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ZEITSCHRIFT
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H. J. MÜLLER.
LXI. J AUBGAKO.
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j^ B£RLtN 1907.
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INHALT DES LXL JAHKOMOES.
DES B1NUNDVIBRZI6STBN BANDES DER NEUEN FOLGE.
ERSTE ABTEILUNG.
ABHANDLUNGEN.
8«it«
J. Baar, Gegenwarta* oad ZakaoftapSdagogik 4]7
K. Batt, Der fraazSsiache AoftogtiBterrieht 1
A. Bieae, Gipa und Natur 705
G. Bodde, Daa lateioiaehe Extemporale im Urteile der Herbartaehea
Schule 432
G. Bad de. Magere nethodlacbe Ai^ic)itep und ihre Bedeutoa^ für die
Gegenwart 753
A. Baase, Die Bewegnogsfreilieit in den Oberklaaaen 289
H. Eickhoff, Die Erwerboof der faenltaa doeendi in der Moaik durch
Oberlehrer 503
H. Gillischewski, Köonen wir Platoas „Gesetze" io den Kaooa
unserer Gymoasiallektöre aafnehmen? 614
H. Goerne, Ans der pädagogischen Sektion der 49. Versanmlung deut-
scher Philologen und Schnlmäoner an Basel, 24.— 27. September 1907 801
E. Grnnwald, Zar HomfrlektUre 497
R. Hartmann, Vergeaseaes Gnt der Antike 353
G. Hundt, Homers Knnst der Darstellong am 13. Gesänge der Odyssee
gewürdigt 442
IL Kinzel, Deutsche Literaturgeschichte in Prima 358
B. Koeuigsbeck, Ober den Umfang und die ermüdende Wirkung der
Schularbeiten &77
H. F. Maller, Piaton im htamanistischen Gymnasium 59]
P. Roellig, VorHbnog für den deutsehen Aufsatz in Sexta und Quinta 502
A. Ruppersberg, Über Auswahl und Behandlung der Horazlektüre . 302
J. Sanoegy Daa lateinische Wörterbuch in umgekehrter alphabetischer
Reihenfolge der Baehstaben jedes Wortes 296
W. Sehomauo, Das Diktat im französischen Unterricht 708
R. Ullricli» Programmwesen und Programmbibliothek der höheren
<$cbalrn, mit Programm-Bibliographie von 1824 bis 1906 (Kuii-
sefzoog io einem Sopplcmentbefte) 8]
17^'
Seit«
ZWEITE ABTEILUNG.
LITERARISCHE BERICHTE.
j^chelisy Th,, Was sa^t Goethe? Eia Goethe -Brevier, aagfez. voo
P. Loreotz 54
Agahd, R.f Attisches Obon^sbnch, Anhaog^: Maße, Münzen u. ä., Ge-
schichte der griechischen Literatur und Philosophie, ang^ez. von
O.Kohl 547
AUenburgy s. R. Lehman d.
Andräy J. C, Grandriß der Geschichte für höhere Schalen, Teil HI:
Geschichte des Altertams für die Obersekanda von K. Endemaon,
2. Auflage, angaz. von G.Reinhardt 784
Anthes, O.j Die Regelmühle, von der deutschen Sprachlehre, angez. von
0. Weise 384
AueTy H.f KoDJagationstabelle der wichtigsten unregelmäßigen Zeitwörter
der französischen Sprache, angez. von A. Rohr 333
Auler u. a., Handbuch für Lehrer an höheren Schulen, angez. von *
F. Pügner und M. Lautenschlaeger 452
Bahr, H.y Das Reich Gottes im Alten und Neuen Testament, angez.
von A. Bienwald 518
Baldus, A,f Kirchengeschichtliche Charakterbilder, 3. Auflage, angez. von
H. Hoffmann 720
BarraUy Histoire de la r^volution fran^aise, herausgegeben von M. Pfeffer,
angez. von F. J. Wershoven G59
Bastieff P.^ Trois comedies modernes, recueil de commentaires ezplicatifs
prec^des d'ane courte introduction Htteraire, angez. voo E. Meyer 556
Baumann, F., Sprachpsychologie und Sprachunterricht, eine kritische
Stadie, angez. von G. Budde 726
Beter, A., Die Bernfsaasbilduog nach den Berechtigungen der höheren
Lehranstalten in Preußen, 2. Auflage, angez. von M. Nath . . 748
Bernard, H., s. Moliere.
Berner, E., Kaiser Wilhelm des Großen Briefe, Reden und Schriften,
aasgewählt und erläutert, 2 Bände, angez. von L. Zürn . . . 675
Biel, B., Mathematische Aufgaben für die höheren Lehranstalten, Teil II:
Die Oberstufe, angez. von M. Nath 746
Bierhaum, 0. /., Goethe-Kalender auf das Jahr 1907, augez. von R. Jo oas 58
Bilder aus dem Alten Berlin, Text voo 0. Poiower, 2. Auflage, angez.
von Fr. Härder ". . . . 566
Block, C, Lehr- und Übungsbuch für den planimetrischen Unterricht an
höheren Scholen, Teil FI: Untertertia, angez. von M. Math . .747
BoeUicher, G., Deutsche Literatorgeschichte, angez. voo P. Wetzel . . 638
Boetticher, G., Übungen zur deutschen Grammatik mit einem Abriß der
deutschen Sprachlehre nach den Lehraufgaben geordnet für Sexta
bis Obertertia höherer Schalen, 2. Auflage, angez. von P. Wetzel 773
Boissevain, U» Ph., s. Excerpta bistorica.
Bomecque, H., et A, Mühlan, Les proviaces fran9aises, moeurs, habitude,
Ale, angez. von 0. Josupeit 556
V
8«lto
Braun, 0,, Habt Glauben an Gotl! GedftDkeD über ReligioD ond Konst,
2. Auflage, aogez. voo G. Jacoby 770
Bräutigam, L., Die Erlö'snog voo der Geldgier, aogez. voo L. Zäro . 714
Bräutigam, L.^ Meioaogeo, aogez. voo L. Züro 767
Brugmann, K., GroodriB der vergleicheodeo Granmatik der indogermaai-
sehen Spracbeo, Band II: Lehre von den Wort formen nod ihrem
Gebrauch, Teil I: Allgeneines, ZnsammenseUung (Komposita),
Nomioalstamme, 2. Auflage, enget, von H. Ziemer 654
Budde, G.j Zur Reform der fremdspraeUieben schriftlichen Arbeiten an
den höheren Knabenschulen, angez. von 0. Josupeit . . . . 63
Budde, G., Die Theorie des fremdsprachlichen Unterrichts in der Herbart-
schen Schule, angez. von A.Busse 810
BiUla^'fTobst, T/l, s. Excerpta historic«.
Capeik, 9^., Epiktet. Handböchlein der Moral. Mit Anhang ausgewählter
Fragmente verlorener Diatriben, aogez. von A. Jonas . . . . 382
Capitame, W,, s. G. Rauschen.
CkarUty, S., s. K. Kuhn.
Cükn, L., 8. Philo.
C^mrad, H., s. Shakespeare.
Cornelius, K., Leitfaden der deutschen Literaturgeschichte in Fragen
und Antworten mit Angabe des Inhalts und des Grandgedankens
der Dichtungen, angez. von K. Kiozel 723
Crouset, P., Maitres et Parents, ^tude et enquete sur la Cooperation de
Teeole et du lycee avec la famille, angez. von A. Lange . . . 370
Curtius, G., Griechische Schulgrammatik, 25. Auflage von R. Meister,
aogez. von A. Fritsch 539
Möge, /., s. Precis de grammaire frao^aise.
Dessoir, M., Ästhetik uod allgemeioe Kuostwisseoschaft in den Grund-
zngeo dargestellt, angez. von R. Lehmann 508
Deitwaiier, P., Didaktik und Methodik des lateinischen Unterrichts,
2. Auflage, angez. voo H.Ziemer 651
Ikuticke, P, s. VergiL
EMing, Ph., uod Chr, Gruber, Neuer Atlas für Handels- und kauf-
minoische Fortbildungsschulen mit besonderer Berücksichtigung
der Handels-und Wirtschaftsgeographie, angez. voo K. Schlemmer 792
Endemann, G., s. J. C. Aodrä.
Engel, E., Geschichte der deutscbeo Literatur von den Aofängeo bis in
die Gegenwart, 2 Bände, aogez. von P.Schwarz 472
Excerpta hütorica. Vol. 11: Excerpta de virtutibus et vitiis pars I, ed.
Th. Bnttner-Wobst, editionem curavit A.G.Roos; Vol. IV: Excerpta
de senteotiiSy ed. U. Ph. Boissevaio, angez. von W. Cröoert . . 741
EceTM uod fFaU, Lesebuch für höhere Lehraostalten, VII: Obersekuoda,
aogez. voo C. Heioze 320
Fischer, ff., Schulatlas für Anfangsunterricht und Mittelstufen, aogez.
von R. Schlemmer 790
Gekrke, s. L. Mackeosen.
Cforges, lt. E., Lateioisch- deutsches Wb'rterbach, 10. Auflage, und Deutsch-
iateioisches Schulwörterbach, 8. Anflöge, angez. von 0. Morgen-
stern ' 736
TI
Seite
Gerigk, H., Katecbismuserkläraof, ang^z. von H. Hoffmao ■ .... 719
Goethes Werko, heraasgegebeu voo p.Heioemaoo, aogez. von L. Zürn 3]5. 529
QotUhes Werke fdr Schule und Haus, mit LebenabeAchreibaug, fiioleitangeD
and Anmerkangen herausgegeben von 0. HeUinghanSi 3 Bände,
aogez. von A. Fahrer 531
Goethe, Reinoke Fachs, mit £inleitoog und Anmerkaogen versehen von
K. Reissenberger, aoges. von B. Arnold 637
Goethe, Iphigenie aof Tauris, mit Einleitung und Anmerkangen von
H. Morsch, angez. von B. Arnold 637
Goethes Gedaokenlyrik, für Schale and Haas heraasgegeben von
A. Matthias, aoges. von W. Baader 646
Go9thßs (ledaqkenlyrik, heraasgegeben von P. Lorentz, angez. von
B. Arnold 647
Götz, H,f «od G. f^etutein, Lehrbneh der Physik, 6. Auflage, angez.
voo R. Schiel 406
Grälz, L,, Das Licht und die Farben, 2. Auflage, angez. voo R. Schiel 69
GrüMehl, E., Ausgew'ahlte physikalische Schiileraufgabeo, angez. von
M. Nath 491
Gruber, Chr., s. Ph. Ebeling.
Gumtieh, j4,, Grnndrifi der Sittenlehre, angez. von R.Jonas. . . .711
HardeTy Fr,, Worden und Wandern unaerer WSrter, etymologiaehe
Plaadereieo, 3. Auflage, angez. von H. Böhm 329
Härder, Chr,, s. Thnkydides.
Haytn, R., Die Romantische Schale, 2. Auflage, angez. von L. Zürn 60
Ueerwag^en, U,y Sämtliche Schulreden, herausgegeben von Pb. Thielmann,
aogez. von H.Stich 25
Heäboriif A., Die deutschen Kolonien (Land und Leute), angez. von
K. Sehlemmer 337
Heinemann, F., Goethe-Brevier, Auszug aus Goethes Briefen und Ge-
sprächen nebst einem Zitatensehatz aus Goethes Werken, angez«
von P. Lorentz 54
Heinenumn, 0., s. Goethe.
Hememann, 0., Handbuch über die Organisation und Verwaltong der
staatlichen, staatlich verwalteten und ataatlich unterstützten
Unterrieb tsaostalten in Prcuflen, in lexikalischer Form bearbeitet,
angez. voo M. Math 747
Hellinffhaus, 0., s. Goethe.
HelmoU, H,, u. a., Weltgeschichte, Band VI : Mittel- und Nordearopa,
aogez. voo E. Stutzer 679
Herders Philosophie. Auagewählte Denkmäler aus der Werdezeit der
neaeo deutschen Bildung, heraasgegeben von H. Stephan, angez.
von G. Jaeoby . 30
Hermann^ A,, Fest im Takt! Leichte Topstöcke, Sing« und Tanzweisen
zum Gebrauch beim Turnunterricht, 2. Auflage, angez« von G. Riehm 833
Hessdmeyer, E,, .Deutsch -griechisches Schulwörterbuch, angez. voo
A. Grumme 559
Heyne, M., Deutaches Wörterbuch, Band 11 uud Ol, 2. Auflage, angez,
von F. Weidling , , . , , , , , r , , . . 721
Hö/ter, ^., a. F- Pjoske.
HöfUr, Fr,^ s. Paldasiu .
Bobnatm, £., Padagogiiehe Psyebrioyie, dargeiteHt ooter BeHi^-
lichtifatt^ der abrigea GrandwiiaMtskafteB d«r Pidago^ sowie
ütrer GreBxWiMdaiehaflea^ aof ei. ro» R. Joaa« .712
BobamnuTj, /.. ü^ s. J. Schütter
Hitrttms, Canbiaa' ree. F. VeHoier, edilio Mtiori äuget, vdi
E. Sehweickert ; . . . 73]
mur^ 8. Se^oklea.
Jacob, K., QaelleaLsode der deutiehen •Geaebiehte, 1. Baad, aagez. voa
R. Jahake •..../ 787
Jaeoty, G^ Herdera aad Raata Aathetik, aagex. too B. J. MSUer * . 722
JiAns, M^ Feldmanehall Moltke, 2. Auflage, aages. roa A. Paaek . . 56S
JaneU, iSK.« ^itagewiUU hitehriftBaj- grieehlieh ttad^ deataeh, aogez.voa
E. Dopp .•.,.••«.«.». . 62
Kaegi, ^., Grieckiseiiea Cbnagabueh, HI. Teil: ZvaanmeDhäagoade
deaUeh-grieehiaelie Obna^aalfiake, a»goa. voa H.Me Itaer . . .331
Kaibel, G., a. A. Wilhelm.
Serstm, JF.<, Lateiaiadieafileiiieatarhaeh RKr^RefenBaehalea, aagez. von
O. Vogt ^ . . . - 776
^hdi, Fi, a. Sehiller.
f!UJe,.H.^ Waldeafela aad aeiae Greaadiere^ eia Beitrag cur Geachichte
der Belagemag Kolberga itt Xahre 1607, aagex. von J. Heliag . 821
ßm, G., a. K. ^imrock.
A'feOar, J,f uod #< Sc&gffkr, Pbysil für die Oberatufe, 2. Auflage, aagea.
voa R. Sehiei . . . < . r ^ . . . 793
^jr, Th., Bibliache Geachieh(e, Teil I ia 4. Auflage, Teil 11 ia 2. Avf-^
läge, äages. voa A. Biea>ward . , 40
iRtTf G, A,y Chriatliehaa Gapaagbacb für -höhere Uaterriehtflaaataltea,
12. Aaflage voa P. MiSlleBiiefeii, aagiez. tod R. Boetticher . . 360
l^pPf'O., Geachichtoii, ebaraklariatiaehe Zage aad Sagen der dentacheo
Volkaatäome, 3 Baode in 2 Baode geboadea, 2. Auflage, aagea.
?0B L. Zuro 743
Kbity ^., Qoaeatioae« PHaiaaa« geographieae, aagei. von 0. Waoker-
ai a a D ' . . . i . 366
h'iUHikt, E.y Lehrbaeb dar' Geaehiebte fa^ obere Klaaaen hSherer Lehr-
aMtaltea, Teil II: Rflmiaeie Raiaerieit, Dentaehe Gesehichte bia
xnia Eado dea DreiBigillhrigeo Kriegoa (Lehranfgabe der Unter*
prima), aagez. von G. Relohardt 660
Knopt^ K^ 8. Roppe-Hnaauian.. • • •
floeh, F. j.f LeitMea der' katholi^ebea Apologetik anm Gebrauch Tor
Hittelachulen,. aagez. voa B. Häffmaan 719
ifoeA, /., 8.. Seheak.
KanigUcbiB MiblioiAek zn Berlin, AIpbabetiaebea Verseichoit der laufenden
Zeitachriften, aagea. raa R. CJllrieh ,•.... 34
^cfpe-Husnuunif Aafangagrüade der Phyaik. mit Einschluß der m^the-
matiaeben Geographie «mL Chemie, 3iJ Auflage von R/Knops^ •
aagez. TOD R. Schiel ' : . '. .' i' . . . , .• . ... . GS
h'Ötier, 8. B. Schulz.
YIII
Krebs, E., Abregt de Thistoire de litt^ratare frao^aise de Corneille
a DOS jours, aogez. von 0. Josopeit 7b3
KromayeTy J,, Antike Schlachtfelder in Griechenland, Band II: Die
bellenitftisch-rSmiaehe Periode von Kynoskophalae bis Pbarsalos,
angez. von F. Renß 686
KUhnf F.f Fragen und Antworten ans dem Anfangskapitel der Planimetrie,
angez. von M. Nath . . . 746
Kühn, K,, and S. Charlity, La France litteraire, extraita et histoire,
angez. von A. Rohr 333
Ladendorf, 0., Historisches Schlagwö'rterbuch, angez. von F. Weidliog 648
Ladewig f Tk., s. Vergil.
Lagarde, L., a. M. Le Tooroaa.
Lehntann, M., Freiherr Tom Stein, 3. Teil: Nach der Reform, angez.
von F. Neabaaer 403
Lehmann, R,, Oberlicht über die Entwickelnng der dentachen Sprache
und Literatnr, 5. Auflage, angez. von A. Zehme 52
Lehmann, R., Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten, Anhang für
die Provinz Schlesien von Altenbarg und Mnth, angez. von
C. Heinze 319. 483
LeMMing, Minna von Barnhelm, mit Einleitung nnd Anmerkungen von
A. Zehoe, angez. von B.' Arnold 637
Leubuschert G,, Schularztlatigkeit und Schnlgesnndheitspflege, angez. von
F. Sattig 834
Link, TA., Granmaire de recapitulation de la langne fran^aise, angez.
von E. Meyer 778
Lohse,.G.', s. H. Steuding.
Loos, J., Enzyklopädisches Handbuch der Brsiehuagskunde, Band I,
angez. von F. Fügner 364
Lürcher, E,, firlSnterungen zum 4.-6. Band des Deutschen Lesebuchs
für die höheren Schulen Württembergs, angez. von L Imendörffer 528
Lorent%, P,, s. Goethe.
Luckenbach, £f., Kunst und Geschichte, Teil II: Abbildungen zur Deut-
schon Geschichte, 2. Auflage, angez« von G. Reinhardt . . . 468
Ludwig, U., Phraseologie, unter Berücksichtigung der Sprichwörter und
Fremdwörter zasauimengestellt, angez. von G. Stegmann . . . 534
Lyon, 0., und AT. Sehed, Aufgabenbuch zur Grammatik, Rechtschreibung
und Zeichensetzung (Unter- nnd Mittelstufe), nach dem Handbuch
der deutschen Sprache für höhere Schulen bearbeitet, angez. von
P. Wetzel 524
Macaulay, Five Speeches oo Parliamentary Reform, herausgegeben von
0 Thiergen, angez. von H. Truelsen 484
Mackensen, L», Lehrbuch der Geschichte für höhere Lehranstalten, auf
Grund der Gehrk eschen Grundrisse der Geschichte verfaßt,
Teil V— VII (Ohersekunda— Oberprima), angez. von Th. Sorgen -
frcy 666
Mariinj P,, und 0. Thiergen, En France. In Frankreich* Ein Führer
durch die Sprache und das Land der Franzosen, angez. von
F. J. Wershoven 336
Matthias^ j4.^ 9. Gpethc.
IX
Seit«
Mattküu, Tky s. H. Steodiig.
MaUküu, Tä,, Spraehiebeo aad Sprachschadeo, eio Fährer darch die
Sebwanknai^ea uad Sehwierigkoiteo dei deatsehea Sprachgebrauchs,
3. Auflage, anfex.voa K. Sc heffler 526
MeuUr, R., i. G. Curtiai.
Ming9, H.f Lateiaiaeh-doQtachea Schalwörterboeh mit besoaderer Be-
riiekaichtignag der Etymologie, aages. voa 0. Morgeaatero .737
Merimee, P., Golomba, ia gekarxter FaaaoDg heraoagegebea oad erklärt
voa 0. Sdimager, 3. Aaflage, aagez. voa E.Meyer 67
Matrer, K, Praazotische SyaoDymik, mit Beiapielea, etymologiaehea Ab-
gabea and zwei Wortregister a, 5. Aaflage, aages. voa E. Meyer 400
MSUer, £'., a. F. A. Schmidt.
ItöUan, A.^ s. H. Boraecqoe.
MoUerCf L'Avare. Aaalyse, etode et commeotaire par H. Beraard,
aagez. yoa B. Meyer 66
MüUere, L'Avare, für dea Schalgebnoch heraasgegebea voo W. Spiett*
stoBer, aagez. voo E. Meyer ^99
Vorsehf H., s. Goethe.
MUOmnefenj />., s. G. A. Kiix.
MüBer, J?., oad F. Pieizker, Becheoboch für die naterea Klastea der
hSherea Lehraastaltea, Vorstufe zu den Aofgabensammlaagen von
Bardey and Miiller-Ratnewsky, 3 Hefte, aagez. voo A. Kallius 749
Muller-Erzbachj A^., Physikalische Aufgaben, 3. Auflage, aagez. voa
R. Schiel 406
Muth, s. R. Lehmaaa.
iYojvf, S» if., Dentscber Literataratlas, die geographische aad politische
Verteilaag der deatschea Dichtuag ia ihrer Eatwicklong nebst
eiaeas Aahaag von Lebeaskartea der bedentendsteo Dichter, aagez.
von K. Riazel 725
.VaU, Jf., Schalerverbiadoagea oad Schülenrereiae. Brfabruagea,
Stodiea und Gedanken, angex. voa H. Morsch 13
yeunumtij L,^ s. A. Philippson ; W. Potz.
^odnagdy L., Das hShere Schalwesea im Grofiherzogtom Hessen. Ge-
setze, Verordnaagen oad Verfagoagea, 1. and 2. rVachtrag, angez.
von M. Nath 361
A'oeer, /., aad J. Wägn» a. s., Germaaische Volkssagea, 2. Aaflage
(Uasere Vorzeit lU), aagez. von G.Siefert 769
Nowtck, Fr,, s.^H.*SteadiBg.
Pathttty, P.j Aafgabea über dea religiösen Unterrichtsstoff der hSheren
Schoien, Heft II: Aufgaben über das Neue Testament, Abteilung I:
Die Evaagelien nnd das Leben Jesu, aagez. von A. Jonas . .516
Pohl Fy 84 B. Schulze.
Ptddßmus aad ScholdertTf Deutschet Lesebneb für höhere Lehraastaltea,
neu herausgegeben von Fr. Höfler und 0. Winneberger, VII. Teil:
fnr'Obersekuada voa Fr. Höfler, aagez. voa K. Bndemann . . 324
Pauboiy F,, Das deutsche Bilduagswesen in seiner geschichtlichen^Ent-
wicklnngy^oogM* von R.Jonas .... 766
P«<ri^,'^lf.,^Paul 'Gerhard, seiae Lieder uod seiae Zeit, eio Beitrag zur
Gesehichte der deutschen Dichtung und der christlichen Kirche,
X
Seite
aaf Grand ueuer Foi'schuugea uud Eutdeckuogea, 8d^i. tob
M. BodensteiD^ . 519
Pfiffe, M.y s. äarraa.
PfleidereTj O.y Reli^oo oad Rdligioneo, ingez. voo A.Jona« . . . . 45
Pßeiderer^ 0., Die Eotfltehuog des Christeotans, 2. Auflage, aogM. von
A. J 0 n a a 626
Philippsany ^., Earepa, 2. Auflage des von A. Phiüppsoo vad L. Net-
maoD verfaßten Werkes, aitgec. von A. RohrmabU 405
Phibnis Alexandriol opera qnae snpersonty ed. L. Coho, Teil iV und V,
angez. von W. Crönert ....*.... 39S
Piehker, F., ^.H. MäHer.
PliUsy B.f Unsere Getreidearten und Feldblnmeo, 3. Aoflage, «ngez. voo
M. Paeprer . . . 492
Pnimoer, 0,^ a. Bilder, atts dem Alten Berli».
Poike^ F.y Oberstafe der Natnrlehre (Physik nebst Astronomie nd
matfaematischer Geographie). Naeh A. H^flers Natorlehre für die
oberen Klaasen der österreichischei Mittelsehtlen bearbeitet fär
höhere Lehranstalten des Deutsehen Reiehes, angez; von E. Gold-
beck ............ 098
PraSeky J. y.y Gieschiehte der Medisr und'Perser hie znr makedonisohen
Erobernog, Band I: Gesehlchte der Medelr and des Aefofaa der
Läoder, angez. von P. Renfi 485
Preeir de gr*umaire franfäise, tradoit de Talieioand p'ar J. DeUge,
- •> aa^ea. vonE.-Mey er • . .• . . ..•..•. .• . . . . . 67
Prein, 0., Nachtrag zu Aliso bei Oberaden, neue Forschongen und Ver-
nutoogeo, angez. von H. Eiokhoff . . • . 691
Preu/Sf H.y Die Entwicklang des detttfohen Städtewesen«, Band I: Ent-
wtekludgBgesohichte der deutschen StSdteve^faesoog, aogez. von
O.Genest .•.•... 693
Probst,' H., Deatselie Redelehre, 3. Auflag«, aagec. von O.Weise . .60
Prohoieiy Aufgaben aas Lessitogs Hamburgischifer Drainatorgie, Inhalt der
Dramatnrgie and Beispiele zur Drauiatofgie, angez. voo' W. Böhme 775
Proseh, F., Getefaichte der deutschen Dichtung^ Teil III: Von Schillers
Tode bis zur Oegeowart^ 2. Auflage, aögez. von B. Arnold . . 645
Puitz, APV, Lehrblich der vergleicheoden Erdbeschreibung, 18. Auflage
von L. Neumann, aagez. von A. ßtudan 564
PiU9^^ ^., Leitfaden der vergleichenden Brdbesebreibuag, 27. und 28. Auf-
lage von L. Nenmaon, angez. voo A. Blndau 564
Radczunil^ M.y s. F. a; Sdhnidt, '
Rauschen, G., üod W. Capitttin»^ Lehrbuch der katholisehen Religion
fiic dio oberen KUsseo höherer Lehraostalten, Teil i: Kircheo-
geschichte von G. Rauschen, angez. von H. Ho ff mann . . . . 635
Reidt, ,F^ Anleitdog zum mathematischen Uofcerrioht an höheren Schulen,*
2. Aufläge .von H. Schotten, angez. von II. Nath . . ' . . 568
Reiriy W,y Eozyklopidisches Haudtuch der Pädagogik, 2. Auflagt, angez.
von Th. Ziegler 16
Räiisenberger, K., . s. fioethe «
Reuters Werke, herausgegeben von W. Seelmann, «aagez. von
C'Kru&e ^ ... * ^ .•....•*..... 327
XI
RiehoHf Etni^ Perlaa franzotiieher Poesie (36) \oii Coroeille bis Copp^
oebst etoem Anhang von Obersetzaogeu Uentseher Gedichte (Ö),
eioer Verslehre io deutscher and französischer Sprache und
einem harzen Oberblick über die Geschichte der französischen
LKeratar, 2. Auflage, angez. von A. Punck 65
Roeten, K., Lehrbuch der Physik, angez. von fi. Höhnemann. . . . 572
Rcesen, J?., Ergäoznofen zom Lehrbuch der Physik, angex.voa E. Höhne-
mann » 572
Roller fK.^ Hausaofgaben and höhere Schulen, aDgez.von H. Koeoigsbeck 761
i7oof, j4, G,^ s. Escerpta historica.
RothMteutf G.y Uoterrieht im Alten Testament, 2 TeiTe, angei. von
R. Niemann 631
&eAi, R., s. G. Snnd.
wn SaUwurky E., Die didaktischen Normalfomen, 3. Auflage, angez. von
A. Hübler 23
Sandj G.y La petite Padette, herausgegeben und erläutert von K. Sachs,
2. Auflage, angez. von fi. Meyer 7^0
Sannemann^ Fr.^ Die Musik als Unterrichtsgegeostand in den Evaogeii-
sehen Lateioschnlen des 16. Jahrhunderts, ein Beitrag zur Ge*
sebiehte des Schulgesanges, angez. von H. B ick ho ff • . . . 69
Schäfer, /., s. J. Schuster.
SckafheüUnj P., Synthetische Geometrie der Kegelschnitte, für die
Prima höherer Lehranstalten, angez. von M. Nath 697
SchapeTf C, a. Vergil.
Scked, JSK., 8. 0. Lyon.
Scheel^ ff^., Zar Geschichte, angez« von L. Zürn 679
SeAenk-Kochy Lehrbuch der Geschichte, Teil I: Sexla, Lebeosbilder ans
der vaterländischen- Gcsohioblc, 3. Auflage; Teil V: Obertertia,
Deutsche Geschichte vom Zeitalter der Reformation und PreuBische
Geachichte bis zum Jahre 1740, 2. Auflage, anges. von A. Re imao n 558
Seheakly ff., s. K. Schenkl.
Schenkt j AT., Griechisches Elementarbucb, 20. Auflage von H. Schenkl
und Fl. Weigel, aogez. von G. Sachs e . 542
Schüler, Don Carlos, mit Einleitung uad Anmcrkongen versehen von
P. Khail, aagez. voB B. Arnold 636
Sckälmamiy Vorschule der Geschichte, für die beiden untersten Stufen
des Geschichtsunterrichtes an höheren Lehranstalten, 10. Auflage
von F. Zurbonsen, angez. von 0. Genest 402
Schlemmer, K,, Leitfaden der Erdkunde für höhere Lehrnnstalten, Teil I
und II, 3. Auflage, angez. von J. Heling 827
Sehmagrer, 0., s. P. Merim^e.
SehmeM, Chr., Rechenbuch für höhere LehransUlten, Teil 1: Das Rechnen
mit ganzen Zahlen, gemeinen Brüchen und Dezimalbrüchen,
6. Auflage; Teil II: Die bürgerlichen Recboongsarteo, 5. Auflage,
angez. von A.Kall ins 570
Schmdsie, K., Deutschland, nach neuen methodischen .Gesichtspankteo
für Schüler höhisrer Lehranstalten, ssgisz. von K. Schlemmer . 787
Sehmieder, A,, Natur and Sprache, eiue Sprachlehre für Denkfreonde io
Sefaole uad Haus, angez. von 0. Weiae 383
XII
S«it6
Schmidt, F. j4., K. Müller, M. Radczwül, Schönheit üüA Gymoastik, drei
Beitrüge zar Ästhetik and LeibeierziehuDg, aogez. vod G. Riehm 795
. Schmus, /., Lehrbach der katholischeo Religioo, zam Gebrauche in
SemiDarscholeD aod io deo mittlereo KJaaaeD höherer Lehr-
aoatalteo, aogez. von H. Gerig k 770
Schmits'Mancyf s. B. Scholz.
Schoeler, E., i. Th. Zieliniki.
Schulderer y 8. Paldamua.
Schotten, H., a. F. Reidt
Schröder, ff\ Erziehaoga- uod Uoterrichtalehre fdr Gymnasien aod
Realachaleo, 6. Aaflage, aogez. von H. F. Möller 17
Schubert, a. Sophokles.
Schälke, A., Aafgabeosammlang aaa der Arithmetik, nebst Anwendungen
aaf das bürgerliche Leben, Geometrie and Physik, Teil I: Für
die mittleren Klassen höherer Lehranstalten, angez. von M. INath 697
Schuh, B,, Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstaltea, nea heraus-
gegeben von Schmitz -Mancy, Köster, Weyel, Band I: für die
unteren Klassen, 14. Auflage, Band II: für die Mittelklassen,
12. Auflage, Band III: Oberaeknnda, angez. von E. Naumann. . 643
Schuhe, E., und F. Pohl, Mathematische Aufgaben, Teil II: Aufgaben
für die Oberstufe, aogez. von M. I^ath 490
Schuster, H,, Der erste Korintherbrief, nebst einem Anhang: Ausgewählte
Kapitel aus dem 2. Korintherbrief, angez. von A. Bienwald . . 717
Schuster, /., und /. B, Holsammer, Handbuch zur Biblischen Geschichte,
6. Auflage von J. Selbst und I. SchÖfer, angez. von H. Hoff-
mann 41. 634
Seidely P., Hohenzol lern -Jahrbuch, 10. Jahrgang (1906), angez. von
E. Heydenreich 669
SeWH, /., a. J. Schuster.
Severtis, M,, Der Notstand des deutschen Unterrichts in den oberen
Klaasen unserer höheren Schalen, eine Schrift für Lehrer und
Laien, angez. von P.Geyer 521
Shakespeare, Julius Caesar, Oberaetsung von A. W. Schlegel, revidiert
von H. Conrad, angez. von H. Truelaen 484
Siebert, P,, Bibelkunde für höhere Schulen, angez. von A. Bienwald .519
Simrock, K,, Ausgewühlte Werke in 12 Bünden, mit Einleitungen und
einer Biographie des Dichters herausgegeben von G. Klee, angez.
vonM.Nietzki 532
Sophokles* Oidipus Tyrannos, 3. Auflage von Schubert und Hüter, aogez.
von W. GemoU . • , 546
Spanier, M., Zur Kunst, ausgewühlte Stücke moderner Prosa zur Kaost-
betrachtung und zum KunatgenoB, angez. von K. Gomolinsky . 511
Spengd, A,, s. Terentius.
Splettstq/Ser, fT., s. Meliere.
Steiner, B., Sappho, angez. von F. Bucherer 728
Stephan, H,, s. Herder.
Steuding, H,, Deutsches Lesebuch für sächsische Gymnasien, 5. Abteilung
für Obertertia von Fr. Nowack, 6. Abteilung für (Jotersekuoda
bearbeitet im proaaischeo Teile von Th. Matthias, im poetischen
IUI
Seit«
Teile von 6. Loie^ 7. Abteilaog für OberBeknnda bearbeitet von
Tb. Matthias, angez. von C. Heinze und K. finde mann . 321. 644
Strecker, AI, Ekkeharda Walthariaa, aogez. von F. Knntze . . . . 771
StürmeTy Fr.^ Die Etymologe im Spraehnntarrieht der hlSkeren Seknle,
angez. vob 0. Weiae .....•• 885
Stutzer, E^ Kleiner Leitfaden fnr den apraehliehen Unterricht, inaonder-
heit far den dentaehen, 2. Auflage, ao^ez. von H. Bepemann. . 49
Terentiusy Adelphoe, herausg^egebeo von A. Spengel, 2. Auflag, aogez.
von M. Niemeyer 657
Tkieley R,, Daa Fomm Romannm, mit beaonderer Beriickaichtignng
der neneaten Aasgrabaogen geadiildert, 2. Anflage, angez. von
A.Zehme 739
Thidmann^ Ph.^ a. B. Heerwagen.
Thiergai, O., a. P. Martin; Maeanlay.
Thters, Expedition d'Egypte, heranagegeben von F. Weyel, angez. von
H. Trnelaen and F. J. Weraboven 483.554
Thukifdidesy Ausgewählte Abaehnitte für den Schnlgebraneh bearbeitet
von Chr. Härder, Teil 0: Schälerkommentar, 2. Auflage, angez.
von S. Widmann 536
Le ToumaUy M,, et L. Lagofde, Abr^^ d'hiatoire de la litt^ratnre
fran^iae, aogez. von 0. Joanpeit 557
f. Treitsekkey ZT., Ausgewählte Schriften, 2 Bände, aogez. von L. Zürn 676
Vergüy Gedichte, erklärt von Th. Ladewig und C. Schaper, 1. Bändchen :
Bnkolika und Georgien, 8. Auflage von Paul Deuticke, angez. von
O. Morgenatern 813
roAett, /., Ästhetik des Tragischen, 2. Auflage, aogez. von L. Zürn . 317
VoürneTy F., s. Horatius.
FoÜrner, F., Die Oberlieferuagsgeschichte des Horaz 731
Vorländer, iT., Kant-Schiller-Goeüie, gesammelte Aufsätze, aogez. von
G. Jacoby 386
Jf^adsemagely W,y Poetik, Rhetorik und Stiliatik, 3. Auflage, angez. von
P. Geyer 521
Wagner y /., a. J. Nover.
WattheTy ß.y Inhalt und Gedankengang dea Evangeliuma nach Johannea,
angez. von A. Bienwald 717
fFalt, a. Evera.
ff'q/Smanny E., Der biologische Unterricht an den höheren Schulen,
angez. von H. Hoffmaon 720
Webery G, H,, Metbodik des Turnunterrichts für Knaben und Mädchen
in Volks- und Mittelschulen, 4. Auflage, angez. von G. Riehm . 829
Weber, G, ff.y Müochener Spielbnch für Knaben- wie Mädchen -Volks-
und Mittelschulen, angez. von G. Riehm 832
Wegener, H.y Wir jungen Männer. Das sexuelle Problem des gebildeten
jungen Mannes vor der Che: Reinheit, Kraft, Frauenliebe, angez.
von F. Sattig 376
WerkmeiMteTy E., Zwanzig auagewählte Psalmen, Präparationen, nach
neueren Grundsätzen methodisch bearbeitet, aogez. von K. Boet-
ticher 630
Weigd, Fl.y a. K. Schenki.
Seite
Wmw^ 0,f Deutsche Sprach- aQil Stillehre, eine Anleitosg zum ricbtigeo
Verständoif und Gebrauch unserer Muttersprache, 2. Auflage,
angez. yoD E. Wasserzieher 326
ff^e^enfds, 0., Auswahl aus den griechischen Philosophen, Teil 11:
Auswahl aus Aristoteles und den nachfolgenden Philosophen,
angez. von H. Gillischewski 543
ff^enig^er, Zr., Ratschläge auf den Lebeasweg, deutschen Jünglingen er-
teilt, angez. von A. Kulimann 29
ff^ernle, P., Paulus, Gerhard, angez. von M. Bodenstein 520
fß^estphal, J., Das evangelische Kirchenbild nach seiner geschichtlichen
Eotwickelung, 2. Auflage, angez. von K. Boetticher .... 630
Wet&fUin, G., s. H, Götz.
fFeyely F., s. Thiers; B. Schulz.
Wiihdm^ A», Urkunden dramatischer Aufführungen in Athen, mit einem
beitrage, von G. Kaibel herausgegeben, angez. von W. Crönert 393
H^imwlmrger^ 0., s..Paldamns.
hinter, G., Friedrich der Große, angez. von M. Hodermann . . . 562
fF'irtSy C, M,, Leitsätze zur mathematischen Geographie, ein Anhang zu
. f\oe8en8 Lehrbuch der Physik, angez. von £. Höhnemann . . 572
fFirz, /., Rechenbuch für höhere Lehranstalten, angez. von A. Kall ins 571
ff^obbermin^ G., Der christliche Gottesglaube in seinem Verhältnis zur
heutigen Philosophie und Natnrwisseoscbaft, 2. Auflage, angez.
von A. Jonas 715
ff^olff (f., Bismarcks Lehrjahre, angez. von E.Stutzer 684
Wrobel^ Ef Obongsbuch zur Arithmetik und Algebra, 4. Auflage, angez.
vonA. Kallius . 569
ff^robelfE., Leitfaden der Stereometrie, 3.Auflage, angez. von A. Kallins 569
ff^robelf E.^ Übungsbuch zur Arithmetik und Algebra, Teil I: Pensum
der Tertia und Untersekunda, 11. Auflage; Teil II: Peosnm der
, Obersekunda und Prims, augez. von A. Kallius 569
WiUker, R., Geschichte der englischen Literatur von den ältesten Zeiten
bis zur Gegenwart, I.Band, 2. Auflage, angez. von M. Lissner 558
ff^änschey j4., Schöpfung und Sündenfall des ersten Menschenpaares im
jüdischen und moslemischen Sagenkreise mit Rücksicht auf die
Überlieferungen in der Keilschrift-Literatur, angez. von A. Jonas 313
Zange^ F., Leitfaden Tür dm evangelischen Religioosunterricht, ]. und
2. Heft, 2. Auflage, angez. von K. Nieniann 514
Zehme^ A,, s. Lessing.
ZiebarUif E., Kulturbilder aus griechischen Städten, angez. von A. Firnck
und A. Waechter 537
Ziegler, Th.f Allgemeine Pädagogik, 2. Au Hage, angez. von H.F.Müller 506
ZieUnski, Th,, Die Antike und wir, autorisierte ßbersetznug von
E. Scheeler, angez. von H.F.Müller 535
Zurbonsen, f., s. Schillmaun.
Zurbonsen, F., Anleitung zum wissenschaftlichen Studium der Geschichte,
nebst Materialien, augez. von 0. Genest 400
Zurbonsen F.,, Quellenbnch zur brnndenborgisch-preußischen Geschichte,
2 Auflage, augez. vou R. Ja linke 743
IT
DRITTE ABTEILUNG.
BERICHTE Ober Versammlungen, Nekrologe, miszbllen.
Die 43. Versammlwig rheinisefaer SehalmÜnDer, von A. Plofl . . . . 72
Dritte VenanmlaBg der Fremide de« hamaalstiseheo GyniBABiiiBB in
Berlia, yob P. Boe«eh 409
Der sehnlhygieDisehe Ferieikarsos Tdr Lehrer höherer LehraDstalten io
GSttingen in Jahre 1906, von H. Koenicrsbeek 338
Veriiandliingen der Direktoren -VersammlaBgen in den Provinzen des
RSttigreicha Preußen seit dem Jahre 1879, Band 71—74 ... 844
VIERTE ABTEILUNG.
Eingeaandte BSeher .... 79. 348. 414. 494. 575. 701. 749. 798. 846
JAHRESBERICHTE
DES PHILOLOGISCHEN VEREINS ZU BERLIN.
Archäologie, von R. Eogelmann 90
Zu Caesar, von W. Nitsehe 19
Homer, höhere Kritik, von C. Rot he 267
Borax, von 0. Rohl 49
Livins, von H. J. MiiDer 1
Taeitaa, von G. Andresen 228
Tacitns' Germania, von U.Zernial 267
Za Xenophona Anabasis, von W. Nitsehe 139
EBSTE ABTEILUNG.
/
ABHANDLUNGEN.
Der französische Anfangsunterricht.
Seit mehr denn zwei Jahrzehnten ist auf dem Gebiete des
neasprachlichen Unterrichtes eine mächtige und tiefgehende Reform
in Floß gekommen. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht« eine
durchgreifende Umgestaltung der bisher im allgemeinen befolgten
Unterrichtsmethode herbeizuführen. Eine Reihe der größten und
gewiegtesten Neusprachler mahnten in Worten tiefster sittlicher
Entrostung zur Umkehr von dem bisher betretenen Wege und
machten energisch Front gegen die übliche Praxis. Der gemein-
same Grundgedanke der neuen Reformbewegung läfit sich in
folgende Worte fassen. Die. Unterrichtsmethode miifi auf psycho-
logisch konkreter Basis ruhen; sie soll die in dem jugendlichen
Geiste schlummernden Kräfte wecken und entfalten, nicht durch
unnatürliche Anstrengung abstumpfen, sie soll mit der Natur
geben, nicht diese in einen unweisen Schematismus zwingen wollen.
Von diesem Gesichtspunkte aus verwerfen die Reformer auf das
entschiedenste die bisherige grammatisierende, konstruktive oder
analytische Methode der Spracherlernung, die in der Obermittelung
der Sprachgesetze und in der planmäfiigen Nötigung der An-
wendung derselben besteht. Allgemein sind sie der Ansicht, daB
die neuem Sprachen als solche zu lehren sind, die frei gesprochen
und geschrieben werden. Auf das Können derselben müBte darum
der Dntenricht ganz besonders ausgehen.
Das Französische ist nun ganz besonders von den Neu-
sprachlern in den Kreis der methodischen Betrachtungen gezogen
worden. Eine große Anzahl von Schriften, viele Grammatiken
und Hilfsbficher sind erschienen, in denen die neue Methode
theoretisch erklärt und vertieft worden ist und praktische An-
wendung gefunden haL Namentlich über den französischen An-
fangsunterricht ist viel geschrieben worden. Verschiedene Wege
sind da gezeigt worden, die das Lehrverfahren zu betreten habe.
Wenn es sich nun auch nicht leugnen läßt, daß viele Forderungen
der neueren Richtung von äußerst hoher Bedeutung und Wichtig-
ZtitMhi; 1 4. GTaMsblwcMB. LXL 1. 1
2 Der fraDzSsiflche AofacgsaDterricht,
keit fQr den Lehrbetrieb sind, so muß doch zugegeben werden,
daß gar manche Reformvorschläge über das Ziel hinausschießen,
dem der neusprachiiche Unterricht an höheren Schulen nachzu-
streben hat.
' Es liegt nicht in meiner Absicht, die verschiedenen Reform-
schriften über den französischen Anfangsunterricht zu besprechen
und zu beurteilen, vielmehr möchte ich hier meine Ansichten
darüber aussprechen, welchen Gang und welche Methode der fran-
zösische Unterricht im ersten Jahre eu verfolgen hat. Naturgemäß
werde ich bei der Behandlung dieser Fragen die von verschiedener
Seite gemachten Reform vorschlage berücksichtigen müssen, um
Stellung zu ihnen nehmen zu können.
Der französische Unterricht muß notwendig mit Leseübungen
beginnen. Wie nun aber hat ^er Lehrer dem Schüler das Lesen
beizubringen? Die Reformer haben bei dieser Frage eine Reihe
von Vorschlägen gemacht. Sie wollen 16 — 20 Stunden ausscfaließ-
Jich auf Einfuhrung in die Aussprache verwendet haben. Ganze
Stunden widmen sie der Einübung eines einzigen Vokals. Manche
Reformer scheuen sich sogar nicht, dabei den ganzen wissen*
schaftlichen Apparat der Lautphonetik den Schülern durch Zeichnung
der verschiedenen Lagen der Zunge bei der Aussprache vorzu-
führen. So sprechen sie von der tieferen Senkung des Gaumen-
segels zur Hervorbringung der französischen Nasenlaute. Das
dumpfe e glauben sie dadurch am besten einüben zu können, daß
sie den Schüler auf das Fehlen des Stimmbänder-Verschlußlautes
.oder Knackgeräusches aufmerksam machen. Selbst das Singen
von französischen Liedchen ziehen sie herbei zur Stimmbindung.
Demgegenüber bin ich der Ansicht, daß die Einübung der fran-
zösischen Laute nicht für sich allein vorgenommen werden solL
Es sind darum auch alle die einleitenden Kapitel über französische
Aussprache im allgemeinen in den verschiedenen Übungsbüchern
zu verwerfen. Ich habe sie einfach nicht durchgenommen, da ich
mich zu einer planmäßigen schematisclien Behandlung der Einzel-
iaute nicht entschließen konnte. Sofort in der ersten Stunde
habe ich mit dem Lesen der ersten französischen Lektion aus
Plötz-Kares begonnen. Selbstredend mußte ich da zuerst jede
Vokabel selbst laut, deutlich mit genauer Artikulation vorlesen,
.Gleichzeitig knüpfte ich daran eine Erklärung, falls die französische
Aussprache des Lautes von der deutschen abwich. Ich ließ jeden
einzelnen Schüler das Wort nachlesen und achtete dabei mit un-
erbittlicher Strenge auf äußerst genaue Wiedergabe des ent-
sprechenden Lautes und Wortes. Nachdem alle einzeln, jeder
jnelirmals nacheinander, das Wort nachgesprochen hatten, ließ
ich es repetieren im Chorsprechen. So übte ich die Aussprache
von 4 — 5 Wörtern in einer Stunde und knüpfte sofort das Lesen
der französischen Sätze der Lektion daran, in denen die bereits
einzeln gelernten Wörter vorkamen. Mit den Erfolgen^ die ich
▼ OB R. Batt. ^
dabei erzielte, war ich sehr zufrieden. Mit wenigen Ausnahmen
waren sämtliche Kinder der Klasse imstande, am Ende der Stunde
2 — 4 Sätze französich zu lesen. Diese Methode habe ich in
jeder französischen Stunde befolgt. Ich habe niemals versucht, den
Schülern die Aussprache auf lauiphysiologischem Wege klar und
verständlich zu machen, da nach meiner Ansicht das verlorene
Liebesmühe ist und dabei überhaupt kein praktisches Resultat
herauskommt. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, daß Schüler,
denen das Lesen nach dieser Methode beigebracht worden ist, nie
eine richtige Aussprache sich angeeignet haben. Mußte ich doch
nicht selten sehen, wie man selbst trotz aller Kenntnis der Aus-
spracheregeln selbst auf den mittleren Klassen grobe Fehler gegen
die Aussprache machte. Der Schüler kann nur dann die französi*
sehen Laute richtig aussprechen lernen, wenn der Lehrer es ihm
genau und richtig vormacht und von Anfang an ihn auf jeden,
auch den kleinsten Verstoß hinweist und mit jedem einzelnen
die Aussprache so lange übt, bis sie annehmbar ist. An
einem „Eindrillen^' kann man da kaum vorbeikommen. Viel
Geduld und Ausdauer gehört dazu, den Schülern die Lässigkeit
im Gebrauche der Sprach Werkzeuge abzugewöhnen, sie geschickt
zu machen für die französischen Laute. Daß ich sofort mit der
ersten Stunde ohne vorhergehende Einführung in die Einübung
sämtlicher französischen Laute mit dem Lesen beginne, wird wohl
vom praktischen Standpunkte aus nicht beanstandet werden können.
Einmal gewinne ich dadurch viel Zeit. Die 20 ersten Stunden,
die sonst mit allgemeinen Lautregeln ausgefüllt werden, finden
Dach meiner Methode eine vorteilhaftere Verwendung. In den
20 ersten Stunden hat bei mir der Schüler neben der Aussprache
schon eine schöne Reihe von Vokabeln gelernt, er kann bereits
einige Sätze lesen und sprechen und auf kurze Fragen Antwort
geben. Wie wird da nicht die Aufmerksamkeit, das Interesse und
die Begeisterung des Schülers für die neue Sprache rege gehalten!
Ich habe es selbst gesehen, wie sehr die Kleinen sich freuten,
wenn sie bald nach den ersten Tagen auf eine kleine Frage oui
oder non antworten konnten. Wie langweilig aber muß es den
Schülern vorkommen, wenn man mit großartigen Zeichnungen an
der Tafel beginnt, um den Jungen zu zeigen, welche Lage die
Zunge in der Mundhöhle einnehmen muß, um diesen oder jenen
Konsonanten oder diesen oder jenen Vokal aussprechen zu können!
Höchstens können unglücklich geratene Figuren Lebendigkeit unter
die Schiller bringen. Die Aussprache aber würden sie dabei nie
lernen, falls der Lehrer es ihnen nicht richtig vorsprechen kann.
Pfuhl hat zur Einübung der französischen Nasenlaute folgenden
Weg angegeben. Er geht von dem n-Laut aus, der zuerst mit
geschlossenen Zähnen und offenen Lippen, dann mit geöffneten
Nüstern, weiterhin mit geschlossenen Lippen und womöglich nach
mehr geöffneten Nüstern gesprochen wird, worauf dann die Lippen
1*
4 Der fraozösische AoftogsaDterriclit,
geöffnet werden und. der a-Nasal mit geschlossenen Zähnen und ge-
öffneten Lippen und endlich mit offenem Munde ausgesprochen wird.
Ist es nicht lächerlich, einer solchen Operation das Wort zu reden ?
Diese Methode ist nicht zu gebrauchen und wurde auch nie und
nimmer zum Ziele fuhren. Hört der Schüler die richtige Aus-
sprache, werden ihm mit Ausdauer die einzelnen Laute fest und
sicher eingeprägt, wird er immer angehalten, den Laut richtig zu
geben, dann wird die Zunge, dann wird der Hund schon von
selbst die entsprechende Lage und Stellung einnehmen.
Soll Laut- und Schriftbild zugleich eingeübt, soll die phone-
tische Umschrift angewendet werden, soll die Rechtschreibung ersi
einige Zeil nachher zur Einübung kommen?, das sind die weitern
Fragen, über welche die Reformer des neusprachlichen Unterrichts
viel hin und her geschrieben haben. Bis auf den heutigen Tag
sind bei ihnen diese Fragen noch nicht endgültig gelöst und ent-
schieden. Die strengen Reformer wollen zuerst die Lautschrift
zur Anwendung gebracht wissen und fordern dafür ein Viertel-
oder gar ein halbes Jahr als wünschenswerte Mindestzeit. Sie
versichern, daß der Obergang von der Lautschrift zur Recht-
schreibung sich verhältnismäßig leicht vollziehe, den Schülern des
Anregenden eine ganze Menge biete und daß die Lautschrift ein
vortreffliches Mittel sei, sich von der Natur der Laute genau
Rechenschaft abzulegen; auch habe sich der gefürchtete, ungünstige
Einfluß der Lautschrift auf die Orthographie nicht geltend ge-
macht, vielmehr habe die lautliche Schulung wesentlich dazu bei-
getragen, die Aneignung der Rechtschreibung zu unterstützen.
Mir ist es vollständig unbegreiflicli, wie man die Laut-
schrift als Grundbedingung für einen erfolgreichen Anfangs-
unterricht hinstellen kann. Professor Beyer nennt in einem
Vortrag über die Lautschulung in seinem Anfangsunterricht den
Erfolg der verwendeten Lautschrift, getrennt von der Recht-
schreibung, einfach verblüffend. Das scheint mir denn doch zum
mindesten gesagt übertrieben zu sein. Für mich ist die Laut-
schrift getrennt von der Rechtschreibung ebensosehr zu verwerfen
wie die phonetischen Kurse oder Belehrungen; für sie gibt es
keinen Platz im Anfangsunterricht. Mit der Lautumschrift werden
einmal die Schüler mehr belastet, als die Sache es erfordert. Sie
muß ferner naturnotwendig orthographische Unsicherheit herbei-
führen und den kleinen Schüler in ein wahres Labyrinth von
Verwirrungen und Irrwegen fuhren. Nun möchte ich doch nicht
behaupten, daß unter keinen Umständen bei Einübung der Aus-
sprache die Lautschrift zu Hilfe genommen werden soll. Bei ein-
zelnen für das Aussprechen schwierigen Wörtern kann ganz gut
ab und zu an der Wandtafel die Lautschrift verwendet werden;
in manchen Fällen habe ich das auch schon versucht; namentlich
bei Kindern mit ungeübten Sprach Werkzeugen, mit etwas minder
gutem Gehör oder mit einer durch den heimatlichen Dialekt be-
yon K. fiatt. 5
einAüBten fehlerhaften Aussprache. Doch muß ich gesteben, daß
dieser Vorgang den Unterricht nicht mehr gefördert hat als das
genaue und richtige Vorsprechen von Seiten des Lehrers. Denn
das dnrfte wohl allgemein zugestanden werden, daß die französische
Aussprache gewisser Silben sich lautsrhriftlich gar nicht genau in
einer andern Sprache wiedergeben läßt. Welches deutschen Laut-
teichens soll ich mich beispielsweise bedienen, um dem Kinde die
Aussprache des französischen on, an, in, en oder agne klar zu
machen? Es ist unmöglich, dafür adäquate Lautzeichen in der
deutschen Sprache zu finden.
Darum kann ich mich zu einer allgemeinen Verwendung der
Lautschrift getrennt von der Rechtschreibung nicht entschließen.
Nor in einzelnen Ausnahmefällen möchte ich zu diesem pädagogi-
schen Mittel die Zuflucht nehmen. Aber dann darf unter keiner
Bedingung Laut- und Schriftbild zeitlich voneinander getrennt
werden. Will ich beispielsweise die Aussprache des französischen
Ol einäben, dann schreibe ich, wenn ich sehe, daß es notwendig
ist, oi an die Tafel und gleich dahinter die entsprechenden Laut-
zeichen oi ^= oa. Das Zeichen oa föhre ich den Schülern nur
das erste Mal zur Einübung der Aussprache vor; hernach darf
ihnen nur noch das Schriftbild oi vorgestellt werden, denn sonst
verlieren sich die armen Kinder in endlose Verwirrung. Die Ver-
teidiger der zeitlichen Trennung von Laut- und Schriftbild wollen
vom Anfangsunterricht die Rechtschreibung so lange ferngehalten
wissen, bis die Laute geübt sind und sicher sitzen. Ich frage
aher, warum dieser zeitraubende Umweg durch die Lautschrift,
da doch einmal die Rechtschreibung gelernt werden muß. Zwei
Schriftbilder muß sich da nach und nach der Schüler einprägen.
Ist das nicht Erschwerung und Belastung des jungen, zarten
Geistes? Darum bin ich der festen Ansicht — meine Erfahrungen
haben mich darin nur bestärkt — , man soll die Verwendung
der Lautbilder möglichst beschränken und bei nötigen Fällen
sie nor gleichzeitig mit dem Schriftbild vorführen. Es muß so
lange wie möglich beim Unterricht von den Lautzeichen abgesehen
werden. Der Schwerpunkt bei der Einübung der französischen
Laute muß in dem richtigen und genauen Vorsprechen von selten
des Lehrers liegen.
Das Sprechenkönnen der fremden Sprache ist von den Re-
formern als das natürlichste Ziel des neusprachlichen Unterrichts
hingestellt worden. Noch vor 20 Jahren glaubte man altgemein
darauf verzichten zu müssen, den Schülern das Französichsprechen
beizubringen, da man es für ein Ding der Unmöglichkeit hielt.
Manche meinten sogar, daß die Erlernung einer gewissen Sprach-
fertigkeit keine recht würdige Beschäftigung für die höhere Schule
sei; diese hätte weit wichtigere und erstrebenswertere Aufgaben
zu lösen.
Diese vollständig falsche Anschauung ist durch die Reform-
5 Der fraozösische A'ofaagsaDterricht,
bewegUDg auf neusprachlichem Gebiete gründlich beseitigt worden.
Da wird nun als Grundforderung des französischen Unterrichts
aufgesteiU: der Schüler muß zu einem wirklichen Können der
französischen Sprache geführt werden. Der Unterricht muß dar-
auf angelegt werden, daß der Schüler am Ende seiner Studien
am Gymnasium oder an einer Realschule eine gewisse Sprach-
fertigkeit besitzt. Zur Erreichung dieses Zieles wird namentlich
das Mittel der fortdauernden, unausgesetzten Sprechübung an-
empfohlen, die den wesentlichen Teil des Unterrichtes bilden solle*
Schon im ersten Unterrichtsjahre muß darum das Französisch-
sprechen betrieben werden.
Welcher Weg ist nun aber bei den Sprechübungen einzu-
schlagen?
Sehr viele behaupten, daß der Lehrer beim Anfangsunter-
richt während mindestens eines Vierteljahres auf die Benutzung
eines Buches verzichten muß. Die Sprache sei als etwas Lebendiges,
also Klingendes zu betrachten, niciit als in den schwarzen Zeichen
auf dem Papier aufgehend. Das Hören habe im Anfangsunterricht
der Fremdsprachen die Hauptrolle zu spielen. Um aber durch
das Hören sprechen zu lernen, müsse der Schüler viel und richtig
Gesprochenes, nicht Gelesenes hören. Die ersten Sprechübungen
müßten darum nur an das vom Lehrer Vorgesprochene anknüpfen
und mit dem, was der Schüler nur mit dem Ohr gehört hat,
Hand in Hand gehen.
Wenngleich diese Anfangsmethode manches für sich hat^ kann
id) mich doch nicht ausschließlich zu ihr bekehren. Sofort in
den ersten Stunden französische Laute, Wörter und kleine Sätze
vor den Ohren der Kleinen ertönen zu lassen, ohne daß sie ein
Schriftbild von jedem französischen Laut vor Augen haben, halte
ich für äußerst gewagt und unangebracht.
Ein derartiges Verfahren zielt ausschließlich auf mechanisches
Eindrillen hin und trägt der Verstandeserfassung und Geistes-
bildung des Schulers gar keine Rechnung. Das Kind gibt den
fremden Klang, der an seinem Ohr ertönt, mechanisch wieder, hat
aber von den einzelnen Wörtern und ihrer Bedeutung gar keine
Ahnung und Auffassung. Da ein derartiges Resultat ni^ als End-
ziel des Unterrichts erstrebt werden kann und darf, sehe ich auch
nicht ein, warum man beim Anfangsunterrichte sich damit be-
gnügen sollte. Ich beginne darum den französischen Unterricht
nicht mit der Anschauungsmethode, sondern halte mich gleich in
der ersten Stunde an das Übungsbuch.
Die Sprechübungen, die ich in dem ersten Vierteljahr an-
stelle, drehen sich nur um Wörter und Sätze, welche die Kinder
vorher bereits gelesen oder auswendig gelernt haben. Die Schüler
müssen dann imstande sein, selbständig, durch eigene Geistesarbeit
Antwort auf die Fragen zu geben. Sie kennen ja die Wörter.
Die Zusammenstellung dieser wird ihnen bei etwas Nach-
voo K.Batt. 7
denken Bicht schwer. Erst den von dem Schöler selbständig ge*
\n\deten Satz lasse ich dann mehrfach nachsprechen und allgemein
ttnoben. Dadurch wird der Schüler vor dem geistlosen mechani^
sehen Nachsprechen bewahrt und verfällt nicht in das seichte
,,Boiineii~ und Gar^ngeklapper**. Hat nun einmal der SchQler in
der zweiten Hälfte des Jahres eine gewisse Fertigkeit im Lesen
nnd der Aussprache französischer Wörter und Sätze erlangt, ist
san Ohr schon etwas an den Klang der französischen Laute ge-
wöhnt, dann erst beginne ich mit Sprechübungen, die sich nicht
an die Lektüre und die behandelten Sätze im Übungsbuche an*
schlieBen. So habe ich zunächst versucht, die Schüler an Befehle
in der französischen Sprache zu gewöhnen, wie levez-vous, asseyez-
voas, sortez les livres, fermez les livres usw. Nach 4— -5 Tagen
hatten die Schüler diese und ähnliche Sätze verstanden und wußten
sie zu schreiben. Ich habe eben anfangs bei Vorführung der
Ausdrücke nicht unterlassen, den Schülern die entsprechenden
Wörter an die Tafel zu schreiben, um ihr Gedächtnis und ihre
Auffassnngskraft zu unterstützen. Die Sprechübung außerhalb der
Lektüre nnd der behandelten Sätze setzte ich im zweiten Halb-
jahre ununterbrochen fort. Ich verwendete darauf fast regelmäßig
die letzten acht Minuten einer jeden Stunde. Selbstredend mußte
ich ab und zu von dieser Methode absehen, da mir manchmal
die Behandlung irgend eines Lesestückes oder einer Lektion oder
die Einübung des Verbs keine Zeit übrig ließ und ich ein ge«^
waltsames Abbrechen des Unterrichtes für unzweckmäßig hielt.
Im ganzen und großen suchte ich mich immer so einzurichten,
daß mir jedesmal 8 — 10 Hinuten frei blieben. Den Stoff zu diesen
freien Sprechübungen nahm ich aus der nächsten Umgebung des
Schülers und aus Vorkommnissen des täglichen Lebens. Vor allem
kamen da die Gegenstände des Schulzimmers zur Behandlung;
daran knüpfte ich die Ausrüstung und Kleidung des Schülers,
sodann die Hauplteile des menschlichen Körpers, die Familie und
ihre Glieder. Ich sprach ferner von der Angabe und Einteilung
der Zeit nnd von den Witterungsverhältnissen. Auch die Farben
und Zahlen habe ich zu Sprechübungen verwendet. Desgleichen
habe ich die täglichen Hauptverrichtungen des Schülers wie Auf-
stehen, Beten, Arbeiten, Anziehen, Essen, Gehen, Schlafen usw«
den Gegenstand kurzer Gespräche bilden lassen. Ich will ganz
besonders hervorheben, daß ich ein Hauptgewicht darauf legte,
die Fragen in der denkbar einfachsten Form klar und deutlich
zu stellen, um das Verstehen dieser und das Suchen der Ant-
wort den Schülern möglichst leicht zu machen. Größere Schwierig-
keiten hätten dabei dem Schüler jedes Interesse an diesen Sprech-
übungen genommen. Anfänglich muß der Schüler die Antwort
aus der Frage selbst entnehmen können, er muß sie sich gerade
in den Mund gelegt sehen. Dadurch wird verhütet, daß er sich
sprachlich falsche Antworten zurechtlegt oder in das leidige Hacken
8;^ Der französische ADfajngflaDterricht,
und Stümpern und daa möbsame Zusammensetzen einer deutsch
ausgedachten Antwort verfällt. So wertvoll nun auch diese Hilfs-
mittel sein mögen, um die Schüler allmählich in die Verkehrs-
und Umgangssprache einzuführen, so stellt sich doch beim Unter-
richt ein Übelstand ein. Da das Liesebuch von Ploetx-Kares das
notwendige Material zu den täglichen freien Sprechübungen mir
nicht, bot und ich unter keinen Umständen bloß nach dem Gehör
die Sprechübungen betreiben wollte, sah ich mich genötigt, eio
Vokabelheftcben von den Schülern anlegen zu lassen, in das sie
alle neuen Wörter und Wendungen (Eintragen mußten, um sie
auswendig zu lernen. Der Gefahr, die Schüler könnten Falsches
einschreiben, beugte ich dadurch vor, daß ich jedes neue, fremde
Wort an der Wandtafel vorschrieb. Ich hätte allerdings lieber
^in gedrucktes Vokabular für die freien Sprechübungen benutzt,
da mir dadurch viel Zeit erspart geblieben wäre und ich auch
mehr Sicherheit gehabt hätte, daß die Schüler die betreffendea
Wörter in der richtigen Schreibart zu Gesicht bekommen hätten.
Wie ja die Erfahrung zeigt, kann auch die peinlichste Kontrolle
nicht verhüten, daß hier und da Wörter in falscher Schreibung
ins Heftchen eingetragen werden.
Nun habe ich aber gerade für den Anfangsunterricht kein
mich befriedigendes Vokabular für freie Sprechübungen gefunden.
Die bereits vorhandenen tragen meiner Anschauung nach der Auf-
fassungskraft der Jungen von tO Jahren nicht genügend Rechnung;
sie bewegen sich zum Teil in Ideenkreisen, die dem jungen Geiste
etwas zu fern hegen; das Einfache, das Kindliche ist dabei nicht
genügend berücksichtigt.
Weil die Anlage der gedruckten Vokabularien sich nicht mit
den Ansichten, die ich über die Behandlung der freien Sprech-
übungen und über die zu erlernenden Vokabeln habe» deckten,
nahm, ich die Zuflucht zu den Vokabular heftchen. Ich muß ge-
stehen, bei fleißiger Ausnutzung der Unterrichtsstunde lassen sich
leicht die 2 — 4 Minuten gewinnen, die zum Einschreiben der
paar Vokabeln verwendet werden. Es muß bei dieser Methode
der Lehrer genau . darauf achten, daß die Schüler die Heftchen
sauber, reinlich, unausgesetzt fortführen und die Wörter richtig
niederschreiben. An der Hand solcher Vokabelheftchen wird es
4em Lehrer gelingen, recht hübsche und interessante Gespräche
über Vorkommnisse aus dem täglichen Leben in französischer
Sprache anzustellen. Der Schüler lernt dabei nicht nur sich ge-
läufig in kleinen Sätzen ausdrücken, sondern eignet sich auch
gleichzeitig die Rechtschreibung an.
Das Schreiben und das Anfertigen französischer Arbeiten
lassen die meisten Reformer erst in der zweiten Hälfte des ersten
Unterrichtsjahres beginnen. Bis dorthin wollen sie nur einen
mündlichen Betrieb der Sprache; jede schriftliche Übung der ersten
secjbs Monate halten sie für verfehlt. Übersetzungen aus dem
von K. Batt. 9
DeuUchen ins Französische schliefieD sie ganz aus dem Unterrichte
aus. Das Oberselzen in fremde Sprachen sei eine Kunst, welche
die Schule nichts angehe. Nach meinem Dafürhalten ist diese
Methode zu verwerfen. Vorteile bietet sie dem SehQler bei der
Erlernung der französischen Sprache nicht. Mir kommt es sehr
Qimatörlich Tor, sechs Monate lang mit den Jungen französisch
za treiben, ohne jede schriftliche Obung vorzunehmen. Darum
habe idi bei meinem Unterrichte die schriftlichen Arbeiten
von Stande zu Stunde mit dem mündlichen Betrieb gleichen
Schritt halten lassen. Sofort in den ersten Stunden mußten mir
die Schüler jedesmal die Vokabeln aufschreiben, die sie auswendig
zu lernen hatten. Ja selbst die kleinen zusammenhängenden
fraszöeischen Lesestöcke habe ich der Übung in der Recht-
schreibung wegen abschreiben lassen. Tag für Tag mußten sie
kleine schriftliche Übungen machen. Hit Spielen lernen da
die Schüler die Orthographie. Außerdem hat man dadurch auch
die Versicherung» daß zu Hause etwas gearbeitet wird. Bei nur
Handlichem Betrieb läuft man Gefahr, daß die Schüler außerhalb
der Schule für das Französische gar nichts tun. Allerdings bin
auch ich der Ansicht, daß beim französischen Anfangsunterricht
& Hauptarbeit in der Schule gemacht werden soll, aber von jeder
schriftlichen Hausaufgabe darf man nach meinem Dafürhalten doch
Dicht absehen. Selbst die von den Reformern so sehr verhöhnten
Übersetzungen aus dem Deutschen ins Französische habe ich bei-
behalten. Sie dienen dazu, das bereits Gelernte mit Sicherheit
und Schnelligkeit anzuwenden, zwingen den Schüler, einen deutsch
ausgesprochenen Gedanken in das französische Gewand zu kleiden,
und bieten Gelegenheit, ihn auch mit der französischen Grammatik
bekannt zu machen.
Vor Beginn der Reformbewegung spielte die Grammatik beim
neusprachlichen Unterrichte die llauptrolle. Jetzt wird für den
Anfangsunterricht voller Verzicht auf grammatischen Sprachbetrieb
aufs wärmste anempfohlen. Mir scheint das Richtige in der goldenen
Mitte zu liegen. Trotzdem auf der Anfangsstufe das Lesen,
Schreiben und Sprechen möglichst ohne grammatische Reflexionen
Yor sieb gehen soll, so muß doch hier schon der Grund gelegt
werden zu jener logischen Schulung, die unbedingt erforderlich
ist zur Entwickelnng und zum Aussprechen der Gedanken, zur
Übung des genauen Ausdruckes und der richtigen Satzbildung.
Selbstverständlich dürfen im ersten Schuljahr nur die einfachsten
grammatiseben Regeln erwähnt werden, nur solche, die ohne
Schwierigkeit vom Schüler selbst entweder auf induktivem Wege
gefunden oder von ihm doch leicht bei der Vorführung erfaßt
und begriffen werden können. Gerade hierzu können Übungssätze
ein ausgezeichnetes Material bieten, wenn sie geschickt ausgewählt
»od und der Fassungskraft d6s Schülers Rechnung tragen Eine
Obenetzang aus dem Deutschen ins Französische darf anfänglich
]^0 Der fraozösi&che AnfaogsuQterricht,
den Schülern nur dann als Hausarbeit aufgegeben werden, wenn
sie vorher in der Klasse bereits mundlich gemacht worden ist.
Dadurch werden viele Fehler bei der Niederschrift verbötet und
die Schuler an korrekte Orthographie und an richtigen französi-
schen Ausdruck gewöhnt. Ich habe diese Methode während des
ganzen ersten Schuljahrs befolgt. Ich machte dabei die Erfahrung,
daß sich selbst bei diesen schriftlichen Übersetzungen, die vorher
mundlich in der Klasse vorgenommen wurden, noch Fehler her-
ausstellten. Darum habe ich jedesmal im Laufe des Unterrichts
nach den Heften namentlich der schlechteren Schuler gesehen und
die Fehler unterstrichen. In der Klasse mußten sie dann von den
betreffenden Schülern verbessert werden. Man könnte nun ein-
wenden, dadurch gehe für den Lehrer in der Stunde viel Zeit
verloren. Ich kann behaupten, daß ich dadurch auch nicht
eine Minute für den Unterricht verloren habe. Während die zu
Hause gemachte Obersetzung aus dem Deutschen in der Klasse
wiederholt wurde, sah ich mir die Hefte an, der Unterricht wurde
dadurch weder gestört noch aufgehalten. Die Arbeiten sind ja
ganz klein, höchstens 4—5 Sätze, so daß die Durchsicht äußerst
schnell erledigt werden kann. Übrigens habe ich immer während
der Übersetzung die fehlerhaft geschriebenen Wörter und Ausdrücke
richtig an die Wandtafel entweder selbst geschrieben oder schreiben
lassen. Mit Leichtigkeit konnten die Schüler die Verbesserungen
anbringen. Nur bei diesem Verfahren halte ich die Übersetzungen
aus dem Deutschen ins Französische für zweckdienlich und wertvoll.
Sie bieten so dem Lehrer Gelegenheit, den Schüler in das Ver-
ständnis der französischen Grammatik einzuführen und ihn auf
manche Eigentümlichkeit und Abweichung der französischen Sprache
von der deutschen aufmerksam zu machen, die er sonst zu be-<
sprechen vielleicht oft unterlassen würde. Neben diesen häus-
lichen Übersetzungsaufgaben habe ich in der Klasse ab und zu
kurze Diktate im Anschluß an behandelte französische Stücke
machen lassen. Dadurch gewöhnte ich ganz allmählich die
Schüler auf fast mechanischem Wege an die französische Recht*.
Schreibung. Manche Schwierigkeiten in der Orthographie werden
dadurch gehoben, und der Schüler gewinnt bald eine gewisse
Sicherheit und Fertigkeit, die nicht hoch genug zu schätzen ist
Wie oft macht man nicht die Erfahrung, daß Schüler auf den
mittleren, ja selbst auf den höheren Klassen grobe Fehler gegen
die französische Orthographie machen, obschon sie die Sprache
ganz geläufig reden können. Wären sie gleich bei dem Anfangs-
unterrichte angehalten worden, ab und zu Diktate zu schreiben,
hätte man sicher nicht diese schweren Lücken später zu beklagen.
Namentlich habe ich Diktate anstelle der sonst üblichen Extem-
poralien treten lassen, da mir diese für den Anfangsunterricht
weniger geeignet erschienen. Die Anfertigung von Extemporalien
ist für die Kinder des ersten französischen Schuljahres nach
v«bK. Batt 11
meinem Uafurhalten viel zu schwer. Auch wenn man nur sechs
Sitze anfertigen läßt^ braucht man dazu eine Tolle Stunde. Die
Kinder besitzen eben nooh nicht genug Fertigkeit, den deutschen
Saitz französisch wiederzugeben. Diese erwerben fie erst allmihlicb.
Uarum glaube ich die Zeit von einer Stunde besser dadurch aus-
nutzen zu können, daß ich während der ersten 20 Minuten ein
Diktat ins Reinhefi schreiben lasse und den Unterricht hernach
weiter fortsetze. Indessen will ich gern zugeben, daß man
auch einige Male Extemporalien anfertigen lassen kann; aber dann
dürfen sie gar nicht schwer gemacht werden; nur bereits über-
setzte Sätze dürfen in etwas abgeänderter Form zu Extemporalien
Terwendet werden.
Einen wichtigen Punkt im französischen Anfangsunterricht
bildet noch das Vokabelleroen. Es muß schon im ersten Schul-
jahr eine feste Basis zu dem später so notwendigen französischen
Wortschätze gelegt werden. Ohne reichliche Kenntnis von Vokabeln
and Ausdrücken ist es eben nicht möglich, es zu einer geläufigen
Fertigkeit in der mündlichen Handhabung der Sprache zu bringen.
Darum ist es ratsam, sofort beim Anfangsunterricht auf das Aus-
wendiglernen von Vokabeln Bedacht zu nehmen. Abgesehen von
den 3 — 4 ersten Stunden habe ich meine Schüler für jede fran-
zödsche Unterrichtsstunde einige französische Vokabeln lernen
lassen. Begonnen habe ich mit etwa drei bis vier; spater gab ich
selbst 10 — 15 Vokabeln von einer Stunde zur andern auf. Bei
der Vorführung der Vokabeln verfuhr ich folgendermaßen. Zuerst
laß ich regelmäßig während des ganzen ersten Unlerriehlsjahres
die zn lernenden Vokabeln langsam und deutlich vor und ließ
sie dann im Chorsprechen von der Klasse wiederholen. Alsdann
ließ ich die Vokabeln durch einzelne Schüler wiederholen. Dazu
wählte ich vorzugsweise diejenigen, die Schwierigkeiten beim Aus-
sprechen hatten, um mich von der richtigen Aussprache zu über-
zeugen. Dieses Verfahren erleichterte den Schülern das Auswendig-
lernen ungemein und verschaffte ihnen eine sichere, nicht zögernde
Aussprache. Die besser veranlagten wußten schon allein durch
die Obung in der Klasse einzelne Vokabeln auswendig. Für die
Hausarbeit blieb darum nach der Seite wenig übrig. Mir scheint
diese Methode im ersten Schuljahre unumgänglich notwendig zu
sein. Begnügt man sich damit, den Schülern die Vokabeln ein-
mal vorzulesen, und unterläßt man es, sie in der Klasse zum Teil
mit ihnen zu lernen, dann sind die Kleinen der Gefahr ausgesetzt,
zu Hause nicht mehr recht zu wissen, wie man die Worte aus-
spricht. Dieses Gefühl muß ihnen dann die Lust zum Lernen
nehmen.
Noch auf einen Punkt möchte ich hinweisen. Jeder Lehrer,
der französischen Unterricht gibt, hat sicher mit mir die Erfahrung
gemacht, daß beinahe kein Schüler zu vollständiger Sicherheit
über das Geschlecht der französischen Substantiva gelangt. Man
12 Dci* französische Anfangsunterricht, von K. Batt»
gibt zwar auf den mittleren Klassen allgemeine Regeln an, die
das Geschlecht bisweilen erkennen lassen. Allein die tägliche Er-
fahrung lehrt, daB diese Hilfsmittel nicht immer genügen und
nur allzu oft im Stich lassen. Da kann eben nur ein me-
chanisches Sichaneignen aus der Verlegenheit helfen. Darum
habe ich die Gewohnheit, die französischen Substantiva immer mit
dem Artikel lernen zu lassen. Läßt sich le oder la der äußeren
Form nach nicht erkennen, weil das e oder a wegen des Vokal-
anfangs apostrophiert ist, dann müssen die Schuler mir das Sub-
stantiv mit dem unbestimmten Artikel un oder une nennen. An
dieser Methode habe ich unerbittlich streng festgehalten. Die
Schuler gerieten dadurch nur noch äußerst selten in Zweifel;
selbst in den schwierigsten Fällen waren sie in volle Sicherheit.
Sie waren eben gewohnt, das Wort immer zusammen mit dem
Artikel zu nennen.
Als einen äußerst wichtigen Punkt beim Anfangsunterricht
sehe ich die Wiederholungen an. Es ist ja bekannt, daß Schuler
von 10 Jahren im allgemeinen sehr leicht und sehr schnell aus-
wendig lernen. Ebenso steht es aber auch fest, daß bei ihnen
das Gedächtnis weniger andauernd ist; dem kann nur dadurch
abgeholfen werden, daß der Lehrer oft Wiederholungen des durch-
genommenen Stoffes anstellt. Regelmäßig alle vier Wochen setzte
ich eine Stunde för Repetition an; außerdem verwendete ich am
Ende eines jeden Tertiais 2 — 3 Stunden zur allgemeinen Repetition.
Dabei fand ich Gelegenheit, einzelne Punkte zu erweitern und die
Schuler mit besonderen Eigentümlichkeiten und Feinheiten der
Sprache vertraut zu machen.
Das sind die Prinzipien, nach denen der Anfangsunterricht
im Französischen meiner Ansicht nach sich gestaltet werden muß.
Wenn manche praktische Vorschläge der Reformer befolgt und das
Gute der alten Methode beibehalten wird, dann wird der Unter-
richt recht interessant und erzielt ohne Zweifel gute Erfolge.
Oberehnheim. K. Batt.
4
ZWEITE ABTEILUNG,
LITERARISCHE BERIGHTK
Max Nftik, SehilerverbiDdangeo and Schälervereioe. Er-
finhniagea, Stadien and Gedanken. Leipti^ qnd Berlin 1906, B. G.
Teubaer. IV o. 136 S. gr. 8. 2,60 JL
Das Buch stellt nach den Schriften von Pilger (2. Auflage
1880) und des jungst erschienenen von Rausch (Schülerfereine,
Erfahrungen und Grundsatze. Balle a. S. 1904, Buchhandlung des
Waisenhauses) sich die Aufgabe, beide Erscheinungen des Schüler-
lebens in Verbindung zu bringen und zu erforschen: wie ist das
Wesen und Wirken beider aufeinander? Der Anfang setzt frisch
und hübsch ein; der Verf. beginnt mit einer kurzen Skizze lite-
rarischer Erscheinungen, wie des „Traumulus** von Holz und
Jerscbke, des Romans von Stilgebauer „Goetz Kraft'^; er greift
aber auch auf Oskar von Redwitz' „Hermann Stark'* (1869)
zurück und zeigt, um wieviel idealistischer, schwärmerischer doch
das Jugendtreiben der damaligen Primaner ist als das der jetzigen.
Auf Grund von zwei Schriften, der von Biernatzki (Die farben-
tragenden Verbindungen am Lübecker Gymnasium, ihr Recht und
ihr Unrecht, Brauch und Sitte. Hamburg 1904) und von
V. d. Emscher (Schülerverbindungen und Gymnasialdisziplin.
Dresden 1904), geht der Verf. näher auf diese erlaubten Schöler*
Verbindungen zu Lübeck und zu Koburg, der 'Casimiriana', ein,
deren dfriges Mitglied der jetzige Direktor des Casimirianums war
und deren „Alter Herr*' er jetzt ist. Dann schildert der Verf. recht
anschaulich das Treiben in den Schülerverbindungen, den ganzen
Apparat der * Konvente', das Inventar und die Requisiten dieser
Verbindungen, ihre Schärpen und Barette, TrinkbOrner und Deckel-
schoppen u. a., woran die „studierende*' Jugend so hängt, daß
auch Revisionen dieser Dinge stattfinden, über welche Buch
gefuhrt wird. Aus eigener Erfahrung spricht er — der Verf.
hatte bald nach seinem Amtsantritt in Nordhausen Schülerverbin-
dungen daselbst entdeckt — , wenn er zwei gefährliche Feinde
jeder höheren Schule und kräftige Stützen der Pennalverbindungen
charakterisiert: die Kartellverbindungen und die Alte-
Herren verbände. Beide nehmen, sowie eine Schülerverbindung
14 M. Nath, SchnlerverbiodaDgeD uDd Schülervereioe,
entdeckt wird oder sowie ihre Entdeckung droht, sofort Partei
ffir die Schuler und tun alles, um weitere Entdeckungen zu ver-
hindern. Es ist vielfach Sitte, daß die Kartellverbindungen das
nach dem Gesetz der Schulbehörde verfallene Inventar sofort
wieder erganzen, so daß die eben aufgehobene Verbindung ihre
Konvente weiter fortsetzen kann; ja das ganze, oft kostspielige
Inventar ist von vornherein Eigentum der 'A. H.*; diese wenden
bedeutende Geldmittel auf, um jenes auf der Höhe zu erhalten;
an den Schränken, in denen es verwahrt wird, steht das Zeichen
dieses Verbandes, so daß die Schulbehördo es nicht angreifen
oder kontiszieren darf. Ist nun eine Pennalverbindung aufgelöst,
befinden sich die Teilnehmer in Untersuchung, so stärken und
stützen sie die Schuler mit allerhand Zureden und Eintlusterungen;
es zeigt sich gerade in diesen Kreisen eine ,^unglaubliche Ver-
ranntbeit'* der Anschauungen, wie nicht einmal in Elternkreisen ;
davon, daß man es mit vom Staate verbotenen Verbindungen zu
tun hat, daß diese die größte Pest für das innere Gedeihen einer
höheren Lehranstalt und ihrer Schüler sind, hat man gar keine
Ahnung.
Verfasser bespricht dann das Verfahren bei den Unter-
suchungen gegen die Übeltäter, wobei er seine eigenen Er*
fahrungen wieder mitreden läßt, und geht dann zu einer ver-
gleichenden Obersicht der Strafbest immun gen in Bayern,
Sachsen, Sachsen-Weimar und Preußen über — wobei
es sich herausstellt, daß Preußen am mildesten verfährt. Er be-
spricht ferner die Maßregeln gegen die Gastwirte, die Inanspruch*^
nähme der Polizei, er verwirft gewiß zu allseitiger Befriedigung
die Hilfe der Oberlehrer als Polizisten und Spione und nimmt
am Schluß dieses ersten Teiles der Schrift die beutige Jugend
gegen den Vorwurf der Entartung in Schutz. Freilich mögen
einige der Schüler unter dem Einfluß solcher studentischen Nach-
äfferei entarten, die Gesamtheit ist doch gut; denn viele nehmen
nur kurze Zeit an dem Verbindungsleben teil, sie treten bald
wieder aus; nur dort, wo alle Schüler oder die überwiegende
Mehrzahl sich hat 'keilen' lassen, kann die Anstalt als solche ver-
giftet werden.
Welches sind nun die Heilmittel ffegen dieses Cbel? Der
Verf. ist einsichtig genug; um weder die Überwachung der Schul-^
jugend noch die Bestrafung der Gastwirte als ein einigermaßen
ausreichendes Heilmittel anzupreisen. Wie schon andere, sieht er
in den ,, Schüler vereinen'' ein einigermaßen wirksames Gegen-
mittel. Mit Rausch erkennt er den Trieb der Jugend, sich zu
assoziieren, zu freundschaftlichen, geselligen Verbänden zusammen-
zutun, als vollberechtigt an, und wenn man diesen Trieb aner-
kennt, ihn zu leiten bestrebt ist, so zieht man die Jugend auf die
richtigen Bahnen; das Mißtrauen gegen die staatlichen Erzieher
schwindet, das Verhalten der Schüler wird gegen die Lehrer,
«o|:dz. voB H. Morsch. ]5
wenn sie die GränduDg eioe< lokhen Vereins in die Uand nehmeD»
offener und wahrer. Ausföhrlich bespricht der Verf. dann die
ferschiedenen Arleo dieser Vereine (literarische Vereine, musika-
lische. Turn- und Sportvereine, wissenschaftliche Vereine); er geht
aut alle Detailfragen ein, wo das Vereinslokal zu liegen . habe (ob
in der Schule oder außerhalb derselben), wie weit die Beteiligung
der Lehrer reichen soll (er ist mit Recht nur för ein Protektorat,
meist solle man die Jugend allein lassen), wie weit die Beteiligung
seitens der Schüler gehen solle (die Regel sei, daß jeder SchOleri
wenn mehrere . Vereine beständen, nur Hitglied eines sei), wie
die Statuten zu handhaben seien, wie die Teilnahme von Personen,
die nicht zur Schule gehören, ebenso wie die Festlichkeiten zu
regeln seien, und auf andere von Einzelheiten, die nur dem Un«
kundigen Kleinigkeiten zu sein scheinen«
Zweierlei wird gewiß bei allen der Zustimmung sicher sein:
erstens, wenn der Verf. meint, daß auch die Schülervereine
naturlich ganz sichere Mittel gegen die Schülerverbind ungen
nicht sind, ja daß die Gefahr besteht, sie könnten sich in der
Stille zu Verbindungen umbilden; auch sie können ähnliche Er-
scheinungen im Leben der Schule hervorrufen wie jene: zu große
Hingabe an den Vereinszweck, daher Mangel an Aufmerksamkeit
in den Stunden, Mangel an Fleiß zu Haus, Störungen der Kamerad-
schaft, Bildung von Parteien u. a. Zweitens: vor allem wird
man ihm beipflichten, wenn er es offen ausspricht, daß die
Schule erst in zweiter Linie gegen das Übel ankämpfen könne,
daß sie nur vorsichtig beobachten, warnen und vorbeugen könne,
daß die. Hauptsache das Haus leisten müsse ; und deshalb warnt
er auch vor der jetzt üblichen Anpreisung der Kleinstadt-
gjmnasien; hier, wo ein Vaterhaus mitunter gar nicht existiere,
worden die Schüler von selbst dazu getrieben, den Schwerpunkt
ihres Daseins außerhalb ihrer Wohnungen zu suchen. So kann
gewiß die Schule erst in zweiter Linie in Betracht kommen, wenn
es sich um Radikalmittel gegen die Pest der Verbindungen handelt.
Freilich die soziale Lage oder Notlage, in der sich die höhere
Schule augenblicklich befindet dadurch, daß sie eine größere Zahl
von Schülern bei sich duldet oder dulden muß, die nicht dahin
gehören, deren geistiges Interesse und Vermögen bei weitem nicht
durch die Schulwissenschaften in Anspruch genommen werden
kann, daß sie eben, wie Paulsen gesagt hat, mehr „Standes-
schule'* geworden ist, — diese Situation wird notwendig immer
einen Teil ihrer Schuler auf solche Abwege führen.
Das Buch zeichnet sich aus durch eine vollständige Heran-
ziehung der einschlägigen Literatur, wie es weder Pilger inoch
Rausch tut (besonders auch der Verhandlungen sämtlicher Direktoren-»
konferenzeq, die dazu mehr Material bieten, als man denkt), durch
eine Fülle von Einzelheiten, praktischen Erfahrungen und Winken,
die jeder beherzigen sollte/ endlich durch einen zwar kräftigen.
16 W. Reis, Enzyklop. Elaadbiicb d. Pädai;., agz. v. Tb. Ziegler.
energischen, aber doch warmeo Ton, der es uns durchfühlen
läßt, daß der Verf. ein Herz für die ihm anvertraute Jugend bat
Möchten es doch recht viele lesen, möchte doch kein An-
staltsleiter, kein Kollegium sich pharisäerhaft überheben und
meinen: „Bei uns ist eine Pennalverbindung nicht vorhanden und
auch nicht möglich''!
Berlin. . H. Morsch.
W. ReiD, Enzy klopSdiscIies Handbacli der PKdagogik. Zweite
Aafiage. Zweiter Band. Langensalza 1904, Hern. Beyer n. SShne.
999 8. gr. 8. 17,50 JL,
Von dem kürzlich von mir in dieser Zeitschrift angezeigten
enzyklopädischen Handbuch Heins liegt mir nun auch der zweite
Band zur Besprechung vor, der von „Deklamieren bis Franziskaner^'
geht und schon 1904 zum Abschluß gekommen ist. Was ich in
jener Anzeige von dem Werk im ganzen und allgemeinen gesagt
habe, gilt auch speziell von diesem zweiten Band. Dieselben Vor-
züge und der ersten Auflage gegenüber dieselben Fortschritte,
Verbesserungen und Ergänzungen sind auch ihm nachzurühmen.
Das Ausland, das ja in dieser neuen Auflage besonders mit be-
rücksichtigt werden soll, kommt in dem vorliegenden Band — zu*
fällig — nicht in Betracht, außer mit dem neu eingefügten
Artikel „Deutsche Schule im Ausland'' von Lenz; es wird ihm
dafür gleich im nächsten Band (Französisches Schulwesen!) ein
breiter Raum zugewiesen werden müssen. Dagegen ist auch dies-
mal wieder die Vermehrung der historischen Artikel mit Freuden
zu begrüßen: So erfährt Fr. Dittes eine ausführliche kritische
Würdigung durch H. Scherer. Ganz besonders wertvoll aber ist
die wohlgelungene Skizze einer Geschichte des deutschen Knaben-
schulwesens von C. Noble auf S. 32 — 96, während dagegen der
entsprechende Artikel über das deutsche Mädchenschulwesen von
Gertrud Bäumer (S. 96—111) doch recht erhebliche Lücken auf-
weist; so fehlen z. B., um nur eines zu nennen, neben
Bugenhagens Schulordnungen im Norden die Bestimmungen der
württembergiscben Schulordnung von 1559 und Angaben über das,
was im 16. Jahrhundert in Kursachsen dafür geschehen ist, ganz.
Man hat den Eindruck, als ob hier eine Uand gewaltet hätte, die
sich dieser schwierigen Aufgabe ohne die nötigen Vorkenntnisse
und Studien dafür unterzogen habe; die Vertrautheit mit der
modernen Frauenfrage und ihrem Einfluß auf den Ausbau des
höheren Mädchenschulwesens der Zukunft reicht dazu allein nicht
aus. Nicht ganz geschickt scheint mir der letzte Artikel „Franzis*
kaner'^ bezeichnet zu sein: er handelt von Benediktinern, Domi-
nikanern und Franziskanern. Nun sind doch fraglos die beiden
ersten Orden für das Unterrichtswesen die wichtigeren, und daher
wird man sie nicht bei den Franziskanern suchen ; auch hätte sich
üb^ sie alle erheblich mehr und über die Verschiedenheit der
Sebrader, Brzieli.- n. Ünterrichtslehre, agz. v. H.P. Müller. 17
RichtuDg dieser drei Orden und über ihre Kämpfe gerade auch
auf dem Gebiet des Wissenschafts- und Unterrichtsbetriebes weit
Gründlicheres sagen lassen, als dies von dem offenbar etwas be-
fangenen Verfasser geschehen ist
Wie sehr an schon Vorhandenem nachgebessert und ergänzt
wurde, zeigen Artikel wie der von Rein über Fortbildungskurse
ao der Universität oder das Literaturverzeichnis zum Artikel
„Fortbildungsschule" von Fache, das von einer Spalte auf vier
angewachsen ist. Ebenso führt naturlich der Artikel über den
„Frankfurter Lebrplan" von Ziehen die Entwicklung dieser neuen,
fierlen Schulart bis auf die neueste Zeit herab.
So beweist, alles in allem genommen, der Herausgeber auch
io diesem Bande dieselbe Sorgfalt zu bessern und zu ergänzen
und fast durchweg wieder dieselbe glückliche Hand in der Aus-
füllung von Lücken und in der Heranziehung neuer tüchtiger
Mitarbeiter, wie dies beim ersten Band konstatiert werden konnte.
StraBburg i. E. Theobald Ziegler.
Wilhelm Schrader, Erziehnogs- and Ünterricbttlehre für
Gymoasiea nod Realschaleo. Secfasta AuSage. Berlio 1906, Ferd.
Dümmlers VerlagsbuchhaDdloog. 624 S. 8. 10 M.
Beginnen wir ohne Vorrede mit dem letzten, der sechsten
Auflage hinzugefügten Kapitel über „neue Lehrpläoe*^ Schrader
ist, wie begreiflich, von den etwas tumultuarisch, ohne rechten
Grund und festes Ziel -unternommenen Schulreformen wenig er-
baut Er bedauert, daB dem griechischen und lateinischen
Unterrichte der Raum verengt und die gewonnene Zeit den
Nebenfächern überwiesen worden ist. „Das Vielerlei nahm zu;
statt der Versenkung in einen gliederreichen und methodisch
sorgfältig durchgearbeiteten Gegenstand, woraus allein Tiefe der
Erkenntnis und Freude für Lehrer und Schüler entspringt, der
Ruf nach sogenannter Konzentration des Unterrichts, der bei
besonders eifrigen Anhängern sehr bald in eine künstliche Her-
beiziehung verwandten Stoffes aus verschiedenen Gebieten aus-
artete, woraus weder die geistige KraFt noch geordnetes und in
sich verbundenes Wissen Gewinn schöpfen konnte*'. Nicht aller-
lei, noch dazu unverdauliche Brocken von Nationalökonomie und
Soziologie und Biologie, sondern einheitliche Nahrung für den
nach Wesen und Bestimmung einheitlichen Geist! „Fügt alles
zusammen, was sich als wirkliche Geistesnahrung erprobt hat,
anf daß ihr die Söhne unsers Volkes zu kraftvollen Münnern vor-
bildet, aber schüttelt nicht noch fremden Bailast in sie hinein! *^ —
Die Reformgymnasien verwirft Schrader, weil sie ihm mit ihrer
Zusammendrängung der alten Sprachen, besonders der griechischen
in den oberen Klassen die ruhige harmonische Bildung des
Geistes zu gefährden und fast den Pressen zu gleichen scheinen.
Auch gegen v. Wilamowitz spricht er sich aus. Dieser verlange
Zaitoehr« L d. O/nuiMiAlwMeii. LXL 1. 2
18 W. Schrader, Erziehungs^ und Uoterrichtslehre,
einerseits zu wenig, andererseits zu viel ; zu wenig : denn er biete
nur Bruchstücke, zu viel: denn zum Verständnis dieses tausend-
jährigen Zeitraums vom 6. Jahrhundert vor bis zum 4. nach
Chrislus mit seinen wüsten oder doch unfruchtbaren Strecken
sei die Jugend noch nicht reif, davor bleibe sie lieber bewahrt^).
Was frommt denn dem jugendlichen Alter? Welches ist
der Zweck des Unterrichts und der Erziehung? Damit stehen
wir vor dem ersten, grundlegenden Kapitel.
Das gesamte Erziehungswerk läßt sich in die kurzen Worten
fassen: „alle wahre Erziehung hat zur Voraussetzung die Einheit
des menschlichen Geistes, zum Mittel die Liebe zum Kinde,
zum Zweck die Aufdeckung des göttlichen Ebenbildes'^ Da-
bei wird als psychologische Grundlage folgendes angenommen.
Die bestimmende Form des Geistes ist der Wille mit seinen
niederen Formen der Begierde und der Neigung. Gegenstand
der GeisteMäligkeit : das Wahre, Schöne, Gute; Formen der
Geistestätigkeil: Verstand, Einbildungskraft (Phantasie), Gemüt;
Entwickelungsstufen des Verstandes sind Wahrnehmung, Vor-
stellung und BegrilT, der Phantasie Anschauung, Bild und Ideal,
des Gemüts Empfmdung, Gefühl und Pflicht; Ziel: Einsicht,
Geschmack, Sittlichkeit. Beziehende Formen der Geistestätigkeit
sind 1. die Vernunft, deren Produkt: die Idee, deren Ziel: die
Weisheit oder das Leben in Gott; 2. das Gedächtnis mit seinen
niederi'n Formen der Erinnerung und Gewöhnung, dessen Er-
gebnisse: die Methode, die Regel, der Grundsalz. Einheit der
Geistesbildung nach diesen Ergebnissen: Geistesgegenwart,
Takt, Gewissen, und Darstellung dieser Einheit in der freien,
gottähnlichen Persönlichkeit. Ein solches Ziel kann sich nur
setzen, wer überzeugt ist von des Menschen Befähigung zur
Freiheit, und sein Geschäft wird mit Erfolg nur der Erzieher
treiben, der vor der ursprünglichen Unfreiheit, ja Sündhaftigkeit
des Zöglings die Augen nicht verschließt. Von besondern An-
lagen und ethischen Bestimmtheiten handelt ein besonderes
Kapitel. Neben der Generalisierung erfordert die Individualisierung
unsere Aufmerksamkeit.
Wir wissen wohl, daß dieses Ziel der Erziehung und des
Unlerrichts manchem zu hoch gegriffen scheint. Mit Unrecht.
Wer von Plato herkommt oder sich zum Christentum bekennt,
dem sollte das ofioiwd^ijvai d^sM, die Rede von der Wieder-
herstellung des göttlichen Ebenbildes im Menschen so befremdlich
nicht klingen. Wiederherstellung, Aufdeckung! Wozu denn? Das
göttliche Ebenbild ist ja da, es darf nur nicht verunstaltet werden;
der Mensch ist gut von Natur. So sagen viele. Sie wollen
') Iq einer Auinerkuo^ sei wenigsteos erwähnt, daß >Schrader die
bösen und völlig grundlosen Schmahworte des Herrn v. WiUmowitz über
die Selinlineister, die sich in naiver Anmaßung als Philologen aufspielteo,
ebenso ruhig als entschieden zurückweist.
an^ez. voD H. F. Müller. J9
nichts wissen von der aDgeborenen Sündhaftigkeit. Aber eine
Tatsache schafft man dadurch nicht aus der Welt, daß man sie
leugnet. Rousseaus Erklärung im ersten Satze seines Emil hat
zirar manchen geblendet, ist aber doch eine arge Gedanken-
losigkeit. Ein hartes Rätsel freilicli, das Dasein und vollends
der Ursprung des Bösen in der sittlichen Welt. Aber deren
gibt es viele, und der Erzieher dürfte mehr zur Bekämpfung als
zur Erklärung des Bösen in der Menschennatur berufen sein.
Oberhaupt gilt auf dem Gebiete der Psychologie für die Aufgabe
des Erziehers der sittliche Zweck mehr als die natürliche Ursache.
Scbrader hält den Satz, die Pädagogik solle sich auf der
physiologischen Psychologie aufbauen, für unrichtig und zur Zeit
lor unverwertbar. Er hat als Anliänger der Idealphilosophie und
als bewährter Fachmann mit überaus reicher Erfahrung und
lUeoscbenkenntDis recht daran getan, einen einfachen und durch-
sichtigen Grundriß des Geisteslebens zu geben, auf dem sich der
Baa der Pädagogik fest erheben und an dem sich der Erzieher
überall zurechtfinden kann.
Nachdem wir das Fundament des Baues kennen gelernt
haben, wollen wir uns die Stockwerke etwas näher ansehen; auf
das Fachwerk werden wir nur flüchtige Blicke werfen können.
Die allgemeine Erziehungs- und Unterrichtslehre hat es zu
tan mit den Grundsätzen der Bildung (§ 26 — 71), mit dem Lehr-
amt (§ 72 — 81) und mit dem Verhältnis von Schule und
Haus (§ 82 — 84). Ich möchte hervorheben, daß sich hier
(schon 1868) das meiste von dem in besonnener, klarer und
tiefgreifender Darstellung findet, wovon die „großwortige''
Pädagogik unserer Tage so viel Wesens macht. Da wird in dem
Kapitel über die Bildung des Verstandes der Lehrer hinlänglich
unterrichtet über Synthese und Analyse, das deduktive und
induktive Verfahren, über den Anschauungsunterricht, den Fort-
schritt von der Vorstellung zum Begriff, von Begriffen zu Urteilen
und Schlüssen, wozu sich außer dem Beweise als einer zusammen-
gesetzten Schlußform auch die Einteilung und die Subsumption
gesellen. Da wird ferner die Bildung der Phantasie mittels der
Malerei (Zeichnen), Musik (Gesang) und Dichtkunst feinsinnig
erörtert. Nur das soll getrieben werden, was erreichbar und
notwendig und edel ist: maxima debetur pueris reverentia — im
„Bilderdienst", in der Musik, und auch in der Auswahl der
Dicbterwerke, von denen nur wenige, diese aber gründlich zu
lesen sind. Endlich wird von der Bildung des Gemüts sehr ernst
gesprochen und dabei auch dem Lehrer ins Gewissen geredet.
Ich kann nur sagen: tolle, lege! Aber ein anderes muß ich hin-
hinzufügen, um dem Mißverständnis zu begegnen, als seien
Verstand, Phantasie und Gemüt besondere Seelenvermögen oder
Geisteskräfte, die wie gesonderte Provinzen beziehungslos neben-
einander liegen. So ist es nicht gemeint. Scbrader meidet den
2*
20* W. Schrader, firziehnogs- UDd üoterrichtslehre,
Ausdruck ,, Geisteskräfte'* nach Möglichkeit, er sagt dafür lieber
„geistige Tätigkeitsformen** oder ,,Äußerungsweisen'S um immer
wieder und nachdrücklich auf das einheitliche Wesen des Geistes
hinzuweisen. Darum hat er denn auch ein Kapitel von der Ein-
heit der Bildung, in dem er von den beziehenden Formen der
Geistestätigkeit, Vernunft und Gedächtnis, handelt und des näheren
zeigt, wie die verschiedenen Bildungsmittel untereinander ver-
wandt sind und sich ergänzen, um alle Kräfte des in sich ein-
heitlichen Geistes zu wecken und harmonisch auszugestalten. —
Ein rechtes Vademecum für unsere jungen Kollegen ist das
warmherzig geschriebene Kapitel vom Lehramt. Schrader schildert
die Mühen wie den Lohn, die Schwierigkeit wie die Herrlichkeit
unseres Berufs, schärft aber auch seine Pflichten ein. Die neuer-
dings wieder, z. B. von Paulsen, betonte Notwendigkeit der
wissenschaftlichen Fortbildung findet sich hinlänglich bei ihm.
Was er von der allgemeinen Bildung in Religion, Philosophie und
Geschichte sagt, wird man unterschreiben können. Vielleicht
könnte man neben der Geschichte und deutschen Literatur auch die
Reiigionslehre in der Staatsprüfung ausschalten, dafür aber desto
eingehender in der Geschichte der Pädagogik und namentlich in
der Philosophie prüfen. — Schule und Haus: es ist alles recht
schön, was darüber gesagt wird. Aber es gibt sehr verschiedene
Häuser, Väter und Mütter, auch Onkel und Tanten; und mit
allen richtig zu verkehren, ist Sache der Erfahrung und des
Taktes.
Die besondere Unterrichtskunde zerfällt in die beiden
Bauptteile: allgemeine Methodik des Unterrichts und die Methodik
der einzelnen Unterrichtsfächer. Kernsälze aus dem ersten : „man
soll den Unterrichtsstoff nach Möglichkeit beschränken, um ihn
völlig ausbeuten zu können und um jede Oberladung der jugend-
lichen Kraft zu vermeiden. Der jugendliche Geist soll von innen
heraus und in einer seinen Lebensbedingungen entsprechenden
Weise, also in der Art angeregt werden, daß jede Erregung
nach ihrer Stärke und Wirksamkeit abgemessen und bis zu ihrem
pädagogischen Ziele durchgeführt wird, d. b. sie soll die betreffende
Geistesform in eine Tätigkeit und Spannung versetzen, welche
die beabsichtigte* Kraftübung mit Sicherheit erwarten läßt. Dem-
nach soll der Lehrstoff einfach, fest, gesetzmäßig und in seiner
Entwicklung wohlgegliedert sein'*. Doch Schrader fordert nicht
bloß, er zeigt auch, wie es gemacht werden muß und wie man
das Ziel erreicht. Seine Anweisungen und Ratschläge sind eine
wahre Fundgrube pädagogischer Weisheit. Dies gilt ebenso von
dem zweiten Teil: Methodik der einzelnen Unterrichtsfächer.
Bildungswert, Auswahl und Erklärung der Schriftsteller, der alten
wie der neuen, Lehraufgabe und Lehrverfahren werden sorgsam
abgewogen und eingeschätzt. Wenn von den dazu erforderlichen
260 Seiten 100 auf den lateinischen und griechischen Unterricht
«sgez. yoo H. F. Müller. 21
kommen, so geschieht das, weil Schrader das Gymnasium vor dem
Jahre 1882 im Auge halte. Ich kann nicht leugnen, daB mir
beim Lesen etwas weh ums Herz geworden ist. Lateioschreiben
oder gar Lateinsprecheo oder gar lateinische Verskunst: tempi
passali. Den Anfang des griechischen Unterrichts hat man 1882
^OB Quarta nach Untertertia geruckt, immerhin aber von den
42 wöchentlichen Stunden nur 2 abgezogen. 1892 sind die
6 Su der Quarta einfach unterschlagen, und trotzdem hieß es wie
zum Hohne: „die Lektüre muB, unbeschadet der Gründlichkeit,
zumal auf der Oberstufe umfassender werden als bisher**. Den
Taasendkönstler möchte ich sehen, der in 36 St. dasselbe und
noch etwas mehr leistet als in 42 Stunden. Fast noch schlimmer
als dem griechischen ist es dem Unterricht in der alten Geschichte
ei^ngen. Von seinen 6 Stunden hat er 3, also genau die
Hüfte eingebüßt. Gleichwohl suchen freund willige Federn zu be-
weisen, daß so für die historische Bildung unserer Gymnasiasten
efaebljch besser gesorgt ist. Doch halten wir mit Schrader fest
aa der HoCfnuug und dem Glauben an das alte Wort: magna est
ns reritatis et praevalebit.
Ich muß mich beschränken und bitte nur noch um Er-
laubnis, einige Fragen, die mir am Herzen liegen, zu berühren.
Gegenüber dem hier und da ertönenden Rufe nach einer
Reform des Religionsunterrichtes im modernen d. h. der Reformer
eigenen Geiste, möchte ich mein Bekenntnis mit Schrader dahin
ablegen: „Der Religionsunterricht verfolgt den ZweCk, die
Jagend in so festen und innigen Besitz der christlichen Heils-
lehren und Heiltatsachen zu setzen, daß sie in denselben für ihr
ganzes Leben eine Quelle des Gottvertrauens, Schutz gegen An-
fechtung und die Gewißheit ihrer Erlösung habe*'. Zu einem
gewissen und bewußten Glauben verhilft dem Zögling „nicht so-
wohl eine in das Breite und Einzelne gehende Erweiterung seiner
Religionskennlnisse als die Vertiefung in die Heilstatsachen, den
ewigen Grundquell des Glaubens, die klare und selbstgewisse
Auffassung der christlichen Lehre, ihre Befestigung durch* die
stete Bezugnahme auf das Wort der Schrift und die lebendige
Entwickelung und Bezeugung des Christentums in einzelnen
Menschen wie in der allgemeinen Kirche. In dieser Weise ver-
wächst und verschmilzt die religiöse Anregung und Förderung
des Schülers mit seinem Geistesleben, und es handelt sich somit
am Schluß nicht nur um das, was er in dem Religionsunterricht
gelernt hat, sondern mehr noch um das, was er durch denselben
geworden ist'*. Kein gefühliger Pietismus, keine gelehrte und
scholastische Theologie, kein vulgärer Rationalismus, als durch
welche „das Wesen der OiTenbarung und die göttliche Natur der
Heiislehren vermenschlicht und entstellt werden'^ Keine historisch-
kritische oder gelehrte Einleitung in die biblischen Bücher; denn
sie ist kein Unterrichtsmittel, sondern ein theologisches Lehrfach
22 Schrader, Erzieh.- n. Unterrichtslehre, agt. v. H. F. Müller.
der Universität. Keine systematische Kircliengeschichte oder
Symbolik, keine Dogmalik oder orthodoxe Begriflsklitterung, kurz
keine Theologie, sondern Religionsiebre. „Es gibt nichts Ver-
derblicheres als diese Mischung von Theologie und Religion, in-
folge deren dem Schuler die ewigen Wahrheiten der Religion
bald ebenso wandelbar und nichtig erscheinen wie die Meinungen
der Theologen. Es ist Torheit, wenn der Lehrer menschliche
Weisheit an die Stelle der fleiligen Schrift setzen und die
Urquelle aller wahren religiösen Erkenntnis dem Schuler ver-
schließen wilP* (Trosien bei Schrader S. 340 Anm.). Die Bibel
und abermals die Bibel und der geistliche Liederschatz, die
Kirchengeschichte, Luthers kleiner Katechismus und die Augsburgiscbe
Konfession bilden den UnterrichtsstoflT auf unsern Gymnasien.
Wie der Religionslehrer beschafTen sein soll, läßt sich nach den
angeführten Sätzen leicht ermessen; sonst lese man es in § 96
nach. Auch darüber, wie der Lehrer sich zu den vom Schuler
etwa aufgeworfenen Fragen und Bedenken stellen soll, gibt
Schrader uns Anskunft. Ich meine, wenn der Lehrer wissen-
schaftlich gebildet ist und Philosophie Wirklich studiert hat, so
wird* er um Antworten auf verständige Fragen und ehrliche Be-
denken nicht verlegen sein. Dann weiß er die Pseudowissen-
scbaft von der wahren und echten zu unterscheiden, die viel
mehr Probleme aufgeworfen als gelöst hat; er weiß, wieweit das
Erkenntnisvermögen des menschlichen <>eistes reicht und inwie-
fern dem Denken die unsichtbare, transzendente Welt offen steht
oder verschlossen bleibt; er weiß endlich, daß die tiefsten, also
auch die religiösen Wahrheiten nicht durch diskursives Denken
ergrubelt, sondern in Andacht geschaut, im Glauben ergriffen, im
Herzen verspürt und erlebt werden.
Über den Unterricht in deutscher Sprache und Literatur ist
viel geredet und geschrieben worden; das Wesentliche findet sich
bei Schrader. Dies für gewisse Neuerer, nach deren pomphaften
Worten man glauben sollte, sie hätten nicht bloß die einzig
richtige Methode, sondern den deutschen Unterricht erst erfunden.
Die philosophische Propädeutik will unser Gewährsmann auf die
Logik beschränkt wissen, worin ich ihm völlig beistimme. Als
wir noch mehr Zeit und Stunden für den griechischen Unterricht
zur Verfugung hatten und die Schüler mehr Griechisch verstanden,
konnten wir Trendelenburgs elementa logices Aristotelcae, die auch
Schrader schätzt, mit unsern Primanern lesen; ich selbst habe
sie zu Ilfeld in zehn Jahren fünfmal durchgenommen.
Den französischen Anfangsunterricht wünscht Schrader nach
wie vor aus Quarta, wo er sich jetzt statt des griechischen breit-
macht, nach Tertia zu verlegen. Auch dann könne man leisten,
was verständigerweise von unsern Gymnasien erwartet werden
dürfe, nämlich eine sichere grammatische Unterlage und hinläng-
liche Fertigkeit im Verständnis flranzösischer Schriftsteller, dazu
E, V. Sallwurk, Die did«kt. Normalformen, a^z. v. A. Hübler. 23
diejenige formale Bildung, für welche die Tranzösische Sprache
eigentümliche Blittel darbietet. „Weitergehende Forderungen,
«eiche schlieBHch doch nur eine reichlichere Oberlieferung des
SprachstoiTes und dessen bequemere Verwertung für bestimmte
inforderuDgen des Berufs oder gar der Geselligkeit im Auge
laben, müssen unbedingt abgewiesen werden; sie haben mit der
boben Aufgabe der Gymnasien nichts gemein. Insbesondere ist
aaf denselben von jeder ausgedehnten Übung im Französisch*
sprechen abzusehen'*. Ja das Französischsprechen ! Ich will keine
Satire darüber schreiben.
Die Musik, vornehmlich der Gesang sollte auf den höheren
Schulen recht eifrig gepflegt werden, um der ästhetischen und
nicht minder um der ethischen Bildung willen. Was Schrader
in den §§ 36 — 38 darüber sagt, ist ausgezeichnet und verrät den
Kenner, der diese edle Kunst theoretisch und praktisch geübt
bat.
Die Erziehungs- und Unterrichtslehre ist zum erstenmale im
labre 1S68 erschienen. Daß der Verfasser an jede Auflage die
bessernde Hand gelegt hat, versieht sich von selbst. Er hat aber
auch die pädagogische Bewegung bis in die neueste Zeit auf-
merksam verfolgt, wie außer dem Schlußkapitel die Anmerkungen,
auf die ich besonders aufmerksam mache, beweisen. Zu einer
Änderung in den allgemeinen Grundsätzen, die sich als sichere
Ergebnisse unserer vaterländischen Dildungsarbeit bewährt haben,
lag kein Grund vor. Die ungeschichtlichen, ausgeklügelten oder
auch unüberlegten Reformen veralten alle wie ein Gewand, nur
die Wahrheit veraltet nicht.
Wir freuen uns, daß dem hochbetagten Verfasser vergönnt
worden ist, eine neue Auflage seines Fahnenwerks zu besorgen.
Dürfen wir in dieser Tatsache ein günstiges Zeichen dafür
begrüßen, daß trotz der scheilenlauten Torheit modernster Weis*
heit denn doch noch mancher den redlichen Gewinn sucht und
in den Bildungswirren der Gegenwart die bewährten Alten um
Rat fragt? Möchten namentlich unsere jungen Kollegen und
solche, die es werden wollen, fleißig aus diesem Buche schöpfen!
Es ist ein %afkk$Xov %f[q natdeiag.
Blank enburg am Harz. H. F. Möller.
E. voD Sallwurk, nie didaktisehen Normalformen. Dritte
Auflage. Fraokfnrt a. M. 1906, Moritz Diesterwes. IV. o. 167 S.
Nicht so selten, wie man etwa glauben möchte, kann man
beim Hinweis auf die Notwendigkeit didaktischer Normalformen
im Unterrichte aus dem Hunde der Nächstbeteiligten die Antwort
boren, die Schablone wirke langweilig und der Zwang sei der
freien, künstlerischen Gestaltung des Unterrichtes hinderlich.
Wenn nun auch zugegeben werden muß, daß Schablone und
24 B. V. Sallwfirk, Die didakt. Normalformen, a^z. v. A. Hobler.
•
Zwang der Kunst, und das Unterrichten ist eine Kunst, feindlich
sind, so darf man doch fragen, ob sich denn nicht för jede
Kunst gewisse Regeln, die aus dem Wesen und dem Zwecke der
betreffenden Kunst stammen, ableiten lassen, mit einem Worte,
ob denn nicht för jede Kunst eine gewisse Technik vonnöten
sei, ohne deren Kenntnis auch das Genie nicht auskommen
kann. Diese Frage ist unbedingt zu bejahen, und wenn es
manchmal scheinen will, als setze sich das Genie über die Regela
hinweg und schaffe neue Vorschriften, so zeigt sich beim näheren
Zusehen, daß es nur solche Regeln waren, die nicht organisch
aus dem innersten Wesen der Kunst hervorgingen, sondern viel-
mehr äußerliche Zutaten, in denen aber gerade der nichtgeniale
Kunstler öfters die Hauptsachen zu sehen vermeint
So sind auch für den Unterricht aus all den Wissenschaften,
die sich mit dem Menschen befassen, Gesetze zu gewinnen, deren
Nichtbefolgung die Zwecke des Unterrichtes schwer schädigen
würde. Diese Gesetze hat v. Sallwurk zur Aufstellung seiner
didaktischen Normalformen verwendet und damit eben diese
Normalformen sricher begründet.
Im Unterricht wird der Stoff in Unterrichtseinheiten, in
,sLektionen'* dargeboten. £s wäre naturlich am angenehmsten,
wenn die Zeit, die eine Lektion in Anspruch nimmt, mit einer
Unterrichtsstunde zusammenßele. Das ist jedoch aus ver-
schiedenen Gründen in recht vielen Fällen unmöglich, und daher
mußte das Normalverfahren auf diese mögliche Zerreißung der
Lektion Bedacht nehmen. Die Lektion selber zerfällt in 3 Haupt-
stufen, und jede Stufe besteht aus zwei Abteilungen, die im
folgenden mit A und B bezeichnet werden sollen. Es sind
danach im ganzen 6 Schritte, die eine Lektion ausfüllen. Die
3 Hauptstufen sind: I) die Stufe der Hinleitung mit den Ab-
teilungen A) der Gegenstand und B) die Grundlegung, H) die Stufe
der Darstellung mit A) das Lehrstück und ß) die Erweiterung,
HI) die Stufe der Verarbeitung mit A) das Ergebnis und
B) die Einfügung. Das charakteristische Merkmal, wodurch sich
die Sallwürkschen Normalformen von den Versuchen anderer
Pädagogen unterscheiden, liegt in der Teilung jeder Stufe in die
Abschnitte A und B. Im Teil A hat hauptsächlich der Lehrer,
im Teile B der Zögling das Wort. Auf diese Weise ist dafür
gesorgt, daß der Zögling nicht nur aufnimmt, sondern auch
selbsttätig wird. Da aber Denken auch eine Art des Handelns ist,
so wird der Schüler im Handeln geübt, und der Unterricht wird
zum erziehenden Unterrichte. Daß dem so sei, hat der Ver-
fasser in überzeugender Weise in seiner Schrift: Prinzipien und
Methoden der Erziehung (Leipzig 1906, Verlag der Dürrschen
Buchhandlung) klargelegt.
Man kann die 6 Schritte der didaktischen Normalformen
etwa durch folgende Sätze umschreiben, aus denen aufs genaueste
Heerwa^eos simtliehe Schnlredeo, agz. v. H.Stich. 25
die Dalargemäfie Einrichlung der Normalstufen hervorgeht. Zu-
Bichst gibt man überhaupt an, was man will (Hinleitung),
daDD wird man erfragen, was die Schüler vom Gegenstande etwa
idioD wissen (Grundlegung), darauf wird der Gegenstand selber
da[]gestellt (Lehrstück), und nun bringen die Schüler Ver-
wiodtes zum Gegenstande vor (Erweiterung). Aus den Yer-
^leieben wird nun das Ergebnis formuliert und in das Wissen
der Schüler eingefügt. Mancher, der die Unterrichtsstunden,
aus deneu er mit dem Gefühl fortgegangen ist, daß alles richtig
geklappt hat, zergliedert, wird finden, daß er es in der oben ge-
schilderteD Weise gemacht hat. Das Verfahren liegt eben sozu-
sagen in der Luft, es ist anscheinend selbstverständlich. Aber
gerade dadurch wird sein organisches Herauswachsen aus dem
Unterrichte erwiesen. Infolgedessen wird es weder langweilig
in der Anwendung, noch bedeutet es für den Lehrer einen
Zwang, es ist vielmehr für den Anfänger ein hilfreicher Führer,
für den Meister aber ein mahnender Freund, der sofort auf-
merksam macht. Wenn man einen Irrweg einschlagen will. Die
^'ormalfo^men sind aber auch elastisch genug, um allen den An-
forderungen zu genügen, welche die so vielfach veränderlichen
Bedingungen in jedem Einzelfalle an den Unterrichtenden, stellen.
Sie erlauben auch ein Unterbrechen und späteres Wieder-
anknüpfen, wenn dies gerade durch besondere Umstände im
Unterrichte verlangt wird.'
Das Buch wäre jedoch nicht vollständig, wenn es nicht auch
die Probe für die vorgetragene Theorie enthielte. Daher fmden
sich am Schlüsse des Werkes Beispiele, in denen die einzelnen
Fächer, die in der Schule eine Rolle spielen, zum Worte
kommen. Jeder findet dort einen Hinweis, und wenn er das
betreffende Lehrstuck vielleicht auch nicht in der angegebenen
Weise bebandeln würde, so erhält er doch wertvolle Winke. Es
ist die Aufgabe der Kunst, die Brücke von der Theorie zur
Praxis zu schlagen ; des Verfassers großes Verdienst ist es, gezeigt
zu haben, wie man diese Brücke schlagen kann.
Krefeld. Adolf Hübler.
Heinrich HeerwageDS sämtliche Schalredeo. Heraasgegeben
von Ph. Thiel ma DO. JNüroberg 1906, Stcios BuchhaDdlaog (Scbieoer).
VUi a. 336 S. 8. 3,50 JC.
Am 9. November 1907 werden es 50 Jahre, daß Heinrich
Heerwagen, damals 46 Jahre alt, als Reklor an das Nürnberger
Gymnasium berufen wurde. In dieser Stellung blieb er, ehren-
volle Berufungen an die Erlanger Universität auf den I^ehrstubl
Nägelsbacbs und an das Johanneum in Hamburg ausschlagend,
27 Jahre bis zu seiner im März 1884 erfolgten Versetzung in den
Ruhestand. Seit 1863 war er Vorstand des Pegnesischen Blumen-
26 H. Heerwageos sämtliche Schulreden,
Ordens^), seit 1872 Mitglied des bayerischen Obersten Schulrates,
seit 1873 Mitglied der Re^chsschulkommission, seit 1878 Ehren-
bürger von Nürnberg. Im Jahre 1888 starb er.
Heerwagen gehörte zu den Persönlichkeiten, welche auf alle,
die mit ihnen in Beziehung kommen, einen nachhaltigen Eindruck
machen. Wie seine männlich schönen Zöge, in denen römischer
Ernst mit christlicher Milde gepaart erschien, sich jedem Be-
gegnenden dauernd einprägten, so sind seine Worte, die in der
Schule wie die in der Gesellschaft gesprochenen, in die Seele der
Hörer gedrungen, und vollends von seinen in der Üflentlichkeit
gehaltenen Ansprachen galt das Wort der Dichters Eupolis über
Perikles: ro xivxqov i/xatiXeine roTg äxQOwfAdyoig, Es war
daher ein guter Gedanke des gegenwärtigen Leiters des
Melanchthon- Gymnasiums^) Dr. Ph. Thielmann, die sämtlichen
Schulreden und einige sonstige Reden Heerwagens den Teil-
nehmern an dem Nürnberger Studiengenossenfest im Juli 1906
als Gruß darzubringen.
Aus diesen Reden tritt uns noch^ einmal der edle Mann ent-
gegen, sein reicher Geist, seine strenge Wissenschafllichkeit, sein
starkes, von Liebe zur Jugend und von Gottvertrauen erfülltes
Gemüt. Gleich die erste. Hede, mit der Heerwagen sein verant-
wortungsvolles Amt antrat, ist durch hohe Vollendung der Form
und durch reichen Gedankengehalt ausgezeichnet, dabei von einem
tiefen Pflichtgefühl durchdrungen. Der neue Rektor verheißt
seinen Schülern nicht nur Bereicherung des Wissens, Erweiterung
des geistigen Horizontes, wie es Heerwagen so gern nannte, er
will sie auch als väterlicher Freund bewahren vor dem Versinken
in eine niedrige und gemeine Lebensauffassung. Daß Heerwagen
diesem Grundsatz treu geblieben ist bis an das Ende seiner
Wirksamkeit, das werden alle seine Schüler bezeugen, auch jede
der folgenden 27 Ansprachen bezeugt es. Wir können hier nicht
den Inhalt aller dieser Reden im einzelnen besprechen, sie wollen
gelesen sein. Wer sie liest, dem wird das Idealbild eines
Humanisten entgegentreten. Mit den etwas älteren Held in
Bayreuth und Bomhard in Ansbach bildete Heerwagen jenes
Triumvirat fränkischer Rektoren, welche das neuhumanistische
Lebens- und Lehrziel des abgelaufenen Jahrhunderts am voll-
kommensten erreicht haben. Mit klarem Bewußtsein und mit
Nachdruck vertritt Heerwagen namentlich die jenen Neuhumanisten
eigentümliche Beschränkung des Gymnasiums auf das Altertum
und auf die deutschen Klassiker: nicht zuviel Realien, selbst der
^) Vgl. Altes und Neues aas dem Pegnesischeo Blumeoordco. Der
Erinnernng an Dr. H! Heerwagen geweiht Nürnberg 1889. Die dort ab-
gedruckten neun Vorträge Heerwagens bilden eine schöne Ergänzung der
oben angezeigten Schulreden des großen Pädagogen.
'^) Seit der Gründung eines zweiten humanistischen Gymnasiums in
Nürnberg das Alte Gymnasium genannt
aogez. voa H.Stich. 27
bmtere Ratim, der nach und nach der Mathematik überlassen
werden mußte, will ihm bedenklich erscheinen. Von vornherein
nimmt Heer^agen Stellung gegen anbedachte Neuerungen; durch
aWe seine Reden, von der ersten bis zur spätesten, zieht sich
nie ein roter Faden eine vornehme Ablehnung der Forderung, am
Gymnasium alles mögliche Nutzliche zu lehren, und zwar so zu
lehren, daß den Schulern die Muhe möglichst abgenommen werde.
Heerwagen weiB wohl, daß diese „Stegreifpädagogik'* nicht erst
Ton heute ist, in der 20. Rede gibt er köstliche Proben des
gleichen Zeitgeistes aus dem 16. Jahrhundert. Hier, wo er erzählt,
wie die Zuspätkommenden Schüler sich teils mit dem Ausbleiben
d^ Frühstücks, teils mit den Gastereien der Eltern am voraus-
gehenden Abend entschuldigten, die ärmeren wohl auch mit den
bänslichen Dienstleistungen, die sie für ihre Gönner zu verrichten
gehabt, kommt auch jene ganz leise Ironie zum Vorschein, welche
dem sonst so ernsten rector Franconiae eigen war. — Wiewohl
ein geborener Bayreuther, war Heerwagen stolz darauf in der
ehemaligen Reichsstadt Nürnberg, in der Stadt Dürers und Hans
Sachsens, Rektor zu sein. Das prägt sich namentlich in der
Rede von 1865 aus, die auf mich als jugendlichen Lateinschüier
einen solchen Eindruck machte, daß ich jetzt beim Wiederlesen
nach so langer Zeit fast noch den Tonfall einzelner Sätze zu ver-
nehmen glaubte. Nach einigen feinsinnigen Bemerkungen über
den Einfluß der örtlichen Umgebung auf die Bildung der Jugend
behandelt Heerwagen hier die Frage, welchen Vorzug das
Melanchlhon-Gymnasium dadurch genieBe, daß es in der Stadt
Nürnberg seine Werkstätte aufgeschlagen habe. Er schließt mit
der Mahnung: „Mögen nun auch unsere Schuler, wenn sie stolz
darauf sind, einer Stadt anzugehören, deren ruhmreiche Ver-
gangenheit dem vielgestaltigen, wechselvollen Treiben der Gegen-
wart fortwährend als Spiegelbild vorgehalten zu werden verdient,
sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß auch von ihnen Großes
gefordert wird, daß aber, um Großes zu schaffen, nicht Weich-
lichkeit, zerfahrenes Wesen und krankhafter Dilettantismus, sondern
Tapferkeit, Sammlung des Geistes und gewissenhafte Berufstreue
erforderlich sind!*'
Wie vornehm Heerwagen die Aufgabe des humanistischen
Gymnasiums, den Schüler für die Gegenwart zu erziehen, faßte,
geht aus der nach dem Kriegsjahre 1866 gehaltenen Rede hervor.
Heerwagen wendet sich hier nachdrücklich gegen das Unterfangen,
politische Tagesfragen vor den Schülern zu erörtern; er ver-
urteilt es, wenn man verlangt, daß schon in den Volksschulen
die Yerfassungsurkunde erläutert und dadurch der sogenannten
Mündigkeit des Volkes Vorschub geleistet werde. Es wäre aber
unrecht, aus Heerwagens weitgehender Zurückhaltung in politischen
Diogen auf eine Kühle seiner vaterländischen Gesinnung schließen
zu wollen, wenn sehon eine solche Auffassung anscheinend
28 Heerwageos samtliche Schulredeo, agz. v. H. Stich.
durch die Rede vom 5. August 1870 bestätigt wird, wo
nach einigen warmen Worten zum Gedächtnis der in diesem
Jahre verstorbenen Professoren des Melanchthon-Gymnasiums der
Kedner nur einen fluchtigen Blick auf die Zeitereignisse wirft,
um dann über — den Philosophen Hegel zu sprechen, der
1808 — 1816 Rektor des Nürnberger Gymnasiums war. Aber wer
an jenem Morgen des 5. August 1870 im Nürnberger Rathaus-
saale, wo die Preisverteilung^) des Gymnasiums regelmäßie; statu
fand, zugegen war, dem ist die tiefe Bewegung unvergeßlich, die
damals alle Gemuter durchzitterte, wie die frische Kunde vom
Weißenburger Sieg von Mund zu Mund flog, wie der Abiturient,
der nach Nürnberger Brauch die Abschiedsrede hielt — es war
einer der S. 254 erwähnten späteren Geschichtsprofessoren — ,
über die Perserkriege sprach, die er mit der gegenwärtigen Ab-
wehr des französischen Angriffs verglich, und wie der Rektor
selbst zuletzt sich an das kleine Hätiflein der Abiturienten —
denn ein Teil war schon bei den Waffen oder bei den Feld-
diakoncn — in ernsten Worten wandte, die man auch heute nach
36 Jahren nicht ohne ergriffen zu werden lesen kann. Be-
geisternde Worte fand der Nürnberger Rektor dann bei der
Friedensfeier vom 4. März 1871, und auch die Rede bei dem
nächsten Schlußakt (7. August 1871) behandelt ein patriotisches
Thema : „Deutsche Zucht, Ausdauer und Wissenschaft als Elemente
der Oberlegenheit über den Feind'^ Die folgenden Reden sind
freilich ausnahmslos Fragen des Unterrichts und der Erziehung
zugewandt. Von ergreifendem Ernst sind dabei die an die
Abiturienten gerichteten Schlußworte, trotz mancher Wieder-
holung immer wieder den besonderen Verhältnissen angepaßt.
Wir dürfen unsere Anzeige dieses wertwollen Buches nicht
ohne ein Wort der Anerkennung für den Herausgeber der Reden
schließen. Er hat keine für den Druck bestimmte Niederschrift
benutzen können, sondern war auf Entwürfe angewiesen, die in
formaler Beziehung manche Unebenheit aufzeigten. Man bedenke
nur die Umgestaltung der Rechtschreibung in der zweiten Hälfte
des abgelaufenen Jahrhunderts! Die schonende Art, mit der der
Herausgeber, von fachkundiger Seite unterstützt, verfuhr, verdient
volle Anerkennung; Heerwagen sprach und schrieb noch vor den
Wirkungen des Deutschen Sprachvereins; er scheut Wörter wie
Volubilität, Simplizität und Potenzierung nicht; es wäre unrecht
gewesen, solche Ausdrücke durch Verdeutschungen zu ersetzen:
wenn Heervvagen an eine Herausgabe seiner Reden gedacht hätte,
so hätte er sie sich gewiß in der vorliegenden Form gewünscht.
Auch die Beigabe der wichtigsten Lebensdaten ist zu billigen; die
^) Nach 1874 faad keine Preiavertetlungp mehr statt, sondero nar ein
feierlicher „Schlußakt". Heerwageo unteroimmt gele^eotlich eine kleine
Ehrenrettung der vielgescholtenen Preisverteilungen.
L. Weniger, Eatschlage a. d. Lebensweg, ag2. v. A. Knllmano. 29
nnmiltelbar nach dem Tod Heerwagens veröfTentlichlen Dar-
slelloDgen seines Lebens (von Westermayer u. a.) sind nicht in
fielen Händen, und unseres Wissens steht eine Gesarntwürdigung
deä Terdienten Mannes nicht in Aussicht. In Anbetracht der
Xorbildücbkeit des Mannes wäre eine solche freilich eine lohnende
Aofgabe. Einstweilen mögen sich seine Schüler und Verehrer
ao dieses Buch hallen, für solche Leser ist auch das beigegebene
Bild Heerwagens besonders erwünscht. Wir wünschen aber dem
Bach viele Leser auch in weiteren Kreisen. Nicht nur in
Bayern, wo man dem letzten der großen fränkischen Rektoren
ein dankbares Andenken bewahrt. Auch die Gymnasiallehrer im
äbrigen Deutschland werden diese Reden, so hoffen wir, mit
Gewinn lesen. Sie werden eine verehrungswurdige Persönlich-
keit daraus kennen lernen, einen Schulmann, der wie wenige das
Wesen des Humanismus in sich verkörpert hat.
Zweibrucken. H. Stich.
Ladwig Weniger, Ratschläge aaf den Lebeoaweg, deatschen
Jaogliogea erteilt. Berlia 1906, Weidmannscbe Buchhandluag.
VI n. 291 S. 8. 5 Jt^
Der Direktor des Wilhelm-Ernst- Gymnasiums in Weimar hat
die 25 Ansprachen, welche er in ebensoviel Jahren an die
scheidenden Abiturienten gehalten hat, in einem Bande unter dem
obigen Titel zusammengestellt. Das ist ein glücklicher Gedanke,
zumal diese Reden keine bloßen pflichtmäßigen Leistungen eines
mit Direktorialgeschäften genugsam geplagten Schulleiters sind,
sondern inbaltreiche und geistvolle Abhandlungen, aus denen uns
die Herrschaft des Redners über den gewählten Gegenstand, sowie
sein tiefes Interesse an den scheidenden Schülern entgegentritt.
Es sind Schulreden in der besten Bedeutung des Wortes, zwar
hier und da mit etwas stärkerem pastoralcn Anflug, aber so reich
durclisetzt mit den Ergebnissen eigenen Denkens, wissenschaft-
licher Zutat und Lebenserfahrung und in so anziehender in-
dividueller Darstellungsform, daß sie der reiferen Jugend, den
Schulmännern und überhaupt jedem Gebildeten wärmstens emp-
fohlen werden können. Die drei Leitsterne des Lebens des Ver-
fassers: Evangelium, Vaterland, Hellenismus leuchten durch diese
Abhandlungen und geben Inhalt und Form die charakteristische
Schattierung. Daß das Vaterland zu gebührender Geltung kommt,
ist eine Errungenschaft der neueren Zeit, erhebend zumal in
unseren Tagen, wo das Andenken an Jena und Auerstädt wieder
aaflebt, und interessant zugleich, wenn man das heutige Weimar
in Gedanken der einstigen Stätte der Musen, aber auch des Welt-
bürgertums gegenüberstellt.
Die Gegenstände, welche der Verfasser zu seinen Ansprachen
wählt, sind meistens Begrifl^e, wie: die Tugend des Maßes, das
Licht, das Dienen, der Zweifel, die Ordnung, die Arbeit, die Ehre,
30 H. Stephao, Herders Philosophie,
die Begeisterung, die Gesundheit, der Idealismus, Klassisch,
Kairos, der Gott der Gelegenheit, welche auf ihren Inhalt unter-
sucht, an der Hand des Sprachgebrauchs geprüft und in ihren
Beziehungen zum Leben gedeutet werden. Ergibt sich aus der
Wahl der Themata vielfache Anknüpfung an den Anlaß dieser
Ansprachen, so zeigen sie den Redner zugleich als scharfen Zer-
gliederer, der in dialektischem Fortschreiten die einzelnen Seiten
seines Themas beleuchtet. Dabei wird er unterstützt durch eine
Darstellung, welche die Mitte haltend zwischen Erörterung und
Rede bald belehrend, bald mahnend oder warnend ihrem Ziele
zusteuert. Da ist kein Prunken mit rednerischem Zierat, aber
auch kein Herabsinken unter die Würde des Stoffes; in gleich-
mäßigem Fluß und gegenständlicher Sprache erschöpfen diese Ab-
handlungen den Inhalt des Hauptgedankens und lassen den Leser
die Spannung nachempfinden, mit welcher die versammelte Schul-
gemeinde diesen Ausführungen gefolgt sein wird. Wahre Kabinett-
stücke der Schulberedsamkeit sind die Ansprachen: Von der
Ordnung, Von der Tugend des Maßes, Vom Lichte, Von der
Arbeit, Triptolemos.
Wie erfreulich ist es doch für den Leiter einer Anstalt,
wenn er mit dem Rüstzeug der Gelehrsamkeit die Gabe der Rede
vereinigt, um bei gebotenem Anlaß die Summe der Schularbeit
zu ziehn und Schüler und Lehrer aus der Werkeltagsstimmung
der Schulpflichten in idealere Regionen zu versetzen! Das ist
der Gesamteindruck, den die Wenigerschen Schulreden hinter-
lassen, die jeder Gebildete mit Genuß lesen wird.
Zum Schluß muß auf das entstellte Zitat auf Seite 166 auf-
merksam gemacht werden, das nicht heißt: Tout perdu selon
Thonneur, sondern: Tout est perdu fors l'honneur.
Wolfenbüttel. A. Kulimann.
Herders Philosophie. Ausgewählte Denkmäler ans der
VVerdezeit der ueoen deutschen Bildung, herausgegeben von
Horst Stephan (Philosophische Bibliothek Band 112). Leipzig I9ü6,
Dürrsche Buchhandlung. XLIV u. 310. gr. 8. geb. 4,20 JC.
Ob die Philosophie in die Schule gehöre und welche
Philosophie, darüber ist oft genug geschrieben, das pädagogische
Für und Wider oft genug beleuchtet worden. Sieht mau auf
die Praxis, so ist das Resultat ein sehr einfaches. Die Philosophie
ist in der Mehrzahl unserer Gymnasien bis auf unbedeutende
Reste geschwunden. Das war weniger ein Erfolg theoretisch-
pädagogischer Erörterungen; es war viel eher ein Zeichen
gesunder Anpassung an die Richtung gebenden Kräfte, die in den
letzten Jahrzehnten Natur- und Geisteswissenschaft beherrschten.
Neuerdings aber hat sich die Sachlage geändert. Wir stehen in
einer Periode, in der die Fragen der Philosophie das Interesse
der Gebildeten und zumal der gebildeten Jugend aufs neue
aogez. von 6. Jaeoby. 31
erobern. Ein Blick auf den Büchermarkt und auf die Lisle der-
jeDigen, die sich dem Studium der Philosophie widmen, vermögen
hier mehr als Worte zu überzeugen.
So wird sich denn auch die Schule aufs neue der Philosophie
vidmen. Denn das ist ihre vornehmste und zugleich ihre
delikateste Aufgabe, daß sie den geistigen Strömungen der Zeit ihre
geiifimen Triebkräfte ablauscht, daB sie die gesunden von diesen
Strömungen bei ihren Schülern nach Kräften weckt und fördert,
dlt ungesunden aber bei ihnen in gesunde Bahnen lenkt. Nur
daoo, wenn wir sie zum Verständnis und lebensfrohen Genuß
ihrer eigenen Gegenwart vorbereiten, wird die uns anvertraute
Generation der Schule Dank wissen.
Zu der geistigen Gegenwart, die dieser Generation harrt,
gebort, wie gesagt, nunmehr wieder die Philosophie; dieser bedarf
der moderne Mensch. Das Wichtige aber ist, daß er ihrer nicht
erst dann bedarf, wenn er die Schule verlassen hat, sondern
schon in der Schule. Dringender vielleicht als je stellen sich die
Fragen der Welt und des Weltgeschehens in den Jahren des
Primaner- nnd Sekundanertums ein; in jenen Jahren der ersten
geschlechtlichen Reife voll dumpfer und wirrer geistiger Trieb-
kräfte; in jenen Jahren, in denen Samenkörner auf frucht-
bares Land fallen, um sich in der Studentenzeit zu reicher Ernte
zu entfalten. Diese Jahre gehören der Schule.
Die Geburt der philosophischen Weltanschauung in der
jugendlichen Menschenseele zu überwachen und ihr zu gesundem
Leben zu verhelfen, das ist die verantwortungsvolle und in der
Gegenwart dankbare Pflicht, vor die sich der Lehrer der Sekunda
nnd Prima gestellt siebt Aber welche Philosophie wird er seinen
Schülern bringen? Nicht die Philosophie der Handbücher und
Grundrisse, auch nicht die fach wissenschaftliche Philosophie der
Psychologen und der Erkenntnistheoretiker, der Logiker und der
Metaphysiker, sondern die Philosophie, die sich auch ohne unser
Zutun im Geiste des Primaners regt und die zum Lichte strebt,
weil sie der Jugend Herzenssache ist. Man hatte nicht unrecht,
«enn man zu bemerken glaubte, daß diese Philosophie von der
Lektüre unserer Klassiker ihren Ausgang nimmt. Die Lessing, Goethe
and Schiller befruchten den nach einer Weltanschauung suchenden
Geist unser Gymnasiasten. Warum aber eröffnet man dem
Schüler nie das Verständnis Herders? Ich wage zu behaupten,
daß Herders Philosophie am allermeisten dazu gesclialfen ist, den
Bedürfnissen der modernen Jugend Befriedigung zu gewähren,
von der Bedeutung Herders für Goethe ganz zu schweigen« Um-
gekehrt wage ich zu behaupten, daß Lessing, Schiller und selbst
Goethe diesen Dienst nicht zu leisten vermögen. Die sorgfältigen,
aber nur wenige Früchte tragenden Schriften des großen
Rationalisten Lessing und zumal diejenigen, die in der Schule gelesen
iverden, vermögen den nach Fülle und neuartigem Denken
32 H. Stephan, Herders Philosophie,
gierigen Primaner ebenso wenig zu sattigen wie der tugendhafte
und etwas gezwungene Idealismus Schillers. Was aber Goethe
betrifft, so ist es bei der geistigen Eigentümlichkeit des
mächtigen Mannes seine Ehre und nicht seine Unehre, daß er
der „Gelegenheits*'~Dichter nur bei der dichterischen Gelegenheit
die Fragen der Philosophie anfaßte und ihnen glänzende und
bedeutende Schlaglichter schenkte. Die Philosophie, die sich in
der Schullckture unserer Klassiker verbirgt, genügt nicht, um das
nach einem Ganzen und nach Modernem strebende Tasten des
Primaners zu befriedigen und seinem fruchtverheißenden unklaren
Willen ans Licht zu helfen. So greift er zu Schopenhauers oder
zu Nietzsches Philosophie. Diese verhilft ihm zum Licht; aber
zu einem Lichte, das verbrennt, indem es erleuchtet.
Das Alter, das dem Pessimismus und der Obertreibung am
leichtesten zugänglich ist, bedarf in der Philosophie am meisten
lebensfroher und gesunder Kraft, Wärme und Reichtum. Ich
wüßte nicht, wo dies alles in frischerer Blüte stände als in den
Schriften Herders. Herder hat sich unter den deutschen Klassikern
am meisten um die Philosophie als Weltanschauung verdient
gemacht. Er hat die Probleme des organischen Weltgeschehens
um uns und die Probleme des menschlichen Bewußtseins in uns,
die Probleme der Vergangenheit und die Probleme der Gegen-
wart in dichterischer und ideenschwangerer Sprache zu neuem,
zukunftsfreudigem Leben heraufgeführt. Die deutsche Wissen-
schaft wurde durch Herders Art, die Dinge zu betrachten, für
ein ganzes Jahrhundert befruchtet. Sollte nicht auch der wissen-
scliaftliche Sinn unserer Primaner sich an Herder bereichern
können?
Ich behaupte, daß Herder von allen Philosophen, die je
gelebt haben, am meisten dazu berufen ist, Führer des deutschen
Gymnasiasten zu werden. Er ist dazu nicht nur deshalb
berufen, weil sich in seiner Persönlichkeit der Glanz Weimars
widerspiegelt als der einzigen Epoche des deutschen Geisteslebens,
die dem Primaner vertraut ist; sondern vor allem deshalb,
weil er sachlich in diejenigen Probleme hineinführt, die den
Primaner interessieren und interessieren müssen. Die Welt des
Gvmnasiasten setzt sich aus den Kenntnissen, die ihm durch die
Schule vermittelt wurden, einerseits und den modernen Lebens-
idealen, von denen er hat reden hören, andrerseits zusammen.
Beides verschmilzt in ihm zu einer glucklichen oder zu einer un-
glücklichen Einheit, wenn das Alter beginnt, das nach Er-
gebnissen und nach einer Weltanschauung sucht In
dieser wichtigen und folgenschwangeren Periode des Lebens kann
das Studium Herders helfen und führen. Herders Philosophie ist
überall in den Tatsachen der humanistischen Gymnasialbildung
verankert: Geschichte und Naturgeschichte, Sprache und Religion
bilden ihren Gedankenstoff. Noch wichtiger aber ist, daß Herder
■ ■gel. voi G. Jaisaky. S3
ii alJeD diesen Problemen neue und bedeutende Horizonte
tMwtj daß er eine Summe xieht aus dem, was der Schuler
»tofflich in sich aufgenommen hat, und ihm durch interessante
DvchbJieke zu einer einheitlichen, lebensvollen, dichterisch hoch-
fiuigen und modernen Weltanschauung verhilft. Denn modern
ist brders Weltanschauung durch und durdb« Das ist in den
ieliteo Jahrzehnten und zumal in dem Jahre des Eerder-Jnbiläums
I» oft aasgesprochen worden, daß es hier nur einer Hindeutung
mf die gewichtigen Stimmen unserer Gelehrten aller Fakultäten
bedail
Herders Philosophie hat meiner Oberzeugung nach die Kraft
Bfid dämm den Beruf, dem modernen Schöler des deutschen
Gjouiasiams ein Föhrer und Helfer in einer wichtigen Lebens-
eps4e zu sein. Ich mache es mir daher zur Pflicht, ein Buch
lof du wärmste zu empfehlen, das den Zweck hat, Herders
Philoso[diie in verstlndnisvoller Auswahl, in einfacher muster«
gattiger Ausstattung und zu einem mäßigen Preise den gebildeten
iDd BHdung suchenden Deutschen darzubieten. Es ist das Buch
m Horst Stephan, das im Eingänge genannt ist. Man findet in
ihm vnter den drei Titeln: „Die Grundlagen von Herders
Ptiiloiophie*', „Seine Geschichtsphilosophie'' und „Seine Religions-
phflospphie'' folgende Schriften: die „Abandlung vom Ursprung
dar Spraeh6*\ die „Bemerkungen und Träume vom Erkennen
Bod Empfinden der menschlichen Seele'S Proben aus dem
genialen Entwurf ^Auch eine Philosophie zur Geschichte der
Uidoag der Menscheit*', die philosophisch wichtigen Abschnitte
aai den „Ideen'', die Spinoisa geweihten Gespräche „Gott", einiges
m Herders philosophischer Lyrik und interessante Proben aus
Herders religiöser Ethik, die zum größten Teil seinen Predigten
»tnommeo sind. Der Wert des Ganzen wird, zumal für den
ScJiolgebrattch , durch eine biographisch und sachlich gut
orientierende Einleitung am Anfang, sowie durch Erläuterungen
BQd ein sorgfaltig gearbeitetes Register am Schlufi noch wesent-
kh erhöht.
Herders Schriften — und hier sind seine besten vereinigt —
^nnen in dieser bescheidenen Anzeige natörlich nicht einzeln
kesprocben werden. Anch sind sie von berufenster Seite oft
geaog und bisweilen unAbertrefflich charakterisiert worden. Nur
3of ihre Bedeutung für die Schule sollte an dieser Stelle hin«
gewiesen werden* Es ist wahrhaftig an der Zeit« daB die ideen-
Kiehen Werke des Weimarer Theologen und Philosophen, des
philosophischen Leiters Goethes, auf den deutschen Gymnasien
wieder mehr gelesen und gekannt werden.
Vanves bei Paris. Gfinther Jacoby.
Z«Ui«kr. f. d. 07MaMi«lwM6B. LH. 1.
34 Rffl* Bibliothek ZD Berlin. Verzeichnis der Zeitsehrifteo,
RSDigliche Bibliothek zu Berlin. Alphabetisches Verzeichnis
der laufenden Zeitschriften. November 1906. Berlin W. 64,
Königliche Bibliothek. IV u. 400 S. kart, 1 JL,
Bei der Bedeutung, welche die Berliner Kgl. Bibliothek für
das wissenschaftliche Leben besitzt und unter der Leitung eines
Gelehrten von Weltruf noch immer mehr gewinnen wird, bedarf
es wohl keiner Rechtfertigung, wenn in dieser Zeitschrift eine
ihrer Veröffentlichungen angezeigt wird, die auch das Interesse
der wissenschaftlich tatigen Mitglieder des Oberlehrerstandes in
hohem Grade beansprucht.
Im Jahre 1892 hatte die Bibliothek zum ersten Male ein
vorläufiges Verzeichnis (so hieß es damals in der Vorrede) ihrer
laufenden Zeit- und Vereinsschriften herausgegeben (2 Bi.
u. 1 69 S. Berlin, A.Asher u.Co. 4c4(); jetzt liegt nach längerer Arbeit
das von dem Bibliothekar Max Laue ausgearbeitete neue Ver-
zeichnis der laufenden Zeitschriften vor. Es ist eine Leistung, für
welche alle Benutzer der Bibliothek dem Bearbeiter zu Dank ver-
pflichtet sind, besonders diejenigen, welche bei der Art ihrer
Arbeiten sehr häufig Zeitschriftenbände oder ganze Serien durch-
zugehen haben. Das Verzeichnis will wie das erste vor allem
praktischen Zwecken dienen; es war daher möglichst einfache,
aber zuverlässige Form und billiger Preis zu berücksichtigen. Die
letzte RAcksicht ist befriedigt; eine Mark fQr einen Oktavband
von 400 Seiten ist fast noch mehr, als billigerweise erwartet
werden konnte, besonders wenn man bedenkt, daB Katalogsatz
erheblich teurer ist als laufender. Die Reichhaltigkeit des Inhalts
ist erstaunlich und trägt mit dazu bei, auch auf diesem Sonder-
gebiete der Arbeit die kolossale Vermehrung der Bestände der
Bibliothek in dem verhältnismäßig kurzen Zeitraum von kaum
anderthalb Jahrzehnten zu veranschaulichen. Das Verzeichnis von
1892 wies (mit laufenden Nummern) genau 3799 verschiedene
Periodika auf, das jetzt vorliegende enthält deren nach ungefährer
Schätzung (laufende Nrn. fehlen) etwa 7000. Gibt man sich
ferner die Mähe, einzelne Abschnitte zu vergleichen, so zeigt der
reichste Buchstabe B rund 950 Nummern (1892: 455), Z weist
z. B. gegen 500 Zeitschriften auf (218), und selbst das verhältnis-
mäßig arme Q zählt 21 (5). Man muß die Kunst bewundern,
mit der es der Verwaltung noch immer gelingt, so gewaltig
wachsende Massen in dem alten Gebäude unterzubringen.
Der Begriff „Zeitschrift*^ ist in weitestem Umfange genommen;
das Verzeichnis enthält wie das frühere alle von der Bibliothek
gehaltenen und ihr infolge rechtlicher Verpflichtung oder sonst
zugehenden Publikationen, die sich irgend unter diese Gattung
bringen lassen. Nur Vereinspublikationen ohne laufenden Titel
und solche, die Sammlungen älterer Quellen sind, fehlen. Daß
tatsächlich nicht alle Periodika aufgenommen sind, die an sich
die Aufnahme verdienten, ist im ganzen zu billigen; Umfang und
tDgez. TOB R. Uli rieh. 35
Preis wären sonst oboe erheblichen Gewinn für die Benutzer be-
trächtlich gewachsen. Die praktischen Gesichtspunkte för die
Ausscheidung minder wesenilicher Periodika sind etwa dieselben
geblieben, die schon vor J4 Jahren maBgebend gewesen waren.
So fehlen die politischen Zeitungen, Amts- und GemeindeblStter,
sUdüsdie Verwaltungs-, sowie Handelskammerberichte, Adreß-
bücher, Kalender, Geschäruberichte von Aktiengesellschaften u. ä. m.
Am ehesten vermifit man die städtischen Verwaltungsbericbtef'^die
— wenigstens bei den größeren Städten — lür Finanzwissen-
schaft, Statistik, vor allem auch für yiele Fragen des Schulwesens
Ton großer Bedeutung sind. Alle aufzunehmen war bei dem
gewaltigen Umfange dieser Art von Literatur gewiß untunlich;
aber TieUeicht ist künftig eine angemessene Auswahl möglich, sei
es nach der Volkszahl der Städte, mit Rücksicht auf ihre wirt-
schaftliche oder geschichtliche Bedeutung oder nach anderen Ge-
sichtspunkten, die sich wohl in der einen oder anderen Weise
gewinnen ließen. Ich weiß nicht, ob derartige Publikationen oft
verlangt werden; ist dies der Fall, so vereinfacht es das Bestellungs-
geschäft wesentlich, wenn sie mitverzeichnet werden. Denn das
Verzeichnis will vorwiegend praktischen Zwecken dienen. Hierzu
bemerke ich folgQ*ades.
Das Verzeichpis ist rein alphabetisch, nach Bauptstich-
worten in der üblichen Weise geordnet. Jede Zeitschrift ist, so-
weit es möglich war, mit der Standnummer (Signatur) versehen^
und die Verwaltung bittet die Besteller unter Hinweis auf § 10
der Benatzungsordnung ^) (vom 6. Februar 1905 mit Abänderungen
Tom 30. Septembef 1905), künftig bei Zeitschriftenbestellungen diese
Nttmmer anzugeben. Wenn das mit einiger Regelmäßigkeit ge-
schieht*), so ist wenigstens für diesen Literaturzweig zu erwarten,
daß die Auslieferung bestellter Bände wirklich zu den in § 11
bezeichneten Terminen erfolgt, was jetzt zum Leidwesen vieler
Besteller nicht immer möglich ist. Freilich darf man nicht so
optimistisch sein, zu glauben, daß nun wenigstens die regel-
mäßigeren Benutzer der Bibliothek, vor allem Studenten, aber
auch andere, in ihrer Mehrzahl sich das Zeitschriftenverzeichnis
wirklich kaufen werden, trotz des beispiellos billigen Preises.
Wissenschaftliche Bibliothekskataloge und bibliographische Arbeiten
überhaupt stehen leider — das muß gerade in einer Schulzeitschrift
einmal gesagt werden — noch immer nicht so hoch im Kurse,
wie es das hohe Maß von Kenntnis, Umsicht und eisernem Fleiß
verdiente, das zu ihrer Anfertigung in weit höherem Grade er-
forderlich ist, als etwa dazu, einen Aufsatz durchschnittlicher Güte
*) „...wena aDgaosig« ist ■och die StandDoniiner des Baches hiozn-
znfageD'^
*) Notweadig ist übri^eos, daß das Verzeichois oicht blofi im Zeit-
lehrifteDleaeuimer, aoadero avcli io deo anderea Abteilonseo der Bibliothek,
Leaeaaaly Analeihestelle viw., in mehrereo Exenplaren t^uB^tle^ wird.
3*
36 Kgl. Bibliothek za Berlio. Verzeichnis der ZeitsehrifteB,
in eine Zeitschrift zu bringen oder aus 19 vorhandenen Schul-
büchern ein zwanzigstes zu machen; und mancher entschUeBt
sich leichter zum Kauf einer Broschüre vorübergehenden Wertes,
^Is daß er für Geld einen Katalog erwürbe, der ihm Jahre hin-
durch wesentliche Dienste leistet.
Diejenigen aber, die den hohen Wert einer Veröffentlichung
von der Art der hier vorliegenden zu schätzen wissen, werden
gerade deswegen mit dem Verzeichnis nicht ganz zufrieden sein
und in ihm manches vermissen, was in ähnlichem Falle zwar
nicht von einem Gelehrten außerhalb einer Bibliothek, wohl aber
von einem Fachbibliothekar oder, richtiger gesagt, von der Gesamt-
oi^anisation einer großen Bibliothek selbst mit einem um etwas
vermehrten Aufwände an Mühe und Zeit zu leisten war — gerade
mit Rücksicht auf das jetzt wie 1892 besonders betonte praktische
Bedürfnis.
Vor allem meine ich die Angabe darüber, von welchem Jahr«-
gange oder, noch besser, von welchem Jahre an^) die betr. Zeit-
schriften in der Bibliothek vorhanden sind. Man sage ja nicht,
daß hierzu ein nicht zu forderndes Maß von Arbeitskraft oder -zeit
gehöre, oder daß es sich mit Rücksicht auf die Praxis nicht lohne.
Genauer zugesehen, würde m. E. die geforderte Angabe ja nur
bei einem Bruchteil der Zeitschriften nötig sein, nämlich bei denen,
die außerhalb des Kreises der Pflichtlieferungen liegen, bei deut-
schen also in erster Linie z. B. bei den Leipziger, Stuttgarter
und Wiener Publikationen, vor allem aber bei den zahlreichen
außerhalb des deutschen Sprachgebietes erscheinenden, die häufig
nicht in yoUstindigen Serien vorliegen. Die Verwaltung würde
sich selbst wie den Bestellern Jahre hindurch viel unnötige Zeit
und Arbeit erspart haben, wenn sie schon jetzt den betr. Zeit-
schriften diese Angaben hinzugefügt hätte. Der äußere Umfang
des Verzeichnisses wurde dadurch, wenn man die Druckeinrichtung
im ganzen übersieht, nur ganz unerheblich gewachsen sein.
Ferner hätte jeder Benutzer des alten Verzeichnisses es ebenso
wie der Schreiber dieser Zeilen gern gesehen, wenn das dort
fehlende, aber unbedingt notwendige, jetzt in der Vorrede ver-
)ieißene sachliche Vei*zeichnis gleich mit der Neuausgabe ver-
bunden worden wäre, und hätte wohl eine Wartezeit von etlichen
Monaten gern in Kauf genommen, auch einen höheren Preis.
Denn, wie die Dinge jetzt liegen, wird, wie schon oben angedeutet,
der Verkauf solcher Literatur doch zunächst mehr auf die Kreise
beschränkt bleiben, denen nach Art ihrer Arbeiten ein derartiges
Verzeichnis ganz unentbehrlich ist. Diese wenden aber gern
einige Mark mehr an, wenn ihnen hinaus über ein alphabetisches
Verzeichnis der Titel ohne weitere Angabe als der des Druckortes
^) Bei PablikitioB6D , die zwanglos erscheioeo, wSreo beide Ad-
Sabeo DStig.
• Bgfli. voa R. (JUrick 37
nrif der Signatar ein Hilfsmittel geboten wird, das ihnen z. B.
geschichtliche, literatorgeschichtliche, bibliographische u. ä. Arbeit
in weiterem Umfange ganz erheblich erleichtern und viele äufiere
TerdrieBüdie Arbeilen ersparen könnte. Hoffentlich IlBt der Sach-
küalog nicht za lange auf sich warten und wird so eingerichtet,
daB er dem alphabetischen Verzeichnisse angebunden werden kann,
fek wdrde empfehlen, dann beide Verzeichnisse zusammen in bieg-
sanem Badekerband auszugeben, der bei dem dünnen und doch
daaerhaften Papier, das zur Anwendung gekommen ist, immer
noch recht handlich sein könnte und bequem in der Rocktasche
Flau fände. Der jetzt ausgegebene kartonierte Band, der bei
dem htiligen Preise kaum anders erwartet werden konnte, wird
sich bei häufigem Gebrauch schnell abnutzen. Erst wenn dieses
noch ansatehende Sachverzeichnis vorliegt, wird es auch vom
Schreibtiache des Gelehrten ans möglich sein, das vorhandene
Zeitschriftenmaterial för die einzelnen Fächer zu übersehen, be-
sonders die von der Bibliothek selbst oft schmerzlich empfundenen
Lücken deotlicher zu erkennen; es werden auch leichter aus dem
gelehrten Pnblikom, auf dessen Mitwirkung die Verwaltung seit
einiger Zeit mit Recht grofien Wert legt, Anregungen zu zweck-
mäßigen NeuanschafRingen und Ergänzungen gegeben werden
können.
Was ferner die Anordnung der Titel im einzelnen
betrillt, so verweist die Vorrede auf die — z. Z. übrigens ver-
friffene — Instruktion vom 10. Mai 1899'). Man könnte sich
damit einverstanden erklären, wenn diese wirklich den weiteren
Kreiien, ich will einmal sagen, der akademisch Gebildeten —
von andern ganz zu schweigen — so bekannt wäre, wie hier an-
genommen wird. Das ist aber, wie mir viele außerhalb der Fach-
UbliothekeD stehende Beamte und Gelehrte zugeben werden, nicht
der PaU. Und wer ohne diese nähere Kenntnis das Verzeichnis
ZQ Rate aieht, wird nicht selten Mühe haben, sich zurechtzufinden,
and manche Zeitschrift als nicht vorhanden ansehen, weil er sie
an unrichtiger Stelle sucht. Einige aufklärende Bemerkungen
gerade über diesen Punkt wären in der Vorrede wohl am Platze
gewesen. Ich kann es auch nicht als einen Fortschritt ansehen,
daß — abgesehen von den Verweisungen — die 1892 erfolgte
and sehr nützliche Verwendung besonderer Typen für Stiebworte
zweiten and dritten Grades jetzt ganz in Wegfall gekommen ist.
Mir will scheinen, daß die Vorteile, die man somit (z. T. wohl
auch mit Röcksicht auf etwas höhere Kosten der Herstellung)
aufgegeben hat, durch die Erwartung auf weiteste Verbreitung bei
^) iBttroktionaB fiir die alphabetischen Kataloge der preaßisehen Biblio*
thekea oad for den preoßttchea Getamtkatatos. Berlia, A. Asher o. Co.
160 S. a. 3 Anlmgtu. Lex. 8. 4,50 JC. Vsl. auch die (oicbt amtlichen)
„Erlaatervngen, Nachtrüge, Beispielcasätze" dazu. 1905. 26 S.
38 Kgl. Bibliothek zu Berlin. Verzeichois der Zeitschrifteo,
billigerem Preise doch nicht io dem erhofften Maße ausgeglichen
werden.
Wenn nun auch der Zweck derartiger Publikationen in erster
Linie ein praktischer ist, so haben sie doch, gewollt oder nur
mittelbar, auch wissenschaftliche Bedeutung, wenigstens wenn
es sich wie hier um das Verzeichnis der jetzt gröBten und am
besten dotierten deutschen Bibliothek handelt, das bis zu einem
gewissen Grade und für den Durchschnitt der Benutzer einer
Zeitschriftenbibliographie in knappster Form beinahe gleichkommt;
ein Verzeichnis von 7000 laufenden, vorwiegend wissenschaftlichen
Zeitschriften aller Kulturspracben findet man wenigstens in Deutsch-
land bis jetzt nirgends so bequem und billig beisammen. Man darf
an eine solche Bibliographie naturlich keine übertriebenen An-
sprüche stellen; zwei Dinge dürften aber noch im Bereiche des
Möglichen liegen, mit deren Aufnahme sich die Verwaltung den
besonderen Dank besonders aller der Gelehrten und Beamten, auch
der wissenschaftlich tätigen Schulmänner erwerben würde, die außer-
halb Berlins an kleinen Orten ohne nennenswerte Bibliotheken
ihrer Pflicht und ihrer Wissenschaft leben, ich meine die Angabo
des Jahres, seit welchem die betr. Zeitschrift über-
haupt erscheint, und die Bezeichnung des Verlegers.
Schon diese beiden Angaben wäi*en gerade für diejenigen geistigen
Arbeiter, die sich die großen Bibliographien mit den bekannten
unerschwinglichen Preisen weder selbst halten können noch sie
in ihren Ämtern, Schulen usw. vorfinden, so wertvoll und dabei
von der Verwaltung einer Bibliothek ersten Ranges wie der Berliner
verhältnismäßig so leicht einzuführen, daß ihre Aufnahme Er-
wägung verdient und hoffentlich Billigung findet. Besonders für
die zahlreichen und z. T. sehr wertvollen Vereinspublikationen
sind diese Angaben, auch die des Verlegers, geradezu dringlich.
Vieles, was man auf diesem Gebiete genau feststellen will, findet
man selbst in unsern größten Bibliographien erst nach langem
Suchen, manches auch gar nicht. Ich brauche in dieser Hinsicht
Kenner nur auf das uns am nächsten liegende, schon vor neun
Jahren erschienene österreichische Zeitschriften -Ver-
zeichnis^) zu verweisen, das sowohl die oben gewünschte An-
gabe über das Jahr enthält, von welchem ab die betr. Zeitschrift
vorhanden ist, als auch das Anfangsjahr des Erscheinens über-
haupt^). Angabe des Verlegers fehlt leider auch hier. Dabei ist
^) Geoeralkatalo; der Uafendeo periodischea Drocksehrifteo an den
österreichischen Universitats- ond Stadieobibliotheken, den Bibliotheken der
technischen Hochschalen, der Hochschule für Bodeoknltur, des Gymnasiums
in Zara, des Gymoasialmuseums in Troppau und der Handels- und nautischen
Akademie in Triest Hrsg. i. A. d. k. k. Minist, f. Kultus u. Unterr. von der
k. k. Universitätsbibliothek in Wien unter der Leitung von Dr. Ferd.
Grassauer. Wien 1898, B. Herder. VIII u. 796 S. Lex. 8. 12^.
') Ich spreche hier aus ganz persönlicher Erfahrung. Hätte mir bei
einer die Zeitschriften Verhältnisse der deutschen und österreichischen Lehrer-
• agez. voB R. Ullriclu 39
XU beachten« dafi das öslerreichische Verzeichnis nicht blofi die
ReStande der einen groBen, der Berliner etwa vergleichbaren Wiener
Bibliothek, sondern aoch die der Universitätsbibliotheken u. a. ent-
hüll, außerdem, was die Zeitschriften selbst betrifft, auch solche,
die Yon dem Berliner Verzeichnis ausgeschlossen sind. Wenn
Uou alledem bei größtem Format und (übrigens notwendiger und
litzlicher) komplizierterer Druckeinrichtung der Preis nur 12 tM
betrat, ließe sich für die eine Berliner Bibliothek in dem schon
gegebenen, an sich sehr viel engeren Rahmen, der höchstens
in bezug auf. die Verwaltungsberichte bestimmter Städte eine Er-
weiterung vertrüge (s. o. S. 35), zu einem Preise, der immerhin
3—5 Jt betragen könnte, in einer späteren Auflage wohl ein
Hilfsmiltel herstellen, das nicht bloß, rein praktisch angesehen,
den Bibliotheksbeamten wie den Benutzem viel Zeit ersparte,
sondern auch daräber hinaus der wissenschaftlichen Arbeit nicht
unwesentliche Hilfe leistete. Der Preis von 4 Jl för das Ver-
zeichnis von 1892 war viel zu hoch. Würde man in den nächsten
Jahren den gleichen Preis für ein neues, in der bezeichneten, an
sich für den Umfang ganz unwesentlichen, aber sachlich be-
rechtigten und natzlichen Richtung verbessertes fordern, so würde
es an Käufern wohl nicht fehlen. Man darf nicht vergessen, welchen
Auflsdiwung die Berliner Sammlung gerade in der Zwischenzeit
genommen hat und unter der neuen Leitung noch weiter
nehmen vrird.
Im übrigen muß die Beschränkung, welche Verwaltung und
Verfasser geübt haben, durchaus gebilligt werden, sowohl hin-
sichtlich der zweckmäßig gekürzten Titel wie der Weglassung der
— zumal bei Vereinspublikationen nur zu oft wechselnden —
Namen der Herausgeber der Zeitschriften. Dankenswert ist auch
die besondere Bezeichnung derjenigen Zeitschriften, welche im
Zeitsdiriftenlesezimmer ausliegen. Wäre es nicht zweckmäßig
gewesen, auch die im Lesesaal stehenden kenntlich zu machen?
Es hätte nichts geschadet, wenngleich diese Zeitschriften auch
schon in dem letzten (übrigens vor fünf Jahren erschienenen)
Verzeichnis der Lesesaalbibliothek angegeben sind, das übrigens
für Bestellungen nicht immer gleich jedem zur Hand ist. Be-
sonders denke ich an die nicht seltenen Fälle, wo Gelehrte über
den Kreis der ihnen bekannten Zeitschriften des eigenen Faches
hinaus andere, ihnen bisher unbekannte Periodika in Anspruch
zu nehmen genötigt sind.
bibliotheieD der hShereii Sehnlen nach BesUod und Organisatioo bebandeladeD,
jeUt dem AbseUofi Dahen Arbeit (vgl. Teuboers Mitt. 1906 I S. 6 f.) Tdr die
denudieD VerlialtDisse ein aDnäbernd so treffltcbes Hilfsmittel za Gebote
gestaoden wie fiir die Ssterreicbiscbeo, so wäre der Zeitaufwand um Moaat«
verriu^ert worden. Die Arbeit wird obrigena (vgl. aueh Relna EozyU.
Hdb. d. Pad.> V, 1906, S. 429, 449 n. 452) erbeblich umfaogreicher ala ur-
spraaslicJi s^pl^^ ^^^*
40 Th. Kleio, Biblische Geschichte, «n^ez. voo A. Bienwald.
Die in einigen Jahren bevorstehende Eröffnung der neuen
Bibliotbeii wird ja in bezug auf Lesesaal wie Zeitschriflensaa) (fnr
den jetzigen Raum ist der letztere Name etwas zu stolz) gana
neue und hoffentlich verbesserte, der ersten wissenschaftlichen
Bibliothek der Reichshauptstadt wahrhaft würdige Verhältnisse
herbeiführen. Möge dann ein neues, wirklich vermehrtes und ver-
bessertes Verzeichnis der Sammlung sowohl des neuen Lesesaals,
wie des Zeitschriftensaals und überhaupt der Zeitschriftenbestände
mit zu den Festschriften gehören, welche die Einweihung des
Weltinstituts zu ipaugurieren bestimmt sein werden!
In der Vorrede zu der Ausgabe von 1892 war auch ein Ver-
zeichnis der älteren periodischen Druckschriften der
Bibliothek versprochen worden, das besonders für Forscher auf
literarhistorischem Gebiete, ich erinnere nur an Germanisten, fast
noch schätzbarer wäre als das hier angezeigte. Ist man von der
Sache zuröckgekommen oder was ist daraus geworden? Die
Schwierigkeit eines solchen Unternehmens ist natfirtich erheblich,
bibliographische Genauigkeit bis zu einem gewissen Grade wenig-
stens, aber jedenfalls weit über das für den Katalog der laufenden
Zeitschriften zu fordernde Haß hinaus, hier freilich gar nicht zu
entbehren. Die Verwaltung würde die beteiligten Kreise durch
ein Wort über den Stand der Sache zu Dank verpOiefaten.
Pankow b. Berlin. Richard Ullrich.
Tb. Klein, Biblisehe Geschiehte. Zwei Teile^ io vierter bzw. zweiter
AoOage. Giefien 1904 nod 1906, Bmil Roth. Teil 1: VIH o. 88 S. 8.
0,50^, geb. 0,60.^. — Teil H: XU a. 300 S. 8. I,e0 ^, geb.
2 ^.
Der erste Teil ist für die ersten Schuljahre bestimmt and
entspricht auch in bezug auf die Fassung der einzelnen Geschichten
and die Spraehe durchaus diesem Standpunkte. Die biblische
Sprache ist zwar möglichst beibehalten, doch sind schwer ver-
ständliche Konstraktionen und veraltete Redewendungen vermieden.
42 bildliche Darstellungen von Schnorr von Carolsfeld machen die
Erzählnngen anschaulich und werden das Interesse der Kinder
beleben. Die beigefügten Bibelsprüche sind im allgemeinen passend
ausgewählt. Einige, die schon ein tieferes religiöses Verständnis
voraussetzen, wären vielleicht besser fortgeblieben. Ebenso werden
nicht alle Gebete, die der Anhang neben den bekanntesten Liedern,
den 10 Geboten und den 3 Artikeln enthält. Anklang finden.
Teil II ist für die Mittel- und Oberstufe der Volksschule,
sowie für die unteren Klassen höherer Lehranstalten bestimmt.
Den Anfang bilden bekannte Gebete. Die biblischen Geschichten
zeichnen sich auch hier durch leichtverständliche Darstellung aus.
Mit Recht sind die Wort- und Sacherklärungen auf das not-
wendigste Maß beschränkt und in Fußnoten zugefugt. Der den
einzelnen Geschichten beigegebene Lehrstoff aus dem Katechismus,
Sckvster «« HoIsaBaer, Haodb. s. Bikl Geieli., ags. ▼. Hoffnaan. 41
der Bibel und dem Kirchenlied, sowie die 73 Bilder von Schnorr
TOB Carolsfeld werden allen willkoiBmen sein. Der Anbang ffthrt
IQ klarer und ibersiebtlicher Weise znerst das Wichtigste aus der
Bibelkonde vor. Die Entstehungszeit der Evangelien ist zu strittig,
ils dafi sie so bestimmt, wie es S. 276 geschieht, angegeben
werden könnte. Das bleibt besser dem Lehrer überlassen. Darauf
folgen das GbrisÜicbe Kirchenjahr, das Heilige Land, Luthers Kleiner
Katechismus, eine Zeittafel, Bilder der Stiftshutte und der Heiligen
Geräte, sowie 4 Karten.
Görlitz. A. Bienwald.
J. Sefcvster Qod J. B. Holzammer, Handbueh zur Biblischen Ge-
schichte. Far deo Uaterricfat in Kirche ond Schale, sowie rar
Selbstbelehnios. Sechste, vlillis n«n bearbeitete Anflage von Joseph
Selbst ond Jakob Schäfer. Freibars i- B**- 1^^6, Herdersche
VerlagshaodloDf.
Brster Band: Das Alte Testanent. Bearbeitet von Joseph
Seihst. Mit 130 Bildern and 2 Karten. XVDI a. 102« S. gr. 8.
11^, geh. in Halbfraax 13,50^
Die erste Lieferung des neuen, rollständig umgearbeiteten
Handbache» zur Biblischen Geschichte des Alten Testaments haben
wir in dieser Zeitschrift angezeigt Inzwischen ist das Werk mit
elf Lieferongen abgeschlossen.
Fast ein halbes Jahrhundert behauptet das Handbuch erfolg«
reich seinen Platz. 1861 erschien es zum ersten Haie. Schuster
hatte ee als erschöpfenden Kommentar seiner „Biblischen Ge-
schichte*' behvfjB gröndlicber Unterweisung der Schuljugend ge-
dacht Bereits Holzammer hatte Ton der zweiten Auflage (1871)
an den Phm dahin erweitert, in dem Werke dem Lehrer zu er-
»ög^icben, ohne eine förmliche Bibliothek ron exegetischen, ge-
schichtlichen, naturwissenschaftlichen, archäologischen, apologeti-
schen mw. Werken sich in den Besitz der wahren Resultate der
moderaen Forschungen ober alle Bibelfragen zu setzen. So ist
aoch in der neuesten Auflage das Handbuch eine Darstellung der
U. Geecbichte, ein Nachweis der göttlichen Ofi'enbarung und der
Verwirklichung des göttlichen Heilsplanes unter den Menschen
sowie eine möglichst Tollstandige Widerlegung der dagegen er-
hobeneo Zweifel und Vorwürfe. Es kann dem Buche mit Recht
nachgerihmt werden, daB es dem Religionslehrer höherer Schulen
alles bietet, was er auf den drei Stufen biblischen Unterrichtes
braucht, und daß es durch die vorzöglichen Literaturangaben den
Weg zu den Quellen weist, aus denen er nach Wunsch weitere
Beiebrnng sieh holen kann. Man wird kaum eine Frage finden,
der der Bearbeiter ans dem Wege gegangen wäre.
Der Standpunkt des Bearbeiters ist bekannt. Wie er seiner-
zeit bereits in der interessanten Polemik zwischen dem gemäßigt
fortschrittlichen Schöpfer und dem intransigenten Kaulen eine ver-
mittelnde Stellung eingenommen hatte, so ist auch im Handbuch
42 Schaster a. Holzammer; Handbuch z. Biblischen Geschichte,
seine Stellaognahme eine durchaus vermittelnde. Selbst ist der
Mann der Kompromisse. Freilich steht er der konservativen
Richtung näher als der fortschrittlichen, jedenfalls aber versucht
er, der Tradition zu geben, was der Tradition ist, aber auch der
Kritik, was der Kritik ist Daß auf katholischer Grundlage auch
ein anderer Standpunkt möglich ist, zeigt eben wieder W. Barry
in „The Tradition of Scripture'* (London 1906, Longmans), der
besten Einführung in die biblischen Einleitungsfragen; Barry will
auch vermitteln, aber räumt der Kritik weit mehr ein als Selbst.
Die Berechtigung der Kritik in der Bibel gibt S. zu, die der
Literarkritik unumwunden, die der höheren mit Reserve. Es ist
ein Vorzug des Buches, daß es die Schwächen und Übertreibungen
der modernen Bibelkritik scharf zurückweist. Überhaupt ist die
Kritik durch ihre Auswüchse selbst schuld daran, daß auch ihren
berechtigten Aufstellungen in bibelgläubigen Kreisen so viel Wider-
willen und Vorurteil entgegengebracht wird. Si nennt diese Aus-
wüchse den „Mißbrauch einer an. sich guten Sache". Mit VorUebe
fuhrt S. Tatsachen an, die beweisen, daß die Kritik auch beim
Alten Testament sich in einer rückläufigen Bewegung zur Tradition
hin befindet. Arbeiten wie die von Meyer und Hommel bis zu
denen Erbts geben auch ein Recht zu dieser Ansicht. So lehnt
S. mit guten Gründen die Anwendung der Entwicklungslehre
auf die älteste Menschheitsgeschichte und auf die Religionsgeschichte
Israels ab.
Ein Abschnitt über die Textesgeschichte des A. T. wäre
wünschenswert. Das ist doch von Bedeutung für. die Beurteilung
vieler Einzel- und auch Prinzipienfragen. Verf. tritt für die ab-
solute Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift' ein. „Alles, was der
authentische Text der Bücher als wahr bekundet, ist untrügliche
W^alirheit*' (S. 23). Viele Schwierigkeiten schwinden, „wenn die
menschliche Seite der inspirierten Bücher berücksichtigt wird,
ohne daß von dem, was ihren göttlichen Charakter ausmacht, auch
nur ein Jota preisgegeben werden dürfte'* (S. 45). Das ist richtig;
aber welches sind die Grenzen der menschlichen Seite der heiligen
Schriften? Daß die heiligen Schriftsteller eine Angabe oder einen
Gedanken in der Ausdrucksweise ihrer Zeit und anknüpfend an
unvollkommene physikalische und geographische Vorstellungen ver-
anschaulicht haben, unterliegt prinzipiell keiner Schwierigkeit,
„wenn nur zwischen Sinn und Ausdruck richtig unterschieden
wird" (S. 45). Nun haben aber die Verfasser eben nicht unter-
schieden zwischen Sinn und Ausdruck. S. schreibt geradezu:
„Die geozentrische Auffassung der Bibel kann vom naturwissen-
schaftlichen Standpunkt nicht als richtig anerkannt werden** (S. 63).
Also doch wohl objektiver Irrtum? Jedenfalls steht S. der Meinung
vom relativen Charakter des A. T. nicht fern. Und der Religions-
lehrer wird gut tun, noch Peters' Schriftchen über „die grund-
sätzliche Stellung der katholischen Kirche zur Bibelforschung''
aogaz. voa H. UoffmioB. 43
(Paderborn 1905, Sch6ningh) nacbzulesen. Die 5 Bücher Moses'
haben ihren Namen davon, daß Moses ihr Verfasser ist (S. 53).
Wenn Jesus Moses namentlich zitiert, so bedeutet das nicht, daß
er, der GoUmenscb, in der literarkritischen Frage nach dem Ver-
fasser des Pentateuchs verbindlich Stellung genommen und ent-
schieden habe, sondern nur, daß zu seiner Zeit Moses als der
Verfasser galt. S. gibt aber zu, daß das Gesetz eine Geschichte
und eine Entwicklung hat, daß die Schlußredaktion von Esdras
sein kann. Es war eben bei den Juden literarischer Brauch, jedes
Weisheitswort dem Salomo, jedes religiöse Lied dem David, jeden
Gesetzesparagraphen dem Moses zuzutrauen und zuzuschieben.
S. macht es oft so: er stellt sich zuerst fest auf den Boden der
Tradition, dann macht er Konzessionen, tut einen oder einige
Schritte ins Land der Kritik, so daß schließlich sein erster Stand-
punkt fast aufgehoben scheint. Die Quellenscbeidung wird als zu
kompliziert mit Unrecht übergangen und nur mitgeteilt, daß man
hauptsächlich vier Quellenschriften annehme. An der Josephs-
gescbichle wird, wie S. meint, der Versuch der Quellenscbeidung
völlig zuscbanden. Andere meinen, daß diese Geschichte wie die
der Schöpfung und Sundflut der anschaulichste Beweis för sie
seien.
Die pädagogischen Bemerkungen (S. 167 f.) über Verwendung
moderner Resultate in der Schule und die Warnung vor Dogma-
tisieniDg unbegründeter Vorstellungen ist sehr gut. Das rechte
Maß wird der Religionslehrer schon flnden, zumal wenn er auf
die Lektüre seiner Schüler achtet und etwa den aus General-,
Lokal- nnd Skandalanzeigern geschöpften theologischen Kennt-
nissen eines Großstadtsekundaners nachgebt.
Die Schöpfung ist vorzüglich behandelt. Die Meinung von
der streng chronologisch geordneten Beschreibung des Hexaemerons
ist aufgegeben, jede Konkordanz prinzipiell abgelehnt, jom als Tag
von 24 Stunden erklärt. Zu leicht wird die Annahme von zwei
biblischen Schöpfungsberichten als Irrtum erklärt (vgl. Lefranc, Les
Gonflits de la Science et de la Bible. Paris 1906, Nourry). Die
Erzählungen der Urgeschichte sind wörtlich und buchstäblich zu
verstehen. Da erschrickt man, wenn man an den Leib aus Erde,
das Einhauchen der Seele, die Rippe des Adam denkt. Aber
gleich kommt der Trost in der Bemerkung, die Frage, ob bild-
liche Handlung oder symbolischer in der Vision geschauter Vor-
gang, bleibt offen. Mit den Zahlenangaben der Bibel gibt sich
S. sehr viel Mühe; da ist es doch einfacher zu sagen, die Zahlen-
angaben, z. B. über die Lebensdauer der ersten Menschen, sind
in drei verschiedenen Fassungen überliefert, also unzuverlässig,
sicher ist nur, daß die ersten Menschen sehr alt wurden; und ich
halte es mit Hummelauer, der sagt, jüdisch-nationale Renomraier-
sacht hat die Zahl der Juden beim Auszug aus Ägypten schlank-
weg mit 100 multipliziert. Mit Recht erklärt S. die Paradieses-
44 S<^l>08ter u. Holzanmer, Handb. z. Bibl. Geftcb., agz. v> Hoff man d.
(10886 als Euphrat, Tigris, Indus, Nil. Im Protoevangeliam Ober-
setzt er: „sie wird dir den Kopf zertreten'', nennt das aber
, selbst erklärende Obersetzung. Wozu da nicht gleich das Richtige?
Zumal die biblische Geschichte von Schuster-Mey richtig das „sie*'
auf „Nachkommenschaft'' bezieht^). Bei der Siindflut gibt er die
Möglichkeit einer partiellen Flut zu. Babel = bab-ilu wird ab-
gelehnt, es bedeutet Verwirrung, „wenn auch die biblische Her-
leitung nicht auf streng grammatischen Regeln zu beruhen braucht*'.
S. hält an der Sprachverwirrung fest, teilt aber mit, daB auch
kath. Exegeten eine Sinn es Verwirrung annehmen. In der Bibel-
Babel-Prage betont er das Negative sehr gut, läfit aber Israel
doch zu isoliert von der Kultur der Nachbarn erscheinen (z. B.
Schlange, Cherubim, Beschneidung, Kindesopfer; vgl. F. Lagrange,
Etudes sur les religion similiqnes. Paris 1905, Lecoffre). Bei
Isaaks Opferung ist die Schwierigkeit übergegangen, wie Gott
Menschenopfer verlangen könne; die sonstige Erklärung ist gut,
ebenso wie das über Esau und Jakob Gesagte. Gelegentlich ßllt
S. einmal in die traditionelle Schönfärberei, z. B. bei Joseph,
dessen Pietät gegen den Vater auch Bedenken unterliegt, bei
David, der zu sehr als der „fromme und gotterleuchtete König'*
erscheint. Jakobs Ringen soll wörtlich genommen werden, wird aber
zur Beruhigung auch als Bild seines immer inständigeren Gebetes
angesehen. Was über die Mosaische Gesetzgebung und die Kritik
gesagt wird, befriedigt uns nicht. Job ist gut behandelt; aber
von Quellen und allmählicher Nachdichtung ist nicht die Rede.
Die Obersetzung ist rhythmisch und sollte auch dementsprechend
nicht in fortlaufenden Teilen gedruckt sein. Bei der Hexe von
Endor kommen wir ohne Teufelsspuk aus nach dem, was wir
jetzt aber Halluzination u. dgl. wissen. Die Frage nach makka-
bäischen Psalmen ist öbergangen. Als Salomons Schriften werden
behandelt: Sprüche, Prediger, Hohes Lied. Aber es kommt
gleich wieder der Ruckzug: Die Sprüche gehen auf eine Salomo-
nische Spruchsammlung zurück, der Prediger kann dem Inhalt
nach auf Salomon zurückgehen, und die Anmerkung berichtet
sogar von der modernen Auffassung, der Prediger sei das letzte
Buch des A. T. Typisch und interessant ist seine Stellung zu
Tobias: Man schließt, daß das Buch eine wirkliche Geschichte
sei . . . Auch katholische Erklärer sagen, es sei Allegorie . . .
Doch scheint uns diese Möglichkeit unannehmbar ... Die An-
nahme einer religiösen Unterweisung im Gewände der Erzählung
ist an sich mit der Inspiration vereinbar .... Im ganzen
genommen liegen die Dinge für die Verteidigung der Geschicht-
lichkeit nicht ungünstig, und hält die Mehrheit der katholischen
^) S. hat sich iozwischeo mit seineD Kritikern bez. dieser Stelle taa-
eiaaadergesetzt im Septemberheft der „FriedeDsblätter. Moaatachrift zur
Pflege religiöseo Lebeos und Friedens^*. Hrsgb. vod Pr'äfekt P. Strehler
in Neisse and Kuratas H. Holfmaoo in Brealaa. Worzburg, Goebel & Scherer.
0. Pfleiderer, Religion and Religiooea, «g«. voa A. Joaas. 45
ErUärer bis jetst daran fest .... Neueaiens tritt Vetter für
ü«siUch späte Abfassungazeit ein (250 — 150) mit beacblenswerten
Gründen uad für freie auf Voikaüberlieferaog beruhende Erzählung
zu didaktischem Zweck. Solches Hin- und Herpendeln zeigt sich
mehr oder weniger deutlich auch anderwärts, z. B. bei Deutero-
Jesaja, Judith, Daniel, Esther.
Könnte S. nicht die Proben aus allen Böchern der HL Schrift
gnondert drucken lassen, mit einem Minimum von Anmerkungen
versehen und so uns das lang gewQnschle Biblische Lesebuch
schenken?
Das Handbuch ist ein Werk des Kompromisses zwischen
konserrativer und fortschrittlicher Exegese, das freilich erslerer
viel näher steht als dem Fortschritt. Das Handbuch hat von
Aallage zu Auflage mehr und mehr dem fortschrittlichen Geist
Rechnang tragen müssen ; wir zweifeln nicht, daß^auch die nächste
Auflage, die das Buch wirklich verdient, in dieser Beziehung noch
weiter gehen wird, Brücken zum Rflckzug hat sich S. genug ge-
baut. Er ist aber gerecht, er läBt jedem Freiheit, er drängt
seine Meinung nicht auf, er verteidigt die Tradition manchmal
wenig teilnahmsvoll und ermöglicht so jedem Benutzer entweder
eigenes Urteil oder drängt ihn zu tieferem Studium der einzelnen
Fragen.
Breslau. Hermann Hoffmann.
■
Ott» Pfleiderer, Relisioa aod RelisioBoa. Mäachea 1906,
J. F. LelnaDn'fl Verlas- IV o. 249 S. gr. 8. 4 J(, geb. 5 JC.
Dae Buch umfaßt die Vorträge, die der gelehrte Verf. im
letzten Wintersemester an der Universität Berlin vor einem
aus Studierenden aller Fakultäten und älteren Gastzuhörern be-
stehenden Publikums, einige davon auch in einem Volkshochschul-
kiHV gehalten hat Die lebhafte Teilnahme, die sie beiderseits
gefunden, war ihm ein erfreulicher Beweis dafür, wie sehr das
Interesse für die religiösen Dinge in allen Kreisen im Wachsen
begriflen ist. Es versteht sich von selbst, heißt es im Vorwort,
daß in dem engen Rahmen dieser Vorträge nur das Wesentliche
aus dem reichen Stoff der Religionsgeschichte herausgehoben
wo-dea konnte. Es galt bei der Auswahl ein möglichst klares
Bild von der Eigenart der einzelnen Religionen in ihrem Unter-
schied voneinander und in ihrem Zusammenhang miteinander zu
zeichnen.
Wer wie ich vor mehr als 40 Jahren in jugendlicher Be-
gebterung Schleiermachers Glaubenslehre durchgearbeitet und
dann die dialektischen Windungen der Vorlesungen Hegels über
die Philosophie der Religion bewältigt hat, der wird mir die
Freude nachfQblen, die ich beim Lesen dieses Buches erfahren
habe, das die Nachwirkung jener beiden Werke nicht selten
erkennen läßt Die Frageut die die Gebildeten aller Zeiten und
46 O.Pfleiderer, Religion uDd Religionea,
Völker auf das tiefste erregt haben und noch erregen, werden
hier von einem Hanne dargelegt und bebandelt, der durch die
FöUe seines Wissens wie die Bildung seines Herzens in gleicher
Weise dazu berufen ist, und das in einer Form der Darstellung,
die auch den, den sonst seine Studien nach einer andern Seite
ziehen, nur entzucken kann. Kein gelehrtes Beiwerk, keine Noten
und Randbemerkungen. Der Verf. bietet die Gewähr, dafi wir
auch da, wo bei dem umfassenden Stoff eine Prüfung dem Leser
unmöglich ist, uns seiner Leitung zuversichtlich hingeben können.
Möge diese Philosophie der Religion für lange Zeit den Gebildeten
unseres Volkes eine sichere Föhrerin werden zu dem richtigen
Verständnis der Fragen, ()ie doch niemand, der es mit sich und
dem Leben ernst nimmt, ohne den Versuch einer Beantwortung
links liegen lassen kann, wenn er nicht, um mit Goethe zu
reden, ein tröber Gast auf der weiten Erde bleiben will.
Die philosophischen Reflexionen der drei ersten Vorträge ober
das Wesen der Religion, ober das Verhältnis der Religion zur
Moral und Wissenschaft bilden die Grundlage, auf der sich die
weitere Darstellung der Geschichte und Entwickelung der ein*
zelnen Religionen von ihrem Anfange an aufbaut.
Um das Wesen der Frömmigkeit zu begreifen, darf man
nicht ihre niedersten Formen zum Maßstab nehmen und
zum Erklärungsgrund für das Ganze machen, sondern umgekehrt
im Höchsten, was zuletzt herauskommt, hat man den Schlüssel
zu suchen zur Erklärung des Ganzen, also auch schon seiner
niedrigsten AnfSnge. Was die Art der Eiche sei^ läßt sich nicht
aus der Eichel erkennen, sondern erst aus dem erwachsenen
Baum, und was es um das Wesen des Menschen sei, zeigt noch
nicht das neugeborene Kind, sondern erst der gereifte Mann.
Frömmigkeit ist ihrem innersten Sein nach schlechthinnige Ab-
hängigkeit von Gott, wollendes Verbundensein mit Gott, Gehorsam
des Herzens gegen Gott. Daß der Gottesgedanke unserer Vernunft
notwendig sei, darin stimmen alle ernsthaften Denker von Plato
und Aristoteles an überein. Der Zwiespalt der auf das Erkennen
hinstrebendeu Vernunft, der theoretischen, und der auf das Tun
des Guten gerichteten praktischen Vernunft löstt sich, indem sich
die Vernunft über die Welt erhebt zu einer letzten und höchsten
Einheit, in der alle Gegensatze, auch der des Wahren und Guten,
geeinigt sind, — zu Gott. Aber freilich bleibt es immer dabei,
daß Gott der Gegenstand des Glaubens ist und nicht eines durch
Verstandesgrunde beweisbaren Wissens. Das Thema der ganzen
Religionsgeschichte ist das Suchen nach Gott, der immer erneute
Versuch, ihn zu fühlen und zu finden. Da scheiden sich zwei
Gruppen, die eine, die Gott in der Welt sieht als den Grund des
Seins, als das Gesetz der Notwendigkeit, die andere, die Gott
denkt als das Ideal der Freiheit, als den Herrn und Lenker der
Geschichte, durch die er seine Zwecke verwirklichen will; dort
ABgei« voD A Jonas. 47
überwiegt die ruhige Beschaulichkeit, hier das. tätige Streben, der
Kampf far Gott und die Verwirklichung des Guten. Die klassischen
Vertreter der ersten Art waren die Inder und Griechen, die der
zweiten Art der iranische Prophet Zarathustra und die Propheten
Israels. Das Christentum steht über jenem Gegensatz, in dem es
von Anfang an die beiden Seiten, die Innerweltlichkeit und
Oberwelüichkeit Gottes, die Stimmung des Kämpfens und Hoffens
und die des Friedens und der Freude zur Einheit zu verbinden
sacht. Diese religiösen Gegensätze haben in der Neuzeit in zwei
Philosophen und zwei Dichtern gewaltige Vertreter gefunden, auf
der einen Seite Spinoza und Goethe, auf der anderen Kant und
Schiller. Die Annahme einer ursprönglidien Trennung von
Religion und Moral ist ein fast unbegreiflicher Irrtum. Es ist
unter den ernsthaften Altertumsforschern allgemein anerkannt,
daß alle Gesittung der Menschheit ihren Ursprung aus dem
religiösen Glauben und Kultus genommen hat, [und das gilt bis
aaf den heutigen Tag. Das innige Verflochtensein der sittlichen
und religiösen Oberzeugung mag für das Bewußtsein einzelner
hidividuen verdunkelt sein, darum bleibt 6s doch eine unbestreit-
bare Tatsache, dafi das sittliche Gemeinbewußtsein der mensch-
Sehen Gesellschaft auf ihrem religiösen Glauben beruht und mit
ihm steht und fällt — Konflikte zwischen der weltlichen Wissen-
schaft und der überlieferten religiösen Vorstellung werden nie
ausbleiben, aber sie stellen nicht das Recht der Religion in
Frage, sondern sind nur ein Anzeichen dafQr, daß die bisherige
Torstellungsweise nicht mehr die zureichende Form fQr das
religiöse Leben ist und sonach mehr oder weniger einer Ver-
besserung und Erneuerung bedarf. Aber noch stehen wir mitten
im Kampf. So viel ist gewiß, daß von einer Herrschaft der
Kirche über die Wissenschaft heute und in Zukunft nicht mehr
die Rede sein kann. Doch so viel wird man sagen dürfen, daß
die gesetzmäßige Ordnung und Entwickelung der Natur und
Geschichte, dieser Grundgedanke der Wissenschaft, den Gottes-
glauben nicht nur nicht ausschließt, sondern ihn sogar zu ihrer
eigenen Begründung fordert. Und damit ist die Vereinbarkeit der
Wbsenschaft und Religion gesichert. Aber, fragt man, wo bleibt
dabei die Offenbarung? Nun, auf das Vorturteil der alleinigen
Offenbarung und einzigartigen, unfehlbaren Offenbarung werden
wir freilich verzichten müssen, aber auch das wieder ist zuletzt
kein Schaden, sondern Gewinn. Wenn das Christentum dabei
auch nicht mehr die einzige Religion bleibt, so bleibt es
doch die höchste und reinste.
Nach diesen grundlegenden Gedanken sucht Verf. die Anfänge
der Religion zu ergründen. Da lassen sich freilich nur Ver-
mutungen auCBtellen. Die primitive Weltanschauung oder kind-
liebe Volksmetapbysik ist der Animismus, der Seelen- und
Geisterglauben« Aus ihm entwickelte sich der naiv-patriarchalische
4S 0. Pfleiderer, Religiös and Religiooeo, agz. von A. Jonas.
Henotheismus, der naive Glauben jedes Stammes an seinen
besondern Stammgott und Stammvater. Der weitere Fortschritt
führte zur polytheistischen Volksreligion; mit ihr bildet sich das
Prieslertum* Die Religion verschmilzt mit der Politik, die
Götter werden sittliche Gestalten. Die Idealisierung der Götter
schreitet vor, der Polytheismus wird zum Pantheismus oder zum
Monolbeismiis. Die pantheistische Einheit isl durchgeführt bei den
Indern im Brabmanismus und Buddhaismus, bei den Griechen in
den Philosophenschulen, die Anfange zum Monotheismus bei den
Babyloniern, Persern, braeliten. Das Christentum ist die höhere
Einheit des Judischen und griechischen Gottesgedankens.
Es folgt die Darstellung der einzelnen Religionssysteme: die
chinesische Religion, die ägyptische, die babylonische, die Religion
Zarathustras und der Mithraskult, der Brabmanismus und Gaotama
Buddha, der Buddhismus, die griechische Religion, die Religion
Israels, die des nacbexilischen Judentums, das Christentum, der
Islam. Darüber eingehender zu berichten, hindert der Raum
einer Anzeige, doch will ich noch, was zwar selbstverständlich ist,
hinzufügen, daß die neusten auf dem religionsgeschichtlichen
Gebiete gemachten Funde voll zur Geltung kommen. — Das ab-
schließende Urteil über das Christentum darf ich nicht unter-
drücken; aus ihm mag der Leser dieser Anzeige dep Rückschluß
machen auf das, was in den voraufgehenden bistorisclien Be-
trachtungen besonders berührt ist. Der christliche Erlösungs-
glaube hat alle die Wahrheiten in sich aufgenommen, die die
Religionen und philosophischen Lehren seiner Zeit enthielten.
Das Christentum teilt mit den Mysterienreligionen den mystischen
Enthusiasmus, das gehobene und gesteigerte Gefühl des In-Gott-
Seins und die damit gegebene Hoffnung auf jenseitige Seligkeit,
und ihre mystischen Heilsmittei machte es zu Symbolen der sitt-
lichen Wiedergeburt und Bruderliebe; und es teilte zugleich mit
der Philosophie jener Zeit den vernünftigen Gottesdienst in sitt-
licher Erkenntnis und Praxis. Es teilt ferner mit dem Buddhismus
die Selbst' und Weltverleugnung, den ruhigen Frieden der Er-
gebung, und zugleich mit der Religion Zarathustras den mutigen
Kampf wider alles ungöttliche Wesen und die frohe Hoffnung auf
den Sieg der Sache Gottes in der Welt. Es teilt mit dem
Judentum den Glauben an den einen erhabenen und heiligen
Gott, den Richter der einzelnen und der Völker, und an da«
Kommen seines Reiches auf Erden; aber auch mit Piaton den
Glauben an den Gott, der das höchste Gut und die neidlose
Quelle alles Wahren und Guten ist, und an den göttlichen Mittler
Eros, diese uns inuenwohnende Kraft der Begeisterung, der Liebe
zu den von oben stammenden Idealen. Das Christentum teil(
endlich mit den Stoikern die innere Freiheit von der Welt, die
Gelassenheit des in sich gefaßten Charakters, die Kraft des sich
selbst bestimmenden, autonomen Willens und die Weitherzigkeit
E.St«t&er, RL Leilf. f. d. spraebl. Uaterr., a^z. t. B. BegemaBo. 49
des über alle (Nationen und Stände Dbergreifenden allgemeinen
WenscUieitagedankens; aber es belebt diese kalte und stolze
feiend der Stoiker durch den Glauben, daß die Welt Gottes ist,
und durch die Liebe, die den Brüdern freudig dient, und durch
die Hoffnung, daß riier Streit und alles Leid der Zeit sich ein*
mal lösen werde im Frieden der Ewigkeit.
So ist das Christentum zur Religion der Religionen geworden,
m hat die alte Welt fiberwunden und eine neue Welt heranf-
geftlhrL
Druck und Papier wie die ganze Ausstattung des Buches
gefallen sehr.
Stettin. Anton Jonas.
£■11 Stvtztfr, Kleiner Lflitfaden für d^ii spraehliefafeB Uafar-
rlekt, insoaderheit für daa deatschea. Zwaha, an^earbaitata
A«aage. Barlia 1906, WaidBanatdia Bnehbaadaas. 40 S. 8. 0,50 Ul^.
Der VerCneer des Torliegenden Leitfadens verfolgte die doppelte
Abriebt, dem sprachlichen Unterriebt überhaupt und dem deutschen
Unterricht insbtöondere durch eine gedruckte Norm, die wöm^ich
den Schuler durch die ganze Schule begleitet, jedenfalls aber in
den Binden aUer Lehrer bestimmend wirkt, zunächst innisrhalb
delr Ton ihm geleiteten Anstalt Obereinstimmung und Einheitlich-
keit zu gehen. Ober die Wichtigkeit und Notwendigkeil solcher
Einheitlichkeit hat er sich im 60. Heft der Lehrproben und Lehr-
ginge in Gbereinetimmung mit des Referenten „Bemerkungen zu
altsprachlichen LehrbCbchern** (Berlin 1897, Ddmmler) und unter
iÜBWeiff aof seine Anzeige von Bräunings demselben Zweck
dSenenden „Abriß der Satzlehre" in dieser Zeiucfarift (1899 S. 97 ff.)
schon ausgesprochen, als er diese „aus der Praxis herrorgegangeHen
and gsrnr aussöblteßlicb fOr die Präzis bestimmten^', iil Fach-
kedfereA^n besprochenen sprachlichen Zusammenstellungen 1899
nierst reröBentlichte. Die Nachfrage danach, aus der herforging,
daß sie bei rieten Amtsgenossen Anklang gefunden hatten, feran-
bfite den Verftsser, seine Arbeit in einem sehr handlich aus-
gestatteten Neudruck weiteren Kreisen der Lernenden und Lehren-
deli ale LeitfiMlen sugSnglich zu machen.
Systematische Vollstindigkeit und Abgeschlossenheit darf nriitt
aaiiriich von solcher ZusammensteUnng, die die Erfahntng an
die Hand gegeben hat, nicht erwarten. Dem einen wird sich
rielmehr dies, dem andern jenes als der einheitlichen Regelung
keddrftig efweiseii. Darum aber ist es billig und angemessen,
wenn Lehrerkollegien zunächst unler sich die nötig erscheinen-
den Featsetzungen treffen und dann versuchen, ob sie damit
aneh andte-en Anttahen einen Dienst leisten können. Referent
ist überzeugt, daB der vorliegende Leitfaden trotz der jedem
sidchen Versilch' anhaftenden SubjektiriUH nicht bloß in dem
Gymncsinm in der Tat sich nutzbringend erweisen wird.
f i. ejMBMtolWtMB. ULI. 1. 4
50 E.Stutzer; Kleiner Leitfadeo f. d. sprachlichen Unterriehty
Es finden sich darin 8 Kapitel: Ä. Lautwandel, B. Satzlehre,
C. Stilistische und grammatische Bemerkungen, D. Fremd- und
Lehnwörter, E. Figuren und Tropen, F. Hauptriebtungen des
Bedeutungswandels, G. Hauptregeln der Zeichensetzung, H. Der
indogermanische Sprachstamm und dazu ein Anhang mit Ver-
besserungszeichen, Äufsatzordnung, Wörter- und Sachverzeichnis.
Ausschließlich dem deutschen Unterricht dienen C und D, allein
Sprachunterricht kommen am meisten B und E zugute. Kapitel C
wird vermutlich in weiteren AuQagen noch in besonderem Maße
ergänzt und vermehrt werden. Auch eine starke Erweiterung von
F, etwa nach dem schönen Buche von Erdmann (Die Bedeutung
des Wortes, Leipzig 1900, Avenarius), würde ich persönlich för
wünschenswert halten unter Heranziehung der Fremdsprachen.
Aber solche Wünsche sind, wie gesagt, mehr oder weniger sub-
jektiv. Die Regeln und Erklärungen sind im allgemeinen ebenso
bestimmt wie kurz gefaßt. Bei schwankendem Sprachgebrauch
lautet die Regel meist kategorisch, was für die Schule durchaus
seine Berechtigung hat Die Beispiele sind gut gewählt und zum
großen Teil dem Lernstoff entnommen. Papier, Druck und Satz
sind vorzüglich.
Mit Recht sind in der Terminologie grundsätzlich die dem
Lateinischen entstammenden Fremdwörter beibehalten; nur S. 14
findet sich einmal Fürwürier in Verbindung mit ZahlwOrter, Die
in lateinlosen Klassen störenden, aber auch an sich in deutschem
Text m. E. unschönen lateinischen Endungen der Fachausdrucke
durchweg zu beseitigen, hat sich der Verf. anscheinend nicht ent-
schließen mögen. Aber warum nicht Substantw wie Rdatw?
warum nicht Perfekt wie l^jekt? warum andererseits Adjektwa
S. 14 und Adjektive S. 15? warum Verba und Verben, Verbum
uehen^Verbfarm^ Adjeklivum neben Partizipy var dem Subtiantwutn
neben mit dem Substantiv in demselben § 48 Z. 9 und 10? Ein
Büchlein wie das vorliegende sollte m. E. in jeder Beziehung, also
auch in strenger Konsequenz vorbildlich sein, zumal ja Einheit-
lichkeit der Behandlung herbeizuführen sein hauptsächliches
und eigentliches Ziel ist. Ungleichmäßig gebildet sind auch ohne
sichtbaren Grund Befehlssatz und Awrufsatz^ ürleässatz und 06-
fektscUz, Ein Muster gleichmäßiger, sauberer Behandlung der
grammatischen Terminologie liegt jetzt vor in v. Sandens
Deutscher Sprachlehre (5. Auflage, Lissa i. P. 1905, Ebbecke).
Im übrigen sei für eine gewiß bald erforderliche 3. Auflage
zu freundlicher Prüfung folgendes angemerkt. § 1 ist das Merk-
wort tarn in tarnt verwandelt; besser noch ist tamtamy aus dem
der Schüler jede Lautverschiebung ablesen kann. — § 2 ist der wich-
tige Terminus Angleichung gesperrt zu drucken. — Hinter § 5
vermisse ich Apokope und Elision. — § 21d empfehle ich statt
Wunsch' und BefeUssatz unser Begehrssatz, einen Ausdruck, der
auch den § 53 unvorbereitet und ohne Erklärung auftretenden
ADgex. voo H. Begenano. 5t
Terminas Absi€hinai% überflüssig macht. — $ 22 fehlt unter den
Erweiterungen das Prädikativ, femer in der Behandlung des Ob-
jekts der wichtige Unterschied des äußeren und inneren und des
affilierten und effizierten Objekts. — § 24 Z. 3 ist das Komma
XU streichen. — i Ab steht der Satz ».Männlichen Geschlechtes
sind . . . Liter, Meter'' in Widerspruch mit der preußischen
Kanzleirechtschreibung. — § 22. DaB im Deutschen das Perfekt
eine fortdauernde ToUendete Tatsache bezeichnet, ist nicht
richtig; es bezeichnet in vielen Fällen einfach eine Tatsache der
Tergangenbeit — $ 56 steht „Infinitive .... beziehen sich auf
das Subjekt'* und $ 60 gar „das Partizip bezieht sich auf das
Subjekt". Es bezieht sich ein Pronomen auf ein Substantiv oder
anderes Pronomen; Infinitive und Partizipien wie Adjektive werden
hdchstens auf ein Subjekt bezw. Substantiv bezogen, gehören zu
ihm, richten sich nach ihm und dienen zu seiner Ergänzung. ^-
§ 58 ist der JnfmUiv Futuri in mehr als einer Hinsicht inkorrekt;
es sollte beißen m/l /W. »= infinitivus fiUuri oder der InfmUiv du
Fnhtrs oder der FtUurinfimtw. — $ 65 ist th Zusammeiuetxungen
überflüssig; die Regel gilt doch auch für geh Mn und komm her.
— $ 66* Dabei und ähnliche Adverbien stehen doch wohl in
der Regel in Beziehung auf Sachen statt bei Am; eskamnUeken
sagt zu wenig. — $8 würde ich sagen „Wenn ich wandere'*.
Indem und nachdem wenden die Schuler infolge der üblichen
Obersetzong fremdsprachlicher Partizipien mehr an, als gut und
schön ist; man muß davor warnen. — $ 83 könnte auf die
Differenzierung der Wortformen zur Unterscheidung verschiedener
Bedeulangen desselben Wortes hingewiesen werden, worüber man
u. a. Weise, Deutsche Sprach- und Slillebre (2. Auflage, Berlin
ond Leipzig 1906, Teubner) S. 39, 54 u. a., auch meine „Be-
merkungen" S. 10 unter V 3 vergleiche. — § 99 wird der Schüler
darüber in Verlegenheit sein, wie der Singular zu Tropen heißt
and welchen Artikel er hat. — § 99 i a — c gehören unter die
Metapher nach $ 101. Es heißt dort ausdrücklich „Alle geistigen
Begrifle sind ursprünglich nach ihrer Ähnlichkeit mit körperlichen
(Dingen und Vorgängen bleibt besser fort) benannt; wo die Ver-
tauschung auf einer Ähnlichkeit beruht, liegt zweifellos eine Ver-
gleichong, also nach § 101 eine Metapher vor. Die Abgrenzung
zwischen Metonymie und Metapher bleibt im übrigen freilich
schwierig, auch nach der neuesten, feinsinnigen Behandlung der
Tropen durch Rieh. Beyer in seiner Deutschen Stilistik $ lITfl'.
Die im Leitfaden gegebene Erklärung der Tropen erscheint mir
kaum verständlich, jedenfalls nicht ausreichend. Ich glaube immer
noch am weitesten zu kommen mit den Erklärungen des alten
Hoffmann-Lüneburg (Rhetorik, Clausthal 1859, Grosse): Tropus
des Attributs, des Bildes, der Teilung und Zusammenfassung,
von denen aus man nach und nach sehr wohl zu ihrer psycho-
logischen Begründung und stilistischen Bedeutung aufsteigen kann.
4*
52 ^* Lehmano, Entwickelanir d. deatscb. Sprache u. Literatary
— § 114 und § 116 fehlt hinter Z. 1 ein Kolon. — § 119. Daß
das Semikolon, dieses feinste Interpunktionszeichen, wie ein
jQngst zu froh Terstorbeoer Kollege, Direktor Buchholz-Beuthen,
2u sagen pflegte, „vor allem vor und nach einem Satzgefüge
größeren Umfangs stehe'S ist nicht recht verständlich; es sollte
heifien „zwischen äußerlich beigeordneten Sätzen oder Satz-
gefügen, die innerlich zusammengehören'*. — S. 35 Anm. Z. 1
lies wird verstanden statt ist zu verstehen. Unter den Kenn-
zeichen der neuhochdeutschen Schriftsprache sollten ebendort bei
der Verlängerung der Stammsilben die beiden Arten derselben
erwähnt sein, neben der dnrch Dehnung des Tokals bewirkten
(sagen) auch die durch Verdoppelung des Konsonanten voll-
zogene [Donner^ kommen] und unter Monophthongiening und
Diphthongierung — übrigens häßlichen Wörtern, die entweder
verdeutscht (Vereinfachung, Verbreiterung) oder umschrieben
werden sollten — jedesmal neben den beiden erwähnten durch
ein freispiel auch der dritte Fall angedeutet werden, der in Liebe
und in zwiefacher Art in neuen Häusern vorliegt. — S. 36. Statt
Terbesserungsxeicken sagen wir Korrekturzeichen; denn Korrektur
heißt bei uns die Arbeit des Lehrers, Verbesserung die darauf
folgende Arbeit des Schülers. Das Fremdwort ist hier zur Unter-
scheidung der Bedeutungen wertvoll (vgl. oben zu § 83). -— S. 37.
Eine Aufgabe ist doch wohl der ganze Aufsatz; wir sagen Min-
leitung, Hauptteü und Schlufs. — S. 40 im Sachverzeichnis finde
ich mit Befriedigung zu guter Letzt neben Imperativ, Indikativ üsf.
konsequent auch Reflexiv^ Relativ, Substantiv, Adjektiv und —
Verb, was mich hoffen läßt, daß diese Formen demnächst auch
im Texte sich durchsetzen werden.
Die vorstehenden Wünsche und Ausstellungen sollen aber
überhaupt den Wert des kleinen Heftes keineswegs herabsetzen.
Siiß sind Lesefrüchte, hinsichtlich deren Referent auf die Zusage
am Schlosse des Vorwortes rechnet in der Meinung, daß in ihrer
Absicht und Anlage gute Schulbücher unter der Hitarbeit der
Fachgenossen sich zu einer größeren Vollkommenheit auswaehsen
sollten, als sie den meisten Schulbüchern bis jetzt nachgerühmt
werden kann.
Neu-Ruppin. Heinrich Begemann.
Rudolf Lehmana, Obersicht üb er die Entwickeluo^ der daotschen
Sprache and Literatar. Für die oberen Riassea hSherer Lehr-
ansteltea. Fünfte Auflegte. Berlin 1906, Weidmanasche Bochhaadianif,
VIII aad 153 S. kl. 8. ^eb. 1,40 JC.
Das vorliegende Werkchen, welches in einem Decennium
schon fünf Auflagen erlebt hat, enthält in seinem 1. Teile eine
Übersicht über die Entwickelung der deutschen Sprache mit einem
Anhang, Entwickelung der Verskunst, in seinem 2. Teile eine
Übersicht über die Entwickelung der deutschen Literatur. Der
«Bgez. von A. Zahme. 53
I.Teil entopricbt einem lebhaAen Bedürfnis, da mea in OU im
Yeifolge der LebrpUne von 1901 eine ,»Übenicbt über einige
HaoptarschciDungen der gescbichtiicben EntivickeluDg der deutscben
Spracbe^* und ««xueammenfauende (aprachlicbe) Überblicke*' im An-
schluß an die mbd. Lektüre zu geben pflegt. Denn der Stand-
pnnkt Grimms und Wackernagek, welcher entweder einen gründ-
lichen, streng wisaenschafUichen Unterricht in der deutachen
Grammatik oder gar keinen wünscht, ist nicht zu billigen. Es
ist doch recht wünschenswert, daB den Schülern auf aUen Stufen,
besonders in 011, zu BewuBtsein gebracht wird, dafi die deutsche
Sprache ein lebendes, sich fortentwickelndes Wesen ist. Hierbei
wird man im Sinne R. Hildebrands allerdings jeden Formalismus,
alle abstrakten, TerstandesmäBigen Erörterungen, jede Abrichtung
des Gedächtnisses vermeiden und lieber die Schüler alles sellMt
beobachten, selbst finden lassen und auf anschauliches Erfassen
des Spracbinhalts hinwirken. So will auch IL Lehmann verfahren
wissen. Er setzt die in seinem bekannten Buche über den
deutschen Unterricht geäuBerten Grundsitze in die Praxis um
und zeigt uns in dem vorliegenden Werkchen die erprobte Methode
des praktischen Schulmanns. Es hat in seinem 1. sprachlichen
Teile in den letzten Auflagen wesentliche Erweiterungen und
Yerbesserungen erfahren, besonders hinsichtlich der Entwickelung
des Vokaltsmus vom got. zum ahd. und vom mhd. zum nhd.
Der Terfiasser könnte in der nftcbsten Auflage hierin vielleicht
noch weiter gehen, in besug auf erstere (Diphthongierung und
MoBophÜiongierung, S. 14, N. 4) durch genauere Angabe und
anschauliche Beispiele der nieder-, mittel- und oberdeutschen
Dialebtonterschiede. Gerade in unserer Zeit, wo mehr gereist
wird denn je, ist die Erklärung der heutigen deutschen Mund-
«rten und ihrer Eigenart für jeden Gebildeten von großem Inter-
esse. Bei der Entwickelung des mbd. zum nhd. (S. 150 könnte
noch der Wandel von ei zu ai, ou zu au, öu zu äu aufgeführt
and dorch Beispiele erläutert werden. Der 2. literatur-
geschichtliche Teil, welcher früher nur bis Goethes Tod
reichte, ist in der 5. Auflage hinsichtlich der Romantik erweitert
und im übrigen bis zur Gegenwart fortgeführt worden; anhangsweise
wird auch Shakespeare besprochen. Der Stoff dieses 2. Teiles
wird im ganzen recht knapp behandelt. Auch wird jede Literatur-
geschichte den literarischen Erscheinungen und Richtungep gerade
der .Neuzeit und Gegenwart gegenüber in bezug auf Einteilung,
Urteil und Auswahl ein mehr oder weniger subjektives Gepräge
tragen, daher vielleicht bei manchen auf Widerspruch stoBen.
lodessen muB jeder Sachverständige des Verfassers ernstes Streben
nach Unbefangenheit und Übersichtlichkeit sowie die gute Grup-
pierung und scharfe Disponierung des Stoffes anerkennen. Und
was die knappe Fassung anbelangt, so ist das Werkchen nach
den Intentionen des Verfassers nicht zum Selbstunterricht be-
54 Heioemaon, Goethebrevier; Achelis^ Was ea^t Goethe?,
stimmt, sondern nur zur häuslichen Repetiüon des vom Lehrer
in der Schule Besprochenen. Es hat den Stoff also auf das
Notwendigste beschränkt, dagegen alle wesentlichen literarhisto-
rischen Gesichtspunkte sorgfaltig beachtet. Der Leitfaden will den
Vortrag des Lehrers nicht nur nicht öberflflssig machen, sondern
setzt ihn Tielmehr voraus. So ist alles in allem R. Lehmanns
„Übersicht'^ ein recht brauchbares, praktisches Schulbuch geblieben
und immer noch mehr geworden und kann in der Hand der
Schuler wesentlich beitragen zur Lösung der Aufgaben des deut-
schen Unterrichts. Möge der Verfasser, der mit bahnbrechendem
Erfolge sein Interesse und seine Tätigkeit namentlich der Ge-
staltung des deutschen Unterrichts gewidmet hat, auch in seiner
neuen bedeutsameren und umfangreicheren Stellung an der
Akademie zu Posen dieses sein Lieblingskind nicht vergessen
und sein fruchtbringendes Interesse der Praxis des höheren Schul-
wesens auch fernerhin bewahren!
Stendal. Arnold Zehme.
Karl HeiaemaDD, Goethe-Brevier. Aaszüge aas Goethe« Briefes Qod
Gesprächen aebst eioem Zitatenschatz aas Goethes Werkeo. Giefiea
0. J., Emil Roth. VII o. 384 S. 8. brosch. 2 JH^ eles. geb. 3 Jt-
Th. AcheliSy Was sagt Goethe? Bia Goethe-Brevier, fiochschmuck voo
Franz Stassen. Stattgart o. J., Greiner & Pfeiffer. VI a. 180 S. 8.
geb. 2,50 Jt»
Hermann Grimm sprach gelegentlich davon (es war im Juni-
heft der Deutschen Rundschau 1898), „dafi beute wohl alle
Gebildeten die Überzeugung durchdringe, daß bei der Erziehung
der künftigen Generationen von der Kenntnis Goethes zumeist
auszugehen sei, daß er, wie Homer, die Tragiker, Plato und die
an diese Namen sich anschließenden Dichter und Denker anderer
Völker, im Sinne des allgemeinen Fortschritts für die
Deutschen ausgenützt werden müsse'S Diese Überzeugung
ist zwar auch heute noch nicht entfernt Gemeingut aller Ge-
bildeten, aber doch ist der Kreis derer, die in dem Grimmschen
Sinne in Goethe einen Hauptfaktor moderner deutscher Bildung
sehen, inzwischen sehr viel größer geworden. Es versteht sich
von selbst, daß die Einsicht in diese umfassende Bedeutung
Goethes in erster Linie durch das Studium seiner Schriften
selbst gewonnen werden muß, uud da ist es sehr erfreulich zu be-
merken, daß immer mehr als notwendig neben der Vertrautheit
mit dem Dichter Goethe auch die Bekanntschaft mit dem Forscher
und dem Menschen gefordert wird. Aber die Goethe * Literatur
der letzten Jahrzehnte — seit der Eröffnung des Weimarer Goethe-
Archivs und der Gründung der Goethe-Gesellschaft — ist auch recht
reich sowohl an guten zusammenfassenden Darstellungen der
Persönlichkeit Goethes als an vertiefenden und wirklich Licht
bringenden Einfuhrungen in die einzelnen Gebiete seines un-
gewöhnlich vielseitigen Schaffens und Erlebens.
\
ABgoi. von P. Lor«Dts. ^5
In den letzten Jabren sind nun ferner eine ganze Reihe von
Büchem herrorgetreten, die in Goethes Wesen und Wirken dadurch
einfuhren, daß sie Äußerungen aus den poetischen wie wissen-
schaftlichen Werken, aus den Tagebüchern, Briefen und zur
Selbstbiographie gehörigen Schriften nach bestimmten Gesichts-
punkten zusammenstellen und das Bild durch größere oder
knappere Einleitungen bezw. Zwischenäußerungen der Verfasser
abrunden. Ich erinnere an des feinsinnigen Wagner- Kapell-
meisters H. LeT] Gedanken aus Goethe (eine der besten Auswahlen
der Art), an Bodes Vier Bücher über Goethe, seine Persönlich-
keit und seine Oberzeugungen, sowie besonders an M.Heynachers
Buch: Goethes Philosophie aus seinen Werken (Dürrs Philos.
Biblioth. Bd. 109), möchte aber auch den Goethe-Kalender von
0. J. Bierbaum, f. d. J. 1906 zum 1. Male erschienen, hier
in ehrenToller Weise erwähnen.
Za der eben gekennzeichneten Gattung gehören nun auch die
beiden^ Goelhe-Breviere Ton K. Heinemann und Th, Achelis.
Wenn ein so erfnlgreicher Goethe-Biograph und Goethe-Heraus-
geber wie Heinemann, dem kaum eine Woche vergeht, in der er
Dicht mündlich oder schriftlich gefragt wird, wo ein Ausspruch
Goethes steht, uns ein Goethe-Brevier in die Hand gibt, wird
man von vornherein etwas Gediegenes erwarten dürfen. Da«
Bach ist nun so zustande gekommen, daß H. bei Gelegenheit
einer Lektüre der Werke, Briefe nnd Gespräche die Stellen be-
zeichnet bat, die aufgenommen werden sollten, alles andere aber
fon dem Verleger übernommen worden ist, also die' Anordnung
des Stoffs, die Anmerkungen, die Register. Übrigens hat, weil
das Boch sonst zu umfangreich geworden wäre — es umfaßt
auch 80 384 Seiten — alles, was Goethe über sich selbst, sein
Leben und seine Werke sagt, zurückbleiben müssen, und der
¥erf. läßt hoffen, daß dies in einem 2. Teile des Breviers nach-
geholt werden könnte. Der 1. Abschnitt enthalt Äußerungen aus
den Briefen und Gesprächen, der 2. Stellen aus den Gedichten,
der 3. eine Auswahl aus den ,^Sprüchen in Prosa*'; diese letate
Bezeichnung ist auf der Kopfleiste versehentlich aber auch da
stehen geblieben, wo Zitate aus den Dramen, dem Westöstlichen
Diwan u. a. Dichtungen gegeben werden. Die Anordnung ist
nicht nach sachlichen Gesichtspunkten getroffen, sondern für die
Aussprüche aus den Briefen und Gesprächen war die chronolo-
gische, für die aus den Werken die Reihenfolge in der Ausgabe
des Verfassers, soweit sie erschienen ist, maßgebend, sonst die
in der Hempelschen Ausgabe. Mit scharfem Blick ist von
U. vieles aus den mündlichen und schrifilichen Mitteilungen von
allgemeinerer Gültigkeit herausgefunden, manches freilich, wie das
über die Novelle zu Eckermann vom 29. I. 1827 (nicht 1824!)
oder die Anafuhrungen unter dem 16. XII. 1828, 10. I. 1829
(3 Seifen lang) scheinen mir in ein Brevier nicht hineinzupassen.
5t6 HeinemanB, Goethebrevier; Achelis, Was sagt Goethe?,
Sehr schade ist, daß nicht auch die faerrttchen Tagebuch-
aufzeichniiogeD der ersten 10 Weimarer Jahre h^angexogen sind
— in dem zu erwartenden 2. Teil werden sie ja natürUch sehr
stark zu beröcfcsichtigen sein — , sie enthalten so manches
scharf und lein geprägte Wort von allgemeiner Bedeutung, ich denke
da an ^Aufzeichnungen wie die Tom 14. IL 1778, 13. I. 1779,
14. VII. 1779, 26. ill. 1780, 13. V. 1780. In dem ZiMteo-
sohatz aus den Werken schwankt der Begriff des Zitats, wie das
woU kaum zu vermeiden war, als eines bereits viel angefuhrjtep,
in prägnante Form gekleideten Worts, ohne Rücksicht auf
bedeutenden Gedankengebalt , und eben des inbaltreicben Ge-
dankens, der es verdiente, häufiger zitiert zu werden, wo er es
nicht sdion jetzt ist Dafi von den 1050 Sprüchen in Prosa
nur 32 und von den wohl ebenso sahireichen Spruchen in
Reimen und Zahmen Xenien nur 25 Zitate aafgenovmen sind,
werden diejenigen bedauern, die gerade fär diese diarakterjstische
Prägung Goethischen fiedankengoldes eine Vorliebe haban. Daß
der Faust die meist zitierte Goethische Dichtung ist, «eigt
auch Heiuemanns Brevier, es enthält 170 Stellen daraus, 130
aus dem 1., 40 aus dem 2. Teil, und bei flüchtigem Durch-
blättern der Dichtung stießen mir noch mehr ^Is 100 Stellen
auf, denen man im Leben nicht selten begegnet Einige Fanst-
worte möchte man doch in jedem Zitatenschatz wieder antreffen. Ich
denbs etwa an: „Mich dunkt, ich bir' ein ganzes Chor von
hunderttausend Narren sprechen*' oder: „Wie sie kurz angebunden
war usw.*^ „Ihr sprecht schon fast wie ein Fr^uzos*'. „fiin
doch ein arip unwissend Kind usw''. „Will niemand s^p iSeffibl
und seine Kirche rauhen'* und an so manches andre. Viif ^iA
gerade auch der 2. Teil von bedeutender Lebensw^eisheit in
prägnanter Form enthält, erkennt man, wenn man sie eiumal
für sicli allein behandelt (vgl. meine Zusamm^enstallung in den
PreuB. Jahrbüchern Bd. 75, H. 2, S. 265—320). Die natur-
wissjenschaftlichen Schriften Goethes, die einen großen fteichtum
von charakteristisch geprägten allgemeinen Gedanken darbieten,
sind von H. nicht herangezogen worden.
Das Buch von Ach elis ordnet seine allen Arten Gpethi-
scher Schriften entnommenen Äußerungen zu dem von vornherein
ausgesprochenen Zweck, die Grundzuge Goethischer Welt- und
Lebensanschauung vorzufuhren, und zwar für die, welche inmitten
der Anmaßung der „Modernen" den Sinn für die Größe und
Eigenartigkeit unserer Klassiker noch nicht verloren haben, nach
folgenden Gesichtspunkten : Religion, Ethik, Lebensführung
und Erziehung, Kunst, Philosophie, Naturforschung,
Staatskunst Die verbindenden Ausführungen, die Achelis bei-
gefügt, nehmen nur selten abhandelnde Form an — nach der
Einleitung wollten sie es überhaupt nicht — , aber es war in
Anbetracht der großen Gegenstände, um die es sich handelt, nicht
• iigex. von P. Lorents. 57
gm za YermeideD, wenn man eben nicht zu der Methode in
Vefnadifen Buch (8. o.) greifen wollte, die in ausfährlicher Ein-
kilQiig einen Oberblick über die Resultate aus dem lieht, was die
•adifUgende Masse des Stoffes in authentischen Äußerungen dar-
UeleL Hierbei «Sre es dann auch ml^glich geworden, daß so
nanches Uisaische dichterische Gebilde als Games erhalten ge-
blieben wire, ich denke etwa an das Gdttlicbe, das Ver-
sieh in is u. a. Die sehr reiche Fülle des dargebotenen Materials
ystattet, ein in allen wesentlichen Zflgen vollständiges Bild Ton
Ceethee Welt- and Lefaensanschauung sich zu bilden. Einige er-
giniende Bemerkungen seien noch hinzugefügt. Goethes Abweisung
des Radikal-BAsen ist ein Hauptzug seiner Ethik, mußte also in
E;^ U aohon stark zur Geltung kommen. Sein „selbständiges
Gewjsaen^S Kants aittlkhe Autonomie, mußte sich mit der lodividusl-
eihik (S. 3T) noch scUrfer auseinandersetzen. Das zweite Zitat
aas den Vermächtnis (S. 37) hat übrigens der Druckfehlerteufel
bächat diabolisch entstellt, wenn er zuließ: „es wird nach deiner
Weise schalten^ statt „nach seiner Weise . . '*. Für Goethes Auf-
bssung yoQ Gewissen war der 162. Spr. i. Pr. nicht zu entbehren:
Jkr Handelnde ist immer gewissenlos; es hat niemand Gewissen
als der Betrachtende''. Die Wendung in Goethes ethischen An-
sehaouageo, die durch das Kantstudium heryorgerufen worden
ist, booimt nicht deutlich zum Ausdruck. In Kap. IV Kunst
berührt es merkwürdig, nur eine Steile aus der Italienischen Reise
auatreffen. Femer forderte das Verhältnis zur Antike als not-
wendiges Gegenstück das zur altdeutschen bezw. niederländischen
Konst, ftber die jetzt merkwürdige positive Bewertungen seitens
Goethes Torliegen, ja seine Stellung zu Fragen nationaler Kultur
fiberhaupt sähe man gern dargelegt (Tgl. darüber meinen Aufsatz
io der Monatschrift f. höh. Schulen II, 1903, S. 260-273). In V
Philosophie wäre am passendsten auch — aber auf das Wo
kenunt so viel nicht an wie auf das Daß — der große Monolog
n Anfang des aweiten Teiles des Faust: „Des Lebens Pulse
scfaiageo {Irisch lebendig*' angebraclit; er gibt in selten anschau-
licher Form sehr bedeutsame Züge Goethischer Lebensanschanungen.
Daß in VI Naturforscbung ausführlicher auf die Lehre von
der Metamorphose trotz der Schwierigkeit des Stoffes eingegangen
wird, ist durchaus zu billigen, fehlen sollten aber auch nicht
die sehr positiven Ergebnisse der Farbenlehre. Für reichere Dar-
ilellnng von Goethes Anschaunngen über Staats kunst (Vll) waren
die zahlreichen Sprüche und Reime aus der Zeit von 1815 — 1830
loch heranzuziehen, namentlich sähe man gern seine Charakteristik
sdien Äußerungen über Majorität angeführt, unter denen dann
auch die bekannten Stellen aus den Wanderjahren zu geben waren,
and die über den modernen Begriff der Arbeit. Das Achelissche
Bach gehört der von J. E. Freiherrn v. Grotthuß heraus-
gegebenen Sammlung „Bücher der Weisheit und Schönheit*'
58 0. J. Bierbaum, Goethe-Kaleader auf das Jahr 1907,
an. Und wenn aus ihm Goethe zu uns als ein Priester Apollons
spricht, so ist es doch nicht nur der Weisheit spendende delphische
Gott, der durch seinen Hund redet, sondern ebensosehr der Führer
der Musen. Man könnte es wagen, die Goethe- Weisheit als Aus-
druck moderner, d.h. auf naturwissenschaftlicher und protestantisch-
ethischer Grundlage ruhender Lebensauffassung durch seinen
Spruch zu kennzeichnen: „Wonach soll man am Ende trachten?
Die Welt zu kennen und sie nicht zu yerachten^S aber das
Nichtverachten wäre aufs allerpositivste durch das Wort Lynceus'
des Türmers zu erläutern: „Ihr glücklichen Augen, was je ihr
gesehn, es sei wie es wolle, es war doch so schön*'.
Es bleibt noch zu sagen, daß beide Goethe-Breviere, das
Heinemannsche wie das Achelisscbe, von den Verlagsbuchhandlungen
recht geschmackvoll ausgestattet sind, wenn auch durch die figür-
lichen Schmuckleisten des Achelisschen Buches wie durch sein
Vorsatzpapier zu viel Unruhe hineinkommt und die Betrachtung
weniger unterstützt als abgelenkt wird; die zierliche Umrandung
der einzelnen Seiten bei Heinemann wirkt da stimmungsvoller.
Beiden Büchern ist eine recht ausgedehnte Verbreitung unter den
sprachlich- historisch wie unter den mathematisch- naturwissen-
schaftlich vorgebildeten Lehrern aller Arten von höheren Schulen
zu wünschen; ihnen allen gilt Goethe gegenüber das Wort der
seligen Knaben von Faust: „Dieser hat gelernt, er wird uns
lehren**.
Friedeberg Nrn. Paul Lorentz.
Goethe-Ralender aaf das Jahr 1907. Zo WeihDaebteo 1906.
Heraosffesebeo von Otto Jalios Bierbaam, mit Sehmnek von
£. R. Weiß, eioer Dreifarbeowiedergabe eioes Jageodbildoisses von
Goethe, sowie mehreren Holzschoitteo nod Ätznogen nach alten Ver-
lagen im Dieterichschen Verlage (gegründet zu Gottingen 1760) bei
Theodor Weicher in Leipzig. 117 S. 8. 1 ^.
Von dem von uns in dieser Zeitschrift im vorigen Jahre
angezeigten Kalender liegt jetzt der zweite Jahrgang vor. Wir
haben das Unternehmen mit großer Freude begrüßt und sind
dessen gewiß, daß es einem Bedürfnis weiter Kreise, der großen
Goethe-Gemeinde innerhalb und außerhalb Deutschlands, ent-
gegengekommen ist. Was der erste Jahrgang in trefflicher
Weise begann, setzt der zweite ebenso fort. Von großem Interesse
sind die Worte, mit denen ihn der Herausgeber einleitet Er
bringt dort den Brief zum Abdruck, mit welchem 19 der an-
gesehensten englischen Schriftsteller, darunter Walter Scott, Lockart
und Thomas Carlyle, ein Petschaft „Dem deutschen Heister von
Freunden in England'*, unter den Zeichen Englands und Deutsch-
lands, Rosen und Eichenlaub, zum 28. August 1831 übersandten.
Dazu fügt er die begeisterten Worte, welche Carlyle Goethe in
demselben Jahre und bald nach seinem Hinscheiden widmete.
Das ist in der Tat, wie der Herausgeber des Kalenders es mit
\
•■^ex. von R. Jooas. 59
Recht nennte eine englische Annäherung an Deutschland unter
dem' Zeichen Goethes.
Der neae Jahrgang desselben hat ans dem unerschöpflichen
Born deft Goetheschen Geistes wiederum eine interessante Fülle
von Gedanken geschöpft. Wir finden darunter manches bekannte
Y?on, aber doch auch Tieles, was weiteren Kreisen bisher
noch nicht logänglich war. Die Monate des Jahres werden,
wie im ersten Jahrgange, von Goethe-Ausspruchen geringeren
Umtinges begleitet. Weiterhin folgen Veröffentlichungen größerer
Absdinitte, iron denen der umfangreichste das bekannte „Märchen*^
ist, welches der Dichter den „Unterhaltungen deutscher Aus-
^wanderten** angehängt hat. Dem Härchen folgen einige neuere
Erklärungen dieser Dichtung, von denen die reizvolle von
Pochhamer (aus der Frankfurter Zeitung vom 8. September 1905),
dem Wortlaut nach abgedruckt worden ist Es ist dankenswert, daß
der Kalender von neuem wieder auf das „HSrcben*' die allgemeine
Aofmerksamkeit hinlenkt. Alles, was er von und über Goethe
brii^ (denn auch solche Abschnitte sind vorhanden, die nach
pundlich und genau benutzten Quellen verschiedene Seiten des
Goetheschen Wesens und Geistes beleuchten) hat Anspruch auf
ein allgenieines Interesse. Die Worte Goethes selbst ent-
stammen den verschiedensten seiner Schriften und verschiedenen
Zeitabschnitten seines Lebens. Von Goethekennern läßt der
Derausgeber Jakob Minor eingehend zum Worte kommen, aus
dessen Werke „Goethes Faust. Entstehungsgeschichte und Erklärung'*
er einen Aufsatz „Erlebtes und Erlerntes im Faust'* (S. 104 ft.)
zum Abdruck bringt. So verfolgt der Kalender einen doppelten
Zweck: er föhrt den Leser in Goethe selbst tiefer ein, indem
er ihn auf Goethe -Worte hinweist, aber anderseits eröffnet er
auch das Verständnis fflr Goethes Schriften.
Von künstlerischen Beigaben finden wir in dem neuen Jahrgänge
ein Jugendbildnis, eine farbige Zeichnung von H. F. Schmoll, ein
Medaillon von J.K.Fischer aus dem Jahre 1827, eine Wiedergabe
der Goethe-Böste des französischen Bildhauers David, Goethe als
Dichter und Künstler nach dem Gemälde von H. Koibe, Goethe
ab Staatsminister nach dem Gemälde von J. Z. Schmeller
(R. V. Waldheim), Hephistopheles und den Schöler, Federzeichnung
von Julius Oldach, Medaillon von David (Holzschnitt von
R. V. Waldheim). Auch diese neuen bezw. wieder neu ver-
öffentlichen Beigaben sind äußerst dankenswert.
Möge, damit schließen wir, der Goethe-Kalender einen immer
«eiteren Leserkreis finden! Möge er immer mehr und mehr ein
Mittelpunkt werden für die zahlreichen Freunde des großen
Dichters! Wir empfehlen ihn aufs angelegentlichste, ganz
besonders auch dem Lehrer des Deutschen in den oberen Klassen.
Köslin. K. Jonas.
60 R. Haym, Die Romantische Schule, aogez. von L. Zäro.
R. Haym, Die Romao tische Schale. Zweite Auflage. Berlin 1906,
Weidmannsche BnehbaodlaDg. XII aod 950 S. 8. geh. 18,50 JL-
Haymg .Werk über die romaoüsche Schule zählte seit seinem
eraten Crscheinea vor 36 Jahrea zu den gUDdard works der
deutschen Literatur, und die erstaunliche Kenntnis der ganzen
weitschichtigen Literatur dieser literarischen Bewegung, der tiefe
philosophische Geist, der das ganze Werk durchdringt, und die
klare und durchsichtige Ausführung sichern ihm auch in Zukunft
diesen Ehrenplatz. Der Ursprung der so eigenartigen Er-
scheinung im deutschen Geistesleben, ihr Wachstum und ihre
Ausbreitung, ihre mannigfaltige Gestaltung, ihr schwer zu be-
stimmendes Wesen — man denke nur an den Begriff der
romantischen Ironie — , die Gesetze, die sie für die Dichtkunst
aufstellte, ihr Verhältnis zu den großen Dichtern und Denkern der
Zeit, hauptsächlich zu Schiller, Goethe, zu Schlei er macher und
Schelling, der Einfluß, der von diesen auf die ganze Bewegung
ausging, die mächtige Anregung, die von dieser selbst das
deutsche Geistesleben empfing — man denke u. a. nur an die
Germanistik, die sich aus ihrem Schöße losgewunden hat — , die
Entwicklung der einzelnen Dichter und Schriftsteller der
Romantik, insbesondere ihre dichterischen [.eistungen und ihre
weit ausgreifende journalistische Tätigkeit und ihre Bemühungen
um fremdländische Dichter und ihre Werke, deren Formen und
Stoffe sie sich aneigneten, sowie um die Dichtungen und die Volks-
literatur des deutschen Hitttelalters, die sie in ihrem Sinne teils
bearbeiteten, teils dramatisierten : all dieses fand hier eine ebenso
erschöpfende als in der Form musterhafte und ansprechende
Darstellung. Freilich ist der Verfasser „für diesmal^' nur bis zur
ersten Blüte der Romantischen Schule gekommen. Man wird
es in Anbetracht der Bedeutung des Werkes der Verlags-
buchhandlung danken, daß sie sich zu einer neuen Auflage ent-
schloß, den Herausgebern, daß sie das Werk in der Gestalt
ließen, „in der es die Liebe unserer Bildungswelt gewonnen hat*',
und sich mit einigen Fußnoten begnügten, die teils auf Hayms
handschriftlichen Bemerkungen beruhen, teils die Verweisung auf
den Anhang, in dem Haym zum Teil sehr umfangreiche Er-
gänzungen, Berichte und Verbesserungen brachte, zu erleichtern
suchen.
Freiburg i. Br. L. Zürn.
Hans Probst, Deutsche Rede lehre. Dritte, verbesserte Aunai^e.
Leipzig 1905, G. J. Göschensche Verlagahaadlaag. 130 S. 0,80 JH.
(Göschensche SammloDg).
Die kleine Schrift, die in gutem, ziemlich fremdwortfreiem
Deutsch verfaßt ist, gliedert sich in drei Abschnitte : a. Lehre vom
Ausdruck S. 7—56 (Wahl der Worte, Satzbau, Stil); b. Lehre
vom Inhalt (Stoff im allgemeinen, Aufgabe, Sammlung des Stoffes,
H. Probst, Deatsche Redetehre, aoges. von 0. Weise. Q\
GKederung, AusarbeitoDg); c. Huster deatscber Prosa. Auf engem
Räume hat der Verfasser alles Wesentliche kurz zusammengestellt;
dabei geht er nicht auf ausgetretenen Pfaden, sondern sucht
mögliehsi neue Beispiele und neue Belege aus eigener Lektüre zu
gewinnen. Freilich öbertreibt er hier mitunter, z. B. wenn er
S. 102 — 106 nicht weniger als 15 längere oder kürzere Stellen
aas Abbt, Feaerbach, Fichte, Freitag, Herbart, Herder, Humboldt,
Lichtenberg, Schleiermacher, Freiherr vom Stein, 6. Weber und
Qotntiiian vorföhrt Mit der Auswahl und Anordnnng kann man
«ch im ganzen einverstanden erklären, im einzelnen gibt es hier
ond da etwas zu rflgen. So wird man die Form des auf S. 8 t
ik Master von KOrze aufgestellten Themas „Qber die Freund-
ichafr* als zu unbestimmt und allgemein miBbiiligen und S. 51
ia dem Satze „fiberall suchst da nur Unmut und Unzufriedenheit
la wecken" nicht mit dem Verfasser einen MiBklang finden, schon
deshalb nicht, weil die sich wiederholenden u-laute teils in tief-
toniger, leib in hochtoniger Silbe stehen. Ferner wird S. 87 in
dem Sprichworte „Morgenstunde hat Gold im Munde" wohl mit
Dareeht Mund aus mhd. diu munta^manns, die Hand, abgeleitet;
deon wenn wir beachten, daB in scliwedischen, norwegischen und
dänischen Volkssagen der persönlich gefafiten Morgenr6te
goUene Ringe, goldene Münzen oder Edelsteine aus dem Munde
teilen (vgl. Borcbardl*Wustmann, Die spriphwörtlichen Redensarten
in deotachen Volksmunde S. 201), so werden wir nicht mehr
daran Eweifeln, dafi hier an den Mund und nicht an die Hand
zu denken ist
Der dritte Abschnitt föhrt uns nicht bloB Muster deutscher
Prosa Tor, sondern auch abschreckende Beispiele, s. B. den Stil
ima Pauls und Kants (in der Kritik der reinen Vernunft); er
foltte daher eher die Aufschrift tragen „Stil der bedeutendsten
deatsdien Schriftsteller^'. Die S. 5 und 6 als QacHon ?er-
leidiiieten Schrifken sind zum Teil nach ganz alten Auflagen
zitiert, so Behagbel, Die deutsche Sprache (1886, jetzt 3. Aufl.
1904), meine „Muttersprache'* (3. Aufl. 1897, jetzt 6. Aufl.),
A. Heitttxe, Got Deutsch (8. Aufl. 1897, jetzt 11. Aufl. 1902),
Wanderlich, Der deuUche Satzbau (1. Aufl. 1882, jeUt 2. Aufl.
1901), Choleviusy Praktische Anleitung zur Abfassung deutscher
iiAätse (3. Aufl. 1874, jetzt 7. ?on mir besorgte Aufl. 1904,
k Kutsner, Praktische Anleitung zur Vermeidung der haupt-
lieblichsten Fehler usf. (1. Aufl. 1882, jetzt 3. Aufl. 1901).
Bei einer Neubearbeitung wird der Verf. vor allem R. M. Meyers
jängat erschienene Stilistik heranziehen müssen; auch dürfte er
Sr seine Zwecke mehr Anregung finden in meiner „Ästhetik der
deotacfaen Sprache'' (2. Aufl. 1905), die er nicht zu kennen
Kbeint, als in meiner Schrift über „unsere Muttersprache'*, die er
■cBUtit hat»
Ejsenberg S.-A. 0. Weise.
62 W. Janell, Ausgewählte Inschriften, an|rcz*voo B. Dopp.
Walther Janell, Aasgewählte loschrifteo, grieehisch und deutsch.
Mit einer Tttelvignette ond drei AbbilduogeD. Berlin 1906, Weid-
manosche Buchhandlang. VI u. 148 S. 8. 4 M.
Diese aus einer ProgramiDabliandlung (Neu-Strelitz 1903)
herausgewachsenen „ausgewählten Inschriften'* mit beigegebener
deutscher Übersetzung sollen dem gelehrten Nichtfachmann, d. h.
nicht nur dem Juristen und Historiker, sondern auch dem jungen
Philologen und dem Schulmanne, der sich nicht besonders mit diesem
Zweige der Altertumswissenschaft befaßt hat, leicht erreichbare
Muster der heute in übergroßer Menge zutage getretenen Urkunden
für die Zwecke seiner eignen Belehrung oder der seiner Schüler
an die Hand geben. Beonders in der Hand des Lehrers ist eine
solche Sammlung geeignet, zur Belebung des geschichtlichen wie
klassischen Unterrichts durch Belehrung aus den unmittelbaren
Quellen des antiken Liebens beizutragen. Die einzelnen Urkunden
verbindet ein fortlaufender Text, der, oft etwas gewaltsam, von
einer Inschrift zur andern überleitet und das zum Verständnis
Nötige darbietet.
Die Auswahl, der eine Einfuhrung vorausgeht, die über Material,
Schrift- und Zahlzeichen wie auch die wesentlichsten Ausgaben
griechischer Inschriften unterrichtet, zerfallt in zwei Teile,
dieUrkunden des öffentlichen und die des religiösen Lebens;
in den beiden Abschnitten des ersten, möglichst chronologisch
angeordneten Teils sind die Urkunden vorrömischer Zeit von
denen römischer Zeit getrennt behandelt, in dem zweiten Teile
beruht die Anordnung lediglich auf sachlichen Gründen.
Was die Auswahl betrifft, so nehmen in dem ersten Teile
die Ehrendekrete und Ehreninschriften (41 von 98 Nummern),
im zweiten die Grabschriften (39 von 132 Nummern) einen für
den Zweck des Buches und seinen Umfang zu breiten Raum ein,
besonders die Ehrendekrete hätten zugunsten jetzt fehlender
Inschriften Aber Koloniegründungen, Schatz- und Bauurkunden,
Tempelinventare, Tributlisten eine Einschränkung erfahren sollen.
Neben den Ehrendekreten finden sich im ersten Teile Bürger-,
Richter- und Huldigungseide, Scherben für den Ostrakismos,
Ächtungsurkunden und Steckbriefe, Staats vertrage und Volks-
beschlüsse, Denkmalsaufschriften u. a.« der zweite Teil führt uns
in erschöpfender Weise in die religiösen Beziehungen des
griechischen Menschen ein, die viel mehr als heute das öffentliche
und persönliche Leben beherrschten. Wir finden hier die mannig-
falligen Formen der Weihinschrifl, Opfer- und Kultbestimmungen,
Orakel-Befragungen und Antworten, Fiuchtafeln, Heilberichte,
Freilassungsurkunden, eine Leichenordnung und die Grabschriften
in Prosa und Poesie.
Die Obersetzung sucht, soweit es angeht, neben möglichster
Treue moderner Ausdrucksweise, besonders in allem Technischen,
gerecht zu werden, ein Ziel, das, wenn noch nicht ganz, so doch im
Bodde, Zar Reforn d. fremdspr. sebriftl. Arb., ags. v. Jotvpeit. 63
«esentüchen erreicht worden ist. Schade ist es, daß der Herausgeber
Dicht alle metrischen Grabschriften ebenso wiedergegeben und ab-
gesehen von den Kaibel und Geflcken entlehnten rhythmischen
CbersetZQDgen nur einige, gar nicht ubel gelungene, dichterische
Proben bietet; er hätte bedenken sollen, daß eine Obersetzung in
Prosa gerade bei dieser Gattung den Charakter völlig verändert.
Seiner eignen Erklärung entsprechend, hat J. neue Forschungen
nicht vorlegen wollen, er hat die Schwierigkeiten in den dar-
gebotenen Inschriften nicht gesucht, sie wohl gar umgangen oder
ans dem Texte entfernt und sich im übrigen der Führung
Dittenbergers und anderer Epigraphiker unbedenklich anvertraut,
eJD Vorgehen, das bei den Zielen, die der Auswahl gesteckt sind,
«nwandfrei erscheint.
Somit wird das Buch manchem, dem Dittenbergers oder
Kchels Sammlungen nicht zur Verfügung stehen, das seinen
Wäoscfaen Entsprechende bieten, zumal auch außer der Titel-
Tignette drei vorzügliche Abbildungen über äußere Inschriften-
bnoen belehren. Ausstattung und Druck des Buches sind vor-
Khm.
Rostock. Ernst Dopp.
Gerhard Bndde, Zar Reform der frendspraeblieben sehrift-
licheB Arbeiten an de« hSberen KaabeBschaleo. Halle a. S.
1906, Waisenbaiis. VIII n. 56 S. 8. 1 JL.
Der Verf. bat, damit nicht der Hangel an historischer
Betrachtungsweise ihm zum Vorwurf gemacht werden kl^nne, lu-
ticbst in bezog auf die fremdsprachlichen schriftlichen Arbeiten
anfassende Quellenstudien gemacht und deren Ergebnis in seiner
.Geschichte der fremdsprachlichen schriftlichen Arbeiten von 1812
Us auf die Gegenwart** niedergelegt. Dann erst hat er sich mit
Keformvorschligen in betreff des Extemporaleproblems an die
Öffentlichkeit gewagt.
In bezug auf die Ziele des Sprachunterrichtes legt die
sprachlich-formalistische Gruppe den Hauptnachdruck auf
ib Studium der Sprache an sich, welche nach ihrer Meinung die
uchste Vorbereitung für die Logik, ja für die logisch-meta-
pbjsische Philosophie bildet; ihren Zweck glaubt sie besonders
forch das Obersetzen aus dem Deutschen in das Lateinische zu
^reichen. Die historischeGruppehiogegenbetontdieEinfQhrung
ia eine neue Gedankenwelt, also das Verständnis der Schrift-
steller; ihr Ziel ist „der Genuß der Werke des Altertums, die
tbermittelung wertvoller Kulturgüter, des Lebensinhaltes jener
Zeiten, das Heranführen an die Probleme und das Hinführen auf
die Wege, auf denen geistig hochentwickelte Völker Wahrheit
und Glück gesucht haben". (Zuerst wäre allerdings meiner An-
seht nach festzustellen, welche klassischen Schriflssteller in
diesem Sinne wert sind gelesen zu werden und ob sie nicht
g4 Bodde, Zur Reform d. fremdspr. schriftl. Ark, ags. V. iosopeit.
durch hervorrageode Darstellungen deutscher Schriftsteller und
Geschichtschreiber ersetzt werden können.) Dieses Ziel könne
aber nicht erreicht werden, wenn man nicht das historische
Element auf der Oberstufe von jeglicher Konkurrenz von Seiten
des formalistischen Prinzips befreie.
Auf der Unter- und Hittelstufe muß nun allerdings —
fahrt der Verf. fort — das Hauptziel die Sprachaneignung sein;
dazu sind in den alten Sprachen gewifi die Extemporalien, aus ein-
fachen Sätzen mit bekannten Vokabeln l^stehend, geeignet. Es
überwiegt in ihnen die Gedächtnisarbeit; und die dabei verlangte
Subsumption ist eine so einfache Betätigung des Verstandes, ein
so einfacher logischer Prozeß, daß die darin liegende formal
bildende Kraft auf der Unter- und Mittelstufe jedenfalls erschöpfend
wirksam wird und für die Oberstufe nicht mehr in Frage kommt.
Aber auch hier muÖ den Schülern die tief eingewurzelte Über-
zeugung genommen werden, daß die Extemporaleleistung eine
besondere und die Zensur am meisten bestimmende Leistung sei.
Dazu ist aber notwendig die Abschaffung der festen Termine und
jeder besonderen aufregenden Vorbereitung, so daß der Schüler
gar nicht vorher weiß, an weichem Tage das einzelne Extemporale
geschrieben wird; es muß gleich der deutsche Text der ganzen
Arbeit diktiert werden und alle notwendigen Hilfen vorher
gegeben werden. Bei der Beurteilung müssen die ortho-
graphischen und Akzentfebler nur als halbe Fehler gerechnet
werden (zwei halbe Fehler machen aber zusammen nicht
einen ganzen). Dann dürfen die Extemporalien bei der
Zensur als gleichwertiger (aber nicht als allein oder hauptsächlich
entscheidender) Faktor mi^ den andern Leistungen in Anrechnung
gebracht werden. Aber auch dann wird es schwer sein, ihr un-
gerechtfertigtes Obergewicht auf das rechte Maß zurückzuführen.
„Wie wenig fällt diesem Schuldbuche gegenüber, diesem Sünden-
register schwarz auf weiß mit roten Strichen und andern ge-
heimnisvollen Zeichen, welche den UnwiUisn des Korrektors
interpretieren, die flüchtige Zahl der guten Antworten ins Gewicht?
Die werden gewogen, aber zu leicht gefunden'*.
Auf der Oberstufe aber, deren Ziel die Einführung in
eine neue Gedankenwelt durch die Lektüre ist, schädigen solche
Extemporalien die Lektüre außerordentlich; sie werden, solange
sie bestehen, als die Hauptsache angesehen (besonders da das
Prüfungsskriptum, bei dem die Zahl der zulässigen groben
Fehler äußert beschränkt ist, seine Schatten bis in die Ober-
sekunda zurückwirft), sie gewähren immer eine Handhabe, um das
Unterrichtsschifllein in das formalistische Fahrwasser zurückzu-
steuern. Ihre Abschaffung auf der Oberstufe ist die con-
diclo sine qua non für eine Gesundung unseres Sprach-
unterrichtes. Und mit der Abschaffung des Prüf u ngsextempo-
rales würden die Extemporalien auf der Oberstufe sofort ver-
• • • •
Rieke», Eisige ^erUa frairzStife1i«r Poefie, agt. t. Faoek. 65
selNrii^defn. Nun ^kä geg^n diese Mafire^el eioge^efidet, dd8
Extettiporafi^ aHtsiilr ä$i Mirft vöü graoti&atischer Sicherheit gelwUr-
leMttt, dai ttt einem «Hblgrtiebeo LefttOrebetrieb liotwehdtg s^i.
Aber dteses Afffmfiettt beruht attf falschen Toraosselzuo'gen. tlk
Iteg«n ober grtniniaffisebe Dösicherh^it Set SchOfet kAreü in def
Ge^hidlte der älfcpratäiKclre» Uferhodlft seit fast tOO Jahi'eti imi&eif
wied^, sie sind dtireh keine Skrij^ta und durch^ k^ine itrAöhüttg
der StantfenxaM znttt ferstüinttieo (^ebfacttt Wordel). kiith M
te ejiMtiiaai 86 StiiiHlM IMeit^ batt^, Waräd die Erfolg« üfcht
beiMr, «iid hl eltt^ril MinikteriarerlflS ton f869 Würde därflber
geklagC, jM grob« FeMisi* wic^ vetefortrftt und celebr« sieh noch
Ks in dW PrittM (cfnptikvhimt. (tch m5cfi((& beKataptei^; dkB jettt
sdehe FeUeT — frotr aHeT Extemporalien — gei*adö ih den
Oberictassen ron neuem entatellen.) K6 ä^kUchi^n Resaltate,
die jetzt Ifou Air Skripti im allgemeinen in den
KniHierBetniilgen «zielt Werden; ajnd in leiaSter tinie bedingt
AirdI dett Dmstamd', dafl lör SkBe Obnngen der gToBeh Mehrzahl
fcr Sefafller der Oberettafe j^chos fnterdsse fehlt; und ohne diesen
Faktor 6it noeh kelniB ridagO|;lk etwas Erfolgreiches leisUn
Uhmett. — ErMtzf Werdet! A'a Extemporalien' zweckmäfiig durch
Ketroyeratoiiefl, durcb" freie I^arstelinngen und besonders durch
tbera^beuDgim aus dien Fremdst^rach^n ins Deutsche.
Inm Sehlnft erwähnt der Verfl die Bemerkung Paulsens«
daS der Absdified^ tortr Qymnasitini mit sehr ao^eren GefQhlen
TOD deii Abg^Helkden gefeSert werde als der von der^l^venität ;
Aiihft^iihbeit an das Gymnirrium gehöre beim Deutschen ^ den
MhefttMA ErsdieittudgM. Eine von* den verschiedenen Ursachen
teer Erscheinung 'm nach dem Verf. die, dafi die Abiturienten
das Gefühl bkben, dM rie id ibref geistigen Eigenheit währeod
dtt* Sdiiilzeft nteht'riebtig erkannt, daS ihre wirklichen Flhigkeiten
aod Kcfimtntoe nMK ridtft% beurteilt worden sibd. Auch gereifte
ttmer sehen mit' soldben GefQbleti auf ihre Schulzeit zurück,
vMTaeh We8 man siiü aiir SehOhn' zu aebr liach ihf^n Extemporalien
beorteilt hat Eine grundliche Reform der sdlriftlichen Arbeiten
wtele attch in diesem Punkte Wandel schaffM.
Tilsit 0. Josupeit
iickee, Bti^ige Pifrltfd fraaieSiiieker PoeBie(36) von Coraeille
bis Coppee. Pfir dev fraatSils^ed Unlerrieht der hahereo
Seiolen aad Maw^embwte. Kvlwt alaeai' Aalaa^e voi ßber*
a0Csiiii||en deotaeker Gadiebta (6); aiatt Veralebra i* daataeher a«d
fraBtjfiiMÜar Sprache aad eiaem korxen Obeiblick über die Geaehiolite
dh' MizMaebev Lftlirfattfr. Zweite Aufläse. Chemoito and Leipsi^
190gy Omnui»^ 55^. 8. felr. 0,80 Jg
pt8 ein BMHItTflis einer knajipen Sammlung franz5sischer
▼ftfl^g^ kaifn dadnrch aU erwiesen angesehen Werden,
dal EidMur MMoM Bncfa in zweiter Auflage erschienen ist Es
eMpMdt eich doreh billigen Preis und gdten Druck und bietM
Z#iiMhr. t a. OjMMdalwMta. LXL L 5
ßg Moliere. («*A,va.r«,.hf<b.. v. tteriiAjrd,%aog«t.vaji <fi. Mereri t
10 der Tat aus drei Jabrhimdertea eine |;anze Afizahl 'charak-
teristischer Literaturproben. Daß sie schon auf dem Titel als
Perlen und dazu noch beziffert (36) bezeichnet wurxlen, ist nicht
sonderlich geschmackvoll; auch fiher die .gelroflene Auswahl läßt
3icb .streiten ;<z. B. gibt die langatinige Behandlung der Geschichte
des Müllers von Sanssouci durch Andrieux kein gunstiges Bild des
sonst bei solchen Stoflfen gerade besonders treffenden französischen
Esprit; auch «ieht man nicht recht, warum der Chor aus der
Athalie (S. 6) und Viktor Hugos Gedicht auf Napoleon IL
(S. 28/29)' gekürzt werden müßte. Pur die gewißim allgemeinen
för den Unterricht aq sich sehr braiichbaroq Obersetiungen läßt
sich der Ausdruck „Perlen^V nicht immer rechtfertigen; Cbamissos
Gedicht kann kaum als eigentliche Obersetzung gelten, sehr gut
ist die Übertragung von Mignon durch Marmier, die des Erl-
l^önig .von Deschamps, die eines Bruchstückes der Glocke von
Amiel eqtfernt sich recht weit von dem Original^ zu dem sie
Mbrigens im Tone stimmt; weniger ist der Ton getroffen in
Blarc-HonDiers Wiedergabe des MaiUedes von Geibel« in der hier
auch der Druckfehler, le ,cbpeur(a|[istatt coeur) stört Ganz
vßrfßhtt erscheint an dieser Stelle D^Hhamps' Obersetzung von
jyLutzows wilde Jaigd'S der glühende Franzosenhaß klingt an sich
schon wunderlich im Hunde des Franzosen, dem auch det*
deutsche Text, nicht immer klar gewesen ist: aus „es zieht sich
hinunter in düsteren R ei hn'' wird hier „le long du Rhin sombre"»
aus „Wo die Reben dort glühen, dort braust der Rhein» Der
Wütrieb geborgen sich meinte*' wird „Oü jaunit la vigne est
couche* le Rhin. Sa fureiir semblait ^ndormie*'. Dergleichen
Dinge sind wenig geeignet, bei den Schülern die ohnehin>
schwache ^cigung für französische Poesie zu verstärken.
Die französische Verslehre sähen wir lieber nur in deutscher
Sprache und noch einfacherem Ausdruck, aber mit mehr Bei-
sptelen behandelt. Der literaturgeschiclitliche Abriß sollte sich
nur an Daten halten und. auf Geschmacksurteile, die in dieser
Kürze leicht irre führen, verzichten.
Sondershausen. A. Funck.
> * .
1) Moliere, L'Avsre. Anilys«, ^tvde et eommentaire par Henri
. Beraard. Berlin 1906, Librairie Weidmaao. Texte 106 S.,
commeotaire 98 S. 8. ^b. 1,50 JC»
Der bereits 1904 erschienenen Ausgabe von Holiires
Misanthrope läßt der Herausgeber nun dessen Avare mit
fränzöMsch geschriebenem Kommentar folgen. Dieser ist mit
derselben Sorgfalt und Gründlichkeit gearbeitet, die, wir seiner
Elrklärung des Misanthrope nachrühmen konnten. Nicht zu-
stitninen jedoch kann ich der Behauptung S. 29^ daß .HarpagpD
ein^ Bürgerlicher sei. Unter anderem spricht dagegen: Vera-
pppteraent d^un pke, les reproches d'une famille, les censures dU;
P. Merimc«, ColoAb«,lis(ili.v. Schmaler, aogex. vo» fi. Meyer; 67
mODde S. 5, une dame de qualite 72, die Anrede „madame*' an
Elise S. 62 (III 6), der Diamant am Finger des Harpagon, der
Baussland mil Intendanten, seinem Dienstpersonal nebst Wagen
und Pferden» das Auftreten und der Verkehr seines Sohnes; auch
Anselme ist als Edelmann gedacht; vgl. die Anrede „madame*^
an Mmane Hl 6 und Pritsche zu I 4,39: „seigneor war ein nur
AdUgfeo zukommender Titel, und die Erkennung am SchtuB des
Siöckes (»eweistt daß Anselme als Edelmann gedacht ist*'.
2) Prosper M^rin^e, Colombai lo gekürzter Psmods beraosgegeben
muä erklSrt von Oskar Sehmager. Dritte Aaflage. Berlin 1906,
WeidfliaaBaehe Baebhaadlnog. JÜCXI nad 140 S^ nebst Aomerkangeo
63. S. 8. geb. 2 v^.
Nach einer ausfAhrlichen Eänieitung, welche auch auf die
Frage nach den Quellen M^imees eingeht, folgt der Text der
Colomba mit geringen Kürzungen, die aus pldagogischen GrQnden
geboten erschienen. Die Wahl dieses Stockes empfahl sich, da
von ailen Werken Merimees Colomba als sein Meisterwerk gilt
und die Schilderung korsischer Sitten und ZustSnde interessant
and lehrreich ist. Die Lektüre ist allerdings nicht leicht, zumal
da mit Röcksicht auf die „coulenr locale^' die Sprache der ein-
lacheD Leate auf Korsika beibehalten ist Die Anmerkungen
suchen diese Schwierigkeiten zu heben; sie verdienen volles Lob
und uneingeschränkte Anerkennung; sie sind mit großer Grönd-
fichkeic und Sachkunde geschrieben und bilden eine willkommene
Bereicherung der Erklämngslitentur Cranzösischer Schriftsteller;
•hne dieselben würde gewiB manche Stelle falsch oder doch nur
halb richtig verstanden werden. Zu S. 63,4 On appelle cela
famas, le muccbio d*un tel- vergleiche, was Julius Sahr über
Sprokenkreut in Lyons Zeitschrift für den deutschen Unterricht
1901 S. 733 und später mitgeteilt hat
Preeis de gramnaire fraa^aiae a Tosage des elaaaea de fraofaiade
renaeigneneat aecoadaire ea AIlenagDe. Traduit de rallemaad par
Josepb Delage. Leipzig et Berlia 1906^ B. G. Teuboer. X und
199 S. 8. geb. 2,60 jl.
Der Verfasser des bekannten französischen Unterrichtswerkes
hat seine „Hauptregeln der franzüsischen Grammatik" von Herrn
Joseph Deiäge ins Französische fibersetzen lassen, um dem
Wunsche derer zu entsprechen, welche im Unterricht eine
firanzteiscb geschriebene Grammatik benutzen wollen. Die Vorzüge
der deutschen Bearbeitung' sind bekannt und haben durch die
ßbersetzung keine Einbuße erlitten. Durch Klarheit und Be-
itimmtheit der Regelfassung und durch di^ Fülle gut gewählter
Bospiele empfiehlt sich dieser Abrifi, der Qbrigens, wenn auch in
gedrängter Darstdlung, wohl alles enlhUt, was im grammatischen
Wissen auf Schulen verlangt Wird.
Herford L W. Ernst Meyer,
68 Koppe-Knsmaoas Anfaogsf raade L Physik« agt. v. R* äekleL
l) Koppe-H«sfli«Dii's' A»fang,8KrBmde ddr Pkytikiiit EuteUaider
nttbeniatiselieQ Geo^raphia aad Chaaie. Foc da» Uaterriekt aa
h5h«cen LehraosUltea, go.wie cor Selbstbelaäroog. Kionaddreifii^ata
Anfla^, bearbeitat too K. Kaops. Mit 462 ia Abb Text aia^e-
draaktaa HalaaehDictaa, eiaar meMai^igaa Tftfel der Spahtrea ver-
sehiadeaar flteaiaate aad HMiaialakörpar, aawia aiaec nehrlirbivaa
Sterakarte. Bssaa 1906^ Gv D. Baedeker. VIII «. 604 & 8. «ab. 6 JC.
Dio weile Verbraitoug dieMB LeiirbttCiict an höluipeii Lebr-
anstalten läßt ea gabolen eFaoiiaHWD^ auf eina m dieaem
Jahre erscbieDene neue Bearbeitung auch an djeaer Stelle auf-
merksam zu machen. Die alten Koppeachen An&ngsgrönde
der Physik, später von Husmann heraulgegaben, aind. naob dem
im vorigen Jahre erfolgten Tode Husmanna in aeinero Sinne
und wesentlich nach aainea Angaben verbasaerl und erweitert
worden. In der jetzigen Gestalt anispncht daa Werk an inball
und Form allen Ansprüchen einea Raalgymnaaiuma, fär Cymnaaloo
dürfte es zu umfangreich sein«
Die wichtigsten Änderungen bestehen darin, dafi der ehemisclM
Eurausy der in der vorigen Auflage Cortgelassen wivde, nuamabr
wieder am Ende des Werkes Aufnahme gefunden hat. Femer
ist daa Kapitel über Galvanisnuia einer gröndlichen UmgeatakuBg
unterzogen worden, die Beaprechung der WIrme- wd Lichlr-
wirbungen dea elektrischen Stromes bei eine bedeutende Ver-
mehrung z. B. durch Beschreibung und Abbildttiig der Nornat«*,
der Osmium- uud der Tantallampe erlahreui der geacUcbUiebe
Oberblick iqa Anhange iat nicht unbetrMitÜch erweiter4 und
berichtigt worden. Aber auch aonat findet man die Spuren dex
bessernden Hand, in einer korrekteren Paarung dea Auadrueka, wi«
in kleineren 8a<;hlicben Ändernngan.
Für eine spitere Auflaga wdren nqch einige M&nfal im. ein-
zelnen zu beseitigen. Die firblärung dea Foucanttooben Pendel-
versuches ist zwar die landläufige, aber darum doch nicht korrekte,
wie aicb au» den i& pbyaikaliacben Zeitscbrifren ?erftOlnit)ichten
Versuchen einer methodisch richtigen Behandlung ergibt Die
Beschreibung dea Sprachorgans obna dautliohe AbbiUong der
wichtigsten Teile erscheint nicht zweckmäJBig und mufite ent-
sprechend ergänzt werden. Die erdmagnetiacben Angatnen beziehen
sich noch immer auf das Jahr 1880, auch ist ihre Änderung bis
beute aus dem Buche nicht mit Sicherheit zu entnebmeo. Die
Isoklinen sind sogar dem Jahre 1860 entnommen. Der niaaiache
Kalender Ist gegen den nnsern um 13, nicht, um 12 Tage ver-
schoben. Das Fremd Wörterverzeichnis weist hei einzelnen.
griechischen WQrtern, die zur Erklärung, herangezogen- werden^
wie schon in froheren Auftagen, auch jet^t noch<HSng0 aud z. B.
wird Ellipse von ixksinc^ Mechanik von f*9X^ ab^Bleilet. Die
beigegebene farbige Sternkarte ist durch die Eiozeichnung der
Bilder unübersichtlich geworden, sie wQrde nur gewinnen, wenn
man alle überflöaeigen Linien und Bezeichnungen fortließe.
t, IMfl Liebt «Bd die Firk»«» aifti. toi R. feMel. 60
2) L.4rr«ts, D€0 Liekl aad die Farbto. SMii VorÜBivHM, fshaltra
Im ValksboelHcliiüvarein MiwbM. Ab« fiatw uad Geivtetwelt
Baad 17. Zweite Aoflafe. Leipai« 1905, fe. G. Teabaer. 153 8. mit
11« AbbiMaiigaa. 8. geb. 1,25 J^.
Dieses anregend und klar geschriebene BQchlein enthält den
Abdruck der im Winter 1898 im Hochschulverein Mönchen Tor
gebildeten Zubi^rem gehaltenen Vorträge, die an der Hand sorg-
ßltig ausgewählter Experimente die wichtigsten optischen Er-
sdieinungen Torföhren und im Lichte der Wellentheorie ihre
Gesetze zum Verständnis der Zubfii^r bringen sollten. Schon bei
Besprechung der ersten Auflage habe ich darauf hingewiesen, daß
dieses Ziel ohne Voraussetzung besonderer physikalischer Kennt-
nisse und ohne Anwendung der Mathematik in bemerkenswerter
Webe gelungen ist. Die neue Auflage enthält nur wenige
Änderungen und Erweiterungen des Textes, der als durchweg
korrekt bezeichnet werdett kann. Wenn diese gedruckten Vor-
lesungen auch nicht di6 beiehrende und überzeugende Kraft
kbendiger Vorträge und anschaulicher Experimente besitzen
kftnneDy so enthalten sie doch eine dem gebildeten Laien ver-
ständlidie, durch zahlreiche und klare Figuren unterstutzte
Darstellung eines grofien Gebietes optischer Erscheinungen und
sind durchaus geeignet, in Ermangelung Ton Experimentalvorträsen,
pündHches Wissen aus der Lehre Tom Licht und von verwandten
pbysikalischen Vorgängen in weiten Kreisen zu verbreiten.
Berlin. R. Schiel.
Friedriek Saaaeaaaa, Die llasik als Uaterriebtaffef ea staad
iB des Bvaasetiscbea Lateiaschalea des 16. Jalirboaderts.
Bia Beitraf zur Gesebichte def Scboigesaas^s- Leipzig 1904j ia
KsAMisilaa voa BreiUopf & Hirtel. 113 ;). 8. S M^ (Motik-
wiaaeMebafUiebe Sliidiea, Heft 4.)
Diese Schrift verdient valle Beachtung in gymnasialen Kreisen,
vsuB aie auch nicht von einem Kollegen geschrieben ist. Es ist,
— sagen wir es offen — b^ uHs so gut wie unbekannt, welche
Baue die Musik früher an Gymnasium gespielt hat, wie sie zU
den allerwichtigsten Unterrichtsgegenständen gehörte und dem-
gemäB respektidri wurde. Zu den Ruhmestiteln des Gymnasiums
via der gesamten Nation gehört nun einmal die Geschiebte des
Kantorats an der Thomasschule zu Leipzig. Was dort im großen
geleistet wurde, ist von andern Schulen Im kleinen geleistet
werden» Jedenfalls steht das eine fest: die Loslösung des
SriiHerchors von der Pflicht der Mitwirkung im Gottesdienste hat
«man Tiefjpunhl dar musikalisehen Leistungen des Gymnasiums
herbeigefilut, der als beklagenswert bezeichnet werden mufi. Am
tisbten heben unsere Gymnasien musikalisch in der Periode der
Aofklirung dagestanden. Allmihlich haben sich die Leistungen
gabofcen; aber nach immer ist die ahe Zeit nicht im entferntesten
enrajcht. Diei ia ftbaraeugandar Waise dirgetan zu haben ist
70 .F/ Si|iio0.mAiifi, Die Masit als DDteTricJbtslef «iisttDd/ I
das unbestrittene Verdienst des Verfiassers. ' Nachdiein er 'ihi
Eingange Luthers Stellung zur Musik und seine Schä,tzQiig der
Mtisik als Erziehungsmittel berührt ha\ bespricht er die Ver-
wendung des Schülerchors bei den Yerschiedensten Gelegenheilen.
Nipht nur in der Kirche, sondern auch im bürgerlichen Leben
bei Hochzeiten, Gastmählern u. dgL m. wurde er begehrt Neben
dem Rektor war die wichligste Person des Lehrerkollegiums der
Kantor. Dieser versah iStets das Ordinariat einer Klasse,
meistens der Tertia. Als Gehilfe stand ihm der Succehtor zur
Seit^V Aber auch andere Lehrer unterrichteten in der Musik,
und es gab Schulen, wie Helmstedt, wo unmusikalische Lehrer
nur ausnahmsweise angestellt wurden. Luther sagte: \,Ein
Schulmeister muß singen können, sonst sehe ich ihn nicht an^'«
Die Gesangstunden lagen meist in der Zeit von 12 — 1 Vbv. Die
Mehrzahl der Lat. Schulen hatten wöchentlich 4 — 6 Musikstunden
für jeden Schüler, nur wenige gingen unter diese Zahl herunter.
Das Lehrziel war, alle Schüler ohne Ausnahme, die kleinen wie
die großen, im Gesänge auszubilden. Dispensationen ?om Gesäng-
unterricht gab es nicht Das nach dem Gehör Singen sollte zum
bewußten Kunstgesang werden. Der Gregorianische Choral und
die Literatur der Figuralmusik bildeten den Lehrstoff. Oberaus
zahlreich sind die Lehrbücher (20), nach denen man im
16. Jahrhunderte in der Musik unterrichtete. Pastor Saniiemann
gibt uns eine eingehende Darstellung ihres Inhalts und ihrer
Methode. Die elementaren Kenntnisse der Musikwissenschaft
wurden wie heute den Schülern der unteren Klassen beigebracht,
Bicherllch gründlicher wegen der größeren Zahl der Unterrichts-
stunden. In den Oberklassen behandelte man in der Mathematik-
stünde wohl die theoretische Seile der Musik. Wir hätten hier
bei der Erläuterung der Begriffe voces, claves, cantus usw. gern
Qlters eine Übertragung der Noten in unser Notensystem gesehen.
Pem ungeübten . Leser ist das Verständnis der abgedruckten
Proben nicht geläufig. Als Resultat der methodischen Ent-
wicklung ergeben sich folgende Prinzipien in den Lehrbüchern
jener Tage:
1) Anschaulichkeit in der Verarbeitung des Lehrstoffes, .
2) Wachsende Beschränkung des theoretischen und Memorier^
Stoffes,
3) Vorwiegen der erotematischen Lehrform..
Zu Nr. 1 gibt S. eine Fülle von Beispielen . aus den Übungs-
büchern des 16. Jahrhunderts, die seine Behauptung in Tollem* Mäße
bestätigen. Auch die Literatur, welche S. über einfache Kontrai^
punkte, Kanon und polyphone Sätze, wie sie den Schülern zum
Einüben vorgelegt wurden, gibt, ist reichhaltig und vollständig.
Textlich ^urde damals anders verfahren als heute. Die Schüles
sangen gewö^iUch nur mit den 6 Silben der sogen. Solmisation^
|iqd:eretj wenn sie ganz notenfest geworden waren, ging . man 2a
aiyts. von B. Eiekhoff. 71
anderen Texten über. Die deutsche Sprache itand hier freilich
Y5Uig hinter der lateinischeD zurück. Das Einöben und Ein-
prägen geschah durch Vorsingen des Lehrers, eine Methode, die
dch aach hente noch als die beste erweist Treffsicherheit wird
auch damals nur bei den musikalisch begabten Schülern zu finden
gewesen sein. Unter den Lehrmitteln figuriert die Wandtafel,
an die der Lehrer die Gesänge schrieb, damit sie von den
Schülern in die Hefte eingetragen würden« Auch heute noch
wird dem Musikdiktat das Wort geredet. . Wir können uns bei
der Kürie der Zeit, die uns zq Gebote steht, nicht dafür begeistern,
ebensowenig für den Gebrauch des Monochords,, einer Saite, die
in ihren einzelnen Teilen die Tonskata zur Anschauung brächte,
und den des heutigen Klaviers. Der Naturlaut der Kehle muß
for den Schuler das beste Lehrmittel bleiben. Audi eine Revision
des Gesangsüntefriclits, gegen den sich heute die gesamten Fach-
lehrer aussprechen, gab es im 16. Jahrhundert schon- (8. 152).
Daß anf die ästhetische Seile des Miisiknnlerrichts schon damals
Wert gelegt wurde, beweist S. schlagend an zwei Beispielen. Das
Ergebnis der Untersnchung faßt Sannemann 8. 157 kurz zusamnlien.
In einem Anhange widmet er den „praecepta*' Job. Zangers und
den Daten der Biographie G. Dreslers einige Worte.
Das Ganze ist ein sehr wertvoller Beitrag nicht i)ur zur
Geschichte des Gesangunterrichts, sondern der Geschichte der Lat.
Schulen des 16. Jahrhunderts. Der Verfiisser hat, wie der Titel
sagt* nur die, evangelischen (d.h. lutherischen) Schulen berück-
sichtigt Es wjre von Interesse zu erfahren, in welchen Bahnen
sich gleichzeitig der Gesangunterricht an den katholischen Schulen
bew^ta. Vielleicht beschenkt uns der Verfasser einmal mit einer
Gesdiichte des Musikunterrichts an den höheren Schulen Deut^
schlands seit der. Reformation. Die Arbeit ist deswegen not-;
wendig, weil dem gegenwärtigen Zeitalter gezeigt werden mußt
wie weit wir von den musikalischen Leistungen der alten
Lateinschule und der Schätzung der Musik als* Erziehungsmittel
znrQckgekommen sind^ Erst dann wird es vielleicht wieder auf-
wärts gehen. Schließlich machen wir noch auf das lichtvolle
Referat des Verfassers über die Besiehungen der Gymnasien und
Mittelschulen zur Kirchenmusik aufm^J(sam, weiches er auf dem
fientseh-evaiigeiisehen Kirehengesangstage in Rothenburg a. Ti
eiBtatlel hat Die bei Breitkopf lind Härtel gedruckten Ver-
handlongein des Tages sollten wie das oben genannte Biidh in
keiner Gymnastalbibliothek fehlen.
Bammann 1. W. Hermann Eickliof f. .
... ' ■ ., -
DRITTE ABTEILUNG.
BEBICHTB Ober VBRSAIIIILUNGBN, NEKaOLOGB, MISZELUCN.
48. Versammlung rheinischer Schulmänner.
DU 43. VerstnmloBg ie$ Vereini rb^ipiieber Sehulmäf iifr
t$ni PieofUf, d«a 17. Aprily i« ItubelltoMfle de$ GürMoiclu in K^U st4U.
Pif Ttyefordonjif wßMlß zw«i Punkte:
t. Vorftcblag einer aodtrweitjffeo GflftUiUoog d«r Oilerdi^vfUffVtr-
summlaog^.
2. Ist es iDö|;licb pDd rätlich, deo LelirpIaB dar oberen Klasieo böb^rer
Schol^n freier za bebaadelii uad tu geataltea? — Eiafeleitet voo
Geb^iofrit Prof. Pr. Jäfer (Bodo).
Eröffnet fvurde die VaraammlDo; dorcb Professor [jambert Stein
(Köln}y der, althergebrachter Sitte gemifi, fof die bedeutsamen Zeugnisse
hinwies, die auf das höhere Scholwesen Bexog haben. Unter anderm be-
tncfkte er, daß das Uoterrichtsministerinm damit beschäftigt sei, einen be*^
sonderen Lehrplan aosznarbeiten und so eine Sehnlorg^nisation ta sehaffeii
für di^ Mädchen, die sich dem akademischen Stadium widmeten. Der ganze
höhere Mädchenschnlonterricht solle reformiert und dabei auf Mathe-
matik und Naturkunde größeres Gewicht gelegt werden, in ähnlicher Weise^
wie es die Oberrealseholen tun. Auf dieser Schale solle das Oberlyztnm
mit vierjährigem Rnrsus aufgebaut werden, das für die Universität vor-
bereite. Dabei aolle eine Gabelung stattfinden in Oberrealaehule, Real-
gymnasiam und Gymnasium. Vorbertiten aolle das Ünterlyteum mit fakalv
tntivem Untarricht. Der lateinische Unterricht sollt für die Gymnaaiastinnea
auf der vorletzten Klass« des Unterlyzeoms mit 6 Stunden heginnen, so daß
sich also im gfnnen SX^ Stunden Latein ergäbe«. Ungonitig er stände et
tnit 4em Griechischen, das erst anf dem Oberlyv««» begitnen aolle mit
7 Wof^enitiipdent so di|(K 4X7 Wo^henstn^den ^eraiiskämen. Prof. Stoln
||»ipte, YieUeidit wur^e diese geringe Stundenzahl f^r La|e(|i u^i Gr^nluacli
eine Gefahr für das humanistische Koiibfqgymnasinm werden können.
P(i|ch diesen einleitenden Aosrdhrungen ging map zum ]. Tei(e der
Tagesordnung' über: Vorschlag einer anderweitigen Gestaltung der Oster-
dienstagsversammlung. Der Vorsitzende führte etwa folgendes aus: Auch
in unserer Provinz gingen die Bestrebungen des höheren Schulwesens aus-
einander. Deshalb sei der Wunsch ausgesprochen worden, daß ein Mittel-
punkt geschaffen wurde, in dem die einzelnen sich näherten. Die Eiber-
43. Veraasslmii^ rbtiniacher SchulmioDeri von A. Plofi. 73
fel4er Oberlehrer aeiea an dea Proviazialvereia heraogetretaa mit der
Bitte, eiaea aolckea MiUalpaokt xa fchafliBa. AU Vorbild dieae dia Eia-
ricktaagy die ib dar Proviaz HeiMa-Neisaa bestehe aod gatea Erfolg habe.
Ab llittwoeli vor Cliristi Hinmelfahrt tage der Proviozialvereia aad ia
WaaadereB Sitzaagea faadea die VerhaadlaiigeD der verschiedeoea aaderea
Vereiaa aUitt. Waaderveraemailangeo seiea es, ood die Beteiligaag sei
stark. Die Proviaaialsehalrate oad aach der Oberpräiideat wobae dea Ver-
»■■liiaseB baL Weaa seiaerzeit der Kultasmioister Prb. v. Zedlitz
■ick der bSheree Labrer so sebr aageaommeo babe, so bättea diese Ver-
••■■biB^eD es veraalefst Naeb dieseon Beispiele wolle aiaa verfsbrea.
Der lieiipIdloIogaBvereia habe sieh schoa bereit erklärt, seioe Versaaimluag
aa diesem Tage abiubaltea, aad aaa trete die Präge aa die Osterdieastaga-
ursaaiBlBBg. Dia Tagaag kö'oae aor ataUfiodea mit Geaebmigoag dea
ProTiBzialaeliQlkollegiatts. Id Hessea-Naasaa wardea die Teilaehmer bear-
laibL Der Vorstaad werde sich also ao das ProviazialaebaikoUegiam
veadea miasaea. Mit Jäger, dem einzigea Oberlebeadea der Grüader, habe
«r geaprochea. Jäger habe darauf hiogewieaea, da die Osterdieostagaver-
nanalBBg keiae Fachveraammlaog aei, so kSoae sie ja die pädagogische
SAlioB aef diaaem Proviozial-Philologeatag aeia. Aof dem altphilologiacheo
FerieafcBraaa werde der Vorschlag voo dea Altpbilologeo besprocheo, so
h& woU aaeh eiae altpbilologische Sektioa zustande kommen werde. Mathe-
BatUer, Hiatoriker aad Geographea würden sich aDschiießeo; so könnte es
nae Veraammluog geben, die reiche Fröchte bringen würde.
Galieiairat Jäger betaate aasdrocklieb, das, was vom Vorsitzenden vor-
feaAbgea werde, sei der Grundgedanke der Osterdieastagsversammlung
grwcaaa; aie aei aieht, wie in der Zeit des Kampfes vielfach angenommen
wordea aei, eiae buaiaBiatiache. Ihm werde ea schwer, sich fdr den Vor-
schlag SB arUarea aad damit etwas, was sich bewährt habe, aufzage bea.
Tratzdem lasse er sich bestimmea, aaf das Experiment einzngeben. Er
kalte ea far daa beste, daß die Veraammluug sich bereit erkläre, mit dea
aadeniiVereiBea zaaammenzngehen; er behalte aich aber vor, die Oster-
fieaaCafaTeraamaüang fortzasetzea, sollte aich zeigea, daß die Sache eicht
so gllatt gehe, wie maa aich dächte. Saia Vorschlag gehe dahin, daß die
Veraasailaag ihre Geaeigtheit ausspreche, mit den übrigen Vereinen zn-
»azegehea. Der Vorstand kKnae daaa die Angelegenheit weiter er-
NaehdeD sich aoeh Direktor Wernicke, Direktor Scbweikert, Prof.
ieeS^ Direktor Seheibe, Direktor Stephan zu dem Vorachlage Jägers ge-
iaBart faattea, werde er von der Veraammlung angenommen.
Daae wordea für die beidea aaa dem Vorstände ausscheidenden
Herren: Direktor Caner and Direktor Hertens, Prof. Kliokenberg (Köln) und
Oharlehrer Braadt (Bona) gewählt. Nua begann die Beratnng über dea
zweitaa Paakt dar Tageaordoung: lat ea möglich und rätlich, den Lehrplan
dar oberea RJaaaea höherer Schnlea freier zu behandeln aod zu gestalten?
Beza fahrte Gehaimrat Jäger (Boan) etwa folgendes aus: Der Gedanke
^ freierea BeluiBdlaag des Unterrichts ia den oberea Kinasen sei plötzlich
n/jgetrHea und solle bestimmte Gestaltaag erhalten. Er habe sich bereit
arUart, den Verschlag ia Thesea Gestalt zu geben, durch die er sich selbst
Jbltte klmr werden woUea, waa mit dam Vorschlage gemeint sei.
74 43. Versanmilaocf rheiniieber SchainäiiBer;
Die Theseo waren folgende:
1. Die Frage nach der Möglichkeit oder RÜtlichkeit ^iner treieren
Behandlung dei Lehrplans der oberen Klaaaen höherer LehranatAlten setzt
die Vorfrage voraos, ob Wünsche in dieser Richtong bei den Schnlern
dieser Klassen liberhaapt, oder in welcher Gestalt und welehein Umfang
solche hervorgetreten sind;
2. Neigung und Begabung werden (im großen und allgemeinen) haupt-
sächlich nach der sprachlich-historischen und nach der naturwissensehaftUch-
mathematischen Seite auseinandergehen; bei sehr vielen Schülern der öberea
Klassen ist Vorliebe für das eine oder andere dieser Gebiete qoch oiehC
vorhanden oder noch nicht entschieden.
3. Da jetzt den Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschdlen gleich-
mäfiig das Recht zusteht, beziehoogsweise die Pflicht obliegt, fqr akade-
mische Studien vorzubereiten, so ist die uns beschüftigende Frage keine
brennende: die Anstalt kann nach Begabung und Neigung gewählt werden.
Die Schwierigkeit liegt hier nur darin, daB die Entscheidung für den einen
oder den anderen Weg schon in einem Lebensalter getroflen werden muB,
wo in den meisten Fallen Begabung und Neigung noch nicht klar und un-
zweideutig genug zutage tritt.
4. Man wird wohltun, die Frage zunächst auf das Gymnasium, za
beschränken, wo wenigstens im Hebräischen und Englischen fakultative
Fächer schon vorhanden sind. Solche kann es im Lehrplan der Ober-
realschule und des Realgymnasiums der Natur dieser AnstaUen nach
nicht geben.
5. Innerhalb der jetzigen Unterrichtsorganisation erscheint „freiere
Gestaltung des Lehrplans'S ^- b- Rücksichtnahme auf individueUe Neigung
und Begabung nur etwa beim deutschen Aufsatz möglieb, d. h. den verhältnis-
mäßig wenigen Schülern, bei denen Selbständigkeit und Reife schon so weit
vorgeschritten ist, könnte gestattet werden, statt des erforderten Aufsatzes
eine Arbeit aus dem von ihnen bevorzugten Wissenschaftsgebiet einzureichen,
die dann etwa der betreffende Fachlehrer zu beurteilen hätte.
6. Zum wirkliehen Studium kann die individuelle Vorliebe für dan
eine oder andere Gebiet erst auf der Universität werden. Die Bücksiciit
auf solche, selbst schon entschiedene und ernsthafte individuelle Neignngeo
darf die Hauptaufgabe der Mittelschule, eine breite Grundlage allgemeiner
und allen gemeinsamer ßildung, mit ihren sprachlichen, historischen, malhe-
itiatischen, naturwissenschaftlichen Elementen, nicht beeinträchtigen,
7. Eine Änderung des Unterrichtsorganismus (Lehrplans) uiiserer
höheren Schulen noter jenem Gesichtspunkt freierer Gestaltung würde
schwierig, kostspielig, würde ein Experiment aein, das mindeittens zunächst
die kaum errnogeoe ruhige Entwicklung aufs neue zu stören drohte.'
8. Ein Weg Tür eine solche Änderung oder Umgestaltung würde aein :
wenn die Prima resp. Oberprima sämtlicher Gattungen höherer Schulisn za
einer halbakademisch zu gestaltenden Zwischenanstalt zwischen Gymnasium
(RG., ORSch.) und Universität umgebildet und hier den Schülern neboD
einem mäßigen Rest obligatorischer Fächer freie Wahl der übrigen, anter
der nötigen schulmäßigen Rontrolle, eingeräumt würde. Wäre dies
wünschenswert?
Zur Erläuterung der Thesen bemerkte Geheimrat Jäger: Dit gante
voB A. Floß. 75
Frige habe keinee aknlea Charikter. Es sei doch dem Schüler die Mög-
Uthkeit ge^cbee, ▼erschiedeoe AoitsIteB zn wihlea; allerdiogs müsse er
lieb xa einer Zeit eaUcheideo, wo es bei Ihm ooch keioe ausgesprocheoe
T^igaag s*be. Daaa wünsche er, deß man die Prsge anf die Gymnasien
^eschraake. Ea gebe dort ja schon wahlfreie FKeher, die den andern An-
sUttea feblten. Br bäte ferner, zu antersaehen, ob mit dem Vorschlage
die Bcaa Organisation gemeint sei. Wenn man diese plane, so sei die
Schwierigkeit groß. Daß man Rücksicht auf die Schüler nehmen könne,
te acbeiae ihm im denfschen Aafsatz gegeben zn sein. Aoch lasse sich
Us Kompeaaatioas Wesen noch weiter ausbilden. Er könne sich die Sache
s» Torstellen, daß die Prima bezw. Oberprima als Mittelanstalt gedacht
werde, die den Obergang zor UniversitSt bilden solle, daß die Zahl der
•biigatarischea Staaden 25 oder 20 sei, ond daß der Rest fnr die Wahl
Mgegebea werde. Das Thema sei nach seiner Meinung sehr weitschichtig,
tad man sSase sich hütea, das Prinzip zu schädigen, daß für unsere Schüler
ein gemeinsamer Unterbau allgemeiner Bildung hergestellt werde, der nicht
keeiatraehligt werdea dürfe. Er würde vorschlagen, daß nicht die einzelnen
Ibeaea zur Disfcnision gestellt würden, sondern, daß sich jeder einea Punkt
VcraaaaebBie, so daß die Diskussion allgemeiner gehalten bleibe.
Gebeimrat Buschmann (Koblenz) äußert sich zur Frage etwa folgender-
nafiea: Er sei nicht als Bote mit Auftragen des Ministeriums erschienen,
sa^ nicht als Bote mit Aafiragen des Proviozialschnlkollegiumsy sondern
fprecbe ia seiaem eigenen Namen, glaube aber, auch im Namen seiner
Kollegen za sprechen. Als zuerst von einer freieren Gestaltung der Lehr-
pGuie die Rede gowesen, da habe er dai begrüßt. Er habe an die Zeit ge-
Isehty wo es noch keioe Lehrplane gegeben, wo der Minister einen gehabt,
aber nicht bekannt gegeben bitte. Wer Gelegenheit habe, die Lehrpläne
zu atadieren, werde inden, daß die Grenzen für den Lehrer immer enger
gezogen werden, wenigstens habe maa das so angenommen. Gelegentlich
habe daria gestaadea, die Lehrpläne seien nur eine Form, wie es gemacht
werden koaae, es gehe auch anders. Aber die Schulen hätten geglaubt,
sieb in. diesen Bahnen bewegen zu müssen. Das habe das Provinzialschol-
kolleginm mit einer gewissen Verwunderung bemerkt, ond man habe Wünsche,
die saf eiae größere Freiheit hinzielten, gern erfallt; und wiederholt sei
gesagt worden, daß Freiheit gestattet sei. Es könnten derartige Vorschläge
aacb ias Extrem gehen, das sei menschlich. Gerade deshalb habe das Prov.
ScbalkoUegiam diese Frage als Thema für die Direktorenkonferenz auf-
gestellt. Bei den Aufsätzen brauche man sich nicht in den gewohnten engen
GrcBxea za bewegen. Es sei möglich, daß den Schülern eine Auswahl ge-
stellt werde. Auch bei der deutsohen Lektüre, bei der Geschichte sei eine
griBsre Freiheit gestattet. In diesem Sinne könne man die Anregung be-
grüßen, aad der Vortragende wünscht, daß von der Anregung Gebrauch
gemacht werde. Ea komme noch dazu eine freiere Gestaltung der Stunden-
zahl für gewisse Fächer. Man denke vielleicht, daß aus Schülerkreisen
Wünsche geaeßert worden seien. Dem sei entgegenzuhalten, daß bei der
Pormaliemag 4er Lebrpläne nie die Schüler gefragt würden, aber die
Sehaler bitten doch mitgeredet Die Provinzialscholräte hätten nämlich
die ErftbroBg- gesacbt, daß Schaler in einem Fache etwas mehr hätten
IdiCea dürfen, aber sie hätten ia dem Fache aicht mehr geleistet. So
76 ^3. Veriainmlaog: rheiniselier Seholniiineri
z. B. ^ebo es Schüler, die in der Metkemttik oiehU leifteieoi wohl tber in dea
andern Fächern befriedigende Leiitnngeii anfznweifen hätten. Wen« diene
die Zeit, die sie der Mathenntik widmeten, für dieie andern Fächer be^
nutzten, dann worden »ie in dieaen etwas Besonderes leisten. Von einzelnen
Anstalten der Provinz seien dem Prov. Scbalkollegiam Anträge vorgelegt
worden. Man beabsichtige dabei, einen CStoa der Prima als mathematiach-
natarwissensehaftlicheu, den andern als sprachlich-historischen zo gestalten;
der Charakter der Schule als solcher solle dabei gewahrt bleiben. Nach der
Absicht des Ministers solle keine neue Organisation geschaffen werden, etwa
ein Realgymnasium mit Griechisch oder ein Gymnasium mit Bngliach. Auch
handele es sich nicht um etwas, was allgemein gelten solle, sondern nur für
bestimmte Orte und Anstalten. Auch solle die Vermehrung der StiindenxtU
in dem einen oder andern Fach nicht der Vermehrung, sondern der Ver-
tiefung des Wissens dienen. So sei in dem mathematiachen Cötua von einer
systematischen Einführung in die Differential- und Integralrechnung abzu*
sehen; im sprachlich -historischen Cötns seien philoaaphische, literar-
historische und geschichtliche Werke tieferen Gehaltes in den Vordergmad
zu setzen. Es dürfe dnbei nicht genügen, den Schüler in den andern Fächern
auf dem Standpunkte der Obersekunda zu lassen, sondern er müsse ge-
fordert werden. Zum Schlüsse bemerkt der Vortragende, daß, anlange er
im Provinzialschulkollegium sei, an der Grundlage der Schulen nicht ge-
rüttelt werde; aber, wo einem Schüler geholfen werden könne, da solle es
geschehen. Nach der üblichen Pause trat man auf Vorschlag des Direktors
Schweikert (M. Gladbach), der nunmehr den Vorsitz führte, da Prof. Stein
zum Oberlehrertage abreisen mußte, in die Diskussion ein.
Direktor Vogels (Köln) führte folgendes aus: Als der Gedanke an eine
freiere Gestaltung der Lehrpläne zuerst in den Zeitsehriften aufgetaucht aei,
habe er ein bedenkliches Kopfschütteln erregt, und er glaube mit Hecht.
Aber nachdem Geheimrat Buschmann in seinen lichtvollen und klaren Ans-
fübrungeu eine feste Grundlage gegeben habe, verzichte er darauf, dia
Bedenken, die damals in ihm aufgestiegen seien, darzulegen. Die
Sache verdiene einen Versuch, und es sei mit Freuden zu begrnfien, daß
solche Versuche auch in unserer Provinz gemacht würden. Die Sache
werde darauf hinauslaufen, die Schüler zu entlasten auf Gebieten, auf denen
sie nicht so viel leisten könnten, wie die Lehrpläne verlangten. Dies sei
auch deshalb von Wichtigkeit, weil unsere Lehrer aufmerksam ge-
macht würden, die Bedürfnisse der Schüler nach eigenem Ermessen zu be-
rücksichtigen. Das werde auf die Lehrer anregend wirken.
Gebeimrat Jäger tagte, er trete in die Verhandlungen mit erleichterter
Seele ein. Er habe die Thesen aufgestellt, damit man sich über die Frage
klar werde. Als der Gedanke auftauchte, habe man nichts Rechtes darana zu
machen gewußt; man sei besorgt gewesen, daß das Gymnasium zerrüttet werde.
Diese Besorgnis habe Geheimrat Buschmann zerstreut. Et werde sich nach
seiner Ansicht nur darum handeln, die Freiheiten, die daseien, weiter ana-
zubauen. Jedesmal wenn neue Lehrpläne erschienen, habe es sich gezeigt,
daß deren Auslegung von den Höchstkommandierenden freier gewesen aei
als voD den Proviuzialschulräten ; und es sei ala ein Zeichen ungewöhaüeker
Selbständigkeit angesehen worden, wenn von einem Direktor der Lehrplaa
spezifiziert worden sei. 1890 habe man in Berlin das Versprechen gegnbnn,
von A. Plofi. 77
M ■«• d^m el«m«lii«a Anitalten ^$Bere Freiheiteo gesUtteo werde. Er
•ti teaoBtspreekettd verfikreB, nod e« sei für iho jeist sehr tr6stHch, daB
•m« Mifcsamig tdek ^stiitige. Maa sei also aicbt gebvoden an die Be-
stiBB«acca des Lehrplanes, nao kSnae es auch aoders nachea. So werde
jelrt iio A«f||^«be seiB, die freiheitlichea Momente xor Ansbildang su
MagaA iia4 Meh mwnotxe la maebea. Es baadele sich also nicht am
«he «tfawMiM Aftdervng. Zam Sehlasse seiner Aasrdhrangen teilt J8ger
•baa Fall am« seiaer Praxis mit Seinerzeit, so sagte er, sei das Latein
ii PrimB anf % Stsadea redmiart worden, er habe aber 7 Standen nötig ge-
UbU V«a dies— 7 warea 2 Borasslaadea, von denen er nicht gern eine
kofsgabaa hltle. Aber eahieB damals streng: Latein 6 Stunden. Da sei er
vor saiae RUsae gaCjnetea and habe gesagt: „Ihr habt kvnftig nnr 6 Stunden
LialBiB» d»tmt€r iat 1 Stmde Honn. * leh bia aber erbfitig, statt 1 Stunde
2 Stasdea %u geben aater der Bedingung, daB ihr euch einver-
erhlirt. Obarlegt also, wie ihr es wänseht!'' Da sei denn nach
ttm OateFriahl bei ihm eine DaputatioB eraehieaen mit der Bitte, er möchte
die 7. Lmlatsatoade geben. Die Sache sei aber doch bedenklich gewesen:
hm ia dea Lehrplanea staadea 6 Stunden. Wenn eine Revision gekommen
md dta entdeckt worden wSre, so wurde er ^wgt haben, die Schüler
itee ee ee sewolit Solehe Pille würden künftig nDgefihrlich sein.
Direkter arüll (Mülheim am Rhein) führte aus: Als er die Tiiesen
direfageleaeBy habe or geglaubt, daB Geheimrat Jager dssjenige dargeboten
litle, vee deaaae Gegenteil er überaeugt gewesen sei. Er sei der Ansicht,
daB Jiger am ersten damit einverstaaden sei, dsB solche Freiheit eioge-
nimt werde. Wean es heifie, die Frage sei keine breuDeade, weil es ja
vendbiedeoartige Anstalten gebe, so betone er, daB doch wenige Orte ver-
Khiedene Anstaltea hatten. Den angegebenen Weg an beschreiten sei viel
keaser ala etwa die Gymnasien ia Reformonstaltea umzuwandeln.
Direktor Sehweikert (M. Gladbach) sagt, durch die Prüfungsordnuag
Uaae aehea jetzt für Schüler, die in dem einen oder andern Fache nicht
peaegtea, ein Ausgleich stattfiaden. Die gröBere Freiheit werde den
Schilera sam Vorteil gereichen. Was ihm Scbwierigkeiteo bereite, sei
im' Umstaad, daB das Zentrum der Schule dadurch erschüttert nod verrückt
Geheioirat JSger wMre für eiae Modifikatioa der AbiturieatenprHfuog,
wie nie frUher in Württemberg gewesen sei. Dort bitte das System ge-
hemehty daB jede Leistung in Points ausgedrückt wurde. Gut im Latein
bitte 3XB Poiata gegebea, Gut im Griechischen 2X6, in Mathematik 2X6,
Anfnits 2X6. Die Points seien daaa addiert worden. Da hatte dann
ciaeai, der in der Mathematik vermöge verschiedener ungünstiger (Jm-
stiede vad wegen Mangels aa Begabung nichts leistete, passieren können,
doch bei guten Leistungen in den übrigen Pichern die Prüfung zu bestehen.
Xach preeBiaehem System wire der durchgefallen. Zum Schlosse möchte er
aa tie VeraaauBlsag die Bitte riehtea, sich zu der pidagogischen Phantasie
der 8. These xa SoBern.
PreC RS sie na (Düsseldorf) steht negativ zur ganzen Frage der Frei-
keit Br wäre dafür, daB maa eadlieh die Lehrer in Ruhe lasse; aber da
er van Gehei«rat Baaehnumn gehört habe, daB die Grundlagen der höheren
idkifea flicht verrSekt werden sollten, sei er befriedigt. Trotzdem habe er
78 43. VersammloDg: rbeioischer SdialmänDer, von A. FloB.
noch leioe BedeokeB. Er sei der Ansicht, dafi ein Schüler, der in einem
Fache sehr gut sei, auch in den andern Fächern wenigstens GenSgendes
leisten könne. Ihm seien die normalen Schüler die liebsten, diejenigen, die
in allen Fächern Genügendes leisteten.
Direktor Brüll widerspricht den Ansnihrangen des Prof. Röskens.
Zum Schlüsse betont der stellvertretende Vorsitiende Direktor
Schweikert noch einmal, dafi es dem hohem Schal wesen sam Segen ge-
reichen werde, wenn gröfiere Freiheit gewährt werde. Nach allem scheine
diese Versammlung die letzte Osterdienstagsversammlong an sein. Die
Teilnehmer dürften aber nicht aoseinander gehen, ohne sich da*nkhar an er-
innern, dafi die Versammlang mit Geheimrat Jäger verwachsen sei, er habe
die meisten Versammlongen geleitet, er habe sie durch seine Mitarbeit
wesentlich gefSrdert. Wie viele Vorträge er gehalten, aei nicht an über-
sehen . Hoffentlich werde der demnächstige gröfiere Verband die Annäherung
der verschiedenen Kollegen erleichtern. „Wir dürfen nicht schliefien*', sagte
der Vorsitzende, „ohne Geheimrat Jäger nnsern herxliehen .Dank anssa-
sprechen und ihn zo bitten, noch der Führer und. Leiter der demnäcbstigen
Versammlungen zu sein^'.
Das gemeinschaftliche Mahl, das die meiaten Teilnehmer der Ver-
sammlung noch einige Stunden beisammenhielt, verlief in anregender Weiae.
Besonders wufite Geheimrat Jäger durch einen mit Humor gewürzten Rück*
blick auf die 43 Versammlungen die Teilnehmer zn erfreuen.
Köln. Anten FloB.
VIERTE ABTEILUNG.
EINGESANDTE BÜGHER
(Bespreehaag eioxelner Werke bleibt vorbebeltea).
1. Zeitsehrift für Lebrmittelwesen ood pida^ogUehe
Litaratar, heraotgeffebeB von F. Frisch. Jahrf. 2, Kr. 7 — 10
|Sl 193 — ^312 Bit vieleo AbbildoDgen). '
2. Berliner Akademisebe Woeheoschrift Nr. 1 (S. 1—10).
Cradfeeiat jeden Mootag. AboaneaieotBpreit 3 Jt balbjährlich.
3. Karl Schmidt-Jeaa, Deotsehe firziebaogspoütik. Eioe
Stadie xar Sozialreform mit eioem Aobaag: Die deatsehe Reformschule.
Leifxis 1906, IL Voigtlaaders Verlag. 47 S. Lez.-8. 1 JC,
4. Mafiigkeits-Blatter. Jahrg. 23, Nr. 10.
5. lioaatsehrift für Scholgesang, heransgegebea voo F. Wieder-
maaa mad £. Paal.' Jahrg. ], Heft 6—9 (S. 121—216). Jährlich 4 JC.
6. Deatache Rnadschaii f&r Geographie ond Statistik,
beraaige^cbea voo F. Umlanft. Jahrg. 29, Beft 1 (S. 1—48 mit vielea
Ahbildoa^B uod 1 Karte).
7. Blütter fSr deutsche firxiehaag, heraosgegebea voo Arthur
Schalx ia ßirkeawerder. Jahrg. 8, Heft 8—10 (S. 113—160).
8. Die Stimme. Zeotralblatt für Stimm* uod Tonbildung, Gesaog-
«■tmrricbt aad Stimmhygieoe, heraosgegebea uoter Mitwirknog vieler
Facbauiaaer voo Th. S. Flatan, K. Gast, A. Gnsinde. Berlio,
Travitzaeh & Soha. Jahrgang. 1, Heft 1—3 (S. 1—96).
9. Dratsehe Papier-Zeituog Die Postkarte. Jahrg. 2, Nr. 41.
10. Der Coatiaeat. Deotsch-fraozösische Monatsschrift, herans-
fc^ebea Toa H. Richter und Comte A. de Poovonrville. Jahrg. 1,
Icft 1 (S. 1—104). Jahrlich 12 Hefte 12 JC, einxeloe Hefte 1,25 jk.
11. Progres. Revlu international pro ommi interesi de Idiom
üeatral. Organ de ^^rup Neutral parlant" ia St. Petersburg. Apsr
Kfcafaa ia •■«• Redaktor e editor: V. Roseoberger, V. 0. Bolshoy 9.
Adaaiaiatrator: Maria 0. de Petersen, Kryokov 6. Jshrg. ], Heft 1. Preis
phiiieh S wM^m
12. A. Roemer, xur Reform der Prüfungsordnung für das
Lchraaat ia dea philologisch-historischen Fächern. München 1906,
1 L^daaeraebo Boehhandlong (Schopping). 49 S.
13. %V. Lorey, Die Fortbildung der Philologen in ihrer
Bedeataa^ für die Schule und das Leben. Vortrag. 6 S. 4.
(S.-A. aaa ^Blltter fiir höheres Schulwesen** Jahrg. 23, Nr. 8.)
14. %V. Bohne, Geschichte des Fürstlichen Gymnasium
*totheaeaiiB ' '" Schleis. Festschrift zur Feier des 250jährigen Be-
iteheas der Aaatalt auf urkundlicher Grundlsge bearbeitet. Schleiz 1906,
F. Wekera Naehfolger. 211 S. gr. 8 mit einer Tafel.
15. Jnmaaael Kants Kritik der reinen Vernunft. In
^^1^ Amfla^e revidiert von Th. Valentiner. Neunte Auflage. Kants
Satliebe W^rke I. Btod. Leipzig 1906, Dürr'sche Buchhandlung. Xll u.
TfiA S kl. B- ^ ^*
16 A. Bartels, Das Weimarische Hoftheater als Natiooal-
k-w«« f^r'di^ deataebe Jugend. Eine Denkschrift. Zweite Auflage.
Weiiur 1 906, Henoaii« Bohlaus Nachfolger. 70 S. 0,50 M.
80 Eioe^esandto Biieber.
17. K. F. Kammer, Deatsche Sehal^ramiDatik. Siebte Auflage.
Wien 1906, F. Tempsky. VI u. 250 S. ^r. 8. 2 K 10 h, geb. 2 iT 60 A.
18. A. Scheiodlers Lateinische Schalgrammatik. Heraas-
gegeben von R. Kauer. Sechste Auflage. Wien 1906, F. Tempaky.
240 S. 2 ^ 10 h, geb. 2 ^ 60 A.
19. Anne Bates Hersmann, Stndies In Greek allegorieal
interpretation. I: Sketch of allegorieal Interpretation before Plutarch.
II: Plntorch. Diss. Chicago 1906. 64 S. gr. 8.
20. H. von Randow, Saalbnrg. Roman. Leipzig o. J., Paul LUt.
404 S.
21. M. Merteos, Hilfsbach für den Unterricht in der altea
Geschichte, flennte ond zehnte Auflage. Preiburg i. Br. 1906, Herder.
VUl u. 154 S. 1,60 JCy geb. 2 JL
22. H. Hertens, Hilfsbuch für den Unterricht in der
deutschen Geschichte. In drei Teilen. Teil III: Deutsche Geschichte
von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart nebst einem
Anhang. Siebte und achte Auflage. Freibnrg i. Br. 1906, Herder.
S. 241—386. 1,60 JC, geb. 2 JC-
23. A. Pahde, Erdkunde für höhere Lehranstalten. Teil
III: Mittelstufe, zweites Stück. Mit 8 Vollbildern und 6 Abbildnngea.
Zweite Auflage. Glogau 1906, C. Flemming Verlag. VIII u. 172 S.
geb. 2,40 JC.
24. Bilder aus dem alten Berlin. Berlin, J. Spiro, 57 sehr
schone Abbildungen nebst Erklärnngen. 3,50 ^,
25. B. Oppermann, Einführung in die Kartenwerke der
Königlich Preußischen Landesaufnahme nebst Winken für ihre
Benutzung bei Wanderungen und ihre Verwertung im Unterricht. Mit
5 Kartenbeilagen. Hannover 1906, C. Meyer (G. Prior). VII u. 86 S. 12.
geb. 1 «^.
26. Kaiser Friedrich. Ein vaterlandisches Festspiel von
J. Fischer. Für Sopran- und Altstimmen (Soli und Chor) mit Klavier-
begleitung volkstümlich in Musik gesetzt von Simon Bren (Opus 8ü).
Würzburg, UniversitäUdruckerei von H. Stürtz. Partitur 6 JC, Solostimme
0,20 JC, Chorstimme 0,45 JC, Textbuch 0,30 Mf Textbuch für das
Pnblikom 0,10'^.
27. Maria Lischnewska, die geschlechtliche Belehrung
der Kinder. Zar Geschichte und Methodik des Gedankens. Zweite Auf-
lage. Frankfart a. M. 1906, I. D. SauerlSnder. 36 S. gr. 8. 0,50 JC.
(S.-A. aus „Matterschatz'' Jahrg. 1, Heft 4/5.)
'28. Kling-Klang-Gloria. DeuUche Volks- und KiBderlieder,
aasgewählt und in Masik gesetzt von W. Labler, illustriert von
H. Lefler und J. Urban. Wien, F. Tempsky; Leipzig, G. Preytag 1907.
Querfolio, 66 Seiten mit 16 künstlerisch ausgeführten Vollbildern in Drei-
Imrbcndruck, jede Seite geschmückt mit Vignetten und Einrahmungen.
Gedruckt auf hunstpapier. In farbigem Umschlag mit farbigem Vorsatz-
papier gebunden. 4 JC^
29. Tierschutz-Kalender 1907. 49 S. 0,10 wC (portofrei).
30. E. Isolani, Thomas A. Edison, der amerikanische
Erfinder. Mit 1 Porträt. Statt gart 1906, Carl Ulshöfer. 62^ S. 8. eleg.
geb. 1 JC. Das Buch bildet den ersten Band einer Sammlung von Biogrnphien
bedeutender Männer aller Zeiten und Völker, die unter dem Gesamttitel
„Männer des Erfolgs*' bei der Verlagshandlang erseheinen soll.
31. B. Plüß, Unsere Getreidearten und Feldblumen. Be-
stimmnng und Besdireibung unserer Getreidepflanzan mit Obersicht und Be-
scbreibung der wichtigeren Futtergewächse, Feld- und Wiesenblumen. Dritte
Auflage. Mit 244 Bildern. Freibarg i. Br. 1906, Herder. VIl u. 220 S.
12. geb. 2,40 JC.
ABTEILUNG.
ABHANDLUNGEN.
Programm wesen und Programmbibliothek der
höberen Schulen. Mit Programm -Bibliographie you
1824 bis 19060-
Einleitung.
Solange es an höheren Schulen Programme, Jahresberichte
wie wissenschaflliche Beilagen, in der heute den Schulmännern
gdinfigen Form gibt — in Preufien und den meisten ilibrigen
Staaten des Deutschen Reiches seit 1825 oder bald danach, in
Österreich seit 1851 — , so lange sind auch ihre Bedeutung und
ihr Zweck, ihre Kosten und ihr Wert Gegenstand der Behand-
lung gewesen» in Zeitschriften, in Büchern, auf Versammlungen
und in der Tagespresse, auch in den Programmen selbst, wie-
wohl nicht eben häufig. Stadtverordnetenversammlungen wie Ge-
meiodeYertretungen müssen für die von den Gemeinden unter-
haltenen höheren Schulen, wenigstens was die Beilagen der
iahresbef ichte betrifft, jedes Jahr bei der Etatsberatung aufs neue
dazu Stellung nehmen, ja vor das Forum eines Landtages
ist die Sache schon gekommen.
Es gibt kaum einen Ton, der in dem langen, nur selten
durch Pausen unterbrochenen Konzert nicht angeschlagen worden
wäre. Manch warmes Wort ist in der Sache gesprochen worden,
das ebenso tiefes Verständnis für die Aufgaben des höheren
ünterrichtswesens wie wahrhaftes Interesse für den höheren
Lehrerstand und sein Verhältnis zu Schule, Haus und Wissen-
schaft eingegeben hat. Leider sind derartige Äußerungen, be-
sonders wenn sie an etwas entlegenen Stellen veröffentlicht
wurden, nicht immer so bekannt geworden, wie sie es verdienten.
Daneben aber sind auch andere Töne laut geworden; man hat
die ganze Einrichtung als unzeitgemäß, überflüssig und kostspielig
mit harten, nicht selten auch wohlgewürzten, aber meist zu
schnellen Worten angegriffen, ja sie als einen des höheren Lehrer-
standes unwürdigen und schädlichen Zwang hinstellen wollen.
Diese Verbindung mit der „Standesbewegung*' ist nicht eben ver-
1) Am Schlnue beSndet sich ein geaanes lohaltsvorzeichBi's,
iMM bei den Unfinge der AbhaadliiDS maoehem willkonmeD aeia wird.
£iBe Soaderava slabe erseheiat gleickieitis.
frftirtr t d. GjwMiaialir«Mtt. lAI* 1. v. S. 6
82 Prog^rammwesfln aod Pro((rammbibIiothek d. hob. Schnleo,
Wunderlich; es liegt in der Natur der Sache, daß in einem
Stande, dessen Zugehörigkeit zu den höheren Beamten erst seit
2 Jahrzehnten förmlich anerkannt ist, der so lange um seine
äußere Stellung und Anerkennung gekämpft hat und jetzt noch
kämpft, einer Angelegenheit, die eine so lange Entwicklung hinter
sich und doch alle Veränderungen der äußeren Form wie der
inneren Einrichtung der hölieren Schulen ilberdauert hat,
wenigstens zeitweise nicht überall die Ruhe der Beurteilung ent-
gegengebracht wird, die zu ihrer richtigen Würdigung nötig ist.
Auch an der einfachen Kenntnis des Tatsächlichen mangelt es
nicht seilen; dazu kommt, daß gelegentlich die Kritik von Stellen
ausgeübt worden ist, denen doch die notwendige Fühlung mit
dem inneren Leben der Schule fehlte. Manche Ausstellungen sind
auch gemacht, viele Klagen wieder und wieder erhoben und durch
die Kraft der Suggestion zu Wirklichkeiten gestempelt worden,
die schon das einfache Studium der Literatur über den
Gegenstand hätte zum Schweigen bringen sollen. So war es
z. B. ein empfindlicher Mangel, daß man in der Hauptsache meist
nur die preußischen Verhältnisse zur Grundlage der Beurteilung
machte, trotzdem sie schon infolge der hier besonders für finanzielle
Fragen wichtigen Verschiedenheit der Instanzen (staatliche und
städtische Behörden) eigenartige Schwierigkeiten bieten, dagegen
die Entwicklung und den Stand der Sache in anderen deutschen
Staaten, ganz besonders aber in Österreich, zu wenig in Betracht
zog. Man wird sehen, daß sich bei einer Gesamtbetrachtung
das Bild recht erheblich verändert. Vor allem hat man endlich
den engen Zusammenhang nicht recht beachtet, der zwischen
dem Programmwesen überhaupt — aus dem man m. E.
mit Unrecht und etwas künstlich eine förmliche „Programmfrage''
gemacht hat — und der Programmbibliothek besteht. Denn
auch diese ist eine Einrichtung, welche der Tradition mehrerer
Generationen ihr Werden verdankt. Der Finger ist hier wohl in
eine Wunde gelegt worden, die man als schmerzend empfand;
aber ob und wie man den Schaden — im Anschluß an ge-
geschichtlich gewordene und in der Wirklichkeit gegebene Ver-
hältnisse — heilen könnte, ist an der Hand des überreichen
Materials noch nicht versucht worden. So ist die Besorgnis nicht
ganz unbegründet, es möchten die Stimmen derer die Oberhand
gewinnen, die das ganze Gebäude, unter dessen Schutze viel
Gutes geschaffen worden ist und bei zweckmäßigem Ausbau auch
heute noch m. E. dauernd Förderliches geleistet werden kann,
am liebsten einrissen, ohne doch — wie sich zeigen wird —
einen wohnlicheren Neubau an seiner Stelle errichten zu können.
Zwar die großen Staatsverwaltungen von Preußen und
Österreich, auch Bayern und einige kleinere Staaten, halten noch
an der Tradition fest und werden, wie alle Freunde der Sache
hoflen, zu grundsätzlicher Änderung die Hand nicht bieten. Hier
. von R, üllriob. : 83
uod da aber^ in anderen . kleiaeren Staaljen, auch, ia mattchen
SUdlen — deren Zahl wohl größer ist, als gewöhnlich angenommen
vird — \>r5ckelt ^chon ein Stein ab; und da die Sachs in Zu^
sammenhang mit gewissen, . freilich weit ober Qebuhr betonten
finanziellen Erwägungen steht, ist doch zu , befiU'chten, daß es
damit noch weiter geht, wenn nicht an den richtigen Stellen
die richtigen Männer das richtige Wort finden, das unbekfip^mert
um äufieren Beifall bei idealer und hoher Auffassung des S^i^s
auf ruhige Sachlichkeit sich grfindet und am Ende doch gegenüber
allen aus Mangel an Einsicht erhobenen Einwendungen und
manchen deshalb mit Unrecht angestellten wirtschaftlichen Er-
wägungen das letzte bleibt. Zwar sage ich keineswegs ,,imt, vt
nmf\ und eine Program mapoiogie zu schreiben ist nicht meine
Absicht. Man braucht auch nicht, wie selbst in kleineren Dingen
oft geschieht, übertreibend das übliche ,^videant connUes, ne quid
res pnö/tca etc.** heraufzubeschwören. Wohl aber ist die Sache
wichtig genug, um die volle Aufmerksamkeit aller Beteiligten
dauernd rege zu erhalten. Und das sind nicht bloß die Schul-
ffiänner selbst, die Gelehrten, die staatlichen und städtischen Be-
hörden, sondern auch die weiteren Kreise, denen das Wohl der höheren
Schulen am Herzen liegt, die man aber bei der Abfassung be*-
sonders der Beilagen oft ganz vergessen hat, z. B., abgesehen von
reifn-en Schulern, deren Eltern, ehemalige Zöglinge der Anstalten
n. a. m. Sagt man also etwa „$itU programmaia, reformeniur,
reformata crttcant^*^ und weiter „otVieaiif consHks, ne ratio ea qnae
naer sckoiam ei vüam intercedit turbetur*\ so dürfte man vielleicht
dem Richtigen nahe kommen.
Die Abhandlung, die hier vorgelegt wird, ist nicht oder doch
nicht nur für Kenner geschrieben, sondern auch für solche, die
sich in die Dinge einfähren lassen möchten, um sich dann selber
ein Urteil zu bilden. Mit Ausdrücken „wie bekannt'' oder „die
liekannte Anschauung von . . .'' u. a. ist daher sparsam umge-
gangen worden. Spricht man in einem für klassische Philologen
bestimmten Buche von „der bekannten Horazstelle*' — mit oder
ohne Zitat — , so darf man in der Begel auf Verständnis rechnen.
Bei Goethe ist es schon schwieriger. Selbst wirkliche „Goethe-
kenner'* kennen ihren Dichter so leicht nicht aus. Und be-
gegnet man der „bekannten Stelle*' bei Schriftstellern, die man
bisher selber nicht kannte, so wird man (neben dem Gefühl der
eigenen Unwürdigkeit und Kleinheil) die unbestimmte Empfindung
nie ganz los, der andere habe die Stelle vielleicht kurz vor der
Niederschrift selbst in seinem Goethe gerade erst gelesen oder~
sie vielleicht gar aus fremdem Zitat — besonders wenn falsch
zitiert wird — übernommen. Nun gibt es aber noch immer
gerade unter den wissenschaftlich tatigen und tüchtigen Schill-
mäaaerD — ▼on anderen ganz zu schweigen — nicht wenige,
die an Arbeiten auf dem Gebiete der Schulgeschichte und Scbulr
6»
84 ProgrammwefeD nod Pro|;ramttbiblioth6k d. höh. Schulen,
Organisation vornehm yorObergehen, auf dem doch jeden, der nur
seine Sinne gebraucht, eine geradezu verschwenderische FöUe von
Aufgaben locken muß (vgl. Teil II 2). Dafür möfaen sie sich
entweder lieber mit facfawissenschaftlichen Stoffen, für die ihre
Kenntnis oder ihr Arbeitsmaterial nicht ausreicht, oder sie be-
geben sich auf methodischem Gebiete zum 101. Male an Auf-
gaben, die schon vor ihnen hundertmal und oft besser behandelt worden
sind, oder endlich sie verlieren sich in richtiger Erkenntnis dieser
Tatsachen in ganz entlegene Gebiete, die mit der Schule und
ihrer eigenen Arbeit für diese in gar keinem Zusammenhang
mehr stehen.
Es schien mir deswegen nicht unzweckmäßig, an erster
Stelle eine wiederum nach verschiedenen Gesichtspunkten ge-
gliederte Bibliographie (Teil I) aller wesentlichen Meinungen
und Äußerungen zum Programmwesen und zur Programmbibliothek
zu bringen — was auf diesem Gebiete, glaube ich, hier zuno
ersten Male geschieht. Text und Anmerkungen können auf diese
Weise erheblich entlastet werden. Nachdem wir gefunden haben^
daß Bücher mit k Seite Text und l Seite Anmerkungen in der Regel
zum Lesen ungeeignet und nur als Materialiensammlung brauch-
bar sind, verfällt man, scheint mir, besonders in Scbulzeitschriften
heute leicht in das andere Extrem, darauf loszuschreiben (auch
da, wo man selber den Stoff und die Literatur über ihn kaum
genügend beherrscht), während doch einmal die Gerechtigkeit er-
fordert, sich dankbar zu denen zu bekennen, auf deren Schultern
wir stehen, und es wiederum gerade im Wesen aller didak-
tischen Literatur hegt, auch den Leser auf die Quellen hinzu-
weisen und ihm die leichte Nachprüfung möglich zu machen.
