  die  Kosten  hätte  man  aber,  glaubeich,  zunächst  wohl  kaum 
Sorge.     Die  Mitteilungen    würden    wohl    bescheidenen    Umfanges 
sein,    eine  Viertelseite,   allenfalls  eine  halbe,  nur  in  ganz  großen 
Gemeinschaften  vielleicht  —  hoflentlich  —  mehr;  auch  hier  müßte 
eine  Tradition  sich  erst  bilden.  Und  bei  verständiger  Einschränkung 
des    Abschnitts    13    (s.  o.276L)^    der    unter    Umständen    um 
einen  ganzen  Bogen    gekürzt  werden    könnte,    haben    wir  ja   an 
Raum  und  Mitteln  noch  so  viel  übrig,    daß  wir  außer  dem  oben 
(S.  302  ff.)  Angeregten   uns  vielleicht  auch  hier  und  weiter  unten 
(s.  Abschnitt  V)    noch  mancherlei  nützliche  Ergänzungen  gefallen 
lassen    können,    ohne    ein    staatliches    oder    städtisches    Budget 

Z«i:'-«ebrift  f.  i,  OjmnMialwM«n.    LXL    SapplemonUi«ft  20 


306  Pro^ranm  weven  iiod  Prof  ramnliibliothek  d.  hob.  Schnlea, 

gegenüber   dem   jetzigen  Ausgabeposteo    irgendwie  mehr    zu  be- 
schweren. 

Die  Chronik  i9t  fdr  das  unmiUeibare  gemötlicbe  Interesse, 
wenn  ich  go  sagen  darf,  der  meisten  Leser  der  wichtigste  Ab* 
schnitt  des  ganzen  Jahresberichts.  Hier  können  auch  die  Gleich- 
göltigsten,  deren  es  in  ihrem  Verhiitnis  zur  Schule  nach  der 
Meinung  der  Neueren  so  öberaus  viele  gibt,  irgendwie  gefesselt 
werden,  wenn  der  Berichterstatter  wirklich  jedem  etwas  su  geben 
weiß.  Vielleicht  stimmt  mir  der  eine  oder  andere,  dem  meine 
Vorschläge  erwägenswert  scheinen,  in  der  Auffassung  bei,  dafi  sie 
wohl  dazu  beitragen  könnten,  die  Chronik  reichhaltiger  nicht  bioB, 
sondern  auch  lebensvoller,  anschaulicher,  interessanter  zu  machen, 
als  es  viele  der  jetzt  vorliegenden  sind.  Schon  für  den  engsten 
Kreis  der  Angehörigen  jeder  Schule  und  deren  Verhältnis  zu  ihr 
wäre  das  ein  recht  erheblicher,  nicht  zu  unterschätzender  Gewinn. 
So  wenig  durch  das  Papier  das  lebendige  V^ort  ersetzt  werden 
kann,  das  im  Verkehr  der  Schule  mit  allen  ihren  Gliedern  so 
wichtig  ist,  so  unersetzlich  ist  der  gedruckte  Bericht  doch  überall 
da,  wo  dem  persönlichen  Verkehr  natörliche  Schranken  entgegen- 
stehen, und  sehr  erfreulieb  mindestens  auch  för  alle,  die  sich 
des  Gehörten  oder  Gesehenen  gern  wieder  erinnern  wollen.  Wenn 
aber  die  Chronik,  wie  zu  zeigen  versucht  worden  ist,  auch  der 
Betrachtung  des  Schulwesens  und  seiner  Zusammenhänge  im 
großen  wesentliche  Dienste  leisten  kann,  so  muß  sicher  alles  ge- 
schehen, was  diese  Aufgabe  erleichtem,  f&rdern  und  vertiefen 
kann.     Einige  Mittel  dazu  wollte  ich  hier  zeigen. 

IV.   Statistische  Mitteilungen^). 

Die  statistischen  Mitteilungen  der  preufsischen, 
der  meisten  anderen  norddeutschen  Berichte  (aufier  den 
sächsischen)  und  der  von  Elsafs- Lothringen  enthalten 
drei  Teile:  1)  SchQlerzahl  und  ihre  Veränderung  durch  Ver- 
setzung und  anderen  Ab-  und  Zugang  nach  Klassen,  2)  Reli- 
gions-  und  Heiroatsverhältnisse,  nur  im  ganzen,  3)  Abi- 
turienten mit  Angabe  des  Nationales  (Vor-  und  Zuname,  Tag 
und  Jahr  der  Geburt,  Geburtsort,  Stand  und  Wohnort  des  Vaters 
bezw.  Stellvertreters,  Konfession),  der  Dauer  des  Aufenthalts  auf 
der  Schule,  des  Aufenthalts  in  Prima  (bezw.  in  der  ersten  Klasse 
bei  Nichtvollanstalten)  und  des  gewählten  Berufs.  Ich  bespreche 
im  folgenden  die  drei  Punkte  in  der  genannten  Reihenfolge  un^ 
schließe  dann  (unter  [2a],  [4]  und  [5])  noch  zwei  weitere  Dinge 
an,  deren  allgemeineAufnahme  in  die  Jahresberichte  mir  notwendig 
oder  wünschenswert  scheint. 

^)  Für  dieseo  Abschnitt  i«t  die  Übersicht  oben  S.  157->162,  anßer^ea 
S.  190  f.,  204  f.,  219  f.,  232 f.  zn  vergleichen. 


v«B  R.  Ullrich.  307 

1)  Sehülerzahl  uod  ihre  VerÜDde.rang. 

Das  Schema,  welches  für  diesen  Abschnilt  nun  seit  einigen  Jahr* 
zehnten  in  Gebrauch  ist  und  eine  Gesamtbeurteilung  dieser  Verhält- 
nisse in  den  meisten  Staaten    ermöglicht,    ist   heute    im    ganzen 
wohi  noch  zweckmäßig,    soweit    die   unmittelbare  Verwertung  für 
Schul  zwecke  in  Betracht  kommt.     Wünschenswert  scheint  mir 
nur  noch,  daß  das  Lebensalter  nicht  bloß  nach  dem   Durch- 
schnitt jeder  Klasse  ersichtlich,   sondern  die  Zusammensetzung 
nach    den   Geburtsjahren    auch    im    einzelnen   für   jede 
Klasse  deutlich   gemacht  würde.     Auch  Angabe    der  Zahl    oder 
des  Prozentsatzes  der  Versetzten  (bezw.  Nichtversetzten)  wäre, 
wie     in     den    Jahresberichten     Badens     und     Österreichs, 
in    denen    der     übrigen     Staaten     erwünscht.       Wie    Berufs- 
statistiker    über    die  Sache  denken,    ob   sie  eingehendere  An- 
gaben wünschen  und  worüber,  wäre  wichtig  und  einmal  genauer 
festzustellen.   Bedenkt  man  nämlich,'  wie  sehr  sich  die  Wissenschaft 
der  Statistik    in  den    letzten    beiden  Jahrzehnten    entwickelt  hat, 
wie  sie  für  ihre  Arbeit  immer  neue  Gesichtspunkte  zu  gewinnen 
und    im  Dienste  des  Ganzen    zu  verwerten  trachtet,   so  ist  wohl 
anzunehmen,    daß  sie  auch   für    diesen  Abschnitt  Verbesserungs- 
vorschlage  zu  machen  hätte').     Wesentlicher  wäre  es  freilich  zu- 
nächst, wenn  es  gelänge,  besonders  auch  für  Sachsen,  Bayern, 
Württemberg    und   Hessen    ein    Schema    durchzuführen,    das 
dem  norddeutschen    sich  wenigstens    soweit  näherte    wie  das 
in   Baden  übliche,    damit  dieser  Abschnitt    für    eine  deutsche 
Gesamtstatistik  brauchbar  würde,    wie  sie    in  Österreich  schon 
lange  möglich  ist,  dessen  Statistiken  überhaupt  mehr  bieten.     Ich 
muß  mich  damit  begnügen,    den  Wunsch    auszusprechen    und  es 
den    beteiligten    Instanzen,    in    diesem    Falle    den    Regierungen 
Sachsens,    Bayerns,    Württembergs  und    Hessens    über- 
lassen, der  Sache  näherzutreten;    auch  die  Schulmänner  der  vier 
Staaten  sollten   im  Interesse    des  Ganzen    dafür  tätig  sein.     Daß 
die  Statistiken  in  Tabellenform    zu  geben  sind,    ist  selbst- 
verständlich.    Ist  man  genötigt,  sieb  die  entsprechenden  Angaben 
aus  verschiedenen  Stellen  eines  Jahresberichts  oder  gar  mehrerer 
aufeinander  folgender  zusammenzusuchen,  so  kann  von  einer  leichten 
und  gleichmäßigen  Verwertung  nicht  die  Rede  sein. 

2)  RelisioDs-  uod  Heimatsverhältoisse. 

Die  hier  in  beinahe  allen  deutschen  Staaten  bisher  üblichen 
Schemata  genügen  heule  nicht  mehr;  man  hätte  sie  schon  bei 
den  früheren  Regelungen  der  Sache  ausfuhrlicher  gestalten  sollen. 
Für  beide  Gesichtspunkte,  Konfession  (bezw.  Religion)  und 
Heimat  siod  geeignete  Schemata  aufzustellen,  die  auch  hier  auf 


^)  über  friihere  Bemerkougeo  in  dieser  Richtung  vgl.  das  S.  232  A.  1 
Aogefiihrte, 

30* 


308  Programmwegen  ood  Programinbibliothek  d.  liSh.  Schalen, 

eingehendere  Fragen  Antwoirl  geben.  Verhältnismäßig  ein- 
fach ist  die  Sache  bei  der  Herstellung  eines  Schemas  bezüglich 
der  Konfession;  in  vielen  Schulen,  die  stiftungsmäßig  oder  in- 
folge der  Gleichartigkeit  der  Bevölkerung  in  konfessioneller  Bio- 
sieht  nur  Schüler  derselben  Konfession  haben,  ist  es  Oberhaupt 
entbehrlich;  es  würde  eine  einfache  Rubrik  im  Anschluß  an  das 
Schema  von  1  genügen,  aus  der  ersichtlicb  wäre,  in  welchen 
Klassen  sich  Schüler  der  (wenigen)  anderen  Konfessionen  (bezw. 
Religionen)  befinden.  Dagegen  ist  ein  ausführliches  Schema, 
nach  Klassen  geordnet,  für  alle  Siroultanschulen  nötig, 
aus  dem  in  gleicher  Weise  wie  aus  1  ersichtlicb  wäre,  wie  das 
Verhältnis  der  Konfessionen  in  den  einzelnen  Klassen 
und  zu  bestimmten  Zeitpunkten  sich  gestaltet. 

Schwieriger  und  von  örtlichen  Verhältnissen  abhängig  ist 
die  Aufstellung  geeigneter  Schemata  für  die  Heimatsverhält- 
nisse. Die  jetzigen  Angaben,  aus  denen  in  der  Regel  nur  er^ 
sichtlich  ist,  wieviel  Schüler  im  ganzen  am  Orte,  wieviel  irgend* 
wo  auswärts  wohnen,  sind  ganz  unzureichend  und  geben  anf 
viele  wichtige  Fragen  nach  der  Bewegung  der  Bevölkerung  auch 
in  den  Schulen  keine  Auskunft.  Notwendig  ist  auch  ein  beson* 
deres  Schema  für  die  Unterscheidung  nach  dem  Ort  oder 
wenigstens  nach  dem  Staate  bezw.  der  Provinz  der  Ge- 
burt. Innerhalb  der  einzelnen  Schulen  werden  auch  Jahr  für 
Jahr  solche  Listen  ausgefüllt,  verbleiben  aber  bei  den  Akten  oder 
werden  in  den  statistischen  Ämtern  verwertet;  man  sieht  nicht 
ein,  warum  sie  nicht  in  den  Jahresberichten  abgedracki 
werden.  Denn  auch  der  engere  Kreis  der  Schule  nimmt  ja  allmählich 
mehr  Anteil  an  statistischen  Fragen  und  würde  geeignete  Zu- 
sammenstellungen in  der  bezeichneten  Richtung  gern  begrüßen. 
In  erster  Linie  notwendig  ist  natürlich  die  Einheitlichkeit, 
wenigstens  für  einige  Hauptschemata,  die  wiederuin  nach  Klassen 
geordnet  sein  und  deutlich  machen  müßten  1)  nach  dem  Ge- 
sichtspunkt der  Wohnung:  Wie  viele  Schüler  in  jeder 
Klasse  wohnen  im  Orte,  wie  viele  auswärts.  Die  in  Betracht 
kommenden  Orte  wären  der  Tabelle  schicklich  anzupassen.  Be- 
sonders für  die  Mittel-  und  Grofsstädte  werden  diese 
Fragen  ja  von  Jahr  zu  Jahr  interessanter,  bekanntlich  auch  für 
manche  finanzielle  Erwägungen.  Sodann  wäre  wichtig  2)  der 
Gesichtspunkt  des  Geburtsortes  oder  -Landes  bezw.  der 
Provinz.  Zweckmäßig  erscheint  hier  etwa  das  —^  wiederum 
nach  Klassen  einzurichtende-^  Schema,  das  den  meisten  Schul- 
männern aus  ihren  Listen  bekannt  ist  und  so  unterscheidet: 
Zahl  der  Schüler,  die  geboren  sind  a)  am  Orte,  b)  auswärts, 
aber  in  derselben  Provinz,  c)  außerhalb  dieser  Provinz,  aber 
in  demselben  Staate,  endlich  d)  im  Auslande.  Dieses 
Schema  wäre  allgemein  einzuführen,  würde  auf  alle  Verhältnisse 
passen  und  gäbe  auf  viele  wichtige  Fragen  sofort  Auskunft.    Bei 


von  R.  Ullrich.  309 

.mehreren  kleineren  Staaten  würden  b  und  c  zugammenfallen. 
Wieweit  innerhalb  der  einzelnen  Abteilungen  noch  Unterscbei- 
düngen  zu  machen  sind,  die  der  Obersichtlichkeit  wegen  kleiner 
zu  drucken  oder  überhaupt  gesondert  zu  geben  wären,  durfte 
von  den  örtlichen  Verhältnissen  abhängig  zu  machen  sein.  So 
könnte  (zu  b)  z.  B.  wesentlich  sein  zu  ermitteln,  wieviel  Schüler 
in  den  Vororten  (Begriff  genau  festzustellen!)  der  betr.  Groi's- 
«tädte  oder  in  demselben  Kreise  geboren  wären.  Anderer- 
seits wurden  manche  vielleicht  (zu  c)  gern  noch  unterscheiden, 
aus  welchen  Provinzen  sich  der  Bestand  im  einzelnen  zu- 
sammensetzt, ebenso  (zu  d),  welche  Auslandstaaten  beteiligt 
,sind;  doch  das  könnte  Gegenstand  späterer  Erwägungen  sein. 
Lehrreiche  Muster  nicht  bloß  dafür,  wie  es  gemacht  werden 
.kann,y sondern  auch  wie  es  gemacht  wird,  bieten  die  Jahres- 
berichte des  Staates  Hamburg'),  in  denen  das  hier  Vorgeschlagene 
zum  größten  Teile  erfüllt  ist,  mit  Ausnahme  der  Rubrik  „Her- 
kunft'', bei  der  auch  nur  die  Gesamtzahlen  (nach  den  Ge- 
.«ichtspunkten:  Staat  Hamburg,  übriges  Deutschland,  Ausland)  ver- 
zeichnet werden.  Ich  empfehle  diese  Jahresberichte  unseren 
Schul-  und  Berufsstatistikern  zum  Studium  und  zur  Prüfung,  ob 
^die  dort  beobachteten  Methoden  sich  zur  Einführung  in  die 
»übrigen  deutschen  Jahresberichte  eignen.  Da  für  Hamburg 
.#chon  Erfahrungen,  und  offenbar  günstige,  vorliegen,  wäre  es  ein 
(«rheblicher  Gewinn,  wenn  diese  z.  B.  auch  für  prenfsische  und 
andere  deutsche  Schulverhältnisse  nutzbar  gemacht  werden 
könnten,  vor  allem  auch  für  jeden  einzelnen  Schulmann  und  jede 
.Schulbehörde,  auf  dem  einfachsten  Wege,  wie  es  der  Abdruck  in  den 
Jahresberichten  isL  Wichtig,  ja  unbedingt  notwendig  ist  freilich, 
daß  die  Schemata  in  allen  den  Staaten,  die  sich  mit  ihnen  be- 
ireunden  können,  nach  gleichen  Gesichtspunkten  angeordnet 
.werden.  Wenn  jeder  Staat,  jede  Stadt  oder  jede  Schule,  die  an 
sich  wohl  Sinn  für  den  hohen  Wert  solcher  regelmäßigen  Zu- 
sammenstellungen hätten,  wieder  anderen  Grundsätzen  bei  der 
Ausführung  folgten,  so  trüge  die  aufgewandte  Mühe  nicht  die  Frucht, 
die  man  im  ganzen  erwarten  kann. 

[2a].  Ein  weiterer  Gegenstand  der  Statistik,  und  ein  wieder- 
um sehr  lehrreicher,  könnte  eine  Zusammenstellung  (ebenfall:» 
ktassenweise)  nach  dem  Beruf  der  Eltern  der  Schüler 
sein.  Die  Schwierigkeiten,  die  dabei  in  bezug  auf  die  feste  Ab- 
grenzung vieler  sich  berührender  Berufsarten  entstehen,  erkannte 
(in  etwas  anderem  Zusammenhange)  schon  Schwalbe  (s.  o. 
d.  233),  und  sie  sind  seitdem  gewiß  nicht  geringer  geworden. 
Aber  die  Fortschritte,  die  z.B.  bei  den  Volkszählungen  in 
dieser  Beziehung  gemacht  worden  sind,   sollten   die  Regierungen 


*)  Iq  deo  hessi flehen  Berichten  gind  ähnliche  Aosütze   gemacfat;    sie 
wären  aber  weiter  za  verfolgen. 


310  PrograniBweBen  und  Pr^grannbibliothek  d.  h5h.  Seholea, 

doch  dazu  ermutigen,  auch  in  den  Schulberichten  einen  Versuch 
au  machen,  der  gewiß  nicht  beim  ersten  Male  vollkommen  aas- 
fiele,  aber  doch  allmählicher  Ausbildung  fähig  wäre.  Es  wären 
unter  Beröcksichtignng  der  in  den  verschiedenen  Staaten  un4 
Provittten  abweichenden  Verhältnisse  bestimmte  Kategorien  Ton 
Berufsarten  aufzustellen,  nach  denen  in  gleichmäfsiger  Weise 
in  allen  Jahresberichten  die  Einordnung  stattzufinden  hätte. 
Gelegentliche  Versocbe,  die  freiwillig  schon  in  dieser  Richtoog 
gemacht  worden  sind  (besonders  in  Jahresberichten  höherer 
Mädchenschulen  habe  ich  manche  gefunden),  haben  doch  nur 
lokale  Bedeutung.  Bei  allgemeiner  Regelung  der  Sache  wdnie 
man,  was  Jetzt  hier  und  da  erst  in  Umrissen  wahrzunehmen  ist, 
deutlicher  erkennen,  z.  B.  wie  sich  die  verschiedenen  Berufsarten 
auf  die  Schulen  der  kleinen  und  groBen  Städte  verteilen,  welche 
Schalarten  von  beatimmten  Berufskreisen  dauernd  bevorzugt 
werden,  in  welchem  Grade  sich  zwischen  unteren,  mittleren  Qn4 
oberen  Klassen  ein  Unterschied  nach  dem  Stande  der  Elt^n  be- 
merklich macht,  inwieweit  die  verschiedenen  Teile  eines  größeren 
Staates  in  dieser  Beziehung  voneinander  abweichen  usf. 

Daß  die  genaue  Feststellung  dieser  Dinge  in  sozialer  Berohung 
wichtig  ist,  hat  man  längst  erkannt,  und  die  unvermeidlicheB 
„Fragebogen*'  bringen  sie  allen,  die  von  Amts  wegen  oder  za 
wissenschaftlichen  Zwecken  mit  ihnen  zu  tun  haben,  immer  wieder 
nahe.  Aber  auch  för  den  praktischen  Schulmann,  der  an  den 
sozialen  Problemen  der  Zeit  Anteil  nimmt,  sind  sie  lehrreich; 
die  Schulgemeinde  im  weiteren  Sinne  hat  ein  Interesse  an  ihnen. 
FAr  Meugrfindungen,  Umwandlungen  von  Schalen  usw.  sind  sie 
wichtig.  Ihre  allgemeine  Aufnahme  in  die  Jahresberichte  scheint 
mir  nur  eine  Frage  der  Zeit;  es  ist  dringend  zu  wünschen,  dafs 
die  Unterricbtsbehörden  der  verschiedenen  deutschen 
Staaten  eine  gleichmäfsige  Regelung  in  die  Wege 
leiten. 

3)  AbitorleBtea-VerieiehaisBe. 

Die  för  die  Abiturienten-Verzeichnisse')  in  den  Jahres- 
berichten der  einzelnen  Staaten  gegebenen  Vorschriften  und  die 
Art  ihrer  Durcbföhrung  kann  man  äs  zweckmäßig  bezeichnen'); 
eine  Änderung  ist  hier  nicht  wönscbenswert,  nur  sollte  auf  die 
genauere  Bezeichnung  des  Standes  des  Vaters  im  allgemeinen 
mehr  Wert  gelegt  werden,  damit  diese  Verzeichnisse  für  zu- 
sammenhängende Untersuchungen  zuverlässiger  wurden.  Die  Ge- 
sichtspunkte, nach  denen  sich  die  Sache  regeln  ließe,  wären  in 
der  oben  (S.  309)  bezeichneten  Weise  festzustellen  und  die  Be- 
richterstatter zu  veranlassen,  ihnen  allgemein  zu  folgen.  Ob  die 
in  Sachsen    noch  Oblicbe  Hinzufögung   der  Noten    (über  Be- 


^)  Vsl.  dato  ob«n  S.  160. 

*)  Doch  vgl.  über  Bayern  o.  S.  160. 


von  R.  Ulirieb.  311 

tragen  und  KenntnisBe)  allgemeinere  Verbreitung  verdient, 
möchte  ich  bezweifeln;  gie  scheint  mir  ein  Rest  von  Anschauungen 
älterer  Zeit,  deren  Gewicht  wir  heute  im  allgemeinen  nicht  mehr 
anerkennen;  ich  glaube,  es  wSre  kein  Verstoß  gegen  den  Geist 
der  im  Schulleben  wichtigen  guten  Traditionen,  wenn  man  sie 
dort  fallen  ließe,  ebenso  wie  man  in  den  Jahresberichten  anderer 
Staaten  mehr  und  mehr  von  derartigen  öffentlichen  Erwähnungen  der 
Schölerleistungen  zurückgekommen  ist  (vgl.  auch  oben  S.  158  ff.). 
Was  auch  in  diesen  geblieben  ist,  die  Aufführung  der  Abiturienten 
nach  der  Rangordnung,  mag  auch  in  Zukunft  allgemein  bei- 
behalten werden. 

[4])    VerxeicbDisBa  der  sonst  AbgegsttgoDen. 

Gegenfiber  den  „Abiturienten'*  der  Nichtvollanstalten, 
die  nach  Restehen  der  Schlußpräfung  in  deren  Jahresberichten 
genau  nach  den  gleichen  Gesichtspunkten  verzeichnet  werden, 
wie  die  der  Vollanstalten,  scheinen  mir  diejenigen  zu  kurz  zu 
kommen,  die  neunklassige  Anstalten  mit  dem  Einjährigen-» 
Zeugnis,  dem  Zeugnis  för  Prima  oder  Oberprima  ver- 
lassen oder  sonst  aus  den  oberen  Klassen  abgehen.  Ge- 
wöhnlich werden  alle  diese  Kategorien  (die  „Einjährigen*' 
gesondert),  in  den  Jahresberichten  ziemlich  summarisch  abgetan. 
In  den  meisten  Fällen  erfolgt  nur  Angabe  der  Zahl,  bei  den  „Ein- 
jährigen** unter  Hinzufögung,  wie  viele  von  ihnen  zu  einem 
praktischen  Reruf  übergegangen  sind,  selten  wenigstens 
noch  Angabe  der  Namen  der  Schüler,  die  aus  höheren  Klassen 
als  U*  II  abgegangen  sind,  manchmal  auch  unter  gleichzeitiger 
Rezeichnung  der  betr.  Klassen.  Will  man  nicht  über  alle  Ab- 
gegangenen genauere  Angaben  machen,  auch  über  die,  welche 
die  Schule  Mhon  in  den  Unter-  oder  Mittelklassen  verlassen 
haben,  was  vielleicht  zu  weit  führte,  aber  doch  erwägenswert 
wäre,  so  scheint  es  mir  doch  geboten,  in  Zukunft  wenigstens 
bei  allen  denjenigen,  die  mit  dem  Zeugnis  für  Obersekunda 
oder  später  abgehen,  von  dem  bisherigen  summarischen  Ver- 
fahren in  den  Jahresberichten  Abstand  zu  nehmen  und  diese 
Schüler,  deren  Zahl  an  den  meisten  Vollanstalten  ja  keine  allzu- 
große ist  und  mit  der  Zunahme  der  Realschulen  immer  geringer 
werden  wird,  genau  in  derselben  Weise  aufzuführen,  wie  dies  bei 
den  Abiturienten  üblich  ist;  in  der  vorletzten  Spalte  wäre  bei 
ihnen  die  Dauer  des  Aufenthalts  in  der  zuletzt  besuchten  Klasse, 
in  der  letzten  —  soweit  angängig  —  der  gewählte  Beruf  so  genau 
wie  möglich  beiw.  die  Anstalt,  auf  welche  der  Schüler  über- 
gegangen ist,  namhaft  zu  machen.  Ein  triftiger  Grund  gegen 
derartige  Verzeichnisse  ist  schlechterdings  nicht  denkbar.  Allzuviel 
Platz  würden  sie  in  der  Regel  nicht  beanspruchen;  in  sachlicher 
Reziehung  sprechen  dafür  fast  genau  dieselben  Gründe,  die  man 
für   die  Abiturientenverzeichnisse    der   neun-   und    vollends   der 


^/^  ProgrammweBeo  nod  ProgrlnoBibibliothek  d.  koh.  Schnlei, 

sechsklassigen  Anstaften  anfufaren  kaon.  Sie  sind  für  alle  Leser 
der  Berichte  von  dem  gleichen  Interesse  wie  diese;  und  die 
statistischen  Folgerungen,  die  man  aus  ihnen  ziehen  kann 
(Kreise,  aus  denen  die  betr.  Schdler  stammen,  Dauer  des  Aufent- 
halts in  der  Schule,  Aller,  gewählter  Beruf,  Übergang  auf  andere 
Schulen  und  —  was  besonders  wichtig  —  andere  Schularten 
uam.),  stehen  an  Bedeutsamkeit  nicht  hinter  den  aus  den  anderen 
Verzeichnissen  gewonnenen  zurück.  Darüber  aber,  daß  jemand 
sagen  möchte  (wie  in  der  Tat  ja  von  Schulmännern  strengster 
Observanz  geschehen  ist),  die  Schule  habe  an  diesem  „Ballast'* 
eigentlich  kein  Interesse,  die  Vollanstalt  (oder  genauer  das  Gym- 
nasium) sei  nicht  dazu  da,  „Einjährige*'  zu  züchten  usf.,  kann 
man  füglich  zur  Tagesordnung  übergehen.  So  lange  in  zahlreichen 
Städten  die  einzige  höhere  Schule  ein  Gymnasium  ist  —  und  das 
wird  sich  voraussichtlich  so  schnell  nicht  ändern  lassen  — ,  bleibt 
für  viele  minder  begüterte  Eltern,  die  ihren  Kindern  eine 
über  das  Ziel  der  Volksschule  hinausgehende  Bildung  angedeihen 
lassen  wollen,  kaum  eine  Wahl.  Sie  müssen  diese  dem  Gymnasium 
zuführen,  wenn  auch  in  vielen  Fällen  eine  Realschule  an  sich 
geeigneter  wäre. 

Die  Forderung  von  genauen  Verzeichnissen  dieser  vor  Ab- 
solvierung der  Vollanstalten  aus  ihrem  Verbände  ausscheidenden 
Schüler  in  den  Jahresberichten  führt  endlich  auf  die  Sitte  der 

[5])    Allgemeioen  Schiilerverzeichoisse. 

Ober  Entwickelung  und  Stand  dieser  Verzeichnisse,  insbeson- 
dere das  Mafs  der  in  ihnen  enthaltenen  Angaben  in  den 
verschiedenen  Staaten  ist  oben  (S.  158  ff.)  das  Nötige  mitgeteilt. 
Welchen  Zweck  sollen  sie  erfüllen?  In  den  entsprechenden  Ver- 
fügungen wie  in  der  Fachpresse  findet  sich  nur  selten  eine  ver- 
einzelte Bemerkung  darüber;  eine  zusammenfassende  Erörterung, 
die  wohl  zu  wünschen  wäre  und  auf  manche  lokale,  traditionelle 
Gesichtspunkte  eingehen  müßte,  fehlt.  Ich  denke  im  allgemeinen 
nicht  zu  hoch  von  der  Bedeutung  dieser  Verzeichnisse,  ganz  be- 
sonders wenn  ich  den  erheblichen  Raum  in  Betracht  ziehe, 
den  sie  besonders  an  großen  Schulen  einnehmen^),  und  dabei 
vergleiche,  wie  viele  unzweifelhaft  viel  wichtigere  Bestandteile  da- 
gegen oft  ganz  fehlen  oder  überaus  dürftig  sind  gerade  in  den 
Jahresberichten  solcher  Staaten,  die  wiederholt  ans  Gründen  der 
Sparsamkeit  die  Knappheit  der  Jahresberichte  forderten. 
Sind  sie  wirklich  wichtiger  als  eine  ausführliche,  in  der  oben 
(S.  2S8  tr.)  bezeichneten  Weise  lebensvoller  gestaltete  und  für  so 
viele  Kreise  bedeutsame  Chronik,    wichtiger  auch  als  eine  um- 


1)  la  dea  Jabresberichtoo  der  Kreusuchute  m  Dresden  z.  B.  über 
5  Seiten,  in  denen  der  größeren  badischen  Anstalten  kaum  weniger,  in 
den  bayerischen  (bei  S ^-Format)  oft  mehr  als  doppelt  so  Tiell 


voü  R.  Ullrich.  ^         313 

fassendere,  der  Wissenschaft  und  Praxis  mannigfaltige  Anregungen 
gebende  Statistik  (o.  S.  307  t\  wichtiger  endlich  als  ausföbr- 
Uche,  für  die  Leser  sehr  nützliche  Angaben  über  die  etats- 
mäfsigen  Vermehrungen  der  Sammlungen  (s.  Abschnitt  V)? 
Fast  scheint  es,  daß  die  verantwortlichen  Leiter  der  Schulbehörden 
aller  derjenigen  Staaten  schon  seit  langem  so  urteilen,  die  für  die 
eben  genannten  Dinge  wenig  oder  gar  keinen  Platz  haben.  Der  An- 
laß, der  diese  Verzeichnisse  in  mehreren  Staaten  ins  Leben  rief  und 
zu  einer  dauernden  und  gewiß  auch  beliebten  Einrichtung  machte 
und  noch  heute  macht,  ist  wohl  der  des  lokalen  Interesses  der  Schul- 
gemeinde gewesen^).  Man  wünschte,  daß  alle  ihre  Glieder  auf 
geeignete  Weise  Kenntnis  von  der  jeweiligen  Zusammen- 
setzung der  Schule  und  ihrer  Klassen  erhielten;  so  ver- 
anstaltete man  jährlich  eine  erweiterte  Auflage  des  Albums  der 
Schule,  wenn  ich  so  sagen  darf;  man  fand  jedes  Jahr  die  Mehr- 
heit der  Schüler,  meist  um  eine  Klasse  vorgerückt,  wieder  und 
die  Minderheit  der  neuen  dazu.  Und  hatte  einer  selber  die  ganze 
Schule  durchgemacht  und  ihre  Berichte  noch  beisammen,  so 
mochte  er  als  reifer  Mann  die  Seinen  noch  auf  den  eigenen 
Namen  weisen,  dessen  Träger  einst  so  lange  Mitglied  einer  berühm- 
ten Anstalt  gewesen  war,  sich  auch  an  der  Hand  des  gedruckten 
Verzeichnisses  manchen  leichter  wieder  ins  Gedächtnis  zurück- 
rufen, der  mit  ihm  auf  derselben  Schulbank  gesessen,  aber  nun 
fichon  lange  seinem  Gesichtskreis  völlig  entschwunden  war').  Ich 
verkenne  die  Bedeutung  dieser  Momente  nicht,  vor  allem  für  die 
alte  Zeit  mit  wenigen  Schulen,  zu  denen  als  „Lateiner'^  zu  ge- 
hören für  den  einzelnen  und  seinen  Kreis  eine  weit  größere  Ehre 
war  als  es  dies  jetzt  ist.  Dazu  kam  dann  oft  noch  der  Brauch,  diese 
Verzeichnisse  als  eine  Art  öifentlieher  Zensuren')  der  Schüler 
anzusehen,  was  für  ihre  Schätzung  oft  geradezu  entscheidend 
war.  Und  wo  das  geschriebene  Album  der  Schüler  aus  älteren 
Zeiten  nicht  mehr  vorhanden  war,  mochte  man  immerhin,  soweit 
möglich,  aus  den  gedruckten  Verzeichnissen  ein  solches  im  ganzen 
für  einen  längeren  Zeitraum  zusammenstellen.  Gewiß  hatte  dies 
nicht  die  geschichtliche  Bedeutung  einer  Universitätsmatrikel  von 
der  Art  etwa  derjenigen  der  Wittenberger  Hochschule,  zu  der  iu 
ihren  besten  Zeiten  die  Schüler  aus  halb  Europa  zusammen- 
strömten^). Aber  es  konnte  doch  für  einen  längeren  Zeitraum 
Anhaltspunkte  für  die  Zugehörigkeit  verschiedener  Generationen 
iJerselben  Familie  zu  einer  Schule  geben,  konnte  zeigen,  aus 
welchen  Gegenden,  aus  welchen  Berufskreisen  der  Anstalt  Schüler 
zukamen    —    wenn    anders    es    über   diese    Dinge    etwas    sagte. 

^)  Vgl.  daza  die  Bemerknogaa  voo  K.  Hoereoz,   Päd.  H^oehmibl,  XI 
(1901/2)  S.  121  {Bibl.  Abt,  4,  Nr.  128). 

')  Vgl.  daza  die  Bemerkungeo  oben  S.  283  und  304. 

*)  Vgl.  dazQ  die  Obersichteo  obeo  S.  159,  s.  auch  S.  205. 

«)  VfL  daza  o.  S.  219  mit  Anm.  3. 


314  Programoiwesen  nod  Programmbibliotliek  d.  bSh.  Sehnlea, 

Wiewohl  heute  die  Zahl  der  Schulen  sehr  viel  grdfier  und  die 
überragende  Bedeutung  einzelner  Anstalten  nicht  bloß  in  gleichem 
Verhältnis,  sondern  sehr  viel  mehr  geringer  geworden  ist,  möchte 
ich  auch  die  Bedeutung  dieser  Momente  öberall  da  nicht  in  Ab- 
rede stellen,  wo  sie  (wie  z.  B.  in  Bayern,  Baden  und  Sachsen) 
auf  alter  Tradition  beruhen  und  dabei  die  Berücksichtigung 
anderer,  jetzt  für  die  Gesamtheit  der  Schulen  unzweifelhafl 
wichtiger  gewordener  Teile  der  Jahresberichte  (s.  o.)  nicht  hindern 
—  was  von  den  genannten  Ländern  nur  in  Sachsen  geschieht. 
Auch  das  Mafs  des  in  diesen  Verzeichnissen  Mitgeteilten  ist  für 
ihre  Bedeutung  von  Einfluß.  Bieten  sie  nichts  weiter  als  Namen 
und  Vornamen  der  Schüler,  so  haben  sie  im  ganzen  wenig  Wert. 
Ober  z.  B.  für  die  Namenforschung  (in  bezug  auf  Familien^ 
wie  Vornamen)  heute  noch  groB  ist,  mögen  Kenner  entscheiden. 
Was  Deutschland  im  besonderen  betrifft,  so  müBte  wohl  des 
Material  umfassender  sein,  als  es  die  wenigen  kleineren  Länder 
bieten,  die  diesen  Verzeichnissen  eine  feste  Stelle  im  Jahreshericht 
angewiesen  haben.  Für  statistische  Zwecke  sind  sie  aher 
erst  dann  recht  verwendbar,  wenn  sie  (verhältnismäßig)  mindesten» 
die  gleichen  Angaben  bieten  wie  etwa  die  Abiturientenverzeicfa-^ 
nisse  (s.  o.),  was  z.  Z.  nur  in  Bayern  zutriflt^).  Für  diese 
Zwecke  scheint  es  mir  aber  nicht  notwendig,  auch  für  die  Ver- 
wertung unpraktisch,  fünf  und  mehr  Seiten  damit  zu  füllen 
(0.  S.  312  A.  1);  sie  werden  durch  Tabellen  der  oben  (S.  307  ff.) 
bezeichneten  Art  weit  schneller  und  sicherer  erreiclit  So  bliebe 
also  nur  die  Rücksicht  auf  Schüler,  Eltern  und  Publi* 
kum,  die  nun  gedruckt  lesen  können,  daß  Wilhelm  Scfaulse 
Schüler  der  Quarta  eines  bestimmten  Jahrganges  gewesen  oder 
Friedrich  Müller  zu  derselben  oder  anderen  Zeit  der  Ober* Tertia 
angehört  hat.  Wird  der  Knabe  (in  99  unter  100  Fällen)  einmal 
ein  großes  Licht,  so  kann  sein  Biograph  auch  noch  feststellen,  wann 
und  wie  lange  er  in  einer  Klasse  gesessen  und  welche  Lehrer  er 
gehabt  hat;  das  ist  zwar  an  sich  nicht  unwesentlich,  besonders  das 
letztere,  aber  doch  auch  aus  den  viel  einfacheren  Abgangslisten» 
wenn  anders  sie  zweckmäßig  eingerichtet  sind  (s.  o.),  zu  entnehmen« 
ebenso  aus  dem  geschriebenen  Album  der  Schule,  dessen  Einsicht- 
nahme in  den  wenigen  wirklich  aktuell  werdenden  Fällen  Ton 
Bedeutung  wohl  nicht  verweigert  werden  wird,  von  anderen 
Quellen,  der  betr.  Familie  z.  B.,  die  in  solchen  Fällen  heute  jeder 
Biograph  aufsucht,  ganz  zu  schweigen.  Jedenfalls  würde  diese 
Rücksicht  den  jährlichen  Abdruck  der  ganzen  Schulgemeinde 
nicht  lohnen.  Wollte  man  auch  in  dieser  Beziehung  alle  Be- 
dürfnisse befriedigen,  so  wäre  es  immer  noch  einfacher,  zu  den 
oben  (S.  311  f.)  geforderten  Verzeichnissen    noch    die   genauen 


')  lo  Sachsen  findet  sich  z.  B.  der  Beruf  des  Vaters  Bicht  in  allea 
BerichtoD  gleichmiBi^. 


von  R.  Ullrich.  315 

Personalien  der  neu  Aufgenommenen  in  den  Berichten 
jedes  Jahres  hinzuzunehmen.  Viel  mehr  als  hundert  werden  es 
selbst  hei  der  größten  Schule  kaum  sein,  bei  den  übrigen  sehr 
viel  weniger.  So  würden  für  Gegenwart  und  die  fernste  Zukunft 
alle  befriedigt. 

Was  übrigens  die  Reihenfolge  betrifft,  in  der  die  Schüler 
in  den  vollständigen  Verzeichnissen  nach  Klassen  aufgeführt  werden 
sollen  (vgl.  o.  8.  158  ff.),  so  würde  ich  die  rein  alphabetische 
aus  praktischen  Gründen  der  nach  den  Leistungen  vorziehen. 
Ich  glaube  (vgl.o.  S.310t)  es  genfigte,  wenn  das  Rangordnungs- 
verzeicbnis  auf  die  Abiturienten  beschriinkt  bliebe.  Doch  sind 
Abweichungen,  wie  in  Sachsen  und  in  etwas  anderer  Form  in 
Österreich,  in  der  Entwicklung  der  dortigen  Schulverhflitnisse, 
auch  der  Gewöhnung  des  dortigen  Poblikum  begründet,  und  man 
wird  nicht  gern  von  dem  bisher  Oblichen  abgehen  wollen  (vgl. 
auch  oben  S.  205). 

Ich  meine  also,  wo  der  jährliche  Abdruck  der  ganzen  Schul- 
gemeinde  auf  einer  ihr  und  ihrem  ganzen  Kreise  lieb  gewordenen 
Tradition  beruht,  da  behalte  man  ihn,  falls  man  wegen  der 
Kosten,  die  der  erhebliche  Raum  beansprucht,  nicht  wichtigere 
Teile  der  Jahresberichte  preisgibt.  Die  Sitte  heute  neu  ein- 
zuführen (hin  und  wieder  haben  sie  auch  junge  norddeutsche 
Anstalten)  halte  ich  für  wenig  ersprießlich.  Wer  es  tun  will, 
ohne  von  Amts  wegen  dazu  genötigt  zu  sein,  lege  sich  erst  ernst* 
lieh  die  Frage  vor,  ob  er  in  den  übrigen  Teilen  des  Jahresberichts 
alles  getan  hat,  was  dessen  Zweck  wahrhaft  förderlich  ist,  vor 
allem  in  der  Chronik,  Statistik  und  den  Mitteilungen 
über  die  Sammlung  von  Lehrmitteln. 

V.  Sammlung  von  Lehrmitteln. 

Es  handelt  sich  hier  vor  allem  um  die  Vermehrung  der 
Lehrer-  und  Schülerbibliothek,  der  üblichen  natur- 
wissenschaftlichen Sammlungen,  der  Kartensammlung, 
der  Anschauungsmittel  für  Kunst  (die  hier  und  da,  z.T. 
mit  Recht,  den  stolzen  Namen  „Archäologisches  Kabinett** 
tragen),  des  Zeichen-  und  Turnapparats,  wozu  in  manchen  An- 
stalten noch  die  der  Münzkabinette,  eigenartiger  ethnographi- 
scher Sammlungen  uam.  kommt.  Über  das,  was  die  Ver- 
fügungen der  meisten  Staaten  in  dieser  Beziehung  vorschreiben, 
oder  was  bei  andern  wenigstens  Brauch  geworden  ist,  habe  ich 
oben  (S.  157  f.)  das  Nötigste  bemerkt;  auch  die  Diskussion  hat 
sich  ifiit  diesem  Abschnitt  häufiger  als  z.  B.  mit  dem  vorigen  he- 
schäftigt  (vgl.  0.  S.  191  f.,  205,  257  u.  ö  ). 

Es  wird  hier  hauptsächlich  zu  erwägen  sein,  ob  und  in 
welchem  Umfange  die  den  Anstalten  im  Laufe  des  Berichtsjahres 
zugewachsenen  Lehrmittel    der  genannten   Art    in    den    Jahres- 


31ß  ProgrammweseB  ood  Programmbibliothek  d.  höh.  Scbnlea, 

berichten  anzuführen  nach  deren  Zwecken  nutzlich  ist,  inwieweit 
demgemäß  die  darüber  getroffenen  amtlichen  Bestimmungen  zweck- 
mäßig sind  und  was  etwa  im  Anschluß  an  den  gegenwärtigen 
Stand  der  Dinge  noch  geschehen  könnte,  diesen  Abschnitt  mög^ 
liehst  fruchtbar  zu  machen. 

1)  Die  Sammlungen  der  Anstalten  sind  von  jeher  durch 
Geschenke  bereichert  worden.  In  den  ältesten  Zeiten  waren 
die  Schulen  fast  auf  sie  allein  angewiesen^);  aber  auch  als  später 
unter  den  geordneleren  Verhältnissen  zentraler  Verwaltung  in  allen 
Staaten  die  Vermehrung  auch  der  für  den  Scbulbetrieb  und  die 
wissenschaftliche  Portbildung  der  Lehrer  immer  wichtiger  ge- 
wordenen Sammlungen  verschiedenster  Art  aus  sog.  etatsmäßigen 
.Mitteln  eintrat,  blieben  die  ,, Geschenke*'  gern  gesehene  Gäste, 
und  es  gibt  heute  wohl  keinen  unter  1000  Jahresberichten,  k\er 
.ihrer  nicht  wenigstens  einige  gerade  för  die  Sammlungen  an- 
führen künnle.  Der  Brauch  ist  ein  so  fester  geworden,  daß 
sogar  fast  alle  Verfügungen  auf  sie  ausdrücklich  Rücksicht  nehmen 
^nd  ihre  Anführung  in  den  Jahresberichten  vorschreiben,  derart, 
daß  die  Verzeichnisse  der  aus  etatsmäfsigen  Mitteln  l>eschafften 
Bücher,  Anschauungsmittel  usw.  sogar  in  den  Hintergrund  ge- 
drängt oder  —  z.  T.  auf  direkte  Anordnung  der  Behörde  —  aus 
den  Jahresberichten  ganz  verschwunden  sind.  Das  ist  ein  auf 
die  Dauer  ganz  unhaltbarer  Zustand.  Gerade  die  etats- 
niäßigen  Vermehrungen  sind  die  wichtigsten,  sie  sollten  unbedingt, 
wie  in  Preufsen,  Österreich,  Sachsen,  £l8afs*Lo- 
ihringen,  Anhalt  und  einigen  kleineren  Staaten,  so  auch 
in  den  drei  süddeutschen  Staaten')  und  in  Hessen  durchweg 
angeführt  werden.     Das  ergibt  sich  aus  folgenden  Erwägungen. 

Von  den  Geschenken  sind  auch  heute  noch  manche  reclit 
wertvoll,  z.  T.  so  bedeutend,  daß  sie  eine  wirkliche  Bereicherung 
des  Schulorganismus  darstellen  und  nicht  bloß  in  diesem  Ab- 
schnitt, sondern  —  wie  oben  hervorgehoben  (S.  300)  —  gradezu 
in  der  Chronik  der  Anstalten  einen  Platz  verdienen^).     Bei  um- 


^)  Vgl.  darüber,  soweit  die  Lehrerbibiiothekeoio  Betraehk  kommes, 
meioe  Bemerkuogeo  in  Reine  En%,  Hdb.  d.  Päd,  ^  V  (1906).    S.  447  f. 

')  Besoodere  io  Riickeicht  auf  den  Rann,  der  z.  B.  in  Baden  nod 
Bayern  auf  die  Schulerverzeichnisse  verwandt  wird;  %,  o.S.313. 

*)  Es  lassen  sich  ihrer  aus  f^ieße-Irmer  (s.  o.  S.  89  Ann.  2)  ood  älteres 
Jahresberichten  Datzende  anrühren.  Von  sehr  wertvollen  Buch  er  Mmmlniisea 
z.  B.,  die  in  den  letzten  Jahren  einzelnen  Anstalten  zogofallen  sind«  seien  erwähnt: 
Am  Königin  Carola-Gyrnn.  in  Leipzig  1574  Bde.  der  Wasa- Bibliothek, 
von  I.  M.  der  Königio-Witwe  Ca  rola  (jö.  1906,  S.  5  ff.)«  am  Gj/mn.  Joha»- 
fieum  in  Harn  barg  1040  Bde.,  883  Broschäreo  und  26  Kasten  mit  Ab> 
bildungen,  aus  dem  JNacblafi  des  t  Prof.  Dr.  KaUmann  {Jb.  1907 y  S.  8  n. 
21;  holFentlich  werden  davon  wenigstens  die  wichtigeren  Werke  in  eineai 
der  nächsten  Berichte  namentlich  tafgeführt),  ganz  besonders  aber  am  K^. 
Gymn.  io  Speyer,  das  schon  über  die  bedeutendste  Bibliotheksstiftnng- aller 
deutschen  höheren  Lehranstalten  verfugt,  gegen  10000  Bände  von  den 
früheren   Direktor  der  Deutschen  Seewarte,  Wirkl.  Geh.  R.  Dr.  G.  v.  Nes- 


von  R.  Ullrich.  5i7 

fassenderer  Lektöre  der  Jahresberichte  wird   man  auch  inne,  wie 
viele     bedeutende     und     kostbare    Werke     (besonders     größere 
LieferuDgswerke)    von    den    Behörden    ständig   einer   Reihe 
von  Anstalten   überwiesen  werden.     Weit    größer   aber    ist   noch 
die    Zahl    der   Gaben,    die    kaum    als    fördernd    für    die 
Zwecke  der  Schule    und   die« wissenschaftliche  Arbeit 
der  Lehrer  angesehen  werden  können,  sondern  höchstens  den  oft 
knappen  Raum  unnötig  beengen,  dazu  den  Vorstehern  der  Samm- 
lungen noch  die  unfruchtbare  Mühe  des  Einordnens,  Katalogisierens 
usw.  aufnötigen,   Gaben,    die  ihre  Spender  selbst  nicht  recht  zu 
gebrauchen  wußten,   für   die  Sammlungen    einer    höheren   Lehr- 
anstalt  aber   immer   noch  grade   für   gut   genug    hielten.     Dazu 
kommen,   z.B.  in  den  Schenkungen   für   die  naturwissen- 
schaftlichen Sammlungen,  neuerdings  auch  für  das  Zeichen- 
kabinett,  noch  unzählige,  oft  gut  gemeinte  Gaben  von  Schülern, 
die  nur  eine  Beschwerung   des  Apparats  bilden,    in  vielen  Fällen 
auch  noch  die  Lachlust  herausfordern  —  wenn  sie  nämlich  Stück 
für   Stück  sogar    im   Jahresbericht  abgedruckt  werden.     Manche 
Berichterstatter  verfahren    hier    mit  einer  Gewissenhaftigkeit,    die 
des  Komischen  nicht  entbehrt^).     Die  Behörde  verlangt  allerdings, 
die  Geschenke   sollen  aufgeführt  werden.     Danken    ist  auch  eine 
schöne  Tugend.     Wenn    ein    freundlicher    Gutsbesitzer   der  Um- 
gegend einer    kleinen  Landstadt   der  Bibliothek    der    Schule,   die 
seine  Jungen    besuchten,   seine   abgelegten,    zerlesenen  Schmöker 
zuweist,  oder  ein  frischer  Quintaner  die  Speisekammer  der  Mutter 
plündert,    um    in    den    Zeichenapparat    eine   Bierflasche   für   das 
Zeichnen    nach    plastischen  Vorbildern    zu    stiften,    ein    anderer 
wieder  etliche  an  der  Seekäste  gefundene  Steine  oder  Muscheln, 
einige   auf   der  Wiese    erjagte  harrolose  Käfer    dem  naturwissen- 
schaftlichen Kabinett  darbietet,    so  kann  das    an    sich    alles  aus 
wirklichem    Interesse    hervorgehen,   manchmal    auch  —  wiewohl 
seilen  —  tatsächlich  eine  wirkliche  Bereicherung  der  betr.  Samm> 
lungen  darstellen;  so  z.B.  wenn    ein  Schüler  für    den  Homer- 
unterricht  das   Haus    des  Odysseus    im  Grundriß    entwirft,    oder 
einen    mit   vieler  Mühe  selbstgearbeiteten  Apparat    dem  Natur- 
kundelehrer darbietet,  obwohl  in  den  meisten  Fällen  die  kindische 
Eitelkeit  eine  Rolle  spielt,  gerade  wie  es  zu  unsrer  Schulzeit  auch 
schon  der  Fall  war   (s.  o.  S.  240).     Aber    muß    denn    über    das 
alles  auch  noch  im  Druck  dankend  quittiert  werden'),  sogar  mit 


mayer,  worüber  wohl  der  diesjährige  Bericht  des  Gymoasiums,  der  mir 
aber  z.  Z.  noch  nicht  zugänglich  ist,  Mitteilung  gemacht  hat;  doch  vgl.  auch 
z.  B    La.  Ztbl.  LVIII  (1907)  Sp.  459. 

')  So  war  knrzlich  in  einem  Jahresberichte  zn  lesen,  dafi  „zwei 
Likörflascben  gesehenkweise  nberlassen**  wordeo !  lo  einem 
anderen  werden  ein  paar  Schlittschuhe  gleicher  Ehre  gewürdigt. 

3)  Was  H.  Möller  (a.  a.  0.  S.  15)  in  dieser  Richtang  bemerkt,  ist 
zotreffend. 


3Jg  Progrämmwtstn  aod  Progrannbibliothek  d.  hSh. Schales, 

den  Nameo  von  Schülern,  wie  das  in  Dolzenden  von  Jahres- 
berichten immer  noch  geschiebt,  troti  des  Spottes,  der  mit  Recht 
schon  gelegentlich  Ober  solche  Torheiten  ausgegossen  worden  ist? 
Haben  die  Berichterstatter  den  Haßstab  für  die  Grenze  zwischen 
Wichtigem  und  ganz  Belanglosem  so  v6liig  verloren?  Es  sclieint 
wirklich,  dafi  die  Regierungen  durchweg  mit  einer  Erginzang  der 
einschlägigen  Verfugungen  („Antöhrung  der  wichtigeren  Ge- 
schenke'') denen,  die  alle  solche  Dinge  aufschreiben  und  drucken 
lassen,  zu  Hilfe  kommen  mußten,  damit  sie  sich  in  ihrem  Gewissen 
nicht  beschwert  fohlen,  wenn  sie  sich  hinfort  hier  auf  das 
Wichtige,  wirklich  Förderliche  beschränken. 

2)  Dagegen  werden  die  Angaben  über  die  etatamifsigen 
Anschaffungen,  die  in  den  Berichten  einiger  Staaten  (e.  o.) 
ganz  fehlen,  auch  in  denen,  wo  sie  vorgeschrieben  sind,  mit  einer 
gewissen  Freiheit  behandelt,  die  im  umgekehrten  Verhältnis  inm 
Werte  der  Gegenstände  und  ihrer  Wichtigkeit  für  die  Lehrer  steht. 
Da  werden  die  Anschauungen  fQr  die  Lehrer-  und  Schäler- 
bibliothek z.  B.  nicht  selten  sogar  in  Preußen  (den  Vor- 
schriften entgegen)  gar  nicht  oder  nur  in  Auswahl  an- 
geführt') statt  vollständig,  die  Angaben  der  Titel,  die  immerhin 
(wie  billig)  abgekürzt  gegeben  werden  mügen,  sind  ungenau, 
oft  geradezu  unrichtig,  die  Namen  der  Verfasser  werden  oft 
greulich  verunstaltet,  auf  Obersichtlich keit  in  der  An- 
ordnung wird  nicht  selten  überhaupt  kein  Wert  gelegt,  es  steht 
alles  bunt  durcheinander  usf.  Aber  freilich,  viele  Berichterstatter, 
von  den  Wortführern  der  Diskusston  angesteckt,  die  die  Anfuhrang 
dieser  Dinge,  die  „kein  Mensch  liesV)  oder  über  die  sich  der 
Lehrer  ,jederzeit  auf  dem  kürzesten  Wege  Kenntnis  verschaffen 
kann'*'),  überhaupt  für  überflüssig  erklärten,  mochten  diese  Meinung 
teilen;  und  von  dessen  Wert  mau  nicht  überzeugt  ist,  das  macht 
man  auch  weder  gern  noch  gut. 

Hat  es  aber  Zweck,  und  welchen,  diese  etats- 
mäßigen Vermehrungen  der  Sammlungen  anzuführen? 
Für  die  Schüler,  wirkliche  und  ehemalige,  die  Lehrer 
der  eigenen  Anstalt  und  anderer,  die  Behörden,  das 
Publikum,  etwa  gar  für  die  Gelehrten?  Die  Frage  ist  im 
ganzen  zu  bejahen,  wiewohl  natürlich  —  was  ja  schon  auf 
andere  Abschnitte  des  Jahresberichts  zutraf — nicht  alle  Teile  der 
Sammlungen  und  die  für  sie  gemachten  Neuanschaffungen  alle 
Kreise  gleichmäßig  interessieren  werden.  Ich  hebe  die 
wichtigsten  Punkte  hervor. 

a)  Für  die  Schüler  der  Anstalt  kommt  naturlich   in    erster 


*)  Hia  iiod  wieder  geschieht  das  sogar  ao  AnstAlten,  die  soast  jedea 
Käfer,  jede  Fledermaus  usw.,  die  für  die  oatarwisseDschaftliche  Saamlsaf 
von  Schülero  gestiftet  siod,  gewissenhaft  robriuerea. 

'^)  So  der  öfter  erwähnte  Aator  der  Gr€n%boten  vod  1901  (a.  a.  O.  S.343:. 

•)  Vgl.  11.  Müller  a.  a.  0.  S.  10. 


voa  R.  Ullrich.  319 

Linie  die  Vermehrung  der  Schölerbibliothek  in  Betracht. 
Hag  auch  ein  gedruckter  Katalog  bestehen,  so  veraltet  doch  bald 
vieles,  manches  wird  unbrauchbar;  der  Schüler  hat  aber  ein 
Interesse  daran,  die  neuesten  Anschaffungen  zu  erfahren,  falls  sie 
ihm  nicht  in  einem  geschriebenen  Kataloge  oder  durch  fort- 
währende Ergänzungsdrucke  zugänglich  gemacht  werden.  Das 
erstere  hat  aber  seine  Schwierigkeiten,  das  letztere  ist  überflussig, 
auch  kostspieliger,  als  das  im  Jahresbericht  regelmäßig  abgedruckte 
Verzeichnis,  auf  das  übrigens  auch  die  Behörden  mit  Rücksicht 
auf  die  erziehlichen  Momente  geeigneter  Lektüre  für  die  Jugend 
immer  großen  Wert  gelegt  haben').  Auch  für  die  Lehrer  andrer 
Anstalten,  besonder«  diejenigen,  die  selbst  Schülerbibliotheken  zu 
verwalten  und  geeignete  Auswahl  unter  der  immer  gewaltiger  an- 
schwellenden, vielfach  ungeeigneten  Jugendlektüre  zu  treffen  haben, 
ist  es  sehr  wertvoll  und  dabei  am  leichtesten,  aus  den  Jahres- 
berichten zu  erfahren,  wie  an  dieser  oder  jener  Schule  verfahren 
wird,  trotz  des  vortrefflichen  Ellendtschen  Katalogs*). 

.  ß)  Dasselbe  trifft  für  die  Lehrer,  der  eigenen  Anstalt  wie 
andrer,  in  bezug  auf  die  Neuanschaffungen  der  Lehrer- 
bibliolhek  wie  der  anderen  Sammlungen  zu.  Natürlich 
kommen  auch  hier  Hißgriffe  vor.  Diejenigen,  die  über  die  manch- 
mal geringen  Hittel  der  einzelnen  Sammlungen,  besonders  der 
Lehrerbibliotheken,  Klage  führen,  schaffen  oft  Dinge  an,  die 
keineswegs  empfehlenswert  sind,  den  Tadel,  ja  den  Spott  heraus- 
fordern uod  höchstens  zeigen  —  immerhin  auch  lehrreich  - — ,  wie 
man  es  nicht  machen  soll.  Aber  das  sind  Ausnahmen.  Die 
Berichte  über  die  Neuanschaffungen  für  die  Lehrerbibliolhek,  die 
Kunstsammlung  —  wenn  ich  so  sagen  darf  — ,  den  naturwissen- 
schaftlichen Apparat  usf.  zeigen  doch,  daß  ihre  Verwalter  und 
die  betr.  Kollegien  überhaupt  darauf  bedacht  sind,  nach  Naß 
ihrer  oft  bescheidenen  Hittel  möglichst  das  Beste,  für  die 
Anstalt  und  ihre  Lehrer  Zweckmäfsigste  auszuwählen. 
Im  Gegensatz  zu  dem  Diktum  unseres  Autors  aus  den  Grenp- 
boten  von  1901  „Sie  liest  kein  Hensch''  kann  ich  auf  das  be- 
stimmteste versichern,  daß  nicht  wenige  Bibliothekare,  auch  andre 
Lehrer,  die  Liste  der  Neuanschaffungen  bei  dieser  oder  jener 
Anstalt  sorgfältig  durchlesen,  um  daraus  für  sich  selbst  An- 
regungen   zu    gewinnen').     Jüngeren    Bibliothekaren,    zumal    an 


^)  Vgl.  darüber  i.  B.  die  pretttsische  Verfugoog  vom  16.  Okt.  1886 
{Beier  a.  a.  0.  S.  120  f.,  Aom.  1),  die  aebr  beacbteoswerte  Wioke  eatbält. 

')  Kataloge  für  die  Schülerbibliatheken  höh.  Lehranstalten,  nach  Stufen 
und  nach  Jf^üseneehaßen geordnet,  Halle*  1905,  Bucbb.  d.  Waiseob.,  XXXXI, 
160  S.  3  JC.j  kart.  3,80  JC.  Aucb  dieae  Arbeit  gehört  zu  denen,  die  aua 
Programnabbandluogeo  hervorgegangen  aiod,  vgl.  o.  S.  130  fS,  und 
S.  140  mit  Aom.  4. 

')  Vgl.  für  die  ältere  Zeit  acboo  die  treffenden  Bemerkungen  von  Dein- 
bardt(o.  S.  205)  und  Stamme r  (^»&/.  ^R  4,  Nr.  85a);  daß  £.  Stempliuger 
{BibL  Ab€.  4,  Nr.  144,  S.  13),  mit  dessen  Anscbaauogen  über  die  Bedeutung 


^2^  ProgrammweseB  ond  Programmbibliothek  d.  hob.  Seholea, 

neuen  Anstalten,  die  zunächst  wirklich  nicht  immer  recht  wissen, 
wie  sie  die  Summe  von  einigen  Tausend  Mark,  die  für  die  erste 
Einrichtung  neuer  Schulbibliotheken  bewilligt  zu  werden  pOegeo, 
am  Torsichtigsten  und  zweckmäßigsten  für  die  Bildung  eines  ge^ 
eigneten  Grundstocks  verwenden  sollen,  kann  kaum  etwas  Besseres 
empfohlen  werden,    als    sich    ein   Uutzend    Berichte    gleichartiger 
älterer   Anstalten,    womöglich    aus  verschiedenen    Provinzen    und 
Staaten,  und  nicht  gerade  bloß  aus  dem  neuesten  Jahrgange  vor- 
zunehmen   und  daraus  Anregung    und  Belehrung    zu   holen.     Es 
wird  weder  ihr  eigener  Schaden  sein,  noch  der  ihrer  Bibliothek. 
Übrigens  ist  auch  der  Abdruck  der  Neuanschaffungen   im  Jahres- 
bericht selbst  för    die  Lehrer  derselben  Anstalt  keineswegs 
so  überflüssig,  wie  der  ungenannte  J.  S.  (S.  343)  und  H.  H öller 
(S.  10)  meinten.  Die  Sache  liegt  för  sie  durchaus  nicht  so  einfach, 
wie  der  letztere  meinte,  daß  sie  sich  „jederzeit  auf  dem  kurzesteo 
Wege  Kenntnis  davon  verschaffen'*  können ;    der  Weg  ist  oft  ein 
recht  langer,  umständticher  (s.  o.  S.  236t[f,     Und  wenn  der  erstere 
wiederum  erklärte,  „dem  Lehrer,  der  die  Bibliothek  benutzt»  steht 
der   weit  übersichtlichere   Katalog  immer  zur  Verfügung**, 
so  befindet  er  sich   in  beiden  Punkten   för   eine  große  Zahl  von 
Schulen    in    bedauerlichem    Irrtum,    die  weit  von    der    allerdings 
selbstverständlich    scheinenden    Anschauung    entfernt    sind,    den 
Katalog  , Jederzeit'*  zur  Verfügung  zu  stellen;   manche  können  es 
übrigens  auch  nicht.     Und  was  die  „Übersichtlichkeit**  betrifft  — 
wie  viele   derartige    Kataloge    mag   ihr  Lobredner  wohl   gesehen 
haben! 

y)  Die  Behörde  hat  in  Preufsen,  was  die  Schälerbibliotheken 
betrifft,  den  Lehrern  zur  Pflicht  gemacht,  nur  Geeignetes  anzu- 
schaffen^); sie  hätte  dasselbe  fast  mit  gleichem  Bechte  in  bezug 
auf  viele  Lehrerbibliotheken  tun  können.  Jedenfalls  bilden  die 
Listen  über  die  Neuanschaffungen»  zu  denen  so  große  Summen 
staatlicher  und  städtischer  Gelder  verwendet  werden,  auch  för 
die  Behörden  ein  wichtiges  Mittel,  zu  erkennen,  wie  bei  der 
Beschaffung  der  Lehrmittel  für  die  verschiedenen  Sammlungen 
verfahren  wird.  Es  wird  auch  hier,  wie  z.B.  Pietzker  (a.  a.  0. 
S.  413)  durchaus  richtig  bemerkt  hat,  „ein  z.  T.  recht  tiefer  Ein- 
blick in  den  Geist  ermöglicht,  der  den  Lehrbetrieb  auf  einer 
Schule  beseelt*\  Natürlich  könnten  sich  die  Behörden  diesen 
Einblick  auch  auf  dem  Wege  direkten  amtlichen  Berichts  jeder 
Anstalt  verschaffen,  der  in  den  Staaten,  deren  Jahresberichte  die 
Listen  nicht    enthalten,    auch    gewiß    erfolgt     Damit  geht  aber 


der  Jahresberichte  ich  mich  soost  wenig  befreaodeo  kann,  wenigstens  in 
dieser  HiDsicht  (wohl  mit  besonderem  Bezog  auf  Bayern)  sich  für  die 
Aufoohme  io  die  Jahresberichte  erklärt,  ist  erfreulich  and  verdient,  be- 
sonders erwähnt  zu  werden.  Es  wäre  freudig  so  begrüßen,  wenn  die 
bayerische  Regierung  seinem  Wunsche  näherträte. 

^)  In  der  oben  (S.  Sl$  A.  1)  erwähnten  Verfdgung  vom  16.  OkU  1SS6. 


voD  R.  UDrich.  321 

dem  Verkehr  der  Schalen  untereinander  ein  nicht  unwesentliches 
Stock  gegenseitiger  Anregung  völlig  verloren;  keine  erfährt  von 
der  andern  auf  diesem  einfachsten  Wege,  welche  Neuanschaffungen 
gemacht  werden,  was  doch  gerade  för  eine  Mehrheit  von  Schulen 
derselben  Stadt  und  ihrer  nächsten  Umgebung  so  wichtig  wäre. 
Ich  werde  auf  diesen  Punkt,  den  ich  schon  froher  gelegentlich 
berührt  habe^),  an  andrer  Stelle  noch  zurackkommen.  Er  gehört 
zu  dem  nicht  in  jeder  Beziehung  erfreulichen  Kapitel  einer  ge- 
wissen Rfickständigkeit  unsres  Schulbibliothekswesens  überhaupt, 
das  aus  dem  großen  Aufschwung  des  wisseoFchaftiichen  und  Volks- 
bibliothekswesens  in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten  und  den 
Methoden,  die  ihn  beeinflußt  haben,  bis  jetzt  im  ganzen  wenig 
Lehren  für  die  eignen  Verhältnisse  gezogen  hat. 

Es  ergibt  sich  also,  daß  dies  ständige  Verzeichnis  der  etals- 
mäßigen  AnschafTungeii  in  den  Jahresberichten  für  Schuler, 
Lehrer  derselben  Schule  und  andrer,  auch  für  Behörden 
ein  sehr'  ersprießlicher,  man  kann  getrost  sagen,  notwendiger 
Brauch  ist,  dessen  Ausdehnung  auf  die  Berichte  der  wenigen 
Staaten,  die  es  noch  nicht  haben,  man  recht  dringend  wünschen 
muß. 