Mit dem bloßen Hinweise, daß „Kenner die benutzten Quellen
unschwer erkennen werden'', ist denen, die sich auf einem ihnen
in der Hauptsache bisher fremden Gebiete zurechtfinden wollen,
nicht gedient.
Das trifft auch auf unsern Gegenstand zu; und diese Schrift
möchte ihrerseits mit dazu beilragen, in den Kreisen, für die sie
bestimmt ist, Sinn und Verständnis für bibliographisch zuver-
lässige Grundlagen zu mehren, deren Notwendigkeit doch für
jeden, der den Zusammenhang und die Entwicklung erfassen will,
am Tage liegt. Vielleicht trägt die Obersicht auch dazu bei, ein-
mal allzu eilige Schriftsteller davon abzuhalten, Gedankenspäne
schnell auszustreuen, wenn sie sehen, daß das schon vor ihnen
reichlich geschehen ist, andererseits diejenigen, die um lohnende
Aufgaben in Verlegenheit sind, auf Lücken der Entwicklung auf-
merksam zu machen. Und das wäre kein kleiner Gewinn.
Auf der gegebenen Grundlage wird dann Teil II die ganze
„Frage'* des Programmwesens einer aligemeinen Revision
unterziehen, im allgemeinen (1) wie mit besonderem Bezüge auf
die „Beilagen** der Jahresberichte (2) und diese selbst (3).
voB R. ÜUrioh. g5
Es läßt sich, wie ich glaube, der Sache, gerade wenn sie im
ganzen angesehen wird, manche neue Seite abgewinnen ; ein etwas
veränderter Standpunkt der Betrachtung, der den Umschwung
des wissenschaftlichen Lebens Oberhaupt wie in seinem besouderen
Verhältnis zum Schulleben im Laufe der letzten Jahrxehnte aus*
reichend würdigt, wird vielleicht dazu helfen können, einen schon
halb aufigegebenen Posten dadurch zu erhalten, daß man ihm eine
andere Stelle anweist, die ihn schützt und der er auch selber
nützen kann. In Teil III endlich soll der Versuch gemacht
werden, der Programmbibliothek, dem integrierenden Teile
jeder Lehrerbibliotliek — das ist sie nach der ganzen Entwick-
lung des Programmwesens und muß sie auch bleiben — , wenigstens
einigermafien zu ihrem Rechte zu verhelfen, in bezug auf ihre Ein-
richtung ebenso wie ihre Benutzung. Beides hängt ebenso eng
unter sich zusammen, wie es andererseits von der zweckmäßigen
Regelung der Programm frage gar nicht zu trennen ist. Die Pro-
grammsammlungen vieler Anstalten bedürfen der Hilfe fast noch
mehr als die Lehrerbibliotheken überhaupt^), wenn sie nicht wie
diese noch weiter hinter den Zielen zurückbleiben sollen, die
ihnen heute gerade so weit gesteckt werden müssen, wie dies bei
anderen wissenschaftlichen Fachbibliotheken längst geschehen ist*).
Es kommt dabei nicht einmal so sehr auf Räume und Geld an,
obgleich hier bei einer seit Generationen bestehenden Einrichtung
mit ganz bestimmten Zwecken manches gesündigt worden ist,
als Tielmehr und hauptsächlich auf Arbeitsfreudigkeit und guten
Tillen der Bibliothekare wie der Schulmänner überhaupt, und es
läßt sich — exempla trahunt — hier viel mehr erreichen, wenn
nur die Bedeutung des Programmwesens erst recht erkannt ist
oder der verlorene Glaube daran durch zeitgemäße Erfassung des
Zweckes wieder gewonnen wird. Endlich wurde ich zu ein-
gehenderer Behandlung auch dieser Seile der Sache dadurch
▼eranlaßt, daß von vielen, die meinen auf bessere, den veränderten
Zeitverhältnissen entsprechende Nutzbarmachung der Lehrer*
bibliotheken abzielenden Bestrebungen freundlich gegenüberstehen,
direkt an mich das Ersuchen gerichtet wurde, ich möchte auch
diese Angelegenheit (ich habe sie selbst einmal ein „Kreuz*' vieler
Lehrerbibliotheken genannt) ausfuhrlicher behandeln.
Da ich früher {Bentüzg. n. Einr. usw. S. 25 f., J)it$t Zeitsehr.
S. 697 f.) aus äußeren Gründen nur ganz kurz auf die Sache eingehen
1) Ober diese vgl. nene frühere Schrift ^^Bemdsung und Einrichtung
der LeknrMUtilukmi an käkeren SekuUn. Fraktitehe yortehläg^ sti ihr&r
Beform'^ Berlia 1905, XX v. 148 S. (230 JC), (erweiterte Aussähe der
«•tspreehepdea Abhaadlins diuer ZeUsehriß, Jahrg. LVIIi (1904) S. 673—808)
■ed den kvrxeo, aaeh aaf die Stterreichischeo Verhältoisie etagehenden
Abriß LeärertiblüfihßkBn d^r höheren Schulen ia Reias Bnxyklop. Hdk, d,
Pä^jgegik^V (1906) S. 428— 452, wo aoch die allgeneiae wie die Spexial-
iiteraiar fir dms ganxe Gebiet verseiehaet wordea iat.
t) ygU besoadere dieee Zeäeehrift LX (1906) S. 766 Mitte.
86 ProgramDwesen und ProgramDbrbliothek d. höh. Seholen,
konnte, entledige ich mich jetzt der mir selbst lange am Herzen
liegenden Aufgabe um so lieber, als mir durch das schon oft
bewiesene freundliche Entgegenkommen des Herausgebers dieser
Zeitschrift so viel Raum gewährt worden ist, daß die mehr
bibliothekarisch^technische Seite der Sache nicht för sich allein
besprochen zu werden braucht, sondern im Zusammenhang mit
dem Gegenstande im ganzen bebandelt werden kann. Zum Schluß
(IV) wird das Wesentlichste in Leitsätzen zusammengefaßt werden.
So gliedert sich denn die Abhandlung^) in <ler Hauptsache so:
I. Programm-Bibliographie.
1. AlIpeBeine Qoellen-Stmmluogeo.
^) Ich erfiille hier die tngeoehine Pflicht, tUeo deo Schalmannera
und Gelehrten Deutschlands,' Österreichs und der Schweiz zu daDkeo, die
mich bei der Arbeit io dieser oder jeoer Weise naterstotzt hsbeo. Viele Direk-
toren oad Kollegen, besonders Bibliothekare, haben meine Bitte nm Zaseodung
von Jahresberichten wie wissenschaftlichen Beilagen ans alter und neuer
Zeit erfüllt, die mir selbst hier in Berlin entweder ganz fehlten oder nicht
für l&ogere Zeit überlassen werden konnten. Ihre Zahl ist so grofl (be-
sonders weil die Sendungen z. T. nicht bloß für diese Arbeit, sondern auch
für eine andere, größere, noch ausstehende in Betracht kamen — vgl.
Teubners Mitteilungen 1906 I S. 6 f. — , daß ich sie nicht alle einzeln an*
fuhren kann. Besonderen Dank mochte ich aber auch namentlich allen aus-
sprechen, die so freundlich waren, die Sache brieflich, z. T. wiederholt und
sehr aosfuhrlieh, durch INachweise zu fördern, durch die ich meine eigocD
Verarbeiten bestätigen, ergänzen oder berichtigen konnte, oder die zuver<>
IMssiges Material für Gebiete beisteuerten, die mir selbst nicht bekannt
genug oder für die wiederum hier in Berlin die Quellen nicht immer zu-
gänglich waren. Es gilt das besonders für manche organisatori5che Fragen
des höheren Schulwesens außerhalb Preußeos, sowie für das mathematisch*
naturwissenschaftliche Gebiet, soweit es in Teil II 2 berührt worden ist. Es sind
außer dem Herausgeber dieser Zeitschrift vor allem die Herre»
(von einigen, die Beiträge zugesagt hatten, waren sie bei Beginn des Druckes
noch nicht eingegangen): Dir. Dr. 0. Adamek (Graz), Prof. Dr. J. Bittner
(Czernowitz), Prof. G. Büeler (Frauenfeld), Oberbiblioth. Prof. Dr.
R. Ehwald (Gotha), Prof. Dr. S. Feh leisen (Schw.-Hall), Biblioth. Dr.
S. Frankfurter (Wien), Dir. Dr. Wilh. Gemoll (Liegnitz), Rekt. Prof.
Dr. B. Gerth (Leipzig), Hofr. Dr. J. Huemer (Wien), OL. Dr. 0. Jacobi
(Braunschweig), Geh. Reg.-R. Prof. Dr. £. Lampe (Charlottenburg), Prof. Dr.
F. Lortzing (Berlin), Prof. Dr. G. Meyer (llfeld), Prof. Dr. Felix M o 1 1 e r
(Friedenau b. Berlin), OL. Dr. Heinr. Müller (Wilmersdorf bei Berlin),
Prof. Dr. Heinr. v. Müller (Karlsruhe), Dir. Prof. Dr. M. Nath (Nord-
hansen), Prof. D. Dr. Eberh. Nestle (Maulbroon), Geh. Oberschul.-R. L. N od -
n«gel(Darrost8dt), Prof. Dr. F. Poske (Berlin), Prof. Dr. G.Strakosch-
Graßmann (Wien), OL. Dr. J. Tropf ke (Berlin), Dir. a. D. Prof. Dr. J.
Wal 1 n e r (Brunn, jetzt in Graz), Rekt. Dr. P. W e i z s ä c k e r (Calw), Prof. Dr. P.
Wendland(Bres]au),Geh. Reg.-R. Dir.a.D. Dr. H.Wingerath(Str8flburgi.E.>
und Prof. Dr. K. Wotke (Wien). Ancheinergrößeren Anzahl von Verlegern
habe ieh zu danken, vor allen den Herren Inhabern der Teubnersche»
Verlagsbuchhandlung (Leipzig) und der Weidmnnn sehen (Berlin).
Die Vorarbeiten zu dieser Abhandlung haben mir wiederum aufs deiit«>
liebste gezeigt, wieviele, z. T. übrigens von Spezial forscher n ohne erhebliehe
Schwierigkeit zu bearbeitende Hilfsmittel besonders bibliographischer Art
uns gerade auf dem Gebiete der Sehnlgeschiehte und Schulorganisation noch
fehlen. Auf manche Lücken dieser Art ist in Teil II 2 an der Steile hinge-
wiesen worden, wo es sich um geeignete Aufgaben für Programmbeilagen handelt.
v#ii R. Ullrieh. . 87
2. Die wiekligsteo amtJiehcB. Verfäi^iinf es über
das Programmweseo.
3. Progranni-Veraeiehnisae.
4. KiozeUchrifteB,AiifsiitieyVortrSge,VerhaDdlaDgeBQ.ä.
11. Das Programmwesen.
1. Allgemeioes. Skizae der Eatwiekloag.
2. Die Zweckmäßigkeit der Beilageo zn des Jahre s-
beriebtea.
3. Die Notweadigkeit der Jahreaberiohte.
III. Die Programmbibliothek, ihre Einrichtung und
Benutzung.
IV. Leitsatze. Inhaltsverzeichnis.
I. Prosramm-Blbllographle Yon 1824—1906').
Vorbemerkungen. Die Nummern der 4 Abteilungen,
in welche die Bibliographie zerßllt, zeigen chronologische
Folge, damit überall die Entwicklung deutlich wird. Um aber
Jedem die AuHindung eines Autors, den er mit Namen kennt,
leicht zu ermöglichen, ist in der ersten Anmerkung zu Abt. 1,
3 und 4 noch eine einfache alphabetische Namenöbersicht
gegeben, unter Hinzufögung der Nummer, unter welcher der
betreffende Verfasser im Texte der Bibliographie zu finden ist.
Bei 2 schien eine zweite Ordnung neben der nach Lindern und
innerhalb dieser nach Daten gegebenen unnötig. Jeder wird sich
bier leicht zurecht finden. Vollständigkeit ist angestrebt, und für
alles irgend Wesentliche in den Abschnitten 1, 3 und 4 wohl
auch erreicht'); sogar manches recht Unbedeutende und wenig
Förderliche in Abschnitt 4 durfte nicht fehlen, weil auch dies für
die Erkenntnis der Entwicklung und manche Irrungen auf einem
so Tiel behandelten und umstrittenen Gebiete charakteristisch ist.
Literatur, in der nur gelegentlich auf das Program mwesen und
was damit zusammenhingt, Bezug genommen wird, ist in die
Bauptlisle nicht mit aufgenommen, sondern an den betr. Stellen zitiert
worden, ebenso gröBere Werke, welche mittelbar der Sache förder-
iich sind. — Soweit möglich, sind auch die Preise der
Bücher, Zeitschriften, Abhandlungen etc. hinzugefügt.
Wo das Format gr. 8^ ist, wird es nicht besonders bezeichnet.
1) Die Sekriftea, Verfiigaageo osw., die ia deo AbteiloDgea 1—4 aa-
gefakrt werdea, siad voa mir aaheza alle gelesea, exzerpiert iiad Tür die
Abkaadlaag verwertet wordea. Nar bei eiaigea Sebriftea, besoaders
Pragraauien (aock eiaigea ZeitiekrifteaaoiilitzeB), war dies aiebt moglieb,
tfa sie weder io der Progianaitaniailoag der Sebnie oder aaf der Kgl.
Biblietkek zn Berlia vorbaadea waren aoch voa dea betr. Scbulea selbsl
crJaagt werden koaatea. Sie siad im Verzeiekais darcb ein * keaatlieb
geaaakt. Wikread dea Droekes giag Ubrigeas manebe seboa anfgegebeae
Hofaoag iafolge gSastiger Unatüade aoch ia Krfüllaag, so dafi sieb die
Ziki der mir aicbt zogäagUekea Arbeitea fast aaf Nall reduzierte.
') Für den Nnekweis etwa öbersebeaer Literatnr (besoaders aus dea
dealsckeo Staaten aafierPreaßea oad aas Österreicb) werde icb daakbar seia.
gg Proframmwesen und Programmbibliothek d. höh. Seholeo,
1. Allgemeine Quellensam mlungen^).
Vorbemerkung za 1—4: Die Quelleo der AbteilDogen 1 ood 2 sind mit
röniseheo ZilTero fortlaafeod bezeichnet, die von 3 und 4 dgl. mit
arabischen.
A« Deutsches Reioh').
a) Preußen.
J. Neigebaar, Joh. Ferd., Die preu/Sisehen Gymnasien fmd hd'k»ren
Bürgerschulm, Berlin, Posen und Bromberg, 1835. £. S. Mittler,
XVI, 365 S. Für Programme vgl. besonders S. 314—818.
II. Rönne, Ladw. v., D<u Unterrichtswesen des preufsischen Staates.
Bd. II (HSbere Schulen. Universitäten. Sonstige Roltoranstalten).
(In: Die Verfassung und Verwaltung des preuf siechen Staates,
Bd. Vni2II). Berlin 1855. Veit n. Co., XX, 663 S. Für die
ganze Programmangelegenheit vgl. hier besonders S. 158—164.
IIa.>) s. n.
1) Die Namen der Heraasgeber von Nr. I— XXIX, bezw., wo diese
fehlen, die der Quellensammln ngen selbst in alphabetiseher
Folge (anter Hinzardgang der Nummer, anter der sie im Texte angeführt
werden) sind:
Nr. Nr. Nr.
Beier . . .V Killmaon [I] XI "Verhandlungen
Direktoren - Versamm- „ [U] . . XII der Direktoren-
langen s. ferAaiMtfcrn^n Kretzachmar . .XXIV Vers, in Preofien VI
DöUinger . . . XVI Krüger .... XIÜ Verordoangsblatt
X:rler [I] ... VII MuhXer ^^fViese-K, (Baden). . . XIV
„ [II] . . . VIII Miarenzeller, v. XXIX — ,(Österreicb)XXVII
„ [III] ... IX Ministerialblatt IVarnkrofi . . X
Fehleiseo . . . XXV (Bayern) . . XVIII Wiese-Köhler . IV
Füger .... XIX INeigebaur . . I ZeiUchrift f.d 6 W. Ha
Gesetz- und Ver- Nodnagel . . . XXI Zeitschr.f.d.österr.
ordnuigsbfatt Rönne, v. . . II Gymo. . . . XXVI
(Kgr. Sachsen) XXII Schreyer . . XXIIIa — d. Realschal w.
Gesetz asw.(Els.- Seibel .... XVII [inÖsterreich] XXVIII
Lothringen) XX Seydewitz, v. XXlIIb Zentralblatt
«Toos XV (Preußen) . . III
^) Das große Quellenwerk der Monumenta Germaniae Paedagogica
(1886 ff., Berlin, A. Mofmann u. Co.) bietet, soweit es erschienen ist, io
seinen Schulordnongen (Hessen, Siebenbürgen u.a.) für onsern Gegen-
stand, wenigstens für die hier in Betracht kommende Zeir, noch nicht viel.
Für Braunschweig vgl. Bibliogr. Abt. 2 zu ^i mit den Anmerkungen.
*) Zu erwähnen ist hier auch die vorliegende Zeitschr, f, d. GßV,
(seit 1847, hrsg. v. H. J. Müller, Berlin, Weidmann, 12 Hefte, mit
den Jahresberichten des Philolog. Vereins 20 JCh weil sie, ehe
es das Zentralblatt gab, die wichtigste Zeitschrift für höheres Schul-
wesen überhaupt war (was sie für das Gymnasial wesen, besonders auch
wegen ihrer philologischen Jahresberichte, wohl aacb heute noch ist)
und gerade für das Programmwesen der älteren Zeit so viele Ab-
handlungen, Meinangsäoßerangen und bibliographische Obersichten enthält,
daß sie auch in dieser Hinsieht eine der wichtigsten Quellen ist. Vgl. ins-
besondere für Programm Verzeichnisse einzelner Jahre in den
verschiedenen Provinzen Preußens und a n d eren St aaten,
die in Abschnitt 3 nicht alle angeführt werden können, das General-
register von H. S. Anton, I— XL. Jahrgang, 1847—1886 (Berlin 1893.
Weidmann, 14 JC.) S. 473—478.
YOB R. Ullrieh. g9
fll. ZmiralbkM^) für die gesamte üfUerriehtsverwäUimg in Prettfeen, hrig.
in MinisL d. geistl., Uoterr.- «. MediziaalaogeUgeaheiteB, aait 1959.
Stattgart-Berlio, CotUs Naokf. 12 Hefta, IJi (aiaaaloa Hefte 0,80 j^,
Heft 1 : 1,60 Jt-)
IV. W'ieae*}, Ludw., n. 0. Kubier, ^erordntmgen und GesetzefUr die
höheren Schulen in Preuften. Berlio, Wiegaodt n. Griebea. I. Die
Sehale- ^ 1886. XVI, 488 S. geb. 9,75 JC (s. Z. vergriffen), H. Das
Lehramt und die Lehrer, '1888. XI, 521 S. geb. 10,25 JC. Ober
Prog^ramme vgl. besooders I S. 376->383, II S. 489.
V. Bei er'), Ad., Die höheren Schulen in Preuften und ihre Lehrer,
Sammlung der wichtiggten, hierauf besägUchm Gesetze, Verordnungen,
Verfügungen und Erlasse nach amtliehen Quellen, brsg. von Adolf
Bei er, KanzL-R. Halle a. S. 1902. Bacbb. d. Waiieahaoses. XVI,
565 S. Gaozl. 9 JC. (Voo deo beideo ErgäDzaogsheftea 1(1904) XVI,
^> Hierza bis jetzt 4 [General-jRegisterbäode:
[11 za den 15 Jahrg. 1859—1873. Berlio, 1874 W. Hertz, 153 S. 4JC
(DJ 9„ „ 8 „ 1872—1879. „ 1880 „ „ 116S. 3„
nni „ „ 10 „ 1880—1889. „ 1892 „ „ 167 S. 4 „
IIV] „ „ 10 „ 1890—1899. „ 1903 Cottai Naehf., 199 S. 4 „
Wie hier, so siad aach bei den anderen Staaten die betr. amtiiehen
•ier halbamtliehen ScbnlblMtter angefahrt, in denen die in Abt. 2
aBifefniirtea Verordanngen o. iL ober das Programaiwesen verzeichnet sind.
Wo Generalregister existieren, die für die erste Anffiodnn; einer
bestiamten Tatsadie ganz nneotbehrlich sind, werden sie überall mit vor-
zeichset. la Seholbibiiothekea verdienen die letzteren noeh mehr Förderong,
als iknea s. Z. ia der Regel zoteil wird.
^) Es ist selbstverständlich, dafi aneh Wieses historisch-
stalistiaches Werk Das höhere Schulwesen in Preußen, Historisch'
statistische Darstdlung. Im Anftr. d. Ministers der geistlichen, Unterrichts-
nad MediziBalaagelegeaheiteo heraosgegeben, 3 Bde. Berlin, Wiegandt und
Griebea, I ([bin 1863] 1864), »(1864— 1868/9; 1869), III 1869— 1873/4; 1874)
der YoriiegreDden Arbeit vielfach zu gute gekommen ist (vgl. besonders
Ahtfcbaittni). Dorch die Portsetzung von B. I r m e r , Bd. IV (1874— 1901/2;
ebeeda 1902. XXX nnd 966 S. Lex. 8o. geb. 29 JC) ist es fast bis auf die
Gegenwart fortgeführt worden und bietet mit seiner Fülle von Material
Anre^aa^ea, die noch lange nicht genug fruchtbar geworden sind. In den
Lckrerbibliotheken der höheren Schulen ist es, wie ich aus den Schul-
bericktea der letzten Jahre sehe, bei weitem aicht so heimisch gewordea,
wie es sollte. Hoffeatlich übertrügt sich die Abneigung mancher gegen die
Persea WieBe% (vgl. auch ,,Leöenserinnerungen u. Amtserfahrungen^* Bd. II
S. 40) "Wie eie u. a. in dem immer noch verhältnismäßig langsamen An-
waebaea der ^, Wiese-Stiftung'' zum Ausdruck zu kommen seheint, nicht
a«f aeiae ^iBBeu^ehsLliMehefk, in der grundlegenden Literatur des Schulwesens
aaerreicbten Werke. Eine neuere historisch-statistische Quellensammiuog
von der ßedeotaag der vorliegenden besitzt wenigstens kein anderer dentseber
Staat, aaeb Österreieb nicht. Erst in Sachsee (s. u. S. 93 Anm. 1, SehluB)
ist der Aafaag' xa eiaer solcheo gemacht worden. Kleinere Staaten (ich denke in
erster Liaie ao Worttemberg und Bayern) hätten es viel leichter, eine ühn-
li he so sehstffen» In Grunde wissen die AogehÖrigen des höheren Lebrer-
^^ «^raehi^^^''^' Bundesstaaten reeht wenig von der Verschieden-
rf'-f* Kotwieblooff ^^^ ^^' Staades der entsprechenden Schnleinrichtnnfen.
iul uA 12 des ß 4in in ei sterschen Handbuches vgl. die Anm. zu Nr. XXIV.
l/berM. J ^^ ^jiiBiBlottg, so gut sie ao sich ist, kann doch die von Wiese -
/ ich« arae^xeo, wie neuerdings öfters gesagt worden ist. Bin
i / /
00 Programmweseo uDd::Pr,ogi<t|iimbibliotliek d. höh. Schaleo,
i 83 S. ],5Q v^ oBd II (1906) XVIII, 116 S. 2 Jt, konnit für die Pro -
'•\ i^raniiDv.erbältDiisc oor das «weite io Betracht).
AaßerdeiD:
,,yt f^erhandbwg^en der Direktorenyersammlüngen in den Provinzen des
Königreichs Preufsen feit dem Jahre 1879, Berlio, Weidmaoo, Lex. 8<^.
^\» 1907 erschieoea 70 BMode (der letzte 1905). (Einzelpreise ver-
schiedeo, Gesaintpreia bis Eode 1905: 372,20 J^; for die Bäode
1 — 52 besteht eio ermÜßi^r Preis vod 200 Jt, far preii Bische
'HaDdluDgen voo ISO JC^ — mit Aasnahme der Bände, welche die
Provinz dea Abnehmers betreffen).
Brler, Prof. Dr. W., Die Direktorenkonferenzen des preufsischen
Staates, Sämtliche auf ihnen gepflogene f^erhandltingen^ geordnet,
exzerpiert und eingeleitet dorch eine Darstellnng der geschichtlichea
Entwicklung dieser Konferenzen. Berlin, Weidmann. 3 Teile:
VW. [l.J [Bis zum Jahre 187 S]. 1876. XVI, 272 S. 5 JC.
VlII. HM Erster Nachtrag. In den Jakren 1876 und 1877. — 1S79.
' IV, 144 S. 2,50^.
I^i [IIL] :^weiter Nachtrag. In den Jahren 187 9, 1880 und 1881.
— 1882. V, 131S. 2,50 JC.
X. Warnkrofi, Dr. M., ord. L., Register zu den Direktorenversamm-
lungen in den Provinzen des Königreichs Preußen seit dem Jahre
1879. Umfassend Bd. I—XXXIV [1879—1889]. Berlin 1890. Weid-
mann. iV, 81 S. Lex. so. 2,40 J(-
Killmann, M., Healschuldir., Die Direktorenversammlungen des
Königreichs Preufsen. Die Meinung sauf serungwi^ Wünsche^ Anträge
' und Desehkisse der Mehrheiten nebst einzelnen Berichten und Fer-
handlungen in Auszügen oder wörtlicher Wiedergabe. Berlin, Weid-
mann. Lex. 80. (2 Teile):
XI. (!.]*) 1860^-1889. [Einzelveröffentlichungen seit 1860^) und y^Ferhand--
hingen seit 1879'' Bd. I-XXXIF] 1890. XVI, 476 S. 12,— JC,
XIT. [II.] 1890-^1900. [Bd. XXXr—LX] 1900. XII, 192 S. 6,— JC.
Neudruck der letzteren, z. T. im Buchhandel vergriffenen ist immer noch
wünschenswert, und Lehrer bibliotfaeken, die anf eine gewisse Vollständigkeit
ihrer schulgesehichtlichen Bestände halten, sollten auch die für ein ver-
tieftea geschichtliches Studium des preußischen höheren Schulwesens gaaz
uneotbehrlichen Werke voo Neigebanr und v. Rönne zu erwerbeo
suchen. Sie sind antiquarisch noch zu haben.
1) In diesem Bande befindet sich auch (S. 1 — 4) ein kurzer ge-
sehichtiicher Oberblick, eine Ausführung über Bedeutung und
Wert der Versammlungen (S. 4 — 8), sowie über ihr Werden und ihrea
Verlauf (S. 8—15).
^) Ober die Art der Einzelver offen tlichnngen vor dem Jahre
1879 vgl. die Zusammenstellung bei M. Killmann, Art. yJHrektoren-
honferenzen'' in Heins Enzykl. Hdb. d. Päd. Ml (1904) S. 272.
voo R. Ulirieh. 9t
b) Die übrigen Staaten.
a) AnbalL
XIIL Krnger^, Prof. Dr. Gost, Ilerzogl. Anhalt, Geh. Seholrat, Fer-
Qrdmtmg^n umä Gesetze für die Gymnaeien und RtaUuuiaUeM des
Her%oghans AnhaU. In Anflr. d. HerxogL Ref^eroog, Aht. f. das
Sehnl Wesen, hearbeitet. Dessen 1902. C. DSnahaopt, VIII, 455 S.
geb. 9 M.
ß) Baden.
XIV. yenirdnuMkgshlaU^) des GrofskenogUdmn Oberschulrates (seit 1863).
KarUrahe, (Malseh n. Vogel). Lex. 8^. Zahl der Hefte wechselnd.
Jahrespreis (bei Bereehnong des Dmckbogeas mit 0,12 Jt) dorch-
scbDittlich etwa 2,— JC,
XV.. Jooa'), Aag., Prils. d. Großh. Bad. VerwaltungsgeriehUhofs (früher
Dir. d. Obersehnirata), Die MiUeUehukn im Grofshertogium ßadeN*
EfäwiekUmgsgangy Orgtmisatuni, Lehrpläne, Leitung und FerwaJUung
dersdben. Karlsrahe nad Tanberbischofsheim, * 1898. J. Lang.
Geb. 8 tM"
y) Bayern*}.
XVI. Dollinger, G., Sammlung der im GeMete der inneren Staatsver-
waltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen, ans amt-
liehea Qoellen geschöpft und systematisch geordnet. Bd. IX. Unter-
richt und Bildung enthaltend. Mönehen 1838 (o. V.) 4» 3 Teile:
1. XXIII, S. 1—538; 2. XXI, S. 539-^984; 8. XXXVI, S. 9S5
— 1756. Hier kommt in Betracht: Teil 2: II. Lyseen;
IlL Gymnasien; IV. Lateinische Schalen.
XVII. Seihel, V., Prof., Die revidierte Ordnung der lateinischen Schulen
und der Gymnasien im Königreiche Bayern vom 24, Februar 18Ö4 mit
den »either erschienenen VoUtugsbestimmungen, Erläuterungen und
NeneUen. Systematisch geordnet Mit ministerieller Genehmigung
ver6tentlichL Bamberg 1864. Bachner, VIII, 150 S.
^) Ich möchte diese Sammlnng gans besonders hervorheben. Sie ist so
zwcekmüfiig eingerichtet and geht nach aaf so viele fiinzelheiten ein, wie
dies eben nar bei der Verwaltang eines kleineren Staates möglich ist.
Indes fehles von anderen Staaten ähnlicher Art gleich vortreffliche Samm-
langea voo Verordnangeo ond Gesetzen fSr das höhere Schal wesen aus
meiktrer Zeit dorchaas.
^ Da das yerordnungsblatt aaf der Kgl. Bibliothek zu Berlin nicht
vorhaadea ist, konnte im Abschnitt 2 (fir. LVII— LX) im allgemeinen nicht nach
der Origianlpoblikation, sondern nur nach Joes (Nr. XV) zitiert werden.
>) Den Bache fehlt ein chronologisch geordnetes Ver-
zeichnis der Verfug an gen, das für derartige Sammlungen nur ausr
•ahmsweise so entbehren ist; hoffentlieh wird es in der 3. Aufl. hinzngenigf.
4) Eia neae res QaelJenwerk über das bayerische höhere Schalwesen,
in ier Art etwa von Wiese-Kahler aad Beier für das preoBische»
.^odaa^el für das hessische, Kretzscbmar für das sächsische, Krtiger
lar 4uB aahaltisehe, fehlt. Ein bayerischer Schulmann würde sich ein Ver-
dienst erwerben, wenn er diese Lücke aotfüUte.
9^ Progrtmmweseo ood PrograDmbibliothek d. höb.Sehaleo,
XVIII. Mtnuterialblatt^) für Kirchen- und Schtdanfrelegenheiten im König-
reiche Bayern, amtlieh hrsg. vom Staatsminuterium des Innern für
Kirchen- u. Sckukmgelegenheiten{%e\t 1865). MäDchen, (Th. Acker*
maoo). Etwa 40 Nommero jihrlicb. 6,75 JC*
XIX. Püger, J., K^l. G.-Prof., Die Schdordnungen ßrdie hwnanittischen
Gymnasien, Progymnasien und Lateinschulen im Königreich Bayern
vom 23. Juh 1891 hevw. vom 25, Juni 1894, daeo die Prüfungs-
ordnung für das Lehramt an humanistischen und technischen Unter-
richtsanstalten vom 21, Januar 1895 mit den seither erschienenen
authentischen Interpretationen, Ergänzungen und FoÜuigsbestimmungen^
INacb amtlicbeo Quelleo bearbeitet Wiirzbarg 1900. Stabel. l6o.
VI, 154 S. (SubeUcbe Gesetzes-Sammluog Nr. 147.) Kart. 1,80 JC,
ä) Elsaß-LothringeD.
XX. Gesetz, [vom 12. Februar 1873] f^erordnungen und Verfügungen, he^
treffend^) das höhere Schulwesen in Elsafs-Lothringen. AmÜkhe Aus-
gabe. Straßborg 1878. €. F. Schmidt (Frdr. Ball). IV n. 104 S.
b) Hessen^).
XXI. NodoageP), L., Geb. Oberachul-R., Das höhere Schulwesen im
Grofsherzogtum Hessen. Gesetze, f^erordnungen und Verfügungen.
Giefieo 1903. E.Roth. Lex. 8<^. VII, 328 S. Geb. 7,50^. Mit
Nachträgen (bisher 2; ebenda).
I. März 1903 bis Juli 1904. 1905. 46 S. ],20 JC.
II. Juli 1904 bü JuU 1906. 1906. 39 S. 1,— JC*
Q Königreich Sachsen.
XXII. Gesetz' und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, seit 1835.
Dresden, C. C. Meinhold u. Söhne. Lex. 8^. Zahl der Hefte ver-
schieden. 2,50 JC.
XXIIIa. Sehreyer, Ednard, Reg.-R., Kodex des im Königreich Sachsen
geltenden Kirchen- und Schulrechts, mit EinscblaB des Eherechts und
des Rechtes der frommen and der milden Stiftungen. Zweite, gänzlich
1) Haoptregister zo den Jahrgängea [I— XXVIII] 1865—1892.
München, 1893. Jos. Roth (G. Franz) 98 S. 2 ^
') Eine nenere Sammlong fehlt anch hier, wird aber wohl von
allen, die an dem hiShereo Schulwesen des wiedergewonnenen Reichslandes
Anteil nehmen, als ein Bedürfnis empfunden. Ein zweites älteres Werk,
„Die Verwaltung des höheren Unterichts in Elsa fs- Lothringen von 1871
bis Ende 1878"*, Straßburg, 1879. C. F. Schmidt (Frdr. Ball), war mir nicht
zugänglich.
^) Für die Programmverhältoisse des ehemaligen Königreichs
Hannover können einige orientierende Bemerkungen bei [Seh malfnß],
Das höhere Schulwesen des Königreichs Hannover seit seiner Organisation im
Jahre 1830 (Hannover 1855, Fr. Culemann, 81 S.) S. 72—74 verglichen
werden.
«) Abt. 2 Nr. LXXnr enthält eine kleine, hierher gehörige Er-
gänzung dazu, die der Herr Herausgeber geneigtest zur Verfügung ge-
stellt hat.
voB R. UUrieh. 9}
va^etrb. «od bii tnf die BMMto Zeit fortfefSkrte und ergiotte Auf-
lage. ImAoftr. des KgL MiBiiteriam des Kultus o. öffeBtl.
ÜBterriebts bearb. «od bertasyegebeo. Mit ehrooolof. o. slpbabet.
Reifster. Leipzig, 1864. Berob. TeoebBits. 4°. XII« 1041 S. —
Ober die erste ABHage des «9dw vgl. Abt. 2, Nr. LXXVl— LXXVllI
«b4 die ABBierkung d«zB.
XXmb. Seydewitz, Paul v., K9d»x das im Kömgrmek SachMen gtUenden
Rirehnt- und Sehäreehts, mit BiBSchluß des fibereehts und des
Rechtes der fronuieB nod mildea Stiftnogeo. SuppleBeatbaod
zur 2. Anfl., eothaltead die emtddagend» GeM^Ugtbung seit dem Jahre
tS63 und Nachträge %um Hauptwerke. Im Auftr. des Kgl. Mioi-
sterinms' des Raltus n. öffeotlicbeB Unterricbts. Leipaig^
1879. Berah. Taocboitz. 4^ VI, 710 S. 26 JC,
XXIV. Rretzsebmar*), J. F., Geb. Reg.-R., Dae höhere Sehulweeen im
Känigreieh Sachsen, Geset» über die Gymnasien, Bealsehuien und
Seminare vom 22. Aug. 1876, nebst Ausführungsverordnung, und die
einsehiagenden Gesetee, ß^erordnungen und Entscheidungen, (lo:
Juristische Handbibliothek, brsg. v. Max Hallbaaer uad Dr. Walter
Seheleher, Bd. 158). Leipzig, 1903. A. RoBberg. kl. 8^ Xli,
704 S. 10,— JC-
tj) Württemberg.
\XV. Fehleiaeo'), Prof. Dr. G., Sammhmg der wichtigsten Bestimmungen
für die Gelehrten- und Realschulen fTürttembergs. Siattgart 1900.
W. Roblhammer. 2 Bl. u. 233 S. 3,50 Jt.
>) Bei der Reiehbaltigkeit dteaes Werkes (doch vgl. S. 91 Asm. 3)
fcisBCB wesigsteas s. T. die älterea QaelleBwerke (vgl. Otto
Kaenaasl ia Baumeisters Hdb. d. Erz. u. Unterriehtsl, f. höh. Seh.
I 2 (1897) S. 117) bier Hbergaogeo wrrdeo. Die Literatora ogabea in
diesem der „Einrichtung und Ferwaltung des höheren Schulwesens in den
Stdturiändem von Europa und in Nordamerika** gewidmetea Bande des be-
keaateB Haadbuebes sind übrige as gaaz unzureiebend. Bei maachen
Slaatea werdea gar keine Quellen angegeben, bei vielee eia paar Zeilen, wo
cbaaeoviel Seitea aotwendig gewesen waren. Wo soll sich derjenige zoers t
Rats erhelea, weao nicht bier, der sich über des ihm zunächst fremde
behera Sebolweaea eiaes aaderea Staates orientieren will? Dazu gebfireu
aber vor allem eingehende Quellennachweise. Die Beitrage sind beinahe
aiafhlieBlieb von Tragera bekaanter, z. T. sehr berühmter flamen in dea
eiBzelaeB Liadern selbst verfaflt. Voa diesea darf man wohl erwarten, dsfi
sie die betr. Literatur nicht bloB selbst kennen, sondern auch andern zur
KeaatBia briagen (Genaue Titel, Zahl der Bände, Jahr uad Ort des Er*
flcbeiBesa, Verleger u. s. f., ev. erläoterude Zusätze). Bs ist dringend zu
winaehen, daB ia der wohl bald zu erwarteaden Neuauflage des Bandes diesem
Maagel, der seinen Wert erheblich beeinträchtigt, abgeholfea werde. Pur
die Verbaltaiaae der eiazelnen sächsischen Anstalten (zunächst der
17 GyaiBBaieB) ist wichtig: FeröffentUehungen utr Geschichte des gelehrien
Schulwesens im jMertinischen Sachsen, hrsg. im Anftr. d. sächsischen
GymBasiallelirer-Vereias. L Leipzig, 1900. B. G. Teubner. VII,
248 S. Lex. S^. 6 JC.
^ Diese (abrigens z. Z. vergriiTene) Sammlung enthält keine Be-
itimmuBgea über das Programmwesea, obgleich solche soch vor 1900 er-
Itssea worden siod. llofeatlieh wird die aeue Auflage (wozu schoa die Verfügung
94 ProgramBweien und ProgrtminbibliotheLd. höh. Scholen,
B* Österreich.
XXVI. Zeäschrift für die Österreiehüehen Gymnasien, hrsg. v. J. Hoener,
£. Bauler, H. v. Araim, seit 1850. Wieo, C. Gerolds Söho, 12 Hefte.
XXVII. Ferordnungthlatt^) für den Dienstbereich des K. K, Ministenums
für Kultus und Unterricht, red. im R. R. Mioisteriam f. K. u. U.,
seit 1869. Wieo, R. R. Sehe Iböcher verleg. Lex. S^. 24 Hefte. 5 Jt.
XXVIII. Zeitschrift für das Realschuhoesen*) [io Österreieb], hrsg. v.
E. Czaber, A. Bechtel u. M. GlSser, seit 1876. Wieo, A. Holder.
12 Hefte. 14,— Ji-
XXIX. Marenzelier, Dr. Edm. Bdier v., Normalien für die Gymnasien und
Realschulen in Österreich, Im Auftr, u. mit Benutzung der amtlichen
Quellen des R. R. Ministeriums für Rultus und Unterricht, Wien»
R. R. Scholbächerverlag. Lex. 8 <^. 2 Teile.
I. Gymnasien :
1. 8 ßl., LXXXVI u. S. I— S8ü. 1884. 3,— J(.
2. S. 381—831. 1884. 8,— JC.
II. Realschulen:
8 BI., XXXVI a. 835 S. 1889. 6,— JC.
Hierher gehöreo die Abschnitte:
I. 1. § 116 (S. LXXX1II).
2. Nr. 473-483 (S. 645—654).
II. Nr. 369-374 (S. 670-674).
C. Die Sehweis.
Vgl. die von G. Fiosler (Baumeisters ^</6. 1 2, S. 366) aogerührte
Literatur, aas der besonders das periodische Werk ,^Jahrbuch des Unter-
richtswesens in der Schweiz^^, hrsg. v. Alb. Haber, Zürich, Grell Püßli,
hervorzuhebeo ist (seit 1887; der letzte (XVill.) Jahrgang über da^ Jahr
Ji904 erschien 1906; 6,— Ji*) S. u. zu Nr. C.
vom 2. Jan. 1902 Anlaß bieter, s. a. Nr. LXXXXI) entsprechend vervoiN
släodigt. Vgl. noch S. 91 Anm. 3.
Niebt zugänglich gewesen ist mir die große Sammlung Dir die ältere
Zeit: A. L. Reyscher, ß^oUständige, histor. u. krüisch bearb. SammUmgr
der wärttemb. Gesetze. Bd. XI 2, Gefetze für Mittel- u, Fachschulen bis 1646,
hrsg. V. R. Hirzei, Tübingen 1847. Foes. CXCVl o. 932 S. 10,80^ VgL
Abt. 2 zu Nr. LXXXiX— LXXXXI.
^) Da die Zeitschrift mit der Reorganisation der Österreichische a
Mittelschulen im Jahre 1849 eng zosammenhängt, aueh regelmäßige Be*
richte über die Programme bringt, ist sie hier roitaogerdhrt. VgL
das Repertorium über die ersten 40 Jahrgänge C1SÖ0—1H89J und das
Supplemmthßft des 37 , Jahrganges von Rarl Stejskal [seo.], ebenda 1890.
XIII, 538 S. 15,— JC (s. auch dsselbst S. IV f.).
3) Eins der Hefte, jetzt in der Regel das letzte, enthält (seit 1876)
regelmäßig ein Verzeichnis der in dem betr. Jahre erscbienenen
österreichischen Mittelscholprog ramme; vgl. BibUogr,. Abt. 3, Nr. 33
and Smidek, Wlad., jilphabetisches Normalienregister zu
sämtUc/ten bisher erschienenen Jahrgängen des f^^erordnungsblattes für den
Dienstbereich des K, K, Minist, f Kult, u. Unterr, 1H69—1900, ßrünn, 1901.
C. Winiker. n\ IV, 182 S. 2,60 JC-
') Ein Generalregister ist nicht vorhanden.
von R. Ullrich. -95
% Die ivichtigsten amtlichen Verfögungen über das
Programm Wesen').
A« Devtsehes Beleb.
a) FreuBen').
XXX. 23. A o g. 1824 '). Graodlegeode VerfnsvBg für die gaoten
Verliiltaisse bei deo GyiiBasieo. Das mr Biiladang zn dea affoat-
licheo PrafoBsen eracheiBeode Progranai enthält in der Regel
II) eine Abhandluns über „eiaen wissenaehaftlicheB, dem Bernfe
«tnes Sebnlaiaanes eicht fremdea, ei« allgemeiaea lateresae, Bindeateni
der sebildetee Stande am öiTeBtlicheB Unterrieht im allsemeinen oder
an den] Gymnasien insonderheit erweckenden Gegenstand'^. Auch
Reden statt dessen sind gestattet. Abfassmng jShrüeb nhwechselnd
1) Die Verfnguogen, die heute in den einzelnen Staaten in Geltung
sind, habe ich ssmtlieh anfgeoonmen, soweit sie gedruckt vorlagen oder
nur s«ost zugänglich gemncht worden sind; einige, wie Nr. LXXIII und
LXXXXI, werden hier zum ersten Male veröffentlicht. Es durften aber
nnch diejenigen nicht fehlen, die für die Entwicklung der Sache ircend Be*
dentnai^ gehabt haben (und z. T. noch haben). la manchen der älteren'Ver-
figuagea (vgl. besonders die hessische von 1853; s. u. Nr. LXXIII)
sind scblieiite Wahrheiten enthalten, deren Kenntnia und Beachtung- vfeN
leicht mnaehe Neueren vor übereilten Sehlofifolgerungen und Vorschlägen
nhgelialten hätte. — Die A a e r d n n n g ist im allgemeinen die chrono-
logische. Doch sind Verfügungen, die dem lohalte nach eng zusammen-
gehören, z.T. unter derselben Nummer zosammengefsßt ; s. z. B. Nr. XLIII.
Hinter den Datum ist der lohalt von mir jedesmal kurz bezeichnet, einige
Maie in Anlehnung an Oberschriften der Originnle. Von Verfügungen, die
sich anf Einzelheiten beziehen, ist in der Regel die neuste genannt ;
die älteren, den gleichen Gegenstand betreffenden, sind dann gewöhn|ii;ll |^
KlnBaaern beigefügt r vgl. s. B. Nr. XLI V und XLV. Bei besonders wichtigen
Verlu^ngen sind einige Haaptsteileo im Wortlaut zitiert.
') Daß die preufiiseheo Verfügungen sm ausführlichsten wieder-
gegeben sind, wird wohl keiner besonderen Rechtfertigung bedürfen, du sie
sich nicht btofi am eingehendsten mit der Suche befassen, sondern auch oft
Hr andere Staaten vorbildlich gewesen sind.
*) Außer den hier sngeführten Sonderverfügungen über des Programm-
Wesen sind such die Direktoren -Instruktionen zu beachten
X^'iese-KübUr MI (1888) S. 109—196), die alle über die Pflicht der
Direktoren betr. Abfassung der Schulnach richten wie Heranziehung der Lehrer
zn den wisaenschsftlichen Abbsodlungen, z. T. auch über die Kontrolle
ihres Inhalts (vgl. unten besonders Nr. XXXV u. XLIV) sich nuBern. Ver-
hältnismäßig an nnsführlichsten sind sie in dieser Beziehung in Branden-
burg (§ 22; S. 124), Pommern (§ 28; S. 138) und Schles^ig-
Htlstein (§13; S. 181). Da diese Instruktionen, abgesehen von der
far Schleswig' Holstein, gegen 40 Jahre zurückliegen und mit dieser einen
Ansnnhme vor die . heute für das Programmwesen geltenden Haupt-
he$timmüagtu feilen, haben sie zwar nur historischen Wert, sind aber
immerhiu für die Auffassung der Zeit charakteristisch. Dsß sie auch im
ganzen za den kantigen Schul- und Lehrerverhältnisseu zum großen Teile
aicht mehr recht stimmen, bat vor einigen Jshren ^. Morsch wohl ^letaiV
iich oherzeogeod dargelegt {ffeue Jhb. f. d. klass. Merium usw. X Cj902i
jl^ g ^-j jo4 oad S. 125 — 153); vgl. auch unten Abt. 4, Nr. 132).
96 Progrtmmwes 6D ond Programmbibliothek d. bSh. Scholea,
in Itteioiscber oder deoUcher Sprache dorch den Direktor und die
Oberlehrer [alten Stils] in nSber za beftimmeader Reihenfolge.
IV) Die Schaloach richten in deutscher Sprache (in den Grund-
ziigen dem heutigen Brauch entsprechend), vgl. Nr. XLI. Hervor-
gehoben sei der Satx (Abs. IV A), wonach „dem Publikum die Über-
sicht des ganzen Lebrsystems jährlich gegeben wird".
VII) Einsendung an die Rgl. Bibliothek in Berlin und die Univrsi-
tSUbibliotheken (Nei^ebaur S. 314—316; Rönne S. 158—160. Bei
Wie9e-KühUr ond i?eter nur im Auszuge).
XXXI. 19. Febr. 1825. Programmen t a u s e h. Ausdehnung ^) auf sämt-
liche Gymnasien der Monarchie {Rönne S. 161 — 162).
XXXII. a) 1. März 1826. (An das Ronsist. z. Berlin). Ausführungen za
XXX. Bezüglich der ganzen Einrichtung wie der Schul-
nachrichten: „Binleitnng eines lebendigen Verkehrs der Gymnasiea
teils untereinander, teils zwischen den Eltern .... und zwischen
dem größeren Publikum" ; bezüglich der wissenschaftlichen
Abhandlungen: Aufmunterung „der Direktoren und der Ober-
lehrer zur unnnterbroehenen Fortsetzung ihrer Studien und nament-
lich aneh zur Obung im Lateiniscbschreiben'' ; (Wiese, Da» höh.
Sehidw. t. Preußen, II (1869) S. 702 Aom. 3).
b) 10. März 1828. Kosten. Umfang (des ganzen Programms)
2-3 Bogen (ebenda S. 704).
XXXm. a) 1. September 1828. Ergänzung znNr. XXXI. Regel -
mäßigere Mitteilung (Pünktlichkeit, ausreichende Zahl der
Exemplare) (Neigebaur S. 317; i?d>i;ie S. 162).
b) 20. Juli 1836. c) 31. August 1838. d) 12. Febr. 1839
Aus tausch mit „ausländischen** Gymnasien (Sachsen, Kurf.
Hessen, Schwarzburg-Sondershausen, Nsssau u. a.) {Rönne S. 163 —
164; Wiese, Das höh, Schulw, i. Preußen, il (1869) S. 704).
XXXIV. a) 2 0. Nov. 183 7. Vorlegung des Msnuskripts bei der
vorgesetzten Behörde. Ergänzung zu Nr. XXX betr. d. Inhalts
(Wiese, Das höh Schulw. II (1869) S. 705)..
b) 16. Juli 1852. Aufhebung dieser Bestimmung unter
bestimmten Beschränkungen. Die Prüfung durch den Direktor
bleibt bestehen {ebenda S. 705). Vgl. auch Vfg. v. 9. Dzbr. 1861
(Wiese-K. II S. 489, Z. 6 v. u.).
c) 16. Juli 1841. Titelblatt. Katalogisierung. Ergänzung zu
Nr. XXX betr. d. Form . {Rönne S. 160|; fTiese-K. I S. 379 f.;
Beier S. 267). Ergänzt durch:
d) 21. April 1886. Angabe der Vornamen (ATtete-iTitfMer II S. 489).
XXXV. a) 6. Okt. 185 9. Erläuternde Bemerkungen zu der Unterriehis-
und PrUfungsordnung der Real- und der höheren Bürg^erschulen,
Jährliches Programm (Abhandlung und Schnlnachrichten).
Inhalt der wissenschaftlichen Abhandlungen: Keine
') Ein Austausch zwischen den Gymnasien der einzelnen Pro-
vinzen hatte (nach der Vfg. v. 11. Okt. 1822) schon vorher bestanden
{Rönne S. 161, Z. 4 ff. v. u.; Wiese, D. höh, Schulw, t. Preußen II (1869)
S. 702).
voo R. Ullrich. 97
m
streog pbilologischeo Abhaodlougeo. Sprache: die dentache
if^^iese- Kubier I S. 103).
b) 1 7. Jaa. 1 866. Ergänzung za a. Inbal t der wiaaeaacbaft-
licbeo Beilage, iosbesoadere der RealscbiilprogramBiie:
Einac^rfoog der BestiamoDgeD vom 6. Okt. 1859. Hinweia aaf
paasende GegeoalÜDde. War nang vor der ,,Scbaia,die Wissen-
sehaft zo popu lari aier eo" {Ztbl. 1S66, S. 91-92, ^"i>m.
Kubier I S. 380— S8J ; Beter S. 265—267).
e) 2. Febr. 1843 oad ]. Nov. 1858. Inhalt der Seboloach-
ricbteo: Zweckaiiifiigere Mitteilnog der Verfügungen der
BehSrden mit Rucksieht auf das Pabllkom, Zoruckbaltenderes Ver-
fabren in bezug auf Mitteilung persUnlieher Verhältnisse der
Lehrer, {ff'tese, D. höh. Schulw. i, Pr, 11 (1869) S. 706).
XXXVI. 15. Mai 1866. fieabsichtigte Reform, fieibehaltong der j ä h r -
lieben Scbninaebriebten. Erwägung anderweitigen Tausebver-
f a h r e n s. Beznglieh der Abhnndlungen: Erwägnag der Heraus-
gabe ia größeren Z wisch enrän men (z. B. dreijährigen).
Kollektivaosgahe? {ZU, 1866, S. 340—341 ; M^tefe, D. hüh. Schuht.
t. Prenifim. II (1869) S. 707). Vgl. unten Abtim. 4 Nr. 68 u. 73.
XXXVII. 17. Juni 1873 (scbon vorher 9. Aug. 185 6). Einsendung der
ttnf deutsche oder preuBisehe Geschichte bezüglichen
Prognunae an das Direktorinai der Kgl. Staatsarchive in Berlin.
{2UbL 1873, S. 454).
XXXVIIT. 12. Dez. 1 874. — Dgl. an das Kuratoriam des Reichs- und
Staatsanzeigers (7/M. 1 875, S. 40— 43). Vgl ebenda \S12,S 292.
XXXIX. 26. April 1875 >). a) Nene Regelung: Aufhebung der
jahrlicbea Verpflichtung zur Abfassung der Abhandlungen uad
Progranimen tauseh zwischen den höheren Schulen
des Deutschen Reiches (aufier Bayern) durch Vermittlung der
Teobnerachen Verlagsbnchbandlung (Ztbl, 1875, S. 635—638;
Wiese-Kübkr I S. 381—383; Beier S. 271—273).
b) 2 2. Juni 18 75. Format*): 25VtX20Va cm. (Beier S. 273 Anm. 2).
c) 28. Dezbr. 1878 und 31. Okt. 1879. Erlänteroug zu a. {Mcht
gedruckte vgl. Teil II 1, khy).
XL. a) 20. Nov. 1874 und b) 1 I. Aug. 1876. Berichte über die in
dea Scbulbibliotheken befindlichen Handschrifteo*) und alten
Droeke in den Jahresberichten bezw. den Beilagen {Ztbl. 1875^
S. 39 f. u. 1876, S. 534 f., It^iete-KUbler I S. 375 f.).
1) Vgl. schon vorberdasProtokoll vom 1. Juni 1874 (i?<^ierS. 271— 273).
') Hierher gehört auch die — leider bis heute nicht immer beachtete —
Mitteilung der Teubnerschen Zentralstelle für den Pro-
grammeatausch vom September 1875, daß die Größe des Formats.
der beachDittenen Programme 2572 <^in. in der Höhe und
20^/2 cjo. In der Breite betragen soll. Doch vgl. die neuerdings wieder
erfolgte Betoanog dieser Sache in der letzten Badischeu Verordnung (s. u.
3fr. LXJb, Abs. 1).
») Vgl. hierzu auch die Ferh. rf. 24, fers, deutscher Phil, u, Schtilm,
L Heiäelberg^ votn 27,— HO. Sept. 1HG5. (Leipzig 186G, Teubner) S. 48.
Zmtmehr. f. d. OjmnMUlwMcn. IjXI. 2. 9. 7
98 Programmweseo uod Programmbibliothek ^d. höh. Schalen,
XLL 7. JtDoar 188 5. Allgemeine, noch heute geltende
Verfügong über Zweck (Regehaltnng des Interesses der be-
teiligten Kreise für die Schule; Einblick der Behörden in die
Organisation) und Inhalt^) der Schnlnaehrichten (znr Her-
stellang größerer Gleiehmafiigkeit) (entsprechend der damit aufge-
hobenen vom 23. Aug. 1824) (fTiese-Kübler I S. 376—379; Beter
S. 267—271); Ergänzung 7. Juni 1894: Turnbetrieb {Ztbl. 1894,
S. 545—547).
XLIa. 3. März 1888. Vorwendang guten Papiers (Zt6/. 1888,S. 389 f.).
XLII. 16. Juli 1890. Einsendung der wissenschafllichen Abhandlung an
die Kgl. Bibliothek in Berlin auch seitens der nicht im
Taaschverkehr stehenden Anstalten {Ztbl. 1890, S. 651;
Beier S. 271, Anm. 1).
XLIU. a) 26. Okt. 1892, b) 9. August 1904, c) 23. Okt. 1905.
Die „Mitteäung^en der GeteiUehqft für äeuUehe Bnidtungs- und
SchtUgeMcfuchte** und die Sehulprogramme (Beier S. 265, Anm.;
Ergänsungth, II S. 9—10).
XLIV. 17. März 1896 (schon vorh. 17. Jan. 186 6, vgl. o. Nr. XXXV,
u. 10. Juli 1893). Verantwortliehkeit der Direktoren
fdr die Schulprogramme und die ihnen beigegebenen wisaenachaftlicheD
Abhandinngen {ZtbL 1896, S. 282; Beier S. 266 Anm. 4). Vffl.
dazu fFiese, Da» höh. Schuho, i. Preufien^ II (1869) S. 705 zum
Jahre 1844. Dgl. O.Dez. 1861 n. 6. Mai 1881 (^iMe-A*. II S. 489 f.).
XLV. 12. Febr. 190] (schon vorher 6. Okt. 1877) Zahl (12, bzw. 8)
der au das Ministerium einzusendenden Programme {Ztbt
1877, S. 624 ; ff^iese-Kühler I S. 381 ; Beier S. 271 Anm. 1).
b) Die übrigen Staaten.
a) Anhalt.
XLVI. 14. März 1884'). „Konsolidierung eioesverständnis-
voilen Verhältnisses des Elternhauses zur Schule"
{Krüger S. 397 f.).
XLVII. 18. Nov. 188 7. Grundlegende Gesamtverfügung (in
engem Anschluß an die preußische vom 7. Jan. 1885, s. o« Nr. XLI)
{HrOger S. 894—397).
XLVIII. 15. April 1889. Thema der von dem Direktor oder
einem der festangestellten akad. gebildete n Lehr er
zu liefernden Beilage und Verantwortlichkeit des
Direktors (vgl. o. Nr. XLIV) ; Ditmttinstruktion für die Direktoren
111 § 14 {Krüger S. 347).
') Eine genauere Bezeichnung dieses Inhalts würde hier zu weit
fuhren. Es ist die entsprechende Übersicht über die amtlichen Bestimmungen
in Teil II 1, A (besonders Abschnitt c) und die Ausführung in Teil 3 zu
vergleichen. S. a. die Tabelle in II 1, A c.
') Daß ältere Verrdgungen über das Programmwesen in Anhalt
bestanden haben (auch abgesehen von solchen über den Tausch (vgl. /f te«e,
D. höh. Schulw. 1. Preußen II (1869) S. 704 u. oben Nr. XXXIX) ist wohl
anzunehmen; doch ist bei Krüger nichts davon mitgeteilt.
voo R. Ullrich. 99
XLIX. 6. D«ibr. 189 2. Notibarnachang der wisseoichaftlicbeB Bei*
lageo for die Schalgeechiclite, beeoaders Aohalti (vgl.
aoch obeo Nr. XLIII) {IMig^er S. 312).
1^1. Oktober 190 0. Beifn|n»ff «In^r wiiseosehaftlicheii
Abhandlnog bleibt die Regel, SeholnaehriebteD alleie
die AaaBahae {Krüger S« 898).
U. 13. JaoilOOl. Eiasendaag geeigneter AbbaDdloogeo ao daa
Schiller-Archiv in Marbach {Kruger S. 399).
ß) Baden*).
Lilft. 3 1. Dezbr. 18 36. Erlaß des StaataDioisteriams { 13. Eioladoag
zu dea Jahreaprfifnagen doreb eia gedracktei Programai bei
dea Lyaeea nad Gymoasien. Fesenbeckh (vgl. Bibliogr. Abt, 3
Nr. 17) S. 6.
Aaafnhrnag daza:
i». IS. Pebr. 1837. SckuhrdHung für GeUMensehulen § 34. Ober
dea lahalt der Sehalnachrichten (vgl. beaoadera Abaatz 3:
Verzeichaia der Schaler aach der Lokation) aad die BeifUgang (ia
d er Regel) eiaerkarzea wiiaeaaehaftlichea Abhaadlang,
ia der Regelia lateiaiaeher, nater Umataadea anch indeaticher
Sprache vom Direktor oder eiaen der Lehrer za verfeaseo, in letzterem
Falle dam Direktor vor dem Drneke vorzalegeo. {Fesenheckh
' S. 6-7).
Uli a. 14. J a B i 184 0. Kiafiihraag eiaea T a r a n a betr. Abrassnog der
Ahhaadlaag aater dea Haaptlehrera {Fesenbeekh S. 9 f.)-
b. 18 4 3. Aach aadere ala die Oberlehrer (Haaptlehrer? — s. die
▼orige Nr.) darfea die Ahhaadlaag verfasiea (Fesenbeckh S. 10).
LIV. 18. Novbr. 184 4. Ansfiihrliche Beatimmnng über die Chronik
ia dea Sehalnachrichten {Fesenbeckh S. 8).
LV. 4. Novbr. 1850. Einscharfnng des Schloßaatzea der VerfUgang von
JS37 {ebenda S. 10).
L\'U 8. April 186 2. Äafiere Trennnngder Abhandlungen voa
den Schnlnach richten. Daa S^-F ormat festgesetzt. Tausch-
verkehr mit anderen dentachcn Staaten {Fewenbeckh S. 12 f.).
LVIL 2. Okt. 1869. Nene Scbalordnung') §32: Grundlegende
Beatimmung über Jahresberichte und Beilagen. Die ersteren ent-
halten anch dieSchiilernamen in alphabetischer Ordnung.
Wiasensch. Abhandlungen, verfaßt »vom Direktor oder einem anderen
Lehrer der Anstalt", ,fau8 dem Kreiae ihrer gelehrten
1) Vgl. oben S. 91 Aom. 2; die nach 1898 (dem Jahr des Erscbeioena
TOB Jooa 2. Aufl.) ergangenen Verfügungen (o. Nr. LXIa und b) ver-
danke ieh besonderer Nachweisnog ; sie sind nach der Originalstelle zitiert
') Ursprünglich nar für die Gelehrtenschulen erlassen, dann
aber (2S. Jani 1877) auf die höheren Madchenschulen und
{^. Joai 1893) die Real-Mittelschnlen ausgedehnt — mit den
Aaderaa^oOy die durch die Eigenart dieser Schulen geboten waren (Joos
S. 401).
7*
100 Programmwesen nod Prograninbibliothek d. höh. Schaleo,
Stadien oder pidagogisehen Erfah rn ogeo*' werden i »
der Regel beigegeben {Joos S. 409 f.).
LVIlla. 3. Jnli 1875. (Programmen tan seh) (Joes 8. 438—440). Vgl.
o. Nr. XXXIX.
b. 3. Jnli ];875, 20. Novbr. 1878, 22. Sept. 188,2, 17. Febr.
1893 und 18. Dexbr. 1894. Zahl der ei nzosendenden
Exemplare {Joot S. 437).
L1X. 1. April 1881. Anafährangsbestimmangen zu Nr. LVil
über Form (Format, Titel) and Inhalt (darin bemerkenswert:
„Die Anfzählnng der Aofsatzthemata hat za anter-
bleiben" and: das Fehlen der Forderang des alphabetisehea
Schalerverzeichnisses, s. o. Nr. LV II) (/ooi S. 433—436),
ergänzt durch die Verfägangen vom
LX a. 18. Jani 1883: Das alphabetische Schiilerverze iehnia
wird wieder beigegeben. Dgl. können die in der Prima der
Gymnasien o. Realgymnasien gestellten Aofsatzthemata wieder
aafgeföhrt werden {Joot S. 437).
b. 8. April 1890. Anordnaog des Lehrer Verzeichnisse &.
(Joot S. 437).
LXIa. 8. März 1904. [Neu6^)\ Schulordnung V^t die höheren Lehranstaltea
(Mittelschalen) (vgl. o. Nr. LVII) § 24. Jahresbericht Alige-
meine Verfügung. Vgl. besonders V Abs. 2: „Dem Jahresbericht
kann eine von dem Vorstand oder einem Lehrer der Anstalt ver-
faßte wisseosehaftliche Abhandlang beigegeben werden. Dieselbe muft
in deutscher Sprache gesehriebeo sein und soll einen im Bereich
der Schule gelegenen Gegenstand behandeln. Sie muß, wenn
sie von einem Anstaltslehrer verfaßt ist, vor der Dracklegung dem
Anstaltsvorstand vorgelegt werden**. {Gesetzes- und Ver^
ordnungshlatt für das GroJShertogtum Baden, 1904. Nr. VII S. 52 f.).
b. 18. Juni 19 04. Ausführung zu a. Vgl. besonders Abs. 1
(Format) and 4: Biographische Angaben (nur bei solchea
Lehrern, die verstorben oder in den Ruhestand ge tretet»
sind). Weglassang der Nenanschaffuagen von Lehr-
mitteln, Büchern u. dgl. {Ferordnungsblatt des Grq/9herzoffl. Ober-
schuh, 1904, Nr. X S. 121-123).
y) Bayern').
LXIL 2. Juni 1825. Verpflichtung der Studienanstalteo, jährlicb
Programme mit wissenschaftlichen Abhandlungen her*
aoszugeben. (Sicht gedruckt*)»
>) Ans dieser Verfügung, welche die neuste Generalverordnang^
über Programmwesen nicht bloß in Baden, sondern überhaopt ist,
zitiere ich einen Teil des besonders wichtigen Abschnitts V im Wortlaut«
^) Vgl. oben S. 91 Anm. 4. Die Angaben bei Stern plioger (s. u.
JU. 4 letzte Nr.) sind z. T. nicht richtig. Die von ihm (S. 2) angerührte
Verordnung vom 10. Okt. 1824 enthält weder einen § 49 noch überhaupt
eine Restimmaog über Programme, vielmehr gehören die § 49 u. 117 beide
der Verordnung vom 8. Febr. 1829 an, beziehen sich nur auf verschiedene
Schularten (s. o.).
3; Vgl. Scibel a. a. 0. S. 77 Nr. 117; Stemplinger o.a. 0. S. 2.
voD R. Ullrich. 101
LXIII. 8. Febr. 1829. Schulordnung.
a) § 49, Lateimisciw Schult: Druck dra Schlilerkatalogt, „Namea
d«r Sehaler Dach deD Abteilnogeo vnd ihrem Fortfaage geordnet
■it Angabe der Plätze, die ein jeder in jedem eiazelnea Fache
sieh erworben h«t<« {DdUmger IX 2 S. 599).
b) §117, Gymnasium: Wie nnter § 49, aber außerdem Verpfliehtnog
der Professorea, damit ein „irgead einea Gegeastaad des
Gymaasialunterriehts" behaadelndes Programm') ia latei-
nischer Sprache zu verbinden {DölHnger ebenda S. 614).
LXIV. 13. Mürz 1830, mit Ergäoznng vom 3. Febr. 18 34. Schul-
ordnung,
a) § 37. Lateinische Schule: Wie Nr. LXlIla, doch etwas veriadert:
Namea der Schüler ia alphabetischer Ordnung (1830) „in sach-
gemißer, jedea aa seiaen Platz itelleader, und die Aus-
gezeichneten bestimmter hervorhebender Ordonag*' (1S34), „aebst
Aagabe Ihres Alters, Geburtsortes und des Standes der Bitern, des
Fortganges der Schaler sowohl im allgemeinen als in jedem eiozetoea
Lehrfache'' [DöUrnger IX 2, S. 642 u. 677).
b) § 99. Gymnasium: wie onter § 37, doch sollen die Programme
(Nr. LXIII b) besonders gedruckt werden {Döllinger S. 658).
LXV. 24. Febr. 1854. Reifid, Ordnung der lateinischen Schulen und der
Gymnasien.
a) § 3ö. Lot. Schulen: wie Nr. LXIII a o. Nr. LXlVa (doch mit
Weglassaag der Bezeichnung der alphabetischen Folge) {Seibel S. 28).
b) § 86. Gymnasien: wie a, daaeben Frei stel lang der Abfassung
einer wisseaschaftlichea Beilage, za der auch die Lehrer
der lateiaischea Schale berechtigt seia solleo (e^en^fa S. 76 f.).
LX VL 16. Nov. 1854. {Laieinisehe Schtde) Aofoahme der Lehrgegen-
staade a. a. (Seibel S. 28, Nr. 39).
LXVn. 18. Febr. 1874'). Sonderaustansch zwischen Bayern und
Österreich {Minislerialbl. X (1874) S. 99; Fuger S. 49).
LXVIU. 20. Aog. 18 74 3). Schulordnung.
a) Für die Gymnasien, § 30: Veröffentlichung (in der Regel) einet
Programms wisseasefaaftlichea Inhalts durch einen Lehrer
jeder Stadieastalt, aach Obereiakommeo des Kollegiums.
Der Jahresbericht eathSlt: I.Lehrerkollegium. 2. Lehrpeasa
(Staodeazahl, Lehrer). 3. Namen der Schüler in alphabetischer
s) Uatar Programm wird ia engerem Sinne in Bayern die
wiaaeBSchaftliehe Beilage verstaadea.
*) Weitere Kiozel Verfügungen betr. Tausch, Format (ia Bayera
gr. 8* eatspreehead dem Format des Miaisterialblatls) und Einsendung an
Bibliothekea u. a. siad hier aicht besoaders aageführt. Vgl. über sie
MäntUriaiM, XI (1875) S. 169 (15 Febr. 1875) u. S. 218 (5. Juli 1875)
aad Fügrer S. 49 f.
^) Gaas so grofi ist der Gegeasatz zwiscbea Nr. LXV n. LXVIII wohl
aichtf wie iha Stempliager (8. 4) herausliest. Durch das „ia der
Regel'' ood „aaeh Obereio kommen** in Nr. LXVllI ist doch auch
Freiheit ^eaog gelassea. Es kommt daraaf an, wie die Sache praktisch
ÄfffW^miUhrt worden ist
102 Pj'ograinmwflfleo und Programmbibliothek d. höh. Schalen
Ordouag klaMenweise mit BezeichnuDg des Altert, Gebartaortes,
der KoofeiflioD, dea Staodea uod Wohaorta der Eltero. 4. Kurze
' ChroDiky dario aoeh Angabe der Abitarieaten mit Bezeicbavng des
von ihnen gewihlten Berofa. (MinüferialbL X(1874) S. 348); vgl.
Nr. LXVb.
b) Für die Bealg^mruuien, §28: Freiatellnng der Lieferung eines
Programme wissenachaftlichen Inhalts (ilftnü<ertWRX(1874>
S. 393 f.); vgl. Nr. LXVb.
LXIX. 2 9. April 1877. Schulordnung für die ReaUchulen, §17. Frei-
stellung der Lieferuog eines Programms nach Überein-
kommen des Kollegiums. Vgl. Nr. LXVIlIa. {MinUterialbl, XIII
(1877) S. 208).
LXXa. 2 3. Juli 1891: Schulordnung ßir die humanistischen Gymnasien..
TiL III § 31: Hauptverfüguog über Jahresberichte (darin
hervorzuheben unter 2: Angabe der Aufsatzthemata in den drei
obersten Klassen; uoter 4: Weglassung der Stelle über die-
Abiturienten, sonst wie 1874, s. o.) und Programm. Lieferung
eioes Programms tvissenschaftlicheo Inhalts (in der Regel)
{MinUterialbl XXVII (1891) S. 266 f.; Füger S. 48—50). Vgl. Nr.
LX Villa.
b. 3. Sept. 1891. Dgl. für die Realgymnasien, §31, 2: wie a*).
{MinUterialbl XXVII (1891) S. 845 f.) Vgl. Nr. LXVIlIb.
c. IJ. Sept 1894. Schulordnung für die Realschulen. §31: Frei-
stellung der Lieferung eines Programms {Mintsterialbl XXX
(1894) S. 315); vgl. o. Nr. LXIX.
^^i) Braunschweig^).
LXXI. [15. Jan.] 182 8. Ordnung*) des Gesamtgymnasiums [der Stadt
Braunschweig] § 20. Programme. Jahresbericht zu Oster»
(vgl. darin: ,, Ferner sollen dabei zugleich die Namen aller Schüler
der Anstalt nach ihren Klassen und Plätzen kurz aufgeführt
werden, teils um eine fortlaufende Chronik zu bilden und
*) Danach ist die Stelle bei Killmaun S.478 {Bibliogr. Abt. 4 Nr. 122)
zu berichtigen: „Für die Realgymnasien besteht die Verpflichtung seit 1891^
welche in demselben Jahre für die Lyzeen aufgehoben wurde".
1) Die alteren Sammluogen von Gesetzen und Verordnungen im Herzog-
tum Braunschweig (z. B. Reperlorium der Gesetz- und Ferordnungs^
Sammlung für die Herzogl braunschweig. Lmide usw. von Bege und
Görtz, 8 Bde., Helmstedt u. Wolfenbüttel 1830—1871, für die Zeit von
1814—1853 und 1860—1869) bieten für unsern Gegenstand nichts, neuere
Verfügungen über das Programm wesen, die gedruckt und leicht zu-
gänglich wäreo, sind mir nicht bekannt geworden. Ober Frdr. Koldewey
vgl. O.Nr. LXXIundS. 103 Anm. 1 n.2. Welches ist die Quelle für Killmanns
{BibUogr. Abt. 4, Nr. 122) Notiz (S. 474, Z. 4 v. n.) über die Verhältnias»
Braunschweigs?
2) Die einzige heute leicht zugängliche Verfügung aus der hier noch
in Betracht kommenden Zeit, die sich überdies nicht auf das ganze Land^
sondern nur auf eine wenngleich sehr bedeutende Schule bezieht Da sie
besonders charakteristisch ist, wird sie im wesentlichen dem Wortlaut nach
mitgeteilt. Der Entwurf stammt von dem damaligen Direktor Friedemann^
vgl. Frdr. Koldewey a. a. 0. I S. CCIV.
von R. Ullrich. 103
durch dicscD Miltelpnakt ihre Aohao^llchkeit ao Lehrer nod Mit-
achaler för alle Zakoaft %n fenseln, teils omFleiB nodSittlieh-
keit aoter ihaeo za beleben**'). Betr. der Abbandlaog beißt
ea: „Um aber die Würde der ADitalt aoch nach außen hin')
zu behaapten, wird jedesmal eine Abband lan^ aus dem Kreise
der theoretischen oder praktischen Schulwissensehaften,
in lateiniacher oder deutscher Sprache zunächst von den
Lehrern des Oberf^mnastums beife^ben*^ Progr. BrautiMehvmg G.
1 82S ; wiederabgedruckt bei Frdr. K o 1 d e w e y , Mon. Germ. Paed. I ( 1 886)
{Braunsekw. Schnäordntmgen l) S. 500 f.
4) Elsaß-Lothringen.
LXXIIa. 22. Febr. 1873. Bezieht sich wohl (vgl. Killmann, Bibliogr.
j4bL4,fir. 122)anf die Lief er unfeiner Abhandinngin 2j ihrigem
Tornus (in: Gesefs usw. nicht abgedruckt .und, soweit mir bekannt»
aneh sonst nirgends).
b. 26. Dezbr. 1873. Die dem Programme voranzuschickende
wissenschaftliche oder pädagogische Abhandlung ist dem
Direktor vor dem Druck vorzulegen {Gesetz usw. S. 90),
C.3) 8. April 1876. Herstellung zweckmäßiger Gleichheit der
Scbulnaehrichten, im wesentlichen nach dem Muster des
Programms des Lyzeums in Straßburg vom Jahre 1875 (Gesetz usw.
S. 89 f.); vgl. o. Nr. XLI.
€) Hessen^).
LXXJIl. 27. Mai 1853»). Grundlegende Verordnung über die Pro-
gramm-Verhältnisse, besonders über den dauernden Wert auch
der Jahresberichte allein, Art der Abfassung der frei-
1) Was schwerere Vergehen anlangt, so heißt es in den Gesetzett
des Getamtgym/iasiiims {1iH2S)y es würde „besonders erwogen werden,
ob sie in den Programmen ausdrücklich erwähnt werden'^
lollea (Koldewey a. a. 0. I S. 511).
^ Ebenso „bewilligt (Koldewey a. a. 0. 11 S. 664) der Herzog (schon
im J«hre 1750) eine Summe, um die Kosten der halbjährlichen Programme
zn bestreiten, welche von jetzt an geschrieben werden sollten uod ge-
scbriebeo wurden, damit die Schule bei Auswärtigen Ruf be-
käme'*.
3) Spätere Verfdgungen, die zur Sache noch ergangen sind, liegen im
Dmck sieht vor und konnten also hier nicht verwertet werden; vgl. daher
«. S. 92 Anm. 2.
* In dem^oben (S. 92 Anm. 3) angeführten Werke über das höhere
Sektttwesen des (ehemaligen) Königreichs Hannover 6nden sich S. 72 f.
einige Bemerkungen über Abfassung und Tausch von Programmen, die
mancberlei Bedenken äuflern und größte Zurückhaltung empfehlen.
*) Biaher meines Wissens nicht gedruckt, vgl. o. S. 92, Anm. 4 zu
j4H. 1 Nr. XXL Programme (mit und ohne Beilage) erschienen in Hessen
andi aeboa vor 1853 — vgl. z. B. die stattliche Liste der Gießen er
Programm-Abhandlungen von 1775—1832 im Progr. v. Gieftefi G. 1845
5^ IS 21 (a. a. zu Ahschniit >?, S. 109 Anm. 2) — , doch ohne besondere
amdicbe Regelang.
104 Pro^rammwefleo and Programmbibliothek d. höh. Schaleo,
willigen wissenschaftlichen Beigaben, die der Direktor
zn prüfen hat, und Tausch zwischen den hessischen Anstalten unter
sich und mit anderen Staaten.
LXXIV. 7. Juni 1875'). Allgemeine Regulierung, besonders den
Tausch betreffend. Beigabe einer Abhandlung wünachenswert^so-
wohl im Interesse der fortgesetzten wissenschaftlichen Tätig-
keit der Lehrer, als mit Hücksicht auf die Förderung lokaler
Interessen und der Beziehungen zwischen der Schule und
dem elterlichen Hause'' (Nodnagel S. 275 f.)*
XXXV. 2. März 1876. Die Kostenfrage: Bedenken wegen der grofiea
Zahl der Exemplare, die infolge des allgemeinen deutschen Tausch-
verkehrs nötig werden. Erwägung, die Mehrkosten auszu-
gleichen (Trennung der Abhandlung von dem Jahresbericht,
Beschränkung des Umfangs oder Weglassung der ersteren),
vgl. u. J\r. LXXXXVII ylbs, 6 {Nodnagel S. 278 f.).
C) Königreich Sachsen.
LXXVI. 12. Januar 1833*) *j. Das (bisher aus lateinischer Abhandlung
mit kurzem lateinischen Anhang, Einladung zur Schulfeier, bestehend«)
Programm wird in eine lateinische Abhandlung und einen
deutschen Jahresbericht, beide vom Rektor zu verfassen,
getrennt.
LXXVH. 7. Januar 18373). Die Lieferung der (lateinischen«) Ab-
handlung wird auch Tdr sämtliche Lehrer (der Reihe nach) ver-
bindlieh gemacht; das Thema ist vom Rektor zu genehmige o.
Umfang 2 — 4 Bogen.
LXXVin. 27. März 18423). Verantwortlichkeit des Rektors für deo
Inhalt (besonders in bezog auf politische Erörterungen).
LXXIX. 27. Dezbr. 1846. Regulativ^) für die Gelehrtenschuten, §23:
Programme, Jährliche wissenschaftliche Abhandlung, der Reihe
1) Vgl. damit das von Kill mann S. 477 (s. Abi. 4 Nr. 122) über
Hessen Bemerkte.
') Regelung des Programmtausches schon 1832. Vjcl.Theud. Flathe,
Gesch., d, KgL sacht. FUrstenschule zu Meißen seit ihrer Gründung' itn Jahre
1343 bis SU ihrem Neubau in den Jahren 1877 — 1879 (Leipzig 1879, Bernh.
Tauehnitz, XN, 492 S.) S. 383 Anm. 1.
') Die Verordnungen unter Nr. LXXVI — LXXVlfl, die weder bei
Schreyer noch bei v. Seydewitz (s, o. Abt. 1 Nv, WIM a u. b), die ersten
beiden auch nicht in der ersten Aufl. des Kodex des im Kgr, Sachsen
geltenden Kirchen- u. iScAt//recA/« (1840) abgedruckt sind, habeich aus Flathe
(a. a. 0. S 382 f.) und besonders aus Karl Jul. Rößler, Gesch. d, Kgl. sächs.
Fürsten" u. Landesschule Grimma (Leipzig, 1891, Teubner, Xlf, 323 S.)
S. 2S0 f. genommen. Aus ihrer Darstellung geht nicht ganz deutlich hervor,
ob sie sich nur auf die beiden Landesschulen oder auf sämtliche damals be-
stehenden Gelehrtenschulen beziehen. Indessen durften sie gerade wegen der
besonderen Bedeutung dieser zwei Anstalten hier nicht fehlen.
«) Vgl. dazu Rößler a. a. 0. S. 230, wonach 1840 ein Mathematiker
fär die Anwendung der deutschen Sprache noch eines Dispenses bedurfte.
*) Galt als provisorisch und ist daher in das Gesetz- u. A'er-
crdnungsblatt (o. Nr. XXII) nicht aufgenommen worden.
voo R. Ullrich. 105
■ad von säntliehen ordentlichen Lehrern getehriehen, in
Inteiniacher Sprache, aoanahrosweise bei besonderen Gelegen-
heitco anch in dentscher, dazn der Jahreabericht (Veränderungen
in Laufe dea Scholjahrea, Schnlerverseichnii, Lebrpeniien)| von
Rektor in deatacher Sprache abzufassen (Sehreyer, Kodeat ' S. 662 f. ).
LXXX. 2. Juli 1 860. Desgi. für die ReaUchulen (/. 0.) % 60: Programm.
Wie Nr. LXXIX, doch wird bezUglieh der Sprache der Abhand-
lung nichts Näheres bemerkt; vor „der Reihe nach** ist „in der
Regel^< eingeachoben {Ges. u. y.-BL 1860. S. 114; Sckreyer, Kodex*
S. 847).
LXXXL 4. Nov. 1874. n) FUr Gyrnnasieti und ReaUchukn L 0.: Tausch
(Teobner) (f. Seydetniz S. 496 f.; Kreizschmar S. 209— 212); vgl. o.
S. 97 Nr. XXXIX. Gegenüber der Anregung PrenfienSi daß
jährliche Abhandlungen nicht sehr gefordert werden
sollen (s. o. Nr. XXXIX), wird betont, daß für Sachsen die
Bestinnungeu von 1846 und 1860 (s. o. Nr. LXXIX u. LXXX)
^ Geltung bleiben').
b) DgL für Reaisch. IL 0. Freistellung der Veröffentlichung von
wissenschaftlichen Beilagen {v.Seydewitz S. 497; h'reUschmar
S. 212).
LXXXU. 14. Juli 1875. Ergänzung der Verf. v. 4. Nov. 1874
(Nr. LXXXT) für sämtliche höheren Schulen {v. Seydewitz S. 497;
Krelssehmar S. 212 f.).
LXXXnL 29. Januar 1877. Ferordnung [zur Ausführung des Gesetzes
vom 22. Aug. 1876) für alle höheren Schulen (auch die Seminare).
a) Für die Gymnasien, § 57. Programm'. Jahresberichte (vgl. das
Seheua der Tabelle in Teil II 1, A c) und wissenschaftliche Ab-
baodluog; die letztere ist der Reihe nach von samtlichen
ordeotlichen wiss. Lehrern zu liefern (in lateinischer bezw.
deutscher oder französischer Sprache) ( Gesetz- u. f^erordnungsbl.
ISll, S. 82; V. Seydewitz S. 496 f., Kretzschmar S. 208 f.).
b) Für die Realschulen LG., § 34. Programm: Wie zu a (doch
• bne Bezeichnung, in welcher Sprache abzufassen) (6^e«.-tf. f^.-^f.
J877, S. 105; v. Seydewäz S. 508).
LXXXIV. 18. April 1879. Für Realschulen IL Gr. Die Beifuguag einer
wissenschaftliche Beilage ist nur vonZeit zu Zeit erforderlich
(v. Seydewitz S. 508 Anm. 14) Vgl. Nr. LXXXIb.
LXXXVu. 15. Febr. 1884. Lehr- u. Prüfungsordnung fdr die Real-
gymnasien. § 62. Vgl. Nr. LXXXIlIb (Ges.- u. ^.-81 1884, S. 54)
b. 20. Harz 1884. Ferordnung^ die Realschulen IL G. betreffend,
§ öS. Allgemeine Verpigung» Eine wissensehaftltche Beilage
ist Dicht in jedem Jahre erforderlich. (Vgl. Nr. LXXXIb u.
LXXXIV.) {Ges.- u. F.-BL 1884, S. 91; Kretzschmar S. 338).
ULXXVL 28. Jan. 1893. Bekannt machnng, die Lehr- und Prüfungs-
ardnumg für die Gymnasien betreffend, §57. Regelung derge-
1) Danmek ist die Bemerkung voo Rofiler (a. a. 0. S. 231 Z. 4 f. v. o.)
xa verbessere. V^l. übrigens die schon von ibm selbst angerührte, aber
liebt rielitir verwertete Stelle im Jahresber. von Grimma G. 1876, S. 18.
106 Programmwesen und Programmbibliothek d. hob. Schalen,
aamten Verhaltaisse (unter Hinweis aof die Verf. v. 4. Nov. 1874,
vgl. o. Nr. LXXXi), vgl. besonders: Alphabetisches Schüler-
Verzeichnis (wie in Bayern s. o. Nr. LXX, doch ohne Bezeichnao^
der Konfession), Vorlegung des Manuskripts der Abhandlung
{Kretzschtnar S. 208—213).
LXXXVIL 22. Oktober 1898. Dreijähriger Turnus beKÜglich der
Verpflichtung der Lieferung einer wissensohaftliche Beilage,
die bei seUenerem Erscheinen nun möglichst wertvoll sein soll,
für die 15^) dem Ministerium direkt unterstellten Sehnlen
{Kretuchmar S. 213 f., 290).
LXXXVIII. 22. Dezbr. 1902. Bekanntmachung, die Lehr- und PrUfung^s-
Ordnung für die ReaHgymnasien betreffend, § 58, Allgemeine
Regelung. Betr. d. Abjiandlang: Abfassung in deutscher,
lat, frz. oder engl. Sprache durch die Lehrer der Reihe nach in
Zwischenräumen, die besonders bestimmt werden') (vgl.
im wesentlichen Nr. LXXXlIIb u. L\XX\ %){Get.- u. r.-BL 1903, S. 40;
Krettichmar S. 289 f.).
fj) Württemberg').
LXXXIX. 15. Januar 1838. Das längere Bestehen der Einrichtung-
wird hier vorausgesetzt, da die Einsendung von ^^Frogrammen und
dgL Gelegenheitsschriflen" an die Uoivcrsilätsbibliothek [Tubingenj
seitens sämtlicher Lehranstalten gefordert wird, und zwar nicht nor
„fürs kün^tige^ sondern auch von den bereits erschiefienen, soweit die
Vorräte es zulassen'* (Reyscker-Hirzel XI 2 Nr. 184; S. 717).
LXXXX. 20. Jan. 1844. An das Ephorat in Maulbronn: Ausgabe
von Programmen durch die 4 evang.-theol. Seminare*), in
jedem Jahre zunächst nur von einem: wissenschaftliche,
in lateinischerSprache^) geschriebene Abhandlung und Schul-
naehrichtea, zusammen im Umfange von 4 — 5 Bogen (Reyseker^
Hirzel XI 2, Nr. 280, S. 858).
>) 1. Ostern 1899 [bezw. 1902, 1905 usf.]: Gymnasien in
Bautzen, Dresden-Neustadt, Preiberg, Grimma; Realg. Zittau.
2. Ostern 1900 [bezw. 190S, 1906 usf.]: Gymn. in Chemnitz,
Leipzig, Meifien, Plauen; Realg. Döbeln.
3. Ostern 1901 [bezw. 1904, 1907 usf.]: Gymn. in Schnee-
berg, Würzen, Zittau, Zwickau; Realg. Annaberg.
Danach ist das merkwürdige Mifiverständnis Ton Stemplinger a. a. O.
{j4bL 4 Nr. 148) S. 9 zu verbessern, wonaeh jede Anstalt alle 15 Jahre
ein Programm träfe, — was kaum noch irgend welche Bedeutung hätte.
^) „Bei Stadt. Anstalten nach Vernehmung mit der Gemeinde-
behörde''.
3) Vgl. oben S. 93 f. Anm. 2, Abs. 1 u. 2. Die Kenntnis der Verfügungen
LXXXIX und LXXXX verdanke ich der gütigen Mitteilung des Herrn
Prof. D. Dr. Eb. Nestle in Maulbroon, der sie ans Reyscher-Hirzels Ge-
setzsammlung, die mir hier bei Beginn des Druckes noch nicht zugänglich
war (vgl. 0. S. 93 f. Anm. 2 Abs. 2), für mich ausgeschrieben hat. Der
wesentliche Inhalt ist oben wiedergegeben.
*) Blaubeuren, Maulbronn, Schünthal, Urach.
') Seit 1859 in deutscher Sprache {nach besonderer Mitteilung).
von R. Ullrich. 107
LXXXXI. 2. Jao. 1902«). VerölTentlielioas der Beilagea alle 3 Jahre
(ao des 4 theol. Seaiaareo*) alle 4 Jahre; v^l. Nr. UXXXX).
Kosten (Beschränkuag de« ÜDfaagea and TreoaoDg voa dea Jahres-
bcriehteo). Verweaduag voa Ersparaissen fiir die Zweeke der
BiblioUiek nad der Lebrnittel').
B« Österreich.
LXXXXII. 1849. OrKonisaiionsenitDtirJ. § 116» Brtte grondlegeade
VeriiigoDg aber die gesamten Verbaltaisse. Vgl. beaondert ^6« . i :
Eine wissenschaftliche oder pSdagogische Abhaodlang einet
4er Lehrer, oad den SMußgaixi Solche Programme kSonea nur im
Namen nad vnter Verantwortlichkeit des Direktors, nad
nicht ohae die in Nr. 1 erwKhnte Abhaadlaag erscheinen.
(9. MaremseUer I ], S. LXXXIII).
LXXXXnia. 31. Dezbr. 1S50. b. 15. Mai 1851. Wichtigkeit
des Programms eines Gymnasiums fiir andere Gymnasien und
Austausch im Inlande. {v,[Marenzdler I 2 Nr. 473, S. 645;
Nr. 475, S. 646).
LXXXXIV. 20. Ang. 1857. Sammlung, Aufbewahrung, Ordnung
und Katalogisierungder Schulprogramme, deren Monographien
ctneo „nicht zu unterschätzenden wissenschaftlichen
Wert** besitzen, in den Bibliotheken (v. .VoreTiM/Zer I 2 Nr. 477»
S. 647 f., II Nr. 369, S. 670 f.).
LXXXXV. 26. Juni 1864. Einseodong an die Uaiversilätsbibliolhek in
Wien (v. Marenidier I 2 Nr. 479, S. 649, II Nr. 370, S. 671).
LXXXXVl« 5. April 1871 und 31. Dezbr. 1872. Austausch der
Programme der österreichischen Realgymnasien und Realschulen mit
deoeo der technischen Unterrichtsanstalten in Baye-nk
(tf. MarenseUer I 2 Nr. 480, S. 649 f., Nr. 481, S. 650; 11 Nr. 371 u. 372,
S. 671—673).
^) Heines Wissens bisher nicht veröffentlicht (nur von Eb. Nestle
a.a.O. S. 59 — s. n. j4bi, 4 ür. 131 — gerade erwähat). Herr Prof.
Dr. Febleiseo (Schw.-Hall) war so freundlich, sie mir aos seinem Material
ür die in Vorbereitung befindliche neue AuOsge seiner „Sammlung'*^ (s. o.
S. 93 Nr. XXV) zur Verfügung zu stellen. Daß in dem langen Zwischen-
raam vod 1844 bis 1902 eioschlagige Verfugungen ergangen sind, ist anzu-
lehaeo. Gedruckt sind sie aber wohl nirgends, und sie konnten mir auch
vea fceiaein der wiirttembergischen Schulmänner, an die ich mich wandte,
■aehcewieaeo werden. Ich kaan daher nur von neuem auf diese Lücke (s. o.
S. 93 Aaa.2 Abs. 1) hiaweisen. Bei Killmann {Bibliogr. Abi. 4, Nr 122)
S. 478 fiade ieh die Notiz, daß seit 1874 die Vollaostalteo zu Beigaben
leralliehtet aeiea; leider gibt er keine Quelle dafür an.
2) Siebe S. 106, Anm. 4.
*/ lo Württemberg steht die Kostenfrage (anders als in anderen
Staateo) io Verbiadiing mit den Mitteln der „Hektoratskasse", aas der
nt^a deo Programmen auch die Bedürfnisse der Bibliothek, der Lehrmittel
0 s. zu bestreiten sind (vgl. j4bschn. 4, Nr. 118 die Abhandlung voa
108 Programmwesen uod Programmbiblioth ek d. höh. Schulen ,
LXXXXVII. 9. Jani 1875. Ausfährnogzu Nr. LXXXXII. Neue
grundlegeode Verfügung für die gesamten Verbältnisse.
Vgl. besonders: j4bs. 1, Verantwortlichkeit des Direktors.
Abs. 2: Freistellung der Stoffwahl. Abbandlungen wissen-
schaftlicher, nicht popularisierender Art; Abs. 3. ßa, Schüler-
Verzeichnis (s. 0. Nr. LXVIH u. LXXXVl). Abs. 4. Die Konferenz
vereinbart, wer die Abhandlung schreiben soll. Abs. S, Abfassanf^
der Sehulnachricbten in der Unterrichtasprache, der Ab-
handlung an Gymnasien ev. nuch in lateinischer. Abs. 6. Um-
fang (3 — 5 Bogen bei VoUanstaltea, 2—3 bei nicht vollständigeo),
bezw. Veranstaltung von 2 Auflagen (mit uod ohne Abhandlung) ;
Format: 16X24 cm; vgl. o. Nr. LXXV. Abs. 7. Austausch im
lolande durch die Schulen selbst, in Auslande (doch s.
Nr. LXXXXVI) durch das Mi nister iuQi.^6«. ^.Amtliches Verzeichnis
der österr. Programme (seit 1876; s. u. Absehn. 3, Nr. 33) auch zun
Zweck der Ordnung nnd Katalogisierung. Einsendung von 5 Exem-
plaren an das Ministerium, {yerordmwgsbl. VII (1875) S. 136 — 139;
V. Marenselltr I 2, Nr. 482, S. 651—654; II Nr. 373, S. 673—676).
LXXXXVIII. 2. März 1880. Zweck der beigegebeoen wissenschaftlichen
nnd pädagogischen Abhandlungen: Wissenschaftliche Tätig-
keit, Vermeidung ungeeigneter Polemik (Prüfongspflicht
des Direktors) [FerordnungsH. XII (1880) St. VI S. 27; v. Marenseiler
I 2 Nr. 483, S. 654; II Nr. 374, S. 676).
IC. 30. Dezbr. 1896. Gedruckte Kataloge der Lehrer-
bibliothekeo Österr. Mittelschulen a 1 s Beigaben zu den Jahres-
berichten {Ferordnvfigsbl. XXIX (1897) Nr. 8, S. 30 Abs. 11)1).
€« Die Sehwdiz.
€. Allgemeine Verfügungen über das Programmwesen müssen hier
naturgemäß fehlen, da das Unterriehtswesen in der Schweiz im
wesentlichen Sache der Kantone ist. Die meisten Anstalten geben
nach altem Brauch Jahresberichte und ziemlich regelmäfiig
wissenschaftliche Beilagen aus, die meisten seit 1855, einige
taten es auch schon in früherer Zeit. Vgl. dazu G. Büeler a.a.O.
(u. Absehn. .9, Nr. 37) S. III— V. Die Kaotooschole zu Zürich
gibt seit einigen Jahren nur Jahresberichte aus. Die letzteren werden
von 1907 ab manche Änderungen aufweisen, weil für die Reife-
prüfung der künftigen Mediziner neue Bestimmungen getroffen sind.
Die Anstalten der Schweiz tauschen ihre Programme unter
sich aus.
') Der Entwurf für die Drucklegung der Kataloge, auf den hier-
bei hingewiesen wird, ist nicht gleichzeitig mitabgedrnckt, sondern den An-
stalten nur handschriftlich mitgeteilt worden. Ein Abdruck befindet sich
z. B. im Katalog der Lehrerbibl. d. K. K. Staats-Rg. zu Prachatitz
(Böhmen), Beil z. Progr. 1897, S. 4—6. — Vgl. die Bemerkungen zu diesen
Katalogen von S. Frankfurter in der Z. f. d. <ist.Gymn. 49 (1898) S. 281
bis'285 nnd 50 (1899) S. 857—864; s. aor.h den Aufsatz von Jul. Wallner,
der zu dieser Verordnung geführt hat, ,,Über unsere Mütelschtdbiblioiheken*^
in der Zeiisehr./. d. öst. Gymn. 47 (1896) S. 193—208.
VOQ R. illlrich. 109
D. AnkaBf^. Zvai ProfframnweMB der kSkeren MliolMMehmlMi«
Eine einbeitliche Organisation in beiog auf Jahresberiebte und
«issenscliftltliclie Beilagen gibt es ans bekannten Granden nicht. Erwähnt
sei hier nor der Programmen tausch, der seit 1877 dareh Vermittlung von
Frmoz Wagner in Leiptig besteht. Im Jahre 1906 beteiligten sich daran
gegeo 250 AaslaUeB.
3. Programm-Verzeichnisse^).
A. Fftr bestimntte Zeitrimme unä Liader*)«
a^Prenfien nnddasSbrigeNorddeutsehland (z. T. mitBe-
rueksichtigung Süddeutschlands und Österreichs).
]«t25— 1837. 1. [Gm her, Job. v., GL. (Strnlsund)], Verzeichnis simt-
licker Abhandlungen in den auf preußischen Gymnasien er-
achieoenen Programmen von 1825 — 1837, nach dem Inhalte
wisteoschaftlich geordnet. Berlin, 1840. Wilh. Logier. VI, 35 S. 4^
1S2»— 1B40. 2a. Reiehe, [S.G.], Rekt. d. 6. zu St. Elisabeth in Breslan,
1) Wie bei den Abteilungen 1 und 4 folgt auch hier ein alpha-
betisches Verzeiehnis der Herausgeber mit Beisetzung der Nummer,
■ater der si« in Text der Bibliographie zu finden sind:
ISr. Nr. Nr.
.AJbaol L II ... 4 Gutenäcker(I-Vl) 19—24 Renn(=GttteaäckerIV) 22
Beiß«a0g:er (I) . . 43 GuUcher 1 .... 26 „ (==> „ V) 23
[„ ?] (II) . . 44 „ II .... 27 „ (= „ VI) 24
fiUlotkck, Kgl. zu Hahn, G. 1 ... 7 ^aichott 38
Bcriia 15 y, U . . . 8 Schulze, C. ... 40
BitUer I . . . . 30 Hübl I 28 l^erbeck .... 12
^ ]| 31 „II 29 [Teabner] 13
^ III 32 Klußmann ... 14 Varnhagen ... 41
Kcler. , .... 37 Köhler, J 18 „ -Martin . 42
Onlvarv 11 IMIartin s. /^omAage/t Verzeichnis der
X>eiters 39 Merleker (I) . .5 österr. Progr. . . 33
I»olejiek (Bobmeo) . 34 „ (U) ... 6 Vetter (I) .... 9
^ (Mülir.a.Scbies.) 35 Meyer, JSrgeo Bona . 39 „ (II) . . . .10
Fcseobeckh . . .17 Moshacke . . . . 13 ['Winiewski]. . . 3
Paci^ 16 ISassauische Progr. 25 2Eeiß(=Gutenacker II) 20
Frfchievriez .... 36 Reiche (a) . . . 2 „ (= „ III) 21
Öreber, v 1 „ (b) , . , 2
>) Es sind hier alle die Sammlungen aufgeführt, die sich über einen
mehrjährigen Zeitraum, im ganzen oder für einzelne Länder,
trsirm€M.e; oder, wie z. B. die Nrn. 13, 15, 16, 33 u. a., Tür den Zeitraum
eines Jabr«a innerhalb eines begrenzten Gebietes Vollständigkeit
^fT^ichen oder wenigstens aostrebeu. Ausgeschlossen sind die überaus
zahl reichen Zusammenstellungen von Programmen einzelner An-
staltea ^^ ^'^ ''^^ '° Schulgesc hiehten und Festschriften oder
aucb als Einzel Veröffentlichungen finden. Die Zusammenstellung
dieser viel zo wenig bekannten Literatur würde eine ganze Reihe von
Scttea folleo ond eine Sooderverölfentlichung lohnen, konnte auch als
■itzliefae Vorarbeit einer Haoptsaramlung der alteren Programm- Literatur
bis zoiB Jshre 1875 einschließlich dienen. Man vergleiche, was darüber in
\bBcbnitt 1/2 dieser Abhnndluog ausgeführt ist. Erwähoaog mögen hier
weairstens einige SooderverÖffentlichungen finden, teils aus älterer, teils
ans ^lemeoster Zei^i nämlich: Vömel, Job. Theod., Verzeichnis der
110 Programmwesen und Programmbibliothek d. hSh. Sehaleo ,
Geordnetes VerzeiebDis der von 1825 — 1840 erschienenen Pro-
gramme der preoßisehea Gymnasien und einiger
Gvmnasien anderer deutscher Staaten, welche io
späterer Zeit dem Programmen taosche beigetreten sind. Frogr.
Breslau, G. ». SU-EUs, 1840. 66 n. 4 S. 4«.
2b. — > Brgänsungen und Znsätse zu dem geordneten Ver-
zeichnisse der von 1825 — 1840 erschienenen Programme usw.
Frogr, Breslau, G. zu SL-Elis, 1841. IV u. S. 35—58. 4^.
1825—1841. 3. [Winiewski, Dr. F., Prof. a. d. philos. Fak. d. Kgl.
thcoi.-philos. Akad. u. Bibliothekar d. Panlio. BibJ.]. Systematisches
Verzeichnis der io den Programmen der preußiseheo
Gymnasien und Progymnasien, welche in den Jahren 182 5
— 1841 erschienen sind, enthaltenen Abbandlungen, Reden
und Gedichte. Im Anftr. d. Kgl. Provinzinl-Schnl-
kollegiuros zu Munster herausgegeben. Münster, 1 844. Fried r.
Regeosberg. XVI, 102 S. 4^
4. Programmeu-Revue oder Schularcbiv. £ine Zeitschrift für
Schule und Wissenschaft, hrsg. von A. R. AI bani (Dresden, Kreuzsch.)-
Dresden, Adler u. Dietze. Erschienen sind:
1843.1) Bd. I. Programme und Monographien 1843. XXVI, 360 n. 72 S.
1846.
Frankfurter Gymnasialprogramme von 1737 — 1837. Ein Beitrag zur
Literaturgeschichte. Progr. d. G. [Mutteranstalt des jetzigen Goethe- u.
Lessiog-Gymnasiums] su Frankfurt a, .11. 1837. Frkft, Friedr. Ludw.
BrÖnner. 4^ S. 3—19« — [o. N.], Verzeichnis der wiss. Progr.-Abhaodlnngeo
des Stendaler Gymnasiums (1606 — 1903). Jahresher, d. G. z, Stendal
1904. Stendal (Frenzen u. Grosse). 4». S. 3—7. — Weiske, Karl,
Systematisches Verzeichnis der in den Jahresberichten des Kgl.
Pädagogiums und der Lateinischen Hauptschule in den Francke-
schen Stiftungen [1835—1870; 1825—1906] veröifentlichten Abhand-
lungen. Sonderdruck aus der „Ehrengabe der Latina**^ 3L März 1900'.
Halle n. S., Buchh. d. Waiscoh. gr. 8». 16 8. — Ullrich, Rieh., Ver-
zeichnis der wissenschaftlichen Abhandlungen, welche als Beilagen zu den
Jahresberichten des Berlinischen Gymnasiums zum grauen Kloster
seit der Neuordnung des Progranimweseoü für die preußischen Gymnaaieu
vom 23. August 1824 erschienen sind [1825 — 1905]. Jahresber, d, G, z,
grauen Kl. 1906, Berlin, (M. Driesner). i^ S. 25—27.
Es würde auch zu weit führen, alle (mehr oder weniger unvollstän-
digen) Zusammenstellungen zu nennen, die als „Programmeoschau" o. ä.
von Beginn des Programm Wesens ao im Laufe der Jahrzehnte in wissenschaftlichen
oder Scbulzeitschriften (allgemeinen wie für einzelne Fächer) erschienen sind.
Genannt seien hier aber besonders die Übersichten in den älteren Jahr-
gängen der Zeitschr. f. d. Gymn.-W'^esen (vgl. auch oben S. 8S A. 3),
im Pädagogischen Archiv (früher Zentralorgan f. d . 1 nteresscD
d. Realscholwesens), im Literarischen Zentralblatt (zuerst im
Jahrgange 1862), in der BerUner philo log. WS. und der WS. für
klass. Philologie. Für Österreich vgl. u. S. 114; für die
exakten Wissenschaften vgl. B, c Nr. 43 f. und die Anmerkung dazu.
^) Für einige andere (kleinere) Sammlungen dieser älteren Zeit, dereu
Bestände sich aber auch in den Verzeichnissen über größere Zeiträume
finden, vgl. Herrn. Varnhagen a. a. 0. (s. u. Nr. 41) S. XlII ff. u. Zentral^
wg, J, d, Interessen d, Realschulu^sens V (1877) S. 144—151.
TOB R. Ullrich. ilt
1844- 1846 (X. T.) Bd. II. U. d. T.: Programmen-Reva e. Eioe Zeit-
schrift «sw. (wie obeo). Programme nod MoDographieo 1844.
1845. 1846. Heft I. 1847. XII o. 52 S. (eoth. nur die Abicha.
FSäm^ogik^ Phüot.y Theol,, JurüprudenZj Ntw, o. M$ditin)^),
1842 — 1849. 5. Merleker, Prof. Dr., Veneicboit der seit 1842
[bis 1849] ersehieneaeo Programme der preoBisehen Gymoasien aod
Pregymaasieo. Z./. d. Gf^. V (1851) S. 865—916.
]$50— 1853. 6. — , dgi., seit 1850 [bis 1853] ebenda VIII (1854)
S. 922—942.
1842 — 1850. 7. HabD, Dr. Gust, OL., (I) Sy$temaliscb geordnetes Ver-
^icbais der AbbaDdluagen, Reden nod Gedichtej die io deo
«■ deo preuBischen Gymoasien nnd Progymnasien 1842 —
1850 ersebieoeoen Programmen enthalten sind. Progr. Salswedel G.
1854. Salzwedel (J. D. Schmidt). 4». IV, 50 S.
1851 — 1860. 8. —f (11) Systematisch geordnetes Verzeichnis der Ab-
handlungen, Reden nod Gedichte, die in den an den preußi-
schen Gymnasien undProgymnasien 1851 — 1 8 6 0 erschienenen
Programmen enthalten sind. Prog^. S€tlzwedel G. ISÜi, Salzwedel,
(J. D. Schmidt). 4». VHI, 62 S.
1851 — 1863. Vetter, Wilh.,Prof. Roorekt., Geordnetes Verzeichnis der Ab-
hasdlnogeB, welche in den Scbulsohriften sämtlicher an
dem Programmentaosch teilnehmenden Lehranstalten vom
Jahre 1851 — 1863 ersehienen sind. Progr, Luckau G, (Druck v.
J. Entleatoer v. Sohn daselbst). 4^ 2 Teile.
9. I. (1. Pädagogik u, Methodik. 2. Theologie. 3. Philologie).
1861. S. 3—58.
10. II. (Die übrigen Fächer.^) Mit Nachträgen zu Teil I). 1865.
S. 3—27.
1863—1868. 11. [Calvary, S.], Verzeichnis der UniversiUts- und
Schnlsehrift en, als Habilitationsschriften und Dissertationen der
philosophischen Fakultiteo, Schulprograrame und Reden, sowie
anderer zu diesen Gebieten gdiliriger Monographien. Berlin, 1864 —
1869. S. Calvary n. Co. 6 Hefte. [Über die 6 Jahrgänge lb63—
ISeS]. Je 0,50 Jt*
1864 — 1868. 12. Terbeck, Jos., GL., Geordnetes Verzeichnis der Ab-
handlongen, welche in den Sehulschriften sämtlicher an
dem Programmentansche teilnehmenden Lehranstalten
vom Jahre 1864 — 1868 ersehienen sind. Progr. Rheine G. 1868.
(Mnotter, F. Regensberg. 40.) S. 3—65.
]§ß7 — 1875. 13s. Mosfaacke, Herm., Deutscher Schnlkalender (u. a. T. seit
185 2) Berlin, W. Schultze, seit 1874: Leipzig, B. G. Teobner. 16^
{eothalt von 1867 — 1875 zu sämtlichen höheren Schulen, nicht blofi
Deotschlands, sondern auch ganz') Österreichs und der
') Mit diesem Hefte hörte das Unternehmen zu erscheinen auf.
*) Doch fehlen Mathematik und Naturunesenschafien ganz.
s) Dagegen enthalten die Verzeichnisse unter 13b nnd 14 nur die Abhand-
haadiaBgen derjeoigen Österreichischen Anstalten, die mit
DeatsehlBsd im Tausch verkehr stehen. Näheres vergleiche Teil III u. 2.
112 Prograiomweseo und Programmbibliothek d. höh. Schnleo,
Schweiz EinzelaogabeD der wisseoichaftlieheo Abhaod-
loogeu oach den Bericht ea der Schalen seibat, daher nicht immer
vollständig, sowie — z. T. — am Schlosse jedes Jahrganges eine
systematische ObersTcht).
1876— jetzt. 13b. [l^eabner^B. G.], Verzeichnis von Programm-Abha ad-
longen, welche von Gymnasien, Realgymnasien, Real-
und höheren Bürgerschulen Deutschlands und Österreichs
im Jahre 1 .. veröffentlicht worden sind. Leipzig, B. G. Teubo er.
1%\ (S.-A. aus dem Statistischen Jahrb. d, höh. Schulen^), seit 1876.)
Bis jetzt 30 Bäodcheo. Je 0,60 JC (einseitig bedruckt 0,80 M)-
Nur direkt vom Ftrleger zu beziehm,
)S76— 1900. 14. Klußmann, Dr. Rud., Systematisches Verzeichnis der
Abhandlungen, welche in den Sehulschriften sämtlicher ao
dem Programm tausche teilnehmenden Lehranstalten er-
schienen sind. Leipzig, B. G. Teubner. Lex. S^. Bis jetzt 4 Bde.
[I] (1676-1885). 1889. VIII, 315 S. 5 JC,
n (1886—1890). 1893. VII, 285 S. 5 „
III (1891—1695). 1899. VII, 342 S. 8 „
IV (1896— 1900).«) 1903. VIII, 347 S. 8 „
1889— jetzt. 15. [Königliche Bibliothek zu Berlin], Jahresver-
zeichnis der an den deutschen Sehulanstalten erschienenen
Abhandlungen. Berlin, A. Asher u. Co., seit 1889. Bis jetzt
17 Bände. Das letzte Verzeiehnis XVII (1905) erschien 1906. (IV,
51 S.) Darehsehaittspreis (ein- oder zweiseitig bedruckt) je etwa
1,80 JC'
1889— jetzt. 16. [Pock, G.], Bibliographischer Monatsbericht über neu
erschienene Schul- und Universitätsschriften (Dissertationen —
Programmabhandlungen — Habilitationsachriften) hrsg. von der
Zentralstelle für Dissertationen und Programme der
Buchhandlung Gustav Fock. Leipzig, G. Pock, seit 1889. 12 Nro.
Der (Oktober beginnende) Jahrgang je 3,50 JC,
b) Süddeutschland.')
a) Baden.
1837—1862. 17. Fesenbeekfa, Dir. Prof., Das Programm-Institut
im Großherzogtum Baden, nebst einer Znsammenstellung sämtlicher
^) Das letzte Verzeichnis (io Jahrgang 27 Teä2 soeben erschienen,
20 S.) enthält die Abhandlungen des Jahres 1905.
2) Der nächste Band, der wiederum 5 Jahre (1901 — 1905) umfassea
wird, ist in Vorbereilnog. Der Zeitpunkt des Erscheinens ist noch nicht
zu bestimmen.
^) Nicht ganz so viel, als man erwarten sollte, findet sich von Sonder-
übersichten und Besprechungen südwestdeutscher Programme (Badeo,
Hessen, Württemberg) in den ,ySüdwestdeutschen Sehulblätiem^^, Organ des
Vereins d. akad. geb. Lehrer in Baden, des Hess. Oberlehrervereins, sowie
des Gymnasiallehrervereins in Württemberg (Redd. Proff*. O. Armbruster
u. H. Cramer, (Karlsruhe (F. Gotsch), 12 Nrn. Lex. 8». 4 JC), seit 1884,
und dem Neuen Korrespondenzblatt für die höheren Schulen ßf^ürttembergs^
voo R. Ullrich. 113
seit 1837 von den badiseheo Lyzeeo and Gymnatieo ver-
offeallichteB Pro^ramm-Beiltg^en. Beil. z, fitogr. Lahr G. 1863.
29$. kl. 8«. [$.3—13 Abhandlaog, S. 14— 29 Verzeichiiis.]
Vaa AabeginD bis 1887. 18. Köhler, Prof. Jakob, Dio Profrraniuboi-
lagen der badiscben bofaereo Lehranstalten (Gymnasien,
Progy mnasieo, Realgymnasien, Realscbolen, höheren
ßSrgersehalen nnd Lehrerseminarien [seit Beginn der Ein-
rieb tu ng bei jeder Anstalt]) mit alpbabetiscfaem Verzeicbnis der
Verfasser and Obersieht der behandelten Gegenstände. Beü, s. Progr,
Rastatt G, 1888. RasUtt, (Bochdr. i. G. Vogel). 71 S. V.
ß) Bayern^.
1S2I~]860. 19. [1.] Gatenäcker, Dr. Jos., Verzeiehnls aller Pro-
gramme und Gelegenheitsschriften, iKelche an den R. Bayer.
Lyzeen, Gymnasien and lateinischen Schulen vom Schal-
jabra 1823/24 bis zam Schiasse des Sohuljahres 1859/60
erschienen sind, geordnet A. nach Stadtenaostalten, B. nach
Verfassern, C. nach Gegenstünden. Ein Beitrag znr Scbol-
nnd Literatnrgesehicbte Bayerns. {Einladungssehrifi äer K, Bayer,
^mdiaunuuat w Bamberg;). Bamberg, (Baehner). 1862. 40. VUf,
Itö S. {vergriffen).
fortgesetzt von:
}B(1~I873. 20. II. Zeiß, J.G., Die Scbvljahre 1860/61 bU 1872/73.
[A-Nach Studienanstalten.] Pregr, d. KgL Bayer, Studienanstalt
LaM/skmi, Landshut, (Jos. Tbomann). 1874. 4<>. 36 S. {vergriffen),
[B u G. Nach Verfassern und Gegeoständeo] Progr, Lands-
kaa, ebenda 1875. 4». VI, 40 S. (vergriffen),
1S74-1884. 21. DL --, Die Schuljahre 1873/74 bis 1883/84. Desgi
ebenda. 1885. 8». 65 S.
1S§5— 1889. 22. IV. Renn, Dr. Bm., Die Schu^ahre 1884/85 bis
1888/89. Desgt, Ebenda. 1890. 8«. 63 S.
]§ia-l895. 23. V.—, Die Schuljahre 1889/90 bis 1894/95. DesgL
Ebenda. 1896. 8«. 71 S.
196-1902. 21. VI. — , Die Schuljahre 1895/96 bis 1901/02. Desgl.
Ebenda. 1903. 81 S.
krtf« T. Gymn.-Prof. Dr. H. Grotz u. Oberstnd.-R. Reatscbnlrekt. 0.
Jieger (Stnttgart, W. Kohlbammer, 12 Hefte. ]U JC), seit 1894. Diese
tiätter sollten sich des Programmwesens ihrer engeren Heimat etwas mehr
laaehmen. Doch vgl. üb. Nestle BiWogr. Abt 4 Nr. 131.
>) Vgl. hierza im allgemeinen oben S. 109 f. Anm. 2 Abs. 1 o. 2.
PragraniBÜbersichten, iosbesondere bayerischer Programme, bieten hanpt-
lieklicli die beiden Zeitschriften : Blätter /. d, Gymnasial-Schidwesen^ hrsg.
T.bayer. Gymnasiall.- V., red. v. Dr. Job. Melber (Muncheo. J. Linöaner,
S Donpelbrfte, 10 Jt)^ seit 1865 (Programm - Gbersichteo bierio seit
U. \\n (1681) über die Jahre 1880 IT.), and die Bayerische Zeitschr. f.d.
flteischulwesen^ hrsg. durch d. bayer. Realscholm.-V., gel. v. Dr.
lieod. Geiger (Mönchen, Th. Ackermann, 4 Hefte, 5 Jt)^ seit 1881. über
ist erste Organ gibt es ein Reperturium, [amfasscoü] Bd. I— XXXVI«»
Jtbrg. 1S65 — 1900, sowie über die Generalversaramlnngsberichte
tfes Bayer. Gymnasiallehrer- Vereins (I— XX), von Prof. Eug.
Brand. Ifäuehen 1901, Lindauer, IX u. 155 S., geb. 4,-^ Ji*
t d. OjmaaoSolwaooa. LXI. S. «. 8. 8
114 Proeprftmmwesea ood Pro^raambibliothek d. höh. Schalen,
y) (Ehemaliges) Herzogtum Nassau.
1840 — 1S64. 25. Nassaoitche Sehnlprogramme aus den letztea
25 Jahreo [1840—1864]. LtUrrar. Handweiser, sunächsi f. d. kath.
Deuitchkmd (jetzt: zunächst für alle Katholiken deutscher Zung-e)
Nr. 25 (1864) S. 1 94-195 M.
c) Österreich') (teilweise unter Einbeziehung reicbs-
deutscher Programme).
a) För die ganze Monarchie.
1850—1867. 26. Gatscher, Joh., Systematisch geordnetes Verzeichnis
des wissenschaftlichen luhaltes der von den österreichiscbeo
Gymnasien and Realgymnasien in den Jahren 1850 — 1867
veröffentlichten Programme. I. Progr, v. Maröurgf X, R. Gytnn.
1868. XXllI u. S. 1—70. Marburg (Druck v.Ed. Janschitz) gr. 8o.
(enthält: /. Pädagogik u. Methodik, IL Theologie, HL Philologie).
27. — , Dgl. 11 ebenda. 1869. XVI u. S. 1—42. gr. 80. (enthält: Die
übrigen Fächer).
1850—186» (bezw. 1852—1868 o. 1863— 186S). 28. Hiibl, Frz., Prof.
a. K. K. Gymn. i. Czernowitz, Systematisch geordnetes Verzeichnis
derjenigen Abhandlungen, Reden, Gedichte usw., welche in
den Mittelsehulprogrammen Österreich-Ungarns seit d. J.
1850 bis 1869 and in jenen von Prenfien seit 185 2 and von
Bayern seit 1863 bis 1868 enthalten sind. [I.] Czernowitz 1869.
Selbstverlag d. Herausgebers (Druck v. Josef Buchowiecki u. Co.)
239 S. 40.
1870-1873 (bezw. 1869—1872). 29. — , Dir. d. R.- u. OG. i. ßrüx, Syste-
matisches Verzeichnis derjenigen Abhandlungen, Reden a. Ge-
dichte, welche in den Mittelschulprogrammen Österreichs
1) Die Angaben sUmmen ans Kehrein, Allg. LZ. 1864. Nr. 19—21.
*) Vgl. dazu im allgemeinen S. 109 f., Aam. 2, Abs. 1 u. 2. Hinzu-
weisen ist hier besonders auf die sehr nützlichen (wenngleich bibliographisch
nicht immer ausreichenden) Programm Verzeichnisse der einzelnen
Anstalten, die sich auf den Umschlägen der Jahresberichte ziem-
lich Itäu6g Jahr für Jahr abgedruckt finden; v^l. die Bemerkung des Verfs.
im Jahresber. d. Bert. Gymn, z, grauen Kloster 1906, S. 25, Anm. —
Von Obersiehten (bt'sw. Referaten), die etv^a den S. 109 f., Anm. 2, Abs. 2
(Bude) erwähnten entsprechen, koniuien hier besonders in Betracht die in
der Zeäschr. f. d. österr. Gymn. von Anfang au (1850) iu ziemlicher \'oll-
ständigkeit gegebenen, sodaun die beiden, nur, eine Auswahl bietenden in
der Zeitschriß für das Realschulwesen [in Österreich] (Wien, A. Hb'ider)
seit 1876 (vgl. oben S. 94, ISr.XWlu.XWIII) und Inder Zeitschrift „d«tor-
reichische Mittelschule' (Wien, A. Holder, 4 Hefte, 7,*20 M) seit 1887. Auch eine
allgemeineren Interessen dienende Zeitschrift, nämlich die Österreichisch-
ungarische Revue vRed. Jul. Haberniaun; Wien, Mauz, jährlich 2 Bünde^^
12 Hefte, 16 JC, seit 18b6) hat mehrfach Übersichten von Ö.sterreichischen
(und auch ungarischen) Mittelschnlprogrammen nach den anitlichfo oder halb-
amtlichen ZdHanimensteliuugen veröHentlicht, so in I^. F. XXIV (1899, I)
S. 56— o9, 127—130, 20U— 2U3, 307—310, 395—398 über die Programme
des Schuljahres 1896,97.
von R. l'llrich. . 115
seit 1870 — 187 3 and in jeocD voo Preußen nnd Bayern seit
1S69 — 1872 eatbalten sind. H. Zasammenges teilt and mit einem
nach den 1. Teil umfassenden Sachregister versehen von
F. H., Wieo 187 4. (Alfr. Holder). 128 S. 40.
1ST4— 1SS9. Bittaer, Jos.^ K. K. prov. GL., Systematisch geordnetes
Yerzeichois der Programmarbeiten österreichischer Mittel-
scholen aas den Jahren 1874—1889. 2 Teile:
SO. 1. y#. Pädagogik u. Schulhygiene. B. Mtklassitche Philologie, S.-A. aus
dem Progr. d. K. K. Staats- G, in Teschen. 1890. Tescheu, Sigm.
Stoks. 3» S. 40.
31. II. [Die Hörigen Fächer], ebenda 1891. 106 S. 40. (Mit ;ritel für
beide Teile, = S. 107 n. 108.)
1^90-1905. 32. — , K. K. Prof. au II. SUaU-G. i. Czernowitz.
HL Die Arbeiten aus den Jahren 1890--1905 enthaltend.
Csernowitz 1906. Selbstverlag (Czernowitzer Buchdruckerei-Ges.)
175 S. Mit Anhang: Autoren- Verzeichnis. 28 S. gr. 8». 4,40 JC.
Außerdem das Jahresverzeichnis:
i^7$_jetzt. 33. Verzeichnis der in den Programmen der Öster-
reiebiseheo Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen ober das
Scbaljabr [zuletzt 1905/6] veröffentlichten Abhandlungen. Beigebe
[jetzt zam 24. Stuck] des Ferordnungitdattes für den Dienstbereich usw.
(s. o. S. 94, Nr. XXVll). Wien, K. K. Schulbücher-Verlags-Direktion.
Lex. S<^. Auch einzeln zu haben: je 0,40 M (mit Porto 0,50 JC).
ß) Für einzelne Kronläoder.
1/ Bobflseoy Mahren, Schlesien (von Anstalten mit böhmischer
Unterrichtssprache).
Vm ADbepun— 1900. 34. Dolejäek^), Boleslav, Programy deskych
strednich §k«l na Morave a ve SIezsku (Verzeichnis der in den
Programmen der Mittelschulen mit böhmischer Unter-
riehtssprache in Mahren und Schlesien veröflentlichten Ab-
bandloagea). Progr, Groß- MeserUseh R. 1901. 28 S.
Voa Aobegian— 1901. 35a) — ^j, Programy deskych stredoich »kol
V Ceeh&ch (Verzeichnis der in den Programmen der Mittel-
schalen mit böhmischer Unterrichtssprache in Böhmen
veröffentlichten Abhandlungen), [a]. Ebet^da 1902. 36 S.
Van AobegiBn— 1903. b) [b]. Ebenda, 1904. 44 S. ^
I) Das Verzeichnis ist erstens nach Anstalten, zweitens nach
G egenstS od eo geordnet, innerhalb beider Abteilnngen chronologisch.
') Nr. 35a ist euch Schulen, 35b nach Gegenständen geordnet, inner-
halb beider Abteilongen chronologisch (wie Nr. 34).
8»
116 Piogrammwesen oud Programmbibliothek d. hob. Schulen,
2) Galizieo (von Aostalten mit polnischer
Unterrichtssprache).
Von Anfang — 1889. 36. Frf ck ie w icz, M., *) Spis przedmiotow pomiesz-
czonych w sprawozdaoiach galicyjskich szkol s'redoich po koniec
roka 18 89 (Systematisch geordnetes Verzeichnis des wissenschaft-
lichen Inhaltes der von den galizischen Mittelschulen bis zum
Jahre 1889 veröffentlichten Programme). Progr» G. fFadowice
1890. S. 9—53.
d) Schweiz.
1855—1889. 37. Bneler, G.,<) (Fraueofeld), Verzeichnis der Pro gram in -
Beilagen der schweizerischen Mittelschulen [seit d. J.
18 5 5, liebst einigen schon früher erschienenen]. Mit e. Anhang, um-
fassend die Programm-Beilngeo der Acadeinie de Neuchitel und der
Bidgenössischen polytechnischen Schule in Zürich. Fraoeofeld, 1890
(J. Hnbers Druckerei) V, 68 S. 4». 'J fr.
B. Für einzelne Fächer«
a) Schulwesen im allgemeinen, insbesondere
Schulgescbichte*).
Von Anbeginn— 1906. 38. Schott, Dr., R., Gedruckte Quellen zur Ge-
schichte des höheren Schulwesens in Wiirttemberi;.
Eine bibliographische Umschau. Beiheft 11 zu den Milt. d. Ges. f,
deutsche Erz,- u. SchuJgesvh. Berlin, 1906. A. Hof mann n. Co.
S. 44 — 69 (Das eigentliche Verzeichnis: I. Allgemeines. II- Einzelne
Anstalten. S. 58— 69) [Von A n fang b is 1 906]^). (Verzeichnet
nicht ausschließlich, aber vorwiegend Scfaulprog ramme).
1817—1896. 39. Deiters, Geh. Reg.-R. Dr., u. Prof. Dr. Jörgen Bona
Meyer, Abhandlnogeo znrGeschichte der rheinischen
höheren Lehranstalten in den Programmen derselben. Im
Auftrage der Gruppe Rheinlan d [der Gesell seh aft fii r
deutsche Erziehungs« und Seh algeschiebte] zusammeo-
') Die Einleitung (S. 3—8) enthfilt eine kurze Obersicht über dio
wichtigsten früheren Sammlungen. Bemerkenswert ist, daß diese Sammlung
auch ein Autorenregister enthält.
') Außerdem sind die jährl i eben Verzeichnisse zu en^Ühoen, die im
Jahreshefl des Fereins schweizerischer Gymnasiallehrer (seit 1868, Aatau,
H. R. Sauerläuder u. Co. Lex. 8^., jetzt unter der Rubrik Mitteilungen
über die Bibliothek des Vereins usw.) veröffentlicht werden (zuerst in Heft
V (1873), Programme von 1872) und so seit 1890 eine wichtige Ergiuzuo^
der Bibliographie Büelers bilden (Heft XXXVI, 1906, II u. 73 S, 1,60 J(^
entbält z. B. auf S. 60 f. die Programme von 1905). Doch geben die
Hefte nur eine Auswahl, nümlich diejenigen Programme, die der Bibliothek
das Vereins zugeschickt werden.
3) Vgl. auch Nr. 42.
von R. Ullrich. 117
ge&UUt. [Von 1 8 1 7~ 1 896 Ji). Mut d. Ges. /*. deuUche Erz.- u,
Sckulgesch, VI (1S96) S. 227—245; firgäozungeo uod Be-
richtigaD^eo ebenda. S. 32'{ — 325.
I>SO— 1886. 40. ScliiiIze^C.,S)Systeniati8elie Cbersiebtder io Zpitschrifteo,
Programnien ood £ioEeUchrifteD veröffeDtliGhteo wertvolleo Auf-
salze über Pädagogik aus den Jahreo 1880— i 886, als Nach-
schlag^ebaeh für Lehrer zur Vorbereitoog auf da« Exameo and für
den Unterricht. HaoBorer 1887. C. Meyer (G. Prior). VHI, 276 S.
3,60 JC.
b) Neuere Sprachen und Sprachwissenschaft
überhaupt.
1^23—1876 (bezw. 1877). 3) 41. Varahageo, Herrn., Systematisches Ver-
xeiefaois der auf die neuereo Sprachen, hauptsächlich die
fraozösisehe aod englische, sowie die Spraehwissea-
sehaft überhaupt bezüglicbeo Pr ogr am mabha ndla ngen ,
Dissertationen uod Habilitationsschriften. Mebst einer Einleitung^).
Anhang zur Enzyklopädie des pküoh^ischen Studiums der neueren
SpraeheUy kauptsächH^h der Jranzösisehen und engUsckeny von
B.Schmitz. Leipzig, 1S77. CA Koch. XVIII, 100 S. (Vgl.
dazu R. Kloßmann, Ycmc Jbb. f, Phil u. Päd, 118 (1878) S. 346
— 34S).
^ .«;— 1892. 42. •-, 2., vollständig umgearbeitete Aufl. von Job. M a rti n
U. d. T. : Syst. Verz. d. Pr ogr., Diss. u. Habilit. aus dem Gebiete
der ro manische n und englisehen Philologie sowie der
allgemeinen Sprach- und Literaturwissenschaft and
der Pädagogik und Methodik. Ebenda, 1893. XV, 296 S.
1) Notwendig ist übrigens, dafi bei derartigen Bibliographien der Um-
fang des enthaltenen Zeitraumes schon im Titel ausdrücklich angegeben
vird. Aach Varnhagen (s. Nr. 41. 42) läßt eine derartige Angabe ver-
') Diese Zusammenstellong ist wohl mehr für Volksschullehrer
gedacht; von Zeitschriften, die exzerpiert sind, fehlen die für das höhere
Scbalweseo wichtigsten durchaus (mit Ausnahme des Pädagogisehen Archivs).
Dach sollte sie als ein Versuch, einen Teil der Programme aocli in
aaderen Kreisen heimisch zu machen, nicht übergangen werden.
*) Vgl. die Vorrede der 1. Aufl. S. II: Dissertationen bis 1876, Programme
^ Ostern 1877.
*y Enthält o. a. eine Obersieht über die Geschichte des Pro-
gramms und die bibliographische Literatur, wovon die erstere in
der 2. Aofl. (Nr. 42) weggelassen, die zweite gekürzt ist. Daraus ergibt
sieh, daß nncb die erste Auflage heute noch mit Nutzen zu ge-
braoehen ist.
*) Leider fehlt sowohl auf dem Titel wie in der Vorrede eine Angabe
darüber, seit welchem Jahre die Literatur verzeichnet ist.
148 ProgrammwescD uod Programmbibliothek d. höh. Scholen,
c) Mathematik und Naturwissenschaften^).
1S69— lS74-)> 1876— lS82.f 43. 1. Beißwaoger, Prof., Programmen-
schao. 1870— 1882. Mathematisch-natuvwis». Mitteiliingen[ff^iirttem-
berg] TübiogeD, F. Poes (hrag. v. Rekt. Dr. Otto Böklen) Bd. II
(1SS7— 1S8S) Heft 1 a. 2, S. 38—62.
1883—1886. 44. II. [o. N.,»I?] Dgl. 1883 — 1886. Ebenda Weh {^Uhrg.^
111 (1886) S. 94—100.
C. Anhang. Programme der hOheren Mftdehensehnlen«
Eioe ZuaammeastelluDg der Programmarheiteo Tür größere Zeiträome
oder eioEeloe Länder fehlt. Programme für einzdoe Jahre oder bestimmte
Gebiete fiodea sich ia Zeitschrifteo for das MädcheDschuhvesen besprochen.
4. Einzelschriften, Aufsätze, Vortrage, Verhandlungen
u. ä. über Prograramwesen^).
1826. 45.«) Heibig, Prof., Ober deo Nutzen, der aus der Mitteilaog
der Schulprogramme Tdr den Gymnasial DoterHcht im allgemein eo
^) Besprechangen von Program mabhnndlungen aus dem Gebiete der
exakten Wissenschaften bieten natürlich auch die einschlägigen wissen-
jicbaftlicbcn und Schulzeitschriften, z.B. Ohrtmanns Ja//r6. w^. d, FortscAr,
d. Math, hrsg. v. £m. Lampe, Berlin, G Reimer (3 Hefte jährlich; Preis
verschieden), seit 186$, die Fortschritte der Physik hrsg. v. Rieh. Aß manu
und Karl Scheel, ßraunschweig, F. Vieweg u. Sohn (Jahrg. 1905: 88 JC)y
seit 1845, die Zeitsckr. J. math, u. titw, Unterr, hrsg. v. H. Schotten,
.Leipzig, Teubner (8 Hefte, 12 JC) seit 1869, die Zeitsckr. f. d. physiA. u.
ehem. interr, hrsg. v. F. Poske, Berlin, J. Springer, (6 Holte, 12 JC), seit
ISSS u. a. m.
S) Einer Notiz bei E. Wölffing, Mathem. Bücherschats I (Leipzig
1903, Teubner, XXXVI u. 416 S. 14 J() S. XXII entnehme ich, daß infolge
eines Irrtums die unter 1870 — 75 angeführten Programme je 1 Jahr
älter sind, also 1875 ganz fehlt — was zu beachten ist. Übrigens
findet sich gerade hier bei W. selbst ein Fehler: er zitiert S. 94 — 3U0,
was nach obiger Angabe zu berichtigen ist.
') Cbro Qologisch geordnet, um die Entwicklung der Sache
kenntlich zu machen. Um in den Ausführungen (II 1 — 3) die wiederholte
Aufiibruug mit den vollen, z. T. sehr umständlichen und viel Platz bean-
spruchenden Titeln zu vermeiden, werden daselbst die einzelnen Abhand-
lungen meibt nur mit dem Namen bezw. der Nr. zitiert. (Jm die Auf-
findung zu erleichtern, wird jedoch hier ein alphabetisches Verzeich-
nis der Autoren, Verhandlungen usw. beigefügt, denen die ent-
sprechende Nr. der Abteilung 4 der Bibliographie beigesetzt ist. Die
Anonymen werden am Schiasse besonders aufgeführt, soweit
der Verlasser nicht ohne weiteres mit Sicherheit zu ermitteln war.
Nr. Nr. Nr.
A.lbani « .... 49 Beschmann ... 53 Dletsch .... 50
Ameis 54 . Bonilz 64a Direktoren-Versamm-
XSaltzer .... 112 „ 64b lungen a. Ferhand-
Bechstein .... 58 Oalvary .... 62 lungen
,, .... 59 „ .... 72 Duden 73
„ .... 60 Campe 83 Jllckstein ... 49
Benoecke .... 107 Conwentz . . . . 147 „ .... 63
Beonhold .... 96 Deinhardt ... 67 Erler 94
voo R. Ullrich.
119
mi
\Söl
oad iosbesoodere für di« deutsche Spreche entsteht Frogr,
ä. kimigl kath. Gymn, [Mathias-G.] zti BreMlau. 1826. Breslao
(F. \V. Grofiel) S. ]— 10. (Vgl. dazu .Veue Jbb.f, Pkü, u. Päd. Ifl
(1827) S. 294 r.).
46. M ad er B er*), J. Ch., Vorerinaeroo;. Ober ZwecknüBigkeit,
Notzea nad Notwendigkeit der Programne. Profpr, IgloH G, 1851.
S. 3—5.
47. Merleker, Die Programme. Z. f. d. Glf\ VllI (1854) 8.917
—922 (eatbalt die am Programmentaaacb damals teil-
aehmendea Anstalten aoflerhalh Preofiens).
48. Wilhelm, A., Ober die Programme. Zeitsekr, f. d, ö'iierr»
Gj/mn. V (1854) S. 738—739.
49. Wieae, Ladw., Programme sind eiae allgemeine den tsehe
Angelegonheit geworden: wie kann dieses Institut am
aatslichsten gewacht werden? These 4 der rerhandUmgem
der 15. f^ers, deutscher Phihlogeny Schulmänner und Orientaiaten in
Hamburg vom L—4. Oktober Iböö, Hamburg, J. A. Meißner 1856.
4^. S. 78. Dis k Q SS ioa (Wiese, Albani, Eckstein) S. 104 f.
-50. Dietscb, Rudolph, Das Programmeninstitnt. Nene Jbb. /. Phä,
u. Päd. 72 (1855) S. 585.-599.
1)96. 51. Rüdiger (Zwickau, Zum Programmenwesen, ^eue Jbb» f,
Phä. tf. Päd. 74 (1856) S. 397-399.
:s»5
rir. ■ Nr. Nr.
Fiift .... 125 Kniffler . . . . ]36 Rüdiger .... 51
rwtbeelh ... 57 KoehendörlTer . . 93 Hattler ... ^ 75
rucher 137 Kroschel .... 105 Schnorr v.Carolsfeld 95
^tenaan ... 65 X^tendorf ... 61 „ 145
,, ... 86 „ ... 78 Sehonbach ... 91
Frick 70 ,, ... 79 Schwalbe .... 88
Groiao . . . .102 Bilaehnle . . . .133 Sianmer . 85 a o. b
BilbfaB . . . .115 Maderoer .... 46 Stempliager ... 148
lutea 55 M[ann] 119 Xodt 68
hrtel, W. V. . . . 100 Merleker .... 47 Tnmliri . . 99 a u. b
Oclkig 45 Morsch .... 132 „ .... 100
kllvig 87 „ .... 139 Ullrich, R. . . . 140
Rciier 97 Muller, C. Fr. . . 98 T'arges .... 143
Hiilicka .... 52 Müller, H. . . . 127 Varnhagen . . . 81 a
Weaz] . . . . 128 Blagele . ... HO „ ... 81 b
Rirs, Pr 114 Nestle, Eberh. . . 131 Verhandlungen der
Htrtisebanaky . . 146 PauUeo .... 126 Berliner Stadtver-
fivkert 112 Pietzker .... 135 ordneten-Versanim-
Kiiiengießer . . 92 Reth wisch . . .138 long 1876— 18M1 . 80
Silbaan .... 122 Renter 141 Verhandlungen der
Süx 69 Richter, P. E. . . 144 Direktoreoversamm-
Kaapp 118 „ Rieh. . .116 luogen i. Preußen :
*) Eine Notiz über den Austausch der Sehulprogramme befindet siolr
i^iinSeebodea IM. Bibliothek f, d. Schul- u. Unterrichieweeen III 2 (1S2I)
S. 937-938.
*) leb verdanke die Kenntnis dieser (in Berlin nicht zu erlangenden)
AHiadlaag der rreuadlichen .Mitteilung der Direktion des K. K. Staats*
^TBsuinms ia Iglao.
,120 Programmwesen und rrog;rciDinbibliothek d. h^h. Scholen,
1856. 52. Hoilicka, Dr. R. J., Eine Meiaung. Progr, Rakonäz {Böhmen)
OR. 1856. ca. SS.^)
J860. 53. BeschmaBO, [J.], Die Programme. Z. /. </. Gff^. XIV (1S60)
S. 593-601.
1861. 51. Ad eis*), Prorektor Prof. Dr., Homerische Kleioigkeiteo mit
eioem unhomeriacheo Vorwort, [die Programm frage betreffead]
Proß^r. Mählhausen i. Th, 1861. S. 3—5.
— 56. Hanseo, Tb., Vorbemerkang zn einer ProgranmabhandlaBg.
Z. f. d. Gff", XV (186J) S. 618-619.
— 56. H., R., Zar Bearteilong aoaerer ProgramneDeioricktangeB. Neue
Jbh. /. PhÜ, u. Päd. 84 (1861) S. 544—557.
1863. 57. Feaenbeckh, Dir. Prof., Das Programm-Institut im Groß-
herzogtam Baden. BeiL s. Pro^r. Lahr G. 1863. S. 3—13 (vgl. o.
y4bt S Nr. 17).
Nr. Nr. Nr.
Ost- u. Westpreoßen Zeiß 82 [o. N.] {ßrtnxboUn
IV (1865) 66 189f>) . . .108
,lgl. XV (1899) 121 Ohne Namen- ^ {Päd. Ifochbl.
Schlesien VI (1882) 90 ""««i^«™«». 1898). . .117
. .„ XI (1897) 113 1%., (Päd. Wochbl — (Päd. fToML
Hannover VIII (1898) 120 1902) 134 1902) ... 130
Wc8tfnIenXVI(l&67) 71 H.,<A'cMe/&6. 1861) 56 — o — r., Dr. (A^.
Voickmar .... 74 k., (Päd, fTochöL fr. Preßte 1905) . 142
Wagner . . . . 109 1893) 103 'a.,^.,{Päd.ß^ochbl.
Wanderversammluog IS ., (Neue Jbb. ISIS) 84 1901) . . . 124
^ ioNordalbingienlll N., (Südd BL f. d. — (Päd. ff^ochbl.
(1881) .... 89 h. ü. 1897) . .111 1902) . . . 129
Wiese 49 [o.^]{Päd.ß^oc/ibL H., i., (GrenzhUen
„ 76 1891) ... 101 1901) ... 123
Wilhelm .... 48 — (Päd. fTochbL Sch.,(Päd. Wochbl
!W[utzdor]ff ... 77 1895) ... 106 1893) ... 104
c 0 Die Abkandlnng wnrde mir, da verfügbare Rxemplare vergriffen
^«ren, von Herrn Direktor W. Machon (Rakonitz) in Abschrift frennd-
liehst znr Verrdgung gestellt. Der Umfang mag danach etwa 8 S. betragen.
Auf der Kgl. Bibliothek zu Berlin ist das Programm nicht vorhanden.
, *') in diese Zeit muß auch eine Aofierung Schimmelpfengs über
die Sache fallen. Var nbagen (s. o. ^H,3 Nr. 41) zitiert ihn (1S77) S. VH neben
Ameis, doch ohne irgend eine nähere Angabe (auch ohne die Vornamen),
nl^ einen von denen, die nach Wies es Anregung auf der Hamburger
Philologen-Versammlung 1855 (s. o. Nr, 49) sich über das Programm wesea
geäußert haben. Die am nächsten liegende Annahme, auf die wohl jeder
andere auch zunächst käme, daß es sich bei dieser Art des Zitierens
^m den bekannten Direktor von Ilfeld (1870—1898) Gustav S. bandle,
scheint sich nicht zu bestätigen : wenigstens versicherten Herr Direktor Prof.
Dr. R. Mücke und Prof. Dr. G. Meyer (Ilfeld) und auf des letzteren freundliche
Vermittlung der Subn des Verstorbenen, Prof. Dr. Georg Schi mmelpfen ^
in Hildesbeim (Andreonum), daß ihnen nichts derartiges von ihm bekannt
s«i. Der letztere äußert die Vermutung, daß vielleicht ein Schimmelpfeng
in. Hessen aus der Zeit vor 1866 gemeint sei, doch hat anch die Ver-
folgung dieser Spur durch Herrn Prof. Prätorius (Kassel) nicht zum
Ziele geführt, ebcosoweoig die freundliche Vermittlung des korhess.
Kabinett srats a. D. Herrn Ad. Schirom elpfeng. Vielleicht klärt ein älterer
Schulmabn die Sache auf.
von R. Ollrieh. {21
1864. 58. Beckstein, Dr. Raiobold, Di« Literatar der Schulprogrenune,
ihre Verwertung fdr die WisseDSchaft und ihre Konzentration durch
den Boehhandel. Eine Anregung. Leipzig» 1864. 0. A. Schnitz.
15 S. (Vgl. Nr. 59 und VV. H[olleaberg], Z. f. d. GfF, XVIII
(1864) S. 334.
— 59. — , Zsr Programm- Literatur. Ein Vorschlag. Germania^ Fiertel-
jahruekr. /*. dmiMcMe j4Uertwn$kunde^ hrsg. t. Franz Pfeiffer, IX
(1864) S. 133— 135.
— 60. — ,■) Eine Bibliographie preußischer Schulprogranme [Hahn
Teil II, n. o. j4bt 3 Nr. 8], ^nda S. 251—253.
— 6L Latendorf*), Friedr., Die deutsche Philologie und ihre Ver-
tretoag ia Schnlprogrammen. Ebtndüy S. 380.
— 62. Calvary, S., u. Co., Buehhaadlnog, Berlin, Die Sebnl-
pregraame und Dissertationen und ihr Vertrieb durch den Buchhandel.
EiB Voracklag an die 23. Veraannlong deutscher Philologen und
SchalBiinDer. Nebst einen Verzeichnis der im Jahre 1863 er-
Kbieaeaen Programme und Dissertationen. Berlin 1864. S. Calvary
n. Co. (Die Abhandlung: S. 3—8; Das Verzeicbnis: S. 9— 28).
Vgl o. j4ht. 3fit.\\.
— 63. Eckstein, Rekf., [Prof. Dr. F. A.], macht den Vorschlag, „in
Verbiadang mit Bechstein (s. Nr. 58 f.) und unter Beirat sach-
verständiger Buchhindler diese Präge [des Tausches und der buch-
handleriscben Verbreitung der Programme] einer genaueren Prüfung
unter Erwügung aller VerhSltnisse zu unterziehen und das Resultat
der niehsljjüirigen Versammlnng in Heidelberg*) vorzulegen'', f^erh,^)
d. S3. Fers, deuiieher Phü, u. Sehuhn. in Hannover vom 27, — 30. Sept.
1864, (Leipzig 1865, Teubaer.) S. 83—85. Die Versammlung be-
schließt noch die Zuziehung von Calvary u. Co. (o. Nr. 62).
— 64a. Bonitz, Herrn., Die Verbreitnag der Schulprogramme durch
den Bnchbandel. Z. f. d ö'Herr. Gymn. XV (1864) S. 215—218
(zugleich Besprechung der Beehsteinschen Schrift, s. Nr. 58).
1S65. 64 b. — , ^,Die Sekulprogramme und DteteriaHonen und ihr Vertrieb
durch den Buekkandel'* [Denkschrift von der VerJagsbacbhandlung
Calvary, Berlin, 1864]. Z, f. d. österr. Gymn. XVI (1865) S. 387
—388. (Vgl. o. Nr. 62.)
^) Hebt besonders die Arbeiten zur deutschen Philologie
kttvor.
*) Weist gleichzeitig hin aufW. Büchner, Ober die Pflege deutscher
fetchi^ti icher Stadien an den preußischen höheren Lehranstalten. Nene
^- f. Pka «. Päd. 88 (1863 II) S. 260 IT.
') Dazu ist es aber, soviel ich sdieo kann, nicht gekommen. Doch s.
•' S. »7 Anm. 3.
*) Zur Orientierung über den Inhalt der y^Ferhandlungen der ersten
'^^ f^ersammUingen deutscher Philologien und Schubnänner 1838—1867" dient
1^ yfieneral'Regüter'' von Heinr. Ernst Bindseil, Leipzig, 1869. B. G.
Tcubier. 3 Bl. u. 81 S. 40. 3 w«.
122 Prograiomwesea ond Pr«grammbibliothok d. höh. Scholeo,
1865. 65. PörsteincDD, Ernst, [Aoordauoip der Prog^ramuie in den
SchQlbibliothekeo], in: Ober Einrichtung und FerwaUung von Schul-
bibliotheken, (INordhaoseo ]S65. Ferd.Förstemaon. 1 Bl. a. 33 S.)S. 12—15.
— 66. Ober die zweckmäßige Einrichtung nud Verwertuug des Tnstitotes
der Schulprogramiiie. Ferhandlungen der 4. Vertammlung^) der
Direktoren der Gymnasien und Reafsehulen f. 0. in der Provinz
PreuJSen [in Königsberg vom 7.-9. Jani] 1865, (Königsberg 1865.
Em. Raatenberg, 4». 2 BI. u. 181 S.) S. 89—110.
(ErUn- [TJ S. 248-250; Killmann (T.) S. 227-22S)*) Vgl. o. Abt. /,
Nr. VII u. XI.
1866. 67. Deinhardt, Dir. Dr. (Bromberg), Über die sweckmüßige Ein>
richtoog der Scholprogramme. Z. f. 4, G1V, XX (1866) S. 641—652.
— 68. Todt, B., Eia neoer Vorschlag in bezag auf die Programme.
Z. /. d, GW, XX (1866) S. 662-658.
— 69. K 1 i X , [6. A ], Zor Programmen frage. Z. /. d, GW, XX (1866)
S. 785-790.
1867'). 70. Fr ick, 0, Zar Programmfrage. Aerie Jbb, f. Phil u. Päd,
96 (1867) S. 34—45.
— 71. Das Programm wegen. Ferh, d, 16, Direkt.- Fers, v. Westfalen
in Soest v. 3,-7. Juni 1$67 (Erler [l] 8. 250—251; Killmann [I.]
S. 228). Vgl. 0. Abt, 1, Nr. VII o. XI.
— 72. Ca l Vary, S., a. Co., BnchhaDdlang, Berlin, Der Bacbhandel
Dod die kleine Literatur. Berlin 1867. Calvary u. Co. (In; Fer-
zeiehnis osw. [III (1865)] S. III— VIII); vgl. o.Nr. 62 u. Abt. 3, Nr. 11.
— 73. Duden, OL. Dr. (Soest), Zor Programmeofrage. Z. f,d, GW.
XXI (1867) S. 497—505.
— 74. VoIckmar, Dir. Dr. (Anrieh), Zur Programmeofrage. Z. /l d.
GW. XXI (1867) S. 937—938.
1869. 75. Sattler, W., Ober die Ordnung der Programme. ^Veiie Jbb.
/. Phil, u. Päd, 100 (1869) S. 387—342.
— 76. Wiese, L., Die Schulprogramme. In: Das höhere Schulwesen
in Preu/Sen^ historisch- statistische Darstellung^ Bd. II (1864—1868
(69)), Berlin 1869, 8. 701-709. (Überblick über die Verhältnisse bis
zum Jahre 1869).
^) Über einige hierher ^ehörif^t Notizen in den Protokollen
früherer Direktoren versarolu ogen vgl. Erler [I.] S. 248, $ 174.
Es handelt sich um die erste Konferenz iu der Provinz Sachsea
1833 und die 12.-15. in Westfalen 1854, 1857, 1860 und 1863, dereo
Berichte nur als Mannskript gedruckt sind und mir nicht zugänglich waren.
3) In demselben Jahre hat man auch in Österreich die Sache wieder
behandelt. So schlug Dir. Pokorny in der Sitzung der ^fMüteisckuUf'' vom
4. Nov. 1865 vor, die Programme der Wiener Mittelschulen in eioer
Kollektivausgabe zu versenden (wozu es dann aber — wegen der Uo-
gleichheit der Formate — nicht kam), und in der Sitzung desselben Ver-
eins vom 25. Nov. 1865 besprach Dr. F. Lucas die Herausgabe eines die
Programme umfassenden Repertoriums. Eine ganz kurze Notiz darüber
(die Vorträge selbst habe ich nicht erhalten und weiß nicht, ob sie über-
haupt im Druck vorliegen) befindet sich in der Zeäschr, J. d, osterr. Gymn.
XVIII (1867) S. 218.
') Vgl. zu diesem Jahre noch [W.] Er 1er, u. Nr. 94.
voD R. Ullrich. 123
ISTl. 77. W[atzdor]ff, Zor Pro^^raninifrige. Neue Jbö. f. Phil u.
Päd. 104 (1871) S. 3S1— 383.
1875. 78. Latandorf')» OL. Dr. Fr., Die Lehrer uod die Abitorieoten
des Pridericiaoiiiiis [ie Sehwerio i. M.] von 1S34 — 1874. Ein Beitrag
xor SebalsUtistik. Jaktetber, d, Gymn. Frfden'e, [Schwerin] 1875.
S. 29-64.
— 79. — , Notwendigkeit eioer größereo Geoaaigkeit oed Ausfohrlicb-
keit der statistisch -biograpbischeo Aagaben ia dea SchsIprogrammeD.
FeriL d, 30, Fers. deuUeher PML u. Schulm. in ftoetock vom
28. Sept. hU 1. Oktober 1873. (Leipzig, Teaboer 1876) S. 105 f.
1$76->J88I.^ 80. [VerhaadluDgeo der Berliner SUdtverordneten - Ver-
saamlaog über die wisseasehaftlicben Betlageo zo dea Jahres-
berichten der stidtischeo höheren Lehranstaltea Berlins in dea Jahren
1876, 1877, 1880 nad 1881.] SUnog^r, Beneht über d, öffeniL
Süzungen der Stadiverordneten'Fersammitmg der Haupt- u, Residenz-'
Stadt BerUn^ Beriia, gedr. b. Jol. Sitteafeld. gr. 4<», Bd. Hl (1876)
S. 487—490; IV (1877) S. 91—92 oad S. 389-392; VII (1880)
S. 281—286; VIII (1881) S. 460—461 and S. 469.
1S77. Bln. Varahagen, Hermann, „Die Bibliographie der Progranmea-
Literator seit dem Jahre 1864'S Zentrahrg, f. d. Interessen des
Reaisehdwesens V (1877) S. 144—151.
— 81b. I. .Der Wert der Programnie und Diasertationen. IL Abriß
der Geschichte des Programms uod der DIssertatioo. III. Systematische
Gbersicht der Bibliogrsphie der Programmealiteratur. IV. Statistische
Obersicht (In: Systematisches Ferzeiehnis etc. 1877. S. I-^XVIII;
s. o. ^bt. 3, xNr. 41).
— 82. Zeifl, G., Dos Format der Schul programme. BL f. d, bayerische
GSfF. XIII (1877) S. 448—449.
— 83. Campe, (Greiffenberg), Programme mit und ohne wissen-
schaftliche Abhsndlong:
— [a] Neue Jbb. f. PhiL u. Päd, 116 (1877) S. 232.
1978. [b] ebenda 118 (1878) S. 408.
1) Diese aa sich nicht hierher gehörige Arbeit ist mitanfgenommeo,
veil sie zeigt, wie baoptsächlieh die Jahresberichte eines alten Gymnasiums
im Verein mit den Akten für eine „Umschau über die Resultate
seiner Wirksamkeit^' (S. 29) fruchtbar gemacht werden können, uod
weil dteSy wenn ich nicht irre, einer der ersten Versuche dieser Art ist.
Ähaliehe Arbeiten sind spüter auch für andere Schulen unternommen
werde»; vgl. besonders die Cbersichten in den entsprechenden Abschnitten
bei Kinßmann (s. o. j4bi. 3, ^r. 14) und neoerdiogs die beiden Ab-
haadlongea von Prof. Dr. Georg Meyer in dm Jahresber, über die Kß^l.
Beetersekuie zu Ilfetdi Verzeichnis der llfelder Lehrer uod Schüler von
OsterB 1853— Ostern 1903, im Jahresber. 1903 S. 3—71, und: Verz. d.
Lehrer ood Sehüler d. llfelder Pädsgogioms von Ostern 1800 bis vor Ostern
ISSSy ia Jakresber. 1906, S. 3 — 71. Vgl. noch schon die entsprechende Arbeit
von Ernst Wiedasch, Verz. d. Schuler von 1546 an, Progr. Iffeid 1833,
and die Ergänzengen von Kühlewein (für 1550—1629) im Programm
ttfM 1886.
2) Ans Gründen der Zweckmäßigkeit werden diese verschiedenen
Jabrea angehj^reoden Verbandlungen hier an einer Stelle zusammengefaßt.
VgL dexa ^r. SS m. Aam. 2.
124 Programm weseo und Programmbibliothek d. höh. Schalen,
1S7S. 84. iN., Wünsche eines Bibliothekars. Neue Job. /*, Phü. u. Päd.
118 (1878)'S. 348—351.
— 85 8. S t a ni m e r (Düsseldorf), Zar Verwaltung der Schulbibliolheken
H.i) Programmeo-Samuilang. Päd. Archiv XX (187b) S. 188— 2ül.
— b. — , Zur Programmfrage. ?ieue Job. f. Phil, u. Päd, 118 (1878)
S. 612—613.
1880. 86. FSrstemano, E., Bibliothekarisehe Mooita, die Schal-
Programme betreffeod. Neue Jahrbb, /. Phil. u. Päd. 122 (1880)
S. 350—353.
•— 87. Hellwig, Ladw , Programmatisches. Neue Jbb. J. Phil u.
Päd. 122 (IbSO) S. 354-357.
1881. 88. Schwalbe, Dir. Dr. B., Die Programmfrage. [Vortrag» ge-
halten in der Gymnasial- und ReaUrhullehrergesellsehaft in Berlin].
Zentralorg. f. d. Interessen d. Healschuiw. IX (18S1) S. 117—144.*)
— 89. Mutzen und Wert der den Schulberichten der höheren Schalen
beigegebsufu Programmabhandlungen (3. li^anderversammlung der
fjehrer an den Gymnasien und Realschulen NordaUbingiens am 10. u.
11. Juni IbSl SU Hamburg), Bericht der Z. / rf. Gff. XXXV
(1881) S. 766-768.
1882. 90. Der Nachteil, der durch den Wegfall der Programmabhand-
lungen entsteht, ^erh, d. $. Direkt.- Ters. i. d. Prov Schlesien [in
Glatz 12.-^14. Juni] !882 {Ferh. d. Direkt.Pcrs. Xlll (^Schlesien
ri) S. 151—159; Kälmann [l] S. 228). Vgl. o. .^bt. 1, Nr. Xf.
1883. 91. Schönbach, Ant, Zur Literatur der (jymnasialprogramme.
Z. f. d. österr. Gymn. XXXIV (18^3) S. 949—953.
1S84. 92. Kannengießer, A., Die Statistik der Schulprogramme. Neue
Jbb, f. Phil, u. Päd. 130 (1884) S. 215—221.
18185. 93. Rochendörffer, Karl, Zur Katalogisierung der Programme.
Ztbl. /. BibUotheksw. 11 (1685) S. 96—98.
— 94. Erler [W.], Dr., Programm. Ä. A, Schmids Enzykl d. ges,
Erz.' u. iW.^ VI (1885) S. 44S— 453. (1. Aufl. VI (1S67) S. 417—422).
1887. 95. Schnorr v. Carolsfeld, F., Die Schulprogramme und die
Bibliotheken. Ztbl. f. Bibl. IV (1887) S. 20—21.
— 96. Bennhold, Karl, Vorschläge zur Herstellung eines praktisches
Katalogs über die den Programmen beigefügten wissenschaftlichen
Abhandlungen. Prgr. Dessau HG. 18S7. 2 S. W^iederabgedruckt
JS'eue Jbb.J. Phil. u. Päd. 140 (1S89, II) S. 143-1473).
1888. 97. Heuser, Em., Ober die Titel der Programmabbaadloogen.
JSeue Jbb. f. Phil. u. Päd. 138 (1868, 11) S. 402-404.
1) Teil I erschien in der ZeiUchr. f.d. GW. XXI (1867) S. 417—445
3) Vgl. dazu den Bericht über die 6. f^ers. d Fcreins der Lehrer an höh.
Ünierrichtsanst. i. d. Prov. Brandenburg am S. Juni 1H78 (Guben 1578, Druck
V. A. König, 9 S.), besonders S. 8 f.
*) Da mir das Programm nicht zugänglich war, wird nach dem Ab-
druck in den Neuen Jahrbb. zitiert werden.
von R. (JUrich. 125
— 98. Malier, Dr. C. Fr. (Kiel), Denkschrift über die Hersteliuop
eiaes im Aaftrage des Kgl. preoßischeo Mioisterioms der geeist!, etc.
AB^ele^eaheiteo und mit UoterstUtzanEp der höchsteo Unterrichts-
bebördeo der Staateo des Deutscheo Reicbes herauszugebeDdeo
Katalogs aller bisher erschieneoeo Programmab-
haDdlangen der höberea Lehraastalten Deotsehlaods.
ZibL f. Bibl, V (1S88) S. 511—523.
ISS 9. 99a. Tamlirz, Prof. [Dr. Karl], Reform des Programmweseos.
I. Deotsch-österr. Mittelschultag (Wieo, 17.-19. April 1889). Österr,
Müielschule 111 (1889) S. 262—266.
— 99 b. — , Zur Reform dea Programmwesens. Ötterr. MUttUckuU lY
(1890) S. 13-21.
1S90'). 100. — , Die Reform des Programmweseos ao den Mittelscholeo.
II. Dcutsch-österr. Mittelseholtag (Wieo, 2.-4. April 1890). Österr,
MitteUthuU IV (1890) S. 243—249. Ao der Diskossioo beteiligte
sich aoch Hofr. Prof. Dr. Wilh. v. Hartel.
1591. 101. [o. N.J Die Schulprogramme und das Standesioteresse der
Gyraaasiallehrer. Päd, WochenbL I (1S91/92) S. 93—95.
1592. 102. Grooao, Arth., Dir. Dr., Ist es zweckmäßig, die Themata
der deotscheo Aufsätze alljährlich io deo Jahresbericbteo zu ver-
offeotlicheo? Ferh, d, IS. Direkt.-FerM, in den Prov. Ott- u. ßf^est-
preußen [in Memti 9. 30. Juni— 2. Juii\ 1892. (Ferh. d. Direkt.-
f^ers. XL {= Ost- u. H^estpr. XIll S. 411 f.; KiUmann [II.] S. 82).
Vgl. o. //W. 5, Nr. XII.
1^93. 103. k. . . , Die ProgrammabhaDdiuogea. Päd. fTochenbl. 11(1892/3)
S. 106*108 U.S. 114—116.
— 104, Seh., Die Schulnachricbteo und die Krankheiteo der Lehrer.
Päd. irochenbl. II (19U2/U3) S. 109.
1>95. 105. Kroschel, Job. Sam., Beitrag zur Geschichte des Pro-
gramms oebst eioem Verzeichois der seit 1839 in den Programmen
des Arnstädter Gymnasiums erschienenen Abhandlungen. Progr.
jlmHadt G. 1895. S. 3—9.
— 106. [o. N], Noch einmal die wissenschaftlichen Programmabhand-
langeo. (Ans Sachsen.) Päd ßf'ochenbi. V (t89;>/6) S. 17—19.
h96. 107. Bennecke, Dr. [Priedr], OL. (Potsdam), Ober ein einfaches
Verfahren zu Dnrchscbnittsalters- Ermittelungen. Zeütchr. f. math.
u. nlw. Ünterr, XXVII (ISüO) S. 180-182.
— 108. [o. M.]<) Die Schulprogramme. Die Grenzboten LV (1806)
Bd. 3 S. 113— 122.
>) Vgl. fiir dieses Jahr auch die entsprechenJen Abschnitte bei Arnim
Crasel, Grundsiige der Bibliothektlelire (Leipzig 1890, J.J.Weber; XII,
\U S. 4.5ü JC) S. 204— 20G mit den AnmerkuDgen, die im wesentlichen in
Jesüclbeo Verfa«strs Buch Handbuch der Bibliothekslehre (Leipzig ^ 1902,
J. J. Weber; X, 5*i4 S. geb. 18 JC) S. 279— 2b3 übergegangen sind.
*) N»'h Richter (s. u. Mr. 144) „«iu bekannter sächsischer
Gyamasialprofeasor^^
126 P rogramoiweseo ood Progrcmmbibliothek d. hüb. SchaUo,
1S96. 109. Wagner, Riebard, Bio Wort über dat Äußere aoserer Schot«
Programme. JS'eua Jbb. f. Phil, u. Päd. 154 (1896) S. 377—383.
1897. HO. Nägele, Sehuifoods* und Bibliothek« verwaltaog lo Württem-
berg. SüdwsHd. Schulhl, XIV (1897) S. 50-55, vgl. bes. S. 64.
— 111.^ N.^), Daa ioflere anaerer Scbolprogramme. SUdd, BL J, höh,
VfiterrichtsansiaUen usw. V (1897) S. 32—33.
1896. 112. Hockert, E. (NeiBe), Zu deo Aogabeo der Programme über
die AbitorieotoB. Päd, ff^ochMbl. VI (1896/7) S. 204-205.
— 113. Schalprogramme. Ferh. d, 11, Direkt - f^ers. in d, Proi\
SchktiMi [in Görlüz v, 9,-11, Juni] 1897 {yerh. d, JHrekt.-ren.
LH (^SchleMieH Xl) S. 235—240; KiUmann [II.] S. 82). Vgl. o. Abt.l
Nr. XII.
— 114. Hoio, Fr., Die Schulprogramme. Päd,WoehenbL VII (1897/8)
S. 1-3.
1898. 115. Halbfafi, Dr., Die Schal programrae. Päd, ßfochmbL VII
(1897/98) S. 99 f.
— 116. Richter, Rieh., Die Geldfrage in der Gymoaaialpiidagogik.
Neue Jbb. f, d. klasi. AUerL usw. Jahrg. I (1898,11) S. 96—105.
(Dario S. 95 iiber den „Loxas'' der Programme)'}.
— 117. [o. N.], Eioe Forderoog des Scholdieoatea, der HamaBität und
der Billigkeit. (Ans Saehseo). Päd, Wochenbl, VII (1897/98)
S. 181—182.
— 118. Knapp, P., Die Schalprogramme. Südwestd, Schulbi XV
(1898) S. 66—72.
— 119. M[aoD, M. Frdr.], Ober deo Wert von Programmabhaod-
handluQgeo. AnffUa, Beiblatt VIII (1897/8) S. 378—380.
— 120. Über die Beigabe einer wiaaeoschaftlichen Abhandlong sa deo
alljährlicheD Scholnachrichten hSherer Schulen, f^erh. d. 8, Direkt.-
Fers, i, d, Prov» Hannover [in Hannover v. 1,-3, Juni] 1898. {Verh.
d. Direkt,-yers, Uli {^Hannover FIII) S. 262—264 und S. 276—278 ;
KiUmann [II.] S. 82 f.). Vgl. o. j4bt. 1, Nr. XII.
1899. 121. Baltzer, Mart, [Dir. Dr., [Veröffeollichong von Scholuach-
richten in zwei- oder mehrjährigen Zwiichenrüumeo]. f^erh, d. 15.
Direkt.-f^ers, in den Prov, Ost- u. f^estpreufien [in Königsbei^ v.
24.-26. Mai] 1S99 {Ferh, d, Direkt.-Fers. Lrill (=-Ost' u, Westpr.
Af ) S. 114; Killmann [II.] S. 83) vgl. o. Abt, 1. Nr. XII.
— 122. Killmann, M., Seholprogramme. Beins ensykL Hdb. d. Päd.
1. Auß,'M. VI (1899) S. 472-484 (lo der 2. Aufl., die z. Z. bis
1) Die Abhandlang dieser (mit Ende 1897 eingegangenen) Zeitschrift
war mir nicht zogaoglich. Die Anzeige in K. Kehrbachs ^J)as g;es.
Erziehffs.' u. Unterrichtsw. i. d. Ländern deutscher Zunge*^ II (1897) S. 107
berichtet darüber: „Es wird nach einem Aufsatz von R. Wagner, Dresden
(s. 0. Nr. 109) gewünscht: Oktavfurmat statt Qoart, nicht mehrere Ab-
handlungen demselben Jahresberichte beizugeben, strengere bibliographische
Deutlichkeit auf dem Titelblatts
2) Vortrag auf der Dresdener Phil.-Vers. 1897, vgl. den
kurzen Bericht in den Ferhandt. der 44. Fers, deutscher Philologen und
Schulm. i. Dresden votn 29. Sept. bis zum 2, Oktober i^^7 (Leipzig, 1897.
Teubner) S. 68.
voB R. Ullrich. 127
Bd. V eiuehl. fortgetchritteo ist, darf die Naobearbeitang des
Artikels demnäehst erwartet werden).
1901. 123. S., J., Seholprogranme. 2?i« GrenzMen LX (1901, I) S.
341—344.
— 124. R , R., Die Prosrammabhaodluogeo. Päd. ff^ochenöL X (1900/1)
S. 266—267.
1901. 125. Paust, (Dresdea), Progranne uad Propra mmabhandlaogeo.
Päd, WoehenH. XI (1901/2) S. 42—43.
— 126. Paolsea^), Friedr., Der höhere Lehrerstand uad seiee Stelloag
iB der gelehrteo Welt, a) Preuß. Jahrhb. 106 (1901, Detbr.) S. 476
—490 o. b) Pädag, Areküj XUF (1902, Febr.) S. 99-110, auch c)
als Sonderdruck^ Braonaehweig 1902. Frdr. Vieweg und Soho. 16 S.
0,40 JC., bes. S. 14.
1902. 127. Möller'), Dr. Heior., OL., Fort mit dea Schalprogranmea !
Berlio, 1902. 0. Gerhardt. 32 S. S^ 0,50 JC,
— 128. H[oereos], R., Siad die Schal progranme eis alter Zopf?
Päd. l^oeheM, XI (1901/2) S. 121—122.
— 129. R., R., Programmabhandlaogea. Päd. WoekenU, Xl (1901/2)
S. 122-123.
— 130. [o. N.], Die Prograoimfrage im Köaigreich Saehsen. Päd»
ßß^oehenU. XI (1901/2) S. 137-139.
— 131. Nestle, Bberh., Ein Wort fiir aoser Korrespoodeozblatt und
vnsere Programme. Neues Korresp.-Bl. f. d, Gdehrten- und ReaUeh.
H^iirUembergs IX (1902) S. 59—61.
— 132. Morsch, Hans, Die Programmabhandleog. Absehaitt 14 voo:
Die Dtenstauiruktionen für Leiter und Lehrer höherer Lehranttalten
üf« verschiedenen Stauten Deutschlands und in Österreich^ Schluß.
la: iVeue Jekrbb. f. d. klass. AUert. usw. X (1902, H) S. 144—148.
— Gräsel, Arnimi vgl. o. S. 125, Aom. 1.
— 133. Machole, [P], Die ProgrammabhandiBogeo. Päd. WoehenbL
AI (1901/2) S. 284.
— 134. B., Schutz von Programme bhandluo gen. Päd. t^ochenbl. XI
(1901/2) S. 370.
1) Die Abhandlong Paolsens berührt zwar oor fcorz die Programni-
fraige, doch darfte sie um der Bedeotoog willen, die Ihr Verfasser in der
Gelehrten- wie in der Scbniwelt bat, auch in dieser Zosammenstelluog nicht
abergaagea werden.
*) VoB Bespreehnngen dieser anregenden Schrift, zn der alle, die nach-
her aoeh über die Sache geschrieben haben, in der einen oder anderen
Weise Stelloog genommen haben, hebe ich hervor: F. Kör her, Nlw. ff^S.
XV1I=N. F. I (1901/2) S. 336; 0. Weißen f eis, Berl phä, ff^S. XXII(1902)
S.664 oad frS f. klass. Phü. XIX (19ü2) S. 384; E. Cz[aber]. Z.f.d.
ReaUeh. [in Österr.] XXVII (1902) S. 319; W. Bosch, DLZ XXIII (19u2)
S. 1114; P. KnStel, Päd. Arcli. XLV (1903) S. 91; E. v. Sallwürk sen.,
Bmrl. Studien XXXIII (1902/3) S. 175; A. Sturmfels, Z. f. fr%. Spr. u.
La AXV (1903) S. 82f.; am eingehendsten sind die Anzeigen von W.
Heaze Der Unterricht 11 (19o2) S. 343—346 and von A. Frank, Z.f. d.
osterr. Gfmn. LIII (1902) S. 816-^21.
128 Prof^rammweseo und Programmbibliothek d. höh. Schalen,
1902. 135. Pietzker, P., Zar Progranmfrage. MS. f. höh, S, I (1902)
S. 402—414.
1903. 136. Kniff 1er, [Prof. G.], Verwertong der Programmcbhandlongen
fnr die SehülerbibUothekett. Gymnas, XXI {190d) Sp. 369—372.
— 137. Fischer, H., Zor Frage der Programmabhandloofen. Päd.
ff^'ocfunbl. XIU (1903/4) S. 35.
— 138. Rethwiscb, Coor, [Ober das Für and Wider der Schul-
programme]. Jahresb. über d. höh. Sckuhoeien hrsg. v. Conr. Reth-
wisch, XVir (1902), (Berlin 1903, Weidmann) Einleitong, S. 1— S.
1904. 139. Morsch, Hans, Simus, at somus. Noch ein Wort zor „Pro-
grammfrage.'* MS. / höh. Seh. 11! (1904) S. 79—85.
1905. 140. Ullrich, Rieh., Benotzong nnd Einrichtoag der Lehrer-
bibliothekea an höheren Schulen. Praktische VortchlSge sa ihrer
Reform. Berlin, Weidmann 1905 (XX u. 148 $., 2,80 JC\ S. 25—26
u. ö.,»2. f. d. GfT. LVIII (1904) S. 697—698 u. ö.
— 141. Reater, Bd , Vereinfachung der Osterprogramme. Päd,
JFoeheM. XIV (1904/5) S. 181.
— 142. — 0— r, Dr., Die Programme der [Österreichischen] Mittel-
schulen. NeuB ff€m PfeiS0 (Wien) 1905. Nr. 14716 (12. Aug.)
S. 17—19.
— 143. V arges, Willy, Die wisseaschaftlichen AbhaBdlongen der
Jahresberichte. /Veue Jbb. f. d. klau. Mert. umw. XVI (1905 II)
S. 529—532.
1906. 144. Richter, P. B., Schul programme und ihre Beigaben. BifrsenbL
f. d. deutich. Buchhandel^ 1906 S. 72—77.
— 145« Schnorr v. Carolsfeld, [Frz.], [Herausgabe der Pro-
gramme in SammelbSnden]. Ztbi /. BibUothekew. XXIH (1906) S.
126-127.
— 146, Hortzschaasky,A., Der Vorschlag [Sehaorrs v. (Carols-
feld] zur Neoordnang der Schulschriften, ebenda S. 164—169.
— 147. Conwentz, Prof., Dr. [Herrn.], Schalprogramme. In: Die
Heimatkunde in der Sekuie. Grundlagen und Fcreehläge %ur
Förderung der naiurgeschiciäliehen und geographiechen Heimatkunde
in der Schule. (Berlin ^ 1906 1), Gebr. Boroträger. XI und 192 S.
geb. 3,50 JC') S. 136-142. Ebenda S. 188—192: 5) Übersicht von
Programmen [besonders der letzten 30 Jahre] mit Beitragen zur
Kenntnis der Heimat.
— 148. |Stemplioger, Dr. Ed., Ober Sehn I programme und Jahres-
berichte. Nach einem in der Gymoasiallehrervereioigang München
am 4. Mai 1906 erstatteten Vortrage. S.-A. aus den Blatt, f. das
GStF. XLIl (1906), Heft 7/8. Leipzig, B. G. Tenbner, 1906. 15 S.
0,40 JC.
^) Die erste Auflage (ebenda 1904) war mir nicht zugänglich. Das
treffliche Buch ist übrigens anch in Papier und Druck — bei sehr billigem
Preise — musterhaft wie wenige. Wer, wie der Verfasser dieser Schrift,
durch die Art seiner Arbeiten täglich vieles zo lesen genötigt ist, weiß
das besonders zu schätzen.
VOB R. Ullrich. 129
II. Das Programniwesen.
1. Allgemeines. Skizze der Entwicklung.
Es soll nicht die Aufgabe dieses Abschnitts sein, eine
Darstellang der Entwicklung des Programmwesens überhaupt in
ihren Terschiedenen Stufen zu geben. Für die älteste Periode,
etwa bis in den Anfang des vorigen Jahrhunderts, ist hierzu die
Zeit auch noch nicht gekommen. Das für diesen Zweck not-
wendige Material fehlt zwar nicht ganz^), ist aber für die
meisten Länder noch nicht ausreichend gesammelt und kritisch
gesichtet. So wird eine Geschichte dieses eigenartigen Zweiges
der Organisation des höheren Schulwesens eine Aufgabe der Zu-
kunft sein.
Dagegen läßt sich eine Übersicht seit den zwanziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts wohl geben; und das
soll hier hauptsächlich in der Richtung geschehen, daß auf Grund
des in Abschnitt I zum ersten Haie mit einer gewissen Voll-
ständigkeit vorgelegten wichtigsten Materials gezeigt wird, welche
Gesichtspunkte im Laufe der Jahrzehnte das Programmwesen be-
stimmt haben, wie gewisse Grundsätze aufgestellt, verteidigt und
angefochten worden sind. Vielleicht gelingt es« aus der Folge
4er Gesetze wie dem Auf und Ab der Meinungen dasjenige her-
aoszoheben, was mehrere Generationen überdauert hat, aus der
Eotwicklung zu lernen, wie die Summe eifrigster Arbeit, die
dem Gegenstande gewidmet worden ist, för die veränderten Ver-
hältnisse der Gegenwart fruchtbar gemacht werden kann, und zu
zeigen, was auf diesem Gebiete in Zukunft im Interesse der
Schale und des höheren Lehrerstandes in idealem Sinne noch
anzustreben und in praktischer Hinsicht durchzuführen mög-
lich ist.
Es wird sich zunächst darum bandeln, die grundsätz-
lichen Anschauungen, nach denen die Sache von den Unter-
richtsbehörden der verschiedenen Staaten') im Laufe
TMi mehr als acht Jahrzehnten geregelt worden ist, in sachliche
Beziehung zueinander zu setzen, so daß Wesen und Wert der
Einrichtung im Wechsel der Zeitströmungen wie in ihrer Be-
deutung für Schule, Lehrer und Leben deutlicher wird, im
ganzen wie in den einzelnen Teilen (A). Weiterhin soll ein
1) EiDise eenere, nicht erbebliche BeitrSse sind in der Bibliographie
ML 4 Nr, Hlb tf. lOö) verzeichnet. Die Geechichtea einzelner Schalen
enthalteo ebenfalls Vorarbeiten; die Mcnumenta Germaniae paedagogica end-
lidi werden, wenn noch weiter vorgeschritten, die £atwicklung besser
iberseben lassen; vgl. oben S. 88 Anm. 2 nnd S. 103 Anm. 2.
') Vgl. Bibliographie AbU 2, Nr. XXX— C, S. 95—108.
Zeitnsbr. £ d. 07niaM?«lwes«B. LXI. 8. o. 8. 9
130 Progrannwcset uod Programmbibliothek d. hob. Scbileo,
Oberblick über die Diskussion in den Fachkreisen gegeben
werden, die teils in Anknöpfung an die gesetzliche Regelung, teils
selbsitandig versucht bat, neue Formen für eine ehrwürdige, durch
lange Tradition geheiligte Einrichtung zu finden (B). Manchem
möchte es wünschenswerter erscheinen, Gesetz und Diskussion
von Anfang an in Beziehung und womöglich Wechselwirkung ge-
setzt zu sehen. Es hat aber einmal an sich eignen Reiz, die
fesleren Formen wie das Hin und Her des Wortkampfes gesondert
zu betrachten. Auf der einen Seite ist das Gefühl der Verant-
wortung in der Regel stärker, die Übersicht der Verhältnisse um-
fassender, die Entwicklung, wenn scheinbar langsam, doch
stetiger; auf der anderen tritt leichter die Neigung zur Änderung
hervor, aber die Beurteilung ist einseitiger, weil die Kenntnis ge-
ringer ist, und es zeigt sich ein Hin und Her, dem nachhaltige
Wirkung nicht selten versagt bleiben muß. Dazu kommt, daß
gerade die grundlegenden Bestimmungen des Programmwesens,
aus denen m. E. noch heute vieles zu lernen ist, und manche
Ausfuhrungen, die dazu weiter gegeben worden sind, in eine
Zeit fallen, wo ein engeres Verhältnis von behördlichen Be-
stimmungen und fachlichen Erörterungen noch kaum bestand.
Erst in den letzten Jahrzehnten zeigen sich jene durch diese be-
einflußt. Inwiefern zum Nutzen der Sache, wird sich zeigen.
Es scheint mir am richtigsten zu sein, wenn ich mich in
der sachlichen Skizzierung der gesetzlichen Bestimmungen (A) wie
der Diskussion (B) eigener Kritik so weit enthalte, als nicht ganz
Verfehltes als solches zu bezeichnen ist, zugleich um die Dar-
stellung in Abschnitt H 2 und 3 möglichst zu entlasten. Die
Tatsachen reden in der Hauptsache am besten allein, und die
Entwicklung — soweit von einer solchen zu reden ist — wird
für und gegen sich selbst sprechen. Auf Grund dieser Obersicht
soll dann versucht werden, unter Abweisung mancher auf un-
richtiger oder einseitiger Beurteilung der Dinge beruhenden An-
schauungen das Bleibende herauszuheben und, soweit möglich,
Wege der Weiterentwicklung zu zeigen (H 2 u. 3).
Es ist übrigens, wie ich noch bemerken will, nicht eine
interessante Lektüre schlechthin, die — wenigstens in diesen
beiden vorbereitenden Abschnitten — geboten wird. Vielmehr
Setzen diese, die das Ergebnis langer Arbeit sind, rüstige Mitarbeit
voraus, wollen es dem Leser auch nicht ersparen, sich selber
den Quellen zu nähern, zu denen ihm der Weg nun etwas
ebener gemacht worden ist. Daß der Abschnitt 1 eine erheblich
ausführlichere Behandlung finden wird als 2 und 3, ist darin be-
gründet, daß eine eingehendere Darstellung der gesetzlichen Be-
stimmungen in Jen einzelnen Staaten bisher uberliaupt fehlte, und
war außerdem dadurch geboten, daß die neuere Diskussion über den
Gegenstand die ältere Literatur nicht so beachtet hat, wie es für
die richtige Würdigung der gegenwärtigen Verhältnisse notwendig ist.
voo R. UlfriclL 131
A« Die gr^etzliehen BestimmniigeB«
(BibUo^aphie^) Abt, 2, Nr. XXX— C, oben 8. 95—108).
Der preuBiflche Siaat, den die Anspannung aller Kräfte
während der FreiheiUkriege in harter Bedrängnis zaröckgelassea
hatte, sah sich nach deren Beendigung gleichwohl vor eine Fülle
der wichtigsten Aulgaben gestellt, die ebensosehr Kenntnisse und
organisatorische Begabung wie erhebliche Geldmittel forderten.
Vor allem auf dem Gebiete des höheren Dnterrichtswesens. Es
galt nicht bloß alte in Verfall geratene Schulen zu reorganisieren
and — trotz äußerster Finanznot — neue einzurichten, sondern
auch zum Nutzen des Ganzen zwischen den einzelnen Schulen,
ihren Leitern und Lehrern engere Beziehungen zu knöpfen, deren
Gesichtskreis zu erweitern, ihre Ausbildung zu vertiefen und so
die Schulen einigermaßen auf ein gleiches Niveau zu heben, auch
die Anstalten aus gelehrter Isolierung in ein lebendiges Verhältnis
zum Publikum zu bringen. Außer anderen waren es besonders
drei Dinge, welche diesen wichtigen Rücksichten dienen sollten
und die fast zu gleicher Zeit entstanden sind, die Direktoren-
konferenzen, das Program mweseu und die gleichmäßige
Ausstattung der Schulen mit Bibliotheken und
anderen Lehrmitteln'). Im Jahre 1823 fand die erste
Direktorenkonferenz in Westfalen (Soest) stall, die Lehrer-
Bibliotheken^) wurden in dieser Zeit eine feststehende Einrichtung
jeder höheren Schule, und das Jahr 1824 brachte die ein-
heitliche Regelung des Programmwesens. Alle drei
Einrichtungeu sind bis heute in Geltung geblieben und haben sich
als segensreich für die Entwicklung der Ausbildung, des höheren
Lehrerstande^ und damit für das Gedeihen der höheren Schulen
erwiesen, alle drei sind im wesentlichen auch für andere Staaten
vorbildlich geworden. Daß sie auch Gegenstand vielfacher Er-
«jrterung geworden sind, versteht sich von selbst; am meisten
trifft dies auf das Programmwesen zu. Und die fast unüber-
sehbare Fülle der Literatur, die sich bis in die neueste Zeit on
die letztere Einrichtung geknüpft hat*), würde beinahe allein
schon ein Gradmesser für ihre Bedeutung sein. An einen Gegen-
^) Die Numnero der Bibliopriphie siod io diesen gaozen Teile deo
VerfS^oflgeB ao deo betr. Stelleo in der Hepel beigesetzt.
') Vgl. fSr diese ganze ISntwicklaog besonders C. Varrentrapp,
Johannes Schnlse und da$ höhere preufiische L/nterricktjswesen in seiner ZeU^
Leipzig, 1889, B. G. Teabner (XVi, 58» S. 12 JC)y besonders S. 400 ff.
^) Die Entwicklung dieser Verbültuisse bedarf noch näherer Uuter-
sa^aag; vgl. meine Bemerk oogen in W. Heins EnzykL Hdb, d. Päda--
gogik * V (1906) S. 446 f. u. Anm.
^) Im Gegensatz besonders zu der Biorichtnng der Lehrer-
bibliotheken, ^le denn aoeh, wie ich früher mehrfach gezeigt habe,
(s. 0. S, 85^ A. 1 "^ 2} in bezug aaf Organisation' im einzelnen wie hin-
9»
132 Programmwesea and Programmbibliothek d. höh. Schalen,
Stand geringea Wertes wendet mao nicht so Tiel Worte, ge*
schweige denn ernste Arbeit. Sehen wir su, wie sich in den
gesetzlichen Bestimmungen Zweck und Organisation der Sache
darstellt und wechselnden Bedürfnissen sich angepafit hat, zu-
nächst im allgemeinen in bezugaufdiegrundlegenden Be-
stimmungen in den einzelnen Staaten und das heute
im ganzen für sie geltende Recht (a), weiterhin mit ROcksicht
auf besonders wichtige Fragen im einzelnen (b — e).
a) Die grundlegenden Bestimmungen in den einzelnen
Staaten und das heute geltende Recht im allgemeinen.
o) Erste Periode: Vod 1824 bis i'o die fiiofziger Jahre.
Preußen. Der Geburtstag des Programmes neuen Stils in
Preußen, der wie so vieles andere mit dem tiefgehenden Einfluß von
Johannes Schulze aufs engste zusammenhängt, ist der 23. August
1824. Hier wurde der Zerfahrenheit und Zersplitterung der
früheren Zeit, auch der unfruchtbaren Literatur dekorativer Art
ein Ende gemacht ')• Einheitliche Organisation wurde geschaffen,
wissemchaftliche und soziale Ziele (so könnte man fast sagen)
wurden nicht bloß gesteckt, sondern auch festgehalten und ge-
sichert. Äußerlich angesehen trat an die Stelle des bisherigen
Brauches, der in der Regel zum Zweck der Einladung zur
Prüfung bald eine gelehrte, meist lateinische Abhandlung nebst
kurzem Schulbericht, bald nur das eine oder das andere, bald
auch — bei der großen Verschiedenheit der Aufgaben und Mittel
der Schulen — keines von beiden vorsah, zuerst die feste Be-
stimmung (Nr. XXX),daB jed e Schule — zunächst jedes Gymnasium
— um Ostern oder Michaelis zu den Prüfungen') regelmäßig
eine wissenschaftliche Abhandlung und Schulnacb-
richten im Druck veröfTentlichen sollte. Beide erscheinen in
einem Hefte zusammen, die Abhandlung geht voraus. Ober
Zweck, Bedeutung, Inhalt und Nutzen beider Teile werden wohl-
erwogene Grundsätze aufgestellt, die in wesentlichen Punkten in
sichtlich der wichtipeo gegeoseitif^en Beziehoogeo zoeioander weit hioter der
allgemeiiipo, fast groBartig zu oeoDeDdeo Entwicklung des BibliotheksweseDS
zurückgeblieben sind und der Reorganisation fast überall bedürfen, wenn aie
unter veränderten ZeitverhMltnissen noch weiter ihren goten Zweck er-
rüllen sollen.
>) Vgl. über die Ültere Zeit ond die Vorgänge, die zn der Organisation
von 1S24 gerdhrt haben, sowie über die weitere Entwicklung bis zam Jahre
1868 die knappe Obersicht bei Wiese, Das höhere Schulweeen in Preußen,
Bd. 11 (1869) 8. 701-^709; (s. auch o. S. 89 A. 2). Ober den Charakter der
Programme vor dem 19. Jahrhundert vgl. Fr. Paulsen, Getth* d. gel,
Unterr, * (1896) S. 665.
') Dieser äoßere AnlaB blieb zunächst noch lange bestehen. Weg-
gefallen ist er mit der Aufhebung der öffentlichen Prüfungen für die
meisten Schulen seit 1894 {Ferfügung vom 7. Okt. 1893; i^eier^ S. 161 f.).
von R. GUrieh. 133
spätere Verfögungen übergegangen sind and 8o noch heute ihre
Lebenskraft behaupten. Auf die wichtigsten Einieibeiten dieser
grundlegenden Urkunde werde ich unten (b — e) bei der Dar-
legung der Entwicklung der einzelnen Punkte zu sprechen
kommen.
Die übrigen Staaten. Es konnte nicht fehlen, daß bei
der Bedeutung des preußischen höheren Schulwesens, die man
als eine vorbildliche nicht bloß im Lande selbst empfand, das
„Ausland'*') sich die Vorteile der neuen Organisation, die
durch einige den Tauscbverkehr betreffende Maßnahmen
(s. u. zu d) noch wirksamer wurde, zu eigen machte. Ausge-
sprochen oder unausgesprochen war in bezug auf diese Verfügung
wie viele späteren, die ergänzend hinzutraten, das preußische
Muster maßgebend: Bayern trat mit seiner Neuordnung schon
1825 hervor (weiterhin 1829, 1830 und 1854; Nr. LXI1--
LXVI), Sachsen folgte 1833 und 1846 (Nr. LXXVI u. LXXIX),
danacb Baden (t 836— 1 85ü;Nr. LH u. LV), 1853 weiterhin
Hessen (Nr. LXXIII); in Braunschweig Gnden wir im Jahre
1828 (Nr. LXX!) zuerst einschlägige Bestimmungen über die
ganze Angelegenheit (s. o. S. 102 mit Anm. 2). Wenn sich für
andere der oben (S. 98 f.; 106 f.) genannten Staaten, wie z. B.
flr Anhalt und Württemberg, das gleiche Verhältnis zur
prenfiischen Reform nicht mit derselben Sicherheit nachweisen
läßt, so liegt das an der LOckenhaftigkeit des uns bis jetzt hier
erst vorliegenden Materials, das nicht gestattet, die Entwicklung
so weit znröckzuverfolgen, wie der Historiker gern wünschte.
Doch haben wohl ziemlich alle kleineren deutschen Staaten
wenigstens für ihre Gelehrtenschulen schon vor der Mitte des
vorigen Jahrhunderts das in Preußen amtlich festgesetzte Ver-
bkren, Abhandlung und Schulbericht, mit gewisser Regelmäßig-
keit befolgt; die Verfügungen aus dieser Zeit, soweit sie zugäng-
lieb sind, haben die dort bestehenden Verhältnisse auch für ihre
Schulen zur Voraussetzung (vgl. z. B. Nr. LXXXIX). In
Osterreich wurde nicht erst geraume Zeit nach der Neuordnung
der gesamten Schulverhältnisse (wie in Preußen) das Programm
aeoen Stils eingrföhrt, sondern schon der von Bonitz (mit
Exner) 1849 ausgearbeitete sog. ,,Organi$ationwiiwurf'' zeigte in
I 1 16 (Nr. LXXXXII) die wesentlichen Grundsätze der preußischen
Einriehtnng, die regelmäßige Verbindung von Abhandlung
1) Eiaige ÄnBeriiBfeii des dentiehen „Aoslaodes*' wie des wirklichea
Aoskades im keotlgSB SioBe führt Varreotrapp (a.a.O. S. 402) ao;
tt aiail die des BraoDaeliweiser Direktors Friede na on (vgl. sclioa
•kee S. 102 AaflL 2) fowie des fraDxSsiseheB Philosophea (der kurze
Zelt aneh UBterriehtsaiiDigter war) Victor Cousid; letzterer besuchte
■ehmaU Ueotsehlaad aad besoaders Preoßea, am die ScholeiDfichtODgeD
n stadierea«
134 Programmwesen und Programmbibliothek d. höh. Schulen,
und SchulnachrjchteD, die iq der Hauptsache, Wenn auch
später manches erweitert worden ist, in dem Nachbarlande noch
heute in Geltung sind. So ist Österreich in bezug auf die „Pror
grammfrage" am konservativsten geblieben, worüber später noch
zu reden sein wird.
ß) Zweite Perlode: Von den fünfziger Jahren bis 1S75.
Diese grundlegenden Bestimmungen erfuhren seit den
fünfziger Jahren verschiedene Erweiteruugen, in denen die
Unterrichtsverwaltungen teils selbständig vorgingen, teils guten
Anregungen aus gelehrten wie aus Fachkreisen folgten,
ohne doch — meist mit Recht — auf Vorschläge einzugehen,
die auf grundsätzliche Änderungen oder ein völliges Au^ehen
^iner in den Schulen allmählich festgewordenen Tradition ib-
zielten. Es lag in. der Natur der Sache, daB die 1S24 gegebene
Verordnung nicht überall gleichmäßig befolgt wurde; hier wie in
anderen Schnlfcagen zeigte es sich, daß die besten Absichten der
Urheber von Verordnungen doch erst bei völligem Umsetzen in
die Praxis des ganzen Schullebens wirksam werden konnten.
Schulordnungen aliein geben auch hier nicht den ganzen ge-
schichtlichen Maßstab. Es ist aber ein nicht zu unterschätzender
Vorteil, daß in vielen der Verfügungen, die nun folgten, selbst
auf die entstandenen Mängel hingewiesen wurde und so eine all-
seitigere Beurteilung der latsäcblichen Verhältnisse möglich ist. Die
Entvvicklung des Schulwesens s^bst, besonders das stärkere Her-
vortreten, von Realanstalten, die sich mehrende Anzahl der
Schulen überhaupt wie städtischer Anstalten im besonderen u. a. m.
gab neue Gesichtspunkte an die Hand, die auch das Programm-
wesen berühren mußten. Die Kostenfrage, die große Zahl van
Programmen, die infolge des Tausches auch manchen räumlich
beschränkteren Schulbibliotheken zunosseu, erweckten Bedenken
(s. u. zu den einzelnen Unterabteilungen); man kann die zweite
Stufe der Entwicklung etwa bis zur Mitte der siebziger Jahre
rechnen.
In Preußen handelte es sich zunächst darum, für die Real-
anstalten ein^ Ordnung aufzustellen, die den veränderten Zeit-
yerhältnissen und den besonderen Bedürfnissen und Aufgaben
dieser Schulen genügte. Das geschah 1859 und 1866 :(Nr.
XXXVa u. b), in Sachsen in demselben Zeiträume (1860; .Nr.
LXXIX). Im Jahre 1866 kam auch in Preußen in amt-
licher Kundgebung (Nr. XXXVI) zum ersten Male in um-
fassenderer Weise (frühere Äußerungen hatten sich auf Einzel-
heiten beschränkt) der Gedanke einer allseitigen Reform zum
Ausdruck. Die politischen Umwälzungen von 1866 und 1870
drängten, wie anderes, auch diese Sache zunächst etwas in den
Hintergrund; nachdem aber die Ereignisse beider Jahre und die
durch sie angebahnte leichtere Annäherung der einzelnen. deutschen
▼OD R. Ullrich. 135
Sualen alle Scbalverwaltungen überhaupt und die Preußens gani
besonders vor eine Fölle neuer Aufgaben gestellt hatten, mußte
mit Notwendigkeit eine Neuregelung der gesamten Verhältnisse
•rfolgen. Was Wiese, der Zeit Yoranseilend, schon 1855^)
eine »«allgemeine deutsche Angelegenheit*' genannt hatte»
war Tatsache geworden. Die Schulkonferenz in Dresden 1872,
die von Vertretern aller deutschen Staaten besucht war, be-
schäftigte sich auch mit dem Programmwesen, und nach längeren
Verhandlungen erhielten die höheren Schulen sämtlicher deutschen
Staaten (über Bayern und Österreich s. o.)i annähernd zum
50jährigen Jubiläum des Programms neuen Stils, in der Mitte der
siebziger Jahre den noch heute bestehenden Programmen*
tausch durch Vermittlung der Teubnerschen Verlagsbuchhand-
hing« der Ostern bezw. Michaelis 1876 in Kraft trat und nun gerade
ein Nenschenalter hinter sich hat. So kam es, daß die Schul-
Terwaltongen der einzelnen Staaten — und wohl nicht bloß der-
jenigen, deren Kundgebungen (s. o. Bibliogr. Absehn, 2) auch
durch den Druck allgemein zugänglich geworden sind — um
diese Zeit zur Sache aufs neue Stellung nahmen, auch die Ge-
legenheit benutzten, gleichzeitig oder bald danach die ganze Frage
einer Revision im ganzen zu unterziehen. In Preußen geschah
to 1875 (XXXiX), in Sachsen, wo (wie schon 1860) auch
den Realschulen (I. u. II. 0.) ganz besondere BerAek-
lichtigung zuteil wurde, in den Jahren 1874 — 1879*)
UV. LXXXI— LXXXIV), in Hessen 1875 und 1876 (Nr.
LXXIV u. LXXV), und in den anderen Staaten wurden die (z. T.
erst karz vorher gegebenen) einschlägigen Generalverordnungen
(1869 in Baden, Nr. LVII; 1874 in Bayern, Nr. LXVIII;
1873 in El saß- Lothringen, Nr. LXXlia u. b) den neuen
Terfailtoissen angepaßt, teils mit, teils ohne Änderung anderer
grundsätzlicher Anachanungen, die sich auf Inhalt, Umfang und
Verpflichtang zur Veröflentliclrang der Programme, insbesondere
der Abhandinng, bezogen. In Österreich fällt die ent-
sprechende, noch beute gAltige Haoptverordnung in die gleiche
Zeit, in das Jahr 1875 (Nr. LXXXXVÜ). Ober Einzelheiten
s. a. —
y) Dritte Periode: Vom des achtziger Jahren bis jetzt.
Der Zeitraum seit den achtziger Jahren bis jetzt, in dem die
Programme die dritte Lehrergeneration erlebten, hat wesent-
liche Änderungen in den Maßnahmen der Schulverwaltungen
>) y%h BMograpkiB jM. 4 Nr. 49.
s) Die VeHosoogeo voa 1877-1679 <Nr. LXXXIII-LXXXIV) habe
ich ■•eh io diesen Abschnitt hineingezogm, weil aie mit denen von 1874
•ad 1876 (Nr. LXXXI n. LXXXH) eng znaanmenhiagen.
136 Programmweseo uod Programmbibliothek d. höh. Scholen',
nicht gebracht, wenigsleos wenn man die Verhäilnisse im ganzea
überschaut und die maßgebendsten Faktoren, die staatlichen An-
stalten der drei größten Staaten, Preußen, Bayern und Österreich,
in den Vordergrund stellt. In Österreich sind seit 187 5
(s. 0.) neue Bestimmungen, die das Ganze der Sache beträfen,
nicht mehr erlassen worden; die heule geltende Hauptverfugung
in Preußen vom T.Jan. 1885 (Nr. XLI), die formell die
grundlegende von 1824 außer Kraft setzt, wenngleich sie immer
noch wesentliche Punkte von dieser enthält, 8(hließt sich im
ganzen an die Grundsätze von 187 5 an, gibt aber besonders für
die Schulnachrichten die eingehenden Bestimmungen, die
heute jedem preußischen Oberlehrer in den Jahresberichten seiner
Anstalt wie der anderen greifbar entgegentreten; die bald danach
(1887) erlassene Hauptverfugung Anhalts (Nr. XLVII; vgl.
auch L) schließt sich an die preußische ausdrficklich an, die
drei entsprechenden Erlasse in Bayern (für Gymnasien, Realr
gymnasien und Realschulen) von 1891 (2) und 1894 (Nr.
LXXa — c) knöpfen im wesentlichen (vgl jedoch o. S. 101 Anm. 3)
an die früheren Bestimmungen an. Auch die letzte General-
verordnung in Baden von 19 04 (Nr. LXIa), zugleich die
neueste allgemeine Verfügung zur Sache überhaupt,
geht in den Hauptpunkten auf die Bestimmungen von 1869
zurück.
' VDie allen grundlegenden Bestimmungen von 1824 in Preußen,
1825 in Bayern und 1849 in Österreich, wonach Abhandlung
und Schulnachrichten regelmäßig den Bestand des
Programm es ausmachen, zeigen sich also in den oben ge-
nannten Staaten, genauer bei ihren staatlichen Anstalten, grund-
sätzlich noch wirksam, wenn auch im einzelnen (mit alleiniger
Ausnahme Österreichs) die Verpflichtung in bezug auf den ersten
Teil mit größerer oder geringerer Freiheit behandelt wird. Da*
nach geordnet, würden die einzelnen Staaten, deren Bestimmungen
sich übersehen lassen, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der
wirklich geübten Praxis etwa folgende Reihenfolge einnehmen:
1. Österreich, 2. Bayern, 3. Anhalt, 4. Preußen,
5. Baden, 6. Hessen — von denen die letzten drei beute
ziemlich auf gleicher Linie stehen. Über Hamburg^) und
1) Es wäre durchaas zu wöoscheo, daß io der neoeo Auflage vod
Bd. 1 2 des Banmeuierichen Handbuchs (vgl. schon oben S. 93 Anm. ])
die kleinereD Staaten des Deatschen Reiches, zu denen Ubrigeos Harn-
bürg nach Volkszahl und Bedeutung kaum noch zu rechnen ist, eine etwas
eingehendere Behandlung erfuhren, als ihnen bis jetzt zuteil geworden ist;
sie werden zusammen auf drei Seiten abgetan. Von den Hansestadteo,
Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin, Braunschweig, Anhalt,
Sachsep-Weimar z. B. erführe man gern mehr. Malnrlich wären auch
die wichtigsten schulgeschichtiichen Quellen, Sammlongen von Verrügunge^
usw. genau zu verzeichnen.
voo R. Ullrich. 137
Mecklenburg-Schwerin sind mir die einschlägigen amtlichen
BesüaiaiungeD nicht bekannt; dem geübten Brauche nach wurde
das erstere an die dritte Stelle kommen, unmittelbar hinter
Bayern.
Ein etwaa anderes Bild bieten die amtlichen Beatimmungen
des letzten Jahrzehnts in Sachsen und Württemberg. Hier
hat teils die Uiskussioo in der Fachpresse, besonders seit 1896
(fgl. Bibliogr. Abt. 4, Nr. 108), teils und wohl hauptsächlich
tiDaozielle Erwägung dazu geführt, die engere Verbindung von
Abhandlung und Schulnachrichten nicht blos grundsätzlich, sondern
»och tatsächlich zu lösen '). Für die staatlichen Anstalten beider
Länder (vgl. Nr. LXXXVII u. LXXXVIIl mit den Anmerkungen;
Nr. LXXXXI) werden seit 1898 bezw. 1902') die Mittel für
ihhandlungen nur noch in dreijährigen Zwischenräumen zur
Terfögusg gestellt. Dasselbe oder ähnliches trifft für eine Reihe
TOD Städten, z. B. für Berlin*), zu, die für das Erscheinen von
Abhandlungen der von ihnen zu unterhaltenden Anstalten wesent-
lich einschränkende — leider nicht immer leicht zugängliche —
To'ordnungen erlassen haben. In einem Falle (vielleicht sogar
io mehreren) hat diese Auffassung der Sache, «ogar schon seit
ÜDgerer Zeit, zur Abschaffung der Abhandlung schlechthin ge-
föhrt. Näheres darüber wird, soweit es sicher bekannt ist, in
des späteren Abschnitten in anderem Zusammenhange erwähnt
■erden.
b) Sonderbestimmungen über die wissenschaftliche
Abhandlung.
Wie oben bemerkt ist(s. o. S. 132 u. 136), galt in den ersten
Uirzebnten der neuen Entwicklung des Program mwesens seit
1824 (und in Österreich seit 1849 bis heute) die regelmäßige
1) Dasselbe scbeiot lo Elsaß-LothriDgeD geschehen za seio;
4«di oemBt KillmaDD (vgl. Bibliogr. jtht. 4, Nr. 122} keioe Quelle fdr
iU Angabe (S. 478), daß die AbhandloDgeo io 2jähri|en
Zvischeo rinmeo zu liefero seien.
2) Ans dem Aufsatz von Nägele, Sehtäfonds und BibliothehverwaUung
m WüriUmkerg, SüdweMd. Sckulbl. XIV (1897) S. 54 ist an entnehmen,
ia$ vor 1902 (seit wann?) ein zweijähriger Turnns bestanden hat (vgl.
S 307 Anm. 1, Z. 10 ff.).
3) Für die städtischen Anstalten Berlins ist seit 1905 die Sache
it geregelt, daß in jedem Jahre nnr einer bestimmte n Gruppe von An-
italtea die Mittel zur Veröffentlichung von Abhandinngen bewilligt werden.
lad zwnr sollten 1905 (bezw. 1908, 1911 u.s.f.). die .Gy mnlsl en,
1906 (bezw. 1909, 1912 n. s. f.) die Realgymnasien und Ober-
BeaUebo]«n, 1907 (bezw. 1910, 1913 u. s. f.) die Realschnlen und
hihereo Jlidehensehulen zur Herausgabe von Abhandlungen be-
rcdli^ aeia. Demgemäß ist denn auch bisher verfahren worden, und die
Wtr. AoaUHeo beben ziemlich alle auch die Gelegenheit ausgiebig benutzt.
138 P''0S''><DD>^®'^B aod Programmbibliothek d. höh. Sehmleo,
Verbindung der Schulnachrichten mit einer (vorauf-
gehenden) Abhandlung aU selbstverständiicli. Ob das freiere
Verfahren, welches in dieser Beziehung die hessische Ver-
fügung von 1853 (Nr. LXXIII) zuläßt, einen RöckschluB auf
ähnliches Verhalten der betr. Regierung in den Jahrzehnten vor-
her gestattet, bleibt vorläufig unsicher, da die gewiß vorhandenen
einschlägigen Bestimmungen nicht gedruckt sind. Welche leb-
hafte Diskussion sich nun an die Frage nach dem Zweck und
Wert der dem Jahresbericht beizugebenden wissenschaftlichen
Abhandlung in der Fachpresse geknöpft hat, ist bekannt und
wird unten in Abschnitt B weiter ausgeföhrt werden. Wie haben
die Behörden der einzelnen Staaten die Sache aufgefaßt?
a) Zweck, lohalt (uod Sprache).
Die Frage nach dem Zweck der wissenschaftlichen Ab-
hahdlungen ist von der nach ihrem Inhalt nicht gut zu trennen;
dieser bestimmt sich durch jenen. Auch die Sprache, in der
die Abhandlungen abgefaßt sind, ist hierbei von Bedeutung. Ich
behandle daher beide (bezw. die drei) Fragen zusammen. Am
eingehendsten sprechen sich darüber wieder die ersten preußi-
schem Verfügungen aus. Die ganze Programmeinrichtung (also
auch die Abhandlung) sollte dem Verkehr der verschiedenen
Schulen und ihrer Lehrer untereinander dienen, auch das Interesse
der Eitern und des größeren Publikums für die Anstalten dauernd
rege erhalten; im besonderen sollten Direktoren und Oberlehrer
„zur Fortsetzung ihrer Studien und namentlich auch zur Übung
im Lateinischschreiben aufgemuntert werden'*, der Inhalt der
Abhandlungen — auch „Reden'* waren gestattet^) — öber,^einen
wissenschaftlichen, dem Berufe eines Schulmannes nicht fremden
Gegenstand'' — abwechselnd in lateinischer und deutscher
Sprache — sollte so beschafTen sein, um „ein allgemeines
Interesse, mindestens der gebildeten Stände, am öRenilichen
Unterricht'' zu erwecken. {Bibliogr. Abt. 2, Nr. XXX u. XXXI la).
Der letzte, überaus wichtige Grundsatz fand aber nicht aasreichenüe
Beachtung. Rein gelehrte, besonders philologische Themata,
überwogen (wozu die „Aufmunterung zum Lateinischschreiben" den
Anlaß gab), sogar in den allmähiich sich mehrenden Realschul-
programmen (der Realschulen erster Ordnung, der späteren
Realgymnasien), so daß die Verfügungen von 1859 und 1866
(Nr. XXXV a u. b) für die Abhandlungen dieser Schulen (doch
ist ' dabei eine .teilweise Beziehung auch auf die Gymnasien nicht
1) Ebenso aoter Vorbehalt „Abrisse elozeloer DisziplioeD, wie sie auf
bestimmteo Stafea der Sehnte gelehrt werdeo (1826)'*; vgl. Wiese, Das
hd% Schulw. t. Preußen II (1869) S. 703 u. Anm. 1. Wir habeo hier die
Vorläafer der Lehrpläue einzeluer Aostalten, wie sie später xahlreich
als Programm beilageo verijffeollieht worden siod.
voo B. Ullricb. 139
ausgeschlosseD) . geeignetere GegenstäiMie verlangten. Leben und
Kunst des Altectuma sollten dem Verständnis weiterer Kreise lu-
ginglich gemacht werden» ,,die Scheu, die Wissenschaft zu
popularisieren, sollte der Einsicht weichen, daß dies auf die rechte
Weise zu tun auch ein Verdienst und eine Kunst ist*'. Auf
Landes-, Stadt- und Schulgeschichte wurde als geeignetere Stoffe
lÜDgewiesen, die häufigere Behandlung pädagogischer Fragen
empfohlen. Amtlicherseits ruhte dann die Er6rter4]ng dieser
Frage lange; erst 1892 (vgl. Beier a. a. 0. S. 265 Anm. 1,
4bs. 2 fr.O. 1904 uud 1905 (ebenda, Ergänxmgsheft II S. 9 f.)
vurde im Zusammenhang mit der Empfehlung der MiUeilungen
kr GndUtkaft für deutsche Erziekungi- und Schulgeschichie auf
die gute Gelegenheit, achulgeschichtlicbe Abbandlungen in den
Programmen zu veröffentlichen, hingewiesen, durch die „nicht
illein die Wissenschaft als solche gefördert, sondern auch das
lateresse weiter Kreise für die Schule mehr geweckt werden
«ird, als durcli manche andere Abhandlungen, welche in Schul-
programmen veröffentlicht zu werden pflegen*'. Auf Behandlung
aflgemeioer Fragen des Unterrichts und der Erziehung wurde
Hfs neue aufmerksam gemacht, wieder im Hinblick auf das
^faiCeresse weiterer Kreise*', ohne daß, \^ie 1859 und 1866, eine
kstimmte Schulart besonders hervorgehoben wurde. Als Sprache
tar schon 1859 für die Realschulen die deutsche als aliein
berechtigte bestimmt worden. Was die Gymnasien anlangt, so
iit dieser Punkt seit 1824 in Verfügungen nicht mehr ausdruck-
Eck erwähnt worden. Doch lassen die wiederholten Beziehungen
aaf „allgemeines Interesse^* und „weitere Kreise** durchaus keinen
ZweiCel, wie die Unterrichtsverwaltnng mindestens seit den
aeoBziger Jahren auch bei den „Gelehrtenschulen*' ober die An-
«eodang der lateinischen Sprache dachte. So groB der zeitliche
Atwtand der Verfügungen von 1824, 1859/66 und 1892 bezw.
1904/5 nun ist, man erkennt doch deutlich den nahen Zusammen-
k»g, der in bezug auf die zweckmäßige Wahl des Stoffes der Ab-
handloDgeo zwisdien ihnen besteht, und die Kritik, die an dem
laisicblichen Zustande geöbt wird.
Was die Bestimmungen der anderen deutschen Staaten
a dieser Hinsicht betrifft, so wird 1892 auch in Anhalt (Nr.
HAX) scboigeschichtlichen Stoffen das Wort geredet, in Hessen
*ird 1875 (LXXIV) die „wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrer''
efento betont wie die „Rücksicht auf die Förderung lokaler
bteressen und der ^Beziehungen zwischen der Schule und dem
dteriiehen Hause". Ähnlich machte man 1869 in Baden, wo
i§37 (Nr. LHb) vom Gebrauch „in der Regel der lateinischen,
■Bter Umständen auch der deutschen Sprache'* die Rede
gewesen war, bei Erwähnung des Gegenstandes der Abhandlung
deo doppelten Gesichtspunkt des „Kreises der gelehrten Studien"
Bild der „pädagogischen Erfahrungen" geltend (Nr. LVII);
140 Pf ogrammwesen aod Programmbibliotliek d. höh. SehnleB,
die neueste Verfügung von 1904 spricht allgemeiner von einer
„wissenschaftlichen Abhandlung^S die einen im „Bereiche der
Schule liegenden Gegenstand'' behandelt (LXl a), schreibt auch die
deutsche Sprache ausdrucklich vor. In Sachsen tritt der
gelehrte Charakter der Abhandlung mehr hervor, schon dadurch,
daß nicht bloB 1.833 wie 1846 (Nr. LXXVI n. LXXIX) die An-
wendung der lateinischen Sprache verbindlich gemacht wird,
sondern diese, — was in keinem andern Staate des Reiches seit
1870 mehr geschehen ist — selbst 1877 (LXXXIII) und sogar
1893 nocli (LXXXVI) ausdrucklich neben der deutschen und fran-
zösischen genannt wird; doch ist die deutsche von der zweiten Stelle
(1877) an die erste geruckt (1893); bei den Realanstalten
dagegen scheinen in Sachsen im allgemeinen dieselben Grund-
sätze maßgebend gewesen zu sein wie in Preußen. Zwar berAhrt
weder die erste Hauptverfugung für die Realschulen von 1860
(Nr. LXXX) die Sprachenfrage ausdrücklich, noch gehen die
späteren Verfügungen näher darauf ein. Die Praxis hat sich hier
wohl von selbst in der Regel für das Deutsche entschieden. Doch
läßt wenigstens für die (wenig zahlreichen) Realgymnasien selbst
die jüngste Verfügung von 1902 (Nr. LXXXVIII) noch die Mög-
lichkeit der Anwendung des Lateinischen (neben dem Deutschen,
Französischen und Englischen) frei. Von einem Verhältnis zum
Publikum oder der Gewinnung des Interesses weiterer Kreise, wie
ausgesprochenermaßen in Preußen und Hessen (und wenigstens
wohl stillschweigend in Anhalt und Raden), ist in den sächsischen
Verfügungen nirgends die Rede. Es handelt sich in der Haupt*
sache um die Pflege der Wissenschaft als solcher.
Ähnlich ist der Verlauf in Dayern. Zwar der Lateinzwang
tritt nur ganz im Anfang hervor (1829; Nr. LXHI), so daß die
andere, gleichzeitige Fassung betr. „ein irgend einen Gegen-
stand des Gymnasialunterrichts behandelndes Programm'',
die in bezug auf die Erweckung allgemeineren Interesses au sich
etwas ermutigender klingt, zum guten Teile für diesen Zweck
doch wieder an ßedeutung verliert. In allen späteren Verfügungen
ist, soweit in bezug auf die Abhandlung überhaupt eine Ver-
pflichtung auferlegt wird^), stets nur von einem Programm
„wissenschaftlichen Inhalts*^ die Rede. Restimmtere Grund-
sätze über Zweck und Inhalt werden auch in Rayern nicht ge-
gegeben.
Über Elsaß-Lothringen, Württemberg') und andre
^) Vgl. über die manDigfachen Schwaokiiogen io Bayer d. die in der
Büfliogr. Abt 2 (Nr. LXH ff.) kurz zoin Aosdruck kommeD, die elBgehendeD
Darleguogeu bei Stemplinger — s. Bibliogr. Abt 4, letzte J\r.
^) Doch vgl. für dies Laod weDigsreos BibUogr. AH. 2 Nr. LXXXX
u. Aooi. 3. .
voi R. Ullrieh. 141
deutsche Staaten liegt nicht Material genug vor, um die hier zu
behandelnden Fragen eingehender beantworten xu können.
Anders in Ost erreich. Der Organüationsentwurf {BibL
ite. 2, Nr. LXXXXII) redet in Absatx 1 von einer „Wissenschaft-
Ikfaen oder pädagogischen'* Abhandlung und betont im Schluß-
laTs, daß das Programm ohne die Abhandlung nicht er-
fcheinen könne. Bald darauf wird 1850 (Nr. LXXXXIlIa) die
Wicbligkeil eines solchen Programms für andere Gymnasien her-
loffgehoben, zunächst nur im allgemeinen, ohne dafi ober den
iabalt Näheres bestimmt worden wäre. Das geschah erst in der
bis himte urafaitsendsten und noch geltenden Verordnung von
IS 7 5 (Nr. LXXXXVIi) und der ergänzenden ton 1880
(LIXXXVIII). In der ersteren ward (in il6s. 2) als Zweck der
Abhandlungen die «Förderung wissenschaftlicher Tätigkeit der
Lehrer** hervorgehoben; es werden solche, die eine „Popularisierung
ia Wissenschaft zum Zweck haben, demnach fOr weitere Kreise
ah fär die der Berufsgenossen und anderer wissenschaftlich
Arbeitender bestimmt sind, von den Programmen ausgeschlossenes
ad es wird zugleich darauf hingewiesen, daß schon die Art der
Tcrbreitang „ohne Vermittlung des Buchhandels'* ^) nur für einen
eageren Zweck berechnet ist. Die Wahl des Themas wird frei-
pestdlt; die Gegenstände können „aus dem weitesten Bereich der
Wosenschaft geholt seines aber auch „lokale Verhältnisse (Topo-
^hie, Geschichte, Sprache, Ethnographie, Industrie, klimatische
«ad andere Naturerscheinungen)'' betreffen. Geschrieben soll die
AUandlung „in der Unterrichtssprache sein*'; „wo dies nicht die
ieotsche ist, kann sie auch in deutscher, am Gymnasium
aich in lateinischer Sprache geschrieben sein". Auf den
^tkhen Zweck der Abhandlung wird 18 80 wiederum hinge-
Tiesen, dabei aber (auf Grund besonderer Vorkommnisse) darauf
aaünerksam gemacht, mißliebige Polemik gegen Publikationen von
knifisgenossen sei zu vermeiden, mit besonderer Röcksicht darauf,
h& die „Programme auch in Schölerkreisen weitere Verbreitung
laden*'. Gerade der „wissenschaftliche Wert" wird wiederum
ktiMit, als es sich um die Nutzbarmachung der Programme in
') Auf iem Tsosch, äer dareh Vermlttlaos der Teaboerscbeo Verlags-
kKäkaadloD^ gerade in dieser Zeit (Nr. XXXIX, unten Ad) for die
Uutt ehern Staaten (mit Anssehlofi Bayerns) ins Werk sesetst worde, ist
ib« SB dieser Stelle (die Ssterreiehische Verfognog iit vom 9. Jaoi 1875)
•tdk keine Bfieksieht genonnen. Dagegen iit in jihtatz 7 doch von einem
**rtieff^fr mit aoilaadisehen Anstalten dareh Vermittlang des Ministerinms
4ie Rede, das jedenfalls bald danaeb in bezog auf dentscbe Aoskalten sieb
iKh der Veraiittlang der Leipziger Bacbbandlang bedient bat, wie dies
len^ ^f p^ll jft Seit welebem Jabre die Siterreicbiscbea Programme
tifsiebJiek dorvh diese doppelte Vermittlong an die deoticben Anstalten ge-
jiiMB i^t sieli eeeh durch Anfrage bei Teabner nicbt genaa ermitteln
bawa.
142 Programmweseo und Programmbibliothek d. böb. Schnlen,
den . Landesbibliolheken handelt (Nr. LXXXXIV). An diesen
Grundsätzen ist, soweit mir bekannt, bis jetzt festgehalten
worden. Ganz besondere Erwähnung verdient in diesem Zusanimen-
hange noch die überaus dankenswi^rte Verfügung der österreichisclien
Regierung vom 30. Dezbr. 1896, welche die Herausgabe von
gedruckten Katalogen der Lehrerbibliotheken als
Programm-Beilagen empfahl, mit der ausdrücklichen Bezeichnung
des Zweckes, die Bestände dieser Sammlungen nutzbarer zu machen
(Nr. IC; vgl. die Anmerkung dazu). Zahlreiche Lehrerbibliotheks-
Kataloge wurden infolgedessen in Österreich seit 1897 veröffent-
licht. Schon, vorher halte die preußische Regierung auf einem
engeren Gebiete, dem der Handschriften und alten Drucke,
die ihr unterstellten höheren Schulen zu Veröffentlichungen der
IQestände in den Beilagen (bezw. den Jahresberichten selbst) an-
zuregen gesucht (Nr. XL); eine — wenn auch keineswegs voll-
ständige — Reihe entsprechender Publikationen war die Folge.
Sie ging hier — was ich übrigens keineswegs miBbillige (vgl.
Teil 112) — für einen bestimmten wissenschaftlichen Zweck
etwas von dem Wege ab, den sie vorher und nachher im all-
gemeinen als gangbar für Programmabbandlungen bezeichnet
hatte.
Die Obersicht zeigt, daB die Auffassung von Zweck (und
demgemäß auch von Inhalt und Sprache) der Abhandlung in den
verschiedenen Staaten entweder von Anfang an — wenigstens
z. T. — recht verschieden gewesen ist (vgl. besonders Preußen
und Österreich) oder sich doch im Laufe der Zeit erheblich
geändert hat. Die Konsequenz der Auffassung geht am weitesten
in Osterreich, wo Amtlich zwischen 1849 und jetzt kaum ein
Unterschied ist; ob ihr das tatsächliche Verhältnis entspricht,
wird sich alsbald zeigen;
Die Frage nach dem Zweck und Inhalt der wissen-
schaftlichen Beilage ist ohne Zweifel die wichtigste; sie ist in den
amilichen Verfügungen am häufigsten berührt worden, und so
mußte ihr auch hier der größte Raum gewidmet werden. Einige
andere Gesichtspunkte lassen sich kürzer erledigen. Zunächst
kommt derjenige in Betracht, der mit dem Wesen der Publikation
selbst am engsten zusammenhängt, nämlich der des amtlichen
Charakters der Programme.
ß) Der amtliche Charakter (Verantwortlichkeit des
Direktors für deo lohalt).
Das Programm einer Schule ist in seinen beiden Teilen
eine amtliche Publikation^; es wird ?on dem Direktor unter
') Vgl, Wiese a. «. 0. S. 705 z. J. 1814; es war eine VerkeBDunfi;
dieser eiotachen Tntsache, wenn ein Verfasser (W.) in der Ztschr. f. d, GH^
vei R. (JllriciL 143
seiner Verantwortlichkeit herausgegeben. Für die von ihm selbst
Terfafiten Scbulnachrichten ist das seibstverstiodlicb, wenn-
gleich häufig auch noch in Verfilgungen ausdröcklich bemerkt
(s. a. A c). Aber auch für die wissenschaftliche Abband-
luDg trifft es zu, nicht bloB für die Zeit und die Fälle, in denen
ae aoch äußerlich in anmittelbarem Zusammenhange mit dem
andern Teile erschien — wie lange Jahrzehnte hindurch in den
mebteD Ländern — oder noch erscheint, wie fast durchweg noch
heute io Osterreich. In der Verantwortlichkeit des Direktors für
alles, was die von ihm geleitete Schule in innerer oder äußerer
BeziebuDg angeht, ist es begründet, daß er auch von dem Inhalt
der Abhandlung vor dem Druck wenigstens so weit Kenntnis
haben muß. um ungeeignete Stoffe Oberhaupt oder Äußerungen,
^ie der Wurde der Schule nicht dienen, auszuschließen. Die
Röcksicht darauf, daß die Abhandlungen auch in die Hände von
Sckälern kommen, ist ebenfalls wichtig. Es liegt in der Natur der
khe, daß dieser Gesichtspunkt in einer Periode, wo der höhere
Lehrerstaod sich noch in der Entwicklung befand, auch in
^liach bewegten Zeiten bei engerem allgemeinen Gesichts-
km, so vor 1848 und wiederum bald danach, starker hervor-
treten niuBte; es ist auch ohne weiteres klar, daß er bei der
laiDgerea Zahl der Schulen in früheren Jahrzehnten praktisch
lüchter durchzuführen war als jetzt, von seilen der Direktoren
Hkt wie durch die höheren Instanzen. Grundsätzlich fehlen
vird er nie können, um so weniger, je mehr die Abhandlungen
äth Yon engeren, rein fachwissenscbaftlichen Erörterungen zu
Fügen Ton allgemeinerer Bedeutung erheben.
Im Anfang der Entwicklung in Preußen ging es (1837) so
«cit, daß aus Anlaß von Streitigkeiten über das Verhältnis der
^Tonasien und Realschulen die Manuskripte nicht bloß der Ge-
"'kmignng des Direktors unterlagen, sondern auch selbst im
HBe der Abfassung durch diesen der vorgesetzten Behörde
fiBfereieht werden mußten (Nr. XXXIVa), die sich selbst für den
hbli verantwortiich fühlte (vgl. auch Wiese, D. höh. Schulw.
ih. U (1869) S. 705 zum Jabre 1844). Diese Bestimmung
IH (1849) S. 557 f. diese „Zensur" ooerbSrt fand ood den 1 24 vod der Prefl-
freiheit son Vergleiche hertoxog. Zo beachten bleibt ancb der damalige
luUmd der boherao Scbulea in Vergleich zn deai beotigea. Ans einer
3atiz IB der ZeäseAr. f, d. G9F. 35 (188]) S. 767 ist ta entnehmen, dafl
^ BialiihraDf der „Zeasnr*' aof Grond eines „beksnoten** (s. o. S. 83)
Pragramaiea von [Tb.] Eehtermeyer erfolgte. Aus den maagelbaftea Pro-
snmmbibJiogrrapbieB der älteren Zeit ist aar ein solches von dem ge-
UBiieo, im übrigen ja allerdings noch beute wohlbekannten Verfasser zu
eraitteiOy oämUeh das als Beilage zam Jahresber. d. Pädagoge, in Halle G.
(S |_y//| a^ 5. 1 — 40) im Jahre 1835 verSirentlicbte: „Proben au$ einer
Menäumr über Namen und symboiitche Bedeutung der Finger bei den
Gneeka ttnd Röfntm^^*
(44 ProgrammweseD aa^ Pro^rattmbibliothek d. hob. SckoleD,
wurde zwar (1852^); XXXIVb) id der Hauptsache aufgehoben,
aber die Verantwortlichkeit der Direktoren fOr den Inhalt blieb
bestehen und wurde, wiederum auf Grund bestimmter Einzel-
fälle, sowohl 1861 (vgl. WieM'Kübkr II S. 489 Z. 6 v. u.) und
1866 und in den meisten „Instruktionen'^ (s. o.S. 95 A. 3),
wie auch späterhin 1893 und 1896 erneut betont (Nr. XXXV b
u. XLIV). Die anderen Regierungen haben in alter und neuer
Zeit dieselben Grundsätze befolgt; die einschlägigen VerfQgungen
in Anhalt (Nr. XLVIII), Baden') (Lllb, LV, LXIa), Elsaß-
Lothringen (LXXIIb), Hessen (LXXIII) und Sachsen (LXXVII,
LXXVIII, mit besonderer Rtlcksicht auf politische Erörterungen,
LXXXVi) zeigen in verschiedener Form Anweisungen in dieser
Richtung. In Österreich wird in den beiden entscheidendsten
Dokumenten {^.Orgamsaiicnueniwurf'' S 116, Sehlufssatz und Vfg. vom
Jahre 1875 Ah$. 1 ~ Nr. LXXXXH und LXXXXVII) die Ver-
antwortlichkeit der Direktoren ganz besonders betont und
1880 in bestimmtem Zusammenhange (s. o. S. 141) ihre Ver-
pflichtung, Ungeeignetes fernzuhalten, eingeschärft.
y) Die Verfasser und ihre Verpflick t«og. Htnfifkeit
des ErscheioeDs.
Als Verfasser kamen in Preußen zunächst (seit 1824)
nur Direktor und Oberlehrer (alten Stils) in Betracht; sie waren
zur Abfassung verpflichtet (Nr. XXX). „Die „ordentlichen
Lehrer^* traten allmählich hinzu (vgl. die InHruktiimm% s. o.
S. 95 Anm. 3), als berechtigt oder, auch als verpflichtet. Der
Antrag eines Provinzialschulkollegiums auf Wegfall der Abhand-
lung wurde am 29. Juni 1848 von dem Minister v. Ladenberg ab-
gelehnt mit Rucksicht auf „den nachteiligen Einfluß auf den
wissenschaftlichen Sinn der Gymnasiallehrer*'^). in
Sachsen schreibt von 1833—1837 (wie in früherer Zeit) der
Rektor des Gymnasiums sowohl Abhandlung als Jahresbericht
(Nr. LXXVI), seit 1837(1846 u. ö.) werden zu erstererauch sämt-
liche Lehrer verpflichtet (LXXVII IT.); und wenn hier auch seit
M y%\. Tor diese EotwickinDg ooch Zeiischr, f. d. Gfß". III (1849) S. 748
ond VII (1853) S. 49.
*) Ib Bayern ist, soweit ieh es aas dem mir zagSopIicheo Moterial
erseheo kaoo, die VersDtworflicbkeit des SchoUeiters bezw. die Vorlepoog
des Manaskripts zwar nicht ansdracklieh hervorgehobeo, wird aber wohl als
selbstverstaodiich aogeoommeo. Aoeh hier wird die Praxis Batorgemäfi
eiae gruadsatzlich richtige AascbanoDg wohl nicht aberall zur Dorchfähmog
kommen lassen.
') Bei Heinr. M B 1 1 e r (vgl. Bibliogr. Abt, 4, Nr. 127) Snden aich
S. 17 f. die belr. Bestimmungen zusammengestellt.
*) Üie Verfügung ist weder bei ßönne noch anderswo abgedruckt
Vgl. H., R., (Bibliogr. Abt. 4^ Nr. 56) S. 545 ff.
voo A. Ullricli. 145
1898 der dreijährige Turnus des Erscheinens eingeführt ist (Nr.
LXXXVU; vgl. o. S. 137), so wird damit die Pflicht der Lehrer
nicht aufgehoben^). Die neueste Verordnung in Anhalt vom
Jahre 1900 (Nr. L) bezeichnet die Herausgabe einer Abhandlung
als die Regel, das Erscheinen der Schulnachrichten allein als
Ausnahme. In Bayern ist die Verpflichtung für sämüiehe
Lehrer zuerst 1829 (LXlIIb) ausdrücklich hervorgehoben, dann
Ton 1854 bis 1894 — auch je nach der Zugehörigkeit zu be-
stimmten Schularten — gemildert und wieder strenger betont
worden; die besondere Entwicklung in diesem Lande kann neuer^
diogs bei Stern pling er (s. Bibliogr. Abt. 4, letzte Nr.) im
einzelnen leicht verfolgt werden. In Österreich hat von An-
fing an die Verpflichtung der Lehrer bestanden und ist bis
beute aufrecht erbalten worden (Nr. LXXXXII Ab$. 1 u. LXXXXVII
Am. 2). Im besonderen wurde zunächst in Preußen und wird
Doch heute in Sachsen, wenigstens für die staatlichen
Gymnasien und Realgymnasien, die Abfassung durch die Lehrer
aacb der amtlichen bezw. besonders zu bestimmenden Reihen-
folge gefordert, von der nur in Ausnahmefällen abgegangen
werden sollte (Nr. XXX und die „Instruktionen'*, s. o.;
LXXVII ff.— LXXXVIII). In Bayern finden wir' seit 1874 (vgl.
Nr. LXVIlIa u. LXIX) einigemal die Lieferung „nach Oberein-
kommen des Kollegiums** geregelt, während die neuesten Be-
aiimmungen da, wo eine Abhandlung (,»in der Regel**) gefordert
wird (LXXa undb), nämlich bei Gymnasien und Realgymnasien,
nähere Anweisungen über eine bestimmte Reihenfolge o. ä. nicht
■ehr enthalten. In Österreich bleibt seit 1875 die Frage,
„welcher Lehrer die Abhandlung zu schreiben hat, der freien
Vereinbarung in einer der ersten Konferenzen vo«*behalten**.
Iq Zweifelsfällen steht dem Direktor nach bestimmten Rücksichten
(Alter, Gesundheit» Umfang der beruflichen Tätigkeit, frühere Be-
teiligiing an Programmen) die Entscheidung zu (Nr. LXXXXVII
Ms. 4).
In Baden und Hessen hat von Anfang an ein freieres
Verhältnis der Lehrer zu der Abfassung der Abbandlungen be-
standen; und bis in die neueste Zeit wird in den betr. Ver-
fiigungen beider Regierungen weder eine Pflicht der Lehrer her-
fergehoben noch eine bestimmte Reibenfolge gefordert. In
Hessen erscheint 1853 (Nr. LXXIII) ihre Teilnahme am Pro-
framme als eine durchaus freiwillige, wenn auch gesagt wird'),
,^ werde den Direktoren nicht schwer fallen, diejenigen, welche
Fähigkeit und Eifer dazu besitzen, zu abwechselnden Leistungen
1) Wie et iB dieser HiBsicht in Württemberg bei dem im übrigen
ekeafjlls 3jibrigeB Toraas (Nr. LXXXXI; s. aach o. S. 137) im eiozeloen
steht, ist BieJbt ^bbz deaiUeh.
i^ Vgl. ober diese Verfofang obea S. 95 Anm. 1 aad S. 103 Anm. 5.
Zmt»9kr. L d. GymoaciAlwcMB. lAL S. t, 10*
146 Programinweseu und Pr ograBimbibliothek d. höh. Schalen,
aDzuregen'S „wenn die Lehrer wissen, daß ihre Arbeilen beachtet
werden*'; auch wird 1875 (Nr. LXXIV) die Abhandlung als
„wünschenswert"' hingestellt (aus den oben (S. 104) ku LXXIV
selbst schon mitgeteilten Gründen). In Baden ist zwar (Lllla)
im Jahre 1840 ?on einem „Turnus unter den Hauptlehrern" die
Rede, doch wird das Erscheinen der Abhandlung 1837 wie 1869
nur mithin der Regel'' bezeichnet (LH b und LVll), und die neuste
Verfügung von 1904 (LXIa) sagt, daß eine „Abhandlung beige*
geben werden kann''« Es mag gleich hier hervorgehoben werden,
daß diese im Vergleich zu anderen Staaten erheblich freieren Be-
stimmungen die Zahl der wirklich erschienenen Abbandlungen
nicht ungunstig beeinflußt haben; wenigstens zeigt das Programm-
Verzeichnis nach Anstalten bei Köhler (s. Bibliogr* Abt. 3, Nr. 18)
bis zum Jahre 1887 kaum erhebliche Lücken, und auch bei
den größeren hessischen Anstalten steht es nicht viel anders.
Doch muß beachtet werden, daß es sich in beiden Fallen
in der Hauptsache um staatliche Anstalten handelt. Auch in
dem Verzeichnis der Schweiz (BibUogr. Abt, 3, Nr. 37) finden
wir trotz der gewiß freien Verhältnisse der einzelnen Rantone
bei den einzelnen Anstalten nur selten Unterbrechungen der
Jahresfolge.
Für die Realanstalten, zunächst für die Realschulein in
allerem Sinne (L 0., etwa gleich den heutigen Realgymnasien),
in neuerer Zeit besonders füi* die Realschulen neuen Stils (mit
6 Klassen), überhaupt für die sog. „Nichtvollanstalten" sind
in den meisten Staaten die Bedingungen freiere gewesen, teils
weil man diese Schulen, so weit „wissenschaftliche" Abhand-
lungen in engerem Sinne in Betracht kamen, als außerhalb des
Kreises der „Gelehrtenschulen" stehend ansah, teils weil [ihre
Unterhaltung in den meisten Fällen nicht dem Staate oblag und
dieser die Gemeinden, besonders wenn sie nicht sehr leistungs-
fähig waren, wenigstens zur Herausgabe von Abhandlungen (über
ihre Jahresberichte s. u.) an den von ihnen unterhaltenen Schulea
nicht zwingen konnte. Das tritt besonders in Bayern und
Sachsen hervor, und es läßt sich aus dem chronologischen Ver*
zeichnis und den dazu kurz vermerkten Inhaltsangaben der betr.
Verfügungen, wonach die Lieferung einer Abhandlung „freigestellt'":
oder nur „von Zeit zu Zeit" erwartet wird, die Entwicklung von
Anfang bis heute leicht verfolgen (LXIII— LXXc; LXXX— LXXXVb).
Für die gesamten Verhältnisse in Preußen bezeichnet
endlich das Jahr 1875 einen wichtigen Wendepunkt.
Zwar war schon 1866 (Nr. XXXVl) bei den Erwägungen über eine
künftige Reform die Herausgabe der Abhandlungen (außer den
beizubehaltenden Jahresberichten) in größeren, etwa dreijährigen
Zwischenräumen ins Auge gefaßt worden, ohne daß es in dem
darauf folgenden Jahrzehnt zu irgend erheblichen tatsächlichen
Änderungen der alten Jahrespraxis bei den (überwiegend) Staat-
voo R. Ullrich. t47
liehen Anstalten gekommen wäre. Da brachte die Verfügung vom
26. April 1875 (Nr. XXXIX) im Zusammenhang mit der Neu-
ordnung des Tauschverkehrs die Aufhebung der jährlichen
Verpflichtung zur HiBrausgabe von Abbandluogen, an
der bis heute grundsätzlich festgehalten worden ist, wenn auch
die Mittel, wo man sie begehrt, an staatlichen Anstalten nach wie
vor zur Verfugung gestellt werden und andrerseits bald nach
1875 in zwei Minislerialverfugungen (vom 28. Dezbr. 1878 und
31. Oktbr. 1879) die Bedeutung der Programmabbandlungen auch
für die Zukunft ausdrücklich betont worden ist. So wird 1878^),
gerade ein Meoscbenalter nach der ähnlichen Verfügung des
Hinisters v. Ladenberg (s.o. S. 144), bemerkt, „daß durch die
Aufhebung jenes Zwanges die bisherige Sitte nicht hat gefährdet
werden, sondern nur der etwaigen Veröffentlichung von Abhand-
lungen, die besser ungedruckt geblieben wären, die Entschuldigung
mit jenem Zwange hat entzogen werden sollen*', und 1879') er-
klärt der Minister: „In Übereinstimmung mit der in der vorge-
daciiten Verfügung (vom 28. Dezbr* 1878) vertretenen Auffassung
and mit der Überzeugung der Kgl. Provinzial-Schulkollegien lege
ich auf die Aufrechterhaltung der bisherigen Sitte unserer höheren
Schulen, in den Beigaben zu den Schulnachrichten Zeugnis vori
^ta wissenschaftlichen Leistungen des Lehrerkollegiums abzulegen,
hoben Wert und wQrde von dem Aufgeben dieser Sitte eine Be-
einträchtjgung der Ehrenstellung dieser Anstalten und eine Lähmung
ties wissenschaftlichen Strebens in den Lehrerkollegien besorgen*'.
Wenn es also nach vielfacher Erörterung gerade dieses Punktes
in der Fachpresse so aussieht, als ob von manchen Direktoren
ein uDzalässiger Druck') auf die Lehrer ihrer Anstalten zur Ab-
£tt8ttDg Yon Abhandlungen ausgeübt worden ist, so kann dem
gegenüber einfach auf diese Verfugungen verwiesen werden, die
aas dem mechanischen Zwange eine Art von nobleiH oblige ge-
macbl haben. Infolge der großen Menge städtischer Anstalten,
besonders von Realschulen, die seit 1875 gegründet worden sind,
hat sich dann zumal in den letzten zwei Jahrzehnten bezüglich
der Abhandlungen der Jahresertrag der Zahl nach wenigstens in
AreoBen gegen früher wesentlich verschoben — ein Gesichtspunkt,
der in der Diskussion über die ganze Frage nicht immer aus-
reichend beachtet worden ist Ich werde darauf in Teil II 2 noch
zurückkommen.
i> Naeh Wiese-Irflier, Das höhere Sehuhv, i. Preußen Bd. IV
]902) S. 95. Der WortUat dieg«r wichttgeo Verrdflpuos selbst ist weder
kci ßf^i0Me' Rübler oock bei Seier xu fisdeo.
') Aaeh diflscr Erlaß ist iveder bei fFieee-Kübler noch bei Beier abge-
droekt ich rntaelime ihn der aosfezeichneteD Abbandlong von B. Schwalbe
BMoirr. ^bi- ^, W«"- ^^) »• 124 Aum. 1.
S| Oo€h vgl. ßlbUogr, jlht 4, Nr. 113, & 236 (s. auch u. Abscho. Bd)
übfr VerhÄltfliM« in der Proviaz Schlesieu.
10*
148 Progrtmmwtiseo nod Progranmbibliothek d. höh. Schalen,
i) Die NutzbermtchaBg.
Für die Nutzbarmachung der Programme, insbesondere der
Abhandlungen, für wissenschaftliche und andere Zwecke ist in
Deutschland von amtlicher Seite, wenn man die ganzen Ver-
hältnisse übersiebt, im allgemeinen wenig geschehen, weit weniger
als man annehmen soUtei wenn man die Jahrzehnte hindurch in
den meisten Staaten aufrecht erhaltene Verpflichtung zur Ab-
fassung der Abhandlung und die wiederholte Betonung ihres be-
sonderen Wertes vom Standpunkte des kritischen Historikers be-
trachtet. Besonders im Hinblick auf das unmittelbare Interesse
der höheren Schulen und die Arbeit ihrer Lehrer selbst. Zwar
ist man den Zwecken der großen Bibliotheken, Archive und ähn-
licher gelehrter Anstalten, zu deren Benutzem regelmäßig oder
gelegentlich ja die Oberlehrer in Universitäts- und größeren Pro-
vinzialstädten seit langem gehören und seit dem Erlaß vom
31. Oktober 1897^) auch die in kleineren Orten in Dienst stehen-
den wenigstens leichter als froher gehören können, damit ent-
gegengekommen, daß den Schulen die Übersendung ihrer Pro-
gramm-Veröffentlichungen (aller oder für bestimmte Fächer) an
jene durch mehrere Verordnungen zur Pflicht gemacht worden
ist (einige sind oben angeführt; vgl. z. B. Nr. XXX, Abs. Ytt\
XXXVn, XXXVIII, XLII, XLIH; LI; LVlIlb; LXVll; LXXXIX,
LXXXXV). Und die bayerische Regierung wiederum sorgt
z. B. dafür, daß die Landesprogramme dem Bibliographen
E. Renn-Landsbut für die Fortsetzung seiner bayerischen
Programm-Bibliographie (vgl. BihUosr, Abt. 3, Nr. 22—24
und Füger S. 50 o.) regelmäßig zugehen. Auch der von den
Regierungen angeregte Tausch ist sehr segensreich gewesen;
vgl. u. am Ende dieses Abschnitts. Aber für die Sicherung der
Ordnung und damit der Nutzbarmachung der Programme in den
Sammlungen der Schulen selbst und vor allem das schnelle
Bekanntmachen der Programmabhandlungen auf Grund der
bei den Zentralstellen seit alter Zeit zusammenfließenden Originale
selbst in mustergiltiger Form ist wenig geschehen; nur die Ver-
öffentlichung des Winiewski sehen Katalogs (BibUogr, Abt. 3^
Nr. 3) erfolgte auf Anregung eines preußischen Provinzial-Schul-
kollegiums (zu Münster). Und dadurch, daß die Nutzbarmachung
^) Ober deo Leihverkehr der Lehre rbibtiotheken der höheren Schulen mit
der KgL Bibliothek %u Berlin und den UnivertitätsbibUotheken, vgl. Ztbi, f.
</. gee, Unterriehtsverw. 1897 S. 819—822, Ztbl, f. BibliothekäW. XV
(1898) S. 62—65; ßeier ' S. 122—125; Jahrb. d. deutschen BibL II (1903)
S. 117 — 120. Dazu kommt aoch (gerade für ältere Programme, die
aelteo siad nod sich nicht gleich immer an der Dachsteo Quelle fiodeo, die
EioriehtDog des „j4uskunftebureaui der deutschen Bibliotheken*^ das der Kgl.
Bibliothek in BerÜD aogegliedert ist ood desseo „Sachlisteo'' ja seit eioiger
Zeit aoch einer größerea Aozahl der bedenteodereo Lehre rbibliothekea
regelmSfiig zugehe u.
von R. Ullrich. 149
so zu sagen der „Pri?atindustrie" öberlassen worden ist, die zu-
mal in den ersten Jahrzehnten, ja his znr Einföhrung des
Tenbnerschen Programmentausches 1876 z. T. mit ganz unzu-
länglichen Mitteln arbeitete, ist es m. E. ganz besonders geschehen,
dafi diese ganze wichtige Literatur bei vielen, und nicht bloB bei
Urteilslosen, in eine Art von Verruf gekommen ist, den sie
durch sich selbst nicht verdient hat. An privaten, z. T. ausge-
zeichneten Anregungen hat es nicht gefehlt — ich erwähne zu-
nächst nur, indem ich späteres genaueres Eingehen vorbehalte,
mit Namen den wohlerwogenen Vorschlag (1886) von C. Fr.
Müller (Kiel) (BibUogr. Abt. 4, Nr. 98) — aber Ober einige Er-
wägungen ist damals die Sache nicht hinausgelangt. Die — gewiß
mögliche — Umsetzung in die Praxis fehlte.
So ist insbesondere für Norddeutschland und Teile Söd-
dentscblands noch manches nachzuholen, was nur mit amtlicher
Mitwirkung und Unterstützung durchzuföhren ist, worüber unten
Doch zu reden sein wird, besonders was positive Vorschläge be-
triflt — für die Zeit vor 1876 ebenso wie für die Gegenwart
ond die Organisation der Sache in der nächsten Zukunft.
Nur Österreich hat sich von Amts wegen in direktem
Interesse der höheren Schulen selbst der unmittelbarsten Nutz-
barmachung der Programmabhandlungen mehrfach angenommen.
Ich meine nicht nur den in- und ausländischen Tauschverkehr,
den es mit anderen Staaten gemein hat, sondern auch besondere,
liald nach 1849 erlassene Bestimmungen über die Sammlung, Auf-
bewahrung, Ordnung und Katalogisierung der Schulprogramme in
den Landesbibliotheken (BibUogr, Abt. 2, Nr. LXXXXIV), Be-
stimmungen, die in ihrer Einfachheit heute noch für viele in
bezng auf ihre Programmsammlung arg vernachlässigte Lehrer-
bibliothehen selbst vorbildliche Bedeutung haben könnten. End-
lich bat das österreichische Ministerium in der schon mehrfach
erwähnten Hauptverfugung von 1875 (Nr. LXXXXVII, AbMz 8)
auf die Ordnung und Katalogisierung und damit die Nutzbar-
nachung der Programme in den Mittelschulbibliotheken hinge-
wiesen und gibt zur besseren Erreichung dieses Zweckes selbst
seit 1876 ein amtliches, vollständiges Verzeichnis
»amtlicher Mittelschulprogramme (geordnet nach Schul-
arten in den einzelnen Kronländern und innerhalb dieser alpha-
betisch nach Städten) wenige Monate nach Erscheinen der Jahres-
programme selbst in dem von allen Schulen gehaltenen ^^Yer-
•rdnungMaif* {BAliogr. Abt. i, Nr. XXVII) heraus. Es erscheint
jetzt im Dezember jedes Jahres und ist auch einzeln für 40 h
(50 h mit Porto) käuflich {BibUogr. Abt, 3, Nr. 33). So bat
wenigstens in bezug auf österreichische Verhältnisse jeder,
der Oberhaupt Interesse für Programmabhandlungen hat, Ge-
legenheit, sich schnell, zuverlässig und billig zu orientieren.
So viel über die allgemeine Nutzbarmachung. Ober den
150 PrograminweKen aud Programmbibliothek d. höh. Schulen,
engen Zusammenhang, der zwischen der wissenschaftlichen Ver-
wertung der Abhandlungen und der Beschaffenheit der Pro-
grammbibliothek jeder einzelnen Anstalt besteht und unter
Umständen besonderer amtlicher Förderung recht sehr be-
darf, wird in Teil III das Wichtigste ausgeführt werden.
c) Sonderbestimmungen über die Schulnachrichten
(Jahresberichte). Mit virgleichender TdbeUe hinter S, 160.
Vorbemerkung. Indem ich mich hier (wie in Abschnitt
a und b) kritischer Erwägungen in der Hauptsache enthalte, gebe
ich wiederum zunächst einen Oberblick ober die Entwicklung,
welche die Scbulnachrichten, der zweite Teil des Programms,
nach Form und Inhalt als amtliche Publikation von 1824 an ge-
nommen haben. Schon die einfache Gegenüberstellung dessen,
was auf diesem Gebiete in den verschiedenen Staaten Rechtens
gewesen und geworden ist, die Bestimmungen darüber, was hier
zu geben oder auch zu nehmen sei, und somit die Fülle oder
auch die Magerkeit der jetzt Jahr für Jahr ausgehenden Schul-
nachrichten wird der folgenden Übersicht über die Diskussion
(B) wie der eigenen Darlegung (in II 2 u. 3) eine solidere
Grundlage geben und diese späteren Ausführungen wesentlich ent-
lasten.
ne) Zweck, Inhalt (aod Sprache).
Der Hauptzweck der Scbulnachrichten oder doch ein sehr
wesentlicher findet sich schon in dem ausgesprochen, was (S. 138 f.)
über die Bedeutung des Programms überhaupt in den ersten
preußischen Verordnungen (vgl. besonders Bibliogr. ÄbL 2, Nr.
XXXIla) über die Sache gesagt war: sie sollten zunäclist die Be-
ziehungen der einzelnen Schulen und ihrer Lehrer zueinander
mit Rücksicht auf die Zwecke der Schule fördern, das Interesse der
Eltern wie des weiteren Publikums für die Bildungsanstalten der
Jugend wecken und erhalten. Das gilt für die Scbulnachrichten
im ganzen und ist auch für einzelne Teile in amtlichen Kund-
gebungen noch besonders hervorgehoben worden. So in der
zweiten und — was die Schulnachrichten als Ganzes angeht — ^
zugleich letzten preußischen Hauptverfügung von 1885 (Nr.
XLI), welche nach 6 Jahrzehnten die erste ablöste, weil nicht
bloß die ganze Organisation der Schulen sich inzwischen wesent-
lich geändert hatte, sondern auch, weil abgesehen davon die
einzelnen Berichte einen so verschiedenen Charakter angenommen
hatten, daß die einfache und schnelle Orientierung über be-
stimmte Fragen sehr erschwert wurde. Da heißt es in der Ein-
leitung {Wiese-Kübler I S. 376 u.)^), die Schulnachrichten hätten
^) Bei Beier (a. a. 0. S. 267) fehlen diese wichtigeo einleiteiideii Be-
merkuB^eo.
von R. Ullrich. 151
einen „doppelten Zweck, sie sollen einerseits dazu dienen,
in denjenigen Kreisen, welche an der Wirksamkeit der
einzelnen Anstalt besonders beteiligt sind, das
Interesse für dieselbe rege zu erhalten; andrerseits
sind sie bestinsmt, den vorgesetzten Behörden einen Einblick
in die gesamte Organisation und in die einzelnen Ein-
richtungen jeder Schule zu ermöglichen**. Zu diesem
Zweck sei eine Obereinstimmung der Mitteilungen nach
Inhalt und Anordnung in allen wesentlichen Punkten
notwendig. Die grundlegende österreichische Verfögung
[OrgmiuaümseiUw. §116, EmMung; Bibliogr. Nr. LXXXXII)
spricht dayon, das Programm solle dem Publikum „den Zu-
stand und die Wirksamkeit der höheren Schulen dar-
stellen**; bald darauf wird (1850; Nr. LXXXXIII) die Bedeutung
der Jahresberichte ^) für andere Gymnasien her?orgehoben, und
die ausführliche Hauptverfilgung von 1875 (Nr. LXXXXVil) be-
merkt {Abs. 3\ es solle ein „deutliches Bild von dem Zu-
stande und der Wirksamkeit der Schule vermittelt*'
werden. In bestimmter Beziehung (Hitteilung von Verfügungen
der Behörden ; s. u.), die sich aber leicht auch auf andere Teile
ausdehnen läfit, hat endlich eine anhaltische Verordnung (Nr.
ILVI) von 1884 für das, worauf es ankommt, „Konsolidierung
eines verständnisvollen Verhältnisses des Eltern-
haases zur Schule**, einen besonders glücklichen Ausdruck ge-
fnn.den. Eine alte braunschweigische Ordnung (1828; s.o.
Nrn LXXI) betonte im Zusammenhange mit der zu verutfentlichen-
dec Rangordnung (vgl. u. S. 158 f.) mehr die Wirkung auf die
Sohüler. Wertvoll ist, daB auch von amtlicher Seite die be-
«^ndere Bedeutung der Scbulnachrichten als solcher — ab-
g sehen von der wissenschaftlichen Beilage — wiederholt anerkannt
worden ist; so hebt die grundlegende (ungtdrucku) hessische
Verfügung von 1853 (Nr. LXXIli) ihren bleibenden Wert für
Eltern, Behörden und andere Schulan3talten hervor. Es
Onden sich also die einzelnen Elemente der beiden preußischen
Bestimmungen von 1826 und 1885 hier beisammen. Und in Ver-
bindung mit der Anerkennung der wissenschaftlichen Bedeutung
der Abhandlungen (o. S. 141) finden wir wiederum in Österreich
den Wert der Jahresberichte für Statistik und Schulge*
schichte ausdrücklich schon vor 50 Jahren bezeichnet (1857;
BA/iogr. Nr. LXXXXIV) — zu einer Zeit, wo es einen wissen-
scbaftlfchen Betrieb der Schulgeschicbte in größerem Maßstabe
kaum gab.
Es treten also, was den Zweck der Schulnachrichten
betrifft, zu verschiedenen Zeiten bei den Behörden im wesent-
') lo österrcicliifleliem Spracbgebriiuch s» Abhandloo^ and Schul-
Btehriehteo.
152 Programmwesen aod Programmbibliothek d. höh. Schaleo,
liehen 4 Rucksichlen hervor, wenn mehreres, was zusammengehört
oder doch als zusammengehörig angesehen werden sollte, zu-
sammengefaßt wird — nämlich die auf die eigene Anstalt
und ihre Lehrer (bezw. andere Anstalten und deren
Lehrer), auf die Behörden, das Publikum und die
Wissenschaft (insbesondere Statistik und Schulgeschichte).
Je nachdem nun diese Bucksichten in den verschiedenen
Zeiten der Entwicklung des höheren Schulwesens in den hier
behandelten Staaten einzeln oder zusammen sich geltend
machten, ist auch der Inhalt der Jahresberichte verschieden
gewesen und ist es z. T. noch. Überall aber wollten und wollen
diese Berichte den beteiligten Kreisen ein möglichst anschauliches
Bild von dem Leben der Schule geben. Allgemeine, den
ganzen Inhalt der Jahresberichte betreffende Vorschriften sind
ja nun ziemlich häufig erlassen worden, wie aus der oben ge-
gebenen Übersicht (Bibliogr. Abt, 2) ersichtlich ist; da in den
einzelnen Staaten mehrere der in den letzten Jahrzehnten er-
lassenen Verfugungen sich im ganzen mit froheren decken, wird
es darauf ankommen, diejenigen herauszuheben, welche wesent-
liche Unterschiede aufweisen, und dies durch Gegenüberstellung
einiger Beispiele aus älterer und neuerer Zeit anschaulich zu
machen. Dies geschieht in der Tabelle hinter S. 160. Für
Preußen kommen für das Ganze der Berichte nur die beiden,
bis ins einzelnste sich erstreckenden Verfugungen von 18 24 und
1885 in Betracht (Bibliogr. Nr. XXX u. XLI), Anhalt schließt
sich (Nr. XL VII) ausdrücklich an das preußische Muster von 1885
an; ähnlich steht es in Elsaß-Lothringen, wenigstens tat-
sächlich, wenn auch eine besondere Beziehung auf Preußen nicht
vorliegt. In Baden ist die Sache dreimal grundsätzlich ge-
regelt worden, 1837, 1869 und neuerdings 8. März 1904 (Nr.
LH b, LVH und LXIa), wozu die Verfügungen von 1844 (Chronik;
Nr. LV), 1881 u. 1883 (Aufsatzthemata, Schülerver-
zeichnis, Nr. LIX u. LXa), 1890 (Lehrerverzeichnis; Nr.
LXb) und vom 18. Juni 1904 (Biographische Angaben,
Lehrmiltelverzeichnis; Nr. LXIb) ergänzend hinzutreten;
auch hier liegt eine sehr ausführliche Begelung der Sache vor.
Weniger eingehend sind die entsprechenden Bestimmungen in
Bayern, üie zahlreichen Verordnungen {Bibliogr. Nr. LXII —
LXXc), in denen (s. o. S. 145) sich in bezug auf die wissenschaft-
liche Abhandlung mancher Wechsel zeigt, beschäftigen sich mit
dem Inhalt des Jahresberichts nur kurz. Hervorheben kann man
als Beispiele mit charakteristischen Unterschieden für das Ver-
fahren in älterer und in neuerer Zeit die beiden Verfügungen
von 1829 (Verzeichnis der Schuler nach ihrem „Portgange'' mi
Bezeichnung der Plätze; Nr. LXIHa) und 1874 (dgl. in alpha-
betischer Ordnung; Nr. LXVHI). Die letzten Hauptver-
fügungen für die drei Schularten von 189! — 1894 (Nr. LXXa— c)
von R. Ullrich. 153
siimmeH mit der von 1874 im wegen tlichen fiberein. Die
hessischen Verfügungen (Nr. LXXIll — LXXV) bieten über den
Inhalt der Jahresberichte nichts, setzen vielmehr offenbar einen
bestehenden Brauch Yorans. Tatsächlich gleichen die hessischen
Berichle von heute in der Hauptsache denen tou Baden,
Bayern und Württemberg. Ober die des letsteren Landes
liegen amtliche, auf den Inhalt bezügliche Bestimmungen
gedruckt nicht vor (s. o. S. 140f.), so daß auf sie in diesem Zu-
sammenhange nicht eingegangen werden kann. Dagegen zeigt
Sachsen wiederum für den langen Zeitraum von 1846 an eine
Reibe von wenn auch nicht sehr eingehenden Bestimmungen, die
es ermöglichen, die Entwicklung im ganzen zu übersehen. Die
enleDj nur kurzen Bestimmungen über den Inhalt finden sich
hier 1846 und 1860 (Nr. LXXIX u. LXXX), für das heutige
Ferfahren sind die von 1877, 1884. 1893 und 1902 maßgebend
(Nr. LXXXIII, LXXXV, LXXXVI u. LXXXVIII) welche die grund-
sätzlichen, knappen Bestimmungen von 1846 und 1860 erweitem
und ontereinander in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen.
Eine bestimmte Reihenfolge der einzelnen Teile des Jahres-
baichts wird hier nicht ausdrücklich gefordert, sondern nur ge-
sagt, was dieser überhaupt zu enthalten hat; so kommt es, daß
die Berichte auch gleichartiger Anstalten aus neuerer Zeit hierin
verscbieden verfahren. Die in der tabellarischen Obersicht
(hinter S. 160) angeführten Beispiele geben daher auch nicht die
ia allen sächsischen Anstalten übliche Folge, sondern nur den
««entliehen Inhalt. Am leichtesten sind wie in Preußen die
Terhällnisse zu übersehen in Österreich; hier sind die knappen
Bestimmungen des ^.Organüaiionseniwwrf^*^ (Nr. LXXXXII) nebst
6ea Ausführungen von 1875 (Nr. LXXXXVII) bis heute maß-
lebend, und es ergibt sich die Tatsache, daß die Regelung gerade
in den beiden grüßten Staaten gegenüber manchen Schwankungen
in den kleineren von vornherein am bestimmtesten unternommen
oad am konsequentesten festgehalten worden ist. In der Schweiz
felilt eine allgemeine Regelung, doch vgl. o. S. 94, 108 und
S. 156.
Die hinter S. 160 gegebene tabellarische Gegenüber-
itellung bestimmter Jahresberichte aus sechs Staaten
10 verschiedenen Zeiten wird Entwicklung und Stand mit
den z. Z. bestehenden Unterschieden am deutlichsten machen.
Die Auswahl ist dabei so getroffen, daß aus älterer Zeit
iamer solche Berichte gewählt sind, die der amtlichen
Regelung des betr. Landes in einer bestimmten Periode
cDtsprechen. Dies erschien wichtiger als die mechanische
.^eieneiDanderstellung von Berichten je aus demselben Jahre, was
5icb übrigens auch aus äußeren Gründen als unausführbar er-
^ies. Die Periode, in welche jeder Bericht eines Landes gehört
(Tg/. BMiogr. Abt. 2), ist jedesmal in Klammern beigesetzt. Für
154 Programmwesen ond Programmbibliothek d. höh. Srhulen,
die Gingen wart sind ausschließlich Berichte von 1906 ihrem
wesentlichen Inhalte nach angefahrt. Durch Angabe der
Seitenzahlen im ganzen und einzelnen wird gleichzeitig u n *
gefähr ein Oberblick über den Umfang der Berichte in ver-
schiedenen Perioden ermöglicht. Berichte, die aus bestimmten
Anlässen (Jubiläumsfeiern u. 5.) einen nngefwöhnlich großen Um-
fang zeigen, sind in der Obersicht selbstverständlich nicht in
Betracht gezogen. Auch sind absichtlich nicht gerade die Be-
richte von besonders großen Anstalten genommen, sondern von
solchen, die nach ihren ganzen Verhältnissen mehr in der Mitte
zwischen diesen und den kleineren stehen. Da es sich anderer-
seits darum handelte, auch die ältere Zeit zum Vergleiche heran*
zuziehen, sind ausschließlich Berichte von Gymnasien als Bei-
spiele gewählt worden. Charakteristische Untenchiede sswischen den
Berickten derselben Staaten sii verschiedener Zeit bezw. zwUchen
denen verschiedener Staaten sind durch Kursivschrift hervor-
gehoben.
Aus diesen Berichten ergibt sich nhter Zugrundelegung der
preußischen Schemata von 1824 und 1885 filr die Entwick-
lung der einzelnen Teile etwa folgendes:
Im allgemeinen ist — unter Berücksichtigung der Tabellen
hinter S. 160 — zu sagen, daß die genannten Regierungen zwar
bestimmte Vorschriften über die Begrenzung des Inhalts der
Jahresberichte erlassen haben, es aber nicht ausschlössen, daß
auch nicht direkt vorgeschriebene Dinge Aufnahme finden könnten.
So betonte schon die grundlegende pireußische Verfügung von
1824 (Nr. XXX) in Abs, V, daß es den Schulleitern „unbe-
nommen bleibe, auch dasjenige, was sie aus ihren Beobachtungen
für einen solchen öffentlichen Schulbericht Geeignetes vorzutragen
wünschen^ und unter den im Obigen {Abs, IV A-^D^) vorge-
schriebenen Artikeln keine angemessene Stelle findet, in der Ein-
leitung oder am Schlüsse der Schulnachrichten beizufügen*\
Und wenn die österreichische Hauptverfügung von 1875
(Nr. LXXXXVII) vor Aufzählung der Teile des Inhalts (vgl.
den sich darauf gründenden heutigen Zustand in der Tabelle
Nr. XV unter Marburg G. 1906) bemerkt, „folgende Kategorien
sollen nicht fehlen'', will sie wohl ein Mindestmaß festsetzen,
das Erweiterungen nicht hindert. So kommt es denn, daß inner-
halb des bestimmten Rahmens sich in nicht wenigen Berichten
Zugaben finden, die durch besondere Verhältnisse einzelner Anstalten
bedingt sind. Auch dadurch, daß einige der in den Verfügungen
(so in der preußischen von 1824, auch noch von 1885) vorkommen-
den Sonderbestimmungen nicht obligatorisch gemacht, sondern
fakultativ geblieben sind, ergeben sich manche Unterschiede, ganz
zu schweigen von den Verschiedenheiten, die z. B. in den Be-
0 Neigehaur S. 314 f.; Rönne S. 159.
voD R. Ullrich. ]55
richten der Anstalten der Schweiz infolge der abweichenden
Organisation des Unterrichtswesens in den verschiedenen Kantonen
wahrzunehmen sind.
Die Reihenfolge der einzelnen Abschnitte ist in Preußen,
Baden, Bayern nnd in der Hauptsache auch in Österreich
durch die beslimmten Anordnungen der betr. Haupt?erfögungen
(s. o. S. 152) ziemlich festgelegt, was die Benutzung sehr er-
leichtert. In Sachsen (und natürlich erst recht in der Schweiz)
zeigen die einzelnen Anistalten, auch die verschiedenen Schul-
arten, erhebliche Abweichungen.
Was ist nun den Berichten der verschiedenen Staaten froher
oder jetzt oder in beiden Pillen gemeinsam, worin wichen
oder weichen sie ab? Ein Blick auf die Tabelle (hinter S. 160)
zeigt es; es wird aber nicht unzweckroäBig sein, das Wichtigste
auch im Znsammenhang noch einmal zu Aberschauen.
Stellt man von den oben (S. 152) erwähnten vier Röck-
sichten, die für den Zweck des Programmes in Frage kamen,
die beiden auf Lehrer und Publikum in den Vordergrund,
so wird man doch wohl, ohne andere Teile (wie z. B. die Chronik)
zu unterschätzen, den Abschnitt über den behandelten Lehr-
stoff (preuBische Terfg. von 1885, I, Abs. 2) ah den wichtigsten
bezeichnen müssen; denn hier kommt ja doch die „Wirksamkeit
der Schule*' (s. o. S. 151) am meisten zum Ausdruck. Und die
erste preaBiscbe Verfügung von 1824 rechtfertigte die Aufnahme
dieser Rubrik gerade damit, daß „dem Publikum die Übersicht
des ganzen Lehrsystems jährlich gegeben werde*\ Daher ist denn
dieser Abschnitt zum festen Bestand aller Berichte geworden.
Tatsächlich hat er in zahlreichen preußischen und nord-
dealsehen Berichten — entsprechend der amtlich unter be-
stimmten Voraussetzungen') gestatteten Vereinfachung (s. TabMe
Anro. la) — insofern eine stark verkürzte Form angenommen,
ab vielfach nicht mehr sämtliche durchgearbeiteten Lehrstoffe,
sondern nnr noch die behandelte Lektüre, Themata der
Aufsitze in bestimmten Klassen u. ä. angegeben werden,
för alles übrige aber auf die amtlichen Lehrpläne ver-
wiesen wird. Ob dies Verfahren zweckmäßig ist, wird in Teil II 2
noch zu prüfen sein.
Gerade die Hitteilung der Aufsatzthemata ^) hat übrigens
die Behörden mehrfach beschäftigt (auch die Diskussion, vgl. z. B.
BibUogr. Abt, i, Nr. 102); so zeigte sich in Baden in dieser
^) So io Preafieo (Vfs- voo 1885, /, 3, vorletzter jlinalz) in den
RJaisea mit eiojibri^ar Lt)kne\X {J^iese- Kühler 1 S. 378; Beier 8. 269).
*) Die Anfoalime 4er in deo obersteo KliMen sebriftlidi bearbeitetea
TheaaU überhavpt wird, wie es scbeiot, »lerst 1841 von einem Proviasiai-
lebalkolle^inm (Kobleai) eapfoblea; vgl. Wiese, Dom höh. Sehulw. t.
Preu/fen II (1869) S. 706.
156 Programmwef en aod Programmbibliothek d. höh. Schulen,
Beziehung ein Gegensalz zwischen den Bestimmungen von 1881
und 1883 (Nr. LIX u. LXa). Von den sonst ziemlich überein-
stimmenden bayerischen Verfügungen von 1874 und 1891
(Nr. LXVlIIa u. LXXa) sagt die erste nichts von der Mitteilung
der Aufsatzthemata, die zweite schreibt sie dagegen fQr die drei
obersten Klassen ausdrflcklich vor'). Was im besonderen den Um-
fang der Mitteilungen über Abiturientenaufgaben betrifll, so
gehen manche (preußische wie auBerpreußische, besonders
österreichische) Berichte ober die amtlichen preußischen Be-
stimmungen von 1885 (deutsche bezw. fremdsprachliche Aufsätze,
mathematisch-naturwissenschaftliche Aufgaben) hinaus ; vgl. hierzu
auch Teil 113.
Eine nicht unwichtige Seite der Arbeit der Schuler, die he*
sonders in den Internaten mit Recht ganz besonders gepflegt,
wenngleich auch in anderen Anstalten nicht vernachlässigt wird,
ist die Privatlektöre. Die Jahresberichte nehmen ihr gegen-
über eine verschiedene Stellung ein, und es ist nicht immer ganz
deutlich, ob das Fehlen einer entsprechenden Mitteilung auf das
Fehlen der Einrichtung überhaupt zurückzuführen ist oder nur
ausdrücken soll, daß man auf sie kein besonderes Gewicht legt
oder — wie besonders in Großstädten — legen kann. Jn
österreichischen Berichten finden wir eingehende Angaben
darüber bei allen in Betracht kommenden Klassen; in den Be>
richten der übrigen Staaten (abgesehen von denen der Internate)
sind sie spärlich. Der fakultative Unterricht wird überall in
den Berichten erwähnt; hier kommen gewisse Besonderheiten der
Schuleinrichtungen auch in den Berichten der verschiedenen
Staaten zum Ausdruck; so finden wir Übungen in Instrumental -
Musik wohl in Bayern und in der Schweiz als Veranstaltung
der Schule in den Berichten ausdrücklich erwähnt. Wie steht
es aber damit anderwärts? In den süddeutschen, öster*
reichischen und schweizerischen Berichten begegnet die
dort seit einem Menschenalter und länger gepflegte Stenographie
regelmäßig, in Norddeutschland hat sie wenigstens noch keine
feste Stelle. Die militärischen Übungen, von denen uns die
Berichte der Schweiz ebenfalls melden, wollen als eine Eigentüm-
lichkeit des Landes aufgefaßt und beurteilt sein. Die An-
kündigung der künftigen Lektüre begegnet (was wohl ent-
behrlich ist) in dem badischen Bericht von 1863. Dagegen
^) So ist es möglich gewordeo, dafi F. Reggel seioelZusainmeDstellaDg
„/)te dsuttchen Themata an den drei obenien Klassen der bayerischen
humanistischen Gymnasien innerhalb der zehn Schuljahre 1891/92 — 1900110^*-
(3 Teile, /Vogr. d. kgl. hum. G, Neostadt a. H., für die 6 Schaljahre
1900/01—1905/06, mit Vorwort nod abschlieBender Wördignng, 2 Bl. u. 282 S.)
verölTeDtlichen kooote, womit wertvolle PiQgerzeige ßr deo Betrieb eines
so wichtigen UoterrichtsgegeostaDdes ia vogefahr eioem balheo Hnnderl
gleichartiger Sehuleo eioes ganxeo Laades gegebeo sind, die viele Lehrer zo
weiterem Nachdenken und Erproben anregen werden.
voD R. Ullrich. 157
niukml das Sottderverzeicfanis der Lehrbucher (nkht bloß
die ErwibnuDg bei dem betreffenden Gegenstande in den einzelnen
Kksseo) jetzt in allen in der Tabelle vertretenen Berichten
(mit Aaanahme der von Bayern) eine feste Stelle ein.
Nicht ganz unwesentlich für die Abteilung „LehrstofT' und
alles, was damit zusammenhängt, ist auch die Form, in der er
in den Berichten mitgeteilt wird. So ist es ein die Obersicht
erleichterndes Verfahren, wenn diese Rubrik, wie in Baden
(1882, 1906; vgl. Bibliogr. Abt. 2, Nr. LIX) und Österreich
(1859, 1876 und 1906 gleichmäBig) in Tabellenform gegeben
wird, wodurch sich gleichzeitig die Frage von selbst erledigt, ob
es zweckmäßiger ist, nach Klassen und innerhalb dieser nach
Gegenstanden zu ordnen oder umgekehrt. Freilich wird der Aus-
fohrlicbkeit des Berichtes dadurch eine nicht immer angenehme
oder auch nur nützliche Schranke gesetzt, so daß die anderen
Länder von der Tabellenform abgesehen haben und heute fort-
iaafeode Berichte nach Klassen und innerhalb dieser
Dach Gegenständen geben; nur in Bayern war von 1874
— 1891 das umgekehrte Verfahren in Obung.
Dagegen scheint für Angaben über die Verteilung des
Unterrichts unter die einzelnen Lehrer die Tabeilen-
foriii zweifellos am zweckmäßigsten; aber nur in Preußen
(wie meist in Norddeutschland) und Baden wird sie ge-
wählt (vgl. für Österreich wenigstens die ältere Zeit, Tabelle
Nr. Xlil zu 1859).
Auch die Chronik und die statistische Obersicht der
Schuler (vgl. zu beiden die Bemerkungen oben S. 151 Z. 7 v.u.)
haben in allen Staaten von Anbeginn der Neuregelung der ganzen
Yerhältnisse an ihre feste Stelle gehabt, wenn auch in sehr ver-
schiedenem Umfange. Am reichhaltigsten waren beide Rubriken
Ton Anfang an in Preußen und Österreich (1824 und 1849
— Nr. XXX u. LXXXXII — finden sich schon Bestimmungen
darüber), während die übrigen Staaten (abgesehen von Elsaß-
Lothringen und Anhalt, das ausdrücklich dem preußischen
Muster folgt, s. o. S. 152) knappere Mitteilungen machten und
— abgesehen von Sachsen — meist auch heute noch machen.
So will Baden z. B. die biographischen Angaben über
Lehrer, die in norddeutschen und besonders preußischen
Jahresberichten in weitestem Umfange gegeben werden, neuer-
dings (1904; Nr. LXIb) ausdrücklich auf verstorbene oder in den
Ruhestand versetzte Lehrer eingeschränkt wissen.
In bezug auf die Lehrmittel fordern sowohl die preußi*
sehen wiedie österreichischen Bestimmungen die Anführung,
upd zwar dieder etatsmäßig beschallleo') wie der geschenkweise über-
*) Leider scheiot diese BestimmuDg bei mancheo preoßischeD Aostaltea
ii \ergeas€mheit gerateo zo sein.
158 P^ogramlD\^ esen uad Programmbibliothek d. höh. Sehalen,
lassenen; am genauesten sind diese Angaben in den öster-
reichischen Berichten^), die sogar eine Gesamtstatfstik aller
Lehrmittel zu geben pflegen, meist auch — jedenfalls häufiger
als es in Deutschland üblich ist — die Verwalter der einzelnen
Sammlungen ausdrücklich nennen, was z. B. für den bis jetzt
außerhalb Österreichs noch wenig entwickelten wissenschaftlichenVer-
kehr der Schul- Bibliotheken untereinander von gewisser Bedeutung
ist*). Sach sen schreibt Angaben über Vermehrung der Sammlungen
zwar nicht vor, aber sie sind allmählich üblich geworden. A n h a It
folgt auch hier (ebenso wie ElsaB-Lothringen) dem preuBischen
Huster. Die älteren süddeutschen Bestimmungen darüber lassen
sich bei dem Hangel reichlicherer gedruckter Quellen (vgl. z. B.
0. S. 107, Anm. 1) nicht hinreichend übersehen. Tatsächlich hat
sich, von wenigen A nstalten Württembergs') abgesehen , der Hodus,
herausgebildet, nur die Geschenke anzuführen, und in Baden ,
dessen Berichte früher wenigstens gelegentlich Angaben auch Aber
Anschaffungen für die Bibliotheken, naturwissenschaftlichen
Sammlungen usw. brachten, ist die genannte Beschränkung kürz-
lich besonders zur Pflicht gemacht worden (1904; Nr. LXIb).
Übrigens gewährt auch gerade der Abschnitt „Lehrmittel'' in
den Berichten mancher Anstalten, ja mancher Länder lehrreiche
Einblicke in die Vielseitigkeit ihrer Interessen und gibt uns
Kenntnis von mancher lange bestehenden und mit Liebe ge-
pflegten, auch von Freunden der Schule gern unterstützten Ein-
richtung, von der wir ohne die gedruckten Jahresberichte nicht
viel wissen würden. So bildet die oft keineswegs unbedeutende
archäologische und besonders die Hünzsammlung eine
stehende Rubrik in nicht wenigen österreichischen Berichten,
wälirend wenigstens die letztere in norddeutschen Schulen und
ihren Berichten erst vereinzelt angetroffen wird (vgl. z. B.
Osterode (Ostpr.) G., das auch über seine hervorragende ge-
schichtlich-völkerkundliche Sammlung jährlich berichtet, Danzig
städt. G. und Frankfurt a. H. Huslerschule - Rg. Bemerkens-
wert ist hierbei, daB in österreichischen Berichten häufig, in
anderen selten, der Etat für Lehrmittel angegeben wird.
Ganz verschieden ist Entwicklung und Stand der Schüler-
verzeichnisse. Die ältesten Bestimmungen hierüber liegen in
Bayern vor, und der Brauch hat sich in diesem Staate zwar in ver-
änderter Form, doch stets aufs neue hervorgehoben, bis heute
erhalten. Im Jahre 1829 (LXllI) wurde zuerst bestimmt, daß
sämtliche Schüler klassenweise namentlich aufgeführt werden
') Id Preuße q zeiiireD iosbeeoDdere mehrere schlesische AosUlteD
Ansätze za eioer regelmäfiigeD Bibliothekstatistik.
') Im Kunze-Katender siod seit dem letzten Jehrj^aogeXIlI (1906) dieNamea
derVerwaiter der Lehrerbibliotbek bei den prenßi sehen Anstaltea
regelmäßis angegeben, worauf ich hier noch besondersanfmerksam machen möchte.
3)Vgl.rdr 1905/6 die Jahresberichte der Gymnasien zu Ludwigsburg,
ätottgart (fiberhard-Ludwigs- und Karls- G.) u. (z.T.) Ehingen.
t v«a R. (Jllrich. 159
sollten, und zwar oadb dem allgemeineo „Fortgange'* wie dem in
d€D einzelnen Fächern^), so daß hier für mehrere Jahrzehnte
eine Art gedruckter Zenaoren vieler Schulergenerationen vorliegt.
Und 1834 wurde {DölUnger IX 2 S. 677) besonders betont, es
sollte der. Katalog „die Namen der Schüler nicht in der für
das Publikum nichts sagenden nnd die guten und
schlechten durcheinander würfelnden alphabetischen,
sondern in der sachgemäßen. Jeden an seinen Platz
stellenden und die Ausgezeichneten bestimmter her-
vorhebenden Ordnung '' enthalten*). Die Sache hielt sich
bis aum Jabre 1874, in dem zum alphabetischen Verzeichnis
(.Nr. LXVni) übergegangen wurde, das zugleich ein vollstandigeä
Nationale jedes Schüler;» enthielt und bis heute gefordert wird.
Einen gewiBsen Zusammenbang damit zeigen die älteren Be-
stimmungen Badens, das von 1837—1869 (Nr. Lilb u. LVU)
an der Auffuhr nng der Schüler „nach der Lokation'^ fest«*
litelu» bis io letzterem Jahre, wie 5 Jahre später in Bayern, die
alphabetische Ordnung aufkam, die nach kurzer Unter-
breciiuDg (1881 — 1883; s. Nr.'UXu. LXa) dann in Geltung ge-
blieben und auch 1904 (Nr. LXl) wiederum ausdrücklich ge-
fordert worden ist. Doch weisen die badischen Schülerver-
zeicbnisse nicht wie die bayerischen ein vollständiges Nationale
jedes einzelnen Schülers auf, sondern geben nur Namen
nebst Vornamen und bei nicht Einheimischen den Ort der Her*
kunft. In Sachsen tritt die Forderung eines Schälerver-
zeichnisses zuerst 1846 bezw. 1860 bestimmt auf (Nr.
LXXIX u. LXXX), doch ohne nähere Angaben über das bei der
Abfassung zu beobachtende Verfahren. Auch die neueren Ver*
fogangen von 1877--1902 (Nr. LXXXIil bis LXXXVUI) fordern
es nur schlechthin. Die tatsächlichen Angaben der sächsischen
Jahresberichte kommen indessen denen der bayerischen nahe,
doch sind die Verzeichnisse nicht alphabetisch, sondern dem
Anschein nach mit Rücksicht auf die Rangordnung abgefaßt.
Ebenso zeigt Österreich in.dieser Beziehung eine bestimmte Ent-
wicklung. Zwar waren weder im ^Organisationsentumrf^' § 116
(Nr. LXXXXll), der die früher üblichen gedruckten „Klassen-
zettel'* ^) verbot, noch in den darauf folgenden, das Programm-
Wesen betreifenden Verfügungen (Nr. LXXXXIII ff.) vor 1875
bestimmlere Anordnungen über .ein irgendwie im Jahresbericht
abzudruckendes Schülerver^eicfanis getroffen worden. Schon im
2. Jahrzehnt, danach linden sich aber (in Marburg a. D. seit
') Die yevrdüung voa 1830 (Nr, LXIV), die eio alphabetisches
VeneiehBiB vorftcbrieb, scheiat Dicht za aUgeineiDer DarchrübroDg gelaogt
20 seja wie die Berichte aos den amnittelbar darauf foIgendcD Jahreo bis
lft34 zpißeo*
') Über nraoascbweig vgl. o* 8. 102 f. i\r. LXXI.
*J Vgl <<«*■■ ^' ^«renz^lUr a. a. 0. I 2 Nr. 476, S. .046 f.
160 Programm wesen and Programmbibliothek d. höh. Schale
1862, 8. Tabelle hinter S. 160, A. 8) alphabetische Schul«
Verzeichnisse, z. T. mit Hervorhebung der „Vorzagsschuler"' (ei
Art Ausschnitt des bayerischen Verfahrens vor 1874; s. i
bis seit den siebziger Jahren der Brauch nach und nach ziemli
zur Norm geworden ist, ohne daß eine direkte amtliche fi
Stimmung darüber gedruckt vorläge; wenigstens handelt <
Hauptverfögung von 1875 (Nr. LXXXXVII) in Ah$eknüt3, 6
nur von einer Gesamtstatistik, fordert aber nicht eigentlich €
Schulerverzeichnis. Tatsächlich geben dies aber heute, soviel i
sehen kann, ziemlich alle österreichischen Jahresberichte ui
zwar in alphabetischer Form (nar Name und Vorname), do«
fast durchweg mit besonderer Hervorhebung (s. o.) der „Vo
zugsschuler*' ^). Preußen hat SchQlerverzeicbnisse weder 18^
noch 1885 gefordert, doch finden sie sich der 1824 gelassen«
Freiheit entsprediend (die 1885 wenigstens nicht beschrän
worden ist) auch hier bei manchen Schulen, an alten Anstalt«
ebenso wie besonders bei vielen Realschulen, gewohnheitsmäßig
Von Verfügungen, die auf gedruckte Zensuren aller Schüler hii:
auskämen (wie in den genannten Ländern), ist hier grundsätzlic
abgesehen worden. Das einzige, was vergleichbar wäre, ist d
1824 (Abs. IV C 2) getroffene, aber 1885 nicht wiederholte Be
Stimmung, die Abiturienten mit der Nummer ihr€
Prüfungszeugnisses und ihren Prämien anzuführen. Aue
in den andern Ländern, deren ältere Berichte Belobigunge
und Prämien der Schüler besonders namhaft machen (vg
Tabelle Bayern 1842, Sachsen 1852, Baden 1863), ist diese
Brauch später allmählich abgekommen. Nur in Sachsen is
bis heute wenigstens bei den Abiturienten (vgl. Tabelle Nr. X
u. XII) die Angabe der Noten in den Wissen sc haften wie imBe
tragen noch üblich. Dagegen ist auf die genaue Mitteilung dei
die Abiturienten überhaupt betreffenden Daten in Preußei
auch schon vor 1885 immer besonderer Wert gelegt worden (für jetz
vgl. Nr.XLli6s./F«?), während z.B.]nBayerndiel874(Nr.LXVIIIa.
in dieser Hinsicht getroffene Bestimmung 1891 (Nr. LXXa) wieder
aufgegegeben worden ist, wohl mit Rücksicht auf die hier — wie
überhaupt in Süddeutschland — mehrfach eingeschärfte Knapp-
heit des Berichts und den Umstand, daß die Abiturienten ja aus
dem Schülerverzeichnis der betr. Klasse ersichtlich sind und so in
der Chronik oder Statistik ein kurzer Hinweis irgend welcher Art ge-
nügen mochte. Besonders gedenken möchte ich in diesem Zusammen-
hange noch der in den sächsischen Berichten verzeichneten
^) Es ist Dicht Regel, soodera Aasnahiae, wenn gerade io dem Bericht
von Marburg (Tabelle Nr. XV, j1b»,II) die „Vorzngssebäler" nicht
besoaders keoDtlich gemacht siod. Obrigeos siod die eDtsprecheadea An-
gabeo (doch ohoe NcDonog der Namen) auch aas der „Klassifikatioo ^
{Abt. 1X7) zu ersehen (vgl. darüber v. Marenzeller 1 I iXr. 217, S. 264lf.|
11 ^T, 156, S. 343 r.).
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von R. Ullrich. 161
Nekrologe^), kurzer Lebeosdalen der im UerichUjahre ver-
storbenen früheren Schüler der Anstalten. Wenn irgend etwati,
so trägt diese schöne Sitte dazu bei, die Anhänglichkeit der
Familien an die Schulen, denen ihre Glieder angehört haben, zu
erhalten. In PreuBen findet sich dieser pielätYolle Zug (außer in
Pforta gemäß der alten Tradition) in den Jahresberichten nur
gelegentlich. Besonders erwähnen möchte ich die betr. Mit-
teilungen in den Berichten des Kgl. Wilhelms-Gymnasiums
in ßerJin, namentlich deshalb, weil daraus hervoi^geht, daß auch
in Großstädten mit all ihrer Unruhe eine derartige stille Einkehr
möglich ist und zu einer gern gepflegten Sitte ^werden kann.
Von den alphabetischen Schülerverzeichnissen zu scheiden
siod die Gesamtstatistiken über die Scbülerbewegung in den
eiüzelnen Klassen zu verschiedenen Zeitpunkten des Schuljahres,
allgemeine statistische Bemerkungen über Teilnahme
an fakultativem wissenschaftlichen oder technischen
Unterricht u. ä. Auch hierüber hat zuerst die preußische
Inlerricbtsverwaltung bestimmte Weisungen erlassen, und zwar
ichon 1824 (Nr. XXX; Abs. IV q, ohne daß jedoch eine gleich-
mäßige Durchführung in den nächsten Jahrzehnten zu erreichen
gewesen wäre, wie die Schulbericbte der dreißiger, vierziger
uDü späterer Jahre zeigen. Wenn aber irgendwo, so ist bei
statistischen Cberskhten von Schulorganisationen desselben Landes
eiD gleichmäßiges, von Zeit zu Zeit zweckmäßig zu erweiterndes
Schema notwendig, damit die Verwertung der Angaben im großen
uofi eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der gesamten
Verbältnisse möglich isL So hat denn die zweite und letzte
preußische Gesamtverordnung für das Programmwesen von 1885
I.Nr. XLI) in ihrem ÄbschniU IV 1 u. 2 (über 3 $. o. S. 160) die
,^*ache in der eingehenden Weise geregelt, wie sie allen Staudes-
genossen jetzt Jahr für Jahr in den Berichten entgegentritt'). Ganz
äbolich ist die Entwicklung in Österreich gewesen. Im
»OrganisationBentwurf'' (§ 116; Nr. LXXXXll) tritt in Absatz 3
zunächst die allgemeine Forderung „statistischer Angaben über die
Schule'' auf, die dann in der zweiten (und, wie in Preußen,
letzten) Hauptverfugung von 1875 (Nr. LXXXXVII) i6s. 5, 6'a
im einzelnen ausgestaltet wird und z. T. noch ausführlichere
Angaben in sich schließt als sich in den preußischen Berichten
lioden, den sprachlichen und anderen, dem österreichischen
MitieUchulwesen eigentümlichen Verhältnissen (vgl. z.B. o. S. 160)
entsprechend. In Baden erscheinen genauere statistische An-
gaben seit 1881 (i\r. LIX; Schema bei Joos a. a. 0. S. 436), die
^ ) la Grimma bat diese Sitte vor 27 Jahren, in Meißen vor 11 Jahren
xur Hcraosgabe eines besooderfn „Ecce*' geführt, periodischen Mitteilungen
'die auch mit Bildnissen aasgestattet sind) über die Toten der Anstalten.
' ) Ebeoco in Anhalt, Elsaß- Lot bringe o und den meisten nord-
4evlscbea Kleinstaaten, aoch in Hessen.
Zcitacbr. i, 4. 6 jmnMialweaea. LXI. 2. 3. 1 1
162 Programmwesen und Programmbibliothek d. h$h. Schalen
1904 (Nr. LXI) erneut verlangt werden. Dagegen bieten die Be-
richte in Bayern, Sachsen und Württemberg, den alige-
meiner gehaltenen Bestimmungen der betr. Verordnungen ent-
sprechend, von Anfang an bis heute nur Übersiebten im ganzen.
Der zweite der in der Tabeüe abgedruckten Berichte aus der
Schweiz von 1906 (Nr. XVII) nähert sich wieder (8.32-34)
der preußischen und österreichischen Art, doch ohne ihre Ge-
nauigkeit und Gbersichtlichkeit im einzelnen zu erreichen.
Es erübrigt noch über das Stipendien- und Unter-
s tu tzungs Wesen zugunsten der Schüler ein Wort zu sagen.
Während uns die oben (S. 160) angeführte öfTentlicbe Erwähnung
von Belobigungen und Prämien der Schüler wenigstens in Nord-
deutscbland alimählich fremder geworden ist, nehmen die An-
gaben über Stipendien etc. teils mit, teils ohne Nennung von
Namen noch heute ihre regelmäßige Stelle in den Berichten über-
all ein, unter bestimmter Rubrik in Preußen, Baden und
Österreich. Was besonders in dem letzteren Lande private
Wohltätigkeit dauernd für bedürftige Schüler leistet, ist er-
staunlich (vgl. z. B. i. d. Tabelle die Marburger Berichte). Wie in
bezug auf die Erwähnung der Schülerstipendien in den Berichten im
einzelnen verfahren werden soll (Namensnennung, Abdruck von
Satzungen oder Auszügen aus ihnen u. a. m.) ist im ganzen,
soviel mir bekannt ist, in keinem der hier behandelten Länder
ausdrücklich bestimmt worden. Dagegen haben Erwähnungen von
Unterstützungen an Lehrer, die in nicht angemessener
Form in den Berichten erfolgt waren, gelegentlich behördliche
Erinnerungen notwendig gemacht (vgl. o. Bibliogr. Äbt, 2, Nr.
XXXV c, S. 97 und Teil II 3). Ich komme damit auf die Ver-
fügungen der Behörden.
Die Mitteilungen darüber nehmen in vielen Jahresberichten
einen gewissen Raum ein. In Preußen ist die Aufnahme dieser
Verfügungen in angemessener Auswahl und in einer für das
Publikum geeigneten Form sowohl 1824 (Nr. XXX, Abs. IVA)
wie 1885 (Nr. XLI, Abs. 11) ausdrücklich vorgeschrieben, auch von
amtlicher Seite manchen vorgekommenen Unebenheiten und wirk-
lichen Mißständen gelegentlich entgegengetreten worden (1843
und 1858; Nr. XXXVc s. o.; über Anhalt vgl. noch oben S. 151).
Auch in Sachsen (1877 u. ö.; Nr. LXXXIII ff.) und Baden (so
1881, Nr. LIX) sind solche Verfügungen aufzunehmen, doch hat
sich das hier teils laut ausdrücklicher Bestimmung, teils durch
Tradition in viel engeren Grenzen gehalten als in Preußen, wo
eine besondere Rubrik dafür bestimmt ist. Die entsprechenden
Erlasse werden meist in der „Chronik" kurz namhaft gemacht,
noch knappere Mitteilungen darüber erfolgen in Bayern an der-'
selben Steile, ohne daß dieser Punkt überhaupt amtlich geregell
wäre. Mit Preußen stimmen dagegen wieder mehr überein (ab-
gesehen von Anhalt und Elsaß-Lothringen) die ein-
voo R. Ullrich. 163
schlägigen Bestimmungen in Österreich, die sich in Abs 3, 10
der HauptTerfQgung von 1875 (Nr. LXXXXVII) finden. Es liegt
auf der Hand, daß in diesem Abschnitt ebenso wie in der
Chronik (s. o. S. 157 über biographische Angaben) und in den
allgemeinen „Mitteilungen an die Schüler und deren
Ellern'' der Takt des Schulleiters das Beste tun muß. Über
das, was hier mitzuteilen sei oder nicht, sind übrigens nicht bloß
die Anschauungen der Behörden selbst mannigfachem Wechsel
unterworfen gewesen, wie einerseits die ernstliche Erwägung
zeigt, ob „schwerere Vergehen der Schüler ausdrucklich erwähnt
werden*' sollen (s. o. S. 103 Anm. 1), andererseits die humanere
Praxis, z. B. relegierte Schüler nicht mit Namen zu
nennen (preußischer Erlaß vom 29. Mai 1880; JTet^rS. 233)^).
Auch das allgemeine Empfinden ist ein anderes geworden. Ich
komme später darauf noch zurück. Übrigens bilden die „Mit-
teilungen an die Schüler und deren Eltern'*, wie sie uns
ans den Berichten der letzten Jahrzehnte in den norddeutschen
Staaten und in Österreich (hier unter dem Titel: Kund-
machung bezüglich des nächsten Schuljahres; Vfg. von
1875 — Nr. LXXXXVII — Abs. 3, 11) nach der amüichen Be-
stimmung entgegentreten, ja im Grunde wenigstens z. T. nur
einen Ausschnitt aus anderen Teilen des Berichts, der aus nahe-
liegenden Zweckmäßigkeitsgründen am Schlüsse für sich erscheint.
Oflenbar nicht ohne Absicht läßt ihn daher die öslerreichisrhe
Regierung an den Abschnitt über „Verfugungen der Behörden, bloß
jene, welche für das Publikum wichtig sind'* (a. a. 0. Abs. 3, 10)
sich anschließen.
Über die Sprache der Jahresberichte bedarf es nur eines
kurzen Wortes. Während für die Beilage lange die lateinische
ganz oder teilweise maßgebend war und (ebenso wie in Sachsen
neben einigen modernen Sprachen) wenigstens auch heute in
Preußen und Österreich noch gestattet ist, kam ffir den Jahres-
bericht seiner ganzen Bestimmung nach von 1824 an in Preußen
und ebenso auch in den andern Staaten die deutsche (bezw. in dem
vielsprachigen Österreich die Landessprache) ausschließlich
in Betracht. Es wurde dies in den oben (Nrr. XXX— C) ange-
führten Verfügungen, soweit sie sich mit den Berichten beschäftig-
ten, ausdrücklich bestimmt oder als selbstverständlich angenommen.
Es bedarf daher hier keiner näheren Ausführungen.
ß) aad y) Der amtlicbe Cbarakter, Verantwortliohkeit desVer-
faaaera (dea Schulleiters). Häufigkeit und Zeit des Erscheioeos.
In bezng auf die Abhandlung und ihre Abfassung, die Ver-
antwortlichkeit des Autors und die Häufigkeit ihres Erscheinens
hatte sich, wie wir sahen, im Laufe von acht Jahrzehnten ein
1) Vgl. aoch schon Wiese, Da» höh. Schulw, t. Preußen II (1S69)
S. 703 zun Jabre 1825.
II»
164 Pro^rammweseD und Programmbibliothek d. höh. Scbulea,,
mannigfacher Wandel in den Anschauungen auch der Behörden
und der von ihnen geübten Praxis vollzogen (vgl. o. Abschtu b ß n.y,,
S. 142-147). Bei denSchu)nachrichten lag und liegt die Sache
sehr viel einfacher. War bei jenen, die sich mit ihrem oft aus
fernliegenden Wissensgebieten geholten StoiT niclit seilen von dem
wirklichen Leben der Schule weit entfernten, eine Entscheidung
über die Verantwortlichkeit der Schule und ihres
Leiters für diese doch durch ihre Vermittlung ausgehenden
Veröffentlichungen nicht immer ganz leicht (vgl. auch u. Teil If 2),
so liegt sie hier in der Sache selbst. Die Schulnachricbten
werden ausschließlich vom Leiter der Schule verfaßt,
er unterzeichnet sie mit seinem Namen und ist für ihren Inhalt
in vollem Umfange aliein verantwortlich. Das ist eigentlich ganz
selbstverständlich, wird aber in allen auf die Sache, bezüglichen
Hauptverfügungen von Anfang an auch ausdrucklich noch betont ;
ich hebe hervor Preußen (besonders 1824, 1866, 1896, Nr.
XXX, XXXVb, XLIV) und Österreich (1849, Schlußsatz des
^.Organüationsentwurfs" und 1875, Abs. 1\ Nr. LXXXXIl und
LXXXXVII).
In Preußen wurde in den ersten Jahrzehnten der Ent-
wicklung für das ganze Programm, also auch für die Schul-
nachricbten, noch die Vorlage an die Beliörde gefordert, weiche
ihre eigene Verantwortlichkeit wegen des amtlichen Charakters
dieser Schriften dadurch zum Ausdruck bringen wollte und auch«
als sich die Maßregel hauptsächlich aus praktischen Gründen
nicht mehr aufrecht erhalten ließ, mehrfach Veranlassung nahm,
die nun unmittelbarer verantwortlichen Direkloren bei besonderen
Gelegenheiten mit bestimmten Anweisungen zu versehen, z. B.
wenn Verfügungen von Behörden in einer dem Publikum nicht
verständlichen Form mitgeteilt waren oder zahlenmäßige Angaben
ungeeigneter Art, wie über Unterstützungen an Lehrer, Aufnahm»
gefunden hatten; vgl. o. S. 162. Man lese hierüber Wieses Aus-
führungen nach (in: Das höh. Schulte, i. Preufsen II (1869>
S. 7051'.). Die Diskussion (vgl. den nächsten Abschnitt) hat ge-
zeigt, daß auch in neuerer Zeit derartige Anweisungen gerade in
der bezeichneten Richtung manchmal am Platze gewesen wären,
und die ausgedehntere Lektüre auch von Schulberichten der
letzten Jahre gibt jedem aufmerksamen Leser leider nur zu oft
Gelegenheit zu der Erkenntnis, daß da sGefühl für die Zusammen-
gehörigkeit der Glieder des höheren Lehrerstandes noch nicht
bei allen Direktoren so lebendig ist, wie man wünschen möchte.
Seitdem sich die Bezeichnung ,,Ja hresbericht" einge-
bürgert hat, liegt auch die Regelung der Häufigkeit des Er-
scheinens schon im Namen, auch wenn sie nicht noch von
Seiten der Behörde erfolgt wäre, wie es tatsächlich nahezu in
allen Staaten und für alte Schularten geschehen ist; man ver-
gleiche überall die grundlegenden Hauptverfügungen (der Abt. 2
voa R. Ullrich. 165
der B&b'agraphie). Auch daß der Jahresbericht am Schlüsse
des Schuljahres erscheint, also in Norddeutschland zu Ostern,
in Söddeutschland und Österreich im Hochsommer, ist durchden
Zweck selbst begründet. Die Ausnahmen von der Regel sind
gering und liegen in besonderen VerhSitnissen. So erscheint
nach altem Brauch der Bericht in Pforta am 21. Mai, in
Meißen am 1. Juli, den Stiftungstagen der Anstalten. Auch daß
in Württemberg eine Anzahl von Realschulen nicht alljährlich
und die vier theologischen Seminare (s. o. S. 106 Anm. 4) nur alle zwei
Jahre Berichte herausgeben, ist einerseits durch die eigenartige
finanzielle Verfassung (Verhältnis der „Rektoratsiiasse'* zu der
Veröffentlichung von Programmen, s. o. S. 107 Anm. 3), andrer-
seits durch die Schulorganisation Oberhaupt veranlaßt, wie denn
aach in Österreich (Vfg. von 1875, Absatz 1; Nr. LXXXXVII)
ein Jahresbericht nur von jeder vollständigen Staats-
mittelschule gefordert wird. Da aber hier die Zahl städtischer
Aostaileo geringer ist und tatsächlich beinahe alle, auch die in
der Entwicklung begriffenen Schulen, schon Berichte herauszugeben
^egen, hat die Bestimmung weniger praktische Bedeutung als
iie etwa bei den ganz anderen Verhältnissen Preußens haben
»vrde, wo vermutlich viele Städte, die kein Geld für Abband-
ioQgen mehr bewilligen (s. o. S. 137 und u. Teil 11 2), auch die
Herausgabe der Jahresberichte einschränken oder einstellen
wurden, wenn die Gesetzgebung eine Handhabe dazu böte. Nun
ist aber in Preußen — man darf sagen, glöcklicherweise — die
jährliche Herausgabe der Schulnachrichlen seit 1824 (Nr. XXX)
iür die Gymnasien, seit 1859 (Nr. XXXV) auch für die Real-
sdifilen (I. O., die jetzigen Realgymnasien — wo sie schon vor-
her meist üblich war) ausdrucklich vorgeschrieben und auch für
die Anstalten beschränkteren Umfanges (Progymnasien, Real-
icbaleo usf.; vgl. Wkse-Kübkr I S. 34 f. zum Jahre 1860 und
1S76 und S. 381) bestimmt worden. Als ferner im Jahre 1866
eine Neuregelung des Programmwesens in Preußen durch die
Behörden erwogen wurde und die (1875 eingetretene) Aufhebung
der jährlichen Verpflichtung zu Abhandlungen sich vorbe*
reitete, wurde die Beibehaltung der Jahresberichte wegen
ihrer hervorragenden „Wichtigkeit für die beteiligten Eltern, Be-
hörden usw.*' als Rechenschaft über das innere Leben und die
Wirksamkeit der einzelnen Anstalten för notwendig erklärt
(Wiese, D. höh. Sckuho. t. Pr. II (1869) S. 707). So legen
denn in Preußen jetzt alle öffentlichen höheren Lehr-
anstalten, auch die ,Ji* E.*S alljährlich über ihre ganzen Ver-
hältnisse öffentlich Rechenschaft ab. Und auch in Hessen,
wo schon 1853 (Nr. LXXIII) die Lieferung des ganzen Pro-
gramms, der Jahresberichte wie der Abhandlungen, dem schon
bestehenden Brauche entsprechend als freiwillig bezeichnet
wurde, hat doch dieser bis heute aufrecht erhaltene Zustand das
166 Pro^raBimwesen und Programmbibliothek d. höh. Schalen^
jährliche Erscheinen der Schulnachrichten (über die Abhand-
lungen s. 0. S. 147) nicht beeinflußt. Woher die Angabe Kill-
manns (s. Bibliogr. Abt. 4, Nr. 122, [S. 477) stammt, daß in
Elsaß-Lothringen die i. E. begriffenen Anstalten zur Heraus-
gabe nicht verpflichtet wären, weiß ich nicht, da eine Quelle
dafür nicht angegeben ist. Direkte Erkundigungen an geeigneter
Stelle haben die Angabe nicht bestätigt, die also wenigstens für
die Verhältnisse der Gegenwart nicht mehr zuzutreffen scheint.
Es ließe sich auch in der Tat kaum eine verkehrtere Maßregel
denken als diese. Ist den Behörden, den Forschern auf dein
Gebiete der Schulgeschichle und dem festen Publikum einer sieb
in bekannten Bahnen bewegenden VolJanstalt der jährliche Be-
richt zum Bedürfnis geworden, so ist er von einer sich ent-
wickelnden Schule gerade für das Publikum, dessen Interesse sie
erst gewinnen soll, ganz besonders unentbehrlich; es hat geradezu
ein Recht darauf, eingehend über die Verhältnisse der Anstalt
unterrichtet zu werden, der es die Jugend anvertraut.
Über die
cT) Natzbarmacbao^
der Schulnachrichten im ganzen für den unmittelbaren
Gebrauch der Lehrer jeder einzelnen Anstalt, anderer Anstalten
und am letzten Ende für die wissenschaftliche Beschäftigung mit
dem Schulwesen überhaupt gilt im wesentlichen das oben in dem
entsprechenden Abschnitt über die Abhandlungen (S. 148 ff.) Be-
merkte. Die wissenschaftliche Ausnutzung, insbesondere die
amtliche Hilfe zur Bereitstellung geeigneter Mittel, auch
finanzieller, für diesen Zweck bietet manche, nicht leicht zu über-
windende Schwierigkeiten, die z. T. in der ganzen Sache selbst
liegen. Das Beste wird hier die freie wissenschaftliche Tätigkeit»
insbesondere der Mitglieder des höheren Lehrerstandes selbst, tun
müssen. Was aber in engerem Sinne für die Nutzbarmachung
der Sammlung der Jahresberichte in der Lehrerbibliothek jeder
Anstalt auch amtlich noch geschehen kann und muß, damit der
Wiederholung mancher Verfehlungen früherer Jahrzehnte in
Zukunft vorgebeugt wird, soll (vgl. o. S. 85) in Teil III zur
Sprache kommen.
d) Die amtliche Regelung des Tauschverkehrs.
Als einer der Zwecke des Prograromwesens war schon 1824
amtlich die Anbahnung eines näheren Verhältnisses zwischen den
einzelnen Schulen und ihren Lehrern bezeichnet worden (s. o.
S. 138). Hieraus und aus dem Umstände, daß die bibliographi-
schen Hilfsmittel jener Zeit unzureichend waren, ergab sich für
die Behörden, welche die ganze Einrichtung in die Wege ge-
leitet und mit bestimmten Normen versehen hatten, selbst die
Notwendigkeit, ihrerseits dafür zu sorgen, daß die Programm-
von R. Ullrich. 167
Schriften jeder Anstalt den anderen auch wirkh'cb bekannt wurden.
Dies geschah durch den sog. Programmentausch. Die Anfänge
dazu liegen in Preußen schon vor 1824^). Und nachdem die
Behörde zunächst mit einigem Bedenken an die Sache heran-
getreten war und den Austausch auf den engeren Kreis der
Gymnasien jeder Provinz beschränkt halte (1822), folgte unmittel-
bar nach der grundlegenden Verfügung von 1824 schon im
folgenden Jahre die Anordnung des Austausches zwischen sämt-
lichen Gymnasien der Monarchie (Bibliogr, Abt. 2 Nr. XXXI).
Die Vermittlung übernahmen die Provinzialschulkollegien (bezw.
die damaligen Konsistorien). In welcher Weise dabei im einzelnen
verfahren worden ist, insbesondere welche Rolle die Zentral-
stelle gespielt hat, von der Wiese (a. a. 0. S. 707 zum Jahre
1866) redet, wird aus seiner Darstellung nicht ganz deutlich.
Wie die Verpflichtung zur Abfassung von Programmabhandinngen
überhaupt, so beschränkte sich auch der Tausch zunächst auf
die Gymnasien; den übrigen Schulen blieb freigestellt, ob und
iowieweit sie sich beteiligen wollten. Da sich wegen des Zeit-
punktes der Versendung und der Zahl der Exemplare Schwierig-
keiten ergaben, machte 1828 (Nr. XXXIlIa) das Ministerium be*
sonders auf diese Punkte erneut aufmerksam. Die Vorteile des
Taoscbes führten dann von 1831 — 1854 den Anschluß der
meisten anderen Staaten Deutschlands (außer Bayern,
Baden und Hessen-Darmstadl)*) und einiger Auslandstaaten
(besonders Österreichs, seit 1851, vgl. o. S. 81) herbei, die
innerhalb ihrer eigenen Grenzen schon einen Tauschverkehr gehabt
hatten'). Nachdem seit Beginn des von den Behörden ge-
rcfelten Tausches reichlich vier Jahrzehnte vergangen waren,
1) V^L Wiese, Das höh. Schulw, i. Preußen II (1869) S. 702. —
Dl iie einzelneii Bande dieses Werkes (s. o. S. 89 Aom. 2) leider io vieleo
Schatbibliothekeo oiehtaDzotreffeo sind, wird hier — unter ^leichzeitifer Be-
■itznng der bei Mei^ebaur Qnd Rönne (vgl. BibHog^^ ^Ift. 1 Nr. 1 und
II) abgedrackteo VerfUgangen — das Wesentliche ans dem 2. Bande karz
zuaMmeB^efaBt.
2) Vgl. Krler in SchmidM Enxyklopädie ^ \l (1885) S. 449. — Eine
BsaageDehnie Folge dieser Ansnahme, von der auch der Verfasser dieser Ab-
hssdlao^ mehrfach betroffen wurde, ist die, daß die preuBischea Schul-
MMiotheken und auch die gröBereo prenfiischen Bibliotheken, z. B. auch die
Kg). Bibliothek in Berlin, Programme dieser Lander aus der älteren Zeit
aar io geringer Zahl besitzen und es so z. B. selbst in der Reichsbaupt-
»tsdt kaum moglieh ist, die betr. Verhaltnisse eingehender zu studieren.
Die Bibliotheken, insbesoadere die Berliner, sollten dieser Sache ihre Auf-
■erksamkeit znm'enden and ihre Lücken, soweit es auf antiquarischem Wege
■Sglieh ist, zu ergänzen suchen. Denn auf direkte Erlangung älterer Pro-
granme von den einzelnen Schulen selbst kann man leider nie mit Sicher-
heit rechaeo, da nanebe von diesen ihre eigenen Schriften nicht mebr voll-
ständig bealtxeo. Vgl. Teil III über die Programmbibliothek.
3) So z. B. Sachsen seit 1832; vgl. Theod. Flathe, St Afra (1879)
S. 383, Aom.; er erforderte damals 25 (!) Exemplare. Innerhalb Bayerns
bestand eio Taoaeh verkehr sehon seit 1813; vgl. J. Guteoäcker (s. o. 8. 113,
Nr. 19J S. IV o. Anm. 2.
IggP rogrammweseo und Programmbibliothek d. höh. Schulen,
sleliten sich (seitdem inzwischen manche Äußerungen aus Fach-
kreisen laut geworden waren) ^) manche Bedenken ein, ob das
bisher beobachtete Verfahren noch aufrecht zu erhalten sei, die
wachsende Geschäftslast der Behörden, die erschwerte Benutzung
in den Schulbibliotheken, wozu — wie bei Wies es Schweigen
über die Sache hervorgehoben werden muß — vor allem das
Fehlen eines amtlichen Gesamtverzeichnisses kam, das
damals leicht möglich gewesen wäre und durch die zahlreicli^n
(z. T. auch von Wiese erwähnten) nach und nach in den Fach-
kreisen veröffentlichten Sonderverzeichnisse (vgl. Bibliogr.
Äht. 3^ Nr. 1 ff.) in keiner Weise ersetzt werden konnle'). Nach-
dem eine Anzahl aus Buchhändlerkreisen hervorgetretener Vor-
schläge*) nicht die Billigung der preußischen Zentralbehörde gefunden
hatte, trat diese selbst 1866^) mit mehreren, die ganze Ein-
richtung betreffenden Erwägungen einer Reform hervor {Bibliogr.
Abt. 2, Nr. XXKVI), die den Provinzialschulkoliegien zur Begut-
achtung vorgelegt wurden. Ober einige wichtige damals aufge-
stellte Grundsätze ist schon oben in anderem Zusammenhange
gesprochen worden (vgl. S. 138 u. 146); was den Tausch mit aus-
wärtigen Anstalten betrifft, so wurde amtlich erwogen, ob er
nicht auf die mit Abhandlung verbundenen Programme be-
schränkt werden könne, deren Abfassung von 3 zu 3 Jahren ^)
denkbar sei, ob sich nicht Kollektivausgaben der Abhandlungen
wie der Schulberichte, insbesondere der statistischen Übersichten,
empföhlen und ob nicht endlich an Stelle der bisherigen Ver-
mittlung des Tauschgeschäfts durch die Behörden eine solche
durch den Buchhandel treten könne. Nach manchen Erörterungen
in der Fachpresse (vgl. den folgenden Abschnitt B („Diskussion*^)
und Bihliographie Äht. 4, Nr. 67 ff.) und amtlichen Verhandlungen
wurden endlich auf der Schulkonferenz in Dresden 1872
Grundlinien einer Neuordnung festgestellt. In bezug auf den
Tausch wurde die Übertragung an eine buchhändlerische
Zentralstelle empfohlen. Das praktische Ergebnis war schließ-
lich die von dem Minister Falk besonders geförderte Herbei-
führung eines Programmentausches durch Vermittlung
der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner in Leipzig^)
und die darüber erlassene Verfügung von 1875 {BibUogr. Abt, 2,
Nr. XXXIX). Der Plan trat 1876 in Kraft und besteht noch heute.
Da dieser Tausch aus amtlichen, von der preußischen
') Vgl. über diese dea Abschoitt ,,Diskussioii" (II 1 B).
<) Vgl. obeo S. 149 aod Teil 11 2.
•) Vgl. Wiese s.a. 0. S. 706 Aom/l und aaten die Abschoitte II 1 B
DDd II 2.
4) £io Jahr vorher (1865) hatte sich scboo die Direktorenver-
Sammlung ioKöDigsberg mit der Angelegeoheit beschäftigt, vgl. BibUogr.
Abt. 4 Nr. 66 aod uateo Teil II 1 B.
») Vgl. o. S. 146.
«) Von Wiese a. a. 0. III (1874) S. 70 noch gerade erwähnt.
von R. Ullrich. 169
Regierung besonders geförderlen Verhandlungen hervorgegangen
ist, mag er hier in den Hauptpunkten kurz') erwähnt werden,
auch deshalb, weil seine Bestimmungen in den Kreisen der
höheren Schulen selbst zwar Direktoren und Bibliothekaren, im
wesentlichen auch einigen für Programme interessierten Kollegen
bekannt sind, keineswegs aber, wie icli oft zu beobachten Ge-
legenheit hatte, der Gesamtheit der Schulmänner. Und doch
haben alle ein gleiches Interesse daran — oder sollten es
wenigstens haben — , und viele von ihnen wurden wohl mehr
dabei mitgewirkt haben, die Programmsammlung der eigenen
Schule und ihre Nutzbarmachung zu fördern und damit der
wissenschaftlichen Tätigkeit ihrer Kollegen wesentliche Anregungen
lu geben, wenn ihnen die Einzelheiten der Sache genügend be-
kannt gewesen wären. Das Wesentliche von dem, was 1875 fest-
fesetzt wurde und in der Hauptsache heute noch praktisch durch-
gerührt wird, ist folgendes (in abgekürzter Form):
a) Beteiligang:
Beteiligt sind z. Z. an dem Tausch im engeren Sinne
a; sämtliche Staaten des Deutschen Reiches (außer Bayern), h) in
^u freierer Weise Bayern'), eine Anzahl der Gymnasien
Deutsch -Österreichs'), die 7 Gymnasien Augsburgischen Bekennt-
B
1) Die ansfiihrlichea BestloiBaiigeo 6. ZtbL f, d. gei, ünterr, 1875
S S34-63S; ff'^iese'Kttbler a. a. 0. ^ I 8. 381—383 aod Beier a. a. 0.
1 271—273.
*)Die bayerische Resieraog hat die Beteiliguns im eogeren Siooe
a^chhat vegeo der Sehwieriskeit, die Titel der Abhaadloasea schoo
IHfcn Zeit vor dem Brscheioeo aiitzateileo. Daa Teaboersche Hauptverzeich-
>b cathilt daher die bayeriseheo Prosramme njcht; doch vgl. S. 171.
') Gegenwartis siod esfolgeode: I. Mieder-Österreich: 1. Krems,
1 OhcrholUbroBo, 3. Wiener fjeastadt, 4. Wieo: Akadem. G., 5. Praoz
J9W]4-StaaU-G., 6. Sophiea-SUaU-G., 7. Erzherzog Raioer-Staats-G., 8. Staats-
6. L 3. Bez., 9. £Iisabeth-StaaU-G., 10. 8Uats-G. i. 6. Bez., 11. dgl. im
S. Bez^ 12. Mazimiliao-SUato-G., 13. Karl Ladwig-Staata-G., 14.— 16. Staats-
^. i. 13., 17. and 21. Bez. (Plorisdorf). II. Ober-Österreich: 17. Frei-
stadt, 18. Lioz, 19. Ried. III. Salzburg: 20. Salzbnrg, StaaU-G. IV.
Steiermark: 21. Cilli, 22. n. 23. Graz, 1. a. 2. StaaU-G., 24. Leobea, 25.
Harbarg. V. Karoten: 26. Klageafart, 27. Villach. VI. Krain: 28. Lai-
ftach, 1. SU«U-G., 29. Rndolfswert. VII. Küstenland: SO Capodistria,
31. Gorx, 32. Pola, 33. Triest. VITI Tirol: 31. Hall, 35. loosbrock. IX.
Vorarlberg: 36. Feldkirch, SUato-G., 37. dgi. Priv.-G. d. Ges. Jesu an
^r „Stella netaiiaa". X. Böhmen: 38. Bndweis, 39. Eger, 40. Lands-
troa, 41. Böha.-Leipa, 42. Leitmeritz, 43. Mies, 44. Prag: DeaUcbes
:^ats-G. «. d. AltsUdt, 45. dgl. a. d. Neustadt (Graben), 46. dgl. a. d.
^Xeosladt (SteplKBSgaase), 47. dgl. a. d. Kleinseite, 48. Privat-Unter-G. d.
6nf Strakesebeo Akademie; 49. Saaz, 50. Kgl. Weinberge (Prag). XI.
üäkren: 51 u. 52. Bronn, 1. nnd 2. DenUches Staats-G., 53. Ung.-
Hniiscb 54« 1$^*^* ^^- Kremsier, 56. Nikolsborg, 57. Olmütz, 58. Mahr.-
Tribau. 59 Mihr.'WeiükirOktü, 60. Znaim. XII. Schlesien;: 61. Bielita,
6^ PrimAek 63. Teaeheo, StaaU-G , 64. dgl. SUaU-OR., 65. Troppaa, 66.
iVeideiua 'XIII- Gnlixiea: 67. Brody, 68. Lemberg, 2. SUatsG. XIV.
Sokowie«- 69. Ciernoiritz, 1. Staats-G. XV. Dalmatien: — . Diese
170 Programmwesen and Programmbibliothek d. höh. Sehalen,
nisses 10 Siebenbürgen^) und einige Anstalten der Schweiz^; end-
lich gehen c) den beteiligten Anstalten noch die VorlesungsTer-
zeichnisse bezw. Abhandlungen von 20 deutschen und 5 aus-
ländischen Universitäten') zu.
ß) Einzelbestimmanngen:
t. Anfang November jedes Jahres ist jede Regierung im Be-
sitz der Titel der im nächsten Jahre von ihren Anstalten aus-
zugebenden Abhandlungen.
2. Mitte November sendet jede Regierung^) das Verzeichnis
darüber an die Teubnersche Verlagsbuchhandlung, die danach ein
mit fortlaufenden Nummern versehenes Gesamtverzeichnis (nach
Staaten, innerhalb dieser nach Schularten, innerhalb dieser nach
Orten alphabetisch) drucken läßt und in 2 Exemplaren direkt
an die Direktoren der Schulen (auch an die Universitäten,
Ribliotheksvorstände und Schulbehörden) versendet^). Diese senden
binnen 14 Tagen an Teubner eins der Verzeichnisse zurück, mit
69, deren Berichte nur an die Gymnasien in Preußen, Sachaen,
Württemberg und Baden geliefert werden, sind nur ungefähr Vs ^^^
Anstalten mit ausschlieBlich oder vorzugsweise deutscher Unterrichtssprache.
Die Sprache der genannten Programme ist in 67 Fallen die deutsche, je
einmal italienisch (Nr. 30) und böhmisch und deutsch (Nr. 48). Die
Realanstalteo fehlen — mit einer Ausnahme (Nr. 64) — ganz. Die
ileihenfolge der Krooländer ist die übliche, die der Anstalten entspricht der
von Jos. Di vis in seinem Jahrbuch d. höheren. Unterrichtswesens in Öster-
reich mit Einschluß der gewerblichen Fac/ischulen und der bedeutendsten Er-
ziehungsanstalten (XX (1907) Wien, F. Taropsky. VIII, 594 S. 10 JC-) be-
folgten. Dies (in Deutschland recht wenig bekannte) Jahrbuch zeichnet sich
vor Teubners Statistischem Jahrbuch und dem Kuazt- Kalender dadurch
aus, daB es auch die Universitäten und andere Anstalten mit Hochschul-
Charakter enthalt Andrerseits ist es wegen des dadurch bedingten größeren
Umfanges und der eleganten Ausstattung erheblich teurer. Ein für den
„Anslnnder^^ (und vermutlich auch für den Inländer) sehr empfindlicher, aber
doch wohl abzustellender Mangel ist es, daß statistische Übersichten
(Zahl und Art der Anstalten, Unterrichtssprache u. a. m.) ganz fehlen. JXicht
einmal mit Nummern sind die einzelnen Schulen versehen; wer ihre Zahl
und Art nach Kronländern oder im ganzen feststellen will, mufi das ganze
Buch durchzählen oder sich das, was er sucht, aus dem Ortsverzeichnis mühsam
zusammenstellen. Dabei besteht das Jahrbuch nun schon 20 Jahre.
^) Bis tritz, Hermannstadt, Kronstadt, Mediasch, Mühlbuch,
Sächs.-Regen und SchäBburg.
') Basel G., La Chauz-de-Fonds, G. et cc. sup. des jeunes filles,
Zürich, höh. Töchtersehule der Sudt Z.
^) Der deutschen mit Ausnahme von Erlangen und München;
von ausländisch]en sind für 1907 angekündigt die Verzeichnisse von
Antwerpen, Basel, Dorpat, La Chaux-de-Fonds und Zürich.
Dazu kommt der Jahresbericht des KaiserL Deutschen archäol. Instituts (S.-A.
aus dem Archäolog. Anzeiger).
*) In Preufien die einzelnen Provinzial-Scbulkollegien (Vfg. vom
10. März 1884).
B) Das Verzeichnis für 1907 (26 S. 4^.) weist 927 auf den Programmen
selbst (untere Ecke links) zu wiederholende Nummern der Anstalten des
von R. Ullrich. 171
BeieichnuDg derjenigen Anstalten, deren Abhandlungen bezw. Be-
richte gewünscht werden.
3. Die Verlagshandlung teilt dann, womöglich noch vor Ende
des Jahres, jeder Anstalt mit, wieviel Exemplare ihres Programmes
gebraucht werden, so daB danach die Stärke der AuQage bemessen
werden kann; sie darf aus buchhändlerischen Rücksichten einige
Exemplare mehr bestellen.
4. Die fertigen Programme jeder Anstalt, denen die betr.
\umnner des Teubnerschen Verzeichnisses auf dem Titelblatt
(unten links) aufgedruckt wird, sind unmittelbar nach Eracheinen
direkt an Teubner einzusenden, der die Weitersendung über-
nimmt.
5. Die Portokusten der Zusjendung trägt der Empfänger.
6. Jede beteiligte Anstalt zahlt zur Deckung der Kosten einen
Jahresbeitrag von 9 ^^ an Teubner.
7. Die Programme werden alle in gleichem Format gedruckt
(beschnitten 2572X20^/2 cm; s. 0. S. 97 Anm. 2).
y) DerVerlaafin der Praxis:
Aaf Grund dieser Bestimmungen hat sich, was den Empfang
der Programme betrifft, jetzt im allgemeinen folgende Praxis
Iierau9gestellt: Ende Juni oder Anfang Juli trifft die Hauptsendung,
enthaltend fast alle Programme Norddeutschlands uud die Vor-
lesungsverzeichnisse der Universitäten für das Sommerhalbjahr,
M den beteiligten Ansialten ein. Um die Jahreswt^nde folgt die
mie, kleinere Sendung mit den nachgelieferten Programmen
Dorddeutscher Anstalten, den Programmen der süddeutschen
Staaten, Österreichs u.s. f. und den Verzeichnissen der Univer-
sitäten für das Winterhalbjahr auf Grund eines zweiten kurzen
Verzeichnisses, welches die Änderungen, bezw. Berichtigungen des
enten Verzeichnisses, sowie insbesondere die Titel der
bayerischen Abhandlungen angibt. In bezug auf die
Lieferung der letzteren wird jetzt so verfahren: Sie werden
„sämtlich an diejenigen Schulen gesandt, welche eine Abhand-
lung geliefert und alle Programme oder alle Abhandlungen ver-
langt haben. Der Best steht den Schulen, welche gewählt und
eine Abhandlung geliefert haben, und in letzter Linie den übrigen
Schulen zur Auswahl zur Verfügung, soweit der Vorrat reicht*'
(Mitteilung Teubners in dem zweiten Verzeidinis).
Deitjclieo Reiches (aofler Bayern; vgl. darüber obeo) iiod die Ver-
uidiaiste voo 20+5 üoiversitStan (Anm. 3), sowie die 7 siebeDbärsiscIien
Aostaltes (Aom. ]) aaf. Ober die 69 öslerreiohischen Aostalten,
dertu Berichte jetzt nach Daatsehlaod so iLomneo pfle^^eo,
liegt keto ^edracktes Verzeicbois vor. Sie sind daher oben
(S. 169 Aon. 3) besonders aufgeführt, aai jeden Interesseoteo
leieht zu orieatieren.
172 Programmwesen and Programmbibliothek d. höh. Schaleo,
6) Sood er ta aschverkehr :
Außer diesem allgemeinen Tauschverkehr bestand schon vor
1875 und besteht noch heute ein amtlicher Sondertausch
zwischen den Anstalten der kleineren deutschen Staaten inner-
halb der Landesgrenzen, zwischen Bayern und Österreich
(vgl. o. S. 107, Nr. LXXKXVF) ^), sowie ein h a Iba m tl i c her zwischen
den Anstalten größerer Städte, so z. B. zwischen denen Berlins
und der meisten Vororte der Reichshauptstadt. Die Ein-
richtung hat den großen Vorteil, daß diese Schulen die Pro-
gramme ihres engeren Interessenkreises sehr bald nach Erscheinen
erbalten und für diese nicht auf das Eintreffen der Teubnerschen
Sendungen zu warten brauchen. —
Damit die Programme den Unterrichtsbehörden selbst sofort
unmittelbar zugänglich werden, haben endlich sämtliche Ver-
waltungen Bestimmungen darüber getroffen» daß eine bestimmte
Anzahl von Exemplaren unmittelbar nach Erscheinen an die
Zentralbehördjen einzusenden ist (vgl. z. B. oben
Bibliogr. Abt. 2, Nr. XLV und LVIIIb). Ober die Einsendun^c
an wissenschaftliche Institute u. ä. s. o. S. 148.
Gegenstand amtlicher Verfügungen ist seit 1 875 der Pro-
grammentausch, soviel mir bekannt, nicht gewesen. Ein wohl
mit den Verfügungen von 1878 und 1879 (Bi6It'o^. Nr.XXXlXc,
vgl. 0. S. 147) in Verbindung stehender Vorschlag des preußischen
Ministeriums vom Januar 1881, der den übrigen Regierungen
gemacht wurde in der Richtung, daß ein Recht auf Teilnahme am
Tausch nur den Anstallen zustehen sollte, die selbst eine Ab-
handlung veröffentlicht hätten'), scheint praktische Folgen nicht
gehabt zu haben. Daß eine nun 30 Jahre bestehende Einrichtung
im einzelnen hier und da verbesserungsfahig sein mag, ist
natürlich, und einiges hierauf Bezügliche wird später (in
Teil II 2) zur Sprache kommen. An den Grundlagen der
ganzen Einrichtung aber zu rütteln — etwa vom Sonderstand-
punkte einzelner Staaten aus — scheint mir nicht wohlgetan.
Es wurde die alte Zersplitterung aufs neue herbeiführen und
ein deutsches Erbübel im ungünstigsten Liebte zeigen.
^) Aach wohl noch zwitcheo Bayern nod Baden. Wenigstens
wurde in Baden noch 1S75 unter Hinweis anf den Umstand, daß Bayern
dem allgemeinen Taaschverkehr nicht beigetreten aei, ausdrücklich anter
Heranziehung früherer Verrdgungen (30. Juli 1871 und 16. M&rx 1872) her-
vorgehoben, daß der früher in Obung gewesene Sonderaustaaseh zwischen
bayerischen und badischen Anstalten durch die Neuordnung von 1875 keinen
Eintrag erleiden solle (Joos S. 440 o.).
>) Vgl. ZUchr. /. d, GfT, XXXV (1881) S. 766. Ober Bayern vgl.
0. S. 171 n.
von R. Ullrich. 173
e) Bestimmungeo über das Äußere der Programme
(Titel, Format), ihren Umfang and ihre Kosten.
Recht wesentlich, wenn auch leider oft gerade von den am
meisten interessierten Kreisen unterschätzt, sind gewisse Äuäer-
lichkeiten der Programme, insbesondere Titel und Format,
zumal für die Katalogisierung und die leichte Einordnung in den
Bibliotheken.
Nicht allzu lange nach der Neuordnung des Prograromwesens
überhaupt mußte daher schon 1841 {Bibliogr. Abt. 2, Nr. XXXiVc)
zuerst die preußische Regierung unter ausdrücklichem Hinweis
auf die Erleichterung der Katalogisierung darauf aufmerksam
machen, daß der Titel ordnungsmäßig abzufassen sei, nämlich
1. Den Namen der betr. Anstalt, 2. Ort, 3. Schuljahr, 4. Veran-
Li^soDg^), 5. Inhalt und 6. die Vornamen und den Zuoamen des Ver-
fassers der den Schulnachrichten vorangehenden wissenschaft-
lichen Abhandlung bestimmt und vollständig enthalten müsse.
Kese Bestimmungen bedürften, wie gleich hier bemerkt werden
mag, wiederholter Einscbärfung; denn es kommen auch heute
immer noch zahlreiche Ungenauigkeiten vor, besonders in bezug
aaf Nr. 6 '), so oft sie auch von Fachmännern, insbesondere auch
Ton Bibliothekaren großer Bibliotheken, gerügt worden sind. Diese
Dinge sind heute um so wesentlicher, als wenigstens im Deutschen
Reiche jetzt (vgl. den Abschnitt u.S. 174 IT. über,, Kosten'') Abhand-
lungen und Berichte meist getrennt ausgegeben werden, wobei
es aber immer noch vorkommt, daß die Zusammengehörigkeit
beider Teile in den Titeln nicht ausreichend bezeichnet wird. Es
i»t z. B. gelegentlich weder festzustellen, ob zu einem Jahresbericht eine
Abhandlung erschienen ist'), noch zu welchem Jahresberichte eine
solche gehört, so daß gewissenhaften Bibliothekaren und auch
anderen Benutzern mancher Verdruß erwächst.
Noch schlimmer steht es mit dem Format. In den ersten
Jahrzehnten nach 1824 herrschte das Quartformat vor. In
Preußen wurde es 1824 (Bibliogr. Abt. 2, Nr. XXX, Abs. 1)
aasdruckiich vorgeschrieben (doch ohne genauere Bezeichnung der
Größe), in den andern deutschen Staaten, auch in Bayern
<s. u.), war es üblich, nur in Baden wurde 1862 (Nr. LVI) das
f'benfalls bisher gebräuchliche Quart durch ein kleines Oktav
(nach den Berichten aus jener Zeit etwa 20X12^ cm) ersetzt.
Aus naheliegenden praktischen Gründen bestimmte man 1875 bei
^) Die öffentliche PriifoD^; sie ist jetzt wcDissteos in NorddeutschUod zu-
■eist weCKefallen.
3) Vgl. dazu die Vfg. vom 2 1. A p r i 1 1 8 86 (fF Me-Kübler II (1888) S. 489;
8. o.S. 96,IVr. XXXlVd).
') )o der oeaesten VerfdgiiDg Badens vom 1 S. Jaoi 1 904 {ßibliogr*
jfbt. 2 fir. LXIb) wird daher unter Nr, 2, j4bs, 2 auf die .Notweodiskeit
dieser Bezeichnung mit Recht hingewiesen.
174 Programmweseo uod Programmbibliothek d. höh. Schalen,
Gelegenheit der Einrichtung des allgemeinen Tauschverkehrs auch
ein allgemeines Format der Programme ausdrucklich (Quart:
25|x20icm; s. o. S. 97 Anm.2 u. S. 171 u. Nr. 7). Baden, dessen
Programme vorher 12 Jahre lang in 8*^ erschienen waren, ging in-
folgedessen wieder zu 4® über (Nr. LVlil, LIX; vgl. auch LXIb),
wogegen umgekehrt Bayern, das auch dem allgemeinen Tausch-
verkehr nicht beigetreten war, gerade zu dieser Zeit mit Rück-
sicht auf das Format seines Minisierialblaites (Bibliogr. Abi. 7.
Nr. XVIII) V mit gr. 8° verUuschte (s. o. S. 101 Anm. 2 und
Bibliogr. Abt, 4, Nr. 82). Leider hat die Festsetzung des gleichen
Formals vom Jahre 1875, die für die Zwecke aller Bibliotheken
geradezu wesentlich ist, nicht durchweg die erwünschten praktischen
Folgen gehabt. £s herrscht heute ein wirres Durcheinander;
wenn das Format etwas kleiner ist als 251x20} cm, so schadet
das nicht viel, es kommen aber auch Größen von 28 und 29 cm
Höhe und entsprechender Breite vor, und das ist ungemein
störend. Sollte Einheit hier wirklich nicht zu erreichen sein?
Es wäre zu wünschen, daß die Regierungen einige Jahre hin-
durch ihre Anstalten jedesmal vor der Drucklegung beizeiten auf
die vergessene Bestimmung ausdrucklich hinwiesen, bis sie sich
eingebürgert hat. In Österreich wurde 1875 {Bibliogr, Abu 2,
Nr. LXXXXVII) in § 6 der großen Hauptverfügung dasGr. 8^-
Format, das schon vorher vielfach gebraucht worden war, be-
stimmter auf 24X16 cm festgesetzt, ohne daß auch hier völlige
Gleichheit zu erreichen gewesen wäre. Doch sind Abweichungen,
besonders nach oben hin, seltener als bei den deutschen Pro-
grammen. Die Anstalten Siebenbürgens sind dagegen meist
den Bestimmungen des allgemeinen Tauschverkehrs gefolgt und
geben ihre Programme in 4^ heraus.
Eine sehr wichtige Frage endlich betrilTt den Umfang der
Programme und, was natürlich eng damit zusammenhängt, die
Kosten. Die Diskussion hat sich gerade mit der Kosten frage
lebhaft beschäftigt und ist nicht selten gerade aus dieser Rück-
sicht, indem sie gewaltige Rechnungen von Hunderttausenden, ja
Millionen^) aufmachte, zur Verurteilung der Einrichtung, insbe-
sondere der Abhandlungen, gekommen; die Praxis mancher
Finanzverwaltung ist — aus gleicher Rücksicht — gern ge-
folgt. Indem ich für alle Einzelheiten auf den nächsten Abschnitt
(B) verweise, gebe ich hier zunäclist eine Obersicht darüber, wie
die Behörden sich zur Sache gestellt haben — soweit es auf
Grund des gedruckten Materials, unter gelegentlicher Heran-
ziehung anderer bisher nicht gedruckter Maßnahmen, möglich ist.
Der preußischen Unterrichtsverwaltung, die in den ersten
^) Wenn mao bis aaf die ersten Programme (alten Stils) zaruck^eht»
also etwa bis ins 16. and 17. Jahrhandert, kann man vielleieht so^ar anf
Milliarden kommen.
voo R. UUrieh. 175
Jalirzehnlen Dach den unerhörten Leiden und Opfern des Staates
Yoo I806~18t5 für die Neugestaltung des ganzen Bildungs-
wesens erhebliche Mittel aufwenden sollte, bereitete wie anderes
auch die Durchfuhrung der als notwendig und nützlich er-
kaoDlen Einrichtung des Programmwesens nicht geringe finanzielle
Sorgen. Man liest das aus den Berichten jener Zeit deutlich
genug heraus. So enthielt gleich die erste, schon so oft heran-
gezogene Hauptverfugung von 1824 (BtWogr, Abt. 2, Nr. XXX)
im Abs, VI zwar die Bestimmung, die Kosten des Programmes
sollten aus den etatsmäßigen Fonds des betr. Gymnasiums gedeckt
werden, fügte aber hinzu, sie sollten, falls diese Mittel nicht aus-
reichten, ^,mittelst eines von sämtlichen Schülern des Gymnasiums
auCzubringenden, von dem Kgl. Konsistorium (vgl. o. S. 1 67)
näher zu bestimmenden außerordentlichen Beitrages*' bestritten
werden. Das Bedenkliche einer solchen Maßregel ^), deren Durch-
führung der Rechtsgrund gefehlt hätte, war auch damals den
maßgebenden Persönlichkeiten nicht entgangen'), und so wurde
denn ebenso einerseits 1824 (a. a. 0.) bestimmt, es sollte in
jedem Etat eine angemessene Summe für den Zweck ausge-
worfen, wie bald darauf 1828 (Nr. XXXII b), es sollte „der Be-
'jag des Fehlenden als Mehrausgabe nachgewiesen*' werden. Zü-
rich heben aber beide Verfügungen hervor, daß unter der Vor-
aussetzung mäßiger Ausdehnung der Abhandlung der Umfang des
(ganzen) Programmes sich auf 2 — 3 Bogen in 4" beschränken
solle. In der Tat halten die Programme in den einfachen
Sdittlverhältnissen jener ersten Zeit die Grenze von 3 Bogen
i:=24 S.) in der Regel ein; meist ist es so, daß auf die Ab-
handlang Vs9 auf die Schulnachrichten ^/s kommt. Schon in den
dreißiger Jahren aber wurde es nicht selten anders. Mit dem
Erstarken des wissenschaftlichen Lebens im höheren Lehrerstande
wachs auch das Bedürfnis, sich an größeren Aufgaben zu ver-
suchen. Die Ereignisse des Schuljahres wurden mannigfaltiger
and brauchten mehr Platz, um in einem Berichte veranschaulicht
zu werden. So wurde der Umfang verdoppelt, auch verdreifacht.
Al^esehen aber davon, daß die Mittel des Staates und der Ge-
meinden sich hoben, ist gerade im Verhältnis zu dem heutigen
Zustande auch der äußere Gesichtspunkt zu beachten, daß das
*) Anders zn beort«ileo sind, wie in diesem Znstmnienhange bemerkt
werden Bag, die in Österreich nocli heute bestehenden bestimmten, von
jedcB Schüler zu leistenden sog. „Lehrmittelbeiträge**; vgl. über sie,
saeh im Zosnmmenhang mit den dort im Vergleich zu unseren, besonders
norddeatsehen Verhältnissen erheblich niedrigeren Schnlgeldsätzen
meine Bemerkungen in Reins EnzykL Hdb. d. Päd. Bd. > V (1906)S. 43i.
Doeh bemhea diese Beiträge anf gesetzlicher Grundlage.
3) Wiese, Das höh. Sehuho. i, Preußen 11 (1S69) S. 704 erwähnt
salehe sich ao die Frage knüpfenden „Erwägungen^*, ohne diese indes selbst
naher mitzo teilen.
176 Programm weseo aod Programmbibliothek d. hob. Schalen,
sog. 4^'Format der Programme jener älteren Zeit meist ein sehr
kleines ist (etwa 23x18 cm)'). Es steht nicht viel auf diesen
Blättern (mit übrigens meist — im Gegensatz zu heute — vor-
trefllichem Papier und breitem Rande), oft weniger als wir jetzt
bei einem Format von gr. 8® zu finden gewohnt sind. Die
preußische Regierung ist dann auf die Frage des Umfanges, so-
weit es sich wenigstens aus gedrucktem Material ersehen läßt, später
nicht näher eingegangen, sondern hat diese Sache sich so ent-
wickeln lassen, wie es durch die tatsächlichen Verhältnisse selbst
bedingt war. Eine „Abhandlung** sollte ja doch kein „Buch"
werden, und von besonderen Ereignissen abgesehen, wie Schul-
Jubiläen u. ä., die nicht bloß im Jahresbericht eingehendere Mit-
teilungen erforderten, sondern auch nicht selten Anlaß zu be-
sonderen, umfänglichen Darstellungen der „Geschichte der An-
stalt** in der „Beilage** wurden, bewegte sich ja ein Schuljahr in
der Regel in bestimmten Bahnen, die dann im Jahresberichte in
Kurze noch einmal durchlaufen wurden. Auch die Zeit der
Direktoren, die Jahr für Jahr zur Berichterstattung verpflichtet
waren, setzte dem Umfange natürliche Grenzen. Nur in den
Reformplänen von 1866 {Bibliogr. Abt. 2, Nr. XXXVf; s. auch
oben S. 146) tritt gelegentlich der Gedanke einer Beschränkung
des Tauschverkehrs hervor, in der Weise, daß an auswärtige An-
stalten künftig nur die mit Abhandlungen versehenen Programme
zu senden wären — worin ja zugleich eine wenn auch unwesentliche
Ersparnis enthalten war. Da nun tatsächlich seit der Aufhebung
der Verpflichtung der Lehrer zum regelmäßigen Schreiben von
Programmabhandlungen in Preußen im Jahre 1875 (s. o. S. 147)
nach und nach eine relative Abnahme der Zahl der Beilagen einge-
treten ist, sind natürlich auch die Kosten gegenüber dem 50 jährigen
Zeitraum von 1825 — 1875 relativ gesunken — wobei selbst-
verständlich — was oft übersehen worden ist — das Steigen der
Druckerpreise berücksichtigt werden muß. Eine amtliche, gaaz
zuverlässige Statistik darüber, was etwa heute die Programme
(Jahresberichte und Abhandlungen) im einzelnen wie im ganzen
kosten, liegt nicht vor. Sie könnte, wenigstens für die staatlichen
Anstalten einmal unternommen, recht interessante und lehr-
reiche Ergebnisse liefern, auch bezüglich des Unterschiedes der
Herstellungskosten im Osten und Westen, in großen und kleinen
Städten u. s. f. Nur Wiese hat zweimal, natürlich auf amtliches
Material gestützt — weswegen seine Angaben hierher gehören —
die Gesamtkosten der „von sämtlichen preußischen höheren
Lehranstalten veröffentlichten Programme*'*) angegeben, nämlich
^) So. z. B. bei sämllichea Pro^rammea von Glaiz (s. Tabelle hinter
S. 160) voD 1825— 1S49, auch bei OotzendeD tpderer Aostalteo, deren Pro-
gramme mir io gaazea Seriea vorliegpeo.
') Diese köonea hierbei wohl nur als „AbhaDdloDj^eD a q d Jahres-
voo R. Ullrich. t77
für die Jabre 1868 und 1S73. Für den ersten Zeitpunkt^) be-
rechnete er sie auf ca. 24500 Taler (ca. 73500 tJC), für den
andern') (einschließlich der Versendung!) auf ca. 39000 Taler
(ca. 1 17 000 o40. Im Jahre 1868 betrug nun die Zahl der
preußischen höheren Lehranstalten 304 (Anfang 1869 unter Ein-
rechnung der neuen Provinzen Schleswig- Holstein, Hannover und
Hessen-Nassau 392)'), Anfang 1874 (womit man Ende 1873 un-
gefähr gleichsetzen kann) aber 438*), wovon man mit Rücksicht
auf das Programmwesen aber natürlich die im Laufe des Jahres
186S bezw. 1873 gegründeten 23 bezw. 10 Anstalten'^) abziehen
muß, so daß sich die Zahl derjenigen, die tatsächlich Pro-
gramme veröffentlichten, für 1868 auf 281 (mit denen der neuen
Provinzen 369), für 1873 aber auf 428 belief. Für den ersten
der bezeichneten Zeitpunkte bleibt übrigens bei Wieso eine
kleine Unklarheit bestehen, insofern er zwar (II S. 709) von
sämtlichen preußischen höheren Lehranstalten spricht, andrer-
seits aber (ebenda S. 511) in der Gesamt Statistik für 1S68 die
Anstalten der neuen Provinzen noch nicht mitzählt. Man wird
also, so lehrreich ein Vergleich zwischen 1868 und 1873 wäre,
gut tun, der Versuchung zu widerstehen, um Irrtümer zu ver-
meiden; und es wird richtiger sein, allein seine Angaben für 1873
anter Abzug von 10 einer Durchschnittsberechnung zugrunde zu
legen. Danach ergäbe sich unter der Voraussetzung, daß die
bHr. Kosten für die städtischen Anstalten miteinbezogen sind
(0. S. 176 Anm. 2), für die Programmkosten von Ostern 1873 ein
Durchschnitt von ca. 117 000 JC: 428, also etwa 273 JC für
Abhandlung und Schulnachrichten jeder Anstalt, ein Betrag, den
man selbst für die damalige Zeit als sehr gering bezeichnen muß,
wenngleich sich die Summe natürlich im einzelnen sehr ver-
schieben wird, da die Gymnasien fast durchweg nur Berichte mit
Abbandlungen veröffentlichten, die unvollständigen Anstalten aber
häufig Berichte allein herausgaben. Gelänge es, was nur den
v«»reinten Kräften vieler möglich wäre, den durchschniltlichen
Umfang der gesamten Programme für jene Zeit in den einzelnen
Provinzen (bezw. großen und kleinen Städten) und für die ganze
kerickttt" verstaoden werden, da eioe Sooderuog beider Teile damals oicht
bblich war. DbB dem damali^eo Dezerocotea für das höhere Schul w^eo in
Preofien aoch die ReebooQ^eo der stSdtischeo Patrooate eiazelo vor«
gelefea babeo, würde ao sieh zweifelhaft scbeioeo, ist aber wohl aozu-
achaea, da er aa den betreffenden Stellen einen besonderen Vorbehalt
aicht macht.
1) Wiese, Das höh. Schulw. i. Preußtn 11 (1869) S. 709.
3) Ebenda IH (1874) S. 59.
•) Bezw. 395; v;I. Wiese a. a. 0. II S. 511.
«) Ebenda III S. 381; jedenfalls schließt die Angabe für Anfang 1874
die Programme von 1873 mit ein, worauf es hier hauptsächlich ankommt.
^) Nach einer aof Grand der Einzelangaben bei Wiese-Irmer (s. o.
S. S9 Anm. 2) Bd. IV von mir angestellten Sonderberechnuag.
Zcita^hr. f. d. 07xiisM*»lweseD. LXT. 2.0.3. ]2
ilS ProfSFämmTiitseB uod Programmbibliothek d. höh. Scholeo,
Monarchie zu berechnen, so wurde man gleichzeitig auch auf
diesem Gebiete einen wichtigen Beitrag für die Druckerpreise des
Jahres 1873 im Vergleich zu heute erhallen, wobei dann freilich
wieder die gerade damals eingetretene unnaturliche Steigerung der
Löhne in Betracht zu ziehen wäre — kein leichtes Unternehmen.
Nimmt man aber etwa für 1873 den durchschnittlichen Umfang
eines Gesamtprogramms — unter besonderer Berücksichtigung
des Umstandes, daß schon ein kleiner Prozentsatz von ihnen
ohne Abhandlung erschien , — auf 4 Bogen ^) an, was dem
Richtigen ziemlich nahe kommen durfte (es sind Hunderte von
Programmen jener Zeit durch meine Hände gegangen), so komuil
man auf einen Durchschnittssatz von etwa 68 •^ für den Druck-
bogen; dabei ist, wie bemerkt, die abnorme Preissteigerung gerade
jener Jahre und besonders in den großen Städten^) zu berück*
sichtigen. Heute läßt sich in einer größeren Stadt auch bei
billigster Preisberechnung ein Bericht einer Anstalt mittlerer
<>röße mit Abhandlung mäßigen Umfangs^) (zusammen etwa
5 Bogen) bei einer Auflage von 1500 — 2000 Exemplaren kaum
unter 450 — 500 cy^^) herstellen, und vom Jahre 1907 ab wird bei
erneuter Steigerung der Satzkosten mit noch höheren Preisen zu
rechnen sein. Für irgend ein Jahr nach 1876, von wo ab
Klußmanns Arbeit (ßibliogr. Abt. 3, Nr. 14) und die Teubner-
sehen Übersichten {ebenda Nr. 13 b) zur Verfugung stehen, ließe
sich unter Berücksichtigung der gegen 1873 allmählich wieder
etwas heruntergegangenen Preise und der infolge des Erlasses
^) Die Programme m i t Abhaadluogeo umfaßten io der Regel 5 ßogeo,
auch mehr, wogegen die o li d e Abhandlung sich auf 1 — 1^ Bogen be-
schränken. Bei ihrer geringen Zahl können sie aber den Durchschnitt nicht
erheblich beeinflussen.
') Die mir darch meinen Direktor Herrn Geh. Reg.-R. D. Dr.
L. Bellermann zugänglich gemachte Rechnung für das Osterprogramm des
Berlin. G, zum grauen Kloster vom Jahre 1873 (außer den Scholoachrichten
enthaltend die Abhandlung des ord. L. Dr. Eichholtz: ühlands schwäbische
Balladen auf ihre Qudlen zurückgt^ührt) betrug genau 450,45 JC» 0« das
Programm 43 bedruckte Seiten io 4^ = 5^9 Bogen umfaßte, kam dao:ich
der Bogen (Satz, Druck, Papier, Broschieren) auf etwa 84 JC zu steheo.
Ob die Auflage 1500 oder 2000 Exemplare betrog, ließ sich nicht mehr mit
Sicherheit feststellen; doch ist nach den FerhaniUimgen der Berliner Stadt ^
verordneten- f^ei'santTulung aus der zweiten Hälfte der siebziger Jahre (vgl.
Abschnitt B) das letztere wahrscheinlich. In den letzten Jahren hat der
Durchschnittspreis für den Bogen bei einer gleich starken Auflage etwa
80 JC in Berlin betragen, ist also sogar noch etwas niedriger als 1873.
Dabei ist aber zu beachten, daß es sich um Preise handelt, die von der
Kommune für größere Lieferungen amtlich festgesetzt sind. In anderen
Fällen würden sie zweifellos erheblich höher sein.
') Vor mir liegt der Bericht des Kgl. König fnihelms-Gymnastfims
in Stettin von 19U6: Umfang 18 S. in A% Abhandlung: 21 S. dgl , zu-
sammen knapp 5 Bogen.
^) Ober eine neuere Festsetzung in Württemberg vgl. S. 179 f.
VOB R. (Jllricb. 179
TOQ 1875 immer geringer werdenden Zahl der Abhandlungen*)
eine zuverlässige Berechnung viel leichter anstellen, wenn eine
Angabe über die Gesamtsumme der Kosten vorläge. Leider ist
die TOD Wiese für 1868 und 1873 angestellte Gesamtberechnuhg
in der Fortsetzung seines Werkes von (rmer (Bd. IV S. 95 —
vgl. BibUogr. Abt. 1, Anm. 2 zu Nr. IV) >- nicht weitergeführt
worden, so daB jede allgemeine zuverlässige amtliche Grundlage
für die Zeit von 1874 bis jetzt fehlt <).
Auch die anderen Regierungen haben dem Umfang und
den Kosten des Programms ihre besondere Aufmerksamkeit ge-
widaiei. Das älteste Dokument liegt dafür in Sachsen vor, dessen
Schulbehörde 1837 (BibUogr. Abt. 2, Nr. LXXVII) für die Ab-
handlung allein einen Umfang von nicht unter 2, aber auch nicht
über 4 Bogen festsetzte. Nimmt man den Durchschnitt 3 unil
rechnet — was den damaligen Verhältnissen entspricht — die
^^hainachrichten mit 1 — IV2 Bogen hinzu, so kommt man auf
dorchscbnittlich 4 — 4*U Bogen im ganzen. Wenn dieser Umfang
«rfaebltch größer ist als der zuerst für Preußen bestimmte, so ist
«inmal zu beachten, daß die sächsische Verfügung ein Jahrzehnt
später fallt, und ferner, daß (vgl. 0. S. 175) auch in Preußen
idbst schon in den dreißiger Jahren die ursprünglich bestimmte
^Bze tatsächlich nicht mehr innegehalten wurde. Es war dann
veiter nur folgerichtig, wenn im Jahrzehnt darauf (1844) die
vörttem bergische Regierung (vgl. Nr. LXXXX) in dem an
im theologischen Seminare (s. 0. S. 106 Anm. 4) gerichteten Er-
bsse den Umfang des Programms (Abhandlung und Schulnach-
nebten) auf 4 — 5 Bogen festsetzte. Die anderen deutschen
Staaten haben, soweit mir bekannt geworden ist, bestimmte
Anordnungen über den Umfang des Programm es nicht erlassen,
^^nsowenig die oben genannten Staaten in neuerer Zeit. In
Baden und Bayern sind nur mehrmals Hinweise erfolgt, die
Scholnachrichten oder Teile davon in möglichst knapper Form
abzufassen, so in Baden 1881 (Nr. LIX) und neuerdings 1904
(.Nr. LXIb, unter Abs. 4). und die bayerische Regierung ver-
langte sowohl 1874 wie 1891 (Nr. LXVilla u. LXXa) wenigstens
eine kurze Chronik ausdrücklich. Mittelbar \\ird auch auf
Kurze hingearbeitet, wenn in der neuesten {ungtdruckien)
württembergischen Verfugung (Nr. LXXXXI) betont ist, es
1) Riüe lehrreiche Übersicht für die Jahre 1876^1880 g^ibt
B. Sehw«lbe a. a. O. (vgl. BibHogr. Abt. 4, Nr. 88) S. 125, auf die ich
■»eh zoräckioiuneB werde.
^} Gher später aogestellte private Berechnaogeo ood dereo Wert
Tg/. Absehaitt 1^; waa die Kosten der Programme für die städtischeo
höheren Sehnten fie rlios betriOlt, so köooen (vgl. schoo obeo 8. 178
Ann. 2) die Verhandlungen der Stadtverordneten- f^ersammlung' wiederam
s. a'och Ab9€hB. B) heraogezogeo werden (BibUogr, Abt 4, J\r. 80).
•f o*
180 Programmvesen und Programmbibliothek d. böL Sebaleo,
könne „erfahrungsmäßig eine wissenschaftliche Abhand-
lung, die sich in mäßigen Grenzen halte, samt den Schul-
nachrichten um ca. 400*^ hergestellt werden*' (vgl. o. S. 178).
Einen etwas anderen Weg, eine Verbilligung zu erreichen, schlug
man in den preußischen Erwägungen von 1866 (Nr. XXXVI;
vgl. auch 0. S. 176), in Hessen 1876 (Nr. LXXV) und wohl
auch in Baden (schon 1862; Nr. LVI) ein, indem man teils eine
Einschränkung des Tauschverkehrs auf die mit Ab-
handlungen versehenen Programme in Aussicht nahm (s. o. S. 176),
teils wegen der größeren Zahl der seit 1875 für den allgenieineo
Tauschverkehr beanspruchten Exemplare einer Trennung der
Abhandlung von den Schulnachrichten bezw. dem Weg-
fall der ersteren und der Verwendung schlechtereo
Papiers') das Wort redete (in Hessen), teils endlich (in
Baden) die äußere Trennung von Abhandlung und Bericht
wie die Anwendung des gleichen Formats (zuerst 8^ später 4^;
vgl. 0. S. 174) und der gleichen Druckschrift*) ausdrücklich vor-
schrieb. Diese Trennung, die schon vorher in Bayern ange-
ordnet (schon 1830, vgl. Nr. LXIVb), wenngleich erst allmählich
zur Durchfuhrung gekommen war, besteht nun heute laut amt-
licher Bestimmung in Baden und Bayern, ist aber auch in
allen anderen Staaten seit den siebziger Jahren aus den ange-
gebenen finanziellen und noch mehr aus praktischen Gnlnden
(vgl. B und Teil IH) nahezu Regel geworden. Es wäre zweck-
mäßig, wenn sie auch in diesen ausdiöcklich vorgeschrieben
würde, damit (unter Beobachtung der oben S. 174 angedeuteten
praktischen Gesichtspunkte) die völlige Einheitlichkeit erzielt wird,
die gerade in diesen äußeren Dingen hier durchaus notwendig
ist. Daß zu einem Teile wenigstens mit Rücksicht auf die
Kosten der erste Abschnitt der Programme, die Abhandlung, in
einigen deutschen Staaten und Städten eingeschränkt oder ganz
beseitigt worden ist, habe ich schon oben (S. 137 u. ö.) in anderen^
Zusammenhange bemerkt; es \Tird dieser Punkt in Abschnitt H
und Teil II 2 noch zu berühren sein.
In Österreich endlich ist auch diese Seile des Programni-
wesens am stetigsten geblieben. Die erste und zugleich letzte
Bestimmung über Umfang und Kosten findet sich wieder in der
großen Verfugung von 1875 (Nr. LXXXXVII Abs. 6). Wenn hier
') Eine nicht aobedenkliche Maßregel. Die Folge ist denn auch ge-
wesen, daß gerade die Programme der siebziger Jahre, übrigeas auch i»
Norddeatschlaod, im Zosammenhaog mit der damals üblichen Lieferaof;
schlechten nnd dabei teuren Materials (s. o. S. 17b) heute k. T. schon gaoz.
vergilbt sind und in bezog auf Dauerhaftigkeit weit hinter den Druckea
früherer Jahrzehnte, selbst der dreißiger und vierziger Jahre, zurückstehen.
Es war daher durchaus richtig, wenn die prenftisehe Regierung 18SS
(Nr. XLIa) auf die Verwendung guten Papieres ausdrücklich hinwies.
^) Eine Vorschrift, die in solcher Allgemeinheit natürlich nicht durch-
geführt werden konnte.
v«ii R. Ullrich. 181
vor unnöligem Aufwände in Ausstattung und Starke der Auflage
gewarnt und eine Doppelaufliage empfühlen wird, die eine m i t
Abhandlung, die andere ohne diese für „weniger reife Schüler
and für den Teil des Publikums, der erfahrungsmdfiig nur an den
Schulnachrichten Interesse hat", so finden wir wesentliche Züge
aus den oben angeführten reichsdeutschen Anweisungen wieder.
D<*r Umfang des Jahresberichts (hier zu verstehen — nach
Jht. 1 — als Abhandlung und Schuinachrichten, die grund-
siizlich vereinigt sind) wird bei Yollanstalten auf 3 — 5, bei un-
ToUständigen auf 2 — 3 Bogen normiert, doch in gr. 8^ (wie in
Bayern, aber etwas größer, vgl. o. S. 174). Diese Bestimmung
ist insofern für das Verhältnis zu dem Umfang der deutschen
Programme von einiger Bedeutung, weil das Format von 24x16 cm
hinter dem sog. 4^ der deutschen Programme (mit Ausnahme
Bayerns) nnr wenig zurückbleibt, außerdem besonders in den
Seholnachrlchten in ziemlichem Umfange kleine Typen verwendet
n werden pflegen, so daß diese Berichte, im ganzen angesehen,
ie reichhaltigsten sind, die z. Z. überhaupt veröflentlicht werden
<i|L Näheres darüber in Teil II 3). Tatsächlich kann denn auch
^ amtlichen, reichlich Spielraum lassenden Vorschrift hier in
^ Praxis konsequenter Folge gegeben werden als dies in den
a^ereo Staaten möglich ist, und so überschreiten von den mir
«d^ forliegenden 69 österreichischen Jahresberichten für 1905/06
(i. O.S. 169 Anm. 3) nur sehr wenige die Grenze von 5 Bogen
(=S0 S.); einige Berichte kleinerer Anstalten erreichen die
eatat Grenze von 3 Bogen (48 S.) nicht einmal. Die meisten
Uen zwischen 50 und 60 S. Umfang. Über das Verhältnis von
Abhandlung und Schulnachrichten läßt sich Bestimmteres, was
Bedeutung hätte, nicht sagen. Es regelt sich im allgemeinen
durch die Sache selbst. Die Programme der österreichischen
Realschulen *), von denen ich eine größere Anzahl (wenigstens
der über 1904/5) der Güte der betr. Herren Direktoren oder
fiibltothekare verdanke, halten sich wie bei uns in etwas engeren
Grenzen.
Ich schließe hiermit diese Übersicht der geschichtlichen
Entwicklung und des Standes des Programmwesens
in einer Reihe von Staaten nach allen seinen Seiten hin auf
Cmnd der tatsächlichen, durch die einzelnen Behörden
begründeten, erweiterten oder auch begrenzten Ver-
hältnisse. Wenn sie etwas ausfuhrlicher ausgefallen ist, so
wird das, denke ich, kein Schade sein. Denn es läßt sich jetzt
besser als früher fibersehen, was angeregt und wieder fallen ge-
lassen worden ist, was Bestand gehabt hat und was nicht, und in
<Keser langen Entwicklung, die für verschiedene Verhältnisse
^) lo deo deatseheo Taosch verkehr kommeii sie (mit eioer Aas-
««hne; f. o. S. 169 A. 3, Nr. 64) siebt.
192 -ProgramiDweseD nod Programmbibliothek d. Ii8h. Schalen^
eigenartige BestimmuDgeD hervorbrachte, aber auch Besonderheiten
höheren Rücksichten unterordnete, liegen, scheint mir,
fruchtbare Keime für die spätere, gedeihUche Entwicklung. Die
Geschichte des Programmwesens seit 1824, von der hier eine
Skizze zu geben versucht worden ist, wird nach ihrer wissen-
schaftlichen wie praktischen Seite auch die Lehrmeisterin seiner
Zukunft sein. Hätte sich die Diskussion, besonders die der
letzten zwei Jahrzehnte, mehr bemüht, sich in diese Entwicklung
zu vertiefen, so hätte sie wohl viele Worte gespart und wäre vor
manchen Irrwegen bewahrt geblieben.
B« Die DlskQBslon in Fachkreisen«
Die hier folgende Übersicht über die Diskussion der
Programmsache in Fachkreisen soll die soeben gegebene
Darlegung über die Entwicklung der amtlichen Grundlagen in den
wichtigsten Staaten ergänzen. Es wird sich dabei nicht darum
handeln, alle Einzelheiten von z. T. vorübergehender Bedeutung
zu erwähnen, zu kritisieren und event. Vorschläge daran zu
knüpfen, die den Verhältnissen der Gegenwart und dem in Zu-
kunft auf diesem Gebiete zu Erstrebenden gerecht werden, um
so weniger, als auf die m. E. näheren Eingehens werten Äußerungen
der Fachmänner in Teil 112 und 3, sowie in Teil 111 zurück-
zukommen sein wird. Wichtig scheint mir dagegen, in großen
Zügen ein Bild der Sache zu geben, wie sie sich in verschiedenen
Zeiten und in den verschiedenen Staaten unter veränderten Ver-
hältnissen in den Meinungen Berufener (und auch Unberufener)
dargestellt hat, die schroffen Gegensätze des Für und Wider, von
Lob und Tadel, von ausgezeichneter Sachkenntnis und oberfläch-
lichem Gerede, von wohldurchdachten Plauen und haltlosen Auf-
stellungen zum Ausdruck zu bringen, auch auf gewisse, in be-
stimmten Abständen immer wiederkehrende grundsätzliche Mei-
nungen nachdrücklich hinzuweisen. Ich folge hierbei im wesent-
lichen dem gleichen Grundsatz wie in Abschnitt A, die Tat-
sachen selbst reden zu lassen; aus ihnen soll es jedem ermög-
licht werden, sich selbst ein Urteil zu bilden, ehe er an die
Lektüre der Kritik und des Aufbaus in den späteren Teilen (11 2 u. 3 ;
III) herangeht. Doch wird es sich hier immerhin schon häufiger
als dort empfehlen, das wirklich Gute ebenso wie das offenbar
Verfehlte als solches kurz zu kennzeichnen.
Die Grundlage bildet die Abteilung 4 der chronologiscli ge-
ordneten JBiMto^aphte (14), unter Heranziehung — soweit schon
hier zweckmäßig — von 13. Das alphabetische Verzeichnis
beider Teile (S. 109 Anm. 1 und S. 118—120 Anm. 3) soll
alen die Auffindung bestimmter Einzelheiten erleichtern. Was
de im folgenden einzuhaltende Ordnung betrifft« so schien es aus
äußeren und inneren Gründen nicht zweckmäßig, die Entwick-
lung von acht Jahrzehnten In einem Zuge zu geben; viielroehr
voD R. Ulirich. 183
bieten sich einige Ruhepuokte angesucht dar, die einen ßöck-
blick aaf die Leistungen einer Periode nahelagen und anderer-
seits neue Frobleme vorzubereiten scheinen. Das sind in dieser
Sache, so wie ich sie ansehe, zunächst etwa die Jahre 1S64
und 1865, in denen Bechstein und Calvary mit ihren organi-
satorischen VorschJägen hervortraten (a), ein zweiter Abschnitt
wird durch Wies es knappe Darsteliung vom Jahre 1869 gegeben,
die am Ende einer zwar kurzen, aber an wissenschaftlichen und
praktischen Anregungen sehr reichen Periode steht (b), die C. Fr,
Müllersche Denkschrift und der Beginn von KJußroanns
Werk geben weiterhin der Arbeit der beiden nächsten Jahrzehnte
einen natürlichen Abschluß (c), und von ihnen gelangen wir end-
lich durch eine Fülle von Literatur hindurch, deren innerer Wert
freilich nicht immer in dem rechten Verhältnis zu ihrem äußeren
umfang« steht, bis zur Gegenwart (d).
Innerhalb dieser Perioden, wenn ich so sagen darf, kann
im aligemeinen zwischen der Erörterung über die Abband-
longen (a) und der Ober die Jahresberichte (/}) ziemlich ge-
nau unterschieden werden; die meisten von denen, die sich zur
Sache geäußert haben, machen selbst, falls sie ihr Interesse nicht einem
vflQ beiden Teilen ausschheßlich zuwenden, diese Unterscheidung.
Daneben fangen nun aber allmählich auch die mehr praklis« hen, .
»f die Programmbibliothek bezüglichen Fragen an eine
MIe zu spielen (/"), teils für sich, teils im Zusammenhang mit
des Erörterungen über Wesen und Bedeutung der Abbandlungen
Bsd Jahresberichte. So wird es nützlich sein, hier den gleichen
t^eg einzuschlagen und die über diese drei Gegenstände hervor-
getretenen Meinungen und Vorschläge nacheinander zu Worte
kommen zn lassen. Soweit sich eine Beziehung zu den in Ab- .
schnitt A gegebenen gesetzlichen Bestimmungen in der Diskussion
ohne weiteres ergibt oder doch wahrscheinlich machen läßt, wird,
sie selbstverständlich ihre Stelle linden.
a) Von der Neuordnung in Preußen im Jahre 1824 bis
zu den Vorsehlägen von Bechstein und Calvary 1865.
(Vgl. Bibliographie Aht, 3, Nr. 1—11, 17, 19, 25 aod Abt. 4, Nr. 45—64). ,
a)DieAbliaBdlaageD.
In unseren Tagen pflegt jeder bedeutenden Neuerung, der Praxis .
der Gesetzgebung wieder wissenschaftlichenTheorie, die Diskussion fast
auf dem Fuße zu folgen, eine Tatsache, die in der gewaltigen Aus-
dehnung der Tages- wie der Fachpresse mit ihrem bedeutsamen
Einfluß ihre Erklärung findet. Eigentümlich ist es dagegen, daß
die gleiche Erscheinung sich in bezug auf die eben erfolgte Neu-*
regeiung des Programmwesens selbst in jenen weiter zurück-
liegenden Zeiten findet, in denen doch die beiden erwähnten
Faktoren noch viel weniger in die Erscheinung traten. Und was ,
184 PiTosr^iBiB^'^s^n aod Programmbibliothek d. böh. Sobaleo,
der Sache ein ganz bestimmtes Zeichen gibt, ist der Umstand,
daß die ersten Äußerungen zur Sache in Programmen selbst
erfolgten, in Preußen ebenso wie in Österreich. Zwei Jahre
nach der grundlegenden preußischen Verfügung, im Jahre 1826,
trat (in Breslau) Heibig mit dem ersten Aufsatze über das Pro-
gram mwesen hervor (Nr. 45), und wiederum zwei Jahre nach dem
„Organisationsentwurf'', erschien (in Iglau) 1851 die „Vor-
erinnerung*' Ton Maderner (Nr. 46). Von der Zweckmäßigkeit
der Einrichtung im ganzen sind beide überzeugt, beide legen
auch den Nachdruck auf die Förderung, weiche sie den Schulen
selbst wie ihren Lehrern bringen soll. Umfang und Wert beider
Abhandlungen scheinen mir freilich in umgekehrtem Verhältnis
zu stehen; die knappen Bemerkungen des Österreichers mit
ihrer grundsätzlichen allgemeinen Anschauung (S. 4), daß „einem
solchen Publikum von Kennern und Fachmännern (von Lehrern
numlich) nichts Halbes, nichts Oberflächliches, nichts, was viel-
leicht in besserer Bearbeitung schon vorhanden ist, geboten
werden darf', haben sich entschieden glücklicher eingeführt als
die umständlicheren Ausführungen des preußischen Verfassers,
der schon im Anfange einer Entwicklung eingehende Vorschläge
machte, mit Hilfe der Programme ein einheitliches Lehrbuch der
deutschen Grammatik herzusteilen — Vorschläge, die ein Fach-
mann schon damals mit richtiger Einsicht als wenig ersprießlich
hinstellte^). In Norddeutschland verging dann, wenn man von
der — etwas verfrühten — Verhandlung über eine noch kein
Jahrzehnt bestehende Einrichtung auf der 1. Direktoren -
Konferenz in der Provinz Sachsen (t833) absieht'), beinahe
ein Menschenalter, ehe wieder jemand das Wort zu zusammen^
hängender Darstellung ergriff'). Es war dies ein durchaus ge-
sunder Zustand, und man möchte auch heute manchen neuen
Verhältnissen gern die ruhige Entwicklung einiger Jahre gönnen.
1) J. D. SchaUe, Jahrbb. f, Phü. «. Päd. V (1S27) S. 295.
2) Naeh Erlw [1] (8. Bibliographie Abt. 1, Nr. VII) S.24S „schlug d«r
RefercQt Kiefiliog die Gröadaog eioer Zeitschrift t,Das preußische
Gymnasium^^ vor, „aas welcher RezeosioDen aosznscblicBeo seien, die dagegen
Methodologisches, feroer historische, statistische INotizea, naoieotlich Be-
sprechaog eiozeloer Diszipliaarrälle euthalteo sollte'*; das Mioisteriom habe
sich aber sehr abfällig Hber den Plan geäuBert: die Lehrer beteiligten sich
schoD ohnedies zn sehr an Zeitschriften und Jonroalen and würden ,,ober-
flichliche Räsonnears".
') Es mag seioi daß sich in den Programmen der dreißiger und
vierziger Jahre gelegentlich noch AoBeraogeo zur Sache finden, and es
würde ein zwar emsiges Nachsparen erforderndes, aber doch vielleicht nicht
ganz fruchtloses Unternehmen sein, solchen Stimmen nachzuforschen, in deo
einzelnen Provinzen Preußens z. B. wie in den kleineren deotschen Staateo.
Doch gehört daza umfassendes Material, wie es fürjene altere Zeit wohl
nur in sehr gut geordneten, bis zu einem gewissen Grade voUst'andigea
Programmsammlungen einzelner Schulen zn finden sein dürftis (vgl. Teil 111).
▼ OD R. Ullrich. 185
in der die Dinge langsam reifen and wohlbegründete Erfahrungen
gesammelt werden können, bis in geeignetem Augenblicke neue
Gesichtspunkte hervortreten, die unter veränderten Bedingungen
maBvoUen Fortschritt in die Wege leiten. Die Abhandlungen, be-
sonders philologisch-kritische, wurden ebenso wie die Schul-
Dachrichten Jahr für Jahr geschrieben; man muBte sich in
PreuBen wie in den kleineren Staaten erst allmählich an die be-
siimmtere Ordnung der Dinge gewöhnen, die der Ungleichheit und
Regellosigkeit der vorangegangenen Jahrzehnte folgte, und es fehlte
Q cht an behördlichen bestimmungen, ungeeigneten Bemerkungen
in den Abhandlungen (so in Sachsen, s. o. S. 104, Nr. LXXVIII und
S.t43)oder Ungereimtheiten und Nachlässigkeiten des Inhalts oder bei
der Verteilung der Jahresberichte zu steuern und die ursprüng-
liche Regelung so genauer zu deGnieren« In Fachkreisen selbst
vnrde Zweck und Inhalt der Programme zunächst nicht erörtert.
Man begDögte sich mit einigen Versuchen, die im Jahre 1840
sdion auf mehrere tausend Nummern angewachsene Literatur
4er Abhandlungen in Bibliographien {Bihliogr. Abt.3,tiv.l — 7)
maranaenzufassen und so zugänglicher zu machen — Arbeiten,
4e freilich nur z. T. wissenschaftlichen Ansprüchen genügen
UiiHtti und es heute erst recht nicht können (Näheres s. Teil II 2).
Ms die preußischen Programme neuen Stils gerade ihre ersten
äeibhrzehnte hinter sich hatten und ein wohlbegründetes Urteil
ÜKrWert und Wirkung zu fallen möglich war, konnte Ludwig
Wiese die ganze Einrichtung „eine allgemeine deutsche Ange-
k^teiv nennen (Nr. 49). Die Worte des damals einfluß-
rndisien preußischen Schulmannes gaben nun auch anderen
Fadmäonern Anlaß, die Sache eingehender zu behandeln. Grund-
ütziicbe Anschauungen über die Einrichtung der Abbandlungen
in aUgemeinen wurden geäußert, und nach der Entwicklung von
<irei Jahrzehnten schien nun auch die Zeit gekommen, einzelne
neibodiscbe und praktische Fragen zu behandeln und auf Ab-
Stellung wiiiilicher und vermeintlicher Mißstände zu dringen,
iber den Nutzen der Abhandlungen im ganzen waren bis zur
^enze der fünfziger nnd sechziger Jahre zunächst die meisten
dnig, die Referenten der 12. — 15. Direktorenkonfe^enz
iB Westfalen^), wo die Sache gerade nur berührt wurde,
ebenso wie Dietsch (1855), Hnilicka (1856), Hansen und'
H . . . . (1861) (ßibUogr. Abt, 4, Nr. 50, 52, 55—56). Es
wurden aber auch minderwertige Programme gedruckt; als Grund
sah man hauptsichlich die umfangreiche Berufsarbeit der Lehre an,
ihre>ötigungzumPriTaterwerb,auch mangelnde literarischeHiifsmittel
(bes. Dietsch S. 598). Das gab zunächst Anlaß, für Auf hebung
des jährlichen Zwanges (o. S. 144 ff.) lebhaft einzutreten.
1) Vgl. BiMUtgr. AH. 4, Nr. 66, Aom. 1 (o. S. 122).
186 Programmweseo and Programmbibliothek d. höh. Schalen,
den man besonders verantwortlich machte (Dietsch^) S. 597 ff.;
U . . • . S. 550). Und so kam man von selbst auf die Frage nach
dem zweckmäßigsten Inhalt der Abhandlungen. Dietsch
weist (S. 596) auf die gute Gelegenheit hin, in Programmen gerade
Arbeiten über Lokalgeschichte u. ä. zu veröffentlichen, die
sonst — ein wichtiger Gesichtspunkt — vielleicht ungedruckt
hätten bleiben müssen. Ausschließlich derartige Arbeiten, die
dem Interesse des Publikums von Stadt und Umgegend entgegen-
kommen, wünscht Hnilicka, dessen Zugehörigkeit zu einer
Realschule einer kleinen Landstadt hierbei wesentlich ins Gewicht
fallt, während U. . ., hierin Dietsch (S. 591) z.T. folgend, Gegen-
stände der Didaktik mit Rücksicht auf die Schüler ablehnt
(S. 549), im übrigen aber neben Arbeilen über Lokales auch
philologischen Spezialar beiten, wie der Herausgabe
kleinerer Autoren, Kollationen von Handschriften u» ä. das Wort
redet, dagegen nicht bloß Reden und Gedichte, sondern —
charakteristisch für die Zeit — auch Bibliothekskataiog<^ „und
ähnliche Lückenbüßer'' als dem Zwecke der Einrichtung zuwider-
laufend schlechthin ablehnt. Teilweise widerspricht er sich
dann selbst, indem er Programmkataloge befürwortet, die in
etwa fünfjährigen Abständen mit Unterstützung der Behörden
herauszugeben wären und als Prograrombeilagen ei*scheinen
könnten. Er war übrigens auch — wenn ich nicht irre, der
erste, der die Honorierung der Abhandlungen unter Hinweis
auf Pforta zur Sprache brachte (S. 551 Anm.), doch nur ge-
legentlich und ohne eine große Sache daraus zu machen. Neue
Gesichtspunkte eröffnete endlich Hansen, indem er — wenn-
gleich einseitig — Arbeiten forderte, die auch der Lektüre der
Schüler dienen könnten, und zugleich selbst ein Beispiel
dafür gab'). Im Zusammenbang mit der Erörterung der Auf-
hebung des J ahr es Zwanges wurden auch einige z. T. praktische
Fragen berührt. Die Beseitigung dieses Zwanges würde es
ermöglichen (so meinte man), statt allzu abgerissener „particulae'%
wie sie die vorgeschriebene geringe Bogenzahl (s. o. S. 175; doch
vgl. S. 179) oft nur ermöglichte, gelegentlich größere, in sich
abgeschlossenere Untersuchungen zu liefern, auch die Schul-
nach'richten ausführlicher zu gestalten (Dietsch S. 598).
Bei der Verteilung der Abhandlungen sei sparsam zu ver-
^) Es stimmt oicht gaoz za den tatsiichlicbea Verhältnissen, wen»
Dietsch, der 1855 in Grimma war, nachdrüel^lich die Tat^ncbe betont,
dafl man eine entwürdigende Zensur des Mannskripts (Druckerlaubnis) nicht
eingeführt habe; vgl. gerade diesächsiscbe Verrdgnng Bihliogr. Abt. 2,
Nr. LXXVII f. (8. 0. S. 185).
^) Friedrich Wilhelm I. als evangeUscher Christ vnd Vorläufer der
Union. Pro^r. Mühlheim {Ruhr), R,L 0, 1861, S. 3—39. Die Arbeit ist
zugleich ein Beispiel, wie der Umfang der Programme, mit der Zeit
wuchs (s. o. S. 179); mit den Schnlnachrichten (S. 41 — 55) zusammen umfaßt
sie 7 Bogen! ' /
voQ R. UUricIi. 187
fahren und ev. eine äufiere Trennung von Abhandlungen und
Schulnachrichten ins Auge zu fassen (S. 595; vgl. o. S. 180).
Zugleich finden wir {ebenda S. 596) in dieser Zeit zum ersten
Male die Idee des Jahrbuchs, d. h. der Vereinigung der Jahres-
abhandlungen einer Provinz oder eines Landes unter einheit*
licher Redaktion, eine Idee, die freilich von Dietsch selbst schon
treffend widerlegt wird (vgl. o. S. 184 Anm. 2). Kurz, man war
bemüht, die Einrichtung nach Inhalt und Form möglichst frucht-
bar zu machen.
Auf der andern Seile stehen gegen Ende dieser Periode
schon Männer, welche die Programm abhandlungen schlechthin
als überflüssig bezeichnen, Beschmann (1860) und der be-
kannte Homererklärer Ameis (1861) — der letztere in einem
von ihm selbst geschriebenen gelehrten Programm! Bei Besch-
mann tritt zum ersten Male der (später — so gleich bei Ameis —
oft wiederkehrende) Einwand hervor, die Fachzeitschriften
seien jetzt (anders als 1824) ein geeigneter Ersatz für die
Programmabhandlunge.n, und erwill (auch das begegnet später
von neuem) das ersparte Geld lieber den Lehrerbibliotheken zu-
(Bewendet wissen (S. 596 und 600)^); Ameis dagegen findet
(S. 3), die Abhandlungen wurden in den Kreisen, für die sie be-
sümmt seien, nicht gelesen oder als „Makulatur*' verwendet,
icont sie mit Rücksicht auf den Zwang (s. o.) z. T. „Kinder der
K«i^* und betont, — hier kommt das Standesbewußtsein zum
€fsieo Male zum Ausdruck — es würde kein anderer Beamter
ZBT Verölfenllichung literarischer Arbeiten genötigt.
Während diese mit der Einrichtung als solcher sich be-
schäftigeiiden Arbeiten ziemlich schnell aufeinander folgten, trat
oon in dieser Hinsicht eine Pause von einigen Jahren ein. Man
food trotz solcher abfäijigen Beurteilungen, die wenig Beachtung
Cinden, im allgemeinen doch, die Prograromarbeiten seien wert-
▼olL Ein großer Teil von ihnen wurde in FachzeitschriFten be-
sproehen, auch für größere wissenschaftliche Werke ausgebeutet;
besonders erwähnte man z. B. Goedekes Grundrifs, Es erschien
auch von 1862 bis 1865 wieder eine Anzahl von Programm-
Bibliographien, d. h. hier Zusammenstellungen über die in
bestimmten Zeiträumen veröflentlichten Abhandlungen, die bei
aller durch mangelhafte Organisation hervorgerufenen Unvoll-
kommenheit doch wenigstens eine gewisse Obersicht über das
Geleistete ermöglichten (Nr. 8-^-10; 17; 19; 25). Hierbei;war es
entschieden als ein sachlicher Fortschritt zu bezeichnen« wenn
*) Bei dieser Geles^nli^it erfahren wir, daß die Lehrerbibliothek des
GjBBaiiiBBS so Spandaa daoials einen (übri^eos für jene Zeit aosreicheoden)
Etat von 100 Talero hatte, 900 Bände zihlte nnd drei Jahre zavor in der
Abteilaog ^GrieehiMche Literatur^' 6 Binde besaß, von denen drei lof
Kraters ,,Griechi8che Grammatik" kamen.
188 ProgramxDwesen uod Programmbibliothek d. höh. SehaleD,
man zuerst (Nr. 17 und 19) derartige Arbeiten auch för kleinere
Gebiete unternahni. Denn während Sammlungen, die das ganze
Programmgebiet oder größere Teile umfassen wollten, schon aus
äußeren Gründen unvollkommen bleiben mußten, konnte da, wo
die Grenzen enger gesteckt wurden, Befriedigendes erreicht werden.
Das gilt besonders von dem Anfang der bayerischen Programm-
Bibliographie Gutenäckers (Nr. 19), die ein wichtiges Stuck des
Geisteslebens eines deutschen Staates darstellte und so bis heute
wertvoll geblieben ist. Ihre Anordnung (nach Schulen, Verfassern
und Gegenständen) erleichterte auch nicht bloß den praktischen
Gebrauch, sondern gewährte gleichzeitig gute Gberblicke nach ver-
schiedenen Gesichtspunkten.
Aber trotz alledem mußte man doch noch auf Mittel sinnen, den
bisher hauptsächlich nur durch den Austausch der Schulen (s. o. S.
167f.) den Lehrern vermittelten Nutzen der Programm-Abhandlungen
zu erweitern, indem man daneben den Buchhandel für sie inter-
essierte und eine größere Konzentration herbeiführte. Hierher
gehören zwei Pläne, die von Bechstein und Calvary (beide
1864), von denen nur der zweite einige Zeit zu praktischer Durch-
föhrung gelangte. Beide erregten auch das besondere Interesse
von Bonitz (s. Nr. 64a und b). Bechstein, der auf der
Meißener Philologen-Versammlung 1863 nicht mehr zum
Worte gelangt war, entwickelte nun in einer besonderen Schrifl
(Nr. 58) folgende Organisation: Sämtliche Schulen bedienen sich
eines gemeinsamen Kommissionärs in Leipzig, übersenden diesem
für den buchhändlertschen Vertrieb eine bestimmte, größere An-
zahl ihrer Jahresprogramme, sowie den Fachzeitschriften eine
Anzahl von Bezensionsexemplaren. Das Publikum wird durch
Inserat von der beabsichtigten Neuorganisation benachrichtigt, der
Kommissionär sendet je ein Exemplar an die»Redaktion des Literari-
schen Zentralhlatts^) zur bibliographischen Anzeige, übernimmt den
Vertrieb an das Publikum und rechnet alle drei Jahre mit den
Anstalten ab. Für die österreichischen Programme wird in Wien,
für die schweizerischen in Zürich gleiche Vermittlung eingerichtet.
Die beiden letzteren Zentralstellen senden von den Jahresprogrammen
der Schulen ihrer Länder je eins nach Leipzig. Der dortige
Kommissionär stellt nun ein bibliographisch genaues Gesamt-Ver-
zeichnis sämtlicher auf diese Weise ihm zugehenden Programme
her; dieses enthält 1. ein alphabetisches Verzeichnis der
Städte mit den einzelnen teilnehmenden Anstalten und Be-
zeichnung des von jeder herausgegebenen Programms, 2. ein
systematisches Verzeichnis, 3. ein alphabetisches der
Verfasser und geht sämtlichen Schulen zu, die auf diese Weise
>) Dieses hatte schon seit 1862 Obarsichten — wenn auch oicht voll-
stSodige — über oea ersehieoeoe Prof^ramme gebracht; vgl. o. S. 110, Aam.,
Z. 8 Y. u.
voa R. Ullrich. Ig9
eine jährliche Übersicht der gesamten Programm-
literatur erhalten. — Es war ein großangelegter und auch nach
der praktischen Seite wohldurchdachter Plan, von dem sich ja
einige Zöge — wie jeder sieht — in dem ein Jahrzehnt spater
durchgeführten Tausch (vgl. o. S. 168 fl.) mit seinen Vor- und Nach-
anzeigen wiederfinden, und besonders die geplante Jahreshiblio-
graphie hätte vieles von dem erfüllt, was man aach heute leider
noch zu wünschen hat. Daß der Plan nicht zur Durchführung
kam, lag wohl mehr an den damaligen unerquicklichen Verhält-
oissen der für die Beteiligung in Aussiebt genommenen Staaten
untereinander, als an der Schwierigkeit der praktischen, besonders
geschäftlichen Regelung, auf die der Berliner Buchhändler Calvary
hinwies (Nr. 62; vgl. auch Nr. 72), der selbst schon vorher zahl-
reiche Programme in seine Kataloge aufgenommen hatte und da-
her in der neuen Organisation auch wohl eine unerwünschte
Konkurrenz erblicken mochte. So schlug er denn seinerseits nicht
den mehr ofßzieilen Weg durch die Anstalten, sondern den privaten
durcli die Verfasser der Abhandlungen als gangbar vor und schuf
auf diese Weise tatsächlich sechs Jahre hindurch (1864 — 1869
über die Jahre 1863—1868; Abt, 3, Nr. 11) in den von ihm
herausgegebenen, natürlich nun nicht vollständigen Jahresverzeich-
nissen eine Art Zentralstelle für den Vertrieb der Programm-
literatur. Mit der von ihm eingefügten Literatur von Disser-
ttöoneD, Habilitations- und anderen Gelegenheitsschriften kam^
öbrigens ein fremdes Element in die Sache. Denn es mußte bei
fflteiD erwünschter sein, die Schulprogramm-Literatur in eigener
Cbersicht zu vereinigen. Der von der Philologen-Versamm-
iong in Hannover 1864 im Zusammenhang mit Anregungen
F. A. Ecksteins gutgeheißene Vorschlag, mit Bechstein und Calvary
io Verbindung zu treten und auf der nächsten Philologen -Ver-
sammlung (in Heidelberg) darüber zu berichten, bat praktische
Folgen nicht gezeitigt. Was Wiese 1855 im Anschluß an die
üben (S. 185) erwähnten Worte als Aufgabe der Zukunft hin-
gestellt hatte, „dieses Institut am nützlichsten zu machen'', war
nicht erfüllt worden und blieb der nächsten Generation zur Lösung
vorbehalten.
Wälu*end so die Abhandlungen immerhin schon in den
ersten Jahrzehnten ihres Bestehens die Fachkreise lebhaft be-
schäftigten, sind
ß) Die Jahresberichte
zunächst nicht so häulig Gegenstand der Diskussion gewesen. Doch
linden sich schon in den ersten Äußerungen zur Sache gewisse
Anschauungen ausgesprochen, die grundlegend sind und noch
heute ihre Bedeutung nicht verloren haben — was oft verkannt
norden ist.
An die Spitze möchte ich die kurze Erörterung Wilhelms
IdO Prograinmweseo und Prograuimbibiiothek d. h.öb. Scholea,
stellnn, det {Bibliogr. Abt. 4 Nr. 48, S. 738f.) schon 1854 neben
der Knappheit der Jahresberichte auch die Beachtung korrekter
Form besonders empfahl und auf den bei ihrer Abfassung not-
wendigen Takt hinwies — ein Gesichtspunkt, der (s. u.) noch
öfters hervorgetreten ist(s. schon oben S. 162; Dietsch S. 588)
und leider noch heute (Teil 11 3) manchmal der Hervorhebung
bedarf. Im Zusammenhang besprachen Dietsch (S. 586 0.) und
II. (S. 553 — 557) die ganze Einrichtung. Bei ihrer Begründung
hatte man hauptsächlich drei Zwecke') im Auge gehabt, Orientierung
der Behörden, des Publikums und der Lehrer selbst. Dem ersten
dieser Zwecke vermag D. keine große Bedeutung beizumessen;
die Behörden könnten sich (S. 586) die notwendige Kenntnis auf
andere Weise verschaflen, für desto bedeutungsvoller hält er den
zweiten und dritten. Was die Berichte im ganzen dem Publikum
gäben, sei durch die Mitteilungen einzelner nicht zu ersetzen, und
(hier spricht ein Menschenkenner) es wird „mancher, der sonst
sich nicht darum bekömmern würde — denn menschliche Naturen
befassen sich oft nur mit dem, was ihnen gewissermaßen in die
Hände läuft, und für manchen Vielbeschäftigten ist die Erleichte-
rung notwendige Bedingung — herangezogen"; durch die Mit-
teilung an andere Anstalten aber werde, hinaus über etwaige Be-
friedigung bloßer Neugierde, „das Gefühl der Gemeinsam-
keit und Zusammengehörigkeit, das Bewußtsein, einem
großen Organismus anzugehören, geweckt und belebt'' (S. 588).
Beide Verfasser haben sich dann auch vieler Einzelheiten in den
Jahresberichten angenommen und in Billigung und Mißbilligung
schätzenswerte Beiträge zu ihrer künftigen Ausgestaltung geliefert.
Ich erwähne die wichtigsten, die sich besonders auf die Statistik
und die Chronik beziehen. Es werden (Dietsch S. 589)
statistische Zusammenfassungen für größere Zeiträume empfohlen,
mit deren Abfassung man nicht erst auf Schuljubiläen warten
solle; H. wünscht^) (S. 556) genauere Angaben über Stand der
Eitern, Heimat u. ä., hebt auch besonders die schöne Sitte der N ekro-
löge (Schwerin, Pforta) von ehemaligen Angehörigen der Anstaiten
hervor (vgl. o. S. 161). Beide betonen die Bedeutung der Schüler-
Verzeichnisse (o. S. 15811.), Dietsch auch die Mitteilung der
Schulreden sowohl zur Lektüre für alle diejenigen, die sie nicht
haben hören können, als für die Hörer zur Erinnerung. In feiner
Weise urteilen sie auch — z. T. unter Anführung von charakte-
ristischen Beispielen — über gewisse Ungehörigkeiten, die schon
damals in der „Chronik'' vorkamen (nicht selten veranlaßt durch
unzweckmäßige Ausführung amtlicher Bestimmungen)*), wie An-
') Wozn bald Doch eio vierter trat, s. o. 8. 15] f.
^) Wie man sieht, ohoe KeoatoU der Aogaben io den bayerischen
Jahresberichteo schoo dieser ältereo Zeit (s. o. S. ]59}.
») Vgl. I. B. Vfg. V. 23. Aug. 1824 (y/W. 2, Nr. XXX, j4bt. ir A .l)z
„Dieser Abschoitt hat aber auch sogleich die BestimmaDg, durch öffentliche
von R. Ullrich. 191
gäbe von UoterstutzungeD an Lebrer mit NaniensnennuDg^), Eid-
zelbeileu von Urlaubserteilungen mit Begründung, eigenartige Ab-
scbiedsgröBe an abgehende Lebrer u.a. m. Die biographischen
Angaben über Lehrer — deren Bedeutung (bei Beschränkung
auf das Faktische) als ftlaterial für die Geschichte der Schule
im übrigen besonders H. voll anerkennt (S. 555) — wollen sie
auf ausscheidende Lehrer beschränkt wissen, wor&ber viele beute
anderer Meinung sein werden (doch vgl. u. S. 157). Die Mit-
teüong des Zensurgrades der Abiturienten') rügt Rödiger
(S. 399). Auf die große Ungleichheit aller dieser Mitteilungen in
den Berichten (die z. T. durch den Mangel entsprechender amt-
licher Bestimmungen in mehreren Staaten verursacht war —
s. o. S. 152f.) konnte noch Di et seh (S. 586) mit Recht hinweisen;
wenn umgekehrt H. (S. 553) findet, daß in Preußen durch die
«ogehenden Bestimmungen der Verfügung von 1824 die Hervor-
liebuDg des für jede Anstalt Charakteristischen sehr erschwert sei,
so bat er nicht beachtet, daß diese Veifügung selbst {Abs, F) ')
ticsem Bedenken vorbeugte, und verkennt andererseits die große
irieichterung, welche eine gewisse Gleichmäßigkeit der Berichte
Im die wissenschaftliche Verwertung bietet. Auch die Ver-
fägangeo der Behörden, deren oft unzweckmäßige Mitteilung
Wq amtlichen Stellen selbst schon Anlaß zu bestimmten An-
«ioangen gegeben hatte (vgl. o. S. 162), haben wenigstens U.
Wsdüfligt; er wünscht, die Behörden sollten selbst angeben,
vdeke Erlasse milzuteilen seien und welche nicht (S. 554) —
*as praktisch freilich manche Schwierigkeiten haben dürfte (vgl.
Tdi II 3), an die er nicht gedacht hat. Den Lehrapparat will
er (556) überhaupt weglassen oder auf das Notwendigste be-
iVaihooD^ des Geleisteten dem Fleiß uod Eifer derjeoigeB Lehrer, welche
nek Uerin sosgezeichDet habeo, die verdiente Gerecbti|$keit wider-
fihren zn lassen, weshalb die denselben zateil gewordenen Belobuugea und
AaerkeaDongen in demselben anzuführen sind*^ — eine Bestimmung, die im
tügemeiDea nach und nach in der Praxis von selbst auf das richtige Maß
zaräck^eföhrt worden ist
1) Vgl. dazu schon die Vfg. vom J.Novbr. 1858 (Wiese, Vtu hö/u
SckabD. t. Pr. 11 (1869) S. 706; BiMiagr. Jbi. 2, Nr. XXXV c).
*) Zuerst angeordnet in der preußischen Verfngiing vom 23. Aug.
Ib24 (8. o.) j4bs. ly C, 2, woza noch die Mitteilung der ihnen verliehenen
Pramie.n kam (s. z. Bayern o. S. 160). Auch das ist allmählich außer
Gebrauch gekommen, ohne daß besondere Verfügungen ergangen wären;
wenigstens liegen im Drnck solche nicht vor. Vgl. den österreichischen
Brauch, der sich etwa damit vergleichen ließe, o. S. 160 mit Aom. 1.
') j4bs. y-. „Durch diese Bestimmungen sollen übrigens die Direktoren
oder Rektoren der Gymnasien bei Abfassang der jährlicheu Schulnachrichten
nieht auf die oben bezeichneten Rubriken allein beschränkt
sein; vielmehr bleibt ihnen unbenommen, auch dasjenige, was sie ans ihren
Beobachtungen inr einen solchen Öffentlichen Scholbericht Geeignetes vor-
zutragen wünschen, und unter den im obigen vorgeschriebenen Artikeln
keiae angemessene Stelle findet, in der Binleitang oder am Schlüsse der
Scholaaelu'iehteo beizsfiigen".
192 Programmwegeo und Programmbibliothek d. höh. Sefaaleo,
schränkt wissen — ein Punkt, der auch die spätere Diskussion
mehrfach beschäftigt hat.
Gegenüber diesen eingebenden und von vollstem Verständnis
für die Bedurfnisse der Eltern und des weiteren Publikums wie
des ganzen Lehrerstandes selbst getragenen Ausführungen von
Dietsch und H. will es wenig besagen, wenn Beschmann
(a. a. 0.) ebenso wie die Abhandlungen (s. o. S. 187) auch die
Schulnachrichten als unnötig schlechthin verwarf. Von seinen
wenig in die Tiefe gehenden Bemerkungen, die schon durch die
ausgezeichneten, wirklich fördernden Darlegungen^} der beiden
eben charakterisierten Autoren ihre Widerlegung ßnden (Dietschs
Ausfuhrungen hat er leider nicht beachtet), sei nur erwähnt, daß
ihm (S. 597) die Schulnachrichten eigentlich nur insofern be-
merkenswert erscheinen, als „die Lehrer anderer Anstalten aus
Neugierde (vgl. dagegen DietschS.588; o. S. 190) . . . sich aus der
höchst- praktischen Tabelle über die Verteilung der Lehrstunden
darüber unterrichten, welche und wieviele Stunden ein ihnen be-
kannter Kollege an dieser oder jener Anstalt erteilt'S Von einer
Würdigung der Bedeutung der Berichte für Schulgeschichte und
Statistik findet sich hier kaum ein Wort; ein Blick in die damals
schon vorliegenden Programmverzeichnisse (s. o. S. 185) hätte
den Verfasser darüber belehren können, welchen Dienst die
Jahresberichte auf diesen Gebieten der Wissenschaft schon ge-
leistet hatten.
>
X) Die Programmbibliothek.
Sehr spärlich ist das, was im Vergleich zu manchen frucht-
baren Erörterungen über Zweck, Bedeutung und Inhalt von Ab-
handlungen und Jahresberichten (Abschn. a und ß) für die mehr
praktische, aber doch die wissenschaftliche Verwertung beider
Einrichtungen recht wesentlich beeinflussende Seite der Sache bis
in die Mitte der sechziger Jahre von den Fachkreisen selbst')
geleistet worden ist, ich meine die Sammlung, Ordnung und
Katalogisierung der Programme in der Programm-
bibliothek. Es hängt das zu einem Teile mit der damals erst
in den Anfangen befindlichen Entwicklung eines rationellen
Bibliotheksbetriebs überhaupt zusammen, hat aber leider im
Gegensatz zu der weiteren großartigen Gestaltung der meisten
wissenschaftlichen und Volksbibliolheken die Folge gehabt« daß
ein erheblicher Teil der Programmbibliotheken höherer Schulen sich
heute in einem Zustande befindet, der wissenschaftliche Ausnutzung
') Es ist aaf diesem Gebiete das erste charakteristiscbe Beispiel dafür, dsiß
Literatarkenatois eine wesentliche VorbediosoDg der erfolgreichen
BehaadluDs eioes wisseDschafUichen Gegeostaodes bildet, und daß ihr
Maogel Dor zu oft za uofruchtbarem Gerede führt.
^ Ober amtliche AaresuDgen in Österreich'vgl. o. S. 149.
von R. Ullrich. 193
erschwert oder geradexu uDmöglich macht (s. o. S. 85 und Teil lU).
Wiese äußerte sich am Ende der sechziger Jahre (es sei ge-
statte t, seine Worte um des Zusammeohaoges wiileo schon in
diesem ja beinahe bis 1869 reichenden Abschnitt anzuführen)
folgendermaßen {Das höh. Schulw. t. Preufsm II (1869) S. 706):
„Eis wird darauf gehalten, daß die in den Schulhibliotheken sich
ansammelnden Programme, um benutzbar zu bleiben, irgendwie
geordnet sind. Bei den meisten Anstalten werden alle eingehenden
Programme zuvörderst nach bestimmter Verteilung bei den
Lehrern in Zirkulation gesetzt. Danach vereinigt man sie für die
Aor&tellung der Bibliothek ent^veder nach Provinzen und StAdten
oder nach den Gegenständen mit beigefugtem Register. In den
meisten Bibliotheken ist außerdem ein besonderer Katalog ange-
legt, worin die Programme nach den Gegenständen der Abhand-
lungen vereinigt sind'*. Wie groß der Prozentsatz der Anstalten
«ar, die wirklich so verfuhren (und, was die Hauptsache ist,
konsequent dabei bliebeh), gibt er nicht an; in dem zu-
sammenfassenden Abschnitt über die Programmbibliothek (Teil IIl)
vird darüber noch ein Wort zu sagen sein. Hier gilt es zu-
Bclist nur hervorzuheben, daß die zweifellos damals (und z. T.
uch heute) gute und zweckmäßige Ordnung dieser Verhältnisse
ki manchen Anstalten für die Gesamtheit insofern wenig friicht-
kr gemacht wurde, als öffentliche Erörterung fast fehlte. Von
4a olx'n (S. 184 IT.) vertretenen Autoren wies (im Zusammeq-
kaag nciit der Erwähnung der Klagen ober die MQhe der Ordnung
der Programme) nur Dietsch (S. 595) in einer Anmerkung auf
& Einrichtungen der Landesschule Grimma bin, der er selbst
damals angehörte. Für jedes Gymnasium war ein besonderes
fach vorhanden, die Fächer waren nach alphabetischer Ordnung
bezeichnet uiid innerhalb jedes Faches die Programme nach den
Jahrgängen geordnet. Dazu existierte ein dreifacher Katalog»
nach den Lehranstalten und der Jahresfolge, nach den Verfassern
and endlich nach Gegenständen. Doch äußerte D. Bedenken, ob
sich reibst die zweckmäßigste Einrichtung bei weiterer Aus-
dehnung des Programm Wesens werde aufrecht erhalten lassen.
Mit praktischem Sinne hebt er an dieser Stelle auch (s. o. S. 180)
die Bedeutung der Trennung von Schulnachrichten und Abhand-
Inngen in der Druckeinrichtung hervor, weist aucli auf den
CbeUtand der verschiedenen Formate hin (vgl. o. S. 173 f.). Andere
ÄuBf'rungen von Schulmännern sind — soweit mir bekannt —
in dem ganzen Zeitraum von 40 Jahren, innerhalb dessen sich
Tausende von Programmen in den alleren Schulen angesammelt
liatten, in dieser Richtung nicht hervorgetreten. Und an wen
die erwähnten knappen, aber zweckmäßigen und in der Praxis
^währten methodischen Winke nicht gelangten, mochte wohl,
wenn er nicht selbst ein praktischer Bibliothekar war, ein anderes
£ji2^^£jiiii<7spriozip fand und konsequent durchCjihrle, leicht mit
2^|j^^^ C d. iJjmn««i»lw«Mn. LXI. 9. a. 3.j. 13
194 Progrtmmweseii itod Progrtmnbibliothek d. hSh. Schaieo,
Experimentieren viel Zeit verlieren, die Sache ins Stocken kommen
lassen und am Ende der nächsten Generation eine Ordnung
der ganzen Sammlung, gleichviel welcher Art, verleiden. Die
Gegenwart wird auch hier immer vorbauen müssen, wenn die Zu-
kunft Gewinn haben soll.
b) Von den Verhandlungen der preußischen
Direktorenkonferenz in Ost- und WestpreuBen 1865
bis auf Wieses zusammenfassende Cbersicht 1869.
{Vgl Bibliographie j4ht 3, Nr. 12, 13a, 26—28 und AhL 4, Nr. 65—76).
Es ist nur ein kurzer Zeitraum, der hier zusammengefaßt
wird, ein halbes Jahrzehnt im Vergleich zu den vier ganzen des
Abschnittes a. Aber wie schon äuBerlich die Zahl der veröffent-
lichten 12 Aufsätze, die sich auf wenige Jahre zusammendrängen,
im Verhältnis weit erheblicher ist als die knapp doppelte
Zahl des achtmal größeren Zeitumfanges von 1824 — 1864, so
sind auch dem Inhalte nach die hierher gehörigen Abhandlungen
zu den gedankenreichsten und grundlichsten zu zählen, die über
das ganze Programmwesen überhaupt geschrieben sind. Nicht
nur daß in dieser Zeit auf zwei Direktorenkonferenzen,
besonders auf der ersten von 1865, nahezu alle Seiten der Frage
aufs eingehendste behandelt worden sind^); es finden sich viel-
mehr auch gerade jetzt, wie auf diesem Gebiete kaum jemals
später wieder, so viele hervorragende Schulmänner mit Namen
besten Klanges zusammen — Duden, Förstemann, Frick,
Kl ix, Todt, Wiese — , daß man schon deshalb besonders
Wertvolles zu finden erwarten darf und auch findet. Gewiß sind
auch manche der damals gegebenen Anregungen anfechtbar und
mehrere Vorschläge, besonders nach der praktischen Seite hin,
verfehlt gewesen; desto größer ist die Bedeutung dieser Aufsätze,
soweit die wissenschaftlichen Grundlagen in Betracht kommen,
auf denen sich, wie die Regelung des gesamten Schulwesens, auch
die der Programmeinrichtung aufbauen muß. Ein großer Teil
der kleinen Literatur in Abschnitt d (s. u.), besonders im letzten
Jahrzehnt seit 1896, hätte getrost ungeschrieben oder wenigstens
ungedruckt bleiben können, wenn ihre Autoren sich eingehender
mit dem Studium jener wohlerwogenen Meinungsäußerungen be-
schäftigt und die richtigen Folgerungen aus ihnen gezogen
hätten.
Die Verhandlungen ober das Programm wesen, die von der
Behörde im Jahre 1865 auf die Tagesordnung der Königs-
berger Direktorenversammlung gesetzt wurden, gewannen
dadurch besondere Bedeutung, daß sie die Reformpläne, die in
*) Über frühere mehr selegeotliche ÄnßeraDgen auf solchen
Koofereozeo vgl. o. S. 184 mit Aom. 2 uDd S. 185 Z. 9 v. o.
v«a R. Ullrieh. 195
der VerföguDg fom 15. Hai 1866 {Mliogr. Abt. 2, Nr. XXXVI; vgl.
o. S. 134) zum Ausdruck kamen, vorbereiten halfen. Und nach-
dem hier — um nur den Hauptpunkt zu erwähnen — die Auf-
hebung der jährlichen Verpflichtung zum Schreiben der Ab-
handluogen in Aussicht genommen worden war, konnte es nicht
fielen, daß dieser Gesichtspunkt auch auf die Diskussion der
Sache in den nächsten Jahren einen gewissen Einfluß ausübte.
Es muß dieses Verhältnis besonders hervorgehoben werden, wenn
man zo den Erörterungen der Fachpresse in dieser Zeit den
richtigen Standpunkt der Beurteilung gewinnen will. Das treibende
Moment war nicht bloß die Frage des Wertes oder Unwertes der
Programme, sondern der Umstand« daß der Tauscbverkehr, der
ja damals (vgl. o. S. 167) noch durch die Behörden selbst er-
folgte, diesen lästig zu werden anfing. So sann man auf Mittel
zur Abhilfe, die in der Theorie manches für sich hatten, praktisch
aber, wie -n den mannigfachen Erörterungen selbst schon hervor-
trat, den Taaschverkehr eher komplizierter gemacht, ihn also
ovcbwert statt erleichtert hätten. Es war ein Glück, daß keine
der damals auftauchenden Ideen wirklich den Weg in die Praxis
Cand ond der ebenso einfache wie noch heute in der Hauptsache
bewährte Teabnersche Tausch verkehr, der 10 Jahre später ins
Leben trat, Verhältnisse vorfand, an die eine Anknüpfung möglich
«ar, ohne daß es weitgehender Umgestaltungen bedurft hätte.
Aiese wären unvermeidlich gewesen und hätten manchen Anstoß
hoTorgemfen, wenn schon in den sechziger Jahren die gewohnte
Bahn zugunsten irgend eines der vorgeschlagenen Seitenwege
pnz oder teilweise verlassen worden wäre.
Ober die Zweckmäßigkeit des Pro<rrammwesens im
ganzen war man sich auch in der zweiten Hälfte der sechziger
Jbhre zieoillch einig; Dein bar dt (S. 641) prägte das Wort, das
ich noch heute als klassisch bezeichnen möchte, „man müßte
das notwendige und nutzliche Institut ins Leben ein-
fahren, wenn es noch nicht bestände*'. Im einzelnen
traten oatürfieh Unterschiede der Anschauungen hervor; es war
aher ein Fortschritt, daß man sich nicht mit allgemeiner Lob-
rede oder Temrieilung schlechthin begnügte, sondern Hand an-
zalegen begann, die nun vier Jahrzehnte bestehende Einrichtung
den Teranderten Zeitumständen gemäß im einzelnen zu reformieren,
ohne doch die Vorteile im ganzen aufzugeben, die sie für die
^f^^yoiichafllirV Arbeit des Lebrerstandes und die Erhaltung des
GeCnhls der Zusammengdiörigkeit seiner Glieder wie für die
innigen Beziehoogen zwischen Schule und Haus besaß. Das trat
aof dem Gebiete der Abhandlungen und dem der Jahres-
berichte zifilich gkicfa mäßig hervor, und auch mit der
Programmbibliothek b^ann man sich nun etwas eingehender
zn besehäftigeB md versocbte — wenigstens in der Theorie —
Aatzomadaeii, was fruheie Jahrzehnte versäumt hatten.
* 13*
196 ProgrtmmweseD oud Programmbibliothek d. höh. Scbalen,
a)DieAbhaDdlQogeo.
Das wesentlichste Moment, das in diesem Zeilraum überaU
hervortrat und, wie zugleich gesagt werden kann, auch das
ft'Uchtbarste för die Folgezeit geblieben ist, war die Erörterung
der Aufhebung des amtlichen Zwanges der jähriicheu
Lieferung einer Abhandlung durch die Lehrer in be>
^timm tbrReihenfolge. Dieser Jahreszwang fand keinen Vertreter
mehr; Wiese wariS. 709) ebenso dagegen, wie es schon die Referenten
'auf der westfälischen Direktorenversammlung von 1867 gewesen wareu
(frier [I] 8.251). Die Minderwertigkeit mancher Abhandlungen^
der „Kinder der Not'' (s. o. S. 187), wurde nicht mit Unrecht
auf die Nötigung zur Produktion zuröckgefl^hrt und möglichster
Freiheit in der Bestimmung des Verfassers, der Wahl und Sprache
des Themas allgemein das Wort geredet. Die Zweckmiißigkeil
der Beibehaltung der Abhandlung überhaupt wurde nur vun Klix
bestritten, der einen inneren, doch seiner Meinung nach not-
wendigen Zusammenhang zwischen Abhandlung und Schulnacli-
richten vermißte — was bei dem öfters rein gelehrten Charakter
der damaligen Abhandlungen nicht zu verwundern war — und
deshalb ihre Abschaü'ung schlechthin empfahl, u.a. auch mit dem
(nicht ganz zutreffenden)^) Hinweise darauf, daß von keiner
anderen Verwaltung die Verbindung einer Abhandlung mit einem
Rechenschaftsbericht gefordert werde*), wogegen Volckniar
(8. 937) diese Vergleichung mit anderen Beamten durch treffenden
Hinweis auf die besonderen Aufgaben gerade des höheren Lehrer-
standes als hintäiiig erwies. Doch konnte Klix übrigens die An-
schauung, die Programmabhandlungen waren ein Zeugnis des
wissenschaftlichen Geistes der betr. Anstalten °), leicht auf das-
richtige Maß zurückfuhren. Auch die im Jahre 1867 noch mög-
liche Meinung (Weslf, Dir.-Vers.; Erler [I] S. 250), die Abhand-
lungen seien „namentlich in kleineren Städten ein Mittel, sich die
Achtung des Publikums zu erhalten**, wird von einem selbst-
ständiger gewordenen höheren Lehrerstande nicht mehr geteilt werden .
Da^e^^'en wird die in demselben Jahre an derselben Stelle her-
vorgetretene Ansicht, diese Abhandlungen seien gerade in kieiiiei>
Städten eine gute Anregung zu wissenschaftlichen Studien (be-
sonders als Zusammenfassungen bisheriger Resultate auf wissseii-
scliartlichem wie auf praktischem Gebiete) und überhaupt eia
Mittel, sich bestimmte Ergebnisse fester und klarer zu machen^
auch heute noch in gewisser Gellung bleiben dürfen, wenigstens
überall da, wo über dem berechtigten Selbstgefühl des schnell
^) Vgl. z. B. die N'erhältoisse der Universitäten und gelehrten Gesell-
s,chartcü.
*') Vf?l Anicis, o. S. IST; s. t. Duden S. 501.
3j rer/t. d. DireH.-Rfz. von 1865, S. 93 {Erler [1] S. 249), T o d i
S. 655.
voB R. Ullrich. 197
in seioen äußeren Verhältnissen gestiegenen Standes die Ober-
Zeugung von d4*r Notivendigkeit auch wissenschaftlichen Forf-
scbreitens und dessen literarischer, auch dem Stande zur Ehre
gereichender Betätigung nicht verloren gegangen ist; vgl. Teil 112.
Wenn andrerseits Duden, der sich im Grunde dem Standpunkt
von Klix sehr näherte, aber aus Gründen der Zweckmäßi*;keit
nicht bis zur Abschaffung der Abhandlung überhaupt kam,
meinte (S. 503), es könnten an Stelle der gedruckten Abhandlung
schriftliche, der Behörde von jedem Lehrer etwa alle 10 Jahre
einzureichende wissenschaftliche Ausarbeitungen treten,
so scheint er mit diesem Vorschlage, der uns heute gar seltsam
anmutet, schon damals keine Gegenliebe gefunden zu haben,
weder^ bei Fachgenossen noch bei der Behörde selbst.
Ober den absoluten Wert der Abhandlungen urteilten
Klix (S. 785) und Duden (S. 500 f.) am ungunstigsten, ohne
sich indessen — was zu beachten ist — ober allgemeine
Wendungen zu erheben oder, was doch damals erheblich leichter
war als jetzt, im Ernste zu versuchen, ihre abfallige Kritik im
einzelDen zu begründen. Bei Duden (S. 497 u. 501) scheint
auch die Bezeichnung der Programme als „Nililberschwemmung'^
nd ,,Makulatur" und die Wendung „Begraben in den
Übüotheken*' zuerst zu begegnen, die in der späteren Klein-
finntur allmählich z. T. zum Range von gern gebrauchten Schlag-
voften erhoben wurden. Doch sei hervorgehoben, daß gerade
Baden (S. 499) schon damals als wesentliche Vorbedingungen
des Gelingens wissenschaftlicher Arbeit überhaupt die notwendige
Sicherung der äußeren ff^ge der Lehrer und die erst so herbei-
^fiihrte ausreichende Muße und Stimmung richtig erkannte.
Aach der früher schon (vgl. o. S. 187) gelegentlich vorgekommene
flioweis, die zahlreichen Zeitschriften seien die besten Ersatz-
gelegenheiten für Programmabbandlungen (Klix S. 485
n. 489; Duden S. 501) kehrte hier getreulich wieder, ohne daß
man versucht hätte, den großen Unterschied beider Arten der
IVrö^Teotlichung überhaupt oder die näheren Verhältnisse des
Zeiti^iriftenweseos genauer zu würdigen. Um so wertvoller war
e^ daß Volckmar (S. 938) auf das Unzutreffende dieses Ge-
sichtspunktes wenigstens mit dem einen Beispiel des ,,Pkilologn$^*
hinwies« bei dem schon damals das Angebot die Nachfrage weit
ub«*rstieg, und femer (vgl. auch BiMiogr. Abi. 4, Nr. 131) sehr
ricblig hervorhob, daß ohne das Programminstitut viele gute
Arbeiten Oberhaupt niemals gedruckt worden wären. Näheres
darüber s. Teil II 2. Leider haben seine in einer der damals
geleseostifD Zeitschriften veröffentlichten Bemerkungen wenig Ein-
druck gemacht« wie die neuere Literatur über den Gegenstand
xeigt flbrigens an sich schon ein Beweis gegen die Anschauung,
daß tüchtige Aufsätze in Zeitschriften ebenso gut oder gar besser
zur Kenntnis der interessierten Leserkreise gelangten als in Pro«
198 PrograniDweseB and Programmbibliothek d. höh. SchalcD,
grammen. Wiebtiger und richtiger war es, wenn damals sowohl
Ueinhardt (S. 645)^) als Todt (S. 655)*) wie später (t881)
Schwalbe (S. 134 ff.; BibUogr. Nr. S8) aus ihrem Erfahrungs-
kreise einige bestimmte, wahrhaft förderliche Abhandlungen aus-
drücklich hervorhoben, wie denn beide, ebenso wie Frick (S. 34),
den Wert der Abhandlungen Oberhaupt betonten und in ihrem
Wegfall eine schwere Schädigung des Lehrerstandes und der
Schule zu erblicken geneigt waren. Verständige Beurteiler ver-
schlossen sich in richtiger Erkenntnis aber auch nicht der Ein-
sicht, daß der Inhalt selbst tüchtiger Abhandlungen doch nicht
immer dem Zwecke dieser Veröffentlichungen entspreche, die sich
oft weit von der ihnen ursprünglich vorgezeichneten Bestimmung
(Vfg. vom 23. Aug. 1824; Bibliogr. Abt. 2 Nr. XXX, Abt. 11
s. 0. S. 95 u. 138) entfernt hatten. Die Meinung, die seit den dreißiger
Jahren bis über die Mitte des Jahrhunderts hinaus infolge der
tatsächlich geübten Praxis steh festgesetzt hatte, die Programme
seien dazu da, die Wissenschaft als solche zu fördern, erweckte
allmählich Bedenken; Deinhardt (S. 643 f.) und Duden (S. 499 f.)
vertraten, ähnlich wie die westfälische Konferenz, den
Standpunkt, die Abhandlungen sollten zwar auf wissenschaftlicher
Grundlage ruhen, aber sich auch durch passenden Gegenstand*)
und abgerundete Form der Darstellung auszeichnen, so daß sie,
wie es Deinhardt (S. 644) treffend ausdrückte (vgl. auch
Duden S. 504, Nr. 5), „von einem tüchtigen Primaner mit Nutzen
für seine wissenschaftliche Bildung studiert werden könnten''.
Frick wies zuerst (S. 41 f.) auf die Bedeutung pädagogisch-
didaktischer, freilich auf wissenschaftlicher Grundlage ruhender
Themata hin, die nach der Entwicklung der ganzen Sache von
gelehrten Schulmännern damals nocli als minderwertig angesehen
wurden. Man erblickte nicht mit Unrecht den Grund, daß manche
Abhandlungen nur noch für einen kleinen Kreis von Lesern ge-
nießbar waren, in der Schwierigkeit, den verschiedenen Zwecken
zugleich zu dienen, die man s. Z. bei der Neuordnung der Ver-
hältnisse im Auge gehabt hatte, und die Fachkreise gaben nun
auch ihrerseits der Meinung Ausdruck, die nicht lange vorher
schon in den Verfügungen der preußischen Unterrichtsverwaltung
>) Dio Arbeiteo von R. H. Hie che über Goethes Jphig€me {Zmtz G.
1834 QBd J837) ood Shakespeares MaobM (1846); letst«*e abrigens,
aus der Meraebnrger Zeit, ist nickt als Programn erschienen.
^) 6. Pr. Eysell, Loben dkr Johanna d* Jrcy frogr. Rmtdn G,, 5 Teile,
1857--.] 860 n. 1863.
') Anf die UazweekmSfiigkeit der Erörterung konfessioneller
nad politischer Fragen (es waren die Jahre der v. Mö hl er sehen
Ära) wies die Konferenz von 1865 hin (S. 96; Erler [I] S. 249) — ein
Gesichtspaokt, der io bezog auf Tagesfragen dieser Art an dieser Stelle
mich hente noch Gelfang haben dürfte. Vgl. die Kltere sächsische Ver-
ftgQog von 1842 {Bibiiogr, Mt 2, Nr. LXXVIH) o. S. 104 nnd 144.
von R. Ulirieb. 199
voD 1859 und 1866 {BibUogr. Abt. 2, Nr. XXXV a und b, s. o.
S. 138 t) erneut zur Geltung gekommen war. Es war natür-
lich, dafi in diesem Zusammenhange auch die Kontrolle durch
die Behörden zur Sprache kommen mußte (vgl. Nr. XXXIV a,
Lllb u. ö.; 0. S. 143); doch wünschten beide Direktorenversamm-
lungen (1865 und 1867) übereinstimmend ihre milde Ausübung
— was dem tatsächlichen Zustande wohl entsprochen bat Die
in der ersten Periode nur ganz gelegentlich berührte Frage der
Honorierung des Verfassers (s. o. S. 186) wurde jetzt schon
mehrfach erwähnt, von den Referenten auf der Versammlung von
1865 {Erler [\] S. 249) in verneinendem, von den übrigen Wort-
führern^) mehr in bejahendem Sinne entschieden — von den
letzteren allerdings nur in gewissem Zusammenhange mit den
auf Veränderung der Organisation der Angelegenheit, besonders
des buchbändlerbchen Vertriebes der Programme, abzielenden Vor-
schlägen (vgl. weiter unten). Letzteres bedarf besonderer Er-
«ibDiiDg mit Rücksicht darauf, dafl in neuerer und neuster Zeit
2Jif das Autorenhonorar größeres Gewicht gelegt worden ist.
Da ein wesentlicher AnlaB zu der preußischen Reformver-
fäfoiig vom 15. Mai 1866 die Not des Tauschverkehrs bei
kä Behörden gewesen war (s. o. S. 195), so versuchte man
tttdrlicb auch in den Verhandlungen dieser Zeit den entstao^^^n
Schwierigkeiten mit geeigneten Vorschlägen zu begegnen, die nun
1«« »emlich alle die Last von den Schultern, die sie bisher ge-
tn|Hi hatten, abzunehmen bereit waren, aber auch — wie gleich
^BHft werden mag — darin fibereinstimmten, daB sie die vorher
«firecht erhaltene Einheitlichkeit des Verfahrens und den allen
ScAuJen gleichmäßig «gewährten Nutzen gefährdeten. Ein Vor-
schlag war immer unpraktischer als der andere, wie den wenigen
alsbald klar wurde, die schon damals mit etwas mehr Organisations-
Uleot und praktischerem Blick ausgerüstet waren, als es Mit-
glieder gelehrter Versammlungen oder Verfasser sonst aasge-
letchoeter Abhandlungen oft zu sein pflegen* Dahin gehört z. B. die
Idee, in jeder Provinz ein Redaktionskomitee einzusetzen«
das die tüchtigen Abhandlungen auszuwählen und zu einem
Jahrbucbe (vgl. hierüber schon o. S. 187) zu vereinigen hätte,
was schon der Königsberger Konferenz 1865 (S* 90; Erkr
\L] S. 249) ab überaus mißlich erschien (vgl. auch Todt S. 656;
Kl ix S. 788; Frick S. 37). Ferner der Vorschlag der west-
fälischeD Versammlung 1867 (JEr/er [1.] S. 251), nur alle
3 — 4 Jabre Abhandlungen nebst kunem Scbuibericht für den all-
femeinen Austausch herauszugeben, daneben aber jährliche aus-
führlichere Schuiberichte dem engeren Interessenkreise des Ortes
*) Aafillig ist hier, dtfi t. B. F r i e k (S. 38) gich voo der Honorier aop
der Verfasser einaa fosstigeo Risflofl saf die Prodsktioo und des wissen- 1
acbsfUieheo GekmU der AbksndloofeD versprsch.
200 ProprammweseD und Profrtmnbibliothok d. höh. Schalen,
und der Provinz darzubieten; weiterhin die Anregung von Todt
(S. 657), jede Anstalt sollte alle 3 — 5 Jahre ^.Gesammelte Schriften"
(auf fünf Jahre etwa 10 — 12 Bogen) veröffentlichen, die allein
(im Gegensatz zn den Jahresberichten) dem allgemeinen Austausch
zukämen; in ähnlicher Richtung bewegten sich die Vorschläge
von Duden (S. 504). Prick endlich wollte den „offiziellen
Grat] saust au seh** der Anstalten untereinander überhaupt be-
seitigen und die Verbreitung dem buchbändlerischen Vertriebe
allein Obertragen wissen, so daß die Schulen dann eben nur er-
werben würden, was sie nach freier Wahl brauchten. Er über-
trug damit die Kosten der Abhandlungen (deren Risiko bezw.
Gewinn dann dem Buchhandel und z. T. dem zu honorierenden
Verfasser bliebe) von den Staats- und Gemeindekassen auf die
Bibliotheken der Anstalten, die doch damals tinanziell weit
schlechter gestellt waren als es viele noch heute sind, ohne daran
zu denken, daß' deren Etats dann wenigstens einiger Stärkung
bedurft hätten — ganz abgesehen davon, daß er ein wesentliches
Moment, die Möglichkeit, in jeder höheren Schule jede Abhand-
lung der anderen vorzuGnden, stark unterschätzte. Hören ließ
sich dagegen wohl der von Gegnern der ganzen Einrichtung, so
von Duden (S. 504) nach Beschmann (s. o. S. 187) damals
wieder gemachte Vorschlag, das ersparte Geld den Biblio-
theken der Schulen zuzuwenden — wenngleich von der
Idee bis zur Einfflhrung in die Praxis ein recht weiter Weg ge-
wesen wäre, nicht bloß damals; vgl. Teil II 2.
Gegenüber solchen für die Praxis ungeeigneten Vorschlägen
war es ein wirklicher Fortschritt, wenn in dieser Zeit die
äußere Trennung der Abhandlung von den Schul-
nachrichten auch in Fachkreisen nachdrücklicher gefordert
wurde, nachdem sie schon in einem Staate von den Behörden
a^mtlich vorgeschrieben, in Preußen wenigstens vorgeschlagen war
(1866; s. 0. S. 180). Zwar die Königsberger Direktorenver-
sammlung von 1865 sprach sich noch dagegen aus (S. 104;
Erler [I] S. 250), nicht ganz mit Unrecht, weil die ersten Vor-
schläge darauf ausgingen, die Schulnachrichten nur den Schülern
bezw. Eltern, die Abhandlungen — ohne die Schulnachrichten
— allein den anderen Schulen mitzuteilen, wodurch ein wesent-
licher Teil des Zweckes und der Wirkung der ersteren in Weg-
fall gekommen wäre. Die Zweckmäßigkeit der Trennung för die
Bibliotheken, die ziemlich am Tage liegt, wurde übrigens auch
bier schon eingesehen. Mit der Art ferner, wie Todt (a. a. 0.)
und Duden (8. 704) die Trennung für ihre Sonderpläne nutzbar
zu machen suchten, würde sich wohl heute niemand von denen
befreunden, der die volle Bedeutung gerade der Schuinachriditen
auch für fremde Anstalten anerkennt und in einer Beschränkung
ihres Auslaiischs auf engere Kreise eine Erschwerung der gegen-
seitigen Förderung der Schulen selbst sehen muß. Immerhin
¥•0 R. Ullrich. 20t
war es wichtig, daJQ die Frage damals mehrfach angeregt wnrde,
his sie — ohne daß gewisse schädliche Folgen wenigsleos in der
Theorie gegeben waren — ioi Jahrzelint darauf wirkKch fast
überall praktische Bedeutung erhielt. Auffallend ist freilich, wo-
rauf ich hier ausdrucklich hinweisen möchte, daß in der ganzen
im wesentlichen auf Norddeutschland beschränkten Diskussion
dieser Jahre mit keinem Worte auf die Tatsache RQcksicItt ge-
nommen wurde, daß die insbesondere für Preußen auch amilich
angestrebte Trennung (s. o.) in einem sOüdentschen Staate
(s. o. S. 180) tatsächlich bestand, auch den Gründen, aus denen
etwa dort die Trennung erfolgt war, gar nicht näher nachgegangen
wurde — auch ein Beweis, wie gering damals die Beziehungen
zwischen den einzelnen Staaten gerade in bezug auf Schulver-
hältntsse waren, trotz der doch allen bekannten und so oft als B^^^
weis gegen die Programmeinricfatung herangezogenen Zeitschriften.
Aocii heute lassen diese Beziehungen gerade auf dem Gebiete der
Schalverfassung und -Verwaltung leider noch recht viel zu
wünschen Obrig, und es kann noch mancherlei geschehen, sie
tlwas enger zu gestalten, damit das Gute, wo immer es sich
leigen mag, nicht auf engere Kreise beschränkt bleibt^).
Ein erfreuliches Zeichen war es, daß in dieser an Äuße-
nmgen über die gesamten Verbältnisse des Programm wesens-^so
RicfacD Periode auch die Frage der Nutzbarmachung des in
te Abhandlungen von 4 Jahrzehnten für Wissenschaft und
Sckule Geleisteten stärker in den Vordergrund trat. Die wenigen
iB Fortsetzung früherer Arbeiten (s. o. S, 185 u. 187) herge-
^flten Bibliographien {Abt. 3, Nr. 12, 13a, 26— 28) konnten
io engeren Kreisen wohl nützliche Dienste leisten, bedeuteten för
den wisssenschaftlichen Gebrauch im ganzen wenig, weil das den
Terfassern zur Verfügung stehende Material zu mangelhaft war.
Der Grund lag einmal darin, daß der Tauschverkebr sich erst
all mählich entwickelt und auf eine grüßere Anzahl von Staaten
entreckt hatte, und ferner -r leider schon damals — in dem
unaureiehenden Zustande der Programmbibliotheken. Auch die
wichtigsten Erfordernisse eines wirklich brauchbaren biblio-
graphischen Hilfsmittels waren damals denen noch nicht immer
geläufig, die gleichwohl ihre Herstellung wagten. Obrigens be-
zeic^hneten die Obersichten von Gotscher (Nr. 26, 27) und
Hü hl (I; Nr. 28), so dankenswert sie an sich waren, insofern
eineo Köckscbritt gegenüber Gutenäcker (s. o. S. 188), weil sie
bei unzureichender Grundlage wieder zu weite Gebiete umfassen
1) Vsi. d9s Proe^amm der Manatschrift für höhere Schulen I (1902)
5. 1 ff. ; für die gegeBseitlreo B«xieboogeo der Lehrerbibliothekeb
zoeiBaader^ bcsooders aaf den Gebiete der Zeitschrift eo, bolTe icb
aUbal4 eisen klefoeo Beitrag jiefero za kCeoea (yjgt. o. S. 86, Aam. 1,
Z. 10).
202 Pi'oi^ramaiwesen und Pro|franiaibibliotli«k d. hSh. Scbnleo,
wollten. Und wie die Programme selbst, so scheinen auch die
bis in die sechziger Jahre hergestellten Programmverieichnisse
nicht einmal so bekannt geworden zu sein, daB sie ihren Zweck
wirklich erföllten — wie aus ihrer spärlichen Beröcksictitigung
in der damaligen Zeit hervorgeht. So trat^) denn der für die
sechziger Jahre fast zu groBzögige, aber doch bedeutungsvolle
Plan auf der Königsberger Versammlung hervor (S. 106 if.; Erler
[f.] S. 250) einen Generalkatalog aller seit 1824 er-
schienenen Programme auf Kosten der Staatsbehörde her-
stellen, in angemessenen — etwa dreijährigen — Zwischen-
räumen fortsetzen zu lassen und so eine zuverlässige, dauernde
Nutzbarmachung der ganzen Einrichtung zu ermöglichen. Die
schwierige, heute noch nicht gelöste Aufgabe (vgl. auch BihUogr.
Abt. 4^ Nr. 98) erregte lebhaftes Interesse, fand aber auch (wohl
hauptsächlich wegen der finaniieUen Bedenken) Widerspruch, z. B.
auch seitens der beiden auf der Versammlung anwesenden Provinzial-
Schulräte, und blieb unausgeführt, obgleich in Aufsätzen auch
andere Fachmänner, so Duden (S. 504) und Frick (S. 39) fQr
ähnliche Unternehmungen eintraten; der letztere regte (a. a. O.)
ähnlich wie De in bar dt (S. 651) noch die Gründung einer be-
sonderen Zeitschrift an, einer Art von Programm-Reper-
torinm, die regelmäßig und ausschließlich über alle Programme
vollständig referieren sollte, was die allgemeinen und Fachzeit-
schriften (vgl. 0. S. 110, Anm., Abs. 2) bis dahin nur in unvoll-
ständiger Weise hatten leisten können. Nichts von alledem kam
aber zur Ausführung, und das Calvarysche Unternehmen, dam,
wenngleicl) auf unzureichender Grundlage und unter Hereinziehung
fremder Bestandteile (s.io. S. 189), aber doch immerhin planmäßig
die bibliographische Nutzbarmachung der Programme hatte herbei-
führen wollen, ging nach sechsjähriger Wirksamkeit wieder ein
— man weiß nicht, ob aus Gründen, die in der UnvollkommeD-
beit der Sache selbst lagen, oder wegen finanzieller Schwierig-
keiten, die wiederum wohl nur in zu schwacher Beteiligung der
interessierten Kreise gesucht werden konnten. So zeigen sich
zwar mancherlei erfreuliche Ansätze, aber das Ergebnis war
schließlich ziemlich negativ.
ß) Die Sehalnachrichtea.
Die Verhandlungen über die wissenschaftlichen Beilagen hatten,
wie wir sahen, in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre Behörden
und Fachmänner lebhaft bewegt und z. T. die Zweckmäßigkeit
dieses Teils des Programms selbst in Frage gestellt, ohne indessen
— ich sage glücklicherweise — in letzter Beziehung tieferen Ein-
druck zu machen oder gar zur AbschafTung dieser Einrichtung zu
^) Ober die Plaoe Beclisteios und das UnteraehnieD Calvary«
s. oben S. 18S f.
T«B R. Ullrich. 203
fHbr€D. Ober den Nutten der Jahresberichte dagegen war
man (anders als ein Jahrzehnt früher, s. o. 8. 192) grundsättlich
einig und bemuhte sich nur ein Institut, das sich bewihrt hatte»
weiter auszubauen, um es für die Zwecke und Kreise, denen
es dienen sollte, so fruchtbar wie möglich zu machen. Die
Diskussion nahm infolgedessen keinen so breiten Raum ein, wie
die aber die Abhandlungen beansprucht halte, förderte aber —
neben manchen yerfehlten Vorschlägen, die sich besonders auf die
Organisation im ganzen bezogen — doch manche beachtenswerten
Gesicblspunkte im einzelnen zutage, die aiimihlich auch den Weg
in die Praxis fanden. Zu dem Verfehlten rechne ich z. B. die
ein«*n Röckschritt bezeichnende Idee, die Jahresberichte, weil sie
Bur ein lokales bezw. provinziaJes Interesse hätten, in diesen
engeren Kreisen allein auszutauschen. Hier hatte man froher
(fgl. z. B. o. S. 190) schon richtiger geurteilt. Wenn diese Berichte
damals (und das gilt erst recht für heutige Verhältnisse) den
Serof erfüllen sollten, die Leserkreise verschiedener Provinzen und
Staaten in den Anschauungen Ober allgemeine wie spezielle Schul-*
fragen einander näher zu bringen, so wurde dieser Zweck durch
die solche Beschränkung des Tauschverkehrs natürlich nicht ge-
fördert. Das treibende Motiv zu diesen und anderen, in ähnlicher
Uefciung sich bewegenden Vorschlägen war augenscheinlich nicht
^fi der Umstand, daB die Behörden sich durch den Umfang des
TnscbgescbäAs beschwert fohlten ; vielmehr fingen auch manchen
Aüothekaren die wachsenden Bestände und ihre konsequente
Ordnung an zur Last zu fallen. Es werden das damals (gerade
vie vielfach noch heute) besonders solche Verwalter gewesen sein,
äenen die große Bedeutung der ganzen Einrichtung und der wirk-
liebe Segen, den sie bei zweckmäßiger Nutzbarmachung gerade in
den Schulbibliotheken selbst stiften kann, deshalb wenig auf-
gegangen war, weil sie ein rechtes Verhältnis zur Wissenschaft
okiit gewonnen hatten und — was damals verzeihlicher war als
beute (vgl. z. B. Frick S. 41 f.) — die Beschädigung mit Scbul-
fragen als etwas Inferiores anzusehen gewohnt waren. So ver-
gaBeo üe ober dem Betriebe im engeren Kreise der eigenen An--
slalt leicfal, den Blick auf das Ganze zu richten, und vermochten
daher Bestrebungen das Wort zu reden, die auf allmähliche Ver-
nicblang dieser wichtigen Dokumente -des gesamten Schullebens
binaosUefen — Bestrebungen, von deren traurigem Erfolge die
BestaDde der Programm-Bibliotheken mancher Schulen ein an-
schaalicbes Zeugnis ablegen, die oft nicht einmal ihre eigenen
Jahresberichte mehr — von andern ganz zu schweigen — so
vollständig besitzen, daß sie dem Forscher auf dem Gebiete der
Scfaalgeschichte und -Organisation nutzbar gemacht werden können.
Verfebit war z. B. selbst der Vorschlag Frick s (der sonst, wie
jedermann weiß, gerade für große Schulfragen einen so weiten
ßVick balte)t die jährlichen Berichte abzuschaflen und dafQr
204 Programmweseo nnd Profrrammbibliothek d. höh. Schalen^
umfangreichere, zwei- bis dreijährige einzuführen, indem er
zu einseitig die rein lokalen Interessen betonte, die allerdings auch
in vielen Fällen mündlich befriedigt werden können, aber das
auswärtige Publikum vergaß. Dies ist aber doch för die Existenz
kleiner Anstalten in kleineren Städten oft geradezu von ausschlag-
gebender Bedeutung und hat ein gutes Becht darauf« in möglichst
einfacher Weise von dem neuesten Stande der Dinge unter-
richtet zu werden. Die Lokalpresse, auf die er hin«%ies (und
Neuere sind ihm gern gefolgt), kann wohl hier unter Umstäjiden eine
Hilfe, aber kein Ersatz sein. Das Bichtige können eben nur Jahres-
berichte leisten. Dieser Name hat nicht bloß das bisturische
Recht, sondern auch das des Tages, und man sollte davon nie-
mals abgehen. Verhängnisvoll wurde Fricks Vorschlage der
Umstand, daß er eine größere Ausgestaltung der Jahresberichte
nach der pädagogisch-didaktischen Seite hin wflnschte, was an
sich vortrefl'lich war und auch in Jahresberichten, wenn man nur
nicht zu viel will, wohl geleistet werden kann, ihm aber nur in
umfänglicheren Ausgaben möglich erschien. Beachtenswerter und
auch richtiger, weil sie das Becht des Lokalpublikums wahrten»
aber auch den Fachkreisen größere Frucht versprachen, waren
Anregungen (vgl. schon oben S. 190), die auf eine besondere
Zusammenfassung der (beizubehaltenden) jährlichen Schui-
nachrichten zu größeren Übersichten von Zeit zu
Zeit abzielten (Deinhardt S. 651; etwas anders Duden 8.504),
während Kl ix im Zusammenhang mit seiner Ablehnung der Bei-
lagen (s. o. S, 1 96 f.) einer — gewiß wünschenswerten — ausführ-
licheren Gestaltung der Schulnachrichten das Wort redete (S, 787 ff.).
Er hätte aber wieder zu komplizierte, den Bibliotheksetats außer-
dem keineswegs günstige Verhältnisse dadurch herbeigeführt, daß er
eine Doppelausgabe, eine lokale Einzelausgabe für das
Publikum und eine Bandausgabe einer Mehrzahl von Anstalta-
berichten durch die Behörden für andere Schulen, empfahl, welche
letztere dann dem Buchhandel überlassen werden und für die
SchulbiblioihQken zu einem Vorzugspreise käuflich sein sollte (vgl.
o. S. 200 Fricks Vorschläge betr. d. Abhandlungen).
fruchtbarer für die Praxis als diese auf das Ganze der
Organisation sich beziehenden Anregungen waren manche Vor-
schläge, die auf Besserungen in der Ausgestaltung ein-
zelner Teile der Berichte berechnet waren. Daß die
Statistik z, B. verbesserungsbedürftig sei, wurde schon in dieser
Zeit anerkannt, und die Notwendigkeit der Pflege engeren Zu-
sammenhangs mit den Anschauungen von Berufsstatistikern
hervorgehoben, so auf der Königsberger Versammlung 1865
(S. 102 f.; ErUr [I] S. 250) und von Deinhardt (S. 649), dem
überhaupt das Verdienst zukommt, auf Grund einer genaueren
Untersuchung der einschlägigen Bestimmungen von 1824 {BibUogr.
Äbl, 2, Nr. XXX) das logische Verhältnis der einzehien Teile der
voD IL Ulirick. 205
Schulnachrichten näher bestimmt und so der endgültigen Regelung
in Preußen im Jahre 1885 (Nr. XLI) wirksam vorgearbeitet zu
haben. Mancherlei Mißstände» besonders Indiskretionen, die sich
in der Chronik gezeigt und schon mehrmals der Behörde Anlaß
zum Einschreiten gegeben hatten (vgl. o. S. 162), verfehlten ihren
Einruck aueh auf die in vieler Hinsicht so wichtige K6nigsberger
Versammlung nicht, die hervorhob (S. 102; Erter a. a. 0.), alles
Verletzende sei zu vermeiden» auch Belobigungen der Lehrer seien
nicht mitzuteilen, aber die biographischen — natürlich objektiv
zu haltenden — Lebensdaten auch neu eintretender Lehrer, m. E.
mit Recht, für zulässig uud nützlich erklärte, die in früherer Zeit
bemängelt worden waren (s. o. S. 191) und auch Neueren (vgl. u.
Abschnitt d) anstößig gewesen sind. Für die in Süddeutschladd
seit langem übhehen Schülerverzeichnisse, gleichviel welcher
Art(s. o. S. 158 ff.), auf deren Vorhandensein übrigens kaum Bezug
genommen wurde, erwärmte man sich auf derselben Versammlung
Dicht, während Deinhardt (S. 651), der sonst in allen diesen
Fragen feines Verständnis und eine glückliche Hand bewies, auf-
fillenderweise für Preußen Rangordnungs-Verzeichnisse empfahl
la einer Zeit, wo man anderwärts allmählich (gewiß mit Recht)
»s naheliegenden Gründen zu alphabetischen allmählich über-
wog (8. o. S. 159). Etwas Seltenes für jene Zeit, aber darum
pnde doppelt anerkennenswert, war es, wenn derselbe Schul-
■aso (S. 65t) auch dem Verzeichnis der Lehrmittel, insbesondere
^ffl der Anschaffungen für die Lehrerbibliothek, seine
isfmerksamkeit zuwandte und auf seine Bedeutung als Anregung
för alle Bibliothekare (man kann getrost erweiternd sagen: für
»!le Schulmänner) hinwies, während man diese Dinge bisher als
ziemlich gleichgültig oder überflüssig angesehen hatte, eine Auf-
{tfsnng, die merkwürdigerweise auch in dem heutigen Zeitalter
großer Entwicklung des Bibliotheks- und Katalogwesens noch Bei-
fall finden konnte (vgl. besonders Bibliogr. Abt. 4, Nr. 123); ich
komme darauf später noch zurück. Den Lehrplan der einzelnen
Anstalten ab und zu in ausführlicherer Form^) im Jahresbericht
abzudrucken, regte die Künigsberger Versammlung wiederum zweck-
mäßig an, wogegen die Hitteilung der lateinischen und
deutschen schriftlichen Arbeiten in Prima und Sekunda,
^\t später z. T. durchgeführt wurde, noch Bedenken erweckte. Die
obligatorische Anführung der gebrauchten Lehrbücher, die selbst
in der heute für Preußen geltenden Hauptverfügung von 1885
(o. Nr. XLI), wenigstens als gesonderte Zusammenstellung, nur als
fakultativ bezeichnet wurde, fand schon daknals mit Recht eifrige
Fürsprecher. In der Tat ist sie so nützlich, vom rein praktischen
Standpunkte des Tages wie vom wissenschaftlichen, daß sich kaum
mit Grund etwa« dagegen sagen läßt.
'; \gL daza oben S. 138, Aoni. U
206 Programmwesea and Progranmbibliothek d. höh. Seholen,
y) Die Progrtnnbibliotbek.
Die Verhältnisse der Programmbibliothek fantien ionerhalb
der kurzen, hier in Hetracht kommenden Periode erhöhtes Inter-
esse. Man fing an allmählich zu erkennen, daß die Art ihrer
Einrichtung die Renatzung erheblich beeinflussen und am
Ende, da doch die meisten Lehrer höherer Schulen auf sie fast
allein angewiesen waren, über Zweck oder Oberflüssigkeit des^
Programmwesens Oberhaupt — praktisch angesehen — bis zu
einem gewissen Grade entscheiden mußte. Und während die
lange Zeit von vier Jahrzehnten, wie wir oben sahen, auf diesem
Gebiete nur wenig geleistet hatte, war es eine gluckliche Fügung,
daß dieser Seite des ganzen Instituts in dem halben Jahrzehnt
▼on 1865 bis zum Ende der sechziger Jahre nicht bloß auf den
beiden Direktorenversammlungen von 1865 und 1867 eine gewisse
Beachtung geschenkt wurde {Erler [I] S. 248 — 251), sondern auch
zwei Schulmänner und zugleich -Bibliothekare selbst sich der
Sache mit liebevollem Interesse annahmen, von denen der eine
in engerem Kreise (in Bremen) segensreich gewirkt hat, der
andere, erst kürzlich in hohem Alter verstorbene^), durch
bibliothekarische und andere wissenschaftliche Arbeiten auch in
weiterem Kreise rühmlichst bekannt geworden ist
Die Erörterungen der beiden Versammlungen gewinnen da-
durch besondere Bedeutung, daß sie an wirkliche Verhältnisse an-
knüpfen und auf Grund deren zeigen, wie es gemacht wird und
zu machen ist — was für alle praktische Fragen immer am
firuchtbarsten sein wird. Wir erfahren, daß die Programme
,,zirkulieren" (Herford), daß sie, nach dem Alphabet
(Herford) oder dem Inhalt (Lyck) in Bände gebunden,
aufgestellt sind und ein Katalog dazu besteht (an beiden Orten),
der anderwärts noch vermißt wird; die Wichtigkeit gleichen
Formats für die Verhältnisse der Bibliothek wird (S. 250) von
der ersten Versammlung betont. Dabei tritt aber (auf der zweiten
Versammlung; S. 251) die bedenkliche Auffassung hervor (s. oben
S. 200), „es möge die Verpflichtung aufhören, Programme, die
keine Abhandlung enthielten, aufzubewahren oder auf Programme
der betr. Provinz beschränkt werden''. Man sieht, wie wenig man
damals die Bedeutung der Jahresberichte für die Schulgesdiichte
noch schätzte und auf wie fruchtbaren Boden die Äußerungen
Todts (s. 0. S. 200) gefallen waren, der noch den Jahresberichten,
insbesondere der Chronik, nur lokalen, ephemeren Charakter bei-
legte, während die in dieser Beziehung weit treffenderen, etwas
späteren Bemerkungen Dudens (S. 498), daß sie gerade für ent-
ferntere, weniger Ähnlichkeiten aufweisende Provinzen von größerer
Bedeutung seien, die Debatte leider nicht mehr in dieser Bichtung
^) VfL deo Nekrolog über Ernst PörstemanD von H. Paalzo«',
Zibl, f. BütUMeksw. XXIII (1906) S. 552^563.
voa R. Ollrtcb. 20T
beeinflosseo koanUD. In Bremen bestand (Sattler S. 338f.)
im Jahre 1869 ein doppelter Programmkataiog, 1. nach
Stidten, mit chronologischem Verzeichnis der Programme
bei jeder Anstalt, 2. nach Verfassern, mit Angabe der Seiten-
xahi TOD 1; die Programme selbst waren sachlich in die ent-
sprechenden Rubriken der Bibliothek eingeordnet, und zwar aus
praktischen Gründen immer eine größere Anzahl zwischen Papp-
deckel gestellt, die durch ein Gummiband zusammengehalten
worden. Id bibliographischer Hinsicht (vgl. o. S* 173) tadelt
Sattler mit Recht die Unsitte der fehlenden Namen bezw. der
Vomaaien der Verfasser auf dem Titel, um dann freilich — im
Anaehloß an die Hervorhebung dieses Mangels — mit dem be-
zeichnenden Worte zu scblieBen (S. 342) „ denn mag man
über den Wert der wissenschaftlichen Abhandlungen denken wie
man will, benutzt werden sie nach meiner Erfahrung
so gat wie gar nicht". Wie mag, wird man beute fragen,
trotz der liebevoll ausgearbeiteten Kataloge und der vortreCnichen
Aufstellang, die wirkliche Benutzung an Ort und Stelle
gestaltet gewesen sein?^) Denn es wdre geradezu unglaub-
fich, wenn eine so wohlorganisierte Programmbibliothek ein wissen-
tehaftlich interessiertes Kollegium oder wenigstens einige seiner
Mitglieder nicht zu recht biufigem Gebrauch bei ihren Studien
gerMleza herausfordern sollte. — Für sachliche Einordnung der
Programme in die Haupthibliothek der Anstalten war auch Forste-
Bann (a.a.O. S. 12t!.), der sie im Qbrigen in Pappkapseln
anfbewahrt wissen wollte, während weniger bemittelte Anstalten
(ein schlimmer Notbehelf!) sie in Bündeln, in festes Papier
eingewickelt, aufheben sollten. Ober die Möglichkeit, eine Ab-
handlung in einer Schalbibliothek von damals sofort ohne viel
Mnhe za finden, urteilte er nicht eben optimistisch — er sprach
aus vielfacher Erfahrung — , wollte aber wenigstens durch o f f i z i el I e
Katalogisierung der Jahresprogramme alles getan wissen,
die Nutzbarmachung dieser Literatur zu fördern, und schlug —
bierin nicht glucklich — vor, das Ministerium sollte in jedem
Jahre einer andern Anstalt die Anfertigung eines Katalogs
der Programme (an Stelle einer wissenschaftlichen Beilage zum
Jahresbericht) übertragen! Er sowohl wie Sattler legten, was
för die damaligen Verhältnisse begreiOich, aber bei zwei Schul-
männern im Hinblick auf die vielen auch in jener Zeit schon
vorlit^endeo geschichtlich wertvollen Jahresberichte doch auffallend
ist, den vollen Nachdruck auf die Abband lungen. Es ist wohl
klar, wie umständlich und zeitraubend es bei dem von beiden
angewandten Einordnungsprinzip sein mußte, sich über die näheren
Verhältnisse auch nur bei einer einzigen Schule genauer zu
ij V^]. flieiae Sehrtft Brnrndzung und EinriMung usw. (s. o. S. 85
Abb. 2) S. 70 f.
208 Programmweseo aod Pro|;rtiiiiii-bibliot]iek d. höh. Schalen,
unterrichten; und nun gar für ganze Prorinzen oder Länder!
Julius Petzholdt, nicht einmal Schulmann, zeigte größeres ge~
schichtliches Verständnis, wenn er schon damals der Aufstellung
nach Schulen das .Wort redete ^) — so wenig erfreulich auch zu-
weilen der Tonseiner Besprechung von Förstemanns verdienst^
ToUen Arbeiten den heutigen Leser anmutet').
Das Ende dieses Abschnittes bildet das Jahr 1869. Wenige
Jahre danach erhielten wenigstens die äußeren Verhältnisse des
Programm Wesens, wie bekannt (8. o. S. 135, 166 ff.), die lang er-
sehnte Regelung durch die Einrichtung des Teubnerschen Pro-
grammentauBches. Es ist keine Frage, daß diese auf der Dresdener
Schulkonferenz 1872 zuerst angeregte Organisation durch
die neuen politischen Verhältnisse Deutschlands wesentlich ge-
fördert, wenn nicht überhaupt erst ermöglicht wurde. Gerade in
dem Jahre aber, in dem der Teubnersche Tauschverkehr endgültig
festgesetzt wurde, 1875, schied der langjährige Leiter des preußi-
schen höheren Schulwesens, Ludwig Wiese, aus dem Amte. Es
war eine eigenartige Fügung,, wenn er am Vorabend großer Er-
eignisse einer Sache, der er von Anfang an besonders lebhaftes
Interesse bezeigt hatte, nock eine zusammenfassende, zwar knappe,
aber alles Wesentliche erschöpfende Darstellung widmete, im
2. Bande seiner historisch - statistischen Darstellung Da$ höhere
Schulwesen in Pteufsen (1869) S. 701—709. Sie ist auch hier so
oft herangezogen worden, daß dies am deutlichsten für ihre Be-
deutung spricht. Für die ältere Zeit ist sie, soweit Preußen in
Betracht kommt, noch immer unentbehrlich, und es gibt bisher
für keinen andern Staat*) etwas Ähnliches. Besonders sympathisch
berührt die ruhige, streng sachliche Art ihrer Abfassung. Daß
sie auf die amtliche Seite und die Verhältnisse Preußens den
Nachdruck legt, ist in der Natur der Sache und wegen der Stelle,
an der sie steht, begründet.
c) Die siebziger und achtziger Jahre (mit der Arbeit
von B. Schwalbe 1881) bis zur Denkschrift von C. Fr.
Müller (Kiel) 1888 und dem Beginn der Bibliographie
von R. Klußmann (1889).
(Vgl. Bibliogr. j4bt. 3y Nr. I3b— 16, 16, 20—22, 33, 37, 40, 41, 43, 44;
Aht, 4, Nr. 77—100).
Die zeitliche Begrenzung, die ich diesem Abschnitte gebe,
wird für den Anfang, der natürlich ist, und das äußerste Ende,
1) Nmur Anzeiger für Büfliographie u. BibUethekswütensekafl 1865,
S. 292 f.
') Z. B. am Sehlufi der BespreehuDS der den Schutbibliotheken gewidmettfa
Schrift KörstemaDDs (Bibtiog^r. Kr. 65). ebenda S. 19i.
*} Der vielftck auf bayerisehe Verhältaisae Bexog a«]imaade Abriß
von Stemplinger (Nr. 148) ist anderer Art
voD R. Cllrich. 209
das den Beginn von Klußmanns wichtigen, bewunderungs-
würdigen Arbeiten bezeichnet, kaum einer Rechtfertigung be-
dürfeD. Anders steht es noit der besonderen Hervorhebung
der bedeutenden Arbeiten Schwalbes und C. Fr. Müllers (Kiel),
die beide gerade in den Kreisen, die sich am meisten för sie
hätten interessieren sollen, nämlich denen der Schulmänner, kaum
bekannt geworden sind, wenigstens in der Literatur der letzten
beiden Jahrzehnte fast gar keine Beachtung gefunden haben. Der
im Jahre 1886 an das preußische Kultusministerium gerichteten,
1888 Yeröffenllichten Denkschrift iMuIlers (At6%r. Nr. 98), die
die Herstellung eines Generalkatalogs der Programm-
abhandlungen Deutschlands, in der Hauptsache von 1825 —
1885, nicht bloß vorschlug (vgl. schon oben S. 149 und 202),
sondern auch in eingehender Weise wissentiichaftlich begründete,
war es allerdings sachlich nicht von Vorteil, daß sie gerade in
eine Zeit fiel, in der sich der Anfang von Klußmanns Werk
schon in Vorbereitung befand, bei demselben Verleger, dem auch
die OberDahme des von Müller vorgeschlagenen Kataloges zu-
fedacht war; und äußerlich wurde ihr der Umstand verhängnis-
voll, daß sie später in einer — sonst vortrefflichen — Zeitschrift
tarn Abdruck gelangte, die damals, wenige Jahre nach ihrem Ent-
hüben, in den Lehrerbibliotheken der höheren Schulen wohl noch
«raiger heimisch war als sie es heute tatsächlich ist. Daß da-
l^en der Aufsatz Schwalbes, der nach einem in der
^jfmnasial- und Reahchtdlehrer- Gesellschaft^) in Berlin gehaltenen
%lrage in einer sehr verbreiteten Schulzeitschrift veröffentlicht
vurde und sich mit seinen sachkundigen Darlegungen weit über
tias Nireau der meisten späteren Arbeiten über den Gegenstand
erhob, von wenigen Ausnahmen abgesehen von den Autoren der
ganzen folgenden Zeit nicht beachtet (oder totgeschwiegen?)
wurde, gereicht dieser Literatur nicht zur Ehre, die nicht müde
wurde, andere Äußerungen, wie den Grenzboten- \TX\ke\ von 1896
[BibUogr. Nr. 108) wieder und wieder heranzuziehen, trotzdem
sich dieser an innerem Gehalt mit jenem auch nicht entfernt
messen konnte. Es ist dies übrigens wieder ein neuer Beweis
gegen den von den Kritikern der Programmabhandlungen trotz
mehrfacher Widerlegung unermüdlich (auch in diesem Zeit-
raum) wiederholten Einwand (vgl. schon oben S. 187 u. 197), gediegene
Arbeiten wurden in Zeitschriften weit besser bekannt als in Tro-
grammen. Zugleich sieht man, wie leicht heutzutage Autoren
selbst in wichtigen Fragen und in Organen, die auf Bedeutung
Anspruch machen, öffentlich das Wort zu ergreifen wagen, ehe
sie sich wenigstens über die hervorragendsten, den Gegenstand
betreffenden Erscheinungen selbst ausreichend orientiert haben.
ij So Btch dem Aufsatz (BibUogr. Nr. 88) S. t44; Dieser Titel
estspriciit wohl der dftinalii^eD Bezeicbnurg.
f d. OjmBa«ial-ir«t«a. LIL 2. n. 8. 14
210 Programmwesen and Programmbibliothek d. hi>h. Schalen,
Es erscheint mir dem gegenüber als ein Gebot der Gerechtigkeit,
beide Kundgebungen zum Program mwesen hier an den Platz zu
stellen, der ihnen ra. E. mit Recht gebührt. In den siebziger und
achtziger Jahren wenigstens ist auf diesem Gebiete in Zeit-
schriften nichts erschienen, was ihnen an Bedeutung gleichkäme.
Denn die mehrmaligen Erörterungen über das Programmwesen
in der Berliner Stadtverordneten- Versammlung in den
Jahren 1876 — 1881 (Nr. 80) sind zwar, wie nicht zu bezweifeln,
um des Ortes und vieler Personen willen, die damals das Wort
ergriffen haben, auch wegen der Wirkung, die von ihnen ausge-
gangen ist — gegen die Abbandlungen — gewiß nicht zu
unterschätzen; aber sie bieten doch, wie wir sehen werden,
nichts wesentlich Neues, und auch die längeren Verhandlungen,
die nach 15 jähriger Unterbrechung im Jahre 1882 wieder auf
einer Direktoren-Versammlung (in Schlesien) gepflogen wurden
— in der Hauptsache für die Abhandlungen * — kommen an
Bedeutung den mannigfachen Anregungen der Königsberger Ver-
sammlung von 1865 (s. o. S.U94 IT.) nicht gleich. Im allgemeinen
können aber diese fünf Kundgebungen eines 20 jährigen Zeit-
raumes — wozu etwa noch die 1881 auf einer kleineren Pro-
vinzial-Versammlung (Nr. 89) hervorgetretenen Anschauungen
kämen, als diejenigen bezeichnet werden, die das Ganze der
Sache im Auge hatten und zu wichtigen Fragen grundsätzlich
Stellung nahmen.
Die übrigen Beiträge dieser Zeit sind — auch äußerlich
wenig umfangreich — größtenteils der Kleinarbeit gewidmet.
Daß gerade ihre Zahl im Vergleich zu den umfangreicheren,
grundsätzliche Fragen erörternden Arbeiten der vorangehenden
Periode verhältnismäßig erheblich ist, scheint mir nur natürlich
zu sein. Nachdem endlich in der Mitte der siebziger Jahre der
lange vorbereitete Teubnersche Tauschverkebr unter Zustimmung
der Regierungen und der Fachkreise als eine nationale Ange-
legenheit ins Leben getreten war, galt, es, seine Wirkung abzu-
warten und den ruhigen Verlauf nicht durch gewagte, wieder auf
Prinzipienfragen zurückgehende neue Vorschläge zu stören, — wor-
an es gleichwohl nicht ganz fehlte. Der Schwalbesche, sich
übrigens in den ruhigsten Bahnen strenger Sachlichkeit be-
wegende Vortrag wäre auch wahrscheinlich weder gehalten noch
gedruckt worden, wenn er nicht aus den Berliner Verhandlungen
unmittelbar Veranlassung genommen hätte, sich des Programm-
Wesens der städtischen Anstalten der Reichshauptstadl anzu-
nehmen, was dann selbstverständlich nötigte, auf Entwicklung
und Zukunft der Einrichtung im ganzen einzugehen. Diese Ver-
handlungen aber wiederum konnten und wollten, wie in ihnen
selbst mehrfach hervorgehoben wurde, natürlich nicht über Wert
oder Unwert der Abhandlungen selbst entscheiden. Man muß
sich gegenwärtig halten, daß sie ursprünglich aus der auch auf
Ton R. Ullrich. 211
anderen Gebieten der stadtischen Verwaltung damals hervor*
getretenen Nötigung sparsamer Finanzwirtschaft hervorgegangen
waren. So muBte diejenige Körperschaft, welcher das Geld-
bewilligungsrecht der städtischen Verwaltung zustand, gewisser-
maßen notgedrungen zu der Frage Stellung nehmen, an der
andererseits die beteiligten Kreise, die städtischen höheren
Schulen Berlins und ihre Lehrer, ein wesentliches und damals
besonders lebhaft bekundetes wissenschaftliches Interesse hatten. Die
öhrigen Beiträge dieser Zeit galten hauptsächlich der Aus-
stattung des Neubaues von 1875, der in seinen Teilen wohnlicher
und nutzbarer gemacht werden mußte — eine ebenso notwendige
als nötiliche und dankbare Arbeit. Charakteristisch ist für diese
Periode, daß neben den in überwiegender Zahl dazu beisteuern-
den Schulmännern der allmählich erstarkende Stand der Berufs-
bibliothekare mehrmals fördernde Beiträge lieferte und zum ersten
Male auch ein Universitätslehrer^) (Nr. 91) in einer Einzelfrage
das Wort ergriff.
Da der Beginn dieser Periode mit der Neuordnung des
Tausch Verkehrs zusammenfällt, schicke ich einige allgemeine
Bemerkungen über die Wirkung dieser Neuerung auf die
Fachkreise voraus, ehe ich auf die Einzelfragen über Abhand-
angen, Jahresberichte und Programmbibliothek eingehe.
Man hätte denken sollen, daß die lange vorbereitete, groß-
iredachte und -durchgeführte Organisation des Teubnerschen
Tausch Verkehrs, deren Frucht wir noch heute genießen, bei
ihrem Eintreten in die Wirklichkeit allenthalben sympathisch hätte
begrüßt werden müssen; machte sie doch der bisherigen^ oft be-
kiagten Zerfahrenheit und Zersplitterung ein Ende und sollte an
ihrem Teile dazu beitragen, auch in den Kreisen der höheren
Schulen die Einheit der deutschen Stämme zum Ausdruck zu
bringen. Dem war aber nicht ganz so. Besonders fand der
Punkt, der mir auch heute noch der allerwichtigste zu sein
scheint, daß von nun an infolge des ausgedehnteren Tausch Ver-
kehrs jede Schule der einzelnen Bundesstaaten und z.T. auch
Deatsch-Österreichs die Verhältnisse jeder andern kennen lernen
and daraus die vielseitigste Anregung für Praxis und wissen-
schaftliche Arbeit gewinnen konnte, nicht die verdiente Beachtung
ia den Kreisen, die den Hauptnutzen der ganzen Programmein-
ricbtung iu dem Entstehen rein gelehrter Abhandlungen sahen
und den Fragen der Schulorganisation und der Erschließung ihrer
Kenntnis durch die Jahresberichte geringes Interesse entgegen-
brachten. Wenigstens trat die Genugtuung über das Errungene,
^) Zwar hatt« schon Bonitz, zwei Jahrzehote vor SchÖobach,
sieh zur Sache gcaoßert (s. o. S. 188); ich möchte aber dea Schwerpunkt voa
dessen Lehaosarbeit doch Jn seiner Tätigkeit Tur das Schulamt und die
ScbnlorfaDiaatioo sehen.
14*
212 Programmwesen vod Programmbibliothek d. höh. Schuleo,
an der es gewiß nicht gefehlt haben wird, in der Literatur nur
seilen hervor. Vielmehr beklagte man sich über die größere
Menge der den Schulbibliotheken jährlich zufließenden Pro-
gramme, ohne für den großen Nutzen der einheitlichen
Organisation das rechte Wort zu finden. Erfreulich war es, daß
wenigstens eine Stimme (Hellwig, Nr. 87; S. 355), nachdem
die neue Ordnung ein halbes Jahrzehnt ihre Wirkung geübt hatte,
im Jahre 1880 die Ausdehnung auf ganz Deutschland (d. h.
einschl. Bayern) und ganz Österreich (doch wohl nur
Deutsch-Österreich) nebst Siebenburgen anregte. Mir
scheinen die Vorteile der — im einzelnen vielleicht noch verbesserungs-
fähigen — Teubnerschen Organisation so groß, daß es aucU
heute nicht wohlgetan sein dürfte, durch wiederholten Tadel unter-
geordneter Dinge das Ganze in Hißkredit zu bringen. Es wird
noch Gelegenheit sein, auf diese Frage zurückzukommen.
1. Die Kleinarbeit.
a) Die Abbandioof^eo.
Mit der Neuorganisation des Tausch Verkehrs war, wie oben
ausgeführt ist (S. 147), in Preußen die Aufhebung der Ver-
pflichtung zu jährlichen Abhandlungen verbunden ge-
wesen. Man durfte gespannt darauf sein, welche Wirkung diese
grundsätzliche Maßnahme auf die Produktion vom Jahre 1877^)
ab ausüben, insbesondere, ob die Befürchtung derer bestätigt
werden würde, die in der Aufliebung des Zwanges „das Todes-
urteil der wissenschaftlichen Abhandlungen'' (so VarniVagen;
Nr. 81b, 1. Aufl.') S. iX) zu sehen glaubten. Das ist nun, wie
aus den teils Preußen, teils ganz Deutschland umfassenden Über-
sichten von Campe (über die Jahre 1876—1878) und noch
deutlicher aus denen von Schwalbe (über die Jahre 1876 —
1880 bezw. 1881; Nr. 88, S. 124 f.) hervorgeht, nicht einge-
treten. Die Jahre 1876 — 1881 zeigen — unter Berücksichtigung
der vermehrten Zahl der Schulen — eine relativ ziemlich
gleiche Stärke der Produktion. Das Verhältnis der Programme
m i t Abhandlung zu denen ohne eine solche blieb im Reiche
ziemlich konstant etwa das von 3:1. Und wenn sich dagegen
in Preußen gegen Ende der siebziger Jahre, besonders von 1879
1) Das Jahr 1876, das z. B. Campe (INr. 83a, S. 232) schoo zur Ver-
gleichoDi^ luit 1875 heranzieht, kooute keiueo richtigeo Maßstab abgebeo, da
Datürlich hchoo ein großer Teil der Abhaudluogeo für 1876 io Arbeit war,
bevor 1875 die Aul'hebang des Zwanges erfolgte. Dieser Umstand üble
z. B. auch auf die ßeschliiäse der Berliner Stadtverordneten-Versammlung
1877 (s. Nr. SO, Bd. IV, S. 91 f.) noch einigen Ginfluß.
2) Inder zweiten Aufl. (s. o. Bibliogr. j4bt.3f Nr. 42) sind die Seiten
I — X nicht wieder abgedruckt wordeu.
Too R. Ullrich. 2l3
ab (Schwalbe S. 125) eine Verschiebung zu Ungunsten der Ab-
bandlungen zeigte, so lag das weniger an sachlichen Gründen, als
zunächst an dem Umstände, daß Progymnasten, Realschulen und
ähnliche Anstalten mit kürzerer Kursusdauer, die auch schon vor
1875 zur Abfassung nicht verpflichtet gewesen waren, in größerer
Zahl gegründet wurden; außerdem wurde dieses Verhältnis durch
die Verweigerung der Mittel für die Programmabhandlungen
stadtischer Anstalten durch die drei großen Kommunen Berlin
(1876 bezw. 1877—1881), Breslau (1879-1885; z.T. bis 1882)
and (was Schwalbe übersah) auch Hannover ^) (1879 bis heute
— mit wenigen Ausnahmen) erheblich beeinflußt'), und im Zu-
saromeohaDg mit der Gründung weiterer zahlreicher neuer
Schulen, besonders Realschulen, vorzugsweise durch Kommunen
in den letzten beiden Jahrzehnten ist ihre Zahl in der Folgezeit
allmählich immer geringer geworden. Vgl. darüber den nächsten
Abschoilt.
Ober die Aufhebung des Zwanges jährlicher Abhand-
longen, seine Vorteile oder Nachteile ist in den beiden hier in
Betracht kommenden Jahrzehnten verhältnismäßig wenig
^^h Yg). unten die Verhandlungen der schlesischen Direkt.-Vers.
Ha 1882) debattiert worden. Die in Hamburg 1881 abgehaltene
^rofinzialversammlung (Nr. 89), auf der Direktor Hoc he referierte,
«» zwar im allgemeinen gegen den Zwang (dem andererseits
^ wwesende Provinzial-Schulrat Lahme y er doch einen ge-
wiss« Nutzen nicht absprechen wollte) '), betonte aber den Wert
der Abhandlungen überhaupt und hielt ihre Lieferung, unter
liadzeitigem Hinweis auf die üblen Folgen der Verweigerung
1) Vgl. /akresbtr. d, Oß. zo Hannover 1880 S. 11, wo der betr. Ba-
*^9B ier Sudtverwaltoog Yom 5. SepL 1878 korz wiedergegebeD ist.
Bei ß'iue'irmer Bd. IV (s. o. S. 89 Aoni. 2) findet sich S. 441 die lakonische
feflNrkaDg: „Für wissenschaftliche Beilagen zu den Programmen sind in den
ctidtischea Haushaltsplan keine Mittel eingestellt".
<> So war das Verhältnis in Schlesien 1878 noch 37:10, 1S79 aber
^:2I, in Hannover 1879 noch 23:17, dagegen 1880 beinahe umgekehrt
}7:22. Niheres aoch über das Verhältnis der einzelnen preufiischen Pro-
nnea zaeiDander mag man bei Schwalbe (a. a. O.) nachlesen.
') Äholieh bezeichnete es der Schnlrat Todt 1880 als eine Ehren-
flidht jeder höheren Schule, mSglichst jedem Jahresberichte eine Abband-
isB^r beizofä^eoy and teilte zagleich die Ministerialverfogung vom 31. Okt.
l')79 mit {s.o. S. 147) — auf der 3. Direktoren- Versammlung der
Prorioz Sachsen (vgl. Ferk. d, 3. Dir.-Fers, == der glänzen Reihe Bd. VII
'ISSO) S. 2J4; £rler [III] S. 5). Die Tradition hat sich danach gerade in
iv Provinz Sachsen am stärksten erwiesen; von 55 Anstaltea sind z. B.
Sr 1907 oor von 13 bloße Scholnachrichteo angekündigt, die übrigen 42
liefern Ahhaadlao^en. Am nächsten kommt fdr 1907 Pommern mit einem
^erhiltnis von 22:7. Am nngönstigsten stehen W Ostpreußen (7:23),
firtadenbnrg (39:69) ond die Hheinprovinz (32:87). Bei letzterer ist
>^r irejeotiicb daß <li® Anzahl junger, i. E. begriffener Anstalten besonders
ff^ß ' ^ ^jii'Ge«tchtspankt, der in der Diskussion nicht ausreichend be-
^htet worden ist; rgl- darüber noch Teil 11 2.
214 Programmweseo nod Programmbibliothek d. höh. Sehaleo,
der Mittel durch die Stadt Berlin (s. o. S. 213 und u. S. 224 (T.),
nach wie vor für wünschenswert. Als Gegenstände wurden wissen-
schaftliche Spezialuntersuchungen jeder Art, z. B. auch
Handschriften Verzeichnisse^), lokalgeschichtliche Ar-
beiten und populäre Darstellungen auf wissenschaft-
licher Grundlage vorgeschlagen; in bezug auf pädagogische
Fragen wurde Zurückhaltung empfohlen (vgl. o. S. 186). Eigen-
tümlich und für diese jetzt 25 Jahre zurückliegende Zeit
charakteristisch war es, daß der genannte Referent die Veröffent-
lichung von Bibliothekskatalogen als Programmbeilagen mit
der Begründung ausgeschlossen sehen wollte (vgl. schon oben
S. 186), sie hätten nur lokale Bedeutung. Man beachtele gar nicht,
daß eine alte Gymnasialbibliothek (wie z. B. die des Hamburger
Johanneums) mit zunehmendem Umfang immer mehr aufhört, bloß
den Lehrern der Schule oder anderen Einheimischen zu dienen und
auch auswärtigen Gelehrten nicht selten nützlich werden kann — was
in vollkommener Weise doch nur durch gedruckte Kataloge
zu erreichen ist. Und zu deren Veröffentlichung ist, wenn größere
Mittel nicht im ganzen zur Verfügung gestellt werden können,
die Programmbeilage gerade ein geeigneter Ort und daher sehr
häuOg — unter Umständen mehrere Jahre nacheinander — auch
verwendet worden^). Ober die Bedeutung der Abhand-
lungen an sich waren auch auf zwei deutsch -öster-
reichischen Mittelschultagen (1889 und 1890 — den
letzteren nehme ich des Zusammenhanges willen noch zu dieser
Periode hinzu) die Beferenten ziemlich einig (Nr. 99 a und 100).
Ober die Frage, ob ein Zwang stattfinden solle oder nicht, waren
die Meinungen geteilt; hervorgehoben sei die Stimme von Wilhelm
V. Hartel, der (Nr. 100, S. 249) für die weitere regelmäßige
Lieferung der Abhandlungen in Österreich mit Wärme und Nach-
druck eintrat und aus seiner wissenschaftlichen Erfahrung heraus
im Interesse des höheren Lehrerstandes hervorheben konnte:
„ . . . die Programme werden draußen gelesen und
haben viel dazu heigetragen, die Vorstellung zu er-
wecken, daß in Österreich etwas für die Wissenschaft
geschieht'*. Daß gleichwohl auch minderwertige Arbeiten vor-
kamen, ist nicht zu verwundern. Besonders scheint (nach
Schönbachs Ausführungen — Nr. 91, S. 949) die Unsitte ver-
breitet gewesen zu sein, alte Examensarbeiten — oft nicht ein-
mal von den alten Fehlern gereinigt — zu Programmabhandlungen
zu verwenden. Schön bach sieht den Grund (nicht mit Unrecht)
^) Hier sehwebten dem Referenten wohl die von der preoBischeD
Regierang in dieser Hiosicht gegebenen Anregungen vor; vgl. Bibliogr,
j4bt. 2, Kr. XLa nndb; s. auch oben S. 142.
*) Vgl. meine Bemerkungen in Heins EnzykL Hdb. d. Päd, ' V
(19U6) S. 440 — 441. Eine eiogehende Darstellnng dieser gaozen Verhältnisse
wird später an anderem Orte gegeben werden.
von R. Ullrieh. 215
in dem Programm zwange und wünscht eine etwas mildere Praxis,
hält aber an der Einrichtung als solcher fest. Etwaige Ersparnisse
hei Ansfäilen sollen den Lehrerbibiiotheken zugute kommen
(vgi. 0. S. 187)! Auf den schon früher (o. S. 197) betonten Ge-
sichtspunkt, daß ohne die Programmeinrichtung viele sehr
tüchtige Abhandlungen nie geschrieben worden wären, kam Erler
(Nr. 94, S. 450) zurück (auch er übrigens unter Hinweis auf die
Verweigerung der Mittel durch die Stadt Berlin)^), der in
Schmid-Schraders Enzyklopädie 1885 (in erster Aufl. schon
1867) die ganze Entwicklung nach Wiese (s. o. S. 208) zuerst
wieder in kurzer Obersicht behandelte — leider in der Haupt-
sache mit Beschränkung auf Preußen, während doch (anders bei
Wiese a. a. 0.) die Gesamtentwicklung hier mehr Berück-
sichtigung erfordert hätte').
Der früher sehr beliebte (o. S. 187 u. 197), wenn auch schon
gelegentlich widerlegte (o. S. 197) Hinweis auf Zeitschriften
als Ersatz der Programmabhandlungen wurde in diesen
beiden Jahrzehnten verständigerweise nicht wieder aufgenommen,
Tiflleicht ein Zeichen dafür, daß man das Verfehlte, nur selten
Zuireflende dieses Auswegs allmählich eingesehen hatte. Immerhin
»ares nützlich (wenngleich sich die Literatur nach 1890 wieder
jeicht über längst widerlegte Dinge hinwegsetzte), daß auch jetzt
mehrmals (Hellwig, Nr. 87, S. 354 — Tumiirz, Nr. 99a,
S.%3, letzterer mit besonderer Rücksicht auf österreichische
Zauchriftenverhältnisse) die Zeitschriften als nicht geeignet und
aoffeicheDd bezeichnet wurden, selbst nur den guten Programm-
abkandlQDgen Raum zu gewähren; und Stammer (Nr. 85a,
S. 189; Tgl. auch Hellwig, a.a.O.) konnte zuerst mit Recht
darauf hinweisen, daß die in Zeitschriften veröffentlichten Ab-
kandluDgen, wenn sie überhaupt gelesen würden, doch immer
nur einem kleinem Teile der Interessenten zu gute kämen.
Um so beharrlicher zeigte sich die (ebenfalls schon in den
früheren Perioden, o.S. 187 u. 199 aufgetauchte) Idee, an Stelle der
einzelnen Abhandlungen eine Kollektivpublikation in irgend
einer Form zu setzen. Daß dieser Gedanke vor 1876, dem ersten
Jahre der Praxis des neuorganisierten Tauschverkehrs, noch einen
Vertreter fand (Wfutzdorlir; Nr. 77, S. 382), wird man nicht allzu
verwunderlich finden; man suchte eben die Hebung tatsächlich
^) Vgl. 0. S. 108. ÜbrifeoB traf dieMr Bio weis 1885 längst nicht
»ehr zuy da schoo seit 1882 io tferlio die Mittel wieder bewilligt worden
waren; vgl. o. S. 213.
2) Nicht richtig war Übrigens seine Notiz am Schlosse (S. 453), dafi
seit 1865 keine Programm-Bibliographien mehr erschienen wiiren. Vgl.
0, BibttogT. ^ät. 3, Nr. II, 12, 20, 26->29, 33, 41, 43 — wieder ein
ZeicheA, wie wenig selbst Bearbeiter eines kleinen Sondergebiets die
Literatur des Gegenstandes beherrschen, während man doch eigentlich das
Gegenteil erwarten sollte.
216 Programmweseo und Programmbibliothek d. höh. Scholeo,
vorhandener Schwierigkeiten durch die mannigfaltigsten Pläne zu
erreichen. Freilich zeigte der Vorschlag des genannten Verfassers
(a. a. 0.), die zu einem sachlich geordneten mehrbändigen Jahr-
buche zusammenzufassenden gelehrten Schulabhandlungen sollten
einem Rezensionskomitee von Mitgliedern der wissenschaft-
lichen Prüfungskommissionen zur Auswahl vor dem Druck unter-
breitet werden, daß nicht bloß die Königsherger Verhandlungen
über diesen Punkt (s. o. S. 199) wenig Frucht getragen hatten,
sondern daß auch das Standesgefuhl des Schulmeisters damals
noch wenig entwickelt war. Doch das war vor 1876. Weniger
erfreulich war es, daß auch die eben geschaffene Neuorganisation
des Tauschverkehrs, ehe sie sich noch ruhig entwickeln konnte,
alsbald mit mehreren Abänderungsvorschlägen bedacht wurde.
Die Reformer gingen die verschiedensten Wege. Da finden wir
(bei Hellwig; Nr. 87, S. 355) im Jahre 1880 ein „täglich er-
scheinendes wissenschaftliches Notizblatt''; Schnorr v. Cards -
feld, der bekannte Fachbibliothekar, beschenkt (mit Röcksicht
auf die Zwecke der wenigen großen wissenschaftlichen Bibliotheken)
die Schulmänner 1887 mit einem nach der Reihenfolge der
Teubnerschen Nummern aus den Einzelprogrammen zu-
sammengesetzten, geographisch geordneten Jahrbuche, in
welchem übrigens Abhandlungen und Schulnacbrichten ungetrennt
bleiben sollen (Nr. 95; S.20f.), während wiederum Tumlirz
nach gründlichen Vorarbeiten und nicht ohne Geschick, um den
Tauschverkehr und die Arbeit der Bibliothekare zu vereinfachen
und die Qualität der Arbeiten zu heben, wieder (wie schon früher
geschehen, s. o. 187u. ö.) speziell für Deutsch-Österreich ein
sachlich geordnetes Jahrbuch (ohne Zwang der Mitarbeiter)
empfiehlt, dessen Herstellung von einem Wiener Zentralkomitee —
das übrigens keinerlei Zensurbefugnisse hat — überwacht wird
(Nr. 99a und b; 100). Die Einlieferung der Einzelarbeiten erfolgt
am 1. März, der Druck des Ganzen, ca. 280 Bogen in Lex. 8°,
wird in 3 — 4 Monaten bis zum 1. Juli fertiggestellt! Wie das
Schnorr sehe Jahrbuch erhält es ausfuhrliche, nach verschiedenen
Gesichtspunkten hergestellte Indices. Der Urheber dieses Reform-
planes rechnete — an sich wohl richtig — eine nicht unbedeutende
„Ersparnis*' heraus, die wieder den „Lelirerbibliotheken'' zugute
kommt (s. o. S. 215), wenngleich die Abhandlungen aus nahe-
hegenden Gründen in einer größeren Zahl von Abzügen auch
einzeln hergestellt werden. Die Sache erhält aber ein ganz anderes
Gesicht, wenn man vernimmt, daß der ebenfalls verbleibende,
separat herzustellende Schulbericht auf einen Bogen beschränkt
werden soll, während doch gerade diese ausführlichen österreichi-
schen Schulberichte — im ganzen angesehen die besten, die es
gibt — der Stolz des Landes waren und sind. Auch liisß sich
der Antragsteller von der Überzeugung, es sei wirklich möglich,
280 Bogen in 3 — 4 Monaten sachgemäß zu setzen, zu korrigieren.
voo R. Ullrich. 217
zu drucken^ zu heften usw., nicht abbringen^) — um von anderen
Bedenken (vgl. Teil II 2) ganz zu schweigen. So wurde, besonders
wohl unter dem Eindruck der Worte v. Harteis, der zuletzt
sprach (s. o. S. 214), der Plan nicht gebilligt — was nicht hinderte,
daß er (im Jahre 1906) an anderer Stelle und ohne jede Ruck-
siebt auf frühere entscheidende Bedenken wieder auftauchte (vgL
die 4. Periode zu Nr. 148). Soweit die äußeren organisatorischen
Reformpläne.
Die bibliographische Zusammenfassung der Abhand-
langen ') kleinerer oder größerer Perioden nahm in den siebziger
und achtziger Jahren guten Forlgang. Das alte Mushackesche
Jahresverzeichnis wurde nach dem übergange in den Teubnerschen
Terlag und auf Grund der Neuorganisation des Tauschverkehrs
»eit 1876 auf eine zuverlässigere Grundlage gestellt (Nr. 13 b), in
Baden wurde das alte Verzeichnis der Landesprogramme von
1S63 (Nr. 17) im Jahre 1888 von Köhler zeitgemäß erneuert
(Nr. 18), die bayerische Bibliographie wurde sachgemäß fort-
gesetzt (Nr. 20— 22), die Schweiz erhielt zum ersten Male (1890)
durch Biieler ein Gesamtverzeichnis (Nr. 37), in Österreich
vurde von der Behörde seit 1876 ein Jahresverzeichnis
fingerichtet (Nr. 33). Pur Deutschland steht die König-
liche Bibliothek zu Berlin mit ihrem neuen, bibliographisch
in jeder Hinsicht besten Jahresverzeichnis (Nr. 15) gerade an
to Grenze unseres Zeitraumes, ebenso das Focksche Unter-
Khnen (Nr. 16), das in ähnlicher Weise wie früher das von
Calf a r y (s. o. S. 1 89), aber weit zuverlässiger, die Program marbeiteo
vjeder im Zusammenhang mit anderer Kleinliteratur zugänglich
macht Ober Klußmanns. unter Nr. 5, S. 238 ff. Nicht unerwähnt
niagauch eine Anregung bleiben, weichein der an die Tumlirz-
^hen Vorschläge sich anschließenden Debatte gelegentlich laut
«orde und, wenn allgemeiner und mit der nötigen Genauigkeit
und Konsequenz durchgeführt, sehr viel zum Bekanntwerden der
Programmliteratur jeder Schule hätte beitragen können — ich
^) Der Hinweis, es sei tatsächlich möi^lich, zar Zeit der Reichsrat-
»essioii oäebtlich 6—7 Bo^en fertig za stellea (Nr. 100, S. 249), kooate doch
veaif beweisen im Hioblick auf die völlig verschiedene Art des Gegen-
stiades. Der Druck wissenschaftlicher Abhandlungen mit fremdsprachlichen
Artikeln, mathematischen Deduktionen, Abbildungen usw. erfordert bei der
fSroßeren Schwierigkeit unendlich viel mehr Sorgfalt nod Zeit als der voo
Parlaments verband langen, die sich in gleichmäßigeren Bahnen bewegen.
^ £rwähnt sei hier auch die Anregung, die Jul. Petzholdts Neuer
hastiger f. BibUogTaphie und Bibliothekswüs. J872 S. 166 brachte (auf Grund
eines schon in den vierziger Jahren von Bernhardi in Kassel gemachten
Vorschlage« allgemeinerer Art), es möchte ober Programme (und Disser-
tationen) ein allgemeines Verzeichnis hergestellt werden, besonders
im loterease der Bibliotheken. Auf die in Schul kreisen in dieser Be-
ziebong achoa froher erfolgten Aoregnngen (s. o. S. 202) wird dabei mit
ieiaem Worte eingegangen.
218 Programmweseo ODd Programmbibliothek d. hSh. Seholeo,
meine den damals von Maresch (Österr. MüteUch. IV [1890]
S. 248) befürworteten regelmäßigen Abdruck der Titel
sämtlicher Programme jeder einzelnen Anstalt auf
dem Umschlag der Programme selbst (bei getrennter Aus-
gabe auf dem Umschlag der Abhandlungen und Jahresberichte).
In Österreich ist diesem ebenso nützlichen wie einfach durch-
fuhrbaren Vorschlage in der Praxis vielfach Folge gegeben worden,
und besonders die Jahresberichte der Anstalten Böhmens und
Mährens geben in dieser Weise Jahr für Jahr — denn darauf
kommt es gerade an — regelmäßig auf dem Umschlag die Titel
der von ihnen von Anfang an ausgegebenen Program mabhand-
hingen an, freilich nicht immer mit der notwendigen biblio-
graphischen Genauigkeit, gelegentlich auch mit einem Hinweis
darauf, ob diese noch zu haben sind oder nicht. Im Deutschen
Reiche hat diese Sitte leider noch wenig Eingang gefunden^).
Ein weiterer Fortschritt war es, daß neben Jahresverzeich-
nissen und größeren Znsammenfassungen des ganzen Gebiets nun
auch die Sp^ialarbeit einzelner Fächer über längere Zeiträume
einsetzte (Nr. 40, 41, 43, 44).
Die Programmtiteratur des höheren Mädchenschul-
wesens blieb noch ohne jede zusammenfassende Bearbei-
tung in größerem Stile.
ß) Die Jahresberichte.
In den siebziger und achtziger Jahren finden wir zwar in der
Literatur nicht allzuviel Äußerungen über die Jahresberichte, die
wenigen aber sind mit einer Ausnahme so wertvoll, daß sie hier
besonderer Erwähnung bedürfen. Das gilt hauptsächlich von den
zwei grundsätzlichen Anschauungen Förstemanns (Nr. 86)
und Er I er 8 (Nr. 94). Man könnte beide als Motto über die
ganze Einrichtung der Jahresberichte setzen, weil sie — entgegen
der Meinung derer, die darin nur ephemere Erzeugnisse sehen woiltea
(s.o. S. 200 u. 203) — ihr Wesen und ihre Bedeutung für
die Wissenschaft richtig zum Ausdruck gebracht haben. Wenn
Förstemann (S. 350) sagt: „. . . welche geradezu originalen und
daher wichtigen Quellen für Lokalgeschichte und für Biographie
liegen in diesen Jahresberichten! Was gäbe man oft dafür, wenn
man aus älteren Zeiten von irgend einer Schule eine vollständige
Reihe jener Berichte haben könnte!'' — so möchte man wünschen,
daß manche Autoren, die noch zwei Jahrzehnte später mit ihrer
Kritik nur an dem allernächsten Zweck der Jahresberichte haften
blieben, von diesem klassischen (wiederum in einer der gelesensten
Zeitschriften veröffentlichten I) Zeugnis eines Mannes, der ebenso
*) Id einigeo Aostalteo der Provinz Ostprenfieo. Vgl. o. S. 110
Aon. Z. 11 und io dem dort erwähnten Verzeichnis des Berlin. G. a. grauen
Klotter 1906 S. 25 Anm.
TOB R. Ullrich. 219
Schulmann, Schulbibliothekar, Fachbibliothekar wie ein bedeutender
Gelehrter war, einige Notiz genommen hätten. Leider findet man
in der Literatur der Folgezeit kaum eine Spur davon. Noch
positiver konnte Erler ^) (S. 451) hervorheben, daß ohne die
,.Schulnachrichten** die Mitarbeiter an Schmids Enzyklopädie
„für viele Fragen ^anz ratlos gewesen wären". Andrerseits fühlt
man sich wie mit kaltem Wasser übergössen, wenn man bei
Hellwig (Nr. 87), gerade ein paar Seiten hinter Förstemanns
Worten, mit Rücksicht auf die Arbeit des Schulbibliothckars den
Vorschlag zu hören bekommt (S. 355), dieser sollte das Recht
haben, „die bloßen Schulnachrichten nach einjährigem Auf-
beben in der Bibliothek — zu kassieren!''. Leider war dieser
Vorschlag nicht einmal neu (s. o. S. 206).
Für die Einzel arbeit an den Jahresberichten ist in diesem
Zeitraum wenig geschehen'). Nur dem Abschnitt ober Statistik
wurde einiges Interesse gewidmet. Latendorf , der eben durch eine
eigene Arbeit (s.o. S. 123 Anm. 1) anschaulich gemacht hatte, welchen
Dienst genauere Angaben in diesem Teile der wissenschaftlichen Arbeit
leisten können, ging zwar auf Einzelheiten nicht näher ein; das
wenige aber, was er auf der Rostocker Philologen -Ver-
sammlung von 1875 (S. 105f.) Ober ihre Bedeutung sagte"),
gilt noch heute für alle, die in ihrem Urteil Qber die einzelnen
Notizen nur za leicht vergessen, was aus ihnen für eine Gesamt-
betrachtung zu gewinnen ist. Die Worte lauten: „Gibt es auch
nur wenige Menschen, bei denen die individuelle Entwicklung von
größerem Interesse ist, so steht doch kein Individuum so tief,
daß seine Geschichte nicht für gewisse Kreise interessant wäre,
und keines so hoch, daß es nicht zugeben müßte, das Beste, was
es bat, der Einwirkung anderer zu verdanken". Von den in
gleicher Richtung 1884 gemachten Anregungen Kannengießers
1) Wir ÜBdeo bei ihm (S. 451) «ach die seh&neo Worte wieder, die
sekoB eia Meesebeoaiter vorher (1855; s. o. S. 190) Dietsch über die Be-
dcQtaog dieser VerSffeBtUchoogeo «It einet geistigeo Bandes swischen
deo SchalmSnoern der verschiedenen AostaJten und Länder aosgesprochen hatte.
*) Erwähnen möchte ich nur, daß Stamm er (Nr. 85 a, S. 189 f.) der
jährlichen Mitteiloni^ der Anschaffungen für Bibliothek uod von
Lehrmitteln iiberhaopt das Wort redet und Hinweise auf frühere Jahr-
gäoge als unstatthaft bezeichnet. Ich kanate diese Bemerkungen vor drei
Jahren bei Ausarbeitung meiner oben (8. 85 Anm. ]) erwähnten Schrift
noch niebt und freue mich um so mehr, für meine gleiche Meinung (vgl. da"
tdUt S. 7 Anm. 2, Zeäsekrifl f. ,d. GfT. S. 679 A. 2) einen Gesinnungs-
genossen gefanden zu haben, als dieser ein Mann war, der sich vm die Bin-
richtung, Verwaltung und Beiiatzaog einer größeren Schulbibliothek (der
des Düsseldorfer Realgymnasiums und Gymnasiums) bleibende Verdienste
erworben hat.
*) Unter gleichzeitigem Hinweis auf C. £. FBrstemanns 'Mbtan
aeademiae yHtbergennt. Damals war erst ein Baod erschienen (Lipsiae
l^lf C. Taochnits), von 1502 — 1560 reichend, später sind noch zwei Bäade
gefolgt (Balis 1894 und 1905, M. fliemeyer), die bis 1602 gehen; Bd. 3
enthält die Indices.
220 Programmweseo nod Programmbibliothek d. hob. Schalen,
(Nr. 92) haben mehrere, wie die über eine genauere Fest-
stellung der Schülerbewegung nach Zu- und Abgang in
den einzelnen Klassen unverkennbar schon auf die ein Jahr darauf
ergangene preußiäche Ilauptverfögung über die Jahresberichte
(Bibliogr. Abt. 2 Nr. XLl) Einfluß gehabt; andere, die auf eine
mehr ins einzelne gehende Berichterstattung über Heimats-
verhältnisse der Schuler, Schulwechsel in bezug auf Klassenstufe
und Art der Anstallen, Stand der Eltern, Ausdehnung der Abi-
turientenstatistik auf die „Einjährigen'' u. a. m. abzielten, haben
wenigstens von Amts wegen besonders in Norddeutschland') nur
selten den Weg in die Praxis gefunden. Sie sind aber, scheint
mir, erst recht beachtenswert in einer Zeit, in der die methodische
Arbeit der wissenschaftlichen Statistik sich immer weiterer Gebiete
bemächtigt.
y) Die Prog^rammbibliothek.
Sehr viel nutzliche Arbeit ist in dieser Zeit der äußeren
Gestalt der Programme gewidmet worden, besonders mit Ruck*
sieht auf ihre möglichst leichte Ordnung, Katalogisierung und
damit Nutzbarmachung in den Schulbibliotheken. Wer diese
Dinge nicht selbst — als Bibliothekar oder als häufiger Benutzer
dieser Bibliotheken — in der Praxis kennen gelernt und manchen
Verdruß damit gehabt hat, möchte leicht geneigt sein, sie für un-
wesentlich zu halten, auch meinen, es lohne sich vielleicht nicht
einmal, sogar in Zeitschriften darüber etwas drucken zu lassen.
Wie irrig eine solche Auffassung ist, erkennt man am besten
daraus, daß noch heute manche Programme in bezug auf Format,
Titel u. a. m. — auch trotz amtlicher Verfügungen — nicht den
Anforderungen genügen, die man im Interesse leichter Einordnung
und Benutzbarkeit an sie stellen muß (vgl. o. S. 173 f.). Darum
haben die mannigfachen Anregungen, die in diesem Zeitraum
hauptsächlich von Schulbibliothekaren (und gelegentlich auch von
Facbbibliothekaren) in dieser Hinsicht gemacht worden sind, noch
„aktuelle*^ Bedeutung. Nicht immer erfreulich zwar ist die hier
mehrfach hervorgetretene einseitige Beurteilung der Sache vom
Standpunkt des Schulbibliothekars (mit Rücksicht auf dessen
größeres oder geringeres Arbeitsmaß) auch da, wo unbedingt
wichtigere Rücksichten auf benutzende Kollegen, auch Schüler,
Eltern und andere Empfänger der Programme vorgehen müssen.
So berührt es seltsam, wenn z. B. N. (Nr. 84, S. 349) die damals
allmählich — und zwar aus guten Gründen, vgl. o. S. 180 —
immer mehr in Aufnahme kommende äußere Trennung von
Abhandlung und Schulnachrichten deshalb wieder ab-
geschafft wissen will (als ob dergleichen alle paar Jahre zu ändern
1) Über Bayern und Sachsen vgl. o. S. 158 ff. und die Tabelle
hinter S. 160.
voB R. Ullrich. 221
zweckmäBig wäre!), weil sie dem Schulbibliothekar bei der Ein-
ordnung mehr Arbeit mache. Stamm er hat übrigens (Nr. 84 a,
S. 198; b, S. 613) gezeigt, in wie einfacher Weise sich mit Hilfe
Ton Schülern (vgl hierzu Teil III) diese Sache regein läßt, nichtiger
war es, weon N. (S. 350) ebenso wie Stammer (Mr. 84 b) den
Modus verwirft« den man als direkt unwissenschaftlich bezeichnen
kann, nur eine Auswahl von Programmen zu beziehen. Übrigens
macht dies Verfahren nicht geringere, unter Umständen sogar
größere Arbeit als der Gesamtbezug.
Die äußere Form der Programme gab damals noch zu
mehr Ausstellungen Anlaß als heute. Das ungleiche Format
bereitete beider Einordnung manchen Verdruß, und Zeiß sprach
mit Recht den Wunsch aus (Nr. 82), Bayern, das im Gegensatz
zu den Teubnerschen, auf Gleichmäßigkeit abzielenden Vor-
schlägen gerade 1875 das 8^-Format eingeführt hatte (und bis
beute beibehalten hat), möchte ebenfalls das 4^-Formal annehmen,
zu welchem Baden im allgemeinen Interesse eben gerade über-
gegangen war (s. o. S. 174); leider ohne praktischen Erfolg. Her-
Torgeboben wurde weiter, bei getrennter Ausgabe müßten Ab-
handlung und Jahresbericht derselben Anstalt auf dem Titelblatt
die Beziehung zueinander deutlich hervorheben (N. a.a.O.
S. 349; Furstemann a. a. 0. S. 351), der Name des Direktors
sei zu nennen, Ort (der mit dem Druckort nicht immer über-
einstimmt), Charakter der Anstalt, sowie die Zeit des Er-
scheinens genau anzugeben, der Name des Verfassers der
Abhandlung (mit Vornamen; vgl. o. S. 173) sei auch auf dem
Tiieiblatt des Jahresberichts zu bezeichnen ; Abhandlungen, die Fort -
Setzungen früherer Arbeiten seien, müßten als solche
kenntlich gemacht werden, bunte Umschläge ohne Titel-
aufdruck seien zu vermeiden, weil sie die Ordnung unnötig er-
schwerten (N. a. a. 0.; Forste mann a. a. 0. dgl). Das alles sind
Dinge, die so selbstverständlich erscheinen, daß man meinen sollte,
sie hätten immer erfüllt werden müssen, während die Talsachen
das Gegenteil bewiesen und — z. T. — noch beweisen. Zu der
1876 eingeführten und bis heute bestehenden Einrichtung (s. o.
S. 171 Nr. 4), die einzelnen Programme in der unteren Ecke
links mit der Nummer der Teubnerschen Voranzeige
zu versehen, machte Hell w ig (Nr. 87, S. 355) den beachtens-
werten Vorschlag, diese Nummer für jede Anstalt ein für allemal
festzuhalten und die neu hinzukommenden mit a, b, c usw. ein-
zuordnen. Leider ist auch dies nicht beachtet worden, so daß
besonders gegen Mitte und Ende des Verzeichnisses und dem-
gemäß auf dem Titelblatt der Programme jede Anstalt jedes Jahr
eine neue Nummer erhält, was niemand als praktisch ansehen wird.
Wollte man einwenden, daß bei seiner Methode die Obersicht über
die Zahl der Anstalten und der erschienenen Programme er-
schwert wurde, so läßt sich dem leicht dadurch abhelfen, daß in
222 Programm wesen und Programmbibliothek d. höh. Sehoiea,
dem Verzeichnis laufende Nummern in kleinerem Druck Toran-
gesetzt werden.
Auch die Frage der Katalogisierung, diesem grade für
die Programme überaus wichtigen Mittel wirklieber Nutzbar-
machung, hat die ruhrigen Mitarbeiter an den praktischen Bibliotheks-
fragen dieser Periode ziemlich lebhaft beschäftigt. Schon in den
früheren Jahrzehnten (s. o. 193 und 206) hatte man sich dieser
Sache zugewendet, und an nicht wenigen Orten (wie hier und da
sogar heute noch geschieht) hatten auch manche für ihren Beruf
begeisterte Schulbibliothekare trotz des geringen oder auch ganz
fehlenden Lohnes sich die unendliche, von den meisten Kollegen
kaum richtig gewürdigte Mühe gemacht, geschriebene Kataloge,
über die Hunderte der jährlich eingehenden Programme anzulegen
und auf dem laufenden zu erhalten, oft sogar mehrere nach ver-
schiedenen Gesichtspunkten geordnete^). An Zweck und Methode
solcher Arbeilen knüpfte man auch jetzt wieder an, und dem
allmählichen Fortschreiten bibliothekstechnischer Gesichtspunkte in
jener Zeit entsprechend wurden nun zuerst auch Vorschläge laut,
wie mit Hilfe des Druckes die Katalogisierung der Programme
zu fördern sei; denn daß ohne eine solche Katalogisierung, gleich-
viel welcher Art, eine Frugrammsammlung so gut wie wertlos sei,
war eine Auffassung, die wenigstens den Einsichtigeren schon
damals durchaus geläuGg war (vgl. Stamm er Nr. 85 a, S. 191 IT..
So kamen Vorschläge, die Zentralstelle für Programme sollte zur
Verwendung für die Kataloge gedruckte Titel der Abbandlungen
herstellen und den beteiligten Bibliotheken zugehen (Hellwig
S. 356) oder ein einseitig bedrucktes, nach Autoren ge-
ordnetes Verzeichnis in kl.-8^ der nach Städten geordneten
Voranzeige folgen lassen (Kochendörffer S. 96 f.; Heuser
S. 403); der Bibliothekar des Realgymnasiums in Dessau, Benn-
hold, schlug endlich auf Grund des von ihm an der eigenen
Anstalt als praktisch erprobten Versuches vor, jede Schule sollte
selbst zu gleichem Zwecke ihrem Programm einen (warum nich^
mehrere?) Titeldruck der Abhandlung (in 9:9cm')) bei-
legen '). Bei allen diesen, vor 30 und 20 Jahren gemachten und
schon ganz modern anmutenden Vorschlägen fällt das eine auf»
daß ihre Urheber gar keine Notiz davon nahmen, daß die Grund-
lage dessen, was sie bezweckten, ja damals schon vorlag,
nämlich seit 1876 in dem auch separat käuflichen Teubner-
schen Verzeichnis der wirklich erschienenen Abhand-
^) Nach Schalen, nach dem Alphabet der Verfasser uod oach dem lohalt.
') Daß dies Format, besooders io der Höhe, für allgemeioe V«r-
wenduBf^ viel za g^roß ist, leachtet jedem Keooer sofort eio; vgl. «laza
noch Heoser a. a. 0.
') Ao deoi Realgymoasium zu Dessau hatte die (dort für den Zettel-
katalog verwendete) Einrichtuog die m. B. wichtigste Folge, daß di« Mit-
von R. Ullricb. 223
langen {BAUo^. Abt. 3, Kr. Id h) der am Tauschverkehr be-
teiligten Anbtalten, das als Anhang zum Stalistischen Jahrbuch
herausgegeben wurde. Sogar die entsprechenden, wenn auch
noch nicht ganz YoUslandigen und zuverlässigen Anhänge des
Mushackescben Kalenders von 1867 an konnten schon da-
mals für den genannten Zweck wenigstens eine recht er-
hebliche Erleichterung des Katalogisierungsgeschäfts herbeiführen^).
Daß man in den siebziger Jahren dem Teubnerschen Verzeichnis
noch nicht die nötige Aufmerksamkeit widmete, war am Ende bei
der Neuheit der ganzen eben geschaffenen Organisation erklärlich;
daß aber auch noch in den achtziger Jahren bis gegen das Ende
dieser Periode das einseitig bedruckte Verzeichnis bei Vor-
schlägen zur Sache gar nicht in Rechnung gezogen wurde, ist
doch auffallend'), wenn man daran denkt, wie leicht es
gerade die Teubnersche Handlung den Schulmännern macht, ihre
Yeröffentlichungen kennen zu lernen.
Die Sitte des Zirkulierens der Programme unter den
Kollegen der einzelnen Anstalten wird auch in diesem Zeitraum
wieder erwähnt. Stammer schlägt dafür (Nr. 85 a, S. 199 tf.)
im Zusammenhang mit dem Umlauf der von der Schule gehaltenen
Zeitschriften ein, wie mir scheint, etwas kompliziertes Verfahren vor.
Aus Erler (S. 453) entnehmen wir, daß das Zirkulieren 1885 in
Zollichau (wie gewiß noch an manchen anderen Anstalten) üblich war,
und H eil wig (S. 357) will die betr. Programmpakete sogar den ein-
zelnen Kollegen regelmäßig ins Haus schicken (durch wen?) und
auch wieder abholen lassen. Im allgemeinen finde ich hier die
glie4er des KoUegiiuit die ProgrammsammlaDS reichlicher beoutztee (Benä-
he 14 S. 143 f.)* Mio sieht also, was es mit dem neoerdiegs f^ero gebrauchteo
Scklagwort von dem „Begrabeoseia der Programme in den Biblio-
tkekea^' auf sich hat. Geschehen mnQ freilich etwas, die wisseoscbaft-
lidi« BeoalzoBg zo ermöglichen, und das ist heote doch wirklich nicht mehr so
schwer, wean man sich nnr die Mühe gibt, nach geeigneten Hilfsmitteln
aaazvschaaea ; vgl. Teil III.
1) Wenn diese noch nicht separat und auch noch nicht einseitig be-
dmekt erschienen, so konnte man sich in einfachster Weise dorch Ver-
weadoDg von zwei Exemplaren des Kalenders helfen. Die dsdurch ver-
■rsaehten sehr geringen Kosten, die übrigens leicht dnrch Weglassen irgend
ciaes der minderwertigen Literatarerzeugnisse, die sich (uianchmal aoch
heute noch) in den Lehrerbibliotheken breit machten, ohne weiteres wieder
eingebracht werden konnten, hätten in gar keinem Verhältnis zu dem großen
Nutzen gestanden, den eine wohlgeordnete und zweckmäßig katalogisierte
ProgrammsasDmlnog jedem in der Wissenschaft fortarbeitenden Oberlehrer
gewährt.
') Hierher gehört der ähnliche Fall, dsß das Jahresverzeichnis
särat/icher im Deutschen Reiche erichieoenen Progrsmmabhand-
lüDgea äa» die Königliche Bibliothek zu Berlin seit nunmehr
i 7 Jahren herausgibt (vgl. Bibliogr. jibt. d, Nr. 13; s.o. S. 112 und 217),
jetzt wirklich acbon den Weg in etma — ein Duti&eod Schulbibliatheken
gefaudeu hall
224 Programm weseo aod Programmbibliothek d. hüb. Schaleo
ganz verschiedenen Vorbedingungen, die für diesen Zweck in
kleinen und großen Städten bestehen, zu wenig beachtet und
werde auf die Sache in Teil III noch zurückkommen.
IL Ausgedehntere Verhandlungen und Vorschläge
zur Sache im ganzen.
Es handelt sich hier um fünf Kundgebungen. Drei von
ihnen, nämlich 1. die Verhandlungen der Berliner Stadt-
verordneten-Versammlung aus den Jahren 1876, 1S77, 1880
und 1881, 2. der Vortrag von B. Schwalbe (1881) und 3. die
Verhandlungen der 6. Direktorenversammlung in der Provinz
Schlesien von 1882 beschäftigten sich fast ausschließlich (1 und 3)
oder vornehmlich (2) mit den grundsätzlichen Fragen des Zweckes
der wissenschaftlichen Abhandlungen; die übrigen beiden,
4. die Denkschrift von C. Fr. Müller (Kiel) und 5. der Anfang
der Bibliographie von R. Klußmann hatten ihre Nutzbar-
machung im Auge. Der innere sachliche Zusammenhang zwischen
den drei ersten wie den beiden letzten ist sofort deutlich, und
eine ganz unmittelbare Beziehung besteht außerdem zwischen den
Berliner Verhandlungen und dem Vortrage Scliwalbes, der
direkt durch diese veranlaßt wurde. Da aber jede dieser Äuße-
rungen ein in sich abgeschlossenes Ganzes bildet (auch die sich
über mehrere Jahre hinziehenden Berliner Verhandlungen), soll —
unter Wahrung des Zusammenhanges im ganzen — auch jede für
sich gewürdigt werden. Und während die größeren Arbeiten der
früheren Jahrzehnte (vgl. besonders S. 194 ff.) meist das Programm-
wesen im ganzen mit seinen wichtigsten Beziehungen behandelten,
finden wir hier mit Ausnahme der Schwalbeschen Schrift, die
keine irgend wichtige Seite der ganzen Einrichtung unbeachtet
läßt, und einer gelegentlichen Äußerung über die Bedeutung der
Jahresberichte in der Berliner Versammlung durchaus Be-
schränkung auf die Abhandlungen, so daß von der oben
(S. 183 u. 212) befolgten Anordnung hier abzusehen ist.
1. Die erste Verhandlung der Berliner Stadtver-
ordneten-Versammlung im Jahre 1876 (30. Novbr.) über die
wissenschaftlichen Beilagen zu den Jahresberichten der
städtischen höheren Lehranstalten der Reichshauptstadt {Stmagr.
Ber. III [1876] S. 487 fr.) fiel in eine Zeit, in der die Nötigung zu
sparen auf mehreren Gebieten der Verwaltung hervortrat^). Es
>) So warde io demselben Jahre (vgl. Stenogr. Ber. III [1876] S. 4S5 f.)
Qod von demselben Stadtverordoeteo, der die Streichung der Mittel für den Druck
'wissenschaftlicher Abhandlungen beantragte, die Kürzung des Jahresetats jeder
AnsUltfiir Lehrmittel, Bi blio tbeken usw. von 1200 ^nra die Hälfte
befürwortet, so daß z. B. die Lehrerbibliotbeken der städtischen höheren
Schulen Berlins (damals ausschliefilich Doppelvollanstalten) sich mit etwa
voB R. Ullrich. 22&
wurde der Antrag gestelU« toid Jahre 1877 ab keine Mittel für
Abhandlungen mehr zn bewilligen^). Es war verhingnisvoll für
die Abhandlangen, daß die sich ergebende Notwendigkeit, aus
finanziellen Granden im städtischen Etat Abstriche zu machen,
zeitlich mit der amtlichen Erklärung der preußischen Regierung
von 1875, die Lieferung der Abhandlungen solle nicht mehr
obligatorisch sein {BMiogr. Aht. 2, Nr. XXXIX; vgl. auch oben
S. 147) beinahe zusammenfiel. Auch die erheblich gr&ßere Zahl
der Exemplare, die infolge des 1876 ins Leben getretenen
Teubnerschen Tausches zu liefern war, fiel etwas ins Gewicht —
wenngleich es sich ja dabei nur um Mehrkosten für Papier und
Binden handelte. Wichtiger und durch die Entwicklung der
ganzen Verhältnisse herbeigeführt war aber vielleicht ein anderer
umstand, nämlich das Vorwiegen rein gelehrter Abhand-
lungen. So war eine Einrichtung, die nach den guten Ab-
eichten der Regierung vom Jahre 1824 (Nr. XXX) wenigstens
auch dem gebildeten Publikum etwas hatte geben wollen, unpopulär
fenrorden. Und es rächte sich an bevorzugter Stelle zuerst, daß
de wiederholten Erinnerungen der preußischen Regierung, das
faileresse weiterer Kreise nicht zu vernachlässigen (s. o. S. 139),
vi;rkältnjsmäßig geringe Beachtung gefunden hatten. Man wies
ia den Verhandlungen der drei Jahre 1876, 1877 (15. Febr. und
n.Ofct., vgl. Stenogr, Ber. IV (1877) 8. 91 f. u. S. 389 ff.) und
l«sS9 (27. Mai; Stmogr. Ber. VIl (1880) S. 281 IT.) darauf hin,
db£ die meisten dieser Abhandlungen ihren Zweck nicht erfüllten;
aochder früher beliebt gewesene (vgl. o. S. 197 u. 215), wenn auch
tktnso schon mehrfach widerlegte Hinweis auf die Fachjournaie
als Ersatz für sie kehrte wieder. Zwar gaben sich die Ver-
teidiger der Abhandlungen, besonders der damalige Stadlschulrat
Cauer, die größte Mühe, sie zu retten. Man betonte die fernere
Lnmöglichkeit für die städtischen B'^rliner Anstalten, wissen-
schaltlicb und im Austausch mit den übrigen Anstalten des
Reiches zu konkurrieren, die hohe wissenschaftliche Bedeutung
mancher Abhandlungen') und überhaupt die Regehaltung des
2^ J€ jährlieli oder noeh wesif^er hStten behelfeo miiaseo. Es gelaos dem
Magistnt schließlieh mit Mühe, die nrspröogliche Position dorehzucetzeo,
McbdeB ik «. daraof hingewiesea worden war, daß die Berliner Aostaltea
Wi der i^epUntea Herabsetzang anf das Niveaa von Sehulen in kleinen
Provinualstädteo herabainken würden.
^) Für die Abhandlnngen, die vor den Erörterongen in der Ver-
■■■■iJaag für das Jahr 1877 sehoo in Vorbereitnog waraOf worden die
Mittel aDsnahms weise damals noeh bereit gestellt.
'^) Hier worde — ohne Namensnennang — zom ersten Male in einer Pro-
^nuBJB*DiskosaioD {Sienogr. Ber. Hl (1S76) S. 488) aof bahnbrechende
■ sCikeBiatiseiie Programmarbeiten hingewiesen ; gemeint waren die Ab*
Wad/ua^eii von WejerstraB, die dieser als Gymnasiallehrer 1843 in
^««taefa-Krone («f Über die anedytieeken Fakultäten**) nnd 1 849 in B r a u n s -
Urg ( Beiträge ^tfr Theorie der Abdicken Iniegrale^^) veröffentlicht hatte«
ZeitJ^ir. f. d. O.^ «aMrialwMM, LXI. ?. 3 15
220 Programmwesen and Programmbibliothek d. höh. Scbuleo,
iRrissenschaflUchen, durch die regelmäßige Abfassung Ton l*ro-
^rammen offenbar geförderten Sinnes wurde hervorgehobeu.
Journalistische Praktiker und Verleger seihst wiesen von neuem
(s. 0. S. 197) auf die Unmöglichkeit hin, umfangreiche Abhand-
lungen bei Zeitschriften unterzubringen. Auch die Wirkung,
welche ein ablehnender Beschluß auf andere Kommunen ausüben
würde ^), und die Verantwortung, die der Vertretung der größten
Kommune des Reiches dadurch erwüchse, wurde ins Auge
gefaßt.
Die Verhandlungen hatten u. a. die Wirkung, daß im
„Verein der Lehrer an höheren Unterrichtsanstalten in
der Provinz ßrandenburg'' im Jahre 1878 (8. Juni) die
Sache eingehend erörtert wurde; sowohl der Hauptredner,
B« Schwalbe, der hier zum ersten Male über dieses Thema
sprach (vgl. u. S. 229 Nr. 2), wie der Korreferent Hahn^)
betonten unter Zustimmung ihrer Hörer die hohe wissenschaft-
diche Bedeutung der alten Einrichtung, die man nicht kurzer-
band aufgeben sollte« Die Lehrer des Luisenstädiischen
4jymnasiums zu Berlin ließen in demselben Jahre die Ab-
handlung eines ihrer Kollegen, Ernst Fischer'), als Beilage zum
Jahresbericht auf ihre Kosten drucken. Es waren die Mitglieder
der Anstalt, an deren Spitze damals Theodor Kock*) stand, ein
Mann, der sich nicht bloß, wie jeder Philologe weiß, um die
') Daß er sie tatflächlicb f^ehabt hat, ist bekannt; vgl. o. S. 213 und
Teil II 2.
*) Besonders glücklich wies dieser aach den schon früher beliebt ge-
wesenen Vergleich mit andern Berufsstanden, von denen Dokumente ihrer
wissenschaftlichen Arbeit nicht gefordert würden, mit dem Hinweise auf
wissenschaftliche Institute, Akademien, Universitäten nnd gelehrte Vereine
zarück, S. 9 des oben (S. 124, Anm. 2) angefahrten Berichts.
*) Des Mansfßlders Tod. Ein kritischsr Beitrag zur Geschichte des
30jährigen Krieges, 28 8. Auf S. 2 gab das LehrerkoUegiam damals
folgende Erklärung ab: „Ohne das volle Budgetrecht der Stadtverordoeten-
Versammlung oder ihre Befugnis zn irgend einem der in der Ausäbaog
dieses Rechtes gefaßten Beschlüsse bestreiten zu wollen, halten sich die
Unterzeichneten Tor verpflichtet zn erklären, daß nach ihrer gewissenbaftea
Oberzeogang die Beigabe von wissenschaftlichen Abhandlungen zu den Pro-
grammen der höheren Schalen dringend erforderlich und die Ablehnung der
bisher dafür ausgeworfenen Mittel dem Gedeihen dieser Anstalten schädlich
ist. Um dieser Oberzeogang einen unzweideatigen Ausdruck zu gebeo und
in dem lebhaften Wunsche, daß dieselbe bald auch wieder in der Staidt-
verorducten-Versammlong volle Würdigung nnd Zustimmung finden möge,
haben sie einstimmig beschlossen, für dieses Jahr die Kosten der diesem
Programm beigegebenen Abhandlung selbst zu nbernehmen". Dieser Wunsch
ist ja denn einige Jahre später (s. u. S. 228) in Erfüllung gegangen.
*) Auch als Verfasser mehrerer gehaltvoller Programmnrbeiten
begegnet er uns (vgl. Teil II 2). Ich stelle übrigens fest, daß er in der
neuesten, noch im Erscheinen begriffenen Auflage von Meyers grofiem
Konversationslexikonf das manchen literarischen Erscheinungen von vorüber-
gehender Bedeutong Platz gewährt, keine Stelle gefunden hat.
von R. Ullrich. 227
Wissenschaft bedeutende Verdiensie erworben, sondern auch als
ausgezeichneter, vielseitig anregender Lehrer zahlreichen Schüler-
generationen sein Bestes gegeben hat, so daß er noch heute in
ihrer dankbaren Erinnerung fortlebt. Auch der „Verein der
Lehrer an höheren Unterrichtsanstalten Berlins'' be-
schäftigte sich in seiner Sitzung Yom 15. Dezember 1879 mit der
Frage im Anschluß an die Ministerial-Verfugung vom 31. Oktober
1879 {Bibliogr. Abt 2, Nr. XXXlXc; vgl. o. S. 147); wiederum
warde (unter Zustimmung der Anwesenden) zum 2. Male von
dem Vortragenden Hahn^) alles geltend gemacht, was für die
Beibebaltang der Abhandlungen spräche, und bald darauf ein
entsprechendes Gesuch an die Stadtverwaltung abgesendet. Endlich
ncfatete noch das Kgl. Provinzialschulkoliegium der Provinz
Brandenburg vor den Etalsverbandlungen des Jahres 1880 an den
Berliner Magistrat ein Schreiben, in dem Bedenken gegen das
Wegfallen der Abhandlungen gerade bei den Berliner städtischen
Anstalten geltend gemacht wurden, wohl ebenfalls im Zusammen*
hang mit dem Hinisterial* Erlaß von 1879 (s. o., und wohl auch
dem Ton 1878; vgl. Bibliogr. Abt. 2, Nr. XXXIX c und S. 147).
Die Behörde äußerte damals u. a. (vgl. Stenogr, Ber» VII (1S80)
S. 281): „Daß die Verpflichtung der Anstalten zu Wissenschaft-
lieben Abbandlungen in ihren Programmen sehr wesentlich dazu
beigetragen hat, das wissenschaftliche Streben in den Lehrer-
kollegien lebendig zu erhalten, ist eine unleugbare Tatsache; es
ist daher zu besorgen, daß das Aufgeben dieser Sitte eine Be-
einträchtigung der Ehrenstellung, welche unsere höheren Lehr-
anstalten einnehmen, nach sich ziehen werde'*, und weiterhin:
t,Der Austausch erfordert eine gewisse Gleichmäßigkeit des Gebeos
and Empfangens''. Man sieht, in wie lebhafte Bewegung damals Be-
hörde wie Fachgenossen durch den drohenden Wegfall der Ab-
handlungen bei den Berliner städtischen Anstalten versetzt
wurden, auch hier ein deutlicher Beweis für die bekannte Tat-
sache, wie sehr der Wert von angeblich veralteten Einrichtungen
empfunden wird, wenn ihre wirkliche Beseitigung in Frage steht.
Doch die Liebesmüh war umsonst. Jahr für Jahr, sooft die
Magistratsanträge auf Einstellung der betr. Summe in den Ktat
wiederkehrten, wurden sie von der Stadtverordneten-Versammlung
abgelehnt, wenngleich zuletzt mit kaum nennenswerter Majorität
(39 gegen 37 Stimmen; vgl. Stenogr. Ber. VII (1880) S. 286),
und von 1877 — 1881 blieben tatsächlich, von einigen Ausnahmen
') Aneb hier koDote aof mehrere bedeutende Programmarbeiteo hioge-
wiesen werden, die über DenUeblands Grenzen hinaas gertdezo Aufsehen
erregt hatten, wie die von W. Bernbardi, Matteo di Giovenazzo ; eine
FSIicbongdes 16. Jahrhunderts, Progr, Berlin LuiMenst.G, 1868 und A. Lassen,
D«< Raltnrideal und der Krieg, Progr, Berlin, Luisensi. R. 1868 (wieder-
gedruckt in: Deutsehe Bücherei, Heft 57, Berlin ' 1907. 135 S. 0,30^). Mir
stmmdto for diese Zeit die Protokolle des Vereins zu Gebote.
15*
^28 Programmweseo and Programmbibliothek d. hSh. Schaleo,
für 1877 abgesehen (s. o. S. 225, Adid. 1), die städtischen An-
stalten Berlins auf die Herausgabe der Jahresberichte beschränkt.
Auch der nicht neue Vorschlag, eine andere Organisation an die
Stelle der Einzelabbandlungen zu setzen (vgl. o. S. 215 u. 6.), nämlich
ein Jahrbuch, wie es von dem Stadtschulrat Cauer (Stenogr.
Berichte III (1876) S. 489) und dem Sudtrat Streck fuß') da-
mals angeregt wurde, fand weder die Billigung der Stadt-
verordneten-Versammlung noch auch (als eine Abstimmung bei
den einzelnen Schulen erfolgte) ausreichende Unterstützung bei
den Lehrern selbst ^ — glücklicherweise; denn eine derartige
Organisation wäre m. £. nicht von Vorteil für die Sache gewesen
(vgl. schon oben S. 216 und Teil II 2). Die Angelegenheit nahm
dann gegen alles Erwarten eine überraschende Wendung; im Jahre
1881 (vgl. Stenogr. Ber. VIII (1881) S. 460 f. u. S. 469) wurden
die Kosten für Abhandlungen des Jahres 1882 wieder in den
Etat eingestellt, ohne daß es längerer Verhandlungen bedurft
hätte. Es scheint, daß insbesondere die Mahnungen der Kgi.
Aufsichtsbehörde nicht ohne Wirkung geblieben waren. Von
1882 — 1904 erschienen dann auch bei den städtischen Anstalten
Berlins die Abhandlungen wieder in der früher gewohnten Weise.
Nur trat insofern eine Änderung ein, als aus den auch ander-
wärts geltend gemachten Gründen (s. o. S. 220 u. ö.) Abhandlungen
und Jahresberichte getrennt ausgegeben wurden und ein kleiner
Pusten der ersteren (je 50 Exemplare von jeder Anstalt) einer
Berliner Verlagsbuchhandlung') zum buchbändierischem Vertriebe
zu einem Einheitssatze (1 JC für das Exemplar) übergeben wurde.
Daß seit 1905 durch Einführung eines dreijährigen Turnus ver-
schiedener Gruppen von Anstallen wieder eine gewisse Ein-
schränkung eingetreten ist, wurde schon oben bemerkt (S. 137^
Anm. 3); anführen möchte ich nur noch, daß die erste, wenn
auch zunächst nicht befolgte Anregung dazu schon in den oben
skizzierten städtischen Verhandlungen gegeben wurde (durch den
Stadtv. Kürten; vgl. Stenogr. Ber. VII (1880) S. 282).
Die Berliner Verhandlungen hatten sich nun zwar, wie aus
dem soeben Dargelegten ersichtlich, in der Hauptsache mit den
Abhandlungen beschäftigt. Nicht unwichtig war es aber und
soll daher auch hier nicht übergangen werden, daß auch der
Jahresberichte gedacht wurde. Mehrfach wurde gerade im
Gegensatz zu den Abhandlungen, deren Unverständlichkeit für
weitere Kreise ihre Abschall'ung z. T. mit verschuldet hatte, die
große Bedeutung der Jahresberichte hervorgehoben, die von Schülern
und besonders von Eltern wie von den Mitgliedern der städtischen
1) Nach den Protokollen des „Vereins der Lehrer an den
höheren ünterrichtsanstalten Berlins *% s. o. S. 227 Anm. 1.
^) Der W eidin annschen, später der von Gärtner, nach deren
Dbersiedelung nach Freibarg i. ß. wieder der VVeidmaonscheo.
von R. Ullrich. 220
Verwaltung mit Interesse gelesen würden (vgl. z. B. Stenogr. Bef.
IV (1877) S. 390). Diese Äußerung und ähnliche, die in der
Versammlung getan wurden, erheben sich dadurch über jede selbst
etwa von einem Fachmann für seine Person ausgesprochene
Meinung, daß sie zeigen, wie eine große, doch aus den ver-
schiedensten Lebens- und Berufskreisen zusammengesetzte Körper-
schaft den Wert dieser regelmäßigen Mitteilungen der Schule an
das Haus zu schätzen wußte. Das hätte den Oberlehrern zu
denken geben sollen, die aus ihrem kleinen Erfahrungskreise
heraus auch die Schulnachricbten als eine für die Eltern ent-
behrliche Einrichtung hinstellen wollten (vgl. ß d).
Daß die nun schon ein Menschenalter zurAckliegenden
Berliner Verbandlungen hier mit einer gewissen Ausführlichkeit
besprochen worden sind,' wird dem nicht auffällig erscheinen, der
sich klar macht, welche Wirkung sie damals auf die Diskussion
in den Fachkreisen geübt haben und, was das Nichterscheinen
▼on Abhandlungen bei den Anstalten anderer Kommunen betrifft,
bis heute üben. In einem Oberbiick über' die geschichtliche Ent-
wickinng des Programmwesens durften sie auch um so weniger
fehlen, als die neuere Literatur von ihnen selbst wie von einer
nichtigen Arbeit, die durch sie unmittelbar veranlaßt worden ist,
kaum Notiz genommen hat, nämlich von dem
2. Aufsatz von ß. Schwalbe (1881). Dieser als Gelehrter
und Lehrer gleich bedeutende langjährige Berliner Direktor hatte,
wie oben bemerkt (S. 226), schon 1878 zur Sache das Wort er-
griffen. Doch liegen seine damaligen Ausführungen leider nur in
einem ganz kurzen, wenig mehr als eine halbe Seite umfassenden
Berichte vor, der außerdem nur als Manuskript gedruckt und
daher gar nicht allgemein zugänglich ist^). So viel läßt sich aber
daraus entnehmen, daß Schwalbe hier die Grundlinien zu dem
Bilde zeichnete, das er drei Jahre später ausführte und an einer
Stelle veröffentlichte {BtbUogr. Aht. 4, Nr. 88), die es noch heute
jedem leicht möglich macht, sich in seine überaus lehrreichen
Ausführungen zu vertiefen. Indem ich daher die Leser auf diesen
Aufsatz selbst verweise, gebe ich hier nur das wieder, was gegen-
über den früheren Äußerungen der Fachpresse einen Fortschritt
bedeutet und verdient, auch könftig noch beachtet zu werden.
Schwalbe mißbilligte die 1877 erfolgte Abschaffung der Ab-
handlungen bei den städtischen Anstalten Berlins, begnügte sich
aber nicht damit, den fOr ihre Beseitigung geltend gemachten
Granden einige allgemeine Sätze gegenöberzustellen, sondern ging,
soweit es in einem Aufsätze von immerhin nur 28 Seiten möglich
^Br, io die Tiefe» Das, was er im allgemeinen Ober die Ab-
baadluDgeo und ihren Wert äußerte (besonders S. 133 ff.)»
dem ^' ^' ^^'^ ^"'' ^ aoseföhrtea BerieAt S. S.
230 ProgrammweseD und Progranrnbibliothek d. h5h. Scholen,
kann man als das bezeichnen, was damals Gemeingut derjenigen
geworden war, die aber der praktischen Arbeit des Tages in der
Schule die lebendige Fühlung mit der Wissenschaft nicht verloren
hatten und auch der Meinung waren, daß für den Durchschnitt
der Lehrer ein gewisser Antrieb (der nicht zu einem Zwange zu
werden braucht), sich wissenschaftlich zu konzentrieren und sich
so auch literarisch in gewissem Umfange zu betätigen, heiisani
und nützlich sei. Er konnte das Ungerechte — man kann bei-
nahe sagen, Leichtfertige — des damals (und leider auch noch
heute) oft gehörten Vorwurfs, die meisten der Abhandlungen seien
wertlos, m. E. vollkommen trelTend dadurch auf das richtige Maß
zurückfuhren, daß er sorgfältig die verschiedenen Zwecke unter-
schied, für welche sie bestimmt waren. Wertvoll waren und sind
seine Ausführungen weiter dadurch, daß er dem üblichen Gerede
von der Minderwertigkeit dieser Literatur zum ersten Male ^) eine
Fülle von Arbeiten aus seinem Erfahrungskreise gegenüberstellte,
die entweder in rein wissenschaftlicher, oder auch in didaktischer
Hinsicht oder in bezug auf Erregung allgemeinen Interesses eben
den Kreisen der Gelehrten, Lehrer. Eltern und Schüler wirkliche
Forderung gebracht hatten oder bringen konnten, für die sie je
nach Inhalt und Ton berechnet waren (S. 134 0*.)» Das war ein
wichtiger Fortschritt auch gegenüber den allgemeinen, sonst gut
gemeinten Apologien früherer Jahrzehnte, der aber nur bei einem
Manne möglich war, der nicht bloß die Literatur seines Faches
überhaupt, sondern auch die von vielen leichter beurteilte als
wirklich gekannte Programm-Literatur souverän beherrschte. Durch
seine Beziehungen zu Zeitschriften wissenschaftlicher wie päda-
gogischer Art konnte er ebenso den üblichen Einwand, die Pro-
grammabhandlungen würden von der Gelehrtenwelt nicht beachtet,
wie den noch häufiger gehörten, Zeitschriften seien ein geeigneter
Ersatz für jene, aus unmittelbarer Praxis heraus schlagend wider-
legen (S. 139). Mit Recht konnte er unter diesen Umständen
hervorheben, daß es Vorurteil und ungenügende Kenntnis der
Programme selbst war, die diese vortreffliche Einrichtung sogar
bei denen, die sie besser hätten beurteilen sollen, in Mißkredit
gebracht hatte. Von den Schwalbeschen vergleichenden Über-
sichten der Zahl der zwischen 1876 und 1881 erschienenen
Programm-Abhandlungen ist schon oben (S. 212) die Rede ge*
wesep. Hier sei nur noch bemerkt, daß er, wie er den Wert
der Programme richtig einschätzte, so auch folgerichtig ihre
Nutzbarmachung zu fördern sich bemühte, wenngleich er
hierin m. E. weniger glücklich war. Richtig urteilte er zwar
darin, daß er (S. 141) z. B. der Zirkulation der Programme in
^) Über gelegeotlichf AofübniDgeD vod Einzelheiten in
dieser Hinsicht vgl. oben S. 198 mit Aum. 1 u. 2. •
von R. Ullrich. 231
d€D Kollegien (vgl. o. S. 206, 223 u. 5.), die systematisch nicbi durch«
fährbar sei, keinen großen Wert beimaß; und die vielfach mangelnde
,,müb8ame Arbeit des Einordnens in die Bibliothek** beklagte er
(ebenda) ebenfalls mit Recht, ohne sich indessen darauf einzulassen,
energischer Wege der Abhülfe zu weisen, die bei nur einigem
guten Willen der Interessenten (Bibliothekare und Benutzer) und
auch nur halbwegs genugenden Raumverhaltntssen unschwer zu
finden sind. Kein glücklicher Gedanke war es dagegen, wenn er
— übrigens unter Verkennung des Verhältnisses des ersten
Teubnerscben Jahresverzeichnisses der Abhandlungen (o. 8. 170
Nr. 2) zu dem zweiten ') {BibUogr. Abt. 3. Nr. 13 b) — im Interesse
des schnellen Bekanntwerdens ein Jahrbuch') vorschlug (S. 143),
das in einem Umfange von 10 — 12 Bogen erscheinen, ^u mäßigem
Preise (3 JC) käuflich sein und einen Obt-rblick über den Inhalt
iämt lieber Abhandlungen (jedesmal des vorangehenden
iahres) in der Weise geben sollte, daß „unter Ausschluß sub^
jrktiver Urteile'' bei den wissenschaftlichen Programmen „die
Hdhode der Untersuchung und das neu Geleistete'' hervorträte^
bei mehr populären „auf Besonderheiten der Auffassung" hinge*
vielen würde. Daß eine derartige Publikation an sich sehr
tvoschenswert, heute bei der gegen damals sehr viel geringeren
2abl der Abhandlungen vielleicht sogar denkbar wäre, wird man
eern zugeben. Erwägt man aber, daß die Zahl der Abhandlungen
m Denlscbland im Jahre 1881 (ohne die bayerischen) etwa 450
ipelrug, so wären danach 2 — 3 Programme auf je einer Seite zu
besprechen gewesen, was schwerlich genügt hätte, ein deutliches
Bild von dem Inhalte zu geben, ganz zu schweigen von der
Schwierigkeit, für die aus den verschiedensten, oft ganz ent-
legenen Gebieten genommenen Programme immer wirklich sach-
kondige Referenten zu finden, ohne die Pünktlichkeit des jähr-
lichen Erscheinens zu gefährden. Wie richtig diese Auffassung
ist, zeigt der im Jahre 1882 von E. Peters wirklich unter-
nommene^) Versuch, den Gedanken Schwalbes in die Praxis
umzusetzen. Unter dem Titel „Dte deutschen und österreichischen
Programmabhandlungen des Jahres 1881, nach ihrem Inhalte im
^) Er fand dea Uoterschied nar dario (S. 126), daß das erste Ver*
zeidiois, wie bekaoot, nach Proviozeo bezw. LäoderD aod AostalteD, dai
zweite aber aach dem lahalte geordnet sei — wäbreod doeh tatsächlich
das erste nur die aDgekäodigten, oft aber nicht oder nicht anter dem ent-
B^reehenden Titel erschienenen At»handlong«n enthält, das zweite aber die
«irklich erschienenen, darunter auch manche vorher überhaopt nicht ange-
zeigte bringt nnd aofierdera die in dem ersten Gesamtverzeichnis überhaopt
nicht enthaJteoen Titel der bayerischen Abhandlongen sowie auch der aas-
gewihlten österreichischen (s. o. S. 169 Anm. 3) enthält.
') Nicht zn vernvechsela mit den ,, Jahrbüchern** verschiedenster
Art, die als Ersatz der Abhandlangen selbst dienen sollten, vgl.
0. & 187. 199, 215, 228.
') Ober eineii fritfaerea, aber nicht zur norchfährang gelangten nhn*
liehen Vorschlag vgl. o. S. 202.
232 Proprammwogen und Programmbibliothek d. höh. Schalen,
Verein mü Faehmätmem geordnet und (esprocften'* erschien von
ihm im Zentralorg, f, d. Interessen d. Re^äsckuho. Bd. X (1882)
S. 649— 768 (auch im Sonderdrwk Berlin 1882, Friedberg u.
Mode, 120 S.) eine Obersicht, wie sie wohl Schwalbe ungetahr
vorschwebte, über die Abhandlungen von 523 deutschen und
österreichischen Anstalten. Aber die bayerischen Abhand-
lungen fehlten, eine Anzahl von Arbeiten wurde nicht besprochen
«Bd nur mit dem Titel angeführt, die Anzeigen waren nach Um-
fang und Inhalt überaus ungleich; endlich hatte die — m. £. von
vornherein verfehlte — Verbindung mit einer Zeitschrift, die Sonder^
Interessen vertrat, deren Redaktion veranlaßt (vgl. S. 763 der Zeü-
Schrift; S. 115 des Sanderdrucks), manche Referate nicht bloß mit
Rücksicht auf den Raum, sondern auch auf die Tendenz ihres
Blattes erbeblich zu kürzen — was einer Obersicht, deren erster
Grundsatz strengste Sachlichkeit hätte sein müssen, natürlich
nicht förderlich sein konnte. So war denn dieser erste Versuch
zugleich der letzte, und die Idee ist auch, soviel ich weiß, später
nicht wieder aufgenommen worden; und so energisch, man
möchte fast sagen wuchtig, die Einheit des höheren Schulwesens
durch ihre Ausführung repräsentiert worden wäre, man wird sich
hier doch praktischen Schranken fugen und die Einzelbesprechung
oder die einzelner Gruppen von Abhandlungen den Fach Organen
überlassen müssen. Auifallend ist übrigens, wie hier noch be-
merkt sei, daß von dem Petersschen Versuch in der umfäng-
lichen Literatur der Folgezeit über Frogrammwesen ebensowenig
Notiz genommen worden ist wie von seinem geistigen Urheber
Schwalbe selbst.
Mit der Sorge für die Abhandlungen waren indes Schwalbes
Bestrebungen nicht erschöpft. Auch den Schulnachrichten
wandte er lebhaftes, bis in die Einzelheiten gehendes, auch hier
von Sachkenntnis zeugendes Interesse zu (S. 127 — 133). in den
Bemühungen um eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende
Statistik begegnete er sich mit den späteren Vorschlägen von
Kannengießer (s. 0. S, 219f.) und entwarf unter allgemeiner
Benutzung der schon damals auch mit dem Schulgebiet sich leb-
haft beschäftigenden wissenschaftlichen statistischen Literatur ^)
1) Er führt selbst S. 129 Aom. 1 so: Alwio Petersilie, Zur
Statistik der höheren LehraostalteD in Preußen, gleiehseitig ein Beitrag zor
Realschalfrage Zeitsehr, d, KgL preu/S, Statut, Bar,, hrsf. v. firost
Engel, XVII (1 877) S 95—1 1 9 nebst der (diesem Bande beigegebenen) Sonder-
Schrift von Ernst Engel (nicht P., wie bei Schwalbe zu lesen \Bi)i JusfUhr-
licher Plan für eine aligemeine ünterriehtMstatUtik des preußischen Staates, Berlin
1877 (W. Koebke), 2^ 44 S. (vgl. darin besonders die Fragebogen über
böhere Töchterschalen, S. 25—28, höhere Bürgerschulen, Real-
sehulen 1. u. II. Ordnung, Progymnasien and Gymnasien, S. 29— 34),
sowie wiederam A. Petersilie, Die Realscholfrage und die Statistik, Zentral^
Organ/, d. Interessen d. Realschulw, VI (1878) S. 73—102 — Arbeiten, die
noch heute auch für jeden Schulmann, welcher der in Schnlkreisea iauner*
voa R. Ullrich. 233
und mit Verwendung eines von Kubier damals entworfenen
IMaoes — auch hier wieder ganz praktisch — ein genaues
Schema einer ausführlichen Schulstatistik (S. 130 f.). Es waren
Bestrebungen, die z. T. (vgl. schon oben S. 220) in den preußi^
sehen Jahresberichten seit den Bestimmungen vom 7. Januar
1885 (o. S. 98, Nr. XU) und in einigen anderen wirklich in die
Praxis übertragen worden sind. Wichtig ist auch, gerade gegen*
ober manchen Bernfsstatistiken über Abiturienten, die heute nicht
selten unternommen werden, seine Bemerkung (S. 129), wie
wenig zQverUssig die Angaben der Abiturienten über den
gewählten Beruf als Grundlage für zusammenfassende, zu den
verschiedensten Zwecken unternommene Gesarotstatistiken sind.
Anch die Anregung (S. 128), in den Jahresberichten nicht immer
wieder den ganzen Lehrplan, sondern nur die Besonderheiten
abzudrucken und den ersteren für eine längere Reihe von Jahren
in Sonderausgabe herzustellen, hat, wie bekannt, seit 1885 (s. o.
8.155 u. ö.) TJelfach praktische Folge gefunden, wenn auch leider
uoch in zu geringem Umfange. Über die Angaben des Standes
der Eltern in den Jahresberichten, die bei der oft hervor-
tretenden Unbestimmtheit und damit der Unroftglicbkeit, sie
DDter bestimmten Kategorien unterzubringen und so für eine all-
lemeine Statistik wirklich fruchtbringend zu verwerten, mußte
er sich (S. 129) resigniert äußern. Leider sind wir gerade
hierin auch heute noch nicht viel weiter gekommen. Daß er
üt)er Etatsverhältnisse, z.B. bei den Sammlungen, regelmäßige
Angaben in den Jahresberichten wünscht (S. 132), ist beachtens-
wert, wenngleich auch heute erst so gelegentlich erfüllt (vgl.
i. B. o. S. 158), daß es für die wissenschaftliche Verwertung im
ganzen ziemlich außer Betracht bleibt. Nicht ganz so richtig war
es dagegen, wenn er in bezug auf die nach Inhalt und Umfang
überaus verschieden gehandhabten Mitteilungen über Ver-
fügungen der Behörden meinte, die letzteren sollten (S. 128)
selbst angeben, was sie für geeignet zur Mitteilung im Jahres-
bericht hielten; denn hier kommen so verschiedene lokale Rück-
sichten zur Geltung, daß die Behörden, zumal wenn die Dezer-
nenten in kürzerer Zeit häuflg wechseln, kaum imstande sein
werden, das in dieser Hinsicht Wünschenswerte richtiger zu be-
urteilen als der Direktor, der viel engere Fühlung mit seinem
Pobliknm haben muß. Und darin endlich erhebt sich auch Schwalbe
nicht über seine Vorgänger (vgl. z. B. oben S. 157, 179) und seiioe
Zeit überhaupt, wenn er (S. 128) die Chronik, m. E. neben der
Mitteilung der erledigten Lehrstoffe der wichtigste, das innere
und äußere individuelle Leben einer Anstalt am deutlichsten zur
Anschauung bringende Teil des ganzen Berichts, „sehr kurz'^
■oeh fekr miBaehteteo Statistik ein etwas mebr als sewöhaliches Interesse
eotgegenbriast, »indestens lesenswert sind.
234 Programniwesen und Programmbibliothek d. höh, SchaleD,
gefaßt wissen will, da sie „für weitere Kreise gewöhnlich kein
Interesse bieten kann'*. So eingehend er daher selbst über so
viele andere Punkte sich äußert, diesem widmet er demgemäß
ganze vier Zeilen 1 Doch man darf über solchen Bedenken, die
z. T. in der Richtung der Zeit selbst lagen, nicht das viele
Förderliche vergessen, was Schwalb es Aufsatz dem Programm-
wesen gebracht hat. Denn überall tritt doch selbst in vielen
scheinbar kleinen, noch heute manchem sehr harmlos oder
gleichgültig vorkommenden Einzelheiten das ernste Bestreben her-
vor, auch diese schlichten Berichte unter größeren Gesichts*
punkten zu betrachten, die ihnen dauernden Wert sichern.
Gegenüber der Fülle des Stoffes und der Menge fruchtbarer
Anregungen, die Schwalbes Aufsatz brachte, traten die ein Jahr
später fallenden
3) Verhandlungen der 6. scblesischen Direktoren-
Versammlung (1882; Bibliogr. Nr. 90) einigermaßen zurück.
Aufl'allend ist zunächst die Tatsache, daß der eindringenden, ein
Jahr zuvor in einer der bekanntesten Zeilschriften erschienenen
Arbeit Schwalbes im Laufe der ganzen Verhandlungen mit
keiner Silbe gedacht wurde, um so auffallender, als der Ausgangs-
punkt von den Berliner Verhandlungen (o. Nr. 1, S. 224 ff.)
genommen wurde, die doch ihrerseits der Anlaß zum Eingreifen
des Berliner Direktors gewesen waren. Denn daß er die Sache
von seinem Standpunkte gründlich und wirklich fördernd be*
handelt hatte, mußte ihm und muß ihm wohl noch heute selbst
ein ehrlicher Gegner willig zugestehen. Und bei dem Thema«
das die Marschroute ja ziemlich bestimmt vorschrieb, „Der Nach-
teil, der durch den Wegfall der Programmabhandlungen entsteht'%
konnte mau ja in dem Berliner Kollegen sogar nur einen will-
kommenen Bundesgenossen begrüßen. Mindestens hätte man,
wenn nicht von allen Teilnehmern, so doch von dem Korreferenten
(Dir. Meffert; der bestellte Beferent, Dir. Lange, war nicht an-
wesend) erwarten sollen, daß er in Befolgung einer wesentlichen
Schulmeistertugend, an Bekanntes anzuknüpfen, der Verdienste
Schwalbes um die wichtige Sache gedacht und irgendwie au(
seine Gedanken eingegangen wäre. Aber weder er noch andere
Teilnehmer der Versammlung taten es. Über eine andere Tat-
sache war man wiederum nicht ausreichend orientiert; so meinte
einer der fiedner (Sommerbrodt), es träte in Berlin die
Neigung hervor, den früheren Zustand bezüglich des Erscheinens
der Abhandlungen wieder einzufuhren — während tatsächlich
schon Ende 1881 (s. o. S. 228) die Mittel wieder bewilligt und
Ostern 1882 (etliche Monate vor der Versammlung) die Abhand-
lungen auch in Berlin wieder erschienen waren. So bewegte
man sich wieder mehr in den allgemeineren Gedanken früherer
Jahre; die starke Übertreibung,. die schon anderthalb Jahrzehnte
zuvor (s. 0. S. 196) die richtige Einschränkung erfahren hatte.
voB R. Ullrich. 23!^
daß die Aafbebang der Verpflichtung zum Schreiben Ton Ab'
bandluDgen „für den wissenschaftlichen Geist der Anstalten nach*
teilig sei (Geh.-R. Sommerbrodt)*', wurde als These aufge*
stellt und mit großer Majorität angenommen (8. 158). Auch an
Wunderlichkeiten fehlte es nicht; wie denn z. ß. Wutzdorff,
der früher die Abbandlungen von Mitgliedern der wissenschaft-
lichen Prüfungskommissionen halte rezensiert wissen wollen (s. o.
S. 216), sie nunmehr von den Jahresberichten ganz zu lösen and
an die Universitäten einzusenden vorschlug, die für geeignete
Veröffentlichung Sorge tragen sollten (S. 153), womit er dem
höheren Lehrerstande wiederum ein unerfreuliches Armutszeugnis
ausstellte! Beachtenswerter war es, wenn der zweifellos be-
deutendste Gelehrte «der anwesenden Direktoren, R. Volk mann
(Janer), darauf hinwies (doch vgl. auch schon oben S. 196 f.), daß
^uch heule noch namentlich in kleineren Städten die
Lehrer mit dazu berufen seien, sich als Träger wissenschafllicben
Strebens auch öffentlich zu gerieren, und jedes Mittet, welches
dazu beilrage, ihnen und der Schulgemeinde dieses Bewußtsein
lebendig zu erhalten, festzuhalten und dankbar zu benutzen sei^%
vobei nur auffiel, daß er im Hinblick auf den „wissenschaftlichen
Schatz der JVogrammabhandlungen" gerade die zwanziger Jahre
io dieser Beziehung besonders rühmte (S. 153). Wer heute^
eorade als Philologe, die älteren Programmbibliograpbien (besonders
ObUogr. Abt. 3, Nr. 3) durchmustert, wird nicht allzuviel Be-
lege für diese Behauptung finden, desto mehr — was die ersten
Jahrzehnte der Einrichtung überhaupt angeht — in den dreißiger
ood vierziger Jahren. Es ist das an sich naturlich; denn in den
zwanziger Jahren flng ja, ebenso wie der höhere Lehrer.<tand selbst,
so auch seine wissenschafllicbe Tätigkeit erst an sich zu ent*
wickeln, während die folgenden Jahrzehnte in der Tat eine Ge^
lehrten republik in der Schule zeigen, wie sie sich nicht leicht
wieder zusammenfinden wird und — unter ganz anderen Ver-*
hältnissen — auch kaum zusammenfinden kann. Daraus geht
schon hervor, daß es mir gar nicht in den Sinn kommt, etwa
das heutige Lehrergeschlecht im ganzen gegen das vor 60 odec
70 Jahren zurückzusetzen; vgl dazu noch Teil 11 2. Von dem,
was sonst noch auf der Versammlung an richtigen, auf allge»
meine Menschenkenntnis wie auf individuelle Erfahrungen sich
grundenden Äußerungen hervortrat, möchte ich die von Heine
hervorheben, der einmal — m. E. durchaus richtig — betont^
(S. 154) „es werde der, welcher produktiv tätig sei^), weniger
. >) Natirlieli viAioU der Redoer, dem ich dBi-chaus folge, hier eioa
metio^igeh'kritwche, d. b. echt wisseD^chafkliche Tätigkeit, die Selbstäodiges
kervorbriogt pod dea Zosaameohang jeder Entwicklang feBtzubalten weiß.
Deau Prodoktivität überbaopt, von solcbeo, die sich nicht oft geuag gedruckt
§ehen koumea nod gar oicht danach frogeo, ob das, wos sie etwa lu sagei^
236 Programmwesen uad Prog^rammbibliothek d. höh. Schaleo,
leicht in den Studien ermüden als der, weicher sich bloß rezeptiv
Terballe, und werde auch seine Schüler eher zu eignem Arbeiten
und selbständiger Auffassung des Gebotenen anregen'*; nicht
uninteressant war es auch, wenn derselbe Redner aus vielfacher
Erfahrung darauf hinweisen konnte, daß seit Aufhebung der Ver-
pflichtung, Programme zu schreiben, die Benutzung der Anstalts-
bibtiolheken bedeutend nachgelassen habe, was — hier wird ihm
nicht jeder folgen — ,,auf ein Nachlassen des wissenschaftlichen
Strehens schließen ließe''. Von anderer Seite (Knape) wurde
hervorgehoben, daß die Anregung zum Wegfall der Abhandlungen
von Leuten ausgegangen sei, die von der Sache nichts verstunden;
der Redner dachte dabei wohl an kleinere Stadtverwaltungen, von
denen damals manche (dem Berliner Beispiel folgend) keine Mittel
mehr bewilligten, wie dies noch heute oft zu bemerken ist. Das
sind Äußerungen, die dauernder Beachtung wohl wert sind;
aber es sind ihrer im Verhältnis zu der großen Menge von
Schulleitern, die der Versammlung beiwohnten, doch wenige;
es zeigt sich vor allem der Mangel an Zusammenhang der Er-
örterungen mit dem früher auf dem Gebiete Geleisteten (auch
auf die Königsberger Verhandlungen von 1865 — & o. S. 194 ff. —
kam man nicht zurück, was doch wieder so nahe lag, da es
sich um eine gleichartige Versammlung handelte), und so war das
wissenschaftliche Ergebnis im ganzen nicht erheblich.
Hiermit sind die Erörterungen grundsätzlicher Fragen
aus dieser Periode, soweit sie in erster Linie die Abhand-
lungen betrafen, erschöpft; der hier behandelte Abschnitt gibt
aber insofern sachlich wie zeitlich einen schönen Abschluß, als
gerade an seiner Grenze die oft erörterte Frage der biblio-
graphischen Nutzbarmachung der Abhandlungen endlich
Gestalt gewann, teils in Form der das Notwendige und Mög-
liche scharf bestimmenden Denkschrift von C. Fr. Möller
(Kiel), teils in der praktischen Durchführung — wenn auch nur
auf einem Teilgebiete — durch den ersten Band der Pro-
grammliibliographie von R. Klußmann. Über beide zum
Schluß dieses Abschnitts einige Worte.
4. Die Denkschrift von C. Fr. Müller (Kiel; 1886 bezw.
1888). An Anregungen, die Programme durch geeignete biblio-
graphische Zusammenfassungen allgemein nutzbar zu machen, hatte es,
wie wir oben sahen(vgl.S.149,185, 187, 201, 217), zwar nicht gefehlt;
es waren auch tatsächlich eine Reihe von Arbeiten hervorgetreten,
die entweder Jahresübersicliten der erschienenen Programme oder
haben, nicht schon vor ihnen ond vielleicht besser erörtert worden ist,
wiirde durchaus kein Vorzag sein, am wenigsten für Lehrer höherer
Schulen. Denn solche Arbeit will sich gar nicht vertiefen — was nicht
hindert, daß sie in Rezensionen von ebenso oberflächlichen Berichterstattern
noch gelobt wird.
von R. Ullrich. 237
grJ^Bere Zusammenfassungen nach verschiedenen Gesichtspunkten
boten. Solange der Programmen tausch nicht im großen orga*
nisiert war, mußten aber allen solchen Versuchen so viele Mängel
anhaften, vor allem der der llnvoUständigkeit — von äußeren, in
der Form des Gebotenen liegenden ganz zu schweigen — , daß die
Frage, wie die Programme wirklich wissenschaftlich nutzbar zu machen
seien, nicht zur Ruhe kommen konnte. Erst als nach 1870/71
die Menge der Staaten durch den ins Leben gerufenen Teubner-
sehen Tauschverkehr vom Jahre 1875/76 in dauernde enge Be-
ziehung zueinander getreten war, konnte an die Durchluhrung
eiuer Programm-Bibliographie im großen gedacht werden,
von der nicht nur die einzelnen Fachwissenschaften, sondern vor
allem die richtige Erkenntnis von der wissenschaftlichen und er-
zieherischen Tätigkeit eines ganzen Standes im Laufe vieler Jahr-
zehnte und somit von einem wichtigen Stuck des geistigen Lebens
Deutschlands die nachhaltigsten Anregungen erfahren mußte. Nicht
mit Unrecht hatte auf engerem Gebiete im Anfang der sechziger
Jahre (\g}. Bibliogr. Abt. 3, Nr. 19) Gutenäcker seine vortreff-
kbe Programmbibliographie einen „Beitrag zur Schul- und Lite-
ntorgeschichte Bayerns'^ nennen können. Was hier im kleinen
fo die damalige Zeit gut durchgeführt war, sollte nun im großen
m erreichen getrachtet werden. Diesem Gedanken sachkundig,
lielbewuJBt und mit praktischem Geschick Ausdruck gegeben zu
^aben, war das Verdienst von C. Fr. Muller. Jn seiner dem
j>reußiscben Kultusministerium im Jahre 1886 äberreichten Denk-
Kfarift (Bibliogr. Nr. 98) wies er unter treffender Kritik der bis-
berigeo Versuche auf diesem Gebiete die Notwendigkeit des Er-
scheinens einer sachlich geordneten, durch Vermittlung und mit
Uolerslätzung der preußischen Zentralbehörde wie der anderen
fiegierungen des Deutschen Reiches herauszugebenden Gesamt-
Bibliographie aller deutschen Programme von 1825 —
1885, der in angemessenen Zeiträumen (von 10—15 Jahren)
Ergänzungen folgen sollten, überzeugend nach; er gab auch
an, wie durch Vermittlung der einzelnen Schulen das Material zu
beschaflen, zu ordnen und mit Unterstützung größerer wissen-
schaftlicher Bibliotheken zu revidieren sei, um eine, soweit möglich,
vollständige, vor allem aber zuverlässige, in bibliographischer Hin-
sieht wissenschaftlichen Ansprüchen voll genügende Grundlage zu
schalTeu. Es war ein groß gedachtes und praktisch damals leichter
als jetzt durchzuführendes Unternehmen, für das sich sowohl der
Dezernent des preußischen fliinisteriums, Wieses Nachfolger
Bonitz, lebhaft interessierte, der ja schon früher in seiner öster-
reichischen Zeit selbst gerade der Nutzbarmachung der Programm-
abhandlungen fördernde Arbeit gewidmet hatte (vgl. BibUogr. iNr. 64 a
und b und o. S. 188), wie er auch den Generaldirektor der Kgl.
Bibiiotbek zu Berlin, A. Wilmanns, dafür zu interessieren wußte.
Es trafen mehrere Umstände zusammen, die das Unternehmen
238 Prograiumweseo uod Programmbibliothek d. höh. Schalen,
damals nicht zur Ausführung kommen ließen, das Ausscheiden
und der Tod von Oonitz, wohl auch die Kustenfrage, die im
Ministerium vertretene Meinung, eine solche Arheit sei auch als
privates Unternehmen zu denken, endlich (vgl. schon oben S. 209)
der Umstand, daß Klußmanns Verzeichnis, das mit 1876 be-
ginnen sollte, schon in Arbeit war. Vielleicht wäre das Unter-
nehmen auch eher in («ang gekommen, wenn sich die Schul-
männer selbst, für die es doch recht wesentlich bestimmt war,
seiner etwas mehr angenommen hätten — was wieder durch den
Ort der Publikation der Denkschrift (s. o. S. 209) einigermaßen
erschwert wurde. Man muß das Scheitern des Planes noch beute
bedauern. Beide Arbeiten hätten sich leicht ergänzen können,
und die von Muller wäre noch dadurch entlastet worden, daß
die Grenze bei dem Jahre 1875 gezogen werden konnte. So
bleibt — auch nach dem Erscheinen von Klußmanns Arbeit —
die einheitliche Bearbeitung einer Programm-Bibliographie über
die Zeit vor 1876 und soweit wie möglich rückwärts noch eine
wissenschaftliche Aufgabe der Zukunft.
5. Die Programm-Bibliographie von R. Klußmann
([/.] 1876—1885. 1889; Bibliogr. Abt, 5, Nr. 14).
So schätzenswert und notwendig bibliographische Jahres-
verzeichnisse der Programmabhandlungen sind, weil durch sie das
Neue in gewissem Zusammenhange nicht allzu lange nach dem
Erscheinen bekannt und nutzbar wird, und so mustergültig auch
diese Aufgabe schon in den siebziger Jahren (seit 1876) und
gerade seit dem Ausgang unserer Periode (seit 1889) auf ver-
schiedene Weise besonders durch das endgültige'), zweite
Teubnersche Verzeichnis^) und das der Kgl. Bibliothek zu
Berlin gelöst war {Bibliogr. Abt. 3, Nr. 13 b und 15), eine Zu-
sammenfassung des Geleistelen nach größeren Zeiträumen, für
bestimmte Länder oder Wissenschaften oder unter Vereinigung
eines oder mehrerer dieser Gesichtspunkte wird doch nicht zu
entbehren sein. Man muß es Klußmann besonders Dank wissen,
daß er das persönliche Interesse des Schulmannes, der er lange
gewesen ist, für die Entwicklung der wissenschaftlichen und didakti*
sehen Tätigkeit seines Standes mit der bibliographischen Be-
fähigung, die gerade unter Schulmännern, auch unter Schul-
bibliothekaren, nicht allzu häufig angelrolfen wird, so zu verbinden
wußte, daß ein — man kann wohl sagen — bewundernswürdiges
und mustergültiges Werk geschaffen worden ist, an dem auch
Fachbibliographen kaum etwas Wesentliches auszusetzen fanden.
Der Plan war von Anfang an so wohl überlegt und die Dis-
positionen für alle Einzelheiten so peinlich getroffen, daß die
1889 im ersten Bande befolgte Anordnung auch in den drei
M Vgl. q. S. 231 Aüm. 1.
') Für Österreich vgl. noch obea S. 149 and 217.
von R. Ullrieb. 239
weiierea Bänden (s. o. S. 112), die ich gleich hier miterwähiie,
in allen wesentlichen Punkten einfach beibehalten werden konnte.
Jeder Band ist, wie leider den Schulminnern, die das Werk noch
nicht kennen, hier ausdrücklich mitgeteilt werden muß, in
seinem üauptteile systematisch geordnet und gibt die Titel
der Abhandlungen der einzelnen Schulen bibliographisch genau
wieder; eine tabellarische Übersicht nach Schulen und Jahren,
unter Hinweis auf die Seiten des Hauptverzeichnisses, folgt, so daß
sich wenigstens die Zahl der von jeder Schule im Laufe der Jahre
gelieferten Abhandlungen leicht übersehen läßt, ein Autoren-Register
macht den Beschluß. Das Verzeichnis enthielt in seinem ersten
Bande, der aus naheliegenden Gründen mit dem Beginn des
Teubnerschen Tauschverkehrs 1876 einsetzte, nur die wirklich in
den Tauscliverkehr gekommenen Abhandlungen, vom zweiten Bande
an andi die der nicht am Tausch teilnehmenden Anstalten, sowie
auch aus den Jahresberichten der Anstalten mehrere selbständige,
in sich abgeschlossene Abschnitte, Reden, Nekrologe u. ä. m. In
der typographischen Ausstattung, die bei Werken dieser Art so
wesentlich ist und schon im ersten Bande mit besonderer Sorg-
falt behandelt worden war, sind in den folgenden Bänden noch
lio'foesseningen vorgenommen worden. Der Leser sehe selbst zu.
Vor allem sorge jeder Schulbibliothekar und jeder Kollege
dafür, daß das Werk in jeder Handbibliothek jeder höheren
Schule auch wirklich zu finden ist; es fehlt, denke ich, noch an
manchen Orten. Der erste Band umfaßt 10 Jahre (1876—1885),
ät übrigen drei Bände je fünf Jahre, jetzt bis 1000 einschließ-
lich; vgl. o. S. 112 Anm. 2. Der Preis ist für eine bibliographische
Leistung ersten Ranges, deren Kosten besonders große sind, außer-
ordentlich gering. Ob es noch Mängel hat? Gewiß! Aber sie
liegen in Verhältnissen, für die der Verfasser nicht verantwortlich
isL Zunächst ist es schade, daß die österreichischen An-
stalten nur in der bekannten Auswahl (anfangs war sie uoeU
kleiner) aufgenommen sind (vgl. o. S. 169 Anm. 3). Die Aufnahme
der übrigen wäre nach dem amtlichen österreichischen
Verzeichnis, das ebenfalls mit 1876 einsetzt {Bibliogr. Abt, 3,
Nr. 33), an sich möglich; da aber der Verfasser von der Teubner-
schen Organisation abhängig ist und es z. Z. wenigstens noch
Schwierigkeit hat, für den Verfasser nicht weniger (zur Titelauf-
nahme nach den Originalen) wie später für Benutzer, die öster-
reichischen Jahresberichte mit den Abhandlungen alle wirklich
zu erlangen, so wird von dieser gewiß sehr wünschenswerten Er-
weiterung des Planes zunächst noch Abstand zu nehmen sein.
Doch mußte die Sache im Auge behalten werden. Was die
tabellarische Übersicht nach Schulen und Jahren be-
trifft, die ohne besondere Einteilung durchgängig alphabetisch
nach Orten und innerhalb dieser, soweit nötig, nach Schul-
arten getroffen ist, so möchte ich mit der Meinung nicht zurück-
240 Programmweseo und Pro; riimmbibliothek d. höh. Schalen,
halten, daß mir eine Sonderung nach Ländern und Provinzen,
wie in dem ersten Teubnerscben Verzeichnis (s. o. S. 170 Nr. 2)
zweckmäßiger scheint, um sofort einen Oberblick über den Um-
fang des Geleisteten (oder, wie neuerdings bei vielen Kommunen,
auch nicht Geleisteten) zu erhalten. Gewiß ist die jetzige
Anordnung für die Bedurfnisse der großen Bibliotheken in
praktischer Hinsicht bequemer; aber man muß doch daran fest-
halten, daß die Schul bibliotheken die Hauptabnehmer des Werkes
sind — ohne sie wäre es als buchhändleriscfaes, amtlich nicht
unterstütztes Unternehmen schlechterdings unmöglich — und daß
diese Bibliographie, deren Abhandlungen den Schulen entstammen,
doch möglichst den Bedurfnissen dieser anzupassen ist.
Wir sind aber, in Preußen z. B., aus unsern Kalendern, dem
Zentralblatt usw. durchaus die Anordnung nach Provinzen gewohnt,
und auch den Schulmännern der kleineren deutschen Staaten,
diesen vielleicht noch mehr, durften Sonderöbersichten für ihre
Länder erwünscht sein. So könnte man. meine ich, dem Pro-
vinzial- und Landespatriotismus diese kleine Konzession wohl
machen, zumal ja das systematische Verzeichnis wissenschaftliche
und didaktische Arbeit der Angehörigen der verschiedenen Staaten
in schöner Einheit der Interessen zeigt. Indessen mögen andere
anders denken; und wer etwa dem regelmäßigen Benutzer (auf
die Gelegenheitsarbeiter käme es doch weniger an) zutraut, er
wurde bei solcher Anordnung vielleicht Dilienburg in Bayern oder
Hattingen in Württemberg suchen, mußte unbedingt die durch-
gehende alphabetische Ordnung vorziehen, die Guben und Güstrow,
Meppen und Meran friedlich nebeneinander stellt, während die
Sonderung nach Ländern und Provinzen unzweifelhaft sach-
lichen Nutzen bietet. Ich steile die Sache zur Erwägung, be-
sonders dem verdienten Verfasser, der für den fünften oder
sechsten Band vielleicht auch in Betracht zieht, ob nicht ein
Stichwortregister noch im Bereich der Möglichkeit liegt. Mir
hat es wenigstens bei fast täglichem Gebrauch der vier Bände
häuflg gefehlt. Besonders wenn man wissen will, was auf einem
der engeren Gebiete geleistet ist, die sich nicht alle ohne Er-
schwerung der Übersichtlichkeit in dem System^) unterbringen
lassen, kann ein solches Register ausgezeichnete Dienste leisten.
Doch das sind bescheidene Vorschläge und wollen nur als solche
aufgefaßt werden, die in keiner Weise den hohen Wert des Werkes
beeinträchtigen können, bei dem man nicht fragen soll, was fehlt,
^) Zweekmäfiif scheint mir itbrigeos, wenn io Abschnitt VI B o {ßibUo-
graphie^ BibUatkekenkunde, Geschichte des Buchhandels, io Bd. IV S. 240 —
253), soweit er die Schul bibliotheken betrifft, weoi^tens eine Sonde-
rn n^ zwischen Lehrer- und Schul er bibliotheken vorgenommen würde,
falls eine Anordnung nach Ländern nnil Provinzen und erst innerhalb dieser
alphabetisch nach Städten »us anderen Gründen, die ich zu schätzen weiß,
nicht rätlich sein sollte.
TOD R. Ullrich. 241
sondern was es gibt, wie bei allen Leistungen, die jahrzehntelanger
Zerspiittening, Zerfahrenheit und dem Mangel jeder Art zum
ersten Male wirklichen Reicbturo, Einheit und Konsequenz der
Methode gegenüberstellen ^).
Der Röckblick auf die hiermit erledigte Periode der Ent-
wicklung des Programmwesens, mit deren Abschluß wir uns der
Gegenwart immer mehr nähern, zeigt im ganzen ein überaus er-
freuliches Bild, neben etlichen unfruchtbaren Versuchen sehr viel
Dützliche Kleinarbeit, bestimmt, den Ausbau des Ganzen zu fördern,
und dazu keine geringe Zahl tüchtiger, gediegener, tief eindringender,
z. T. grundlegender Arbeilen, deren Wirkung bis in die Gegen-
wart geht, ja z. T. über diese hinausreicht. Und doch ist mit der
». 100 der 4. Abteilung der Bibliographie (o. S. 125), der letzten,
die in diese Periode gehört, erst wenig mehr als die Hälfte des
Ganzen erschöpft. Wenn gleichwohl (o. S. 183) der gewaltige Rest
ia einem Abschnitt, dem letzten der „Diskussion'*, zusammen-
gefaßt werden kann, so liegt dies in inneren Gründen, die alsbald
^tlich werden sollen.
d) Vom Beginn der neunziger Jahre bis zur
Gegenwart.
(VgL Biblu^ap/ue Jbt. S, Nr. 23-24, 30—32, 34—36, 3S-39, 42;
j4ht. 4, Np. 101— 14S).
Wer die überreiche Literatur über das Programmwesen in
deo letzten anderthalb Jahrzehnten überschaut, könnte bange
Verden bei dem Versuch, sich selbst durch die Menge von Meinungen
luid Vorschlagen hindurchzuarbeiten und in dem fortwährenden
Auf und Ab von Lob und Tadel, von Billigung und Mißbilligung
einen Weg zu fiuden, der ihn vorwärts führt und zu einem klaren
Urteil auch nur über die wesentlichsten Punkte befähigt. Noch
Khwieriger erscheint die Sache, wenn es sich darum handelt, die
Fülle von Anschauungen, die sich oft diametral gegenüberstehen»
imter Ausscheidung alles Unwesentlichen so weit zu bemeislern»
daß diejenigen, die nicht allen Einzelheiten zu folgen vermögen»
>) WeoB die scklesische Direktoren-VtrBamnilQDg vom Jahre
1S97 der K In Bmaa Dflchen Bibliographie Dor das Prädikat „genägeiid*^
erteilte {BüfHogr. Abt. 4, Nr. 113, S. 239), hatte sie schwerlich die richtige
Verstellojig voo ihrer BedeotaDg. Die laodlSofige, fast harmloa zu oenoeDde
Meiaaeg too der Leiehtigkeit der Abfassaag solcher Arbeiteo, für die ein
Gelehrter eigeatlich so schade sei, scheint auch hier wieder zur Geltong ztt
kejBfflea; vgl. dazu noch diese ZeiUchr. LXI (19U7) S. 35f. Der Referent
<af der hannoverschen Direktoren-Versammlnng vom Jahre 1Ö98
ervahate bei seinem Vorschlage, die Zentralstelle (s. o. 8. 16S) möchte alle
10 Jahre eiaeo gedrackteo Katalog der Abhandlungen heraii:{gebeu, Kloß-
üjaB Dicht eional (i»t6/%r. Abi. 4, Nr. 120, S. 263)!
Zcilacbr. H d. OjiBB<»»l«««cn. LXJL 2.9. 16
242 Programmwesen and Programmbibliothek d. höh. ScholoDy
doch ungefähr eine Vorstellung davon erhalten, wie der Stand
der Dinge nun eigentlich ist. Doch gemach! Umfang und
Wert des Geleisteten stehen, wie so häufig in der
überreichen literarischen Produktion ühcr „aktuelle'^
Fragen, heinahe in umgekehrtem Verhältnis. Mit dem
Anfang der neunziger Jahre treten wir bekanntlich auf dem Ge-
biete des höheren Schulwesens in die Periode der „Reformea*'
«in; es konnte nicht fehlen, daß auch die Prograromeinrichtnng,
an der schon frohere Generationen auf verschiedene Weise zu
bessern gesucht hatten, davon aufs neue ergriffen wurde; an ihr
wurde, wie ein kundiger Mann es treffend ausdrückte {Päd,
WoiMl II [1892/93] S. 106), die „allgemein wahrzunehmende ge-
schichtliche Tatsache^' erprobt, „daß in Zeiten der Gärung sich
4er £ifer der Neuerer auch gegen solche Einrichtungen wendet,
die dem neuen Geiste und seiner Bahn nicht hinderlich sind, die,
mögen sie auch im einzelnen der Besserung fähig oder bedürftig
sein, doch auch in neuen Verhältnissen ihren Platz beibehalten
und wie froher Gutes wirken können''. Der neue Geist war in
•diesem Falle das erstarkte Slandesbewußtsein der Lehrer an*
•höheren Schulen, von denen nicht wenige meinten, sich gegen
eine Einrichtung wehren zu müssen, die sie als eine un-
berechtigte, drückende, nicht mehr zeitgemäße „Zumutung'^
empfanden. Unter dem Zeichen dieses Geistes steht recht
eigentlich diese letzte Periode der Entwicklung des Programm-
Wesens; es ist auch auf diesem Sondergebiete eine rechte Periode
des Kampfes. Aber während z. B. der Streit um die wissen-
schaftlichen Abhandlungen, der ja nicht neu war, sich in den
früheren Jahrzehnten (s. o. Abschnitt a — c) im ganzen in den
Bahnen ruhiger Sachlichkeit bewegt hatte, nahm er jetzt in Nord-
deutschland und besonders in Preußen einen mehr agitatorischen
•Charakter an; auch der Ton wurde ein anderer. Es klingt, wenn
ich nicht irre, in den Äußerungen gerade der ersten Hälfte der
neunziger Jahre noch etwas von der Erbitterung über das Hilfslehrer-
elend, das gerade in dieser Zeit seinen Höhepunkt erreichte, und
der allgemeinen, mit Recht sehr lebendig gewordenen Miß-
stimmung des Standes über wiederholte Zurücksetzung nach.
Solche Stimmungen sind aber Untersuchungen, die vor allem
ruhige Sachlichkeit, in unserm Falle auch ein gut Teil geschicht-
lichen Verständnisses erfordern, niemals förderlich und können
das redliche Bestreben, einer guten Sache zu dienen, leicht in
das Gegenteil verkehren. Besonders bezeichnend ist, was die
Programmabhandlungen angeht, in diesem Zusammenhange
der mehrmals wiederkehrende, wenngleich früher (s. o. S. 196)
schon gelegentlich zurückgewiesene Hinweis auf andere Stände,
auch der Umstand, daß Idas Verhältnis von Lohn und Leistung
(Honorierung der Abhandlung, ja Ersatz der dafür etwa auige--
wendeten literarischen Hilfsmittel, Erleichterung des Prograroma—
TOD R. UllrielL 243
tarius im Unterricht) eine Rolle zu spielen beginnt, was der
älteren, far ihre Wissenschaft begeisterten Lehrergeneration trotz
wirklich bedrängter äußerer Lage weniger diringlich erschienen
war. Abgesehen davon tritt in nicht wenigen ÄuBerungen gerade
dieses Zeitraumes ein Mangel an Kenntnis rein tatsächlicher Ver-
hSltnisse, die doch aas dem Studium der einschlägigen Literatur
unschwer zu erlangen war, und ein Maß der Ignorierung der auf
dem Gebiete vorher geleisteten Geistesarbeit zutage, daß man sich des
llDmutes oft nur schwer erwehren kann. Das Gesagte gilt in erster
Linie von mehreren, noch dazu vielfach ohne Namensnennung^)
Terdffentlichten Aufsätzen des Pädagogitcken WochtnhlattB^
einer Zeitung, die sich im übrigen um die Hebung des Standes
anerkannte Verdienste erworben hat; man muß die Langmut der
Redakteare bewundern, die wieder und wieder Artikeln Aufnahme
gewährten, die (von einigen röhmlichen Ausnahmen abgesehen) '
nicht nur keine guten neuen Gedanken hervorbrachten — die za
finden bei eindringenderem Studium der Literatur und der tat-
sachlichen Yerhähnisse gar nicht einmal schwer gewesen wäre —
sondern einen offenbaren Rückschritt bedeuteten. Wer auf einem
so viel und vor allem von so vielen bedeutenden Männern be-
bandeilen Gebiete urteile fällen und Vorschläge machen will,
die der Beachtung wert sein sollen, muß seine Berechtigung dazu
wenigstens durch gründliche Sachkenntnis nachweisen, besonders
wenn er in einem weit verbreiteten Blatte das Wort ergreift.
IHe Macht des gedruckten Wortes und seine suggestive Wirkung
aaf Unkundige ist immer noch sehr groß; wenn gewisse
Dinge« sie mögen noch so unbegründet sein, von Zeit zu Zeit in
ähnlicher Tonart immer wieder vorkommen, pflegen sie ihre
anbeilvolle Wirkung selten zu verfehlen. Und man kann es z. B.
onter diesen Umständen einem den Schulverhältnissen ferner
stehenden Beurteiler wie A. Hortzschansky am Ende gar nicht
so sehr verdenken, wenn er äußern konnte (Nr. 147, S. 168), es
,,berrsche über den durchschnittlich geringen Wert der Pro-
frammabhandlungen nahezu consensus omnium'*. Dahin gehört
weiter« wenn wiederum von nicht eigentlich fachmännischer, aber
sehr einflußreicher Seite, nämlich von Angehörigen der sächsischen
Staatsregierung') oder von Mitgliedern der bayerischen Kammer*),
die wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrer an höheren Schulen
(insbesondere Sachsens und Bayerns) in einer Weise kritisiert
wurde, die gewiß von dem Ressortminister selbst in schärfster-
^) Wsao wird dies« Uotitte endlich aofhöreo, weDigsteos In solchen
Blittero, iit Bieh soMchlieBUch oder io der Hauptsaehe an eioeo wisseo-
tehafUieh rebildeteo Leserkreis wenden ?
9) \^l Alfa DO] (Nr. 119), S. 379; [o. N.] Päd, fFochbl XI (1901/2)
& 199.
tj £F. Stemplinff^i* a. a. 0. (Nr. 148) S. 8 f.
16*
244 Programmweseo oDd Programmbibliothek d. höh. Schalen,
AVeise gerügt worden wäre, wenn sie sich gegen einen
anderen Stand gerichtet hätte. Hier erntete — zu Unrecht —
der ganze Stand als solcher die Fruchte, die einzelne seiner Mit-
glieder, indem sie sich als berufene Vertreter fühlten, gesäet
hatten ^).
Noch mehr Verwirrung stiftete der 1896 entstandene Artikel
(wiederum eines Anonymus) in den Grenzboten (Nr. 108), der
sich bis zum Jahre 1906 bei den meisten Autoren, die noch
über die Sache geschrieben haben, mit Anerkennung zitiert
findet. Denn anstatt die Ausführungen des ungenannten (sächsi-
schen) Verfassers') einer eingehenden Prüfung auf ihre Richtig-
keit zu unterwerfen (wozu schon der Umstand hätte auffordern
sollen, daß sie fast durchweg ohne Quellenangabe erfolgten),
haben die Lobredner mit wenigen bescheidenen Ausnahmen')
sie so gut wie unbesehen hingenommen. Tatsächlich ent-
halten sie aber, von einigen richtigen, aber meist nicht einmal
neuen Bemerkungen abgesehen, so viel Verkehrtes und direkt
Unrichtiges — was übrigens gar nicht besonders schwer zu er-
kennen war — daß das „Aufsehen'', das dieser Aufsatz erregte
(so noch Stemplinger a. a. 0. S. 6) durchaus nicht gerecht-
fertigt war. Es traf einmal wieder die alte Erfahrung zu, daß
die lautesten Rufer im Streit die Mehrheit für sich haben, be-
sonders wenn sie Wasser auf deren Mühle schütten. Dazu kam
der Umstand, daß unser Anonymus in einem Blatte auf den Plan
trat, dessen alles Ansehen Zuverlässigkeit der Angaben zu ver-
bürgen schien. Auf die verschiedenen Punkte werde ich unten
zu sprechen kommen. Jedenfalls wurde dem Verfasser auch da-
durch zu viel Ehre erwiesen, daß die preußische Regierung
(durch Erlaß vom 31. Dezbr. 1896 und 26. Juli 1897) die
„Programmfrage^' unmittelbar nach 1896 auf die Tagesordnung
von zwei Direktorenversammiungen setzte, der 11. in
Schlesien (1897; Nr. 113) und der 8. in Hannover (1898;.
Nr. 120), obgleich sie erst in dem Jahrzehnt vorher auf einer
gleichen Versammlung so ausführlich behandelt worden war
(s. 0. S. 234), daß wirklich neue Gesichtspunkte in wichtigen
Dingen kaum zu erwarten waren. Immerhin hatte dies Vorgehen das
Gute, daß (hesonders auf der Versammlung von 1897) einer
größeren Anzahl ausgezeichneter Männer Gelegenheit gegeben
wurde, auf Grund vielseitiger Erfahrung ein Urteil abzugeben, zu
^) Vielleicht war es überhaupt nicht zweckmäßig, io eioem Blatte, das
■aturgemäß nur fiir gaoz kurze Artikel Raum bietet, Frageu von grood-
sätziicher Bedeutung zu erörtern, die eine ganz besondere Beherrschung dea
Stoffes erfordern; es wäre richtiger gewesen, sich durchweg auf die
Behandlung einzelner Punkte zu beschräuken. Aufsätze, die diesen Weg
eingeschlagen haben (s. u.), sind weit förderlicher gewesen.
3) Vgl. S. 125 Anm. 2.
3) Vgl. S. 252 Anm. 3 und 4.
voB R. Ullrich. 24S
dem sie sonst vielleicht keine Veranlassung gefunden hätten, und
daß wenigstens ein neuer, freilich in. E. bei Beurteilung der
Sache im ganzen nicht sehr wesentlicher Gesichtspunkt erörtert
warde^ den der Grenzbötenartikel angeregt hatte, nämlich der
des Aotor rechts an den Abhandlungen. Die Debatte gewann
dadurch ein besonderes Interesse, daß auch ein Jurist in sie ein-
griff, nämlich der damalige Direktor des schlesischen Proyinzial-
^chulkoliegiums Dr. Mager Qetzt in Berlin).
Auch sonst entschädigen in dieser wohl äußerlich, aber nicht
«achlich recht fruchtbaren Periode der Entwicklung des Programm-
wesens wenigstens einige auf gründlicher Kenntnis der einschlägigen
Bestimmungen und der geschichtlichen Entwicklung wie richtiger
AalTassuDg der Stellung und der Aufgaben des Lehrerstandes be-
rohende, wirklich fördernde Aufsätze för die trostlose Öde der
▼ielen schnell hingeworfenen Artikel, die oben im allgemeinen
charakterisiert worden sind. So suchte vor allem Morsch, von
lioher und idealer Auffassung geleitet (Nr. 132 u. 139), die wissen-
«iaftlichen Aufgaben des höheren Lebrerstandes in der Gegen-
v«t auch in bezug auf die Abfassung von Programmabhandlungen
klar zu bestimmen, Rethwisch zeichnete (Nr. 138) in einem
sehr lesenswerten, aber anscheinend leider wenig bekannt ge-
wordenen Aufsätze mit kurzen, kräftigen Strichen^) Entwicklung
flod Stand der Sache, der beste Freund des höheren Lehrer-
Uandes, seiner wissenschaftlichen wie seiner Standesbestrebungen,
Friedr. Paulsen, legte för die Beibehaltung der Abhandlungen
sein gewichtiges Wort in die Wagschale (Nr. 126), Kill mann
gab (nach Wiese und Erler, s. o. S. 208 und S. 215) wieder
«inen Oberblick') über die gesamten Verhältnisse (Nr. 122),
■) Schade ist, daB sich s^^ade aoch hier kein einziges Zitat, keine
je Qoellenansabe findet, die Wißbegierige tiefer in die Sache einfdhrte.
$«Iche, voo denen die geistige Arbeit, als deren Ergebnis He th wische
Aafsatx erscheint, selbst ebenfalls schon geleistet ist, können sn der ge-
schickten Zasammenfassnng ihre Freude haben. Den andern aber entgeht
4aa BesU.
*) Ich vermisse darin nnr etwas vollständigere Liters tu ran gaben,
Wsoaders aas neuerer Zeit, natSrlich in angemessener Aaswahl, die für
4ea Sachkenner aaf einem Sondergebiete ja sehr leicbt zu geben ist. So
werden zwar (S. 484 o.) n. a. die meisten der wichtigen Aufsätze der sechziger
Jahre (s. o. S. 196 IT.) mit Recht angeführt, aber weder die Berliner Ver-
handiungeii (Nr. 80; s. o. S. 224 IT.), noch der wichtige Aufsatz voa
Seh w^aJbe (Nr. 88; s. o. S. 229—234), noch die Denkschrift C. Fr. Mtillera
(^r. 98' 3. o. S. 236 IT.), noch endlich die Arbeiten FÖrstemanns (Nr. 65
n,86' 8. o, S. 207 a.2l8), wie denn überhaupt die hier gerade wesentliche Seite
der Smebe' ammlich die Ordnung und Nutzbarmachung der Programm-
MMmanlaar fü ^^^ Sc hulbibliothck cn , ganz und gsr zu kurz kommt.
l vt/'fmiiM großer historiieh-statütischer DarsteUmig (s. o. S. 89 Anm. 2)
'L' den fiteraturangsben (a.a.O.) zwar der dritte (1874er-
winf lA ««Oll angefahrt — übrigens ohne Bezeichnung der Bandzahl —
tehieüeoe) ^ rtfotixen zur Sache enthält (s. o. S. 168 Anm. 6), nidit aber
der Baf ***'»*^
■
246 ProgramiDweseii nod Programmbibliothek d. höh. Schalen,
Stemplinger endlich erwarb sich ein Verdienst durch übersicht-
liche Darstellung einer Einzelfrage (Verpflichtung zum Schreiben
von Abhandlungen) mit besonderer Rucksiebt auf bayerische
Verhältnisse (Nr. 148), wenn er auch im übrigen (s. u.) niclit
selten in die Irre ging. Endlich gedenke ich noch der kleinen,
anregenden Schrift von Heinr. Müller^) (Nr. 127), der zwar in
der kategorischen Ablehnung nicht bloß der Abhandlungen, sondern
auch der Jahresberichte m. E. weit über das Ziel hinausging, aber
im einzelnen manchen wertvollen Beitrag zur Sache lieferte. In
bezug auf die Jahresberichte sind seine Ausführungen übrigens
schon von Pietzker (Nr. 135) auf das richtige Maß zurück-
geführt worden^). Auch in mehreren kleineren Beiträgen, unter
denen ich schon hier besonders den von Eberh. Nestle erwähnen
möchte (Nr. 131), findet sich manche richtige, die Sache wirklich
fördernde Bemerkung.
Ich gehe nun zur Darstellung im einzelnen über. Wenn ich
mich in diesem vierten Abschnitt trotz der gewaltigen Fülle der
Literatur verhältnismäßig kürzer fassen kann als in den früheren,
äußerlich weit weniger fruchtbaren, so liegt das an zwei Um-
ständen. Einmal sind infolge der oben (S. 243 f.) skizzierten Art
des Arbeitens neue Gesichtspunkte nicht allzu häutig ; viele Autoren
wiederholen oft einfach, was schon vor ihnen gesagt ist, ohne
sich darum im mindesten zu kümmern. Dann aber sind andrer-
seits auch die wohlbegründeten Meinungen und die wirklich förder-
lichen Vorschläge sachkundiger Autoren (wie z. B. der eben ge-
nannten), weil sie erst etliche Jahre zurückliegen, mit dem gegen-
wärtigen Stande der Dinge noch so unmittelbar verknüpft, ge-
wissermaßen noch „aktuell'* — wie man gern sagt ^.^ daß es
meist zweckmäßiger sein wird, in der knappen Darlegung des
Standes der Gegenwart und der daraus sich für die Zukunft der
Sache m. E. ergebenden Aufgaben, wie sie in den folgenden drei
Abschnitten (il 2 u. 3 und UI) gegeben werden soll, auf sie ein-
zugehen, soweit es erforderlich ist, hier aber nur das Wichtigste
der viel wichtigere zweite von 1869, dessen grondlegendie Bedeotoog ia
der vorliegenden Abhandlung so oft hervorgehoben wordeo ist. Aoch auf
die Ssterreichisehen Verhältnisse (nebst der Literator über sie)
hatte etwas näher eingegangen werden sollen. Hoffentlich holt dar Ver-
fasser in der zweiten Auflage (s. o. S. 126 f. zo ^r. 122) das Fehlende nach.
1) Der Inhalt wird skizziert von R. R., Päd. fTochbi XI (1901/02)
S. 122 f. (Nr. 129), aosfiihrlicli angegeben von A. Frank, Z. f, (L öst,
Gymn, L11I (1902) S. 816 ff.; vgl. o. S. 127 Aom. 2.
*) Warum nennt dieser übrigens Möller, aof den seine AasführongeD
deutlich hinweisen, nicht mit Namen? Der Kenner sieht ja unschwer, wer
gemeint ist, aber für ihn allein werden tüchtige Abhandlungen, die doch
niclit bloß für den Augenblick bestimmt sein sollen, nicht geschriebeo (s. o.
S. 83). Für den Nichtkenner aber läfit dies ~ heute in ahnlichen Fällen
leider sehr beliebte — Verfahren leicht Unklarheit zurück und achiiefii
Mißverständnisse nicht aus.
TOD R. UllriclL 247
ZU bcrohren. Es können dadurch die folgenden AnsfOhrungen
zugleich wesentlich entlastet werden.
u) Di« AbhaDdloof eo.
In den früheren Perioden waren bei denen, die auf eine
andere Gestaltung des Progranimwesens« insbesondere der Ab-
handlungen, hinarbeiteten, mehr Reformen im einzelnen in
Frage gekommen, die Einschränkung der Verpflichtung zur Ab-
fassung, der Inhalt, die Regelung des Tauschverkehrs, die Form
der Herausgabe, die bibliographische Nutzbarmachung u. a. m.;
bis zu Vorschlägen Tölliger Abschaffung der Beilagen waren nur
wenige gegangen (Beschmann, Ameia (S. 187), Kliz (S. 196);
Tgl. aach die Praxis einiger Städte, S. 213, 22.4ir.), ohne
aber bei Behörden oder Standesgenossen nachhaltigere Unter-
stützung zu finden. Das wurde seit den neunziger Jahren anders.
In Verbindung mit der Standesbewegung, besonders auch im Hin»
blick auf andere Berufsarten mit akademischer Vorbildung, ging
vielen der Zusammenhang mit der geschichtlichen, insbesondere
4er wissenschaftlichen Entwicklung des eigenen Standes
eäigermaßen yerloren, die doch ohne Frage gerade durch die
Doricbtung der Programmabhandlungen die nachhaltigsten An-
regungen empfangen hatte. Wie man in Rang und Gehalt —
ind dies mit vollem Recht — nach Gleichstellung mit den Berufs-
arten gleichartiger Vorbildung strebte, so wollte man andrerseit
auch eine Verpflichtung, ?on Amts wegen literarisch tätig zu sein,
nicht oiehr anerkennen, eben weil sie jenen fehlte — mochte sie
Don eine yorgeschriebene oder eine moralische sein. Man empfand
einen Druck, man wollte frei sein, wie die andern es waren. So
lind denn nahezu alle, die seit 1890 zu der Frage in diesem
Sinne grundsätzlich Stellung genommen haben, nicht etwa auf
eine zeitgemäße Umgestaltung einer alten Einrichtung bedacht ge-
wesen — ein Weg, der historisch, wissenschaftlich und praktisch
zu allen Zeiten immer das beste Recht und die meiste Aussicht
auf Erfolg haben wird — sondern in der Regel zu ihrer Ver-
urteilung schlechthin gekommen: die meisten der Autoren (mit
und ohne Namen) aus dem RidagogiBcken WoekmblatO) (Nrr. 114,
115, 124, 129), Heinr. Möller (Mr. 127), Pietzker (Nr. 135),
im wesentlichen auch der Anonymus der Grenzbotm (Nr. 108)
und andere, die nur gelegentlich das Wort ergriffen haben
iNr. 116. 119).
Was nun die Revision im einzelnen betrifft, so kann ich mich
in der Hauptsache auf die Charakteristik des Aufsatzes in den Grmz"
boien ?on 1896 beschränken, der zwar — abgesehen von einigen
/
') Doeh vgl. aodrerieita aoeh Nr. 125, 128, 1S4, 137, 141, besoodert
aber äie beiden «aehlicheo Artikel vo» k... . (Mr. 103), die leider voa dea
Gegaera in Päd. ff^ochenbl. kaan beachtet worden siad.
248 Programmwesen und Programmbibliothek d. höh. Schuloo,
kleineren Beiträgen zar Sache (Nr. 101 — 107) — ungeßbr am
Anfang dieser Periode stehl, aber gerade durch seine Aufstellungen
und Vorschläge die Diskussion der letzten zehn Jahre am meisten
beeinfluBt hat, wenn auch nicht in erfreulicher Weise. Man kann
diesen Aufsatz geradezu als typisch für die Art der Behandlung
bezeichnen, die in bestimmter Richtung dem Gegenstande in dieser
letzten Periode zuteil geworden ist. Die andern Stimmen, die
teils für, teils gegen die Sache laut geworden sind, sollen in
Teil II 2 an entsprechender Stelle zu Worte kommen.
Unser Autor läßt sich etwa so vernehmen^): Regelmäßig wie das
Hochwasser der deutschen Ströme erscheint zu Ostern jedes
Jahres die Hochflut der Programme, nur mit dem Unter-
schiede, daß sie nicht entfernt denselben Segen stiftet
(S. 113). [st diese Massenproduktion nicht ein Notstand? Früher
lieferte der Direktor jährlich eine wissenschaftliche Abhandlung,
um sich und seine Schule beim Publikum zu empfehlen; durch
Job. Schulze wurde dann 1824 [d. h. in Preußen] die noch
jetzt [1896] geltende Bestimmung erlassen, die auch die
Lehrer [soll heißen: zunächst die Oberlehrer a.St.] dazu verpflichtete.
Dieser wissenschaftliche Befähigungsnachweis war nötig zu einer
Zeit, wo man noch keine philologische und mathe-
matische Staatsprüfung kannte (S. 114); heule bedarf es
dessen nicht mehr. Der „junge Mann, der sich sein Ober-
lehrerzeugnis ehrenvoll erworben hat, braucht zu-
nächst seine Liebe zur Wissenschaft nicht darzutun.
Er hat sie ja eben erst bewiesen und bringt sie von
der Universität mit'* (S. 115). Er hat sich nun zunächst in
seinen Unterricht einzuarbeiten; nach etwa fünf Jahren aber ent-
steht bei den tüchtigeren Naturen wieder das Bedürfnis,
sich in das Reich des Geistes zu erheben; doch braucht nicht
jeder die Ergebnisse seiner Studien niederzuschreiben. Wer es
aber tun will, dem steht zu diesem Zwecke jetzt eine unab-
sehbare Reihe wissenschaftlicher Zeitschriften zu Ge-
bote (S. 116). Nur wer die Programmliteratur nicht
kennt, wird behaupten können, daß diese auf den
wissenschaftlichen Sinn der Oberlehrer einen be-
stimmenden Einfluß gehabt habe, und daß man sie
deshalb nicht entbehren könne. Zwar gibt es tüchtige
Arbeiten darunter, aber das wird nicht so bleiben können; denn
manche Gebiete, z. B. die klassische Philologie, erschöpfen sieb
allmählich. Der Mangel der Lehrerbibliotheken an
größeren wissenschaftlichen Werken nötigt die Verfasser
von Programmen, sich auf bestimmte Gebiete zu beschränken
(S. 117). Es kommt dabei nicht oft Förderndes heraus.
^) Die Stelleo, «of die es vorzagsweise ankommt, siod bier durch
Sperrdruck hervorgehoben.
voB R. Ullrich. 249
Anders z. B. bei orts- und schulgeschichtlichen Unter-
suchungen und solchen zur deutschen Literatur und auf anderen
Gebieten (S. 118); aber auch hier bleibt das Ergebnis hinter
der Möhe und den Kosten zurück; gute Arbeiten ver-
dienten an anderer Stelle zugänglicher gemacht zu
werden, und Unberufene sollte man nicht zur Schrift-
stellerei nötigen. Alijährlich erscheinen [1896!] in
Deutschland mindestens 1500 Programmabhandlungenl
Abschaifen soll man die Sitte nicht — hier macht der Verfasser
den «.gelehrten Schulen*^ eine Verbeugung — aber einschränken;
1865 (s. o. Nr. 66) hat man sich mit der Sache befaBt, dann
1872 (o. S. 169). Seitdem ruht die Frage. Es ist nichts
geschehen. Die Programmliteratur schwillt an, ist schwer zu
erlangen, wird leicht übersehen und ist sehr teuer. Der
jährliche Aufwand beträgt 300000.^. Die Kosten müssen
vermindert werden (S. 119), die Ersparnisse den Schuibiblio-
iheken zugute kommen.
In Sachsen werden jeder höheren Lehranstalt für
Bibliotbekszwecke bis zu 1000 «^^ jährlich bewilligt,
vDTon aber auch Zeitschriften (100 — 150 •>^), Fortsetzungen
größerer Werk e und Prämienbucher (200 — 250 JC)^ die Binde-
iosten, das Programm und alle Gelegenheitsschriften
(2(K)— 250 Jl) bezahlt werden müssen, so daß für Neuan-
schaffungen nur die ungenügende Summe von kaum
300 JC übrig bleibt. Viele Bibliotheken haben kein Geld, sich
wichtige Werke (Verfasser nennt Rankes Weligesduehie!)
zu kaufen, und z. B. archäologische Tafelwerke neuerer
Zeit können nur „sonderbare Schwärmer*' in Lehrerbibliotheken
erwarten (S. 120)! Bei einer Abstimmung würde sich die über-
wältigende Mehrheit der Lehrer für eine starke Änderung
ia bezug anf das Programmschreiben aussprechen. Besonders für
kleine Anstalten ist es eine Härte, die Rechtlosigkeit
der Autoren an ihrer geistigen Arbeit kommt noch dazu. So
»ollten denn die Abhandlungen nur alle fünf Jahre er-
scheinen. Die Schulnachrichten können gekürzt werden,
z. B. in bezug auf den jährlichen Wiederabdruck des Lebrplanes;
die Abhandlungen müssen bei einer Zentralstelle,
etwa bei einem Provinzialschulkollegium oder auch
einer tüchtigen Buchhandlung, eingeliefert und dann
zu größeren Ganzen verbunden werden. Eltern und
Nichtfachleute erhalten nur die (jährlichen) Schulnachrichten
iS. 121), Sonderabzüge der Abhandlungen werden nur zu wissen-
schaftlichen Zwecken ausgegeben. Das Autorrecht muß ge-
wahrt bleiben; besonders tüchtige Autoren haben sich oft nicht
entscbiießen können, ihre guten neuen Gedanken in einem
Programm zu „vergraben'*, t,weil sie sich in jeder Hinsicht ge-
bunden fühlten/'
250 ProgrammwasoD uod Programmbibliothek d. höh. Sehnlany
So unser Verfasser. Einiges von dem hier AngefBhrten ist
zweifellos richtig, wenn auch nicht neu, so s. B. was er über
lokal- und schulgeschichtliche Stoffe (vgl o. S. 139, 186, 214 u. ö.)»
über die Härte gegen kleine Anstalten, die Weglassung des Lehr-
planes in den Jahresberichten sagt (o. S. 155 u. ö.)« und die Be-
tonung des Autorrechts (s. o. S. 245), auf die ich noch mit
einem Worte zurückkommen werde, hat sogar den Reiz der Neu-
heit für sich. Was er aber sonst ausführt, ist unklar, wieder-
holt längst widerlegte Dinge und zeigt vor allem eine Un-
kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie selbst der
wichtigsten Literatur über die Sache, die bei jemandem, der sich
(S. 117) dem Leser als „Kenner'' vorstellt, ganz erstaunlich ist.
Von der verunglückten Vergleichung mit der „segenstiftenden*^
Hochflut deutscher Ströme will ich nicht weiter reden, auch nicht
so sehr betonen, daß es wenigstens in Preußen, von dessen
Verhältnissen der Verfasser auf^geht, schon seit 1810, oder, wenn
er das aus naheliegenden Gründen nicht gelten lassen wollte,
doch seit 1831 eine Staatsprüfung für das höhere Lehramt gibt ^)^
so daß also der Zusammenhang, in den er Staatsprüfung uod
spätere wissenschaftliche Tätigkeit der Lehrer der Gegenwart im
Hinblick auf s. E. andere Verhältnisse der Vergangenheit stellt»
mindestens nicht voll zutrifft, selbst wenn man glaubte nachweisen
zu können, daß die Anforderungen in der Prüfung damals —
mutatis mutandis — sehr viel geringere gewesen wären als heute.
Was das „ehrenvoll erworbene Oberlehrerzeugnis'' unserer Tage
angehl, so werden zwar vielleicht auch nicht alle dem Verfasser
folgen, und über das, was ein Oberlehrer im Amte literarisch
noch leisten kann oder nicht, sind die Meinungen wohl geteilt
(vgl. Teil 11 2). Das alles mag indessen noch hingehen. Unglaub-
lich geradezu ist aber die Behauptung, die Programmliteratur habe
keinen Einfluß auf den wissenschaftlichen Sinn des höheren
Lehrerstandes gehabt; das Gegenteil ist richtig. Schon ein Blick
in die beiden ersten 1896 vorliegenden Bände Klußmanus (die
einzige Programmbibliographie, die er erwähnt) hätte ihm zeigen
können, was hier geleistet worden ist und welche Anregungen
von dieser Literatur ausgegangen sind — gerade in Sachsen^
dem klassischen Lande der gelehrten Schulen, das besonders auf
philologischem Gebiete ausgezeichnete Arbeiten der Schüler von
G. Hermann, F. Ritschl, G. Curtius und 0. Ribbeck auf-
zuweisen bat — auch auf dem von unserm Anonymus gerade be-
mängelten archäologischen Gebiete; ich erinnere nur an
H. Steuding und W. H. Röscher. Der Weg von irgend einer
sächsischen Gymnasialstadt nach der Landesuniversität ist ja auch
wohl nicht allzuweit, und es werden, wie in Preußen (vgL
0 Vgl. Neigebaur «. «. 0. S. 243 If., Könne II S. 26 fl., s. a. Varrea-
trapp a. a. 0. S. S93 IT.
Yoo R. Ullrich. 251
o. S. 148 Anm. 1), auch Bücher versendet. Die philologischen
sächsischen Kollegen, die der Wissenschaft dienten und dienen,
werden schwerlich sehr erfreut über die Einschätzung ihrer Arbeit
durch den Verfasser gewesen sein. Auch die Schilderung, die er
Ton den sächsischen Schulbibliotheken gibt, ist ganz un-
zutreffend. Die der VoUanstalten, um die es sich hier ja in
erster Linie handelt, sind gut, einige sehr gut; sie gehören zu
den besten in Deutschland. Wer sich über sie aus der Dar*
Stellung des Verfassers belehren lassen wollte, müßte ihren Zu-
stand für überaus kläglich halten; schon ein Blick in die Zu-
wachsverzeichnisse der Jahresberichte sächsischer Gymnasien aus
der ersten Hälfte der neunziger Jahre zeigt aber jedem, den es
interessiert, aufs deutlichste — und hätte es auch unserm Kritikus
zeigen können — , daß hier nicht Armut ^), sondern Reichtum
bt, ein Reichtum an Zeitschriften, Lieferungs- ') und anderen
Werken (auch an den vom Verfasser vermißten archäologischen
Tafelwerken), wie er freilich durch die S. 1 20 (s. o. 8. 249) auf-
fefahrten Mittel nicht beschafTt werden konnte. Daß die Pro-
gramme aus dem daselbst bezeichneten Etat bestritten werden,
ist richtig, unrichtig aber sind die genannten Summen. Sie
waren schon 1896 erheblich größer, heule müssen sie z. T. das
Doppelte oder Dreifache betragen; man rechne nur einmal die
Aufgaben für Bibliothekszwecke selbst einer mittelgroßen Anstalt
aus einem neueren sächsischen Jahresbericht nach^). Und sind
denn Zeitschriften und Lieferungswerke — der Verfasser betont
ihnen gegenüber gerade abgeschlossene Bücher — nicht auch
wichtige Bestandteile der Bibliotheken? Ich denke, gerade für
Lehrerbibliotheken sind es sogar die allernotwendigsten, des
hohen Preises wegen und weil sie von größeren Bibliotheken ent-
weder gar nicht oder nur auf ganz kurze Zeit aus dem Hause
g^eben werden. Wissenschaftliche Handbücher, deren Preis
außerdem eher zu erschwingen ist, kann und muß dagegen jeder
Oberlehrer in gewisser Anzahl selbst besitzen. Mit größerem
Rechte hätte der Verfasser auf Württemberg verweisen
können; hier sind in der Tat die Mittel für Bibliothekszwecke bei
0 Koapp «. a. O. (Nr. 118) S. 71 (doch vgl. über ibo S. 254 Ann. 1)
bitte daher dt» Verfassers Klageo in dieser Beziehuag nicht so rohig bin-
«ehmeB sollen. — Wean aosereo Lehre rbibliothekeo etwas fehlt, so sind
, das im ailgeBeioen viel weniger aosrcicheode Mittel oad Bestände, als viel-
\ nehr die Möglichkeit leichter Benutzong an Ort uo d St eile
(Prisenzsfatem), nm von anderen Dingen hier za schweigen; vgl. die
eben S. 85 Aom. 1 erwähnte Schrift nebst Anm. 2.
*) Mäherea auch darüber wird das o. S. 86 Anm. 1, Z. 8 ff. ange-
kuodigte Bach bringen.
^) Für die heotigen Verhältnisse kann man sich für eine ganze
Reih0 aäeikaiseher Schalen ans dem oben (S. 93, Anm. 1 Z. 4 ff. v. u.) ge-
BiBOt^B Werke ooch leichter Belehrung versehaffeo.
252 Profframmwesen ond Programmbibliothek d. höh. ScholeD»
den meisteD höheren Schulen gering^), und die Verquickung der
Programm kosten mit der ,,Rektoratska8se'\ aus der auch noch
Bibliothek, Lehrmittel u. a. m. befriedigt werden sollen, wird
dort selbst als sehr störend empfunden*). Aber hiervon weiß
unser Reformer ebensowenig — was noch verzeihlich wäre —
wie er die tatsächliche Entwicklung des Programmwesens richtig
Obersieht. So z. B. wenn er meint, die preußische Bestimmung
von 1824 über die Verpflichtung zum Schreiben von Abhand-
lungen ge te noch heute [1896], während sie doch gerade in bezug
auf diesen Punkt 1875 (er nennt dies Jahr gar nicht)') erheb-
liche Einschränkung erfahren hat und so nach und nach aucli
eine Verminderung der Zahl der Abhandlungen — trotz der
vermehrten Zahl der Schulen — eingetreten ist. Es ist nun
geradezu ungeheuerlich, wenn er die Zahl der jährlichen Pro-
grammabhandlungen in Deutschland auf 1500 angibt*). Kannte
denn unser „Kenner** weder das Berliner Verzeichnis {BibUogr»
Abt. 3t Nr. 15), noch wenigstens das Teubnersche (Nr. 13 b)?
Mindestens das letztere, das als Anhang zum Statistischen Jahr-
buch des Leipziger Verlegers doch gerade in Sachsen heimisch
ist, war ihm doch wohl zugänglich, und er hätte daraus ') ersehen
können, daß seine Zahl ungefähr um das Dreifache zu hoch ist.
Demgemäß reduzieren sich natürlich auch seine 300 000 JC Kosten
in gleichem Verhältnis. Den Teubn ersehen Programmen-
tausch nennt er Oberhaupt nicht und stellt die Entwicklung
geradezu auf den Kopf, wenn er den Provinzialschul-
kollegien eine Arbeit übertragen wissen will, welche diese ja
gerade wegen allerlei Unzuträglichkeiten abgegeben hatten
(o. S. 167 f.), und „eine tüchtige Buchhandlung*' als „Zentralstelle*^
vorschlug, während es doch beides anno 1896 seit 20 Jahren
gab! Wäre er aber, so wenig glaublich es nach dem ganzen Zu-
') Vgl. daza neoerdiofrs die Statistik voo H. Cramar im Neuen
KorretpUL f. d. höh. Seh, WürU. XIII (1906) i\ 361—370, die Dor ia
tabellariiicher Form hätte veröffentlicht werdeo iolleo. Es wäre zu
wÜDscheD, dafi auch die Scholblätter der aodereo süddeotscheo Staaten,
z.B. Badeos, Hesseus aod besooders Bayerns, Obersiehten im eiozelaen
wie im fransen über diese Verhältnisse brächten, von denen wir bis jetzt
noch wenig bissen, während wir über, die entsprechenden Bedingungen in
Norddentschland and besonders in Österreich weit besser orientiert
sind.
*) Vgl. oben S. 107 Anm. 3 u. S. 165 (bei Knapp a.a.O. besonders
S. 70), sowie den Aufsatz von Nägele (Nr. 110).
') Dies hat schon Kiiimano a. a. 0. (Nr. 122) S. 479 bemerkt, ohne
indessen an den weiteren Aufstellongen des Verfassers Kritik zu üben.
^) Soviel ich sehe, ist in der umfangreichen Literatur nach 1896 nur
an drei Stellrn wenigstens diese Angabe (im Zusammenhang mit der
Kostenfrage) aaf das richtige Maß zurückgeführt worden; vgl. Ferh. der
11. Dir 'Fers. i. Schles. (Nr. J13) S. 235, P. Knapp a.a.O. (Nr. 118)
S. 71, Killmann a. a. 0 (Nr. 122) S. 482.
^) Oder auch aus der Programmsammlung seiner Schule!
voo R. Ullrich. 253
sammenhaoge der Stelle ist, Tielleicht der Meinung gewesen, der
Teuboerscbe Tauschverkehr habe sich nicht bewährt, so wäre es
zweckmäßig gewesen. Bessern ngsvorschläge zu machen. Daß er
die Zusammenfassung der Abhandlungen zu Bänden (s. o. S. 215),
auch den üblichen Hinweis auf Zeitschriften (o. S. 197 u. ö.) als Ersatz
für Programmabbandlungen und die unberechtigte Klage, daß die
letzteren nicht genug bekannt wurden (s. u. S. 256), wieder vor-
bringt^), bemerkeich nur nebenbei. Und daß ein fünfjähriger
Turnus^), den er für die Lieferung von Abhandlungen') vor-
schlägt, die ganze Sache in nahezu völlige Bedeutungslosigkeit
versinken ließe, mußte er am Ende selbst schon fühlen. Hätte
er die Literatur über den Gegenstand einigermaßen gekannt, so
hätte er den Versuch machen müssen, die Gründe zu entkräften,
die längst gegen diese alten Vorschläge geltend gemacht worden
«iren; daß er sie nicht kannte, ist wieder ein Beweis mehr
dafür, daß man nicht über wichtige Dinge schreiben soll, wenn
nan sie selbst so wenig beherrscht, am wenigsten in einem
vQtesten Kreisen zugänglichen Blatte. Wollte man das wissen-
KbUicbe Niveau des höheren Lehrerstandes, insbesondere die
CriDdlichkeit der Untersuchung, die Besonnenheit des Urteils und
ik forsicht der Schlußfolgerung — lauter Dinge, die ja doch
vdU zam Wesen ordentlicher Arbeit gehören, gerade auch solcher»
te sich an ein größeres Publikum wendet — nach Arbeiten wie
n diese und mehrere der oben (S. 243) erwähnten sind, be-
irteileo, man müßte mit Beschämung gestehen, daß es mit ihm
fürk bt-rgab gegangen ist. Das Widerspruchsvolle liegt darin,
daB gerade die Verfasser dieser Arbeiten, die dem Stande so
veoig zur Ehre gereichen, sich berufen fühlten, die Höhe seines
') Hierher gehöreo auch die Vorschläge von Maehula (Sr. 133),
W. Varges (Nr. 143), P. E. Richter (Nr. 144), Schnorr vod
Cirolsfeld (Nr. 145; vgl. scboo oben 8. 216), sowie die des letztgeoannteo
Aaters nodifiziereodeo BeDerkangeii voo A. H ortxschaosky (Nr. 146),
Vgl. ober sie Teil II 2.
*) Koflpp (a. a. O. S. 72) folgt dem Aoonymos in dieser Hiasicht
wohl zu schoell, weoogleich sich seine Zostimmaog iofolge der mifilicJiea
Aofgabeo der wiirttem bergisehen „Rektoratskasseo** noch versteheo
lifit. Der ßbergaog von eioem 2)ährigeD Taroos (vgl. o. S. 137 Aom. 2)
zn einem djahrigeo wäre doch za novermittelt gewesen; jetzt besteht
(s. o. S. 107 Nr. LXXXXT) in Württemberg ein 3jähriger.
^ Es ist obrigens, (vgl. die geschichtliche Skizze in Abschnitt A)
irrig, wenn z.B. in dem von M[ann] a. a. 0. S. 379 zitierten sSchsi-
scben Kammerberichte ganz allgemein gesagt wird, in „Baden,
Bayern und nenerding« in PreuSen liefern nach einem Turnus jedes
Jahr nur eine Anzahl von Anstalten Abhandlnagen*' ; wo steht das ge-
arhrieben? Wir befinden uns, was zn beachten ist, im Jahre 1898! Ebeoso
ist es ongeaan, wenn Knapp (a. a. 0. S. 72) (ebenfalls zn 1898) für
Prenßen von einer ,yamtlich angeordneten alljährlichen Aasgabe
von wisseoschaftliehen Beilagen" redet, „die tatsächlich vielfach nicht
eingehalten werde".
254 Prog rammweseo und Programmbibliothek d. höh. Seholea,
derzeitigen wissenschaftlichen Niveaus darzulun, so daß er einen
besonderen Antrieb zu wissenschaftlicher Tätigkeit nicht mehr
brauchte.
Ich habe, sehr gegen meinen Willen, mich länger mit dieser
für den Geist der Zeit typischen Abhandlung beschäftigt, weil
es unbedingt nötig war, die vielen Verkehrtheiten, die sie enthält,
und die leider von denen, die später zur Sache sich geäußert
haben, meist ^) ohne genauere Prüfung hingenommen und ver-
wertet worden sind, einmal so deutlich wie möglich als solche
nachzuweisen. Man darf hier, wie wohl klar geworden ist, nicht
bloß von „Übertreibungen*' *) reden. Vielleicht hat es doch das
Gute, daß spätere Autoren, in deren Hände diese Zeilen kommen,
zur Vorsicht gemahnt werden und ihr Urteil durch so ober-
flächliches Gerede nicht weiter in solcher Weise verwirren lassen,
daß der Sache dauernd geschadet wird, die doch der Förderung
sehr bedarf. Pur das eigenartige Urteil, mit dem die wissen-
schaftliche Tätigkeit des höheren Lehrerstandes gerade in Sachsen
von offizieller Seite bedacht worden ist (s. o. S. 243), hat sich
dieser in erster Linie bei dem Verfasser der eben skizzierten Arbeit
zu bedanken. Und gerade die wissenschaftlich tätigen und tüchtigen
Oberlehrer, an denen doch Sachsen von jeher besonders reich
gewesen ist, werden es gewiß am meisten bedauern, daß ihnen
infolgedessen die Möglichkeit, sich auch von Amts wegen wissen-
schaftlich zu betätigen, durch die offizielle Einführung des drei-
jährigen Turnus (s. o. S. 106 u. 137) in ihrem finanziell (günstig ge-
stellten Lande') mindestens erheblich beschränkt worden ist, so dafi
sie in dieser Beziehung jetzt gegen die staatlichen Anstalten
Preußens, Bayerns und Österreichs zurückstehen.
Die übrigen Beiträge zur Sache sollen aus dem oben (S. 246)
angeführten Grunde weiter unten ihre Stelle finden. Soweit sie
die Ausführungen des Artikels in den Grenzboten von 1896 ohne
Kritik hingenommen haben, können sie übrigens durch die obige
Revision als erledigt angesehen werden. Denn wenn die Voraus-
setzungen, von denen jener ausging, zumeist sich als irrig er-
wiesen, fallen damit auch die meisten Folgerungen weg, die sein
Verfasser und andere nach ihm gezogen haben.
Mit einigen Worten ist aber auch hier schon der nicht wenigen
Arbeiten zu gedenken, die wie in früheren Perioden^), aber jetzt
unter besserer Benutzung geeigneter Hilfsmittel, mit sichrerer
Methode und darum in weit erfolgreicherer Weise der biblio-
^) Leider z. B. aach vod Koapp (Nr. 118), desseo Aufsatz sonst sach-
lich ist ond speziell fdr war ttember fische Verhältoisse mehrere nätz-
liehe Beiträge liefert.
>) So Leimbaeh io den Ferh. d, 11. schies. Dir.-Fert. (Nr. 113) S. 235.
•) Vgl. dazu M[ann] a. a. 0. (Nr. 119) S. 380.
*J Vgl. 0. S. 185, 187, 201 f., 217, 231 f.
▼ OQ R. Ullrich. 255
graphischen Natzbarmachung der ProgrammabhaDd-
luDgen') dienen wollten. Nicht aUein nahmen die schon früher
begonnenen, je einen fünfjährigen Zeitraum nmfassenden
R. Klußmannschen Bände*), ferner die Jahresverzeichniate von
Teubner nnd der Kgl. Bibliothek zu Berlin, sowie die des
österreichischen Ministeriums, der Monatsbericht von
Fock^) stetigen Fortgang beinahe bis zur Gegenwart; man ging
vielmehr auch daran, das Gebiet für einzelne Länder oder
bestimmte Fächer weiter auszubauen. Das wegen seiner eigen-
artigen Disposition (s. o. S. 188) in so vielseitiger Weise verwert-
bare Verzeichnis för Bayern von J. Gutenäcker (vgl. o. S. 188)
wurde Ton E. R e n n (s. o. S. 148) bis zum Jahre 1902 fortgeführt,
die Varnhagensche Bibliographie für ein umfangreiches Sonder-
gebiet Ton Job. Martin bis 1892 ergänzt (Nr. 42). Mit lebhafter
Freade sind auch die beiden Arbeiten zu begrüBen, die damit
begannen, das bibliographisch zusammenzufassen, was für die
Schulgeschichte ausschliefilich oder vorzugsweise in Programmen
wSirend eines gewaltigen Zeitraumes in einzelnen Provinzen oder
LäDÖem geleistet worden war, ich meine die Quellensammlungen
voD R. Schott für Württemberg (Nr. 38) und die von Deiters
oad J. B. Meyer (Nr. 39) für die Rheinprovinz. Besonders
rege war der Betrieb aber in Österreich. Hier gab J. Bittner
iD mehreren Abteilungen (1890, 1891 und endlich 1906; Nr. 30
•—32) eine vollständige Obersicht über die Programmabhand-
langen des Nachbarlandes von 1874 — 1905, die allen berechtigten
Anspröchen genügt und nun zum ersten Male auch den reichs-
deatschen Schulmännern einen wirklichen Einblick in einen großen
Teil der geistigen Arbeit ihrer österreichischen Kollegen ermöglicht
Zeitfich knüpfte Bittner natürlich an Hü hl an (Nr. 28 u. 29;
s. 0. S. 201 ), aber seine Arbeit ist in ihrer Beschränkung wert-
TftHer als die seines Vorgängers, der (übrigens in guter Absicht)
ffir einige Jahre die Abhandlungen Preußens nnd Bayerns
mithinzuDahm, aber bei den früheren Vorbedingungen einer solchen
Arbeit nur Unvollständiges geben konnte und außerdem den Ober-
blick über die österreichischen wieder erschwerte, auf den es
auch ihm doch in erster Linie ankam. Auch in andern Punkten,
die für jede Programmbibliographie besonders wichtig sind, wie
Genauigkeit der angeführten Titel, Anführung der Vor-
namen u. a. m., bezeichnet Bittner einen wesentlichen Fortschritt.
Daß seine Arbeit gegenüber dem Teubner sehen Verzeichnis und
Klußmanns Werk sich dadurch auszeichnet, daß sie nicht
1) Vgl BaUographie j4H, 3, Nr. 14 ff., besoDderf Nr. 23 f., 30 ff., 38,
39,42, O.S. lj2— 117.
'j Ober sie ist obeo S. 238—241 eisgoheod ffehandelt «ordeo.
t\ Vf). aber sie schoo obeo S. 217, über die Jahretbibliofraphie des
aiterreicliischea Ministeriums aoflerdem o. S. 149.
256 Programmwesen und Programmbibliothek d. höh. Schalen ,
nur eine beschränkte Auswahl der Abhandlungen deutsch- öster-
reichischer Anstalten (vgl. o. S. 169 Anm. 3), sondern die von
sämtlichen, auch den nicht-deutschen Mittelschulen des viel-
sprachigen Landes bietet, fällt jenen beiden Unternehmungen nicht
zur Last, die an die Einrichtung des Teubnerschen Programmen-
tausches, wie sie z. Z. nun einmal ist, gebunden sind (oben
S. 169 ff.; S. 239). Jedenfalls sind, was die Nutzbar-
machung der Landesprogramme auf bibliographischem Wege
betrifft, die österreichischen Schulmänner z. Z.in der günstigsten
Lage von allen, da sie nicht nur ein wenige Monate (s. o. S. 149)
nach Ausgabe der Programme selbst erscheinendes Jahres-Ver-
zeichnis, sondern auch eine Übersicht Ober einen 32jährigen Zeit-
raum fast bis zur Gegenwart (1905) besitzen.
Diese ganze, hier soeben charakterisierte bibliographische
Arbeit, die doch zweifellos für jeden in hohem Grade wertvoll
ist, der dem Leben der höheren Schulen sein wissenschaftliches
Interesse zuwendet, ist in aller Stille und ohne viel Worte ge-
leistet worden, recht im Gegensatz zu dem lauten Gebaren der-
jenigen, die sogar ohne rechte Kenntnis der Sache selbst — wie
wir sahen — ihre Stimme glaubten erheben zu müssen, um eine
gewiß der Reform bedürftige, aber geschichtlich und sachlich noch
heute berechtigte Einrichtung in Verruf zu bringen. Fast möchte
man wünschen, es wäre umgekehrt gewesen, d. h. es wäre ia
den Schulblättern der einzelnen Staaten und Provinzen, die ja
für Notizen von vorübergebender Bedeutung, auch für solche Auf-
sätze, die das früher Geleistete ignorieren, nur zu oft Raum übrig
haben, häufiger und nachdrücklicher auf diese dauernd förder-
lichen Arbeiten hingewiesen worden. Vielleicht wären dann der
bis in die neueste Zeit wieder und wieder bis zum GberdruB
gehörten Klagen weniger gewesen, die Programme „würden nicht
bekanntes „tüchtige Autoren hüteten sich, ihre Forschungen in
einem Programm zu vergraben'*, und wie es sonst noch heißen
mochte. Daß solche Klagen angesichts dieser fruchtbaren, bis in
die neueste Zeit sich erstreckenden emsigen und erfolgreichen,
der bibliographischen Nutzbarmachung der Programm-
abhandlungen gewidmeten Arbeit ganz unberechtigt sind, ist
nun hoffentlich klar. Es schien mir ein Gebot der Gerechtigkeit,
das in einer vielgelesenen Schulzeitschrift endlich im Zusammen-
hange auszuführen, und es wäre zu wünschen, auf diesem Gebiete
ganz besonders, daß jeder, der Kritik üben will, erst genau zu-
sehe, ob nicht manche seiner Desiderate schon vorher ihre Er-
füllung in der Praxis gefunden haben. Ob die Mahnung helfen
wird?
ß) Die Jahresberichte.
Die Arbeit an den Jahresberichten, die in der letzten
Periode der Entwicklung seit 1890 bis zur Gegenwart geleistet
voo R. UUrieh. 257
worden ist, hat Doch größere „aktuelle** Bedeutung als die den
Abhandlungen gewidmete. Bei den letzteren handelt es sich
um eine Sache, die oft kritisiert, in ihrer ganzen Existenz-
berechtigung angefochten und ja; wie oben gezeigt, leider auch
tatsächlich von den Herrschern im Gebiete der Finanzen z.T.
wesentUch beschränkt worden ist. Die Jahresberichte dagegen
sind auch heute noch, von ganz verschwindenden Ausnahmen ab-
gesehen '), überall eine fär jede höhere Schule, gleichviel oh sie
von Staaten, Städten oder aus anderen Mitteln unterhalten wird,
geltende Einrichtung, an deren Beschränkung oder gar Beseitigung,
wie zu hoffen, in absehbarer Zeit wohl nicht zu denken ist.
Z^^T hat auch an ihnen die Diskussion früherer Perioden
(oben Abschnitt a — c) berechtigte und unberechtigte Kritik im
einzelnen geübt. Zu dem Vorschlage ihrer Bei^eiligung schlechthin
ist man aber nur einmal gekommen (s. o. S. 192), ohne daß ihm
irgendwo praktisch Folge gegeben wurde. Auch auf diesem Ge*
biete ist wieder die letzte Periode unserer Entwicklung viel weiter
fffangeo. Wie ein großer Teil der Wortführer die Abhandlungen
ölwrbaupt in Acht und Bann tat (s. o. S. 247 ff.), so gingen nicht
veoige auch in ihrer Kritik der Jahresberichte so weit, ihre völlige
Abschaffung zu berürworten, vor allem Heinr. Müller (Nr. 127),
ifi der Hauptsache auch der zweite Anonymus der Grenzboten vom
Jahre 1901 (Nr. 123) und andere, die im Grunde auch dieser
Meinung waren (es z. T. auch offen aussprachen), dann aber sich
mit einer in der Form nicht immer erfreulichen Kritik begnügten,
weil sie selber einsehen mochten, daß ihres Wunsches Erfüllung
io weiter Ferne lag. Nicht weniges von der Kritik, die an ein-
zelnen Teilen der Jahresberichte geiibt wurde, war übrigens
m. E. durchaus berechtigt, wenn auch die meisten Kritiker dem nahe-
liegenden Fehler nicht entgingen, den für das Gebiet der heiß-
amstrittenen Abhandlungen schon Schwalbe (s. o. S. 230), leider
fergeblich, gerügt hatte, Mängel im einzelnen, die wirklich dringend
der Abstellung bedurften und z. T. noch heute bedürfen, zu ver-
allgemeinern und so die ganze Einrichtung auch bei unbefangenen
Benrteilern zu schädigen. Und wie bei der Kritik der Frage der
Ab£assung der Abhandlungen, so war auch hier wieder die Standes-
beweg ung ein treibendes Moment. Besonders alle die Mit-
teilungen in den Jahresberichten, die sich auf Personalien der
Bero&genossen bezogen, wurden lebhaft beanstandet. Das ist aus
den Verhältnissen grade der neunziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts, die von dem Schreiber dieser Zeilen seihst als
leidendem Hilfslehrer miterlebt worden sind und die auch ihm
keineswegs in jeder Hinsicht erfreulich waren, psychologisch durch-
aus begreiflich; es hätte aber nicht dazu fähren sollen, die Be-
') Die wiedernm in gaoz besoodereo VrrhÜIiDitseo begründet sind —
vgl. o. S. 165.
Z«stMlir. f. d. 07mnMtftIw«M0. LXL S. o. g. 17
'. 258 Programmweseo und Profframmbibliothek d. höh. Seholeo,
' (leutuog dieser Berichte, die einzeln manchem leicht belanglos
und des Druckes kaum wert erscheinen mögen, im Zusammenbang
mit der gegenwärtigen Organisation des Schulwesens (und znar
: nicht des preußischen allein) im ganzen zu verkennen und den
geschichtlichen Wert für die einzelne Anstalt wie für größere
Verbände so ganz aus den Augen zu verlieren. Denn das sind
die beiden Hauptpunkte, die den meisten Kritikern kaum zum
Bewußtsein gekommen sind, weil sie am einzelnen hafteten und nicht
dazu fortschreiten konnten, Qber den engen Kreis einer oder
weniger Anstalten und ihres Publikums hinaus sich zu allgemeineren
Gesichtspunkten zu erheben.
Ich muß es mir hier versagen, auf die Fülle der Einwände,
mit denen die Einrichtung der Jahresberichte im einzelnen be-
kämpft worden ist, genauer einzugeben, behalte mir vielmehr vor,
in Teil II 3 an geeigneter Stelle das Erforderliche darüber zu
sagen. Nur das sei gleich bemerkt, daß der schon erwähnte
zweite Artikel der Grenzhoten (Nr. 123), der sich dort unter der
den Lesern dieser Zeitschrift bekannten Rubrik „Mafsgeblickes und
Unmafsgebliches" befindet, das letztere Prädikat beinahe ausschließ-
lich verdient; es gilt von ihm mutatis mutandis ungefähr dasseJbe
wie von dem oben (S. 248 IT.) beurteilten ersten Artikel desselbea
Blattes ; was an ihm gut ist, ist nicht neu, und was neu ist, nicht
gut. H. Müller aber scheint mir in dem Abschnitt seiner Schrift
(Nr. 127), der von den Jahresberichten handelt (a. a. 0. S. 6 — 16),
zwar von den sich mehr in negierender Richtung bewegenden
Autoren unseres Zeitraumes schon wegen des Ernstes, mit dem
er die Sache bespricht, die meiste Beachtung zu verdienen, jedoch
hauptsächlich deswegen in die Irre zu gehen, weil er die Jahres-
berichte in der Hauptsache unter dem Gesichtspunkte ihres Wertes,
d. i. hier Unwertes für die einzelne Anstalt und ihr Publikum be-
trachtet, ohne zu beachten, was sie für andere Faktoren leisten
können, geleistet haben und leisten — was selbst in der sonst
meist treffenden Kritik von Pietzker (s. o. S. 246) nicht deutlich
• genug hervortritt. Der mündliche Verkehr mit dem Publikum,
■ den der Verfasser an Stelle der Jahresberichte vor allem wünscht,
und vollends der Weg schriftlicher Anfragen hat natürliche, in den
Verhältnissen zahlreicher Anstalten liegende Grenzen, die er nicht
voll gewürdigt hat, wieder hauptsächlich deshalb, weil ihm be>
stimmte Bedingungen vorschwebten, deren Verallgemeinerung nicht
richtig ist Denn beide Verfahren, das mündliche wie das schrift-
liche, sind zwar notwendig und nützUch und können die ge-
druckten Jahresberichte wohl unterstützen, aber niemals ersetzen.
Auch die „Uniformität*' der Schulorganisation, wegen deren er
die Jahresberichte entbehrlich findet, war weder (man darf wohl
sagen, glücklicherweise) vor den preußischen Lehrplänen von 1901
vorhanden noch ist sie es jetzt, selbst wenn man bei den schwarz-
weißen Grenzpfählen Halt machen wollte — was in Fragen der
TOD R. Ullrich. 259
Eniehung und des Uaterrichts wie der ganzen Schuleinrichtung
überhaupt im Ernste wohl niemand fflr richtig halten wird, der
auch hier das Gute nimmt, wo er es findet, und von den Nachbarn
2u lernen sucht ^). Wer aber gewohnt ist, bei der wissenschaft-
lichen Behandlung wichtiger Scliulfragen diesen Standpunkt ein-
lunehmen, der wird gerade bei der Einschätzung der Jahres-
berichte dem Verfasser schwerlich folgen. Man braucht ihrer nur
einige Dutzende aus verschiedenen preußischen Provinzen, aus
großen und kleinen Städten, aus Internaten und offenen Anstalten,
aus vollentwickelten Schulen verschiedener Gattung und den heute
so zahlreichen ,,i. E/' in die Hand zu nehmen und mit Aufmerk-
samkeit zu lesen, um zu sehen, wieviel hier und da anders ge-
handhabt wird und welche Fülle von Anregungen die verschiedenen
Schalen daraus schöpfen können, schon rein praktisch angesehen,
ganz zu schweigen von der wissenschaftlichen, speziell scbul-
gpschichtlichen Verwertung. Vollends nun, wenn man sich auch
in außerpreußisdie Berichte vertieft, bayerische, sächsische, wurttem-
bergische, österreichische! Und wer es wirklich ans den Berichten
selbst noch nicht wußte, dem ist es jetzt durch die obige Über-
sicht (8. 150 — 166) in Verbindung mit dem Gebrauch der TabelU
(hinter S. 160) wohl leichter gemacht, eine Vorstellung davon zu
erhalten. Man darf sagen, daß unsere alten Kollegen vor fünf
Jahrzehnten*), die in so viel engeren Verhältnissen innerer wie
äußerer Art lebten, soweit sie sich mit der Frage des Nutzens
der Jahresberichte beschäftigten, trotzdem sich oft einen höheren
Standpunkt der Beurteilung in der Würdigung ihrer all-
gemeinen Bedeutung gewahrt haben als viele der jüngsten Kritiker,
denen es doch äußerlich so viel leichter gemacht ist, sich über
die Enge der Anschauung zu erheben; man lese in diesem Zu-
sammenhange noch einmal nach, was z. B. schon Dietsch und
H. (Nr. 50 und 56) an trefflichen Bemerkungen zur Sache bei-
getragen haben (o. S. 190 f.). Und ihre und vieler Späterer (vgl.
z.B. oben S. 204 f., 218 ff.) ausgezeichnete Aufsätze standen in
▼ielgelesenen Zeitschriften, von denen gerade die Verächter
4ies Programmwesens nicht müde wurden zu sagen, hier kämen
gute Arbeiten zu allgemeinster Kenntnis. V\^ären sie es doch ge-
kommen! Auch diese letzte Periode der Literatur über das Pro-
grammwesen zeigt, wie dies leider schon von manchen Arbeiten
▼orher gesagt werden mußte, einen auffallenden Mangel an Kenntnis
des früher Geleisteten, am meisten gerade bei denen, die gegen
^) Vgl. io dieser Beztehaos das Vrognmuk der MonaUekriJt für höhere
SehtUen Bd. I (1902) S. 1 ff. Aach das Bach vou H. Morfch, Das höhere
Lehrami in jDeuUchland und Ötterrekh, Ein Beitrag; zur vergleichenden
Sehu^esehiekU und Sehulreformy Leipzis und Berlin 1905, B. G. Teuboer
(JV, 332 S., geb. 9 JC) kaoD in dieser Hiosicht viel Gutes stiften.
*} Vgl. ancb die hessische Verfiisung von 1853 (Nr. LXXIII); s. oben
die BenerliaaKea S. 151.
17^
260 Programmwesen aid Programmbibliothek d. h5h. SehaUo,
die Einrichtung sich glaubten erklären zu müssen. Ein solcher
Zustand kann aber am wenigsten da gute Früchte zeitigen, wa
es sich um die Erörterung allgemeiner, historisch gewordener Ein-
richtungen handelt.
Glücklicher waren in dieser letzten Periode diejenigen, die
sich auf Einzel beitrage zur besseren Gestaltung der Jahres-
berichte beschränkt haben. Zwar gilt auch hier der Satz, daß
die Kleinarbeit am besten immer dann getan wird, wenn sie mit
Rücksicht auf Entwicklung und Stand des Ganzen geschieht, und
viele dieser kleinen Beiträge, die ich im Auge habe, geben außer-
dem auch nur das wieder, was früher schon gesagt war. Aber
sie treten weniger anspruchsvoll auf und wirken darum
sympathischer; und was gut ist, muß dazu oft zehnmal ausge-
sprochen werden, ehe es ein geneigtes Ohr und einen tätigen
Willen findet.
y) Die Programmbibliothek.
Die in Abschnitt a und ß charakterisierten grundsätzlichen
Fragen haben in unserer letzten Periode der Entwicklung die
Gemüter so stark in Anspruch genommen, daß für die Be-
sprechung rein praktischer Dinge fast kein Raum blieb. Die
Arbeit an der zweckmäßigen Gestaltung der Programmbibliothek,
zu der die früheren Perioden (s. o. S. 192 f., 206 IT., 220 ff.) manchen
nützlichen Beitrag geliefert hatten, ruhte fast gänzlich, wenigstens
was die Einrichtung dieser Sammlungen in den Lchrerbibliotheken
der höhereu Schulen betrifft, worauf es ja hier in erster Linie
ankommt. Es läßt sich nur sagen, daß Wagner (ISr. 109)
— der übrigens von der Bedeutung des Programminstituts ganz
durchdrungen war und auch für die Nutzbarmachung der Pro-
grammbibliothek an sich durchaus volles Verständnis hatte — im
wesentlichen nur die früheren ^in derselben Zeitschrift gegebenen!)
Anschauungen und Vorschläge Fürs tema n ns (Nr. 86; s. o. S. 221)
wiederholt, wie er nach Vollendung seiner Arbeit selbst sah
(S. 383). Praktisch am nützlichsten scheint mir unter seinen
Ausführungen — was manchem Unbeteiligten auf den erstea
Blick überaus harmlos erscheinen dürfte — der Hinweis auf das
freilich schon lange existierende, aber den Schulbibliolheken kaum
bekannt gewordene einseitig bedruckte Teubnersche
Jahresverzeichnis {v^l. o, Bibliogr. Abt, d, Nr. 13 b) zu sein,
dessen reichlichere Benutzung manche Mißstände der Prograoim-
bibliotheken beseitigt und auch mancher Mißstimmung — be-
rechtigter wie unberechtigter — über die Einrichtung im ganzen
einen Teil der Schärfe genommen hätte; hierüber vgl. Teil IlL
V arg es (Nr. 143) endlich bringt nur Dinge vor, die schon oft
vor ihm die Fachkreise beschäftigt hatten, aber auch fast ebenso
oft als unzweckmäßig erkannt worden waren, wie z. B. die Jahr-
b uc hidee (s. o. S. 215 ff. u.ö.), ohne daß er seine Vorgänger auch nur
voa iL Ullrjch. 29t
nennt; andrerseits zeigt er in organisatorischen Dingen einen so
wenig praktischen Blick und (in bexug auf die Beurteilung einiger
an den Tausch verkehr anknüpfenden Fragen) eine — man kann
fast sagen, so harmlose Vorstellung von der s. E. leichten Be-
seitigung bestehender Schwierigkeiten, daß hier gegenüber dem
früher auf diesem Gebiete Geleisteten ein Portschritt nicht fest*
sastellen ist.
Hiermit ist das Ende eines langen, mühevollen, oft dornigen
^tges glucklich erreicht. Hoffentlich auch wenigstens ein Teil
seines Zweckes. Die Fehler, die in der Diskussion besonders
der letzten Periode hervorgetreten sind, vor allem der Mangel an
Zusammenhang mit dem früher auf dem Gebiete Geleisteten, d. h.
kier mit der Literatur des Gegenstandes, hat es nötig göihacht,
«irklich einmal in großen Zügen dieser Entwicklung selbst
nachzugehen (Abschnitt II 1 B) und die Elemente herauszuheben,
4k für die Sache weiterhin fruchtbar werden können. Sie lagen
Wer, wie wir sahen, keineswegs immer in der neusten Zeit. Um
der künftigen Behandlung eine zuverlässige Grundlage zu geben,
i»i darum auch der Versuch einer Programm-Bibliographie
(itechn. I 1 — 4) in bestimmter Abgrenzung zum ersten Male
«siernooimen worden. Die Sammlung und nach verschiedenen
Gesichtspunkten geordnete Besprechung der amtlichen Anord-
fifiDgea, die auf den Gang der Sache in den verschiedenen
Staaten nun einmal bestimmenden Einfluß ausgeübt haben und
auf die tatsächlichen Verhältnisse noch ausüben, sollte eine um-
fa:iseDde Vorstellung davon geben, auf wie verschiedenen Wegen
die Hauptzwecke einer nun schon mehrere Generationen hin-
durch bestehenden Schuleinrichtung angestrebt und bis zu einer
gewissen Vollkommenheit auch erreicht worden sind (Abschn.
II 1 A).
Eine Arbeit, die es mit Erfolg unternehmen will, diese Ein-
richtung im ganzen zu behandeln, muB -< sie mag kurz oder
lan^ sein — auf dem soliden Grunde der Kenntnis der genannten
Faktoren ruhen, wenn sie nicht, wie in der eben gegebenen
Übersicht des bisher Geleisteten oft hervorgetreten ist« in die
Irre gehen und die Einsicht in das ViTesen der Sache ebenso wie
die Orgauisation in der Praxis hemmen will, anstatt sie zu
fordern. Wenn ich nun daran gehe, der Skizze der geschicht-
lichen Entwicklung die systematische Darstellung folgen
zu lasisen, so bekenne ich mich zwar dankbar als Jünger der-
jeiiigeo, die früher für die Programmeinrichtung — die Ab-
handlungen wie die Jahresberichte — eingetreten sind, und stehe
mit dem, was ich zu sagen habe, durchaus auf den Schultern
dieier Vorgänger, ohne deshalb alles, was sie zugunsten der Sache
gesagt haben, fö^ die vielfach so ganz veränderten Ver-
262 Pragrammwesen nod Programmbibliothek d. hSh. Sehnlen,
hältnisse der Gegenwart noch als passend anzunehmen. Aber
auch die Einwände der Gegner, im ganzen wie im einzelnen —
aber beides immer möglichst in Beziehung zueinander — werden
im systematischen Zusammenhange zu prüfen sein, soweit dies
nicht oben schon ausreichend geschehen ist. So verkehrt manche
dieser Einwände auch waren, sie haben hier wie auf anderen Ge-
bieten doch das Gute, daB die Verteidiger einer angegriffenen
Position genötigt werden, sich vor ruhiger Sicherheit zu hüten
und vielmehr darauf bedacht zu sein, sie mit neuen Mittein zu be-
festigen, die den Bedurfnissen der Zeit entsprechen. Erst dann
können sie ihres Standpunktes mit gutem Gewissen recht froh
werden.
2. Die Zweckmäßigkeit der Beilagen zu den
Jahresberichten.
Haben heute die Beilagen zu den Jahresberichten noch einen
Zweck? Für ihre Verfasser, für das Publikum, das gelehrte und
ungelehrte? Ist mit dem, was sie enthalten, der innere Zu-
sammenhang mit den Jahresberichten nicht völlig gelöst? Be-
darf der höhere Lehrerstand von heute noch eines (gratis zu
liefernden) Ausweises seiner wissenschaftlichen Befähigung?
Können diese Abhandlungen den Kreisen, für die sie bestimmt
sein sollen — welche es auch immer seien — , noch etwas
bieten, was sich diese nicht auf andere Weise ebenso gut oder
besser verschaffen können? Stand und steht ihr Wert nicht in
umgekehrtem Verhältnis zu der Höhe der aufgewendeten Kosten»
die vielleicht für andere Zwecke nutzbarer zu machen wären«
z. B. für die Schulbibliotheken? Werden sie ausreichend bekannt?
Bleiben sie nicht vielmehr meist* in den Bibliotheken „vergraben*'»
denen sie eine unerträgliche Last sind? Berücksichtigt sie die
Wissenschaft? Können die in ihnen niedergelegten Resultate der
Arbeit nicht in Zeitschriften besser verwertet werden? Soll man
sie also abschaffen oder — im Falle der Beibehaltung — riel-
leicht eine andere Organisation an ihre Stelle setzen, ein „Jahr-
buch'*, „gesammelte SchulscbritXen'* oder etwasÄhnliches? Steht der
Tauschverkehr noch auf der Höhe?
Eine Fülle von Fragen, die in den Verfügungen der Be-
hörden wie in der Diskussion der Fachkreise im Laufe der Jahr-
zehnte, wie wir sahen, bald hier, bald dort, einzeln oder im Zu-
sammenhang, mit und ohne Begründung gestellt und zu beant-
worten versucht worden sind und oft ein wahres Chaos sich
widersprechender Meinungen, Wünsche und organisatorischer Vor-
schläge hervorgerufen haben.
Um für die richtige Beurteilung der Verhältnisse der Gegen-
wart eine gewisse Grundlage zu finden, auf der auch eine künftige
Organisation mit Erfolg bestehen kann, wird es sich empfehlen»
voD R. Ullrich. 268
YOD den wichtigen preuBischen BestiinmuDgen von 1824
und 1826 aaszogehen, die den Zweck der AbbaodluDgon für
ihre Verfasser, die Scbuien und ihre Lehrer wie das Publikum
in wissenschaftlicher und praktisch- sozialer Hinsicht (s. o. S. 132)
delinieren, weiterhin zu untersuchen, ob die ursprünglich ge-
dachten Zwecke — auch in bezug auf das Verhältnis der Jahres-
berichte zu den Beilagen — sich erfüllt haben, ob die Abhand-
lungen heute noch einen Zweck haben und wie in diesem
Falle insbesondere ihr Inhalt in Zukunft ihrer Bestimmung
entsprechend für Eltern, Schüler und Lehrer (bezw. Gelehrte)
am zweckmäßigsten zu gestalten ist (A). Es wäre sodann zu er-
wägen, ob dieser Zweck vielleicht durch Zeitschriften oder
ein „Jahrbuch'* besser erreicht werden kann (B), was auf die
Frage des Wertes der Abhandlungen näher einzugeben nötigen
«ird (C). Im Zusammenhang damit müssen die Gründe untersucht
werden, die das Abnehmen der Zahl der Abhandlungen ver-
ursacht haben (D), und dem Kostenpunkte werden einige Worte zu
widmen sein (E). Sodann ist auf die in der Diskussion so häufig
eTörterte, von allen Behörden immer mit besonderem Ernste be-
bandelte Frage einzugeben, wie es in Zukunft nut der bisher
verschieden geregelten Verpflichtung der Lehrer zum
Schreiben von Abhandlungen zu halten sein möchte (F), was
viederum auf eine Erörterung etwaiger Honorierung der Ver-
fasser und des Autorrechts führen muß(G). Schließlich wird aut
die Art der Nu tzbar machung der Abhandlungen auf biblio-
graphischem Wege wie durch den Tauschverkehr ein-
gegangen werden (H).
Was dabei die Ausnutzung des Quellenmaterials be-
trifft, welches in^dev Bibliographie (o. S. 88 — 128) vorliegt, so werde
ich mich aus dem oben (S. 246) bezeichneten Grunde in der
Hauptsache auf die Literatur seit 1891 beschränken, die ältere
aber auch in diesem systematischen Teile so weit heranziehen,
als sie für die Gegenv^art und die künftige Regelung der Ver-
hältnisse Beachtung verdient, wenn sie auch in der historischen
Skizze (S. 129—181 und 182--262) schon charakterisiert ist. Daß
die Erörterung nicht auf preußische Verhältnisse beschränkt bleiben
darf, ist selbstverständlich, bedarf aber noch der Hervorhebung,
weil gerade die Autoren der letzten beiden Jahrzehnte nicht seilen
dadurch zu einseitiger Beurteilung und vielfach zu verfehlten
Schlüssen gekommen sind, daß sie wertvolle Gesichtspunkte außer
acht gelassen haben, die durch Entwicklung und Stand der Sache
in anderen deutschen Staaten und insbesondere in Österreich
nahegelegt werden.
A. Zweck und Inhalt der Abhandlungen.
Abbandlungen und Jahresberichte haben (s.o.S. 132IT.)
264 Pj^ <>!»'' *"i>i^^^* ^i' ^''^ Programnbibliotfaek d. höh. Sehnlea,
io Preußen und den meisten anderen deuUchen Staaten^) zu*
nächst bei den Gymnasien, später auch bei anderen Schulen seit
Beginn der Neuregelung des Programmwesens bis in die siebziger
Jabre des vorigen Jahrhunderts fast regelmäßig eine äußere Ein-
heit gebildet und bilden sie in Österreich in den meisten Fällen
noch heute. Dieser äußeren Einheit, die s[>äter aus finanziellen
und praktischen Gründen (s. o. S. 180) meist aufgegeben worden
ist, sollte aber wenigstens nach der Absiebt des preußisclien
Reorganisators von 1824 und 1826, in dem man wohl Johannes
Schulze selbst zu suchen haben wird, auch die innere ent-
sprechen. Denn wenn es 1824 einerseits von den Schulnach-
richten hieß (vgl. 0. S. 155), sie sollten „dem Publikum die
Übersicht des ganzen Lehrsystems jährlich' geben^', und
andrerseits das Thema der Abhandlung, dessen Wahl im
übrigen freigestellt war, „einen wissenschaftlichen, dem
Berufe eines Schulmannes nicht fremden Gegenstand*'
betreffen, aber doch geeignet sein sollte, „ein allgemeines
Interesse, mindestens der gebildeten Stände, am öffent-
lichen Unterrichte zu erwecken'' (vgl. o. S. 138), so war die
enge Beziehung zwischen beiden Teilen des Programms ja doch
deutlich, wenigstens für Lehrer und Publikum der ersten Jahr*
zehnte nach den Freiheitskriegen. Und sie konnte auch durch
die weitere Bestimmung von 1824 {Abs. III), die Abhand-
lung sei „abwechselnd in lateinischer und deutscher
Sprache*' abzufassen, ebensowenig gestört werden wie 1826
durch den Hinweis auf die „Fortsetzung der Studien'* der
Lehrer und die „Aufmunterung zum Lateinischschreiben*',
zumal gleichzeitig wieder der „iehendige Verkehr zwischen
der Schule und dem Publikum und den Schulen unter-
einander** betont wurde'). Der heutige Leser würde bei Ab-
handlungen, die ein allgemeines Interesse^ wenigstens der ge-
bildeten Stände, am öffentlichen Unterrichte erwecken sollen,
wohl zunächst an solche über allgemeine Fragen der Erziehung
und des Unterrichts, auch etwa an Themen aus dem Gebiete der
deutschen, überhaupt der neueren Literatur, allenfalls noch der
neuen Geschichte u. ä. denken. Das war aber in dem Menschen-
alter, das jenen ersten Verfügungen folgte, wesentlich anders.
Es war die Zeit, wo der Direktor und einige Lehrer der oberen
lUassen in der Regel wirkliche Gelehrte waren und auch der
Unterricht auf dieser Stufe, hauptsächlich der in den alten
^) Über eiue Aasnahme vgl. o. S. 180 uod 201.
>) Es ist daher nicht richtig, weno Pietzker a. a. 0. (INr. 135) S. 407
eioeo Widerspruch zwischen den beiden Verrügungen voo 1824 uod 1826
darin aufdecken zu können meint, daß die erste mehr den populären, die
zweite aber den wissenschaftlichen Charakter der Abhandlangen be-
taut hütte.
y«B R. Ullrich. 265
Sprachen, gelehrten Charakter halte, die Zeit, wo nicht bloß der
pbiiologisclie Lehrer, für den es von Amts wegen selbstverständlich
war, sondern auch der Theologe, der Jurist, der Arzt nach ge-
taner Berufsarbeit noch den Homer und Horaz gern zur Hand
nahm. Da mochten auch Abhandlangen, selbst lateinisch ge-
schriebene, aber antike Schriftsteller oder Verhältnisse des
klassischen Altertums, die aus der gelehrten Arbeit der. Schule
hervorgegangen waren, wohl imstande sein, das „Interesse der
gebildeten Stände am öffentlichen Unterricbr* zu erwecken, dem
diese selbst die Grundlagen ihrer Bildung verdankten. In der
Tat haben denn auch die preußischen Programme der älteren
Zeit bis in die fünfziger Jahre hinein Themata aus dem weiten
Gebiete der klassischen Altertumswissenschaft gegenüber denen
wi anderen Disziplinen bevorzugt, freilich nicht ganz in dem
laße, wie man bisher gewöhnlich angenommen hat.
Dm die weitere Entwicklung der Dinge bis zur Gegenwart
richtig zu verstehen und eine künftige Gestaltung in organische
^erbioduDg mit der Vergangenheit zu setzen« wird es nutzlich
sda, in großen Zögen dazulegen, in welchem Verhältnis
eivadie einzelnen Wissensgebiete in den Programm-
>t>faaDdlungen vertreten waren. Für die ersten Jahrzehnte
^hrt ein Blick in die — für damalige Ansprüche — besten
^«gramm- Verzeichnisse von Winiewski (Nr. 3), Hahn [i. u.
(1 (Nr. 7u. 8) und Gutenäcker [I.] (Nr. 19) darüber lehr-
fetchen Aufschluß, der um so beachtenswerter ist, als die zeitlich
aB«ioander anknöpfenden drei preußischen Verzeichnisse zu*
Nomen wie das bayerische für sich allein ungefähr den gleichen
Zetlraum von 36 bezw. 37 Jahren umfassen (1825—1860; 1824
—1860), so daß ein unmittelbarer Vergleich zwischen dem Inhalt
^ Abhandlungen von zwei deutschen Staaten während derselben
Periode oaöglich ist. Danach kommen nun von den 99 Seiten
hä Winiewski und den 50+62 Seiten bei Hahn (I. u. iL), im
pQzen 21t Seiten, in Preußen a) auf klassische Philologie
(einschl. Altertümer, alle Geschichte« Mythologie, Epigraphik,
Grammatik u. s. f.) ungefähr 40+20-f-23=83 Seiten, also nicht
iDfbr als etwa Vs des Ganzen, dagegen b) auf Pädagogik und
Methodik (allgemeine und für einzelne Fächer) doch schon
31+13+13=57 Seiten, also über V«, unter denen 7+4+3==
14 Seiten für Scbulgeschichte immerhin bemerkenswert sind;
c) Mathematik und Naturwissenschaften füllen dagegen nur
12 + 7 + 9 = 28 Seiten, d. i. wenig mehr als \U, der Kesl von
ca. 43 Seiten (V«) verteilt sich auf die übrigen Fächer. In
Bayern entfallen dagegen von den 23 Seiten des knappen
>T>teoiatiscljeo Teils bei Gutenäcker [I.] (C, S. 141 — 163) auf
die eatsprecfaeoden Abschnitte (a— c) 7+4 + 3 Seilen, auf
Theologisches kommt hier verhältnismäßig mehr, zwei Seiten, während
auclt die übrigen Fächer im Verhältnis stärker vertreten sind als
266 ProgranuBweaoD ODd Progrannibibliothek d. hSh. Schales,
in Preußen. Natürlich Bind das alles nur Näherungswerte; aber
sie lassen das Wesentliche doch im ganzen richtig erkennen.
Was nun insbesondere die Arbeiten aus dem Gebiete der
klassischen Philologie betrifft, so kann man für Bayern und für
den Zeitraum von 1824 — 1860 nur die Tatsache feststellen, daß
sie nur etwa 7$ des Ganzen einnehmen, ohne weitere, z. B. eine
Beziehung zu irgend welchem Publikum betreffende Bemerkungen
daran zu knöpfen; denn eingehendere Bestimmungen amtlicher
Art, die diesen Punkt beträfen, liegen wenigstens gedruckt für
diesen Staat aus älterer Zeit nicht vor (doch vgl. o. S. 140), sa
daß man vorläufig nicht weiß, ob die bayerische Verwaltung s. Z.