Die  geringste  Schwierigkeit  .  würde  dies  bei  den  Berichten 
Württembergs  haben.  Verordnungen  gegen  die  Anführung 
der  etatsmäßigen  Vermehrungen  bestehen  dort  nicht.  Wohl 
haben  sie  aber  einige  Anstalten')  seit  einer  Reihe  von  Jahren 
aufgenommen.  Bei  dem  augenscheinlichen  Nutzen  der  Angaben 
gerade  für  die  gegenseitigen  Beziehungen  der  Kollegen  in  einem 
kleineren  Staate  läge  es  also  nur  an  diesen  selbst,  die  Einrichtung 
zu  einer  allgemeinen  zu  machen.  Das  ist  dort  jetzt  leichter  als 
in  irgend  einem  anderen  Staate,  weil  die  Bibliothekare  der 
wörttembergischen  höheren  Schulen  sich  kürzlich  zu  einer 
Vereinigung  zusammengeschlossen  haben,  uro  schwebende 
Fragen  des  Schul bibliothekswesens  zu  erörtern  und  Anregungen 
zu  Reformen  zu  geben').  Auch  in  Baden  wäre  eine  Einführung 
des  entsprechenden  Abschnittes  eher  denkbar,  weil  es  sich  auch 
hier  wenigstens  z.  T.  nicht  um  völlige  Neuerungen  handelte, 
sondern  nur  um  eine  allgemeine  Herstellung  eines  früher  schon  nicht 


1)  1q  Reios  Enzykl   Hdb.  d.  Päd,*\  (1906)  S.  449  und  452. 

')  Sie  siod  oben  8.  158  Aom.  3  geoannt. 

')  Vgl.  darüber  die  Mitteiloogeu  im  Neuen  Korrespondimtbi  /*.  d.  höh. 
Seh.  ff^ürttembergs  XIK  (1906)  S.  241  f.  —  Ich  habe  selbst  vor  einigen 
Jahren  Anregongen  in  dieser  Richtung  gegeben  {Bentäzg.  u.  Einr.  d.  Lehrer- 
bibl  usw.  S.  lief.  »Z.  /  d.  Gymn.-W  LVIII  (1904)  S.  788  f.)  ond  freue 
mich,  daß  sie  Machfolge  gefunden  haben.  In  kleineren  Staaten  werden  sich 
solehe  Vereinigungen  am  ehesten  znsaromenOodeo ;  in  ihnen  sind  sie  be- 
sonders wichtig,  weil  wir  über  deren  Schnlbibliotheksverhaltnisse  infolge 
des  in  den  Jahresberichten  mehrerer  von  ihnen  fehlenden  Abschnitts  über 
die  Vermehrung  der  Sammlungen  im  ganzen  wenig  wissen.  Mögen  besonders 
Bayern,  Baden  und  Hessen  naehfolgeal 

Zoitschrifk  f.  d.  OjmnMialwMOB.    LXI.    SnpplemeAtheft.  21 


322^^^^^^^^^^^^^  aad  Pro^rtmnbibliothek  d.  böh.  Schulea, 

unbekannt  gewesenen,  in  seiner  Bedeutung  aber  wohl  nicht 
ganz  erkannten  Zustandes.  Die  badische  Regierung  bat  auch 
in  anderen,  grade  auf  das  Proga  mm  wesen  bezuglichen  Punkten 
ihren  Standpunkt  mehrfach  gewechselt,  so  in  bezug  auf  die  Mit- 
teilung der  Schnlerverzeichnisse  und  der  Aufsatzlhemata 
(vgl.  o.  S.  100,  Nr.  LIX  und  LXa);  warum  sollte  Ähnliches  nicht 
auch  im  vorliegenden  Falle  möglich  sein?  So  bliebe,  von  einigen 
kleineren  norddeutschen  Staaten^)  abgesehen,  nur  Bayern 
und  Hessen  übrig,  die  in  dieser  Beziehung  eine  völlige  Neuordnung 
vorzunehmen  hätten.  Ob  sie  möglich  ist?  Unzweifelhaft  ist  es 
zu  bedauern,  daß  bei  dem  jetzigen  Zustande  keine  der  dortigen 
Lehrerbibliotheken  von  der  andern  etwas  weiß  und  viele  Schätze 
bei  weitem  nicht  so  fruchtbar  gemacht  werden,  wie  es  bei  An- 
bahnung geeigneter  Beziehungen  möglich  und  ersprießlich  wäre. 
d)  Doch  ich  habe,  wie  schon  oben  in  anderem  Zusammen- 
hange, auch  noch  auf  die  früheren  Schüler  hinzuweisen,  für 
welche  die  regelmäßigen  Angaben  über  den  Zuwachs  der  Samm- 
lungen wichtig  sind.  Außer  bei  Pietzker  (a.  a.  O.),  der  ja 
überhaupt  für  die  Verzeichnisse  ist,  kommen  als  Leser  der 
Jahresberichte,  die  aus  ihrem  Inhalt  etwa  noch  weiterhin  Nutzen 
ziehen  könnten,  die  früheren  Schüler  bei  den  Gegnern 
der  ganzen  Einrichtung  überhaupt  nicht  in  Frage.  Das  ist 
überaus  bezeichnend.  Denn  es  lehrt,  wie  wenig  diese  sich  über 
die  Mittel  klar  geworden  sind,  die  zur  Aufrechterhallung  des  so 
dringend  notwendigen  Zusammenhanges  zwischen  der  Schule  und 
allen  ihren  Angehörigen  beitragen.  Daß  sich  aber  die  ehemaligen 
Schüler  in  ihrer  großen  Mehrzahl  bei  recht  vielen  Anstalten 
durchaus  noch  als  deren  „Glieder*'  fühlen,  die  an  ihrem  Wohl 
und  Wehe  herzlichen  Anteil  nehmen,  konnte  schon  oben  bei  der 
Erörterung  des  Abschnitts  III  (Chronik)  gezeigt  werden.  Für 
viele  von  ihnen  ist  ja  der  Jahresbericht  fast  das  einzige  äufs er e 
Band,  das  sie  mit  ihrer  allen  Schule  verknüpft  Und  die- 
jenigen von  ihnen  z.  B.,  die  in  der  Wissenschaft  fort- 
geschritten sind  —  bei  großen  oder  alten  Anstalten  oft  eine 
stattliche  Zahl  — ,  benutzen  recht  häufig  auch  die  Sammlungen 
ihrer  Schule,  besonders  natürlich  die  Lehrerbibliothek.  Es  wird 
kaum  einen  Bibliothekar  einer  größeren  oder  älteren  Schule^  die 
auch  sonst  rege  Beziehungen  zu  ihren  früheren  Schülern  unter- 
hält, geben,  der  davon  nicht  zu  erzählen  wüßte.  Sie  machen 
den  Lehrern  der  Schule  selbst  sogar  manchmal  Konkurrenz, 
über    die    man    aber  kaum  ernstlich  böse  sein  kann,   wenn  man 


^)  Die  Scholeo  Hamburgs  it  B.  verölfentlicheo  beinahe  alle  aaeh  ihre 
etatsnärsigeD  AoschaffuDgeD,  aar  f^erade  die  älteste  Aostalt,  das  Johao- 
neom,  oicht,  obgleich  es  hier  wohl  am  wiehti^teo  wäre.  Denn  je  älter 
eioe  Aostaltsbibliothek  wird,  um  so  mehr  wächst  sie  an  BedevloD^  aber 
ihreo  eogerea  Kreis  hioaos  ood  kann  auch  aodereu  Gelehrten  vod  Sehvl- 
mäooero  DÜtzlicb  werden  (vgl.  aach  o.  S.  316  Anm.  9,  Z.  5  ff.). 


voD  R.  Ullrich.  323 

den  idealen  Wert  der  Tatsache  in  Betracht  zieht.  Daß  es  auch 
ihnen  erwünscht  sein  muß  und  —  wie  die  Beispiele  lehren  — 
tatsachlich  erwünscht  ist,  gerade  über  die  ^euanschaffungen  auf 
dem  laufenden  erhalten  zu  werden,  leuchtet  doch  ohne  weiteres 
ein,  und  hoffentlich  ebenso,  daß  die  Mitteilung  im  Jahresbericht, 
den  viele  von  ihnen  regelmäßig  von  der  Schule  beziehen  oder 
sich  sonst  verschaffen,  das  einfachste  Mittel  für  diesen  Zweck  ist. 
a)  Aber  die  Gelehrten?  Auch  diese  sollen  Nutzen  davon 
haben?  In  der  Tat.  Natürlich  denke  ich  dabei  nicht  in  erster 
Linie  an  Universitätsgelehrte,  obgleich  auch  diese  ja  zur  Kate- 
gorie der  früheren  Schüler  gehören  und  ganz  gern  von  neuen 
Büchern  ihrer  alten  Schule  Gebrauch  machen,  die  sie  selbst  gerade 
nicht  besitzen  oder  von  ihrer  Universitätsbibliothek  nicht  sofort 
erhalten  können,  desta  mehr  aber  an  ehemalige  Direktoren 
und  Lehrer  der  Schulen.  Viele  von  diesen  sind  auch  im  Ruhe- 
stande noch  eifrig  für  die  Wissenschaft  tätig  (es  braucht  der  Bei- 
spiele wohl  nicht).  Bleiben  sie  am  Orte  ihrer  früheren  amtlichen 
Tätigkeit,  so  ist  die  Schulbibliothek  für  sie  die  erste  Quelle, 
aus  der  sie  auch  weiterhin  schöpfen;  ziehen  sie  anderswohin,  so 
sind,  falls  ihr  Buen  Betiro  nicht  gerade  eine  Universitätsstadt  oder 
ein  Ort  mit  einer  größeren  Landes-  oder  Stadtbibliothek  ist,  die 
Bibliotheken  der  zunächst  erreichbaren  höheren  Schulen  doch 
natürlich  die  wichtigsten  Hilfsmittel  für  sie;  auch  ihit  ihrer  alten 
Schule  pOegen  sie  ja  meist  in  Verbindung  zu  bleiben.  Was 
kann  ihnen  erwünschter  sein  als  die  regelmäßigen  Zuwachsver- 
zeichnisse? Denn  vollständige  gedruckte  Kataloge,  auf  die  es 
in  erster  Linie  ankommt,  haben  in  Preußen  erst  etwa  Ve  aller 
Lehrerbibliotheken;  in  Österreich  steht  es  viel  besser,  in  den 
kleineren  deutschen  Staaten  durchschnittlich  wieder  viel 
schlechter;  vor  allem  aber  fehlt  es  an  solchen  gedruckten  Kata- 
logen, zumal  älterer,  bedeutender  Gymnasialbibliotheken,  die  bis 
in  die  neuste  Zeit  reichen.  Da  greifen  die  Zuwachsver- 
zeichnisse  doch  sehr  erwünscht  ein.  So  engherzig  ist  aber  heute 
hoffentlich  kein  Bibliothekar  mehr,  daß  er  älteren  Kollegen  a.  D., 
wohl  auch  Privatgelehrten,  deren  es  ja  manche  von  wissenschaft- 
lichem Rufe  gibt,  die  Benutzung  der  Bibliothek  verweigerte  oder  sich 
gegen  Versendung  auch  nach  außerhalb  spröde  verhielte.  Jüngere 
Lebrerbibliotheken  werden  in  der  Regel  zufrieden  sein,  wenn  sie 
den  wissenschaftlichen  Bedarf  der  Lehrer  der  eigenen  Schule 
zu  einem  Teile  decken  können.  Ältere  haben  höhere,  um- 
fassendere Aufgaben  zu  lösen  und  erfüllen  sie  auch  längst, 
z.  T.  unter  ausdrücklichem  Beifall  oder  nach  bestimmten 
Weisungen  der  Behörden  selbst.  Sie  dienen  häufig  genug  auch 
dem  Publikum  der  Stadt  und  Umgegend,  dem  gelehrten  und 
ungelehrten,  aber  für  literarische  Bildung  doch  empfänglichen,  das 
sie  oft  in  der  Gestalt  populär-wissenschaftlicher  Vereinigungen,  die 
ihren  Büchervorrat  statutenmäßig  der  betr.  Lehrerbibliothek  über- 

2/* 


324  Pro^rammwesen  ood  Programmbibliothek  d.  hSh.  Scholei, 

lassen,  seinerseits  wiederum  fördert  (in  Westfalen  z.B.)^).  Und  daß 
dieser  Kreis,  für  den  die  Jahresberichte  ja  überhaupt  mit  bestimmt 
sind  (s.  0.  S.  242Ü.),  unter  solchen  Umständen  die  Rubrik  „Samm- 
lung von  Lehrmitteln"  ganz  besonders  gern  sieht,  ist  doch  nicht 
bloß  begreiflich,  sondern  ganz  selbstverständlich.  — 

Aber  auch  hier  ist  zu  erwägen,  ob  die  Zuwachsverzeich- 
nisse, besonders  der  Lehrerbibliothek,  die  för  fast  sämt- 
liche der  genannten  Kreise  die  wichtigste  von  den  Sammlungen 
der  Schule  ist,  in  ihrer  jetzigen  Form  in  den  Jahres- 
berichten der  meisten  Staaten  den  Anforderangeo 
genügen,  die  man  billigerweise  an  sie  stellen  muB, 
und,  wenn  etwa  z.T.  nicht,  was  geschehen  kann,  dem 
Mangel  abzuhelfen. 

An  einiges  ist  schon  oben  (S.  318)  im  Vorbeigehen  erinnert 
worden.  Die  Verzeichnisse  müssen  vollständig  sein;  Wen- 
dungen wie  „unter  anderem  wurde  angeschafli'*  dürfte  man 
nicht  begegnen.  Die  Titel  der  Werke  können  gekürzt  werden, 
mössen  aber  richtig  angegeben  und  verständlich  sein.  Hin  weise  auf 
frühere  Jahr  es  berichte  (wie  bei  Erwähnung  von  Zeit  Schriften, 
Lieferungswerken  uäm.)  sind  sehr  unzweckmäßig;  die$e 
früheren  Jahresberichte  hat  nicht  jeder  Benutzer  außerhalb  des 
engeren  Kreises  der  Schule  gleich  zur  Hand.  Auch  hier  können 
mehr,  als  es  geschieht,  allgemein  verständliche  Abkürzungen  in 
größerem  Umfange  verwendet  werden,  damit  nicht  zu  viel  Raum 
verbraucht  wird.  Vor  allem  ist  aber  Obersichtlichkeit  an- 
zustreben. Der  einfache  Abdruck  des  letzten  Abschnitts  des  Zu- 
gangskatalogs ist  zwar  bequem  für  den  Berichterstatter,  aber  sehr 
unbequem  für  die  Benutzer,  für  die  der  Bericht  doch  bestimmt 
ist.  Es  ist  systematische  Anordnung  nach  Wissen- 
schaften anzuwenden.  Hat  die  Anstalt  einen  gedruckten  Katalog 
aus  neuerer  Zeit,  an  den  sich  der  Kreis  der  regelmäßigen  Be- 
nutzer gewöhnt  hat«  so  wird  das  Zuwachsverzeichnis  am  besten 
dessen  Anordnung  befolgen.  Ist  kein  gedruckter  Gesamtkatalog 
vorhanden,  so  mag  irgend  eine  systematische  Folge  sonst  üblicher 
Art  inne  gehalten  werden,  wenn  sie  nur  überhaupt  zur  Anwen- 
dung kommt.  Druck  in  zwei  Spalten  ist  bei  4''-Format  auch 
praktischer  als  durchlaufende  Zeilen.  Ich  habe  schon  vor  3  Jahren, 
als  ich  diese  Verhältnisse  zuerst  berührte,  auf  einige  dieser  nütz- 
lichen Verbesserungen  hingewiesen').  Es  ist  auch  seitdem  schon 
hier  und  da  besser  geworden  (bei  etlichen  Anstalten  war  es  auch 
vorher  schon  gut),  aber  es  bleibt  doch  noch  genug  zu  tun  übrig. 
Man  kann  sich  leicht  überzeugen,  wenn  man  aufs  Geratewohl 
einige  Jahresberichte  aus  irgend  einer  Provinz  herausgreift. 

Alles  in  allem:  Abschnitt  V  der  preußischen  Jahresberichte, 


1)  Vgl.  rdr  ältere  Zeiten  schoo  Neig^ebaur  (a.  t.  O.  S.  308f.}. 
^)  Benutzung;  u.  Einrichtung  usw.  S.  7  mit  Aam.  2  («=»  Z.f,d,  (rviim.- 
ff  et.  LVin  (1904)  S.  679). 


YOD  R.  Ullrich.  325 

IV  der  österreichischeo,  sowie  die  entsprechenden  Teile 
wenigstens  einer  Anzahl  von  Berichten  kleinerer  Staaten,  sind 
doch  wohl  so  überflössig  nicht,  wie  man  uns  hat  glauben  machen 
wollen;  die  Erfahrung  beweist  das  Gegenteil.  Denn  die  oben 
mitgeteilten  Beobachtungen  und  Vorschläge  bewegen  sich,  was 
ihren  Wert  wohl  erhöbt,  ausnahmslos  auf  dem  Boden  realer  Ver- 
hältnisse, die  dem  Verfasser  aus  eigener  Anschauung  bekannt  oder 
ihm  von  Freunden  der  Sache  mitgeteilt  worden  sind. 

3)  In  dem  bisher  Erörterten  handelte  es  sich  in  der  Haupt- 
sache um  praktische  Zwecke,  die  allerdings  mehr  oder 
weniger  die  wissenschaftlichen  unterstutzen.  Vielleicht 
bieten  aber  diese  Mitteilungen  über  Neuanschaffungen  sogar  auch 
Gelegenheil,  die  Sammlungen,  ihre  Organisation,  auch 
das  Studium  ihrer  Geschichte  direkt  zu  fördern,  wenn 
den  Jahresberichten  entsprechende  Angaben  regelmäßiger  beigefugt 
werden  als  dies  bis  jetzt  geschieht.  Denn  Ansätze  sind  auch  hier 
vorhanden;  es  kommt  nur  darauf  an,  sie  auszubilden,  damit  das 
Ganze  Förderung  erfahre.  Ich  denke  hier  besonders  an  Mit- 
teilungen über  das  Etatswesen,  solche  über  die  bauliche  Ein- 
richtung oder  Veränderung  der  Sammlungen  und 
andere  Maßnahmen,  die  im  Interesse  ihrer  Nutzbar- 
machung getroffen  worden  sind,  endlich  an  statistische 
Angaben  sowohl  über  den  Bestand  des  Inventars  wie  —  be- 
sonders bei  den  Bibliotheken  einschließlich  der  Programm- 
sammlungen —  über  die  Zahl  der  Benutzer. 

a)  Etats  wesen.  Hin  und  wieder  machen  Berichterstatter  An- 
gaben über  die  Höhe  des  Etats,  der  für  die  Sammlungen  im 
ganzen  oder  (was  besser)  für  jede  einzelne  von  ihnen  zur  Ver- 
fügung steht;  auch  außerordentliche  Bewilligungen,  die 
Staaten  oder  Städte  bei  der  ersten  Einrichtung,  zur  Ausfüllung  von 
Lücken  oder  für  andere  Zwecke  (z.  B.  für  Katalogisierung)  er- 
folgen lassen,  werden  erwähnt  —  soweit  Deutschland  in 
Betracht  kommt,  fast  ausschließlich  in  norddeutschen  Be- 
richten. In  sehr  vielen  österreichischen  Berichten,  leider 
Dicht  in  allen,  ist  dagegen  die  Mitteilung  der  Summen,  die 
für  die  Sammlungen  (im  ganzen)  verwendet  werden  können,  zu 
einer  ständigen  Einrichtung  geworden.  Die  Sache  liegt  hier  näher, 
weil  der  Aufwand  zu  einem  Teile  durch  die  (Osterreich  eigen- 
tümlichen) Lehrmittelbeiträge  der  Schüler  bestritten  wird, 
über  die  nun  eine  Art  öfl'entlicher  Quittung  erteilt  wird.  Die  ent- 
sprechenden Summen  werden  zwar  offiziell  unter  der  Rubrik 
^.Geldleistungen  der  Schüler''  genannt  (s.  o.  Tabeüe  hinter  S.  160, 
Mr.  XV,  Abs.  1X8);  aber  es  ist  ganz  zweckmäßig,  sie  an  der 
Spitze  des  Berichts  über  die  Sammlungen  selbst  in  Verbindung 
mit  den  Angaben  über  Subventionen,  die  aus  anderen  Quellen 
stammen,  zu  wiederholen.  Ich  wüßte  nicht,  was  dagegen  spräche, 
diese  Sitte   allgemein   einzuführen.    Angaben  über   das  Etats- 


326  Progrtmmwesflii  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schalen, 

wesen,  der  Bibliotheken  z.  B.,  sind  ja  den  Verfassern  von  Büchern '), 
die  Mitteilungen  darüber  machen,  meist  nicht  vorenthalten  worden. 
Aber  die  Etats  ändern  sich  doch;  regelmälsige  Mitteilungen  dar- 
über in  den  Jahresberichten  als  dem  geeignetsten  Orte  würden  jeden 
auf  dem  laufenden  erhalten.  Daß  sie  lehrreich  sind,  bedarf 
kaum  des  Beweises;  daß  sie  gefährlich  wären,  ist  zu  bezweifeln. 
Vielleicht  wäre  der  —  ja  übrigens  schon  jetzt  nicht  aus- 
geschlossene —  Fall  denkbar,  daß  hier  und  da  ein  Direktor 
unter  Hinweis  auf  den  höheren  Etat  einer  etwa  gleichartigen 
Anstalt  bei  seiner  Regierung  um  Mehrbewiiligung  einkäme. 
Bestehen  wirklich  große,  von  dieser  übersehene  Ungleichheiten 
oder  Härten,  so  müßte  sie  dem  Petenten  doch  nur  dankbar  sein, 
daß  er  ihr  hilft,  sie  auszugleichen.  Vor  unberechtigten  Wünschen 
hat  sich  aber  bisher  jede  Regierung  zu  schützen  gewußt.  In 
zahlreichen  Fällen  hätten  die  verantwortlichen  Leiter  der  Schul- 
verwaltung übrigens  Gelegenheit,  auf  das  oben  (S.  179)  von  der 
besseren  Verwendung  der  Mittel  Gesagte  hinzuweisen  und  im 
übrigen  (vgl.  &.  180  A. 3)  geeignete  Ausgleiche')  herbeizuführen, 
so  daß  Erhöhungen  des  Gesamtetats  kaum  nötig  werden  dürften. 
Bei  mehreren  unter  städtischer  Verwaltung  stehenden  höheren 
Schulen,  und  zwar  nicht  bloß  kleinen  oder  in  Universitätsstädten 
befindlichen,  ist  allerdings  —  wie  schon  die  Mitteilungen  über  ihre 
dürftigen  Neuanschaffungen  zeigen  —  das  Maß  der  Mittel  so  ge- 
ring'), daß  Unterricht  und  Forlbildung  der  Lehrer  sehr  erschwert 
wird.  Hier  sollten  die  Regierungen  die  betr.  Gemeinden  darauf  hin- 
weisen, welche  Pflichten  sie  bei  der  Gründung  einer  höheren 
Schule  auf  sich  nehmen^),  und  die  Bereitstellung  ausreichender 
Mittel  fordern.  Es  wird  sich  ja  in  der  Regel  nur  nm  einige 
hundert  Mark  handeln. 

ß)  Bauliche  Einrichtung  der  Sammlungen  und  andere 
Mafsnahmen  im  Interesse  ihrer  Nutzbarmachung.  An- 
gaben dieser  Art,  wenn  sie  umfangreicher  sind,  werden  häufig  in  der 
„Chronik*'  ihren  Platz  finden;  auch  selbständige  Abhandlungen, 
z.B.  über  die  Einrichtung  der  naturwissenschaftlichen 
Kabinette  und  der  mit  ihnen  in  Verbindung  stehenden  Unter- 
richts räume,  sind  möglich  und  ja  in  den  letzten  Jahren  auch  häufig 
geliefert  worden*).    Es  geschieht  aber  auch  im  einzelnen  manches 

1)  V^l.  z.B.  P.  Schwenke,  ^dreßhuck  der  dmUchen  ßibUotkekai, 
Leipzig  1893,  0.  Harrassowita,  XX,  411  S.,  10^;  J.  Bohatta  «od 
M.  Holzmaoo,  ^4drefilntch  der  Bibliotheken  der  ötterr.-ungar  Manarckiej 
Wien  19U0,  C.  Fromme,  VI,  613  d.  5  S.,  MjK\  P.  Schwenke  and  A.  Hortz- 
achtnsky,  Berliner  Bibliothekenführer,  Berlin  1906,  Weidnann,  TV,  163  S^ 
geb.  1.20  JC  (vgl.  dazu  Z.  f.  d,  Gymn.-f^.  LX  (1906)  S.  7638*.). 

<)  Vergleiche  darüber  auch  Z.  f,  d,  Gymn.'fr.  LX  (19U6)  S.  767,  Z.  20  ff. 

')  Ein  Beispiel  ist  oben  S.  180  Aom.  1  angeführt 

*)  Vgl.  in  hezugaaf  diese  Pflichten  z.B.  ITeter  a.a.O.  S.  2  A.  1,  Abs.3. 

^)  Das  Ferteichnit  auegewä/dter  Pro^amme  (S.  30—122)  bietet  zahl- 
reiche Beispiele,  zamal  vom  Jahre  1900  ab,  vgl.  besonders  S.lOSt.^  Xß'Ü 
110  S.     and    S.  118,    Xmi  86  ff.       Bezeichnenderweise     gibt     es     aber 


voD  R.Ullrich.  327 

für  die  SaromluDgen,  sei  es  durch  die  Behörde  oder  die  Opfer- 
willigkeit der  Verwalter  und  anderer  Kollegeo,  was  mindestens 
für  andere  Schulen  und  deren  Lehrer,  oft  auch  für  die  Behörden 
von  Wert  ist  und  eine  Stelle  im  Jahresbericht  wohl  verdient. 
Da  ist  z.B.  für  eine  Lehrerbibliothek  ein  neuer  Zettel- 
katalog angelegt,  die  Programmsammlung  katalogisiei*t,  eine 
Neuordnung  der  Bücher,  der  Programme  vorgenommen, 
eine  Handbibliothek  neu  eingerichtet  worden  uam.;  nicht 
wenigen  Kollegen  anderer  Anstalten,  die  sich  mit  Plänen  ähnlicher 
Art  tragen,  wäre  es  sehr  erwünscht,  wenn  die  Berichterstatter 
nicht  bloß  hin  und  wieder  —  was  dann  leicht  übersehen  wird  — , 
sondern  mit  einer  gewissen  Regelmäßigkeit  diese  Dinge  im 
Jahresbericht  mitteilten.  £&  kommt  hier  für  zweckmäßige  Ein- 
richtung und  Verwaltung  recht  sehr  darauf  an,  daß  die  An- 
stalten durch  das  Mittel  der  Jahresberichte  etwas  mehr  von 
einander  erfahren  und  nicht  so  viele  Kräfte  unnötig  ver- 
braucht werden. 

Daß  die  Benutzung  einer  Sammlung  ganz  wesentlich 
von  ihrer  Einrichtung^)  abhängig  ist,  erkennen  in  den  Schulen 
noch  lange  nicht  alle  Beteiligten  in  der  Weise,  wie  es  z.  B.  den 
Verwaltern  größerer  Bibliotheken  längst  in  Fleisch  und  Blut 
übergegangen  ist.  Man  wende  mir  nicht  ein,  die  Verhältnisse 
seien  eben  zu  ungünstig,  es  würden  keine  Mittel  bewilligt  usf. 
Das  trifft  gelegentlich  zu,  im  allgemeinen  durchaus  nicht.  Ich 
habe  genug  Schulbihliotheken  in  den  letzten  Jahren  gesehen 
(weit  über  hundert  in  den  verschiedensten  Staaten  und  unter 
sehr  verschiedenen  Bedingungen),  um  das  beurteilen  zu  können. 
Was  fehlt,  ist  der  Zusammenhang;  die  meisten  Sammlungen 
und  ihre  Verwalter  bleiben  isoliert,  sie  kümmern  sich  nicht  darum, 
was  anderswo  zur  Verbesserung  geschieht.  Aus  dem  Studium  der 
Jahresberichte,  die  in  dieser  Beziehung  nur  noch  reichhaltiger  zu 
gestalten  wären,  könnten  sie  vielerlei  lernen»    z.  B.  auch    aus  der 

y)  Statistik  über  die  Benutzung  der  Lehrer-  wie 
der  Schülerbibliothek.  Eine  Anzahl  von  Anstalten  hat  da- 
mit freiwillig  begonnen,  hier  Hand  anzulegen  und  die  Zahlen 
der  jährlichen  Benutzungen  mitzuteilen'),  wie  das  heute  jede 
Bibliothek  von  Bedeutung  tut.  Das  wäre  allgemein  zu  fordern. 
Vergleichende  Statistik  würde  hier  der  Anlaß  werden,  zu  helfen 
und  zu  bessern,  wo  es  nottut  über  die  Methode  {der  Aus- 
führung solcher  Statistiken  wären  natürlich  bestimmte 
Grundsätze  aufzustellen,  die  für  jeden  Berichterstatter  maßgebend 


ooch  keiue  einzige  Beschreibnof^  eioer  Lehrerbibliothek  aus 
neuerer  Zeit. 

1)  Dieger  Gedanke  lag  der  vor  einigen  Jahren  erschienenen  Arbeit  des 
Verfassers  zagrunde,  die  oben  S.  85  Anm.  1  erwähnt  worden  ist. 

')  Vgl.  z.  fi.  die  Berichte  der  letzten  Jahre  von  Berlin,  KgL  LuiMen- 
Gymn.,  Husum,  Kg^L  G.,  Dortmund,  OR,  uam. 


328  Programmweseo  nod  Programmbibliothek  d.  höii.  Schales. 

sein  mußten;  besonders  notwendig  ist  das  für  die  sich  mehrende 
Zahl  der  Anstalten,  die  neben  dem  veralteten  einseitigen  Aus- 
leihesystem auch  die  Benutzung  an  Ort  und  Stelle  ein- 
geführt haben.  Geschiebt  das  nicht,  so  hätte  eine  Gesamt- 
Statistik,  die  so  zu  gewinnen  wäre,  wenig  wissenschaftliche 
oder  praktische  Bedeutung.  Auch  dürfte  eine  solche  Statistik  nie 
von  einem  Lehrer  allein  gemacht  werden;  ein  Korreferent 
ist  unbedingt  notwendig. 

d)  Nicht  so  unmittelbar  wichtig,  aber  doch  für  den  Stand  der 
Dinge  und  für  vergleichende  Betrachtung  mindestens  lehrreich  ist 
eine  Statistik  der  Bestände,  die  festzustellen  und 
unter  Hinzurechnung  des  Zuwachses  in  jedem  Jahres- 
bericht anzugeben  wäre.  Man  erhielte  so  einen  Oberblick 
nicht  bloß  über  bestimmte  Schulen,  die  sich  durch  Alter,  Be- 
deutung oder  beides  auszeichnen,  sondern  ober  die  gesamten 
Verhältnisse  ganzer  Landesteile  und  Staaten,  und  die 
Nötigung,  solche  Feststellungen  jedes  Jahr  zu  machen,  würde  auch 
auf  die  Ordnung  und  Benutzung,  besonders  der  Bibliothek,  in 
vielen  Fällen  heilsame  Ruckwirkung  üben.  Mancher  Kollege  z.  B., 
den  der  Bibliothekar  zur  Hilfeleistung  bei  der  Zählung  heranzöge 
(naturlich  ist  sie  nicht  nach  den  Katalogen,  sondern  an  der  Hand 
der  Bucher  selbst  vorzunehmen),  wurde  staunend  bemerken,  was 
für  schöne  Sachen  die  bisher  wenig  benutzte  Sammlung  eigentlich 
birgt,  und  sich  das  zunutze  zu  machen  suchen.  Alle  diese  Dinge 
sind  übrigens  in  bestimmten  Ländern  oder  Landesteilen  in  ihrer 
Wichtigkeit  längst  erkannt.  Jahr  für  Jahr  wird  in  Osterreich, 
am  vollständigsten  in  den  Jahresberichten  Böhmens  und 
Mährens,  ziemlich  häufig  (leider  nicht  überall)  auch  in  denen 
anderer  Kronländer  über  Bestand  und  Zuwachs  zahlenmäßige, 
genaue  Auskunft  gegeben,  nicht  bloß  bei  den  Bibliotheken, 
sondern  auch,  soweit  möglich,  bei  den  anderen  Samm- 
lungen, dgl.  bei  der  Programmbibliothek,  wie  ich  besonders 
hervorheben  möchte.  Diese  Angaben  können  als  vorbildlich  gelt^. 
Man  sollte  auf  gleichmäßige  Einführung  auch  in  Deutsch- 
land bedacht  sein,  damit  eine  Orientierung  über  den  augenblick- 
lichen Stand  in  jedem  Jahre  möglich  ist.  Auch  hier  wären  für 
die  Ausführung  bestimmte,  allgemein  zu  beachtende  Grundsätze 
aufzustellen.  £ine  gewisse  Unterlage  ist  ja  für  eine  größere 
Anzahl  von  deutschen  Schulen  (leider  fehlen  die  Nichtvollanstalten) 
schon  durch  die  Schwenkesche')  Statistik  von  1893,  für  einen 
beschränkten  Kreis  auch  durch  die  von  1906  von  Schwenke 
und  Hortzschansky')  gegeben.  Außerdem  hat  im  Dezember 
1904  die  preufsische  Regierung  von  ihren  sämtlichen 
höheren  Schulen  eine  Statistik,  die  sich  nicht  einmal  allein  auf 


1)  Zu  ersehen  aus  deo  beideo  o.  S.  326  Anm.  t    aogeführteo   Werkeu 
dieser  Verfasser. 


YOD  R.  UllriciL  329 

die  vorhandenen  Bestände  bezog,  eingefordert^),  in  Württem- 
berg hat  (s.  0.  S.  d2jf)  die  Vereinigung  der  Bibliothekare 
der  dortigen  höheren  Schulen  ebenfalls  eine  solche  veran- 
staltet und  das  Ergebnis  publiziert').  Es  würde  sich  sonach  bei 
einer  Mehrzahl  von  Schulen  gar  nicht  um  eine  viel  Zeit  und 
Mühe  kostende  neue  Erhebung  handeln,  sondern  nur  um  eine  er- 
gänzende Tätigkeit,  deren  Resultate  jedes  Jahr  im  Bericht  der 
Schule  mitzuteilen  wären.  Anfänge  dazu  sind  übrigens,  unab- 
hängig von  der  amtlich  geforderten  Statistik  von  1904  (s.  o.), 
auch  in  Preufsen  schon  gemacht  worden,  so  in  zahlreichen 
Jahresberichten  der  Provinz  Schlesien^),  gelegentlich  auch 
anderwärts^).  Es  wäre  recht  zu  wünschen,  wenn  oie  gegebenen 
Beispiele  freiwillige  Nachfolge  fänden.  Da  ich  aber  nicht  su 
optimistisch  bin,  das  überall  zu  erwarten,  der  höhere  Wert 
dieser  Dinge  aber  von  allgemeiner  Durchführung  wesentlich 
abhängig  ist,  wäre  doch  eine  bestimmte  amtliche  Vorschrift 
in  möglichs    vielen  Staaten  noch  besser. 

€)  Je  mehr  auf  alle  diese,  die  Sammlungen  betreffenden  An- 
gaben dauernd  Wert  gelegt  wird,  um  so  reichlicher  werden  in 
Zukunft  auch  der  geschichtlichen  Forschung  über  diese  Seite 
der  Organisation  des  höheren  Schulwesens  die  Quellen  zufließen. 
Der  noch  viel  zu  wenig  beachteten  allgemeinen  Bedeutung  der 
Jahresberichte  in  dieser  Hinsicht  ist  schon  oben  gedacht  worden. 
Nun  sind  die  Sammluq^gen  der  Anstalt,  ganz  besonders  die 
Bibliotheken,  alte,  z.  T.  sehr  alte  Stücke  ihrer  Ein- 
richtung; sie  haben  wesentlich  zur  Portbildung  des -höheren 
Lehrerstandes  beigetragen  (könnten  es  bei  zweckmäßigerer  Ein- 
richtung heute  noch  weit  mehr),  die  Bibliothekare  sind  nicht  seilen 
bedeutende  Männer  gewesen,  die  ihrer  Verwaltung  hingebende 
Sorgfalt  gewidmet,  vor  allem  die  alten  Bestände  katalogi- 
siert haben,  oft  aus  eigenstem  wissenschaftlichen  In- 
teresse, ohne  Entschädigung^).  Es  ist  nicht  zu  verwundern,  daß 
es  schon  mehrmals  versucht  worden  ist,  die  Geschichte 
solcher  Bibliotheken  zu  schreiben,  geradein  der  Form  von 


:$ 


^)  Vgl.  darüber  des  VerffeSKers  Benutsung  und  Ettarichtung  usw. 
>.  III  Aiim.  1  (aar  iu  der  Soodersusgabe). 

3)  Im  Neuen  Korrespondenzbl.  f.  d.  höh.  Seh.  JVürtt.  XIII  (1906)  S.  361 
—  370;  vgl.  0.  S.  252  Aum.  ]. 

3)  Vgl.  z.  B.  die  Jahresberichte  vod  firenlaa  Matth.'G.,  Glatz  kath.  G., 
Glogaa  kath.  (r.,  NeiTse  kaih.  G.,  Leobschütz  kath.  G.  aam.;  einige  re- 
gistrieren tach  Bestand  und  Zuwachs  an  Programmen. 

^)  Laugfahr  Conrad.,  Sonderburg  i2.,  Dortmund  OR.,  Hanau  (r., 
Hersfeld  G.,  Kassel  OR.,  Düsseldorf  st.  G.,  dgl.  st.  Ref.-Rg;.,  Blber!- 
feld  G.  —  Aufserhalb  Preufseus  z.  B.:  Oldenburg  OR.  —  Bremen  G. 
(die  alte  Hauptschule)  —  Do  heran  G.,  Waren  G. 

*)  Vgl.  z.  B.  Ben.  n.  Einr.  usw.  S.  109  m.  Anm.  4  (»Z.  f.  d.  Gymn.- 
ß^esen  LVIU  (1904)  S.  781;. 


330  Progrtmmwesao  und- Programmbibliothek  d.  hwh.  Schalen, 

Programmabhandlungen^).  Die  meisten  ihrer  Verfasser 
haben  sich  gewöhnlich  über  den  Mangel  an  geeignetem  Material 
zu  beklagen  gehabt,  was  dann  oft  die  Folge  hatte,  daß  ganze 
Perioden  der  Entwicklung  in  Dunkel  gehölll  blieben.  Man  muß 
wünschen,  daß  das  in  Zukunft  nicht  so  bleibe.  Machen  wir  also 
heute  auch  diesen  Teil  der  Jahresberichte  so  reichhaltig  und 
genau  wie  möglich,  berichten  wir  von  allem,  was  irgend  zu  be- 
richten ist,  auch  Kleines,  scheinbar  Unerhebliches!  Im  Zusammen- 
hange wird  es  oft  wertvoll  werden.  Wir  können  auf  diese  Weise 
dazu  beitragen,  der  Arbeit  späterer  Generationen  Material  zu 
liefern,  das  sie  einmal  klarer  erkennen  laßt,  wie  es  heute  ge- 
wesen ist,  als  wir  jetzt  über  viele  Fragen  der  Vergangenheit  des 
höheren  Schulwesens  zu  urteilen  vermögen. 

VI.    Stiftungen    und    Unterstötzungen    von    Schülern. 

Es  ist,  was  den  Zweck  angeht,  im  ganzen  ein  erfreuliches 
Kapitel,  und  man  kann  jungen  Anstalten  nur  wünschen,  daß  sie 
hier  über  die  Opferwilligkeit  von  Staat,  Städten  und  Privatpersonen 
allmählich  ebenso  häufig  zu  berichten  haben  mögen,  wie  dies  bei 
vielen  allen  Anstalten  vermöge  ihrer  langen  Tradition  und  ihrer 
großen  Gemeinde  auch  außerhalb  der  Grenzen  von  Stadt  und 
Staat  seit  langem  geschieht. 

Zu  wünschen  ist  im  besonderen,  daß  bei  städtischen  An- 
stalten der  Prozentsatz  der  Schulgeldbefreiungen,  der 
manchmal  ohne  ersichtlichen  Grund,  wie  es  etwa  finanzielle  Not- 
lage sein  könnte,  ein  auffallend  niedriger  ist'),  mindestens  die 
Höhe  erreicht,  die  bei  Slaatsanstalten  üblich  ist.  Viele  Städte 
werden  vielleicht  sogar  in  der  Lage  sein,  gerade  hier  mehr  zu 
leisten  als  der  Staat,  und  mögen  es  ohne  Bedenken  tun,  nicht 
um  die  Mittelmäßigkeit  zu  fördern,  wie  das  häufig  eine  uner- 
freuliche Folge  des  Stipendienwesens  an  älteren  Anstalten  ist,  ja 
beinahe  sein  muß,  sondern  um  wirklicher  Begabung  sowohl  wie 
ausdauerndem,  von  Erfolg  gekröntem  Fleiße  überall  da  die  Wege 
zur  Entwicklung  leichter  zu  machen,  wo  die  Mittel  des  Hauses 
nicht  hinreichen. 

Was  die  Art  der  Stipendien  betrifft,  die  von  den  ver- 
schiedensten Seiten  an  Schulen  gestiftet  worden  sind  und  noch 
immer  gestiftet  werden,  so  möchte  ich  hierzu  wie  über  den 
geeigneten  Zeitpunkt  zweckmäfsiger  Verwendung  eine 
Anmerkung  machen.  Manche  Stipendien,  die  auf  Zinsertrag  hin 
begründet  sind,  läßt  man  m.  E.  häufig  zu  früh  in  Wirksamkeit 
treten,  zu  einer  Zeit,  wo  das  Kapital  noch  keine  ausreichende 
Höhe  erlangt  hat.     Bei  den  heutigen  Zinsverhältnissen  würde  ich 

^)  Mehrere    Beispiele    siod    im  F'erseichnis  ausgewählter    Fragramm 
(0.  S.  35--122)  aogeführt,  vgl.  A  iÄ?.  Ii9a\  XF205',  Xri 274/0',  XVII U. 
^)  Vgl.  darüber  die  Bemerkangen  o.  S.  180  Aoni.  2. 


voD  R.Ullrich.  331 

die  Sumoae  von  7500,  noch  besser  von  10  000  Af.,  für  die  richtige 
Kapitalsgrenze  nach  unten  hin  halten.  Und  dann  zersplittere 
man,  besonders  wenn  es  sich  um  Stipendien  für  das  Hochschul- 
studium handelt,  die  Zinsen  nicht  zu  sehr.  Ein  Stipendium  von 
350  ilf.,  an  einen  hochbegabten  und  dazu  fleißigen,  der  Unter- 
stützung wirklich  bedürftigen  Schüler  gegeben,  trägt  bessere  Frucht, 
als  wenn  man  zwei  zu  je  175  M.  Schülern  von  mäßigen  Fähig- 
keiten zukommen  läßt.  Andererseits  wäre  es  wünschenswert, 
wenn  Stiftungen  ehemaliger  Schüler,  die  bei  Anstaltsjubiläen  gern 
erfolgen,  auch  solche  von  anderen  Wohltätern,  nicht  vornehmlich 
auf  die  Zeit  nach  der  Schule  berechnet  würden,  sondern  auch 
die  Schüler  selbst  mehr  bedächten.  Das  Schulgeld  bringt 
mancher  auf  geringes  Einkommen  angewiesene  Vater,  manche  in 
dürftigen  Verhältnissen  lebende  Witwe  für  einen  begabten  Sohn  — 
falls  sie  ihn  nicht  frei  bekommen  kann  —  zur  Not  auf;  aber  an 
kräftiger  Nahrung  für  den  im  Wachstum  begriffenen  Knaben,  an 
Mitteln  zu  einer  Geist  und  Körper  erfrischenden  Reise,  auch  an  Geld 
zu  Büchern  u.a.  fehlt  es  nicht  selten.  Es  ist  häufig  zu  spät,  wenn 
Mittel  für  diese  Zwecke  erst  gewährt  werden  können,  wenn  der 
Sohn  die  Schule  verläßt.  Die  Direktoren,  die  ja  doch  meist  in 
solchen  Fällen  um  ihren  Rat  gebeten  werden,  sollten  diesem 
Punkte  ihre  Aufmerksamkeit  noch  mehr  zuwenden,  wenn  sich 
ihnen  Gelegenheit  bietet.  Manchmal  wird  es  auch  geratener  sein, 
einen  Gönner  der  Anstalt,  der  gern  gäbe,  wenn  er  wüßte,  daß  es 
an  den  Rechten  kommt,  auf  eine  sofort  zu  verwendende  Unter- 
stützung hinzuweisen,  als  eine  kleinere  Summe  zinsbar  anzulegen 
und  so  erst  nach  Jahren  oder  Jahrzehnten  einen  nennenswerten 
Ertrag  zu  erhalten.  Die  Jahresberichte  Österreichs  übrigens, 
wie  hier  noch  besonders  hervorgehoben  sein  mag,  zeigen  uns 
vielfach  eine  förmliche  Organisation  des  Schülerunter- 
stützungswesens (trotz  der  dort  so  viel  geringeren  Schul- 
geldsätze), die  anderen  Ländern  zur  Nachahmung  empfohlen 
werden  kann. 

An  der  Art  der  Mitteilung  über  Stipendien  in  den 
Jahresberichten  ist  manches  auszusetzen.  Daß  Schüler,  wirk- 
liche oder  ehemalige,  die  Stipendien  erhalten,  mit  ihren  Nanlen^) 
im  Jahresbericht  angeführt  werden,  kommt  immer  noch  vor;  es 
sollte  ausdrücklich  verboten  werden.  Es  genügt  durchaus,  wenn 
die  Lehrer  und  —  was  ja  meist  nicht  ganz  zu  vermeiden  ist  — 
der  engere  Kreis  der  Klassenkameraden  davon  Kenntnis  hat;  dem 
großen  Leserkreise  braucht  das  nicht  mitgeteilt  zu  werden. 
Wohl  aber  müßte,  was  in  vielen  Jahresberichten  durchaus 
nicht  geschieht,  über  die  Verwendung  der  Gelder  über- 
haupt genau  Rechenschaft  abgelegt,  dem  Publikum  auch 
in  jedem  Jahre    mitgeteilt    werden,    welche  Stipendien,    in 


^)  Vgl.  dazu  schon  die  Bemerkung  oben  S.  240, 


332  Programmwesen  nnd  Programmbibliothek  d.  höh.  Sehalea, 

welcher  Höhe,  mit  welchem  Zinsertrag,  im  ganzen  oder 
in  welchen  Raten,  zu  welchen  Zwecken  vorhanden  sind  und 
ob  und  wann  bei  jedem  eine  Vakanz  eintritt.  Von  Stipendien, 
die  zum  ersten  Male  in  Wirksamkeit  treten,  sind  die  von  der 
Behörde  genehmigten  Satzungen  im  Jahresbericht  abzu- 
drucken, was  auch  für  Lehrer  anderer  Schulen,  die  neue  Satzungen 
zu  entwerfen  oder  ältere  umzuarbeiten  haben,  eine  nützliche 
Anregung  wäre.  Bei  den  älteren  Stipendien  ist  auf  die  (hofTentlich) 
in  einem  früheren  Jahresbericht  enthaltenen  Satzungen  zu  ver- 
weisen; von  allen  derartigen  Jahresberichten,  die  solche  für  die 
Zukunft  wirksamen  Satzungen  (auch  anderer  Art)  enthalten,  ist 
außerdem  immer  eine  etwas  stärkere  Auflage  zu  drucken.  Ältere 
Anstalten,  die  über  so  viele  Stipendien  verfügen,  daß  derartige 
Hinweise  von  Bericht  zu  Bericht  zu  umständlich  oder  auch  nutzlos 
wären  —  wenn  der  Leser  nämlich  die  älteren  Jahrgänge  mit  den 
abgedruckten  Satzungen  nicht  mehr  hat  — ,  werden  gut  tun,  am 
besten  in  Form  einer  Programmbeilage,  Obersichten  über 
den  ganzen  Bestand  zu  geben,  die  unter  Umständen  zu 
einer  wisi^enschaftlichen  Untersuchung  ausgestaltet  werden  können  ^); 
doch  ist  in  letzterem  Falle  wie  überhaupt  Sorge  zu  tragen,  daß  den 
Eltern  das,  worauf  es  ihnen  ankommt,  vollständig,  genau  und 
übersichtlich  zur  Kenntnis  kommt.  Da  die  Stipendien  doch  zu- 
meist für  ihre  Kinder  bestimmt  sind,  so  haben  sie  wirklich  ein 
Anrecht  darauf,  beizeiten  darüber  unterrichtet  zu  werden,  was 
diese  früher  oder  später  von  der  Schule  zu  erwarten  haben.  Daß 
sie  sich  Belehrung  aus  den  drei  Wieseschen  Bänden  und  dem 
vierleu,  in  Fortsetzung  von  Irmer  bearbeiteten  (s.  o.  S.  89A.  2) 
holen,  die  auch  über  diese  Dinge  im  Zusammenhange,  übrigens 
nicht  immer  ganz  vollständig  und  richtig,  unterrichten,  jedoch 
natürlich  nicht  stets  den  neusten  Stand  der  Dinge  darstellen, 
wird  man  nicht  ernstlich  erwarten.  Was  aber  etwa  in  den  Adreß- 
büchern der  Städte,  die  sich  auch  der  Sache  angenommen  haben, 
oder  an  anderen  Steilen  mitgeteilt  wird,  ist  meist  unvollständig, 
oft  falsch  und  erfüllt  daher  seinen  Zweck  nicht.  Auch  für 
die  Lehrer  jeder  Schule  ist  es  wichtig,  daß  ihnen  genau  be- 
kannt sei,  welche  Schulstipendien  an  dieser  vorhanden  sind. 
So  werden  die  Ordinarien  z.  B.,  die  ihre  Klasse  doch  besser 
kennen  müssen  als  der  Leiter  der  Anstalt,  leichter  in  der  Lage 
sein,  die  Aufmerksamkeit  des  letzteren  schon  möglichst  früh  auf 
{geeignete  Stipendiaten  hinzulenken,  als  wenn  sie  erst  in  gege- 
benem Falle  befragt  werden.-  In  der  preußischen  Gesamtverfugung 
von  1885  ist  zu  Absatz  VI  keine  Ausführungsbestimmung  getroffen 
worden;  und  das  Verfahren,  das  infolge  dessen  in  bezug  auf  das 
Maß  der  Mitteilungen  in  den  Hunderten   von  Jahresberichten  be- 


^)  Auch  hierüber    liegeB    in    dem  Ferseichnit  ousg^ewäMier  Prornumme 
(o.  S.  33—122)  Arbeiten  vor;  vgl.  z.  B.  XFI 43/4,  $4;  XTUGOIl. 


voD  R.  Ullrich.  333 

folgl  wird,  ist  ein  sehr  verschiedenes,  dem  bestehenden  Bedürfnis 
aber  jedenfalls  nicht  immer  entsprechendes.  Ich  glaube,  daß  es 
nicht  bloß  nützlich,  sondern  notwendig  wäre,  allgemeine  Grund- 
sätze auch  hier  festzulegen.  Mögen  manche  Berichterstatter 
immerhin  freiwillig  dann  noch  hinzutun,  was  sie  unter  den  be- 
sonderen Verhältnissen  der  eigenen  Anstalt  für  zweckmäßig  halten; 
es  kann  ihnen  unbenommen  bleiben.  Nur  dürfte  in  keinem 
Bericht  etwas  Wichtiges  von  dem  oben  Angedeuteten  fehlen. 
Wieweit  diejenigen  Staaten,  die  in  den  Jahresberichten  für  höhere 
Schulen  dem  Unterstützungswesen  keine  feste  Stelle  angewiesen 
haben,  dem  preufsischen  und  österreichischen  Muster  folgen 
wollen,  muß  ihnen  überlassen  bleiben.  Jedenfalls  ist  es  schade« 
daß  dem  Schulmann,  der  sich  über  die  Verhältnisse  der  deutschen 
Schulen  im  ganzen  auch  nach  dieser  Richtung  hin  orientieren 
will,  zur  Zeit  an  vielen  Stellen  die  Möglichkeit  dazu  überhaupt 
verschlossen  bleibt  oder,  wie  in  Preußen,  doch  nur  zum  Teil 
geboten  wird. 

[Via.]    Unterstützungen    von  Lehrern    und    ihren  Hinter- 
bliebenen. 

Bestimmte  Vorschriften  darüber,  was  von  Unterstützungen, 
dauernden  oder  außerordentlichen,  an  Lehrer  und  deren 
Hinterbliebene  in  den  Jahresberichten  mitzuteilen  sei,  liegen, 
soviel  mir  bekannt,  nirgends  vor;  auch  die  preußische  Verfügung 
von  1885  enthält  nichts  darüber.  Nur  gegen  ungehörige  An- 
gaben in  dieser  Richtung  hat  die  Behörde,  wie  oben  schon 
erwähnt  (vgl.  S.  162),  früher  gelegentlich  Einspruch  erhoben;  auch 
in  den  Erläuterungen  zur  preußischen  Gesamtverfügung  von 
1885  findet  sich^)  noch  eine  dahin  zielende  Notiz.  Gegen  die 
Berichterstattung  als  solche  hat  man  also  wohl  nichts  einzuwenden 
gehabt  und  es  bei  den  großen  Verschiedenheiten,  die  sich  auf  diesem 
Gebiete  bei  alten  und  jungen  Anstalten  zeigen  und  einer  allge- 
meinen Regelung  widerstreben,  mit  Recht  dem  Ermessen,  auch 
dem  Takte  der  einzelnen  Schulleiter  überlassen,  hier  mitzu- 
teilen, was  im  Interesse  der  Lehrer  und  ihrer  Hinterbliebenen, 
auch  an  anderen  Anstalten  —  denn  auf  diese  kommt  es  hier 
ebensosehr  an  —  ,etwa  nützlich  oder  notwendig  wäre.  Dieher 
Aufgabe  haben  sich  denn  die  Berichterstatter  auch  in  sehr  ver- 
schiedenem Umfange  und  mit  verschiedenem  Geschick  entledigt. 
Was  den  letzteren  Punkt  anlangt,  so  ist  z.  B.  der  Mißbrauch, 
Namen  und  Summe  einzeln  zu  nennen,  immer  noch  nicht  ganz 
verschwunden;  in  einem  Jahresberichte  (neusten  Datums)  ^ar 
wieder  zu  lesen,  daß  die  Witwe  X.  eine  bestimmte  (sehr  niedrige) 
Summe  erhalten  habe.  Lassen  sich  solche  Angaben  wirklich 
durchaus  nicht  vermeiden? 


^)  Vgl.  0.  S.  282  Anm.  1. 


334  Programmweseo  vod  Programmbibliothek  d.  hSh.  Schnleo, 

Was  soll  denn  nun  aber  mitgeteilt  werden,  wenn  doch  die 
Verhältnisse  so  verschieden  sind?  Und  ist  es  mögiieh,  nach  dem 
heutigen  Stande  der  Dinge  Grundsätze  festzustellen,  deren  An- 
wendung auf  alle  Jahresberichte  mögiieh  oder  —  wenn  man  die 
Bedeutung  auch  dieser  Angaben  im  ganzen  ansieht  —  notwendig 
wäre?  Bekanntlich  bestehen  hier  und  da  für  Lehrer  im  Amte 
oder  aufser  Dienst  noch  allerlei  Vergünstigungen,  die 
aus  Zeiten  stammen,  wo  sie  dergleichen  bei  dem  Unvermögen 
von  Staaten  und  Städten,  sie  für  ihre  Dienste  ausreichend  zu 
entschädigen,  noch  sehr  notwendig  brauchten.  Manche  dieser  auf 
rechtlicher  Grundlage  beruhenden  Vorteile  sind  dann  auch  später 
geblieben,  als  die  äuBere  amtliche  Lage  der  Lehrer  sich  immer 
mehr  besserte.  Alle  solche  Dinge  jährlich  in  die  Berichte 
aufzunehmen,  wo  sie  auch  Schüler  und  Laienpublikum  lesen,  wäre 
überflüssig,  z.  T.  schädlich.  Die  Lehrer  an  den  Anstalten,  die  es 
angeht,  erfahren  das  alles,  soweit  Preufsen  in  Betracht  kommt, 
aus  den  vier  Wieseschen  Bänden^)  —  falls  diese,  wie  allerdings 
zu  wünschen,  in  der  Anstaltsbibliothek  vorhanden  sind.  Wie  die 
Lehrer  anderer  Staaten  zu  dieser  für  sie  doch  sehr  not- 
wendigen Kenntnis  gelangen,  weiß  ich  nicht.  £s  gibt  für  keinen 
von  ihnen  ein  ähnliches  Werk');  sollte  also  die  Kenntnis  hier 
ungenügend  sein,  so  wäre  es  ein  Anlaß  mehr,  solche  Werke  zu 
schalTen,  von  denen  auch  sonst  wertvolle  Anregungen  ausgehen 
müßten^). 

Wie  aber  mit  dem,  was  z.  B.  in  Preufsen  nach  1902,  dem  Er- 
scheinen des  letzten  Wies  eschen  Bandes,  oder  vielmehr  nach  1900 
—  der  Druck  hat  lange  Zeit  beansprucht  —  in  dieser  Richtung 
geschehen  ist?  Eine  zusammenfassende  und,  was  die  Hauptsache 
wäre,  vollständige  Übersicht  oder,  noch  besser,  eine  fort- 
laufende Berichterstattung  darüber  fehlt.  Ich  meine  wohl, 
daß  das  amtliche  Zentralblatt  für  die  gesamte  ünterrichtSDer-- 
waltung  eine  Notiz  darüber  aufnehmen  könnte,  wenn  an  irgend 
einer  preußischen  Anstalt  Stiftungen  für  Lehrer  neuerdings  er- 
folgen, die  doch  sämtlich  der  Genehmigung  der  Behörde  unter- 
liegen. So  viele  sind  es  ja  nicht,  aber  es  geschieht  doch  immer 
noch  manches*).  Die  amtlichen  Organe  der  übrigen  Staaten 
könnten  ähnlich  verfahren.  Durch  Vermittlung  dieser  Blätter,  die 
ja  in  sämtlichen  höheren  Schulen  der  betr.  Länder  gehalten 
werden,  erführen  doch  dann  die  Lehrer,  was  für  sie  unzweifelhaft 
von  Interesse    ist.     Eine  Wiedergabe  im  Jahresbericht,    wenn  sie 


1)  Vgl.  daza  o.  S.  89  Aom.  2  uod  S.  332, 

')  Das  rdr  Sacbseo  vor  eioigeo  Jabreo  io  Angriff  gesommeoe  Werk 
(s.  0.  S.  93  Aom.  1),  so  wertvoll  es  ao  sich  ist,  bietet  nicht  überall  gleich- 
mäßige Aogabeo. 

^)  Ich  gedeoke  diese  Frage  in  einiger  Zeit  im  Zusammenhange  xü 
behandeln. 

*)  Vgl.  z.  B.  die  Bemerkungen  o.  S.  2$8  Anm.  1. 


von  R.  Ullrich.  555 

in  zweckmäßiger  Form  erfolgte,  wurde  ihren  Zweck  doch  nur  in 
dem  engeren  Kreise  der  einen  Schule  erreichen,  da  man  nicht 
alle  Jahresberichte  daraufhin  durchgehen  kann,  ob  möglicher- 
weise einmal  hier  oder  da  etwas  derartiges  zu  finden  ist,  wobei 
noch  vorausgesetzt  wäre,  daß  die  betr.  Berichterstatter  es  an- 
führen. Ich  stelle  die  Frage  zur  Diskussion,  ob  es  zweckmäßig 
wäre,  die  einzelnen  Anstalten  zu  verpflichten,  vorkommendenfalls 
Nachrichten,  und  dann  ausfuhrliche  (wie  oben  zu  VI),  darüber 
zu  bringen. 

Wichtig  indessen,  ja  notwendig  scheint  mir,  auch  im  Inter- 
esse des  Standes,  daß  über  die  Witwen-  und  Waisenkassen, 
die  es  an  einer  Reihe  von  Anstalten,  alten  wie  neuen,  gibt,  auch 
über  Neugründungen  dieser  Art,  über  das  Hafs  der  Mittel, 
Einnahme  und  Ausgabe  —  doch  ohne  Nennung  von  Namen 
oder  Raten  im  eijnzelnen  —  in  allen  Jahresberichten,  und 
zwar  jährlich,  genau  Rechenschaft  abgelegt  werde.  Das  ist 
nicht  bloß  von  unmittelbarem  Interesse  auch  für  die  Lehrer  be- 
nachbarter und  anderer  Schulen,  sondern  auch  für  die  Schul- 
gemeinde im  großen.  Die  noch  lebenden  Wohltäter,  die  solche 
Kassen  gegründet  haben  und  dauernd  oder  gelegentlich  Zu- 
schüsse leisten,  auch  Staat  und  Gemeinden,  haben  ein  Anrecht 
darauf,  über  ihre  Entwicklung  stets  auf  dem  laufenden  erhalten 
zu  werden,  und  so  können  diese  Berichte  im  besonderen,  was 
von  der  Einrichtung  im  ganzen  schon  gesagt  werden  konnte 
(o.  S.  245),  eine  Art  werbender  Kraft  entfalten,  deren  diese 
einem  guten  und  notwendigen  Zwecke  dienenden  Kassen  selbst  gar 
nicht  entraten  können.  Auf  ihre  Notwendigkeit  überhaupt,  auch 
neben  der  immer  besser  gewordenen  staatlichen  und  kommunalen 
Witwen-  und  Waisenversorgung,  braucht  kaum  noch  hingewiesen 
zu  werden.  Die  Erkenntnis  der  Tatsache  ist  in  zahlreichen  Neu- 
grundungen  der  letzten  Jahrzehnte  zum  Ausdruck  gekommen. 
Aber  solange  diese  Kassen  jung  sind,  besonders  wenn  sie  vor- 
zugsweise nur  aus  den  Mitteln  der  Lehrerkollegien  begründet 
und  durch  ihre  laufenden  Beiträge  vermehrt  werden,  kommen  sie 
für  den  segensreichen  Zweck  zunächst  kaum  in  Frage.  Erst  nach 
Jahrzehnten  sind  sie  imstande,  nennenswerte  Pensionen  an 
Witwen  oder  Unterstützungen  an  Waisen  zu  zahlen.  Hier  tut 
die  Mithilfe  der  Freunde  der  Anstalten  dringend  not;  man  gebe 
diesen  also  Gelegenheit,  von  der  Existenz  und  dem  Stande  der 
Einrichtungen  regelmäßig  Kenntnis  zu  erhallen.  Die  meisten  Kassen 
bedürfen  auch  der  neuen  Freunde  sehr,  selbst  an  manchen  älteren 
Anstalten,  die  zwar  Schülerstipendien  besitzen,  oft  weit  über  den 
Bedarf,  aber  in  bezug  auf  besondere  Witwen-  und  Waisenver- 
florgung  vor  jüngeren  kaum  erbebliche  Vorzüge  haben. 

[VI  b.]     Stiftungen  anderer  Art. 
Außer  Stiftungen    für  Schüler,    Lehrer    und    deren  Hinter- 


336  ProgrammweseD  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Seboles, 

bliebene  besitzen  nicht  wenige  Schulen  noch  solche  anderer  Art, 
für  allerband  gemeinnötzige  Zwecke,  auch  für  die  Biblio- 
theken und  andere  Sammlungen,  z.T.  mit  erheblichem  Kapital, 
dessen  Zinsen  eine  sehr  erwünschte  Ergänzung  der  für  solche 
Zwecke  oft  nur  knappen  Mittel  darstellen.  Für  sie  gilt  fast  in  jeder 
Hinsicht  dasselbe  wie  das  zu  VI  und  Via  Bemerkte.  Die  Satzungen 
sind  einmal  mitzuteilen,  später  ist  auf  sie  zu  verweisen,  der 
Rechenschaftsbericht  ist  jährlich  abzudrucken.  Die  werbende 
Kraft  ist  auch  hier  nicht  gering  anzuschlagen.  Bedenken  gegen 
die  Veröffentlichung  bestehen  nicht. 

Werden  in  alle  Berichte  Mitteilungen  über  die  zu  VI  a  und  b 
genannten  Stiftungen  regelmäßig  aufgenommen,  so  gewönne  man 
endlich  auch  eine  sichere  Grundlage  für  Arbeiten,  die  das  ein- 
schlägige Material  vollständiger^)  zusammenfafsten,  als  dies 
bisher  möglich  gewesen  ist  Soweit  einzelne  Provinzen  oder 
kleinere  Staaten  in  Betracht  kämen,  böten  sich  Programm- 
beilagen als  die  geeignetste  Gelegenheit  dar.  För  größere  Staaten 
wäre  die  Herausgabe  in  Buchform  vorzuziehen.  Bisher  steht  z.  ß.  ein 
Werk  über  „Die  Stiftungen  zugunsten  der  Mitfflieder  des 
höheren  Lehrerstandes  Deutschlands  (bzw.  Österreichs 
und  der  Schweiz),  insbesondere  an  den  einzelnen 
höheren  Schulen'*  noch  aus. 

Daß  der  Abschnitt,  der  den  Worten  „Wohlzutun  und  mit- 
zuteilen vergesset  nicht**  gewidmet  ist,  dicht  vor  dem  letzten,  die 
Mitteilungen  an  die  Eltern  enthaltenden,  steht,  ist  zweckmäßig. 

VII.     Mitteilungen  an  die  Schüler  und   an  deren  £ltern. 

Über  diesen  Abschnitt  bleibt  wenig  zu  sagen.  ,»Mitteilungen 
an  die  Eltern**  oder  richtiger  „an  das  Publikum  des  Schulorts 
und  seiner  Umgebung'*  enthalten  auch  viele  andere  Teile  des 
Jahresberichts'),  und  der  ganze  Bericht,  wenn  er  zweckmäßig  ab- 
gefaßt ist,  hat  ja  recht  eigentlich  die  Aufgabe,  besonders  Eitern 
und  Publikum  mit  der  Schule  zu  verknüpfen.  Daß  hier  noch 
ein  besonderer  Abschnitt  den  Eltern  gewidmet  ist,  hat  nur  in- 
sofern Sinn,  als  es  sich  darin  um  Mitteilungen  bandelt,  die  von 
ganz  unmittelbarer  praktischer  Bedeutung  för  diese  sind. 
Es  kann  aber  auch  leicht  die  Vorstellung  entstehen,  wie  es  tat- 
sächlich geschieht,  als  wären  die  übrigen  Abschnitte  nicht  för 
die  Eltern  bestimmt,  weil  sie  Dinge  enthielten,  für  die  man  bei 
ihnen  Verständnis  oder  Teilnahme  nicht  voraussetzen  könnte.  Das 
wäre  aber  im  Interesse  der  Sache    zu  bedauern.     Die  Direktoren 


M  V^l.  vorläafif^  z.B.:  Rnd.  Basse,  Uher  SHffun^enj  HüfM-  und 
f^ersicherunrskassen  für  die  Binterbiiebenen  der  Lehrer  an  höheren  Lehr- 
anstalten, MS.  /  höh.  Seh.  I  (1902)  S.  491--505,  [R.  R.]  KrambicKcl,  Die 
Lehrer^  ß^itw.'  u.  ffaüenkaseen  a.  d.  höh.  Seh.  d.  Deutschen  Reiches  nmek  d. 
Osterprogrammm  1905,  ebenda  V  (19U6)  S.  171—181. 

«)  Vgl.  0.  S.  269  f.,  275  f.,  278  f.,  280  ff.,  283  ff.,  312  ff.,  323  f.,  330  ff. 


voQ  R.Ullrich.  337 

erwürben  sich  ein  wirkliches  Verdienst,  wenn  sie  öfter  die  Ge- 
legenheit benutzten,  an  der  Spitze  dieses  Abschnitts  ihr  Publikum 
auf  die  Wichtigkeit  auch  der  anderen  Teile  des  Jahresberichtes 
für  den  Leserkreis  hinzuweisen.  Die  Worte  „an  die  Schüler*' 
könnten  in  der  Überschrift  dieses  Abschnitts  in  der  Regel  am 
ehesten  fehlen;  für  sie  ist  z.  B.  die  Chronik  und  der  Abschnitt 
über  die  Stiftungen  weit  wichtiger  (s.  o.  S.  238«.,  283ff.,  330ff.). 
Alles,  was  in  Abschnitt  Vil  steht  und  auch  auf  Schiller  berechnet 
ist,  wird  diesen  besser  in  der  Klasse  mitgeteilt.  —  Was  enthält 
dieser  Teil  nun,  und  was  kann  er  enthalten? 