über die Aufgabe der Abhandlungen ähnlich geurteilt hat wie die
preußische oder anders, und inwieweit das obige Ergebnis ein ge-
wolltes oder natürliches ist Wenn andrerseits in Preußen die
klassische Philologie in einem Zeitraum von 36 Jahren nur mit
^5 an der Gesamtproduktion beteiligt war, so lag unter Beachtung
der Adresse, an welche die Verfügungen von 1824 und 1826
(s. 0.) die Abbandlungen gerichtet wiesen wollten, wenigstens für
diese ganze Zeit kaum ein Grund vor, etwa von einer Störung
des Zusammenhanges zwischen dem Jahresbericht, der dem
Publikum hechenschaft über das llnterrichtssystem gab, und der
Abhandlung zu reden, die in Anknüpfung an den gelehrten
Unterricht wenigstens die gebildeten Stände für diesen zu
interessieren versuchte. Bemerkenswert ist auch, daß sich die
beiden Perioden von 1842—1850 und 1851—1860 (Hahn I u. II)
in bezug auf das Verhältnis der Produktion in den einzelnen
Wissensgebieten zueinander von dem entsprechenden des Zeit-
raumes von 1825 — 1840 nicht sehr erbeblich unterscheiden, be-
sonders was die klassische Philologie betrifft; für 1842—1850 ist
das Verhältnis sogar genau das gleiche wie für 1825 — 1841,
nämlich V5« wogegen diese Wissenschaft in dem späteren Zeit-
raum sogar auf fast Vs zurückgeht. Dabei ist noch zu beachten,
daß sich die ganze Berechnung nur auf Gymnasien und Pro-
gymnasien, also vorzugsweise die klassischen Sprachen pflegende
Schulen bezieht. Die Realschulen bleiben ganz außer Betracht.
Für Österreich läßt sich vorderhand nicht einmal für einen
Teil des gleichen Zeitraumes (als Anfang käme ja hier überhaupt
erst 1850 in Betracht) ermitteln, in welchem Verhältnis die Be-
stimmung des Organtsationsentwurfs (s. 0. S. 141), der Jahres-
bericht solle eine „wissenschaftliche oder pädagogische Abhand-
lung" enthalten, in der Praxis durchgeführt worden ist Denn
das mit 1850 beginnende Verzeichnis von Gutscher (Nr. 26
und 27) reicht gleich bis 1867, umfaßt auch Ungarn, ist
aber nicht vollständig, das von 1850—1873 reichende Hüb Ische
(Nr. 28 — 29) aber wiederum hat mit der — außerdem ver-
schieden gehandhabten — teilweisen Einbeziehung Preußens und
Bayerns fremde Elemente aufgenommen, die den Sonderüberblick
TOB R. Ullrieh. 267
z. Z. fast unmöglich machen. Dies bliebe abo eine später zu
lösende Aufgabe, falls die österreichische Regierung sich ent<*
schlösse, für Österreich aliein das Bittn ersehe Verzeichnis (s. u.)
Yollsiändig und bibliographisch genau etwa in der Weise nach
rückwärts zu ergänzen, wie dies für die älteren reichsdeutschen
Programme s. Z. von C. Fr. Müller wenigstens vorgeschlagen
«ordeo ist (s. o. S. 236 ff.).
Wie ist das Verhältnis nun nach 1860 in Deutschland
und speziell in Preufien gewesen, und wie hat sich in Öster-
reich seit 1874 — mit diesem Jahre beginnt erst die zuver-
lässige Arbeit Bitiners (Nr. 30--32; s. o. S. 255) — die Sache
gestaltet? Konnten in Preußen z. B. die Abhandlungen weiter
auf das Verständnis wenigstens der gebildeten Stände rechnen, für
die sie voD Anfang an bestimmt waren? Leider versiegen hier
für einen Zeitraum von anderthalb Jahrzehnten zuverlässige
Quellen fast gänzlich. Das Vettersche Verzeichnis (Nr. 9 u. 10)
ist ganz unzureichend^), die von Calvary (Nr. 11) und
lasbacke (13a) sind unvollständig, und das bessere von
Terbeck (Nr. 12) umfaßt einen zu kurzen Zeitraum, als daß
Bua daraus allgemeine Schlösse ziehen könnte. Ergänzend treten
akr die oben (S. 138 f.) erwähnten, bis in die neueste Zeit
mchenden Verfugungen ein. aus denen hervorgeht, daß die Ab-
badlungeD dem „allgemeinen Interesse'' und „weiteren Kreisen'^
— so heißt es jetzt schlechthin statt des früheren ,,mindesten8
itr gebildeten Stände" — zu wenig boten und sich zu sehr auf die
Faebwissenschaften beschränkten. Und hier kam nun nicht mehr
bloß die klassische Philologie in Betracht, für deren Produktion
es bei der bekannten Entwicklung der Dinge, insbesondere dem
tiokenden Ansehen des klassischen Unterrichts und dem Vor-
dringen der exakten Wissenschaften, kein so dankbares Publikum
mehr gab als einige Jahrzehnte zuvor; die neu erstarkenden
Wissenschaften selbst forderten ihr Recht auch an den Pro-
grammen, und das „Publikum** (ein schwer zu delinierender Be-
griff!) konnte nicht mehr folgen. Einsichtige Männer erkannten
in den sechziger Jahren (s. o. S. 198) das Mißverhältnis, in welches
die allzu gelehrte Programmarbeit der Lehrer und das Bedürfnis
des Publikums zueinander getreten waren, und suchten, wie
wir sahen, mannigfache Wege der Abhilfe, ohne daß ein
praktisches Ergebnis erzielt wurde. Die Verhandlungen der
Berliner Stadtverordneten- Versammlung in der zweiten
Hälfte der siebziger Jahre (Nr. 80; vgl. o. S. 224 fT.) zeigen deut-
lich die Mißstimmung dHruber, daß die Abhandlungen zum großen
Teile dem Publikum nicht verständlich waren. Tatsächlich be-
') Näberea darüber ». o. S. tll Aom. 2 uod Varnhagen {^r, 81a)
S. 147 f.
268 Programmwtaea oui Progranmbibliothek d. hob. Sehalea,
finden sich unter den reichlich 500 Nummern des Teubnerschen
Verzeichnisses von 1876 (13b)^) ungefähr Vs Abhandlungen zur
klassischen Philologie, beinahe Vs aus der modernen Philologie,
fast ebensoviel aus dem Gebiete der Mathematik und Natur-
wissenschaften, und nur etwas mehr als Vs aus dem der
Pädagogik und Methodik. Und vi-enn auch z. B. unter den Ab-
handlungen zur deutschen Literatur manche waren, die ein allge-
meines Interesse wohl erwecken konnten (vgl. S. 18 f. des ge-
nannten Verzeichnisses), die Tatsache blieb bestehen, daß die
Hauptmasse der Schriften sich mit Stoffen beschäftigte, die dem
größeren Publikum fremd waren. Zehn Jahre später (t886)
zeigt sich ungefähr das gleiche Verhältnis (vgl. das Verz. 13b);
die Zahl der Abhandlungen ist beinahe um Vs gestiegen, aber
auch die klassische Philologie wie Mathematik und Naturwissen-
schaften sind daran entsprechend beteiligt. Dagegen sehen wir
wiederum zehn Jahre danach, 18 96, einen Umschwung, der sich
im Zufiammenhange mit den Wirkungen der Dezemberkonferenz
von 1890 und den Lehrplänen von 1892 (6. Jan.) schon langsam
vorbereitet hatte. An den der Zahl nach überhaupt ein wenig
(etwa um Vn) gesunkenen Abhandlungen (vgl. auch S. 252) finden
wir die klassische Philologie nur noch mit etwa Vs beteiligt,
auch Mathematik und Naturwissenschaften sind um Vs ihres Be-
standes von 1886 zurückgegangen, dagegen ist die Abteilung
Pädagogik, Methodik, Schulgeschichte u. ä. erheblich gestiegen und
erreicht etwa Vs der Gesamtproduktion. Bemerkenswert ist, daß
die Abteilungen „Bibliothekskataloge''') und „Vermischtes'* lang-
') Es enthält bekaootlich, wie die der folgeodeo Jahre bis heote, auch
eiae kleioe Auswahl (vgl. S. 169 Anm. 3) österreichischer Programme.
Es ließ sich trotzdem für die obige Darstellaog der reichsdeatschen
Verhältoiirse ohoe Bedenken verwerten, weil die Zahl der österreichischen
Programme im Verhältnis zur Gesamtproduktion gering ist (in den siebziger,
achtziger und neunziger Jahren noch etwas geringer als die oben S. 169
Aiim. 3 für heute angeführte Zahl) und sich, wie ich mehrfach festgestellt
habe, auf die einzelnen Fächer so verteilt, daß — von dor Abteilung
^,KataIoge'' abgesehen, s. o. — das Verhältnis der Beteiligung der einzelnen
Wissenschaften in reichsdeutscben Programmen durch sie nicht wesentlich
beeinflußt wird. Das (von A. H ortz'schans ky) bearbeitete Jahres-
verzeichnis der Kg-l. Bibliothek zu Berlin (Nr. 15), das sich bei seiner Be-
schränkung auf reicbsdeutsche Programme auf den ersten Blick
für eine derartige Ermittlung mehr zu empfehlen schiene, war darum nicht
verwendbar, weil es eine systematische Obersicht nicht bietet und
außerdem (was in anderer Beziehung wieder nützlich Ist) nicht bloß die
eigentlichen Abhandlungen anflubrt, sondern auch Teile der Jahresberichte be-
rücksichtigt. So kommt es, doß es trotz der Beschränkung auf deutsche
Arbeiten jährlich eine erhebliche größere Zahl von Nummern aufweist als
das Teubnersche Verzeichnis.
*) Diese steigen unmittelbar nach 1896 noch weiter, sogar sehr erheb-
lich, besonders unter dem Einfloß der österreichischen Bestimmvogeo
vom 30. Dezbr. 1896 (Nr. IC; vgl. o. S. 142). Doch selbst anter Abxag
voft R. Ullriek. 269
sam, aber stetig; gestiegen sind. Das letzte Jahr« filr welches
nach größerem Zwischenraum eine sichere Vergieichung mdglich
ist, ist 1905^). Die Zahl ist im ganzen, wie schon oben be-
merkt ist (S. 180 u. 213), erheblich gesunken, trotz der größeren
Zahl der Schulen um etwa Vio des Bestandes von 1896, und die
Verminderung ist bei Abzug der im Teubnerschen Verzeichnis
mitanfgeföhrten Auswahl österreichischer Anstalten (für sie vgl.
0. S. 169 Anm. 3 und S. 268 Anm. 1) noch bedeutender. Aber
das Verhältnis der Beteiligung der Wissenschaften ist in der
Richtung fortgegangen, die schon 1896 im Verhältnis zu 1886 in
die Erscheinung getreten war: Mathematik und Naturwissen-
schaften zeigen zwar etwa dasselbe Verhältnis, aber die klassische
Philologie ist fast auf V« zurückgegangen, dagegen hat die Ab-
teilung ,, Schulwesen^* das Drittel von 1896 ziemlich erheblich
überschritten, auch die Abteilungen „Kataloge*' und «^Vermischtes**
«nd gestiegen, im Verhältnis zu der Terminderten Gesamtzahl der
Magen sogar um ein Bedeutendes. Für die Jahre 1906 und
1^07 liegen endgültige Obersichten noch nicht vor. Doch konnte
ifb aus den vorläufigen Teubnerschen Verzeichnissen für
1906^ und 1907 (vgl. o. S. 170, Nr. 2), von denen die end-
fültigeo erfahrungsmäßig nicht so weit abzuweichen pflegen, daß
<itf Resultat dieser Erörterung dadurch wesentlich beeinflußt
Verden könnte, so viel feststellen, daß die Verhältnisse in der
bexeichneten Richtung weiter fortgeschritten sind. Von den rund
400 Abhandlungen jedes der beiden Jahre (in Deutschland allein!)
kommen auf rein fachwissenschafUiche Gegenstände 19 0 6 in
Preußen etwa 100, auf Schulwesen und allgemein Interessieren-
des aber 180; nur in den übrigen Staaten ist das entsprechende
Verhältnis etwas anders» nämlich etwa 50 : 70, hauptsächlich
oDter dem Einfluß der bayerischen Programme, von denen
(ihnlicb wie 1905) bei einer Gesamtzahl von 41 nur 10 allge-
meiner interessierende, dagegen 31 rein wissenschaftliche Gegen-
stäode behandeln. Und die für 1 9 07 angezeigten Programme
<die mir naturlich jetzt, Ostern 1907, noch nicht zugänglich
itr ia Österreicii erscbieoeoeo KaUloge, die dem Teaboersciiea Verzeicboiase
eiagereibi siod (vsl. S. 169 Anni. 3), bleibt aueb iD DettUcbiaad die SteiseruDfp
»telig.
^) leb Boß hier darauf hinweiseo, daß das Teobnersche Verzeicboia
iber die Abhaadliiiiseo voo 1905 (Nr. 13b; vgl. o. 8. 112 Aon. 1) im Gegeo-
aatz za dem eaUprecbeDdea Berliner (Nr. 15) leider ganz anvolUtäDdig
iit Ka enthält zwar die österreicliischen Programme in der mehr-
fach genanntcB Aoawahl und aoeh die bayeriaehen vollständig, führt
dagegen voa den nbrigen reichidentteben statt der raod 350, die tatsachlich
erschienen sind, knapp 200 an! Bs ist dringend za wünschen, daß die in
tiesem Jahre zu erwartende Obersicht über die Programme von 19U6 wieder so
vollständig wird, daß sie einen zuverlässigen Oberblick über das Geleistete
ermöglicht Vf elleieht gibt nach der Herr Verleger einen Nachtrag fdr 19051
') Unter Berüeksichtigong der Nachträge, vgl. S. 171, y^
270 ProgranmweseD aad Pregrammbibliothek d. höh, Scholon,
waren, vgl. o. S. 171, y) lassen doch erkennen, daß die
Tendenz ungefähr die gleiche geblieben ist. Von ca. 360 Ab-
handlungen (ohne die noch nicht angezeigten Bayerns) kommen
in Preußen auf fachwissenschaftliche Dinge gegen 90, auf solche
aligemeineren Interesses aber etwa 180, die andern Staaten
(ohne Bayern) zeigen dagegen umgekehrt ein Verhältnis von
60:40, das sich voraussichtlich nach Hinzukommen der
bayerischen Programme dem von 1906 noch weiter annähern
wird.
Was lehrt diese Entwicklung? Sie beweist, scheint mir,
mit ziemlich zwingender Konsequenz, daß die Bahn der rein
gelehrten Abhandlungen immer mehr verlassen worden ist, daß
im Zusammenhang mit dem Erstarken der schulgeschichtlichen
Forschung, wichtigen Fragen der Schulorganisation und der
Didaktik, Anfangen einer zeitgemäßeren Entwicklung des Schul-
bibliothekswesens und anderen ein allgemeineres Interesse er-
weckenden Bewegungen die Programmliteratur — ^ von
Bayern und einigen kleineren Staaten abgesehen — die Tendenz
zeigt, sich neue Wege zu suchen, die sie dem ihr ent-
fremdeten „Publikum'' wieder näher bringen können,
das heute andere Kost verlangt als vor einem oder gar z^ei
Menschenaltern. Es wäre verwegen, diese Entwicklung gewaltsam
in alte Bahnen zurück zwingen zu wollen.
Und in Österreich? Hier hatte die Verfügung vom Jahre
1875, ganz im Gegensatz zu den alten preußischen Bestimmungen
der zwanziger Jahre und den wiederholten Hinweisen auf „allge-
meines Interesse*' in der späteren Zeit (s. o. S. 139), die
„Förderung wissenschaftlicher Tätigkeit*' der Lehrerin
den Vordergrund gestellt und popularisierende Arbeiten,
die für „weitere Kreise" bestimmt sind, ausdrucklich aus-
geschlossen. Hat die Praxis, die doch erst Verfügungen
in wirkliches Leben verwandelt, dem entsprochen? In den ersten
beiden Bittn ersehen Verzeichnissen ^ (Nr. 30 u. 31; 1874—1890)
kommt der Hauptanteil auf Mathematik und Naturwissenschaften
mit etwa 74« es folgt die klassische Philologie mit etwas weniger
als V«, Pädagogik, Schulgeschichte, Hygiene usw. schließen sich
mit Ve an. Deutsch und andere neuere Sprachen einerseits und
Geschichte andererseits haben je etwa Vio, zusammen Vst die
übrigen Fächer teilen sich in den Rest. In dem letzten Ver-
zeichnis (Nr. 32; 1891— 1905) stehen Mathematik und Natur-
wissenschaften, Schulwesen einschließlich der Schulgeschicbte*),
*) Sie ersehweren die Obersicht dadarcfa, daß sie die spezielle
Methodik uod die Schul beschichte voo der ollgemeioeD Pädago^k
trennen and unter den einzelnen Wissenschaften unterbringen.
*) Diese wird auch hier noch unter der Rubrik Geschichte unter-
gebraeht Dagesen ist die spezielle Methodik jetzt zwar anter den Abschnitt
▼ OB R. Ullrich. 271
sowie Gesdiichte mit je V& Anteil ungefähr gleich, auf die
klassische Philologie kommt dagegen nur knapp V?« auf Deutsch
und andere neuere Sprachen gerade Vio« die öhrigen Fächer
haben geringere Anteile. Gegenüber der Entwicklung im Deutschen
Reiche zeigen sich bemerkenswerte Unterschiede: Vor allem treten
Mathematik und Naturwissenschaften gans bedeutend mehr in den
Vordergrund, die Geschichte, besonders die Landesgeschichte, macht
in den letzten IVs Jahrzehnten gegen die erste Periode be-
deutende Fortschritte, Schulwesen, vor allem Schulgeschichte,
komodt mehr zur Geltung, wenn auch noch nicht in dem uber-
wi^enden Maße wie in Deutschland. Charakteristisch ist die Ent-
wicklung der Bibliotbekskataloge; sie füllen in Bittners zweitem
Yerzeichnis genau seclis Seiten. Die österreichischen Mittel-
schulen sind, was die Zahl anlangt, in dieser Beziehung besser
TCTBorgt als die irgend eines anderen Staates; nur noch wenige
der dsterreichischen Schulen sind überhaupt ohne gedruckten Lehrer-
bibliothekskatalog, und die reiclisdeutschen Anstalten sind gegen sie
Mfar im Rückstände. Freilich entspricht der imponierenden
Mnge Dicht überall die Zuverlässigkeit des Inhalts M- Besonders
aiflallig ist dagegen der geringe Anteil der klassischen Philologie, die
aüerdings auch schon in der früheren Periode nicht so stark
fertreten gewesen war wie in den Programmen des Deutschen
Reiches. Versucht man nun hiernach einen Eindruck von dem
Charakter der österreichischen Programme zu gewinnen, be-
sonders im Vergleich zu den immer mehr (s. o.) auf das Interesse
„weiterer Kreise'* hinarbeitenden der reichsdeutscben Schulen, so
möchte es zunächst scheinen, als wären in Österreich Programme
rein wissenschaftlicher Richtung (der Verfügung von 1875 ent-
sprechend) weitaus in der Mehrheit. Aber schon die Verfügung
von 1880 (Nr LXXXXVIII; vgl. auch oben S. 141), wenn sie
aach {Abs. 2) auf den 1875 betonten wissenschaftlichen
Charakter der Abhandlungen zurückverwies, fügte (i6s. 3) in
bezug auf die Wahl des Stoffes hinzu: „ . • . mag dieser nun
aus dem weitesten Bereiche der Wissenschaft geholt
sein, oder das betreuen, was lokale Verhältnisse in Topo-
graphie, Geschichte, Sprache, Ethnographie, Industrie,
in klimatischen und anderen Naturerscheinungen bieten'S
und hob weiter neben dem 1875 schon betonten Ge-
sichtspunkt der Verbreitung in Berufskreisen doch auch {Abt. €)
-1
Pädagogik ete. eiBsereifat, aber oicht Mch Fächern s^treaot, wat Doch nn-
zwedcniäAi^er ist ala die io Aofli. 1 erwähote AeordonaSy aoa der naa
weai^fteos sofort erseheo kaso, was für eia hefttmntei Uaterrichurach ge-
ieifCet ist.
') V|r). daröber die oben (S. 108 Ann. 1) xitterten Kritiken von
5. Fr^nkfafttT vad m e i n e BemerkoaseB ia Reiaa Envykl, Hdh, d. Päd. '
V (1906) S. 441.
272 Proi^ranmweseo and Programmbibliothek d. hob, Schnlen^
ihre Verbreitung in Schulerkreisen hervor. Gerade die Hervor-
hebung des Lokalen aber fuhrt in Verbindung mit der Röck-
sicht auf Schüler auch hier darauf, das Interesse „weiterer
Kreise'\ wenn diese auch nicht ausdrucklich genannt sind,
wenigstens zu gewinnen. Vi^er z. B. das sehr geschickt entworfene
anschauliche Bild auf sich wirken läßt, das der ungenannte Ver-
fasser in der Neuen freien Presse (Nr. 142) in neun Feuilleton-
Spalten von den österreichischen Programmen des Schuljahres
1904/5 gibt, wird das bestätigt finden. Der Verfasser bemerkt,
daß man den „modernen Geist'' den österreichischen Mittelschui-
Programmen nicht absprechen könne, und spricht nur den Wunsch
aus, sie möchten der Aufklärung besonders zwischen Schule und
Haus noch mehr dienen '). Und die Durchsicht des neusten
österreichischen Jahresverzeichnisses (Nr. 33) ober die Programme
von 1905/6^) bestärkt mich durchaus in der Auffassung, daß man
auch in Österreich bestrebt ist, das rein gelehrte Element zurück-
treten zu lassen und mehr der Allgemeinheit zu dienen. In
dem Verzeichnis sind — wenn ich richtig gezählt habe — 328
Abhandlungen deutscher und nichtdeutscher Mittelschulen Öster-
reichs vertreten, 187 von Gymnasien und Realgymnasien, 14 t
von Realschulen, d. h. nur ein ganz geringer Prozentsatz
weniger'), als es überhaupt Schulen gibt (1906 gegen 370)^) —
worauf ich alle diejenigen aufmerksam machen möchte, die der
Meinung waren oder sind, die Einrichtung habe sich „überlebt'*
oder „sterbe ab*'. Unter den Abhandlungen scheinen mir nun 141
') Ich setxe die wichtif^steo Worte hierher, damit auch die reicbs-
deotscheo KoUegeo, die sich im allgemeiaeo um österreichische Schal Ver-
hältnisse zunächst ooch nicht viel kümmern, sehen, wie dort ein einsichtiger
Mann (wie es scheint, ein Kollege) die Sache aaffaßt. Er sagt (Spalte 1):
„Ein Ansporn zu wissenschaftlicher Tätigkeit sind also diese Abbandlnogen
nicht^' — hier kann ich dem Verfasser nicht ganz beistimmen — , »»^her sie
kSonen, da sie nun einmal bestehen, eine wichtige, erspriefiliche and wert-
volle Arbeit erfüllen; sie könnten, da sie doch wenigstens von Lehrern ge-
lesen werden und in die Hände der Eltern gelangen, zeitgemäße Fragen der
Erziehung anregen und verbreiten, Vorurteile beseitigen, Mifiverständoisse
aufklären, neue Gesichtspunkte, Erfindungen und Entdeckungen der Schule
nutzbar machen, durch Pflege und Betonung des heimatlichen Interesses be-
sonders In kleineren Städten ein inniges Verhältnis zwischen Bürger- und
Lehrerschaft anbahnen, pflegen und festigen, kurz sie könnten auf wissen-
schaftlicher Grundlage, ohne zu verflachen, den hehren Aufgaben der Auf-
klärung und damit am besten auch den Zielen der Schule dienen, sie könnten
dem modernen Geiste, der alle Erscheinungen und Äußerungen unseres
heutigen Lebens und Treibens durchflutet, den schuldigen Tribut zollen*'.
') Die Benutzung wird übrigens dadurch sehr erleichtert, daß den
Titeln der Abhandlungen, die von Anstalten mit slawischer Unterrichts-
sprache herausgegeben werden, überall die deutsche Obersetzung bei-
gefügt ist.
3) Vgl. hierzu das oben S. 165 Bemerkte.
*) Vgl. die Bemerkuttgea über das Jahrbuch von Divü o. S. 170 (Forts,
d. Anm. 3 von S. 169).
voo R. Ullrieb. 273
ZU sein (92 Ton Gymnasien und Realgymnasien, 49 ^on Real-
schulen), die wohl geeignet sind, „weitere Kreise** zu fesseln, wo-
gegen 187 (123 bezw. 64) sich mehr an die Fachkreise wenden.
Natürlich wird man über das, was allgemein interessierend ist
und was nicht, verschiedener Meinung sein können, und aus dem
Titel allein ist manchmal nicht ohne weiteres zu ersehen, welcher
von beiden Kategorien man die betr. Abhandlung zuweisen wird.
Da mir indes in Zweifelsfallen fast überall auch die Abhandlungen
selbst zu Gebote gestanden haben, glaube ich meiner Sache un-
gefähr sicher zu sein. Es steht übrigens ja jedem, besonders den
österreichischen Kollegen, die Nachprüfung frei. Wie man sieht,
überwiegen zwar die fachwissenschaftlicken Abhandlungen noch
etwas, aber die andere Kategorie steht doch nicht mehr viel
zurück ; bei der Beurteilung des Verhältnisses wird man übrigens
aocb den historischen Gesichtspunkt nicht außer acht lassen dürfen,
daß der österreichische Mittelschuliehrerstand als solcher erheb-
lich junger ist als der deutsche. Es bleibt abzuwarten, in welcher
Richtung sich hier die Dinge im nächsten Jahrzehnt weiter ent-
mkeln werden. Doch kann man, meine ich, nur wünschen, es
Böcbte in derselben Weise geschehen wie im Deutschen Reiche,
l b. auch in detn Sinne des eben angeführten Beurteilers aus
Österreich selbst.
Ziehe ich das Fazit, so kann ich meine Meinung von dem
Beruf, den die Abhandlungen, von Gymnasien und von
fiealanstalten in gleicher Weise, in Zukunft zu erfüllen
haben werden, nur dahin aussprechen^ sie möchten in erster
Linie dazu bestimmt sein, das Verhältnis von „Schule
und Haus*' — der etwas abgebrauchte Ausdruck ist nun ein-
mal nicht zu umgehen — zu stärken und, wo es etwa in
irgend einer Beziehung an Innigkeit verloren haben
sollte, an ihrem Teile wenigstens — neben den anderen
Mitteln, die ich nicht zu nennen brauche — dazu beitragen,
es wieder fester zu gestalten. Ich nehme das Wort im
weitesten Sinne: Schüler, den Anstalten noch angehörige
wie ehemalige, Eltern der Schüler, Bewohner der
Stadt und Umgegend — alle diejenigen, die an der
Schule und ihrem Leben ein persönliches oder sach-
liches Interesse schon haben oder gewinnen können,
sind damit gemeint. Dieser vor mehr als acht Jahrzehnten aufge-
stellte, wenn auch oft vergessene Gesichtspunkt scheint mir immer
noch der wichtigste zu sein.
a) Vielseitige Bedeutung.
a) Was die Schüler^) betrifft, so ist die Rücksicht auf sie
auch früher doch schon häufiger betont, auch praktisch öfter
^) Für die ehemaligeD Schüler legt a. a. der (Jmstaod beredtes Zeug*
iu ib daß di« alten Aogehörigen z, E. der Füraten schulen ihrer Pietät
274 Programmwesen nnd Programmbibliothek d. höh. Schalen,
anschaulich gemacht worden, als H* Muller a. a. 0. (Nr. 127)
S. 21 annimmt, so von Hansen (s. o. S. 186 u. Anm. 2), Dein-
hardt und Duden (o. 198), von Schwalbe (o. S. 230) und
anderen, neuerdings auch von Kniffler (Nr. 136); vgl. u. S. 280.
ß) Daß die Eltern an dem Leben der Schule und also an
Abhandlungen, die hiervon in irgend einer Beziehung Zeugnis ab-
legen, kein Interesse hätten, mag für manche großstädtischen
Verhältnisse (die viele Tadler der Einrichtung unbewußt allzu ein-
seitig zum Maßstab der Dinge genommen haben) zutreffen, obgleich
man gerade Grund hätte ^), dann alles zu tun, was die Beziehungen
inniger gestalten kann. Nun schicken aber viele Ellern oft aus
^'eiter Entfernung, vom Lande, aus Kieinstädten u. s. f. ihre
Söhne in die Gymnasialstadt oder auch in das Internat, in dem
sie vielleicht selbst einmal gewesen sind, und solche Anstalten
haben infolgedessen nicht selten 50% und mehr auswärtige
Schuler. Die Eltern aber bekommen (außer dem Direktor
bei der Anmeldung ihrer Söhne) häufig weder die Lehrer der
Schule jemals zu sehen — der notwendige Verkehr erfolgt meist
auf schriftlichem Wege — noch die Räume der Schule; sie
lernen den Qrt, die ganze Umgebung, in der ihre Kinder viele
Jahre ihres Lebens verbringen, höchstens gelegentlich und ober-
Üächlich kennen. Daß sie unter solchen Umständen einem Be-
richt über eine Schulfestlichkeit, den Neubau der Schule, die Neu-
organisation einzelner Unterrichtsfächer — z. B. des Zeichen-
Unterrichts (mit Abbildungen) — , einer Rede zur Schillerfeier,
2ur Einführung eines neuen Direktors, über einen verstorbenen,
von ihren Kindern in den Ferien ihnen oft genannten Lehrer,
einem geschichtlichen Bericht über die Schule, einer geographischen,
botanischen, kunstgeschichtlichen Skizze über den Ort und seine
Umgebung, über eine Schälerreise und andere Gegenstände mehr,
die wegen ihres Umfangs im Jahresbericht keinen Platz haben
und daher oft als Beilage veröffentlicht worden sind und noch
Jahr für Jahr allenthalben in dieser Form vorkommen, kein
Interesse entgegenbringen sollten, wird doch im Ernste niemand
glauben, der mit diesen Verhältnissen vertraut ist oder versucht
hat, sich in sie hineinzudenken. Damit fällt auch der Hinweis
H. Müllers (a. a. 0. S. 24), der für solche Dinge das „Lokal-
l>latf als den geeigneten Ort und Ersatz für die entbehrlichen
Beilagen vorschlägt. In wieviel Hände käme das? Jedenfalls am
'wenigsten in die Hände derer, die solche Mitteilungen am
geilen die Stätte ihrer Jagendbildaag auch dadurch Aasdrnck gebeo, daß sie
auf eioe Reihe voo Jahrgäogeo der Abhaadlaogea geradezu „aboooiereo'^
l)ie Biogäoge kommeo irgend einer wohltätigen Stiftung der Schule zugute
'_ ein nachahmenswertes Beispiel Tur andere!
^) Auf der 11. schlesischen Direk toren-Versammlung .wurde
"gerade dieser Gesichtspunkt von den meisten Rednern in den Vordergrund
-gerückt; vgl. die Ferkandlung^ (Nr. 113), besoadars S. 236 ff.
voo R. Ullrich. 275
nötigsten haben, nämlich der auswärts wohnenden Ellern.
Dazu kommt noch, daß solch ein Lokalblatt^) nicht Platz genug
hat, alle diese Dinge im ganzen aufzunehmen, und diejenigen,
die auf das Ergebnis ihrer Arbeit etwas halten und wünschen, daß
sie auch außerhalb bekannt wird, es sich schwerlich zur Ehre
rechnen werden, sich an solcher Stelle gedruckt zu sehen. Auch
öffentliche Vorträge ?on Lehrern vor dem Publikum des
Ortes^, so nützlich sie sind und so erfolgreich sie hier und da
gepflegt werden'), können z. T. aus denselben Gründen aus-
fübrlichere gedruckte Mitteilungen aus dem Kreise der Schule
doch nicht ersetzen. Gewiß wird nicht alles, bei weitem
nicht, was auf diese Weise in guter Absicht verbreitet wird,
williges Entgegenkommen oder auch nur oberflächliches Interesse
finden; die Indolenz läßt ja oft sogar sehr tüchtige wissenschaft-
liclie Werke oder wohldurchdachte, praktisch durchführbare
orgaoisatorische Pläne großen Stils gar nicht oder nur langsam
zu ihrem Rechte kommen. Aber ich denke, daß man es hier
mit der Rückertschen Weisheit halten sollte, die vor nun bald
zwei Jahrzehnten Paulsen seinem System der Ethik vorsetzte,
^daß doch dadurch an manchen Mann wird kommen manches,
wovon er sonst gar hätte nichts vernommen'*.
Dazu gehört übrigens, was ich noch bemerken möchte, daß
mit der Verteilung von Abhandlungen, die sich nur irgend
für die eben bezeichneten Zwecke eignen, in der Schule nicht
90 überaus sparsam, man könnte fast sagen knauserig verfahren
werde (dgl. bei den Jahresberichten, s. II 3), wie dies ja
wohl in den meisten Anstalten immer noch geschieht. Daß nur
die Schüler der oberen Klassen die Beilagen erhalten, hätte
«inigen Sinn, wenn sie wirklich nur für diese bestimmt wären.
Wenn aber einmal der Zusammenhang von „Schule und Haus''
^) Für i^rößere Städte würde der Voracblas Doch weoiger passeo.
1b welcher der Dotzeode voo Zeituogeo sollte — gaoz abgeseheo wieder
von der Raamfrase — die Abbaodluos veröffeatlicht werden, um gerade
4iejeDigeji zo erreichen, für die sie in erster Linie bestimmt ist? — Auch
ist CS nicht jedermanns Sache, sein Manuskript mit Schere und Rotstift be-
arbeiten ZD lassen — eine an sich nützliche Tätigkeit, die aber das, was der
Aator eigentlich hat sagen wollen, nur zu oft verdunkelt
') Vgl. Paulsen a.a.O. (Nr. 126) S. 15 (des Sonderdntcks)\ doch
Beine ich nicht, daß der Lehrer sich für solche Vorträge bezahlen lassen
«•Ute (Müller S. 24). Dagegen scheint es ein gangbarer Weg, falls für
derartige Vorträge überhaupt Eintrittsgeld erhoben werden soll (z. B. zur
D«cknag der Unkosten wie Heizung, Beleuchtung u. ä ) den Erlös einer
.Stiftung der Schule zuzuwenden, wie dies ja auch wohl schon öfters
geschieht, z. B. auch bei Gelegenheit dramatischer oder musikalischer Auf-
filhrnogea, die an die Zeit der leitenden Lehrer oft erhebliche Ansprüche
steiieo.
^j Ober ein anderes Bedenken zur Sache vgl. Pietzker a.a.O.
i?ir. 135) S. 409.
18*
276 Programmwesen und Progranmbibliothek d. höh. Schalen,
auch in dieser Beziehung betont wird — und das müssen ja doch
Daturgemäß alle tun, die den Abhandlungen bei der Erföllung
dieser Aufgabe einen Wert beimessen—, so ziehe man auch die
Konsequenz und gebe allen Schulern die Schrift in die Hand
zur Mitnahme an das „Haus'S schließe von mehreren OrQdero
auch nicht etwa die jüngeren aus. Denn ein großes Haus, in dem
viel Menschen ein- und ausgehen, hat Platz für mehrere Exem-
plare. Geht auch manches den Weg der „Makulatur"' (ein be-
liebtes Schlagwort hier seit alten Zeiten; s. o. S. 197 u. ö.). das
eine oder andere findet schon seinen Weg. Nur sorge man für
möglichste Verbreitung. Ist der Satz in der Druckerei einmal
liergestellt, so stehen die geringen Kosten, die der Abzug einiger
hundert Exemplare mehr verursacht (an den vielen kleineu
Schulen wären es übrigens weit weniger), doch in gar keinem
Verhältnis zu dem Nutzen, der in vielen Fällen gestiftet werde»
kann. Größer ist der wirkliche Schaden, der entsteht, weno
man Hunderten von Eltern durch Vorenthaltung der Beilage die
Möglichkeit nimmt, Dinge, für die sie sich vielleicht interessierea
würden, wirklich zu erfahren. Auch die Einführung und Er-
haltung einer Tradition in dieser Beziehung ist gerade wichtig.
Man sage nicht, die Eltern könnten sich die Beilagen ja holen,,
darum bitten o.a.; Gelegenheit, leichte Gelegenheit^) tut hier
wie in anderen Fällen beinahe alles. Daß trotz alledem, auch
hei den besten Absichten der Behörden wie der Herausgeber von
Abhandlungen, Fälle genug übrig bleiben werden (und übrig
bleiben müssen), in denen die darin behandelten Gegenstände dem
eben erwähnten Publikum kein Interesse abgewinnen oder abge-
winnen können, versteht sich von selbst. Zwar ist es auffallend,
gerade von Schulmännern gegen „populäre Darstellungen auf
wissenschaftlicher Grundlage** den Einwand geltend machen zu
sehen '), das könne nicht jeder, während doch schon der Schul-
unterricht selbst auf allen Stufen täglich dazu nötigt, wissen-
schaftliche Ge$;enstände klar, leicht faßlich und in der Form
vorzutragen, die ihnen gemäß ist. Aber einmal ist ja gerade
heute fast in allen den Staaten, denen die meisten Widersacher
der ganzen Einrichtung angehören, keiner mehr gezwungen, Pro-
gramme zu schreiben, und an größeren Anstalten, denen nur
der dreijährige Turnus zugebilligt worden ist, kommen nun selbst
solche, die es könnten und möchten, nach menschliclieni Ermessen
gar nicht mehr dazu, es sei denn, daß sie das biblische Alter
erreichten. Voraussetzung muß freilich auch bei den meisten-
I) Was Dietscb schon vor fiiof Jahrzehnten in ShDlichem Sinne von
den Jahresberichten sa^te (s. o. S. 190), gilt ebenso wie für diese
(vgl. Teil II 3) auch heute noch Tür die Abhandlungen, wenn sie dea
oben (S. 274) angedeuteten Charakter wahren.
»} Vgl. z. B. Pietzker a. a. 0. (iNr. 135) S. 409.
von R. ÜUriclL 277
dieser Arbeiten immer sein, daß sie wirklich auf wissenscbafl-
liebem Grunde ruhen, daß der Verfasser den Gegenstand nach
allen Seiten bin gründlich beherrscht und der Kenner wenigstens
merkt, daß überall aus dem vollen geschöpft wird. Daß solche
Arbeit „auf die rechte Weise zu tun, auch ein Verdienst und
eine Kunst ist" (s. o. S. 139), wurde von den Behörden selbst
vor mehreren Jahrzehnten schon anerkannt. Und da „die Scheu,
die Wissenschaft zu popularisieren," auch ersten Universitäts-
lehrern seit einiger Zeit geschwunden ist, braucht sich der ge-
lehrte Oberlehrer solcher Tätigkeit wohl auch nicht mehr zu
schämen. Auch kann diese „Kunst" doch wohl geübt, ent*
wickelt werden, wenn der Zweck der Sache ein so guter ist.
Man ist sie im allgemeinen noch nicht gewohnt, wenigstens
nicht der Anfänger im Lehramt, dem nichts schwerer fallt, als
einen Stoff, den er sachlich durchaus beherrscht, nun auch in
klarer Form vor Schülern mittlerer und oberer Klassen darzustellen,
2. B. in der Geschichte. Auch die Zurückhaltung, die manche mehr
ad rein gelehrte Forschung bedachte Schulmänner noch gegen die
Khriftstellerische Behandlung von Schulfragen, didaktischen, organi*
satirischen, schulgeschicbtlichen u. ä. beobachten — als wäre das so
ftiras wie ein unehrliches Gewerbe — , ist nicht mehr gerecht-
ffrttgi, seit auch diese Dinge in immer methodischerer Weise be-
faaodeU werden; sie erfordern, meine ich, umfassende Sachkenntnis,
Literaturstudium und Kritik mindestens in gleicher Weise wie
irgend welche Aufgaben eines engeren Fachgebiets, sind aber auch
darum oft viel dankbarer, weil es gerade hier noch zahlreiche
SteÜRn gibt, die bei weitem noch nicht so erschöpft sind, wie
gewisse Fachgebiete, in denen neue Ergebnisse von wirklich
bleibender Bedeutung schwer zu gewinnen sind. Solche, die auf
anderen Gebieten gründliche Arbeit gewohnt sind, können sich
ein wirkliches Verdienst erwerben, wenn sie die Solidität der
Forschung auf diese Dinge übertragen wollten, die allerdings
häufig unter dilettantischen Versuchen zn leiden haben, sogar in
Zeitschriften, deren Überlegenheit den Programmen gegenüber
man oft gern betont hal^).
^) So geschieht es z. B., daß gelehrte, ao grüodliche Arbeit gewb'hote
Häaeer mit einer gewisseo Gcoagtaang erklareo, sie lasen „pädagogische
Zeitsehrifteo gniadsätzUch nicht*'. Ganz unrecht haben sie freilich nicht
(weoo man das Kind auch nicht mit dem Bade aasscbütten soll), und be-
soaders das Rezensionswesen (oder besser gesagt, -Unwesen) zeigt,
scheint mir, in manchen dieser Blätter einen Tiefstand, der kaum noch zu
QDterbieteo ist. Ein paar allgemeine RedeQsarten, Anlesen der Vorrede,
eioii^er ans dem Zusammenhang gerissener Stellen, ein paar wohlwollende
oder auch absprechende Bf»merkungen — and die Rezension selbst tüchtiger
Werke, die ein gewisses Stadiam erfordern, ist in einer Spanne Zeit fertig,
die io Erstaunen setzt. Die Verleger drucken' dann einige, wiederum aus
dem Zosammenhaoge (falls ein solcher vorhanden war) gerissene Stelleu
278 Programmwesen and Programmbibliothek d. hl>h. Schulen^
^) Ich meine nun aber auch nicht, daß der Gesichtspunkt
„Schule undHaus'S wenngleich er der vornehmste ist, der
einzige sein soll, unter dessen Zeichen in Zukunft das Pro-
gramminstitut zu stehen hätte. Vielmehr scheint mir auch heute
noch wie für später die Meinung des preußischen Organisators^)
von 1824 und 1826 wie der österreichischen von 1849 und
1875 wie 1880 durchaus zu Recht zu bestehen, daß die Ab-
handlungen auch für Lehrer und Gelehrte, was ja die Lehrer
an höheren Schulen — trotz kurzlich erfolgten Widerspruchs —
zum großen Teile doch auch sind, eine nQlziiche Einrichtung
sind, d. h. also Gelegenheit auch zu rein wissenschaftlichen Publi-
kationen geben können, ja daß sie sogar — was manche vom
Standpunkte eines übertriebenen Standesbewußtseins nicht gern
hören werden — manchem Lehrer direkter Anlaß zu wissen-
schaftlicher Weiterarbeit werden dürften, die doch wiederum der
Schule zugute käme, zu deren hergebrachten Einrichtungen das
Programm gehört. Ich komme auf diesen Punkt noch zurQck.
Freilich wird man m. E. auch hier heute gut tun, die Wissens-
gebiete, bei denen ein Zusammenhang mit der Arbeit der Schule
selbst bei weitlierzigstem Standpunkte nicht mehr zu entdecken ist,
so weit auszuscheiden, als Veröffentlichungen aus ihnen, besonders
weniger umfangreiche (vgl. den Abschnitt ß), ebensogut auch an
anderen Stellen erfolgen können. Nicht zu vernachlässigen ist
dabei auch ein praktisch - finanzieller Gesichtspunkt, ich
meine die Rucksicht auf die Magistrale der vielen kleinen
Gemeinden, die vielleicht williger sind, einen Retrag für den
Druck einer Abhandlung in angemessenen Zwischenräumen in
ihren Etat einzustellen — besonders bei den zahlreichen An-
zasammen mit eioigeo Zeituogsaasschoitteo ab, uod die Durcbschoittileaer
wissen dqd genau, was aie voo dem Boche zu halten haben, und braachen
es selbst nicht zu lesen. Glücklicherweise gibt es auch noch Zeitschriften,
philologische z. B., die aaders verfahren; aber das sind denn oft auch Rezen-
sionen, die Wochen oder Monate ernster Arbeit darstellen, die den Kritikern
gewöhnlichen Schlages nicht zusagt. Wilhelm Scher er, glaube ich, sagte
einmal, mit Temperament wie immer, aber m. E. durchaus treffend etwa so
(ich weiB nicht, ob die Stelle irgendwo gedruckt ist)i „Ich bekämpfe, wo
ich kann, die rohe Ansicht, als ob Rezensionen nur für den Tag geachrleben
würden, . . . auch Rezensionen können eine Menschenseele spiegeln, wenn
sie im Dienste der Wahrheit und Gerechtigkeit geschrieben sind*'. Wie
wenige sind das heute! Am schwierigsten ist die Aufgabe, wenn die
Rezension kurz sein moB, aber doch die Hauptaufgabe, „ein Bild voo dem
besprochenen Werke zu geben'', erfüllen soll. Hier, wo es darauf ankommt.
Wesentliches herauszuheben, den Zosamnienhaug zu betonen, in den da»
Wark gehört, worin sein Fortschritt (oder auch Röckschritt) besteht oder
auf welchem Wege dieser, wenn nicht erreicht, etwa zu suchen würe,
erkennt man am ehesten, ob ein gründlicher Kenner, der die Wahrheit
sucht, hinter der Sache steht, oder ein seichter Gewerbetreibeoder, der oft
noch eine Gönnerroiene annimmt.
1) Vgl. 0. S. 264, Z. 10 V. 0.
von R. Ullrieb. 279
Stalten i. E. — , wenn sie wissen oder einseben lernen. daB Ab-
handlungen der oben (S. 274) bezeichneten Art der Schule und
ihrem Interessenkreise wirklich etwas zu geben haben, wogegen
man es ihnen nicht verdenken kann, daB sie sich wehren, Geld
für Arbeiten zu bewilligen, die tatsächlich — wie selbst vor-
urteilslose Fachmänner zugeben werden — aus diesem Kreise völlig
herausfallen (s. a. oben & 198 und S. 225). Das ging vor 60 und
30 Jahren noch, heute gebt es nicht mehr. GroBe Staaten, auch
größere Städte, können und sollen in diesen Dingen die ver-
schiedensten Kräfte frei walten lassen, wofern nur ilberhaupt
Tüchtiges geleistet wird, und sie tun es auch, wie besonders das.
Beispiel PreuBens, Bayerns und Österreichs, auch mancher Stadt-
gemeinde, besonders Hamburgs, zeigt; da kann ein jeder zu
seinem Rechte kommen, der Spezialarbeiter, der nur der Wissen-
schaft dienen will und an dem Beifall weniger sich genügen
lassen muB, und der populäre Darsteller, der auf solider Grund-
lage weitere Kreise zu interessieren weiB, und in der größeren
Menge der Produktion gleichen sich die Leistungen der ver-
sdiiedenen Arten wieder aus. Eioer kleinen Gemeinde dagegen,
£e oft schon Not hat, die allerdringlichsten Ausgaben för ihre
höhere Schule zu leisten, muB es erwfioscht sein, wenn die
<»cgenstäDde aus einem Gebiete genommen werden, dessen Be-
äeotung für die Schule auch schlichterem Verständnis nahe ge-
bracht werden kann; und es liegt andrerseits, eben bei der Be-
deutung, welche die Sache mindestens für einen Teil der
Interessenten hat, sehr viel daran, daB gerade die kleinen Ge-
meinden dafür gewonnen oder auch wieder gewonnen werden.
Es ist kein erfreulicher Zustand, wenn uns in dem ersten (vor-
bereitenden) Teubnerschen Verzeichnis (s. o. S. 170 Nr. 2) Jahr
föT Jahr bei zahlreichen kleineren Anstalten, besonders in der
Rheinprovinz, immer nur das lakonische „Schulnachrichten" in
ganzen Reihen begegnet; haben die Patrone dieser Schulen sämt-
lich den Sinn für die Bedeutung der Sache för ihr Publikum
verloren, oder diejenigen, die in erster Linie dafür einzutreten
berufen wären, die Direktoren dieser Schulen selbst? Geht man
der Erscheinung auf den Grund, so wird man ihn, meine ich, meist
wohl häufiger im Mißtrauen gegen eine nützliche, aber vielfach
eben nicht mehr in der rechten Form behandelte Sache finden,
gelegentlich vielleicht in mangelnder Kenntnis ihres wirklichen
Nutzens, als etwa in finanzieller Unfähigkeit. Alle Jahre braucht
es ja doch nicht zu sein, schon mit Rücksicht auf die geringe Zahl
der Lehrer an solchen Anstalten.
Nach dieser Erörterung der Bedeutung, welche die Bei-
lagen zu den Jahresberichten auch in Zukunft noch haben
kdoneo, in erster Linie für die Beziehungen zwischen Schule
UBil Haus (a and /?), in zweiter für Lehrer und Gelehrte (r),
gebe ich zur Besprechung des Inhalts über, der am ehesten
280 Profframmwesen and Programmbibliothek d. hb'h. Scholen,
geeignet sein dürfte, ihnen diese Bedeutung je nach ihrer Be-
stimmung für einen Teil dieser Kreise, nicht selten auch für alle,
weiterhin zu sichern.
b) Zweckmäßiger Inhalt.
Es kann natürlich nicht die Aufgabe dieses kurzen Abschnitts
sein, diese Frage auch nur einigermaßen erschöpfend zu be-
antworten; es könnte einer mit Benutzung der ausgebreiteten
Kenntnis der Programmliteratur aus Deutschland und Österreich,
die er selber hat, unterstützt durch die Programmverzeichnisse
aus alter und neuer Zeit (s. o. S. 109 — 118), gefördert durch die
zahlreichen Programme, die er selbst im Laufe von Jahrzehnlea
gesammelt und gelesen hat, an der Hand auch der reichen, wohl-
geordneten und leicht zugänglichen Programmsammlung seiner
Schule oder einer größeren Bibliothek ein anschauliches, durch
möglichst viele individuelle Züge belebtes Bild von Zielen und
Aufgaben, wie sie hier gelöst worden sind, wie sie nicht zu lösen
sind und wie sie in Zukunft gelöst werden können, entwerfen —
recht eigentlich auch eine Aufgabe für eine Programmabhandlung
selbst, die sich leicht auf melirere Abschnitte und Jahre verteilen
könnte. Ich will hier nur einige Andeutungen geben, die viel-
leicht etwas zur Klärung der Sache beitragen können, auch auf
manche Desiderate hinweisen, die sich gerade in Form einer solchen
Programmabhandlung, und zwar hier besser und zweckmäßiger
als an jeder anderen Stelle, erfüllen lassen.
a) Zunächst für Schüler, insbesondere der oberen, vielleicht
aber auch gelegentlich schon der mittleren Klassen. Je enger die
Abhandlungen an die Arbeit der Schule selbst anknüpfen können,
um so besser. Besonders die sogenannten „ethischen** Fächer
(eigentlich sind das alle!), d. h. also im gewöhnlichen Sinne
Religion, Deutsch^ Geschichte, auch wohl Erdkunde, wozu die
Heimatkunde — im weitesten Sinne — kommt, können Anlaß
dazu bieten. Es sind die Fächer, welche die geringste Stundenzahl
haben und doch wichtige Aufgaben geistiger und sittlicher Bildung
fördern sollen. Der überreiche Stoff der Kirchengeschichte, der
Geschichte überhaupt, der deutschen Literatur und Sprache z. B.
kann bei der knappen Zeit nicht immer so eingehend behandelt
werden, wie der für sein Fach begeisterte Lehrer gern möchte;
Erläuterung des eigentlichen Lehrstoffes (ebenso wie bei dem Unter-
richt in den klassischen Sprachen) durch geeignete Darstellungen
aus der Kunst — in vernünftigen Grenzen — ist notwendig und
nützlich, erfordert aber doch auch wieder eine gewisse Zeit, wenn
sie fruchtbar werden soll. Dazu kommt dann noch gerade in der
Prima, bei den Nichtvollanstaiten in der Sekunda, die leidige Röck-
sicht auf das Examen, bei dem doch auch ein bestimmtes Wissen
präsent liegen soll. Hier bieten neben privater Anregung des
Lehrers, Benutzung der Schüler- und in geeigneten Fällen auch
voD R. Ullrich. 281
der Lehrerbibliolhek durch die Schüler die ProgranunabhandluDgen
mindestens eine geeignete Unterstützung. Und sie wird dann
durch den erfahrenen Lehrer in der Form gegeben werden, die
dem Büdungsstande und der Fassungskraft der Schöler besser
entspricht als die Art mancher populären, nicht immer auf
ausreichender Sachkenntnis beruhenden Darstellung, die ihnen
nur zu leicht irrige oder unklare Vorstellungen vermittelt, oder
selbst rein gelehrter Werke, an die sich frühreife Schüler sehr
gern begeben, ohne ihnen gewachsen zu sein. Die bekannte
^,GymfuuialbihUothek'*^) ist schon in die Lücke getreten und hat
sich auf diesem Gebiete manche Verdienste erworben; aber die
Hefte müssen ebenso wie die der hier auch wohl z. T. in Betracht
kommenden Sammlung „ins Natur und GeistefweW^*) doch immer-
hin gekauft werden, von der schwach dotierten Schülerbibliothek
oder den Schulern selbst, während sie die Beilagen umsonst er-
hallen, die im besten Sinne aufklärend wirken können. So fürchte
ich z. B., daß für die nicht leicht kurz darzustellende synkretistische
Bewegung der ersten christlichen Jahrhunderte (Ebioniten,Gnustiker,
Xaoicbäer), die für das Verständnis der Entwicklung der katholi-
idien Kirche von so großer Bedeutung ist, im Unterricht nur
wenig, manchmal auch gar kein Platz sein wird. Abschnitte der
^echischen Philosophie» soweit sie das Verständnis der Plato-
^türe fordern können, aus den Altertümern u. s. f. wären weitere
Iteeignete Themata. Besonderen Wert möchte ich aber auf die
Weckang und Stärkung des Heimatgefühls im weitesten Sinne
legen, einen Gegenstand, für den das ja auch in zahlreichen
Sdialen vorhandene Buch von H. Conwentz (Nr. 147) so schöne
Anr^ungen geboten * bat. Auf dem Gebiete deutscher Kunst,
kirchlicher wie profaner, Sprache und Sitte kann den regsameren
Schülern vieles geboten werden, was ihnen für ihre geistige Rich-
^^j ja für ihr ganzes Leben von Nutzen sein kann, wenn die An-
regungen von einer kraftvollen, mitten in der Sache stehenden
Persönlichkeit ausgehen. Besonders in den zahlreichen Mittel- und
Kldnstädten ist Gelegenheit dazu, auch in manchen Großstädten,
in denen die Schüler und leider auch viele der Erwachsenen in
der Hast des Tages an Dingen achtlos vorübergehen, die zum An-
schauen, Nachsinnen und Eindringen einladen. Freilich wissen
') Heraasfeg. v. Hoso Hoffmaon, Gütersloh, C. Bertelsmann, bis Ad*
fas^ 1907 schon 43 Hefte (z. T. in neuen Anflageo); die neuesten Hefte be-
treffen (41) die RtUgion der alten Griechen (Heinr. Wolf), 1,50^, und
(43) Schrates (Edm. Lange, der schon Xenophon vor einigen Jahren be-
haadelt hatte; vgl. Jahreeb. d. Phü, Fereint XXX [1904] S. 89—93 ^ Z. /'.
d. GfF. LVllI) 1 JC\ von den früheren Heften ist das über Die römischen
Greasanlagen in Deiäeehland und das Limeskastell Saalburg von Ernst
Schulze iörxlieh in 2. Auflage erschienen (1906; VUI, 115 S., 1,80^,
Seb, 2,40 JC).
1) Krscheiot bei B. G. Tenbner in Leipzig, schon über 100 Bändchen
(in L«iaw. je 1,25 JC^ in Leder 2,50 M).
282 Profframmwesea und Pro f^rammbibliothek d. höh. Schalen ,
auch manche unserer Kollegen am Nordpol und auf den Hoch-
gipfeln der Alpen oder in Sizilien und Tunis besser Bescheid al»
in den zahlreichen Denkmälern deutscher Vergangenheit, die uns
in vielen nnserer älteren Städte entgegentreten. Im allgemeinen
denke ich hier weniger an die Malerei, deren Verständnis den
jungen Gemütern in der Regel noch ferner liegt, als an die ge-
waltigen Zeugen der Architektur in Stadt und Land, von deren
Größe und Bedeutung ihnen schon eher eine Vorstellung gegeben
werden kann. Alte Dome (Aachen, Mainz, Vforms, Speyer, Lim-
burg, Ulm), Klöster (Bebenhausen, Maulbronn), Ruinen (be-
sonders nicht restaurierte) von Burgen, Kapellen und
Klöstern (Rheinfels, Bacharach, Heisterbach, Chorin), Rathäuser
und andere Profan bauten (Braunschweig, Hildesheim, Roten-
burg, Munster, Lübeck, Wismar, Tangermünde), mächtige Tore
(Stendal, Neubrandenburg), schöne Brunnen (Augsburg) u.a.m. —
und vieles findet man ja an einigen dieser Orte vereinigt —
können die Schüler, auch manche Eltern der „gebildeten Stände^**
auf diese Weise besser kennen lernen als aus größeren Kunst-
geschichten, die mit ihrer Fülle von Stoff, so trefflich dieser in
sachlicher Beziehung sein kann und in mehreren bekannten Werken
auch ist, jüngere wie ältere, zunächst unkundige Gemüter leichter
verwirren als fördern, auch wohl meist mehr durchblättert al&
wirklich gelesen werden. An kleinen, abgeschlossenen Bildern
unserer Vergangenheit, die unter günstigen Umständen planmäßige
Ergänzunf*en nicht ausschließen, können hier den Schulern be-
stimmte Merkmale der Entwicklung in einfacher Weise nahe ge-
bracht werden, so daß die spätere Lektüre größerer Werke ihnen
wirklich förderlich werden kann. Allbekanntes (Sanssouci^
Heidelberg — sachlich und räumlich weit getrennt) oder größere
Mittelpunkte (Köln, Nürnberg, Dresden, München, Wien, Berlin)
seien nur erwähnt, um zu sagen, daß es zweckmäßiger scheint,,
kleinere Städte oder Einzelheiten aus ihnen, die manches Alte
und Schöne auch noch in alter Umgebung zeigen, zum Mittel-
punkte solcher Darstellungen zu wählen als große, die mit ihren
oft barbarischen Gegensätzen von Alt und Neu — so notwendig
das sein mag — weit eher verwirren. Manche Lehrer lassen es
sich ja schon heute nicht nehmen, ihre Schüler in die ein Vielerlei
vereinigenden Kunstsammlungen ihrer Stadt oder — noch besser —
zu den genannten Denkmälern selbst zu führen, ihnen auch im
Unterricht Photographien zu zeigen und zu erläutern. Aber das
kostet viele Zeit, die nicht immer vorbanden sein wird, von
anderen in der Sache liegenden Schwierigkeiten zu schweigen.
Auf die bezeichnete Weise kann den Schülern manches, was sie
im Unterrichte nur gelegentlich kennen gelernt haben, noch an-
schaulicher gemacht werden. Dazu gehören z. B. auch gewaltige
und spärliche Reste der Römerzeit (Trier, Andernach, Saal-
burg, Koblenz), die Stätten, an denen große und gute
YOD R. Ullrich. 283
Menschen gearbeitet haben (Bonn, Erfurt, Wittenbergs
Weimar), das reizvolle Schwabenland, in dem U bland lebte
und webte, mit seinen Bergen und Burgen, Klöstern und alten
Städten und Stüdtchen und der ganzen Fülle geschichtlicher Er-
innerungen. Und auch das von unseren Landsleuten des Westens
so gern verachtete Ostelbien hat hier manches zu bieten. Für
mich wenigstens gehört eine vor Jahren in sonnigen und müden
Oktobertagen unternommene Fahrt nach Danzig mit Oliva, Marien*
bürg, Thorn, Königsberg, Tilsit, Meroel, der Kuriscben Nehrung
and deo ostpreußiscben Seen zu den schönsten Erinnerungen.
DaB solche Darstellungen, die den Schülern das aus eigener An-
schauung Bekannte ver:$ländhcher machen, oft auch das ihnen
dorcb ihre Lehrer an Ort und Stelle bekannt Gemachte, aber
z. T. wieder Vergessene oder unklar Gewordene ins Gedächtnis
zurückrufen und in Zusammenhang bringen, nützlich sein
können, wenn sie in der rechten Weise gegeben werden, dürfte
wohl niemand bezweifeln, der überzeugt ist, daß kein Schüler
«iner höheren Lehranstalt die Hochscbule beziehen oder in einen
praktischen Lebensberuf treten darf, ohne wenigstens etwas von
diesen Dingen vernommen zu haben, die ihm Land und Leute,
Sage, Geschichte und Literatur seines Volkes in ihrer Beziehung
ir Kunst zeigen. Und mögen die reinen Fachgelehrten unter
US auch scheel sehen und vielleicht eine Profanierung der Wissen-
sduft wittern, wir dürfen uns nicht irre machen lassen, einen
Weg zu verfolgen, auf den die ganze Entwicklung des Frogramm-
wesens deutlich genug weist. Man sage auch nicht, daß es an
geeigneten Kräften fehle. Sie sind da, und manches Tüchtige ist
auf diesem Gebiete schon geleistet worden^); es verfolge nur ein
jeder die Programmliteratur seines Landes, seiner Provinz! Und
wen diese Dinge einmal ergriffen haben, den lassen sie so leicht
nicht wieder los, und die Schüler sind für jede Anregung in
dieser Richtung, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, besonders
dankbar. Aber es bleibt nocli mehr zu tun übrig; die Fülle des
Stoffes ist groß. So gehe ans Werk, wer immer sich berufen
fühlt! Und wer nicht, bleibe bei anderem, obgleich gerade jeder
Lehrer der Religion, des Deutschen, der Geschichte sich eines
wesentlichen Teiles seiner Einwirkung auf die Schüler begibt,
wenn er nicht versucht, nähere Fühlung auch mit solchen Stoffen
zu gewinnen. Daß derartige Arbeiten mit wenigen, aber gut aus-
gewählten und hergestellten Abbildungen in möglichst großem
Maßstäbe auszustatten sind, ist selbstverständlich. Zu schwer sind
sie ja nicht zu beschaffen, jedenfalls leichter als die in den zahl-
reichen — übrigens von mir hochgeschätzten (s. u.) — Beschrei-
^) Däti Verceichnis antgewäblter Programme, dos in Ab-
sehoitt C dieses Teiles gegebeo ist, wird dem Leser auch für diese Stoffe
mmnebea Beitrag bieten.
284 Programm Wesen and Programmbibliothek d. höh.Schaleo,
buDgen voD Schulbauten, die besondere Aufnahmen erfordern.
Sind die Schüler an den betr. Orten oder in ihrer Nähe selbst
heimisch, um so besser; aber auch auswärtige, sogar manche
Lehrer, können durch solche Darstellungen wohl angeregt werden,
teils daß sie Dinge, die ihnen selbst noch weniger geläufig waren,
kennen lernen, teils daß sie veranlaßt werden, sich nun ein-
gehender damit zu beschäftigen und auf ihrem Lokalgebiet sich
an ähnlichen Leistungen zu versuchen. Wollen die Verfasser, die
sich auf bestimmten Gebieten als wirkliche Forscher fühlen, aufser
der Kunst eigenartiger Darstellung des von Fachmännern erar-
beiteten Materials auch neue Ergebnisse eigener Studien bieten,
80 steht dem in der Form von Anhängen, Anmerkungen^), Ex-
kursen ja nichts im Wege.
Auch Schülerreisen möchte ich in diesem Zusammenhange
nicht unerwähnt lassen. Ich meine freilich, daß sie nicht aus-
schließlich oder vorneb miich als Turnfahrten aufzufassen und <lem-
gemäß nur in die deutschen Mittelgebirge zu lenken seien (bis in
die Alpen sollten sie sich für norddeutsche Schüler überhaupt
nicht erstrecken), sondern in geeigneten Fällen auch durch Wande-
rungen durch einen kleinen Kreis deutscher Städte, z. ß.
der oben (S. 282) genannten, wohl zu ersetzen sein möchten.
Für Rom und Neapel sind junge Leute von 18 Jahren noch nicht
reif genug, so gut auch die Absicht bei solchen Reisen war und
so sachkundig sie von einem ausgezeichneten Gelehrten geleitet
worden sind^); und wie viele gerade der Besten müssen da zurück-
bleiben! Reisen der genannten Art sind einfacher, nicht so an-
strengend, wegen des Maßes der Eindrücke weniger verwirrend
und vor allem billiger; 3 — 4 Tage, im Höchstfall und unter be-
sonders günstigen Umständen auch wohl einmal eine ganze Woche,
scheinen mir das richtige Maß, die Herbstferien oder gelegentlich
(besonders in West- und Süddeutschland) auch wohl schon die
Osterferien die geeignetste Zeit, dem üblichen Pfingsttermine mit
all seinem Trubel und den nicht immer erfreulichen Bildern weit
vorzuziehen. Die Zahl der Teilnehmer, die nicht zu groß sein
darf, wird sich ja auch hier in mäßigen Grenzen halten; aber es
ist andrerseits leichter, eine Teilung vorzunehmen, als bei jenen
unter erheblichen Kosten (trotz aller Ermäßigungen) unternommenen
Auslandsfahrten, bei denen auch — ganz abgesehen von den oben
^) Über Zweck uod Methode der AomerkuDgeD, wie sie sein sollen
und wie nicht, haben wir kürzlich von eioem Forscher ersten Ranges, der
sich ihrer in seinen g^roßen wissenschaftlichen Werken in ausg^iebig^er Weise
bedient hat, lehrreiche Fingerzeige erbalten, von dem neuen Generaldirektor
der Kgl. Bibliothek zu Berlin Ad. Harnack; vgl. ZibLf. Bibliotheksw. XXIII
(1906) S. 518.
^) Vgl. z. B. Ernst Herr mann, Eine Schälerreise nach Rom, Progr,
Berlirij Prinz Hdnr.-G. 1900. 36 S., übrigens für Lehrer, die, ohne Fach-
gelehrte zu sein, nach Rom gehen wollen, eine nützliche Anregung.
voD K Ullrich. 285
angeführten Gründen — die Verantwortung für den oder die be-
gleitenden Lehrer eine viel zu groBe isL Verlauf und Ergebnis
geben wieder einen dankbaren Stoff für ein Programm, den Teil-
oehmern zu dauernder Erinnerung auch in späten Tagen, denen,
die nicht dabei waren, zur Erweckung der — hier ja nicht so
schwer zu befriedigenden — Lust, Eltern zur Freude und Be-
lehrung, Lehrern, die es noch nicht versucht haben, zur Anregung
Qod vielleicht zur Nachahmung. Für den deutschen Aufsatz
brauchen solche Reisen übrigens nicht unbedingt ausgebeutet zu
Verden! Bei den Wanderungen durch alte Städte, Braunschweig
z.B., können auch Freunde der Volkskunde, der Sprache,
ihrer Bedeutung und Entwicklung, ihre Rechnung linden,
ho an den Straßennamen, ein Gegenstand, dem erst kürz-
lich (in Gestalt einer Lehrprobe) eine anziehende Betrachtung zu-
teil geworden ist^). Auch hier bieten sich wieder dankbare Auf-
gaben für Programme, in Anknüpfung an sprachliche Erläuterungen
un Dnterricht und zu ihrer Ergänzung über wichtige Seiten deut-
kben Volkstums ausführlicher zu handeln. Daß die Natur-
viuenschaften nicht ausgeschlossen bleiben dürfen, ist selbst-
Tfrsilndlich ; Geologisches, Flora und Fauna geben eine Fülle von
^en an die Hand, die auch schon oft in Form von Programmen
iaallgemein verständlicher Form bebandelt worden sind; da ich hier
Btcht Fachmann bin, muß ich es andern überlassen, sich darüber
ZB äußern, möchte aber — um Mißverständnissen vorzubeugen —
mdrücklich erklären, daß sie mir für den bezeichneten Zweck
ebenso geeignet erscheinen wie die oben austuhrlicher behandelten,
die mir nach persönlicher Erfahrung näher liegen.
ß) Wie soll nun der Inhalt der Beilagen beschaffen sein,
Qffl auch den Eltern, den „gebildeten'', die jene Verfügung vom
Jabre 1824 im Auge hatte, wie denen aus dem Mittelstände, die
das Gros der Schülereitern bilden, und überhaupt dem „Publikum'*
Dod „weiteren Kreisen" etwas zu geben, das ihr Interesse „am
öffentlichen Unterricht'* wecken und dauernd erhalten kann? Wer
^ie (in bezug auf die Jahresberichte geäußerte) Ansicht
Stemplingers teilt (a.a.O., Nr. 148, S. 12) : „daß sich das
große Publikum, auch die Masse der Eltern für die Einrichtungen
der Schule interessiert...., kann nur ein unverbesserlicher Optimist
glauben'*, wird freilich am besten tun, jeden Versuch aufzugeben,
der die Anbahnung und Festigung eines gedeihlichen Verhältnisses
zwischen Schule und Haus bezweckt. Gewiß wird gute Absicht
hier oft verkannt, auch Vertrauen getäuscht (übrigens nicht bloß
von Seiten der Eltern); das wird aber die „unverbesserlichen
Optimisten** unter den Lehrern, zu denen sich auch der Verfasser
') Vfl. 0. Schütte (BraoDschweig). Eine VertretDOgfsstaode in Prima,
Ltkrpnben u, Lehrgänge XXIII (1907, Heft 2 — der gaozeo Reihe H. 91)
S. 7d-7U.
286 Programmweseo aod Prof^rammbibliothek d. höh. Schulen,
dieser Abhandlung rechnet, niemals abhalten dürfen, ihrerseits
pflichtgemäß und aus Oberzeugung den notwendigen Zusammen-
hang zwischen den beiden wichtigen Faktoren einer methodischen
Jugenderziehung aufrecht zu erhalten. Ein wesentliches Mittel der
Verständigung werden ja die (auch von Heinr. Müller a. a. 0.
S. 12, 25 fl'. besonders hervorgehobenen) mündlichen Unter-
redungen zwischen Lehrern und Eltern bleiben, die bei den
vielen Anstalten, die eine größere Zahl nicht einheimischer Schüler
haben (vgl. o. S. 274), leider schon durch Korrespondenzen er-
setzt werden müssen. Die mündlichen Verhandlungen, die übrigens
erfahrungsmäßig meist nur an bestimmte ,,Fälle" anknüpfen oder
einige Wochen vor der Versetzung sich mehren, können in kleineren
Orten, wo ortsansässige Eltern mit Lehrern auch persönlichen, oft
freundschaftlichen Verkehr pflegen, gleichwohl von den erfreulich-
sten Folgen begleitet sein; in größeren Städten haben sie an den
weiten Wegen, dem Umfang der Tätigkeit der Lehrer und auch der
Zeit der doch auch ihrem Berufe nachgehenden Eltern ihre natür-
lichen Grenzen, die auch dem schriftlichen Verkehr, selbst wenn
er von den betr. Lehrern gern, häufig und ausführlich gepflegt
werden sollte, überall eigen sind. Man ist ja neuerdings auf die
verschiedensten Mittel gekommen, die Eltern allgemeiner für die
Schule zu interessieren — ein deutliches Zeichen übrigens, daß
ein Bedürfnis doch wohl vorliegen wird; Vorträge von Lehrern
sind zu diesem Zwecke gehalten worden (s. o. S. 275), man hat,
zunächst in Volksschulkreisen, „Elternabende*' veranstaltet, mit
anschließender „Diskussion**, ja es sind ernstlich Vorschläge ge-
macht worden (auch ausgeführt?), den Eltern den Zutritt zu den
Schulklassen zu gestatten, damit sie aus eigener Anschauung die
Art des Unterrichts kennen lernen — Maßnahmen, die zum Teil
unzweckmäßig und undurchführbar sind, zum Teil auch wieder
einen großen Teil der Eltern, nämlich die auswärts wohnenden,
nicht berücksichtigen. Daß die Tageszeitungen aus dem gleichen
Grunde für den bezeichneten Zweck nur eine beschränkte Be-
deutung haben, gerade für die Eltern der betr. einen Anstalt, ist
schon oben gezeigt worden — selbst für den Fall, daß die auf-
klärenden Artikel von Lehrern verfaßt sind. Was aber dabei
herauskommt, wenn in Zeitungen und belletristischen Zeitschriften
{auf die M üller a. a. 0. S. 22 hinweist) das E^ublikum von anderen
über Schulverhältnisse „aufgeklärt** wird, können wir leider noch
täglich feststellen, wenn wir lesen, wie solche, die vor dreißig oder
mehr Jahren einmal ungern auf der Schulbank gesessen haben,
ihre „Erfahrungen*' von damals über den ,, geisttötenden Betrieb
der Grammatik**, oder die , .veraltete Methode** des neusprachlichen
Unterrichts zum besten geben oder sich beklagen, die Zöglinge
höherer Schulen wüßten in den „Schlachten der Griechen und
Römer genau Bescheid'*, erführen aber ,.so gut wie nichts von der
neueren Geschichte'*. Solche Belehrungen, die sogar nicht selten
von R. Ullrich. 287
von sehr angeseheoeo Blättern aufgenommen werden und mit dem
Ansprach auftreten, den heutigen Betrieb des höheren Unter-
richts darzustellen, stiften hei dem Durchschnitt des Publikums
heillose Verwirrung. Behörden, Lehrer und alle, die wirklich
Freunde der Schule sind und an ihrem Wohl ernsthaft Anteil
nehmen, haben, meine ich, dringendes Interesse daran, daß solchen
verkehrten, die tatsächlichen Verhältnisse auf den Kopf stellenden,
aber gleichwohl gern geglaubten Kritiken dadurch die Spitze ab-
gebrochen wird, daß die Schule diese „aufklärende'* Aufgabe auch
außerhalb ihres unmittelbaren Wirkungskreises in geeigneter Form
und an geeigneter Stelle so weit selbst in die Hand nimmt, als es
die Verhältnisse nur irgend gestatten. Wo aber wäre dazu ein
geeigneterer Ort als in den Beilagen zu den Jahresberichten, die
allen Eltern der betr. Schule (vgl. o. S. 275) in die Hand gegeben
werden können und sollen? Einige Stoffe mehr allgemeiner Art,
die sich für diesen Zweck eignen, sind schon oben berührt worden
iS. 274). Man kann aber, im wesentlichen im Sinne des un-
leoannten österreichischen Berichterstatters^) vom Jahre 1905
(s.o. S. 272), wohl noch einen Schritt weiter gehen. Die
Speziallehrpläne einzelner Anstalten, die in neuerer Zeit in
M großer Zahl erschienen, aber in der Regel für Lehrer be-
redinet sind und in dieser Beziehung ganz gewiß viel fruchtbare
iaregung geben, können im ganzen wie für einzelne Fächer in
aner besonderen Ausgabe so gefaßt werden, daß sie auch
Eltern Ton gewissem Bildungsniveau im Interesse ihrer die betr.
Schule besuchenden Kinder (Knaben wie Mädchen) einen gewissen
Aohait bieten. Die amtlichen, mit methodischen Anweisungen
fir Lehrer ausgestatteten Lehrpläne, deren Ankauf z. B. H. Möller
(a. a. O. 12) den Eltern empfiehlt, sind für diesen Zweck ganz
ungeeignet. Und mindestens sehr vieles von dem, was sachlich
über diese hinausgeht und von dem genannten Verfasser (a. a. 0.)
„sozusagen als Geschäftsgeheimnis'' angesehen wird, ist dies
keineswegs, wie schon die zahlreichen, z. T. sehr ausführlichen
and allgemein zugänglichen gedruckten Speziallehrpläne einzelner
Anstalten zeigen. Wer längere Zeit Lehrer ist und sein Eltern-
publikum einigermaßen kennt, weiß, daß sich darunter nicht
wenige ehrgeizige, auf nachhaltige Förderung ihrer Kinder trotz
beschränkter Mittel eifrig bedachte Elemente befinden, z. B. in den
Kreisen der mittleren Beamten und Volksschullehrer, die einen
großen Teil ihrer freien Zeit darauf verwenden, mit ihren
Kindern zu arbeiten. Ihnen würde es, meine ich, nicht unerwünscht
sein, über Ziel und Methode einzelner Fächer, besonders für
untere und z. T. auch noch für mittlere Klassen, im Zusammen-
hange und ausführlicher aufgeklärt zu werden, als dies gewöhnlich
^) Vgl. aoeh die hierher gehörigen Bemerkani^eo mehrerer Redaer auf
der 11, sMuisehen Direktoren- Fersanmdung von 1837 (Nr. 113).
288 Pro^rammwesen nod Programmbibliothek d. hob. Schalen.
auf möndlicbem oder schriftlichem Wege geschehen kann, be-
sonders eben in größeren Städten (s. o.) Der Anfangsunterricht
im Lateinischen, im Französischen und Englischen, gelegentlich
auch wohl der im Griechischen, för den die Lehrer in Zeit-
schriften wie in Programmbeilagen so zahlreiche Anregungen
finden, könnte für die eben bezeichneten Kreise recht frucht-
bringend dargestellt werden; der einheitliche Betrieb des Rechen-
unterrichts in den unteren Klassen — es soll immer noch vor-
kommen, daß die kleinen Männer bei jährlichem Wechsel des
Lehrers umlernen müssen — kann Anlaß zu ähnlicher Be-
arbeitung werden; und so wird es noch zahlreiche andere ge-
eignete Slofie geben. Die Arbeit ist nicht leicht und erfordert
ebensoviel Erfahrung wie Geschick, ist aber doch wohl im Hin-
blick auf den Nutzen in hohem Grade lohnend. Sie könnte dazu
fQhren, auf die notwendige Unterstützung des Hauses bei der
Arbeit von Kindern mittlerer Begabung segensreich einzuwirken,
könnte verhindern, daß der Schulunterricht durch zwar gut ge-
meinte, aber ohne Zusammenhang mit der methodischen Arbeit
des Lehrers in der Klasse geleistete Hilfe des Hauses beein-
trächtigt wird; auch dem vielfach von ungeeigneten Kräften er-
teilten, zur Überlastung der Schuler führenden und darum schäd-
lichen Privatunterricht, zu dem als letztem Rettungsanker so gern
Zuflucht genommen wird, kann wirksamer entgegengearbeitet
werden, wenn die Eltern von wirklich sachkundiger Seite über
das von ihren Kindern Geforderte so ausführlich wie möglich auf-
geklärt werden. Schwieriger und nicht ohne Bedenken ist es,
bestimmte allgemeinere Fragen der Erziehung, der Disziplin u. ä.
in Programmbeilagen, die doch auch in die Hände von Schülern
kommen, für Eltern in aufklärendem Sinne so zu behandeln,
daß sie ein nützlicher Beitrag zur gemeinsamen Erziehung der
Jugend durch Schule und Haus werden können. Daß sie möglich
sind, wird man aber nicht leugnen.
Man sieht, für die Beilagen zu den Jahresberichten ist hier
noch ein weites, bisher wenig beackertes Feld oflen. Die Arbeit,
die auf diesem Wege in der bezeichneten Richtung geleistet werden
kann, steht an Wichtigkeit für die möglichst vollkommene Lösung
der Aufgaben der Schule in Verbindung mit dem Hause der
rein wissenschaftlichen Tätigkeit, der gleichwohl auch au dieser
Stelle ihr Recht gewahrt bleiben soll (s. o. S. 278), nicht nach.
Berlin-Pankow. Richard Ullrich.
Der Schluß folgt in einem demnächst zur Ausgabe gelangenden
Supplementhefte.
ERSTE ABTEILUNG
ABHAKDLUNQEN.
Die Bewegungefreiheit in den Oberklassen.
Welches Maß von Freiheit d. h. you freiem SelbstbestimniuDgs-
recbt einein Volke zu gewähren ist, hängt oflenbar von dem Grade
der politischen Keife ab, die es besitzt. Ganz ebenso wird die
Intacheidung, wieviel Freiheit dem einzelnen Menschen, mag er
cn%hsen oder unerwacbsen sein, gestattet werden darf, sich nach
^n Urteil richten» wieweit seine sittliche Reife gediehen ist, die
eiies vemönftigen Gebrauch des kostbaren Gutes verbilrgt
Gtvifi hat Homer recht, wenn er dem welterfabrenen Odysseus
te Wort in den Hund legt:
^f^i<fv yao t' aQST^g anoaiwtctk svQvona Zsvg
Denn die volle Kraft des Mannes entfaltet sich erst dann,
veoD er das Ziel seiwis Sirebens sich selbst stecken kann und
freie Bahn vor sich sieht. Aber die Freiheit gleicht der Sonne,
welche zwar den Sobeß der nahrungspendenden Erde aufschließt,
aber auch die Fieberdünste hervorruft, die alles Leben ertöten.
Wollen wir uns ihrer segansvollen Wirkung versichern und die
verderbliche fernhalten, so gibt uns die Erfahrung nur ein Mittel
ao die Hand, das ist die Erziehung zum sittlichen Charakter.
<^ebört die Freiheit zu den unveräußerlichen Menschenrechten, so
^ört die Erziehung zu den unumgänglichen Menschenpflichten.
Denn die Erziehung ist nichts anderes als die Heranbildung der
Fähigkeit, die Freiheit in richtiger Weise zu gebrauchen. Wer
so Tiel Selbstbeherrschung, so viel Verantwortungsgeffihl sich zu
e^en gemacht hat, daß er die Zügel seiner Seelenrasse selbst
in die Band zu nehmen und den rechten Weg stets zu erkennen
rermag, der ist dem Erzieher entwachsen und für die Freiheit reif.
Aber diese Fähigkeit entsteht nicht wie die gewappnet aus dem
Haupte des Zeus springende Athene, sondern wächst ganz all-
mählich und unmerklich. Und daraus ergibt sich für den Er-
zieher eine der schwierigsten Aufgaben, nämlich die Feststellung,
wieviel Freiheit dem Zögling auf jeder Entwicklungsstufe zu ge-
währen Ist Wendet er sich mit einer Aufrage an die theoretische
Erziehongslefare, so erfährt er nur den allgemeinen Grundsatz, daß
290 Die Bewegangsfreiheit io dco Oberklassen,
auf jeder Stufe dem Grade der Selbstbestimmungsfähigkeit des
Zöglings auch das Maß des Selbslbestimmungsrechtes ent-
sprechen muß und daß es ein Fehler der Erziehungsmethode ist,
wenn sie dem Zögling nicht ao viel Freiheit zugesteht, wie er ver-
tragen kann, und auch ein Fehler, wenn er mehr erhält, als ihm
dienlich ist. Aber die Fixierung der aufsteigenden Linie, in der
sich die Gewährung der Freiheit bewegt, und insbesondere die
Beurteilung des einzelnen Falles ist Sache des praktischen
Pädagogen.
An diesem Punkte nun setzt die neueste Bewegung in der
Schulpädagogik ein mit der Behauptung, daß in den Oberklassen
der höheren Lehranstalten das Selbstbestimmungsrecht der Schüler
hinter den gesunden Forderungen zurückbleibt. Die den Primanern
gewährte Freiheit siehe mit ihrer sittlichen Reife nicht in richtigem
Vt^rhältnis. Der Arbeilszwanj^, der auf der unleren und mittleren
Slufe wohl am Platze sei, wirke auf der Oberstufe einengend und
niederdruckend, hindere eine freie Entfaltung der Geisteskräfte
und lasse Lust und Liebe zur Sache nicht aufkommen. Daher
kämen die jungen Leute sittlich und intellektuell unreif auf die
Universität, intellektuell, weil sie nicht gelernt hätten, selbständig
sich in eine wissenschaftliche Frage zu vertiefen, sittlich, da sie
nicht wußten, was sie mit der ihnen plötzlich in den Schoß ge-
worfenen Freiheit anfangen sollten, und deshalb entweder scheiterten
oder wenigstens eine kostbare Zeit vergeudeten, ehe sie ihr
Schifflein ins rechte Fahrwasser brächten. Daher empfehle es
sich, in Erziehung und Unterricht die SchOle der Oberstufe an
ein freieres, d. h. ein mehr auf eigene Verantwortung gestelltes
Leben zu gewöhnen und dadurch einen leichteren Obergang zur
Universität anzubahnen.
Jeder, der in der Praxis steht, wird den Pädaf^ogen, welche
diese Fragen angeregt haben, Wilhelm Mfincb, Adolf Matthias,
Friedrich Paulsen, Dank wissen. Und der Widerhall, den sie über-
all gefunden haben und der gewiß in den Lehrerzimmer noch weit
lebhafter ist als in der Offen llichkeit, darf als Beweis dafür gelten,
daß die Zeit zu der Fragestellung gekommen war. Selbst dann,
wenn von den geplanten Reformen keine einzige allgemein an-
erkannt und eingeführt werden sollte, ist doch mit Sicherheit an-
zunehmen, daß die gepflogenen Erörterungen auf das innere Schul-
leben, auf den Verkehr zwischen Lehrern und Schülern und das
Unterrichtsverfahren in den Oberklassen einen heiUamen Einfluß
ausüben werden. Im Grunde ist ja dies auch das Wichtigere;
denn von jedem Organismus gilt das Wort Wallensteins :
Es ist der Geist, der sich den Körper baut.
Dies zu betonen, scheint heute nicht ganz überflüssig zu sein,
weil man aus der sich überstürzenden Hast, mit der Neu-
gestaltungen geplant, empfohlen, erprobt werden, den Eindruck ge-
winnt, als ob die Form gegenüber dem inneren Leben überschätzt.
von A. Busse. 291
d\& ob das Was gegenüber dem Wie zu stark in den Vordergrund
gerückt werde. In der Tat unterliegen denn auch die organisa-
torischen Änderungen, welche bei den Erörterungen der zwang-
loseren Gestaltung des Unterrichts vorgeschlagen worden sind,
manchen Bedenken, während die Anregungen, die auf eine freiere
Entfaltung der geistigen und sittlichen Kräfte unserer Schüler
hinzielen, freudige Zu;»tinimung verdienen und gefunden haben.
Da ist zunächst auf die Einführung der freien Studientage,
der „Ausschlafetage'*, von Paulsen^) hingewiesen, wie sie in
Schulpforta und manchen deutsclien Universitätsstädten, z. B.
in Tubingen, üblich waren und heute in Frankreich an den
höheren Lehranstalten allgemein eingeführt sind. Dieser Gedanke
gebt weit über das Ziel hinaus. Sollten wirklich unsere Schüler
reif sein für eine Einrichtung, die selbst die Universitäten ab-
gescbafll haben? An Alumnaten, wo genügende Organe zur Be-
lofsichtigung vorhanden sind, mag es noch gehen. Eine all-
gemeine Einführung würde in einem schroflen Widerspruch mit
dem Geist der Gegenwart stehen, der eine energische Zusammen-
KttSBBg der Kraft und eine planvolle Ausnutzung der Zeit ge-
bieterisch fordert Hingegen würde gar nichts zu sagen sein gegen
eiae allgemeine Verbrt'itung der Einrichtung, die schon jetzt an
emigen Lehranstalten eingeführt ist und darin besteht, daß die
ganze Unterrichtszeit eines Vormittags 'in einer Oberklasse der An-
fertigung einer schriftlichen Arbeit aus dem Stoffgebiet des
deutschen, geschichtlichen, mathematischen oder auch des sprach-
lichen Unterrichts gewidmet wird. Mann kann dabei den
Schülern, die es wünschen, ohne Bedenken die Wahl des Themas
überlassen und so der individuellen Veranlagung entgegenkommen,
Auch die Gruppenbildung, die von Matthias warm be-
fiirwortet worden ist^) und jetzt am Gymnasium zu Strasburg in
Westpreußen erprobt wird, bedarf wohl noch einer Korrektur,
wenn sie lebenskräftig sein soll. Nicht sowohl wegen der
Schwierigkeit des Stundenplans, die von Paul (jauer in der
Broschüre Zur freieren Gestaltung des Unterrichts,
Leipzig 1906, Dürrsche Buchhandlung, S. 10 stark betont wird
— hier gilt das Wort: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg — ,
sondern deswegen, weil wir hier einen ganz neuen Typus von
Gyrooasialabiturienten erhalten, nämliche solche, die zwar im
Lateinischen und Griechisclien ein wenig höhere Leistungen auf-
zuweisen haben, aber dafür in der Mathematik auf dem Stand-
punkt der Kenntnisse eines Obersekundaners vermehrt um die
Stereometrie stehen. Es sollen nämlich die Schüler beider
Gruppen, sowohl der sprachlichen wie der mathematischen, um
zwei Unterrichtsstunden entlastet werden, die natürlich den
^) Mooaticiirift fdr höhere Scholeo 1905 S. 70.
*) Mooatsehrift fdr hShere Schalen 1906 S. 2.
19'
292 ^'^^ ße wegaogfsfreibeit in des Oberklasseo,
PrivatstudieD zugute kommen mußten. Die mathematische
Gruppe hat danach wöchentlich nur 5 (statt 7) lateinische
Stunden und liefert in der Reifeprüfung anstatt des lateinischen
Extemporales eine Übersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche.
Die sprachliche Gruppe hat wöchentlich nur 2 Standen Mathematik,
die dazu verwandt werden, die Schuler in die Stereometrie ein-
zuführen und die in den früheren Klassen erworbenen Kenntnisse
wieder aufzufrischen. In der Reifeprüfung wird von dem
mathematischen E^ensum der Prima nur die Stereometrie gefordert,
aber etwas mehr an Leistungen in den sprachlichen Fachern er-
wartet. Dadurch erhalten wir zwar zwei neue Typen von
Abiturienten, aber die der mathematischen Gruppe haben doch ein
Analogon in den Abiturienten des Realgymnasiums, von denen sie
sich nur durch ein Plus im Lateinischen, dem ein Minus in den
Naturwissenschaften gegenübersteht, und durch das Griechische
statt des Englischen unterscheiden. Ihre Bildung dürfen wir
getrost als eine vollwertige anei kennen. D;igegen ist die Bildung,
mit der die Schüler der sprachlichen Gruppe das Gymnasium ver-
lassen, eint; ruckständige und verkrüppelte, die für keinen Beruf
und für kein Studium, auch nicht für das der klassischen
Sprachen, ausreicht. Zwar hat Paulsen den Satz aufgestellt
(a. a. 0. S. 6S) : „Am Ende kommt jemand ohne Lateinsclireiben
jetzt so gut durchs Leben als ein anderer ohne Verständnis für
den binomischen Lehrsatz'*. Aber der verdienstvolle Geschicht-
schreiber des gelehrten Unterrichts ist hier wohl nicht wörtlich
zu nehmen; denn er weiß ganz genau, daß es sich dabei nicht
um die Frage handelt, wie jemand durchs Leben kommt, sondern
um die Frage, welches wissenschaftliche Rüstzeug heute jeoiand
haben muß, um an der Förderung unserer Kultur auf der Stufe,
wo wir gerade stehen, tatkräftigen und erfolgreichen Anteil zu
nehmen. Welche Summe lateinischen Wissens dafür erforderlich
ist, steht hier nicht in Frage; daß aber die mathematischen
Kenntnisse dazu gehören^), die wir in der Prima unsern Scliölern
übermitteln, daß vor allem auch das darauf gegründete Verständnis
der physikalischen und astronomischen Erscheinungen sowie der
technischen Erfindungen unentbehrlich ist, auch für den Altphilo-
logen unentbehrlich ist, das wird kein Einsichtiger leugnen. Und
es wird der Sache hoirentlich auch nicht schaden, wenn wieder
einmal ein Altphilologe für die Mathematik einzutreten sich ver-
pflichtet fühlt. Daher ist es gradezu unbegreiflich, daß von
29 Primanern des Strasburger Gymnasiums 24 sich für die
sprachliche und nur fünf für die mathematische Gruppe
entschieden haben. Dies kann nur das Ergebnis eigen-
*) in demselben Sinne hat sieb uucb C. Michaelis Welche Grenzen
luüsseu bei eiut*r freieren Gcstaltuu{^ des Lehrplaos für die
oberen Klassen des Gymnasiums innei^chalten werden? S. 15
ausgesprochen.
VOB A. Basse. ,293
artiger Verbältnisse sein. Wenigstens bat eine Probe, die in
einer Unterprima mit 21 Schulern angestellt wunie, ein ganz
anderes Resultat gehabt. Für die mathematische Gruppe meldeten
sich 11, für die sprachliche 10 Schuler; aber die meisten meldeten
sich, als die Frage gestellt wurde, wer für die Beibehaltung des
jetzigen Lehrplanes wäre, nämlich 12 Schuler. Daraus geht her-
Tor, daß Paul Cauer ganz recht bat^), wenn er die Bildung einer
dritten Abteilung, einer sprachlich- mathematischen, d. h. nach dem
normalen Lehrplan unterrichteten Abteilung fordert, soll nicht die
Freiheit, wie das auch im politischen Leben schon recht oft vor-
gekommen ist, sich in rücksichtslose Tyrannei verwandeln. Nun
bsseo sich aber die Zwecke dieser Grup|)enbildung. nämlich die
Differenzierung der Schüler und die Förderung ihrer Privatstudien,
ohne di« hervorgehobenen Nachteile leichter erreichen. Man
braucht nur in der Prüfungsordnung das System der Ausgleiobungen
leiier auszubilden, wie schon Steinbart in der Monatschrift für
)idlMre Schulen 1906 S. 22 vorgeschlagen hat. Dadurch soll nicht
«De Erleichterung der Prüfung herbeigeführt werden. Denn es
ist ^ewiß ein wahres Wort, das Zielinski Die Antike und
Wir S. 118 mit der ihm eigenen Schärfe und Bestimmtheit
ns^prochen hat: „Eine leichte Schule ist ein sociales Ver-
Mbeu*\ Aber muß man deswegen jeden, der schon auf der
Schale eine ausgeprägte Neigung zeigt, für minderwertig ansehen
ood ihm die ehrenvolle Befreiung von der mundlichen Prüfung
ToreothalteD? Auf diese Weise züchten wir jene steifleinenen
^lormalmenschen, über die Paulsen so ergötzlich spottet. Bekehren
vir uns nur energisch zu der Auffassung, daß der Schuler, der
eine mangelhafte Leistung in dem einen Fache durch eine gute
io dem andern ausgleicht, höher steht als sein Kamerad, der in
beiden Fächern eben ein Genügend erzielt, und behandeln wir
dieser Auffassung gemäß die Schüler nicht nur im Klassenunter-
richt, sondern auch in der Prüfung, dann brauchen wir keine
Gruppenbildung und sind in der glücklichen Lage, in jedem Fache
neben den schwachen Schulern auch gute zu haben, die jenen
als Vorbild dienen, sie fortreißen und in die Höhe ziehen.
Aber wo bleibt die Entlastung für die Privatstudien? Nun,
die zwei Wochenstunden, die bei der Gruppenteilung heraus-
kommen, sind längst nicht genügend, um für eine tiefer dringende«
geistige Arbeit Raum zu schaffen. Wir haben jedoch ein Mittel,
das jeden Tag zwei Stunden dafür frei machen könnte, wenn wir
ans nur entschließen wollten, die alltägliche Pensenarbeit ab*
zosdiaffen oder wenigstens bedeutend einzuschränken. Was
unsere Scböler niederzieht und einengt, ist nicht die Unterrichts-
zeit, welche in den Stunden Abwechselung und Anregung, in den
Pausen Erholung und kameradschaftliche Unterhaltung bietet,
') A. a. O. S. 11.
i
294 I^ic Bewegaogsfreibeit in den Obflrklasseo,
sondern der täglichen Hausarbeit immer gleichgestellte Uhr. Und
wenn wir die Sache vorurteilslos ansehen, so können wir uns
nicht verhehlen, daß es eine kaum zu lösende Aufgabe ist, erst für
fünf Unterrichtsstunden des folgenden Tages sicli vorzubereiten und
dünn in die Tiefen eines deutschen Aufsatzes sich zu stürzen.
Entweder leidet die Vorbereitung, oder der Aufsatz wird so lange
verschoben, daß schließlich die Nacht zu Hilfe genommen werden
muß. Hier gibt es nur das eine Heilmittel, das Dorngestrupp der
täglichen Pensenarbeit zu beseitigen und so der geistigen Be-
tätigung freie Bahn zu schaffen. Das Verlustkonto wird dadurch
nur wenig belastet, die Kredilseite aber stark vermehrt. Denn
der geistige Ertrag einer häuslichen Vorbereitung ist immer ein
recht dürftiger gewesen, und der sittliche Wert dieser Arbeit
steht häufig sogar unter Null, weil sie so leicht zur Unaufrichtigkeit
verleitet. Wenn wir hierauf verzichten und den Klassenunter-
richt demgemäß ändern, also vor allem in den Lektürestunden
stets extemporieren, so erleiden die Schuler nur eine geringe
Einbuße, gewinnen dagegen eine schöne Zeit, die sie zur Er-
ledigung größerer und mehr in die Tiefe gehender Aufgaben
mannigfacher Art verwerten können. An Steile der deutschen
Aufsatze können Vierteljahrsarbeiten treten, auch in der Mathematik
darf anstatt der kleineren Hausaufgaben die umfassende Behandlung
einer Reihe in sich zusammenhängender Fragen gefordert werden.
In der Religion und Geschichte wird Raum geschaffen ' für die
Vorarbeit zu größeren Vorträgen, endlich in den sprachlichen
Fächern ist es möglich, die frei gewordene Arbeitszeit entweder
zu selbständigen Interpretationen ausgewählter Stellen oder zu Vor-
trägen aus dem Gebiete der Literatur- und Kulturgeschichte zu
verwenden. Hierbei muß naturlich der Neigung und Begabung
des einzelnen in weitestem Umfang Rechnung getragen und die
Wahl des Themas den Schülern möglichst überlassen werden.
Andrerseits entspringt daraus für die Lehrer die lohnende Auf-
gabe, ihren Schutern durch Rat und Tat, durch Anleitung zur
Behandlung des Themas, durch Angabe und Darreichung von
Hilfsmitteln, die Wege zu weisen und ihnen dadurch menschlich
näher zu treten.
Daß sie dies tun wollen und werden, dafür haben wir einen
schönen Beweis in der Tätigkeit vieler Lehrer für das Gedeihen
der von ihnen geleiteten Schülervereine. Paulsen, der (a. a. O.
S. 70) auf die ,, wissenschaftlichen Sodalitäten der Schüler^' hin-
wies, scheint nicht zu wissen, daß auch in der Gegenwart viele
Vereine der Art bestehen, an einer Berliner Anstalt nicht weniger
als drei, ein literarischer, ein naturwissenschaftlicher und ein
kulturhistorischer, von denen der erste schon auf 25 Jahre
zurückblickt. Die Erfahrungen, welche hier in verhältnismäfiig
langer Zeit und mit verschiedenen Schülergenerationen gemacht
worden sind, sprechen im allgemeinen für die Einrichtung, lassen
von A. Bttsse. 295
aber auch deutlich erkennen, daß die unerläßliche Vorbedingung
für die gedeihliche Entwicklung eines Vereins und für die Ab-
wendung der zahlreichen, dadurch heraulbeschworenen Gefahren
die hingebende Beteiligung eines anregenden Lehrers ist, der nicht
Dar das wissenschaftliche Vereinsleben sorgfaltig überwacht und
leitet, sondern auch den geselligen Verkehr pflegt und in so
vertrautem Verhältnis wenigstens mit den föhrenden Mitgliedern
siebt, daß jegliche Verheimlichung von vornherein ausgeschlossen
ist. In diesem Falle wird ohne Zweifel ein Segensstroni von dem
Vereinsleben ausgehen, der ebenso das wissenschaftliche Streben
befruchtet wie auch die sittliche Bildung gunstig beeinflußt.
So sehen wir, daß in dieser Erörterung das wesentliche und
ausschlaggebende Moment schließlich die Persönlichkeit des Lehrers
ist Und das gilt für die ganze Frage nach der Möglichkeit einer
freieren und wissenschaftlich fruchtbareren Gestaltung des Unter-
richts. Das Idealbild des Lehrers ist leicht gezeichnet Da ist zunichst
«isMQSchaftliche Tüchtigkeit und selbständige Mitarbeit auf einem
«ena aach kleinen Gebiete erforderlich. Denn wer könnte die
Mij^ Flamme in den Seelen seiner Schüler entzünden, der sie
Bebt selbst im Herzen nährt? Auch darf nicht die humane
CoiDQUDg fehlen, die nicht das einzelne Fach allein berücksiclitigt,
»ädern immer den ganzen Menschen umfaßt und etwa den Lehrer
ier Mathematik befähigt, zu einem Schüler zu sagen: „Ihre
juthematischen Leistungen sind zwar nicht hinreichend, aber ich
JMre, daB Sie einen guten deutschen Aufsatz schreiben, darum
will ich ein Auge zudrücken*^ Weiter ist unbedingt nötig das
Terständnis für die Jugend und Freude am Verkehr mit ihr.
Deoo Erziehen heißt Hinabsteigen zu dem Zögling und ihn ganz
aUmihlich zu sich emporziehen* Dazu gehört nun freilich viel
Selbstverleugnung, die wieder nur der üben kann, welcher den
wahren Eros in der Brust trägt. Und solche Eigenschaften werden
nicht nur bei den Lehrern vorausgesetzt, die in der Prima unter-
richten, sondern auch bei denen, die in den Unter- und Mittel-
klassen beschäftigt sind. Denn soll der Schüler für die Freiheit
reif werden, so ist das Bewußtsein der Verantwortlichk<*it schon
in frühester Jugend zu wecken und zu stärken. Wundt unter-
scheidet in der Entwickelung der sittlichen Motive drei Stufen,
die gekennzeichnet werden durch die Imperative des äußeren
Zwanges, des inneren Zwanges und der Freiheit. Der äußere
Zwang wirkt durch das Mittel der Strafe, der innere Zwang besteht
io der durch Erziehung und Beispiel bedingten Bildung und
GewöhnoDg des Willens, die Motive der Freiheit endlich beruhen
auf der überzeugungsvollen Anerkennung und Befolgung der Sitten-
gesetze. Es ist nun für den Erzieher von größler Wichtigkeit
die Beobachtung, daß bei aller individuellen Verschiedenheit doch
die Entwicklung dieser drei Stufen stets eine kontinuierliche ist
und nicht etwa von der dritten Stufe zur ersten überspringt
295 Das Uteioische Worterbneb,
Wollen wir also in den Oberklassen eine auf freiem Entschluß
beruhende und vom Verantwortungsgeföhl getragene Selbsttätigkeit
der Schüler erzielen, so wird es nötig sein, die Mittel des
äußeren Zwanges nicht bis zur Schwelle der Prima anzuwenden,
sondern sie schon vorher zurücktreten zu lassen hinter den
Motiven des innern Zwanges, die auszubilden die vornehmste Auf-
gabe des Erziehers ist. Nur dann, wenn es uns in den Mittel-
klassen gelingt, durch fortgesetzte innere Einwirkung unsern
Schölern das Pflichtgefühl und die Arbeitslust beizubringen,
dürfen wir es wagen, ihnen die Zügel frei zu lassen.
Und auch das wirksamste Erziehungsmittel gibt uns Wundl
an der genannten Stelle der Ethik an, wenn er auf die Bedeutung
des Vorbildes hinweist. Ja ein kluger Beobachter des Lebens und
feinsinniger Erzähler, Rosegger, hat einmal gesagt^): „Das Wort
Erziehung sollte man ausstreichen, das Wort Vorbild sollte man
dafür einsetzen''. Und dieses Mittel wirkt gleichmäßig auf allen
Stufen der jugendlichen Entwicklung. Zum Glück sind wir aber
dabei nicht nur auf uns selbst angewiesen, sondern wir haben aus-
gezeichnete Helfer in unsern Eliteschülern, von denen jede
diiasse ein paar haben muß, wenn es vorwärts gehen soll. Wo
Kese führenden Geisler fehlen, da sprechen wir von einer
schlechten Generation. Möge man daher die Gruppen gestalten,
wie man will, vor allem müssen in jeder Klasse und in jedem
Fache neben schwerfUlligen und unbegabten Schülern auch frische
und intelligente sitzen, sonst werden wir auch bei freiester Ge-
staltung des Unterrichts die Samenkörner ins Meer streuen.
Berlin. Adolf Busse.
Das lateinische Wörterbuch in umgekehrter alpha-
betischer Keihenfblge der Buchstaben jedes Wortes.
„Ein solches Wörterbuch ist*' nach den Worten des
Referenten über Otto Gradenwitz' Laterculi vocum Latinarum
(Leipzig 1904) im Literarischen Zentralblatt vom 14. Jan. 1905
„als Grundlage der Wortbildungslehre und als textkritisches
Mittel längst ersehnt worden*'. Wer die lateinische Grammatik
daraufhin ansieht, wird überall das Bemühen finden, die Worte
nach den gleichen oder ähnlichen Endungen zu ordnen. Nicht bloß
die Formenlehre, sondern vor allem die Wortbildungslebre selber
legt überall Zeugnis von diesem durchgebenden Bemühen der
alten Grammatiker ab, ja unsere ganze grammatische Einsicht
läuft zunächst nur auf das Erkennen des Wortendes hinaus;
selbst die sog. Indeclinabilia gruppieren sich* ja in wunderbarer
Weise immer nach ihrer Endung.
^) Lohneyers Monatucbrift Oktober 1902.
TOI J. SaBoeg. 297
Es ist nur das Wörterbuch, welches dem einseitigei)
Zwecke einer Anordnung nach dem Anlaute der Wörter,
also nach dem Stammworte, dient. „Der Gedanke an und für
sieb, die Wörter nach dem Auslaute zu ordnen, isV' nach einer
freundlichen Mitteilung des verst. Sanskritgelehrten Albrecht Weber
wohl nur „in der heimischen indischen Lexikographie allgemein
rezipiert und von da aus auch bei den Sanskritphiloiogen teil-
weise mit gutem Erfolge in Anwendung gebracht wordenes wenn
aach das Reimwörterbuch eines Erasmus Alberus^), an dem der
bekannte evangelische Liederdichter gegen zehn Jahre arbeitete,
immerhin etwas Ähnliches ist, wie es denn auch „das erste
ergeotliche deutsche Wörterbuch ist, recht wie zum Zeichen, daß
dis deutsche Volk ein poetisches sei*'.
Die Endung ist eben als das jüngere in den indo-
germanischen Sprachen auch das durchsichtigere, erkennbarere
Dod geläufigere Element des Wortes. Kommt es nun bei einem
^örterbuche, wie bei einer Sammlung Oberhaupt, darauf an,
Bd^licbst alles Gleichartige zusammenzugruppieren, so bieten die
Eadongen viel mehr dergleichen als der Anlaut der Wörter, weil
»dl die Wörter bei ihrer letzten und jüngsten Formierung und
BIMoDg gegen ihr Ende hin anähnlichten und so nach dem Geiste
'er Sprache und dem dessen, der sie handhabt, gruppierten.
Was aber dem Gedächtnisse auch des Sprachgewandtesten nicht
nöglich ist, das vermag der Sammeleifer des Lexikographen init
federbeschwingter Rechten, nämlich nun die sämtlichen ähnlich
formierten Wörter zusammenzubringen, wenn auch noch nicht
nach einem phonetischen, dann doch nach dem landläufigen
Alphabete, das ja nicht ganz ohne phonetische Einsicht zustande
gekommen ist (man vergleiche die Reihenfolge der Buchstaben
(1 m n, r s, ijp x* ß^^^ d^r Vokale a e i o u). An das sogenannte
Verkehrtsehen aber gewöhnt man sich sehr bald; vgl. die
linkhändig geschriebene Spiegelschrift eines Leonardo da Vinci
(Liter. Zentralbl. 1894 Sp. 30) oder die sog. umgekehrte Mosaik-
arbeit eines Salviati (Neue Jahrb. für Päd. 1874 S. 226 fr.)
Der Wunsch, ein solches nach den Endungen geordnetes
Wörterbuch zu besitzen, ist schon gar manchem gekommen, der
bei der Emendation eines unvollständig erhaltenen Schriftstellers
den Anfang eines Wortes aus seiner wohlerhaltenen Endung hat
ergänzen sollen. Zuerst hat nun diesen Gedanken der bekannte
Herausgeber der ägyptischen Papyri, Prof. Graden witz-Königs-
berg, mit Hilfe einiger Philologen in die Tat umgesetzt und uns
mit einer solchen Anordnung der lat. Wörter beschenkt, die nun
Dicht bloB 'a fronte', sondern auch *a tergo' aufgereiht sind, lu
') NovniD dictionarii s^'n*« 1» ^^^ aliinis sea termioalibus sernaDi-
cirain vocom syllabi« observatis, Latioa vocabuU; cnm suis qoaeqae
«ynoBynis, additis loqoeodi etiam fignrts ac modis, protions sese offemot.
Fraacof a. M. 1540.
298 ^'^ lateioische Wörterbuch,
textkritisohem Sione ist damit einem wirklichen Bedurfnisse ab-
geholfen; auch im etymologischen? „Wollen wir hier auch noch
von der ersten Form, beim Nomen vom Nominativ Singularis,
beim Verbum von der ersten Person Singniaris indicativi
Praesentis Activi ausgehen? Die ganze Anordnung wurde eine
gar äußerliche und keine sehr, vorteilhafte werden, wie ich schon
in dem neuen Jahrb. 1874 S. 210 geltend gemacht habe.
Dürfen wir denn, wenn es sich um eine Einsicht in die Wort-
bildungslehre handelt, an der flektierten Form hängen bleiben?
sagte ich mir schon damals, also z. B. an einem nucleus oder
nuclei oder nudeo usw. oder enucleo^ enncleas^ enuckat usw., oder
heißt nicht der Wortbildungsstamm vielmehr ntic-{e und e-nuc-
/e? Gewinnen wir nicht damit noch eine größere Vereinfachung
des Wörterbuches, wenn wir nucleus mit enucleOj iocus mit
iocor, arx, arcis mit arca arcus und arceo, coniux^
coniuges mit contti^o und ttij^tim mit biiugtis zusammen-,
bringen, während sie hei Gradenwitz, der die erste grammatische
Form zugrunde legt, an sehr verschiedenen Orten stehen?
' Ich ging wie man sieht, schon damals einen Schritt weiter,
als Gradenwitz jetzt tut, und legte darum nicht irgend eine
grammatische Form, sondern unter Abstrich der Kasus- oder
Konjugationsendung den Wortbildungsstamm selber zugrunde,
indem ich die jedesmalige Wortbildungsendung als Exponenten
ausschaltete, unter dessen Abzug sich das Stammwort^ das
Gradenwitz bei jedem Worte besonders angeben müßte» von
selbst ergibt: edax, ed-ac-is von edo, ped-ic-a von pes, ped-
is, atroXy atr-öc-is \on ater, at-ra, atr-um; also „iunix, hmicts
St. f fit;* en- tc-tV deutet auf iuvenü, nutrix, nutr-tc-is auf
nutrio hin. Wenn es nach einem einleitenden Worte des
neuen Thesaurus linguae Latinae Aufgabe der Lexikographie sein
soll, „durch Verknüpfung des noch durch die alphabetische An-
ordnung Getrennten auch allgemeinere Gesetze darzulegen und
durch Zusammenordnung Verstreutes zu erklären'', so wird das
aber nach dieser Anordnung eher möglich sein als nach der bis-
herigen; es kommt nur darauf an, um welche Gesetze es sich
dabei handelt. Während dort das alphabetische und etymologische
Prinzip gewaltsam verbunden erscheint, gesellt sich hier Gleiches
zu Gleichem, und indem sich so beide Prinzipien durchdringen,
ist gleichsam das Kristallisationsgesetz der Sprache gefunden ;
man ist gehalten. Gleiches unter Gleichem zu suchen und das
Bild eines organischen Aufbaues, den die Sprache bildet, muß
sich so in der Seele immer mehr und mehr befestigen, wenn
wir sie sozusagen vor unseren Augen entstehen sehen. Das
Wörterbuch wird so zu einer Fortsetzung der Grammatik, es
macht ganz den Eindruck einer Wortbildungslehre: es wird im
Unterschiede zu den progressiv geordneten Lexicis, die ja ruhig
daneben bestehen bleiben können, zum Lesebuche. Mit Recht
v«s J. SaoBeg. 299
bat (las preuß. Unterrichtsminisleiiuui schon unter dem 10. April
1857 einmal auf die Notwendigkeit eines mctbudisclien Vokabel-
ierneus liiogewiesen ; aber nur das, wofür wir uns wahrhaft auch
jateressiereo, bewahren wir treu in unserem Gedächtnisse. Nun
meine ich: durch das Interesse, welches sich mit jedem Worte,
als einem wesentlichen Glieile in der Kette unserer Anordnung,
verbindet, wird auch dem Gedächtnisse des Anfängers eine kräftige
Stütze geliehen, ganz abgesehen davon, daß sich die SchQler, was
ja der Hauptvorteit alles Sprachunterrichtes ist, so au Zucht und
Ordnung in ihrem Denken gewöhnen. Und wenn man auf dem
II. deutschen Neuphilologentage neuerdings in Köln, wie aus den
Verhandlungen S. 151 hervorgeht, auf den oberen Stufen „Etymo-
logisches festgestellt und Ableitungen gebildet'' wissen
vill, so wüßte ich kein geeigneteres Mittel dazu, als eben diese
Art Anleitung, wonach selbst ein fehlender Ausdruck verstanden
«erden kann, wenn är nur richtig retrospeklivalphabetisch ein-
nngiert wird; denn alle weggelassenen Bildungen sind dann auch
äoliche Wortbildungen. Das neue Wörterbuch, das ich ebenso
vie für das Lateinische auch för das Französische nach
diesem Prinzip fertiggestellt habe, erweist sich so als ein
Führer und Leitstern durch das Labyrinth der betr. Wortbildungs-
khre.
Das lateinische retrospektive Wörterbuch — man gestatte
luir diesen Ausdruck einen Augenblick — bereitet insofern schon
aaf das Französische vor, als hier auch von der Sprache selbst
<iie Flexionsendung meist unterdrückt erscheint, was wohl die
Folge der bewußter auftretenden und sich geltend machenden
Wortbedeutung gegenüber der Stellung im Satze ist. Wie nahe
«ich hierbei die beiden Wörterbücher berühren, erlaube man mir
(mit weggelassener Bedeutung) an einem kleinen Ausschnitte der-
selben zu zeigen, der also strengalphabetisch geordnet ist:
Fr. congratulation von congratuler, wie lat. congratulalio, -önis
T. congratulari,
1, capitulation v. capituler, fehlt dem Latein, kann aber aus
capitulatim (Nep.) und capilulatus, -a, -um (Plin.) von
capitulum, -i gefolgert werden,
<« recapitulation v. recapituler, fehlt desgl., vgl. recapitulare
(Terlull.),
» postulation v. postuler, wie lat. postulalio v. postulare,
» diffamalion v. diffamer, wie lat. dillamatio v. diOamare,
n infamation von infamer, lat. infamare,
M acdamation v. acdamer, wie lat. acciamalio v. acclamare,
» diciamalion v. declamer, wie lat. declamatio v. declamare,
1} riclamation v. riclamer, wie lat. reclamatio v. reclamare,
if conclamation (ohne Verbum), wie lat. conclamatio v. conclamare,
n proclaioalion v. proclamer, wie lat. prociamatio v. proclamare,
M exciamation v. exclaroer, wie lat exclamatio v. exclamare,
1»
300 Dits Utdiniflehd Wl^rterbnch,
Kr. crematioD (ohne Verbum), wie lat. crematio v. cremare,
decimation v. decimer, wie lat. decimatio v. decimare,
animation v. animer, wie iat. animatio v. animare,
exanimation (oboe Yerbum), wie lat. exanimatio v. exanimare.
Wie man sehen kann, ist, wie es scheint, nur conclamation
und cremaiion aus dem Lateinischen fertig übernommen,
während die anderen Ausdrücke das Französische selbständig ge-
bildet haben mag, vor allem capilulation, recapilulation und
infamation.
Sehr wichtig ist eine solche Anähnlichung und Unterweisung
für die richtige Hervorbringung technischer und wissen-
schaftlicher Bezeichnungen, für welche unsere heimische Rede-
weise nicht immer genügen will oder leicht zu Mißverständnissen
ffihrt. Und ist denn nicht Wissenschaft und Technik von ganz
besonderem internationalen Interesse? Große Anfechtung haben
in dieser Beziehung jene Fremdwörter erfahren, welche sich z. B.
auf die Leichenverbrennung beziehen und nicht, wie die meisten
anderen, auf französischem, wohl aber auf dem heimatlichen
Grunde erstanden sind. Ich führe nur einen dieser Ausdrücke
an, um zu untersuchen, ob er denn nicht stichhaltig sei:
„crematorium'S sagt Hermann Dunger, „steht überhaupt in keinem
lateinischen Wörterbuche; selbst in dem Glossarium mediae et
inGmae Latinilatis von Du Gange ist es nicht aufgezeiclioet"; als
wenn das für uns Deutsche maßgebend wäre und es nicht viel-
mehr darauf ankäme, ob es nach den Regeln der lat. Wort-
bildungslehre überhaupt zulässig sei. „So tief und breit das
Fremdwort in unsere deutsche Sprache eingedrungen ist*^ sagt
Wilh. Münch (Über Menschenart und Jugendbildung S. 333 Anm.),
„in der höheren und zumal in der feierlichen Sprache hat es (ja)
kaum je seine Stelle gefunden".
Ich wähle wieder zwei den vorigen entsprechende, also
parallele und streng alphabetisch geordnete kleine Ausschnitte ohne
dazu gehörige Bedeutungen, indem ich diesmal das Englische hin-
zunehme:
lat. gratulatorius, -a, -um, e. gratulatory,
— „ congratulatory,
fr. congratulatoire, congratulateur,
e. congratulator,
— — „ capitulator,
— e. recapitulatory,
fr. recapitulateur (v. recapitoler, lat. recapitulare),
„ postulatorius, -a, -um, e. postulatory,
fr. postulateur, lat. postulator (v. postulare),
— e. expostulatory,
e. expostulator (v. expostulate, lat.
expostulare);
lat amatorios, -a, um —
fr. amateur, lat. amator (v. amare),
— e. deCBinatorysdiffamatory,
fr. diffainatoire, diffamateur (?. diffamer, e. defame,
lat. diffamareX
„ clamatorius, -a, -um —
— lat. clamator (v. clamare),
— e. acclamatory,
fr. acdamateur (v. acclamer, e. acciaim, 1. acciamare),
„ declamatorius, -a, -um, e. dedamalory,
fr. declamatoire, deciamateur, lat. declamator (v. decia-
roare, fr. declamer, e. dedaim),
— fr. reclamateur (t. reciamer, lat. reclamare),
— fr. prociamaleur, lat. proclamator (v. proclamare),
— fr. blasph^matoire, blaaphemaleur (v. blaaph^mer, lat.
blai^phemare),
nl^rcmatorium'*,
lat. cremator (v. cremare),
fr. derimaleur, e. decimalor (v. decimate, lat. decimare),
fr. animateur, lat. animator (v. animare, e. animate).
Wie leicht köonen unter den 9 deutach^n Kompoaita Wörter,
tt man statt „Krematorium'* vorgeacblagen bat, wie „Feuerhalle,
ferbrennuDgs>halle oder •anläge oder -statte oder Ein-
iicberungsofen oder Flammenofen doch mißverstanden werden,
wahrend der Kunstausdruck, als wAre er gefeit, immer nur ein
BDd dasselbe Ding bezeichnet! Und sollte es uns anderen
Gomanen nicht ebenso wie den Engländern erlaubt sein, die
hteioische Sprache weiter zu bilden, wenn es nur in dem gesetz-
näfiigen Rahmen des sprachlichen Organismus geschieht, den wir
so feststellen können? Das ist ja eben das unverglngliche und
ooTertilgbare Leben der beiden klassischen, d. h. wahrhaft ein-
zigen Sprachen, daß sie nicht bloß in den fremden Sprachen,
soodern auch in (oft genug freilich mit Recht getadelten) Fremd*
Wörtern fortleben und von ewiger Dauer zu sein scheinen. Und
doch wie freundlich muten sie uns an, wenn sie uns einmal wie
willkommene Gäste in Kunst und Wissenschaft aus irgend einer
QDsagbaren Verlegenheit helfen? Darum sei und bleibe ihnen
aber auch ihr wohlverdientes Gastrecht gewahrt. Das retrospektive
Wörterbuch aber, zu welchem die Neuen Jahrbucher vor nunmehr
einem Menschenalter die erste Anregung gaben, sei auch ihr
freier Geleitsbrief. Es kam mir damals darauf an, in dem
Vokabularium eine selbständige grammatische Methode zu begründen ;
dort und in dem vorliegenden Aufsatze habe ich diese Methode
des näheren gekennzeichnet und hoffe zuversichtlich, auf dem
<iebi4>te der lateinischen wie auch der französischen und englischen
Wortbiiduogslehre einen Schritt vorwärts getan zu haben. In
absehbarer Zeit hoffe ich den Fachgenossen a^s Probe das
302 Über Auswahl und 'Behtnillung der Horazlekture,
lateinische Vokabularium nach meiner Methode vorlegen zu können.
HofTentlich darf ich dann darauf das Wort des mir unvergeßlichen
Ernst Curtius (Neue deutsche Rundschau 1892 S. 357 vom
1. März) anwenden: ,,Es gibt Normen, die nicht erfunden, sondern
gefunden werden und, einmal gefunden, ein bleibendes Besitztum
der Menschheit sind''.
Luckau. J. Sanneg.
Über Auswahl und Behandlung der Horazlektüre*
In seinem anregenden Buche ,, Homer und Uoraz im
Gymnasialunterricht*' gibt Oskar Jäger für den Gang der Horaz-
lekture folgende Weisung (S. 159): „Man folgt natürlich hier der
alten Regel, die sich von selbst ergibt, daß im ersten Jahr (Unter-
prima) die drei ersten Bücher der Oden und allenfalls einige
Epoden, beziehungsweise eine Auswahl aus jenen drei ersten
BQchern gelesen wird, im zweiten eine Auswahl aus den Satiren
und Episteln und gegen das leidige Abiturientenexamen hin noch
einiges aus dem vierten Buch der Oden". Von dieser Regel, der
auch Dettweiler (Methodik und Didaktik III 218) sich im wesent-
lichen anschließt, wird gemeinhin wohl nur insoweit abgewichen,
als im ersten Jahre statt des dritten Buches der Oden einige
Satiren, im zweiten Jahre die beiden anderen Bächer der Oden
und einige Episteln gelesen werden. Die drei ersten Bücher der
Oden oder wenigstens das erste will Jäger (S. 161) ganz lesen
lassen. „Es muß, überflüssig zu sagen, in der Ordnung ge-
schehen, die der Dichter selbst seiner Sammlung und zwar nach
einleuchtenden und einfachen Gesichtspunkten gegeben hat.'*^ In
demselben Sinne äußern sich andere hervorragende Schulmänner,
wie Schimmelpfeng (Erziehliche Ilorazirklüre, 2. Aufl., S. 8),
Röhl (Jahresbericht XXX der Zeitschr. f. d. Gymnw. S. 54) und
Paul Cauer (Monatscbrift für höhere Schulen 1905 S. 417); der
letztere fühlt sich durch Jägers „im Gegensatze zu der päda-
gogischen Orthodoxie von heute" gesprochenen Worte sehr an-
genehm berührt.
Wir wollen uns nicht damit aufhalten zu untersuchen, auf
wen dieser Ausdruck zutrifl't, sondern nach der uns gegebenen
Weisung an die Lektüre der Oden herantreten. Dabei ergibt
sich alsbald der Obeistand, daß wir, da die ersten 11 Gedichte
des ersten Buches in 10 verschiedenen Versmaßen verfaßt sind,
von der ersten Asklepiadeischen zur Sapphischen, von dieser zur
zweiten Asklepiadeischen, dann zur vierten Archilochischen, der
dritten und vierten Asklepiadeischen, der Alkmanischen, der
zweiten Sapphischen und schließlich zur Alcaischen Strophe über-
gehen müssen, der sich bald die fünfte Asklepiadeische anreiht.
So gestaltet sich infolge der verschiedenen dichtefischen Formen
von A. Rnppersberp. 303
der Beginn der Horazlektüre eiDem HinderDisrenDen nicht un-
äfanlich. Indes diese Hindernisse müssen überwanden werden,
da der Dichter selbst seiner Sammlung diese Ordnung und zwar,
wie Jäger sagt, „nach einfachen und einleuchtenden Gesichts-
punkten'' gegeben hat. Etwas vorsichtiger drückt sich Cauer
aus, indem er sagt, daß diese Reihenfolge „doch wohl nicht ganz
zufällig und bedeutungslos*' sei. Daß die Anordnung der Ge-
dichte von Horaz selbst herrührt, ist zwar nicht durchaus sicher,
aber wenigstens wahrscheinlich. Welches sind nun die einfachen
nnd einleuchtenden Gesichtspunkte, weiche Horaz befolgt hat?
Einen einheitlichen Grundgedanken, wie etwa bei den Römeroden,
»erden wir bei den Anfangsoden des ersten Buches vergeblich
suchen, im Gegenteil, die Stoffe sind die denkbar verschiedensten,
wie schon ein oberflächlicher Blick zeigt. Auch in den ange-
redeten Otter gefeierten Personen zeigt sich beständiger Wechsel:
Mäcenas, Auf^ustus, Vergil, Sestius, Pyrrha, Agrippa, Munatius
Plancus, Lydia, Thaliarchus, Merkur, Leuconoe — eine bunte
Keihe. Offenbar hat der Dichter, wenn die Anordnung von ihm
berröhrt, diese nach dem Grundsatz ,Variatio delectat' getroffen.
Tad welche Absicht verfolgte er dabei? Die an besonders ver-
ebte Männer wie Häcenas, Augustus, Vergil gerichteten Gedichle
faden wir vorangestellt; im übrigen sollte die Mannigfaltigkeit
^ Formen, in denen sich das äolische Lied des römischen
Singers bev^egte, dem Leser zuerst und zumeist vor Augen ge-
führt werden. Ebensowenig Rücksicht auf den Inhalt zeigt der
Kchler bei der Anordnung der Kpoden, die einfach nach dem
Netrum zusammengestellt sind. Diese rein äußerliche Anordnung
der Gedichte bei der Lektüre beizubehalten ist meiner Ansicht
oach nicht nur nicht notwendig, sondern sogar didaktisch be-
denklich, da ein solches Vielerlei von Stoffen und Formen auf
den Schüler verwirrend wirken muß. Daß Jäger seiht diese
Erfahrung gemacht hat, ge.<«teht er mit den Worten (S. 159): „Bei
der Lektüre der Oden im ersten Jahre hat man mit der Be*
wältigung der Form und der sprachlichen Seite noch zu viel zu
tun, um schon ein sachlich historisches Interesse in den Unter-
richt einführen zu können'*. Aber dieses sachlich historische
loterresse will doch gerade Jäger wecken, indem er die Lektüre
des Horaz „unter die biographische Idee stellt". Es läßt sich
also beides, die sofortige Bewältigung aller Horazischen Formen
und die Weckung des historischen Interesses schwer vereinigen,
und Jäger stellt deshalb anheim, das biographische Moment einst-
weilen zurücktreten und erst am Ende des ersten Jahres stärker
hervortreten zu lassen. So wird der durchaus richtige Gedanke,
daß der Schüler zu Horaz in ein persönliches Verhältnis treten
müsse, zugunsten der überlieferten Anordnung aufgegeben.
Diese Bedenken hat schon Hatschky in seinem lesenswerten
Programm (Krotoschin 1904) gcüufsert und vorgeschlagen, die
304 Ober Auswahl and Beh«odliin|^ der Horazlektnre,
Horazlektöre mit der sechsten Satire des ersten Buches zu be*
ginnen. In der Tat eignet sich dieses Gedicht sehr gut zur Ein-
führung, da es ups die Herkunft und die Erziehung des Dichters,
seine Lebensweise, seine Pietät gegen seinen Vater und sein Ver-
hältnis zu Häcenas so anschaulich zum Bewußtsein bringt Aber
mit den weiteren Vorschlägen Matschkys kann ich mich weniger
einverstanden erklären. Es empfiehlt sich meiner Ansicht nach
nicht, nun zunächst die^Oden 11,11130,1120 und bald
nachher IV 3 und IV 9 zu lesen, Gedichte, welche fast aus-
schließlich die Selbslverherrlichung des Horaz zum Gegenstände
haben. Der denkende Schüler wird mit dem Dichter schwerlich
recht befreundet, wenn er, ehe er noch einen größeren Teil
seiner Gedichte kennen gelernt hat, ihn nur sein eigenes Lob
verkünden h5r(.
Auch die Anordnung Altenburgs (Programm Wohiau 1894:
c. I 6, 15, 24, 3, 28, 4, 22, 20, 17, 18, epod. 7, 16, c. 1 14, epod. 1,
c I 2, 31, 32, 1) spricht mich nicht sehr an, sie erscheint mir
etwas gesucht und gekünstelt. Dagegen billige ich durchaus den
Grundsatz des induktiven Lehrverfahrens, dem Altenburg die
Horazlektüre unterordnen will, und erkläre mich ganz damit
einverstanden, daß das Interesse nicht vorzeitig gesättigt und ab-
gestumpft werde durch eine Fülle unvermittelter gelehrter ^iotizeo,
die als Einzelheiten pädagogisch wertlos sind, vielmehr fortgesetzt
in Spannung und Erwartung bleibe; mit jedem Schritte, den wir
vorwärts tun, erweitere sich der Blick in die reichen Beziehungen
des Dichters zur Geschichte seiner Zeit, zum Kulturleben, zu den
Strömungen des geistigen Lebens.
Es möge mir nun gestattet sein zu zeigen, wie der Schüler den
Dichter in seiner Entwickelung verfolgen und zugleich ganz all-
mählich in die mannigfaltigen Formen der llorazischen Dichtung
eingeführt werden kann.
Zur Einleitung in die Horazlektüre ist ein Hinweis auf das
Verhältnis der römischen zu der griechischen Poesie gewiß am
Platze. Darüber unterrichtet uns Horaz selbst am besten in den
bekannten Versen (epist. I 156 0):
Graecia capta ferum victorem cepit et arles
Intulit agresti Latio. Sic horridus ille
Defluxit numerus Salurnius et grave virus
Hunditiae pepuiere, sed in longum tamen aevum
Manserunl hodieque manent vestigia ruris.
Serus enim Graecis admovit acumina chartls
Et post Punica belia quietus quaerere coepit.
Quid Sophocies et Thespis et Aeschylus utile ferrent.
Ich trage deshalb kein Bedenken, diese Stelle schon jetzt
herauszuheben und mit den Schülern zu besprechen. Damit ist
der Vorteil verbunden, daß der Schüler gleich ein iohaltreiches
von A. Rnppersberg. 305
Stück von Horaz kennen lernt, ohne sofort durch fremde metrische
Formen geschreckt zu werden.
Auch die Jugendgeschicble des Horaz soll der Schüler aus des
Dichters eigenem Munde hören. Sie sieht epist. li 2, 41 — 52:
Romae nutriri mihi contigit atque doceri,
Iratus Grais quantum nocuisset Achilles.
Adiecere bonae pauIo plus artis Atlienae,
Scilicet ul vellem curvo dignoscere rectum
Atque inter silvas Academi quaerere verum.
Uura sed e movere loco me terapora grato
Civilisque rüdem belli tulit aestus in arma
Caesaris Augusti non responsura lacertis.
Unde simul prinium roe dimisere Philippi
Decisis humilem pennis inopemque paterni
Et laris et fundi paupertas impulit, audax
Ut versus facerem.
Diese Schilderung des Dichters von seiner Jugend wird ihres
üodracks nicht verfehlen und besser in der Seele des Schillers
luilfB als die Erzählung des Lehrers.
Als Beispiel der ersten poetischen Versuche lasse ich dann
te Termutlicb älteste Gedicht^) in der erhaltenen Sammlung, die
$chüoe 16. Epode lesen:
Altera iam teritur bellis civilibus aetas.
Hier zeigt sich die poetische ßegabun? und das ganze Feuer
des jugendlichen Dichters gleich im hellsten Glänze. Zugleich kommt
die verzweifelte Stimmung des Horaz, der sein Vermögen verloren
lut und seine politischen Ideale vernichtet, sein Vaterland von
»osteD Parteikämpfen zerrissen sieht, den Schülern auf das
wirkungsvollste zum Bewußtsein. Was die Form betrüTt, so tritt
hier zu dem Hexameter, den der Dichter mit Meisterschaft hand-
habt, der iambische Trimeter, und es ist Anlaß, über die Eigen-
tömlicbkeit der epodischen Dichtung zu sprechen. Wie zu dem
iambischen Trimeter sich der Dimeter gesellen kann, dafür bietet
ein Beispiel die inhaltlich und zeitlich nahestehende 7. Epode,
der sich die erste anschließen mag. Diese versetzt uns in die
Zeit Tor der Entscheidung von Actium und fuhrt das freund-
schaftliche Verhältnis zu Mäcenas in das Leben des Horaz ein.
Dann folgt die 9. Epode, das Siegeslied von Actium. Diesem
reiht sich inhaltlich die 37. Ode des 1. Buches ,Nunc est
bibendum' an, doch wegen der schwierigen metrischen Form
wollen wir dies Gedicht noch zurückstellen. Will man nun'^dem
Schüler zeigen, daß Horaz auch andere Töne anzuschlagen ver-
') Soweit wir die Gedichte des Horoz zeitlich festleseD könoen. Den
VersQch Stadlers, alie Gedichte nach Anlaß und Zeit genou za bestimmen,
konn ich am so weniger ernst nehmen, als er es an jeder Begründnog fehlen
iaSt. Dieselbe Ansicht vertritt H. Röhl in dem letzten Jahresbericht dieser
Zeitschrift aber Horaz (S. 67 If.)
2ScttMhr. f d. OjmnaaUlwcMB. LXL 4. 1^0
306 Ober Auswahl aod Behandluo; der Horazlektore,
steht und daß er in der Ruhe des Landlebens seine volle Be-
friedigung findet, so lese man die zweite Epode^), die mit ihrem
satirischen Schluß auf die zweite Dichtgattung überleitet.
Von den Satiren, die ich nicht mit Dettweiler für schwieriger
als die Oden halle, ist mit Fug i 6 voranzustellen, wie schon
oben ausgeführt wurde. An dieses Gedicht möchte ich gleich
sat. 11 6 anschließen, die uns den Dichter als glücklichen Be-
sitzer seines Sabinergutes und als Freund des Landlebens zeigt.
Damit ist das Lebensbild des Horaz im wesentlichen abge-
schlossen, und es empfiehlt sich, jetzt mit den Oden zu beginnen,
indem man die übrigen lesenswerten Satiren (besonders I 1, 1 9
und II 1) zur Abwechselung zwischendurch vornimmt.
In welcher Auswahl und Ordnung sind nun die Oden zu
lesen? Jäger will die drei ersten Bücher, jedenfalls das erste,
vollständig lesen. Aber eine Auswahl ist schon we^en der be-
schränkten Zeit zu trefl'en; außerdem sind die Gedichte keines-
wegs poetisch gleichwertig, und einige bieten geradezu Anstoß
und Ärgernis'). Ich kann mich mit Jägers Grundsatz nicht ein-
verstanden erklären, „keiner der 38 Oden auszuweichen, auch
wo, wie I 25 (l^arcius iunctas) ein häßliches Sujet unschön be-
handelt wird''. Dieses Gedicht, das Jäger selbst als ein richtiges
Erzeugnis großstädtischer Prostitutionspoesie bezeichnet, würde ich
unbedingt von der Schalbehandlung ausschließen, ebenso l 17,
wo die olenlis uxores mariti als eine poetische Entgleisung
^) Das ungÜBStige Urteil vod Wetfieoffls (Horaz, aeiae Bedeatang etc.
S. 56 nud Haodboch für Lehrer höh. SchoIeD S. 288), der die Epoden bis auf
zwei (2 u. 15) voo der Schulleklüre aosachlifßeo will, teile ich nicht.
Jäger sagt mit Recht: „Für deo Historiker sind dies kostbare Dukvmeote,
aus deoeu er sich io die wecbselode Stimmaog der Bevolkeruog oder ihrer
böhcreo Schichten vor, während und nach der Entscheidung zwischeu
Oktavian und Antonius versetzen, ihre Zeit als lebendige Gegenwart
empfinden kann. Will man deo Werdegang des Dichters den Schülern vor
Augen führen, so darf man diese politischen Gedichte nicht auslassen''.
Gewiß hat Horaz manchen seiner Gedanken später in vollendeterer Form
ausgesprochen, aber die Epoden wirken durch die Unmittelbarkeit ihrer
EmpfinduQg. Das 15. Gedicht möchte ich von der Schule ansschlieflen.
') Ich stimme biflrio mit Walther Gcbhardi überein, der schon vor
mehr als 25 Jahren (Neue Jahrb. 1880 S. 161) darüber klagte, daß es auf
vielen Geiehrteaschuleo noch immer Hranch oder Mißbrauch sei, in Prima
die Horazioterpretation mit ,!Vlaecenas atavis* zu beginnen und mit ,Pböebus
voleoteni' za schließen, höchstens eine Appendix zu machen mit ,Beatua
ille^ und ,lbam forte'. „Man gibt doch wohl sonst der Jugend vom Guten
nur das Beste? Man behandelt doch wohl nicht sämtliche Sehillerscben
und Goetbeschen Dichtungen in der Schule ohne Rüeksicht auf ihren Wert
uod den Grad des Verständnisses, den sie erfordern?*' Auch Matscbky
(a. a. 0. S. 14) ist dieser Ansicht. Er sagt: „Wir Wollen im Horazunterricht
keine allzu ängstliche Vorsicht; wir lesen mit unsern Primanern in aller
(Jobefangenheit die schönen Liebeslieder. Aber warum wir alle Liebea«
liedcr, auch die unschönen erotischen Gedichte lesen müßten, das kann ich
nicht cioschen". Vgl. Weißenfels a. a. 0. S. 17fr.
TOD A. Roppersberp. 307
erscheinen und der Schluß ein wüstes Bild zeigt. Dasselbe gilt
?on 113 (cum tu, Lydia), so schön auch die Schlußstrophe ist:
Felices ter et amplius,
Quos inrupta tenet copula nee malis
Divolsus querimoniis
Suprenia citius solvet amor die.
Jager sagt: „Die Wissenschaft, welcher der jetzt 18jährige
entgegengeführt werden soll, muß auch dem Häßlichen, wo es
auf ihrem Wege liegt, ins Gesicht sehen*'. Freih'ch, wenn es
anbedingt notwendig ist, dem Schüler die häßliche Wirklichkeit
zu zeigen, soll man nicht davor zurückschrecken. Aber wenn
man die jugendlichen Seelen mit solchem Anblick noch ver--
schonen kann und sie nichts dabei gewinnen, sondern nur ver-
lieren, dann führe ich nach dem Grundsatze «Maxima debetur
pwris reverentia* sie lieber um das Haßliebe herum. An c. 16
vertieren die Schüler nichts; auch andere erotische Gedichte sind
sieht unbedenklich. I 19 (Mater saeva cupidinum) ist in seiner
An ein sehr hübsches Gedicht, aber nicht gerade für einen
ISphrigen Jongen geeignet; dasselbe gilt von I 23 (Vitas hinnuleo).
Feracr verzichte ich gern auf 127 (Nalis in usum), I2S (Te
narii et terrae), I 33 (Albi, ne doleas), II 4 (Ne sit ancillae),
il9(Nondum subacta) und 118 (Ulla si iuris); auch von 1119
\bccham in remotis) verspreche ich mir nicht viel. Im übrigen
^ sieb, wie Cauer sagt, über Duft und Farbe der Blumen nicht
»treiten. Der Lehrer, der selbst von der Schönheit eines Ge-
ilicfates überzeugt ist, wird auch imstande sein, den Schülern
diesen Eindruck zu übermitteln. Durch Beschränkung in der
Aaswahl kann man jedenfalls Zeit für das Beste gewinnen und
dies durch Wiederholungen in der auch von Jäger empfohlenen
gruppierenden Weise den Schülern als festen Besitz für das
Leben mitgeben.
Wir beginnen mit dem Widmungsgedicht ,Maecenas atavis*
and erklären dabei den Asclepiadeus minor. Daran reiht sich
am besten die 6. Ode, die an den andern Vertrauten des Augustus,
den scblachtehberühmlen Agrippa, gerichtet ist. Sie schließt
seh auch metrisch leicht an, da sie von dem ersten Gedicht sich
äußerlich nur dadurch unterscheidet, daß an die Stelle des vierten
Asclepiadeus der Glyconeus tritt, der am einfachsten, wenn auch
nicht streng wissenschaftlich, als ein um einen Choriambus ver-
köater Asclepiadeus minor erklärt wird. In dieser Ode wird
Varius als der Schwan des Mäonischen Liedes gepriesen, der
IHchter, den die Schüler schon in der sechsten Satire des ersten
Buches neben Vergii als Freund des Horaz und Glied des
Macenischen Kreises kennen gelernt haben:
,optimus olim
Vergilius, post hunc Varius dixere, quid essem*.
20*
308 Cber Auswahl und ßehaodluog der Horazlektüre,
In demselben Versmaße ist c. I 24 verfaßt, die an Vergil
gerichtete Klage um den Dichter Quinlih'iis Varus, welche uns
den innigen Zusammenhang des liorazischen Freundeskreises zeigt.
Passend schließt sich nun das TtgonsfinTixöv an Vergil an
(1 3), das, wenn es auch nicht bei der letzten Reise des Vergil
gedichtet ist, doch Gelegenheit gibt, des frühen Todes des Dichters
zu gedenken. Auch metrisch fügt sich dieses Gedicht trefflich an,
da es die beiden schon bekannten logaödischen Verse nur in
anderer Anordnung bringt.
Jäger stellt den Satz auf: „Der Vorschlag, die Oden nach
dem Metrum zu gruppieren, ist schlechtbin zu verwerfen, weil er
<las Hauptziel einem Mebenzweck opfert'^ ich erkenne diesen
Satz durchaus als richtig an; aber wenn sich bei metrisch ver-
wandten Oden auch ein inhaltlicher Zusammenbang tinden läßt,
80 dürfte es nicht verkehrt sein, davon zugunsten des Schülers
Gebrauch zu machen, da das sonst empfohlene Fortscbreiten vom
Leichteren zum Schwereren doch wohl auch für die Horazlektüre
Gellung hat. Das nächstverwandte Metrum ist die vierte Askie-
piadeische Strophe, die sich von der zweiten nur dadurch unter-
scheidet, daß an dritter Stelle der Pherecrateus erscheint, der
als der um eine Silbe verkürzte Glyconeus erklärt werden kann.
Diese Form zeigt die fünfte Ode an Pyrrha, ein erotisches Ge-
dicht, von dessen Lektüre ich mir keinen Nutzen verspreche.
Ich schließe heber das in gleichem Maße verfaßte vierzehnte
Gedicht an: ,0 navis, referent', zu dem die Brücke nicht schwer
zu iinden ist. Es zt^igt uns, wie der Dichter, dem das politibche
Leben infolge seiner bitteren Enttäuschung verekelt war, nun
wieder ein Vaterland^ hat, um das er bange ist:
Muper suilicitum quae mihi taedium,
Nunc df^siderium curaque non levis.
Man darf dem Schüler wohl zum Vergleich an die Achtund-
vierziger Gottfried Kinkel und Ferdinand Freiligrath erinnern, die
ebenfalls aus ihren republikanischen Träumen schmerzlich er-
wachten, aber auch begeisterte Anhänger des neuen Deutschen
Reiches wurden. Die monarchische Gesinnung tritt stark hervor
in dem Vorläufer des Carmen saeculare, dem 21. Gedicht, das
sich hier passend anreiht, während ich auf das in gleichem Maße
verfaßte 23.: , Vitas hinnuleo me similis, Chloe', das eine Um-
dich tu ng eines griechischen Originals ist, lii-her verzichte. Aus
äußeren Gründen sind die im fünften Asklepiadeischen System
verfaßten Oden 11 und 18 jetzt vorzunehmen und die fünf
Systeme im Überbhck zusammenzufassen.
Es bleiben nun besonders die im Sappbischen und Alcäischen
Maß gedichteten Oden zu lesen, und es verschlägt meines Er-
achtens nichts, in welcher Reibenfolge dies geschieht. Das
Sapphische Metrum ist leichter aufzufassen als das Alcäische;
inhaltlich schließt sich an die 11. Ode gut die neunte: ,Vides,
von A. Rnppersberp. 309
at alta', an I 18 die Gedichte I 7 und l[ 6 (Preis von Tibiir)
an. Im weiteren wird man natürlich die inhaltlich verwandten
Gedichte möglichst zusammenfassen : Liebe, Wein, Freundschaft,
Götterverehrong, politische und soziale Verhaltnisse, Liebe zur
^atu^, Glöck der Beschränkung, Todesahnung und ähnliches
mögen die Leitmotive bilden. Aus dem ersten Buch verdienen
besonders noch her vor «gehoben zu werden das 22., 31., 34.
und 37. Gedicht, aus dem zweiten Buch 3, 6, 7, 10, 14, 15, 16,
17, 18. Damit wird die Zeit des ersten Schuljahres reichlich aus-
gefällt sein. Für das zweite Schuljahr bleiben das dritte und
vierte Buch der Oden, das Carmen saeculare, von dem wenigstens
d«r Anfang zu lesen ist, und eine Auswahl aus den Episteln.
Cbrigens halte ich es durchaus nicht für verwerflich, auch schon
las ersten Primajabr eins oder das andere Gedicht aus dem
dritten und vierten Buch der Oden zu lesen, wenn man z. B.
die beiden Fröhlingsgedicbte I 4 und IV 7 nebeneinanderstellen
und vergleichen will. Auch III 9 (Donec gralus eram), III 13
(0 {ras Bandusiae), III 21 (0 nata mecum), IV 3 (Quem tu,
Xdpdroene) und IV 8 (Donarem pateras) lassen sich gut auf
der früheren Stufe erklären. Für die Oberprima sind jedenfiills
üe gedankenschweren sechs Römeroden aufzuheben« außer diesen
lad den bereits genannten Gedichten möchte ich jedenfalls lesen
la^en III 8 (Martiis caelebs), III 16 (Inclusam Danaen) und III 30
(Exegi monumentum), von IV 1 (Intermissa, Venus) höchstens
T. 1—8 und 29 — 32, IV 2 (Pindarum quisquis) mit AusschluB
der letzten Strophe« IV 4 (Qualem ministrum) mit Auslassung
ton T. 18—22 und v. 45—73, IV 9 (Ne forte credas) bis v. 28
Qod IV 14 (Quae cura patrum). Die an letzter und drittletzter
Stelle genannten Gedichte geben Gelegenheit zu beobachten, „wie
bei Roraz das monarchische Empfinden schon zum dynastischen
geworden war^*.
Von den Episteln, der reifsten Frucht der Horazischen
Kcbtung, empfehlen sich besonders 12: „Homer als Erzieher'* mit
ihrer Fülle von Lebensregeln, I 7, wo die feine und humorvolle
Art zu bewundern ist, mit der Horaz dem Mücenas gegenüber
seine Unabhängigkeit wahrt, I 20, das Geleitswurt an das erste
Bach der Episteln, und II t, der Überblirk über die Enlwickelung
der römischen Literatur. Bleibt noch Zeit, so sind I 1, I 6 und
I 16 besonders zu berücksichtigen ; für die Auffassung derselben
6odet der Lehrer an Jäger einen erfahrenen und geistvollen Fuhrer,
dem er noch Gustav Kettner (Die Episteln des Horaz. Berlin
1900, Weidmann) als feimtinnigen Erklärer mit vielem Nutzen zu-
gesellen wird. Für die Lektüre der Ars poetica wird wühl kaum
Zeit bleiben.
Von Horaz sollen die Schüler mehr als von anderen Srhul-
scbrifUtellern mit ins Leben nehmen ; denn kein anderer Dichter
steckt so voll kerniger und humorvoller Lebensweisheit, die in
310 Ober Aaswahl ond Bchandlaog der Horazlektiire,
vollendeter Form geboten wird ^). Darum hat das Auswendig-
lernen hier seine besondere Bedeutung. Es soll, um mit Jäger
zu reden, nicht mit Übertreibung und als Paradestuck, sondern
mit Maß und zu redlichem Gewinn geschehen; es bildet, wie Gauer
sagt, die unentbehrliche Grundlage für ein vertrauteres Verhältnis
zu dem Dichter. Die schönsten und inhaltreichsten der Oden
sind auswendig zu lernen, von anderen wenigstens einzelne Stellen,
nicht für das Ahiturientenexamen, sondern als bleibender Schatz
fürs Leben. Ich schlage vor, ganz oder teilweise lernen zu lassen:
1 1, 3, 4 (v. t— 15), 10 (v. 1—8 und 16-20), 14, 22, 31, II 3, 6,
7, 10, 14 (v. 1—4 und 21—28), 16, 111 1, 2, 3 (v. 1—8), 9, 13, von
16 den Schluß (multa petentibus Desunt multa; bene est cui
deus obtulit Parca quod salis est manu), 21, 30, vom Carmen
saeculare die diitle Strophe, IV 3 und 7, von 9 v. 1 — 4 und
25 — 28. Aus den Satiren und Episteln sind nur einzelne Sen-
tenzen einzuprägen, so besonders aus epist. I 2. Daß die An-
forderungen an das Gedächtnis der Schüler nicht überspannt
werden, wird der Lehrer dann am besten vermeiden, wenn er
es sich zur Pflicht macht, die Stellen, die er dem Schäler zum
Auswendiglernen aufgibt, auch selbst seinem Gedächtnis einzu-
prägen.
Noch einige Worte über Vorbereitung und Erklärung der
Ilorazisclien Gedichte. Jäger verlangt auch bei Horaz, den er für
leichter als Tacitus hält, die „Präparation'* von selten der Schüler,
empfiehlt aber, daß der Lehrer, um dem Unterricht Abwechselung
und ein schnelleres Tempo zu geben oder über minder lesens-
werte und peinliche Stellnu schneller hinauszukommen, einzelne
Gedichte oder Stellen selbst übernehme und den Schulern vor-
übersetze. Nach meiner Erfahrung ist die häusliche Vorbereitung
der Schüler bei Horaz wenig wertvoll, da das wörtliche und sach-
liche Verständnis des Dichters zu viele Schwierigkeiten bietet und
gar bald dazu treibt, zu Übersetzungen zu greifen. Dagegen habe
ich die besten Erfahrungen mit der Präparation in der Klasse
gemacht. Ein Schüler liest ein kleines Pensum, der Lehrer sagt
die unbekannten Wörter, welche die Schüler schnell notieren, und
nun wird unter der Teilnahme der ganzen Klasse zunächst die
wörtliche Übersetzung gefunden, sodann wird von dem Lehrer
die nötige Erklärung gegeben und endlich wieder in gemeinsamer
Arbeit, wie es ja auch die Lehrpläne vorschreiben, eine gute
deutsche Übersetzung gesucht, die der Lehrer schließlich als
Ganzes noch einmal vorträgt und für die nächste Stunde zur
Wiederholung aufgibt. Dadurch wird das zeitraubende und ärger-
') Selbst eio so negativer Geist wie Fr. Nietzsche sagt: „Bis jetit
habe ich von keinem Dichter dasselbe artistische Entzücken gehabt, das mir
von Anfaug an eine Horazische Ode gab. In gewissen Sprachen ist das^
was hier erreicht ist, nicht einmal zu wollen.** (GötzendämmeniDg: Was
ich den Alten verdanke. S. 167).
voD A. Ruppersber;. 311
liehe Nachprüfen der Präparation unnötig, und man komm
ebenso schnell, ja schneller vorwärts als bei vorhergegangener
Präparation der Schüler, die als freiwillige Leistung natürlich
Dicht ausgeschlossen ist. Bei diesem Verfahren ist die Aufmerk-
samkeit der Schüler durchweg reger als bei der häuslichen Vor-
bereitung, welche die Schüler nur zu oft veranlaßt, während ein
anderer „dran isV\ schon das folgende Stück zu überdenken,
ßei der Wiederholung dieser Übersetzung in der nächsten Stunde
wird leider von vielen Lehrern eine wörtliche Wiedergabe ver-
langt, was oft zu verstohlenem Nachschreiben und gedankenlosem
Auswendiglernen fuhrt. Demgegenüber muß hervorgehoben
werden, daß selbst eine noch so gute Übersetzung doch nur eine
Ton den vielen Möglichkeiten ist, der Sprache und dem Geiste
des Originals gerecht zu werden, und ich pflege auch die Schüler
darüber aufzuklären, daß ich sie nicht auf einen bestimmten Aus-
druck festnagele, sondern daß ein gleich guter oder gar besserer,
deo der Schüler selbst gefunden, mir bei der Wiederholung ebenso
wülkommen ist. Die beste Wiedergabe eines Dichterwerkes ist
liDDier eine gute metrische Übersetzung, und diese muß möglichst
den Scblu&tein der Behandlung eines Gedichtes oder einer
frößereD Stelle bilden. Es fehlt bei Huraz bekanntlich nicht an
goten inctrischen Übersetzungen. Bei den Oden und Epuden
ist die Übersetzung von Menge gut zu gebrauchen, bei einzelnen
Gedichten Geibels klassisches Liederbuch und die Übertragungen
von Vogt und van Huffs; für die Satiren und Episteln ist die
Übersetzung von Karl Bardt besonders empfehlenswert.
An guten Hilfsmitteln für die Erklärung fehlt es auch nicht;
der Kommentar von Kießling, neubearbeitet von Heinze, nimmt
noch immer die erste Stelle ein; neben ihm sind besonders
Lacian Muller, Nauck, Fritzsche und Schulz zu nennen. Treu-
liche Beobachtungen zu einzelnen Stellen bietet uns Jägers Buch;
ich darf besonders auf die Erklärung von ,solviiur acris hiems'
(S. 162) verweisen. Auch Altenburgs drei Programme (Wohlau
iS91, 1893 u. 1894) und die Abhandlungen de>sell)en Verfassers
im 36. and 40. Heft der Lehrproben werden gute Di«'nste leisten;
als zusammenfassende Darstellungen sind Weißenfels* Horaz und
und Alys Horaz, sein Leben und seine Werke (Gymnasialbibliothek
15. Heft) zu empfehlen.
Der Verwendung von Anschauungsmitteln steht Jäger nicht
sehr sympathisch gegenüber. S. 209 s<igt er: „Zur Erläuterung
der Ode »Quälern ministrum' mag eine Abbildung der Gemma
Augustea vorgezeigt werden, weil ja heute nichts ohne Bilder ge-
schehen kann*'. Gewiß liegt die Gefahr der zu häufigen oder
onrichtigen Verwendung von Anschauungsmaterial im Unterricht
vor, aber auf der anderen Seite gibt es doch kein besseres
Mittel, das Verständnis der Vergangenheit zu fördern als gute
und authentische Abbildungen. Die Gemma Augustea kann schon
312 Ober Aaswahl der HorazlektUre, von A. Ruppersber^.
zur Erklärung von c. I 2, v. 41 ff. herangezogen werden; diese
Darstellung lehrt uns die Oberschwenglichkeil mancher Ausdrucke,
die Horaz dem Herrscherhause gegenüber braucht, recht ver-
stehen, so besonders den Anfang von 1115: ,CaeIo tonantem
credidimus lovem Regnare : praesens divus habebitur Augustus\
Zu derselben Ode bietet die Statue des Augustus von Prima
Porta wertvolles Anschauunf^smaterial, die hochgepriesenen Claudii
Nerones (c. IV 4 und 14) zeigt uns das von Conze herausgegebene
Relief. Den gefeierten Friedensfursten veranschaulicht uns der
Kopf des Augustus mit der ßürgerkrone, und der Neptunius diix
(epod. 9) Sexlus Pompejus wird durch eine Münze illustriert,
auf der wir seinen Valer Gnaeus Magnus als Neptun darge-
stellt sehen. Für die von Horaz oft bekämpfte verschwenderische
Ausstattung der vornehmen römischen Häuser können Abbildungen
von pompejaniscben Wandmalereien herangezogen werden, und
was lacunar bedeutet, läßt sich an einer Innenansicht des Pantheons
zeigen. *Meta fervidis evitata rolis' und 'palma nobilis' (eil)
werden durch die Bilder des Wagenrennens und des Zirkus-
kutschers bei Baumeister, Denkmäler 111 S. 2090 — 2093 veran-
schaulicht; die 'fratres Hellenae, lucida sidera' (c. l 3) sehen wir
auf römischen Denaren (Cybulski, Münztafel) dargestellt, und 'vis
consili expcrs mole ruil sua' (c 111 4) wird durch die Pergamenische
Gigantomachie erläutert. Als den farundus nepos Atlantis dürfen
wir den Hermes des Praxiteles vorführen, und zu der Stelle: Tu pias
laetis animas reponis Sedibus bietet das schöne Relief Orpheus und
Eurydike eine Illustration. Die Gelegenheit, die Schüler mit hervor-
ragenden Kunstwerken bekannt zu machen, sollte im Unterricht ja
nicht versäumt werden; sie weckt nicht nur das ästhetische Gefühl,
sondern stärkt auch den geschichtlichen, d. h. den strengen Wirk-
lichkeits- und Wabrheitssinn, den Jäger mit Recht von den
Gymnasiallehrern und ihrem Unterricht fordert. Die Knappheit
des Anschauungsmaterials macht es bei Horaz unmöglich, in dieser
Hinsicht zuviel zu tun.
Jäger schließt seine Betrachtungen mit einer warmherzigen
Verteidigung der humanistischen Bildung, die nicht nur für die
Vergangenheit, sondern auch für die Gegenwart ihre Bedeutung
hat. Wir werden unsere Gegner um so leichter überwinden, je
schärfer wir das wahre Ziel des humanistischen Unterrichts ins
Auge fassen und die Jugend mit dem echten Idealismus oder
Humanismus erfüllen. Dazu kann die richtig geleitete Lektüre
des Horaz ein gutes Teil beitragen.
Saarbrücken. A. Ruppersberg.
ZWEITE ABTEILUNG.
LITERARISCHE BERICHTE.
Ao^ust Wünsche, ScböpfoDfp und Süadeofall des ersten
Menschenpaare s im jüdischen und moslemischen Sagenkreise mit
Rücksicht aaf die Überlieferungen in drr Krilsehrift-Literator.
Leipzig 1906, Edoard Pfeiffer. 82 S. gr. b. l,6ü ^, geb. 2 Jt^
Das Blich ist ein Teil der unter dem Namen : Ex Oriente lux
von dem Professor der Berliner Universität Ür. Hugo Winckler
berausgegehenen Sammlung. Diese Sammlung von Schriften zur
'orientalischen Altertumskunde will eine Mittelstellung zwischen
<ier streng wissenschaftlichen Forschung und der rein elemen-
taren Belehrung einnehmen. Macht sich doch immer mehr das
Bestreben geltend, auch den altorientalischen Kulturen in weiteren
Kreisen als denen der eigentlichen Fachmänner eine ihrer Be-
<ieatung für die Entwickelung der Kulturmenschheit entsprechende
Aufmerksamkeit zu widmen. Die Sammlung will solchen Be-
strebungen entgegenkommen, indem sie Einzelheiten zusammen-
^ilt, die diesem Zwecke dienen und in erster Linie geeignet
sind, dem Fachmann wie dem tiefer eindringenden Lernenden
den Zusammenhang der behandelten Fragen mit der allgemeinen
Entwickeln ngsgeschichte der Menschheit zu erschließen.
Der gelehrte Verf., dessen beide Werke „Die Schönheit der
Bibel* und ,,Die Bildersprache des Alt(*n Testaments'* ich im
vorigen Jahrgang dieser Zeitschrift eingehend besprochen und mit
Nachdruck empfohlen habe, verarbeitet in diesem neuen Buche
in einer Reihe von Abhandlungen über die ErscholTung der ersten
Menschen, über ihre leibliche und geistige Ausstattung, über ihren
Aufenthalt im Paradiese und über ihren Fall ein reiches Quellen-
material, das, wie er im Vorworte sagt, sicher von den Assyriologen
und den Männern, die neuerdings zu einer Gesellschaft für ver-
gleichende Mythologie zusammengetreten sind, nach seinem Inhalte
und nach seiner Bedeutung richtig eingeschätzt werden wird. Es
gab eine Zeit, in der man die in beiden Talmuden und in zahl-
reichen Midraschwerken enthaltenen Mythen und Sagen als
albernen Schnack bespöttelte. Die wissenschaftliche Folkloristik
betrachtet heute Mythen und Sagen als kongenuine und kongeniale
Gebilde des Volksgeistes und der Volksseele. Als solche Gebilde
haben entschieden auch die jüdischen Mythen und Sagen zu
3t4 A. WüDsehe, SebSpfnoCP ood SÜDdenfall, agz. von A. Jonas.
gellen. Sie sind aus dem Vorstellungskreise des jüdischen Volkes
heraus geboren; es spiegell sich in ihnen sein ganzes Hangen
und Bangen, seine Freude und sein Schmerz, seine Hoffnung
und seine Enttäuschung. .
In dem ersten Aufsätze, „Die Erschaffung des Protoplasten
nach jüdischer und moslemischer Sage*', erzählt Verf. zuerst von
den Legenden, die sich auf den Plan Gottes, einen Menschen zu
schaffen, beziehen, dann von dem Schüpfungsakt selbsl und der
geistigen und leiblichen Ausstattung des ersten Menschen, alles
unter genauer Angabe der Quellen. Da ist viel Wunderliches zu
lesen : der Leib des ersten Menschen ist aus Babel, sein Haupt
aus dem Lande Israel, seine Glieder sind von den übrigen
Ländern; er reichte von der Erde bis zur Himmelsfesle, nachdem
er aber gesündigt, hat Gott auf ihn seine Hand gelegt und ihn
verkleinert; heißt es doch P^alm 139,5 „Du hast Deine Hand auf
ihn gelegt''. Auf Platonischen EinQuß geht die Vorstellung zurück,
nach der Adam als Androgynos geschaffen, dann aber in zwei
Hälften zersägt sei, um ihn zu einem selbständigen Paare zu
machen. Nach anderer Sage wurde er als kräftiger Jüngling er-
schaffen, 20jährig; sein Fußballen verdunkelte den («lanz der
Sonne, noch mehr aber sein Antlitz. Mit seinem Auge konnte
Adam von einem Ende der Welt zum andern sehfu. Als aber
Gott die Verderbtbeit des Sintflutgeüchlechtes sah,, entzog er ihm
dieses Licht und verbarg es für di»' Frommen im Jenseils. Seine
Belehrung empfing er aus einem Buche, in dem alle diejenigen
verzeichnet waren, die von ihm bis zur Zeit der Auferstehung
der Toten abstammen würden. Vermöge seiner Intelligenz lernte
er alle Handweike, auch wußte er das ganze Gesetz und über-
lieferte es seinen Kindern, die es weiter überlieferten, bis es
schließlich Mose von Gott geschrieben vom Sinai herabbrachle.
— Das sind nur knappe Andeutungen aus der Fülle der auf
die Erschaffung des ersten Menschen bezüglichen jüdischen und
moslemischen Mythen. Das alttestamentliche Schriftwort hat den
Inhalt geboren.
In gleicher Art behandelt der zweite Aufsatz „die Er-
schaffung des Weibes''. Diese Sagen sind nicht ohne Humor. ^
Bei jedem Glied, das der Herr am Weibe erschuf, sprach er: „Sei ^
ein züchtiges, bescheidenes Weib". Aber ironisierend fügt die
Sage hinzu, daß die göttliche Absicht sich nicht verwirklichte,
denn das Weib besitzt alle Fehler und Schwächen, die der
Schöpfer an ihm vermeiden wollte: es ist stolz und hochmütig,
schaulustig, neugierig, eifersüchtig, betastet alles und rennt über-
all herum. In anderer Sage heißt es, der Mann wurde von der
Erde erschaffen; wenn du auf ihn nur einen Tropfen Wasser
gießest, so wird er sofort weich; das Weib aber wurde aus einem
Knochen erschaffen; wenn du den noch so viele Tage in Wasser
tust, wird er doch nicht weich. In lebhafter, phantastischer
Goethes Werke bsgb. v. K.HeioemaoD, aogez. von L. Zürn. 315
Farbenschilderung wird in der Kabbaiistik die BrautausrQstung
der Eva beschrieben und nun gar das ilocbzeitsmahl. Die besten
Speisen standen auf den Tischen von Perlen, von denen jeder
100 Ellen lang und 60 Ellen breit war, und es wurden ihnen
alle Arten Leckerbissen vorgelegt nach dem Wort des Psalmes
23,5: „Du bereitest vor mir einen Tisch''. Das Beispiel zeigt
recht deutlich, wie die Sagen von beliebigen Stellen des Allen
Testaments ihren Ausgang nahmen.
Der dritte Aufsatz behandelt „den Sündenfall und seine Folgen''.
Auch hier eine reiche Sammlung wunderlicher, aber auch er-
schütternder Weiterbildungen.
Das vierte Stück, ,,Der biblische Sündenfallbericht nach dem
iaikut Scbimoni'% hier zum erstenmal übersetzt, gewährt einen
höchst interessanten Einblick in die altjüdische Exegese.
Die letzte Abhandlung, „Der Protoplast im babylonisch-
assyrischen Vorstellungskreise'S berichtet von dem ersten Menschen,
seinem Wohnsitz und seinem Geschick nach den zahlreichen
Fragmenten der Keilschriftliteratur. Dieser höchst wertvollen
Darstellung fügt der Verf. noch einige Bemerkungen über die
Schöpfung des Menschen und den Sündenfall aus den Mythologien
anderer Völker bei, der Perser, Inder, Griechen. Er schließt
seine Vergleichung so: „Ein für allemal ist so viel sicher, daß die
jüdischen auf den Urmenschen bezüglichen Sagen und Legenden
nicht in jeder Hinsicht autochthone Gebilde sind, sondern sich
an die altorientalische Gedankenwelt anlehnen. Die Juden haben
im Exile den mythologischen Ideenkreis der Babylonier von der
Schöpfung und dem Paradiese usw. kennen gelernt, in sich auf-
genommen und gemäß ihrer Begabung auf Grund ihrer religiösen
Anschauungen umgebogen und umgebildet. Übrigens können
jeden Tag neue Funde bei den Grabungen in der mesopotamischen
Tiefebene neues Beweismatcrial für die verwandtschaftlichen Be-
ziehungen mit den jüdischen Traditionen fördern".
Druck, Papier und Ausstattung sind gut.
Stettin. Anton Jonas.
1) Goethes Werke. Heroos^e^ebeo von K. Heinemano. Eiuund-
zwanzigster uod fonfuodzwanzigster Band. 486 und 407 S. 8.
Leipzig o. J., Bibliographisches Institut. Jeder Band geb. 2 Jt»
Der einundzwanzigste Band, besorgt von K. Heinemann, ent-
hält Goethes Rezensionen in den Frankfurter Gelehrten Anzeigen,
auch die, die Goethe nicht in seine gesammelten Werke aufge-
nommen hat, dazu kleinere Jugendschriften (Judenpredigt, Frag-
mente eines Romans in Briefen, Zum Shakespeares-Tag, Brief
des Pastors und zwo biblische Fragen, Der ewige Jude, biblische
Dichtungen), dann Dramen in ihrer ursprünglichen Gestalt (Ge-
schichte Gottfriedens von Berlichingen mit der eisernen Hand,
Erwin und Elmire, Claudine von Villa Bella, Faust [Urfaust].
316 Goethes Werke hsgb. v. K. HeioemaDOj aogez. voo L. Zuro.
Iphigenie auf Tauris [Erste Prosa]). Der fünfundzwanzigste Band,
besorgt von Georg Etlinger, enthält den ersten Teil von Goethes
Aufsätzen über Theater und Literatur, und xnar über Theater
und Schauspielkunst, kleinere Aufsätze: Anzeigen (1787 — 1802),
Rezensionen in der „Jena ischen Allj;.Literaturzeitung"(1804 — 1807),
Beiträge zum „Morgenblalt** (1807—1815), „Über Kunst und
Altertum** (1816—1822). Die Texte sind auch in diesen Bänden
sorgfältig durchgesehen, den einzelnen Schriften orientierende Ein-
leitungen vorausgeschickt, soweit sie nicht in Einleitungen früherer
Bände schon besprochen worden sind. In den Einleitungen zu
den Dichtungen und Schriften religiösen Inhalts im 2t. Band
tritt Heinemann der weitverbreiteten Ansicht von Goethes
Irreligiosität entgegen und führt demgegenüber ans, daß es wohl
keinen anderen Dichter, keinen Gelehrten gegeben hat, dessen
Jugend so ausgfüllt war mit theologischen und biblischen Studien,
der wie der junge Goethe schon mit dem Erwachen seines Geistes
bemüht war, die ewigen und großen Rätset zu lösen, der wie er
diese Anliegen schon so früh zum Gegenstand dichterischer Ver-
suche machte. So entstanden die biblischen Dichtungen unter
der Einwirkung Herders; sie beweisen, daß Goethes hebräische
Studien doch nicht so ungründlich waren, wie man nach seiner
launigen Schilderung in „Dichtung und Wahrheit'* denken sollte.
Im ., Ewigen Juden*' wollte er die hervorstechendsten Punkte der
Religions- und Kirchengeschichte episch darsteüen. In Straßburg
befreite er sich von dem engherzigen Herrnhutianismus und
Pietismus und arbeitete sich allmählich zu einer höheren, freieren
Anschauung empor. So war Goethe wohl unkirchhch, aber nicht
unreligiös. Die reinste und edelste Form der Gottesverehrun«;
war ihm das Urchristentum, wie es Christus selbst gelehrt hat,
und er sagte' von sich selbst das stolze Wort: ,,Wer ist denn
heutzutage noch ein Christ, wie Christus ihn haben wollte? Ich
allein vielleicht**. Das Christentum der werktätigen Liebe war
seine Religion. In den Einleitungen zu Goethes Aufsätzen über
Theater, Kunst und Literatur (25. Band) weist G. Ellinger u. a.
darauf hin, daß der Standpunkt, den Goethe als Kritiker einnahm,
der der produktiven Kritik war, indem er die Absichten des be-
urteilten Verfassers zu verstehen, ihren Wert f(*stzu$teilen und zu
bestimmen suchte, inwieweit und mit welcher Zweckmäßigkeit
diese Absichten verwirklicht worden sind; ferner weist er auf die
Wichtigkeil hin, die diese Aufsätze für die Beurteilung des Ver-
hältnisses Goethes zur Romantik haben, wie insbesondere in den
Betrachtungen, Gedichten und Bearbeitungen von National-
liedern usw. aus den verschiedensten Literaturen in der Zeit-
schrift „Ober Kunst und Altertum^* der BegrilT der „Weliliteratur*\
wie er Goethe vorschwebte, zum Ausdruck kam. Den Schluß
jedes Bandes bilden wie bisher die Anmerkungen mit ihren reichen
literarischen Nachweisen.
J. Volkelt, Ästhetik des TragiscKeo, aogez. voo L. ZiirD. 317
2} J. Volkelt, Ästhetik des Tragisebeo. Zweite AnHage. Möochen
1906, C. H. Beek. XVI u. 4SS S. 8. 9 M, geb. 10 Jt,
Der bekannte Leipziger Philo>oi)b entwickelt hier mil einem
Scharfsinn und einer Gründlichkeit, mit der er 8clion auch andere
Fragen der Ästhetik behandelte, das so schwierige, verwickelte
uod vielgestaltige Problem des Tragischen in seinen mannigfachen
Arten und Abstufungen in der Kunst und im Lehen. Dabei
stutzt er sich nicht einseilig nur auf die sogenannten klassischen
Werke, wie dies z. B. ßaumgart in seinem Handbuch der Poetik
tat sondern er zieht auch die ,. Modernen'* bei. Überhaupt bricht
er mit den veralteten und unhaltbaren, den Begriff des Tragischen
za sehr einengenden Anschauungen und wird so der Mannig-
faltigkeit und Anpassungsfähigkeit des Tragischen gerecht. Geradezu
erstaunlich ist die Belesenheit, mit der der Verfasser die Welt-
literatur beherrscht, und die. überaus klare und durchsichtige
Darstellungsweise macht die Lektüre des Buches zu einem Ge-
Qusse. Während die bisherige Ästhetik das Tragische mit dem
Metaphysischen in Zusammenhang zu bringen suchte und in der
tragischen Handlung die Lösung metaphysischer Fragen sab, ist
uch Volkelt zur tragischen Wirkung die Darstellung unge-
Vühnlicher inensclilicher Geschicke, deren Träger über die Durch-
»ehaiitsmenschen emporragen, ausreichend. Der Anblick ge-
waltiger, kräftiger, über das Mittelmaß hinausragender Persönlich-
i^eiten im Kampf mit widerstrebenden Verhaltnissen und Mächten
liriogt eine erhabene Wirkung hervor, indem wir sehen, daß für
das Große, Gewaltige, über das Mittelmaß Hinausragende hier
3Qf Erden kein Platz ist, daß es irnter^ehen muß, weil es über
^ menschliche Mittelmaß hinau>gewachsen ist. Wie mit dieser
Usung das „Befreiende*' nicht notwendig verbunden ist, so ist
es auch verkehrt, in dem Wesen des Tragischen den Begriff einer
dem Untergang des Helden adäquaten Schuld als notwendigen
Bestandteil oder gar als Hauptsache zu fordern, wie dies z. B.
GfiDtlier in seinen „Grundzügen der tragischen Kunst*' in
schroffster Cinseiti<;keit getan hat. Überhaupt darf das Tragische
Dicht nach der alltäglichen Moral gemessen oder an das Tragische
der Maßslab des strafrichterlichen Verfahrens angelegt werden ^).
IHe neue Auflage hat in dem Text nicht unbedeutende Änderungen
^) Der Verfasser hätte hier auf L. Aozeogruber hinweisen können
(Sämtliche Werke 5. Bd. S. 332):
Das Tragische im Leben, auf der Biihoe,
Ihr ^tempelt es za einer eigeoeu Sorte,
Ihr sucht nach Schuld, ihr fordert eine Sühne,
Und Schuld und Söhne sind nur Menschenwortf,
Sind klein nur gegen des Geschickes Walten,
Und wollt ihr euch an selbe iingstlich halten,
So köuut ihr auch nur Kleinliches gestalten.
K. Lehrs nannte die Auffassung von der Schuld der Antigene
philisterhaft (Pleckeisens Neue Jahrbücher 1887, 2. Abt. S. 186.)
318 ^' Volkelt, Ästhetik des Tragischeo, logez. von L. Zürn.
errahren. So wird jetzt die Psychologie des Tragischen in dem
Abschnitt, der vorher der 16. war, jetzt der 13. ist, deutlicher
und in zusammenfassender Weise entwickelt. Zwei Abschnitte,
der 14. und der 19., sind ganz neu hinzugekommen. Der
14. Abschnitt bespricht die Nebengefühle des Tragischen. Zu diesen
ästhetischen Gefühlen, die sich mit dem tragischen Eindruck ver-
binden, gehören die Gefühle des Friedens und der Rührung, des
Komischen und des Humoristischen. Es können aber auch
außerästhetische Getühle sein, z. B. Belehrung, Besserung. Auch
die vielbesprochene Entladung der Aßekle ist zu diesen äußer-
ästhetischen Wirkungeu der Tragödie zu rechnen. Sie äußert sich
als Erleichterung, die noch keine Entladung ist; so fühlt sich z. B.
der von unbefriedigtem Wissensdrang Geplagte erleichtert, wena
er Goethes Faust sein unbefriedigtes Dürsten und Sehnen nach
Erkenntnis aussprechen hört. Oder sie äußert sich als Entladung,
wenn jemand voll von Unwillen gegen die Bosheit der iMenschen,
voll Angst vor der Unsicherheit des Geschickes im Mitfühlen un-
geheurer, leid voller, gegen die feindliche Welt sich erhebender
Kämpfe und Leidenschaften, im Mitfühlen der Schmerzenschreie
und wehevollen Ergüsse sich freier fühlt. Und noch ein außer-
ästhetischer Erfolg der tragischen Erregung tritt ein, wenn nach
den Aufregungen und Schmerzen, die das Tragische in uns her-
vorbringt, durch Kontrast die darauf folgende Buhe und Schmerz-
losigkeit um so deutlicher und angenehmer zum Bewußtsein
kommt. Unter den Verbindungen, die der tragische Eindruck
mit anderen ästhetischen Gefühlen eingeht, ragen durch Innigkeit und
Eigenart zwei hervor, das Bührendtragische und das Tragikomische.
Diesen beiden ist der neue 19. Abschnitt des Buches gewidmet.
Der Verfasser findet das Wesen des Bührcnden im Gegensatz
zum Mitleid, das mit Bührung verbunden, aber auch ohne
Bührung sein kann, in der Auflösung männlicher, tapferer, barter
Gefühle in weiche, zerfließende, verbunden mit liebendem Um-
fassen des Gegenstandes, der uns rührt. Er unterscheidet zwei
Formen der Bührung, die der herben Art und die gewöhnliche
Bührung, zeigt, wie sich beide mit dem Tragischen verbinden,
und behandelt zuletzt die Ausartung der gewöhnlichen Bührung,
in der das Bührende so gesteigert und gehäuft wird, daß der
fein und gesund fühlende Leser oder Hörer sich gegen den vom
Dichter erstrebten Gefühlszustand als gegen etwas Ungesundes
und Unwürdiges sträubt (vergl. die Bührstücke). Wie das
Bührende geht auch das Komische mit dem Tragischen eine
Verbindung ein. Die eigentliche Tragikomik — im Gegensatz
zu der bloß äußerlichen Verbindung, dem bloßen Nebeneinander
von Tragik und Komik, wie z. B. in Menenius Agrippa und dem
Volk im „Coriolan** — verwirklicht sich in zwei Formen: ent-
weder ist das Komische ein Mittel, um Tragik hervorzubringen
(Shylock), oder der tragisch wirkende Zusammenhang hat zugleich
LehoaDB, Deatsches Lesebach, aages. von C. Heioze. 319
eine komische Seite, und diese wird durch Hie Darstellung aus-
drücklich zur Geltung gebracht; hier geht das Tragische selbst in
Romik über. Zur Erzeugung dieser Tragikomik, in der das Ver-
hältnis des Tragischen zum Komischen noch inniger ist, gehört
Geist und Phantasie, eine Vereinigung von Großlieit und geist-
reich spielender Art und zu ihrer vollen Entfaltung eine ent-
sprechende Weltanschauung, die aus sich ebensosehr zu tragischer
wie zu humoristischer Auflassung des Weltgeschehens hinführt
(z. B. in Rostands Cyrano, Ibsens Peer Gynl). Am tiefgreifendsten
und mannigfaltigsten bat Jean Paul diese höhere Form der Tragi-
koroik, diesen tragischen Humor zur Geltung gebracht.
Jedem, dem es um eine klare Einsicht in das so tief-
grundige, verwickelte und vielgestaltige Wesen des Tragischen
zu tun ist, besonders auch den Lehrern des Deutschen, die bei
der Behandlung deutscher Literaturwerke diesem Problem gar
nicht aas dem Weg gehen können, sei das Buch als ein sicherer
Fahrer empfohlen.
Freiburg i. B. L. Zürn.
JJ LehmaoD, Dentsches Lesebach für höhere Lehraaste Iteo.
Anhang for die Provinz Schlesieo voo Alteoborg ond Math.
3 Hefte. Leipzig 19U6, G. Preytag. 51. 47. 56 S. gr. 8. 0,60. 0,50.
0,60 Jt.
Der Forderung nach stärkerer Betonung des Heimatlichen,
die jetzt in Literatur und Kunst so laut immer wieder gestellt
wird, verdankt wohl dieser Anhang seine Entstehung. Drei
Hefte sind für die drei Stufen der höheren Schule bestimmt,
um eine Ergänzung des Lehmannschen Lesebuches för die
Provinz Schlesien zu bilden. Mit Schrecken sehe ich im
Gebte viele Ergänzungsbändchen für die einzelnen Länder
und Ländchen unseres Vaterlandes, vielleicht auch für einzelne
Städte und Städtchen wie Pilze aus dem Boden schießen. Es
wäre dies meiner Meinung nach zu bedauern. Der deutsche
Unterricht soll gerade den Sinn für das Einheiiliche und Gemein-
same deutschen Wesens und deutscher Literatur wecken und
wach erhalten. Wenn wir neuerdings nach vorangegangenen
Ver^uchen in der Geschichte wieder davon absehen, neben der
allgemeinen Geschichte der Nation die der engeren Heimat (so-
fern sie nicht für die allgemeine Geschichte von Bedeutung ist!)
zu behandeln, so ist es wohl nicht ratsam, im deutschen Unter-
richt difse aufgegebenen Bestrebungen wieder aufzunehmen. Für
den Schüler der unteren und mittleren Klassen, der noch mit
Rechtschreibung und Ausdruck der Schriftsprache ringt, erscheint
außerdem eine solche Sammlung, die naturgemäß viel Dialektisches
eiiilialteii muß, geradezu gefährlich. Wann schließlich haben wir
Zeit zu diesen Heimatbestrebungen? Die Lehrbücher bieten schon
sowieso anerkanntermaßen des Guten so viel, daß sie gar nicht
320 Evers u. Walz, Lesebuch f. hüb. Lehraost, agz. v. C. Heioze.
genügend durchgearbeitet werden können. Mag der Unterricht
in Heimatkunde das Verständnis und die Liebe für die Eigenart
der engeren Heimat fördern, mag es im Deutschen und in der
Geschichte oder auch sonst der Lehrer tun (wenn er die Kennt-
nisse dazu und den Sinn dafür hat!), einen besonderen Anhang
zu dem Lesebuch zu diesem Zwecke möchte ich niclit empfehlen.
Sehen wir uns diese drei Bändchen näher an, so linden wir
darin herzlich unbedeutende Sachen. Kin Gedicht z. B. aus der
Scblesischen Zeitung zum 18. Sept. 1866 (I 20) mag für die Zeit
und das Blatt eine respektable Leistung sein, der Fachwelt braucht
es wohl auch in Schlesien nicht dauernd erhalten zu bleiben.
Andere Sachen wiederum könnten in jedem anderen Lesebuch
stehen; so Körners Einsegnung der Freiwilligen in Rogau, Rückerts
Lied auf den Marschall Vorwärts, Eichendorffs herrliches, „0 Täler
weit, 0 Höhen''. Die Romantik von Eichendorffs Weißer Frau in
Kynsburg wird dem Quartaner schwerlich versländlich werden.
Gryphius' Sonett (darin: die Jungfer ist geschändet) können wir
ihm uolil auch ruhig vorenthalten. Vor einem geistlichen Liede
von Logau mit 11 Strophen möchte ich den Tertianer bewahren,
der schon so vieles ohne Grund langweilig findet. Was hat der
Traum des alten Fritz von Seidl mit Schlesien zu tun, abgesehen
von dem Worte „Breslau''? Die Proben aus scblesischen Dichtern
in dem Teil für Oberklassen könnten am Rhein mit demselben
Nutzen gelesen werden, und Hanneles Himmelfahrt uurde ich den
Primaner in jedem Teile Deutschlands nicht in Proben, sondern
ganz lesen lassen.
Diese wenigen Bemerkungen mögen genügen, um zu zeigen,
auf >^ eiche Schwierigkeiten man schon bei dieser kleinen Auswahl
stößt, was mir eben eine Folge der Gründe zu sein scheint, aus
denen ich das ganze Unternehmen prinzipiell ablehne.
2) Evers uod Walz, Lesebuch für höhere Lchranstalteo.
MI Obeisekunda. Leipzig 1906^ B. G. Teubner. M n. 3(31 S. gr. S.
2,8ü JC.
Der Herausgeber läßt die Frage oflen, ob das Ruch nur in
Obersekunda oder noch im Anfange der Prima benutzt werden
soll. Die Proben aus deutschen Literaturwerken werden daher
bis zur Zeit des Sieges der neuhochdeutschen Schriftsprache ge-
führt. Dies ist außerordentlich praktisch. Durch die voran-
gestellten Reispiele aus dem Gotischen und Althochdeutschen,
sowie aus dem Allsächsischen, die folgenden aus Luthers und
Uuttens Werken, sowie die reiche Auswahl moderner Dialekt-
dichtungen gewinnen wir im Verein mit den mittelhochdeutschen
Dichtungen, die den Hauptteil bilden, ein vorzügliches Material,
um den Schuler die Entwicklung der deutschen Sprache in den
verschiedenen Zeiten und Gegenden klar zu machen.
Einige Unrichtif^keiten in der knappen Einleitung dürften
noch zu beseitigen sein: das Friesische als einen Teil des Nieder-
SUflditg, Deatseb. Lesebach f. sichi. Gyno., agz. y. Heiaie. 32]
deotscheo zu betrachten, das Fränkische nur bei dem Mittel-
deotschen zu nennen, entspricht nicht der üblichen wissenschaft-
lichen Terminologie, bzw. ist unrichtii;.
nie Auswahl scheint mir die richtige Mitte zwischen Mangel
ood Überfluß zu halten. Daß die Anmerkungen unter dem Text
stehen, halte ich ebenfalls für praktisch. Nicht einverstanden bin
ich mit dem Nebendrucken der Übertragung ins Neuhochdeutsche.
Mag es bei Wolfram und allenfalls bei Gottfried wegen der
Schwierigkeit des Textes gerechtfertigt sein, bei Walther ist es
Bichl Qolig und wird den Genuß wie das Verständnis beein-
\rkhUgen. Einen Text selbst zu übersetzen, der bereits übersetzt
ianeben gedruckt ist, fällt selbst Philologen schwer; der Schüler
vird es überhaupt nicht tun.
Von der Auswahl zur Charakteristik der frfihneubochdeutschen
Skhlung und Sprache sei besonders hervorgehoben ein Stück
w Luthers Bibelübersetzung, etwas Dramatisches von Hans Sachs
lad cÄne Probe aus Opitzens Poeterei.
Von den 13 Aufsätzen zur deutschen Sprache und Literatur
liai zwei („Die Siegfriedsage in altnordischer Gestalt'* und „An-
b|e und Cntwickelung des Neuhochdeutschen'') von Evers selbst,
Ufmen sieh indes neben den anderen, die mit Recht aus den
HwterwerkeD von Grimm, Uhland, Scherer, Wackernagel ent-
aommen sind, recht wohl sehen lassen.
Die Aufsätze zur Geschichte der Kunst und des Altertums
«od fast durchweg von Meistern auf diesem Gebiete, zu denen
vir ja wohl 0. Jäger rechnen dürfen. Dasselbe gilt von den
AofsitzeD zur Naturwissenschaft und Erdkunde, die vielleicht doch
•och einen etwas zu großen Haum einnehmen ; denn für ihre
Behandlung bietet sich dem Lehrer des Deutschen selten Ge-
l^enbeit, und der der Naturwissenschaften pflegt erst recht nicht
^ZQ zu kommen.
Anhang I bringt das Wichtigste aus der miUeihochdeutschen
Grammatik in knapper und treflender Form, Anhang II eine
sdir dankenswerte Zusammenstellung von 50 Zahlen zur Literatur-
geschichte.
3) H. Stendiog, Deutsches Lesebuch für sSchsische Gymnssieo.
5. Abteilots fdr Obertertia von Fritz Nowsck 2,60 JL. 6. Ab*
teiloBf für Uatersekands , bearbeitet in prosaischeo Teile voo
Th. Matthias, in poetischen Teile von G. Lohse. Leip&ig
1906^ Därrsebe BachhandloBg. 2,60 M*
Eine Benutzung des Lesebuches z. B. in Preußen ist schon
wegen der Abweichung im Lehrplan der Geschichte ausgeschlossen ;
trotzdem erscheinen gerade diese Teile als eine originelle Leistung,
so daß eine ausführliche Besprechung für weitere Kreise lohnt.
Der Teil für Obertertia enthält vorwiegend Prosa (182 S., gegen
76 S. Poesie), in 5 Abschnitten geordnet. Bei den Sagen ^Ut
auf, daß die von Artus nach Königs Literaturgeschichte, die von
ZmtKhr. t d. OymsMiAlwMea. LXL 4. 21
322 H. Stendiog, Deutsches Lesebuch f. sächsische GymnasieD,
Wate gar nach einer Sammlung von Musleraufsätzen gegeben
worden ist. Inden Stucken aus Jäger hätte man die Orthographie
normieren sollen. Phönizien, Zypern, Cilicien darf in
einem Schulbuche nicht nebeneinander stehen. Erwähnenswert
aus dem geschichtlichen Teil sind drei recht ausführliche Dar-
stellungen aus der Zeit der Befreiungskriege als verständige Er-
gänzung zu den patriotischen Gedichten. Ganz besonders glück-
lich gewählt ist in diesem Zusammenhange für Tertianer der
Abschnitt: Die Hegrundung des deutschen Turnens aus V. Meyers
Jahn-Biographie. Kulturhistorisch sehr interessant ist ferner
einiges aus Werner v. Siemens Lebenserinnernngen (die amtliche
Schreibung von Cassel ist übrigens die mit C). Dem modernen
Bedürfnisse nach Unterweisung in der Kunst wird durch einige
Stücke Rechnung getragen, und ganz modern ist der Abschnitt
über die Tätigkeit der Banken, dabei, wie alles übrige, durchaus
für den Standpunkt der Klasse verständlich. (Weniger modern
ist die Aussprachebezeichnung sefs für safes.) Originell ist auch
der 3. Abschnitt „Briefe'* ausgewählt. Er enthält nicht nur die
so oft abgedruckten Briefe Körners: von den ältesten Zeiten, mit
einem Kinderbriefe aus einem griechischen Papyrus des 2. Jahrb.
beginnend, bringt er Plinius' bekannte Darstellung des Vesuv-
ausbruches (wiederum eine Ergänzung zu dem Linggschen Ge-
dichte des Poesie-Teiles), ferner Briefe von Dichtern wie Goethe,
VoB, Mörike, von Helden der Geschichte wie Wilhelm I. und
Bismarck. Im 4. Abschnitt „Erzählungen** begrüße ich mit
Freude ein glücklich gewähltes Stück aus Grimmelshausens
Simplicissimus. Als Beispiel plattdeutscher Dichtung hätte ich
lieber Reuter gesehen, zumal die gebrachte l^robe nicht besonders
charakteristisch ist. Der 5. Abschnitt „Aus Natur- und Erdkunde**
ist nicht zu lang und hat ferner vor ähnlichen Stücken anderer
Lesebücher den Vorzug, daß die Abhandlungen dem Verständnis
der Stufe entsprechen. Gern sehe ich hier an erster Stelle den
„Marschtag aus Südwestafrika*^ Die kurzweiligen naturwissen-
schaftlichen Plaudereien von Stinde und Masius wird jeder Junge
gern lesen; in den beiden Artikeln aus Franceschini, Woher und
Wohin?, werden die interessantesten Fragen der Erde und des
Menschen in packender Darstellung vor dem Geiste des Knaben
entrollt, und auch die Aufnahme der ästhetisch-ethischen Natur-
belrachtung Roseggers ist ein entschiedenes Verdienst.
Der poetische Teil zeichnet sich dadurch aus, daß er nicht
nach den Dichtungsarten gegliedert ist. Dabei fehlt es bei den
anspruchslos aufeinander folgenden Gedichten keineswegs an innerer
Ordnung und Einheit. Ganz entsprechend dem Aller der Schüler
beginnt die Sammlung mit einer großen Reihe vaterländischer
Dichtungen. Daß von Arndt, Schenkendorf, Rückert, Körner eine
größere Anzahl von Gedichten aufgenommen ist, hat zwar zur
Folge, daß der Scöhler auch weniger Wertvolles liest, bat aber
aa^flz. von C. Heinze. 323
den entscbiedenen Vorzug eioer genaueren Charakteristik der
Dichterpersönlichkeiten. Auch hier begrüßen wir mit Freude
.Namen der modernen und modernsten Dichter. Dahn, Scheffel,
Meyer, Liiiencron kommen neben den genannten und neben
Uhland, Geibel und anderen zu Worte. Das Schönste, was an
Balladen Schillers, Uhlands, Chamissos und anderer älterer Dichter
für diese Stufe zu gebrauchen ist, ist mit den modernen Balladen
Ton Hebbel, Mörike, Gaudy, Schack, Lingg, Wildenbruch u. a.
zasammeDgesteilt. leb halte es für einen großen Vorzug, wenn
die Scholer sehen, daß nach Schiller Balladen gedichtet sind, und
ich glaube, die Bekanntschaft mit ihnen wird nicht zum Nachteil
(ur Scbilier ausfallen.
Zum Schluß folgt noch etwas Lyrik, wenig, wie es wohl
dem Wunsche des Tertianers entspricht, hier meist Modernes,
«enn auch das gute Alte nicht fehlt, wie schon die Proben aus
Archilochus und Sappho zeigen. Auf drei Seiten schließen sich
öftim knappe biographische Notizen ober die Dichter an : bei den
Moderoen sind sie Tielleicht zu knapp; ein kleiner Zusatz, z. B.
(bfi Keller berühmt ist durch seine Novellen u. dgl., wörde hier
viel tun, und auf einer Seite mehr ließe sich manches anbringen.
Dieselben eigenartigen Vorzöge zeigt der 6. Teil för Unter-
^onda. Auch hier 6nden «ich ältere gute Sachen, die man
sonst kaum för Lesebücher verwandt hat: Abschnitte aus
Polybius und den Charakteren des Theophrast, und ganz Neues,
wie eine Alpenpredigt von Friedr. Naumann und „Der Richtungs-
punkV von Detlev v. Liliencron. Auch hier zeigt sich die maß-
volle Beschränkung und glückliche Auswahl bei dem Abschnitte
aus Natur- und Erdkunde (Humboldt, Hollke, Liebig).
Vorzuglich ist auch hier wieder die Auswahl aus deutscher
Poesie. Sie beginnt mit einigem Epischen aus Baumbachs ,,Kaiser
ibx^* und Grüns ,Jjetzter Ritter". Dann folgen philosophische
Gedichte wie Seidls Glucksgiöcklein, Schillers Glocke und Spazier-
gang (den ich lieber för Prima aufsparen möchte), dann eine
prächtige Auswahl historischer Balladen von 548 v. Chr. (Wilh.
Fischer, Des Gottes Antwort) bis zu Liliencrons herrlichem Ge-
dicht auf den 9. März 1888, und zwar werden auch hier die
besten alten Gedichte durch die besten oder wenigstens gute neue
ergänzt.
Didaktik und Lyrik sind in diesem Teile wieder stärker ver-
treten; Beispiele von Spröchen, Rätseln u. dgl. ermöglichen
im Zusammenhang mit dem vorigen aliein auf Grund des
Materials dieses Buches eine Obersicht über sämtliche Dichtungs-
arten.
Es wäre sehr zu wünschen, daß das Buch auch außerhalb
Sachsens auf die Lehrbuchliteratur anregend und befruchtend
wirkte.
Cassel. C. Heinze.
21*
324 Paldamus u. Scholderer, Deutsches Lesebuch,
Paldanius und Scholderer, Deutsches Lesebuch für höhere
Lehranstalten, fieu herausgegeben vod Pr. Höfler und
0. Winaeberger. VIT. Teil: Obersekoada, heraosgegebeo voo
Fr. Höfler. Frankfurt a. M. 1906, M. Diesterweg. XIX a. 490 S.
8. geb. 3,80 Jt>
Die deutschen Lesebücher für Obersekunda kommen io sehr
ungleichem Maße den Bedurfnissen des Unterrichts entgegen.
Manche, wie z. B. das von Hoffmann, bieten nur mittelhoch<
deutsche Texte, andere wie das von Biese, ausschließlich kultur-
geschichtliche und solche Stoffe, die zu den anderen Kiassenpenseo,
in Geschichte, Naturwissenschaft usw., in Beziehung stehen. Das
vorliegende Buch vermeidet, wie mehrere der in neuerer Zeit
erschienenen (Lehmann, Evers und Walz), diese Fehler, es bringt
nach beiden Seiten hin einen überaus reichen Stoff, ja in solchem
Maße, daß des Guten zu viel getan ist und vielleicht auch aus
diesem Grunde ein etwas zu kleiner Druck gewählt werden mußte.
Aber die Grundsätze, die der Verfasser in dem Vorworte aus-
spricht, und die Art, wie sie im Buche selbst zur Ausführung
kommen, verdienen durchaus Billigung: es gehört zu den
zweckmäßigsten Lesebuchern für Obersekunda, die bis jetzt er-
schienen sind, und bildet einen der besten Teile des von Höfler
und Winneberger herausgegebenen, mit Recht an vielen An-
stalten eingeführten und beliebten Werkes.
Der erste Abschnitt des poetischen Teiles enthält in sehr
dankenswerter Weise Stücke aus der althochdeutschen
Literatur (begleitet von neuhochdeutscher Obersetzung). Leider
wird diese von manchen Lesebüchern gar nicht berücksichtigt,
und doch ist für das Verständnis der Entwicklung unserer
Sprache die Bekanntschaft mit den wichtigsten althochdeutschen
Sprachdenkmälern kaum entbehrlich. Man wird sich freilich in
der Schule damit nicht allzulange aufhalten können, aber die
Schüler zeigen stets hohes Interesse dafür und blättern zu Hause
— man darf das nicht zu gering anschlagen — gern in ihnen
herum, für viele eine wichtige Anregung zu späterem ein-
gehenden Studium. — Daß auch den mittelhochdeutschen
Texten, vor allem dem Nibelungenliede, zumeist aber auch den
anderen Dichtungen, Gudrun, Parzival, dem Armen Heinrich,
Walther von der Vogelweide, die Übersetzung nach Simrock bei-
gegeben ist — links Urtext, rechts Übersetzung — , wird den-
jenigen Fachlehrern nicht behagen, die auf die Kenntnis der
mittelhochdeutschen Sprache den Hauptton legen; es lenkt sicher-
lich viele Schüler vom tieferen Erfassen der Ursprache ab, bietet
aber auch stets — und das ist für die meisten Schulen die
Hauptsache — die Möglichkeit des Vergleichs der älteren und
neueren deutschen Sprache, rascheren Fortschritts in der Lektüre und
schnelleren Überblicks. — Die Auswahl der Stücke ist angemessen.
Bei der Lyrik ist Walther etwas zu kurz gekommen. Bei
aogez. von K. EndemaoB. 325
deo vielen Lehrern gewifi willkommenen „Ergänzungen" aus der
neueren Literatur darf neben „Volkers iNachtgesang*' von Geibel
„Hagens Sterbelied" von Dabn nicht fehlen, das so ganz aus dem
Geiste des Nibelungenliedes heraus geboren ist.
Der erste und zweite Abschnitt des prosaischen Teiles
eDtbaiten wertvolle und für den Schuler überaus lehrreiche Auf-
satze über die ältere deutsche Sprache und Literatur. Der aus
Schlegels Vorlesungen entnommene S. 298 ff. geht Jedoch über
die Fassungskraft des Obersekundaners hinaus und gehört, wie
ans demselben Grunde eine ganze Reihe anderer aus den späteren
Abschnitten (vgl. z. 6. Die Entstehung der romanischen Sprachen
föo Viktor Hehn, S. 412), nach Prima. Eben dahin gehören,
schon dem Geschichtspensum nach, die „Zur Geschichte
Germaniens'' gebotenen Stucke wie auch der unter „Erdkunde"
stebeode Aufsatz über die europäischen VerkehrsstraBen. Was
in den Abschnitten IV und V „Zur Geschichte der Griechen und
^met*' gebracht wird, ist an sich gut und belehrend, kommt
^, da sich Zeit zur Durchnahme kaum findet, für den deutschen
bterricht nicht recht in Betracht. Aus dem gleichen Grunde
iißveifle ich die Möglichkeit der Durchnahme im Geschichts-
»terrichte.
Von dem, was die Abschnitte „Lebensbeschreibungen*S
Mathematik und Naturwissenschaft*' bringen, ganz besonders
^T der Abschnitt „Aus der Philosophie** (vgl. z. B. „Die
Sttieolehre Piatons** und „Das Schöne nach Piaton**, S. 441 ff.
Qod 454 IT.) ist sehr vieles, auch besonders befähigte Schüler vor-
ausgesetzt, zu hoch für den Obersekundaner. Aber fast alles
Gebotene ist gut und wertvoll, und ich stehe nicht an zu sagen:
l^t nach seiner gesamten Anlage ist Höflers Buch das beste,
^\äk kenne; es bietet alles, was man dem Obersekundaner
B&r wünschen kann, und hat den großen Vorzug, daß weitere
AoschaiTungen von Buchern für den Schüler vermieden werden.
i^eshalb ist auch die Ausgabe von 3,80 Jt für ihn nicht zu hoch.
Da es nun ungemein bedauerlich wäre, wenn der in so
reichem Maße vorhandene wertvolle Stoff nicht zur Verwendung
^De, andererseits aber das Buch entlastet werden muß, so
iDöcbte ich dem Herrn Verfasser den Vorschlag machen, in der
oben angedeoteten Weise viele Stücke nach Prima zu verschieben,
SfhoD darum, weil das, was über die Fassungskraft der Schüler
kiDaasgeht, seine Wirkung ganz verfehlt Gerade daran aber
kranken die meistfu Lesebücher. Nach meiner Auffassung sollte ein
Lesebuch für Prima im wesentlichen, wie es z. B. das von Biese
^}y ein kulturgeschichtliches sein, in dem insbesondere auch
^ Philosophie nicht zu kurz kommt und die Lebensanschauung
der großen Geister des Altertums wie der neueren Zeit die ge-
bohrende Berücksichtigung erfahrt. Da das Deutsche den Brenn-
PQnk^ des gesamten erziehenden Unterrichts bilden soll, so
326 Weise, Deutsche Sprach- u. Stillehra, agz. v. Wasserzieher.
ist es nalurgemäß die Aufgabe des Lesebuches, einen Cberblick
über den gesamten bisherifren Gang der Kulturenlwickelung zu
geben. Das ist die beste und wirksamste Art, den Geist der
Schiller der obersten Klasse zu bilden, wahrhaft aufzuklären, zu
richtiger Logik, selbständigem Denken anzuleiten und wirkliche
geistige Reife herbeizufuhren. Das Lesebuch wurde sie danu zu-
gleich in den Geist unserer wichtigsten geschichtlichen und kultur-
geschichtlichen Werke einfuhren, und auf diese Weise wurde das
erreicht, was z. B. Scheel in seinem Bändchen „Zur Geschichte*'
(Teubners Sammelwerk: „Aus Wissenschaft und Kunst*' 1906)
Tergelilich zu erreichen sucht. Der häusliche Gebrauch des Lese-
buchs würde natürlich dabei in den Vordergrund treten und dem
Lehrer in der Klasse bei der Besprechung der zur Lektüre auf-
gegebenen Stücke nur die Kontrolle zufallen.
in früheren Zeiten führte die oberste Klasse des Gymnasiums
an vielen Orten den Namen „Philosophica**. Möchte sie auch in
unseren Tagen diesen Namen wieder verdienen, und dazu würde
in den Händen eines tüchtigen Lehrers das Lesebuch am meisten
beitragen können. Das wäre ein würdiger Abschluß der Schul-
studien und eine ebenso würdige Vorbereitung für die Universität
wie den Eintritt in das Leben überhaupt. Und wie sehr wäre
das wünschenswert in unserer Zeit, wo so viele wirre und unreife
Ideen auf Kopf und Herz unserer Jugend einströmen! Anleitung zum
klaren Denken und zur geistigen Sammlung sollte die erste Aufgabe
unserer Schule in den obersten Klassen sein. (Vgl. dazu meine Be-
merkungen auf S. 277 f. des Jahrgangs 1906 dieser Zeitschrift).
Ein solches Lesebuch für Prima zu schaffen, scheint mir
Höfler nach dem für Obersekunda gebotenen Stoffe und seinen in
der Vorrede (S. VII) ausgesprochenen Grundsätzen besonders ge-
eignet zu sein. Ich hoffe, daß sich der vorliegende Teil recht
viel Freunde erwirbt, daß die Schüler ihn lieb gewinnen und als
ein xT^fAa ig äei mit ins Leben nehmen; aber ich glaube, ein
in der angedeuteten Weise verfaßtes Lesebuch für Prima würde
das noch in weit höherem Grade sein.
Cassel. K. Endemann.
0 Weise, Deutsche Sprach- und Stillehre. Eine Aoleitang zum
riehtiiraB Verstäodniü ood Gebraach unserer Mo tteraprache. Zweite Aof-
lage. Leipzie;uDdBerliDl906,B. G.Teuboer. XIVu.212S. 8. geb. 2^.
Das Buch, das sich den. andern Werken Weises über die
deutsche Sprache würdig anreiht, bringt in knapper Obersiclit
zuerst eine Lautlehre und einen Abschnitt über Wortbildung, so-
dann in einer ganzen Heihe von Kapiteln Belehrungen über die
einzelnen Wortarten, endlich eine kurze Satzlehre. Der zweilet
etwas weniger umfangreiche Teil des Buches enthält die Stiilebre
und zwar Stilregeln, Stilgattungen und Stilproben. Weises Art
der Darstellung ist bekannt; er versteht den an sich spröden
W. ScelmiDB, ReQ^ers Werke, aoge z. von C Krase. 327
Stoff durch zahlreiche glöcklich gewählte Beitj^piele zu beleben
und anziehend zu machen, er sucht auch durch Eingehen auf
frühire Sprach perioden das Verständnis der gegenwärtigen Sprache
zu fördern; denn oft (fteilich nicht immer) ist das Verständnis
des Werdens and Wachsens der Wörter die Grundbedingung zum
richtigen Gebrauch der Sprache. Bei den am Schluß beigegebenen
Siilproben sind besonders dankenswert die Charakteristiken, die
Weise von jedem Schriftsteller entwirft. Bei Lessing z. B. weist
er nach, wie dieser scharfe Kritiker seine Waffen vorzugsweise
ans der Rüstkammer der lateinischen Schriftsteller (Cicero!) holt,
vie er durch die Formen schulmäßiger rhetorischer Argumentation,
ja bis auf den Gebrauch der Partikeln die ihm von früher Jug«*nd
fevohoten lateinischen Vorbilder verrät. Ein Brief der Königin
Lotse dagegeii zeigt die Sprache des tiefsten Gefühls, das sich
Mch darch Beseelung des Unbeseelten, durch kurze Hauptsätze
tbae Nebensätze zweiten Grades und durch asyndetische Anreihung
ÖBzeloer Wörter ausprägt. Der Lessingschen steht die Schillersche
Praca nahe, dem Briefe der Königin ein solcher Theodor Körners.
El ist nötig, den Anfänger auf solche stilistischen Besonder-
eren hinzuweisen, die ihm nicht immer sofort bewußt werden.
Alles in allem — das Weisesche Buch bietet bei Beschränkung
aaf den engsten Raum alles, was man von einem sprachlichen
Ratgeber nur verlangen kann.
Neuwied a. Rhein. B. Wasserzieher.
Resten Werke, heraQsse^ebeo von Wilhelm Seelmann. Krttiich
dnrebgeseheDe ood erläuterte Ausgabe. Leiptig nod Wieo o. J.,
Bibliographiaclies iosiitot 7 Bände io 8, in Leinwand geb. je 2 JL,
Wenn wir bei unserer Besprechung der ersten 5 Bände das
Seelmannsche Buch ein wahres Muster von Fleiß und Sorgfalt ge-
nannt haben, so gilt das gleiche Lob ToUauf für Bd. 6, bearbeitet
von Conrad Borchling und Ernst Brandes, und Bd. 7,
bearbeitet von Brandes und Seelmann. Ja die Tugend dieser
Herren erscheint hier um so größer, als es sich doch eigentlich
nur um eine Nachlese minderwertiger Reuterscher Schriften
handelt. Denn Dörchläncbting ist nach dem eigenen Urleil
des Verfassers mZU jämmerlich geraten und Kägebein zu insipid'*
(VI S 11). Ei, Äpinus? Daß jemand seiner Wirtschafterin eine
alte manchesterne Hose zu Weihnachten schenkt mit der Be-
dingung, sie bis Pfingsten noch S(flber tragen zu dürfen, so mag das
als drolliges Läuschen gelten ; weunaber die Angelegenheit zum Leit-
motiv der ganzen Schrift wird und die Hose immer und immer
wieder (S. 33, 61, 84, 160, 163, 165, 169) produziert wird,
sogar in der Kirche (da Buchs und Büss verwechselt ist), wenn
borten den lädierten Boden sich an die Brust hält um za sehen,
ob sich wohl noch ein Spenzer daraus herstellen läßt, wenn sie
dem Konrektor ein Kissen macht, um die wichtige Stelle vor
328 ^' SeelmaDD, Reuters Werke, aogez. von C. Kruse.
weiterem Durchscheuern zu schützen, wenn dann die definilive
Schenkung zur Verlobung der beiden führt, so ist es eine starke
Geschmacklosigkeit, daß besagter Äpinus in der Schule die
Homerische Stelle von Andromache und Hektor traktiert, um die
Übersetzung Ja^ikovis Duwelskirl anzubringen, und daß ihm vom
Herzog Friedrich Franz das Rektorat des Schweriner Fridericianum
angeboten wird. — Ober die Reise nach Konstantinopel heißt es
VI 257, daß sie zu Reuters schwächsten Werken gehört, und in
der Urgeschicht von Mecklenburg „entfalten sich weder der Humor
noch die Satire wirksam'^ (VU S. 152). — Nun, andere mögen
ja anders urteilen; so hat z. B. im Jahre 1866 der 86jährige
Kohlrausch (S. 522) in Dörchläuchting den Triumph des Humors
gefunden und über die Philister im Ratskeller der Stadt Nigen-
brandenborg „unter fortwährendem Lachen in stiller Mitternaclit
helle Tränen vergossen" und behauptet, daß in unserer ganzen
Literatur nichts Ähnliches existiere. Reuter selbst bat aber
(VI S. 518) sein Bedauern ausgesproclien, daß er nicht mit der
Stromtid seine schriftstellerische Laufbahn abgeschlossen habe.
Das ist auch unsere Meinung, und es ist immerhin möglich, daß
ein künftiger deutscher Horaz von den späteren Werken Reuters
sagen wird:
At noslri proavi Plautinos et Oumeros et
Laudavere sales, nimium patienter utrumque
Ne dicam stulle mirati, si modo ego et vos
Seimus inurbanum lepido seponere dicto.
Gleichwohl sind auch diese letzten beiden Bände mit hin-
gebendem und ausdauerndem Fleiß bearbeitet. Cberall werden
die geschichtlichen und lebenden Vorbilder des näheren ge-
schildert und die geographischen Verhältnisse aufs genaueste
erörtert. Wir erfahren z. B., daß das Gut Broda 1,5 km von
Neubrandenburg liegt, daß das Hotel zur goldenen Kugel im Jahre
1905 abgebrannt ist, daß Hagemanns Haus an der Ecke der
Treptower Straße lag (jetzt Stegemann), daß dtT Herbstjahrmarkt
im Flecken Dargun am 20. 10. 1850 bezw. 22. 10. 1851 statt-
fand. Ja wenn in dem Briefe des 13jährigen Knaben Reuter
erwähnt wird, daß er in Braunschweig mit seinem Vater das
Theater besucht habe, und ebenso in Magdeburg, so hat Seel-
mann eruiert, daß dort 6. 10. 23 „Der Ring oder die unglück-
liche Ehe'* von Schröder, hier 12. 10. 23 „Die Flucht nach Kenil-
worlh*' von Lenz gegeben worden ist.
Der sprachliche Kommentar ist sehr reichhaltig und durch-
aus exakt. Aufgefallen ist uns, daß „beraden'* (VLS. 283) nicht
„beratenes sondern „ausgesteuert" heißen soll. Das Wort „nührig"'
wird sowohl von Borchling als von Brandes „mit gutem Appetit"
gedeutet; in Pommern ist dafür „nährig ' ganz geläufig, „nöhrig^*
aber unbekannt. VHS. 327 soll: „Es gibt 'er welche mang'' dor,
da, dort heißen; es ist ja aber aus Ihrer, Erer entstanden und
F. Barder, Werden u. Waodein uds. Wörter, tgz. v. H. Böhm. 329
eotspricht ganz dem französischen en, nicbl y . — Völlig unbe-
kannt und unerklärlich ist der Ausdruck (VI S. 349) ,,a8 he
Paulen up den Ogenbück frod wurd'S was angeblich heißen soll:
„bei dieser Gelegenheit bemerkte'*.
Doch genug! Nach der wackeren Leistung von Seelmann
und Genossen ist jede weitere kritisch-exegetische Ausgabe von
Reuters Werken überflüssig.
Danzig. Carl Kruse.
Frias Herder, Werdeo ood Waodero unserer Wörter. Etyroo-
logitehe PJaodereieo. Dritte, wesentlich verwehrte und verhesserte
Auflage. Berlin 1906, Weidmannsche Buchhandlung. 259 S. kl. 8.
geb. 3,60 JL.
Zehn Jahre sind vergangen, seit Härders „Werden und
Wandern unserer Wörter'' in 2. Auflage erschien. Die Sprach-
wissenschaft ist inzwischen nicht müßig gewesen, und so hat teils
ans nea erschienenen Arbeiten, teils aus den Neubearbeitungen
und Fortsetzungen altbewährter Originalwerke manches neue
Material zusammengetragen werden können. Bei etwa einem
Dutzend Wörter sind die bisher gegebenen Erklärungen durch
andere ersetzt, in noch mehr Fällen ist die Besprechung erheblich
erweitert, hier und da sind kulturgeschichtlich wertvolle Be-
merkungen hinzugefügt worden. Die Zahl der besprochenen
Wörter ist von rund 1500 auf über 1800 (das nicht ganz voll-
ständige Register gibt 1796 Wörter an) gestiegen. So liegt denn
das Werk in einer Gestalt vor, die seine Brauchbarkeit noch
bedeutend erhöht. Freilich kann man über die Brauchbarkeit
Teiscbiedener Meinung sein, wenn man Ober den Zweck des
Buches nicht einig ist, und hier sind in der Tat wohl verschiedene
Auffassungen möglich. Härder selbst gibt seinem Werke den
Nebentitel „Etymologische Plaudereien'' und sieht seinen Zweck
erreicht, „wenn er damit einem gebildeten Leser Vergnügen zu
bereiten vermag'^ Wer daraufhin ein geistreiches feuillelonistisclies
Geplauder erwartet, das nur zur Unterhaltung des Lesers bestimmt
ist, siebt sich enttäuscht. Denn zum Plaudern weiden nur
hier und da ganz schwache Ansätze gemacht, und um lediglich
zu unterhalten, ist schon di«* große Menge des gebotenen Stoffes
zu ermüdend. Aber darin liegt kein Mangel des Buches. Werden
uns doch schon in unserer Tageslektüre genug feuilletonislische
Leckerbissen geradezu aufgedrängt, die uns den Magen übersättigen
und schwächen und ihn zur Aufnahme gesunder Kost mehr und
mehr unfähig machen. Hier handelt es sich um Besseres. Ein
Buch, das uns von nahezu zweitausend Wörtern den Ursprung,
die Wandlungen und die Wanderungen von Volk zu Volk kennen
lehrt, das, wenn auch nur zum kleineren Teil auf eigenen
Forschungen beruhend, die streng wi««senschaftliche Arbeil zahl-
reicher Forscher uns in faßlicher und handlicher Form darbietet,
330 F. Härder, Werden n. WaDdero aos. Wörter, a^t. v. H. Böhm.
ist zu gut, um der bloßen UnterhaUungsleklure zugezählt zu
wenlen. Dagegen isl es wühl geeignet, uns Ober die l^ntätehung
vieler der wicbtigslen Wörter unserer Muttersprache aufzuklären,
uns zu zeigen, wie unausgesetzt unsere Sprache aus fremdem Gut
bereichert wird, wie in den älteren naiven und ungelehrten Zeilen
das Fremde assimiliert und zu einem echten Bestandteil unserer
Sprache gemacht wird, während in den letzten Jahrhunderten
das aus der Ferne Aufgenommene leider ein Fremdkörper in
unserm Fleisch bleibt. Es vermag ferner durch zahlreiche
Analogien uns auf gewisse Gesetz^ nach denen Form und Be-
deutung unserer Wörter sich wandeln, wenigstens von fern hinzu-
weisen, und endlich übermittelt es nebenbei und unvermerkt dem
Leser eine Ffllle kulturgeschichtlichen Materials. Alle diese Auf-
gaben wurden durch einen leichten Plauderton nicht gefördert
werden, wohl aber wörde der Umfang des Ruches unnütz ver-
mehrt und der Raum für eine sachliche Bereicherung fort-
genoromen. Denn darin sehe ich die Bedeutung des Buches, daß
es, handlich genug, um nicht erst mit Mühe aus dem Regal her-
vorgeholt und mit Schwierigkeiten durchblättert zn werden, wohlfeil
genug, um jedermann zugänglich zu sein, und populär genug gf^-
halten, um auch dem mit geringen Kenntnissen Ausgestatteten
verständlich zu werden, ein Nacbschlagebuch ist, wie es für einen
größeren Kreis von Lesern weder Kluge noch Weigand noch
Sanders und noch viel weniger das große Grimmsche Wörterbuch
sein kann. Und deshalb möchte ich dem Verfasser den Wunsch
aussprechen, auch fernerhin auf Vermehrung des Stolles bedacht
zu sein. Man staunt, wenn man die in der 3. Auflage neu auf-
genommeneu Wörter durchmustert, wieviele von den uns nächst-
liegenden Ausdrücken bisher noch gefehlt hatten, und man staunt
bei genauerem Zusehen nicht minder, wieviele noch immer
fehlen. Nun kann freilich eingewendet werden, daß Vollständig-
keil ja gar nicht die Absicht des Buches sei; daß es sich in ihm
auch weniger darum handle, häufig vorkommende Ausdrücke als
vielmehr solche Wörter zu erklären, die durch ihren Bau, ihre
Zusammensetzung aus mehreren, vielleicht gar aus verschiedenem
Sprachgebiet entnommenen Elementen, durch ihre Wanderung
von einem Volk zum andern für die Zwecke des Verfassers be-
sonders geeignet sind. Aber einerseits ist an diesem Prinzip bei
der Auswahl der Wörter auch bisher schon nicht streng fest-
gehalten worden, und andererseits möchte ich auch nur die
Richtung angeben, nach der hin ich einen weiteren Ausbau des
Werkes als besonders vorteilhaft ansehen würde. Ich würde z. B.
Wörter wie Abonnement, Amalgam und Apanage, Komurke und
Kren, Obsidian und Topas, Falkaune und Falkoneti, die Peri-
patetiker nicht minder als den Polichinell, auch den Marasquino,
die Bechamelsauce und noch manches andere kühlen Herzens
preisgeben, wenn ich dafür recht viele uns naheliegende
A. Kaefi, Griechisches Cbaogibucb, engez. vod H. Meltzer. 331
deoL^cbe Wörter einlauschen könnte. Wie wäre es z. H. mit
richtig und recht« dumm, kühn, geschickt, häBiich, klein (Kleinod),
dicht, blöde, gransam? Alle diese Wörter — und ihre Zahl läßt
sich leicht erheblich vermehren — haben einen eigentümlichen
Bedeutungswandel durchgemacht, wie er sich bei den deutschen
Adjektiven ungemein häuGg ßndet. Kann auch hier von keinem
Ge.«etze die Rede sein, so bandelt es sich doch um eine so oft
Torkommende Erscheinung, daß sie wohl Beachtung verdient.
In der 3. Auflage ist mit der Vorführung solcher Wörter schon
ein ganz guter Anfang gemacht worden, und es wäre nun vor-
teilhaft, durch Heranziehung einer größeren Menge von Beispielen
die Erscheinung deutlicher hervortreten zu hissen und auf sie,
wie auf so manche andere, die sich bei der Besprechung ergibt,
aosdrücklich hinzuweisen. Auch die Zahl der deutschen sub-
stantivischen Ausdrücke möchte ich noch erheblich vermehrt und
den auch bei ihnen hervortretenden Wandel der Bedeutung hervor-
gehoben sehen. Wörter unsicherer Abteilung brauchen ja nicht
grundsätzlich ausgeschlossen zu werden und haben bereits zahlreich
Aofoahme gefunden, die Kapitel des Buches lassen sich nötigen-
falls vermehren, und wo keine besondere Rubrik errichtet werden
Soll, ist es immer noch möglich, einzelne Wörter (wie etwa
Wimper, Hufle, Zwerchfell u. a. für die noch ganz fehlenden
Körperteile) bei Gelegenheit hier und da einzulugen. Für die
Wörter der Vulgärsprache, die uns z. T. viel ^ näher liegen als
manches angeführte Fremdwort und von denen viele recht
interessant sind, ist eine erhebliche Erweiterung des Stoffes
möglich und wünschenswert. Wird das Buch in diesem Sinne
erweitert, so wird seine Brauchbarkeit, sein Wert und sein Ver-
dienst um die Hebung des sprachlichen Interesses im allgemeinen
wie um die Schätzung unserer Mutlersprache und das Vertraut-
verden mit ihr im bei^onderen sicherlich noch erhöht. Möge es
recht bald zum viertenmal erscheinen!
Schmargendorf hei Berlin. HermaAn Böhm.
Adolf Kaegi, Griechisches ObuD^sbucb. HI. Teil : ZusdoioienbäDgeode
deotseh-grieehische Üboogsstiicke. Berlin 1906, Weidmaoosche Buch-
haadlaog. VI u. 203 S. (139—197 deutsch - sriechisihes Worter-
Terzeichois, S. 198—203 kurxgefafiter Oberblieii über die wichtigsten
syaUktischea Erscheiouageo). 8. geb. 2,20 Jt.
Unter den Männern, die ihre Kraft den Bestrebungen
gewidmet haben, den griechischen Unterricht auf den Boden
der gegenwärtigen Bedürfnisse zu stellen, nimmt Kaegi wohl
unbestritten den ersten Platz ein. Er hat vor allem in syste-
matischer eigener Durcharbeitung der Schulscbriftsteller eine
statistisch zuverlässige Grundlage geschalTen für die sichere Er-
kenntnis dessen, was notwendig, was auszuscheiden und was an
zweite Stelle zu rücken ist. Auf diese Weise wird klar, wieviel
332 A. Ktegi, Griechisehes ObiiDgsbacb, iog«z. von H. Meltser.
an Stoff zum eisernen Bestand des grammatisch -sprachlichen
Wissens gehört und darum >\ieder und wieder eingeübt werden
muß, so daß es schließlich als unverlierbares Besitztum dem Ge-
dächtnis zu steter Verwendungsbereitschaft eingeprägt ist Als
oberstes Ziel ist dabei festgehalten die methodische Erziehung
zur immer gründlicheren, von dem tastenden Raten freieren und
selbständigeren Beherrschung der Lektüre. Kaegi vertritt dabei
den auch in Preußen neuerdings wieder zu Ehren gebrachten
Standpunkt, daß diese da um so besser vonstatten gebt, wo
die Übungen im Übersetzen von der Mutter- in die Fremdsprache
bis in die obersten Klassen fortgesetzt werden. Damit kann man
sich unter der Voraussetzung einverstanden erklären, daß sie
niemals Selbstzweck werden, sondern immer Mittel zu dem Zwecke
bleiben, die für das ersprießliche Lesen der Schriftsteller nun
eben einmal unumgänglichen Kenntnisse in Wortschatz, Formen-
lehre und Syntax zu befestigen und nicht auf außerhalh liegende
Gegenstände abschweifen, sondern sich streng innerhalb des durch
die Lektüre gewiesenen Gedankenkreises halten. Sie soll und
muß stets und überall mit vollem Bewußtsein als Mittelpunkt
des griechischen Unterrichts festgestellt werden, dann wird iu
Prima die Komposition ganz von selbst zurücktreten. Dies erkennt
eigentlich auch Kaegi dadurch an, daß er keine auf Thukydides
und Demostbenes zurückgehenden Stücke aufgeuommen hat. Der
unbewußte Grund hiervon scheint mir tiefer zu liegen als in dem
äußerlichen Streben, den Umfang des Buches nicht zu sehr an-
schwellen zu lassen: es ist auch so recht stoffreich, und jeder Lehrer
wird froh sein, wenn es ihm gelingt, seinen Inhalt zum vollen
geistigen Besitz seiner Schüler zu machen. So wie es jetzt vor-
liegt, umfaßt es in sehr geschickter Steigerung der Schwierig-
keiten 30 Metaphrasen aus Xenophons Anabasis zu raschem Steg-
reifüberselzen , ferner eine Anzahl Stücke aus Xenophons
Hellenika und Herodots Geschichte, sowie endlich freiere Arbeiten.
Die Vorlagen sind inhaltlich anregend und sprachlich im ganzen
frei von dem abstoßendeu Kauderwelsch, das so viel dazu bei-
getragen hat, die klassischen Studien in unverdienten Verruf zu
bringen. Immerhin wären noch einige „aber" zu streichen in
Fällen, wo es sich um keinen Gegensatz, sondern um bloße
Fortführung des Gedankens handelt, auch lautet die Anrede bei
uns nicht „o König!'', sondern bloß „König!'' oder „Mein König!*',
wofern man nicht vorzieht „Majestät!" zu sagen, was wohl am
allermeisten dem Gebrauch des Lebens enti^pricht. Die Ausdrucks-
weise : „diejenigen, welche'^ erregt heutzutage nicht bloß mehr das
Mißbehagen der Wustmänner. Das Wörterbuch ist mit aus-
gezeichneter Sorgfalt gearbeitet in einer Weise, daß der Schüler
tatsächlich darin alles findet, was er braucht, und nicht noch an
allen möglichen anderen Orten nach Auskunft herumsucben muß,
was den Fleißigen verdrießlich und den Faulen gleichgültig machL
H. Aoer^ Konjagatioostabelle, angez. von A.Rohr. 333
Vielleicht könnten manchmal noch einige weitere kleine Hilfen
geboten sein. DaB eich dem aus dem Vollen schöpfenden Neu-
herausgeber des Benselerschen Wörterbuchs nicht leicht Verstöße
gegen die Sprachricbtigkeit werden nachweisen lassen, bedarf
nicht der Versicherung ; dem lateinischen imidiar aUcui entspricht
meist ivBÖQBvta j^vä, seltener %iv\^ das öfter das Mittel des Nach-
stellens bezeichnet; diofial T$v6g r» ist untadelig, wenn das
Objekt gegeben ist darch das Neutrum eines Pronomens oder
Adjektivs (zovio, noXla), während p$twerunt ab eo auxilmm
regelmäßig lautet idsijd^ifay avtov ts^ia ßo^d'etv. „Frauenkleid''
heißt eher i^ yvyaixeia iad^ijq oder 17 ia^^g ^ yvvatußla als 17
Alles in allem macht Kaegis Arbeit einen vorzöglichen Ein-
druck sowohl nach der wissenschaftlichen als nach der didaktischen
Seite hin; sie besteht durchweg die Probe auf die Gediegenheit
und Klarheit. Wir können ihm nur von Herzen Glück wünschen,
daB es ihm nunmehr nach mancherlei Hemmungen vergönnt
gewesen ist, seinem Unterrichts werk diesen wohlgelungenen
^hlußstein einzufügen und so sein mit bewundernswerter Aus-
^uer und ZielbewuBlheit verfolgtes Ideal zu verwirklichen. Wir
ielbät dürfen uus aufrichtig darüber freuen, ein so hervorragendes
Biifsmittel erhalten zu haben für unser Bemühen, die deutsche
Jagend auf einem Wege, den sie mit Lust und Liebe gehen
^)DD, einzuführen in die unverwelkliche Schönheit des griechischen
idioms. Gerade heute, da die historische Betrachtung der allen
Zeit uns die weltgeschichtliche Sendung des Hellenentums zum
klaren Bewußtsein bringt und seine grundlegende Bedeutung für
die Kultur des ganzen Abendlandes ins helle Licht rückt, gewinnt
die Aneignung der wunderbaren Sprache einen erhöhten Wert,
*ie sie ihn vielleicht noch in keiner vergangenen Periode in dem-
^Iben Umfang besessen hat. Zu den Erschließern ihrer herr-
lichen Schätze dürfen wir auch Kaegi reebnen.
Stuttgart. Hans Meltzer.
1) HermaoD Auer, Koaja^a tioaatabelle de r wich tigs te a oo«
regelnaBifeD Zeitwörter der fraosSiiseheo Sprache.
Stuttgart 1906, W. Kohlhanmer. 5 o. 4^ S. 8. 0,50 Jt.
Das Kapitel der sogenannten unregelmäßigen Verben ist auch
im Französischen kein leichtes, und jeder Fingerzeig zur Ver-
einfachung dieser Lernarbeit muß dem Lehrer hochwillkommen
^in. In dem vorliegenden Büchlein glaubt nun der Verf. ein
Hilfsmittel geschatfen zu haben, das gegenüber dem in den
Grammatiken üblichen Verfahren wesentliche Vorzüge aufweisen
soll. Und worin bestehen diese? Zunächst gibt eine Einleitung
vlie Endungen der einfachen Zeiten sämtlicher Konjugationen
nebst den Ableitungsregeln an, dann werden in dem Hauptteil die
uuregelmäßigen Verben angeführt und zwar in zwei Gruppen.
334 K. Kuhn a. S. Chirlely, La France Litteraire,
„Die erste (leichtere) Gruppe enthält die Verben, deren Stamm-
formen — zum Teil wenigstens — unregelmäßig, deren übrige
Formen aber regelmäßig gebildet sind, d. h. genau nach den Ab-
leitungsgesetzen von den Stammformen abgeleitet werden'* (wie
assaülir, danmr, mouvinr). „Die zweite (schwerere) Gruppe ent-
hält die Verben, deren Stammformen ebenfalls teilweise unregelmäßig
und deren übrige Formen zum Teil nicht nach den AbJeitungs-
gesetzen gebildet sind'' (wie aller, maurir, savoir, faire). Durch
diese Teilung genießt der Schüler, wie der Verf. versichert, „zwei
sofort in die Augen springenden Vorteile: 1. wesentliche Er-
leichterung der Erlernung der unregelmäßigen Verben und
2. sicheres Einprägen derselben'*.
Ref. ist hiervon nicht überzeugt. Da die Behandlung
der Verben im einzelnen von dem {sebräuchUcben Verfahren nicht
sonderlich abweicht, kann er nicht einsehen, daß wegen dieser
Gruppenteilung allein der Schüler sich die Konjugationstabelle zu
seinem eigentlichen Lehrbuch anschaffen und neben diesem
benutzen soll. Denn das letztere würde er auch beim Kon-
jugieren nicht entbehren können: enthält doch die Tabelle keine
vollständigen Paradigmen, nicht einmal avoir und etre, und läßt auch
sonst vielfach im Stich. Somit wäre die Einführung des Büchleins
nur den Anstalten zu empfehlen, die mit einem recht schlechten
Lehrbuch behaftet sind, sich aber von diesem nicht zn trennen
getrauen.
2) K. Kuhn ood S. Charl^ty, La France Litteraire, Bxtraits
et Histoire. Bielefeld 8: Leipzig 1906; Velhageo & Rlaaing. VIII
u. 376 S. 8. geb. 3,50 J(.
Es wird kaum eine Chrestomathie geben, die bei verhältnis-
mäßig geringem Umfange so Gediegenes aufweist wie die vor-
liegende. Ursprünglich ist sie nur als Fortsetzung von Kuhns
Lehrbuch La France et les Fran^ais geplant gewesen, doch haben
ihr jetzt die beiden Herausgeber und Bearbeiter eine selbständige
Ausgestaltung gegeben.
Der Hauptteil (Extraits) bietet eine höchst ansprechende Aas-
wahl aus den Werken der wirklich bedeutenden Schriftsteller der
letzten drei Jahrhunderte dar, wobei auch Briefe und Bruchstöcke
aus Reden und Dramen gebührende Berücksichtigung gefunden
haben. So ist das 17. Jahrhundert durch Pascal, den Kardinal de Retz,
Madame de 'Sevignö, Boileau, Lafontaine, Regnard, Fenelon
und den Herzog de Saint- Simon, das 18. durch Montesquieu,
Voltaire, Rousseau, Lesage, Beaumarchais, Mirabeau, Rouget
de L'I^Ie und Andre Chenier vertreten, während für die Reich-
haltigkeit des 19. Jahrb. nicht weniger als 32 Namen — unter
ihnen Balzac, Flaubert, Zola, Loli, Taine, Gambetta, Sully-Prod-
homme und Rostand — Zeugnis ablegen. Die Proben sind „so
gewählt, daß sie 1. charakteristisch sind für den Verfasser, seine
Richtung und Bedeutung in der Literatur und für seine Zeil,
aogez. von A Rohr. 335
2. kuUurhistorUch belehren und die Kenntnis von F^and und
Leuten fördern". Doch sind solche Werke ausgeschlossen, die
bereits in Schulausgaben vorliegen; denn selbstverständlich be-
absichtigen die Hrsg. nicht, mit dem Buche die Lektüre ganzer
Werke zu verhindern oder auch nur einzuschränken.
Der zweite Teil {Hütaire) deutet schon durch seinen Namen
an, daß er hauptsächlich Abschnitte aus der allgemeinen, Kultur-
uud Literatur-Geschichte enthält. Die Auswahl ist meist so ge-
troflen, daß „in der Regel die Proben des ersten Teils oder die
in der Schule gewesenen Werke die Unterlage und Anschauung
dazu geben. Da die Dramen vou Corneille und Racine nicht
r^elmäßig gelesen werden, so sind Analysen von je drei ihrer
Meisterwerke aufgenommen worden''.
Ein Appendiu macht den Beschluß. Da findet man zunächst
in den Notes explicatives erklärende Anmerkungen zu den vorher-
gehenden Texten, sodann in den Notices biographique$ die not-
veodigsten literarischen Daten und zuletzt in der ProsotUe franfaise
to Wichtigste aus der französischen Metrik. Die Karte von
Frankreich, das Kärtchen der Umgehung von Paris und der Plan
TflB Paris werden wohl allen Lesern willkommen sein.
Ref. kann es nicht unterlassen zwei W*önsche auszusprechen,
^ie, wenn erfüllt, dem Buche den Eingang in die Schule er-
ieichtern dürften. Vor allem müßte der Umfang verringert
«erden. Gewiß sind 333 Seiten Text für eine Chrestomathie
eicht viel, aber weil sie nur ergänzenden Lesestoff liefern will,
so wären da doch erhebliche Abstriche zu machen. Hag man in
jedem Jahre des Primakursus — nur diese Klasse käme für das
Buch in Betracht — etwa 60 Seiten durchnehmen, so würden
über 200 Seiten übrig bleiben, von denen im günstigsten Falle
die Hälfte für die Privatbeschäftigung der Schüler Verwendung
ünden könnte. Was wäre da aber zu streichen? Nun alles, was
wir nicht einmal von einem guten Abiturienten erwarten dürfen.
Es würde zu weit fähren, wenn Ref. von diesem Gesichtspunkte
aus den Inhalt des Buches im einzelnen durchgehen wollte, daher
mag hier gleich der andere Wunsch zu Wort kommen. Wie
reich das Werkeben inhalthch auch sein mag, so wird man doch
bei näherer Prüfung einige Lücken entdecken. Ref. möchte sie,
ohne sich auf eine weitere Begründung einzulassen, kurz andeuten.
Zuerst von Descartes eine Probe aus dem Ditcaurs, dann von
Moliere die Analysen neb^t einer oder mehreren Szenen aus
einem prosaischen und einem poetischen Lustspiel, hierauf von
Rousseau einen Abschnitt» der eine Schilderung von Naturschön-
heiten eotbielle, schließlich von V. Hugo und Musset noch etwas
recht Charakteristisches, wie z. U. Les deiuc iles und Sur wie
fnorle. Vielleicht beachten die Verf. diese Hinweise bei einer
Nffubearbeitung.
.Neustadt Wpr. A. Rohr.
336 P. MartiD a. 0. Thiergen, Ed Fraoce, a^z. v. F. J. Wershoven.
Ed Fraoce. In Frankreich. Ein Führer durch die Sprache nnd das
Land der Franzosen. Von P. Martin (Paris) und 0. Thiergen
(Dresden). Leipzig 1906, Haberland. 223 S. 8. geb. 3 M*
Das Buch ist kein Schulbuch; in einem solchen wäre ja die
„Kurzgefaßte Grammatik'^ (S. 149 — 193) ganz, die phonetische Aus-
sprachebezeichnung im Vocabulaire (S. 195 — 215) zum aller-
größten Teil öberflQssig. Ks ist ein Handbuch, in dem sich die-
jenigen, welche nach Frankreich reisen, vor und während der
Reise die nötigen französischen Redewendungen und die Kenntnis
der Realien aneignen können. Da mag auch der grammatische
Anhang zur Auffrischung der in Vergessenheit geratenen Regeln
für manchen angebracht sein. Einige der Regeln sind ver-
besserungsbedürftig. Das Vocabulaire ist alphabetisch und sach-
lich zugleich: es gibt also nach der Art der Meyerschen Sprach-
führer z. B. bei „Fisch'' die wichtigsten Fischsorten, bei „Auto-
mobil'' die Namen der Teile usw. Die durchgehende Aussprache-
bezeichnung, selbst für die einfachsten Wörter wie parier, donne, ele,
scheinlmir Raumverschwendung; eineAngabe bei Wörtern mitirgend-
wie schwieriger oder unregelmäßiger Aussprache wäre ausreichend.
Den wichtigsten Teil des Buches bildet der Abschnitt „Die
Reise" (S. 1 — 148), mit vier IJnterabteilungen: Reise durch die
Provinz, Aufenthalt in Paris, Alltagleben, Umgegend von Paris.
Folgender Plan ist zugrunde gelegt Ein Schweizer mit
Gemahlin reist nach Paris, überschreitet die Grenze mit der Zoll-
station, hält sich in Lyon, Dijon, Reims und Compiegne auf,
steigt im Hotel ab, besucht mit Bekannten zu Fuß, in Droschke,
Automobil, Stadtbahn und Dampfer die wichtigsten Sehens-
würdigkeiten der Hauptstadt (Notre- Dame, Juslizpalast, Boulevards,
Museen, Invalidenhaus, Markthallen, Börse usw.), geht ins Cafe
und Restaurant, ins Theater und Konzert, erkundigt sich über das
Unterrichts wesen, hört eine Vorlesung in der Sorbonne, macht
eine Spazierfahrt ins Bois de Boulogue, wohnt einem Wettrennen
bei, mietet ein Zimmer mit Pension, hat auf dem Postamt zu
tun, konsultiert einen Arzt, macht Einkäufe in einem Waren-
haus u. a. Mit Vergnügen habe ich diesen Teil gelesen. Er ist
in Form einer frischen, aus dem Leben gegriffenen Konversation
gehalten, in welche briefliche Berichte nach Hause noch Ab-
wechslung bringen. Dem französischen Text ist die deutsche
Übersetzung gegenübergestellt; idiomatische Wendungen sind durch
den Druck hervorgehoben. Proben von Zeitungsannoncen,
Geburts-, Hochzeits- und Todesanzeigen, Belehrung über Münz-
wesen, Postdienst und Stadtbahnverkehr sind eingefügt; Pläne
von Lyon, Reims und Paris, sowie ein genauer Plan des Verkehrs-
zentrums von Paris sind beigegeben. So macht das Buch in an-
regender Weise mit Land und Leuten einigermaßen bekannt und
bietet gleichzeitig den für die Reise nötigen Sprachschatz. — Die
Ausstattung ist sehr gut; Druckfehler sind nicht selten.
Breslau. F. J. Wershoven.
A^Heilborn, Die deatschea Kolonieo, agz. vob K. Scblemmer. 337
Adolf Heilbora, Die deotsehea Kolooieu (Land und Leute).
Leipzig 1905, B. G. Teoboer (Aas Nator oad Geisteswelt Baod 98)
168 S. kL 8. ^h, 1,25 JC,
HeiToi^egangeD ist das zu der Teubnerschen SammluDg
„Aos Natur und Geisteswelt'* gehörige ßändchen ans yolkstüm-
licfaen VorlesuDgen, die der Verfasser 1904 im Auftrage der
Deutschen Kolonialgeseilschaft (Abteilung ßerlin-Charlottenburg)
im Kolonialmuseum zu Berlin gehalten hat. Nacheinander
werden die deutschen Besitzungen in Afrika und im Großen
Ozean und zuletzt in Kiautschou behandelt. Der Verfasser gibt
zunädist einen kurzen geschichtlichen Oberblick Aber die Besitz-
ergreifang seitens Deutschlands, legt darauf kurz, aber klar und an-
schaulich die geographischen, klimatischen usw. Verhältnisse der
finzeloen Kolonien dar und verweilt dann vor allem bei der
SehtIderuDg der Bewohner, ihrer Sitten, Gebräuche, Lebensweise
usw. Hierin liegt der Schwerpunkt der Arbeit und ihre Be-
dentuDg. Ein kurzer Hinweis auf die Handels- und Verkehrs-
Wziefaangen der Kolonie zum Mutterlande beschließt die einzelnen
ihsehnitte. Die Darstellung beruht flberail auf den besten Quellen,
te Buch ist frisch und anziehend geschrieben, und es bleibt nur
n wünschen, daß sie in recht weiten Kreisen gelesen werde,
damit sich wirkliche Kenntnis unsrer Qherseeischen Besitzungen
Behr und mehr verbreite und bald einmal die Zeit komme, wo
das deutsche Volk mit Nachdruck der kolonialen Arbeit draußen
Dod daheim sich zuwende.
Treptow a. R. K. Schlemmer.
ZiilMhr. L a. OymnftdftlwaMB. LXL 4. 22
DRITTE ABTEILUNG.
BERICHTE Ober Versammlungen, Nekrologe, miszellbn.
Der schulhygienische Ferienkursus für Lehrer höherer Lehr-
anstalten in QOtlingen im Jahre 1906.
In deo Ta^eo vom 8. bU 13. Oktober 1906 faod im GSttioger
Hygienischen lottitat ein scbulhygienischer Ferienkorsas fdr Lehrer höherer
Lehranstalten statt, der den ersten Versach dieser Art für die westlichen
Provinzen der Monarchie darstellt. Da diese Veranstaltoog, die ihr Leiter,
Herr Prof. v. Esmarchyin dem ^,Schularzt'', der Beilage der „Zeitschrift für
SchQlgesandheitspflege'S Heft 11 (1906) S. 22] als „erfolgreich" bezeichnet, des
Belehrenden und Anregenden eine aaßerordentliche Fülle bot, wird vielleicht
auch weiteren Kreisen der Amtsgenossen ein Bericht über sie nicht aawill-
komraeo sein^). Mehren sich doch die Zeichen, daß das früher im Kreise
der akademisch gebildeten Lehrer Deotachlands ziemlich wenig verbreitete
Interesse for Hygiene in erfrealichem AafschwQog begriffen ist
Die Zahl der Teilnehmer betrog 22, und Herr v. Esmarch a. a. O. be-
merkt sehr richtig, „daß man zweckmäßig auch Tür weitere Kurse an dieser
Zahl festhalten wird'*. Dazu traten noch zwei Herren des Gottinger
Gymnasiums als Hospitanten. Die Westprovinzeo der Monarchie waren
ziemlieh glirichmSßig vertreten; 6 Mitglieder, d. h. etwa 27 «/q, waren Direktoren,
ein Prozentsatz, der mit Röcksicht auf die naehdmcksvollere Vertretung der in
dem Kursus erhobenen hygienischen Anforderungen ao unsere höheren
Schulen vielleicht etwas höher hitte gegriffen werden können. 9 Vertretern
der Naturwissenschaften standen 13 klassische Philologen oder Neusprachler
gegenüber. Den Teilnehmern war vorher von der vorgesetzten Behörde eia
Programm zugegangen, eine etwas reichhaltige Speisenfolge, deren Bewälti-
gung innerhalb der knappen Zeit von 6 bezw. 5 Tagen von vorahereio mit
berechtigtem Zweifel entgegengesehen werden durfte, und in der Tat ge-
nügte dieser Zeitraum nicht im entferntesten. Bei einer Wiederholung wird
auch nach dem Urteile des Kursusleiters (a. a. 0. S. 222) jedenfalla das
Doppelte an Zeit, mindestens 10 Tage, wnasehenswert sein.
Am ersten Tage betonte in seiner begrüßenden Ansprache Herr
V. Esmarch zunächst, daß er an den ersten Versuch dieser Art mit der Be-
^) Ein bedeutend ausfuhrlicherer Bericht über diesen Rursos ist von nir in
dem Janoar- und Februarheft 19U7 der „Zeitschrift für SchnlgeaundheiU-
pflege*' verüS'entlicht worden.
Der jeholhygien. Ferienknrsiiii i. Gott. 1906, v. Roentgsbaek. 339
forditiui^ gehe, defi die ODgleiche VorbildoDg der Teilnehmer [13 Philologen!]
die Vorträge ood dereo Verstäadnis erschweren könne. Sein Bekcnntuin
n. a. 0. S. 223 „doch hat licb diese BefUrchtiuig nU nnbegründet heraus-
gestellt", ZB einem Lobhymnus aoszonntzea aof die vielgeschmähte Bildungs-
weise ,Jener Polteranstslten des menschlichen Geistes, die wir Gymnasien
aeooen"''), die doch wohl jene 13 Philologen befähigt hat, in einen ihrer
eigentlichen Fachwissenschaft ganz fernliegenden Stoff sich schnell hinein-
znfioden, will ich bescheiden unterlassen. — Nach einer kurzen Einleitung
iber Aufgaben, Ziele und Methode der Hygiene wandte sich dann der Vor-
tregeade dem Thema des ersten Tages zu, der Hygiene der Luft und des
Wassers. Auf seine Ausführungen, die eine Art von allgemeiner Vorbe-
reitoag für die eigentliche Behandlung der Schulhygiene bilden sollten,
■aber einzugehen, verbietet leider der Raum, und ich verv^eise auch hier
wieder auf den in Aam. 1 erwähnten Bericht An den Vortrag schloß sich jedes-
mal eine Diskussion, an der die Mitglieder des Kursus sich rege beteiligten;
freUich machte sich auch hier der Mangel an Zeit recht fühlbar; denn nach
eines von 8 — 10 ühr währenden Vortrage, der, oft erheblich ausgedehnt,
die an die Kraft des Sprechenden wie der Hörenden nach den Grundsätzen
der Hygiene zu stellenden Anforderungen von höchstens '/^ Stunden geistiger
Aaspaonoog erheblich überschritt, war das Bedtirfnis nach einer halbstündigen
Erholaagspause zu groß, als daß man Lust verspürt hätte, sie durch Aus-
ichaoBg der Diskussion sehr zu kürzen, wenngleich selbst von ihr
manche eifrige Mitglieder für die Besichtigung der reichhaltigen Samm-
loages sieh einige Minuten abzusparen wußten. Die darauf folgende Zeit
des Vormittags wurde durch den Assistenten des Hygienischen Institutes,
Herra Dr. Ingelfinger, damit ansgefüllt^ daß dem Stoffe des vorausgegangenen
Vortrages entsprechende Untersuchungsmethodeo und Apparate vorgeführt
wurden. Vier von den Junf in Göttingen .selbst zur Verfügung stehenden
Nacbmitlaigen waren Besiehtigungen gewidmet; bietet ja doch Göttingen eine
Fille voe vorzüglichen, musterhaften Kinrichtungen auf dem Gebiete der
Bj^ese. So lernten wir dort das Elektrizitätswerk und die Gasanstalt
kcaneiiy das neue Physikalische Institut, eine Mädchen- Mittelschule, die
Desinfektorensehttle, Universitäts-Turnballe und Städtische Badeanstalt. —
Die Vorträge des zweiten und dritten Tages waren der Hygiene des Schul-
hansej gewidmet. Der Vortragende besprach die richtige Wahl des Bauplatzes,
des Baogrondes und besonders eingehend der Richtung des Schulhauses; er
keb dabei die West- und Nordrichtong als besonders geeignet hervor. Weiter
wies er auf die richtigen Größeoverhältnisse der Klassenzimmer hin, auf die
bei dem starken, oft plötzlichen Anwachsen der Schnlerzahl besonders ia
großen Städten zur Entlastung ursprünglich ausreichender Anstalten nötig
werdende Aufstellung von Sehnlbaracken, von denen auch Göttingen selbst
Beispiele bietet, und im Anschluß daran auf das Pavillonsystem, wie es z. B.
in Mannheim oder Ludwigshafen a. Rh. in ausgedehnter Weise eingeführt ist.
Darauf gab er wertvolle Belehrungen über die Beliehtung der Klassen, die
Aniagre, Grofie und Gestalt der Fenster, die Farbe der Decke und der Wände
der floJzteile des Fensters und etwa vorhandener Holsbekleidung der Wände
9) So zu lesen im , »Echo** vom 20. Dez. 1906 in dem Artikel von Karl
Euffen Seboidt: »«Der internationale Kinderaustausch'^
* 22*
340 ^^^ schalbygieoische Ferieok ursns io Göttiogeo 1906,
and betonte die Wichtigkeit fater Fußböden ^mit ansgiebifer Verwendons
des Linoleombelac^es. Auch fnr den Belag der jetzt wohl dorehgSngig aoi
Stein hergesteliten Treppen emprahl er, wenigstens für die am meisten be-
tretene Mitte der Stofen, Linolenm. Eine gehörige Breite der Korridore —
2,50 m ist das Mindestmaß, manche moderne Banten weisen solche bis so 5 ond
6 m und darüber anf — ist um so wichtiger, da diese in unseren Schnleo noch
fast durchweg als Anfbewabrangsort fdr die Oberkleider dienen, wahrend
doch eine Kleiderablage, ein besonderer Raum für MSntel, Regenschirme osw.
cum Wechseln von Strümpfen ond Sehnhen ia versehiedenen Ländern, t. B.
in Üänemark, schon bei eiaklassigen Landschulhaosern rorhaadeo ist. --
Besondere Aufmerksamkeit erfordert ferner die Temperatvrregelung der
Klassenräome; zu fordern ist auch für den Sommer eine nicht über 16 — 19^C.
hinausgehende Temperatur; Korkwandongen und Berankung der Wände wird
als Schatz gegen die Sonnenstrahlen empfohlen. VorhÜoge werden am
zweckmäßigsten so angebracht, daß sie vSlIig zur Seite gezogen werdea
kSoneo; weiße, höchstens hellcremefarbige, feinfadige Stoffe sind erwünscht.
Vor allem aber wichtig ist eine richtige Luftuog; sie setzt in der Regel zu
spät, oft erst kurz vor dem Unterricht, ein. Im Winter wird die Forderoog
einer angemessenen Temperatur in den Schulräumen gleichbedeutend sein
mit der einer gnten Heizung. Die Differenz zwischen Kopf und Fuß darf
höchstens 3^ C betragen ; die Heizung darf nieht zu stark strahlend sein und
dadurch nur auf eine Seite des Körpers übermäßig einwirken; die Wände
dürfen nicht zu stark abkühlend sein, aoeh dürfen keine gasförmigen Ver-
unreinigungen hervorgerufen werden. Ebenso ist auf die Temperatur der
Heizkörper zu achten; denn über 80^^ erhitzt versengt der Staub, und das
Destillationsprodukt ist sehr gefährlich. In 99% 2*' die sogen, trockene
Luft nichts weiter als empyreumatisch (brenzlig); dadurch werden die Er-
scheinungen der Trockenheit des Kehlkopfs, Schmerzen der Brusthöhle,
Kopfschmerzen und Heiserkeit hervorgerufen. Die Temperatur des Heis-
körpers muß auch leicht regulierbar sein. Daher ist der an sich sehr
schöne Kachelofen für die Schale nicht verwendbar. Die Erwärmung geht
vor sich durch Luftzirkulation (wie bei den meisten unserer eisernen
Mantelöfen) oder durch Strahlung. Diese, etwa durch das offne Feuer eines
Kaminofens, ist fdr Schulen nicht zu empfehlen, da der Raum zu ungleich
erwärmt wird. — Für jedes nmfangreicbere Schulgebäude ist Zentral-
heizung allein zu empfehlen; bei der Luftheizung dürfen die Räume in wage-
rechter Entfernung nicht zu weit wegliegen; sie ist auf höchstens 10 — 11 m
Radius wirksam, während ihre Wirkung in vertikaler Richtung eine ganz
bedeutend größere ist; ferner darf der Mantel nicht zu klein sein. Bei
der Wasserheizung spricht man von Warmwasserheizung mit Niederdruck
bei einer Erwärmung des Wassers von 6u<^ bis auf höchstens 100<^, von
W. mit Mitteldmck zwischen 100—1200 Erwärmung und von Heißwasser-
heizung bei einer Erwärmung darüber hinaus. Für die beiden ersten Arten
der Wasserheizuog spricht sich der Vortragende besonders zur Verwendung ia
Privathänsern sehr begeistert aus, weniger Tur die letzte, da bei 120® die
Gefahr der schon vorher erwähnten versengten Luft durch Ablagerung und
Vergasung von Staub auf den heißen Röhren sich zeigt. Die Vorteile be-
stehen darin, daß durch selbsttätige Regulierung fortwährend dieselbe gleich-
mäßige Temperatur erhalten bleiben kann und daß der Aktionaradius ia
von H. Koeoigsbeck. 341
vagereckler Riehtoog nm sehr weiter iit (SO m). Sie moß aber eine
Daverbeizng sein, da die Gefahr des Eiafriereis leicht vorliegt. Bei der
DaapfheixoBg zirkoliert statt des Wassers Wasserdampf io deo Röbreo, die
aas eioem Daapfkeasel gespeist werden. Maa outerscheidet oach der
Spanavog: fiiederdrock-, Mitteldrack- ood Hochdroekdampfheizoog. Bei der
erstes wird das Wasser cor Danpfbildaag aar bis auf 102^ erwärmt (aoeh
des ist noch etwas tu warm), die SpaonaDg wird onr xo 1,1 — J,3 AtmosphÜrea
geflomnea. Die Vorteile dieser besoiders für Schulen xo empfehlenden
Heixvag bestehea in der fast oobeschränkten Aosdehnnog ia wagerechter
Riehtang, den stetigen Betriebe, der anßerst schnellen and vollkommenen
Regelaagafihigkeit, der sehr schnellen Brwärmoag, angenehmen und milden
Teaperator ohne Staabverseagong, dem Portfall der Gefahr des Einfrierens.
Btchdrackdampfheixang empfiehlt sich wohl nar für sehr ausgedehnte An-
legen, wie z. ß. in Dresden die sämtlichen königlichen nnd öffentlichen Ge-
binde in der Nähe des Schlosses durch eine solche sog. Fern-Heisoog er-
«ifHl werden. — Der Vortrag des dritten Tages handelte hauptaächlich
f« dar Lnftaag nnd Belichtong der Räome und der Einrichtung der
SshseUlea. An Luft sind für das Kind im Schnizimmer 15 cbm erforder-
U^: daher ist eine Luftoog durchaus nötig, da sonst die Scholsäle zu groß
vaiea nüflten, and zwar ist eine swei* bis dreimalige Lüfte rnenerung
vAread einer Stande das allermindeste, was zu fordern ist Von der
ftresTeotilatioa d. h. der durch die Poren der Wände, durch Fugen nnd
Kise, durch undichte Fenster- .und Tür verschlusse herbeigefährten
Liftaag, die für Woharäume sehr erheblich ins Gewicht fällt, maß man fiir
& Sekolen ahaehen; wir sind daher zunächst auf die Zugventilatioo aoge-
vimea, d. h. auf Feaster- n a d TUrealüftong ; denn jene allein hat nicht die
■otiga Wirkang, ausgenommen etwa bei viel Feasterfiäche und starkem
Freat Dabei müssen sich natürlich die Kiader wegen der Gefahr der Zug-
crkältBiig — denn zu behaoptea, sie müßtea steh aa Zug gewöhnen, ist
fSBi Terkebrt — aaßerhalb dea Zimmers aufhalten, uad für kräakliche
Kinder, deren Anfenthalt im Freien ran den Eltern oder dem Arzte nicht
gewnaaeht wird, mißte ein Soaderranm rorhaadea sein. — Noch wichtiger
tker iat jedenfalls die maschinelle Ventilation. Es ist dabei in staub- oder
raßreiehea Orten oft eine Vorreinigung der Luft nötig; sie geschieht in Staub-
ahlageniagakammerB, in denen die Luft an einer Reihe von schräg gestellten
naaellwiadea vorbeiatreicht, an denen der Staub haften bleibt Auch für
die Abfobr der schlechten Luft ist zu sorgen. Oft werden zur Luft-
traeveraag aaeh Motoren, wie etwa Wasserstrahl- oder Fingelventilatoren
beaatzty nach siad da, wo der elektrische Strom aicht zu teuer ist, vor-
tetUiafl elektr. Ventilatorea za verwenden, die im Betriebe wenig kosten,
da aie aar etwa so viel Strom erfordera wie eine gewöhnliche Glühlampe.
— Besondere Aufmerksamkeit verlangt auch die Belichtnng der Scholränme.
Pur S^reihen ond Lesen werdea 15 — 20 Meterkerzen gewünscht, d. h. die
Beleaehtoogy die 15—20 Normalkerzea auf 1 m Entfernung bei recht-
winkligem Liehteinfall hervorrufen; za berücksichtigen ist dabei natürlich die
veehaeJnde Leachtkraft des Tageslichtes. Aneh auf die Beschaffenheit des
Glaaea iat aa aebten, wie auf sorgfaltige Reinigung der Scheiben. Für un-
dorcbaiebtige Feaster wähle man statt des matten das Riffelglas, fiir
Korridore nad Feaster ia Haastüren auch das Falkouierglas. Vor allem
342 I)®r schulhygieniscbe FerieDkarsüt in Göttiogeo 1906,
aber muß das Schulgebüude selbst richtig geplaot seio; der Eiofallwiokel
muß miodesleos 28 ^ der Offonogstviokel 5° betragen.
Im Zosammenhaoge damit wurde die Frage der Knrzsicbtigkeit be-
handelt. — Für die darauf folgende Besprechung der Sehulbank oder Sub-
sellieofrage hatte der Vortragende aus der Sammlung des Institutes Modelle io
seltener Vollständigkeit zur Ansicht ausgestellt, von der einfachsten Dorf-
Schulbank bis zu den verschmitztesten Spielereien mit drehbaren Sesseln und
ähnlichen Urfindnngen, die das Entzücken der Jugend bei jedem in der
Disziplin nicht ganz sattelfesten Lehrer hervorrufen müßten. Auch hier
verweise ich auf meinen umfangreichen Bericht in der „Zeitschrift für Schul-
gesundheitspflege'*; erwähnen möchte ich nur die treffende Bemerkung des
Vorrragenden, daß da, wo viele behaupten, das „Allerbeste" erfunden zu habes,
das „absolut Gute** überhaupt noch nicht vorhanden zu sein pflege. Er
selbst gab in seinen durch zahlreiche Abbildungen unterstützten Darlegoogen
der auch in Göttingeo vielfach verwendeten Rettigbank den Vorzug. Sorg-
rditige, von Zeit zu Zeit zu wiederholende Messung der Kinder und danach
erfolgende Einweisung in die entsprechende Baokgroße ist eine der
wichtigsten Maßregeln. Gestreift wurde dabei der mit der Bankfrage in
Zusammenhang stehende Schreib Unterricht; auf die Materialien, die Baltong
des Kindes, die Größe der Schrift ist sorgfältig zu achten; ebenso wie für
den Druck von Schulbüchern die von H. Cohn aufgestellten Regeln allge-
meine Anerkennung gefunden haben, so muß auch darauf gehalten werden,
daß die Kleinbuchstaben beim Schreiben mindestens 3 mm hoch sind. In dem
Streit zwischen Schräg- oder Sleilschrift ist der Vortragende geneigt, dieser
den Vorzog zu geben, betont aber, daß die bisher unternommenen Versuche
noch nicht ganz einwaodsfrei und daher nicht allgemein überzeugend seien.
Eine Reihe anziehender Projektioosbilder unterstützte die Vorträge dieser
beiden Tage.
Der vierte Tag war der Hygiene des Körpers und des Unterrichts ge-
widmet, d. h. hauptsächlich den in den letzten Jahrzehnten leidenschaftlich
bt^bandelten Fragen des Schularztes und der Überbürdung. Der Vortragende wies
daraufhin, daß die frühere segensreiche Sitte, einen Rausarzt in halten,
mehr und mehr abgekommen sei; deshalb erscheine ein Schularzt um so
nötiger. Die Ergebnisse der Untersuchungen durch die Sehulärzte be-
stätigen diese Notwendigkeit; Berichte 'aus Wiesbaden bezeichnen bis zu
64% dßr „Schulrekrnten'' als kränklich, solche aus Dresden ergeben noch
höhere Zahlen. Besonders lehrreich in dieser Hinsicht sind die stModigen
Angaben in der zur Anschaffung für die Lehrerbüchereien wieder und
wieder zu empfehlenden „Zeitschrift für Schulgesundheitspflege'*. So wird
denn auch von der Schule die Notwendigkeit des Schularztes ziemlich all-
gemein zugestanden. Die Befürchtung, daß sich leicht Kompetenzkonflikte,
Beschräukuug der Bewegungsfreiheit, unliebsame Störungen des Unterrichts
ergeben könnten, oder daß verletzende Ausstellungen zu erwarten seien,
weist der Vortrragende aus den vorliegenden Erfahrungen als grundlos zurück,
zumal der Pflichtenkreis in den Verordnungen für den Schularzt genau be-
grenzt ist. Formulare für die schulärztliche Tätigkeit aus Breslau, Göttingeo,
Königsberg wurden vorgelegt und im Anschluß an sie die Pflichten des
Schularztes eingehend geschildert. Auch hier muß ich aus Mangel an Raum
Interessenten auf den Bericht in der oben erwähnten Zeitschrift verweisen.
voD H. Koeoigsbeck. 343
Wm die OberbardoDg noserer höhereo Scbiiler betrifft, so ist seit
Loriasen bitterer Anklage gegen die Gymoisieo im Jabre 1836 diese Frage
sie wieder xor Rohe gekoDmea. Beirdofig will ich oicht uoterlassea, auf
die kostKcbe Tatsacbe hiozaweiseo, difi der Scbolarzt Dr. A. Kraft ia
Zirieb io eioen Bericht ia Heft 9 der „Zeitsebrift fdr Scbnlgesaadbeitspflege*
TOB labre 1906 S. 638 als eine« neuen klassischen Oberbardongszengen
— des alten Taeitaa anführt Br besieht sich dabei saf die Stelle im Tacitos*
Dial. de oratoribas eap. 20. Daß sie zitiert wird: ,,iovenes in i|isa stndi-
•rnm mende positi'* statt „inende'^ mag als ein Fehler des offenbar
»ch sehr lateiakaodigen Setzers geltea; daB er die Stelle aber einfahrt mit
4eD Worten: ,,Taeitns sagte, sich an die studierende rfimisehe Jngend
vcBdead*' [von Schülern also ist ohnehin keine Rede!], and dafi er sie
ibersetst: „Jange Leute, die ihr unter dem Am boB des Stadiums stehf*,
beweist, dafi er weder seinen Taeitns aufgeschlagen hat — was doch ge-
wiaseahaft gewesen würo, wenn er ihn als Kronzeugen ia einer so wichtigen
Frage Ter wenden wollte — noch dafi er iiberfaaupt recht Liatein oder gar
Deutsch versteht Deaa was soll das heifien : „unter dem AmhoB
itthea'*? Eine Anrede ist Sberhaupt nicht yorhanden, und die Stelle he-
«|t weiter nichts, als dafi die Wissenschaft die noch unfertigen juogea
Leute so hUdet, wie der Kaostschmied ein noch unfertiges Stück Eisen auf
km Ambofi zum Kunstwerk gestaltet. So erklart auch Forcellioi die Stelle
gas richtig => „dum adhnc formantar ia scholis*^ Es ist das eia
trpisehcs Beispiel für die Leiehtfertigkeit, mit der bei der Oberbürdungs-
ilage vngeprafte Behauptungen aufgestellt und im Brustton der Oberzeugung,
vsmSglleh ala eigene Weisheit, nachgebetet werden. — Doch zurück zum
Tkema! Der Vortragende ist der Ansieht, daß an der tatsächlich bestehenden
OberbArdaag mindestens die HÜlfte der Schuld das Haus trügt mit den
aklreiefaea Privatstnndea, dem Obermaß voa körperlicher Ermüdung durch
^1 an aich za billigenden Sport, durch die vorzeitige Einführung der Kinder
is Theater, Gesellschaften o. dgl. Immerhin, wo auch ^\t Schuld liegt, die
Oberbnrdusg ist da, and maa muß im Interesse der zu erhaltenden Kraft
lad Geanadheit anseres Volkes auf Mittel zur Abhilfe sinnen. Sie wird
lieh ftadea lassen durch Verkürzang der eiuzelaeo Standen und sngemesseoe
Psnsealinge, durch die richtige Reihenfolge der einzelnen Fücher im
Stundenplaoe; immerhin müßten gerade in den Schulen noch praktische Ver-
suche über das Ermüdnngsmsß, das einzelne Fücher berirorrofeo, aagestellt
werden. Wo sich Nachmittagsunterricht nicht vermeiden lüßt, muß die
Pause so ausgiebig sein, dafi der Magen die starke physiologische Arbeits-
leistung der Verdauung vor dem Beginn der geistigen Arbeit völlig getan
bat Bei dieser Gelegenheit wurde auch die künstliche Beleuchtoug ond ihre
Obelstiade gestreift. Daraaf worden eingebend die Methoden besprochen,
durch die man den Grad der Brmuduag bei fortgesetzter Arbeit genau zu
bestimmen versueht hat; ia Tütigkeit wurden vorgeführt der Ergograph von
Mosso und daa Ästhesiometer Griesbachs;
Der fünfte Tag war der Behandlung der Schülerkraakheiteu gewidmet
Vorher gab der Vortragende einen kurzen Oberblick über die für die
Sclinlhygiene wesentlicbe Literatur; auch hierfür verweise ich aof den sos-
fnhrlicbereu Bericht in der „Z. f. Scholgesnndheitspflege'*. - ZuaÜehst wies
daua der Vortragende daraufhin, daß die Zeit des Schulbeginns eine ganz ein-
oc44 ^^^ sehnlhygienisehe Ferieokorsus in Göttingei 1906,
schoeideode Veräaderung fUr d«8 Kind bedeute, das aieh bis dabin der
größteo Freibeit erfreut habe. Daber maß besonders im ersten SebnJjabre,
aucb in der Vorscbule, das Kiod Gegenstand besonderer Aofmerbsimfceit
sein. Jedes Zaruckbleiben in körperlirber (Waebstom and Gewiebt!) oder
geistiger ßeziebnng erfordert scbnellea Eingreifen. Die eigentliebea
Sebälerkrankbeiteo bebandelte der Vortrageode oieb den Organen. Bei den
Kr. der Verdaooogsorgine bebe icb besonders die Zabnkrankbeiten bervor;
der Prozentsatz zabnkranker Kinder in den Volksscbalen steigt bis 99%,
aucb in den bSberen Sebalen ist es aiebt viel besser (bis za 90%)* Naeb-
abmenswert ist der Gebraaeb, jedem Rinde ein kurzes ,,Merkblatt fdr die
Zabnpflege'* zu übergeben, wie es z. B. in GöUiogen gesehiebt Bei den
Kr. der Atmuogsorgane kommt es vor allem darauf an, sie mögUcbst früb-
zeitig zu erkennen, denn dann sind sie sebnell zu beseitigen; daber ist es
aucb fiir den Laien besonders notwendig, das Bild des geöffneten Mondes
genau kennen zu lernen, damit er sieb mit einem Blieke überzeugen ksno,
ob eine kraokbafie Veränderung vorbanden ist. — Wo Hautkrankheiten vor-
banden sind, ist vor allem für die Reiobaltuag des Körpers und der Be-
kleidung zu sorgen. Auf den Segen der ScbulbÜder und die Notwendigkeit
mögliebst reieblicber Wascbgelegeubeit, zu deren häufiger Benutzung die
Schüler zu erziehen sind, wurde nachdrücklich hingewiesen. — Bei den Kr.
der Kreisln nforgaoe fand der besonders häuflge Blutandrang nach dem Kopfe
und das nervöse Herzklopfen eingehende ßesprechung. Dann wandte sich
der Vortragende zu den Sexual- Erkrankungen, die ja verhältnismäßig selten sind;
hauptsächlich handelt es sich um das psycbopathiscbe (ibel der Onanie, des
nicht leicht zu erkennen ist. Hier vor allem tut ein gemeinschafUicbes
Vorgehen des Hauses und der Schule not, und eine Belehrung der Eltern
wird gegebenenfalls notwendig sein. Die Kleidung darf nicht zu eng, die
Nahrung nicht zu reichlich und zu üppig sein; durch geeignete körperliche
Ermüdung muß dafür gesorgt sein, daß unmittelbar nach dem Zubettgehen
auch der Schlaf eintritt; Umgang — denn die Macht der Verführung ist
hier besonders groß — und Lektüre sind sorgfältig zu überwachen. Eine
vorsichtige Belehrung muß erfolgen, entweder vom Schularzt oder von den
Eltern oder drm Lehrer; wer der Berufenste zu einer solchen, großen Takt
erfordernden Aufgabe ist, wird der einzelne Fall ergeben. Immerhin
dürfen wir trotz der großen Verbreitung des Obels nicht mit Lallemand
und Tissot die Folgen zu schwarz malen. — Wenn man hier häufig zur
Übertreibung geneigt ist, hat man auf der anderen Seite die Grfahr
vielfach unterschätzt, der die Abiturienten ausgesetzt sind, weil sie häufig
sehr onorientiert in die Freiheit des Universitätslebens übergeben. Auch
da bandelt es sich um Belehrung, und hier vor allem erscheint die Tätigkeit
eines tüchtigen Schularztes notwendig und segensreich. Der Bedeutung der
Gefahr entsprechend ist auch eine Reihe von leicht faßlichen Schriften er-
schienen, und hier hat jeder, der es mit der Gesundheit seines Volkes ernst
meint, die Pflicht der MitarbeiL So wird z. B. an verschiedenen Univer-
sitäten bei der Aufnahme den Studenten das „Merkblatt der Uygieniker'*
unentgeltlich übergeben, das im Verlage des Halleschen Waisenhauses er-
schienen ist; so bat die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Ge-
schlechtskrankheiten zwei Merkblätter fdr Männer und für Frauen und
Mädchen herausgegeben, die in beliebig großen Posten von der GeBchälts-
voa H. Koeoigsbeek. 345
stelle Berlia W 33 PoUdanerttrtfie lOda« bexogcD werdea köonon, uod
Mitglied diwer Gasellschaft doreh Biirxahloag; eioas Jahresbeitrages von 3 JL
u werdeo, erscbeiat als eiae edle Pflicht eiaes jedeo Deotscheu, dem die
Wohl&hrt des heraDwaehseadea 6eschleehts ehrlieb am Herzea liegt. —
Naeh eiaer Besftrechoog der Kraakheitea der I^ervea, Kaochea, besoaders
4er Rickgratsverkrümmoagy derAogea aadOhrea kam der Vorfrageade xd dem
fir die Sehole wichtigslea Kapitel, dem der aasteekeadea Seholkraak-
beiteo, bei deaea die Obertragnag direkt oder dorch Zwiseheaolyekte er-
fil^eo ksaa. Aack hier aaterstütste reiehes Tsbellenmsterial die Aus-
ßkroBgea. Bei dea Hals* and Raeheokraakheiteo warde besonders eiogehead
4ie Diphtherie behandelt ned auf die mastergültige Dsrstelluog in dem
„Diphtherie-Merkblatt" des Kaiser lichea Gesandheitsamtes verwiesen. Diese
Blitter dürften in keiner einzigen Sehale fehlen uad müfilen Kitern erkraakter
Kiider sofort eiagehäadigt werdea; der Preis für ein Exemplar betrügt
»Pf, rar 100 KxempL 3 JL\ fdr 1000 Bxempl. 26 M (Verlag voa Jalios
S^Bger, Berlia N Monbijooplatx 3)« Besoaders zn beachten sind die bei
Diphtherie naftretendea Maehkraakheiten, besonders der Aogen. Die Daoer
^ Aasteckangsfahigkeit ist sehr verseäiedea ; oft ist aoeh wochealang
»eh der ^Geoesnng eine Aasteekoag möglich; daher ist das Sekret des
hekeos noch fortwükreod bakteriologisch zu uatersnchea uad das Kind so
Inp isoliert na hnltea, bis die Uatersoehang aof Bazillen ein völlig
Kptives Resultat ergeben hat Ebensolange sind Geschwister vom Sehol-
hnck fera za halten. Eine Sehatzimpfong ist naehdrüekliehst zu empfehlen.
- Der gefnhrlicliste Feind der Menschheit, die Tnberknlose, zeigt sieh beim
Kiide in der Regel als Haottoberknlose, als Lopns; bei Erwnchsenen er-
sniit sie besonders Lange and Kehlkopf. Die Ansteckangsmöglichkeit
^ Einatmasg ist da besonders groB, nod dnber bildet besonders der
b^sakraake Lehrer eiae ernste Gefahr Tor die Schale. Befiadet sieh seine
Knskkeit noeh in den ersten Stadien, so kann laagere Benrlanboug zor
Nosg führea; bei vorgeschrittenem Leiden wird im Interesse der Schüler
i^eBiioBiernag zn fordere seia. Aach hier ist besoaders aof das „Tober-
Uitse-MerkbUtt" anfmerksnm zn machen. Der Beseitigang des Auswurfs
üt pdnliehste Sorgfalt zuzuwenden ; daher müssea in den Schulzimmeru ge-
giftete Spncknapfe yorhanden sein, deren Desinfektion gewissenhaft über-
backt werden mofi. Der Erkraakte ist gehaltea, eia Spuckfläsehehcn (aaeh
Art der Oettweilerscheo) mit sieh zu führea; niemnis sollte der Auswurf
<>s Taschentuch entleert werden. Die Pflege persönlicher Reinlichkeit moß
^m Erkrankten auch in der Schale zor größten Pflicht gemacht werden.
Die Tuberkulose ist, wenn sie frühzeitig erkannt und behandelt wird, sehr
*aU heilbar. — Bei dem Keoehhusten wurde besonders aof die große An-
ileckBogsfnhigkeit in dem krnmpfhnften Stadium der Krankheit hingewiesen ;
laek hier ist nholiehe Reinlichkeit zu fordern wie bei der Tnberknlose.
DaB die Kinder der Schule fernzuhaltea sind, solange die Krankheit sich
ii dem eben erwnhnten Stadium befindet, ist gesetzlich gefordert; aus
Gr'dadea der Hygiene aber wird die Zulassung im Interesse der kranken
*ie der gesunden Schüler erst einige Wochen spÜter erfolgen dürfen. Nach
Bespreehnngderlaflaeoza und Genickstarre wandte sieh der Vortragende denn zu
<^a ansteckenden Hnntkrnnkheiten, deren Erreger noeh onbekaaot sind.
Zienlich onsehaldig sind die Röteln und Windpoeken, gernhrlieher schon
J346 ^^f schnlbygieoiscbe Ferienkursos in Gb'ttiogen 1906,
Hie Masern; besoodere Vorsicht ist beim Sebarloch am P\tite: da seio
lokubationsstadiooi 9—12 Tage, der Ausscblag etwa 7 — 8, die Abachoppnog
8—14 Tage dauert, ist eioe Isoliernog von iniodeateDS vier, io der Regel aber
voD 5 — 6 Wocfaeo notwendig, da gerade hier die Abscboppoog aofierordentlicb
infektiös ist Der Üesiofektion ist daher petoliehe Sorgfalt zo widmea;
denn dag Scharlacbgift haftet sehr lange an Kleidern, Wäsche, Spielzeug
u. dgl. Auch hier ßnden sich sehr gefährliche Nachkrankheiten, wie
Diphtherie, Nierenentzündung, Ohrenerkranknngen; es ist daher streng darauf
zu halten, daß das erkrankte Kind nicht zu früh der Schule wieder zage«
geführt wird. Auf die Behandlung von Pocken ond Flecktyphus folgte dann
das Kapitel der ansteckenden Darmkrankheiteo, und zwar zanaehat der
Unterleibstyphus. Auch hier bietet das im Kaiserlichen Gesundheitsamt be-
arbeitete Typbus- Merkblatt; das Wesen, Verlauf, Behandlung und Ober-
tragung der Krankheit eingehend bespricht, ein wichtiges Unters tütznngs*
mittel zur Bekümpfnag der Krankheit Die Absonderung, die Beseitigung
der Ausleerungen, die Desinfektion von Wäsche, Kleidern, Wohnung sind
auch hier besonders sorgfältig durchzardbreo. Der Typhus war uod ist
heute noch vielfach eine endemische Krankheit, die mit den Waasorver-
sorgongsverhältnissen in engem Zusammenhang steht; so war er z. B. in den
Vororten von Gütfingen endemisch und forderte erhebliche Opfer, solange
noch keine einwandfreie Wasserleitung vorhanden war; so ist er noch jetzt
in den Reichslanden und an deren Grenzen endemisch, und es sind besondere
Stationen zu setner Oberwachnng und Bekämpfung eingeriehtet. — Nur hin-
gewiesen wurde dann noch, weil auch hier wieder die Kürze der Zeit sich
arg bemerkbar machte, auf Ruhr und Cholera. Jene steckt nicht son
Person zu Person, sond<irn nur durch die Darmentleerungen an; sie er-
fordert darum sorgsamste Desinfektion vou Wäsche und Betten, Gebraachs-
gegenständen des Kranken, vor allem der sorgfältig zo beseitigenden
Dejektionen. Herrscht Ruhr epidemisch, so mufi durch Tragen von Leib-
binden, Vorsicht im Genüsse von Obst, überhaupt geregelte Diät vorgebeugt
werden. Bei der Besprechung der durch den Kommabasillos hervor-
gerufenen Cholera werde besonders darauf aufmerksam gemacht, daS durch
die Hamburger Bpidemie vom Jahre 1892 ganz augenscheinlich bewiesen ist,
daß gerade durch das ^Wasser die Verbreitung der ansteckenden Darm-*
krankheiteu herbeigeführt wird. Während ia Hamburg, das danials in
seiner Wasserleitung fast inmitten Hamburgs geschöpftes, unfiltriertes BIb-
Wasser fährte, die Verbreitung der Seuche eine furchtbare war, zeigt die
zur Veranschanlichnng dargebotene Karte, daß die Cholera vor Altooa, an
der preußischen Grenze, Halt machte, nicht aus Furcht vor der Pickelhaobe,
sondern einfach, weil die Wasserverhältnisse dort besser waren. Die
wenigen Fälle in Altena selbst ließen sich als direkte Ansteckung solcher
Personen, die in Hamburg geschäftlich zu tun gehabt hatten, nachweiaen.
Auch hier ist auf Absperrung, peinliche Sauberkeit und Desinfektion der
Hauptnachdrnck zu legen.
Zum Schluß überreichte der Vortragende jedem Mitgliede des Kursus
noch das gleichfalls im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeitete Alkohol-
Merkblatt gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Auch in diesem
Kampfe um die Gesundung unseres Volkes wird die Schule einen hervor-
ragenden Platz einzunehmen haben und werden auch die Lehrer der
VOQ H. Koenigsbeck. 547
holi«reB Sekolen aebeo dem SeholarzU durch Belehroof^ io deo oberen
Klasseo, besonders noch der Abiturienten, Gntös stiften können. Die
ScbidigQof des NitionaivermSgens durch den Verbrauch geistiger Getiänke
(2I>00 Millionen im Jahr), der Nachweis, daB die Wirkungen geistiger Ge-»
triake auf den Benschlieheo Korper selbst bei milfiigeni Genoß nicht nülz-
lieb, bei übermifiigein auflerordentlich schädigend sind — auch das Rauchen
TS seiner Schädlichkeit fir den noch in der Entwieklung begritfenen Körper
ist mit in den Kreia der Betrachtung zu ziehen — , wird doch sicher
■Sachen dazu fahren, zielbewußt gegen den übermäßigen Alkoholgeaofi
SteJInag zu nehmen.
0er frühe Morgen des sechsten Tages führte uns an dem lieblichen
HoDden, dem „deutschen Tempe'^ vorüber nach dem schönen Kassel, dessen
reiche sanitäre und hygienische Einrichtungen die Teilnehmer unter der
saehkoadigea Fohrung der Herren Medizinalrat Heinemann, Dr. Medes und
Reamerzienrat Roseaweiff besichtigen durften. Leider verbietet der Raum
laeh hier ein weiteres Eingehen auf die reiche Fülle des dort Geboteoeo,
»4 so sei hier nur kurz erwähnt, daß wir das Lymphgewiunungsinstitut
ttken, in dem die Sebutsimpfnng besprochen und ein Kalb geimpft wurde,
ferier die Krnnkenköche, die Volksküche, die Tnberkaloserdrsorgestelle,
'ie Schule für schwachsinnige Kinder, die Milchküche und eine neue Volks-
schule mit angegliedeter Havshaltungsschuie.
Wie reiche Belehrung ein solcher Kursus io sich trägt, wie notwendig
selse ümgestaltang in eine dauernde Einrichtung ist, nach dem Berichteten
steh einmal hervorheben zn wollen, hieße Eulen noch Athen tragen. Nur
'ts Böchte ieh noch betonen, daß selbst Gebiete der Hygiene, die von der
Äfestlicben Sehnibygieoe scheinbar weit abliegen — und solche
worden auch im Rvrsns ziemlich oft berührt — , dem Lehrer doch immer
■öglichst bekannt und vertraut sein müßten, da er schließlieh derjenige ist,
der Bit dem Hause durch die ihm anvertrauten Zöglinge am nächsten in
Berohruag kommt, unendlich viele Vorurteile vernichten, reiche Aufklärung
>if dem Gebiete der Gesundheilspflege verbreiten und so in segensreicher
Weise mit ao der Erstarkuog und zunehmenden Gesundung unseres Volkes
arbeiten kaao. Darin eine seiner Hauptaufgaben zn sehen, hslte sich auch
'er höhere Lehrer nicht für zu vornehm.
Ein karzea Wort noch möchte ich hinzorögen über den nicht-
offiziellen Teil des Kursus. Von Anfang an waltete der grucfcliehe Stern
herzlichen kollegialen Einverständnisses über ihm. Zeigte sich auch hierin
die Wahl des kleineren Ortes als glücklich, insofern er so manche Sonder-
iatereisen nicht aufkommen ließ, so war andererseits auch die glückliche
ZnuBBenaetznng von alt und jung, von Teilnehmern aus den verschiedensten
Poskten der Monarchie mit die Ursache. Der größte Teil der Amts-
^eoossen vereinigte sich täglich zu gemeinsamem fröhlichem Mittagsmahle,
»od bei den schönen Abenden, die bald in GÖttiagens ehrwürdigem, mit
maehtigea Gewölben überdaebtem Ratskeller, bald in den verschiedenen statt-
lich eingerichteten Lokalen der Stadt in fröhlicher Laune und Behaglichkeit
verlebt wurden — sehr treffend wies einer der Herren dabei einmal auf
den „Unsichtbaren'' hin, der stets unter uos weile, den kollegialen Geist — «
fehlte wohl selten einer der Teilnehmer des Kursus, selbst wenn ihn vor-
ber das prächtig ausgestattete Theater mit seinen guten Leistungen ver-
3 IS t^ci* sehvlhygieo. FerienkortaB i. Gott. 1906, v. Roenig6b«ck*
]ockt hatte. Difi dorch dieses treoe Zasammeohsiteo auch dor Fördemog
des Kursos selbst gedient worden ist, erkennt auch Herr v. fismarch an,
wenn er a. a. 0. S. 221/222 die Zahl der Teilnehmer nicht größer wöascht,
als sie diesmal gewählt worden war, denn: „es gestattet diese Zahl noch,
daß aoch außerhalb der Vorträge ein gewisser Zasammenhang sich aas-
bildet und besteben bleibt, der auch abends nach getaner Arbeit Gelegenheit
zu reichem Gedanken- und Erfahrungsaostaoseh bietet, wie das erfrealicher-
weise jedenfalls bei diesem Kurs der Fall gewesen ist. Es ist zweifellos,
daß auch hierdnreh namentlich wiederum die Oisknasionea fruchtbar and
förderlich beeinfloßt worden sind".
Auch kleinere Spasiergänge in der reizenden V&llenvorstadt Göttingens,
auf dem hohen, mit alten Linden besetzten Wall, in den Anlagen des
Haiubergea, zu dem trutzig emporragenden Bismarckturm, dem Keiner
Wilhelms-Park und anderen Pnokteu der anmutigen Umgegend ließeo
manches Band, das sich im Fluge geknüpft hatte, fester und inniger werden.
JNicht minder werden die gemeinschaftlichen Unternehmungen sicherlich deu
Teilnehmern in freundlichem Andenken bleiben, der von wundervollstem
Sonnenschein begünstigte Ausflug nach der vielbesungenen Plesse, vor
allem aber das gemeinschaftliche Abendessen, an dem wir die Ehre hatteD,
Herrn v. Esmarch mit seinen beiden Herren Assistenten und den Direktor
des Königl. Gymnasiums, Herrn Or. Viertel, als unsere Gaste begrüßen so
können. Manch fröhliehes Lied erscholl da nach wackeren offiziellen uud
inoffiziellen Reden, deren Zahl bei redegewandten Philologen nicht klein
war, und daß des Sanges Fröhlichkeit an des Textes Dürftigkeit nicht
scheiterte, dafür hatte der Altersvorsitzende unseres Kursus, der humor-
volle Professor Ahreas aus Osterode a. H. gesorgt, der jedem einzelnen ein
liebes Andenken in Form eines von ihm für diesen Abend gestifteten
Liederbuches widmete. Selbst poetisch wurde der I. Göttinger Kursus von
Herrn Prof. Preuzel- Wetzlar in lannigen Versen gefeiert, und damit keine
der Musen dem Tauffeste dieses Kursus fehlte, bildeten den Schluß von Herrn
Oberl. Reichard-Düsseidorf geschaffene musikalische Stimmungsbilder vom
Kursus, in bekannten sangbaren Weisen von der ganzen Tafelrunde be-
gleitet. Diese in Druck gelegten musischen Erzeugnisse werden eine ebenso
liebe, dauernde Erinnerung bilden, wie das der Güte des Herrn v. Eamnrch.
zu verdankende Bild der Teilnehmer. — Auch der letzte außerordentlich
arbeitsreiche Tag in Kassel fand durch die Fahrt eines beträchtlichen TeiU
der Amtsgenossen nach Wilhelmshöhe einen befriedigenden Abschluß, und
als die freilich recht znsammengeaohmolzenen Reste des Kursus von der
Höhe des Herkules auf die im Glänze der scheidenden Sonne noch einmal
erstrahlende, immer wieder das Herz bezaubernde Herrlichkeit zu ihren
Fußen herabbliekten, da mischte sich mit dem Gefühl der Befriedigung über
die reichhaltige Förderung, die diese Woche Tur Geist und Herz gebracht
hatte, wohl auch leise Wehmut darüber, daß das Schöne, das man so gern
länger festhalten möchte, nur zu schnell und unaufhaltsam vergeht.
Saarbrücken. Hans Roenigsbeek.
VIERTE ABTEILUNG.
EINGESANDTE BÜCHER
(Besprechoog «inzelner Werke bleibt yorbebalteo).
1. Meyers Großes Koo versations^Lexikoo. £10 Naehscblage-
werk des allgeneitteo Wissens. Sechste, gäotlieh neabearbeitete oed
vemehrte Aoflage. Mit mehr als 11000 AbbildoDgea im Text VDd aaf aber
1400 BildertafelB, Karteo und Pläoea sowie 130 Teitbeilagen. Füefsehnter
Bisa: ÖhBicbeo— Plakatschriften. Leipzig ond Wien 1906, Biblio-
pipMicbes Institat. U28 S. Lex.-8. eleg. geb. 10 M>
Der fünfzehnte Band dieses sehönen Werkes, welches mit rüstigen
Sekritten seiner VoUendnng entgegengeht, zeigt dieselben rShmeoswerten
^gnucbaften wie seine Vorganger: Vollstfindigkeit, Zuverlässigkeit, Ober-
B^Diebkeit, fesselnde Darstellung in den Artikeln (man lese z. B. was hier
ibtr Österreich aosgeführt worden ist!) ond eine lllastration, wie sie ebenso
lödikaltig in keinem der bisher erschienenen Bünde vorhanden war. Was
■ dieser Beziehnng geboten wird, ist ünfierst anschaulich und belehrend,
m kann wirklieh sagen: es sucht seines gleichen.
2. Nene deutsche Schule, ein EUernblatL Schriftleiter: Richard
Crkan. Jahrg. 1, Heft 1—2 (S. 1—32). Deutscher Knlturverlag in Leipzig
ni Berlin. Monatsschrift, vierteljährlich 1,15 «^f, Einzelnummer 0,35 a/^.
3. Blätter für deutsche Erziehung, herausgegeben von Arthur
SeUls. Jahrg. 8, Heft 12 (S. 177—192); Jahrg. 9, Heft 1—2 (S. 1—32).
4. Deutscher Frühling. Neudeutsche Monatsschrift für Erziehung
■U (Joterrtebt in Schule und Hans. Unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrter
Bi4 SehulmSoaer herausgegeben von Alfred Basz. Leipzig, Teutooia-
Verlig. Jahr^. 1, Heft 1 (S. 1—64 in 4). Preis für den ganzen Jahrgang 6 M^
5. Moaa tsschrift für Schulgesa ng, herausgegeben von F.Wiede r-
■ISO nnd fi. Paul. Jahrg. 1, Heft 8— 1 1 (S. 169— 264). Vierteljährlich 1 M^
6. Die Stimme, Gentralblatt für Stimm* uad Toobildung, Gesang-
naterrieht und Stimmhygieae, herausgegeben von Th. S. Flatau, K. Gast,
A-Gnsinde. Jahrg. 1, Heft 4—5 (S. 97—160). Monatlich 1 Heft, viertel-
jäkrlieh 1,25 M.
7. G. Jaegers Monatsblatt. Zeitschrift für Gesundheitspflege und
Ubeoslehre. Jahrg. 25, Nr. 10—12.
8. The Kindergarten Magazine and Pedagogical Digest Vol. XIX
iNr. 4 nnd 5 (S. 231—364). Preis je 15 Cents.
9. Tiersehutz-Korrespendenz Nr. 19 (Januar 1907).
10. G. Compayre, Le P. Girard et l'E ducation par la langue
■aternelle. Paris, P. Delaplane. 115 S. 12. 90 e.
11. Ch. Seignobos, L'Histoire dans rEnseignement secon-
^aire. Introduction a l'ossge du cours Cb. Seignobos. Paris 1906, Armand
^lio. 55 S. 12. (Cette brochnre n'est pos mise dans le commerce.)
12. J. G. Cordes, Zum Kampf um die Weltauaehaunng. Vor-
trage, gehalten an Arbeiter-Diskussionsabenden. München 1907, C. G. Beck'sche
Verlagsbuchhandlung (Oskar Beck). 116 S. geb. 1 Jt.
13. Moderna Spräk. Svensk Mänadsrevy för undervisoingen i de
tre hnvodspriken otgiren av Emil Rodhe. Nr 1 (Okt 1906) S. 1—16.
14. Le Traducteur Jahrg. 15, Heft 1 (S. 1 — 16).
15. The Translator Jahrg. 4, Heft 1 (S. 1—16).
350 Eiogesandle Bücher.
16. A. Kirchhoff ood S. Gönthcr, Didaktik ood Methodik dei
Geogfmphie-Uoterrichts (Erdkoode uod mithematiache Geograpliie).
Zweite Auflage. Münchea 1906, C. H. Beck 'sehe VerlagabachhaDdlaag ^Oskar
Beeil). VI 0. 68 n. 47 S. mit 2 Kartea. Lex -8. 3 Jt, geb. 4 Jt, (A. Bao-
meiater, Haodboch der Eraiehaoga- ood Uoterrichtalehre fiir höhere Scbuleo IV 2).
17. ü. Detlefaeo, Uraproog, Eiarichtnog ood Bedeotnog
der Erdkarte Agrippaa. Berlio 1906, WeidmaaDache Bachhaodliiog.
VI 0. 118 S. Lex.- 8. 4 JC» (W. Sieglin, Qoellea oad Forachaogeo zur
alteo Geaohichte uod Orthographie 13. Heft.)
18. F. E. Geioitz, Die Eiszeit. Mit 25 Abbild oogeo im Text,
3 farbigen Tafeln und 1 TabeUe. Braooaehweig 1906, F. Vieweg und Sohn.
XIV u. 198 S. 7 Ji, geb. 7,80 Jt.
19. E. Geyger, Lehrbuch der darstelleadeo Geometrie für
den Gebrauch an techniacbeo Hochacholeo uaw. Teil 1. Mit aahlretcheo
angewandten Beispielen und 290 Figoren. Leipzig 1906, G. J. Göacben'ache
Verlagshaodiung. XVIII o. 321 S. 8 M, geb. 8,60 JL.
20. H.Schubert, Analeae aus neiner Unterrichts- und Vor-
leaangspraxia. Band III. Mit 18 Figuren. Leipzig 1 906, G. J. GöscheD'ache
Verlagshaodiung. 250 S. geb. 4 M-
21. H. Schubert, Mathematiaehe Mußestunden. Eine Samm-
lung von Gedoldapieleo, Konstatöckea und IJoterhaltungagaben mathematischer
Natur. Große Ausgabe. Dritte Auflage. Band I: Zahl-Probleme. Vm o.
200 S. geb. 4 Jt.
22. M. Schuster, Geometrische Aufgaben und Lehrbuch der
Geometrie, nach konatroktiv-aoalytiacher Methode bearbeitet Auagabe B.-
Planimetrie für Progymnasien und Realachuien mit 2 Tafeln. Zweite Auf-
lage. Leipzig 1906, B. G. Teubner. VIIT u. 118 S. geb. 1,80 Jt.
23. H. Thieme, Leitfaden der Mathematik für Realanstnlten.
Teil I: Die Unterstufe mit 122 Figoren. Dritte Auflage. Leipzig 1907,
G. FreyUg. 128 S geb. \,mjL.
24. F. Danaemann, Queilenbuch cor Gesehiehte der Natar-
wissenachaften in Deutachland. Dresden 1906, L. Ehiermann. 158 S.
geb. 1,20 «Mf. (DenUche Schulaosgabeo Band 39.)
25. P. Henkler, Der Lehrplan für den Unterricht in Nator-
kunde, historisch und kritisch betrachtet. Leipzig 1906, B. G. Tenbiier.
IVn. 44S. Lex.- 8. \ Jt^
26. E. Jocbmann, Grundriß der Experimentalphysik und
Elemente der Chemie sowie der Astronomie uod mathematiachen Geographie.
Herausgegeben von O.Hermes und P. Spies. Mit 488 Figoren, 1 Spektra 1-
tafel, 1 Dreifarbendrocktafel, 4 meteorologischen Tafeln ood 2 Sternkartea.
Sechzehnte Auflage. Berlin 1906, Winckelmann & SShoe. XVI u. 512 S. gr. 8.
27. O.Hermes und P. Spies, Elemente der Aatronomie ood
mathematischen Geographie. Mit 48 Hoizschoitteo und 2 Sternkarten.
Fünfte Auflage. Berlin 1906, Winckelmaon & Söhne. 73 S. gr. 8.
28. H. Baumhauer, Kurzes Lehrbuch der Mineralogie mit
einem Abriß der Petrographie. Dritte Auflage. Freiborg i. Br. 1906,
Herderscbe Verlagshandlung. VHI u. 224 S. gr. 8. mit 191 Figorea.
2,80 Jt^ geb. 3,30 Jt.
29. J..Lorscheid, .Kurzer Grundriß der Mineralogie. Neo
bearbeitet ?on H. Brockhausen. Freibnrg i. B. 1906, Herdersche Verlags-
handlung. IV u. 28 S. gr. 8. 0,60 Jt>
SO. 0. Meisiiaer, Die meteorologischen Elemente und ihre
Beobachtung mit Ausblicken auf Wittemagakunde und Kliaialehre. Unter-
lagen für achulgemÜße Behandlung sowie zum Selbstooterricht. Mit 33 Tejit-
abbilduogen. Leipzig 1906, B. G. Teubner. VI u. 94 S. Lex.-8. 2,60 Jt.
81. 0. Ohmano, Leitfaden der Chemie und Mineralogie für
Gymnasien usw. methodisch bearbeitet. Vierte, die neueren Ansehanong-en
berück sicbtigende Auflage. Mit 147 Figuren und 1 Spektraltafel. Berlia
1907, Winckclmaan & Söhne. VIII u. 191 S. gr. 8. 1,80 Jt^ geb. 2,20«/^.
Eiog«saodte Bücher. 351
32. R. Seheid, Praktiteher Uoterrieht io Chemie zqii Ge-
braoeb fv daa Laboratoriam. Leipaig 1906, B. G. Teabaer. 79 S. kart
1,40 JL^
33. W. H. Sebaltae, Lehrbach für deo ehennisoh-miaeraloi^i-
scbea (iaterricht aaf Realacholea nad Gymnaaiea. Vorbereiteader Lehr-
giofp Tor Real^moBsiea und Oberreabehaleo. Mit 93 Abbildoogea. Zweite
AaAa^e. Haaaover 1906, NorddeaUehe Verlaf^aaasUlt 0. Goedei. IV v.
159 8. geb. 2.4K.
34. Dentsche Praaeabrtefe, aoaf^ewäblt aad heranagegebea von
E.Was8eraieher. Dresdea 1906, L. Ehlernana. 164 S. geb. 1,20 ^.
(DeoUche Schnlaiugabea Baad 40.)
35. Die deotsehea Klasaiker, erlaatert aad gewürdigt von
£. Raeaeo aad If. Evera. Leipzig 1906, Heiaricb Bredt
Baad 9. Scbillera Glocke voa M. Evera. 244 S. t,60 w^.
Baad 10. Daa NibelaDgenlied mit aiaem Überblick über die
Sage aad die neaere Nibelaogendichtoag voa Haaa Vollmer. Dritte
Aalage. XI o. 204 S. 1,40 Ji.
36. Die Meiaterwerke der deotachea Bühae, heraosgegebea
VAS G. Witkowaki. Leipzig, Max Hesaes Verlag.
Leaaiog, Miaoa voa Barahelm oder daa Soldateaglück. Mit
Eialeitaogeo und AamerLaogen voa A. Zehme. XVIII a. 78 S. kl. 8.
37. Cottaache HaDdbibliothek. Staltgart and Berlin, J. G. Cotta-
kie BachhaDdlaog Nachfolger, kl. 8.
Nr. 131. G. Keller, Aaagewäblte Gedichte. Heraaagegebea
Too A. Frey. 199 S. 1 JL^ eleg. geb. 1,50 JL.
Nr. 132—135. Goethea Briefwechsel mit eiaem Kiade.
Seiaem Deokonal. Mit Ucrmaoa Grimma Lebeasbtld „Bettina von Arnim**
ils Bioleltaog. la drei Bauden. Erater Band 183 S. 0,70 .^f. ZweiUr
BiBd 169 S. 0,60^. Dritter Band ]2S S. 0,50^. Die drei Bande
ia einem elegaatea Leiaenbaad 2,50 JL.
Nr. ]35. Godran, deutsches Heldenlied. Obersetzt von K. Sim-
roek. 205 S. 0,90 JLy eleg. geb. 1,30 Jt^
Nr. 136. Daa Nibelongeolied. Obersetzt voa K. Simroek.
Hit Simrocka Portrüt. 318 S. \ JL, eleg. geb. 1,50 ^.
Nr. 137^138. Daa kleiae Heldeobach voa K. Simroek.
Erster Baad 199 S. 0,80 w^. Zweiter Baad 210 S. 0,80 w^. Die
beiden B'aade in einem elegaatea Leinenbaad 2,30 Jt»
Nr. 139. M. Kosaak, Der Liebeszaaber vom GUrafosa.
iWelle. 51 S. 0,30^.
Mr. 140. F. Nissel, Agnea von Merao. Trauerspiel. 106 S.
0,40 X
3S. Sammlaog Goaeheo. Leipzig 1906, G. J. GSaeben'sehe Verlags-
biodlnag. Jedea Bündchen kl. 8 geb. 0,80 JL^
M. Diez» Allgemeiae Äathetik. 180 S.
E.Mogk, Germaaische Mythologie. 129 S.
39. Aas Natur und Geisteswelt. Sammlung wissenschaftlich-
Seneioverstandlicher Darstel langen. Leipzig 1906, B. G. Teubaer. Jeder
fi>od kl. 8. 1 JL, geb. 1,25 JL.
Nr. 49. P. Aaerbach, Die Grundbegriffe der modernen
Natorlehre. Zweite Auflage. IV o. 156 S. mit 79 Figoren.
Nr. 113. H. Boehmer, Luther im Lichte der oeaerea Por-
sckuag. Eia kritischer Bericht VI u. 156 S.
Nr. 116. R. Meringer, Daa deatache Haaa und aeia Haos-
rat. Vlll a. 111 S. mit 106 Abbildaagea.
Nr. 118. M. G.Schmidt, Geschichte des Welthaadela. IV u.
140 S.
Nr. 123—124. O.Weber, Von Latber zu Biamarck. Zwölf
Charakterbilder aus deutscher Geschichte. Erster Baad VI a. 136 S.
Zweiter Baad III n. 147 S.
352 Ein^esaodte Bücher.
40. K. Hueiuer, Der Geist der altklassiseheo Stadien nnd
die Schriftstellerwahl bei der Sehailektfire. Wien 1907, Carl
Fromme. VIT d. 79 S. gr. 8. 1,35 Jt.
41. Petronii Ceoa Triunlchionis. Mit deutscher Oberxetzang
nnd ericlarenden Anmerkaugea von L. Friediä'nder. Lieipzig 1906,
S. Hirzel. VI n. 362 S. 6 M, geb. 7 Jt.
42. G. Schneider, SchUlerkommentar za Piatons Apologie
des Sokrates nnd Kriton. Nebst den Schloßkapiteln des Phaidon nnd
der Lobrede des Alkibisdes auf Sokrates ans dem Symposion. Leipzig 1906,
G. FreyUg. 93 S. steif broscb. 0,8U Ji.
43. A. V. Kleemann, Das Problem des platoniseheo Sym-
posion. Wien 1906, Selbstverlag des Verfassers. 23 S. gr. 8. (S.-A.
aus dem Jahresbericht ^t% k. k. Sophien-Gymnasinms in Wien II.)
44. Bacchilide, Epinici, ditirambt e frammenti coo introdnzione,
comento e appendioe critica di A. Taccone. Torioo 1907, Ermanna Loescher.
LI u. 217 S.
45. A. Vogliaoo, Ricerche sopra 1' ottavo mimiambo di
Heroda (*£yi/7iviov). Con nn exeursns IV 93—95. Milane 1906, Tip.
Antonio Cordaoi. 56 S.
46. C. 0. Thuiin, Die etruskische Diseiplin. Göteborgs Hög-
skolas Ärsskrift 1905 Heft 5, 1906 Heft 1. Teil I: Die Blitzlehre 128 S.
— Teil II: Die Haraspicio 54 S. mit 3 Tafeln Abbildnogen.
47. F. Brooot, Histoire de la langae fraogaise des origines
a 1900. Tome II: Le seizidme siecle. XXXII u 504 S. Lex.- 8. mit acht
Tafeln. 15 />., eleg. geb. 20 fr.
48. Erckmann-Chatrian, Waterloo. Saite da cooscrit de 1813.
Für den Schnlgebraneh herausgegeben von IL, Pari seile. Leipzig 1907,
G. Preytag. 120 S. mit 1 Titelbild nnd 4 Karten, geb. 1,20^. Wörter-
buch 33 S. geb. 0,40 Jt.
49. L. Figaier, Vie et moears des insectes (hyminopteres).
Aasgewählt und für den Schulgebrauch erklart von F. Strohmeyer. Mit
6 Abbildungen. Berlin 1906, Weldmannsche Buchhandlung. X u. 100 S.
geb. 1,20^.
50. Freytags Sammlung französischer and engliseher Schriftsteller.
Leipzig 1906. 1907, G. Frey tag.
Shakespeare, Jalios Caesar. Herausgegeben von A. Stnrra-
fels. 147 S. geb. 1,50^.
On English Trade. Für die Oberklassen von HaadelsschnJea
herausgegeben von H. F. Haastert. 168 S. geb. 1,60.^.
K. D. Wiggin, Rebecca. Herausgegeben von E. Mecbant. Mit
1 Titelbild und 1 Musikstück. 128 S. geb. 1,20^. Wörterbuch 41 S.
0,40 Jt,
La France. Choix de lectures de g^ographie. Herausgegeben von
M.Steffen. Mit 5 Karten. 109 S. 1,20 w^.
51. Bulwer, The last of the Barons. In gekürzter Fassong
herausgegeben von F. Meyer. Leipzig 1906, G. Frey tag. 147 S. geb.
1,60 Jt.
52. Corneille, Le Cid. Edited with Introduction and ^otes by
H. W. Evc. Cambridge 1906, University Press. XVI u. 144 S. kl. b.
geb. 2 1.
53. Ch. Kingsley, Hereward the Wake. Für den Schnlgebraneh
herausgegeben von F. Meyer. Berlin 1906, Weldmannsche BnehhandluDg.
XII u. 149 S. geb. 1,60 Jl,
54. Dickens, Sketches. Selected and aanotated by L. Hamilton.
With ooe Vignette, and three illustrations. Leipzig 1907, G. Freytag.
162 S. geb. 1,50 Jl,
55. Gaudeamus. Blätter und Bilder für unsere Jugend. Geleitet von
Egid von Filek-Wittinghausen. Wien, G. Freytag uad Berodt. IX. Jahrgang.
Band I u. II (392 S.) Monatlich 2 Nummern.* Preis des ganzen Jahrganges
5 Jt. Einzelnummer 0,35 Jt*
ERSTE ABTEILUNG
ABHANDLUNGEN.
Vergessenes Gut der Antike.
In deo Tagen des verstriGheDen Jahrhunderts, da in England
die Naturforschung zu ungeahnter Höhe reifte, J. Lyell aus der
Scbichtenlagerung des heimischen Bodens dessen Urgeschichte
deutete und Cb. Darwins „Reisetagebuch*' in aller Händen war, ver-
glich Max Müller, auch er, wiewohl in manchem Stuck der Gegner
solcher neuen Weltbetrachlung, mächtig von ihr erregt, das Sprach-
got vergangener Kulturvölker, wie es vielfältig umgemodelt im
too, Wortbild und Sinn durch die Jahrhunderte sich als Lehn-
wort in moderne Sprachen eingenistet hat, mit tiefer liegendem
Gestein, das nach geologischer Beobachtung eben aufgeiagerta
düDoere Schichten anderen Gesteins durchsetzen könne, mit ihm
neue Gebilde einzugehen befähigt sich zeige. Was vom Wort und
ieioer Wandergeschichte gilt, gilt auch von den Ideen, deren Träger
ja das Cinzelwort oft darstellt: und wenn besonders antikes
Sprachgut in der Konglomeratmasse europäischer Kultursprachen
an allen Winkeln und Seiten noch zu ersehen ist, so hat sich
nicht minder auch vom Ideenkreis der Antike gar vieles in seil-
sanier Metamorphose bis heute erhalten — vergessen ihr Urheber-
recht, in manchem Stück aber noch aufspürbar. Von solchi^m
Einschlag antiker Ideen in der Gedankenwelt unserer modernen
Forschung und des täglichen Lebens möchte diese Studie eine
anspruchslose Lese bieten.
Selbst im Felde der gegen die Antike gern die Stirn runzelnden
^Naturwissenschaft modernen Gepräges begegnet uns manches der-
artige vergessene Stück. Wir blättern vielleicht in des vortreff-
lichen 0. Peschel „Völkerkunde*'. Im Kapitel „Urzustände des
Menschengeschlechts'* (S. 14t) fesseln uns zwei Ansichten über die
erste Peoergewinnung der ältesten Zeiten : als erster Gedanke, der
sich dem Forscher aufdrängt, erwähnt dieser Gelehrte die Ent-
zündung eines Baumes durch einen Blitzstrahl — ein Ereignis,
das einem genialen Urmenschen den Gedanken eingeben mochte,
das zehrende und wärmende Element sich nutzbar zu machen.
Wenn nun Peschel solchem Gedanken nicht zustimmen will, so
ficht er nicht, wie die Meinung eines jeden Lesers sein muß,
gegen Anschauungen von Forschern unserer Zeit, vielmehr gegen
eine Idee, die der gelehrten Forschung des Altertums so geläufig
war, daß ein Mann von den Qualitäten Diodors sie in seiner
r. f: d. OynaMUlwMM. ItXL 5. 23
354 Vergessenes Gut der Antike,
„Bibliothek'' verwerten konnte. In seiner bekannten halbratio-
nalisti8chen und doch auf das mythische Kostüm nicht völlig ver-
zichtenden Redeweise berichtet er (I 13, 3 ff.), König Hephaistos,
natürlich ein Mensch, wie Diodor und wir (vTtdQ^ayrccg ^yij%ovg)n
habe einen Baum vom Blitz entzündet gesehen und sich der an-
genehmen Wärme gefreut, das Feuer künstlich genährt und vom
ersten Feuerherd den Nachharn mitgeteilt. Wollen wir aber die
Idee ohne alle mythischen Rudimente genießen, so schlagen wir
den freilich mit schärferem Auge die Materie prüfenden Lukrez
auf; hier finden wir den Gedanken einer Baumentzündung etwa
«0, wie ihn ein Naturbuch in Kürze veranschaulichen würde
<Lucr. V 1089 fr.). Peschel wirft aber (S. 145) auch noch einen
zweifelnden Blick auf die Anschauung Adalbert Kuhns, ein Ast
sei in einer Asthöhlung so vom Sturm gepeitscht worden, daß er
schließlich Feuer fing, desgleichen auf die Versicherung der Wogulen
im Ural, ein umgeknickter Baum könne durch Sturm am Nachbar-
stamm bis zur Entzündung gerieben werden. Auch bezuglich
dieser Idee, ob sie physisch beweisbar ist oder nicht, gebührt den
Alten die Priorität: Lukrez zeugt dafür, wenn er an gleicher Stelle
<V 1094) sagt:
Et ramosa tamen cum ventis pulsa vacillans
Aestuat in ramos incumbens arboris arbor,
Exprlmitur validis extritus viribus ignis
Et micat interdum tlammai fervidus ardor,
Mutua dum inter se rami stirpesque teruntur.
Dieser Feuergewinnung mit Hilfe brennenden Holzes, der Reib-
hölzer und anderer primitiver Instrumente muß aber nach be-
gründeter Ansicht der Forscher noch eine frühere Periode voraus-
gegangen sein, in der der Mensch das Feuer bequem vorfand: es
sind, wie Peschel a. a. 0. sagt, die Naphthaquellen und vor allem
die Spalten der Vulkane, an denen sich bequem Späne entzünden
ließen. — So gilt es denn, den Schatten des Lukrez zum dritten-
mal zu beschwören, ihn jene Stelle zitieren zu lassen, an der er,
vielleicht des Empedokles Ideen variierend, uns erklärt, die gütige
Erde habe ja die Urstofle, also auch das Feuer, in sich geführt
und auch der Oberfläche nicht mißgönnt (II 590):
Principio tellus habet in se corpora prima,
habet ignes unde oriantur;
Nam multis succensa locis ardent sola terrae,
Eximiis vero furit ignibus impetus Aetnae.
Ehe wir von Feuer und Vulkanen scheiden, möchte mit einem
Seitenblick auf den Vesuv die Frage zur Erwägung gestellt werden,
ob die uralte Sage, die Giganten, die gestürzten Cherubims, hausten
in seinen Schluchten, den Feueratem durch den Berg treibend
(vgl. Nissen, Ital. Landeskunde 1 266), sich nicht durchs Mittelalter
umgebildet erhalten hat und sich z. ß. in einer Notiz wiederfindet,
mit der Gervasius von Tilbury in seinem Otium imperiale den
voo K. HartmaiiD. 355
Welfenkönig Olto IV. unterhält: daß d«r Vesuv nichts anders denn
4)as Donstioch der Il6lle bedeute.
Von der Sagenwelt finden wir leicht den Weg in die die
Mären pflegende Sehulwelt und den bestimmter begrenzten Kreis
ihrer Stofle; auch hier entdecken wir neben altem Bekannten
Doch manches antike Stück, das seine Herkunft nicht mehr so
deutlich verrät: das gilt filr die lateinlosen, ja för die Elementar-
schulen so gut wie für die humanistischer Färbung. — Daß die
Äsopfabel ihr mehr als zweitausendjähriges Recht, die Jugend zu
lehren, nicht so bald aufgibt, mag an sich niemand wundernehmen,
aber seltsamerweise konnte gerade eine im Grunde, wenn ernst-
genommen, so einfältige Geschichte, wie die vom klugen Staren,
der den Inhalt einer nur halbgefüllten Flasche mittelst Aufföllens
der Flasche mit Steinchen seinem durstigen Schnabel erreichbar
macht, sich bis in allerjöngste Lesebucher erhalten. Dieses Pracht-
stück stammt na. E. aus der Anthologia Palatina (II 9, 272 Döbner);
dort in der aotiken Fassung erfreut jedoch das Epigramm durch
anziehendes Lokalkolorit: der Rabe flattert um ein einsames Grab-
Btai, auf dem eine Urne steht, die der Regen zur Hälfte mit
Wasser fftllte; daß er nun mit Steinchen nachhilft, das muß ihm
iein Schutzberr Phoibos eingegeben haben. — Unter die besten
Freunde, die die Schule den Kleinen zu häuslicher Lektüre in die
Hand geben kann, rechnen wir seit einem Jahrhundert J. Swifts
fiuilivers Reisen. Darin bietet sich jenes groteske Bild, wie der
schlafende Gulliver plötzlich von hundert Nadelstichen erwacht,
»ch an Händen und PQßen gefesselt und von winzigen Bogen-
schätzen angegriffen fühlt. Ist es nicht Philostrat. (Phil, imagines
U 375 Kayser), der dieses Bild vorgezeichnet hat, wenn er den
Herkules schildert, eingeschlafen auf freiem Feld und nun vom
winzigen Pygmäenvolk in Scharen angegriffen: die eine Kompagnie
P«ift seine rechte Hand, eine andere die Ftiße mit Pfeilen und
Wurfgeschossen an usw.?
Ob in der Schule oder vielleicht aus alter Gedenktafel oder
Chronik, irgend einmal in der Jugend hört jeder die lustige Ge-
schichte vom listigen Bäcker, der bei der Belagerung seiner lieben
Stadt die letzten Laibe dem stürmenden Feind zum handgreiflichen
Zeugnis, daß sie in der Stadt noch Brot genug haben, an den
Kopf wirft: die Märe wandert ja in allen möglichen Variationen
durch die Sagenbücher. Spielte bei ihrer Bildung vielleicht die
heitere Szene aus Cäsars „Bürgerkrieg" mit (Bell. civ. 111 48)?
Dort geht es seinen Veteranen im Kampfe mit Pompejus herzlich
schlecht: zwar ihr löblicher Vorsatz, lieber die Rinde von den
Bäumen zu essen als nachzugeben, braucht nicht wörtlich eingelöst
zu werden, es bietet ihnen das Gefilde dafür das knollige Chara-
gewächs, aus dem sie richtige Brotlaibe backen (Cäsar drückt sich,
gleich Tadtus bei Scliilderung des deutschen Gerstensafts, vor-
sichtig aus: id ad similitudinem panis efXiciebant). Höhnen dann
23»
356 Verge^senei Gut 4er Antike,'
die Pompejaner die Cäsarianischen Bleichgesichter, so werfen ihnen
diese die Laibe an den Kopf zum Zeugnis ihres respektablen
Überschusses (ut spem eorum minuerent).
Wenige Stucke der Lesebücher jedoch werden so aller Knaben
Herzen gewinnen, wie K. Stöbers „Hirtenbüblein von SoJnhofen*^.
Wer kennt es nicht, das brave Benediktlein, wenn es, vom
stofienden Ziegenvolk umringt, die gefundenen schienen Plalten
wäscht und beklopft und endlich dem Bischof, der drunten in
Eichstätt unter den fremden Steinmetzen und ihren teuren Stein*
proben ratlos steht, seine billige und so leicht erreichbare Ware
anbietet. Es berührte mich seltsam, zu dieser prächtigen Ge*
schichte, zu der Stüber in den Gausagen keinen Anhalt finden
konnte (sind doch die Steinbrüche erst seit der nüchternen Zeit
von 1739 an in Betrieb), ein Seitenstfick im Vitruvius zu jQnden
(Vilruv. X 7). Dort ist es ein Hirte, der auf den Höhen bei
Ephesos die Schafe hütet; zwei Widder bieten sich ritterlich die
Stirn, doch beim Zusammenstoß biegt der eine aus, der andere
rennt mit solcher Wucht an die Felswand, daß ein Stück von
ihr abspringt, und sieh — aus der verwitterten Wand leuchtet
gleißender Marmor hervor. Und nun kommt die Erzählung auf
ein ganz ähnliches Geleis. Der Hirte nämlich weiß, daß drunten
im Tal zu Ephesos die Priester der Artemis einen neuen Tempel
bauen möchten: man denkt an parischen, prokonnesischen oder
thasischen Marmor (decernerentque Paro marmore uii,
wie bei Stöber die Steinproben aus Tirol, Rheingau und Fichtel-
gebirge vorliegen). Da kommt der Hirte atemlos angesprungeo^
zeigt seine Probe (crustam) vor und erschließt der Stadt und
Priesterschaft den nahen, trefHicben Steinbruch. Hat Stöber, der
fleißige Leser, die Geschichte im alten Vitruv selbst oder, was
näher liegt, in einem Märenstoffe aus ihm und anderen schöpfenden
Buch gelesen und die erste Idee zu seiner meisterhaflen Erzählung
gewonnen?
Nicht weniger anziehend erschien mir die Wanderung eines
antiken Laternchens vom griechischen Vasenbild, vom römischen
Schauspielhaus bis hinein in unsere klassische Literatur. Auf
griechischem, tarentinischeni Krater (Heibig, Föhrer d. d. r. S.
n 1242) erspähen wir die Laterne, mit der Hermes, den Diener
Sosias markierend, wie Zeus den Ampliitruo, seinem Herrn zum
Fenster der Alkroene hinaufleuchtet: man vermutete Zusammen-
hang des Bildchens mit der Komödie „Amphitryon'' des Rhinthon.
Ob dieser oder ein anderer Meister das Vorbild für den Amphitruo
des Plautus war, das Laternchen leuchtet wieder, wenn Mercurius
det) Sosias erzieherisch hypnotisiert (Amphitr. prolog. 149). Ihr
heimeliges Licht flackert aber wieder auf in den Räumen des
Theätre fran9ais, wenn Moliere, Plautus variierend, seinen 'Amphitruo^
auf die Bretter führt, und wie bei ihm, so dient sie in H. v. Kleists
gleichnamigen, von Molieres Komödie inspirierten, aber psycho-
▼•B K. Hartmaio. 357
logisch oDd szeniflch bedaatend tieferen Stack lar Erzielung
borksker Wirkungen (Tgl. die ersten Akte beider Stöcke).
Zahlreiche Proben alten antiken Gutes, an das wenige metir
denken, liefert ja auch die Geschichte des Sprichworts und des
Zitats. Daß z. B. ,,des Herrn Auge die Pferde fett macht'S ist
die wörtlichste Verdeutschung einer Stelle aus Aristoteles' frag-
mentarischem Oikonomikos (A 1345 a). Lessings Tiel zitiertem
Sprach:
„Wer wird nicht einen Klopatock loben,
Doch wird ihn jeder lesen? Nein!
Wir wollen weniger erhoben
Und fleißiger gelesen sein''
dörfte ein fein umgemodelter Gedanke Martials zugrunde liegen:
Ibrtial IV 49,10 läuft ein Epigramm in den Gedanken aus: ilta
(k. carmina epica)
laudant omnes, mirantur, adorant.
Confiteor: laudant illa, sed ista legunt.
Die Epiker preist man in allen Tonarten, meine Muse aber
lodet — Leser. Bei der starken Benutzung des Martial durch
Imng, der ja auch seinen Sinngedicbten ein Motto aus dem
Idfter des Epigramms Torausschickt, liegt der Gedanke an Be-
adossung nahe genug.
Ganz besonders aber tritt uns die Erinnerung an die „ver-
iUte'' Antike greifbar deutlich entgegen, wenn wir eine Musterung
jearr eleganten Bezeichnungen psychischer Sonderstimmungen vor-
Bcäjnea, ebne die der flotte Feuiiletonist schwer auskommt: seit-
»0, wie mancher dieser der Verdeutschung widerstrebenden Be-
iriffe aus griechischem Parbentopf stammt Da ist das „mokante**
Lächeln (die f^wxUt, die man im Antlitz des Aristoteles zu lesen
glaubte; Pauly-Wissowa II 1,1019 gibt einen feinen Zug zu seinem
Porträt): von „ironisch*' und „skeptisch** und „sarkastisdi"' sehen
wir als wohlbekannten Dingen völlig ab, aber das „sardonische**
Lächeln des Lebemannes, der „kaustische*' Witz des alten Herrn
ttod andere Lieblingsworte eleganten Stils zieren das Wörterbuch
des Altphilologen so gut wie den ««guten Ratgeber** angehender
Romanschriftsteller. Versteckte Grobheit gefällt sich wohl auch
darin, eine „Verkalkung des Gehirns** bei uns rückstandigen
Humanisten anzunehmen. So hat schon der alte Epiklet seine
Gegner behandelt: er spricht in solchem Falle (ngog iixadfjfjux'i^
xovg Diatr. I 5, 3) von einer änolid'watq rov vofjjixov, einer
Eit^enschaft, die natürlich ganz besonders auch den Skeptikern
zukommt, den Leuten, die der Deutsche Hegel in seiner heute
vergessenen Geschichte der Philosophie, wenn ich nicht irre, mit
«Dverkennbar antiken Idiomlauten „intellektuelle Paralytiker'*
naoole.
Geben wir zum Schlüsse vom spöttischen Angrifi" des ein-
zelnen auf seine Gegner zu den allbeliebten Spöttereien über, die
/
358 Dentfche Literatorgeiekiehte in Prima,
zwischen Städten, Gauen und Völkern hinüber- und her überflogen,
so findet sich beispielsweise zu der Tatsache, daß vom Volkswitz
der Kelte und seine Nachkommen gern als „Faselhanse, Wind-
beutel, Hanswurste'' bezeichnet werden, meines Wissens der erste
klassische Niederschlag in Arrians Anabasis (I 4, 6). Dort spricht
Alexander der Große, als keltische Gesandte sich aus einer heiklen
Frage mit pfiffigem Witz ziehen, das große Wort aus: die Kelten
sind eben — älatoysg, ein Wort, sofort begrifi*en, schwer über-
setzbar: Windbeutel, Poseure, Hanswurste, das mag etwa darin
liegen. Arrian ist, wie schon sein „Jagdbucb'' zeigt, Keltenkenner,
aber die Anekdote ist älter und stammt aas den vorzüglichen
Memoiren des Ptolemäus Lagi. Vom Franzosen ist der Sprung
nicht weit zu „Tommy Atkins'S dem Typ des englischen Hiliz-
soldaten. Es war in den Tagen der Burenkämpfe, daß in engli*
sehen Blättern wütend gegen die freche Behauptung französiBcher
und deutscher Journale, ihre „Tommies'' hätten vielfach krummes
Beingestell, geeifert wurde. Nun hatten wir ja des öftern gelesen,
daß die sehr häufige Rachitis in England seit aller Zeit so zahl-
reiche Veranlassung zu frühzeitiger, oft bleibender Beinkrümmung
gebe, und nach dem guten Spruch: „Alles wissen heißt alles ver-
zeihen" hätten wir ihren Soldaten ein windschiefes Gestell a priori
nicht verübelt; aber belustigend wirkt es doch, wenn sich solche
Behauptung zurückfuhren läßt bis — Strabo. Denn so scbildert
er die Britensöhne seiner Zeit (Strabo 8. 200): ßka$aovg xal
zaXXa ovx evygdfAfAOvg %y avardcs^. Was aber ßXakttol be-
deutet, verrät uns mit der Gründlichkeit alter Lexikographie Henricus
Stephanus, wenn er es deutet: ßlaasog =^ valgus: cui distorta
sunt et prava crura et cui genua et tibiae conversae sunt.
Bayreuth. Karl Hartmann.
Deutsche Literaturgeschichte in Prima,
Die Behandlung der deutschen Literatur in der Prima hat
sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich geändert. Früher er*
folgte vom Katheder herab in mehr oder weniger gelehrtem Vor-
trag unter gelegentlicher Vorlesung von Proben eine Belehrung
der Schüler über die gesamte Literaturgeschichte, und daneben
wurden einige Dramen der Klassiker mit verteilten Rollen gelesen.
Jetzt ist der Lehrer von der Bühne herabgestiegen und steht
mitten unter seinen Schülern. In beider Händen befindet sich das
einzig notwendige Material, die für die Schule in Betracht
kommenden Werke unserer Dichter, und beide versuchen mit-
einander in den Kunstwert und Ideengehalt der erhabensten
Dichtungen einzudringen. Der Bildungs- und Lebensgang der
Verfasser wird zum Verständnis herangezogen und von Zeit zu
Zeit auf den Zusammenhang der literarischen Erscheinungen hin-
gewiesen.
von K. Kiosel. 359
• *
Dafi wir bei solcbem Betriebe eioen Leitfaden der Literatur-
gescbichte nicht gut entbehren können, ist fast allgemeiD an-
erkannt. Denn mit dem bloßen Durcharbeiten und Genießen ist
es nicht getan. Soll die Schule Schule bleiben, so muß ihr
Ziel zugleich auf Obersicht, Wiederholung und Aneignung eines
gewissen Stoffes gerichtet sein, und dazu brauchen wir ein Hilfs*
buch. Das lehrt die Praxis; und es scheint nur so, daß unsere
obersten Behörden dem abgeneigt sind, wenn sie alle Anträge auf
Einführung einer bestimmten Literaturgeschichte abweisen. Sie
wollen sich, soviel uns bekannt geworden ist, nur nicht auf
gewisse Bücher festlegen, sondern den freien Gebrauch den Lehr*
anstalten überlassen.
Denn über die Beschaffenheit einer Scbul-Lileraturgeschicbte
gehen die Ansichten auseinander. Die einen ziehen ein aus-
drücklich für den Schulgebraucb bestimmtes, knapp gehaltenes
WiederhüluDgsbuch vor, das in keiner Weise weder der Arbeit
des Lehrers durch zusammenhängende Darstellung, noch gar der
des Schülers durch Inhaltsangaben u. dgl. vorgreift. Andre
wiederum wollen dem Primaner eine vollständige selbständige
Literaturgeschichte in die Uand geben, aus der er sieb allein be-
lehren und die in der Schule erworbenen Kenntnisse erbeblich
erweitern kann. Diesem Zwecke dienen der altbekannte Kluge,
Klee und viele andre. Auf diesem Wege gebt auch das neue
Viermänner-Buch ^), dessen 1. Band uns hier zur Besprechung
vorliegt. Es will in unsrer Prima ein zweibändiges Werk ein-
fahren, von dem der 2. Band die Literatur des 19. Jahrhunderts
behandeln soll.
Neu ist an dem Werke zunächst dies, daß es im Vorwort
ober ein andres wegwerfende Bemerkungen macht, die dies offen-
bar in den Augen der Schulmänner herabsetzen sollen. „Ein
neueres, doch auch schon wiederholt aufgelegtes Werkchen'', so
wird der Angriff eingeleitet auf ein Buch, das in 13 Jahren
12 Auflagen zu je 2000 Exemplaren erlebt bat, eben in 12. bis
15. Auflage erscheint und von Männern verfaßt ist, die sich seit
30 Jahren wissenschaftlich betätigt haben. Und was wird ihm
vorgeworfen? 1) „Es löst die Meisterdramen in verkunstelte
Dispositionen auf, die den Schüler, der sie sich aneignen soll,
zur Verzweiflung bringen müssen''. Wenn einer von den vier
Herren einen Blick in das Vorwort jenes Buches getan hätte,
würde er nicht auf einen so horrenden Gedanken gekommen
M Weiebers Deatsche Literator^eschicbte. Für höhere Schulen
nad zon privaten Stodiom. I. Teil : Bit zam Ausgtoge der klasstscheo Periode.