Hin  und  wieder  sind  auf  direkte  Anordnung  der  Behörde 
bestimmte  aufserordentliche  Mitteilungen  in  alle  Jahresberichte 
aufzunehmen  gewesen,  so  vor  einigen  Jahren  der  Erlaß  über 
die  Verhütung  von  Unglücksfällen  infolge  des  Gebrauchs  von 
Schufiwaffen  durch  Schüler;  andere  kehren  regelmäfsig  wieder, 
die  Bekanntmachungen  über  die  Prüfungen  (z.  T.,  wie  in 
Sachsen,  auch  noch  über  öffentliche)  und  Hinweise  auf 
das  neue  Schuljahr  (mit  Perienordnung^)).  Ein  Hinweis 
auf  neu  einzuführende  Schulbücher  müßte  gegebenenfalls 
an  dieser  Stelle  noch  hinzukommen. 

Alles  übrige  ist  individuell;  und  es  muß  in  das  Ermessen 
des  verantwortlichen  Berichterstatters  gestellt  werden,  was  er 
seinem  Publikum  mitzuteilen  für  nötig  hält,  dessen  Interessen  und 
Bedürfnisse  je  nach  Ort  und  Schule  ja  sehr  verschieden  sein 
können.  Besonders  kämen  Veränderungen  in  der  Organi- 
sation der  Anstalt  in  Betracht,  Umwandlungen  in  eine 
Reformschule,  Einführung  englischen  Ersatz  Unterrichts 
uam.,  worüber  das  Publikum  natürlich  ausführlich  zu  belehren  ist. 
Gewisse  Dinge  sind  aber  auch  hier,  da  das  Publikum  immer 
wieder  wechselt,  allmählich  typisch  geworden  und  werden  erst 
verschwinden  können,  wenn  die  Bekanntschaft  mit  ihnen  all- 
gemeiner vorausgesetzt  werden  kann;  so  die  ausführlichen, 
manchmal  mehrere  Seiten  füllenden  Mitteilungen  über  das 
Berechtigungswesen  und  die  gleichen  über  Zweck  und  Ein- 
richtung der  Reformanstalten  verschiedener  Art.  Bei  An- 
stalten, die  ihren  Speziallehrplan,  der  jedem  Vater  bei  der 
Anmeldung  von  Söhnen  eingehändigt  wird,  in  irgend  einer 
Form  besonders  veröffentlichen'),  könnten  die  genannten,  sonst 
jedes  Jahr  wiederkehrenden  Angaben  zweckmäßig  mit  diesem 
verbunden  werden;  es  würde  Raum  gespart  oder  ev.  für  anderes 
(z.  B.  die  ausführlichere  Chronik,  s.  o.  S.  289)  firei  werden, 
und  es  brauchten  nur  etwaige  Veränderungen,  die  z.  B.  im 
Berechtigungswesen  einträten,  besonders  mitgeteilt  zu  werden. 


1)  \gl.  dazu  oben  S.  280. 

2)  Hierüber  s.  o.  S.  287,  S.  143  f.,  276  f. 

Z«itMkr.  f.  d.  OymnMialwMcn.    LZI.    SuppIoamtlMlt  22 


338  Pro^rammweseo  ood  Programoibibliothek  d.  boh.  Scbvlei, 

Inwieweit  es  zweckmäßig  ist,  Notizen,  die  schon  unter  anderen 
Rubriken  des  Jahresberichts  stehen  oder  stehen  könnten,  aber  ge- 
rade für  das  Publikum  wichtig  sind,  z.  B.  Verfugungen  ron  Behörden 
uä.,  an  verschiedenen  Stellen,  so  in  diesem  Abschnitt,  zu  wieder- 
holen, muß  wiederum  der  ßerichterjstatter  entscheiden  (vgl.  auch 
oben  S.280tS.),  in  einigen  Berichten  werden  die  Wohnungen 
der  Lehrer  an  dieser  Stelle  mitgeteilt;  das  ist  fiberall  da,  wo 
diese  von  den  Eltern  häufiger  in  ihrer  Behausung  aufgesucht  zu 
werden  pflegen  (vgl.  o.  S.  243  Anm.  1),  zweckmäßig  und  verdient 
also  Nachahmung  in  den  Fällen,  wo  es  trotzdem  bisher  nicht  ge- 
schehen ist,  sdieint  mir  auch  nötzlich  besonders  bei  den  An- 
stalten, die  viel  auswärtige  Schöler  haben.  Pör  wesentlich  halte 
ich  es  indessen  in  keinem  von  beiden  Fällen;  und  zumal  wo  an 
anderen  Stellen  des  Berichts  mit  dem  Räume  gegeizt  und  ein 
dürftiger  Inhalt  geboten  wird,  läßt  sich  die  halbe  Seite,  die  ein 
solches  Verzeichnis  doch  meist  einnimmt,  ohne  Zweifel  nätzlicher 
verwenden. 

Aufmerksame  Leser  der  Jahresberichte  werden  in  dieser 
Rubrik  (oder  auch  an  anderen  Stellen)  noch  mancherlei  Be- 
sonderes finden,  was  zwar  zunächst  örtlichen  Traditionen  seine 
Pflege  verdankt,  z.  T.  aber  auch  allgemeinerer  Beachtung  wert 
ist  und  jedenfalls  nicht  selten  geeignet  sein  wird,  auch  da  er- 
wogen und  ev.  eingeführt  zu  werden,  wo  günstige  Bedingungen 
es  nahelegen.  So  begegnet  uns  in  einem  Jahresbericht  die  Notiz, 
daß  die  Lehrer  der  Anstalt  weder  Privatunterricht  an  Schuler 
der  Anstalt  erteilen,  noch  Pensionäre  bei  sich  aufnehmen^), 
ein  anderer  weiß  zu  melden,  daß  bestimmte  Ärzte  der  Stadt 
unbemittelte  Schöler  der  Anstalt  unentgeltlich  behandeln, 
wieder  andere  (so  in  Schlesien)  geben  Kunde  von  bestehenden 
Krankenkassen  zugunsten  der  Schüler;  den  hygienischen 
Verhältnissen  wird  —  so  besonders  in  österreichischen  Be- 
richten —  in  höchst  erfreulicher  Weise  breiter  Raum  gewährt. 
Und  so  werden  Behörden,  Direktoren  und  Lehrer  in  den 
Berichten  Jedes  Landes,  jeder  Provinz,  ja  fast  jeder  Stadt  Be- 
sonderheiten vorfinden,  die  mindestens  sorgfältige  Erwägung 
verdienen  und  jedenfalls  dazu  beitragen  können,  das  Gute, 
wo  immer  es  vorhanden  ist  —  falls  es  auch  für  andere 
Verhältnisse    paßt    — ,     zu     verbreiten     und     so     der     Schule 


')  In  dem  r«dlicb«D  Bestreben,  den  Stande  z«  dienen,  kann  nan  in 
dieser  Beziehung  leicht  zn  weit  gehen.  In  znhlreieben  Mittel-  und 
Kleinstädten  wird  es  sich  inoh  künftig  nicht  ganz  vermeiden  lassen, 
daß  Lehrer  au  Schüler  der  Anstalt  Privatunterricht  erteilen  oder  Pensionire 
bei  sich  aufnehmen,  auch  wenn  die  MaBaahmen,  die  jüngst  der  preaBlsche 
Staat  in  letzterer  Beziehung  getroffen  hat  (Familienpensionen),  weiter  ans- 
gedehnt  werden.  Es  wird  immer  darauf  ankommen,  die  sozialen  Verhältnisse 
der  Einwohner  im  allgemeinen  und  jeden  Einzelfall  im  besonderen  in  Betracht 
zu  ziehen;  ein  generelles  Verbot  schiene  mir  z.  Z.  gerade  im  Interesse  der 
Schüfer  keineswegs  zweckmäßig. 


von  R.  Ullrioh.  339 

nnd  ihren  Gliedero  zu  helfen,  wo  und  wie  es  nur  immer  möglich 
ist.  Aber  die  Jahresberichte  wollen  auch  für  diesen  Zweck 
gelesen  sein;  es  ist  schade,  daß  heute  so  manches  Gute,  das 
sich  in  ihnen  ßndet,  vereinzelt  bleibt^  weil  es  nicht  genug  be- 
kannt wird.  — 

Ich  schließe  der  Besprechung    der  einzelnen  Rubriken  noch 
einige  Bemerkungen  an  Aber 

Gewisse  Äußerlichkeiten.     Manche  Anstalten    legen  bei 
ihren  Jahresberichten  Wert  auf  glänzende  Ausstattung,  wie  sehr 
starkes  Papier,    breiten  Rand   uäm.,  was    die  oft  beklagten 
hohen  Kosten  jedenfaUs    nicht   herabsetzt,    manchmal    auch  Ver- 
anlassung ist,    das  1875  verabredete  Einheitsformat  zu   über- 
schreiten, so  daß  den  Programmbibliotheken  unnötige  Schwierigkeiten 
erwachsen  (s.  o.  S.  174,  S.  218  und  Teil  III).     Man  kann  sich  hier 
alles  Obermafles  enthalten,  ohne  ins  Gegenteil  zu  verfallen,  was  be- 
sonders in  den  siebziger  Jahren  häufig  geschah  (S.  180  Anm.  1). 
Die   innere  Ausgestaltung  ist  jedenfalls  weit  wichtiger. 
Auch    hier   sei    noch  einmal  daran  erinnert,    daß    die   richtige 
Teubnersche  Nummer  auf  dem  Titelblatt  an  der  richtigen 
Stelle    (unten    links)    aufzudrucken    ist,     der    Jahrosbericht 
keinen    farbigen    Umschlag    ohne   wiederholten  Titel    haben 
darf,    auch    die  Abhandlung,    falls    eine  solche  erschienen    ist 
und  getrennt  ausgegeben  wird,  auf  dem  Titelblatt  des  Jahres- 
berichts  genau   anzugeben  ist  (Näheres  s.  o.  S,218t),  so 
daß  jeder,   der   einen  solchen  Bericht   jetzt   oder  später   in    die 
Hand  nimmt,   ohne  weiteres  mit  Sicherheit  annehmen  darf,    daß 
keine  Beilage  erschienen  ist,  wenn    die  entsprechende  Notiz  auf 
dem  Titelblatt  fehlt.     Über  das  jährlich  auf  dem   Umschlag  ab- 
zudruckende,    bibliographisch    genaue    chronologische    Ver- 
zeichnis der  Abhandlungen  der  Schule  von  einem  bestimmten 
Termin    ab    ist   oben   (S.  222ff.)    das   Nötige    bemerkt    worden. 
Manche  Berichterstatter  fügen  ein  Inhaltsverzeichnis  bei;  das 
kann  überall  da  nutzlich  sein,  wo  der  Bericht  den  üblichen  Um- 
fang überschreitet;    man  wird    auch    dadurch   dem  Leser    einen 
Dienst  erweisen  und  den  Inhalt  besser  zugänglich  machen. 

Hiermit  wäre  m.  E.  alles  Wesentliche  erledigt,  was  sich 
über  Zweck  und  Bedeutung  der  Jahresberichte  für  ihren 
großen  Interessentenkreis  und  über  diezweckmäfsigeArtihrer 
Ausgestaltung  für  die  Zukunft  sagen  ließe.  Wichtiges  hoffe 
ich  nicht  übersehen  zu  haben,  werde  aber  jeden  Nachweis  mit 
Dank  begrüßen ;  der  Zweck  dieser  ganzen  Darlegung  ist  ja  doch  der, 
zu  eingehender  Prüfung  der  Einrichtung  und  ihrer  möglichsten 
Vervollkommnung  Anregungen  zu  geben.  Mögen  sie  auf  frucht- 
baren Boden  fallen  und  auch  die  Behörden,  soweit  nötig,  veran- 
lassen, zu  erwägen,  was  in  Zukunft  geschehen  kann  oder  muß. 
den  Inhalt  so  zu  gestalten,  daß  er  auch  unter  den  veränderten 
Verhältnissen    der   neuen    Zeit    dem    von    Anfang    an   gewollten 

22* 


340  Programmwesen  nod  Progranmbibliothek  d.  höh.  Seholan, 

Zwedce  entspricbt,  dem  Verkehr  der  Schulen  und  ihrer 
Lehrer  untereinander  und  dem  Zusammenhange 
zwischen  Schule  und  Haus  vor  allem  zu  dienen. 

Inwieweit  meine  Darlegungen  und  die  auf  Grund  reichlichen 
Materials  und  vielfacher  eigener  Beobachtungen  und  Erfahrungen 
gemachten  wohlerwogenen  Vorschläge  in  den  Kreisen  der  Fach- 
genossen  wie  der  fär  die  praktische  Durchführung  ebenfalls  mafi- 
gebenden  Instanzen  Beifall  finden  und  Anlaß  zur  Besserung  geben 
werden,  vermag  ich  jetzt  natürlich  nicht  zu  beurteilen.  In  einer 
Reihe  von  Punkten  ist  der  jetzige  Zustand  allerdings  derart,  daß 
es  nicht  geraten  scheint,  Rückständigkeit  noch  weiter  bestehen 
zu  lassen. 

Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  so  viel  dürfte  andererseits 
doch  klar  geworden  sein,  daß  wir  in  den  Jahresberichten 
trotz  aller  Mängel,  die  sie  hier  mehr,  dort  weniger  aufweisen, 
eine  Einrichtung  haben,  die  sich  bewährt  hat,  für  die 
Erreichung  der  bezeichneten  Zwecke  notwendig,  auch 
durch  Gleichwertiges  oder  Besseres  nicht  zu  ersetzen 
ist,  und  auf  die  zu  verzichten  unter  keinen  Umständen 
geraten  scheint,  es  mußte  denn  gerade  sein,  daß  man  die 
Bedeutung  jener  Zwecke  in  der  Gegenwart  selbst  nicht  mehr  an- 
erkennen wollte.  Das  würde  aber  einen  Rückschritt  zu  Verhält- 
nissen bedeuten,  aus  denen  schon  die  preußische  Organisation 
von  1824  herauskommen  wollte;  heute  vollends  streben  wir  auf 
allen  Gebieten  nach  Verbindung,  Zusammenhang  und  Sammlung 
der  Kräfte  und  suchen  auch  verschiedene  Lebenskreise  für 
gemeinsame  große  Ziele  zu  gewinnen.  Vl^as  schon  vor  einem 
halben  Jahrhundert  Di  et  seh  von  dem  „Gefühl  der  Zu- 
sammengehörigkeit'* sagte  (o.  S.  190;  vgl.  auch  S.  219 
Anm.  1),  gilt  jetzt  mehr  denn  je.  Für  das  Gebiet  der 
höheren  Schulen  aber  sind  gewiß  nicht  das  einzige,  aber 
ein  wesentliches  Mittel  zur  Stärkung  solcher  Be- 
ziehungen ihre  Jahresberichte. 


C.   Kotzbarmaohnng  im  ganien. 

Für  zahlreiche  Einzelfragen  des  Unterrichts,  der  Schulorgani- 
sation, der  Schulgeschichte  oder  was  es  sonst  immer  sein  mochte, 
sind  die  Jahresberichte  von  jeher  eine  wichtige,  wenn  auch  bei 
weitem  nicht  genügend  gewürdigte  Quelle  gewesen.  Sie  werden 
jedem  Schulmann  und  Gelehrten  diesen  Dienst  auch  in  Zukunft 
immer  vollkommener  leisten,  je  mehr  sie  wenigstens  für  gewisse 
Teile  des  Schulorganismus,  über  die  sie  Auskunft  geben,  besonders 
in  den  einzelnen  deutschen  Staaten  einander  so  weit 
angenähert  werden  —  unbeschadet  aller  individuellen  Ge- 
staltung — ,  daß  jeder,  der  sie  zu  ernsten  Zwecken  irgend  welcher 
Art  benutzen  will,   sicher  sein  kann,    auf  einen   bestimmt  abge- 


voa  R.  Ullrich.  341 

grenzten  Kreis  von  Fragen  in  jedem  Berichte  unbedingt  eine 
Antwort  zu  erhalten.  In  welcher  Richtung  das  im  einzelnen 
etwa  geschehen  könnte,  ist  im  vorigen  Abschnitt  darzulegen  ver- 
sucht worden. 

Aber  trotzdem  nun  diese  Berichte  in  allen  Staaten,  die  sich 
ihrer  bedienen,  schon  viele  Jahrzehnte  bestehen,  ist  bis  auf  den 
heutigen  Tag  noch  niemals  der  Versuch  gemacht  worden,  diese 
wirkliche  Fundgrube  für  Stand  und  Entwicklung  des  Schul- 
organismus im  großen  und  für  Hunderte  von  Einzelheiten  zu  so 
verschiedenen  Zeiten  und  für  so  viele  Staaten  auch  nur  einiger- 
maßen im  ganzen  auszuschöpfen,  den  reichen  Inhalt 
nach  irgend  welchen  Gesichtspunkten  wenigstens  für  einzelne 
Perioden  oder  Lander  so  zusammenzufassen,  daß  ein  Über- 
blick gewonnen  würde,  der  einmal  erkennen  ließe,  welche 
Schätze  hier  verborgen  lagen,  andererseits  aber  für  die  Arbeit 
der  Zukunft,  besonders  für  die  geschichtliche  Erkenntnis,  wie 
auch  im  einzelnen  alles  gewesen  oder  geworden,  zuverlässige 
Grundlage  werden  könnte. 

Die  Abhandlungen  hat  man  schon  wenige  Jahrzehnte 
nach  ihrem  Bestehen  bibliographisch  zu  sammeln  gesucht,  immer 
aufs  neue,  immer  vollkommener,  bis  in  die  unmittelbare  Gegen- 
wart. Es  sollte  eben  die  Arbeit  vieler  Generationen  nicht  ver- 
loren gehen,  in  der  Sammlung  auch  jede  Einzelheit  ihren  Platz 
erhalten.  Das  ist  an  sich  erklärlich.  Von  Anfang  an  bis  auf 
den  heutigen  Tag  hat  man  die  Abhandlungen  für  wichtiger 
gehalten  als  die  Jahresberichte.  Dort  war  in  jedem 
einzelnen  Falle  wissenschaftliche  Arbeit,  die  das  Denken  lange 
beschäftigt  hatte,  mochte  auch  das  Ergebnis,  besonders  in  den 
ersten  Jahrzehnten  (s.  0.  S.  135  fiX  im  ganzen  nicht  groß  sein; 
die  Jahresberichte  waren  eben  nur  Berichte.  Gegen  die 
einzelne  Abhandlung  von  Durchschnittswert  gehalten,  war  und 
ist  der  entsprechende  einzelne  Bericht  zweifellos  meist  von 
geringerem  Werte.  Aber  die  Sache  stellt  sich  doch  anders  dar, 
sobald  man  größere  Massen  gegeneinander  hält.  Könnte  man 
wirklich  die  Abhandlungen  als  Ganzes  unter  das  Motto  „Aus  der 
Schule,  für  die  Schule''  stellen,  das  sie  ja  in  der  neuesten  Zeit 
tatsächlich  immer  mehr  verdienen,  so  stände  es  auch  im  ganzen 
um  das  Verhältnis  der  beiden  Teile  des  Programms  dem  Werte 
nach  nicht  anders  als  im  einzelnen.  Nun  waren  aber  nicht 
Hunderte,  nein  Tausende  von  Abhandlungen  aus  dem  Rahmen 
der  Schule  völlig  herausgefallen;  sie  behandelten  Dinge,  die  mit 
deren  Wesen  und  Verfassung  nichts  weiter  zu  tun  hatten,  als 
daß  der  Verfasser  eben  Lehrer  war;  er  hätte  oft  ebensogut  Privat- 
gelehrter,  Universitätsprofessor  oder  Prediger  sein  können.  Oder 
man  erkannte  wenigstens  dies,  daß  der  Lehrer  sich  auch  mit 
Dingen  beschäftigte,  die  mit  seiner  Arbeit  für  die  Schule  und 
ihren  wissenschaftlichen  Grundlagen  nichts  mehr   zu    tun  hatten. 


342  Programmweseo  and  Pro^ramabibliothek  d.  höh.  SchaleQ, 

leb  hoffe,  daß  man  mich  nach  der  Art,  wie  ich  die  Abhandlungen 
oben  (S.  28 — 156)  gewürdigt  habe,  nicht  mißverstehen  wird. 

Anders  die  Jahresberichte.  Mochte  oder  mag  jeder 
einzelne  noch  so  dürftig  sein:  sobald  man  einige  Dutzende  einer 
Schule,  einige  Hunderte  eines  Jahrgangs  einer  Schulart,  einige 
Tausende  eines  Staates  auch  nur  für  kleinere  Perioden  zusammen- 
nimmt, so  stellen  sie  immer  ein  Ganzes  des  Schulorganismus 
dar,  eine  Einheit  irgend  welcher  Art,  die  uns  zeigt,  wie  es  in 
einer  Schule,  einer  Schulart,  einer  Zeit,  einem  Staate  gewesen  ist 
oder  ist.  Und  alle  Einzelheiten,  die  jeder  Bericht  enthält,  ge- 
winnen Bedeutung,  wenn  sie  zu  einer  solchen  höheren  Einheit 
zusammengefaßt  werden.  Das  empfindet  jeder,  der  einmal  ver- 
sucht hat,  wie  der  Verfasser  dieser  Arbeit,  aus  Hunderten  von 
Einzelheiten  auf  verschiedenen  Gebieten  Gesichtspunkte  für  die 
Betrachtung  im  ganzen  zu  gewinnen.  Aber  was  für  eine  Arbeit 
ist  das!  Sie  setzt  nicht  bloß  Interesse  und  Selbstüberwindung 
voraus,  sondern  erfordert  vor  allem  eine  jeden  Augenblick  zu- 
gängliche, möglichst  wenig  Lücken  aufweisende  und  wenigstens 
bis  in  die  zwanziger  Jahre  des  vorigen  Jahrhunderts  zurückreichende 
Sammlung  von  Jahresberichten  selbst.  Diese  ist  aber  nur  in  den 
wenigen  großen  Bibliotheken,  und  selbst  hier  oft  sehr  unvoll- 
kommen, und  in  wenigen  älteren,  ausgezeichnet  verwalteten  und 
musterhaft  geordneten  Gymnasialbibliotheken  zu  finden.  Außerdem 
muß  ein  jeder  für  jede  neue  Einzelfrage  die  Menge  von  Hunderten 
oder  gar  Tausenden  immer  wieder  aufs  neue  durchgehen,  ohne 
selbst  in  Dutzenden  ein  Wort  für  seinen  Zweck  zu  finden, 
während  ein  einzelner,  kenntnisreicher  Schulmann,  unter  Um- 
standen einige  wenige,  in  einem  Zeitraum  von  etlichen  Jahren 
die  Arbeit,  auf  die  es  ankommt,  für  alle  leisten  könnten.  Handelt 
es  sidi  nur  um  die  Verbältnisse  einer  einzelnen  Schule,  so  ist 
die  Arbeit  leicht,  mag  man  auch  fünfzig  Berichte  durchgehen 
müssen;  ebenso  wenn  man  selbst  einige  ganze  Jahrgänge  von 
tausend  und  mehr  Berichten  für  eine  Ei  n  z elfrage  durchzuarbeiten 
hätte,  sobald  man  nur  sicher  weiß,  daß  jeder,  oder  doch  die 
Mehrzahl,  irgendwie  darauf  Antwort  gibt  So  sind  denn  auch  für 
Stipendienwesen,  Statistik  ua.  die  Jahresberichte  neuester  Zeit  schon 
ausgenützt  worden  (vgl.  z.  B,  o.  S.  336  m.  Anm.  1).  Fast  unmöglich 
aber  wird  die  Sache,  sobald  es  sich  um  die  Erkenntnis  der 
Entwicklung  irgend  einer  Einzelfrage  handelt,  für  die 
vielleicht  nur  aus  Dutzenden  von  Berichten  aus  ganz  verschiedenen 
Zeiten  und  Staaten  Antwort  zu  erwarten  ist.  Da  man  aber  zu- 
nächst nicht  weiß,  welche  das  gerade  sein  werden,  muß  man 
eine  hundertfache  Zahl  durchgehen,  um  zur  Sicherheit  zu  ge- 
langen. 

Man  müßte  also,  mit  einem  Worte,  ein  Hilfsmittel  haben 
—  ein  bibliographisches  wäre  es  nicht  schlechthin,  sondern  noch 
etwas  mehr  — ,    das  den  Inhalt  bestimmter  Perioden  von 


voo  R.  Ullrich.  343 

Jahresberichten,  für  einzelne  Staaten  oder  besser  für  ganz 
Deutschland  bezw.  Österreich  und  die  Schweiz,  im 
ganzen  nach  bestimmten  Gesichtspunkten  in  knapper 
Form  und  mit  genausten  Hinweisen  im  einzelnen  so 
ausgeschöpft,  geordnet  und  gesichtet  wiedergäbe,  daß 
jeder,  der  für  eine  bestimmte  Frage  in  Jahresberichten 
Antwort  zu  erwarten  glaubt,  nur  zuzugreifen  brauchte, 
um  zu  wissen:  da  oder  dort  ist  etwas  für  mich  zu 
finden.  Die  Arbeit  wäre  damit  für  ihn  gewiß  nicht  zu^  Ende; 
er  wurde,  nachdem  er  ein  Stichwort  an  vielen  Stellen  gefunden, 
die  Umgebung  zu  prüfen,  Zeit  und  Land  in  Betracht  zu  ziehen, 
kurz  eben  die  Grundsätze  historischer  Kritik  zur  Anwendung  zu 
bringen  haben,  ehe  er  eine  Summe  gleichartiger  oder  auch  ver- 
schiedener Angaben  über  denselben  Gegenstand  wissenschaftlich  ver- 
wertet Aber  es  wären  doch  Anh  altspunkte  gegeben,  die  jedem, 
der  nachher  kommt,  die  Arbeit  ganz  wesentlich  erleichterten.  Die 
hohe  Bedeutung  eines  solchen  knappen,  zuverlässigen 
Nachschlagebuchs  ist  ohne  weiteres  deutlich. 

Aber  die  Ausfuhrung!  Wo  soll  man  anfangen,  wo  auf- 
hören? Wie  umfangreich  sollte  das  Werk  sein,  um  einerseits 
ausreichende,  wenn  auch  knappe  Antwort  auf  so  viele  Fragen  der 
verschiedensten  Teile  des  großen  Schulorganismus  und  wiederum 
ffir  verschiedene  Staaten,  Zeiten  usf.  zu  geben,  anderseits 
doch  aber  auch  für  den  einzelnen  Arbeiter  nicht  unerschwinglich 
zu  sein?  In  welche  Zeitabschnitte  sollte  es  —  wenn  überhaupt  — 
zerlegt,  sollte  nach  Staaten  und  innerhalb  dieser  nach  Gegenständen 
geordnet  werden,  oder  umgekehrt?  Wo  wäre  die  Grenze  zwischen 
Wichtigem  und  Unwichtigem  zu  ziehen?  Sollten  nur  die  Dinge 
behandelt  werden,  die  in  den  Jahresberichlen  wirklich  stehen, 
oder  auch  solche  herangezogen  werden,  die  zwar  nicht  angeführt 
sind,  deren  Existenz  aber  aus  bestimmten  Gründen  als  sicher 
oder  wahrscheinlich  anzunehmen  ist?  Sollte  es  ein  Quellenbuch 
sein  ?  Oder  eine  zusammenhängende  Darstellung  versucht  werden, 
die  —  etwa  in  Anmerkungen  oder  Exkursen  —  die  nötigen  Hin- 
weise oder  Ausführungen  gäbe?  Wer  sollte  es  verfassen,  einer 
oder  mehrere?  Wer  es  verlegen?  Wäre  staatliche  Unterstützung 
zu  erbitten  oder  zu  erwarten,  wäre  sie  notwendig  oder  nicht? 
Könnte  auf  ausreichenden  Absatz  gerechnet  werden? 

Fragen  und  Bedenken  sind,  wie  man  sieht,  genug.  Und 
wäre  mir  der  Gedanke  vor  10  Jahren  gekommen  oder  von 
anderer  Sdte  entgegengetreten,  ich  hätte  gemeint,  die  Durch- 
fuhrung sei  kaum  möglich.  Nachdem  ich  in  den  letzten  Jahren 
einige  Tausende  von  Jahresberichten  nach  bestimmten  Angaben 
durchgesehen,  viele  Hunderte  gelesen  habe,  muß  ich  sagen,  daß 
mir  die  Sache  doch  schon  greifbarer,  die  Durchführung  möglicher 
erscheint.  Einen  vollständigen  Plan  vorzulegen,  kann  meine  Ab- 
sicht hier  noch  nicht  sein;  der  müßte  noch  länger  wachsen,  ehe  er 


^^^  Prog^rammwesen  and  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalen, 

zur  Reife  käme.  Aber  anregen  möchte  ich  die  Pachgenossen,  über 
die  Sache  nachzudenken  und  ihrerseits  Vorschläge  and  Gegen- 
vorschläge zu  machen.  Vielleicht  ließen  sich  doch  gewisse  Grund- 
linien feststellen,  die  einmal  die  Ausführung  in  größere  Nähe 
rückten.  Zu  machen  wäre  es  dann  wohl;  es  sind  schon 
schwierigere  Dinge  geleistet  worden.  Daß  die  Arbeit  sehr  viel 
verwickelter  ist,  als  etwa  eine  Bibliographie  der  Abhandlungen, 
wie  sie  Klußmann^)  durchgeführt  ode'  —  in  weiterem  Um- 
fange —  C.  Fr.  Müller  geplant  hat'),  bedarf  kaum  der  Hervor- 
hebung. Hier  waren  doch  immerhin  nur  einfach  die  gegebenen 
Arbeilen  zu  sammeln  und  zu  ordnen,  gewiß  auch  ein  großes 
Stück  Arbeit,  dessen  Ausfuhrung  ohne  Selbstüberwindung  und 
peinlichste  Gelehrten -Akribie  gar  nicht  zu  leisten  war,  eine 
Arbeit,  die  einen  kleinen  Teil  des  hier  Beabsichtigten  insofern 
schon  mitnimmt,  als  vielfach  (wie  z.T.  auch  beiHortzschansky)') 
auch  Teile  der  Jahresberichte,  wie  Reden,  Satzungen  u.  a.  ein- 
bezogen wurden.  Die  Ausführung  wäre  auch  schwieriger  als  etwa  die 
des  Wiese -Irm ersehen*)  Werkes,  dessen  Verfasser  nach  Schulen 
und  innerhalb  jeder  einzelnen  nach  im  wesentlichen  gleichen  Gesichts- 
punkten ordneten  und  die  zusammenfassenden  Obersichten  für  jede 
Provinz  aus  den  Einzel  berichten  gewannen.  Bei  einem  „Reper- 
torium  der  Jahresberichte*',  wie  ich  zunächst  einmal  sagen  will, 
wäre  aber  mehr  zu  leisten:  vor  allem  die  richtige  Auswahl  des 
Wesentlichen  und  die  geeignetste  Form  der  Darbietung. 
Ich  bemerke  dazu  nun  folgendes.  Ich  meine,  daß  ein 
Quellenbuch  die  geeignetste  Form  wäre.  Eine  Darstellung 
wurde  zuviel  Subjektives  hineinbringen,  während  eine  objektive 
Übersicht  des  Tatbestandes  wichtiger  und  für  jeden  Be- 
nutzer zweckmäßiger  wäre.  Das  erste  Bedenken  würde  die  Art 
der  Einbeziehung  der  verschiedenen  Staaten  sein.  Das 
Material,  was  z.  B.  die  süddeutschen  Jahresberichte  boten 
und  bieten,  ist  wesentlich  geringer  als  das  der  norddeutschen 
und  Österreichs'^).  Naturlich  ließe  sich  das  Fehlende  —  zum 
Teil  wenigstens  —  auf  amtlichem  Wege  beschaffen;  aber  diese 
Hilfe  wäre  hier  doch  ein  fremdes  Element,  und  die  Entwicke- 
ln ng,  die  sich  in  den  Jahresberichten  zeigt,  käme  dabei  wohl  zu 
kurz.-  Dagegen  wäre  ein  Repertorium  über  die  preufsischen 
und  die  meisten  norddeutschen  Berichte,  vor  allem  die 
sächsischen,  auch  über  die  von  Elsafs-Lothringen  einerseits, 
und  andererseits  über  die  österreichischen  in  weitem  Umfange 
und  innerhalb  jedes  dieser  beiden  großen  Komplexe  für  einen  größeren 
Zeitraum  möglich,  für  Preufsen  seit  1825,  für  die  übrigen  nord- 


1)  Vgl.  0.  S.  238— 241,  S.ISOL 

>)  Vgl.  darüber  o.  S.  236—238,  S.  230—232. 

»)  Vgl.  o.  8.217,  227f.n.li. 

*)  Vgl.  o.  S.  89  Anm.  2. 

^)  Vgl.  hierüber  die  Aosfabroogeo  o.  S.  260  ff. 


von  R.  Ullrich.  345 

deutschen  Staaten  von  einem  nur  wenig  späteren  Termine  ab, 
ffir  Elsafs-Lothringen  seit  1872,  für  Österreich  seit 
1850,  für  die  Schweiz  etwa  seit  den  fünfziger  Jahren. 
Was  Preufsen  betrifft,  so  müßte  man  wiederum,  noch  die  Frage 
erledigen,  ob  die  Jahresberichte  der  1866  preufsisch 
gewordenen  Landesteile  erst  von  diesem  Termine  ab  ein- 
zubeziehen,  oder  schon  von  früherem  Zeitpunkt  ab  einzugliedern, 
oder  bis  1866  etwa  selbständig  zu  behandeln  wären.  Ob  die 
süddeutschen  Berichte,  einschließlich  der  hessischen,  für 
sich  zusammenzufassen,  oder,  trotz  ihrer  geringeren  Reichhaltig- 
keit, in  das  norddeutsche  Repertorium  einzuarbeiten  wären  (die 
bayerischen  seit  den  zwanziger  Jahren,  die  badischen  seit 
den  dreißiger,  die  württembergischen  etwa  von  dem  gleichen 
Termin  ab,  die  hessischen  seit  den  fünfziger  Jahren)^),  oder 
ob  vielleicht  jeder  dieser  Staaten  für  sich  behandelt  werden  sollte, 
bliebe  weiteren  Abmachungen  zwischen  den  beteiligten  Instanzen 
vorbehalten.  Man  müßte  schließlich  eine  gewisse  Zersplitterung 
in  eine  Mehrzahl  von  Repertorien  auf  sich  nehmen;  wenn  sie 
nur  überhaupt  gegeben  werden.  Der  Einblick  in  die  gesamten 
Verhältnisse  würde  doch  wesentlich  erleichtert  werden,  und  der 
Fortschritt  gegenüber  dem  jetzigen  Mangel  wäre  auf  alle  Fälle  ein 
großer.  Doch  gleichviel,  ob  zusammen  oder  getrennt,  wie  hätten 
denn,  um  wenigstens  ein  Beispiel  anzuführen,  in  der  Hauptsache 
derartige  Arbeiten,  von  denen  jede  —  mutatis  mutandis  —  doch 
im  wesentlichen  gleichen  Grundsätzen  folgen  müßte,  schon  im 
Interesse  leichter  Benutzung,  etwa  auszusehen? 

Was  Preufsen  betrifft  (mit  oder  ohne  Einschluß  der  1866 
hinzugekommenen  Provinzen),  so  schiene  mir  eine  Teilung 
des  Stoffes  nach  zeitlichen  Abschnitten*  in  etwa  4 — 5  Bände 
denkbar,  von  denen  der  erste  vielleicht  von  1825 — 1850,  der 
zweite  bis  1875  (oder  auch  gleich  bis  1884),  der  dritte  bis  1901 
(ev.  in  zwei  Abschnitte,  1876  (oder  1885)- 1890,  1891—1900, 
zu  teilen)  zu  gehen,  der  vierte  (bezw.  fünfte)  mit  1902  einzusetzen 
hätte.  Für  Österreich  wären  zunächst  vielleicht  zwei  Bände 
vorzusehen,  deren  erster  von  1850 — 1874,  der  zweite  bis  1900 
oder  auch  bis  zur  Gegenwart  reichte.  Alle  anderen  Staaten 
kämen,  falls  ein  Zusammenschluß  sich  als  unausführbar  erwiese, 
mit  viel  weniger  aus.  Ob  man  späterhin  einfach  äußerlich  nach 
5  oder  10  jährigen  Zeiträumen  teilen,  oder  bestimmte  feste  Punkte 
der  weiteren  Entwicklung,  wie  neueste  Lehrpläne,  Abschaffung 
des  Griechischen,  allgemeine  Einführung  der  Reformschulen  (was 
beides  nicht  geschehen  möge!)   oder  was  sonst  immer  zum  Maß- 


')  Die  flir  dea  Begioo  angesetzten  Termine  hatten  immer  dem  Anfang 
der  offiziellen  Regelung  des  Programmwesens  n.  St.  in  den  einzelnen 
Staaten  za  entsprechen  —  wozu  die  Obersichten  oben  S.  95 — 108  zu  ver- 
gleichen sind. 


^^  Programmweseo  and  Programmbibliothek  d.  hob.  Scholeo, 

Stab  nehmen  will,  braucht  uns  zunächst  nicht  zu  kömmero.  Um 
eine  Zerlegung  in  mehrere  Bande  nach  zeitlichen  Gesidits- 
punkten  wArde  man  schon  aus  praktischen  Granden  kaum  hemm- 
kommen.  Den  ganzen  Zeitraum  von  1825 — 1901  in  einem  noch 
handlichen  Bande  zu  behandeln,  halte  ich  fär  ausgeschlossen. 
Wollte  man  aber  von  dem  sachlichen  Gesichtspunkt  im  ganzen 
ausgehen  und  so  erst  einige  Teilgebiete  für  die  ganze  Zeit 
behandeln^  dann  die  anderen  allmählich  anschließen,  so  wurde 
es  doch  lange  dauern,  bis  man  einen  vollständigen  Überblick  über 
einen  bestimmten  Zeitraum  gewönne.  Innerhalb  der  zeitlich 
geordneten  Bände  wäre  dann  nach  Gegenständen  zu  ordnen. 
Hier  liegt  es  nun  am  nächsten,  för  die  ersten  beiden  (1825 — 
1850,  1851 — 1884)  das  preußische  Schema  der  Gesamtverfugung 
über  die  Jahresberichte  vom  Jahre  1824  der  Einteilung  zugrunde 
zu  legen,  also  (in  Kurze):  i.  Lehrverfassung,  IL  Chronik,  HL  Statistik 
(nebst  Bibliotheken,  anderen  Sammlungen  und  SUftungen), 
IV.  Prüfungen,  V.  Varia  —  nebst  den  1824  bestimmten  Unter- 
abteilungen.  Daß  sämtliche  Jahresberichte  der  Schulen  aus 
allen  Jahrgängen  durchzusehen  und  zu  exzerpieren  wären,  besonders 
auch  die  der  Realschulen  alten  Stils  (vgL  o.  S.  223)^  ist 
selbstverständlich.  Ein  einzelner  könnte  das  —  wenn  über* 
haupt  —  nur  leisten,  wenn  er  von  anderen,  z.  B.  amtlichen  Ver- 
pflichtungen för  einen  längeren  Zeitraum  frei  wäre.  Es  könnte 
aber  auch  eine  Teilung  dahin  staltfinden,  daß  mehrere  Be- 
arbeiter, nachdem  sie  sich  ober  die  allgemeinen  Grundsätze 
und  die  Form  der  Bearbeitung  geeinigt  hätten,  jeder  einen  Teil 
auf  sich  nähme.  An  geeigneten  Kräften  fehlt  es  ja  nicht.  Der 
eine  hat  sich  mit  den  Lehrplänen  und  ihrer  Entwicklung,  ein 
zweiter  mit  der  Schulgeschichte,  ein  dritter  mit  der  Statistik,  ein 
vierter  mit  den  Sammlungen,  insbesondere  den  Bibliotheken,  ein 
fünfter  mit  den  Stiftungen  usf.  beschäftigt,  auch  för  die  Varia 
wäre  wohl  ein  geeigneter  Mann  zu  finden.  Von  1885  ab  wäre 
das  Schema  der  HauptverfQgung  dieses  Jahres  als  Maßstab  zu 
nehmen,  das  im  einzelnen  ja  alle  wesentlichen  Punkte  von  1824 
wiederholt.  Daß  die  Bearbeiter  an  demselben  Orte  ansässig  wären, 
dürfte  wünschenswert,  wenn  auch  nicht  notwendig  sein;  daß  es 
gründliche,  methodisch  geschulte,  kenntnisreiche,  in  literarischer 
Arbeit  bereits  bewährte,  auch  mit  einer  starken  Portion  Gedold 
ausgerüstete  Schulmänner  sein  mußten,  ist  selbstverständlich. 
Fachbibliographen,  an  die  man  im  ersten  Augenblick  denken  könnte, 
wären  nur  dann  geeignet,  wenn  sie,  wie  etwa  Ew.  Hörn  oder 
R.  K 1  u  fs  m  a  n  n ,  längere  Zeit  im  Schuldienst  gewesen  und  mit 
dessen  Entwicklung  und  Stand  im  ganzen  und  einzelnen  gründlich 
vertraut  sind.  Im  1.  Bande  (1889)  des  von  der  Kgl.  Bibliothek 
zu  Berlin  herausgegebenen  Jahresverzeichwsses  etc  (s.  o.  S.  112, 
Nr.  15)  fand  sich  (in  der  Vorrede,  Z.  7  f.  vom  Anfang)  die  ver* 
heißungsvolie  Ankündigung,   die  Kg).  Bibliothek  wurde  „alle   zehn 


TOD  R.  Ullrich.  347 

Jabre  die  Schulnachrichten  in  ähnlichen  Verzeichnissen  zu- 
sammenfassen'* ^).  Es  ist  aber  davon  ganz  stille  geworden.  Das  Ver- 
sprechen war  schneller  als  die  Erfüllung.  Teils  mögen  die  in  der 
Tat  groBen  Schwierigkeiten  abgeschreckt  haben,  teils  auch  wohl 
die  Erkenntnis,  daB  der  Stab  selbst  einer  großen  Bibliothek  doch 
nicht  alle  die  Eigenschaften  besitzt,  die  zur  Ausfuhrung  nötig 
sind.  Denn  es  handelt  sich  hier  nicht  nur  um  die  Entfaltung 
einer  heute  bis  ins  einzelnste  ausgebildeten  bibliographischen 
Technik  —  deren  Mithilfe  sich  übrigens  die  obigen  Mitarbeiter 
gern  gefallen  lassen  werden  — ,  auch  nicht  bloß  um  gelehrte 
Kenntnis  der  Entwicklung  des  höheren  Schulwesens,  die  natürlich 
auch  ein  außerhalb  des  praktischen  Schuldienstes  stehender  Ge- 
lehrter haben  kann,  sondern  vor  allem  um  eine  aus  eigener, 
längerer  Tätigkeit  inmitten  des  großen  Organismus 
selbst  gewonnene  Einsicht  in  dessen  Aufgaben  und 
Bedürfnisse,  um  lebendige,  innere  Anteilnahme  an 
seinem  Werdegange  wie  an  den  Problemen  der  Praxis. 
Nur  von  hier  aus  wird  sich  beurteilen  lassen,  was  von  dem  ge- 
waltigen Stoff  eines  solchen  Repertoriums  aus  5,  6,  8  Jahrzehnten 
wichtig,  was  unwesentlich  ist,  was  um  seiner  Beziehungen  zur 
Gegenwart  willen  geschichtlich  wertvoll,  was  als  eine  vereinzelte, 
seitsame  Erscheinung  zu  betrachten  ist.  Haben  sich  also  die 
Schulmänner,  die  an  die  Aufgabe  berangef^angen  sind,  über  die 
allgemeinen  Grundsätze  geeinigt,  so  gehe  jeder  an  den  Entwurf; 
hier  werden  sich  die  Schwierigkeiten  erst  recht  zeigen,  besonders 
in  bezug  auf  Stoffwahl  und  Anordnung.  Ein  Haupt- 
redaktor hätte  dafür  zu  sorgen,  daß  alles  in  gleichen  Bahnen 
sich  bewegt,  die  ersten  Entwürfe  zu  prüfen,  zu  vergleichen,  An- 
regungen für  die  weitere  Bearbeitung  zu  geben,  wie  das  ja  bei 
jedem  großen  Unternehmen  ähnlicher  Art  geschehen  muß,  und 
so  könnte  man  hoffen,  daß  das  Werk  einmal  zustande  käme. 

Was  die  Stoffwahl  betrifft,  so  könnte  alles,  was  durch 
andere  aligemeine  Bestimmungen  geregelt  ist  (z.  B.  Lehr- 
pläne) und  demgemäß  in  den  meisten  Jahresberichten  im  wesent- 
lichen gleichmäßig  vorkommt,  kurz  behandelt  werden;  jede  Ab- 
weichung aber,  alles  Individuelle  wäre  in  allen  Abteilungen  ge- 
bührend hervorzuheben:  Besonderheiten  im  Lehrplan,  in 
der  Organisation,  in  der  Chronik  (wo  besonders  häufig  dazu 
Anlaß  sein  wird),   in    der  Verwaltung   der  Sammlungen,    dem 

^)  Die  Idee  selbst  üt  schon  erbeblich  Slter  (vgl.  o.  S.  204),  aber  sa 
priktischeB  Vorschlägeo  war  man  auch  früher  nicht  vorgedrangen.  Hervor- 
hebaog  verdient  die  Tatsache,  daß  man  damals  (a.  a.  0.)  eine  solche  „Zn- 
sammeofassong"  oar  aaf  Grand  der  gedrnckten  Jahresberichte 
fnr  denkbar  hielt.  Wie  R.  Richter,  der  öberbaopt  in  der  Behandlang  der 
ganzen  Programme ogelegenbeit  wenig  glücklich  war  (vgl.  auch  o.  S.  156 
m-  Anm.  1),  sich  solche  von  ihm  befürworteten  Zosammenfassangen  ohne  die 
Hilfe  der  Jahresberichte  dachte,  hat  er  leider  nicht  gesagt  (vgl.  BiU,  Abt.  4 
Nr.  116,  S.  95). 


348  ProgrammweseD  aad  Programmbibliothek  d.  höh.  Scha     eo, 

Stiftungswesen  usf.  Der  wesentliche  Inhalt  der  Mitteilungen 
wäre  mit  Stichwortöberschriften  zu  versehen,  denen  überall 
die  Bezeichnung  der  Schule,  des  Jahrgangs  und  der  Seite  des 
betr.  Berichts  beizusetzen  wäre.  So  gewönne  man,  um  nur  einiges 
zu  erwähnen,  eine  genaue  Übersicht  darüber,  an  welcher  Anstalt, 
wann  und  wie  lange  Besonderheiten  im  Lehr  plan  und  der  Or- 
ganisation existiert  haben,  welche  Reden  zu  bestimmten  Ge- 
legenheiten gehalten  worden  sind,  von  wem  und  worüber,  auch 
ob  sie  abgedruckt  oder  nur  erwähnt  sind;  die  biographischen 
Angaben  über  neueingetretene  oder  verstorbene  Lehrer  gäben 
manchen  schätzenswerten  Aufschluß,  man  erführe  Genaueres  über 
besondere  Sitten,  Gebräuche  und  Einrichtungen  in  den 
verschiedenen  Anstalten  und  Gegenständen,  über  die  Mittel  der 
Sammlungen  und  die  Fürsorge  für  sie,  z,  B.  in  bezug  auf 
Katalogisierung;  auch  die  Schälerbewegung,  Zahl  und 
Stärke  der  Klassen  uam.,  würde  interessante  Ergebnisse  liefern.  Alle 
Einzelheiten  einzelner  Schulen,  die  in  den  vielen  Schulgeschichten, 
die  wir  über  sie  haben,  oft  zu  einseitig  hervortreten,  würden  sich 
in  größerem  Zusammenhange  anders  ausnehmen.  Die  schlichu 
Aneinanderreihung  und  Gruppierung  der  Tatsachen  würde  ein  un- 
schätzbares Hilfsmittel  für  die  weitere  Forschung  werden. 

Die  zweckmäßigste  Anordnung  ergäbe  sich  erst  bei  der 
Sammlung  des  Stoffes  selbst;  ich  enthalte  mich  daher  be- 
stimmter Vorschläge.  Sie  wird  in  den  verschiedenen  Ab- 
schnitten oft  eine  verschiedene  sein  können,  nach  Gegenständen, 
nach  Orten  und  Schulen,  nach  Personen,  chronologisch,  alpha- 
betisch oder  nach  anderen  Gesichtspunkten  oder  unter  Vereini- 
gung mehrerer.  Das  wäre  alles  im  gegebenen  Falle  zu  ent- 
scheiden. Mafsgebend  sollte  vor  allem  die  Rücksicht  auf 
Obersichtlichkeit  sein.  Man  müßte  imstande  sein,  das 
Material  über  bestimmte  Verhältnisse,  denen  man  nachforscht, 
möglichst  leicht  zu  überschauen.  Daher  wäre  auch  auf  die 
Druckeinrichtung  besonderer  Wert  zu  legen. 

Daß  sorgfältige  Register  notwendig  sind,  über  Sachen, 
Personen,  Orte  und  Anstalten,  ist  selbstverständlich.  In  welchem 
Grade  in  den  Anmerkungen  Hinweise  auf  andere  Quellen  zu 
geben  wären,  gedruckte  und  ungedruckte,  besonders  Archivalicn 
der  Schulen,  bliebe  noch  zu  erwägen. 

Daß  es  gelingen  wird,  das  gesamte  Material  an  Jahres- 
berichten, in  Preußen  von  1825  an,  in  der  Hauptsache  noch  zur 
Verwertung  gelangen  zu  lassen,  glaube  ich  wohl.  Viele  ältere 
Anstalten,  wohl  in  jeder  Provinz  mehrere,  besitzen  die  ganzen 
Serien  nicht  bloß  ihrer  eigenen  Berichte,  sondern  auch  die  vieler 
anderer  Anstalten '),  die  großen  Bibliotheken  würden  helfend  ein- 


^)  Wo    freilieh    die    früher  empfohleDe  Methode   des   „KassieroBS 
Plitz  gegriffen  hat  (a.  o.  S.  206  uad  219),  dürfte  es  übel  bestellt  sein. 


voo  R.  Ullrich.  340 

treten,  unter  Umständen  das  Auskunftsbureau  der  deutschen 
Bibliotheken^).  Gelänge  es  wirklich  in  einzelnen  Fallen  nicht 
mehr,  bestimmter  Berichte  habhaft  zu  werden,  so  wären  diese 
als  fehlend  besonders  zu  verzeichnen. 

Es  ist  unzweifelhaft,  daß  von  einem  solchen  Werke,  schon 
von  den  Vorarbeiten  dazu,  ein  heilsamer  Anstoß  ausgehen  mußte, 
nicht  bloß  für  das  Studium  der  Jahresberichte  selbst,  das  an 
vielen  Schulen  z.  Z.  ganz  darniederliegt,  sondern  auch  —  was 
ebenfalls  nicht  zu  unterschätzen  wäre  —  für  ihre  Ordnung  und 
leichte  Bereitstellung  in  den  Programmbibliotheken.  Manche  An- 
stalt würde  erst  recht  inne  werden,  daß  sie  Schätze  besitzt,  denen 
sie  bisher  gleichgültig  gegenQbergestanden  bat,  weil  die  Anregung 
fehlte,  aus  ihnen  wissenschaftlichen  und  praktischen  Nutzen  zu 
ziehen. 

Wichtig  wäre  natürlich  die  keineswegs  bloß  äußere  Frage, 
ob  es  gelänge,  das  Unternehmen  durch  sich  selbst  finanziell 
zu  sichern,  also  einen  Verleger  zu  finden,  der  es  übernähme, 
oder  ob  staatliche  Hilfe  einzutreten  hätte.  Hierüber  mögen 
Kundigere  entscheiden.  Daß  das  Werk,  wenn  es  zustande  käme, 
hinfort  jedem  unentbehrlich  wäre,  der  sich  mit  den  Verhältnissen  der 
höheren  Schulen  irgend  näher  beschäftigt,  ist  wohl  klar.  Sämt- 
liche Schulbibliotheken  müßten  es  erwerben,  oder,  falls  einige 
meinten,  es  entbehren  zu  können,  wären  sie  von  der  Behörde 
dazu  anzuhalten.  Jede  große  Bibliothek  des  In-  und  Auslandes 
würde  es  kaufen  müssen  usf.  So  wäre  eine  Auflage  von  mehreren 
Tausend  Exemplaren  möglich  und  nötig;  also  dürfte  auch  das 
buchhändlerische  Risiko  wohl  nicht  allzu  sehr  ins  Gewicht  fallen. 
Am  gesichertsten  erschiene  wohl  —  bei  der  großen  Zahl  der 
Schulen  —  der  preufsisch-norddeutsche  Teil  (s.  o.  S.  Ji^ff.), 
schwieriger  wäre  sehender  süddeutsche  und  österreichische, 
am  schwierigsten  der  schweizerische.  Doch  wären  hier  bei 
geringerem  Umfange  auch  die  Kosten  geringer,  aber  eine  Unter- 
stützung durch  die  Behörden  wohl  nicht  zu  entbehren. 

Es  wird  heute  gerade  auf  dem  Gebiete  des  höheren  Schul- 
wesens so  viel  reformiert,  probiert,  experimentiert,  und  die 
agitationsfreudige  Presse  läßt  weder  die  öffentliche  Meinung  noch 
die  Schulmänner  selbst  zu  der  Ruhe  —  oder  besser  —  zu  der 
Stetigkeit  in  Anschauungen  und  in  der  Praxis  kommen,  deren 
die  höhere  Schule  zu  ihrem  Gedeihen  so  dringend  bedarf.  Es 
sind  das  Erscheinungen  und  Bestrebungen,  die  keinem  rüstig, 
mitunter  auch  hastig  vorwärts  drängenden  Zeitalter  erspart  bleiben. 
Sie  sind  an  sich  erfreulich,  weil  sie  das  Bessere  an  die  Stelle  des 


1)  Vgl.  darüber  des  Verfassers  Benutzung  und  Einrichtung'  uno. 
S.  VI  Aom.  1  (der  Sooderaasgabe)  und  z.  B.  auch  —  um  ein  weiteres  alleo 
Schalnanaero  leicht  zagäogl  ich  es  Hilfsmittel  aniafiihreo,  P.  Schweoke 
nnd  A.  Hortcschaosky,  Berliner  BibHathekenfOhrer  (vgl.  o.  S.  326  Anm.  1) 
S.  1—3. 


^^  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hö'h.  Scholen, 

Guten  setzen  wollen,  mag  dabei  auch  mancher  Sprung  ins  Dunkle 
getan,  manche  folgenschwere  Entscheidung  getroffen  werden,  die 
sich  für  größere  Verbiknde  nicht  bewährt  und  ?on  der  man 
später  nur  schwer  uod  nicht  immer  mit  gutem  Gewissen  den 
Weg  zuruckGndet  zu  Verhaltnissen  und  Einrichtungen,  die  zum 
Abbruch  noch  lange  nicht  reif  waren,  wohl  aber  des  Ausbaus, 
der  Anpassung  an  die  Verhältnisse  der  Gegenwart  bedurften, 
damit  man  ihrer  wieder  froh  wurde.  Wahrnehmungen  dieser 
Art  macht  heute  jeder,  der  wohl  ein  Freund  des  Fortschrittes 
ist,  aber  mit  Unwillen  sieht  —  und  leider  oft  nur  zusieht  — , 
wie  unruhige,  aber  sehr  betriebsame  Geister,  denen  freilich 
das  Beste  fehlt,  Pietät  gegen  den  Werdegang  großer  Orga- 
nismen, darauf  ausgehen,  das  Gefühl  für  die  Bedeutung  ge- 
schichtlicher Zusammenhänge  systematisch  zu  ertöten.  Diejenigen 
aber,  die  der  Meinung  sind,  daß  die  Wahrung  solcher  Zusammen- 
hänge nicht  bloß  wissenschaftlich  wertvoll,  sondern  auch  praktisch 
notwendig  ist,  können  sich  weiter  der  Wahrnehmung  nicht  ver- 
schließen, daß  gerade  viele  Mitglieder  unseres  Standes  ihre  Kräfte 
teils  unnötig  ausgeben  (bei  der  Hersteilung  vieler  neuer,  kaum 
eine  Verbesserung  aufweisender  Schulbücher  z.  B.),  teils  unfruchtbar 
zersplillern  (wie  bei  der  dreizehnten  Bearbeitung  einer  schon  ein 
dutzendmal  behandelten  fachwissenschaftlichen  Streitfrage),  wthrend 
die  Geschichte  und  Organisation  des  höheren  Schulwesens  im 
19.  Jahrhundert  Aufgaben  darbietet,  deren  bisher  überhaupt  noch 
nicht  versuchte  Lösung  eine  wirkliche  Bereicherung  unserer  Kennt- 
nis beider  darstellen  und  Wissenschaft  und  Praxis  befruchten,  im 
besonderen  der  Behandlung  mancher  organisatorischer  Fragen  der 
Gegenwart  und  Zukunft  eine  bisher  fehlende,  sichere  Grundlage 
geben  würde.  Hier  sollte  die  Arbeit  der  Schulmänner  vor  allem 
einsetzen.  Daß  auch  das  Programmwesen  solche  Aufgaben  in 
Fülle  bietet,  kleine  und  große,  konnte  mehrfach  gezeigt  werden. 
Zu  den  letzteren  aber  gehört  vor  allem,  ebenso  wie  die  Biblio- 
graphie der  Abhandlungen  von  1825 — 1875  (s.  o.  S.  230tt.\  die 
Zusammenfassung  des  wesentlichen  Inhalts  der  Jahres- 
berichte von  1825  bis  zur  Gegenwart  und  die  Sicher- 
stellung späterer  Fortsetzung  in  geeigneten  Zwischen- 
räumen. Hier  liegen  lohnende  Arbeiten  für  viele  Kräfte  und 
Jahre! 

III.  Die  ProgTABtmbibliothek. 

1.  Ihre  Bedeutung  für  den  höheren  Lehrerstand. 

In    den    früheren    Abschnitten    ist    wiederholt    darauf  hin* 
gewiesen  worden^),    daß   die    richtige  Schätzung  des  Programm- 

^)  \gi,  0.  S.  85,  150,  166,  167  Aam.  2,  Kode,  ld2  f.,  207,  222  1,  S.  W 
mit  Aom.  2,  124,  1Ö4,  191,  208,  219  üö. 


voD  R.  Ullrich.  3^1 

weseDs  und  überhaupt  das  Interesse  för  die  ganze  Einrichtung, 
auch  die  Lust,  an  ihrer  Förderung  mitzuarbeiten,  von  der  zweck- 
mäßigen Einrichtung  und  Verwaltung  der  Programmbibliotheken 
«ler  einzelnen  Schulen  wesentlich  abhängt,  ganz  besonders  soweit 
der  höhere  Lehrerstand  selbst  für  deren  Benutzung  in  Betracht 
kommt.  Das  gilt  in  gleicher  Weise  für  Abhandlungen  und  Jahres- 
berichte. Die  einer  einzelnen  Anstalt  Nahestehenden,  insbesondere 
die  Schöler,  wirkliche  und  ehemalige,  sowie  das  Publikum  des 
Ortes  und  seiner  Umgebung,  richten  ihre  Aufmerksamkeit  natur- 
gemäß zunächst  meist  auf  den  einzelnen  Jahresbericht,  in  vielen 
Fällen  auch  auf  die  Abhandlung^),  falls  beide  Teile  regelmäßig 
und  reichlich  in  ihre  Hände  gelangen^).  Der  Gelehrte  außerhalb 
der  eigentlichen  Schulkreise,  besonders  der  Universitätslehrer  oder 
Fachbibliothekar,  der  Programme  zu  wissenschaftlichen  Zwecken 
braucht,  findet  in  den  Landes- und  Universitätsbibliotheken  die  ganzen 
Serien  beisammen  und  kann  sie  meist  ungehindert')  benutzen, 
unter  schon  weniger  günstigen  Bedingungen  auch  der  Schulmann, 
wenn  er  eben  am  Orte  oder  in  der  Nähe  der  genannten  großen 
Bibliotheken  wohnt  Aber  das  ist  die  kleinere  Zahl.  Die  weitaus 
größere  bat  ihr  Amt  in  Mittel-  und  Kieinstädten,  die  keine  große 
wissenschaftliche,  am  Programmtausch  teilnehmende  Sammlung 
aufzuweisen  haben.  Von  dem  amtlichen  Leihverkehr^)  in 
Preufsen  z.  B.,  so  wie  er  jetzt  besteht^),  haben  solche  Lehrer 
aber  gerade  in  bezug  auf  die  Programmliteratur  den  geringsten 
Nutzen,  weil  deren  Versendung  aus  naheliegenden  Gründen*)  eine 
beschränkte  ist^).  Andererseits  ist  es  notwendig,  daß  die  lite- 
rariache  Produktion  einer  Einrichtung,  die  zu  einem  Teile  ja  zur 
Anknüpfung  und  Erhaltung  engerer  Beziehungen  zwischen  der 
Mehrheit  höherer  Schulen  und  ihrer  Lehrer  begründet  worden 
ist®)  und  gerade  in  dieser  Beziehung,  wie  ich  oben  gezeigt  habe. 


1)  Näheres  darüber  ist  aiis|r«fnhrt  worden  o.  S.  274  ff.,  S.  1  aö. 

*)  Vgl.  darüber  o.  S.  275  f. 

')  Meist  sogar  io  den  MagazioeD  selbst,  dereo  Betreteo  den  Uoiversitäts- 
lehrero  fast  überall  gestattet  ist;  vgl.  daza  des  Verfassers  Benutzung 
und  Einritfdung  usw.  S.  78  («Z.  f.  d.  Gymn.'fß^€9.  LVIII  (1904)  S.  750). 

*)  Ober  ifao  vgl.  o.  S.  146  Ann.  1. 

*)  Br  seheiat  mir  Doch  der  Aasgestaltang  fähig,  zamal  in  der  Rieh- 
fang,  daß  die  Lebrerbibliotheken  der  einzelnen  Schalen  selbst  in  nähere 
Beziehangen  zo  einander  träten;  vgl.  daza  schon  meine  Bemerkongen  in 
Aeins  EnzykL  Hdb.  d.  Päd,*V  (1906)  S.  452  and  o.  S.  2ül  Anm.  ].  Be- 
sonders im  HinUiek  auf  die  kurzen  Leihfristen  der  groflen  Bibliotheken 
(io  Preafsen  jetzt  drei  Woehen)  —  die  in  anderer  Beziehang  wieder 
zweckmäßig  sind  —  scheint  mir  das  wichtig. 

*)  Die  großen  Bibliotheken  vereinigen  die  Programme  meist  za  Sammel- 
bÜnden  (doch  s.  o.  S.  27  Anm.  4);  braucht  ein  Benatzer  auch  nur  ein  Pro- 
gramm daraas,  so  moßlea,  bei  längeren  Leihfristen,  alle  übrigen  anderen 
Bestellern  wochenlang  entzogen  bleiben. 

^)  Vgl.  dazu  o.  S.  34  Anm. 

•)  Vgl.  daza  o.  S.  131  ff.,  S.  138,  S.  134  f.,  1861,  191,  208  fS,   uö. 


d^2  P>'0|;raiiiinwe8eo  aod  Programmbibliothek  d.  hob.  Selmleo, 

heute  und  in  Zukunft  ganz  besonders  der  Förderung  bedarfMi 
wirklich  allen  beteiligten  Schulen  und  ihren  Lehrern  regelmäßig, 
leicht  und  in  vollem  Umfange  zugänglich  wird  —  und  auch 
bleibt.  Denn  hätte  der  Teubnersche  Tauschverkehr,  der  diesem 
Zweck  zunächst  dient,  nur  eben  den  Zweck,  gerade  den  Ertrag 
an  Abhandlungen  jedes  neuen  Jahres  bekannt  za  geben  und  von 
dem  jeweiligen  Stande  jeder  höheren  Schule  an  der  Hand  ihres 
neusten  Jahresberichts  zu  unterrichten,  während  die  reichen  Ergeb- 
nisse der  früheren  Jahre  und  das  Wichtigste  davon  —  Erkenntnis 
der  Entwicklung  früherer  Zeiten  und  ihres  Zusammenhangs 
mit  der  Gegenwart  —  dauernder  Schätzung  und  Erhaltung 
nicht  bedürften,  so  könnte  man  ihn  getrost  je  eher  je  lieber 
aufheben.  Die  Programme  wären  dann  das  Geld  nicht  wert, 
das  sie  kosten.  Freunde  des  Programmwesens  haben  daher 
längst  erkannt,  dafi  die  Programmbibliothek  ein  wesent- 
licher Teil  der  Lehrerbibiiolhek  in  allen  Schulen  sein 
mufs  und  in  ihrer  Einrichtung  die  gleiche  Förderung 
nötig  hat  wie  diese,  wenn  dieSumme  vonArbeit  jeglicher 
Art,  die  in  den  Programmen  niedergelegt  ist,  für 
Lehrer,  Schule  und  Wissenschaft  wirklich  fruchtbar 
werden  soll.  Die  Polemik  gegen  das  Programmwesen  ist 
gerade  deswegen  zum  großen  Teile  in  die  Irre  gegangen,  weil 
sie  ein  oft  völlig  ungenügendes  Material  für  ausreichend  hielt'), 
ihren  Vorstößen  Geltung  zu  verschaffen.  Aber  auch  die  Freunde 
der  Einrichtung,  die  in  ihr  so  etwas  wie  die  Darstellung  einer 
gewissen  Einheit  der  höheren  Schulen  und  des  höheren  Lehrer- 
standes sahen ')  und  von  ihrer  wissenschaftlichen  und  praktischen 
Bedeutung  voll  überzeugt  waren,  haben  doch  fast  durchweg  die 
einfache  Tatsache  übersehen,  daß  man,  um  zu  lieben,  vor  allem 
ausreichende  Gelegenheit  zum  Kennenlernen  haben  muß.  Zeit- 
schriften und  Bibliographien  (allgemeine,  für  einzelne  Fächer  wie 
für  die  Programme  in  ihrer  Gesamtheit)  haben  zwar  schon 
seit  Jahrzehnten  in  vortrefQicher,  wenn  auch  oft  weder  ge- 
kannter noch  anerkannter  Weise  dafür  gesorgt,  das  Ergebnis  der 
Programmproduktion  durch  literarische  Mitteilung  zugänglich  zu 
machen.  Was  hilft  es  aber,  wenn  man  die  Dinge  zwar  nennen 
hört,  zu  ihnen  selbst  aber  nicht  gelangen  kann?  Es  ist  eine  der 
unerfreulichsten  Tatsachen  in  der  Geschichte  des  Programmwesens, 
daß  neben  der  oft  überreichen  theoretischen  Erörterung  über  seinen 
Wert  und  vor  allem  über  seinen  Unwert  die  praktische  Arbeit 
ander  zweckmäfsigen  Einrichtung  der  Programmsamm* 


^)  Dies  ist  oben  aosfefiibrt  wordeo;  vgl.  S.  24€  V^  275  IT.  a  8.;  s.  a.  die 
S.  351  Aom.  8  aDgefübrteo  Stellen. 

*)  Vgl.  biersa  z.  B.  o.  S.  230,  241  IT.,  248  ff.,  29  f^  125^  148,  157  W^ 
179  uö. 

>)  Mao  vgL  0.  S.  190,  219  Aom.  1,  154,  340. 


vom  R.  Ulirick  3S3 

luDgeo  in  den  Schulen,  auch  —  was  ebenso  notwendig  gewesen 
wäre  —  die  Diskussion  in  den  Fachkreisen  über  diese  Seite  der 
Sache  ganz  auffallend  zurückgeblieben  ist^).  Auch  die  Behörden, 
von  denen  die  Bedeutung  der  Abhandlungen  und  der  Jahres- 
berichte gerade  für  den  büheren  Lehrersland  in  seiner  Gesamt- 
heit so  oft  hervorgehoben  worden  ist  und  bis  auf  den  heutigen 
Tag  in  den  meisten  Ländern  voll  anerkannt  wird,  haben  es  — 
mit  einer  rühmlichen  Ausnahme')  —  leider  unterlassen,  jemals 
auch  nuf  grundsätzliche  Weisungen  über  die  Verwaltung  der 
Programmbibliotheken')  zugeben,  die  doch  eine  notwendige 
Folge  der  ganzen  Organisation  und  insbesondere  des  amtlich  ge- 
förderten Tauschverkehrs  waren  und  sind.  Die  allgemeine  Erfah- 
rang  lehrt  aber  immer,  daß  man  die  Ausführung  wichtiger  Organi- 
sationen, soweit  deren  Wirkung  von  der  Mitarbeit  Hunderter  von 
Individuen  abhängt,  nicht  in  das  Belieben  der  einzelnen  stellen 
darf.  Einige  wenige,  die  begabt,  arbeitsam  und  von  wahrem 
Interesse  für  eine  Sache  erfüllt  sind,  gestalten  sie  selbständig  aus, 
weit  besser,  als  irgend  eine  noch  so  vortrefiTliche  amtliche  Ver- 
fügung allgemeiner  Art  es  je  zu  Wege  brächte,  und  wer  gerade 
das  Gluck  hat,  die  Früchte  ihrer  Arbeit  unverdient  mitzuge- 
nießen,  darf  seinem  Geschick  wirklich  dankbar  sein.  Aber  die 
Uurchschnittsarbeiter  müssen  unter  dem  Gesetz  bleiben,  sie  wollen 
es  sogar  —  sich  selbst  oft  unbewußt  — ,  und  wo  es  fehlt,  haben 
diejenigen  dauernd  den  Schaden,  die  auf  ihre  Hilfe  angewiesen 
sind.  Ich  glaube,  daß  die  Behörden  in  Zukunft  diese  Dinge  nicht 
einfach  so  weiter  gehen  lassen  dürfen,  wie  sie  bisher  gegangen 
sind,  sondern  im  Zusammenhang  mit  einer  nicht  minder  dring- 
lichen, zeitgemäfsen  Benutzungsordnung  für  die  Lehrer- 
bibliotheken überhaupt^)  —  die  jetzt  geltenden  sind  beinahe 
alle  völlig  veraltet  —  grundsätzliche  Bestimmungen  über  die 
Verwaltung  der  Programmbibliotheken  erlassen  müssen.  Es 
ist  sonst  zu  befurchten,  daß  diese  Sammlungen,  die  doch  die 
Kenntnis  des  Ertrages  einer  reichen  Schulliteratur  den  Lehrern 
vermitteln  sollen,  ihren  Zweck  von  Jahr  zu  Jahr  weniger  erfüllen, 
was  natürlich  nicht  ohne  Rückwirkung  auf  die  Schätzung  der 
ganzen  Einrichtung  überhaupt  bleiben  könnte.     Halten  die  maß- 

^)  Was  obeo  in  dieser  Beziehong  ao  Anregnogeo  mitgeteilt  werden 
koDDte  —  es  sind  übrigens  einige  vortrelTIiehe  darunter  (S.  192 — 194, 
S.  206--208,  S.  220—224)  •—  entspricht  doeh  niebt  der  Bedeatang  der 
Saehe  im  ganzen. 

2)  In  Österreich,  schon  1857,  vgl.  o.  S.  107,  Nr.  LXXXXIV  — 
eine  Bestimmnng,  die  zonaehst  nicht  eigentlich  fiir  Schnlbibliothekeo  be- 
stimmt war,  aber  tatsächlich  auf  diese  erfreulichen  Einfloß  gewonnen  hat; 
vgl.  jedoch  aach  die  Verrdgnng  von  1875  (u.  S.  108,  Nr.  LXXXXVII)  Abs.  8. 

*)  Der  Aosdruck  „Progammsammlang"  oder  „Programmbi  blio« 
thek"  ist  in  keiner  der  bekannteren  Bibliotheksordovngen  für  die  Schalbiblio- 
thekeB  der  einzelnen  Staaten  zn  fisden. 

^)  Vgl.  darüber  des  Verfassers  Benuttung  «.  Einrichtung'  tuw.  S.  129 
(Z.  f.  d.  Gymn.-fFe$.  LVIII  (1904)  S.  801). 

Zeilaehr.  f.  d.  OTmaMiahreien.    LXL    Supplemeatheft.  23 


3ö4  Programmwesen  and  Programmbibliothek  d.  hob.  Sehalea, 

gebenden  Instanzen  diese  aber  für  gut  und  bewilligen  jahraus 
jahrein  bedeutende  Mittel  zu  ihrer  Förderung,  so  werden  sie  sich 
auch  ni.  E.  der  Pflicht  nicht  entziehen  können,  für  die  zweck- 
mäBige  Erhaltung  der  Bestände  in  den  einzelnen  Schulen  zu 
sorgen.  Daß  in  nicht  wenigen  von  diesen  die  Programmbibliothek, 
falls  sie  überhaupt  diesen  Namen  verdient,  zur  Förderung  der 
ganzen  Einrichtung  wenig  oder  nichts  beiträgt,  ist  ein  öffentliches 
Geheimnis. 

Für  die  hohe  Bedeutung  einer  guten  Programmsammlung 
für  den  Lehrer  hat  schon  der  Mann  volles  Verständnis  gehabt, 
dem  wir  die  erste  zusammenfassende  Obersicht  über  das  deutsche 
und  besonders  das  preußische  Programmwesen  verdanken,  nämlich 
Ludwig  Wiese  ^).  Er  hat  während  seiner  25  jährigen  Stellung  im 
preußischen  Ministerium  und  während  seines  ebenso  langen  otium 
cum  dignitate  der  Sammlung  von  Programmen  eine  solche  Auf- 
merksamkeit gewidmet,  daß  er  nicht  weniger  als  5475  Jahres- 
berichte  und  5399  Abhandlungen  zusammenbrachte.  Es  ist  etwas 
beschämend,  daß  diese  einzigartige  Sammlung  nicht  Preußen  ver- 
blieben, sondern  —  wie  so  viele  andere  bedeutende  Privat- 
Sammlungen  deutscher  Gelehrter  in  den  letzten  Jahren  —  von 
einer  amerikanischen  Bibliothek  angekauft  worden  ist  (der 
Cornill-University,  Ithaca)'),  wo  sie  jedenfalls  vorläufig  bei  weitem 
nicht  so  fruchtbar  gemacht  werden  wird,  als  dies  in  Deutschland 
hätte  geschehen  können').  Es  liegt  darin  für  alle  unsre  Schul- 
bibliotheken die  deutliche  Mahnung,  auf  die  Sammlung  und  Er- 
haltung der  Programme  rechte  Sorgfalt  zu  verwenden.  Eine 
Progranimsammlung  ist  auch  äußerlich,  je  vollständiger  sie  ist 

1)  Vgl.  darüber  o.  S.  208. 

*)  V|^l.  darüber  Geor;  Witkowski,  BörsenbL  f.  d.  dmdschen  Buek- 
Handel  LXIX  (1902)  Nr.  206,  S.  6933.  Die  Aa&Stae  des  ^enannteD  Ver- 
fassers, u.  d.  T.:  yyDeutsehe  BibUothsken  imf  der  Auswanderung  nach 
Amerika^'  (1  a.  II  a.  a.  0.  S.  6931—6933,  DI,  ebenda  LXXI  (1904)  Nr.  23, 
8.  954 — 956),  die  zuerst  io  der  NatUnud-Zeiiung  erschieaeo  warea  (vgl. 
darüber  a.  a.  0.),  siod  überhaupt  sehr  lesenswert  and  soiltea  die  oatioMile 
Wisseosehaft  uod  die  zu  ihrer  FSrdernos  berofeaeD  losiaaieo  oachdenkliefc 
stimmen.  Es  wird  nicht  immer  möiplieh  oder  zweckmaßiir  A^in»  ^*fl  gr^ße 
Sffeotliche  Bibliotheken  solche  wertvollen,  mit  Liebe  gesammelten  Privat- 
apparate  im  ganzen  ankaufen  (vgl.  dazu  R.  Pietsehmann,  Preufi,  Jahr- 
Inicher  122  (1905)  S.  69—76),  aber  man  sollte  doch  mehr  Wert  darauf 
legen,  wenigstens  die  wichtigeren,  z.  T.  unersetzlichen  Bestandteile  derartiger 
Samminngeo  für  Deutschland  zu  erhalten,  soweit  es  im  einzelnen  Falle 
möglich  ist.  Auf  die  Hilfe  wohlhabender  Privatpersonen  (Pietschmana 
a.  a.  0.  S.  72  und  76)  ist  bei  solchen  Gelegenheiten  in  Deutschland  leider 
noch  nicht  annähernd  in  derselben  Weise  zu  reebnen  wie  dies  die  ameri- 
kanischen Bibliotheken  von  ihren  Macenaten  gewohnt  sind. 

')  Pietschmann  (a.  a.  0.  S.  75)  verweist  Tdr  solche  Falle  mit  Recht 
auf  die  £rwerbung  durch  Spezialbibliotheken.  Die  Erwerbung  der 
Wies  eschen  Programmsammlnng  wäre  z.  B.  für  eine  der  oben  {S,  ISj  ge- 
nannten Bibliotheken  eine  günstige  Gelegenheit  gewesen,  die  man  entweder 
versäumt  hat  oder  vielleicht  —  leider  —  aus  Mangel  an  Mitteln  nicht  be- 
nutzen konnte. 


voo  R.  Ullrich.  355 

und  je  weiter  sie  zeitlich  zurückgeht,  ein  um  so  größerer  Schatz; 
zahirdche  Programme,  nicht  einmal  nur  ältere,  sind  schon  jetzt  so 
selten,  daß  im  Antiquariatsbuchhandel  Liebhaberpreise  dafür  ge- 
zahlt werden.  Eine  erlesene  Zahl  von  Schulbibliotheken  weiß 
das  auch  zu  würdigen;  aber  das  Verständnis  dafür  bedarf  in 
weit  mehr  Fällen  noch  der  Förderung.  Daß  auch  ein  geistiges 
Kapital  von  hervorragender  Bedeutung  in  den  Programmen  so 
vieler  Jahrzehnte  niedergelegt  ist,  kann  nach  dem  oben  (S.  28  ff,, 
S.  124Ü,  u.ö.)  Ausgeführten  erst  recht  nicht  zweifelhaft  sein.  Manche 
kleinere  Anstalt  älteren  Datums,  die  über  unzureichende  Mittel 
für  die  Vermehrung  ihrer  Lehrerbibliothek  —  nicht  immer  mit 
Recht  ^)  —  klagt,  sollte  um  so  größere  Aufmerksamkeit  der  Pro- 
grammsammlung zuwenden,  deren  jährliche  Vermehrung  wenig- 
stens einen  nennenswerten  Aufwand')  nicht  erfordert.  Es  sind 
hier  noch  Schätze  zu  heben. 

Gelingen  kann  das  freilich  nur,  wenn  jede  einzelne  dieser 
Sammlungen  gewisse  Vorbedingungen  erfüllt,  ohne  die  eine 
wirkliche  Ausnutzung  kaum  möglich  ist.  Am  wichtigsten  scheinen 
mir  in  dieser  Beziehung  folgende:  eine  gewisse  Vollständig- 
keit der  Sammlung(2),  zweckm.äßige  Ordnung  (3),  Katalogi- 
sierung (4)  der  Bestände,  die  sich  übrigens  —  wie  gleich  hier 
bemerkt  werden  mag  —  in  den  einfachsten  Formen  halten 
kann.  Andre  Maßnahmen,  wie  das  vielfach  übliche  Zirkulieren 
der  Programme  (5),  sowie  die  Möglichkeit  des  Arbeitens 
in  der  Programmbibliothek  selbst  und  die  Anbahnung 
eines  Leihverkehrs  (6),  verdienen  wenigstens  Erwägung. 

2.    Gewisse  Vollständigkeit.     Gründe  der  Unvollstän- 

digkeit  und  Mittel  zur  Abhilfe. 

Eine  gewisse  Vollständigkeit  von  einem  bestimmten 
Jahre  ab  ist  die  erste  Vorbedingung  für  die  Brauchbarkeit  der 
Programmsammlung  jeder  höheren  Schule;  ihr  Wert  steigt  oder 
sinkt,  äußerlich  wie  innerlich'),  mit  dem  Grade  einer  gewissen 
Vollständigkeit.  Ich  sage,  einer  gewissen.  Denn  natürlich  kann 
man  von  den  Verwaltern,  besonders  wenn  sie  unzureichend 
honoriert  sind  oder  häuOg  wechseln,  nicht  Leistungen  erwarten, 
die  bei  einer  großen  Bibliothek  mit  ihren  reichlicheren  Mitteln 
und  ihrem  Stab  geschulter  Kräfte,  besonders  an  Hilfsarbeitern, 
selbstverständhch  sind.  Aber  selbst  unter  der  Voraussetzung 
mäßiger  Anforderungen  ist  es  doch  im  Hinblick  auf  das  gute 
Funktionieren  des  Tauschverkehrs  wenigstens  seit  1876  äußerst 
verdrießlich,  wenn  ein  Lehrer,  der  die  Programmsammlung  der 
eigenen   Schule  zu    wissenschaftlichen    oder    praktischen  Zwecken 

■)  Vgl.  daza  die  BemerkaDgeo  0.  S.  t34  oad  193. 

»)  Vgl.  o.  S.  171  Nr.  6  BDd  S.  21$. 

3)  Vgl  darüber  das  oben  zu  1  Bemerkte. 

23* 


356  ProgrammweseD  und  Progrtmjubibliothe'k  d.  hob.  Sehnlea, 

ausnutzen  will,  bald  hier^  bald  da  unier  Abbandlungen  wie  Jahres- 
berichten  Lücken  Bndet,  die  ihn  nötigen,  sich  an  andere  Schulen 
zu  wMden,  auch  nicht  immer  mit  Erfolgt),  oder  schließlich  die 
großen  Bibliotheken  unter  allerhand  Umständen')  aafausuchen^ 
falls  er  seine  Arbeit  nicht  auf  unzureichender  Grundlage  aufbauen 
oder  ganz  darauf  verzichten  will.  Wie  sind  diese  Lücken  in  den 
Beständen  der  Programmbibliotheken  zu  erklären,  und  wie  lassen 
sie  sich  vermeiden  oder  wenigstens  erheblich  einschränken? 

Für  die  älteren  Programme  —  ich  will  gleich  bis  1875 
hinabgehen  —  mag  als  allgemeiner  Entschuldigungs- 
grund (a)  der  Umstand  gelten,  daß  diejenigen  Anschauungen  über 
Einrichtung^  Verwaltung  und  Benutzung  von  Bibliotheken  überhaupt, 
die  heute  wenigstens  in  allen  großen  Bibliotheken  maßgebend 
sind,  in  früheren  Jahrzehnten  besonders  bei  den  Verwaltern  von 
Schul  bibliotheken  noch  nicht  allzu  häufig  anzutreffen  waren.  Der 
Mangel  verschärfte  sich  bei  den  Programmsammlungen  bis  in  die 
neuste  Zeit  noch  dadurch,  daß  die  Schätzung  der  Abhand- 
lungen und  noch  mehr  der  Jahresberichte  vielfach 
eine  geringe  war  (b),  was  natürlich  auf  die  Vollständigkeit  der 
Sammlung  nicht  ohne  Einfluß  blieb.  Dazu  kam  und  kommt  an 
manchen  Stellen  —  wieder  nicht  ohne  Zusammenhang  mit  der 
Wertschätzung  des  Gegenstandes  überhaupt  —  eine  gewisse  Sorg- 
losigkeit  in  der  Behandlung  der  Teubnerschen  Sen- 
dungen (c),  weiterhin  eine  —  ich  will  einmal  sagen  —  xu  freie 
Handhabung  des  Ausleiheverfahrens  gegenüber  dem 
bei  anderen  Werken  der  Lehrerbibliothek  üblichen  (d), 
sodann  nicht  selten  die  mangelhafte  Art  der  Aufbewahrung, 
die  zuweilen  Programme  nicht  auffindbar  macht,  die  eigentliiä 
„da  sein  müßten"  (e),  endlich  die  Raumverhältnisse  (f). 

Was  a)  den  allgemeinen  Entschuldigungsgrund  be- 
tritt, so  kann  ich  hier  freilich  nicht  mehr  tun  als  den  Wunsch 
aussprechen,  es  möchten  auch  die  Verwalter  unserer  Schul- 
bibliotheken in  weiterem  Umfange,  als  es  schon  geschieht,  von 
den  Fortschritten  in  der  Einrichtung  und  Verwaltung  der  großen 
wissenschaftlichen  und  selbst  der  Volksbibliotheken  Kenntnis 
nehmen  *),  auch  von  den  entsprechenden  Verhältnissen  der  Biblio- 
theken von  Universitätsinstituten*},  die  gleich  den  unsrigen  meist 
auch  mit  bescheideneren  Mitteln  und  Arbeitskräften  auskommen 
müssen  und  doch  —  wie  ich  in  zahlreichen  Fällen  aus  eigener 
Anschauung  kennen  gelernt  habe  —  durchschnittlich  ein  höheres 
Niveau  zeigen;  auch  durch  benachbarte  neuere  Scbulbibliotbeken, 
soweit    sie   —   was   leider   auch    nicht   immer   der  Fall   ist  — 


^)  Manche  besitzea  ihre  eigeoeo  Programme   nicht  mehr  voUstäadig. 
*)  Vgl.  0.  S.  27  o.  34  Anm.  (ForU.  d.  Aom.  2  von  S.  S3). 
')  Vgl.  schon  des  Verfassers  Benuttg",  u.  £inr,  iino.  S.  116   (=Z. 
/.  d.  Gymn-f^es.  LVIII  (1904)  S.  788). 

*)  Vgl.  2.  /.  d.  Gymn,-W.  LX  (1906)  S.  766. 


von  R.  Ullrich.  3^J 

moderoeD  AnsprucheD  genügen,  können  manche  ältere  recht  gute 
Anregungen  erhalten.  Zu  alledem  gehören  natörlich  rührige 
Verwalter,  die  um  sich  sehen  und  aus  Interesse  an  der  Sache 
auch  über  das  rein  PflichtmäBige  hinaus  zu  Arbeiten  bereit  sind, 
außerdem  —  was  ich  zu  erwähnen  nicht  vergessen  möchte  — 
gleichgesinnle  Kollegen,  die  mitraten  und  -helfen,  wenn  es  not 
tut  Wenn  ich  naturlich  auch  wohl  weiß,  daß  das  von  mir 
früher  gezeichnete  Bild  des  Bibliothekars^)  noch  manchen  idealen 
Zag  aufweist,  so  ist  mir  doch  ebenso  bekannt,  daß  es  in  zahl- 
reichen älteren  höheren  Schulen,  besonders  Internaten,  aber  auch 
schon  in  manchen  neueren,  Bibliothekare  gibt,  die  kaum  einen 
Tag  vergehen  lassen,  ohne  an  der  Vervollkommnung  ihrer  Biblio- 
thek zu  arbeiten;  fehlt  freilich  Anerkennung  und  Interesse  der 
Kollegen  gänzlich,  so  darf  man  sich  nicht  wundern,  wenn  selbst 
der  eifrigste  Verwalter  allmählich  die  Lust  verliert.  Bestimmteres 
Ih&i  sich  schon  über  die  anderen  Gründe  sagen,  so  zunächst 
über  das 

b)  Verhältnis  der  Schätzung  von  Abhandlungen 
und  Jahresberichten  in  bezug  auf  ihre  Sammlung.  Es 
ist  oben  ausgeführt,  daß  man  geneigt  war,  den  Abhandlungen 
größeren  Wert  beizumessen  als  den  Jahresberichten,  auch  erörtert 
worden,  wie  im  einzelnen  und  ganzen  darüber  zu  urteilen  ist'). 
Was  zunächst  die  Sammlung  der  Abhandlungen  betrifft,  so 
mochte  in  den  ersten  Jahrzehnten  seit  der  preußischen  Neuorga* 
nisation  von  1824  —  von  den  noch  älteren  Programmen  ganz  zu 
schweigen  —  im  allgemeinen  der  Umstand,  daß  sich  unter  den 
specimina  eruditionis  recht  viele  minderwertige  befanden  (s.  o. 
S«  135  fi.)f  nicht  gerade  dazu  verlocken,  auf  ihre  Sammlung  be- 
sondere Sorgfalt  zu  verwenden.  Dazu  kam,  daß  bestimmtere  An- 
regungen der  Behörde  fehlten,  auch  die  Räume  in  der  Enge  alter 
Gebäude  oft  unzureichend  waren.  Es  mußte  außerdem  in  den 
Anfängen  ganz  neuer  Einrichtungen  noch  der  Sinn  für  die  Be- 
deutung des  Programmwesens  im  ganzen  als  eines  gewissen  Aus- 
drucks einheitlicher  —  oder  auch  verschiedener  —  Bestrebungen 
ganzer  Schulkompiexe  fehlen,  der  heute  wenigstens  jedem  eigen 
sein  sollte,  der  die  eigene  Schule  und  ihre  Geschichte  in  größeren 
Zusammenhang  einzureihen  sich  bemüht.  Damit  kommen  wir 
auf  die  Sammlung  der  Jahresberichte.  Denn  wenn  auch 
wenigstens  von  Einsichtigeren  die  im  Laufe  der  Jahrzehnte  steigende 
Bedeutung  der  Abhandlungen  anerkannt  wurde  (s.  o.  S.  139)  und 
man  ihrer  Aufbewahrung,  ja  sogar  ihrer  Katalogisierung  schon  in 
den  fünfziger  Jahren  vermehrte  Sorgfalt  zuwendete  (o.  S.  193), 
so  stand  man  in  beiden  Beziehungen  den  Jahresberichten  ziemlich 
barmlos  gegenüber.    Das   ging  so   weit,   daß  selbst  Schulmänner 


^)  a.a.O.  S.  110  (»782 IT.). 
'}  Vgl.  dazu  z.  B.  o.  S.  341, 


358  Progrimmwaseo  uod  Programiibibliothek  d.  höh.  Schuico, 

von  bedeutendem  Buf  ihnen  nur  lokale  Bedeutung  zuerkennen 
wollten  (S.  203)  und  dafi  in  bezug  auf  ihre  Aufbewahrung  in  deo 
Bibliotheken  der  Schulen,  privatim  wie  halbamtlich,  der  Vorschlag 
gemacht  und  leider  vielfach  auch  durchgeführt  wurde,  diese  — 
wie  man  jetzt  sagen  muß  —  wichtigen,  z.  T.  unersetzlichen 
Dokumente  der  Entwicklung  des  bAheren  Schulwesens  nach  kurzer 
Frist  zu  —  kassieren  (S.  206,  219;  vgl.  auch  ^.356  A.  1).  Daß 
damit  vielen  Schulen  ein  unberechenbarer  Schaden  zugefügt 
worden  ist,  kann  heute  kaum  noch  bezweifelt  werden.  Es  ist 
so  nicht  nur  an  mancher  Stelle  den  Lehrern  der  eigenen  Anstalt 
die  leichteste  Gelegenheit  abgeschnitten  worden,  sich  am  Orte 
ihrer  Wirksamkeit  selbst  in  die  Vergangenheit  ihrer  Schule 
zu  vertiefen,  was  doch  so  überaus  wünschenswert  ist  (s.  o.  S.  237)\ 
sondern,  was  noch  schwerer  wiegt:  die  umfassendere  Beschäftigung 
mit  dem  höheren  Schulwesen  in  größerem  Zusammenhange  ist 
den  Lehrern,  die  ihr  Interesse  darauf  wies,  an  ihrer  eigenen 
Schule  überhaupt  unmöglich  gemacht.  Am  empfindlichsten  macht 
sich  das  an  kleinen,  von  wissenschaftlichen  Mittelpunkten  weit  ab- 
gelegenen Orten  geltend,  wo  dann  den  Lehrern,  soweit  sie  nicht 
überhaupt  auf  eine  ihnen  am  Herzen  liegende  Tätigkeit  in  er- 
heblichem Grade  Verzicht  leisten  wollen,  nur  das  schwierige,  um- 
ständliche, mit  Kosten  verknüpfte  und  selbst  so  oft  noch  unvoll- 
kommene Mittel  des  Leihverkehrs  mit  den  großen  Bibliotheken 
übrigbleibt  (s.  o.).  Der  äußere,  in  anderer,  mehr  praktischer  Hin- 
sicht wieder  zweckmäßige  Modus,  Abhandlungen  und  Jahresberichie 
getrennt  auszugeben^),  ist  in  dieser  Beziehung  verhängnisvoQ 
geworden;  die  Mittelschulbibliotheken  Österreichs,  das  die  ein- 
heitliche Herausgabe  bis  heute  pflegt'),  sind  daher  in  bezug 
auf  eine  gewisse  Vollständigkeit  ihrer  Programmsammlungen  durch- 
schnittlich den  reichsdeutschen  überlegen. 

Es  ist  wohl  klar,  was  aus  dieser  Entwicklung,  deren  Wirkung 
noch  bis  in  die  Gegenwart  zu  reichen  scheint*),  für  die  künftige 
Gestaltung  der  Programmsammlungen  zu  folgern  ist.  Jede  An- 
stalt muß  gehalten  sein  —  ev.  durch  besonderen  amtlichen  Hin- 
weis — ,  die  im  Tauschverkehr  bezogenen  Programme,  und  zwar 
Abhandlungen  und  Jahresberichte  in  gleicherweise,  vollständig 
aufzubewahren.  Ein  „Kassieren'*  der  letzteren,  sei  es  sofort  oder 
nach  bestimmter  Frist,  muß  gänzlich  ausgeschlossen  sein.  Auch 
eine  „planmäßige'*  Ausscheidung,  etwa  nach  dem  Gesichtspunkte 
des  VVichtigen  oder  Unwichtigen,  die  bestechend  erscheinen  könnte, 


1)  Vgl.  diriiber  o.  S.  180  uod  anteo  za  3  (S.  3671), 

*)  Darüber  s.  o.  S.  lS3f.,  S.  181. 

')  Eio  avswärtiger  Kolles«  «chrieb  nir  einmal  so:  „Was  Baehea  Sie 
mit  Ibreo  Jahresbericbteo  ?  Werdeo  sie  eiafacb  aafgestapelt,  oder  nater  die 
Kollegen  verteilt,  oder  wesgeworfea?*'  Die  Sacbe  klingt  selierxhaft,  ist  aber 
ein  deatlicber  Beweis  dafdr,  dafi  es  immer  noch  lobnt,  über  die  Bedentaag 
der  Jabresberiehte  aafznklSreo. 


voo  R.  Ullrich.  35$ 

gelegentlich  auch  wohl  zur  Anwendung  gekommen  ist^),  muß 
ebenso  verworfen  werden  wie  der  ßezug  einer  „Auswahl"  von 
Programmen  auf  Grund  der  Teubnerschen  Voranzeige  (s.  o.  S.  215), 
Wer  sollte  darüber  entscheiden?  Das  kann  zur  Not  ein  Privat- 
mann für  sich  allein,  der  doch  schon  nicht  selten  die  Erfahrung 
macht,  daß  er  BQcher,  die  er  aus  Mangel  an  Raum  in  seiner 
Mietswohnung  verkaufte,  weil  sie  ihm  entbehrlich  schienen,  bald 
darauf  bei  einer  Gelegenheit  sehr  vermißt,  die  er  nicht  voraus- 
sehen konnte.  In  einer  großen  Organisation,  die  auf  viele  Männer 
Ton  verschiedenen  Interessen,  ja  auf  Generationen  von  solchen 
berechnet  ist,  wird  dergleichen  vollends  unmöglich.  Was  heute 
unwichtig  scheint,  wird  schon  nach  etlichen  Jahren  oft  interessant. 
Man  lasse  sich  also  auf  solche  mißlichen  Unterscheidungen  und 
Entscheidungen  nicht  ein!  Verfehlungen  früherer  Zeit,  die  in 
dieser  Beziehung  begangen  sind,  lassen  sich  nicht  mehr  reparieren; 
die  Lehrer  der  betr.  Anstalt  haben  den  Schaden  davon  zu  tragen. 
Aber  für  die  Zukunft  wenigstens  muß  vorgebeugt  werden.  Be- 
sonders mag  hierbei  noch  daran  erinnert  werden,  daß  die  An- 
stalten vor  allem  ihren  eigenen  Programmen  die  nötige  Sorgfalt 
zuwenden.  Es  darf  später  nicht  mehr  vorkommen,  daß  Bitten 
um  Obersendung  eines  Programms  einer  bestimmten  Anstalt  von 
dieser  deswegen  abschlägig  beschieden  werden  müssen,  weil  sie 
es  selbst  nicht  mehr  besitze. 

Natürlich  werden  Kenner  der  Verhältnisse  (zu  denen  aber 
auch  der  Schreiber  dieser  Zeilen  sich  mit  einigem  Rechte  glaubt 
rechnen  zu  dürfen)  schon  hier  einwenden,  die  Raumverhält- 
nisse  gestatteten  die  Vollständigkeit  nicht;  ich  werde  weiter  unten 
darauf  eingehen  (zu  f).  Zunächst  wende  ich  mich  zu  dem  dritten 
Punkte,  der  alljährlich  geeignet  scheint,  die  Vollständigkeit  der 
Programmsammlung  ungünstig  zu  beeinflussen,  nämlich 

c)  Die  Behandlung  der  Teubnerschen  Sendungen. 
Die  jährlichen  Sendungen  erfolgen  bekanntlich  (s.  o.  S.  171  und 
S.  217)  in  mehreren  Raten.  Etliche  Anstalten  haben  sich  all- 
mählich daran  gewöhnt,  ihre  Programme  oder  die  eine  Hälfte 
davon  mit  starker  Verspätung  einzusenden.  Viele  Programme, 
auch  solche  der  allgemein  üblichen  Art  (Abhandlung  über  einen 
gelehrten  oder  die  Schule  betreifenden  Gegenstand;  Jahresbericht) 
gelangen  aber  überhaupt  nicht  in  die  Programmbibliotheken,  wenn 
sie  nicht  von  Teubner  oder  im  Notfall  von  der  betr.  Anstalt  seihst 
reklamiert  werden.  Manche  angekündigten  Abhandlungen  erscheinen 
wiederum  erst  ein  Jahr  später,  andere  gar  nicht,  oder  es  treten 
neue,  noch  nicht  angekündigte  an  ihre  Stelle.  Dazu  kommen 
eine  ganze  Reihe  von  Beilagen,  die  „nur  auf  besonderes  Verlangen 


^)  Selbst  iD  L.  Wies  es  Darstelloog  ißoM  höhere  Sehulw.  i,  Preußen  II 
(1869)  S.  706,  Z.  6  if.  v.  o.)  schein eo  solche  ErwägnogeD  Dthegelegt  zu 
werden. 


'S60  Programmwesen  and  Progrannbibliothek  d.  höh.  Sehnlea, 

geliefert"  werden.  Da  diese  Notis  aber  gewöhnlich  nicht  in  der 
Teubnerschen  Voranzeige  (dem  „vorläufigen''  Vo^chnis,  s.  o. 
S.  170  Nr.  2),  sondern  erst  auf  dem  Titel  der  Abhandlungen  bezw. 
der  entsprechenden  Jahresberichte  selbst  erscheint,  so  muß  der 
Bibliothekar,  der  seiner  Bibliothek  und  seiner  Anstalt  diese  Arbeiten 
für  die  Dauer  sichern  will,  sorgfältige  Kontrolle  üben,  auch  das 
(nur  die  Nummern  enthaltende)  Verseichnis  mit  den  bekannten 
Noten  ('*'  und  f)«  ^^^  Teubner  den  Sendungen  beigibt,  sorgfältig 
mit  diesen  selbst  und  der  ersten  Ankündigung  vergleichen.  Fehlendes 
einfordern,  beachten,  ob  die  Mahnung  Erfolg  bat  oder  nicht  usf. 
Das  alles  erfordert  nicht  unerhebliche  Zeit  und  stellt  außerdem 
eine  nicht  gerade  erfreuliche  Arbeit  dar,  die  mancher  leisten  wird, 
mancher  nicht,  je  nachdem  die  oben  (S.  357)  bezeichneten  Be- 
dingungen  zutreffen.  Aber  mir  scheint  doch,  die  Möhe  lohne 
sich.  Nicht  wenige  Bibliothekare,  die  Wert  auf  möglichste  Voll- 
ständigkeit ihrer  Sammlung  legen,  unterziehen  sich  ihr  auch  jahr- 
aus, jahrein  unverdrossen.  Daß  die  Schulen  z.  T.  selbst  an  sokben 
teilweise  recht  unnötige  Arbeit  verursachenden  Reklamationen 
schuld  sind,  ist  schon  oben  (S.  j}/7ff.)  gezeigt  worden;  eine  Er- 
leichterung der  Bibliothekare  könnte  auch  in  der  Richtung  eintreten, 
daß  die  Bezeichnung  „wird  nur  auf  Verlangen  geliefert"  möglichst 
eingeschränkt  oder  jedenfalls  schon  in  der  Voranzeige  irgendwie 
ausgedruckt  wörde.  Es  handelt  sich  in  diesen  Fällen  meist  um 
Schulgeschichten,  Festschriften  (oft  mit  wertvollen  Abhandlungen) 
und  Bibliothekskataloge,  die  mit  wenigen  Ausnahmen  für  alle 
Schulen  gleich  bedeutsam  sind,  falls  man  überhaupt  den  Grand- 
satz, die  Programme  sollten  „eine  engere  Verbindung  der  Schulen 
untereioander'*  herstellen,  anerkennt.  Und  daran  ist  dodi  wohl 
nicht  zu  zweifeln.  —  Eine  weitere  Beeinträchtigung  der  Voll- 
ständigkeit der  Programmsammlung  kann  leicht  herbeigeführt 
werden  durch 

d)  Zu  freie  Handhabung  des  Ausleiheverfahrens 
gegenüber  der  bei  anderen  V^erken  der  Lehrerbibliothek 
üblichen.  Daß  kein  Werk  der  Lehrerbibliothek  ausgeliehen 
werden  darf,  ohne  daß  ein  Zettel  dafür  hinterlegt  wird,  gilt  im 
allgemeinen  als  selbstverständlich  und  wird  außerdem  fast  in 
allen  Bibliotheksordnungen  ausdrücklich  vorgeschrieben.  Wollte 
man,  soweit  eben  das  Ausleihesystem  in  Betracht  kommt,  hierin 
nachsichtiger  sein,  so  hörte  bald  alle  Ordnung  auf.  Daß  in  der 
Ausleihung  von  Programmen  wohl  gelegentlich  weniger  gewissen- 
haft  verfahren  wird,  kann  deren  Sammlung  im  Laufe  der  Jahre 
recht  empfindlich  schädigen.  Die  wirkliche  oder  scheinbare  Ge- 
ringfügigkeit des  broschierten  dünnen  Heftes  verleitet  allzu  leicht 
dazu,  es  mit  den  Quittungen  etwas  weniger  genau  zu  nehmen 
als  sonst,  besonders  bei  eben  erschienenen  Programmen;  auch 
das  „Zirkulieren**  oder  „Auslegen  im  Lehrerzimmer'*  (vgl.  Ab- 
schnitt 5),  sowie  das  nicht  selten  zu  wissenschaftlichen  Zwecken 


TOD  R.Ullrich.  3ßl 

erfolgende,  an  sich  äußerst  dankenswerte  Versenden  nach  aus- 
wärts (vgl.  zu  6),  wenn  es  nicht  peinlich  genau  kontrolliert 
wird,  kann  dazu  Anlaß  werden.  Kollege  X.  will  sich  das  ihn 
interessierende  Programm  „nur  bis  morgen'^  mitnehmen,  eine 
Quittung  scheint  nicht  nötig;  aber  die  Sache  gerät  in  Vergessen- 
heit, bei  X,  ebensowohl  wie  bei  dem  Bibliothekar,  oder  versendete, 
aber  nicht  rechtzeitig  zurückgegebene  Programme  werden  nicht 
regelmäßig  reklamiert,  und  die  Bibliothek  wie  jeder  spätere  Be- 
Dutzer  haben  den  Schaden.  Man  sei  also  auch  hier  vorsichtig. 
Die  Quittungen  können  ja  überaus  einfach  sein  (Bezeichnung  des 
Jahrgangs,  der  Teubnerschen  Nummer,  ob  Abb.  oder  Jb.  oder 
beides,  Name  des  Entleihers,  Datum),  mag  es  nur  ein  einzelnes 
Programm  sein  oder  sich  um  mehrere  handeln;  auch  in  letzterem 
Falle  könnte  ganz  gut  mit  einem  Zettel  quittiert  werden,  wenn 
die  Zahl  nicht  zu  groß  ist.  Jede  Vermehrung  äußerer  Förmlich- 
keiten, die  von  jeher  das  Behagen  bureaukratischer  Naturen  ge- 
wesen sind,  erschweren  andererseits  die  Ausnutzung  einer 
Bibüothek;  daran  sollte  man  auch  denken,  nicht  nur  bei  dieser 
Gelegenheit.    Aber  ohne  Quittung  geht  es  eben  nicht! 

e)  Die  Art  der  Aufbewahrung.  Dieser  Punkt  steht 
schon  in  gewisser  Beziehung  zum  nächsten  Abschnitt  (3).  Es 
sei  mir  daher  hier  nur  eine  allgemeine  Bemerkung  gestattet. 
Daß  eine  schlechte  Methode  der  Aufbewahrung  das  Abhanden- 
kommen oder  Verlegen  der  ungebundenen  Programme  außer- 
ordentlich begünstigt  und  so  die  Vollständigkeit  und  den  Nutzwert 
der  Sammlung  je  länger  je  mehr  beeinträchtigt,  bedarf  kaum  des 
Nachweises.  „Einfach  aufgestapelte'*  Haufen  (S.  358  Anm.  3)  — 
„Sammlungen**  sind  das  gar  nicht  —  lassen  sich  kaum  benutzen; 
noch  weniger  kann  der  Bibliothekar  dabei  gar  irgend  welche 
Garantie  für  die  Vollständigkeit  übernehmen.  Man  sei  also  darauf 
bedacht,  die  Programme  „irgendwie  zu  ordnen**  (um  zunächst 
VVieses  Ausdruck  zu  gebrauchen)^);  je  besser  das  geschieht,  um 
so  eher  wird  auch  die  Vollständigkeit  der  Sammlung  gewahrt 
bleiben.  Aber  freilich,  zur  Ordnung  gehört  Raum,  und  zur 
Aufrechterhaltung  der  Vollständigkeit  wieder  Raum.  Es  müssen 
daher   zum  Schluß  einige  Worte  dieser  Frage   gewidmet  werden. 

f)  Die  Raum  Verhältnisse  (im  allgemeinen).  Es  gibt 
kaum  eine  große  Bibliothek,  die  nicht  in  irgend  einer  Periode 
ihrer  Entwicklung  mit  Raumschwierigkeiten  zu  kämpfen  gehabt 
faätte.  Bei  den  Schulbibliotheken  und  insbesondere  bei  deren 
Programmsammlungen  lag  und  liegt  die  Sache  insofern  immer 
einfacher,  als  diese  in  der  Regel  wenigstens  von  größeren 
Schenkungen')   oder  Veränderungen   der   gesamten  Organisation, 


1)  Dum  höhere  Schviwewn  in  Prßufsen  II  (1869)  S.  706;  yffl,  o.  S.  193. 
>)  Gelei^eotliche,    io  anderer  Hiosicht  erfreuliche   Ansoahnieo   (vgl.  o. 
S.  S16  Aom.  3)  ändero  niehta  ao  der  Regel. 


362  Progrtmmwesen  nod  Programnbibliothek  d.  h$h.  Seknlesy 

infolge  deren  man  plötzlich  neue  Räume  braucht,  bei  weitem  nicht 
80  häufig  berührt  werden  wie  jene.  Die  ganzen  Verhältnisse 
sind  enger;  und  was  insbesondere  die  Programm  Verhältnisse  be- 
trifft, so  konnte  man  schon  bald  nach  der  Neuregelung  von 
1875/6  mit  einer  gewissen  Bestimmtheit  beurteilen,  wieviel  Platz  der 
jährliche  Zuwachs  erfordern  wurde  und  wie  demgemäß  die  Raum- 
verhältnisse bei  neu  gebauten  Anstalten  zu  bemessen  seien,  wenn 
sie  etwa  für  ein  Menschenalter  ausreichen  sollten.  Viel  weiter 
wird  man  kaum  rechnen  dürfen;  es  gibt  sogar  Anstalten,  deren 
Neubau  nicht  einmal  diesen  Zeitabschnitt  überdauert  hat.  Und 
baut  man  nach  einigen  Jahrzehnten  schon  wieder  neu,  so  bat 
man  ja  erwünschte  Gelegenheit,  zu  erwägen,  wie  man  für  die 
Unterbringung  der  vorhandenen  Bestände  und  den  zu  erwartenden 
Zuwachs  in  Zukunft  weiterhin  und  ev.  besser  zu  sorgen  hat 
Wichtig  allerdings  ist  dies:  Die  Programmsammiung  ist 
(gleich  der  Lehrerbibliothek  überhaupt)  ein  fester 
Teil  des  Organismus  jeder  höheren  Schule  und  wird 
es  voraussichtlich  noch  lange  bleiben!  Was  8  Jahr- 
zehnte überdauert  hat,  trotz  aller  Anfeindungen,  wird  weiter 
lebendig  bleiben,  wenn  es  mit  der  Zeit  fortschreitet.  Diesem 
Umstände  ist  aber  unbedingt  in  jedem  Neubau,  deren  wir 
jetzt  in  jedem  Jahre  so  erfreulich  viele  erhalten,  Rechnung 
zu  tragen.  DaB  es  nicht  immer  geschehen  ist  und  auch  heule 
noch  keineswegs  überall  geschieht,  hängt  z.  T.  damit  zusammen, 
daß  die  ganze  Organisation  des  Lehrerbibliothekswesens  — 
wie  ich  früher  nachgewiesen  habe  ^)  —  hinter  der  Entwicklung 
dieses  Kulturfaktors  in  den  letzten  beiden  Jahrzehnten  außerhalb 
der  Schule  überhaupt  an  nicht  wenigen  Stellen  zurückgeblieben 
ist,  ebenso,  was  ich  noch  hinzufügen  will,  neuerdings  gerade  in 
bezug  auf  Raum  und  übrige  Ausstattung  auch  hinter  anderen 
Sammlungen,  besonders  den  naturwissenschaftlichen,  neuerer 
Schulen  selbst.  Nun  will  man  doch  aber  bei  der  Programm- 
einrichtung den  Zweck,  meist  auch  die  Mittel  —  was  hoch  an- 
zuschlagen ist;  so  muß  man  auch  ausreichenden  Platz  ge- 
währen! Es  ist  das  schwerlich  eine  übertriebene  Forderung,  sie 
liegt  im  Sinne  der  ganzen  Einrichtung  selbst.  Auf  Einzelheiten 
gebe  ich  hier  nicht  ein  (vgl.  darüber  Abschnitt  3),  sondern  be- 
merke nur  im  allgemeinen,  daß  für  die  Programmsammlung,  sei 
es  für  sich  oder  innerhalb  der  Lehrerbibliothek,  ein  ausreichender 
Raum  zur  Verfügung  zu  stellen  ist;  Behörden,  Direktoren  und 
Bauleiter  hätten  dieser  Sache  einmütig  ihre  Aufmerksamkeit  zu- 
zuwenden. Bei  älteren  Anstalten,  die  einen  Neubau  bezieben, 
wird  der  Raum  eines  normalen  Klassenzimmers')  ausreichen,  bei 

*)  Vgl.  Benutzung^  und  Einrichtung^  usw.  (s.  o.  S.  85,  Aom.  1)  —  bst 
auf  jeder  Seite  —  nod  deo  Artikel  in  Rein 8  Enzykt.  Hdb.  d,  Pädagogik 
(8.  ebeofall8  a.  t.  0.). 

2)  D.  h.  al8o  uugef&hr  (wie  bei  einer  Mittelkia  8«e)  8  X  6  m,  bei  etwa 


von  R.  Ullrich.  363 

ganz  neuen  kann  er  um  die  Hälfte  oder  ein  Drittel  kleiner  sein. 
Bedenkt  man,  wieviel  Platz  bei  Neubauten,  selbst  von  Gymnasien, 
den  naturwissenschaftlichen  Sammlungen  zur  Verfugung  gestellt 
wird,  so  darf  man  es  billig  finden,  daß  för  einen  Teil  des  Schul- 
organismus, der  dem  gesamten  Kollegium  und  dadurch  mittelbar 
auch  der  Gesamtheit  der  Schüler  zu  dienen  bestimmt  ist,  so  viel 
Raum  gewährt  wird,  daß  man  nicht  schon  in  einigen  Jahren  oder 
womöglich  —  wie  beim  Umzug  älterer  Anstalten  in  Neubauten  — 
gleich  am  Anfang  in  Verlegenheit  kommt.  Es  macht  einen  pein- 
lichen Eindruck,  wenn  man  gelegentlich  in  Neubauten,  bei  denen 
weder  an  äußerem  noch  innerem  Schmuck  noch  überhaupt  an 
ausreichenden,  zum  Teil  glänzend  ausgestatteten  Räumen  gespart 
ist,  sehen  muß,  wie  wenig  selbst  billigen  Anforderungen  in  der 
Bibliothek  und  Programmsammlung  genügt  ist  Es  liegt  auf  der 
Hand,  daß  solche  Verhältnisse  es  mit  verschulden,  wenn  die  Be- 
nutzung und  damit  die  Schätzung  der  ganzen  Einrichtung  in 
einer  Weise  beeinträchtigt  wird,  die  doch  den  Absichten  ihrer 
geistigen  und  materiellen  Förderer  kaum  entspricht.  Zu  beachten 
bleibt  übrigens  auch  hier,  daß  die  Direktoren  der  Anstalten  und 
die  Bibliothekare  in  jedem  Falle  sich  beizeiten  um  die  Sache  be- 
kümmern und  besonders,  unter  Umständen  auch  mit  Nachdruck, 
Verständigung  mit  der  Bauleitung  suchen.  Es  liegt  keineswegs 
immer  am  Gelde,  wenn  in  solchen  Dingen  etwas  versehen  wird, 
sondern  vielleicht  noch  häufiger  an  mangelnder  Rührigkeit  der 
Instanzen,  die  doch  die  Sache  am  besten  beurteilen  könnten. 
Gehen  die  Instanzen  aber  etwa  in  der  Weise  Hand  in  Hand,  wie 
dies  oben  an  einigen  Beispielen  aus  der  Praxis  gezeigt  worden 
ist^),  so  kann  mit  Bestimmtheit  erwartet  werden,  daß  wir  auch 
auf  diesem  Gebiete  immer  mehr  zu  normalen  Verhältnissen  ge- 
langen. Es  ist  das  hier  um  so  leichter,  als  nicht  in  dem  Maße 
wie  etwa  bei  der  Anlage  von  Zeichensälen  oder  Physikzimmern 
die  Orientierung  eine  Rolle  spielt.  Es  handelt  sich  nur  um  einen 
genügend  großen,  hellen  Raum;  ob  er  nach  Norden  oder  Süden 


4  m  HShe.  Ist  die  Bodeoflache  grSfier,  so  kano  das  Zimmer  auch  niedrig^er 
seiD.  Allerdiag^s  wird,  faUs  noter  3,60  m  herontergegaDgeo  wird,  die  Mög- 
lichkeit der  Anlage  eines  Doppelgesehosses  genommen,  so  daß  wieder  hohe 
Leitern  aashelfen  müssen.  Ein  solcher  Ranm  reicht  für  die  Programm- 
bibliothek 3 — 4  Jahrzehnte,  bei  gater  Ansontzoog  des  Platzes  und  möglichst 
einfacher  Methode  der  Ordnung  noch  weit  lüoger.  Ich  Tähre  ein  Beispiel 
für  eine  aoBergewöhnlich  reiche  Programmsammlnng  an,  die  des  Berli n is che n 
Gymnasiums  zum  grauen  Kloster.  Sie  ist  nicht  im  Schnlgebäude 
selbst,  sondern  in  einem  Zimmer  über  der  Turnhalle  untergebracht,  dessen 
Maße  8,45  x  8,30  m  bei  3,55  m  Höhe  sind.  Ihre  Bestünde  gehen  bis  auf 
1824,  z.  T.  noch  erheblich  weiter  zurück.  Dabei  ist  aber  noch  fiir  viele 
Jahre  reichlich  Raum  vorhanden,  schon  bei  der  jetzigen  Aufstellung  und 
Verteilung  der  Regale;  nach  Jahrzehnten  ließe  sieh  durch  deren  Zusammen- 
rücken und  Aufstellung  neuer  noch  weiterer  Platz  schaffen,  ohne  den  Raum 
in  unzulässiger  Weise  zu  beengen. 

1)  Vgl.  0.  S.  152  Anm.  (Ports,  von  Anm.  3  der  S.  161)  am  Schluß. 


364  Prograrnnweseo  nod  Prograninbibliotkek  d.  höh.  Seholea» 

liegt,  ist  wenigstens  von  entscheidender  Bedeutung  nicht.  Ober 
die  Einrichtung  bei  Neubauten  sei  hier  nur  noch  bemerkt, 
daß  in  den  Falten,  wo  es  sich  um  den  Umzug  älterer  Samm- 
lungen in  neue  Häuser  handelt,  die  Programmsammlung,  mag 
sie  in  den  Lebrerbibliotbeksraum  selbst  eingegliedert  sein  oder 
für  sich  liegen,  unbedingt  zweigeschossig  anzulegen  ist, 
wenigstens  teilweise,  bei  ganz  neuen  Schulen  aber,  falls  man 
nicht  das  gleiche  auch  hier  von  vornherein  vorzieht,  wenigstens 
Vorkehrungen  zu  treffen  sind,  daß  es  später  geschehen  kann'). 
Hohe  Leitern  sind  von  jeder  neuen  Bibliothek  unbedingt  aus- 
zuschließen. So  ist  nicht  zu  besorgen,  daß  aus  Mangel  an  Raum 
die  Vollständigkeit  der  Sammlung  irgendwie  Einbuße  erlitte. 

Aber  die  Sammlungen  in  älteren  Gebäuden,  die  dodi 

—  soweit  möglich  —  denselben  Zwecken  dienen  sollen?  Hier 
wird  man  sich,  wie  in  anderen  Dingen,  freilich  bescheiden  miissen, 
so  unangenehm  es  auch  ist,  und  nur  darauf  bedacht  sein  können, 
die  Härten  tunlichst  zu  mildern.  Zunächst  ist  der  vorhandene 
Raum,  er  sei  so  beschränkt  wie  immer,  wenigstens  richtig  aus- 
zunutzen. In  manchen  Bibliotheken  geschieht  das  noch  nicht 
recht,  auch  wieder  meist  deswegen,  weil  die  verantwortlichen 
Instanzen  nicht  immer  genügend  Umschau  halten,  wie  man  ander- 
wärts   der  Verlegenheiten  Herr  zu  werden  sucht     So  stellt  man 

—  um  nur  ein  Beispiel  zu  erwähnen  —  oft  die  Wände  voll  und 
erklärt  den  Raum  dann  für  besetzt;  daß  auch  die  Mitte  des 
Zimmers  zur  Aufstellung  von  Regalen  geeignet  ist,  scheint  noch 
nicht  überall  geläufig  zu  sein.  Der  Raum  unter  den  Fenster- 
brettern läßt  sich  ebenfalls  unter  Umständen  gut  verwenden«  Hat 
das  Zimmer  viel  Fenster,  so  kann  man  sich  bei  sonstiger  Knapp- 
heit des  Raumes  auf  diese  Weise  immerhin  für  einige  Jahre 
helfen,  bis  einmal  besser  Rat  wird.  Schließlich  bleiben  aber 
bei  ganz  alten  Gebäuden  und  sehr  unzureichenden  Räumen  doch 
Fälle  übrig,  wo  auch  die  beste  Ausnutzung  des  Platzes  anter 
Zuhilfenahme  aller  möglichen  Listen  doch  nicht  mehr  gestattet, 
den  jährlichen  Zuwachs  aufzunehmen.  Es  mag  gerade  in  solchen 
Fällen  früher  geschehen  sein,  daß  man,  der  ewigen  Verlegenheit 
müde,  einen  Teil  der  Programme,  z.  B.  die  Jahresberichte,  eben 
kurzerhand  beseitigte.  Heute  sollte  dergleichen  auch  unter  den 
schwierigsten  Verhältnissen  nicht  mehr  vorkommen.  Man  muß 
dann,  so  unangenehm  es  für  die  einheitliche  Verwaltung  und  Be- 
nutzung der  Sammlung  ist  und  so  viele  Störungen  des  Betriebes 
es  verursacht  (was  ich  hier  nicht  näher  auszuführen  brauche),  eine 
Teilung  des  Bestandes  nach  irgend  einem  zweckmäßig  scheinen- 


1)  Vgl.  z.  B.  Jahresber.  d.  Gymn.  s.  Speyer  1904  S.  29:  „Der  Bibliotkek- 

saal  ist so   tegelegt,   daß   derselbe   sweigeschossig  aasgebaat  werde« 

kaoD*'.     Letzteres    ist   übrigens    iofolge   der   S.  316  Ann.  3   erwähatea    be- 
deoteodeo  SchenkuDg  iozwischea  sebon  geschebea. 


von  R.  Ullrieh.  3ß^ 

m 

den  Gesichtspunkte  vornehmen,  der  sich  je  nach  den  besonderen 
Bedürfnissen    des  betr.  Kollegiums  wohl  finden  lassen  wird.     Am 
zweckmäßigsten   dürfte  es  sein,    die  neueren  Jahrgänge  der  Pro- 
gramme (Abbandlungen  und  Jahresberichte  aber  zusammen),  soweit 
der  Raum  eben  reicht,   in  dem    für  die  Programmsammlung  be- 
stimmten zu  belassen,  die  älteren  aber  irgendwo  anders  genügend 
sicher  unterzubringen,  im  Vorzimmer  des  Direktors  z.B.,  wenn  anders 
ein  solches  vorhanden  ist,  in  verschließbaren  Schränken  auf  dem 
Korridor  in    der  Nähe  der  Bibliothek,    im  äußersten  Notfalle  auf 
dem  Boden  —  immer  jedoch   so,    daß   eine    Benutzung,    wenn 
auch    unter   sehr    erschwerenden  Umständen,    möglich    ist.     Wo 
auch  diese  Auskunftsmittel  versagen,  müßte  an  die  Unterbringung 
außerhalb  des  Schulhauses  gedacht  werden;  denkbar  wäre  es,  daß  ein 
Teil  der  Sammlung  in  einem  amtlichen  Gebäude,  einem  königlichen 
oder  städtischen,  zeitweilig  Unterkunft  fände  —  je  nachdem.  Auch 
die  vorübergehende  oder  dauernde  Überlassung  —  unter  Wahrung 
des  Eigentumsrechts  —  an  eine  Universitäts-  oder  Stadtbibliothek  ^), 
falls  diese  mehr  die  wissenschaftliche  Richtung  pflegt,  wäre  möglich, 
falls  sie  sich  an  gleichem   Orte    oder   in    unmittelbarer  Nähe  be- 
finden, so  daß  den  Lehrern  der  Anstalt  die  Möglichkeit  schneller 
Benutzung  nicht  verkürzt  wird.    Indessen  wäre  solches  Hilfsmittel 
immer    nur   als  Notbehelf  anzusehen,    gerade    in  bezug    auf   die 
Programmsammlung;    zu    der   Abschaffung    der   Einrichtung   als 
solcher  dürfte  es  grundsätzlich  in  keiner  Schule  führen,  weder  in 
einer   alten  noch  in   einer  neuen  (vgl.  o.  S.  33  Anm.  1)').    Man 
darf  indessen  hoffen,  daß  so  empfindlicher  Raummangel,  der  sich 
bei    alten    Schulgebäuden    gewöhnUch    alsbald   auch    an    anderen 
Stellen  zu  zeigen  pflegt,    bei  den  Klassenzimmern,  dem  Zeichen- 
saal, den  übrigen  Sammlungen  usf.,  in  absehbarer  Zeit  zu  einem 
Neubau   führen    muß.     Die   verantwortlichen  Instanzen   von  An- 
stalten,   die  z.  B.    mit   ihrer  Bibliothek    und  Programmsammlung 
solche  Wirrnisse  erlebt   haben,    werden  es  sich    dann  hoffentlich 
am    ehesten    angelegen    sein   lassen,   in   der   oben   bezeichneten 
Richtung  (S.  152,  Schluß  der  Anm.  3  von  S.  151)  dafür  tätig  zu 
sein,    daß   die   alten  Übelstände   nicht   in    dem  Neubau    alsbald 
wieder  in  Permanenz  erklärt  werden. 


^)  Oberhaopt  wird  sieh  im  Laufe  der  Jahre  immer  mehr  aoch  für  die 
Behörden  die  Notwendigkeit  heranssteliea,  die  Lehrerbibliotheken  (ebenso wie 
die  Institutsbibliotheken  der  Unirersitäten)  nicht  bloß  zu  vermehren,  sondern 
taeh  so  vermindern,  dadurch  z,  B.,  daß  ältere  Bestände  irgendwie  aus- 
geschieden und  größeren  Bibliothekeo  überwiesen  werden.  In  infinitum 
können  alle  diese  Fachbibliotheken  doch  nicht  wachsen.  Und  wenn  die 
Räume  nicht  mehr  reichen,  so  ist  es  das  kleinere  Dbel,  ältere  Bestände  aus- 
zuscheiden, als  etwa  infolge  Platzmaogels  die  Benutzung  der  neuen,  z.  Z. 
wiehtigeren  zu  erschweren. 

*)  Ober  gelegentliche  Versuche,  die  bestehende  Organisation  der 
Lehrerbibliotheken  zu  beseitigen,  vgl.  o.  S.  179  Anm.  1. 


366  Progrtmmweseo  ood  Progrtnmbibliothek  d.  hSh.  SehaieB» 

3.    Die  Ordnung. 

a)  Zweek  dieaes  Abschnitts. 

Die  kraftvolle  Wirkung  jedes  Organismus  beruht  auf  der 
Stetigkeit.  Die  Notwendigkeit  völliger  Umgestaltung  könnte 
nur  ein  Beweis  für  eine  ganz  verfehlte  Anlage  sein,  bei  der 
weder  eigene  Überlegung  ihrer  Urheber  nocli  verslaudiger  An- 
schluß an  mustergültige  Vorbilder  irgend  mitgesprochen  hätte. 
Das  gilt  auch  für  unsere  Programmbibliotheken.  Die  Hehr- 
zahl ist  „irgendwie  geordnet'',  heute  wie  vor  vier  bis  fünf  Jahr- 
zehnten zu  den  Zeiten  Wieses  in  Preußen  und  von  Bonitz  in 
Österreich. .  Mag  diese  Ordnung,  wofern  es  nur  überhaupt  eine 
solche  ist,  die  einen  guten  Überblick  und  leichte  Benutzung 
—  die  Hauptsache  —  gewährleistet,  immerhin  in  Einzelheiten 
anfechtbar  sein;  wenn  sie  sich  im  Laufe  von  Jahrzehnten  bewährt 
hat,  der  Bibliothekar  und  die  Benutzer  sich  an  sie  gewöhnt  haben, 
so  sollte  man  ihre  Grundzüge  auch  in  Zukunft  beibehalten  und 
sich  auf  Neuerungen  grundsatzlicher  Art  nicht  einlassen,  wohl 
aber  darauf  bedacht  sein,  alles  Gute,  was  sich  anderswoher  bietet 
und  in  deu  alten  Rahmen  sich  einfügen  läßt,  bereitwillig  auf- 
zunehmen und  konsequent  durchzuführen.  Man  wird  dabei  besser 
fahren,  als  wenn  man  —  wozu  jüngere  Bibliothekare  voll  Eifer, 
aber  ohne  umfassendere  Erfahrung  leicht  neigen  mögen —  bald 
auf  diesem,  bald  auf  jenem  Gebiet  Experimente  macht,  deren 
keines,  wie  die  Dinge  so  gehen,  Bestand  zu  haben  pflegt. 

So  ist  es  denn  auch  weniger  der  Zweck  der  folgenden  Aus- 
führungen, umzugestalten,  als  vielmehr  Anregungen  zur  Aus- 
gestaltung im  Anschlufs  an  das  Bestehende  zu  geben. 
Eine  völlige  Neuordnung  —  die  vielleicht  von  dem  hier  Ge- 
gebenen einigen  Nutzen  ziehen  kann  —  wird  nur  da  am  Platze 
sein,  wo  bisher  überhaupt  keine  Ordnung  vorhanden  war,  die 
diesen  Namen  verdiente;  auch  ganz  neuen  Programmbiblio- 
theken kann  hier  eine  Art  Wegweiser  gegeben  werden,  den  sie 
benutzen  mögen,  soweit  er  sich  in  ihre  besonderen  Verhältnisse 
schickt.  Endlich  können  vielleicht  die  Verwalter  älterer  Samm- 
lungen, die  in  neue  Räume  übersiedeln,  erwägen,  ob  sich 
bei  dieser  —  immer  günstigsten  —  Gelegenheit  die  eine  oder 
andere  Verbesserung  einführen  läßt,  die  in  den  alten  unmög- 
lich war. 

Die  Ausführungen,  die  ich  hier  gebe,  gründen  sich  auf  die 
Erfahrungen,  die  ich  bei  der  langjährigen  Benutzung  von  drei 
verschiedenen  Programmbibliotheken  gemacht,  weiter  auf  die 
Anregungen,  die  ich  aus  der  Besichtigung  zahlreicher  Sammlungen 
von  höheren  Schulen  Deutschlands,  Österreichs  und  der  Schweiz 
und  der  mündlichen  und  schriftlichen  Diskussion  mit  ihren  Ver- 
waltern gewonnen  habe.  Ich  habe  alle  Arten  gesehen,  große  und 
kleine,   alte  und  neue,   gute    und  schlechte,    leidlich   vollständige 


von  R.Ullrich.  367 

und  sehr  lückenhafte,  solche  in  alten  Gebäuden  und  in  neuen,  in 
Universitätsstädten  und  in  manchen  von  größeren  wissenschaftlichen 
Hittelpunkten  weit  abgelegenen  Orten.  Es  läßt  sich  aus  alledem 
wohl  eine  Art  Fazit  ziehen,  um  das  zu  ermitteln,  was  im  Durch- 
schnitt erreichbar  ist.  Es  werden  dabei  Räume  vorausgesetzt, 
die  billigen  Anforderungen  einigermaßen  entsprechen.  Nur  auf 
solche  ist  das  Folgende  berechnet.  Wo  noch  Verhältnisse  der 
oben  (S.  364  f.)  geschilderten  Art  bestehen,  wird  man  sich  zu- 
nächst bescheiden  müssen,  wenigstens  auf  einem  Teilgebiete  Ge- 
nügendes zu  schafien,  bis  ein  Neubau  oder  die  Überweisung  eines 
geeigneteren  Raumes  umfassendere  Verbesserungen  gestattet. 

b)  La^e  uod  EiorichtUDg  des  Rtnmes. 

Über  die  Gröfse  des  Raumes  ist  oben  (S.  362t)  in  anderem 
Zusammenhange  schon  gesprochen  worden.  Hier  sind  über  seine 
Lage  und  Einrichtung  einige  Bemerkungen  zu  machen.  Eine 
kurze  Erörterung  bedarf  dabei  die  Vorfrage,  ob  ein  geson- 
derter PI  a  t  z  für  die  Programme,  sei  es  innerhalb  des  für  die  größere 
Lehrerbibliothek  bestimmten  Raumes,  sei  es  außerhalb  desselben 
überhaupt  notwendig  und  nicht  vielleicht  eine  Einordnung  der 
einzelnen  Exemplare  in  die  Abteilungen  derLehrerbibliothek 
selbst  empfehlenswerter  ist.  Forst  em an u  (o.  S.  207),  der  sich 
um  die  Organisation  der  Lehrerbibliotheken  s.  Z.  so  große  Verdienste 
erworben  hat,  war  nämlich  der  Meinung,  man  sollte  die  Ab- 
handlungen, in  Pappkapseln  nach  Wissensgebieten  vereinigt, 
die  dem  System  der  Lehrerbibliothek  zu  entsprechen  hätten,  in 
diese  an  den  entsprechenden  Stellen  einordnen.  Das  wäre  m.  E. 
nur  möglich  und  unter  Umständen  sogar  empfehlenswert,  wenn 
Abhandlungen  und  Jahresberichte  durchweg  getrennt  erschienen; 
die  Jahresberichte  wären  dann  in  die  Abteilung  „Schulwesen*' 
nach  irgend  einem  geeigneten  Gesichtspunkte  einzuordnen  (vgl.  c  tf). 
Für  die  wissenschaftliche  Ausnutzung  der  Abhandlungen  wäre 
diese  Methode  sicher  von  Vorteil.  Da  aber  in  den  verschiedenen 
Staaten  von  jeher  beide  Teile  des  Programms  bald  zusammen,  bald 
getrennt  erschienen  und  sich  eine  Einheitlichkeit  in  der  einen 
oder  anderen  Richtung  nach  1875  nicht  hat  erreichen  lassen, 
auch  schwerlich  in  allen  am  Tauschverkehr  teilnehmenden  Staaten 
und  Schulen  jemals  erreichen  lassen  wird,  so  könnte  Förste- 
rn an  ns  Vorschlag  nur  dann  heute  auf  Billigung  rechnen,  wenn 
man,  wie  er  tat,  auf  die  Jahresberichte  in  ihrer  Gesamtheit  geringen 
Wert  legte  und  (bei  der  häufigen  Vereinigung  von  Jahresbericht 
und  Beilage)  es  sich  gefallen  lassen  wollte,  sich  die  einzelnen 
Jahresberichte  für  etwaige  wissenschaftliche  Ausnutzung  an  ganz 
verschiedenen  Stellen  zusammensuchen  zu  müssen  —  falls  man 
sie  überhaupt  findet.  Daß  Förstemann  (wie  auch  andere 
Männer  früher  und  leider  noch  jetzt)  dem  Werte  der  JahresberichtCf 
wie    er    oben    (besonders    S.  246 ff.)    nachgewiesen    worden    ist, 


368  Programmwesen  und  Progrtmmbibliothek  d.  höh.  Schnleo, 

wenigstens  in  den  sechziger  Jahren^)  noch  nicht  gerecht  wurde^ 
hing  mit  der  Auffassung  zusammen,  sie  hätten  nur  lokales  Inter- 
esse und  böten  bei  der  Gleichförmigkeit  der  Schul  Verfassungen 
wenig  Individuelles.  In  dem  Maße  aber,  in  dem  man  sich  ihrer 
großen  allgemeinen  Bedeutung  bewußter  wird,  muß  sich  auch 
die  Notwendigkeit  herausstellen,  sie  selbst  und  nicht  die  viel  ge- 
ringere Zahl  der  Abhandlungen  zum  Maßstab  irgend  einer  Ein- 
teilung zu  nehmen;  dazu  kommt  noch  der  Umstand,  daß  in  den 
letzten  Jahrzehnten  der  innere  Zusammenhang  beider  Teile  des 
Programms  immer  mehr  hergestellt  worden  ist,  so  daß  sich  diese 
Literatur  als  ein  Ganzes  darstellt,  das  auch  eine  Aufstellung  für 
sich  verlangt,  die  einen  Überblick  über  das  höhere  Schulwesen 
in  bestimmten  Perioden,  Staaten,  Städten  und  Schulen  ohne 
Schwierigkeit  gestattet.  Es  sind  denn  auch  wohl  alle  Schulen, 
die  überhaupt  eine  gewisse  Ordnung  ihres  Programmbesitzes  an- 
gestrebt haben,  zu  der  Überzeugung  von  der  Notwendigkeit  ge- 
sonderter Aufstellung  gelangt;  wenigstens  ist  mir  keine  bekannt 
geworden,  die  anders  verführe. 