Bearbeitet voo Direktor Prof. Dr. £. Gotjabr (Leipzig, IV. Realschule mit
Gymoasialklasseo), Prof. Dr, H. Draheim (Berlin, Kj^l. Withelms-Gymoasiuui),
Oberl. Dr. 0. Küotzel (Leipzig, IV. Realschule mit Gymuasialklasseo), Dr.
Rob. Riemaon (Leipzig, Realgymnasiam) mit 10 Vollbildern. Leipzig, 1907
Dietriebscbe Verlagsbocbbandroos, Theodor Weicher. 228 S.
9^0 Deatsche Literatargesebichte in Prina,
sein, daß der Schüler sich diese Obersichten des Aufbaos an-
eignen soll. Der dreifache NuUen, von dem dort die Rede ist,
«rscheint mir allerdings wertvoller, als dem Primaner ausführliche
Inhaltsangaben des „Laokoon*' (3 Druckseiten), der „Minna** und
,,Emilia^* (je 2 Seiten) gedruckt in die Hand zu geben, wie es in
dem neuen Buch nach alten Mustern geschieht.
2) y,Huß wird zu einem Zeitgenossen Luthers gemacht**. Vor
solchen Anwürfen sollte man doch wohl bei Kollegen sicher sein!
Eine der Bearbeitungen enthält nämlich den Druckfehler „Hußf
oder: gest. 1514^*. Sollte wohl ein Primaner darüber stolpern?
Was würden die vier Herrn sagen, wenn ich ihnen vorwürfe, sie
hätten das Rolandslied ins 11. Jahrhundert versetzt (vgl. S. 12
Z. 9 V. u., wo als Abfassungsjahr 1031 angegeben ist)? Hoffent-
lich würden sie das lächerlich finden.
3) „Hans Sachs wird zu einem Geistesverwandten Goethes
gemacht**. Vielleicht darf ich die Herrn auf Goethes Worte
aufmerksam machen: „Hans Sachs, der wirklich meisterliche
Dichter, lag uns am nächsten. Ein wahres Talent, freilich nicht
wie jene Ritter und Hofmänner, sondern ein schlichter Burger,
wie wir uns auch zu sein rühmten. Ein didaktischer
Realismus sagte uns zu** usw. Und dabei wagen sie den
Ausfall: „Was ist schlimmer, die objektive Unrichtigkeit oder das
grundfalsche Urteil**?
4) Ober den letzten Vorwurf, von Gryphius nur die Lust-
spiele, nicht auch die Tragödien erwähnt und Freiligrath und Geibel
ausführlicher als Hebbel und Heine behandelt zu haben, kann man
wohl hinwegsehen. Es kommt meines Erachtens nicht darauf an,
nach der Elle zu messen („in langwierigen Rechnungen mußte
die Raumverteilung festgelegt werden'* sagt das Vorwort),
sondern nach dem Wert, den ein Dichter oder eine Dichtung
für die Schule hat.
In dieser Hinsicht aber ist das neue Werk, das ausdrucklieb
„zugleich ein gutes Buch und ein gutes Lehrbuch** sein will,
für die Schule durchaus ungeeignet. Denn es enthält in seinen
12 Kapiteln eine Fülle von Stoff, der für einen Schüler wertlos
und für die Schule ganz unpassend ist. Das ist meines Er-
achtens ein Rückfall in die Zeiten, wo der Lehrer die Fülle seiner
Gelehrsamkeit über den Schüler ausschüttete. Man beachte nur
das 4. Kapitel „Bürgerliche Dichtung und Volkspoesie**, wo auf
10 Druckseiten über Boner und Steinböwel, Reinke de Vos,
Erasmus Alberus, Waldis, Rollenhagen, Meistergesang und Volks-
lied, Tegernseer Antichrist und Redentiner Osterspiel, Eckhart,
Seuse, Tauler, Volksbücher, Chroniken, Brant, Geiler und Murner
gehandelt wird! Einen § erhalten Manuel, Ayrer und Heinrich
Julius, einen Hofmannswaldau, Lohenslein und Weise, einen
Megerle und Moscherosch, einen Wolf, Leibniz und Thomasius,
einen Geßner und Gerstenberg, einen Nicolai, Engel, Leisewitz
VOM R. Kiosel. 361
ond Lichtenberg. Wielands Agathon ist ein eigener Paragraph
gewidmet, in den so viel anderes hineingepreßt ist, daß einem
uDkaodigeD Leser der Kopf brummen muß. Hütten mehr als eine
Seite zu weihen und ihn neben Luther als volkstömlichsten
Schriftsteller der Zeit zu bezeichnen, ist doch h5chst anfechtbar.
Also das Buch ist für die höhere Scliule viel zu gelehrt und
trägt diese Gelehrsamkeit oft in einer schwerfälligen, schwer ver-
siäodlichen Sprache vor. Der Schüler wird verleitet, fertige
Urleiie über Werke zu übernehmen, die er gar nicht kennt, auch
iD den meisten Fällen nie kennen lernen wird, und er wird
<iiese über Unbekanntes gefällten Urteile nicht verstehen. Man
Vergleiche a. a. den ersten Satz von § 79: „Der von dem
sliernden Bachdrucker Richardson in England 1740 mit der
1'ameia' eröffnete bürgerliche Koman hatte in Gellerts ^Schwedischer
Gräfin' 1746 eine deutsche Naciifolge gefunden, die noch mit zahi-
reiclieQ Elementen des Abenteuerromans arbeitete und hinsichtlich
^r Charakteristik auch den bescheidensten Anforderungen nicht
Iftaögte. Weit näher steht uns (?) Wielands 1766 zuerst er-
«^»ener Agathon** usw. Oder S. 43 heißt es von den beiden
|oleD des Redentiner Osterspiels: ,Jm ersten, dem ernsten
^1, das sich in vier Handlangen gliedert, wird die vermutliche
iiogheit zuschanden; im zweiten, dem humoristischen
^^eltsspiel, das nur eine Handlung bildet, aber dem ersten Teil
» Umfang fast gleichkommt, muß die Hölle ihre Niederlage be*
^«oneo. Strenge Einheit der Handlung, tiefgedachte Gruppierung
^ Personen, Frische und Volkstümlichkeit sind Vorzuge** usw.
^Jien sich das unsre Primaner vielleicht aneignen oder können sie
^nu$ irgend einen Nutzen ziehen? Oder können sie etwa aus folgen-
deioSatz dea wahren Sachverhalt entnehmen: „Gryphius' Absurda
Oimica oder Herr Peter Squentz entwickelt im Anschlüsse an ein
l^olläodisches Stuck von Grarosbergen aus den Handwerkerszenen
in Shakespeares Sommernachtstraum eine sehr ergötzliche Posse;
(ierbkomisch, freilich etwas zu gelehrt, wird im Horribilicribrifax
<^ie deutsche Sprach mengerei verspottet** usw. Wissen die Primaner
i^QQ, was ina Peter Squentz steht, und triflTt das Gesagte wirklich
<lcQ Inhalt des Soldatenspiels mit dem langen Namen? Da,
^^ine ich, war es besser, hierüber allein und etwas mehr zu
^eo, als zugleich den Jesuiten Causinus und den Niederländer
Joost von den Vondel zu nennen, um die „Katharina von
Worgien*' und den „Leo Armenius'* anzubringen. Klingt es
iii^bt komisch, wenn es von Gryphius heißt: er besaß nicht in
^^n\ Grade wie Shakespeare die Fähigkeit Menschen zu schildern?
^nd ist es nicht schief, von einem Manne, der so gute Lust-
spiele schrieb, zu sagen, daß „seine ganze Poesie der Gedanke
^n Nichtigkeit des Irdischen durchzieht**?
Ich bewundre die Gelehrsamkeit der vier Herren, die manchen
trefflichen Gedanken hervorgebracht hat. Aber sie hat sie ver-
362 DeutBcbe Literatargeschichte in Prima,
leitet, Dinge in dieses Buch zu setzen, die seinem Zwecke zu-
wider sind. Was soll die unmögliche Form Laikaz mit Stern (got>
laiks usw. vgl. Schades Altd. Wh,) in einem Schulbuch? Was die
Bemerkung: „Die Kunsthistoriker versetzen die Laokoongruppe
teils in das 3. Jh. v. Chr., teils in die Zeit der pergamenischeu
Skulpturen um 100 v. Chr., teils in die römische Kaiserzeit;
eine neuerdings auf Rhodos gefundene Inschrift mit. dem Namen
eines der drei Künstler stammt aus dem Jahre 42 vor Christus''?
Was endlich eine Anm. auf S. 22, die. nur dem eingeweihten
Germanisten verständlich ist: „Ein zweites, monologisch gehaltenes.
Hartmann zugeschriebenes Buchlein ist nicht von ihm. Gegen
seine Urheberschaft spricht außer dem Reimgebrauch vor allem
auch (!) die Hochstimmigkeit der Verse, während Hartmanns Verse
sonst durchweg zum Tiefschluß neig<*n'M Ja, das gehört in*
Sievers' Kolleg oder Seminar, dem es wohl entstammt, aber nicht
in ein Schulbuch.
Die Gelehrsamkeit hat aber die vier Herrn nicht einmal vor
schiefen Urteilen und Irrtömern bewahrt. Es kann nicht unsre
Aufgabe sein, sie alle herauszusuchen, aber eine Anzahl sollen
doch hier mitgeteilt werden, um die gute Lehre aufs neue zu
übermitteln, daß man nicht mit Steinen werfen soll, wenn man
im Glashause sitzt.
Zu den Irrtömern ist es zu rechnen, wenn man von Walther
v. d. Vogelweide behauptet, er sei von adliger Abkunft, und
^enn man Wolfram von Eschenbach ein „Geschlecht" zu-
schreibt. Das gibt ein vollkommen falsches Bild ihrer Standes-
und der Kulturverhältnisse ihrer Zeit. Ebenso unrichtig ist es, von
diesem zu sagen, er stand mitten im literarischen lieben seiner
Zeit, und von jenem, „er dichtete fromme Marschlieder für
die Pilger'' und „er feiert nach Spielmannsart auch das einfache
Mädchen". Von dem Hildebrand des alten Liedes heißt e«:
,, Zitternd vor Freude vernimmt der Alte, daß er seinen Sohn
vor sich hat''. Derselbe Ausdruck findet sich dann bei Hildgund :
,.die zitternde Jungfrau verbindet die Wunden", wo man es
allenfalls durch den Vergilischen Ausdruck rechtfertigen kann.
Karl der Große „hat der geistlichen Dichtung Vorschub geleistet,
indem er die Sachsen besiegle". Ottfried „unterbricht die Er-
zählung immer aufs neue durch lehrhafte und lyrische Aus-
lassungen'S Der Heiland „spiegelt das halbheidnische Denken
seiner Zeit wieder". Im A. Heinrich ist ein legendarischer (statt
legendenarliger) Stoff verarbeitet. „Opitz ging hauptsächlich von
den Niederländern aus. Dagegen wurden die Gesellschaften zur
Reinerhaltung der deutschen Sprache von Fremdwörtern und
unschönen Bildungen i n INacliahmung der florentinischen Acaderoia
della crusca gegrundet'S
Man beachte hier und an einigen andern angeführten Stellen
den Stil und bedenke, daß die Verf. in ihrem Vorwort gegen Klees
. voa K. Kiosel. 363
Literaturgeschichte sagen, sie eigne sieb eher för Lehrer als für
Schiller; in den abstrakten Text dringe häufig selbst der Kundige
nur mit Mühe ein! — Die Kritik der Ana kreontiker lautet: ,,8ie
tändelten nicht immer ganz natürlich'* usw. Kleists
Frühling „leidet stark unter der verkunstelten Form'S Die Be-
leuchtung des Messias ist unzulänglich und unklar, för Schüler
unbedingt werllos. Ebenso die der Oden; , lauter Urteile, aber
keine Einführung, und die besten (die Gedichte auf Meta) sind
gar nicht einmal erwähnt, während den Dramen und der Prosa
eine Druckseite gewidmet ist; von Klopstocks Behandlung des
Rhythmus wird ganz geschwiegen. Bürgers Leonore erhält ca. 30,
Klopstocks Oden 40 Zeilen, Burger insgesamt 3 Seiten, mit dem
Urteil, daß er nach Goethe die erste Stelle im Liebeslied einnehme,
Klopstock insgesamt 21 Seite. Und dabei sagt das Vorwort, daß
Tor der Ausarbeitung die Raumverleilung in langwierigen
Rechnungen festgelegt worden sei! Die Bedeutung der
Italienischen Reise ist ganz unzulänglich dargestellt und unter den
Friederiken -Liedern das wichtigste (.,Willkommen und Abschied'')
ganz vergessen.
Zum Schluß will ich nur noch hervorbeben, daß die Be-
deutung der Opitzischen metrischen Beform unklar und oberfläch-
lich behandelt ist. Es ist nicht richtig, zu sagen, Opitz empfahl
den lambus und Trochäus, nicht aber den Daktylus („denn
er gleichwoi auch kan geduldet werden, wenn er mit Unter-
scheide gesatzt wird'*) und erhob den Alexandriner zum ge-
bräuchlichsten Versmaße; unrichtig auch, daß Sachs nur
die Silben gezählt habe. Wie hätte denn Goethe gerade seinen
„leichten Rhythmus'' rühmen und im Faust und anderswo
anwenden können? Haben denn die übrigen besseren Dichter
des t6. Jahrhunderts, die Liederdichter wie die Epiker, wirklich
unter Verkennung des Rhythmus nur die Silben gezählt? Opitz
hat hier ofTenbar, wie aus den im 7. Kapitel angeführten
Beispielen deutlich hervorgeht, die gelehrten INachahmungen und
Nachbildungen fremder Rhythmen im Auge. Was er in seinem
Büchlein so laut verkündet, haben ja alle Verständigen vor ihm
and zu seiner Zeit auch ausgesprochen und geübt. Und daß er
mit seiner rhythmischen Klapperei der deutschen Dichtung mehr
geschadet als genutzt hat, tritt sofort hervor, als Männer mit
gesundem Gefühl für den deutschen Rhythmus wie Klopslock und
Goethe erscheinen.
Ich hoflTe, das Angeführte wird dazu beitragen, den Ver-
fasser des Vorworts (nicht alle vier Herrn scheinen dafür ver-
antwortlich zu sein) etwas bescheidener zu stimmen und das
Buch von unsern höhern Lehranstalten fernzuhalten.
Friedenau bei Berlin. Karl Kinzel.
ZWEITE ABTEILUNG.
LITERARISCHE BERICHTE.
L. Nodoagel, Das höhere Schulwesen im Großberzogtan Hesseo.
Gesetze, Verordoao^eo ood Verfd^ao^eo. 1. Machtra^ (März 1903 —
Jali 1904). 2. Nachtrags (Auepost 1904— Juli 1906). Giefieo 1905 bzw.
1906, Eioii Roth. 46 bzw. 39 S. 1,20 bzw. 1 JC.
Wie zu der Sammlung, die A. Beier für die höheren Schulen
Preußens veranstaltet hat, erscheinen auch zu dem Werke von
Nodnagel, das hier früher angezeigt worden ist, Nachträge, durch
die das Verallen des Hauptwerkes hintangehalten wird, indem
sie das unterdessen hinzugekommene Neue in den entsprechenden
Kapiteln nachtragen. Es wird genügen, an dieser Stelle für die
Interessenten auf das Erscheinen hinzuweisen, ohne auf den In-
halt im einzelnen einzugehen. Pur den Gebrauch ist die Ein-
richtung Beiers, der in jedem Ergänzungsheft das Sachregister
Yollständii; wiederholt, wohl vorzuziehen. Sie erspart dem Benutzer
di«; Notwendigkeit, an verschiedenen Stellen nachzuschlagen, d. h.
sie nimmt ihm mechanische Arbeit ab.
Nordhausen a. Harz. Max Nath.
Joseph Loos, Enzyklopädisches Haodboch der Brziehangs-
kaode. Band I (A— L). Wieo uod Leipzig 1906, A. Piehlers Witwe
Q. Soho. 1071 8. geb. 18 Jt-
Was das „Enzyklopädische Handbuch der Pädagogik** von
W. Rein für das Deutsche Reich trefflich leistet, ein lexikalisches
Repertorium für den gesamten Umfang des Erziehungswesens zu
sein, das hatte für Österreich vor 25 Jahren G. A. Lindner mit
seinem „Enzyklopädischen Handbuche der Erzielning'' zu erreichen
gewünscht. Dieses Werk eines Mannes, „auf dem sicheren Unter-
grunde Herbartscher Pädagogik ruhend", zeigte die natürlichen
Vorzüge und Mängel seines Ursprungs; es war einheitlich, aber
auch einseitig. Die Vorzüge überwogen aber derartig, daß das
Buch vier Autlagen erlebt hat. Lindner ist schon 1887 gestorben.
Bis 1900 blieb das Werk verwaist. In diesem Jahre schloß der
Verleger mit Herman Schiller wegen einer gründlichen Neu-
bearbeitung ab. Schiller ist rüstig an der Arbeit gewesen; als er
1902 starb, hatte er A — F im Manuskript vollendet. Von diesem
Nachlasse ist viel in die vorliegende Auflage herübergenommen;
Le«fy Eoxyklop. Haadb^ d. Brxiehnafikoade, ai^z. y. Fofier. 365
sonst ist sie aber so stark verändert worden, daß mit Recht weder
Liodners noch Schillers Name im Titel genannt ist, sondern nur
unter den Artikeln, die auf sie xurQckgehen.
Der neue Bearbeiter, Landesscbulinitpektor in Linz, ist im
Deutschen Reiche nicht unbekannt geblieben. Loos ist ein fleißiger
Besucher der wichtigsten SchulmännerTersammlungen und hat sich
viele Sympathien erworben. Das Handbuch ist nicht von ihm
allein verfaßt, sondern wird nur von ihm herausgegeben. Eine
große Zahl Mitarbeiter hat er gewonnen, unter denen Namen vom
besten Klange reichlich vertreten sind, ^atörlich überwiegen die
Österreicher. Da trifft man auf den Veteranen Otto Willmann,
auf seinen Prager Kollegen Alois HöOer, auf Hergel, Hintner,
Huemer, Thumser u. a«, und nicht am seltensten auf den Heraus-
geber Loos selbst. Aber auch aus dem „Reiche'* sind die Häupt-
linge zahlreich vertreten. Cauer, 0. Heine, Oskar Jäger, Rud.
Lehmann, Muff, Natorp, Rein, von Sallwfirk, Ublig, Rieh. Wehmer,
Rud. Windel haben wichtige Artikel geliefert, z. B. Cauer die über
den griechischen und lateinischen Unterricht. Dazu kommen die
Vertreter der Volksschulpädagogik und des Fachschulwesens aus
beiden Reichen; alles in allem eine illustre Gesellschaft!
Die Arbeit des Herausgebers ist, von seinen zahlreichen und
gediegenen Artikeln abgesehen, sehr bedeutend gewesen. Die ver-
schiedenartigsten Bestrebungen forderten Beröcksichtigung. Das
Handbuch, zunächst für Österreich bestimmt, sollte und konnte
doch die Verhältnisse im Reiche nicht vernachlässigen. Die ein-
zelnen Wissensgebiete, die verschiedenen Disziplinen und Schul-
arten mußten gebührend zu Worte kommen, und doch durfte sich
keine auf Kosten der andern breitmachen. Ferner sollten Ab-
bildungen, Faksimiles u. ä. Beiwerk nicht fehlen, und schließlich
mußte das Ganze in zwei allenfalls handlichen Bänden unter-
gebracht werden, damit der Preis auch für den einzelnen er-
schwinglich bliebe. Erlägt man dies alles, so muß man der
Tätigkeit des Herausgebers volle Anerkennung zollen. Er ist sich
nach der Vorrede selbst bewußt, daß noch manche Unebenheit
geblieben ist, und wer m6cbte sich mit ihm nicht dies und das
anders wünschen? Z. B. ist ein Lutherbild beigegeben, das einen
pietistischen Predigtamtskandidaten vorstellen könnte. Aber es
steht bei einem Artikel (vom Pfarrer Antonius in Wien), den wir
uns gar nicht besser wünschen könnten. Wir erkennen über-
haupt die Parität lobend an, die sich in der Aufnahme der Artikel
Luther, Bugenhagen, Herder u. a. und mehr noch durch deren
lobalt und Ton kund tut. Wie eifrig der Herausgeber bemüht
gewesen ist, diametral entgegengesetzten Ansichten Raum zu geben,
erkennen wir z. B. aus der Aufnahme der Artikel „Kirche und
Schule*^ von Andreae und „Konfessionelle Schulen^' von Zöclibauer.
Dort tritt ein Liberaler für die Beseitigung der geistlichen Schul-
aufsicht ein» hier ein strenger Katholik für die konfessionellen
366 J'^ooS} Eozyklopidif ches HaodbQch d. Erziehoog^s kubde,
Kirchenschulen. Loos hat sich begnügt, wechselseitig durch eine
Fußnote auf den Gegenarlikel zu verweisen. Wir, die wir uns
durch abweichende Ansichten nicht aufreden, sondern anregen
lassen, sehen auch in dieser Eigenart d^s Werkes keinen Mangel,
eher das Gegenteil. Es ist immer noch besser, schwarz und weiß
Gegensätze zu nennen, als sie zum Grau zu vermengen. Im
vorliegenden Falle billigen wir Zöchbauers Standpunkt nicht und
halten ihn für zu eng, aber er ist ehrlich und fest vertreten;
darum lassen wir uns ihn gefallen. Mit Recht betont er, daß es
sich im Grunde nicht um abweichende Ansichten und pei^sönliciie
Stimmungen handele, sondern um entgegengesetzte Weltan-
schauungen. Um nichts Geringeres. Welcher von beiden die Zu-
kunft und besonders die SchuJe frehören wird, wer vermag das
zu sagen? Daß der Kampf noch nicht so unbedingt zugunsten
der liberalen Denkweise entschieden ist, wie in unsern Kreisen
meistens angenommen wird, ist auch eine Lehre, die wir aus Lous*
Erziehungskunde ziehen können. Aber, wie gesagt, unverträglich
erscheinen uns hier die Gegensätze nicht, und das ist das Ver-
dienst des Redaktors.
Die illustrierenden Reigaben sind in der großen Mehrzahl
nicht nur gut geraten, sondern, was wichtiger ist, zweckmäßig
ausgewählt. Selbst ganze Schriftstöcke sind in Faksimile bei-
gegeben, z. R. von Jahn, Gedike, Rasedow, Herbart, dazu Proben
aus allen Ruchern, namentlich Fibeln usw., ferner Tabellen über
Lehrpläne und Gehaltsbezüge, Grundrisse und Abbildungen von
Schulhäusern, Schulstuben, sogar aus Japan, und manches andere.
Jeder wird etwas Anziehendes und Lehrreiches finden. Deshalb
ist das Ruch ja doch nicht zum Rilderbuche geworden.
Unter den Artikeln sind einige etwas dilrftig oder trocken
ausgefallen; daß die dörre Statistik sich indessen störend bemerk-
bar machte, läßt sich nicht behaupten. Auf der andern Seite ist
die Anzahl der frisch geschriebenen, die Stoffmasse geschickt be-
wältigenden Abschnitte — auch solcher über das Volksschulwesen —
erfreulicherweise recht groß. Eingehend sind z. R. die hygienischen
Fragen von Wehmer behandelt, die körperlichen Übungen von
Schröer (beide sind Rerliner); die allgemeinen Artikel ober Unter-
richt und Erziehung stammen großenteils von Loos, v. Sallwörk,
Willmann; beachtenswert sind femer die Arbeiten über die Fibel
von Ambros, über die Ethik von Schiller-Leclair, über erste Hilfe
bei Unglücksfällen mit zahlreichen Abbildungen von Hergel, über
Einzel- und Massen Unterricht von Thalmayr, über deutschen Unter-
richt von Streinz in Wien, ober Kunstpflege u. ä. von Langt, um
nur einiges aus der reichen Fülle namhaft zu machen. Der zweite
Rand wird hoffentlich eine Übersicht bringen, aus der der Anteil
der einzelnen Hitarbeiter ersichtlich wird. Die Literatur ist am
Ende jedes Artikels verzeichnet, freilich in ungleicher Ausdehnung.
Die Angaben sollten doch recht genau sein und ins einzelne gehen.
«DC^ez. voD F. Füg^oer. 367
Die allgemeineD Werke braticbten nicht so oft angeföhrt zu sein.
Dafür wäre ihre ZusammeDstelluDg irgendwo zweckmäßig gewesen
mit korzer Beurteilung ihres Charakters, Standpunktes, Wertes und
Preises. Wäre das geschehen, so wQrden Hinweise genügen« wie
Ziegler S. 300, Kehr S. 100.
Ein eigentümlicher Vorzug des Handbuches ist aus der ge-
schilderten Oberwindung der großen Schwierigkeit entstanden,
sowohl österreichischen als reichsdeutschen Lesern gerecht zu
werden. Wir sind nämlich dadurch in den Stand gesetzt, beider
Länder pädagogische Eigenart miteinander zu vergleichen. Nicht
immer föUt das Schlußurteii zugunsten des Reichs, speziell Preußens
aus, namentlich wenn wir bedenken, daß nationale und teilweise
wohl auch materielle Umstände der österreichischen Schule be-
sondere Hemmnisse bereiten. Ich erwähne nur die geringere
Wochenstundenzahl der dortigen Kollegen, den dort eingebürgerten
Unterricht in der Philosophie, die weitgehende Unterstützung
ärmerer Schuler. Aber auch in den häufigeren Fällen, wo wir
wohl den Österreichern etwas voraus sind, ist es für uns lehr-
rpicb und erhebend zu sehen, wie frisch und treu unsere s^üd-
östlichen Brüder sich nach dem strecken, das vor ihnen ist. Wir
rufen den wackeren Vorposten deutscher Bildung und Erziehungs-
iunst ein herzliches Glückauf! zu. Ihre Bemühung um deutsche
Art ist för die Gesamtheit ein Trost und ein Sporn; daß wir es
ao uns nicht fehlen lassen, den Brüdern in der Grenzmark zu
helfen, beweisen die reichsdeutschen Männer, die den trefflichen
Loos unterstützt haben. In dieser Hinsicht bedeutet das schöne
Werk auch eine nationale Tat, die hoffentlich im Reiche durch
lauf und Benutzung lebhaft anerkannt wird.
Zum Schloß wollen wir uns mit dem kurz beschäftigen, was
Paul Cauer über griechischen und lateinischen Sprachunterricht
gesagt hat. Seine Auslassungen über den Unterricht in den alten
Sprachen, so kurz sie auch nach dem Plan des Buches ausfallen
mußten, sind näherer Betrachtung wert. Dennoch bedauere ich,
daß gerade diese kein Österreicher bearbeitet hat. Denn es wurde
besonders lehrreich sein zu hören, wie man sich dort mit einem
unverhältnismäßig hohen Lehrziel abfindet. Daß man dort mäßige
Anspräche zu machen gelernt hat, ersiebt man z. B. aus dem
Artikel „Kommentare*'. Der Verf. dieses Artikels bricht sogar eine
Lanze für die Inhaltsangaben am Rande des Schriftsteliertextes,
«eiche die Wut der „Aufrechten** in besonderem Grade erregt
haben; ihretwegen hat den Marginaliern Aly beinahe rooral insanity
rorgeworfen. Der verständige Mann bemerkt ganz richtig (S. 869),
wir ließen diese Orientierungshilfen uns in wissenschaftlichen
Werken wie Mommsens Römischer Geschichte ganz gern gefallen,
mißgönnten sie aber den Quartanern. Indessen, „es rast der See
und will sein Opfer haben**, und so habe auch ich diese Marginalien
um des lieben Friedens wegen geopfert. Mein Herz bat nie an
368 J* Loof, Eozyklopädischet Handbueh d. ErziehaDC^skonde,
ihnen gehangen: es geht auch so, nämlich ohne sie, und es ginge
auch recht gut anders, nämlich mit ihnen. Nun aher zu Gauers
Ansichten zurück 1 Ich schlage ihm vor, die nächste Schrift, die
er erscheinen lassen will, zu betiteln: „Hörst du auch, was du
liesest?'* So richtig weist er auf die Wichtigkeit des Ohrs fär
die Erlernung der alten Sprachen hin. Was würde er zu einem
Lehrer sagen, der sich rühmt, 100 und mehr Homerverse in einer
Stunde fertig zu bringen, natürlich ohne sie zu lesen? Lesen
und wieder lesen, zu Hause laut lesen und sinngemäß, das ist
die beste und anziehendste Vorbereitung. Sinngemäßes Lesen der
einfachsten lateinischen (und deutschen!) Sätze von unten auf,
seitens des einzelnen wie der Klasse, kann nicht genug verlangt
und geübt werden. Ich lege den größten Wert auf dieses I^esen
und das sich ans Lesen leicht und natürlich anlehnende Sprechen
über das, was eben gelesen worden ist, mag es auch noch so
elementar, stockend, lückenhaft vor sich gehen. Dann kann die
Accentlehre im Griechischen allerdings entbehrt werden, ohne daß
man gerade das lateinische Pänultimagesetz anwenden müßte. In
der griechischen Stunde höre und spreche der Knabe möglichst
viele griechische Wörter, nicht gerade als Vokabeln, sondern in
ihren Funktionen; in der lateinischen sei dasselbe mit den
lateinischen der Fall. Gauer hebt als Annehmhchkeit hervor, daß
erst reifere Schüler das Griechische beginnen. Darum könne man
das analytische Verfahren öfter und nützlicher anwenden als sonst;
die Aneignung des Wortschatzes könne wissenschaftlicher vor sich
gehen, das Einlesen in die Literatur rascher und anziehender.
Richtig; deshalb wird man jedoch nicht zur Ahrensschen Methode
greifen wollen. Die Zeugen leben noch, die diese beschuldigen,
sie seien ihretwegen niemals im Griechischen sicher und ruhig
geworden. Im ersten Jahre scheint es nach ihr glatt und leicht,
im zweiten um so schwerer und stolpriger zu gehen. Trotz aller
gegensätzlichen Stimmen hier in Hannover glaube ich doch, Cauer
hat mit seinen Bedenken recht; „der erste Kurs scheint keinen
sicheren Maßstab der Beurteilung zuzulassen*', das, glaube ich,
wird nicht bestritten werden können. Ober den Beginn mit
Xenophonlektüre (Richter-Przygode) äußert sich C. nicht; vielleicht
denkt er darüber anders. Das Lexikon will er früh in die Schüler-
band geben und zwar mit sorgfältiger Einführung durch den
Lehrer. Ich bezweiQe, daß die frühe Benutzung eines umfang-
reicheren Wörterbuches nötig und heilsam ist. Wenn der Sekundaner
zu ihm greift, ist es früh genug. Denn es scheint zweckmäßig,
zuvor einen tüchtigen Vorrat von Vokabeln und Wortverbindungen
einzuheimsen, und zwar unter planmäßiger Benutzung der Etymo-
logie, für die auch Gauer eintritt. Daß in meinem Gäsar>Hilfs-
hefte der Wortschatz des Autors etymologisch geordnet dargeboten
und sehr fleißig benutzt wird, ist auch Gauer wohl nicht ent-
gangen. Die Bedenken gegen die etymologische Anordnung sind
aDgex. voB F. FngBer. . 369
\
längst Terstumint, ihre Vorzöge werden immer lebhafter gewfirdigU
Etymologische Spielereien und Entbehrlichkeiten wollen wir aller«-
Jings nicht treiben. Gewiß bietet die Etymologie dem lateinischen
Unterricht weniger Hilfe als dem griechischen, aber mehr hilft
sie doch auch dort, als man gemeiniglich glaubt Waldes Etymo-
logisches Wörterbuch kann den Beweis liefern. Ich meine auch,
daß wir auf ein methodisch abgestuftes Erwerben des Wortschatzes
mehr Zeit und Kraft verwenden sollten, als gewöhnlich geschieht,
indem wir weniger Vokabeilernen treiben als Wortkunde im ganzen
Umfange des Sinnes, aber immer im Hinblick auf die Lektüre»
Und dabei die Orthoepie ja nicht gering schätzen! Cauer meint,
wollten wir Kikero und exerkitium sprechen, so worden wir damit
das Lateinische erst recht zu einer toten Sprache machen. Ich
kann ihm darin nicht beistimmen. Wie stände es dann mit dem
Griechischen, wo wir doch solche Torheiten wie die Palatalisierung
des k-Lautes und die Assibilierung des t-Lautes nicht machen r
Man spreche eine Sprache so genau nach, wie man es irgend ver-
mag, das erfordert die Wissenschaft, die Wahrhaftigkeit und der
praktische Nutzen bei der Erlernung. Ebenso sollte die Semasio-
logie allmählich immer mehr zu ihrem Rechte kommen. Die ein-
fachsten Gesetze des Bedeutungswandels können dem Schüler sehr
vobl zum Bewußtsein gebracht werden, sonst ist ja auch eine
gewandte und sichere Benutzung des Lexikons ausgeschlossen.
Cauer warnt davor, sich bei den stilistischen Kunstausdrucken
zu beruhigen, ohne in die Klarlegung des besonderen Falles ein-
zudringen. Bdit Schlagwörtern wie Ellipse, Metonymie ist in der
Tat wenig gesagt, wenn eine nähere Erklärung unterlassen wird.
Ton Fall zu Fall soll man jene Namen erst mit Inhalt füllen.
Die grammatische Belehrung hüte sich vor der Oberschätzung der
Induktion; diese müsse mit Deduktion abwechseln und Hand in
Hand gehen. Die genetische Behandlung sei gut, wo sie am Platze
sei, namentlich in den oberen Klassen zur Vertiefung des Ver-
ständnisses, aber das „Pauken'^ dürfe darüber nicht vernachlässigt
werden. Die Sammlung von Lesefrüchten befürwortet Cauer; wir
führten als Schüler ein „VVinkebuch'* mit dem Motto: „Ein guter
Wink trägt manchmal gute Früchte*'. Die Anlegung erfordert
aber Zeit, die Kontrolle ist unerläßlich, die Ausnutzung läßt i«*icht
zu wünschen übrig. Um so mehr Wert lege ich auf die Pflege
des Gedächtnisses, aber das einmal Gelernte muß denn auch
immer wieder aufgefrischt werden. Bei häufigem Wechsel des
Lehrers ist dies leider kaum durchführbar. Was die Realien be-
trifft, 80 ist es bei dem Verfasser der Palaestra vitae bemerkens-
wert, daß er vor ihrer Überschätzung warnt; denn die Haupt-
aufgabe des Unterrichts sei doch eine geistige. Viel besser wurde
es um die Kenntnis der „Altertümer'* bestellt sein, wenn das
ceterum censeo Cauers erfüllt und an den Gymnasien In II zwei
Jahre lang alte Geschichte getrieben würde. Ob wir das noch erleben?
SMtMbr. f. d. GTmaadAlwaMB. LZL 6. 24
370 P* Croazer, Maftres et Pareuts,
Was Cauer Ober die Lektüre ausfuhrt, ist meistens zutreffend.
Doch kann ich seine Vorh'ebe fQr den echten, unverfälschten, un-
verbesserten Nepos ganz und gar nicht teilen und schwer be-
greifen. Der Philologe in ihm scheint in diesem Falle den Pädagogen
zu erdrücken. Schon das Urteil „ein wirklieber römischer Autor
mit lebendigem, nicht gemachtem Latein'' werden nicht viele
unterschreiben, das Neposlatein ist nur zu sehr „gemacht'* und
nur in sehr fragwürdigem Sinne „lebendig" zu nennen. Außer-
dem soll er doch in Quarta gelesen werden! „Die sprachlichen
Schwierigkeiten, die er bietet, lassen sich überwinden und werden
dann gerade recht fruchtbar". Das erste ist mit Einschränkung
richtig, das zweite nicht, und wäre es der Fall, dann täte man
wahrlich besser, die Zeit in Quarta auf andere Dinge zu ver-
wenden, die unentbehrlicher sind. Cauer sieht sich denn auch
genötigt, auf selbständiges Präparieren der Schüler das ganze Jahr
hindurch zu verzichten. Das geht doch viel zu weit und ist bei
einem Nepos castigatus in der Tat unnötig.
Cauer ist ein Feind der gedruckten Präparationen und ein
bedingter Freund der Kommentare. Seinen Worten pflichte ich
bei und wünsche, daB es recht viele mit mir tun. Dies gilt ganz
besonders von dem, was er gegen die sagt, die ihren Schülern
nur die „reinen Texte" gönnen (während sie selbst Kommentare
benutzen!). Das ist nichts anderes als eine philologische Ver-
stiegenheit. Daß solche Lehrer durch gedruckte Übersetzungen
und Präparationen betrogen werden, ist ebenso natürlich. Freilich
sollen die Schulausgaben wissenschaftlichen Geist atmen; denn
„ein Buch, aus dem der Lehrer nichts lernen kann, ist auch für
die Schüler nicht gut genug". Cauer wird hofTentlich nicht allen
Herausgebern von Schulausgaben das Zeugnis vorenthalten, daß
sie sich bemühen, Wissenschaft und Schule in gerechter Weise
zu befriedigen; in dubiis und in mediis freilich entscheidet das
praktische Bedürfnis der letzteren.
Diese kurze Auseinandersetzung mit dem Inhalte einiger
Artikel aus der „Erziehungskunde", die vor uns liegt, wird den
Lesern wohl am besten beweisen, mit wie großem Nutzen sie
das ganze Werk verwerten können. Der zweite Band wird wahr-
scheinlich den ersten an Einheitlichkeit nicht nur erreichen,
sondern noch übertreffen. Wir können ihm mit hohen Er-
wartungen entgegensehen.
Hannover. F. Fügner.
Paal Crouzet, l^aitres et Parents. Etade et Enquete sor la coope-
ratioD de l'Ecole et da Lycee avec la Familie. Paris 1906, Armaod
CoUo. 303 S. 8. 3,50/r.
Den Anlaß zu Crouzets Werk gab das von einer Reihe von
Professoren zu Toulouse an Lehrer und Eltern gerichtete Rund-
schreiben vom 15. Januar 1903, worin zu Äußerungen über die
sDgez. voB A. Lange. 3?1
Frage des Zasammenwirkens von Gymnasium und Familie (la
Cooperation da lycee et de la famille) aufgefordert wurde nach
dem Vorgang Ton P. Bui8Son,^der bereits im „Manuel general^^
«ine ähnliche Sammlung von Äußerungen aus den Kreisen der
Lehrer und der Eltern über die Beziehungen der Schule und
der Familie (les rapports de Tecole et de la famille) für das Volks-
schulwesen veranlaßl hatte. Crouzet aber zieht nicht nur das
Volksschulwesen, sondern auch das höhere Schulwesen in
den Kreis seiner Betrachtungen; er wendet sich an Lehrer und
Eitern zugleich. Die Schwierigkeiten, welche eine so umfassende
Art der Betrachtung und die Verschiedenartigkeit der Leser mit
sich bringt, sind ihm nicht entgangen (S. 2; il aura ^te souvent
difficile de satisfaire et d'intöresser en meme temps des lecteurs
si divers).
Crouzet stellt in dem vorbereitenden Abschnitt „Considerations
geoerales sur la Cooperation des parents et des maitres'' zunächst
den Begriff dieses Zusammenwirkens fest : er verwirft ebenso sehr
den „Absolutismus'* Napoleons L, der die Familienerziehung durch
«ioe völlig gleichförmige Staatserziehung in den Lyzeen ersetzen
wollte, wie den „Liberalismus*' Condorcets, welcher der Schule
einzig und allein den Unterricht zuwies, während er die ge-
samte Erziehung den Eltern überlassen wollte. Dem gegenüber
stellt Crouzet den Grundsatz auf: „La famille participe ä l'education,
mais ne la gouverne pas*' (S. 9), ebenso wie die völlige Loslösung
des Lycee von der Familie, soll auch die Unterordnung des
Lycee unter die Familie vermieden werden. Der augenblickliche
Zustand sei unhaltbar: „Le Lycee reste trop souvent un couvent
moins encore par ses grilles de fer que par ses grilies morales^*
(S. 10). Auf der anderen Seite bilde die Gleichgültigkeit vieler
Eltern gegenüber den Fragen der Erziehung ein Haupthindernis
für ein gedeihliches Zusammenwirken von Haus und Schule. Wenn
Marcel Prevost in seinen Lettres ä Francoise sagt: „Par Tesprit
des parents doit commencer la reforme de Tenseignement secon-
daire'' (des höheren Unterrtchtswesens), so stellt Crouzet dem an
die Seite den Satz: „Et aussi par Tesprit des proviseurs, censeurs,
repetiteurs (S. 11). Er wahrt also die Rechte der Schule und
verlangt ihre Anerkennung als gleichberecbtiger Faktor neben dem
Elternhause, wie man sieht, sehr vernünftige Gedanken, frei von
jeder verkehrten Einseitigkeit.
Sodann weist Crouzet die Notwendigkeit des Zusammen-
wirkens der beiden Faktoren, Schule und Familie, nach: die
Schule kann die Aufgabe der Erziehung für sich allein nicht ge-
nugedd lösen, weil sie die Individualität ihrer Zöglinge nicht ge-
nügend berücksichtigen kann; diese individuelle Erziehung muß
sie notgedrungen im wesentlichen der Familie überlassen: „Aussi
semble-t-il qtie revienne ä la famille le soin de donner ä renfaht
la culture la plus personnelle, tandis que tevient ä Tecöle le
24*
372 P- Croaxet, Mtitres et Parents,
soin de donner ]a culture la plus generale. Dans sa famillev
chaque eofant b^neficiera de la formation specialerneDt appropriee
k ses facultes, parce qu'il y est seul; ä T^cole, il jouira de la
formatioD generale de Tarne humaine parce qu'ila y sont tous'^
(S. 19).
Den wesentlichen Unterschied zwischen der FamilienerziebuDg
und der Schulerziehung findet Crouzet darin, daß die Erziehung
in der Familie dem Interesse des Kindes unter-
geordnet sei, die in der Schule die Sonderinteressen des
einzelnen Kindes dem allgemeinen Interesse unterordne
(S. 20: . . „tandis que Teducation dans la famille est subordornee
ä Tinter^t de Tenfant, Teducation publique, sans negliger les
interöts personnels de ses eleves, subordonne pourtant Tenfant
ä la soci^te, ses interöts particuliers aux interöts de tous'^).
Der erste Teil der eigen llichen Abhandlung selbst be-
schäftigt sich mit dem Volksschulwesen (Titel: Dans
Tenseignement primaire). Crouzet hebt hervor» das Zu-
sammenwirken von Haus und Schule werde hier durch den einen
Umstand erleichtert, daß der Volksschullebrer den Eltern seiner
Zöglinge in jeder Hinsicht näher stehe als der Lehrer der höheren
Schule. Aus der weiteren Behandlung des Volksschulwesens ver-
dient als charakteristisch für die französische Volksschule in
religiöser Hinsicht der Grundsatz hervorgehoben zu werden:
„L^ecole est d'une neutralite absolue entre les diverses
riligions*' (S. 33). Durch die Einrichtung regelmäßiger monat-
licher Mitteilungen seitens der Schule an die Ellern über die
Fortschritte, den Fleiß und das Verhalten der Schüler steht die
französische Volksschule in lebhafterer Beziehung mit der Familie
als bei uns in Preußen.
Ein geschichllicher Oberblick zeigt, wie die französische
Schule in den letzten Jahrzehnten sich bemüht hat, das ganze
Leben des Kindes zu umspannen: die zweijährigen Kleinen nimmt
bereits die ^cole malernelle auf und behält sie, bis sie mit
6 Jahren der Volksschule (ecole primaire) zugeführt werden.
Kinder zu weit von der Schule wohnender oder bei der Arbeit
tagsüber beschäftigter Eltern erhalten ihren Mitlagstisch in der
cantine scolaire; nach Schluß des Unterrichts finden sie in der
Schule selbst Überwachung bei Anfertigung ihrer häuslichen Auf-
gaben; am Sonntag werden sie in den classes de garde, in den
Ferien die gesunden in den classes de vacances, die schwächlichen
in den colonies scolaires de vacances in Aufsicht, bezw. Pflege,
genommen.
Parallel damit ging das Streben, die Familie für die Schule
zu interessieren, und mit allen Kräften strebt man die Vereini-
gung von Schule und Familie an (Punion de Tecole et de la
famille S. 47). Die Schwierigkeiten, die sich dem entgegenstellen,,
sowie die Mittel, ein gedeihliches Zusammenwirken beider herbei-
angox. yoD A. Lange. 373
iafuhren, werden dann ausführlich und mit großer Sachkunde
und Sorgfalt besprochen; unter anderen Mitteln empGehlt Crou2et
auch zur Belebung des Interesses der Eltern an der Schule
öffentliche Schulfeiern mit Vorträgen der Schüler (Deklamationen
oder Gesängen), etwa in der Art unserer Kaisersgeburtstagsfeiern;
charakteristisch ist dabei folgende Äußerung: „Tandis que chez
nons les Utes nationales sont Foccasion de vacances qui fönt
Tider Fecole, en Allemagne elles la fönt remplir, Tecole devenant
ce jour-lä le rendez-vous de la nation'* (S. 102).
Der zweite Teil, Dans L'Enseignement Secondaire,
behandelt das höhere Schulwesen in genau derselben Weise:
zuerst ein geschichtlicher Oberblick über die Entwicklung der
Beziehungen zwischen der höheren Schule und den Eltern ihrer
Schuler in Frankreich, sodann die Betrachtung der Schwierig-
keiten, die sich ihrem gedeihlichen Zusammenwirken entgegen-
stellen. Als die hauptsächlichste bezeichnet Crouzet die tradi-
tionelle klösterliche Abgeschlossenheit der Internate gegen die
Außenwelt, die auf selten der Professoren nicht selten eine Ab-
neigung gegen jeden Verkehr mit den Eltern zeitige (S. 145) oder
sie von der Cooperation de la famille et du lycee ein Oberwiegen
des Einflusses der Familie befürchten lasse. Die außerordentliche
Cberfüllung der Lyzeen hindere die Professoren, ihre Schüler
genauer kennen zu lernen: was für einen Zweck habe es, die
Eltern von Schülern, die man gar nicht kenne, zu empfangen?
(Das Lycee zu Marseille zählt z. B. 1800 Schüler!) „Les professeurs
de leur cöte constatent qu'au lieu des trente ou quarante elöves
qu'ils dirigeaient jadis et qu'ils pou?aient connattre individuelle-
ment, ils voient aujourd'hui rapidement deßler une ou deux
centaines d'el^ves, vagues ombres pour eux plutöt que pr^cises
realites** (S. 149). Das alte Professorengeschlecht freilich sei im
Aussterben begriffen: il y a un type de professeur qui disparalt,
celui du professeur ä Fair gourme, au ton sec, ä la parole saus
cesse mena^ante (S. 153).
Auch die zu große Zahl der Lehrer einer Klasse sei hinder-
lich, ebenso ihre zu bescheidene soziale und ii;esellschaftliche
Stellung: „ils ne sont pas du monde*' (S. 157).
Auf Seiten der Familien sei vor allem ihre außerordent-
liche qualitative Verschiedenheit ein Hindernis; im großen und
ganzen stehe die Familie keineswegs sympathisch dem Gymnasium
gegenüber: „Toutes les forces de I'egolsme et de Texclusivisme
familial s'unissent pour faire que la premiere et la plus naturelle
attitude de la famille en face du lycee soit moins sympalhique
qu'hostile*^ Das schlimmste Hindernis sei die blinde Elternliebe,
die nur das eine Ziel im Auge habe, ihren Sohn einen Preis er-
ringen zu lassen, die Kurzsichtigkeit der Eltern, die vor den
Ohren der Kinder das Verfahren der Lehrer kritisieren, auf diese
schelten oder ihren Söhnen die Schularbeiten zum großen Teil
3J4 ^' Croazet, .Maitres et Pareots,
selbst anfertigen und die Lehrer auf alle mögliche Art UuscheD
lielfen^ ja auch die Schuler in ihrem Kampfe gegen die Schul-
gesetze unterstützen. Die Familien entbehren selbst zu sehr der
pädagogischen Einsicht, um willige und nutzliche Mithelfer der
Schule sein zu können: „Ainsi tout nous conduit devant la m^me
difficulte: l'insuffisance de Teducation pedagogique des familles et
l'urgence de Tentreprendre'* (S. 182). „On peut presque dire que la
famille d'aujourd'hui fait dans Feducation de ses enfants une faillite
quotidienne" (S. 197).
Zusammenfassend urteilt er S. 299: „Quant k la famille,
«ans doute eile est le plus grand obstacle, inerte, indiflereDte^
parfois hostile, surtout plus ignoranle des condilions rationnelle«
de r^ducation humaine que de Celles d'un elevage quelconque'%
Unter den zahlreichen Mitteln, die Crouzel zur Förderung
des Zusammenwirkens der Familie und der höheren Schule vor-
schlägt, erwähnen wir folgende: durch die „carnets sanitaires'"^
soll jedes Lycee vierteljährlich den Eltern jedes Schülers genaue
Angaben des Anstaltsarztes über die Gesundheitsverhältnisse des
Schulers zugeben lassen (S. 200). Ein „dossier scolaire*' soll in
der Weise angelegt werden, daß für jeden Schuler vom Eintritt
in die Schule an ein besonderes Aktenstuck geführt wird, worauf
jeder Lehrer seine Beobachtungen und Bemerkungen über den
Schüler eintragen soll, um beim Übergang der Klasse an neue
Lehrer diesen die Kenntnis der Schüler zu erleichtern (S. 205).
Den Eltern jedes eintretenden Knaben soll ein „questionnaire'^
zur Ausfüllung vorgelegt werden „sur la sanle, le temperament,
le caract^re, les disposilions intellectuelles, les etudes anterieures,
les aptitudes et les points faibles de Teofant'' (S. 207). Die Be-
suche der Eltern bei den Lehrern zur Aussprache über ihre Söhne
sollen dadurch erleichtert werden, daß jeder Lehrer wöchentlich
eine Sprechstunde im Schulgebäude festsetzt (S. 222). Die Schule
soll den Eltern gedruckte Mitteilungen über die Art, wie die
Schüler am besten ihre häuj^liche Vorbereitung einzurichten haben,
zugehen lassen (S. 227 fi.) Auch soll den Eltern von Zeit zu Zeit
regelmäßig ein Mitteilungsheft (carnet de correspondance) über die
Leistungen und das Verhalten des Schülers vorgelegt werden, in
das die Eltern gleichfalls Mitteilungen an die Lehrer als Antwort
eintragen können (S. 231 ff.).
Crouzel wünscht ferner, daß in den Jahresberichten der ein-
zelnen Schulen deren Eigenart mehr berücksichtigt und den
Eltern genauere Aufschlüsse über die ganze Organisation der
Schule und Ratschläge, wie sie die Arbeit der Schule fördern
könnten, gegeben werden; daß in den Reden bei der Preis-
verteilung pädagogische Fragen zur Aufklärung der Eltern
behandelt werden; daß Monographieen über die einzelnen Lyzeen
den Eltern gratis zugestellt werden, ebenso eine für den Stand-
punkt der Eltern {)erechnete Darstellung über das Wesen der
• Bgez. von A. Lange. 375
höheren UnterrichUaostalten; daß die Schulfeste zur Anknöpfung
der Verbindung mit den Eltern und zur Belebung ihres Interesses
an der Schule nutzbar gemacht werden; daß die Internate sich
und die Schüler nicht so streng von der Außenwelt abschließen,
vor allem ihren Zöglingen öftere Gelegenheit zum Verkehr in
ihren Familien bieten sollen; daß die einzelnen Lyzeen periodische
VeröfiTentlichungen für die Eltern ihrer Zöglinge und für die ehe-
maligen Zöglinge herausgeben, die sich nicht nur auf die augen-
blicklichen, sondern auch auf die früheren Schüler erstrecken
sollen; daß die Lehrer nicht so oft versetzt werden, und daß
die Frage erwogen werde, ob es nicht besser sei, denselben
Lehrer seine Klasse mehrere Jahre hintereinander unterrichten zu
lassen, statt alljährlich mit den Lehrern zu wechseln.
Großes Interesse für die Fragen des höheren Unterrichts-
wesens zeigen die überall in Verbindung mit den Gymnasien be-
stehenden Associations d'anciens eleves des lycees et Colleges:
Crouzet verspricht sich daher viel davon, wenn die Lehrer der
höheren Schulen an ihren Zusammenkünften teilnehmen, um dazu
beizutragen, immer mehr Verständnis für pädagogische Fragen zu
verbreiten.
Mit Recht betont Crouzet S. 297, daß ein gedeihliches Zu-
sammenwirken von Schule und Haus nur auf dem Boden völliger
Freiheit sich entwickeln könne: „La Cooperation des maitres et
des parents est chose trops delicate pour n'^tre pas absolument
librc'*.
Trotz aller Schwierigkeiten erhofft Crouzet ein immer leben-
diger und stärker werdendes Zusammenwirken der Hauptfaktoren,
Schule und Haus, auf dem Gebiete der Erziehung. Er schließt
mit den V^orten : „Montesquieu remarquait dejä que nous recevons
trois edttcations differentes ou contraires: celle de nos peres, celle
de nos maitres, celle du monde. Ce qu'on nous dit dans la
derniere renverse toutes les idees des premieres. Le but de la
Cooperation entre maitres et parents est de faire que ces trois
educations, au lieu de se contredire, s'associent et se completent.
Cet ideal vaut bien les immenses efforts qu'il coütera'^
Auf diesem außerordentlich wichtigen Gebiete erweist sich
Crouzet als sachkundiger Führer und umsichtiger und feinsinniger
Beobachter. Daher bietet sein Buch bei aller Verschiedenheit
der französischen Schulverhältnisse von den deutschen doch auch
für den deutschen Schulmann so viel Interessantes und Anregen-
des, daß seine Lektüre jedem bestens empfohlen werden kann,
zumal da das Thema, das Zusammenwirken von Schule und Haus,
diesseit der Vogesen keine geringere Bedeutung hat als jenselt
derselben.
Solingen. Adolf Lange.
376 H. Wegeoer, Wir jangeo Mäo-ner!,
Haas Wegeoer, Wir jaogeD MäDoer! Üas sexaella Problem des
gebildeteo jvogeo Maooes vor der Bhe: Raiaheit, Kraft, Fraoen-
liebe. Dosaeldorf 1906, Karl Robert Laogewiesehe. 216 S. 8. 1,80^«
In einer Besprechung von Frank Wedekinds Kindertragödie
„Pnlhlings Erwachen'* las ich gestern frflh im Januarheft der
Preußischen Jahrbücher den Satz: „Zugleich soU die sittliche Un-
sicherheit der Lehrer und auch der häuslichen Erziehung getroflea
werden, die nicht den Mut und die innere Freiheit haben, den
jungen Menschen, die die innere Wandlung (vom Knabenalter zar
Geschlechtsreife) in sich erlebeni in freien offnen Worten vom
Natürlichen zu reden und dadurch die plötzlich und erschreckend
erwachenden neuen Gefühle zu ordnen und zu klären, sondern
den jungen Menschen sich selbst überlassen oder gar irreführen,
so daß selbst in gesunden Naturen schwere und verhängnisyolle
Krisen eintreten''. Und weiter wird aus dem Stücke erzählt:
Eine Mutter kehrt strahlend zurück aus dem Hause ihrer Yer>
heirateten Tochter, die eben glücklich eines gesunden Kindes
genesen ist; die jüngere Tochter, ein in Entwicklung zur Jung-
frau begriffenes Mädchen, dringt in die Mutter, ihr das Geheimnis
des Gebarens zu enthüllen; mit der Storchfabel sei es doch nichts.
Die Mutter will endlich den dringlichen Bitten des Mädchens
willfahren, sucht und ringt nach Worten, aber findet sie nicht;
„meine liebe Mutler hat es mir auch nicht gesagt''.
Aber warum hat es ihr denn „die liebe Mutter*' nicht
gesagt? warum nicht dem erwachsenden Jungen der Vater?
warum nicht der Lehrer? der Lehrer, der, wenn er seines Amtes
Würde recht versteht, nicht bloB Wissenstoff zu überliefern hat,
sondern dem als stolzeste Pflicht die Erziehung, die animorum cura
zusteht?
Ein Zweifaches, will mir scheinen, trägt die Schuld.
Zum ersten und vor allem: eine falsche Stellung zu den
Vorgängen des Geschlechtslebens überhaupt — Prüderie, die ihren
tiefsten Grund immer in innerer Unsittlichkeit, in sinnlicher
Lüsternheit hat. Man steht dem Sexuellen nicht frei und un-
befangen gegenüber, sondern hat dabei ein böses Gewissen. Das
liegt teils daran, daB viele, allzuviele sich in diesem Punkt tat-
sächlich nicht rein fühlen; weiter aber daran, daß wohl die meisten
auf illegalem Wege die ersten Kenntnisse auf diesem Gebiete
erlangt haben: ältere Kameraden, nicht immer gerade die besten,
haben sie in das Geheimnis eingeweiht, „woher die Kinder kommen".
Es war verbotene Frucht, die sie genossen haben; sie hatten
dabei ein schlechtes Gewissen, und so blieb von diesem Ursprung
her das Sexualleben dem Sündlichen in ihrer Vorstellung eng
benachbart
Zum andern: es fehlte auf diesem Gebiete fast völlig an
einer festen Tradition. Es mußten erst die Ausdrucksmittei
geschaffen werden, um von diesen Dingen reden zu können, so
angoz. voB F. Sättig. 377
reden zo können, wie es der Jugend gegenüber nach ihren ver-
schiedenen Altersstufen angemessen ist.
Ich sage: es fehlte. Denn seit mehreren Jahren ist man
dabei, den £ltern und Erziehern des genaueren die Art zu weisen,
wie sie davon — natürlich und schlicht — zu den Kindern
teden sollen. Ich erwähne neben der vorzuglichen und nicht
genug zu empfehlenden Foersterschen „Jugend lehre** die kleineren
Schriften von Nelle „Mutter und Kind** (Gießen, Töpelmann) sowie
Oker-Bloms „Beim Onkel Doktor auf dem Lande** (Wien und
Leipzig, A. Pichlers Witwe und Sohn); auch ich selbst habe in
einer Schulandacht für das von mir geleitete Internat „das sechste
Gebot** behandelt (Monatsschrift f. d. kirchl. Praxis. 5. Jahrgang
S. 16 ff.). Außerdem liegen mir zwei Bände der Puritas-
Bibliothek vor. die von dem Amerikaner Sylvanus Stall verfaßt,
TOD dem Berliner Stadtschulinspektor Dr. P. v. Gizycki übersetzt,
was ein Knabe, was ein junger Mann wissen muß, besprechen*
Diese Zeilen aber sollen dem Wegenerschen Buche *Wir jungen
Männer' gelten, — einem Buche, das alle, die berufen sind,
älteren Schulern in väterlicher Freundschaft Entwicklungsbeihilfe
ZQ leisten, mit viel Gewinn lesen und wiederlesen werden. Ich
darf das Buch empfehlen, da ich es auf seinen Wert hin geprüft
und bewährt gefunden habe.
„Wir wollen ohne Affektiertheit von einer ernsten Sache
reden. Wir wollen von Natürlichem natürlich reden. Wir
wollen nicht einen „Standpunkt einnehmen**, auf dem wir fest*
gehalten werden, sondern einen Weg beschreiten, auf dem wir
Torwarts kommen. Als verheirateter junger Mann, der erprobt
hat, was er sagt und fordert, will ich zu meinen unverheirateten
Kameraden sprechen**. — Diese Worte, mit denen das Buch an-
hebt, kennzeichnen den Ton und die Haltung der ganzen Schrift
Keine Moralpredigt! „Nichts liegt mir ferner als predigen zu
wollen; da ich es selbst nicht gut vertragen kann, wenn mich
jemand anpredigt, so verfahre ich nach dem Satze: Was du
nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu**
(S. 209).
Hans Wegener ist meines Wissens Geistlicher; seinem Buche
!nerkt man das nicht an, und darin sehe ich einen Vorzug. Er
^ill die Forderung der Reinheit nicht auf die Religion begründen.
Umgekehrt führt die rechte Straße: Nur der Reine findet Gott;
nur er begegnet dem, der gerufen hat: Heil denen, die reinen
Benens sind; denn sie werden Gott erleben (S. 214—216). —
Erst im Schlußwort kommt dem Verfasser das Wort *Gott* auf
die Lippen; als höchste Hübe — mit heiliger Scheu — zeigt er
den Weggenossen, die er so weit geführt hat und von denen er
nicht weiß, wann er ihnen wieder begegnen wird, den Lebendigen,
Ewigen. — Ich sehe darin, wie gesagt, einen Vorzug; denn ich
halte es für bedenklich, in pietistischer Enge nach Art des Bundes
378 ^- Wegener, Wir jaogeo Mänoor!,
vom weißen Kreuze bei erwachsenden jungen Leuten sittliche
Reinheit als im besonderen Sinne religiöse Forderung hin-
zustellen und sie etwa mit dem Dringen auf ein reges Gebets-
leben oder auf ein persönliches Verhältnis zu Jesus als dem
Heiland zu verquicken. Ich kann die Befürchtung nicht unter-
drücken, daß in diesem Falle bei Krisen im religiösen Leben
leicht mit der Religion auch die Sittlichkeit Schiffbruch leiden
wird, während in Wirklichkeit die innere Tüchtigkeit, die Reinheit,
der Rettungsanker sein soll, mit dessen Hilfe sich der Zweifelnde
wieder zu Gott zurückfindet.
An der Ehre — in des Wortes bestem Sinn — packt
Wegener die jungen Männer. „Unsere Ehre (aber) kann nur
darin bestehen, daß wir das werden, wozu die Keime und Kräfte
in uns liegen und wozu unsere Zeit uns mit lauten Stimmen
aufruft: eine lebendige, einheitliche, entwicklungsfrohe und starke
Persönlichkeit'' (S. 21). „Wahre Ehre ist der höhere Selbst-
erhaltungstrieb, das immer sich steigernde Erleben unser selbst,
unseres „Ich'', dessen Einheit, Klarheit und Kraft gewahrt werden muß,
koste es, was es wolle" (S. 23). Nichts aber scheint das Werden
des Charakters, die Geschlossenheit und Harmonie des Seins in
dem Maße zu zerstören und damit den jungen Mann am Wert-
vollsten, an der Ehre, anzufechten wie der Geschlechtstrieb. —
Aber es ist nur eine scheinbar feindliche Macht. In Wahr-
heit ist er höchstes Gut unsres Naturlebens und mit dem
Geistigen in uns untrennbar verknüpft: er ist es, der unsre
Muskeln schwellt und unsere Augen leuchten macht, unsern
Gefühlen Stärke und unsern Gedanken Schwung gibt; er ist
Werdewille und Schöpferkraft. „Wir wollen uns darüber nicht
täuschen, daß der Geschlechtstrieb der stärkste aller Triebe ist",
aber es ist unnatürlich, sein reiches, vielgestaltiges Triebleben
von diesem einen Triebe allein beherrschen und bestimmea
zu lassen; es gilt die natürliche Eingliederung des Geschlechts-
triebes in das Ganze unseres Charakters und Lebens (S. 28).
Die Angabe ist — die Ehrfurcht vor uns selbst, um einen
mir sehr wertvoll gewordenen Ausdruck Goethes zu gebrauchen,
gebietet es uns — , wie sein Leben überhaupt in seine Gewall
zu bringen, so im besondern den Geschlechtstrieb, ihn un&
Untertan zu machen, uns klar zu werden, daß wir mit den kost*
baren Säften, die berufen sind, einst neues Leben künftiger
Generation zu bauen, keine ekle Vergeudung oder frevles Spiel
treiben dürfen, sondern gerade im Hinblick auf diese hohe Aufgabemil
ihnen haushälterisch umgehen und sie für die rechte heilige Liebe
in der Ehe zu sparen verpflichtet sind.
Aber wie erfüllen wir diese Aufgabe? „Wir haben einen
Willen: es ist nicht nur meine Erfahrung, sondern die vieler,
daß ein tapferer, fröhlicher Wille im Bunde mit dem ernsten
Glauben an die Gewißheit des Erfolges unübersteigbar scheinende
• o^ez. voo F. Sattig. 379
Hindernisse überwunden hat". „Wenn der Wille zur rechten
Zeit and in natürlicher Richtung in Bewegung gesetzt wird, so
braucht ihm kein Hindernis in unserer Umgebung, keine erbliche
Last so schwer zu sein, daB er sie nicht überwinden könnte*^
(S. 49 f.).
Es kommt also nur darauf an, dem Willen in der rechten
Weise dadurch zu Hilfe zu kommen, daß man ihm wirklich er-
strebenswerte Ziele weist. Man verleihe durch ernste wichtige
Arbeit und edeln Genuß, der wirkliche Erholung und kein
leeres „Amüsement*^ ist, seinem Leben W^ert; „der Wille zur
Arbeit, deren Frucht uns Freude sein soll, ist ein Teil des
Willens zur Reinheit, auf dem unsre Ehre beruht'' (8. 124). Man
sinne darauf, durch vernünftige Lebensführung, durch mäßigen
Gebrauch von Alkohol und Nikotin oder, wenn nötig, durch zeit-
weilige oder dauernde Enthaltsamkeit, durch Abhärtung , und
geregelte I^ibesübung sich einen gesunden, dem Willen des
Geistes gehorsamen Leib zu bewahren oder zu schafTeu. „Es
darf sich nicht wie eine ewige Krankheit von einem Geschlecht
zum andern vererben: der Geist ist willig, aber das Fleisch ist
schwach. Wie der Geist, der Wille der Erziehung bedarf, wenn
er seine Meisterschaft über den Körper mit Sicherheit ausüben
soll, so muß auch der Leib in die rechte Verfassung gebracht
werden, damit er dem Geist gehorche. Der beste Reiter wird mit
einem wilden Präriepferde nichts anzufangen wissen'^ (S. 139).
„Der Reine ist der Stärkste'' (S. 181). Und dem Willen zur
Reinheit komme man weiter zu Hilfe durch den Gedanken an
das nächste Geschlecht. „Wir tragen die Leiber und Seelen
unserer Kinder in uns" und sind für sie verantwortlich. Man
komme ihm zu Hilfe durch den Gedanken an das Volksganze,
gegen das jeder, jeder einzelne ernste Pllichten hat; denn „nur
durch den einzelnen wird ein Volk" (Arndt).
Was mich bei dem Buche so sympathisch berührt, ist der
kräftige Appell an den Willen, der Glaube an seine siegreiche All-
macht; alles ist möglich dem, der da will. Nirgends ein Auf-
wühlen impotenter Affekte wie Schmerz und Reue, nirgends
niederdrückende Angstmacherei, sondern lebhafte Anregung von
Kraft- und Ehrgefühl. Dabei wird natürlich grundsätzlich jener
Geheimtuerei der Krieg erklärt, die gegen die Wirklichkeiten
des Lebens die Augen verschließt und Unschuld mit Unwissenheit
verwechselt. Diese Methode, die den Jungen möglichst lange in
„glücklicher" Bewußtlosigkeit über das Geschlechtsleben erhalten
zu können glaubt, dabei in Wahrheit aber nur den gemeinen
Einflüsterungen nichtsnutziger Kameraden die Bahn frei macht und
die jungen Seelen so ungewarnt der Vergiftung preisgibt, die im
Wichtigsten, dem Kernpunkt des sittlichen Lebens, die Zügel aus
der Hand gibt — lediglich mit dem Erfolge, daß unsaubre, zu
ihrer Handhabung allerungeschickteste Hände sie freventlich er-
380 6- A. Klix, Christliches Gesangbuch,
greifen, — dieser Methode, sage ich, sind Menschenopfer endlich
genug gefallen. Ich begrüße es mit herzlicher Freude, daß man
hier und da begonnen hat, die Abiturienten durch den Mund
erfahrener Ärzte vor den Folgen des Verkehrs mit Prostituierten,
den nie ganz heilbaren Geschlechtskrankheiten zu warnen. Es
muß darin noch mehr geschehen. Unser Buch kann und wird
dabei helfen. Einer meiner jungen Freunde, den ich nach dem
Eindruck, den die Wegenersche Schrift auf ihn gemacht habe«
fragte, schrieb mir: Wegeners „Wir jungen Manner" aus dem Ver*
läge Langewiesche habe ich schon gelesen und kenne es als eia
sehr segensreiches Buch. Meiner Ansicht nach könnte es in aliea
Bibliotheken von Sekunda an aufwärts angeschafft werden; denn
es ist besser, der Mensch liest ein offenes, ernstes Wort über
diese Fragen, als daß er heimlich in Lexikons nachschnüfTelt oder
allzu trübe Erfahrungen sammeln muß''. So urteilt ein sitt-
lich tüchtiger junger Mensch, der die Verhältnisse unter seinen
Kameraden kennt.
Für junge Männer hat Wegener geschrieben; auf sie will er
und wird er wirken. Dafür bürgt mir die Frische und JugendUcb-
keit seiner Sprache, die rückhaltslose Lebensbejahung, der bei
allem Ernste frohe Sinn. Aber ich meine, auch jeder Lehrer,
der trotz aller Schulunlustdünste noch unverbittert sich ein
jugendliches Herz bewahrt hat, wird das Buch mit heller Freude
lesen und viel daraus lernen. Vor allem eins: Wie man Jangen
zu behandeln hat — indem man sie nicht drückt, sondern sie
bebt, an das Gute in ihrem Herzen anknüpft und ihr Ehrgefühl
zu wecken sucht. Die Jungen sollen als wichtigsten Beweggrund
ihres Handelns den ergreifen, daß sie auf sich halten: Unwahr-
haftigkeit, Unkeuschheit, Willensschwäche geht wie Feigheit gegen
die Ehre! Pfui über den deutschen Jungen, der seine Pflichten
gegen sich und sein Vaterland, das auch auf ihn rechnet, verletzt
und sich ehrlos macht!
Goldberg i. Schi. Fritz Sattig.
G A. Klix, Christliches Gesao^buch für höhere Uoterrichts-
SDStalten. Zwölfte Aoflage, oea bearbeitet vod P. Mälieosiefeo.
Breslau, FerdioaDd Hirt. VII n. 184 S. 8. geb. 1,60.4^.
Klix, der s. Z. als Berliner Provinzial-Schulrat für das höhere
Schulwesen Berlins und der Provinz Brandenburg bekanntlich von
hervorragender Bedeutung gewesen ist, hat bereits im Jahre 1859
als Direktor in Glogau sein christliches Gesangbuch für höhere
Unterrichtsanstalten verfaßt und ein für den Schulgebrauch nach
meiner Ansicht sehr brauchbares Buch geschaffen. Wer eine
Schule leitet und sich auch die Pflege der gottesdienstlichen Seite
im Leben der Anstalt angelegen sein läßt, der weiß, daß die
Andachten und Feierlichkeiten gar zu leicht einen monotonen
Charakter erhalten, wenn immer wieder dieselben bekannten
aogex. von K. Boetticher. 3gl
Liederstrophen für den gemeinsamen Gesang ausgewählt werden,
meistens die, die auch sonst schon dem Schüler aus dem Religions*
Unterricht genau bekannt sind. Klix stellte nach bestimmten
Gesichtspunkten geordnet für alle nur möglichen Anlässe des
Schullebens ein reiches Liedermaterial zusammen und überhob
somit Direktor und Lehrer der Mühe des Suchens und der Ver-
legenheit, in die man gerät, wenn etwa nur die „80 Kirchen-
lieder^* in der Hand der Schüler sind. Zugleich bot er einen
zuverlässigen, auf die Quellen zurückgehenden Text und trat
hierdurch der Willkür der Textgestaltung in den verschiedenen
Gesangbüchern entgegen.
Wie ist es nun gekommen, daß ein solches Gesangbuch nicht
ohne weiteres die 80 Kirchenlieder oder andere ähnliche knappe
Sammlungen aus dem Felde geschlagen hat? Denn wenn das
Boch auch 11 Auflagen erlebt hat, so bedeutet dies doch für die
45 Jahre seiner Existenz zu wenig; nach dem Hornschen Ver-
zeichnis sind es auch nur 18 Anstalten, an denen es im Gebrauch
ist Mir scheint, es ist zu teuer. Und dies wird durch den Umfang
des Buches veranlaßt, der nicht etwa allein durch die größere
Anzahl der Lieder, sondern durch die Anhänge hervorgerufen
worden ist: 16 Seiten griechische und lateinische Hymnen,
21 Seiten Lutherscher Katechismus und confessio Augustana,
d Seiten Liturgie und Bibeikalender.
Hier hätte, wie ich meine, der Neubearbeiter beschneiden
können. Sollten denn wirklich an irgend einer der Anstalten, an
denen das Buch eingeführt ist, diese Anhänge nötig sein? Ein
Lehrbuch für den Religionsunterricht dürfte unter den gegen-
wärtigen Verhältnissen überall eingeführt sein; in diesen aber
ist der wesentliche Teil jener Anhänge enthalten, nämlich der
Luthersche Katechismus, die confessio Angustana und die Liturgie;
die Hymnen dürften entbehrlich sein, wenn man sie nicht im
Lehrbuch findet; selbst der Bibelkalender wird sich erübrigen,
da die bekannte Beigabe zur Agende für die Evangelische Landes-
kirche vom Jahre 1895 wohl an jeder Anstalt amtlich vorhanden
ist Läßt man dies alles weg, so würde sich der Preis wohl um
ein Drittel verringern, also fest gebunden etwa 1 M kosten, und
das ist bei unserem großen Schulbücheraufwand wesentlich.
Müllensiefen hat im übrigen der Neubearbeitung die schon
bei der Bearbeitung des Schulz-Klixschen Biblischen Lesebuches
bewährte Sorgfalt entgegengebracht. Er hat die Lieder gesichtet,
für eine größere Anzahl herausgewiesener Lieder hat er alle jene
schönen Lieder aufgenommen, die uns lieb und vertraut sind,
wie: „Es ist ein Reis entsprungen'', „Stille Nacht'', „Ich bete an
die Macht der Liebe", „So nimm denn meine Hände" u. a. Die
Texte hat er revidiert, indem er das Prinzip der Originalfassung,
wie der erste Herausgeber, festgehalten, aber doch hier und da
aus Gründen des Geschmackes sich leise Änderungen zu nutze
382 W. Capelle, Epiktet. HandbUchleio d. Moral, agz. v. A. Jodss,
gemacht hat, wie sie schon die Pro vinzial- Gesangbucher von
Brandenburg, Pommern und Rheinland -Westfalen vorgenommen
haben.
Ich stimme Mfillensiefen vollständig zu, wenn er darüber
klagt, daß jede einzelne Landeskirche Deutschlands und in Preußen
gar jede einzelne Provinz nicht nur ihr eigenes Gesangbuch hat,
sondern auch die gleichen Lieder oft in erheblicher Textabweichung
dem evangelischen Volke bietet, und wenn er daher die Forde-
rung erhebt, es möge wie dem deutschen Reichsheer, so
auch den deutsch-evangelischen Schulen ein einheit-
liches Gesangbuch gegeben werden. Ich wurde mich
freuen, wenn das aus praktisch-christlichem Schulgeist hervor-
gegangene Gesangbuch von allen höheren Lehranstalten bei den
gemeinsamen Scbulandachten in Gebrauch genommen würde.
Waidenburg i. Schles. Karl Boetticher.
Wilhelm Capelle, £piktet. Haadbiichleio der Moral. Mit Anhang
aasgewäniter Fragmente verlorener Diatriben. Jena 1806, fingen
Diederichs. XXXIl u. 76 S. 8. 2 JC, geb. 3,50 JC.
In Deutschland ist die Kenntnis Epiktets, besonders seiner
Diatriben, auf einen engen Kreis von Lesern beschränkt geblieben.
In Frankreich dagegen ist Epiktet, wie Seneca und Mark Aurel,
bei allen Gebildeten viel gelesen und gar wohl bekannt. Schon
Pascal hat ihn hochgeschätzt. Es wird Zeit, daß das auch in
Deutschland ähnlich wird; nicht nur bei den Gebildeten, sondern
im „Volke'* selbst muß er bekannt werden. Gerade im Gegen-
satz zu den irreführenden Bestrebungen unserer Tage, im Gegen-
satz zu dem falschen Idealismus einseitig ästhetischen Lebens-
genusses oder gar einer ästhetischen Religion kann er ein Führer
mit werden zu starker, gesunder Sittlichkeit, Er kann helfen,
uns Charaktere zu bilden, die die wahre Freiheit erringen, sitt-
liche Persönlichkeiten, die uns gerade heute bitter not tun. Nur
darf man sich nicht darauf beschränken, seine Diatriben und
sein Encheiridion wieder und wieder zu lesen, sondern man muß
ernsthaft den Versuch machen, danach zu leben. Das geht nicht
an einem Tage, nur in langjähriger, geistiger „Askesis'' kann es
gelingen, dem sittlichen Ideal immer näher zu kommen. — So
der Verf. in der Vorrede. — Ich kann nur versichern, daß Verf.
alles getan, um das Buch den Lesern so empfehlenswert wie
möglich zu machen. Die Übersetzung ist in dem besten Deutsch
abgefaßt, sie liest sich wie eine moderne Schrift. Seinem Zwecke
gemäß hat Verf. für eine vorzügliche Ausstattung gesorgt. Zu
einer ruhigen, sinnenden Aufnahme des Gebotenen trägt im be-
sonderen die höchst angenehm berührende Üppigkeit in der Son-
derung des Stoffes bei. Jede einzelne Betrachtung, gleich ob lang
oder kurz, hat ihre eigene Seite. Diese äußere Form zwingt den
Leser, das Buch von vornherein in richtiger Weise zu betrachten
A. Schmied er, Natur nad Sprache, enget, von 0. Weise. 383
und zu benutzen — als sittliches Erbauungsbuch, in dem jeder
Teil gleichwertig ist mit dem andern; ist es doch kein Buch,
dessen Gedanken hintereinander aufgenommen werden mQssen;
der Leser soll herausgreifen, was seiner Stimmung im Äugen-
blicke zusagt, was ihn heute erhebt, was ihn ein andermal tröstet,
was ihn lehrt die Weit und die Mitmenschen richtig zu beurteilen
und sich selbst zu erkennen und zu fördern.
Verf. hat der Ohersetzung eine treffliche Einleitung vorauf-
geschickt, in der er uns im großen und ganzen ein Sittenbild
des ersten Jahrhunderts der römischen Kaiserzeit gibt. Weiter
schildert er das Treiben der Philosophen, die sich mit ihrer
populären Predigt an die breiten Massen des Volks auf der Straße
und auf dem Markt, beim Werktagstreiben wie bei Festversamm-
lungeo wenden. Freilich sind unter ihnen auch unlautere Ele-
mente, wie sie besonders Lukian entlarvt hat, aber es gibt doch
auch wirkliche Charaktere, die vom reinsten Streben beseelt die
sittliche^ Besserung ihrer Mitmenschen zu ihrem Berufe erwählt
haben. Zu diesen rechnet auch Epiktet. Diese Männer haben
den Weg gebahnt, den die christlichen Prediger der ersten Jahr-
hunderte und von da bis ins Mittelalter hinein gegangen sind.
An diese historischen Mitteilungen knöpft Verf. eine Schilderung
des Kynismus und der Stoa, der beiden philosophischen Richtungen
jener Zeit, denen es allein auf den Frieden des inneren Menschen
ankam. In ihnen liegen die Hauptwurzeln der Lebensanscbauungen
Epiktets. Er schließt die Einleitung mit einer Charakteristik
Epiktets und seiner Gedankenwelt. — Epiktet selbst hat nichts
geschrieben — bei seinen Anschauungen höchst erklärlich. Sein
Schüler Arrian, der Geschichtschreiber Alexanders des Großen,
hat die Ausspruche und Erörterungen seines Meisters zu eigenem
Gebrauch aufgezeichnet. Doch nur ein Teil davon ist uns er-
halten. Daraus bietet uns der Verf. das „Handbuchlein*' und einen
Anhang „Aus verlorenen Diatriben*'.
Es will mir scheinen, als ob sich das saubere Buch so recht
zum Geschenke eignet, besonders für gebildete Frauen.
Stettin. Anton Jonas.
1) A. Sehmieder, Katar and Sprache, eine Sprachlehre fdr Denk-
frennde io Sehnle aod Haas, Leipzigs 1906^ Voigtl'aoder. 131 S. 2 JC-
Scbmieders Buch beabsichtigt die Sprachlehre einheitlich auf
j>sychoIogischer Grundlage zu gestalten. Es gliedert sich in drei
Hanptteile, die von dem Dinge (Ding, Merkmal, Satz), von
mehreren Dingen (Zahl, Raum, Zusammenhang) und von den
Satzgruppen handeln. Dabei werden eigenartige Kunstausdrucke
gebraucht wie Merkmals Wörter för Eigenschafts-, Geschlechts-,
Zeit- und Umstandswörter, ferner Hauptwörter für Abstrakta im
Gegensatz zu Dingwörtern (Konkreta) u. a. Die Darstellung, die
ziemlich elementar gehalten ist, wird meist in Form von Frage
384 0. Aothes, Die Re^elmühla, ang^ez. von O.Weise.
und Antwort gegeben ; sie bietet vielfach Selbstverständlicbes und
erscheint daher nicht selten breit. Doch kann man im ganzen
mit den Auseinandersetzungen einverstanden sein. Zu tadeln ist
der häufige Gebrauch entbehrlicher Fremdwörter wie S. 13 kon-
stant, variabel, relativ, naiv, Individuum, S. 15 summarisch, Skala
usw. Manches geht über die Bedürfnisse der Schulkinder hinaus
und ist wohl für andere „Denkfreunde'' bestimmt; mehrfach finden
sich (Jngenauigkeiten, z. B. S. 114, wo die Entstehung der Satz-
unterordnung an Beispielen erläutert wird wie: „er ist gesunder
geworden seitdem; er Ruhe hat'S, Ursprunglich hieß es doch im
2. Satze: „er hat Ruhe''; die Änderung der Wortfolge ist ein
Vorgang, der erklärt werden mußte. Öfter wird auch Unrichtiges
geboten, so S. 14, wo es heißt, die alten Sprachen hätten kein
Geschlechtswort gekannt (vergl. das Griechische!), S. 23, wo
das weibliche Geschlecht von Q%ielle durch die Personifikation
erklärt und durch den Hinweis auf die Nixen gestützt wird, „die
in der Quelle hausen sollen" (wie steht es dann mit „der Quell*'
und „der Nix"?), und S, 66, wo behauptet wird, die Dativendung
-en der ohne Substantiv gebrauchten Grundzahl (z. B. mit Vieren
fahren) sei wohl entstanden wegen der Härte im Tonfalle (aber
wenn „mit vier fahren" zu hart klang wegen des Tonfalles, dann
dürfte es auch nicht heißen „mit vier Pferden", wo derselbe Ton-
fall vorliegt).
2) 0. Aothes, Die Re^elmühle. Von der dentsche^ Sprachlehre. Leipzig
1906, Voigtläader. 65 S. 0,80 ^fC.
VVie der Verf. in seiner Schrift „Der papierne Drache" die
Behandlung des Aufsatzes naturgemäßer und einfacher zu ge-
stalten sucht, so in der vorliegenden den grammatischen Unter-
richt. Er ist ein Feind alles Regelzwangs, aller Systematik und
glaubt, daß man mit dem Besitz von Begeln, mit dei* Einsicht
in den Bau der Sprache, mit der Erkenntnis ihrer Gesetzmäßig-
keit weder die Denkfähigkeit fördere noch die Sprachrichtigkeit
sichere noch die Erlernung fremder Sprachen erleichtere oder den
Bildungszustand des Zöglings hebe. Wie er sich den Betrieb des
Sprachunterrichts denkt, ergibt sich.z. B. aus S. 40, wo es heißt:
„Wenn wir so die interessante Erscheinung des Genetivschwanzes
(d, h. der Endung -es bei „des Hundes") konstatiert hätten, wurde
es nicht weiter heißen: Nun bilde den Genetiv von das Pferd,
von der Esel, sondern wir wurden im Verlauf eines Gesprächs
eine Reihe von anderen Genetiven heraufholen und die Wieder-
kehr desselben Phänomens feststellen. Vielleicht treibt uns der
Hund zufallig bei dieser Gelegenheit einen Hasen auf, und wir
wurden mit Erstaunen bemerken, daß er einen andern Genetiv-
schwanz hat, den er zum Gberfluß auch noch durch alle Phasen
seiner sprachlichen Entwickelung hindurch behält. Er jagt aucb
Yielieicht eine Lerche aus ihrer Furche, und wie wir näher zu-
F. Stirmer, Die EtyoioUgie LSprachaot^rr., ag«.v. O.Weise. 385'
seheo, bat die Lerciie gar keinen GeoeUTscirwanB, sie kommt
okiie das aus u. s. f. Kurs, wir sebwelgen in iht Fülle der
MaonigfaitigkeJteD, wir sehw«lfea dnrch die freie Weile des Lebens,
stau ans an den öden, geraden, statAigen Regelpfad zu batlen^^
JVtin, einmal ist diese Hetbede gerade fOr den deutschen Unterr-
riebt schon öfter empfohlen wordetf, und sedann bedarf doch die
Fülle der Mannig<igkeiten, wenn sie verstanden werden und nicht
rerwimn soll, der ordnenden Regel, die schlieSlich gewonnen*
werden mufi. Zu loben ist an der Schrift der Arische' Zug, der hin-^
dnrcbgeht, der Rumor, mit dem sie darcbtrSnkt, und der ffössige Stil,
in dem sie geschrieben ist. Irrige Behauptung^ wie die auf
S. 50 Yorgetragenen, daß Reh eine Umdrehung von Bir^sch.) oder
Ziege eine Umstellung von Geiß sei'), finden sich selten.
3) Franz Stürmer, Die Etymolosie im Sprachonterrielit der
ItSheren Schale. Halle 1906, Buchhandlaog des Waisenbaases. 66 S.
IJC.
Daß durch die AnboOpfung eines neuen Wortes an bereits
bekannte und durch dessen Einreihung in eine bestimmte Stelle
des früher gelernten Wortschatzes das GedSchtnis unterstötzt und
das Verständnis gefordert wird, ist längst bekannt. Doch fehlt
es an Lehrbüchern, die nach diesem Gesichtspunkte bearbeitet
waren. Daher ist es ganz verdienstvoll von St., daß er uns zeigt,
wie ein Obungsbucb, ein Vokabular und ein Wörterbuch für die
Lektüre der klassischen Schrinsteller am besten eingerichtet
werden können. Er beschränkt sich dabei nicht auf die Wort-
stimme, sondern zieht auch die Ableitungssilben mit heran. Nur
geht er in mancher Hinsicht zu weit. So scheut er sich nicht,
seltene W&rter und Wortformen, die den meisten- Schülern nie
zo Gesicht kommen, aufzunehmen wie S. 27 äfjb^ißXficvQov
Fisehemetz, xo^&qov Besen, xonavov Hörserkeule, ^oTttgov
Seoie, Turklopfer oder S. 3 t evax^F^^^^V^ &»%fiikoavviiy ^QXV^
ßoüvv^^ so begnügt er sich S. 33 ff. nicbt mit den wichtigsten
Lautgesetzen, sondern zieht auch solche mit heran, die nur zu-
weilen und bei wenigen Wortstämmen in Kraft treten, und bringt
4lnrch die Vielbeit der Lautfibergänge Unsicherheit in die Köpfe
der Schüler, z. B. konnte er ruhig weglassen die Vertretung von
laL g und v durch griech. ß, von f durch x ^^^ ^^ ^on b, d
und f durchs, von c und q durch tt, ebenso Zusammenstellungen
wie Itmgut: dok^xog, faeere: ^s {Tid'iyai)^ fauces: x^^^^ de- f endo:
^*Cy«, fere: d-QOPo^, figura: ntxog, fundo: x^«, furca: x^Q^^^y
während man sich darüber wundert, daß S. 46 ff. bei den „Zu-
sammenstelinngen französischer und lateinischer Wörter zur Ab-
leitung von Lautregeln^' nicht hingewiesen wird auf den be-
^) Reh setzt eine g^ermaniscke Graadforo raffM" voraos, Hirseh (ahd.
Mru%) eise Graadforn herumt (vgl. lat. cervfif); Geifi (= Ist Aoee/««) heifit
m Got. gaiit, Zie^b im Ahd. si^, Bine Umstellaog kaon oor der «Boebmeo,
far dea die Vekale aMti^ oad die KoasooSirten sehr wenig bedeateo.
2«ltt«kf. r d. Oymnmimiwmn. LXL S. 25
386 K. Vorländer, Kant-Sehiller-Goethe, . .
kannten Ausfall von g, d, t zwischen zwei Vokalen z. B. in lieri.
ligare, lauer: hudare, armie: armata. Wenn der Verf. meine.
Abhandlung über die „Etymologie im Dienste des lateinischen
Untericbts'' (in dieser Zeitschr. 1893 S. 385—397) gekannt
hätte, so wurde er noch andern Stoff herangezogen und auch
Wörter wie nihil = ne hilum nicht ein Fäschen erklärt uod
syntaktische Konstruktionen etymologisch begründet haben, z. B^
decet me es ziert mich (vgl. decus^ Zierde), dignus dliqua re =-
äec-nm dliqua re durch etwas geziert usw. Doch ist das Ge-
botene fast durchweg zuverlässig; daher kann die Schrift dea
Fachgenossen zur Anregung empfohlen werden.
Eisenberg, S.-A« 0. Weise.
Karl Vorländar, Kaot-Schiller-Goetha. Gasammelte Aufaätze.
Laipzig 1907, Darr'seha BaehhaDdloos. XIV o. 294 S. S. 5 JC,
geb. 6 J^,
Der Einfluß, den Kants Philosophie auf Schiller und auf
Goethe ausübte, darf ein allgemeines Interesse von seiten der
Gebildeten, besonders aber von seiten derer erwarten, die sich mit
unseren Klassikern intimer beschäftigen und das Resultat ihres
Studiums der deutschen Jugend übermitteln. Denn die Tatsache^
daß der alte Königsberger Rationalist, der Mann, der für die
Poesie unserer Klassiker auch nicht das mindeste Verständnis
hatte, einen Geist wie Schiller völlig unter seinen Bann zwingen
konnte und selbst Goethe bewundernde Zustimmung abnötigte i
diese Tatsache ist so merkwürdig und für das Wesen der beiden
Weimarer so kennzeichnend, daß sie von niemand vernachlässigt
werden kann, der sich mit Goethe und Schiller beschäftigt^
geschweige denn von denen, die als Lehrer über Goethe und
Schiller sprechen.
Karl Vorländer ist in der Frage nach dem Verhältnisse
Goethes zu Kant die erste, in seiner Weise sogar die einzige
wissenschaftliche Autorität; und er gehört in der Frage nach der
Abhängigkeit Schillers von Kant zu den tüchtigsten und gründ-
lichsten Forschern. Sein neues Buch, in dem sich frühere
Arbeiten zu einem Ganzen vereinigen, wird daher mit Freuden
von allen denen angenommen werden, die in dem Thema i
Kant-Schiller-Goethe das wissenschaftliche Problem zu würdigen
wissen. Es wird zum mindesten auf einen Platz in jeder Gym-
nasialbibriothek Anspruch erheben dürfen; denn Vorländer ist der
erste und der einzige, der das gesammte Quellenmaterial zu der
Frage nach der Stellung Goethes zu Kant ans Ucht gefördert hat»
Sein Werk enthält zwei Teile, deren einer das Verhältnis
Schillers zu Kant, deren anderer das durch Schiller beeinflußte
Verhältnis Goethes zu Kant behandelt.
Schillers Verhältnis zu Kant ist durchaus ein Abhängigkeits-
verhältnis. Das erscheint Vorländex, der überzeugter Kantianer,
• ii|^«z. von G. Jacob y. 387
Ulf erfreulich. Es mag anderen weniger erfrealich erscheinen. Die
Uotersachungen des Verfassers beweisen aufs neue, wie wenig
originell in Wahrheit die Schillersche Philosophie ist. Es läßt
sich eben bei aller Verehrung für Schillers dichterische Größe
nidit leugnen, daß das meiste Ton dem, was er außerhalb der
Dichtung geschaffen hat, dilettantisch und nicht groß ist. Das
gilt für die Produkte seiner philosophischen Tätigkeit genau
ebenso, wie es für die Produkte seiner historischen, seiner schrift-
stellerischen und seiner Obersetser-Tätigkeit gilt. Die in dem
neuen Buche Tereinigten Arbeiten Vorländers und zumal die
geistvolle und sehr lesenswerte Abhandlung über ethischen
Rigorismus und sittliche Schönheit bei Schiller und Kant können
diese Tatsache — trotz der Schiller freundlichen Absicht des
Yerfassers — nur bestätigen. Schillers philosophische Aufsätze
sind aus dem Versuch einer Nachahmung Kantischen Denkens
entstanden. Sie heften sich an diese oder jene Äußerung des
großen Philosophen, spinnen diese dann in breiterer und stili-
stisch geglätteter Sprache aus und führen zu Konsequenzen hin-
über, die dem Schillerschen Tugendidealismus gemäß sind, ohne eine
nennenswerte Entfernung von Kantischen Doktrinen zu riskieren.
Ganz anders und weit schwieriger gestaltet sich die Frage
nach dem Verhältnisse Goethes zu Kant« Es unterliegt keinem
Zweifel, daß sich Goethe zumal in der Zeit seiner Freundschaft
mh SchiUer und in der Zeit nach 1817 von Kant beeinflußt
geglaubt bat. Soviel ich sehen kann, klammert sich dieser Glaube
Goethes, soweit er überhaupt auf Wahrheit gegründet ist, an ein
einzelnes Lehrstück der kritischen Philosophie. Es ist die in der
Kritik der teleologischen Urteilskraft behandelte Frage nach der
Zwecknoaßigkeit der Natur. Goethe fand hier in der Form einer
Methodenlehre das wissenschaftliche Forschungsprinzip wieder,
das er in der Praxis seiner eigenen naturwissenschaftlichen Unter-
sacbungen angewandt hatte. Der Gedanke, daß die Idee der
Natnrzweckmäßigkeit nur eine regulative Maxime sei, die den
Versuch einer rein kausal bedingten Entwicklungslehre nicht
hindern dürfe, dieser Gedanke war Goethe durchaus sympathisch
und zeigte ihm sein eignes Tun und Lassen in einem neuen,
methodisch klärenden Lichte. Im übrigen glaube ich nicht, daß
von einem wirklich innern Verhältnis Goethes zu Kant im Ernste
gesprochen werden kann. Goethe hat in die Begeisterung der
Weimarer und Jenenser Kantscbwärmer vielfach miteingestimmt*
Er hat aber die eigentlich grundlegenden Werke Kants nur sehr
oberflächlich bzw. gar nicht gekannt. Charakteristisch genug
dafür ist, daß er als Kantisch des öfteren Meinungen anführt, die
weit mehr poetisch als, Kantisch sind. (Ober das Verhältnis
Goethes zur Kantiscben Ästhetik habe ich mich in meinem Buche«
über „Herders und Kants Ästhetik" Leipzig 1907 S. 62 ff. aus^
gesprodien.)
25*
868 A< Klotz, QQacisti«««s Pliniant« fr^og^raphieae,
Kavl Vorilnder tiat sieb das wichtige und überaus dankens*
werte YerdieDst erworben, uns zum ersten Male eine wirklich
veüständi^ und queUenmäßig treue Darstellung der Besieliun-
gen zwischen Kant, Schüler und Goethe zu liefern. Dieses Ver-
dienst darf nicht etwa deshalb verkleinert werden, weil dem Vei^
fasser mehrfach Einseitigkeiten in der Wertschätzung jener Be-
ziehungen begegnen. Sein Buch ist eines der besten unter den
Tielen ausgezeichneten Werken, die die Geschichte der Philosophie
und der Literatur der Arbeit deutscher Oberlehrerkreise verdankt.
£s wird durch seine ganze Anlage fär lange Zeit, wenn nicht tiir
immer den Anspruch erheben dürfen, als das grundlegende
Werk über das Thema: Kant-Schiller-Goethe zu Rate gezogen
zu werden.
Ich bemerke noch, daß die gediegene und vornehme Aus*
stattung dee Buches den höchsten Anforderungen der Bäcberlieb-
haber gerecht werden dürfte.
Vanves bei Paris. Günther Jacoby.
Alfred Klotz, Qaaestiooes Pliaianae geo^raphicae. Heft 11
der Qaellea and Forschnnsen zor alten Geschichte und Geof^raphie.
Herausges^'^^B ^^^ W< Sieglin. Berlin 1906; Weidmannsche Bach-
handloss. 228 S. gr. 8. 7 JC.
IHe Untersuchungen, die der etwas allgemein gehaltene Titel
in Aussicht stellt, beziehen sich auf die Quellen, die PUnius in
demjenigen Teil seiner Naturalis Historia zu Rate gezogen hat, in
denen die Geographie von Europa, Afirika und Asien behandelt
wird, also in den Büchern lil— VI. Die Quelienuntersuchung
bietet bei Plinius manche Schwierigkeit^, weil der außerordent-
lich bdesene, fleißig exzerpierende Autor wohl eine sehr große
Menge von Quellenschriflstellern namhaft macht, aber einmal
nach Art d«r Alten über deren Benutzung keine Rechenscbafl
gibt, anderseits oft mehrere Quellen nebeneinander anführt, an
andern Stellen wieder sie verschweigt. Diese Schwierigkeiten haben
gerade in den letzten Jahrzehnten eine große Zahl von Gdehrten
angelockt, sich nach dieser Seite der Erforschung des infaalt-
reichen Werkes des Plinius zuzuwenden (vgl. W. Kroll, Die
Altertumswissenschaft im letzten Vierteljahrhundert 1905 S. 47f.).
In der Sammluug „Quellen und Forschungen^S der das vorliegende
Werk angehört, sind erst vor nicht langer Zeit die geographischen
Bücher der Naturalis Historia mit vollstäadigem kritischen Apparat
von Detlefsen herausgegeben, womit auch für Klotz' Untersuchung
die sichere Grundlage gegeben war (während er die inzwischen
erschienene Mayboffscbe Ausgabe der Bücher I — VI nicht mehr
hat benutzen können). Derselbe Detlefsen hat in seiner „Be-
schreibung Italiens in d«r N. H. des PI. und ihre Quellen" (1900)
eine besondere Untersuchung in der angegebenen Richtong
gebracht. Noch auf eine Reihe anderer Vorarbeiten konnte dar
»B^es. v^a 0. W«ekcr««BB. B89
VerfjMer der Qoaest PI», sich bezMten: auf Soh wader „Beitrige
lor Eriük der Cborograpbie des A«g«etue'' 18S3, auf G. Oahmiahan
..PlinfaDitcbe Studiati'' 1880, 0. CttliU nAgripqjM uod Auguatua
als Qaettetisdbriftaleiter des PI. in den geograpkiacbaD Mchern'*
1890, C Fiaeber „ünterauobuiigeii auf dem Gebiete der aUea
Lieder- und YMkerkunde'' 1893, F. Mtaiar „Bekrdge lur Quelhsm-
kritik der Naiurgeach. dea PI/' 1897. Verf. hat allen etwas xm
danken, stinmit jedem in dieser oder jener Einselfrage lu, hat
aber noch hinfiger Yeraiiiaasang, ihnen an widersprechen und sia
lu widerlagea, und mit mancham, wie %, B. mit Schweder, satal
er lieb gar oftmals auaeiaander. Und wia die genannten, so hat
VerL aodi alle anderen aeki Thema berMrenden UnteranebungeD»
in ZdtschrifteB, ahademisohen oder anderen Gelegenbeitascbriften,
ait anSererdentUcber Umsteht auijgesncbt und herangezogen;
doch aaichnet sich, waa gleich von vornherein betont werden
nag, seine eigene Arbeit dnrcb vMiga Selbständigkeit des Ur-
tefli aas.
lo dem ersten Bache der N. H., das die Indioas dar
vkhgpa 36 Böeber entb&k, hat bekannllich PI. selbst die fftr
jaies Bnch in Betracht kommenden QvellenacbnftataUer angegeben;
es sind nbcr 450, darunter 146 römiacbe. Daß diese Yer-*
iiichniMe micbt sowdil die von ihm wirklich benntztan Quallea
angeben als vielmehr die flr einen bestimmlen Abschnitt in Betracht
iwnimide Literatnr nberbaupt, hat man Ungst erkannt Aber
fc wirklich von PI. aoagewäblten Schriftsteller, die exquiaiti auctores,
*ie er selbst in seiner Vorrede ssgt« ans denen er seine Notizen
gesammelt mnd seiae reicbe Wissenschaft geaeh6pft hat, heraus-
nfioden ist seweht fAr die Beurteilung der ZuverUssigkeit seiner
MiReiloDgen wie fnr die Erkenntnis seiner ganzen Arbeitsart voft
eatsdiehfonder Bedeutiuig. So hat Verf. sich die Aufgabe gestellt,
überall, wo es erreichbar erscheint, den benutzten Quellen oach^
tstpweny mögen sie nun von PI. im Texte angegeben sein oder
licht, mibgen sie von vornherein sich erkennen laasen oder erst
bei emdriDgeBdem Untersnehen sieh ergeben. Bei keinem der
eben genannten Vorarbeiter dea Verf. oder wo sonst gelegentlich
eiaschägige Untersucbnngen angestellt sind, hat die Frage nacb
^ Qn^ko des PI. eine auf alle Teile der 4 Bucher gleichmäßig
deb eratreckdide und zugleich erschöpfende Behandlang erfahren.
Diese Ai^it unternommen au haben ist das Verdienst des Verf.,
venn er aicii auch bewnßt ist, nicht an allen Stellen volles Licht
gtbiacht zu haben. Wenn er ao, ohne Rikksicht auf die Indices»
to im Verlairfe der Plinianischen Darstellung zum Vorschein
kimmenden Quellen nachgebt, se stellt sich nicht selten heraus, daß
H. mehrere Qnellen miteinander verquickt hat, mitunter aucb
M er aie verschweigt Dnrch ersterea Verfahren erklären sich
•anche Widersprüche, manche Wiederholungen in der N. H.
Van zwei Seiten greift Verf. seine Aufgabe an. Denn sein
390 A. Klots, Quaestionas Pliniante geographicaa,
Buch ist 80 angelegt, daß er in einem ersten Kapitel
(S. 4 — 101) die auctores nacheinander einzeln aufsucht, erst die
lateinischen, dann die griechischen, und an jeder Stelle bespricht,
und dann im zweiten Kapitel (S. 102 — 207) die Länder —
Europa, Afrika, Asien — Stock för Stück behandelt und für
jede einzelne Partie dem Gewährsmann des PL auf diesem Wege
nachgeht.
Da PI. von vornherein sich häufig auf Varro bezieht, so
werden die Stellen, in denen er sich ausdrücklich auf ihn stützt,
zuerst besprochen, andere, bei denen die Herkunft zweifelhaft
sein könnte, ihm als Eigentum zugewiesen. Konnte doch Varro
als eindringender und sorgfältiger Beobachter dem PI. als besonders
zuverlässig gelten, hatte er doch einen großen Teil der örtlich-
keiten an der Südküste Kleinasiens und in anderen Gegenden als
Legat des Pompejus mit eigenen Augen gesehen. Zweifellos
hat PI. die Antiquitates rerum humanarum et divinarum des Varro
(1. XI de Italia, XII de reliqua Europa, XIII de Africa et Asia)
in Händen gehabt, aber auch andere Varronische Schriften aus-
gebeutet. Nicht minder häufig werden Agrippa und Augustus
als Quelle des PI. genannt, der die Chorographie wie die Erdkarte
fleißig benutzte; auf sie gehen auch meist die Entfernungs-
messungen zurück, die Verf. oft sorgfältig nachrechnet und mit
anderen Ober lieferungen vergleicht Wie PL seine Quellen za-
weilen verwertet, läßt sich u. a. bei der Benutzung des Cornelius
Nepos erkennen, der zehnmal genannt wird; bei der Unter-
suchung dieser Stellen kommt Verf. zu dem Schluß, daß PI. den
Nepos anfangs durch fremde Vermittlung, im weiteren Verlaufe
Seiner Arbeit aber direkt benutzt hat. Ähnliches ergibt sich bei
der Benutzung einiger griechischen Quelienschriftsteller. Aus
solcher Arbeitsart erklären sich einige Widerspräche bei PI. selbst.
Den Eratosthenes kennt PI. teils aus Varro, teils aus Isidor, nicht
direkt, auch bei anderen Griechen kann er sich nur auf Varros
Mitteilungen gestützt haben ; den Artemidor kennt er ebenfalls nur
aus Isidor, auch Polybius kann er kaum unmittelbar eingesehen
haben. Juba dagegen hat er in Händen gehabt, wie er denn
diesen als Gewährsmann besonders hochachtete. Wenn uns aber
auch noch jetzt eine ganze Anzahl der von PI. angeführten
griechischen Quellen vüllig im dunkeln bleiben, so läßt sich doch
so viel feststellen, daß er die meisten von ihnen aus isidor und
Juba kennt. Oft wird auch Hucianus, der Parteigänger
Vespasians, von PI. genannt, und vielleicht verdankt er diesem
unkritischen Reisebeschreiber auch eine und die andere unglaub-
würdige Angabe. Wenn bei dem Namen dieses Gewährsmannes
einmal hinzugefugt wird ter consul, ein andermal altero consulatu,
so läßt sich daraus ein Schluß ziehen über die Zeit der Abfassung
der betreffenden Stellen; Mucianus hat sein geographisches Werk
jedenfalls nach dem Jahre 73 herausgegeben. — Aus den Gegen-
•Bgez. T«n 0. Wackermaoa. 391
«tänden, bei denen einzelne QuellenschriflsteUer erwähnt werden,
schließt Verf. aach hier nnd da auf die Art ihrer literarischen
Tätigkeit; danach mnß der nur aus einigen Stellen hei PI. dem
Nameo nach bekannte Sebosus eine Schrift über Afrika und Asien
Terfaßt haben.
Ein zweiter Abschnitt des 1. Kap. (S. 48 — 88), in dem sich
1^erf. besonders gegen Schweders „Beiträge"' wendet, vergleicht PI.
mit Pomponins Heia, dem einzigen der in den indices III — VI
^aBgefBhrten anctores, den wir in seinen Chorographiae libri tres, der
ältesten lateinischen Geographie, heute noch haben und dessen Zeit er
tait Cntschiedenbeit unter Claudius ansetzt. Verf. weist nach, daß
Agrippa wohl f&r PL, nicht aber fflr Mela Quelle gewesen ist,
'doch hat jener eine Quelle befolgt, die ihm mit Heia gemeinsaia
IsL Durch eine große Zahl yerscbiedener Hitteilungen bei Heia
und PI., seien es Namensangaben, seien es Entfernuugsmaße, die
Verü zusammenstellt, kommt er zu dem Schlüsse, daß PL aas
«iner Quelle geschöpft hat, die allerdings auch dem Heia floß,
doch diesem nicht direkt, sondern erst durch eine andere Ver-
nittlang.
Id dem dritten Abschnitte des 1. Kap. (S. 89 — 101) ,,de
AognsU et Agrippae tabulis censoriis*' wird nachgewiesen — auch
kier mit vorsichtiger und wohl begröndeter Zurückweisung ent-
gegenstehender Ansichten — , daB PI. die tabulae censoriae wirklich
vor Augen gehabt, freilich nicht bei allen Provinzen gleichmäßig
benutzt hat Bei Ägypten, Cypern, Kreta, Cyrene hatte er so
reichlich sonstiges Uaterial zur Hand, daß er den Augustus heran-
lazieben nicht för nötig hielt; bei den regiones Italiae ist er in den
ersten acht dem Augustus gefolgt, in der 9. 10. 11. fand er dessen
Aufzeichnung schon in der von ihm sonst benutzen Quelle verwertet.
Hohe Autorität weist er dem Agrippa zu, doch fließen beide
Quellen, Augustus und Agrippa, sehr häufig zusammen. Auf
letzteren übrigens kommt Verf. in dem folgenden Hauptabschnitte
seines Werkes noch besonders zu sprechen und führt alle die-
jenigen Stellen an, wo PL sich auf ihn ausdrücklich beruft oder
oflenbar sich stutzt.
In diesem zweiten Kapitel (S. 102 — 207) „de terrarum
descriptionibus'' geht Verf. Schritt für Schritt die einzelnen
Länderstrecken durch, um für jede die Quelle festzustellen und
danach die Art der Benutzung, während er im 1. Kapitel die
Vorgänger des Schriftstellers überhaupt aufsucht. Hierbei ergibt
sich, daß PL für Europa sich vorwiegend auf Varro und Agrippa
ttfitzt, wobei wiederum die Feststellung der Entfemungsmaße eine
wesentliche Grundlage der Erkenntnis isL Oft ist beider Ober-
lieferung verschmolzen, wiederholt die von dem einen gewählte
Ordnung und Reihenfolge umgestellt. Auch mußte PL da, wo
seit Varro die'Kenntnis sieh erweitert oder berichtigt hatte, spätere
Quellen heranziehen, mußte bei denjenigen Provinzen, die eine
ßftji A. Klotz, Qoaest. Pliniaiiae fe^gr., ^gz. y. 0. WaekeroitnB.
b^khßce' Bed«utttng «rliuigt hatien, von ibni abweich^D* Daher ist
für Sfideuropa Varro im .Ver^io Mnit ARrippa Hauptquelle, für da»
nördliche Europa hat er jäogere aubucben mösseo und wahr-
«cbeinUcb aus mehreren geschöpft. In bezug auf Italien aümiBi
Verf. nicht überall mit Detlefsen („Beschreibung Italiens in der
N. H. des PI. und ihre Quellen^ Heft I der Quellen und For-
schungen) überein, <]er namentiicb für den Periplus des Agri|^
Erdkarte als sichere Que)i)e annahm; er macht vielmehr waJur-
scheinlicb, daß PI. auch hier mehr den An^ben Varros gefolgt ist^
Agrippa nur neben diesem zur Geltung kommen lä£4.
Für Afrika jund Asien b9ben dem PL awar mehr griechiscbe
Schriftsteller zur Verfügung gestanden, aber auch da stehen die
Römer im Vordergrunde, wiederum zuersl Varro und Agrippa, zu
denen für Asien Mucianus tritt. Übrigens rühren die tabulae
<:ieosoriae über beide Erdteile nicht von Augustus, sondern v^u
Agrippa her. Asien .wird von der Westküste an durchgegangen;
wenn PI. dabei stellenweise ausführlicher wird, so erblickt Verf»
den Grund hierfür darin, daß der Schriftsteller dem allgemeineii
Interesse, das sich seit dem Jüdischen Kriege den Gegenden
Vqrderasiens lebhafter zuwandte, gerecht werden wollte. Bei seinen
Untersuchnngen kommt Verf. öfters nur durch indirekten Bewek
zu^) Ziele; so vermag er afif diesem Wege zu erweisen, daß PI.
in der geographischen Beschreibung Kappadociens dem Mucianus
gefolgt ist. Wenn nun auch durch eine Menge Einzelunter-
SUclMingen sich ergibt, daß eine ganze Anzahl auch griechischer
Schriftsteller dem PL bei der Beschreihung Afrikas und Asiens
zur Verfügung gestanden haben, so sind es doch, wie gesagt, die
lateinischen Quellen, denen er in erster Linie seine Notizen ent-
nin^mt Für Afrika ist ihm neben den Römern Juba Haupt-
gewährsmami. So eng sich aber PI. auch an seine auctores
exquisiti anschließen n^ig, 90 trifllt er doch überall die Anordnung
des Sloffes selbständig.
Die Untersuchung bringt außerordentlich viel Kleinarbeit,
stutzt sich mitunter auf sprachliche Erscheinungen, ja anf ortho-
graphische Eigenheiten. Ob das immer stichhaltig ist (z. B. wenn
S. 204 aus der Schreibung Napata oder Nepata eine Folgerung
gezogen wird), mag dahin gestellt bleiben. So viel steht fest, daA
wir über diejenigen von den exquisiti auctores centum (praef. 17),
die PL in meinen geographischen Büchern herangezogen hat, ei«
zuverlässiges und im ganz^ klares Bild bekommen. Jeden ein^
zelpen Autor, jede einzelne örtlichkeit, die in dem Bi^he zur
Besprechung kommen, aufzufinden, bieten die Indices am Ende
eine Handhabe; auch die sämtlichen Stellen der SchriflsteUer sind
hier verzeichnet. Wenn Verf., der Ortsangabe des PL folgend,
in seiner Untersuchung oft anhalten, oft Umwege machen, viel
^onderfragen nebenbei erledigen muß, so ist die durchlaufene
]Bahn nicht immer bequem zu überschauen. Er tut daher den
Wil^tlm, UrkoDden Jrt». Anffobr. i. Atli«o, «gz. v. Crb'Mrt 393
Ltfer dadurch einen großen GefaUen, dafi er von Zeit zu Zeit,
namentlich am Ende von Hauptahschnilten das wesentliche Er-
gebnis noch einmal znaammenfaBt. In seiner BeweisCQbrung iat
er sowohl vorsichtig wie umsichtig, in der Polemik, zu der er
sieb oft veranlaßt sieht, entschieden, aber maßvoll. Er gibt selbst
so, daß vielleicht manches von ihm nicht bis zur Evidenz er-
wiesen Jst, doch hat er eine ganze Reibe bisher geltender An-
sichten widerlegt oder berichtigt oder ergänzt, jedenfaJls alles, was
ober die Quellen des PI. Aufschluß zu geben geeignet erscheint,
beraogezogen und unter die Leuchte der Kritik gestellt; auch da,
wo er sich oüt einem subjektiven Urteil begnAgen muß, bringt er
dieses nur vor, wenn er seine Ricbtigkeit bis zu einem hohen
Grade wabracheinlich machen kann; und vermag er nur bis zu
einem non liquet vorzudringen, so verirrt er sieb nicht in halt*
Jose Vermutungen.
In einem Anhange „de chorographia apud Strabonem
adbibita'' (S. 207—212) sucht Verf. darzutun, daß Strabo den
Agrippa nur ganz vereinzelt benutzt hat; in einem zweiten „quae
ratio iBtercedatinter Sallustium et Plinium Melamque'' (S.2i2 — 217),
dafi Salluat nicht als geroeinsame Quelle für PI. und Mala gelten
iUBD.
Die Sprache ist durchweg fließend und klar, nirgends ge-
sodit, und — zumal in Anbetracht der hJuGgen Aufzählungen und
der Wiederbolnngen gleichartiger Dinge, wie sie die Natur dieser
Eotersucbung mit sich bringt — gewandt Der Druck ist korrekt,
wie der Berichterstatter auch bei zahlreichen Stichproben, die mit
deo Zitaten vorgenommen wurden, bat feststeilen kl^nnen. Nur
wenige Versehen, die in dem Verzeichnisse der Errata nicht an-
gegeben sind, durften noch zu berichtigen sein: im Argumentum
Z. li V. tt. ist zu lesen Europae; S. 136 Anm. 2: 12, 29;
S. 151 Z. 20 V. u.: diversam; S. 159 Z. 14 v. o.: coniectorae.
Aach wäre folgerichtig beim Argumentum das einzige deutsche Wort
»Seite** zu vermeiden gewesen.
Hanau. 0. Wackermann.
l)UrknBdeB draaatiseher AnfführiiDSen in Athen, mit einem Bei-
tr»f8 ▼•!! 6eoii^ KaiM hertMgeyeben ven Adolf Wilhelm. Wie«
1906, Alfred Beld«r. 279 S. .. 4. Mit 68 Abhildungea im Text. geb.
16 JC' Sooderachrifteo des Öiterreichiseheo Archaologiichen Instituta
in Wien, Band VI.
Nachdem Georg Kaibel durch seinen Tod der Vollendung der
schwierigen Aufgabe entrissen worden war, die Steinzeugnisse des
attischen Draraas in vollständiger Bearbeitung der Wissenschaft
vorzniegeBt konnte es nicht zweifelhaft sein, daß nun derjenige
die Sache zum 2Uele fuhren müsse, der schon in Kaibels Arbeits-
plan als notwendiger Mitarbeiter vorgesehen war, Adolf Wilhelm*
694 A. Wilhelm, Ürkandaa dramtt Anfführno^en io Ath«D,
Er hatte für den Verstorbenen die genaue Sammlung der
inschriftlichen Reste übernommen. Dnd dieser Teil ist auch
derjenige geworden, der in dem Werke am klarsten herausgearbeitet
Ist, wie es denn von einem der sorgfältigsten und glücklichsten
Inschriftenforscher nicht anders zu erwarten war.
Der Hauptteil der Steinzeugnisse wird Ton den Trümmern
dreier großer Inschriften gebildet, der Liste der Sieger an den
Dionysien, deren erhaltene Stücke von der Zeit der Choregie des
Perikies (47 Ji v. Chr.) bis zum Arcbonten Kephisophon (32!0
herabreichen, der Didaskalien, d. i. der Verzeichnisse der jährlichen
dramatischen Aufführungen, dazu der jeweiligen Protagonisten und
der siegreichen Schauspiele, von 341 bis in die erste Hälfte des
zweiten vorchristlichen Jahrhunderts reichend, endlich der Sieger-
listen, einer Zusammenstellung der siegenden Dichter und Schau-
spieler nach Ort, Zeit und Anzahl der Siege, die vier Jahrhunderte
umspannt.
Die größte Schwierigkeit in der Behandlung der vielen kleinen
Trümmer liegt in der Zusammenstellung. Die Ansätze der Früheren
hat Wilhelm mit Sorgfalt gesammelt, den die Siegerliste betreffenden
Aufsatz Kaibels sogar wörtlich abgedruckt, obwohl er in den An-
merkungen oft angeben mußte, daß die Forschung inzwischen
iveitergekommen sei, dem Nachprüfenden aber dadurch eine will-
kommene Handhabe geboten, daß er alle erreichbaren Inschriften
in Lichtdruck abbildet, eine Zugabe, in der das Buch mustergültig
ist. Die ungemeine Feinheit der Wiedergabe in den jüngsten in-
schriftlichen Veröffentlichungen des Wiener Instituts ist bekannt
Man vermißt indessen für die drei Inschriften eine Übersichts-
tafel, auf der alle Reste nach ihrer wahrscheinlichen oder, wie bei
der dritten, nach einer möglichen Anordnung angebracht wären,
wobei man in Nebentafeln auch die Wiederherstellung anderer zum
Vergleiche hätte beigesellen können.
Es ist von Vorteil, die Abbildungen der Inschriftenreste mit
der Umschrift zu vergleichen. Denn Wilhelm hat es verschmäht,
für mangelhaft überlieferte Buchstaben eine bestimmte Art der
Bezeichnung zu verwenden. In der Umschrift sind solche Buch-
staben teils als überliefert, teils als ergänzt gegeben, daneben
werden mitunter die sichtbaren Striclireste beigesetzt, manchmal
finden die Fälle auch in den Anmerkungen eine besondere Be-
sprechung. So gefahrlich es auch immerhin sein mag, auf eine
Lichtdrucktafel wichtige Schlüsse zu bauen, wie es mir u. a. bei
einer Prüfung des Berliner Didymospapyrus deutlich wurde, so
wird man doch einige Beobachtungen mit Nutzen vorbringen, da
sie doch vornehmlich darauf hinzielen, daß der Stein an der be-
treffenden Stelle noch einmal nachgesehen werde. Bei diesen
kostbaren Urkunden ist es am Platze, daß man um jeden Buch-
staben kämpft, um dann zu solch schönen Ergebnissen zu kommen,
wie sie Wilhelm z. B. auf S. 71 erlangt hat.
•Dgecvoa W. GrSn«rt. 395
Id der Liste der Dionysienfliege ist zu lesen: Nr. a b, S. 18a t
MofVfi^j 12 i\%of^Y^^^ 23 ^o^Vlf^*9 ^ 9 0^X]o%li9vq^ c 9 »tt/u[csi-
dftfy^44 K€L(^xXvoq. Wichtiger ist b 5, wo zwei Buchstaben unter
BA erscheinen« und c is, wo der obere Jinke Balken von Y
darchschimoiert, so dafi der Chorege etwa &aXv[xidfiq hieB. —
Nr. c, S. 20 . . .] (ov, 5 tdi[6aans. — Nr. d, S. 23 liegt nun nach
Auffindung des yon Pittakis nichtsnutzig abgeschriebenen Textes
in ganz gesicherter Lesung im Anzeiger der Wiener Akademie,
phil.-hjst. Klasse, vom 4. Juli 1906 vor. Wilhelm selbst hatte das
versprengte Stuck wieder aufgefunden^) und daraus wertvolle neue
Nachrichten ober den jöogeren Sophokles, ober Araros und
Anaxandrides gewonnen. — Nr. e, S. 25 3'l^iU$«g, 4 JK[X]<d/:Krxo(,
5 i^idaa%€^ 7 9«f*»(rrox[>Uoi;c, 9 JiOvviSa[vdQoq oder J$oyv-
c«[dm(fog^ schwerlich J$ovva}[oq. — Nr. f, S. 26 a 3 li^Kodtt^cK,
^ixoJ^r^$. Die zweite Reihe muß noch viel mehr ergeben:
ober vnoxQtTi^g am linken Ende P (oder H oder K) als Anfangs-
kichstabe des tragischen Siegers vom J. 33 Vi dann inoMQ^ziig
Nixiccg. Das A, in der Mitte Qber OY der nächsten Zeile, ist
pnz deutlich, so dafi der N$9^6(f%Qcnog fallt Danach könnte in
der Liste der siegenden Schauspieler an den Lenaien S. 145 b is
Ifizia]g eingesetzt werden. Jener Mann siegte an den Dionysien
des J. 33% dieser steht hinter Thettalos, der an den Dionysien
347 und 340 siegte. Auch aus Z. 7 ff. wird man bei iufierater
Anstrengung noch einiges gewinnen müssen. Nr. g — h, S. 28 a 3
Uiiqaxty^ 4 BetTaXog^ 7 wahrscheinlich xwf${ü)idoi), 8 naid[(oy^
b 2 ix[^QVy\^*^ 3 idldanxtVy 5 ^^fii^ctikivfiq^ 7 edlda[<r]it«. — Nr, i,
S. 30 ] muß man auch um das Urteil eines andern Augenzeugen
bitten, da das Jahr des Pythodelos bis jetzt noch nicht als sicher
gelten kann; 2 K6*qoni[g 4 äyvdqäVj S x(0ji*(itf«diio[v, 7 Jtonei&^q.
• • • »
Ob der Chorege Ji6q>ccy[Tog 3 so sicher ist, wie Wilhelm an-
nimmt, wird sich vielleicht noch am Stein entscheiden lassen; der
Chorege ^Qy^tdag 5 könnte nach den folgenden Spuren {ME)
schon der MeXttevg sein, den jener in Vorschlag bringt. — Nr. k,
S. 31 b 3 x(i^f$w[id6Sy, 4 A eher als ^, dann wohl T.
In Nr. 1 der Didaskalieninschrift ist S. 40 2 wohl Evg[in]ldo
wie 19 ZQ lesen; e ^AyT$y6yfi$y 7 E\yäQ€iog^ JE\Y]:^ 13 v[n]^\:
A^^vodtaQog^ 14 0finra[Ao]g; 22 ist Av%a]ovk nicht angängig,
dier etwa M]i\ikv\iiv^^ doch wird der Stein selbst noch Genaueres
lehren und auch den Rest vor O aufklären; 25 Olä\inodk^
26 E^dQ]stog, 27 U(>bf>A^i»]f#, Z(iSdTY,n H. OoQxla^,
also als Dichter dieses Satyrdramas sowohl Timokles als Philokles
möglich, 32 NM]gürQq[tog. — Nr. 2. S. 42 4 'HQaxl€li[fig^
6.^0^/7 — Nr. 3, S. 45 6 e^Cavqm, 7 0tXt]n7iidiig, 8 Ua]xX^-
^) ,Jb eiaefli PrivtUiaiiie'', Aazeiger S. 2. Wanm gibt er es Bichl
deotlicber an?
396 A. WilbeliD, Urkondeo drangt. A «ff ülir od ^an ia Atbeo,
niodwQoqj 10 nt wobl auch XaliCi]oa»o7tw$ ab Titel möglich;
b 11 Yjff. — Zu Nr. 4, S. 51 hätte iannerhiD auch die Abschrift
voo Piltakis beigesetzt werden können. Bei dem Lustspieliilel
a 5 kommen die Feminina zu den Formen auf -da%^g in Betracht,
z. B. nXaaxkq^ auch Dingnamen wie d-eqiJMaxlq \ b 4 ^A[<S%v(piXov^
16 ood 17 KaXXmnid[iig. — Nr. 5, 2, S. 67 a lo AHPAl oder
MHPAl als Komödientitel, dann als Schauspieler n — xq\Q%fig,
Kann le, wo ein neuer Archont am wahrscheinlichsten ist, nicht
eine nähere Bestimmung gestanden haben, z. B. der Demos? Un-
möglich ist das nicht, da auch in den Volksbeschlüssen solcher
vorkommt und die Eintragung gleichieitig ist. Ferner b i YR
zweifelhaft, eher 12; 2 Ti^&sX^q. — Tafel zu S. 69—79,
Spalte 2, a 1 Tiik6a%[Q]oao^ Av%(^v\j^bv-, 5 ^4v6%Oj 9 /?? b 12
ivin\a, is ^i\yB%9, 14 T$ikijgkakfic^9tTog, 18 /AT, 20 /i;^}va£a-
^ivo&qJ 24 ]af*ii^«»». e t wohl 'Apt]ev€Q/€vwvvh 3 ^vy«}SafKa-
wiYi, 8 NUHS. Spalte 3, c lo S[mvinoq, \z 770, u' EDh
iyiveto, 26 YII. Spalte 4, d 19 Nt]n[6]laoq. — ' Nr. 1, S. 79
4 JIafauavä\d'ijxik. — Nr. 9, S. 8t 2 etwa ToXg tQt]moyva.
Aus der. Siegerliste: Nr. a & 101 11 Al]irxvl[og, n l^gi-
cj:]iag ganz sicher (der Winkel, den der aufrechte Strich mit der
BrucUinie bildet, ist gröBer als der eines iV, vgl. b9). —
b, ebda. 8 IA2. — defg, S. 107 ho Evn[oXig,
12 AM^ (?), was aber auf yifjkvrlag fuhrt, der ebenso unbekannt
sein darf wie z. B. A^onai&fiq a 15 QAi»\Bk\piaq wird auch durch
die Lenaienliste S. 123, wenn hier richtig ergänzt wurde, nicht
empfohlen), es K\fi\ifka6[do%og^ a . - . IT^ — ik Im n, S. 123
ai no]^twP, 4 TfjXexXeidtjg; b ^ MB[Tayiy]tjg, ^*AnoX[Xowihtigy
8 Nt[xoxccQ^gy 9 SevQipäv\ ci 0iXkn[nog^ 2 Xoofiylpg't 7 Avx^-
^dtnjgj 9 Navff[txQaTfig; d9 MhavÖQogy 10 OyXf^yitOiv. —
0, S. 134 2 liQ]i(ftwv. — p, S. i 37 2 ^HQaxXsid[iig, 3 iV*xo-
(kaxog, 7 Xai[Q]ictQcctog y 8 Me]v€XQdT^g. — q, S. 140 9
'lljpa«A[— , 12 EvQijfAmv. — rstuvw, S. 145, b 12 Wjj'd^o-
od'ivfig, \\&^]%c£6gy i%IiüN, es etwa£v[/*^*^lff» ^ AP...\ ßiV.
— y z a', S. 153 a 7 4^i7]fi[o]^[(5]K, b 1 lioXv[KX^gt 3 2a}(r*»(il9[^
7 MBPSxX^g, 8 -^WfM?[*^d*<>5» oder ^[»ojdi7[f*]oc? — b'c'
S. 156il\^X/[^H5?, 9 'Ef*it*m'dh?. — d' S. 1574 Ugi-
l»vtifr[tog. — k'l', S. 163 ci Ilo]lv<rlTQaTog?
Es folgen einige teils in Rom, teils, wie es heißt, in Rhodos
gefundene Inschriften, die sich mit attischen Stocken beschäftigen.
In der ersten (IG XIV 1097, hier S. 195) ist eine falsche 2^len-
begrenzung gegeben, da rechts ein freier Rand war. Das be-
weist der Umstand, daß alle Zeilenenden mit einer Silbe schliefien,
noch deutlicher spricht der freie Raum Z. 8. Man wünschte, daß
sich trotz der Bemerkung von Hülsen S. 208 bei aufmerksamer
Belraehtung noch ein Strichrest an der linken Seite hinzu-
gewinnen ließe.
avfot. TOB W. GrSaart. 397
Zum Schlosse ▼eröffentlfctit Wilhelm eine Anzahl toh Stein-
teagnissen, die auf szenische Verhältnisse Bezng haben, teils in
besserer Lesang, teils als völlige Neuigkeit. Auch sonst hat er
in seinen Aasföbmngen bei sich darbietender Gelegenheit neue Texte
beigeschrieben oder erwihnt, so z. B. S. 32, wo ich indessen
nach der Abbildung Z. 1 Mifloavog lese. Es ist schade, daß
S. 60 ein Irrtum von Capps weiter verbreitet wird; denn im
Bermannschen Lexikon S. 324 steht nichts von Diodoros, sondern
JUpyJiog ffffihv o li&^yatog, fr. 12$ Kock. Aber auch fQr Dipbilos
ist das Zeugnis nicht recht zu verwerten, da die Quellen jener
bynotiaisehen Wortsammhing recht spät sind, auch lag es sehr
nahe, den attischen Dichter als Athener zu bezeichnen. Die An-
m^kung zu Aaivf^q S. 71 folgt, wie mir scheint, mit Unrecht
der von Baunack zu den DiaMtinschr. Nr. 2229 gegebenen Er-
Ulning von yUaivag (»Aaairag): ich ziehe es vor, yictty^ig zu
Issen und dne Erweiterung von ^cr- anzunehmen. Das Epi-
franm I G III 1340 (Kaibel 139)
^tijXXiiy HaQd-evonfig Xdioq yafAst^g ino^ifsp
AuklNHC aXoxM ^ovTO x^^lCo/t*€voc
ist nicht zu verwenden, da es verderbt scheint. Denn was soll,
sachdem tdiog yaiuizfig vorausgegangen ist, das ohne nähere
Bestimmung gesetzte äioxtaiJ ich vermute MyijcUo}i[og x£6f{jj]
%9ho %€tQk^6(MVog. Jedenfalls würde ^a^Ki;^, wenn es ^mAa-^Livfig
zusammengezogen wäre, nicht passen, aber auch Aaty^qg hätte
keinen Platz, da die Endung -»v^c kurzes * hat. Wollte man
sich darum in Anbetracht der späteren Zeit mit akoj^w] zufrieden
geben, so mußte' doch der Eigenname als Beleg für AAIJNHS
aasscheiden. Im übrigen aber bat Wilhelm für die Eigennamen
viel Neues aas seinen Sammlungen beigebracht, auch die wichtige
S. 246 gedruckte Namenliste aus Theben verdankt diesem Neben-
ziele ihre Verüffentlicbung.
Eine große Zahl von Bruchstücken ist erst von Wilhelm
den Resten der drei Haupturkunden beigesellt worden. Wir
können der Ausgabe keinen schöneren Erfolg wünschen, als daß
noch immer mehr von den verschollenen Oberbleibseln gefunden
werde, mag dann auch diese oder jene Aufstellung Wilhelms
widerlegt werden. Denn diese einzigen Texte werden nicht auf-
hören, uns Überraschungen zu bringen, sofern auch die neuen
Fände nicht aufhören. Es wäre aber auch, wenn sich einmal
die erste Wirkung des vorliegenden Werkes fibersehen läßt, an
der Zeit, in einer kleineren TextausgaLe über Athen hinauszugehen
und die szenischen griechischen Inschriften vollständig zu sammeln,
einmal damit alle gleichartigen Zeugnisse zusammenkommen,
dann aber auch in Hinsicht auf das attische Drama, da seine
Uassiscben Werke später aUeatbalben einen großen Teil des
Bahnenspielplaos beherrschen.
ä98 Pliilonig AlezandriDi opara ed. L. Goha, ag^K. von W.Cr ö'oert.
2) Philo Bis Alexandrini opera qnae sapertant. fididit Leopold na
CohD. Berolini MCMII, typia et impeosis Georgii Reimeri. Vol. IV:
XXX u. 350 S. njC.- Vol. V: XXXH n. 376 S., adieeUe snnt
Ubolae phototypicae dnae. 12 JC*
Die beiden jüngsten Bände der großen, von Wendland und
Cohn gemeinschaftlich unternommenen Philonausgabe sind von
dem zweiten Herausgeber bearbeitet worden. Es enthält der vierte
die Schriften ü^ql [MßaäfA, Ilegl ^it&cij^y Biov Mwvaiwg aßy
und Ilsql %&v 7 Xoy^v ot xsipalata vofiwv elaip^ der fünfte
die vier Bücher JIsqI tcov iv fkiqsk d^cetayucnmv^ denen sich
die Sammlung UsqI ägeray und Jleql a&hav »dl intttfiiwy
xai äqäv anschlieBt.
Die Grundsätze der Bearbeitung sind im wesentlichen die-
selben wie in den früheren Bänden. Was die Worlformen an-
langt, so hätte es sich wohl verlohnt, die in der Memoria graeca
Herculanensis gegebenen Zusammenstellungen und Nachweise zu
beachten. Denn wenn man die beste Richtschnur bei der Ent-
scheidung zwischen verschiedenen orthographischen Bildungen be-
folgen wollte, so war es doch die Schreibweise eines großen Ober-
lieferungszweiges, der eben aus Philons Zeit stammt, und eines
Mannes, der nicht lange vor ihm gelebt hat und ebenso auf eine
gewählte Sprache acht hatte. Statt dessen werden z. B. die Uo-
formen mpiXe^a und cvfindd'€$a weiter beibehalten, und so sehr
es erfreulich ist, daß eine so alte und prächtige Handschrift wie
der vatikanische Palimpsest R in den Vordergrund gestellt wird,
so muß es doch befremden, daß er in Kleinigkeiten, auf die
Philon gewiß nicht geachtet hat, wie z. B. bei dem losen v vor
Konsonanten, nicht durchdringt; vgl. z. B. V 36,5. 37,5. Immer-
hin ist diese Ausstellung sehr geringfügig, und der Grammatiker
wird nicht müde, fQr die gewissenhafte Aufzeichnung jeder Lesart,
jedes abweichenden Buchstabens zu danken.
In der Textkritik urteilt Cohn in ruhiger und verständiger
Weise. Wo er mit der Oberlieferung nicht auskommt, arbeitet
er zumeist mit den üblichen Hilfsmitteln, der Annahme voa
Doppelschreibung, von Ausfall infolge gleicher Buchstaben, von
Glossemen und von Wortumstellungen, und gewöhnlich mit Ge-
schick. Nur wünscht man, daß er nicht so spärh'ch mit der An-
gabe von Belegstellen verfahre, damit es der Leser sofort erkenne,
ob er auf Grund von ähnlichen Wendungen oder aus unabhängigen
Erwägungen ändert; diese kurzen Verweisungen würden die Masse
unter dem Strich schwerlich in erheblicher Weise belasten. Im
Text sind die Zusätze noch genauer anzugeben, so z. B. /lA^^f^y
ovv V 75, 18, wo Cohn das fii^ ovy der Handschriften verbesserte.
Wendlands kritische Beihilfe ist dem Herausgeber recht ersprieß-
lich gewesen.
in einem besonderen Räume sind unter dem Texte die Parallel*
stellen aus der heiligen und der profanen Schrift gesammelt, sehr
Moliere, L'AvarCi hagb. v. Splettst öfier, aoges.^* B* Meyer. 39Sf.
sor^gfaltig z. B. die aas der SeptuagiDta, doch ließe sich aus der
phiJosophischen Literatur noch mancherlei nachtragen. Da oft
gerade diese Ähnlichkeiten zu besonderen Beobachtungen Anlai^
geben, so wird es zweckmäßig sein, sie im Index besonders auf-
lofuhren. Nun darf man ja, nachdem weitaus der größere Teil
der Pbilonischen Schriftenmasse in der neuen Ausgabe vorliegt,
an den nahen Abschluß denken und den Bearbeitern dazu Glöck
wünschen, daß sie ihre der Anregung der Berliner Akademie
entsprungene Aufgabe so glucklich zu beenden im Begriffe stehen.
Göttingen. Wilhelm Crönert.
1) Moliere, L'Arare. Conedie co ciaq aetea. Für den Sebnlgabraiich
heraaa^^ebeo voa Willi Splettatößer. Mit eioen Titelbild und
eiaer Abbildoag. Leipzig 1907, G. Freytag (Wiea, F. Tempsky).
116 S. geb. 1,20^.
Dem Text, welcher in unverkürzter Form geboten wird, liegt
die Ausgabe von Despois-Mesnard zugrunde, nur ist die Ortho-
graphie der modernen Schreibart angepaßt. Zunächst gibt der
Verfasser S. 6 — 13 das Wichtigste über Moliöres Leben und Werke,
daoD S. 14 — 17 eine Einleitung zum Avare und S. 18 — 98 den
Text, auf welchen S. 99 — 116 die Anmerkungen folgen. Durch
ätt Streben, Bestimmtheit und Körze in der Darstellung zu ver-
oneD, ist der Ausdruck zuweilen zu knapp geworden. So sind
z.fi. S. 19 die Worte „wobei sich herausstellt, daß er seinen
ebenen Sohn hat bewuchern wollen*^ mißverständlich. Die Ab-*
bilduDg zu III 1 S. 57 war zu erläutern (vgl. Bornecque in seiner
Ausgabe). Dem Urteil S. 16 „Und doch ist nicht eigentlich der
6m das Laster, das diese Polgen (Aufhebung aller Pietät zwischen
^ater und Sohn) hervorruft. Es ist Harpagons Egoismus, seine
Selbstsucht^' wird man schwerlich zustimmen. Nach Molteres
Intention ist doch zweifellos der Grundfehler der Geiz; dieser
iDKht ihn egoistisch. S. 14 heißt es: „Eine Vorarbeit fand er
io dem lateinischen Lustspiel: Aulularia, das Plautus begonnen
^d Urceus Codrus vollendet hat''. Das ist nicht ganz richtig.
Plaotus hatte das Stück selbst vollendet, der Schluß ist aber im
Weder Zeit verloren gegangen und deshalb im 15. Jahrhundert
^on Ant. Codrus Urceus in Bologna ergänzt worden.
Die Anmerkungen, welche mit sorgfältiger und verständnis-
voller Benutzung der einschlägigen Literatur gegeben werden,
bieten das Wichtigste, was zum Verständnis nötig ist und ent-
halten manches Beachtenswerte. Auf grammatische Fragen wird
selten eingegangen. Mir scheint, als ob der Verfasser mit den
Anmerkungen noch freigebiger hätte sein können. So bedurften
inancbe Stellen der Erklärung, unter anderen der Subjonctif im
indirekten Fragesatz il ne ro'importe qui ce soit S. 77, 27, und
in qoe je puisse S. 92, 29; ferner il ne me platt pas, rooi
S. 62, 21, qu'est-ce ä dire ceJa S. 88, 22 u. a. m. Bei il se faul
400 R. Meorer, Fraisosisehe Syaonyiiik, aogez. tod fl.tfeyer.
rendre a cela (S. 36, 6) war wohl darauf aofmerksam zu machen»
daß 4urch ä cela statt y der Begriff 'dies' stark heryorgeboben
wird; ebenso u'as-tu point de honte? S. 44, 27 (vgl. S. 77, 6)
schämst du dich denn gar nicht?
Die Ausstattung ist gut. Druckfehler sind selten und nirgend
atörend (S. 36,32 lies celle-lä, S. 81,22 la, 86,23 le).
2) Karl Mearer, Französisehe SyooDymik. Mit Beispielen, etymo-
le^i«jDhen Angaben und xwei .Wortref^etero. Für die oiieren Klassen
höherer Schulen bearbeitet Fünfte, sehr verbesserte Aoflsge. Leipzig
1907, Heinrich Bredt. VIII u. 185 S. 8. 2^.
Der Verfasser hat sich mit Erfolg bemüht, überall genaue
find scharfe Begriffsbestimmungen zu geben und sie durch gut
gewählte Beispiele zu erläutern; auch wird der Unterschied zu-
weilen durch Angabe des gegensätzlichen Begriffs klar gemacht,
ein Mittel, welches vielleicht noch häutiger verwendet werden
konnte. Die Sammlung ist sehr reichhaltig; sie weist 700 Nummern
auf. Ein ausführliches Register der behandelten französischen
und deutschen Wörter erleichtert die Benutzung ; deshalb empfiehlt
sie sich als Nachschlagebuch. Die Etymologie ist mit Recht nur
insoweit herangezogen, als ihre Resultate als gesichert gelten.
Der Druck ist korrekt (S. 134 lies Tinstant faUl statt fatale), die
Ausstattung gut.
Nr. 350 goüter und coüter können wohl nicht mehr als
Synonyma angesehen werden, mögen auch Schüler sie vielleicht
verwechseln. Nr. 622 il y a von einem Zeitpunkt zurAckgerechnet,
füge hinzu „der Gegen wart'^ 331 bei an und annee war zurück-*
zuweisen auf Nr. 2 soir und soiree. Nr. 647 si und quand sind
nicht scharf genug geschieden. 516 bei bergerie war auf berger
zu verweisen. 663 le mot bedeutet auch das witzige Wort.
692 bei revenir und retourner empfiehlt sich die kurze Formel:
revenir bezeichnet Annäherung, retourner Entfernung.
Herford i. W. Ernst Meyer.
1) F. Zurbonsen, Aoleitoo^ zan wiisenseliaftlieheD Stndivin der
Geschichte. Nebst Materialien. Ein flandbach für Studierende.
Berlin 1906, Nicolaische Verla^s-Bochhandlane^ R. Stricker. 11 u.
142 S. S. 2,60 JCy ^eb. 3 JL^
Der in den Kreisen der Fachgenossen wohlbekannte Verfasser
hat hier eine Arbeit geliefert, die man nur mit Freuden begrüßen
kann, weil sie den Studierenden der Geschichtswissenschaft eine
treffliche Anleitung für ihr Studium, aber auch dem Lehrer der
Geschichte viele brauchbare Winke ^bt, die ihm für seinen Unter*
rieht von großem Nutzen sein können. Das Buch ist in
15 Kapitel geteilt, dem zwei Anhänge und ein sehr sorgfiiltig ge-
arbeitetes Sachregister folgen. Der Verfasser erteilt in dem ersten
Kapitel dem Studenten, den er sich als Leser seines Buches vor^
ZorboBseo, AoleitoD^ z. wiss. Stad. d. Getcb.^ a^z. v. Genest. 401
Stellt, aUgemeine Batflchlüge für die rechte Auffassung und Ordnung
seiner Studien, die in Form und in Geist lebhaft an Oskar Jägers
pädagogisches Testament erinnern, wenn sie natürlich aueb mit
ganz anderen Verhältnissen reebnen, als es dort der Fall ist. Im
zweiten Kapitel werden Begriff und Umfang der Geschichts wissen*
scbaft besprochen, im dritten ihre Aufgabe, im vierten die Neben-
ßcber und Hilfswissenscbaften der Geschichte, im fünften die
Lektüre sowobl hinsichtlich der Quellen wie der modernen Ge-
scbicbtswerke. Die drei nächsten Kapitel geben zu dem fünften
nähere Erläuterungen, insofern sie Quellensammlangen für alte,
mittlere und neue Geschichte und die Handbucher zur Quellen-
kunde, ferner die bedeutendsten geschichtlichen Werke für das
gesamte Gebiet und endlich die wichtigsten Arbeiten aus der
preufiischen Geschichte behandeln. Im neunten Kapitel folgen
daDD umfangreiche Ausführungen zum Studium der Methodik,
die wieder in den nächsten drei Kapiteln Ergänzungen erfahren,
indem hier zuerst Frobl«*me und Kontroversen aus der deutschen
Geschichte (im ganzen 30 Punkte) kurz erörtert werden und der
gegeDwärtige Stand der Fragen angegeben wird.
Dann ist im .11. Kapitel die Rede von praktischen Cbungen
Bfid Einzelmaterialien, und im 12. wird in eingehender Weise das
Wahren dargelt^gt, welches man bei der Abfassung geschicht-
JJdier Arbeiten beobachten muB, wenn man Aussicht auf wissen-
»ciiartlichen Gewinn haben will. Hier hat der Verfasser auch
SO Themata für Kandidaten des höheren Lehramts angegeben, die
in Bayern in den Jahren 1899 — 1906 als Examenarbeiten gestellt
und von dem dortigen Ministerium dem Verfasser zur VerölTent*
liebung überlassen sind. Im 13. Kapitel werden die drei Haupt-
Perioden der neueren Historiographie, nämlich das Zeitalter
vom Aufkommen des Humanismus bis zum 30 jährigen Kriege,
die unfruchtbare Zeit im 17. und 18. Jahrhundert und die Tälig-
iteii der historischen Schulen im 19. Jahrhundert charakterisiert,
und dabei kommen auch die bedeutendsten Werke der franzö-
sischen und englischen Geschichtschreibung zur Besprechung,
^ach einem kurzen AbriB der Geschichtsphilosophie folgt dann
im SchluBkapitel eine reiche Sammlung guter Ratschläge für die
Staatsprüfung in der Geschichte, die um so mehr Wert haben, als
der Verfasser selbst fünf Jahre lang einer wissenschaftlichen Prü-
fungskommission angehört hat und daher die einschlägigen Ver-
Ultoisse genau kennt. Jeder Studierende der Geschichtswissen-
schaft wird gut tun, diese Winke ebenso wie den zweiten Teil
des Anhangs, der die Prüfungsordnungen für Historiker, wie sie in
l^eofien, Bayern, Württemberg und Osterreich gelten, und einige
Schemata zu Eingaben an die zustüindigen Behörden enthält, sorg-
^tig zu studieren und im gegebenen Falle wohl zu beachten.
Aus dem Gesagten wird ersichtlich geworden sein, daß der
Inhalt von Zurbonsens Buch ein sehr reicher und mannigfaltiger
Ktiteekr. t d. G jxDJMiialwMeB. LXL A. 26
402 Schillmana, Vorsehale der Gesehichte, agz. von 0. Genest.
ist, und daß der angehende Historiker aus ihm sehr TJel lernen
kann. Es wird daher wohl angebracht sein, daß die Lehrer der
Geschichte denjenigen Abiturienten, welche sich dem historischen
Studium widmen wollen, das Buch dringend zur Anschaffung und
zum Studium empfehlen. Der Druck ist im allgemeinen korrekt,
die Ausstattung angemessen. Nicht sehr angenehm hat mich die
vielfache Verweisung auf andere literarische Arbeiten des Ver-
fassers berührt, die fast wie ein Selbstlob und eine für unsere
Kreise nicht, recht passende Reklame aussieht. Das soll jedoch
keine Einschränkung des günstigen Urteils über das im übrigen
treffliche Buch bedeuten.
2) SchillmaoD, Vorsehale der Geschichte. Für die beideo anter-
steo Stafen des Geschiehtsooterrichtes ao höheren Lehranstalten.
Zehnte Anflafpe. Nach den geltenden Lehrplänen nenbearbeitet von
P. Zorboosen. Berlin 1906, Nicolaische Verlags-Bachhandlang
R. Stricker. VI a. 215 S. 8. geb. 2 JC.
Der Umstand, daß dieses Buch schon in der zehnten Auf-
lage vorliegt, beweist zur Genüge seine Brauchbarkeit, und es ist
unter der geschickten Hand des neuen Bearbeiters sicherlich nicht
schlechter geworden. Die Darstellung ist überall dem Stand-
punkte der Sextaner und Quintaner gut angepaßt, nur könnte
sie vielleicht in den Übersichten über die Sagen von Walter
und Hildegunde und von Kudrun etwas knapper sein. Die Aus-
wahl, welche aus der deutschen Geschichte getroffen ist, kann
man im allgemeinen durchaus billigen; vielleicht wäre es aber
angemessen gewesen, aus der Periode der Völkerwanderung neben
Alarich und Chlodwig noch Theoderich den Großen und den
Untergang des Ostgotischen Reiches zu behandeln. Erfreulich ist
die Art, in welcher der katholische Verfasser Luther und die
Reformation behandelt; man ist hier eine so ruhige und unpar-
teiische Betrachtung von jener Seite her schon lange nicht mehr
gewöhnt. Dabei mag für eine neue Auflage des Buches bemerkt
werden, daß Friedrich der Weise, als er Luther nach Wittenbei^
berief, noch nicht sein Landesherr war. Sehr angenehm berührt
auch der warme Patriotismus, der die ganze Darstellung durch-
dringt, ohne irgendwie aufdringlich zu werden.
In dem Pensum für die 'Quinta nimmt der aus der grie-
chischen Sage und Geschichte gebotene Stoff mit Recht den bei
weitem größten Raum ein. Auch hier ist die Auswahl durchaus
angemessen : die geschichtlichen Abschnitte sind fast durchweg
biographischer Art, und das Zuständliche, was mitgeteilt ist, tritt
immer in der Verknüpfung mit den bedeutenden Persönlichkeiten
auf. Die Stücke aus der römischen Geschichte schließen mit
einem Überblick über die Regierung des Augustus, dem ein
kurzer Hinweis auf die weiteren Schicksale des Römischen Reiches
bis 476 angeschlossen ist. Der Druck ist im wesentlichen korrekt,
die Ausstattung gut, der Preis angemessen. Das Buch ist für den
M. Lehnann, Freiherr vom Stein, angez. voa F. Neubauer. 403
Gebrauch in den unteren Klassen unserer höheren Lehranstalten
durchaus zu empfehlen.
Halle a. S. Otto Genest.
Mtz LehmaoD, Freiherr von Steio. Dritter Teil. Mach der
Reforn. 180S— 1831. Leipzig 1906, S. Hirzel. XX a. 510 S.
gr. 8. 11 Ji-, geb. 13.50«^.
Von Max Lebmanns „Stein*' liegt der dritte Band vor, und
damit ist ein Werk zum Abschluß gebracht, auf das unsere
historische und unsere nationale Literatur stolz sein darf. Es
handelt sich dieses Mal vornehmlich um Steins politische Wirk-
samkeit voon Ende des Jahres 1808 bis zum Jahre 1815, um
seinen heroischen Kampf gegen Napoleon; und der bedeutsame
bhalt hat die entsprechende Form gefunden, die lebendige, die
großen Momente hervorhebende Darstellung läBt die Aufmerksam-
keit nicht ermalten, die Wärme der Erzählung überträgt sich auf
den iiCser. Das Buch beginnt mit einer Gegenöberstellung der
Charaktere Napoleons und Steins. Wir sehen, wie der Freiherr ge*
ichtet die schlesische Grenze überschreitet, in einer Stimmung, die
.,alles Menschliche, und sei es noch so kolossalisch scheinend,
auf seinen vrahren Wert zu bringen bereit ist'^; wie ihm in
Österreich „der Gebrauch des Feuers und des Wassers** erlaubt
wird, aber eine nähere Verbindung zwischen der Regierung und ihm,
der als Haupt der „Sekten'' verdächtig ist, sich nicht anknöpft;
wie er mit größter Sympathie dem Kampf der Österreicher 1809
zuschaut und es um so schwerer empfindet, daß dieser Kampf
unglücklich endet. Noch ist er auch für Preußen eine Macht;
Hardenberg bittet um seinen Rat für die Reformen, die er plant,
nicht minder wenden sich an ihn Niebuhr und Schön, die Harden-
bergs Projekte verwerfen. Inzwischen schreibt er die Geschichte
der Jahre 1789 — 1799, er studiert volkswirtschaftliche Werke, er
sacht sich über den Charakter seiner Zeit klar zu werden, und so
tief zuweilen seine Hoffnung sinkt — denkt er doch selbst an
Auswanderung nach Kentucky oder Tennessee — ,- die Zuver-
sicht, daß die Knechtschaft des Weltreichs nicht ewig sein und
daß es an seiner inneren Fäule zugrunde gehen wird, behält
doch in ihm den Sieg. Zugleich erhebt sich in seiner Seele das
Ideal eines zukünftigen einigen, starken Deutschen Reichs: ein
romantisch gefärbtes Ideal, gewiß, stark beeinflußt durch seine
die Vorzeit verklärenden Vorstellungen von der alten Kaiser-
faerrlichkeit, ein Ideal, das ihn zu immer neuen Entwürfen einer
Reichsverfassung verführte, bei denen er, wie uns Nachlebeoden
scheint, mehr und mehr die Wirklichkeit aus den Augen verlor.
Andrerseits hätte dieser Mann mit seinem unverwüstlichen
Idealismus und seiner mächtigen sittlichen Persönlichkeit, er, der
einzige Staatsmann, der damals nur Deutschlands, keine Sonder-
26*
404 M. LehmaDn, Freiherr vom Stein, angez. von F. Neabaoer.
Interessen vertrat, nicht imiDer aufs neue auf das große Ziel der
Einigung und Stärkung Deutschlands hingewiesen, ist man sicher^
daß diese Frage überhaupt im Rat der Mächte eine Rolle gespielt
hätte? Metternich war im Interesse Österreichs, wie er es ver-
stand, anfangs gegen jede politische Zusammenfassung der deutschen
Staaten; Hardenberg und Humboldt wünschten, wie eine Zeitlang
auch Stein, eine Zweiteilung Deutschlands nach der Mainlinie in
eine preußische und eine österreichische Einflußsphäre, ein Ge-
danke, der natürlich auf Österreichs Gegnerschaft stieß.
Am 12. Juni 1812 war Stein, Alexanders Einladung folgend^
bei ihm in Wilna eingetroffen, und obwohl ohne amtliche
Stellung, nur in einem losen Vertrauensverhältnis zu Alexander
stehend, hat er durch den persönlichen Einfluß, den er auf ihi^
ausübte, ganz Außerordentliches geleistet. Er hat auf den Kaiser,
als er siegreich an der Grenze seines Reiches stand, in dem
Sinne eingewirkt, den Krieg nach Deutschland hineinzutragen, und
zwar ihn nicht als Eroberungskrieg, sondern als Befreiungskrieg
zu führen. Er hat, nachdem Yorks Tat geschehen war, dea
Anstoß zur Erhebung Ostpreußens gegeben. Er hat, als Knese-
beck in Kaiisch durch „Gnassierendes'' Verhalten die Bündnis-
Verhandlungen in die Länge zog, Alexander bestimmt, ihn und
Anstett nach Breslau zu senden, und dadurch die notwendige
Einigung beider Mächte beschleunigt Er ist nicht möde ge-
worden, die politische Stärkung Deutschlands als ein selbstver-
ständliches Ziel dieses großen Krieges hinzustellen, und er hat
auch den Zaren dazu vermocht, für dieses Ziel in gewissen
Grenzen seine Kräfte einzusetzen. Als dann die Schlacht bei
Leipzig geschlagen und die Verbündeten am Rheine angekommen
waren, hat er Alexander, der bereits unter Hetternichs Einfluß
seine Zustimmung dazu gegeben hatte, Napoleon, wenn er Frieden
schloß, die Rheingrenze zu lassen, darin bestärkt, die Heere über
den Rhein hinüberzufahren und den Kampf gegen Napoleon fort-
zusetzen. Noch bei den Verhandlungen über den zweiten Pariser
Frieden ist es seiner Vermittlung wesentlich zu danken, daß
Alexander wenigstens die Abtretung einiger kleinen Grenzgebiete
genehmigte.
Es war eine schöne Aufgabe, den nationalen Helden zu
schildern und seinem Wollen, seinem Ringen, den Spuren seines
Einflusses nachzugehen, und wir müssen dem Verfasser den
größten Dank wissen, daß er uns dieses Buch geschenkt hat.
Eins aber vermisse ich: ein genaueres Eingehen auf Steins Ruhe-
zeit, der nur ein kurzer Anhang gewidmet ist, insbesondere auf
die politischen und volkswirtschaftlichen Anschauungen seines
Alters. Eine so umfassende Biographie hätte doch wohl an der
Aufgabe nicht vorübergehen dürfen, zwischen ihnen und den An-
sichten und Grundsätzen, die er als Hinister vertreten hatte, die
inneren Beziehungen herzustellen. Im übrigen werden wir dieses^
A. PhilippsoB, Eoropty an^ez. voo A. Rohrmano. 405
Werk den monümeDtalen Biographien großer Deutscher einreihen
dürfen, die unser Volk besitzt.
Frankfurt a. M. F. Neubauer.
Alfred Philippson, Evropa. Zweite Auflage des voo Alfred
Philip psoo und Ludwig NenmaDo verfaßteo Werkes, oen
bearbeitet voo A. Philippsoo. Mit 144 Abildongeo nod Kartea im
Text, 14 Karteo nod 22 Tafela io HolzschDitt, ÄtxoBg uod Farbea-
druck voa B. T. CoaiptOD, H. Heubner, E. Heya, W. Kubnert aod
R. Oeoieke. Leipzig nod Wieo 1906, Bibliograpbiscbes Institut.
Xn 0. 761 S. Lex. 8. in Halbleder geb. 17 M-
Dieser Schlußband von W. Sievers' Allgemeiner Länderkunde
ist ein vortreffliches Werk. Ph. schließt sich im wesentlichen den
schon bei den froheren Bänden besprochenen Grundsätzen für
die Neubearbeitung der anderen Erdteile an, teilt Europa in
Naturgebiete, gliedert diese in Einzelländer und Einzellandschaften
und sucht in jeder von diesen die Beziehungen zwischen Natur
und Mensch vom Beginn der geschichtlichen Zeit bis zur Gegen-
wart herauszuarbeiten. Am Schlüsse der Besprechung einer
natürlichen Einheit werden die Staatsgebiete im Zusammenhange
dargestellt« Die geographische und geschichtliche Entwicklung des
Deutschen Reiches und Preußens (S. 567 ff.) ist für diese Be-
handlungsart ein gutes Beispiel: trotz des knappen Raumes ver-
mißt der Leser nichts Wesentliches.
Das Buch liest sich im allgemeinen sehr gut und interessant.
Philippson zeigt sich auch in diesem Werke als Heister des Stils.
Um so mehr stört es den Leser, der mit der schwungvollen
Darstellung vorwärtseilt, wenn ihm in der Besprechung der Sied-
lungen plötzlich Einwohnerzahlen von Städten und wirtschaftliche
Angaben in Klammern als Hemmnisse entgegentreten. Eine kleine
Tabelle am Ende der Abschnitte könnte vielleicht besser und
übersichtlicher diese Angaben aufnehmen, ohne daß dadurch mehr
Raum beansprucht wurde.
Der Verf. hat sehr sorgßilltig gearbeitet. Nur einige gering-
fQgige Versehen oder Mängel sind dem Ref. aufgefallen. S. 472
muß es bei Worms 44 000 Einwohner statt 47000 heißen.
S. 562 ist die Höhe des Turmberges fälschlich mit 32t m (statt
331) angegeben. S. 562 steht wohl nicht ganz zutreffend „in
beiden Mecklenburg ist der Boden meist fruchtbar**. In
Mecklenburg-Stelitz Oberwiegt doch der Heidesand. S. 567 wäre
der Name „Böcking** dem „Bückling** vorzuziehen. — S. 552
möchte Ref den „Katzenbergen** einen Zusatz wünschen. Der
Leser denkt unwillkürlich an das bekannte Katzengebirge um
Trebnitz rechts der Oder und nicht an das unter diesem Namen
ziemlich unbekannte Högelland zwischen Glogau und Sagan.
Zeitliche Gbereinstimmung in den 'Statistischen Angaben über
Schweden (Berechnung Ende 1903) und Norwegen (Zählung 1900)
406 H. GStz and G. Wetssteio, Lehrbuch der Physik,
^äre des Vergleiches wegen zu wünschen. Auch eine Angabe
über die Scheitelhöhe der wichtigsten Alpentunnel, deren lünge
Ph. nennt, wurde manchem Leser willkommen sein.
Nicht befreunden kann sich Ref. mit der A. Penck (Das
Deutsche Reich) folgenden Abgrenzung des hessisschen Berglandes
vom Wesergebirge (S. 514 ff.). Die Bewohner der Göttinger
Senke und des Sollings möchten dagegen Einsprache erheben»
daß ihr Bergland ein hessisches sein soll. Dort zieht jederroano
die Grenze nach Hessen bei Münden und zwar nach der Sprach-
grenze zwischen den mitteldeutschen Hessen und den nieder-
deutschen Bewohnern Südhannovers. Der von Penck geschaffene
Ausdruck „Subbercynisches Bergland'' ist glücklich vermieden
und durch „Wesergebii*ge'' ersetzt, dagegen der an Ort und Stelle
völlig unbekannte und auch sonst nicht eingebürgerte Pencksche
Ausdruck „Ostfalisches Hügelland*' für die Sieben Berge bei
Alfeld, den Hils, den Ith und den Deisler übernommen.
Doch das sind nur kleine Ausstellungen, die dem Werte de»
ausgezeichneten Werkes keinen Abbruch tun sollen. Wer sieb
einen zuverlässigen und vielseitigen überblick über den heutigen
Stand der geographischen Erforschung Europas und seiner ein-
zelnen Länder verschaffen will, kann zurzeit kein praktischeres
und besseres Handbuch dazu wählen als Philippsons Werk, das
auch den Vorzug eines hervorragenden Schmuckes durch Land-
schaftsbilder und kartographische Darstellungen physischer
ethnographischer, wirtschaftlicher usw. Verhältnisse hat.
Hannover. A. Rohrmann.
1) H. Götz und G. Wetssteio, Lehrbuch der Physik. Zan Gebraoch
aa hamaDistiseheo aod realistischeo Lehraastaltea. Sechste, voU-
stäodis umsearbeitete Aoflige. Mit 417 ia dea Text gedraektea
Fi^oreo, einer Spektraltafel und zahlreichen OboDg^saofgabeo, sowie
eiaer Beilage, enthaltend die wichtigsten physikalisch-chemischen und
RedoktioDStabellen. München und Leipzig 1907, G. Franzscher
Verlag, Jos. Roth. VIII und 414 S. 8. geb.
Das in den früheren Auflagen wesentlich deduktiv gehaltene
Lehrbuch ist einer grundlichen Umarbeitung unterzogen worden,
es entwickelt nunmehr nach anerkannten methodischen Grund-
sätzen die physikalischen Gesetze aus den Ergebnissen praktisch
erprobter Versuche, die mit Geschick ausgewählt sind und nach
den gegebenen Beschreibungen an geeigneten Apparaten jederzeit
wiederholt werden können. Oberall ist die Rucksicht auf die
Praxis maßgebend gewesen, sei es die Unterrichtspraxis, sei es
die des täglichen Lebens oder der modernen Technik. Daher
erscheiQt es erklärlich, daß den beiden Gebieten der Physik, die
in dieser Hinsicht gegenwärtig das Interesse am meisten in An-
spruch nehmen, auch der größte Teil des Lehrbuches eingeräumt
wurde: die Lehre von dem Magnetismus und der Elektrizität nimmt
angcz. voo R. Schiel. 407
mehr, die Mechanik etwas weniger als den dritten Teil des
ganzen Werkes ein. Dementsprechend sind die übrigen Teile
weniger eingehend behandelt, Abschnitte über Chemie und mathe-
matische Geographie fehlen ganz. Theoretische Betrachtungen
treten aus dem angeführten Grunde mehr zurück, so ist auch
die theoretische Behandlung der Wellenlehre zu kurz gekommen,
wird doch selbst die Wellentheorie des Lichtes, als über das
Pensum der bayerischen Mittelschulen hinausgehend, nur in einem
kurzen Anhange erörtert. Auch darauf sei hingewiesen, daB
einige Kapitel, .deren Behandlung von hoher theoretischer
Wichtigkeit ist, doch eine ausreichende experimentelle Aus-
Gestaltung vermissen lassen, z. B. die Wärmestrahlung, die flüssige
Kohlensäure und flussige Luft, die Meteorologie, das Coulombsche
Gesetz, die menschliche Stimme und Sprache.
In experimenteller Hinsicht steht im übrigen das Buch ganz
auf der Höhe der modernen Unterrichtspraxis und dürfte selbst
den Anforderungen des physikalischen Unterrichtes an Oberreal*
sehalen genügen. Namentlich gilt dies für die Lehre vom
Magnetismus und der Elektrizität, sie ist mustergültig auf dem
praktisch definierten, nicht theoretisch abgeleiteten Potential*
begriffe klar und übersichtlich aufgebaut. Für Anstalten, die
einen Anschluß an Elektrizitätswerke besitzen, eignen sich auch
die Darbietungen aus der praktischen Elektrizitätslehre.
Der in diesem Werke so stark hervortretende, praktische
Gesichtspunkt stellt sich besonders bei der Behandlung der
Peudelgesetze als nicht befriedigend heraus. Im Anschluß an die
leicht ableitbare Formel für die Schwingungsdauer eines konischen
Pendels wird darauf hingewiesen, daß ein physikalisches Pendel,
welches mit dem konischen gleiche Länge hat, tatsächlich, wie
die Erfahrung lehrt, auch nahezu gleiche Schwingungsdauer be-
sitzt. Daraus kann nämlich unmöglich ein Grund für die An*
wendbarkeit dieser Formel auf ebene Pendelschwingungen er-
kannt und namentlich der Grad ihrer Annäherung an die Wirk-
lichkeit geschlossen werden.
Die in den Text eingefügten Aufgaben beanspruchen um so
mehr unser Interesse, als sie sämtliche in Bayern von 1870 —
1905 an dem humanistischen, den Realgymnasien und Real-
schulen gestellten „Absolutorialaufgaben^* der Physik darstellen.
Ein kurzer als Anhang beigefügter Abriß der Geschichte
der Physik ist gewiß zweckmäßig, die hier beliebte Auswahl der
Notizen dürfte aber nicht allgemeine Anerkennung linden.
In einem beigelegten, broschierten Heftchen findet man eine
brauchbare Sammlung von physikalisch-chemischen und Reduktions-
tabellen, sowie eine Tafel der einfachsten Funktionen der Zahlen
von 1—1000.
Die Ausstattung des Buches ist gut, die zahlreichen Figuren
sind schematiscb und zweckentsprechend.
408 W. Möller-Eribabh, Physik. Aofgaben, a^z. voo R. Schiel.
2) W. MülUr-Erzbach, Physikalische AoF^abeD för die
obereo Kiassea hökerer LehraosUlteo and for den SelbsUnterrieht.
Dritte, vernehrte aod verbesserte Aaflage. Beriio 1906, J alias
Springer. 179 S. 8. 2,40 Jt.
Die im Jahre 1892 zum ersten Male erachieoene Aufgaben*
Sammlung erfreute sich bald einer wohlverdienten Anerkennung
und liegt jetzt in dritter Auflage vor. Ursprünglich vom Ver-
fasser für den eigenen mathematischen und physikalischen Unter-
richt in den oberen Klassen eines Realgymnasiums zusammen-
gestellt, hat das Büchlein mit der Zeit an Ausdehnung gewonnen,
auch befriedigt die Auswahl der in ihr enthaltenen Aufgaben jetzt
weitgehende Anspräche.
Die Sammlung soll im mathematischen Unterrichte benutzt
werden, um die Schiller in der Behandlung eingekleideter
Gleichungen zu üben. Man wird zugeben, daß solche Au^aben
den Unterricht durch ein sachliches Interesse beleben, das der
Einübung algebraischer Operationen zugute kommen muß.
Für die Anordnung waren aus naheliegenden Gründen nicht
mathematische, sondern physikalische Gesichtspunkte maßgebend,
doch wurden die für die Unterstufe geeigneten Beispiele äußer-
lich gekennzeichnet vor solchen, die größere mathematische
Fertigkeiten verlangen. Der Aufigabensammlung sind die Auf-
lösungen im Anhange beigefügt worden. Sie enthalten, wo es
nötig schien, außer den Resultaten diejenigen Hilfen und Ab-
leitungen, die erfahrungsmäßig den Schülern gegeben werden
müssen, wenn sie nicht ratlos vor den gestellten Aufgaben stehen
sollen. Der zweite, die Auflösungen enthaltende Teil steht an
Umfang der Sammlung selbst nicht nach und macht das Büchlein
durch seine Ausführlichkeit auch für Privatstudien geeignet.
Mehr als die Hälfte der Aufgaben ist der Mechanik ent-
nommen, sehr zahlreich sind auch die Aufgaben aus der Lehre
von dem Magnetismus und der Elektrizität sowie aus der Optik.
Die übrigen Kapitel der Physik sind ziemlich gleichmäßig berück-
sichtigt, insbesondere ist es freudig zu begrüßen, daß auch die
mathematische Geographie und die Chemie ihren gebührenden
Anteil erhalten haben. Die neueste Auflage enthält 51 neue Auf-
gaben, von denen ein großer Teil im XXI. Abschnitt die chemi-
schen Grundbegriffe behandelt und im wesentlichen stöchiometri-
scher Art ist.
Der Druck ist nicht frei von störenden Fehlern.
Berlin. R. Schiel.
DRITTE ABTEILUNG.
BERICHTE Ober Versammlungen, Nekrologe, miszellen.
Dritte Versammlnng der Freande des humanistischen
Gymnasiums in Berlin.
Ab 27. Novenber 1906 faod io der Aola des Kgl. Wilhelmsgymnasiomf
4ie dritte JehresversamiDlaoi^ der Berliner hamanistiseheo Vereiaii^ai^ statt.
Wieder war die gerSamige Aola bis avf den letzten Platz gefallt.
Zanäebat begröfite der Vorsitzende, Herr Pfarrer Professor Dr. Seholz,
^ Ersehienenen, Mitglieder nnd Gaste:
Anf unseren Jabres versa ninlangen wollen wir wie von einem erbebten
Stindpankt Oberseban halten über das, was wir erlebt nnd erlitten haben,
iW nnser Streben vnd unsere Erfolge. Die Leiden brancbten wir aller-
diigs nie schwer, manchmal nicht ernst zn nehmen. Für Kritik sind wir
esffanglich, gegen ehrliehe, überzeogte Gegner fuhren wir ehrlichen Krieg,
fciadsclige, weder aof Sachkenntnis noch auf praktischen Erfahrungen be-
nhende, dafür um so anmafiender auftretende Angriffe kSonen wir nicht
beachten. In der Verurteilung anerkannter Mifistände sind wir mit unseren
fiegaern einig, Einspruch erheben wir gegen ungerechte Generalisierung,
noch mehr dagegen, dafi diese Generalisiernng ausschließlich auf das
Gymnasium Anwendung findet. Da mögen sich alle Schalen in dieses gemein-
saae Scbickssl teilen und Schulter an Schulter mit uns gegen eine Ver^
keoBOBg der Dinge ankämpfen, die unsere ernste Schule zu einer Spiel-
schale degradieren würde. Aach den Problemen der Zeit, namentlich der
Forderung der Naturwissenschaftler, dem natnrwisseoschaftlicheo Wissen und
Deakeo einen breiteren Platz einzuräumen, verschließen wir uns nicht, aber
nasere Sorge moß sein, zn verhüten, dafi die Tragfähigkeit des humanisti-
sches Gymnasinms überschätzt und sein Schwerpunkt verrückt werde. Wir
vollen noch keinen mechanischen Kompromiß, sondern eine organische An-
oder Eingliederung.
Nachdem der Redner dann noch der Wiener Vereinigung^) gedacht und
^) Der Verein der Freunde des humanistischen Gymnasiums hat seinen
Sitz in Wien. Er will in Wort und Schrift für das humanistische Bilduogs-
ideal eintreten und ein Mittelpunkt sein fnr alle, die das Bestehen nnd die
Weiterentwicklung des üsterreichischen Gymnasiums in seiner . . . durch
die Pflege der lateinischen und griechischen Sprache und Literatur ausge-
priigten Eigenart als ein allgemeines Interesse betrachten. (§ 1 der
Satzungen).
410 3- Verstmmlnog d. Freoode d. homaDist.Gymoas. io Berlio,
mit eioem Dank an H. Prof. Edaard Meyer, des Redoer des Abends, ooter
lebhaftem Beifall der Versammlung geschloueo hatte, erstattete Direktor
Dr. Lack den Jahresbericht:
An der Schwelle des letzten Jahres stand Roeth«!S kraft- und
temperamentvolles Bekenntnis. Seiner Gesamtbedeutong konnte sich niemand
verschließen. Daß es starken Widerspruch herausfordern werde, ließ sich
erwarten, ond er hat auch Roethe nicht überrascht. Doch ist es nicht richtig,
der Vereinigung, wie manche Kritiker getan haben, die Verantwortung für
jede Behauptung ihrer Vortragsredner aufzuladen. Sie als solche trägt die
Verantwortung für ihre programmatischen Erklärungen. Eine Auseinander-
setzung mit den Wut- und Zoroesausbrücben der Teutonisten (Blätter f.
deutsche firtiehung, Weimarer Erziehungstag) ist zumal bei ihrer Tonart
zwecklos'). „Dieser pädagogische Anarchismus kompromittiert, sich selbst
überschlagend, dnrch sein tobsüchtiges Schreien an sich gesunde und not-
wendige Bestrebungen'' (Paulsen). Gefährlicher sind die Angriffe der
Hygieniker, nicht nur für das Gymnasium, sondern für alle höheren Schulen,
Die Sorge für die körperliche Gesundheit und Kraft der Jugend ist ans
eine hohe Aufgabe, aber wir beklagen auch hier die Genera] isierung und
die mangelnde Kenntnis dessen, was wirklich geleistet wird, und bitten z«
bedenken, daß es oft nicht am Willen fehlt, sondern an dem Mangel
am nötigen Gelde. Die unbillige Art, wie der Leiter des hygienischen
Kongresses, Prof. Dr. med. u. phil. Griesbach, gegen die Schule auftritt und
„statistische Ergebnisse" mitteilt, diskreditiert auch hier an sich g«te and
nützliche Bestrebungen.
Besonders ernste Beaehtung verdient das Vorgehen der Gesellschaft
deutscher Naturforscher und Ärzte. Der maßvolle, vornehme Ton in den
Publikationen ihrer ünterrichtskommissioo, die Würdigung des geschichtlich
Gewordenen, die Zurückhaltung dem Gymnasium gegenüber — man begnügt
sich, eine klaffende Lücke und arge Mißstände zu konstatieren — berührt
wohltuend; aber in den Ausführungen der Berichterstatter und der anderen
Mitglieder macht manches stutzig. Sehen wir ab von der Formulierung des
Begriffs der allgemeinen Bildung, der schiefen Entgegensetzung von Sprach-
und Sachunterricht (nicht verba und res — Mensch und Natur maß der
Gegensatz lauten!) — als ihr Ideal erscheint eine Einheitsschule mit sechs-
klassigem lateinlosen Unterbau bis Uli und einer Oberstafe mit wahlfreiem
klassischen Unterrichte — der Tod des Gymnasiums und des Real-
gymnasiums^). Die Zurückhaltung unserer obersten Schuibehörde dieser
Bewegung gegenüber ist dankbar zu begrüßen. Seltsam kontrastieren mit
diesen Plänen die entgegengesetzten Bestrebungen der Mediziner and
Ingenieure in dem praktischen Amerika'). Obrigens ist ein Entgegen-
kommen in der Frage des Unterrichts in der Biologie durchaus möglich.
Aber muß es auf Kosten des klassischen Unterrichts erfolgen? Doch lassea
^) Wer die Anschauungen dieser Kreise kennen lernen will, der lese
Försters in rotem Umschlage erschienenen Anti-Roethe! (Teutonia- Verlag
1907), wenn er es über sich gewinnt, ihn zu Ende zn lesen.
') Ich darf wohl hier auf Paulsens treffenden Aufsatz in der Januar-
nummer der Monatschrift für höhere Schulen 1907 hinweisen.
^) S. die Mitteilungen von Fries in „Lehrgänge und LehrprobeB*^ 190d
Heft 4, S. 92—95.
yoB F. Boeich. 411
wir diese curae posteriores, freoeo wir aos der BrsUrkiiD^ der hnmaoisti-»
scheo Beweguog im verflosseaen Jahre, der Biidung des Wiener Vereios,
der Tai^og des AUgeiDeioen Deatseheo GymoasialvereiDs io Berlin, der
freandüehen Halton; der maßgebeaden Presse, iiameotlicb der Vossischen
Zeitnot, der Gymnasiaidebatteo in Berreohaose und Abgeordoetenhanse.
Deo Abfeordoeten aller Parteien, die so warm fdr ons eintraten, gebührt
noser herzlichster Dank. Dafl wir uns mit den Angriffen auf einzelne
Personen nicht identifizieren, sei nochmals hervorgehoben. Sehen wir zo,
dsfi die Gymnasien darch innere Kraft sich der äußeren Anerkennung wert
zeigen. „Die Gegenwart sehnt sich danach, aus deo dumpfen Niederungen
des Mslerialismns wieder zu lichten und idealen Höhen emporzusteigen;
is usserer Jugeod erwacht mit neuer Stärke der Trieb nach dem
^doaof^tv und ipiloxaltiv. Dieses Sehneu und Streben zu befriedigen oder
veoigstens den Weg dazu zu zeigen, ist in erster Linie die humanistische
Kldnagsanstalt herofen. Läßt sie die in ihr liegenden Kräfte sich voll ent-
fsltea nnd auswirken, dann wird sie die führende Steiluog im Geistesleben
userer Nation auch weiter behaupten" — so schloß der Redner unter dem
lebhaften Beifall der Versammlimg.
Nachdem der Vorsitzende dem Berichterstatter und dem bewährten
Sekatzoeister H. Dr. Vollert ein Wort des Dankes zugerufen hatte, trat
nie kurze Pause ein. Viele der Anwesenden benutzten sie, ihren Eintritt. in
tie Vereinigong anzumelden. Dann erhielt Herr Professor EduardMeyer
dis Wort zo seinem Vortrag über humanistische und geschichtliche
Bildang. Der Titel war gewählt als Gegenstück zu Roethes: Humanistische
lad nationale Bildung. Für das nächste Jahr hoffen wir einen Vortrag über
knuaistiaehe uad natarwissensehaftliehe Bildung versprechen zu können,
^r Vortrag ist inzwischen bei Weidmann erschienen^). Es seien hier, wo
es sieh um keine Kritik, sondern um einen Bericht handelt, nur die Haupt«
fedaaken kurz hervorgehoben.
Nahezu zweieinhalb Jahrtsusende sind vergangen, so begann der Redner,
Mit die Frage nach der richtigen Erziehung zum ersten Male mit vollem
BewaßtseiA gestellt wurde und um sie heftigster Streit entbrannte, in
Griechenland, im 5. Jahrhundert, als die alte Kultur zusammenbrach und in
^ewsltigem politischen nnd geistigen Ringen die moderne Kultur geboren
vorde. Da genügte auch die alte einfache Erziehung, die sich auf Lesen
vod Sehreiben, Turnen, Singen und Musizieren beschränken konnte, nicht
sehr. Die Sophisten versprachen die geforderte tiefer gehende Vorbereitung
auf das praktische Leben; sie ist durchaus individualistisch wie ihre Welt*
aaschaaang und ihre Erkenntnistheorie; ihre Tendenz ist, die eigene
Persoaliehkeit, d. h. den eigenen Vorteil, durchzusetzen, ihr Mittel ist die
dialektische und rhetorische Ausbildung. Daß das Bedürfnis nach einer
lesen Erziehung da war, zeigt auch Aristophanes, der erbitterte Gegner
der neuen Richtung; aber gerade der Mann, den er als den Haoptführer
der korrumpierenden Bildung hinstellt, fuhrt weiter. Auch Sokrates steht
mit seiner Kritik an allem Oberlieferteo auf dem Boden der Sophisten,
iseh er fordert eine neue Bildung; aber sein Ziel ist positiv, die Erziehung
^) Eduard Meyer, Humanistische und geschichtliche Bildung. Berlin.
1907, Weidmannsehe Bnchaadlung. 41 S. 8. 0,60 JC,
412 3. Versammlaog d. Preaade d. hum anist Gymots. in Berlioy
xam wtbreo Staatsbürger. Positiv ist aach seine Erkenntnislehre: es gibt
Wahrheit nnd Tugend, eine Möglichkeit der Erkenntnis. Das zeigt schoD
die Oberzeagbarkeit der Mensehen. Für den einzelnen gilt es, durch Unter-
sucbang auf dem Wege der Kritik diesen Realitäten näher zu können-
Daraus erwächst die Wissenschaft.
In der Praxis nähern sich beide an sich so verschiedene Richtaogeo;
Plato und Aristoteles nehmen die Rhetorik in den Lehrplan ihrer Schule
auf, und Isokrates wird der Vater der allgeneinen Bildung. Innerlich aber
sind sie grundverschieden. Die Wissenschaft ist unendlich, fuhrt von
einem Problem zu hundert anderen, kennt keine festen Sätze und Ergebnisse.
Die allgemeine Bildung dagegen verlangt etwas Abgeschlossenes, bedarf
fester Sätze, läfit sich in Kompendien fassen, und die Diskusaion, das Wesen
der Wissenschaft, ist ihr unpraktisches Wortgezänk, gut höchstens for
Knaben zur Übung des Verstandes.
Wie steht das Gymnasium zu diesen beiden Richtungen? Im Unter-
schied zu anderen Schulen hat es nicht die Aufgabe, seine Zöglinge mit
einer abgeschlossenen Bildung zu entlassen; es will vorbereiten für wissen-
schaftliche Arbeit, durch wissenschaftliche Erziehung eigene wissenschaft-
liche Arbeit wecken; natnrgemäfi kann es den unendlichen Stoff dea
Wisseos nicht erschöpfen, darf es aoch nicht von allem etwas geben,
sondern muß es nach einer allgemeinen Orientierung in einzelne Einzel-
gebiete einführen und diese gründlich, d. h. wissenschaftlich treiben. Wohin
eine Alleinherrschaft der allgemeinen Bildung fuhrt, zeigt die weitere Ent-
wicklung im Altertum in abschreckender Weise. Die Wissenschaft stirbt,
es folgt die Zeit der Enzyklopädien, der Sammelwerke, der Chrestomathien,
bis schließlich Ampelius alles, was der Mensch zu wissen braucht, quid sit
mundas, quid elementa, qoid orbis terrarom ferat, vel qoid genus humanum
peregerit, auf 31 Druckseiten zusammenfaßt.
In jenem 5. Jahrhundert ist nun auch die Wissenschaft der Geschichte
geboren. Im Gegensatz gegen Aufklärung und Rationalismus hat des Sokrates
Zeitgenosse Thokydides die Möglichkeit einer Erkenntnis auch auf
historischem Gebiete erkannt. Es gibt einen Weg, an die Tatsachen der
Geschichte, die nun einmal da sind, heranzukommen, die wissenschaftliche
PrüfoDg, die frei von subjektivem Belieben nach einem festen Maßstab
urteilt. Diesen Maßstab geben die allgemeinen Bedingungen des mensch-
lichen Lebens überhaupt, sodann die bestimmten charakteristischeo Möglich-
keiten einer bestimmten Epoche. In seinem Geschichtswerk liegt diese Er-
kenntnis wie in einem System geschlossen vor, auf ihm baut sich die
historische Literatur des Altertums auf. Auch die Bedeutung der Geschichte
für alle menschliche Erkenntnis kommt zum Bewußtsein, die Unentbehrlich-
keit geschichtlicher Betrachtung zum Verständnis der Gegenwart nnd eines
jeden Problems; auch auf den praktischen Nutzen der Geschichte für den
handelnden Menschen, den Staatsmann im besonderen, wird hingewiesen.
Aber ein integrierender Bestandteil der Erziehung wird die Gesehichte
wie die Naturwissenschaften erst im 19. Jahrhundert. Auch in Deutschlaod
bildet sich die moderne kritische Geschichtswissenschaft im Gegensatz gegen
das Zeitalter der nnhistorischen Aufklärung, unter dem Einflofi unserer
klassischen Kulturentwicklnng, die uns neben dem gleiebbleibenden Allge-
meiumenschlichen das Individuelle zu verstehen gelehrt hat, unter der
voD F. Boescil. 41}
Ge^eowirktto^ der französisehen Revolution und des Ntpoleoaischea Kaiser-
reiches oad dem dadurch geweckten Besiaaea der Völker aaf sieh selbst —
ia den Tag^ea Steins, Scharnhorsts, Arndts.
Das Wesen dieser GeschichtsaufTassung ist dnrehaos das der des
Thokydides. Nebea das Erfassen der allgemein measchliebea Bediogongen
des historisehen Lebens nnd Haadelns ond das der besoaderen jedes einzelnen
Zeitraumes tritt die Kenatnis der individnelleo Momente, der einzelnen
Isdividaen; denn aus der Kreuzung dieser Faktoren entsteht das gesehicht-
llcbe Ereignis. Diese Geschichtswissensebaft steht in fundameatalem Gegen*
Mtze zo den Natorwissenschsften: diese sneheu das Allgemeine, das Gleich-
bleibeade, das Gesetz; das konkrete einzelne Ding beschäftigt sie nicht; sie
Sachen — platonisch gesprochen — die Ideen der Dinge, nnd erst bei den
angewandten Wissenschaften ond den auf ihnen beruhenden Künsten nnd
Fertigkeiten tritt die Besonderheit des einzelnen Gegenstandes hinzu. Da-
gegen ist das Individuelle, Konkrete das eigentlicbe Momeat der Geschichts-
wissenschaft. Das konkrete Dasein aber wird beherrscht durch den Zufall
aad den freien Willen, Faktoren, die die Naturwissenschaft nickt kennen
kaaa. Aber auf dem Zusammenwirken dieser tatsSchlieh gegebeaen Machte
beraht die Mannigfaltigkeit des Daseins uad des geschichtlichen Lebens.
Und der Nutzen solcher geschichtlichen Wissenschaft? Der praktische
^htzen der Geschichtsforschung — für die Alten seit Thukydides Gemein^
platz — ist problematisch; der Analogieschloß kaaa ebenso oft in die Irre
wie zam Richtigen führen; aber der Measeh, dessen Dasein nun einmal
lieht absolut ist, kann sich selbst und seine Gegenwart nur verstehen
leraea, wenn er ihr Werden, d. h. ihre Vergangenheit, versteht. Nie hat
diese geschichtliche Erkenntnis eine so unmittelbar wirksame Rolle gespielt
wie im 19. Jahrhuadert. Aus der Selbstbesinnung auf die historische Ver-
^Bgenheit erwuchs die Bewegung gegen Napoleon; alle politischen Parteien
sacken ihre Berechtigung historisch nachzuweisen; sie allein ermöglicht ein
Verstfindnis der Formen, in denen unser modernes Leben sich abspielt —
Stsat, Reeht, Wirtschaft, Religion, Kunst osw.
Nachdem der Redner dann kurz das Verhältnis von Kultur nnd s. g.
politischer Geschichte gestreift halte, kam er zu der Frage, wie sieh unsere
Schale, speziell das Gymnasium, zo dieser Geschichtswissenschaft zu stellen
habe. Auch hier darf sich das Gymnasium nicht mit einer allgemeinen
Keaatats der historischen Vorgänge begnügen, auch hier bat es in die
Prshleme einzufahren; das geht auch hier nicht ohne Auswahl. Da steht
Mlbstverstäudlich die vaterläadiache Geschichte in erster Linie; aber bei
der vielfach nberstarken Betonung der nationalen deutschen, speziell der
prenfiischen Geschichte droht dem Verstand ois der geschichtlichen Vorgänge
eiae Gefahr. Es gibt in Wirklichkeit keine deutsche Geschiebte, wie es sie
'^^ gegeben hat, sondern nur eine universelle Geschichte der abeodlöndischen
Bnltorwelt, von der die deutsche einen nur im Zosammenhsng des Ganzen
ZB verstehenden Teil bildet; und gerade die deutsche Geschichte ist am
sJJerwenigsten isoliert; sie verstehen kann nur, wem der ununter-
brochene allgemeine Zusammenhang klar und lebendig geworden.
Aber daneben hat das Gymnasium die Geschichte des klassischen Alter-
tams. Hier kann es das Quellenmaterial, aus dem wir unsere Erkenntnis
schöpfen^ den Schalem selbst in die Haud geben, unmittelbar an die tiefsten
414 ^' Vers. d. Freaode d. humao. Gymn. io Berlin, voo F. Boesch.
historiflcbeo Fragen herantreten und sie diskotieren; aas ihrer Behandlno^
ergibt sich reichste unmittelbare Belehrang für die Probleme der Gegen-
wart; and das alles kann gesehehen an einer abgeschlossenen Geschichte,
in der wir die Entwicklnngsreihen bis ans £nde verfolgen können.
DszQ kommt der erzieherische Nutzen der Geschichte. Sie macht be-
scheiden and vorsichtig in der Kritik, die ons non einmal im BJote Hegt.
Oberflächliche Halbbiidang ist immer bereit abznsprechen; sie hat ja feste
Lehrsätze. Wer aber geschichtliche Betrachtung gelernt hat, der kennt die
Schwere eines verantwortungsvollen Willensentschlussesj die Große einer
historischen Tat, die unendlich grb'Ber und schwerer ist als alles Denken
und Urteilen, der weifi, daß die Situation und die Möglichkeit ihrer Be-
urteilung vorher eine gioz andere ist, als wenn wir nachher sehen, was
daraus geworden ist, und ist mafivoll im Urteil und besonnen.
Dazu kommt die Wirkung der geschichtlichen Erziehung auf den sitt-
liehen Willen. Im Gegensatz zu der egoistischen Betrachtung, die ähnlich
wie die Sophisten den schrankenlosen Individualismus des Übermenschen
lehrt, weist die Geschichte auf die eigentlichen, wahren, grofieo Aufgaben
des Menschen hin, zeigt sie, wie erst wahres Pflichtbewußtsein ihn adelt
und hinaushebt über das alltägliche Leben, daß er als C^ov tpvüu noltrgxov
nur etwas leisten kann, wenn er der Allgemeinheit dient, d. b. der sittlichen
Idee sich unterordnet, daß die Moral nicht eine Fessel für Sklavenseeleu
ist, sondern des Menschen höchstes Gut; denn das höchste Gut des Menschen
ist neben dem Willen die sittliche Verantwortung oder, was genau dasselbe
ist, die wahre Freiheit.
Lauter Beifall dankte dem Redner. Der Ansporn, den er seinen
Hörern gab und sicherlich auch seinen Lesern gibt, über die hier berührten
Probleme nachzudenken, wird ihm der beste Dank sein, und so wird sein
Vortrag doch mehr sein als ein aytovia^a Ic ro naQaxQfjf^a axoveiv, wie er
ibn bescheiden hinstellen möchte. — Professor Scholz kleidete die
Empflodungeo der Hörer in ein paar Worte. Eine Brziehungsstunde haben
wir bekommen, fast möchte ich sagen, eine Erbauungsstunde. Unsere Auf-
gabe sei, diese Erbauung wieder in Erziehung unseres Volkes, zumal
unserer Jugend umzusetzen und dafür zu sorgen, daß Leuten wie Ampelius
ihre Tätigkeit und ihr Streben mögliehst erschwert werde.
iNach Schluß der Versammlung vereinigte sich ein großer Teil der
Hörer noch in dem Saale eines nahe gelegenen Restaurants. Über 140 neue
Mitglieder haben persönlich oder schriftlich ihren Eintritt in die Ver-
einigung ausgesprochen. Bald hoffen wir, das erste Tausend zu erreichen.
Wilmersdorf. F. Boesch.
VIERTE ABTEILUNG.
EINGESANDTE BÜGHER
(Besprechung einzelner Werke bleibt vorbebalten).
I.Meyers Grofies RonversatioDs-Lexikoo. Ein Nichschlage-
werk des allgemeinen Wissens. Sechste, gäazlicb nenbearbeitete nnd ver-
Mhrte Anfinge. Mit mehr ats 11000 Abbildungen im Text nnd auf über
14U0 BilderUfelo^ Karten and Plänen sowie 130 Textbeilagen. Sechzehnter
Batd: Plaketten bisRintelo. Leipzig nnd Wien 1907, Bibliographisches
lutitot 952 S. gr. 8. eleg. geb. 10 JK.,
Auch in diesem Bande berührt aufs angenehmste die überall sichtbare
Griiidlichkeit und grofie Sorgfalt, die von den Verfassern und von der
Bcdaktion der Ansnrbeitung der einzelnen Artikel gewidmet worden ist.
ftis io die neueste Zeit, man kann sagen bis znr Dmckkorrektnr sind die
Kreigiisse verfolgt und in erschöpfender Ausführlichkeit dargelegt worden.
Wie in allen früheren Bänden, so steht anch in dem vorliegenden se(;hzehnten
üt Illustration auf der Höhe der Technik.
2. Vierteljahrschrift für körperliche Erziehung. Heraus-
Se^eben von L. Bürgerst ein nnd V. Pinmer. Jahrg. 2, Heft 3.
3. G. Leonhardt, Der Begriff der wissenschaftlichen Vor-
Mldnng. Rede, gehalten bei der Eröffnung der Mädcheorealgymnasialkurse
in Dessau. Dessau 1906, C. Dünnbaupt. 10 S.
4. R.M.Meyer, Hriterien der Aneignung. Leipzig 1906, B. G.
Teoboer. 45 S. Lex.- 8. 1,60^. (S.-A. aus den Neuen Jahrbüchern
n. ßiDd.)
ä. M. Halbwachs, Leibniz. Paris n.J., Paul Delaplane. 123 S
kU. 90 c.
6. J. B. Seidenberger, 0. Willmann und seine Bildungs-
lehre. Maiaz und München 1906, Rircbheim & Co. VIII n. 89 S. kl. 8.
li Boderner Drnckausstattnng mit einer Titelgravure eleg. kart. 1,50 JH,.
7- Führer durch das Unterrichts wesen der Städte Hannover
>io Linden. Herausgegeben vom Verein zur Förderung des Fremden-
verkehrs in Hannover. Hannover 1906, Adolf Riepert IV u. 156 S.
8. Bildbetrachtungen. Arbeiten aus der Abteilung für Rnnstpflege
'es Leipziger Lehrervereins, herausgegeben vom Leipziger Lehrerverein.
^ipzig 1906, B. G. Teubner. IV o. 98 S. mit einem fiilderanhang (zwölf
Bilder). ^ Jk, ^
9. G. Naumann, Otto der Ausreifier. Bruchstücke aus einem
Mgen-Tagebnche. Mit 6 Vignetten. Leipzig 1906, C. G. Naumann. 304 S.
»teif krosch. 3 JH, geb. 4 ^.
10. F. Pistorins, Ans den Unglückstagen von 1806. Mit
1 Bontkiid «nd 9 Rarten. [Mit Gott für Röoig und Vaterland, Erlebnisse
«iMs prenfiischen Jungen I.] Berlin o. J., Trowitzsch & Sobn. V u. 268 S.
'^^* geb. 4 JC, — Für Schülerbibliotheken zu empfehlen.
11. J. Sehaal, Als ich noch zur Schule ging. Hamm in West-
lilen 0. J., Breer nnd Thiemann. 156 S. kl. 8. 1,60 JC-
12. Lehrbuch der katholischen Religion für die oberen RIassen
der Gynaasien. Elfte Auflage. München o. J., R. Oldenbourg. XIV u. 416 S.
^- Angebunden: Th. Dreher, Lehrbuch der katholischen Religion für
Oberjrynnasien. Teil IV: Abrffi der Rirchengeschichte. Zweiundzwanzigste
416 EiDgesandte Bücher.
13. Th. Dreher, Lehrbach der katholiichen Religioo für
ObergymBasien. Möocheo o. J., R. Oldeobourg. Erster Teil: Die Gött-
lichkeit Christi. Elfte Auflage. V n. 142 S. 8. geb. — Zweiter Teil: Die
katholische Glaabeoslehre. Dreizehotc Aoflage. VI u. 140 S. 8. geb. —
Dritter Teil: Die katholische Sittenlehre. Zehote Aoflage. IV o. 82 S. 8.
geb. — Vierter Teil: Abrifi der Kircheogeschicbte. Zweiaodzwaozigste Auf-
lage. VII Q. 121 S. 8. geb.
14. J. Kempf, Litargik oder Erkläruag der heiligen Zeiten, Orte
und Handlangen der katholischen Kirche, für die mitüereu Gymnasialklassen
und entsprechende Stafen anderer Lehranstalten bearbeitet. Achte Aaflage.
Paderborn 1906, F. Scbb'ningh. VIII a. 121 S. mit 14 Holzschnitten.
15. J. Schröder, Kleine Kirchengeschichte. Kirchengeschicht-
liehe Bilder. Fünfte Auflage, herausgegeben von W.von der Fahr. Pader-
born 1905, F. Schöoingh. VI o. 135 S. 8. geb.
16. Römpler, Religio moralis. Leipzig 1906, P. Brandstetter.
63 S. gr. 8. 0,80 JC, (S.-A. aus „Der praktische Schulmann*' 55. Band.)
17. Gudrun. Herausgegeben ?on R. Peters. Leipzig 1906, H. Bredt.
123 S. 1,20 JC.
18. Lessing, Emil]ia Galutti. Herausgegoben von G. Frick.
Leipzig 1906, B. G. Teubner. 89 S. geb. 0,65 JC,
19. Schiller, Die Jungfrau von Orleans. Herousgegeben von
F. Ullsp erger. Mit 1 Karte. Dritte Aoflage. Leipzig 1906, G. Frevtag.
163 S. geb. 0,75 w^.
20. Schillers Wilhelm TelL Herausgegeben von P. Hellwig.
Mit einer Einleitung: Ober das Wesen der dramatischen Poesie. Dresden
o. J., L. Ehlermann. 170 S. mit einem Kärtchen, geb. 1,20 JC*
21. Schillers Wallenstein. Herausgegeben von M. Evers. Leipzig
1905, H. Bredt. Viertes Heft, erste Hälfte. 199 S. mit einem Kärtchen.
1,40 J^. — Viertes Heft, zweite Hälfte. S. 200— 434 mit einem Kärtchen.
1,60 JC.
22. Grillparzer, König Ottokars Glück and Ende. Heraus«
gegeben von G. Frick. Leipzig 1906, B. G. Teubner. 142 S. geb. 0,80 Jt.
23. Th. Matthias, Sprachlebeo und Sprachschäden. Ein
Führer durch die SchwankuDgen und Schwierigkeiten des deutschen Spraeh-
gebranchs. Dritte Auflage. Leipzig 1906, F. Brandstetter. XII n. 488 S.
&>&0 JC, geb. 6,30 JC.
24. Wehnert, Regeln für die Anfertigung von deutschen
Aufsätzen. Ein Hilfsbuch für Schuler höherer Lehranstalten. Dortmund
1906, F. W. Ruhfus. 16 S.
25. E. Boesser und F. Lindner, Vaterländisches Lesebuch
für untere und mittlere Klassen höherer Lehranstalten. Erster Band. 8exta
bis Quarta. Dritte Auflage. Berlin 1906, E. S. Mittler und Sohn. SexU:
in n. 111 S.; Quinta: III u. 162 S.; Quarta: HI u. 184 S. Grammatischer
Anhang 24 S. 6 JC, geb. 6,50 JC.
26. Longfellow Selections. Für den Schalgebrauch heransge-
geben mit einer Einleitung und Anmerkungen in englischer Sprache von
Johanna Bube. Leipzig 1906, G. Freytag. 152 S. geb. 1,50 JC.
27. The Journal of Eoglish and Germanic Philology.
Edited by G. E. Karsten and J. M. Hart. Vol. VI N. 1 (1. October 1906.)
182 S.
28. Perthes* Schalausgab>en englischer und französischer Schrift-
steller. Gotha, F. A. Perthes.
Nr. 53. A. Tennyson, Poetical Works. Für den Schalgebraach
herausgegeben von B. Uerlet. XV u. 134 S. geb. 1,20 JC- Wörter*
buch 36 S. 0,60 JC.
Nr. 54. Meisterwerke englischer Dichtung. Chevy Chase,
Milton, Gray usw. Für den Schulgebrauch herausgegeben von H.
Jantzen. V u. 159 S. 1,40 JC. Wörterbuch 30 S. 0,40 JC.
ERSTE ABTEILUNG.
ABHAKDLUNaBN.
Gegenwarten and Zukunftspftdagogik.
Bei der Gründang der höheren Schule io Linz am Rhein vor
Jahren^) mußten die Professoren dem Burgermeister und Rat
^ Stadt versprechen „was die forcht gottes uod gute sitten als
die lehr anbetrifit allen möglicheo FleiB anzuwenden''; modern
iosgedrGckt: als das Ziel ihrer Arbeit wurde ein dreifaches hin-
Mit: die religiöse Ausbildung, die sittliche Erziehung und der
IflterrichL — Nach diesen Richtlinien wird noch heute ge-
ltet, und doch, kann man sagen, hat sich allmählich eine
Imwandlun^ dieser Begriffe, eine Erweiterung und Änderung
ib@ Umfanges, ein solcher Wechsel ihres Inhaltes vollzogen,
^ii man die moderne Schule kaum mehr mit der vor 200 Jahren
^^leichen kann. Die sittliche Erziehung, um mit dieser zu be-
ginoeo, hat neue Gesichtspunkte gewonnen durch die Betonung
<i» Nationalen; hierdiu*ch, ferner unter dem Einflüsse der Politi-
ken Ereignisse vor 100 Jahren, treten, mächtig gefördert durch
die deutschen Dichter, besonders durch Schiller, neben den mehr
j^ssiven Charaktereigenschaften immer stärker die aktiven, wie
VateriandsUebe, Unternehmungslust, Freiheitsliebe, das Gefühl für
<^ie eigene Verantwortlichkeit, die Männerwurde, Tatkraft und
Tapferkeit in den Vordergrund, Tugenden, auf die das Wort
von E. H. Arndt paßt, das man in Bonn auf sein Denkmal ge-
setzt hat: „Der Gott der Eisen wachsen ließ, der wollte keine
Knechte". Was aber das zweite Ziel, den Unterricht, betrilTt, so ist
zwar der wichtigste Gegenstand d^s Unterrichts derselbe geblieben,
Qämlich die lateinische Sprache, aber sie ist nicht mehr
I^nterrichtsgegenstand und Unterrichtsziel zugleich; denn das
Lateinische hat aufgehört die Sprache der Gelehrten zu
sein, und damit fiel auch für die Schule die Notwendigkeit fort,
3i8 wichtigstes Ziel des Unterrichtes das Lateinsprechen zu be-
rücksichtigen.
^) Der Aofntx eothilt eine Rede zd der Jubelfeier am 5. November
^^S, mit eioigefl Äo^eraageo.
Mtedir.f.d.GjBiBMi»lweMtt. LXL 6. 27
418 Gegenwart«- und Zakanftipadagogik,
Noch ein anderer Grund trat in unserer Zeit hinzu, dem
Lateinischen eine veränderte Stellung zuzuweisen. Es wird den
alten Sprachen und der Kultur des Altertums von uns nicht mehr
eine für alle Zeiten und auf fast allen Gehieten besonders in der
Wissenschaft und Kunst maßgebender, ich mOchte sagen, dogmati-
scherWert beigemessen, wie zur Zeit Goethes und des Neuhumanismus ;
dagegen hat sich die grammatische und logische Schulung, die in
unserer Jugendzeit auf .den Schild gehoben war, zwar behauptet, muß es
sich aber gefallen lassen, ihreHerrschaft der geschichtlichen Auffassung
des Altertums und seiner Verwertung für das geschichtlich^ Verständ-
nis der Vergangenheit und Gegenwart zu überlassen. Wir treiben
in der Schule alles in erster Linie für die Gegenwart ; diese suchen
wir historisch zu verstehen, indem wir uns mit der Sprache, mit
der Geschichte und Literatur unsers Volkes und mit der Sprache und
den Wissenschaften, den politischen, militärischen und Wirtschaft-
liehen Verhältnissen derjenigen Völker beschäftigen, denen wir den
Ursprung und die wertvolle Weiterentwickhing der Kultur verdanken.
Aber indem wir dabei gewahr werden, wie großartige Fortschritte
besonders in den Wissenschaften gemacht worden sind, und wie
hervorragende Geister Tag für Tag mit Eifer daran arbeiten,
nicht bloß, wie es das Ziel unserer Vorfahren war, die geistigen
Schätze früherer Jahrhunderte sich anzueignen, sondern rastlos
neue Entdeckungen in den Wissenschaften^ neue Erfindungen in
der Technik zu machen, nicht bloß zu wissen, sondern auch zu
forschen: ist es selbstverständlich, daß auch die Schule, welche
auf die verschiedensten Berufe vorbereiten und auch künftigen
Gelehrten und Forschern ihre Vorbildung geben soll, auf das
veränderte Ziel Rücksicht nehmen muß. War die Tätigkeit der
Schüler in früheren Zeiten vorzugsweise eine rezeptive, eine Ar-
beit des Gedächtnisses, und wurde deshalb das Auswendiglernen
und Abhören als wichtigster Teil des Unterrichtes angesehen,
wurde ferner damals der Verstand besonders durch Distinktionen,
Definitionen und Deduktionen geübt, um die Orientierung auf
allen Gebieten des aufgespeicherten Wissens zu erleichtern, so
ist jetzt die Induktion und das Experiment als vollberechtigt an
ihre Seite getreten, und eine gründliche Ausbildung des Denkens
wird als wertvolleres Unterrichtsziel angesehen als die gedächtnis-
mäßige Aneignung des überlieferten Wissens. Diese Einstellung
des Unterrichtszieles in allen Unterrichtsgegenständen nach den
Bedürfnissen der Gegenwart zugleich mit den alles beherrschen-
den wirtschaftlichen Verhältnissen unserer Zeit treiben von selbst
dahin, daß die Naturwissenschaften in größerem Umfange, stärkerem
Grade und nach ganz anderer Methode bebandelt werden als
früher, gerade so wie die fast wunderbare Entwicklung des Ver-
kehrs die Nachbarvölker uns so nahe rückt, daß wir uns mit
ihrer Sprache und ihren Verhältnissen vertraut machen müssen,
wenn wir uns zu Führern unseres eigenen Volkes heranbilden
voo J. Bair. 4t ^
wollen. Wie nun in allen Fächern das weitabgewandte Buch-
wissen in Mifikredit gekommen ist, wird natörlich besonders in
den Naturwissenschaften diese Entwicklung eingetreten sein, um
der eigenen Anschauung und Beobachtung Platz au machen; die
Schüler sollen die Natnrwissenschaften nicht mehr etwa aus-
wendig lernen oder sich erklären und mit Experimenten vor-
führen lassen, sondern noch mehr als in den andern Fächern
selbst lasehen, selbst unterscheiden, selbst experimentieren und
daraus die Folgerungen ziehen lernen. Neben das Wissen tritt
das Können, die Fertigkeit neben das Kennen hier wie in allen
Unterrichtsfächern, neben das Schreiben tritt die Gewandtheit im
Sprechen als Tollberechtigtes Unterrichtsziel.
Nehmen wir hinzu, daß, bedingt durch den nationalen Auf-
sdiwnng unsers Vaterlandes und durch die glänzende Entwicklung
unserer Literatur seit Lessing, Herder, Goethe und Schiller, be-
sonders das Verständnis und das GenieBenlernen deutscher Poesie
mit Sorgfalt gepflegt wird und daß neben der Kultur des Ver-
standes auch das Ästhetische in Schauen und Empfinden wie ein
^eridärender Bauch die Räume des Unterrichts durchschweben oder
vie ein anregender elektrischer Strom alle Gebiete des Unter-
richts durchziehen soll, so glaube ich den Geist, den Sinn und
Zweck des Unterrichts unserer Zeit in ihren charakteristischen
Zogen gezeigt zu haben.
Man sollte meinen, dieser stattliche Bau könne ffir das
deutsche Volk eine Ursache der Freude und des patriotischen
Stolzes sein und mit Befriedigung könnten wir zurQckblicken auf
die giöckliche und segensreiche Entwicklung des deutschen Unter-
richtswesens, die es unter der einsichtsvollen Arbeit der deutschen
Lehrer nnd Gelehrten und unter der kraftvollen Mitwirkung
and Leitung unseres erhabenen Herrscherhauses genommen hat.
Was mich persönlich betrifft, so muß ich gestehen, daß ich
mit solchen Gefühlen der Freude und Zufriedenheit und mit
den besten Hoffnungen auf eine glückliche Weiterentwicklung in
der Zukunft die deutsche Schule betrachte, daß ich es wohl
verstehen kann, wenn andere Nationen uns beneiden, zumal sie
nberzengt sind, daß solche Einrichtungen und Verhältnisse nicht
bloß dem Papier oder der Einbildung angehören, sondern dem
Ernste, der Reellität und der Pflichttreue unseres Volkes ent-
sprechend Tatsache und Wirklichkeit sind und daß der höhere
Lebrerstand es sich keine Muhe verdrießen läßt, seine pädagogi-
schen Ideale in die Wirklichkeit zu übertragen.
Allein wer wollte verkennen, daß die Entwicklung der Schule
manche unbeabsichtigte, nnvorhergesehene und unangenehme Neben-
wirkungen im Gefolge hat, daß etwa die Schattenseiten in dem
glänzenden Bilde fehlen? Wer wollte meinen, daß die in unserer
Zeit mehr als je hervortretende rücksichtlose Kritik auf den Ge-
bieten des Unterrichtswesens der Berechtigung entbehrte? — Soweit
27*
420 Gepeowarti- nnd Zoikuoftspadafo^ik,
die Beurteihuig sich auf einzelne Fälle und auf einzelne PerBonen
beziehtv können wir sie aus unserer Bttrachtnng ausscheiden.
Denn man muB zugeben, daB viele MiBstlnde dadurch verursacht
werden, dafi einerseits zu viel ScfaiQler ohne die n6lige Begabung
in eine höhere Schule eintreten, einzig und allein aus dem Grunde«
weil <Ue Eitern ihre Kinder in eine höhere soziale Stellung bringen
wollen, oder weil die Eltern nach ihrer sozialen Stellung ihre
Söhne studieren lassen müssen, wenn diese nicht „deklassiert*^
werden sollen; andererseits ist es ein unvermeidlicher Obelstand,
dafi hei der groBen Nachfrage wie in alle St&nde, so auch in den
Stand der h(Vberen Lehrer mehr als früher Persönlichkeiten hin-
eingeraten sind, denen dazu die moralische Berechtigung fehlt und
die ^icb nicht bemühen, sie zu erwerbe. Beschränken wir uns aber
auf das Sachliche, so tritt uns als erster Vorwurf der Hinweis auf
die Überbfirdung der Schaler entgegen. Alte und neue Sprachen,
Mathe«natik, Naturwissenschaften utad die verschiedensten Geistes-
wissenschaften werden gelehrt; unsere Schulorganisationen und ihre
Lehrpläne bilden keinen Organismus, in dem jeder Teil ein not-
wendiges Glied des Ganzen ist und in dem das Ganze einen einheit*
lieben Gedanken in sieh verkörpert, sondern sie sind, wie Willmann
in. seiner Didaktik I 417 sich ausdruckt, „durch Kumulierang ent-
standen'', ein kompliziertes Bauwerk, das stetig im Innern und
auch von Zeit zu Zeit in seinen äußerlich sichtbaren Formen
verändert wird, weil es entstanden ist und weiter ausgebaut wird
auf Grund von Kompromissen zwischen der aus verschiedenen
Weltanschauungen aufgebauten Tradition, psychologisch-pSdago-
gischen Erwägungen und den wissenschaftlichen Bestrebungen
und praktischen Bedürfnissen der Zeit. Deshalb begehren immer
wieder neue Disziplinen Einlaß in die schon übermäßig vollge-
pfropfte Schule. Freilich ihrem mehr oder weniger störmiscben
Vordringen vermag die Behörde den Eintritt zu versagen; wenn
sie aber auch neue Fächer zurückweisen kann, so ist es doch
für sie «schwierig, die Leitung über Änderungen in dem Innern
des Gebäudes in ihrer Hand zu behalten, die dadurch entstehen,
daß immer wieder neue Unterrichtsziele, sei es in formaler oder
in materialer Beziehung, neben die alten treten, kurz daß die
Unterrichtsziele sich differenzieren, wie die Zellen in einem
lebenden Organismus sich spalten und dadurch neue erzeugen.
So sehen wir in unserem Schulbetriebe folgende Ziele sich
wirksam betätigen: körperliche und geistige Ausbildung; in bezug
auf die Fertigkeiten neben Schreiben und Zeichnen das Sprechen;
in intellektueller Beziehung die formale logische und historische
Schulung und Einführung in die Probleme der Philosophie; die
sittliche und die ästhetische Erziehung. In den fremden Sprachen
heißen die Ziele: Sprachfertigkeit, Sprachverstäodnis, grammatische ^)
M DaB dieses Ziel oeben den oeaeren io Geltung bleibt, dafür sor^t
die PrUfaogsordooDg, welche flir die schriftliche ReifeprüfuDg im Lateioi-
y«B.J«6tar. 42t
uod logisehe Aushädung, AneigouDg des Sachlichen, Ventdodaii«
und Würdigung des Inhalts für die Zeit des ScbriftsttiUers wie
für ansere Gegenwart, ferner ästhetisches Nachempfinden; im
Deatecben verlangen wir Gewandtheit in der schriftlieheii und
anch in dv mändlioben Darstellung, nach der materialen Seite
hin Kenntnis der poetischen und pioaaischen Stöcke in den Lese*
böcbem, Verständnis für das Werden der Sprache, Kenntnis der
neuem uad neuesten Literatur neben der Beschiftigung mit unsera
klassiseben Dichtern. In der Religionsstunde behaupten sich die
alten Ziele als heati possidentes, daneben gilt es die Schüler zu
rüsten gegen eine allzu kritisdie Theologie und gegen verschiedene
Richtangen in den Naturwissenschaften und in der populären
Philosophie (Haeckel und Nietzsche). Daneben ist noch die schwerste,
aber auch die dankbarste und vornehmste Aufgabe zu erfüllen^
nasalich die erhabenen Wahrheiten des Christentume in den Inter«
«Senkreis und in das Leben des Schülers wirksam einzuführen
und seine Denkungsart und Gesinnung mit dem Geiste des Ghrislen-
tuiis zu durchdringen. In der Geschichte ist die Kulturgeschichte
oad zwar besonders die Kenntnis der wirtschaftlichen Entwicklung
Beben die politisi^ getreten, die Orientalisten verlangen eine
gruadlicbe Einführung in die morgenlindische, andere Historiker
hm noch in die römische Kaisergeschichte. Um die nächste
Geeeratian zu politischer Urteilsfähigkeit und zu dem Gefühl der
politischen Verantwortlichkeit zu erziehen, wird es aofierdem noch
Ddtig sein, daß man sich in der neueren politiscfaen Geschichte
flicht mit deii Taten der leitenden Persönlichkeiten, nämlich der
Fürsten, Feldherren und Beamten begnügt. In der Erdkunde kann
das Topographische mit Rücksicht auf das praktische Leben nicht
entbehrt werden, aber daneben ist auch die Behandlung der geo*
graphischen uod ethnographischen, sowie der politischen Ursachen
und Wirkungen als Unterrichtsziel anerkannt; außerdem verlangen
utilitaristisch gesinnte Laien noch die Einführung in das Lesen der
Eisenbahnfahrpläne. In den beschreibenden Naturwissenschaften
beanspracht das Biologische seinen Platz neben der früher allein
verlangten Kenntnis der äußeren Morphologie und der Systematik.
In der Physik und Chemie kommt außerdem noch das stetige An-
wachsen des Stoffes in Betracht. In der Mathematik begehren
Integral* und Differentialrechnung Einlaß, obscbon der Mathematik-
>di«a eise Obertetzeag von Uenticheo io« Latoioiicbe verlangt Di« Ab-
riektuBg za dieser Arbeit erfordert stetige Wiederbolong der tUerelemeotarsten
Sscbea aas der Granmatib. Aucb in Griecbiscbea aad in den neaeren
Spracbea ist dB» Syaten der Gramaiatobratie aiebt zarüobgedräagt: dafür
*9rg^n scboo die vieles deatscbea Stücke zum HiDÜbersetzea in den Ubangs-
^iic&era. Andere beftimneB die neoen Lebrplaoe in Frankreieb, welebe für
jsde fiJaaie iai t^iteiniaeben vorsebreibeo : L'explication des textet sera ie
prioeiaal ezereice de la claase and für die oberste Klasse keiae Hinüber-
Mtzongen kentten»
422 Gegeowtrts- and Znknoftipädagogik,
lehrer es jetzl schon schwierig findet, bei den Schülern der oberen
Klassen Interesse für sein Fach zu erwecken und gute Ergebnisse
zu erreichen.
Diese Diflerenzierung der Unterrichtsziele macht das Streben
nach Konzentration fast illusorisch, gibt dem Unterrichtsbetrieb
den Charakter der Hast und Unruhe und l&Bt bei den SchQlern
die eigene wissenschaftliche Initiative nicht recht aufkommen. Sie
wirkt um so energischer, weil die Lehrer Fachlehrer sind, jeder
seinem eigenen Fache einen hohen Wert beimifit und danach die
Anforderungen stellt, während in fräheren Zeiten ein Lehrer in
fast allen Fächern unterrichten mußte und deshalb weniger intensiv
und grundlich vorgehen konnte, ferner, weil sie methodisch ge-
schult sind und weil jeder, statt aufs Ganze zu sehen, nur darauf
bedacht sein kann, in seinem Fache gut abzuschneiden. Zwar
hat man durch Abzweigung der Realgymnasien und Realschulen
von den Gymnasien eine Teilung der Arbeit und dadurch Er-
leichterung für die Jugend zu schaffen gesucht, aber die Klagen
wollen trotzdem nfcht verstummen. Das ist erklärlich; denn
nicht bloß die große Zahl der Fächer, sondern noch mehr
das sich immer weiter verästelnde und verzweigende Unterrichts-
ziel macht, daß die Bürde immer schwerer wird^), und die
gesteigerte Empfindlichkeit und Reizsamkeit unserer Zeit bewirkt,
daß man diese Bürde immer mehr als drückend empfindet« Ein
Vergleich mit dem Unterricht in der Anstalt in Linz zur Zeit,
als sie gegründet wurde, wird das deutlich machen.
Vor 200 Jahren hatten die Schüler nur 3 Stunden Unter-
richt und zwar bei den Professoren. Sie hatten wirklidi nur ein
einziges Hauptfach, das Lateinische. Die Methode dieser Zeit war
gemütlicher, indem sie nicht Stunde für Stunde die Schüler zum
Denken zwang und so nicht, wie jetzt manchmal, der Unterricht
den Charakter des Gequälten an sich trug. Auf diese Unterrichts-
stunden wurden sie durch besondere Präzeptoren, wie noch jetzt
in Frankreich, gemeinsam in dem sog. Silentium vorbereitet,
nämlich morgens in der Zeit von 5 — 7, dann von 10 bis lOVs Uhr
vormittags, und abends von 4 — 7. Mittags von i— SVa Uhr war
Spielzeit. Die Einrichtungen wie der Lehrplan sind von den
*) Diese nolvfAa94a aod nicht etwa die Masse der häuslichen Arbeitea
verursacht die Oberbürdung. Die Eindrücke der verschiedenen Fächer und
die Interessen der verschiedenen Ziele heben sich im Gedächtnis des Sehälers
Kegenseitig auf, wie die experimentelle Psychologie nachweist; in seioea
Denken und Empfinden vereinigen sie sich nicht zu einem harmonischen
Ganzen, sondern bloß zu einem chaotischen, oft dissonierenden Nebeneinander
Dagegen ist die Stundenzahl nach dem Höhepunkt vor etwa 50 — 70 Jahren
kleiner geworden. Hiecke in seinem berühmten Bache über den deotschen
Unterricht verlangte damals noch eine Arbeitszeit von wöchentlich 78 Stun-
den, nämlich täglich 12 und Sonntags 6 Standen. Diese nolvfxa^Ot würde
es vielleicht auch erklären können, wenn die Schüler vor 100 Jahren bessere
Aufsätze schrieben als jetzt.
voft i* Baar. 4S3
Jesuiten als den anerkannt besten Pädagogen ihrer Zeit Ober-
somraen, obsehon in Linz nur Weltgeistliche tatig gewesen sind.
Man beachte, welche Entlastung des Elternhauses in diesen Ein-
richtungen liegt! Die Pr9zeptoren besorgten pfljchtgeffläB, was
heutzutage so vielen Eltern Verdruß und Kummer macht,
Dämlich die Schöler zu Hause zum Studium anzuhalten und an-^
zuleiten und das Gelernte abzuhören. Die Schftler hatten die
Annehmlichkeit, daß sie der Verantwortung des selbststindigen
mehr oder minder freiwilligen Lernens ganz öberhoben waren.
Kein Wunder, daß bis in unsere Zeit in Frankreich die Eltern ihre
S6hne am liebsten in die Schulen der Ordensbrüder oder in andere
Internate schickten, um allem Schulärger und der Schulsorge, einer
schlimmen Krankheit in deutschen Landen, überhoben zu sein.
Daß man auch in England trotz der vielen Prüfungen keinen
Schulärger kennt, liegt auch daran, daß ihre höheren Schulen Inter«
nate sind, mh denselben Einrichtungen, wie ich sie eben geschildert
habe, bloß mit dem allerdings wichtigen Unterschiede, daß, in
England die Schüler in einzelnen Häusern mit verheirateten
Pädagogen an der Spitze untergebracht werden, nicht kaserniert
wie in den Internaten romanischen Ursprunges. Auch in Deutsch-
iand ahmt man diese Einrichtungen nach, z. B. in dem Pädagogium
za Godesberg. Es liegt auf der Hand, daß damit die Schule bei
den meisten Eltern und Schülern an Beliebtheit gewinnen wird:
die Schulverdrossenheit der Eltern läßt sich auf diesem Wege —
das beweist die Erfahrung — beseitigen, und den Kindern sichert
man so eine sonnige Jugend.
Allein daß diese Art Eniehung, wenn sie auch für die Gegen*
wart, in der viele Eltern gar nicht die Zeit, andere nicht die Lust
haben, sich mit ihren Kindern ernstlich zu befassen, daß dieses
System eine Kehrseite hat, das will ich nicht verschweigen. Die
Erziehung der Schüler zur Selbständigkeit und eigenen Verant-
wortlichkeit, die Ausrüstung für den Kampf des Lebens wird
sicher durch unsere jetzigen Einrichtungen besser gewährleistet,
als wenn der Jugend möglichst viele oder alle Schwierigkeiten
aus dem Wege geräumt werden. 'O (a^ dageig av&qfonoq od
naidsvera&^ nur wer sich hat schinden und placken müssen, der
ist erzogen fürs Leben. Eine Erleichterung der Schulbürde ließe
»ich mit geringern Verlusten erreichen, wenn die Direktoren, Lehrer
und Schulrite überall, dem Wunsche Sr. Majestät in Seinem Er-
lasse vom 26. Nov. 1900 entsprechend, wirklich damit Ernst machen
wollten, daß für die Nebenfächer nicht dieselben Anforderungen ge-
stellt werden dürfen wie für die Hauptfächer^), wenn nach dem Vor-
<) UoertrS glich kaon die DifTereosierDDg des Uoterrichtszieles z. B. im
FraBK^iiichea werde«. Vor der Zeit der Reform herraefate an Gymoasium im
FraazSiiaeheB wie in andern Sprachen das grammatische System; es galt
bis iD Prima mit Hilfe von verhüitoismafiig wenig Vokabeln aus dem lite«
rarischen Gebiete die graauiatischen Fermen oad Regeln einzuprägen. Die
434 Gei^eowartS' und Zakuoftspädagogik,
schlage von P. Caoer nur in den Hauptfächern geprüft wflrde, ferner
auch besonders durch die Einführung des Seiektivsystems, d. h. der
Wahlfreiheit zwischen den sprachlichen Fächern und den mathe-
matisch-naturwissenschaftlichen in den obern Klassen, wie es in
England schon länger besteht und in Frankreich neuerdings für
die drei oberen Klassen durchgeführt ist'). Dadurch wird man
der Tatsache gerecht, daß die meisten normalen Knaben einseitig
begabt sind und sich nicht für alle Fächer gleichmäßig inter-
essieren. Will man aber die jetzigen Schulformen beibehalten, so
muß sich wenigstens j^ede Anstalt bescheiden in der Zahl ihrer
Unterrichtsziele, und ihre Lehrer müssen sich wenigstens klar und
•einig werden in bezug auf diese Ziele und über die Mittel, sie
gemeinsam zu erreichen. Nur dann wird man auch der schlimmsten
Gefahr begegnen können, nämlich, daß die Lehrer den Glauben
an die Ersprießlichkeit ihrer Arbeit verlieren.
Wir kommen jetzt zu einem radikalern Vorschhige. Um die
Überbürdungsfrage für immer zu beseitigen, indem sie einzig den
Anforderungen der Gegenwart und Zukunft ohne Rücksicht auf
die Vergangenheit gerecht werden wollen, befürworten andere
Schulreformer, das Studium der alten Sprachen überhaupt ab-
zuschaffen. Dafür hat nach ihrer Meinung die Beschäftigung mit
den Naturwissenschaften einzutreten; bloß die neuern Sprachen
Reform brachte folgeode Schwierigkeiten hinzu, ohne die frUhero so be-
sMtigen: a) &\t ErlerooDg einer guten Aossprtehe, b) die Übung im münd-
lichen Gebrauch der Sprache and die £r]era«iig dar vielM VokaMo, walehe
fdr die gewöhnliche Konversatioo gebraoeht werden, c} dt ^v^ogen dar histori-
schen Schreibweise fast jede? französische Wort für das Ohr ein andere«
ist als für das Aage, so mofi der Schüler jedes Wort zweimal lernen und
aof das Erlernen fttr das Ohr — •Verstehen des Gesprochenen oder Vor-
gelesenen — > mntk viel Zeit «ad Kraft verwendet werde«, ohne daB diene dem
Erlernen dorch das Auge entzogen werden darf, wenn nicht die Zahl der ortho-
graphischen Fehler in den Diktaten nnd Klassenarbeiten ins unendliche wachsen
soll; und es soll das Verständnis des Inhaltes und das Eindringen in die fran-
zösische Kultur mehr als bisher gefördert werden. Wie kann der Lehrer so
viel mehr erreichen als früher, wenn er in den Tertiea nonh eine Stande
weniger zur Verfdgnng hat als vor 1902, es sei denn anf Kasten der Haupt-
fächer, indem der Lehrer in den französischen Stunden seine Schüler so
Straphziert, dafi sie in der folgenden nicht mehr leistungsfähig sind, oder
zo viel Hausatrfgaben atifgibt oder beitles? Pädagogischer scheinen mir die
Belasten Lehr)ilXne in Frankreich ftir die lebetfden Fremdsyraehea nu be-
stimmen: Für die Unterstafe ist das einzige Ziel >,parler'S für die cwette
die Hauptsache ,»lire et ^crire'^, für die Oberstufe Verstäadnis der fremden
Kultur. Die Schnlerzahl einer Klasse darf für diese Sprachen höchstens
2d betragen.
^) Dort tmt der Gymnasiast für die drei obersten Klnsaen feigende Wahl :
Lateinisch-Griechisch als Hauptfächer, oder 2) Lateinisch ohne Griechisch
mit 7 Stunden moderne Sprachen, oder 3) Latein ohne Griechisch mit
5 Stunden Mathematik nnd 5 Stunden Naturwissenschaft nebst 4 Stunden
Zeichnen statt 2. Qui trop embrasse qui nal etreint gilt demnach hier nicht
für unsere westlichen Nachbarn. Wir jedoch sollten uns der Fabel von dem
Hunde erinnern, der zwei Hasen zugleich fangen will.
Y«»J. Baar. 426
düifBD noch zu dem Zwecke getrieben werden, daß die Fertigkeit
im Sprecbes erreicht wird. Sie geben davon aus, dafi der Unter-
richt unserer Zeit auf alle möglichen hietoriscb bedingtes Gesichte-
punkte Ruckaicht nimmt, nur nicht auf die pidagogiachen. Die
Erüehong, sagen sie, ist eine künstliche, keine natürliche. Soll
sie eine natürliche sein, so muß zuerst das Auge, die Hand und
das Ohr, es müssen die Sinne gebildet werden, das Kind muß
gewöhnt werden zu beobachten und seine Sinne zu gebrauchen,
statt durch Lesen und Schreiben gezwjungen zu werden, sich mit
einer ihm fremden und ihm uninteressanten Welt zu beschäftigen.
An der Nator ringsum soll es sein Auge, seine Phantasie und
sein Denken bilden, sn der Herrschaft über die Natur, die ein
Tri«mpJi unsers Jahrhunderts ist, soll es von früh auf befähigt
werden, unbekümmert um das schwere Rüstzeug, das ihm ein
Studium der Vergangenheit aufzwingt, pm eine Rüstung, die ihn
doch nur schwerfSliger machen kann im Kampfe des Lebens.
Sagt nicht schon GoeAe: „Wir alle leben von der Tradition und
gehen an der Tradition zugrunde''? — Solche Vorschläge klingen
besiechend, aber sie entstehen aus einer Verkennung der Wirk-
lichkeit, aus einem konstruierenden Doktrinarismus, der das Leben
aad die Geschichte der Menschen nicht versteht Zuerst ist zu
betenen, daß zwar die Ausbildung der Sinqe ein wertvolles
pädagogisches Ziel ist, aber nicht das maßgebende. Wir leben
aicht unter Indianern, bei denen es besonders darauf ankäme,
mit scharfen Auge die Fußspuren in der Prärie zu finden, sondern
UDier gebildeten Menschen, bei denen es als die wichtigste Forderung
gut, kbr zu denkep und sittlich zu handeln. Das Auge, das aus-
^bildet werden muß, ist deshalb nicht bloß das physische Auge,
soadem im übertragenem Sinne das Auge des Geistes, d. h. die
Fähigkeit, Beobachtungen der Sinne nach Verhältnis von Ursache
und Wirkung zu verknüpfen, nach den von uns erworbenen
Eeontniesen zu beurteilen und nach den uns durch Anlage und
^™ehang gegebenen Maßstäben zu werten. Daß Ursache und
Wirkung gar nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden kann,
&ondern nur das Nebeneinander und Nacheinander der Dinge,
darüber sind sich die Philosophen längst klar geworden. Wie
wenig Bedeutung daher für die Beurteilung, Ausnutzung und Be-
herrschung unserer komplizierten wirtschafüicben, sozialen und
anderen Verhältnisse die Ausbildung des physischen Auges hat,
sieht man ein, weun man bedenkt, daß z. B. fär die erfolgreiche
Spekulation an der Börse nicht etwa derjenige überlegen ist, der
alle Münzen oder aUe Produkte genau kennt und vielleicht aus
dem GedichtBis zeichnen kann, soadem wer ein Menschenkenner
aod Kenner •der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse,
d. b. abstrakter, also ansichtbarer Beziehungen ist, so dafi hier
ein Blinder dem Sehenden überlegen sein kann. Falsch ver-
standen ist auch 4er zweite Begrifl, der Begrifi' der Anschauung,
426 Gegenwtrts- dd4 Zukanftspädtgogik,
indem sinnliche Anschauung als eins gesetzt wird mit der An-
schauung unseres Geistes, der Fähigkeit unserer Phantasie, uns
Dinge, Vorgänge und Verhältnisse vorzustellen» die wir nie ge-
sehen haben und oft nie sehen werden und die überhaupt
nicht mit leiblichen Augen gaschaut werden können. Schließ*
lieh ist auch noch die Voraussetzung falsch, daß die Natur
die einzige uns umgebende Welt wäre. Gott hat die Welt er-
schaffen, aber, kann man sagen, auch die Menseben haben im
Laufe der Jahrtausende eine Welt geschaffen, die unser Wohl
und Wehe, unsere Freude oder unsem Schmerz in noch
stärkerem Grade bedingt als die Natur,, die wir beherrschen. Wir
alle sind berufen, an dieser menschlichen Welt weiter zu schallen,
und die erste Vorbedingung dafür ist, daß wir diese Welt verstehen.
Es ist, wie Hegel sich ausdrückt, der objektive Geist, der
Körper gewordene Geist der Menschen, oder es sind, wie es ein
bedeutender Psychologe unserer Zeit, Jodl, erklärt, die Gedanken,
welche in andern bewußten Individu^ vorhanden sind, sofern dieselben
durch Mitteilung übertragbar und namentlich soweit sie in Symbolen
(Sprache, Büchern, Kunstwerk, Maschinen, Gesetzen, Einriditungen)
objektiv fixiert, verkörpert sind. Der objektive Geist bildet eine Welt
für sich, eine aus der geistigen Aktivität stammende zweite Natur
über der Natur, welche bis zu einem gewissen Grade wenigstens
von allen angeeignet werden kann und insoweit das allgemeine
Erbe der Menschheit darstellt. Denn kein Individuum erschafft
sich die Geistesweit, in die es seine Wahrnehmungen und Vor-
stellungen einordnet, allein und selbständig, es empfängt sie zum
weitaus größten Teile als eine fertig überlieferte aus der Wechsel-
wirkung des individuellen und des allgemeinen oder menschheit-
lichen Geistes. Darauf beruht die Möglichkeit und Schnelligkeit
des Fortschrittes in der Geschichte der Menschheit Mit Hilfe
des objektiven Geistes gewinnt der Mensch ein abgekürztes Ver-
fahren in Denktätigkeit und Wahrnehmungstätigkeit, er verschmilzt
und findet in seinen Wahrnehmungen einfach die von andern
mühsam entwickelten Gedanken wieder, statt sie selbst in laoger
Arbeit entwickeln zu müssen. Deshalb, so wertvoll und unersetz-
bar auch das eigene Sehen und Erleben ist, so wird man es doch
als ebenso berechtigte Aufgabe ansehn, die Jugend in das geistige
Erbe der Menschheit einzuführen. Denn diese Welt des objek-
tiven Geistes kann man nicht beseitigen, indem man sie ver-
neint, und wer nicht in sie eingeweiht ist, der taumelt verständ-
nislos und unverstanden durchs Leben. Dieser objektive Geist
macht, wie Goethe mit Recht sagt, unser Glück und unser Unglück
aus, und daß unsere Zeit besonders kulturmüde unter dieser Last
seufzt, wer wollte es leugnen? Wir fragen: warum als ein Un-
glück? Ich glaube, besonders schmerzlich wird der Umstand
empfunden, daß es den Menschen nicht gelingen will, im Reiche
des objektiven Geistes die Herrschaft in dem Maße zu erringen j
VonJ«Baar, 427
wie ihm das in der Nalur glänzend gelangen ist. Dai regnum
bofflinis, die Herrschaft des Menschen nber Erde, Feuer, Wasser
und Luft, das vor mehr als 300 Jahren Baco yon Verulam der
menschliclien Arbeil als Ziel setite, es ist zum größten Teil er-
reicht, indem wir mit der Kraft des Feuers fahren und in kurzer
Zeit die weitesten Strecken zurQcklegen, mit der Kraft des Blitzes
ansere Gedanken in wenigen Stunden um die Erde senden, und
indem wir für unsere Nahrung und Kleidung alle Länder der Erde
tributpflichtig gemacht haben. Indem die Technik durch ihre
Maschinen die Kräfte der Menschen millionenfach Tergröfiert hat,
kaon man mit Recht sagen: auf dem Gebiete der Natur kann
miD für Geld oder durch Macht alles haben. Um so schmerz*
lieber ist unser Verhältnis zu der Welt des objektiven Geistes; denn
diese ist auf allen Gebieten, so z. B. in der Politik, im Wirtschaft-
lieben Leben und in den sozialen Verhältnissen zu kompliziert, als
laß jemand ihre Entwicklung mit fester Hand beherrschen, ja
auch nur ihre Entwicklaog vorhersehen könnte. Unda fert nee
regitur, gestand selbst ein Bismarck. Wer sich in den Dienst einer
Uee begibt, wer eine neue Organisation gründet, wer eine Fabrik
kaat, wer seinen Sohn in höhere Schulen schickt, ja jeder, der geboren
«ird, der bat die weitere Entwicklung nur zum Teil in der Hand,
der wird von der in den Verhältnissen liegenden Kraft fortgerissen
QDd muß in ihrem Dienste vorwärts, er mag wollen oder nicht,
la dieser Unlenkbarkeit des objektiven Geistes, bedingt durch seine
Kompliziertbeit und die Verflechtung mit den Faktoren des Be-
vofitseins und der sittlichen Freiheit des Menschen, liegt ein
großes Stück Tragik unser Zeit. Wir entscheiden bei einem Unter-
nehmen über den ersten Schritt, aber nicht mehr über die folgenden;
wir müssen, auch wenn wir nicht wollen; wir sind trotz aller politi-
schen Freiheit Sklaven der Verhältnisse geworden, obschon wir die
Könige über die Naturkräfte sind. Hierin liegt eine wichtige Ursache
der Kulturmfidigkeit im allgemeinen und der Schulverdrossenheit
im besondern. Kein Wqnder daher, daß manche die ganze moderne
Entwicklung als ein Unglück ansehen und mit Goethes Zauber-
lehrling sagen: „Herr, die Not ist groß, die ich rief die Geister
werd' ich nun nicht los*^ Aber es fehlt der Zauberer, der das
Rad der Geschichte zurückdrehen könnte, und wenn es jemand
könnte, so wäre es nicht zu wünschen. Deshalb besteht für uns
nur die eine Frage: auf welche Weise können wir eine günstige
Weiterentwicklung vorbereiten? „Ihr seid das Saatkorn einer
bessern ZeiVS beiiBt es bei Ubland von den Kindern der Samniter,
die in die Feme geschickt werden, um einen neuen Staat zu
RTönden, und daß die Kinder glücklicher werden sollen als die
Eltern, wer von uns wünscht das nicht? Einen Ausweg werden
wir nach meiner Oberzeugung nur dann finden können, wenn
wir uns überhaupt von der unberechtigten Überschätzung des
Wissens frei machen; der Intellektualismus herrscht seit den Tagen
42$ Gegenwartfl- 9d4 Zp.kopftspSdtgogik,
d«r Aufklarung in einem Maße, daß die sittliche Erziehung picht
dagegen aufkotminen liaaiL
Das Grundübel der Schule, so h(^t man daher von den Ter*-
schiedensten Seiten und Parteien in mehr oder minder scharfen
Tönen, das Grundübel ist der Intellektttalismus* Was nuUC es,
sagen einige, daß die Schüler mit Wissen vollgepfropft werden,
wenn Kenntnisse nicht als notwendige Wirkung die Einfticht
gewährleisten? Was hilft es, wenn die Schüler mit zerrfUteten
Nerven und oft noch sogar mit gebrochenem Willen, geistig ge^
lähmt, ans Ziel gehingen, aber dann, übersatt imd angeekdt
von dei* Übersättigung, Initiative und Lebensfreude,, alles höhere
Interesse verloren haben? Weshalb sollen alle SchtUer so unter-
richtet werden, als wenn sie sich auf den Beruf eines Philokigen
vorbereiten? St^tl des Un.terricbte8 soll die Erziehung zur
Hauptsache werden« an die Stelle der krankhaften Hypertrophie
des Verstandes soll die Erziehung des Willens treten. Wir
wünschen Pädagogen, nicht mehr bloße Didaktik er. Die
Schüler müssen daher, so wünscht die eine Partei der Reformer,
nämlich die der Männer der Naturwissenschaft und Technik, zu
einem Maximum potentieller Energie herangebildet werden.
Andere dagegen, ohschon auch sie Anhänger der Willens*
erziehung sind, behaupten, daß die Energie der Menschen in
unserer Zeit schon viel zu stark entwickelt und angespannt sei.
Trotzdem wii* die Kräfte der Natur in unsern Dienst gestdit
haben, wollen und müssen wir weit intensiver arbeiten als unsere
glücklichen Vorfahren. Auf die Pauer wird die Menschheit eine
solche Arbeitslast nicht ertragen, können, und die einseitige
Weiterentwicklung der menschlichen Energie wird den Menschen
zugrunde richten. Denn die Mensdien kommen kaum mehr
zur Ruhe, das körperliche und seelische Gleichgewicht geht ver-
loren, üotz aller Kulturfortschritte nimmt die Zahl der Lebens-
müden besonders in den gebildeten Ständen immer mehr zu.
Der Mensch ist schon viel zu sehr Maschine oder Arbeitspferd
geworden; es ist daher hohe Zeit, die Entwicklung, besonders
die der heranwachsenden Generation, in andere Bahqen zu lenken.
Wohl ist die Willenserziehung zu preisen, aher nicht zu dem
einseitigen Zwecke, den Menschen immer mehr Mittel zu ge-
währen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, sondern der Mensch
muß die gewaltige Energie, durch die unsere Zeit alle früheren
übertrifft, zu der höheren Aufgabe anwenden, sich die Herrschaft
über sich selbst zu verschaffen, sich das Begehrte versagen zu
können, die Kräfte seines Gemütes auszubilden, die Treue höher
zu schätzen als den Vorteil, die Pflicht höher als den Nutzen,
die idealen Güter: Religion, Vaterlandsliebe, Ehre, Gerechtigkeit,
vornehme Gesinnung, Treue, Wahrheitsliebe, Liebe und Aufopfe-
rung, Selbstlosigkeit, Uneigennützigkeit, Hilbbereitschaft höher als
die realen zu werten. Denn diese Ideale mögen zwar von der
▼•i i. Baar. 42d
AHtagsweisiKit vailacht werden« in Wirklichkeit sind sie der
Mörld, mit dem die mächtigsten Staaten aufgebaut werden; sie
sind das aDskhtbare Zaubermittel, das fort und fort das Blut der
Völker fiarifingt und sie ewig i«ng und stark erbtit. Auch wir
wollen cur Energie eraiehen, aber lu einer Energie, die in den
Dienst der aittKcben ¥«r?ollkoannnung gestellt wird. Denn alle
Bildung ist Henensbildong. Einfach leben und Tomebm denken» das
muB vDMr Wahlspruch sein. Mag der Amerikaner die Ausbildung
des eitizcilneB lu höchster Leistnngsfihigkeit als das wichtigste Ziel
empfehlen, wir schitaen die Entwicklung zu einer boben Stufe der
Kultur, die Eniehuog an der Denbungsart unserer größten Männer
in der PoKtik, Literatur nnd Kunst, noch höher. So dachte auch
Schiller, wnenn er sagt: ,,Adei ist auch in der aittKcben Welt^ gemeine
Naturen znWcn mit dem, was sie tun, edle mit dem, was sie 8iBd'^
ftaber muB die HsFanbildiing zu barmonisöb gebiMoter Persönlich-
keit, wie es etwa Coethe erstrebt«, das Ideal der Pädagogen sein.
Nor ao kann das Leben erst einen Wert erhalten, und dabei
bnaciit auch der intellektueMe, ästhetische und wirtschaftliche
Fortschritt der Henschkett nicht zu rerkCimmern. — Fdrwahr
BD herrliches Ziel nnd wobl des Schweißes der Edlen wert.
Unt, wenden andere ein, wie schwer zu erreichen! Denn ab-
Seiehen von anderen Schwierigkeiten, wer weiß denn Aberhaupt,
«38 got iHid recht ist? Bie meisten Menschen leben in dem
Diiyen Giauben, das Gute und Rechte stehe ein für allemal fest,
Kl TOD ieber erkannt gewesen, und aUe bedeutenden Männer
hältea daran einmütigen Anteil, so daß ihre Aussprüche ein
harmonisebes Gante bilden. Uk solcher kindlichen Auihssung,
sagt Panl Caner, findet mm skh nicht zurecbt in unserm viel*
bewegten Leben, in dem Recht und Unrecht, Wahrheil und Irr-
tum fast immer zwischen Streitenden geteilt sind, indem das
Urteil in jedem einzelnen Falle von yerscbiedenen, oft entgegen-'
itehendea, mehr oder minder berechtigten Standpunkten und
Grundsätzen ausgehen kann. iedenCalls, so urteilen die radikalsten
Reformer, ist die Moral, die jetzt in den Schulen gelehrt wird, die
desChristentums, nicht mehr zeitgemäß; denn die Moral des täglichen
Lebens steht zu ihr im krassen Widerspruch; wir erziehen zur
Löge und Heuchelei, indem wir selbst nicht leisten oder tun
waUea, was wir ?on der Jugend verlangen. Wieder andere
maehen der Schule den Vorwurf, daß sie zu einer optimistischen
Anflassung der Vergangenheit erziehe und damit zum Pessimis-
mus und zur Nörgelsucht für die Gegenwart. Denn indem aus
froheren Zeiten nur die . Heldentaten oder wissenschaftlich und
künstlerisch Wertvolles besprochen und bewundert wird, für unsere
Zeit dagegen die Schattenseiten aller Verhältnisse von selbst fühl-
bar genug hervortreten, ist der Mensch nur zu leicht geneigt, die
Vorzüge seiner eigenen Zeit zu übersehen. Inwieweit nun diese
Vorwürfe berechtigt sind und in welchem Grade die Vorschläge
430 Gageawartfl- ood Zakaoftspadagogik,
Ton der Schule au^efQhrt werden können, das zu untersuchen
wurde eine lohnende Aufgabe sein. Hier kann ich nnr betonen,
daß die Schule nur einer von den Faktoren ist, welche die
Willenserziehung bedingen, die andern sind das Elternhaus^), erb-
liche Belastung, die Mitschüler, Freunde und Bekannte, die
Zeitungen, das Leben auf der Straße und die Schaufenster be-
sonders in großen Städten, i\h Erlebnisse außerhalb der Schule
und Wichtige Ereignisse des Tages. Daß diese Faktoren oft
mächtiger sind als die Lehrer und ihren Einfluß in maßgebenden
Punkten mattsetzen können, steht wohl außer Frage.
Wenn aber trotzdem immer wieder den Lehrern die Schuld
gegeben wird, falls die Schüler sich ungünstig entwickeln, so mag
das im einzelnen Falle noch so ungerecht sein, im allgemeinen
aber ist diese Neigung nicht ohne Berechtigung. Denn wichtiger
als alle Lehrpläne und Vorschriften, als schüne Schulgebäude,
stattliche Bibliotheken und Sammlungen von Lehrmitteln ist die
Persönlichkeit der Lehrer. Alle Schwierigkeiten, alle Antinomien,
selbst wenn sie theoretisch unlösbar und unvereinbar erscheinen,
kann der Lehrer in seiner persönlichen Tätigkeit harmonisch aus-
gleichen, ja er kann seiner Zeit vorauseilen in der Entwicklung
und den Typus des umsichtigen, großzügigen, vornehm denken-
den, hochgebildeten Pädagogen vorstellen, wie er erst nach
100 Jahren allgemeiner sein wird, wie er andererseits auch Jahr-
hunderte hinter dem Fortschritt der Zeit zurückbleiben kann. Ich
will sagen : die Schulfrage kann jeder Lehrer für sich lösen durch
seine Persönlichkeit, eine allgemeine Lösung dagegen ist unmög-
lich. Wie mit den einzelnen Lehrern, so ist es auch mit den
einzelnen Anstalten. Wer möchte nicht wohl gern seine Schule
zu einer Musteranstalt entwickeln, zu einer Schule, deren
Schüler nicht etwa mehr Kenntnisse aufweisen sollen als die der
Nachbaranstalten, denn das würde ein sehr einseitiges Ziel sein,
sondern deren Schüler ihren Lehrern zwar tüchtige Kenntnisse,
aber auch Freude am Leben, eine sonnige Jugend, sittliche Tüchtig-
keit, ein offenes Auge und einen klaren Verstand verdanken und
der Schule deshalb bis an ihr Lebensende eine unauslöschliche
Dankbarkeit bewahren?
Zu solcher Arbeit aber gehört ein höherer Grad von Selbst-
losigkeit und Selbstzucht, von Interesse und Liebe gegen andere,
von trotz aller Mißerfolge unverwüstlichem Optimismus und Humor,
als von den meisten Ständen verlangt werden kann. Mit dem
Evangelium muß der Lehrer sich vorhalten: „Ich suche nicht
meine Ehre; wer seine Seele verliert, der wird sie gewinnen^'.
*) PtaUen, Dis deatsch« Bildnaf sweaeo S. 169, bezeichoet es als Kebr-
seile der jüngsteo Eotwicklaoif, daiB das Hins «n erxieblidier Kraft ver*
liert; der Vater ist nicht za Hause, nnd die Mutter bat anderes zu tua.
„Die Kinder werden zur List und Verlegenheit oder, im reichen Haasbalte^
xnr Spiel- und Ankleidepappe und — zur Schalsorse''.
iroft J. Biar. 431
Wenn uns etwas nicht gelingt» so werden wir uns znerst fragen,
ob wir mcbt selbst schuld an dem Hifilingen sind. Unarten
der Jugend werden wir nicht als persönliche Kränkung an-
sehn. In de^ Dbeneugung, daJB für das Tun und Treiben der
Menschen nicht bloB der freie Wille ?erantwortlich ist, sondern
daß alles zugleich bedingt ist durch einen komplizierten Kausal-
uexus, dürfen wir nicht zu oft mit deji geharnischten Worten
dreiofabren : „Das muß anders werden", sondern wir müssen viel
Öfter den kategorischen Imperativ gegen uns selbst wenden und
fragen: welche Cmaehen sind hier tätig gewesen, welche lassen
ach davon beseitigen? Matura non vincitur nisi parendo, d. h.
die Natnr lifit sich nur dadurch beherrschen, daß man die in
ihr täligeii Ursachen berücksichtigt, sie nach den ihnen inne-
wohnenden Kräften in genauer Abwägung und Abmessung mit*
und gegeneinander wirken läßt und so in den Dienst der mensch-
iichen Zwecke stellL — Der Lehrer muß fröhlich sein mit der
itigend; denn wie können die Schüler einer Tugend trauen, die
^ Launen, Verdrossenheit und ärgerliche Mienen zeigt? Er
aoB streng und freundlich zugleich sein : fortiter in re, suaviter in
Bodo; er soll seine Schüler vornehm behandeln, weil er selbst
OD sittlich Tornehmer Mann sein will und weil er seine Schüler
tt Mitgliedern der intellektuellen und zugleich ethischen Aristo*
btie, zu Führern des deutschen Volkes heranbilden soll. Dieses
^ke Ziel ist nnr dann zu erreichen, wenn wir Lehrer es als
QDsere Aufgabe ansehen, nicht bloß uns wissenschaftlich und metho-
M weiter auszubilden — eine Weiterbildung, die infolge der
uelbewnBten Anregungen und Einrichtungen von Seiten der Be-
hörde in den letzten Jahrzehnten außerordentliche Fortschritte
Senacht hat — ^ sondern aus eigener Initiative stetig weiter daran
arbeiten, uns udd unseren Stand sittlich auf ein noch höheres
Niveau zu heben, als wir selbst und andere gelehrte Berufe sich mit
Recht rühmen dürfen. Unsere Zeit strebt nach äußerlichem Effekt,
Dach Titeln und Ehrungen mehr als nach innerer Ehre; das
^etttte, das Größte, das Teuerste wird höher gewertet, als recht
itt Mit äußern Machtmitteln, vor allem mit der Macht des Geldes
sucht man alles zu erreichen. Dem gegenüber ist zu zu betonen :
die höchsten Erdengüter kann der Mensch nicht kaufen, nämlich
Kenntnisse, Einsicht, den Frieden des Herzens und das Glück
segensreicher Arbeit; kein König, kein Gott kann sie ihm schenken,
er muß sie sich selbst erwerben, erringen und erhalten in un-
ermüdlichem Kampfe. Es ist dasselbe Problem, das schon vor
zwei Jahrtausenden die Schriftgelehrten dem Herrn vorlegten, als
sie ihn fragten: Wann kommt das Reich Gottes? Die Antwort
entsprach nicht ihren Erwartungen, denn sie lautete: „Das Reich
Gottes kommt nicht mit Gepränge, das Reich Gottes ist in euch*'
Luc 17, 21. Und so möchte auch ich als der Weisheit letzten
Schluß für Schule und Leben, als eine beseligende Weisheit, die
431 Das Utein. Extemportl« iii Urteil d. Herbartiehan Schnle,
für alle Zeiten gegolten hat and auch nadi Jahrtausenden noch
gelten wird, betonen: Das Keiefa Gottes knmmt nioht mit Ge-
pränge, das Reidi Gottes ist in euch.
Linz a. Rhein. Josef Baar.
Das lateinische Extemporale im Urteil der
Herbartschen Schule.
Man hört .and liest neuerdings nur nodi hier und da von
der sogenannten ,»£xteinporalenor% während diese vor reichlieh
einem Jahrzehnt and Mher mit im VordeiigraDde der päda-
gogischen Diskussion stand. Es wäre aher falsch, wenn man
daraus schliefien wollte, daß die Extempordenot nicht mehr be-
stände und das Extemporaleprofalem gelöst wäre. Ich behaupte
im Gegenteil, daß in der Wirklichkeit das Eslemporale vielfach
noch ebenso inszeniert, eingerichtet und bearteüt wird wie
vor 20 Jahren. Dieser Extemporalebetrieb ist aber ein großer
Schaden in nnserer Gymnasialpädagogik. BesbaHb haben auch
alle Lehrer und Pädagogen, die sich nicht im Banne einer un-
gesunden philologischen Tradition befanden, ihn aufs heftigste
bekämpft und eine Reform dersdben verlangt, eo a. B. auch die
hervorragendsten Vertreler der Heribartschen Schule.
Herbart selbst hat sich nicht speziell ötwr das Extempo-
rale, wohl aber «Hgeraein 6ber schriftKcbe Afbeiten im firemd-
sprachlichen Unterricht geäuBert. Er warnt dringend vor einem
Mißbrauch, der leider auch heute noch vielfach verbreitet ist.
Man bereitet häufig die Arbeiten nicht' hmreicheod vor oder
macht sie zu schwer, so daß die Fehlenahl eine ganx er-
schreckende ist. Herbert weist darauf hin« daß «der SchAler
während des Schreibens seine eigenen VorsteHungen verdichtet;
„damit verdirbt er sich, wenn er feh^t; seine Fehler
kleben ihm an^*. Man soll sich vorsehen, ob mau nieht seiner
Achtsamkeit während des mundUchen Korrigieress und beiai
Nachlesen des Geschriebenen mehr zutraut als sie leistet. Wenn
oft gefehlt werde, sagt H., wenn ein ganzer Wald von Fehlem
aufgeschossen sei, dann würden alle Fehler gleichgOltig. „Sie
demütigen, aber sie machen auch mutlos*^ Deshalb soll
man nur ganz kurze Auligaben zum Schreiben geben, wenn der
Schuler schwach «ei, und lieber gar keine, solange man durch
Übungen anderer Art sicherer von der Stelle komme. Sicberiich
hat auch H. an diese schriftlichen Arbeiten gedacht, als er in
einer seiner pädagogischen Vorlesungen sagte: „Das Knaben-
alter wird durch den Unterricht oftmals auf eine
Weise gedrückt, die man zwar im gelehrten Stande
sich zu verhehlen sucht, die aber anderwärts auffällt
und wobei Mut, Entschlossenheit, Gewandtheit, Eigentümlichkeit,
TOD 6. Bodde. 433
RörperbfldaDg und geistige Prodaktion wesentlich leiden^'. &
kommt an einer andern Stelle speziell auf das Lateinschreiben
in den Schulen zu sprechen. Die Erfahrung habe längst ge-
lehrt, so bemerkt er, wie viel oder wie wenig in Ansehung
des Schreibens der alten Sprachen von der Jugend verlangt
werden könne. Man werde nie eine Methode 6nden, welche
den Grad von geistiger Reife frühzeitiger herbeischaffen könnte,
der sich in guter lateinischer Schreibart zutage lege. Solange
die Gymnasien nicht gewähltere Schüler hätten, werde die Mehr-
lahl in Ansehung des Lateinschreibens etwas anfangen, was nie
za Ende komme. Es wäre besser, das Erreichbare häuflg zu
üben, nämlich das Schreiben in den Lehrslunden selbst
mit Hilfe des Lehrers und nach gemeinsamer Über*
legung der Schöler. Dies gewähre den Vorteil der Exerzitien
ohne den Nachteil unzähliger Fehler, deren Verbesserung der
Schüler sich selten einpräge. Die gemeinsame Arbeit gewähre
Unterhaltung und lasse sich der Bildungsstufe jedes Alters an-
passen. Anstatt der Exerzitien seien lateinische Auszüge aus
dem, was von den Autoren zuvor interpretiert wurde, zu erop-
Milen, anfangs mit Hilfe des Buches, später ohne dasselbe.
Auch Ziller warnt vor schriftlichen Arbeiten, die zu vielen
Fehlern Veranlassung geben. Er sagt, daß die Fehler stets nur ver-
einzelt vorkommen dürfen und deshalb auffallende Ausnahmen
sein müssen. Sonst könne bei dem Schüler nicht das Bewußt-
sein der Kraft und das damit verbundene Lustgefühl entstehen.
Das Richtigschreiben dürfe aber nicht vorzugsweise durch bloßes
Korrigieren und vielleicht durch gehäuftes Korrigieren von fehler-
haft Geschriebenem usw. angestrebt werden. „Dies wäre auf in-
tellektuellem Gebiete ebenso falsch, als wenn man moralische
Tugenden vorzugsweise durch Korrigieren moralischer Fehler
pflegen wollte, statt diesen vorzubeugen und unmittelbar mora-
lische Tugenden zu pflanzen**.
Speziell auf die Extemporalenot kommt Fr ick in den „Pä-
dagogischen und didaktischen Abhandlungen^' zu sprechen, und
zwar in dem Bericht über das Thema einer sächsischen Direktoren-
konferenz: „Inwieweit sind die Herbart-Ziller-Stoyschen didakti-
schen Grundsätze für den Unterricht an den höheren Schulen zu
verwerten?'* Fr. verlangt für die Extemporalien „analytische
Vorbesprechungen*', also offenbar Hervorhebung der Schwierig-
keiten und Hinweis auf die Art, wie sie zu überwinden sind.
iiEine regelmäßige und sorgfältige Anwendung derselben auf die
Extemporalien würde der weit verbreiteten Extemporale not
ein Ende machen**. Es kommt nach F.s Ansicht darauf an,
durch gehörige Vorbereitung und vorbereitende Be-
sprechung auch den schwächeren Schülern eine genügende
Leistung möglich zu machen, den Fehlem vorzubeugen ; denn es
sei nach Herbart weit wertvoller, wenn der Zögling eine Zeile
Z«itMkr. t d. GjmBstulweMn. LXI. 6. 28
434 I)o latein. Extemporale in Urteil d. Herbartschen Sehnley
fehlerlos, afe wenn er viele Seiten fehlerhaft liefere. Die oft ganc
einseitige ÜherschätBnng des Extemporales und der Tielfacb
üblichen Anwendung dessdben, nach welcher es als ein ,,Bra-
vourstAck'' der Schüler angesehen und mit mdglichst vielen
Schwierigkeilen verknüpft werde, sei ein Kreuz für viele
durchaus noch nicht schlechte Schüler und für zahl-
lose Familien obenein. Es bekomtne ein ganz anderes Ge-
steht, wenn es nach den Forderungen sorgsamster Vorbereitung,
übersichtlicher Gliederung, der Vertiefung und Besinnung. Asso-
ziation und Konzentration usw. so behandelt werde, daß auch
der mäßiger begable Schüler der Aufgabe ohne Angst und
Schrecken genügen könne. Unter den „Ausgeführten Lelir-
piaveA'S die Frick in die „Pädagogischen und didaktischen Ab-
handlungen** aufgenommen bat, indet sich einer für den lateini-
schen und griechischen Unterriebt (Programm des Gymnasiums
zu Potsdam 1869). Der Verfasser urteilt wohl ganz im Sinne
Fricks. Was die „Extemporalien** angeht, so verlangt er, daß
im Anfang, also in der Sexta, der Lehrer dieselben gleichsam
mit den Schülern anfertige und sie allmählich zu immer größerer
Selbständigkeit erziehe. Es soll Satz für Satz durchgesprochen
und durch Fragen eine Anleitung gegeben werden, worauf die
Schwächeren ihre Aufmerksamkeit zu richten haben. Der Stoff
muß leicht gewählt werden, so daß auch der schwächere
Stihüler seiner Herr werden kann, und darf nicht darauf be-
rechnet sein, zu Fehlern zu verführen. Ehe dem Schüler
die Leistung einer Aufgabe nicht gelingen kann, muß
sie ihm nicht zugemutet werden. Auch auf der Mittel-
stufe verlangt der Verfasser bei der Anfertigung der Extempo*
ralien eine Anleitung.
Rein fordert in seiner „Pägagogik im Grundriß** Ab-
schaffung der Extemporalien in ihrer jetzigen Ent-
artung.
Bemerkenswerte Anweisungen und Winke gibt H. Schiller
in seinem „Handbueh der praktischen Pädagogik*'. Alle Schreib*
Übungen können nach ihm nur noch die Bedeutung haben, die
Lektüre zu begleiten, zu verdichten und den Gewinn, den diese
gebracht, zur Darstellung zu bringen; sie haben Lehrern und
Schülern den Beweis au erbringen, daß die in dem mündlichen
Unterricht herbeigeführte Übung auch zum Können geführt hat,
aber sie kennen nicht zur Einübung des im Unterricht zu Er-
lernenden dienen. Weil man diese Tatsache verkennt, erfolgen
häufig schon in der Wahl des Stofles Hißgrifle. Der SprachstolT
muß den Schülern völlig bekannt sein, und dies kann nur er-
reicht werden, wenn er der Lektüre entnommen ist« Aber
auch die grammatischen Begeln, die angewandt werden sollen,
muß der Schüler nicht nur kennen, sondern können, ehe er
sie selbständig zu verwenden veranlaßt werden darf. Dieser
von G. Bad de. 435
letztere Ponkt wird selten beachtet Meistens pflegt man die in
der forhergehenden Woche behandelten Regeln in der Schreib-
ttbuDg .zu verwerten. Als ob es ausreichen könnte zum KOnnen,
wenn eine Klasse von 30, 40, 50 Schülern grammatische Sätze
einer fremden Sprache, oft verwickelter Art, im Utiterricht eine
Woche lang — die meisten derselben naturh'ch nicht einmal
diese Zeit hindurch — angewendet hat. Man milßte überall zur
festen Gewöhnung machen, daß, bevor eine Regel 3 — 4 Wochen
im Schninnterricht angewendet worden ist — ihre tägliche Ver-
vendung vorausgesetzt — , sie in einer Schreibdbung nicht zur
Anwendung gelangen dürfte. Dann worden auch die Resultate
dieser Schreiböbungen meist nicht so unbefriedigend sein. Das
Extemporale hat nach Seh. seine Grenzen in doppeller Beziehung.
Ijomal stellt es an die Denkkraft und Aufmerksamkeit des
Schulers größere Anforderungen, es verlangt eine Anspannung
lM»der, darin liegt sein erzieherische Wert; denn dadurch erzieht
Qnd gewöhnt es zur Geistesgegenwart, die großenteils eine Sache
^T Gewöhnung ist. Die schriftliche Darstellung eines Ober-
ieUoDgsstofTes mutet dem Schuler doch ein größeres Maß von
^ibstbeherrschung und auch von Zusammenfassung zu, als dies
jtT möndlidie Unterricht vermag; auch ist die Tätigkeit eine
intensivere, denn sie fügt zum mündlichen Können das schrift-
iiche hinzu, und bekanntlich deckt sich beides nidit immer.
Aber weil eben die schriftliche Darstellung nach vorgesprochenem
deutschen Texte dem Schüler größere und ungewohntere An-
strengung bereitet, so darf sie auch nur kurz sein. In der
Sexta darf das Extemporale höchstens 20 — 25 Minuten in An-
spruch nehmen, aber auch in der Tertia sind 40 Minuten das
^^aßerste Maß. Eine andere Grenze ist diesen Übungen in dem
CbungsstoCf selbst gesetzt, den sie verarbeiten. Soll der Sobüler
^ Satzganzes beherrschen, so muß er es übersehen können ;
dies ist nicht mehr der Fall, sobald die lateinische Perioden-
bildung erfolgt. Um die deutsche Satzreibe (Verbindung mehrerer
Hauptsätze event. mit Nebensätzen) in eine lateinische Periode
omwandeln zu können, muß dei* Schüler sie im Text vor
&ich haben und ihr logisches Verhältnis in Ruhe feststellen
itüDnen; denn er wird nicht selten fehlgreifen und erst durch
(Dehrmaligen Anlauf der Schwierigkeit Herr werden. Sobald also
()ie Periodenbildung einsetzt, also von Untertertia ab, muß der
deutsche Text vorher diktiert werden. Auch verlangt Seh., daß
l^i der Abfassung des Extemporales dem Schüler noch Zeit bleibe,
Qm in Ruhe etwaige Nachträge und Verbesserungen vorzunehmen,
l^er Stoff darf nicht zu weit zurückliegen, er muß den letzten
Wochen entnommen sein. Ein Hauptgrund des Mißer-
folges liegt darin, daß die Kxtemporalien oft wahre
Mustersammlungen von grammatischen Fußangeln
siBd. Was das Verfahren bei dem Diktieren des Extemporales
28*
436 l^'s Utein. Extemporale im Urteil d. Herbartsclien Schale,
betriiTt, so empfiehlt Seh., daß der Lehrer zuerst den ganzen
Satz langsam vorspreche, wobei alle Schüler die Federn aus der
Hand legen und ihn ansehen. Alsdann gibt er ihnen die
nötige Hilfe, welche in der Sexta sehr reichlich sein muß.
In Sexta, Quinta und Quarta muß der Lehrer den langsam vor-
gesprochenen Satz in kleineren Partien wiederholen, den Zu-
sammenhang der einzelnen Teile immer wieder befestigen und
die Schüler auf die zu überwindenden Schwierig-
keiten besonders aufmerksam machen (in Sexta durch
Auffordern, zuerst zu konstruieren, das Geschlecht der Substan-
tive festzustellen, die Verbalstämme zuerst einmal zu bilden usw.,
in den folgenden Klassen durch kurze Erinnerung an die anzu-
wendenden Regeln usw.). Erst wenn die Schüler in ausreichen-
der Weise nachgedacht haben, erfolgt der Befehl: Jetzt schreibt!
Seh. ist der Meinung, daß, wenn das Extemporale in dieser
Weise behandelt wird, es bei der Beurteilung der Schüler auch
recht bedeutend in die Wagschale fallen dürfe. So unbe-
rechtigt eine Beurteilung des Schülers nach den Ex-
temporalien der gewöhnlichen Sorte ist, so berech-
tigt muß die Mitbegründung des Urteils auf dieselben
in methodischer Behandlung sein. Denn den Ausweis,
den sich der Lehrer nur mit großem Aufwände von Zeit bei
allen Schülern in gleicher Ausdehnung über das erworbene
Können eines Unterrichtsstoffs verschaffen könnte, gewinnt er
hier in kurzer Zeit, soweit überhaupt vom menschlichen Urteil
das gesagt werden kann, in sicherer Weise, wobei natürlich
besonders auffälligen Abweichungen von den münd-
lichen Leistungen auf den Grund zu gehen und deren
Ursache festzustellen ist, besondere Einflüsse aber,
namentlich der Konstitution, insbesondere im Anfang
in Rechnung gezogen werden müssen. Die Extemporalien
brauchen nicht zu häufig angefertigt zu werden, aber sie dürfen
auch nicht zu selten sein; Seh. hält es für ein zulässiges Maß,
daß sie wöchentlich geliefert werden. Für die Oberstufe ver-
wirft Seh. das lateinische Extemporale. ,,Dem Extemporale ist
hier keine weitere Anwendung zu geben, da dasselbe nie eine
slilbildende Wirkung äußern kann; es kann also höchstens ab
und zu zur Verwendung kommen, wenn die in stilistischen
Fragen erlangte Sicherheit der Schüler einmal kurz und sicher
konstatiert werden soll'^
Ähnlich wie Schiller urteilt Dettweiler in seiner „Didaktik
und Methodik des Lateinischen'' über das Extemporale. Nach
ihm sind die schriftlichen Übungen nur eine Erweiterung der
mündlichen, indem zu dem Ausdruck des Gewußten und Er-
lernten durch die Sprache der weitere durch die Schrift kommt.
Es werde, so sagt D., nicht immer beachtet, daß dies doch ein
Mehr von Produktion bedeutet. Man übersehe oft, daß alles sorg-
von G. Bodde. 437
same ScfareibeD^ zumal in unteren Klassen, an und für sich
eine Leistung sei und einen nicht ganz geringen Grad von Auf-
merksamkeit beanspruche. Diese psychologische Tatsache und die
rein technische Leistung müßten also für eine richtige Wertung
wohl beachtet werden. D. bemerkt, daß allerdings schon seit
dem 16. Jahrhundert Klagen und amtliche Einwirkungen gegen
die Eltemporalien manie überliefert sind, daß aber im letzten
Jahrhundert der Widerspruch gegen die Zweckmäßigkeil des
Cbersetzens in die lateinische Sprache allmählich stark zugenommen
habe. Er kommt in der Beurteilung des Hinübersetzens unge-
ilhr zu folgendem Ergebnis. Die Obersetzungen aus dem
Deutschen dienen vorwiegend dem Spracherwerb.
Alle anderen Vorzüge (besondere erziehliche Wirkung, Mittel zur
Beherrschung der Sprache, Gewöhnung an Genauigkeit und Wahr-
haftigkeit, Förderung der Muttersprache, besondere formale Bil-
dang) hängen nicht notwendig und unzertrennlich mit dem
bteinischen Unterricht zusammen. Die Übungen müssen vor-
ausweise in der Schule angestellt werden und zunächst hervor-
n^end mündlich. lu ihrer schriftlichen Form sind sie schließ-
U die reife, sich ganz von selbst ergebende Frucht aller der
[^ogen, aber die der lateinische Unterricht zum Erwerb der
^hkenntnisse verfügt. Deshalb sind die schriftlichen Ober-
KboDgen überall da, wo es sich um nötigen Zuwachs von neuen
^cherscheinungen handelt, ein ausgezeichnetes letztes Prü*
fQogsmittel für Lehrer wie Sehüler. Sie dürfen aber erst dann
ferbngt werden, wenn das Einzuübende wirklich Eigentum der
thsse geworden ist Dann sind sie auch für die Beurteilung des
Schülers mit zu berücksichtigen, und zwar sind sie in den unteren
Hassen ein Hauptkriterium. Weiter nach oben wird ihre Be-
deotang für den Erweis der lateinischen Sprachkenntnisse des
^ov geringer. Sie zeigen nur, ob der Schüler Sicherheit in
der Anwendung der Grammatik, d. b. einer bestimmten Reihe
von Regeln, bat, geben aber keinen Aufschluß, ob er
ohne fremde Hilfe den Schriftsteller versteht und
überträgt Auf der Oberstufe, wo das letzte Ziel des lateini-
schen Unterrichts die verständnisvolle Lektüre der Schriftsteller
sein muß, wo es sich nicht um Erwerb neuer Sprachformen,
sondern um Erarbeitung neuer Gedanken handelt, sind die
Extemporalien zwecklos. Hier können sie nur dann selbständigen
^tn für das Sprachgefühl erringen, wenn man sie auf eine
höhere Stufe erhebt und überall neue Aufgaben hereintragt, welche
^e Unterschiede beider Sprachen als erfaßt erkennen lassen. Das
würde aber so viel Zeit beanspruchen, wie dem Lateinischen am
Gymnasium nimmer zugestanden werden kann. Wenn die Ex-
lemporalien aber auch in Prima nur noch den Zweck haben, die
grammatischen Kenntnisse zu erbalten, so ist ihre bildende Kraft
hinfällig. ,,Sie werden abschmeckig und verfallen als-
438 ^'s lateiD. Extemporale im Urteil d. Herbartschen Schale,
bald der fölligen Nichtachtang der Schüler'^ Daß der
Unterricht durch den Wegfall der Extemporalien auf der Ober-
stufe ein oberflächlicher werde« dafür fehlt jede Spur von Beweis
oder begründeter Befürchtung. Dagegen sind die Extemporalien
auf der Unter- und Hittelstufe unentbehrlich. In Sexta sind sie
aber erst dann zu fordern, wenn die Übungen wochenlang münd-
lich angestellt sind und die Schuler sich einigermaßen an den
ihnen ganz neu gegenubertretenden Lehrstoff gewohnt haben.
Man beginne mit gelernten Vokabeln und ganz einfachen Satzchen.
Das Diktieren des Textes ist hier üherOussig. Jeder einzelue Satz
wird mehrere Male vorgesprochen und dann sofort lateinisch
niedergeschrieben. Da es sich bei dem Extemporale um den Er>
weis des Besitzes handelt, so wird diese Arbeit überall
dann eintreten müssen, wenn eine größere metho-
dische Einheit des Sprachpensums durchgearbeitet
und eingeübt ist. Mehr als eine halbe Stunde darf sie nicht
in Anspruch nehmen. Im ersten Jahre können die Extemporalien
öfter als wöchentlich einmal und dafür kürzer geschrieben werden.
Drei bis vier Sätzchen geschrieben, je nach Bedürfnis, d, h. zum
Erweis, daß irgend etwas, eine Vokabelreihe, eine Deklination usw.,
zum allgemeinen Besitz gelangt ist, wirken hier nützlicher als
das oft ganz unnötig mit einer gewissen Feierlichkeit
umgebene Wochenexamen in der Gestalt des meist zu
langen Extemporales. Die Sätze sind dem Lesestoff zu ent-
nehmen und entsprechend zu verändern; alle y,Fußangeln*'
sind ausgeschlossen, da es sich ja darum handelt, den
Schüler vor Falschem zu bewahren, das sich erfah-
rungsgemäß so gut festsetzt — auch wenn man es
hundertmal anstreicht — wie das Richtige. Inhaltlich
wird das Extemporale am passendsten eine kurze Zusammen-
fassung sein. Sie tut die gleichen Dienste wie Einzelsatze. An-
fangs wird durch entsprechende Fragen vor dem Übersetzen die
Abweichung des Lateinischen vom Deutschen festgestellt, all-
mählich muß eine bloße Mahnung genügen, später fallt auch diese
weg. D. emptiehlt für die Unterstufe auch Formenextemporalien.
Auf der Mittelstufe soll es sich bei den Extemporalien um eine
nicht zu große, einen zusammenhängenden Inhalt bietende Reihe
von lateinischen Sätzen handeln, in denen sich, ohne Künstelei
und ohne die vielfach in Übungsbüchern übliche Häufung, die-
jenigen lexikalischen und grammatischen Erscheinungen Gnden,
deren Aneignung nach gründlichem vorausgegangenen Unterricht
gerade erwiesen werden soll. Die Texte zu den Extemporalien
sind von dem Lehrer selbst zu entwerfen. Die Extemporalien
dürfen keine langen Sätze enthalten und nie mehr als drei viertel
Stunden in Anspruch nehmen. Wenn größere Perioden vor-
kommen, ist zuerst der ganze Text zu geben. Die größere Ruhe,
die man davon erwartet, wird jedoch oft am Schluß zq einem
Hasten, da Schüler auf dieser Stufe die rechte ZeiteinteiluDg
nicht kenneu und namentlich die Bedächtigen kein Ende finden.
D. empfiehlt auch ffir die Mittelstufe mehr kuriere Sitze und
verwirft Perioden, die das vorherige Diktieren des ganien
Textes erforderlich machen.
Stark Ton Herbart beeinfloBt seigt sieb in seiner „Prakti-
schen Pädagogik für höhere Lehranstalten'' auch A. Matthias.
Er weicht von Schiiier und Dettweiler ab in der Bewertung des
lateinischen Extemporales für die Oberstufe, insoÜBrn er meint,
daß die schriftlichen Übersetzungsübungen in der Klasse auch
for die oberen Kbssen noch ihre Bedeutung behalten, um die
grammatische Grundlage zu sichern und bis zu einem gewissen
Grade über die Darstellungsmittel der lateinischen Sprache frei
EU verfugen, damit diese Fertigkeil der Lektüre zustatten komme.
Sehr beherzigenswert ist das, was M. über die Beurteilung der
schriftlichen Arbeiten, also auch der Extemporalien, sagt. Er be-
leichnet es als einen Fehler vieler Lehrer, dafi sie die anerken-
neoden Prädikate, wie „sehr gut** oder „recht guV' allsu ängstlich
meiden und das erste Prädikat grundsätzlich niemand erteilen,
weil üe behaupten, zwischen „guV und „sehr gut'' keinen Unter-
»cbied zu kennen. „Das ist doch etwas Vornehmtuerei,
licht gerade vornehmes Denken". Bei sprachlichen Ar-
beiten, die in der Klasse angefertigt werden, wird man nach M.
eine Arbeit „gut" nennen, wenn nur ein oder der andere Fehler
uch findet oder wenn sie fehlerlos ist, aber Korrekturen ver«
ädiiedener Art zeigen, daJB das Wissen noch schwankend und
das Können nicht ganz sicher ist; „fehlerlosen Arbeiten aber, die
Bit offenbarer Sicherheit sofort das Richtige treffen und vielleicht
ior ganz Tereinsamte und unwichtige Korrekturen zeigen, erkenne
man ohne Bedenken das erste Prädikat zu". Auch verlangt M.
mit Recht, dafi man bei der Beurteilung der Arbeiten Rücksicht
auf den größeren oder geringeren Umfang, auf die größere oder
geriogere Zahl von Schwierigkeiten und auch darauf nehmen
•öU, ob das Geforderte dem durchgenommenen Pensum unmittel-
bar nahesteht oder sich schon etwas weiter davon entfernt hat.
Bei dieser Gelegenheit weist M. auf einen Punkt hin, der allge-
neiner beachtet werden sollte als es geschieht. Er sagt, daß
Tor allem bei Beginn eines neuen Jahreskursus Vorsicht in bezug
>Qf die schriftlichen Arbeiten geboten ist. „Man stelle sich an-
anglich noch auf den Standpunkt der vorhergehenden Klasse
QDd beurteile nachsichtig. Wenn auch die einzelnen Klassen-
pensen vorgeschrieben und festgelegt sind, — manche Punkte
Verden von den verschiedenen Lehrern doch sehr verschieden
i>etont; daher urteilt der rezipierende Lehrer der neuen Klasse
leicht ungerecht, wenn er nur mit seinem Maßstab mißt und
nicht bedenkt, daß es andere Leute in der Welt gibt, die mit
Inderm Haßstab qaessen. Die ersten Arbeiten im neuen Kursus
440 I)>s Ittein. Extemporale im Urteil d. Gerbartscheo Schale,
werden deshalb am besten recht leicht gewählt; allmählich mag
straffer angezogen werden; dann macht man die Schuler
nicht kopfscheu und arbeitet im besten Sinne des
Wortes kollegiaP^
Endlich sei noch erwähnt, wie der Nachfolger Fricks in der
Redaktion der „Lehrproben und Lehrgänge'', Fries, über die Ex-
temporalien urteilt. Nach ihm müssen sie mit den andern
sprachlichen Übungen im innigsten Zusammenhang stehen, ganz
aus ihnen hervorwachsen. Auch er warnt davor, zu früh mit
diesen Arbeiten zu beginnen. Ob die lateinische Obersetzung auf
der Mittelstufe sofort niedergeschrieben wird, wie es im lateini-
schen Elementarunterricht durchweg zu geschehen pflegt, oder ob
erst der ganze Text deutsch diktiert wird, bestimmt sich je nach
der Klasse, der Schwierigkeit der Aufgabe und der Absicht des
Lehrers verschieden. F. empfiehlt das Extemporale auch für die
Oberstufe; er glaubt, daß diese Übung zu scharfer Unterscheidung
der beiden Idiome mitwirkt und auch das Verständnis der Schrift-
steller fördert. Allerdings gibt er zu, daß, wenn einmal eine
schriftliche Leistung fallen müsse, es nur das Skriptum sein
könne, das als eigenartig von den übrigen Aufgaben des Unter-
richts sich sondere und sozusagen einer Pflege für sich bedürfe.
Man hat nach F. auf das Extemporale in Prima nicht verzichten
wollen, weil man in ihm einen Anhalt für die grammatischen
Kenntnisse und zugleich einen Rückhalt für das sprachliche Ver-
ständnis der Lektüre zu verlieren glaubte, aber man habe wohl
erkannt, daß die Anforderungen an diese Leistung auf das be-
scheidenste Maß herabgesetzt werden müßten.
Zu gern würde ich an dieser Stelle auch die Ansicht J.
Lattmanns, dieses geistvollen Methodikers und hervorragenden
praktischen Schulmannes, über das Extemporale erwähnt haben;
aber dieser hat sich ausdrücklich dagegen verwahrt, zu den
Herbartianern gerechnet zu werden, obgleich seine Ansichten
sich in sehr vielen Punkten, wie er selbst zugibt, mit denen der
Herbartschen Schule decken. Er erklärt, daß er überrascht ge-
wesen sei, in den „Lehrproben und Lehrgängen*' manche Ge-
danken als aus der theoretischen Pädagogik Herbarts abgeleitet
zu finden, welche ihm praktisch geläufig gewesen wären ohne eine
solche theoretische Begründung. Er erzählt bei dieser Gelegen-
heit, daß er bei Herbart ein Kolleg (Logik 1837--38) gehört,
sich aber damals von der so gewandten, glatten Dialektik
des großen Mannes abgestoßen gefühlt habe. Auf ihn hätten H.
Ritter und K. Fr. Hermann den größten Einfluß in philosophi-
scher und pädagogischer Beziehung ausgeübt. Vielleicht darf ich
aber doch erwähnen, daß L. mit Schiller und Dettweiler der Meinung
ist, daß das lateinische Extemporale auf der Oberstufe fallen könne.
Zu den Ansichten der angeführten Männer über das lateini-
sehe Extemporale kritisch Stellung zu nehmen, habe ich keine
von G, Badde. 441
VeraDiassung, weil ich meine diesbezüglichen Ansichten eingehend
in meiner Broschüre „Zur Reform der fremdspraclilichen schrift-
lichen Arbeiten'* (Halle, Waisenhaus) dargelegt und begründet
habe. Ich verwerfe mit Lattmann, Schiller, Dettweiler das Ex-
lemporale für die Oberstufe, bin mit ihnen der Meinung, daß bei
der Anfertigung der Extemporalien auf der Unter- und Mittel-
stufe aof die Schwierigkeiten besonders aufmerksam gemacht
werden muß, trete im Gegensalz zu ihnen Xör das Diktieren des
ganzen deutschen Textes auch auf der Unterstufe ein und gehe
über sie hinaus mit der Forderung der Abschaffung der
festen Termine und der häuslichen Vorbereitung für
die Extemporalien. Ich habe für die Vorbereitung und In-
szenierung der Extemporalien folgende 4 Leitsätze aufgestellt:
1. Es darf för die Extemporalien keine besondere Vorberei-
toDg gefordert werden.
2. Die festen Termine für sie sind abzuschaffen.
3. Es sind Stutzen zu geben; auf die Schwierigkeiten ist
besonders hinzuweisen.
4. Der deutsche Text zu den Extemporalien wird gleich ganz
iktiert und dann 2U seiner Obersetzung hinreichend Zeit gelassen.
Es ist meine feste Oberzeugung, daß erst, wenn diese vier
Forderungen erfüllt werden, die störenden psychischen Momente
aasgeschiedan werden können, die bei der Anfertigung der Ex-
temporalien eine so große Rolle spielen. Dazu reichen die von
Schüler und Dettweiler gegebenen Stützen noch nicbt aus.
Erst dann wird das Extemporale aufhören, den Schulern als ein
t^Wochenexamen^' zu erscheinen, wenn die festen Termine abge-
scliaflt sind. Erst dann wird auch das Extemporale die Rolle
bei der Beorteilung der Schüler spielen dürfen, die ihm Schiller
OQd Dettweiler zuweisen. Ich würde die Abschaffung der festen
Termine als einen bedeutenden Fortschritt in der Extemporale-
praxis ansehen. Ich habe jetzt IVa Jahre lang mit den obigen
^er Forderungen praktische Versuche gemacht und bin durch sie
in der Meinung bestärkt worden, daß sie das Richtige treffen.
Aber mir wird sofort entgegengehalten werden, daß ich als Vater
des Gedankens mein Kind überschätze, und die Gefahr liegt ja
3ucb nahe. Gerade deshalb möchte ich im Interesse der Sache
die Herren Kollegen ebenso freundlich wie dringend bitten, es
doch auch einmal mit meinem Rezept zu versuchen. Todbrin-
gende Gifte enthält es nicht, gefährlich kann es für keinen werden,
dagegen wird es, wie ich zu hoffen wage, manchem vom Extem-
poralefieber befallenen, im übrigen ganz kräftigen Schulbuben die
erwünschte Heilung bringen. Übrigens hat das Oktoberheft 1906 der
tXehrproben und Lehrgänge'^ einen eingebenden Uericht über die
von mir in bezug auf das Extemporale angestellten praktischen
Versuche unter dem Titel „Aus der Extemporalepraxis" gebracht.
Hannover. G. Budde.
442 H omers KuBst der DarAtellung,
Homers Kunst der Darstellung am XIII. Gesänge
seiner Odyssee gewürdigt.
In der Betrachtung der Homerischen Gedichte scheint sich
neuerdings eine Richtung durchzusetzen, die der Kunst des
Dichters mehr gerecht zu werden sucht. Ich denke an die Ilias von
Herman Grimm, an die feinsinnigen Beobachtungen A. Roemers
und 0. Jaegers, an die trefflichen Abhandlungen von C. Rothe,
P. Cauer und an den Anhang von C. Hentze. Die bisherigen
Versuche, die gemacht worden sind, in das Verständnis des
Dichters Homer einzudringen oder einen sichern Grund in der
Frage der Entstehung einzelner Teile seiner Dichtung zu finden,
haben meist zur Verwerfung einzelner oder mehrerer Verse oder
gar ganzer Abschnitte des uns vorliegenden Textes gefuhrt. Es
sind dabei Verse für unecht erklärt worden, die sicher schon zu
dem ältesten Bestände Homerischer Poesie gehört und bei den
großen Festen das Entzucken der andächtig lauschenden Menge
erweckt haben. Man glaubte bisher, auch an die Dichtung den
Maßstab des eindringenden Verstandes anlegen zu müssen, und
verdächtigte demnach alles, was nicht ganz genau den Forderungen
der sorgfältigsten Überlegung und des folgerichtigen Denkens
standhielt. Auch ging man oft von Voraussetzungen aus, die nur
uns geläufigen Anschauungen entnommen sind ohne Rücksicht
auf die ganz anders gearteten Vorstellungen, wie sie der antike
Dichter liebt.
Verdienstlicher will mir die neuere Richtung erscheinen: an
die Werke Homers den Maßstab der Dichtung zu legen, sich bei
dem Genüsse des Kunstwerkes ausschließlich vom Dichter fähren
zu lassen, sich ganz in des Dichters Gedanken zu versenken und
dabei auf alle eignen Zusätze und Ergänzungen zu verzichten
oder wenigstens alle Mittel, dem Gedankengange des Dichters, wo
er nicht ohne weiteres klar sein sollte, auf die Spur zu kommen,
ausschließlich der Dichtung selbst und der ihr eigenen Anschauung
zu entnehmen.
Bei dieser Art der Betrachtung, die Dichtung nach Möglich-
keit aus sich selbst zu erklären, wird in überraschend einfacher
Losung Licht fallen auf manche Stellen, die bisher willkommenen
Stoff für streng philologische Kritik geboten haben. Naturlich
darf es uns nicht verwundern, daß bei einer Dichtung, deren
Alter schon nach Jahrtausenden zählt, manche Anschauungen uns
heutige Hörer recht fremd berühren, manche wiederum uns recht
modern anmuten, so daß man sich in dem Augenblicke des ehr-
würdigen Alters der Kunstschöpfung kaum bewußt bleibt. Dies
zeigt sich in dem Gesänge, dessen Kunst hier eingehender ge-
würdigt werden soll, im 13. Buche der. Odyssee: gleich zu An-
fang ein uns fast unverständlicher, ich möchte sagen kindlicher
voll G. Handt 443
Zug in der nach uoaern Begriffen übertriebenen Wertschätzung,
die dem materiellen Besitze, den Geschenken des Odysseus
beigelegt wird, die dann auch im Verlauf der Handlung des
ganzen Gesanges eine wichtige Rolle weiter spielen, andrerseits
die meisterhafte Darstellung der Stimmung des Odysseus, wie sie
beim Erwachen des Helden auf heimatlichem Boden in seinem
Herzen auf- und abwogt.
Im engsten Anschluß an die anoloyok setzt der 13. Gesang
angemessen ein mit der Schilderung des tiefen Eindruckes, den
Odysseus auf seine Zuhörer henrorgerufen hat, wie er sich auch
in den ersten gesprochenen Worten, die passend dem Alkinoos
zageteilt sind, äußert: „ietzt kannst du unbesorgt sein, jetzt ist
dir die Heimkehr sicher; denn wer zu uns gelangt, ist schon so
gut wie glücklich heimgekehrtes Der Ton ruht also auf oi%k
nakilknkayxd'ema und bI xa* ikoku noXXa ftenoy&ag =? und
deshalb an der Heimkehr fast verzweifelst^). Dann bestätigt Al-
kinoos seine Wohlgeneigtheit dem Odysseus durch die Häufung
der Geschenke, die er den für ihn schon früher bestimmten hin-
zufügt, wenn er auch der Zustimmung der Edeln nicht ganz sicher
ist. Er folgt seinem Impulse : „Außer der Gesamtspende, zu der
ihr alle beigesteuert habt, wollen wir ihm noch reichere Geschenke
Seben. Entschließt euch nur dazu^S sagt er und, um sie
seinem Vorschlage geneigter zu machen, weiß er sie humorvoll
wegen der ihnen drohenden Einbuße des eigenen Besitzes zu be-
ruhigen; „Nur nicht so zaghaft; uns trifft ja die Spende nicht
so arg, denn wir werden sie wieder vom Volke eintreiben'S
gleich als wenn ihm das Unangemessene seines Wunsches den
Edeln gegeaüber zum Bewußtsein käme, er aber doch nicht ver-
ziditen will und an ihre ausnehmende Stellung vor der Masse
des Volkes erinnert, „Einem einzelnen allerdings möchte ich
diese Noblesse nicht zumuten'*'). Und er kommt zum Ziele: in
der Frühe des Morgens sind die Gaben da, und sorgfältig packt
sie Alkinoos selbst ins Schiff, und die Edlen begeben sich zum
Mahle. Naturlich sind des Odysseus Gedanken auf recht schnelle
Abfahrt gerichtet, er hat keinen ruhigen Genuß vom Mahle dij
YOQ fk€V€atPs vsead-at. In dem nun folgenden Vergleich tritt
die Neigung des Dichters, sich in die Bilder seiner Gleichnisse zu
versenken, zutage; er gestaltet die einzelnen Zuge völlig selb-
ständig, ohne daß sie ein Korrelat in der zu erläuternden Hand-
lung selbst halten: so hier selbständige Ausmalung des Bildes in
^* 34 ßXaßfTa& ds xb yovvat' towt. Dieser Stimmung des
Odysseus entsprechen seine Abscbiedsworte: sie geben sich als
^) «iff fafit alle Irrfabrteq bitber zusammen, die nna als abgescblosseo
erseheiaea soliea, wie das deatlich wird dnreh den Zusatz ei xa«.,..., ist
ilso m. verstehen io Hioblick aaf die Ausfahrt voa der Heimat.
') Bezeiehoead für die SteliuQ^ der Gebieter su dem ihoen unter-'
täaigen Volke,
444 Homers KiiDst der Darstellaag,
Äußerungen eines gewandten, welterfahrenen Hofmannes zu er-
kennen, der dabei aber offen und aufrichtig bleibt; seinen
Herzenswunsch, leidlos heimzukebren, spricht er zunächst aus
und verbindet damit in der Gberfulle seines frohen Herzens die
an seine Wohltäter gerichteten Worte: „Freuet euch mit mir^%
sieht er sich doch am Ziele seiner jetzigen Wfinsche. „Alles ist
mir bis jetzt geglückt"^), und „so möchte doch nun auch alles
ein gutes Ende nehmen'', mit einer leisen Andeutung des Themas,
das in den letzten Buchern der Dichtung dargestellt ist: „Möchte
ich doch die Gattin untadelig antreffen mit den wohlbehaltenen
Lieben!'' Dann, gleich als ob er zu egoistisch gedacht habe,
überträgt er seine Hoffnungen auch auf die Phäaken mit herz-
lichem Segenswunsch'). Und er hat das Richtige getroffen: alle
loben ihn und heißen, ihn entsenden. Ihnen willßhrt Alkinoos,
natürlich an dem frommen Hofe mit der üblichen religiösen
Feierlichkeit, einer Spende an den Vater Zeus. Dann folgen die
unvergleichlich schönen Abschiedsworte des Odysseus an Arete:
„Lebe mir wohl, o Königin, für immer, bis das Alter kommt und
der Tod, die an die Menschen herantreten! Ich kehre heim;
du aber erfreue dich in diesem Hause an deinen Kindern und
den Völkern und Alkinoos dem Könige!*' Diese besondere Rück-
sicht der Königin gegenüber entspricht dem Winke, den Nausikaa
dem Fremdling gegeben hatte, sie sind ritterlich galant, durchaus
würdig und ernst, dazwischen erklingt ohne Verstellung der
Grundton avtaq fy(o veofuz^^ der den ganzen Aufenthalt des
Odysseus bei den Phäaken beherrscht.
Unter dem Geleit des Heroldes,die Dienerinnen im Gefolge,
geht's binunter zum Strande. Dort nehmen die Geleiter alles')
in Empfang und schaffen dem Odysseus ein bequemes Lager,
auf dem er denn auch bald in erquickenden Schlummer sinkt,
während das Schiff schnell seine Bahn verfolgt*). Hierbei wird
immer wieder der Grundton vom Dichter angeschlagen: sichere
Heimfahrt nach so vielen Leiden. Mit dem Erglänzen des Morgen-
sternes naht das Schiff der Insel und fährt in den Phorkys-Hafen
ein, den uns der Dichter mit besonderem Behagen in ge-
fälliger Kleinmalerei auch der Tropfsteingebilde schildert. Die
Ruderer mühen sich erst um den Odysseus, den sie behutsam.
^) Somit ist die erforderliche enge Gedankenverbiodoog swisehen 39
nnd 40 hergestellt.
*) aQfTtiv verdeatlieht dar^h den Zasats navtoirpf^
^) Es geäugt dem Dichter, Dar die leibliche Verpfleguog, die sonst bei
Fahrten wohl am wichtigsten war, zu erwähnen.
^) Der prächtige Anblick des majestätisch dahinfahrendon Schiffes wird
dem Hörer vermittelt durch zwei Vergleiche, deren erster das Aafsteigen
des Schilfes malt, wie es naturgemäß vorn in die Höhe gehoben wird —
ich lese also auch tt^io^ij — dabei kann trotzdem der Dichter den hinten
am Schiffe rauschenden Wogenschwall erwähnen — , der zweite weist hin auf
die Schnelligkeit der Fahrt.
voD G. Handt. 445
dafi er nicht aus dem Schlafe erwache, aus dem Schiffe heben
und im weichen Sande betten, und bergen dann seine Schatte
am Schafte des Ölbaums abseits vom Wege. Darauf treten sie
die Ruckfahrt an V. 125.
im Gegensatz zu diesem friedlichen Bilde läßt sie aber der
Dichter nicht glöcklich ihr Land erreichen. Er erinnert uns an
Poseidons Groll, der noch den letzten Augenblick zur Kühlung
seiner Rache benutzen will und sich an den Vater Zeus wendet
mit einer Klage über die RQcksichtslosigkeit und Unehrerbietung
TOD Seiten der Phäaken. „Um meine Stellung bei den Göttern
ist es geschehen, wenn die Sterblichen mich nicht ehren, die
Phäaken. Gewiß sollte Odysseus einst seine Heimat erreichen,
da du es ihm doch versprochen hast. Aber jetzt haben ihn die
i^häaken noch obendrein überreich beschenkt, so wie er es nie
▼or Troja durch seine Taten verdient hätte''. Ein kleinlicher
GroU wie der eines Kindes, das keinen Anlaß dazu mehr hat,
aber seinem verhaßten Gegner noch einen Hieb versetzen möchte.
Das läßt ihn auch Zeus in seiner Erwiderung fohlen. Er ist er-
bben über solche Ideen, ihm kann ein solches ßedenken, wie
^ Poseidon geäußert hat, nicht kommen. Schon die Möglichkeit,
M das Vorgehen der Sterblichen irgend welchen Einfluß auf die
Götter haben könnte, ist für ihn ausgeschlossen. „Wir sind die
Herren. Handle, wie du willst und es dir lieb war im Herzen!'*
gewahrt er gnädig dem Poseidon. Der erwidert: „Ich will
es nur nicht mit dir verderben; den Phäaken aber will ich
schon ihr Handwerk legen. Ihr Schiff will ich zerschmettern
ttnd um ihre Stadt ein Gebirge türmen". Ebenso wie Zeus vor-
iier den Kernpunkt der Sache erfaßt hat, so weiß er auch jetzt
^t Absicht Poseidons am wirkungsvollsten zu gestalten; er ver-
steht sich auf das Göttermäßige : „Du machst es am besten so :
*eon schon alle erwartungsvoll am Ufer ausschauen, läßt du
das Schiff sich in Stein verwandeln, Iva ^av/MrCccxriv anapteg
iyd'Qtanok^*. Dem entspricht Poseidon in der Ausführung.
Schlag für Schlag vollzieht sich der Vorgang, und alsbald ist
Poseidon wieder verschwunden V. 164 6 de voatp^ ßsßijxeiv und
no ra (T ovx Itsav dq irsrvxro. Wie lebenswahr wird dann
der Eindruck dieses wunderbaren Vorganges geschildert: der leb-
hafte Wortaustausch unter dem Volke, sein Staunen hat sich in
Geschwätzigkeit aufgelöst. Der Dichter läßt V. 168 einen von
ihnen sprechen: „Wie ist mir denn? Wer bannte das Schiff
saf dem Meere, während es nach Hause fuhr? Ich habe es
<locb noch eben ganz deutlich gesehen! xat dfj ngovipcc^yeto
naaa^'. Nachdem dann das bedeutungslose Geschwätz der ver-
wundert nach dem Meere schauenden Menge verstummt ist,
äußert sich Alkinoos nachdenklich, in ihm hat der Vorgang zu-
gleich eine bedeutsame, ihn tief ergreifende Erinnerung wach-
gerufen 172 fl'.: „Wie wunderbar! Jetzt geht die alte Weissagung
i
446 Homers Konst iee Darstellaog^,
meines Vaters in Crfullung*^ Mit verzweiflungsvollen Worten ist
aber hier nichts geschafft; im Gegensats zu der Menge, die nur
staunt und schwatzt, weifi er im Augenblicke der drohenden
Gefahr zu handeln: „Wir wollen wenigstens das zweite Unheil,
das allein noch zu vermeiden ist, abzuwenden versuchen. Laßt
in Zukunft ab, die Sterblichen zu geleiten; dem Urheber alles
Unheils wollen wir zwölf auserlesene Stiere opfern*'. Selbstver*
ständlich geschieht das, nur in wenigen Versen anschaulich
ausgesprochen in V. 1 87 : des Volkes Führer und Berater um den
Altar stehend.
Unvermittelt in der Mitte des Verses beginnt der zweite
Hauptteil unseres Gesanges: Odysseus erwacht — und erkennt
sein Vaterland nicht, er, der schon lange abwesend war, rings
nämlich hatte ein Gott Nebel ausgegossen. So spricht V. 189
Homer; wir wundern uns nidit mehr, wenn er alle, auch
die alltlglichsten Naturvorgänge der Einwirkung eines Gottes zu-
schreibt; wir wfirden sagen: Frühnebel lagerte auf dem Erd-
boden. Von einem „Wundernebel'^ kann nicht die Rede sein,
besonders bei einer Erscheinung, die auf einer [nsel recht häufig
auftreten wird. Auf das Poetische dieses kleinen Zuges hat schon
Bergk in seiner Literaturgeschichte aufmerksam gemacht, und
Uentze bringt in seinem Anhange zur Odyssee diese Deutung
wieder zur Geltung^). Alles Folgende wird nun ebenso Jebens*
wahr und meisterlich geschildert: dpakiag = tus dem Schlafe
emporfahrend, elgids — er blickte (ziellos) hin auf sein Vater-
land, ßng dann an zu klagen, schlug sich seine Schenkel,') und
jammernd spricht er zunächst seine Zweifel aus V. 200; er, der
an Enttäuschung Gewöhnte, fragt sich angsterfüllt nach d^^n Be-
wohnern des ihm fremden Landes, inzwischen erwacht in ihm
die erste Oberlegung, und schnell gefaßt denkt er (wie schon
anfangs angedeutet) sogleich an einen sichern Ort für seine
Schätze und an seine eigne Sicherheit. Diese Verlegenheit
steigert sich : „sie (xQijfkata) hätten doch bei den Phäaken bleiben
sollen^). Jetzt weiß ich nicht, wohin mit ihnen'^ Nach V. 208
^) Ad Vers 189 ist durchaus kein Aottofi zu oebmen. Die objektive
Bef^rUodong dafür, daß er seio Ueünatlajid uicht erkenutf ist mit ne^i y«^
&€og vjf^a j^evev gegeben; dasu tritt die subjektive Erklaruog ij<fi7 cTi^f
anffov; sonst müßte man doch wohl erwarten, doß Odysseus, von Jugeod
auf vertraut mit seiner Insel, sie auch jetet troti des Nebels wiedererkenne.
— Aas dieser Aoffassuog ergibt sich denn ohne weiteres die Athetese der
folgenden 4, wenn nicht gar 7 Verse 190 — 193 ev. 197; eine annehmbare
Rettung ist mir nicht beiiannt geworden; daß sie nicht von Homer her rühr eo
können, ist mir über jeden Zweifel erhaben, und daß sieh im AHertume jemand
versacht fühlen konnte, diesen recht nüchternen Znsatx zu machen, ist er-
klärlieh, sehen doch sogar noch manche moderne Erklärer in den Worten
Ofos riiQa ;rev€V eine klare Absicht einer Gottheit.
^) Alle diese so naturgemäßen Züge der mißmutigen Stiimmong des
Menschen unmittelbar nach dem Erwachen mit d^a verbunden.
') Mit Auslassung der Verse 205 n. 6.
voi G. Hqttdt. 447
»t eine kurze Pause anzunehmen (wie vor 171), sein Mifitrauen
wird iimner starker, so dafi ihn) auch das Vergangene in ganz
unfreuAdliebem Lichte erscheint: „Ja, ja, die Phäaken haben un-
recht uk mir getan, die mich in ein anderes Land führten, und
doch Tersprachen sie, mich nach llhaka zu bringen*'. Und jetzt
wird sein Zweifel zum Zorne, in dem er die Rache des Zeus
auf die Betruger herabruft, um gleich danach, wieder Herr seiner
Erregung, für sieh und die Unterbringung seiner Schätze zu
sorgen^). Nun zählt er eifrig nach und — vermißt nichts.
Dann bricht er wieder in Wehklagen aus, in seiner Hilflosigkeit
umherstreifend. Jetzt erst erscheint ihm Athene in der Gestalt
eioes jungen Hirten, der einen Wurfspieß trägt. An ihn wendet
sich Odysseus mit flehenden Worten, die wieder sehr bezeichnend
sind für die Angst und Sorge, die ihn erfüllt: „Sei mir gegrüßt
und begegne mir nicht mit bösem Herzen, sondern reite das da
Qod reite auch mich! Und sage mir untrüglich: Wo bin ich?
^33 t$g Y^^ %k^ dfifiQg . . »** Stalt ihrem Schützling gleich die
erlösende Antwort zu geben: „Freue dich! Du bist in Ithaka",
treibt sie ihren Scherz mit ihm und weidet sich förmlich an
meiner ungeduldigen Erwartung, Auskunft zu bekommen und
^Ren Herzenswunsch bestätigt zu hören'). Doch möchte ich
lieinen Vers in ihrer Antwort missen; absichtlich ist die ganze
Schilderung der Natur der Insel in die Länge gezogen; erst nach
äoem Dutzend Verse läßt sie V. 248 den ersehnten Namen
Ithakas als selbstverständlich wie nebenher mit einiließen. Nun,
wo Odysseus Gewißheit hat, gewinnt er seine sichere Art des
Auftretens und der Selbstbeherrschung wieder. Er weiß sich im
^ment in die Lage zu finden und sie sich nutzbar zu machen.
Er ist wieder der noXwqono^^ sein Verstand hat wieder gesiegt,
nichts mehr von dem vorherigen Kleinmut: „Ich hörte von
llhaka auch auf der weiten Kreta'S und nun erfindet er einen
Zug um den andern, die er geschickt zu seinem Vorteile zu
wenden versteht, denn immer beherrscht ihn die Rücksicht auf
seine Habseligkeiten. Um diese vor etwaiger Entwendung zu
sichern, stellt er sich als gefährlichen Mörder hin, der also sich
nicht so ohne weiteres berauben lassen wird, wenn das etwa dem
Jäogling in den Sinn kommen sollte. Die Freveltat, die er an-
geblicli auf dem Gewissen hat, weiß er glaubhaft zu machen
^) V. 215 ick will sie zälilen nod oadiseheo (mit stärkerer loter-
poDklion aod dem mehr selbstäodigeu Zusatz): Daß sie mir nur oicht etwas
Bit wegfuhrteD. — lo diesem Selbstgespräch des Odyisseus kanu ich also
keiaeswegs zwei navereinbare Stück« erkeoDeD, vielmehr scheint mir der
leichter hier sehr treffend die gereizte, wechselnde Stimmung des Odysseus
ZQ zeichnen.
^) Die Eingangsworte ihrer Antwort auf die furchtbare Begrüßung
dorch den Kyklopen zu bezieben, um ihm damit ein ähnliches Abenteuer,
^i« er es in dessen Hohle erlebte, als ihm jetzt drohend anzudeuten, will
■ir etwa« za gekünstelt erscheinen.
448 Homers Kunst der Oarstelloog,
durch eingehende Schilderung aller Einzelheiten; eine Begröndung
nach der andern steht ihm zur Verfugung, damit nur kein
Zweifel in dem ihm gegenüberstehenden Fremden erwache. Zu
seiner Flucht nach dem Morde nimmt ihn in seiner Erdichtung
naturlich sogleich ein Schiff auf, das ihn nach Norden entführen
soll. Die Schiffer sind auch bereit, werden aber durch Sturmes
Gewalt vom Ziele abgetrieben; jetzt hat er wieder festen Boden
für seine Erzählung: geschickt lenkt er in den Bericht seiner
wirklichen Erlebnisse seit seiner Abfohrt vom PhSakenlande ein
282 — 286. Er glaubt, seinen beabsichtigten Eindruck erreicht zu
haben: mit solch einem wird der Fremde sich hüten anzubinden.
— Wieder ein Meisterstück der Kunst des Dichters. Wie schildert
er seinen Helden jeder auch noch so unerwarteten Lage ge-
wachsen! Schnell gefaßt, hat er ohne langes Besinnen eine Er-
zählung zur Hand. Wegen des Inhaltes kommt er nicht in die
geringste Verlegenheit; er weiB gleich, was er zu erwidern hat,
um sich zu sichern. Die höchste Kunst zeigt aber der Dichter
in der Komposition dieser Rede. Offenbar will er zu erkennen
geben, daB die erdichtete Erzählung dem Odysseus doch nicht
ganz glatt von der Zunge geht, er erweckt diesen Eindruck durch
die umständlich ausgesponnene, scheinbar ganz kunstlos anein-
ander gereihte Darstellung seiner Mordtat. Unsicher in der glatten
Satzfügung verrät Odysseus seine Unwahrhaftigkeit mit dem
doppelten ovvsxa 262 und 265 und dem noch 263 eingefugten
slvsxa: man merkt darin das Bestreben, nichts unmotiviert zu
lassen, und gerade durch dieses übertriebene Bestreben, alles zu
begründen, gibt sich eben die Unsicherheit des Motivierenden zu
erkennen. Denselben Eindruck der Unsicherheit zu erwecken
gelingt dem Dichter zugleich durch das Sprunghafte in der Dar-
stellung, die Gedanken schließen sich nicht in natürlicher Folge
streng logisch aneinander an, sondern so, wie sie ihm gerade
zur Verfügung stehen; Odysseus redet darauf los, um nicht durch
eine Pause oder Lücke die Unwahrheit entdecken zu lassen. Die
noch eingeschaltete Schilderung der dunklen Nacht, die der Aus-
führung des Verbrechens günstig ist, gibt ihm gleichsam noch
Zeit, sich auf die Fortsetzung seiner erdichteten Erzählung zu
besinnen. Er gewinnt dann freiere Bewegung mit dem in^ vija
xtwv^ und hier, wo er wieder wirklich Erlebtes schildert, ist
natürlich die Darstellung auch wieder durchsichtig und klar. —
Athene hat geduldig alles mit angehört, jetzt bricht sie in das
Lachen aus, das sie jedenfalls nur mit Mühe bat unterdrücken
können, streichelt ihn mit der Hand, und nunmehr in der Ge-
stalt eines schönen stattlichen Weibes ist sie unerschöpflich in
ihren Bezeichnungen seiner Verstellungskunst und Verschmitztheit:
xsQÖaleog, inixlonog, (Tx^rAifi, Tto^xikofi^tay doliop at\ Dann
V. 296 gleichsam als fürchte sie, in ihrem Herzenserguß zu weit
gegangen zu sein, bricht sie ab, und ihren Scherz zugleich ver-
von G. Haodt. 449
traulich treibend, beruhigt M ihn: „Wir haben uns beide in
der Beziehung nichts vorzuwerfen** 296 — 299, um nun auf dem
Boden völliger Gleichstellung desto berechtigter ihm vorzuhalten,
daß er trotz seiner Schlauheit sie jetzt nicht erkannt habe, sie,
die ihn doch immer beschützt habe und die auch jetzt gekommen sei,
ihm zur Seite zu steben303 IT. „Jetzt bin ich wiederum hierher
gekommen, damit ich mit dir zusammen eine List ersinne und die
Schätze berge . . . und dir sage, was für Leiden dir in deinem
wohlgebauten Palast zu ertragen Bestimmung ist. Du aber halte
aus auch in der Not, . . . still erleide viele Schmerzen, die Gewalt*
taten der Männer auf dich nehmend*', ihn hiermit schonend vor-
bereitend auf das, was er im Hause zu erwarten hat^). Aus der
Antwort des Odysseus spricht der Beschämte, der, in seiner
Stirke gekränkt, nach einer Ausrede sucht: „Wie sollte ich jetzt
an dich denken! Habe ich doch recht lange nichts mehr von
deiner Gnade erfahren'). Nw de ob nftog natgog j^ovyaZofkai»
Nicht kann ich es glauben, daß ich in Ithaka bin. Du treibst
Scherz mit mir. Sage mir: Bin ich wirklich in der Heimat?*'
1)38 Miätratten ist also wieder erwacht (erklärlich bei der Auf-
^%^Hi i<^ di® ^r durch seine Befürchtungen beim Erwachen ver-
tut wurde)^ Athene ist gerade darüber erfreut, weiß sie
doch an ihm die Vorsicht, die aus seinem erneuten Zweifel
spricht, zu schätzen: „So bist du immer, und so gefätlst du mir.
I^arum werde ich dich nicht verlassen'"'). Dann geht sie auf
seinen geäußerten Vorwurf, sie habe ihn vernachlässigt, ein und
widerlegt den: „Zweifelte ich doch nie daran, daß du einmal
deine Heimat erreichen wurdest. Ich brauchte deinetwegen also
Bicht zu furchten. Nur wollte ich es nicht mit Poseidon ver-
derben, der dir grollte, und griff deshalb nicht in seine Fügung
^|d'*. Dann um alle seine Bedenken zu beseitigen, zeigt sie ihm
die ihm von früher wohlbekannten Stätten, indem sie natürlich
schon jetzt V. 344 den Nebel zerstreut*). So ungläubig er an-
fangs war, so froh und dankbar ist jetzt sein Herz, das sich zu
einem Gebet an die Najaden erhebt; er verspricht ihnen Gaben,
^) Aneh die Vers« 306 — 3t0 mSehte ich beibehalten; sie decken sich
iikaltlieh mit den allgeaieioeB Gedanken V. 303 Iva toi aw firiiiy vtfaivoff
d<r doch fdr echt gilt. Wenn Odyssens in seiner Erwidemog anf diese
Gedtaken nicht eingeht, so erklärt sich das wieder faoz natürlich daraus,
Öi8 ihai vor alleai andern seine Rechtfertigong dem Vorwarfe der Göltin
icseanber an Berzea Hegt, die ihn alles andere überhören läfit.
^ nabei verwerfe auch ich die Verse 320 — 321 und behalte nach Butt-
■•ans Vorgänge (Lexilog. I S. 91 Ann. 4) die Verse 322—323, die ich ge-
rade recht ^saend finde als Obergang von den Vorwarfe xur folgenden
Bitte 328. Der Vorwarf war nicht ernst gemeint, sondern mehr ein Aus-
Baä des Ärgers darfiber, dafi er sich zu dem Zugeständnis gezwungen sah,
sein Scharfblick habe ihn diesmal im Stich gelassen.
') Die folgeadea Verse 333—336 haben wohl keinen Verteidiger ge*
■Baden.
*) Erst 352 erwähnt
450 Homers Kunst der Darstelluog,
wenn ihn Athene am Leben erhält und ihm den Sohn gedeihen
läßt. Der Dichter schildert, wie die Lust am Leben ihn wieder
erföllt. Doch darf er sich noch nicht in Hoffnungen auf gUn-
zende Tage versenken, Athene erinnert ihn an seine nächsten
Aufgaben, die ihm die Gegenwart stellt: „Vor allem wollen wir
die Geschenke bergen und dann überlegen, was zu tun ist^S
Wieder spielen die Geschenke eine Rolle. Erst müssen diese
sorglich untergebracht sein, dann sitzen sie ratpflegend am
Schafte des Ölbaums. Die Art, wie sie beide zu Rate gehen, ist
auch wieder charakteristisch für die Kunst Homers, psychologisch
h&chst fein beobachtet. Athene weiß, was sie für einen empOnd-
licben» reizbaren Mann vor sich hat, wie er noch erschüttert
durch den Wechsel der letzten Erlebnisse und Erfahrungen leicht
erregbar ist und zarte Behandlung verlangt, wie leicht er aus der
größten Hoffnungsfreudigkeit in die tiefste Niedergeschlagenheit
herabgestimmt werden kann. Nun erfordert aber die Lage einen
starken Helden. An diesen ernsten Gedanken muB Athene ihren
Schützling allmShlich wieder gewöhnen, sie muB ihn wieder stark
machen, das Furchtbare zu vernehmen, was ihm bevorsteht. Nicht
darf er jetzt die Hände in den Schoß legen und alles vertrauens-
voll seiner Schutzgöttin überlassen. Nein, noch lastet alles auf
ihm. Deshalb weist Athene ihm die Aufgabe zu, selbst zu
überlegen, was hier zu tun ist. Wenn seine Überlegung in An-
spruch genommen wird, sollen ihm die Schwierigkeiten leichter
erscheinen, und nun klärt sie ihm die Verhältnisse an seinem
Hofe auf, das schamlose Treiben der Freier, mäßigt aber den
Eindruck durch den Ausblick auf die Treue der Penelope. So ist
Odysseus genugsam vorbereitet auf das, was ihn erwartet. Er ist
insoweit jetzt wieder Herr seiner selbst, daß wohl noch alles
einen tiefwirkenden Eindruck auf sein erregbares Innere macht:
die Gefahr, in der er unzweifelhaft zugrunde gehen mußte, ver-
gleicht er mit Agamemnons Ende, — verbindet aber damit einen
Dank an seine Retterin Athene, der er sich jetzt gänzlich anver-
traut; unter ihrer Beihilfe wird er alle Not bestehen. Sie soll
den Anschlag entwerfen, ihres Schutzes sicher wird er vor keiner
Gefahr zurückschaudern, mit jeder Zahl der Feinde wird er es
aufnehmen^). Athene ist bereit dazu und erweckt ihm frohe
Hoffnung auf glucklichen Erfolg'). Sie enthüllt ihm ihre Maß-
nahmen und Pläne : als unansehnlicher Bettler soll er zum treuen
1) Aaf die wirkungsvolle Steigeraog seines neu gewoooeneo uoer-
schauerlichen Vertraaens, wie sie io V. 391 den Höhepunkt erreieht, hat
Heotze im Anhang hingewiesen. — Daß er sich wieder an seine Sehatz-
göttin wendet, den Anschlag gegen die Freier zn ersinnen, kann nicht aof-
falien; es zeigt nur dos ergebene Vertrauen zu der größeren Binsicht der
Göttin, zu der sie ihm noch Hilfe und Beistand im Kampfe gewahren und
Mut und Entschlossenheit einhauchen soll.
^) Vergl. Hentze im Anhange zu V. 393.
von G. Haodt 451
Eamaios gehen und bei dem bleiben, bis sie den Teiemachos,
der auf Erkundigung nach seinem Vater ausgesogen ist, herbei-
ruft. Die Alitteilung Ober die Fatirt Telemachs erweckt von
neuem Besorgnis in Odysseus, so daß er, gereizt und erregbar
wie er ist, ihr darüber Vorwurfe macht, die sie zurückweist mit
dem Bemerken, sie selbst habe ihn dazu ermuntert, Odysseus
brauche sich um ihn nicht zu sorgen, er werde wohlbehalten
zurückkommen. Dann verwandelt sie Odysseus in Bettlergestalt.
Tritt man also an die Odyssee mit der Absicht heran, sich
willig der Fuhrung Homers anzuvertrauen, so bleibt noch heute
seine Dichtung ein unerschöpflicher Born edelsten Genusses.
Dessau. Gustav Hundt.
29*
ZWEITE ABTEILUNG.
LITERARISCHE BERICHTE.
Haadbuch für Lehrer ad höheren Schalen. Bearbeitet von Aoler
u. a. Leipzig und Berlin 1906, B. G. Teubner. XIV a. 704 S. geb.
Unsere jüngeren und jüngsten Kollegen werden besser auf
ihr Amt vorbereitet als wir älteren früher, das ist keine Frage.
Das Seminarjahr kann recht fruchtbringend werden. Aber auch
die einführende Literatur ist reichhaltiger und zweckmäßiger
geworden. Man hat die Auswahl unter treiHichen Büchern all-
gemeinen und fachlichen Inhalts; Baumeisters Handbuch enthält
jede Anstaltsbibliothek. Was bisher auf diesem Gebiete gefehlt
hat, ist ein Handbuch, das diesen Namen verdient, d. h. wirklich
handlich ist, zugleich selbst für magere Börsen erschwinglich. Ich
denke dabei immer nur oder doch in erster Linie an die jüngeren
Kollegen. DaB ein solches Buch auch in der Handbücherei des
älteren Philologen den Flügelmann abgeben sollte, wage ich in
zweiler Linie zu behaupten; und daB die gebildeten Nichtschul-
männer, wenn sie mitreden wollen, solch einen Ratgeber gar
nicht entbehren können und fleißig benutzen müBten, wird niemand
leugnen wollen.
Ein Buch, das allen diesen Bedürfnissen entgegenkommen
will, ist in dem Teubnerschen Verlage erschienen. Ausstattung,
Umfang, Preis sind gut und angemessen. Mit welchen Erwartungen
greift man zu solch einem Buche? Man erwartet von ihm, daß
es über Pflichten und Rechte des Oberlehrerstandes, über die
innere und äußere Gestaltung des höheren Schulwesens und über
die Berufsarbeit in diesen Schulen aufklärt. Jeder einzelne erhoflt
zunächst Belehrung über die Geschichte, den gegenwärtigen Betrieb
und die Aussichten seines besonderen Lehrfaches, dann aber auch
eine Einsicht in dieselben Faktoren der übrigen Unterrichtszweige,
die an seiner Anstalt und den andern höheren Schulen blühen oder
vegetieren. Auf den letzten Punkt muß man besondern Wert
legen. Daran fehlt es ja so häufig, daß man von der Arbeit seiner
Kollegen Kenntnis nimmt; es genügt auch nicht, daß man sie ge-
währen läßt und alles gut heißt, was verlangt oder verbeten wird.
Aaler, ilaodb«oh f. Lehrer ao h5fa. Schalen, agi. ?« F. Fügoer. 453
damit man friedlich und gesittet erscheine, denn das Wohl der
Anstalt erfordert oft ein ganz anderes Benehmen, sondern um
sachlich bleiben zu können und nicht persönlich werden zu mössen,
bedarf es eben der Beschäftigung mit der Praiis aller Disziplinen.
Man kann selbstverständlich von niemand verlangen, daß er den
ganzen Lehrstoff beherrsche, wohl aber, daß er über die herrschende
Methodik in den Hauptfächern, ihre Stärke und Schwäche, ober
die didaktischen Hilfsmittel und über schwebende Streitfragen
einigermaßen orientiert ist. Gerade das sollte ein Handbuch für
den Lehrer an höheren Schulen in erster Linie ermöglichen.
Solche Erwägungen haben auch den Verfassern sicherlich
Dabe gelegen. In ihren Bezirken sehen sie erst rückwärts nach
dem, was da war, und zeigen, wie das Gegenwärtige entstanden
ist, dann legen sie den jetzigen Zustand dar und stellen endlich
das Horoskop in Gestalt von Wünschen und Hoffnungen oder Be-
fürchtungen. Die geschichtlichen Bfickblicke sind meistens kleiner
gedruckt, um Baum zu sparen, und einander an Umfang sehr
ungleich; über die Geschichte des lateinischen und griechischen
Unterrichts z. B. erfährt man leider fast nichts, weil darüber
schon anderswo gut gehandelt sei. Aber das kann doch kein
Gruod gegen einen knappen Bückblick sein, den der Käufer eines
solchen Handbuches in ihm zu finden voraussetzt. Dasselbe gilt
Ten der Bibliographie. Auf genaue und wohlerwogene Literatur-
angaben hätte man durchweg die größte Mühe verwenden sollen.
Sie sucht der Anfänger, aber auch der ältere Kollege in solchem
Bache vielleicht eher als alles andere. Auf die Jahresberichte von
Rethwisch zu verweisen ist mehr bequem als gut. Die Titel,
Verleger, Jahreszahlen, Preise (diese fehlen fast immer und sind
doch so wichtig) müssen genau angegeben werden, dazu jedoch
auch in den meisten Fällen, was der Verf. über den Wert oder
das Wesen des Buches urteilt oder andere darüber geurteilt haben.
Auch Angaben über Verbreitung (nach Hörn) wären oft sehr nütz-
lich. Diesen Wünschen hat z. B. Hans Vollmer beim evangelischen
Religionsunterrichte in weitgehender Weise entsprochen, andere
weniger oder sehr viel weniger. Auch fehlt es hier und da an
einer klaren, kurzen Zusammenstellung der vorliegenden Probleme
and der Versuche oder auch nur Möglichkeiten, ihrer Herr zu
werden. Solche Arbeiten können nicht leicht zu praktisch werden;
allgemeine Baisonnements und Konstruktionen, persönliche Lieb-
habereien und Luftschlösser gehören nicht hierher.
Man darf nun behaupten, daß diesen programmatischen Ver-
sprechungen und Erwartungen die Ausführung einigermaßen enl*
spricht Der stattliche Band enthält eine erstaunliche Menge kluger
Gedanken und emsiger Mühewaltung. Er legt ein deutliches und
ehrenvolles Zeugnis von dem Ernst, dem Fleiß, der Umsicht und
der Treue ab, die in unserem Stande lebt und für die Jugend
unseres Volkes aufgewandt wird. Wir können das Werk nament*
454 Alller/ Handbuch für Lehrer an höheren Scholeiii^ '
lieh denen in die Hand geben, die am Staatsruder sitzen, damit
sie selbst entscheiden, ob wir es verdienen, hinter den andern
Stützen des Staates, der Gesellschaft und Gesittung zurückstehen
zu müssen. Wir können es aber auch mit gutem Gewissen den
jungen Pachgenossen empfehlen mit dem Mahn worte: Tretet ein,
denn auch hier sind Götter. Werdet eine Zierde des Standes,
nicht allein in Kleidung und Manieren, sondern auch in wissen-
schaftlicher und pädagogischer Durchbildung! Das Sammelwerk
ist zwar noch nicht vollkommen; es ist nicht nur nicht einheit-
lich in den Ansichten der einzelnen Verfasser — das läßt sich
durchaus nicht verlangen — , es ist auch in der Zumessung des
Raumes und seiner Ausnutzung nicht ohne Schwächen, es könnte
auch hier und da strammer redigiert sein, damit Wiederholungen
und Lücken vermieden wurden; aber wer billig urteilt, wird mit
diesem ersten Wurfe zufrieden sein. Eine zweite Auflage wird
manches verbessert, ausgeglichen, ergänzt, gestrichen zeigen, kurz
noch mehr aus einem Gusse sein. Aber ja nicht von einem schul-
politischen Standpunkte! Wenn z. B. Ziehen den Frankfurter
Reformlehrplan fast über den grünen Klee lobt, möchte man die
Ergänzung von Oskar Weißenfels (auf S. 267 f.) ungern missen,
der das bekömmliche Wasser in den Wein gießt, und so in andern
ähnlichen Fällen.
Doch zum einzelnen! Julius Ziehen, der Patron des
Buches, hat das Vorwort und den ersten Abschnitt geschrieben:
„Der innere Organismus des höheren Schulwesens''.
Dieser enthält manches kluge Wort. Bei seiner Lektüre ist mir,
wie schon öfter bei der unserer pädagogischen Klassiker, der Ge-
danke aufgestiegen, wie verkehrt doch die Welt eingerichtet ist.
Gerade die klügsten, gewandtesten Schulmeister sind der Praxis
der Schulstube entruckt und können ihr Licht nicht mehr vor
den Jüngern vorbildlich leuchten lassen. Man müßte diese Heroen
der Methodik, Didaktik usw. staatlicherseits besonders gut besolden
und sie im Frontdienst als Instrukteure belassen. Statt dessen
macht man sie zu Verwallungsbeamten und stellt sie förmlich
kalt.. Münch, Matthias, Ziehen, Reinhardt usw. sind fast zu
Theoretikern des grünen Tisches geworden, und wir Götter
x-ten Grades sollen nun den Seminarkandidaten Musterlektionen
geben! Wenn man nun lesen muß, wie es sein sollte in dieser
bösen Welt, und kann nicht zu jenen leuchtenden Vorbildern
wallfahrten, um sich zu überzeugen von dem lebendigen Zusammen-
hang zwischen ihrer Theorie und Praxis, dann möchte man seufzen
mit dem wunden Adler: „Weisheit, du redst wie eine Taube".
Ziehen huldigt dem modernsten Stil: „Gleichwertigkeit der in ihrer
Eigenart frei entwickelten Schulen'* nach einem Begräbnis erster
Klasse für die Einheitsschule und nach einer volltönenden Grab-
rede auf das Gymnasialmonopol. Nun sollten, meint er, die drei
Schularten ihren besonderen Lehrstoff gründlich durcharbeiten,
angez. voa F. FägDer. 455
„das Nebeneinander disparater Lehrböcher durch ein eioheitlicbes
System von Böchem, ein * Unterrichtswerk', ersetzen*'. Die Real-
schule sei als organische * Kurzform' der Oberrealschulen berechtigt,
die Progymnasien und Realprogymnasien seien nur Notbehelfe für
die betreffenden VoUanstalten. . Die Vollanstalt bilde einen ein-
heitlichen Organismus, das müsse sowohl der Längs- wie der
Querschnitt beweisen; sie dürfe vor allem kein „Dreietagenbau
ohne Treppenverbindung zwischen den einzelnen Stockwerken für
die Person der Lehrer" sein. — „Die äuBere Organisation
des höheren Schulwesens*' legt Julius Nelson in kurzer,
kkirer, rein sachlicher Weise dar; auch die „Schuldisziplin*' hat
hier am Schlüsse (S. 50 ff.) eine kurze Besprechung gefunden. Im
übrigen huldigt der Verf. scheinbar dem Grundsatze, dafi man zu
den Menschen zehnmal von ihren Pflichten reden müsse, ehe ein-
mal von ihren Rechten. Das holt ja dann in gewissem Betracht
Karl Fricke in Bremen nach, der über den Oberlehrerstand,
seine geschichtliche Entwicklung und heutige Lage, geschrieben
hat Indem er (S. 60) über die Lehramtsprüfung spricht, berührt
er sich zu enge mit Nelson (S. 39).
Eine tüchtige Arbeit ist die Abhandlung Hans Vollmers
(Hamburg) über „Evangelische Religionslehre". Sie be-
weist, daß die Geschichte einer Disziplin auf etwa 20 Seiten dar-
gestellt werden kann. Wenn das bei der Religion möglich gewesen
ist, konnte es bei den meisten andern I^hrfächern noch leichter
durchgeführt werden. Ferner zeichnet sich Vollmers Bericht vor
fast allen übrigen durch ausreichende und genaue Literatur angaben
aus; auch kurze Urteile über die angegebenen Bücher sind mehr-
fach beigefügt, könnten aber noch zahlreicher sein. Drittens ist
die Obersicbtlichkeit seiner Disposition löblich: der Geschichte
folgen „Prinzipien und Methode*S diesen „Lehrgang und Schul-
bücher*'. Die Wünsche und Befürchtungen des Verf. sind über
das Ganze zerstreut. Ich würde sie in einem letzten Abschnitte
zusammen dargestellt haben. Auf den Inhalt lasse ich mich nicht
ein, besonders da der Standpunkt Vollmers nicht ganz der meinige
ist. Das hindert mich nicht, seine Arbeit voll anzuerkennen.
Auch was er über das Hebräische gesagt hat, ist verständig und
richtig. — Wilhelm Capitaine hat den Bericht über den
katholischen Religionsunterricht geschrieben „mit Appro-
bation des Hw. apostolischen Vikars von Sachsen und Genehmigung
des Hw. Ordinariats von Köln*'. Die Anordnung des Stoffes ist
zweckmäßig, wird aber durch zu zahlreiche Cberschriften und Ab-
sitze eher verdunkelt. Es wird dem Leser nicht weiter auffallen,
daB der Wind hier anders weht als bei Vollmer, in manchen
Fragen geradezu konträr; vgl. S. 141 Religion im Hittelpunkte der
Unterrichtsarbeit, S. 146 die Persönlichkeit des Religionslehrers u.a.
Ich notiere für die evangelischen Kollegen als sehr beherzigens-
wert (S. 145): „Wünschenswert wäre für den Religionslehrer neben
456 Auler, Haodbncb für Lehrer ao höhereo Sehaleo,
dem theologischen ein grundliches philologisches oder philosophisches
Wissen und die Erwerbung eigentlicher philologischer Lehrfakultaten.
Das gibt ihm Verständnis für die Auffassung seiner Kollegen, das
erhöht seine Brauchbarkeit im Betriebe der Schule, und so ge-
winnt er Anschluß und Achtung im Lehrerkollegium'*. Daß die
Fakultas in Religion und Hebräisch zu einem Oberlehrerzeugnis
genügt (s. S. 60 mit Fricks verständiger Bemerkung über die
Differenzierung der Unterrichtsfächer), halte ich för bedenklich, auch
für unbillig im Vergleich zu andern Pröfungsgroppen.
Den deutschen Unterricht, den Joseph der Modernen,
dem man auch einen bunten Rock anzieht, wie Jakob seinem
Herzensjungen, hat Otto Lyon (Dresden) besprochen. Seine
Lieblingsideen sind wohl genügend bekannt geworden; er bat sie
auch diesmal als getreuer Schüler Hildebrands nicht verleugnet.
Was er über Sprachgeschichte und Wortbildungslehre, Mundarten,
Wortinhalt, Betonungslehre sagt, ist alles gut und richtig, aber
für das „Handbuch*' zu breit ausgesponnen, zu sehr ins einzelne
gehend, betrifft auch keineswegs das Deutsche allein, sondern
jeden Sprachunterricht. Dazu kommt, daß man manche allgemeine
Bemerkung an diesem Orte nicht erwartet. Wohin sollte das
führen, wenn jeder Mitarbeiter seine pädagogische Weisheit aus-
kramen wollte; vgl. z. B. S. 195: „Nie zeige sich der Lehrer als
ein hochmütiger und dünkelhafter Besserwisser, sondern als warm-
herziger Freund und Kamerad des Schülers^'. Lyons Maxime
lautet (S. 196): Im Mittelpunkte des deutschen Unterrichts hat
gar nicht die Lektüre, sondern vielmehr der Aufsatz und der freie
Vortrag zu stehen'S Im allgemeinen kann man ihr beistimmen,
namentlich wenn man an den Unfug der Zerfaserung des Lehr-
stoffes denkt, in der sich philologisierende und ästhetisierende
Lehrer des Deutschen gefallen. Lyon will den Schüler vor allem
in die Sprache des 16. Jahrhunderts eingeführt wissen, aber
„Herder kann eine gesonderte Besprechung nicht beansprucheQ*^
Solche Ansichten werden vielfach Widerspruch erregen. Natürlich
finden sich daneben viele gute Bemerkungen. Bedauerlich ist der
Mangel einer kurzen Geschichte des deutschen Unterrichts; gerade
das möchte man doch erfahren, auf welchem Wege dieser zu
seiner jetzigen „zentralen Stellung'' gelangt isL Der Raum zu
einer solchen hätte sich durch Beschränkung an andern Stellen
gewinnen lassen. — Alfred Rausch (Halle) hat die philo-
sophische Propädeutik behandelt Dieses Kapitel ist nach An-
lage und Durchführung eines der gelungensten im ganzen Buche.
Einteilung: 1. Geschichtlich, 2. Theoretisch, 3. Praktisch. Alles
klar, knapp, verständlich, treffend. Rausch tritt bekanntlich für
schulphilosophischen Unterricht ein, der (S. 230) den philosophisch
orientierten Fachunterricht voraussetze, aber doch einen selb-
ständigen Lehrgang unternehme, der nicht sowohl für das wissen-
schaftliche Studium vorbereiten, als vielmehr die Schulwissen-
aogez. voD F. FiigDer. 457
Schäften abschließen wolle. Rausch ist mit der Ausarbeitung einer
solchen Scbulphilosophie beschäftigt So schwer die Aufgabe ist,
von ihm können wir etwas Brauchbares erwarten. Man muB auf
die Entwicklong der ganxen Frage äußerst gespannt sein; denn
sie ist für die Zukunft der höheren Schulen von der größten Be-
deutung. Kann man doch jetzt von einem Abschluß unserer
onterrichtlicben Tätigkeit nur in einem unvollkommenen, äußer-
lichen Sinne reden. Das gilt schon mehr oder weniger von dem
einzelnen Fache, von ihrer Gesamtheit aber in hohem Grade;
denn die höhere Schule als „Organismus" ist im wesentlichsten
Stücke, in der Gravitation aller Fächer nach einem geistigen
Ziele trotz aller Ansätze und schönen Worte doch immer noch
nichts als eine Idee (vgl. Ziehen auf S. 25). Zunächst durfte uns
eioe Schulphilosophie im Sinne von Rausch zeigen, wie weit wir
Doch von der Verwirklichung des Ideals entfernt sind. Und das
wäre schon ein großer Vorteil.
Unser kluger, feinsinniger Oskar Weißenfels, der nun als
^ikc iay auf unsere Welt herabschaut, hat über Lateinisch
und Griechisch eine Fölle trefflicher Bemerkungen veröffent-
licht Sein konservativer Sinn, der indessen von Reaktionsgelösten
Tdilig frei war und der „Forderung des Tages'' sich nicht ver-
KJiloß, verleugnet sich natdriich nicht. Er gehörte zu den un-
scbätzbaren Freunden des humanistischen Gymnasiums, die mehr
noch durch ihre Persönlichkeit wirken als durch ihre Worte und
Taten, so wertvoll und bedeutend auch diese an sich waren und
Ueiben. Er selbst war ein lebendiger Beweis von dem jung und
warm erhaltenden Leben, das aus der angestrengten Beschäftigung
mit dem Altertum strömt und die Gegner durch den Beweis des
Geistes und der Kraft niederzwingt. Darum war er auch vor
andern berufen, über den Unterricht in den alten Sprachen zu
berichten. Weißenfels hält den grammatischen Unterricht hoch
und spricht einer gesunden Methode das Wort; im Griechischen
scheint er fast zu viel Grammatik zu fordern und auf die Ergeb-
nisse des Lateinischen nicht genug Rücksicht zu nehmen. Der
grammatische Betrieb im Griechischen muß und darf knapper,
gedrängter sein als im Lateinischen. Weißenfels ist kein Freund
der Skelettgrammatiken. Sehr mit Recht betont er, daß die
Grammatik nicht nur die Dienerin der Lektüre sein dürfe, sondern
lichtig, d. h. wissenschaftlich und mit Geist gelehrt und erklärt,
ihre hohe selbständige Bedeutung habe (S. 252 ff.)- Dasselbe gilt
Ton der Stilistik, Rhetorik und Synonymik. Der Wert der Lektüre
und die Einführung in sie wird trefflich geschildert. In der Be-
wertung der einzelnen Autoren geht W. hier und da eigene Wege.
Für Cäsar und Tacitus hat er nicht viel übrig, mehr für Sallust
und Livius, am meisten für Cicero, den er kaum dringend genug
empfehlen kann: „Solange das Griechische mit dem Lateinischen
nicht die Rolle im Lehrplane der Gymnasien gewechselt bat, wird
.458 Aaler, Haodbacb für Lehrer ao höheren Schalen,
es das Natürlichste sein, die Beschäftigung mit dem Altertum io
ihm und in Horaz als in den alles resümierenden Schriftstellern
gipfeln zu lassen" (S. 278). „Was die Gesamtheit von Giceros
Schriften an edlem Lehrstoff bietet, ist so erstaunlich reich und
vielseitig, daß ein Teil davon för.alle Klassen des Gymnasiums
ausreichen wfirde. Nur etwas Dichterlektöre mußte sich noch
hinzugesellen" (ebenda). Ovid möchte er in größerem Umfange
als gewöhnlich heranziehen, fflr Vergil hat er hohes Lob bereit:
„Wer in der Äneide nur einen Widerschein der Homerischen
Dichtung erblickt und deshalb meint, auf Vergil sei zu verzichten,
weil ja doch die bessere Originaldicbtung im Gymnasium gelesen
werde, beßndet sich im Irrtum^ (S. 285). Aber für I[ sei Vergil
zu schwer, und in I habe man för ihn keinen Platz. Was über
Horaz gesagt ist, sind goldene Worte. Um für einiges von TibulJ,
IMinius, Seneca u. a. Zeit zu gewinnen, was an sich sehr wünschens-
wert sei, müsse man die „kriegsgeschichtliche Lektüre*^ ein-
schranken. Von Privatlekture könne heutzutage leider kaum noch
die Rede sein. — Nach seiner Natur neigte Weißenfels gewiß
dem Griechischen mehr zu als dem I^ateinischen, aber sein
pädagogisches Gewissen bewahrte ihn davor, dieser Neigung nach-
zugeben und nach vieler Vorgang zu verlangen, die beiden alten
Sprachen sollten ihre Rollen am Gymnasium tauschen. Er be-
kennt vielmehr, „daß das starke, durch griechische Einflüsse ver-
edelte Römertum för werdende Menschen ein besserer Erzieher
ist als das feinere, leiser wirkende Griechentum" (S. 295). Und
hier sei nicht dem Schlagworte Hellenismus, noch dem äußerlichen
Realismus zu huldigen, sondern stets das Substantielle, Bildendste
aus der Fülle des Stoffes auszuwählen. Ohne gründliche gram-
matische Belehrung und Übung gehe es freilich nicht ab, jedoch
stehe hier die Lektüre noch mehr im Vordergrunde des Interesses
als beim Lateinischen. „Zeit zu gewinnen ist nur durch eine
von zeitraubenden Pedanterien sich fernhaltende Behandlung der
Lektüre" (S. 300); ich glaube, auch von der Behandlung der
Formenlehre trifft dies mehr zu, als Weißenfels es Wort haben
will. Betreffs der Lektüre ist erwähnenswert, daß Weißenfels
Demosthenes warm und mit ausführlicher Begründung empfiehlt.
Ich möchte ihn auch nicht missen, aber der Lehrer muß ihn
fleißig und geschickt vorlesen, ehe es ans Präparieren und Ober-
setzen geht. Homer zum Teil lesen ohne nachfolgende Über-
setzung ist möglich, ohne Lesen ihn übersetzen lassen, ist ver-
werflich. Ich nehme von Weißenfels' feiner Arbeit mit Dank Ab-
schied,^'^indem\'ich nur bedauere, daß die Literaturangaben gar
nicht auf der Höhe stehen.
Französisch und Englisch sind von 0. Boerner und
E.'^Sti eh 1 er [(Dresden) zusammen bearbeitet. Da ist zunächst
sehr zu bedauern, daß der geschichtliche Teil nicht mit auf-
genommen ist. Er ist in den Neuen. Jahrbüchern (1906) er-
aogez. voD F. Pagoer. 459
scbieneii und wird wahrscheinlich gesondert ausgegeben werden.
Freilich ist er für das Handbuch asu ausführlich geworden. Hoffentlidi
laBtsich ffir die zweite Auflage Abhilfe schaffen; denn der Käufer
des Handbudies kann erwarten, daß er etwas mehr über die Ge-
schichte des neusprachlichen Unterrichts erfährt; es braucht nur
das gebracht zu werden, was zur Erklärung des gegenwärtigen
Betriebes beitragt, und manches derart ist ja auch aufgenommen
worden. Sehr ausführlich schildern die Gutachten die verschiedenen
Metboden und die ihnen dienenden Lehrbücher. Das mag für
diesen Unterrichtszweig besonders nötig und nützlich sein, geht
aber m. EL über den Plan des Handbuches hinaus und schmeckt
zuweilen etwas nach pro domo. Das soll kein Vorwurf sein; denn
bei einer ausführlichen Darlegung der Sachlage lieB sich das kaum
nrmeiden. Obrigens ist durchaus anzuerkennen, daß dieser ganze
Abschnitt sehr sorgfältig und fleißig gearbeitet ist und über den
üiteressanten Hethodenstreit vorzüglich aufklärt. Und das ist die
Hauptsache. Auch in der Wahl der Lektüre ist der brausende
Gischt der Modernrealisten so ziemlich verflogen, selbst zu Cbresto-
mathien fangt man wieder schüchtern an zu greifen. Wie der
Cnlerricht in den neueren Sprachen den Wettbewerb mit dem
in den alten bestehen will, wenn man nicht auf den ethischen
Wert der Lektüre vor allem achtet, ist in der Tat nicht einzu-
^en. Nasenklammer und Stadtplan von London mit How do
fOQ do-Geplapper vermögen das nicht. Eine Obersicht über die
klr. LehrpUne in den verschiedenen Bundesstaaten und über die
wichtigsten Lehrbücher mit ausführlicher Beurteilung beschließt
den wertvollen Abschnitt, der uns beweist, wie eifrig man auf
den Gebiete des neusprachlichen Unterrichts am Werke ist, die
Methode wissenschaftlich zu vertiefen und den Lesestoff einer
böheren Schule angemessen zu wählen und auszunutzen.
Die Geschichte ist von A. Auler (Dortmund) behandelt
worden. Die Geschichte des Faches und die Besprechung der
Klassenpensen ist, um Raum zu sparen, wie manche andern Stücke
des Boches, in Petit gesetzt worden. Ich kann das nicht billigen ;
denn unwichtiger als das andere sind diese Abschnitte doch nicht.
Wenn etwas Petitsatz vertrug, waren es die Literajturangaben und
Daturlich alle Anmerkungen. Ober die Stellung des Geschichts-
unterrichts spricht sich Auler sehr verständig und entgegenkommend
aus; mit Recht weist er den — mir übrigens noch nicht be-
gegneten — Anspruch zurück, daß er der Lektüre zu dienen
habe: die Umkehrnng dieses Satzes ist mir durchaus geläufig und
genehm. Nur ist dann auch vom Gescbichtslehrer zu erwarten,
daB er die hier und da gegebenen geschichtlichen Anregungen
und Belehrungen in seinen Stunden sammele und geschickt ver-
werte. Ich glaube nicht, daß dies immer hinreichend geschieht.
Vielfach beherrscht wohl das Lehrbuch oder der Leitfaden den
Gang xk\\i den Stoff des Unterrichts zu ausschließlich. Gewiß kann
460 Aaler, Haodboch für Lehrer ao höheren Scholeo^
die Geschichfe ein KoDzeDtratioDsfach sein und sollte es sein,
aber dann muß der Lehrer, einer Biene gleichend, aus den übrigen
Fächern das geschichtlich Wertyolle zusammentragen und zu Honig
machen. In engste Beziehung möchte Auler die Geschichte zur
Erdkunde setzen, da deren Geschichte ein Hauptstuck der Welt-
geschichte sei (nach Ratzel). Es ist bezeichnend, daß der Berichter
über die Erdkunde, Felix Lampe (Berlin), sie gerade mit
Entschiedenheit auf naturwissenschaftliche Grundlage stellt. Man
kann ihm im Grunde nicht unrecht geben ; dann ist aber zu ver-
langen, daß der Geographielehrer ober ein beträchtliches geschicht-
liches Wissen verfögt und also ein so wertvolles Glied des Lehr-
körpers darstellt, das zu der Wertung seines Faches, wie sie nun
einmal ist, im falschen Verhältnis steht. Die Unzufriedenheit der
Kollegen von der Erdkunde ist wohl zu verstehen, aber sie zu
beseitigen zeigt sich keine Möglichkeit. Der Verf. hat das moralische
Recht, von seinem Fache hoch zu denken; ihm wohne, meint er
(S. 405), bei rechter Erteilung die Wärme des deutschen, die Be-
geisterungskraft des geschichtlichen Unterrichts inne. An einer
andern Stelle nennt er es „Gesinnungsunterricht'*. Natürlich
dürfe solchen wichtigen und schweren Unterricht nur ein „Fach-
mann*' erteilen. Verdenken kann man es ihm wahrlich nicht,
wenn er gegen die Verhökerung der geographischen Stunden, „um
die Zahl zu füllen*', eifert; diese arithmetischen Übungen mancher
Direktoren sollten in der Tat aufhören. Die Ausführungen über
die Methode zeigen den erfahrenen Mann; beherzigt man sie, so
läßt sich auch bei der nach Ansicht des Verfassers verkehrten
Verteilung der Unterrichtsstunden auf die verschiedenen Klassen,
wie sie üblich ist, gewiß manches noch besser machen, aber sein
Ideal wird in dieser mangelhaften Welt schwerlich jemals erreicht
werden.
Der Unterricht im freien Zeichnen ist von Fritz Kuhl-
mann beurteilt worden. „Das Zeichnen soll eine freie, auf per-
sönlicher Auffassung und Empfindung beruhende Obung in der
Darstellung, also eine Kunst, und die Natur ihre Lehrmeisterin
sein''. Das mechanische Kopieren von Vorlagen ist also verpönt
Aber gerade diese, die Methode P. Schmids, hat dem Zeichen-
unterricht im Lehrplan der höheren Schulen erst eine Stätte ver-
schafTt, weil sie einen wissenschaftlichen Anstrich hatte. Man
vergleiche dazu die konstruktive Methode Fedor Flinzers in Leipzig
und die Grundsätze des Vereins deutscher Zeichenlehrer, in denen
die Berücksichtigung der Neigung und Begabung des Schülers
strikt verworfen, strenger Massenunterricht bis zur höchsten Stufe
verlangt, die Natur unbedingt vom Unterrichte ausgeschlossen
wurde. Als diese Methode 1873 mit einem modern geschulten
Zeichenlehrer in Zerbst eingeführt wurde, legten wir Primaner in
passivem Widerstände den Zeichenstift nieder. Diese Richtung
blieb trotz der Lehrpläne, die weit kunstfreundlicher lauteten, im
aoget. voi P. Piigner. 46t
wesentUchen herrschend. Bekaontlich ist seit einiger Zeit ein
gründlicher Umschwung eingetreten; und es werden so treffliche
Leistungen vorgezeigt, daß man obligate zwei Zeichenstunden bis
Prima hinauf unsern Schölem dringend wünschen muß. Der
Verfasser geht freilich noch weiter, wenn er schließt: „Die Zu-
kunft des Zeichenonterrichts und seine Bedeutung ' für unsere
höhere Schule und das Leben hängen deshalb durchaus mit da-
von ab, daß das Zeichnen in allen Lehrßchern neben der Sprache
ab Ausdrucksmittel praktisch - zur Anwendung kommt und als
solches auch bei der Beurteilung des Schülers, bei Versetzungen
and Prüfungen, gewertet wird*%
Sympathisch stehen wir auch den Ausführungen von Karl
Jansen über den Gesangunterricht gegenüber. Er wird
jetzt ungebührlich vernachlässigt, Dispensationen werden zu leicht
bewilligt, sein ethischer, hygienischer und ästhetischer Wert wird
anterschätzt (vgl. in dieser Zeitschrift den Aufsatz von H. Eick-
hoff, Jahrg. LYIII S. 273 ff.). Hart klingt der Vorwurf: „Hätte
man die guten Dienste des Gesangchores nicht bei den Schul-
festen so unbedingt nötig, der Gesangunterricht wäre vielleicht
schon längst aus dem Lehrplan der höheren Schulen ver-
Khirnoden^S aber seine Entstehung ist begreiflich. Das Turnen
mit Dependenzen hat jetzt alles technische Interesse, wie es
sefaeint, absorbiert Gegen frühere Zeiten ist die Pflege des Ge-
•aoges in den Schulen, namentlich in der l^teinschule, stark zu-
rückgegangen. Das betrifl't auch vielfach die Person des Lehrers
oach seiner Vorbildung; Oberlehrer als Chorleiter sind selten ge-
worden, sie sind aber hier gewiß eher am Platze wie als Turn-
leiler und Trockenschwimmlehrer. Ich wiederhole die zitierten
Worte Baumeisters (S. 604): „Der Gesangonterricht an höheren
Lehranstalten ist ein durchaus jedes wissenschaftlich gebildeten
Lehrers würdiges Fach, dessen Ausfüllung neben der erforderlichen
Begabung eine allseitige feine Bildung erheischt, dessen unmittel-
bare Einwirkung auf Geist und Gemüt der Zöglinge — die
Kenner des Altertums wissen es ja — bei richtiger Führung von
keinem andern Schulfache übertreffen werden dü^fte'^
Turnen von Ed. Weede. Wie anders mutet mich dies
Zeichen an! Die Sonne der Huld bestrahlt es warm, natürlich
nach dem Urteil der Fachleute noch lange nicht warm genug.
Eine Stunde Turnen täglich wäre noch immer kein Gegengewicht
gegen die geistige Arbeit. Was seien also drei Stunden wöchent-
lich! Der obligatorische Spielnachmittag, der demnächst fällig
«ird, sei eine kümmerliche Abschlagszahlung. „Körper und Geist''
heißt die gesunde Abfolge; überwunden ist mens sana in corpore
sano, eine rückständige Konstruktion! Weede ist kein Heißsporn,
mit ihm läßt sich reden. Auch seine Ansicht von den Vorzügen
eines Fachturnlehrers dürfte Beifall finden. Wie erklärlich,
kommt auch Erich Wernicke in der „Schulhygiene'* auf
462 Aaler, Haodboch für Lehrer aq höhereo Sehnleo,
die gesundheitliche Bedeutung des Turnens und mehr noch der
Jugendspiele zu sprechen. Der Abschnitt orientiert überhaupt
gut über alle die Fragen, die hier auf der Tagesordnung stehen.
Die Lektüre ist nicht nur für jüngere Lehrer lehrreich, sondern
für jedermann, wenn sie auch nur die Augen darüber öffnen
sollte, wie viel noch auf diesem Gebiete zu tun bleibt.
Indem ich zum Schluß bemerke, daß über die mirjfem
liegenden mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer Herr Prof.
Dr. Lautenschläger den Bericht freundlichst übernommen hat, der
sich dem meinigen anschliefst, nehme ich von dem Uandbache
mit warmem Danke an die Herren Mitarbeiter Abschied. Selbst
der kurze Oberblick wird allen Lesern beweisen, daß wir ein
wertvolles Mittel für Ausübung und Schätzung unseres Berufes in
diesem Sammelbande erhalten haben. Gingen flreilich die Wünsche
jedes einzelnen für sein Fach in Erfüllung, so müßten unsere
Jungens zum Schornstein hinaus ; der übliche Ausdruck „die Wände
hinauf" reichte dann nicht aus. Zu ihrem Glücke verfügen sie
freilich über eine erkleckliche Dosis passiver Resistenz. Möge ihnen
die bleiben! Dem Herrn Verleger machen wir aber den Vorschlag,
die einzelnen Teile des Handbuches auch in Separatheften aus-
zugeben. Cr wird damit vielen einen Gefallen tun. Oder er ver-
spricht jedem Käufer des ganzen Handbuches das ihn besonders
interessierende Sonderheft als unentgeltliche Beigabe, dem Neu-
sprachler natürlich auch die Geschichte der Disziplin aus den
Neuen Jahrbüchern. Dann käme das Buch wirklich „unter die
Leute".
Hannover. F. Fügner.
Rechnen und Mathematik von Heinrich Müller, in
der vorausgeschickten Skizze über die geschichtliche Entwicklung
des mathematischen Unterrichts seit dem 16. Jahrhundert entwirft
der Verf. ein gutes Bild des Wechsels von Auf- und Niedergang
dieses Unterrichtszweiges und sucht dabei auch mit den teil-
weise ganz entgegengesetzten Ansichten einiger bedeutender
Männer über den Wert der Mathematik bekannt zu machen, eine
Einleitung, die wohl geeignet ist, nicht nur den Sdiulmann zu
belehren, sondern auch bei den Fernerstehenden Interesse zu er-
wecken.
Der den Umfang und die Lehrziele des Unterrichts be-
sprechende Abschnitt enthält eine große Menge methodischer und
didaktischer Bemerkungen, von und zu denen wegen des be-
schränkten Raumes nur einiges angeführt werden kann. Bei der
Einfuhrung in das Rechnen mit mehrfach benannten Zahlen in VI
empfiehlt der Verf. mit solchen Benennungen zu beginnen, die
dem Erfahrungskreis der Schüler naheliegen, also nicht mit den
Längen-, Flächen- und KörpermaJBen. Bei diesen ist die dezimale
aigez. voo 11. Laateoschlaeger. - 463
Schreibweise nur zur AbkürzuDg, init der im GeschUtslebfin ge-*.
käachlJGheD Leseweise, einzuföhren. Die in den LehrpUnep für
die TI empfohlene, selbstverständlich sich nur auf die Anschauung
stützende Vorbereitung der Bruchrechnung wird sich im allge-
meinen nur auf das restlose Teilen einer benannten durch eine
unbeoannte Zahl und eine andere Schreibweise erstrecken. Auch
die Aufstellung der Regeln für das Kurzen und Erweitern geht
meines Erachtens zu weit, sie ist wohl auch entbehrlich; dasselbe
gilt Ton der Darstellung eines Quotienten als unbenannte Bruch-
xahl. Auf die Frage nach der Stellung der Bruchrechnung und
des Rechnens mit dezimalen Zahlen will der Verfasser zwar nicht
näher eingehen, dennoch gerät er über diesen Punkt in eine
Polemik gegen Simon, über die sich nur Leser, die Simons sämt-
liche „Gründe"' kennen, ein genaueres Urteil bilden kennen. Nach
meioero Gefühl hätte es, zumal doch die Frage nur gestreift
werden sollte, genügt, den gegen Simon abweichenden Standpunkt
des Verfassers, wenn hier überhaupt, in einer kurzen Fußnote
anzabringen. Dem Vorschlug, durch flerübemahme der Einleitung,
der Addition und Subtraktion der Dezimalzahlen nach V das
Pensum der IV zu verkleinern, kann man zustimmen, zu Auf-
jnben aus der Hischungs- und Terminrechnung dürfte aber in
der IV der Gymnasien und Realgymnasien meistens die Zeit fehlen.
Der Verf. kommt dann ausführlich auf die angewandten Aufgaben
ZQ sprechen, die als wichtiges Material für die formale Aufgabe
des Rechenunterrichts zu betrachten seien, da sie nicht nur zu
wioer Belebung, sondern auch, indem sie den Schüler zwingen,
die Art und Reihenfolge der Rechnungsarten selb;st zu bestimmen,
wesentlich zur Ausbildung seiner Urteilskraft beitragen.
Für die Behandlung der planimetrischen.Kenstruktionsaufgaben
zeigen die methodischen Bemerkungen der preußischen Lehrpläne
einen deutlichen Weg. Der Verf. betont mit Recht die Wichtig-
keit einer sorgfältigen Analysis und spricht die Ansicht aus, daß
der Beweis für die Richtigkeit der Konstruktion nicht jedesmal
ZQ verlangen sei. In der Tat wird durch einen solchen Verzicht
manche Arbeit gespart. Er darf aber — und dieser Hinweis ist
für Anfanger im Lehramt notwendig — erst eintreten, nachdem
«ine größere Anzahl Aufgaben durchgeführt worden sind und die
Schaler den Unterschied in der Entwicklung der drei Hauptteile,
Analysis, Konstruktion und Beweis, klar erfaßt haben.
In der Arithmetik bespricht der Verfasser die Gleichungen
dritten Grades mit mindestens einer ganzzahligen Wurzel und
gibt das Ldsungsverfahren an. Sollte der theoretische wie prak-
tische Wert derartiger Gleichungen nicht überschätzt werden?
Für ihre Heranziehung am Gymnasium kann ich mich jedenfalls
nicht erwärmen. Es bleibe dahingestellt, ob sie nicht ebenso wie
die der Kardanischen Formel als eine Gberschreitung des vor-
geschriebenen Ziels anzusehen wäre; ich halte sie für wenig
464 Aoler, H«iidbdch für Lehrer ao hSllereo Seholen,
fruchtbringend und wenig im Sinne der neueren Bestrebungen
liegend und daher f&r entbehrlich. Den Ansichten des Verf. Aber
die Einführung der Schuler in den Koordinatenbegriff stimme icb
voll asu. Soll die ffir die Behandlung der Gerade^ und des Kreises
verwandte Arbeit von erkennbarem Nutzen bleiben, so darf die
analytische Methode auch bei der Behandlung der Kegelschnitte
nicht umgangen werden. Natürlich ist die Anwendung der ele-
mentaren Planimetrie nicht auszuschliefien.
Der Vei'f. empfiehlt dann die Nutzbarmachung der mathemati-
schen Operationen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse der
Schölcr für eine philosophische Propädeutik auf naturwissenschaft-
licher Grundlage, ein bekannter und nicht grundsätzlich abzu-
weisender, jedoch wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden
Zeit in dem angedeuteten Umfange schwer ausführbarer Vor-
schlag.
Schließlich geht der Verf. auf die Kl ein sehen Bestrebungen
ein, zeigt sich als ihr Anhinger in der Forderung, den
Funktionsbegriff in den Hittelpunkt des mathematischen Unter-
richts zu stellen, warnt aber dringend vor Umgestaltungen des
letzteren und Erweiterung der Lehrziele, und diesem vermittelnden
Standpunkt werden die meisten Fachkoilegen am Gymnasium bei-
treten, nicht minder auch seinen sich zu einem energischen Ein-
spruch verdichtenden Ausführungen gegen die zu weit gehenden
Forderungen Kleins in betreff der Einführung der Differential-
und Integralrechnung in allen höheren Schulen. Auch in dem
folgenden Abschnitt über den Unterricht an Realgymnasien und
Oberrealschulen hält er, nachdem die verschiedenen Meinungen
zu Worte gekommen sind, an seinem Standpunkt im ganzen fest,
indem er nur für die Oberrealsehulen die Berechtigung der
Forderungen auf Einführung oder richtiger Wiedereinführung der
Grundlehren der Infinitesimalrechnung, sofern dies in angemessener,
der Autfassungskraft der Schüler entsprechender Weise geschieht,
zugibt In diesem Falle würde aber bei dem heutigen Bestreben
der Zentralbehörde, der Bewegungsfreiheit des Lehrers keine engen
Grenzen zu ziehen, eine Änderung der bestehenden Lehrpläne
nicht erforderlich werden.
Eine gute Besprechung einer Anzahl mathematischer Werke
bildet den Schluß der Abhandlung, und es ist nur zu bedauern,
daß dem Verf. nicht der Raum für einen größeren Überblick der
Fachliteratur zur Verfügung gestanden hat.
Biologie von B. Landsberg. Nach einem historischen
Oberblick über die Entwicklung des biologischen Unterrichts und
der Methode skizziert der Verf. die zur Erreichung des Unter-
richtsziels in den drei Stufen einzuhaltenden Gesichtspunkte. Dem
Einwand, daß das biozentrische Verfahren ebenso einseitig wie die
frühere, mehr morphologisch-systematische Methode sein und die
formale Aufgabe des Unterrichts zu kurz kommen könnte, ver-
aogez. voD M. Laatensehlacger. 465
sucht er dadurch zu begegnen, daß er ausföhrlich zeigt, wie sich
nach seinen Gesichtspunkten der Lehrpian für das Gymnasium
aasgestalten läßt, freilich nicht ohne gleichzeitig die Notwendigkeit
zu betonen, den Abschluß des biologischen Unterrichts mindestens
bis zur 0 II zu verschieben. Diese Verlegung bis zur Erledigung
des chemischen Kursus ist schon von mancher Seite empfohlen
worden und dürfte sich durch Ausführung des vom Verf. gemachten
Vorischlags, den propädeutischen Physikunterricht ganz nach 0 III
zu legen, so daß in U II die Chemie, Anthropologie und Ernährungs-
pbysiologie zur Behandlung kommen würden, ermöglichen lassen.
Die auf diese Weise herbeigeführte vollständige Zerreißung sowohl
des Physik- als des Biologieunterrichts hat freilich auch ihre Be-
denken, erscheint aber den jetzigen schlimmen Verhältnissen gegen-
öber als das kleinere Übel. Eine Vermehrung der Biologiestunden
in den oberen Klassen, und sei es auch nur um zwei, wie sie
von vielen Vertretern des Faches befürwortet wird, muß, solange
die jetzige Mannigfaltigkeit der Unterrichtsfacher besteht, wenigstens
f&r das Gymnasium, als absolut ausgeschlossen bezeichnet werden.
Leider steht mir der Raum nicht zu Gebote, auf die Aus-
fahruogen des Verf., die sich übrigens durch besondere Reich-
haltigkeit der Literaturangaben auszeichnen , näher einzugehen.
Sit zeigen jedenfalls, daß es bei weiser StofiTbeschränkung einem
geschickten und eifrigen Lehrer wohl möglich ist, in der vom
Verf. geschilderten Weise das Ziel zu erreichen. Aber auch nur
einem solchen ; denn daß auf die Persönlichkeit des Lehrers gerade
im Biologieunterricht alles ankommt, ist zweifellos. Ist er nicht
ein begeisterter Freund der Natur, mit allen ihren Einrichtungen
vertrant und methodisch durchgebildet, so wird er auch mit dem
vom Verf. angegebenen Verfahren, wenn er es überhaupt anzu-
wenden versucht, nur Hangelhaftes leisten.
Der Unterricht in Physik von E. Grimsehl. Nach
einer kurzen historischen Einleitung werden die Lehrpläne und
Ziele an der Hand der preußischen Pläne von 1901 besprochen.
Als wichtigste Bestimmung derselben ist entschieden die Forde-
rung, das Experiment in den Mittelpunkt, im Vorkursus sogar in
den Vordergrund des Unterrichts zu stellen, anzusehen, die es
allerdings nicht verstehen läßt, warum die Wünsche mancher
Kollegen nach Vermehrung der Mittel für ihre Apparatensamnilung
80 wenig Berücksichtigung finden. Die in den Lehrplänen emp-
fohlene Stoffbeschränkung gilt nicht nur für den Vorkursus, in
dem z. B. am Gymnasium Akustik und Optik ganz ausgeschlossen
Verden, sondern auch für die Oberstufe namentlich der Gym-
nasijtn und meines Erachtens auch solcher Reformrealgymnasien,
die auf der Oberstufe nicht mehr Physikstunden zur Verfugung
haben als jene und ihnen deshalb auch in bezug auf die Lehr-
ziele gleichgestellt werden sollten. — In betreff der in den amt-
lichen Lehrplänen aufgestellten Stoffverteilung führt der Verfasser
466 Aaler, Haodbacb für Lehrer an höheren Sehulea,
die Bedenken an, die von mancher Seite gegen die Anordnung
auf der Oberstufe geltend gemacht werden. Wenn er hier u. a.
empfiehlt, mit der althergebrachten Einteilungsweise der Physik
ganz zu brechen und die die einzelnen Gebiete Yerbindenden
Begriffe und Gesetze der Stoffanordnung zogrunde zu legen, so
erscheint dieser ideale Gesichtspunkt theoretisch zweifellos richtig,
seine praktische Durchführbarkeit für die Schule aber nicht so
einfach. Es ist daher zu bedauern, daß der Verfasser auf seinen
Vorschlag an dieser Stelle nicht etwas näher eingeht Die
Stellung der Mathematik zum und im physikalischen Unterricht
kennzeichnet er in Übereinstimmung mit den gegenwärtigen An-
sichten dadurch, daß er ihr die Rolle einer wichtigen und not-
wendigen Hilfswissensdiaft zuweist. Dann bebandelt er ausfuhr-
licher die Frage der physikalischen SchüIerQbungen, deren er-
ziehlicher Wert ziemlich allgemein anerkannt wird. Blit Recht
verlangt der Verfasser auch die Regelung der praktischen experi-
mentellen Ausbildung der Schulamtskandidaten während des
Seminar- und Probejahrs. Viel schwieriger jedoch als die bald
zu erlernende Handhabung der physikalischen Apparate ist meines
Erachtens ihre Anfertigung und Instandhaltung, es sollte daher
mit noch größerem Nachdruck die allgemeine Einrichtung von
Handfertigkeitskursen auf den Universitäten erstrebt werden. Als
einen nicht zu unterichätzenden Faktor für die Instandhaltung
der Apparate möchte ich auch die Erziehung der Seminar- und
Probekandidaten zu peinlichster Ordnungsliebe bezeichnen. Am
Schlüsse führt der Verfasser die von der Unterrichtskommission
der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte aufgestellten
Grundsätze an. Sie laufen bekanntlich auf das Verlangen nach
Vermehrung der physikalischen Unterrichtsstunden hinaus, das
nun einmal bei den bestehenden Verhältnissen nicht erfüllbar ist.
Erst durch eine tiefgreifende Änderung derselben, z. B. die Ein-
führung wahlfreien Unterrichts in den Primen unter Scheidung
in zwei Gruppen, würde der Physik, wie den Naturwissenschaften
überhaupt, zu ihrem Rechte verhelfen werden können.
Chemie von B. Schmid. Der chemische Unterricht
hat eine ziemlich kurze Geschichte. Wenn er auch, wie aus der
historischen Skizze des Verfassers hervorgeht, bereits in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts an einzelnen Schulen Eingang
gefunden hatte, kann von einer wirklichen Einführung an den
höheren Schulen erst seil den Jahren 1859 und 1860 gesprochen
werden. Aus dem Bericht ist übrigens zu ersehen, wie ver-
schieden die Verhältnisse auch in diesem Unterrichtsfach in den
einzelnen deutschen Staaten liegen. So besteht z. B. in Bayern
am Gymnasium überhaupt noch kein Chemieunterricht, während
andererseits die Realschulen höhere Anforderungen als die gleichen
Anstalten der anderen deutschen Staaten stellen.
in dem methodischen Teil berührt der Verfasser zunächst
aogez. voD 11. Lanteoschlaeger. 467
die Streitfrage über die Art des Lehrgangs im Unterrlobt und
Lehrbuch und kommt zu dem Schluß, dafi sowohl der mcytho-
discbe wie der systematische Weg, letzterer allerdings unter der
Voraussetzung, daB er „einen einführenden Charakter annimmt',
gute Resultate liefern kann. Für den propädeutischen Unterricht
in U 0 ist selbstverständlich der methodische Lehrgang der zweck«
eDtsprechendsle, es fragt sich nur, ob auf der Oberstufe der Real-
anstalten bereits in 0 II systematisch vorgegangen werden kann.
dk preoBischen Lehrpläne w&nschen auch für diese Klasse eine
methodische Einführung (die Fußnote des Verfassers S. 553,
welche sagt, daß nach den preußischen Plänen nur der pro-
pädeutische Kursus methodisch, dagegen der für die Oberstufen,
das heißt für die Klassen 0 II bis 0 1 bestimmte Lehrgang syale-
matisch zu gestalten sei, bedarf einer Berichtigung). Heines
Erachtens kann, da die Schüler im Vorkursus mit den wichtigsten
£Jementen und einer Reihe Verbindungen bekannt geworden sind,
in Oll recht gut der systematische Weg eingeschlagen werden,
selbstverständlich unter möglichster Anwendung des induktiven
Verfahrens im einzelnen. Der Verfasser warnt dann vor zu
üröhem Gebrauch der Zeichensprache und Einführung in die
AtoDDtheorie und bedauert, daß der organische Teil der Chemie
auf den Schulen so wenig betont wird. Allerdings findet, nament-
lich auf den Realgymnasien, aus Mangel an Zeit die organische
Cheoiie nicht die ihrer großen Bedeutung entsprechende Behand-
lung, und es bleibt deshalb nichts weiter übrig als das minder
Wichtige aus diesem großen Gebiete fortzulassen. Denn wenn
man auch den Stoff der anorganischen Chemie verringern wollte
— Verfasser macht in dieser Beziehung einige beachtenswerte
Vorschläge — , so wird der etwaige Zeitgewinn durch das von
mancher Seite und auch vom Verfasser gewünschte stärkere Ein-
gehen auf die physikalische Chemie vollständig aufgehoben. In
bezug auf die letztere bringt die Abhandlung noch verschiedene
praktische Hinweise, auf die wegen Raummangels nicht weiter
eingegangen werden kann. Bemerkt sei nur, daß dieser Teil der
Chemie nicht selbständig zu behandeln ist, daß die Theorien viel-
mehr an geeigneter Stelle eingeflochten werden sollen.
Hineralogie und Geologie von B. Schmid. Die
geschichtliche Einleitung zeigt, wie geringe Pflege die Minera-
logie und Geologie in unseren höheren Schulen gefunden haben
und wie diese Vernachlässigung im Laufe der Zeit eher zu- als
abgenommen hat. In der Tat treten diese Fächer im allgemeinen
gegen alle übrigen weit zurück, so daß sie meistens gar nicht als
selbständige Unterrichtsgegenstände betrachtet werden. Nur in
den sächsischen Anstalten scheinen wie für den chemischen Unter-
richt so auch für die in Rede stehenden Disziplinen gunstigere
Verhältnisse zu bestehen. Findet nun einmal eine Verschmelzung
mit anderen Fächern statt, so ist der Unterricht in der Minera-
30*
468 H* Lii.ckeobach, Koost und Geschichte,
iogie, wie es auch die preußischen Lehrpläne empfehlen, mit der
Chemie zu verbinden. Anders liegt die Sache für die Geologie,
welche mit der physikalischen Geographie so viele Beröhrungs-
punkte hat, daß es kein Wunder ist, wenn in neuester Zeit
manche Stimmen laut werden, die den Geologieunterricht mit dem
geographischen verknüpft wissen wollen. Der Verfasser hält aus
mehreren Gründen eine derartige Abtrennung der Geologie vom
naturwissenschaftlichen Unterricht nicht für vorteilhaft. Die
methodischen Bemerkungen empfehlen u. a. : gelegentliche Heran-
ziehung der Kristallographie bei der Besprechung der einzelnen
Mineralien auf der Unterstufe oder ,,bei geringeren Anforderungen'%
dagegen getrennte Behandlung dieser Hilfswissenschaft „bei höheren
Anforderungen'*, Anknüpfung an die heimatlichen Mineralien, Be-
rücksichtigung der Veränderungen der Mineralien durch das Wirken
der verschiedenen Kräfte unter Bezugnahme auf geologische Ver-
hältnisse und Hinweis auf die Bedeutung für die Organismen weit,
Gewinnung der geologischen Grundlagen im Freien, d. h. also
zeitweise Ausführung von Exkursionen, Verknüpfung der Paläonto-
logie mit der Geologie, — Wünsche, denen die Fachkollegen im
allgemeinen gewiß zustimmen werden, wenn auch zuweilen ört-
liche Verhältnisse der Durchführung erschwerend im Wege
stehen. — Eine Zusammenstellung und kurze Charakterisierung
der bekannteren Lehrbücher bildet den Schluß dieser wie der vor-
hergehenden Abhandlung des Verfassers.
Hannover. H. Lautenschlaeger.
H. Luckeobücb, Kunst und Geschichte. Teil 11: AbbildangeD zor
Deotscheo Geschichte. Zweite Auflage. Müachen und Berlin 1906,
Oldenbour^. 96 S. 4. 1,50 ^, geb. 1,80 ^.
Über Luckenbachs Bilderwerk „Kunst und Geschichte*' noch
viel empfehlende Worte zu sagen, scheint fiberflüssig: nachdem
es sich, wenigstens mit seinem 1. Teile, ungefähr 140 Anstalten
erobert hat und in 40000 Exemplaren abgesetzt ist, hat es wohl den
Beweis seiner Vorzüglichkeit erbracht. In der Tat sollte es keine
höhere Lehranstalt, die Wert darauf legt, ihre Schüler in das
Verständnis der Kunst einzuführen und sie in der Fähigkeit,
Kunstwerke zu betrachten, zu üben, versäumen, einen Versuch
mit diesem hervorragenden Hilfsmittel, das namentlich dem Ge-
schichtsunterricht zustatten kommt, aber auch in anderen Unter-
richtsgegenständen mit Erfolg verwendet wird, zu machen.
Wie nun jedes Ding, bevor es einen gewissen Grad der Voll-
kommenheit erreicht, eine Reihe von Entwickelungsstufen durch-
gemacht hat, so auch das Werk Luckenbachs, und zwar um so
mehr, als es aus der Praxis für die Praxis entstanden ist, und
das wäre ja eine schlechte Praxis, die sich nicht entwickdungs-
fähig zeigte, sondern in bestimmten, herkömmlichen Formen er-
starrte. So liegt denn der erste Teil, Abbildungen zur Alten
a«gez. voo G. Reinhardt. 469
Geschichte, bereits in 6. Auflage vor, und jede Auflage bedeutet
einen Fortschritt; der überaus röhrige und mit hohem prakti*
sehen Sinn begabte Verfasser hat nicht geruht, bis er das Buch
zu der Höhe brachte, auf der er es haben wollte, und damit
dürfen wir für diesen Teil wenigstens auf einen vorläufigen Ab-
schluß hoffen, der ja auch im Interesse des Unterrichts liegt.
Schließen wir nun von der Entwickelung des ersten Teiles
aaf den zweiten, so stehen uns hier noch manche Änderungen
bevor, und der zweiten Auflage wird bald eine veränderte dritte
folgen; dies ist um so wahrscheinlicher, als in der Auswahl des
im Geschichtsunterricht der Prima darzubietenden kunstgeschicht-
lichen Stoffes» wenn auch im großen und ganzen Obereinstimmung
herrscht, so doch in den Einzelheiten die Meinungen viel weiter
auseinandergehen als in der Alten Geschichte. Im übrigen ist
eio solches Bilderwerk nicht so aufzufassen, als ob Bild für Bild
behandelt werden sollte — dazu reicht schon die Zeit gar nicht
aas — , sondern es ist eine Materialsammlung, aus der man nach
Belieben und jeweiligen Umständen das Geeignete auswählt. Wer
die vorliegende zweite Auflage mit der ersten nur oberflächlich
vergleicht, der wird allerdings keine grundstfirzenden Änderungen
fisden, die Zahl der Abschnitte mit fast denselben Überschriften,
ja sogar die Seitenzahl ist geblieben; betrachtet man aber den
lohalt näher, so findet man zahlreiche Umgestaltungen in der
Auswahl, Anordnung und besonders im Texte, weit mehr, als
BUS der bescheidene Verfasser im Vorwort glauben machen will,
iodem er bloß auf die wichtigsten Änderungen hinweist. Weg-
gefallen sind zunächst folgende Bilder: Grundriß des oberen
Stockwerks vom Grabmal des Theoderich (Fig. 5, 3), Ionischer
Pibster der Torhalle in Lorsch (11), Grundriß und ursprüngliche
Gestalt der Michaeliskirche in Hildesheim (73, 75), Chorgestühl
in Blaubenren (66), Burg Münzenberg und Nürnberg (90—92), von
der Marienburg Meisters Winterremter und Hof des Mittelschlosses
(106, 107), Bild Gutenbergs (134), Seite der Armenbibel (135),
Dürers Selbstbildnis, Hieronymus Holzschuher, Dürers Madonna
mit der Birne (146, 147, 144); von den Münzen fehlen die des
Quintilius Varus und Leos X. ebenso wie die Wendenpfennige,
Hohlpfennige und Klippen; in der Wappenkunde endlich vermißt
man jetzt den Überblick über die Entwickelung des Schildes und
Helmes in Wort und Bild. Diesen Verlusten gegenüber stehen
eine Menge Neuaufnahmen: Pfalzkapelle Karls des Großen in ur-
sprünglicher Gestalt (14), San demente (62), Dom zu Florenz
(82), Peterskirche (83), Rekonstruktion der Pfalz in Gelnhausen
(95), Zeughaus in Berlin mit den Masken der Medusa und eines
loten Kriegers (126— 12S), zwei Bilder des Genter Altars (139,
140), Lodbners Madonna im Rosenhag (141), Sixtinische Ma-
donna (150), Reiterbilder Mark Aureis, des Großen Kurfürsten,
Colieonis (167 — 169), Moses und Grabmal des Giuiiano de* Medici
470 H. LuekeDbacb, Kanst and Gegebichte,
(180 — 181) von Michelangelo, Halerisches Relief vom Grabmal
Maximilians (182), Entwicklung des Kruzifixes (154— 156), Altare
germanischer Gottheiten (5—6), Münzen Justinians und Sixtus* IV.
(1 u. 3). Manche Bilder endlich erblickt man jetzt in anderer
Form: z. B. das Grabmal Theoderichs (7), dessen frühere Er>
gänzung im oberen Stockwerke als falsch erkannt ist, oder die
Klosterkirche von Lorsch (10), der jetzt die beiden Ecktürme
fehlen und die ebenso wie der Grundriß der Pfalzkapelie in
Aachen (16) jetzt nach der entgegengesetzten Richtung orientiert
ist, oder die zweite jHünze mit dem Bilde des Großen Kurfürsten,
das jetzt auch im Profil gegeben wird. Mit diesen Veränderungen
des Materials kann man sich im großen und ganzen wohl ein-
verstanden erklären, denn sie entsprechen ohne Zweifel den Be-
durfnissen des Unterrichts; konnte etwas von dem Weggelassenen
beibehalten werden, so war es vielleicht das Chorgestfihl von
Blaubeuren, die Burg von Nürnberg (diese nur aus historischen
Gründen), vor allem aber Durers Selbstbildnis und das Bild Holz-
Schubers: die müchte ich in der Tat beim Unterricht nicht
entbehren, während ich dafür auf das Relief am Grabmal Maxi-
milians nnd vielleicht auch auf die Entwickelung des Altars ver-
zichten würde. Die sonstigen Neuaufnahmen sind dagegen von so
ungeheurer Wichtigkeit, daß sie nur mit der größten Freude be-
grüßt werden können. Diese Freude wird für den Berichterstatter
dadurch noch erhöht, daß Verfasser durch Aufnahme von Bildern
aas der italienischen und niederländischen Renaissance mit dem
früher befolgten Prinzip, Bilder nur aus der deutschen Kunst zu
bringen, gebrochen hat. Zum Verständnis der deutschen ist doch
nun einmal die fremde Kunst nicht zu entbehren, außerdem be-
schäftigt sich der Geschichtsunterricht in Prima mit den Haupt-
erzeugnissen der fremden Völker auf diesem Gebiete, zum aller-
mindesten in der Renaissancezeit; warum also nicht gleich das
da^ nötige Material bieten, das man sich sonst auf anderem
Wege verschaffen muß? Nach dieser Richtung hauptsächlich wird
sich das Buch nach meiner Meinung weiter entwickeln, also in
den nächsten Auflagen noch viel mehr aus der italienischen und
niederländischen Renaissance bringen, aber auch wichtige Ver-
treter der deutschen Kunst, wie z. B. Adam Krafft und Peter
Vischer, nicht ferner vernachlässigen. Dann wird das Buch zwar
umfänglicher und seine Herstellung teurer werden, dafür aber wird
es immer weitere Kreise erobern, so daß doch vielleicht der
billige Preis beibehalten werden kann.
Auch in der Anordnung des Materials sind in der neuen
Auflage gegenüber der ersten Fortschritte zu erkennen, indem
noch mehr das Bestreben hervortritt, sachlich Zusammengehöriges,
wenn es auch zeitlich weit auseinanderliegt, zusammenzubringen,
um die Fortschritte in der Behandlung desselben Gegenstandes
zu veranschaulichen und ^ was gerade für die Schule mit das
ämgtz. y«B G. Reinhardt. 471
Wichtigste ist ^ die Beschauer zu Vergleichen zu reizen und
im Sehen zu oben. So ist jetzt das bekannte Reiterbild Karls
des Großen an ganz anderer Stelle untergebracht zusammen mit
den Reiteii>ildeni Mark Aureis, des Großen KurfQrsten und des
Tenetianischen Söldnerführers CoUeoni; die Hichaeliskirche, die
froher auf einer Seite ffir sich behandelt wurde hinter dem
Munster von StraBborg und Bonn, steht jetzt mit Recht an der
Spitze der Beispiele romanischer Kirchen zusammen mit San
Clemente in Rom; die Darstellung des Kruzifixes kann man jetzt
JD Tier Bildern 1000 Jahre hindurch verfolgen. Wenn diese An-
ordnung nach sachlichen Gesichtspunkten nicht auch bei den drei
behandelten Madonnen Lochners, Raffaels und Holbeins berück-
sichtigt ist, so macht der Verfasser dafür vielleicht geltend, daß
die Madonna Lochners aus anderen Gründen auch gut mit dem
Genttf Altar zusammengestellt wird und eine räumliche Trennung
ja doch statthaben müßte, da jede Madonna eine Seite für sich
beansprucht; im übrigen wird sich natürlich auch so kein Lehrer
die Gelegenheit entgehen lassen, alle drei Madonnen nebenein-
ander zu behandeln und zum Vergleich auch noch die Madonna
detta Sedia, die leider im Buche fehlt, heranzuziehen. Sachlich
bnn begründet werden die doppelte Abbildung der bekannten
Minze mit Karls des Großen Porträt (Fig. 165 u. 184); natürlich
Seoügte Bild 184, da aber der Raum von 165 doch nicht anders
augenntzt werden könnte, so mag die Münze schon hier einmal
gebracht werden.
Was endlich den Text betrifft, so erkennt man gerade
hier bei einiger Aufmerksamkeit, mit welcher Genauigkeit die
neue Auflage durchgesehen ist: es gibt fast keine Seite, die nicht
in dieser Beziehung Änderungen aufwiese, meist zwar gering-
fügiger Art, manchmal aber doch größeren Umfanges; im allge-
meinen ist der Text vermehrt und darauf bedacht, noch mehr
Fiogerzeige für eine fruchtbare Betrachtung der Bilder zu geben,
uod trotz der Vermehrung hält er doch noch das richtige Maß
inne, um die gemeinsame Selbsttätigkeit des Lehrers und der
Schüler nicht allzu sehr zu beschränken. Um nur eins zu er-
wähnen, so habe ich als besonders wohltätig die Hinzufögung
einiger kurzen erläuternden Angaben zu den zahlreichen Bildern
der Marienburg empfunden, die früher nichts als trockene Be-
zeichnungen dessen, was sie darstellen sollten, trugen. Auch
frühere Irrtümer sind richtig gestellt, so daß z. B. als Standort
der Madonna des Bürgermeisters Meyer in Darmstadt nicht mehr
das Museum, sondern das Schloß, wie wir auch bei Knackfuß
lesen, angegeben wird (S. 75), und jetzt wohl richtiger Dennecker
(S. 76) för Denecker (S. 79 alte Auflage) geschrieben wird.
Natürlich ist die textliche Behandlung damit noch nicht abge-
schlossen, ihr wird fernerhin große Sorgfalt zuzuwenden sein:
z. B. bedarf der technische Ausdruck „Risalit*' S* 60 einer Er-
472 E. Eogel, Geschichte der Devtscbeq Literatur,
klSruDg; neben Bramante, Michelangelo und Bernini darf bei
der Peterskirche S. 41 auch der Name Madernas nicht fehlen,
von dem ja gerade die barocke Fassade herrührt; eine Beschrei-
bung des Kölner Dombildes von Lochner S. 67 hat keinen
Zweck, wenn es nicht zugleich gebracht wird, ebensowenig wie
die Angabe beim Reiterbild des Großen Kurfürsten 8. 83, daB
die vier gefesselten Sklaven am Sockel nicht von Schlüter her-
rühren, da sie nicht mit abgebildet sind; auch der Druckfehler
archtiektonisch S. 88 durfte dann verschwinden. Die Bilder sind
jetzt gegenüber dem tiefschwarzen Ton der 1. AuO. mehr bräunlich
gehalten, was ihnen ja ohne Zweifel vielfach zum Vorteile ge-
reicht, z. B. ist Wiprecht von Groitzsch (160, früher 157) jetzt
viel deutlicher zu erkennen; anderen Bildern freilich scheint der
dunkle Ton vorteilhafter zu sein, wie mir besonders bei der
Figur des Harschalls Moritz von Sachsen (183, früher 172) auf-
gefallen ist.
Ober die Ausstattung des Buches sonst noch etwas zu sagen,
scheint überflüssig: in dieser Beziehung zeichnen sich ja die
Luckenbachschen Bücher dank der hohen Unterstützung durch
tadellose Vornehmheit aus. Ich schließe also mit der nochmaligen
Bitte, dieses nach jeder Richtung hin vorzügliche Buch, das wie
kaum ein zweites eine der wichtigsten Forderungen, die heule
an die höhere Schule und besonders an das Gymnasium gestellt
werden, entgegenkommt, zu prüfen und dem eisernen Bestände
des unterrichllichen Rüstzeuges einzufügen.
Dessau. G. Reinhardt.
Eduard Engel, Geschichte der Dentscheo Literatur voo den
Anfiiogen bis in die Gegenwart- Band i: Von den Anfangen bis
zu Goethe. Mit S Handschriften und 16 Bildnissen. Band 11: Von
Goethe bis in die Gegenwart. Mit 44 Bildnissen. Leipzig und Wien
1906, G. Freytag und F. Tempsky. X n. VIII u. 1189 S. gr. 8.
geb. 12 JC^
Das vorliegenden Werk, das meines Wissens in aller Stille
und ohne vorausgegangene Ankündigung auf dem Büchermarkt
erschienen ist, bestimmt der Verfasser unter Anlehnung an ein
Goethesches Wort über die Geschichtschreibung „für die Nicht-
wissenden*^, d. h. mit Ausnahme der Fachgelehrten für die meisten
Leser, bei denen man die Kenntnis einiger klassischer Werke
der deutschen Literatur voraussetzen kann, denen man also
schülerhafte Angaben des Inhalts solcher Werke nicht zu machen
braucht. Als obersten Zweck einer Literaturgeschichte — statt
einer hätte lieber einer solchen gesagt werden sollen — be-
zeichnet der Verfasser „die Anregung und Wegeweisung für den
Leser zum eigenen Genuß der Literaturwerke*'. Er will nicht
selbstbewußte eigene Meinungen über sie aussprechen, sondern
dem Leser möglichst viele Tatsachen bieten und ihn vor allem
aagex. von P. Sehwarz. 473
andern zum eigenen Lesen der Werke, nicht zum Nachsprechen
von seinen Urteilen antreiben. Dagegen ist er bemüht gewesen,
so oft wie möglich über die angeführten Schriftsteller Urteile von
ihren Kunstgenossen anzuführen, weil er es „für das unveräußer-
liebe Recht der Künstler hält, von ihresgleichen gerichtet zu
werden'', und außerdem hat er, sooft es anging, kurze, aber
treffende Beispiele vorzubringen sich bemüht, weil sie „über*
leugender wirken als die längsten Auseinandersetzungen''. Alle
diese Anführungen beruhen auf des Verfassers eigener Lesetätigkeit,
die vielen, aber nicht allen Lesestoff bezwungen hat; nicht darauf
ist er bedacht gewesen, Vollständigkeit auch des Mittelmäßigen
und des Wertlosen zu erreichen, sondern einen Überblick über
das Wertvolle zu gewähren. Hierbei hält er es für seine Pflicht,
.,QDgerecht übersehene oder vergessene Schriftsteller oder einzelne
Werke unabhängig von der Überlieferung nach Verdienst hervor*
zubeben'*. Aber auch den Personen der Verfasser erklärt er
gerecht werden zu wollen, indem er jeden „als eine einheitliche
Persönlichkeit einheitlich zu schildern*' unternimmt, „nicht an
fielen weit auseinander liegenden Stellen*'. Freilich glaubt er,
dafi zu solcher Darstellung eine Menge von Jahreszahlen un-
umgänglich nötig ist. Endlich unternimmt er, die Literatur-
geschichte bis auf die Gegenwart fortzuführen , und will bei
seinem Urteil über die zeitgenössischen Schriftsteller sich von
oicbts anderem leiten lassen als von lebhafter Parteinahme „für
aiies Schöne und Gute" und „gegen alles Unkünstlerische und
Nichtige".
Diese Gedanken des Vorworts sind bei der Beschränkung des
Leserkreises der vorliegenden Literaturgeschichte auf die Nicht*
wissenden so verständig und fast selbstverständlich, daß man
ihnen unbedingt zustimmen kann. Da aber zu jenen Nicht-
wissenden auch die Schüler der Gymnasien und manche ihrer
Lehrer gehören, so hat die Zeitschrift für das Gymnasialwesen
geradezu die Pflicht, sich mit diesem Werke eingehender zu be-
schäftigen und zu prüfen, ob es nach seinem Inhalt und seiner
Form für solche Leser passend ist und ihnen zur Lektüre
empfohlen werden darf, ja auch ob vielleicht Lehrer des
Deutschen in den oberen Klassen, wenn sie auch wohl zu
den „Wissenden" zu rechnen sind, Kenntnis von ihm nehmen
müssen.
Zuerst tritt uns in allen Teilen des Buches eine wahrhaft
herzerquickende Begeisterung für alles, was Deutsch ist, entgegen,
die trotz ihrer Stärke nicht blind ist gegen die Mängel des Volks-
Charakters und die aus ihnen entsprungenen Schäden. Von
diesem Gefühl getragen, beweist der Verfasser mit schlagenden
Gründen, daß die deutsche Literatur trotz verschiedener Mängel
die erste in der Welt ist, und daß sie sich zu diesem
Range trotz der größten Hindernisse emporgearbeitet hat. Er
474 E. Eo^el, Geschichte der Deatschen Literatur,
gibt sodann einen Oberblick über die Geschichte der Sprache,
kurz und klar, geziert mit vielen anziehenden Einzelheiten, immer
unter Vergleichung mit anderen Sprachen, und auch hier wagt er
die Vorzöge und Nachteile der deutschen Sprache fein gegen-
einander ab. Ziemlich ausfuhrlich behandelt er im Zusammen-
hange die Fremdwurterfrage, auf die er auch sonst häufig Röck-
sicht nimmt, und würdigt dabei mit großer Wärme die Verdienste
des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins um die Sprachreinigung.
— Nach dieser Einleitung vom Wesen der deutschen Literatur
und von der deutschen Sprache beginnt auf Seite 20 das erste
Buch: Von deutscher Art und Dichtung im ersten Jahrtausend,
ein Thema, das in 8 Kapiteln bis Seite 52 höchst ansprechend
behandelt wird, wenn auch einzelne sprachliche und sachliche
Versehen untergelaufen sind. Das zweite Buch behandelt von
Seite 53 bis 105 in 9 Kapiteln die volkstömliche Literatur der
mittelhochdeutschen Zeit; daran schließt sich von Seite 106 bis 150
das dritte Buch, das in 8 Kapiteln die höfische Dichtung dar-
stellt. Sehr ansprechend ist in diesen Abschnitten das Lob der
mhd. Prosa am Ende des zweiten und der Einfluß der Kreuzzöge
am Anfang des dritten Buches. Dagegen kann ich die mehrfach
hervortretende Erbitterung des Verfassers gegen die Versuche
mythologischer Deutungen in der deutschen Heldensage nicht
billigen; dieses Geföhl scheint daraus hervorgegangen zu sein, daß
derartige Versuche nicht richtig von ihm aufgefaßt worden sind.
Im ganzen verdient auch dieser Teil des Buches vollste An-
erkennung. Nur bedaure ich, daß die Stellen aus Gudrun auf
Seite 69 und 70 nach den Obersetzungen von K. Barthel und
G. Boetticher gegeben sind, da diese Obersetzer den eigenartigen
Strophenbau des Dichters durch die Körzung des letzten Verses
verändert haben. Auch kann ich mich nicht damit einverstanden
erklären, wenn die Übersetzung des Nibelungenliedes von
L Freytag als die beste bezeichnet wird, vielleicht deshalb, weil
sie die lesbarste ist. Engel scheint die Übersetzungen von
G. Legerlotz nicht zu kennen, da er sie weder bei den mittel-
hochdeutschen Dichtern noch bei der Übersetzungsliteratur des
19. Jahrhunderts erwähnt; wahrscheinlich wörde er sie sonst
lobend hervorgehoben haben. Das vierte Buch, Seite 151 bis
189, behandelt in sieben Kapiteln „Das ausgehende Mittelalter''.
Hier gelingt dem Verfasser nicht übel die eigenartige Begründung
des Verfalls der deutschen Literatur im 14. und 15. Jahrhundert.
Im fünften Buche, von Seite 190 bis 251, wird das Zeitalter des
Humanismus und der Reformation in elf Kapiteln behandelt, im
ganzen mit fast unübertrefflicher Frische und Unmittelbarkeit.
Im sechsten Buche bis zu Seite 314 ist „das Ringen um Sprache
und Dichtungsform*', wie es sich im 17. Jahrhundert abspielte,
sachgemäß und anschaulich beschrieben; insbesondere läßt der
Verfasser dem Streben der Schriftsteller dieses Zeitabschnitten
aBf«i. roo P. Seliwars. 475
oach VerfeineruDg der Schriftsprache voUe Gerechtigkeit wider-
fahren. Waruni er aber beständig FlemroiDg schreibt, obwohl
er auf Seite 280 die Namensform Fleming ausdrücklich als die
richtige bezeichnet, ist mir unverständlich. Die Zeit von Gott-
sched bis Klopstock ist im siebenten und achten Buche von
Seite 315 bis 398 mit Verständnis und Geschmack geschildert;
anziehend ist insbesondere das dritte Kapitel des siebenten
Baches: „Die Erziehung eines Leserkreises durch die Zeit-
schrifllen'', da diesem Kapitel eingehendere Studien des Verfassers
zogrunde zu liegen scheinen. Vom achten Buche interessieren
Damentlich Kap. 1: „Der Wandel der dichterischen Formett'\
Kap. 2: »^Shakespeares Siegeszug'S Kap. 3: „Gottsched*\ Kap. 5:
^Der Umschwunges Kap. 6: „Klopstock'*. Ungenau ist aber auf
Seite 383 unten die Angabe, Klopstocks Vater sei „Gutsbeamter
ttnd Pächter** gewesen. Zu Seite 393 unten ist noch anzumerken,
daß aufier Händel auch andere namhafte Tonkänstler Klopstocksche
Oden in Musik gesetzt haben, z. B. Franz Schubert und Richard
Straofl. Zu dem Zitat Seite 395 unten war noch die erste Hälfte des
folgenden Verses hinzuzufügen: „So denk* ich nicht mehr"; denn
nur 80 ist das Urteil Klopstocks ober Friedrich den GroBen voll-
ständig. Auch des Dichters Verhältnis zu Joseph II. ist auf Seite
396 oben nicht erschöpfend behandelt: auch er wurde von
tlopstock anfangs günstig, später ungünstig beurteilt, weil er
dnrch sein Mitwirken bei der Teilung Polens ihm als „Eroberer**
erschien, und weil er den Plan zur Errichtung einer deutschen
Akademie wieder fallen ließ. Endlich mußte notwendig Klopstocks
Verehrung für Luther als den Übersetzer der Bibel und den
Förderer der deutschen Sprache gebührend hervorgehoben werden.
Das ganze neunte Buch von Seite 399 bis 435 handelt von
Lessing, und zwar werden nach der Reihe Lessing der Mensch,
seine Jugenddichtungen, kleineren Schriften und dramatischen
Entwürfe, seine Dramen, Lessing als der erste Kritiker Europas,
seine gelehrten und religiösen Schriften, seine Sprache und sein
Stil begeistert, verständnisvoll und verständlich, auch so voll-
ständig, wie es auf einem so kleinen Räume möglich ist, vor-
geführt Im zehnten Buche ist die Liederdichtung des 18. Jahr-
hunderts anschaulich dargestellt, im elften ist von den Erzählern,
im zwölften von den Herolden der klassischen Zeit, Hamann,
Herder und Winckelmann, gehandeft, und zum Schluß kommt
Friedrich der Große, dessen Schrift über die deutsche Literatur
der Verfasser auf 13 Seiten gerecht und doch maßvoll zu be-
nrteilen bemüht ist Damit schließt der erste Band. Wenn schon
in ihm die oft eigenartige Anordnung des Stoffes meist ein-
dringendes Verständnis der Literatur und aller mit ihr zusammen-
hängenden Verhältnisse erkennen läßt, so tritt dies noch mehr
in dem zweiten Bande hervor, der die Literatur von Goethe bis
in die Gegenwart behandelt Goethe dient als Überschrift eines
476 E. £Dge], Geschichte der Deatscheo Literatar/
Abschnitts von sechzehn Buchern, 13 bis 28, von Seite 544 bis
892; dieser Abschnitt umfaßt Goethe, Schiller, den Sturm und
Drang, die geringeren Dramenschreiber, ferner Jean Paul und die
Fröhromantik, die Vollromantik^ die Vaterlandsdichtung unter be-
sonderer Hervorhebung Heinrichs von Kleist, sodann die
schwäbischen Dichter, von denen namentlich Mörike nach Gebuhr
in einem besonderen Kapitel gewürdigt wird. Darauf kommen
Ruckert, Charoisso, Platen in drei besonderen Kapiteln, dann in
in einem Kapitel vereinigt Dichter wie Ernst Schulze, Simrock,
Wolfgang Muller, Kinkel, Strachwitz, Sallet, Schefer u. a.; selbst
Muhler und Ludwig I. von Bayern sind nicht vergessen. Im
5. Kapitel befinden sich die österreichischen Sänger von Lenau
bis Frankl, im sechsten die Sängerinen wie Elisabeth Kulmann,
Luise Brachmann, Betty Paoli und mit besonderer Liebe behandelt
Annette von Droste-Hülshoff. Buch 25 ist dem vormärzlichen
Drama gewidmet und behandelt in einem besonderen Kapitel in
anziehender Weise Grillparzer. Dann folgt im 26. Buche der
Roman als Unterhaltungs- und als Zweckroman ; unter seinen
Dichtern ist Immermann mit einem Sonderkapitel bedacht. Den
Schluß des Goethe-Abschnitts bilden das 27. und das 28. Buch
unter der Oberschrift „Das junge Deutschland und die politische
Dichtung'*. Hier ist die gerechte und maßvolle Beurteilung
Börnes und Heines besonders ansprechend. Die vier Böcher 29
bis 32 umfassen die Zeit von 1848 bis 1870 nebst den darauf
folgenden Jahren bis 1885. Der Rest des Buches, Seite 1000
bis 1162, gehört der Gegenwart; nach einem Bilde der
„literarischen Umwälzung der 80 er Jahre** folgt die Darstellung
der Lyrik, der Erzählungskunst, des Dramas der Gegenwart, und
endlich handelt das letzte Buch von der Wissenschaft und Presse.
Trefflich gewählte Mottos stehen über den Hauptabschnitten;
59 Bildnisse hervorragender Männer zieren das Werk; ein Ver-
zeichnis einiger der lesenswertesten Bücher der deutschen
Literatur, eine Bücherkunde, d. h. eine Auswahl von Ausgaben
deutscher Dichter und Schriften über solche, und ein Namen-
zeiger schließen es ab.
Uneingeschränktes Lob verdient in diesem Buche die
Sprache, die geradezu musterhaft genannt werden kann und sich
nicht selten zu hinreißender Schönheit entfaltet. Es mag deshalb
kleinlich klingen, wenn ich an den Verfasser die Bitte richte, bei
einer neuen Auflage auf das Unbedeutendste in der Sprache, die
Rechtschreibung und die Zeichensetzung, noch genauer
zu achten, als in der vorliegenden Auflage geschehen ist. Mag
man über die Vollkommenheit der amtlichen Rechtschreibung
denken, wie man will: ein Fortschritt ist sie jedenfalls, und in
einem Buche, das Schülern der Oberklassen höherer Schulen
nach seinem Inhalt empfohlen zu werden verdient, muß auch
die Form den Regeln entsprechen, die ihnen von Amts wegen
•ngei. von P. Sehwtrs. 477
als derzeit mafigebend beigebracht werden. So ist, um nur
einiges benrorzuheben, anf Seite 156 Z. 21 v. a. Gewandheit,
statt Gewandtheit, Seite 566, 14 schweelende statt schwelende.
Seite 777 Z.23t. u. freudenbaar statt —bar, Seite 846
kauderwälsch statt — welsch, Seite 862 Roccocco statt Rokoko
gedruckt ; ferner ist keine Einheitlichkeit in der Behandlung der
substantivierten Ad]ekti?a und Pronomina beobachtet, die bald mit
kleinem, bald mit groBem Anfangsbuchslaben gedruckt sind; end^
lieh habe ich mir Kommafehler auf Seite 609, 15, S. 650, 9
V. u., S. 621, 2, S. 626, 12 ?. u. angemerkt. Die Vorliebe des
Verüusers für den Doppelpunkt an Stellen, wo ein Komma
ausreicht, mag nur beiläufig erwähnt werden. Die neuere Recht-
schreibung würde ich dagegen bei dem Titel „Die Heiterethei^'
Dicht anwenden, d. h. ich wQrde das h hier nicht ausmerzen,
weil dieses scherzhaft gebildete Wort nun einmal mit h in die
Literatur gelangt ist Engel scheint, wie einst Jean Paul, ein
Feind des Wohllauts-s zu sein, das vielfach bei der Bildung zu-
sammengesetzter Wörter eingeschoben wird; daher schreibt er
S. 85, 7 und 101, tO Geschichte werke, S. 85, 19 v. u. Lebenzeit,
auch Reformation zeit, Reformation stufe; dagegen schreibt er
Volkssprache, Preundschaflsbund, Gottes sucher (S. 254),
Kampfe 8 ziel (S. 256). Ich vermisse hierin die Einheit und
Folgerichtigkeit. Auch kann ich die Art nicht billigen, wie er
die Eigennamen mit vorhergehendem Titel beugt, z. B.
des Landgrafen Hermanns von Thüringen' (S, 114, 2 und 133,25),
'des Zauberdichters Klinsors Namen' (ebd. 14 v. u.), Mes Burg-
grafen Friedrichs von Nürnberg' (S. 151,11). Eher kann ich mich
damit einverstanden erklären, wenn er die Adelspräposition von
als eng zum Familiennamen gehörig betrachtet und deshalb nicht
den Vornamen, sondern den Familienamen abwandelt: Heinrich
von Hublers, Hermann von Giims, wiewohl er auch dabei nicht
ohne Widerspruch bleiben dürfte. Obersehen ist augenscheinlich
auf S. 33 Z. 5 v. u. und auf S. 34 Z. 12 und 13, daß die
Nominative idealer und ein durch die Akkusative idealen und
einen zu ersetzen waren als Appositionen zu einem vorauf-
gehenden Akkusativ, ebenso daß auf S. 251 Z. 13 v. u. des statt
dem stehen muß. Zwei Entgleisungen im Stil sind mir
aafgefallen, die eine auf S. 26 Z. 18 f.: „Erhalten ist uns (von
Wulfilas Werken) außer einem Teil der Bibel nichts, auch diese
nicht annähernd vollständig*', die andere auf S. 901 Z. 8 v. u.:
<,Die Handlung (von Heyses Dramen) erblöht nicht so sehr aus
<len menschlichen Naturen, sondern aus seiner dichterischen
Laune". Auf S. 512 sind mir zwei Ausdrücke ungew&hnlich
erschienen: „aufs tiefste verehrt*' und „eine tief erbaute
Gemeinde''. Unvollständige Sätze finden sich auf S. 351 Z. 3 v. u.,
796 Z. 3 V. u. 799 Z. 8 v. u. und 816 Z. 7 v. u. Da von den erwähnten
Fehlern mancher auf mangelhafte Durchsicht der Druckbogen zurück-
478 ^* Engel; Getchiekte der Deotsehen Literatur,
zufuhren sein durfte, so ist es wohl erbubt, hieran ein Ver-
zeichnis der unzweifelhaften Druckfehler anzuknüpfen.
Bd. I S. VIII Z. 9: ihres Gleichen statt ihren; & X Z. 8. v. u.
vom ein t ahgesprungen, S. 39 Z. 5 v. u. ebenso, ebd. .2. 2 v. u.
ein I, wiederholt auch bei Ä, 0, Ü die Punkte; S. 6 Z. 5 v. u.: Ein*
heimischer statt — heimischer; S. 24 Z. 6: mermeit statt — *ee— ;
S. 31 Z. 7: Ludwig der Fromme .... bis 840 sUtt 870; ebd.
Z. 9: Karl der Kahle .... bis 877 sUtt 884; S. 34 Z. 20:
sin an statt sigan; ebd. Z. 2. v. u.: in thiu statt thin; S. 37 Z. 23;
Wilkina-Saga statt Wiltina; S. 46 Z. 10 ?. u.: sario statt sar io;
S. 55 Z. 12 V. u.: atem (Geist) statt (Christ); S. 66 Z. 18:
Gibeke oder Gibich statt Giebich; S. 92 Z. 25: welhsche
statt wehische; S. 114 Z. 9: geminret statt gewinret; S. 141
Z. 24: unz statt uns; ebd. Z. 28: mangiu wildiu statt mangin
wildin; S. 225 Z. 12: m örtlich statt wörtlich; S. 417 Z. 18 v. u.:
Giudeo statt Gui; S. 599 Z. 15 v. u.: 1782 sUtt 1E86; S. 612
Z. 1 ▼. u.: werktätig statt — tägig; S. 616 Z. 9 ?. u.: ihren
statt ihren; S. 788 Z. 22 ?. u.: sein statt in; S. 914 Z. 13 v. u.:
Hieron ymus statt — onaimus; S. 962 Z. 1: einem statt einen«
— Nahe stehen diesen un verbesserten Druckfehlern eine Anzahl
ungenauer Zitate; wenn ich jetzt solche anführe, so kann ich
mich doch für ihre Vollständigkeit nicht verbürgen, so daß für den
Verfasser eine Nachprfifung sämtlicher Anführungen geboten
ist. S. 236: Fischarts Schrift heißt Podagrammisches (nicht
podagrammatisches) Trostbüchlein; S. 579 Z. 15: Maler
Müllers volksbeliebtes Lied beginnt: Heute scheid' ich, heute
wandr^ ich; S. 616 Z. 3 v.u.: Schillers Schrift hat den Titel
„Was heißt und zu welchem Ende (statt Zweck) studiert man
Universalgeschichte''? S. 627 Z. 8 v. u.: Die Stelle der „Glocke«^
lautet: Und das teuerste (nicht edelste) der Bande. S. 667'
Z. 7: Das Lied aus Claudine von Villa Bella heißt: „Hit Mädeln
sich vertragen, Mit Männern Vumgeschlagen'*. Ebd. Z. 6 v. u.:
Der Ausspruch aus dem Westöstlichen Divan endet richtig:
„Höchstes Glück der Erdenkinder (nicht Menschenkinder), Sei
nur die Persönlichkeit^'. S. 680 Z. 8: Es heißt im Faust: „Ach
neige, Du Schmerzenreicfae'*, nicht .,0'*. S. 734 Z. 3 v. u. : „in
einem kühlen Grunde, Da geht (nicht steht) ein Mühlenrad''.
S. 737 Z. 2: „im Meer ersäuft^ nicht ins. S. 744 Z. 23:
„Wenn wir's auch nur sterbend gewannen'', nicht: Und wenn.
S. 898 Z. 14 V. u.: „Nun lasst die Glocken usw.", nicht: lasset.
S. 469 Z. 12 und 899 Z. t8 v. u,: nicht vom armen, sondern
vom lust'gen Musikanten handelt Geibels bekanntes Lied. S. 204:
von Luthers Umdichtung von Nolkers Liede Media vita in morle
sumus lautet der dritte Vers: „Wen such wir, der Hilfe tut",
nicht suchen, der sechste: „Uns reuet unser MiJBsetat'S nicht
unsere. Auf S. 398 ist in dem letzten Verse der Ode von
Denis durch ungenaues Zitieren ein metrischer Fehler enstanden:
• D|res. voB P. Sehwari. 479
es mufi glinzete heißen, nicht glänzte. Auf S. 464 ist die
Form des Liedes von Herrn. Wilh. Ultzen nicht als erste archi-
lochische Strophe erkennbar; auch sind zwei falsche Kommas
darin; die Verse müssen folgendermafien gedruckt werden, wenn
sie verständlich sein sollen:
Namen nennen dich nicht, dich bilden Griffel und Pinsel
Sterbiidier Könsüer nicht nach.
Auf derselben Seile ist das bekannte Studentenlied unrichtig
angeführt; es lautet: „Vom hoh'n Olymp herab ward uns die
Freude, Ward uns der Jugendtraum beschert^^ Auch der Anfang
¥on Klamer Schmidts Liede scheint mir dort unrichtig angegeben
zu sein; mich dünkt, es heißt: Hier sitz' ich auf Rasen, mit
Veilchen bekränzt, Hier will ich nun trinken, Bis rötlich vom
Bimmel mir Hesperus glänzt'S Ebenso haften mir zwei auf S. 465
angeführte Lieder von Salis-Seewis anders im Gedächtnis: „Blau
ist der Himmel und blumig das Land'* (statt grönend) und:
„Traute Heimat meiner Lieben, Denk' idi still an dich zurück^'
(gtatt Sinn' ich). Eichendorffs bekannte Erzählung heißt nicht,
wie auf S. 489 Z. 17 v. u. steht, „Tagebuch", sondern« wie
richtig auf S. 736 zu lesen ist, „Aus dem Leben eines
Taagenichts". Auch zu der Anführung von Namen sei mir eine
fienerkung erlaubt. Als Geburtsort Göckingks ist auf S. 450
Grüningen bei Halberstadt genannt; der Ort heißt Grüningeo.
Bürgers Geburtsort wird, wie auch in anderen BQchern, so hier
auf S. 459 Molmers wende genannt. Diese Form ist infolge des
Bestrebens, die Aussprache zu verfeinern, aus der ursprünglichen
Form Molmers ch wende hervorgegangen; Schwende bezeichnet
im Harz Stätten» wo der Wald durch Feuer zum Schwinden
gebracht ist (im Gegensatz zu Rode, wo er gefSIlt und aus-
gerodet ist), und kommt allein oder mit Eigennamen zusammen«-
gesetzt als Ortsbezeicbuung vor: Schwenda, Hilkeoschwende,
Braunschwende, Holmerschwende. Rückerts Wohnort heißt nicht
Neoseß» sondern Neuses. Bei den Personennamen ist mir
aufgefallen, daß auf Seite 230 und 232 Herzog Heinrich Julius
von Braunschweig immer nur Julius genannt wird. Ähnlich wird
von S. 447 an Johann Heinrich Voß immer nur Heinrich
genannt, während doch so einer seiner Söhne bezeichnet zu werden
pflegt, der auf S. 556 als Heinrich Voß der Jüngere erwähnt
wird. Auch die Benennung Konrad Ferdinand Meyer beizu-
behalten würde ich ratsam finden, wenn auch der Dichter, wie
S. 971 bemerkt wird, erst seit 1877 so genannt ist: manche
Familiennamen machen ja nun einmal eine möglichst genaue Be*
Zeichnung durch Vornamen nötig.
Nach diesen unbedeutenden Kleinigkeiten muß ich nun noch
einige wichtigere Punkte erwähnen oder gar verbessern. Hier
handelt es sich zunächst um einige subjektive Ansichten
des Verfassers, die er för sich immerhin hegen konnte, aber in
480 E. Eagel, Goschiclite der Deotsehea Literator,
einer Geschichte der deutschen Literatur nicht auszusprechen
brauchte. Was haben z. B. die AusflUe gegen junge Privat-
dozenten und gegen gelehrte Philologen mit dem Zwecke
des Buches zu tun? Wozu dienen in diesem Buche die ab-
fälligen Bemerkungen über die Lehrweise der höheren Schulen,
wie auf S. 186 Ober das „Deutsch der Obersetzungen aus dem
Lateinischen auf den Gymnasien** oder auf S. 393, 397 und 633
über die „Behandlung von Klopstocks Oden auf manchen Schulen''
und über die „Abnutzung der Schillerschen Balladen im Schul-
unterricht''? Solche Erinnerungen aus der eigenen „Pennäler-
zeit" muß der Mensch immer nur mit größter Vorsicht wieder-
geben, da sie leicht etwas vom Pennäierstandpunkt an sich be-
halten. Und zur Belustigung von Gegnern der höheren Schulen
schreibt man doch keine deutsche Literaturgeschichte, nicht einmal
wenn man selbst ein solcher Gegner ist. Sollte vielleicht auf
solche Gegnerschaft auch das harte und nicht allgemein anerkannte
Urteil ober die „für fünf Jahrhunderte verderblichen Wirkungen
des Humanismus auf die Form der deutschen Geistesbildung"
zurückgehen ? Daß man dem Einfluß der Humanisten sogar den
Gebrauch des Akkusativs mit dem Infinitiv im Deutschen zu-
schreiben muß, wie S. 197 unten behauptet wird, ist mir un-
wahrscheinlich; daß aber der in Goethes Alltagssprache „häufig
vorkommende unabhängige Genitiv, z. B. schweigsamen Fittichs,
aus dem Griechischen entlehnt" sein, also indirekt auch dem
Humanismus in die Schuhe geschoben werden soll, ist entschieden
abzuweisen. — Was ich nun noch auszusetzen habe und bei
einer neuen Auflage zu verbessern vorschlage, will ich nach der
Beihenfolge der Seiten vorbringen. Die Angabe auf S. 11 Z. 9
V. u., daß „die zweite Lautverschiebung sich im 1 3. Jahrhundert
vollzogen" habe, beruht auf einem Irrtum, da sie ja schon im
siebenten vollendet war. Nötig war hier der Zusatz, daß die
Veränderung von i, ü, iu zu ei, au, eu und die Verwandlung von
s zu seh erst im Neuhochdeutschen staltfand. Im gotischen
Vaterunser auf S. 27 darf die Form briggais nicht bring über-
setzt werden, sondern du mögest bringen, da sie eine Wunsch-
form ist — Auf S. 30 Z. 20 ist das Urteil über W. Jordans
Nibelungen nach meinem Gefühl zu hart, ebenso wie auf S. 83
Z. 6, wo noch dazu fälschlich behauptet ist, sie seien eine Um-
dichtung des mittelhochdeutschen Heldensanges; auch darf
mau nicht behaupten, daß seine Homerubersetzung „weit hinter
der von Voß zurückstehe". — Die Aufgabe auf S. 34 Z. 22, daß
die Sprache des Taufgelöbnisses der Sachsen aus der Zeit um
770 „altniederdeutsch mit einigen angelsächsischen Formen"
sei, bedarf der Nachprüfung. — Den Satz auf S. 70 Z. 12 v. u.:
„Wessen Gudrun fähig gewesen, wenn es zum äußersten ge-
kommen wäre, das zeigt das deutsche Heldenmädchen da, wo
es ... . Gerlind zurückweist" kann ich nicht unbeanstandet
aa^ez. voa P. Schwan. 48t
laneD: ich halte es ftir uDsUtthaft, bei Besprechunng eines
Dichterwerkes, das fertig vorliegt, AnnahmeD zu machen, wie
etwas in ihm sich unter dieser oder jener Bedingung
gestaltet haben könnte. — Die auf S. 109 Z. 8 v. u. angeführte
Übersetzung eines Verses Waltbers von der Vogelweide „Deutsche
Zucht geht Yor in allem'* ist unrichtig; Tiuschiu zuht gftt vor
in allen heißt: Deutsche Zucht geht ihnen allen voran. —
Auf S. 137 sind die Stollen und der Abgesang flilschlich als
Strophen bezeichnet, während sie doch nur die Teile einer
Strophe sind. — Die wahrhaft eigenartigen Dichter Neidhart
aod Gottfried von Neifen (so und nicht Niefen war die mittel-
hochdeutsche Form ins Neuhochdeutsche zu übertragen) hätten nach
meinem Gefühl noch mehr hervorgehoben zu werden verdient,
als es geschehen ist; namentlich habe ich von diesem das reizende
Lied mit dem Kehrreim „Wigen, wagen** usw. ungern ver-
mißt. — Der auf S. 182 unten erwähnte italienische Mönch
durfte nicht einfach Cessolis genannt werden, da er Jacobus
de Cessolis heißt. — In der Probe aus Opitzens Übersetzung des
Sophokleischen Chorgesangs IloXXä %ä dsiva auf S. 267 ist das
Kragezeichen am Schlüsse des letzten Verses keineswegs be-
rechtigt; denn die Worte: — „die Erde Lässt er durch die
Schlacht der Pferde Jährlich nimmer ungepflügt** sind durchaus
verständlich, sobald man daran denkt, daß „die Schlacht'* hier
gleich dem mhd. VITorte slahte „das Geschlecht*' bedeutet, so daß
,,die Schlacht der Pferde" wörtliche Übersetzung von Xnnsltf yipe&
ist. — Auf derselben Seite konnte als Komponist des von Opitz
Bachgedichteten Liedchens „Kompt last uns außspatzieren'^ neben
Zelter auch Hendelssohn angegeben werden, zumal da seine
Vertonung bekannter ist. — Auf S. 328 Z. 20 ist Swifts bekannter
Roman „Gullivers Reisen*' nicht ausreichend bezeichnet durch die
Angabe: „Roman von Gulliver und LillipuV*. — Die Bemerkung
auf S. 356 Z. 15ff., daß Uhlands Ballade „Des Sängers Fluch"
in der „Nibelungenstrophe" gedichtet sei, ist ungenau; die
Strophe war vielmehr als neue Nibelungenstrophe oder als
Hildebrandston zu bezeichnen. — Das Zitat aus Lessing auf
der Mitte von S. 361 lautet nicht: „Ich bin Shakespeare**,
sondern „Ich bin Shakespeares*'. — Der Ausdruck „ciloyen du
monde** ist nicht von den Franzosen erfunden, wie auf S. 627
behauptet wird, sondern aus dem griechischen Worte xoCfio-
nroAiri^g, da^ sich bei Diog. Laert. findet, übersetzt; schon Plato
hat im selben Sinne das Wort xd(r/i*io$, das Cicero durch
mundanus wiedergegeben hat. — Was auf S.654 Z.23 v.u. mit dem
„vergeblichen Charakter der Dorothea** gemeint ist, verstehe ich
nicht. — Goethes Euphrosyne ist auf S. 656 als Klage-
gesang bezeichnet, anscheinend weil der Verfasser das Fremd-
wort Elegie hat vermeiden wollen; ich fürchte, wir können es
nicht entbehren für Dichtungen wie die vorliegende und wie
Z«itMhr. f. 4. OjinBM««lireMn. LXT. 6. 31
482 B- Engel, Gesehichte d. Dtsch. Literttor, t^z. v. P. Schwarz.
Goethes Epilog zu Schillers Glocke, in denen kein Wort der
Klage über die abgeschiedenen Personen, sondern höchstens
Klänge der Wehmut enthalten sind. — Philipp Hackert kann
nicht als unbedeutender Maler bezeichnet werden, wie es auf
S. 669 Z. 7 geschehen ist. — Der angebliche Tod des Armen-
advokaten Siebenkäs erfolgt nicht in der Fremde, wie auf
S. 692 Z. 4 gesagt ist, sondern in der eigenen Wohnung. Der
Titel ?on Grillparzers Gedichtsammlung Tristia ex Ponto ver-
mengt die Titel zweier Sammlungen Ovids, von denen die
eine Tristia, die andere Ex Ponto betitelt ist; die Obersetzung
auf S. 826 „vom Pontus" ist ungenau statt „aus dem Land am
Pontus*'. — Die letzte Strophe von Heines Gedicht „Das Meer
erglänzte weit hinaus" wird auf Seite 862 als „unecht'* be-
zeichnet; der Ausdruck ist mißverständlich und soll hier nidit
bedeuten, dafi die Strophe nicht von Heine herrähre, sondern
daß sie minderwertig sei. — Bei R. Volkmann mußte auf
S. 909 erwähnt werden, daß er bis zu seinem Tode Professor
der Chirurgie an der Universität Halle gewesen ist. — Die Ober-
setzung „Tränen der Dinge*' auf S. 977 Z. 9 trifft sicherlich
nicht den Sinn der lateinischen Worte „lacrimae rerum" in
Vergils Äneis I 462; sie bedeuten vielmehr „Tränen für Er-
eignisse, Mitleidszähren für Unglöckliche'*. — Im Register habe
ich Wolfgang Müller vermißt.
Alles, was ich im vorstehenden unter Angabe der Seiten
und Zeilen aus Engels Deutscher Literaturgeschichte angeführt
habe, mag zum Beweise dienen, daß ich sie nicht bloß durch-
geblättert, sondern von Anfang bis zu Ende durchgelesen habe.
Hierbei habe ich einen Genuß gehabt wie selten beim Lesen
einer Literaturgeschichte. Die Schönheit der Sprache, die Un-
mittelbarkeit und Frische der Urteile, die größtenteils mit meiner
eigenen Auffassung übereinstimmen, wenn ich auch einige neuere
Schriftsteller vermißt und andere, die ich nicht zu finden er-
wartet hätte, zu meinem Erstaunen erwähnt gefunden habe, sind
mir eine wahre Freude gewesen. Oft hat die Darstellung, ganz
wie es der Verfasser auf S. VH als seine Absicht ausgesprochen
hat, den Wunsch in mir erweckt, in dieses oder jenes der er-
wähnten Werke durch eigenes Lesen tiefer einzudringen, und ich
darf annehmen, daß es diesen Literaturhunger noch mehr bei
den Lesern erregen wird, für die der Verfasser sein Buch in erster
Linie bestimmt hat. Aus voller Überzeugung empfehle ich es
aufs wärmste allen „Wissenden** schon jetzt zur Beachtung, allen
„Nichtwissenden** aber zum fleißigen Studium unter dem Vor-
behalt, daß die von mir oder anderen aufgefundenen tatsäch-
lichen Versehen und Irrtümer in der nächsten Auflage berichtigt
werden.
Quedlinburg. Paul Schwarz.
R. Lehmann, Deatsches Lesebach, angez. von C. Heinse. 483
R. Lehmann, Deatsches Lesebach'för höhere Lehranstalten.
Anhang für Schlesien.
Eine Mitteilung, die mir von dem einen Verfasser des An-
hanges, Herrn Direktor Dr. Altenburg in Glogau, lugeht, Yeranlaßt
mich zu einem Nachtrage zu meiner Besprechung in dieser Zeit-
schrift (oben S. 319 f.). Es handelt sich bei dem Anhange keines-
wegs um ein pädagogisches Experiment, das, wie ich fürchtete,
anderen Provinzen zur Nachahmung empfohlen werden soll. Das
Werkchen bildet vielmehr ein Stück der Lebensarbeit des aut
diesem Gebiete hochverdienten Verfassers, der für deutsche Eigen-
art und Sitte in der Ostmark unseres Vaterlandes kämpft. Die
Crfabrung, daß es gerade den Schlesiern an Verständnis für ihre
große deutsche Vergangenheit fehlt, das sie im Kampfe gegen das
Slawentum so herzlich nötig hätten, hat den Verfasser veranlaßt,
diese Sammlung zu veranstalten. Er denkt sich ihre Verwendung
nicht nur im deutschen Unterricht, sondern im geschichtlichen
und geographischen und glaubt schon durch das bloße Vorhanden-
sein des Buches bei Schülern und in deren Familien Anregung
auf diesem in seiner Heimat so vernachlässigten Gebiete zu geben.
So kann auch manches Stück, das vom Standpunkte der deutschen
Literatur oder des deutschen Unterrichts verwerflich schien, als
Waffe in dem Kampfe für die gute Sache brauchbare Dienste
leisten. Ohne im übrigen meinen Standpunkt über den pädagogi*
sehen Wert solcher provinziellen Anhänge aufzugeben, hielt ich in
diesem Falle eine nachträgliche Würdigung nach der anderen Rich-
tung für erforderlich.
Cassel. C. Heinze.
l)Thiers, Ejcpedition d'Egypte. Heraasge^eben vonF. Weyel. Leipzig
1906, G. Preytag. 95 S. Anmerkungen 30 S. 8. geb. ],50 JL,
Worterbach daza 34 S. 0,40 M.
Die Ausgabe von Weyel, deren Text den Geschichtswerken
des Thiers entnommen ist, unterscheidet sich in einigen Punkten
von den meisten der schon vorhandenen Ausgaben der 'Expedition
d'£gypte'. Weyel schließt nicht mit der Rückreise Bonapartes,
sondern führt die Erzählung bis zum Tode Klebers fort. Das ist
wohl zu rechtfertigen. Denn mit dem vorzeitigen Tode dieses
Führers war der Kriegszug nach Ägypten in der Tat zu seinem
ergebnislosen Ausgang gekommen. Um nun aber einen Lesestoff
zu bieten, der in einem Halbjahr bewältigt werden könnte, hat
der Herausgeber den Urlext bedeutend kürzen müssen. Er hat
mit geschickter Hand gekürzt, hätte aber meiner Meinung nach
noch etwas schärfer vorgehen kennen. Immerhin sind die
90 Seiten Text, die seine Ausgabe enthält, eine wenn auch
reichlich bemessene, so doch zu bewältigende Aufgabe für ein
Halbjahr. Ich finde, nebenbei bemerkt, daß manche von unsern
neusprachlichen Schulausgaben auf die Forderung hin, einen in
31»
484 Shakespeare, Jalios Caesar, aogez. von H. Traelaen.
einem Halbjahr bequem zu bewälligenden Lekturestoff zu bieten,
gekürzt werden mößten. Die soeben erwähnte Forderung einer
verständigen Beschränkung in bezug auf den Umfang der Schul-
ausgaben scheint mir darum berechtigt zu sein, weil bei Lehrern
und Schülern ein Gefühl des Unbefriedigtseins entstehen muß,
wenn der Lesestoff nicht bis zur letzten Seite durchgearbeitet
wird, oder wenn er, auf Kosten der Verarbeitung des Inhalts,
am Schluß des Semesters fibereilig und flüchtig zu Ende geführt
werden muß.
Die Anmerkungen, die Weyel seiner Ausgabe hinzugefügt
hat, zeugen von sorgfältiger Arbeit. Das Wörterbuch ist aus-
reichend. Ich kann diese Ausgabe der 'Expedition d'Egypte'
bestens empfehlen.
2) Shakespeare, Jjolios Caesar. Obersetsaog voo A. W. Sehle^el,
revidiert von Hermann Conrad. Mit Einleitan^ ond Anmerkangen .
Stattgart 1906, Dentsche VerlassansUlt. XXXV und 147 S. 8.
1,50 JL^
Das vorliegende, geschmackvoll ausgestattete Bändchen kann
zur Benutzung im deutschen Unterricht der Oberklassen des
Gymnasiums durchaus empfohlen werden. Der Text ist dei*
von Hermann Conrad revidierten und von der Kritik im
ganzen recht beifallig aufjgenommenen Neuausgabe der Schiegel-
Tieckschen Shakespeare - Übersetzung entnommen. Wir haben
also in der vorliegenden Ausgabe, für welche auch verschiedene
Verbesser ungs vorschlage von Christian Eidam benutzt werden
konnten, wohl die beste Verdeutschung des Shakespeareschen
Caesars vor uns. Die Einleitung, in welcher Conrad u. a. über
die Quellen und die Abfassungszeit des Dramas, über den eigent-
lichen Helden und die Einheit der Handlung in unserm Drama
spricht, ist sehr belehrend und wohl geeignet, reifere Schüler zu
weiterem Studium der Shakespeareschen Dichtungen anzuregen. —
Sollte es sich nicht empfehlen, einer zweiten Auflage des be-
sprochenen Bändchens oder den etwa noch folgenden Sonder-
ausgaben Shakespearescher Dramen eine kurze Biographie Shake-
speares beizugeben?
S)Macattiay, Five Speeches on Pärliameatary Reform. Herana-
gegeben von 0. Thiergen. Berlin 1906, Weidnannache Bachhandlang.
95 S. Anmerkungen dasn 27 S. 8. geb. 1,20 M^
Schon lange sind die geschichtlichen Werke Macauhys, Ab-
schnitte aus der 'History of England' sowie einzelne 'E88ays\ eine
beliebte Lektüre für die Oberklassen unserer höheren Schulen
gewesen. Nun hat T hier gen aus der von Macaulay selbst be-
sorgten Ausgabe seiner Parlamentsreden jene fünf Reden, die
dieser englische Staatsmann im Anfang seiner parlamentarischen
Laufbahn für die Durchfuhrung einer gesunden. Wahlreform ge-
balten hat, als Schullektüre herausgegeben. Thiergen konnte keine
I\,?rii9k, Geiekiehle d. Meder a. Peraer, ags. v. F. ReaA. 4g5
bessere Wahl für einen neuen englischen Lesestoff treffen. Denn
wir müssen ihm durchaus zustimmen, wenn er in dem Vorwort
sagt, daJS „dieser Lesestoff wie kein anderer geeignet sei, in
engUscbes Leben, in englische Geschichte und vor allem in das
parlamentarische Treiben in England einzuführen''. Freilich sind
diese Reden inhaltlich schwieriger als die meisten geschichtlichen
Werke Macaulays; denn diese Reden enthalten viele Hinweise auf
innerpoliüsche Vorgänge bei den Kulturvölkern der Siteren und
neueren Zeit und mancherlei Retrachtungen philosophischer Natur,
wie z. R. Ober die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des allgemeinen
Wahlrechts unter Reröcksichtigung der sozialen Lage eines Volkes
u. a. m. Indessen hat der Herausgeber die hauptsächlichsten
Schwierigkeiten, die der englische Text den Schülern bieten mag,
durch eine Anzahl sorgfältiger Anmerkungen behoben. Außerdem
hat er in der 'Einleitung', welche er der kurzen 'Riographie'
Macaulays hinzugefQgt hat, die Geschichte der 'Reformbiir und
die politische Redeutung dieser Rill für die 'rotten boroughs' und
die aufblühenden, gewerbreichen englischen Städte sowie für die
politische Entwicklung Englands überhaupt klar dargelegt. — Der
Druck ist sorgfältig, die Ausstattung gut. Das Rändchen bietet
eine vortreffliche Lektüre für die Prima.
Landsberg a. 91. Heinrich Truelsen.
J. V. Pradek, Geschichte der Meder ood Perser bis znr make-
donisch eo Eroberan^. Baod 1: Geschichte der Meder und des
Reiehe der Lander. Gothn 1906, F. A. Perthes. XU n. 282 S. 8.
7 JC,
Das verdienstvolle Unternehmen der Perthesschen Verlags-
haodlung, durch „Handbücher der Geschichte'' das historische
Studium zu fördern, dem wir bereits eine Reihe für wissenschaft-
liche Forschungen unentbehrlicher Darstellungen der alten Ge-
schichte verdanken, hat die geschichtliche Literatur um ein neues
willkommenes Werk bereichert, um die Rearbeitung der Geschichte
der Meder und Perser durch J. Y. Präsek, der soeben den ersten
bis zum Tode des Kambyses reichenden Rand hat erscheinen
lassen. Zur Lösung der gestellten Aufgabe, die Geschichte der
arischen Iranier und ihrer Nachbarn seit den ältesten historisch
beglaubigten Regebenheiten bis zur Auflösung des Achämeniden-
reichs durch den großen makedonischen Eroberer zu schreiben,
befibigten den Verfasser vielfache Vorarbeiten auf diesem Ge-
biete, wie z. R. die Untersuchung „Medien und das Haus des
Kyaxares'* Rerlin 1890, „Hekataios als Herodots Quelle zur Ge-
schichte Vorderasiens*' in Reitr. z. A. Gesch. IV 265 ff. u. a. Ver-
wertet sind alle bis auf die Gegenwart zugänglich gemachten
Quellen und berücksichtigt alle seither veröffentlichten Unter-
sudinngen. PraSeks Handbuch ist daher vorzüglich geeignet, den
Leser über den neuesten Stand der an die roediscb-persische
486 J. V. Prisek, Geschichte der Meder and Perser,
Geschichte anknöpfeDden Fragen aufzukläreD. Von den zwei Teilen,
in welche es zerfällt, behandelt der erste die Meder, der zweite,
^reicher die Geschichte der Perser enthält, bringt in der bereits
erschienenen Abteilung die Geschichte des von Kyros geschaffenen
„Reichs der Länder*', d. h. der Vereinigten Staaten Vorderasiens
zur Darstellung, während den Inhalt der noch ausstehenden
zweiten Abteilung die Schicksale der von Dareios begründeten
Alleinherrschaft der Achämeniden und des Perserstammes bilden
werden.
In einem einleitenden Abschnitte, der über die Quellen zur
medischen Geschichte orientiert, finden sich neben den Angaben
über die assyrischen, babylonischen und persischen Berichte
treffende Bemerkungen über den Wert der Nachrichten des Be-
rossos, Hekataios und Ktesias. Auf Hekataios fuhrt Praäek den
ausfflhrlichen Bericht über den medischen Nationalstaat im ersten
Buche Herodots, die Darstellung des Kampfes mit den Lydern,
die Beschreibung Babylons, die ägyptisch-grierhische Oberlieferung
über Kambyses u. a. in der Herodoteischen Oberlieferung zurück,
Lehmann-Haupt (Beitr. z. A. Gesch. II S. 334 ff. u. a. a. 0.) nimmt
vielfach Dionysios von Milet als Mittelglied zwischen Hekataios
und Herodot an. Mag Prjisek die Benutzung des älteren Logo-
graphen durch den jüngeren Geschichtschreiber auch zu weit
ausdehnen, Abhängigkeit des letzteren von jenem ist zweifellos
und daher der Widerspruch von v. Wilamowitz-Moellendorff nicht
berechtigt: „Nichts führt darauf, daß der roilesische Staatsmann
die Ereignisse seiner Zeit oder die Chronik einer Stadt geschrieben
hätte, wie immer wieder behauptet wird'* (Griechische Literatur
S. 33). Vor den Ariern saß in Iran eine Urbevölkerung, die
später in den eingewanderten Indogermanen aufging, von ihr
stammt der Landesname Mata oder Mada, d. i. Medien. Meder
und Perser trugen einst den Namen Arier (Herod. VII 62), ihre
Sprache läßt sie als Verwandte der Baltoslawen erkennen, mit
denen sie während der (Jrepoche des indoeuropäischen Lebens
die Urheimat an der mittleren Donau teilten. Ihr Einbruch in
Asien erfolgte an zwei verschiedenen Stellen, durch die Kaukasos-
pässe in Westiran und aus Südsibirien in Ostiran. Arier sind
die aus hieroglyphischen und keilinschriftlichen Angaben bekannten
Hittiter, Arier die Skythen, deren Einfall der große Pharao
Sesostris an den Grenzen Ägyptens Halt geboten haben soll, die
Erinnerung an die arische Überflutung Vorderasiens ist in den
Nachrichten über die späteren Kimmerier- und Skytheneinfälie
festgehalten. Vor dem arischen Einbruch in Westasien nahm die
arische Völkerflut Besitz von Turkestan zu beiden Seiten des
Pamir und breitete sich von hier über Ostiran und Vorderindien
aus. Assyrische Inschriften aus der Zeit Sargons erwähnen Aribi
im Herzen Irans. Irrig ist es, dabei an einen versprengten Araber-
stamm in Medien zu denken, Aribi ist Pluralform von der
• 0(62. voa F. Reaß. 4g7
Wurzel Ari {Aq&o^)j und es ist auch bei Appian Syr. c. 55 herzu-
stellen: xal JIsQifcdV xal llaQ&vaiwv xal Baxxqitav xal
^Aqißimv (statt ^Aqctßitav) *al Tanvqwv x. r. L Ihren Ab-
schloß fand die arische Einwanderung in Medien um 700 v. Chr.
Als Stifter des königlichen Hauses in Medien wurde von den
Medem der Zeit des Dareios und des Ktesias der von dem spä-
teren Eroberer Nini?es zu scheidende Kyaxares (Uvachäatra) an-
gesehen, dessen Name für Sargons Zeit keilinschriftlich bezeugt
ist ; Herodot (I 96) setzt dagegen an die Spitze der mediscben
Königsreihe Phraortes, den Vater des Deiokes. Wenn Ktesias
(Diod. II 32 ovoßa Kva^a^v) in seinem Herodotexzerpte den
Namen des Kyaxares bietet, so bat er mit der Cberlieferung
seiner Vorlage eine Änderung vorgenommen, und es ist daher
unrichtig, die Stelle Diodors durch Änderung mit der benutzten
Quelle in Obereinstimmung bringen zu wollen. Irrefilhrend ist
hier die Inhaltsangabe auf S. IX § 6 „Kyaxares kam ursprunglich
auch bei Herodot vor*'. Die Ktesianische Liste der medischen
Könige ist von dem knidischen Arzte mit Benutzung der Tradition
zureditgemacht und durch allerlei Mittel wie z. B. Zufögung von
Doppelgängern zu der 1., 2. und 3. Regierung von 150 auf
317 Jahre erweitert worden, aber auch die 150 Jahre der Har-
pagidentradition (Hekataios-Herodot) entbehren der geschichtlichen
Grundlage (Deiokes und Phraortes: 53 + 22 = 75, Kyaxares und
Astyages: 40 + 35 = 75 Jahre). Endjahr des medischen Reiches
ist das Jahr 550/549, von diesem führen die nach Prä§eks Vor-
aussetzung der medischen Volksüberlieferung entnommenen
128 Jahre hei Herod. 1 130 auf 678/7 v. Chr. als Anfangsjahr.
Die Harpagidentradition schreibt Deiokes die Gründung des medi-
scben Reiches zu. Diese beschränkte sich auf die Gründung eines
neuen Mittelpunkts in der Stadt Agbatana und auf die politische
und nationale Vereinigung der Stämme Mediens, die der Abwehr
der assyrischen Angriffe galt; aber die Taten der Nachfolger wurden
Deiokes gutgeschrieben, weil auch die durch Harpagos nach Lydien
Terpflanzte Seitenlinie des medbchen Königshauses von ihm sich
herleitete. Als erster König von Medien erscheint bei Präsek
Mamitiarsu, und ihm folgt der in einer Tafel aus Kujundzik ge-
nannte Tukdammi, den andere dem aus Strabo bekannten Kim-
merierfiihrer Lygdamis {yivydai/^^g) gleichsetzen. Übertrieben
sind auch die Phraortes zugeschriebenen Erfolge, insbesondere
kann von einer Eroberung Persiens durch ihn keine Rede sein,
wenn auch die Dauer seiner Regierung richtig auf 22 Jahre (d. i.
646 — 625 V. Chr.) bestimmt ist. Er ist identisch mit dem von
den Exzerptoren des Berossos genannten Satrapen Astyages, der
mit Nabnpaiusur (Bussalossoros bei Abydenos) einen Bund gegen
Assyrien schloß. Phraortes war der Personenname, Astyages der
offizielle Königsname, doch wurde ihm von den Assyriern und so
auch von dea Babyloniern der Königstitel noch verweigert. Zur
488 ^* V. Pradek, Geschichte der Bieder ood Perser,
. Ausführung des geplanten Angrifls auf Assyrien ist es nicht ge-
kommen; die Harpagidentradition hat indessen auf Phraortes die
Niederlage bezogen, welche sein Vorgänger Tukdammi erlitten
hatte. Als 626 ?. Chr. Skythen die nördlichen und westlichen
Provinzen Assyriens überfielen, griffen die verbfipdeten Babylonier
und Meder das assyrische Reich an; doch ein Bündnis zwischen
Assyriern und Skythen lenkte den Eroberungszug dieser gegen
Medien. Kyaxares befreite das Land von diesem Feinde und ge-
wann mit dem Siege bei Zela die Herrschaft über das den
Skythen entrissene Kappadokien und Armenien. Diesem Siege
ging 606 V. Chr, die Eroberung Ninives voraus, durch die der
König auch Herr des Reiches Elam wurde. Die medischen Er-
oberungen im Westen führten zum Kriege mit Lydien, über die
uns der glaubwürdige, den lydischen Hofannalen entnommene
Bericht des Hekataios bei Herodot vorliegt; er machte den Halys
zur Westgrenze Mediens. Auf Kyaxares folgte 585 v. Chr. sein
Sohn Astyages JI. Die gehässige Harpagidentradition, die ihn zu
einem verabscheuungswürdigen, regierungsunfahigen Despoten
macht, hat sein Bild entstellt; günstiger lautet das ältere Urteil,
wie es Dareios bei Aischylos (Perser 766 f. nach Hellanikos)
ausspricht: „Der zweite, sein Sohn, krönte das Werk; denn edle
.Geistestriebe leiteten sein Gemut'^
Auch die Geschichte der Perser leitet ein Abschnitt über die
Quellen ein. Die Handlungen des Kambyses läßt der von Heka-
taios-Herodot benutzte ägyptisch-griechische Roman in möglichst
ungünstigem Lichte erscheinen. Angaben aus persischen Quellen
finden sich bei Ktesias, doch war er nicht imstande, Geschicht-
liches und Erdichtetes voneinander zu scheiden. Den Namen
des Pseudobardes, Gaumäta-Comatis, lesen wir bei Justin, er ist
ihm wahrscheinlich durch Dinon aus Charon vermittelt. Prasek
vertritt die unhaltbare Hypothese Gutschmids, die in dem Werke
des Trogus eine lateinische Bearbeitung der Geschichte des Tima-
genes sieht. In der Behistuninschrift bezeichnete sich Dareios
als neunten unter den Königen seiner Familie. Achaimenes war
der Ahnherr, sein Sohn Teispes I. eröffnete um 675 v. Chr. die
Reihe der Achämenidenkönige^ die sich mit Teispes H. Könige
von Ansan, d. i. des um das Gebiet der Maraphier und Haspier,
erweiterten Landes der Pasargaden, nannten. Zu weltgeschicht-
licher Bedeutung erhob dieses Reich Kyros HL, der Sohn Kam-
byses H. Perser von arischer Abstammung, erweiterte er das
Reich Ansan zum Reiche Parsu, d. h. er vereinigte die Perser-
stämme zu einem Staate, um darnach das gesamte Vorderasien
seinem Zepter zu unterwerfen. Im Vertrauen auf den Verrat
einer Astyages feindlichen Partei, an deren Spitze ein Mitglied
des Königshauses, der Feldherr Harpagos, stand, erhob er
553 V. Chr. gegen den Mederkönig die Waffen und nahm ihn ia
der Schlacht bei Pasargadae 550 v. Chr. gefangen. Durch die
«Dgez. von F. Reuß. 489
Heirat mit Astyages Tochter Amytis, der Witwe des beseitigten
Spitames, gab er seiner Herrschaft ober die Med er den Schein der
Legitimität Indem er die Großen des Landes in ihren Stellungen
üeS, erreichte er, daB die Perserherrschaft nur als die Fortsetzung des
Mederreichs angesehen wurde, in dem nichts als die Person des
Herrschers gewechselt hatte. Dem Falle Mediens folgte der Sturz
des Lyderkunigs Kroisos und die Oberwältigung der kleinasiati-
sehen Griechen. Um die Verbindung zwischen Sardes und Ba-
bylon unmöglich zu machen, schloß Kyros einen Vertrag mit dem
Syennesis von Kilikien, der diesen der persischen Oberhoheit
unterstellte, sonst aber seine Machtstellung im eigenen Lande
Dicht schmälerte. Diese Kombination gründet PraSek auf die An-
gabe im Herodoteischen Satrapenverzeichnis, daß persische Reiterei
io Kilikien als Schutztrappe gestanden habe. Auch Kroisos wurde
mit Schonung behandelt und erhielt die Einkünfte der Stadt
Bareoe bei Agbatana zum Unterhalte. An die Unterwerfung der
linder Irans bis zum Indus und Jaxartes, die als Teile des
Perserreichs die Behistuninschrift nennt, hat sich die Erinnerung
io der Mitteilung über die Ariaspen erhalten, die wir z. B. bei Diod.
IVII 81 aus der Zeit Alexanders des Grofsen lesen. Im Jahre
538 erlag den Persern das Reich Babylon. Auch hier war Kyros
bestrebt, als rechtmäßiger Nachfolger des letzten einheimischen
Königs zu erscheinen und durch Wiederherstellung der Harduk-
religion die Priester und das Volk zu gewinnen ; wie Medien und
Ljdien wurde auch Babylon durch Personalunion mit dem Perser-
reiche verbunden. Schon faßte Kyros auch den Angriff auf das
Pbaraonenreich ins Auge; diesem Vorhaben entsprach . die kluge
Schonung, welche er der Bewohnerschaft Syriens und Palästinas
angedeihen ließ. Während sein Sohn Kambyses die Vorbereitungen
ztt diesem Feldzug traf, fiel er im Kampfe gegen die Steppen-*
Völker am rechten Ufer des Jaiartes und wurde in Pasargadae
beigesetzt, wo sein Grabmal noch von Alexander d. Gr. besucht
wurde. Kyros hatte die Eigentümlichkeiten der eroberten Reiche
geschont, Kambyses, der dscndtfig der Perser, brach mit der
Politik des Vaters und war auf die Herstellung des Einheits-
staates bedacht. Sein Werk war die Unterwerfung Ägyptens.
Die griechische Geschichtschreibung hat aus ihm einen wahn-
sinnigen Despoten gemacht; von seinem Wahnsinn und seinen
Greueltaten wissen die persischen Quellen nichts, seinen Zeit-
genossen erschien vielmehr der König als Beschützer der Ge-
rechtigkeit Bardes wurde vor dem ägyptischen Feldzug heim-
lich umgebracht, durch seine Unbolmäßigkeit gegen den Bruder
halte er selbst seinen Tod verschuldet. Unwahr sind die Berichte,
welche das Scheitern der Feldzuge nach der Oase Siwah und
nach Nubien melden, im Widerspruche mit dem Zeugnis der
Apisstelen steht die Ermordung des Apisstiers. Während der
König zur Bekämpfung des Betrügers Gaumftta nach Iran zurück-
490 ^* SchuUe Q. F. Pahl, Mathem. Aufgabeo, agz. von M. Nath.
eilte» slarb er an einer Wunde, die er sich selbst beigebracht
hatte; an die Spitze des persischen Heeres stellte sich Uareios
und besiegte den Usurpator, der in dem medischen Sikajanwatis
seine Residenz aufgeschlagen hatte.
An kOhnen Hypothesen fehlt es, wie die vorstehende kurze
Inhaltsangabe erkennen läßt, in der Darstellung Präseks nicht,
viele beruhen auf unsicherer Grundlage und werden kaum blei-
bende Bedeutung gewinnen. Es soll damit kein Vorwurf aus-
gesprochen sein, ohne eigene Kombination läßt sich die Ent-
wicklung der großen asiatischen Reiche noch nicht verstehen
und zum Verständnis bringen. „Noch gestattet der Standpunkt
der Forschung", wie der Verfasser selbst erklärt, „es nicht, die
Geschichte der Hader handbuchmäßig zu behandeln*', und er hat
es daher ratsam gefunden, „einzelne strittige Fragen einer
selbständigen Untersuchung zu unterziehen'^ Dieser Umstand ist
nicht ohne Einfluß auf die Darstellung geblieben, neben Unklar-
heiten finden sich mehrfach Wiederholungen, für die man ver-
geblich nach einer Erklärung sucht. So liest man z. B. S. 174 f.:
„So konnte Herodot für die Geschichte des Kambyses den bereits
in sich abgeschlossenen ägyptisch-griechischen Roman benutzen,
der sich grundsätzlich bemühte, die Handlungen des Kambyses in
schiefes Licht zu setzen'', und 8 Zeilen weiter : „Für die Ge-
schichte des Kambyses konnte Herodot den bereits in sich abge-
schlossenen ägyptisch-griechischen Roman benutzen, der die
Handlungen des persischen Eroberers von Äj^ypten in möglichst
ungünstiges Licht zu setzen sich bemühte". Ahnlich steht es mit
einer Angabe auf S. 217: „und zwar war es Kroisos selbst, der . . .
die Offensive ergriff und in das nördliche Kappadokien . . . einfiel
Seine erste Waffentat war die Belagerung der Hauptfeste des
Landes, namens Pteria", auch sie kehrt S. 218 wieder: „ergriff
Kroisos die Offensive, setzte über den unteren Halys, gab Kappa-
dokien der Verwüstung preis und belagerte das feste Pteria". Ge-
wiß ist der Stoff ein spröder und setzt der Durcharbeitung er-
hebliche Schwierigkeiten entgegen, aber Mängel, wie die gerügten,
sind durch ihn nicht bedingt und hätten vermieden werden können
und müssen; sie zeugen von einer gewissen Flüchtigkeit der Ab-
fassung des Textes.
Co In. Fr. Reuß.
1) Edmaod Schulze uod Franx Pahl, Matbematiscli« Aufgabe o.
Ausgabe für Gynoasieo. 2. Teil: Aufgaben für die Oberstufe (0. II
uod I). Leipzig 1906, Dürr'sche Bacbhaodlaog. VIII uod 283 S.
geb. 3,40 Jt.
Der erste Teil des Werkes konnte hier im vorigen Jahrgang
empfehlend angezeigt werden. Mit dem jetzt ausgegebenen
zweiten Teile liegt die für Gymnasien bestimmte Bearbeitung
vollendet vor und weist sich bei näherer Prüfung als sehr brauch-
£. GrimMhl, Aasg. physik. Scbäleröboogeo, agz. y. M. Natb. 491
bar und xaverlissig aus. Die Aofgabensammlung schließt sich im
besoDderen ja an die von dem Berichterstatter gelieferte Ausgabe
der in demselben Verlage erschienenen „Mathematischen Haupt-
sätze für Gymnasien^' von H. Bork an. Zu allen Kapiteln dieses
Lehrbuchs bietet sie ein ausreichendes, die Kräfte der Schäler in
keiner Beziehung übersteigendes Obungsmalerial. Es muß als
eJD besonderer Vorzug des neuen V^erkes hervorgehoben werden,
daß verwickeitere Zahlenrechnungen oder Umformungen algebra-
ischer Ausdrücke durchgehends vermieden sind. Es wird sich
daher vor allem für den Gebrauch des Schülers bei selbständigen
CboDgen außerhalb der Lehrstunden und bei Klassenarbeiten
eignen. Für die gemeinschaftliche Arbeit in den Lehrstunden
bat der Lehrer dann Gelegenheit und Zeit, auch etwas schwierigere,
ans dem Unterricht selbst erwachsene eigenartige Probleme zu
wählen. Er spart ja manche Minute, die ihm sonst das Diktat
der Aufgaben für die häusliche Bearbeitung kostete.
Da das Borksche Buch in einigen Richtungen (Reihen,
Gleichungen 3. Grades, Ausdehnung der analytischen Geometrie)
über die Grenzen hinausgebt, die dem Pensum durch die ofBzi«
seilen Lehrpläne gesteckt sind, so werden natürlich gewisse
Teile der Sammlung da überflüssig erscheinen, wo diese Grenzen
streng innegehalten werden. Indessen ist der Umfang des Ruches
durch deren Oberschreit ung nicht so sehr vergrößert worden,
daB es nicht trotzdem mit Nutzen gebraucht werden könnte.
Mafivoll, aber doch ausreichend sind die Aufgaben aus den Ge-
bieten der Geometrie, der Physik und Astronomie entnommen;
vorsichtig ist an gewissen Stellen, bei den Aufgaben über Maxima
und Minima, sowie auch in der analytischen Geometrie, die Be-
trachtung der funktionalen Abhängigkeit nahegelegt.
2) E. Grinsehl, Aasc«wählte phyiikaliiehe SehülerabaBgeo.
Leipzig 1906y B. G. TeabMr. 42 S. 0,80 Jt^
Der Verfasser, dessen hervorragende Begabung für die Technik
der Versuchsanordnungen im physikalischen Unterricht durch seine
Veröffentlichungen in Poskes Zeitschrift fast jedem Fachmanne in
den letzten Jahren bekannt geworden ist, berichtet hier über sein
Verfahren bei der Leitung physikalischer Schülerübungen. Der
Staat Hamburg ermöglicht es ja seinen Lehrern an den Ober-
realschulen, diese so wichtige und aussichtsreiche Methode des
naturwissenschaftlichen Unterrichts ausgiebig zu pflegen. Hanchen,
der aus größeren Staaten kommend den Hamburger Betrieb
kennen lernt, mag wohl stille Wehmut überkommen, daß es
nicht auch bei ihm so sein kann.
Ihre Rechtfertigung erhalten diese Schülerübungen aus der
Oberzeugung, daß der Schüter „nur dann die Naturvorgänge
vorurteilsfrei beobachten kann, wenn er durch eigene Tätigkeit
die Versuchsanordnungen zusammenstellt, die für das Eintreten
492 fi.PlIiiA, Unsere Getreidearteo and feldblomea»
einer bestimmten Erscheinung nötig sind, and wenn er durch
eigene Arbeit die sich hierbei ergebenden Beobachtungsresultate
zu einer Gesetzmäßigkeit zusammenfaßt". Die Übungen schließen
sich also dem theoretischen Klassen Unterricht auf das engste an;
die letzte Unterrichtsstunde vor der Übung schließt mit der Pro-
blemstellung ab, die erste nachher beginnt mit der in der Übung
ausgeführten Lösung des Problems« So werden also die Beob-
achtungsresultate in der Unterrichtsstunde selbst verwertet.
Eine Eigentömlichkeit der Methode des Verfassers ist das
„Arbeiten in gleicher Front'S d. h. die gleichzeitige Ausführung
derselben Beobachtung durch alle zugleich beschäftigten
Scböler. An anderer Stelle wird anders verfahren. Was besser
ist, wird schwer zu entscheiden sein. Es kommt so viel darauf
auch nicht an. Genug, wenn das erreicht wird^ was der Ver-
iasser bezweckt, daß trotz der Einfachheit der Versuchsanord-
nungen die erhaltenen Beobachtungsresultate durchaus den an
die Schule zu stellenden Anforderungen an Genauigkeit entsprechen
und daß durch diese Übungen bei den Schülern ein starkes wissen-
schaftliches Interesse angeregt wird.
Der Verfasser teilt von Übungen mit die Bestimmung der
Wellenlänge des Lichts mittels Fresnelscher Spiegel, durch Beu-
gung an einem Draht, mittels der Newtunschen Ringe, die
Messungen des Krümmungsradius einer Konvezlinse auf opti-
schem Wege, die Bestimmung der Brennweite einer Konvex- und
einer Konkavlinse, die Messung des Polarisationswinkels an Glas-
platten, Beobachtungen mit einem von ihm konstruierten Polari-
sationsapparate, die Bestimmung der Polstärke einer magnetischen
Stricknadel, die Bestimmung der Horizontalintensität des Erd-
magnetismus, die Messung der Oberflächenspannung. Die Her-
stellung der Apparate und der Gang der Untersuchung ist jedes-
mal bis ins einzelste angegeben. Aber die Eigenartigkeit des
Verfahrens macht die Lektfire für den Fachmann überaus an-
ziehend.
Nordhausen a. Harz. Max Natb.
B. Plöss, Uosere Getreideartea vad Feldblameo. Dritte, vemehrte
uod verbesserte Aaflage. Mit 244 Bildern. Freibars i. Br. 1906,
Uerdersehe VerlassbachhandloDS. VI a. 220 S. 8. geb. 2,40 JL.
In biegsamem Leinenbande liegt mir ein kleines Buch vor,
bequem in der Tasche zu tragen, das jedermann, der sich dafür
interessiert, die Möglichkeit gewähren will, die in seiner Gegend
angebauten Getreidepflanzen sowie die wichtigsten Futterpflanzen,
Feld- und Wiesenblumen unterscheiden zu lernen. Der Verfasser
bespricht zunächst die Teile der Getreidepflanzen, erklärt dann
botanische Ausdrücke an der Hand von sechs Tafeln, gibt Be*
Schreibungen und Bestimmungstabellen und eine Obersicht über
• ■gez. voo M. Paeprer. 493
Herkunft, Verbreitung und Nutzen der Getreidepflanzen sowie
ober die Feinde derselben aas dem Tier- und Pflanzenreiche.
Alles ist Yolkstamlich gehalten, und von mancherlei Unterscheidungen
wird wohl deshalb abgesehen. Vielleicht geht der Verfasser dabei
etwas zu weit. So wird der Buchweizen als Getreide bezeichnet,
die Kartoffelknolle als Wurzel, ohne daß der doch wohl wünschens-
werte Hinweis auf die richtige Auffassung irgendwo zu finden
wäre. Eine Menge von Pflanzenabbildungen ist beigegeben, um
das Erkennen der Pflanzen zu erleichtern. Manche freilich von
diesen Abbildungen geben mindestens dem ungeöbten Auge ein
gar zu wenig charakteristisches Bild. Gute farbige Abbildungen
wQrden fQr den Zweck des Buches vorzuziehen sein, doch mag
die Preisfrage dagegensprechen. Die Tabellen gehen von augen-
fälligen Unterschieden aus (BlQtenfarbe,' Blätter einfach oder zu-
sammengesetzt bzw. tief eingeschnitten, Blfllen regelmäßig oder
onregelmäßig usw.) und scheinen zur leichten Bestimmung wohl
geeignet zu sein. Das Buch wird fQr seinen Zweck brauch-
bar sein.
Auffällig ist die PluralbDdung: die Getreide für die Ge<*
treidearten.
Seehausen i. d. Altmark. M. Paeprer.
EINGESANDTE BÜCHER
(BeipreohoQiP einzelBer Werke bleibt vorbehalteo).
1. P. J. ToDg^er, Lebeosfreade. Spräche aod Gedichte. Rölo o. J.,
P. J. ToDger Hof-Bachb«Ddloog. 160 S. 12. eleg. geb. 1 JL.
2. W. Röttger, Genoßmittel— Geaaflgifte? BetrachtaBgeB über
Kaffee aed Tee aof Gruod eioer Umfrage bei dea Arztea. Mit eiaem Vor-
wort voa A^Euleabarg. Berlia 1906, Elwia SUude. 98 S. \ JL>
3. H. Lackeabach, Koait nnd Geschichte. Teil II: Abbildoagea
zar Oeatscbea Geschichte. Zweite Aaflage. MKachea 1906, R. Oldeaboarg.
96 S. gr. 4. 1,50 My geb. 1,80 JL.
4. P. Pasig, Abriß der Staats- aad Rechtskaade, fdr deo
Gebrauch la Schale und Haus bearbeitet. Leipzig 1907, Friedrieb Jaoaa.
VII Q. 56 S. kl. 8. 0,30 JL, kart. 0,50 JL^
5. J. C. Watsoa, Doaatas's Versioa of the Tereace Di-
dascaliae. S.-A. aas Transactioas of the Americaa Philologtcal Association
Vol. XXXVl (1906) S. 125- 157.
6. Aasgewählte Tragödien des fiaripides, fdr dea Schul-
gebraach erklärt von N. Wecklei a. Leipzig 1906, B. G. Tenbaer. Band VI:
Blektra. 96 S. 1,40 JL. — Band VII: Orestes. 109 S. 1,60 JC.
7. £. Wiehert, Eia Schritt vom Wege. Zum Obersetzen aas dem
Deutschen ia das Französische bearbeitet voa E. Bestaux. Dresden 1906,
L. Bhlermaaa. X a. 175 S. kl. 8. geb. 1,60 JC,
8. F. W. Moormaan, An lotrodaction to Shakespeare. With
a frontispiece and three fall page illastratioos. Leipsic 1906, B. G. Teabner.
82 S. geb. 1 JC,
9. D.Schäfer, Kolonialgeschichte. Zweite, bis aof die Gegea-
wart fortgeführte Aaflage. Leipzig 1906, G. J. Göschen'sche Verlagshandluog.
IV u. 151 S. 0,80 JC. (Sammluag Göschea.)
10. F. Schultz, Lehrbach der Geschichte Tür die Mittelklassen.
Neu bearbeitet voa G. Klee. Dritte Aaflage. Dresdea 1906, L. Ehlermana.
IV u. 304 S. geb. 3,40 JC.
11. D. M. Robinson, Ancieat Sinope. An historical Acconat.
With a Prosopographia Sioopensis aad aa Appeadix of Inscriptioas. Balti-
more 1906, The Joha Hopkins Press. Reprinted from American Journal of
Philology Vol. XXVII Nr. 2 (S. 125—153, 245—279, 294—333).
12. Aas Natur und Geisteswelt. Leipzig 1906, B. G. Teabner.
kl. 8. 1 JCf geb. 1,25 JC»
a) Nr. 117. A. Erbe, Historische Städtebilder aus Holland nad
Niederdeutschland. Mit 59 Abbildungen. 104 S.
b) Nr. 122. Ch. Gruber, Wirtschaftliche Erdkuode. VIHu. 137S.
c) Nr. 129. K. Th. Heigel, Politische Hauptstromuagen in
Europa im 19. Jahrhundert. 112 S.
d) Nr. 130. H. Miehe, Die Erscheinungen des Lebens, Grund-
probleme der modernen Biologie. Mit 40 Figuren.
e) Nr. 133. J. Petzoldt, Das Weltproblem vom positivistischen
Standpunkt aus. 152 S.
f) Nr. 134. A.Pott, Der Text .des neuen Testamentes nach
seiaer geschichtlichen Entwickelung. Mit 8 Tafeln. lObS.
BiogesaBdte Bficlifr. 495
I
I g) Nr. 136. P. H. Gerber, Die Meosehliehe Stimme aad ihre
f Hyipieie. Mit 20 AbbildaDg^eB. 116 S.
' h) Nr. 137. P.Mehlboro, Wahrheit and Diehtoag im Lebeo Jeia.
132 S.
13. SammliiDg Goschen. Leipzig 1905/06, G. J. Gfischen'sche Ver-
laf shaadlnng. Jedes Bandchen geb. 0,80 JL.
a) Nr. 33. 36. F. Kurze, Deutsche Geschichte. I: Mittelalter.
Dritte AuBage. 184 S. — III: Vom Westfälischen Frieden bis zur
Auflosang des alten Reichs (1648—1806). 213 S.
b)Nr. 39. R. Kimmich, Zeieheaschule. Mit 18 Tafeln in Ton-,
Farben- vnd Golddruck und 200 Voll- und Teztbildern. Fünfte Auf-
lage. 175 S.
e) Nr. 69. C. Weiser, Englische Literaturgeschichte. Zweite
Auflage. 175 S.
d) Nr. 73. M. Haberlandt, Volkerkunde. Mit 51 Abbildungen.
Zweite Auflage. 203 S.
e) Nr. 87. F. Junker, Höhere Anal ysis. I: Differentialrechnung.
Mit 167 Obuflgsbeispielen und 67 Figuren. Dritte Auflage. 204 S.
0 Nr. 104. F. von Rrones, Österreichische Geschichte. I: Von
der Urzeit bis zum Tode König Albreehts IL (1439). Zweite Auflage
von K. Uhlirz. 155 S. mit 11 SUmmUfeln.
S) Nr. 114. W. Koppen, Klimakunde. I: Aligemeine Klimakunde.
Mit 7 Tafeln und 2 Figuren. Zweite Auflage. 133 S.
b) Nr. 136. G. Mahler, Physikalische Formelsammlung. Mit
65 Figuren. Dritte Auflage. 182 S.
i) Nr. 264. 265. H. Bauer, Geschichte der Chemie. 1: Von den
ältesten Zeiten bis zur Verbrennungstheorie von Lavoisier. 94 S. —
11: Von Lavoisier bis zur Gegenwart 125 S.
k) Nr.284. A.Oppel, Landeskunde des Britischen Nordamerika.
154 S. mit 13 Abbildungen und 1 Karte.
1) Nr. 301. W.Bahrdt, PhysikalischeMessungsmethoden. 147S.
mit 49 Figuren.
■) Nr. 302. W. Weitbrecht, Ausgleichungsrcchnung nach der
Methode der kleinsten Quadrate. 180 S. mit 15 Figuren und
2 Tafeln.
b) Nr. 309. 0. Th. Bürcklen, Aufgabensammlung zur Analyti-
schen Geometrie des Raumes. 98 S. mit 8 Figuren.
14. DeutscheBticherei Expedition des Verlags „Deutsche Bücherei*'
(Alfred Sarganek) Berlin S.W. 68. Jeder Band 0,30 JL>
•) 57. Band. A. Lassen, Das Knlturideal und der Krieg. Zweite
Auflage. 135 S.
b) 58. 59. Band. R. M. Breithanpt, Musikalische Zeit- und Streit-
fragen. Gesammelte Skizzen und Aufsätze. Erster Band 94 S.
Zweiter Band 102 S.
e) 60. Band. M. Meyr, Gleich und Gleich. Eine Erzählung aus
dem Ries. 152 S.
d) 61. Band. K. Boetticher, Karl Friedrich Schinkel und sein
baukilostlerisches Vermächtnis. Eine Mahnung an seine Nachfolge in
der Zeit in drei Reden, mit einem Anhang: Ästhetische Sentenzen und
Kleinere Gedichte. Zweite Auflage. Zur 100. Wiederkehr seines
Geburtstnges neu herausgegeben von seiner Witwe Clarissa Boetticher,
geb. Leydeo. Mit einer Einleitung von W. P. Tuckermann. 107 S.
e) 62. Band. K. Boetticher, Zur Kenntnis antiker Gottes-
verehrung. Aufsätze. Eine Gabe zur 100. Wiederkehr seines Ge-
buruugea. 86 S.
f) 63. Band. H. v. Wolzogen, E. T. A. Hoffmaon und Richard
Wagner. Harmoaien und Parallelen. 95 S.
496 Eingesaidte Bueber.
g) 64. 65. Band. Aas Richard Wagners Pariser Zeit. AafsÜtze
und Kaost-Berichte des Meisters ans Paris 1641. Zum ersteo Male
heraasgegeben aod eibgeleitet von R. Stern fe Id. firstftr Baod 58 S.
Zweiter Baad 106 S.
h) 66. Band. H. v. Wolzogen, Ferdinand Raimund. Eine Er-
innerung und eine Mabauag. Mit einem Anhang: Der AlpenkSnig uad
der Menschenfeind von Ferdinand Raimund. 121 S.
i) 67.— 69.Band. B.v. Layden, Populäre Aufsätze und Vortrige.
120, 113, 105 S.
k) 70. 71. Band. H. Leydea, Kreuz und Quer. Erster Band 142 S.
Zweiter Band 120 S.
15. K. D. Wiggin, The Bird's Christmas Carol. Fiir des
Schulgebranch herausgegeben von E. Merhaut. Mit 1 Abbildungi Leipxig
1906, G. Freytag. 83 S. 1 JC-
16. M. Simon, Ober die Entwicklung d«r £iementar-Geo-
metrie im 10. Jahrhundert Bericht der deutschen Mathematiker>Ver-
eioigang. (Jahresbericht der deutschen Mathematiker- Vereinigung, Er-
gänzungsband I). VIII u. 278 S. Lex.-8 mit 28 Figuren, geb. 8 JC^
17. K. Schwering, Arithmetik und Algebra fiir höhere Lehr-
ansUlten. Dritte Auflage. Freiburg i. Br. 1906, Herder. VII u. 88 S.
1 JCy geb. 1,40 JC,
18. Modnik, Logaritbmisch - trigouometrische Tafeln.
Sechste Auflage von J. Reidiager. Leipzig 1906, 6. Freytag. XIV n.
100 S. gr. 8. geb. 2 JC
19. H. Steckelberg, Die Elemente der Differential- und
Integralrechnung, für die Schüler der höheren Lehranstalten be-
arbeitet. Leipzig 1906, B. G. Teubner. 48 S. steif brosch. 0,80 JC,
20. L. Tesai^, Elemente der Differential- und Integral-
rechnung. Mit 83 Figureo. Leipzig 1906, B. G. Tenbner. VIII n.
128 S. gr. 8. geb. 2,20 JC.
21. M. Ebeling, Lehrbuch der Chemie und Mineralogie für
höhere Lehranstalten. Teil I: Unorganische Chemie. Zweite Auflage.
Berlin 1906, Weidnanosche Buchhandlung. IX. u. 345 S. mit 376 Abbil-
dungen, geb. 3,80 JC. — Die neue Auflage ist mehrfach verbessert ob^
durch eine Reihe von Abschnitten ans der physikalischen Chemie uod der
Geologie sowie durch eine Anzahl neuer Abbildungeu erweitert worden.
22. G. John und R. Sachsse, Lehrbuch der Chemie, för
höhere Lehranstalten bearbeitet. Mit 101 Figuren. Kleine Ausgabe. Leipzig
1906, B. G. Tenbner. VIII u. 334 S. gr. 8. geb. 3 JC.
23. R. von Wettsteio, Leitfaden der Botaaik für die oberen
Klassen der Mittelschulen. Mit 3 Farbendrncktafeln und 1005 Figuren in
205 Text-Abbildungen. Dritte Auflage. Wien 1907, F. Tempskv. 236 S.
gr. 8. 3 ÜT 20 A, geb. 3 JT 70 A.
24. L. Lindsbauer und K. Lindsbauer, Vorschule der
Pflanzen Physiologie. Eine experimentelle Einführung in das Leben
der Pflanzen. Mit 96 Abbildungen. Wien 1906, Verlagsbuchhandlung Ctrl
Konegen (Ernst Stülpnagel). XIV o. 255 S. gr. 8.
25. E. Wasmann, Der biologische Unterricht an den
höheren Schulen. Köln 1906, J. P. Bachem. 30 S. Lex.-8. 1,20 JC.
ERSTE ABTEILUNG.
ABHANDLUNGEN.
Zar Homerlektflre.
In dem 1906 bei Teubner erschienenen Handbuch för Lehrer
böherer Schulen hebt Rausch (S. 232) als schulphilosophisch er-
giebige Werke des Altertums Homer und Antigone hervor, und
ebenda (S. 313 ff.) rühmt WeiBenfels an jenem die unschätzbaren
Dienste, die er „hinsichtlich des Kulturhistorischen wie hinsicht-
lich des Psychologischen" leiste, „so daß er denen, die sich in
dem heutigen Gewirre der Stimmen in der Stille sammeln und
2Qf das Menschliche besinnen wollten, bald wie ein Offenbarer
der Natur und Wahrheit erscheine**. Das Anrecht des Dichters
auf einen breiten Raum im Lehrplane ist denn auch, wenn wir
von der wunderlichen Idee Herbaris absehen, der die Odyssee
wenigstens Knaben von 8 — 12 Jahren vorbehalten wissen wollte,
niemals ernstlich in Frage gestellt worden. Ein Schriftsteller, der
wie Homer den antiken Jugend Unterricht beherrscht, die antike
Poesie genährt, die Kunst begeistert, griechischen und römischen
Schriftstellern aller Gattungen als Vorbild und Fundgrube der
Lebensklugheit und Lebensweisheit gegolten, der befruchtend auf
nnsere Klassiker und Neuhumanisten gewirkt hat und schließlich
die Sisyphusarbeit der deutschen Philologie geworden ist, wer
sollte diesen xoQVipaZog des Chores der antiken Autoren nicht
möglichst lange und laut zu unsern Schülern sprechen lassen
wollen!
Möglichst lange. Weißenfels fragt (a. a. 0. S. 317), nach-
dem er einen Homerkanon skizziert hat und für starke Aus-
lassungen eingetreten ist: „Sollten nicht zwei wöchentliche Stunden
zwei Jahre hindurch för die ilias zu viel sein?'* Schenkl (Der
Kanon der altsprachlichen Lektüre am österreichischen Gymnasium
S. 47 f.) ist trotz des heute schon recht bescheidenen Umfangs
der Homerlektfire in unserem Nachbarlande — „4000 bis 4500
Verse, von denen ein Viertel oder etwas mehr auf die Odyssee,
der Rest auf die [lias entfällt^* — noch för eine Beschränkung
um etwa 1000 Verse, „die einer Auswahl aus Hesiod, dt^n homeri-
schen Hymnen, den Elegikern, Bakchylides und Theokrit zugute
ZeiUehr. t d. 07mBM««lir«Mii. LXI. 7. 32
498 ^<><' Homerlf ktüre,
kämen'*. In dieser Zeitschrifl (1906 S. 216) meint Sachse:
„Ferner darf auf Homer . . . nicht so viel Zeit verwendet werden,
wie es jetzt geschieht; es sind in den zwei Jahren ca. 160 Stunden!*'
Während keine von diesen Anregungen daran denkt, Homer aus
der Prima auszuschließen, will ihn v. Wilamowitz nur in Se-
kunda lesen lassen, zu welchem Vorschlage Natorp (Was uns die
Griechen sind S. 25) bemerkt: „Dem möchte zuzustimmen sein,
nicht weil der Primaner üher Homer hinaus wäre, sondern weil
so viel anderes von ihm zu fordern ist**.
Diese letzte Oberzeugung teile ich, ohne daß ich freilich
deshalb den Dichter ganz aus der Prima verbannen möchte. Schnitte
die Homerlekture mit Ober-Sekunda ab, so mdßten wir uns ent-
weder etwa mit dem österreichischen Kanon begnügen — oder
ihr mehr als zwei Wocheustunden widmen, wozu sich aber
höchstens Sachsen, Württemberg und Mecklenburg mit ihren
7 Wochenstunden verstehen wurden. In den beiden Sekunden
an zwei Grammatikstunden festzuhalten, um die Formenlehre zu
befestigen und die Syntax durchzunehmen, ist doch wohl zweck-
mäßig; mindestens zwei Stunden aber gebühren dem Prosaiker,
dessen Lektüre in Unter-Sekunda zugleich zur Befestigung im
Atticismus beitragen wird und muß, während für Ober-Sekunda
auf Xenophons Memorabilien ^) als Vorhalle der Platonlekture, auf
Lysias als Vorstufe zii Demosthenes und endlich auch auf Herodot
nicht verzichtet werden kann.
Es könnte sich also nur darum handeln, ob wir mit einer
zweistündigen Homerlektüre in Unter-Prima schließen — oder
eine einständige in beiden Primen durchführen. Für jenen Plan
spräche der Wert der Konzentration und die Entlastung der Ober-
Prima, dieser unterhielte das Feuer, erlaubte eine naturliche
Kontrolle der Privatlektüre und wäre ein Entgegenkommen gegen
die Abiturienten. Einen guten Teil Homer der Privatlekture zu
überlassen ist freilich empfehlenswert, ist aber auch desto un-
bedenklicher, je gewissenhafter die Lektüre in den ersten Jahren
getrieben ist. Übrigens könnte eine etwa vierzehntägig in Ober-
Prima vorzunehmende Kontrolle der Privatlektüre zugunsten der
ersten Einrichtung sprechen, ganz abgesehen davon, daß die Platon-
und die Sophoklesstunden oft genug ungesuchte Gelegenheit geben,
auf Homer zurückzukommen.
Aber wem und warum soll denn nun Homer in Prima
weichen? Fragen wir uns zunächst, was ein Primaner im Griechi-
schen wohl gelesen haben muß. Wenn wir, wie billig, von den
amtlichen Forderungen des Abiturientenexamens ausgehen, so
sind diese, dem Wortlaut nach, nicht hoch: „In der griechi-
schen Sprache muß der Schüler den Homer, den Xenophon, die
*) Platoos Apologie ood Kritoo läse ich — otoi vvv /S^oro/ tiaty —
lieber in Prima.
voo B. Grüowald. 499
kleineren Staalsreden des Demostheoes und die leichteren Dialoge
Piatons verstehen und ohne erhebliche Nachhilfe zu übersetzen
Termögen^^ Für eine extemporierte Leistung ist diese Auswahl
durchaus angemessen, wenngleich natürlich noch andere für die
Prima geeignete Schriftsteller, wie Thukydides, Arrian, Mark Aurel,
für diesen Zweck brauchbare Stellen in Fülle bieten. Denn daß
sich auch nur die Prosalektüre in Prima auf Demosthenes und
Flaton beschränken sollte, durfte man selbst ohne die ausdrückliche
Erweiterung des Kanons, wie sie die Lehrpläne zeigen, nicht an-
nehmen. Diese sind, ihrer im ganzen dem persönlichen Ge-
schmack des Lehrers entgegenkommenden Tendenz entsprechend,
auch hier recht weitherzig. Für Ober-Sekunda verlangen sie:
„Homer und Herodot; daneben andere geeignete Prosa*'; und für
Prima: „Homers llias, Sophokles (auch Euripides) und Piaton;
daDeben Thukydides, Demosthenes und andere inhaltlich wertvolle
Prosa, auch geeignete Proben aus der griechischen Lyrik**. Auf
die Prima bezieht sich auch die unter „Lektüre"' bei Unter-Se-
kunda angefügte Bemerkung: „Auch kann auf dieser wie auf den
folgenden Stufen ein geeignetes Lesebuch, das eine weitere Aus-
wahl von Proben aus griechischen Schriftstellern gestattet, der
Lektüre zugrunde gelegt werden'*. Sehen wir von Homer ab und
hpschränken wir uns auf die Prima, so stehen im Vordergrunde
d«r Lektüre Sophokles und Piaton. Über den hohen Bildungs-
wert beider Schriftsteller herrscht kein Zweifel: der Zusatz „auch
Euripides'* wird von den meisten Kollegen so verstanden werden,
daß sie statt einer zweiten Tragödie von Sophokles eine des
Euripides wählen, was Weißenfels (a. a. 0. S. 321 ; vgl. auch des-
selben „Die Entwicklung der Tragödie bei den Griechen*' S. 54 f.)
befürwortet — andere werden zwei Sophokleische Stücke vor-
ziehen^); daß aber Piaton so in den Vordergrund tritt, ist ein
großer Fortschritt. Mag man einige vollständige Dialoge lesen,
wie den Gorgias, die beste Einführung in die Platonische Philo-
sophie, den Protagoras, der weniger tief gräbt, aber mit seinem
dramatischen Leben, seinem Humor und seiner feinen Charakte-
ristik den Schülern immer Vergnügen machen wird, den Phaidon
mit Übergebung der eigentlichen Unsterblichkeitsbeweise, den
Euthypbron, den man mit Unrecht zu wenig ertragreich genannt
hat (vgl. Gillischewski in diesfr Zeitschrift 1905 S. 577 ff.) —
oder mag man eine Chrestomathie vorziehen, wie die von Weißen-
fels (vgl. die Besprechung von Hoff mann in dieser Zeitschrift
1906 S. 648 ff.)'), auf keinen Fall sollte ein Abiturient das Gym-
^).Der oben genaoote Seh eokl sehe Kaooo „setzt Sophokles aU Haupt-
lektore in VIII (= Ober-Prima) voraas^S erlaubt aber statt seiner eine
Tragödie des Enripides, welche Lektüre daoo jedoch ,,dorch einige passend
ausgewählte Stücke aus Sophokles ergänzt werden sollte'S
*) Nach Materieo geordnet (Socrate; education et politique; la rbetorique
dang ses rapports ivec U seieoee et la oiorale; norale; niythes et croyances)
ist die von Dalmeyda, Paris 1897.
32*
500 SSar Homerlektüre,
nasium verlassen, ohne möglichst gründlich in die Ideenwelt dieses
tiefen Denkers und glänzenden Schriftstellers eingeführt zu sein
und aus ihm ein wenn auch idealisiertes Bild seines groBen
Lehrers gewonnen zu haben.
Thukydides, diesen ,Jjehrmeister der politischen Einsicht*',
den Primanern vorzuenthalten, geht nicht an; gibt es doch nach
Macaulay in der Prosaliteratur keines Volkes etwas Vollendeteres
als die Geschichte der sizilischen Eipedition im sechsten und
siebenten Buche. Bei Demosthenes sehen wir la politique en
action: der verzweifelte Kampf eines gifihenden Patrioten um eine
veriorene Sache, sein vergebliches Bemühen, die unerbittliche
historische Entwicklung aufzuhalten, ist etwas so großartig Tragi-
sches und zugleich so typisch Lehrreiches, dafi dem Primaner die
Einsicht in diesen Prozeß durch die Lektüre einiger Beden des
Demosthenes vermittelt werden muß.
Dankbar ist auch die Anregung der Lehrpläne zu begrüßen,
die griechische Lyrik nicht ganz unbeachtet zu lassen. Wohl
geben uns ja die Chorlieder, die Sophokleischen zumal, eine Vor-
stellung von der Höhe, die die griechische Poesie auch in dieser
Gattung erreicht hat — aber durchblättert man die hübschen
Aaslesen, die uns jetzt z. B. von Buchholtz und Biese zur Ver-
fugung stehen, so empfindet man es geradezu als ein Unrecht
gegen die Antike, die Schiller nicht auch einen Blick in diesen
blühenden Garten tun zu lassen, um nicht davon zu reden, daß
von hier aus mancher Lichtstrahl auf den princeps qui Aeolium
Carmen ad Italos deduxit modos fällt.
Die genannten Schriftsteller scheinen mir die notwendige
Mitgift eines Gymnasialabiturienten zu sein« In einigen Bundes-
staaten liest man auch Aiscbyios, Isokrates, Lykurg, Lukian und
Plutarch: eine unentbehrliche Ergänzung zu einem Schriftsteller-
kanon, der die wesentlichen Zöge des klassischen Schrifttums
zeigt, bildet keiner von ihnen. Zweifelhaft könnte man sein, ob
man sich begnügen solle, die außerplatonische Philosophie, die
doch für das Verständnis Ciceros und Horazens unumgänglich ist,
an der Hand eben dieser Schriftsteller zu lehren, oder den Schülern
eine Auswahl aus Aristoteles, Epiktet und Mark Aurel in die Hand
zugeben, wie sie jetzt von Weißenfels vorliegt. Ich habe einen
solchen Versuch nicht zu bereuen gehabt: die Kapitel aus Aristo-
teles* Politik wie die aus dem Encheiridion und Mark Aurd haben
das lebhafteste Interesse der Primaner erweckt
Endlich: will man der heutzutage von allen Seiten bekbgten
Unsicherheit in der Grammatik begegnen und den von den
Lehrplanen ausdrucklich empfuhlenen grammatischen Wieder-
holungen und schriftlichen Übersetzungen ihr Recht werden lassen,
so wird man nicht umhin können, eine Wochenstunde dafür zu
reservieren.
von £. GräiwaU. 501
Ein griechisches Lesebuch käme höchsteos für die Privat-
Jektöre in Betracht.
Bei 5 wöchentlichen Lektörestunden yerfögen wir in Preußen
in den beiden Primen über 400 Stunden: räumen wir davon
PJaton t20, Sophokles 80, Thukydides, Demosthenes, den Lyrikern
und den nachplatonischen Philosophen je 30 ein, so blieben für
Homer 80 Stunden, die zu einer genugenden Bekanntschaft mit
der Dias fuhren können.
„Für die Homeriekture empfiehlt sich die Aufstellung eines
Kanoos, welcher aus beiden Gedichten die Abschnitte bezeichnet,
die regelmäßig zu ieseo, die nicht zu lesen und die der Auswahl
freizustellen sind'' heißt es in den „Methodischen Beinerkungen*'.
Liest man in einer Stunde 50 Verse, was in Prima durchschnitt-
lich geschehen kann, so brauchte man für die Klassenlektüre
der llias einen rund 4000 Verse umfassenden Kanon. Der von
Bauck (in dieser Zeitschrift 1901 S. 59511.) aufgestellte hat etwa
2300 Verse mehr. Er erlaubte zwar unbeschadet der Einheit des
„Liedes vom Zorne des Achiileus, einer Episode im Kampfe vor
Troja/^ noch manche Kürzungen, z. ß. in den Büchern XI — XV,
aber man könnte den Überschuß der Privatlekture überlassen,
die ja durch die Lehrpläne wenigstens nicht ausdrücklich verboten
ist. F. Kern (in seiner för Velhagen und Klasings Sammlung
deutscher Schulausgaben gearbeiteten Auswahl) hat etwas über
4000 Verse ; hier könnten die Chryseisepisode und die Spiele in XXIH
wegfallen, während man wieder die Hauerschau und die Glaukos-
szeae ungern vermißt (vgL Rot he in den Jahresberichten von
1891 S. 273). Fick (Das alte Lied vom Zorne des Odysseus,
G5ltiogen 1902) hat mit rund 2000 Versen eine „Achilleis'' aus-
gesondert — das ist aber keine llias mehr, und ein richtiges
Bild von der Dichtung bekommen wir so nicht. Natürlich kann
der Kanon desto vollständiger sein, je mehr man in der Stunde
bewältigt — ein Kollege teilt mir brieflich mit, daß er es auf
100—120 Verse bringt — und je mehr man der Privatlekture
zuweisen kann; „alle 3—4 Wochen*', schreibt derselbe Kollege,
„werden 250 — 300 weniger wichtige Stellen, namentlich Kampf-
szenen, za Hause gelesen, in der Klasse besprochen und einzelne
Stellen daraus übersetzt''.
im Abiturienteoexamen müßte natürlich Homer auch zurück-
treten: er bildet doch, selbst bei seiner bisherigen Stellung, immer
nur einen Ausschnitt aus dem Klassenpensum der Prima und er-
laubt außerdem bei seinen einfachen syntaktischen Verhältnissen
und der in ihm reflektierten minder wichtigen Kultur kein sicheres
und abschließendes Urteil über geistige Reife und Wissen des
Prüflings. Man möge den, der es in den Klassenleistungen für
den Dichter ,zu keinem vollen „genügend" gebracht hat, einer
mündlichen Prüfung unterziehen, sonst sich damit begnügen, daß
502 Vorübung f. d. dtsch. Aufsatz in Sexta u. Qaiuta, v. P. ftoellig.
dem Examinanden einige Fragen über den Dichter, meinetwegen
regelmäßig, vorgelegt werden. Zu dem Zwecke, aber auch aus
anderen Gründen, wäre es angebracht, den griechischen Unterricht
in der obersten Klasse einem Lehrer anzuvertrauen.
Piaton, selbst ein großer Dichter und Bewunderer Homers,
mußte unter schweren inneren Kämpfen den „Göttlichen^' dem
folgerichtigen Ausbau seines Systems opfern; wir halten es aber
auch ferner trotz ihm mit Alkibiades, der, als ihm ein Lehrer ge-
stehen mußte, nichts von Homer in der Schule zu haben, xov-
dvkw na&iTCOfAßyog avTov nag^Xd-sy.
Berlin. £. Grünwald.
Vorübung
für den deutschen Aufsatz in Sexta und Quinta.
Dem Quintaner oder Quartjaner, der einen kleinen Aufsatz
anfertigen soll, macht seine Aufgabe meist sehr viel Schwierig-
keit, weil er seinen Gedanken schriftlich bisher noch keinen Aus-
druck gegeben hat. Denn das Diktatschreiben, wie es fast all-
gemein geübt wird, ist ein mechanisches Nachschreiben immer
wieder vorgesprochener Sätze, das die Schüler wohl in der Recht-
schreibung sicherer macht, im Ausdrücken eines Gedankens aber
gar keine Übung gibt
Es besteht also eine Lücke in dem Lehrgange des Deutschen
auf unsern höheren Schulen, wie er gemeiniglich gehaudhabt wird.
Um diese Lücke einigermaßen auszufüllen, verfahre ich, wenn ich
Diktat schreiben lasse, oft folgendermaßen. Ich lese die kleine Er-
zählung, die als Diktat geschrieben werden soll, zunächst ganz
vor, damit der Hauptinhalt erfaßt wird. Dann aber sage ich jeden
Satz, den die Schüler niederschreiben sollen, einzeln noch einmal,
aber nur einmal. Die Knaben müssen dabei den Sinn des Satzes
genau in sich aufnehmen, um ihn dann mit ihren eigenen Aus-
drücken wiederzugeben. Schon einfache Sätze von geringem Um-
fange erhalten auf diese Weise in den einzelnen Schülerheften
sehr verschiedene Formen. Größer noch wird die Mannigfaltigkeit
bei zusammengesetzten Sätzen. Verwickelte Satzgefüge sind dabei
zu vermeiden, weil viele Schüler ihnen ratlos gegenüberstehen.
Ich lasse solche freien Diktate mit wörtlichen Diktaten ab-
wechseln und habe gefunden, daß die Resultate in jenen bei den
einzelnen Schülern zwar sehr verschieden waren, aber allmählich
bei der Mehrzahl recht befriedigend wurden.
Potsdam. P. Roellig.
Die Krwerboag d« fac. doc. i. d. Musik d. Oberl., v. H. Biekhoff. 503
Die Erwerbung der facultas dooendi in der Musik
durch Oberlehrer.
Die Frage der Erteilung des Gesangunterrichts durch Ober-
lehrer ist spruchreif geworden. In den letzten Jahren ist sie auf
masikpädagogischen Kongressen, in Zeitschriften und Broschüren
80 fielfach behandelt worden, daß nunmehr dem Warten endlich
die Tat folgen muB. Es ist mir völlig unverständlich, wie man
in neuerer Zeit den Turnunterricht in die Hände wissenschaftlich
gebildeter Herren hat legen können und daneben die edle Musika
meistens den Händen solcher Männer anvertraut hat, die mit dem
Gymnasium sonst in keiner Beziehung stehen. Es steht dies in
direktem Widerspruch zu der historischen Entwickelung unserer
Lateinschulen, vor allem aber zu dem Bildungsideal der Griechen,
das eine nachdruckliche intensive Beschäftigung mit der Musik
verlangt (vgl. hierzu die Urteile des Aristoteles in C. von Jans
Httsici scriptores Graeci), und zu der gesamten modernen Be-
urteilung der Musik. Ober die Bedeutung derselben für unser
Geistesleben hat Kollege KöfTner in seinem höchst lesenswerten
Buche „Die Musik in ihrer Bedeutung und Stellung an den Miltel-
scbulen'' (Grofi-Lichterfelde, Vieweg) viele treflliche Aussprüche
bedeutender Männer aller Jahrhunderte beigebracht (S. 8 — 27).
Unter ihnen interessiert uns besonders ein Wort Bismarcks,
das er Konrad Dreher gegenüber äußerte: „Hauskonzerte liebe
ich, sie fördern das Leben in der Familie, bringen Gemüt zwischen
die vier Wände. Ich halte Musik für das beste Beruhigungsmittel
der Nerven. Man hat leider, als ich jung war, zu wenig Zeit für
Musik gehabt: das ist unrecht. Für gute Musik, für gute dank*
bare Lieder soll man in der Jugend immer Zeit finden'^
Es hieße allbekannte Dinge wiederholen, wollte ich versuchen,
die Notwendigkeit einer durchgreifenden Änderung des Gesang-
UQterrichts an unsern höheren Schulen darzulegen. Ich rede nicht
zu den äfkovaotj sondern zu solchen, die ein fühlendes und
empfindendes Herz in ihrer Brust haben und die Sprache der
Töne verstehen. Es ist die gewaltigste Geistessprache, die es
gibt. Keine gleicht ihr. Und sie der Jugend zum Verständnis
zu bringen^ dazu müssen die wissenschaftlichen Lehrer unserer
höheren Schulen willig und gern sich bereit finden lassen. Es
ist eine Ehrensache für uns. Bisher hielt man sich scheu von
diesem Unterrieb tszweige fern. Er gehörte zum „technischen''
Unterricht wie Schreiben und Zeichnen, man besaß keine Fakultas
für den Gesangunterricht, die im Zeugnis ihren Ausdruck gefunden
hätte, die Be^higung zum Gesangunterricht gewährte keinerlei
materielle Vorteile. So blieb bis zur Stunde der Gesang ein noii
me tangere für den Oberlehrer, man überließ ihn den semi-
naristisch gebildeten Lehrern oder Fachmusikern, Nur hier und
504 ^'^^ firwerbong der fac. doc. in derMasik dureh Ob-erlehrer,
da wurde diese Gewohnheit durchbrochen. Mit Ehren nenne ich
hier den Namen Beliermann in Verbindung mit dem Grauen
Kloster in Berlin. Was drei Träger dieses Namens dort geleistet
haben, wie der Direktor selbst den Gesangunterricht übernahm
und seine Schüler zu hohen Leistungen befähigte, das steht in
den Annalen dieses Gymnasiums mit Ruhm verzeichnet. Durch
Fr. Bellermann angeregt, begann Karl von Jan seine Studien und
Lehrtätigkeit in der Musik. Cr wirkte bahnbrechend in seinen
Forschungen über griechische Musik und wird auch seinen Schülern
praktisch viele Förderung haben zuteil werden lassen. Seinem
oben schon genannten Landsmann Prof. Dr. Karl Kfiffner In Nürn-
berg verdanken wir durch seine aus der Praxis erwachsenen und
mit weitem Bück geschriebenen Abhandlungen vielfache Atiregung.
Auf dem Deutsch-evangelischen Kirchengesangstage in Rothen-
burg a. T. sprach über die Beziehungen zwischen Gymnasium und
Kirchenmusik gründlich und sachlich Gymn.- Prof. Hatz aus München.
Man sieht, in Bayern ist man der Lösung unserer Frage naher
als bei uns.
Mit ganz besonderem Interesse erfüllte mich die im Oktober-
heft der Monatsschrift für Schulgesang S. 148 enthaltene Notiz,
daß der große Balladenkomponist Karl Löwe neben seinem Musik-
unterricht auch wissenschaftlichen Unterricht am Marienstifts-
gymnasium in Stettin gegeben habe. Dasselbe tat bekanntlich
auch der Thomaskantor Job. Seb. Bach. Wie steht es heute in
Preußen?
In meiner Heimat Westfalen unterrichten an den Gymnasien
drei wissenschaftlich gebildete Lehrer im Gesang, nämlich in Hagen,
fiamm und Münster. Die Behörde hat dieser Verwendung von
Lehrkräften in einem Fach, für das sie keine facultas besitzen,
stets Wohlwollen bewiesen und in liberalster Weise Lehrmittel
zur Verfügung gestellt, ohne den fiskalischen Standpunkt zu be-
tonen.
Wie der letzte musikpädagogische Kongreß in Berlin bewies,
steht man auch im Kultusministerium einer Reform des Gesang-
unterrichts an unsern höheren Schulen durchaus freundlich gegen-
über. Nun gilt es, den richtigen Weg zu Onden, und da meine
ich, ist der sicherste und gangbarste der, daß den Oberlehrern
die Möglichkeit geboten wird, durch eine Prüfung ihre Befähigung
zum Gesangunterricht nachzuweisen, mit der Maßgabe, daß diese
facultas vollwertig neben den übrigen Fakultäten steht. Pastor
Dr. Fr. Sannemann sagte auf dem letzten Kunsterziehungstage
in Hamburg (Bericht S. 83): „Daraus folgt die Gleichbewertung
sowohl des Gesangunlerrichts mit den übrigen Lehrfächern als
auch der Stellung des Gesanglehrers mit der eines Mathematikers
oder jedes andern Oberlehrers .... Gewiß, meine Herren, es
gibt bereits Oberlehrer und Direktoren, welche den Gesangnnter-
richt selbst erteilen. Dann erst wird das ganze Klagelied über
von U. Eickhoft 505
die Haogdhafügkeit des Gesangunterricbts verstummen, wenn die
Neuorganisation in einer der höheren Schule würdigen und ihren
Aufgaben angemessenen Weise erfolgt. Soll der Musikunterricht
in die Hände solcher von Lehrern und Schülern voll bewerteten
Persönlichkeiten gelegt werden, so muB von diesen als Gegen>
leistung das Oberlehrerzeugnis geboten werden*'.
Diesen Worten kann ich nur aus voller Oberzeugung bei-
stimmen. Es liegt mir fern, hier schon spezielle Vorschläge für
die Zukunft dieser Sache zu machen. Wer längere Jahre in
diesem Fache gearbeitet hat, weiß, was ein Gesangiehrer für den
Unterricht an Ausrüstung gebraucht. Vorläufig befinden wir uns
in einem Übergangsstadium. Nur sporadisch wirken Oberlehrer
im Fache des Gesanges, es fehlt ein klarer, methodischer Lehr-
gang, vieles ist unfertig.
Es ist deshalb mit Freuden zu begrüßen, wenn, wie es heißt,
seitens der Behörden Gesangskurse füe Vertreter des Fachs ab-
gebalten werden sollen, die den wissenschaftlichen Kursen anderer
Fächer entsprechen. Im vorigen Jahre fand ein solcher Kursus
in Leipzig von Mitte Juli bis Anfang August statt, in weichem
bewährte Kräfte mitwirkten. Man gedenke doch endlich unsrer
lieben Jagend, die, mit Wissenschaft nur zu oft überfüttert, nach
einem Lebensquell lechzt» der ihr wahrhaftige, lautere Freude am
Leben bringt« Diesen gesunden Optimismus zu erzeugen vermag
Ton allen Künsten in erster Linie die Musika. Sie ist, wie
Lnther sagt, „ein Geschenk Gottes, und der Teufel kann sie
Sicht leiden". Im übrigen bleibt es bei dem, was der unvergeß-
liche Karl Löwe 1835 an seinen Freund Karl Schhdebach in Kiel
schrieb: „Das wichtigste Mittel, unsere Kunst- und Geistesprodukte
wahrhaft schön zu machen, ist die Läuterung des Ichs. Um dies
za bewirken, gibt es kein höheres Mittel als die Schriften der
geoflenbarten Religion. Was den Modernen eine Torheit und
dem Torea ein Ärgernis ist, das sei unser Quell, dessen reines
Kristailnaß uns gesund, leicht, klar und fröhlich macht".
Hamm i. W. Hermann Eickhoff.
ZWEITE ABTEILUNG.
LITERARISCHE BERICHTE.
Theobald Ziegler, Allf^emeine PÜdagog^ik. Zweite Auflage. (Aus
Natur und Geisteswelt). Leipzig 1905, B. G. Tenboer. 147 S. 8.
geb. ],25 Jt.
Sechs Vorträge, gehalten zu Frankfurt a. M. und Hamburg,
in drei Hauptabschnitte geteilt: I. Zweck und Motive der Erziehung,
H. Das Erziebungsgeschäft oder die Mittel der Erziehung, III. Die
Organisation der Erziehung. „Behandelt die großen Fragen der
Volkserziehung in praktischer, allgemeinverständlicher Weise und
in sittlich-sozialem Geiste''. Das ist richtig, und ebenso richtig
ist es, daß Ziegler seinen Zuhörern viel Interessantes und Be-
achtenswertes vorträgt Ob diese mit allem einverstanden gewesen
sind? Ich bin mit vielem nicht einverstanden, kann aber in dieser
kurzen Besprechung nur einiges herausgreifen.
Die religiöse Erziehung ist eins der schwierigsten pädagogi-
schen Probleme, gewiß; was aber Ziegler zur Lösung vorbringt,
halte ich für höchst anfechtbar und unzulänglicli. Der Religions-
unterricht auf unsern höheren Schulen mag verbesserungsbedürftig
sein; aber woher weiß der Verfasser, daß er vielfach im argen
liegt und geradezu miserabel ist? So absprechend urteilt er doch
wohl nur deshalb, weil nicht überall nach seinem Sinne unterrichtet
wird. Wir Beligionslehrer sind meist noch so altmodisch zu
glauben, daß wir dem Schöler nicht unsere eigene, von uns selbst
ersonnene Weisheit, sondern die Lehren seiner Kirche vorzutragen
haben, die er doch kennen muß, ehe er sich dafür oder dawider
entscheidet. Wir operieren daher mit Bibel und Gesangbuch, mit
dem Katechismus und auf der oberen Stufe mit der Augsburgischen
Konfession und der Kirchengeschichte, nicht mit Beligionsgeschichte
und Beligionsphilosophie, wie Ziegler will. Christus steht uns im
Mittelpunkt der Unterweisung, nicht Buddha oder Konfuzius oder
Zarathustra. Mein Ideal eines Religionslehrers und Religions-
unterrichts hat Wilhelm Schrader in seiner Erziehungs- und
Unterrichtslehre § 95—101 gezeichnet (vgl. Jahrg. 1907 S. 21
dieser Zeitschrift).
TiZief^ler, Allgemeine Pädagui^ik, togez. voa H. F. Möller 507
lo erfreulicher Übereinstimmung befinde ich mich mit Ziegler
in dem, was er Qber die alten Sprachen, namentlich über die
lateinische, sagt. In beiden toten Sprachen, sagt er, stecke ein
Stuck Idealismas, eben weil sie tot seien. „Ein nächster sicht-
barer Zweck wie bei den lebenden, ein Nutzen, ist nicht da oder
doch nicht auf der Oberfläche da; es handelt sich hier wirklich
um ein interesseloses Wohlgefallen, um feinere Geistesbildung, um
das, was wir Humanismus nennen . . . Durch die toten Sprachen
wird man über die Grenzen der jetzt lebenden Henschenwelt in
die Vergangenheit zurückgeführt und erkennt dadurch den großen
Kolturzusammenhang mit der ganzen Menschheit und das allge-
mein Menschliche als das Unsterbliche und bleibend Wertvolle,
wird durch sie human*^ Im besonderen hat nach Ziegler die
lateinbche Sprache die Last der grammatischen Schulung, die
schlechterdings unerUlBlich ist, allein zu tragen; sie soll der
grammatische Knecht und Zuchtmeister für die andern alle sein,
lo diesen treibe man von der Grammatik nur das AUernotwendigste
[auch ioQ Griechischen?] und suche so rasch als möglich darüber hin-
weg- und hinauszukommen [auch im Griechischen?!]. „Wo Latei-
nisch gelernt wird, ist mit ihm und nicht etwa mit einer modernen
Sprache zu beginnen, auch hier ist der Weg von vorn dem Krebs-
gang vorzuziehen : das gehört zu den wenigen pädagogischen Sätzen,
die ich, trotz des Frankfurter Lehrplans und der mit ihm gemachten
günstigen Erfahrungen, für ganz unbestreitbar halte. Die Fabel,
daß men$a est rotunda zu schwer sei für unsere Seztaner, wird
ja niemand glauben, der es einmal selber gelernt hat*'. Wenn
dem so ist, warum verwahrt sich Ziegler dann so entschieden
gegen das Lateinschreiben und Lateinsprechen? „Wo einer der
Sprache und des Wortes Meister werden will*', da ist außer
Kenntnis auch eine reichliche Übung im Schreiben und Sprechen
nötig, und den lateinischen Aufsatz wenigstens sollte man nicht
verfemen. Doch hören wir den Redner weiter, der überzeugt
ist von der Unentbehrlichkeit und dem Werte der lateinischen
Sprache und römischen Literatur für alle gelehrten Stände, die
historisch interessiert sind und der historischen Schulung nicht
entraten können noch wollen, also in erster Linie für die Ver-
treter der Geisteswissenschaften. Das Lateinische „vermittelt die
historische Kontinuität unserer Bildung und Kultur, die zweimal,
durch die Kirche des Mittelalters und zu Anfang der Neuzeit durch
die Renaissance und die Rezeption des römischen Rechts, mit
Rom und Latiuro verbunden war, und so ragt es in unsere moderne
Welt noch immer wie die Porta nigra in Trier, fremdartig und
doch dazu gehörig, mächtig herein*^ Beiläufig, warum verdammt
Zitier den armen Cicero, den er nach berühmten Mustern einen
Unglücks- und Phrasenmenschen nennt? Seine Schriften dienen
doch wesentlich zur Erkenntnis der römischen Literatur und
Sprache, sie gehören zu den Humanitätsstudien. Dann aber^
508 M. Desfioir, Ästhetik ood allgemeine Kanst.wisfteascJliaft,
warum verzichtet Ziegler auf das Griechische? Warum will er
die historisch Interessierten, die Vertreter der Geisteswissenschaften
nicht noch eine Strecke weiter am Strom der Geschichte hinauf-
föhren? Ohne Kenntnis der griechischen Literatur und Sprache
kann doch keiner das Geistesleben der Römer oder auch nur die
Renaissance grundlich verstehen. Das klassische Altertum ist
griechisch-römisch, wie Theodor Hommsen u.a. oft genug be-
tont haben. Und nun sollen wir, wir Kinder des 20. Jahrhunderts,
das Griechentuqi gar aus der Literatur des 18« Jahrhunderts, z. B.
aus Goethes Iphigenie und Hermann und Dorothea, aus Schillers
Balladen kennen lernen! Wenn es keine Phrase ist, was wir
S. 45 lesen: „Zweimal, zur Zeit der Renaissance und in der
Periode des Neahumanismus, hat das Griechentum den intensiv-
sten Einfluß auf unsere deutsche Geistesbildung ausgefibt; die
feinste Blute deutschen Geisteslebens gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts ist unter den Strahlen der griechischen Sonne auf-
gebrochen*' — so kann vernünftigerweise doch nur geschlossen
werden: also lernen wir Griechisch, damit wir uns selbst und
unsern kostbarsten Besitz verstehen lernen. Von dem Gerede,
daß man zwar nicht ohne eine Summe naturwissenschaftlicher
Kenntnisse, wohl aber ohne Griechisch ein gebildeter Mentch sein
könne, will ich lieber schweigen. Es ist sehr bedauerlich, daß
Ziegler seinen Gesinnungswechsel urbi et orbi verkündigt und
sich durch den Verzicht auf das Griechische den Totengribern
unsers humanistischen Gymnasiums beigesellt
Blankenburg am Harz. H. F. Müller.
Max Dessoir, Ästhetik und allg;emeine Kunstwissenschaft in
den Grondzägen dargestellt. Mit 16 Textabbildnogeo vnd 19 Tafeln.
Stuttgart, 1906, Ferdinand Bnke. Xll o. 476 S. U JC.
Das Inhalt- und umfangreiche Werk zerfällt seinem Titel
entsprechend in zwei Hauptteile. Dem ersten geht eine kurz
gefaßte Geschichte der neueren Ästhetik voran; es folgen in vier
Kapiteln Erörterungen über die Prinzipien der Ästhetik (Objekti-
vismus, Subjektivismus, Methoden), den ästhetischen Gegenstand
(Der Umkreis ästhetischer Gegenstände, Harmonie und Proportion,
Bhythmus und Metrum, Größe und Grad), den ästhetischen Ein-
druck (Zeitverlauf und Gesamtcharakter, die Sinnes-, Form- und
Inhaltsgefühle), endlich die ästhetischen Kategorien (Das Schöne,
das Erhabene und das Tragische, das Häßliche und das Komische).
Der zweite Hauptteil, Allgemeine Kunstwissenschaft über-
schrieben, bespricht zunächst das Schaffen des Künstlers nach
seiner allgemeinen Seite (Zeitverlauf und Gesamtcharakter) sowie
nach individual-psychologischen Gesichtspunkten (Die Unterschiede
der Anlagen, die Seelenkenntnis und die Seelenverfassung des
Künstlers). Das zweite Kapitel behandelt die Entstehung der Kunst
an|;ez. vod R. Lahmann. 509
(Die KuDsl des Kindes und der Nalurvölker, der Ursprung der
Kunst, endlich das System der KQnste im allgemeinen). Es folgt
sodann Im dritten Kapitel die Behandlung der einzelnen Kfinste
(Tonkunst und Mimik, Wortkunst, Raumkunst und Bildkunst).
Das Schiußkapitel behandelt die Funktion der Kunst (als geistige,
iiissenschaftliche und sittliche Funktion). Ein ausf ährliches
Register und 19 Tafeln mit Abbildungen sind beigegeben.
Es gehört Mut zu dem Unternehmen, bei dem heutigen
Slande der Wissenschaft ein ganzes Gebiet in einer zusammen-
hängenden Darstellung zu umspannen und die schier unerschdpf-
Me Reihe von Gegenstanden, Problemen und Gosichtspunkten,
die es umfafit, im Zusammenhang vor den Augen des Lesers vor-
überzufahren. Und es ist selbstverständlich, daß auch in einem
umfangreichen Werke nur die Grundzüge eines solchen Gebietes
nacbgezeichoet werden können. Die Schwierigkeit erwächst nicht
nur aus der Fülle des wissenschaftlichen Materials, sondern vor
allen Dingen daraus, daß im Gegensatz zu froheren Zeiten die
heutige Wissenschaft es aufgegeben hat, aus einer allgemeinen
Idee ein System von Begriffen abzuleiten und ihre Erkenntnisse
DQd Urteile hieraus schöpfen zu wollen. Die moderne Ästhetik
ist wie alle übrigen Geisteswissenschaften ein durchaus empiri-
sches Erkenntnisgebiet geworden. Sie fußt auf psychologischen
und geschichtlichen Tatsachen, und sie muß daher auf die Ein-
heit des Systems von vornherein verzichten. Daher lehnt es auch
Dessoir ab, die sachliche Einheit seines Buchs „in schonungsloser
Verfolgung eines einzigen Erklärungsgrundsatzes'' zum Ausdruck
zu bringen oder überhaupt die Ästhetik „als Stuck eines« psycho-
logischen Systems** zu behandeln. Di« Einheit seines Buchs ist
vielmehr eine wesentliche persönliche. Durch eine einheitliche
Art, die Kunst und ihre Probleme zu empfinden und zu werten,
soll das Einzelne zu einem Ganzen zusammenwachsen.
In der Tat liegt hier, wie mir scheint, der eigentümliche
Wert von Dessoirs Ästhetik. Unter den Gesamtbearbeitungen der
Ästhetik, die in den letzten Jahren in auffallend großer Zahl er-
schienen sind, gibt es mehrere, die sich durch wissenschaftliche
Schärfe und methodische Klarheit auszeichnen, denen aber die
innere Fühlung mit ihrem Gegenstande so gut wie ganz abgebt.
Sie behandeln die Ästhetik etwa als ein Teilgebiet der Psycho-
logie, und man hat den Eindruck, daß ihre Verfasser ihre Unter-
suchungen gerade so gut auf ein anderes Teilgebiet hätten richten
können, wenn es der Zufall oder die Lage der Wissenschaft so
gefügt hätte. Und doch ist gerade den künstlerischen Problemen,
sowenig sie der psychologischen Behandlung entraten können, mit
den methodischen Mitteln der Psychologie, mit Beobachtung und
Zergliederung allein nicht beizukommen. Wo ein inneres Ver<
hältnis des Forschers zu seinem Gegenstande fehlt, da wird hier,
wo so vieles notwendigerweise gefühlsmäßig bleiben muß, sich
510 Dessoir, Asth. o. allg. Kuastwissenschaft, agz. v. Lehmann.
immer ein Zwiespalt und demeDtsprechend ein unbefriedigender Rest
ergeben. Aus Dessoirs Ästhetik nun spricht nicht nur ein metho-
disch gebildeter Psychologe, sondern vor allem ein Geist, dem die
Kunst in ihren Erscheinungen ein wirkliches Erlebnis ist und den daher
zu den Problemen der Kunstwissenschaft nicht bloß ein iußerlich
überkommenes, sondern ein inneres Bedürfnis zieht. Dies ist es, was
dem Inhalt des Buches Wert, der Darstellung WSrme verleiht und
seine Lektüre anziehend macht. Diese innerliche Berührung mit
seinem Gegenstand bewahrt den Verf. auch vor dem wissenschaft-
lichen Irrglauben, daß sich auf dem ästhetischen Gebiete alles
verstandesmSßig aussprechen und in Zusammenhang bringen lasse.
Er täuscht sich und seine Leser nicht über die Probleme hinweg,
und wenn er nicht überall in die Tiefe zu leuchten vermag, so
weiß er uns doch das Gefühl zu erwecken, daß wir über Tiefen
schreiten. Zumal in den Abschnitten, die der Musik und der
Poesie gewidmet sind, sowie in den allgemeinen Abschnitten über
das Schaffen der Künstler, über den Naturalismus u. ähnl.
tritt ein echtes und feines Gefühl für das Wesen der Kunst her-
vor. Ein besonderer Charakterzug des Buchs ist die enge Fühlung
mit der modernen und modernsten Kunst und Dichtung. Auch
hier fühlt man, daß es ein innerer und persönlicher Zusammen-
hang mit dem modernen Kunstieben ist, welcher die Auffassung
und die Auswahl Dessoirs bestimmt. Doch stellt sich der Verf.,
wie ausdrücklich bemerkt werden soll, keineswegs einseitig auf
den Standpunkt moderner Kunsttheorien, er wahrt sich durchaus
ein eigenes Urteil und nimmt oft genug Partei für altbewährte
Grundsätze und überlieferte Werturteile gegenüber den einseitigen,
nicht selten bis zur Verzerrung individualistischen Grundsitzen
der Modernen.
Auf einzelne Gebiete und Fragen darf ich hier nicht ein-
gehen. Es versteht sich von selbst, daß bei einem Werke von
diesem Umfang jeder Kritiker bisweilen von der Meinung des
Verf. abweichen wird, nicht minder auch, daß, trotz aller Sorgfalt
in der Durcharbeitung, einzelne schwache Punkte hervortreten
werden. Auch der Stil ist nicht ganz gleichartig. Neben zahl-
reichen glücklichen Formulierungen stehen bisweilen mißglückte
oder auch allzu gesuchte Wendungen — erklärlich aus dem be-
rechtigten Streben des Verf., persönlich zu schreiben. Im ganzen
genommen aber steht das Buch in der Tat hoch. Es ist geeignet,
jedem, der sich nicht nur einen oberflächlichen Oberblick, sondern
einen ernsten Einblick in die wesentlichsten Fragen der Ästhetik
verschaffen will, zum Führer zu dienen, und es darf daher gerade
in den Kreisen der Philologen besonders empfohlen werden. Die
Ausstattung ist glänzend, die Drucklegung sorgfältig. Nur sollten
die Anmerkungen, die jetzt in recht unbequemer Weise zwischen
die einzelnen Kapitel verstreut sind, bei einer neuen Auflage
unter den Text oder auch zusammengefaßt an den Schluß des
M. Spanier, Zor Kaost, aogez. von K. Gomolinsky. 511
Boches gestellt werden. Es ist zu wünschen^ daß diese Auflage
nicht lange auf sich warten läßt.
Posen. Rudolf Lehmann.
M. Sptaier, Zar Kvost Ansgewühlte Stöeka moderner Pros« lor Kunst-
betraehtoog und zum Kunstgenuß. Mit Einleitung, Anmerkungen und
Bilderanhang. Leipzig und Berlin 1905, B. G. Teubner. X u. 148 S.
8. geb. 1,20 M* (Aus dentseher Wissenschaft und Rnnst.)
Es bringt reichen Genoß and Gewinn, das Buch durchzu-
nehmen: das sei von vornherein gesagt. Es mag sich eräbrigen,
der Reihe nach die Namen der Verfasser, die Titel der Aufsätze
und der größeren Werke, denen sie mit Ermächtigung der Autoren
und unter ihrer besonderen Teilnahme entnommen sind, aufzu-
zählen. Jeder kann sie nachlesen, und es ist nur zu wünschen,
daß möglichst viele sich dazu in den Stand setzen. Es sind
Namen von gutem Klange, die etwas zu sagen haben, sei es über
die Kunst im allgemeinen, sei es aber ein Sondergebiet, das ihre
ertragreiche Arbeit gefesselt hält. Auch Künstler selbst sprechen,
die ja wohl am besten wissen müssen, was sie wollen, worauf es
ankommt und was not tut. So bleibt das Buch völlig im Rahmen
der Aufgabe, die die trefiTiiche Sammlung *Aus deutscher Wissen-
schaft und Kunst' lösen will: in einer Auslese von Darstellungs-
proben die besten Könner und Kenner zu Worte kommen zu
lassen. Wir hören Bayersdorfers tiefe Auslassungen in Aphorismen-
form und werden niedergedrückt durch das Urteil, daß nur der
die Kunst erfassen könne, der mit dem „Organ*' für die Empfin-
dung von Kunstwerken ausgestattet sei, und daß dieses bei so
manchen wenig oder gar nicht ausgebildet sei, und fragen uns:
Ist es denn für den Kunstfreund überhaupt möglich, das Kunst-
werk ganz zu erfassen, so wie es der Künstler gemeint? Muß
nicht immer ein Rest bleiben, da auch der reifste und empfang-
lichste Kenner, der vor ihm steht, es doch nur wieder mit seiner
Seele durchdringt? G. Hirth tröstet uns aber,* [indem er dem
Gedanken Raum gibt, daß ein gutes Kunstverständnis auch dem
Laien erreichbar sei, und er weist den Weg, auf dem das geht,
wo dann die Anmerkungen besonders geeignet sind, weitere, er-
mutigende Fingerzeige zu geben. Wir finden auch das Wort, daß
das Kunstgefühl nicht nur den Künstlern in Erbpacht gegeben
sei. Die Künstler sind gewiß gut daran, da ihnen die Natur die
Gabe des vollen Genusses in Auge und Sinn gelegt hat. Darum
sind sie auch nicht unbefangen genug, um Seelen zu verstehen,
die vor dem größten Kunstwerke, das nicht gerade mit grellen
Stoffen arbeitet, sich in der schmerzlichen Lage sehen, sich nichts
dabei „denken" zu können. Das Genie kann sich wohl am
schwersten zur Unreife, zum unbeholfenen sehnsüchtigen Laien-
tum herablassen, ja für es ist die Kunst doch nur eigentlich ein
frohes geistiges Spiel, welches der Künstler zunächst für sich
612 M. SptBier, Zor KsdsI,
selber zu eigener Befriedigung ausübt, wie H«n» Thoma sagt.
Da mag es ihm oft gehen wie dem Vater, der seinem Söhneben
hinter einer hohen grünen Hecke den schönen Regenbogen er-
erklärt: der Junge sieht nichts, begreift nichts, bis der Vater un-
geduldig und zornig wird. Da sagt der Junge: ich sehe ihn aber
gar nicht. Nun beugt sich der Vater herab in die Äugenlinie des
Knaben und sieht vor die Hecke. Er hat gar nicht daran ge-
dacht, daß der Kleine nicht seinen hohen Standpunkt hat and
also gar nicht so viel sehen kann wie er. Der Adler kann Ja wohl
auch nicht begreifen, daß der Hamster so schlecht sieht Aller
Anfang ist eben schwer, vorab im Kunstverständnisse. Aber —
und das ist das Tröstliche, audi für Künstler selbst — Lichtwark
erzählt uns in seinem Briefe über die Rembrandtausstellung von
den ringenden Versuchen der Jugend, die kaum die Meisterwerke
des Alters ahnen lassen, von den zweifelhaften Sachen und ver-
fehlten Ansätzen, die neben den Vollreifen Früchten hangen.
Also auch im Kunstschaffen ein mühsames Klimmen aus Tiefen
zu Höhen. Drum wohl auch im Kunstverständnisse durch Seibat-
erziehung und Lehre anderer, ja durch das belehrende Wort.
Auch diese Frage, die Frage des helfenden Wortes, die so wichtig
ist und so grundlegend für jedes Bemühen in Erziehung zum
Kunstgenüsse, und die beute brennender denn je ist, findet ihre
beruhigende Erledigung durch F. Avenarius. Die Sprache ist
Ausdrucksmittel des Verstandes, es ist unmöglich, mit ihr das
Kunstwerk so zu zergliedern, daß die durch die Schilderung
hervorgerufene Anschauung sich deckte mit der durch das Kunst-
werk selbst erweckten, sagt Bayersdorfer. Wenn man aber immer
warten sollte, vor das Kunstwerk zu treten, bis man aus eigner
Kraft oder mit fremder Hilfe es ganz zu durchdringen imstande
wäre, dann käme man wohl gar nicht davor. Und wer denn
überhaupt? Gibt nicht nach einem Goetheschen Worte jedes
echte Kunstwerk wie ein Nalurwerk bei jedem neuen Betrachten
auch immer neue, reizvolle Rätsel auf? Und ist nicht ein echtes
Kunstwerk ein so reicher Segen, daß es nicht auch in einem
Bruchteile seiner Wirkung noch veredelnden Genuß spendete?
„Kunst wird aus EmpGndung geboren und mit Empfindung er-
faßt". Wenn Böcklin und Ftoercke, Liebermann und Lichtwark
stunden- und tagelang über allgemeine und besondere Fragen
plaudern, sinnen, streiten, ist da nicht auch der Verstand tätig?
Ist es keine Verstandesarbeit, die Natur und Umwelt richtig zu
sehen, die gemalt, gebildet werden soll? zu erwägen, was das
Wesentliche an der jedesmaligen Aufgabe ist, das nun mit den
vorhandenen Mitteln dargestellt werden soll, was nebensächlich
und abzustreifen ist? Ebenso, wenn die Gebrüder van Eyck über
die öltechnik grübeln und alsdann ihre Errungenschaft zur Offen-
barung werden lassen? Ist der wissenschaftliche Zug in Dürers
Matur keine Verstandessache? Soll also, was Verstand und künstle-
ang0z. von K. GomoÜBsky. 513
riscbes Denken als ihren Anteil in das Kunstwerk hineinbringen,
nicht auch, begreifbar für einen Lernenden, durch die deutende
Sprache herausgebracht werden können? Wenn auch das Werk
aus der traumhaften Tiefe künstlerischen Empfindens geboren wird,
so wirken doch, wenn es zum Lichte ringt und Gestalt gewinnt
unter des Kunstlers Hand, alle Geisteskräfte mit. Und so mufi
dem ungefügen Laien und dem blöden Lernenden das Wort,
wenn auch nicht das Letzte, so doch vieles, sagen können, das
geeigoet ist zu erwärmen und in ihm allmählich auch die ge-
heime hellere Flamme des Kunstgeffihles zu entfachen, das ihn
zu einem genieBenden Nachschaffer eines Werkes macht, zumal
wenn das leitende Wort auch aus kunstempfindendem Herzen
kommt Denn jegliches reifere, geläuterte Empfinden ist die
Frucht stufenweiser Entwicklung durch Erfiihrung und Lehre.
Solch freundliche Aussicht gewährt in dem Kampfe um die künstle»
Tische Erziehung das Buch ebenfalls. Durch Wegräumen und
Einstellen vor der blinden Seele den Schleier mittels des helfenden
Wortes fortzuziehen, das stellt F. Avenarius als gewinnverheißende
Pflicht der Kunstbeschreibung hin. Und dieser Pflicht genügt das
Buch denn auch selbst, indem es bei Rethel, Dürer, Rembrandt,
der Antike, Michelangelo, Raffael, Veiasquez das führende Wort
bietet. Auch über kunsttechnische Fragen finden wir geistvollen
Aufschluß.
Cornelius Gurlitt (Was will die Hellmalerei?) macht uds den
Blick klar über die moderne Malerei, ßürkner lehrt uns rasch
die Sprache der gotischen Schmuckforroen würdigen. Program-
matisch für den Geist der Auswahl ist, wie der erste Aufsatz,
auch der zweite, in dem W. v. Seidlitz von 'Deutscher Kunst* und
ihrer erziehlichen Aufgabe spricht. Die Kunst stellt nicht bloß
eioeo entbehrlichen Schmuck dar, sondern soll wirkliche Bedürf-
nisse in möglichst vollkommener und daher schöner Weise be-
friedigen; auf dem Zusammenhange mit dem Leben und dem Ge-
staltungsverlangen der Zeit beruht die Echtheit der Kunstwerke
und ihr volkstümlicher und dauernder Gehalt; die Kunstwerke im
öffentlichen Leben verfolgen einen nationalen erzieherischen Zweck.
Nicht nur in Ausstellungen und Museen kann man Kunst genießen,
sondern auch in der Heimat: man muß sich umsehen. Sicher
iät überall eine Kirche, die die Anfänge in der Weckung künstle-
rischen Sinnes machen kann. Die Kenntnis deutscher Meister,
wie Dürer, Holbein, L. Richter, Menzel, Rethel, deren Werke
jetzt so leicht zugänglich sind, genügt, um zunächst ein gewisses
Maß nationaler künstlerischer Bildung und damit überhaupt einen
festen Standpunkt gegenüber der Kunst, auch der Gegenwart, zu
geben. Die heutigen Bauten in Stadt und Land zeigen vielfach
künstlerisclie Unechtheit und Nüchternheit, die ihren Grund in
der Loslösung von den in der Gberlieferung sich ausprageaden
natürlichen Entwickelungsgesetzen hat, sich freilich oft unter
ZtitMhr. f. d. OjmnMÜLlwMen. LXL 7. 33
514 P* Zange, Leitfaden für den evang. Religionsooterrieht,
dem Zwange äußerer Verhältoisse vollzieht: Gedanken, die eine
breitere Ergänzung in dem Aufsatze *Vom Bauernhaus' von
P. Schultze-Naumburg finden. Fdr die Erhöhung der Wirkung
der Kunstwerke ist ihre Einordnung in die Umgebung, die Platz-
und Raumbestimmung von Bedeutung, die nicht vernachlässigt
werden darf.
Um zusammenzufassen: das Buch führt von den verschieden-
sten Seiten und unter den mannigfachsten Gesichtspunkten in
alle in Betracht kommenden Kunstfragen ein und stellt den Kenner
und Lerner durch die treffende Auswahl des Bedeutsamen und
Kernbildenden mitten hinein. In den zahlreichen Besprechungen
von Kunstwerken bietet es Vorbilder für die Betrachtung und Be-
wertung von künstlerischen Schöpfungen, so daß Theorie und
Praxis sich aufs schönste vereinigen. Ein ziemlich reicher Bilder-
anhang tritt ergänzend und unterstützend hinzu. Auch die An-
merkungen des Herausgebers, die, wie seine Einleitung, davon
zeugen, daß er mitten im Stoffe steht und daher den richtigen
Griff für eine solche Auswahl hat, wie auch davon, daß er selbst eine
künstlerische Natur ist, verbürgen dem Tastenden und Fragenden
gute Hilfe. Mir scheint das Buch, wenn es auch vor allem die
Bahnen für weitere Belehrung weisen will und kann, doch be-
sonders durch den Grundgedanken wichtig, der kräftig hervortritt,
daß jedem, der guten Willens ist, der Weg zur Kunst offen ist.
Es ist selbst ein Weg mitten hinein und verdient die weiteste
Verbreitung, damit der Nutzen, den es in der gegenwärtigen Kunst-,
bewegung stiften kann, recht zur Geltung komme. A'uch in den
Schülerbibliotheken für die oberen Klassen wüi*de es seinen passenden
Platz haben.
Wattenscheid. K. Gomolinsky.
Friedrich Zange, Leitfaden für den evangelischen Religions-
unterricht. Erstes Heft, Sexta. Zweites Heft, Quinta und Qnarta.
Zweite Auflage. Gütersloh 1906, C. Bertelsmann. 40 S. u. 65 S. gr. 8.
0,60 Jt u. 0,90 Jt^
Vom Zangeschen Leitfaden, dessen erste Stücke, die Pensen
der Klassen von Sexta bis Untertertia, zuerst als Programm-
abhandlungen veröffentlicht worden sind, erscheint jetzt die zweite
ßuchauflage. Sie unterscheidet sich in den oben genannten Heften
von der ersten im Pensum der Quarta. Zange bat^ um für eine
Entlastung der Untersekunda in der Tertia Raum zu gewinnen,
aus dem Tertiakursus die zweite Hälfte der Apostelgeschichte nebst
Stellen der neutestamentlichen Briefe herausgenommen und der
Quarta zugewiesen, wofür dann bei dieser die Durchnahme des
Markusevangeliums nebst Zugaben aus den anderen Synoptikern
in Wegfall gekommen ist. Quarta erhält also als Hauptgegenstand
im Religionsunterricht die Lektüre der Apostelgeschichte unter
dem Titel „Petrus und Paulus nach der Apostelgeschichte'*. Die
früheren Nebenaufgaben kleineren Umfangs bleiben bestehen.
tDgez. von R. Niemami. 515
Wie eingehend Zange die Lehraufgaben bis ins einzelne hin-
ein, ja in gewissem Maße den Lehrgang selbst darstellt, ist bei
der Anzeige anderer Hefte des „Leitfadens"' in dieser Zeitschrift
her?orgehoben worden. Er darf in dem Vorwort nachdrücklich
betonen, da£ er nicht bloß „eine einfache Zusammenstellung des
zu bewältigenden Lehrstoffes*' bietet, „sondern eine Ordnung des •
selben nach pädagogischen Gesichtspunkten, eine Methode, einen
Weg, auf dem man nach seiner Erfahrung die Schüler mit reichem,
bleibendem und praktischem Gewinn durch das unermeßliche Ge-
biet christlichen Lebens, christlicher Lehre und Erfahrung führt''.
Alles wird auf das genaueste bestimmt, die Gesamt- und die Teii-
ziele, die Reihenfolge und die Gliederung der Geschichten und
der Inhalt der Teile, das Neue bei denselben an Begriffen und
Lehren und deren Ausprägung in Sprüchen, Katechismusstellen
und Liederversen, das Bekannte und Verwandte aus früherem
Unterricht und aus der Erfahrung das hinzuzuziehen ist, die Hin-
weise auf geographische, natur- und kulturgeschichtliche Belehrung.
Für die häufig geforderten Wiederholungen werden zahlreiche Ge-
sichtspunkte für Ober- und Durchblick und vollausgefuhrte Dis-
positionen gegeben, Arbeiten von ganz besonderem Werte. Nicht
minder durchdacht ist die Behandlung der Katechismusstücke.
Sorgfältig sucht der Verfasser zu verhüten, daß das Gelernte loter
fiesitz oder bloßer Verstandesbesitz wird; mechanisches Einlernen
und Drillen werden verpönt. Die Hefte sind für den Lehrer aus-
gezeichnete Hilfsmittel; sie können aber auch als Lernbücber der
Schüler dienen, und um dieser Verwendung willen hat der Ver-
fasser die zu lernenden Sprüche, soweit sie nicht in den Ge-
schichten selbst enthalten, sondern anderswoher • aus der Bibel
entnommen sind, im Sexta- und Quintakursus (weil die Schüler
die Bibel noch nicht zur Hand haben) vollständig abdrucken
lassen.
Ob sich die neue Pensenansetzung für Quarta bewähren wird,
muß die Zeit lehren. Der rechte Ausgang der Bibellektüre wird
doch immer vom Handeln und Reden des Heilands genommen;
der Verf. hat ja, wie bemerkt, auch nur einem Zwange der Ver-
bältnisse nachgegeben, wenn er die frühere Lektüre aus den Syn-
optikern mit der der Apostelgeschichte und epistolischen Abschnitte
vertauscht hat. Aus den Briefen will Zange in Quarta lesen lassen
l.Thessal. Kap. 1 — 3; Philipper- und Philemonbrief ganz; 1. Kor. 13
fast ganz; aus anderen einzelne längere oder kürzere Stellen, die
er bestimmt bezeichnet; es muß sich herausstellen, ob mit diesen
Stoffen dem Quartastandpunkt am besten gedient ist. An dem
Gymnasium, welchem Referent angehört, wird in Quarta zunächst
nach Zahn-Giebe das alttestamentliche Pensum, das in Sexta nur
bis zur Reichsteilung geführt ist (wie eigentlich auch bei Zange),
vollendet, und dann erst wird zur Hibel selbst übergegangen, und
zwar bilden die Bergpredigt und größere, im Quintakursus noch
33*
516 P. Paehaly, Anfgabeo über d«D religiöieo Uoterrichtsstoff,
fehlende Gleichnisse des Heilandes den ersten Lese- und Lern-
gegenstand aus ihr unmittelbar.
Waren (Mecklenburg). R. Niemann.
Paul Pachaly, Aofcpaben über deo religiöseo (Joterrichtsstoff
der höheren Schulen. Heft II: Aufgaben über das Nene Testanent,
Abteilnog I: Die Evangelien and das Leben Jesu. Leipzig 1906,
W. Engelmann. IV n. 111 S. gr. 8. kart. 1 M*
Die Aufgaben wollen nach dem Vorwort des Veif. durch
den Intellekt Gefähl und Willen beeinflussen und so lebendige
christliche Persönlichkeiten bilden. Sie sollen unter Leitung des
Lehrers, beziehungsweise unter der Angabe von Richtlinien oder
Gesichtspunkten seitens des Lehrers vom Schöler gelöst, erarbeitet
werden. Auf eine erschöpfende Verwendung oder Anföhrung der
vorhandenen Literatur ober das Leben Jesu hat Verf., wie er
sagt, sein Absehen nicht gerichtet. Es kam ihm nicht darauf an,
zu forschen oder Neues, noch nie Dagewesenes auszusprechen
oder weiterzutragen, er hat sich im Gegenteil gerade bemüht,
ausgemachte oder anerkannte Wahrheiten nutzbringend zu ge-
stalten. Die Verteilung des Stoffes auf acht Kapitel verdankt ihre
Entstehung dem Bedürfnis der Schule, methodische Einheiten her-
zustellen. „Ich weiß, daß mancher Kollege nach einer Hilfe zu
kurzen, thematischen Schulandaehten ausschaut, und verhehle nicht,
daß ich meine Aufgaben auch für diesen Zweck bereits selbst
erprobt habe; über die Gottheit Christi habe ich zum Beispiel
unter Zugrundelegung von Aufgabe 24 drei Andachten gehalten.
Endlich dürfte die Sammlung auch för Predigten, biblische Be-
sprechungen mit Konfirmanden und ähnlichem nicht ohne Nutten
sein". — Man sieht, Verf. will vielen dienen.
Das Bändchen schließt sich an die in dieser Zeitschrift 1905
S. 721 von mir besprochene Sammlung alttestamentlicher Auf-
gaben an. Ich äußerte schon damals in ernsten Worten meine
Bedenken über das Beginnen, Schüler durch religiösen Stoff zu
dogmatischen und ethischen Auslassungen zu zwingen. An den
biblischen Stoff mögen sich historische oder ästhetische Themen
anlehnen; alles übrige ist vom Obel, bald bringt es die Schöler
in Gewissensnot, bald dringt es sie zur Heuchelei. Nach der
Durchsicht dieses neuen Bändchens wiederhole ich meine Worte.
Solche Ausarbeitungen den Schülern zuzumuten, schadet ihren
Seelen. Schon daß Verf. dieselben Aufsätze, die für Schüler*
arbeiten bestimmt sind, zugleich den Lehrern zu Andachten emp-
fiehlt, läßt einen hinreichenden Schluß auf den in den Aus-
arbeitungen herrschenden Ton machen. — Die Themen behandeln
das Leben Jesu und die Evangelien. Dem Verf. gelten die vier
Evangelien vom Anfang bi« zum Schluß in gleicher Weise als
historische Berichte. Unter dem Banne des Dogmas von der In-
spiration macht er keinen Unterschied zwischen dem, was einst
aagez. voD A. Joot8. 5|7
wirklich gewesen ist, und dem, was die dichterische Phantasie,
die apologetische Reflexion und die spätere Giaubensöberzeugung
der Gemeinde in die Darstellung des Lebens Jesu hineingetragen
hat. Seit nun bald hundert Jahren ist die theologische Wissen-
schaft beschäftigt, diese Scheidung vorzunehmen. Von dem scheint
der Verf. nichts zu wissen. Er steht noch unter der altüber-
lieferten dogmatischen Anschauung, und indem er die Schüler in
diese hineinzwängt und sie aus dieser heraus Bekenntnis abzulegen
drängt, hofft er sie zu lebendigen christlichen Persönlichkeiten zu
bilden. Weg mit solchen schriftlichen Arbeiten, weg mit solcher
Erziehungsmethode !
Verf. bietet 121 Aufgaben, viele sehr eingehend ausgearbeitet.
Er verfügt über einen sehr groBen Schatz; stellt er doch noch
zwei fernere Bändchen in Aussicht.
Zur Charakteristik des Ganzen zunächst einige Aufgaben: Der
Zweck der Versuchungen Jesu. — Die Zeichenforderungen im
Leben Jesu. — Jesu Wissens wunder. — Die Gottheit Jesu nach
dem Jobannisevangelium. — Die Menschheit Jesu nach dem vierten
Evangelium. — Welches Wertverhältnis von Wort und Wunder
stellt Jesus auf? — Die Vorwürfe der Besessenheit im Leben
Jeiu. — Die Sabbatübertretungen im Leben Jesu. — Welche
der zwölf Jünger tragen verschiedene Namen? — DaB das Böse
auch den wahren Nachfolgern Jesu noch anhaftet, also nur all-
mählidi überwunden wird, soll an dem Beispiele des Petrus ge-
zeigt werden. — Welche Lösung findet die Sonntagsfrage, wenn
wir auf sie Jesu Anschauung vom Werte der Persönlichkeit an-
wenden? — Welches Licht wirft Jesu Ausführung über das mensch-
liche Auge auf die Judastat? — Die geschichtliche Notwendigkeit
des Todes Jesu. — Welche Bolle spielt die ungebildete Hasse in
dem Todesleiden Jesu? — Welche körperlichen Leiden hat Jesu
an seinem Lebensende erduldet? — Jesus Christus die persön-
lichste Persönlichkeit!
Aus einzelnen Aufsätzen. Thema „Die Persönlichkeit des
Johannes*': „Wir tun dem Johannes bitteres Unrecht, wenn wir
ihn, weil wir ihn geringer als Jesus achten, an und für sich
gering achten. Er verdient, daß wir ihn, anstatt zu übersehen,
uns genauer ansehen und vergegenwärtigen. — Vorzeugnisse für
Johannes: „Die erleuchteten Propheten des Alten Bundes und der
Engel Gabriel in den Worten zu Zacharias''. Zum SchluB: „Es
ist bedauernswert, daB diese Heldengestalt selbst einmal von dem
rechten Wege abgewichen ist. Wir können seinen Zweifel an
Jesu Messianitit nicht entschuldigen, können ihn aber verstehn*'.
In dem Aufsatz „Die Taufe Johannis und die christliche Taufe'*
beifit es zum Schluß: „Wir haben in unserer Untersuchung ab-
gesehen von der Taufe Christi durch Johannes; denn wir dürfen
nicht aus dieser singulären Tatsache Wesen und Kraft der
Johannistaufe ableiten« Wir dürfen bei diesem rätselhaften Vor-
518 H. Bahr, Das Reich Gottes im A. o. N. T., agz. v. A. Bienwtld.
gange im Leben Jesu überhaupt nicht zu lange grübelnd verweilen;
denn wir Menschen sind nicht dazu berufen, den Schleier, den
Gott der Herr über das Geheimnis gebreitet, hinwegzunehmen^S
So sollen die Schüler schreiben! Im 8. Aufsatz behandelt Verf.
die teuflischen Anfechtungen Jesu. Da heißt es: „Es ist bisher
die Frage unberührt geblieben, in welcher Erscheinungsform der
Teufel dem Herrn entgegengetreten sei. Daß er sich sichtbar als
Person zu ihm gesellt habe, diese Auffassung fordert die biblische
Erzählung nicht. Wir werden uns den Satan unsichtbar, versteckt
und geistig wirkend zu denken haben, und auf diese Weise wird
die Schwere der Versuchung nicht gemindert, sondern gesteigert*'.
Aufsatz 25. „Die Zeugnisse für die Sundlosigkeit Jesu."
1. Von Jesu selbst. 2. Aus dem Hunde anderer: a. Von Nicht-
Christen a. der Teufel, ß, Johannes, y, Pontius Pilatus, b. Von
Christen a. Judas, ß. die übrigen Apostel.
Aufsatz 28: „Christi Selbstbewußtsein". Da heißt es: ,,Bei
aller erdenklichen Selbsterniedrigung und Menschenliebe macht
der Herr doch einen feinen Unterschied zwischen sich und den
übrigen Menschen. Er nennt wohl Gott „den Vater" schlechthin,
aber er schließt sich nicht mit der Menschheit zusammen unter
ein „unser Vater''. Er trennt und sagt statt dessen: „Ich fahre
auf zu meinem Vater und zu eurem Vater".
Aufsatz 96. „Wie spiegelt sich in dem Verhalten der Kriegs-
knechte und Bediensteten während des Todesleidens Christi die
Gesinnung ihrer Vorgesetzten wieder?" Zum Schluß: „Die Haupt-
schuld an der Verwerfung des Messias trifft jene Kreise, deren
Bildung und Besitz zu allen Zeiten die Aufgabe in sich schließt,
den andern mit gutem Beispiel voranzugehen. Noblesse oblige"!
Aus dem Gegebenen mögen die Leser auf das Ganze schließen.
Ich mag nicht noch weitere Belege anführen. Dieses zweite Bändchen
ist wie das erste in seinen Absichten, wie in seinem Inhalt und
vielfach auch in seiner Form verfehlt.
Stettin. Anton Jonas.
1) H. Bahr, Das Reich Gottes im Alten nod Neoen Testament.
Für die mittleren Klassen aller höheren Schulen. Mit zwei Karten.
Leipzig 1906, 6. G. Teabner. V n. 96 S. 8. geb. 1,30 JC.
Das Buch bildet den 2. Teil zum Hilfsbuch für den Religions-
Unterricht an höheren Schulen von P. Siebert und H. Bahr. Nach
einer kurzen allgemeinen Bibelkunde wird das Reich Gottes im
Alten Testament behandelt. Der Stoff ist übersichtlich geordnet,
doch ist an dem herkömmlichen Bilde von der geschichtlichen
Entwickelung des Volkes Israel festgehalten. Auf einen Anhang,
der „messianische Stellen'' enthält, folgen Palästinakunde, Kirchen-
jahr, die Ordnung des Gottesdienstes in der evangelischen Kirche,
die 5 Hauptstücke mit Sprüchen und ein Anhang zum kleinen
Katechismus. Hieran schließt sich die Lehraufgabe der Obertertia.
U. Petriehi P. Gerbtrdt, i. Lied«r n. •. Zeit, tgi. v. Bodeaitein. 519
Hier ist Jesa Lehrart aDd die Urgemeiode in Jeruaalem treffend
charakterisiert. Auch Luthers Leben und religiöse Entwickelung
ist unter Abweisung gegnerischer Angriffe anschaulich geschildert.
Ein besonderer Abschnitt ist den wichtigsten Unterscheidungslehren
der christlichen Hauptbekenntnisse gewidmet. In der Lehraufgabe
der Untersekunda wird die poetische Literatur im Alten Testament
und ebenso die Prophetie klar und ?erstftndlich dargestellt. Den
Schlufi bilden Abschnitte ober Entstehung und Inhalt der Synoptiker
und ober die Bedeutung des Katechismus.
2) P. Sieberty Blbelkande für hSber« Scbulen. Leipsig and Berlin
1906, B. G. Teabner. II o. 48 S. 8. geb. 0,60 M*
Das Buch ist für die oberen Klassen bestimmt. Hier soll es
auch den Wiederholungen aus dem Lehrstoff der Hittelklassen
dienen, wozu es recht geeignet ist, wenn auch viele das gänzliche
Vermeiden kritischer Fragen bedauern werden. Besonders die
Darstellung der Prophetie zeigt, daB der Verfasser in den Stoff
tief eingedrungen ist Sehr zu loben sind die Hinweise auf die
weltliche Literatur, besonders auf die dem Schiller der oberen
Klassen naheliegenden Dichter und Schriftsteller. Die „Bibelkunde''
wird sicher ihren Zweck erfüllen.
Görlitz. A. Bienwald.
1) Hernann Petrieb, Pavl Gerbardt, seine Lieder and seine
Zeit. Ein Beitrag zor Geacbiebte der deotacben Diebtang and der
christiieben Kirebe. Auf Gnind neuer Foracbongen and fi ntdeckangen.
Mit Porträt. Goteralob 1907, €. Bertelamano. XIV o. 240 S. 8.
3 My geb. 3,50 M.
Unter den Schriften, die die 300 jährige Wiederkehr des
Geburtstages Paul Gerhardts hervorgerufen hat, darf das Werk
H. Petrichs, der sich auf ähnlichen Gebieten schon mit Erfolg betätigt
hat, eine eingehendere Würdigung beanspruchen. Die äuBeren
Lebensumstände, der Geist der Zeit, die Frucht ihres Wirkens yer-
anschaulichen uns das Bild groBer Männer. Erfreulich ist es, daB
der Verfasser mit emsigem Sammeleifer die spärlichen Nachrichten
ober den Lebensgang unseres Dichters vervollständigt und in seinen
Quellenangaben den Weg für weitere Forschungen gewiesen hat.
Das Bestreben, uns Pani Gerhardt durch die Schilderung der Um-
welt, in der er sich bewegt hat, näher zu bringen, hat den Ver-
fasser zu weit gefuhrt, so daB auch der Titel seiner Schrift den
Weg in das Einzelne nicht rechtfertigt. Viel loses Rankenwerk
ist um die Gestalt des Dichters geschlungen, ohne daB es ge-
lungen wäre, ein völlig geschlossenes Bild zu geben oder die
innerliche Beziehung zum Werdegang des Helden aufzudecken,
zumal man bei dem Mangel an Nachrichten auf Vermutungen an-
gewiesen ist. In der Beurteilung des Streites zwischen dem
Grofien Kurfürsten und unserem Dichter ist der Verfasser mit
weiser Mäßigung und richtiger Abwägung des gegenseitigen Stand-
520 P* Wcrole, Paalus Gerhardt, aogez. von M. Bodenatein.
Punktes vorgegangen ; den Eindruck der Objektivität hätte er aber
erhöht, wenn er die europäische Stellung des Kurfürsten und
Beinen Kampf gegen die mit der lutherischen Orthodoxie ver-
bundenen Stände in den Kreis seiner Betrachtung gezogen hätte.
Die am reichsten strömende Quelle, aus der wir über das innerste
Leben des Dichters unterrichtet werden können, seine Lieder, sind
in der Behandlung zu kurz gekommen. Ich habe das Buch nicht
aus der Hand gelegt, ohne daß das Gefühl innerer Anteilnahme
für Paul Gerhardt in mir verstärkt worden wäre, aber ich kann
mein Bedauern darüber nicht unterdrücken, daß der Verfasser
nur andeutet, wie der Dichter und wovon er gesungen hat und
was die Lieder gewirkt haben.
2) PanI Werole, Paolns Gerhardt. Tübinfpen 1907, J. C. B. Mohr
(Paol Silbeck). I u. 68 S. 0.50 M^ ktrt 0,75 My feioe Aasgabe ia
Geacheakbaod 1,50 JC'
Religio OS geschichtliche Volksbücher. IV. Reihe, 2. Heft. Herausgegebeo
yoo F. M. Schiele. IV. Reihe, 2. Heft.
Die unbedingte Beherrschung des Stoffes hat es dem Ver-
fasser ermöglicht, in kurzen Zögen ein anschauliches und packendes
Bild des Dichters zu entwerfen. Er verzichtet darauf, die dürftigen
Notizen über das Leben Paul Gerhardts durch Herbeiziehung des
Milieus und der ganzen Zeitgeschichte farbiger zu gestalten, da
auf diesem Wege die wirkliche Kenntnis Gerhardts kaum ver-
mehrt werden kann; er begnügt sich vielmehr damit, die religiöse
Stellung Paul Gerhardts in scharfen Strichen zu zeichnen. Der
Dichter gilt ihm als ein typischer Vertreter der kirchlichen Richtung
des 17. Jahrhunderts, als größter Offenbarer des religiösen Be-
sitzes und tapferer Vorkämpfer seiner Reinhaltung und erfahrt
eine angemessene Würdigung, wenn der Verfasser feststellt, nur
der Umstand, daß er zugleich der große Liederdichter sei, ver-
leihe seiner Person ein Interesse; ohne dies wäre er nicht mehr
als ein anderer lutherischer Eiferer. Treffend wird der KonQikt
mit dem Großen Kurfürsten in dem Widerstreit der verschiedenen
Tendenzen, der politischen Aufrechterhaitung des öffentlichen
Friedens und der religiösen Reinbewahrung des Glaubens, in dem
Kampfe des lutherischen Bekenntnisses mit dem modernen, kon-
fessionell neutralen Staatsbegriff gefunden. Dem Dichter sucht
der Verfasser gerecht zu werden durch den Hinweis auf die ge-
waltige religiöse Kraft, welche leider oft den Dogmatismus und
das Ketzerverdammen zeitigt, durch die Hervorhebung des Paul
Gerhardt eigentumlichen zarten Gewissens, durch das ein Luther
uns einst von Rom freigemacht und an dem noch heute die Zu-
kunft des Protestantismus hängt.
Es entspricht der Bedeutung Paul Gerhardts für unsere Zeit,
daß der überwiegende Teil des Büchleins Paul Gerhardt als Lieder-
dichter behandelt. Eine scharfe, aber von echter Wärme getragene
Kritik läßt uns das Bleibende in den Gedichten des Glaubens-
W. Waekeroagel, Poetik, Rhetorik a. Stil., agz. v. P. Geyer. 521
beiden erkennen. Wir werden dem Verfasser zustimmen müssen,
wenn er in der Gerhardtschen Dichtung nicht nur das klassische
Werk des Luthertums sieht, sondern den christlichen Ausdruck
dessen, was die frohsten, aber auch die im Leid erprobtesten
Menschen mit ihrem Gott erlebt haben.
Greifenberg i. P. Max Bodenstein.
1) Wilhelm WackerDagel, Poetik, Rhetorik und Stiliatik. Dritte
Anflase. Balle 1906, Buehhaodlong des Waisenhaases. XIV a. 605 S.
8. 10 JC*
Die dritte Auflage dieses rühmlichst bekannten Werkes, die
Jakob Wackernagel besorgt hat, unterscheidet sich von den beiden
ersten nur dadurch, daB die neue Orthographie durchgeführt ist
and daß die Zitate gelegentlich genauer gefaßt sind. Ferner ist
ein Register beigefügt, das die Namen der angeführten Autoren
und die eigentlichen Kunstausdröcke enthält. — Wir können dem-
nach auf die Inhaltsangabe Verzicht leisten. Dagegen wäre zu
prüfen, ob der Standpunkt, den Wilhelm Wackernagel vor etwa
siebzig Jahren in seinen Baseler Vorlesungen eingenommen hat,
noch heute Zustimmung verdient. Ich möchte diese Frage im
ganzen und großen bejahen. Gewiß, Richard M. Meyer hat in
seiner „Deutschen Stilistik'' (Mönchen 1906) diese und jene
stilistische Erscheinung (Ellipse, Aposiopese u. a.) anders und wohl
richtiger gedeutet Aber davon abgesehen, bietet das Buch gerade
in diesen — unmittelbar praktisch verwendbaren — Einzelheiten,
▼or allem auch durch die Reichhaltigkeit der Beispiele nach wie
vor die zuverlässigste Beiehrung. Dazu kommt die edle, klare
und anregende Sprache. Eher möchte ich sagen, daß mich das
Werk in der Behandlung der ästhetischen Grundbegriffe etwas alt-
vaterisch anmutet. Bier dürfte die antike Theorie, der es huldigt,
z. B. die Auflassung des Schönen, des Tragischen, doch wohl in
wesentlichen Punkten von der psychologisch tiefer schürfenden
Wissenschaft der Gegenwart überholt sein. Aber gleichviel: das
treffliche Buch verdient die dritte Auflage vollauf, wenn auch der
Leser gut daran tun wird, in schwierigen Fällen die oben genannte
Sülistik von Meyer, sowie etwa die ästhetischen Schriften von
Vojkelt oder Baumgart zum Vergleiche heranzuziehen.
2) Martin Severae, Der Notstand des devtschen Unterriehts in
den oberen Klassen unserer höheren Schalen. £ioe Schrift
for Lehrer nnd Laien. Leipzig 1906, Paul Eger. 67 S. 8. \ JL»
Verf. ist in der angenehmen I^age, seinem „J'accuse'' einige
scharfe, ja bissige Bemerkungen vorausschicken zu können, die
Theodor Mommsen und v. Wilamowilz über die ««pädagogische
Impotenz*' des Aufsatzbeüriebs und überhaupt des deutschen Unter-
richts gemacht haben, und in der Tat: wenn dieser öde, platte,
staoDpfsinnige, banausische Beirieb durch ein kräftiges Anathema
522 M. Severas, Der Notstand des deatscheo Unterrichts,
ZU beseitigen wäre, so könnte der Erfolg nicht mehr lange auf
sich warten lassen. — Zunächst wird man sich versucht fbhlen,
an die Anthes und Severus und an die Weimarer und Hamburger
Kunsterziehungsfreunde insgesamt die Frage zu richten: Seid ihr
wirklich ganz sicher, daB ihr nicht einige üble Erfahrungen, die
ihr auf der Schulbank oder in eigener, vielleicht nur kurzer und
einseitiger Amtstätigkeit gesammelt habt, in heiligem Eifer ver-
allgemeinert? Ist es denn immer bloß der deutsche Aufsatz, der
den Knaben peinigt, dessen Schreckbild noch den Schlummer des
Erwachsenen stört? Solltet ihr aber recht haben mit euren Klagen,
warum finden sie da so wenig Beachtung bei all den Fachlehrern,
Direktoren und Schulräten, die den deutschen Unterricht an Voll-
anstalten aufs genaueste kennen, die Hunderte von Abiturienten-
aufsätzen gelesen haben? Sind sie derart in „satte Selbstgenögsam-
keit** versunken, derart von allen Göttern verlassen, daß sie sich
wohl fohlen bei ihrem tempelschänderischen, jugendmordenden
Treiben? — Aber ich lege keinen Wert darauf, in dieser Weise
— extra causam — zu argumentieren, und erinnere mich recht-
zeitig, daß die Reformatoren alle ein wenig gepoltert und ge-
wettert haben und daß die Extreme in voller Schärfe hervor-
treten müssen, ehe die richtige Mitte bestimmt werden kann.
Prüfen wir also, was und wie der Verfasser reformieren will.
1. Literaturgeschichte: Zusammenhängende Darstellung,
nicht bloß. Einzelbilder mit notdürftig verbindendem Text. —
Kein Leitfaden; statt dessen mag ein größeres Werk zur An-
schaffung empfohlen werden. — Nicht darum handelt es sich,
Namen und Zahlen zu Prüfungszwecken einzuprägen, sondern
allein darum, das Verständnis zu erschließen, wirksame Anregungen
zu geben. — 2. Lektüre: Fort mit der Verstandes- und ge-
dächtnismäßigen, schematischen Behandlung der Klassiker zu
Prüfungs- und Aufsatzzwecken! — Von der ästhetischen Theorie,
dramaturgischen Gesetzen usw., kann im Anschluß an Lessings
und Schillers Prosaschriften das Nötigste mitgeteilt werden. —
Kürze in der Besprechung des Sachlichen ! — Möglichst viel vor-
lesen und vorlesen lassen ! — Weit größere Berücksichtigung der
neueren und neuesten, auch nichtklassischen Literatur. —
3. Aufsatz: Als Stilöbung betrachtet, leistet der Aufsatz nicht
mehr als der sonstige Unterricht, ja der dort geforderte „schöne*'
Stil verdirbt den individuellen Stil, d. h. er hemmt die natürliche
Entfaltung der Persönlichkeit, die der Stil widerspiegein muß. —
Ebensowenig ist der Aufsatz berufen und befähigt, in ganz be-
sonderem Maße zum Denken zu erziehen. Die Dispositionslehre
ist ein Unding, und die philosophische Propädeutik wäre besser
in eigens dafür bestimmten Stunden zu betreiben. — Der Schüler
soll nicht gezwungen werden, über Dinge zu schreiben, für die er
weder Interesse noch Verständnis hat. — Literarische und allge-
meine Themen sind gleich sehr bedenklich. — Oberhaupt wird man
• D^es. voD P. Geyer. 523
gut tuD, den Aufsatz ganz zu beseitigen und fortan bloß
,)Stilarbeiten*' [gemeint sind die sog. kleinen Ausarbeitungen,
besser „Facharbeiten"] schreiben zu lassen, jährlich 30 — 40 kurze
Darstellungen (2 Seiten) aus den verschiedensten Gebieten, in der
Regel Klassenarbeiten, die etwa zur Hälfte dem Lehrer des
Deutschen zufallen. Der Schöler hat Gedachtes nachzudenken
und ober Geschautes zu berichten, nicht selbständig zu
produzieren. Die Prosastöcke des Lesebuchs, Schillers Abhand-
lungen u. a. bieten Stoff in Menge. „Zielleistung för den Ober-
primaner ist, daß er völlig selbständig einen nicht zu schweren
Aufsatz erfassen und kurz wiedergeben kann**.
Zu diesen Vorschlägen möchte ich bemerken: 1. Das längere
Verweilen bei einzelnen Klassikern schließt doch nicht aus, daß
sie im Zusammenhange mit der gesamten Entwickelung der Literatur
betrachtet werden. 2. Die rein philologische, gelehrt-kritische
Behandlung der Lektüre ist schon längst als verfehlt erkannt
worden und kann keineswegs mehr als typisch för die heutige
Praxis der höheren Schulen bezeichnet werden. Daß die Lektüre
in Preußen fast überall bloß der Aufsätze wegen da sei, ist eine
arge Obertreibung. 3. Die bekannte Ansicht, daß man den Schüler
nicht veranlassen dürfe, gute Poesie in „schlechte** Prosa umzu-
setzen, ist in Hinsicht auf epische und dramatische Stoffe unhalt-
bar. Wenn unsere Frauen und Kinder aus dem Theater heim-
kehren, wo sie ein neues Stück kennen gelernt haben, werden
sie selten verfehlen, uns mit seinem Inhalt bekannt zu machen
und wohl auch Bemerkungen über Motivierung, Charaktere, Gehalt
und Grundidee damit zu verbinden. Das ist die natürlichste
Sache von der Welt. Sollen wir sie etwa mahnen, unsere red-
seligen Angehörigen, sich lieber in weihevolle Erinnerung zu ver-
tiefen und ihre fragwürdige Prosa für prosaische Gelegenheiten
aufzusparen? Und was hier gestattet, ja selbstverständlich ist,
das soll in schriMlicher Wiedergabe, in Schüieraufsätzen, die vom
Lehrer inspiriert sind, verpönt sein? Höchstens könnte man im
Sinne des Verfassers wünschen und fordern — was ich schon
bei anderer Gelegenheit getan habe — : Laßt doch nicht bloß aus
dem Gedächtnis referieren und disputieren, sondern gebt dem
Primaner auch einmal eine frische, noch nicht abgegraste Vorlage
in die Hand, an der er sich ohne jeden Zwischenhandel — an
entsprechend leichten Aufgaben natürlich — versuchen kann!
— Die Dispositionsübungen der Oberstufe sind praktische Übungen
in der Dialektik, weit wertvoller als alle theoretische Unterweisung
in der Logik. Unnütz und langweilig sind sie bloß dann, wenn
der Lehrer selbst kein Vergnügen daran hat.
Erfreulich ist es, daß sich Severus nicht auf Verdammungs-
urteile beschränkt, sondern bestimmte Vorschläge gemacht hat,
über die sich reden läßt. Daß die Zahl der Hausarbeiten zu-
gunsten der KlaseenaufpStze upd Facharbeiten erheblich verringert
524 0. Lyon U.Willy Scheel, Aufgabeoboch zur Grammatik,
werden köunte, habe ich erst kürzlich (Monalschr. f. höh. Seh.
1907, Janaarheft) zu begründen gesucht, kann mich aber yorliufig
durchaus nicht für den Gedanken begeistern, den Aufsatz ganz
und gar abzuschaffen. Unter dem Aufsatzstil scheint Verfasser so
etwas wie ein mit Füttern und Tressen besetztes Prunk- und
Staatsgewand zu verstehen, das jeder Aufsatz anzulegen habe,
eine fratzenhafte, geschminkte und gepuderte Rhetorik. Ich meine
aber: es gibt gar keinen besonderen „Aufsatzslil'S und wenn es
einen gäbe, so könnte es höchstens der Stil der Korrektheit sein,
der sich in Sachlichkeit und Klarheit äußert Das Schöne höherer
Art, das auf Gefühl und Einbildungskraft beruht, ist überhaupt
nicht lehrbar, wenn es sich aber in Schüieraufsätzen entdecken
läßt, — um so besser ! — Daß der Schüler im wesenth'chen bloß
Gedachtes nachzudenken habe, ist auch meine Ansicht. Wenn er
aber in Lesestücken und sonstwo niedergelegte fertige Ge-
dankengänge nachdenken soll, warum nicht auch Gedanken, die
der Lehrer den Schülern im Unterrichte verdenkt, am besten
unter Hit Wirkung der ganzen Klasse, mit stilistischen und logischen
Varianten? Im übrigen möchte ich, daß jedes Lehrerkollegium
das Recht hätte, in Sachen des deutschen Aufsatzes so oder so
zu — experimentieren. Da wird es sich ja herausstellen, was
besser ist, das Alte oder das Neue. Sonst bleibt's beim Wort-
gezänk, das nachgerade langweilig wird.
Brieg (Schlesien). P. Geyer.
Otto Lyon ood Willy Scheel, AofgabeDbnch zor Grammatik,
RechtscbreiboDg uod ZeicheBSetzang^ (Uoter- and Mittelstufe).
Nach dem Haadbaeh der deotseheo Sprache für höhere Sehnlea be-
arbeitet. Leipzig uod Berlin 1906, B. G. Tenbner. VIT u. 157 S.
S. 1,60 M^ (Auch in vier Einzelteilen: VI bii IIL)
Mit Rücksicht auf mehrfach geäußerte Wunsche ist dieses
Aufgabenbuch für den Unterricht in den unteren und mittleren
Klassen höherer Lehranstalten nach Lyons Handbuch zusammen-
gestellt worden. Den nötigen Vorrat hat dessen Ausgabe A, diese
schier unversiegbare Quelle, gespendet, an der die Lehrer des
Deutschen mit Vorliebe für ihren Bedarf schöpfen. Die Anordnung
im einzelnen rührt von der Ausgabe D her, die Scheel seiner
Zeit eingerichtet hat und ich in dieser Zeitschrift vor vier Jahren
besprochen habe. DaB die Beispiele für Zeichensetzung und
Rechtschreibung erheblich vermehrt sind, ist zu billigen und ent-
spricht auch meinem damals gemachten Vorschlage, nur daß, was
ich den Tertianern zugedacht hatte, bereits in Quarta vorgenommen
wird. Was ich sonst an Änderungen gewünscht hatte, ist meist
nicht eingetreten; ich schließe daraus, daß ich mich dabei im
Widerspruche mit der Mehrzahl der Amtsgenossen befinde, die
zur Äußerung von Wünschen und Hinweisen aufgerufen werden.
Die Verfasser müssen ja wissen und haben es zu verantworten,
aogez. voD P. Wetzel. 525
warum sie ihren AufotelluogeD die von ihnen gewählle und keine
andere Fassung geben. Ich kann ihnen noch heute verschiedent-
lich nicht beipflichten, komme aber hier nicht wieder darauf
zurück. Demnach will ich nur folgendes erwähnen. S. 61 f. heißt
es: Vor und und oder wird ein Komma gesetzt, wenn nach
demselben (? — froher: nach denselben) ein neues Subjekt
auftritt, das einem neuen vollständigen Satze angehört. Wenn
nach und und oder kein neues Subjekt auftritt, sondern das-
selbe Subjekt bleibt, dann wird kein Komma gesetzt, ebenso nicht,
wenn und und oder nur einzelne Wörter verbinden. Die bei-
gefügten Beispiele erläutern die Sache in der bekannten Weise.
Nun ist aber ein neues Subjekt nicht dasselbe wie ein eigenes
Subjekt (noch besser: Subjektswort) — vgl. C. Tb. HichAelis,
Neuhochdeatsche Grammatik für höhere Schulen S. 47, 1 1 — ,
und Fälle wie : Ein jedes Blättlein pflückt er (der Sturm), und ab
das Bäumlein knickt er, oder: Herr, Du hast Deine Erde gesegnet,
and unsre Bande hast Du gelöst, wollen doch auch richtig be-
handelt sein. Die Lehre, daB bei entschiedenen Gegen-
sätzen vor oder „stets'* ein Komma stehe, erscheint als Pe-
danterie. Für Schüler mache man den entschiedenen Gegensatz
lieber zu einem zu entscheidenden und entziehe ihnen solchen
guide-äne. Im Griechischen müssen sie sich auch mit f zurecht-
ßnden. Und kann denn (S. 146) eine den Nebenton tragende
Silbe tonlos sein? Kann sie es aber nicht: wo ist das Komma
?or oder geblieben? Das S. 58 auftauchende: „Merke mit kleinem
Anfangsbuchstaben morgens*' besteht selbst für den Sextaner
nicht zu Recht; denn die „Kanzleiorthographie'' läßt wenigstens
in Preußen auch Morgens zu. Wollen wir unnötigerweise die
Möglichkeiten, Fehler zu machen, für Schüler vermehren? Die
Verfasser müssen ihnen jetzt angesichts eines adverbialen Morgens
den geschossenen Bock versalzen. Hit der Orthographie hapert
es überhaupt gelegentlich. Du löscht dürfen wir heute nicht
mehr schreiben (S. 146 Anm.). Wer heißt uns das demonstrative
so lange (S. 91 Z. 20 v. o.) zu einem Worte machen? S. 29
Z. 9 V. u. steht das statt des richtigen daß. Er schreckt
zurück (S. 93 Z. 6 v. u.) ist in einem grammatischen Lehrbuch
ein unerfreuliches Zugeständnis an einen um sich greifenden Miß-
brauch. Und warum sollen die Schüler (S. 151) eine Zerkleinerung
der Wörter vornehmen? Es muß Deminutiva heißen. Doch
derartige mißfallende Einzelheiten sind nicht dazu angetan, den
Wert des Buches herabzudrflcken. In erster Linie will es sich
denjenigen Anstalten zur Verfügung steilen, die der rein gramma-
tischen Unterweisung größere Wichtigkeit beilegen müssen, d. h.
Realgymnasien und anderen Realanstalten, die Mädchenschulen
mit eingeschlossen. Duß auch „dialektische Eigenheiten und ihre
Bekämpfung" ins Auge gefaßt sind, ist anzuerkennen.
Pankow bei Bertin. Paul Wetzel.
526 TL Matthias, Sprachlebeo nod Sprachscbädeo,
Theodor Matthias, Spraehlebeo uod SprachschSden. Ria Führer
darch die Schwankoogen aod Schwier igkeitea des deatschen Sprach-
gebraachs. Dritte, verbesserte and yermehrte Auflage. Leipzig 1906,
Friedrieh Brandstetter. XTI u. 488 S. 8. 5,50 JC, geb. 6,30 JC,
Karl Gustaf Andresen hat sein bekanntes, 1880 zuerst er-
schienenes Buch „Sprachgebrauch und Sprachrichtigkeii
im Deutschen'' überschrieben. Matthias hat fCLr sein dem gleichen
Zwecke gewidmetes Werk (1. Auflage 1892) den Titel „Sprach-
leben und Sprachschäden'* gewählt. Es will uns bedunken,
daB schon die Wahl der Titelworte einen bedeutungsvollen Hin-
weis enthält auf den Fortschritt, der mit diesem Buche erreicht
ist. Denn noch glücklicher als bei Andresen werden hier die
beiden Richtungen der Grammatik angedeutet, zwischen denen
die „wegweisende Sprachlehre*' die richtige Mitte zu suchen
hat* Sprach leben — das ist die gesamte Entfaltung aller
sprachlichen Kräfte, ein Schaffen, das mit dem triebkräfligen
Leben der Pflanzenwelt verglichen werden mag. Das Sprachleben
darzustellen, ist Aufgabe der geschichtlichen oder beschrei-
benden Grammatik, wie sie von Jakob Grimm wissenschaftlich
begründet worden ist Ihr ist jede Erscheinung willkommen, auch
die vereinzelte Abweichung, das Abnorme; ja diesem bringt sie
oft eine besondere Teilnahme entgegen, wie der Naturforscher den
Mißbildungen. Gewähren doch gerade solche Besonderheiten oft
einen tiefen Einblick in die geheimen wirkenden Kräfte, wie dort
des physischen Lebens und Wachsens, so hier des Laut- und
Seelenlebens. Aber mögen sie dem Pflanzenforscher willkommen
sein — der Gärtner duldet sie nicht und darf sie nicht dulden,
er ist ein Feind der HiBbildungen und Auswüchse, soweit sie
sich nicht etwa in den Dienst einer neuen Aufgabe stellen, zur
Erzielung einer neuen Spielart verwenden lassen. Und so hat
auch der Gärtner der Sprache die Sprachschäden ausfindig zu
machen und zu bekämpfen. Aber seine Aufgabe ist weit schwieriger,
weil sich der Gegenstand seiner Pflege, ganz anders als die Pflanze,
im Wechsel der Zeiten verändert, weil immer neue Begriffe und
Anschauungen nach sprachlichem Ausdrucke verlangen, immer
neue Aufgaben von der sprachlichen Darstellung gelöst werden
müssen, immer neue Ausdrucksneigungen hervortreten. Sehr
erleichtern kann er sich diese Aufgabe, wenn er von vorn-
herein mit gewissen Voraussetzungen an seinen Stoff heran-
tritt, wenn er zumal in der Sprache nur eine Art angewandter
Logik und in jeder Abweichung von seinen Forderungen einen
„Sprachschaden" erblickt. Und dieser Fehler der einseitigen ge-
setzgebenden Grammatik ist in dem philosophischen Zeit-
alter von Adelung, Becker, Heyse u. a. gemacht worden; er ist
neuerdings wiederum, wenn auch nicht ganz so engherzig, von
Wustmann gemacht worden in seinen in mancher Beziehung höchst
verdienstlichen „Allerhand Sprachdummheiten".
• Dgez. von K. Scbeffler. 527
Es gilt, zwischen beiden Richtungen, der geschichtlichen und
der gesetzgebenden Grammatik^ den richtigen Ausgleich zu finden.
Aber darin liegt eben die Schwierigkeit. Denn es handelt sich
bei jeder einzelnen Spracherscheinung um die Fragen : ist sie für
die Gegenwart anzuerkennen oder nicht (nicht mehr oder noch
nicht)? und wieweit ist sie anzuerkennen? ist insbesondere eine
Neuerung berechtigt und in welchen Grenzen ? Wer diese Fragen
für das ganze weite Gebiet zufriedenstellend beantworten will,
darf nicht engherzig sein — denn die Freiheit ist nicht unnötig
einzuschränken — , aber auch nicht zu weitherzig — denn Will-
kör und Unsicherheit sind möglichst zu bannen. Er muB eine
gründliche Einsicht besitzen in das bisher geschichtlich Gewordene
and in das Wesen sprachlichen Lebens überhaupt, er muB die
Bedürfnisse der Zeit kennen und die Verschiedenheit der Stil-
gattungen berücksichtigen, er muß endlich — und das ist wohl
das Wichtigste — ein sicheres Feingefühl haben für das schlecht-
bin oder bedingt Zulässige. Nur wer diese Eigenschaften besitzt,
kann ein zuverlässiger Ratgeber und Wegweiser durch die
Schwankungen und Schwierigkeiten des Sprachgebrauches sein.
In Matthias haben wir einen Führer, der diesen Erfordernissen
entspricht und jetzt unzweifelhaft als der beste auf diesem Gebiete
bezeichnet werden muß.
Auch seine Vorgänger haben ihre unbestreitbaren Verdienste;
aber das Ziel, die richtige Mitte zu finden zwischen geschichtlicher
und gesetzgebender Sprachlehre, haben sie nicht erreicht. Sanders'
„Wörterbuch der Hauptschwierigkeiten in der deutschen Sprache"
und Andresens „Sprachgebrauch und Sprachrichtigkeit im Deut-
schen'* haben eine Fülle dankenswerten Stoffies zusammengetragen ;
aber * beide stehen teilweise noch unter dem Banne der älteren
engherzigen Grammatik, beide scheiden auch nicht immer mit
wünschenswerter Deutlichkeit das Richtigere, Nachahmenswerte
von dem nur Möglichen und Erträglichen. Das letzte gilt auch
von Kellers „Deutschem Antibarbarus**, der im übrigen der beste
der älteren Ratgeber ist, weil er mehr als Sanders und Andresep
und vollends Wustmann dem Wandel der Sprache gerecht wird.
Aber in manchen Abschnitten, besonders der Syntax des Zeit*
wertes, reicht er nicht aus. Und so war Matthias durchaus im
Rechte, wenn er einen neuen Versuch zur Lösung der schwierigen
Aufgabe unternahm.
Was ihn vor den Älteren vor allem auszeichnet, ist die un-
bedingte Gerechtigkeit, die auf sicherer geschichtlicher Unter-
lage und mit ausgiebiger Berücksichtigung des beutigen Sprach-
gebrauches die Möglichkeiten sorgsam abwägt, die Grenzen des
Erlaubten gewissenhaft festlegt. Es ist für den, der an die Be-
trachtung sprachlicher Dinge gewöhnt ist, ein wahres Vergnügens
seiner kundigen Führung zu folgen und ihm bei der wohl-
begründeten Umgrenzung des Richtigen zuzuschauen. Man wird
528 fi. Lörcher, firlioter. z Leseb. Wurtt., agt. v. L Imendb'iffer.
ibm fast immer recht gebeB — fast immer, sagen wir, ohne
damit einen Mangel ausdrucken zu wollen; denn es wird wohl
nicht zwei Deutsche geben, die in allen Punkten der Sprach-
ricbtigkeit, in der Beurteilung aller Einzelfälle miteinander über-
einstimmen. Dazu hat die subjektive Auflassung von Regel und
Freiheit einen zu großen Spiehraum, dazu sind die das Urteil un-
bewußt mitbestimmenden Faktoren, wie Mundart, Bildungsgang u.a.,
zu mannigfaltig. Aber in allem Wesentlichen wird man sich auf
der Grundlage des Hatthiasschen Werkes einigen können und
müssen. Möchte es nur recht viel benutzt und recht fleißig
durchstudiert werden! Leider scheint es, nach persönlichen Er-
fahrungen zu urteilen, auch in Kollegenkreisen noch nicht ge-
nögend bekannt zu sein.
Es fehlt hier an Raum, die Eigenart des Buches an einem
Beispiele ausfuhrlich nachzuweisen. Aber hervorheben möchten
wir doch einige Abschnitte, die uns besonders beachtenswert er-
scheinen, so die §§ 181—184 und 201—203, die von der Be-
ziehung einer Beifügung auf das Bestimmungswort einer Zu-
sammensetzung bandeln („die Todesanzeige des Professors N.'*;
„geistliche Musikaufi'iihrung''), § 212 über den Wechsel zwischen
Dativ und Akkusativ („es traf ihm oder ihn an den Kop^'),
§ 228—238 Ober den Kasus prädikativer und ähnlicher Bestim-
mungen („sich als der Beleidigte gebärden''; „das Wirken Sybels
als akademischer Lehrer''). Besondere Sorgfalt ist der Frage
nach dem Subjekte des Infinitivs und des Partizips gewidmet
(§ 341 — 348), nicht minder dem Unterschiede zwischen Perfekt
und Imperfekt (§ 353—357) und den beiden Konjunktiven (§ 360
— 364). Aber auch jeder beliebige andere Abschnitt beweist
die Gründlichkeit des Verfassers und die Besonnenheit seines
Urteiles.
Das Buch, das in der zweiten Auflage seine eigentliche Ge-
stalt gewonnen hatte, ist in der dritten im wesentlichen dasselbe
geblieben; im einzelnen sieht man überall an Ergänzungen und
kleinen Änderungen die bessernde Hand. Möge das überaus ver-
dienstliche Werk bei den Herren Pachgenossen die gebührende
Beachtung finden!
Braunschweig. Karl Scheffler.
B. Lörcbef; ErlftoteroDg^eD lum 4.-6. Band des Deutichea Lese-
bochs för die höheren Schalen Wärttemberss. Stnttsnrt
1907.
Bejaht man die Frage, ob es zu befürworten sei, daß der
Lehrer für den deutschen Unterricht bis OUI (K. V) des öfteren
ein Hilfsbuch gebrauche, statt sich unabhängig vorzubereiten —
und för Württemberg, wo dieser Unterricht von Lehrern mit
viererlei Vorbildung an oft vollen Klassen, mit einem Arbeits-
Goethes Werke, bsgb. v. R. Heinemaoo, aogaz. voo L. Zütd. 529
peDsum TOD 30 Stunden ohne Korrekturen erteilt wird, mufi man
sie bejahen — , dann wird man die nun vorliegenden Erläuterungen
zum 4. --6. Band des Deutschen Lesebuchs äußerst willkommen
heißen. Bald nur mit wenigen Wort- oder Sacherklärungen zu
einem Lesestück sich begnügend, bald anch einzelne mit Recht
ganz überspringend, geht der Verfasser dann bei verschiedenen
Musterstucken, so bei den Bailaden und auch den Bruchstücken
aus den Schilierschen Dramen, um so mehr in die Tiefe und gibt
mit glücklicher Hand nicht nur ein reiches Material zu Erklärungen,
sondern stellt auch Hauptinhalt, leitende Motive, Entstehungs-
geschichte in genügender Weite dar. Willkommen dürften auch
die Winke für Verwendung zu Stilübungen und Aufsätzen sein,
nnd dankbar werden viele den Anhang aufnehmen, der mühe-
voll gesammelte Notizen über die einzelnen Verfasser bis zur
neuesten Zeit in gedrängter Kürze enthält.
Eßlingen a. N. L. Imendörffer.
Geethes Werke. Beraus^egebeo vod R. Heinemaoo. Achtzehnler und
dreinodzwanzigsler Baod. Leipzig o. J., Bibliographisches fnstitat.
477 n. 41 1 S. 8. Jeder Baod geb. 2 JC.
Der 18. Band, besorgt von Prof. Th. Matthias, bringt zu-
nächst die aus den Frankfurter Jahren 1773—74 und den
Weimarer Jahren 1778 — 81 stammenden Fastnachtsspiele und
verwandte Stucke, in denen „der Dichter in dem ersten Zeit-
abschnitte in genial ausgelassenem, in dem zweiten mehr in
galligem Humor auffällige Richtungen in Lebensführung und
tjeistesentwicklung, die Stellung der Kritik und des Publikums zu
den schaffenden Meistern bald in allgemeiner, bald in persönlicher
Satire durchhechelte*' und von denen manche (z. B. Künstlers
Erdeuwallen) Vorbilder für die Romantiker geworden sind,
darunter das heute noch wirksame und oft aufgeführte Stück
nDas Jahrmarktsfest zu Plundersweilern*', das mit sonnigem
Humor die Mängel der Welt betrachtet und auch des Dichters
Titanendünkel nicht verschont, „Das Fastnachtsspiel vom Pater
Brey*\ das besonders auf den Darmstädter Empfindsamkeits-
apostel Leuchsenring gemünzt ist, „Satyros oder der vergötterte
Waldteufel*', von Scherer mit Recht auf den jungen Herder ge-
deutet, das jugendliche Spottgedicht auf Wieland „Götter, Helden
und Wieland". Dann folgen die beiden größeren, aus den
ersten zehn Weimarer Jahren stammenden Stücke „Der Triumph
der Empfindsamkeit** und „Die Vögel**, jenes nach Goethes eigenem
Zeugnis gedichtet als „realistische Gegenwirkung gegen die über-
handnehmende schale Sentimentalität^', dieses eine Literaturkomödie
nach dem Vorbilde des Aristophanes, voll Mutwille und Ausge-
lassenheit. Die zunächst sich anschließenden, leider Fragmente
Zrttoelir. r. 4. OymnMttlwMM. LXL 7. 34
530 Goethe^ Werke, hsgb. v. R. Heioemaon, aogez. voa L. Zaro.
gebliebenen polilischen Dramen „Die Aufgeregten'* und „Das
Mädchen von Oberkirch'* sind als Zeugnisse für Goethes Stellung
zu der französischen Revolution überaus wichtig. Die sodann
folgenden Prologe, Nachspiele, Theaterreden, alle in gebundener
Form, zeigen uns den Dichter als Leiter der Weimarer Buhne,
des Lauchstädter Sommertheaters und einzelner Gastspiele auf
fremden Bühnen in seinen hohen künstlerischen Anschauungen,
in seiner Sorge für die Pflege guter Beziehungen zum Publikum,
seiner dankbaren Anerkennung der großen Opfer, die der Weimarer
Hof der Bühne brachte. Der schönen Sitte des Hofes, sich an
den Redouten der gebildeten Gesellschaft in Weimar zu beteiligen,
entgegenkommend, gestaltete Goethe künstlerische Maskenzüge und
lebende Bilder und erklärte sie durch Gedichte, zu denen Sym-
bolik und Allegorie, Fabel, Historie und Scherz gar mannigfaltigen
StolT und die verschiedensten Formen darboten. Diese Dichtungen,
soweit sie noch vorhanden sind, bilden den Schluß dieses Bandes,
darunter die Stanzen zur Erklärung des Maskenzuges „Die romanti-
sche Poesie**, in dem Gestalten aus dem Minnesang und der alt-
deutschen Heldendichtung auftraten, die dichterische Vorführung
„einheimischer Erzeugnisse der Einbildungskraft**, die als Gestalten
in dem glänzenden Maskenzug auftraten, der 1818 zu Ehren der
Kaiserin Mutter Maria Feodorowna stattfand. Bei der Eigenart
der in diesem Bande vereinigten Dichtungen sind die Aufschlüsse,
die der Herausgeber in den Einleitungen und den Anmerkungen
über die Entstehung, die verschiedenen Fassungen, den Zusammen-
hang mit den zeitgeschichtlichen und literarischen Elreignissen
sowie dem Leben des Dichters, über Aufnahme und Wirkung
dieser Dichtungen kurz, aber ausreichend gibt, sehr am Platze.
Der 23. Band bringt die Fortsetzung der im 22. Band be-
gonnenen Schriften über bildende Kunst und ist wie dieser von
Prof. 0. Harnack bearbeitet. Zunächst wird die Biographie Philipp
Hackerts abgeschlossen, und dann folgen einzelne Aufsätze aus
den Jahren 1812—24. Sie legen Zeugnis ab von Goethes viel-
seitiger Beschäftigung mit der bildenden Kunst in diesen Jahren;
besonders spiegeln sich in ihnen die wechselnden Anregungen
wider, die Goethe auf diesem Gebiete erfuhr. War ihm auch die
antike Kunst zeitweise als die Kunst schlechthin erschienen, so
blieb er doch nicht in den Kreis der Antike gebannt, sondern
kam u. a. auch den Kunstinteressen der Romantiker, besonders
dem Interesse für die altdeutsche und niederländische Kunst ent-
gegen, gab sich aber der romantischen KunstaufTassung nicht ge-
fangen, im Gegenteil, unter der Einwirkung von Lord Elgins Er-
werbungen brach sein Interesse für die Antike wieder übermächtig
hervor.
Freiburg i. B. L. Zürn.
Goethes Werke, hs$h, v. Helliaghaas, aogez. voo A.Führer. 531
Goethes Werke für Schale nod Haoa. Mit LehensbeschreibaDg, Ein-
leitoBfpeo aod ADmerkuDgeo herausgeg^ebeo vod Otto HelliDghaus.
1. Baod. Mit elDem Bildois Goethes nach G. 0. May. 2. Baod. Mit
einen Bildois Goethes nach der Büste voo Alex. Trippel. 3. Band.
Mit eioem Bildois Goethes nach Job. Karl Stieler. Freibarg im Breis-
gao 1906, Herdersehe Verlagshaodlaog. 619, 582, 637 S. 12. geb.
jeder Baod 3 JC^
Der im Jahre 1905 erschienenen Schiller-Ausgabe, die in
dieser Zeitschrift 1906 S. 238 angezeigt wurde, ist jetzt eine
Goethe-Ausgabe in drei Bänden gefolgt, ebenfalls eine Neu-
bearbeitung der entsprechenden Bände der „Bibliothek deutscher
Klassiker, begründet von W. LindenEiann*^ Sie enthält folgende
Dichtungen: I. Gedichte. Aus dem „Westöstlichen Diwan''. IL
Reineke Fuchs. Hermann und Dorothea. Achilleis. Leiden des
jungen Werthers. Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand.
Hl. Egmont. Iphigenie auf Tauris. Torquato Tasso. Faust. Viel-
leicht entschließt sich der Herausgeber, die Prosadichtungen dem-
nächst noch in reicherem Hafie zu berücksichtigen. Jedem Bande
ist ein wohlgelungenes Bildnis Goethes beigegeben. Für die Aus-
wahl der Diebtungen war die Bestimmung der Ausgabe „für Schule
and Haus'^ maßgebend, so daß Gedichte mit sittlich anstößigem
Inhalt überhaupt nicht aufgenommen und in den übrigen Dich-
tungen solche Stellen, die bei ängstlichen Gemutern Anstoß zu
erregen geeignet sind, getilgt wurden. Damit soll denjenigen
gedient werden, die sich scheuen, den unverkürzten Goethe der
iogend zur Lektüre zu empfehlen. Im übrigen wurden dem Texte
die besten kritischen Ausgaben zugrunde gelegt, insbesondere die
Weimarer Sophien-Ausgabe. Einen besonderen Vorzug besitzt
die vorliegende Ausgabe in der ausführlichen, vorzüglich ge-
schriebenen, alle wichtigen Fragen behandelnden und überall dem
beatigen Standpunkte der Goethe -Forschung entsprechenden
Lebensbeschreibung des Dichters, sowie in den Einleitungen zu
den einzelnen Dichtungen, die sehr geeignet sind, zum Verständnis
und zur richtigen Beurteilung derselben anzuleiten. Auch die
kurzgefaßten Anmerkungen (verständigerweise nicht unter dem
Texte, sondern am Schlüsse) sind ohne Zweifel sehr willkommen,
da ohne sie selbst dem erfahrenen Leser manches unverständlich
bleiben würde. Die vornehme Ausstattung macht diese Klassiker-
ausgabe zu einem wirklichen Schmuck für jede Haus- und Schul-
bibliothek, und da der Preis mäßig ist, so kann sie aufs wärmste
empfohlen werden.
Es wird vielfach mit Recht geklagt, daß Goethes Werke und
seine Persönlichkeit nicht nur bei der studierenden Jugend, sondern
überhaupt im Volke, auch in seinen gebildeten Ständen, nicht die
wünschenswerte Beachtung 6nden, daß Goethe für das deutsche
Volk vielfach nur ein klangvoller Name sei. „Wohl steht er
mitten darin, aber nur als ein hehres Marmordenkmal, an dem
die Leute vorüberrennen, ihrem Erwerb, ihren (jeschäften, ihrem
34»
532 Karl Simrocks aujfgewahlte Werke, hsgb. v. 6. Klee,
Vergnügen nach** (W. Bode in den „Stunden mit Goethe**). Ein
Teil der Schuld scheint mir daran zu liegen, daß man (anders
wie bei Schiller) in dem ungekürzten Goethe sich nur schwer
zurecht flndet und dadurch gehindert wird, sich oft und liebevoll
in seine reiche Geisteswelt zu versenken. Darum begrüße ich die
vorliegende sorgfaltige Auswahl mit ihren Einleitungen und An-
merkungen als besonders geeignet, uns mit Goethe vertrauter zu
machen. Möge sie bei recht vielen das Wunder vollbringen, „daß
die Steinfigur sich in einen lebendigen, geistspruhenden, warm-
herzigen Menschen verwandelt, daß Goethe vom hohen Sockel her-
untersteigt und unser Begleiter und Hausgenosse wird!*' (W. Bode.)
Rheine. Anton Fuhrer.
Karl Simrocks aDsg^ewablte Werke in zwölf Bäadeo. Mit Eialeituogeo
lind einer Bioj^rapbie des Dichters heraasj^egeben von Gotthold Klee.
Leipzig, Max Hesse. In 4 Teile geb. B JC' Band I: Biographische Ein-
leitung; ausgewählte Gedichte. XXXII u. 128 S. Band 11: Das
Amelangeulied I.Teil: VVieland, der Schmied. Wittich, Wielaods
Sohu. Ecken Ausfahrt 326 S. Band III: Amelungeolied 2. Teil:
Dietleib. Sibichs Verrat. 280 S. Band IV: Amelungeolied 3. Teil:
Die beiden Dietriche. Die Habenschlacht. Die Heimkehr. 263 S.
Band V: Das r^ibelungenlied. 326 8. Band VI: Gudrun 245 S.
Band VH: Das kleine Heldeobuch I.Teil: Walther und Hildeguode.
Alphart. Der hörnerne Siegfried. Der Rosengarten. 208 S. Band VIII:
Das kleine Heldenbueh 2. Teil: Das Hildebrandlied. Ortnit. Hog-
dietrich und Wolfdietrich. 222 S. Band IX: Wolframs von Cschen-
bach Parzival und Titurel. I.Teil. 380 8. Band IX: 2. Teil. 379 S.
Band XI: Gedichte VVallhers v. d. Vogelweide. 208 S. Band XH:
Heliand. 186 S.
Schon diese trockene Inhaltsübersicht gibt eine Vorstellung
von dem Reichtum der vorliegenden Ausgabe, die aus der unend-
lichen Fülle von Simrocks W^erken eine ungemein glückliche Aus-
wahl trifl't; umfaßt sie doch nahezu alle Arbeiten des trefflichen
Gelehrten und Dichters, die bleibenden Wert besitzen, die längst
jedem Freunde unserer älteren Literatur wohlbekannt, ja unent-
behrlich waren und nur an dem einen Mangel erstaunlich hoher
Preise litten. Dem ist nun gründlich abgeholfen; für kaum den
sechsten Teil des früheren Betrages erhält man Simrocks vor-
züglichste Schritten in durchaus würdiger, handlicher Ausgabe mit
großem Druck, ausgewählt von einem der besten Kenner der
älteren deutschen Dichtung, von Gotthold Klee, der Simrock
selbst in dem untTmüdiichen Bestreben gleicht, die köstlichen
Schäfze jener alleren Zeit zu heben, ihre Heldensagen, Volks-
bücher, Kittergeschichten dem deutschen Volke und insonderheit
der deutschen Jugend zu Nutz und Frommen zu neuem Leben
zu erwecken.
In ansprechender Form erzählt uns Klee in der Einleitung
das Leben Karl Simrocks; es ist ein schlichtes Gelehrten-
und Dichterleben, das der Sohn und Sanger des Rheins geführt,
arm an äußern, reich an innern Erlebnissen, reich an geistiger
aogez. vou M. Niettki. 533
Arbeit, wie an häuslichem Glück, reichbegluckt auch durch den
aoregeoden Verkehr mit gleichstrebenden FreuDden und zahlreichen
zeitgenössischen Dichtern.
£rst im Alter von 42 Jahren trat Simrock selbst mit seinen
eigenen lyrischen „Siebensachen*^ als Dichter auf, von denen
uns Klee in geschickter Auswahl ein deutliches Bild gibt. Ent-
behrt der rheinische Sänger des Vorzugs einer stark ausgeprägten
Eigenart und Originaiitat, so hat er doch den Erfolg gehabt, daß
einige seiner Lieder, die sich durch Formvollendung, Gehalt und
neckischen Humor auszeichnen, bekannt geworden und geblieben
sind, ja eins, seine „Warnung vor dem Rheines schon längst in
allen deutschen Gauen gesungen wird. Das Hauptgeschenk seiner
Muse ist aber das gewaltige Amelungenlied, in dem der „trefl-
liche Vermittler zwischen deutscher Vergangenheit und liegen-
warf' die gesamte deutsche Heldensage (außer Nibelungen und
Gudrun), zu einem einzigen großen Heldenepos vereinigt, dem
Herzen des deutschen Volkes nahe bringen wollte. Hat der große
Umfang und wohl auch der teure Preis des Werkes den Verfasser
diese Absicht nur zum kleinen Teile erreichen lassen, so wird
die vorliegende Ausgabe mit ihrer verdienstvollen Einleitung
hoffentlich erfolgreicher diesem Zwecke dienen und ihm zunächst
die Schule, d. h. die Jugend erobern. (Erleichtert wird dies da-
durch, daß das Amelungenlied, wie alle andern Teile der vor-
liegenden Auswahl, auch in Einzelausgaben der Volksbücherei zu
den billigsten Preisen erschienen sind.) Schon mehren sich die
Stimmen der Kenner, die in Simrocks Amelungenlied ein Kleinod
7on hohem Werte, einen nationalen Schatz sehen, ja die es, wie
Max Koch, als das beste Heldenepos des 19. Jahrhunderts rühmen.
Als Übersetzer ist Simrock weit bekannter wie als Dichter;
wer kennt auch nicht seine Übertragungen des Nibelungenliedes
und der Gudrun, des Heliand und des Parzival, besonders aber
der Gedichte Walthers von der Vogel weide? Die ungemeine
Schwierigkeit der Übersetzung aus der älteren in die neue deutsche
Sprachform hat er, der als Gelehrter mit jener, als Dichter mit
dieser auCs vollkommenste vertraut war, mit Meislerschaft über-
wunden. Seine Anmerkungen und Erläuterungen zu Walthers
Gedichten und Wolframs Parzival werden ebenso wie die wert-
vollen Einleitungen des Herausgebers zu diesen und allen andern
Dichtungen gelehrten und uugelehrten Lesern willkommen und
von Nutzen sein.
Vor wenigen Jahren ist Simrock in seiner Vaterhtadt Bonn
ein würdiges, wohlverdientes Denkmal errichtest worden; möchte
diese Ausgabe dazu beitragen, die Blicke auf jenes Denkmal zurück-
zulenken, das der treffliche Gelehrte und edle patriotische Sänger
in seinen Schriften und Dichtungen sich selbst gesetzt und unser m
Volke hinterlassen hat.
Demmin. Max Nietzki.
534 H. Lodwigy Lateioisohe Phraseologie, ugz, von C. Stegmaoo.
HermaooLod wig, LateioischePhraeeologie. Unter Berncksichtigang
der Sprichwörter und Fremdwörter znsamniengestellt. Stattgart 1906,
Ad. Bons o. Co. 11 n. 163 S. 8. geb. 3,60^.
Die Yorliegende, alphabetisch nach Stich worteo geordnete
Phraseologie bevorzugt nach Angabe des Vorworts unter Aus-
scheidung der gewöhnlichen Wendungen vor allem moderne,
fremdsprachliche und sprichwörtliche Ausdrucke, da man
bei der Übersetzung schwierigerer und namentlich moderner
Themen ins Lateinische von den Wörterbüchern häufig im Stich
gelassen werde. Sie ist allem Anschein nach för den Gebrauch
der Schüler berechnet, da als Quellen vor allem die Schulschrift-
steller (neben Seneca und Quintilian) herangezogen sind. Für die
württembergische Heimat des Verfassers mag ein solches Schul-
buch seinen Wert haben, da unter den dortigen Verhältnissen den
Schülern bei den Übersetzungen in das Lateinische noch mehr
zugemutet werden kann; für norddeutsche Gymnasiasten, die sich
mit einfacheren Vorlagen begnügen und insbesondere auf die Über-
setzung moderner Texte so gut wie ganz yerzichten müssen, liegt
das Bedürfnis einer derartigen Sammlung nicht vor. Aber för
den Lateinlehrer haben die reichen und anregenden Zusammen-
stellungen des sprachkundigen und belesenen Herausgebers überall
ihren Wert; im Lateinunterricht der oberen Klassen kommt jeder
wohl einmal bei der Wiedergabe schwieriger Ausdrücke in Ver-
legenheit, und da bietet sich ihm hier ein eigenartiges Hilfsmittel,
das jedenfalls warme Empfehlung verdient.
Bin ich so mit dem Verf. hinsichtlich der ganzen Anlage ein-
verstanden, so kann ich allerdings im einzelnen manche Bedenken
nicht unterdrücken. GewiB denke ich nicht daran, einer eng-
herzigen Beschränkung auf den klassischen Sprachgebrauch das
Wort zu reden, zumal gerade für die hier berücksichtigten Wen-
dungen und Ausdrücke die späteren Autoren mit ihrer, ich möchte
sagen, schon mehr modernen Auffassung nicht selten treffendere
und schlagendere Parallelen in ihrer Ausdrucksweise bieten als
ein Cicero oder Caesar; aber'm. E. werden die nichlklassischen
Autoren hier über Gebühr bevorzugt. So wird nach Tadtus aber-
gläubisch = mobilis ad superstitionem, Furcht ablegen = metum
exuere, mit dem Tode bedrohen s= mortis metum intendere, kom-
mandieren = curare exercitum gesetzt; wenigstens hätte doch ein
superstitiosus, metum deponere, mortem alicui minitari, praeesse
exercitui nicht ganz unterdrückt werden müssen. Noch auffollender
ist es, wenn Horaz so oft ohne Not verwertet ist; seine dichteri-
schen Wendungen passen doch nicht ohne weiteres in die Prosa
hinein. Aus Horaz gibt L. *bei abnehmendem Monde' = minorem
ad lunam, 'Geld anlegen* = pecuniam ponere, ^ein vom Tiber
bespültes Landhaus ' = villa quamTiberis lavit, 'gesenkten Hauptes^
= posito capite, 'Wälder roden' = silvestrem agrum flammis
mitigare, silvas vomere pacare u. a. m.; überall hätte da doch auch
Th,Zitllnskif Di« Antike «id wir, aogei. von H. F. Müller. 535
woh] die klassische Prosa nicht versagt. Recht wenig will mir
freilich das nur aus Plaut. Herc. 27 (vgl. Schmalz Antib. s. v.)
belegte incogitantia =3 Geistesabwesenheit behagen; ebensowenig
poetische Wendungen, die dem Schöler dichterische Konstruktionen
zumuten, 2. fi. volgo dissidere = sich in Gegensatz setzen zum
Volke, qui contentus est pedibus quid daudere senis = Dichterling.
Manche der gegebenen Obersetzungen passen auch wohl für be-
stimmte Verbindungen und Zusammenhänge, aber doch nicht in
der Allgemeinheit, wie hier z. B. materia == Bindemittel, robustae
fores = Eichenboblen, geflissentlich = proprie, von Haus aus =
protinus, Charakter = constantia, ein Löwe, der Blut geleckt hat
= irritatus suppliciis (wenn supplicia auch in der Fundstelle Tac.
Aon. 6, 19 am Platze ist) oder gar eklatant = palam vorge-
fahrt wird.
Dazu einige Einzelheiten, die mir aufgestoßen sind. Was
soll der Benutzer mit 'abgestanden' = iatkog C. (Cicero)? *Sich
aussöhnen' heißt doch wohl in gratiam redire cum aliquo (nicht
alicuius). Ferner exuere = entwaffnen entspricht doch kaum dem
Sinne des Ausdrucks in der Fundstelle (Tac. Ann. 1, 2), ebenso-
wenig bono exemplo = in guter Absicht (Ann. 1, 38), gewiß nicht
tamquam referret = als ob dies irgendwie zur Sache gehörte (Ann.
6,2). Für 'höher hinauswollen' konnte auch plus quam civilia
agitare (Tac.) verwandt werden, für 'Liebhaber' Studiosus (Cic.
Cat. 3, 10), für 'nicht vorlassen' excludere (Cic. Cat. 1, 10). 'Wer
das Gluck hat, föhrt die Braut heim ' = vota omnium et gaudia
felicium ist ohne Kenntnis der bezuglichen Tacitusstelle (Ann.
13, 46) kaum verstandlich. Endlich fallen manche, wohl dem
Süddeutschen eigentumliche deutsche Wendungen auf, so: sich
abkämpfen mit (luctari cum), es gibt einem Anstand bei etwas
(ofTenditur aliquid in re), ausgeschämt, irgendwo bürgerlich werden
(ascribi in aliquam dvitatero), sich wohl daran machen bei jmd.,
sich zu einer Einheit durchdringen, Ebenenland u. a. m.
Obige Bedenken, die leicht erklärlich sind bei dem ersten
Versuche derartiger, aus lauter Einzelheiten bestehenden Zusammen-
stellungen, sollen natürlich den Wert des trefflichen Büchleins
nicht abschwächen, sondern möchten nur die Richtungen andeuten,
in denen eine Verbesserung möglich wäre.
Norden (Ostfriesland). Carl Stegmann.
Tb. Zielinski, Die Aotike und wir. Aotorisierte ObersetzuDCp vou
E. Scheeler. Leipzig 1905, Dieterichsehe Bochkandlaof^. 126 S. 8.
2,40 JC,
Acht Vorlesungen, gehalten vor einer Anzahl von Gymnasial-
and Realschulabiturienten zu St. Petersburg im Frühling 1903.
Der Inhalt gliedert sich in drei Kapitel: I. Der Bildung s wert
der Antike. Darin neben konkreten und überzeugenden Einzel-
ausfahrungen das zusammenfassende Wort Jean Pauls aus der
536 TJiakydidea, hflgb. v. Chr. Härder, angez. von S. Widma nn.
Levana: Die heutige Menschheit wurde in einen bodenlosen Ab*
grund versinken, wenn die Jugend auf dem Wege lum Jahrmarkt
des Lebens nicht den stillen Tempel des erhabenen klassischen
Altertums durchschritte. IL Der Kultur wert der Antike. ,»Die
Antike soll nicht die Norm» sondern eine belebende Kraft der
heutigen Kultur sein*^ Nicht ,,Norm'S sondern „Same^M sei die
Devise. IIL Die Wissenschaft von der Antike ist jetzt inter-
essanter als je vorher, sie beginnt jetzt erst ihr Gebäude auf dem
früher gelegten Fundament aufzubauen, neue zur Erforschung uud
Lösung lockende Probleme begegnen uns auf jedem Schritte
unseres Weges. — Die sehr ^nste Schlußbetrachtung beschäftigt
sich mit Gestalt und Aufgabe der höheren Schulen. Zielinski
mahnt, aber der Differenzierung die Integration nicht zu vergessen.
Er mahnt ferner: „Sie dürfen um Gotteswillen keine leichte Schule
fordern oder einführen, eine leichte Schule ist ein soziales Ver-
brechen'*.
Wenn auch die Vorträge manches enthalten, was nur auf
russische Verhältnisse gemünzt ist, so wird doch der deutsche
Leser vollauf seine Rechnung und Befriedigung finden. Die Ober-
setzung liest sich wie ein Original. Dem in Aussicht gestellten
größeren Werke, das denselben stolzen Titel führen wird wie
dieser Vorläufer, sehen wir mit Verlangen entgegen.
Blankenburg am Harz. H. F. Müller.
Tbukydides. Ausgewählte Abschoitte für den Scholgebranch bearbeitet
von Christian Härder. Teil 11: SehüIerlLommeDtar. Zweite, ver-
mehrte ond verbesserte Auflage. Leipftig 1907, G. Freytag. 104 S.
8. geh. 1 JC.
Dem in dieser Ztschr. Jahrgang 1906 S.511 kurz besprochenen
Texte ist jetzt der Schülerkonimentar in zweiter Auflage gefolgt,
der im Vergleich zur ersten Auflage (s. diese Ztschr. Jahrgang
1897 S. 611fr.) entschieden gewonnen hat Die bedeutende Er-
weiterung ist schon äuBerlich durch das Anwachsen der Seiten-
zahl von 34 auf 104 wahrnehmbar. Aber auch die Prüfung im
einzelnen zeigt, daß der Erklärer ernstlich bemüht war, den Be-
dürfnissen des Lesers hinsichtlich des Verständnisses der Sitze
und Wörter möglichst entgegenzukommen. Sachliche Erläuterungen
bietet der Kommentar, der in erster Linie der Vorbereitung der
Schüler dienen soll, nicht, außer wo der Text nur bei Sach-
kenntnis verständlich wird, z. B. bei dem Begriffe Tirttyeg. Mitunter
wird auch an inhaltlich verwandte Stellen aus der sonstigen Lektüre
erinnert oder eine Parallelstelle angeführt, z. B. Eurip. Suppl. 404 ff.
zu II 37, 1 xccrä nspiav. Statt der Fragen, die zuweilen an-
gewandt sind, würde eine kurze Erklärung ausgereicht haben.
S. 41 ist z. B. bei ijkTn^s nach der Bedeutung gefragt und auf
17, 3 des Textes und des Kommentars (S. 5) verwiesen, wo es
heißt: ^yiXniCeip hier nicht hoffen". Der Ausdruck „vox media''
E. Ziebartb« Rnltarbilder a. griecb. Stadteo, a^z. v. A. Fanck. 537
Utte bessere Dienste getan. In der ersten Auflage stand ganz
gut „erwarten"". An ^ktxiag fketixtuy VII 60, 3 ist zwar fest-
gebalten, aber die alte Bemerkung wiederholt Über die Berecb-
tigaog des Ausdnicks habe ich mich in der Besprechung der ersten
Auflage ausgesprochen. Es wäre ja ein Verlesen für vytelag oder
fvs&ag wohl möglich; aber es hat wenig Wahrscheinlichkeit für
sich, daß ein Abschreiber von einem näherliegenden Begriffe auf
einen auffallenden Ausdruck kommen sollte. Nochmals sei daran
erinnert, daß n^aßmeqok mitgefahren waren (VI 24,2) und
noQ %^q an Bord mußte (VII 60, 3. 62, 2 und 67, 2 XBqaaXoi),
gleichviel ob er Hoplit, Leichtbewaffneter oder Seemann war.
Der Schriftsteller will nicht sagen „alle Gesunden'', sondern
„alle Wehrhaften", womit selbstverständlich auch die Gesunden
einbegriffen sind; ^Xmia ist mit einem Worte der weitere
Begriff. Zu loben ist die Angabe von Buch und Kapitel am
Rande. Hier und da ist ein Druckfehler stehen geblieben, z. B,
S. 30 difiog sL ^igog.
Hadamar. S. Widmann.
Krieh Ziebartk, Raltnrbilder ans prieehiseheo Städten (Ans
Natur nod Geistetwelt 131. Bäadehen). Mit 22 Abbilduosen in Text
oad auf 1 Tafel. Leipzig 1907, B. G. Teobner. 111 o. 120 S. 8. 1,25 JC.
Vorlesungen, welche der Verfasser im Auftrage der Oberschul-
behörde zu Damburg gehalten hat, erscheinen hier nach sieben
AbschnitteD gegliedert in einer handlichen Buchausgabe. Nachdem
der einleitende Abschnitt, „Antike Archive'', über die urkundlichen
und monumentalen Quellen unterrichtet hat, aus denen wir jetzt
unsere Kenntnis der alten Kulturwelt zu schöpfen gelernt haben,
begleiten wir den Verfasser nach Thera, Pergamon, Priene, Milet
und zum Apollotempel von Didyma ; der etwas längere letzte Auf-
satz schildert namentlich auf Grund der Papyri griechische Städte
in Ägypten. Die geschickt getroffene Auswahl gibt so Bilder des
Lebens in einer Inselstadt, einer fürstlichen Residenz, einer klein-
asiatischen Kleinstadt, einer großen Handelsmetropole und ihrer
engen Verbindung mit einer der berühmtesten antiken Kultstätten;
offenbar konnte der Vortragende hier überall aus eigener An-
schauung sprechen. Die unglaubliche Fülle lebensvollster Einzel-
heiten, mit denen uns die Papyri beschenken, bewirkt, daß dieses
Kapitel die vorau^ehenden fast noch an Anschaulichkeit übertrifft
Wir hören Yorwiegend von der Zeit, in der Griechenland politisch
nach außen hin so gut wie nichts mehr bedeutete; und doch,
welch ein machtiger Strom hellenischer Geisteskultur durchflutete
immer noch bis in die römische Kaiserzeit hinein alle Gebiete
des Lebens!
Auch diejenigen, denen in der frischen Vortragsweise des
Verfassers diese Bilder noch farbenreicher erschienen sein mögen,
werden gern wieder zu seinem Buche greifen, um sich in ge-
538 2^iebarlb| Kulturbilder a. ^riech. Stidteo, a^s. v. Waeebter.
nauerer Betrachtung der vielen interessanten Einielheiten immer
aufjB neue bewußt zu werden, wieviel auch wir jener helleni-
schen Kulturwelt schuldig sind. Die beigegebenen Bilder freilich
werden nicht selten eine deutliche Vorstellung nur dem erwecken,
der den Gegenstand schon selber kennt; anstatt der Ruinenfelder
wäre wohl auch einmal ein Rekonstruktionsversuch vorzuführen.
Den weiteren Kreisen, in denen wir gerade diesem Buche zahl-
reiche Leser wünschen, wäre es auch erwünscht, wenn antike
Ausdrucke wie Drachme, Stater, Hemiekton, Delphinios durch uns
geläufige erläutert würden.
Sondershausen. A. Funck.
In der bekannten, bereits viele vorzügliche Stücke enthalten-
den Teubnerschen Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt*' bat
Ziebarth eine Anzahl in Hamburg gehaltener Vorträge über grie-
chische Kulturstätten veröffentlicht. In 7 Kapiteln enthält das
Bändchen treffende Schilderungen und Beschreibungen von Thera
(U), Pergamon (III), Priene (IV), Milet und Didyma (V und VI). Im
ersten Kapitel gibt Verf. ein anziehendes Bild von der Reichhaltig-
keit der aus den Ausgrabungen geschöpften Hilfsmittel für die
Kenntnis der griechischen Kultur und zeigt, wie nicht nur die
großen Staats-, Stadt-, Tempel-, Gerichts- und Familienarchive
und die mannigfachen andern größeren Inschriften, sondern auch
die kleinsten Bruchstücke, die unscheinbarsten Scherben usw. uns
Einblick in das Getriebe des antiken Lebens geben. Im letzten
Kapitel schließt sich eine recht reizvolle Obersicht über die ver-
schiedenen Arten von Papyri an, die durch gut gewählte Beispiele
vertreten sind und durch sich selbst schon ihren unendlichen
Wert für die Geschichtsforschung sowie auch für die Erklärung
der antiken Schriften dartun.
- Ziebarth bat unter Wiegand in Milet gearbeitet, er hat ihm
auch das Buch gewidmet und, wie wir glauben, mit Recht
Wiegands Geist weht aus allen den Städtebildern, seine feine
Kunst, das Antike wieder zum Leben zu bringen, zeigt sich auch
in diesen Aufsätzen Ziebarths. Besonders lebensvoll sind natür-
lich die Schilderungen ausgefallen, zu denen das Inschriftenmateriai
benutzt werden konnte, so Thera, Pergamon, Milet und Ägypten.
Es ist schade, daß nicht auch die Beschreibung von Priene, dem
Stolz der deutschen Archäologen, von der eben herausgekommenen
Inschriftenpublikation profitieren konnte. Im ganzen wohlgelungene
Abbildungen und Stadtpläne ergänzen den Text. Nur vom Theater
von Milet müßte man bei einer Neuauflage ein besseres Bild ein-
fügen; das vorliegende gibt nicht entfernt die imposante Wirkung
wieder, welche den Bau in Wahrheit als ein Wahrzeichen Milets
erscheinen läßt.
Den besten Platz findet das Bändchen jedenfalls in den
Büchereien unserer Schüler. Ich möchte wünschen, daß es von
Georg Cortias' griech. Sehalgrammatik, agi. von A. Fritscb. 539
ihnen recht eifirig gelesen wird. Aber auch sonst wird es für
die Kenntnis der antiken griechischen Kaltur großen Nutzen
stiften und verdient darum weiteste Verbreitung.
Hildburghausen. A. Waechter.
Georg Cartias' grieehisebe Seholgrammatik, bearbeitet ron W. v.
Bartel. 25. Aaflage von Riebard Meiat er. Leipiig 1906, G. Frey-
tag. geb. 2,40 Jt*
Die Neubearbeitung der Curüus-Hartelschen Schulgrammatik
durch Richard Meister bat schon nach wenig Jahren eine neue
Auflage nötig gemacht: ein Beweis dafOr, daß sie auch in dieser
veränderten Gestalt sich bewährt hat. Von Richard Meister war
es nun nicht anders zu erwarten, als daß er an der einmal über-
Dommenen Aufgabe sorgsam weiter arbeiten und sein Buch zu
löblichster Vollendung zu führen suchen werde. Das Ziel, das
er sich gesetzt, druckt er in den Worten aus: der Grammatik
ihren wissenschaftlichen Charakter zu erbalten und ihre Brauch-
barkeit für den Unterricht zu fördern. Sehen wir, wie Meister
dies zu erreichen strebt.
Zunächst fallt in die Augen, daß der äußere Umfang des
Baches vermindert ist. Statt 266 Seiten sind es nur noch 222.
Ton den 44 ersparten Seiten entfallen 18 allein auf die Über-
siebt ober den homerischen Dialekt. Hier bat der Verfasser die
ausführlichen Verbalverzeichnisse weggelassen, för die er auf das
Wörterbuch verweist. Ferner hat er zahlreiche Streichungen vor-
genommen, indem er mehr den Gesichtspunkt hervorhebt, nur
die Eigentümlichkeiten des homerischen Dialektes anzuführen, in
denen sich dieser vom Attischen unterscheidet. Die danach noch
übrig bleibenden 26 Seiten sind einerseits dadurch erspart, daß
die vielen dentschen Obersetzungen der Beispiele gestrichen sind,
außer wo sie zum Verständnis unbedingt nötig erschienen; hier-
durch ist jedenfalls viel Raum gewonnen. Andrerseits ist aber auch
das Format geändert; dieses ist größer geworden, so daß jede
Seite einige Zeilen mehr umfaßt Warum der Verleger diese
Änderung gewünscht hat, ist nicht wohl verständlich. Für den
Schüler, der das Buch in seiner Mappe unterbringen muß, ist es
dadurch nicht bequemer geworden. Dafür ist in typographischer
Beziehung eine wesentliche Besserung zu verzeichnen. Der Druck
der Anmerkungen und vieler Verzeichnisse von Verben ist größer
und damit trotz aller früheren Schärfe der Lettern für das Auge
zuträglicher geworden. Befreunden kann ich mich nur nicht mit
einer gewissen Sorte kleiner x, wie sie in manchen Anmerkungen
gebraucht sind (z. B. § 30 der Dual (rx»a und vi%0L). Auch er-
scheinen mir an gleicher Stelle Spiritus und Akzente zu winzig.
Daß der Obersichtlichkeit halber viele typographische Änderungen
von dem Herausgeber vorgenommen sind, verdient besondere
540 Georg Cartius' griechische Schulgramuatik,
Hervorhebung; denn geschickte äuBere Anordnung erhöht sehr die
Brauchbarkeit einer Schulgranimatik.
Aber die Verbesserungen beziehen sich nicht nur auf das
Äußere. Durch das ganze Buch hindurch linden wir fast Seite
für Seite die sorgsam feilende Hand, die hier etwas streicht, dort
etwas hinzufögt. Und zwar sind gerade der Zusätze nicht wenige.
Mancherlei Anregungen dazu sind dem Verfasser aus der Praxis
von Kollegen ^uteil geworden. Es verdient auch dies hervor-
gehoben zu werden, da sich häufig genug Kritiker finden, die
alles^ besser wissen, aber wenn man dann bittet, die WQnsche
auf Änderungen genauer formulieren zu wollen, fehlt es nicht an
ausweichenden Redewendungen, und zu einem positiven Ergebnis
ist schwer zu gelangen. Die einzelnen, wohlüberlegten Änderungen
anzuführen hat nicht viel Zweck. Man wird sie durchweg als
Verbesserungen anzusehen haben. Dabei mögen sich immerhin
in der Praxis noch Wünsche nach anderer Ausdrucks weise geltend
machen. Einen Stillstand wird es hier nie geben, er ist auch
nicht zu wünschen. Hervorheben möchte ich nur noch, daß viel-
fach die Beispiele vermehrt und namentlich in der Kasuslehre
erwünschterweise ganz neu hinzugefügt sind, wo man sie früher
ungern vermißte.
Die Zusätze in der neuen Auflage sind aber nicht nur prak-
tischer Art, wir finden auch gar manche wissenschaftliche, die
das Verständnis für den Zusammenhang der Dinge erleichtern und
Lehrern wie denkenden Schülern zu mannigfacher Anregung dienen
können, z. B. die Anmerkung zu den Personalendungen § 77.
Einschneidendere Änderungen in der Formenlehre wie etwa strenge
Durchführung der Lehre von der Stammabstufung nach neuerer
Auffassung oder die richtige Erklärung von Formen wie dccifjbotfi,
&Qdaog bat Meister nicht aufgenommen. Er hat wohl seine Be-
denken gehabt, in dieser Beziehung radikal vorzugehen, da er die
Abneigung kennt, die namentlich in neuerer Zeit gegen stärkere
Hervorkehrung des wissenschaftlichen Charakters von Schulbüchern
gehegt wird. Die Sorge, der Unterricht könne zu wissenschaftlich
werden, hat ja die letzten sogenannten Schulreformen beherrscht
und dementsprechend die Lehrbücher beeinflußt. Ein kleiner
Rückschlag ist in den letzten Jahren eingetreten, und so darf
wohl auch wieder der Wunsch nach stärkerer Betonung des
Wissenschaftlichen geäußert werden. In der lateinischen Schul-
grammatik, wenigstens in der von Ellendt-Seyfiert-Fries, scheint
ja der Abusus für alle Zeiten festgehalten zu werden, sich mög-
lichst unwissenschaftlich auszudrücken. Im Griechischen ist das
seit Georg Curtius anders geworden. Hier kann nur die Frage
aufgeworfen werden, ob die Ergebnisse der Forschung praktisch
verwertbar sind und ob sie so sicher stehen, daß sie in eine
Schulgrammatik aufgenommen zu werden verdienen. Und die
Entscheidung darüber darf man getrost einem so bedeutcDden
aogex. voD A. PritscB. 541
Gelehrten und gewiegten Schulmanne, wie Meister es ist, über-
lassen.
Aber auch noch auf etwas anderes m5chte ich bei der Ge-
legenheit hinweisen. An eine griechische Schulgrammatik, die
durch die ganze Schule hindurch gebraucht wird, sollte nicht die
Forderung gestellt werden, wie sie immer von neuem erhoben
wird, dafi sie im wesentlichen nur Memorierstoff enthalte. Ohne
Zweifel ist das, was gelernt werden muß, kurz und knapp aus-
zudrücken, durch übersichtlichen Druck ist das Lernen möglichst
zu erleichtern, aber daneben darf in Anmerkungen manches ge-
boten werden, auf das in den Oberklassen gelegentlich zurück-
gegriffen werden kann. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß
Meister im wesentlichen nach diesen Grundsätzen verfahren ist
Eine Meinungsverschiedenheit kann sich höchstens in bezug auf
das Maß geltend machen, das bei solchen Bemerkungen wissen-
schaftlicher Art zu beobachten ist. In Erwägung zu ziehen ist
auch, daß der Lehrer, der oft nach jahrelanger Unterbrechung
den Unterricht wieder bekommt, sich gern von dieser oder jener
Bemerkung leiten lassen wird, seine Erinnerung aufzufrischen;
daß er auch gern sich vergewissert, ob die wissenschaftliche Auf-
fassung inzwischen sich nicht geändert hat. Oder er si^ht sich
auch in Fällen, die ihm Zweifel erwecken, veranlaßt, weiter nach-
zuforschen. Fehlt solche Anregung, dann bleibt leicht manches
Samenkorn ungenutzt liegen. Und wie mancher nachdenkende
Schuler wird auch seinerseits Gewinn aus solchen Bemerkungen
ziehen! Ich würde es daher meinerseits gern sehen, wenn Meister
sich entschlösse, noch diese oder jene erläuternde Bemerkung
hinzuzufügen. Vornehmlich die § 9—12, auf die durch das ganze
Buch hindurch verwiesen wird, können noch manches aufnehmen,
was deshalb doch nicht über den Rahmen der Schule hinauszu-
gehen braucht. Aber auch sonst läßt sich an manchen Stelleu,
besonders auch in der Übersicht über den homerischen Dialekt,
ein nützlicher Zusatz machen.
Von einschneidenderen Änderungen ist weiter anzuführen,
daß Meister bei der Lehre vom Gebrauche der Tempora aus der
Terminologie der wissenschaftlichen Grammatik die Ausdrücke
„Aktionsart^' und „punktuell'^ statt „Zeitwort*' und „eintretend*'
aufgenommen hat, wie sie auch in andern Schulgrammatiken zu
finden sind. Ich möchte fast glauben, daß manche ungern die
deutschen Ausdrucke aufgegeben sehen. Gänzlich umgearbeitet
hat Meister das Kapitel über den Genitiv, um möglichste Überein-
stimmung mit der lateinischen Schulgrammatik zu erzielen. Er
trennt daher den eigentlichen Genitiv von dem ablativiscben und
unterscheidet bei dem ersteren den genetivus possessivus, ob-
iectivus, partitivus und qualitatis, bei dem ablativischen den gene-
tivus comparationis, materiae, causae, pretii und teniporis. Den
Schluß bildet der genetivus bei Komposita. Wie mir scheint,
542 K. Scheokl, Griech. Elementarboch, an^ez. voo 6. Sachse.
enthält diese Anordnung mit ihrem steten Hinweis auch im ein-
zelnen auf das Lateinische eine wesentliche Verbesserung, sie ist
wissenschaftlich und praktisch zugleich, wie ja meistens die Aus-
nutzung wissenschaftlicher Ergebnisse auch eine Vereinfachung für
den Schöler mit sich bringt. Somit können wir auch dieser Auf-
lage nur die besten Wunsche für weitere Verbreitung mit auf den
MTeg geben.
Hamburg. A. Fritsch.
Karl Sehenkly Griechisches £lemeDtarbach. Im Anschlofi ao die
rüofaodzwaDzigste Aoflage der Griechischen Schalgrammatik von
Cartias-v. Hartel bearbeitet von Heiorich Scheokl und Florian
Weigel. Zwanzigste AoBage. Wien 1 906, F. Tempsky. 240 S. 8.
2 ir 25 A, geb. 2 i? 85 A.
Dieses Buch enthält den Obersetzungsstoff für das ganze
grammatische Pensum, S. 3 — 69 in 252 Abschnitten für die
Formenlehre in griechischen und deutschen Einzelsätzen und zu-
sammenhängenden Stucken, S. 77 — 90 in deutschen Einzelsätzen
für die Syntax, und zwar für die des Verbs in 10 Stöcken S. 77
-84 und für die Kasuslehre in 12 Stücken S. 84—90.
Im zweiten Teil werden auf S. 93 — 145 zu den voraus-
geschickten LesesLücken die Vokabeln und erklärenden Anmer-
kungen gegeben; daran schließen sich Wörterverzeichnisse, S. 146
— 202 ein griechisch- deutsches und S. 202 — 240 ein. deutsch-
griechisches.
Der grammatische Stoff aus der Formenlehre ist so geordnet,
daß zunächst die Deklinationen, die Pronomina, Komparation, Zahl-
wörter und dann erst die Konjugation der regelmäßigen und der
unregelmäßigen Verba eingeübt wird. Zwar sind in den Lese-
stöcken för die Einübung der Nominalflexion auch Verbalformen
verwendet. So wird der Indikativ des Präsens Aktivi nebst In-
dikativ schon in Stück 1, das Passiv dazu in Stuck 13, das Im-
perfekt Aktivi in Stuck 30» das Passiv in Stück 40, das Partizip
Praesentis Aktivi in Stück 32, der Indikativ des 1. Aorist Aktivi
und Medii in Stück 61, sämtlich von Iva, und die Bildung des
Indikativs des 1. Aor. Akt. und Med. von Xiyoa, ygatpa^ tpsvöta^
\pevdoikai in Stück 68 gelernt; aber trotzdem werden die Aorist-
formen ähnlicher Pura- und Mutastämme immer wieder erklärt
und übersetzt. So werden die Verbalformen in 68: er hieß, er
zog zu Felde, er hinderte, er hatte erlegt, er besänftigte in den
Anmerkungen durch die Aoriste der betreffenden Verba übersetzt.
Das gleiche Verfahren wird in den Anmerkungen zu 69, 73, 75,
77, 78, 81, 85 und 91 beobachtet Da erst mit Stück 96 die
systematische Einübung der Konjugation beginnt, so entbehren
die Sätze in den vorausgehenden Stöcken der Mannigfaltigkeit. Dies
erscheint mir als ein Mangel des sonst sorgfältig gearbeiteten Buches.
Charlottenburg. Gotthold Sachse.
Weiflcnfels, Answ. a. d. griech. Philos., ags. y. Gillifl'eliewski. 543
0. Weifienfels, Aoswahl aas d«o griechischen Pbilosopheo.
Teil II: Aoswnhl aos Aristoteles ond deo oachfolgeadeo Philosopheo.
Text (IV a. 122 S.) und KonmeaUr (IV n. 110 8.). Leipzig 1906,
B. 6. Tenbner. 8. je 1,20 Ji,
Seiner Chrestomathie aus den Platonischen Schriften hat
0. WeiBenfeis eine Sammlung von StQcken aus Aristoteles, Epiktet,
Marcus Aurelius, Epikur, Theophrast, Plutarch und Lukian folgen
lassen, die ihm geeignet schienen, die Schüler des Gymnasiums
mit den Hauptstücken der griechischen Philosophie nach Piaton
bekannt zu machen. Es kann sich dabei natürlich nur um die
oberste Klassenstufe handeln, da ja wohl niemand an die Lektüre
dieses Buches herangehen wird, ohne vorher mit seinen Schülern
den Piaton traktiert zu haben. Und da erhebt sich gleich zu An-
fang eine Frage von großer Bedeutung. Wodurch soll für diese
Lektüre Zeit gewonnen werden, d. h. was soll ihr weichen? Die
Antwort wird nur so lauten können, daß in Oberprima anstatt
der bisher gelesenen Platonischen Dialoge, d. h. in erster Linie
doch wohl des Phaidon, das neue Buch eintreten müßte und daß
der Lehrer vor die Frage gestellt wird, ob er den Ertrag der
Denen Lektüre für ebenso bedeutend erachten kann als den
früher mit dem Phaidon oder einem ähnlichen Werke Piatons er-
zielten. Wird nur auf die Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit des
Stoffes gesehen, so wird unbedingt die Wage sich der neuen
Chrestomathie zuneigen; kommt anderes mit in Rechnung, so
wird die Entscheidung nach der subjektiven Anschauung des
einzelnen verschieden ausfallen. Man wird jedenfalls gut tun,
Berichte über etwaige Proben mit dem vorliegenden Buche ab-
zuwarten, ehe man ein endgültiges Urteil abgibt.
Die sprachlichen Schwierigkeiten der neuen Lektüre scheint
mir WeiBenfeis jedenfalls unterschätzt zu haben, wenn er sagt,
er hoffe, daß mit Hilfe des in seinem Kommentar Gebotenen die
Schüler der Schwierigkeiten der Texte Herr werden würden, ich
glaube doch, daß es intensivster Arbeit in und außerhalb der
Schule bedürfen wird, um mit diesen zum Teil ziemlich spröden
Stoffen zu einem befriedigenden Resultate zu gelangen, und werd«;
das in den nachfolgenden Zeilen zu beweisen versuchen^).
Ich bespreche zunächst den Textband. Da ist es für jemand,
der Weißenfels kennt, selbstverständlich, daß seine Auswahl allen
Anforderungen, die man an eine geschmackvolle und bildende
') iDzwiflcheo bemerkt £. Grünwald in den INeneo Jahrbüchern (1907
XX 1): Ander» als W. denke ich freilich über die Schwierigkeit des Autors
(d. i. Aristoteles). Der Kommentar läfit hier grammatische und syntaktische
Winke mehr als anderswo scbmerzlich vermissen. Daß sie cn geben Sache
des Liehrers sei, könnte man mit mehr Recht von den sachlichen Erklärungen
ood Cfbersetznngshilfen sagen. Die Schüler haben mit dem knappen, um
schone Diktion oubekümmerten Kollegienheftstii ihre schwere Not. Dazu
kommt, daß die Ausschnitte nicht immer fugenlos sind ood für das Ver-
ständnis nötige Zwischenglieder aaslassen.
544 0. WeifleofeU, Attftwahl ins dea grieehisehen Pkilosopken,
Lektüre zu stellen berechtigt ist, im weitesten Sinne genügt, wo-
bei naturlich nicht ausgeschlossen ist, daß die gewählten Stucke
an sich von sehr verschiedenem Werte sein können. Aristoteles
nimmt den breitesten Raum ein: er ist mit der Nikomachischen
Ethik, Rhetorik, Politik und Poetik vertreten (S. 1 — 56). Ich hebe
einige besonders wirkungsvolle Stucke hervor. HO: Die Freund-
schaft (Nik. Eth. VIII 1. 3. 4), 11 1 : Charakteristik der Lebens-
alter (Rhet. II 12 — 14), III 1: Ursprung und Wesen des Staates
(Pol. I 1. 2), III 2: Beurteilung des Platonischen Idealstaates
(Pol. U 1 — 5). In Stück III 3 ist, worauf mich Herr Professor
L. Martens in Elberfeld freundlich aufmerksam machte, die Partie
von aviitßaivBi bis zä onXa zu streichen. III 4: Der beste Staat
(Pol. IV 11^) und sämtliche Stücke aus der Poetik. Im 8. Stück
derselben ist wohl xofAfAog statt Tco^ftog zu lesen. Im 12. Stück
kann ich mich mit dem Anfang des jetzt üblichen Textes nicht
befreunden, wo es heiBt: IS«» di ^&og iiiv, iop noi^ ifavaqov
6 Xoyog ^ ^ nga^ig nQoalQsalv tivccj XQV^'^^^ ^^« ^^^ XQV^^^'
Ich lese immer noch lieber wie Bekker, bei dem hinter dem
Worte tiva noch steht: (pavXov ^kiv^ iäv (pavXiiv usw., und bei
dem es statt (pavsQOV heißt ^avBqdv*
Epiktet ist mit dem iyx^^Q^^^ov und den diavQtßai ver-
treten. Ich nenne aus dem ersten Werke besonders folgende
Stucke: 3. Nicht die Dinge selbst, unsere Meinungen von den
Dingen machen uns unglücklich, 14. Man kann nichts erwerben,
wofür man nicht den entsprechenden Preis zu zahlen gewillt ist,
17. Sich bei allem Tun die Bedingungen des Gelingens klar
machen — ein Stück, das für die zerstreuende Vielseitigkeit und
die Veränderungssucht der modernen Menschen außerordentlich
belehrend ist (man vgl. äv&^Qume^ nqmov iniax€ipa$f onotov
icfii TO TtQayfjka* sha xal z^v (feavzov wvdtv xavdika&s^ et
dvvaaai ßaazdaak^ ferner: dkXog yäq nqog aiXo niq>vxB\ und
endlich: Iva ce dsX äv&Q<anov ^ äya^or ^ tcccxop slvai' ^ t6
^yefAOvtxop OB dst i^eQyd^ea&at to aavzov ^ zä ixzog ij nsQt
zä 60(0 ifiXoxsxvetv ^ neql zä i^od' zovi* saziv ^ g>tXoc6ipoif
zd^tp inixB^v ij lömizov), 18. Die wahre Gottesverehrung,
24. Nachsicht üben gegen die, die uns Übles tun. Aus dem
zweiten Büchlein seien genannt: 2. Der Mensch, ein Kind Gottes,
4. Calamitas virtutis occasio est und 6. Ober den Selbstmord.
Marcus Aurelius wird jugendlichen Gemütern vielleicht
weniger zusagen trotz seiner feinen und milden Weltanschauung,
doch gibt es auch hier Glanzstellen. So Stück 19: Die Länge
des Lebens ist gleichgültig, 14. Seliges Sterben, 111: Pbilosophia
vitae dux, 114: Die rechte Verfassung des Innern, wo in der
Stelle zi z6 öetra ngdaasi zu lesen ist o-dsTva (vgl. in dem-
selben Stück die Stelle (fccrza^ogAepov, zi nozB aXXog Xiyst ^
nqdaCB^ ^ ötavoBlzai).
^) Im Text steht irrtümlicli VI 11.
angez. voD H. Gillische wki. 545
Von Epikur wurde ich alles Gebotene lesen bis auf die
Spruchsatnmlung, die mir schwer und unergiebig scheint. Nicht
leicht, dafür aber um so Interessanter sind die Abschnitte aus
Theophrast : Der Schmeichler, Der [AefAipifAOtQogj Der fnxQoXoyog.
Plutarchs Consolatio ad uxorem könnte meiner Meinung nach
sehr woht fehlen. An ihr ist nichts Besonderes als die ruhrende
Schilderung der kleinen Charakterzöge der verstorbenen Tochter.
Dagegen ist die Consolatio ad ApoUonium, die zum Teil an Piatons
Axiochos anklingt, yortrefflich; auch Stuck 6 (Auch das Unglück
ist zu etwas gut) ist brauchbar.
Lukian beschließt mit zwei charakteristischen Stücken den
Reigen: Timons Fluch; Die lächerliche und widerspruchsvolle
Nichtigkeit des menschlichen Lebens.
So viel steht fest: die Auswahl ist groß genug, daß man
auch in dem Rahmen derselben nach Geschmack und Neigung
wählen kann. Diese Eigenschaft sollte übrigens jede Chrestomathie
haben.
Nun zum Kommentar.
Sein Bestes sind die zusammenhängenden Charakteristiken.
Hier zeigt sich die an Weißenfels längst geschätzte Tiefe des Ver-
ständnisses, seine umfassende Belesenheit und vor allem sein be-
neidenswertes Geschick, schwierige Dinge in bewunderungswürdiger
Klarheil und glänzender Sprache für Schüler lesbar und inter-
essant zu gestalten, in mustergültiger Weise. Was hier in den
„Vorbemerkungen" über Aristoteles, den Stoizismus und Epikureis-
iDUs und dann in den kurzen „Einleitungen'' über Epiktet, Hark
Aarel, Theophrast, Plutarch und Lukian gegeben ist, kann ich
ohne Ausstellung und Einschränkung vortrefflich nennen.
Hit den sachlichen Erläuterungen des Kommenlars wird
man zufrieden sein. Sie sind auch im ganzen ausreichend. Die
sprachliche Erklärung ist aber meiner festen Oberzeugung nach
zu kurz gekommen. Hier hätte Weißenfels mehr geben dürfen,
sogar wohl müssen. Allerdings hat neulich H. Draheim in der
Besprechung eines Schälerkommentars zu Piatons Apologie und
Kriton gesagt, nur die Ausnahmen dürfte ein Kommentar er-
läutern, denn: Grammatik sollte freilich einer können, wenn er
Piaton liest. Aber wir wissen ja doch auch, daß „Ausnahmen'*
und „Können'' sehr dehnbare BegrilTe sind und daß unsere Jungen
leider recht viele Hilfe brauchen. Aus der reichen Fülle von
Stellen, zu denen ich wohl eine erklärende Äußerung gewünscht
hätte, gebe ich einige Proben. S. 11 (im Text) steht: oi>x eazip
^a&^yai t^v xov öixaiov (lii opia ölxaiov oväi ifjp zov
fiovatxov fiTJ ovta fAOva^xov, Was macht der Schüler mit r^v
tov dixaiov^ Ähnlich ist es auf S. 14 mit dem Satze: dö^sie
d' UV xal efvat IxaCtoq xovxo, tlntq xö xvqiov xai äfistpop.
Unverständlich bleibt ohne Kommentar sicherlich der Satz auf
S. 35: xaitot noxsqov ovxui xqaXtxov %6 ifior Xiyeiv txadtov^
Z«iuehr. t d. OjauMaialweMB. LXI 7. 35
516 Sophokles' Oid. Tyr., hsgb. v. Hüter; aogez. von W. Gemoll.
TO avTO fiiv nqoGayoQBvovxaq dioxti-toav xal fAVQioav, ^ ikalXov
(ig vvv iv %atg nolscft to i^ov liyova&; Wer versteht ohne
weiteres S. 88 bei Mark Aurel: i(p* ^fiäv di noaa alla ststi^
d*' a noXvQ o änaiXaxtuSv i^ficSv? Oder S. 93/94: äp&Qtanog
Teraf/tit^og nqog t6 yiv€<f&a$ d«' otov d^ t6 xoiv^ avfiq>iQOVy
oder den dritten von den Spröchen Epikurs?
Ich glaube, Weißenfels selbst würde, hätte er sein Buch im
Unterricht länger erproben können, den Kommentar erweitert
haben. Empfehlenswert und nützlich wäre es sicher, bei schweren
Stellen auch die lateinische Übersetzung der Akademieausgabe im
Kommentar abzudrucken.
Die Interpunktion im griechischen Text geßllt mir nicht
überall; auch hier wäre wohl eine Revision geboten.
Auf S. 43 Zeile 5 (v. u.) muß das erste Wort heißen slyat.
Auf S. 66 Zeile 7 (v. o.) hat /i^ keinen Akzent. S. 55 letzte
Zeile lies am Anfang eoixev S. 74 Zeile 1 (v. o.) lies sL
Endlich bemerke ich noch, daß mir im Kommentar auf S. 101
die Erklärung zu aipsXsXv TCQoxvda überflüssig scheint. Es steht
da: es galt das als ein Symptom schwerer Erkrankung. Das hat
doch mit der Auffassung unserer Stelle nichts zu tun.
Alles in allem dürfen wir zuversichtlich sagen, daß auch
dieses Werk des unermüdlichen Mannes sich mit allen Ehren den
übrigen Kindern seines Geistes hinzugesellt hat.
Berlin. H. Gillischewski.
Sophokles' Oidipas Tyranoos. Dritte, i^äozlich umg^earbeitete Anflage.
Herausgegeben vod Schubert und Hüter. Mit 11 Abbildaogen.
Leipzig 1907, G. Preytag. LXT u. 58 S. 8. geb. 1,20 JC.
Das hier Gebotene zerfällt in drei Teile, den Text, die all-
gemeine Einleitung über das griechische Drama und Theaterwesen
und die Vorbemerkungen zum Oidipus Tyraunos.
Der Text ist im allgemeinen der von Wolff-Bellermann, der
den Zwecken der Schule entsprechend behandelt wurde, d. h. es
wurde nicht bloß eine äußere Gliederung hergestellt durch darüber-
gesetzte, ausgeschriebene Namen neuauftretender Personen, durch
Kennzeichnung der Abgänge und der Gedankeneinheiten, sondern
es wurden alle Lücken ausgefüllt, eine strengere metrische Re-
sponsion hergestellt und eine einheitliche Orthographie angestrebt.
Von diesen Ausnahmen abgesehen, darf der Text als konservativ
bezeichnet werden. Freilich dürfen wir nicht vergessen, daß der
Text des Oidipus «Jung und unsicher überliefert ist" (v.Wilamowitz
Obersetzung des öd. S. 83), wie denn ein in Oxyrhynchos ge*
fundener Fetzen die Verse 376 und 434 ebenso verdorben ent-
hält wie unsre Hss., daß in vielen Fällen „das eine so gut über-
liefert sein kann wie das andre'S daß man „nicht nach äußeren
Kriterien, sondern nach dem Werte der Lesarten auswählen mufi^^
(v.Wilam. a. a. 0. S. 82. 83). So kann z. B. v. 229 aßXaß^g ebenso
R. Ag^ahd, Attisches Obongsbuch, angei. von 0. Kohl. 547
richtig sein wie das von Höter bevorzugte ä<f(paXijg^ so halte Ich
V. 425 oif ih(f6i(r€ig, desgl. v. 217 toS S-et» für richtiger als a a'
ititfdasi und tj[ vocda usw. Ja man kann ilberhaupt fragen,
ob Huter recht daran tat, von Wolff-Bellermann auszugehen;
wenigstens v. Wilamowitz bezeichnet die erklärende Ausgabe von
Bruhn als diejenijse, welche dem ihm vorschwebenden Text am
nächsten komme. Aber hier ist ein Land der unbegrenzten Mög-
lichkeiten, und Höter tat doch wohl klug daran, aus dem von der
Wissenschaft nach mancherlei Methoden bestellten Acker besonnen
das, was der Schule frommt, einzuheimsen.
Die allgemeine Einleitung gliedert sich in folgende Ab-
schnitte: 1. Ursprung und Entwicklung der griechischen Tragödie,
2. Leben und Werke des Sophokles, 3. Bau und Wesen der Tra-
gödie, 4. Metrisches, 5. Theaterwesen in Athen. Diese Einleitung
kann natürlich jedem Sophokleischen Drama vorangeschickt werden
and findet sich auch, wie hier, so in der Aias-, Antigone- und
Elektraausgabe des Tempsky-Freytagschen Verlags. Das hat sein
Gutes gehabt; denn diese Einleitung ist seit der Aiasausgabe immer
wieder durchkorrigiert und inhaltlich bereichert worden, so daß
der Verf. nun eine „gewisse, wenn natürlich auch elementare Voll*
ständigkeit'' erreicht zu haben hofft. Das soll ihm gern zuge-
standen werden. Höher schätze ich ein andres Verdienst. Dieser
Teil des Buches ist für den Lehrer, der Schüler kann ihn nur an
der Hand und nach Auswahl des Lehrers genießen. Somit kann
der Lehrer erwarten und verlangen, daß ihn der Verf. wieder in
den Kontakt mit der Wissenschaft, der sich leicht im Getriebe
des Dienstes lockert oder gar verloren geht, bringt. Selbstver-
ständlich kann sich der Lehrer, der Sophokles mit Primanern
liest, nicht auf diese Einleitung beschränken, aber als allgemeine
Orientierung über die in Betracht kommenden wissenschaftlichen
Forschungen und Fragen leistet sie in der Tat ganz vortreffliche
Dienste. Soll ich auch hier die sauer blickende Miene des Ke-
zensenten aufstecken, so sei die Bemerkung gestattet, daß Teil 4
,,Metri8ches'' eigentlich wohl an die fünfte Stelle rücken und aus-
führlicher werden müßte; das Gefühl für Metrik bei Schülern
wu*d gewöhnlich überschätzt.
Ib den „Vorbemerkungen zum Oidipus Tyrannos'* behandelt
der Verf. 1. die Vorgeschichte, 2. den Aufbau, 3. Idee und
Charaktere. Ich habe hier zu Ausstellungen keinen Anlaß ge-
funden.
Liegnitz. Wilh. Gemoll.
R. Agahd, Attisches Obuo(^sboch. Anhang: Maße, Münzen u.a., Ge-
schichte der griechischen Literatur and Philosophie. Göttingeo 1905,
Vandeohoeci[ dr Roprecht. X u. 154 S. 8. geb. 2,40^.
Seiner „Attischen Grammatik*^ bat Agahd rasch das dieselbe
verwertende Obungsbuch folgen lassen, indem er annimmt, daß
35*
548 ^- Agahd, Attisches Cboogsbach,
ZU gleicher Zeit Xenophons Anabasis von Anfang an gelesen
wird. Nach Hornemanns Plan sollte die ganze U III und 0 III mit
dem „homerischen Stofif^' ausgefüllt werden; Agahd hält 1| Jahre
für ausreichend, so daß im zweiten Halbjahr der 0 III nur wenige
Stunden für Repetieren von Homerlektüre verwendet werden.
Mit dem zweiten Halbjahr der 0 III beginnt also nach ihm der
attische Kursus, und zwar wird in 0 III die Formenlehre bis zu
den y. fit einschließlich oder auch bis Ende der unregelmäßigen
Verben einschließlich erledigt, in U II ev. die unregelmäßigen
Verben, die Genera v. u. Modi und Kasus, in 0 II neben den
Hellenika der Infinitiv, das Partizip und die Satzarten. Im
Reformgymnasium reicht nach Agahds Meinung ein Jahr U II für
den homerischen StolT aus, in 0 II würden neben Xenophons
Anabasis I— IV die Formenlehre und die Syntax bis zum Infi-
nitiv, in U I der Rest erledigt. Ob der die Reformgymnasien
überwachende Geheimrat Reinhardt der Homermethode, welche
er früher von diesen bestimmt ausschloß, eine Probe an den
betreffenden Anstalten gestatten wird, ist abzuwarten. Agahds
grammatische Verteilung ist ja theoretisch möglich, bringt jedoch
zu viel grammatischen Stoff noch nach U I; ein praktisches
Übungsbuch aber kann nicht für Schüler von U II—U I in gleicher
Weise gut sein wie für Schüler von 0 HI — 0 II. Das Buch
bietet nur deutsche zusammenhängende Stücke mit einer am
Schluß stehenden Aufführung der zu je einem Stück notwendig
scheinenden Vokabeln, und zwar schließen sich die 32 Stücke
des ersten Teiles S. 1—34 (2. und 1. Deklination bis unregel-
mäßige Verben) und die 31 Stücke des zweiten Teiles S. 57 — 87
(Genera und Modi, Kasus, Infinitiv und Partizip) inhaltlich ziemlich
genau an Anabasis I u. II bezw. III u. IV, die 13 Stücke des
dritten Teiles S. 88—103 (Satzarten) an Hellenika I 7 u. II 1—4
an. Immer sind übersichtlich in der Oberschrift die Paragraphen
der Grammatik und die Paragraphen der griechischen Lektüre
angegeben. Aber die Stücke 7 u. 8 „Charakteristik des Kyros'%
sowie 14 u. 15 des ersten Teiles „Ober Klearch und MenoD'S
welch letztere zwischen „Lektüre Anab. I 4, 1 — 17'' und „Lektüre
Anab. 1 4, 17 — 5,10'' stehen, tragen die Oberschrift: „Lektüre:
Ohne bestimmte Anlehnung", schließen sich jedoch an An. f 9
u. II 6 an, nur daß wegen des grammatischen Pensums in 7 u. 8
mehr Adjektiva, in 14 u. 15 Worte wie „ersinnt", „schrie"
„Schwache und Kranke" (diOj eu), ow) eingesetzt sind. In I 16
opfern die Priester erst nach Oberschreitung des Euphrat dem
Flußgott und gar nicht vorher; auch „wurde von den Barbaren
ein Hügel aufgeschüttet, und Steine, die aus den Bergen gebrochen
waren, wurden hinaufgeschleift, von Priestern gesalbt". In I 1
steht ,,Proxenos schickte einen Boten zu Xe. nach Athen'*, in II 1
richtig „einen Brief". II 2 Xe. war von Sokrates nicht „beauf-
tragt" worden, als er nach Delphi ging; dann „S. entließ Xe., ob-
aogez. voD 0. Kohl. 549
gleich mit Zoro ond Trauer*^ Die RedeD Lysanders und eines
Äbydeners nach der Schlacht bei Aigospotamoi III sind durch
»sagt*' i,sagle folgendes** als echt fiberliefert hingestellt; ebenso
die frei erfundene und z. T. unwahrscheinliche Ansprache des
Tberamenes an die Athener III 8. Orontas I 18 ist nach Meinung
einiger von Sklaven getötet, aber doch nicht „abgeschlachtet*'
wonjeo.
Die Paraphrase ist im ganzen gut. Daß aber „Klearch
mit lauter Stimme schrie, sooft er zornig war**, daß Kyros in
seinen Parks viele Elefanten und Löwen hatte, die Vögel, die
durch die Luft flogen, mit dem Pfeil traf, und statt sößen Weines
lieber klares Wasser oder liebliche Milch trank, sind eigene z. T.
recht zweifelhafte Ausföhrungen. Wie 1 u. 2 von Xenophons
Leben und 5 u. 6 von den griechischen Söldnerheeren bandeln,
wären noch einige Stöcke mit freierem Inhalt fQr die Schfiler
angenehm. In 1 — 4, Xenophons und Kyros' Leben, wird die
1 und 1. Deklination eingeübt. Zu den 12 Zeilen von 1. sind im
Wörterverzeichnis 26 aus Homer bekannte (durch f bezeichnet) und
24 neue, im Text noch 3 neue gegeben; zu den 24 Zeilen von
1 im Wörterverzeichnis 8 homerische und 50 neue, im Text
noch 12 gegeben. Das ist för den Anfang zu viel, später wird es
besser; zu anavtdfa und a$ya<» könnte ijao[ia$ oder F. M. hin-
zugefögt werden. Im Text von 1 u. 2 stehen viele Namen
Sfvoq^äv^ SmxQaTKgj nq6%€Voq^ KSgog, ^uiQta^ig^fi gj ^AväßatShg^
'EXX^anoytogf JSxt/iXovgj ^Enafie^yoivdag, dagegen im Vokabei-
verzeichnis ^A&nvai, UeXoTtoyvfjüiaxog^ ^AS^vaXog, ^HXetog,
ßijßatog^ AaxsoaifAOViog, AsvKxqa^ Ilovxog Ev^eivog^ KoQhV-
^og. Die sämtlichen Eigennamen würden praktischer in ein
alphabetisches Verzeichnis zusammengefaßt. Grammatische Hilfen
stehen wenige unter dem Text, viele im Text; Vokabelhilfen nur
im Text. „Dat. des Mittels** und Hinweise „als gen. abs.'* oder
„in der Hoffnung partic.** oder „unter Päanrufen part. praes.'*
scheinen mir unnötig. Der Anfang der Deklination ist erschwert
durch den Inhalt, welcher viel in späteres Grammatikpensum vor-
greift. In I 21 V. liqu. steht sachlich unwahrscheinlich „die
Soldaten ruhten, auf die Waffen gelehnt*', um xXlvdn anzubringen,
dessen Kompositum iyxlivofia$ in der Anabasis nicht vorkommt,
während die häufig vorkommenden xQiyca und dnoxQlpofiai
fehlen. In 1 13 „Bevor die übrigen geantwortet hatten, führte
Menon**, heißt es in der Anmerkung j^ngip regiert gewöhnlich die
Infinitivkonstruktion*'; hier muß diese stehen.
Alle Hilfen in und unter dem Text sind zu klein gedruckt,
während sonst der Druck gerechten Anforderungen entspricht
In einem Anhang sind zunächst S. 116 — 121 die Längen-,
Wege- und Hohlmaße, sowie die Gewichte, die Münzen und die
Zeitmessung praktisch behandelt. Es folgt S. 121- 134 im An-
schluß an Christ und Kopp ein übersichtlicher ,, Abriß der
550 E. Hesselmeyer, Deatsch-griechisches Schulwörterbacb,
Literaturgeschichte" bis Demosthenes und Ephoros; Polybius,
Plutarch, Arrian und Pausanias sind noch zusätzlich erwähnt; bei
der Odyssee hätte die Telemachie, bei Isokrates eine Rede ge-
nannt werden sollen. Die an Windelband sich anschließende
„Geschichte der Philosophie*' S. 134 — 153 behandelt meines Er-
achtens die vorsokratische Philosophie, namentlich Anaximander
und Anaximenes zu ausführlich, während von den sieben Weisen
nur drei genannt und Pythagoras und die Pythagoreer sehr kurz
abgetan werden (z. B. Lehrsatz nicht erwähnt). Bei Protagoras
hätte nsQi &e<Sv erwähnt werden müssen, bei Antisthenes war
Platz zu einem treffenden Spruch über den noyog statt f,Die
Kyniker (Antisthenes, Diogenes) lehren, daß die Tugend allein
glücklich macht*'. Bei Plato hätten die vier zusammengehörenden
Dialoge Euthyphron, Apologie, Kriton und Phaidon zusammenge-
nannt und weiterhin Piatos und Aristoteles' Politik charakterisiert
werden müssen. „Die nacharistotelische Zeil**, bez. die „stoische
und die epikureische Schule** (auch „Epikureer*' und „Pythago*
reer**) erhalten nur eine halbe Seite. Die S. 154 bietet eioe
„synchronistische Übersicht** der bedeutendsten Dichter und Schrift-r
steller in Elegie und Jambik, Lyrik, Tragödie und Komödie, Ge-
schichte, Beredsamkeit, Philosophie.
Kreuznach. 0. Kohl.
«
E. Hesielmeyer, Deutsch-griechisches Scholwörterbuch. Stutt-
gart 1907, Adolf Bonz & Comp. IV u. 415 S. 8. geb. 6 JC-
Hesselmeyers deutsch-griechisches Schulwörterbuch ist zu einer
Zeit erschienen, in der auf den deutschen Gymnasien die Übungen
im Übersetzen aus dem Deutschen ins Griechische allgemein ein-
geschränkt sind. Auch Württemberg, das Heimatland Hesselmeyers,
das sich lange ablehnend gegen diese Einschränkung verhalten
hat, ist jetzt darin dem Zuge der Zeit gefolgt. Indes dadurch
hat sich H., mochte er auch bei der Inangriffnahme seines
Wörterbuches zunächst an die württembergischen Gelehrtenschulen
gedacht haben, doch nicht abhalten lassen, sein schon vier Jahre
zuvor begonnenes und inzwischen der Vollendung nahe gebrachtes
Werk vollends fertig zu stellen und es der Öffentlichkeit zu über-
geben. Auch daß in Württemberg die Herausgabe eines offiziellen
griechischen Vokabulariums vorgesehen ist und daß bei den
schriftlichen Prüfungen der Gebrauch eines deutsch-griechischen
Wörterbuches fortan wegfallen soll, hat ihn nicht davon abgebracht.
Er meint, indem er sich auf das navta ^et beruft, mit der
wurttembergischen Verfügung über die Abschaffung des Lexikon-
gebrauchs bei der Prüfung sei noch nicht das letzte Wort in der
Sache gesprochen. Ferner sei doch, sagt er, auch anderwärts
mit der Einschränkung der Übersetzungen ins Griechische nicht
die absolute Entbehrlichkeit jedes Lexikons verbunden gewesen,
und sein Buch sei nicht für Württemberg allein bestimmt, sondern
toge«. voQ A. Gramme. 55}
für das gesamte deutsche Sprachgebiet, soweit io dessen Grenzen
die allgriechische Sprache erlernt werde. GewiB kann man auch
uDter den heutigen Verhältnissen einem deutsch -griechischen
Schulwörterbuche die Daseinsberechtigung nicht absprechen, wo-
fern es nur geeignet ist, dem Schüler beim Erlernen des Griechin
sehen rechten Nutzen zu stiften.