Sehr  empfehlenswert  allerdings  scheint  es  mir,  wenigstens 
überall  da,  wo  die  Benutzung  der  Lelirerbibliothek  an  Ort  und 
Stelle  zu  jeder  Zeit  noch  nicht  für  zeitgemäß  gehalten  wird, 
gewisse  Bestände  der  Programmsammlung,  die  sich  für 
die  Aufstellung  in  den  meist  vorhandenen  Handbibliotheken  der 
Lehrerzimmer  eignen,  auszuscheidun  und  in  diese  zu  über- 
führen. Dahin  gehören  zunächst  die  eignen,  zu  Sammel- 
bänden  vereinigten  Programme  jeder  Anstalt  (Abhand- 
lungen und  Jahresberichte),  die  sofort  nachschlagen  zu  können 
bei  vielen  Gelegenheiten  erwünscht  sein  wird  (s.  o.  S.  238)^ 
was  schon  an  vielen  Schulen  üblich  ist,  sollte  zu  einer  allge- 
meinen Einrichtung  werden.  Sehr  zweckmäßig  wäre  es  weiter, 
wenn  ein  Gleiches  z.  B.  mit  den  gedruckten  Katalogen  der 
Lehrerbibliotheken  geschähe.  Sie  können  ihren  sollen  Wert 
nicht  entfalten,  wenn  sie  in  der  Programmsammlung  „ver- 
graben'* bleiben.  Alle  erschienenen,  die  übrigens  vollzählig  nur 
in  den  wenigsten  Sammlungen  vorbanden  sind'),  in  die  Hand- 
bibliothek zu  übernehmen,  dürfte  natürlich  zu  weit  fuhren,  und 
für  Schulen  in  Universitätsstädten  z.  B.  wäre  die  Sache  überhaupt 
nicht  so  wichtig.  Wohl  aber  könnte  bei  Anstalten  in  anderen 
Orten  jede  Handbibliothek  wenigstens  die  gedruckten  Kataloge 
von  höheren  Schulen  der  Heimatprovinz,  des  kleinen  Landes  usf., 
zu  einem    oder   mehreren  Sammelbänden    vereinigt,    aufnehmend 


M  Später  (1S80)  hat  %wt.^t  er  sich  %%m  tnders  über  die  Bedeatoos 
der  Jahresberichte  ausgesprochen  (vgl.  o.  S.  218  ood  S.  25^,  aber  ia 
bezag  auf  ihre  Behandlung  in  den  Bibliotheken  seine  frohere  Aasidit  Dicht 
korrigiert,  wie  man  hätte  erwarten  sollen. 

')  Ein  grofier  Teil  von  ihnen  wird  nor  „auf  VerlaBgon**  geliefert 
(vgl.  0.  S.  360), 


ron  R.  IJllrieh.  369 

Ich  meine,  es  erwüchse  in  allen  den  Fällen,  wo  der  gröfsere 
Leihverkehr^)  irgendwie  versagt,  solchen  Anstalten  aus  der  An- 
bahnung eines  kleineren  mit  anderen  Schulen  mancher  Nutzen. 
In  gleicher  Weise  könnten  die  Programmbibliographien, 
die  selber  als  Programmbeilagen  erschienen  sind'),  in  der  Hand- 
bibliothek nützlich  werden.  Ist  die  Hauptbibliothek  selbst  dagegen 
ohne  weiteres  zugänglich,  so  wären  sie  besser  in  dieser  bezw. 
in  der  Programmsammlung  zu  belassen,  aber  auch  hier  aus  der 
großen  Masse  auszuscheiden  und  gesondert  aufzustellen.  Ob  man 
mit  solchen  Ausscheidungen  noch  weiter  gehen  will,  kann  füg  \  ch 
örtlichen  Erwägungen  überlassen  bleiben;  eignen  würden  'sich 
jedenfalls  für  solche  Zwecke  besonders  solche  Programme,  die 
zuverlässiges  bibliographisches,  statistist^hes  Material  u.a. 
in  geeigneter  Zusammenfassung  bieten. 

Ist  nun  m.  E.  die  Frage,  ob  eine  gesonderte  Auf- 
stellung der  Programme  nötig  sei,  im  bejahenden  Sinne 
zu  entscheiden,  so  wäre  zu  erörtern,  wie  der  für  ihre  Aufnahme 
bestimmte  Raum  nach  Lage  und  Einrichtung  beschaffen  sein  soll. 
Für  den  Fall,  daß  sie  in  der  Lehrerhibliothek  selbst,  wiewohl 
gesondert  von  dem  übrigen  Bestände,  aufgestellt  werden,  gälte 
in  bezug  auf  die  Einrichtung  dasjenige,  was  weiter  unten 
ausgeführt  werden  wird.  Steht  ein  besonderes  Zimmer 
zur  Verfügung,  so  wird  es  für  dessen  Lage  natürlich  immer 
am  zweckmäßigsten  sein,  wenn  es  in  unmittelbarer  Ver- 
bindung mit  der  Hauptbibliothek  steht.  Bei  allen  neuen 
Gebäuden  müßte  man  suchen,  das  zu  erreichen.  Ist  es  durch- 
aus nicht  möglich,  so  möge  es  wenigstens  in  der  Nähe  liegen; 
wie  wesentlich  das  für  die  leichte  Benutzung  ist,  bedarf  nicht 
erst  des  Nachweises.  Muß  man  die  Programmsammlung  aus 
Raummangel,  wie  häufig  in  älteren  Gebäuden,  aus  der  Lehrer- 
bibliolhek  ausscheiden*)  und  in  irgend  einen  weiter  ent- 
fernten Raum  verlegen,  so  entstehen  mancherlei  Schwierigkeiten 
für  die  Verwaltung  und  natürlich  auch  für  die  Benutzung,  wenn 
der  Verwalter  beiden  Sammlungen  gerecht  werden  soll.  Mir 
scheint  es  daher  in  solchen  Fällen  empfehlenswert,  die  Pro- 
grammbibliothek einem  eignen  Vorsteher  zu  unter- 
stellen, besonders  dann,  wenn  ihre  Benutzung  erfahrungsmäßig 
eine  rege  ist;  vielleicht  wäre  die  Trennung  der  Geschäfte  unter 
Umständen  sogar  Anlaß,  die  Benutzung  zu  steigern,  was  ja  nur 
erwünscht  sein  kann.  Bei  sehr  großen  Bibliotheken  und  Pro- 
grammsammlungen ließe  sich  eine  solche  Teilung  der  Verwaltung 
selbst    dann   denken,    wenn    beide   räumlich    vereinigt  sind.     Es 


M  Vgl.  o.  S.  148  ADD.  1,  S.  S4  Aom.  and  S.  194. 
*)  Alto  ans  der  Übersieht  (o.  S.  109— 1] 8)  die  NauBerD:  2  a.  b.  7.  b. 
9.  10.  12.  17.  18.  19—24.  26.  27.  30.  31.  34—37. 

*)  So  aach  z.  B.  in  dem  obeo  (S.  3641)  erwähnteo  Falle. 
Zaitatkr.  t  d.  OjauMaUlweaea.    LXL    Sapplamantheft.  24 


370  Programmweseii  and  ProgrtmaibibliothelL  d.  höh.  Scholeo, 

gibt  eine  ganze  Reihe  von  Anstalten  (einige  geben  es  in  ihren 
Jahresberichten  besonders  an),  bei  denen  sie  durchgeführt  ist  und 
sich  gut  bewährt  hat.  Die  Honorarfrage  brauchte  in  soJchen 
Fällen  nicht  gleich  aufgerollt  zu  werden,  höchstens  etwa  da,  wo 
die  Benutzung  eine  besonders  starke  ist  und  an  die  Ordnung, 
Katalogisierung  usf.  erhebliche  Ansprüche  gestellt  werden. 

Über  die  äußere  Einrichtung  der  Sammlung  nur  einige 
Bemerkungen.  Im  allgemeinen  gilt  für  sie  dasselbe,  was  für  jede 
ordentliche  Bibliothek  maßgebend  ist  und  es  auch  für  Schul- 
bibliotheken^)  allmählich  immer  mehr  werden  sollte.  Der  Raum 
muß  genügend  Tageslicht  haben;  für  kunstliche  Beleuch- 
tung (in  neuen  Gebäuden  sei  es  durchweg  die  elektrische)  ist 
ausreichend  zu  sorgen,  ebenso  für  Heizung.  Die  Auffassung, 
daß  ein  Bibliotheksmagazin  wegen  der  „Feuersgefahr**  nicht  geheizt 
werden  dürfe'),  kann  heute  als  überwunden  gelten.  Ist  der  Raum 
an  die  Zentralheizung  nicht  angeschlossen  (in  neuen  Gebäuden  ist 
dieser  Anschluß  selbstverständlich),  so  muß  für  geeigneten  Ersatz 
gesorgt  werden.  Ofenheizung  a.  St.  wird  man  für  Neueinrichtungen 
nicht  mehr  empfehlen  wollen;  Gasöfen,  die  eine  schnelle  Er- 
wärmung gestatten  und  leicht  von  jedermann  reguliert  werden 
können,  sind  am  zweckmäßigsten  und  selbst  in  Bibliotheken  mit 
Zentralheizung,  die  in  den  Ferien  gewöhnlich  aussetzt,  nicht  über- 
flüssig. Ich  kenne  schon  eine  ganze  Anzahl  von  neueren  Schul- 
bibliotheken  und  Programmsammiungen,  die  sie  haben*);  auch  in 
älteren  lassen  sie  sich  meist  ohne  besondere  Schwierigkeit  aof- 
stellen.  In  ungeheizten  Räumen  zu  hantieren  sollte  man  keinem 
Verwalter  mehr  zumuten;  auch  für  die  Benutzer  sind  sie  nicht 
verlockend,  am  wenigsten  dann,  wenn  für  größere  Arbeiten  die 
Sammlung  auch  an  Ort  und  Stelle  benutzt  werden  soll.  Für  den 
letzteren  Zweck,  auch  für  die  Zwecke  der  Einordnung,  Katalogisie- 
rung usw.,  bedarf  es  natürlich  auch  eines  nicht  zu  kleinen  Tisches, 
mehrerer  Stähle  usf.  Auch  für  besondere  Waschgelegenheit 
ist  selbstverständlich  Sorge  zu  tragen,  falls  die  Programmsammlung 
nicht  mit  der  Lehrerbibliothek  in  unmittelbarer  Verbindung  steht. 
Man  lächle  nicht,  daß  ich  das  besonders  erwähne.  Dergleichen 
ist  noch  an  manchen  Orten  nicht  zu  finden.  Ober  die  Leitern 
ist  schon  oben  gesprochen.  Die  Regale  sind  in  älteren  Samm- 
lungen meist  zu  tief  und  nehmen  bei  an  sich  schon  engen  Räumen 
ganz  unnötig  Platz  fort,  den  man  meist  besser  gebrauchen  kann. 
Bei  allen  Neueinrichtungen  sind  sie  natürlich  (was  auch  nicht 
immer  geschieht)  dem  Gegenstande  anzupassen;  das  ist  hier  leichter 


>)  Das  Wichtigste  darüber  habe  ich  früher  aosgefuhrt;  v^L  BemOmng 
u,  Einr.  usw.  S.  119—127  (=  Z.f.  d,  G.-ß^,  LVIU  (1904)  S.  791—799). 

'^)  So  koaute  man  s.  Z.  ia  der  BibUothBkmi'Ordnung  für  die  kaUkoU- 
sehen  Gymnasien  der  Provinz  Schlesien  von  10.  Nov.  183],  §  20  lesei 
iNeigrebatar  a.  a.  0.  S.  312). 

*)  So  die  obea  S.  äßif  Aom.  erwähate  Sammlaag. 


von  R.  Ullriefa.  371 

als  in  der  Hauptbibliothek,  die  viele  Formate  aufzunehnien  hat. 
Legt  man,  unter  —  leider  notwendiger  —  Berücksichtigung  des 
oben  (S.  173  f.,  218)  erwähnten  Übelstandes,  ein  das  festgesetzte 
Teubnersche  Format  (o.  S.  171,  Nr.  7)  von  25V2x20Va  cm  um 
einige  Zentimeter  überschreitendes  Maß  zugrunde,  so  hat  man  die 
Tiefe  der  Regale  auf  etwa  29  bezw.  23  cm  anzunehmen,  je  nach- 
dem die  Programme  stehend  oder  liegend  (s.  u.  377  (T.)  auf- 
bewahrt werden.  In  Bayern  und  Österreich  kann  man  für 
die  Landesprogramme  entsprechend  ihrem  kleineren  Format  (vgl. 
o.  S.  174)  noch  mit  weniger  auskommen.  In  neuen  Räumen 
besetze  man  zunächst  alle  verfügbaren  Wand  flächen,  erst  dann 
die  Mitte  des  Zimmers,  stelle  hier  aus  Gründen  der  Ersparnis 
doppelseitige  Regale  (Breite  etwa  58  bezw.  46  cm)  auf,  die 
keine  Zwischenwände  haben  sollten,  um  dem  Licht  möglichst 
freien  Zutritt  zu  gestatten,  deren  Bretter  aber  in  der  Mitte  ev. 
durch  einen  Steg  von  geringer  Höhe  (2 — 3  cm)  zu  teilen  sind. 
Während  man  in  allen  andern  Teilen  einer  neuen  Bibliothek 
zweifellos  irgend  eins  der  Systeme  anwenden  wird,  das  beliebiges. 
Verstellen  der  Bretter  gestattet  (am  besten  Stellstifte), 
könnte  in  der  Programmsammlung  auch  an  ein  für  allemal  be- 
festigte Bretter  gedacht  werden,  wenigstens  da,  wo  die  Mittel  sehr 
beschränkt  sind;  denn  die  Regale  kommen  so  immerhin  erheblich 
billiger  zu  stehen  als  bei  jeglichem  anderen  System.  Und  da  das 
Format  festgelegt  ist,  wäre  die  Verwendung  derartiger  Regale  hier 
immerhin  möglich.  Allgemein  empfehlen  möchte  ich  sie  freilich 
nicht,  weil  damit  ihre  etwaige  Verwendung  für  andere  Zwecke 
sehr  erschwert  wird.  Ob  man  auch  in  Deutschland  für  die 
geringe  Zahl  von  Programmen,  die  kleineres  Format  haben 
(Bayern,  Österreich;  s.o.),  eigene  Einrichtungen  treffen  will, 
mag  man  besonders  erwägen.  In  Bayern  und  Österreich 
würde  man  natürlich  das  heimische  Format  zugrunde  legen  und 
müßte  hier  jedenfalls  für  die  große  Zahl  der  reichsdeutschen  Pro- 
gramme größeren  Formats  wieder  besondere  Vorkehrungen  trefl'en. 
l)aß  die  doppelseitigen,  das  Innere  des  Raumes  allmählich  füllenden 
Regale  tunlichst  so  au&ustellen  sind,  daß  das  Licht  der  (oft  nicht 
sehr  zahlreichen)  Fenster  nicht  auf  die  Seitenwände,  sondern  in 
die  Gänge  zwischen  ihnen  fallt,  ist  in  jeder  neuen  größeren  Bibliothek 
aus  naheliegenden  Gründen  seit  langem  Brauch,  in  neuen  Schul- 
bibliotheken und  Programmsammlungen  aber  durchaus  nicht  überall 
zu  finden,  so  leicht  es  sich  auch  meist  bewerkstelligen  läßt.  Hier  wie 
im  allgemeinen  (s.  o.  S.  152,  Forts,  d.  A.  3  v.  S.  151)  n^uß  wieder 
daran  erinnert  werden,  daß  die  verantwortlichen  Instanzen  etwas 
mehr  Umschau  halten,  durch  welche  einfachen  Mittel  auch  eine 
Schulbücherei  so  gebrauchsfähig  wie  möglich  gemacht  werden  kann. 
Wie  sind  nun  in  dem  etwa  in  der  bezeichneten  Weise  her- 
gerichteten Raum  die  Programme  einzuordnen? 

24* 


^72  Pf  o^ranm Wesen  und  ProgrtnimbibliothelL  d.  höh.  Schalen, 

c)   Die  Einordnnng  der  Progranme. 

a)  Bedeutung  der  Sache,  Mißstände  und  Möglich- 
keit der  Abhilfe.  Da  es  sich  hier  um  Tausende  von  Terhältnis- 
mäßig  dünnen,  nur  broschierten  Heften  handelt,  bedarf  die  erste 
Anordnung  wie  die  Einordnung  des  Jahreszuwachses, 
etwaige  Umordnung  und  die  Handhabung  des  Ausleihens 
usf.  bei  der  Programmsammlung  natürlich  fast  noch  größerer  Um- 
sicht und  Vorsicht,  als  bei  der  Verwaltung  der  gebundenen  Bände 
der  eigentlichen  Lehrerbibliothek  nötig  ist,  wenn  ihr  Nutzungswert 
dauernd  in  Tollem  Umfange  erhalten  bleiben  soll.  Je  beschränkter 
oft  der  Raum,  je  stärker  andererseits  die  Benutzung  ist,  um  so 
aufmerksamer  muß  der  Verwalter  sein ;  jedes  abhanden  gekommene, 
oder  auch  nur  verlegte  Programm  ist  ein  Schaden  für  das  Ganze 
der  hier  trotz  des  oft  scheinbar  geringfügigen  Objektes  um  so 
empfindlicher  ist,  als  sich  in  vielen  Fällen,  besonders  wenn  es 
sich  um  ältere  Jahrgänge  handelt,  ein  Ersatz  als  unmöglich  er- 
weist. Findet  ein  in  den  Elementen  ordentlicher  Bibliotheks- 
verwaltung heimischer  Vorsteher  eine  wohlgeordnete  Programm- 
Sammlung  vor,  so  sorge  er  mindestens  dafür,  sie  seinem  Nach- 
folger in  gleichem  Zustande  zu  überliefern;  die  Sache  ist  in  der 
Tat  recht  wichtig.  In  übler  Lage  ist  er  freilich,  wenn  er  selbst 
zwar  für  die  Einrichtung  und  ihre  Bedeutung  wirkliches  Interesse 
besitzt  und  dies  auch  seinen  Kollegen,  die  es  etwa  noch  nicht  haben, 
mitzuteilen  sucht,  aber  von  seinem  Vorgänger  eine  Sammlung 
übernimmt,  die  vielleicht  an  sich  einigermaßen  vollständig,  aber 
für  den  Gebrauch,  dem  sie  doch  dienen  soll,  recht  wenig  geeignet 
ist.  Da  hat  man  z.  B.  vielleicht  irgendwo  angefangen,  eine  alte 
Ordnung  in  eine  neue  überzuführen;  die  Sache  ist  aber  von  selber 
oder  durch  den  Tod  des  bisherigen  Bibliothekars  ins  Stocken  ge- 
raten. Der  neue  Verwalter,  der  ohne  Vorbereitung  in  die  Samm- 
lung kommt,  sucht  dieses  oder  jenes  Programm,  findet  das  eine 
wohl,  das  andere  aber  nicht  und  merkt  bald,  daß  er  sich  in  ein 
Labyrinth  begeben  hat,  aus  dem  herauszukommen  nur  mögUch 
ist,  wenn  er  von  A  bis  Z  alles  nachprüft  und  in  Ordnung  bringt. 
Oder  er  findet  dazu  vielleicht  noch  ganze  Teubnersche  Ballen 
ungeöffnet  vor  und  hat  das  zweifelhafte  Vergnügen,  an .  das  Auf- 
arbeiten umfangreicher  Reste  ein  Maß  von  Arbeitszeit  zu  wenden, 
das  in  umgekehrtem  Verhältnis  zum  Lohne  steht  uam.  Das  sind, 
wie  mancher  Programmbibliothekar  weiß,  keine  Phantasiegebilde, 
sondern  es  ist  rauhe  Wirklichkeit.  Und  sie  ist  der  Anlaß,  daß 
sich  manche  Programmbibliotheken  in  einem  Stadium  der  Ver- 
kommenheit befinden,  das  nicht  bloß  den  Wert  der  einzelnen 
Sammlung  nahezu  aufhebt,  sondern,  was  noch  schlimmer,  die 
Schätzung  der  ganzen,  an  sich  so  vortrefflichen  Einrichtung  emp- 
findlich herabgesetzt  hat 

Was  soll  unter  solchen  Umständen  ein  Verwalter  tun  ?    Die 
ganze  notwendige,  außerordentliche  Arbeit  allein  zu  leisten  wird 


von  R.  Ullrich.  373 

er  nur  dann  geneigt  sein,  wenn  er  ein  weit  über  das  Gewöhn- 
liche hinausgehendes  Maß  von  Interesse,  so  etwas  wie  wirkliche 
Begeisterung  für  bibliothekarische  Tätigkeit  hat.  Dergleichen  ist 
wohl  anzutreffen,  aber  doch  selten.  Han  muß  mit  dem  Durch- 
schnitt rechnen.  Will  man  nun  in  solchen  Fällen  nicht  das 
Ganze  aufgeben  —  denn  zwingen  könnte  hier  wohl  niemand  — 
und  so  auf  ein  wesentliches  Mittel  der  Anknüpfung  und  Er- 
haltung geistiger  Beziehungen  zwischen  einer  Hehrzahl  von  An- 
stalten eines  oder  mehrerer  Länder  verzichten,  so  bleibt  nichts 
anderes  übrig,  als  daß  die  Kollegen  helfend  eintreten. 
Schüler  heranzuziehen^)  hat  hier  —  wie  auch  sonst  unter  nor- 
malen Verhältnissen  —  doch  etwas  Mißliches;  ich  wurde  davon 
möglichst  keinen  Gebrauch  machen.  Die  Hilfe  ist  außerdem  von 
zweifelhaftem  Werte;  denn  es  mußte  beinahe  alles  nachge- 
prüft werden,  so  daß  die  Arbeit  im  ganzen  für  den  Verwalter 
kaum  geringer  wäre.  Aber  die  Kollegen,  wenn  anders  sie  der 
Sache  Wert  beimessen,  sollten  sich  hier  wie  in  anderen  Dingen, 
die  allgemeinem  Interesse  dienen,  solidarisch  fühlen.  Greifen 
viele  Hände  unter  verständiger  Anleitung  zu,  so  kann  das  Ganze 
in  absehbarer  Zeit  doch  wieder  in  Ordnung  kommen,  und  man 
hat  eine  gute  Lehre  für  die  Zukunft  Auch  den  positiven  Gewinn 
für  die  Beteiligten  selbst  schätze  ich  nicht  ganz  gering  ein. 
Mancher  Kollege,  der  bisher  kaum  ein  Programm  entliehen  hat, 
würde  merken,  daß  in  der  Sammlung  mancher  Schatz  verborgen 
liegt,  der  nur  der  Hebung  bedurfte.  Besonders  für  Anfänger  im 
Lehramt,  die  nicht  gerade  durch  die  negative  Kritik  über  das 
Programmwesen,  die  in  den  früheren  Abschnitten  charakterisiert 
worden  ist,  beeinQußt  zu  werden  brauchen,  ehe  sie  die  Sache 
selbst  aus  eigener  Anschauung  gründlich  kennen  gelernt  haben, 
dürfte  es  sehr  nützlich  sein,  wenn  sie  von  Zeit  zu  Zeit,  nicht 
einmal  nur  in  solchen  besonderen  Fällen,  sondern  regelmäßig  zu 
Arbeiten  in  der  Lehrerbibliothek  im  ganzen  und  in  der  Pro- 
gram msammlung  im  besonderen  herangezogen  würden.  Beide 
gehören  zum  festen  Bestände  der  Schulorganisation,  mit  der  ja 
doch  unsere  jüngsten  Kollegen  bekannt  zu  machen  sind.  Und 
wenn  es  in  den  amtlichen  Vorschriften  über  das  Seminarjahr  in 
Preufsen(vom  15.  März  1890)  z.  B.  heißt'),  daß  die  Kandidaten 
„kürzere  Referate  z.  B.  über  einzelne  Punkte  ....  der  amt- 
lich veröffentlichten  Speziallehrpläne  höherer  Schulen,  über 
wichtige  neuere  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Päda- 
gogik, beachtenswerte  Methoden,  Unterrichtsmittel,  Appa- 
rate, Grundsätze  der  Schulhygiene  usw.^*  halten  sollen,  so 
werden  sie  für  viele  dieser  und  ähnlicher  Dinge  doch  nach  dem, 
was  oben  (S.  145  ff.)  ausgeführt  werden  konnte,   kaum  irgendwo 


>)  Daza  rat  z.  B.  Stamm  er  t.  a.  0.  {BüiL  AbL  4,  Nr.  85  a)  gegen  Ende. 
2)  §  5a;  vgl.  Beier  a.  a.  0.  S.  304. 


374  ProgrammiveseD  uod  Programmbibliotkek  d.  höh.  Scholei, 

reichereg,  leichter  und  billiger  zugängliches  Material  finden,  als 
in  der  Programmbibliothek  der  Anstalt/der  sie  gerade  zugewiesen 
sind^).  Und  besonders  wenn  diese  an  einem  Orte  ist,  in  dem 
sich  eine  größere  wissenschaftliche  Bibliothek  mit  Programm- 
sammlung nicht  befindet,  wäre  es  verwunderlich,  wenn  der 
Direktor  der  betr.  Schule  seine  Kandidaten  nicht  auf  die  günstige 
Gelegenheit  hinwiese  und  sie  womöglich  auch  zu  praktischer  Mit- 
arbeit an  den  Funktionen  des  Verwalters  veranlaßte.  £s  mußten 
wirklich  sehr  unempfindliche  Seelen  sein,  die  nicht  einen  ersten 
Begrifl  von  der  Bedeutung  und  Geschlossenheit  dieser  ganzen 
Organisation  bekämen,  wenn  ihnen  im  Laufe  eines  Jahres  bald 
diese,  bald  jene  etwa  der  oben  (S.  36  fi:,  besonders  S.  88  ff.;  vgl. 
auch  S.  146  IT.)  genannten  Programmarbeiten  in  die  Hände  käme 
und  sie  Gelegenheit  erhielten,  von  der  einen  oder  anderen  Schule 
eine  Serie  ihrer  Jahresberichte,  besonders  des  Abschnitts  „Chronik'% 
durchzulesen.  Indessen  auch  Probekandidaten,  Hilfslehrer  und 
jüngere  Oberlehrer,  falls  ihr  Interesse  nicht  schon  bei  den  ge- 
wöhnlichen Schutaufgaben  des  Tages  sein  Genüge  findet,  werden 
dadurch,  daß  sie  dann  und  wann  einmal  den  Bibliothekar 
in  seiner  entsagungsvollen  Arbeit  etwas  unterstützen,  manche  vor- 
trefiQiche  Anregung  erhalten  (ich  spreche  aus  eigener  Erfahrung), 
die  sie  in  solchem  Umfange  für  ein  bestimmtes  Sondergebiet 
wenigstens  in  Orten  ohne  Universität  nicht  so  leicht  finden 
können.  Helfe  hier  also  jeder,  der  kann;  es  dient  zum  Besten 
des  Ganzen! 

Nach  diesen  allgemeinen  Bemerkungen,  die  z.  T.  durch  ge- 
wisse unerfreuliche  Erscheinungen  in  der  Ordnung  der  Programm- 
sammlungen hervorgerufen  waren,  wende  ich  mich  zu  den 
Einzelheiten,  die  im  ganzen  normale  Verhältnisse  vorausseuen, 
bei  denen  man  nur  über  die  Zweckmäßigkeit,  auch  je  nach  d^i 
örtlichen  Verhältnissen,  abweichender  Meinung  sein  und  ver- 
schiedenen Methoden  der  Ordnung  folgen  kann. 

ß)  Einbinden  der  Programme?  Die  meisten  großen 
Bibliotheken  vereinigen  aus  praktischen  Gründen  des  Gebrauchs 
durch  die  oft  nach  Hunderten  zählenden  Benutzer  ihre  Pro- 
gramme, Jahresberichte  wie  Abhandlungen,  zu  starken  Sammel- 
bänden, die  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  (nach  Ländern 
und  innerhalb  dieser  nach  Orten  oder  Jahrgängen,  nach  der  Folge 
der  Teubnerschen  Nummern  oder  wie  sonst  immer)  geordnet 
sind*).  Auch  viele  Schulbibliotheken  haben  in  den  ersten  Jahr- 
zehnten der  Einrichtung  nach  1824  diesen  Brauch  befolgt'},  sind 


^)  Ganz  nene  Anstalteo  werden  das  ja  selten  sein,  sondern  iniBerliia 
solche,  die  schon  eine  Reihe  von  Jahren  bestehen  nnd  denf^eBaß  äher  einen 
gewissen  Vorrst  an  Programmen  verfagen. 

3)  Vgl.  0.  S.  27  Anm.  4. 

^)  Die  Sammlong  des  Berlinischen  Gymnasioras  zam  grauen 
Kloster  z.  B.  besitzt  aas  jener  Zeit  noch  370  Programm-Sanmelbände. 


voo  R.  Ullrich.  375 

aber  allmählich  ziemlich  davoD  abgekommen,  zunächst  wegen  der 
äußeren  Rücksicht  der  Kosten,  die  schon  für  einen  Jahrgang  von 
jetzt  reichlich  1100  Jahresberichten  und  etwa  der  Hälfte  an  Abhand- 
lungen bei  allen  Scbulbibliotheken,  die  mit  dem  Pfennig  rechnen 
mQssen,  erheblich  ins  Gewicht  fallen  wurden.  Dazu  kommen  aber 
andere  Grande,  die  mit  der  Leichtigkeit  der  Benutzung  durch  den 
einzelnen  und  der  möglichst  umfassenden  Wirkung  auf  viele  zu- 
sammenhängen. Die  dicken  Bände  in  4^  sind  äußerst  beschwerlich 
beim  Gebrauch  für  den  Benutzer  und  eigentlich  nur  dann 
zweckmäßig,  wenn  er  die  Hehrzahl  der  darin  enthaltenen  Pro- 
gramme wirklich  gebraucht,  von  der  Unbequemlichkeit  des 
Transports  überall  da,  wo  eine  Benutzung  in  der  Bibliothek  selbst 
nicht  möglich  oder  üblich  ist,  ganz  zu  schweigen.  Außerdem 
müssen  andere  Benutzer,  die  zufällig  Programme  aus  denselben 
Bänden  gebrauchen,  wieder  so  lange  warten,  bis  der  erste  Be- 
nutzer sie  abgegeben  hat.  So  sind  denn  selbst  manche  Univer- 
sitätsbibliotheken, bei  denen  die  Kostenfrage  wenigstens  nicht  eine 
so  erhebliche  Rolle  spielt  wie  bei  manchen  Schulbibliotheken  mit 
winzigem  Etat,  dazu  übergegangen,  die  Programme  einzeln  zu 
behandeln;  sie  versehen  sie  mit  einem  möglichst  einfachen  Einband 
(meist  genügt  ein  schUchter  Pappband)  ^),  andere  verzichten  zum 
Teil  sogar  darauf  oder  binden  nur  solche,  die  häußger  verlangt 
werden').  So  bleiben  alle  Programme  in  denkbar  größtem  Um- 
fange zu  gleicher  Zeit  für  viele  Benutzer  verfugbar.  Abgesehen 
also  von  den  wenigen,  oben  (S.368t)  hervorgehobenen  Fällen 
dürfte  es  z.  Z.  auch  für  Programmsammiungen  der  Schulen  kaum 
geraten  sein,  an  sich  knappe  Etats  noch  mit  Bindekosten  für 
Programm-Sammelbände  zu  belasten  und  dazu  die  Benutzungs- 
möglichkeit  einzuengen.  Hier  und  da  ist  man  daher  so  weit 
gegangen,  die  Sammelbände  früherer  Jahrzehnte  aufzulösen,  um 
die  einzelnen  Programme  nutzbarer  zu  machen.  Selbst  das 
Binden  vereinzelter  Programme  kann  hier  wegfallen,  da  sie 
nicht  durch  so  viele  Hände  geben,  wie  dies  im  Leihverkehr  der 
großen  öffentlichen  Bibliotheken  geschieht.  Man  lasse  also  die 
Programme  so,  wie  sie  geliefert  werden;  nur  suche  man  anderer- 
seits nach  Mitteln,  sie  trotzdem  möglichst  zu  konservieren,  damit 
sie  auch  späteren  Lehrergenerationen  noch  nützen  können.  Was 
kann  in  dieser  Beziehung  geschehen? 

/)  Die  Aufbewahrung  der  broschierten  Exemplare. 
Unbedingt  zu  verwerfen  ist  die  „Methode",  die  Programme 
offen,  ohne  jeden  Schutz,  aufzubewahren.  Schichtet 
man  sie  aufeinander,  so  sind  diese  Berge  schwer  zugänglich; 
stellt  man  sie  nebeneinander  in  den  Regalen  auf,  so  wird  die 
Obersicht  nicht   leichter,    und  entliehene  Programme  wieder  ein- 


1)  So  geschieht  es  z.  B.  in  der  Wiener  UoiversUätabihliothek. 
>)  Vgl.  hierzu  oben  S.  27  Aon.  4  Eode. 


gjg 'Pro§r9immweäeik  and  Programmbibliothek  d.  höh.  Schnlea, 

zuordnen  ist  keine  erfreuliebe  Sache.    Vor  allem  aber    leiden  sie 
unter  dem  Staube,  aus  dem  sich  allmählich  Schmutz  entwickelt 
—  auch  Spinnweben  setzen  sich  friedh'ch  an  — ,  dermaßen,   daß 
man  es  einem  Bibliothekar    kaum    zumuten    kann,    unter    diesen 
Massen  zu  wühlen.     Ebensowenig   zu  empfehlen  sind    die  „ver- 
schnürten   Paket  e*S    deren    schon    Forste  mann     gedenkt 
(o.  S.  207)  und  die  noch  hier  und  da  vorkommen.    Die  Programme 
sind    so  zwar   einigermaßen  vor  Staub   geschützt;   aber  nun   die 
schweren,    ihrerseits    wiederum  mit   dicken  Staubschichten  über- 
zogenen Ballen   mit  Hilfe   der  Leiter   aus   den  oberen  Gegenden 
der  Regale    herunterzuholen,   aufzuschnüren,    um    ein  Programm 
zu  entnehmen,  wieder  zuzuschnüren  und  hinaufzubefördern,  wieder 
herunterzuholen,   aufzuschnüren,  wenn  das  entliehene  Programm 
zurückgegeben    wird,    endlich    wieder    hinaufzubefördern    (schon 
beim  Lesen    geht   der  Atem   aus)  —  das    sind  Prozeduren,    die 
wohl  geeignet  sind,  Verwaltern  und  Benutzern  die  Freude  an  der 
Sache  tatsächlich  zu  verleiden.     Nicht  viel  besser  ist  die  Methode, 
eine    größere  Zahl    von  Programmen    zwischen  Pappdeckel  zu 
legen,    die    durch    Gummibänder    zusammengehalten    werden 
(o.  S.  207).      Um    dem  ärgsten    Staube    zu    entgehen    und    die 
Sammlung  doch  einigermaßen  nutzbar  zu  machen,  hat  man  auch 
das   Verfahren    eingeschlagen,    die    einzelnen    Böden    der    Regale 
durch  dünne  Zwischenwände  in  eine   bestimmte  Anzahl   von 
Fächern  zu  teilen,    in    deren  jedes  ein  Paket  von  irgenwie  ge- 
ordneten Programmen   offen   eingelegt    wird.     Vor  jedem    Fach 
wird  ein  Pappdeckel  entsprechender  Größe  mit  kurzen  Bändern 
an  der  Kante  des  darüber  liegenden  Bodens  befestigt.     Will  man 
ein  Fach  benutzen,  so  wird  der  Deckel  nach  oben  geschlagen  and 
durch  den  heruntergeklappten  Deckel  des  darüber  liegenden  Fachs 
so  lange  festgehalten,    wie  das  Fach  benutzt  wird.    Besonders  in 
Osterreich  und  Süddeutschland,    wo    dies  Verfahren    auch 
bei  der  Aufbewahrung   von  Akten  angewendet  wird,   habe  ich  es 
öfter  gesehen.    Geeignete  Aufschriften  auf  den  Pappdeckeln  sorgen 
für  die  Orientierung.     Wer  diese  Methode  zum  ersten  Male  sieht, 
dem  wird    sie  verblüffend  einfach    und   gerade   deshalb  vielleicht 
als  ideal  erscheinen.    Ich  habe  jedoch  mancherlei  Bedenken  gegen 
sie.     Zunächst   ist   die    Sicherung   gegen    den    Staub    doch    un- 
zureichend;   das    möchte   indessen  noch    hingehen.    Da  aber   die 
Einteilung  in  Fächer  wieder  nicht  unerhebliche  Kosten  verursadit 
(ohne  Anwendung  der  dünnen  Zwischenwände  würde  aber  bald 
heillose  Verwirrung  entstehen),  so  wird  man,   um  diese  nicht  zu 
hoch  werden  zu  lassen,  geneigt  sein,    die  Fächer  möglichst  grofi 
einzurichten.     Dadurch   ist   man  aber  wieder  genötigt,    sehr  viel 
Programme  in  einem  Fache  unterzubringen,  während  eine  Trennung 
nach  möglichst  vielen    kleineren  Einheiten  gerade  erwünscht  sein 
muß.     Auch  entsteht  die  Notwendigkeit,  immer  den  ganzen  Inhalt 
oder  doch  die  Hauptmasse  herauszunehmen,  wenn  ein  Programm 


von  R.  Ulirieh.  577 

gesucht  wird  —  man  möBte  denn  das  Fach  zu  einem  Teile  un- 
besetzt lassen,  so  daB  man  durch  bloBes  Blättern  und  mit  dem 
Blick  auf  die  Teubnersche  Nummer  (falls  diese  an  richtiger  Stelle 
steht  und  man  das  Verzeichnis  jedes  Jahrgangs  daneben  bat) 
fände,  was  man  sucht.  Will  man  dieses  Verfahren  weiter  aus- 
bilden (auch  dafür  habe  ich  Beispiele  gesehen),  so  möBte  man 
jedes  Regal  in  so  viel  Fächer  teilen,  als  kleinste  Einheiten  vor- 
handen sind  (je  ein  Fach  für  jede  Schule,  oder  je  eins,  zwei  oder 
mehr  für  jeden  Jahrgang  jeder  Provinz  oder  in  ähnlicher  Weise). 
Aber  das  verteuert  die  Sache  wieder  erheblich,  besonders  wenn 
man,  um  vor  dem  Staube  sicher  zu  sein,  statt  der  offenen  oder 
in  der  oben  bezeichneten  Weise  geschätzten  Regale  zum  ver- 
schlossenen Schrank  erheblicher  Dimension  übergeht.  Schränke 
in  Bibliotheken  sind  nun  überhaupt  niemals  geeignet,  die  Benutzung 
zu  erleichtern;  sie  sollten  nur  da  zur  Verwendung  kommen,  wo 
es  sich  um  die  Bewahrung  wirklicher  Kostbarkeiten  handelt. 
Junge  Bibliotheken,  die  in  dem  löblichen  Bestreben,  die  Programme 
tunlichst  zu  schützen,  sie  in  Schränken  untergebracht  haben, 
werden  mit  wachsendem  Bestände  wohl  selbst  dazu  übergehen, 
billigere  und  dabei  zweckmäfsigere  Metboden  zu  ver- 
wenden.    Welche  sind  dies  nun? 

Ich  habe  deren  zwei^)  zu  nennen,  eine  nicht  allzu  billige, 
aber  in  jeder  Beziehung  sehr  zweckmäBige,  und  eine  andere, 
erheblich  wohlfeilere,  die  vielleicht  nicht  ganz  so  bequem  ist, 
aber  doch  alle  berechtigten  Anspräche  erfüllt.  Beide  sind  vielfach 
erprobt.  Wer  mit  alten,  nicht  sehr  übersichtlich  geordneten  Be- 
ständen in  neue  Räume  übersiedelt  oder  vor  der  Frage  der  ersten 
Anlage  einer  Programmsammlung  überhaupt  steht,  mag  je  nach 
Raumverhältnissen  und  den  zur  Verfügung  stehenden  Mitteln 
zwischen  beiden  die  Wahl  treffen.  Bei  der  ersten  handelt  es 
sich  um  Kästen  (aus  Holz  oder  starker  Pappe),  in  denen  die 
Programme  liegend  auf  bewahrt  werden,  beider  zweiten  um 
Pappkapseln,  die  wie  gebundene  Bächer  nebeneinandergestellt 
werden». 

Die  Kästen,  in  denen  die  Programme  liegend  aufzubewahren 
sind,  müssen  etwa  23  cm  breit  und  29  cm  tief  sein  (lür  baye- 
rische und  österreichische  Programme  etwa  18  bezw.  25  cm). 
Sie  sind  vollkommen  geschlossen,  werden  auf  der  Stirnseite 
mit  einer  Klappe  versehen,  die  durch  Ziehen  an  einem  Bande 
sich  nach  oben  öffnet  und  so  einzurichten  ist,  daß  die  Programme, 
auch  die  ganz  unten  liegenden,  herausgenommen  werden  können, 
ohne  daB  der  ganze  Kasten  aus  dem  Regal  entfernt  zu  werden 
braucht.     Natürlich  wird  die  Stirnseite  mit  einem  den  Inhalt  be- 


^)  Far  die  kleine  Zahl  der  Mittelschalea  der  Schweiz  gibt  es  auf 
diesem  Gebiete  z.  Z.  kaum  Probleme,  da  meist  aar  die  Landesprogramme 
aosgetanscht  werden;  doch  vgl.  oben  S.  211  f. 


J7$  Programmwesea  nod  Progprammbibliothek  d.  höh.  Sehnlea, 

zeichnenden  Schilde  versehen.  Um  die  bezeichnete  Art  der  Hand- 
habung möglich  zu  machen,  muß  der  Zwischenraum  zwischen 
je  zwei  Böden  des  Regals  etwas  größer  sein  (etwa  3 — 4  cm)  als  die 
Höhe  des  Kastens  beträgt,  wodurch  im  ganzen  immerhin  ein  gut 
Teil  Raum  mehr  beansprucht  wird  als  bei  anderem  Verfahren 
(s.  unten).  Die  Wahl  dieses  Höhenmaßes  ist  nun  recht  wesent- 
lich von  der  Regelung  der  Kostenfrage  ahhängig  und  wird  dem- 
gemäß die  Entscheidung,  ob  diese  Methode  überhaupt  zu  wählen 
ist,  vor  allem  beeinflussen.  Jede  Reihe  von  nebeneinander- 
stehenden Kästen  (Zwischenwände  —  wie  o.  S.  376  —  sind 
hier  entbehrlich)  muß  von  der  darüber-  bezw.  darunterstehenden 
durch  je  einen  Boden  des  Regals  getrennt  werden.  Zwei  oder 
gar  mehr  Kästen  einfach  aufeinanderzustellen  ist  unmöglich. 
Einmal  wurde  die  Klappe  nicht  funktionieren;  und  selbst  wenn 
sich  dies  etwa  dadurch  erreichen  ließe,  daß  man  z.  £.  die  Mitte 
oder  die  obere  oder  untere  Kante  der  Stirnseite  zum  Öffnen  ein- 
richtete, wäre  doch  die  Belastung  für  den  Kasten,  der  jedesmal 
unten  steht,  zu  groß,  besonders  wenn  er  erst  teilweise  gefüllt 
ist,  während  der  obere  etwa  vollständig  besetzt  wäre.  Man  ent- 
ginge der  Verlegenheit,  allzuviel  Böden  einlegen  zu  müssen,  viel- 
leicht dadurch,  daß  man  die  Höhe  der  Kästen  möglichst  steigerte, 
etwa  auf  20 — 30  cm.  Damit  beraubte  man  sich  aber  wieder  des 
Vorteils,  nur  möglichst  kleine  Einheiten  in  einen  Kasten  aufzu- 
nehmen, was  für  die  Obersicht  und  die  Benutzung  recht  wesent- 
lich ist  (s.  schon  oben  S.  376).  Setzt  man  aber  die  Höhe,  was 
sachlich  am  richtigsten  wäre,  nur  etwa  auf  10 — 15  cm  an,  so 
braucht  man  der  Kästen  so  viele,  daß  die  Anlage  —  be- 
sonders wenn  es  sich  um  die  Neuordnung  eines  schon  vor- 
handenen Bestandes  erheblichen  Umfangs.  handelt  —  bedeutende 
Mittel  erfordert,  ebenso  wie  die  Unterbringung  des  jährlichen 
Zuwachses.  Ein  solcher  Kasten  muß  dauerhaft  gearbeitet  sein; 
unter  0,75  bis  1  M  wird  ihn  selbst  bei  einer  großen  Lieferung 
von  mehreren  Hundert  Stuck  kaum  ein  Buchbinder  herstellen. 
Mehr  als  fünfzig  Programme  durchschnittlichen  Umfangs  wird 
man  in  einem  Kasten  kaum  unterbringen  wollen,  wenn  die  Ober- 
sichtlichkeit  und  die  Leichtigkeit  der  Handhabung  nicht  leiden 
soll.  Da  eine  Anstalt,  die  sämtliche  Programme  mit  den 
Abhandlungen  aus  Deutschland,  Österreich  und  der  Schweiz  be- 
zieht —  und  das  sind  weitaus  die  meisten^)  — ,  an  Jahres- 
berichten und  Abhandlungen  z.  Z.  jährlich  im  ganzen  etwa 
J  400— 1500  einzelne  Hefle  bekommt,  so  erhält  man  ungefähr 
einen  Begriff  von  der  Höhe  der  Kosten.  Es  kommt  hierbei 
freilich  auf  die  Wahl  des  Systems  der  Einordnung  an  (s.  u.  Ab- 
schnitt d),  das  zwar  —  es  sei,  welches  es  sei  —  die  Kosten  im 
Laufe  einer  Reihe  von  Jahren  im  ganzen  nicht  beeinflußt,  wob 


1)  Vgl.  hierzu  oben  S.  215  Anm  3. 


voD  R.  Ullrich.  3yg 

aber  för  die  Verteilung  auf  die  einzelnen  Etats  von  Bedeutung 
ist.  Wird  z.  B.  im  Falle  einer  völligen  Neueinrichtung,  bei  der 
ja  für  Bibliothekszwecke  fast  immer  mehrere  tausend  Mark  zur 
Anlage  eines  Grundstocks  als  Extraordinarium  bewilligt  werden, 
das  System  der  Einordnung  nach  Orten  bezw.  Schulen  gewählt, 
so  muB  man  ebenso  viele  Kästen  herstellen  lassen  als  Schulen 
vertreten  sind,  z.  Z.  also  etwa  1100,  dazu  einige  hundert  als 
Reserve  für  die  Programme  neu  hinzukommender  Schulen,  und 
braucht  so  für  die  folgenden  drei  bis  vier  Jahrzehnte  den  ordent- 
lichen Etat  überhaupt  nicht  zu  belasten.  Anders  steht  die  Sache, 
wenn  man,  z.  B.  bei  einer  Ordnung  nach  Jahrgängen  in  der 
Folge  der  Teubnerschen  Nummern,  nicht  gleich  bei  der  ersten 
Anlage  eine  größere  Anzahl  von  Kästen  aus  dem  Extraordinarium 
hat  anfertigen  lassen  und  jedes  Jahr  oder  doch  in  kürzeren  Ab- 
ständen den  ordentlichen  Etat  für  den  Zuwachs  erheblich  belasten 
iDuB.  Jedes  Jahr  gegen  30  JC  allein  für  Kästen  auszugeben  ist 
aber  für  kleine  Etats  nicht  rätlich.  Andererseits  durfte  häufigere 
Inanspruchnahme  aufserordentlicher  Mittel  für  solche  Zwecke 
die  Zuneigung  mancher  kleineren  Magistrate  für  die  Programm- 
einrichtung nicht  steigern. 

Hat  man  also  genügend  Raum  und  ausreichende  Mittel  und 
kann  vor  allem  gleich  bei  der  ersten  Anlage  der  Bedarf  für 
mehrere  Jahrzehnte  gedeckt  werden,  so  ist  diese  Methode  zweifel- 
los die  beste;  da  es  aber  mehr  Anstalten  gibt,  die  sich  mit 
ihren  Mitteln  einrichten  müssen,  als  solche,  die  Überfluß  haben, 
möchte  ich  doch  die  andere  mehr  empfehlen,  nicht  bloß  wegen 
ihrer  Wohlfeilheit  an  sich.  Es  ist  überaus  wichtig,  daß  möglichst 
viele  Anstalten  zu  einer  wirklichen  Ordnung  ihrer  Programm- 
verhältnisse kommen;  große  Kosten,  wie  sie  die  eben  skizzierte 
Methode  erfordert,  schrecken  aber  leicht  ab,  und  in  Ermangelung 
der  Kenntnis  einer  einfacheren  bleibt  eben  alles  oft  beim  alten. 
Ich  habe  Anstalten  genug  gefunden,  die  der  Ordnung  ihrer  Pro- 
grammsammlung ratlos  gegenüberstanden,  aber  die  folgende  ein- 
fache Methode  nicht  kannten.  Auf  meine  Veranlassung  >)  haben 
einige  sie  tatsächlich  eingeführt. 

Sie  läßt  sich  in  Kürze  so  beschreiben.  Es  werden  einfache 
Pappkapseln  hergestellt,  von  der  Art  etwa,  wie  sie  zu  jedem 
besseren  Halbfranzbande  von  den  Verlagsfirmen  geliefert  werden. 
Mag  es  sich  um  eine  erste  Einrichtung  handeln  oder  um  häufigere 
Ergänzungen,  die  Kosten  sind  so  gering,  daß  sie  von  jeder  Biblio- 
thek getragen  werden  können.  Die  Größen  verhältnisse  (vgl.  schon  oben 
S.  371  n.  377)  können  etwa  so  genommen  werden:  29  cm  Höhe, 
23cm  Tiefe  (für  bayerische  und  österreichische  Pro- 
gramme etwa  25  bzw.  18  cm),  7 — 10  cm  Dicke.   Die  eine  (hintere) 


>)  Ich  hatte   beide   schon    fr'dher   empfohlen;    v;l.  Ben,  u.  Einr.  usw, 
S.  26  (-=Z.  f,  d,  Gymn.'ff^,  LVIII  (1904)  S.  698). 


380  Prosrammwegeo   and  Programmbibliothek  d.  liSlbSckuleB, 

Schmalseite  bleibt  offen.  Sie  8t6ßt  bei  der  Unterbringung  auf 
Wandregalen  unmittelbar  an  die  Wand;  bei  doppelseitigen  Regalen 
stoßen  je  zwei  offene  Seiten  (der  Steg,  o.  S.  37 U  l^ann  hier 
entbehrt  werden)  aneinander,  so  daß  ein  irgend  erhebliches  Ein- 
dringen von  Staub  verhütet  wird.  Der  Rucken  wird  wie  bei 
einem  Buche  mit  einem  einfachen,  gleich  vom  Fabrikanten  auf- 
zuklebenden, durchweg  gleichmäßigen  Schilde  versehen,  auf 
welchem  der  Inhalt  der  Kapsel  verzeichnet  wird.  Ein  Oberzng 
irgend  welcher  Art  ist  entbehrlich.  Von  Kapseln  dieser  Art  kostete 
das  Hundert  (bei  einer  Berliner  Kartonfabrik)  8,50  o^^).  Jede 
faßt  etwa  30 — 50  Programme;  sie  werden  wie  Bücher  neben- 
einander aufgestellt.  Der  Zwischenraum  zwischen  den  einzelnen 
Böden  brauclit  nur  um  ein  geringes  größer  zu  seiti  als  die  Höhe 
der  Kapseln;  etwa  30  cm  genügt  vollkommen.  Die  Handhabung 
ist  zwar  nicht  ganz  so  bequem  wie  bei  dem  oben  (S.  377  ff.)  ge- 
schilderten Verfahren,  weil  man  zur  Erlangung  eines  Programms 
jedesmal  die  betr.  Kapsel  herausnehmen  muß;  auch  die  Heraus- 
nahme selbst  und  das  Wiedereinordnen  ist  umständlicher,  selbst 
ein  Hineinstecken  an  eine  falsche  Stelle  eher  möglich.  Aber 
auch  das  erfordert  eben  Gewöhnung.  Ich  habe  diese  Methode  bei 
häuOgerem  Gebrauch  in  der  Sammlung  der  Schule  wie  bei  fast 
täglichem  in  meiner  eigenen  seit  einer  Reihe  von  Jahren  so  be- 
währt gefunden,  daß  ich  zu  einer  anderen  kaum  raten  möchte, 
besonders  auch  wegen  der  ganz  außerordentlichen  Billigkeit. 
Denn  selbst  wenn  es  gelänge  —  was  ich  nicht  glaube  —  die 
Kästen  der  obigen  Art  im  ganzen  noch  billiger  herzustellen,  etwa 
zum  Preise  von  0,50  tM  für  das  Stück,  so  wäre  diese  Methode 
immer  noch  mehr  denn  fünfmal  so  teuer  als  die  eben  skizzierte. 
Dazu  kommt,  daß  diese  die  denkbar  größte  Ausnutzung  des 
Raumes  gestattet,  was  für  beinahe  alle  Programmsammlungen, 
die  ich  kenne,  und  gewiß  auch  für  die  meisten  anderen,  beson- 
ders wichtig  ist.  Welche  Anordnung  man  innerhalb  der  Kapseln 
auch  befolgen  mag,  man  kann  doch  schon  bei  einer  ersten 
Anlage,  mit  Berücksichtigung  des  voraussichtlichen  Zuwachses 
in  2 — 3  Jahrzehnten,  ziemlich  genau  bereclmen,  wieviel  laufende 
Meter  an  Raum  gebraucht  werdeu,  und  danach  die  Zahl  und 
Größe  der  Regale  annähernd  bestimmen.  Ordnete  man  z.  B*  in 
solchem  Falle    nach    Schulen    (zunächst  je  eine  Kapsel   für  jede 


^)  Die  bekaoote  Firma  Soeoaecken  (Bonn,  Niederlageo  io  Berli> 
nod  Leipzig)  stellt  sog.  BroschäreDsammler  io  Backform  her,  ia  gr.  S* 
(Grö'fie  6  X  20  X  27  cm  oder  7  X  19  X  27  cm)  oad  in  4^  (Gr5ße  8  X  24  x34  ca); 
die  in  gr.  8^  kostea  io  tadelloser,  einfaelier  oder  aaeh  eleganterer  Abs- 
fiihroDg  je  1  bezw.  1,50  JCy  die  in  gr.  4<^  1,50  JC  bezw.  2,25  Jt,  Maa  siebt 
schoD,  dafi  sie  sich  des  Preises  wegen  fdr  Programmsammlaageo  nickt 
eignen,  \ofierdem  ist  aber  das  Format  hinderlich,  vor  allem  die  HShe; 
27  cm  bei  dem  gr.  8^  Format  ist  im  allgemeioeu  oazareichend,  34  cm  bei 
dem  io  4°  wieder  za  reicblich. 


von  R.  Ullrich.  381 

Schule),  ein  Verfahren,  das  den  meisten  Raum  beansprucht,  wenn 
es  von  Anfang  an  zugrunde  gelegt  wird,  so  brauchte  man  —  einen 
für  viele  Jahrzehnte  reichenden,  sehr  hoch  veranschlagten  Bestand 
von  1400^)  Kapseln  von  je  10  cm  Dicke  angenommen  — 140  laufende 
Meter  Raum,  die  sich  selbst  in  einem  um  die  Hälfte  kleineren 
Zimmer'),  als  es  das  oben  (ß,362t,  A.  2)  beschriebene  ist'),  ganz 
bequem  gewinnen  lassen,  selbst  wenn  man  noch  hier  und 
da  die  notwendigen  Zwischenräume  für  Neueinstellungen  usf. 
offen  läßt. 


^)   Gegpenwärtis  (Dezember  1907)   umfaßt  der  Teuboersche  Tausch- 
verkehr  (s.  o.  S.  169,  n)  rood  1100  ADStaltea. 

*)  AogeoommeB,  das  Zimmer  hatte  etwa  aar  4,50  X  4  m  Grundfläche 
und  Bor  3  m  Höhe,  so  liefieo  sich  die  140  laufeadea  Meter,  die  erforderlich 
sind,  etwa  so  erreichen  and  verteilen.  Unter  der  (onsänstisen)  Voraus- 
setzangp,  dafi  nnr  zwei  Wände  für  Re^pale  voll  'ansgpenQtzt  werden  könne«, 
stelle  man  zunächst  2  Wandregale  von  je  3,50  m  Länge  (Seiten-  und 
Zwischenwände  abserechnet)  und  0,23  cm  Breite,  jedes  mit  8  Böden,  auf: 
2x28m  =  56m,  sodann  zwei  doppelseitige  Regale  von  je  2,75  m  Länge 
and  0,46  m  Breite,  wiederum  jedes  mit  8  Boden:  4  X  22  m  «»88  m,  zu- 
sammen 144  m.  Die  Höbe  der  Hegale  würde  bei  8  x  30  cm  Zwischenraum 
zwischen  den  einzelnen  Böden,  wozu  7  x  3  cm  «»  21  cm  Stärke  der  ,Böden 
und  etwa  je  972  ^^  ^^^  Unter-  und  Aufsatz  kämen,  im  ganzen  2,80  m  be- 
tragen, so  dafi  es  —  auch  wenn  kein  Doppelgeschoß  möglich  ist  —  nicht 
einmal  einer  hohen  Leiter,  sondern  nur  etwa  eines  sog.  „Tritts"  mit 
3 — 4  Stufen  bedurfte,  um  bequem  auch  das  höchste  Fach  zu  erreichen.  Ist 
der  Raum  in  älteren  Gebäuden  noch  kleiner,  aber  —  wie  in  der  Regel  — 
doch  wenigstens  3,20 — 3,50  m  hoch,  so  mußte  man  sich  notgedrungen  ent- 
schließen, statt  8  Böden  deren  9  oder  10  zu  nehmen  und  so  in  der  Höhe 
auszugleichen,  was  an  Breite  oder  Läoge  fehlt.  Natürlich  käme  mau  dann 
ohne  eine  Leiter  mäßiger  Höbe  nicht  aus. 

^)  Als  Aabalt  für  größere  Verhältnisse  mögen  die  Maße,  die  Art  der 
Aufstellnag  und  Besetzung  der  oben  (S.  363  A.)  erwähnten  Sammlung  hier  ge- 
Daaer  folgen  (vgl.  im  allgemeinen  schon  a.  a.  0.):  Sie  beflndet  sich  in  einem 
Eckzimmer,  das  sehr  viele  Fenster  hat  (12),  was  für  die  Lichtverhältnisse 
günstig  ist,  aber  nur  2  Wände  voll  auszunutzen  gestattet.  Vorhanden  sind 
z.  Z.  3  Waadregale ;  das  erste  hat  (Seiten-  und  Zwischenwände  abgerechnet) 
5,29m  verfügbare  Lange,  das  zweite  3,13  m,  das  dritte  2,40  m  ver- 
fügbare Länge.  Dazu  kommen  3  doppelseitige  Regale  in  der  Mitte  des 
Haumes,  die  durch  (sehr  breite)  Gänge  von  je  1,28  m  getrennt  sind.  Das 
erste  hat  2  X  5,10  m,  das  zweite  2  x  5,07  m,  das  dritte  2  X  3,52  m  verfüg- 
bare Länge.  Da  jedes  Regal  9  Böden  enthiUt,  so  ergeben  sich  im  ganzen 
47,61+28,17  4-21,60  4- 91,80 +  91,26 +  63,36  m  =  343,80  laufende  Meter, 
die  also  für  3438  Kapseln  von  je  10  cm  Dicke  oder,  wenn  man  —  was  sehr 
reichlich  wäre  —  auf  jede  Kapsel  zur  bequemeren  Handhabung  noch  1  cm 
Zwischenraum  rechnet,  für  rund  3400  Raum  gewähren  würden.  Doch  sind 
die  Regale  erst  etwa  zu  '/s  vollbesetzt,  und  wiederum  ein  Teil  der  Kästen 
bezw.  Kapseln  erst  z.T.  gefüllt.  Die  Sammlung  enthält  z.  Z. :  370  Pro- 
gramm-Sammelbände, 1385  Kapseln  (davon  1290  zu  je  29  cm  Höhe, 
23  cm  Breite,  7  cm  Dicke,  95  zu  je  25  cm  Höhe,  18  cm  Breite,  7  cm  Dicke 
—  meist  für  bayerische  und  österreichische  Programme)  und 
176  Kästen  (je  15  cm  hoch,  24|  cm  breit,  30^  cm  tief).  Die  letzteren 
dienen  banptsächlich  für  die  eigenen  Programme  der  Anstalt  und  die  der 
höheren  Schulen  von  Berlin  und  Umgebung.  Diese  1 76  Kasten  sind  gesondert 
aufgestellt  (nach  Schulen  geordnet).  Die  Kapseln  (ebenfalls  nach  Schulen 
geordnet)  enthalten  die  Programme  der  übrigen  am  Tauschverkehr  beteiligten 


d$2  P''<>S<'aiiinwesoo  ond  Programmbibliothek  d.  höh.  Schoieo, 

Id  dem  soeben  Ausgeföhrten  muBte  gelegenüich  schon  die 
Frage  der  Systeme  beröhrt  werden,  nach  welchen  die  Pro- 
gramme in  den  Fächern,  Kästen  und  Kapseln  etwa  einzuordneo 
wären.  Ich  wende  mich  nun,  nachdem  aile  Vorfragen  erledigt 
sind,  zur  Skizzierung  dieser  möglichen  Systeme  im  Zusammenhange. 

d)  Mögliche  Systeme  der  Einordnung.  Die  Frage, 
ob  vielleicht  die  Abhandlungen  gesondert  von  den  Jahres- 
berichten in  der  Programmsammlang  nach  irgend  einem  System 
zu  ordnen  wären,  kann  nach  dem  oben  (S.  3$7L)  Ausgeföhrten 
kurz  erledigt  werden.  Solange  eine  allgemeine  äuBere  Trennung 
der  beiden  Teile  des  Programms  nicht  dorchgeföhrt  ist,  kann 
man  auch  hier  an  gesonderte  Ordnung  der  Abhandlungen  nicht 
denken.  Man  wird  das  im  Interesse  der  systematischen  bequemen 
Ausnutzung  bestimmter  Fachgebiete,  die  in  der  Programmliteratur, 
wie  aus  dem  Verzeichnis  ausgewählter  Programme  (o.  S.  35 
— 122)  ersichtlich  ist,  eine  oft  umfassende  Bearbeitung  ge- 
funden haben,  bedauern,  aber  schwerlich  ändern,  wenn  man  nicht 
auf  jede  einheitliche  Ordnung  der  Jahresberichte,  die  weiuus  die 
Mehrheit  der  Programme  ausmachen,  verzichten  will.  Anstalten, 
die  trotz  so  gewichtiger  Bedenken  diesen  Weg  beschritten  haben 
und  an  ihm  festhalten,  müssen  die  nachteiligen  Folgen  selbst 
tragen.  Ebensowenig  ist  es  zu  billigen,  wenn  man  —  wie  gelegent- 
lich geschieht  —  die  Programme,  welche  Abhandlung  und  Jahres- 
bericht in  einem  Hefte  vereinigen,  gewaltsam  auseinander- 
reif st^).  Ich  bin  der  Meinung,  daß  heute  —  wie  die  Dinge 
nun  einmal  liegen  —  die  getrennt  erscheinenden  Ab- 
handlungen zu  den  Jahresberichten  der  Schulen  und 
Jahrgänge  zu  legen  sind,  zu  denen  sie  gehören.  Da 
die  Klufsmannsche  Bibliographie,  das  Teubnersche  und  das 
Berliner  Verzeichnis  vorliegen,  hat  es  keine  Schwierigkeit,  jede 
Abhandlung  (von  1876  ab)  in  einer  sonst  wohl  geordneten  Pro- 
grammsammlung  zu  finden  und  zu  benutzen.  Will  man  noch 
besondere  Programmkataloge  ober  den  Bestand  der  Samm- 
lung der  betr.  Schule  selbst  anlegen  (besonders  für  die  Zeit 
vor  1876),  um  so  besser;  vgl.  darüber  unten  Abschniti  4. 

Ich  setze  also  voraus,  daß  jede  Abhandlung  bei  dem 
Jahresbericht    der    Schule    eingeordnet    wird,    zn  dem 


Anstalten  aad  weiseo  die  uoiinterbroehene  alphabettsehe  Folge  «nl^  wie  sie 
KlnfsniaDDS  Ortsrerseichois  (o.  S.  239 f.)  bietet.  Da  die  Regale  nrsfrüH' 
lieh  auf  Kästeo  berechaet  waren  and  die  Kap  «ein  erst  später  eiagefibTt 
worden  sind,  ist  ihre  Tiefe  dorehwe;  gröfier,  als  bei  der  jetziges,  u 
rand  90%  ans  Kapseln  bestehendea  Besetzung  nötig  wäre.  Sie  betragt  bei 
den  Wandregalen  U,33  cm.,  bei  den  doppelseitigen  0,67  cn.  Da  der  Rssb 
aber  sehr  reichlich  bemessen  ist  und  sogar  noch  weitere  Regale  aBfaehaei 
könnte,  was  in  den  nächsten  30  Jahren  kaum  erforderlich  sein  wird,  ist 
das  za  ertragen. 

>)  Vgl.    hierüber    schon  Förstemann  a.  a.  0.  {Bibl.  Abt.  4,  Nr.  65) 
S.  13. 


von  R.  Ullrich.  383 

sie  gehört,  und  frage  nun,  indem  ich  die  Jahresberichte 
als  Grundlage  jeder  systematischen  Ordnung  annehme, 
geiler,  welches  System  sich  hierbei  am  meisten  empfiehlt. 

In  der  Hauptsache  scheinen  zwei  möglich:  Das  System 
nach  Jahrgängen  und  innerhalb  dessen  nach  der 
Reihenfolge  der  Teubnerschen  Nummern  (d.  h.  nach 
Staaten  bezw.  Provinzen,  Schularten  und  erst  innerhalb 
dieser  nach  Orten  bezw.  Schulen),  sodann  das  nach  Orten 
und,  wo  mehrere  Schulen  an  einem  Orte  vorhanden  sind,  inner- 
halb dieser  Orte  nach  Anstalten.  Jedes  der  beiden  Systeme 
hat  etwas  für  sich;  und  da  sehr  viel  davon  abhängt,  welches 
System  je  nach  den  Bedürfnissen  eines  Kollegiums  für  das  zweck- 
mäßigere gehalten  wird,  möchte  ich  weder  das  eine  noch  das 
andere  absolut  als  das  bessere  hinstellen.  Nur  das  kann  gesagt 
werden,  daß  mit  Rucksicht  auf  die  an  so  vielen  Stellen  sehr 
schwierige  Raumfrage  äufserlich  das  erste  den  Vorzug 
verdient;  es  wird  eben  einfach  jeder  neue  Jahrgang  an  den 
vorhergehenden  angereiht,  die  betr.  Kästen  oder  Kapseln  werden 
voll  besetzt,  und  man  hat  in  jedem  Jahre  einen  genauen 
Oberblick  über  den  noch  freibleibenden  Raum.  Auch  ist  die 
Muhe  der  Ginordnung  —  was  an  manchen  Stellen  den  Aus- 
schlag geben  wird  —  ganz  erheblich  geringer,  und  jedes  einzelne 
Programm,  das  man  sucht,  ist  doch  ebenso  leicht  zu  finden  als 
bei  der  Anordnung  nach  Orten  bezw.  Schulen.  Das 
letztere  System  hingegen  erfordert,  wenn  es  von  Anfang  an 
zugrunde  gelegt  wird,  erheblich  mehr  Raum  (s.  o.  S.  djl);  die 
Behälter  füllen  sich  erst  im  Laufe  vieler  Jahre,  und  hat  man 
sich  bei  verhältnismäßig  engen  Räumen  für  dies  System  ent- 
schieden, so  kann  man  einmal  leicht  in  Verlegenheit  geraten,  wenn 
in  schneller  Folge  —  wie  gerade  in  unseren  Zeiten  —  sehr  viel 
Beue  Schulen  hinzukommen.  Man  beachte  also  hier  die  Raum- 
frage ganz  besonders.  Auch  die  Einordnung  macht,  wie 
natürlich,  sehr  viel  mehr  Umstände.  Es  sind  viele  Hunderle 
von  Handgriffen  nötig  gegenüber  einigen  Dutzend  bei  dem  anderen 
System. 