Der Verfasser wollte vor allem ein kurzes, billiges Wörter-
buch liefern. „Bei der Auswahl des Stoffes'', sagt er, „war maß-
gebend, daB ein Ersatz geschaffen werden sollte för die teuren,
großen deutsch-griechischen Wöfterbücher, die Hunderte von
Wörtern mitfuhren, die im gewöhnlichen Obersetzungsbetriebe
überhaupt nie vorkommen**. Und kurz ist das Wörterbuch in
der Tat, es ist zu kurz. Ich habe ein paar andere Wörterbücher
zum Vei^leiche herangezogen, namentlich das allem Anscheine
nach von H. selbst benutzte kleinere deutsch-griechische Wörter-
bach von Rost, das ein Auszug aus ßosts größerem Wörterbuche
und ausdrücklich nur „für den ersten Schulgebrauch" bestimmt
ist. Das Rostsche Buch weist unter A 2344 und unter L
734 Artikel auf, das Hesselmeyersche dagegen unter A 874 und
unter L 435, im Durchschnitt also lange nicht halb so viele Artikel
wie das Rostsche. Nun will ich zwar nicht in Abrede stellen,
daß Rost, Jacobitz und Seiler u. a. gar manches Wort aufführen,
das im Bereiche der Gymnasialstudien kaum jemals vorkommen
dürfte und darum aus einem Schulwörterbuche recht wohl weg-
bleiben kann. H. hat aber aus seinem Buche auch Wörter, die
nachzuschlagen der Schüler leicht in die Lage kommen kann, in
großer Anzahl weggelassen, und das will mir nicht als richtig er-
scheinen. Ich habe bei ihm unter A gegen 170 und unter L
über 100 derartige Wörter vermißt, darunter so unentbehrliche
wie abgewöhnen, Abmarsch, Abzug, abscheulich, abstumpfen, ab-
wischen, Achse, adelig, Ähre, Altertum, sich anheischig machen,
anpassen, Antrieb, Arglist, arglistig, atmen, Augenbraue, auslassen,
ausnehmen; Landbaus, langmütig, lautlos, lebensmüde, Leere, lehnen
wie anlehnen, Leichtigkeit, Leim, leimen, Lende, Lerche, lernbar,
Liebreiz, lobenswert. Loch, lose. Namentlich sind es verba com-
posita, die fehlen, wie abnagen, abpflücken, abreiben, abschreiben,
abschwächen, aufliSufen, aufraffen. Aber nicht allein in der Aus-
wahl der deutschen Wörter, sondern ebenso auch in der Auswahl
der griechischen Obersetzungen zeigt sich vielfach eine Beschrän-
kung, die zu weit geht. Wenn für Abnahme nur tSiiqiitSiq^ für
abspannen nur avUvah^ für Abwechselung nur nohXhXia^ für An-
bau nur (pvteia, für Anzeichen nur T€XfAiJQ$oyy für aufreiben gar
nur xctralvfialvsad^a^ und für lästerlich nur dsivo^ angegeben
wirdy so sind das sehr einseitige Obersetzungen, durch welche die
Bedeutung der deutschen Wörter längst nicht erschöpft und zum
Teil nicht einmal in der Hauptsache zutreffend wiedergegeben
wird. Daß bei langwierig %(i6vio^ (vgl. chronisch), bei liberal
552 ^' Hesselmeyer, Dentsch-^riecbisches Schalwörterbach,
iXsvS'^Qtog fehlt, ist befremdend; daß bei Aufwand öandvfin bei
aufzeichnen ävayqdifshv und bei Frühstück aqktsxov fehlt, fallt
um so mehr auf, als bei aufwenden danaväv^ bei Aufzeichnung
ävaygaff^ und bei frühstücken aq^atav als erste oder als einzige
Übersetzung steht. Wenn aber bei Asche nicht anodog^ bei Lilie
nicht Xeiqiov und gar bei Liebe nicht Sqijaq, bei Linie nicht
yQafjtfAi] und bei Lust nicht ^dopij angegeben ist, so laßt sich
das mit dem Streben nach Kürze sicherlich nicht mehr ent-
schuldigen. Wie weit soll denn die Rücksicht auf Kürze und
Billigkeit bei einem Schul wörterbuche gehen? Sunt certi denique
Ilnes — das gilt doch auch hier. Sollte es nicht besser sein,
wenn ein solches Buch ein paar Mark mehr kostet, als wenn es
den Auskunft und Hilfe Suchenden so und so oft im Stiebe läßt?
Und sollte es so gar verkehrt sein, wenn das Wörterbuch, das
der Primaner benutzt, auch dem Studenten und dem Manne der
Praxis noch einigen Nutzen stiften kann? — Durch Weglassen
des Sterns, der zu zahllosen Verben gesetzt i^t, um auf irgend
eine Unregelmäßigkeit oder Eigenheit in der Form hinzudeuten,
durch Beseitigung des Striches, der sich zwischen vielen syno-
nymen Wörtern statt eines Kommas findet, durch Weglassen et-
licher Präsens- und Perfektpartizipien (wie lodernd neben lodern,
anvertraut neben anvertrauen) u. a. wird der Verf. bei Ver-
anstaltung einer neuen Auflage Baum für Wichtigeres gewinnen
können.
Becht bedenklich sieht es in unserem Wörterbuche um die
alphabetische Ordnung der deutschen Wörter aus. Der Verf.
schreibt zwar durchweg ä, ö, ü, äu, weist aber den Wörtern mit
diesen Umlauten meist die Stelle an, die ihnen zukäme, wenn
man eigentlich ae, oe, ue, aeu zu schreiben hätte. Er stellt z. B.
färben vor Farbe, Größe vor groß, gunstig vor Gunst, häufen vor
Haufe und folgt hierin — ob aus Grundsatz oder Bequemlich-
keit, bleibe dahingestellt — einem ausschließlich, wie es scheint,
in deutsch-griechischen Wörterbüchern noch festgehaltenen Brauche,
trotzdem er dadurch nicht bloß gegen die sonst jetzt allgemein
übliche Ordnung verstößt, sondern auch viele zusammengehörende
Wörter in ganz zweckwidriger Weise voneinander trennt. So
steht Härte cfregeoTf^g 5 Seiten vor seinem Stammworte hart
CT€Q€6g (oder CTSQQog, nicht azegogl) und häuslich olxslog
6 Seiten vor Haus otnog. Noch schlimmer ist, daß der Verf.
diesem Verfahren, das er sich zur Regel gemacht, keineswegs
überall treu bleibt. Er stellt, um nur einiges anzuführen, Anstand
vor anständig, Arzt vor ärztlich, Glas vor gläsern, Person vor per-
sönlich, Schande vor schändlich, Sturm vor stürmen, Vater vor
väterlich, Vernunft vor vernünftig, zart vor zärtlich. Dieses
Schwanken hat ihn sogar dazu geführt, einzelne Wörter zweimal
aufzuführen. So steht Cppigkeit S. 317 und 328, ändern S. 5
und 7^ Äußere (bez. Äußeres) und Äußerung S. 5 und 19,
«Dgez. von A. Gronime. 553
JogstigeD und ängstlich S. 5 und 8 und Ärger, ärgern, ärmlich
S. 5 and 12, und zwar groBenteils mit anderen griechischen
W&rtern und Wendungen an der zweiten als an der ersten Stelle.
Sonderbare Widersprüche finden sich in der Einreihung abgeleiteter
und zusammengesetzter Wörter, auch wo kein Umlaut in Frage
kommt Es folgt zwar richtig Aufmerksamkeit auf aufmerksam,
Vaterland auf Vater, aber umgekehrt steht Apfelbaum vor Apfel,
Anspruchslosigkeit vor anspruchslos, Arglosigkeit vor arglos. Auf«
fTihrung vor auffahren. An unrechter Stelle stehen alle mit außen
und auBer beginnenden Wörter, fernerachten, ausbessern, Auspizien
(auf S. 21 statt 19), betiteln, hintragen und die 12 folgenden
Wörter, femer Lagerwache, Landzunge, lebensgefährlich, lehrreich,
leibeigen, Losung und manche andere Wörter. Es liegt auf der
Hand, daß durch so viele Verstöße gegen die alphabetische Ord-
nung die Raschheit und Sicherheit des Auffindens erschwert wird,
und selbst der schöne und deutliche Druck und die Beschränkung
des Wortvorrats helfen ober diese Schwierigkeit nicht allenthalben
hinweg.
Ke Zahl der Fehler, auch der nicht angemerkten Druckfehler,
ist ziemlich groß. Ich erwähne nur einige sprachliche Inkorrekt-
heiteo. Anhaben heißt nicht hdvea^at, wie angegeben wird,
sondern ivdsdvxivaL und umgekehrt anwachsen nicht ngotf-
nafvxivai, sondern nqoCfpvBdd'a^, ausdauern in oder bei etwas
nicht iyxa^€QeZv nqog t»v» (wohl eine Verwechselung mit iyx.
TT^og r»), sondern iyx, t^vi, S. 13 findet sich: „Aschenkrug
9 (fnodia'*. Dafür sollte es heißen: Aschenhaufen anodia, Aschen-
krug vdqia. Es sind also zwei Artikel irrtümlich zu einem ver-
bunden. Derselbe Irrtum dürfte bei „ausschöpfen ixxstp^' vor-
liegen, wofür es heißen sollte: ausschöpfen i^aprlsty, ausschütten
ixx€tp, S. 261 wird zu dem Adjektiv „rechter ds^tog'* die Redens-
art „zu rechter Zeit iv xahqm'*^ gesetzt, die doch zu „recht ÖQ&og''
gebort Als eine lexikalische Ungenauigkeii muß es bezeichnet
werden, wenn, was öfters vorkommt, das griechische Wort, welches
dem Sinne eines deutschen Wortes am meisten entspricht, nicht
als erste Übersetzung angegeben wird, sondern erst an zweiter
oder, wie z. B. x€v6g bei leer, erst an dritter Stelle steht. Ebenso
ist es inkorrekt, wenn an Stelle des unbestimmten deutschen Ge-
schlechtswortes zu einem Substantiv o, i^, ro gesetzt wird. Richtig
wird „eine leise Stimme** durch (pcov^ (nxQa übersetzt, aber un-
richtig „ein langer Weg*^ durch f /kaxQa odog und „leichte
Reiterei'' durch oi ip^lol InneJg, Doppelt fehlerhaft ist ij (laxf]
hxvQci für „lebhafter Kampf und o Xoyog ds^vog für „lebhafte
Spräche'S während das unmittelbar daneben stehende „lebhafter
Streit" richtig durch Sqhg noXXij wiedergegeben ist. Eine auf-
fallende Unstimmigkeit zeigt sich in der Verschiedenheit der Form,
in der gewisse deutsche Wörter aufgeführt werden. S. 261 findet
sich „rechter", aber S. 227 ,,link'* und S. 6 „air*; S.225 „letzte**,
554 Thiers, Expedition d'£gypte, bsgb. v. Weyel,
aber S. 112 „cr8te(r)" und „ersterer" und S. 7 „anderer''; S. 347
„vorderer", aber S. 190 „hinter** als Adjektiv; S. 136 ,»Ganze*' und
S. 5 „Äußere**, aber S. 19 „Äußeres**. Also starke, schwache und
Stammformen in buntem Wechsel. Oberhaupt ist Gleichmäßigkeit
nicht die starke Seile des Buches. Neben reich wird noch „Reiche
o nXovaiog'*^ aufgeführt, aber neben arm nicht noch (der) Arme;
neben ganz noch „Ganze rö oXov'^j aber neben all nicht auch
(das) Ali; S. 346 ist die Präposition „vor** angegeben, aber S. 190
vermißt man hinter als Präposition. Eine Ermunterung zur Grönd-
lichkeit und Sorgfalt kann man in derartigen Widersprüchen und
Ungenauigkeiten für den Schüler gewiß nicht finden.
Angehängt ist dem Buche S. 376 — 415 ein „kurzes Wörter-
buch der Eigennamen**. Der Anhang ist ähnlich gearbeitet wie
der vorangehende Hauptteil. Es fehlen Namen, die wichtiger sind
als manche der aufgenommenen, z. B. Altis, Amphion, Amphipolis,
Von den 12 attischen Monatsnamen ist nur einer, Anthesterion,
verzeichnet. Bei einzelnen Eigennamen ist die Quelle angegeben,
bei anderen ebenso sellenen nicht, und zu einigen sind Er-
klärungen hinzugefugt, zu anderen nicht, auch zu solchen nicht,
die deren wohl bedürfen. Bei einigen Völkernamen steht der
Artikel ö, oi, bei anderen ist er ausgelassen. *0 Bictovoq ist
ein falscher Singular zu o\ BlttTOveg, Der thrazische Bosporos
heißt in richtigem Griechisch nicht 6 Bocnoqoq 9Qqxix6c,
sondern 6 Q. B, und Aqua Sextiä nicht td vdaxa Si^^a,
sondern rä JS. vdata. Der griechische Name für Antium ist (ro)
^Avviov und nicht ii ^Avihov^ aucb nicht tä (!) ^Avtsia oder gar
Soll das schon ausgestattete Buch den Schulern rechten
Nutzen bringen, so wird sein Inhalt gründlich verbessert werden
müssen.
Gera-Untermhaus (Reuß). Albert Grumme.
Thiers, Expeditioo d'Ed^ypte. Heravsgegebeo von F. Weyel. Mit
3 AbbilduDC^eD ood 4 Karten. Leipzic^ 1906, G. Frey tag. 127 S. S.
1,50 JC'
Diese neue Ausgabe des viel gelesenen Werkes ist empfehlens*
wert. Für eine zweite Auflage würde ich raten, im Text die
Beschreibung Ägyptens aufzunehmen und dafür lieber Kapitel 16
(Aufstand in Kairo) zu kürzen. Mit Recht hat der Herausgeber
nicht mit der Bückkehr Bonapartes abgebrochen, sondern das
Schicksal der Expedition bis zu Klebers Tod weitergeführt. Ver-
schiedene Anmerkungen könnten verbessert und ergänzt werden.
Überhaupt will es mir nach einem Aufenthalt in Ägypten scheinen,
daß trotz der verdienstlichen Arbeiten von Koldewey, Hartmann,
Schulze u. a. für die Erklärung noch einiges nachzuholen ist.
Sehr wünschenswert wäre — und das gilt aucb für zahlreiche
togcs. voD F. J. Wersboveo. 555
andere Ausgaben — eine historische Einleitung in französischer
Sprache, welche kurz das Leben Bonapartes bis 1798 und be-
sonders den Feldzug in Italien zu erzählen halte; sie würde zahl-
reiche Anmerkungen entbehrlich und dem Leser die Sachlage
klarer machen, als es die zerstreuten Anmerkungen tun. Auch
eine größere Anzahl Abbildungen (Weyel gibt Bonaparte, Kleber
and die Cheops- Pyramide) wäre gerade bei diesem Werk sehr
angebracht.
Eine grundsätzliche Frage möchte ich hier berühren: soll
auch bei historischen Werken der Text, abgesehen von den aus
pädagogischen oder Zweckmäßigkeitsgränden vorgenommenen
Körzungen, in jedem Fall genau nach dem Original gegeben
werden, auch wenn er tatsächliche Irrtumer enthält? Die
Herausgeber scheinen ziemlich allgemein dieser Ansicht zu sein.
Ich kann sie nicht teilen. Auch wenn die Irrtümer in den An-
merkungen berichtigt werden, ist es nur zu wahrscheinlich, daß
falsche Angaben des Textes sich dem Schüler mehr einprägen
als die Berichtigungen des Herausgebers. Daher scheint es mir
ratsam, den Text in Übereinstimmung mit den Ergebnissen neuerer
Forschung und den tatsächlichen Verhältnissen zu bringen, wo es
durch Änderung einer Ziffer, Streichung oder Abänderung einiger
Worte geschehen kann.
Einige Beispiele aus der Expedition d'Egypte: — Thiers
spricht von den Üe$ SahU'Pierr$\ Herausgeber bemerken, daß es
sich nur um die eine Insel San Pietro handelt. Warum setzt
man nicht einfach San Pietro in den Text? — Thiers nennt
unter den Erzeugnissen Ägyptens shU und cossia. Die Heraus-
geber erklären, daß er hier dieselbe Sache zweimal nennt, denn
die sog. Sennesblätter sind die Blätter der Cassiapflanze. Wäre
es nicht einfacher, eines von beiden im Text wegzulassen? —
Thiers sagt, la Valette campte 30000 ämes, h Caire renferme plus
de 300 000 habüants. Die Zahl der Einwohner zur Zeit, als Thiers
sein Werk schrieb, ist hier gar nicht von Interesse, sondern die
des Jahres 1798 oder der Gegenwart; ich würde also z. B. setzen:
renfermait pr^s de 300 000 habitants. — II n'y pleut jamai$, sagt
Thiers von Ägypten. Das ist unrichtig; ich habe selbst im Januar
in Kairo zwei tüchtige Platzregen erlebt. Statt aber eine be-
richtigende Anmerkung zu geben, kann man im Text statt „nie"'
setzen „fast nie^' oder „sehr selten'^ — Vtgypte nourrissait
Qutrefais tmgt miUians d^kdbUants. Die Angabe ist uni etwa die
Hälfte fibertrieben, also könnte mngt in dix verwandelt werden.
— In der Schilderung der Landschlacht von Abukir spricht Thiers
mehrmals irrtümlich, wie Schulze nachgewiesen hat, vom Madieh-
See statt vom Heer; warum soll man da nicht statt le lac Madieh
setzen la nur, um den Schülern die Verwirrung zu ersparen? —
Wie hier, gibt es auch in andern Schriften von Thiers, Thierry,
Lantrey u. a. manche Stellen, die man meines Erachtens in Schul*
556 P* Bastier, Trois comedios moderoes, aogez. voo E. Meyer.
ausgaben praktischer durch kleiue Textänderung als durch An-
merkungen berichtigt.
Losheim (Bez. Trier). F. J. Wershoven.
Paal Baatier, Trois comediea moderoea. Le vilUge par O. Feuillet,
L'ceiilet blaoc par A. Daudet, Grio^oire par Tb. de Baovilie. Recaeil
de commeDtairefl explicatifs pr^cedes d'aoe conrte iotrodoctioD litte-
ralre. Berlin 1906, Weidmaoosehe Bochhandlnoi;. 78 S. 8. geb. 1 JL.
In der von L Bahlsen und I. Hengesbach herausgegebenen
Schulbibliothek französischer und englischer Prosaschriften aus
der neueren Zeit bildet obiges Werk das 57. Bändchen. Leider
konnten die Herausgeber die Texte der Komödien nicht zugleich
veröffentlichen, weil die Verhandlungen mit den französischen Ver-
legern gescheitert sind; indes sind diese aus Paris zu billigem
Preise leicht zu beschaiTen. Wir haben also nur die erklärenden
Anmerkungen vor uns, denen eine Einleitung vorausgeschickt ist,
welche das Wichtigste über Leben und Schriften des Verfassers
nebst kurzer Würdigung des Stückes bringt, alles in französischer
Sprache. Mit der Ausarbeitung ist ein Franzose, Paul Bastier, be-
traut worden. Die schwierigen Stellen werden erläutert und die
nötigen geographischen, geschichtlichen und kulturhistorischen Be-
lehrungen gegeben; auch macht B. aufmerksam auf die An-
spielungen, Ellipsen und die versteckte Feinheit vieler Wen-
dungen und Ausdrücke und erklärt die Bedeutung der Inter-
jektionen, worüber die Lexikographen nicht genügend Auskunft
geben. Grammatische Fragen treten mit Recht zurück, docli
hätte wohl je me laissai surprendre au charme eine Besprechung
verdient, zumal da Schmager in seiner sonst sehr wertvollen Aus-
gabe 'Le village' par 0. Feuillet, Weidmann 1879, S.29 die Stelle
unrichtig erklärt; es liegt die bekannte Konstruktion zugrunde,
welche Benecke, Franz. Schulgr.^ § 97, 8 bespricht. Bei dem
Ausruf mule du pape S. 13 denkt der Verfasser an Maultier, indes
ist (vgl. Schmager) offenbar der Pantoffel des Papstes gemeint
Transtevere S. 15 ist das rechte Tiberufer, nicht, wie Bastier er-
erklärt, das linke. Bei cela sent son terroir S. 67 konnte auf
Lafontaine f. 5, 5, 3 verwiesen werden. Ungenaue Zitate sollte
man vermeiden, z. B. S. 32 vers de Corneille ohne Angabe des
Stückes, in welchem er sich findet. Der Name Dupuis wird bald
so, bald Dupuy geschrieben. Der Druck ist korrekt. S. 12 lies
))rononcez.
Herford i. W. Ernst Meyer.
1) Henri Boroecque et A. Mühlao, Les proviaces friB^aises,
moeurs, habitudes, vie. Berlio 1906, WeidmaBoscbe Bach-
handloDg. VI o. 156 S. S. 1,60 Jt,
Fremde, sagen die Verf., beurteilen Frankreich und die
Franzosen sehr oft nach Romanen, welche doch nur Ausnahme-
Tooroia et Lagarde, Abrege d^histoire, agz« v. 0. Joinpeit 557
Wie darstellen, oder im besten Falle nach den Parisern, welche
sie infolge eines längeren oder kürzeren Aufenthaltes in Paris zu
kenoen glaoben, die aber doch kaum den zwölften Teil aller
Franzosen bilden.
Die andern Franzosen unterscheiden sich in vielen Punkten
von den Parisern wie auch untereinander, obgleich sie allerdings
gewisse Zuge alle gemeinsam haben. Deshalb wollen uns die Verf.
mit dem Teile Frankreichs, welchen man die Provinz nennt,
näher bekannt machen.
So beschreiben sie uns die Tracht (wo noch eine besondere
vorhanden ist), den Charakter und die Lebensweise der Bewohner
Flanderns, der Normandie, der Bretagne, der Franche-Comte,
ferner der Basken, der Korsen und der Südfranzosen.
Dann widmen sie ein besonderes Kapitel dem Gesamt-
cbarakter der Franzosen und heben hervor ihre geistige Leb*
haftigkeit und Beweglichkeit, welche jedoch -- wie z. B. die
Gründung des Kolonialreiches in Afrika beweise — die Beharr-
lichkeit nicht ausschließe ; ferner ihre Arbeitsamkeit und voraus-
sehende Sparsamkeit, woher die verhältnismäßig recht gleichmäßige
Verteilung des Reichtums und des Grundbesitzes stamme; endlich
ibre Anhänglichkeit an den eigenen Grund und Boden, ihr Mit^
teilungsbedürfois, ihre Vorliebe für Geselligkeit zugleich und für
häusliches Faniilienleben. Ich möchte hinzufügen: Höflichkeit^
Ritterlichkeit und Begeisterung für Ehre^ Recht und Freiheit.
Der letzte Abschnitt behandelt in Briefform das Leben in
der Provinz, wie es einem jungen Gymnasiallehrer vorkommt,
welcher das Pariser Seminar eben verlassen hat.
2)Hareel LeToaroaa et Loais La|;ard e, Abr^ipe d'histoire de la
Ütt^rBlare fraB9aise k Tosage des ^colea et de TeDseii^DeineDt
prive. Berlio 190Ö, Weidmaoosche BachhaDdtoiii;. VIII o. 175 S.
8. 2 JC.
Diese Literaturgeschichte unterscheidet sich nicht viel von
andern bekannten. Sie ist für recht verschiedene Zwecke be-
stimmt: für Seminare, höhere Knaben- und Mädchenschulen; für
alle Schüler, welche in kurzer Zeit die literarische Entwickelung
Frankreichs kennen lernen wollen; sie soll auch denjenigen, welche
die französische Sprache kennen und können, eine Ergänzung
bieten, um Charakter und Sitten des französischen Volkes besser
kennen zu lernen; sie soll endlich zur Repetition unmittelbar vor
Hern Examen dienen. Diese Vielseitigkeit der Bestimmung be-
wirkt, daß sie bald zu viel, bald zu wenig bietet.
Der Inhalt zerföllt in 4 Hauptleile; am Anfange jedes Teiles
stehen allgemeine Übersichten, biographische Notizen und kurze
Analysen; am Schlüsse jedes Kapitels findet sich eine kurze Zu-
sammenstellung des Wesentlichen.
Tilsit. ö. Josupeit.
558 K* VV ülker, Geschichte d. eogl. Literatar, agz. v. M. Lissoer.
Richard Walker, Geschichte der eaiplischea Literator vod deo
ältesten Zeiten bis sar Gegenwart Zweite, neubearbeitete ond ver-
mehrte Aaflage. 1. Band. Mit 100 Abbildungen im Text, 15 Tafeln
in Farbendruck, Kupferstich, Holzschnitt und Tonätzung mit 7 Fak-
simile-Beilagen. Leipzig und Wien 1906, Bibliographisches Institut.
Vm u. 422 S. gr. 8. geb. 8 Jt.
Auf die Neubearbeitung von Wfilkers Literaturgeschichte,
deren ausführliche Besprechung nach dem Erscheinen des zweiten
Bandes erscheinen soll, sei durch eine kurze Voranzeige hinge-
wiesen. Mit Freuden begrüßen wir die Veränderungen, welche
diese — äußerlich in ihrer alten, gediegenen Ausstattung er-
scheinende — Neuauflage erfahren hat. Sie bestehen hauptsäch-
lich in der gewissenhaften Verwertung der Fortschritte, die die
Wissenschaft seit dem ersten Erscheinen des Werkes (1896) ge-
macht hat, in wichtigen Erweiterungen des Inhaltes und in der
HinzufQgung eines richtig bemessenen Literaturnachweises, den
wir am Ende des Bandes vorfinden. Der in nächster Zeit er-
scheinende zweite Band wird in demselben Sinne öberarbeilet
sein. Außerdem wird er eine Fortführung der englischen Literatur
bis auf die jüngste Gegenwart enthalten, während die 1. Auflage
mit Tennyson und den beiden Brownings schloß und nur kurze
Ausblicke auf die neueste Literatur eröffnete. Für diesen Teil
seines Werkes hat Walker Herrn Prof. Dr. E. Groth in Leipzig als
Mitarbeiter gewonnen. Ein letzter besonderer Abschnitt, der der
Feder des Herrn Prof. Dr. E. Flügel von der Stanford Dniversity
in Kalifornien entstammt, wird eine Darstellung der Entwicklung
der amerikanischen Literatur enthalten. Auch diese beiden wich-
tigen, von tüchtigen Fachleuten abgefaßten Erweiterungen werden
nicht verfehlen, dem Werke neue Freunde zuzuführen.
Ohligs. M. Lissner.
Schenk-Koch, Lehrbach der Geschichte. Teil L: Sexta,
Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte. Dritte
Auflage. Leipzig a. Berlin 1907, B. G. Teubner. 90 S. gr. 8. geb.
1,20 J#.— Teil V: Obertertia. Deutsche Geschichte von
Zeitalter der Reformation und Preußische Geschichte bis
zum Jahre 1740. Zweite Auflage. Mit zwei Karten. Eben-
daselbst 1907. 124 S. gr. 8. geb. 1,60^.
Die Neubearbeitung des Schenkschen Lehrbuchs durch Julias
Koch ist rüstig vorwärts geschritten, und man kann die beiden
neuen Bände mit uneingeschränkter Freude begrüßen.
Die Geschichtsbilder des Sextateils sind nach zwei Seiten
hin wertvoll: sie sind einmal ein gutes Vorbereitungsbucli für
den Deutschlehrer in Sexta» der ja eine Stunde wöchentlich auf
die Einführung in die deutsche Geschichte verwenden soll, und
dann zugleich ein prächtiges Lesebuch für die kleinen Leute,
die zu Hause sich die Dinge von neuem vergegenwärtigen wollen,
von denen sie in der Schule gehört haben und die sie in einer
Woche nacherzählen sollen. Sie erwecken ohne den mißlichen
Schenk-Koch, Lehrbuch der Geschichte, agz. v. A. Reimtoo. 559
Hurraton durch schlichte und dem kindlichen Verständnis ange-
pafite DarsteUang ein warmes Mitgefühl för die Taten und Leiden
unserer Vorfahren und pflanzen echte vaterlSndische Begeisterung;
sie bringen zum Teil in ganz glänzender und unübertrefflicher
Form die Heldengestalten der deutschen Geschichte dem jugend-
lichen Sinne nahe und lassen die Seele des Kindes wirklich mit-
erleben, was sie erzählen. Und das ist kein kleines Lob. Wenn
man WGnsche äußern darf, so ist es zunächst der, daß das
humoristische Clement, das hier und da freundlich anklingt, in
späterer Bearbeitung noch mehr gepflegt werde; der Humor ist
nun einmal ein ganz ausgezeichneter Helfer zur Belebung des
Stoffes, und wie ihn kein Freund der Jugend in der Schulstube
überhaupt missen möchte, so erscheint er gerade im historischen
Anfangsunterricht neben dem Staunen und dem eigenen er-
wachenden Tatendrang als einer der wichtigsten Hebel des Inter-
esses. Dann aber wünschte ich der kindlichen Phantasie noch
das Geschenk eines reichen Bilderschmuckes: das kann den
billigen Preis nur um ein geringes erhöhen und wirkt ungemein
anregend; wo sich etwas Schönes schauen läßt, da sind die
jungen Köpfe sofort bereit in sich aufzunehmen und das Er-
zahlte mit ihrem Innenleben in Verbindung zu setzen, sie spinnen
veiter, es klärt sich mancherlei, und die Erinnerung haftet un-
endlich fester.
Doch wir wollen uns zunächst des Gebotenen dankbar freuen.
Da der Charakter des Handbuchs, der ja auch den Vorschriften
zuwider wäre, glücklich vermieden ist und das Biographische,
Fabulose (im guten Sinne — denn falsche Vorstellungen sollen
natürlich nicht erzielt werden — ) und Anekdotenhafte durchaus
im Vordergrunde steht, so ist das Buch eine ausgezeichnete Er-
gänzung zu jedem Lesebuche und kann um so mehr zur Ein-
führung oder wenigstens zur Empfehlung an die Schuler in Vor-
schlag gebracht werden, als die anderen gangbaren Lehrböcher
iieinen Sextateil haben und also die sonst leicht beliebte Rück-
sichtnahme auf eingeführte oder besonders protegierte Namen
in diesem Falle fortfällt und jede Konkurrenz ausgeschlossen
erscheint.
Der Obertertiateil, zu dem wir uns nun wenden, kommt
in ?iel höherem Maße, als der Bearbeiter im Vorwort merken
läßt, einer völligen Vmschmelzung des Schenkschen Buches gleich.
Schenk hatte olTenbar sehr eilig gearbeitet, der Stoff war un-
gleichmäßig behandelt, stellenweise viel zu breit, bei anderer
Gelegenheit wiederum willkürlich kurz; man fand manchen stö-
renden Ballast und vermißte zuweilen absolut Notwendiges. Und
namentlich fehlte streng durchgeführte, planvolle Disposition. All
das ist jetzt ausgeglichen worden. Zumal gilt dies für die Teile
des Buches, die Schenk besonders hoch bewertet hat: die Be-
lehrungen ikber Velrfassungs- und wirtschaftliche Fragen. Sie
560 Sek^ok-Koch, Lehrbach der Geschichte,
mögen damals im ersten Wurf eine erfreuliche Neuerung geboten
haben, — nutzten aber bei dem Hangel an fester Gruppierung
und innerem Zusammenhang dem Schäler wenig. Wie lichtvoll
und klar tritt dagegen jetzt z. B. das Staatsgebilde des Großen
Kurfürsten in scharf begrenzten und wohl gegliederten Abschnitten
in die Erscheinung (S. 87 (f.), und wie einheitlich schließt sieb
daran, nach denselben Kategorien geordnet, die Übersicht über
den Neubau des Staates durch Friedrich Wilhelm I. (S. 103 ff.)?
Da ist handfestes Material för den Lehrer, alles innerlich zuein-
ander passend, aufeinander abgestimmt; man kann die alten
Fäden ohne weiteres wieder aufnehmen und das Neue mit leichter
Hübe daran anknüpfen. Und genau so ist es bei den mit Recht
aus dem überlasteten Untertertiapensum hier nachgetragenen und
dann an den Orten entscheidenden Einwirkens fortgeführten
Übersichten über die Entwicklung der außerdeutscben Staaten.
Bei Schenk fehlte da oft das Wichtigste, das Ineinandergreifen;
er gab wohl einzelne Bruchstücke, die aber in ihrer Zerstückelung
keinen Überblick über den universalen Zusammenhang ermög-
lichten, in Obertertia darf aber der Standpunkt nicht mehr so
elementar sein, daß nur Einzelheiten gelernt werden, der Blick
muß auf ganz Europa gerichtet bleiben, und was Ranke in seinem
berühmten Aufsatz über „Die großen Mächte'*, dem Programm
seiner Lebensarbeit, über die Umwandlung des europäischen
Staatensystems um 1700 ausgeführt hat, muß für den Lehrer
ein leitender Gesichtspunkt schon auf dieser Stufe bleiben, sonst
ist eine wirkliche Erfassung auch der spezifisch deutschen und
preußischen Vorgänge einfach unmöglich. Schon die Reformation
bedarf zu ihrem Verständnis durchaus des Einblicks in das uni-
versale politische Getriebe und damit auch der Kenntnis der
wichtigsten Momente in der Entwicklung der anderen Staaten,
und ebenso sind alle weiteren Epochen der deutschen Geschiebte
unverständlich ohne stete Rücksichtnahme auf die Gesamtverhält-
nisse. Die Abschnitte über die fremden Staaten dürfen natürlich
nur das Wesentliche bieten, das was die Eigenart dieser Gebilde
ausmacht, ihre Individualität, und was eben darum auch auf
Deutschland gewirkt hat, und sie müssen es so bieten, daß bei
jedem neuen Rückblick die alte Perspektive sich öffnet und die-
selben als wichtig erkannten Linien der Zeichnung fortgeführt
werden. Diese durchdachte Struktur fehlte bei Schenk; sie ist
hier im Rankeschen Geiste und mit feinem pädagogischen Takte
durchgeführt. Die durch das Buch verteilten Zusammenfassungen
der Geschichte Frankreichs, Englands, Spaniens und so fort er-
geben stets in sich ein abgerundetes Bild, sagen zugleich das-
jenige, was zum Verständnis gerade der deutschen Verwickelung
an der Stelle, wo sie eingefügt sind, von Wert und Bedeutung
ist, und erweisen sich, wenn man sie aneinanderreiht, als vor-
treffliches Hilfsmittel der historischen Gesamtanschauung und da-
ao|;ez. von A. ReinaMo. 561
mit der Repetition auch der speziell deutschen (leschichte. Ich
kenne kein Lehrbuch, auch keina der oberen Klassen, in dem
dieses Prinzip so exakt und treffend durchgeführt wäre.
Freilich muß zur vollen pädagogischen Wirkung verlangt
werden — was aber wohl selbstverständlich ist — , daB der Auf*
bau auch im Untersekundateil so fortgeführt wird. Die bisherige
Wolffsche Bearbeitung dieses Teils paßt ganz und gar nicht in
den neuen Rahmen; solange nicht auch hier dieselben Grund-
sätze zur Anwendung kommen, kann man zur Einführung nicht
raten, es fehlt dann doch die Geschlossenheit des einheitlichen
Aufbaus. Die Wolffsche Leistung harmonierte ganz wohl mit der
Schenkschen; es ist eine fleißige Haterialsammlung, die neben
vielem überflussigem Beiwerk und manchem Verkehrten sehr
Brauchbares und Wertvolles enthält, aber es fehlt die straffe Or«
ganisation und ein energisch durchgeführter Plan: die Arbeit ist
nicht aus einem Gusse, sondern kompiliert und nicht umsichtig
kompiliert. Das zeigt sich übrigens ebenso deutlich im Ober-
primateil, den ich jahrelang im Seminarunterricht benutzt habe
und sehr genau kenne. Mit diesem Oberbau jedenfalls ist vor-
läufig das Kochsche Werk doch unbrauchbar.
Wird es aber erst in demselben Sinne vollendet sein, so wird
68 vielleicht sogar das weitverbreitete und in seiner Art vortreffliche
iVeobauersche Buch überflügeln. Denn es bietet Lehrern und
Schülern mehr. Neubauer wollte den ganzen Lehrstoff der Mittel-
stufe in einem mäßigen Bande geben und mußte sich darum auf
die Hauptsachen beschränken und oft allgemeine Wendungen ge-
brauchen, denen die persönliche Note und der Anklang an ver-
arbeitetes Detail fehlt. Da er mit sorgsamer Hand den Ausdruck ge-
feilt hat, ist ein ansprechendes Lesebuch herausgekommen, nicht
aber ein straff disponiertes, die Fülle der Einzelheiten in wohl-
gegliederte und leicht übersichtliche, den Fortschritt scharf mar-
kierende Gruppen zusammenfassendes Denk- und Lernbuch,
wie wir es bei Koch haben. Man vergleiche nur einmal etwa die
Folgen des dreißigjährigen Krieges in den beiden Büchern und
speziell das, was über die Bauern gesagt wird: wie da den wenigen
und noch dazu zerstreuten Bemerkungen Neubauers ein fest ge-
schlossener, über Lassiten, Leibeigene, Erbpacht und Zeitpacht,
Jagdrecht und andere obrigkeitliche Gerechtsame sowie über den
Unterschied der bäuerlichen Lage östlich und westlich der Elbe
reiche Belehrung vermittelnder Abschnitt bei Koch gegenübersteht.
Und so anch in der Besprechung der Städte, so auch selbst bei
den politischen Abschnitten. Dadurch erst kommt Leben in die
Sache. Natürlich kann der Lehrer dies aus eigener Vorbereitung
auch geben, aber soll der Schuler es zu dauerndem Besitz er-
werben, soll ihm nicht alles wieder nach der nächsten Stunde zu
abstrakten Vorstellungen verblassen, so muß er das Wichtigste
nachlesen können und durch klare Gruppierung doch stets in der
ZeitMhr. f. d. OymBaaimlwMea. hXl. 7. 36
S62 G. WiDter, Friedrich der Grofie, anpez. vod M. Hodermaon.
Lage sein, den groBen Zug der Dinge festzuhalten. Nacli diesem
neuen Buche lernt und repetiert es sich ohne Frage leichter, und
die Selbsttätigkeit des Schulers wird auch da geweckt, wo der
Lehrer anderes Detail heransieht oder etwas zu überschlagen sich
versucht fühlt. Denn es soll dieses Buch natürlich nicht als
zerknitterter Leitfaden dem Lehrer die Selbständigkeit rauben, er
wird sich nur eben an die ausgezeichnete Disposition zu halten
haben und bei guter Vorbereitung stets imstande sein, das Detail
zu differenzieren.
Da die Darstellung im übrigen an Lebendigkeit, Frische und
Gewandtheit durchaus der Neubauerschen ebenbürtig ist, ver-
einigt das Buch die meisten Vorzüge dieses Werkes mit denen
reiner Dispositions- und Gruppierungsbücher, wie wir anerkannte
Muster in den Ferdinand Schultzschen und Dahnschen Lernbüchern
haben, und ich für meine Person halte es — wenn es eben in gleichem
Stile vollendet sein wird — für das Geschichtsbuch der Zukunft.
Berlin. A. Reimann.
Georg Wiuter, Friedrich der Große. Mit 13 ganzseitigen Abbil-
dungen und 2 Handsebriften. Berlin ]9ü7, Ernst Hofmaan u. Co.
XXII u. 952 8. 8. 9,60 JC.
Vorliegende Lebensbeschreibung des großen Preußenkönigs
gehört der bekannten Sammlung „Geisteshelden'' an, deren Her-
ausgeber sich die dankenswerte Aufgabe gestellt haben, auf Grund
der neuesten wissenschaftlichen Forschungen in den Kreisen der
gebildeten Laien für das Schicksal, den Werdegang und das
Wirken der führenden Geister Interesse zu erwecken.
An Biographien Friedrichs des Großen ist zwar kein Mangel,
zumal hier die Quellen reichlich fließen und die ersten Historiker
wie Ranke, Droyseo, Koser u. a. ihre besten Kräfte der Lebens-
arbeit dieses einzigen Herrschers gewidmet haben. Man kann
aber die Beobachtung machen, daß in den meisten der bisherigen
Darstellungen des Königs Wirksamkeit in der äußeren Politik,
seine glänzenden Leistungen als Diplomat und Feldherr den
Schwerpunkt bilden, während seine noch größere und vielseitigere
Tätigkeit auf dem Gebiete des inneren Staatslcbens nicht immer
genügend gewürdigt worden ist; man hat eben nur zu oft den
genialen Feldherrn auf Kosten des großen Organisators gefeiert.
Im bewußten Gegensatz zu dieser mehr landläufigen Auf-
fassung hat der Verfasser des vorliegenden Werkes Friedrichs
äußere Politik und seine Kriege nur so weit in den Kreis der Be-
trachtung gezogen, als sie gleichsam den Rahmen für seine bahn-
brechenden Arbeiten auf dem Boden des geistigen, wirtschaft-
lichen und staatlichen Lebens bilden. Es kommt ihm vor allem
darauf an, zu zeigen, wie Friedrich als ein Mann von Schöpfer-
kraft und Scböpfergeist seine Zeitgenossen und die folgenden
Geschlechter Deutschlands bis auf unsere Tage nachhaltig beein-
M. Jahns, Peldmarscball Moltke, ao|;ez. von A. Funck. 563*
fluBt hat, wie ,,da8 meiste, was in unserem Volke und Staate
gut, kraftvoll und gesund ist, im letzten Grunde auf die Lebens-*
arbeit des Philosophen von Sanssouci zurückgeht''.
Zu diesem Zwecke schildert er, um nur die wichtigsten Mo-
mente der lehrreichen Darstellung hervorzuheben, im ersten Buche
besonders eingehend die Charakterentwicklung Friedrichs, seine
schweren Zerwürfnisse mit dem Vater, sowie das Idyll von Rheins-
berg als Ausgangspunkt seines reichen geistigen Lebens. Der
Inhalt des zweiten und vierten Buches ist in der Hauptsache von
kriegsgeschichtlichem Interesse. Im dritten Buche — ein frucht-
bares Friedensjahrzehnt — kommt des Königs organisatorisches
Talent in Sachen der Justizreform und Verwaltung, seine Handels-
und Gewerbe-,* Wirtschafts- und Sozialpolitilk sowie seine lite-
rarische Produktion auf dem Gebiete der Geschichte und Dich-
tung zur Besprechung. Das fünfte Buch endlich, inhaltlich an
das dritte anschließend, handelt vor allem von Friedrichs Stellung
zu den Kullurmächten seiner Zeit, von seiner Kirchenpolitik,
seiner Reform des Schulwesens und seinem Verhältnis zur deut-
schen Nationalliteratur.
Ist auch vorliegendes Werk in erster Linie für weitere
Kreise bestimmt, so wird es gewiß auch der Lehrer, der Student
und der reifere Schüler mit Vorteil zur Hand nehmen, um so
mehr, da die Darstellung klar und anschaulich dahinfließt und
die neuesten Ergebnisse der Wissenschaft immer gewissenhaft
berücksichtigt worden sind. Ein ausfuhrliches Inhaltsverzeichnis,
ein Register sowie eingehende Quellen- und Literaturnachweise
im Anhange erleichtern die Benutzung des sorgfältig gedruckten,
schön ausgestatteten und durch wertvolle Abbildungen und Hand-
schriften illustrierten Buches.
Wernigerode a. H. M. Hodermann.
Max Jahns, Feldmarschall Moltke. Mit 14 Abbilduogea, 2 Karten-
Skizzen, Moltkes Wappen and Handschrift. Zweite Aaflage. Berlin
3906, Ernst Hofmann u. Co. XXIII u. 715 S. 8. 7,20^, geb.
10 Jt.
Ein so anerkannt vortreffliches Buch wie die Moltke-Bio-
graphie von Jahns bedarf nicht erst besonderer Empfehlung. Es
muß als höchst erfreulich bezeichnet werden, daß die von 1894
— 1900 erschienene erste Ausgabe des umfangreichen Buches so
starken Absatz gefunden hat, daß jetzt eine zweite Auflage (4. —
6. Tausend) notwendig geworden ist. Man kann nur wünschen,
daß das Bild des großen Mannes, mit warmer Verehrung, ge-
nauester Sachkenntnis und psycliologischer Feinheit gezeichnet,
den weitesten Kreisen unseres Volkes bekannt und lieo Aerde.
Ohne irgend den wissenschaftlichen Charakter zu verleugnen, der
allerdings gerade bei einer Würdigung Moltkes unerläßlich war,
ist doch die Darstellung überall so fesselnd und flüssig, daß sie
36*
564 W. Pütz, Lehrbuch der vergleichenden Erdbeachreibang,
im besten Sinne volkstömlich genannt werden darf; das schöne
Denkmal, welches hier der Schaler dem Meister gesetzt bat, ver-
dient ganz besonders der Jugend unserer höheren Schulen ver-
traut zu werden, damit sie es lerne, nie die tiefe Dankbarkeit
gegen die Männer der großen Zeit zu vergessen, damit ibr eigenes
Wesen sich an diesem lautersten Charakter läutere.
Nur in bezug auf das Äußere des Werkes seien einige
Wünsche an den Verleger gerichtet. Das Buch tag mir in eins
geheftet vor, dies gibt einen sehr unhandlichen Band ; weit zweck-
mäßiger ist die Ausgabe in zwei Teilen. Da die sehr eingehende
Schilderung die Ereignisse eines Jahres oft auf viele Seiten ver-
teilen mußte, so wäre es erwünscht, die Jahreszahl oben am
Rande jeder Seite wiederzufinden. Das Vorwort dei* zweiten Auf-
lage erwähnt, sie sei durch einige Abbildungen bereichert worden;
von den Bildern ist ganz mißlungen dasjenige, welches Moltke
als fünfzigjährigen Generalstabsclief vorführen soll (S. 177), die
Illustrationen „Moltke in persönlicher Gefahr'* (S. 496) und „Moltke
der Schlachtendenker'' (S. 509) entsprechen nicht recht der sonst
so vornehmen Haltung des Buches. In einer Neuauflage, die
hoflentlich recht bald nötig wird, sähen wir mindestens diese
Bilder gern durch Karlenskizzen etwa zu den Schlachten von
Königgrätz, von Mars-Ia-Tour und Gravelotte und von Sedan
ersetzt.
Sonders hausen. Funck.
Wilhelm Püti^, Lehrbuch der vergleichenden Brdbeschreibang
für die oberen Klassen höherer Lehranatalteo und zum Selbatooler*
rieht. Achtzehnte verbesserte Auflage, bearbeitet von Ludwig
.\eumanu. Freiburg 1905, Herdersche Verlagsbandlang. XVI u.
392 S. 8. geb. 3,60 Jt.
Wilhelm Pütz, Leitfaden der vergleichenden Erdbeschreibung.
27. und 28. völlig umgearbeitete Auflage, bearbeitet von L. Neu-
mann. Ebenda 1906. XU u. 260 S. 8. geb. 2,50^.
Wenn ein Buch zahlreiche Auflagen erlebt, so ist dies jeden-
falls für Verleger und Verfasser ein erfreuliches Ereignis, und es
ist deshalb auch erklärlich, wenn der Verleger es möglichst lange
zu konservieren sucht. Oft genug ist eine wiederholte Auflage
ein gutes Zeichen für das Ruch selbst, allein nicht immer. Pas
gilt besonders für geographische Werke; denn die geographische
Wissenschaft und Methodik ist wie selten eine andere Wissen-
schaft in fortwährender Umbildung und Entwicklung begriflen,
und wenn ein Lehrbuch wie das vorliegende seine erste Auflage
in das Jahr 1855 datieren kann, so ist damit klar angedeutet,
daß entweder von seinem ursprunglichen Inhalte, seiner Anlage
und Methodik nur noch das Titelblatt übrig geblieben sein kann
oder daß es noch völlig auf den Anschauungen seiner Entstehungs-
zeit aufgebaut ist. Dieser letztere Fall gilt von dem Lehrbuch,
aagos. Ton A. Bladao. 565
daran kann auch der Name des neuen Bearbeilers nichU ändern»
der in der geographischen Welt einen guten Klang hat; gibjL
er ja auch in der Vorrede unumwunden zu, daß ihm die Zeit zu
einer gründlichen Umarbeitung, bei der eben schließlich nur der
Name des Verfassers übrig bleiben kann, einstweilen noch ge-
fehlt hat. Es erübrigt sich daher, über diese Auflage ein ein-
gehendes Urteil abzugeben. Es muß anerkannt werden, daß der
Bearbeiter das Buch hinsichtlich realer Angaben, wie Zahlen aller
Art, politischer Veränderungen, Ergebnisse neuester Entdeckungen
auf den neuesten Standpunkt gebracht, auch hier und da vorteil-
hafte Änderungen vorgenommen hat, aber der alte Pütz ist ge-
blieben, und der ist als modernes Lehrbuch im Sinne der
heuligen, Methodik und Lehrpläne nicht anzuerkennen. Als Buch
zum Selbstunterricht, das soll nicht geleugnet werden, ist es wohl
immer noch geeignet, besonders wenn einem Autodidakten daran
gelegen ist, möglichst viel Tatsachenmaterial, Namen und andere
Daten in knapper Darstellung und geschickter Gruppierung zu
besitzen. Den reichen Inhalt dieser Art bezeugen die beigefügten
Tabellen, die 23, und das Namenregister, das 16 eng gedruckte
Seiten umfaßt.
Ein wesentlich anderes Gepräge zeigt der Leitfaden, der
völlig umgearbeitet ist. In ihm ist bereits der Hauch der modernen
geographischen Methodik zu spüren, aber auch noch nicht kräftig
genug; er zeigt noch eine übergroße Ähnlichkeit' und starke An-
klänge an das' Lehrbuch, von dem er von Haus aus auch nur
ein gekürzter Auszug war. Der Bearbeiter hat ihn allgemein für
die Unter- und Mittelstufe höherer Lehranstalten bearbeitet.
Unter den gegenwärtigen Verhältnissen genügt der Leitfaden
besser für die Mittel- und Oberstufe; denn trotz der durchge-
führten Beseitigung zahlreicher Einzelheiten ist er auch jetzt noch
an solchen überreich, umfaßt doch das Namenregister auch hier
15 eng gedruckte Seiten, woraus ohne eingehende Lektüre auf
einen gewaltigen Gedächtnisballast geschlossen werden kann.' Bei
weiteren Auflagen wird der Bearbeiter auf eine Verminderung
überflüssiger Namen und Ausscheidung minder wichtiger Einzel-
heiten und auf kräftigere Hervorhebung der charakteristischen
Zuge der Länderbildung zu achten haben. An dieser Neu-
bearbeitung hat er immerhin gezeigt, daß er ein veraltetes Lehr-
buch umzuarbeiten vermag — eine etwas undankbare Aufgabe
—j und die völlig neue Einleitung läßt erwarten, daß in Zukunft
auch die anderen Abschnitte eine zweckmäßige Umarbeitung
erfahren werden. Dann wird freilich von dem ursprünglichen
Buche nur noch der Titel übrig bleiben, und wenn es der Be-
arbeiter dann noch für angemessen findet, ihn beizubehalten und
dem Buche nicht ausschließlich seinen Namen zu geben, so wird
es wohl nur aus dem Grunde geschehen, um die Schwierigkeiten
zu vermeiden, die mit einer Neueinführung naturgemäß verbunden
566 Bild«r «US dem Alten Berlin,
ßind; denn im ersten Falle ist und bleibt das Buch formell nur
eine Neuausgabe eines schon eingeführten Schulbuches.
Coesfeld. A. Bludau.
Bilder aus dem Alten Berlin. Text von 0. Pniower. Zweite, ver-
größerte AvOage. Berlin 1907, Verlafir J- Spiro Berlin W. 30. 59 S.
Text auf Büttenpapier, 57 ganzseitige Lichtdrockbilder. 3,50 Jt.
Mit der großartigen Entwicklung, die unsere Reichshauptsladt
in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat, sind gerade die
älteren geborenen Berliner meist am wenigsten zufrieden. Sie
denken mit einer gewissen Wehmut an die Zeit zurück, da das
Leben und Treiben so sehr viel gemütlicher war, sie müssen zu-
sehen, wie die ihnen einst vertrauten, liebgewordenen Statten ihr
Aussehen gänzlich verändern, wie altehrwärdige Gebäude vom
Erdboden verschwinden, wie die Stadt immer weiter hinauswächsl
und da, wo früher Feld und Wald war, jetzt endlose Häuserreihen
sich hinziehen. Immermann sagt einmal vom alten Berlin, es sei
ein Konglomerat von vierundzwanzig Krähwinkeln, aber keine
Großstadt; man mag das Urteil selbst für jene Zeit übertrieben
finden, aber das ist jedenfalls richtig, daß die Leute sich damals
sehr viel näher standen als jetzt, wo sich oft die Bewohner des-
selben Hauses nicht kennen. ^Jeder treibt sich an dem andern
rasch und fremd vorüber und fraget nicht nach seinem Schmerz'.
Nun wird ja wohl niemand ein so fanatischer laudator temporis
acti sein, daß er diese ganze Entwicklung verwünschen und die
ungeheuren Fortschritte, die sie auf den verschiedensten Gebieten
gebracht hat, verkennen wollte, aber es drängt sich doch bisweilen
die Frage auf, ob denn das alles nicht auch möglich gewesen
wäre ohne den Mangel an Rucksicht, Pietät und Geschmack, der
ein charakteristisches Merkmal gerade der Entwicklung Berlins zu
sein scheint. Daß eine Weltstadt einen großartigen Straßenverkehr
haben muß, ist selbstverständlich, daß aber so schlecht, so brutal
gefahren wird, wie hier, ist jedenfalls nicht nötig. Die Lastwagen-
fuhrer wenigstens scheinen fast alle ihren Beruf verfehlt zu haben,
eine Beleuchtung, die diesen Namen verdient, fehlt ihren Ge-
spannen so gut wie ganz, und was soll man erst sagen von der
unerhörten Anmaßung so vieler Rad- und Automobilfahrer, deren
gewissenlosem und gemeingefährlichem Treiben die Behörden ^^
ziemlich rat- und tatlos gegenüberstehen? So viel Zeit muß
jeder noch so beschäftigte Mensch doch haben, daß er auch auf
Leben und Gesundheit seiner Mitmenschen Rücksicht nehmen
kann. Und nun die baulichen Veränderungen der Stadt Sehr
schön mag Berlin ja wohl nie gewesen sein, aber es lag doch
Charakter in den Straßenzügen und Plätzen. Was an die Stelle
davon getreten ist, deutet nur auf Erwerbstrieb, auf rücksichts-
loseste Verwertung von Grund und Boden hin. Daß ein^Haus
angez. von F. Härder. 567
wie das Redernsche Palais so einfach devasliert werden kann, ist
unerhört, and dasselbe läßt sich von Hunderten von anderen,
wenn auch nicht so hervorragenden Gebäuden sagen. Und was
tritt dafür an die Stelle? Was ist denn in neuerer Zeit, ab-
gesehen vom Viktoriapark und den Treptower Anlagen, Erfreuliches
geschaffen worden? Alles wird ins Kolossale verzogen, der Sinn
für einfache, strenge Schönheit» der doch manchen Teilen des
alten Berlin einen eigenartigen Reiz verlieh, scheint ganz ver-
schwunden zu sein. Selbst der alte Bernini würde vermutlich
beute sein Haupt verhüllen, wenn man ihm diese neuen Wunder
Berlins zeigen wollte. Da ist es denn nun für alle Teile lehr-
reich, für die alten Berliner eine wahre Herzensfreude, ein Buch,
wie das hier zur Besprechung vorliegende, in die Hand zu nehmen.
Der Verfasser hat sich bei der Auswahl der Bilder die Aufgabe
gestellt, die Entfaltung unserer Stadt in den letzten drei Jahr-
hunderten zur Anschauung zu bringen. So hat er nun eine be-
trächtliche Anzahl älterer Stiche und Pläne in kleinem Haßstabe,
aber vorzüglicher Reproduktion, zusammengestellt, die zum Teil
eine uns Lebenden nicht mehr bekannte, aber doch anmutende
Vorstellung der alten architektonischen Bilder unsensr Stadt, zum
Teil auch noch den Zustand der Straßen, Plätze und Gebäude
vorführen, an die sich unsere eigenen Jugenderinnerungen knüpfen
und die jetzt fast alle verschwunden oder verändert sind. Wie
malerisch das alte Berlin sich ausnahm, zeigt ein Vergleich dieser
Blätter mit den Abbildungen auf den jetzigen Postkarten, selbst
den besten, die doch sicher auch daraufhin gearbeitet sind, den
denkbar günstigsten Eindruck auf den Beschauer zu machen: dort
ruhige, einfache, oft wirklich schöne, immer gediegene Verhältnisse,
hier eine verwirrende Nebeneinanderstellung von Dingen, die mit-
einander nichts zu tun haben, zueinander nicht passen, sich gegen-
seitig stören, alles groß, aber plump, aufdringlich und gesucht.
Die in dem Werke reproduzierten Bilder gehen auf Aquarell-
zeichnungen von Stridbeck sowie auf Stiche von Chodowiecki und
Rosenberg zurück, der Prospekt von Berlin (ca. 1745) auf Schleuen,
die Gesamtansicht LV auf Merian, der Grundriß LVI vom Jahre
1737 auf den Stich von Busch nach einer Zeichnung Walthers.
Die Quellen sind in dem begleitenden Texte meist angeführt; es
würde sich wohl empfehlen, diese Angabe auf alle Bilder auszu-
dehnen, vielleicht schon im Inhaltsverzeichnis. Der Text selbst
ist knapp gefaßt, aber deutlich und unbedingt zuverlässig und
wohl geeignet, 'die Liebe zur engeren Heimat, die dem neuen
Berlin so not tut, wecken zu helfen'. Freunden jener alten
Zeiten, allen, die sich für die Geschichte unserer Hauptstadt inter-
essieren, besonders aber der Berliner Jugend sei das vorliegende
Werk auf das angelegentlichste empfohlen.
Berlin. Franz Härder«.
568 P' Reidt, Auleituug z. niatfa. Unterricht, aogez. von M. Nath.
Fr. Reidt, Anleitung zam mathematischen Unterricht an
höheren Schalen. Zweite Auflage. Revidiert und mit Aamer-
hangen versehen von H. Schotten. Berlin 1906, G. Grote. XIV
u. 269 S. 4 JC.
Vor 20 Jahren ist die erste Auflage des Buches erschienen,
und erst jetzt ist eine zweite nötig geworden. Es scheint kein
sonderlich günstiges Zeichen für das Interesse, das die Lehrer
der Mathematik an Fragen der Methodik genommen haben, daß
diese Tatsache festgestellt werden muß. Und doch täte man
unrecht, wenn man diese Folgerung zöge. Gegen ihre Berechtigung
spricht vor allem die Existenz, die Arbeit und die Erfolge des
Vereins zur Förderung für den Unterricht in der Mathematik und
den Naturwissenschaften, spricht nicht weniger die reiche und reich-
haUige Produktion von Leitfäden und Lehrbüchern, von dem
doch wenigstens ein Teil, allerdings zum Schaden seiner Verleger
und Verfasser, eigene und neue Wege erschließt Man könnte
aus der Eigenart des Reidtschen Buches Gründe für die nicht
eben günstige Aufnahme ableiten, die es gefunden hat. Es ist
zweifellos stellenweise ein wenig breit und einseitig. Der Ver-
fasser war Lehrer an einem humanistischen Gymnasium und be-
handelt den Gegenstand namentlich mit Rücksicht auf diese
Anstaltsart. Man muß aber jederzeit in Erwägung ziehen, daß
ein solches Buch, in die Bibliotheken der Lehranstalten und der
Fachlileratur einmal aufgenommen, doch Jahrzehnte lang seine
Dienste tut, weil es nicht den zersetzenden und zerfetzenden
Einwirkungen ausgesetzt ist, die das Lehrbuch in der Hand der
Schüler zu erdulden hat.
Wie dem auch sei, das Erscheinen der zweiten Auflage muß
freudig begrüßt werden, um so freudiger, als der IName des Her-
ausgebers eine eingehende Berücksichtigung des in der Zeit hin-
zugekommenen Neuen in Aussicht stellt. Darin glaubt man sich
bei näherem Einblick freilich zunächst getäuscht. Es ist ein so
gut wie völlig unveränderter Abdruck der ersten Auflage. Nur
gelegentlich sind nach dem Handexemplar des Verfassers gering-
fügige Änderungen des Textes vorgenommen. Der Herausgeber
hat sich darauf beschränkt, in Anmerkungen unter dem Texte
Abweichungen seiner persönlichen Ansichten, methodische Fort^
schritte und veränderte Anschauungen der Mehrzahl der Fach-
männer mehr anzudeuten als auszuführen. Dieser Eindruck der
Enttäuschung schwindet aber, wenn man das Buch noch einmal
liest und dazu die Anmerkungen vergleicht. Man erkennt dann,
daß sie in aller Kürze einen bestimmten Standpunkt, den der so-
genannten „Meraner'^ Beschlüsse, in aller Kürze, aber klar geltend
machen. Freilich, ob für jeden Leser, ist fraglich. Für den
gewiß, der aus längerer eigener Unterrichtserfahrung und mit
genauer Kenntnis der von der „Unterrichtskommission*' verfolgten
Ziele das Buch studiert. Aber in erster Linie gehört es doch in
E, IVrobel, Oboof^sbucb z. Aritbm. u. Alg.^ «gz. von A. Kallias. 569
die Hand des Anfangers, des jungen Lehrers in den praktischen
Vorbereitungsjahren. Er findet hier über Unter rieh tsformen aus-
führliche und belehrende Betrachtungen und Beispiele, er kann
über Aufgaben und Iit\e des mathematischen Unterrichts sich
orientieren, die Bedeutung der einzelnen Disziplinen, ihre Be-
handlungsweise auf den verschiedenen Klassenstufen kennen
lernen. Gerade die Schlichtheit und Sachlichkeit der Unter-
suchung und Darstellung wird imstande sein, ihn für seinen
Beruf auszubilden. Er wird sich nicht Aufgaben gegenüber sehen,
die ihm wegen der besonderen Auflassung, in der sie ihm ent-
gegentreten, schwierig und unlösbar scheinen. Das Studieren
des Buches wird ihn vor zwei Fehlern bewahren, vor der Ver-
stiegenheit und den Anforderungen an wissenschaftliche Strenge
des Unterrichts und vor der Einseitigkeit und Mangelhaftigkeit in
dessen Gestaltung, wenn sie wesentlich auf die Erinnerungen der
eigenen Schulzeit begründet ist. Da die pädagogische Vorbildung
der jungen Lehrer der Mathematik doch oft genug noch in den
Händen von philologischen Vorgesetzten liegt, wird die Befassung
mit einem solchen Buche von beiden Teilen wohl als empfehlens-
wert betrachtet werden.
Wenn nun in der neuen Auflage dem Leser der Standpunkt
der Methodik vor 20 Jahren entgegentritt, allerdings stellenweise
treffend beleuchtet und berichtigt durch die Bemerkungen des
Herausgebers, so würde eine gewählte Angabe der neueren Lite-
ratur gewiß als dankenswert empfunden worden sein. Die all-
gemeinen Hinweise auf Rethwiscbs Jahresbericht und die Aufsätze
in der Zeitschrift für mathematischen und naturwissenschaftlichen
Unterricht nutzen dem Anfänger nicht viel, der ratlos einem em-
barras de richesse gegenübersteht.
Eine erfreuliehe Bestätigung aber hat der Berichterstatter
der erneuten Lektüre des Buches entnommen, die, daß wirk-
lich jene Meraner Vorschläge nichts so grundslürzend Neues sind,
wie ihnen nachgesagt wird. Gar vieles, was sie vorschlagen und
empfehlen, ist hier schon fast als selbstverständlich besprochen.
Sie sind in der Tat der Niederschlag langjähriger und vielfältiger
Oberlegungen und Erfahrungen weiter Kreise der Lehrerwelt, und
da wohl alles, was sie enthalten, teilweise hier und da versucht
und erprobt worden ist, wird es möglich sein, auch das Ganze
ins Leben zu führen.
Nordhausen a. Harz. Max Nath.
1) E. Wrobe), 1. Übaogsbocb zor Aritbuietik uod Algebra, ent-
haltend die Pormelo, Lebraätee uod Auflösnogsinetboden io systema-
tiseber Anordooog ond eine große Aezabl voo Frageo uod Aufgaben
zam Gebrauche an Gymnasien, Realgymnasien und anderen höheren
Lehranstalten. Teil I: Pensnm der Tertia und Untersekunda. 1].,
durchgesehene Doppeiauflage. 320 S. 8. 3,30 JC. Teil II: Pensum
570 ^'h<*' Scbttieh], Recheobucb f. höh. Lehranst.^ agz. v. A. Kalüus.
der ObersekuBda und Prima des Gymoasioins. 6. Auflage. 163 S. h.
1,60,^. 2. Obuogsbuch zur Arithmetik uod Algebra. Ao-
hang für höhere realistische Lebraostalteo. 4. Auflage. 71 S. 8.
1 M* 3. Leitfaden der Stereometrie oebst einer grofleo An-
zahl voo Obungsaufgabeo. Zum Gebrauche ao höheren Lehranstalteo.
3., verbesserte und vermehrte Auflage. 105 S. 8. 2 JC. Rostock,
Hermann Koch*s Verlag.
Die vorliegenden Übungs- und Lehrbücher sind nach ver-
hältnismäßig kurzer Zeit in neuen Auflagen erschienen, woraus
man schließen darf, daß sie sich einer wachsenden Beliebüieit
erfreuen und in vielen höheren Schulen zur Einfuhrung gelangt
sind. Da ich also voraussetzen darf, daß sie ziemlich allgemein
bekannt sind und da sich bei 1. und 2. die neuen Auflagen gar
nicht von den froheren unterscheiden, so wird es genügen, hier
auf ihr Erscheinen aufmerksam gemacht zu haben. Der Leit-
faden der Stereometrie, dessen erste Auflage in dieser Zeitschrift
eingehend besprochen worden ist, unterscheidet sich aber
von den früheren Auflagen wesentlich. So sind die Figuren
schwarz auf weißem Grunde gezeichnet, die Anordnung des
Stofl'es besonders in dem ersten Abschnitt, der von den Geraden
und Ebenen handelt, ist etwas anders gestaltet, und für den
Obelisk ist eine zweite Ableitung des Inhaltes mehr geometrischer
Natur gegeben. Hinzugefügt sind auch den einzelnen Kapiteln
des ersten und zweiten Abschnittes Konstruktionsaufgaben und
Sätze zum Beweise. So hat dieser Leitfaden eine bedeutende
Bereicherung seines Inhaltes erfahren, die den Wünschen der
Lehrer, die das Buch ihrem Unterricht zugrunde legen, durchaus
entsprechen dürfte.
2) Chr. Schmehl, Rechenbuch für höhere Lehranstalten. Teil I:
Das Rechnen mit ganzen Zahlen, gemeinen Brächen und Dezimal-
brüchen. 6. Auflage. 1906. VH! u. 227 S. 8 1,80 JC. Teil JI:
Die bürgerlichen Rechnungsarten. Mit einem Anhang: Aufgaben zur
Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung. Berechnung der FJächen-
und Körperinhalte. 5. Auflage. 1905. VI u. 256 S. 8. 1,80 X
Gießen, Emil Rott
Das vorliegende Rechenbuch habe ich in dieser Zeitschrift
(Jahrgang 1890) eingehend besprochen. Ich mußte in dieser
Besprechung hervorheben, daß „der erste Teil dieses Buches in
seiner ganzen Anordnung und in seiner Darstellung des Rechnens
mit ganzen und gebrochenen Zahlen eine so überraschende
Ähnlichkeit mit einem mir bekannten Rechenbuche hat, daß man
von einem Zufall durchaus absehen muß und daß dieser Umstand
um so mehr auffallen muß, als der Verfasser es durchaus nicht
für nötig gehalten hat, in der Vorrede oder auch im Texte die
Quellen, aus denen er geschöpH hat, anzugeben*'. Dem Verfasser
muß diese Besprechung nicht zu Gesicht gekommen sein; denn
sonst hätte er wohl in der Vorrede zu den späteren Auflagen
auf diesen Umstand Rücksicht genommen. Die neue Auflage
J. Wirz, Rechenbacb f. höh. Lehraostalten, agz. v. A. Kallius. 571
unterscheidet sich auch sonst wenig von den früheren; es sind
nur bin und wieder einige Aufgaben hinzugefugt, so namentlich
Aufgaben mit Klammerausdrücken, Aufgaben aus dem Gebiete
der Arbeiterversicherung, Aufgaben über die Berechnung von
Flächen- und Körperinhalten und das Ausziehen der Quadrat-
und der Kubikwurzel. Unverändert geblieben sind die der mathe-
matischen Genauigkeit entbehrenden Regeln und die Art und
Weise, wie der Verfasser in den Aufgaben des praktischen Lebens
mit Dezimalbrüchen gerechnet haben will.
3) J. Wirz, Reeheobach für höhere Lehranstalteo. Gebweiler
1906, J. Boltze. VI n. 255 S. 8. 2,50 Jt.
Das vorliegende Rechenbuch unterscheidet sich insofern von
anderen Rechenbüchern, als es in zwei Abteilungen geteilt ist,
in eine Aufgabensammlung und in einen als Anhang bezeichneten
Teil, der theoretische Erläuterungen, Regeln und Musterbeispiele
enthält. Maßgebend für diese Teilung waren namentlich die
Wünsche der Rechenlehrer, die aus pädagogischen und didakti-
schen Gesichtspunkten eine Einfügung der theoretischen Er-
läuterungen und praktischen Anleitungen in die Aufgabensammlung
verwerfen. In der Einteilung mit den Aufgaben genau überein-
stimmend, enthält der zweite Teil auch die notwendigen Regeln
in kurzer Zusammenstellung, die sich übrigens durch mathema-
tische Genauigkeit auszeichnen. Weiterhin unterscheidet sich das
Buch auch darin wesentlich von anderen Rechenbüchern, als eine
Trennung der Grundrechnungen mit unbenannten und einfach
benannten Zahlen einerseits und mit mehrfach benannten Zahlen
andererseits nicht durchgeführt ist, weil nach Ansicht des Ver-
fassers das Rechnen mit den dekadischen Einheiten nichts anderes
ist als ein Rechnen mit mehi^ch benannten Zahlen, deren Wäh-
rungszahl eine Potenz von 10 ist. Wohl infolgedessen behandelt
der Verfasser das Resolvieren und Reduzieren nur ganz beiläufig.
Mir will es scheinen, als ob bei einer solchen Anordnung das so
wichtige Rechnen mit mehrfach benannten Zahlen, deren Wäh-
rungszahl eine Potenz von 10 ist, zu kurz käme, zumal da es
doch eine so wichtige Vorstufe für das Rechnen mit Dezimal-
brüchen bildet Der Verfasser vermeidet es grundsätzlich, mit
allzu großen Zahlen und in der Bruchrechnung mit großen
Nennern zu operieren. Aber die Aufgaben aus der Praxis bieten
doch recht häußg auch größere und unbequeme Zahlen; wird
nicht ein Schüler, der nur mit kleineren Zahlen zu rechnen ge-
wöhnt ist, mit einer gewissen Unlust an ihre Lösung herangehen
und bei der Arbeit ermüden ? Es sind in der Tat zwei Divi-
sionen mit kleinen Zahlen nicht gleichwertig einer Division mit
großen Zahlen. Bei der Addition und Subtraktion von Brüchen
hat der Verfasser nur solche Beispiele aufgenommen, bei denen
der Hauptnenner bequem im Kopfe gefunden werden kann, weil
572 K. Roeseo, Lehrback der Physik,
er meint, daß Rechnuogen mit Nennern, die zu einem großen
Hauptnenner führen, eine schematische Darstellung notwendig
machen und für das Verständnis der Operationen wertlos sind.
Er gibt deswegen auch in den Erläuterungen nicht das Verfahren
für die Auffindung des Hauptnenners an, was meiner Ansicht
nach schon deshalb durchaus notwendig ist, weil der Rechen-
unterricht eine Vorstufe des arithmetischen Unterrichts sein soll.
— Die Dezimalbruche erklärt der Verfasser als Bräche, deren
Nenner Potenzen von 10 sind ; er entwickelt demgemäß die vier
Spezies mit Hilfe der gemeinen Brüche und nicht, wie es meiner
Ansicht nach methodisch richtiger ist, in Anlehnung an das
Rechnen mit ganzen Zahlen. Die abgekürzten Rechnungen mit
Dezimalzahlen sind zwar behandelt, aber nicht eingehend genug,
da auf die Bestimmung des Fehlers gar keine Rücksicht ge-
nommen ist. Die Subtraktion durch Ergänzung ist nur erwähnt,
aber irgend eine Anwendung dieser vortreiTlichen Methode, z. B.
bei der Division, wird nicht vorgeführt. In den angewandten
Aufgaben sind die Verhältnisse des geschäftlichen und industriellen
Lebens, die Handels- und Verkehrsverhältnisse des Deutschen
Reiches nach Möglichkeit und der Unterrichtsstufe entsprechend
berücksichtigt, eine Einheit wie Hektowattstunde dürfte freilich
kaum einem Sextaner verständlich zu machen sein.
Berlin. A. Kallius.
K. Roesen, Lehrbach der Physik. Leipzig 1906, Oskar Leioer. X o.
380 S. 8. Mit 328 AbbildaDgen. 4 My geb. 4,60 JL.
K. Roesen, Brgäozaogea zum Lehrbuch derPhysik. fibeoda. 68 8.
8. Mit 61 Abbilduugeo. 0,90 Jty geb. 1/20 M-
C. W. WirtZf Leitsätze zur mathematischen Geographie, ein An-
hang zu Roesen, Lehrbuch der Physik. Ebenda. 35 S. 8. Mit
15 Figuren. 0,50 JH, geb. 1 Jt,
Ober die Lehrbuchfrage herrschen bislang bei den Physik*
lührern geteilte Ansichten: die einen bevorzugen einen nach Um-
fang und Ausdrucksweise knapp gehaltenen Leitfaden, weniger ein
Lehrbuch als ein Lernbuch, das dem Schüler nur die unentbehr-
lichste Grundlage für häusliche Wiederholungen liefert, die anderen
wollen dem Lehrer für die Stoffauswahl größeren Raum gewähren,
dem strebsamen Schüler Gelegenheit zu eigenem Studium geben
und ziehen die Grenzen des darzubietenden Unterriclitsstofles erst
da, wo noch zu wenig gesicherte Ergebnisse wissenschaftlicher
Forschung vorliegen oder der unterrichtlichen Rehandlung durch
die Schwierigkeit und Kompliziertheit des Gegenstandes Hinder-
nisse in den Weg gelegt werden. Die meisten Verfasser neuerer
Lehrbücher neigen, soweit die Oberstufe in Frage kommt, der
letzteren Auffassung zu, und das ist verständlich; denn ihnen
kommt es bei der Zusammenstellung des Lehrstoffes am deutlich-
sten zum Bewußtsein, daß die Forderung „nur das AUernotwen-
Aogez. von E. Höhnemaoo. 573
digste" je nach der Persönlichkeit des Lehrers und den ihm zur
Verfugung stehenden Lehrmitteln schwankend und viel zu ver-
schwommen ist, um als Norm für den Umfang des AuszuwahJenden
gelten zu können.
Das Lehrbuch von Roesen aber übertrifft alle mir bekannten
in der FöJle des Stoffes. Es erschließt dem Schulunterricht so-
wohl ältere grundlegende Untersuchungen, z. B. die Gaußsche
Dioptrik zentrierter Systeme, wie neuere und neueste Errungen-
schaften der Wissenschaft, die Abbesche Abbildungslehre, die
elektromagnetische Lichttheorie, die Elektronentheorie, die sonst
gewöhnlich nur angedeutet wird, und vieles andere. Mag er
dann in manchen Fällen zu weit gehen — ich erwähne die Be-
handlung des absolut schwarzen Körpers — , der Brauchbarkeit
seines Buches tut es keinen Abbruch; denn die Anordnung ist so
übersichtlich, das Wesentliche ist überall so deutlich hervorgehoben,
(laß selbst der Lehrer, der sich zu strengem Maßhalten gezwungen
sieht, auf seine Rechnung kommen wird, mehr als mit manchen
weniger umfangreichen Lehrbächern, die weniger Stoff, das ein-
zelne aber mit zu großer Breite behandeln. Der Ausdruck ist
stets knapp, die Formulierung der Gesetze treffend, so daß der
Schüler sich bei der hauslichen Wiederholung nicht durch seiten-
lange Auseinandersetzungen und Beschreibungen hindurchzuarbeiten
braucht. Man verfolge nur einmal die Durchführung eines Ab-
schnittes, etwa der Lehre vom Schall, wie kurz, klar und wohl
geordnet da eins auf das andre folgt. Freilich strenge Auswahl,
insbesondere für die Benutzung an Gymnasien, ist unerläßlich;
sie wird auch von dem Verfasser selbst vorausgesetzt, wie sich
aus einer Bemerkung in der Vorrede ergibt.
Das Lehrbuch von Roesen steht auf modernem Standpunkt.
Es geht auch für die oberen Klassen von dem Versuch aus, und
zwar vom messenden Versuch. Es behandelt nach Grimsehls Vor-
gang feste Körper, die Arbeit übertragen, nicht mehr als starre
Systeme, sondern als physische, Deformationen erleidende Körper
und bringt die KraftlinientheoHe, dieses unentbehrliche Hilfsmittel
für die Lehre vom Magnetismus und Elektromagnetismus, ferner
die Elektronentheorie voll zur Geltung. Modern sind auch die
von Roesen empfohlenen, übrigens durch recht gute Abbildungen
veranschaulichten Apparate. Die physikalischen Unterrichtsbücher
tragen in der Mehrzahl dem gewaltigen Wandel, der sich dank
des Einflusses der Zeitschrift für den physikalischen und chemi-
schen Unterricht in der Verwendung und Herstellung physikalischer
Schulapparate vollzogen hat, gar zu wenig Rechnung. Bei der
Betrachtung der in ihnen enthaltenen Abbildungen findet man nur
hier und da eines jener einfachen, verhältnismäßig billigen Hilfs-
mittel, die in den letzten Jahren die Verzeichnisse unserer größeren
mechanischen Werkstätten so stark vermehrt haben, gewinnt aus
ihnen kaum eine Ahnung davon, daß der wichtigste Fortschritt
574 K. Roesea, Lehrbuch der Physik, aagez. von E. Höhnemaon.
des physikalischen Unterrichts gerade in der eigens für die Schule
ausgebildeten Experimentierkunst besteht« Mit Recht bevorzugt
der Verfasser die von Grimsehl angegebenen Versuchsanordnungen
wegen ihrer Obersicbllichkeit und Billigkeit; doch scheint er wohl
etwas einseitig nur den Leyboldschen Katalog benutzt zu haben,
sonst hätte er auf die von Friedr. C. G. Müller-Brandenburg kon-
struierten Schulapparate wohl kaum verzichtet und z. B. der Lehre
vom Trägheitsmoment mit Hilfe des in der Ztscbr. f. d. phys. u.
ehem. Unterr. Bd. 14 S. 71 beschriebenen Universalapparates eine
experimentelle Grundlage geben können.
Die Ergänzungen enthalten neben wichtigen mathematischen
Entwickelungen, die im Lehrbuch wohl nur mit Rücksicht auf
seinen Umfang keinen Platz gefunden haben, weitergehende Aus-
führungen einzelner Gebiete. Es wäre zu wünschen, daß der In-
halt des Bändchens dem Lehrbuch selbst eingefügt würde, was
durch einige Streichungen sich wohl ermöglichen ließe. Auch so
wird das Buch immer noch genug des Guten enthalten. Fort-
fallen könnten, um einzelnes zu erwähnen, Bemerkungen wie
S. 230: „Andere kostspielige Apparate sind vielfach zu diesem
Zweck ausgeführt'', S. 252: „Auch Amperemeter, auf demselben
Prinzip beruhend, werden von derselben Firma ausgeführt'', S.255:
„Praktisch für die Schule sind die Apparate von Hartmann und
Braun" usw. Der Lehrer braucht solche Hinweise nicht aus dem
Lehrbuche zu entnehmen ; für den Schüler aber, für den es be-
stimmt ist, haben sie keinen Zwek.
Eine vortreffliche Ergänzung des Lehrbuches bilden die ,Xeit'
Sätze zur mathematischen Geographie" von Wirtz. Der Anblick
der scheinbaren Himmelskugel und der scheinbaren Bewegung
der Fixsterne, ferner der scheinbare Sonnen-, Mond- und Pla-
netenlauf bilden die methodisch richtig gewählten Ausgangspunkte
für die weiteren Darlegungen über die Orientierung an der
Himmelskugel und die Bewegungen der Körper. Ich habe das
Heft praktisch im Unterricht erprobt und durchaus bewährt ge-
funden.
Alles in allem bilden die besprochenen Bücher einen Fort-
schritt namentlich gegen die meisten unmittelbar nach Einführung
der neuen Lehrpläne erschienenen Schulbücher, an denen zum
Teil nichts neu ist als die Teilung in zwei Stufen. Ihre Ein-
fuhrung an recht vielen Anstalten wäre ein erfreuliches Zeichen
dafür, daß die Wege und Ziele, auf die unsere besten und arbeils-
freudigsten Schulphysiker seit Jahren in der Zeitschr. f. d. phys.
u. ehem. Unterr. hingewiesen haben, in weiteren Kreisen ge-
bührende Beachtung zu linden beginnen.
Landsberg a. W. E. Höhnemann.
EINGESANDTE BÜCHER
(Besprechung eiozeloer Werke bleibt vorbebalteo).
1. MoDatsschrift für Schalgesang, heraasgegebeu von F. Wieder-
maoD nod E. Paal. Jahrg. 1, Heft 11-12 (S. 241— ;^SS). Jahrg. 2, Heft 1
(S. 1-24).
2. Die Stimme, Zentralblatt für Stimm- und Tonbildang, Gesang-
Doterrieht nnd Stimmhygieoe, herausgegeben von Tb. S. Flatao, K. Gast,
A. Gnsiode. Jahrg. 1, Heft 5—6 (S. 129—192).
3. Blätter für deutsche Erziehung, herausgegeben von Arthur
Schulz. Jahrg. 9, Heft 1-5 (S. 1— SO).
4. Zeitschrift für Lehrmitteiwesen und pädagogische Lite-
rator, herausgegeben von F. Frisch. Jahrg. 3, Heft 4—5 (S. 97—160).
5. V ierteljahrsschrift für körperliche Erziehung, heraus-
gegeben von L. Bur gerstein nnd V. Pimmer. Jahrg. 3, Heft 1 (S. 1 — 72).
6. Jahresberichte über das höhere Schulwesen, herausgegeben
voo Conrad Reth wisch. Jahrgang XX (1905). Berlin 1906, Weid-
maonsche Buchhandlung. 19 Jt'
7. Lycee Engiadina. Hochalpines Reformrealgymaasium mit Gym-
aasiil- und Real-Abteilnog. Freie höhere Lehranstalt mit Familienheim für
40 Zöglinge io Zuoz (Ober-Engadin, Schweiz). Prospekt nebst Auszug aus
den Jahresbericht 1905/1906. 24 S. mit 27 Abbildungen. INormal-Lehrplan
2U S. mit 1 Tafel.
8. Religionsgeschichtliche Volksbücher für die deutsche christ-
iic&e Gegenwart, herausgegeben von F. M. Schiele. Tübingen 1906/07,
J.C. B. Mohr. — I. Reihe, 13. Heft: R. Knopf, Die Zuknuftshoffnungeu
des Urchristentums. 64 S. — II. Reihe, 7. Heft: G. Beer, Saul,
David, Salomo. 80 S. — 10. Heft: H. Guthe, Jesaia. 70 S. — 111. Reihe,
S. Heft: C. H. Becker, Christentum und Islam. 56 S. — IV. Reihe,
I.Heft: J. Jungst, Pietisten. 80 S. — V. Reihe, 4. Heft: A. Meyer,
Was uns Jesus heute ist. ÖOS. Jedes Heft 0,50^, kart. 0,75 J|(.
Aboonenten erhalten das Monatsblatt „Die Religion in Geschichte und Gegen-
wart'* unberechnet.
9. F. Rausch, Mängel derAnschaunngsbilder und die Stoff-
lebr mittel. Nordhansen, als Handschrift gedruckt. 58 S.
10. Männer der Wissenschaft. Leipzig 1906, Wilhelm Weicher.
a) Nr. 9. E. Mül ler, Friedrich Karl von Sa vigny. 32 S. gr. 8.
b) Nr. 10. R. Jonas, Karl Rosenkranz. 50 S. gr. S.
c) Nr. 11. R. Ehlers, Riehard Rothe. 59 S. gr. 8.
11. Moderne Essays, herausgegeben voo H. Landsberg. Berlin,
Gose & Tetzlair.
a) F. P. Greve, Oskar Wilde. Zweite Auflage. 57 S. 0,50^.
b) Pflaam, Dühring. 55 S. 0,50^.
12. £d. Meyer, Humanistische und geschichtliche Bildung.
Vortrag, gehalten in der Vereinigung der Freunde des humanistischen <tyui-
nasiums in Berlin nnd der Provinz Brandenburg am 27. November 1906.
Berlin 1907, Weidmannsche Buchhandlung. 41 S. 0,60 Jt.
13. A. Schultz, Methodik des Unterrichts im Deutschen.
Leipzig 1906, B. G. Teubner. 245 S. gr. 8. % JK^ (Methodik des Volks-
und Mittelschulunterrichts, in Verbindung mit namhaften Schulmännern und
unter Mitwirkung von E. Friedrich herausgegeben von H. Gehrig, I 3.)
14. Neuere Gedichte. Eine Sammlung zur Ergänzung des Lese-
buches. Aasgewählt im Auftrage der Elberfelder Jugendschrifteu Vereinigung
von £. Kolepkamp, F. Lehmhaus, K. Toups. Köln a. Rhein o. J., Her-
mann & Friedrich Schaffstein. 78 S. 12.
576 Bingesaodte Bücher.
15. K. Ludwig, Heimatkarte der deutscheo Literatar mit
Ortd- und Naineoverzeichnis. Für Scholzwecke eDtworfeo. Taschen-Ausf^abe.
Wieo 1906, G. FreyUe; aod Berndt 22 S. mit 1 Karte. 16. 50 Heller.
16. E. de Marchi, Un enigmatico epigramma attributo a
Virgilio. 6 S. (S.-A. ans Riviata di filologia 1907.)
17. F. Gaffiot, Ecqai fnerit si particalae io interrogpando
latioe usDS. Paris 1904, C. Klincksieck. 51 S. gr. 8. 3 fr. 50 c.
18. F. Gaffiot, Le subjonctif de snbordioation en latin.
I. Fropositioos relatives. II. CoojonctioD cum, Paris 1906, C. Kliocksieck.
221 S. gr. 8. 5/V.
19. Sophokles' Aotigooe von F. Schubert. Bearbeitet von
L. Hüter. Siebeote Auflage. Mit 11 AbbilduDgeo. Leipzig 1906, G. Freytaj;.
XU a. 52 S. kl. 8. geb. 1,20 JC.
20. J.W. White, Ad Uorecogoized Actor in Greek Comedy.
26 S. (S.-A. ans Harvard Studios XVII [1906] S. 103- 129).
21. J.W. White, 'Logaoedic' Metre in Greek Comedy. 38 8.
(S.-A. aus Harvard Studios XVIII [1907] S. 1—38.)
22. P. Passy, Petite phonetique comparee des prineipales
laogaes europ^eones. Leipzig 1907, B. G. Teubner. IV u. 132 S. kl. S.
1,80 X
23. Boerners neusprachliches Unterrichtswerk. Lehrbach
der französiscbeo Sprache. Ausgabe G für Gymnasien und Real-
gymnasien unter Mitwirkung von Direktor Leitritz herausgegeben von
0. Boeruer und £. Stiehl er. Teil 1 mit einem Hölzelschen Vollbild:
L'hiver. Leipzig 1906, B. G. Teubner. X u. 232 S. geb. 2,40 JC-
24. P. Heyse, Im Bunde der Dritte. Zum Obersetzeu aus dem
Deutschen in das Englische bearbeitet von Ph. Hangen. Dresden 1901),
L. EhIermann. VIII u. 72 S. geb. 0,80 JC.
25. G. Krüger, Englisches Unterrichtswerk für höhere Schnleo,
unter Mitwirkung von W^ Wright bearbeitet. Teil If: Grammatik. Ge-
kürzte Fassung. Leipzig 1907, G. Freytag. 266 S. gr. 8. geb. 2.40 JC-
26. Shakespeare, König Lear. Herausgegeben von E. Wasser-
aeieher. Dresden, L. EhIermann. 160 S. geb. 1,20»^.
27. Das Deutschtum im Auslande. Monatsblatt des Allgemeine«
Deutlichen Schul Vereins zur Erhaltung des Deutschtums im Auslande. Jahr-
gang 26, Heft 1.
28. Sammlung Schubert. Leipzig 1906, G. J. Göschen'sche Verlags-
handlung.
a) Band 37. K. Heun, Lehrbuch der Mechanik, Teil I: Kine-
matik mit einer Einleitung in die elementare Vectorrechnnng. Mit
94 Figuren. XVI u. 339 S. geb. 8 JC.
b) Band 52. A. Adler, Theorie der geometrischen Kon-
struktionen. Mit 177 Figuren. VIII u. 301 S. geb. 9 ^.
29. F. Pietzker, Lehrgang der Elementar-Ma thematik iu
zwei Stofen. Teil 1: Lehrgang der Unterstufe. Mit 207 Figuren. Leipzig
1906, B. G. Teubner. XII u. 318 S. gr. 8. geb. 3,20 JC.
30. F. HoCevar, Lehr- und Obungsbuch der Arithmetik fnr
die unteren Klassen. Mit 3 Figuren. Sechste Auflage. Wien t90G,
F. Tempsky. III u. 152 S. gr. 8. geb. \ R QO h, geb. 2K 10 h,
31. K.Meyer, Naturlebre (Physik und Chemie) für höhere Mädchen-
schulen usw. Mit 324 Abbildungen. Vierte Auflage. Leipzig 1906.
G. Freytag. 233 S. gr. 8. geb. 2,20 jfC.
32. Grabers Leitfaden der Zoologie für die oberen Klassen.
Bearbeitet von R. Latzel. Mit 474 Abbildungen, 4 Farbendrucktafeln und
1 Karte. Fünfte Auflage. Wien 1906, F. Tempsky. III u. 232 S. gr. S.
'A K 20 /i, geb. 3 Ä" 80 /i.
EBSTE ABTEILUNG.
ABHANDLUNQEN.
Über den Umfang und die ermüdende Wirkung
der Schularbeiten.
Unter dem obigen TiteJ hat Herr Prof. Dr. med. et phi).
Griesbach in Nr. 33 der „Woche** vom Jahre 1906 einen Aufsatz
erscheinen lassen. Bei der Verbreitung der genannten Zeitschrift
in den weitesten Volkskreisen und bei der unverhohlenen Be-
friedigung, mit der heutzutage jeder noch so rücksichtslose, den
Tatsachen nicht entsprechende Angriff auf unsere höheren Schulen
kritik- und urteilslos begrüßt wird» hätte diese Arbeit nicht un-
widerlegt bleiben dörfen. Denn daß die sogenannte ,,vornehme'^
Art, durch Schweigen die öbermutigen Gegner abzutun, in der
Scbalfrage durchaus unangebracht ist, müßte mittlerweile allgemein
klar geworden sein. Zu meiner Verwunderung aber beschränkt
sich alles, was ich bisher von Widerspruch gelesen habe, auf eine
ziemlich summarische Erwiderung des Herrn Direktor Stutzer-
Görlitz auf der vorletzten und letzten Seite von Heft 11 des
V. Jahrganges (1906) der „Honatschrift für höhere Schulen", und
das erscheint mir bei der zweifellosen Wichtigkeit der Sache um
so mehr zu wenig, da mittlerweile die „Zeitschrift für Schul-
gesundheitspflege'' in Heft 10 des Jahrgangs 1906 S. 729 ff. das
Wesentliche aus Griesbachs Ausführungen ohne irgend welchen
Einwand, d. h. also mit stillschweigender Billigung, wiedergegeben
hat und zweifellos von da aus diese Anklagen weitere Verbreitung
finden werden.
Um von vornherein über meinen Standpunkt keine Unklar-
heit zu lassen, erkläre ich, daß auch ich an eine Art von Über-
bürdung unserer heutigen Gymnasialjugend — denn diese habe
ich bei meinen Ausführungen vor allem im Auge — wohl glaube;
ja sie hängt meiner Ansicht nach in gewisser Beziehung sogar
mit dem zusammen, was Griesbach am Ende seines Aufsatzes
hervorhebt, wenn er S. 1412 erklärt, „der erste Schritt zur Ver-
hütung [geistiger Oberbürdung] besteht darin, daß mit der Drei-
faltigkeit im höheren Schulwesen deünitiv gebrochen wird. Das
Rivalisieren der Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen öffnet
UtMhr. 1 d. OTsuDMlalwtMB. LZI. 8. 9. 37
578 Ober den Umfange und die Wirkang der SehalarbeiteD,
der Überbürdung Tor und Tür; denn jede dieser Anstalten sucht
die andern an Bildungsmaterial zu AberflQgeln, insbesondere
seit der Beschränkung bezw. Abschaffung des Partikuiarismus in
der Zulassung der Absolventen''. Ohne auf die Frage einzugehen,
ob die von ihm verlangte eine Mittelschule, „in der jeder das
findet, was er an allgemeiner Bildung braucht % zweckmäßig oder
auch nur möglich ist^), gebe ich die Richtigkeit des letzten Teils
seiner Behauptung fQr Realgymnasien, Oberrealschulen und für die
Reformschulen i m a 11 g e m e i n e n zu. Zahlreich sind die Klagen von
Eltern, die gerade bei der letztgenannten Schulart aus ihrem ver-
stärkten Wettbewerb mit den Gymnasien heraus eine Oberbärdung
feststellen. Für die Gymnasien aber kann ich sie nur insoweit gelten
lassen, als sie nicht durch eigene Schuld in den Strudel dieses
Wettbewerbes mit gehäuftem Bildungsmaterial gerissen sind. Denn
wenn seit dem Erlaß vom 26. November 1900, durch den die
Gleichwertigkeit der drei Arten höherer Lehranstalten grundsätz-
lich anerkannt wurde, immer wieder und wieder betont wird, es
sei nun jeder der drei Formen der neunklassigen Schule die
Möglichkeit gegeben, ihre „Eigenart kräftiger zu pflegen'' (Lehrpl.
S4 72), so trifft das — wie ich neulich auch mit Vergnügen in
Nr. 52 (1906) der „Grenzboten" S. 717/718 ') von Direktor SUmm-
Anklam bestätigt fand — für die Gymnasien durchaus nicht zu.
Während nämlich die Oberrealschulen in den modernen Sprachen,
der Mathematik und Naturwissenschaft mit verstärkter Stunden-
zahl arbeiten und in den alten Sprachen nicht die mindeste
Kenntnis von ihren Schulern verlangt wird, haben die Gym-
nasien für die Pflege dessen, was ihre Eigenart ist, nicht
nur keine Verstärkung ihrer Stundenzahl erfahren, sondern
die seit 1882 eingetretene Verminderung der ursprünglichen
Zahl von 86 Stunden für Latein auf 77 und 62 [bezw. 68]
') Vsl. Paalsen, Das deutsche Bildaogsweseo in seiner gesehichtlidieB
Entwicklung S. 139: „Die Reform von 1900 ist ohne Zweifel ein wichtiger
Schritt und ein definitiver; er kann and wird nicht zurockgetan werden.
Er bedeutet den endgültigen Verzicht auf die Dorehführnng der Idee,
womit die Reform am Anfang des abgelaufenen Jahrhunderts einsetzte: eine
Einheitsschule mit dem Zentrum im klassischen Unterricht, daneben aber
mit ausreichendem Betrieb der modernen Wissenschaften und Sprachen za
schaffen, durch die alle höher Gebildeten, wenigstens alle Studierenden hii-
durchzufuhren wären*'.
') „Wenn nicht bloß die Gegner unseres Gymnasiums, sondern auch
viele ihm sonst wohlgesinnte Freunde unter den UniversitatsproCassoren die
Kenntnisse in den klassischen Sprachen unserer Gymnasiasten mangelhaft
finden, so ist das leider nicht unberechtigt Aber es kommt daher, wie nun
doch allmählich jeder eingesehen hat, dafi unsern armen Humanisten zu
vielerlei aufgepackt worden ist. Dadurch stehen wir oatärlieh fünter den
einheitlicher gestellten Realschulen zurück. Man gebe uns eine einseitige,
aber verstärkte humanistische Bildung, wie man den Realschulen eloe
einseitige modern realistische Bildung gegeben hat, dann sind die Waffen
gleich, und dann wollen wir sehen, wer sie besser fährt''.
von H. Röoigflbeok. 579
nie wieder eingebracht. Man scheut sich eben, die Eigenart krSflig
und rückhaltlos zu betonen, ja man läßt sogar, krassem Utilitarismus
zuliebe, die Zöglinge mit den modernen Sprachen, der Mathematik
und den Naturwissenschaften mindestens sieben Jahre lang sich
eingehend beschäftigen. Daher ist in Wahrheit dieser „friedliche^*
Kampf für das Gymnasium ein sehr ungleicher, da es mit einer
Menge Yon überflüssigen Ausrüstungsstücken belastet ist, daher
muß es immer noch non multum, sed multa leisten, und daher
rührt für diese Anstalten die Klage der Oberbürdung, zumal
heute nur sehr wenige Lehrer so viel Entsagung und Selbstent-
äußerung ihr eigen nennen, daß sie ihr Fach, etwa Französisch,
am Gymnasium wirklich als ein Nebenfach betrachten könnten;
heute wird in jedem Fache, in jeder Stunde gleichmäßig äußerste
Anstrengung der Kräfte verlangt.
Ich leugne also eine Überbürdung an sich nicht — freilich
eine weit andere, als sie Gr. meint — , ich stimme ihm auch zu,
wenn er den Nachmittagsunterricht „das stärkste Gift der Schule*'
(S. 1410) nennt, wenn er sich gegen den hygienisch nidit zu
rechtfertigenden Schulbeginn im Sommer um 7 Uhr wendet —
für den Winter ist selbst 8 Uhr, wie ich an anderer Stelle ^) aus-
föbrlich nachzuweisen versucht habe, zu früh — , wenn er als
Höchstmaß jeder Unterrichtsstunde 40 ( — 45) Minuten fordert.
Aber unmöglich ist es mir, seine Resultate und Ausführungen
über die Schularbeiten selbst als richtig anzuerkennen. In der
Behandlung solcher Fragen ist übrigens äußerste Vorsicht anzu-
wenden, und jede Angabe, ja jeder einzelne Ausdruck sollte sorg-
fällig überlegt werden. Wenn also Griesbach S. 1410 die Samm-
lung seiner Beispiele für Oberbürdung damit einleitet, daß er be-
hauptet: „Der Schulunterricht umfaßt nicht selten 7, manchmal
auch 8 Stunden am Tag'', so kann diese Form ein gänzlich un-
kundiges Publikum vielleicht täuschen und von vornherein in eine
gewisse Erregung versetzen; wer aber die Lehrpiäne und Lehr-
aufgaben der höheren Bildungsanstalten unseres Volkes kennt —
ich nehme hauptsächlich Rücksicht auf die preußischen, von denen
die übrigen nicht gar zu viel abweichen — , der weiß, daß die
Höchstzahl der verbindlichen Stunden selbst in den Primen der
Gymnasien einschließlich 3 Stunden Turnen und 2 Stunden Singen
nicht mehr als 35 (in den Realgymnasien und Oberrealschulen
freilich 1 St. mehr) in der Woche beträgt. Außerdem sind aber
die 2 Gesangstunden nicht einmal für alle Schüler verbindlich und
für die Sänger selbst nicht streng regelmäßig, da bald die Knaben-,
bald die Männerstimmen 1 St. aliein oder je Va St. üben. Rechnen
wir nun den Unterricht am Mittwoch und Samstag zu je 5 St.,
so ergeben sich für vier Tage noch 25 St., d. h. drei Tage zu je
6 und nur einer zu 7 St. ; in der Regel freilich liegt der Stunden-
0 ZeiUchrift f. ScholgeaandheiUpOege 1907 S. 287 ff.
37*
580 Ober den Umfaog and die Wirkung der Schularbeiten,
plan 80, daB drei Tage zu je 5 Sl. angesetzt sind — ein Nach-
mittag ist dann fdr den fakultativen Unterricht frei — , so daß
also an zwei Tagen je 7 St. herauskommen; von diesen aber sind
dann in der Regel zwei, etwa an einem Nachmittage von 5 — 7 Uhr,
Tarnstunden, zwei, je von 4 — 5 Uhr, Chorstunden; der sechste
Tag mit 6 St. hat noch eine Turnstunde, so daß also wissenschaft-
liche Lektionen nie mehr als fönf auf einen Tag entfallen. Den
wahlfreien Unterricht werden wir hier natürlich nicht berück-
sichtigen; denn bei ihm handelt es sich eben um selbstgewähite,
freiwillige Beschäftigung, die nur der übernehmen soll und kann,
der die überschüssigen Kräfte dazu hat. Dem Gymnasium aber
gebührt hier die Anerkennung, daß es einerseits Gelegenheit dazu
bietet, sich besondere Kenntnisse ohne besondere pekuniäre Auf-
wendungen ^) zu erwerben, andrerseits auch hier wieder jeder Über-
bürdung steuert, wenn es daran festhält, daß derselbe Schüler m
der Regel nur an dem wahlfreien neusprachlichen oder an dem
hebräischen Unterrichte teilnehmen darf (Lehrpl. S. 73). Bei dieser
Sachlage aber zu behaupten, „der Schulunterricht umfaßt nicht
selten 7, manchmal auch 8 St. am Tag", ist, so schwer es
mir wird, es so zu nennen, mindestens recht unbedacht.
Zu diesem Schulunterricht kommt nun die Zeit für die An-
fertigung von Hausaufgaben. „Für diese^S so behauptet Griesbach,
„ist in mehreren deutschen Staaten keine bestimmte Zeit vor-
geschrieben, und wo eine Vorschrift besteht, ist die angesetzte
Stundenzahl sehr oft eine imaginäre Größe; es fehlt bei den Schul-
behörden an genauen amtlichen Erhebungen über die auf die An-
fertigung der häuslichen Schularbeiten verwendete Zeit, über die
Verteilung dieser Arbeiten auf die einzelnen Tage, über den Aus-
fall der Hausaufgaben im Vergleich zu dem der Klassenleistungen*^
Auch das ist durchweg stark übertrieben und für Preußen geradezu
unrichtig'). Die Lehrpläne und Lehraufgaben geben S. 73/74 so
ausführliche und nachdrückliche Bestimmungen über die Haus-
arbeit, daß kein Leiter oder Lehrer sich über sie als „imaginäre
Größe*' hinwegsetzen kann; Nr. 5 b erinnert mit Ernst daran, daß
die Hausarbeiten unter steter Berücksichtigung des Schulunter-
richts und unter Beachtung der körperlichen und geistigen Ent-
wicklung sowie der Leistungsfähigkeit der betr. Altersstufen zu
bemessen sind; 5c betont, daß ein nicht unerheblicher Teil
dessen, was früher der schriftlichen Hausarbeit zufiel, bei
richtiger methodischer Behandlung des Unterrichts in die Schule
verlegt werden kann; 5d weist darauf hin, daß auch die nicht-
schriftliche Hausarbeit sich in demselben Maße vereinfacht, in
1) lo den Oberrealsehalen trägt z. B. der fakultative Lateinnoterrieht
den Charakter eioes besonders zu vergütenden Privatunterrichts. (M.-Verf.
V. 20. Jnli 1904).
*) Vgl. auch R. Roller, Hausaufgaben und höhere Schalen. Leipzig 1907.
Too H. RSnigflbeek. 581
welchem der gedäcbtnUmäßige Lernstoff aaf allen Gebieten durch
sorgfaltige Sichtung gemindert und durch umsichtig geregelte
Wiederholung') dauernd gesichert wird; 5e endlich empfiehlt zur
Verminderung der Hausarbeit die methodische innere Verknüpfung
Terwandter Lehrfacher untereinander und die entsprechende
Gruppierung des Lehrstoffes. Es wird dann ausdrdckh'ch gefordert,
daß ein Arbeitsplan für die einzeloen Klassen bezüglich der Ver-
teilung der Hausarbeiten entworfen wird; bei dieser wird darauf
Bedacht zu nehmen sein, daß, normale mittlere Leistungs-
fähigkeit der Schüler vorausgesetzt, eine Oberbürdung nicht
stattfindet und an jedem Tage ausreichend Zeit zur Erholung
bleibt; die Übersicht darüber ermöglichen die genau zu führenden
Klassenbücher. Nach dieser Anleitung wird durchweg an den An-
stalten mit größler Sorgfalt verfahren; wenigstens geschah es an
allen, denen ich im Osten und Westen angehört habe. Bei der
Anfertigung des Stundenplanes wird eine Häufung zu vieler wissen-
schaftlicher Lektionen auf einen Tag sorgsam vermieden; in ge-
meinsamer Beratung sämtlicher Klassenlehrer werden für die schrift-
lichen Klassen- wie Hausarbeiten der jedem einzelnen Fache zu-
fallende Wochentag und die Daten für das ganze Vierteljahr bezw.
Tertial genau festgestellt und in vorgedruckte Arbeitspläne oder
Ibersichten eingetragen, von denen je ein Exemplar der Direktor
erhält, während das andere in der Klasse unter Glas und Rahmen
hängt; ein Zusammenstoßen von mehreren schriftlichen Arbeiten,
selbst kleineren, an oder zu einem Tage ist also ausgeschlossen.
Aber es geschieht noch mehr, was geeignet ist, die auf S. 580 an-
geführten Behauptungen Gr.s als den Tatsachen völlig wider-
sprechend hinzustellen. Durch C. Verf. vom 10. November 1884
— diese Verf., die sich mit großem Ernst der Oberbürdungsfrage
widmet, ist so umfänglich, daß ich sie leider nicht völlig hier
wiedergeben kann — ist genau festgestellt, daß die häusliche
Arbeitszeit nicht mehr betragen dürfe als für VI 1 St., für Y 1 V2 8t.,
für IV und HI b 2 St., für HI a und U b 27, St. und für die
oberen Klassen 3 St Diese Zahlen sind nach der genannten Verf.
als höchst zulässige Grenze so unbedingt festzuhalten, daß selbst
eine Änderung des Lehrplans und der Lehraufgaben nicht zu
scheuen wäre, wenn sie dauernd überschritten werden sollten.
Daß mit Ernst daran gearbeitet wird, solche Stundenzahl
nicht „sehr oft'* „eine imaginäre Größe*' bleiben zu lassen, daß
es auch an genauen amtlichen Erhebungen über das Innehalten
dieser Zeit durchaus nicht fehlt, das beweist z. B. das Verfahren
an einer der Anstalten des Ostens, der angehört zu haben ich
') Man hüte sich, bei diesem Worte sogleich wieder so solche Wieder-
hoIoBgeo za deokeo, die aaf stondeolaoger Haosarbeit berahen; offeobar
«ad Wiederholongeo ia der Klasse gemeiot, bei deoeo die Hanplaofgabe der
Mgruppiereadea, dispoDiereodeo, charakterisiereoden*' Tätigkeit des Lehrers
«ad seioer häuslichea Vorbereitaag zofäUt
582 Ober den Umfaoir und die Wirkang der Sehalarbeiten,
mir stets zur^Ehre schätzen werde. Ich bin fest fiberzeugt, daß
mit geringen Änderungen wohl in fast allen Gymnasien der Monarchie
etwas Ähnliches geschieht. Wenngleich Gr. richtig behauptet, daß
sich eine völlig einwandfreie Methode zur Ermittelung der aaf
die Hausarbeiten verwendeten Zeit kaum ausfindig machen lasseo
dürfte, so wird er doch sicherlich Resultate nicht beanstanden,
die auf dieselbe Weise gefunden sind wie seine Beispiele. Am
Anfange jedes größeren Schulabschnittes legt dort der Direktor
eine Anzahl von Zetteln im Lehrerzimmer nieder, und jeder
Ordinarius hat die Pflicht, wenn der regelmäßige Gang des Unter-
richts eingetreten ist, 4 — 5 seiner Schaler von verschiedener Be-
gabung zu beauftragen, eine Woche hindurch die Zeit der Haus-
arbeiten für jedes einzelne Fach auf ihnen genau zu vermerken.
Nach einer Woche kommen 4 — 5 andere Schöler heran, und die
erlangten Resultate werden dann zur Grundlage einer Besprechung
in einer besonderen Sitzung gemacht. Es gab gerade dort, ia
einer ausgeprägten Beamtenstadt, genug „einsichtsvolle Eltern",
die mit regem Anteil darüber wachten, daß die Eintragungen auch
ordnungsgemäß und wahrheitsgetreu vorgenommen wurden; sie
ließen nichts von übermäßigen Anforderungen passieren und hielten
mit ihren Beobachtungen und Erfahrungen nicht zurück. Irgend
ein Druck auf die Schüler wurde von keiner Seite her geübt; ans
der langjährigen Regelmäßigkeit der Erhebungen wußten sie gant
genau, daß ihre Resultate ihnen weder Schaden noch Nutzen bringen
konnten ; niemals kamen übertrieben hohe oder lächerlich geringe
Zahlen zum Vorschein, und so war das Bild ziemlich getreu. ^Sehr
selten wurde eine dauernde Gberbfirdung festgestellt, die zur Ände-
rung des Stundenplans genötigt hätte; zeitweilige Oberbürdung fand in
gemeinsamer sachlicher Besprechung sofort Abhilfe. Sollte man
das nicht „genaue amtliche Erhebungen über die auf die Anferti-
gung der häuslichen Schularbeiten verwendete Zeit** nennen dürfen?
An einzelnen Anstalten wird selbst verlangt, daß in den Klassen-
büchern jeder Lehrer neben die Aufgabe die von ihm dafür ge-
forderte Zeit einträgt; doch führt das leicht zu Schematismus und
nutzt nicht viel.
Um so seltsamer erscheint es mir nach solchen Darlegungen,
wenn Gr. bei seinen Erhebungen zu dem Resultate kommt, „daß
die auf die Anfertigung der Hausaufgaben entfallende Zeit in nicht
wenigen Fällen die Hälfte bezw. zwei Drittel von derjenigen be-
trägt, die auf den Unterricht in der Schule verwendet wird, ja in
einzelnen Fällen der Unterrichtszeit gleichkommt oder diese nodi
übertriflTt**. Das heißt doch an der Hand der von Gr. für den
Schulunterricht herausgerechneten Stundenzahl (s. S. 579): sehr häufig
haben die Knaben 3Vs — ^ oder 4'/s — 5^8 Stunden zu Hause zu
arbeiten, in einzelnen Fällen gar 7 — 8 Stunden. Wie vorsichtig
man mit Ausdrücken wie „nicht selten, sehr oft, in nicht wenigen
Fällen*' bei so wichtigen Untersuchungen sein müßte, zeigt dann
von H. RÖDigfbeek. 583
Gr.8 eigene Summierung, nach der die Schule 9 — 12 Stunden am
Tage ihre Zöglinge geistig [also Turnen, Singen, Zeichnen,
Schreiben ist noch nicht einmal miteingerechnet?] beschäftigt;
denn 6 oder 7 bezw. gar 8 -|~ 3 V2 — ^ Stunden ergibt schon als
Mindestmaß etwa 10 Stunden, und Gr.s Höchstmaß mflßte danach
gar 16 Stunden sein. Auf eine Widerlegung seiner Zahlen will
ich jedoch erst bei der Betrachtung seiner Beispiele eingehen;
zunächst ist auch die Behauptung, daß „an einzelnen Tagen, an
denen, wie beispielsweise an Mittwochen und Sonnabenden, vieler-
orts^) kein Nachmittagsunterricht besteht, sich die Arbeit häuft'%
d. h. doch wohl von „unverständigen'* Lehrern gehäuft wird, ohne
Kenntnis der vorhin geschilderten Art, die Hausarbeiten festzu-
stellen, ausgesprochen. Verhängnisvoller aber noch för seine Auf-
fassung von der Hausarbeit ist es, daß Gr. durchaus irrige An-
schauungen hat von der Art, wie größere Arbeiten — als solche
kommen för die Allgemeinheit auf den Gymnasien nur noch der
deutsche Aufsatz und die mathematische Hausarbeit in Betracht —
angefertigt, und in welcher Zahl sie verlangt werden. Von den
acht deutschen Aufsätzen, die meine Primaner jährlich zu fertigen
haben, sind drei Klassenaufsätze; es bleiben also fünf häusliche
Arbeiten, die so verteilt sind, daß je zwei in die beiden ersten
Tertiale, nur einer in das dritte, das Abschlufstertial, fällt. V^eiß
denn nun aber Gr. nicht, daß fast jedes Thema aus dem Unter-
richt herauswächst, daß der Stoff also den Schülern durchaus
bekannt ist, daß die Lehrpl. S. 21 fordern: „Aufgaben, die sich
an das Gelesene anschließen, sind besonders auf den oberen Stufen
zu empfehlen. Indessen muß vor jeder Oberspannung der An-
forderungen, namentlich in bezug auf den Umfang der Arbeiten,
dringend gewarnt werden*'? Weiß er nicht, daß mindestens
3 — 4 Wochen Zeit för jeden einzelnen Aufsatz vorhanden sind?
Und gibt es heute wohl noch Lehrer des Deutschen, die sich nun
in der ganzen Zeit nicht darum kömmern, wie weit die Arbeit
ihrer Schüler vorgeschritten ist, die weder Stoffsammlung noch
Entwurf je sich vorlegen lassen? Selbst wenn der Aufsatz im
Entwurf vollendet ist, haben die Schüler noch mehrere Tage,
unter diesen in der Regel einen Samstag und Sonntag, zur Rein-
schrift. Nur ein Schüler, der, um seine Faulheit zu bemänteln,
systematisch bei Revisionen der Stoffsammlung oder der Entwürfe
zu täuschen versucht und — die Möglichkeit ist freilich gering —
einmal damit Erfolg hat, könnte in die Lage kommen, wie der
von Gr. angeführte Obertertianer länger als 4 Stunden an einem
Tage über seinem Aufsatz brüten zu mössen! — Ähnlich ist es
mit den mathematischen Hausarbeiten; ähnlich werden größere
geschichtUche Wiederholungen, die doch auch nie zu umfangreich
sein werden, längere Zeit vorher aufgegeben, so daß sie sich
>) Wo besteht er 4«Hn ao dieseD Tugtu ooch „obligfatorisch**?
: 584 Ober den (Jmfaog uod die Wirkuog der SehaUrbeiteB,
bequem zerlegen lassen. Ich kann es danach nur als eine be-
. dauerlicbe YerfQbrung zu einer so verwerflieben Methode be-
zeicbnen, wenn Gr. behauptet: „in den oberen Klassen kommt es
gar nicht selten vor, daß Scböler, um von den täglichen Vor-
bereitungen entbunden zu sein und zur Anfertigung größerer
Arbeiten, wie deutsche und fremdsprachliche Aufsätze oder mathe-
matische Aufgaben, Zeit zu gewinnen, sich für mehrere Tage vom
Schulunterricht fernhalten'^ Ebenso sonderbar sind aber auch
Gr.s Vorstellungen von lateinischen und griechischen schriftlichen
Hausarbeiten. Wo sie überhaupt noch vorhanden sind — manche
Lehrer haben seit langem auf sie verzichtet ^), weil sie doch selten
selbständig zu sein pQegen und nur eine SchreibQbung bilden — ,
da sind sie jedenfalls nicht geeignet, Oberburdung hervorzurufen.
In der Tertia z. B. bestehen sie meist aus 4 — 5, höchstens sechs
nicht selten in der Klasse übersetzten Sätzen, die mit der Rein-
schrift länger als 30 Minuten wohl kaum einen Schüler in An-
spruch nehmen werden. Was aber endlich die etwa von Stunde
zu Stunde für die sprachlichen Fächer in dem Tagebuch zu ferti-
genden schriftlichen Übersetzungen, meist Wiederholungen von
Sätzen, die in der Klasse geübt sind, angeht, so mag man über ihren
Wert denken wie man will; jedenfalls erscheint es auch hier bei
einer angemessenen Anordnung des Stundenplanes undenkbar, daß für
einen Tag in drei sprachlichen Fächern solche Aufgaben verlangt
werden könnten; sollte es aber wirklich einmal vorkommen, so wurde
bei der sorgfältigen Durchsicht der Klassenbücher durch Ordinarius
oder Direktor ein solcher Fall sich nie wiederholen. Ich kenne Gym-
nasien, an denen solche Aufgaben ausdrücklich verboten sind und
habe nicht gehört, daß ihre Resultate dadurch minderwertig ge
worden sind. Auf solche Hausarbeiten gerade scheint mir 5 c
auf S. 73 der Lehrpläne zu zielen.
Aber prüfen wir nun nach diesen ziemlich ausfuhrlichen ali-
gemeinen Bemerkungen endlich auch Griesbachs sieben Beispiele,
von denen vier das Gymnasium, drei die Realanstalt angehen ! Zu
bedauern ist an ihnen, daß die Jahreszeit, der sie entstammen,
nicht angeführt ist; denn es ist ein großer Unterschied, ob ein
Schüler wie im Falle 4 im Sommer oder im Winter um 6 Uhr
^) Die Lehrp]. S. 25 fordero ja freilich ab Wechsel od Ktaaseoarbeil
oder htasliche Arbeit; aber es scheiot dieser Forderaog doch gerade das
Bestreben zngraode zu liegen, „mit aller Entschiedenheit einer einseitifea
WertschiitzQog des sog. Extemporales entgegenzatreten" (s. Lehrpl. S. 74)
und die Oberbürdung, die dorch die Vorbereitaog aaf das Extemporale her-
vorgerofeo wird, zu verhüte d. Lehrer also, die sich gefeit wissen gegea
den verderblichen Einfluß dieses bösen Extemporales auf ihr Gemüt und ihre
Zensur, die Ex tempore IIa nicht mit Fallgruben für böses Getier verwechselo,
die werden doch wohl — denn der Geist der neuen Lehrpläne soll ja ein
freier Geist sein — unbeschadet wöchentlich eine kleine Klassenarbeit
schreiben lassen, den Jungen den borror vor dem Extemporale benehmen Qod
jedenfalls auch noch recbt tüchtige Leistungen in der Schrift erzielen köoneo.
von H. Königfbeek. 585
das Bett verläBt. Aber immerhin liegt itchon hier entschieden
eine Gleicbgölligkeit der ,,einfiichtsvollen'' Eltern vor; solche durften
unter keinen Umständen leiden, daß ihr Kind Arbeiten vor Be-
ginn der eigentlichen Schulzeit anfertigt und dadurch schon er-
müdet nnd in seiner Aufnahmefähigkeit erheblich beeinträchtigt
in die Schule kommt; solche dürften ebensowenig leiden, daß,
wie im Falle 2, ein 14^/2 Jahre alter Obertertianer um 12.20,
oder wie im Falle 3 um 12.30 nachts zu Bett kommt. Da müssen
sie sich sagen, daß etwas nicht in Ordnung ist, daß etwas ge-
schieht, was kein verständiger Lehrer gern sehen kann; sie müssen
mit der Schule in Verbindung treten. Wird doch in den Jahres*
berichten wieder und wieder gebeten, in allen solchen Fällen sich
vertrauensvoll an die Schule selbst zu wenden; denn mehr wie
auf andern Gebieten muß gerade hier die Schule auf die Be-
obachtungen des Elternhauses sich verlassen. — Vollständig un-
hygienisch und unpädagogisch aber ist auch das, was Fall 5 be-
richtet; dort hat ein Schüler, der von 8 — 12 und von 2 — 5 Uhr
Unterricht hat, die Hittagspause noch dazu benutzt, eine halbe
Stunde lang Geschichte zu lernen. Soll denn die Schuld auch
hieran dem Gymnasium aufgebürdet werden, während doch aus-
driicklich den Schülern eingeschärft wird, daß die Mittagspause
nur der Erholung dienen soll, während doch z. B. Arreststrafen
im Anschluß an den Unterricht an solchen Tagen streng unter-
sagt sind, an denen noch eine Nachmittagsbeschäftigung in der
Schule stattfindet? Auch da müßten einsichtige Eltern die Gründe
aufdecken und sich sofort an die Schule wenden. Hit der Phrase
Ton hochmütiger Zurückweisung durch den Lehrer komme man
mir höchstens in „Simplizissimus'*- oder „Jugend'*- Witzen oder in
Romanen and Schauspielen, die Oberlehrer-Karikaturen in der
Dichtung schaffen zu müssen glauben, weil manche Leute zu ihrem
Ärger sehen, wie der vielseitig gebildete und durchaus auf der
Höhe der Zeit stehende Stand in der Wirklichkeit auch gesellschaft-
lich die Anerkennung sich längst errungen hat, die ihm gebührt.
Bei der Husterung der Beispiele im einzelnen fällt mir bei
dem Fall 1: „fleißiger, gewissenhafter, begabter Schüler der Ober-
tertia einer Oberrealschule, 14 V2 Jahre alt'', auf: einmal die Länge
der Vorbereitungszeit für Geschichte mit 70 Hinuten, dann aber
die ganz übermäßige Forderung von 3 St. 5 Hin. für Französisch.
Die Höglichkeit für das erste leugne ich nach meiner Kenntnis
der Gymnasial Verhältnisse; I^hrziel, Lehraufgabe, methodische Be-
merkungen sind bei diesem Fach für die entsprechenden Stufen
aller Arten von höheren Schulen dieselben (Lehrpl. S. 45); es
könnte sich höchstens um eine seit längerer Zeit aufgegebene
Wiederholung handeln; bei dieser aber wird schon die geforderte
Begelmäßigkeit „ohne Überlastung mit unnützem Zahleuballasf'
(Lehrpl. S. 49) dafür sorgen, daß sie so umfangreich nicht werden
kann. Was das aber für eine französische Aufgabe ist, an der
586 Ober den Umfanff und die Wirknog der SchaUrbeiten,
ein fleißiger, gewissenhafter, begabter Junge 3 Stunden sitzt,
verstehe ich gar nicht; es könnte sich nur um eine schriftliche
Hausaufgabe im Reinheft handeln, zu der dann in der Regel keine
mundliche hinzutritt; diese muBte aber in einer Obertertia selbst
der gewissenhafteste Schüler in spätestens '/« Stunden bewältigt
haben. Die Unmöglichkeit einer so zeitraubenden Aufgabe för
1 Lehrstunde ist mir von Lehrern an einer Oberrealsciiule ausdrück-
lich bestätigt worden. — Man würde nun erwarten — und einen
wahrhaft richtigen Oberblick über die dauernd von dem Schuler
beanspruchte Arbeitszeit würde man ja auch dadurch erst erlangen
können — , daß in Gr.s Beispielen auf diesen Mittwoch als Fall 2
auch derjenige Donnerstag folgt, für dessen sechs Lektionen der
Schüler sich vorbereitet hat; es folgt aber anscheinend ein anderer
Donnerstag mit sieben Lektionen von 8 — 12 und 2 — 5 Uhr, wohl-
gemerkt mit sieben durchweg wissenschaftlichen Lektionen.
Der Stundenplan der betr. Anstalt muß danach wenig glucklich
gefertigt worden sein, und da ist nun mit großem Geschick gerade
der meist belastete Tag herausgegriffen. Auch nach diesen 7 St«
umfaßt die Arbeitszeit zu Hause noch 4'/« St., während ein
normaler Obertertianer höchstens 2 V2 St. arbeiten soll. Von dieser
Zeit entfallt wieder 1 St. auf Französisch und gar 27481. auf
Algebra. Ich fordere alle Eltern, alle Amtsgenossen auf, mir zu
sagen, ob sie selbst wirklich erlebt haben, daß ein Obertertianer
je über 3 St. für Französisch, über 2 St für Algebra zu arbeiten
gehabt hat? Ich behaupte, daß solche Vorkommnisse — es kann
sich doch auch hier höchstens um eine Reinarbeit handeln, die
sorgfaltig in der Klasse vorbereitet sein muß — , soweit es sich
um Preußen handelt, geradezu unmöglich sind, und daß es sehr
gewagt ist, in weite Kreise des Volkes durch Verallgemeinern
abnormer Verhältnisse, die, Gott weiß unter welchen Umständen,
vielleicht ein einziges Mal vorgekommen sind, Beunruhigung und
Abneigung gegen die sämtlichen höheren Bildungsstätten zu tragen.
Diesen Tag aber krönt noch eine 25 Minuten in Anspruch nehmende
„Strafarbeit'', die der ganzen Klasse aufgegeben ist. Auch hier
immer wieder die eine Frage: Wie ist es möglich, daß kein einziger
von allen den Vätern, die dabei in Betracht kommen, sich des-
halb mit der Schule in Verbindung gesetzt hat? Weiß denn
kein einziges Elternhaus, daß sog. „Strafarbeiten*' als unpädagogisch
durchaus verpönt sind? Ich will nicht leugnen, daß es auch
heute noch Lehrer gibt, die Störungen, deren Urheber zu er-
mitteln sie zu bequem oder zu schwach sind, dadurch zu strafen
oder für die Zukunft zu hindern suchen, daß sie der ganzen Klasse
eine Arbeit „aufbrummen"; aber ein so geringes Maß von pädagogi-
scher Einsicht bildet eine Ausnahme, und nie könnte sich ein
solcher Fall zweimal ereignen oder zu dauernder Belastung führen,
wenn die Eltern nicht zu träge, zu feige oder zu gewissenlos
wären, um das zu verhüten, was in dem Kinde die empfindlichsten
Störungen seines Gefühls für Gerechtigkeit hervorrufen muß.
von H. K5Di|r«beek. 587
Der dritte bis fönfte Fall betrifft einen fleißigen, gewissen-
haften und nicbt unbegabten ScbOler der Obertertia eines Gym-
nasiams im Alter von 14 Jahren. Hier muß ich vor allem in
Abrede stellen, daß es an unsern preußischen Gymnasien auch in
der Obertertia noch möglich ist, daß zu deni Tage, zu dem ein
deutscher Aufsatz abzugeben ist, noch för 3 — drei — andere
Fächer schriftliche Leistungen gefordert werden. An vielen
Anstalten fallt, in den oberen Klassen wenigstens, für die Tage
der Anfsatzabgabe jede andere häusliche Leistung fort; jedenfalls
mi schriftliche Exerzitia oder Übersetzungen in die Kladde för
einen solchen Tag geradezu verboten; es kann uns also im Fall 3
weder die Zeit von 55 Minuten für Latein, noch 1 Stunde und zwei
Minuten för Griechisch irgendwie imponieren; dagegen die Angabe
von 3 St. 49 Min. für den Aufsatz richtet sich ganz von selbst. Wie
mit den Aufsätzen verfahren wird, habe ich oben schon erwähnt; in
mittleren Klassen pflegt sogar der meiner Meinung nach ganz
richtige Gebrauch zu besteben, daß an dem Tage, zu dem der
Aufsatz im Entwurf aufgegeben ist, der Lehrer ihn von mehreren
Schölern vorlesen läßt und auf gröbere Unrichtigkeiten aufmerk-
sam macht. Der Schaler hatte also jedenfalls höchstens einige
Änderungen Torzunehmen und den Aufsatz einzuschreiben. Im
allgemeinen werden Tertianeraufsätze 8 — 10 Seiten wohl nie über-
schreiten, d. h. länger als 1 Y, — 2 St. wird die Reinschrift nicht
in Anspruch nehmen. Warum mußte also dieses „gewissenhafte**
BQrscbchen erst um 12.30 zur Ruhe kommen? Hatte er doch
noch das rätselhafte Glück, daß von 11 — 12 und von 2 — 4 Uhr
der Unterricht „wegen eines Examens an der Anstalt** ausfiel.
Was mag das wohl für ein Examen gewesen sein? Preußische
Verhältnisse können doch auch hier nicht in Frage kommen, denn
das einzig mögliche, die Reifeprüfung, macht doch den ganzen
Tag schulfrei. Reichte da die „Gewissenhaftigkeit** des Knaben
und die „Einsicht** der Eltern nicht so weit, daß sie die Pausen
von 11 — 3 und IM — 10 Uhr („Erholung**!) zugunsten eines
früheren Beginns der Nachtruhe angemessen verkürzen konnten? —
Derselbe Schüler hat an einem wieder beliebig herausgegriff'enen
Donnerstag morgens vor der Schule '/4 St. für Griechisch ge-
arbeitet, oflenbar zum Extemporale. Auch hier ist nicht gesagt,
ob das zwingende Notwendigkeit war, weil er für den betr. Tag
an und för sich schon so belastet war, daß er abends seine
Arbeiten nicht bewältigen konnte, oder ob diese Arbeit eine seinem
Angstgefühle vor dem Extemporale entsprungene freiwillige Leistung
war, die jedenfalls für den gewählten Zeitpunkt entschieden zu
verurteilen ist. För den folgenden (?) Freitag hat er für nur
zwei Fächer zu arbeiten gehabt, für Französisch und Geometrie,
für diese aber auch sage und schreibe: vier Stunden und
acht Minuten. Diese Zahl ist für das Gymnasium so ungeheuer-
lich, daß jede Kritik sich erübrigt. Der dritte Fall setzt för den
588 Ober den Urnftog und die Wirkang der SehuUrbei ten,
Freitag, an dem von 8 — 12 und 2 — 5 Uhr Unterricht gewesen
ist — es kann also wieder nicht derselbe Freitag sein, für den
nur, för zwei Fächer zu arbeiten war — eine Hausarbeit von
1 St. 45 Min. für Geschichte, 1 St. 48 Min. für Algebra, 1 St.
12 Min. für Xenophon fest; auch diese Sätze stehen mit allem
in Widerspruch, was ich in 19jähnger Tätigkeit aus eigener oder
fremder Erfahrung je wahrgenommen habe. Wenn in den ersten
beiden Angaben die volle Stunde, in der dritten 42 Minuten
abgezogen werden, so sind die Arbeitszeiten annähernd denen
gleich, die bei dem S. 579 geschilderten Verfahren sich ergaben.
Mein Sohn, der Tertianer ist, hat niemals länger als 2 — 2 7a St.
insgesamt zu arbeiten gehabt, häuGg aber bedeutend weniger.
Ebenso ist es abnorm und nur dazu angetan, falsche Urteile
zu erzeugen, wenn in Beispiel 6 unter den regelmäßigen Haus-
arbeiten eines Realabiturienten neben 2 St Mathematik 4 St.
20 Min. für den französischen Vortrag festgesetzt sind. Ein solcher
Vortrag trifft den einzelnen doch nur einmal im Jahre. Bei den
Vorträgen, die meine Primaner im Deutschen zu halten haben,
besteht der Brauch, daß am Anfange des Halbjahres oder Tertiais
der Termin für jeden einzelnen genau festgesetzt wird, und je
nach dem Standpunkt der Klasse gebe ich selbst jedem Schüler
ein Thema an oder veranlasse ihn, mir im Laufe von acht Tagen
sein Thema zu nennen; einige Tage vor dem Vortrage hat der
Schüler eine nicht zu umfangreiche Disposition einzureichen, aus
der sich ersehen läßt, wie er sein Thema zu behandeln gedenkt;
er muß also schon lange sich damit beschäftigt und wiederholt
daran gearbeitet haben; eine ausführliche schriftliche Ausarbeitung
aber wird nicht nur nicht gefordert, sondern, als dem Geiste des
frei gesprochenen Berichts (Lehrpl. S. 20) zuwider, geradezu ver-
pönt. Ähnlich wird wohl meist verfahren. Mag nun auch bei
Vorträgen in den modernen Fremdsprachen — die Lehrpl. S. 36/37
sprechen von ihnen übrigens gar nicht — die schriftliche Fest-
stellung nötig sein, so können sie doch andrerseits lange nicht so
ausgedehnt sein wie die deutschen; verlangen doch die Lehrpl.
S. 37 erst für OH — I: „Anleitung zu Aufsätzen, von häufigen
kleinen Wiedergaben des Gelesenen bis zur freieren Behandlung
von eng begrenzten konkreten Aufgaben fortschreitend'^ £s
ist also wohl ausgeschlossen, daß den Schüler zu dem einzelnen
Tage eine Mebrlast vou 4 St. 20 Min. treffen kann, ausgeschlossen,
daß er 2 St. 10 Min. an seinem Vortrag schreiben muß! — Ein-
spruch erheben muß ich schließlich auch gegen die Angaben des
7. Falles, der einen 18 Jahre alten Gymnasial-Obersekundaner be-
trifft. Dieser hat sich an einem Tage für drei lateinische Lektionen
vorzubereiten mit insgesamt beinahe 3 St. Wie heißt die Sdiule
mit einem Stundenplan, der von den sieben lateinischen Wochen-
stunden der 0 II drei auf einen Tag legt? Solche Beispiele richten
sich selbst!
▼ OD H. Konigsbeek. 589
Habe ich non gleich gegen diese Beispiele erhebliche Ein-
Wendungen zu machen gehabt, so liegt mir doch, wie ich aus-
drücklich versichere, nichts ferner, als sie etwa als „exempla ficta'^
aufzufassen; mir lag vor allem nur daran zu zeigen, daß Preußen
die Stätte nicht gewesen sein kann, in der so barbarisch an
der Jugend gesündigt wurde. Aber die Genesis der Beispiele
ist doch wohl folgende gewesen. Eine gewisse Voreingenommen-
heit wird Gr. zu dem Wunsche geführt haben, für seinen festen
Glauben einer tatsächlich vorhandenen Oberbürdang konkrete Bei-
spiele aufstellen zu können. Die betr. Schüler sowohl wie ihre
Ellern werden gewußt haben, nach welcher Richtung hin er Er-
gebnisse erwartete; Verkettungen von Umständen, Schuld vom
Hause, von Eltern und Kindern her, Schuld auch von der Schule,
die ich durchaus nicht als in jedem Falle unfehlbar hinstellen
will, werden das eine öder das andere Mal eine Überbürdung
wirklich herbeigeführt haben, und nun sind — das ist das, wo-
gegen ich hauptsächlich Vorwürfe erhebe — einmal vorgekommene
Fälle aus dem Zusammenhang gerissen und so verallgemeinert
worden, als wenn sich Woche für Woche, Tag für Tag dasselbe
grause Schauspiel der Oberburdung wiederholt und unsere Jugend
rettungslos dem körperlichen und geistigen Siechtum entgegen-
fohren müBteM-
Es ist eben diese beklagenswerte Unkenntnis aller inneren Ver-
bältnisse der höheren Schulen und die Verallgemeinerung einzelner
Fälle zu Typen, die Gr. im weiteren Verlauf seines Aufsatzes zu
der Behauptung führt, daß die Extemporalien „manchmal** die
Hausarbeiten an Qualität überträfen. Das ist nur da der Fall,
wo die häusliche Arbeit mit vollendeter Gleichgültigkeit angefertigt
ist; im Gegenteil, gerade weil die Hausarbeiten an Qualität so
verdächtig hoch über den auf eigener Kraft fußenden Klassen-
arbeiten stehen, daß man an ihrer Selbständigkeit fast immer
Zweifel hegen und sie geradezu als eine Verfuhrung zur Unred-
lichkeit ansehen muß, sind, wie gesagt, viele Lehrer schon dazu
gekommen, sie ganz fallen zu lassen. — Was Gr. sonst in diesem
Aufsatze den höheren Schulen vorwirft — darunter der Hieb auf
die toten Sprachen, „deren Wert für geistige Bildung seit Jahr-
hunderten von Tausenden der geistig höchststebenden Menschen
anerkannt, ja überhaupt gar nicht bezweifelt worden ist'' (Grenz-
boten 1906 S. 7J7) — ist ebensowenig maßvoll wie seine Bei-
spiele; wenn er z. B. von den „sog. Reifeprüfungen aller Art''
spricht, so möchte ich gern wissen, welche er denn außer der
einen Reifeprüfung am Schlüsse der Schulzeit noch kennt? Den
Streit aber über die Berechtigung dieser aufzurollen, ist hier nicht
der Ort. Und wenn er gar behauptet: „Eine harmonische Aus-
^) Die richtige Methode für solche UotersDehaogeo zei^^t ein Aufsatz
voo R. Roller ii der ZeitMhrifk f. Sehalgesandheitspflege 1906 S. 1—28.
590 Ober dea Umfang der Schalarbeiten, vod B. RöDigsbeck.
bildung der geistigen und körperlichen Anlagen der Jugend kennt
unser Schulsystem nicht", so scheint ihm die Fülle der Ver-
fügungen, die sich gerade mit dieser Harmonie beschäftigen, un-
bekannt zu sein, so scheint er die vorzüglichen Ausführungen
der Lehrpläne über das Turnen (S. 70/7t) und die Betonung
der Notwendigkeit der Erholung (8. 74) nicht gelesen zu haben.
Und nun zum Schluß eine Frage: Wohin führt denn nun
diese Art des Oberbürdungsrummels? Ellern, Schüler, Lehrer
werden verstimmt, das Verhältnis zwischen Schule und Haus wird
getrübt, und den Schülern insbesondere werden Ansichten über
Schule und Lehrer als über „Zuchthaus*\ „Feinde und Tyrannen'^
eingeimpft, die den Freund der Nation mit schwerer Besorgnis
erfüllen müssen. Unsere Schüler müssen ja zu dem Glauben
kommen, wenn ihnen solche Aufsätze in weitverbreiteten Zeit-
schriften wieder und wieder in die Hände fallen, daß Lasten, wie
sie früher nie zu tragen waren, in steter Steigerung auf ihre
Märtyrerschultern gebürdet werden. Und doch, wie war es früher?
Noch vor drei Jahrzehnten mußten wir zu jeder Lektürestunde
umfangreich wiederholen und präparieren, den Inhalt, die Vokabeln,
die grammatischen Erläuterungen genau können, ja im Lateinischen
sogar häufig den Inhalt schriftlich in lateinischer Sprache wieder-
geben als Vorübung zum Aufsatz, wir mußten in ausgedehnter
Weise auswendig lernen, wir mußten in vier Fächern Privalleklüre
mehrere Male im Jahre in einem heute vielleicht unerhörten Um-
fange nachweisen, wir mußten 10 — 12 deutsche und ebenso viele
lateinische Aufsätze fertigen, unsere mathematischen Arbeiten
waren bedeutend größer als heute, und doch fanden wir neben
aller körperlichen Erholung und geseiligem Verkehr oft noch Zeit
zur Pflege besonderer Lieblingsgebiete M* Heute aber ist die Zahl
der Aufsätze von 20—24 auf 8 gesunken; das Präparieren und
Memorieren ist auf ein Minimum beschränkt; Privatlektüre wird
schon mit scheelen Blicken angesehen und nur so getrieben, daß
der in den Lehrplänen und Lehraufgaben geforderte Stoff ohne
Schwierigkeit bewältigt werden kann, indem „er auf Klassen- und
Privatlektüre so verteilt wird, daß Schwierigeres unter unmittel-
barer Leitung des Lehrers zur Behandlung kommt, minder
Schwieriges dem Privatsludium überlassen bleibt" (Lehrpl. S. 23).
Sonst ist Privatlektüre nicht als verbindlich zu fordern (S. 27).
Und doch sind unsere Schüler noch immer durch Hausarbeit
überbürdet? Sollen sie denn aber auch ganz die Wahrheit des
alten Spruches verlernen: „Nil sine magno vita labore dedit
mortalibus'*? Sollen sie zu der Erwartung erzogen werden, daß
ihnen alles auch in ihrem späteren Leben wie eine reife Frucht
in den Schoß fällt, sollten sie sich auch wohl auf die Dauer recht
^) Gaoz ebenso orteilt auch Koppio „Zar Stadieofreiheit in den obereo
Gymoasialklassen«« (Moaatschrift f. höhere Scholen 1907 S. 135).
Piaton im hamtDUtisehoii Gymatfinm, von H. F. Müller. 591
wohl dabei befinden, so künstlich aufgepäppelt zu werden, ohne
sich anzustrengen? Wie klagen heute schon manche Eltern dar-
über, daß ihren Kindern alle Denkarbeit zu bequem gemacht wird,
daB sie oft so wenig beschäftigt sind, daß sie mit sich selbst
nichts anzufangen wissen! — Wie muß dieser Jugend zumute
sein, wenn sie liest: „T^g äQtrijg ld^w%a -d'sol nQonaQot&ey
i^xtxv^*' oder „Qui studet optalam cursu contingere metam, multa
tulit fecitque puer, sudavit et alsit, abstinuit ?enere et vino!"
Ja, das war damals, fOr uns zarte Geschöpfe, fflr uns blasierte
Herren der Schöpfung gilt das nicht mehr.
Die Gefahr ist ernst, und jeder überlege es sich zweimal
und dreimal, ehe er durch Einstimmen in diese Art von Über-:
bürdungsgeschrei nicht, wie Griesbach meint, an der Gesundung,
soodem gerade an der unheilbaren, bösem Ende entgegenführenden
Erkrankung des nationalen Lebens mitwirkt').
Saarbrücken. Hans Königsbeck.
Piaton im humanistischen Gymnasium.
I.
U. von Wilamowitz-Hoellendorff fordert, daß von Flaton
etwas Ganzes und Großes im Gymnasium gelesen werde. Völlig
einverstanden. Denn erstens sind die in Betracht kommenden
Schriften nicht so schwer und groß, daß ein normaler Pri-
maner sie nicht bewältigen könnte. Zweitens: Kunstwerke,
wie die Platonischen Dialoge, gibt es sonst in der Literatur aller
Zeiten und Völker nicht; sie im Original gelesen und verstanden
zu haben, gehört zu den kostbarsten Schätzen humaner Bildung.
Drittens wird uns darin die wunderbare Gestalt des Sokrates
leibhaflig vor die Augen gemalt, eine Persönlichkeit, die ebenso
wegen ihres sittlichen Charakters als ihres Philosophierens wegen
') Der sehr leseDSwerte Aafsatx von Alwin Schmidt „Die neueste Um-
^estaltong der höheren Sehnlen in Württemberg** in der Monetschrift f.
höhere Schalen 1907 S. 66 ff., in dem über die Arbeitszeit der Schüler and
den Aufsatz von Griesbach S. 70 ff. gesprochen wird, kam mir erst nach der
Abfassvng meiner obigen Aasfiihrangen in die Hände. Es nimmt übrigens
zwar nicht Gr.s Forderungen, aber doch seine Beispiele, „wenn sie auch
die grellsten unter den nach Hunderten zählenden Aufzeichnungen sein
werden**, unwidersprochen hin; vgl. dazu auch ebenda S. 168 ff. M. Vietor
„Unterrichtszeit und häusliche Arbeit an den höheren Schulen** und S. 235 ff.
Alw. Schmidt „Nochmals Unterrichtszeit n. s. w". Kräftigere Töne findet
Griesbaehs „unbillige Art** gegenüber das mir leider anch erst nach Vol-
leodung meiner Arbeit zugekommene „Homanistische Gymnasium** 1907
Heft ]->n S. 15L in der Wiedergabe des Vortrages von Direktor Dr. Lück
bei der dritten Versammlung der Freunde des humanistischen Gymnasiums
in Berlin.
592 Plttoo im homtDiatisehen GymBasiany
unser Interesse in Ansprach nimmt. Denn der Mann hat dem
Denken neue Bahnen gewiesen, er bildet einen Wendepunkt in
der Geschichte der Geisteswissenschaften, und seine Bedeutung
ragt noch in die Gegenwart hinein. Viertens: das Studium Piatons
kommt der philosophischen Propädeutik zugute. Wenn neuer-
dings (z. B. von Rausch auf der Philologenversammlung zu Halle
1903) geäußert worden ist, der Weg durch Piaton sei ein Um-
weg, so halte ich das entschieden für unrichtig. Wie der Lehr-
bursche in der Werkstätte des Meisters sein Handwerk lernt, so
lernt der studierende Jöngling in und an den Werken eine»
Meisters am besten philosophieren. Die Philosophie ist keine
Katechismuslehre, deren Dogmen formuliert und auswendig ge-
lernt werden könnten. In Piaton ist der Idealismus, in den ein-
zuführen auch ich für eine absolute Notwendigkeit halte, „ur-
wüchsig, gleichsam autochthon. Aus der schlichten sokratisdien
Entdeckung des Begriffs wächst er hervor mit einer inneren Not-
wendigkeit, der kein philosophisch gerichtetes Denken sich leicht
entziehen kann. Und auf keiner Stufe verhärtet er sich zur
scholastischen Formel, bis zuletzt verbleibt er in lebendigster
Beweglichkeit. Darin liegt der unauslöschliche Reiz, darin der
unvergängliche didaktische Wert des Platostudiums. Die Ein-
führung in Plato ist die Erziehung zur Philosophie;
erwächst doch bei ihm zuerst ihr ganzer BegrilT'. So Paul
Natorp, und er hat recht^).
Was kann und soll auf dem Gymnasium von Piaton gelesen
werden? In Unterprima die Apologie und der Kriton, in Ober-
prima Phädon und Protagoras oder Gorgias. Auch das Sympo-
sion möchte ich nicht ausschlieBen, wenn die Klasse darnach ist.
Ich habe es einmal gewagt und nicht eben ungünstige Erfahrungen^
dabei gemacht. Phädon und Protagoras oder Gorgias? Freilich
etwas viel. Wir werden uns wohl mit einem von den dreien
begnügen müssen, wenn wir die Dialoge ganz und gründlich
wirklich lesen wollen. Sonst ginge es ja auch in der Weise,
daß der Lehrer mit den Schülern nur die Hauptkapitel läse, die
minder wichtigen selbst übersetzte oder frei reproduzierte und
sachlich erläuterte.
Die Apologie.
^AdiXBX SüoxQOTiig ovg i^h 47 noX^g voiii^sk '9'BOvg oi vo-
fxij^cayj hsQcc di xccivä daifiop^a sttf^yovfisvog. adix$% öi xal
Tovg viovg dkatpd-Biqtay' rlfi4ifß,a •9'dvaTog,
So lautet die Anklage der drei Genossen Meletos, Anytos
und Lykon gegen Sokrates, eine Anklage, wie sie noch manchen
andern, der die Welt zu erleuchten kam» bedroht und be-
troffen hat.
1) Vorwort S. V za Paal Nttorp, Platos Ideeslehre. Eioe fiio-
rdhrong in den Idealismaa. Leipzifr 1903, Diirrsche Buehhaidlao^.
vobA. F. ICvUttr. ^99
Die -WeoigeB, die was davon erkannt.
Die töricht g-nug ihr volles Herz nicht wahrten.
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenharten.
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt
Sokralee verteidigt sich in längerer Aede, und naehdem die
Richter das „schuldig*' gesprochen haben, maoht er von dem
Becbte des wv^^^ftaadtu Gehrauch. Darauf verhängt der Gerichts-
hof das Todesurteil, und der Verurteilte erhält das Schlußwort
Dieser Hergang ergibt sieh mit Notwendigkeit aus dem attischen
Gerichtsverfahren, und es heißt doch wohl die Farben zu stark
auftragen, wenn Cron meint, das Werk gestalte sich zu einer
Trilogie und gar einer Äschyleischen, zu einem großartigen
Drama, das eine am so ergreifendere Wirkung äußere, jß ent-
schiedener die erste Rede den gerichtlichen Vorgang im Lichte
eines Konfliktes zweier Prinzipien erscheinen lasse. Dort, in der
ÄschyleisiAen Tragödie, spreche die weisheitsvolle Scbutzgöttin
Athens selber durch ihre Stimme den Angeklagten frei, hier, wo
nicht die ¥^eish«t zu Gerichte sitze, vierde er verurteilt, aber
auch hier gehe er nicht als Besiegter, sondern .als Sieger hinweg.
Durch solche Übertreibung und Emphase stören wir die Wirkung.
Die stiHe Große der Apologie und die schlichte Männlichkeit des
Redners sind eindrucksvoll genug.
I. Die eigenüiche Verteidigungsrede (Kap. 1 — 24) ist ganz
nach den Regeln der rhetorischen Technik gebaut Das Pro-
ömium (Kap. 1) sucht die Heliasten günstig zu stimmen durch
eine msmuafto. Gleich im ersten Satz der ganze Sokrates.
„Welchen Eindruck ihr von meinen Ankligern empfangen habt,
weiß ich nicht; ich bin beinahe vollständig aus der Fassung ge-
bracht: so überzeugend sprachen sie. Jedoch Wahres haben sie
so gut wie nichts gesagt^'. Am meisten erstaunt bin ich über
die sofort zu widerlegende Lüge und Unverschämtheit, mit der
sie euch Tor meiner Redegewalt warnen. Nein, ich bin kein ge-
wandter Redner. Trete ich doch jetzt, in meinem aiehenzigsten
Lebensjahr, zum erstenmal vor Gericht auf. Wie sollte ich die
Kunst verstehen und wie ein Jungling Lust haben, meine Rede
mit schönen Worten zu schmücken und zu zieren? In gewöhn-
lichen, alltäglichen Ausdrücken werde ich mit eurer Erlaubnis zu
euch sprechen, aber die Wahrheit werde ich sagen, die ganze
Wahrheit Darnach urteilt ihr über Recht und Unrecht!
Die frapoiüto (Kap. 2) ist mit einer partüio verbunden.
Sokrates wMl sieh zuerst gegen die früheren und dann gegen die
jetzigen AnUäger, die nur das HundsLück jener sind, verteidigen.
Schon seit langer Zeit treiben die Verleumder ihr Wesen, ihre
Zahl ist groß, sie sind sdiwer zu fassen, weil man nicht einmal
ihre Namen, außer etwa dem eines Komödiendichters, kennt.
Gleichwohl muß 'man es mit Gottes Hilfe wagen und dem Gesets^,
das die Verteidigung befiehlt, gehorchen . ... In dieser Parüti^^a
ZaliMh». £ d. OTWBMbdwvMiL hlL 8. 9. 38
594 PUtOD im hamanistiscJieD Gymoasian,
ist indessen der Teil nicht mit einbegriffeQ, der in Kap. 16
(St. p. 28 B) beginnt und die Frage beantwortet, warum Sokrates
einen Beruf ausübe, der ihn jetzt in Todesgefahr bringe» Wir
werden demnach so disponieren:
A. Sokrates weist die Anklagen seiner Gegner als Verleum-
dungen zurück (Kap. 3 — 15).
1. Die früheren (3 — 10) und zwar a) die Tatsache (3 und 4),
b) die Ursache (5—10);
2. die jetzigen (11 — 15) und zwar a) er sei ein Verderber
der Jugend (11 — 13), b) er sei ein Gottesleugner (14
und 15).
B. Sokrates verteidigt seinen Lebensberuf (Kap. 16 — 22).
1. Mein Leben, sagt er, ist ein Gottesdienst, Gott bat mich
auf diesen Platz gestellt, den zu verlassen feige Fahnen-
flucht gewesen wäre. Lebens- und Sterbensgefahr kommt
dabei nicht in Frage, sondern nur Ehre oder Schande.
Ich habe stets auch den Posten, den die Athener mir
angewiesen, behauptet. Liefiet ihr mich frei unter der
Bedingung, die Menschenprüfung und die Philosophie
aufzugeben, so müBte ich danken (16 u. 17).
2. Ich verteidige mich nicht sowohl in meinem als in eurem
Interesse, ich bin euch zum Wächter und Wecker und
Erzieher gesetzt. Tötet ihr mich, so wird euch kein
anderer geschenkt werden, und ihr versinkt immer tiefer
in geistigen Schlummer. Um Gottes willen, nicht um
Lohn habe ich dieses meines Amtes gewaltet, wie meine
Armut beweist (18).
3. Warum ich nur idi(f und nicht dijfMxflq^ die Menschen
zu belehren und zu bekehren suchte? Weil mein dai-
fAoytov mich warnte, nach einem Amt im Staate zu
trachten. Zweimai bin ich als Buleut und Prytane mit
der Volksstimmung in Konflikt geraten, und es hätte mir
den Kopf gekostet, wenn die Herrschaft der Dreißig nicht
sobald gestürzt worden wäre. Für den wahren Patrioten,
dem Recht und Gerechtigkeit über alles geht, ist in eurem
Staatswesen kein Platz (19 und 20).
4. Niemals bin ich f&rmlich als Lehrer aufgetreten oder habe
eine Schule gebildet. Jeder, der wollte, konnte mich
hören und sich mit mir unterreden. DaB ihrer so viele
waren und diese später das Geschäft der Menschenprüfung
mit Eifer und Behagen fortsetzten, ist nicht meine Schuld.
Verdorben habe ich die Jünglinge nicht, sonst hätten sie
in reiferen Jahren selbst oder ihre Väter und älteren Ver-
wandten es mir heimgezahlt (21 und 22).
Die Argumentation weist am Schluß auf den Anfang zurück,
der Ring ist geschlossen. Aber an den negativen Teil reiht sich
ein positiver, an die ctmfutatio eine confirmattOt die wahrlich mehr
▼ on H. F. Müller. 695
ist als eine extnnoHo extra causam. Gelöst von dem Bande der
Anklageschrift, fließt die Rede freier und voller dabin.
In der peroratio (23 und 24) lehnt Sokrates es ab, das Mitleid
der Richter anzuflehen und die herkömmlichen iXss^vä dgäfkaxa
aufzuführen. Er tut dies nicht aus Oberhebung und Gering-
schützong der Heliasten» sondern um seinet- und um ihretwillen:
um seinetwillen, denn er steht nun einmal, gleichviel ob mit
Recht oder Unrecht, in dem Rufe eines durch Weisheit und
Standhaftigkeit ausgezeichneten Mannes, wie sollte er als Siebenzig-
jähriger den Tod fürchten? — um ihretwillen: denn sie, die als
Athener den Ruhm der Weisheit und Gerechtigkeit genießen,
dürfen weibischen Bitten kein Gehör schenken und als geschworene
Richter um Gotteswillen das Recht nicht beugen.
il. Antwort auf die erste Abstimmung (Kap. 25 — 28).
Verwundert nicht über die Verurteilung, sondern über die
geringe Stimmenmehrheit (25), sucht ' Sokrates nach einem
Gegenantrag.
a) Da dieser dem vifjtiifAa entsprechend und gleichwertig
(ahog) sein muß und da ein Wohltäter der Stadt, der
unbekümmert um das eigene Wohlergehen seinem Volke
alles geopfert hat, doch nur etwas Gutes für sich wünschen
kann, so beantragt der Verurteilte als ein armer Mann
Speisung im Prytaneioo, und das nicht zum Spott oder
aus Oberhebung {anav&ad$^6fuyog), sondern in der Er-
wägung, daß er sich freiwillig nicht selber unrecht tun
dürfe (26 und 27 St. p. 37 B).
b) Was sollte er denn sonst beantragen? Gefängnis? Er
kann nicht als ein Sklave der Elfmänner leben. Geld?
Er hat keins. Verbannung? Er würde überall forschen,
lehren, ermahnen müssen und darum allen andern
Menschen ebenso unerträglich werden wie den Athenern.
Schließlich gibt er zu, daß er durch eine Geldstrafe
wenigstens nicht geschädigt werde und aus eigenen
Mitteln eine Silbermine, mit Hilfe seiner Freunde dreißig
Minen zahlen könne (27 C und 28).
III. Antwort auf die zweite Abstimmung (Kap. 29 — 33).
a) Ruhig und gelassen wendet sich Sokrates an die Richter,
die ihn verurteilt haben (29 und 30). Mit leiser Ironie
meint er, ihnen werde von Leuten, die die Stadt schmähen
wollten, der Vorwurf gemacht werden, daß sie um eines
kleinen Gewinnes willen einen weisen Mann getötet
hätten. Nach kurzer Zeit würde von selber eingetreten
sein, was sie so beschleunigen zu müssen glaubten; sei
er doch als ein Greis dem Tode nahe. Ferner fuhrt er
ihnen zu Gemüte, daß er nicht aus Mangel an Beredsam-
keit und Beweisgründen, sondern aus Mangel an Unver-
schämtheit und einer Dreistigkeit, die alle erlaubten und
38*
596 Piaton im hnniXBistitelieii GyBDasiani,
uüeKlaabton Mittel anwendet, udterl^en nei. Er habe«
nichtB Unwürdiges {dveksv&cQOp) getan und lasse sieb
gern Tom Tode ereilen, seine Ankläger aber würden dem
'Schimpf und der Schande nicht entgehen. Auch die
Richter befinden sich im Irrtum, wenn sie glaubten, den
listigen Mahner ein fClr allemal los zu sein ; es wQrdeo
Yiel Schlimmere, die er bisher im Zaum gehalten, in
Menge auftreten. Das sicherste Mittel, sich gegen Vor-
wurfe lu schfitsen, sei, so gut als möglich zu werden,
b) Denen, die ihn freigesprochen haben (31 und 32), versichert
Sokrates in herzlichem Tone, dafi ihm auch in dieser
Stunde nur Gutes widerfahre. Denn das Sa$(i6vtoy, das
sich sonst immer melde und ihn warne, wenn er etwas
Gefährliches zu unternehmen im Begriffe stehe, diese
göttliche Stimme habe diesmal geschwiegen und ihn nicht
von dem Gange ins Gerieht zurückgehalten. Zu diesem
Grunde komme ein anderer: die Hoffnung auf ein seliges
Leben im Jenseits. Denn entweder sei der Tod ein
tiefer traumloser Schlaf, und schon dann ein grofier Ge-
winn, oder er sei eine Übersiedelung in 6in besseres
Land, und dann ein unaussprechtiches GlöcL Und nun
schaut Sokrates mit prophetischem Geiste sich im Ver*
kehr mit den gerechten Richtern und den Heroen, den
herrlichen Männern und den gleichfalls ungerecht ver-
urteilten Weisen der Vorzeit: man fühlt sich erinnert an
die apokalyptische Art, wie christliche Dichter sich den
Himmel im seligen Umgang mit den Patriarchen und
Propheten, den Aposteln und Heiligen ausmalen.
Mit einem milden Worte des Verzeihen« för die ungerechten
Richter, die nicht wußten, was sie taten, mit der Bitte, die Söhne
auf dem Wege der Tugend zu erhalten, und mit dem gläubigen
Vertrauen auf die behütende Gnade der Götter, die dem Guten
im Leben wie im Tode nichts Böses gönnen, klingt die Apologie
aus. l^Xla yuQ rjd^ wQa ämipa^j ifiol fifiy äno^'cwovikhfify
vfAlv di ßiwffOfAiyo&g* onorsQOi di i^fMulv Sqxovtock inl aiistray
fCQäyfiMf adffloy nayvl nl^y ^ tfS &sä.
Was gewinnen unsere Schüler nun durch das Studium der
Apologie?
Zunächst lernen sie ein wohlgegliedertes, übersichtliches
rhetorisches Kunstwerk im reinsten attischen Dialekt und in
meisterhafter Diktion kennen. Es zeigt ihnen, wie man seine
-Gedanken sachgemäß zu disponieren und stilgerecht auszudrücken
hat. Schlagen wir das nicht gering an! Die ezemplaria graeca
werfen auch für das Deutsche einen Gewinn ab. Wir erteilen
auch im Griechischen deutschen Unterrieht. Sodann erarbeiten
sich die Schüler allerlei nützliche und angenehme Kenntnisse.
Sie erfahren bei dieser Gelegenheit etwas vom attischen Gerichts-
▼ 00 H. B. Maller. 597
wesen qnd tun einen Blick in die Zustinde der alheniachen De^
jnokratie ums Jahr 400. Nicht zu verachten und mannigfach vi
verwerten. Wir werden ihnen ferner etwas ober die vorsohra^
tische Naturforachung oder vielmehr Naturphilosophie sagen und
ÜB Über Anaxagoras belehren mOssen. Sie erfahren, wer der
t»ih€^konok6q ifit und wie dieser dazu kam, dsn Sokrates in
.den „Wolken*' zu verspotten. Die Sophisten sind nach ihrer
iu»torischen Stellung und ihrer Bedeutung für das griechische
Geiatesleben kurz und bündig zu charakterisieren. Dabei wird
sich herausstellen, was es mit dem %6v ^vtm lojray xqsiruo
nohstv auf sich hat und inwiefern Sokrates von den Sophisten
lerschieden, inwiefern er ihnen ähnlich isl^). Das ist ein kleines
Stück Geschichte der Philosophie; freilich nur Einzelkenntnisae,
ausgestreuten Samenkörnern vergleichbar, aber fermente oog-
Qitioois. Endlich, was das meiste: dem Primaner tritt hier zu-
erst eine große Persönlichkeit wie die des Sokrates wirklich
nahe, und zwar nicht in mortis carte mine allein, sondern im
schwersten Konflikt zweier Prinzipien, in einem welthbtorischen
Moment. Was dort zu Athen im Jahre ^9 geschah, ist seither
öfter geschehen und wird auch in Zukunft noch geschehen: der
erleuchtete Prophet ood Lehrer scheitert an dem Widerstand der
stumpfen Welt. Er kennt die Gefahren wohl, aber er darf nicht
^hweigen; denn er redet im Namen Gottes, der ihn gesandt hat,
und er opfert sich im Dienste seines Gottes. Il^UfOficu äi
jkällor w ^sc^ ^ viktp spricht Sokrates zu den Geschworenen
in Athen (Apologie Kap. 17) und Tia^aQx^Xv deZ &§4i näUov
^ äy-^Qcinokg. sprechen Petrus und die Apostel vor dem Syne-
drium in Jerusalem (Apostelgeschichte Kap. 4, 19. 5, 29). Sie
können es ja nicht lassen zu reden von dem, was sie gehört und
-liesehen haben und was sie wissen.
Versuchen wir an der Hand der Apologie, die Persönlichheit
des Sokrates dem Verständnis des Sohölers zu erschliefien.
Zum erstenmal in seinem Leben steht der siebenzigjähcige
.Mann vor Gericht Der erste Satz, den er spricht, zeigt seine
.köstliche Parrhesie und feine Ironie. Mit überlegener Ruhe führt
er seine Sache- Die Gegner behandelt er fast geringschätzig, er
epielt mit ihnen. Es wird ihm nicht schwer, durch allerlei Bei-
spiele in unvollständigen Induktions- und Analogieschlüssen dem
Meletos zu beweisen, dafi er sich nie eingehend mit Erziehungs-
iragen beschäftigt, also auch über die Erzieher und Verderber
der Jugend kein Urteil habe. Dazu kommt der indirekte Beweis,
daß niemand einem andern freiwillig unrecht tue, weif ihm dann
mit gleicher Münze heimgezahlt wurde; lue er es aber unfrei-
, «illig, so gebühre ihm nicht Strafe, sondern Belehrung. Ein
^) Idi erlaube vir «nf Rudolf Eacken, Die LebeaMDSchivoDgeD
4ts §rQfi«a JQaiiker S* 18 — 20 lo vorwaison.
598 PlatoD im hanaBistisehen Gymnasiom,
wenig sophistisch ist auch das Verfahren, wie er den Gegner dazo
drängt, die Anklage ovg ^ niX^q vofii^€$ d'sovg zu dem naqa-
nav -d-eovg ov voiki^st zu erweitern, und ihm dann aus dem
hcBqa di xa^vä da$(jk6yia ettffjyovfisvo^ einen Strick dreht, als
spräche er das Rätselwort: Sokrates glaubt an die Götter und
glaubt nicht an die Gölter. Gemeint war freilich wohl, was er
in die Anklage hineinlegt. Denn leider ist es eine traurige Wahr-
heit : von jeher haben die kirchlichen Zionswächter und staatlichen
Machthaber die Männer, die nicht in den rezipierten Glaubens-
formeln und autorisierten Bräuchen ihr Genäge fanden, für irre-
ligiös und ungläubig, för Atheisten erklärt. — Nach diesem Ge-
plänkel folgen die Hauptargumente, und die Abwehr geht bald
xum Angriff über. Sokrates meint, ihn worden nicht Meletos
und Anytos, sondern die froheren Anfeindungen und Verleum-
dungen stürzen. Aber er werde in seinen Bemühungen fortfahren.
Was sollte ihn hindern? Furcht vor Gefahr? Ein tüchtiger
Mann frage bei seinem Tun nicht nach Lebens- und Sterbens-
gefahr, sondern nur nach Recht und Unrecht. Auch die Helden
vor Troja und der herrlichste von allen, Achilleus, wußten nichts
von Gefahr. Der Thetis göttlicher Sohn zog ein kurzes ruhm-
volles Leben einem langen ruhmlosen Lehen vor und wollte nicht
ein hfinkov &xd'og oQovqfig bei den Schiffen sein. Wie dürfte
ein Mann, der gehorsam seinem Feldherrn bei Potidäa, Arophi-
polis und Delion seinen Platz nicht verliefi, den Posten verlassen,
auf den ihn Gott gestellt hat! Er sollte den Tod fürchten? Das
wäre Unwissenheit und Feigheit zugleich, denn wir wissen nicht,
ob der Tod ein Obel oder ein Gut ist; aber das wissen wir, daß
es schimpflich und schmachvoll ist, einem Besseren, sei es ein
Mensch oder Gott, ungehorsam zu sein. Wo einer sich selbst
in gutem Glauben hingestellt hat oder von einem Höheren hin-
gestellt ist, da muß er ausharren und nichts fürchten als allein
die Schande. Der heroische Mann will lieber hundertmal sterben
als seinen Beruf aufgeben, und er versichert, auch wenn die
Athener ihn, unter der Bedingung jedoch zu schweigen, freiließen,
werde er fortfahren in dem Bemühen, die Menschen zu prüfen
und aufzuklfiren, zu bessern und für ihre Seele zu sorgen. Die
höchsten Güter seien Weisheit und Wahrheit. Oix ix XQVf*^^
äg€T^ yiyvsta^^ äkX* i^ OQBT^g x^i^jt^ara xal %ä aXXa äjra&i
voTg aifd'Qfino^g anavxa xal tSttf xal dijfjboaiif. Wie er seine
Tätigkeit bezeichnet als v^v %A dsw vnfiqBalay, so nennt er sieb
selbst ^ %ov &SOV dotftg, die schönste Gabe, die Gott dem Volke
beschert habe. Töten sie ihren besten Freund und Berater, so
haben sie keinen andern zu erwarten. Sie bedürfen wie ein
edles aber schwerßillig und träge gewordenes Pferd des StachelSr
und fehlt der Treiber, der sie spornt und weckt, so versinken
sie in dumpfen Schlaf. Um ihretwillen ist er arm geworden, um
seiner göttlichen Mission nachgehen zu können, hat er Haus und
▼on H. F. Maller. 599
Hof, Weib und Rind vernachlässigt und lebt in tausendfacher
Armut. Zeugt dieser Gehorsam gegen Gottes Gebot und Berufung
▼on Unfrömmigkeit und Atheismus? Ein schlimmes Zeichen för
die Athener, daß sie einen so frommen und gerechten Menschea
nicht einmal privatim, geschweige denn im öffentlichen Leben
ertragen können. So verrottet sind die politischen und sozialea
Verhältnisse. Das dem souveränen Volke ins Gesicht zu sagen,
dazu gehörte Mut, der Mut eines guten Gewissens und der Stolz
eines Mannes, der sich als den größten Wohltäter seiner Mit-
bürger fuhlL Mögen sie stimmen, wie sie wollen, aber nicht
verlangen, daß er dem Guten, Gerechten und Heiligen untreu
werde. Menschen können ihm nicht schaden, am wenigsten
solche wie Melelos und Genossen. Ruhig und gottergeben er-
wartet er den Spruch der Richter: xal vfAtr inixqimo xal T«3f
S^sa xQtyai negl ifAOV onfi fAiXXs^ ifjboi t« oQKfva slvai nal
v^Xv. Als das Urteil gesprochen ist, erörtert er in aller Ruhe
md nicht ohne einen Anflug von Ironie, welchen Gegenantrag er
etwa stellen könne. Im besondern betont er, daß ein Antrag
auf Verbannung für ihn unmöglich sei. Denn auch dort werde
er von seiner Art nicht lassen : o yccg äys^itaffjog ßioq ov
ßimrog av^qfinm. Ebenso unerschütterlich vernimmt er die
Verkündigung des Todesurteils. Er weissagt den ungerechten
Richtern, sie würden sich durch die Hinrichtung seiner doch
nicht entledigen. Denn es würden andere Mahner und Tadler
auftreten und diese ihnen um so lästiger fallen, je jünger sie
wären. Die beste und leichteste Art, sich vor unangenehmen
Vorwürfen zu bewahren, sei, die Wirksamkeit der andern nicht
zu verstümmeln und für das eigene Beste durch Tugend und
Gerechtigkeit zu sorgen. Den gerechten Richtern gegenüber aber
begründet Sokrates seine Hoffnung auf eine selige Unsterblichkeit.
Er erhebt sich zu visionärem Schauen, und ohne rednerischen
Schwung und Prunk, allein durch seine Glaubenszuversicht und
Geistesstärke trägt er uns zu den lichten Höhen eines himmlischen
Reiches empor.
Die Apologie ist eine tapfere Verteidigungsrede, das männ-
lichste Buch, das je geschrieben worden ist. Hier redet in Wahr-
heit ein TstQoymvog dv^Q, und ein großer Schriftsteller legt ihm
die Worte in den Mund. Ein begeisterter Schüler hat hinter
der Silenmaske das strahlende Götterbild des Lehrers erschaut
und mit Meisterhand enthüllt. Wem für die Schönheit dieses
Bildes der Sinn fehlt, wer sich durch den edlen Stolz dieses
festen Herzens und starken Geistes nicht angezogen fühlt, dem
ist nicht zu helfen. Die Jugend läßt sich wohl dafür begeistern,
nur predige man nicht, sondern lasse die Worte Piatons und
still die Sache wirken.
Indessen bedürfen noch zwei Punkte der Erläuterung: das
sokratische Nichtwissen und das Daimonion.
SOO Piaton im hna^ma^aistfisohen Gymoasium,
Der dielphteche Gott hatte den Sokrates för den weisesten
aller Menschen erklirt. Dies legte sich jener so aurecht: die
meisten' Menschen bildeten sich bloß ein, etwas zu wissen, er
dagegen, wie er denn nichts wisse, glauhe auch nicht zu wissen,
was er nicht wisse. Natürlich hat Sokrates die empirische
Kenntnis der Dinge, aber er will das Wesen, zi eiif i*a(i%ov
t:^ ovtmv erkennen. Nur eine solche Erkenntnis verdient den
Namen des Wissens, und dieses Wissen kommt nur da zustande,
wo der das einzelne unter sich befassende, mit Notwendigkeit
nnd strenger Allgemeinheit geltende Begriff der Sache, das „Gesetx
der Gesetzlichkeit'* (Natorp) gefunden wird. Wo ein solcher Be-
grifT fehlt, da treibt die aAtoyog vq^ßii (Aristoteles) ihr Wesen.
Wohl versteht der Handwerker einen Schuh zu machen und der
Politiker einen Staat zu regieren^ aber eine wissenschaftlich be*
gründete und denknotwendige Einsicht in ihre Tätigkeit haben
sie nicht. Auch die Dichter wissen buchstäblich nicht, was sie
tun; sie schaffen ihre Werke kraft gem'aler Begabung und im
Enthusiasmus {ov fsotpiq AXXa {pvask rtfpl xal h^&ovc^^oyisg).
Gott sei Dank, möchten wir auarufeuw Wir erschrecken fast vor
diesem Begriffsfanatismus. Dennoch milssen wir diesem Ratio-
nalisten und Verstandesfanatiker den Ruhm lassen, daß er zuerst
zwischen Form und Materie des Wissens (Schleiermacher)
unterschieden und durdi eine „ganz neue Besinnung auf die
Form des Wissens'* eine kritische Prüfung des vorliegenden«
geltenden Wissens an den formalen Erfordernissen des wahren
Wissens angebahnt und konsequent durchgeführt hat. . ,fDas
Formale des Erkennens gelangte auf diesem Wege zuerst zu
reiner Ablösung. Daher hat die Entwickelung des logischen Be-
wußtseins, d. h. des Wissenschaftsbewußtseins, seiner
Form nach, von Sokrates den für immer entscheidenden An-
stoß erbalten. Man muß die Trias Sokrates-Plato-Aristoteles
würdigen als die Geburt des Geistes und der Form abendländischer
Wissenschaft''^). Beiläufig, ist es nicht äußerst wertvoll, dem
Schüler diesen Begriff der Wissenschaft klar und deutlich zu
machen? loh sehe darin ein gutes Stück philosophischer Pro-
pädeutik. Aber weiter. Des Sokrates Bestreben, zum wahren
Wissen vorzudringen, hatte zunächst nur negativen Erfolg.
Aristoteles zwar billigt ihm zweierlei zu: rov^ vs htoKV^xovg
Xoyovg xal ro oqi^ead'ai xa&oXov. Aber so stark Sokrates im
i^stüCeiv und ilfyx^^"^ ^^r« nnit der Induktion haperte es und
mit den Definitionen hatte es gute Wege. Nicht nur auf
logischem, auch auf ethischem Gebiete begegnen wir dem Nicht-
wissen. Ist es denn aber nicht genug, zuerst das Ziel erkannt
^) Panl Natorp, Piatos Ideeolehre S. 8. feb zitiere dieses aoage«
zeichnete Buch wiederholt, am die Leser tu einen kritischen Stadian des-
selben aDznregen.
von H. F. Maller. 601
HDd dOD Weg zam Ziele beBchritten zu haben? Und davon war
Sofcnus im Gegensatz zu den Sophisten, ihrem Relativismus und
SabjekliYiamus, felsenfest überzeugt, daß es unabhängig von
unaerer WiUkQr allgemein gältige Wahrheiten gebe, wissenschaft-
liche und sittliche WahrbeileB, die h6her als allea Meinen und
Mögen den Menschen im Denken wie im Handeln binden und
Terpfliohten. ,,Zwar was suletzt das Gute sei, weiß Sokrates uns
nicht ixx sagen; aber daß es unbedingt des Menschen Heil ist,
daß gegen die bediogungsloee Forderung der Gesetzliche
keit keine KlogheitserwSgttng aufkommen darf, daß diesem Einen
alles andere, das „Leben*' mit allem, was es bieten mag, auch
4ie Hoffnung eines andern Lebens, willig zu opfern ist, das tritt
in der Apologie und dem zugehörigen kleinen Dialog Krito er-
haben genng, und wahrlich nicht bloß redneriach wirksam, her-
aus. Dieser Gegensatz ist dem Sokratea bestimmt bewußt als der
•dee Seelischen und LeiMichen, des Selbst und dessen, was nur
des Seibat (va iovroS) ist Wir erkennen darin den Hinweis
anf das praktische Selbatbewnfltsein als den Quell des Wissens,
in dem das Sittliche beruhe. Aub Bewußtsein kommt alles an:
auf die Besinnung (^oi^fcr«^), Wahrheit (aX^^Ma) und, da<r
mit gleichbedeutend, anf die Seele, daß sie so gnt als möglich
sei. „Seele** wird hier fbst identisch mit Begriff und Wahrheit,
weil mit Bewußtsein. Die Einheit des praktischen Bewußtseins
zu wahren, daran hängt alles fdr den Mcmschen, darum hat man
au allererst und zu allermeiat zu aorgen. Das heißt um „sich**
aorgen mehr ala «m „das Seine**. In diesem Punkte ist Sokrates
CO poaitav wie nur denkbar. Aber diese Poaitivitit ist allerdings
mir die einer Forderung, und darum, bleibt Sokrates dabei, daß
sie ein Wissen« mne abgeschlossene Erkenntnis nicht aei. —
Deu^ch scbimm^t durch die Platonische Daretellung der uber-
empirisohe Charakter des Sittlichen durch. Und darin liegt endlich
der Zusammenhang der Sokratischen Ethik mit einer höchst gOf
reinigten, auaschließlich auf sittlichen Grund gestellten Religion,
„ich glaube an Götter wie keiner meiner Ankläger**, darf Sokrates
«rkliren. Nimlich er glaubt an die Gottheit ala den Ausdruck
läf die Realäit des Sittlicheo, für die warm und stark von ihm
ausgesprochene Oberzeugnng, daß dem Guten niemand und nichts
schaden kann weder in diesem Leben noch in einem andern,
w«nn es eines gibt: Gott wird den Gerechten nicht verlassen.
Eine positivere, eine praktisch wirksamere Ethik als diese g|bt es
»cht** (Natorp a. a. 0. 8. 8 und 9). Ich habe Natorp das Wort
gegeben, um zur Vergleichung mit meiner Darstellung aufzufordern
und um einige Bedenken anzuknöpfen. Daß man dem Guten
^aoch die Hoffnung eines andern Lebens** opfern müsse, lese ich
ans der Apologie nicht heraus. Gewiß muß man unier allen
Umständen md unbedingt das Gute tun, auch wenn es kein
«wiges Leben geben sollte: so fordert es tapfer und mannhaft
£02 Platon im hnmaoistisehen Gymnasinm,
unser Sokrates; aber ich habe je länger desto besümmter den
Eindruck, dafi Sokrates für seine Person an die Unsterblichkeit
der Seele glaubt und auf ein anderes Leben hofft. „Seele"' wäre
„fast identisch mit Begriff und Wahrheit, weil mit Bewußtsein''?
Ich finde das in den herangezogenen Beweisstellen Ap. 29 E,
Kriton 47 E, Prot. 313 A, Men. 88 C beim besten Willen nicht.
Keine Seele ohne Bewußtsein, kein Bewußtsein ohne Seele. Aber
der Schluß : Bewußtsein »= Begriff = Wahrheit = Seele will mir
nicht einleuchten. In dem Satze der Apologie: ipQoyijiXsag
di xal dl^&elag xai xi^g ^^x^g onmg mg ßeixiczfi itfva^ ov*
intfAeXsTj gehören fpqovfiatg und äl^&€$a allerdings eng zu-
sammen, aber das xal vor (dem proleptischen) yjvx^g muß man
doch wohl durch „und überhaupt^' (abschließend und zusammen*
fassend) übersetzen. Im Krilon steht ixstpo^ negl S ^ %9
ddixta xal 17 dixa^ofsivfi^ für die Seele. Nach dem Protagoras
liegt es in der Seele ndina %ä aä ii ^ ^ xaxmg nQa%TB$Vj
und nach dem Menon ist die ägsv^ (s= q^goy^a^g) %mv iy t§
tpvxfi T». Die Seele ist eben eine Substanz. Ebenso frage ich
zweifelnd: wenn durch die platonische Darstellung der »«öber-
empirische Charakter des Sittlichen" deutlich schimmert, wird
dann die Religion ausschließlich auf sittlichen Grund gestellt und
nicht vielmehr die Sittlichkeit auf religiösen Grund? Ist der
Glaube an die Gottheit nur der „Ausdruck" und nicht Tielmehr
der Grund für die Realität des Sittlichen?
Endlich das &€X6y t* xal da&fAOPtov^ das den Auslegern so
viel Skrupel gemacht hat Ich sehe darin lediglich einen zu-
sammenfassenden Ausdruck für alles Göttliche, was die Brust des
einzigen Mannes erfüllte. Seine Seele lebte und webte in einer
höheren Welt, der Gedanke an die Gottheit beschäftigte ihn früh
und spät. Im Dienste seines Gottes — ich sage absichtlich
„seines" Gottes, denn im Grunde hat jeder seinen eigenen Gott,
ohne dogmatische Formulierung — also im Dienste seines Gottes
verzehrte er sich, und es war in seinem Munde keine leere
Redensart, daß er eine göttliche Mission an sein Volk habe. Einer
besonderen Erinnerung, ausdrücklicher Gebote und Verbote be-
durfte es für gewöhnlich nicht für einen Mann, dessen Geist von
göttlichem Geiste getrieben wurde; aber in außergewöhnlichen
Fällen und gefährlichen Krisen, da meldete sich die Stimme, f
äel änoTQinctf ngarginst di ovnoTS. Wo kein Zweifel ob-*
wallet und keine Frage gestellt wird, da erfolgt auch keine Ant*
wort ; wo aber gezweifelt und gefragt wird, da ertönt die Stimme
und warnt vor dem Fehltritt.
Kriton.
Zur Apologie gehört als das Siegel der Bestätigung der
Kriton. Das Gespräch beginnt sehr stimmungsvoll. In früher
Morgenstunde besucht der getreue Kriton den Sokrates im Ge*
von H. F. Malier. 603
liDgnis. Er steht schweigend an dem Lager des geliebten Lehrers
und wagt nicht ihn zu wecken, da er so gar sanft und sö£
schlummert. Immer wieder muB er den Freund bewundern und
glücklich preisen, der dem drohenden Verhängnis so ungebeugt
und heiter entgegengeht. Ist er doch gekommen um zu melden,
daß das heilige Schiff noch heute von Delos her eintreffen wird,
also morgen die Todesstunde schlägt. Nein, erwidert Sokrates,
sieht morgen, sondern erst übermorgen. Denn eine schöne weiß-
gekleidete Frau hat ihm in einem Traumgesicht verkündet:
ijikcni %sv rQivdrm O&ifjv iqißduXov fxoto. So ändert er leise
die Worte des Achilleus ll.'IX 363 und deutet sie auf seine
Heimat. Der Tod ist für ihn ein Nachhausekommen, eine
Heimfahrt Wer hierbei in der Klasse keine überraschten Ge-
sichter und leuchtenden Augen gesehen hat, versteht sein Hand-
werk nicht.
Nach diesem Prolog setzt die Handlung des kleinen Dramas
ein, das in drei Akten verläuft.
L Kritonals ay(ay$(fTijg vertritt die unphilosophische Ansicht
praktischer Lebensklngheit.
a) Rette dich, du kannst es mit Leichtigkeit, und nimm
Rücksicht auf die Meinung der Menschen, die es uns nie
▼erzeihen wird, daß wir dich aus Trägheit oder gar Geiz
nicht gerettet haben.
b) Gefahr laufen wir kaum dabei, Geld haben wir in Menge,
und die Sykophanten sind /billig.
c) Du mußt dich retten um deinetwillen, denn du darfst
dir aus fireien Stücken nicht antun, was die Feinde dir
antun wollen; um deiner Kinder willen, denn du hast die
Pflicht, für ihre Erhaltung und Erziehung zu sorgen; um
unsertwillen, denn du darfst uns durch deine Weigerung
nicht mit ewiger Schande belasten. liXlä ßovlevoVf
H&IlXov di ovdi ßovksvsüd'ai ht fSga, äild ßsßov-
Xsvif&M. (äia di ßovX^' T^g jrdo in^ovavig yvxtog
navja rccvta det nsTTgöx^cc^. et o4 r» TXBq^fievoviuVy
advvceroy xal ovuir^ otdy r«. äiXa nav%l tgöntp, cS
' Stixgcnsg, ftst&ov /uo* xal fjbtjdafAwg alXatg noh^»
U. Sokrates als wvccymvKfTijg vertritt die philosophische
Ansicht weiser Lebensführung.
a) Nicht alle Meinungen der Menschen sind zu berücksichtigen,
sondern nur die der verständigen und weisen.
b) Oberall sonst hört und beachtet man nur den Sachver-
ständigen.
c) Diesen wird man erst recht da befragen, wo es sich um
die Seele, um Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit handelt,
nicht aber die blöde Slasse, wenn sie uns auch zu töten
vermag. Denn nicht auf das Leben kommt es an, sondern
auf das av £^v, d. h. das xaXäg xai dixaiwg l^^y.
^04 Piaton im hnmattistischtfii Gymaasiimiy
IH. Die Xvtfig der nXox^, ^urch üatersuchoDg der Fraig^
ob 68 recht oder unrecht sei zu fliehen.
a) Wir dürfen freiwillig auf keine Weise unjoecht tun {ait^
ncXy)^ also auch nicht ein Unrecht gegen das andere
setzen (cnm^xdnisiy)^ nicht Böses mit Bösem vergelten.
Vielmehr müssen wir bei dem einmal als recht Erkannten
unverfornchlich bleiben. Daraus folgt,
b) daß wir dem Staate nicht Unrecht mit Unrecht lohnen
und den von uns anerkannten Gesetzen den Gehorsam
nicht aufkündigen dürfen. Dies um so wenigejr« als wir
den Gesetzen nicht neben-, sondern untergieordnet sind
und nicbt die gleiche Rechts- und Uachtsphäre haben.
Den Gesetzen ungehorsam sein heißt die ataatliche Ordr
nung umstürzen. Wie aber sollten wir uns dessen er-
kühnen, da uns der Staat mit seinen Gesetzen unzählige
Wohltaten von Jugend auf erwiesen hat! Am aller-
wenigsten darf ein Sokrates solchen Frevel begeben.
Denn er hat siebenzig J[ahre lang alle diese Wohltaten
genossen, und es gefiel ihm nirgend besser als in der
geliebten Vaterstadt.
c) Wem würde ich denn durch meine Flucht nützen?
Meinen Freunden? Es ist doch klar, daß sie bestraft
werden und entweder ihr Vermögen oder durch Ver-
bannung ihr Vaterland verlieren. Oder mir selbst?
Komme ich nach Theben oder Megara. oder andern wohl-
regierten Städten, so werden sie mich mit feindseligen
und grimmigen Blicken als einen gefährlichen Menschen
betrachten. Mit Recht« Denn wer die Gesetze verletzt,
verdirbt auch die Jugend. Und weleh eine llcherliche
Figur macht ein Gesetzes Verächter, der von Tugend und
Gerechtigkeit predigt! Ich alter Mensch soll wohl gar
als entlaufener Sklav, etwa in Thessalien bei den Freunden
des Kriton, an den Tischen der Reichen parasitisch
schmausen? Aber ich will meiner Söhne wegen leben.
Wie denn? Nehme ich sie mit mir ins Elend, so werden
sie dort mit mir verderben. Lasse^ ich sie hier zurück,
so werden meine Freunde vermutlich ebenao gut für sie
sorgen, wenn ich in den Hades, als i^'ienn ich in ein
fremdes Land auswandere. Also mit allen diesen Gründen
ist es nicbU.
Darum will ich die Gesetze nicht übertreten noch ver-
achten, damit mich ihre Brüder im Hades gnädig auf-
nehmen. Nicht die Gesetze, sondern die Menschen haben
mir unrecht getan.
Diesen Epilog sprechen wie die V4>rhergehande Schutzrede
die Gesetze selbst, und es wird nicht vieler Worte bedürfen, um
die Schüler davon zu überzeugen, wie ganz außerordeollich dieser
Ton H. F. Mir Der. 605
meisterhafte rhetorische KunstgrifT die Wirkung steigert. Nur
karz aber nachdrücklich braucht auf den Grundsatz, den die
Geselle yertreten, 'hingewiesen 'Zu werden: ovx iti<fov troi rö dl-
wz$oy fud ^|i*lv, ein Grondsalz, der auch för das Verhäitnis von
Eltern und Kindern, Herren und Knechten u. s. w. gilt. Gehorsam
den Gesetzen, Gehorsam der Obrigbeit, auch wenn wir unrecht
leiden. Mögen wir sie eines bessern belehren und unser Recht
suchen, empören dürfen wir uns nicht. Welch ein hoher und
reiner Patriotismas aus dem gesamten Verhalten des Sokrates
hsrrorleaebtet, wird die Jugend mit Freuden inne, wenn sie
einen Satz wie diesen liest: ^ ovtag el trotpog, Aüxb XiXfi&iy
(SB oTk fMffvQog TS xal ncn^g xal t(Sv aXXonv nqoyovtov andv-
wv %^fk^mBQ6v ia%$y 17 natQig xal ts$ikv6xsqoy xal aymtsqov
xal iv f^BKovk ftoiQqi xal naqa S'fOTg xal naf^ dv&Q<iino&g
"folg vovv S%ov(S$ X. %.%. 51 B. Doppeltes Gewicht aber haben
solche Worte, wenn der Mann, der sie spricht, sie im 'Leben be-
währt und durch den Tod besiegelt.
II.
Protagoras.
Der Lehrer wird, denke ich mir, den ganzen Protagoras
nach Form und Inhalt durcharbeiten, bevor er ihn mit den
Sehülem zu lesen kegnant. Denn nur wenn er das Ganze yor
Augen nad im Herzen bat, wird er das Einzelne hinlänglich zu
erklären imstande sein. Welehes aber ist das Ganze, Zweck und
Ziel des Dialogs?
Um Erziehungs- und Büdungsfiragen wird gestritten. Die
Sophisten sind nicht die rechten Bildner und Erzrefaer der Jugend;
Sehritt Tor Schritt enthüllen sie ihre Unföhigkeit und bringen
sich selbst zu Falle. Sie wissen ihre eigene Voraussetzung, die
Lebrbarkeit der Tugend, nicht zu begründen, noeh sind sie sich
über die Tugend, ihre Einheit und Vielheit, klar. Es fehlt ihnen
an der wissenscfaaftlicken Methode, dem Xoyov dovva^ xal di-
iaadnk, und so ist ihr Treiben ein aXoyov nqccy^a,
DaTon sage ich anfangs meinen Schülern natürlich nichts,
schon darum nicht, weil die jungen Leute nur allzu geneigt sind,
Wisseascbaftliche Sätze wie gangbare Münzen, die man einnimmt
und ausgibt, zu betrachten; sie bedenken nicht, daß wissenschaft-
liche Wahrheilen erst dann den echten Wert haben, wenn sie
dnreh eigene Kraft erarbeitet snid. Erarbeitet, nicht diktiert soll
auch die Dispesition des Ganzen werden. Das ist bei unserm
Dialog nicht eben schwer und wird noch erleichtert durch die
Druckeinrichtung der Ausgabe von Hans Petersen (Berlin, Weid-
maonsdie Bncbiiandlung), die ich in den Händen der Schüler
wünsche, weil sie durch eine genaue Erklärung des Grammatischen
j606 PlatOB im hamaoistisehea Gymnasium,
und Übersetziingsbilfen ein schnelleres Lesen und tieferes Ein-*
gehen auf den Inhalt ermöglicht. — Von einer literarhistorischen
Einleitung sehe ich ebenso ab wie von einer Abhandlung über
die Sophistik. Die Sophisten charakterisieren sich im Laufe des
Gesprächs selber hinlänglich, und es wird sich Gelegenheit fiaden,
Piatons Schilderungen zu ergänzen und zu berichtigen. HeB--
gleichen sage ich im voraus kein Wort Yon der schriftstellerischen
Größe Piatons und seiner Darstellungskunst. Der schalkhafte
Humor und die sprudelnde Laune, die abgerundete Komposition
und feine Diktion, der dramatische Aufbau, kurz der reiche könst*
lerische Schmuck: dies alles drängt sich dem aufmerksamen und
empfänglichen Leser ohne weiteres auf, der Lehrer braucht nur
ein wenig nachzuhelfen. Die Form scheint den Inhalt zu über-
wiegen, und manche Ausleger haben gemeint, der ethische und
dialektische Gewinn, die „reale Ausbeute^' sei verhältnismäßig gering.
Wir werden sehen.
Das erste Kapitel ist von bestechendem Reiz. Lebhaft setzt
der Hetairos, dem Sokrates das Gespräch wiedererzählen soll, ein
mit der Frage: /Zo^cy, (S 2tixQa%€g, (paivsr, ^ d^Xa S^ or»
ano 9tvv7iYB(Siov %ov neql T^y*Ak*tß$ädov Jiqav; Da haben wir
gleich einen prägnanten Zug im Bilde des Sokrates. Er jagt
dem schönen Jüngling nach» nicht aus Fleischeslust, sondern in
dem leidenschafilichen Verlangen, den Wissenstrieb in seine Seele
zu pflanzen. Das griechische iqnag^ hier zu erklären, sagt alles.
Und nun das zweite. Sokrates hat selbst des Alkibiades über
dem großen Ereignis vergessen: Protagoras ist hier, und er hat
mit ihm ein langes Gespräch gehabt „Erzähle doch!''
Die folgende Partie mag man, in Anbetracht des drama-
tischen Baues, von 310 — 314 C Prolog, und von da bis 316 A
Parodos nennen, aber sonst künstle man mit den Teilen der
Tragödie nicht.
Des jungen Hippokrates Eifer und Aufregung wird uns er-
frischen, und mit ihm wollen wir uns von Sokrates gern belehren
lassen, daß wir uns bei aller Wißbegier nicht an vagen Vor-
stellungen zu begnügen, sondern stets zu fragen haben nach dem
tI iattp ixa(ftov, dem Begriff. Wir halten eine kleine dialek-
tische Übung ab. Analogie, Induktion und das Entbymem (313A)
mit dem Schluß a minore {aäfia) ad maius {tpvxij) kommen zur
Sprache. Im Vorbeigeben achten vrir auf den Unterschied des
Lernens inl v^x^fi und inl nahdeiq. Ohne zu moralisieren
oder zu predigen dürfen wir auch daraufhinweisen, wie gefährlich
es ist, einem Großhändler oder Krämer unbesehens seine Seele
zu verpfänden. Was einmal Verderbliches in die Seele aufge-
nommen ist, läßt sich nicht wie der Schmutz mit einem
Schwamm wegwischen. Darum, liebe Jugend, hüte Ohren und Augen!
TOI H. F. Müller. 607
Vier Gänge sind es, die Sokrates und Protagoras miteinander
machen. Die Gespräche sollen uns zu GemOte föhrent dafi nicht
die Sophistik, so glänzend und geistreich ihre Künste sein mögen,
sondern allein die sokratische Dialektik, das loyoy dovvak %al
Siiac&ak^ wirkliche Einsicht und Erkenntnis zu erzeugen vermag.
Was davor und dazwischen liegt, dient neben der Charakteristik
und Schilderung demselben Zwecke. Es soll uns eben deutlich
werden, daß nicht der Sophist, sondern der Dialektiker zum
Tugendlehrer berufen ist.
In der Ouvertüre spielt der Humor die Hauptstimme, doch
klingt ein wenig Bosheit mit darein. Wie der Koryphaios im
Chor, ja wie ein Forst schreitet Protagoras mit seinem Gefolge
daher, das ihn ehrerbietig umgibt und bei jeder Wendung ein-
schwenkend ihm aufmerksam zur Seite geht. Toy di fjtev*
ftceyof^ca^ nämlich den Hippias, xal fjkip d^ xai TovtclXov ye
it(f€Xdoy^ nämlich den kranken Prodikos: wie die Schalten aus
der Scheinwelt des Hades werden die Sophisten mit Worten der
homerischea Nekyia beschworen. Das ganze gebildete und vor-
nehme Athen ist im Hause des reichen Kallias versammelt, selbst
die Speisekammer moBte, um Platz zu schaffen, ausgeräumt
werden. Begreiflich, daß der Pförtner den neuen Ankömmlingen
die Tür vor der Nase zuschlug und sie erst auf wiederholtes
Klopfen und Bitten murrend wieder öffnete. Aber halten wir
uns nicht auf!
1. 317 E— 328 D. Die Lehrbarkeit der Tugend.
Protagoras, der in geistreich sein sollender Paradoxie oder
ans Ruhmredigkeit seine Kunst und Wissenschaft als uralt und
weitverbreitet gepriesen hat — ' von Homer an sollen ungefähr
alle, die etwas wußten und konnten, Sophisten gewesen sein — ,
erbietet sich nun, vor der gesamten Korona seinen Unterricht zu
beginnen, und verheißt dem Hippokrates, er werde jeden Tag
besser und bereichert von ihm weggehen. Mit solchen Allgemein-
heiten kommt er indes beim Sokrates nicht durch. Dieser will
wissen, fi^ zi mal nsql %ov in^ömdsk 6 ^Innoxgatrig odf, und
so muß sich denn Protagoras zu der bestimmten Erklärung ver-
stehen, er lehre die noht^x^ '^^Xyv ^^^ verspreche, die Männer
zu tüchtigen Borgern zu machen. Sokrates bezweifelt, ob ' die
Tugend lehrbar und erwerbbar sei, und zwar aus einem doppelten
Grunde. Die „weisen" Athener nämlich wenden sich in jeder
technischen Frage an den Sachverständigen, aber in allen poli-
tischen Dingen gestehen sie einem jeden ohne Unterschied das
Recht mitzureden zn. Ferner, die weisesten und hervorragendsten
Borger, Staatsmänner, wie Perikles, lassen ihre Söhne in allem,
was von Lehrern abhängt, sorgfaltig unterweisen, nicht aber in
der Töchtigkeit, die sie selbst besitzen, in der nokkt^xi^ äQstijf
offenbar deshalb, weil sie diese nicht für lehrbar halten. Zur
Beschwichtigung des Zweifels gefällt es dem Protagoras, einen
606 PUton im lnnMuiistiftclian .GymDasiam,
Mythos Ton der Verteflung der Gaben an die sterblichen Geediöpfe
durch Prometheus und Epimetheus lu erzählen. Die Schüler
werden ihn mit Vergnögen lesen, aber auf Befragen sofort erktörao»
daß die Frage erst am Schluß mit der an die gesamte. Menschheit
durch Hermes verliehenen aidtig und diu^ gestreift werde und
daß aus der allgemeiaen Verbreitung dieser notwendigen aitt-
liehen Eigenschaften (statt aldmg und dkn^ erscheinen bald dar-
auf d^atoffvy^ und trmipQoavtfti) der Ailgemeinbesitz der no^
X$rix^ ägsrij keineswegs folge. Noch wunderlicher ist das Aigu-
ment, jedermann müsse, wenn er nicht für einen Narren gelten
wolle, die Gerechtigkeit und die übrige politische Tüchtigkeit zu
haben wenigstens vorgeben. Der Umstand, daß kein Mensch wegen
seiner natürlichen, wohl aber jeder wegen seiner sittlichen Ge-
brechen belehrt, gesdioiten, bestraft werde, würde für die Lehr-
barkeit der Tugend sprechen, wenn er nur dem Schlüsse dea
Myibos nicht widerspräche. Denn danach haben die Menacheo
attioig und Sinfj doch nicht als erworbenen Besitz, sondern als
eine Gnadengabe des Zaus. < Beiläufig, die Terschiedeoen Stra^
theorien: Vergeltung, Abschreckung, Besserung, interesateren die
Schüler, nicht bloß die künftigen Juristen unter ihnan. — Der
Aporie, warum die wackern Bürger, sogar Staatsmänner wie
Perikles ihre Söhne die Tugend, die sie selbst hätten, nicht
lehrten, begegnet Pretagoras mit dem Hinweis darauf^ daß es
doch widersinnig wäre, wenn jene Männer ihre Söhne in aUeai
andern sorgsam unterweisen ließen, nur nidit in dem, wovon die
Sicherheit des Staates, des Hauses und der eigenen Existenz ab-
hängt. Tatsächlich würden ja auch die Menachen von Kindesbeinen
an erzogen, und wenn die Schule sie entlasse, so nehme der
Staat sie in seine Zucht. Aber die Tatsache, daß die Söhne
•vieler trefOichen Männer mißraten, schafft er damit nicht aus der
Welt; und wenn er auf die Natnranlage als Grund zurückgreift^
so biegt er vom graden- Wege der Beweisführung ab. Was sollen
wir sagen zu der lahmen Entschuldigung, in einer zivilisierten
Gesellschaft seien die Schlimmsten immer noch besser als die
ganz Wilden! Ein Lächeln entlockt uns der resignierte Schluß,
man müsse schon zufrieden sein, wenn nur der eine oder endo«
die Menschheit ein wenig vorwärts bringe; wer es aber besser
könne als die andern, so ein Protagoras, der dürfe dafür einen
angemessenen Lohn mit Recht beanspruchen. Schade, aber von
Piaton beabsichtigt, daß Mythos und Logos, die so stolz anfingen,
sich im Sande verlaufen. Vorlrefflieh dagegen ist, was wir in
dem Abschnitt über athenische Erziehung er&hren. Ein Satz wie
der: tovg ^d-fj^vg %$ nal vag ä^fiopiag äyajrudJ^ov(f$v olitsk-
ov(f&ai ratg ipvxoXg %äv ncUdmtf, Iva ^fkeQwveQot %€ (oait^,
moiv elg ro U}^sir ts ual ngcmstv* nag .yotq 6 ßiog tov
ay^Qoinov evgv^fAiag %s xa» aictqikoCxiag d^cu verdient
voa H. F. Malier. Q09
ODterstricfaen und aus dem Phiiebos und andern Quellen erläutert
zu werden. Die Schdler sollen erfahren, was Maß und Ebenmaß
den Griechen bedeuteten. (Goethes Musensohn: „Und nach dem
Takt reget Und nach dem Maß beweget Sich alles an mir fort*'.)
Nicht minder verdient der nftchste Satz vom wahren Zweck der
Gymnastik Beachtung. Die eingesprengte Bemerkung, daß die
Söhne der Reichen die Schule am längsten besuchen, läßt sich
recht hübsch glossieren. Der Passus Ober Regierung und Zucht
des Staates kannte zu allerhand modernen Betrachtungen Ver-
anlassung geben. Wir wollen uns an der Sozialpolitik aber hier
nicht verärgern.
So hätten wir denn den ersten HaaptteiJ hinter uns gebracht
und wir dürfen zurückblicken. Protagoras hat uns allerlei schöne
and des Nachdenkens werte Dinge vorgetragen. Piaton will ihn
Uotz gelegentlicher kleiner Bosheiten durchaus nicht karikieren
oder lächerlich machen. Der Mann weiß etwas, ist geistreich
und ein Meister des Wortes. Aber eins fehlt ihm: die scharfe
aod strenge Logik, die dialektische Kunst, die Methode, wissen-
schaftliche Erkenntnis zu erzeugen. Die Schäler werden das mit
einiger Nachhilfe selbst finden. Und was mehr ist: der Unter-
schied des wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Verfahrens
wird ihre Aufmerksamkeit auch für den Fortgang des Gepräches
erregen. Denen, die eifrig bei der Sache gewesen sind,
mache ich zur Ermunterung ein kleines Gewinnkonto auf: Er-
weiterung der Sprachkenntnisse und ästhetischer Genuß, logische
und dialektische Übung, Bereicherung der ethischen Anschau-
ungen.
II. 328 D— 334 C. Die Einheit der einzelnen Tugenden.
Wie wird Sokrates die lange Rede des Protagoras aufnehmen?
und was wird er erwidern? Wie bezaubert saß er lange Zeit
da und blickte sehnsuchtig auf den Redner, um noch weiteres
zu hören. Und als nun Protagoras „wirklich^' aufgehört hatte,
vermochte er sich kaum zu sammeln — doch man muß die
köstliche Stelle selbst nachlesen, um die echt sokratische Ironie
mit zu empfinden, die ganz entzQckt nur eine Kleinigkeit vermißt
und damit den ersten Stein aus dem anscheinend festgefügten
Bau nimmt, der dann alsbald zu wanken beginnt und einzu-
stürzen droht. Diesmal sind freilich die Argumente des Sokrates
nur schwach; Protagoras hätte sich, wäre er ein Logiker gewesen,
dnrch sie nicht fangen lassen. Für unsere Schüler aber ist es
eine gute Übung, die schwachen Stellen aufzudecken.
Protagoras hat wiederholt von alScig und dix^^ von Stxato-
(fwif, <smq>Qoavvfi, oaUz^g und dann zusammenfassend von der
ii^Bx^ als dem Einen was not tue gesprochen. Sokrates möchte
nun wissen, ob das alles nur verschiedene Namen für die eine
Tugend seien und wie es sich mit den einzelnen Tugenden zu
dem Gesamtbegriff der Tugend verhalte. Er fangt also an zu
MlNltt. t i. eynwMüawww. LXL S. 9. 39
610 PlatoD im homanistischeo GyaiDasiam,
katechisieren und erhSlt zunächst als Resultat: die einzelnen
Tugenden unterscheiden sich voneinander wie die Teile des Ge-
sichtes, Augen, Ohren usw., nicht wie die Teile etwa einer
Goidplatte; jede hat ihre besondere dvvafitg {sqyov sagt Aristoteles),
und wer die eine erwirbt, besitzt damit noch nicht die andern.
Dann erlangt er das Zugeständnis, die dinaioavvfi sei ein di-
xaiov und die oaiotfiq ein ofStov ngäyficc^ und schließt nun:
da, wie zugegeben, beide Tugenden Terschieden sind, so ist die
Sixa$oavvtj nicht heilig, also unheilig, und die oatoriig nicht
gerecht, also ungerecht; um diesem Widersinn zu entgehen, halte
er seinerseits beide Tugenden lieber für identisch oder doch sehr
ähnlich. Protagoras ist in Verlegenheit und weiB nicht recht,
was er dagegen einwenden könnte. Er hätte sagen sollen, es
habe keinen Sinn, die Gerechtigkeit gerecht und die Heiligkeit
heilig zu nennen; denn gerecht nennen wir eine Handlung und
Handlungsweise, eine Gesinnung, einen Menschen und nicht die
Gerechtigkeit selbst. Vollends unrichtig sei es, von dem kontra-
diktorischen Gegensatz ohne weiteres in den konträren überzu-
gehen. Eine Belehrung Ober die mmffomxäq und ivavzitag
äyTiX£i(jbeva und damit ein kleines collegium logicum wird dem
Primaner sehr dienlich sein. Es wird fortgesetzt, da Sokrates
alsbald die aq>qoavvfi als Gegensatz der aofpia und der afAfpqo-
avpii zu erweisen sucht, obwohl doch ein jedes nur ein ivctvtiov
haben kann. Die Amphibolie, mit der die Einsicht bald als in-
tellektuelle, bald als moralische verstanden wird, begeht einen
groben Täuschungsversuch. Äquivokation nennen das die Logiker,
und die quaternio terminorum ist eine ergiebige Quelle der Para-
logismen. Protagoras wird gereizt und kampflustig, weiß sich
aber nicht recht zu helfen, bis er sich schließlich, als Sokrates
auf das Gute und Nützliche zu sprechen kommt, an einen Neben-
punkt klammert und sich über die verschiedene Art, wie etwas
den verschiedensten Menschen und Dingen nützlich sein könne,
verbreitet. Das nimmt nun Sokrates übel. Er sei vergeßlich
und könne die langen Reden nicht behalten. Die Unterredung
habe keinen Zweck mehr, er werde weggehen.
Die Krisis ist da. Man muß das Intermezzo (334 D—
338 E) lesen, um es zu genießen. Von erfrischendem Humor
diese tragikomische Szene, ein Meisterstück darstellender Kunst!
Der ganze Kreis gerät in Aufregung, die Hauptpersonen treten
in Aktion, und den vereinten Bemühungen aller gelingt es, die
Katastrophe abzuwenden. Sokrates verspricht zu bleiben, und
Protagoras entschließt sich, wenn auch ungern, die Rolle des
Antwortenden mit der des Fragenden zu vertauschen. Wenn er
hinlänglich gefragt habe, werde er Rede und Antwort stehen,
doiceiv Xoyov. Die Unterhaltung geht weiter.
HL 338 B— 347 A. Erklärung des Simonideischen Ge-
dichtes.
voB H. P. MitUer. 611
Protagoras fluchtet sich aus seiner dialektischen Bedrängnia
in die Gefilde der Poesie. Gedichte zu erklären sei ein Großteil
(ß^ynttay fiigog) der Bildung^ und «o wolle er ein bekanntea
Gedicht des Simonides, das ja auch von der Tugend, dem vor-
liegenden Gesprächsstoff^ handle, näher besprechen.
Der Sophist beginnt mit Aufdeckung eines Widerspruchs,
dessen sich Simonides schuldig mache. Erst sage er selbst, es
sei schwer, ein guter Mann zu werden, und dann tadele er den
Pittakos, der dasselbe nur mit etwas andern Worten sage. Die
Versammlung ruft ihm Beifall, und Sokrates ist wie vor ded
Kopf geschlagen und einer Ohnmacht nahe. Doch ich habe hier
nicht den Abschnitt zu analysieren, sondern will nur angeben,
wie ich ihn mit meinen Primanern behandle. Ich lese das Ge-
dicht im Zusammenhang vor, übersetze es darauf gemeinschaftlich
mit ihnen und erkläre die Worte wie sie lauten. Sokrates mag
recht haben mit Unterscheidung des y€v4<f^a^ nnd des l/i*/i*«ya»,
aber auf die Gewaltsamkeiten seiner Auslegung und die burlesken
Scherze lasse ich mich nicht ein. Wer sie zu seiner Erheiterung
lesen will« mag es tun.
Wozu aber dies „mühevolle Spiel", diese Persiflage der Inter-
pretationsknnst? Der Grund ist ein methodologischer. Philoso-
phischen Problemen kommt man mit Mythen so wenig bei als
mit Erklärung von Gedichten. Dazu ist Logik und Dialektik,
Uyovq nokitad-at nötig. Dies kann den jungen Leuten gar
nicht früh und ernst genug eingeschärft werden. Hätte Prota-
goras das Rüstzeug dialektischer Untersuchung nicht vernachlässigt,
so wäre ihm eine Niederlage erspart geblieben. Wäre er in seine
rhetorisch -poetischen Künste nicht so verliebt gewesen, dann hätte
er die Fehler in der Argumentation seines Gegners wohl gemerkt.
Wer die methodologische Bedeutung unsers Dialogs verkennt,
wird ihm nicht gerecht In der Sache selbst sind wir allerdings
nicht erheblich weiter gekommen, das Problem steht im wesent-
lichen, wie es anfangs stand. Das lösende Wort, das uns auf der
Zunge schwebt, dürfen wir indes nicht sprechen, wenigstens jetzt
noch nicht; es wäre unmethodisch. Vielleicht bringt uns die
folgende Unterredung vorwärts, die Sokrates mit höflichen Wen-
dungen gegen den Protagoras einleitet.
IV. 34&C— 460E. Wiederanknüpfung an Teil H. Die
Tapferkeit wird auf Einsicht zurückgeführt.
Protagoras gibt nunmehr zu, daß die andern vier Tugenden
unter ach gleichartige Teile der einen Tugend seien, ausgenommen
jedoch die Tapferkeit. Denn tatsächlich seien viele höchst on^
gerecht, uofromro, zuchtlos, unverständig, dabei aber hervorragend
tapfer. Sokrates erwirkt sich darauf das Zugeständnis, daß immer
die einsichtigsten und sachverständigsten Taucher, Reitet und
Peltasten die tapfersten und kühnsten seien, um daraus den
Schluß an ziehen: ot (fotpmcnot^ ovto§ xai ^iXQQaXsmmoi
39*
612 PlatoD im hananistischeo Gynnasiam,
elit^y, &aQQalBmtätatoi 3i ovrsg ävdQSioranok. xal uccrd
tavTOP %ov Xoyov 17 aoipta av mdqsla eltj. Aber so leichten
Kaufes kommt er diesmal nicht davon. Sein Partner hält ihm
mit Recht entgegen, aus dem Verein Ton Einsicht und tapferem
Mute folge noch lange nicht die Identität von Einsicht und
Tapferkeit. Die sachverständige Einsicht ist wohl das beste
Mittel zur Betätigung des tapferen Mutes, aber sie gewährt
keinen Einblick in die Zweckbestimmung und trägt zar Definition
des Begriffs der Tapferkeit nichts bei. Protagoras ist, durch
Schaden klug geworden, viel aufmerksamer auf den logischen
Gang der Beweisführung. Darum lehnt er auch die beiläufig ein-
geschmuggelte Dmkehrung des Satzes ol äyögeiarato^ ^aQ^a-
Xs6itato& in ol &aQQal€oitato$ avdqB^ovcnok deutlich und ent-
schieden ab. Hier wieder ein kleines eollegium logicum: reali-
sierende Mittel und Zweck sind zu unterscheiden; allgemein be-
jahende Urteile lassen sich nicht einfach umkehren. — Sokrates
läßt scheinbar das Problem fallen. Er fängt an von dem Ver-
hältnis des Angenehmen zum Guten zu reden und setzt sich mit
der Ansicht der „Menge" auseinander, die nach dem Grundsatz
verfährt: video meliora proboque, deteriora sequor. Von den
Lüsten und Begierden und allen möglichen Affekten werden sie
wider besseres Wissen und Wollen Aberwältigt, es herrseht in
ihnen nicht „Vernunft und Wissenschaft, des Menschen allerhöchste
Kraft": einsq tif aXha^ altsxqov i(tt& xal i[Aol aoifiav *al
i^fftiftijfi^v ftf^ o^x» navTiov XQdvKStoy elva^ %Av
avS'qwniimv nqaygjbatmy, sagt Protagoras. Es sei lächerlich,
meint Sokrates, diesem geborenen Herrscher in uns nicht zu ge-
horchen. Vielmehr es wäre lächerlich, wenn es nicht die schimpf-
lichste Unwissenheit wäre. „Jedermann trachte nach seinem Besten,
er identifiziere ferner das Gute mit der Lust, das Üble mit der
Unlust; er erstrebe demgemäß allezeit ein Maximum von Lust,
ein Minimum von Unlust; er meide daher die Lust nur dann,
wenn ihr ein größeres Maß von Unlust entquilit, und wähle die
Unlust bloß in dem Falle, daß ihr ein größeres Maß von Lust
entspringt. Den Lüsten unterliegen, das besage in Wahrheit
nichts anderes, als daß man die kleinere, aber nahe Lust der
größeren, aber entfernteren vorzieht, was dadurch geschehe, daß
die Nabe das kleinere Gut unserem Geiste, wie das kleinere Ding
unserem Auge als das größere vorspiegelt In solchen Fällen
finde eine Täuschung unseres Urteils statt. Diesen und ver-
wandten Irrungen entgehe, wer in Fragen der Lust und Unlust
richtig zu zählen, zu messen, zu wägen versteht. So gehe denn
die richtige Lebensführung auf eine Art von Meß-, Zähl- und
Wägekunst zurück und somit auf eine Einsicht und Erkennt-
nis. Ihr Gegenteil aber, das angebliche Bewältigtwerden von den
Lüsten und Affekten, habe sich als Unwissenheit entpuppt, und
zwar als die größte und verhängnisvollste aller Unwissenheiten*'
voo H. F. Miller. 613
(Tb. Gonperz). Die Nutianwendung auf das Gebiet der Tapfer-
keif ergibt sieb daraus mit Leichtigkeit. Die Feigen förchteu
z« B. den Krieg deshalb, weil sie nicht wissen, was an ihm schön
und löblich, gut und nützlich ist, das heißt sie verkennen die
Güter, die er erwirbt oder schützt: Freiheit und Ehre, die GröBe
des Vaterlandes und die nationale Selbstftndigkeit. (Dies fügen
wir ergänzend hinzu.) Feigheit ist also Unwissenheit, und also
das Gegenteil, die Tapferkeit, Weisheit oder richtige Erkenntnis.
Protagoras wird demnach einräumen müssen, dafi auch die Tapfer-
keit auf Wissen und Einsicht zurückzuführen ist. Nahe am
Schluß erklärt Sokrates, es sei ihm bei der ganzen Untersuchung
nur darum zu tun gewesen zu erfahren, was eigentlich die Tugend
sei und wie es mit ihr stehe. Das Endresultat wird zwar mit
dogmatischer Bestimmtheit nicht ausgesprochen, aber Temehmlich
genug angedeutet Alle Tugenden bilden eine Einheit, denn sie
lassen sich alle auf Erkenntnis zurückführen, oder kürzer: die
Tugend ist eine, denn sie ist Erkenntnis; ist sie Erkenntnis,
so ist sie auch lehrbar.
Wie denn nun ? Sokrates wußte doch, ehe er's dem Gegner
bewies^ daß die Tugend eine Einheit und Erkenntnis sei, und
dennoch hielt er sie nicht für lehrbar! War das wieder die be-
kannte „Ironie^S mit der er die Gesellschaft necken will? Ver-
kündet er doch mit Anspielung auf den Prometheus und Epi-
metheus des Mythos launig genug als Ergebnis, daß beide sich
geirrt und ein wenig blamiert hätten: n*otagoras, weil er die
Tugend fär lehrbar hielt und doch ihr Wesen als Erkenntnis mit
Macht bestritt; er sdbst, weil er sie nicht für lehrbar hielt, ob-
wohl er doch mit allem Fleiß zu beweisen suchte, daß sie Er-
kenntnis sei. Dürfen wir uns dabei beruhigen? Oder sollen wir
annehmen, daß Sokrates meine : so, wie die Sophisten es trieben,
sei die Tugend allerdings nicht lehrbar, aber es gebe einen echten
Tugendlehrer, und der heiße Sokrates?
Ich gestehe, daß mir diese Auskunft nicht Yöllig genügt und
noch nicht des Rätsels Lösung zu sein scheint Weit mehr be-
friedigt mich, was ich bei Paul Natorp, Piatos Ideenlehre
S. 10—18 finde. Angesichts der bestimmten Erklärungen in
unserm Dialog sowie Yorher in der Apologie und nachher im
Menon hält Natorp es für eine bare Unmöglichkeit hier von
,Jronie'* zu sprechen. Beide Thesen: die Tugend ist Erkenntnis
und doch nicht lehrbar, sind vollkommen ernst geroeint „Den
Konflikt dadurch wegbringen, daß man die These der Nichtlehr-
barkeit als Ironie deutet heißt dem Dialog das Rückgrat aus-
brechen'^ Die Antithese legte sich mit ganzer Wucht auf die
Seele Piatons, der den vollen Begriff der Erkenntnis, des Lehrens
upd Lernens noch suchte. Bei den Sophisten fand er ihn nicht
Sie wußten weder was lehren heißt noch schätzteii sie die Selbst-
ge&ttgsamkeit und das Herrscherrecht der Erkenntnis nach Ge-
-bubr« Das Wissen ist nicht dazu da, das Leben mit allerlei
Gütern und Annehmlichkeiten zu schmäcken, und lehren beißt
nicht, allerlei nützliche Kenntnisse von aufien her beibringen.
Tugend und Erkenntnis ist der Seele nicht yon außen „einzu-
setzen'', wie wenn man (nach der Politeia) dem blinden Auge
die Sehkraft einsetzen wollte; oder nach dem Symposion: lehren
heißt nicht ein volles Gefäß in ein leeres ausschütten oder etwa
den Wein aus einem volleren Becher in einen leereren mittelst
eines Wollfadens hinüberleiten. Was also heißt lehren und lernen,
was ist Erkenntnis, die Erkenntnis, auf der als in ihrem letzten
Grunde die wesentliche Einheit der Tugend und ihre Lebrbarkeit
beruht? Der Protagoras gibt die Antwort nicht Wir mögen sie
mit Hilfe Natorps und der andern Platonischen Dialoge andeuten,
nm die Schüler zum Nachdenke anzuregen oder wenigstens dar-
über zu beruhigen, daß Piaton die gesuchte Lösung gefunden hat;
aber für diesmal geht eine vollständige Beantwortung der Frage
über unsern Lehrauftrag hinaus.
Wie steht es denn nun mit der „realen Ausbeute^*? Abge*
sehen von der sprachlichen und logischen Schulung, die ich hoch
anschlage, haben die Schüler ihren geistigen Horizont um ein be-
deutendes erweitert und bereichert. Und ist es denn nichts, ein
solches Kunstwerk im Original gelesen zu haben und einem so
großen Problem an der Hand Piatons nachgegangen zu sein? Es
ist das wichtigste Stück der philosophischen Propädeutik Man
kann es den jungen Männern nicht früh und nicht ernst genug
sagen, daß die Philosophie es mit Problemen und nicht mit
Dogmen zu tun hat; daß nicht rednerische Kunst und schweifende
Phantasie, sondern einzig und allein methodisches Denken zum
Ziele führt. Sonst lernen sie nicht philosophieren. Freilich sind
die philosophischen Studien auf dem Gymnasium nur Progym-
nasmata, aber doch recht heilsame und notwendige. Jlavta
Tavza nQOoifA$d iativ avzov toS voikOVy ov ist ^kad-etv,
Blankenburg am Harz. H. F. Müller.
Können wir Piatons „Gesetze" in den Kanon unserer
Gymnasiallektüre aufiielimen?
Mit 0. Weißenfels ist ein standhafter und unermüdlicher Vor-
kämpfer der alten Philosophen als der geeignetsten Schullektüre
unserer Gymnasialprima dahingegangen. Zu den letzten Gaben,
die er der Schule geschenkt hat, gehört seine vortreffliche zwei-
bändige Auswahl aus den griechischen Philosophen (Teubner 1906),
in der natürlich Piaton und Aristoteles den Vorrang behaupten.
von H. Gilliflchewski. glg
In ihr hat er, der jetzt gestatteten Freiheit in der Auswahl der
Lektüre freudig folgend, manches herangezogen, das sonst be-
dauerlicherweise dem Schulkanon ganz fern blieb, und hat mit
glücklichem Griffe eine schöne Reihe solcher Stücke ausgewählt,
die dem Primaner eine Vorstellung davon vermitteln können, was
die Griechen über den Staat und was damit zusammenhängt ge-
dacht haben« Allerdings hat er in seiner Chrestomathie die Ge-
setze Piatons, „in denen das historische und religiöse Moment
ebenso entschieden vorherrscht wie in den meisten früheren Ge-
sprächen das dialektische^^ nicht berücksichtigt. Welche Gründe
ihn dazu bestimmt haben, ist schwer zu sagen. Vielleicht lag
auch er in dem Banne jener Vorstellung, nach der die NögjbOk
nur eine greisenhafte und reizlose Verwässerung der Gedanken
der Uok^reia sind; vielleicht war auch er durch die Ausfuhrungen
von Th. Bergk, Ivo Bruns und Max Krieg beeinflußt, welche die
Einheitlichkeit des Werkes leugnen und nicht nur die Gesamt-
redaktion, sondern auch die Konzeption größerer und wichtiger
Teile dem Philippos von Opus zuschieben; vielleicht nahm er auch
an der nicht ganz zu leugnenden Schwierigkeit der Sprache An-
stoß, obwohl er sonst solchen Dingen gegenüber großen Mut ge-
zeigt hat, wie besonders der zweite Band seiner oben erwähnten
Auswahl beweist (vgl. E. Grünwald, Nekrolog für 0. Weißenfels,
Neue Jahrbucher 1907, XX, 1). Jedenfalls möchte ich den Ver-
such nicht unterlassen, den NofAO^ eine bescheidene Stelle in der
Schule zu erobern.
Es ist das Verdienst von Constantin Ritter, die Gesetze man
kann wohl sagen der Vergessenheit entrissen zu haben. 1896
hat er bei Teubner zwei Bände erscheinen lassen (mit dem Titel:
Piatos Gesetze 1. Darstellung des Inhalts, 2. Kommentar zum
griechischen Text), die in gleicher Weise einen eisernen Fleiß
wie eine hervorragende Sachkenntnis dartun. Sein Vorwort, das
überaus lesenswert ist, hat den Wert der Gesetze meines Erachtens
in das rechte Licht gerückt. Es heißt da z. B. :
„Der Inhalt ist kräftig und geistgewaltig wie in irgend einem
der berühmtesten Dialoge: aus der Tiefe philosophischer Be-
trachtung geschöpft und zugleich durchtränkt und gesättigt mit
den Ergebnissen feinster und sorgsamster Cinzelbeobachtung aus
allen Gebieten menschlichen Handelns''.
,ylch stehe nicht an, dieses Werk ... als eines der groß^
artigsten Denkmale der alten griechischen Kultur zu bezeichnen,
zugleich als eines der schönsten und bewunderungswürdigsten
Bücher, welche ich kenne*'.
„Wenn ich meinem Büchlein einen lockenden Titel geben
wollte, so hätte ich es benennen dürfen 'Plato als Erzieher'; in
der Tat wäre damit der Inhalt ganz treffend bezeichnet. Das
ganze praktische Leben des Menschen wird ja durch die An-
ordnungen der Gesetze umfaßt und geregelt, und der höchste
616 Platoos „Gesetie'' in onierer G|aioasi«llektnrey
Gesichtspunkt, von dem aus diese entworfen sind, ist kein anderer
als die Erziehung des Menschen zu allseitiger Tüchtigkeit".
„Interessieren, meine ich, müßte das zur Zeit so Ternacb-
lässigte Werk eigentlich alle Gebildelen, alle jedenfalls, die Sinn
fär geschichtliche Vergleichungen haben, insbesondere unter ihnen
aber die Philosophen, PhiMogen, Politiker und Juristen. Ich
hoffe öbrigens, mit meiner Inhaltsdarstellung auch den gebildeten
Theologen einen Dienst zu lelsten^^
Diese Worte unterschreibe ich unbedenklich tum so lieber,
als ich zu einem ähnlichen Urteil schon gelangt war, ehe ich
Ritters Buch kennen lernte. Sie beweisen allerdings, wenn sie
richtig sind, nur die Vortrefflidikeit des Platonischen Werkes im
allgemeinen für Gebildete, und es bleibt noch zu erdrtera, wie
es mit seiner Brauchbarkeit für die Schule steht Ich halte, um
es kurz zu sagen, Buch 1, Buch 3, Buch 4, Buch 5 Kap. 1 — 6,
d. h. das nqooiikiov im weitesten Sinne des Wortes, das nach
Steinhart (Einleitung zu Piatons Gesetzen, 1859) die ethische,
geschichtliche und psychologische Grundlage der Gesetzgebang gibt,
für außerordentlich geeignet» sie mit Primanern zu lesen, und
hoffe, mir in Kürze die Erlaubnis zu erwirken, mit einem der
genannten Bücher einmal eine praktische Probe zu machen. In-
wieweit übrigens die Gesamtanschauung Piatons in den Nopot^
von der in der JloXiteia niedergelegten abweicht, geht die Schule
nichts an. Ihr, die aus den beiden Werken selbstverständlich nur
Probestücke lesen kann, würde auch das Material für die schwierige
Untersuchung fehlen, für die im übrigen auf die Ausführungen
von Steinhart in seiner Einleitung und Zelier im zweiten Bande
seiner Philosophie der Griechen verwiesen sei.
Mir sei es vergönnt, zunächst das 1. Buch einer Besprechung
zu unterziehen, um die Hauptfragen, die es erörtert, festzustellen
und im Zusammenhang damit nachzuweisen, wie sie sich in den
Ideenkreis älterer Schüler einfügen und ihn erweitem wurden.
Ich halte mich dabei nicht an die Reihenfolge der Paragraphen
des Textes, auf die es hier nicht ankommt, sondern greife das
Wichtigste heraus.
Wie ich in andern Platonischen Schriften gern der nmdsia
und allem, was damit zu tun hat, nachgegangen bin, so habe ich
auch hier gute Gelegenheit dazu gefunden. Die Frage 'Was ist
die natdeiat' beantwortet das wundervolle 12. Kapitel unseres
Buches folgendermaßen.
vflTai. vvv yäq dvsidi^oyrsg inatvovvtsq &^ kxatttußy %ag
TQOfpdg Xfyo[Aev cSg röy fiiy ntnaidsvgjbi^fov ^fMÜv ovra %&pä^
fbv di änaidevzQVj ivioxB slg t€ xant/leiag *al yavxliiQUxg
ual aiXmv %Ohov%mv (idXa nsna&devfiivoy^) apodga avd-qmnw^*
^) Der Text weicht von dea bei C. Fr. HermaBi aa iwei StoUei ab.
von H. Gillifchewflki. 617
ov yao tuSva ^yoviUvu^y, iig ioiM€V, sha^ nmdflay o H!fv
Idyog av sXff, %^v di ngög äqstijv ix naidiov na$d$icer, no^-
9wsav int&vfiiiTijv ts nai iquctifv tov noXi%f[if ysvicd'ak
%iUwy UQX€$y t9 xal ä^ea^a^ intatafAerov (jutd dixf/g. %av-
xfpf %^v %Qo^v agfOQ&ad(k6Vog 6 loyog ovtog^ eog ifAol fpaivs-
Tai, rvr ßovlon' av ikiv^v naideiccy ngoüayogevt^ry tw di
€lg x^ifjucrra tsivavffcty ^ viya fiQÖq itsxvv ff xal ftQog alli/v
uyä coiplar ay$v vov xal Üxifg ßavavaov t* Bivak xal avsXsv-
^iQOV xai ovx aSlar %6 naqdnav natdelay xal€tfT&a$, «-^
fi^S i^ ikffdiv ivofkatk diag^sQwfiS'S-' avtctg^ alV o vvv o^
Uyoq ^fkXv oikoXayfid'slq fjbsydtto^ wg o% ye igd-äg nena^dev-
lUvo$ ar^oy äyad'ol yiyyovta^, xal ist dii ti^y natSslay fii|f-
idfiov av$fidC€$v^ dg nqätoy täy xaXJiifTTtay totg agiftTOig
aviqdif$ naQay%yv6yi߀VW xal el nots i^igx^^h iwaxoy cf'
ifStly inavoQd'oic^a^^ tov%* dsl dqactioy d$d ßlov nctyrl
xara dvvafkiy. Das ist eine Quelle, aus der zu schöpfen lohnt,
eme Stelle, an die sich Erörterungen ober alle möglichen Schul-
und Bildungsfragen anschließen lassen, hauptsächlich fflr das
hnmanistische Gymnasium und seine Ziele. Die Sätze, denke ich,
sprechen für sich selbst: nur auf die einzig schöne Terminologie
sei noch hingewiesen, die man einen Gymnasialabiturienten wohl
aaswendig lernen lassen möchte. Der Gegensatz zwischen dem
int&VfHixfjg ts xal igcuf tig vov noXitupf yiyysü^ai xiXeoy^
i^t^kv ve xal aQxe(i&a& snKrtdfAsyoy (Astd dix^g und dem
ßäyavffog und dy^Xiv^s^og^ dessen naiösia gar zu oft elg XQV^
fMtra Tsive^j besieht heute wie damals zu Recht Der Satz tig
Ol y$ li^ttl^ nsfU»tdsv(ih^o§ (fxedoy dya&ol ylyyoyva^ mit der
hohen Wertung einer richtigen idealen Jugendbildung hat an Be-
deutung und Wahrheit im Laufe der Jahrhunderte nichts ein-
gebüßt^).
Da^dsia ist aho „das, was den Menschen gut macht'* (Ritter).
Und woran erkennt man den Guten? Die Antwort wQrde in
schlichter Form lauten: daran, daß er Selbstbeherrschung (afnnpqo-
fsivfi) zeigt, so daß er die Triebe, die in seinem Innern liegen,
richtig leitet. Piaton hat hier einen fj^i&og eingeschaltet, ähnlich
dem im Anfange des Phaidon eingeflochtenen; er handelt vom
Menschen als einem &adfMx S'Btoy^ d. h. als einer Marionette der
Götter. In ihm liegen wie in der beweglichen Puppe viele Fäden
oder Drähte — er meint natörlich die Triebe (%d nd&tf) — ,
durch die er sozusagen zu seinen Handlungen bewegt wird. Sie
sind von Eisen, nur einer ist von Gold, der Xoyt^gjbdg^ o vi
Trov' (iKvtmy) äf^styoy f x^^^^y ^? yspo^ksvog doyiia noXstag
wiiviv yofA^g inut^yoiioava^. Das ist der Faden, der allein zur
Tugend fährt: an ihm muß der Mensch (helfend) ziehen, wenn
er das hohe Ziel, den Sieg des XQ^^^^^ Y^vog. erreichen will.
^) Vgl Lehrprobeo und LehrgiofO 1906 II S. 14<-18.
618 PUtons ,,Geaet«e" in anserer Qyqinasiallektiire,
Man hat diesen fAv&og wie so vieles andere bemängelt, aber es
hat mir das ihn nicht schlechter gemacht. Leitet er nicht scb5n
hinüber in das wichtige, im Religionsunterricht zu behandelnde
Gebiet von der göttlichen Bestimmung und vom freien Willen des
Menschen? Verknüpft er sich nicht auf das beste mit jenem im
Euthyphron ^) berührten Gedanken, demiufolge GAtter und Menschen
Mitarbeiter sind zur Verwirklichung der Idee des Guten?
Die ganze Auseinandersetzung über die üa^deta war hervor-
gerufen durch die Verhandlungen über avfjkJtotfia und fki&fj^ in
deren Verwerflichkeit der Kreter Kleinias und der Lakedaimonler
Megilios einig sind. Der Athener, durchaus der Leiter des ganzen
Gespräches, ist anderer Meinung. Er lehnt zunächst das Vorurteil
ab, das alles für schlecht hält, was im eigenen Lande unbekannt
und anderswo Brauch sei. Auch müsse man nicht nach den Aus-
schreitungen die ganze Sache beurteilen, sondern sie bis in ihren
Kern verfolgen und studieren. So sei z. B. ein (SVfinotSiOv erst
dann zu beurteilen, wenn man es unter Leitung eines geeigneten
aqxwv beobachtet habe. Sei nämlich der erste Zweck eines
solchen Gelages die Pflege und Befestigung freundschaftlicher Be-
ziehungen unter den Mitgliedern und sei der äqxi»v zugleich
v^qxAV und aoq)6g, so könnte die erregende Wirkung des Weines
sehr wohl für die (fvfAnovat ein sehr wichtiges Erziehungsmittel
bilden. Der Athener weiß sehr wohl, daB der Weingenuß im
allgemeinen %cig ^doväg xai kvnag xai ^fAoifg xal sgmzag be-
lebt und steigert, dagegen tag aief&ijiteig xal fAPijfucg xal do^ag
xal q>Qoyij&€$g herabdrückt, aber er sieht in ihm trotzdem ein
ungefährliches und bequemes Mittel zur Prüfung und Erprobung
der Schamhaftigkeit. Auch bietet nach seiner Meinung die Zwang-
losigkeit des avfinociov dem Staatsmann die beste. Gelegenheit,
tieferen Einblick in Wesen und Sinnesart der Teilnehmer zu tun,
dessen er gewiß bedarf, um jeden Mann an die rechte Stelle zu
bringen. Alles das ist mit behaglicher Breite, aber doch mit so
großer Feinheit ausgeführt, daß man es mit Freuden lesen wird.
Besonders die Auseinandersetzungen über die beiden Arten von
(poßog, den verwerflichen und den lobenswerten, der mit atdmg
oder ataxvy^ bezeichnet wird, sind um so reizvoller, als Piaton
des öfteren auf sie eingeht und sie auch sonst in der griechischen
Literatur eine Rolle spielen'). Sie enden mit dem scharfgeprägten
und durchgeführten Satze: wpoßov ^/i*<5y äga det ^lyv^ad-a^
xal (foßcQoy ixa<fzov. In diesem Zusammenhange kann ich für
Primaner in der Behandlung der SyAiposien, die sie bei den
griechischen Lyrikern und bei Horaz ja doch zur Genüge kennen
lernen, nichts Bedenkliches finden, mag man sich zu der von
1) Vgl. Zeitschrift für das GymnasialweseD 1905 S. 579.
<) MaD vgl. Homer llias 7,93; Soph. Aias 1073—1086; Plato Lackes
198 B; fiathyphroD 12 B; Thokyd. I 84,3. U 37; Xeooph. Mem. Hl 7,5 fr.;
Aristotel. Nie. Ktb. II 7; Pintarch Gleon^nes 9.
von H. Giili8oh0W«ki. 619
Platon besprochenen ^pädagogiBchen" Verwendung des Weines
stellen wie man will. Die ganze Art der Auseinandersetzung ist
80 dezent, daß eine unangenehme Nebenwirkung auch bei jugend-
lichen Lesern v5llig ausgeschlossen erscheint Zu dem ganzen
Passus yergleiche man dann noch in Ritters Kommentar S. 54 — 69,
dem ich in allen wesentlichen Punkten beistimmen muB, und
Steinhart io der Einleitung S. 147 ff.
Wir sahen soeben, daB Kreter und Lakedaimonier sich gegen
die Symposien ausgesprochen hatten. Dagegen hatten sie die
Yvikvaa^a und av(Saix$a hoch gefeiert und auf die Frage des
Atheners naxä %i %ä ^aaix^a te vfkZr avvxhaxBV 6 vo/iog xai
xä yvikvaa^a {%al t^v t&v oniMv l^^v); geantwortet: 1. nols-
Itog asl n&Ck d$ä ßiov h>^^X'iQ i(fxi nQog andüaq noletg^
2. dg %ov nole/iov anavta äfifioalq xal idiq tä v6fAk[Aa ^(Jbty
anoßUmav (fvystä^cero (6 voiAod^iv^g). Welch eine Fälle Ton
lehrreichen und für unsere Zeit noch vortrefflich auszunutzenden
Gedanken schlieSt sich an diese Sätze an! Da sagt der Kreter
^y yaQ TtaXovCyv oi nlst&tot %äv w&Qdimay eiQ^yfjy^ tovt^
iha$ ikovov wo^cL, und der Athener läBt ihn seinen Satz vom
beständigen Kriege so weit rückwärts verfolgen, daß er ausspricht,
nicht nur zwischen den Staaten, sondern auch den Dörfern und
einzelnen Menschen, ja innerhalb der Gemeinden und im Innern
jedes einzelnen Menschen herrsche Zwiespalt und Krieg. Dann weist
der Athener schlagend nach, daß das aq^atov^ dem doch ein
Gesetzgeber nachgehen müsse, weder nolefiog noch <TTd<r»^ sein
könne, sondern slgijyii ngog aiXijlovg agjba »al fp$lo(pQO(fvyii,
Krieg sei nur ein notwendiges Obel (zAf äpayHaiiov). Richtig
sei es also, rd nolifkov vofiod'ec^Xv xdq^v ^i^^Vfig, nicht %ä %^g
€l(kpf^g xmv noXtiMxAv iv€»a. Könnten sich vielleicht mit
einigem Rechte Kreter und Lakedaimonier auf Tyrtaios als den
Verfechter ihrer Anschauung berufen, so halte er es mit Theognis
und seinem Ideal des nnfzog ovijq. Denn nuftog xal vyi^g {iv
iStdaBtfhv) könne niemand sein avev l^findifiig aQex^g. Auch
Minos und Lykurgos, so meint der Athener, dürften diesem Grund-
satze gehuldigt haben, wenn es ihre Anhänger und Kritiker auch
nicht immer merkten. Diesem grundlegenden Gedanken läßt er
als Gesichtspunkte für jede vernünftige ethische Gesetzgebung in
dem wichtigen 6. Kapitel eine Aufstellung der aya&d folgen, die
mit den Worten beginnt: dknlä di dyad-d ia%t^ tu f^iv äv^qf»-
nwa, %a di S-etcCj ^^ti^tcm ö' ix %Av d-sltav ^drega. xal idv
liiy dixfnai x^g xd fAti^ova noXtgj xxätak xal xd iXdxxovay
tl di fA$ij oxiQ€xa$ äinpoXv. Die iXdxxaya sind vyleta, xdXXog^
'} Sehr richtig bemerkt hier Steinhart (S. 137): Schon hier schinmert
dai höohste Gesetz des Staates, wie es der früheren Schrift (gemeint ist die
noXiTitu) zagmnde lag, wieder darch, daß der Staat ein Abbild der Idee
des Gatea seui moase«
.620 PUtoBs „Gesetze" in unserer Gymnasiallektöre,
taxvg cig zb d^Ofi/oy xai tig zag aXXcig nattag »*vf (Tck ^9
fTtöfioT^^ nkovzog; die fkeiCwa sind qi^ov^a^g^ <fmq>QWP tpvx^g
l^^tg, S$xato(fvvijy avÖQsla. Alle andern nQüCtdl^e^g zielen auf
diese hin (ßXinstv etg) und zwar die menschlichen auf die^5tl-
liehen, die göttlichen eig rdv ^ysfioya yovv. Hiernach wird ein
vorläufiger Plan der Gesetzgebung entworfen : er handelt von Ehe-
schließung, Zeugung, Erziehung, Besitz, Aufwand, Erwerb, ge-
schäftlichem Verkehr, Ordnung des Begräbnisses und Bestellung
von tüchtigen Wächtern zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen
Anordnungen, Den Schlußsatz, der wiederum Anregung zu pro-
pädeutischen Erörterungen gibt, schreibe ich her. Kazidmy di
6 ^tlg zovg yofiovg anaiSt %ovvo$g fpvhxxag intczifife^y %ovg
l»,iv d$ä g>Qoyija€wgy zovg di d«' äXfj&ovg do^iig top-
zag, OTtfog navza zavza ^vydijaag 6 yovg inofkeya (fmg>QO-
avpfi xal dixaioifvyfi anroijpipi}, älXä ji»^ tiXovzw fk^di tpkJüo-
ziikiif. Damit wären wir wieder bei dem Unterschied vom den
oqd-Ag nena^devfkiyot und den ßavavaoi und avBksvd-sqok an-
gekingt. Auch sei darauf hingewiesen, wie schön die gesperrt
gedruckten Worte sich an den Schlußteil des Menon ansd^ließen,
in dem Sokrates ausfuhrt, wie die äydfiyii<ftg das festigende
Moment fflr die 661^$ sei: ov noUov a%iai sta^y^ img av x^g
avzdg ifjiffi aiziag kay^^/km. zovto 6* iaziy, Mhfmy sz€ä[Q€^
äyduyii€figj mg iy zotg ngoffS-sy ^fkXp wfioJioyi^ak. ans&day
6i oe^iSefty nq&zoy ^kky intoz^fka^ yiyyovzai^ Sitskza (koy^fioh.
In der nun folgenden Erörterung der ovdqHa (Kap. 7 ff.)
wird der spartanisch-kretischen Erziehung vorgeworfen, daß sie
sich nicht befasse mit der Abhärtung gegen Verführungen der
Lust, die doch ebenso wesentlich sei wie die Abhärtung gegen
Gefahren. Auch zur vollkommenen afag)Qo<fvyf) könne niemand
erzogen werden» dem es an Gelegenheit fehle, seine aUdg in
Aufregungen ausgelassener Lust und Tollheiten aller Art, wie sie
etwa die Symposien mit sich bringen, zu erproben und zum Siege
zu fuhren.
Das ist in kurzen Zagen der Hauptinhalt des 1. Buches. Ich
meine, es seien der Themata genug, die wir mit unsem ältesten
Schfllern bearbeiten möchten. Viele Fäden spinnen sich vos
ihnen zu unserer Zeit hinüber; gar. manche von den Fragen, die
den Piaton beschäftigt haben, sind noch immer aktuell, und bei
manchen dürfte es noch heute wie damals heißen: adhuc sab
iudice lis est. Der Beziehungen zu andern Dialogen sind nicht
wenige: einiges ist ja hier schon angedeutet
Vielleicht darf ich noch einige Sentenzen hervorheben, um zu
beweisen, daß auch daran kein Mangel ist.
1. To yixqy avzoy avzoy naaäy yix&y nqmzii z€ xai
äQiatfjy z6 di ^tzäiS&ai avzoy vtp^ iavzov ndvzmy aiffXKfzoy
ZB cifjba xal xdxtOzoy.
2. Ov ydq z6 zB jryäyai zk zäy fk^ xcdäy äz$fAoy^ äiXa
v«i H. GiUifchewski. 621
liB^a cÄX^ cdvoiq dexo^kivm.
3. Ba$dsp^iy%$q jujv sv Yiyvokvz' otv SrÖQsg äjra&ot, ye-
viiksw^k di %o*av%Ok %d t' aiXn nqcetxoisy xaläg^ Sv^ de nSr
¥inmw tavg Ttolsfilovg,
4. Uahdaia giiv 0vv ifiqsi nal vlxifv, rlxfi d' ivlats apcai"
iwtftay.
5. Uatista fiiy oidentiftars ^fyaye KaSfuia, ytua^ di
cn^Q9ino&g noiXal i^ totavvat yeywijusi ts xal lifopTai.
6. AijiA df %ai ^^(Jki xov 6rr$ovy aya&oy aydqa fiiiXoyta
är«<r^* r&vvo avro ist naldwy €vMg fj^eXeräy dsty nai^oyta
f€ xai (fnavödCoyva iy %otg %ov nqaYfkaxog ixd^tokq nqotf-
jnavaty.
7. ndXat /€ avy^mq^aayißBy dg dya&äy fkiy oyrtay täy
dwafUymy &Q%ß$y wivAy^ tuczeiy di %äy /tMjf.
Dis 2. Bneh dftrfte aus mehreren GrOndeo för die Schule
Hiebt in Betraebt kommen. Es genügt, seine sprachliche Schwierig-
keit anzuführen: der Gewinn, den ihre Bewältigung bringen wflrde,
lohnt nicht die große Muhe, die man daran setzen müßte.
Um so mehr empfiehlt sich dafür das 3. Buch, die Betrach-
taog der Terschiedenen Staatsformen in ihrer geschichtlichen Ent-
wicklung zur Beantwortung der Frage, welche von ihnen am
besten die Eintracht zwischen Begierenden und Begierlen erhalte.
Wir haben da einen Abriß der Urgeschichte bis zur Dorischen
Wanderung, eine Geschichte des Dorisch- Peloponnesischen Drei-
staatenbundea und vornehmlich Spartas bis in die Perserkriege
hinein, endlich eine Erörterung über Athen und das Perserreich
ab die Baupttypen derjenigen beiden entgegengesetzten Staats-
formen, welche allen andern zugrunde liegen, der Monarchie und
der Demokratie in ihrer maßlosesten und &oJSersten Entwicklung.
Was das Interesse so ungemein belebt, ist, daß wir hier geschichts-
philosophische Studien haben, deren Art, Ursache und Wirkung,
Grund und Folge aufzuklären und daraus allgemeine Normen her-
zuleiten, in ihrer einfachen Größe nicht ohne Eindruck bleiben
kann und die zu einem Vergleich mit der Einleitung des Thuky-
dideisohen Werkes geradezu einladet. Hervorgehoben seien nur
zwei Stellen.
1. (697 BC) Jüyofisy toiyvy, oxy noXiy, tig Sotxs, x^y
niXlavacty aut^ifd-ai xe xal svSatfjkoyijcsty tig SvyecfAty äy-
^qmniyfiy dst xai ävayxaXov xi/idg xs xal äxifiiag dtayifjbsiP
oqd'mg. icxk di iQ&mg aqa x&fnwxaxa ßiy xal nq&ta xd
nsql x^y y^vx^y aya^d xeta&at, awifqoavytig vnaqxovaiig
orvT^, dsvxMqa di xd Tttql xo <s£[mx xaXd xal dyad'd, xal
xqima xd TtMql x^y ovcfiay xal xni*^^^ leyoftsya. xavxwy di
av Ixxog xtg ßaiyfi yof^o&ix^g ^ nok^g, sig xt^dg 17 x^i^/t^ara
noodyovffa ^ x$ xtoy icxiqmy stg x6 nq6cd'€v xifAatg xdxxovtfa,
9v^' ickoy ovxe nolUx^xiy äy dqtfi/ nqaypa.
622 PlatoDS „Gesetze'* io uDserer GyranasiallektHre,
Die 2. Stelle (700A— 701D) versucht den Nachweis zu fuhren,
daß der Verfall der athenischen Macht nicht zum wenigsten durch
den Niedergang der musischen Kunst verschuldet sei. Ke Kritik
dieser Stelle gibt zu den interessantesten Erörterungen Anlaß, die
in eine Prima, in der das griechische Drama doch eine hervor-
ragende Rolle spielt, ausgezeichnet hineinpassen, selbst wenn man
geneigt sein sollte, der Platonischen Auffassung hier nicht beizu-
pQichten; Hit Recht hat nämlich schon Steinhart bemerkt, daß
die Zeit des Perikles^) gerade die Zeit höchster Blute der musischen
Kunst gewesen sei und daß ihr späterer Verfall nicht die Ursache,
sondern wohl die Folge der politischen Maßlosigkeiten der Griechen
gewesen sei. Ebenso richtig aber hat er betont, daß unser Philo-
soph dadurch, daß er eine innige Wechselwirkung zwischen den
Zuständen der Kunst und des öffentlichen Lebens anerkennt, einen
tiefen Einblick in das wahre Wesen der Dinge gezeigt habe und
daß man sagen könne, er habe durch diese Verknüpfung des Zu-
sammengehörigen eine ganz neue Bahn für die Auffassung und
Behandlung der Geschichte gebrochen, welche von keinem Ge-
scbichtschreiber des Altertums weiter verfolgt und erst in der
neueren Zeit, besonders seit Herder, wieder aufgefunden sei.
Piatons Stellung zu den Dichtem seines Volkes bedarf in jedem
Falle einer Behandlung auf dem Gymnasium. Bausteine dazu
liefern ja auch die kleineren Dialoge.
För das 4. und 5. Buch gebe ich der Körze wegen nur die
alten Argumenta.
Lib. IV. Pergit in explicanda praefatione quam ad quinti dia-
logi paene medium persequitur. . Ut autero veram constanteroque
reipublicae inaglStP repraesentaret, de industria coloniam quandam
in agro Cretensi sibi proponit, ad quam legibus exornandam leges
eae, quae tradit, accommodari queant. In summa praefationis
illius, quam ab ipso disputationis initio instituit, illustria quae-
dam capita explicat in hoc dialogo: nimirum De situ civitatis
opportuno (maritimum autem non probat, ut commerciorum ver-
sutiis magis expositum): De quaerendanim sedum occasionibus;
De reipublicae forma et de Dei ac parentum cultu.
Tractat etiam praeclarissimos locos De legum vi et
auctoritate: De praefationum ante legitimam principemque
legum constitutionem necessitate et quibus illae regulis debeant
circumscribi.
Lib. V. Prima huius dialogi pars complectitur nonnuUa, quae
ad praefationem absolvendam restabant, et tractat pulcherrimuro
locum De vero animi cultu, id est, quanto studio et
labore versari debeat bonus civis in animo suo colendo,
et quinam sit verus et genuinus illius colendi modus:
>) Bekanntlich arteilt Platoo auch sonst (t. B. im Menon) angünstif
über Perikles and andere proße StaatamänDer, doe Athener. . .
voo H. Gillischewski. 623^
atqne adeo, quantum corpori, quantum pecuniae, et
iis Omnibus rebus exterois sit ab eo tribuendum. Ita'
Terum verae legum institutionis fundamentum substernit Plato.
Frustra enim leges instituerenlur, neque ullam efOcaciam ex-
sererent, nisi eius, cui ponuntur, animus recte prius
fuerit informatus, ut ipse sibi lex sit. (lüde ad ipsam
vefio&eaicev accedit, quae est horum duodecim libroruni altera pars.)
Die durch Sperrdruck bezeichneten Partien bieten wiederum
eine Fülle des Wissenswerten und Schönen, wie ich an ein paar
Textproben erläutern will.
1. (715 D) y ikiv ydq av aqxoiiBVoq if xai äxvfog vofAog,
(^OQay oQw rfl tokavtfi sroifhfjy oiicav iv ^ 6i av dstfnot^q '
%&v oQxovTiav, ol de aQxoyteq dovXot tov vofAOVf addXfjQiav
xat ndvd'* oüa x^sol noXsff^y iöotsav ayad'ä yij^yofieva
2. (715 E. f.) 6 fjtev d^ ^^og^ ätfncQ «al 6 naXaiog ioyog,
aUXijv TS xal teXevr^v xal f/kiaa i&v ovxwv andvtiüv Sxa^y,
ivd-aict nsQaivBi xata (pv(f$v ncQinoQsvofASVog' tm d* äcl
hy^nsta^ dlxi^ %äv änoXs^noikivanv tov d-eiov vofAOV tifjbtoQogj
^g 6 fkiy evSatfkOVijffeiv fA4XX(ay ixoasyog l^winsrai ranetyog
*at xenoafA^fkiyogj et di iig i^gd'eig vno (leyaXavxtccg ij XQ^-
(Kctsty irfatQOueyog ^ t$(Aatg ij xal (rdfifCcvog €VfAOQ(pi(x äfia
yeoTfftk xal ayoiq ipXfyeta$ tijy Hfvx^y f^ex^' vßQewg, (og ovt"
äqxoyrog wre vtyog ijyefjkayog oeöfAeyog, aXXd xai äXXo^g
Ixccyog &v ^yetif&ai^ xceraXeinetai eQ^giog ^eovj xa%aXei(pd-eig
ii xdi eti äXXovg toiovtovg nqo^Xaßdv dxhQtq Taqdttiay
ndy^' ofka^ xal noXXotg t^aiy eöo^ey elvai Tic, p>etd di XQ^^^^
ov noXvy vno<f%^v ttufaQiay ov ftefAnT^y if dixy eavvov te
ta\ ofxoy xal noXkV aqS^y aydaxatoy inoi^€fe.
3. (716 C) 0 d^ S'eog i^kZy ndvvfay XQ^f*^'^<i^^ [Ahgoy &v
aijf fkdXi<s%oij xal noXv (ifäXXoy ij nov rig, £g q^aüiy^ äy-
x^Qwnog.
4. (717 BC) inaxoXov&oX d' avrotg IdgviAata 16 ta na-
igtofoy d'eäy xatd yofAoy dQy$a^6[ß,eycc, yoyi(Ay di aerd tavia
tilkal ^myrcoy, otg &ifjttg iipsiXoyta dnoxive^y ta nqäid te
xal fkijrtcta 6(petXij(AaTa, XQ^^^ ndyzcoy nqsaßvxaxa^ yofAi^eiy
dif a xhn^xay xal £%£», ndvxa elyak tdoy yeyyti(fdyxcoy xal
d^Qetpafkiytay nqog to naqixeiy aixd etg vrtfjQetriay inetyoig
xatd dvyafnv ncusav^ aQXOfAeyoy ano xtjg ovffiagy öevxega xd
xov Cüigtatog, tqita td tijg tpvxfig^ dnotivovta daveiafß^ata
in^neXelag te xal vneqnovovvtfav wdiyag naXutdg inl yio^g
dayetc&Biaag, anodidoyta di naXaioXg iy t<S yi]Q(f atfodqa
texqfiikivoig xtX.
5. (726, 727 A) ndvttay ydq täy avtov xrij/ttctrwv [Aexd
^Bovg t/wx^ d-e^dtatoy, otxetotaxoy oy, xd d' avxov dtxxd
ndr^ icxl näifk, td fjbip avy xqeixxfo xal a^eivta deüno^oyxa^
xd d' ffxtm xal x^^^co dovXa, ra/i^ oiy avtov td deaito^oyta
624 Platoos ,,Gesetse<' io anierer Gymntsiallektüre,
asl nqo%iiMi%iov %Av dovX€v6v%iov* ovrm d^ tjy ctitöv if^tfX^^
fAswä ^€oifg ovxotg deffnotag nai toifg %9vto&g ^nofkivovg x^^a^
dsXv Xi^iAV devtiqav iq&äg n(KQaxeXsvoi/kaf*
6. (728 A) nag yaq o %' inl y^g xal vno y^g Xijvaig
oQBtfjg ovx äyraStog»
7. (729 BC) 6 3i ifi^nmv voiko&itfig %o%g nqeüßvtiqo^g av
(/i,äXlov TtaQaxeXevotto alffxvvs^d'cc^ vQvg viovg ica* n6t»f%mv
fAaXufva evlaßstif^atf i/bij no%i z^g avroy Xdfi %w vimv S xal
inaxov(ffi dq£v%a ^ Xiyovxd tk %äy , attfXfA^j »g onov ava^-
aXVPTOV(f& yiqovtsg^ avdyxfi xal viovg ivxavd'a ffvcu dvatÖB-
atdvovg' natdela yäq vicuv d^aq>iQovca iaz$v äfAcc nal aivw
ov %6 pov&steip, aXX' änsQ äv aklov vovd'Btw €ino$ %$gf
(paivBC'd'ai aivav dgäwa d&d ßlov.
8. (730 BC) di/i^d'€ka d^ ndy%wv pkip aya^äy ^soXg iy^tah
ndvxwv di äp&QüiTvotg' ^g 6 ycvijifea&af fkäXlmv fiaxaQiog %€
xal evdatikiov i\ ägx^g cndvg fk^oxog ^f , tya «c Txiejaxov
Xqorov dlnS'ijg wp d^aß^oT.
9. (731 A) fptXovekXfixm di ^fjttp nag nQog äfst^v
ätp&opwg.
10. (731 D — 732 A) ndpvwv di lUy^tov xaxAv ctp&Q»-
nofg xotg noXXoXg Biktpvxov iv %aXg tffvxatg iaxhf^ ov nag
savTw avyyywfAfiv sx^ov dnoipvy^v avdef/kiav f^ij^x^raira« * xovto
d' ifSviv o Xiyoviftv dg tptlog avtfi nag up&Qanog ^va$* %
hsxl xal OQd-iag Sxe^ xo dstv elpat xo$ovxov' x6 ii alij&Hq
y$ ndpxoav dfiaqxiifidxüip did ti^v dfodqa iavxov ipiliav cuxmv
ixdaxto yiyvsxa$ ixdtfxoxs. xvg>Xovxa& ydq nsql x6 q^^loti-
fuvoy 6 (ftXäVi ä<fx€ xd dixata xal xd dya&d xai %d xald
xax&g xqivsty xo avtoi nqo xov dlii&ovg del XkfA&v dsXv
^yovfjbsvog* ovxe ydq iavxov ovxb xd iavxov XQV '^^^ Y^ V^Y^
ävdga iaofj^evov axiqysiv^ dXXd xd dtxaia^ idv xs naq" avxA
idv xe naq' aiXm fAalXov nqaxxofieva xvyxdvfj, ix xavxov ii
diMcqxij(jbaxog xovxov xal xo x^v duaS-iav naq^ avxtS öoxbXp
oo(flav slvaf yiyovs näaiv.
11. (734 B) ^ ydq dt äf^ax^iav ij d»' axqdxetav ^ d»*
äiAg>dx€qa xov C(o<pqov€Xv ivde^g äv Cjl ^dg avd'qdntvog
oy^og.
Genug der Proben! Für den ganzen Anfang des 5. Buches,
• das nicht genug gerühmt werden kann, sei noch auf die zu-
sammenfassende Darstellung und Charakteristik von Steinhart
(S. 200 — 208) verwiesen, wo auch schon auf die fast christliche
Tiefe der Auffassung aufmerksam gemacht ist.
Ist nun, wie ich dargetan zu haben glaube, der Inhalt der
angegebenen Partien der N6fio$ lesenswert, so bedarf es noch
eines ganz kurzen Schlußwortes über die Form. Ihre Schwierig-
keiten zu leugnen, wäre unrecht. Zu ihrer Oberwindung mAßte
also durch einen Kommentar den Schulern Hilfe geboten werden.
Und hat 0. WeiBenfels das für Aristoteles, Epikur, Hark Aurel ii. a.
von H. Gillischewski. 625
zastande gebracht, so kann das auch für unser Buch, für das ja
nun auch C. Ritters Kommentar zur Verfügung steht, geleistet
werden. Wir wollen ja doch nicht den Sdhülern alles Schwere
aus dem Wege räumen, sondern sie lehren, durch eigene Arbeit
eigenen Gewinn schaffen. Hier ist die Arbeit wohl nicht leicht,
aber der Gewinn ist desto schöner.
Übrigens habe ich bei der Beschäftigung mit den Gesetzen
wieder recbt deutlich gesehen, wie wenig die Obersetzungen das
Original ersetzen können und wie wenig einer davon haben würde,
der nur die Obersetzung lesen wollte.
Blit gutem Recht hat C. Ritter auf eine neue Obersetzung
des Werkes verzichtet und eine „Darstellung des Inhalts*^gegeben.
Sie wird jeder mit Nutzen lesen und dabei erkennen, dafi sie
gewifi als höchstes Ziel vor Augen gehabt hat, jeden, der irgend
dazu fähig ist, auf die Lektüre des Originals hinzuweisen. Möchten
das nicht zu wenige sein!
Berlin. H. Gillischewski.
Le IV Congris International pour TEnfance
aura lieu k Berlin
du 30 Septembre au 4 Octobre 1907.
Zil*Mk& t a. ejBllMklwtMa. LXt 8. 9. 40
ZWEITE ABTEILUNG.
UTERARISCHE BERICHTE.
Otto Pfleiderer, Die Eot8tehaa{; des ChristentamB. Zweit«, ao-
veräiiderte Auflage. Münchea 1907, J. F. LehntODS Verlag. VI n.
255 S. gr. 8. 4 JL, geb. 6 Jt, -
Das Buch ist aus öffentlichen Vorträgen entstanden, die der
gelehrte Verfasser vor Studierenden aller Fakultäten, yieien älteren
Gastzuhörem, Herren und Damen, an der Berliner Universität ge-
halten hat: die reife Frucht eines mehr als vierzigjährigen Studiums,
den Lesern zum Nachdenken und Nachprüfen geboten. Der
Standpunkt, von dem aus die Entstehung des Christentums be-
schrieben wird, ist der rein geschichtliche. Daher ist das
Buch nicht für solche, die sich in ihrem überkommenen Glauben
befriedigt fühlen; sie könnten dadurch leicht in ihren Gefühlen
verletzt und in ihrer Oberzeugung irregemacht werden. Den
Suchenden will es vielmehr entgegenkommen. In allen Ständen
und Kreisen, so heiBt es im Vorwort, gibt es Männer und Frauen
genug, die dem überlieferten kirchlichen Glauben völlig entwachsen
sind und das dringende Verlangen haben zu erfahren, wie vom
Standpunkt der heutigen Wissenschaft aus über die Entstehung
dieses Glaubens und das Vergängliche und Bleibende an ihm zu
denken sei. Der Verf. sieht voraus, daß die Wissenschaft, wie
sie in stetem Fortschreiten begriffen ist, so auch über die von
ihm gebotene Stufe der Erkenntnis wieder hinauschreiten wird,
ja daß, nach allen bisherigen Erfahrungen und nach manchen
Anzeichen der Gegenwart zu vermuten, der Fortgang der Er-
kenntnis sich nicht sowohl in der Annäherung an die alte Über*
lieferung, als vielmehr in noch weiterer Entfernung von ihr be-
wegen dürfte. — Die ersten Versuche einer geschichtlichen Auf-
fassung der Entstehung des Christentums ging von den englischen
Freidenkern oder Deisten aus, sie fanden in Frankreich und in
Deutschland ihre Weiterbildung in der Aufklärung oder dem
Rationalismus. Die Befreiung von den engen Schranken
dieser Geschichtsbehandlung kam dann von zwei Seiten: von
dem tieferen psychologischen Verständnis der Religion und von
0. Pfleiderer, Die Entsteh^, d. Christeot. angez. v« A. Jonas. g27
der schärferen Kritik der Geschichtsquellen. Zu der ersten
Richtung, der romantischen, gab Herder den AnstoB; ihr größter
Vertreter wurde Schleiermacher und nach ihm Ritschi. Aber bei
allem Bemühen dieser Männer, das Prinzip der wahren Geschichts-
forschung, den steten Kausalzusammenhang des Geschehenen, fest-
zuhalten, — ohne die romantische Vergötterung des Menschen
Jesus, ohne die Voranstellung eines „Übermenschen*' und
Wunderwesens am Eingang der Geschichte des Christentums
meinten sie dies nicht zu können. Ihr Bestreben, das eigene
Ideal in die evangelische Geschichte hineinzudeuten und die
charakteristischen Zuge derselben so zu übermalen, daB sie mit
dem Christusideal der Gegenwart sich zu decken schienen, —
dieses überall mehr oder weniger ersichtliche Bestreben war für
die unbefangene Forschung der Entstehung des Christentums sehr
hinderlich. — Der romantischen Illusion gab einen schweren Stoß
David Strauß und in seinem Sinne weiter arbeitend Bruno Bauer
und andere. Ihnen drängte sich die Überzeugung auf, daß die
Entstehung des Christentums nicht als die bloße Wirkung der
einen Person Jesu zu begreifen sei, sondern daß es das Erzeugnis
einer gewaltigen und vielseitigen Entwickelung der antiken Welt
gewesen ist. Aber sie schössen über das Ziel hinaus, indem sie
meinten, ohne einen geschichtlichen Jesus aus den bloßen Massen-
iostinkten und Massentendenzen die Entstehung des Christentums
erklären zu können. Die richtige Mitte zwischen dem Romanti-
zismus der einen und dem sozialen Evolutionismus der anderen
hat F. Ch. Baur gewiesen. Nach ihm ist die Entstehung des
Christentums als ein Entwickelungsprozeß zu denken, in dem
außer dem Lebenswerk Jesu noch manche andere Faktoren mit-
wirkten, deren Verbindung und innere Ausgleichung miteinander
nicht ohne Kämpfe sich vollziehen konnte. So wurden für Baur
die neutestamentlichen Schriften aus Orakeln der apostolischen
Inspiration, was sie für den christlichen Glauben sind, zu Zeug»
nissen von dem natürlichen Werden und Wachsen der christlichen
Religion und der Kirche.
Dies gilt noch jetzt; nur dann läßt sich die Entstehung des
Christentums wirklich geschichtlich verstehen, wenn nicht mehr
das Dogma 'die Geschichte beherrscht, sondern diese Geschichte
nach denselben Grundsätzen und Methoden wie jede andere er-
forscht wird.
Verf. scheidet das Buch in zwei Teile, 1. Vorbereitung und
Grundlegung des Christentums, II. die Entwickelung des Ur-
christentums zur Kirche. Im ersten Teil behandelt er die Vor-
bereitung des Christentums in der griechischen Philosophie, in
der Philosophie Philons, im Judentum; dann folgt das Leben Jesu
und die Messiasgemeinde. Im zweiten Teile : der Apostel Paulus,
die drei älteren Evangelien, die gnostische Bewegung, das Evan-
gelium Johannis, die Gründung der kirchlichen Autorität.
40*
628 0. PfUiderer, Die fiotstehaog des Cbristeotamfl,
Alle, denen es bei ihren sonstigen Beschäftigungen nicht
möglich ist, das grundlegende Werk des Verfassers: „Das Ur-
christentum, seine Schriften und Lehren, 2. Aufl. 1902** durch-
zuarbeiten, kann ich nur dringend bitten, einige Stunden diesem
Buche zu widmen, sie werden sich dadurch Klarheit und Einsicht
in die Fragen verschaffen, die unsere Zeit mächtig bewegen; sie
werden merken, daB ein tief ernster Forscher zu ihnen redet,
dem die Ergründung geschichtlicher Wahrheit am Herzen liegt,
und dem es gegeben ist, das, was er gefunden, in der an-
sprechendsten Form zur Darstellung zu bringen. Auch die, welche
geflissentlich die religiösen Untersuchungen meiden, mögen hier
einmal den Anfang machen, ob sie nicht doch unrecht getan,
wenn sie sich bisher von dem, was unser Volk immer noch tief
erregt und jeden einzelnen früher oder später zur Stellungnahme
drängt, ferngehalten haben. Sie werden staunen über die Er-
leuchtung, die ihnen hier wird. Wie, wenn sie lesen, daß Piaton
den Grund, der den Urheber des Alls zur Schöpfung der Welt
bewogen, in seiner Güte siebt; weil er gut, also frei von Neid
ist, so wollte er, daB alles ihm selbst so ähnlich als möglich
werde. Daher schuf er die Welt als Abbild seiner selbst, als das
schönste, vollkommenste Geschöpf, seinen eingeborenen
Sohn, der selbst ein sichtbarer Gott ist. Wenn sie weiter die
ethischen Gedanken Piatons lesen: Wir sollen Menschlich-
keit Oben gegen alle, im Sklaven die gottverwandte Seele
achten und im Fremden die Mitbörger des großen Vater-
landes, das die Welt umfaßt, denn im Königreich Gottes sind
wir geboren ; ihm zu gehorchen ist Freiheit. — Dem Philosophen
Philon ist der Begriff des Logos der Angelpunkt seines Systems;
er heißt Gottes eingeborener Sohn> er ist der. Hohe-
priester und Anwalt (Paraklet) der Menschen vor Gott und
teilt sich als das wahrhafte Brot vom Himmel den frommen
Seelen mit. — Nach diesen Vorbereitungen folgt die Lebens-
geschichte Jesu. Mit Ausschluß alles Wunderbaren, alles dessen,
was die fromme Phantasie künstlich hineingetragen, alles Tenden-
ziösen und der späteren Glaubensöberzeugung der Gemeinde Ent-
nommenen entrollt Verf. das Bild getreu der Au^abe, die sich
der ernste Historiker stellt. Da heißt es zum Schluß: Die ge-
schichtliche Grundlage des Auferstehungsglaubens inden wir also
in den von einzelnen ausgegangenen und bald alle überzeugenden
ekstatisch- visionären Erlebnissen, in denen sie ihren gekreuzigten
Meister zu schauen glaubten. Die in der Wunderwelt heimische
Phantasie wob das Gewand für das, was die Seele erfüllte. Die
treibende Kraft der Auferstehung Jesu in ihrem Glauben war also
im Grunde nichts anderes als der unauslöschliche Eindruck, den
sie von seiner Person bekommen hatten. Dieses Wunder der
Liebe, nicht ein Allmachtswunder war der Grund des Auferstehungs-
glaubens der Urgemeinde. — Auf die Schilderung der Messias-
tDgex. von A. Jonas. 629
gemeinde USt Verf. das Leben des Apostels Paulus folgen. In
Tarsus halte dieser Mann, schon ehe er etwas von Jesu ?er-
DODimeD, unter dem Einfluß der griechischen Philosophie und
der Mithrasreligion die Ideen aufgenommen, die er später in sein
Erangelium verflocht Die Vorstellungen von der Wiedergeburt,
TOD der Taufe als einer Gemeinschaft des Todes und der Auf-
erstehung Christi weisen dorthin; gehörte doch auch zu den
Mithrassakramenten das heilige Mahl, bei dem das geweihte Brot
uod der Kelch als mystische Symbole zur Mitteilung des göttlichen
Lebens an die Gläubigen dienten. Der Pauiinische Ausdruck vom
.^Anziehen des Heilandes'' geht auf den Hithrasdienst zurück. Weil
Paulus es später verstanden hat, durch die schöpferische Kraft
and Originalität seines religiösen Genius alle Elemente einer
chaotisch gärenden Zeit, die Mysteriensprache orientalischer Kulte,
die Weisbeitslehre der griechischen Popularphilosophen, die Le-
geoden und die apokalyptischen Bilder des jüdischen Pietismus
dem einen neuen Geist der Christusreligion zu unterwerfen und
zu GefaBen und Symbolen der christlichen Idee zu gestalten, ist
er der eigentliche Gruoder der christlichen Kirche geworden; er
hat die jüdisch-christliche Urgemeinde vom mosaischen Gesetz
befreit, sie den Heiden zugänglich gemacht und zur Weltreligion
erhoben; mit seinem Evangelium entwichen in der Heidenwelt
die Geister der Dämonen, die orgiastische Wildheit, die natura*
listiscbe Unzucht, der blinde Aberglauben vor dem Geiste des
Herrn, der Freiheit ist und Liebe.
Es folgt die Besprechung der christlichen Literatur in der
Reihenfolge, die sich durch die neuere Kritik als die zuverlässigste
ergeben hat, Markus, Lukas, Matthäus, und nach einer besonderen
Würdigung der gnostischen Bewegung, die sich als das wirksamste
Ferment der Entwickelung des Christentums und seiner Ausge-
staltung zur Weltreligion erwiesen hat, die Betrachtung über das
Johannesevangelium, das die beiden in der damaligen Christenheit
nebeneinander stehenden Auflassungen der Person des Erlösers,
die idealistisch-gnostische, die von oben, dem göttlichen Wesen
ausging, und die realistisch-geschichtliche, die vom Menschen der
evangelischen Oberlieferung ausging, zur inneren Einheit der
Glaubensanschauung vom Gott-Menschen zusammenfafite. Die
paulinisch-gnostische Christusidee mit dem geschichtlichen Christus-
bild der Urgemeinde zu vermitteln war die Aufgabe, die sich der
vierte Evangelist gesetzt hat. Wie dann auf Grund der Auf-
stellung einer Sammlung der urchristlichen Schriften von nor-
mativer Dignität die Kirche der zuchtlosen Willkür phantastischer
Einfälle nnd enthusiastischer Eingebungen eine Schranke gesetzt
hat, aber zugleich diese Schriften zu übernatürlich inspirierten
Orakeln erhob und damit das verständige Denken unter das Joch
eines geheiligten Buchstabens zwängte, entwickelt Verf. im letzten
Abschnitt seines lehrreichen bedeutenden Baches.
ß30 B- ^^■''^'■>®i*^^''*> 20tasgew. PstlmeB, agz. v. K. Boetticher.
Noch einmal sei dies Werk allen Kollegen bestens empfohlen.
Papier und Druck gefallen sehr.
Stettin. Anton Jonas.
1) E. Werkmeister, Zwaazig aossewahlte Psalmeo. Präpa-
rationeo. Nach neueren GrandsSUen methodisch bearbeitet. Berlin
1907, Verlas von W. Praasaitz. 6 a. 128 S. 8. geb. 1,80 JC.
Jede Schrift, deren Verfasser es glückt, die religiösen Gedanken
des Alten Testamentes nicht nur glöcklich herauszuheben, sondern
auch ihren Lesern lebendig zu machen, ist dankbar zu begrüfien.
Eine solche ist Werkmeisters Psalmenpräparation.
Der Verf. geht von dem richtigen Grundsatz aus, daß ein Psalm
verstanden wird und Leben erhält, wenn er die den Kindern
abstrakt erscheinende oder doch ferner liegende Gedankenwelt mit
einem historischen Hintergrund zu verseben sucht. Steht auch
dieser beiden Psalmen nicht immer zweifellos fest, so erreicht er
doch, daß die Schüler sofort in die Grundstimmung des Ge-
dichtes versetzt werden und vieles Farbe erhält, was auf den
ersten Blick blaß und gegenstandslos erscheint. Hierzu tritt als
zweiter Grundsatz, zur Erklärung des Gedichtes den Erfahrungs-
kreis des Schülers heranzuziehen. Daß der Verf. dabei nicht in
Abgeschmacktheiten verfallen ist, sondern mit großer Wärme,
Natürlichkeit und Vielseitigkeit Verstand und Gemüt der Schäler
zu fesseln versteht, ist ihm besonders hoch anzurechnen und zeugt
von einer reichen und glücklichen Unterrichtserfahrung.
Aus dem Zweck des Buches wird man es auch verstehen,
daß der Verf. in der Behandlung der einzelnen Psalmen die so-
genannten Formalstufen zugrunde gelegt hat. Denn man er-
reicht bei Schülern unschwer die geordnete und erfolgreiche Er-
klärung eines Gedichtes, wenn man sich den Stoff zurechtlegt
nach den Gesichtspunkten der Vorbereitung, Darbietung, Ver-
knüpfung, Zusammenfassung und Anwendung. In dem vor-
liegenden Buche erleben wir jedesmal eine Unterrichtsstunde des
Verf., aus der man mit Befriedigung hinausgeht.
Behandelt sind die Psalmen 90, 8, 19, 23, 24, 1, 14, 2,
51, 6, 103, 46, 42, 43, 121, 122, 126, 130, 91, 100. Der
geistige Standpunkt, der bei den Schülern vorausgesetzt wird,
entspricht etwa dem der U lil, wo ja auf den höheren Lehr-
anstalten die Psalmen zur Behandlung kommen.
2)JohanDe8 Westphal, Das evaagelische Kirchealied
nach seiner s^schichtUchen Entwiekeloog. Zweite
Aoflaf^e. Leipzig 1906, Verlag der Dörrseheo ßaehhaadluag. XVII
Q. 221 S. 8. 3,20 JC.
Der Verf glaubt, das evangelische Kirchenlied könne in der
ausgedehnten Weise, welche die oben angefahrte Seitenzahl ahnen
J. Westphtl, Dti evtDg. Kireheolied« agz. v. K. Boetticher. 631
läfit, irgendwo im Unterricht an Lehrer- oder Schulerbildongsanstalten
behandelt werden. Zwar beförchtet er selbst auf S. VI, daB auch
im Lehrerseminar, för das er das Buch in erster Linie bestimmt
bat, die yerfögbare Zeit nicht ausreichen werde, und stellt anbeim,
beim Unterricht eine Auswahl zu treffen oder den einen und den
anderen Abschnitt der Pri?atlektQre zuzuweisen; aber die Art und
Weise, wie er den Stoff behandelt hat, und die Aufgaben, die er im
Anschluß an die Darlegung unter dem Text und am Schluß in einer
kleinen Sammlung den Schülern stellt, wurden den Lehrer un-
weigerlich zwingen, dem gesamten Gedankengang des Verfassers
eindringlich zu folgen. In den Seminarien muß wohl bis zum
Jahre 1901 in dieser Weise verfahren, d. h. des Guten weit über
das Ersprießliche hinaus zu viel getan sein; denn die neuen
preußischen Lehrpläne für Lehrerbildungsanstalten vom Jahre
1901 setzten diesem Unterrichtsverfahren ein Ziel, indem sie dem
Kirchenlied im preußischen Seminar überhaupt keinen Raum
mehr gönnten. Ich muß sagen: mit Recht, wenn in den Semi-
narien so ausgedehnte und eingehende Kenntnisse gelehrt wurden,
wie in dem vortiegenden Buche! Man hat wieder einmal den
Eindruck, daß den Seminaristen viel zu viel zugemutet wird;
statt einfach und schlicht in großen Umrissen die Entwickelung
des Kirchenliedes vorzufuhren, wird der ganze Apparat der profan-
geschichtlichen, kirchengeschichtlichen und literarischen Verhält-
nisse in Bewegung gesetzt, wie er wohl bei einer Universitäts-
vorlesung, nicht aber im Seminar am Platze ist, wo die Schüler
erst in jene Verhältnisse eingeführt werden sollen. Das Kirchen-
lied aber zu benutzen, um Profan-, Kirchen- und Literaturge-
schichte zu lernen, würde ich für ein verfehltes Unternehmen
halten.
Mit der oben erwähnten Bestimmung der preußischen Lehr-
pläne für Lehrerbildungsanstalten, die übrigens just in dem Jahre
erschienen, als das Buch in seiner ersten Auflage veröffentlicht
wurde, wäre nun eigentlich über die Verwendbarkeit des Buches
der Stab gebrochen. Trotzdem ist eine zweite Auflage nötig ge-
worden. „Das Buch hat seinen Weg in der evangelischen Christen-
heit offen gefunden, nicht bloß in Schulen innerhalb und außer-
halb Preußens, sondern auch in den Häusern meiner ehemaligen
Amtsbrüder, in den Familien kirchlich angeregter Kreise und in
der Studierstube von Lehrern und Kandidaten des Predigt- und
Schulamts'*. (S. VII.) Ob es nun doch als Unterrichtsbuch in
Schulen gebraucht wird, ist nicht deutlich ; daß es aber außerhalb
der Schalen an den genannten Stellen ein sehr willkommenes
Buch ist, ist mir nicht im geringsten zweifelhaft.
Es zeichnet sich aus durch Vollständigkeit des Stoffes, durch
klare geschichtUche Anordnung, durch eingehende Würdigung der
Zeitverbältnisse, die auf das Kirchenlied von Einfluß gewesen
sind, durch zuverlässige, oft in erfreulicher Reichhaltigkeit ge-
g32 G- RothsteiD, Unterr. i. Alten TestAment, agx. v. R. Niemann.
machte Angaben Ober die LebensyerhältnUse der Dichter, yor allem
aber durch eine gute Charakterisierung und Gruppierung der
Lieder selbst, unter denen wohl kaum eins fehlt, worüber man
Aufschluß zu erhalten berechtigt ist
In einem Anhang gibt der Verf. Inhaltsübersichten der be-
kanntesten Lieder nebst einigen Liederproben aus der Yorrefor-
matorischen Zeit. Er behandelt im ganzen 78 Lieder nach den
Gesichtspunkten : 1 . biblische Grundlage, 2. Gedankengang, 3. Ge>
schichte und Charakter der Singweise, unter denen Nr. 2 jedesmal
ein minutiös ausgeführtes Dispositionsschema enthält. Auch hier
habe ich wieder den Eindruck, daB das Buch sich für die Hand
des Lehrers, weniger für die des Schulers eignet. Lyrische, be-
sonders religiöse Dichtungen in dieser Weise zu zerpflücken, ver-
dirbt den Geschmack an ihnen; es kommt darauf an, daB der
Schüler den Hauptgedanken und die Stimmung erfaßt und fest-
hält Auch ist es pädagogisch richtig, daB der Schüler unter
der Leitung des Lehrers den Gedankengang erarbeitet, nicht ihn
im Buche bis ins kleinste gedruckt vorfindet
Um nun dieser Zeitschrift entsprechend die Brauchbarkeit
des Buches für die höheren Lehranstalten zu bezeichnen, so
empfehle ich es den Kollegen, die in den oberen Klassen, vor
allem in der I den kirchengeschichtlichen Unterricht geben. Für
0 III paBt es nicht, wie überhaupt dort die . Behandlung des
Kirchenliedes nach meiner Ansicht nur wenig förderlich ist. Aber
in I am Schlüsse des Kirchengeschichtspensums die ganze Kirchen-
geschichte noch einmal unter dem Gesichtspunkt der Entwickelung
des Kirchenliedes zu wiederholen, ist für die Schüler und den
Lehrer interessant und lohnend; hierfür gibt das Buch Material
und Form in vortrefflicher Weise dem Lehrer an die Hand.
Waidenburg i. Schles. Karl Boetticher.
Gustav Rothstein, Unterricht im Alten Testament. Hülfs- vnd
Qnellenbuch für höhere Schulen und Lehrerbildungsanstalten, zngleieh
für suchende Freunde der Religion Israels und ihrer Geschiohte. In
Verbindung mit D. theoL Rothstein verfaßt und beransgegeben von
Dr. G. Rothstein. 2 Teile. Halle 1907, Buchhandlung des Waisenbaoses.
Teil I: Hülfsbuch. X u. 230 S. gr. 8. 2,40 M> — Teil H: Quellen-
buch. XII u. 216 S. gr. 8. 2,60 M>
Die Zeit, wo im Schulunterricht „Einleitung in die Schriften
des Alten und Neuen Testaments'* als eine Art Literaturgeschichte
getrieben wurde, ist endgültig vorbei; wirkliche Einführung in die
Bibel durch Lektüre und Erklärung derselben ist allgemein ge*
worden. Die Hilfsmittel dafür haben sich gemehrt, aber bis jetzt
doch mehr für das Gebiet des neutestamentllchen Unterrichts als
für den alttestamentlichen. Hier liegt nun ein Werk vor, das die
bisherige Lücke in der Unterricbtsliteratur recht glücklich ergänzt.
tDgez. voD R. NiemaoD. 633
welches aber über dieses nächste Ziel hinaus noch dem Lehrer
vieles bietet, auch dem älteren, der sich nicht durch das Studium
der Einzelwerke in dem weitschichtigen Wissensgebiete selbst auf
dem laufenden halten kann.
Beide oben genannten Bücher tragen wissenschaftlichen Cha-
rakter. Das „Hölfsbuch** legt den Wissensstoff dar, wie ihn die
vereinigte Arbeit der historischen und literarischen kritischen
Forschung und der biblischen Theologie herausgestellt hat, geordnet
nach großen Gesichtspunkten, die dem Entwicklungsgange der
israelitischen Religion folgen. Der Verfasser beschränkt sich nicht
auf das, was in den Unterrichtsstunden durchgenommen werden
fflofi, redet auch nicht die Sprache eines Leitfadens, er hält sich
mehr akademisch als pädagogisch, — er will eben vor allem, wie
er es im Vorwort ausspricht, „denen, die mit Schulern über das
Alte Testament reden sollen, ohne selbst Fachleute zu sein, Hand-
langerdienste tun*'; — aber in einem „zur Einführung** Yorauf-
geschickten Aufsatze „Über den Gang des Unterrichts im A. T.
aaf höheren Lehranstalten** gibt er an, wie er sein Buch für den
Unterricht in den Klassen yon Tertia bis Prima ausgenützt zu
sehen wünscht. Das „Quellenbuch** dient dem Hilfsbuch zur wesent-
lichen Unterstützung. Für die Ausführungen des letzteren bringt
es die quellenmäßigen Belege in deutscher Übersetzung, und zwar
nicht bloß biblische Stücke, sondern, was yielen Lesern besonders
erwünscht sein wird, auch außerbiblische und nichtisraelitische,
die geeignet sind, ,,über Wesen und Wert der Religion Israels
gerade im Vergleich mit der Religion verwandter, kulturell hoch-
stehender Völker** aufzuklären, — insbesondere Stücke aus den
netterschlossenen morgenländischen Inschriften und Literalurresten,
von Hammurabis Gesetzbuch, babylonischen Beschwörungstexten
und einem Abschnitt aus dem ägyptischen Totenbuch bis zu den
Psalmen des Salomo, Henoch und Josephus. Alle mitgeteilten
Quellen, die biblischen wie die außerbiblischen, sind reichlich und
gründlich im einzelnen kommentiert Die Übersetzung aus der
Bibel ist fast durchweg auch gegenüber Kautzsch selbständig und
sehr geschickt. Angeordnet sind die Stücke nach sachlichen, dem
Stoffe entnommenen Gesichtspunkten; sie begleiten im allgemeinen
die Darlegungen des Hilfsbuchs, die volksgeschichtlichen Abschnitte
desselben ausgenommen, die dort nicht entbehrlich waren, deren
biblische Quellen aber nicht ohne allzu starke Vergrößerung des
Buches beigegeben werden konnten. Allerdings hätte der Paralle*
lismus beider Bücher in der Gliederung wohl noch vollständiger
zum Ausdruck gebracht werden können.
Weit mehr Raum, als gewöhnlich geschieht, widmet der Ver-
fasser in beiden Büchern dem religiösen Denken und Leben des
nachexilischen Israels. Der Grund ist teils, daß die neuere Kritik
einen größeren Teil der alttestamentlichen Schriften, Ordnungen
und Gedanken der späteren Zeit zuweist, teils die Erwägung, daß
634 Schuster a. Holztrameri Hdb. z. Bibl. Gesch.,agz. v. H. Hoffmtoii.
die „nachexilische Frömmigkeit wesentlich den Boden zur Auf-
nahme des Christentums bereitet hat" und „die Entstehung des
Christentums aus den Zeitströmungen, wie sie in der nachexili-
schen Zeit herrschend wurden, nicht losgelöst werden kann".
Eine bemerkenswerte Eigentümlichkeit hat das Quellenbuch femer
in der Übertragung der poetischen Stucke. Der Verfasser teilt
die Meinung neuerer Forscher, nach welcher auch in der hebi^äi-
sehen Dichtung nicht bloß der bekannte Rhythmus der Sätze, der
Parallelismus membrorum, sondern ein Silbenrhythmus geherrscht
hat und nur (ebenso wie die strophische Gliederung) durch Will-
kur und Unkenntnis der Späteren aufs äußerste verdunkelt worden
ist. Er sucht die vermeintliche ursprüngliche rhythmische Gestalt
in der Übersetzung zu rekonstruieren, kommt auch zu recht an-
sprechenden Resultaten, — ob er aber selbst dabei dem Vorwurf
der Willkur entgeht, ist wohl fraglich. — Der auf dem Titel mit-
genannte D. theol. Rotbstein hat dem Verfasser, seinem Bruder,
mit Rat und Mitarbeit zur Seite gestanden, wie dieser im Vorwort
des Quellenbuches erklärt, und hat mehrere Abschnitte unmittelbar
beigesteuert. — Drei Anhänge des Hilfsbuchs bieten erstens eine
kurze Tabelle Ober den Gang der israelitischen Literatur bis zur
Zusammenfassung des Kanons, zweitens eine kurze Darstellung
der Geographie Palästinas, drittens die Maße und Gewichte, das
Geldwesen und die Zeitrechnung Alt-Israels.
Beide Bucher sind ein Studienmitte], dem man bei seiner
Gründlichkeit, Unbefangenheit, Klarheit und religiösen Wärme
ohne Bedenken weiteste Verbreitung wünschen kann, auch außer-
halb des Kreises, den der Verfasser, wie erwähnt, zuvörderst im
Auge gehabt hat
Waren (Mecklenburg). R. Niemann.
1) J. Schuster uod J. B. Holzammer, HaDdboch zur Bibliechen Ge-
schichte. Für den Unterricht in Kirche und Schule, sowie zur
SelbstbelehroD^. Sechste, völlig oeubetrbeitete Auflaire voo Joseph
Selbst und Jakob Schäfer. Freibarg 1906, Herder. Baad II:
Das Neue Testameut Bearbeitet voo Jakob Schäfer. Mit 101 Bildern
uDd 3 Karteo. XX u. 788 S. gr. 8. 11 ^, geb. in Halbfranz
13,50^.
Hit diesem Schlußband liegt das ganze Handbuch in seiner
sechsten Auflage abgeschlossen vor. Bei der fünften Auflage hatte
Holzammer das Alte und Neue Testament noch allein behandelt.
Bei der neuen Auflage ist mit Recht eine Teilung der Arbeit
zwischen einem Fachmann der alltestamentlichen Exegese und
der neutestamentlichen eingetreten. Schäfer hat durch eine Reihe
wissenschaftlicher Monographien seine Befähigung erbracht für die
Aufgabe, das Handbuch zum Neuen Testament agf den Stand der
Forschung, der in den 15 Jahren seit dem Erscheinen der fünften
Auflage erreicht wurde, zu bringen. Es ist so ziemlich alles
R«osehen o. Gtpitain«, Lehrb. d. k. Reli^., agz. v. U.HoffmaDo. 635
Material aus Kritik und Exegese, aus Geographie und Topographie,
aus Archäologie und Chronologie zusammengetragen, was der
Religionslehrer an höheren Schulen in den drei Stufen des Religions*
Unterrichtes brauchen kann. Freilich, die neuesten Untersuchungen,
die eine fortschrittliche Kritik und Exegese, namentlich in Frank-
reich, anch auf katholischer Seite anstellt, sind nicht beräck-
sichtigt worden, schon aus dem Grunde nicht, weil sie för den
Unterricht nicht in Betracht kommen. Die Arbeit des Neuheraus-
gebers zeigt sich fast auf jeder Seite ; ganze Abschnitte sind nen-
hinzugekommen, von den alten hat jeder Verbesserungen und
Erweiterungen erfahren. Ein Vergleich dieser mit der letzten von
Holzammer besorgten Ausgabe berechtigt fast von einem neuen
Werk zu reden. — Stellenweise nimmt die Sprache einen etwas
stark erbaalichen Charakter an. Verfasser tritt ffir die Nordgalatien-
theorie ein und för die dreijährige Wirksamkeit Jesu. Nicht voll-
befriedigt hat mich die Behandlung der Perikopen von der Hoch-
zeit zu Kana (Meine Stunde ist noch nicht gekommen), vom un-
gerechten Verwalter, von der Teufelaustreibung im Lande der
Gerasener, von der Weissagung vom Weltende (dies Geschlecht
wird nicht vergehen . . .). Die Erwähnung vom Schicksal der
Leiber der Magier und des hl. Hauses von Nazareth (Loreto) hätte
mit schärferer Betonung des unhistorischen Charakters der Legenden
verbunden sein können. — Diese wenigen Bemerkungen heben
aber nicht im mindesten mein Urteil Ober den neutestamentlichen
Teil des Handbuches auf, der dahin geht, daß uns Religionslehrern
hier zur Erklärung des Neuen Testamentes die bequemste und
reichste Quelle fließt, aus der man fast in allen einschlägigen
Fragen zuverlässigen Aufschluß schöpfen kann.
2) G. Raagehen und W. Capittine, Lehrbach der katholischen
Religion für die oberen Klassen höherer Lehranstalten.
Teil I: Kirchengeschichte von Gerhard Rauschen. Bonn 1906, Peter
Hanstein. VII n. 137 S. 8. geb. 1,90 Jt*
Die Lehrbuchnot an höheren Schulen ist groß, uod wenn
eben erst über eine Neuauflage eines weitverbreiteten Religions-
lehrbuchs för die Oberstufe der höheren Schulen geurteilt wurde,
daß es eine relativ ideale Vollkommenheit erlangt habe, so läßt
schon der Umstand, daß dieses klangvolle Urteil an zwei Stellen
zu lesen war, darauf schließen, daß es wohl einem Waschzettel
entstammt und nicht der prüfenden Praxis. Einem neuen Unter-
richtawerk ist die Berechtigung ohne weiteres zuzuschreiben.
Gerhard Rauschen, der von dem neuen Werke die Kirchengeschichte
bearbeitet hat, ist Gymnasialreligionslehrer und Professor der
Kirchengeschichte an der Universität Bonn. Kein Wunder, wenn
peinlichste Genauigkeit und Zuverlässigkeit ein Hauptvorzug des
Lehrbudies sind. Die Fülle des Stoffes ist Oberraschend, die Dar-
stellung erfolgt so weit als möglich in der Form von Gharakter-
bildem. Das christliche Altertum ist besonders liebevoll behandelt;
636 Schiller, Doo Carlos, higb. v. F. Khull, tngez. v. B. Arnold.
das liegt Dicht etwa (nur) daran, daß dieses das Hauptarbeitsfeld
des Verfassers ist, sondern an der Bedeutung dieser Zeit für die
gesamte kirchliche Entwicklung und an der Anziehungskraft dieser
klassischen Zeit der Kirche auf die Jugend. Einzelne Teile sind
geradezu vorzuglich gelungen, ich nenne Innozenz HL, Bonifaz VIH.,
Luther.
Der Stoff ist so reich, daB er um eine Fülle von Einzelheiten
gekürzt werden dürfte. Ich halte z. B. für entbehrlich § 10.
§ 11, 4. 5. § 14,3. Anmerkung. § 36. § 50,3. Die fremdsprach-
lichen Zitate müssen durchweg auch in Obersetzung mitgeteilt
werden. Die Literaturangaben, die sich allenthalben Bnden, haben
im Kolleg Berechtigung, nicht aber im Schulbuch. Die Abhandlung
über Johannes Nepomuk ist ein erratischer Block aus den Papieren
eines Universitätsprofessors. Zudem ist die Nepomukfrage jetzt
dahin entschieden, dafi Nepomuks Tod mit dem ßeichtsiegei nichts
zu tun hat (vgl. A. Nürnberger im 82. Jahresbericht d. Schles. Ges.
f. vaterl. Kultur. Breslau 1905). Die Didache ist 1883 entdeckt
Bonifatius heißt ursprünglich Vynfretb.
Wir wünschen dem Buche aufrichtig, daß es an vielen Stellen
Eingang linde.
Breslau. Hermann Hoffroann.
Grtcsers Schalaosgiben kltMischer Werke.
1) Schiller, Dob Carlos. Hit Eioleitaas nod AomerkvogeB veriehen
von Ferdintod KhoU. 12.— 14. Taasend. Leipzig 1906, B. G.
Tenbner. XIII u. 171 S. gr. 8. 0,50 Jt.
Schillers Don Carlos verdankt, wie die Einleitung ausführt,
seine Entstehung einer Anregung des Freiherrn von Dalberg. Die
Hauptquellen des Dichters: die Erzählung des Abb^s Cesar Vichard
de Saint- Real Dom Carlos, nouvelle historique und Brantomes
Memoires (Abschnitt „Philipp H. roy d'Espagne**)« die beide schon
wesentlich von der geschichtlichen Wahrheit abweichen, wurden
von Schiller noch so weit abgeändert, als es nötig war, „um zur
Seele des Dramas seine eigene glühende Freiheitsbegeisterung,
das liebende Umfassen der ganzen Menschheit, den Ruf nach
Menschlichkeit auf Königsthronen und nach Rettung von Tyrannen-
ketten zum leitenden Gedanken zu erheben*'. Ob wir vor allem
den Marquis Posa im Auge haben, wenn wir Schiller den Dichter
der Freiheit nennen, mag dahingestellt bleiben. Naher Uegt es,
an die Räuber zu denken. Daß das Stück trotz mancherlei
Mängel nach Inhalt und Form gerade für die Jugend ein epoche-
machendes Prachtgewebe ist, hebt der Herausgeber mit Recht ge-
bührend hervor. Die erklärenden Anmerkungen, die unter anderm
mehrfach auf Schillers Sprachgebrauch eingehen, sind oft zu sehr
auf den Elementarschüler berechnet, z. B. wird erklärt: Furien,
Granden, Louvre, Ghibellinen und Guelfen, Bakchanten u. dergl.
Reiflseaberger, Goethe, Reioeke Fachs, agz. v. B. Aroold. 637
2) Goethe, Reioeke Faehs. Mit Bioleitnag uod AamerkiiDgeo ver-
seheo von Karl Reiaaeaberger. 10.— 12. Teoaeod. Leipzig 1906,
B. G. Teabner. IX n. 105 S. gr. 8. 0,50 JL.
Die Eioleitang bespricht in ihrem ersten Teile die Tierepen
bis auf Goethes Dichtung. Der niederdeutsche Reineke wurde
mehrfach ins Hodideutsche übertragen. Die Bearbeitung von
Gottsched (erschienen 1752) bildete für Goethe, der des Nieder-
deutschen weniger kundig war, die Grundlage. Goethe bearbeitete
1793 das mittelniederdeutsche Tierepos in Hexametern, um sich
von den ekelhaften Welthindeln abzuziehen. Was er an der
Gottschedschen Bearbeitung änderte, ist S. VII der Einleitung kurz
zasammengefaBL Mag die Aufnahme yon Goethes Dichtung bei
dem Publikum eine geteilte gewesen sein, so gebührt doch erst
ihm das Verdienst, das Tierepos zum «^Gemeingut der Nation'* ge-
macht zu haben. Die Anmerkungen ergänzen in glücklicher Weise
die Dichtung.
Die Meisterwerke der deutaeheo Bähoe, heraoagegebeii voa G e o rg Wi t k o w a k 1.
Leaaiag, Miona vod BarohelaA. Mit Eioleitao^ nnd Aomerkangea
von Araold Zehme. Leipzig 1906, Max Hesse. XVIII a. 78 S.
kl. 8. 0,30 M^
Das Unternehmen will einen Plan zur Ausführung bringen,
den schon Schüler 1799 entworfen, aber leider nicht verwirklicht
habe. Neu ist die Anordnung, daß die Anmerkungen — alpha-
betisch nach Stichworten geordnet — dem Texte vorausgeschickt
werden. Die franzosischen Stellen des IV. Aktes folgen in deutscher
Obersetzung. Das Stück ist 1764 entstanden, aber erst 1767
gedruckt. Die Handlung sei von Lessing frei erfunden. Daß sie
sich, wie auch Referent bis jetzt glaubte, in dem Breslauer Gast-
hofe zur goldenen Gans wirklich zugetragen habe, sei unglaub-
würdig. Was sonst über den historischen Wert des Lustspiels,
über die Quellen — der KonQikt zwischen Ehre und Liebe ent-
stamme dem 1700 gedruckten Lustspiel von George Farguhar
„The constant couple'' — , über Handlung, Motivierung, Einheit
des Ortes und der Zeit, über die Charaktere, über Form, Sprache,
Bühnengeschichte gesagt ist, faßt kurz und doch erschöpfend zu-
sammen, was sonst des längeren über Lessings Minna von Barn-
helm geschrieben worden ist. Ein kurzer Lileraturüberblick be-
schließt die ansprechende Einleitung.
Goetbe, Iphig^enie anfTaoris. Mit Eioleitaag aod AnmerkaDgea vod
Baos Morseh. Leipzig 1906, Max Hesae. XXX o. 56 S. kl. 8.
0,30 M.
Die Einleitung gehört zu den interessantesten, die der Unter-
zeichnete über Goethes Iphigenie gelesen hat. Goethe gelangte
zur Bearbeitung seiner Iphigenie auf einem Umwege durch die
Dramen seines Freundes Friedrich Wilhelm Gotter und durch die
französischen und Granzüsisierenden Vorgänger desselben. Trotz-
638 G. Boetticher, Denlsche Literatargeschichte,
dem schuf er ein Stack dorcbaus im Geiste der griechischeD
Tragödie. Das wird im einzelnen an der Sprache und aus dem
Ideengehalte (Freundesliebe, Schwesterliebe, Menschenliebe) nach-
gewiesen. Weiter gebe es bei Euripides nur eine äußere Hand-
lung, bei Goethe eine äußere und innere, in der Weise, daß die
innere Handlung die äußere bei weitem überrage. Dramatische
Bewegung, äußere sowohl wie innere, sei reichlich vorhanden,
„trotzdem das Drama mit seiner strengen Beobachtung der drei
aristotelischen Einheiten äußerlich den ruhigen Charakter der
klassizistischen Tragödie behauptet". Nach einem Überblick über
die Charaktere stellt Verfasser die geistreiche Vermutung auf, die
ganz gegen Goethes sonstige Art so schnell bewirkte Vollendung
des Dramas (14. Februar bis 28. März 1779) sei darin begründet,
daß es ursprünglich als Festspiel zum Kirchgang der Herzogin,
die am 3. Februar 1779 von einer Prinzessin entbunden worden
war, gedacht gewesen sei. Ein Überblick über die vier ver-
schiedenen Bearbeitungen des Stückes, die Form, die Aufnahme
von Seiten des Publikums und Bühnengeschichte, über die Nach-
wirkung der Iphigenie in der Literatur usw. beschließen die ge-
haltvolle Abhandlung.
Chemnitz. Bernhard Arnold.
1) Gotthold Boetticher, Deutsche Ltteretnr^eschichte. Mit
141 Abbildangeo im Text Hembor^ 1906. Baad VII/VIII von Giutiv
Schloeßmanoft Bücherei für das christliche Haas (Gastav Pick). VIII
Q. 544 S. 8. geb. 4 JC*
Das Buch ist von einem ganz bestimmten Standpunkte aus
verfaßt, was seinen Eingang in manche Kreise erschweren wird.
Aber besser, man hat überhaupt einen Standpunkt, als daß man
hin und her tappt. Der Verfasser deduziert etwa folgendermaßen.
Die literarische Betätigung eines Volkes ist, wie jede Kunst, ein
wichtiger Teil seines geistigen Lebens, dessen Elemente seine
religiösen Vorstellungen sind. Diesen begegnen wir daher in
seinem Schrifttum auf Schritt und Tritt. Besonders gilt das von
der Literatur des deutschen Volkes, dessen Ideale — und sie
kommen in seiner Literatur zum Ausdruck — sich an seinen
religiösen Anschauungen nähren. Die Scheidung der mittelalter-
lich-katholischen und der reformatorischen Zeit nach der
in ihnen vorliegenden christlichen Weltanschauung tritt auch in
unserer Literatur zutage, und mit dem Schwinden des religiösen
Interesses nimmt sie wieder eine wesentlich andere Gestalt an.
So will Boetticher die religiöse Entwicklung unseres Volkes in
unserer Literatur aufzeigen. Andere werden sich versucht
fühlen — und es ist zum Teil geschehen — diese ans anderen
Gesichtspunkten, beispielsweise etwa aus dem ihrer Beeinflussung
durch antike oder überhaupt nicht nationale Elemente, darzustellen.
Ob die religiöse Beleuchtung dessen, was wir literarisch geleistet
tngtz, voD P. Wetzel 639
haben, „eine Klärung aber die bisher schwankenden Standpunkte"
zur Folge haben wird, mag dahingestellt bleiben. Daß bloße
formale Erscheinungen einen entscheidenden Wendepunkt litera-
rischer Entwicklung bedeuten können, ist in der Tat als aus-
geschlossen zu erachten; eher dörfte man es von wichtigen äußeren
Ereignissen, z. B. den Kriegen von 1864—1870, annehmen, die
jedoch die in sie gesetzten Hoffnungen aus den von maßgebenden
Literarhistorikern wiederholt hervorgehobenen Gründen nicht er-
füllt haben. So läßt Boetticher einerseits die Reformation, andrer-
seits die Krisis der christlichen Weltanschauung seit der Mitte des
vorigen Jahrhunderts ihm willkommene Grenzscheiden der Be-
trachtung bieten: erwartet er doch für die deutsche Zukunft das
Heil von einer auf christlicher Grundlage ruhenden Weltanschaung.
Ohne manche Gewaltsamkeit geht es bei solcher Einteilung des
Stoffes naturlich nicht ab. Daß die Romantik gerade aus der
reformatorischen Weltanschauung (im Gegensatze zur katholischen?)
erwachsen sein soll« mutet einen sonderbar an (s. S. VI), und
wenn im dritten Abschnitt der das Christentum bedrohende Kampf
zwischen Gottesglauben und Materialismus, wie er seit dem Tode
Goethes die Welt erfüllt (S. 407), nach Boettichers Darstellung
unsere Literatur beeinflußt, dann sollte z. B. S. 413 vor dem
Gutzkowschen Roman „Der Zauberer von Rom*' folgerecht nicht
bloß als vor einer „höchst langweiligen Lektüre^* gewarnt sein.
Übrigens ist ihm ohne Zweifel bekannt, daß unsem Vätern das
Werk des geistvollen Tendenzschriftstellers trotz seiner neun Bände
so wenig langweilig erschienen ist, daß sie es eingehender und
gern erneuter Lektüre würdigten. Gutzkows große Zeitromane,
urteilt ein namhafter Literarhistoriker, enthalten manches, was
noch heute nicht überwunden, d. h. durch bedeutendere Dar-
stellungen derselben Verhältnisse in den Hintergrund gedrängt ist.
Bei einem andern liest man: „Gutzkow besitzt so viel Reichtum
des Geistes und der Bildung, daß er stets den Geist des
Lesers in Anspruch nimmt, und daher sind bei allen Mängeln,
welche die Kritik im einzelnen nachweisen kann, seine Romane
eine der bedeutsamsten Erscheinungen der neuesten Literatur^*.
„Seiner größten erzählenden Dichtungen kulturgeschichtliche Be-
deutung muß auch derjenige gelten lassen, der ihnen die poetische
Vollendung abspricht'S heißt es bei einem dritten. Ist da wirk-
lich zu furchten, daß heutige, vielseitig interessierte Leser über
dem Buche einschlafen werden? Wenn also auf der einen Seite
bei der Kritik der besprochenen Werke durch kurzes Aburteilen
zu wenig geschehen ist, so scheint auf der andern manchmal —
und das liegt an dem ganzen Plane des Verfassers — gehörige
Folgerichtigkeit zu fehlen. Zeigt sich Gottfried von Straßburg (S. 38)
„weder für christliche noch ritterliche Ideale begeistert*', was ge-
hört er dann, könnte man fragen, in diese Literaturgeschichte?
Was ist bei Hartmann am Artusstoff spezifisch christlich? Warum
640 6. Boetticher, Deotsche Literatorg^eschiehte,
wird umgekehrt beim Waltharitiede nicht auf die freilich recht
äußerliche Vereinigung heidnischer und christlicher An-
schauungen hingewiesen? Boetticher legt doch sonst überall und
mit Recht auf das Charakteristische Wert, um „lebendige Bilder
der die Zeitströmung bestimmenden Persönlichkeiten mit ein-
gehenderer Beleuchtung ihrer Hauptwerke'' gewinnen zu lassen.
Zumal fQr die Zeit nach 1848 war das nicht ohne Schwierigkeiten
erreichbar. Den literarischen Erscheinungen der neuesten Zeit
gerecht zu werden — es handele sich nun um eine vielfach vor-
handene Oberschätzung des Jörn Uhl (bei dem tör die Formßndung
der Verfasser sozusagen vor dem Spiegel gestanden hat) oder des
Peter Moor oder um eine Unterschätzung von Götz Krafft u. ä. — ,
ist keine Kleinigkeit, und man muß dem Wegweiser Dank zollen,
wenn er im großen und ganzen die rechte Bahn einzuhalten weiß,
an lohnenden Ruhepunkten Hall macht und weniger ergiebigen
Stellen schnell den Rücken kehrt. Insofern kann sich der Ver-
fasser von Tendenz und Parteinahme nicht freisprechen, und er
will es auch nicht. Daß ihm die rein künstlerische Würdigung der
Gegner seiner Anschauungen am Herzen gelegen hat und nicht
mißlungen ist, beweist u. a. der Heine gewidmete Absatz. Wie
wenig er sich irgendwo verrannt hat, zeigt auch in seiner Weise
das schon erwähnte Kapitel über den Meister von Straßburg, das
über Wieland u. a. m. Den von Lessing handelnden Abschnitt —
auch die Auseinandersetzung mit seiner abstrakten Theorie im
Nathan und seinem theologischen Testamente verdient Beachtung —
wird man mit demselben Interesse lesen wie das über Klopstock
Gesagte, und die unser n beiden größten Dichtern geltenden Dar-
legungen sind so hübsch geschrieben, daß man seine Freude daran
hat. Die Entwicklung des deutschen Geisteslebens nach allen
Seiten hin zu beleuchten, worin in der Tat die höhere Aufgabe
des Literarhistorikers besteht, ist dem Verfasser bei den ihm schon
äußerlich gezogenen engen Grenzen nicht möglich gewesen. Immer-
hin will er den Leser die Gegenwart aus der Vergangenheit ver-
stehen lehren und in die Erkenntnis dessen einführen, was unserem
deutschen Wesen von jeher entsprach und fernerhin ent-
sprechen wird.
Im einzelnen habe ick mir hier und da eine Randnotiz in
meinem Handexemplar gemacht, z. B. S. 107 in bezug auf Paul
Gerhardt. Nach Boetticher hat er persönlich den religiösen Streitig-
keiten zwischen Reformierten und Lutheranern „ganz fern ge-
standen'\ Ist das bei dem Manne anzunehmen, der (wenn auch
aus Gewissenhaftigkeit, nicht aus Impuls des Temperaments —
Scherer) Haupt und Seele der streng Lutherischen war und, sich
an die F. C. klammernd, als Gegner der Synkretisten in seinem
Testamente vor diesen ausdrücklich warnt? Wir merken nur in
seinen Liedern — und das ist ihm hoch anzurechnen — nichts
von seinem gestrengen Luthertum, wie er auch auf der Kanzel
iDgez. von P. Wetze]. 641
sich jedes Gezänkes enthalten haben soll. Bei Wieland yermiSi
maD, sehe ich recht, seine Übersetzung der Briefe Ciceros, dem
er „innerlich** ebensowohl „verwandt'* war, wie dem Horaz und
dem Lucian. Sie beide verbindet, was man so recht für ihr Ge-
biet halten darf, der Witz — trotz Ciceros eigener Auffassung,
daß das Pathos ihm besonders gut stehe, und der zwischen beiden
darin zutage tretenden Verschiedenheit, daß dem alten Romer die
liebenswürdige Milde des Weimarer Prinzenerziehers abging, der
keinen G^ner mit Behagen zauste. Übrigens war Goethes be-
kannte Farce in erster Linie doch wohl gegen Wielands Singspiel
Äiceste und seines Verfassers Eitelkeit gerichtet« sich über Euripides
erbeben zu wollen, und S. 240 Z. 3 v. o. werden wir uns mit
dem sonst doch vorsichtigen Verfasser bezüglich des „und'* auf
Horaz, ars poet. 359, verwiesen sehen. Unter den musikalischen
Romantikern darf Mendelssohn nicht fehlen, der einst mit Goethes
»besten Segnungen** von ihm schied. Es scheint wirklich Brauch
werden zu sollen, den ehedem manchmal wohl überschätzten, jedenfalls
aber hochgebildeten Künstler heute dafür über die Achsel anzu-
sehen. Zu harte Beurteilung findet auch m. E. Friedrich Halm,
wenn sein Fechter von Ravenna uns heute „kaum noch verständ-
lich** sein soll. Sein warmer Patriotismus hätte wohl immerhin
ein Wort der Anerkennung verdient, und ein Meister der sprach-
lichen Form zu sein, ist auch keine Schande. Wem es Vergnügen
macht zu sehen, wie zwei achtbare Literarhistoriker über die
nämliche Persönlichkeit rücksichtlich ihrer Leistungen und ihrer
darin liegenden Bedeutung in ihren Urteilen auseinandergehen, der
vergleiche Boettichers Darlegung über Richard Voß (S. 509) mit
Karl Weitbrechts Herzenserguß (Dtsch. Literaturgesch. d. 19. Jahr-
hunderts U S. 125). Man muß dabei ersterem nachrühmen, daß
er seine Auffassung begründet, und ist daher geneigt, die
Frage aufzuwerfen, weshalb er es z. B. nicht auch S. 523
bei Otto Ernst tut, dessen Flacbsmann als Erzieher kurzweg
wegen des „unverdienten Aufsehens** erwähnt wird, das er
erregte.
Wer sich nicht in der Lage sieht, eine umfangreichere Lite*
raturgeschichte zur Hand zu nehmen, wem nicht lediglich um
eine streng wissenschaftliche Beleuchtung der Dinge zu tun ist
und andrerseits mit bloßen „Abrissen** kein Genüge geschieht,
wird sieb mit Vorteil und Genuß des Boetticherschen Buches be-
dienen, das neben anderen den Zugang in die deutsche Familie
finden möge, den es erhofft. Was im einzelnen an der Form der
Darstellung, in geschichtlichen, geographischen oder sonstigen
sachlichen Angaben zu verbessern, in Zeichensetzung und Recht-
schreibung zu ändern ist, wird sich der umsichtige Verfasser für
eine neue Auflage schon selbst angemerkt haben, so daß ich hier
nicht weiter darauf einzugehen brauche. Erst recht gilt dies von
einigen kleinen Druckfehlern. Solche uns hier und da aufstoßenden
Zeiieeltf . f. d. OyuuiMialweMii LXI. 8. 9. 41
642 ^' Lochoer, Dentiehe Scholg^rtmmttik, »$%, voo P. Wetiel.
Versehen drücken den Wert des Buches im ganzen nicht herab:
vult simul et iucunda et idonea dicere vitae.
2) JohiDoes Lochoer, Deatsche Sehiilflrranmttik fiir hShere Lekr-
anstalteo (xom Deatscheo Lesebaeh flir höhere LehraosUlteD voo
Radolf LehmiDD). Leipzif^ 1907, G. Freyta;. 72 S. §r. 8. ipeb. 1 JC.
Das Buch ist, wie manche anderen, im Anschluß an die
LehrpUne und Lehraufgaben von 1901 gearbeitet, unterscheidet
sich aber ron ihnen durch größere Ausföhrlichkeit im einzelnen.
Dies ist namenUich in der Wortbildungslehre der Fall, deren Wesen
und Arten (Ableitung und Zusammensetzung) so eingebend be-
handelt werden, daß sie den dritten Teil des ganzen Buches aus-
macht. Und dabei bringen die letzten fönf Seilen eine der
Grammatik doch nur ganz äußerlich angeheftete, wenn auch brauch-
bare Zugabe, nämlich einen Abriß der Metrik. Dies genaue Ein-
gehen auf die Wortbildung wird an sich als ein tfißrerhältnis
empfunden werden, demjenigen aber willkommen sein, der mit
dem Verfasser der Meinung ist, daß „die Einsicht in das Werden
und Vergehen der Sprache nirgends besser als in der Wort-
bildungslehre gewonnen werden kann". Auch sind gerade hier
absichtlich die Beispiele recht zahlreich eingestreut, um den Schöler
zu eigenem Arbeiten anzuregen. Gelegentliche geschichtliche Be-
merkungen sehen wir der Untersekunda zugewiesen, wo ihm kleine
Ausblicke in das Pensum der folgenden Klasse zu eröffnen seien.
Zum Teil konnte hier noch etwas mehr geschehen. S. 45 erfährt
der Schäler, daß -zig so viel wie „Zehner** bedeutet. Wird er
nicht (zwei Seiten vorher) bei dem Wortstamm lif in elf und
zwölf fragen, welche Bewandtnis es mit ihm habe? Eine Hypo-
these ist ihm immer noch lieber als völliges Schweigen. Schlimmsten-
falls sage man ihm, daß die Bedeutung des Stammes strittig ist.
Er selbst kann sich hier nicht geben, was man ihm vorenthält.
Im übrigen ist es naturlich empfehlenswert, ihm die Arbeit des
Erkennens möglichst selbst zu überlassen, so daß ihm sein Lehr-
buch mehr zu einem Leitfaden als zu einem Lembuche dient
wie er es in fremden Sprachen nötig hat. Daß der Verfasser
vor trockenem Schematisieren und Systematisieren in der Gram-
matik der Muttersprache warnt, wird man ihm Dank wissen, desto
mehr freilich dem Lehrer zur Pflicht machen, die Anknüpfung
an Gegebenes so vor sich gehen zu lassen, daß sich allmählich
ein Zusammenhang der sprachlichen Erscheinungen herausstellt, den
der Schüler sich selten wird allein schaffen können. Andrerseits
ist der nach den Lehrplänen geforderte Hinweis auf vorkommende
Schwankungen des Sprachgebrauchs, mit denen den Lernenden
auch die vorliegende Grammatik vertraut macht, recht verdienst-
lich, weil er durch ihn die Überzeugung gewinnt, daß die Ent-
wicklung seiner Muttersprache noch nicht abgeschlossen ist, er m
vielmehr auch an seinem Teile auf ihrem lebensfrischen Gange io
B. Selialz* Deutsches Lesebuch, aogex. voo B. NaamtoD. 643
fröhlicher Mitarbeit und zarter Rücksichtnahme ihrer Eigenart zu
begleiten hat.
Das Bach bringt Gutes und Brauchbares. Daß es immer
neu sei, weist der Verfasser selbst von der Hand. Es liegt ihm
daran, Erprobtes festzuhalten, so daß er sich Meistern wie Wil>
manns gern zu eigen gibt. Der Anschluß an das „Lesebuch''
figuriert nicht bloß auf dem Titel; besonders die Metrik bietet zu
ihm Tielfachen Anlaß.
Pankow b. Berlin. Paul Wetzel.
Bernhard Schulz' Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten.
Nach Maßgabe der Lehrpline für die preufiischeo höheren Schnlea
vom Jahre 1901 neu herausgegeben von Schmitz- Nancy, Köster
und Weyel. Paderborn, P. SchSoiogh. Erster Band: Pur die uuteren
Klasseo. Vierzehnte verbesserte Doppelanflage. 1906. XIV u. 496 S.
d. geb. 3,20 JH. — Zweiter Band: ?'viT die Mittelklassen. Zwölfte,
ungearbeitete Auflage. 1906. XI o. 694 S. 8. geb. \M,— Dritter
Band: Obersekunda. 1907. XI u. 312 S. 8. geb. 3 ^.
In der Neubearbeitung hat das Lesebuch von Schulz auf
Grund der Lehrpiäne von 1901 durchgreifende Änderungen er-
fahren. Diese setzten im ersten Bande bereits in der 13. Auflage
(1905) ein; daß sie Anklang gefanden haben, beweist die schnell
notwendig gewordene 14. Auflage. Die Bearbeiter haben in den
beiden ersten Bänden unter vorsichtiger Wahrung des Guten und
Brauchbaren aus dem älteren Bestände für die Literatur des neun-
zehnten Jahrhunderts ausgiebigen Raum geschafl'en, so daß wert-
volle Gedichte von Tb. Storm, M. GreifT, G. Keller, W. Weber u. a.
Aufnahme finden konnten und in den Prosateilen neben Bismarck
und Moltke R. Baumbach, W. Rabe, P. Rosegger und andere neuere
Erzähler vertreten sind. Man wird diesem Lesebuch also nicht
nachsagen dürfen, daß es hinter der Entwicklung unserer Literatur
zurückbleibe. Andrerseits stellt die Auswahl keine Anforderungen
an den Schüler, die über seine Fassungskraft hinausgehen; sie
umfaßt inhaltlich und stilistisch Wertvolles, auch die von den Be-
arbeitern verfaßten Stücke sind angemessen. Den Lehrplänen
wird durch Vermehrung der Märchen und der Erzählungen, be-
sonders der Erzählungen aus der vaterländischen Geschichte, die
bis auf die Gegenwart fortgeführt werden, sowie durch Umarbeitung
der beschreibenden Abschnitte aus früheren Auflagen Rechnung
getragen.
Der dritte Band ist ein völlig neuer Teil, in welchem das
Lesebuch nach oben weitergeführt wird. Es enthält dem Lehrplan
der Obersekunda entsprechend in dem poetischen Abschnitt Mittel-
hochdeutsches, dem Perlen der gotischen und althochdeutschen
Sprachdenkmäler mit nebenstehender Übertragung vorausgeschickt
sind. Die mittelhochdeutschen Texte aus den Volksepen, dem
höfischen Epos, aus der höflschen Lyrik, innerhalb deren auch
Proben aus der Zeit vor und nach Walther aufgenommen sind,
41*
644 Deotiches Lesebacli f. such«. Seh», aogez. von K. Endemano.
und aus Preidanks Bescheidenheit werden, wo die Konstruktion
schwierig ist, durch kurze Anmerkungen erläutert; ein klarer und
übersichtlicher Abriß der mittelhochdeutschen Grammatik nebst
Wörterverzeichnis ermöglichen es dem Schüler, unter Anleitung
des Lehrers ein zutreffendes Bild der mittelhochdeutschen Sprach-
form zu gewinnen. Die ausgewählten Proben selbst sind wohl
imstande, zu einer richtigen Vorstellung von der geistigen und
literarischen Entwicjtlung unseres Volkes in seiner älteren Zeit
den Grund zu legen. In dem Prosateil wird der Gesichtskreis
des Schülers erweitert, indem dieser an Erfassung größerer Zu-
sammenhänge gewöhnt und zu abstraktem Denken allmählich hin-
übergeführt wird. Dadurch wird die Lehraufgabe der Prima vor-
bereitet. Und es ist gut, daß diesen Übungen auch konkrete
Gegenstände, die der Beobachtung des Schülers unterliegen, zu-
grunde gelegt werden, wie in den naturkundlichen Lesestücken.
Das ganze Werk bietet sich in seinen einzelnen Teilen als
eine eigenartige Erscheinung von selbständigem Werte dar.
Schöneberg. E. Naumann.
Deotiches Leseboch fdr sachsisehe Gymnaaieo, herausge^ebea voa
B. St en ding. Abteilaog VII: für Obarsekoada, bearbeitet voo
Th. Matthias. Leipzig 1907, OHrrsehe Bachbaadlnag. IV 0.295 S.
8. geb. 2,80 M>
Wie ein Lesebuch für Obersekunda angelegt sein muß, zeigt
am besten das von mir auf S. 324 ff. dieser Zeitschrift besprochene
von Höfler. Dieses Buch enthält in seinem poetischen Teile
folgende Abschnitte: 1. Gotische und althochdeutsche Sprachdenk-
mäler, 2. Das Volksepos, 3. Das ritterliche und höGsche Epos,
4. Das Tierepos, 5. Höfische Lyrik, 6. Ergänzungen (aus der
modernen Literatur). Der prosaische Teil bietet Abbandlungen
zur deutschen Göttersage, zur Literaturgeschichte, zur Kultur-
geschichte der Griechen, Römer und Germanen, aus dem Gebiete
der Philosophie usw. Wenn nun allerdings das Höflersche Buch
des Guten viel zu viel bringt, so wird man in dem vorliegenden
vielerlei vermissen, was zur Unterweisung der Jugend auf dieser
Stufe nötig, zum mindesten sehr nützlich ist. Ergänzungen zu
der mittelhochdeutschen Literatur aus der modernen Dichtung,
wie z. B. „Volkers Nachtlied" von Geibel, fehlen ganz. Das aus
dem Althochdeutschen Gebotene genügt nicht, das gotische Vater-
unser fehlt. Betrachlungen, wie sie Höfler über die mhd. Dich-
tung im Abschnitt 2 des Prosateils bietet, vermißt man ebenfalls;
denn das Lesesfück „Der Spielmann und seine Dichtung" von
Storck allein reicht nicht aus. Was dagegen Nr. 1 „Universalismus
und Nationalismus", Nr. 2 „Germanentum", Nr. 3 „Volkskunde"
nach H. St. Chamberlain und Riehl bringen, geht zumeist über
das Verständnis des normalen Obersekundaners hinaus. Daß in
dieser Hinsicht freilich die meisten Lesebücher, Höfler ebensogut
F. Pr«8ch, Getehiehte d. deutsek. Dichtimg, a;z. v. B. Arnold. 645
wie LehmaDD u. a., sich arg vergreifen, habe ich auch schon in
anderen Besprechungen zur Genüge herrorgehoben. Ich bin seit
einem VierteJjahrbundert in Obersekunda an einer ganzen Reihe
von Anstalten yerschiedener Gegenden beschäftigt gewesen: Ober-
sekundaner, die solche Dinge wirklich yerstehen könnten, habe
ich — aufier in Ausnahmeexemplaren — noch nirgends gefunden.
Es Uegt hier also ein entschiedener FeUgrilT vor; denn auch das
Schönste und Beste, zur unrechten Zeit, verfrüht, geboten, ver-
fehlt völlig seinen Zweck. — Was Nibelungenlied und Gudrun be-
trifft, so würden zwischen den ausgewählten Aventiuren kurze
Inhaltsangaben der ausgelassenen Stellen sehr am Platze sein, und
aus Parzival und Tristan und Isolde hätten einige kurze Proben
gegeben werden müssen. Lob verdient die Aufnahme von Ratzeis
Sdbilderung über die „Stille der Natur** und den „Rhythmus in
der Landschaft**. Dieser geistvolle Geograph sollte überhaupt in
den Lesebüchern mehr zu Worte kommen ; „Troja** nach Schuch-
bardt verdient ebenfalls Billigung.
Ein mittelhochdeutsches Wörterbuch, das m. E. nicht ent-
behrt werden kann, fehlt. Die Bedürfnisse der sächsischen Gym-
nasien entziehen sich meiner Beurteilung; für preußische Schulen
kann ich ans den angegebenen Gründen das Buch nicht emp-
fehlen.
KasseL K. Endemann.
FriBz Prosck, Geschiehte der devtscheB Diehtoo^ zom Gebraacke
«D österreichischen LehraostaltCD and für das Selbststodium. Dritter
Teil: Von Schillers Tode bis zor Gesenwart Zweite, völli|[ um-
gearbeitete ond erweiterte Aoflage. Wien 1906, Karl Graser & Cie.
VII n. 308 S. gr, 8. geb. 3,60 JC.
Der Verfasser schließt das Vorwort zu seiner Geschichte der
deutschen Literatur mit dem Wunsche, daß auch der Abschluß
seines Werkes dieselbe aufmunternde Teilnahme finden möge, die
bereits den beiden ersten Teilen geschenkt worden sei. Dieser
Wunsch wird sicher in Erfüllung gehen: der Unterzeichnete
hilt die Torliegende Zusammenfassung der neueren und neuesten
Literatur für eine der besten ihm bekannt gewordenen. Ob die
getrolTene Einteilung, die zu Wiederholungen verleitet, die richtige
ist, möchte Ref. schon deshalb dahingestellt sein lassen, weil es
bei der großen Vielgestaltigkeit gerade der neuesten Literatur
wohl kaum gelingen wird, eine allen Anforderungen entsprechende
systematische Zusammenfassung zu treffen. Gegenstand des Unter-
richts in der deutschen Literatur ist in der Schule trotz mancherlei
Abweichungen in der Hauptsache die Zeit bis zu Goethes Tode.
Wenn nun der Verfasser meint, es sei nur eine Frage der Zeit,
daß auch die neuesten Literaturerscheinungen in den Schulunter-
richt mit einbezogen würden, so wird sich diese Hoffnung nur in
ganz beschränktem Maße erfüllen können. Gewiß werden Dichter
646 Goethes Gedaokeo-Lyrik, hsgb. y. A. MttihUi a. P.Lorcirts.
wie Grillparzer und Hebbel Eingang in die Schule finden. Im
allgemeinen aber wird man die neueste Literatur sehen wegen
der beschränkten Stundenzahl dem Privatstudium der Schüler
überlassen müssen. Und hier gerade wird Proschs Literatur-
geschichte vortreffliche Dienste leisten. Denn der Schüler,
der bei seinem Interesse für neueste Literaturerscheinungen so
gern einer wüsten, nach Belieben und Zufall auswählenden Lese-
wut anheimfällt, erhält eine wirklich feste Grundlage für eine ge-
ordnete Privatlektüre. Die Anmerkungen — meist Inhaltsangaben
größerer Literaturwerke — sollen den Wunsch rege machen, die
Dichtungen selbst kennen zu lernen. Vertreter fremdländischer
Literaturen — Tolstoi, Björnson, Ibsen, Zola — , desgleichen kultur-
historische Momente aller Art, insoweit sie auf unsere neueste
Literatur einwirken, sind in den Rahmen der Betrachtung mitein-
bezogen. Ob die einzelnen Urteile immer richtig sind, kann um so
mehr dahingestellt bleiben, als der Verfasser selbst S. IV des Vor-
wortes erklärt, „daß sich die Urteile der zeitgenössischen Kritik
oft in schroffster Weise gegenüberstehen". Indessen sei im ein-
zelnen folgendes aus dem reichen Inhalte herausgegriffen.