Ober  die  Praxis  bei  der  systematischen  Einordnung 
selbst  ist  noch  einiges  zu  bemerken.  Bei  dem  Sjstem  nach 
Jahrgängen  usw.  ergibt  sie  sich  eigentlich  von  selbst.  Nehmen 
wir  etwa  den  neusten  Jahrgang  1907,  so  wird  man,  je  nach  der 
Höhe  der  Kästen  bezw.  der  Dicke  der  Kapseln,  in  dem  ersten 
Behälter  die  Provinz  Ostpreufsen  unterbringen,  unter  Um- 
ständen auch  noch  Westpreufsen  hinzufugen  können,  im 
zweiten  und  dritten,  ev.  noch  im  vierten,  Brandenburg,  im 
nächsten  etwa  Pommern  und  Posen  usf.;  gegen  Ende  würde 
Bayern  (leider  nur  die  Abhandlungen  der  Gymnasien  s.  o. 
S.  209t)  in  etwa  zwei  Behältern  folgen,  Österreich  mit  seinen 
69  Programmen  (s.  o.  S.  169  Anm.  3),   zu    denen   noch  die  der 


384  Programmwesen  aod  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalea, 

siebenbürgischen  Anstalten  kSmen,  den  Beschlufi  machen.  Ob 
man  diese  Ordnung  för  jeden  Jahrgang  einheitlich  durchfuhren 
und  die  betr.  Behälter  hintereinander  aufstellen,  oder  kleine  Abr 
weichungen,  die  sich  dem  anderen  System  annähern  würden,  zu- 
lassen will,  könnte  erwogen  werden.  So  ließe  sich  z.  B.  denken,  daß 
man  die  Programme  von  Bayern  und  Österreich  nicht  in  den 
ganzen  Zusammenhang  einreihte,  sondern  sie  für  sich  nach  Jahr- 
gängen ordnete.  Besonders  wo  der  Raum  sehr  knapp  ist,  wäre  dies 
sogar  beinahe  notwendig;  man  kann  für  das  kleinere  Format  der 
Programme  dieser  Länder  ein  besonderes  Regal  mit  entsprechend 
geringeren  Abmessungen  aufstellen.  Von  den  wenigen  Berichten 
der  Schweiz,  die  z.  Z.  in  den  deutschen  Tauschverkehr  kommen 
(s.  0.  S.  170  und  211 1)^  würde  man  natürlich  mehrere  Jahrgänge  in 
einem  Behälter  zusammenfassen.  Schilder,  die  nicht  zu  klein  sein 
dürfen  und  mit  leserlicher  Schrift  zu  versehen  wären,  hätten 
den  Inhalt  jedes  Behälters  knapp,  aber  genügend  deutlich  zu  be- 
zeichnen, also  z.  B.: 

1907.  1907.  1907. 

/.  Prwfsen.  L  Preufsen.  XXU-XIT.  Hanse- 

Ost«  nnd  West-  Brandenbnrg.  stiUlte. 

Preufsen«  A.  900^B2n. 

1—57,  Gymnasien 

nnd 

Progymaasien. 

58—104. 

1907.  1907. 

Bayern  1.  Österreich  3. 

A— L.  W-Z. 

Ob  es  nützlich  wäre,  die  in  einzelnen  Behältern  fehlenden 
Programme,  falls  ihrer  —  wie  zu  hoffen  —  nur  wenige  sind, 
auf  einem  besonderen,  etwa  am  unteren  Teile  der  Stirnseite 
der  Kästen  bezw.  unten  auf  dem  Rücken  der  Kapseln  an- 
zubringenden Schilde  kurz  zu  bezeichnen,  kannte  man  erwägen. 
Schaden  würde  es  nicht,  wohl  aber  vergebliches  Suchen  ersparen, 
falls  man  nicht  ein  besonderes,  wenn  auch  knappes  Verzeichnis 
über  den  ganzen  Programmbestand  überhaupt  anlegen  will  (s.  u. 
Abschnitt  4).  Da  die  Einheiten,  die  man  in  den  einzelnen 
Behältern  unterbringt,  je  nach  der  Zahl  der  Schulen  in  den  ein- 
zeluen  Provinzen  verschiedenen  Umfang  haben  werden,  wäre  es 
vielleicht  zu  empfehlen,  z.  B.  bei  einer  größeren  Bestellung  von 
Pappkapseln  nicht  alle  in  gleicher  Dicke  herstellen  zu 
lassen,  sondern  zwischen  7  und  10  cm  etwas  zu  variieren, 
damit  kein  Raum  unnötig  verloren  geht  und  möglichst  viel 
Freiheit  bleibt,  mit  geeigneten  Einheiten  gerade  einen  Behälter 
zu  füllen. 

Legt   man    das  andere  System   der  Einteilung  zugrunde, 
so  erhält  jede  Schule  grundsätzlich  einen  Kasten  bezw.  eine 


von  R.  Ullrich.  385 

Kapsel  för  sich,  ältere  Schulen  unter  Umständen  mehrere;  der 
jeweilige  neuste  Jahresbericht  mit  der  ev.  zugehörigen  Ab- 
handlung liegt  oben  bezw.  steht  vorn.  Besondere  Sorgfalt 
möge  hierbei,  was  zu  bemerken  keineswegs  öberflässig  ist,  jede 
Schule  auf  ihre  eigenen  Programme  verwenden.  Es  wird  ja 
über  den  unmittelbaren  Bedarf  hinaus  wohl  bei  jeder  Anstalt  eine 
Anzahl  von  Exemplaren  hergestellt,  um  auch  späteren  Anfragen 
zu  genügen.  Einen  Teil  behält  der  Direktor  für  das  Publikum 
zur  Verfügung  in  seinem  Zimmer,  ein  Exemplar  ist  dem  Archiv 
zu  überweisen,  die  übrigen  —  nicht  zu  wenige,  etwa  je  40 — 50 
von  Abhandlungen  und  Jahresberichten  —  müssen  der  Pro- 
grammbibliothek überwiesen  werden.  Ein  Kasten  bezw.  eine 
Kapsel  oder  auch  deren  zwei  mögen  für  je  einen  Jahrgang  be- 
stimmt sein!  Der  Vorrat  möge  mit  Nutzen  verwendet  werden, 
besonders  im  Interesse  von  auswärtigen  Schulmännern  und  Ge- 
lehrten, die  später  die  betr.  Programme  für  wissenschaftliche 
Zwecke  nötig  haben,  sie  aber  von  großen  Bibliotheken  oder  ihren 
eigenen  Schulen  nicht  oder  doch  nicht  lange  genug  zur  Be- 
nutzung  erhalten  können.  Die  letzten  drei  Exemplare  sollten 
„eiserner  Bestand*'  bleiben;  sie  dürfen  nicht  mehr  gratis  ab- 
gegeben, sondern  nur  noch  leihweise  gegen  Quittung  überlassen 
werden  (vgl.  .auch  Abschnitt  6).  —  Die  Aufschriften  könnten 
bei  diesem  System  etwa  so  aussehen: 

Berlia«                          Berlin.  Halle. 

Friedr.'H^erd.  Friedr-fTerd.  Stadt-G. 

G.                                     G.  I. 

I.                                       II.  1869  —  1890. 

1825  —  1850.  1851  —  1875. 

Nordhansen.  Saarbrücken.  Wien. 

KönirL  Rg,  RönigL  OR,  ^kad.  G. 

Tu.  II.  III. 

1889—  1894—  1901  — 

Aach  hier  wäre  zu  erwägen,  ob  nicht  vielleicht  die  fehlenden 
Programme  auf  einem  besonderen  Schilde  kurz  vermerkt  werden 
könnten;  die  Ausführung  —  immer  vorausgesetzt,  daß  es  nur 
wenige  in  jedem  Behälter  sind  —  ist  bei  diesem  System  ein- 
facher, da  nur  der  fehlende  Jahrgang  mit  ev.  Zusatz,  ob  Jahres- 
bericht oder  Abhandlung  oder  beide  fehlen,  anzugeben  wäre, 
also  z.  B.: 

Es  fehlen: 

1855  Ahh,  u.  Jh. 

1872  Ahh. 

1875  Jh. 

Natürlich  wären  nur  solche  Abhandlungen  als  „fehlend**  anzu- 
geben, von  denen  feststeht,  daß  sie  tatsächlich  erschienen  sind 
—  worüber  die  Programmbibliographien  Auskunft  geben. 

Zaltsabr.  f.  d.  Qjmi» mUI wen.    LZL    Bupplementlieft.  25 


d$^  Pro^rammwesen  and  Profrimnbibliotiiek  d.  höh.  Schaleo, 

Besonders  käme  hier  weiter  in  Frage,  was  schon  bei  anderer 
Geiegenheit  erörtert  worden  Ut  (vgl.  o.  S.  240),  ob  man  die 
ganze  Sammlung  durchgehends  alphabetisch  ordnen, 
oder  gröTsere  staatliche  Einheiten  zngrande  legen  und 
erst  innerhalb  dieser  die  alphabetische  Ordnung  nach 
Orten  bezw.  Schalen  eintreten  bssen,  vielleicht  sogar,  wie 
z.  B.  in  Preufsen,  jede  Provinz  för  sich  aufstellen  S4ill. 
Für  die  Entscheidang  kommen  dieselben  Gesichtspunkte  in  Betracht, 
die  oben  (a.  a.  0.)  berOhrt  worden  sind.  Ich  für  meine  Person 
halte  es  fQr  zweckmißiger,  wenn  man  auch  hier  das  politisch 
Zusammengehörige  bis  zu  eitlem  gewissen  Grade  räumlich  ver- 
einigt. Die  Jahresberichte  von  Beigard  und  Bensheim  wird 
man  schwerlich  gerade  nebeneinander  benutzen  wollen,  wohl  aber 
Bensheim  neben  Büdingen,  ebensowenig  etwa  Lucken- 
walde neben  Ludwigsburg,  gewiß  aber  letzteres  neben  Heil- 
bronn; Tauberbischofsheim  und  Teschen  nebeneinander 
haben  keine  Beziehung,  desto  mehr  wieder  letzteres  zuTroppau  usf. 
Mindestens  wird  jeder  Schulmann,  der  sich  näher  mit  den  Pro- 
grammen, insbesondere  mit  den  Jahresberichten,  beschäftigt,  Wert 
darauf  legen,  die  Schulschriften  seines  eigenen  Landes  auch  in 
der  Programmsammlung  leicht  beisammen  zu  haben.  Gerade  in 
einer  Schulbihliothek  hat  m.  E.  die  rein  alphabetische  Ordnung 
durch  das  ganze  Gebiet  etwas  sehr  Mechanisches;  ffir  den  Aus- 
leihebetrieb der  großen  Bibliotheken  wären  dagegen  die  rein  prak- 
tischen Gesichtspunkte  natörlich  wichtiger.  Es  macht  dabei  kaum 
einen  Unterschied,  ob  in  der  Programmsammlung  selbst  ge- 
arbeitet wird  —  wie  dies  z.  B.  der  Verfasser  dieser  Arbeit  sehr 
oft  getan  hat  —  oder  ob  Programme  ausgeliehen  werden.  Daß 
jemand  zu  gleicher  Zeit  Jahresberichte  von  Wolfenböttel, 
Wongrowitz  und  Worms  bestellt,  ist  wohl  schwerlich  anzu- 
nehmen, wogegen  dasselbe  z.  B.  für  eine  Serie  braun- 
schweigischer  Berichte  verschiedener  Schulen  verständlich 
wäre.  Ich  bin  also  entschieden  dafQr,  daß  die  gröfseren 
staatlichen  Einheiten  —  etwa  in  der  Beibenfolge  des  vor- 
läufigen Teubnerschen  Verzeichnisses  (S.  170, /9  2)  —  zugrunde 
gelegt  werden  und  erst  innerhalb  dieser  die  (bei  Preußen 
noch  unter  die  einzelnett  Provinzen  unterzuordnende)  alpha- 
betische Folge  nach  Orten  bezw.  Schulen  tritt. 

In  sachlicher  Beziehung  —  Ober  die  räumliche  s.  o.  S.383f[. 
—  hat  jedes  der  Systeme  besondere  Vorteile.  Es  kann 
ebenso  erwünscht  sein,  einen  vollständigen  Jahrgang  aller  Schnl- 
nachrichten  oder  bestimmter  Länder  bezw.  Provinzen  unmittelbar 
beieinander  zu  haben,  wie  bei  dem  ersten  System  gescliieht,  um 
z.  B.  eine  vergleichende  Obersicbt  über  bestimmte  Verhältnisse 
der  Schulen  zu  derselben  Zeit  zu  gewinnen,  wie  andererseits 
wieder  Wert  darauf  gelegt  werden  wird,  die  Entwicklung  einer 
Schule    im    Laufe    der   Jahre   oder  Jahrzehnte,    des  Schulwesens 


voü  R.  Unpich.  3S7 

einer  größeren  Stadt  usf.  leicht  rerfolgen  zu  können,  was  durch 
das  zweite  System  begünstigt  wird.  Die  Entscheidung  ist,  wie 
schon  oben  bemerkt,  kaum  bestimmt  zu  treffen.  Persönlich 
möchte  ich  mich  nach  längerer  Praxis  auf  diesem  Gebiete  und 
den  dabei  gemachten  guten  oder  schlechten  Erfahrungen  mehr  für 
das  zweite  entscheiden;  doch  kann  das  natürlich  im  ganzen  nicht 
maßgebend  sein.  Die  oft  beschränkten  räumlichen  Verhältnisse 
werden  vielfach  eher  dazu  fuhren,  das  erste  zu  wählen.  Denkbar 
wäre  aber,  daß  z.  B.  ältere  Anstalten,  wenn  sie  in  einem  Neubau 
reichlicheren  Raum  gewinnen,  von  der  ersten  Methode  zur  zweiten 
übergingen,  falls  Wünsche  in  dieser  Richtung  sich  mehrfach  geltend 
gemacht  haben.  Daß  das  Umgekehrte  eintritt,  ist  ebenfalls  denk- 
bar, aber  wohl  weniger  wahrscheinlich.  Da,  wo  man  früher  die 
Programme  zu  Sammelbänden  Tereinigt  hat,  wird  die  dabei  be- 
folgte Methode,  falls  sie  die  Folge  der  Jahresberichte  zur  Richt- 
schnur nahm  und  einigermaßen  zweckmäßig  war,  auch  jetzt  maß- 
gebend sein  können^). 

Mögen  indessen  die  Systeme  der  Aufbewahrung  und  die 
Methoden  der  Einordnung  sein  welche  sie  wollen:  wenn  nur 
überhaupt  irgend  eine  Ordnung  so  konsequent  durch- 
geführt ist,  daß  das  Auffinden  eines  bestimmten  Pro- 
gramms gesichert  wird!  Die  obigen  Ausführungen  haben 
eben  nur  einige  in  der  Praxis  vieler  Anstalten  erprobte  Methoden 
vorführen  und  zu  der  Befolgung  der  einen  oder  andern  in  solchen 
Fällen  anregen  wollen,  wo  die  Ordnung  der  Programmsammlung 
von  alters  her  zu  wünschen  übrig  ließ  oder  neue  Schulen  daran- 
gehen, gleich  die  erste  Anlage  so  einzurichten,  daß  später  Miß- 
stände vermieden  werden. 

Wäre  somit  die  äußere  Ordnung  der  Sammlung  sicher- 
gestellt, so  bliebe  endlich  noch  zu  erörtern,  durch  welche 
Mittel  ihre  Benutzung  weiter  erleichtert  werden  kann.  Ich 
spreche  zunächst  von  der  Katalogisierung. 

4.    Katalogisierung   der  Programme. 

Daß  der  Gebrauchswert  einer  Bibliothek  von  guten  Katalogen 
wesentlich  abhängt,  deren  womöglich  mehrere  und  nach  ver- 
schiedenen Gesichtspunkten  gearbeitete  vorhanden  sein  sollten, 
kann  heute  als  ausgemacht  gelten;  auch  daß  diese  Kataloge  dem 
benutzenden  Publikum  in  möglichst  weitem  Umfange  direkt  zu- 
gänglich zu  machen  sind,  wird  jetzt  selbst  in  den  Kreisen  großer 

^)  Aoch  in  der  Pro^rammsammloDg  des  Berlinischeo  Gymnasiams 
zum  graaeD  R  ioster  siod  in  früheren  Jahrzehoteo  die  Prof^ramme  der 
einzelnen  Sehnlen  zu  Sammelbändeo  vereinigt  worden.  Davon  ist  man 
seit  längerer  Zeit  aus  den  oben  (S.  374)  erwähnten  Grüodeu  abgegangen.  Die 
Methode  der  Sammlang  der  broschierten  Exemplare  jeder  Schale  in  Papp- 
kapseltt  (S.381  A.  9)  schließt  sich  aber  jetzt  unmittelbar  an  den  früheren 
Braach  an. 

2S* 


388  Pro^rammwesen  und  Programmbibliothek  d.  höh.  Schales, 

und  größter  Bibliotheken,  und  manchmal  unter  schwierigen  Ver- 
bältnissen, immer  mehr  anerkannt,  luden  Lehrerbibliotbeken 
ist  in  beiden  Beziehungen  noch  manches  nachzuholen,  wie  ich 
frAher  ausgeführt  habe^).  Solange  nun  hier  schon  die  ge- 
schriebenen Kataloge  der  Lehrerbibliothek  im  engeren 
Sinne  in  bezug  auf  Einrichtung  und  vor  allem  auf  Möglichkeit 
leichter  Benutzung  noch  viel  zu  wünschen  öbng  lassen,  wird  man 
zunächst  danach  streben  müssen,  diese  Verhältnisse  als  die 
wichtigeren  zu  bessern,  und  die  Katalogisierung  der  Pro- 
graromschätze  jeder  einzelnen  Anstalt  wird  an  manchen  Stellen 
noch  lange  ein  frommer  Wunsch  bleiben.  Daß  diese  Aufgabe 
gleichwohl  geradebei  gröfseren  Programmsammlungen  recht  widitig 
und  daher  im  Auge  zu  behalten  ist,  dürfte  einleuchten.  Denn 
mag  die  Ordnung  in  der  Sammlung  selbst  noch  so  vollkommen 
sein  (was  sie  bei  weitem  noch  nicht  überall  ist),  ja  mag 
selbst  durch  geeignete  Notizen  (s.  o.  S.  384  und  385)  über  die 
fehlenden  Ftogramme  eine  wenn  auch  umständliche  Orientierung 
Ober  den  ganzen  Bestand  ermöglicht  werden,  den  vollen  Wert 
entfaltet  doch  gerade  diese  aus  Tausenden  und  Zehntausenden 
kleiner  und  kleinster,  aber  oft  sehr  wichtiger,  z.  T.  unschätzbarer 
Schriften  bestehende  Sammlung  erst  dann,  wenn  durch  ge- 
schriebene oder  gedruckte  Kataloge  eine  leichte  Obersicht 
über  das  Vorhandene  geboten  wird.  Also  Programmkataloge 
an  jeder  einzelnen  Anstalt! 

Wem  schon  das  Katalogisierungsgeschäft  bei  dem  spärlichen 
Jahreszuwachs  der  Lehrerbibliotheken  eine  lästige  Sache  scheint, 
oder  wem  die  irrige  Auffassung  von  der  „Minderwertigkeit*^  der 
meisten  Abhandlungen  oder  der  Bedeutungslosigkeit  der  Jahres- 
berichte, dieser  „Jabresballen  bedruckten  Papiers'S  gleichsam  zum 
Dogma  geworden  ist,  wird  natürlich  schon  den  Gedanken,  sogar  die 
Programmsammlung  katalogisieren  zu  sollen,  als  eine 
nicht  bloß  unberechtigte,  sondern  höchst  überflüssige  „Zumutung*' 
anzusehen  geneigt  sein.  Aber  selbst  wer  der  Sache  vorurteils- 
loser gegenübersteht  und  aus  eigener,  langer  Erfahrung  den  Wert 
der  Programme,  der  Abhandlungen  wie  der  Jahresberichte,  wohl 
kennt,  wird  vielleicht  Bedenken  tragen,  ihre  Katalogisierung  all- 
gemein zu  fordern.  Ich  möchte  das  letztere  zunächst 
auch  nicht  tun.  Was  in  großen  Bibliotheken  mit  zahlreichem, 
in  bibliographischen  und  Katalogisierungsarbeiten  geschultem  Per- 
sonal selbstverständlich  ist,  wird  bei  den  bescheideneren  Verhält- 
nissen der  Schul  bibliotheken  vielfach  noch  lange  ein  Wunsch 
bleiben.  Man  wird  hier  auch,  wie  die  Dinge  nun  einmal  liegen 
und  so  sehr  man  es  bedauern  mag,  scheiden  müssen  zwischen 


1)  Vgl.  Ben,  u.  Einr.  usw.  S.  20  ff.  (»  Z.  f.  d,  Gymn.'XKet.  LVIII  (1904) 
S.  692  IT.)  und  den  Artikel  Lehrerhihl  d,  Mh.  Schulen  in  Reios  En*,  Hdb,  d. 
Päd.  »  V  (1906)  S.  439—441. 


voa  R.Ullrich.  3S9 

Sammlungen,  die  von  alters  her  die  Fürsorge  emsiger 
Verwalter  auch  auf  diesem  Gebiete  erfahren  haben,  so 
daß  die  Forlföhrung  in  gegebenem  Rahmen  eine  ziemlich  einfache, 
auch  durch  gute  Tradition  geschützte  Sache  ist,  und  solcheo, 
die  sich  im  Zustande  einer  gewissen  Verwahrlosung 
befinden,  so  daß  selbst  ein  wirklich  interessierter  Vorsteher  dem 
Wüste  einigermaßen  ratlos  gegenübersteht.  Was  indessen  doch 
auch  hier  einige  Hoffnung  för  die  Zukunft  gibt,  ist  einmal  die  Tat- 
sache, daß  es  wirklich  heute  eine  ganze  Anzahl  von  Lehrerbibliotheken 
in  Deutschland  und  Österreich  gibt,  die  geradezu  bewunderns- 
werte geschriebene  Kataloge,  einige  sogar  mehrere  nach  ver- 
schiedenem System,  auch  für  die  Programmsammlung  be- 
sitzen^) und  mit  Konsequenz  fortführen,  andererseits  aber  der 
Umstand,  daß  es  gerade  hier  nicht  mehr  an  Mitteln  fehlt,  dit^ 
das  Katalogisierungsgeschäft  außerordentlich  erleich- 
tern.  Freilich  sind  diese  in  vielen  Schulen  noch  genau  so  wenig  be- 
kannt oder  gar  geschätzt,  wie  sie  es  vor  20  Jahren  waren  (o.  S.  222L). 
Man  hat  eben  wieder  versäumt,  wie  schon  in  anderen  Beziehungen 
bemerkt  worden  ist,  „Umschau''  zu  halten.  Unter  Benutzung 
dieser  Hilfsmittel  ist  die  Sache  aber  ziemlich  einfach,  sogar  ver- 
blüffend einfach,  und  wer  zunächst  etwa  vor  der  Aufgabe  zurück- 
schrecken sollte,  jedes  Jahr  so  und  so  viele  Hunderte  von  Ab- 
handlungen zu  „katalogisieren'%  d.  h.  die  oft  langen  Titel  voll- 
ständig einzutragen,  womöglich  mehrmals,  oder  gar  noch  die 
Existenz  einzelner  Jahresberichte  irgendwie  zur  Kenntnis  zu  bringen, 
wird  vielleicht  überrascht  sein,  daß  man  sich  in  sehr  einfacher 
und  doch  genügender  Weise  behelfen  kann,  wenn  man  nicht  ganz 
besonderes  Interesse  hat  und  Gutes  oder  gar  Vollkommenes  leisten 
will,  wie  das  in  den  oben  erwähnten  Fällen  geschehen  ist. 

Das,  was  ich  im  folgenden  vorzuschlagen  habe,  rechnet  also 
mit  verschiedenen,  von  Überlieferung,  Vorarbeiten  und  per- 
sönlichem Interesse  der  heutigen  Verwalter  abhängigen  Verhält- 
nissen, denen  sich  das  Verlangen  der  Benutzer  nach  Katalogi- 
sierung auch  der  Programme  wird  anpassen  müssen.  Daß  aller- 
dings überall  irgendwie  dafür  gesorgt  werden  muß,  die  Be- 
stände durch  geeigneten  Nachweis  so  weit  zugänglich  zu  machen, 
daß  jeder  Benutzer  wenigstens  wisse,  „was  da  ist'% 
scheint  mir  unabweisbar.  Am  wichtigsten  ist  das  überall  da, 
wo  man  sich  immer  noch  nicht  damit  befreunden  kann,  nach  dem 
Muster  der  Institutsbibliotheken  an  den  Universitäten  den  Lehrern 
jederzeit  den  Zutritt  zur  Bibliothek  ohne  weiteres  möglich  zu 
machen.  In  jedem  einzelnen  Falle  den  Verwalter  befragen  zu 
müssen,  ob  dies  oder  jenes  Programm,  was  man  gerade  braucht, 
auch  vorhanden  ist,  ist  eine  äußerst  umständliche  Sache  —  selbst 
wenn  dieser  befriedigenden  Bescheid  geben  kann,  was  nach  Lage 


y>)  Vgl.  sehoB  oben  S.  193  aod  S.  206. 


^^0  Prograrnnwesen  und  Progprammbibliothek  d.  hoh-Scholea, 

der  DiDge  kaum  öberall  zu   erwarten    ist    Man    oioB   also  ge- 
eignete Vorkehrungen  treffen. 

Wären  in  allen  Scbulbibliolbeken,  die  seit  1876  oder  von 
einem  späteren  Termin  ab  am  Programmtauscb  ohne  Einschränkung 
teilgenommen  haben,  die  seit  dem  betr.  Zeitpunkt  erschienenen 
Abhandlungen  und  Jahresberichte  tatsächlich  alle  vorhanden,  so 
bedürfte  man  wenigstens  von,  diesen  Zeitpunkten  ab  (in  Öster- 
reich von  1874  be^w.  von  späterevi  Termijpen  ab)  besonderer 
Katalogisierung  dier  Programme  überhaupt  nicht.  Es  wäre  ge- 
nügend, das  KluBmaonsche  Verzeichnis  (z.  Z.  über  die  Jahre 
1876 — 1900)^)  mit  einem  der  ergänzenden  Jahresverzeichnisse'), 
in  Ost  er  reich  außerdem  das  Bit  inersche  (1874 — 1905)')  nebst 
den  amtlichen  Jahr  es  Übersichten*)  in  der  Handbibliothek 
aufzustellen;  und  wenn  es  auch  unbequeo^  ist,  an  vier,  fünf  oder 
mehr  Stellen  nachschlagen  zu  müssen,  falls  man  zunächst  z.  B. 
den  Verfasser  einer  Abhandlung  oder  das  Jahr  ihres  Erscheinens 
nicht  kennt,  so  wäre  doch  wenigstens  ein  sicherer  Anhalt  ge- 
geben, das  Gesuchte  zu  finden.  Da  aber  au«  den  oben  {S.3Ö91) 
bezeichneten  und  anderen  Gründen  selbst  in  derartigen  Schul- 
bibliotbeken  eine  große  Zahl  von  Abbandlungen  und  Jahresberichten 
fehlt,  wird  man  nach  einem.  Mittel  suchen,  den  wirklichen  Bestand 
leicht  festzustellen.  Was  die  Abhandlungen  betrifft,  so  wäre 
schon  viel  gewonnen,  wenn  man  allgemein  zunächst  dazu  käme, 
in  den  KluBmannschen  Qänden  und  den  z.  Z.  bis  1906') 
reichenden  Ergänzungen,  eben;so  in  dem  Kl ttn ersehen  Ver- 
zeichnis selbst  das  in  der  Programmsammlung  der  Anstalt 
Fehlende  hervorzuheben,  etwa  dadurch,  daß  m^n  die  betreffenden 
Abhandlungen  mit  einem  geeigneten  Zeichen  versähe.  Das  setzte 
immerhin  voraus,  daß  nach  und  nach  der  Bestand  von  1876  oder 
bei  jüngeren  Anstalten  von  dem  Jahre  ihces  Beitritts  zqm  Tausch- 
verkehr ab  mit  den  bezeichneten  Bibliographien  sorgfaltig  ver- 
glichen würde.  Es  wäre  damit  schon  viel  geholfen.  Will  es  der 
Bibliothekar  allein  nicht  übernehmen,  so  hätte  die  oben  (S.  373) 
bezeichnete  Hilfe  einzutreten;  wichtig  genug  ist  die  Sache.  Und 
sie  könnte  ohne  besondere  Schreiberei  geleistet  werden.  Das 
Vorhandensein  oder  besser  das  Fehlen  bestimmter  Jahres- 
berichte konnte  für  1876r-1900  ebenfalls  in  dem  KUfs- 
mannschen  Verzeichnis  vermerkt  werden,  und  zwar  durch  ge- 
eignete Noten  in  dem  Ortsverzeichnis,  das  den  Tier  Bänden 
beigegeben  ist;  für  die  Zeit  von  1901  ab  wäre  man  für  Deutsch- 
land zunächst  auf  die  Orts  Übersichten  in  dem  Berliner  Ver- 
zeichnis,  für  Österreich  (von  1906  ab)   auf  das    amtliche, 

1)  Vgl.  0.  S.  112  Nr.  14  nod  S.  23S~241. 
S)  Vgl.  0.  S.  112  Nr.  13  b  and  15,  S.  217  a.  5. 
S)  S.  115  Nr.  30—32;  vgl.  aaeh  S.  255. 
*)  S.  115  Nr.  33,  S.  217. 
*)  Vgl.  0.  S.  171  Anm.  1. 


von  R.  Ullrich.  391 

nach  Schulen  geordnete  Jibresverzeichnis  angewiesen  (s.  o.)- 
Die  bezeichnete  Methode  ist  natörlich  nicht  die  vollkommenste, 
immerhin  aber  doch  besser  als  gar  keine,  und  weil  sie  verhältnis- 
mäßig einfach  ist,  hätte  sie  vielleicht  am  ehesten  Aussicht  auf 
allgemeinere  Durchfuhrung  auch  da,  wo  man  sich  auf  kompliziertere, 
besondere  Schreibarbeit  oder  andere  Verrichtungen  erfordernde 
Nachweisung' (s.  u.)  nicht  einlassen  will.  Allen  den  Anstalten, 
die  nach  1876  gegründet  bezw.  dem  Tauschverkehr  bei- 
getreten sind,  wäre  doch  schon  ein  wesentlicher  Dienst  geleistet. 
Aber  wie  sollen  die  älteren  Anstalten,  deren  Programme 
von  1875  bis  1825,  z.  T,  noch  weiter  zuröckreichen,  zu  einer 
Obersicht  über  diese  Bestände  gelangen?  Das  gleiche  Verfahren 
anzuwenden,  wie  dies  für  die  Programme  von  1876  (bezw.  in 
Osterreich  von  1874)  ah  möglich  ist,  geht  hier  nicht  an.  Die 
Bibliographien,  die  den  Bestand  an  Abhandlungen  von  1825 
ab  verzeichnen  (o.  S.  109  ff*),  sind  (S.  220)  nicht  bloß  an  sich 
unvollständig  und  selbst  in  dem,  was  sie  wirklich  geben,  ungenau, 
sondern  dazu  nicht  einmal  in  allen  älteren  Schulen  vorhanden, 
aach  heute  z.  T.  gar  nicht  mehr  zu  beschaffen.  Bei  ihrer  großen 
Zah)  und  ihrem  geringen,  sich  meist  nur  Ober  einen  kürzeren 
Zeitraum  erstreckenden  UmCnnge  wäre  die  Arbeit  des  jedesmaligen 
Suchens  fast  ebenso  umständlich  wie  etwa  eine  Vergleichung  der 
Bestände  jeder  Sammlung  (wobei  sich  die  Notwendigkeit  zahl- 
reicher Nachträge  ergeben  würde)  mit  den  in  diesen  Bibliographien 
aufgeführten  Abhandlungen.  Auf  eine  einfache  Bezeichnung  der 
Bestände  an  Jahresberichten,  wie  dies  von  1876  ab  leicht 
möglich  ist,  müßte  man  hier  beinahe  ganz  verzichten,  da  Orts- 
Yerzeichnisse  in  diesen  älteren  Bibliographien  nur  zum  kleineren 
Teile  vorhanden  sind.  Will  man  es  also  nicht  überhaupt  auf- 
geben, «ne  zuverlässige  Obersicht  über  die  Bestände  der  älteren 
Zeit  in  jeder  Programmsammlung  zu  erhalten,  so  wird  man  hier 
größere  Arbeit  aufwenden  müssen  als  für  die  Zeit  nach  1876, 
wenn  man  das  Ziel  erreichen  will.  Hätte  man  ein  Gesamt- 
Yerzeichnis,  wie  es  C.  Fr.  Müller  vorgeschlagen  hat')  und 
ich  oben  von  neuem  empfohlen  habe ')  —  kommen  muß  es  doch 
einmal  — ,  wie  viel  einfacher  lägen  auch  hier  die  Verhältnisse! 
Eine  sehr  wesentliche  Hilfe  wäre  es  auch,  wenn  wir  in  Deutsch- 
land, so  wie  das  in  Österreich  wenigstens  z.  T.  der  Fall  ist, 
den  oben  empfohlenen  und  begründeten  Brauch')  schon  hätten, 
die  eignen  Abhandlungen  jeder  Anstalt  auf  dem  Umschlag  ihrer 
Programme  jährlich  zu  verzeichnen!  Auch  das  wird  hoffentlich  ein- 
mal erreicht  werden.  Doch  darauf  zu  warten  wäre  überall  da 
nicht  rätlich,  wo  man  gewohnt  ist,    wenn  fremde  Unterstützung 


I)  Vffl.  0.  S.  125,  Nr.  98;  vgl.  aock  S.  236—288. 
>)  o.  S.  930  K. 
»)  o.  S.  221^225, 


jjf;2  Pro^ramin Wesen  and  Programmbibliothek  d.  hob.  Sebales, 

versagt,  sich  eben  selbst  su  helfen.  Glauben  einige  ältere  An- 
stallen, die  nicht  schon  geschriebene  Programmkataloge  besitzen, 
mit  entsprechenden  Noten  in  den  oben  angefahrten  Bibliographien, 
z.  B.  für  die  Zeit  von  1825 — 1860,  für  die  wir  noch  am  besten 
versorgt  sind,  in  derselben  Weise  auskommen  zu  können,  wie  das 
für  die  Zeit  von  1876  ab  in  der  oben  angegebenen  Art  etwa 
geschehen  könnte,  so  mögen  sie  es  immerhin  tun;  besser  als 
nichts  ist  es  auch.  Wo  aber  Wert  auf  Vollständigkeit  und  Zuver- 
lässigkeit gelegt  wird»  muß  doch  eine  genaue  Aufnahme  aot 
Grund  der  Bestände  selbst  erfolgen,  ein  Katalog  oder  besser 
zwei  (Zettelkatalog,  alphabetisch  nach  Verfassern,  Buch- 
katalog,  systematisch  im  Anschluß  an  die  Einteilung  der  betr. 
Bibliothek)  in  Angriff  genommen  werden;  für  die  Abfassung 
hätten  in  bezug  auf  Genauigkeit  die  Grundsätze  zu  gelten,  die 
heute  überhaupt  für  solche  Arbeiten  maßgebend  sind.  Natürlich 
ist  eine  derartige  Leistung  —  ich  wiederhole  es  —  eben  nur  da 
zu  erwarten,  wo  ganz  besonderes  Interesse  der  Bibliothekare, 
auch  geeignete  Mithilfe,  endlich  auch  Mittel  vorhanden  sind.  Das 
größere  oder  geringere  wissenschaftliche  Interesse  des  betr. 
Kollegiums  an  der  Sache  wäre  ja  auch  wohl  nicht  ohne  Einfloß 
auf  das  Beginnen  wie  das  Gelin^ren!  Einigen  Mut  macht  der 
schon  oben  erwähnte  Umstand,  daß  das  hier  Vorgeschlagene  nicht 
bloß  Theorie  ist,  sondern  an  manchen  Anstalten  längst  seine  Er- 
füllung gefunden  hat.    Also:  Vivant  sequentes. 

Daß  man  in  allen  solchen  Anstalten,  bei  denen  die  Vor- 
bedingungen für  ein  derartiges  Unternehmen  günstig  liegen, 
natürlich  bei  1825  und  1876  nicht  Halt  machen,  sondern  die 
etwa  über  1825  hinausgehenden  Bestände  gleich  denen  der  letzten 
Jahrzehnte  einbeziehen  wird,  scheint  selbstverständlich.  Denn  so 
erfreuliche  Hilfe  auch  die  für  die  Zeit  von  1876  (bezw.  1874)  ab 
vorliegenden  Bibliographien  für  die  oben  (S.  390)  empfohlene  ein- 
fachste Methode  gewähren,  es  bleibt  doch  immer  der  Obelstand 
bestehen,  daß  man  erst  an  mehreren  Stellen  nachschlagen  muß^), 
um  zum  Ziele  zu  kommen.  Eine  Gesamtübersicht  ist  auch 
hier  für  jedes  Lehrerkollegium,  das  den  Programmen  ein  mehr 
als  gewöhnliches  Interesse  zuwendet,  ein  Bedürfnis.  Und  es 
braucht  nur  geringer  Schreibarbeit,  wenn  man  die  längst 
vorhandenen  bequemen  Hilfsmittel  beachten  und  benutzen 
wollte.  Ich  meine  z.B.  die  Verwendung  der  Teubnerschen 
definitiven  Jahresverzeichnisse  (von  1876  ab)  und  der  ent- 
sprechenden Berliner  (von  1889  ab).  Das  erste  erscheint  neben 
der  Ausgabe,  die  dem  Suuisiischen  Jahrhuck  am  Schlüsse  bei- 
gegeben wird,   auch  im  Sonderdruck   —   was   durchaus  noch 

^)  Für  die  Siterreichifchen  Prosramme  von  1874—1905  vereU- 
facht  sich  die  Sache,  was  wenigateoa  die  AbhandlangeB  betrifft,  ias^fera 
wesentlich  —  weoisiteos  fnr  jetzt  — ala  hier  nur  an  zwei  Stellen  oaeh- 
peschlai^en  zu  werden  braacht. 


voD  R.  Ullrich.  3^3 

nicht  aligemein  bekannt  ist,  seit  1888  auch  einseitig  be- 
druckt (und  mit  breiteren  Zwischenräumen  zwischen  den 
einzelnen  Titeln),  das  Berliner  ist  von  Anfang  an  auch  ein- 
seitig bedruckt  erschienen  und  gerade  für  die  Zwecke  der 
Katalogisierung  recht  eigentlich  bestimmt^).  Man  hat  also 
nur  nötig,  von  1888  bezw.  von  1889  ab  je  ein  Exemplar,  für 
die  Zeit  von  1876 — 1887  je  zwei  Exemplare  dieser  Jahres- 
verzeichnisse zu  erwerben*),  sie  zu  zerschneiden,  auf  Zettel 
oder  direkt  in  einen  zweckmäßig  einzurichtenden  systematischen 
Buchkatalog  zu  kleben  —  will  man  beide  Arten  anlegen,  um 
so  besser  —  und  gewinnt  so  ein  Hil£Bmittel,  bei  dessen  Her- 
richtung die  Hauptarbeit  des  Bibliothekars  (und  seiner  ev.  Ge- 
hilfen s.  0.  S,  373)  in  dem  Ordnen  bestände.  Schneiden  und 
Kleben,  besonders  bei  einem  Zettelkatalog,  könnten  auch  sub- 
alterne Kräfte  besorgen,  Schuldiener  oder  Buchbinder.  Die 
Ausgaben  wären  für  jede  Schulbibliothek  erschwinglich.  Ob 
man  von  1889  ab  das  Berliner  oder  das  zweite  Teubnersche 
Verzeichnis  zugrunde  legen  will,  hinge  von  besonderen  Um- 
ständen ab,  ein  wenig  auch  von  den  Kosten.  Das  Berliner 
Verzeichnis  ist  zuverlässiger,  aber  auch  teurer^)  —  was  för  die 
Anschaffung  von  18  Jahrgängen  für  kleinere  Etats  immerhin  ins 
Gewicht  fallt.  Für  die  systematische  Einordnung  ist  das 
Teubnersche  bequemer,  da  es  sie  schon  gleichmäßig  bietet, 
während  sie  bei  Benutzung  des  Berliner  Verzeichnisses  erst  zu 
überlegen  wäre.  Auch  das  Format  könnte  mitsprechen, 
wenigstens  soweit  Zettelkataloge  in  Betracht  kämen.  Die  Zettel- 
kataloge vieler  älterer,  mir  bekannter  Schuibibiiotbeken  haben 
kleineres  Format  in  der  Breite,  als  sie  das  Berliner  Verzeichnis 
mit  101  cm)  bietet;  die  geringere  Breite  der  Teubnerschen  (8  cm) 
dürfte  beinahe  für  alle  vorhandenen  Zettelkataloge  passen.  Jede 
Programmbibliothek  mag  also  wählen,  was  für  ihre  Verhältnisse 
und  Mittel  passend  ist.  Wenn  sie  nur  überhaupt  wählt!  Zu 
Cragen  wäre  noch,  ob  derartige  Programmkataloge  ge- 
sondert herzustellen,  oder  die  Bestände  in  die  ent- 
sprechenden Hauptkataloge  der  betr,  Anstalten  ein- 
zuordnen seien.  Sachlich  wäre  das  letztere  empfehlenswerter; 
man  hätte  eben  alles,  was  die  Bibliothek  auf  bestimmten  Gebieten 
überhaupt  enthält,  an  einer  Stelle  beisammen.  Aber  es  werden 
sich  in  zahlreichen  Fällen,  wenn  nicht  in  den  meisten,  gerade 
bei  älteren  Schulbibliotheken  Schwierigkeiten  in  formeller 
Beziehung  herausstellen,  wenigstens  bei  den  systematischen 
Katalogen,  die  fest  gebunden  sind  und  an  vielen  Stellen  nicht  mehr 
Platz  genug  hätten  (o.  S.  320),  die  unerwarteten  Zugänge  alle  auf- 

')  Vfl.  fchoo  die  BemerkuDgeo  o.  S.  222 f. 

')  Die  TeubnerieheD  siDd  beioahe  alle,  die  Berlioer  sämtlich  Doch 
ZQ  habeo. 

')  \g\.  o.  S.  112,  Nr.  13b  aod  15;  8.  a.  S.  222f. 


394  Programmwesen  ond  Programmbibliothek  d.  hob.  Schalea, 

zunehmen.  Da  aber  Oberhaupt  das  ganze  Progranimwesen  ein 
Organismus  für  sich  ist»  neige  ich  mehr  dazu,  gesonderte 
Programmkataloge  zu  empfehlen.  Auch  im  Hinblick  aaf  die 
Bestände  der  einzelnen  Anstalten  an  Jahresberichten.  Denn 
natürlich  müßten  auch  diese,  und  zwar  von  Anfang  an,  in  den 
Katalogen  der  Zukunft  irgendwie  vertreten  sein.  Ohne  etwas 
mehr  Schreibarbeit  —  die  ja  übrigens  selbst  bei  den  Katalogen 
über  die  Abhandlungen  wenigstens  gelegentlich  nicht  ganz  fehlen 
würde  —  ginge  es  hier  fireilich  nicht  ab.  Zwar  war  für  die 
Zeit  von  1876  ab  ein  bescheidenes  Mittel  angegeben  worden^ 
auch  ihren  Bestand  festzustellen  (o.  S.  390  t)*  Aber  tur  die 
frühere  Zeit  ist  das  nicht  möglich,  und  selbst  für  die  letzten 
Jahrzehnte  ergeben  sich  manche  Unbequemlichkeiten.  Auch  hier 
ist  das  Bedürfais  nach  einer  Gesamtübersicht  vorhanden. 
Es  bedarf,  scheint  mir,  abgesehen  von  der  allmählich  durch- 
zuführenden Revision  der  Bestände  der  Sammlung  selbst  nor 
geringer  Aufwendung  an  Arbeit,  um  eine  befriedigende  Übersicht 
zu  geben.  Man  hat  nur  nötig,  ein  Ortsverzeichnis  nach  einer 
geeigneten  Methode  (s.  o.  S.  386^  anzulegen  und  in  dieses  ein- 
fach die  Jahrgänge  der  vorhandenen  Berichte  einzutragen, 
also  etwa: 

JVenslem  ft  1825—50.  52—60.  64—98.  1900  ff. 

Es  wäre  diese  Methode  hier  doch  zweckmäßiger  als  etwa  die 
an  sich  noch  viel  einfachere  Eintragung  nur  der  fehlenden  Be- 
richte, da  man  nicht  bei  allen  Anstalten  weiß  oder  sofort  fest- 
stellen kann,  seit  wann  (manchmal  auch:  ob)  überhaupt  Jahres- 
berichte von  ihr  vorliegen.  Besonders  bei  manchen  Schulen, 
die  sich  aus  nicht  berechtigten  allmählich  zu  berechtigten  ent- 
wickelt haben,  ist  die  genaue  FeststeUung  erwünscht. 

Endlich:  Sollen  solche  Programmkataloge  gedruckt  werden, 
wie  es  mit  den  übrigen  Beständen  zahlreicher  Lehrerbibliotheken 
von  Jahr  zu  Jahr  in  erfreulicher  Weise  jetzt  immer  mehr  ge- 
schieht? Es  lohnt  immerhin  die  Frage  aufzuwerfen  und  ihre 
Beantwortung  zu  versuchen.  Für  die  Zeit  von  1876  ab  scheint 
es  mir  zwecklos,  besonders  bei  ganz  jungen  Anstalten^);  die  hohen 
Kosten  würden  doch  in  keinem  Verhältnis  zu  dem  wirklichen  Nutzen 
stehen.  Für  die  ältere  Zeit  aber  ist  es  bei  allen  den  Anstalten  sehr 
erwägenswert,  die  erhebliche  Bestände  an  Abhandlungen  aus 
früheren  Jahrzehnten  (ev.  auch  vor  1825)  besitzen,  die  besonders 
für  die  schulgeschichtliche  Forschung,  manchmal  auch  für 
andere  Gebiete  von  Bedeutung   sind.     Heute   liegt   die  Sache  so, 

^)  Id  eioen  mir  bakiDoten  Falle  ist  es  gleiehwohl  feeehekeo,  DÜmlKk 
bei  einer  Mittelschule  Mährens.  Die  LaniUs^RealtekuU  in  Gewitsck 
(Jevi£kii),  die  erst  1897  s^fründet  ist,  bat  schon  in  den  JakreaberiMai 
von  1901  (S.  15—33),  1902  (S.  24--36)  und  1903  (S.  48— j!^9)  ihren  Pro- 
grammbesfand  (in  systemstiseher  Ordnung)  dorch  Antonie  S14na  ver- 
öffentlichea  lassen. 


voD  R.  Ullrich.  ^Q^ 

daß  jeder,  der  bestimmte  Programme  aus  älterer  Zeit  braucht, 
die  er  öbrigens  auf  den  großen  öffentlichen  Bibliotheken  durchaus 
nicht  immer  findet^),  sich  an  so  und  so  viele  Schulen  einzeln 
wenden  muß.  Die  Antworten  sind  sehr  häufig  —  ich  spreche 
aas  wiederholter  Erfahrung  — ,  falls  sie  Oberhaupt  erfolgen,  negativ, 
oft  nicht  einmal  deswegen,  weil  die  betr.  Schriften  nicht  vor- 
handen wären,  sondern  weil  der  Zustand  '  der  Programmbiblio- 
theken, das  Fehlen  jedes  Katalogisiernngsversuchs  die  Obersicht 
über  die  Bestände  unmöglich  machte.  So  kämen  gedruckte 
Kataloge  doch  einem  gewissen  Bedürfnis  entgegen.  Es  ist 
schade,  daß  mancher  Schatz,  der  noch  in  dieser  oder  jener  alten 
Gymnasialbibliothek  ruht,  oft  deren  Verwaltern  selbst  unbewußt, 
nicht  gehoben  werden  kann,  weil  man  von  seiner  Existenz  nichts 
wäß.  Da  die  Kosten  für  solche  Kataloge  sehr  hohe  waren, 
mfißte  man  versuchen,  sie  durch  geeignete  Mittel  zu  er- 
mä feigen.  Zunächst  empfiehlt  sich  die  Veröffentlichung 
als  Programmbeilage  selbst,  ev.  in  mehreren  Abteilungen. 
Manche  alten  Anstalten,  deren  ausgezeichnete,  nur  des  Druckes 
harrende  geschriebene  Programmkataloge  ich  kenne, 
sollten  wirklich  nicht  mehr  damit  zögern,  sie  bis  zum  Jahre  1875 
der  Allgemeinheit  zugänglich  zu  machen.  Eine  weitere  Ver- 
billigung  könnte  dadurch  eintreten,  daß  man  die  Titel  aller 
Programme,  die  sich  in  einer  der  oben  (S.  109  ff.)  angeführten 
BibUographien  mit  vollständigem  und  richtigem  Titel 
verzeichnet  finden,  nicht  nochmals  unter  Verbrauch  von  zwei  und 
mehr  Zeilen  abdruckte,  sondern  nur  Jahr  des  Erscheinens, 
Schule  und  Verfasser,  ev.  noch  den  sehr  gekürzten  Titel 
und  die  Seitenzahl  aufnähme  und  kurz  auf  die  Bibliographie 
verwiese,  in  der  die  Abhandlung  genau  registriert  ist,  also  etwa: 

Lehrs,  K.,  Quaestt.  epic.  I.  38  S.  König$bg.F^)25{Wm,^)  35). 

Käme  man  so  im  allgemeinen  mit  je  einer  Zeile  für  jede  Abhand- 
lang aus,  so  ließe  sich  ein  Bestand  von  etwa  10000  Programmen 
der  älteren  Zeit,  der  in  solcher  Höhe  im  Jahre  1875  nur  bei 
einer  kleineren  Zahl  von  Schulen  erreicht,  von  noch  wenigeren 
überschritten  wurde  (wenn  man  bei  Groß-Oktav- Format  etwa  40, 
bei  Quartformat  etwa  50  Zeilen  auf  die  Seite  rechnet  und  einen 
bis  zwei  Bogen  für  Titel,  Inhaltsverzeichnis,  Oberschriften  und 
Register  hinzunimmt),  auf  13 — 14  Bogen  in  4**  und  16 — 17  Bogen 
in  gr.  8°  verzeichnen  —  ein  Umfang,  der  eine  Veröffentlichung 
im  ganzen  nicht  undenkbar  erscheinen  ließe  und  bei  Verteilung 
auf  zwei  bis  drei  Programmbeilagen  finanziell  noch  weniger  Be- 
denken   erweckte.      Einer    besonderen    Notiz    oder    (noch    ein- 


^)  V^l.  dazo  schoo  oben  S.  167  Anm.  2. 

')  Pur  die  Mehrzahl  voo  Schulen  größerer  Städte  uad  die  eiDzeloea 
BibliographieB  selbst  wSreo  wiederom.  beitimmte  Abkürz  an geo  festzu- 
«etzeo. 


3Sß  Progrämm'wtsta  aod  Prograranbibliotkek  d.  höh.  Schvlea, 

faclier)  eines  bestimmlen  Zeichens,  das  auch  ober  das  Vor- 
handensein —  oder  besser  das  Fehlen  —  der  entsprechenden 
Jahresberichte  Auskunft  gäbe,  bedurfte  es  fär  diese  ältere  Zeit 
nur  in  verhältnismäßig  wenigen  Fällen,  da  sie  meist  mit  der  Ab- 
handlung zu  einer  Einheit  verbunden  waren  ^).  Sollten  Fach- 
bibliothekare gegen  die  wesentlich  gekürzten  Titel  Einwendungen 
erheben  (obgleich  sie  selbst  in  ihren  Katalogen  sich  ihrer  immer 
mehr  bedienen),  so  ist  zu  erwidern,  daß  die  Schulbibliothekea 
eben  mit  bescheidenen  Mitteln  zu  rechnen  haben  und  statt  de« 
absolut  Zweckmäßigsten  häufig  mit  dem  eben  noch  Ausreichenden 
zufrieden  sein  müssen  und  es  auch  sind  —  wenn  nur  überhaupt 
etwas  geschieht.  Man  muß  übrigens  von  jedem,  der  sich  mit 
der  Vergangenheit  des  höheren  Schulwesens  und  insonderheit 
mit  seiner  Programmliteratur  eingehender  wissenschaftlich  be- 
schäftigt, erwarten,  daß  er  sich  mit  den  wissenschaftlichen  Hilfs- 
mitteln älterer  Zeiten,  auch  den  bibliographischen,  vertraut  macht. 
Er  würde  gedruckte  Kataloge  des  Programmbestandes  einiger 
älterer  Schulen,  die  ihm  in  der  vorgeschlagenen  einfachen  Form 
geboten  würden,  nicht  als  unfehlbare  Grundlage  benutzen, 
wohl  aber  als  einen  sehr  nützlichen  Anhalt  ansehen,  in  Fällen, 
wo  es  nötig  ist,  sich  genauer  zu  unterrichten. 

unter  dieser  Voraussetzung  ist  aber  als  ein  noch  einfacheres 
Mittel  erster  Orientierung,  nicht  mehr,  aber  doch  als  solches 
schon  recht  brauchbar,  über  die  Programmbestände  aller 
in  dieser  Hinsicht  irgendwie  bemerkenswerten  Anstalten  eine 
Form  der  Katalogisierung  anzusehen^  die  ich  in  einigen  hundert 
von  gedruckten  Lehrerbibliotheks-Katalogen  alter  und  neuer  Zeit, 
die  mir  durch  die  Hände  gegangen  sind,  erst  ein  einziges  Mal 
gefunden  habe,  nämlich  die  in  den  Katalogen  des  Gymnasiums 
zu  Kiel  von  C.  Fr.  Möller')  an((ewendete.  Dieser  hat  zweimal') 
am  Schluß  der  gedruckten  Kataloge  seiner  Bibliothek 
eine  Übersicht  über  deren  Programmbestände  sogegeben, 
daß  wenigstens  die  Schulen  und  die  Jahrgänge,  aus  denen 
Programme  in  der  Sammlung  vorhanden  sind,  in 
knapper  Übersicht  mitgeteilt  wurden.  Auch  die  von 
NichtvoUanstalten  (in  ziemlichem  Umfange),  sowie  die  von 
Technischen  Hochschulen,  Handels-  und  Gewerbeschulen  usw., 
Universitäten  und  den  dänischen  Lehranstalten  vorhandenen,  dgl. 
die  von  zahlreichen  Schulen  in  der  Sammlung  befindlichen  Fest- 
schriften^) sind  aufgeführt.     Es  wäre  sehr  wünschenswert,  daB 

M  Vgl.  darüber  o.  S.  180. 

')  Es  ist  derselbe  gelehrte  SehalmaDD,  deiseo  aof  Matzbariiachoflg  der 
Programme  geriehtete  BestrebuDgea  schon  oben  mehrfach  hervorgehobea 
wordeo  sind;  vgl.  S.  236—238,  S.  230  ff.  aod  391. 

8)  Vgl.  Erster  Nachtrag  s.  Katalog  (von  £.  Berch,  1874)  d.  RM  d, 
Kifier  GeUhrienMchule  (1875^1882),  Kiel  1882;  IV,  62  S.,  S.  51-62,  oad: 
Katalog  d.  BM.  d.  KgL  Gymn,  z.  Kial,  Kiel  1900;  XXIX,  171  S.,  S.  14&— Kl. 

*)  Grade  dies  ist  nicht  unwichtig;  yglo,S.  360. 


voD  R.  Ullrich.  397 

dies  Beispiel  etwas  häufiger  Nachfolge  fände,  zunächst  wenigstens 
überall  da,  wo  ein  Verzeichnis  handschriftlich  in  irgend  einer 
Form  vorliegt  oder  doch  die  Programmsammlung  so  gut  geordnet 
ist,  daß  es  ohne  große  Schwierigkeit  möglich  ist,  ein  solches  für 
den  Druck  herzustellen.  Anstalten,  besonders  ältere,  die  künftig 
gedruckte  Kataloge  herausgeben,  auch  solche,  die  schon  Teile 
davon  veröffentlicht  haben  ^),  täten  m.  E.  wohl  daran,  wenn  sie 
am  Schluß  eine  Obersicht  ihres  Programmbestandes 
wenigstens  in  dieser  einfachen  Form  gäben,  zum  Nutzen 
ihrer  eigenen  Lehrer  wie  als  Anhalt  für  wissenschafilich  tatige 
Schulmänner  überhaupt.  Die  Kieler  Sammlung  ist  offenbar  von 
jeher  in  guten  Händen  gewesen,  und  Müller  z.  B.  hat  auch  der 
Methode  der  Ordnung  der  Programme  in  der  Bibliothek 
einige  Worte  gewidmet'),  was  ich  deswegen  hervorhebe,  weil 
man  sonst  gedruckte  Notizen  darüber  recht  selten  findet*). 
So  konnte  er  sich  auch  damit  begnügen,  in  der  Ober- 
schrift  einfach  »Jahresberichte  und  Abhandlungen^^  drucken  zu 
lassen^),  ohne  bei  den  einzelnen  Anstalten  selbst  besonders  an- 
zugeben, ob  ein  Teil  des  Programms  fe'hle.  Da  aber,  wie  wir 
sahen,  da»  „Kassieren''  der  Jahresberichte  (vielleicht  auch  der 
Abbandlungen  oder  beider)  an  manchen  Anstalten  zu  Zeiten 
üblich  gewesen  ist,  wird  es  im  allgemeinen  für  künftige  Zu- 
sammenstellungen ähnlicher  Art  doch  wünschenswert  sein,  ge- 
nauere Angaben  zu  machen.  Setzt  man  voraus,  daß  überall 
da,  wo  keine  besondere  Angabe  gemacht  wird,  Jahresbericht 
und  Abhandlung  vorhanden  sind^),  und  verwendet  für  die  übrigen 
Fälle  etwa  zwei  Zeichen  (*  =  fehlt  Jahresbericht,  t  =  fehlt 
Abhandlung),  so  könnte  das  Verzeichnis  bei  irgend  einer 
Schule  etwa  so  aussehen: 


^)  So  10  Pranrien  i.  B.:  die  Gymnasien  von  Brie;,  Dortmund,  die 
Anstalten  filberfelds  and  mehrere  Düsseldorfs,  von  Flensburg,  Frankfurts.  0., 
Gumbinnen,  Hadersleben,  Husum,  Köln  Fr.  Wilh.-G.,  Kottbos,  Mnostereifel, 
NeiBe,  Neu-Ruppin,  Oppeln,  Prenzlau,  Ratibor,  Thorn,  Weilbnrg,  Zeitz;  im 
übrigen  Norddeutsehland  z.  B.:  die  Gymnasien  von  Bernbarg, 
Cöthen,  Zerbst;  Holzminden,  Wolfen bnttel ;  Detmold;  Güstrow,  Parchtm, 
Schwerin,  Wismar;  Gera,  Greiz,  Rudolstadt,  Scbleiz,  Sondershausen;  in 
Säddeutschland  z.B.:  die  Gymnasien  von  Freiburg  i.  B.,  Karlsruhe, 
Konstanz,  Lahr,  Rastatt;  Speyer,  Zweibrncken;  Stuttgart  (beide  Gymnasieo), 
Ulm;  Colmar.  —  Die  älteren  <isterreiehischen  Mittelsehulen,  die  fast 
flämtlieh  gedruckte  Kataloge  verSffentlieht  haben,  könnten  ihren  älteren 
Programmbestand  in  den  Jahresberichten  gelegentlich  verzeichnen. 

3)  In     der  Vorrede    des    Katalogg    von     1900    (s.  o.  S.  396    Anm.  3) 

s.  xxvmf. 

*)  In  den  Jahresberichten  der  Anstalten  machen  vereinzelt  die 
Verwalter  Angaben  darüber. 

«)  Ebenda  S.  147. 

*)  Die  Vereinigung  ist  bei  den  älteren  deutschen  Programmen 
aus  äufieren  Gründen  (s.  o.  S.  180  und  S.  396  o.)  meist  und  bei  den 
österreichischen  noch  heute  fast  immer  selbstverständlich. 


398  PrograBinweseo  uod  Programmbibliothek  d.  höh.  Schaleo, 

N ,  irdkb.  C.  1825—40.  41*.  42—56.  57  t. 

60-82.  84  ff. 
Ob  man  insofern  noch  etwas  weiter  gehen  will,  daB  auch  die 
Fälle  durch  ein  drittes  Zeichen  kenntlich  gemacht  werden, 
in  denen  in  einem  bestimmten  Jahre  an  einer  Anstalt  Oberhaupt 
keine  Abhandlung  erschienen  ist,  mag  weiterer  Erwägung  ror- 
behalten  bleiben. 

Für  die  Anordnung  des  Verzeichnisses  wären  wiederum 
die  oben  (S.  240,  S.  386)  erörterten  Gesichtspunkte  za  beachten. 
C.  Fr.  Maller  hat  —  entsprechend  der  Anordnung  in  seiner 
Bibliothek  —  nach  Schularten  und  innerhalb  dieser  alpha- 
betisch nach  Orten  und  Schulen  geordnet,  ohne  die  politische 
Zugehörigkeit  zu  beräcksichtigen.  Mir  scheint,  wie  in  der  Ord- 
nung der  Programmsammlung  selbst  (s.  o.  S.  386),  die  nach 
Staaten  (innerhalb  PreuBens  aufierdem  die  nach  Provinzen) 
und  erst' innerhalb  dieser  die  alphabetische  nach  Orten 
und  Schulen  zweckmäBiger.  Indessen  ich  will  es  in  diesem 
Zusammenhange  nicht  besonders  betonen;  man  müfite  zufrieden 
sein,  wenn  uns  nur  erst  überhaupt  in  einigem  Umfange  „irgendwie** 
geordnete  Verzeichnisse  geboten  würden,  die  einen  Oberblick  über 
das  Vorhandene  ermöglichten. 

Man  wird  gewiß  nicht  leugnen,  daß  yon  jedem  derartigen 
Versuche  der  Katalogisierung,  mag  er  nun  ganz  einbch 
oder  in  vollkommener  Form  erfolgen,  geschrieben  oder  gedruckt 
sein,  auf  alle  Fälle  eine  heilsame  Anregung  ausgehen  möBte. 
Zunächst  wäre  die  Bekanntschaft  mit  der  Tatsache,  dafi  hier  und 
da  solche  Arbeiten  ausgeführt  worden  sind,  wohl  Veranlassung  für 
manchen,  die  Sache  gleichfalls  zu  versuchen,  und  so  käme  man 
vielleicht  an  vielen  Stellen  überhaupt  erst  dazu,  auch  einer 
Ordnung  irgendwelcher  Art  in  der  Programmsammlung 
selbst  mehr  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  als  bisher  geschehen 
ist.  Wichtiger  wäre  aber  noch  der  Gewinn,  der  für  die 
leichtere  Benutzungsmöglicbkeit  der  Sammlung  den 
Lehrern  jeder  Anstalt  daraus  erwüchse,  die  unter  den  beutigen 
Verhältnissen  zu  irgend  genauerer  Kenntnis  wichtiger  Bestandteile 
der  Programmliteratur  nicht  in  dem  MaBe  kommen,  wie  man 
wünschen  muß.  Und  die  Veröffentlichung  durch  den 
Druck  endlich  wäre  nicht  bloß  wieder  ein  Mittel  mehr,  die 
Schulen  selbst  im  Sinne  jener  ersten  preußischen  Erlasse  aus 
den  zwanziger  Jahren  in  nähere  Beziehung  zueinander  zu 
bringen,  sondern  sie  würde  auch  die  wissenschaftliche 
Arbeit  selbst  direkt  fördern. 

An  manchen  Stellen  fehlt  es  weniger  an  gutem  WiUen  und 
der  Fähigkeit,  als  vielmehr  an  geeigneter  Anregung;  man  kommt 
leichler  zur  Ausführung,  wenn  man  vernimmt,  wie  man  es 
machen  kann  oder  wie  es  sogar  schon  gemacht  ist.  Darum 
würden  die    hier  gegebenen  Darlegungen  ihren  Zweck   dann   am 


voo  R.Ullrich.  3$9 

besten  erffllleo,  ^enn  sie  Anlaß  gäben,  daß  an  möglichst  vielen 
Schulen  mit  solcher  einen  wesentlichen  Fortschritt  darstellenden 
Arbeit  wirklich  begonnen  würde.  Die  von  mir  früher  in  bezug 
auf  die  Verhältnisse  der  Lehrerbibliotheken  der  höheren 
Schulen  im  allgemeinen  versuchten  Anregungen^)  haben,  wie 
ich  aus  Äußerungen  in  der  Fachpresse,  noch  mehr  aber  aus  zahl* 
reichen  mir  zugegangenen  brieflichen  Mitteilungen  und  Gesprächen 
mit  Fachgenossen  bei  Besichtigungen  vieler  Bibliotheken  schließen 
^arf,  einem  wirklichen  Bedürfnis  entsprochen  und  sind  Ursache 
gewesen,  daß  auch  andere  einem  bisher  wenig  beachteten  Teile 
-des  Schulorganismus  ihre  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  angefangen 
haben.  Indessen  sind  die  Lehrerbibliotheken,  soviel  sie  auch 
nachzuholen  haben  werden,  um  den  Institutsbibliotheken,  mit  denen 
sie  am  meisten  Ähnlichkeit  aufweisen,  einigermaßen  nahe  zu 
kommen,  doch  immerhin  für  Hunderte  von  Lehrern  anerkannte 
und  gern  benutzte  Mittel  wissenschaftlicher  Arbeit  gewesen,  weil 
der  Apparat,  mochte  und  mag  er  noch  so  schwerfällig  arbeiten, 
doch  wenigstens  funktionierte.  In  den  Programmsammlungen 
sieht  es  meist  schlimmer  aus.  Solange  selbst  die  gewöhn- 
lichsten in  bibliothekstechnischer  Hinsicht  zu  stellenden  An- 
forderungen noch  an  vielen  Stellen  fehlen,  kann  man  einen 
nennenswerten  Nutzen  von  ihnen  nicht  erhoffen.  Die  Sache  wäre 
ziemlich  gleichgültig,  wenn  diejenigen  recht  hätten,  die  der  ganzen 
Einrichtung  überhaupt  Wert  und  Existenzberechtigung  in  der 
Hauptsache  abgesprochen  haben.  Wie  wir  sahen,  ist  solche  Auf- 
fassung aber  in  bezug  auf  Jahresberichte  wie  Abhandlungen  durch- 
aus irrig.  Ist  man  jedoch  von  dem  Werte  überzeugt,  so  handelt 
man  nur  folgerichtig,  wenn  man  sich  auch  mit  der  praktischen 
Verwertung  in  Zukunft  etwas  mehr  beschäftigt.  Mit  Geduld 
mrd  man  sich  hier,  wie  die  Entwickelung  bis  jetzt  gewesen  ist, 
vrohl  wappnen  müssen,  und  eine  Verwirklichung  aller  Anregungen, 
die  hier  gegeben  sind,  wird  nur  unter  günstigen  Vorbedingungen 
,zu  erwarten  sein,  sachlichen  wie  persönlichen.  Man  darf  aber 
nicht  müde  werden,  dem  Fortschritt  auch  hier  das  Wort  zu 
reden.  Die  Früchte  der  Arbeit  so  vieler  Generationen 
von  Lehrern  dürfen  dem  heutigen  wie  dem  künftigen 
höheren  Lehrerstande  nicht   dauernd   verloren   gehen. 

Ich  schließe  diesen  Teil,  indem  ich  einige  Fragen  be- 
spreche, die  teils  schon  häufiger  angeregt  und  auch  in  der  Praxis 
zu  lösen  versucht  worden  sind,  teils  noch  wenig  Behandlung  ge- 
funden haben,  darum  aber  gerade  in  einer  Zeit  fortschrittlichster 
Bibltotheksentwicklung  außerhalb  der  Schulen  besonderer  Be- 
tonung bedürfen,  damit  auch  die  Schulbibliotheken  in  ihren 
•engeren   Verhältnissen    von    den    Fortschritten,    die    im    großen 


^)  Vgl.  besonders  oben  S.  85  Anni.  1  aod  2. 


400  Pro^rammweseo  uod  Programnbibliothek  A,  hSli.  Sehalea, 

gemacht  siDd,  Dicht  unberührt  bleiben.  Für  das  Gebiet  der 
Programme  kommt  hier,  was  die  nea  erschienenen  betrifft, 
die  alte  Sitte  des  „Zirkulierens^Mn  Betracht;  für  die  wissen- 
schaftliche Ausnutzung  der  ganzen  Bestände  jeder  Schule 
aber  ist  zu  erwägen,  inwieweit  der  bisher  meist  allein  übliche 
Ausleihebetrieb  eine  zeitgemäße  Ergänzung  durch  Arbeiten 
in  der  Programmbibliothek  selbst  erfahren  kann;  auch 
über  die  Versendung  von  Programmen  wäre  ein  Wort  zu 
sagen. 

5.    Zirkulieren  der  Programme? 

Besonders  in  den  Anstalten,  in  denen  die  Pflege  des  wissen- 
schaftlichen Sinns  auf  kräftiger  Tradition  beruhte,  deren  Kollegien 
sich  geradezu  um  die  Hebung  des  Programmwesens  durch 
Lieferung  ausgezeichneter  Beiträge  wirkliche  Verdienste  erworben 
haben,  ist  man  von  jeher  in  ebenso  anerkennenswerter  Weise 
bereit  gewesen,  durch  zweckmäßige  Veranstaltungen  die  unmittel- 
bare Kenntnis  des  Ganzen  dieser  Literatur  zu  fördern. 
Zunächst  in  bezug  auf  die  neue  Jahresproduktion.  So  bat 
sich  die  Sitte  des  »«Zirkulierens''^)  eingebürgert.  Sie  konnte 
und  kann  etwa  so  gehandhabt  werden,  daß  im  Sommer  wie  im 
Winter  (s.  o.  S.  171, ;")  die  Programme,  Abhandlungen  und  Jahres- 
berichte zusammen  oder  auch,  soweit  möglich,  gesondert  in  so 
viele  Gruppen  zerlegt  werden,  als  Mitglieder  des  Kollegiums  vor- 
handen sind,  unter  diese  verteilt  und  zu  bestimmten  Terminen 
ausgewechselt  werden,  so  daß  im  Laufe  des  Jahres  alle  eine  ge- 
wisse Übersicht  gewinnen,  auch  jeder  das  ihn  persönlich  Inter- 
essierende herausbeben  und  sich  für  späteres  eingehendes  Studium 
anmerken  kann.  Die  Sitte  wird  sich  um  so  besser  bewähren,  je 
kleiner  das  Kollegium  ist,  je  mehr  es  in  wissenschaftlicher  Hin- 
sicht einigermaßen  gleichmäiSige  Zusammensetzung  aufweist,  auch 
je  intensiver  der  persönliche  und  wissenschaftliche  Verkehr  zwischeo 
den  einzelnen  Mitgliedern  ist.  Daß  die  Vorbedingungen  hierfür 
in  kleinen  Städten,  ganz  besonders  aber  in  den  Internaten*), 
die  günstigsten  sind,  liegt  auf  der  Hand.  Es  läßt  sich  ermessen, 
welchen  förderlichen  Antrieb  wissenschaftliche  Arbeit  und  Schul- 
leben  gerade  aus  einer  so  geregelten  Mitteilung  der  Jahresproduktion 
auf  dem  Programmgebiete  erhalten  kann,  das,  wie  wir  sahen,  in 
so  eigenartiger  Weise  Jahr  für  Jahr  vom  Leben  der  Schulen  wie 
von  der  wissenschaftlichen,  methodischen  und  organisatorischen 
Arbeit  ihrer  Lehrer  Kunde  gibt.  Die  Sitte  auf  größere  An- 
stalten mit  ungleicher  zusammengesetzten  Kollegien  ohne  weiteres 


>)  Vgl.  darüber  obea  S.  206,  223,  230. 

')  Bs  ist  daher  auch  wohl  keineswes*  xafallig,  dafi  an  deo  bestei 
Ertrageo  der  Profj^amailiteratQr  (wie  auch  daa  f^eraeüAm«  oben  S.  93—132 
lehrt)  gerade  die  lateroate  io  besonderer  Starke  beteiligt  aisd. 


,^,\o^^'^  M'A   .V  ^M^    '-VoV'H-miVIcil/"'      v^^yr  .^..^,.v,;V  ^ 


in  bezug  auf  das  Zirkulieren  der  gehaltenen  Zeilschr^Fttiii.  '  Bfeiii' 
^ird  es  theoretisch  gewiß  bilh'gen,  daß  auch  in  größeren  Kollegien 
möglicb^i  Jeileini'.eiiiaefknen^-Kenfattm'^uiid  Wii^kurig  dieser  Lifbratur 
in  tuoJfcb^ '.  weil6».Unifafi|^  izakaflomen.'>^^l)a'' ^aber  <«jta&f  ^ innere 
Interesse^  gleichwie  auf  andern  Gebieten,  doqh  hier  repht::  ver- 
idMedieti,  äudi  der  7üsähmienlia}ig  zwischen  ded  einzelnen  L^bj;ßrq 
lockerfer  ist,,  hätte  ei^  Zirfeuliereh  in;  der*  plieW  erwäh^Uen  ^V^i^^e' 
^tivias^  zieihlich  Meehatiisches,  \iäre  praktisch  au^ch  geradezu. scbädT 


^^en  WSVeh*.  "Mir  schfelni  es  dahe^  ftn  allgemeinen,  richtiger,^ 
Ätitiet*  'gröffercil  Verhältnisäen  ,  Vöri  syst^matiscibeQa, 
ZflfkU'D^f'eh  B'bztlsehen'  timd  eö  d^m  einzelnen  Lehret' zi}, 
äberl^sSeüi  ob  und  welche  gi'ößiiren*  Ro'rti|:)lexe  (Jahresbericht*  '4^r, 
Sdiiiliendei's^rben  Großstadt,  der  ElHmalprovinz  üst,  Abhändiungeji 
Ob^r'' bestimmt«  Wissensgebiete)*  er  durchsehen  oder  gehauQr. 
stttditi^eti  wiir.  Es  ist  auch  für  manch eti  nicht  ganz'  gleiqh'g^ujtjg^^ 
ob  ei"^  das,  i^^  ihn  inieressiert,  bald  nach  Eingang  (jer  Sendö 
^rfShf^'^oder  W\  df^r  Methö(]e,  des  'Zirkulierens  erst  nach  )^lo(iaf^.(\ 
Fie  TeubjiersWhönVoratiizeigpn',  die  allerdings  in  vi^l  größereir  An-., 
»Shf  geliefrift  wtfrdfeti  mCißlen  (s.  ö.  8.2/6?),  geben  j^  scbörii 
|6deth  ei rten*  gewisser)  €be^blick  über  dife  Abbandlungep. '  Wer 


et'^eä  Duirdisrtht  kleinerer  öder  größerer  Küm'|ilexe'daruber  zu  örien,-. 
tfeh»n  suchwii*,  v^ais*  k^r  efwä  genauer  zti  istüdiereh  halle..   W^er  ni^r' 
eitT  tn^br  äußeres  interief^äe  ati'  einigen  Jabresberichfeh  öder  Ab- 
Käiioliingcn '  bat*  (meKt   iverdeü    es    Wohl    die    der  .benachbarte^  ^ 
läehutefi    sein),    wird    iri  der  Regel  die  'offizieHe  Sammlung  über-^^ 
t&upt  nicht  in  Ati.«piruch  zu  nehmeö  brsii^chen,  da  durch  .den  fast« 
äfterall    bestehenden  SondertaiischVerkebr  (s.  o.  8.172)   eine. 
giErwisse  Anzahl  von  Prograifnmen  , der  betr.  Schulen    ?ur    direkten 
Vetteilting   an  '  die   einzelnen  Lehrer  öbnehin  geliefert  zu  werden 
pttegt.     Mati  'ist  daher,  von    einem   „Zirkulieren"   unter    solchen, 
Verhallt) issei)    auch    da    vielfach    zurückgekommen'),    wo    es   ur-.; 
sprungtich    bestanden    hat.    Wo    es  in    größeren  Koljegien  mehr 
gewohnheitsmäßig  als  aus   wirklichem  Bedürfnis    poch    siattfindet, 
sollte    man    es    möglichst  einzuschränken  suchen.     Das  Verfahreü 
vcfrd    sidb    eben    auch    auf   diesem  Gebiete  am  besten  durch  die 


— *-e— * '-^ — ^-j  s  -       , 

*i    '  :     -    -•  ...  -^  ,  ,         .    .  , 

•  . .  \~   '\  ^      ' 

.^)^  Das  „Ausle&e.n*'  <les  ganzen  Jahresertrags  oder  einzelner  Teile 
is^-  hier  besoader^  deswegen  wenig  zu  empfehren,  weil  gar  zu  ieicht  Prp^ 
gramane  in  Verlast  geraten  können;  s.  o.  S.360f.  t 

*)  Vgl.  schon  die  Bedenken  Schwalb  es    (o.^.  231)';    s.  aucV  S.  223  f. 

Zeitaehiift  f.  d.  OjmnMiftlwMen.    LXI.    Bupplementheft.  26 


402  Pro^rammwe80o  and  Programmbibliolhek  d.  hSh.  SebaU«, 

besonderen    VerhSItnüse    und   Bedürfnisse  jedes    Kollegiums   lu 
regeln  haben. 

6.   Das  Arbeiten  in  der  Programmbibliothek. 
Versendung  von  Programmen  (Leihverkehr). 

Von  dem  Arbeiten  in  der  Programmbibliothek  gilt 
im  allgemeinen  dasselbe,  was  ich  früher  in  bezug  auf  das  in  der 
Lehrerbibliothek  überhaupt')  bemerkt  habe.  Bekanntlich 
findet  das  in  den  Institulsbiblioiheken  der  UniversiiäteD  fast  all- 
gemein —  und  zwar  beinahe  ausschließlich —  übliche  Prisenz- 
system  in  unseren  Lelirerbibliotheken  erst  allniahlicb  Eingang. 
Manchmal  sind  äuBere  Gründe,  besonders  mangelnder  Raum,  der 
Einführung  hinderlich;  in  den  meisten  Fällen  aber  ist  es  die  Macht 
alter  Gewohnheit,  gelegentlich  auch  Mangel  an  Vertrauen  gegen- 
über den  Kollegen,  so  daß  erwachsenen  Männern  von  Direktoren 
und  Bibliothekaren  eine  Arbeitsgelegenheit  genommen  wird,  deren 
sich  junge  Studenten  nun  schon  seit  mehreren  Jahrzehnten  er- 
freiiep.  Das  Problem  der  „Verantwortlichkeit^',  das  manche  bange 
macht,  ist  dort  ebenfalls  längst  gelöst,  bereitet  übrigens  auch  in 
denjenigen  Lehrerbiblioiheken  keine  Schwierigkeit  metir,  die  mit 
der  Zeit  fortgeschritten  sind.  Daß  und  warum  in  diesea 
ein  ausschließliches  Präsenzsyslem  nicht  zweckmäßig  wäre, 
habe  ich  ebenfalls  früher  ausgeführt'),  ebenso,  daß  ich  seine 
allgemeine  Einführung  schlechthin  nicht  für  rätlich  halte'). 
Sie  wird  eben  von  mancherlei  Vorbedingungen  abhängen, 
die  nicht  überall  in  gleicher  Weise  gegeben  sind.  Wonach  za 
streben  wäre,  müßte  aber  dies  sein,  daß  gewisse  Vorteile  leichter 
Arbeitsgelegenheit  an  Ort  und  Stelle,  die  an  manchen  Anstalten 
den  Kollegen  geboten  werden,  nach  und  nach  auch  anderwärts 
möglich  gemacht  wurden,  in  dem  Maße,  in  dem  die  zweckmäßige 
Einrichtung  der  Räume  mit  den  Jahren  fortsclireiteu  Es  ist 
durchaus  verfehlt  zu  sagen,  auch  durch  die  Erfahrungen  anderer 
Bibliotheken  längst  widerlegt,  man  brauche  keine  Erleichteruogeo 
zu  schaffen,  weil  kein  Bedürfnis  dazu  vorhanden  sei.  Die  Praxis 
hat  im  Gegenteil  bewie.sen,  daß  die  Benutzung  fast  überall  er- 
heblich gestiegen  ist,  wo  man  sie  durch  zweckmäßige  Einrichtungen 
erleichterte.  Nun  geht  aus  dem  oben  Bemerkten  ja  allerdings 
leider  hervor,  daß  einem  Präsenzsystem  in  den  Programm- 
bibliotheken im  allgemeinen  größere  Schwierigkeiten  räumliclier 
und  anderer  Art  entgegenstehen  als  in  der  eigentlichen  Lehrer- 
bibliothek,   wo    es    oft   nur  des  guten  Willens  bedarf,    es  einza- 


>)  Vgl.  besonders  Benutzung  u.  Sinrichhmg  usw,  S.  62  ff.  (<iB  Z.  f.  i^ 
Gymn-fFes.  LVIH  (1904)  S.  734  H'.). 

>)  Vgl.  a.  a.  0.  S.  8,  66,  89,  126  (-»  Z.  f.  d,  G.-fT,  LVm  (1904)  S.  680, 
738,  761,  798). 

•)  Ebeoda  S.  86  ff.  (-»  S-  758  ff.). 


TOD  R^Ullrieh.  409 

föbren.  Solange  die  Ordnung  der  Programme  selbst  an  nicht 
wenigen  Stellen  viel  oder  alles  zu  wiin>chen  nbrig  läßt,  wäre  es 
gerailezu  verderblich,  Bet^Unde  zu  allgemeiner  Benutzung  zur  Ver- 
Tilgung  zu  hlellen,  deren  Zu^ammenselzung  ofi  nicht  einmal  dem 
Verwalter  selbst  ausreichend  bekannt  ist.  Soll  man  nun  sausen: 
vüie  Ordnung  ist  mangelhaft,  wir  können  die  Mang**!  nirht  noch 
dadurch  vergröSern,  daß  wir  die  Sammhing  allgemein  zugänglich 
marhen^S  oder  liegt  vielleicht  so  gerade  ein  AniaB  vor,  an  die 
Grundlagen  die  bessernde  Hand  zu  legen,  um  gunstigere  Schlüsse 
zu  zieheu?  Es  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,  wie  die  Antwort  zu 
lauten  hat. 

Wie  wäre  nun  etwa  unter  der  Voraussetzung  (dies  bitte 
ich  zu  beachten),  daß  die  Räume  der  Programmbibliothek 
ausreichend  sind  und  irgend  eine  Ordnung  vollständig 
durchgeführt  ikI,  ihre  Benutzung  an  Ort  und  Stelle  im 
Verhältnis  zum  Ausieihesystem  zu  denken?  Im  allgemeinen 
kann  zugegeben  werden,  daß  —  so  wie  die  Dinge  jetzt  noch 
liegen  —  das  Bedürfnis  zur  Benutzung  an  Ort  und  Stelle  an 
vielen  Anstalten  nur  bei  einer  Minderzahl  von  Kollegen  vorhanden 
sein  wird.  Und  wo  gar  solche  Anschaiiungen  von  der  Wertlot^ig- 
keit  der  ganzen  OrKani^a(ion  sich  festgesetzt  haben,  wie  sie  uns 
im  Verlaufe  dieser  Untersuchung  mehrlach  entgegengetreten  sind, 
werden  sie  verinntlich  auch  auf  die  Benutzung  der  Pro- 
gram ms  am  mlung  ihren  unjiAnsligen  Eintluß  ^edhl  haben,  so 
daß  es  schon  besonders  kraftvoller  Anregungen  bedürfte,  um 
Verbesserungen  gerade  dieser  Einrichtung  durchzusetzen.  Doch 
aucli  abgesehen  von  solchen  wenig  erlreutichen  Verhältnissen 
wird  die  gelegentliche  Benutzung  einzelner  Programme 
besser  durch  das  Aus  leihe system  befriedigt  werden;  auf  die 
Kontrolle  der  Quittungen  ist  dabei  natürlich  ganz  besondere 
Aufmerksamkeit  zu  verwenden.  Stellt  sich  dagegen  für  den  einen 
oder  andern  die  Notwendigkeit  heraus,  für  irgend  weiche  Arbeiten 
ganze  Serien  von  Prosamnien,  Dutzende  oder  gar 
Hunderte,  zunächst  durchzusehen,  um  festzustellen,  ob 
und  wieviel  sie  etwa  Ausbeule  gewähren,  so  bedeutet  es  eine  ganz 
unnötige  Erschwerung,  auch  in  solchen  Fällen  auf  das  Aus- 
lei hei«ystem  beschränkt  zu  sein.  Es  ist  viel  einfacher,  derartige 
Vorarbeiten  gleich  an  Ort  und  Stelle  vorzunehmen,  schon  um 
das  zwerklotie  Hinaustragen  zahlreicher  Programme,  in  denen  der 
betr.  Arbeiter  vielleicht  gar  nichts  für  seine  Zwecke  flndet,  zu 
verhindern^).      Ob    dabei   in  jedem  Spezialfälle  der  Verwalter  in 


^)  Die  vorliegeDd«  Arbelt  wäre  kaom  möglich  geweseo,  wenn  die 
BeBotyaof^  der  SaoiDlooip  der  Schule  ao  Ort  aod  Stelle  Dicht  mibeschriinkt 
freifrestaodeii  hatte.  Aber  weno  es  sieh  anch  hier,  wie  miiD  leicht  eio- 
weodea  liÖDote,  io  der  Tat  um  eiue  Benooderbeit  haodeltf,  so  dürfte  Aho- 
liehes  doch  bei  jeder  Spexialantersuehaos  satrelfeD,  die  sieh  der  Presramme 


«|A^  Propra  Dm  Wesen  nod.;Prot9i*ia^i9iliiJ>Iiothek  d.  hSh.  Sckulea, 

^AI(t^>a..,zu  ti^eD  h^t^,>  uiq  j«de& '^iD^^e-vfroD^^JAvteiBfideB^odcr 
Jluijdertettf  von,  I^rpRranvn^Hv  a|u«  dep  ^l^efa  io,.5,  ,?^7ff^).  qdar 
Jiaps^ln  (ß.  ß79S.)  berauazun^Inn^n,,  piag  je  q^^ji  4eii'jbe^iM&decefl 
^VerhäUni^sener^tscfaiedei)  if^eifden.  ^D^rlß  .^.UQteft|I.msU^i»dep  eiof 
^rhehlicbe  Bela3tuDg';  für.  il^n  s^M.  .wi#..f«ur.  ^deii/Ui^ii^z^r  l^er 
deutete»  ist  klar»  JNo.der  JQlztejce  rrr^  der  eine  lodef /aqdej^  «rird 
doch  auch  Sjelfest  «inmal  BlbM(>tl^kar.r--r4ie  QfdJfwgtd^riSaiai»* 
Jung  .;  kei^Dl  mni.    auch    4^  ,  Hi^ ,  «an  ^  Ör4QMDiai«Ahe/  ,b«^itz4, 

4as  ;ja  doch  ioi  l)urch8cbDitt  j^d:en  LiAr^r  ,9Usz€^luDi»tKiM  loaa 
ihm  wob)  zutrauen,  daß  er, die  Sacbe^.riobtig  .maliliei^  ,und  keip? 
Verwirrung  anrichten  wird.  Das  Wiedereinlegen  .il,^r,^r.Q:- 
.granome  da^<?g^n  dürf(§  .i|n  allg^np^in^p.  geDS||«ner.  .«^eio /Adnrch 
den  Biblfplbek^^  ^elb^^  yo^nf^roe^ .^iji  las^onf .  es  .«eitg^qlirißbeqe^ 
oder  UQge^pbriebenea  (^&eUE)  alle .,  benutizl^  £|:ei9ip|ar^:)94|{  jkü 
'(hofTeptlick  yor^iaocUnep,  s,  ^.ß.^70ij  Ti^ch  des;  Ha U^ee^^^ nieder* 
j^ulegen  *).  pie  lÄPhrarbeit,  djfi  d«!«  JBil^ljo^hekV id^ltMuihi  f  rtSchs^ 
,wird  durch  die  Erlangung ,  unkedif)g|Ler  GarM^ie  -lür .  diies  iriQh(üg.e 
£inordnung  und  «damit  tQr  4^  woUe^  ?i^ijifyki)i^i  AtiT  Saminlung 
auch  in  Zukunft  reiclilicb  aufgeflogen;  ein  verlfigie^  Pji^gfajniQ 
kommt  etnepA  verloreuep  nahezu, gleich-  Nur.iq  ,$j[|]ch€qi;.Fä)AeA« 
.wo  der  YerwaUer.auf  xSeiqeu  di^  Sataoiiung  ;banulxei»deii  ^oUegei) 
sich,  ebenso,  wie  auf  sich  selbst,  ver|ai§eiOMZi|.;k^ueJi  glßujbu  -fiM 
jßr  2«  eigener  Entlastung,  ihm« .auch,  das  H^ieder^i^egenuber^ae^eo» 

pin  Milnehnae^.  .von,  Prograipm.e^,,  ob#ft,  y^,i;iniul*?€ 
fies  Bib)io^h,ekairs  oder  obiij^  Qujttuiig  :|ni|i(,9.  jDat.üriBcb 
aufgeschlossen  «eii^.,,  J[)^Q^,hJQr.,i)oc|i,  V^rst^e  Y#^l^>imu3P 
^werden«  .  ^veiß  icb  ,qatürlick  ,  Sie  blfüiben  fiucb  gc^erei),;BybUftr 
theken  nicht  einspart..  Verßinze;lle  JMängi^l. poJIteji. ab«r  dla'Dtirdii- 
jfubrung  des  an  sich  G^te^,.  nieuials  Jiindf^p.  "  Ma^i^Vluß.^bef 
auch  .  hier  alini^lich  zu  einer  gut^n.  TraditiQi^  l^omm^n,.  ^,  der 
^s  an  vielen  Orten  nocb  iehll,;  das  i^t  aber  nvphtf.Q^bögUcb^  ,Y^na 
fnan  den  Anfang  nicht  wagt.  Das  Gefühl  .d«r.^$piiftarÄt^|..^dliab» 
das  ja.  im  ganzen  höheren  l^ehrerstande  pn  ,ejc(reulicb^r  M'eisa.  er^ 
starK(  ist,,  m^fi  ,i^P(llich  auch  ^  hier.,  das^  Besiü^..  .upd  he\U^  ,0)9^ 
Halt  sich.  Jeder,  gegenwärtig,,  daß  FehUr^  ÄQ^,Qrdniin&  eißim 
j^cbaden  für,  d^n  aoderp,  oft  natürlich  ^u(;h  iurii^n: selba4  hei 
späterer,  wiederholter  Benutzung  h^dei^ten,.  ßo  .49i'f?n[kao; erwarten, 
|[iaß  c^ue  gewisse  Sorglosigkeit  und  der  Mangel, ian;Käck8Jcl^t«W 
andere  (der  sich  ja  übrigens  auch  sonst  in  bibliolbekprise^heaDi^ngem. 
z.  B.  bei  der  Benutzung  der  Handbibltbtbek,  ,dier  ajusIic^eiKlen 
Zeitschriflen  u.  ß.  ,aeigi)  nicht,,  stprend  auläritt..  .;       ^   ^^ .  .,:..«  i 


als  wesfDtiicher  Quelleo  zu  bedienea  hatte;  man  deoke  ddp  etwa  aa 
Arbeiten  über  SpeziAllehrpl'äQe^  Lekttir.^^  niro^jp^VS,cJke4,  Sekul- 
Statistik,  Verhültolsse  der  Sainiiilua>fi^eii  uan,     .  ,    . 

')  So  lautet  auch  meist  die  (patürlicQ  oicht  .im^er  bffoj^e)  Var^phrift 
io  dem  oben  (S.  rVJi  A.  3;  erwähnteo  Falle  der  B^DJit;pai|f.46ir  Al4|Lsauoe£roß«r 
Bibliotheken  durch  Gelehrte  aa  Ort  uud  Stelle  salbsi-  •    i-     ri  .  . 


»^ 


,fl«lodui5    d3ii    b  i»rff  oi  W^rfrR(Deiii,i>fVi.'»  "  ff  n^,vj;^Mrra':'(r/.i''^gj^ 


a 


\l|i|'tt%n4lt*ti^'>V^ri  4)fbg'r^'fn^b'«ii  ''n^öh^'äus^ärtd;  itisbesoDdefe* 
ariKii#<l^fe^ii>^tthtt^li6<hi|dti>g^i8c;ht^lfli4Dt]fer-;  '  Denn'lch  lÄeioe!' 
hf^^maFtAttlicIfc  ti)eM'i«'li<(irM«it^»ij|#il<'ti6i6  >fi^sc!i)^n^'h(l/  d^^  äti^ 

Mm^  Hregent^ivÄri^cWtili  ^b.'i'SI-' 5*5^  odrir  '  Öoti  '  fröh^reit* 
S^M  orb  r#^m|B^  b^h Jb  g  ti  tf  Wei^dM  X^^^^^^  A.i j;  auch  das  fadt^ 
W^rtv»»pra*twcl!fenvwaj[l  .<?()öbl^.  "  Wicbtigär  ^'tef'tfbei^,'' Wa^  rup!) 
gf^sditi^Mi'  'PGrtfM»üfig  >d«t*Btbul^ti  selbst'  untS'dei"  Arbeit  ibfer^ 
likbi^ri^illf  <(»em''^t«ieh«Vi>We^^^schi^>h>ka(^  auicb  dcbon* 

v^Uklkrfi'igffftbbi^bt«»  Bhv«80ldi«>¥<sr«^fadühg^  zt!i"€iiV^i''j^uteb,'bätffi^' 
b«0bAl4itdeBi'^ltö  m^HAi^h^,  würe^;i^lbst*  (darin' 'etw Ad^ch^;  wenh- 
ditt'^BMiiftml^  '  d«ft*  ,Pri9^amtt)»ä»kili1'Ufrig^ft<  d^f'^  elbielrien  Schulen^ 
wt?rit|f9«0M'^dn  <(denl»  T^rrtiiii'  ihres^'  fl^tfritU '  'iäm'  Taiis6hverkebr' 
\itk^aüg  ifSrOfi'^WasOttfi  «y^ht '^^trrmül'^delt'PbU'M  {"S.SöSLy 
Dkfki  «6^  (ispt»jll  >^oGhi  k-lblr;>  dn^ß  tfiitet  lällisir'UnVstäDdenr'jfiiigere- 
Afitltdite'iy^-gei^ätiribef'^lter'^ii'  '^iB  b^2»g''  a^f  •  diie  ^btfnüt^ung  Von^ 
PfiigrAnifa-M»teH^  < 'daiierird  '  iiU  Näcbt^ü'-isind/  ^^t^h  'trotz  des'* 
offik1<iM'eti<  ^fc4ihw^l*k'eh^^*)*^^  >  Ältetie*  «öhbWahfifinlüiigeb'  'ittid< 
ihK«» Veriv4lle¥i  mrdbü'Hafa^  g^f^^e'aiti'wisdfebkhMtiiisheik'ZWebkBü'' 
d«h  iloll^«ii'<kii»)i1hg«i4^  Ato^l^lt^ri  w^^rtt^H^  Hifft^'Ieiktefn  fti5tlYien;; 
doob  nidivt  dlil!reo'>ftlt«in|i  ttoddinni  'Mth  'tikhv  s6\tih  iblMeii  an; 
aflldereti't(iä»(ler«n' *  AHfeitalfMi,  •  '>dtif  döretf  •Pr^grärivtnsftitiiWldng^n '  dak ' 
oibDO^K^-'  &S4f^B^iA^klt  '2Mfm>  •Auch''  iti^'  df^ief'  RQckäibbt'  bt^ 
ea^»ffir>)0db".SbliolO  «^icbti'gj^Mr  >V(yriäU«fdl^käri  WHr  Sahiih-;' 
luii#  beilonä«r«('AüAn^^k6ariikäili>tlit(Wt^hid^tf,'  vbi"  ^^l^ffi^'wleAf^stbh^' 
imtbeeu«  i  auf  iikr^'^ei'lfebNeti^iPro^tiaiiltn^:'  ^  Es  '<äV^llteb  '  itf 'jed^ni; 
JaAre  HuicUt't  bltifi'>L^>wa»^  z«^fhei«(  ^«äcNfiht '^'^(yfge'>  Diiftsienä'' 
E^&tipüMe.  «b«r»  »den  '<atrgleiiMid«lfcb^n'<  Biidkiif '  bJti^Aii  'gddnüökt;' 
s<«Ddi^i^J>iaMr«h^»:^orgrähi|f  atffb^ti^lV^ti'ttefde^/'^b' ljiaB''ä?^  iti  gef^'^ 
eigneten  Fällen  oboe  weiter^i'Mfällä"der^V^r(«rt' ^^^^  gföfli^efa^ 
ist  auswärligen  Kollegen,  die  darum  nacbsuchen,  überlassen  oder 
bei  geringerem  Bestände  iv»fkifjgAwk  fegen  ßescbeinigung  ge- 
liehen werden  können  (s.  o.  S.  ß61  u.  385).  .  Sehr  erleichtert  wüirde 


g'öbi*ni'^'Daß''Wtf  s^f^erTeMiebr,    det^^'ftiahdhe  Kollegen 
ii§ftbrni)rtlrfblö,'"are"srch''  bish^f  •i^ife'Ht'»'ftaWrilfer(;  ''kdK  '  idUlen': 

&^wJwW'«b#ftig^*f  »täüß,^  svird  'rtilirf-^WlB''iiife^bert;'  fth"  §^lbsfi,* 

»^>lhkb'>äaä^Aftllä«  ^ei^  Unt^r^licbü^graiir  'ob^t(  If^.^S'Aiilib.  IV 
aÄg^ribntti  *  Art^iteii'  'üb^"  &&  VöryAälfeii"  i\i  "Wehfel*eti  Ütiieif^* 
nehmungen')  manche  briefliche  Anknüpfung  zu  verdanke^/  aus 
dÄ'^itt  irflcilt^t^^eifig^fif^FMliBri '%icM"  a^tiiih  perö6DfHcfre'"9^i5ieiiiingen 


»)  Vjl.  0.  S.  86,  Aom.  1,  Z.  10  f.  nod  S.  Ä>  •  Aihilr.M  .•  •'     '     ''*'-^  •' 


entwickelt  haben,  die  ich  nicht  mehr  mtiaen  mdchte.  Aber  die 
Sache  hat  doch  aurh  einige  äußere  Schwierigkeiten.  Nirbl 
an  allen  Alteren  Srhiilen  »ind  Uirfktoren  oder  Bibliothekare  tätig, 
denen  eine  solche  Ausdehnung  ihrer  Arbeit  aber  den  unnuitel- 
baren  Wirkungskreis  hinaus  erwüiiscbl  ist;  auch  die  Portorrage 
ist  nicht  ganx  ohne  Bedeutung.  Denn  wenn  ich  auch  der  — 
flbriKens  unmafigebliclien  —  Meinung  bin,  daB  in  einer  Zeit 
boi'heutwickeltt'r  Sta  ndessolidarilSt  (die  ja  gerade  deu  Pro- 
grammen geflbrlich  zu  werden  drohle),  jeder  Kollege  für  die 
anderen,  auch  die  aoswärligen,  jahrlirh  einige  Groschen  oder 
selbst  Mark  für  ideale  Zwecke  ölirig  haben  sollte,  so  fiUt  doch 
nicht  dies  allein  ins  Gewicht,  sondern  auch  der  Zeitverlust,  die 
Umstände  usf.,  die  Verpackung  und  Versendung  macht,  besonders 
wenn  es  sich,  wie  natürlich  häufiger,  um  ältere,  meist  gebundene 
ProKrammsammelbände  handelt  Ferner  kann  unter  Umständen 
die  Verantwortung  für  den  einzelnen  Bibliothekar  xa  groß 
werden,  z.  B.  wenn  Seltenheiten  in  Belra«  bt  kommen ').  Ich 
glaube  daher,  daß  sich  im  Anschluß  an  diese,  schon  jetzt  vieifach  be- 
Steben«le  Art  mehr  inolHziellen  Verkehrs  in  Preufsen  dorb  ali- 
Biäblich  die  Anbahnung  eines  amtlirben  Leihverkehrs 
auch  zwischen  den  einzelnen  Schulen  enipfehl»n  wird, 
der  den  mehrfach  erwähnten  zwischen  der  Kgl.  Bibliothek  in 
Berlin  und  den  Universiiäishibiiotbeken  einerseits  und  den 
höheren  Schulen  andererseits  ergänzen,  in  manchen  Teilen  viel- 
leicht sogar  ersetzen  könnte.  In  Österreich  ist  er  in  Verhindong- 
mit  der  dort  anillich  angeordneten  llrurklegung  der 
Kataloge  der  Mittelschulbihliolheken  (l896)')zwic»clieD  den 
einzelnen  Anstalten  srlion  üblich,  trotzdem  auch  dort,  wie  in 
Preufsen,  noch  Beziehungen  zu  den  Univer»itäls-  und  tien  sog. 
Studienhibliutheken  *)  behtelieii,  |iie  Sendungen  gehen  ahi ,  Dieni«t- 
aarhe*'  und  belsKten  den  einzelnen  gar  niebL  Vielleicht  treten 
auch  unsere  Behörden  der  Sache  näher. 

7.   Ausblick. 

Ich  glaube,  daß  hiermit  wohl  im  wesentlichen  alles  erörtert 
worden  i^t,  was  für  die  Einrichtung  und  Benutzung  der 
Programmbibliothek  von  Wichtigkeit  sein  kann.  Soll  die 
g^nze  Organisation  über  die  theoretische  Bewunderung  des  in  den 
Tausen«len  von  Abhandlungen  Geleisteten  und  die  Anerkennung 
der  Bedeutung  des  Ganzen  der  noch  zahlreiclieren  Jahresberiibte 
für  das  höhere  Schulwrsen  hinaus  zu  unmittelbarer  Wirkung 

^  Hier  iiollte  aaltirlieh  avcli  in  iDsffiiiellea  Lethverkdir  irraa^- 
0ätzl1eli  der  Nodos  der  eiogeschriebeDen  Draekiaelie  oder  des  Wert- 
et lieti  xar  Ao^eoduns  kAoiuim. 

>)  Vgl.  data  RelBi  Etk^kL  Hdb.  dL  Päd.  *  V  (190$)  8.  431. 

•)  Ober  sie  Tgl*  •&««<«  2$.  431. 


VOD  R.  UHriek.  ^f 

in  Prafis  und  Wisgenschafl  gelangen,  so  Hegt  alles  daran, 
daß  der  Bestand  früherer  Jahrzehnte  wie  der  jihrliohe 
Zuwachs  in  einer  Weise  zugänglich  gemacht  wird,  die 
eine  solche  Wirkung  ermöglicht.  Darum  ist  die  Er- 
haltung geordneter  Verhältnisse  in  den  Programmbiblio- 
theken aller  höheren  Schulen  so  überaus  wichtig,  ja  fast  von 
entscheidender  Bedeutung  för  die  Erreichung  der  Zwecke,  die  für 
den  Begründer  wie  die  späteren  Förderer  der  Einrichtung  über* 
haupt  bestimmend  gewesen  sind.  Mittel  und  Wege,  das  Ziel  zu 
erreichen,  sind  hier  zu  zeigen  versucht  worden,  an  der  Hand 
wirklicher  Verhältnisse,  aber  zugleich  in  dem  Bestreben,  das  Vor- 
handene organisch  auszubauen.  Sorge  also  jede  höhere  Schule, 
ihre  Prograromsammlung,  die  den  hier  gestellten  Anforderungen 
schon  entspricht,  daueiml  auf  der  Höhe  zu  erbalten  und  immer 
Dutzbrini^ender  zu  K<^stailen;  lasse  aber  auch  jede  andere,  in  der 
die  Verhältnisse  noch  wenig  entwickelt  sind,  es  sich  angelegen 
sein,  sie  allmälilicii  zu  bessern,  damit  auch  ihrem  Lehrerkollegium 
ein  wirbliger  Teil  von  den  Früchten  der  Tätigkeit  der  Mitglieder 
des  Standes  zugute  komme.  Es  hat  jedenfalls  nicht  im  Sinne 
des  Neubegründers  der  ganzen  Einrichtung  gelegen,  daß  ihr 
Nutzen  nur  da  sich  voll  entfalte,  wo  zufällig  lebhafter  dafür  inter- 
essierte Direktoren  und  Bibliothekare  ihres  Amtes  walteten;  er 
sollte  allen  Lehrern  zuteil  werden.  Damm  ist  es  auch 
wünschenswert,  daß  die  vorgesetzten  Behörden  der  am 
Programmaustausch  teilnehmenden  Schulen  wenigstens  gewisse 
allgemein  verbindliche  Grundsätze  aufteilen  —  was  bis- 
her nirht  gei^cbehen  ist  — ,  die  für  die  Einrichtung  der 
Programmbibliotheken  in  Zukunft  maßgebend  sein  müssen. 
Wollen  einige,  denen  vorzügliche  Räume,  lange  und  gute  Tra- 
dition, besonders  tüchtige  Verwalter,  geistig  sehr  regsame  Lehrer- 
kollegien und  andere  günstige  Voraussetzungen  zustatten  kommen. 
Aber  den  Durchschnitt  sich  erbeben  —  wie  dies  bisher  ja  nicht 
wenige  getan  haben  — ,  so  ist  dies  nur  erfreulich.  Ein  Mindest- 
mafs  aber  sollte  künftig  von  allen  gefordert  werden.  Es  ist 
schlechterdings  unvereinbar  mit  den  Zwecken  der  Einrichtung, 
daß  ein  Teil  der  Lehrer  dauernd  der  Möglichkeit  beraubt  wird, 
sie  in  umfassender  Weise  kennen  zu  lernen. 


Ich  fasse  das  Er*gebnis  der  Untersuchung  zum  Schluß 
in  Leitsätzen  zusammen,  wobei  ich  jedesmal  auf  die  Stellen 
▼erweise,  an  denen  das  Geforderte,  Vurgeschlagene  oder  für 
wünschenswert  Erklärte  näher  begründet  ist.  Bei  der  Durchsicht 
dieses  „Programms  der  Programme"  wird  es  vielleicht 
selbst  Kennern  auffallen,  wie  wenig  trotz  der  lebhaften  Diskussion 
über  das  Programmwesen  in  den  letzten  Jahrzehnten  doch  eigent- 
lich  für    seine   tatsächliche   Förderung   positiv   geleistet 


JfUf.Progrann  wes«ii  aod  ProfrjiJaftbibliothek  d.  hök.  Sekaleo, 

worden  ist  und  wie  viele  lohnende  A'üF^j'ben  Doeh< 
iibrer  LOsnag  harren.  Manche  davon  sind  so  ein&ch,  d4fi> 
mm  sieh  wirklich  wundern  muß,  sie  BiohtMängsl  gelöst  in  sehend* 
andere  >  «rfordem  eorgfäiligere.  OberJegting,  umfassendepe  ¥m^- 
herbitüngv  mannigfaltige  UnterstAttung;  ^eistigor'und  tnaterieUer- 
iifi\  durch  Facbgenossen,  Verleger 'und' vhslletchc  auch  diirdi  die* 
sHabÜicben  Behörden.  .  Es  ist  wohl  k«»iflef  unter  den  'einlicKerdn' 
VerschUgen,  dem'  man  prakUselten  Nutten,  keiner  unter  den^  um^^ 
Ihsseffderen^  dem  man  wissenschaftliche  Bedeutang  wird  at»pk*eoben 
kOnilfcD»  -Sie  berohe»  afle  auf  eingehender  Erwägung  der  wirk- 
lichen Verbüitnisse,  wollen- eine  organische  Weiterentwfckiutig  «u» 
ibneb  herbeif«hreil  tiud  suchen  aus  manchem  glöcklicfaen<Versttehi 
dfcr;hi<T!nnd  da  im  kleinen  scholl  gemacht,  aber  unveltkoMnaeni 
war' 'Oder >  unbeachtet  geblieben  ist^  mdglicfaBlen'Nutsea  für  die 
Sac^e  im  ganzen  zu  sieben.  Mö^en  sich  an  der  rechte«  Stelle^ 
ÜHsmll  die  geeigneten  Mäuber  Ihiden,  die  bei  genauester  KnniiiDis 
dDr  VerhlUniftse  kleinerer  Gebiete  doch  stets' daft'G'anae  imAoge^ 
behalten  und  so  ein  Games  schfaffen,  das  alle  Einzderfahrungen 
nmfaßt  und  je  länger  desto  niehr  wiedemm  aneh  auf  die4cl«ineil 
und  ^kleinsten  Verbände  kraftvolle 'Röckwirknng  *8U  .«iben  be-^ 
rufen'  ist!      .  .  .•> 


11    !. 


,     lY«  ProgrAoim  der  Frograwine. 

LeltsÄtie.  .  •  i 

A.  lllgemeiner  Omndsati.  •        ' 

i)i«  PrögramW  sind'  we|^6o  Ihrer  B«d  eilt  an';  fär  dfe  Scbttl'ei^ '^er' 
h<)kereD'  Leiirtfii«Mlt«ii;  w<irkiiche  nn4  «bemalfi^e,  für  die'  Lelfrav  der 
eiDteJoen  ßebvien^  die  KrbeUaafffefeatei  liger  Be«iebaaiceii  4$X 

?,«k^len ,  i^Ad  ib^^r  Lebr ei\  uotereinaoder,  für  die  Stärkoo^  des_; 
rrliäl.toisses  vooScfiule  und  HauSyTür  *die  Mitf^lieder  der*  ße-'* 
faorden  an^  t.T.  aocb  fbi^  die  Wis^enncbaft  inch  in  Zukübfl^  A  ts '^^iil' 
fester  Bestandteil  der' t^ekelergaaiaatiov  atozuseiteii"  oad  '«df 
bebaodela.  Weieatliehe  Griuidiäize  der  pr.en fs tack ea  MemardefMif: 
yt>a  1824  babeo  ihre  Geltaoy  oocb  nicbt  verloren.  Jede  nicbt  ava;ioperea 
Gründen  hervorf^ehriiHe  Brschrauknng  dieser  Ginricbtanf^  ist.  za  ver- 
meiden. Doch  bedarf  sie  zpiti^^maßer  Ausgestaltong,  an  de^  ■lle'fte-' 
teilig^teo  Kreiae  mitwirken  mlMea,  vor  Allen  die'Scbtlaii'fea^r  "selbit.  *- 


l\ 


B.   Ausführungen  im  elnselnen. 

>  ■  . .  .       , 

1.  ProgFamm-J)ibliogr»p.ble.    .  • 

Die  wis^ensehaftlicbe  und  praktische  Ausnatzdog  di^r  Prd^ranhalfieYaliif' 
ist  durch  frpei((nete  bibliographi^ob«^  '  Znaamuieafa-as^Dj^ea  kr 
ganxen  wie  für  beatiaimte  Teil^  io  /.ukußh,  oocb  Siehr  iwfö>4<tf«A*UbishK#a^ 
scheben  ist,  zuomiI  für  die  Zei(  vor  1S7  6.  uod  bier  «Fiecj^ram.beaooders 
für  die  gesamten  Scbulverhaltnisse  der  meisten  aors^rprearsiscben 
Staaten  Deutschlands  und  das  Realschulwesen,  sowie  die  bti  he  reo 
Mädebejiscbuieo  überbao]it  (Biazelbetteo'  s.  «nter  Jf  «ad  W)« 


^'^  *  IL  DtB. Pr4^graininw«s«n. 

a)  £iQe  sinammeobaii^eQde  Darstellao;    des  ^rpgraaiiBi^e9eiia.y»r  dem 

0)  Far  die  richtiK«  Bearteilnug' des  Pro)$rainmwe)(t*'Ds,,  8  ^^  er  .Bedeutung 

, » s:ö  W.l  » ä«i5«r> .  Ap/«ffi<;^Pr.  .ioM>**<'''i  .<T<^«^o)^.^''f   >P^  .  ^Mt'  sei^e  .awtrk- 
inaDige  Gestaltaa^  la  der  Aukaoft   ist  die  Keo  at  o4^  ^^^ji^eT  ge|- 

•  aniieo  Eotwickian;  mindestens  im  19  Jafarhuadert  Voraossetzuni;. 

Groadlageo  diener  Keuutnis  sind: 

A.  Die    gesetzt ithea     BeatimiBiaDgtfD-''    iU     den      verschiedenen 

Sta«<ep,;{3->99^,}.     ,  f\    . ,  . ,,  ,, ,  ,.  '., , ,  : .,.    ,.;,,,■ 

B.  Die  Literatur  über  das  Profrrammweseo  (S.  109 ff.,  118 ff.). 
j>GL?i)ia!Kro9i«-amiiie'8el'l»8t  >(2^'^ff.).-  '.;•■'•>   ^        >  •  .V  •. . . 

'•'  ^  •    '^*    /t.  !)!<<  g-e'setiirch^n'B'es'^^  '  ' 

"d\ ^Däii'^tii^iäm  '^des '  H^roKramih wVsens    di » f'  n  i'c  h  t '  'a  d  f   d  i  e ,  W ^  nTsi  - ' 
scheo  Bestimmungen  beschrankt  bleiben,    Sondern    bat  aoth 
die  entsprechenden  IMerllälllpi^aeiid^r '«■«4,'^erain  deotschen  Staaten 
.      und   miiideift9n3^QochvD,e,atsc^h-,Oatej:rei.c-^s    apd.dfr   Schweiz 
.     *  in  Betracht  zu  ziepen  (S.  82  u.  o.).  ,.,  ,   .  , 

D)  Uie    gesetzliche  n.  Bestimmuneep    in.Preursen  ,und    Oster- 
,  reiü.h..  auch    die  .efaig,(*r    kleiner,  deutscher  -Staaten    (so    die    voa, 

,  Badeq^    Bayern  on^^^Saphsei^).  lasseb  sit^h   in    larer  JBtift^icUupg. 
^*^''V  '  feiCä/ir  iNeuprgauisation  Im  19«,  Jabrhandert  schon,  aas  dem  gedcRCkten 
"'"    jMat^^^^^  t'e/rieliigey^rk.e«nen  (J^:'95ff^  99h,,Jü4^f^  I07f.>.       V,      ' 
,    .e)  vagecen   bedarf  ^>« Erkenntnis    der   entsprechenden  Verhältpiase    in 
^    Auh^It-  (.vor    \pB4\    Bri|  unscb  wei^  ,(Qach  .l'!*?^),,  £lsars-Lor{ 
'  ."^hrinceo,  (liäcn  i87ß),  Hamparg  ivor  .1877),.,  Hessen  (vor  1^53)^,. 
«'•  *^*'W^l|ipinhe^rg  ty«r  |S38'    and    iiwjs^Jicn  1844  und,  1902)  noch  dpT; 
Aufklaian^l      rar    die    anderen    deutschen    Kleinstoafen    und' 
die  ^«btinei«^  ,frhU  ^a  hilher  beinaha    fiberbanpt  ta*  Anhaltspunkten, 
desgleichen  für  dio.  kShatreoiMädchenachilen  (S.  98,    102f.,  106, 

;,j,a)  ßffc,  irt,,daljer.?^ii;i,4c,h.w  daß  g^4ru  ckt«.  QM.ellftp   dia8.Q4^L 

Art,  die  vorbände»,    aber    aq  ,efi|leg^n/9p.  S^aJlta  .vvrÖffvPtUc^ht,  sind, 
sowie    un gedruckte    Materialien     in     erößerem    Uuifauge    zu-' 
güng^lirh    gemaio^htii  ki^>er^^a/  an»  die* 'Lvckea    unserer    Kenntnis 

.jlO /f"fl»  .V^'*\^W>y^P**HPKsn»«ni*t  *v.^  :|i|    ii|aaiiini«i|hÄa0epdeivi  PuratelloM 
a  i.fu*>^fl*<»ffiif rP«1».WM?oi  4iOif  .liatr.  .^MaUff:  s«ib,at   die  geeig- 
netste Gelegenheit  (S.  ^^«?  u.ö).  /  > 

■i.'x    '^^   b:  Di«  LiteVatiir  über 'Jas  frrogrammwesen. 

vi«t.,lft;der  DialiBSBSODi.  .der  Fachkreise  tpaten  ni^beai  ein«r  Itoihe  anage- • 
zeUhMkr  i^eitpäae,  KBIT  Sacher(vf(i  rbefioudar8^S..2t9ir,  2.36  ff,  245,  IM 
e^^odllich^xMIldi^ai  iM^vof,*'  die  das.  urteil  über  die  Bedctatttog  des>  Pro-  i 
gjmiBint^aMl^  i  in.  Vergaag#»h«it.  und  <»6geawart,  die  »Mögliablceit  seines  : 
Studiums  i  ond-idief^rgawiaatiaa  >6eMKt  •«•  •  veFSahtedanan  iStellea  nngpiinatig  i 
IWBisfliftOf  titel»ea;'<  vor  allem  aifid  es  ifolgeadec  i  i  i 

a)  Mangel    an  {UHiraasondruer    Kenutais    der   Progpäavma    der    ver-' 
a'ti^aipJkt^edeaaa'^Sta^teji    selbst   (bei    oft' zu    einseitiger  Beschränkung- 

.-»%(>.  )ittf.  Rreufa^Ji  >  «ad  dah«r  an  ftiosieht,  in  die  fpasamtc  fiatwiokhing 
1.  .  ;;(Sk82*  264ff.,'^^,.i#4ff:u/ö). 

b)  Niohitheaöitung  W.ielitigar  Litefator  Vber  deo  Gegenstand,  so '< 
t.  M    d4B    ein  FortS4*h ritt    in    der    Diskussion    oft  kaum    erkennbar 
,';'.,    yt}r6  {n.3^a,.t2\iff.y.2SQS^  144).   . 


4t0  ProfraniDweieD  ood  Programabibliothek  4.  bSh.  SekvTei, 

c)  Lotlösvog  der  ProfraBiiior^aniattioB  voi  den  Gaszea  dea  bSherea 
Scbalweaeas  ood  daber  ebeoao  VerkeoBODg  ibror  Bedentvog, 
besonder»  Tdr  Lehrf*r  aod  PobÜkan,  ia  der  Gegeawart  wi« 

d)  der   fcesebiebtlicbea    Bedeatao;    der    Eioriebtua;    \m    (aasea 

(S  1249.,  145W  0.6.)- 

e)  Zu    eiae^itige   HiDeiBiiebnag    yoa    Staadeafragaa    (S.  81f., 

242  fr.,  1969.  O.S.). 

f)  Uusoreiebeade  Pflege   der   Prof  raaiabibliotbekea  (S.  82f., 

SSOV,  a.8.). 

C.  Die  Programme  selbst 

Vgl.  darüber  die  beiden  aäcbtieo  AbacbnStte  2  oad  3. 

2.   Die  ZweckmäriigkeitderProgrannabbaadloDgea. 

Ibre  Batwiclilang  von  den  awao/iger  Jabrea  dea  vorigen  Jabr- 
bvaderta  bis  aor  Gegenwart  iekrt  ia  besag  aaf  Bearteilaag  «ad  kiaf- 
tige  Geataltong  etwa  folgendes: 

A.  Zweck  vnd  lahalt. 

Ibr  Zweek  iat  aofier  der  Pflege  der  Faebwisaenaekaftea,  so- 
weit diese  Znsammenbang  mit  den  Aofgabea  der  böberea 
Sebole  beben,  vor  allem  die  Verbindung  der  Scbvlen  nater- 
einander  oud  die  Stärkung  dea  Verbältoisaea  von  Schale  und 
Haue.  Dadurch  bestimmt  airb  ihr  Inhalt,  der  sieb  am  bealea  aof  das 
Sebolweaea  in  allen  aeioen  Teilea  za  beziehen  habea  wird  Gerade  hier 
harrt  noch  eine  Külle  von  Aafftabeo  ihrer  LSsong  (S.  262 ff.,  19.  u.o.). 

Par  die  Krreichang  des  Zweckea  der  Abbandlongen  bei  dem 
Pnblifcom  ist  in  Kofserer  Beziehung  wichtig,  dufi  aie  an  alle  Inter- 
essenten ohne  hier  iibel  aogebracbte  Sparsamkeit  verteilt  wrardea, 
falls  ibr  Inhalt  sie  dafür  irgead  gceigaet  erscheiDcn  laßt  (S.  275  f.)- 

B.   Ersatz  dnrch  Zeitacbriftea  oder  andere 
VerSffentlichnngeD? 

Die  Programmabbandloogen  habea  demgemäfi  ibre  eigenartige 
Bedentnng  und  können  weder  dnrcb  Zeitacbriftea  aocJi  derek  eia 
„Jahr hoch"  ersetzt  werden  (S.  l^lf.). 

C.  Wart  dar  AbbandloDgen. 

Die  allgemeinen  Urteile,  die  in  alter  aad  aeaer  Zeit  inabesoadere 
über  die  „Minderwertigkeit"  der  Programme  im  ganzen  gefallt  worden 
sind,  eotbehrea  der  ausreichenden  Grundlage  vad  aind  daher  ohne  BedoDtaag 
(S.  29  r.  Q.  ö  ). 

Genauere  Prüfung,  die  hier  zoaSchat  für  weaenttiebe  Teile  aas 
dem  Gebi«*te  der  GeiHteswisaeaschafteo  und  der  mit  dieaen  sa- 
samnieDhä  iigeuden  Uoterriebtsgegenstinde  unternommen  worden 
ist,  zei^t,  dafi  es  neben  minderwertigen  Abhandlengen  (beaonders 
der  älteren  Zeit,  S.  i>S5  f.)  eine  solche  Fülle  gater  ond  vortreff- 
licher bis  auf  die  Gegenwart  gibt  {S,  3ö'-122,  ]2i  9,  145  9.  u.  H.), 
diiB  die  Einrichtnug  ala  solche  ihre  volle  Berechtigaag  bat 
Eine  firgänzang  der  vurliegenden  UnteranchaDg  nach  der  Seite  der 
exakten  Wissenschaften  und  der  mit  ihnen  znaammeahSageadea 
Unterrichtsfächer  ist  sehr  wünschenswert  (S.  d>?). 

Die  einseitige  Hervorkebruog  dea  gelebrt-facbwi  aaea- 
aehaftlichen  Standpunktoa,  besonders  in  neaester  Zeit,  bnt  viel  data 
beigetragen,  der  irrigen  Anscbaoang  von  der  Minderwertigkeit 
der  meisten  Programme  Vorschob  zu  leisten  (S.  142  f.,  145  9  o.  5 ). 

Die  Beurteilung  der  Programme  aoa  aeaerer  Zeit  darf 
nur     unter     gleichzeitiger    Beachtuag      der     Batwieklaag     des 


▼OB  R.  Ullrieh.  4J2 

htfherei  Üchalweseos  «od  de«  bSheren  Leb  rerstaDdes  selbst, 
betoodert  seit  lt»90,  erfolgen  (S.  26)  f ,  143  ff.). 

Dabei  ergibt  licb,  d«0  Wahl  uod  Bebaodlaog  der  Stoffe  (im 
Sinoe  von  2  A)  in  gaoseo  zweeknotsprecbeod  sind  (S.  i^lf,  148f,)\ 
die  Motbode  iet  aof  eioselueo  Gebieten,  i.  ß.  anf  dem  der  Sebul- 
gesebiebte,  noeb  d«r  Ausbildung  fabig  {$,  151  u. '6,), 

D.   Aboebmen  der  Zabl. 

Da«  Abnebmen  der  Zahl  ist  nicht  ia  inneren  Gron den  za  Sorben, 
SB  wrnigsten  etwa  in  der  IUiiidei'werii{(ki*it  der  Ergrbnixie  oder  der  Ober- 
Zeugung  von  der  UuzwfckniäfiiKkeit  der  l£inricbtaiig  in  der  Gegen  warf, 
sondern  in  äuBeren,  bau|it»acblieh  in  finanziellen  Hücki»ichten, 
auBerdeio  besonders  in  dem  Verbsltniü  der  ISntwicklong  der  Voll- 
an  stalten  (zamai  der  Gymuasieo)  und  der  Healscbalea  in  den 
letzten  beiden  Jahrzehnt eo  {S,löCW.), 

Ks  ist  von  besonderer  Bedeotang,  dsBsQcb  den  Real  sebolen  kiioftigmebr 
als  bisher  Gelegenheit  gegeben  wird,  sieh  an  der  Progrtiumliteratar 
za  beteiligen  (S.  167 ly  1171,  200,  424  o.  ö.). 

B.    Roste D. 

Im  Verbiltnls  so  dem,  was  die  Programme  leisten,  sind  ihre  Kosten 
besonders  in  Dentscbland  raäfiig  zu  nennen;  sie  kSonen  durch  ire- 
eignete  Mafluabmen  ia  den  richtigen  Grenzen  gebaiten  werden 
(S.  tfS  IT.). 

In  gr^flereo  Kollegien  ist  das  jährliche  Brsebeinen  einer 
Abhandlung  aoeh  in  Zukunft  erwSnseht,  in  kleineren  kann  es  in 
2— Sjibrigen  Z  wisehenriumeu  erfolgen.  Doeh  empfiehlt  sich  die  Fest- 
legoiig  eines  boütimmtfo  Turnus  im  sllgemeinen  uicht.  Vielmehr  sollte  für 
daa  Erscheinen  die  Bereitwilligkeit  der  Lehrer  und  das  Bedürfnis 
mafsgebend  sein  (S.  182t). 

Am  zweekmbBigHten  ist  daher  das  an  dea  staatlieben  An- 
stalten Preufsens  geübte  Verfahren,  die  Mittel  zwsr  jährlich 
bereitzustellen,  aber  den  einzelnen  Anstalten  zu  überlassen, 
ob  sie  verwendet  werden  {S,  ISS). 

P.   Die  Verpfliebtnng  der  Lehrer  zur  Abfassung. 

Einer  Nötigung  der  einzelnen  Lehrer  zum  Scbreibi^ii  vun  rrugramm- 
•bbaadlnngeu.  die  in  den  ersten  Jahrzehnten  narh  der  Neuordnung  drr  Ein- 
richtung iibrrjill  ihre  volle  Berechtigung  hatte,  bedarf  es  beute  nicht 
mehr  {S  1S9\  19^f  n.  5). 

DagegeirsinddieAbhandlungeniiberhanptalsein  wichtiger  Teil  der 

0»rganisation  des  bSheren  Sctholwesens  und  j«*der  einzelnen  Ii6h«*reu 
Sebule  im  Hinblick  anf  ihre  Bedeutung  besonders  für  die  gegen- 
seitigen Beziehungen  der  Schulen  untereinander,  die  Arbeit 
der  Lehrer  und  die  Aufklürung  des  PnblikHiiis  über  Schalfragen 
a«eb  in  Zukunft  beizahebal ten    S.lOlfP  n  $.). 

Die  Abfassung  dnreh  dl«  einzelnen  Lehrer  erfolgt  nicht  nach  einer 
bestimmten  Reihenfolge,  sondern  ist  zweekmüBiger  durch  freie  Ober- 
eiaknnft  der  Kollegien  za  reirelu  (S.  i^Zlf). 

Ober  die  Häofigfceit  des  Erseheinens  vgl.  o.  unter  B. 

Hinderangsgründe  de«  Erseheinens,  die  man  in  der  Berufs- 
tÜtigkeit  der  Lehrer,  in  dem  Maitgel  an  Zeit,  an  geeigneten 
Stoffen  oder  aaBeren  Hifsmitteln  bat  finden  wollen,  besteben  in 
der  Haaptssehe  nicht  (8.  192tf,u 

G.    Honorar.     Autorreeht. 

Die  gelegentlirb  vorknmmende  Honorierang  der  Abhandlungen 
allgemein  einzufahren  empfiehlt  sich  nicht.  I)<e  Wabrnng  des  Autor- 
rechts der  Verfssser  bedarf  keiner  besonderen  Regelung  {S,202!t,). 


.  .* 


^JQt'Profframmweaeii  ood  Pro|ri**^i!iblb1iothek  d.  hoh-Sehaleo, 

^•)  Der  Taoschv erkehr,  bei^arf  io  iBeliFereji  PuDJtteo  46r  Apsg^j^ltniif 
'  \.  in    beiui^    auf  die  6  e  t e  i  1  i g o  n  ^  der  Ads'uU^i^  ^^^  .c|°^^i*^Qt!p^Aff!-. 

a)  Betreffs  der  Bet^ui|^iing  i«t  es^^^anschenswevt,  dag  ''ffii^f  jf^f-S 
aufier   deo  Abh'äDdrboiired   auch  die  Jabresbericlite  \n  ita  deut- 
achea  Taosehvefbebrx  brauen  (9»  ^^C<)^  dei^leiehea  wenifstoas  aa 
eine     Auswahl     deotaeber     Schpleik^  eiae  .  jpf 5fter.e<r.  Zahl 
♦'  Hc'hweizerischer    Phojg^rämme   (S.  2iif.):^     bie    Zähl    der  .,ava^ 

^       Österreich  io  dea  deotscheu  Taascliverkehr  ^elän^endea  69  Pro- 
gramme   (fast    aosachliefilich    voo   Gymoasieo;    s.  OvS.  169  A'Dni,'3). 
ist  ao'zoi'eicheQd;  eine  Au3d.ehDaag  aaf  jeiiiegr.ofiere  Aa-t 
zahl  von  Gymnasien  and  besonders  abf  dje  Realschulen  bjt  qoiv 

Inuerbal.b  Dtentachla,pds  ^st  d^r  Taoschverkehr  ajlec  Aa- 
stalten    mit   lilleö    sowohl  in    bezug   auf  ^bbäodlungeo    wie   a^f 
'  Jahresberichte •  errbrderlich  fS,,5i^f.K^.        1 ,,  '  ,',     " 

ß)  Einzeibeatimraongen.        v         •  « 

Die  von  Teobner  de^  .einMl»en  jAnalalten  gelieferte  Zahl  von 
xwei    ßxemplarea    des   vorlaofigen    V-er^epc^hnAsae,«»  der 
Abhandlatagf  n  ji'dea  Jahi;^s  i^t^>unzu,|*,eJc|^.e.n;d,Q^d  eplaprech^dj 
zu  erhöh  eo  {^.^1^\X  "   ''  ...        •      «i    i.*.  .  ^   - 

Die  (jnpoukllichk^it    der   £inlieferong  der  Pr^o^i^^^^t 
durph  viele.iAqatalten  ist  za,  tadelOf -^Q^i  .^ö^ecc^r.jjPi^i^l^tll^keit 
schfiot  eioe    (sel^r    wiinscheoswVte)   |i*'ii(E|eVe  ,yepj^,^nd,i^af  .4,^ 
beidep  Jahre'spakele.durcfh  Teu^per.  aqi  4\^  einzel^i^a  .Ai|^pUen<> 

■'  möglich  (s,'2i7ir,):  .. .  '.  ... '..  ■■  ;..,.v . : .= ; ...  .;:..a 

^         Die    äufifre    B^schaff^pheit    der ,  P,ragr.a:pBifs  .(Fpnpa^b 
Tfteiblat't  usw.)  bedarf  noch  immer  viel  fach  ^ei^«A,a,a.gl(e  ii^ha^-.  ,'^^, 
von  den  Behördap  aligemein  v«i^^Qfc|ir^,i^^oqe&|aq|i.iij^pfiger  ip  Er- 
innerung   %n  '.bringeqjdes  ..Tite^so^eipa,.  ist '  .F.äf  »qhoDp^^^lg 
(8.  2^Si.),  ^^^^      ,   ^^  ,  ,    ^.  ^    ^   ^    j^    .^  ,    ^    .  -  ♦  1 1  . . ...  i'  » I  •  •.  1 1 J 

b)  Die  bibliographische  Bearli^erstm^g,  dffv  tAb|^piiMllfi^s«BMkan«u 
durch  geeignete  Mafinahmen  noch  mehr   gefördert    werden,    beaonders 

a).PragraipmbJ<bM.Qgrap^i^Bielp^nlvP<qr,  S,fhi|,leji,:)Jpd<ac Anstalt 

[ruckt    ^iiaf^g    f^iqp  ,.cKrp.uo^.og^s<^l)ej^»lablimi*afihia^  .SABAiMIft 

^beraicht  dpr  .vjD\a  ibf  l^raiosi^t'gx^^i^pfjp  ^hM^d^ogen    «jd^  d|e«i 

Umschlag  ihrer  Programme  (\\o  AbhfiDllpng^tl  Mr^f^aUbt.! 

gietreo4^t,  erscbeiooa,  iiuif  deniL  Ijpia^^bJiag.yoi^!  ba^(Dp)  .^Ilj4i|bnlich 

..  a|i      Das  Verfahren,,  bat   im  B(e^eic^   f)i^,  Ti«pfchvffrkabi-,S:  ,.|iMDUicba^> 

nach  gleicpen;tiraadsät^.ea;  zu,  frfjolgpi^;(Sk.^i.Sl.)n    im    -.*•■*[, 

ß)  Bib/iiograpM9cbe  t  .Bea,rb«\itppg.,.  |gr,9ftf4*i9v,MP4'ag«r««iB^.. 

kpmp;le^p(..  ',  .»';...  t  ;'  i        A     •;»...!»     --tMLl-iio 

aa)  Die    drei    bes^e|leidea\  Jlahre.avaraaiiQliiii^Be»  «iiiln.'^evfiglitba 
dea  lAbaltia  und.  dea>Zeitp«ahiaa..ikrea  Earaehcia%»aiiz.  T. 

i)    .  «ach  der.  Vftrbtoa^sej^uap  fä^ig  (&.  2^.fi)j    .  m  ..s  h    «  >•«  •  i.  «.d 

/9^)  Verzeichnisse  (üb>pti>    gföSera  tj(eiii^Ü«liiei)ai«diibBM»dlEirs-« 
für : di0  'Programme  aiebapTM   k))B i  a  erpir.  jid<e aitaali a«»  StÖ t e n 
«rwüniicbl|.abeaao  fprdM.fl  Aaia^jli  uiea:ilBd>h<U»^«a>lfiMjditf  ban- 
se hui  an  äbacbsupt  (iS.;^^^fO- 1- >i»    •!    .('•'liv)     l*h     Mn^^tJitr 
,  yy).  Di9,  8^.2^1. lYon.  C^.iFr«  iM,ü!Uar  |paplaatQ-'4aitt»cbior£e»a%itK; 
bibliographie  ist,  zunächst  fiär.tUe,-4abM>tt8)&^t-iil8>i7»»^iboelklt 
immer    ein    wissenschaftliches    BedürfDia    and    möglicbat 
bald  in  An^r iff  ««(  1](e^me>ri  (S.'^&'ffVV 

(TJ)  Bibliographien  über  eiaseln«  Pdehgabfa4«,i|»atoBdafi^MiNP  die 
Geschiebte  uadOrgaaiaatiaa  d4a  bSheT^d'BelralwvatriiJ^ 
wie,  über  l^ragea    de^f.  firaieJinalg'  ulivd  4«»  (ldt«^rldlll> 


t 


Ji«!  vvii,  t  ÄÜid  i©  ,g.*nx.<|ii    s^ie    für, ,  cii^^eln«  Sf«a|eD  <  erwiioscht 

Y.eri|l|p j^eq.  be^v^jaf  ■:•  <f ie  K 1  if  ff  9MM1  q.8clie,  ßo^h  ^aa  (z  w  e i  te)  T «  a^  0  e  1* sehe 
fu^d^  dA^  BeriiA«r.  JaWre^veT^ovcl^oU,  Aoch.  weiter»  Verbr.eitao^  10 
den  bobei^^.ScIvile«  l^",  239,  «3^^^  f.  u,ö.)r  r 

3.   Die  rio  tw  en  digkeit  der  Janresberichte.  . 

'^^^    *     '         '  -A.  Aliiöiiietno  iedea^tuli^.  .        ' 

_     .  Die^  Jahresbericbte  .^ind  nnentbOrlich  '        i '> 

.  .'  ,  äf  für  die  . e  i  I)  z  e  I Q  e  Sc n  a  1  e    dod   ihren  lateresseatenkreia  ,  (,L e b  r e r , 
'Seil  ü  Ter  "der' Aiis1ait,.q1iyiDaJ  Ige  S,ch,üler,  ,fi|eli(ö'rde,n,    Pabli- 

*' '    V  fyr  ^die  Geaämt^eil ,  der    b.Sheren  .pc)iaren    (aojQittelbar    in 
_  ']  J '^  m>iDodiache'r  '  apd  'organii^at.of  ischer  .Beziehung,    ^jttelbar 
iir    Rück^lcbt    auf'  i^ie    Wiasan^acbäft,    beaojidei;s^  die.,   Schul- 
geschichte  (S.  2-^ff.)-  1  .• 


3.   Kün.ftii^e  Gestalt.Q.ng^ 


[ 


toie   Vüoftige  •^£i.nv|cJlituog,  der.   iJahjraibt^rlc^te  .  badarf >  maocher 
Verbesaeruo  g,  dabei  ist  von  Bedeutung: 

a)  Im    allgeareinen.-     fiin^    gewiate    AD^vÜ^erudg    der    Jahres- 
-r    1  :(.*i»arieh*e'dar'yjDraAhiiCdeaeii  d au tiobe«!  Staaten  daa»  I'dhialte 
(..1.  •.  .oaah  liat-  wüna^lienaw.erlb    Diaaar   aalbat   bedarf  maochar  Erweite- 
rungen, vtrtnägt  abar  auch^Küfranogeo.  .  Auf  die  Xover<läa8i  g- 
r  *  V    "  ka  it  dea  4aebw^n«B  ist ,  voca  allem  Wart  ea  Itagen  (8.  2579.). 

L  Allgemeina  Lahr  Verfassung.    Daa   meiste   hier  C  Giäb<»lene  ist 
zweckmäfsig  und  daher  beizubehalten.     Das  Verzeichnis  der 
erledigV|BPjjCf|^MtüllJ(f  .Yt;Fjragt  it|-heJb)lUhe; Kürzungen,    da- 
gegen   sind  über  Privatlektüre    und    schriftliche  Arbeiten 
uov  i  i  ^b«t>daM> 'A^i^t^T' Piad.$c:Minr«(»riilqüg-en'>  aiAg'O'hia'ndeJe  .An- 
n:»  <^'.Ii»  iVe^*fjiigap^gk^nid<|#,,Be>i»rd^<    Dieser  Abacliiiitt.kaa|i> gekürzt 
werden,    doch  ist  dabei  mit  Vor^siebt  and  oatar  Berüakaichti- 
gung  der  besopdere.n  l^erjhältoif  ae  z»  ^vacfahren    (S.25(?if.). 
-!'>  iilll^  Ge&cM^M«  :.  der-  .Anstalt.    (Cbtronik).       'Dt«««r     TeiU'  ist 
.:^.    ^,     iHir/df^a    «ngareni    wie.  .den    .weiteren  IftteraaseDtaukreis    gaiz    be- 
sonders wichtig,    aba^  ieCZi'a  hlr>eiQhan  Berichten,   unzu- 
<-«ij    «-raitcbeB'dii    Auf.  ftaichk^altigkait..   und    Traue    Üt    gtöfierer 
,.  ...    /  Wert  z.a.le^eq«     DerlakaU   kaaa  bereiahert  werden  .  durch 
:    ^Mitteilnqgoq  V4>a  ScJbolreden    und  biograph lachen  Angaben 
-\f    ..  .aRd.da/eha^aßihclicha^e^aeh^ichtellübar aufsarordaatliebe Vor- 
<^  .^.  < .    -ko|||ma^i$se  (Sc.l|iiJL<eraiiaf.lüge   «.ä.,    G^aohe  n^ka,  Beanche, 
<« .    j  •     A'ft&a'te«  ;üb9r  Varatorbaae  und  auch  Lebende  aas  dem  ge- 

f.,.,.    1  sa^ntea  KreUa,deriScM«)  .(S»-^**ff.)-  - 

IV.  Statistik/     Auch     diese     Rubrik     b.edaft    <)er    Erweitarnng, 
.(>  '.baaondofA.io  ^eaag  lauf : üitteilaatgeq   über  die  Ueimatsvef  hÜlt- 

yi  ,  aia aa^,  die    aicbt   nur   allgemein,    aondero   spezieller   zu  berück- 

-M  t  \  aiqhti^ao  aiad^  jn  bezog,  .auf  den  Beruf  der  Bltero  und  die 
,..,,,  .  (aufiar  den  Abiturienten)  abgegangenen  Schüler.  Die  Zweck- 
^  ■  ..  ,  jqMißjghait  allgemeiner.  Sahülervarjzeiahnisse  kann  ver- 
schied ea  beart.eilt  wordea •  (S.  ^t^ S*.)« 
...  •  -.V.  S*  mm  Long  voa  Lehrmitteln.  Die  Angaben  besonders  über 
.  ...^  «abedeutendeDe  Ge  schenke  vertragen  erhebliche  Kürzungen, 
^  .•  '  ..dagegen  ^ind-  die  etalsniärsigen  Anschaffungen  mit  Rück- 
,3..^  ,  ^icht.aj^f  die  v/sr8qbie4fnen.Iotares«entenkrfisa( Sah äler,  Lehrer, 
Behörden,  ehemalige  Sc^)jit4t-,.  Galejirte  vad  P.ublikum) 


4/4  PrograoiBweseD  oad  Progrannbiblfothek  k.  kSh.  Sehnlea, 

vo Mit  und  ig   oiid  im  eifezeloto   ait  der   oSligeo  Geoaaigkeit 
•Dsofäbren  (8.  315  ff.). 

Weiterhio  Miid  Aogaben  SImf  die  BioriebtoDg  der 
Samnlouifea,  turh  eolebe  statiitiieber  Art  (Beaotsaog, 
Bestiede)  io  wiss^osrbaf tlieber  Riekaiebt  wertvoll 
nod  daher  ia  gröfierem  Unfaaffe  wänaekeaswert  (S  323  VJ\. 

VI.  Stiftiiogen  uod  (Jalemtii  Isaageo  voa  Sekülera.  Ober 
Zahl  oud  Art  der  Stipeadiea  »ind  geDaoere  Mit- 
teiloof^ea  nötig.  Die  Fern  der  Mitteiluag  brdarf  vielfach  der 
RevisioD  (S  3:iOV.), 

[Via  I  Ua teratötsoofieD  far  Lehrer  und  derea  Hinter- 
bliebeae.  Aufeabne  von  CJe  teratötzuagen  far 
Lehrf*r  empfiehlt  aieh  aicht,  daKegen  ist  greaae  Be- 
riebterKtaltoiig  über  dea  Stand  vurhaadener  Witwen-  and 
Waiaeokaaaea  oad  die  Verweadaag  der  Mittel  (dwcb  ohne 
Angabey  von  Nanea  oder  eioielner  Raten)  xweek- 
näfiig  (S.  333 ff.i.     Auch  Mitteilongeo   über    et^ t    vorhandene 

[Vib.]  Stift QBgea  aaderer  Art  siod  «^fiascbenawert  {S.  335t.). 

VII.  Die  Mitteiiaageo  aa  die  Sebiiler  aud  deren  Kltera  eiad 
nSgliektt  individoeil  aa  bebaadelo  iS  336lt,U 

C     Nntsbarnacbnag  im  ganten 

a)  Geeignete  Zuaammenfaaaung  den  wichtigsten  Inhaita  di*r  Jahrea- 
bmchie  (aaiiächi*tat*ii  deu  awanzigrr  Jahren  dea  vnrijiea  J«hrhanderta) 
iat  rin  wiaNenarhal ti  icbea  Bediirfuia  {S.343V,). 

b)  hie  Ausföhrnag  ptwt  ia  der  Porni  rine«  „Hrpertori^aa  der 
Jabreabericbte^'  iA  ip  eiaer  wäfiigea  Zahl  von  Banden  nöylicb 
(S.^J^ff.). 

III.   Die  Programmbibliotliek. 

1.  ihr  Zustand  der  Progrimmaanmlaag  jeder  Aastalt  fpt  von 
gr<ifi*r  Kadeutnog  fdr  die  richtige  Sentlxang  der  ganzen 
Programnieinriehtang  wie  für  die  Arbeit  dea  hCheren 
Lebrerstandes  (S.  ^^If.). 

Von  besoaderrr  Bedentang  ist: 

2.  Kina  gewisne  VollstSndigkeit.  Die  Brifitigong  mehrerer 
Obelalände,  welche  die  Vnlisliindigkeit  zn  beeintrüchligen  ge- 
eignet «iuil,  ist  Bi  Hg  lieb  «S  355V.), 

3.  Ihie  Ordnung  Die  gnle  Oidonug  d«*r  Ssrnmloag  ist  nnsaehlag- 
gebead  tiir  ihren  Notzung^wert.  Gewiase  Schwierigkeitea, 
diti  in  älteren  Anstalten  die  Rauinfrage  bereit t,  lassen  aieh  alt- 
mählich  beseitiftea  oder  mildern,  üoter  normalen  \er- 
hältuisseo  (besonders  in  neneren  Anxtalteai  ninfi  die  Methode 
der  Aufbewahrung  beatimmten  Grnndsntzen  (deren  mehrere 
mSgliib  Htud)  fiiigmi,  die  leichtes  Auffinden  Jedes  Programms 
C'  niög  iehea  (S.  366  If.). 

4.  Ihre  Katalogisiernng.  Bine  Katalogiaier|ang  anrh  der  Pro- 
gram  niKa  mm  nag  ist  notwendig  und  mSglich.  Sie  kann  je  nach 
den  besiinüereH  Verhältaissea  io  ganz  einfacher  oder  aurh  voll- 
kouimenerer  Porni  rrfolgea.  Dabei  sind  jedraralla  die  neueren 
Hiirsmitiel,  die  vorhanden,  in  Lebrerhiblioibeken  aber  aoek  wenig 
bekannt  sind,  zweckmäBig  aoszanntzen  (S.^67iri. 

Die  Drucklegung  ist  besonders  für  die  Bestände  älterer  An- 
stalten bis  zu  bestinimten  Zei  punkten  aus  wlaseaacbaftlicbea 
Gröoden  aehr  erwägeaswert  (S.^d).  Die  Koatea  aiad  bei 
geeigneter  Aiisfohrang  mjifsig.  Die  Heransgnbe  erfolgt  am  baatea 
in  Programmtorm  {S,3&5t), 


voD  R.  Ulirieh.  4J5 

Fftr  a  11  e  AosUllen,  die  gedrockte  Kataloge  ihrer  Lehrer- 
hibliotbek  heraasgegebeo  habeo  oder  vorbereiteo,  ist  f ine 
einfache  Oberaieht  über  ihre  PrograraiDbeiitäode  (oach 
acboD  vorhaodeoen  Muaier)  tu  empfehlen  {3.  396  ff.). 

5.  Daa  Zirkaliereo  der  Proipraniane  ist  je  naeh  örtlichen  Ver- 
hSItnisseo  ood  Bediag^ODfeo  zu  regeln  (8.  ^^If). 

6.  Das  Arbeiten  in  der  Programmbibliothek  ist  unter  besonderen 
Umstünden  za  ermSKÜchea.  Die  Versendung  von  ProKrammen 
za  wisseuHchartlicheo  Zwecken  kann  in  die  be^tintmteo  Bahnen  eines 
amtlieben  Leihverkehrs  gelenkt  werden  {S,402!f.). 

7.  Ausblick.  Der  Matzen  der  Prograuimdammloog  mofi  über- 
all allen  Lehrern  zngote  kommen.  Ks  sind  einfache 
Gmndslitze  von  Amts  wegen  aafzustelJen,  die  dies  ge* 
wMhrleisten  (S.  406  V,). 


Schinrsworte. 


Die  Vergangenheit  ist  die  Lehrmeisterin  der  Zukunft.  Das 
kann  auch  die  Entwicklung  des  Frogrammwesens  zeigen.  Sie 
hätte  es  schon  längst  bewiesen,  wenn  die  äußere  Behandlung 
immer  Hand  in  Haud  gegangen  wäre  mil  der  tüikeniitnis  ihres 
Wesens  und  der  Wandlungen  iles  großen  Schulorganismus  über- 
haupt, von  dem  sie  einen  Teil  bihiet. 

Scliulpolilische  Weihbeit  erweckte  vor  mehr  als  acht  Jahr« 
zehnten  Abhandlungen  und  Jahreshfrichte  zu  neuem  Lehen.  Sie 
wollle  zunächst  der  wissenschaftlichen  Tätigkeit  der  ein/elneo 
Mitglieder  des  erst  in  der  Bildung  begriffenen  höheren  Lehrer- 
standes notwendigen  Antrieb  und  sichere  Gelegenheit  geben 
und  so  diesen  seihst  hehen,  andererseits  durch  die  gegenseitige 
Mitteilung  der  Programme  den  Schulen  und  ihrer  Arheit 
wichtige  Momente  des  Fortschritts  zu  eigen  machen,  endlich 
durch  das  öffentliche  Verfahren  einer  Art  jährlichen  Rechenschafts- 
berichts dem  Publikum  schuldige  Ruckncht  erweisen  und  sein 
Interesse  an  der  Schule  auch  auf  diesem  Wege  rege  zu  halten 
suchen.  Zwar  die  innere  Verbindung,  in  der  diese  drei  Humente 
und  ihre  Wirkung  unverkennbar  gedacht  waren,  wurde  zunächst 
nur  unvollkommen  erreicht.  Die  Schulen  und  ihre  Lehrer  hatten 
an  sich  seihst  und  der  Erfüllung  ihres  engeren  Kreises  von 
Pflichten  in  den  ersten  Jahrzehnten  der  Entwicklung  so  viel  zu 
arbeiten,  daß  die  Verwirklichung  jener  größeren  Gedanken,  die 
der  Zeit  vorauseilten,  der  Zukunft  vorbehalten  blieb.  Man  wird 
es  im  ganzen  kaum  bedauern  können,  daß  der  Verlauf  so  ge- 
wesen ist.  Denn  es  war  zunächst  das  Wichtigste,  daß  ein  wissen- 
schaftlich auf  der  Höhe  slehemles  Lehrergeschlecht  herangezogen 
und  in  den  vielen  neuen  Schulen  der  ersten  Jahrzehnte  nach 
den  Freiheitskriegen  eine  solide  Tradition  ausgebildet  wurde,  ehe 
an  die  Bildung  von  Zusammenhängen  im  gmßen  zu  denken  war. 
Nach  dem.  was  in  dieser  Untersuchung  ausgeführt  worden  ist, 
kann  nicht  mehr   bezweifelt  werden,    daß   diese  nächste  Aufgabe 


jiyy  PrograrnnweseD  aid*'P^*|r%^Bfinfi1BHothek  d.  hob.  ScbnleD, 

aIhmiWich  erreitfct  wifrije  rfrid  ^ddÄ  die  Prbmtniii^  ibffi^  .w^sent- 
Dchep  Anteil  data n  halt(;nl  Äbe.f  iiKien)  da§  ritin  j'act^w jsisefi3(;baf t- 
liebe  in  Himo  oft  Diit  einer  gewiwn  £iost^i4igkeit  hervortrat, 
wurde  die  Eiiiriclitiin|  den  weiterea  Kr^ievn,  fur>d)e  sie^cb 
auch  beslimmt  war,  enifremdel,  die  Erfufftcing 'dfei^>^r  an.defen, 
nicht  weniger  wichtigen  Aufgaben  Irat  länger  in.. dem  H)ntpf)g'rund 
als  notwendig  gewesen  wäre.  .Das  ^tcebea.Dfltffat  UiiiforiBiiät  in 
der  Schulor^niBMion  haltiiesen  Zustand  we»eni|li«h  begönsligt  Erst 
dielefzten  Jabrtehiitehabetadie  L^ben'/ki^df^jLj^neyiin^eVen 
Gedanken  des  Neiihegrijnders  jües  Prüjgi'anrniw^'epVdarg^ta^.  Je 
niehr  sich  das  wisseds«  haftliche  Niveau  fdepcii^eFeiieUibrefslandes 
im  ganzen  hob,  je  größer  aach.  die-.Zahl  der  fach  Wissenschaft- 
lieben  Organe  wie  der  gelehrten  Vereinigungen  auf  allen  Gebieten 
wurde,  um  so  weniger  uofw.eM4'8  -  !^rri^  ^  allmählich,  gelehrt- 
fachwissenscbaftliche  Arbeiten  —  von  bestimmten  Fällen  ab- 
geaehert  —  gerade  in  -Progruniiifem  lu  vdfiff^iiftieh^n;  tlatte 
die  Uniformitat  de«  Schirlorganjsmüs- die  Meg^  t^d  ArbettWü 
dieser  Richtung  bcgüiistigi,  so  .wie«  di«'<  iaraMr  gvdAer  wtfrdehdef 
Mannigfaltigkeit  der  Organ isationea 'in  deB  terschiedetfieii  Staate», 
die,  von.  der  Üeburde  geia8lRen^  Möglichkeit  freierer  AuegesUfUsD^ 
auch  im  einzelnen,  endlich  auch  die  größere  'Teilnttbftie'  ]des^ 
Puhlikuma  an- Sdiitifragen,  wie  eie  im  ^Vereins^ese^  <iiii4  iti  der 
Presse.  iu»l  Ausdruck  kaiiiv  die  Prog^amiMe  «und  ilM*e  Heraopj{»fcet^ 
diButlich.  genug  darauf  hin,  .aus  dieser  Lage '*deHMnge'4Ke*i^cltti(ieil 
Folgefuugen  zu '^iebeQ.  <  So*  jsl  ea  idH»a  ^g4lkom«len'-^^  twtas'bis*^ 
bar  flicht  genügend  «erkannt  «Kordc^iist  ^i-^,  >daß'•die'<f^u'i^^  T%Vr 
neuen  ideea,  dits  besonders  teil  1890^ Mler'LTteratur  fiber'das 
bohpreSchulwesendberhauptNahMiog  gegeben  habe[i«'ge*radeia' 
den  Pragrammen  dar  i&ch-alen  selbst  in  beaond^reiii  ünftifoge 
Gestaltung  geAinden  ba^.  .  Es  ^  konnte  gezeigt-  «werdto,*'  w^lcfie' 
selbständige  Bedeutung  diestn  Schriften  'auehi  'itebeft  der"pada-«; 
gOKJscheu^  Zeitscbtiftenlileratur  '  und'  'anderen^ '  ÄiüBerOOgtHi  der* 
öfl'entlichkeit  Zukommt  und  .warn»  ea  '  heute '<inelir  ^  dem:' jr 
wünsdieiiswert  ist,  an  der  Etnriebtu>Dg  iuivlnteres^e-  d^v 
gegenseitigen  Bezieh^angen  der  Sohrulien  äußern an>4e¥' wie 
zum  Publikum  festz^ubalten.         <    i-)'    >         "  ^' 

Welche  Entwicklung    diese  Dinge   nach •einigeh  iafameNite«^ 
etwa  nehmen  werden^  ist  jetzt  müßig  zn  fragen.    Bs  gilt  zm^h^t,* 
aus  den  Erfahrungen  der  letrlen-  L>eiden  Jahrzehnte  fOnrdre  Iiä6h#te 
Zukunft  zu  lernen,  auch  dadurch,  daß  man  in  Äußerer  Besieh ng 
die  Dinge  nicht  gehen  läßt,  wie  sie  eben  gegangen  sindi  und  so' 
die  Wirkung  der  Einrichtung^  auf  die  genannten  Kr**iaeahsehw3obt/ 
Gibt  man    zu,    daß  auch    die    b6h<erei  Schule  aoßef    den  vtiisseil- 
schafllichen  und  erziehlichen  Aufgaben  solohe  aozialer  Att  tm  «t- 
füllen  hat,    so  ist  vor  allen  Dingen   darauf  hiniowirken,    daß- die' 
Mittel  nicht  bloß  von  den  Staats  verwallnn'gen  Pi*enfs^iis> 
und  Österreichs,    den.  einzelnen*  Konten en  'de-r-  Sahwdiav 


voD  R.  Ulirieh.  4^1 

eioer  Anzahl  von  Städten  und  kleineren  Staaten  jährlich  zur 
Verfügung  gestellt  werden  (ob  sie  benutzt  werden,  hat  das  Bed  u  r  f  n  is 
jedesmal  zu  entscheiden),  sondern  daß  alle  Städte  mit  höheren 
Schulen  jüogeren  Datums  für  die  Sache  gewonnen  werden  und  so 
vor  allem  auch  den  Realschulen  und  den  höheren  Mädchen- 
schulen Gelegenheit  gegeben  wird,  im  Interesse  ihrer  selbst 
und  ihres  Publikums  umfassender  von  einer  Einrichtung  Gebrauch 
zu  machen,  die  bei  den  Vollanstalten  sich  seit  so  langer  Zeit 
bewährt  hat.  Es  kommt  ganz  besonders  darauf  an,  das  Publikum, 
das  Beziehungen  zur  höheren  Schule  hat,  über  deren  Tätigkeit, 
Aufgaben  und  Probleme  sachgemäß  und  anhaltend  aufzuklären 
und  auch  so  ein  natürliches  und  wirksames  Gegengewicht  zu 
schaffen  gegen  die  vielen  Entstellungen,  denen  das  höhere  Schul- 
wesen in  der  Öffentlichkeit  beute  so  oft  ausgesetzt  ist. 

Die  Wege  dazu  sind,  wie  oben  gezeigt  worden  ist,  in  den 
Programmabhandlungen  der  letzten  beiden  Jahrzehnte  schon 
gewiesen;  es  gilt  nur.  die  Vi^irkung  dadurch  nachhaltiger  werden 
zu  lassen,  daß  sie  auf  möglichst  viele  Schulen  und  ihre  Kreise 
ausgedehnt  wird.  Für  die  Schulmänner  erwachsen  daraus  noch 
für  viele  Jahre  die  schönsten  Aufgaben,  bei  denen  es  sich  nicht 
darum  handelt,  mühsam  den  Stoff  zu  suchen,  wie  bei  den  speci- 
mina  eruditionis  einst  geschah,  und  so  gequälte  Schöpfungen  zu- 
stande zu  bringen.  Vielmehr  bietet  das  frische  Leben  der  Schulen 
und  ihre  reiche  Vergangenheit  ungesucht  der  Stoffe  so  viele,  daß 
es  nur  darauf  ankommt,  die  Fragen  richtig  zu  stellen  und  bei 
ihrer  Behandlung  die  Grundsätze  wissenschaftlicher  Methode  durch- 
zuführen. 

Für  die  Jahresberichte  an  sich  bleibt  mehr  zu  tun.  Es  ist 
wenig  geschehen,  auch  sie  für  die  Zwecke,  denen  sie  dienen  sollen 
—  und  es  sind  ja  im  wesentlichen  die  gleichen  wie  die  der  Ab- 
handlungen —  immer  nutzbringender  und  fruchtbarer  zu  gestalten. 
Man  muß  das  um  so  mehr  bedauern,  als  ihre  Wirkung  noch  viel 
umfassender  sein  kann,  als  die  der  Abhandlungen;  eben  des- 
halb, weil  ihr  Erscheinen  nicht  von  dem  Belieben  dieser  oder  jener 
Schule  oder  Verwaltung  abhängt,  sondern  weil  sie  eine  allge- 
meine, fast  überall  geforderte  Einrichtung  der  höheren 
Schulen  überhaupt  sind.  Vielleicht  wird  man  allmählich  dahin 
kommen,  sich  der  großen  Bedeutung  dieses  Moments  bewußter 
zu  werden  und  ihren  Inhalt  aus  dem  Bereich  des  Dürftigen, 
Schematischen  herauszuheben,  ihn  reichhaltiger,  individueller, 
charakteristischer,  lebensvoller  zu  gestalten,  damit  diese  Berichte 
wirklich  jsind,  was  sie  sein  sollen,  in  der  Gegenwart  getreue 
Bilder  vom  Leben  jeder  einzelnen  Schule  und  erste  Grundlage 
der  Beurteilung  der  gesamten  Verhältnisse  zu  bestimmten  Zeit- 
punkten, in  Zukunft  zuverlässige  Dokumente  des  Werdeganges  des 
höheren  Schulwesens  in  größerem  Zusammenhange. 

Zu  welchen  umfassenden  und  zusammenfassenden  Auf- 

ZeitMhr.  f.  d.  GymnMUlweeoB.    LXI.    Snpplementheft.  21 


418  Prog^rammwesen  und  Pro|rraniinbibliothek  d.  höh.  Sehaleo, 

gaben  wissenschaftlicher  und  praktischer  Art,  an  die  man  bei 
der  Neubegrundung  der  Einrichtung  und  selbst  einige  Zeit  nach 
ihrem  Bestehen  kaum  denken  konnte,  schon  der  jetzige  Bestaod 
an  Abhandlungen  wie  an  Jahresberichten  auflbrdert  und  geradeiu 
verptlichtet,  ist  oben  dargelegt  worden.  Es  ist  hohe  Z«it,  daß 
sie  endlich  in  Angriff  genommen  werden.  Aber  sie  erfordern 
besonders  geschulte  Kräfte,  gründliche  Kenntnis,  auch  organisa- 
torische Gaben,  die  nicht  jeder  einzelne  hat,  und  werden  z.  T. 
nur  durch  planmäßiges  Zusammenwirken  mehrerer  gelöst  werden 
können.  Die  Abfassung  der  einzelnen  Abhandlung  und  des 
Jahresberichts  jeder  einzelnen  Schule  sind  aber  Aufgaben, 
die  jeder  nach  seiner  Art,  Begabung  und  Richtung  zu  lösen  ver- 
mag, und  heute  doch  wohl  besser  als  vor  zwei  Menschenaltern. 
Jede  kleinste  Arbeit  dieser  Art  ist  ein  Baustein  zum  Ganzen  des 
höheren  Schulwesens,  seiner  Methoden,  seiner  Organisation,  seiner 
Geschichte;  aber  jeder  Stein  soll  auch  haltbar  sein  und  sich  zum 
Ganzen  fügen.  Wenn  wir  heute  den  specimina  eruditionis  einer 
früheren  Lehrergeneration  wissenschaftlichen  Wert  abs^prerhen,  zu 
einem  Teile  mit  Recht,  so  ist  dabei  doch  niemals  zu  vergessen, 
daß  diese  Arbeiten  Kinder  der  Zeit  sind,  die  sie  hervorbrachte, 
und  als  solche  weit  mehr  gerechter  Nachsicht  als  des  Tadels 
bedürfen.  Die  literarische  Arbeit  des  heutigen  geschlossenen 
Oberlehrerstandes,  dessen  wissenschaftliches  Niveau  im  ganzen  ein 
so  viel  höhere:;!  ist  und  sein  muß  als  das  des  Standes  in  den 
Anfängen  einer  neuen  Entwicklung  vor  Jahrzehnten,  wird  einmal 
in  seiner  Gesamtheit  mit  Recht  schärferer  Kritik  unterliegen. 
Daß  der  Stand  diese  in  der  Hauptsache  nicht  zu  scheuen  haben 
wird,  soweit  wissenschaftliche  Leistungen  größeren  Umtangs,  Bei- 
träge zu  wissenschaftlichen  Zeitschriften  oder  Sammelwerken  und 
ähnliche  Arbeiten  in  Frage  kommen,  kann  als  sicher  gelten.  Der 
Nachweis,  daß  und  warum  auch  die  gelehrt-fachwissenschaft- 
liche Programmliteratur,  besonders  seit  den  fünfziger  Jahren 
des  vorigen  Jahrhunderts»  im  wesentlichen  ein  ehrenvolles 
Zeugnis  für  die  Arbeit  des  Standes  darstellt,  gehörte  mit  zu  den 
Aufgaben  dieser  Untersuchung.  Wie  weiterhin  das  Zurücktreten 
der  Fachwissenschaften  von  den  Programm  ab  band  Jungen 
(nicht  von  den  Arbeiten  der  Mitglieder  des  Standes  überhaupt)  zu 
erklären  und  zu  rechtfertigen  ist,  und  welche  Bedeutung  die  seit 
einigen  Jahrzehnten  dafür  erheblich  gewachsene  Zahl  dieser  Ab- 
handlungen über  Gegenstande  des  höheren  Schul- 
wesens seihst  zu  beanspruchen  hat,  konnte  im  Zusammenhange 
mit  der  Entwicklung  der  Schniorganisationen  überhaupt  und  ihrem 
Einfluß  auf  die  Arbeit  des  Standes  weiterhin  dargelegt  werden. 
Die  Angriffe  gegen  den  Wert  auch  dieser  Programme  haben  sich  in 
der  Hauptsache  als  unberechtigt  erwiesen.  Aber  auch  die  Jahres- 
berichte bedürfen  der  Pflege  des  Standes.  Gedrucktes,  was  immer 
im  Namen  und  unter  Verantwortung  der  Leiter  höherer  Schulen  und 


von  R.  Uliricfa.  4]$ 

unter  vic^Ifacher  Mitarbeit  von  Lehrern  herausgegeben  wird,  und  sei  es 
auch  „nur'  ein  Bericht,  kann  nicht  immer  interessant,  muß  aber 
in  jedem  Falle  reichhaltig,  genau  und  unbedingt  zuverlässig  sein, 
damit  es  den  Leser  der  Gegenwart  mit  der  Schule  verknüpfe  und 
der  Arbeiter  der  Zukunft  es  nicht  als  unbrauchbar  beiseite 
schiebe.  Die  Erkenntnis  dieser  Tatsache  ist  noch  nicht  so  ver- 
breitet, wie  man  im  Interesse  des  höheren  Schulwesens  und  des 
Standes  wünschen  muß.  Not  uud  leider  auch  Vernachlässigung 
der  Programmbibliotheken  der  Schulen  hat  mit  dazu  bei- 
getragen, sie  zu  verkümmern.  Darum  ist  es  dringend  erforderlich, 
auch  diese  Sammlungen  zu  heben,  ihre  Einrichtungen  zu  ver- 
bessern, vor  allem  ihre  Benutzung  zu  fördern. 

Viel  können  in  allen  diesen  Beziehungen  die  Behörden 
tun,  so  dadurch,  daß  sie  für  die  Sammlung  der  Programme 
in  den  Programmbibliotheken  einfache  Grundsätze  aufstellen, 
den  notwendigen  Zusammenbang  der  Abhandlungen  mit  dem 
inneren  und  äußeren  Leben  der  Schulen  fortgesetzt  betonen  und 
unbeschadet  aller  Landeseigcntumlichkeiten,  die  auch  in  den 
Jahresberichten  ihr  historisches  Recht  haben  und  behalten 
müssen,  unbeschadet  auch  aller  Verschiedenheiten  im  einzelnen, 
die  als  Individuelles  gerade  wertvoll  sind,  auf  eine  gewisse  An- 
näherung des  Inhalts  der  Berichte  besonders  von  Nord- 
und  Süddeutschland  hinarbeiten,  damit  sie  über  die  unmittelbare 
Wirkung  auf  den  nächsten  Interessentenkreis  hinaus  für  das 
deutsche  Schulwesen  im  ganzen  jetzt  und  später  an  allgemeinem 
Werte  gewinnen. 

Gewisse  amtliche  Vorschriften  in  diesen  Richtungen,  die  mir 
nicht  bloß  wünschenswert,  sondern  notwendig  scheinen,  solle|i 
und  können  aber  nur  einen  allgemeinen  Rahmen  abgeben.  Das 
Beste,  ihn  mit  wirklich  treuen  und  fesselnden,  auch  für  spätere 
Beschauer  noch  ansprechenden  und  eindrucksvollen  Bildern  aus- 
lufüllen,  müssen  die  Schulmänner  selbst  leisten,  die  an 
der  Ausführung  mitarbeiten.  Die  Sache  ist,  gerade  im  ganzen 
angesehen,  wichtig  genug,  daß  im  einzelnen  jeder  auch  hier  sein 
Bestes  gebe,  wie  er  es  in  fachwissenschaftlicher  Produktion  längst 
gewohnt  ist.     Auch  das  ist  eine  Standesfrage. 

Berlin-Pankow.  Richard  Ullrich. 


430   Prof  ramnweseD  ond  Pro|;raminbibliothek  d.  Höh.  Schuleo, 


Berichtlgrnngen  ond  Zusätze  0. 

1*  Febrvar-MIri-Heft« 

S.  91  ist  aachrntrageD: 

a)   Anhalt 

Xin  a.    — ,  ErsU$  Brgan%ungMkeft  (Jaa.  1903— Mai  1907).   Daata«  1907, 
C.  Düuahaopt,  Vil,  140  S.,  3  JC,  geb.  4  JC. 
&  92  dgl. : 

6\)  Hamburg. 

XX  a.     Mieolci,  A.,    Das   Unterrichisweten   des   HamburgUdun  Staaiet. 
Eine  Sammlung  der  geltenden  Gesettej    Ferordmtngen  und  sonstigen 
Bestimmungen  über  das  Vnterriehlswesen  in  Hamburg.  Hanborg  ]b84. 
Tb.  G.  Meifioer.     XIV,  712  S.    8  JC\   vgl.  S.  169  Aan.  1. 
S.  99  dgL : 

<e)   Aobalt. 

Lila.  5.  Jan.  1903.  lo  Schul erverzeichnisten,  deren  Abdruck  eicht  aa- 
geordoet  lit,  aber  onbenomBea  bleibt,  sind  die  Schüler  „stets  in  aipba- 
betischer  Folge  aod  nicht  etwa  nnter  Zogroodelegoag  einer  söge- 
naooten  ,,RaDgordoiiog**  anfzunihreo/*  {Rrüger^  1.  ErgänsmngsJL  S.  HO.) 
b.  3.  November  1905.  Die  Schal Qacbricbten  müssen  eine  zweifache 
tabellarische  Obersicht  über  die  stattgehabte  Verteilong  der  Lektionen 
—  „a)  im  Sommer-,  b)  im  Wiotersemester*'  —  enthalten,  ,,falls 
nicht  dieselbe  Verteiinng  fdr  das  ganze  Seholjahr  Geltang  gehabt 
hat*'  —  mit  Hinweis  auf  die  Haoptverfagnng  vom  19.  Nov.  188T; 
vgl  0.  S.  98,  Nr.  XL VII  {^wida  S.  116}. 
S.  103  dgl.: 

<fi)   Hamburg. 

LXXn  d.  15.  März  1877:  Regulativ  über  die  amtlieben  f^erbältnisse  der  an 
den  bökeren  Staatssebulen  angesteÜten  Lebrer  §  23  j4bs,  2:  Die  wiesen- 
schatllicbeo  Lehrer  sind  verpflichtet,  der  Reihe  nach  die  Pro- 
grammabbandlnog  zu  schreibfn  {Micold  S.  230);  vgl.  S.  169  A.  1. 
e.  18.  Jani  19u3:  Bestimmungen  über  die  amtlichen  FerhaUmiMse 
der  an  den  bdberen  Staatssebulen  angestellten  Direktoren  und  Lehrer, 
§  13:  Die  wisneoschaftlichen  Lehrer  sind  verpflichtet,  der  Reibe 
nach  die  Programmabbandlong  na  sehreiben....;  der  Avsfall 
einer  solchen  Abhandioog  befreit  den  an  der  Reihe  beßodlicben  Lehrer 
nicht  von  dieser  Verpflichtaog;  der  Direktor  kaoo  den  Lehrer 
in  eiozelneo  Fällen  von  dieser  Verpfliehtnng  entbinden.  Sin 
Anreeht  wird  dadurch  nicht  begründet  {bisbor  ungodruckt)\  vgl. 
S.  169  Anm.  1. 

S.  112  hioter  Z.  11  v.  o.  Tüge  hinzu: 
13c.  Peters,  E.,  Die  deutschen  ond  österreichischen  Pro- 
grammabhandluogen  des  Jahres  1881,  nach  ihrem  lohalte 
im  Verein  mit  Facbmäooern  geordnet  und  besprochen.  Zentrahrg. 
/*.  d.  Interess,  d.  Realscbulw.  X  (lb82)  S.  649—768  (auch  im  Sonder- 
druck,  Berlin  1882,  Friedberg  n.  Mode,  120  S.);  vgl.  S.  231  f.  Niebt 
Jortgesettt, 

S.  112  Nr.  15  Z.  4    kano   jetzt  so    gelesen  werden:    Das   letzte   Ver- 
zeichnis XVIII  (1906)  erschien  1907;  vgl.  S.  171  Anm.  1. 

S.  112  Anm.  2:  Der  5.  Band  wird  7  Jahre  (1901—1907)  umfassen;  vgl. 
S.  124  Anm.  1. 


>)  Von  Druckfehlern  sind  hier  nur  solehe  namhaft  gemacht,  die  den 
Sinn  stören.  Andere,  wie  abgesprungene  Zeichen  nä.,  wird  der  Leser  ohne 
weiteres  selbst  verbessern. 


voo  R.  UUrich.  421 

S.  125  onUr  Nr.  104  lies  st«U  1902/03:  1892/93. 

S.  126  Z.  7  V.  o.:  Die  Zahl  1896  am  Rtode  ist  zn  streicbeo  uod  dafdr 
eiozosetzen:  — . 

S.  127  Z.  7  V.  0.:  Die  Zahl  1901  am  Rande  ist  zn  streicheo  oad  dafdr 
eiazosetzen:  — . 

S.  132  Aom.  ly  Z.  6  ist  die  Bandzahl  I  eiazoschieben. 

S.  155  Text,  Z.  5  v.  n.  ist  za  lesen:  Teil  11  3. 

S.  160/1  Tabelle:  Bei  Nr.  V  muB  die  Oberschrift  iaaten:  1882 
(zwischen  188i  und  1883). 

S.  161  Xom.  1:   Aach  in  Pforta  erscheinen  solche  Mitteiiangen. 

S.  269f.:  Soeben  (Mitte  Dezember  1907)  ist  das  vorläufige 
Teobnersche  Verzeichnis  der  Tiir  1908  angekündigten  Abbandlnogen 
von  673  preußischen  und  294  auBerpreuBischen  höheren  Schulen  des 
Dentscheo  Reiches  (auBer  Bayern)  erschienen.  In  Preufien  ist  das 
Verhältnis  der  behandelten  Stoffe  zueinander  ungefähr 
das  gleiche  geblieben.  Von  ca.  265  Abhandlungen  kommen  auf  die 
Fachwissenschaften  gegen  100,  auf  solohe  allgemeinen  Interesses  gegen 
165.  In  den  übrigen  Staalen  (ohne  Bayern)  stehen  beide  Abteilungen 
der  die  Zahl  90  nicht  ganz  erreichenden  Abhandlungen  jetzt  einander 
ungefähr  gleich.  Die  S.  268  ff.  skizzierte  Uotwicklung  (vgl.  auch 
Supplementheft  S.  145  fS.)  wird  hierdurch  wiederum  bestätigt 

S.  281  Anm.  1.  Inzwischen  sind  (19U7)  noch  erschienen:  (42)  Die 
ReUgion  der  alten  Römer  (Heinr.  Wolf),  1,50^,  (44)  Tod  u  Toten- 
kuUas  bei  d.  alt.  Griechen  ( A.  C h  n  d  z  i  n  s  k  i),  i  JC,  (-15)  Im  ioniichen 
Kleinasien  (R.  Thiele),  2  JC,  (46)  j4friha  t  s.  Beuehungen  zur 
'  antiken  Kulturwelt  (Fr.  Gramer),  2,40  M,  (47)  Delos  und  (4S)  Delphi 
(0.  Pritsch),  1,50  und  2,40  w^  (gebunden  jeder  Band  0,50  bis 
0,60.^  mehr).  .  . 

B»  Snpplementheft« 

S.  $  Z.  12  V.  0.:    An  letzter  Stelle  ist  S.  248  zu  lesen  (statt  218). 
S.  8  Anm.  3    ist   unter   I  1    das  S.  150  Anm.  1    angerührte  Werk  von 

A.  Matthias  nachzutragen,  ebenso  noter  II  1,  1:  Einführung'  in  das 

Goiisehe  (F.  v.  d.  L  c  y  e  n),  1 908,  g^b.  4,20  JC> 
S.  114  Text:   ^r,  XFIJI 5  ist  zn  streichen,    dafür  (bezw.  in  Anm.  4) 

einzusetzen : 

Bahn,  Ernst  (XVII  7.  8),  \  ZurStatistik  des  Kgl.  Joachims- 

Pritze,  Ernst  {XFI  16),  i  thalschen  Gymnasiums.    Zum  300 j. 

Todt,  Karl  {XFI  17),         \  Jubiläum. 

Wetzel,  Erich,  I  F  estschri  ft  T.  II.  Berlin  Jch  G.Ol. 

8.116.    Zu  XF1II4Ö  füge  hinzu:    Nicht  erschienen;    vgl.  n.  XIX  10. 
S.  122: 

XIX«  Ans  den  fflr  1908  angekündigten  Programmen')« 

Aus  der  Zahl  der  für  1908  angekündigten  Abhandlungen  (s.  o.  den 
Zusatz  zu  S.  269 f.)  seien  hier  einige  wenige  (mit  Rücksicht  auf 
den  Raum)  erwähnt,  die  durch  den  Namen  des  Verfassers,  den  Gegen- 
stand oder  beides  ein  gewisses  Interesse  beanspruchen  dürfen: 

A. 

1.   Allgemeines.    Schnlgeschichte.     Schul  reden. 

s. 

1.  Anz,  Hur.,  Aasgew.  Schulreden.  (XIII86\  XIF47)      Nordhausen    9  XIX. 

2.  Bahlsen,  Leo,    Beitr.  z.  Kenntnis  o.  Beurteilg.  d.  Unter- 

richtswesens  u.  d.  Uaiversitäts Verhältnisse  i.  d.  Verein. 

Staaten.    {XF45. 175)  Stralsund  Rg.    4 

')  Auswahl,  Anordnung,  Verweisungen  usw.  entsprechen  den  Grund- 
sätzen, die  für  die  Nrn.  I— XVIII  {S.  '95— 122)  maßgebend  gewesen  sind; 
vgl.  S.  <y«?f.,  Anm.  1  und  8.  114  Aom.  1. 


422   PrograiumweseD  and  Programnbibliotbek  d.  hob.  Schaiea, 

XIX.    3.  Detlefsen,  Aodr,  Abitarieoten  voo  0.  1848^1908.  Kiel  10 

4.  Kiehl,  Hnr.,  Job.  Jol.  Hi*cker.  BarHn  Kais.  Wk.'Rg.    4 

5.  Lierroano,  Otto,  vgl.  XFIII 31  mit  Anai.  3     {XFI 29a; 

Xyil  41)  Frankfurt  a.  M..  fTöfder-Rg.  15 

6.  Messer,  Aug.,  Gescb.  d.  Laodgr.  Ludw.-G.  in  Giefseo.       Gipsen  22 

7.  Meyer,  Gg.,  B-  geplant.  Bi  bliotbeksbaa  f.  Ufeld   1780. 

(XrfI46l7',  \Fm34.  76)  H/M  11 

8.  Rethwiftch,   Coor.,    L.  v.  Ranke    als  OL.  in  Praokfort. 

(mi  116  XFI 227)  CharUMenburgy  Kais,  Aug.'G.    3 

9.  Schoeoichen,  Walth.,    „Natur  o.   Schule'*  i.  d.  Verein. 

St.  V.  ^ord-Amerika.  Sehoneb^g^  HdmJk.'Rg,    4 

10.  Tircutlein,    Pet.,    ygl  XFIII 4ö.    (XH llSf4;  XFfI 91. 

108)  KarlsmAe  Rg,  21 

11.  Wetekamp,  Wh.,  Ersiehg.  d.  Scbäler  s.  Selbstbetäti- 

gung,   besonders    im  Anfangsunterricht.    {XFI 39) 

Seh&neberg,  fF.  Stemetu-Bg,    4 

2.   Einzelne  Unterrichtsfächer, 
a)  Deutsch. 

12.  Biese,  Alfr,Z  ßehandig  MSrikes  in  I.  (A/f^l^J;  J)Cf75; 

Xril  13, 4  203  J;  XFIII S.  62a)  Neuwied  16 

13.  Gemol],  Alb.,  M^ditationsbeispiele  zu  deutschen  Aof- 

sät/en      {KIII  113/3;    XIF  71/41    XF  4a;    XFII  154; 

XFIff63)  SiriegauRg.    S 

b)   Lateinisch  und  Griechisch. 

14.  Hodermann,    Max,    Livius    i.   deutscher  Heeressprache. 

(XFI86.1Ö7)  fFermgerode    9 

15.  Manbach,  Jos.,  Gr.  Anfangs-U.  i.  Anscbl.  a.  Xenopbon.    Köln  j4posL  16 

16.  Roseoberg,  Em.,  Üeotsrh.  Ausdruck  b.  Obers    Ciceron. 

Hedi-D.    \X1U  178;  XFII  182;  XFIII 139)  Hirsckberg    1 

17.  Stürmer,    Franz,     Wörter-Verz.    z.    Osterm. -Mullers 

Obongsb.  f.  \I  (Ausg.  C)  nach  etymol.  Grondsät/en.    ff^eäbwg  14 

18.  (Lehrerkoll.),lII.Lat.Gruodlehrpl  derld.C  {XFUl 7 1/2)  Rendsburg  10 

c)  Naturwissenschaften. 

19.  Gnau,  Ew.,  Astronomie  in  d.  Schule  II.  {XFIII 86a)   Sattgerhausen    9 
Schoenichen,  ,Walth.,  vgl.  o.  Nr.  9. 

d)  Technische  Fächer.    Sport.     Reisen.     Varia. 

20.  Gese,  Joh.,  Stenographischer  (Jutcrr.  a.  hSh.  Seh.      Garita.  0.    6 

21.  Renn  ig.  (Rechtsanw.),  Das  Rnderu  am  Joh.-Gymn.   Breslau  Joh,- G.    7 

22.  HerrmaiiD,    Konr.,     Das    turnerische    Rudern     (der 

Rudersport)  am  Gymn    i.  Lingen.  hingen  11 

23.  Kn  ob  loch,  Herm.,  Reform  im  Zeichen -Unterricht.  Breslau  kath.  R.    S 

24.  Richter,    Oit»,    Erfahrungen  von  7  SchölerrHsen  nach 

Rom.     {XIII 171:    XF  129;  XFII  17 9/80 x   XFlIl  138); 

vgl.  auch  o.  S.  284  f.  o.  S.  299  SehönebHFg,  P.  Hetmr.-G.    3 

25.  Rosenkranz,  Wilh.,    Wie  läßt  sich  d.  Zeichnen    f.  d. 

anderen  Unterrichtsfächer  nutzbar  machen?  Saarhuis  16 

26.  Scheel,  Willy,  Das  Lichtbild  im  Unterricht  ^egiiiz  G,  4 

27.  Wenoer,  Carl,  Zur  Methodik  d.  Gesanganterrichta»    Bonn  kg.  G.  15 

B. 

1.  Altertumswissenschaft 

28.  Apelt,    Otto,    Was  gilt  uns  Aristoteles?     {XIII 8718; 

XFl  239 1  XFII  93.  13416;  XFIII  123/4)  Jena  23 

29.  Mothner,  Rud.,  Grondbedingung.  u.  Gebra ochstypen  d.  Modi 

i.  Griechisch.    {XIII 202/3;  XI F  134a,  b;  XFII94)  Bromberg  G.    « 


voo  R.  Ullrich.  423 

30.  Nestle,    Wilb.,    Herodots    Verh.    zar    Philosophie    ood 

Sophifttik.  Sehönthal  ih^S.     20  XIX. 

31.  Qoaatz,  Herm.,  D.  Figareo  i.  Ostg^iebel  d.  Zeasteinpels  i. 

Olympia.  Berlin  Ltt.  G,    3 

32.  Siefert,  Georg,  PIutar|ch8  Schrift  mqV'^d^vfilag.  Pforta    9 

33.  Tr eodelenburgy    Adolf,  Die  Aufangstrerke  des  heiligeo 

Weges  io  Delphi.     (Xri206:  XFII  19i;5)  Berlin .Frdr.G.     3 

34.  Waehmer,  Walt,  vgl.  o.  ÄFIIJ 148  mit  Aum.  3  (XF  1Ö2I3\ 

Xni  200/1;  XyiUUl)  Göttinnen  11 

2.  Deutsch. 

35.  Siebert,  Erost, Frage  e.  deatscheo  Sprachakademie.  A^otoau^e«/?;?^'.     4 

36.  Stiller,    Otto,    J.  T.  Volkmaoo,    e.  Quelle  f.  Goethes 

Ual.  ßeite.    {XF 113)  Berlin  gr.  KL    3 

3.    Geschichte. 

37.  Darpe,  Frz.,  Kofsffliler  ürk undcn hoch  II  3r  (A/f"  i7i/5; 

Xr  18416 \  Xyi  240/2;  XFll  228  \  XFUl  162)  Koes/eld  12 

38.  Droyseo,    Haus,    Histuire  de  la  dissertatioo:  fSur  la  litt. 

allem,  pobl.  a  Berlin  eo  1780.  Eiu  Beitrag  z.  Charakte- 
ristik des  Staatsministers  Graf.  v.  Hardeuberg.  {XF 
84;  Xm  230/1)  Berlin  Kgit.  G.     3 

39.  Kuaake,    Em..    Köoigin  Luise.  111.    Während  d.  Wieder- 

geburt Preußcus.    {XHll  166/7)  Tilsit  Rg,     1 

40.  Kuapp,    Th.,    Abriß  d.  Geschichte  d.  BaueroeutlastuBg  in 

Württemberg.  Tübingen  20 

4.  Philosophie. 

41.  Boesche,  Gost.,  Zu  Fichte s^Gedächtois.  Lippstadt  Rg,  13 

5.    Bibliothekskunde.  —  Varia. 

42.  Ernst,  Ronr.,  D.  lokunabelo  d.  Bibl.  d.  Gymn.  Jos.  Hildesh  Jos.  11 

43.  WiukeImann,Joh.,  Schutzd.  Maturdenkmaler.  Stettin SchiÜer-Rg,    6 

S.  i^  (8.  o.  S.  27i) :  Zum  Kapitel  „Bewegungsfreiheit"  vgl. 
neuerdings  die  Bem(*rkuugen  von  G.  ühlig  über  seine  schon  io  den 
neunziger  Jahren  «m  Heidelberger  Gymuasium  geübte  Praxis, 
in:    Das  humanist.  Gymn.  XVlll  (19U7)  S.  180f.  mit  Aum.  1. 

S.  ij(?  (Forts,  d.  Anm.  2  von  S.  i4.9)  fuge  hinzu:  Die  Stadt  Berlin 
ist  im  BegrifT,  besondere  Einrichtungen  zur  Förderung  des  alt- 
sprachlichen Unterrichts  zu  treffen ;  ihre  schon  bestehenden 
Veranstaltungen  zur  Förderung  des  neusprachlichen  und 
naturwissenschaftlichen  Unterrichts  werden  dadurch  in 
erfrenficher  Weise  ergänzt. 

S.  166  V.,  160  ff.,  166  fr.: 
Im  An»chluß  an  die  Ankündigung  der  Programmabbandlungen  für  1908 
(s.  o.  S.  421  den  Zusatz  zu  S  269  f.)  sei  hervorgehoben,  daß  sich  die 
S.lö6!if.,  166 ff.  über  das  Abnehmen  ihrer  Zahl  und  seine 
Gründe  mitgeteilten  Tatsachen  und  die  aus  ihnen  gezogenen  Schloß- 
folgerongen aufs  neue  zu  bestätigen  scheinen.  Mit  gewissem  Vorbe- 
halt kann  schon  jetzt  bemerkt  werden,  daß  die  Zahl  au  den  preu- 
FsiMchen  Vollanstalten  eiu  wenig  gestiegen  ist  (vgl. 
S.  167);  sie  beträgt  etwa  23o  gegen  2]b  im  Jahre  19U7  (S.  163).  Bei 
den  Healgy  mnasien  beträgt  der  Zuwachs  sogar  ca.  25%.  Da- 
gegen ist  die  Zahl  bei  den  Nichtvollanstalten  —  von  63  (a. 
a.  0  )  auf  etwa  35  —  gesuuken,  uud  zwar  bei  allen  drei  Schularten. 
Ungefähr  das.selbe  scheint  auf  die  entsprechenden  Verhältnisse  der 
aufs  erpreu  fsischen  Staaten  des  Deutschen  Reiches  zuzutreffen, 
wiewohl  sich  diese  z.  Z.  noch  nicht  ganz  übersehen  lassen,  besonders 
die  der  soddeutschen  Staaten,  in  denen  die  endgültige  Lieferung 
sich  von  der  Ankündigung  etwas  mehr  zu  unterscheiden  pflegt.     loter- 


424  ProframmweseB  and  Prof  ramabibliothek,  voo  R.  Ullrich. 

essaot  ist  die  Tatsache,  daB  in  P  r  e  n  Ts  e  o  2.  B.  die  Zahl  der  Ab- 
handioogea  desto  mehr  aboiaiat,  je  weiter  wir  oach  Weste«  kowaiea. 
So  habeo,  um  aar  eioii^e  Beispiele  auEofnhrea,  yao  119  am  Taoach- 
verk,ehr  teiloehoeodea  Scbalea  Braadeubar^a-  4Ö  aoBer  deo 
Jahresbericbtea  anch  Abhandlansen  aogekündi^t,  von  25  Ao- 
stalten  P 0 s e 0 s  find  18  mit  aolchen  beteiligt,  in  Schlesieo 
kommen  aof  69  Anstalten  33  mit  Abbandlangen,  in  Sachsen  (Pro v.) 
auf  54  wiederum  eine  sehr  hohe  Ziffer,  aämJich  41  (vgl.  «.  S.  167). 
Dagegea  haben  inHanaover  voa  54  Aastalten  nur  10  eine  Abhaad- 
lung  aogeküadigt (vgl.  S.  213  mit  Anm.  1  und  S.  1^7),  ia  Hessen- 
Nassau  voo  48  Bur  11,  in  der  Rheinprovioz  (vgl.  S.  213  A.  3 
und  S.  767)  von  122  nni*  301  Die  Gründe  sind  offenbar  dieadbeo, 
wie  sie  sieh  uns  Tür  die  fräberen  Jahre  (a.  a,  0.)  ergebea  haben.  Am 
wicbtigiten  ist  der  Umstand.  daB  die  Beteiligung  der  Real- 
schulen, wie  die  der  Nicht voUaastaltan  überhaupt,  eine  so  ge- 
ringe ist.  So  habeo  io  der  Rheiaprovins  überhaupt  oor  drei 
Realschulen  eine  Abhandlung  ao(;eküodigt,  in  Hannover  und 
Hessen-Nassau  ist  überhaupt  keine  beteiligt;  in  den  a ufs er- 
preu fsiscben  Staaten  sind  (mit  rübmlicher  Ausnahme  Hamburgs) 
nur  ganz  gelegentlich  Abhandlungen  von  ihnen  aagexeigt.  Gegoer  der 
Einrieb  tu  ng  der  Prograwmabbsodlnogea  werden  vielleicht  darin  deo 
deutliebsten  Bevteis  ffoden,  daß  die  Schulen,  welche  die  modernateo 
GruaduStse  vertretea,  auch  dadurch  den  Fortschritt  kundtun,  daft  sie 
sich  mit  einer  ,, veralteten**  fiinrichtuag  kaum  aoch  befasaeo.  Ihre 
Freuode  werdea  aber  wünschen  müssen,  daß  auch  bei  den  Real- 
schulen, ganz  abgesehen  voo  gewissen  äoßerea  Umstandeo,  die  von 
Einffuß  auf  die  Sache  gewesen  sind  (o.  S.  IßOt),  sich  allmihlich 
die  Erkeaatnis  durchsetze,  daß  die  Abhaadluugen,  zeitgemäß  aasge- 
baut, in  ihren  Kreisen  genau  denselben  Beruf,  wenn  nicht  eines 
höheren,  zu  erfüllen  haben,  wie  bei  den  Vollaastaltea,  die  eioe  für 
sie  lange  segensreiche  Einrichtung  in  der  Hauptsache  festhielten.  In 
den  Kreisen  der  Oberlehrer  aa  den  Realschulea  wie 
ia  den  Kuratorien  der  betr.  StÜdte  diese  Erkenntnis  zu 
verbreiten,  scheint  mir  zu  den  wichtigsten  Aufgaben  des 
Programmweseas  der  nächsteu  Zukunft  zu  gehören  (vgl. 
auch  o.  S.  200).  

S.  183  Anm.  2  Z.  5  fuge  hinzu  :  A.  Messer. 

S.  2i7  Z.  14  V.  o.  fuge  hinzu:  Wünschenswert,  in  vielen  Fallen  geradezu 
notwendig  ist  es  außerdem,  schon  in  dem  vorläufigen  Verseiehnis 
die  Vornamen  der  Verfasser  von  Abhandlungen  anzugeben. 

S,  270  Anm.  3  ist  einzunigen:  Ew.  Horo,  Das  hohen  SehttboeMtm 
der  Staaten  Europas.  Eine  ZusammensteUung  der  Stundenpläne. 
2.  Aufl.,  1907,  ebenda.     VIll  209  S.,  ^  JC  (nur  broschiert). 

S.  271  Z.  6  ff.  V.  o.:  Der  vor  kurzem  in  Anhalt  erfolgte  Hinweia  ia 
dieser  Richluog  ist  daher  beinerkenswrrt  (vgl.  0.  S.  420  Nachtrag 
zu  S.  99  Nr.  LI  b);  man  kSnute  ihn  auf  nicht  wenige  Jahresberichte 
aus  anderen  Staaten  mit  gleichem  Rechte  auweoden. 

S.  31S  Z.  6 ff.  V.  o. :  Die  alphabetische  Anordnung  ist  (mit  Recht) 
daher  in  Anhalt  ausdrücklich  vorgeschrieben  worden;  vgL  den 
Zusatz  o.  S.  420  zu  S.  99  (Lia). 


■  » 


)T]  "     'üAi  a.6  »908 


.ZEITSCHRIFT 


FOR  I>A« 


GYMNASIALWESEN 


HfiBAUdOB6E0EN 


▼OH 


H.  J.  MÜLLER. 


ULI.  JAHR6AK0. 

llKti   NKUBH   FOLOft  BI  N  UN  0  V  ISBSIG  STB  R  ^ADitOAÜU. 


DSZ£aiMB. 
|B  Cfine  eneheint  noch  «in  Sopplemeof hell  mi  4mtt^  Unjhwi  p-ljfciyiga^ 


WEIDMANNBCHE  BÜÜBHANDLUNO 

aw.  21M1IBBSTIU8SB  94. 


XAimskripte  aod  Briefe  9  die  für  die  Redaktion  bestimmt 
«ind,  werden  erbeten  nnter  der  Adresse  des  Ueransgebers:  Gym- 
nasialdirektor Prof.  Dr.  MOllery  Berlin  8.  42,  Brandenbnrgstr.  37. 

Biiehery  Karten  n.  s.  w«  sind  nnr  zn  senden  an  die  Weid* 
mannsche  Bnchhandlnngi  Berlin  8W.  68,  Zimmerstr.  94« 

Preis  fUr  den  JahrgaDg  in  12  Heften  20  Marie. 


k 


INHAIrT,  , 

CRSTB  ABTElLUiNG. 

ABHANDLUNGEIH.  8«ite 

Aus  dffr  pädagogischen  Sektion  der  49.  VersaioiDluD^  deotscher  Philologen 
und  Schulmünner  zu  ßasel,  24. — 27.  September  ]907,  von  Oberlehrer 
a.  D.  Dr.  M.  Goeroe  in  Charlotten  barg: 801 


ZWEITE  ABTEILUNG. 

LITBnARISCHE  BERICHTE. 

G.  Bodde,  Die  Theorie  des  freindspracblicheo  Unterrichts  in  der  Her- 
bartschen  Schule.  Riue  historisch-kritische  Studie  nebst  einem  Vor- 
schlag zu  einer  JNcugestaltuug  des  fremdsprachlichen  Unterrichts  nach 

V.  /  fiuem  eioheitlirhen  Prinzip,   angcz.  von  Gymnasialdirektor   Prof.  Dr. 

Al  Busse  in  ßerlio SIO 

Vergils  Gedichte^  erklärt  von  Th.  Ladewig;  und  C.  Schoper.  Erster 
Band:  Bukolika  und  Georgica,  8.  Auflage  von  PaolDeutieke,  aogez. 
von  Professor  0.  Miirgenstero  in    GroB-Lichterfelde 813 

A.  Ipfeikof'er,  bildende  l^unsi  a«  Bayerus  Gymnasien,  Erwägungen,  Er- 
fahrungen und  Vorschlage,  ajigez.  von  Oberlehrer  Dr.  G.  Reinhardt 
in  Dessau    ...«...!'...; " .  816 

H.  Klaje,  Waldenfrls  und  seine  Grenadiere,  ein  Beitrag  zur  Geschichte 
der  Belagerung  Kulbergs  im  Jahre  1807;  K.  Schlemmer,  Leitfaden 
der  Erdkunde  fiir  höhere  Lehranstalten,  1.  nod  2.  Teil,  3.  Anfla^e, 
angez.  von  Oberlehrer  Dr    J.  Heiin  g  in  Beigard  a.  Persante  .     .     .821 

G.  H.  Weber,  Methodik  des  Turnunterrichts  für  Knaben  und  Mädchen 
in  Volks-  und  Mittelschulen,  4«  Auflage^  ,G.  H.  Weber,  MUocheoer 
Spiclhuch  für  Knaben-  und  Mädchen^  Volks-  und  Mittelschaleo; 
A.  Hermann,  Fest  im  Takt!  Leichte  Toostücke,  Sing-  and  Tanz- 
^itnsen  zum  Gebrauch  beim  Turnunterricht,  angez.  von  Professor 
^DKb.*'iriehm  fil  itrfl^fe'K^.";     .^    .'.'  :     .  • .     .  ^'   :    '.     .     .     .829 

G.  Lauhuaivher",    Scbnlnrzititi^keit    undrScholgesuadheitspflege«   «ngez.. 
von  DtiTktor  Dr.  F.  Satt  ig  in  Goldberg  in  Schlesien 834 


DRITTE  ABTEILUNG. 

BICMICin  K  Üßi:R  VERSAMMLUNGEN,  JVEKBOLOGE,  MISZELLEN. 

\  (MhnD(lliin{;iM)    der    Direktoren  -  Versammlungen    in    den    Provinzen     des 
lüinipreirhs  Preußen  seit  dem  Jahre!l87ü^.  ',»ßand  71 — 74     .     .  "^ .     . 


844 


FortnetzuDg  auf  der  dritten  Seit«  dee  ÜmschlagM. 


I  0  h  a  1 1. 

Seite 

VIERTE  ABTEILUNG. 

Eingesandte  Büchor 846 


Titelblatt  aod  lohaltsverzeichois  des  Jahrj^aoges  1907. 


JAHRESBERICHTE  DES  PHILOLOGISCHEN  VEREINS  ZU  BERLIN. 

Homer^   höhere    Kritik,    von  Professor  Dr.  C.  Rothe  in  Friedeoaa    bei 

Berlin. 

M.  Breal,  Pour  mienx  connaitre  Homere 306 

Caaer,  P.,  Homer,  sein  Werk  und  seine  Knnst 325 

Colardeau,  Tb.,    Ulysse    chez  Alcinoos  et  chez   le  Cyclope  (Odyssee 

VII— IX) 316 

Czyczkiewicz,  A.,  Agamemoons  Bestrafung 311 

Deecke,  W.,  De  Hectoris  et  Aiacis  cestamine  siogolari 312 

Fick,  A,  Die  Grondschrift  unseres  Odysseetextes 322 

Finsler,  6.,  Das  3.  und  4.  Buch  der  Ilias 309 

Finnler,  G.,  Die  olympischen  Szenen  der  Ilias 309 

Finaler,  G.,  Das  erste  Buch  der  Ilias  übersetzt 327 

Grimm,  W.,  Homers  lliade,  2.  Auflage 32(5 

Hahn,  W.,  Stimmungen    und  Stimmungsbilder    bei  Homer,    namentlich 

in  der  Odyssee 326 

Hennings,  Chr.,  Die  Entstehung  der  Odyssee 314 

Hentze,  C,   Der   homerische  Gebrauch  der    Partikelverbindung  at  xs    323 
Hentze,  C,    Zur    Gnlwicfcelungsgeschichte    der  Finalsätze    auf  Grund 

der  homerischen  Epen 323 

Heusler,  A.,  Lied  und  Epos  in  grammatischer  Sagendichtung    .     .     .  305 

Muff,  Chr.,  Der  Zauber  der  homerischen  Poesie 325 

Patin,  A,  Zur  Ilias  X  48S— 499 

Roemer,  A.,  Einige  Interpolationen  der  Odyssee  und  Aristarch      .     .  319 

Schiller,  Beiträge  zur  Wiederherstcllang  der  Odyssee 314 

Schmid,  C.,  Homerische  Studien  I.  Homer,  das  helleoisclie  Universalgenie  325 

Schutte,  W.,  Die  Heimkehr  des  Odysseus 327 

Stürmer,  F.,  Die  Entstehung  der  Odyssee 313 

Stürmer,  F,  Zur  Odyssee  r  1—95 313 

Stürmer,  F.,  Die  Phäakendichtung  in  der  Odyssee 318 

Wilde.r,  0.,  Zum  Kyklopengedicht  in  der  Odyssee 317 

Literaturnachweise *.     .     .     .  328 

Rezensions  verzeich  nis 328 


Titelblatt  und  Inhaltsverzeichnis  des  Jahrganges  1907 


Neue  Bände  der  Französischen  Schulerbibliothek, 

Quatre   neu  volles,    par   Julie   Lavergne.    Mit  An- 

merkangen   und    Wörterbuch    in    getrennten    Heften.      Von 
F.  Mersmann.    geb.  JC  1,20. 

Oontes  d'auteurs  modernes.  Mit  Anmerkungen  und 
Wörterbuch  in  getrennten  Heften.  Von  Prof.  Dr.  Mühlan. 
geb.  JC  1,20. 

Verlag  von  Ferdinand  Schöningh  in  Paderliorn. 


I 


(ßiiinnflliaf=,ßlfiriofripL*TuyÄ".k""' 

Jbtdber  48  ipeftc  mtt  411  ^ilbbtlbungcn  u.  v4  Sartcn. 
3lu^fü^r(id)er  ^^^rojpeft  gratiiS.   Soeben  erfc^ieneit: 

^^  3m  Jöm)4)en  Äleinafien,  SR ""'  ^ 


45:   'O *H  t^\J\\\)W)\fW  K%\\fX\\\X}\K\\^  gebniffc  öon  Dr.  9t 
Xl^lele.    W\i  3  Sparten  uiib  32  Sllbcni.    2  3W.,  geb.  2,60  SW. 

.r-)cft  Af  (f:tf/Y  *"  f^^"^"  Scsic^ungcn  j;ur  anllfen  JlulturtDcIt   SSon 
4G:    aVI l IIU  (SJt}mn.=Xtrcftor  Dr. gr. (Gramer.  2»lt34abbilbungcn 
unb  3  Siartcn.    2,40  in.,  geb.  3  3Je. 

S^cft  TN^f^^     bic  Safcl  bc^  2lpoIIon.    »on  «Prof.  D.  gritfiil.    3Rtt 
47:    aJCIUv^  27  Slbbilbmigcn.     1,50  3}i.,  geb.  2  ÜJl. 

S^eft 
48: 


rft  T\^f  4^f%;     bic  Crafclftättc  be«  apollon.  »on  $rof.  D-  ^ritf^. 
i:   i/tl|;l/l^  m\i  47  Slbbilbungcn.    2,40  3W.,  geb.  3  3Jl. 

Verlag  pon  £.  Sevtel&mann  in  ®iitef0(at^. 


3' 


3m  ^l^erlage  bon   ^erbinanb   ^iJ^önittfi!^  in  ^aberb^nt   erfc^ien 
focben  unb  tft  tu  allen  Jöudjtianblungcn  öorrätlg: 

^d)ö'ningt>ö  2(u6gabcn  bcutfct)er  Rlaffifcr  mit  (ErlfiuteiFungcn. 

^cinllers  Jlon  liarlos-    9}lit  Einleitung  unb  Srnmerfungcn  bon 
br.  (iJorgcö,  ö)i)ninaf  =DbcrIcI)rcr.    geb.  JC  "i,-. 

Der  S^dm^äbifdic  Didjtcrftcis.    £i)rtfc6c  unb  cj)if*e  ®e= 

bid)te  auSgcmäljU  unb  erläutert  bon  E^.  21.  O^I^,  @^mnaf.=ßc!^rcr. 
geb.  M  1,50. 


Verlag  der  Weidmann fcbcn  Bud^handlun^  tu  BMin. 

iltttfdifagß  auf  tfeii  f  ßfimsrocg. 

S)cutf(^cn  S^ünglingen  erteilt 

Ludwig  ^cnigcr^ 

a)lrcrtor  De«  aBiII)cIm-(gnift'ÖDmnQf\um«  In  Säetmar. 

®r.  8^    (VII  u.  291  ©.)     1906.    @c^.  5  2R.,  In  cleg. 

iiclnroanbbanb  6  aW. 

„2Bir  cnipfcljlen  ba«  flcl)altbolIc  )j3uc^  Sllten  unb  3"ngen;  für 
5Uiiturieiiten,  aud)  für  reifere  Jäonfirmanbeu  faun  c«  ein  ^t^aru«  am 
Ih'cere  be^  ßcbcii^^  iuerben." 

9}?onatfd)rlft  für  ^ö^crc  ©d^ulen. 


iMit  l^^il.JLcii  Von  Paul  Neff  Verlag  (Max  Schreiben  in  Esslin 
"n  a.  X.  und  der  Weidmannsclien  Buohhandlnng  in  Berlin. 


Für  die  Hodaktion  ver..utwortlich :  U.  J.  Mallor  in  Berlin. 


Drack  tod   W.  Pormetier  in  Berlin. 


•  •>•         •      ■»         ■ 


'^ö  16  i9oa 

3  7  '0 ,  .^ 


ZEITSCHRIFT 


FÜR  DAS 


GYMNASIALWESEN 


HERAUSQEOEBEN 


T05 


H.  J-  MÜLLER. 


LXI.  JAHRGANG. 

DKR   KEUBlf    FüLOB   EI  19  U  2«  D  V  I  B  RZI  Q  5TS  R  JAHROARO» 


SUPPLEMENTHEFT. 


BERLIN  1907. 
WEIDMANN8GHE  BUCHHANDLUNG 

S^.  ZIMHBRSTRASZB  94.