Was S. 1—30 über Goethes Werke von 1805—1832 gesagt
wird, ist im allgemeinen durchaus zutreffend, dagegen weniger
richtig, wenn es in den Anmerkungen S. 248 f. heißt, daß Goethes
Faust „gleich mit allgemeinster Begeisterung" aufgenommen wurde;
und daß dieses Drama „vielleicht von allen, die unser Theater
besitzt, außer Kabale und Liebe, der stärksten und allgemeinsten
Wirkung sicher" sei. Wenn weiter S. 67 Gutzkows Königsleutnant
als „schwache Leistung", S. 70 Brachvogels Narziß als ein Drama
bezeichnet wird, das sich „trotz erheblicher Schwächen auf den
Bühnen behauptet", so vermißt man eine kurze Begründung dieser
Urteile, ebenso wie man S. 213 über Hugo v. Hofmannslhals Tragödie
„ödipus und die Sphinx" (erschien 1906) gern ein auch nur
knappes Urteil des Verfassers lesen würde. Der Ref. unterläßt
es schließlich, auf übertreibende Urteile, auf Druckfehler, auf
stilistische Mängel aufmerksam zu machen, weil alle Einzelbedenken
derart nicht imstande sind, den Gesamtwert des trefflichen Buches
zu beinträchtigen, dem in Lehrer- und Schülerkreisen eine recht
weite Verbreitung gewünscht wird.
Chemnitz. Bernhard Arnold.
1) Goethe« Gedankenlyrik. Für Schale nnd Haas heraasge^ben von
A. Matthias. Leipzig and Wien 1905, G. Freytag and F. Tenpsky.
117 S. 8. 0,80^.
In seiner trefflichen Einleitung betont der Herausgeber dieser
sehr geschickten Auswahl Goethescher Gedankenlyrik den Unter-
schied zwischen Empfindungs- und Stimmungslyrik und
eigentlicher Gedankenlyrik, macht auf die charakteristischen
Schaffungsweisen des Altmeisters, auf die dramatische und die
fofex. voD W. Bänder. Q47
allegorische, aufmerksam, warnt aber mit Recht vor einer
allzu weitgehenden Schematisierung und Einzelgruppierung dieser
poetischen Erzeugnisse.
Die Auswahl im einzelnen bietet natürlich viele Gedichte, die
wir in der oben besprochenen Sammlung finden. Wir begegnen
daneben einigen schönen Perlen aus dem Schatze des Westöstlichen
Diwan, diesem Jungborne der praktischen Lebensweisheit, und
vielen schönen Sprachen und Worten aus den Zahmen Xenien.
Der am Schlüsse zugefügte Kommentar bietet dem Schulmann
und dem Privatlehrer beherzigenswerte Winke und an sachiicben
Erklärungen alles Notwendige. Besonders möchten wir auf die
ebenso treffenden als anregenden Verweise auf Bibelstellen, wie
z. B. auf die Psalmen, aufmerksam machen. Sehr ansprechend
ist der Kommentar zu dem bisher zu wenig gewürdigten Gedichte:
Ilmenau, das uns über Goethes Verhältnis zu dem edelgesinnten
und vorwärtsstrebenden Herzoge Karl August so treffend belehrt.
Diese Schulausgabe wird ohne Zweifel Lehrern und Schülern
reichen Nutzen bringen.
2) Goethes Gedankee-Lyrik, heraasgegebeD vod Paal Loreots.
Oevteche SekolenegabeD , herauage^ebea voo J. Ziehen. Nr. 35.
Dreaden 1905, L. Ehlermaoo. 162 S. 8. geb. 1,40 M*
In eiüem Vorwort und einer sich anschließenden Einleitung
spricht sich Lorentz über die Grundsätze und die Gesichtspunkte
aus, von denen er sich bei seiner Ausgabe hat leiten lassen. Er
war besonders bestrebt, uns und besonders unsem Schülern in
aller Kurze einen Einblick in die wichtigsten Gedanken und Inter-
essenkreise zu gewähren, die für unsem Altmeister maßgebend
waren. So werden wir mit den leuchtenden Gedanken des Faust-
dichters vertraut auf den Gebieten der Kunst, der Natur und des
allgemein Menschlichen.
Was die Auswahl der Dichtungen betrifft, so findet man neben
den hervorragendsten Erzeugnissen Goethescher GedankenJyrik, wie
Prometheus, Grenzen der Menschheit, Das Göttliche u. a., eine
Reihe der treffendsten Sprüche und epigrammatischen Sentenzen,
und daneben, was uns sehr angesprochen hat, einige Abschnitte
aus den Meisterdramen, wie das Parzenlied aus der Iphigenie und
mehrere Monologe aus Faust. Daß nicht jeder mit allen gewählten
Proben einverstanden sein wird, läßt sich erwarten. Wir z. B.
würden gern auf Nr. 31 „Typus** verzichten; denn das Gedicht ist
weder besonders hervorragend noch eigenartig. Doch hierüber
läßt sich streiten. Im ganzen möchten wir uns für die getroffene
Wahl aussprechen.
Den Gedichten schließen sich noch an: I. Anmerkungen,
S. 113— 124, und U. Anhang, S. 125— 160, zwei sehr dankens-
werte Zugaben. In beiden ist das geboten, was für den Primaner,
auch für den privatim arbeitenden, wichtig ist; besonders gilt
dies von dem sehr geschickt gearbeiteten Anhang, der uns be-
648 0* Ladeodorfi Historisches Sekltf^wSrterbnch,
lehrende Belegstellen und Auszöge aus Werthers Leiden, Goethes
Briefen usf. bietet.
Wir können mit gutem Gewissen diese Ausgabe für den deut-
schen Unterricht in Prima empfehlen.
Homburg ▼. d. Höhe. Wilh. Bauder.
Otto Ltdendorf, Historisches Schle^wSrterboch. Straflbsrg nod
BerUo 1906, R. J. Triiboer. XXIV n. 365 S. 8. 6 •#.
Der Verfasser bezeichnet sein Werk als einen 'Versuch, be-
stimmt, die bisherigen zerstreuten Ergebnisse der Schlagwort-
forschung präzis zusammenzufassen und durch eine große Anzahl
neuer Artikel zu bereichern'. Besonderer Pflege erfreut sich dieses
Gebiet der Wortforschung seit R. M. Meyers bekannter Studie
(Vierhundert Schlagworte, Leipzig 1900), bedeutendere Beiträge
lieferten dann F. Arnold (Z. f. d. österr. Gymn. 52), Gombert, Feld-
mann, Ladendorf (in den letzten Bänden der Z. f. d. Wortf.). —
In der Einleitung definiert L. den Begriff* Schlagworte' als 'solche
Ausdrücke und Wendungen, denen sowohl eine prägnante Form
wie auch ein gesteigerter Gefflhlswert eigentömlich ist, insofern
sie nämlich entweder einen bestimmten Standpunkt filr oder wider
ein Streben, eine Einrichtung, ein Geschehnis nachdrückUch be-
tonen oder doch wenigstens gewisse Dntertöne des Scherzes, der
Satire, des Hohnes und dergleichen deutlich mit erklingen lassen'.
Dabei komme es weder auf die Urheberschaft noch auf die Geltungs*
dauer noch auf die Größe des Verbreitungsbezirkes an, Gesichts-
punkte, die trotzdem sorgfältig beachtet werden. Sodann wird
der Begriff des Schlw. von den älteren des gefldgeiten Wortes
und des Modewortes abgegrenzt; daß die Grenze manchmal fließend
ist, wird festgestellt, wie denn z. B. im ^Böchmann' je länger je
mehr Schigwe mit aufgenommen wurden. Richtig wird betont,
daß dem Schlw. immer ein besonderer Gefühlswert eignet und
daß es nur so lange als solches gelten kann, als dieser empfunden
wird und wirkt; es komme ferner vor, daß einzelne Worte ^die
Metamorphose vom Schlw. zum Modewort und dann zum geflügelten
Wort oder auch in anderer Reihenfolge durchmachen'. Zufolge
dieser seiner Auffassung hat L. manche Ausdrücke nicht auf-
genommen, die bisher schon als Schlwe (oder 'farbige Worte')
an andern Orten besprochen worden sind ; ein anderer Grund war,
wie L. in der Selbstanzeige seines Boches (Z. f. d. Wortf. VII) an-
gibt, der vorläufige Mangel ausreichender Unterlagen. So enthält
denn dies Wörterbuch gegen 460 Artikel, die aber öfters mehrere
verwandte Schlwe zusammenfassen. Man kann die Vorsicht in
der Auswahl loben, doch fragt es sich, ob die Abgrenzung gegen
die Verwandten unseres Begriffes ausreichend ist, um einer —
sicher nicht kleinen — Gruppe von Ausdrücken hier die Aufnahme
zu versagen, die, ursprünglich bestimmte wissenschaflliche Termini,
infolge vielfachen Gebrauches und Erweiterung ihres Begriffskreises
aDflrez. von F. Weidliog. 649
schlagworUrtig geworden sind, ohne etwa Modewörter oder ge-
flügelte Worte zu sein. Hierher gehörten z. B. aus dem Gebiet
der Staatgwissenschaft: Prärogative, aus dem der Philosophie:
Materialist, Prädestination, aus dem der Literaturwissenschaft:
Klassik, Romantik nebst Ableitungen; 'romantisch' z. B. ist in der
einen Bedeutung heute noch Modewort, in der andern literarisches
Sehlw.; aus dem der Kunstwissenschaft: Interieur, intim, sich
einfühlen u. a. m. Es werden meist Fremdwörter sein, die man
hier mit heranziehen könnte, doch das Hegt in der Natur der
Sache.
Im folgenden gebe ich einige Zusätze; die Belege stammen
^oßenteik aus 'Kaiser Wilhelms des Großen Briefen nsw.\ bsgg.
▼on Berner, Band I (Berlin 190Q), zitiert KW und Seite, und aus
der Sammlung * Deutsche Reden* von Flathe, Band I (Leipzig 1893),
zitiert F.
Zu destruktive Tendenzen (Ladendorf 52) das etwas
früher auftretende 'revolutionäre T.' in gleichem Sinne gebraucht
TOD Rotteck 1833 (F 184 und 193); KW 89 schon 1832: 'die
Tendenz der revolutionären oder liberalen Partei in Europa \ — -
Deutschtümelei 'sogenannte^ KW 203. — Die Edelsten der
Nation, ein politisches und danach auch in die schöne Literatur
eingedrungenes Schlagwort. — Freihandel nebst Ableitungen,
scheint ebenso wie Schutzzoll nicht nur als wissenschaftlicher
Ausdruck in dem betr. Gebiete der Staatswissenscbaft, sondern
auch als Schlagwort im Kampfe der Parteien gebraucht worden
zu sein. — Zu Hegemonie Preußens (Lad. 116): 'PreuBehs
geschichtliche Aufgabe' und 'das politische Lebensbedingnis Preußens*
KW 208, 255, aus dem Jahre 1849. — Höhere Politik KW 152
(1846). — Jasager ebda. — Klassisch, zwischen Modewort
und wissenschaftlichem Terminus die Mitte haltend: 'der klassische
Boden' von Lutzen, von Leuthen KW 5» 73. — Zu dem Schluß-
satz über Kamarilla bei Lad. vgl. KW 360. — Konstitution,
zeitweilig doch sicher ein Schlagwort, berücksichtigt L. gar nicht;
vgl. KW 90: 'in allen Staaten, wo Konstitutionen und Kammern
existieren' (1832); Pfizer 1833: Konstitutionelles System (F 154).
— Das gleiche dürfte gelten für Loyalität: KW 492: 'Ober die
L. meiner Bemühungen, die Kräfte des deutschen Volkes zu ge-
deihlicher Wirksamkeit zusammenzufassen, kann kein Zweifel be-
stehen" (1860); 'höchste Illoyalität, einem neuen Souverain beim
Antritt seiner Regierung Garantieen abzufordern' ebda. 137 (1840).
Den schlagwortartigen Charakter des Ausdrucks erkennt man sicher
in Phrasen wie * Mantel der L.' (Dahlmann 1838 an Jakob Grimm,
Ippel I 283). — Der März (der Juli), vormärzlich u. ähnl.
entbehren ebenfalls in gewissem Zusammenhange nicht der das
Schlagwort kennzeichnenden Färbung; vergleicht man z. B. KW 100,
105 'Juliempörung* (1832) mit dem 1837 (ebda. 124) gebrauchten
Schlagwort 'der Juli', so erscheint das Verlangen nach chrono*
650 0. Ladeodorf, Hiator. Sohlt^wörterbneh, acpz. -v. F. WeidHn;.
logischer FesÜeguDg jener Ausdrücke Dicht Gberflössig. — Za
moralische Eroberungen bucht L. den Gebrauch des Aus«
drucks durch K. Wilhelm aus dem J. 1858; 1855 setzt er noch
' moralische Präponderanz* im Gegensatz zu 'Ländereroberung'
(KW 387). — Zu Mut des Fehlens dürftie einer der frühesten
Belege zu finden sein in Jac. Grimms Gesch. d. d. Sprache, Vor-
rede. — Menschenwürdiges Dasein braucht bereits Pfizer
1833 (F 155). — Die Verbindung Not der Zeit halte ich für
ein Schlagwort aus der Zeit von 1806 ab; rückschauend gebraucht
es z. B. Hegel 1816 (F 71). — Nationalitätsprinzip, -itäten»
frage ist, wie es 1861 (F VII) war, auch heute noch für öster-
reichische und ostdeutsche Verhältnisse ein Schlagwort; hierher
sind auch zu stellen das nationale Bewußtsein und Volks-
bewußtsein. — Die nationale Wiedergeburt, eine wohl in
der Zeit der Freiheitskriege zum Schlagwort gewordene Wort-
verbindung (von Fichte geschaffen?), fehlt bei L. ganz; Belege
hierfür und für ähnliches bei F 36, 74, 151. — Zu den Ver-
bindungen mit öffentlich wäre noch 'das öffentliche Leben' zu
stellen, ein Ausdruck, der später entstanden sein dürfte als die
'öffentliche Meinung'; vgl. Riemann 1817 (F 78); dazu die 'öffent-
lichen Angelegenheiten' Wirth 1832 (F 145); auch das heute fast
Modewort gewordene 'praktische Leben' und das 'bürgerliche L.'
(Riemann 1817, bei F. Seite 79 als Gegensatz zum 'akademi-
schen L.') seien hier gebucht. — Der parlamentarische Ausdruck
Zur Ordnung rufen (1838 Briefw. Grimm-Dahimann, Ippel
1 140) ist als Schlagwort über seine ursprünglichen Grenzen hin-
ausgedrungen. — Wann ist Opposition als Kollektiv und Per-
sonifikation aufgekommen? Vgl. Wirth 1832 'die Häupter der 0.'
(F 150). - Paulskirchner: KW 219 (1849) 'diese Leute, die
P. .. sind durch ihren eigenen Schaden nicht klug geworden' —
man vgl. die Definition L.s für das Schlagwort und man wird
diesen Ausdruck für aufnahmeßhig erachten! — Politische
Klugheit, sogenannte: Wilhelm Grimm an Jacob (1838; Ippel
I 234); politische Atmosphäre: Pfizer 1833 (F 155). — Polster-
staat: 'die Wichtigkeit von Mittelmächten und Polsterstaaten'
(H. Schiller, Weltgesch. I 427); der Ausdruck deckt sich mit dem
geläufigeren 'Pufferstaat'; vgl. 'Staaten zweiten Ranges': Dahlmann
an Jac. Grimm 1838 (Ippel I 259). — Positiv jetzt nur noch
ein theologisches Schlagwort; in politischer Bedeutung KW 321
(1852). — Preßben gel (-mameluk, vgl. Lyon-Heyse, Fremd-
wörterbuch): 1835 in Webers Juvenalübersetzung. — Quietismus,
politischer: Dahlmann an Wilh. Grimm 1833 (Ippel I 54). —
Reaktion ist sicher schon im vierten Jahrzehnt des 19. Jhs.
Schlagwort: Rotteck 1833 (F 183, 192 u. ö.). — Zu Rechts-
boden: 'verfassungsmäßige Rechte' Pfizer, Rotteck 1833 (F 154,
203 u. ö.). — Repräsentation der Nation (des Volkes) darf
man für die ersten Jahrzehnte des* 19. Jhs. auch als Schlagwort
DettweiUr, Didaktik o. MeUod. d. Itt. Uat., tgz. v. H. Ziemer. 651
ansprechen; Belege: Friedrich Wilhelm III. 1810 und 1815 (F217,
'ReprSsentativ-Demokratie' ßotteck 1818 (F 83); andere Belege
(F 154, 159) erübrigen sieb. — Zu Spitze der deutschen
Bewegung vgl. 'Bewegungspartei' KW 152, 224, 299 f. (1846—
1852). — Staatsstreich: Ygl. Rotteck (F 195) «Bundesstaate-
streiche'. — Die Ultras: KW 388 (1853) 'die Ultrareaktionäre'
oder 'die kleine Partei'. — Zu Volapuk wäre nun auch das
'Esperanto' nachzutragen. — Zum Schluß: Ist Volk in Waffen
kein Schlagwort? K. Wilhelm schrieb 1855 (S. 395) noch 'V.
uDter W.'.
Fürstenwalde. Friedrich Weidling.
1) P. Dettweiler, Didaktik und Methodik des lateioischen
tJoterrichts. Zweite, umgearbeitete Aoftage. MÖDchen 1906,
C. H. Becksehe VerJa^sbachhandloDg (0. Beek). VIIl u. 268 S. Lex
geh. 5 Jit geb. 6 M* (SoDderaosgabe aas A. Baaneisters Haadbuch
der Erziehoags- nod Uoterriehtalehre für hShere Schulen).
Hit diesem Buche hat einst vor zwölf Jahren P. Dettweiler
sich zu den Heistern und fuhrenden Geistern auf dem Gebiete
des lateinischen Unterrichts erhoben, nachdem er durch seine
didaktische Schulung in der Schule der Herbartianer und besonders
H. Schillers und seine praktische Bewährung sich dazu tQchtig
gemacht hatte, ein solch umfassendes Werk zu schreiben, welches
des alten F. A. Eckstein Lateinischen Unterricht 1887 bald in den
Schatten stellte und noch weit mehr andere ähnliche Arbeiten
überholte oder überflüssig machte. Ein reiches HaB der An-
erkennung, freilich auch des Widerspruchs ist Dettweilers
Didaktik und Hethodik in dem nunmehr seit ihrem Erscheinen
ferflossenen Zeitraum zugeflossen. Den besten Beweis ihrer Be-
deutung gibt allein schon die Tatsache ab, daB im letzten Jahrzehnt
kaum eine einzige Schrift über die Hethode des lateinischen
Unterrichts erschienen ist, die nicht auf Dettweiler Bezug nimmt
oder sich veranlafit sieht, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
Aber auch in den neaen preußischen Lehrplänen Yon 1901
spiegelt sich der Einfluß Dettweilerscher Lehren. Sie haben
seiner realpädagogischen Richtung bedeutende Zugeständnisse
gemacht.
Ich freue mich dessen aufrichtig schon deshalb, weil ich
selbst darauf hingewirkt habe. Der Fachmann weiß, daß die
gesamte Dettweilersche Lehrmeinung im wesentlichen dieselbe
ist, die ich seit zwanzig Jahren in Rethwisch' Jahresberichten über
das höhere Schulwesen vertreten habe, die dann eine so große An-
hängerschaft gewonnen hat, daß sie allmählich zur herrschenden
sich emporarbeitete. Können doch auch die behördlichen Lehr-
pUne nichts anderes sein als der abgeklärte Niederschlag des
pädagogischen Zeitgeistes, und sind sie es nicht mehr, so sind sie
652 P- Dettweiler, Didaktik q. Methodik des lat. Unterrichts,
reif, aufgehoben zu werden und anderen Platz zu machen. Wir
haben das ja fast von Jahrzehnt zu Jahrzehnt bei uns erlebt. .
So ist denn auch die neue, zweite Bearbeitung des Dett-
weilerschen Handbuches nicht eine Umarbeitang in dem Sinoe,
als wäre irgend etwas von dem aufgegeben worden, was D. mit
den zahlreichen zustimmenden und mit den ganz wenigen grund-
sätzlich widersprechenden Beurteilern als die Eigenart des Buches
ansieht. Diese ist durchaus gewahrt geblieben. Die neue Et*
arbeitung konnte freilich manches kurzen, anderes erweitem, wozu
die Literatur seit 12 Jahren Veranlassung gab, aber wir sehen
auch manches zu schroffe realpädagogische Urteil gemildert, manche
Schärfe beseitigt, manche . Polemik aufgegeben. Denn tatsächlich
ist seit 1895 vieles, wofür Dettweiler und seine Gesinnungs-
genossen eingetreten sind, grundsätzlich in ihrem Sinne entschieden
worden und sieghaft durchgedrungen. Diese Methodik und
Didaktik entspricht also auch den heutigen Lehrplänen. Natürlich
ist auf sie die weiteste Röcksicht genommen, ohne daß der
grundsätzliche Standpunkt des Buches geändert zu werden brauchte.
Dettweiler hat sicher darin recht, wenn er im Vorwort S. Y sagt,
eine Methodik soll zeigen, wie man unter den gegebenen Ver-
hältnissen unterrichten kann, aber nicht Zukunftsmusik machen.
Gewiß kann sie auch in einzelnem den Weg zum Besseren zeigen
und Vorschlägen Raum geben, die dahin zielen, aber die Haupt-
sache ist und muß doch sein, daß sie die Wege zeigt, die man
mit erprobtem Erfolg gehen kann, daß sie nicht den An-
spruch erhebt, so soll man es machen, sondern so kann man
es zweckmäßig machen. Und das tut Dettweiler. Er ist selbst
ein guter Lateiner mit reicher Erfahrung und praktischem Geschick;
er schreibt planvoll, gründlich, verständlich und anschaulich. Aus
ihm spricht aber auch die reifste Erfahrung unserer besten Latein-
lehrer und gewiegtesten Methodiker. Sein Lehrgebäude, auf dem
Grunde der Herbartianer erwachsen, ohne deren Auswüchse und
Übertreibungen sich anzueignen, auf psychologischer Grund-
lage aufgebaut, ist doch ganz vom Geiste der Neuzeit durchdrungen
und räumt glücklich mit veralteten pädagogischen Anschauungen
auf. Es führt die Forderungen des erziehenden Unterrichts für
das Lehrfach des Lateinischen bis ins einzelne sogar mit aus-
geführten „Lehrproben und Lehrgängen'* durch und erprobt somit
für das Lateinische deren Berechtigung und Erfüllbarkeit im
großen wie im kleinen. Dettweiler verfolgt die seine Lehrüber-
zeugung beherrschenden Grundgedanken mit entschlossenem Hut
und strenger Folgerichtigkeit bis zu den entlegensten Winkeln des
Unterrichtsbetriebes.
Man wird nun vermuten, daß die Aufnahme der neuen
pädagogischen Erfahrungen und die Berücksichtigung der neuen
Literatur während des letzten Jahrzehnts den Umfang des Buches
erheblich vergrößert hat. Allein zahlreiche Kürzungen glichen das
aofei. von H. Ziener. 653
Plus einigerBiaßen aus; statt früher 255 S. haben wir nuü IV
aod 268 S. Weggeblieben ist zum Beispiel der erste längere Satz
der alten Einleitung. In dem Abschnitte I Die geschichtliche Ent-
wickelung des lateinischen Unterrichts sind die neuen Nr. 10 und
11 hinzugekommen mit Rücksicht auf die letzte Entwickelung des
lateinischen Unterrichts in dem verflossenen Jahrzehnt. Ganz neu
ist das Schiußkapitel Der lateinische Unterricht in Reformanstalten
S. 256->266. Konnte Verf. hier auch kaum aus eigener Er-
fahrung urteilen, so hat er doch an der Hand der maßgebenden
Literatur und auf Grund persönlicher Hitteilungen die wesentlichen
Zöge des Unterrichts auf den drei Stufen dieser Anstalten richtig
gezeichnet. Und schließlich fordern wir die methodische Durch-
dringung und Sichtung des Stoffes, die einheitliche Arbeit des
Lehrerkollegiums, die psychologische Behandlung der Syntax, die an
die Lektüre angeschlossenen Übungen, die zahlreichen Ver-
knüpfungen mit anderen Lehrßchern — alles Bedingungen, welche
die Reformgymnasien zu erfüllen suchen — doch auch für den
lateinischen Unterricht unserer Altgymnasien, so daß nur die
Unterstufe der Reformanstalten, der Anfangsunterricht besonders,
nit ihrem schnelleren Vorwärtsschreiten der reiferen Schüler eine
andere Methode Terlangt.
In dem anerkennenden Urteil über die Arbeit der Reform-
anstalten stimme ich mit Dettweiler überein und habe dem in
meiner neuen Bearbeitung des Abschnitts „Lateinischer Unter-
richt'' in W. Reins Enzyklopädie der pädagogischen Wissen-»
Schäften 2. Auflage Ausdruck geben. Ich bedauere nur, daß mir
im Februar 1906, wo ich jene Arbeit zu erledigen hatte, Dettweilers
neue Auflage noch nicht vorlag. So mußte ich an zahlreichen
Stellen mich an die 1. Auflage halten, während es ein wesentlicher
Vorteil gewesen wäre, auf die 2. Auflage Bezug zu nehmen. Dem
Leser beider Arbeiten wird unsere grundsätzliche Übereinstimmung
in den wichtigsten methodischen und didaktischen Punkten nicht
befremden. Sie erklärt sich aus dem oben Gesagten. Und dazu
kommt noch eins. Ebenso wie Dettweiler im Laufe der Zeit von
H. Schillers allmählich bis zu seinem Tode sich verschärfenden
realpädagogischen Grundsätzen etwas abgerückt ist, habe ich mich
bemüht, H. Schillers allzu schroffe realpädagogisclie Ansichten,
wie sie in der ersten Bearbeitung für die Reinsche Enzyklopädie
entgegentreten, auf ein eiirägliches Mittelmaß abzuschwächen. Das
war durchaus nötig, denn der formalbildende Wert des Lateinischen
and die Bewertung der Grammatik war bei Schiller zu kurz ge-
kommen. Dettweiler nun läßt den Übersetzungsübungen ins La-
teinische volle Gerechtigkeit widerfahren und scheint auch geneigt,
meinen Vorschlag in Rethwisch' Jahresb. XIX 39 (nicht 89, wie bei
Dettweiler S. 237 irrtümlich steht) zu unterstützen, der dahin geht,
den Abiturienten die schriftliche Obersetzung ins Lateinische zu er-
lassen, dafür aber eine Übersetzungsaufgabe ins Lateinische in der
654 K. Brogmaon, Graodr. d. vergl. Grinitt. d. iodof^. Spr.,
müDlicheo Prfifung zu stellen, nacbdem sie schriftlich einen
lateinischen Text ins Deutsche fibersetzt haben. Solange die Zahl
der alten Gymnasien nicht ganz erheblich, mindestens auf die
Hälfte des jetzigen Bestandes, herabgemindert ist — eine For-
derung, die immer wider gestellt werden muB — , halte ich diesen
Ersatz der Zielleistung für durchaus notwendig; ich wurde aber
auch den gänzlichen Fortfall des lateinischen Skriptums aus der
Reifeprüfung, ohne jeden Ersatz — nicht ffir ein Unglück an*
sehen.
Die Zahl der Lateinlehrer dürfte gering sein, die von diesem
vortrefflichen Handbuche Dettweilers keine Kenntnis haben oder
sich nicht aus ihm haben belehren lassen. Keine Anstalt und kein
Lateinlehrer sollte aber versäumen, die neue Auflage anzuschaffen.
Sie macht sich durchaus bezahlt.
2) Karl Bra^mtno, GrandriB der vergleicheaden Grammatik
der indogermanischeo SpracbeD. Zweiter Baod: Lehre voa
deo Wertformen and ihrem Gebraach. ' I. Teil: Allgemeines. Zo-
aammeDsetzaofl; (Kompoeita). Nomioaletämme. Zweite Bearheitoap
StraBbnrg 1906, K. J. Tröbaer. XV aod 68$ S. 17,50 Ji.
Die zweite Bearbeitung des Brugmannschen Riesenbaues der
vergleichenden indogermanischen Gramamtik schreitet rüstig vor-
wärts. Der erste Band, Einleitung und Lautlehre umfassend,
erschien in 2. Auflage 11 Jahre nach der ersten Auflage bereits
1897 in zwei Hälften 1098 S. stark (28 JH). Nun liegt der
1. Teil des zweiten Bandes vor, gänzlich umgestaltet, selbst der
Titel ist verändert. In der 1. Auflage vom Jahre 1889 lautete der
Titel des zweiten Bandes: Wortbildungslehre (Stammbildungs- und
Flexionslehre). Erste Hälfte: Vorbemerkungen. Nominalkomposila,
Reduplizierte Nominalbildungen. Nomina mit stammbildenden
Suffixen. Wurzelnomina. Jetzt hat die erste Hälfte den oben
angegebenen Titel, während die Bezeichnung „Wortbildungslebre"
wohl den folgenden beiden Teilen des zweiten Bandes vorbehalten
wird. Der zweite Band wird also in der neuen Auflage drei
wahrscheinlich gleich starke Teile umfassen, von denen jeder seine
eigene Paragraphierung und Paginierung haben wird. Es wäre
natürlich gewesen, diese drei Teile fortan als Band H, HI und IV
zu betiteln. Das ging aber deshalb nicht an, weil der Schluß
des ganzen Werkes, Delbrücks Vergleichende Syntax, im Titel
als dritter und vierter Band bezeichnet worden ist und somit un-
liebsame Verwechselungen vorgekommen wären.
Siebzehn Jahre sind also seit dem ersten Erscheinen des vor-
liegenden Teiles verflossen. In seiner Anzeige desselben sagte der
bekannte französische Linguist V. Henry in der Revue. critique
1889, 101 ff.: „Die indoeuropäische Linguistik wird hier ein
Standard work besitzen, von welchem mindestens ffir ein Viertel-
jabrhundert aller Fortschritt auf diesem Gebiete ausgehen muß"«
Er bat nur darin recht gehabt, daß in der Tat Brugmanns Werk
• Dgaz. voQ H. Ziemer. 655
babobrecbend geworden ist. Aber der Portschritt selbst hat sich
so reißend scbnell vollzogen, dafi das Buch nur 17 Jahre
wirken konnte und im Grunde noch nicht einmal so lange, denn
schon nach 15 Jahren sah Brugmann sich genötigt, den Acker
Tdllig anders zu besteUen.
Von dem ganzen ersten Aufbau ist, abgesehen von einzelnen
zum Bau verwandten Formsteinen, einzelnen Beispielen, kaum ein
Stein auf dem andern geblieben. Das Material ist wiederver-
wendet, aber das Gebäude sieht ganz anders aus als frAher. Es
ist ein völliger Neubau, der uns hier überrascht. Man vergleiche
nur den Inhalt beider Auflagen. Die alte Auflage ist also jetzt
nach 17 Jahren entwertet. So kurzes Leben ist heutzutage den
schöpferischen Taten großer Männer der Wissenschaft beschieden ;
sie müssen immer wieder einreißen, um neuaufzubauen. Wer
einmal wie Brugmann einer Wissenschaft durch die finderische
Kraft seines erleuchteten Genius neue Bahnen gewiesen, der muß
von dem Tage an, wo er stolz auf die vollendete Schöpfung seines
Geistes blickt, sofort von neuem an die Arbeit gehen. Ist das
Haus fertig, so stellen sich erst die Mängel heraus, und wer am
Wege baut, bat viele Meister, die mit der zersetzenden Kritik das
Werk der Zerstörung beginnen. So wird ein Stein nach dem
anderen herausgebrochen. Inzwischen schreitet die Wissenschaft
selbst rastlos fort — und nach wenigen Jahren ist eine Neugeburl
gerade der größten und kostspieligsten Werke notwendig.
Durch die einschneidende Umarbeitung ist dieser Teil äußer-
lich starker, innerlich besser geworden. Was den Umfang an-
belangt, so genügt die Bemerkung, daß den 436 Seiten der 1 . Auf-
läge hier 688 der 2. Auflage entsprechen. Diese Vermehrung ent-
stand nicht etwa bloß durch Erweiterung der einzelnen Kapitel
und Abschnitte der 1. Auflage, sondern der ganze Inhalt und die
ganze Darstellung ist eine andere geworden. Wir zögern nicht,
der neueren Arbeit den Vorzug zu geben. Sie entwickelt in
wohlgeordneter Übersicht und vortrefflicher Gliederung, zugleich
gesprächiger und in ruhigem Verweilen, aber darum weit ein-
leuchtender und Terständlicher vieles, was froher nur oberflächlich
angedeutet oder in einem Winkel versteckt war. Anderes, was
früher gar nicht zur Sprache kam, wurde neu eingefugt. So
sind eine Menge neuer Abschnitte zum großen Vorteile des Werkes
hinzugefügt worden. Eine kurze Übersicht ober den Inhalt der
mehr allgemeinen Teile, welche etwa die ersten beiden und das
letzte Siebentel des Buches einnehmen, mag dies bestätigen.
Hier war in der 1. Auflage von Vorbemerkungen, von
nominaler und pronominaler Stammbildung und Flexion mit den
Unterteilen : Nominale Zusammensetzung (Nominalkomposita),
Bedeutung der Zusammensetzungen, reduplizierte Nominalbildungen,
Nomina mit stammbildenden Suffixen im allgemeinen die Rede.
Diese wenigen Teile verschwinden gegen die Fülle dessen, was die
656 K* BrDgmtDO, Gr aodr.4. vgl Gr. d.iodof. Spr., tgz. v. H. Ziener.
neue Auflage an ihrer Stelle bietet. Die Aufzählang der Teile
Dimmt im Register S. XI und XII allein zwei Seiten ein und
verbindert uns so, sie zu wiederholen. Doch einzelnes wenigstens
mag aus dem reichen Inhalte yerraten werden. Gerade hier zeigt
sich die philosophische Kraft und das logische Talent des Brug*
mannschen Geistes im glänzendsten Lichte, z. B. in den geist?ollen
und glücklichen neuen Begriffsbestimmungen von Satz, Wurzel
und Basis, Wurzeldeterminativ und Formans, Formans und
Kompositionsglied u. a., während in den mittleren Teilen des
Buches, wo die stammbildenden Formantien, vokalische und
konsonantische, abgehandelt werden, mehr die liefe üurdidringung
des Stoffes, das scharfe und sichere Urteil ia den schwierigsten
Problemen und die überwältigende Fülle der Unterlagen und Belege
aus allen Spraclien, ein beredtes Zeugnis der umfassenden Kennt-
nisse des weitblickenden Forschers, gerechte Bewunderung erregen.
Daß die Lehre von der Wortbildung gegen die Lehre vom
Wortgefüge und Satze nicht überall fest abzugrenzen ist, sagt Verf.
gleich im Anfange. Er betrachtet deshalb Satz und Wort in ihrem
Verhältnis zu einander und schlägt für den Ausdruck „Sätze'* den
besseren „Aufierungen einer Gesamtvorstellung'' vor. Da nun die
Menschen nicht in Wörtern, sondern in Sätzen reden, so sollte
von Rechtswegen eine wissenschaftliche Darstellung nicht vom
Worte, sondern vom Satze ausgehen. Aber den Anfang hiermit
können nicht die vergleichenden Grammatiken, sondern nur die
einzelsprachlichen machen; dort beherrschen Wort und Einzel-
form noch immer die Darstellung, und man wird die großen
Vorteile, welche für die Übersichtlichkeit und leichte Orientierung
durch das Ausgehen vom Wort entspringen, nicht gern preisgeben«
Aber auch die wissenschaftlichen Einzelgrammatiken gehen aus
gleichem Grunde gewöhnlich nicht vom Satze aus. Es hat sogar
wissenschaftliche Grammatiken gegeben, die diesen Titel führten,
ohne die Lehre vom Satze überhaupt zu enthalten. Das Brug-
mannsche Werk trifft dieser Tadel nicht; es ist durch die Syntax
von B. Delbrück in mustergültiger Weise vervollständigt worden.
Aber auch die Semasiologie, die Lehre von der Bedeutung der
Wortformen, die auch zu den syntaktischen Partien gehört, kommt
zu ihrem Rechte und zwar in diesem Teile S. 582 bis 686. Hier
werden Form und Gebrauch der Substantiva (Konkreta, Abstrakta
und Kollektiva), der Adjektiva und der Deminutiva nebst Hypo-
koristika, Amplifikativa und Deteriorativa behandelt.
Nach einer kurzen Betrachtung der Begriffe Simplex und
Kompositum kommt Brugniann auf S. 5 ff. auf Wurzel» AfGx oder
Infix. Die Affixe und ihre Teile Suffixe und Präfixe, sodann das
Infix -9te', -n- faßt Brugmann in diesem ganzen Werke fortan
unter der glücklichen und treffenden Bezeichnung „Formantia^
zusammen. Wo also beispielsweise in der 1. Auflage von Suffixen
die Rede war, steht hier überall „das Formans 3= eleipentuv
Die Komödien des P. Tef entias, «igez. vob M. Niemeyer. 657
fefinaii8'\ wie schon in in des Verf. Kttrxer vergleichefiden Gram-
fflatik. So wird die Darstellung der Nominalstamme nach diesen
Formantien gegliedert S. 120—582: es werden also vokaiische
Formantia, m- und n-, r- und I- Formantia, Formantia mit
labialem, dentalem und gutturalem Verschlußlaut und s-Formantia
QDterscbieden. Was ist nun Basis? Es ist ein VITortstGck wie
gau- (zu gignere), das bezüglich der Ahlautverhältnisse als eine
lautliche Einheit sich darstellt Wurzel wie Basis sind grammatische
Abstraktionen, jene einsilbig, diese mehr als einsilbig. Ein Wurzel-
determinativ ist z. B. -s-, -m-, -p- in trese* zittern bezw. tremi-^
frept" (lat. trepidus). „SufBr' und „Infix" werden also vom
Verf. nicht mehr gebraucht. Er erörtert dann Motive und Arten
der Wortbildungsvorgänge, wie z. B. Analogiebildung, Neu*
schö(^ng und Umbildung, vorwärts und rückwärts schreitende
Ableitungen. Die Ellipse wird durch Lautentziehung verdeutscht;
zu ihr gehören die Kurzformen, während die Koseformen zu den
GefUilslautuDgen gezählt werden. Es folgt Doppelung oder
Reduplikation als Wortbilduogsmiltel, ferner der sog. Sup-
plelivismue, wie er in niiit, fui; ferOy lull, latum vorliegt. Das
nächste Kapitel ist der Zusammensetzung in allen ihren Arten,
das 4. Kapitel der Geschichte der Nominalkomposita gewidmet.
Dann wird im Mittelleile des Bandes das große Heer der Nominal-
stimme oiit ihren oben genannten Formantien eingebend be-
handelt.
DaB überall die neueste Literatur zugezogen worden ist, die
Brugmann wie kaum ein anderer beherrscht, braucht nicht erst
gesagt zu werden. Audi daß die lateinischen und griechischen
Wortformen und ihr Gebrauch reichlich bedacht sind, haben wir
schon in unserer Anzeige der 1. Auflage in dieser Zeitschrift 1890
S. 358—361 bemerkt
Kolberg. H. Ziemer.
Die Komodiea des P. Tereotias erklart von A. Spetgel. Zweites
Bändehen: Adelphoe. Zweite Auflasse. Berlia 1905, Weidnannsche
Biichhaodlong. 221 S. 8. 2,20 w^.
Nach C. Bardts entzückender Verdeutschung der Adelphi vom
Jahre 1903 und nach der Neubearbeitung der Ausgabe Dziatzkos
durch Robert Kauer (Wien) ist diese pädagogische Charakter*
komodie des literarischen Freundes des großen Kartbagozerstörers
wieder in den Vordergrund des Interesses getreten. Sie wurde
bekanntlich mit der Hecyra an den Leichenspielen des Pydna-
siegers aufgeführt, die dessen Söhne Fabius und Scipio veran-
stalteten.
Andreas Spengel hat erst nach 25 Jahren seine Ausgabe er-
neuert. Es ist die letzte Arbeit des scharfsinnigen und geistvollen
Mannes, und die letzte Arbeit Oskar Seyfferts, des gröBten
Kenners des Sprachgebrauchs der römischen Komödie, dessen Tod
ZmtMkr. f. d. OjmiuMiftlweMD. LXI. 8. 9. 42
658 D>« RoBödiea des P. Terentiasy
wir DUD auch aufs tiefste beklageoi war eine verdiente Aoerkennung
dieser hervorragenden Leistung (B. philoL WS. 1906 Sp. 490 ff.).
Das Bach ist fast um 100 Seiten stärker geworden, obgleich der
gelehrte Zitatenpomp möglichst eingeschränkt ist. Statt einer Ein-
leitung findet sich jetzt ganz modern in anmutigster Darstellung
ein Nachwort über Handlung und Charaktere der Komödie, ferner
über die Bedeutung der Personennamen, Kontamination des Stückes,
Abweichungen vom griechischen Original, Einteilung der Akte.
Nach jeder Szene gibt Sp. eine genaue Zergliederung des Inhalts.
Auch der kritische Anhang ist ausführlich und sehr lesenswert,
geradezu erlösend wirkt z. B. nach all den Übertreibungen die
nüchterne Behandlung der sogenannten Verkürzung durch Ton-
anschluß zu Vs. 268.
Kauers und Spengels Adelphi ergänzen sich aufs glücklichste.
Bei Kauer erwischt man nicht selten ein nützliches Zitat aus der
einschlägigen Literatur, bei Spengel freut man sich, von den
Stampini, Fabia, Pessoneaux, Psichari, Poussielgue nicht allzuviel
zu vernehmen. Verstimmt jener durch die neuausgegrabene,
schauderhafte Interpunktion des louiales, bei Spengel hat man*s
hübsch bequem und modern. Ober reichliche Synizese, pyrrhicbi-
sches tiempe, iUe u. dgl. vertritt Sp. die älteren Ansichten, während
Kauer wie Hauler und Lindsay unter Skutschs Banne steht, be-
teuerndes tum weist Sp. ab. Die metrische Gestaltung des
Kantikums ist in beiden Ausgaben sehr verschieden und weder
hier noch da zum glücklichen Abschluß gebracht. In Kritik oder
Erklärung stimme ich z. B. 17 tUt, 38 ammum, 44 Interp., 191 id
zu streichen, 199 f. Umstellung, 225, 259 homitii nemmt, 264,
284 es, 288 Personenvert., 313 Metrum, 358 Interp., 397 coeperei,
404 Adorhut, 439 est hercte. nah, 481 Interp., 495, 507 fhmi,
511 ff. gut verteidigt, 774 potasti, 891, 996 üpus factost mit
Spengel, 117 ff. Interp., 173 caue$, 392 Danea ae, 442 Aomo
antiqua^ 452 pater eins, 604 dixti, 947 Hegio und sonst oft mit
Kauer. Erfreuliche Übereinstimmung herrscht jetzt z. B. 223, 232,
405. Im einzelnen sei das Folgende bemerkt. Vs. 55 f. Nach
Vahlens Interpretation sollte die Oberlieferung aut audebil (Sp.
audacter) nicht mehr beanstandet werden. Dem gewohnheits-
mäßigen Betrüger des Vaters wird zum Geringeren herabsteigend
der Sohn gegenübergestellt, der sich's auch nur mal gelegentlich
erlaubt, getraut hat seinen Alten zu beschupsen. Auch dieser
wird, da er ein heiliges Empfinden verletzt hat, Fremden gegen-
über wenig heikel und ängstlich sein. Das kahle audebit (tX^trera^)
bringt, sollte ich meinen, den Gedanken ausreichend zum Aus-
druck. — Vs. 83. Richtig bat Spengel Ritschis Lesung aufgegeben,
aber das naheliegende sit et für stet befriedigt gar nicht und ist
viel zu matt. Den Sinn hat Seyffert a. a. 0. Sp. 491 getroffen:
„wo Aeschinus solche Sachen macht*'; hoffentlich habe ich die
richtige Form gefunden: Ragas me, übt nobis Aeschinus samt, piid
Barran, Hift.de la Revolution frao^tise, tgz. y. Wershoven. 659
tristü ego 9im? Der Dativ wie Rud. 825 Ita nunc mihi utrumque
soiuit, et terra et mare. Von Personen wird saeuire gebraucht
Plaut. Bacch. 408, Cas. 647, Epid. 658, Truc. 896, Ter. Andr. 868
ne saeuü Die Verschreibung von siet für seuit liegt nicht so fern,
and das Wort findet in Vs. 185 Egon debacchatus sunt autem an
tu m me? eine Stutze. Die folgenden Worte dixin hoc fore? hat
Micio beiseite gesprochen. — Vs. 607 wird das überlieferte claudier
vielleicht geschützt durch das freilich auch beanstandete ulf^dov-
Xoviksvok Eurip. Heracl. 1288, wo Herkules nach dem Kindermord
Yhi(S(Sfiq mxQOtg xivxqokCi Vereinsamung fürchtet. — Vs. 971
hat schon Lachmann Lucr. p. 116 gratum vorgeschlagen. — Vs. 981
tftoc «tlriM heißt „um so viel billiger'^ mit Hinweis auf Worte des
Angeredeten. Bezieht man den Ausdruck auf reidet tibi cito, so
ist er höhnisch gemeint, weil Mirio an eine schnelle Rückgabe
nicht glaubt, wogegen dann Aeschinus wie Syrus Einwendungen
machen. Geht er auf Demeas Bitte, so will Micio sagen: „um
deinen Vorschlag wohlfeiler*', „das ist mir zu teuer'*: cetera im-
pelrasti, istud non dabo. Der Ausdruck ist aus dem Gebiet des
Handelns und Feilschens entlehnt. Formelhaft ist auch Quid
istic? 133. 350. 956, wo Sp. jetzt ganz wunderlich quid? istic
trennt trotz der metrischen Bindung. Es ist nichts anderes als
Quid faciam?, nur wird mit istic der Standpunkt des Partners
berührt. Was läBt sich bei deiner verkehrten Ansicht, bei deinem
Eigensinn oder auch bei deinem Unglück erwidern, tun oder
durchsetzen? Übrigens ist Vs. 350 accedo, ut melius dicas einfach
unlateinisch, ich begnüge mich mit Bentleys Quid istic? cedo^ ut
melius dicas. — Zu Vs. 987 ex uera uita kann man jetzt die
emendierten Verse Plaut. Asin^ 701 si u/erum quidem et decorum
und Cas. 313 a uero libertate territas heranziehen. Endlich will
ich daran erinnern, daß Vs. 263 nur der Hiat das vortreffliche
amcrem verdächtigt und daß die Überlieferung uah sich mit apo-
kopiertem restare (?) halten läßt.
Spengels Freund M. Rot tm anner hat das Schifflein, als der
treffliche Kapitän dahinsank, getreulich in den Hafen gesteuert —
XccQiy %s fAVQtay ddqonv ex».
Potsdam. Max Niemeyer.
Birrta, Bistoire da la Rivolntioo fraa^aiaa (1789—93). Haraoa-
ge^ebea von Max Pfeffer. Leipzi^p 1907, G. Frey tag. 120 S. 8.
1,20^.
Die Bistoire de la Rivolution frangäise von Barrau, ein emp-
fehlenswerter Lesestoff*, ist mehrfach für Schulen herausgegeben
worden. Die vorliegende Bearbeitung schließt mit dem Tode
Ludwigs XVL, gibt aber, indem der Originaltext mit Rucksicht
auf den Umfang des Buches verkürzt wird, eine zusammenhängende,
fortlaufende Darstellung der Zeit 1789—93. Dieses Verfahren
scheint mir empfehlenswerter als dasjenige anderer Herausgeber,
42»
660 E. Koatke, Lehrbuch der Gesehichta«
welche einzelne Kapitel herausgreifen Und den Zusammenhang
durch ergänzende deutsche Erzählung in den Anmerkungen her-
stellen. — Die Anmerkungen sind gut. Einige Zusätze (z. B. über
intendanceSy mbdiUgiüions) wären erwünscht. Es sind mir nur
wenige kleine Versehen aufgefallen: ein juge de paix ist in jedem
canton; der Pant-Taumaut ist nicht die jetzige Brücke pwU de la
Concordey sondern führte vom Eintracbtsplalz in den Tuilerien-
garten.
Losheim. F. J. Wershoven.
Bmil Roatke, Lehrbveh der Gesehichte f«r obere Klteean
höherer Leb riBstaiten. Drei Teile. Teil K: ASmische Kaiser*
zeit. Deutsche Geschichte bis xam Ende des DreiBigjthrigea Krieges
(Lehraafgsbe der Uoterprisiia). Haonover oad Berlia 1906, Karl
Meyer (Gastar Prior)« VIII a. 290 S. gr. 8. 2,50 JC.
Mit dem vorliegenden Lehrbuch beschert uns Knaake den
2. Teil seines Geschieh tswerkes für die oberen Klassen, dem
hoffentlich bald auch der 3. Teil folgt, womit die Arbeit ihren
Abschluß findet. Es ist eine dankbare Aufgabe für den Bericht-
erstatter, derartige Werke zu besprechen; denn ohne Obertreibung
kann er sagen, daß ihm selten die Lektüre eines geschichtlichen
Lehrbuches einen solchen Genuß verschatTl hat wie die des
Knaakeschen, und er kann das Urteil nur wiederholen, das er bei
Besprechung des 1. Teiles in dieser Zeitschrift (1905 S. 431 if.)
ausführlich begründet hat. Die Auswahl und Anordnung des
Stoffes, die Art der Darstellung, die Verwertung neuester For-
schungen, die geschickte Anwendung von Gedächtnishilfen, die
nochmaligen kurzen Zusammenfassungen am Ende größerer Ab-
schnitte u. a. heben das Werk so hoch, daß es dem Besten, was
wir auf dem Gebiete geschichtlicher Lehrbücher haben, getrost an
die Seite treten kann. Nur eins erregt von vornherein bei der
Betrachtung des Buches im allgemeinen gewisse Bedenken, das
ist der stattliche Umfang. Daß das Pensum der Unterprima durch
Aufnahme der römischen Kaisergeschichte gegen früher eine starke
Mehrbelastung erfahren hat, die ertragen werden muß, unterliegt
keinem Zweifel, daß ferner den zustandlichen Betrachtungen in
den modernen Lehrbüchern ein großer Baum zugestanden wird,
ist durchaus zu billigen, daß endlich der Stil nicht gar zu
lapidar und trocken ist, sondern verständlich und zusammen-
hängend dahinfließt, ist eine der ersten Forderungen die an ein
Schulbuch zu stellen sind; um so mehr muß der Verfasser solcher
Bücher auf Beschränkung in anderen Dingen bedacht sein, und
da scheint Knaake noch mehr Entsagung üben zu müssen; wo,
in welchen Partien des Buches, das kann wohl getrost seinem
pädagogischen Takte und seiner reichen praktischen Erfahrung
anheimgegeben werden: dem Berichterstatter scheinen jedenfalls
an einzelnen Stellen der deutschen, aber auch besonders in der
angez. y. G. Reinkardt. 661
ausländischen Geschichte Körzungen am Platze zu sein; in der vor-
liegenden Form ist jedenfalls das sonst Torzögliche Werk als
Lehrbuch zu umFangreich und innerhalb eines Schuljahres nur in
Gewaltmärschen zu erledigen, wenn auch vielleicht einzelne Stellen
von vornherein nur als Lektüre der Schüler, ohne eingehendere
Behandlung im Unterricht, dienen sollen. Auf keinen Fall aber
dürfen die kunstgeschichtlichen Erörterungen gekürzt werden;
denn gerade in der ausführlicheren Behandlung der Kunst-
geschichte erblicke ich einen der Vorzüge des Buches, und ich
maß gestehen, daß ich z. B. die Entstehung des christlichen
Kirchengebäudes, das mit Recht nicht aus der altrömischen
Basilika, sondern aus dem Privalhanse abgeleitet wird, nirgends so
klar geschildert gefunden habe wie bei Knaake. Nur dann dürfte
auch hier gestrichen werden, wenn etwa an der Anstalt neben
dem Lehrbuche noch ein Bilderatlas mit Text ofOziell eingeführt
ist, wie z. B. der Luckenbachsche, der soeben in seinem 2. Teile
„Abbildungen zur Deutschen Geschichte*' in 2. Auflage erschienen
ist und sicherlich mit derselben infolge zahlreicher Verbesserungen
und Vermehrungen namentlich im Gebiet der Renaissance zu den
alten Freunden neue gewinnen wird. Ich persönlich ziehe diesen
Zustand — neben dem Lehrbuch ein Bilderatlas — , in vieljähriger
Praxis erprobt, vor; denn die Abbildungen sind im Geschichtsunter-
richte doch nicht zu entbehren, sie aber ins Lehrbuch aufzunehmen,
ist auf keinen Fall zu billigen. So würde denn vielmehr ein
großer Teil des kunstgeschichtlichen Textes dem Atlas zugewiesen
und dadurch das Lehrbuch entlastet werden können. Doch das
ist Zukunftsmusik, nach dem Lehrbücherverzeichnis der einzelnen
Anstalten zu schließen, hat sich der Gedanke, ein besonderes
Heft mit Abbildungen neben dem Geschichtsbuche zu benutzen,
noch nicht weit durchgerungen, und so müssen denn auch vor-
läufig noch die Lehrbücher mit breitem kunstgeschichtlichen Text
versehen sein. Dagegen scheint mir, bei aller Vorliebe für die
zuständliche Geschichtsbetrachtung, Verf. auch zuweilen zu
▼iel kulturgeschichtlichen Stoff zu bieten, namentlich in der Be-
handlung der geschichtlichen Literatur: Namen wie Hermann
von Reichenau, Lambert von Hersfeld und Otto von Freising muß ein
Primaner natürlich kennen lernen, dagegen dürfte die Bekannt-
schaft mit einem Wipo oder Ligurious oder Otto von St. Blasien
u.a.m. nicht zu verlangen sein (S. 137f.); anderseits waren die
wichtigen Kulturperioden von Hallstatt und La Töne wenigstens
kurz zu erwähnen — wozu vielleicht S. 29 Gelegenheit war — ,
ebenso wie der Sachsenspiegel (etwa S. 129).
Mit der Verteilung des Pensums der Unterprima auf vier
Zeiträume — 30 v. Chr. bis 843 n. Chr., bis 1273, bis 1493,
bis 1648 — kann man sich wohl einverstanden erklären; inner-
halb derselben ist der Stoff in zahlreiche kleinere Abschnitte, die
^eder aus einzelnen mit passenden Oberschriften als Inhaltsan-
6^2 ^' Koatke, Lehrbuch der Geschieht«!
gaben versehenen Absätzen besteben, zerlegt; dadurch wird die
ganze Darstellung übersichtlich und Stichworte am Rande, wie
man sie sonst liaufig angewendet findet, entbehrlich; nur Zahlen
sind am Rande aus dem Texte wiederholt und noch einmal am
Ende des Buches in einer Zeittafel zusammengefaßt, wo aber
viel mehr als am Rande stehen — und mit Recht; denn die
Ranfdzahlen sind sehr wenig zahlreich und keineswegs immer die
wichtigsten, während diese oft fehlen, so daß es unmöglich war,
ein bestimmtes Prinzip des Verfassers bei der Auswahl der Rand-
zahlen zu erkennen. Das ist unzweifelhaft ein Mangel, dem in
der neuen Auflage abgeholfen werden muß; denn Rand- und
Zeittafelzahlen mftssen übereinstimmen (vgl. dazu z. B. den Ab-
schnitt über Friedrich 1., wo 1176 Schlacht bei Legnano ebenso
wie 1158 — 1162 2ter Römerzug am Rande fehlen, während das
weniger wichtige 1160 Konzil in Pavia sich vorfindet — und in
der Tabelle stehen sie alle 3). — Zahlreiche Anmerkungen unter
dem Texte suchen die Darstellung zu verdeutlichen: es werden
darin fremdartige Ausdrücke erklärt, wie z. B. Minaret, Stalaktiten,
Alhambra, Schultheiß u. a., oder deutschen Bezeichnungen der
fremde Ausdruck hinzugefügt, wie Feod s= feudum, Hufe s=
mansus, Marschalls marescalcus, oder die geographische Lage von
Orten näher bestimmt; das ist überaus lobenswert und kann den
Wert des Buches nur erhöhen, manchmal scheint freilich nament>
lieh in letzterer Beziehung des Guten zuviel getan, denn z. B. zu
wissen, wo Puy liegt (S. 103), oder daß Amöneburg an der Ohm,
einem Nebenflüßchen der Lahn, und Eichstätt 22 km nordöstlich
von Ingolstadt zu suchen ist (S. 58), ist doch nicht von Belang,
während z. B. bei Schiiten, Mohammed (S. 47), Grundholden und
AUod (S. 66) die Erklärung vermißt wird. — Zahlreiche Über-
sichtstafeln deutscher und ausländischer Fürstengeschlechter sind
nicht in das Lehrbuch selbst aufgenommen, sondern gesondert
angehängt. Bei der Ausführlichkeit, die Verf. hier anwendet, ist
das durchaus gerechtfertigt; wohl aber wäre zu erwägen, ob hier
nicht bedeutend gekürzt und dann die betreffende Tafel an ihrer
Stelle im Text eingefügt werden könnte; hier dürfte sie mehr
Nutzen stiften, als wenn sie erst unter vielen mühsam hervor-
gesucht werden muß.
Daß in dem vorliegenden Buche die Resultate der neuesten
Forschungen zum Ausdruck kommen und daß der Verfasser in
zweifelhaften Fällen sich vorsichtig ausdrückt, ist selbstverständlich.
So kennzeichnet er das Verhältnis des Landes zwischen Rhein
und Elbe zu Rom nach den erfolgreichen Kämpfen des Tiberius
sehr gut dahin, daß es als unterworfen gelten konnte (S. 5)
— tatsächlich unterworfen war es wohl nie; denn die Römer
hatten in diesen weit ab vom Rheine liegenden Gegenden eben
nur so lange Einfluß, wie sie mit Heeresmacht dawaren. — In
seine Rechte eingesetzt ist der Vertrag von Mersen 870 (S. 69),
to^ez. foo G. Reinhardt 663
der doch in seiner Bedeutung dem von Verdun nicht viel nach-
steht und trotzdem z. B. von dem weit verbreiteten Geschichts-
buch von Neubauer übergegangen wird. — Die Wallfahrt Ottos Hl.
nach Aachen zur Öffnung des Grabes Karls des Großen wird, als
dem Reiche der Fabel angehörig, nicht erwähnt. — Besonders
angenehm berührt die Behandlung des Auftretens Gustav Adolfs
in Deutschland und der Zerstörung Magdeburgs, das ,,durch
furchtbare Brände, von Freund und Feind angelegt, zerstört wird*'
(S. 242). — In anderen Fällen freilich läßt sich über die Auf-
fassung streiten, und zuweilen sind wohl offenbare Irrtümer, wie
das ja gar nicht anders sein kann bei einer derartigen Arbeit, mit
untergelaufen. Ob z. B. Wallenstein das wenn auch erzwungene
Recht besaß, selbständig den Reichsfärsten Friedensbedingungen
zu bieten (S. 244 oben), scheint nach der neuesten Unter-
suchung von Ritter (v. Sybel, Bist. Zeitschr. Bd. 97 S. 237 ff.)
zweifelhafler als zuvor; wahrscheinlich hat es für solche Unter-
handlungen immer einer besonderen Vollmacht bedurft (a. a. 0.
S. 264). Ebensowenig ist ihm wohl der „alleinige und un-
beschränkte Oberbefehl'* eingeräumt worden (S. 243 unten): so-
lange Wallenstein das Vertrauen des Kaisers besaß, konnte er
freilich nach Belieben schalten; als dies aber nicht mehr der Fall
war, da griff der Kaiser durch direkte Befehle auch an die Unter-
feldherren ein, ohne daß ein Zweifel an dem Rechte des Kaisers
zu solchen Befehlen in der Korrespondenz zwischen Wsllenstein
und dem Kaiser laut geworden wäre (v. Sybel a. a. 0. S* 2^ 1). —
Der Statthalter von Ägypten hieß nicht procurator, sondern
praefectus (S. 2); allerdings war für die Rechtsprechung in
Alexandria ein eigener kaiserlicher Prekurator eingesetzt. — Von
Germania soperior und inferior als römischen Provinzen kann man
erst seit ca. 90 n. Chr. Geb. reden, vorher gab es ak Verwaltungs-
bezirk nur eifi Germanien, allerdings mit einem „oberen und
untm^eB Heer'^ (S. 8; vgl. dazu Koepp, Die Römer in Deutschland,
S. 70 f.). —^ S. 98 unten heißt es, daß die Fürsten unter
Heinrich IV. die Niederdrückung des Königtums in ein Wahl-
königtum erstrebten; eigentlich ist Deutschland auch vor dem
Interregnum nie etwas anderes gewesen, denn selbst unter den
starken Herrschergeschlechtern, die die Krone längere Zeit fest-
halten, geht das nie ohne eine gewisse Mitwirkung der Großen.
— Ob die Zusammenkunft Friedrichs I. mit Heinrich dem Löwen
in Partenkirchen (S. 111) und nicht vielmehr in Cbiavenna statt-
fand, steht noch nicht fest. — Wenn von der Bedeutung des
Lateran konzils im Jahre 1215 gesprochen wird, darf nicht ver-
gessen werden, daß hier die Lehre von der Transsubstantiation
und der Ohrenbeichte fixiert wird (S. 118). — Die landläufige
Erklärung von Weichbild ist allerdings = Ortsrecht (S. 131);
nach anderen ist bild = Pfahl, so daß wir dann auf die Be-
deutung „Ortszaun*^ kommen, was ja auch Sinn bat. — Der
gg4 E. KDtake, Lehrbuch der Geschichte,
Handel Chinas und Indiens ging nicht nur über Alexandria und
Konstantinopel (S. 132), sondern auch über Nowgorod. — Die
Hohenzollern traten nicht erst 1415 in den ReichsfCirstenstand
* (S. 165), fielmehr war die reichsfürstliche Würde schon Friedrich V.
1368 durch besonderes Privileg zuerkannt. — König Sebastian
▼on Portugal fallt schon 1578 (nicht 1580, S. 222), sein Oheim
regiert dann noch bis 1580, worauf das Land von Spanien
erobert wird. — Die englische Gemahlin des Hohenstaufen
Friedrich II. heiSt nicht Elisabeth (S. 263), sondern IsabeUa. —
Der Friede zu Venedig ist 1177, nicht 1176 (S. 278), der Beginn
der Hussitenkriege 1419, nicht 1414 (S. 282).
Manchmal wird es nur einer geringen Änderung im Ausdruck,
der im ganzen korrekt und der Oberstufe, für die das Buch be-
stimmt ist, angemessen erscheint, bedürfen, um die Darstellung
noch klarer und verständlicher zu machen. Hierher rechne ich s. B.
die Mitteilungen über den Vertrag von Tribur 1076 (S. 96): aus
den Worten „sie luden den Papst ein, einem Reichstage zu Augs-
burg beizuwohnen** geht noch keineswegs hervor, daB dem Papst
als dem Leiter dieses Reichstags tatsichlich die Entscheidung aber die
Regierungsfäbigkeit des Kaisers übertragen wird. — S. 99 konnte
bei den Worten, daß die Leiche Heinrichs IV. 5 Jahre in einer
Seitenkapelle des Domes zu Speyer stand, hinter „einer^* bei-
gefügt werden „ungeweihten**. — S. 121 findet sich eine
Tautologie „auch die Reichsfürsten erstrebten ebenfalls*'. —
Was sollen die Worte bedeuten „seit dem Niedergange der
Staufer gab es keine einheitliche Macht mehr in Italien*' (S. 155)?
Einheitlich, das heißt einig, war doch Italien auch unter den
Staufern nicht. — Eigenartig liest sich S. 144: Als der letzte
Karolinger „ins Grab gelegt war**, wählten die Großen . . • . ;
warum dafür nicht einfach „gestorben war**? — DaB der Gewinn
Tirols für die Witteisbacher durch die Verheiratung Ludwigs von
Brandenburg mit Margarete Maultasch nur ein sehr voröber-
gehender war, konnte S. 157 durch Hinzufügung dieses Wortes
angegeben werden, denn schon nach 20 Jahren 1363 vermacht
Margarete das Land nach dem Tode ihres Sohnes Meinhard den
Habsburgem. — Bei der Erbteilung Karls IV. heißt es S. 161:
„Mähren verblieb den Söhnen Johann Heinrichs**; dafür besser
„seinen Neffen^*, denn wer Johann Heinridi war, ist zwar früher
(S. 157) erwähnt, dem Schüler aber wahrscheinlich, da er keine
große Rolle gespielt hat, nicht mehr bekannt. — Daß die
Engländer nach der Thronbesteigung Heinrichs VI. noch Fort-
schritte machen, steht nicht im Gegensatz zur Jugend des Königs
(„trotz der Jugend machten . . . Fortschritte** S. 177), die Fort-
schritte machte eben Bedford. — S. 202 unten muß es wohl statt
„Luther erkannte'* heißen „bekannte'*. — Wenn S. 211 steht,
Anhalt habe 1534 die Reformation durchgeführt, so gilt das nur
für den Dessauer Landesteil; ein großer Teil von Anhalt, nament-
asgez« voB G. Reiahtrdt. 665
lieh wo Wö]fgang, einer d^r ersten Bekennet de« neuen
Evangeliams, herrschte, hat bereits froher die Reformation an-
genommen. Lttther hat 2. B. schon am 18. Mai 1522 in Zerbst
gepredigt, 1525 wurde hier an St. Nikolai ein lutherischer Prediger
angestellt und 1526 das letzte Kloster von den Evangelischen
besetzt. — Nicht so ohne weiteres klar ist der Zusammenhang
in den Worten S. 215 Abs. 3, daB der Kaiser zu dem Zwecke,
die Ketzerei mit den Waffen auszurotten, ein Konzil nach
Trient berufen habe; eigentlich erföUte der Kaiser doch
damit nur eine alte Forderung auch der Evangelischen, ein
deutsches Konzil Aber ihre Lehre entscheiden zu lassen; nach
Kampf sah dabei nur aus, daß er es gerade nach Trient berief,
denn das konnte kaum noch ein deutsches Konzil genannt werden.
— Wenn S. 218 Abs. 3 der Ausdruck „fQrstliche Religiosität"*
auf Moritz von Sachsen bezogen werden soll, so scheint er mir
nicht glucklich ; davon kann wohl bei diesem PArsten keine Rede
sein, er lieB sich in seinem Handeln nur vom krassesten
Egoismus leiten, nicht durch ideale Beweggrflnde. — An 3 Stellen
wird der in seinem Verhältnis zu seiner Gemahlin und seinen
Kindern ganz unnatflrliche Albrecht von Thüringen der „Ent-
artete'^ genannt (S. 153, S. 267, S. 281), warum denn nicht auch
an der 4. Stelle statt „der Unartige" (S. 259)?
Obwohl der Verfasser nach einer Äußerung im Vorwort in
der Anwendung der volleren und kürzeren Endung des Genitive
und Dativs der starken Deklination nach bestimmten Grundsätzen
zu verfahren scheint, so finden sich hier doch noch eine ganze
Menge Ungleichstimmigkeiten oft dicht bei einander. Ich fQhre
einiges davon an: „Reichs" (S. 16 Abs. 1, S. 53 Abs. 6 u. sonst),
„Reiches" (S. 19 Abs. 3, S. 34 Abs. 4, S. 53 Abs. 5 u. sonst), „Kreuz-
zngs" (S. 103 Abs. 3 u. 4). „Kreuzzuges" (S. 107 Abs. 5), „Römer-
zogs" (S. 75 Abs. 4), „EinheiUstaats" (S. 51 Abs. 1), „Einheits-
staates" (S. 52 Abs. 3), „StaaU" (S. 73 Abs. 4), „Könige" (S. 75
Abs. 3), „König" (S. 75 Abs. 6). fnkonzinnitäten anderer Art
sind: „Ansiedlung'' (S. 28 oben), „Ansiedelung" (S. 34 Abs. 3),
„Entwicklung" (S. 65 Abs. 5), „Bntwickelung" (S. 57 oben),
„Herovinger" (S. 52^Abs. 6), „Merowinger" (S. 53 oben), „Ge-
sehichtschreibung" (S. 73 Abs. 2), „Geschichtsschreibung" (S. 85
Abs. 2), „Einhart" (S. 66 Abs. 2), „Einhard" (S. 73 Abs. 2),
„Wiclif^ (S. 150 Abs. 3), „WiclifP* (S. 180 oben). Druclifehler
kommen nicht selten vor; ich habe mir notiert S. 13 Abs. 4
,JLquädukt", S. 17 Abs. 2 „oon" (von), S. 24 Abs. 4 „Arkadus"
(richtig S. 37 Abs. 4 „Arkadius"), S. 25 Rand „415" (Tabelle
richtig „451"), S. 28 unten „d. h." (statt „d."), S. 30 Anm.
„Zcvc", S. 49 Abs. 6. „Lehrmeister", S. 54 Abs. 3 „barbaborum",
S. 71 unten „helsen" (für „helfen"), S. 79 unten „Monmartre",
S. 123 Abs. 4 „über», „entband", S. 125 Abs. 2 „Karls IV" (für
»Kenrads"), S. 136 Abs. 7 „Sachseu", S. 151 unten „kvnnte" (für
066 L* Mickenseo, Lebrbach der Geschichte,
»»
konnte''), S. 158 Abs. 1 „Kurfursl'S S. 182 Abs. 4 „Arogonien'S
S. 188 Anm. 1 fehlt die Klammer« S. 193 Abs. 2 „Aggrippa'% S. 198
Abs. 5 „0]malerei'S S. 199 Abs. 1 „Dreeinigkeit'S S. 206 Abs. 1
„überall'*, S. 213 Abs. 1 „Kolmar'* (für „Kalmar")* Abs. 3 „gezwnngen'',
S. 221 Abs. 1 „Unterwerfnng", S. 222 Anm. 3 „1740" (für
„1640"), S. 225 Abs. 2 „1378" (för „1578"). Das ist gewiß
eine überreiche Menge von Druckfehlern, die wahrscheinlich bei
eifrigem Suchen noch vermehrt werden könnten; namentlich bei
einem Schalbuche ist auch in dieser Beziehung mehr Sorgfalt
anzuwenden ; daß dies nicht geschehen, wundert mich um so mehr,
als ich schon bei der Besprechung des Buches für Obersekunda
zahlreiche Druckfehler gerügt hatte. — Das Komma ist nicht immer
dem üblichen Gebrauche entsprechend verwendet; z. B. fehlt es
wiederholt vor Sätzen mit „und", die ein eigenes Subjekt und
Prädikat enthalten, wie S. 116 Abs. 4 „das Papsttum war befreit
und das stolze Gebäude der staufischen Weltherrschaft brach zu-
sammen", oder S. 121 Abs. 7 „keiner der Fürsten fiel zu ihm
ab und er mußte sich unterwerfen"; überflüssig ist es dagegen
S. 177 „als sowohl der König Heinrich V., als der König Karl VI.
starben".
Sonst ist sowohl der Druck wie das Papier gut. Karten und
Abbildungen fehlen auch diesem Bande, mit Recht; denn die ge-
hören am allerwenigsten in ein Lehrbuch für obere Klassen, dafür
gibt es besondere Hilfsmittel.
Wenn nun auch noch manche Mängel hervorgehoben werden
mußten, so soll doch damit das oben ausgesprochene Lob keines-
wegs beschränkt werden; denn einmal sind diese Mängel zam
großen Teil nur geringfügiger Art, und dann sind sie nur des-
halb so eingehend besprochen worden, um das Interesse des Be-
richterstatters an dem wirklich guten Buche zu zeigen, zu dessen
noch größerer Vervollkommnung er gern einige Beiträge liefern
möchte. Wird dies und jenes von den Ausstellungen in einer neuen
Auflage benutzt, so wird die Lektüre des Buches noch mehr
Freude machen und zu weiterer, verdienter Einführung an höheren
Lehranstalten anregen.
OnAsan. G. Keinbardt.
L. Mack«DS60y Lehrbuch der GeBchiehte för höhere Lehr-
anstalten. Anf Grand der Gehrkeachen Grundrisse der Geachicbte
in Obereinatimmung mit den neuen LehrplMnen verfaßt Wolfenbütiet
1905—6, Julius Zwifiler. V. Obersekunda. 2]5 S. 8. 1,50 Jt-
VI. UnterpriiM. 244 S. 8. 1,50 JL VII. Oberprima. 277 S. 8.
1,60 JL.
Als vor nunmehr 40 Jahren Wilhelm Herbst wagte, mit
seinen drei Heften dem Geschichtsunterrichte ein Hilfsmittel zu
bieten, das an Kürze unerreicht war, wurde sein Versuch mit all-
gemeinem Beifall begrüßt. Lange Jahre bat Herbst den Geschieht^-
togez. v»n Th. Sorgenfrey. 667
Unterricht in den oberen Klassen geradezu beherrscht, und so
mancher Lehrer bat an der Hand des trefflichen Buches viele
Generationen in das geschichtliche Verständnis der Vergangenheit
einfuhren dürfen. Heute ist yielleicht mancher von den Jungeren
erstaunt zu hören, dafi in den ältesten Auflagen die neuere Ge-
schichte mit Yorks mannhafter Tat abschloß. Unter Oskar Jägers
bessernder Hand ist dann auch die Gegenwart berücksichtigt worden,
und jede neue Auflage hat den Umfang etwas erweitert, aus Worten
sind Sätze geworden, aus Sätzen längere Ausführungen, deren Ver-
ständnis leichter war. Die neueren Hilfsbücher bemühen sich im
Gegensatze zu den Grundsätzen des alten Herbst ausführlicher zu
erzählen, durch schöne Form zu locken und das Lesen des Buches
selbst zu einem Genüsse zu machen. Und doch erschweren die
neueren Hilfsbücber hierdurch nicht geradezu den Unterricht?
Sind denn die Lehrer um so viel tüchtiger geworden, daB sie mit
ihrem lebendigen Worte dem gedruckten die Spitze zu bieten ver-
mögen? Es kann die Besorgnis nicht unterdrückt werden, dafi
der Lehrer um so leichter zurücktritt, je mehr das Lehrbuch sich
in den Vordergrund drängt. DaB wir heute unsere Schüler bis
zur Gegenwart fähren, daß wir von den wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnissen der Gegenwart in Prima sprechen, verlangen
die Lehrpläne, und so nehmen alle neueren Lehrbücher darauf
Rücksicht So auch die eben jetzt erschienenen für die Ober-
klassen bestimmten Teile des Lehrbuchs, welches L. Mackensen
auf Grund der Gehrkeschen Grundrisse der Geschichte in Überein-
stimmung mit den neuen Lehrplänen verfaßt hat und dessen erste
Teile im LVHL Jahrgänge dieser Zeitschrift 1904 S. 321 f. be-
sprochen sind. Was von den für Quarta, Tertia und Unter-
sekunda bestimmten Teilen a. a. 0. gesagt werden konnte, gilt
auch von Teil V — VII, in denen die L^braufgaben der Obersekunda,
Unterprima und Oberprima behandelt werden. Die Vorzüge, welche
den früheren Bänden eigen sind, treten auch bei den jetzt vor-
liegenden deutlich hervor: scharfe Disposition, klares Hervorbeben
der Hauptsachen und Hauptpersonen, wohl abgerundete DarsteRung,
treffende Charakterisierung von Personen und Zuständen. Natür-
lich schließt sich M. auf das genauste an die preußischen Lehr-
pläne an, sonst könnte seine Arbeit in preußischen Schulen keine
Verwendung finden. Manches ließe sich vielleicht noch anders
gestalten. Es ist doch sehr bedenklich, Obersekundanern von
dem Begriffe, den Anfängen und Quellen der Geschichte zu reden,
wie nach § 1 — V S. If. — H. fordert. Es ist schon nicht ganz
leicht, das Interesse für die orientalische Geschichte zu wecken,
und die auf das klassische Altertum zu verwendende Zeit zwingt
zu möglichster Beschränkung der Einleitung. Vorläufig wird
Griechenland und Rom noch lange der Mittelpunkt der Geschichte
des Altertums für die Schule sein, und ob je ein Lehrbuch der
Geschichte des Altertums unter dem Zeichen Hammurabis in
668 L. Mickenseo, Leiirbacbder 6ese1iiehte|toges.v. Sorge ofrey.
unseren höheren Schulen Eingang finden wird, Erscheint ebenso
zweifelhaft wie die Erfüllung des Wunsches begeisterter Orien-
talisten (Orientalist. Literatur-Zeitung, Jahrg. 10 S. 5), in Quarta
und Obersekunda das erste Halbjahr der altorientalischen Ge-
schichte zu widmen. Zunächst können auch unsere Obersekun-
daner mit der ^berühmten Inschrift von Bagistana* V S. 19 noch
nichts anfangen. Wie M. über Personen und Zustände im allge-
meinen urteilt, dürfte durchgängig gebilligt werden. Auch das
Verfahren in der griechischen Mythologie auf die noch vorhandenen
wichtigsten Statuen ausdrucklich hinzuweisen, ist löblich, wenn
auch Zusätze wie V S. 106 die * bekannte' Statue des Nils mehr
voraussetzt, als durchschnittlich vorausgesetzt werden kann. Mit
gleichem Beifall ist VI S. 26 das scharfe Hervorheben der Haupt-
werke Michel Angelos und seiner Zeitgenossen zu begrüßen. Ob
aber der Schüler Spercheus und Zeus richtig aussprechen wird,
wenn er die Worte nebeneinander stehen sieht? Manches hätte
schärfer gefaßt werden können. Z. B. fand der Ostrakismos (V
S. 53) selbst nicht alljährlich im Frühlinge statt, sondern es wurde
nur alljährlich die Vorfrage an das Volk in der Haupsversammlung
der 6. Prytanie gerichtet, ob es den Ostrakismos angestellt wissen
wollte oder nicht; s. Schoemann, Griechische Altertümer!^ S.424.
Und gelten 2 Obolen, s. V S. 65, nicht vielmehr 25 Pf. statt 26 Pf.,
da doch eine Drachme 75 Pf. wert ist? Bei der Schilderung der
attischen Erziehung V S. 72 f. hätte schon in Rücksicht auf die
Gymnasiastinnen betont werden sollen, daß es sich nur um die
männliche Jugend handelte. Mit den Jahreszahlen der älteren
römischen Geschichte können die Hilfsbücher nicht sparsam genug
sein : für die Schlacht an der AUia z. B. dürfte sich doch nur eine
annähernde Zahl ergeben. Dasselbe möchte auch für manche
andere Zahlen gelten, wie VI S. 20 der Übergang der Sachsen
nach England bestimmt mit 449 angenommen zu sein scheint
Unrichtig ist V S. 153 die Angabe, daß die Aulularia das Vorbild
von Voltaires L'Avare sei, VII S. 26 steht richtig L'Avare unter
Moliöre. Der Angabe VI S. 125, daß die Rolandssäulen als Markt-
zeichen zu deuten sind, wird nicht allgemein zugestimmt werden.
Vielleicht beruht es auf einem Druckfehler, wenn VI S. 237 der
Mörder Wallensteins Dever e ux genannt, wenn VI S. 26 von einem
Edictus Langobardorum gesprochen wird, wie V S. 58 und 63
Xantippus zu lesen steht, während V S. 136 Xanthippus zwar
ein anderer Mann, aber derselbe Name ist. Wenn VII S. 106 von
Friedrichs des Großen Fürsorge für das Schulwesen gehandelt und
dabei erwähnt wird, daß später Seminare geschaffen sind, so ist
das nicht ganz richtig, da ja die zu Köpenick und Halberstadt
Gründungen aus seiner Zeit sind. Ebenso möchte die Angabe
VII S. 137, daß der Präsident von Nordamerika noch einmal ge-
wähl twerden kann, dahin richtig zu stellen sein, daß nach der Ver-
fassung unbeschränkte Wiederwahl gestattet ist. Bei der Be-
HoheDxollern-Jthrbach» tiig«s. vod B. Heydeoreieh. QßQ
sprecbung der französischen Revolution dürfte die Darstellung der
literarischen Grunde doch nicht von der allgemeinen Ausfährung zu
trennen sein, die französische Aufklärungsliteratur hat doch den
negativen Zug der Revolution nie außer acht gelassen und steht
in ihrer zersetzenden Wirkung auf die damalige Generation obenan.
Ohne Einzelheiten an dieser Stelle zu häufen, möchte noch anzu-
führen sein, wie manche Begriffe, z. B. VII S. 12 Navigationsakte,
nicht scharf genug erklärt sind, wie auch der Realschüler mit
dem griechischen Zitate V S. 43 gerade so wenig anfangen kann,
als mancher Gymnasiast dem Zitate VII S. 7 the king can do no
wrong verständnislos gegenüberstehen dürfte, während um seinet-
willen wenige Zeilen vorher petition of right und wenige Seiten
nachher sowohl bill of attainder als auch declaration of rights
übersetzt sind. Ausdrücke, die wie VII S. 233 ^zuriet' und * Ge-
belfer' kaum in ein Schulbuch gehören, fmden sich nur vereinzelt.
Das Lehrbuch von H, bietet nach jeder Seite, was ein gutes
Hilfsboch bieten soll, nach einer Seite vielleicht mehr als andere.
Das Lehrbuch fordert in seiner Ausführlichkeit ganz besonders
fleißige Schüler und Lehrer: der erstere wird der Vorbereitung
und Wiederholung tüchtige Arbeit widmen müssen, wenn er seiner
Aufgabe wirklich gerecht werden will, und der letztere wird durch
die scharfe Gliederung und abgerundete Darstellung M.8 gezwungen
sein, dem freien Vortrage besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden;
für Lehrer, die mit dem Buche in der Hand unterrichten wollen,
eignet sich H. nicht Es eröffnet sich mit M.s Lehrbuch eine
erfreuliche Aussicht für die Anstalten, die sich zur Einführung
verstehen. An dem Lehrbuche liegt es nicht, wenn nicht die
geschichtliche Auffassung der Schüler sich vertieft und die letzten
Ziele jedes Geschichtsunterrichs zur Geltung kommen, die heilige
Flamme der Liebe zu König und Vaterland zu nähren, für alles,
was schön und edel ist, zu begeistern. U.8 Arbeit verdient volle
Empfehlung.
Leipzig. Th. Sorgenfrey.
HeheDzollerB-Jakrbvch. Forsehaogeo aod Abbildungen zur Geschichte
der Hoheozollern in Branden barg-Preoflen. Herausgegeben von Paul
Seidel. 10. Jahrgang, 1906. Berlin und Leipzig, Giesecke & De-
vrient. 284 S. 4. 20 JC.
Von den inhaltreichen Aufsätzen des vorliegenden Bandes
sind die beiden ersten Aufsätze „Hohenzollern und Oldenburg-
Schleswig-Holstein" von Reinhold Koser mit der Konsangui-
nitatstafel dieser Häuser von Georg Schuster, sowie „Das
Marmorpalais im Neuen Garten zu Potsdam" von Paul Seidel
als Festschrift des Hohenzollern-Jahrbuches zur silbernen Hochzeit
Ihrer Majestäten und zur grünen Hochzeit Ihrer Königlichen
Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Eitel-Friedrich am
27. Februar 1906 erschienen. Die Doppelhochzeit an diesem
670 HoheozoIIero-Jahrbach,
Tage wird dadurch um so denkwürdiger, daß die beiden erlauchten
Bräute zwei Zweigen eines und desselben Ffirstenhauses ent-
stammen, den Linien Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg
und Schleswig-Holstein Gottorp des Gesamthauses Oldenburg.
Fünfzehn Ehen sind zwischen den Hohenzollern und den Olden-
burgern bis heute geschlossen worden, sieben Prinzen und acht
Prinzessinnen aus dem kurförstlichen und königlichen Hause
Hohenzollern haben den fürstlichen Töchtern und Söhnen des
oldenburgischen Gesamthauses die Hand am Altare gereicht. Das
Marmorpalais im Neuen Garten zu Potsdam am Dfer des Heiligen
Sees ist mit der Geschichte unseres Kaiserhauses auf engste Ter-
knöpft. Hier wurde unser Kronprinz geboren. „Hurra dem
Könige!'' wurde das Schlagwort, das dann als geprägt, rasch
Deutschlands Gaue durchflog. Hier schloß Kaiser Friedrich, der
edle Dulder, seine Augen för immer. Hier ist dem Kronprinzen-
paar der erste Sohn geboren. Mit feinem Sinn für Natur und
Kunst und unter Vorführung eines besonders reichen Bilder-
schmucks führt der Herausgeber des HofaenzoUem-Jahrbuchs die
Geschichte dieser denkwürdigen Stätte dem Leser ?or.
Das gegenseitige Verhältnis von Preußen und Osterreich auf
dem breiten Hinlergrunde der europäischen Politik und auf Grund
des umfassenden, neuerdings von Preußen und Österreich zumeist
veröffentlichten Akten materials erörtert Volz in dem lehrreichen
Au&atz „Friedrich der Große und Joseph H. in Neiße und Neu-
stadt''. Ein Vierteljahrhundert hatten sich Österreich und Preußen,
Maria Theresia und Friedrich der Große in erbitterter Feindschaft
gegenübergestanden, drei Kriege miteinander geführt, der Sieg
und damit der Besitz Schlesiens war in Friedrichs Händen ge-
blieben. Da trat eine Änderung in dem Verhältnis beider Mächte
zueinander ein. Die Monarchenzusammenkünfte in Neiße und
Neustadt bezeichnen den Höhepunkt dieser Entwickelung. Noch
einmal darauf in friedlichem Vertrage, in der Teilung Polens,
s anden beide Mächte zusammen; dann entbrannte von neuem die
Feindschaft, die um der bayerischen Erbschaft willen zu einem
vierten Waflengange führte. Und in ofl'ener Gegnerschaft gegen
Habsburg ging Friedrichs Regierung zu Ende.
Es ist ungemein interessant zu sehen, wie die beiden ein-
ander würdigen Gegner miteinander verfahren, wie sie bei dem
unendlichen Friedensbedürfnis, das in Preußen und Österreich
nach dem siebenjährigen Kriege herrschte, aus Utilitätsgrunden
sich einander nähern und in kluger Berechnung, wenn auch nicht
ohne Rechenfehler, zeitweise Hand in Hand gehen, bis die alte
Gegnerschaft aufs neue durchbricht. Nach den Untersuchungen
von Volz hieße es die Bedeutung der Monarchenzusammenkunfle
in Neiße und Neustadt verkennen, wollte man ihnen eine größere
politische Tragweite beimessen. Denn weder war von der Teilung
Polens, wie später gefabelt worden ist, dort auch nur mit einer
tolles, von E. Heidanreieh. 671
Silbe die Rede, noch kam auch, trotz der vorübergehenden Er-
wartung des Königs, ein System Wechsel in Frage; erklärte doch
Friedrich selbst dem Kaiser, er werde die Allianz zwischen beiden
Staaten nicht mehr erleben, und ebenso erwiderte er seinem
Bruder, dem Prinzen Heinrich, der weitergehende Hoffnungen an
die Neißer Tage knöpfte: er solle ihm glauben, nicht er mehr
werde den Bund Österreichs und Preußens zur Reife bringen ; denn
nicht nur müsse die Zeit die Erinnerung an das Vergangene aus-
löschen, sondern auch ein völliges Vertrauen müsse sich ein-
stellen und die Kaiserin-Königin ihren Haß, den sie seit 30 Jahren
gegen ihn genährt habe, vergessen.
Der Aufsatz von Hintze „Hof- und Landesverwaltung in
der Mark Brandenburg unter Joachim H/^ läßt einen tiefen Blick
tun in die inneren Schicksale eines deutschen Territoriaistaates
im 16. Jahrhundert und berichtigt und ergänzt in einer stattlichen
Reihe von Einzelheiten die bisherige Literatur. Hof- und Staats-
verwaltung sind in den deutschen Territorialstaaten des 16. Jahr-
hunderts und so auch in der Hark Brandenburg noch unge-
schieden beisammen im Rahmen des fürstlichen Haushaltes. In
den sogenannten „Hofordnungen'', die vereinzelt schon seit Ende
des 13. Jahrhunderts, hauptsächlich aber im 15. und 16. Jahr-
hundert erlassen wurden, finden wir auch die Anfänge einer
landesfurstlichen Behördenorganisation, bezeugt in Vorschriften für
Räte, Kanzlei, Rentmeister und andere fürstliche Beamte. Wir
sehen, wie diese Personen und Einrichtungen, an die sich die
Ausbildung der späteren Zentralbehörden des Staates anknüpft,
damals noch in den großen patriarchalischen Haushalt des
Porsten sich eingliedern, der als eine Gesamtheit einheitlich ge-
leitet und geordnet wird. Vielleicht die interessanteste dieser
Hofordnungen ist die brandenburgische aus der Zeit Joachims H.
Jedenfalls nimmt sie unter denen, die vor kurzem von Artur Kern
in den „Denkmälern der deutschen Kulturgeschichte*' veröffentlicht
worden sind, nicht nur äußerlich den ersten Platz ein. Hier
sehen wir ein schon ziemlich ausgebildetes Ämterwesen noch im
engsten Zusammenhange mit dem Hofhaltungbetrieb: der Uarschalk,
der dem Hofgesinde vorsteht und die Führung des fürstlichen
Haushaltes leitet, ist auch noch, neben dem Kanzler, das Haupt
der Ratstube und der ganzen forstlichen Landesverwaltung. Was
heute im Hofmarschallamt einerseits, im Staatsministerium anderer-
seits, streng voneinander geschieden ist, hängt damals noch gleich-
sam organisch zusammen. Wir gewinnen aus diesem Dokument
eine lebendige Anschauung zugleich von der Art, wie man am
Hofe lebt und wirtschaftet und wie in Ratstube, Kanzlei und Hof-
rentei gearbeitet und verwaltet wird. Hier kann nur auf ganz
weniges beispielshalber hingewiesen werden. Der Gescliäftskreis
der Räte, wie er sich in der Hofordnung darstellt, war ein
doppelter. Die eine Gruppe umfaßt das, was der Kurfürst als
672 Hoheosonon^Jthrbach,
„Unsere Sachen^* bezeichnet, die andere die Justizsachen. Die
Ratstube fungiert als Kammergericht, sobald Parteien ordouogs-
mäßig vorgeladen sind. Auch das Güteverfahren schlägt in die
kammergerichtliche Tätigkeit ein: es soll die Vorbedingung für
die Eröffnung des ordentlichen schriftlichen Prozesses sein, ganz
so, wie es auch im 17. und 18. Jahrhundert nach der Kammer-
gerichtsordnung von 1709 üblich geblieben ist Das ist nun
freilich ein wesentlich anderes Bild als das, was man aich ge-
wöhnlich von dem Kammergericht zu machen pflegt. Je mehr
der gelehrte Charakter der Rechtsprechung hervortrat, je mehr in
Verbindung mit dem eindringenden schriftlichen Verfahren die
Umwandlung des Kammergerichts aus einem Quartalgericht zu
einem ständigen Gerichtshof sich vollzog, um so weniger konnte
man ständische Beisitzer ohne Beamtenqualität im Kammergericht
brauchen. Aber man fand einen Ausweg, um die Ansprüche der
Stände doch einigermaßen zu befriedigen: Mitglieder der Ritter-
schaft wurden neben gelehrten Doktoren als kurfürstliche Räte
angenommen und im Kammergericht verwendet. Es ist wohl kein
Zufall, daß in der Zusammensetzung des Statthaltereirates von
1542 einigermaßen die Zusammensetzung wiederkehrt, die in dem
Entwurf von 1516 für das Kammergericht vorgeschrieben war:
zwei Prälaten, vier von der Ritterschaft, außerdem Eustachius voa
Schlieben und vier Doktoren. Nur haben wir es hier nicht mehr
mit ständischen Deputierten, sondern mit fürstlichen Räten zu
tun, und nicht mit Quartalsitzungen, sondern mit einem ständig
arbeitenden Gerichtshof. Daß diese Umwandlung sich irgendwann
einmal im 16. Jahrhundert vollzogen hat, darüber sind alle
Forscher einig; es handelt sich nur um den Zeitpunkt Stölzel
meint, daß das Halten des Kammergerichts im Sinne der Refor-
mation von 1 540 darin bestanden habe, daß den gelehrten Räten
adelige Räte aus dem Lande hinzutraten und mit ihnen vereint
an den üblichen Quartalzeiten tagten, d. h. also er hält auch für
die Zeit nach 1540 noch an der Annahme von Quartalsitzungen
mit adeligen Beisitzern fest. Daß diese Auflassung sich nicht
halten läßt, ergibt sich schon aus den von Holtze beigebrachten
Zeugnissen, namentlich aus dem Rechtsspruchregister, das vom
1. April 1540 an keine Quartalsitzungen mehr kennt. Holtze
selbst aber ist geneigt, diese Veränderung erst auf die Reformation
von 1540 zurückzuführen, mit der seiner Meinung nach auch das
schriftliche Verfahren erst zum Durchbruch gekommen ist Beide
Autoren haben die Hofordnung von 1537 nicht beachtet Aus
dieser erhellt, daß schon vor der Reformation des Kamroergericfats
von 1540 sowohl das schriftliche Verfahren wie die Ständigkeit
des Gerichtshofs und die Ersetzung der ständischen Beisitzer durch
adelige Räte eine vollendete Tatsache war. Die Begründung des
Geheimen Rates tritt, wenn wir nur die Stiftungsurkunde berück-
sichtigen, wie eine neue epochemachende Schöpfung auf^ der Irr-
aoi^et. von fi. HeydaBreieh. g73
tarn ist wohl begreiflich, als ob erst von diesem Akt der Begina
einer fürstlichen Beamtenregierung und einer geordneten Rats-
behörde zu datieren sei. Fassen wir aber den Gang der Ent-
Wickelung während des 16. Jahrhunderts ins Auge, in der die
Hofordnung Joachims IL uns einen Einblick verstattet, so ergibt
sich, daß die Errichtung des Geheimen Rates im Grunde nur die
letzte entscheidende Phase des Differenzierungsprozesses darstellt,
durch den aus der alten ungeteilten Ratstube der Hofordnung als
gesonderte Zentralbehörden das Kammergericht, die Amtskammer
und der Geheime Staatsrat hervorgegangen sind. Für Österreich
ist ja schon vom Ende des 15. Jahrhunderts ab, unter Maximilian I.,
das Beispiel der französisch-burgundischen Verwaltungsorganisation
mafigebend geworden mit der Trennung von Ratsgericht und
Finanzkammer; in Brandenburg sehen wir diese Gliederung
während des 16. Jahrhunderts langsam sich vorbereiten und aus-
bilden, ohne daß hier die Einwirkung eines fremden Musters
sichtbar würde.
Ein sehr dankbares, durch die Größe führender Geister aus-
gezeichnetes Gebiet behandelt Keller in dem interessanten Auf-
satz „Die Hohenzollern und die Oranier in ihren geistigen, ver«'
wandtschafllichen und politischen Beziehungen'S Die beiden
Förstengeschlechter der Hohenzollern und der Oranier sind ähn-
lich wie einst das Geschlecht der Mediceer von bescheidenen An-
langen aus zur Höhe der Macht emporgestiegen, und gleich wie
die letzteren haben sie keineswegs bloß durch ihre militärischen
und politischen Erfolge, sondern audi durch ihren Einfluß auf
das geistige Leben ihrer Zeit sich eine führende Stellung unter
den Nationen erworben.
Wenn man im besonderen die Wirksamkeit der Mediceer im
15. und 16. Jahrhundert und die Stellungnahme der beiden eng*
verbundenen niederländisch-deutschen Fürstenhäuser im 17. ver-
gleicht, so sind die verwandten Züge ihres geistigen Strebens
deutlich erkennbar, und, abgesehen von den Verschiedenheiten,
die die veränderten Zeitverhältnisse und Umstände bedingten,
fillt die Gleichartigkeit der Zielpunkte jedem unbefangenen Beob-
achter deutlich in die Augen. Wie schon Heinrich v. Treitschke
gelegentlich bemerkt, wurde der Kampf, den einst der Humanismus
für die Freiheit des Gedankens begonnen hat, im 17. Jahrhundert
unter Führung des Großen Kurfürsten siegreich hinausgeführt,
also daß die deutsche Nation fähig wurde, der Welt die Ideale
der Humanität zu verkündigen.
Unter der schützenden Hand der beiden, durch enge geistige
Zusammengehörigkeit verbundenen Männer, Friedrich Heinrichs
von Oranien und Friedrich Wilhelms von Hohenzollern, begann
auf dem Festland jenes große Zeitalter der naturwissenschaft-
lichen und technischen Entdeckungen, in welchem wir uns
noch heute befinden. Große Reformatoren nennt Treitschke mit
ZtitMlir. f. d. 0]nii]iMimlir«MD. LXl. 8. •. 43
674 Hohaasollem-Jahrbach, ängtt. yon E. Heydeoreich.
Recht jene Hänner, die dem Zeitalter den Stempel ihres Geistes
aufgedrückt haben, vor allem Baco, Hugo Grotius, Galilei, Leibniz,
Comenius und Pufendorf, Männer, die ebenso auf dem Gebiete
der exakten Wissenschaften wie auf dem der Staatskunde und
Politik, der Erziehungslehre wie der Literatur und Sprache neue
Bahnen gewiesen und dem scholastisthen Wissenschaftsbetrieb,
den die großen Reformatoren des 16. Jahrhunderts bewußt bei-
behalten hatten, den Todesstoß versetzt haben.
Es ist ein überraschend gleichartiges Gepräge, das uns in
Männern wie Wilhelm dem Schweiger, Friedrich Heinrich von
Oranien, dem Großen Kurfürsten einerseits und ihren hervor-
ragenden geistigen Mitarbeitern andererseits entgegentritt, ein Ge-
präge, das in erster Linie gekennzeichnet wird durch die gluck-
liche Verbindung eines tiefgewurzelten religiösen Bedürfnisses mit
einer weilherzigen Toleranz, die die Achtung vor jeder fremden
Oberzeugung in sich schließt und zur Voraussetzung hat.
An der Schwelle der Entwickelungen, die hier zu betrachten
sind, steht die mächtige Gestalt eines der Großen aus der Ge-
schichte der neueren Zeiten, Wilhelm !. von Nassau- Oranien. Die
Gedanken, für die er gekämpft und gelitten hat, vor allem der
Gedanke der Toleranz und der religiösen und politischen Frei-
heit, sind die Triebkräfte geworden und geblieben, die allen
späteren Entwickelungen der abendländischen Völker den Stempel
aufgedrückt haben. Zu seinen Helfershelfern gehörte vor allem
Cornhert, der sprachgewaltige Vorkämpfer der niederländischen
Freiheit, der nebst seinem Freunde Philipp Harnix von Albegonde
der eigentliche Begründer der heutigen niederländischen Schrift-
sprache geworden ist.
Als im Jahre 1 702 mit Wilhelm !H., König von Groß-
britannien, die ältere Linie des oranischen Hauses ausstarb, waren
die Ergebnisse des Bundes der beiden Dynastien, der etwa ein
Jahrhundert früher geknüpft worden war, in gewaltigen politischen,
militärischen, kulturellen und geistigen Erfolgen bereits voll in
Wirksamkeit getreten. Bei der Begründung der europäischen
Stellung des Hauses der HohenzoUern hat sich dieser Bund als
ein mächtiger und segensreicher Faktor erwiesen.
Die vorstehenden Auszüge und Proben mögen eine ungefähre
Vorstellung von dem mannigfaltigen, tiefgründigen Inhalte des
vorliegenden stattlichen Bandes geben. Es seien die noch übrigen
Abhandlungen desselben kurz verzeichnet: Berg, Die HohenzoUern-
gruft in der Pfarrkirche zuKüstrin; Koser, Voltaire als Kritiker
der Oeuvres du philosophe de Sanssouci; Tschirch, Prinz Louis
Ferdinand als Musiker. Sein Tod, seine Bestattung und sein An-
denken; Genthe, Die preußischen Oberjägermeister. Ein Beitrag
zur Geschichte des Oberjägermeisteramtes von 1579—1825. Dazu
Miszellanen. Von den zahlreichen Abbildungen heben wir als be-
sonders gut gelungen hervor: Wilhelm II., Kaiser und Kömg,
Kaiser Wilheln d. 6r. Briefe, Red. vt, Schrift., apz. v. L. Züro. Q75
Auguste Viktoria, Kaiserin und Königio, als Brautpaar 1880; die-
selben in d«r Gegenwart; Eitel Friedrich, Prinz von PreuBen und
Sophie Charlotte, Herzogin von Oldenburg; Wilhelm und Cecilie,
Kronprinz und Kronprinzessin des Deutschen Reiches. Es könnten
noch viele andere Bilder angeführt werden. Denn die Illustrierung
ist roustergiltig und entspricht der Gediegenheit des Inhaltes.
Dieser 10. Band der überaus nützlichen Zeitschrift reiht sich
würdig den früheren Bänden an und sei allen Freunden vater-
ländischer Geschichte warm empfohlen.
Dresden. Eduard Heydenreich.
1) Ktiser Wilhelm des Grofieo Briefe, Reden uod Schriften.
Ausgewählt nnd erliutert vonE. fierner. Zwei Bände. Berlin 1906»
£. S. Mittler u. Sohn. XXIH n. 504, XXm u. 429 S. 8. 6 JC,
gtb, 8 a^.
Während bis jetzt Äußerungen unseres ersten Kaisers nur
gelegentlich bekannt gegeben worden sind und noch dazu meistens
an abgelegenen Orten, die den weiteren Kreisen nur schwer oder
gar nicht zugänglich sind, hat es der Geh. Staatsarchivar E. Berner
unternommen, die für die Kenntnis von Geist, Gemüt und Cha*
rakter unseres ersten Kaisers wichtigsten Äußerungen gesammelt
und zeitlich geordnet ^ herauszugeben. In der Hauptsache nahm
er erstens nur solche Äußerungen, mündliche und schriftliche, auf,
die die herrlichen und großen, zum Herzen sprechenden Eigen-
schaften Wilhelms I. zum Ausdruck bringen, zweitens solche, die
seine politischen und militärischen Anschauungen und Tätigkeiten
in ihrer Entwickelung zeigen, sofern sie von ihm persönlich nieder*
geschrieben sind, dazu einige amtliche, besonders wichtige Schrift-
stücke, auf deren Fassung der Kaiser ohne Zweifel einen be-
stimmenden persönlichen Einfluß gehabt hat. Sonst ließ er alle
amtlichen Schreiben, Briefe, Erlasse, Thronreden, Landtagsabschiede,
Kriegsdepeschen usw. weg. Auch ließ er von den zahlreichen
Briefen an 0. von Manteuffel und Bismarck, die ja leicht zugänglich
sind, nur eine Auswahl zu, ebenso nur einige militärische
Schriften, besonders auch dem Laien verständliche, da die mili-
tärischen Schriften in zwei Bänden vorliegen. Einleitungen orien-
tieren jeweils über den Zeitabschnitt, dem die sich anschließenden
Äußerungen des Kaisers angehören, mit besonderer Berücksichti-
gung dieser selbst und der Ereignisse, durch die sie veranlaßt
worden sind, und knappe Fußnoten geben die nötigen sachlichen
Erläuterungen zu den einzelnen Stücken, drei Verzeichnisse zeigen
die Stücke nach der Zeitfolge, nach den Empfängern und nach
den Quellen geordnet. So ist das Unternehmen als ein echt
vaterländisches Gedenkwerk wohl dazu angetan, die volkstumliche
Gestalt unseres ersten Kaisers dem Herzen des deutschen Volkes
immer näher zu bringen. Der um die deutsche Geschichts-
forschung verdiente Herausgeber, der wohl noch das Werk fertig
43*
676 H. V. Treitsclike, AoBi^awälilte Schriftan,
Stallen konnte, aber die Vollendang des Druckes nicht mehr er-
leben sollte, bat uns mit dem Werke das schönste Vermächtnis
seines verdienstvollen Lebens hinterlassen.
Der Preis der beiden umfangreichen und prächtig ausge-
statteten Bände ist außerordentlich niedrig.
2) Heiarich voa Treittchke, Aacgewählte Schriften. Zwei
BÜDd«. Leipzig 1907, S. Hirzel. 337 u. 357 S. 8. Der Baod 2,40 M^
geb. 3 Jt.
Der Verlag von S. Hirzel, in dem die sämtlichen Werke
Treitschkes mit Ausnahme der „Vaterländischen Gedichte*^ und
der zwei Bände „Zehn Jahre deutscher Kämpfe'' erschienen sind,
hat sich entschlossen, unter grundsätzlichem Ausschluß aller po-
lemischen Schriften durch diese billige Auswahl die bedeutendsten
der literarischen, historischen und politischen Essays und der
Vorträge Treitschkes auch breiteren Schichten des deutschen Volkes
zugänglich zu machen. Eröffnet wird die Auswahl durch den
Aufsatz ober „Die Freiheit'', der das politische Glaubensbe-
kenntnis des jungen Leipziger Privatdozenten über die schwierige
Frage, wie die individuelle Freiheit mit den Pflichten eines Bürgers
in einem mächtigen und starken Staat sich vereinbaren läßt, ent-
hält und in der Mahnung an jeden „rechten Deutschen^' gipfelt:
Was du auch tun magst, um reiner, reifer, freier zu werden, du
tust es für dein Volk. Wie dieser, so gehören auch die meisten
anderen in diese Auswahl aufgenommenen Essays aus Treitschkes
erster Dozentenzeit den Jahren unmittelbar vor und nach 1860
an, so gleich der nächste „Das deutsche Ordensland
Preußen'', in dem bei der tiefsten und klarsten Geschichts-
erkenntnis „die Darstellung des Vergangenen allenthalben mit den
feurigen Reflexen gegenwärtiger Gefühle, künftiger Aussichten
Übergossen und so die Vergangenheit als Lehrerin der Gegenwart
erscheint", sodann der umfangreiche Essay über „Cavour", in
dem Treitschke das Bild des Begründers des italienischen Ein-
heitsstaates zeichnet, der getreu seineip Wahlspruch: „Mag mein
Name, mag mein Ruf untergehen, wenn nur Italien eine Nation
wird", mit furchtloser Energie und Hoffnungsfreudigkeit, frei von
doktrinärer Voreingenommenheit alle Kräfte der Nation der Er-
reichung dieses Zieles Italien zu einigen dienstbar machte und so
vorbildlich für die deutschen Patrioten wurde. Die wundervolle
Lebendigkeit, die die Darstellung durch das halb dichterische halb
politische Moment erhält, tritt in besonders hohem Grade in den
farbenprächtigen Dichtercharakteristiken zu Tag, die derselben Zeit
angehören, in den Lebensbildern und Charakterzeichnungen
Miltons, Leasings, Heinrich von Kleists, Uhlands,
Otto Ludwigs und Hebbels. Treitschke hatte ja selbst seine
schriftstellerische Laufbahn als Dichter begonnen; kein Wunder,
daß die ältesten seiner glänzenden Essays Dichtergestalten zum
tBgeB. voi L. ZirA. 677
Gegenstand haben und zwar fast lauter Kämpfer, die Dichten mit
politischer Wirksamkeit verbunden haben, also mit seinen eigenen
poetischen und politischen Interessen in Zusammenhang standen«
,,Nan rersteht nur, was man liebt**, hat er einst selbst bekannt,
deswegen sind die Schilderungen dieser Persönlichkeiten, die
seinen raterlindischen Stolz und seine freie Mfinnlichkeit besaßen,
80 packend. Was ihn besonders zu Milton hinzog, das war
dessen felsenfeste Oberzeugangstreue, die Vereinigung Staats*
niännischer Begabung mit dem Genius des Dichters, die tiefe Auf-
fassung vom Staate, die auch die seinige war. In L es sing
mußte ihn die die ihm selbst eigene klare und freie Männlichkeit
und Tapferkeit anziehen. Den großen Dramatiker und Patrioten
Kleist bat Treitschke eigentlich erst entdeckt und ihm gleich
den ihm gebührenden Platz unter den deutschen Dichtern und
Yalerlandafreunden angewiesen. Und wie dessen Schlachtruf: „In
Staub mit allen Feinden Brandenburgs!" auch der seinige war, so
klingt auch in diesem Essay der Schmerz nach Qber das harte
Geschick, das auch ihn zwang, seine dichterische Begabung ver*
kömmern zu lassen. Wie in dem Essay Qber Milton besonders
der PuUizist gewürdigt wird, so tritt in dem über Uhland der
Dichter und Germanist zurück hinter dem Politiker; aber dessen
großdeutscher und demokratischer Standpunkt hindert den Essay-
isten nicht, seiner politischen Wirksamkeit volle Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen, seine Heden im Frankfurter Parlament als
das Beste zu bezeichnen, was je für die „großdeutsche" Richtung
gesprochen worden ist, und rückhaltslos anzuerkennen, daß auch
Uhland manchen wuchtigen Stein zu dem Neubau des deutschen
Staates hinzugetragen hat. Daß Olto Ludwig, der kranke
Dichter des Erbforsters und der Makkabäer, mit unwandelbarer
Treue den Glauben an sein Volk bewahrte, rechnet Treitschke
diesem sehr hoch an, während die Verständnislosigkeit Hebbels
gerade für die schönste und herrlichste Erscheinung unserer Tage
(1860), das Emporwachsen unseres Volkes zum staatlichen Leben,
ihm neben anderen als eine Ursache seiner Unvolkstümlichkeit er-
scheint. Was er an Hebbel so sehr vermißt, vaterländischen
Stolz, das fand er in Fichte in vollem Maße, der in den Zeiten
der liebten Erniedrigung Deutschlands seine „Reden an die
deutsche Nation** richtete, von denen selbst ein Friedrich Gentz
gestehen mußte, so groß, tief und stolz habe fast noch niemand
von der deutschen Nation gesprochen, der eben durch diese Reden
mächtigen Anstoß zur Entfesselung aller Kräfte der Nation, der
sittlichen Mächte mehr noch als der physischen zum Zweck der
Befreiung von der Fremdherrschaft gab, der, während er anfangs
den Staat nur als eine Zwangsanstalt betrachtet hatte, jetzt mit
der Begeisterung eines antiken Bürgers in dem Staate den Er-
zieher des Volkes zur Freiheit sah. Wie in diesem Essay
nFichte und die nationale Idee*% der aus einer zur Feier
6*28 ^* ^* ^^^^^^^^'^^i Ausgewählte Schriften, tngei. v. L. ZUro.
des hundertjährigen Geburtstags des Philosophen (19. Mai 1862)
gehaltenen Rede hervorging» so vereinigen sich auch in den andern
9chon genannten tüchtige Quellenstudien, Sicherheit und Selb-
ständigkeit des wissenschaftlichen und ästhetischen Urteils, liebe-
volles Eingehen in die Individualität besonders der ihm konge-
nialen Naturen, künstlerischer Aufbau, überraschende Fülle neuer
tiefer Gedanken in knapper, oft überraschender Fassung, dichte-
rischer weit mehr noch moralischer Schwung der Empfindung
und sichern Treitschke eine der ersten Stellen unter den Meistern
des deutschen Essays. Ganz dieselben Vorzüge weisen auch die
übrigen sechs in der Auswahl enthaltenen Stücke auf, die aus
den siebenziger, achtziger und neunziger Jahren stammen, dar-
unter ein Abschnitt aus Treitschkes Geschichtswerk, die meister-
hafte Schilderung der V&lkerschlacht bei Leipzig, sodann
Vorträge und Reden, die Treitschke bei verschiedenen Anlässen
hielt. Unter ihnen m&chte ich besonders hervorheben den Vor-
trag über die Königin Luise und den über Zwei Kaiser
(Wilhelm L und Friedrich III.) und die Rede Zum Gedächtnis
des großen Krieges. Schade, daß nicht auch noch einige
Gedichte Treitschkes, wenigstens ,»Das Lied vom schwarzen Adler^S
und eine oder die andere seiner parlamentarischen Reden, die
gesammelt in demselben Verlag erschienen sind, Aufnahme in
diese Auswahl finden konnten. Noch mehr als in diesen Reden
offenbarte sich in den „improvisierten Ansprachen lapidaren Stils^'
die in ihrer Art einzige Beredsamkeit Treitschkes in der ganzen
ursprünglichen Wucht „Wie oft hat er da den Ton getroffen,
der, aus vollem Herzen hervorquellend, die Hdrer widerstandslos
fortriß!'' Unvergeßlich sind mir die zündenden Worte, mit denen
er im Juli 1870, als Frankreichs Kriegserklärung in Aussicht
stand, auf eine ihm auf den Katheder gelegte Aufforderung seiner
Zuhörer hin sich über die augenblickliche Lage aussprach und
einen Sturm der Begeisterung entfesselte, wie ich ihn seitdem
nicht mehr erlebt habe. Leider hat diese aus dem Stegreif ge-
haltene Rede niemand stenographisch festgehalten.
Die vorliegende Auswahl der Schriften wird vom Verleger
sehr schön ausgestattet und zu einem sehr niederen Preis dar-
geboten. Auch kann jeder der zwei Bände, von denen der erste
die ausgewählten politischen Schriften und Reden, der zweite die
Biographien enthält, einzeln erworben werden. Wer diese Schriften
gelesen hat, wird Gustav Freytag zustimmen, der 1863 Treitschke
bei dessen Scheiden aus seinem Leipziger Freundeskreise feierte
als ein gutes Teil der Poesie, die den Kreis erwärmte und hob,
als eine groß angelegte Natur von stattlicher, .frischer Kraft, von
fester Entschlossenheit, in seinem heldenhaften Wesen in be-
wunderungswürdiger Weise Ethos und Pathos vereinigend (Gustav
Freytag und Heinrich von Treitschke in Briefwechsel, Leipzig 1900,
S. Hirzel. S.Off.)
VV. Scheel, Zar Geschiehte» «o^ez, von L. Züra. g79
3) W. Scheel» Zur Geechiehte. Leipz% 1906, B. G. Teabner. 174 S.
8. geb. 1,20 JCi
Das Büchlein hat die Aufgabe, „die Entwicklung der Geschicht-
schreibung, an einem kleinen Teil, für die moderne deutsche Ge-
schichte wenigstens, in einem anschauenden Oberblick zu be-*
leuchten" (S. 169) und so eine Ergänzung des Geschichtsunter-
richts der reiferen Schuler zu bilden (Vorwort). Zu diesem Zweck
hat der Herausgeber Abschnitte aus den Geschichtswerken von
Hommsen, firunner. Freytag, Giesebrecht, Kugler, Below, Schäfer,
Lamprecht, Treitschke, Ranke, Schiller, Droysen, Friederich,
Holtke und Marcks als klassische Proben ausgewählt und zwar
von jedem der genannten Geschichtschreiber je eine Probe, im
Anhang die Hauptstationen in der Entwicklung des historischen
Wissens und historischer Auffassung kurz skizziert und über die
genannten Historiker einige biographische Notizen beigefügt. So
mag das Büchlein dem oben angegebenen Zweck wohl entsprechen«
Wie es aber (nach dem Vorwort) auch noch dazu beitragen kann,
in die Lehre der Zusammenstellung, Auswahl und Bewertung der
Quellen eindringen zu lassen und dieses für die Beurteilung ge-
schichtlicher Lektüre höchst wichtige Moment zu verdeutlichen,
ist mir nicht ersichtlich. Dagegen wird es dem Schüler möglich,
aus den mitgeteilten Proben die Eigenart der Schriftsteller zu
erkennen, bevor er an die Lektüre der großen Geschichtswerke
geht und sich der verschiedenen Arten der historischen Auffassung
und Darstellung, der Kunst der Charakteristik und ihrer Mittel
bewußt zu werden. Mit der Auswahl der Proben kann man sich
zufrieden geben. Nur meine ich. Rankes und Treitschkes so
grundverschiedene Eigenart wäre doch besser verdeutlicht worden,
wenn statt der zwei Vorträge, die im ganzen denselben Stoff
behandeln, Abschnitte aus ihren eigentlich historischen Werken
gewählt worden wären. Hätte so ein Abschnitt aus Treitschkes
Geschichtswerk, etwa die Zeit der Reform in Preußen nach 1806
oder eine der prächtigen Schlachtschilderungen oder Charakter-
schilderungen, und dann auch noch ein Abschnitt aus dem letzten
Geschichtswerk Sybels, der doch nicht übergangen werden durfte,
Aufnahme gefunden, so wäre auch die neueste deutsche Ge-
schichte, die in den mitgeteilten Proben etwas zu gering bedacht
worden ist, mehr zu ihrem Recht gekommen.
Freiburg i. B. L. Zürn.
DHaoeHelnolt, Weltgetchiehte. Uoter MiUrbeit von 37 P^ch^elehrteo
beranegegebeo. Mit 53 KartCD u«d 177 Tafelo io Holzschoilt, Atsaag
aod Farbendrack. 9 BMode io Halbleder gebuoden zo je 10 JC oder
18 broschierte Halbbtode zo je i JC. Sechster Band: Mittel- nod
Nordenropa. Voo Karl Weole. Joseph Girgeosoho, Bdnard Heyck,
tKarl Pauli, Haas P. Helnolt, Richard MahreahoUz, Wilhelm Weither,
Richard Mayr, Clemeos Kleia, Haas Schjöth aad Alexander Tille.
ggO Ii.Helmolt, Weltgeschieht«,
Mit 7 Ktrten und 25 Tafeln in Holzsehaitt, AtziiBg und Farbendraek.
Leipzig and Wien 1906, Bibliographisches Institut XVm o. 630 S.
gp. 8.
„Von den neun Bänden, auf die das groBe Unternebmen der
Heimoltschen Weltgeschichte berechnet ist, fehlen nunmehr noch
der sechste und der neunte. An den Eingang jenes soll die ur-
sprQnglicb als achter Abschnitt geplante Abhandlung Aber die
geschichtliche Bedeutung der Ostsee gestellt werden, wo
sie als Überleitung von einem Völkerkreise zum andern der Ein-
führung zum vierten Bande genau entsprechen wird'S — so
schloß die vorige, sechste Besprechung der Heimoltschen Welt-
geschichte in dieser Zeitschrift 1906 S. 395. Der den sechsten
Band einleitende Abschnitt über die Ostsee (bis S. 18) rührt von
zwei Verfassern her: Karl Weuie, dem wir in dem Sammel-
werke schon als Ethnologen und Prähistoriker begegnet sind, und
Joseph Girgensohn, einem Balten, der, wie die meisten Autoren
dieses Bandes, neu in den Kreis der 37 Gelehrten eingetreten
ist. Er hat die geschichtliche Zeit im ersten Abschnitte bear-
beitet und schließt mit den Worten: „Es ist, als sei der aus-
gleichende Beruf der Ostsee nie besser zur Geltung gekommen,
als in unseren Tagen. Friedlich und in fast gleicher Stärke be-
gegnen sich russische, schwedische und dänische Flaggen auf den
Ostseefluten. Das Ansehen der Deutschen hat sich gehoben;
doch niemand wird dadurch beeinträchtigt. Daß eine andere
Handelsmacht überstark hervortrete und über ihr natürliches Ge-
biet hinausgreife, hindert die Tatsache, daß Kiel eine Kriegsflotte
bergen kann, die stärker ist, als die aller Nachbarn zusammen-
genommen. In der Hand anderer Nationen würde diese Macht
eine Gefahr werden können — in deutscher Hand ist sie die
Gewähr für den Frieden und das Gedeihen im Wettbewerbe der
Ostseevölker!" Der zweite Abschnitt (bis S. 122), betitelt: ,,Die
Deutschen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts'S stammt
aus der Feder des durch seine Deutsche Geschichte bekannt ge-
wordenen Historikers Eduard Heyck und hebt folgendermaßen
an: „In unserer ^Weltgeschichte' kommt der deutschen Ge-
schichte gleichsam die Stelle der schönen Hausfrau in einer von
ihr gegebenen Gesellschafl zu". Was Heyck über die Urheimat
der Indogermanen bringt, wird die Leser dieser Zeitschrift be-
sonders interessieren.
„Seit der Feststellung unseres Textes, die während des be-
ginnenden Erscheinens der ,Weltgeschichte* erfolgte^ ist durch die
wichtigen Forschungen von Johannes Hoops, niedergelegt in dem
Werke „Waldbäume und Kulturpflanzen im germanischen Alter-
tum'' (Straßburg 1905), ein Aufenthalt der Indogermanen in der
Zeit, ehe sie sich in Europäer und Asiaten schieden, weiter nach
Westen gerückt worden, in das Heimatgebiet der Buche, also in
die mitteleuropäischen Gegenden, westlich von einer Linie Königs-
«•gez. vo« E. Stutier. 681
berg-Odessa. Der Wortochatz der Indogermaneo widerspricht
nach Hoops Aasffihrungen einer solchen Heimat am wenigsten,
sondern paßt mit dem, was er enthält und was er vermissen
]£St, Tölüg zu ihr.
Der gemeinsame Bestand an entlehnten Kulturpflanzen und
Haustieren, wenn nicht der ältesten Indogermanen, so doch des
Dächs^ungeren Zeitalters ihrer noch erhaltenen Gemeinsamkeit
and ihres noch nicht unterbrochenen Kulturaustausches deutet auf
Anregungen und Heröbernahme aus asiatischen, und zwar aus
nicht sehr nördlichen, und nicht sehr östlichen, also fClr das
mittlere Europa nicht allzu weitab liegenden Gebieten. Ferner
konnte die jöngere, „w^st-indogermaniscbe'^ Gemeinsamkeit mit
überaus förderlichen Kulturbestandteilen befruchtet werden aus
der im Fruhlichte der Geschichte aufdämmernden mesopolamischen
Zifilisation. Wollten wir dagegen den indogermanischen Schwer-
punkt erheblich nach Norden rücken, so mußten alle diese
Entlehnungen und Kulturanregungen viel umständlicher er-
klärt werden, und das geographische Bild der indogermanischen
Zerdehnung würde seine einfache Natürlichkeit einbüßen**.
Heyck hat audi den dritten Abschnitt (bis S. 144): „Die
Kelten*^ verfaßt, während der vierte (bis S. 154), dessen Gegen-
stand „Die Bildung der Romanen" ausmacht, von dem 1901
verstorbenen Karl Pauli entworfen und von dem Herausgeber
fiberarbeitet worden ist, gerade so wie einst der dritte Abschnitt
des fänften Bandes. Von Richard Hahrenholtz rührt der fünfte
Abschnitt (bis S. 216) her, „Frankreich vom Aufkommen
der Merowinger bis zum Ausgange der ersten Kape-
tinger'* betitelt, der mit einem Rückblick und einer Vorschau
schließt. Der Verfasser weist dabei darauf hin, daß es in der
Geschichte keinen ununterbrochenen Fortschritt, sondern ein
Auf- und Wiederabsteigen gibt. „Wie die Glieder einer
Kette rollen sich die großen Wendepunkte im steten Wechsel
der Erscheinungen ab'*. Der sechste, von Wilhelm Walther
verfaßte Abschnitt (bis S. 268) behandelt die westliche Ent-
faltung des Christentums und ergänzt nicht nur manche
Erörterungen früherer Teile vom kirchengeschichtlichen Stand-
punkte aus, sondern ist auch das Bindeglied, das den dritten Ab-
schnitt des vierten Bandes mit dem dritten des siebenten zu
einer Einheit, wenn auch nicht räumlich, zusammenfügt, so daß
die Geschichte des Christentums abgeschlossen vorliegt. Der
siebente Abschnitt (bis S. 2%), aus der Feder von Richard
Mayr, ist der deutschen Kolonisation des Ostens bis
zur Mitte des 16. Jahrhunderts gewidmet, der achte (bis
S. 352), von dem Heransgener selbst, befaßt sich mit Italien
vom 6. bis ins 14. Jahrhundert, bietet aber auch Ausblicke
auf die folgende Zeit, und dadurch ist es Helmolt wenigstens an-
nähernd gelungen, eine wenn auch sehr gedrängte, so doch nichts
982 H. Helmolt, Weltgeschichte,
Wesentliches fortlassende, gewandt geschriebene Geschichte Italiens
von der langobardischen Zeit bis zur Gegenwart zu liefern. Der
neunte Abschnitt (bis S. 626) rührt von Clemens Klein her und
hat zum Gegenstande die KreuzzQge, vor allem ihre tiefein-
greifenden Einwirkungen auf das Abendland; denn ihre Bedeu-
tung für den Orient war schon früher dargestellt worden.
Der zehnte Abschnitt (bis S. 498), von Hans Schjöth,
wendet sich dem germanischen Norden zu und stammt von
einem Norweger, so daß eine stilistische Umfeilung seitens des
Herausgebers und zweier jüngerer Historiker nötig war. Die Be-
deutung der Nordländer für Europa, die weniger auf politischem,
als auf geistigem Gebiete hervortritt, wird kurz, aber erschöpfend
dargelegt. Der elfte und letzte Abschnitt (bis S. 598) ist betitelt
Großbritannien und Irland. Der Verfasser, Alexander Tille,
hebt mit einer Schilderung des Schauplatzes an; ist doch gerade
für diese Weltgeschichte die Ratzeische Lehre maßgebend, daß
die einzelnen Disziplinen der Geschichtswissenschaft im Grunde
der Erde wurzeln, die allen gemeinsam ist wie die Menschheit
selbst. Daher sei der folgende Abschnitt wörtlich angeführt
„Die Stellung von Großbritannien und Irland ist einzigartig.
Ihr Platz auf dem Erdballe, der sie als Vorposten der Alten Welt
hinaus in das westliche Großmeer setzt, ihre Küsten und Höhen-
gliederung und ihr Reichtum an Erdschätzen leichter Hebbarkeit
geben ihnen in Europa eine völlige Sonderstellung. Als west-
lichster Punkt Nordeuropas fangen sie mit ihrer Westküste den
Golfstrom auf, der aus Mittelamerika herüberflutet Durch ihre
Insellage schon das einzige Land Europas mit einem Seeklima,
erhalten sie durch diesen Wärmebringer nicht nur noch den
Vorzug eines gleichmäßigeren und wärmeren Klimas als jedes
andere Land in gleicher Breite, sondern überdies noch offene,
eisfreie Küsten, die erste Vorbedingung zur Aufrechterhaltung des
Seeverkehrs über den ganzen Jahreslauf hin. An einer Stelle
rücken die Inselküsten dicht ans Festland heran; aber selbst die
weißen Kreidefelsen von Dover, die dem Nordrande Frankreichs
anzeigen, daß da drüben weiteres Land sich dehnt, sind doch
durch einen genügend tiefen und breiten Fiutstrom vom heutigen
Leib Europas geschieden, um zugleich als Wahrzeichen einer
eigenen, selbständigen Entwicklung des Insellandes zum Himmel
zu ragen. Wer da drüben siedelte; der war den Festlands-
menschen entrückt und ebenso zahlreichen Festlandseinflüssen
nichtmenschlicher Art. In späterer Zeit, als sich drüben ein
Volk entwickelt hatte, das bewußt sein Selbst bestimmungsrecbt
ausübte, war es praktisch in dessen Belieben gestellt, ob und wie
tief es sich in Festlandsverhältnisse einmischen und wann es sich
von dieser Einmischung zurückziehen wollte. Selbst in Hinsicht
auf den Machtbereich der römischen Kirche ist einzig den briti-
schen Inseln in Europa jene zucückhaltende Stellung möglich
«Dgez. von E. Statzer. gg3
geworden, welche seinen Königen jeden Kanossagang ersparte»
Anderseits war mit dieser Einzelstellung unter den alten und
neuen Staatengebilden auch die Notwendigkeit gegeben, jede Frage,
die ernstlich auf den irischen Inseln selbst ihr Haupt erhob, auch
auf demselben Schauplatze zum Austrag zu bringen. Daher das
reiche Haß von Binnenkämpfen und Burgerkriegen, welches die
britische Geschichte auszeichnet'^
Die Schilderung geht bis zum Tode Georgs III. herab ; rein
„aus buchtechnischen Gründen^' sind die Ausführungen des Ver«
fassers über England als Industriestaat dem Ergänzungsbande,
also dem neunten, öberwiesen, der im Laufe des Jahres 1907
erscheinen und Nachträge, Röckblicke sowie das nötige Gesamt*
register bringen soll.
Helmolt wird, wie er in der Vorrede berichtet, bei diesem
bereits vorbereiteten Schlußbande nicht mehr „als Redakteur
seines oft recht schweren Amtes*' walten. Was für überaus
große Schwierigkeiten er zu überwinden gehabt hat, um 37
wissenschaftliche Kräfte — darunter manche ersten Ranges —
unter einen Hut und dadurch sein Werk glucklich unter Dach
and Fach zu bringen, davon können Nichteingeweihte sich in der
Tat schwer einen Begriff machen, und gerade ihnen werden die
Mitteilungen S. X f. des Vorworts interessant sein. Clemens Klein
ist mit manchen Änderungen nicht einverstanden, die der Her-
ausgeber, auf sein vertragsmäßig festgelegtes Recht gestutzt, vor-
genommen hau Umgekehrt hat es diesem auch nicht an uner-
betenen Anerkennungen gefehlt.
Das den Lesern aus den früheren, zum Teil sehr eingehen-
den Besprechungen in seiner eigenartigen Grundauffassung und
Anordnung bekannte Sammelwerk geht nunmehr der Vollendung
entgegen, und bei der Auzeige des Ergänzungsbandes wird ein
abschließendes Urteil zu fallen sein. Daher jetzt nur noch wenige
kurze Bemerkungen! Neue Forschungsergebnisse finden sich in
dem sechsten Teile nur vereinzelt, im wesentlichen beruht sein
Inhalt auf den bisherigen Darstellungen. Durch eine gewisse
Eigenart und Frische des Tones zeichnet sich besonders Heyck
aus (nur „Entsprechung** S. 35 ist denn doch zu eigenartig).
Daß die Gruppierung des Stoffes ihre Bedenken hat, zeigen auch
in diesem Bande die recht häufigen Verweisungen auf früher er-
schienene TeUe, S. 410 z. B. auf Band IV, V, VII und VIII. Hit
dem ersten Worte des Titels, „Mitteleuropa*', wollte der
Herausgeber nicht nur ein Gegenstück zu „Osteuropa", Band X,
schaffen, sondern namentlich auch eine Art von Gegensatz zu
dem im Vorwort und im ersten Abschnitte von Band VII ge*
prägten und erläuterten Begriff „Westeuropa'*. Von einer west-
europäischen Kultur im eigentlichen Sinne kann erst nach dem
Aufhören der Kreuzzüge geredet werden; was nach dem Unter-
gange der Kelten in geraeinsamer Arbeit der Romanen und
684 G, Wolf, Bitntroks Lehrjahre,
der Germanen im Herzen Europas aufgebaut worden ist bis zu
dem Augenblicke, wo sich der Schwerpunkt aus der Mitte mehr
dem Westen zuneigt, das begreifen wir unter „Mitteleuropa** im
historischen Sinne — so heißt es in der Vorrede S. VI. Auch
der sechste Band weist eine Anzahl von Stammbäumen in An-
merkungen und außerhalb des Textes auf; ohne solches Hilfs-
mittel können in der Tat manche Ereignisse in ihren Ursachen
und Anlässen nur halb verstanden werden.
Der Ausstattung ist wiederum großes Lob zu spenden.
Die farbigen Karten dienen trefflich zum besseren Verständnis
des Textes, ebenso die meisten Tafeln. Als Gegenstöck zur
Abteikirche von Saint Denis hätte vielleicht die Marienkirche in
Danzig nach einer Photographie gebracht werden können, da sie
ein sehr wirkungsvolles Beispiel für den vom Orden geschaffenen
gotischen Backsteinstil mit seinen mächtigen Türmen, zierlichen
Ziegelornamenten und spitzen Fenstern bietet; dafür verzichte ich
gern auf Nelsons letzten Brief an Lady Hamilton.
Schließlich sei erwähnt, daß (wie ich gelesen habe) die
Helmoltsche Weltgeschichte bereits ins Englische öbersetzt wordenist.
2) Gustav Wolf, Bismarcks Lehrjahre. Leipzig 1907, Dieteriehsehe
VerlassboehhandlaBg. 376 S. gr. 8. 6 jfC>
Im LIX. Jahrgange dieser Zeitschrift (t905) S. 155 f. habe
ich kurz eine Schrift von Prutz über „Bismarcks Bildung, ihre
Quellen und ihre Äußerungen" angezeigt, die eine Lücke in der
Bismarckliteratur ausfüllt Dasselbe läßt sich wenigstens teilweise
von dem Werke Wolfs sagen, der den Ausführungen von Prutz
„manche Anregung verdankt*' (S. 368). Wolf bat mehrfach an
der Universität Freiburg i. B. Vorlesungen über Bismarck gehalten
und diese für literarische Zwecke umgearbeitet, da uns eine zu-
sammenfassende, in das allmähliche innere Werden des
jungen Bismarck eindringende Biographie fehlt. Der Verfassers
Bestreben ging nun darauf, einerseits dem Werke einen wissen-
schaftlichen Charakter zu verleihen, so daß es auch für den
zünftigen Historiker sei es an Stoff sei es in Gruppierung müglichst
viel Neues enthält, andererseits aber doch auch ein Buch zu
schreiben, welches nicht nur für Gelehrte bestimmt ist Viel
Neues habe ich nicht gerade entdecken können, und die Gruppie-
rung des Stoffes ist außerordentlich einfach, nämlich in die
beiden Abschnitte: L Bismarck bis zu seinem Eintritt in die po-
litische Ijaufbahn (bis S. 149), IL Bismarck in den Revolutions-
jahren. Stichworte am Rande finden sich nicht, wohl aber Seiten-
überschriften mit fortlaufenden genauen Inhaltsangaben. Den
zweiten Abschnitt eröffnet eine ziemlich eingehende Schitderung
der Verfassungsfrage in Preußen vor 1840, der Persönlichkeit
Friedrich Wilhelms IV. und der Bedeutung des Vereinigten Land-
tages im allgemeinen. Sonst hält sich die Darstellung eng inner-
an^ei. voo S. Stntter« 686
halb der durch den Titel bezeichneten Grenzen, nur in einer An-
merkung unter dem Texte (S. 285), der einzigen im ganzen
Buche, weist Verfasser besonders darauf hin, er habe nicht seine
„subjektive Ansicht über die Personen, Parteien und Verhältnisse
TOD 1849*' niederschreiben» sondern nur die damaligen „Motive,
Urteile und Gesichtspunkte ,Bisroarcks' prSzis wiedergeben** wollen.
Besondere Rucksicht hat Wolf auf die Schulzeit seines
Helden genommen, worauf ich in Teubners Neuen Jahrbuchern nSher
eingehen werde. Hier sei nur wieder- und weitergegeben, was in
der Vorrede S. 4f. steht. „Vor einigen Jahren lebten noch Mitschüler
Bismarcks, die durch autobiographische Mitteilungen uns wertvolle
Anhaltspankte hatten gewähren können, welche wir uns jetzt
möbsam und unvollkommen aus den Programmen herausschälen.
Aber sie haben vielleicht Kinder und jöngere Freunde hinter*
lassen und ihnen manche Erinnerungen an Gymnasium und Uni-
versität anvertraut .... Alle diese Schilderungen verkörpern in
ihrer Gesamtheit ein StQck Welt, in welcher Bismarck groB ge-
worden ist, aus welcher wir nur ein kleines Erkenntnismaterial
besitzen**. Unser Verfasser hat versucht, die vielen kleinen Einzel-
heiten psychologisch zu verwerten und zu einem folgerecht
sich entwickelnden Bilde zu gestalten, wobei es sich natürlich
Dicht immer um Beweisführung im streng wissenschaftlichen
Sinne, vielmehr oft nur um subjektive Ansicht handeln kann.
Was die politische Entwicklung Bismarcks betrifft, so bemüht
sich Wolf, eine einheitliche Auffassung vom ersten öffentlichen
Auftreten an nachzuweisen, scheint mir dabei aber das rein Ver-
standesmäßige und kalt Abwägende zu überschätzen; er urteilt
nur an einer Stelle (S. 268) sehr richtig, daß sich „häuGg bei
Bismarck persönliche und sachliche Motive paarten**. Eine ein-
seitig ausgeprägte Verstandesnatur war er sicherlich nicht.
Im Texte wird an geeigneten Stellen selbstverständlich auf
Bismardis Reden, Briefe sowie „Gedanken und Erinnerungen**
stets Bezug genommen, verhältnismäßig selten dagegen auf die
Ansichten neuerer Geschichtschreiber, wie Sybels und Treitschkes
(S. 153 und 189 z. B.). Auch Vergleiche stellt der Verfasser
nicht eben gern an; der mit Hansemann S. 211 ff. drängt sich
geradezu auf. Die Darstellungsweise zeigt zwar im allgemeinen
leidliche Gewandtheit; an Einzelheiten aber muß man häufiger
Anstoß nehmen, wobei ins Gewicht fällt, daß das Buch auch für
das große gebildete Publikum bestimmt ist. Um nur einiges an-
zuführen : S. 74 stört die an die unmittelbare Rede erinnernde
Aufzählung „erstens*' und „zweitens**, S. 152 muß statt „auch
aus Rücksicht** gesagt werden: trotz aller Rücksicht, auf der-
selben Seite fallt „eine Schicht der Meinung vom Herrscher**
auf, ebenso S. 193 die Konstruktion „war abgestochen*' und
S. 269 „den es kein Verlangen trug**, ferner S. 286 der Vergleich:
9,Das Betreten des Holzweges hatte in einen Zirkel geführt**. Auf
686 J. Kronsyer, Antike Sehltclitfelder,
den Seiten 366 und 367 sind die Pronomina „derjenigen" Z. 7
V. 0. und „diejenigen'' Z. 11 ▼. u. nicht am Platze; das wunder-
schöne Pronomen derselbe begegnet natürlich auch öfter, sogar
unmittelbar hintereinander. Aufgefallen ist mir ferner, daß Wolf
nach einem Komparativ niemals „als*', sondern stets ,,wie'* setzt.
Was die Schreibweise betrifft, so lesen wir immer vom t,Ter-
einigten Landtage", nur in der Oberschrift steht richtig stets ein
großes V. Die Schreibart „Henken" statt Hencken beruht wohl
geradeso auf einem Druckfehler, wie der „Bundesrat" S. 367.
Zu 35 wichtigen Stellen sind am Schlüsse des Buches vor
dem Personalregister, das die Benutzung erleichtert, Anmer-
kungen hinzugefügt worden, ganz nach dem Vorbilde der Bis-
marckbiographie von Lenz. Ein Vergleich mit dieser fallt, alles
in allem, nicht gerade zu Wolfs Gunsten aus.
Görlitz. E. Stutzer.
Job. Kromayer, Antike Sehlaehtfelder i« GriechoDland. Band U:
Die heUeoUtUch-rSiniAehe Periode voo Kyao«kephtlä bis Pharaalos.
Mit 12 Utho^rtphischeD Karteo, 11 Beiktrten, 2 Skizseo im Text nnd
einer Tnfel in Lichtdraek. Berlin 1907, Weidmnnnsche Bnchhandlanf.
IX u. 452 S. 8. 18 ^.
Als vor vier Jahren der erste Band von Kromayers Antiken
Schlachtfeldern in Griechenland erschien, trat er mit einer Emp-
fehlung durch v. Wilamowitz seinen Weg an und wurde durch
einen Erlaß des preußischen Unterrichtsministeriums den Biblio-
theken der höheren Lehranstalten zur Anschaffung empfohlen.
Bald darauf trat ein Rückschlag ein. Delbrück und seine Schüler
erhoben gegen Kromayers Aufstellungen energische Einsprache,
die ihren schärfsten Ausdruck wohl in dem Aufsatze Delbrücks
„Theologische Philologie'* in PreuB. Jahrb. Bd. 116 gefunden hat,
und ließen ihm kaum das Verdienst, zur Aufklärung der topo-
graphischen Verhältnisse etwas beigetragen zu haben. Indessen
Kromayer blieb die Antwort nicht schuldig und behauptete, wenn
ihm auch im einzelnen Irrtümer nachgewiesen wurden, doch io
der entsponnenen Fehde seine Stellung. Dem ersten Bande hat
er nunmehr den zweiten nachfolgen lassen, mit welchem er sein
Werk abgeschlossen hat. In ihm werden behandelt: 1) Der zweite
Makedonische Krieg (200 — 197 v. Chr.). 2) Der syrisch-römische
Krieg (192—89 v. Chr.). 3) Der Krieg gegen Perseus (171—168
V. Chr.). 4) Die Feldzuge Sullas in Griechenland (87—86 v. Chr.).
5) Pharsalos (48 v. Chr.). Den einzelnen Abschnitten sind Anhänge
und Beilagen zugefügt, in denen Obersetzungen der zugrunde ge-
legten Schlachtberichte gegeben und Untersuchungen über den
Wert dieser, sowie ober die Stärke der ins Feld gesandten Heere
und über die Chronologie der Ereignisse angestellt werden.
Für die drei ersten Kriege ist die militärische Berichterstattung
dieselbe geblieben, wie för die im ersten Bande behandelten Kri^s*
■ Bgez. von Fr. ReoB. 68t
ereignisse, es ist die teils in Fragmenten, teils in späterer Be-
arbeitung (Li?ius) erhaltene Darstellung Polybs, für deren Güte
Kromayer schon früher gegen Delbrück eingetreten ist. Der
Widerstreit der Ansichten tritt uns auch in dem zweiten Bande
?ielfach entgegen. So bezeichnet Delbrück die Berichte über die
Schlacht von Magnesia bei Appian und Livius als phantastisch und
erklärt es für verfehlt, aus solchen Schilderungen eine historisch
Tortragbare Erzählung gewinnen zu wollen ; Kromayer dagegen be*
tont die Klarheit und Genauigkeit, mit der bei aller Kürze in den
Feldzugsberichten die einzelnen Vorgänge wiedergegeben werden.
Während jener die Mischung der Phalanxhaufen mit Elefanten zu
den Phantasien des Romanschreibers rechnet, sieht dieser darin
einen beachtenswerten Versuch, die Phalanxstellung selbständiger
und aktionsfahiger zu machen. Aus Polyb leitet Kromayer mit
Nissen-Meyer gegen Mommsen auch Appians Schlachtbericht her
und hebt das auffallende Hervortreten des Domitius gegenüber
dem Konsul Scipio hervor, das schlecht zu der von Mommsen bei
Appian angenommenen Monographie eines Scipio über den Krieg
stimme. Direkte Benutzung Polybs durch Appian ist freilich
nicht vorauszusetzen, zwischen beide schiebt sich als Mittelglied
ein römischer Annalist. So hoch Kromayer Polyb in militärischer
Hinsicht stellt, ist er doch weit entfernt, sich auch dessen
politisches Urteil zu eigen zu machen, und tritt damit in Gegen-
satz zu der landläufigen modernen Auffassung, die ganz von
Polyb beeinflufit ist. Den Vorwurf üppiger und träger Winter-
ruhe in Chalkis, der gegen Antiochos erhoben wird, betrachtet er
als Ausfluß der philiströsen Stimmung Polybs, die Preisgebung
Lysimachias ist ihm durch die Verbältnisse geboten, nicht durch
göttliche Verblendung des Syrerkönigs oder durch Scipios
„wunderbares Glück'* herbeigeführt, unberechtigt ist das harte
Urteil über die kopflose und unschlüssige Kriegführung des
Perseus, der, wenn auch kein militärisches Genie ersten Ranges,
doch immer ein achtunggebietender Feldherr gewesen sei. Auch
der Kriegführung des Marcius Philippus ist Polyb nicht gerecht
geworden, sein Olympübergang war wohl überlegt und gut vor-
bereitet und sichert ihm einen ehrenvollen Platz in der Kriegs-
geschichte. So nimmt Kromayer eine Reihe von Ehrenrettungen
bei sonst übelbeleumundeten Persönlichkeiten vor, doch wird man
gerade hier Bedenken hegen müssen, sein Urteil über das des
sachkundigen Zeitgenossen zu stellen. Anderes Quellenmaterial
hat uns Plutarch in den einschlägigen Biographien erhalten. Sein
Bericht über die Umgehungsbewegung der Römer bei den Ther-
mopylen stammt von Cato und paßt vortrefflich für das Gelände
bei der Annahme, daß Cato bis ans Ende der großen Schlucht
von Anthela gelangt sei und von einer der Erhebungen südöstlich
von Alt-Drakospilia im Grunde der kleinen Seitenschlucht die
feindlichen Vorposten erblickt habe. Ebenso ist in der Lebens-
6SÖ J. kromayer, Antike SehUchtfelder,
beschreibang des Ämilius Paulus (c. 15 und 18) eio Brief dei
Scipio Nasjca benutzt, in dem dieser über die von ihm geleitete
Umgehung der makedonischen Stellung am Elpeos berichtete.
Über die Kämpfe Sullas in Griechenland wird von Plutarch in
Sull. c. 17 — 19 gehandelt. Dieser Bericht, der nach Delbrück
„das Produkt der dürftigen Phantasie eitler Rhetoren'' ist, geht
auf die Memoiren Sullas zurück und ermöglicht mit seinen zahl-
reichen topographischen Angaben es, die militärischen Vorgänge
klar zu entwickeln. Gegen ihn muß Appians ausführliche Schilde-
rung zurückstehen, in der die topographischen Einzelheiten be-
seitigt oder entstellt wiedergegeben sind, die aber gleichwohl mit
Plutarch zahlreiche Obereinstimmungen aufweist, wie z. ß. in den
übertriebenen Heereszahlen und Verlustangaben der Pontiker und
in der Geringfügigkeit der Sullanischen Verluste, und deshalb
gleichfalls auf die genannten Memoiren, wenn auch durch das
Mittelglied einer älteren historisch-rbetorischen Umarbeitung, zu-
rückgehen muß. Für die Darlegung der Vorgänge bei Pharsalos
müssen die Angaben Cäsars die Grundlage bilden. Delbrück ist
auch hier anderer Ansicht und bringt namentlich den Zahlen-
angaben des Siegers das äußerste Mißtrauen entgegen. Aus ver-
schiedenen Angaben bei Orosius, Eutrop und Florus konstruiert
er eine Oberlieferung des Asinius PoUio. Diese liegt uns bei
Plutarch und Appian vor, sicher sind ihr die für sie in Anspruch
genommenen Zahlenangaben bei den angeführten Autoren fremd.
Neben diesen aus dem Altertum erhaltenen Quellen benutzt
Kromayer alles Material, was die moderne Erforschung der be-
treJBTenden Landschaften durch Karten und Länderbeschreibung ge-
liefert hat, und macht den Versuch, den so gewonnenen Stoff
nach ausschließlich militärischen Gesichtspunkten zu verwerten
und zur Darstellung zu bringen. Mit dem Obersten z. D. Janke,
dem Verfasser des Buches „Auf Alexanders des Großen Pfaden"
(Berlin 1904), und dem Hauptmann Goppel hat er im Jahre 1900
die griechischen Schlachtfelder bereist und auf dem Boden, auf
dem die kriegerischen Ereignisse sich abgespielt haben, das Ver-
ständnis für diese zu gewinnen sich bemüht Die Frucht seiner
Studien sind die vortrefflichen Karten, die seinem Werke bei-
gegeben sind und an deren Hand es ein hoher Genuß ist, den
Ausführungen des Verfassers zu folgen.
Während Philipp von Makedonien darauf bedacht war, eine
Entscheidung durch die Waffen hinauszuschieben und durch eine
Defensivstrategie die Römer zu ermüden, lag es im Interesse dieser,
durch rücksichtslose Offensive den Gegner niederzuwerfen. Die
Niederlage an den Aoospässen (198 v. Chr.) trieb den König aus
seiner Verteidigungsstellung und öffnete den Feinden Epeiros und
Thessalien. Der Aoos, heute Wjossa genannt, durchbricht in
einem 17 km langen Quertale das Gebirge. In dem östlichen Teile
dieses Durchbruchtals hat Philipp nach Niese seine Stellung ge-
aogez. von Fr. Renfi. 6S9
wählt, E^mayer dagegen terlegt sie in den Westaüsgatlg des Tales.
Nachdem die Hakedonier vom Norden her umgangen waren und
ein Flaokendetachement im RQcken zwischen Medzatgoriani und
Dragot erschienen war, zog der König sein Heer in die Gegend
des Zagoriabaches zurück und setzte dann den Rfickzug nach
Klissura und weiter das Aoostal hinauf fort. Den Versuch, die
verlorene Stellang wiederzugewinnen, bOBte Philipp mit der Nieder-
lage von Kynoskephaiä (197 v. Chr.). Leake suchte das Schlacht-
feld in dem Karadagh zwischen Supli und Gheremi, und darin
sind ihm die neueren Darsteller der Schlacht gefolgt, indessen die
felsigen [^rtien dieses Gebirges, auf die Leake die miSverstandenen
Worte PoJybs (XVIII 22, 9) bezieht, sind für eine Phalanxschlacht
imgeeignet. Kromayer läfit die Schlacht auf den Höhen südlich
von Hadschibeh in nächster Nähe der StraBe Larissa — Pharsatos
schlagen, wohin von Pherä (Velastino) zwei Wege führten, der
von Philipp benutzte mitten durch den Karadagh und der von
Flaminin eingeschlagene durch die Senkung am Südabhange des
Gebirges. Der Onchestos Polybs dürfte dem bei Supli ent-
springenden Bache, sein Helampion dem Hügel Kukurialo ent-
sprechen, die Trümmer des Thetideion, zu dem der zweite Marsch
die Römer führte, sind zwischen Alkani und Bekides aufgefunden
worden. Den Sieg führte auf dem schwergefahrdeten linken Flügel
der Römer^ein Kriegstribnn herbei, der durch eine Schwenkung
das zweite und dritte Treffen seiner Legion der makedonischen
Phalanx in den Rücken brachte. In einer Beilage wird auch die
Pelopidasschlacht von Kynoskephaiä (364 v. Chr.) besprochen«
Der Tyrann Alexander gelangte auf demselben Wege wie Flaminin
von Pherä nach dem erwähnten Thetideion, während Pelopidas
von Pharsalos aus seinen Marsch antrat Das Schlachtfeld lag
auf der Südseite der Hügelkette von Kynoskephaiä. Alexander be-
setzte den Hügelrücken von Lasar Buga, der nach Süden hin zu
der Ebene des Enipeos hinabsinkt, und, die Front gegen Osten
au&iehmend, suchte auch Pelopidas den Kamm dieses Rückens
zu gewinnen. Angriffsflügel war der rechte Flügel mit der Reiterei;
durch wiederholte Offensivstöße mit dem Defensivflügel hielt
Pelopidas den Kampf so lange hin, bis die Reiterei dem Gegner
in die Planke fiel.
Wenn auch die Besetzung Griechenlands durch Antiocbos der
Niederwerftingsstrategie Hannibals, der die Vernichtung Roms in
Italien forderte, nur in geringerem Grade genügte, so nahm der
Syrerkönig doch im Gegensatze zu Philipp mit ihr die Offensive
gegen die Römer auf. Die Übermacht, mit der diese in Griechen-
land erschienen, zwang ihn, eine Verteidigungsstellung an den
Tbermopylen einzunehmen ; sie wurde unhaltbar, als Cato auf dem
Ephialtespfad mit 2000 Mann auf die Sattelhöhe von Alt-Drako-
spilia vorgedrungen war. Der Krieg wurde nach Asien hinüber-
getragen, und die Entscheidung fiel bei Magnesia am Sipylos. Der
Ztito«lff. f. d, G7nDMiftlw«Ma, LXI. S. 9. 44
690 J* Kromayer, Antike Schlachtfelder, a^z. von Pr. RenB.
Pbrygiosffuß, den Antiochos überschritt, kann kein anderer sein
als der heutige Kam; mit ihm vor der Front nahm die syrische
Armee in dem Terrainabschnilt zwischen Kum und Gedis (Hermos),
d. i. am äußersten Westende des Streifens zwischen Tschal-Dagh
und Gedis Aufstellung. Nachdem die Römer ebenfalls den Kum
überschritten hatten, kam es hier in der Ebene am zwölften Tage
zur entscheidenden Schlacht.
Auch für Perseus war dem römischen Angriffe gegenüber
eine defensive Haltung geboten. Infolge der fehlerhaften Strategie
Roms nahm der Krieg in den ersten beiden Jahren einen schleppen-
den Gang, und erst das dritte Jahr brachte mit dem Oly mpüber-
gange des Konsuls Harcius Philippus einen entscheidenden Erfolg«
der Perseus veranlaßte, die Verteidigung der Landesgrenzen im
Südwesten seines Reiches aufzugeben, die Stadt Dion zu räumen
und mit seinem Heere nach Pydna zurückzugeben. Hier wurden
168 V. Chr. die Geschicke des makedonischen Reiches entschieden.
Scipio Nasica nahm den von 5000 Mann gedeckten Paß von
Pythion — Petra und umging so die Stellung des Königs am Elpeos.
Doch nicht die Gefährdung seiner rückwärtigen Verbindungslinien
durch Scipio bewog ihn zur Aufgabe seiner Stellung, sondern der
Umstand, daß die römische Flotte, wie Zonaras erzählt, in der
Richtung auf Pydna vorübergefahren war und seine Verbindung
mit dieser Stadt zu unterbinden drohte. Ob es richtig ist, den
Tor Augen liegenden Grund gegen eine auf eine höchst unzuverlässige
Notiz aufgebaute Kombination zurückzustellen, ist doch recht
zweifelhaft. Die Schlacht wurde am Mavronori geliefert, nördlich
von ihm stand das makedonische, südlich das römische Lager.
Er ist identisch mit dem Leukos Plutarcbs (c. 16), sein Nebenfluß
Pelikas mit dem ebendaselbst genannten Äson. Für die Höhen
von Konduriotissa, von denen aus Ämilius die Ebene von Katerini
überblickte, bietet der Biograph den Namen Olokros.
Als den Philoboetoshügel des Schlachtfeldes von Chäronea
betrachtete Leake den Paroriberg, Kromayer erkennt ihn in dem
Hügel von Krevassara und verlegt auf diesen Sullas erstes Lager.
Von diesem durch den Kephissos geschieden, lag Archelaos' erstes
Lager auf den Höben von Merali. Nachdem der Versuch des
pontischen Heeifölirers, die Burg von Parapotamioi westlich vom
Dorte Belesi zu besetzen, gescheitert war, bezog er sdn zweites
Lager zwischen Hedyllion und Akontioo, d. i. am Südftaße des
Gebirges von Karamusa, während ein Detachement den Orthopagos,
d. i. den Felsen Petracbos, an dessen Fuß Chäronea lag, besetzte.
Sulla nahm darauf Stellung am Südausgang des Passes von Para-
potamioi. Die Flucht des linken Flügels der Asiaten ging zum
Molos, welcher der mittelste der drei vom Thuriongebirge her-
unterkommenden Bäche ist und nicht, wie man vielfach wollte,
mit dem Morios, dem Bache von Kaprena, gleichgestellt werden darf.
Die Schlacht von Pharsalos setzt Kromayer mit Leake zwischen
a Preio, Nachtrag zu Alito bei Oberaden, ags. v. H. Eiekboff. 691
dem kleiaen Tschinarli (Enipeus) und dem Phersala oder Tabakhana
an, bezeichnet aber mit Hazey und Stoffel den Raradscha- Achmet
als den Ort der Kapitulation der Pompejaner. Cäsar hatte sein
Lager nördlich der Tabakhana an einer Stelle der Ebene, an der
er zugleich den PaB von Domoko deckte, Pompeius nordöstlich
von Pharsalos auf der Högelgruppe Krindir, deren Verbindung mit
dem Enipeos durch mehrere Kastelle gesichert war.
Vieles von dem reichen Inhalte des Kromayerschen Werkes,
der nur in den Hauptzögen hier mitgeteilt werden kann, ist ge-
wiß hypothetischer Natur und wird den Widerspruch herausfordern.
Auf einzelne schwache Annahmen habe ich bereits hingewiesen,
noch möge eine Einzelheit hier berührt werden, bei der mir
Kromayer nicht das Richtige getroffen zu haben scheint. Zu den
Worten Plutarchs (Sulla 18, 4) tcSp di ^PwiMzimv Tovg (liv vaaovg
utataßaXovtmv, önaöaikiyuiv di tag lua^aifiag xal TtaQaxqovO"
ydvfav zag iSctqiaaq^ mq Ta%i(ita nQoafki^snxy avzoXq d»' oqyi^
bemerkt er S. 376 A. 2 : „Daß die Legionen die Pilen weggeworfen
haben sollen {xcctaßaloyrav), statt sie auf den Gegner zu
schleudern, ist natürlich ein Übersetzungsfehler Plutarchs*^ Ich
halte die Übersetzungsfehler Plutarchs nicht für so natärlich und
selbstverständlich, wie das vielfach geschieht, hier aber ist ein
solcher ausgeschlossen und die Situation die gleiche, wie Caesar
I 52, 3 bestes repente celeriterque procurrerunt, ut spatium pila
in hostes coniciendi non daretur. Reiectis pilis cominus gladiia
pognatum est. Indessen trotz Verfehlungen im einzelnen, die
gewiß auch für den zweiten Band der „Antiken Schlachtfelder*'
nachgewiesen werden, erscheint auch dieser gleich dem ersten
Bande die Empfehlung zur Anschaffung für die Bibliotheken höherer
Lehranstalten zu verdienen; beide sind vorzuglich geeignet, mit
dem Gange und dem Schauplatze von Begebenheiten bekannt zu
machen, die in dem Leben unserer Gymnasien eine hervorragende
Stelle einnehmen.
Cöln. Fr. Reuß.
0. Prein, Ntcbtrag xn Aliso bei Oberaden. Neue ForsehoDi^n und
Venniitaof^eo. Miiotter i. W. 1907, Ascheodorffsche Bncbbaodlaa;.
20 S. 8. 0,80 JC.
Das Prognostiken, welches wir seinerzeit in dieser Zeitschrift
dem Hauptwerke Preins stellten, ist, wie der Nachtrag beweist,
in vieler Hinsicht in Erfüllung gegangen. Die Ausgrabungen bei
Oberaden sind reich an Überraschungen gewesen. Ein Lager ist
entdeckt, das mindestens ebenso groß ist wie das von Haltern,
statt der beiden dortigen Gräben hier ein einziger tiefer und
breiter Graben. Nicht weniger als 300 wohlerhaltene Holzspeere,
z. T. mit gut fesbaren Inschriften versehen, fand man an der
Nordseite des Lagers auf dem Grunde des Grabens. Die vielen
architektonischen Stücke, welche gleichzeitig an das Tageslicht
44*
692 0. Pr«io, N^icbtrag zo Aliso bei Obertdeo, agz. y. H. Eickhoff.
kamen, beweisen unwiderleglich, daB wir es hier nicht mit einem
Marschlager zu tun haben, sondern mit einem Kastell, das dauernd
die germanische Eroberung den Römern stchem sollte. Nachdem
Prein dies konstatiert, sucht er die Identität der Befestigung mit
Aliso zu beweisen. Aufier der Ähnlichkeit der Namensform Aliso—
Eisen, Elsey, was jetzt fast allgemein als „Erlengebusch** gedeutet
wird (vgl. Rayensberger Blätter 1907 Nr. 47), betont Prein mit
Recht folgenden Umstand, östlich yon Oberaden lippeaufwärts
sind so gut wie keine römischen Funde gemacht worden. Eine
Ausnahme bildet nur das Soolbad Werne 5 km östlich yon Ober-
aden, wo man 1824 römische Amphoren gefunden hat. Aber
weder in Hamm, noch in Lippborg, noch in Liesborn, Lippstadt
und Elsen bei Paderborn ist Römisches gefunden worden. Be-
kanntlich ist die Bürg bei Oberaden schon lange yor den Aus-
grabungen reich an Funden gewesen. Dazu gesellt sich als dritter
Grund, daß ein so hoch ragender Hügel (cliyus imminens) sich an
der oberen Lippe, wie wir aus eigener Anschauung wissen, nicht
findet. Es bleibt nur zu verwundern, daß frühere Forscher wie
Hulsenbeck an dem Hügel von Oberaden so achtlos yorbei-
gegangen sind.
Nachdem Pr. noch einmal die Hypothese Haltern — Aliso be-
sprochen, prüft er die historischen Nachrichten über die Anlage
von Aliso. Es wurde an der südlichsten Stelle der Lippe als eine
Zwingburg der Sugambrer angelegt. Pr. hält es für eine alte
germanische Ansiedlung, worauf u. a. die oben auf dem Hügel ent-
deckte Viehtränke hinweisen soll ; außerdem sind dort germanische
Waifen und Scherben gefunden. Schwierigkeiten bereitet noch
immer der Name des Baches „Seseke'^ Damit hat Elison sicher
keine etymologische Verwandtschaft. Es wäre nicht das erste Mal,
daß ein Bach seinen Namen im Laufe der Jahrhunderte geändert
hätte. Im 10. Jahrhundert v. Chr. heißt er susilbeke, noch jetzt
an seiner Quelle süchelbiake.
Dann bespricht Pr. die Stellung Halterns zu Oberaden. H.
ist das Lippekastell, welches mit Aliso nicht identisch ist
H. sicherte die Lippestraße mit seinen großen Vorräten und Be-
festigungen. Pr. glaubt, daß die Stelle 20 Minuten nordw. von
Oberaden, wo im vorigen November viele römische Scherben zu-
tage kamen, die Obergangsstelle der Römer auf das linke Lippe-
ufer gewesen sei. Hier löschten die römischen Schiffe ihre Ladung.
Von Oberaden sei dann die Alisostraße an der Seseke landein-
wärts nach Süden gegangen. Die Existenz dieser Römerstraße
werde durch sicher bezeugte römische Hünzfunde bestätigt (S. 106).
Der Sesekebach entspringt bei Hilbeck, welches Kampfbach bedeute.
Ebendort ist vor 200 Jahren ein großer Hünzfund aus Augusteischer
Zeit gemacht worden (dicht daneben liegt der Ort Budberg =
Knochenberg). Wie Prein in einem Aufsatze der Voss. Zeitung
vom 21. April darlegt, sucht er die alte Römerstraße weiter in
H.Preii6| D. fiatwickl. <L d«Qtsoh. SiadUw«, agz. v. O.Genest 693
der Gegend südlich tod Soest, wo der Name Bailoh vielleicht an
Arbalo erionert. Hier entging Drusus im J. 11 kaum der Ver-
nichtung. Weiter führe uns der Weg über Knebiinghausen, wo
Sparen eines Römeriagers sich leigten, nach der Eresburg, der
alten Sachsenfeste aus Karls und Ottos des Großen Zeit. Dort
etwa sei also der Ort der Varusschlacht zu suchen.
SchlieBlich gibt Prein noch eine ansprechende Erklärung der
Stelle des Velleius Paterculus II 120. Er nimmt an, dafi Asprenas
nicht fon Mainz aus, sondern fon Haltern nach Xanten sich ge-
rettet hat (ad inferiora hibema descendendo). Im Frühjahr des
J. 10 sei dann der tapfere Caedicius, der mit zwei Legionen mutig
Aliso ferteidigt hatte, entsetzt und gerettet worden. Es hätten
also zu Varos' Zeiten bedeutende Truppenmassen (fünf Legionen)
östlich des Rheins gestanden, davon drei Legionen in Haltern als
westiiches Korps und zwei Legionen in Aliso als östliches Korps.
Wir sehen, wie durch die Forschungen Preins und die Aus-
grabangen mit ihren Resultaten neue interessante Lichtblicke auf
die Geschichte der Römer in Deutschland fallen. Bisher ist nur in
der Peripherie des Lagers gegraben, erst im nächsten Sommer (1908)
soll das Innere des Lagers (praetorium u. a. m.) aufgedeckt werden.
Auf dem am Mittwoch nach Ostern in Bremen abgehaltenen
Kongrefi der Archäologen Nordwestdeutschlands wurde Ton Dragen-
dorff-Frankfürt das ganze Problem Oberaden — Aliso mit großer
Vorsieht und Zurückhaltung, aber unter rückhaltloser Anerkennung
des NoTums, das nunmehr geschaffen sei, behandelt Die Ent-
scheidung liege, meinte er, im Spaten. In den nächsten Tagen
(8. Hai) beginnt die Arbeit von neuem. Hoffen wir, daß endlich
der Schleier von diesen dunklen Orten und Namen gehoben wird.
flamm a. d. Lippe. Herm. Eickhoff.
Hafo Prenß, Die Bstwicklnng des deattchen Städteweaeni.
Enter Band: fintwieklangsgefehichte der deoUeheo StädteverfaMoog.
Leipzig 1906, B. G. Teabner. XI n. 379 S. 8. 4,80 JH*
In der Vorrede zu seinem Buche weist der Verfasser darauf
hin, daB die mächtige Entfaltung unseres Städtewesens während
der letzten Jahrzehnte in steigendem Maße die literarische Be-
schäftigung mit diesem Gebiete belebt hat. Den Anfang haben
hier die Historiker gemacht, indem sie ober die Entstehung und
die mittelalterliche Blütezeit des deutschen Städtewesens eine
reiche Literatur und bedeutende Qnellensammlungen publizierten.
Aber ihre Arbeiten brechen stets an der Schwelle der neueren
Zeit ab, und mit dem Städtewesen des absoluten Staates und des
letzten Jahrhunderts haben sich wesentlich nur die Wirtschafts-
historiker und die Juristen beschäftigt. Doch handelt es sich da-
bei mehr um die Behandlung von Spezialfragen der modernen
KoBimunaWerhältnisse als um die Darstellung des Gesamtverlaufs
stadtischer Verfassun^sentwicklung;. Desl^b will der Verfasser in
694 ILPreafiy Di« £ntwickl. d. deutioh. Stidteweaeoi,
seinem Werke eine Betrachtung des deutschen Stadtewesens in
entwicklungsgeschichtlichem Zusammenhange, seiner Organisation
und seiner Funktionen geben, und iwar in der Weise, daß der
erste Band gewissermaßen einen Längsschnitt der städtischen
Entwicklung, der zweite aber einen Querschnitt versucht, indem
er die Kommunalverwaltung und Kommunalpolitik auf den wich*
tigsten Gebieten ihrer Punktionen darstellt und die daraus sich
ergebenden Probleme för die weitere Entwicklung der städtischen
Organisation erörtert. Um die Lektüre des Buches auch dem
nngelehrten Leser zu erieichtern, hat der Verfasser auf Beibringung
des literarischen Apparates und auf jede literarische Polemik ver-
zichtet, doch hat er bei jedem wörtlichen Zitat den Namen des
Autors im Texte angegeben. Eine irgendwie erschöpfende Voll-
ständigkeit ist nicht beabsichtigt, vielmehr kommt es dem Ver-
fasser darauf an, die entscheidenden Momente der organischen
Entwicklung herauszuarbeiten und sie nicht durch die unendliche
FöUe der Einzelheiten zu verwischen. In diesem Sinne faßt er
die Gestaltung seines Stoffes als eine künstlerische Tätigkeit au^
f&r die er sich das Wort zur Regel gemacht hat:
Bilde, Künstler, rede nicht.
Deine Rede sei Gedicht
Nach einer Einleitung, in welcher der Gegensatz zwischen
dem Wesen der römischen eimtoi und der mittelalterlichen deut-
schen Stadt hervorgehoben wird, insofern jene ihr Wesen dem
sie umgebenden Lande in solchem Maße aufprägte, daß beide zu
einer urbanisierten Einheil verschmolzen, während diese zu ihrer
agrarischen Umgebung in einem Jahrhunderte währenden Gegen-
satze geblieben ist» der auch heute noch dauert, so daß von einer
Urbanisierung Deutschlands uro so weniger die Rede sein kann,
als auch die fürstlichen Territorien, die in Deutschland sich ent-
wickelten, wesentlich agrarische Gebilde sind, behandelt der Ver-
fasser seinen Stoff in fünf Kapiteln, die wieder in einzelne Unter-
abteilungen gegliedert sind.
Das erste Kapitel stellt das Aufsteigen der deutschen Städte
dar. Gemeint ist hier die Zeit von der Entwicklung des deutschen
Stadtewesens im Anschluß an Königspfalzen und Bischofssitze bis
zu den bekannten c(m$titutiane$ in favorem principum des Hohen-
staufen Friedrichs IL, in denen sich das städtefeindliche Prinzip
des deutschen PfolTen- und Laienfürstentums mit besonderer Deut-
lichkeit dokumentiert, nachdem die Städte sich im Kampfe gegen
die Stadtherren ihre Selbständigkeit auf politischem, rechtlichem,
finanziellem und wirtschaftlichem Gebiete erworben und sich im
Gegensatze zu ihrer agrarischen Umgebung durch die Ausbildung
der korporativen Organisation ihrer Bürgerschaften zu Reichs-
städten, Freistädten und Landstädten entwickelt haben. Das zweite
Kapitel behandelt dann die Blüte und den Niedergang der Städte
von der Mitte des 13. bis zu der des 16. Jahrhunderts. In dieser
aogex. voD 0. Geoest. 095
Periode entwickelt sich der Gegensatz zwischen den Städten mit
ihrer korporativen Selbstverwaltung und dem agrarisch bestimmten
Landesförstentum zu immer größerer Schärfe. Er kommt zum
besonders deutlichen Ausdruck in der Bildung und Ausgestaltung
der großen Städtebünde und in den Kämpfen dieser BQnde gegen
das Landesförstentum und den mit ihm verböndeten Adel. Daß
dieser Kampf weder in Sud- und Westdeutschland noch in dem
norddeutschen Gebiete der Hansa zum Siege der städtischen Sache
geführt hat, wird begründet sowohl durch die handelspolitische
Eifersucht der einzelnen Städte gegeneinander wie durch die
inneren Kämpfe zwischen den Geschlechtern und den Zünften
wie endlich dadurch, daß es den deutschen Städten nicht gelungen
ist, ihre Organisation auf das Land hinauszutragen und sich so
in der bäuerlichen Landbevölkerung einen wirksamen Bundes-
genossen gegen den Feudalismus des großen und kleinen Adels
zu verschaflen, wie das zu derselben Zeit in der Schweiz ge«
schehen ist. So hat das agrarische Prinzip in Deutschland den
Sieg über die urbane Kultur errungen, und damit hat das deutsche
Stadtewesen am Ende dieser Periode seine politische, wenn auch
nicht seine wirtschaftliche Bedeutung für die Entwicklung der
raterlaodischen Geschichte im wesentlichen verloren.
Das dritte Kapitel behandelt das Städtewesen im absoluten
Förstenstaat, wie er unter der Einwirkung der Reformation und
Gegenreformation, der rationalistischen Staatsphilosophie und der
Rezeption des römischen Rechtes sich herausgebildet hat. Diese
Entwicklung hemmt die weitere Durchbildung der von den Städten
bisher siegreich vertretenen Geldwirtschafl und führt einen, wenn
auch nicht vollständigen, Rückfall in den Zustand der Natural*
Wirtschaft herbei. Daraus ergibt sich der Verfall der städtischen
Machtmittel, während das Landesfürstentum sich gleichzeitig durch
die Ausbildung der stehenden Heere und des von ihm völlig ab-
hängigen Beamtentums sowie durch die Einführung des Merkantil-
Systems seine Oberlegenheit sichert. Der Verfall des Städtewesens
und die überragende Bedeutung des Landesfürstentums kommt
auch darin zum Ausdruck, daß die schon gegen Ende der vorigen
Periode beginnende Verknöcherung der städtischen Selbstverwaltung
immer weiter fortschreitet, so daß zuletzt jede selbständige Regung
aufhört. Die städtischen Magistrate werden fürstliche Beamten,
das städtische Gericht wird zum fürstlichen Landgericht, der städti-
schen Finanzen bemächtigt sich die fürstliche Kasse, die gewerb-
lichen Zünfte entarten zu fürstlichen Polizeianstalten. Ganz be-
sonders deutlich zeigt sich dieser Verfall der Städte im östlichen
Teile der brandenburgisch-preußischen Monarchie, und er wird
hier gewissermaßen gesetzlich festgelegt durch die Bestimmungen
des preußischen Landrechtes. Die Folge von alledem ist die
immer zunehmende Gleichgültigkeit des Bürgertums dem öifent-
lichen Leben gegenüber, die dann bei dem Sturz Preußens 1806
in so erschreckei^der Weise sichtbar wurde.
696 0. Preuß, D. Entwickl. d. deutsch. Slädt^w., tgz. v. 0. Genest.
Das vierte Kapitel stellt die Wiedergeburt der städtischen
Selbstverwaltung dar. Naturlich steht hier im Hittelpuokte die
StSdteordnung des Freiherrn von Stein, die in ihrer Bedeutung
nach den verschiedensten Richtungen hin gewürdigt wird. Ihr
enger Zusammenhang mit den Ideen der beginnenden französischen
Revolution wird aufgezeigt, zugleich wird aber auch mit beson*
derem Nachdruck betont, daß die St&dteordnung ein Torso ist,
insofern die zu ihrer Ergänzung bestimmten Gesetze über die
Kreis- und Provinzialordnung, sowie über die Schaffung von Reichs*
ständen, die Stein plante, infolge seiner schnellen Entfernung aus
dem Amte nicht zustande gekommen sind. Immerhin aber be-
deutet die Städteordnung so, wie sie aus den Händen Steins und
seiner Mitarbeiter hervorgegangen ist, eine Wiederbelebung der
mittelalterlichen Selbstverwaltung mit ihrer korporativen Organisation
und bildet insofern die Keimzelle des modernen preußischen
Staates.
Das fönfte Kapitel endlich beschäftigt sich mit der Entwicklung
der Städteverfassung bis zur Gegenwart Es ist hier die Rede
von der Verkümmerung, welche das Reformwerk Steins nach
seiner Amtsniederlegung erfahren hat, aber auch von der Unmög-
lichkeit, die infolge des großen wirtschaftlichen Aufschwunges,
den Deutschland besonders in der zweiten Hälfte des vorigen Jahr-
hunderts nahm, mächtig aufstrebenden Städte wieder allzusehr in
ihrer Entwicklung zurückzuschrauben. Trotzdem bezeichnet der
Verfasser die Zeit seit der Städteordnung Steins als eine wenig
fruchtbare für die Weiterbildung der städtischen Selbstverwaltung.
Übrigens werden in diesem Kapitel auch die in andern deutschen
Territorien zur Durchführung gebrachten Städteordnungen be-
sprochen und mit der preußischen und den verschiedenen Ab-
wandlungen, die diese im Laufe des 19. Jahrhunderts erfahren
hat, verglichen. Schon in dem vierten, noch mehr aber in dem
fünften Kapitel tritt die starke Animosität des Verfassers gegen
den preußischen Staat in zahlreichen Äußerungen hervor, die, wie
mir scheint, die Ausgeburt eines sehr starken demokratischen
Doktrinarismus sind, der das eigentümliche Wesen Preußens und
seine Leistungen nicht richtig zu sehen und einzuschätzen vermag.
Denn wenn auch vielleicht zugegeben werden darf, daß der
preußische Staat auf dem Gebiete der Städtepolitik, um diesen
Ausdruck der Kürze halber zu gebrauchen, manches versäumt hat,
so ist das doch kein Grund, ihm bei jeder möglichen Gelegenheit
Vorwürfe zu machen, als ob er überhaupt das denkbar schlechteste
Staatswesen der Welt und ein völlig rückständiges Gebilde wäre.
Aber hiervon abgesehen ist das Buch eine treflfliche Leistung
aus einem Guß, von der ersten bis zur letzten Seite interessant
und in einer Sprache geschrieben, die wir leider nicht immer in
der wissenschaftlichen Literatur &nden. Der Druck ist außer-
ordentlich korrekt; ich habe in dem ganzen Buche keinen einzigen
P.Sehafheitlii^y Syntk«t..Geoiii. d. Kegelicba., aip'x. v. M.Ntth. 6Q7
Druckfehler geftmdeiL Die Ausstattang macht dem Verlage alle
Ehre and der Preis ist für das Gebotene näfiig zu nennen. Ich
kann das Buch den Geschichtslebrern an unseren höheren Schulen
zum eifrigen Studium, aber auch andern geschichtlich Interessierten
als eine sehr fruchtbare Lektüre nur auf das lebhafteste emp-
fehlen.
Halles. S. Otto Genest.
1) P. Scii«f]i0itiio. SyBthetisehe Geometrie der Kegelschnitte,
für die Prina aöherer LehranstalteD. Leipzig nod Berlin 1907, B. G.
Teabner. VI o. 92 S. 8. geb. 1,80 JH*
Nicht in „elementarsynthetischer Behandlung^S wie einst
W. Erler in einer ausgeteicbneten kleinen Arbeit die Kegelschnitts-
lehre darlegte, sondern nach der Methode der Geometrie der Lage
trägt der Verf. seinen Gegenstand Tor. Doch nimmt er, wie er
in der Vorrede schon bemerkt, einen termittelnden Standpunkt
ein, indem er die projektiTen Eigenschaften der Punktreihen nnd
Strahlenböschel unter fortwährender Benutzung von Haßbexiehungen
behandelt Das kleine Buch wird gewiß in den Händen vieler
Lehrer sein, die dieses Gebiet su pflegen in der Lage sind; es
wird, Julius Langes synthetische Geometrie der Kegelschnitte ab-
lösend, im Verein mit R. Bögers Elementen der Geometrie der Lage
und K. Döblemanns Projektiver Geometrie in synthetischer Be-
handlung die Kenntnis der Disziplin f5rdern. Das ist ja sicher,
daß sie ganz besonders geeignet ist, dem Übermaß des rechneri-
schen Betriebes in der Mathematik auf der Oberstufe unserer
höheren Schulen zu steuern, und nach der Erfahrung des Bericht-
erstatters empGnden die Schuler die Abwechslung als eine Wohl-
tat und kommen dem Gegenstand mit Interesse entgegen. Den
sechs Abschnitten, in denen das Buch die harmonischen Gebilde
und den Desarguesschen Satz, Projektive Beziehungen, die ein-
fachsten Eigenschaften der Kurven zweiter Ordnung, die einCaichsten
Eigenschaften der BQschel zweiter Ordnung, Involutionen und
Polarität behandelt, folgen zwei weitere Kapitel, Lehrsätze und
KonstruktioDsaufgaben als Obungsstoff enthaltend. Das Ganze
kann also zu einem Versuche, die Kegelschnittslehre auf diesem
Wege einzuföhren, als passendes Hilfsmittel wohl empfohlen
werden.
2) A. Scbölke, AnfgabensaniBlans aus der Aritliaetik, nebst
Anwendnogen anf das bürgerliche Leben, Geometrie und
Physik. Teil I: Für die mittleren Klassen höherer Schulen. Leipzig
1906, B. G. Tevbner. . VIII n. 194 S. 8. seh. VO Jt.
Der Name des Verfassers ist in der mathematischen Lehrer-*
weit wohl bekannt An drei Punkten hat er ja reformierend in
den Unterrichtsbetrieb einzugreifen unternommen. Seit manchem
lahr kämpft er fOr den Gebrauch vierstelliger Logarithmentafeln
und fftr die Dezimalteilung des Winkels, seit einigen Jahren hat
69S .F.Po8JLe, OhorBtttfe..d«r Natarle)ir«^
er in einer AufgabensammioDg, zu der die vorliegende gewisser-
maßen die Einleitung ist, für die Bevorzugung solcher Angaben
gewirkt, die die Verhältnisse des realen Lebens zur Grundlage haben«
endlich gehört er zu den Lehrern, die den offiziellen Auftrag
haben zu prüfen» ob die Vorschläge, durch Einfähmng und Hervor-
hebung der funktionalen Abhängigkeit den mathematischen Unter-
richt umzugestalten, berechtigt sind oder nicht. .
Den beiden letzten Aufgaben dient auch diese neueste seiner
Veröffentlichungen. Sie ist bestrebt, von Anfang an den Funktions-
begriff den Schülern geläufig zu machen, indem der logische Unter-
schied von identischen, Bestimmungs- und Funktionsgleichungen
hervorgehoben, indem die anschauliche geometrische Bedeutung
algebraisdier Ausdrücke gezeigt und der Funktionsbegriff auf die
Lösung von Gleichungen, auf Interpolation und zahhreiche andere
Verhältnisse angewandt wird. Sie behandelt femer in besonderem
Maße die Anwendungen, indem sie die Einkleidung, die sie einem
mathematischen Gedanken gibt, auch für sich anregend und be-
deutend erscheinen läßt. Nicht nur aus Physik und Geometrie,
sondern auch aus volkswirtschaftlichen Verhältnissen wird der
Stoff zu zahlreichen Aufgaben genommen.
Aber von diesen Eigenheiten abgesehen, bietet das Buch aus-
reichenden und geeigneten Stoff für die Einübung des arithmeti-
schen Lehrstoffs der Mittelstufe und hat den Vorzug, daß die
Aufgaben einfach gehalten sind und die Überfülle mechanischer
Rechnung glücklich vermeiden, die so oft für die Schüler einen
Anlaß des Mißlingens gibt
Nordhausen a. Harz. Max Nath.
Friedrich Poske, Oberstufe der Naturlehre (Physik nebst AttroDonie
nnd mathematischer Geosraphie). Nach A. HSflers Nttarlehre für die
oberen Klassen der österreichischen Mittelschulen bearbeitet für höhere
Lehranstalten des Deutschen Reiches. Mit 442 z. T. farbigen Ab-
bildungen und 3 Tafeln. Braonschweig 1907, Priedr. Vieweg n. Soho.
XI u. S37 S. 8. geb. 4 JtL.
Der „Unterstufe der Naturlehre", die wir im vergangenen
Jahr (LX. Jahrg. S. 158) anzeigen durften, ist nun die Oberstufe
gefolgt, und es liegt somit das zweiteilige Unterrichtswerk des
Verfassers einheitlich vollendet vor. Die Unterstufe hat die Auf-
gabe, das naive physikalische Denken aUmählich in ein wissen-
schaftliches umzuwandeln. Diese Aufgabe hat der Verf., das
durften wir damals sagen, durch seine innerlich lebendige und
doch begrifflich scharfe Darstellung in mustergültiger Weise ge-
löst. Die Oberstufe setzt Schüler von höherer wissenschaftlicher
Reife voraus, sie erfordert daher eine anders geartete Kunst der
Wiedergabe, aber auch hier stehen wir nicht an, ^auszusprechen,
daß uns der Verf. mit einer Lösung dieses schwierigen Problems
beschenkt hat, an d^r niemand, der sich für den Fortschritt des
ao$ex. von £. Goldbeck, 699
physikalischen Unterrichts interessiert, wird achtlos vorübergehen
können.
Die Hauptfrage, die der Verf. sich vorzulegen hatte, war die,
wie denn das Buch sich zu dem lebendigen Wort des Lehrers zu
stellen habe. Daß Poske kein Buch schreiben wurde, das den
physikalischen Lehrstoff in lauter etwa gleich groBe, mehr oder
minder geschmackvoll dekorierte Bissen zerlegt, die vom Lehrer
fein säuberlich nacheinander den Schölern zugeschoben werden
können, war von vornherein klar. Immerhin bleibt eine schwierige
Fragestellung zurück. Wird das Buch streng methodisch gehalten,
so kann es zwar für Lehrer, die nicht die Einsicht und Erfahrung-
des Verf.s haben, sehr nützlich werden, aber es muß notwendig,
wenn sich die eigene Kraft des Lehrers zu regen beginnt, zu
einer hemmenden Fessel auswachsen. Dies aber wünscht der
Verf. offenbar nicht und mit ihm viele andere. Nicht zwei Lehrer
werden methodisch kongruenten Unterricht geben. Schiebt man
andrerseits die freie Lehrgestaltung gänzlich in den Vordergrund,
so wird sich die systematische Darstellung empfehlen, aber sie
wird auf die Darbietung eines dürren, toten Repetitoriums hin-
dringen, das sich in den Händen der Schüler als ein Skelett aus-
nimmt. Wie alle Fragen, die mit dem Leben selbst zu tun haben,
gestattet auch diese keine extreme, verstandesmäßige Beantwortung.
Den Mittelweg hat die Kunst des Verfassers zu finden. Er ist
gegeben dadurch, daß das Grundlegende im Unterricht der selb-
ständig durchdachte und geordnete Vortrag des Lehrers ist, daß
das Buch daher systematischen Charakter trägt, daß aber große
methodische Grundzüge einfließen, denen der Lehrer am besten
tut sich willig zu fügen.
Unter diesem Gesichtspunkt, der das Buch im ganzen be-
herrscht, steht nun besonders die Mechanik. Die Mechanik des
Punktes beginnt mit der phoronomischen Betrachtung der gleich-
förmigen, der gleichmäßig beschleunigten, der gleichförmigen Kreis-
bewegung und der harmonischen Bewegung. Die Analyse dieser
grundlegenden Bewegungsarten führt dem Schüler die Begriffe
der konstanten und veränderlichen Geschwindigkeit und Be-
schleunigung zu und gibt ihm damit das notwendige und hin-
reichende Material zu einer scharfen Auffassung der Kraft und
der Masse. Hieran schließen sich die bis dahin mehr implicite
behandelten Prinzipien der Mechanik, die auf dieser Stufe ge-
braucht werden, und das nötige Werkzeug für eine Behandlung
von Problemen der Mechanik des Punktes ist beisammen. Arbeit
und Energie geben dann weitere Ausblicke auf allgemeine Zu-
sammenhänge. Erst hiernach wird das Wichtigste aus der Mechanik
starrer Systeme abgehandelt
Diese Anordnung hebt uns glucklich über das vielfach noch
vorhandene Durcheinander hinweg, das wir in vielen Darstellungen
der Mechanik antreffen, und das bei dem grundlegenden und
700 P* Poflke, Oberstafe der Natarlekre, t§s. von £. Goldbeelu
wissenschaftlich so fest geschlossenen Cbarakter dieser Disziplin
doppelt peinlich anmutet. Allerdings war es eines der wesent*
liebsten Verdienste des Höflersehen Buches, als dessen Bearbeitung
sich das vorliegende darstellt, ebenfalls gerade hier dem Bedärftiis
nach Einheitlichkeit grundlich entgegengekommen zu sein, und die
Höflersche Behandlung hört auch nicht auf, trotz alledem sehr
interessant und lehrreich zu sein. Wir möchten aber derjenigen
Poskes dennoch den Vorzug geben, da sie unter Beibehaltung des
Besten in der Methode Höflers doch zu größerer Einfachheit und
Übersichtlichkeit gelangt. Ganz hiervon abgesehen hat auch der
^Bearbeiter noch in vielen Einzelheiten eine glückliche Hand auf-
zuweisen. Wir fahren als Beispiel nur die kurzen, aber durch-
schneidenden Bemerkungen an, in denen den Ablieben Unklar-
heiten in der Behandlung der Zentrifugalkraft ein Ende bereitet
wird.
Ebenfalls ein höchst geschlossen zusammenhängender Abschnitt
stellt die Elektrizitätslebre dar. Da hier von vornherein mit dem
absoluten Maßsystem gearbeitet wird, werden sich der Benutzung
in Obersekunda Schwierigkeiten entgegenstellen. Die Anlage des
Buches bat dafür gesorgt, daß diese bei gutem Willen nicht un-
überwindliche sind. Immerhin wäre die entschiedene Stellung-
nahme des Verf.s Anlaß genug, der Frage nahezutreten, ob nicht,
wie mehrfach vorgeschlagen, der zweite Teil der ElektrizitStslehre
besser in das zweite Jahr der Prima zu verlegen sei. Wenn diese
Frage, was zu wünschen wäre, bejaht wird, dann stände der Dar-
stellung der Elektrizität, wie sie P. gibt, natürlich nichts mehr
im Wege. Sie wäre vielmehr die zur Zeit am meisten gebotene.
Endlich wollen wir aus den mannigfachen Vorzügen des
Werkes nur noch die fein und sauber gearbeitete Astronomie
hervorbeben. Hier sind gewisse historische Verdeutlichungen nach
Kopernikus und Kepler mit erfreulicher Sicherheit und Schönheit
herausgehoben. Diese Hinweise zeigen überraschend, welche kernige
Oberzeugungskraft gut ausgewählten geschichtlichen Momenten
innewohnt.
Die Ausstattung des Buches, besonders die schön wieder-
gegebenen Figuren sind rühmlich anzuerkennen.
Berlin. Ernst Goldbeck.
EINGESANDTE BÜCHER
(B«8precliooc^ eiazelner Werke bleibt rorbebalUo).
1. Meyers Kleines Konversations-LexikoD. Siebeote, gänz-
lich nenbearbeitete and vermehrte Anflage in sechs Bänden. Mehr als
130 000 Artikel and Nachweise mit etwa 520 BilderUfeln, Karten and
Plänen sowie etwa 100 Textbeilagen. Zweiter Band: Cambridge bis
Galizien. Leipzig and Wien 1907| Bibliographisches Institut. 960 S.
Lex.- 8. geb. 12 JC.
Die Gediegenheit der einzelnen Artikel dieses popolären, aber wissen-
schaftlichoB Werkes, verbanden mit dem billigen Preise, sichern dem Werke
die Anschaffang in weiteren Kreisen. Wohin man blickt, ob man einen
historischen oder geographischen oder volkswirtschaftlichen Artikel auf-
schlägt, überall tritt oos ein reiches Wissen and Belehrung in knappster
Form des Aosdrucks entgegen.
2. Zeitschrift für Lehrmittelwesen and pädagogische Lite-
ratur, herausgegeben von F. Frisch. Jahrg. 3, Mr. 5 (S. 129—160).
3. Blatter für deutsche Erziehung, herausgegeben von Arthur
Schulz. Jahrg. 9, Heft 4—5 (S. 49—80).
4. Die Stimme, Zentralblatt für Stimm- und Tonbildnng, Gesang-
Dnterricht ood Stimmhygiene, herausgegeben von Th. S. Flataa, K. Gast
and A. Gas in de. Jahrg. 1, Heft 7—8 (S. 193—256).
5. Bacherei eines deutschen Lehrers. Herausgegeben von den
„Neaen Bahnen*«. Leipzig 1907, R. Volgtländers Verlag. 96 S. 1,20.^.
6. K. Rerp, Die firziehung zur Tat zum nationalen Lebens-
werk. Bresiaa 1907, Ferdinand Hirt. 192 S. 2,50 w^.
7. H. Bohostedt, Zur Strategie and Taktik der Schulauf-
sicht. Leipzig 1907, R. Voigtländers Verlag. 79 S. kl. 8. 1 JC.
8. Mitteilungen des Vereins der Freunde des hamanisti-
sehen Gymnasiums (in Wien). Heraasgegeben vom Vereinsvorstande,
redigiert von S. Frankfurter. Zweites Heft. Wien und Leipzig 1907, Carl
Fromme. 78 S. 0,85^.
9. P. F5rster, Anti-Roethe! Eine StreiUchrift. An die Freunde
des Hamanistischen Gymnasiums. Leipzig 1907, Teutonia -Verlag. 49 S.
gr. 8. 0,60^.
10. Th. Fachs, Wie mSBte eine Mittelsehale beschaffen
sein, an als humanistische Erziehungsanstalt gelten zu kSnnen?
Wien 1906. 16 S. (S.-A. aus der „Neuen Freien Presse".)
11. Th. Fuchs, Noch einmal unsere Gymnasien. Ein Wort
zor Verständigung. 14 S.
12. G. Herberich, Entwurf zn einem Lehrplan für die Ober-
realschole. Nürnberg und Leipzig 1907, U. £. Sobald. 52 S. .mit einer
Tabelle. 1 M-
13. Der Central-Aasschuß für die Innere Mission der deut-
sehen evanKoIischen Kirche. Achtandvierzigster Bericht 1906. 124 S.
Berlin SW. 61, Johanniterstr. 6.
14. Christlieb-Fanths Handbuch der evangelischen Reli-
gion s lehre. Zum Gebraache an höheren Schulen nach den neuesten Lehr-
plänen völlig umgearbeitet von R. Peters. Drittes Heft: Die Kirchen-
gesehichte. Vierte AuBage. Leipzig 1907, G. FreyUg. 123 S. gr. 8. geb.
1,60 JC.
15. W. Herrmann, Die sittlichen Weisungen Jesu. Ihr Miß-
branch und ihr richtiger Gebrauch. Zweite Auflage. Gottingen 1907,
Vandenhoeck & Ruprecht. 72 S. 1 JC.
702 Biogestodte Bücher.
16. £. ZorhellöB-Pfleiderer, Aogastios BekeaDtaisfle. Ge-
kürzt und verdeatscht Zweite Aaflage. Güttiof^ea 1907, Vanderhoeck
& Raprecht. X a. 146 S. 1,60 JL^ g^eb. 2 Jt.
17. Gnittv Krüg^er, Das Papattom. Seiae Idee aad ihre
Träger. Tubiogeo 1907, J. C. B. Mohr (Paal Siebeck). 160 S. 1 JL^ kart.
\y1X>Jty feio geb. 2^. (Reiigioosgeachiehtliche Voiksbacher. IV. Reihe.
3./4. Heft. AboBBeotea erhalten hierzu die April-Mai-Nanner des Moaata-
blittes „Die Religio o io Gesehichte and Gegenwart'* anberechnet.)
18. Novam Testamentam Graece et Lalioe. Edidit F. Brand-
scheid. Tertia editio. Pribargi Brisgoviae 1906 snmptibas Herder. ParsI:
Evaegelia. XXIV n. 652 S. geb. 3,40 M^ Pars D: Apostolicam. VIH n.
808 S. geb. 3,60 JL,
19. F. Ueberweg, GrandriB der Geschichte der Philosophie.
Teil Ili: Die Pieozeit bis zam Ende des achtzehnten Jahrhanderts. Zehnte,
mit einem Philosophen- and Literatoren-Register versehene Anfinge, be-
arbeitet von M. Heinze. Berlin 1907, B. S. Mittler und Sohn. VIII n. 344 S.
7,50 JL^ geb. 9 M^
20. Die Kaltur der Gegenwart, ihre Entwicklung und ihre Ziele.
Herausgegeben von P. Hinueberg. Leipzig, B. G. Teubner. Teil I, Ab-
teilung 4: Systematische Philosophie, von W. Dilthey, A. Riehl u.a.
Vin u. 432 S. Lex.-8. 10 Jt, geb. 12 M-
21. 0. Behaghel, Bewufites und Unbewufites im dichteri-
schen Schaffen. Leipzig 1907, G. Freyug. 48 S. gr. 8. 1,20 w^.
22. J. Strzygowski, Die bildende Kunst. Bin Büchlein für
jedermann. Leipzig 1907, Quelle & Meyer. XVI u. 280 S. 4 Ji, geb.
4,80 Jt,
23. R. Lippert, Lehrbuch der deutschen Sprache für Lehrer-
bildungsanstalten. Mit zahlreichen Abbildungen und einer Karte der deut-
schen Mundarten. Zweite Auflage. Leipzig 1907, G. Frey tag. Teil l: 144 S.
gr. 8. geb. 2 Jt^ Teil II: 109 S. gr. 8. geb. 1,80 JC^
24. H. Leonhard, Der deutsehe Aufsatz auf der Mittelstufe.
Ans der Praxis für die Praxis. Zweite Auflage. Leipzig 1907, W. Weicher.
72 S. kart. 1,25 JL.
25. F. Saran, Deutsche Verslehre. München 1907, C. H. Beck'sche
Verlagsbuchhandlung (Oskar Beck). XV u. 355 S. Lex.-8. 7 M, geb. 8 Jt-
(Handbuch des deutschen Unterrichts an höheren Schulen, herausgegeben von
A. Matthias III 3.)
26. K. Tumlirz, Poetik. Teil I: Die Sprache der Dichtkunst Der
Lehre von den Tropen und Figuren desselben Verfassers fünfte erweiterte
Anflage. Wien, F. Terapsky; Leipzig, G. Freytag 1907. 150 S. gr. 8. geb.
2,20 Jt.
27. Schultz-Matthias, Meditationen. Entwürfe zu deutschen
Aufsätzen und Vorträgen. Dresden 1907, L. Ehlermann. 12. Heft: Medi-
tationen. 96 S. 8. 13. Heft: Grundlagen und Ausfiihrnngen zum 12. Heft
104 S. 8. Beide Hefte herausgegeben und zusammengestellt von Theodor
Matthias.
28. W. Bangert, Fibel für den ersten Sprach-, Lese- uod Schreib-
unterriebt nach den Grundsätzen der Phonetik bearbeitet Mit 35 Original-
zeichouogen von £. J. Müller. Vierzehnte Auflage. Ausgabe B in preufii-
scher Normalschrift. Frankfurt a. M. 1907, Moritz Diesterweg. IV u. 120 S.
geb. 1 «4^.
29. H. Spieß, Prosalesebach für Obersekunda. Zweite Anf-
inge. Dresden 1907, L. Ehlermann. XH u. 201 S. geb. ^ JU -— Prosalese-
bach rdr Prima. Zweite Anflage. Ebenda 1907. VHI u. 392 S. geb. 4 JL.
30. Die ausländischen Klassiker, erläutert und gewürdigt von
P. Hau und H. Wolf. Leipzig 1907, Heinrich Bredt
a) Nr. 7. Aeschylus' Prometheus -TrIlogie übersetzt von
Donner, neubearbeitet and mit Erlänterungeo versehen von H. Wolf.
112 S. \Jt.
Bingestnifte Bächer. 703
b) Nr.8. Boripides' Madea abars«txtvoD Dotaer, oenbaarbeitet
uod mit ErlänteniBfeB versehen voa H. Wolf. 109 S. 1,25 M-
31. Oeatsehe SchaUasgabeo. Leipiig 1907, B. G. Teabaer.
a) Goethe, Torquato Tasso, heraosgegebeo voa G.'Frick.
120 S. e^eb. 0,80 ^.
b) Sophokles' Aotigoae, übersetzt voa J. Geffekea ond
J. SchsUs. 43 S. geb. 0,60 w^
32. Goethe, Hermaan aad Dorothea, beraasgegebeo voa
A. Haoffea. Dritte Auflage. Leipzig 1907, G. FreyUg. 112 S. 0,60 .4^.
33. Grillparxers Sappho, erlfiatert aad gewürdigt voa R. Jahake.
Leipzig 1907, Heinrieh Bredt. VIl n. 107 S. 1,20 JL,
34. Brast voa Wildeabraeh, Die Qaitzows. Volksansgabe.
BerUa 1907, G. Groteseha Verlagsbochhaadlaag. 188 8. 1 JL.
35. A. KSster, Gottfried Keller. Siebao Voriesaagea. Zweite
Auflage. Leipzig 1907, B. G. Teubaer. 160 S. eleg. geb. 3,20 M*
36. K. Ridderhoff, Sophie von La Roche nad Wielaad. Zam
boader^lUirigea Todestage der Diehteria (18. Febmar 1807). Progr. Johaanenm
Hanborg 1907. 42 S. gr. 8.
37. P. Gaaer, Palaastra vitae. Das Altertum als Qaelle prakti-
seher Geistesbildung. Zweite Auflage. Berlin 1907, Weldmanosehe Buch-
biadlnag. XI o. 170 S. geb. 3,60 JL-
38. Harvard Studios ia Classieal Pbilology. Volume XVII
(1906). Leipzig, 0. Harrasowitz. 185 S. geb. 6,50 M.
39. M. Schanz, Geschichte der rSmisehea Literatur bis zum
Gesetzgebuogswerk des Kaisers Jostioiaa. Teil I: Die rSmisehe Literatur
ia der Zeit der Republik, 1. BMlfte: Voa den Apfüagen der Literatur bis
zam Ausgaag des Buadesgeaossenkrieges. Dritte, gaaz umgearbeitete und
stark vermehrte Auflage mit alphabetischem Register. Müachea 1907, C. H.
Beck'sche Verlagsbuchhaadlnag (Oskar Beck). 362 S. Lex.- 8. IJC^ ia
Hilbfr. geb. 8,80 ^.
40. B. C. Boaduraat, Decimus Junius Brutus Albinns. A histo-
rieal Study. Dias. Chicago 1907. 113 S. gr. 8.
41. Gnrtius-v. Hartel, Griechische Schulgrammatik, be-
arbeitet von F. Wei gel. Sechsuodzwaazigste Auflage. Wien 1907, F. Tempsky.
299 S. gr. 8. 2/60 A, geb. 8 i? 10 A.
42. F. Weigel, Rurzgefafite grieehische Schulgrammatik,
Bseh Cartius-v. Harleis Schulgrammatik bearbeitet Wien 1907, F. Tempsky.
162 S. gr. 8. 2 K^ geb. 2 iST 50 A.
\ ' 43. A. Przygode und B. Bngelmaan, Griechischer Anfangs-
ooterricht im Aoschlufi aa Xeaophons Anabasis. Teil 1. Zweite
Auflege. Berlin 1907, F. A. Herbig. VIII u. 176 S. geb. 3 JC.
44. B. WeiBeabora, Aufgabensammlung zum Obersetzen ins
Griechische im Anschluß an die Lektüre für Obersekunda und Prima.
Zweite Auflage. Leipzig 1906, B. G. Teubuer. VIII u. 226 S. geb. 2,60 JC.
45. W. Suckow's Griechische Schreibvorschrifteo als erste
Stufe des griechischen Uaterrichts. Fünfzehnte Auflage. Breslau, E. Morgeo-
stera. 24 S. Quer-4. 0,35 JC.
46. Breslauer philologische Abhaadlungen, herausgegeben von
R. Forster. Baad IX, Heft 4: W. Feisch, Quibus artifieiis adhibitis
poetae tragici Graeei uaitates illas et temporis et loci observa-
veriot. Breslau 1907, M. 4- H. Marcus. 84 S. gr. 8. 3 JC.
47. 0. Schroeder, Aeschyli caatiea. Leipzig 1907, B. G. Teubaer.
Vm n. 120 S. kl. 8. 2,40 JC.
48. Sophokles, erklärt von F.W. Schoeidewin und A. Nauck.
Siebeates Bandcheo: Philoktetes, 10. Auflage von L. Radermacher.
Berlia 1907, Weidmaaasche Boehhandlnog. IV u. 154 S. 1,80 Jt.
49. Augost Rahm, Ober dea Znsammenhang zwischen Chor-
liedern und Haadluag ia dea erhaltenen Dramen des Sophokles
(aad Baripides). Progr. Sondershansen 1907, F. A. Bupel. 90 S.
704 EiDgeiand'te Bfiekcr.
50. 0. Apalt, Der Wert dee Lelöo« oaeh ?UtoD. GSttingeB
1907, Vaadenhoeck & Ruprecht 31 S. gr, 8. 0,80 JC. ($.*A. aas y^Ab-
handlaBgeo der Pries'aoheo Sehale'* 2. Band.)
51. A. A. Bryanl, fioyhood and Yontli in the daya of Aristo-
phanes. 59 S. (S.-A. aoa Harvard Stndiea in Gaasicai Philolo^y
Vol. XVffl, 1907.)
52. M. Th. Colardean, Restitntioa d'na paeeage de Lveiea
(Hernot. 63). 10 8. (S.-A. aas Anoalea de l'nniTersit^ da Grenoble XVIII
Nr. 3.)
53. W.Ule, Alfred Kirehhoff. Ein Lebensbild. Mit einem Bildnis.
Halle a. S. 1907, Bachbandlnog des Waisenhauses. 30 S. 0,50 JC.
54. H. Heiose, Die Mark Brandenburg^. Mit 30 Abbildungen und
Skizzen, 1 KartenbeUage. Zweite Auflage. Berlin und Stuttgart, W. Speaann.
151 S. geb. (Landeskunde Preußens, herausgegeben von A. B euer Bann,
Heft 7.)
55. Th. Jiewest (Haan Goldzier), Einige Weltprobleme. Teil V:
Erdendämmerung. Vergangene und künftige Katastrophen. Wien 1907, Ver-
lags buehhand long Garl Konegen. 133 S. 2,50 JC'
56. H. Zimmer, Randglossen eines Keltiaten zum Schal-
streik in Posen-WestpreuBen und zur Ostmarkenfrage. Berlin
1907. Weidmannsche Buchhandluag. 124 S. 1,40 JC-
57. A. Wagner, Der neue Kurs in der Biologie. Allgemeine
Erörteroogen zur prinzipiellen Rechtfertigung der Lamarokachen BntwicklBB^s«
lehre. Stuttgart 1907; Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde. Geschnfts-
stelle: Franckh'sehe Verlagshandlung. 96 S. 1,80,;^.
58. Wissensohaftliehe Beilagen zum Jahresberichte höherer Lehranstalten
in Berlin. Berlin 1907, Weidmannsehe Buchhandlung. Je 1 Jt.
a) Tr. Heinrich, Zur Aussprache der Stofilaute in der neu*
hochdeutschen Schriftsprache. Ein Beitrag zur Auaspraeh«
frage. 35 S. 4.
b) G. Ulrich, Der Begriff des Raumes. 33 S. 4.
c) G. Rolle, Der Gesang Unterricht in den höheren Sehulea
Preufiens. 28 S. 4.
d) F. Johannesson, Betrachtungen über Jngendlektare und
Schülerbibliothekeo. 27 S. i.
e) F. Luft, Ober die Verletzbarkeit der Ehre in der altfran-
sSsischea Chanson de Geste, I. Teil. 26 S. 4.
f) R. Biedermann, Zur Morphologie des französischen Verbs»
speziell der unregelmäBigen Verba. 19 S. 4.
59. Aus Natur und Geistesweit. Leipzig 1906/07, B. G. Teubner.
Jedes Bündchen geb. 1,25 JC.
a) Nr. 51. G. Witkowski, Das deutsche Drama des 19. Jahr-
hunderts in seiner Entwicklung dargestellt. Mit einem Bildnis Hebbels.
Zweite Auflage. IV u. 172 S.
b) Nr. 139. 0. Maas, Lebensbedingungen und Verbreitung der
Tiere. Mit Karten und Abbildungen. V u. 138 S.
c)0. Külpe, Immanuel Kant Darstellung und Würdigung. Mit
einem Bildnisse Kants. Vm u. 152 S.
d) E, Daenell, Geschichte der Vereinigten Staaten von
Amerika. VI u. 170 S.
e) F. Rnauer, Zwiegestalt der Geschlechter in der Tierwelt
(Dimorphismus). Mit 37 Abbildungen. IV u. 126 S.
ERSTE ABTEILUNG.
ABHANDLUNGEN.
Gips und Natur.
Der „'I'^g"} <l6r sonst mit gewisser Vorliebe den höheren
Schulen am Zeuge flickt und vor allem revolutionären Sturmern
und Drängern das Wort gibt, brachte am 13. Februar d. J. eine
höchst erfreuliche und beachtenswerte Betrachtung über eine nicht
minder erfreuliche Erscheinung unseres Schullebens. Der Aufsatz
ist „Eine Erlösung'* überschrieben und hebt also an mit einer
Schilderung der Vergangenheit, die wir Älteren im wesenllichen
werden bestätigen müssen: ,, Zeichnen — ein Nebenfach. Stumpf-
sinnig saßen wir vor unseren Würfeln und Kegeln aus Holz, den
Akanthusblätlern aus Gips, den geometrischen Sternen und
Kreisen. Akkurat, gleichmäßig schraffiert, gezirkelte Schatten,
perspektivische Hilfslinien . . . Herrgott, was für Langeweile be-
scherte uns dieser Zeichenunterricht; das Gescheiteste war, man
machte unter der Bank die Schularbeiten. So wuchsen wir heran,
mit intellektuellem Kleinkram überfüttert, blind, als wären wir
verkrüppelt geboren. Und erst spät, ach gar spät kam eines Tages
das Erwacben'^
Von dem düsteren Bilde aus der Vergangenheit hebt sich
desto lichter das Bild aus der Gegenwart ab:
„Zeichnen — ein Hauptfach. Nicht des Sinnes, daß ein
Fünfer das P^xamen gefährdete. Vielmehr also: man hat begriffen,
daß die Erweckung und Entwicklung des Auges eine der Dressur
des Hirnes ebenbürtige Kulturforderung ist . . Es war ein zähes
Kämpfen. Die allgemeine optische Renaissance sicherte schließlich
den Sieg; es sollte ein glänzender Sieg werden".
Diese Betrachtung knüpft an die Ausstellung an, welche von
dem Landesverein preußischer Zeichenlehrer im Lichlhofe des
Kunstgewerbe-Museums zu Berlin veranstaltet wurde. Wie ich
anderweitig las, beteiligten sich 60 höhere Knaben- und Mädchen-
schulen mit 11000 Zeichnungen, aus denen 3500 ausgewählt
wurden.
Z«itaehr. f. d. GyanM^AlwcMn. LXL lOi 45
706 Gips «od Nator^
„Es ist herrliches sagt unser Berichterstatter im „Tag'', ««wie
unserer Jugend die Augen aufgegangen sind! Die Natur war
der Zauberstab. Seid gegrüßt: Schmetterlinge, Höhnerfedern,
kupferne Kessel, Bierflaschen — seid gepriesen, ihr scheuchtet die
gipserne Finsternis. Herrlich, herrlich! Nun zeichnen sie ihre
Mütze und ihre Schulmappe, den Hausflur, den Hof; jetzt schauen
sie aus dem Fenster des Zeichensaales heraus (aus dem Fenster
heraus !) und versuchen, das Treiben der Straße festzuhalten . . .
die stereotype Schablone ist verschwunden. Die Augen unserer
Jugend sind erlöst. Welch unermeßlicher Reichtum lag hier ver-
schüttet! Wie farbig diese Quartaner sehen, wie richtig das StofT-
liche der Blumenblfitter und der Rhythmus eines Zweiges gefühlt
wurde! Und das sind nicht etwa Wunderkinder; diese Blätter
sind nichts weniger als heraufgepäppelte Kunstwerke. Es sind
Durchschnittsarbeiten, von Kindern gesehen und gemacht Wohl
spürt man die weisende Hand des Lehrers, aber nichts von
Drill".
Wer, wie ich — seit Jahrzehnten — nicht nur die Geschichte
des Natursinnes der Vergangenheit darzustellen, sondern auch auf
die Erweckung und Pflege des Natursinnes bei der Jugend in der
Gegenwart hinzuwirken suchte, der begrüßte diese Renaissance
des Zeichenunterrichts mit Freuden. Und wer unter uns Direktoren
empfände es nicht wie eine Erfrischung und Erholung, wenn er
jetzt in den Zeichensaal tritt, wo mit wahrer Lust und Liebe ge-
schafl*!, ja geschaffen wird? Der alte Zeichenlehrer, der hier von
1873 — 1905 den Unterricht gab, ward wieder jung mit der neuen
Methode. Welche Freude war^s, den alten Graubart inmitten der
Knaben zu sehen, wie er sie auf alle die kleinen Zaubermittelchen
der Farben und der Beleuchtung hinwies, mit denen die Allmutter
Natur zu wirken weiß, wenn man nur zu sehen versteht! Da er-
zählte er mir, wie er zwanzig Jahre früher es ähnlich wie heute
gemacht habe; aber bei einer Revision sei ihm eröfi'net worden,
das ginge über die Forderungen der Schule hinaus, und so mußte
er die Naturformen hinwegtun Und die Gipsformen vom
Boden herunterholen. Mit welcher Genugtuung schaffte er diese
vor ein paar Jahren wieder in das Verlies, wo sie hingehörten!
Freilich fügte er mit ironischem Lächeln hinzu: Ob ich das noch
erlebe, daß sie wieder zu neuem Leben erstehen? — Freudig
und jugendlich elastisch verkündete er der Jugend das Evangelium
vom Sehen, und oftmals ließ er mich in den Zeichensaal rufen,
ich solle doch mich wieder mitfreuen, und oftmals schickte er
mir Buben mit prachtvollen Illustrationen su Gedichten und mit
wohlgelungenen Zeichnungen, die sie von den Gängen oder dem Hofe
angefertigt hatten, in mein Amtszimmer. Jetzt ruht er in Frieden,
am Herzen der vielgeliebten Natur. Aber die Jugend dankt es ihm,
was er ihr gewesen für alle Zeit. — Hätten wir es doch ttuber
auch so haben können, dann wären uns aUch die Stunden im
Ton A. Biese. 707
Fluge dahingegangen« und wir hätten die Pausen auch am liebsten
ununterbrochen durchgearbeitet!
Doch wenn jetzt ein so frischer Zug durch die Zeichensäle
webt, wenn Lust und Liebe dort die Fittiche zu — Taten sind,
dann liegt es nahe zu fragen, ob nicht an anderen Enden und
Ecken auch Gips genug vorhanden ist, der nur der Beseitigung
durch Natur harrt.
Der Gegensatz gibt viel zu denken und fordert zur Selbst-
einkebr und Prüfung auf.
Gibt es nicht immer unter uns Schulmeistern gipserne Seelen,
verknöcherte Geister, starre, straffe, strenge Gestalten, die sich in
ihrer Geradlinigkeit ausnehmen, als ob sie eine Elle verschluckt
hätten, die allewege eine Maske tragen und keinen Blick in ihr
wahres Gesicht, in ihr Inneres verstatten, die der Jugend nicht
Brot, sondern Steine bieten, weil ihr Herz von — Gips ist? —
Lebendigkeit, Freudigkeit und gesunde, frische Natörlichkeit sind
die Feinde alles Gipsernen: des Öden Paukens und Drillens, das
der Schablone und dem Schema folgt, das Begriffe ohne An-
schauung, Regeln ohne konkrete Beispiele, Namen ohne Inhalt
bietet
So will es mir als Freund der Lyrik auch als „gipsern*' er-
scheinen, wenn man unablässig von alcäischen und sapphischen
und asklepiadeischen und archilochischen Versmaßen bei Horaz
spricht und liest, wie er Alcäus und Sappho und Pindar usw.
rühmt als unerreichbare Vorbilder, und wenn man dann doch die
griechischen Lyriker fem hält, wenn man Hör. Epist. I 4 die feine
Charakteristik des Tibull behandelt und diesen eine unbekannte
Größe bleiben läßt, wenn man den Schein erweckt, als hätte Rom
nur den einen Lyriker, Horaz, hervorgebracht und des weit
genialeren Catullns' Liederbuch nicht kennen und lieben lehrt,
wenn man Ovid nur als Metamorphosenverfasser der Jugend
vorstellt und nicht auch in seiner so tief persönlichen, tief mensch-
lich röhrenden Seite, die sich in den Tristien und den Briefen
von dem Pontus kundtut.
Es gehört in das Gebiet des * Gipsernen', wenn man die Lehr-
pläne als starre Buchatabenformel auffaßt und nur in den aus-
gefahrensten Geleisen sich bewegt, wenn man die Freiheit nicht
wirken läßt, deren kräftiger Hauch jetzt gerade von oben her, von
dem vielgeschmähten „grünen'' Tisch her weht — wie ein viel-
verheißendes Fruhlingswipfelrauschen — , wenn man die freie Be-
wegung z. B. in der Auswahl der Lektüre und womöglich auch
in der Verschiebung der Unterrichtsfächer in Prima zu größerer
Vertiefung des einen im Vergleich zu dem anderen nicht ausnutzt,
zum Heile der Jugend, zu ihrer fortwirkenden Freude an dem,
was die Schule ihr bot.
Wird nicht immer noch gar viel Literaturgeschichte ohne
Literatur, Kunstgeschichte ohne Kunst, Antiquitätenkram ohne An-
4ö*
708 Das Diktat im fraBiöiischen Unterricht,
scbauung, ohne Anschluß an das Bedörfnis der einzelnen Stunden
oder gar an das Leben selbst getrieben?
Der 'Gipserne' ist ein starrer, strenger Gast, der kann sich
nicht so rasch und leicht in Fleisch und Blut verwandeln. Aber
sollte es nicht, wie im Zeichenunterricht, auch überall sonst, wo
er sich zeigt, möglich sein, ihn zu beseitigen, unter dem Sieges-
banner 'Natur'? Er ist freilich ein Bruder des 'Papierenen', den
uns Otto Schroeder so köstlich charakterisiert hat. Verfolgen wir
daher unablässig die bösen Schliche dieser elenden Gesellen,
schlagen wir sie, wo immer wir sie finden, aufs Haupt! Dann
werden bei der Jugend Lust und Liebe sich mit der Pflichtarbeit
verbinden. Und nur darauf liegt bleibender Segen.
Neuwied am Rhein. Alfred Biese«
Das Diktat im französischen Unterricht
Den französischen Rechtschreibubungen wird im allgemeinen
auf unseren höheren Schulen nicht die Bedeutung beigelegt, die
sie verdienen. Die preußischen Lehrpläne verlangen sie ausdrück-
lich bis Obertertia einschliefilich, und in den methodischen Be-
merkungen wird empfohlen, sie schon früh mit anderen schrift-
lichen Übungen abwechseln zu lassen. Wenn nun auch wohl an-
zunehmen ist, daß die Fachlehrer sich in der Regel nach diesen
Bestimmungen richten, so glaube ich doch behaupten zu dürfen,
daß diese Diktate vielfach als Nebensache betrachtet and den so-
genannten Extemporalien keineswegs gleich geachtet werden, weder
als Bilduogs- noch als Prüfungsmittel. Das erklärt sich aus dem
Unistande, daß sie meist nicht systematisch betrieben werden, und
darum möchte ich im folgenden versuchen, zu zeigen, in welcher
Weise sie für den französischen Unterricht wirklich nutzbar ge-
macht werden können.
Als Vorübung für die Diktate ist für den Anfang das Ab-
schreiben der französischen Vokabeln und Sätze des Obungsbuchs
als häusliche Arbeit zu empfehlen, womöglich in ein besonderes
Heft, da das Abgeschriebene selbstverständlich, wie jede schrift-
liche Arbeit des Schülers, vom Lehrer nachgesehen werden muß.
In der Klasse folge dann das Anschreiben der Sätze an die Tafel,
vielleicht im Anschluß an französische Fragen oder Retroversion,
ein Verfahren, das mindestens im ersten, tunlichst aber auch im
zweiten Schuljahre regelmäßig geübt werden sollte, und das auch
nicht viel Zeit beansprucht, wenn man es geschickt einrichtet
Allmählich kann der Lehrer den französischen Text mehr und
mehr umformen oder von Schülern umformen lassen oder aus
dem gelernten Wortstofl* neue Sätze zu Diktaten bilden. Beim
Diktieren ist — von lauter, deutlicher, richtiger Aussprache ganz
To« W. SehmiiaDD. 709
abgesehen — streng auf die Bindung grammatisch zusammen-
gehöriger Satzteile zu achten, und zwar nicht nur auf die der an
und für sich stummen Endkonsonanten, sondern auch der lautenden,
sowie der Vokale. Wenn diese Forderung auch fQr die Konversation
nicht angebracht ist, so scheint es mir doch, daB wir sie beim
Diktat stellen müssen. Denn einerseits machen es die französi-
schen Lehrer in ihren Schulen ebenso, andererseits werden Ohr
und Verstand dadurch besonders angestrengt.
Mit der Zeit werden sich nun neben die mehr oder weniger
reproduzierenden Diktate die systematischen stellen, die zum großen
Teil auf der Homonymik basieren, wenn ich mich dieses Aus-
drucks bedienen darf. Zunächst kommt dabei die Grammatik in
Betracht, und hier wieder ift erster Linie die Formenlehre mit
ihren vielen stummen und gleichlautenden Endungen. Hierher
gehört der Gleichklang des Singulars und Plurals, der Plurale auf
aux und eauz, oux und ous (eux und eus), die Motion der Sub-
stantiva (ami, amie) und Adjektiva (vrai, vraie; eher, chire; public,
publique (grecque); fol, folle; discrete, muette; divote, sötte;
secbe, frafche usw.), die gleichlautenden Verbalformen der ver-
schiedenen Konjugationen (donne, donnes, donnent — donfner,
donne, donnez, donnai; finis, finit, finlt, fini usw.), der Hilfszeit-
wörter und der anderen unregelmäßigen Verben, die orthographi-
schen Eigentümlichkeiten bei den Verben auf cer und cevoir, auf
ger, oyer, uyer (ayer), nebst fuir, voir, croire, auf eler und eter
nebst mener, semer, lever, peser u. a., vaincre nicht zu vergessen,
Unterschiede, wie je crois und je crols, meus und penx, tait und
plait, pu und du, mü und mue (mus), crü und accra; vends,
perds, mouds und crains, feins, joins, absous, die Partizipien auf
i, is, it, die Infinitive auf ir und ire, oir und oire, uir und uire,
von den Pronomina die beiden leur, ses und ces, tout und
attributives tous, von den Zahlen quatre-vingt und cent. So
haben wir in der Formenlehre eine Fülle von Stoff, der sich
leicht zu systematischen Diktaten verarbeiten läßt. Von der Syntax
kommen dafür besonders zwei Kapitel in Betracht, die Lehre von
der Konkordanz der beiden Partizipien und die Moduslehre, die
gleichfalls reichliches Material für Rechtschreibübungen bieten.
Wie die Kenntnis der Wortbiegungslehre, ist auch die der
Wortbildungslehre für Diktate von großem Wert. Wenn es uns
auch an Zeit fehlt, diese auf der Schule systematisch zu behandeln,
so muß doch dem Schüler nach und nach manches für die Ortho-
graphie Wichtige daraus bekannt werden, z. B. daß die Feminina,
die lateinischen auf tas entsprechen, auf te endigen, daß die auf
eur mit Ausnahme von Theure und la demeure kein stummes e
haben, weshalb man le parti, aber la partie, le travail, aber la
bataille schreibt, welche Wörter auf ant oder ent (ance oder ence),
auf oir oder oire ausgehen, wie es z. B. kommt, daß das Adjektiv
violent (heftig), das Partizipium violant (verletzend) geschrieben
710 Dts Diktat !■ fraoiSsiicken Uotecrielit, von W. SchaBton.
wird, und dafi man könstlich differant und diffi&rent, fatiguant
und fatigant, fabriquant und fabricant unterschieden hat usw.
Auf der obersten Stufe ist dann eine ausfilbriiche Besprechung
der wichtigsten Homonyma am Platze, ohne deren Kenntnis man
manches gesprochene Wort, besonders Wortspiele, nicht yerstehen,
manches Rätsel nicht lösen kann. Ein reichhaltiges Verzeichnis
davon findet sich u. a. in K. Ploetz* Vocabulaire systematique.
Wenn man im Anschluß daran noch die mit einzelnen Wörtern
oder unter sich gleichlautenden Wortverbindungen behandelt, wie
passage und pas sage, Tattente und la tante (tente), wobei be-
sonders Präpositionen, Vorsilben, Artikel, Pronomina, ne, que, en
und 7 eine große Rolle spielen, wie pourvoir und pour Toir, con-
forme und qu'on forme, loi und Foie, sapeur und sa peur, tua und
tu as, qu'elle und quelle, ni und n'y, enfer und en fer (en faire)
und alles das zu Diktaten verwertet, so erreicht man etwas ganz
anderes, als wenn man die Schuler immer nur einen beliebigen
Text nachschreiben läßt. Als ganz verkehrt ist das vielfach übliche
Verfahren zu bezeichnen, einen noch in derselben Stunde ins
Deutsche zu übersetzenden Text zu diktieren, vor allem weil,
wenn das Französische nicht verstanden wird, die Obersetzung
unmöglich ist
Schließlich muß in Diktaten die Lehre der Silbentrennung
beachtet und die von den Accenten, der Cedille, dem Bindestrich
und Apostroph, besonders aber die von den Satzzeichen geübt
werden. Vergessen wir auch nicht, daß sie zugleich eine Übung
im Schönschreiben sein sollen, damit man recht oft darunter die
Worte setzen kann, mit denen der Marquis in Sandeaus Made-
moiselle de la SeiglMre Bernhards Briefe beurteilt:
Jolie main, bonne ponctuation, orthograpbe irreprochable.
Marburg. W. Schumann.
ZWEITE ABTEILUNG.
UTERABISOHE BERIOHTE.
1) A. Gamlich, GroDdrifi der Sitteolelire. Leipzi|f 1906, W. Eogel-
maon. 64 S. 8. 0,80 JL
Im ersten HanptalMchiiitt gibt Verfasser einen „Überblick aber
die fesdiiditliehe Entwicklung der Sittlichkeit und Sittenlehre'^
fon den ersten Anfingen und Keimen an, beginnend mit den
alten Indem. In großen Zügen stellt er die Anschauungen der
Chinesen, Japaner, des jüdischen Volkes, der Griechen und Römer
bis hin zum Christentum und zur neueren und neuesten Zeit dar.
Wenn auch in der Gegenwart „infolge der größeren Freiheit und
Ungebundenheit der Individuen sowie der vermehrten Versuchungen
und Gelegenheiten zu Ausschweifungen und Ausschreitungen sitt-
liche Obel und Schäden in erschreckender Weise sich zeigen, so
ist doch andererseits nicht zu leugnen, daß unser irreligiös und
materialistisch geschmähtes Zeitalter aller Orten bemüht ist, auf
dem Gebiete und mit Hilfe der Gesetzgebung die Schäden der
menschlichen Gesellschaft zu • . . heilen*'. So sei denn kein Grund,
an dem Fortschritt der ethischen Kultur der Menschheit zu ver-
zweifeln.
Im zweiten Abschnitt finden wir die allgiemeinen Grundlagen
uod Voraussetzungen des sittlichen Lebens, im dritten die Dar-
stellung der Sittenlehre selbst in ihren Grundzügen, sich gliedernd
in die Lehre von den Gütern des menschlichen Lebens, die Lehre
von den Pflichten des Menschen (gegen sich selbst, gegen seine
Mitmenschen, besondere Pflichten in bezug auf Ehe, Beruf, Staat
und Kirche, gegen die belebte und unbelebte Natur), die Lehre
von den Tugenden des sittlich gebildeten Menschen. — Soviel
über den Inhalt des Büchleins. Die Darstellung des Verf. ist klar
und leicht verständlich. Sie ist für weitere Kreise gebildeter Leser
berechnet und wohl geeignet, das Interesse derselben zu erregen.
Wohl weiß jeder richtig fühlende Mensch schon aus sich selber,
was er zu tun und wie er sich zu verhalten hat, und doch wird
man eine Art Theorie der sittlichen Grundsätze und Gesetze gern
überschauen und sich so derselben bestimmter und klarer bewußt
712 L. Hohmana, Pädagogische Psychologie,
werden. Dazu isl das vorliegemie Heftchen in ganz besonderem
Maße geeignet. Bei der Einfachheit und Klarheit seiner Aus-
führungen gibt es eine auf gründlicher Denkarbeit ruhende Dar-
stellung der sittlichen Pflichten des Menschen in allen den ver-
schiedenen Verhältnissen und Beziehungen, in denen er steht.
Besonders passend erscheint es auch für die vorgeschrittene
Jugend, die ja erfabrungsmaßig für solche Darlegungen viel Sinn
hat und sich gern damit beschäftigt. Wird ja doch von vielen
Seiten der Wunsch geäußert, daß man die Ethik auch in den
Kreis unserer höheren Schulen einbeziehen solle.
So ist nun das Büchlein sehr zu empfehlen.
2) L. Hohmano, Pädagogische Psychologie, dargestellt unter Be-
räcksichtigang der übrigen Grundwissenschaften der Pädagogik sowie
ihrer Grenzwissenschaften (HohininD, Pädagogisches Handbuch, firster
Band). Mit 22 Abbildungen im Text. Breslau 1906, Ferdinand Hirt.
465 S. 8. 4,50 Jt.
Es ist ganz natürlich, daß die gesamte Erziehungslehre in
engster Beziehung mit der Seelenlehre steht; handelt es sich doch
bei dem Erziehungs werke um die Seele des Kindes, ist doch ohne
genauere Kenntnis der Kräfte und Regungen derselben eine er-
ziehliche oder unterrichtliche Einwirkung gar nicht möglich. Dies
müßten sich ganz besonders diejenigen gegenwärtig halten, die
dereinst Erzieher werden wollen. Es gibt nun auch so manches
wertvolle Buch, welches den engen Zusammenhang der Pädagogik
und der Psychologie nachweist und das Ineinandergreifen der
beiden Wissenschaften darlegt. Wir erinnern nur an Jahn, Psycho-
logie als Grundwissenschaft der Pädagogik (Leipzig, Verlag der
Dürrschen Buchhandlung). Neuerdings ist nun das obengenannte
Werk von Hob mann hinzugekommen, welches den ersten Teil eines
im ganzen auf drei Bände berechneten, pädagogischen Handbuchs
darstellt, das der Vor- und Fortbildung der Lehrer und Lehrerinnen
dienen soll. Das Werk ist in erster Linie für die Volksschule
bestimmt, es hat jedoch auch für das höhere Unterrichtswesen
eine große Bedeutung, weil die darin gezogenen Richtlinien über-
haupt für jede Erziehung Geltung haben und Geltung haben müssen.
Nach einer den Begrifjf, das Ziel und die Wege der Erziehung
betrachtenden Einleitung wird die Bedeutung der Psychologie für
die Erziehungssache erörtert, sowie die Aufgab«^ und das Verfahren
der Psychologie. Diese Erurlerungeu, denen man nur zustimmen
kann, erfolgen auf der Grundlage philosophischer und pädagogi-
scher Studien. Die Erziehung geschieht auf der Grundlage des
Familiengeistes, in dem das Kind heranwächst. Notwendig dazu
ist die Erkenntnis der geistigen Zustände und Tätigkeiten, ver-
möge deren man ,,alle Formen des normalen Verlaufs der Bewußt-
seinserscheinungen im menschlichen Organismus beobachtet". Und
zwar muß überall die Erfahrung das Feld beherrschen, die philo-
sophische Spekulation zurücktreten. Wenn man nun der Sache
aogpet. voB R. JoBts. 713
SO recht auf den Grund gehen will, so ist dazu in erster Linie
eine Darstellung der Grundzfige der Nervenphysiologie erforderlich,
die denn auch im ersten Teile folgt: Der Nervenapparat als Träger
des Seelenlebens. Der Bau, die Funktionen des Nervensysteons,
die Lokalisationstheorie und die Anwendung der Ausführungen
auf das Kindesleben werden dargestellt und zwar unter Beifügung
einer Anzahl guter Abbildungen, welche die phy.<iologischen Ge-
setze und Erscheinungen sehr wohl m erläutern imstande sind.
Durchweg werden auch hier die Beziehungen auf pädagogische
Fragen im Auge behalten. Die weiterhin erörterten Erscheinungen
des Seelenlebens behandeln nach einigen allgemeineren Betrach-
tungen die Erscheinungen des Erkennens (1. die Empfindungen,
2. die psychischen Gebilde auf dem Gebiete des Erkennens, 3. die
Verknüpfung oder Vergesellschaftung der Vorstellungen, 4. die Ge-
staltung der Vorstellungen). Im folgenden Abschnitt werden die
Erscheinungen des Fühlens behandelt, im nächsten die Erscheinungen
des Wollens. So führt Verfasser seinen Leser durch das ganze
Gebiet der Psychologie hindurch, aber, wie schon am Eingang
bemerkt, in dem Sinne und in der Art, daß die Erfahrung das
Feld beherrscht und die philosophische Spekulation zurücktritt.
Die allgemeinen Erscheinungen und Gesetze der psychologischen
Wissenschaft werden überall im Anschluß an die Praxis und unter
Bezugnahme auf dieselbe erörtert. Das macht die Darstellung des
Verfassers anschaulich und auch für den Anfanger, für den sein
Buch auch bestimmt ist, ja dem es in erster Linie dienen soll,
verständlich. Das Buch lehrt so, alle Seiten des jugendlichen
Geistes in der erforderlichen Weise zu beeinflussen und zu ihrer
Ausbildung beizutragen, mit andern Worten: es lehrt erziehen.
Eine lediglich theoretische Unterweisung in der Erziehungs- und
Unterrichtskunst kann nicht von Bedeutung sein; sie schwebt in
der Luft und kann niemals zu günstigen Ergebnissen führen.
Und ganz besonders kann sie dem Anfanger nichts helfen. Ihm
fehlt es naturgemäß an der für das ganze Erziehungswerk so
wichtigen Praxis. Woher soll er denn die Kräfte und Regungen
des kindlichen Geistes kennen? Gerade für die Erziehung und
den Unterricht jüngerer Schüler und Schülerinnen sollte man stets
recht erfahrene Lehrer und Lehrerinnen wählen; denn hier sind
die größten Schwierigkeiten zu überwinden. Ein Werk wie das
hier vorliegende ist nun aber wohl imstande, auch in die Praxis
hineinzufuhren. Wer es aufmerksam studiert, wird in der Lage
sein, einen Einblick in die Regungen und Strebungen der Kindes-
seele, in ihre ganze Anschauung zu gewinnen. So gibt ihm das
Werk in gewissem Sinne das, was er noch nicht so recht haben
kann: die Praxis.
In diesem Sinne hat Hohmann einen wichtigen Beitrag zur
praktischen Pädagogik geliefert. Wir erwähnten bereits, daß sein
in erster Linie für die Volksschule bestimmtes Buch ebenso der
714 L. Brintigam, Die Erll$8ang v. der Geldgier, agz. ▼. LwZfirB.
höheren Schule gute Dienste leisten wird. Ganz besonders wird
es zu dem von der Unterrichtsbehörde vorgeschriebenen Vor-
bereitungsdienst der angehenden Oberlehrer recht gute Verwendung
finden können.
Daß die Darstellung eine leicht verständliche ist, wurde auch
bereits gesagt. Überdies bekundet sie eine reiche Belesenheit des
Verfassers auf dem ganzen in Frage kommenden Gebiete; nament-
lich bekundet sie auch eine eingehende Beschäftigung mit den
für die Pädagogik in Betracht kommenden philosophischen
Schriften.
Wenn auch das Werk in erster Linie Pädagogen dienen soU,
so glauben wir, daß es bei dem heutzutage ziemlich lebhaften
Interesse für alle pädagogischen Fragen auch weiteren Kreisen
Gebildeter eine willkommene Lektüre sein wird, namentlich solchen
Eitern, die mit der inneren Entwicklung ihrer Kinder gern ge-
nauere Fühlung haben und einen Einbh'ck in sie gewinnen möchten.
Köslin. R. Jonas.
L. Bräatigam, Die Erlö#«iig yod der Geldgier. Berlio 1907, Bgoo
Fleischel & Co. 74 S. 8. 1 JC.
Am 22. Oktober vorigen Jahres starb in Hülhausen im Elsaß
im kräftigsten Mannesalter Ludwig Bräutigam, früher Lehrer an
der höheren Mädchenschule in Mülhausen, zuletzt Professor an
der Realschule beim Doventor in Bremen^ in weiteren Kreisen he-
kannt durch seine Schriften ober den Marschendichter Hermann
Allmers, durch seine Neubearbeitung von Kirchners Geschichte
der deutschen Nationalliteratur des 19. Jahrhunderts, aus der die
„Übersicht über die deutsche Literatur 1880—1900'', von ihm
allein verfaßt, auch als selbständige Schrift erschienen ist und
bereits in zweiter Auflage vorliegt (Kassel 1903), durch seine Ge-
schichten und Skizzen „Auf dem Heimweg*' (Berlin 1902) und
„Mein Heimatbuch'' (Ohlau 1905), die zum Besten der Heimat-
kunst der letzten Jahrzehnte zählen und u. a. die feinsinnigsten
und stimmungsvollsten Schilderungen von Land und Volk Ober-
sachsens, des Geburtslandes Bräutigams, Niedersachsens, seiner
zweiten Heimat, und des Elsasses enthalten, durch zahlreiche
pädagogische, literarhistorische und kritische Aufsätze, die er in
den verschiedensten Zeitschriften veröfl'entlichte, durch sein ent-
schiedenes Eintreten für die „moderne" Dichtung in seinen kriti-
schen Aufsätzen und in den Theaterkritiken, die er als Bremer
Theaterrezensent verfaßte.
Aus seinem Nachlaß veröffentlicht nun seine Witwe die vor-
liegende Schrift, die von des Verfassers idealer Denkweise ein
neues Zeugnis ablegt. Sie ist gegen den Moloch Geld als den
Verderber aller Zeiten gerichtet und bekämpft den weitverbreiteten
Glauben, daß mit dem Aufhören des Gelderwerbes auch alle Streb-
G. WobberMiD, Der ebristl. Gottesg^Uobe, ag^z. von A. Jonas. 715
samkeit und damit aUer Fortschritt aufhören würde. Zahlreiche
Zeugnisse aus der ganzen Weltliteratur werden angeführt, durch
die alle der eine Grundton klingt, wie verächtlich in sittlicher
Beziehung die Geldgier ist. Es wird darauf hingewiesen, daß die
Geldgierigen doch nur ins lecke Fafi der Danaiden schöpfen, da
der ewige Wechsel im Besitz trotz dem Erbrecht ein lange
dauerndes Festhalten des erworbenen Beichtums in der Familie
verhindert, und es wird mit Nachdruck betont, daß, wie bisher
schon alle Kulturfortschritte von denen angebahnt wurden, die
nicht an Gelderwerb dachten, sondern in Selbstaufopferung und
Hingabe arbeiteten, so auch jetzt schon in verschiedenen Kreisen
das Walten der Geldgier eingedämmt, ja möglichst beseitigt ist,
daß die meisten Menschen, überhaupt besonders auch die sozial
am niedrigsten stehenden, selbstlos ihre Pflicht erfüllen infolge
eigener Gesetze, die stillschweigend entstanden sind und ohne be-
sondere Mahnungen befolgt werden. Den Schluß bildet ein hoff-
nungsfreudiger Ausblick in die Zukunft. Der Verfasser ist über-
zeugt, daß an die Stelle des Hammonismus, des rücksichtslosen
egoistischen Gesellschaftsprinzips, eine höhere Sittlichkeit treten
wird, indem der Gemeinsinn, die Hingabe an die Gesamtheit immer
mehr die zukünftige Physiognomie des sozialen Lebens der neueren
Kulturwelt bestimmen und die verächtlichste und kläglichste aller
menschlichen Leidenschaften vertilgen wird. Dahin drängen die
unabänderlichen Gesetze der Entwicklung, die allein Abhilfe schaffen
können, indem sie auch auf dem Gebiete des geistigen, sittlichen
und wirtschaftlichen Lebens ein fortwährendes Weiterbilden er-
zeugen und die Denkweise der Menschen allmählich umgestalten.
So erweist sich L. Bräutigam in dieser Schrift durch seinen
tapferen Ansturm gegen den Mammonismus als ein tatkräftiger
Kämpfer für wahre sittliche Kultur.
Offenburg i. B. L. Zürn.
Georg Wobbermin, Der christliehe Gotteiglaabe in seinem
Verhältnis zur hentiren Philosophie nad Naturwissen-
schaft. Zweite, omgearbeitete Anflage. Berlin 1907, Alezander
Dnneker. 171 S. gr. 8. 2 JC^ geb. 2,60 JC-
Die erste Auflage der vorliegenden Schrift hatte ich in der
Zeitschr. f. d. Gymn. 1903 S. 432 ff. eingehend und anerkennend
besprochen. Der gelehrte Vrf., der inzwischen zum ord. Professor
der Theologie nach Breslau berufen worden ist, hat die Form
der ersten Auflage wesentlich verändert. Trug diese noch den
Charakter von Vorlesungen, die in einem Ferienkurse der kirchlich-
theologischen Konferenz der Provinz Brandenburg gehalten waren,
so ist nun das Gewand ein anderes geworden. Manches ist ge-
tilgt, vieles neu umgearbeitet und erweitert worden. So fällt im
Anfange die liebevolle Beschäftigung mit Nietzsche auf, die viel
stärker hervortretende Polemik gegen Häckel, die schärfere
716 C« Wobbermin, Der ehristl. Gottesglavbe, ag^s. voi A. Josas.
wissenschaftliche Gruppierung der Philosophie und philosophischen
Weltanschauungen, die er ganz besonders zu beröcksichtigen hat.
Diesen gegenüber will er den Richtweg zeigen zam christlichen
Gottesglauben. Er will jedoch nicht mehr beweisen, als za be-
weisen ist. Er ist sich dessen voll bewußt, daß dem Frommen
das Dasein Gottes gewiß ist, aber er weiß auch, daß das Dasein
Gottes erweisen zu wollen, ein unmögliches Diog ist. Aber
darum gerade stellt er sich die Aufgabe, den christlichen Gottes*
glauben in wissenschaftlich-philosophischer Weise zu vertreten,
ihn wissenschaftlich zu begründen durch eine vom Boden der
Naturwissenschaften ausgehende Reflexion wie durch eine vom
Boden der Geisteswissenschaften ausgehende Argumentation. Unter
der Devise „zurück zu Kant'' und „von Kant vorwärts" leitet er
in dauerndem Kampf gegen die Naturforscher und Philosophen,
die er namhaft gemacht hat, in den drei Abschnitten: 1. Die
Kosmologie und der christliche Gottesglaube; 2. Die Biologie and
der christliche Gotlesglaube; 3. Die Psychologie und der christ-
liche Gottesglaube seine Leser langsam und bedächtig vorschreitend
und zwingt sie mit ihm von der Physik zur Metaphysik über-
zugehen, [n der Auseinandersetzung mit den Gegnern kommt er
zu dem Schluß, daß hinter bezw. vor der Entwickelung des
kreatürlichen Lebens eine das Ziel der Entwickelung bestimmende
und sie selbst leitende Lebensmacht steht, die diejenigen kreatür-
lichen Lebensformen, die zu geistigem Personleben gelangt sind,
in die Einheit mit sich aufnimmt, ohne sie in ihrer Individualität
zu vernichten, die Urform und einheitliche Allheit des geistig-
persönlichen Lebens. Den letzten Abschnitt mit den Mitteilungen
von Tolstoi, von William James, von Adolphe Monod wird niemand
ohne innere Erschütterung lesen.
Ein besonderes Eingehen verdient die Erweiterung des Ab-
schnittes „Die Kosmologie** durch die Behandlung des Wunder-
glaubens. Dem Vrf. liegt das psychologische Motiv und daher
der religiös wertvolle Kern der Wundervorsteilungen im Vorsehungs-
glauben. Der christliche Vorsehungsglaube ist die Oberzeugung,
daß alles, was ist und geschieht, auf Gott zurückgeht, daß also
ohne den Willen Gottes niemals irgend etwas — es sei, was es
wolle — geschehen ist oder geschehen wird. Dieser Vorsehungs-
glaube, lehrt Vrf. weiter, fordert zu seiner Durchführung durchaus
nicht die Durchbrechung von Naturgesetzen. Wenn nämlich der
Vorsehungsglaube überzeugt ist, daß schlechthin alles Geschehene
auf Gott zurückgeht, er also im Weltenlauf ein Spiegelbild der
göttlichen Weltregierung erblickt, dann hat dieser Glaube von
sich aus kein Interesse zu wünschen, daß jene Ordnungen ge-
legentlich einmal auch durchbrochen werden. Ganz im Gegenteil:
derartige Unterbrechungen würden die Meinung begünstigen, als
ob Gott nur durch Ausnahmewirkungen und also nur ausnahms-
weise in die Weltgeschichte eingreife. Der christliche Wunder-
Walther, Iah. n. Gedattkeng^aog d. Ev. o. Joh., agx< v. Bienwald. 717
glaube oder Vorsehungsglaube steht also zu der naturwissenschaft-
lichen Betrachtung der Dinge nur insofern im Gegensatz, als diese
die Geltung der naturgesetzlichen Ordnung als einer fQr sich und
« in sich absoluten letzten Wirklichkeit ansieht. An eigentlichen
Ausnahmeerscheinungen im Sinne von Durchbrechungen der Natur-
gesetze liegt dem christlichen Glauben schlechterdings gar nichts.
Das seelische Leben ist das eigentliche Gebiet der religiösen
Wunder; an eine Durchbrechung von Naturgesetzen braucht aber
auch hier nicht gedacht zu werden, so wenig die religiöse Anlage
selbst, ihre Entwickelung und Entfaltung auf einer solchen Durch-
brechung beruht. — So wie unser Vrf. hat sich schon Lessing
in seinem „Nathan'* ausgesprochen. Aber zur vollen Befriedigung
seiner Leser hat Vrf. die Frage doch nicht beantwortet. Ein
Zurückgehen auf die biblischen Wunder war nötig. Der gelehrte
Theologe wird schon mit dem Stoffe fertig werden; ihm stellen
sich die Wundererzähiungen bald als poetische Gebilde der in der
menschlichen Natur tief begründeten Lust am Phantastischen dar,
bald als symbolische Einkleidungen wirklicher Ereignisse, bald als
geschmückte dogmatische Reflexionen. Der Nichltheologe wird
hier eine Lücke empfinden.
Den Abhandlungen hat Vrf. Zusätze und Literaturnachweise
beigefügt, biographische und literarische Mitteilungen über die
Gelehrten, mit denen er sich auseinandersetzt. In diesem An-
hange steckt gleichfalls ein gut Stück geistiger Arbeil.
Das Buch, das auch durch seine Ausstattung wie seinen
Druck einen recht angenehmen Eindruck macht, sei hiermit an-
gelegentlich empfohlen.
Stettin. Anton Jonas.
1) E. Walther, Inhalt uad Gedankeogaag des Evangelioms nach
Johannes. Berlin 1907, Reother & Reichard. 80 S. 8. 1,25 Jt*
Das äußerst sorgfältige und gründliche Schriftchen, das die
einzelnen Gedanken bis ins kleinste zergliedert und in ihrem
Zusammenhange aufzeigt, befleißigt sich auch in den Sach-
erklärungen der peinlichsten Genauigkeit. Ob es möglich und
förderlich ist, in dieser eingehenden Weise das ganze Evangelium
auf höheren Schulen zu behandeln, scheint mir zweifelhaft. Jeden-
falls darf man dabei nicht verabsäumen, die Schüler in die Grund-
fragen einzuführen, so daß diese über das Verhältnis des vierten
Evangeliums zu den Synoptikern, seinen Geschichtswert, seine
Bedeutung für die Kirchenlehre, über die Geschichte des Logos-
begriffes, die eigenartige Beleuchtung der Wundererzähiungen usw.
das Notwendigste erfahren.
2) H. Schaater, Der erste Korintherbrief. Nebst einem Anhang:
Aosf^ewählte Kapitel ans dem zweiten Korintherbrief. Berlin 1907,
Reother ft Reichard. VI u. 82 S. 8. 1,50 JL^
Die HilCsmittel zum evangelischen Religionsunterricht von
718 H* Schaster, Der 1. Korintherbrief, angez. von A. Bieowald.
Cvers und Fauth bürgern sich in den Kreisen der Religionslehrer
immer mehr ein und dies mit vollem Recht. Fast alle Be-
arbeitungen bekunden ein hervorragendes theologisches und
pädagogisches Verständnis sowie auch eine umfassende allgemeine
Bildung der Verfasser. Dies gilt auch von dem vorliegenden
Hefte. Nur die sachlich wertvollen Gedanken sind behandelt,
und infoige der einfachen und übersichtlichen Gruppierung kann
man sich überaus leicht in der Mannigfaltigkeit des Stoffes zurecht-
finden. Überall sehen wir die ausgezeichnete Fähigkeit des Ver-
fassers, sich in die Gedankenwelt und die Verhältnisse der ersten
Christengemeinden hineinzufinden und sie anschaulich darzustellen.
Wie treffend ist jene tief aufgeregte, Wunder glaubende Zeit, der
sittliche Zustand der korinthischen Gemeinde mit seinen Ursachen,
die Neigung der griechisch gebildeten Christen zu scharfer
Dialektik, sowie die asketische Stimmung der „überkultivierten
und kulturmüden griechisch-orientalischen Welt" in ihrer Abscheu
vor der „zügellosen Sinnlichkeit der breiten Hasse" charakterisiert!
Ganz vorzüglich ist auch die Persönlichkeit des Apostels Paulus
dargestellt. „Das Stadtkind aus Tarsos*' in seinem Gegensatz
zur „sinnlich frischen Anschauungskraft*' des Nazareners, seinen
Optimismus den Schwächen der korinthischen Gemeinde gegen-
über, seinen Idealismus und seine Weisheit in der Beurteilung
der Sklavenemanzipation, die Festigkeit im Prinzip neben der
Nachgiebigkeit in der Praxis, die Leidenschaft seiner Empfindung
und den idealen Flug seiner Gedanken — alles dies weiß der
Verfasser klar und lebendig vor Augen zu stellen.
Jeder Unterricht soll möglichst zur Gegenwart in Beziehung
gebracht werden. Auch nach dieser Richtung enthält die Arbeit
beherzigenswerte Winke. Zwar möchte ich nicht den Abschnitt
über die Unzucht in der S. 21 angegebenen Weise verwerten,
so wahr auch die hier entwickelten Gedanken sind; im all-
gemeinen scheinen mir selbst Primaner dazu noch nicht reif.
Doch die Bemerkungen über Gelehrsamkeit und Bildung, Wissen
und Glauben (S. 10 ff.), das Recht der Individualität (S. 36) und
des kirchlichen Pfarramtes (S. 54 ff.) und besonders auch die
kurze Betrachtung des Evangeliums von der Versöhnung mit Gott
(S. 76) zeigen, daß die Abhandlung auf gründlichen Studien
beruht Das beweist auch die Behandlung der Abendmahlsfrage
und der „großen Frage der Auferstehung Christi und unserer
christlichen Hoffnung*'. Sehr passend wird dabei denen, die
leidenschaftlich um das leere Grab und Jesu Fleischesleib streiten,
das Wort Jakob Böhmes zugerufen: „Ich habe mit den Kindern
Gottes wegen ihrer ungleichen Gabe keinen Zank; ich kann sie
mir alle einigen, ich gehe mit ihnen nur aufs Zentrum, so habe
ich die probam aller Dinge*^ Die Vorzüge des Scbriftchens
werden noch erhöht durch eine fließende und lebhafte Sprache,
durch Zitate und Ausblicke in die Kirchengeschichte. Kurz,
F. J. Roch, Leitfadeo d. kath. Apologetik; ags. v. H. Hoffmaan. 7]9
eiuem Unterricht, der die Schuler in dieser Weise in die Werde-
zeit des jungen Heidenchristentums einführt, werden sie mit
dankbarem und lebendigem Interesse entgegenkommen.
Görlitz. A. Bienwald.
1) Fraoz Joseph Koch, Leitfadea der katholiaeheo Apolo-
getik zDm Gebraoch für MitteUehulea. Müochea 1906, B. Oldea-
bourg. VII Q. 176 S. 8. geb. 1,50 Jt.
Den im „Lehrbuch der katholischen Religion für die oberen
Klassen der Gymnasien^* des gleichen Verlages, das in Bayern
allgemein eingeführt ist, enthaltenen apologetischen Stoff hat Koch
gesammelt, systematisch gruppiert und erklärend erweitert. So
ist ein guter Leitfaden entstanden, der siclier seinen Weg in die
Anstalten finden wird, die das „Lehrbuch'* benutzen.
Die preußischen Lehrpläne weisen die apologetische Lehr-
aufgabe der Untersekunda zu. Für diese Stufe ist der Leitfaden
zu hoch gehalten. Er bietet auch zu viel Stoff. Koch hat
173 Seiten, König z. B. 81 und 20 Seiten Anhang. Zwar bietet
Koch vieles Wichtige und Nötige, was anderen Lehrbüchern fehlt,
aber mancherlei kann weggelassen oder gekürzt werden, z. B.
§ 10, 11, 13, 15, 17, 56 usw. § 38: Die „Glaubwürdigkeit
des Alten Testamentes'* befriedigt nicht voll. Die Grenzen der
Inspiration müssen den Schülern klar gemacht werden, wie
Göttliches und Menschliches zusammenfließt in der HI. Schrift,
muß schärfer hervorgehoben werden. Bei der. Inquisition muß
man nicht hloß entschuldigen, sondern auch erklären, aus der
Zeit heraus verstehen und auch beurteilen und bedauern. Gute Dis-
pooierung des Stoffes und Übersichtlichkeit sind durchweg Vor-
zöge des Buches. Die Sprache bedarf der Nachprüfung, manche
Ausdrücke, z. B.: Beweis aus der Zufälligkeit, Absolutheit, Werke
der Schmückungen u. a., müssen ausgemerzt werden. Viele
scholastisch- theologische termini technici, deutsche und lateinische,
sind durchaus entbehrlich.
2) Hobert Gerigk, KatechismaserkläraDg. Breslta 1906, Aderholz.
XIV o. 324 S. 8. 3,20 Jt, geb. 3,70 ^.
Diese neue Katechismuserklärung verdient einen Platz neben
den bereits vorhandenen. Nicht bloß deswegen, weil sie Neues
bietet, z. B. den Spiritismus behandelt und dem Sozialismus eine
eigene Katechese widmet. Die katholische Katechetik steht jetzt
im Zeichen des Kampfes: die neue psychologische Methode der
Munchener tritt erfolgreich gegen die alte Methode auf. Gerigk
nimmt einen vermittelnden Standpunkt ein. Er verbindet die
analytische und synthetische Lehrweise und läßt dem Stoff' in
seiner Eigenart die Entscheidung, ob etwa auch die analytische
Methode einmal am Platze sei. Er verwirft aber die mechanische
720 E. WasmaaD, D. biologisehe Onterricht, tgz. v. H. HoffmaoB.
Anwendung der Herbartschen Formalstufen auf die Katechese.
Der Veranschaulichung legt er großen Wert bei, zieht aber dazu
noch andere Mittel herbei als die Erzählung. Die dreifache Auf-
gabe des Katecliismusunterrichts, den Menschen zu religiösem
Wissen, Empfinden und Wollen anzuregen, ist stets angestrebt,
ohne daß der eine Zweck vor dem anderen zu kurz käme, wie
z. B. Meunier den ersten, Ott den letzten Zweck allzusehr be-
tonen auf Kosten der anderen Aufgaben. Wissenschaftliche Einzel-
heiten hat Gerigk vermieden. Die antiquierte Frageform unserer
Katechismen hat nicht zu einer Zerstückelung des Stoffes geführt.
Lobenswert ist, daß das zweite Hauptstück als Pflichtenlehre ge-
boten ist und nicht als Söndenkatalog wie sonst; allerdings ist
mit der Überschrift „Die Liebe des Kindes zu den Eltern'' der
Inhalt des 4. Gebotes nicht ausgeschöpft. Alles in allem ist die
neue Katechismuserklärung eine Leistung, die vollste Beachtung
verdient, weil sie manchen neuen Weg und manchen guten Ge-
danken in den Dienst der Katechese stellt.
3) £. Wasmano, Der biolog^ische Unterricht an den hÖherea
Scholeo. CöJd 1906, J. P. Bachern. 30 S. 8. 1,20 Jt-
Der bekannte Biologe aus dem Jesuitenorden befürwortet
eingehendere Berücksichtigung der Naturwissenschaften und ins-
besondere der Biologie an den höheren Schulen, aber unter der
Bedingung, daß bei der Entwicklungslehre ihr hypothetischer
Charakter betont wird, daß die Entwicklungslehre im anthropo-
logischen Unterricht beiseite gelassen wird, und daß der Lehrer
der Biologie die Beziehung der Entwicklungstheorie zur Welt-
anschauung nicht in den Bereich seines Vortrags zieht
4) Aloys Baldofi, Kirchengeschichtliche Charakterbilder. Für
höhere Schalen ood zam Selbstunterricht. Dritte Auflage. Cöln 1906,
J. P. Bachen. 105 S. 8. geb. 1,40 JL^
Die preußischen Lehrpläne fordern für Tertia „Einführung
in die Kirchengeschichte mittels heryorragender kirchengeschicht-
licher Charakterbilder". Merkwürdigerweise erschien erst 1904
die erste und bisher auch einzige Sammlung derartiger Charakter-
bilder, eben die von Baidus. Daß sie jedes Jahr eine neue Auf-
lage erlebte, spricht für das Bedürfnis und auch für die Brauch-
barkeit des Buches. Die Charakterbilder sind gut gewählt und in
ansprechender Form dargestellt. No. 5 und 20 halte ich für
entbehrlich, No. 16 wünschte ich bei Tertianern ersetzt durch
einen Abschnitt über „die Kreuzzüge", No. 7 durch ein Bild des
hl. Athanasius. Bonifatius heißt mit seinem ursprünglichen
Namen Vynfreth. Der Grund für den Haß gegen die Jesuiten ist
nicht richtig angegeben.
Breslau. Hermann Hoffmann.
M. Heyne, Deatsches Wörterboch, angez. von F. Weidling. 721
Moris Heyne, Deutsches WSrterboeh. Zweite Auflage. Bandnandin.
Leipsig 1906, S. HirseL Je 10 M*
Der verdieDte Verfasser hat die Ausgabe der letzten Bände
der neuen Auflage seines Wörterbuches nicht mehr erleben
dürfen; daß er ihnen in ähnlicher Weise wie dem ersten Bande
seine Sorge zugewandt hat, lehrt ein Vergleich mit der 1. Ausgabe.
Wegen der Stereotypierung des Satzes konnten die Änderungen
und Nachträge natürlich nur beschränkte sein; die Aufnahme
neuer (kurzer) Artikel wurde hauptsächlich durch Kürzungen im
Text ermöglicht: Stichproben auf 60 Seiten im H ergaben 5,
auf 10 Seiten im Q 3, auf 60 Seiten im R 5 und auf 20 Seiten
im W 5 solcher Zusätze« Die beiden Quellenverzeicbnisse im
2. und 3. Bd. der 1. Ausgabe stehen jetzt yereinigt und etwas
ergänzt im 3. Bd. — Da Heynes Wörterbuch dank seiner Hittel-
stellung zwischen dem Grimmschen und den vielen kleineren,
meist wenig nutzbaren, weil einbändigen Werken noch auf lange
hinaus gerade der Schule die trefflichsten Dienste zu leisten be-
rufen istf so wird sich der, dem die Pflege des verwaisten
Werkes anvertraut wird, nicht nur um einzelne Textes-
verbesserungen, sondern auch um Zusätze, soweit sie der
gegebene Rahmen noch zu fassen vermag, Ersatz einzelner Zitate
durch andere und ähnliche Verbesserungen bemühen dürfen. An
ihn möge daher auch die folgende kleine Nachlese gerichtet sein.
Ich wähle vorzugsweise Wörter aus Dichtungen, die im deutschen
Unterricht behandelt werden. Die bei H. ganz fehlenden Artikel sind
durch * gekennzeichnet. Heldentod: schon Uhland 1804, Arndt
1812 (bei H. erst aus Körners Zriny belegt); himmelan: Arndt,
Schenkendorf (U. nur aus Lenau); * hochgeboren: Schenkendorf;
*Hocbgesang: ders.; * Höllen wicht: Arndt ('Wer soll der Hüter
sein?' Bedeutung an der Stelle übrigens nicht sicher); Hurra,
Subst.: Körner (bei H. erst aus Freytag); Kaiserblume: Herder,
Vorr. zu den 'Stimmen der Völker'; *Lanclespforte: Arndt (bei H.
könnten dafär die nur tautologisch erklärten Artikel Landes-
obrigkeit, -Sitte fallen); ^Lebenslos, -blick, -quelle: Schiller;
*Lügenschein: Arndt; "^^ unlenksam: Götz v. B. U 1 in besonderer
Bedeutung; ^Männerstreit: Arndt (bei H. weniger zweckvoll und
unbelegt: -ehre, -stimme, -gesang); mondbeglänzte Zaubernacht:
Tieck vor Eichendorfl'; "^^ Naturgebot: Schüler; Opfer tod: Körner;
Pfaffenknecht: Volksl. d. 16. Jhs. (Zeitschr. f. d. Unt. 20, 143);
PreBbengel schon in Webers Juvenalübersetzung von 1835
(U. erst 1890); ^Räuberbrut: Körner; *Rebenkranz: Schenken-
dorf; * Sattelhenken : Götz V; *schauervoll: Schiller; Schaugerust:
Schiller, Kran. d. I.; "^ schreckenbleich: Schiller; Schwanengesang:
Arndt; siegestrunken: Schiller; ^Sündenangst: Arndt; * Todes-
braus, -graus: Arndt (bei H. zahlreiche leichter verständliche
Zusammensetzungen); "^Todesweihe: Körner; ^Volkheit: Goethe,
danach Lagarde, D. Sehr.; Weltmann: Götz II, 1 (H. erst aus
MtMkr. f . 4. eTBBMUlwMM« IiXI. 10. 46
722 G. Jacoby, Herders and Kants Ästhetik, agx. v. H; J. Müller.
Wildenbruch); * wildherzig: K(^rner; * Wogenschwall: Arndt (auch
*-prall); * Wortweiser: Scherer, Jak. Grimm ' 180; '^^ Wunderbau:
Schiller (auch *-kind).
Förstenwalde. Friedrich Weidling.
Güntlier Jteoby, Herders uad Kants Ästhetik. Leipzig 1907,
Dörrsche Bochhandlnng. X n. 348 S. 8. 5,40 JC, eleg. geb. 6,30 JC*
Daß sich zwischen so verschieden gearteten Männern,
zwischen Kant einerseits, Goethe und Schiller andererseits,
zwischen Königsberg und Weimar, zwischen Poesie und Rationalis-
mus Bande geistigen Einverständnisses knäpfen und sich in die
Gedankenwelt unserer Dichter hineinweben konnten: diese Tat-
sache ist so merkwürdig, daß sie die Aufmerksamkeit der Literar-
historiker und der Philosophen auf sich ziehen mußte. Sie darf
zugleich auf das Interesse aller Gebildeten rechnen.
Schon längst hat man daher das Abhängigkeitsverhältnis
Schillers von Kant wissenschaftlich untersucht und es öffentlich
zur Gellung gebracht. Unter dem Eindruck der sorgfaltigen
Nachforschungen von Karl Korländer*) beginnt man neuerdings
auch die Beziehungen Goethes zu Kant zu studieren. Um so
auffallender ist es, wie wenig Interesse man der Stellun^^nahme
des dritten großen Weimarers entgegenzubringen ptlegl: Herders.
Und doch war Herder der einzige in Weimar, der Kant persön-
lich befreundet, ja ein Apostel Kantischer Weisheit gewesen war.
Und doch war Herder der einzige unter den Weimarer Dichtem,
bei dem der philosophische Sinn wirklich tief gegründet war.
Und doch hatte er die Gedankenwelt Goethes unendlich viel tiefer
beeinflußt, als es Schiller und Kant durch Schiller vermocht
hatten.
Aber es scheint, als könne man es Herder niemals vergeben,
daß er Kant angegriffen hat; und es scheint, als müsse es Herder
für immer wie ein historischer Makel anhaften, daß er in der
Zeit der Freundschaft Schillers und Goethes uneins war mit den
Weimarer Diuskuren.
Er hatte aber recht. Zum mindesten hatte er auf dem
Gebiete der Ästhetik recht. Auf dem Gebiete, über das er sein
Leben lang nachgedacht, und dem er die besten Kräfte seines
weitschauenden Geistes geschenkt hatte. Auf dem Gebiete, auf
dem ihm Goethe mit dem ganzen Wesen seiner Persönlichkeit
folgte und auf dem der scharfsinnige, aber nüchterne, ja haus-
backene Geist des Königsberger Philosophen nur gar zu begreif-
licherweise in die Irre ging. Auf diesem Gebiete konnte der
Verfasser der „Ideen'' dem Verfasser der drei „Kritiken^* das
Richtigere und das Tiefere gegenüberstellen.
*) Vgl. oben S. 386 ff.
ILCorBelins, Leitf. d. dtsek. Literalavgeseh^ agi. v. R. Riiiel. 723
Der Veif^ hat »ich die Aufgabe gestellt, den Kampf Herders
gegen Kants Ästhetik ausföhrlich xar DarsteOung xu bringen. Es
galt dabei, der Gedankenbildung Herders auf den Grund xu gehen
und die geistige Wurzelung seines ästhetischen Hauptwerkes an
den Fundamenten der Ästhetik Eants zu messen. Diese Unto*-
SQchungen fährten ihn xu dem Ergebnis, daß Herders Ästhetik
feinsinniger und richtiger begrfindet ist, als die Ästhetik Kants.
Es ist erstaunlich, wie wenig das tiefgründige, weitblickende,
lebensfrische und gesunde Werk Herders die Gunst der Gebildeten
and der Gelehrten hat an sich ziehen können; wie sehr der
Reichtum und die Tiefe seines Gedankengehaltes sich durch die
unfreundliche Oberfläche der Herderschen Darstellungsweise dem
Verständnis entzogen hat; wie sehr die sch(^ne und an sich gewiß
berechtigte Verehrung des 19. Jahrhunderts für Kant zu einer
falschen oder einseitigen Beurteilung des Kant feindlichen Denkers
geführt hat.
Hier darf das 20. Jahrhundert berichtigend eingreifen. Die
wissenschaftlichen Anschauungen der Natur, der Geschichte, der
Sittlichkeit und der Religion nähern sich in der Gegenwart
weit mehr den biologisch gerichteten Ideen Herders als den
rationalistisch ^ orientierten Doktrinen Kants. Es ist auf dem
Gebiete der Ästhetik nicht anders. In den geistvollen Unter-
suchungen des Mönchener Ästhetikers Lipps und in der lebhaften
Debatte um den Begriff der ästhetbchen ,,Einfilhlung'* feiert in
diesem Äugenblick die Ästhetik Herders, die er im Kampfe gegen
Kant niedergelegt hat, eine Auferstehung.
Die Arbeit wird an ihrem kleinen Teile mit dazu beitragen,
das Interesse der Gebildeten auf den Kampf Herders gegen die
Kantische Weltanschauung hinzulenken. Dieser Eampf ist jeden-
falls nicht minder bedeutsam, und er ist vielleicht gehaltvoller
und tiefer gehend, als die einseitige Abhängigkeit Schillers von
Kant oder die losen Fäden, die Goethe mit dem Kritizismus
verbinden.
Berlin. H. J. Müller.
1) Karl Coraelins, Leitfadea der dentsehen Literatargesehiebte
ia Fragen aad Aatwortea mit Aaga^ das lahalta and des Grnnd-
Sedankens der Dichtaaf ea. Paderborn 1907, F. SehSaingh. X n. 230 S.
8. 2,40 JC.
Bas Werk ist ffir Repetitionen in der Klasse und zur Vor-
bereitung bezw. Wiederholung för Prüfungen im Deutschen be-
stunmt. In 579 Fragen und Antworten wird die ganze deutsche
Literatur geschickt vorgeführt bis Dahn und Baumbach, und zwar
so, daß der Verf. z. T. erzählt, z. T. wichtige Fragen im Änschlufi
an die Dichtwerke erörtert, welche sich zugleich zur Bearbeitung
in Äubätzen eignen. Hier sind manche gute Anregungen und
brauchbare Gedanken gegeben.
46*
f 24 ^* Conieiias, L6»tf. d. dtsch. Ltlerator^escli., af^E% v. K. KiazeL
Auch die Fragen, welche jeden Paragraphen einleiten, mögen
für manchen Prüfling, besonders für junge Damen, die sieb auf
die Lehrerinnen-I^äfung vorbereiten, ganz nätzlich sein. In der
Form aber sind sie nicht ohne Bedenken, wie: „Was ist das
Nähert ober den Gebrancb des Pentameters?*' „Woraus wurden
die Stoffe zn den Gedichten entnommen?** „Was ist Aber die
Poedie dieser Zeit zu sagen?'* „Was ist das Nähere über Kk>p-
Stocks Hauptwerk?** u. dgl. Der Verf. hat sich mit dieser Form
eine m. E. unnütze Kette geschmiedet, weiche drückt.
Daß er jede andere Art Ton Einteilung und Obersichtlicbkeit
Unterläßt, nicht einmal die Hauptperioden durch Oberscbriften
u. dgl. abhebt, dient dem Buche als einem Leitfaden nicht zur
Empfehlung. Bisweilen sind wenigstens Trennungsstriche gemacht,
wie zwischen Geliert und Klopstock, dessen Betrachtung mit der
Frage beginnt: „Welcher berühmte Dichter trat in der Folge noch
dem Leipziger Dichterbund bei?*' Bisweilen, wie zwischen Klop-
stock und Lessing, fehlen auch diese.
Die Auswahl ist angemessen und beschränkt sich im wesent-
lichen auf das, was die höhere Schule in Betracht ziehen kann.
Im einzelnen muß man allerdings an manchen Stellen Widerspruch
erheben. Er trifft zunächst die Poetik and Metrik^ welche der
Literaturgeschichte vorangestellt ist. Gleich der erste Satz, welcher
Poesie für „die schüne Darstellung d^s Schönen durch die
Sprache" erklärt, ist nicht zu halten. Ebensowenig die Erklärung
des Rhythmus als „regelmäßige Abwechslung vm kmgen und
kurzen, von betonten und unbetonten, von schweren und leichten
Silben**, und des Verses als „Verbindung mehrerer Versfüße zu
einem Ganzen**. Diese Einteilung in Versfüße mit den zw&lf
lateinischen Brzeichnungen ist veraltet; das Wesentlichste aber,
die Besprechung der Dipodie, ist vergessen.
Auch die Literaturgeschichte gibt vielfach zu Bedenken Ver-
anlassung. Es seien nur wenige Beispiele angeführt. Von der
Entstehung der Nibelungen wird gesagt: „Ob diese verschiedenen
Lieder von einem oder mehreren Dichtern zu einem Ganzen ver-
eint worden sind, und wann diese Zusammenstellung stattgefunden,
hat sich bisher noch Qicht feststellen lassen, toenn auch in neuerer
Zeit (?) der Dichter Kürenberg genannt wird, der ia der Mitte des
12. Jahrhunderts lebte*'! — Der Grundgedanke des Parzival ist
schwerlich in § 61 genügend gekennzeichnet. Veldeke wird auf
S: 2S eine zu große Bedeutung als Erfinder der Strophe (?) und
Schöpfer des Minnesangs eingeräumt. — Die Kaiser, denen Walther
diente, sind nicht genannt; daß er später im Kampf gegen die,
vom Verfasser in Anführungszeichen gesetzten, Anmaßungen des
Papstes zu anderer Ansicht gekommen sei, wird kühn behauptet
Seine Gedichte werden mit Überschriften zitiert, ohne daß an-
gegeben wird, welche Übertragung der Verf» benutet. Luthers
Bedeutung wird gewürdigt, aber seine spraofaschöpferische Tätig-
S. R. Ntgtl, De«t«c|i«r LitcrataratUs, aa(fa.voa K Ripf e). 72$
keil Dicht klar gemacht; das Reformatiooslied beginnt... nicht:
Ein e fegte Burg. — Daä Sachs' „(Ingleiche Kinder Eve'* a,u8 ()er
Bibel geschöpft sind, kann man nicht sagen. — Griaimelshauaeo
heißt nicht Christian. — Die Kapuzinerpredigt in „Walienstein^
L^er'^ stammt nicht aus Megerles „Judas der Erzschelm*'« ...
Es ist anzuerkennen, daß der Verf. viel eigene Arbeit im
sein Werk gewandt und manchen ffirderlichen Gedanken bein
gebracht, hat Für die Form aber werden sich nui: wenige.
begeistern.
. ' ' . '.-1,1
2) Siegfried Robert Nagel, Deutscher Literataratlts. Die geo-
graphische aod politische Verteilaog der deatschea Dichthog in ihrer
Entwicklnijg oebst eineiD Aohtsg voa Lebeasktrtea der bedeoteadstba
Dichter aaf J5 Haapt- oad 30 Nebeokarlea* Wien ond Leipaig 1907^
Carl Fromme. 6 JC,
Nicht die Forschung der Iiiteraturgei3(;hichte, wohl i^r dip.
Darstellung ist durch dies eigenartige Buch bereichert worden,
und hierdurch wird es d^s Interesse der. Fachgenossen erregen.
Wer die Fülle der allmählich. im Kopfe aufgespeicherten und, siciy
drängenden Gesichte erfahren hat und zuweilen zu ordnen b^muMt |
ist, der weiß, daB,:d^ei sebr oft nicht nur die Zeil eine HoUf ,
spielt, sondern auch der Ort, Synchronistische Tabellen gibt es
genug» Aber oft steljt. sich das Bedürfnis ein, zu wissen, . w^phf
literarischen Pers6n)iphkeiten zu einer bestinimten Zeit an denir
selben Orte oder m derselben Gt'gcnd geweilt oder gelabt babeUi
eoderjerseits, wer von gleichzeitigen Picbtern derselben Landschaft
entstammt .i ,,:.......
Diese Gesichtspunkt^ haben den Vf4f. s^u d^lP VexsiJph., eiu^f
solchen AarsteiluDg auf Karten veranlaßt, in deipen ef*. pur den
Namen der Landschaft, des Dichters uod seines tl^ohn-' oder
— auf anderen Kärtchen — seines Geburtsorts eingetragen hat,
Die ßchwierigkeitep in Auswahl, der PeirsönlicLkeiten« der Zeit- *
punkte und anderer bedeutsamer Momente waren sehr groß, und
es. gibt hier selbstverständlich manche Pun|(te, welche zui* Er-
örterung abweichender Ansichten herausfordern; ^ber wer sich in
die Kärtchen vertieft, wird dem Verf. seine Aoerkennung für da^
Geleistete nicht versagen. Durch Beschr^bung ka)[|n man natür-
lich davon keine Vorstellung geben. Es folge daher hier, nur
eine Obersicht des Gebotenen.
Besondere Schwierigkeit machte selbstverständlich das Mittel
alter wegen der Unsicherheit der räumlichen und zeitlichen Be-
stimmung vieler Denkmäler und ihrer Verfasser. Um so inter-
essanter ist es, auf Karte 1 aus der althochdeutschen Zeit ($. bis
12. Jh.) und aus 2 und 3 aus der mittelhochdeutschen Zeit
(Blüte der epischen Dichtung und Blüte, der .lyrischen Dichtung
mit einigen Nebenkarten) zu sehen, was nun einigerfnaßen sichei^
lokalisiert i$t. Nr^ 4 ^d 5 führen uns dapn die Reformationsn
zeit in 6 Karten» Nr. 6 und 7 die Zeit- dps großen Krieges, 8 dJ4
736 ^' BavBaia» Spraelpiyeholof^ie «ad Spraekvatarriclit,
Gottsched«, 9 die derVorklassiker (Klopstodc, Wiebiid, Les8iog etc.)
vor. Es folgen: 10 Klassikerieit mit Hainbund und Sturm und
Drang auf Nebenkarten, 11 Klassiker und Romantiker, 12 Junges
Deutsehland, 13 Dichter um 1848.
Hinweisen möchte ich auf einige Ungleichheiten in der Aue-
ffihmng. Zunächst in der Behandlung der Vornamen: bald fehlt
er ganz (Gottsched), bald ist ein, bald sind iwei Buchstaben ge-
sellt. In Nr. 10 (1773) sollte es Ad. Schlegel heißen statt
A. Schlegel. Ebenso ist das Verfahren ungleich bei Angabe von
Orten; bald sind sie angegeben, bald fehlen sie wie bei Merck,
Scbubart, F. H. Jacobi, wo man sie ungern entbehrt. In Neben-
karte 2 zu Nr. 10 steht der Zusatz „nadi Geburtsländern'* (warum
nicht „Orten*'?), in Nebenkarte 1 fehlt er. In dieser Nebenkarte 2
ist der eine Wagner, als II bezeichnet, durch die Vornamen H. L
und das Geburtsjahr 1747 näher bestimmt, sein Namensvetter,
der Kasseler, ohne Vornamen (Henrich) und Jahr gelassen.
Das Geburtsjahr wäre auf allen Karten wünschenswert ge-
wesen. Man möchte oft schnell wissen, wie alt die an einem
Orte lebenden Dichter in dem ausgewählten Jahr (z. B. Nr. 12:
Deutsche Dichter vom Jahre 1815 oder 1832) gewesen sind.
Sehr höbsch sind die beigefügten sog. Lebenskarten von
Walther von der Vogelweide, Luther, Sachs, Opitz, Klopstock,
Wieland, Lessing, Herder, Schiller, Goethe (Leben ohne Reisen
und die Reisen besonders), H. Kleist, Hebbel, Grillparzer. Hit
einem Blick übersehen wir hier, wie viel diese Männer in der
Welt herumgekommen sind; und daa ist gewifi nicht gleichgültig.
Man betrachte nur die Lebenslinie Kleists}
Priedenau. Ktrl KinzeL
Friedrich BaoBAiiB, Spraehjpfycliolosie nzd Spracbnaterrieht.
Bloe kritiaehe Studie. Hatle a. S. 1905, M^z Nieffleyer. 142 S. 6.
E. V. Sallwflrk („Fünf Kapitel vom Erlernen fremder Sprachen*'),
0. Ganzmann („Über Sprach- und Sachvorstellungen^O ^^^ B.Eggert
(„Der psychologische Zusammenhang in der Didaktik des neu-
sprachlichen Reformunterrichts") haben versucht, die Methodik
des Sprachunterrichts, besonders des neusprachlichen, auf psycho-
logischer Grundlage aufzubauen. Baomann untersucht in der
vorliegenden Schrift, ob die von ihnen entwickelten Theorien
richtig sind und deshalb die daraus gezogenen praktisdien Kon-
sequenzen Ansprach auf Anerkennung haben. Zunächst beschäftigt
er sich mit E. v. Sallwflrk. „Er hat die Aufmerksamkeit auf die
sogenannte sprachliche Anschauung gelenkt, ohne ihr Wesen und
Wirken klar zu entwickeln und zu bestimmen. So muBte er ihre
Bedeutung überschätzen und gelangte auf diesem Wege zu sonder-
baren und ganz unhaltbaren Ansichten über Grammatik und Wort-
bedeutung. Ganzmann hat auf Grund der Gegenüberstellung Ton
angez. TOB G. Badde. 727
Sprach- und Sachvorsteilungen unter Berücksichtigung der Schrift-
sprache maSvolie Forderungen für die Praxis des Unterrichts auf-
gestellt und durch seine solide Auffassung viel zur Klärung bei-
getragen. Aber die aus seiner Theorie abgeleitete Lehre von den
Abstrakten und vom Verbum kann wohl niemanden befriedigen,
am wenigsten den Sprachlehrer. Eggert hat zwar die psychischen
Vorgänge, die aller Sprachtatigkeit zugrunde liegen, ausführlich
und gewandt dargestellt, aber seine didaktischen Folgerungen, die
auf den ersten Blick einen überzeugenden Eindruck machen, halten
vor einer genaueren Prüfung nicht stand, weil er das Wesen der
Schriftsprache verkennt und ihren Wert viel zu gering einschätzt*'.
Bei Eggert ist die Beweisführung lückenhaft; seine Schrift verdient
keineswegs das uneingeschränkte Lob, das die „Reformer*' ihr
gespendet haben. „Die Anhänger der sogenannten Reform müssen
sich besonders davor hüten, blindlings- zu glauben, was sie wünschen,
wenn es ihnen um die Sache zu tun ist und nicht um das Inter«
esse ihrer Partei'*. Somit kommt B. zu dem Schluß, daß keine
der drei genannten Schriften geeignet ist, eine allgemeine Grund-
lage für das Verfahren im neusprachlichen Unterricht abzugeben.
Es empfiehlt sich überhaupt nicht, bei der Feststellung der Methode
TOD der Psychologie auszugehen; hierfür müssen vielmehr Er-
wägungen anderer Art, die mehr praktischen als wissenschaftlichen
Charakter haben» maßgebend sein. Vor allem ist erst einmal das
Lehrziel zu bestimmen, ehe man sich über die Methode ent-
scheidet Es ist die Frage, ob es sich im neusprachlichen Unter-
richt um Bildung oder Fertigkeit handeln soll, wie ich in
meiner Broschüre „Bildung und Fertigkeit'* die verschiedenen Ziele
bezeichnet habe. Die Fertigkeit des Sprechens der fremden Sprache
wird offenbar in höherem Maße erzielt durch die analytische
Methode als durch die grammatische Deduktion, wenn sie auch
nimmermehr die Schüler zu einem wirklichen Sprechenköniien
ti&hrt. Aber bei der analytischen oder direkten Methode hört der
Sprachunterricht auf, den Schülern eine wirkliche geistige, wissen-
schaftlidie Bildung zu übermitteln. Diese aber muß, wie E mit
Recht sagt, das eigentliche Ziel des Unterrichts sein, nicht die
Sprechfertigkeit. Der Unterricht soll vor allem breit und tief in
die Schriftsteller einführen, die Schüler müssen vor allem die
fremden Sprachen lesen lernen. Die Schriftsprache ist für die
Schule viel wichtiger, „da sie nicht nur in der Form, sondern
auch ganz besonders nach ihrem Inhalte eine höhere Stufe der
Entwicklung des menschlichen Geistes darstellt. Niemand wird
behaupten können, daß das Studium der Umgangssprache den
Geist mehr bildet als die Beschäftigung mit den Werken der Dichter
und Denker*'. Es darf nicht vergessen werden, „daß die Schrift-
sprache das Erzeugnis und der wichtigste Träger einer höheren
Kultur ist'*. Ebensowenig wie das materiale Ziel der Einführung
in die fremde Knltur erreicht man mit der Methode der extremen
728 B. Steiner, Sappho,
Reformer die formale Bildung, die Grammatik und Hiaäber-
Setzungen gewähren. Man darf aber diese formale Bildung nicht
überschätzen, und es will mir scheinen, daß sich auch B. von
einer solchen Überschätzung nicht freihält. Ohne Frage gewährt
das Sprachstudium eine wertvolle formale Bildung; wir dürfen nur
nicht in bezug auf die neueren Sprachen jetzt in den Irrtum ver-
fallen, in dem die Altsprachler Jahrzehnte lang in bezug auf das
Lateinische befangen waren und z. T. noch sind, daß nämlich
gerade diese formale Bildung die beste und intensivste sei. Sonst
beschwören wir wieder die Zeit herauf, in der im sprachlichen
Unterricht der Inhalt der Autoren Nebensache war und grammatische
Erörterungen und Extemporalien bis oben hin den Unterricht be-
herrschten. Es ist meine feste Oberzeugung, daß wir, um der
Gefahr eines solchen Rezidivs sicher zu entgehen, überhaupt auf-
hören müssen, im fremdsprachlichen Unterricht die „formale
Bildung** als zweites Ziel aufzustellen. Sie soll ein Ergebnis
des Unterrichts sein und wird ein sehr wertvolles sein können,
wenn der Unterricht richtig erteilt wird. Dagegen das Ziel
jedes fremdsprachlichen Unterrichts muß auf der Unter- und
Mittelstufe „die Aneignung der Sprache sein, soweit sie zu
einem erfolgreichen Lekturebetrieb erforderlich ist**, und auf der
Oberstufe „das wirkliche Lesen der Schriftsteller und damit ver-
ständnisvolle Einführung in eine fremde Kultur**. Bei der richtigen
Verfolgung dieser Ziele fällt den Schülern die „formale Bildung**
ganz von selbst zu.
Hannover. G. Budde.
B. Steiner, Sappho. Jeot 1907, Eugem Diederiehe. 112 S. kl. 8.
2,50 M.
Immer wieder locken die spärlichen Fragmente der Sapfriio,
den Schleier, der über das Leben und die Persönlichkeit der
Dichterin gebreitet ist, zu heben; die Aufgabe ist schwierig; sie
erfordert ebenso Gelehrsamkeil und wissenschaftlichen Takt als
Geschmack und Phantasie. Der Verfasser des vorliegenden Buches
ruft vor allem die letztere zu Hilfe. „Zum Schluß will ich be-
kennen**, sagt er im Vorwort, „daß ich mir nicht einbilde, das
Bild der historischen Sappho gezeichnet zu haben. Aus so
dürftigen Fragmenten kann man ein Dichterleben nicht rekon-
struieren. Ich habe nur den Versuch gemacht, die Lucken der
Überlieferung ein wenig auszufüllen . . .**.
Ist nun wenigstens das Fundament des Phantasiegebäudes
solide? Stützt sich die Darstellung überall auf eine wissen-
schaftlich begründete Erklärung und Deutung der Fragmente?
Diese Frage kann nicht bejaht werden. S. 25 lesen wir: „Jetzt
sing ich I Meinen geliebten Mädchen ein schönes Lied (fr. 11).
So begann vielleicht das Gedicht, in dem die Sage von Leto und
Niobe behandelt wurde: Leto und Niobe waren einst traute
■ ng es. voB P. Bacher er. 729
FreundinDeD (fr. 31), bis der Übermut der sterblicheD Frau die
ansterbliche Göttin erzürnte'*. Ein arger Hißgriff, da das erste
Fragment ein Teil einer sapphischen Strophe, das zweite ein
daktylischer Hexameter ist. — Noch kühner werden frg. 78, 65,
35 zu einem Ganzen zusammengezogen S. 33: „Vor übertriebener
Putzsucht und Eitelkeit warnt die Dichterin: Winde mit zarter
Hand I Kränze von Dill ins Haar !| Und ihr rosenarmigen Charitinnen
I Kommt herbei, schmücket mein liebes Kind !| Aber du sei nicht
stolz auf den Schmuck,! Schnell vorüber ist Schönheit und Jugend'^
Einer solchen Verbindung der Bruchstücke widerstrebt nicht biofi
das Metrum, sondern auch der Sinn. Wie kann man die Mahnung
aXXa fkfi (uyaXvyeo dantvXiia niqt zusammenstellen mit der
Aufforderung, sich zum Opfer mit Kränzen zu schmücken (Athe-
naeus: mg svav^itszsqov yoQ xal *€%aQiaikivov ffrdfAAov %o%q
^sotg naQayyilXsi at€^cafoSa&a$ voitg ^ovrag)^ Wozu end-
lich die Chariten fr. 65 herbeigerufen werden, darüber gibt das
kleine Bruchstück nicht die leiseste Andeutung. — Pädagogische
Weisungen an Schülerinnen sieht Steiner auch in frg. 69 u. 68.
„So spendet sie einer begabten fleißigen Schülerin freigebig Lob:
Keine der Jungfrauen, die mit dir leben,|wird sich größeren
Ruhm erwerben. So versucht sie, eine Träge durch die Aussicht
auf ruhmloses Vergessen werden aufzurütteln und für die Musen
zu gewinnen: Wenn du gestorben bist, | Wirst du vergessen sein;
I Keiner wird mehr deiner gedenken. | An Pieriens Rosen hast du
keinen Teil, | Unbekannt gehst du ein zum Reiche des Hades, |
Schwebst zu den dunkelen Schatten'*. Die Beziehung von frg. 69
ist nicht klar; vielleicht spricht Sappho von sich selbst; sicher
ist, daß es nicht an eine Schülerin gerichtet ist, ebensowenig
wie das wohl zu demselben Gedicht gehörige frg. 68, das sich
gegen eine reiche und hochmütige Frau wendet. — Daß Sappho
ihre Mädchen auch zu weiblicher Handarbeit anleitete, schließt
der Verf. ganz verkehrt aus der Erwähnung des Sxv&txov ^vloy
(frg. 167). — Schließlich soll sie auch mit sokratischer Ironie auf
ihre Schülerinnen eingewirkt haben (S. 36). Hier hat Steiner den
Maximus von Tyros falsch verstanden, der doch deulUch genug
sagt, daß diese Ironie nicht ihren Schülerinnen, sondern ihren
Gegnerinnen, der Gorgo, der Andromeda, der Tochter des Pjly-
anax gilt, die übrigens bei Steiner S. 59 zur „launischen Tochter
des Astyanax** wird. Er hat also keinen Grund, allzu verächtlich
auf „den urteiislosen Sophisten** herabzusehen.
Den höchsten Flug nimmt die Phantasie des Verfassers in
dem Kapitel, das von Sapphos Persönlichkeit handelt: Liebesleben
in der Jugend — Resignation — Der ewige Abschied. Allgemein
nimmt man wohl an, daß Sappho die Worte ylvxs^a ikäzeqy
ov%oh dvvafka^ mqixtfv %6v löxov usw. (fr. 90) einem Mädchen
in den Mund legt. Nach Steiner spricht hier die Dichterin ihre
eigene Empfindung aus; auch in frg. 38 {j&q di natq nida
730 B* Steiaer, Sappho, aoges. von F. 6«eher«r.
(latsga nemeQvjrcufjbat) scheint ihm die liebende Frau zum ge-
liebten Manne zu reden (S. 49), und so bezieht er auch mit
Weicker das erste Gedicht /7oix»Ao^^o>^, a&dyaz' ^Afpgodita
auf die Liebe zu einem Manne; ausschlaggebend ist ihm der
Schluß (Ti) d* avra tfvfifiaxog i<StSOy den er übersetzt: „Leih'
mir hilfreich deine himmlischen Reize*'. Allen diesen Annahmen
gegenüber ist daran festzuhalten, daß keine Steile der Fragmente
mit Sicherheit auf die Liebe der Sappho zu einem Manne ge-
deutet werden kann, und daß gegen solche Liebesgedichte auch
die Oberlieferung über Sappho spricht. Es wird also an dem
Bergkschen Urteile Omnino Sappho a virorum amoribus abhorre-
bat nicht zu rütteln sein.
Besonders charakteristisch für die Methode des Verf. ist es,
wie er in diesem Abschnitte S. 55 ff. die Verse avä&$ navta
ifiXog xal top in' oüüotq äftnitaaop X^*^ (f^* ^^) ™i^ H^^^
einer Szene aus einem Drama Shaws zu deuten sucht. Sappho
und Shaw!
Um denen, welche griechisch verstehen, die Kontrolle zu
erleichtern, ist in einem Anhang der griechische Text der Frag-
mente beigefügt, der nichts Bemerkenswertes bietet, als daß er
ohne Akzente gedruckt ist. Einen philologischen Maßstab wird
man an denselben nicht anlegen. Aber er sollte wenigstens zu
den in der Darstellung gegebenen Obersetzungen stimmen, was
z. B. frg. 4 und 68 nicht der Fall ist; ferner müßten die Frag-
mente 46 und 49 fehlen, die ja Teile des von Schubert ver-
öffentlichten Gedichtes sind, das hier als frg. 172 erscheint; ebenso
Itl, das doch, wenn man fio» schreibt, der Anfang von 2 ist.
Auf die Textgestaltung legt wohl der Verf. bei seiner Gering-
schätzung der Wortklauber keinen großen Wert. Mehr tut er
sich auf seine Obersetzungen zugute. Er schreibt S. 80: „Bei
einem Kunstwerk läßt sich das beste doch nicht vermitteln, und
jede Obersetzung eines wirklichen Gedichtes ist Barbarei, wenn
der Obersetzer nicht zugleich Dichter ist. Dann aber gibt er
keine Obersetzung, sondern eine Umdichtung, ein neues Gedicht".
Damit der Leser selbst beurteilen kann, ob Steiner diesen An-
forderungen genügt, fügen wir zu den oben gegebenen Proben
noch die Obersetzung des zweiten Gedichtes:
Den Mann müssen die Götter selbst beneiden,
Der bald sein dich nennt und dann immer lauschet
Deinem süßen Geplauder
Und deinem reizenden Lachen, das so berückend
Mir in die Seele dringt; wenn ich dich nur an schau,
Bin ich meiner nicht mächtig; es stockt mir die Rede
Und ein lindes Feuer durchrieselt die Glieder.
Dann auf einmal wird's mir schwarz vor den Augen,
Ein betäubendes Brausen tönt mir im Ohre,
Kalter Schweiß bedeckt mich, ein zitternder Taumel
Q.HoratiFUeei Caraint, rae.F. Vollaer, agi. ¥. SAweikeft. 731
Fa£t mdoeD ganseii Leib, mein bleiches Antlitz
Wird noch fahler ab Gras . . .
Die Seele verläßt mich . . .
In meiner Ohnmacht glaub ich, ich möBte sterben * . .
Dazu vergleiche man den Kommentar, den Steiner S. 80 ff*
za seiner Dichtung gibt: „Und diejenigen, welche Griechisch ver-
stehen, werden bei jeder einzigen von meinen Obersetzongen
leicht sagen können, worin sie hinter dem Original zurflckbleibt.
Bei nnserm zweiten Fragment zum Beispiel ist es mir nicht ge*
langen, neben dem Gefflhl der Eifersucht auf den jungen Gatten
auch noch den Vorwurf der Kfilte auszudröcken, der denjenigen
trifft, welcher würdevoll und erhaben wie ein Gott dem jungen
Weibe gegenöbersitzt. Noch viel weniger vermochte ich zum
Ausdruck zu bringen, was wie ein leichter Schmers durch die
Verse zu zittern scheint, ein Geföhl, das nicht ganz frei von einer
gewissen Erotik zu sein braucht: Erinnerungen an die eigene Ehe,
in der wohl der sinnliche Liebeshunger gestillt wurde, aber
nicht das Verlangen der Seele. Scham packt die Dichterin, wenn
sie zurückdenkt an ihr erstes Liebesleben, dem zu wirklichem
Liebesglück so viel fehlte. Angst kommt über sie, wenn sie sich
vorstellt, daß ihr Liebling ebenso unter der Kälte und den bru-
talen Trieben des Herrn und Gemahls leiden könnte, wie sie
selbst gditten hat''.
Doch genug! Uneingeschränktes Lob verdient der Verlag,
der das Buch gediegen und geschmackvoll ausgestattet hat.
Heidelberg. F. Bucherer.
1) Q. Borati Fls««i GarBim reeaasut Friderievt Vollmer.
Bditio Mdor. Liptite MCMVlf, B. G. Teobner. VIH ■. 391 S.
2) Die CberlieferoBfSfesehiehte des Horai von -Fr. Vollmer.
Pbilolofvs SnppleaeatlMiiid X 2. SeptrataMrvek. Leipxif 1906,
Dietriekieke Verkssknehbendlug. 64 S. 1,60^.
W. von Christ faBte in seiner verdienstvollen Abhandlung
über die Klassifikation der Horazhandschriften (Sitzungsberichte
d. bayerischen Akademie d. Wiss. 1893, pbilos.-histor. Klasse
S. 83 ff.) das Ergebnis seiner Untersuchungen in folgenden Worten
zusammen; „Ich schlieBe mit dem Wunsche, es möchte jemand
auf dieser Grundlage [V, A, B (C), F{L = k' Kellers')), E (R D g)]
einen Horaztext mit kurzem kritischen Apparat herstellen; es
ivürde eine solche Ausgabe eine wesentliche Vereinfachung des
Apparates der beiden Ausgaben von Keller-Holder ergeben und
die völlige Wertlosigkeit des kritischen Apparates von Orelli auch
^) Ich gebraoehe die Zeiehen der Aaeseke von Keller-Holder, die sich
koiMilieh gan eiobiirfera werden.
732 ' Qkflor»ti FUcei Ctrmitta, recF. Vollner^
io der neuen Bearbeitung von Hirschfelder-Mewes dartun". Dieser
Aufgabe bat sieb Vollmer in der neuen Ausgabe unierzogen. Er
weist in der Adnotatio die lestimonia nacb, nicbt sie selbst, aber
die Stellen, wo sie zu finden sind, und gibt einen recht knappen
bandscbriftliciien Apparat. Inscriptio und Subscriptio hat er
weggelassen.
Zur Ergänzung der von Christ als UQenlbehrli«b bezeichneten
Handschriften hat er noch herangezogen: a, d und n; ötwFX*
faßt er unter der Chiffre 0 zusammen. Er hat die Handschriften
gelbst nicht neu verglichen, sondern stützt sich auf den Apparat von
Keiler- Holder. Praef. S. VH bemerkt er: ,Non in animo habebam
superAuam et inutUem redd^re editionem Kelleri Holderique
maiorera, «ed quasi ducem et hicem praebere in perscrutanda
diiudicandaque amplissima maieria a viris chalceoteris optiroeque
meritis eollecia' und S. 3 : ,Nota sigoa 0 vel (H) non indicare
suas lectiones in omnibus prioris vel alterius classis libris in-
veniri, sed, quantum cognosci licet, infuiase in Ulis vetustissimis
apographis, proinde cave ex. silentio mep de xingulofim codicum
lectionibus coniecturam facdre, quas est inspioere apud Kellerum
Holderumque'. Er setzt nämlich 0 » A B C (E) D (a), (g) » V R 0^ g
und erläutert dies S. 4 durch Fata poematum imagine reprae-
sentata. Er bezeichnet mit (I) und (Q) zwei Apographa des codex
Mavortianus cum commento Porphyrionis a neseioquo docto Caro-
line inventus et propagatus. Auf diese beiden Apographa aus
Karolingischer Zeit fuhrt er also die gesamte Überlieferung zurück,
wie er das , iq der unter 2. genannten Schrift zu begründen ver-
sucht hat.
In der Unterscheidung der beiden Gruppen folgt er Christ
und Leo, der in einer Anzeige der zweiten Auflage des ersten
Bandes der Editio maior von Keller-Holder (GÖtliDg.' gelehrte 'An^
zeigen 1904, H S. 849 fr.) seine Ansicht über die Texlgeschichte
des Horaz eingehend entwickelt hat, nur daß diese deiv cod. V
eine selbständige Stellung neben den beiden Gruppen zuweisen.
Soweit Vollmer über Leo hinausgeht oder von ihm abweicht, sind
seine Aufstellungen nicht ohne Anatand. Die Bedenken, welche
W. Kroll in der DLZ. 1906 Sp. 1053 ff. vorgetragen hat, sind
durchaus begründet. Paß im 7. und 8. Jahrhundert alle Horaz*-
handschriften bis auf ein Exemplar der editio Mavortiana zugrunde
gegangen sein sollen, ist eine allzu kühne Hypothese, nicht
minder, daß Sat. I 10, 1 — 8 von Heiriq von Auxerre „eben für
die interpolierte Rezension des Horaz gemacht worden sind, die
wir in 0 erhalten haben'' (S. 302 A» 89). Das Verzeichnis der
allen Handschriften gemeinsamen Fehler, welches Vollmer S. 279 ff.
zusammenstellt, ist zu umfangreich. Kroll vermutet, daß Vollmer
in diese Liste alle Stellen aufgenommen habe, an denen er in
seiner Ausgabe von der Überlieferung abweicht. Ich finde aber in
aage«. voD B. Seliweikert. 733
der Ausgabe Carro, I 20, 1: poiaÜs, Dicht foiavi; Carm. IV 5 18:
ntiirnr rwra, nicht nuirü farra; Sat. I 1, 88^): «t, nicht sie;
Sat. I 4, 141: vmiat, nicht venkt; Sat. 1 6, 131: patruus, nicht
praetor; Epist. I 13, 16: im, nicht n«v; Epiat. II 2, 80: conTo^^la
ohne den Zusatz ,»noch nicht verbessert^'. Eine Reihe von Les^
arten, die in unseren besten Ausgaben stehen, bezeichnet Vollmer
als allen Handschriften gemeinsame Fehler. Die Vergleichung der
Lesarten erscheint aber bei der Verquickung unserer Handschriften*)
überhaupt weniger geeignet, die Geschichte der Überlieferung auf^
zuklären als die äußeren Kennzeichen: 1. die inscriptiones und
die subscriptiones, 2. die Abteilung der Gedichte, 3. die Reihen-
folge der einzelnen Bücher, 4. die Interpolationen (Sat. I 10,
1 — 8), 5. die beigeschriebenen Schollen und Glossen. Das er-
kannt und ausgenutzt zu haben, ist das Verdienst von Kießling,
Christ und Leo*
Wichtig und wesentlich ist die Stellung, welche Vollmer zu
dem Blandinius vetustissimus des Cruquius einnimmt. Er stellt
(S. 307) 13 gemeinsame Fehler von Apographon (Q) und (S) zu-
sammen; „aber ® stimmt im Falschen oder im Wahren sehr oft
gegen (Q) zu (J)^' (S. 308). Daher vermochte Keller (Epilegomma
8. 803) ihn in sein Dreiklassensystem nicht einzureihen, in der
Adnotatio der neuen Auflage seiner Ausgabe erwähnt er seine
Lesarten überhaupt nicht mehr. In seiner Besprechung der
Schrift Vollmers Rh. Mus. 1906 (60) S. 87 merkt er es „mit
großer Satisfaktion an, daß Vollmer an einer ganzen Reihe von
Stellen seine Geringschätzung der Zuverlässigkeit des Cruquius
und der angeblichen Lesarten des Blandinius betont'' ; er ist aber
enttauscht, da Vollmer an der „von den Blandinischen Götzen-
dienern besonders ästimierten Stelle Sat. I 6, 126 unfaßlicher
Weise in die alten Irrtümer verfallt". Und in der Tat wird
Vollmer an dieser Stelle seiner Theorie untreu, wenn er nicht
mit Keller schreibt: Admonuit, fugio rabiosi tempora signi. Er
rechtfertigt das S. 309: „Es ist durch nichts zu erweisen, daß
rabiosi tempora signi in Apographon I gestanden hat; freilich haben
es unsere einzigen Vertreter dieses Apographons aED, aber diese
sind auch an anderen Stellen vielfach interpoliert, die reinen
alten Zeugen ABC fehlen in diesem Teil der Satiren; hätten wir
sie, so wurde ohne Zweifel der Blandinius nicht allein stehen''.
Dazu bemerkt Kroll a. a. 0. S. 1055: „Einer vorgefaßten
Meinung zuliebe müssen die Tatsachen umgedeutet werden*'.
^) lo der Aasgabe folgt Vollmer der OberlieferDog; io der Abhaud-
liitg wechselt er mit Sernoo. nad Stt; ich xiehe die Gleichmäßigkeit des
Titels vor.
*) Keller, Rh. Mus. 1906,6] S. 85: Die meisten ältesten Handscbrifteu
zeigen systematische Rorrektar oder Beischrift von Variaoteo aus anderen
Handsehriftea.
734 Q- Hortti FUeei CtrmiBt, ree. F. VoUner,
„Aber Porphyrio bezeugt doch auch rMm lempors mpu?
Nein, wir haben hier einfach zu folgern, daß die dürftige Glossd
€ameulare$ die$ dicir, gm iunt eohraHuimi und ihr Ableger in
achol. r nicht echter Porphyrie, sondern Karolingische Weisheit
ist, die natürlich, nachdem im Text die alte Lesart verschwunden
war, auch das alte Scholion zu der Stelle Terdringte. — DaB
Porphyr, das Wort trigimem erklfirt hatte, ist sicher** (S. 309 u.
A. 111). Aber an anderen Stellen bezeugt Porphyrio ausdrücklich
das Auseinandergehen der Oberlieferung nicht bloß bezAglich der
Absonderung der Gedichte (Carm. 1 7, l5. III 24, 25. IV 15, in.
Sat. II 2, 53), sondern auch der Lesarten. (Carm. II 6, 24. III
6,22 (vgl. Priscianus); SaL II 1,79. 3,69; 166; 238 usw.
Vergl. meine Abhandlung De Porph. et Acr. scholüs Horatianis
S. 33. Vollmer Anm. 127. Graffunder, Entstehung und Verfasser
der Akronischen Horazscholien Rh. Mus. 1905 (60) S. 132).
Vollmer ist abo genötigt, auch die Redaktion des Kommentars
des Porph. in die Karolingerzeit berabzuriicken. „Was wir Porpb.
zu nennen gewohnt sind, die Schollen des Vatic. 3314 und Monac
lat 181, ist weder der vollständige, noch der reine, d. h. in seiner
Gesamtheit echte Kommentar des Porphyrie ; es ist vielmehr eine
in der Karolingerzeit wohl zu Lorsch gemachte und dann weiter
verbreitete willkürliche Sonderabschrifl der Schollen einer Hand-
schrift der zweiten Klasse des Horaz'' (S. 313).
Unsere gesamte Oberlieferung aber der Gedichte des Horaz
fuhrt Vollmer zurück auf die editio Porphyrionis cum commento,
die durch den codex Havortianus den Karolingern vermittelt sei.
Wir wisssen aber gar nicht, daß sich die Kollation des Mavortius
auf den ganzen Horaz bezog, und finden seine Unterschrift nur
in einigen Handschriften. Seine Tätigkeit ist zudem schwerlich
eindringend gewesen. Vgl. Leo, Götting. gel. Anzeig. 1904, 2,
S. 855 und 1899 S. 174 Anm. — Daß Porphyrio den Text des
Horaz mit Anmerkungen versehen hat, ist nach der Bemerkung
zu Sat. I 9, 52 : Ne n$ouH sä frequauer oifmibre, qui$ quae vertm
habeat am unde meipiai loqui^ hoe ifbiemandwm est ileäiceps, «rt
$ufra^ ¥i, übt duo pmcTa Mtlerpostirii swU, aUeram p$rtonam lofm
nUeUegat (de Porph. et Acr. Schol. Hör. S. 46). Vollmer freilich
meint, daß „diese Notiz späteren Ursprungs sein kann, ja wohl
sicher ist'' (Anm. 126). Die beherrschende Stellung des Porphyrio
för die Textüberlieferung des Horaz kann ich nicht anerkennen.
Ich stimme Keller (Rh. Mus. 1906 S. 89) bei, soweit es sich um
Porphyrio, nicht um Probus handelt: „Mit dem ganz gleichen
Rechte wie auf Probus könnte man die gesamte Horaztradition
auf den echten Acren zurfickföhren; ja dies kommt mir noch
viel wahrscheinlicher vor, da dieser Gelehrte ausdrücklich als der
allerbeste Erklärer in der bekannten Lebensbeschreibung bezeichnet
wird'^ Es kommt hinzu, daß alle älteren guten Handschriften
Acronische Randscholien haben, ein selbständiger Kommentar des
tngei. voo B. Sehweikert 735
Acron aber ia älteren Handschriften nicht überliefert ist^). Ich
habe daher schon in der oben angeführten Abhandlung S. 48 und
in dem Koblenzer Programm vom Jahre 187t (De Acrone, qui
ferlur, Horati scholiasta) S. 9 darauf hingewiesen, daß die Vul-
gata und wahrscheinlich auch die Hauptbestandteile des Commen-
tator Cruquii auf Acron, der in Hadrianischer Zeit lebte, zurück^
geben. Nachdem wir durch den unermüdlichen Fleiß von Holder
und Keller einen diplomatisch gesicherten Text der beiden Kom-
mentare erballen haben, wird diese interessante Frage sich weiter
aufhellen lassen.
Sat. I 10, 1 — 8 hat Vollmer in die Adnotatio verwiesen,
Epod. 9, 16 nimmt er den Ausfall von zwei Versen an, Epist. I
18, 91 von einem Verse. In den Oden hat er nur Carm. IV
8, 15 — 19 nach Lachmann als Interpolation eingeklammert. Es
muß aber noch weiter interpoliert sein, wenn das Gedicht sich
dem Lachmann- Heinekeschen Vierzeil«*ngeselz fugen soll. Vollmer
bat Vers 1 — 12 in Strophen abgeteilt, den Rest des Gedichtes
ungeteilt gelassen. Konsequenter ist Keller verfahren, der auch
in den ersten drei BOcbern dieses Gesetz nicht durcbgeföhrt hat,
da die Oberlieferung nichts davon weiß').
Angehängt sind dem Texte -der Gedichte in der Ausgabe
1. Initia Garminum, 2. Aunales Carminum, 3. Conspectus metro-
rum, 4. Hetrica et Prosodiaca, 5. Notabilia Grammalica, 6. Index
Nominum : sehr sorgfiltige und übersieh tliche Arbeiten. Zu Sat. 11
1, 68 merkt er S. 342 cOp6rlo (im Text: cooperto), zu A. P. 65
Salus (-adis) (S. 345) an. Im Text Mt er an letzterer Stelle die
beriieferung bestehen, die auch Keller geändert hat. S. 345,11:
Carm. I 13, 6 manä umar (so Kießling I S. XVII), im Text Vollmers
steht wuoieta umor.
Von Fehlern oder Versehen ist das Buch nicht ganz frei;
auf der letzten Seile sind Addenda und Corrigenda zusammen-
gestellt. Ich habe mir außerdem angemerkt: S. 336, 4: 4, 14,
17 statt 4, 14, 7; S. 346, 24: p. 349, 23 statt 24; S. 352, 35:
3, 21, 14 statt 2, 21, 14; S. 353, 5: 1, 9, 17 statt 19, 17; S. 354,
22: serm. 2, 3, 56 sUtt 2, 3, 56; S. 357, 41 : permixerunt, Text:
permmxenmi; S. 358,42: 1,35,33 statt 1,15,33.
Die Ausgabe bietet also eine dankenswerte Vereinfachung des
kritischen Apparates der Keller-Holderschen Ausgabe, die Vollmer
^) Keller, Peeodotcroiiis Bcholit in Hör. vetostiora 1 S. VI setzt cod. p
=» Paris, lat. 7988 indes 13. Jahrb.; II S. XVI (Siglornm ezplicatio) in das
15. Jahrh. auctore Chttelain ^11 S. 508). Damit ist der Anoabme GrafTuuders
(Hh. Mos. 1906 S. 142), daß noch im 13. Jabrh. ein selbständiger KommenUr
des Aeron forbanden gewesen sei, die Stütze entzogen.
*) Htnßner, De Hör. earminnm libri qoarti octavo, Freiburg 1876, S. 13
meint, in den drei ersten Büebern hebe Horaz das Gesetz beobachtet, in
dem vierten Boebe habe er es aufgegeben ; in seiner Aasgabe hat er es auch
in den ersten nSchen aufgegeben.
736 Georges, Lat.-dUch. usw. Sehalwb'rterb.« agz. v. Morirenstern.
Dicht überflüssig macfaeD will, und die für wigsenfichaftiiche UDter-
suchungen auch ferner nicht zu entbehren sein wird.
Bonn. E. Schweikert.
1) K.E. Georges, Ltteiniseh-deutscbes ood devtsch-ltieioiselies
Schalwörterbach.. Hansover aod Leipzig, Hahnsehe Buehhaadlnog.
Lateioisch-deutscber Teil. Zehote Aasgabe io der amtlichen Recht-
schreibung. 1907. 993 S. 8. geb. 5,50 JL, — Deutsch-lateinischer
Teil, ausgearbeitet von weil. Brost Georges, Pfarrer so Hochhein bei
Gotha. Achte Aasgabe in der amtlichen Rechtsehreiboog. 1906. 864 S.
8. geb. 5,50 JC,
Der Altmeister der lateinischen Lexikographie Karl Ernst
Georges hat bekanntlich, um allen Bedürfnissen entgegen-
zukommen, von seinem bewährten Wörterbuche drei verschieden
starke Ausgaben veranstaltet, das Ausführliche Handwörter-
buch, das Kleine Handwörterbuch und das Schulwörter-
buch. Von dem ausführlichen Handwörterbuche umfafit die letzte
(7.) Auflage des lateinisch-deutschen Teiles (erschienen 1879 and
1880) 2878 und 3210 Spalten, des deutoch-lateinischen Teiles
(erschienen 1882) 2052 und 2032 Spalten. Das kleine Hand-
wörterbuch, das seit der 6. Auflage der jüngere Sohn, Prof.
Dr. Heinrich Georges, Bibliothekar der Herzoglichen Bibliothek
in Gotha, bearbeitet, ist bei gleichem Format (groBoktav) etwa
halb so umfangreich. Der lateinisch-deutsche Teil, der 1902 in
8. Auflage erschien, enthält 2742 Spalten, der deutsch-lateinische,
dessen letzte (6.) Auflage aus dem Jahre 1898 herrührt,
2624 Spalten. Die letzte Neuausgabe bat das Schulwörterbuch
erfahren, dessen deutsch-lateinischer Teil von dem älteren Sohne,
dem inzwischen auch verstorbenen Pfarrer Ernst Georges,
verfaßt ist. Der lateinisch-deutsche Teil hat in der 10. Ausgabe
von 1907 993, der deutsch-lateinische in der 8. Ausgabe von
1906 864 Seiten. Das Format ist kleiner als das der beiden
Handwörterbücher, sodaß der Umfang der drei Ausgaben sich
etwa verhält wie 4:2:1. Wer nach dem Tode der beiden' Ver-
fasser die Neubearbeitung besorgt bat, ist weder aus dem Vor-
wort, das seit der ersten Auflage nicht erneuert ist, noch aus
dem Titelblatt zu entnehmen, doch sind laut Angabe eines ge-
druckten Prospekts der Verlagshandlung beide Teile von Herrn
Prof. Dr. Heinrich Georges in Gotha sorgfältig revidiert und
ergänzt.
Der lat.-deutsche Teil, dessen erste Auflage im Jahre 1875
erschien, berücksichtigt, wie der Titel sagt, außer den Schul-
schriftsteilern noch Terenz, Vellejus Paterculus, Justin
und Eutropius, dagegen nicht Calull, Tibull und Properz.
Poetische und prosaische Ausdrücke sind unterschieden, nur ein-
mal vorkommende Wörter gekennzeichnet. Auf etymologische
Angaben ist verzichtet. Die Eigennamen, die früher einen be-
sonderen Anbang bildeten, sind jetzt, zum Vorteil für die Be-
H. Meag«, Lftt.*dt8«]i. SckalwörUrbnHi, »gi. y. M^rg^uBitr^ 731
nutlulig, eingereiht worden. Dasselbe wörde sich auch fttr den
geographischen Anhang des deutsch-lateinischen Teiles empfehlen,
da ein Alphabet för den Benutzer bequemer ist als zwei Alpha*
bete. Selbstverständlich ist in beiden Teilen nunmehr die amt-
liche Rechtschreibung zugrunde gelegt, was fQr den zweiten Teil
eine Reihe von Umstellungen nötig machte. Bei der nächsten.
Auflage wäre es wQnsclienswert, auch die lateinische Recht*
Schreibung einer Durchsicht zu unterziehen und den Schreibungen
AppennmuBj Ätuatuä, Clgtaemutra (ohne n), Aolomoeiis, Jjer$e$
usw., die die vorliegende Ausgabe noch nicht kennt, zu ihrem
Rechte zu verhelfen. Ebenso wörde es sich empfehlen, die
Quantitätsbezeichnungen (besonders bei den Eigennamen des
Bellum Gallicum) nachzuprQfen. Um nur ein Beispiel ankufilhren,
so fehlt bei flagro und seiner Sippe das Zeichen der Körze auf
dem a (vgl. Verg. Aen. 2, 685: crinemque flagrantem). Das
kommt z. B. für die Aussprache von deflagro in betracht.
Bei einer Prüfung der Stichwörter auf ihre Vollständigkeit
vermiBlea wir von Appellativen nur matrimus (Cic. har. resp. 23),
von wichtigeren Eigennamen Diviciacus und den bei Cicero, Uoraz,
Vellejtts, Tacitus und Justin vorkommenden Partherkönig Pacorus.
Auch die geographischen Eigennamen im deutsch-lateinischen
Teile ließen sich vermehren (St Gotthard Adülas m.; Stettin
*Sedmufn).
Die Beliebtheit, deren sich die Wörterbücher von Georges
erfreuen, ist eine wohlverdiente; sie verdanken sie ihrer Voll*
ständigkeit innerhalb des gesetzten Rahmens, der Reichhaltigkeit
der Beispiele und der Verläßlichkeit der Angaben. Zu diesen
inneren Vorzügen kommt noch der große, deutliche Druck und
der billige Preis. Diese beiden handlichen und dauerhaften Halb-
franzbände für zusammen \\ JC eignen sich zu treuen Begleitern
jedes Gymnasiasten während sehier ganzen Schulzeit.
2) UermtBa Mea^e, Lateioisch-deiitsehes Schulwörterbneh mit
besonderer Ber'dcksiehtisiiiiig der Etymologie. Berti d 1907, Laa^n-
seheidtfeke Verlsfsboehhaadlvof (Prof. G. LaogODfleheidt). XVI o.
813 S. gr. 8. geb. 8 JC.
Der unermödiiche Hermann Menge, dem wir außer zahlreichen
anderen wertvollen Schriften — ich nenne nur das Repelitorium
der lateinischen Syntax und Stilistik, das 1905 in 8. Auflage er*
schienen ist — auf dem Gebiete der Lexikographie bereits ein
griechisch-deutsches Schulwörterbuch verdanken, das seit seinem
Erscheinen im Jahre 1903 schnelle Verbreitung gefunden hat,
ferner drei Taschenwörterbücher (griech.-deutsch, lat.-deutsch und
deutsch-lat), hat filr den gleichen Verlag, dessen mustergültige
Wörterbücher für das Französische und Englische sich allgemeinster
Anerkennung erfreuen, nun auch ein lateinisch-deutsches
Wörterbuch bearbeitet. Berücksichtigt sind folgende Autoren:
Utaihr. 1 d. €l7«aaoialweMB. LXL 10. 47
738 U* Menge, Ltt-dtsch. Scholw5rterboch, tgz. v. MorgenaterB.
von Prosaikern Cicero, Cäsar, Sallust, Nepos, Litius,
Curtius, Quintilian X, Tacitus, JasliD, Eutrop und
Äurelitts Victor, von Dichtern Horaz, Vergil, Ovid,
PhSdrus, sowie Catull, Tibull, Properz.
Es ist dem Verfasser gt^lungen, den gewaltigen Stoff auf
813 zweispaltigen Seiten Großoktav In unöbertrefflich übersicht-
licher Weise zur Darstellung zu bringen, so daß sich der Benutzer
schnell und leicht zurechtfindet. Man vergleiche nur Wörter mit
so ausgedehnter Verwendung wie ago und facio, deren Bearbeitung
sich ebenso durch Reichhaltigkeit wie durch Knappheit und prak-
tische Anordnung auszeichnet. Ober die Ableitung der Wörter,
soweit sie bekannt ist, orientiert am Schluß der Artikel ein Ab-
schnitt f., ober die vorkommenden Formen ein Abschnitt F.
Durch besondere Zeichen ist kenntlich gemacht, ob ein Wort
bezw. eine Bedeutung der goldenen oder silbernen Latinität, der
Poesie oder der Prosa angehört, und auch für das Obersetzen aus
dem Deutschen ins Lateinische ist genau unterschieden zwischen
unklassischen Wörtern, för die eine klassische Bezeichnung vor-
handen ist, und solchen, die aus Hangel einer klassischen Be-
zeichnung beim Lateinschreiben unentbehrlich sind. Mit be-
sonderer Sorgfalt ist die Bezeichnung der Quantität, auch in
positionslangen Silben, durchgeführt
Einer der Hauptvorzuge dieses Wörterbuches vor anderen
besteht in der durchgingigen Berücksichtigung der Etymologie.
Dabei sind überall die neuesten Forschungen verwertet, für die
dem Verfasser bereits das .lateinische etymologische Wörterbuch''
von Dr. Alois Walde, a. o. Professor an der Universität Inns-
bruck, Heidelberg 1906, zu Gebote stand. Um nur einige der
Angaben zu nennen, so wird caelum auf dieselbe Wurzel zurück-
geführt wie das deutsche heiter, caeruleus ist dissimiliert aus
^caeluleus, also eigentlich himmeh farbig, calamilas stammt, da
die ältere Form cadamitas lautete, von derselben Wurzel wie das
homerische x^östv beschddigen\ die übliche Herleitung von calamus,
also Halmsehaden, beruht auf Volksetymologie. Die Ableitung von
igitur aus agitur wird verworfen und das Wort wegen der ur-
sprünglichen Bedeutung dlshdld^ darauf mit der Wurzel von
inelyeiv drängen zusammengebracht indutiae, nach Stowasser
altlateinisch endo-iliae, von ^endo-itare = in-itare: Überemkunfi,
Konvention, nach Georges wie indutilis von induo, daher =
tempus indutum oder inserturo, ethe SchaUzeit, welche die Kriegs-
zeit auf eine Weile unterbricht, erklärt Menge (mit Walde) als
Verneinung von duellum, also Nichlanfeindung. ofQcium ist aus
opi-facium entstanden, so daß von der Bedeutung Dienstleistung
auszugehen ist. Für opportunus wird an der Ableitung von ob
und portus festgehalten, orare reden, bitten hat nichts mit ös
zu tun, sondern ist mit dga Gebet verwandt, parricida wird mit
nfjog Verwandter zusammengestellt und ist nicht aus patricida
R. Thielei Das Porvn Rontnon, iBg«i. v. A. Zehne. 739
entstanden. Überall wahrt sich Menge sein eigenes Urteil. So
hält er an der Ableitung von daellam aus duo, also Zweäcampf,
die Walde ablehnt, wohl mit Recht fest, öbergeht aber die von
Walde verzeichnete Verwandtschaft von calidus mit unserem lau.
In der Vorrede bittet der Verfasser ausdrucklich darum, ihn
auf jeden Hangel, jedes Versehen, jede Unklarheit aufmerksam
zu machen. Wer das Buch daraufhin einer Prüfung unterzieht,
wird finden, daB es trotz seines Umfanges von erstaunlicher
Korrektheit und Zuverlässigkeit in seinen Angaben ist, zumal für
eine erste Auflage. Ein Versehen ist bei der Beschreibung der
Ghimära untergelaufen, die als ein Untier „mit drei Köpfen'* (wie
der Cerberus) bezeichnet wird. Falernerwein gibt es nicht nur
„von gelblicher Farbe", sondern auch von dunkelroter (fuscum
und nigrum bei Martial). S. 1, erste Spalte, Z. 26 v. u. ist
a sinistra parte mit auf der rechten Seite öbersetzt, in dem
Artikel addere steht mulonibus statt mulionibus. Bei der Ab-
kürzung für alicuius könnte das i gespart werden; alcs ist kurzer
and deutlicher als alcis, das kein glucklicher Ersatz für das alt-
modische alcjs ist. Hinsichtlich der Auswahl der Autoren bedaure
ich, dafi der Verfasser Plautus und Terenz ganz ausgeschlossen
faaL Werden diese Autoren auch in der Schule nicht gelesen,
so erscheint es doch nicht wünschenswert, daB den strebsamen
Schüler beim Hinausgehen über die unmittelbaren Anforderungen
der Schule seine Hilfsmittel im Stich lassen. Doch darüber kann
man verschiedener Meinung sein; aber warum ist z. B. die in
vielen Schulausgaben des Horaz abgedruckte Vita des Sueton
unberücksichtigt geblieben? Ihre Berücksichtigung sowie die
Aufnahme der Graeca in Ciceros Briefen würde sich auch für
das griechisch -deutsche Schulwörterbuch meines Erachtens
empfehlen.
Wenn wir von diesen kleinen Ausstellungen absehen, so steht
das Hengesche lateinisch- deutsche Schulwörterbuch wissenschaftlich
und praktisch auf der Höhe und ist ein ebenso ehrendes Zeugnis
für den rastlosen FleiB und die gediegene Sachkenntnis des Ver-
fassers wie für die Leistungsfähigkeit des Verlages.
Groß-Lichterfelde. Otto Morgenstern.
Richard Thiele, Das Foram Romaoam, mit heaonderer Berück-
siehtignDg der aeaestea Aasgrahaogeo geschildert.
Zweite, verbesserte Auflage. Erfurt 1906, Villaret 58 S. kl. 8.
brosch. 1,20 JL
Das Starke Interesse, welches 'die Fachmänner und die ge-
Lildete Welt den seit 1898 begonnenen Ausgrabungen auf dem
Forum Romanum entgegenbringen, beweisen die unausgesetzten
Veröffentlichungen, weldie sie in der Fachliteratur (Mitteilungen
des Kais. Deutschen Archäol. Instituts, Archäol. Anzeiger; Hälsen,
47*
740 R. Tbrele,.D%s Forom Rpioaaan, tagex. von A. Ztirme.
Forum RomaDum, 2. A. 1905; Perschinkay Das alte Rom; Petersen,
Comitium, Rostra, Grab des Romulus 1904; JordaD-Hulsen, Topo«
grapbie der Stadt Rom I 3, 1907), in der Presse und in guten
ZeitscJirifteo (Deutsche Rundschau XXXI, 1905, S. 234fi.; Illustr.
Zeitung, Leipzig, 6. Juni 1907, mit Bildern), erfahren haben.
Dieses Interesse wird dadurch in Spannung gehallen, daß immer
neue Funde uns überraschen, wie das jungst (Juni 1907) an einer
zum Paiatin gehörigen Kuppe aufgedeckte (^rab eines Häuptlings
der 1. palaliu. Niederlassung aus dem 8. Jahrb. v.Chr. Da auch
die Schule keinesfalls an diesen wichtigen Arbeiten der Gegenwart
achtlos vorübergehen darf, so kommt das anspruchslose, aber recht
brauchbare, billige Büchlein von Thiele sehr gelegen. Die 2. Auf-
lage ist wesentlich verbessert und vermehrt und beruht auf ge-
wissenhafter Benutzung der oben angegebenen einschlägigen Fach-
literatur. Die von der Kritik erwähnten kleinen Mängel oder
Ungenauigkeiten der 1. Auflage sind sämtlich sorgfältig beseitigt;
dagegen hält Verf. die Etymologie des Wortes forum aufrecht,
was man ihm nicht übelnehmen darf, da es sich um Hypothesen
handelt. Das Werkchen schildert in drei Abschnitten die Um-
gebung der Aufgänge zum Kapitol, das Forum und seine Um-
grenzungen, die Via Sacra und ihre Umgebung bis zum Titus-
bogen, wobei die neuen Funde eingehend gewürdigt werden, d. h.
die prähistorischen Gräber an der Via Sacra, Lapis Niger, Grab
des Romulus, die archaische Säule, Lacus Curtius, Basilica Aemilia,
Lacus luturnae. Regia, Templum Divi Augusti. Beigegeben ist ein
Plan des Forum, doch hat Verf. von Bildern 'für diesesmal'
Abstand genommen, holTentlich nicht auch für die 3. Auflage, die
gewiß bald nötig und auch wegen der Fortsetzung der Ausgrabungen
später erwünscht ist. Hübsche Photographien der letzteren liefert
z. B. R. Moscioni in Rom. Solche Abbildungen werden die Brauch-
barkeit des Büchleins noch weiter erhöben, desgl. ein Index, der
noch fehlt. Ein besonderer Vorzug des Werkchens ist die häuGge
Bezugnahme auf die Schullektüre (Cicero, Sallust, Tacitus, Livius,
Horaz) und auf die römische Geschichte, sowie die Anschaulichkeit
und Faßlichkeit, welche ja aus den sonstigen lesenswerten Ver-
öfl'entlichungen des Verfassers bekannt sind, u. a. aus seinen
„Reiseerinnerungen an Griechenland'' (1903) und seinen Aufsätzen
zum klassisch-philologischen Unterricht (L. L. Heft 80 u. 92). Vor
allem ist die Schrift getragen von warmer Begeisterung für die
Antike. Thieles Forum Romanum kann somit, da es augenblick-
lich auch das Neueste auf diesem Gebiete zusammenfaßt, den
Schülern aller höheren Schulen und den Schülerbibliothek ea nach-
drücklich empfohlen werden.
Stendal. Arnold Zehme.
Exeerpta historiet, anget. von W. CfSnert. 741
Exccrpta bistorica iosaa imperatorU CoastaDtini Porphyrogeoiti coa-
feeU ediderant U. Ph. Boissevaio, C. de Boor, Tb. Bättoer- Wobst.
Berolini apad Woidnaanos. Vol. H: fixeerpta de virtutibas
et vitiis, pars I, recensnit et praefatus est Tbeodorus BüttDor«
Wobst, editionem caravit Aotooias Gerardus Roos. J906 (XLII n.
369 S.) lAJC. — Vol. IV: Excerpta de seoteotiis, edidit.
Ursulas Philippas Boissevain, adiecta est tabala phototypica. 1906.
(XXVOI D. 482 S.) 18 JC.
Zu den schon vorhandenen Bänden der durch wiederholte
Stiftungen der Weidmannschen Verlagsbuchhandlung ermöglichten
Ausgabe, nämlich den Excerpta de legationibus (ed. C. de Boor,
1903) und den Excerpta de insidiis (ed. C. de Boor 1905), sind nun
zwei neue getreten, und der Abschluß der schönen Sammlung
kann in naber Zeit erwartet werden.
Die Excerpta de tirtutibns et vitiis sind nur durch eine alte
Handschrift (s. XI) erhallen, die der Franzose Peiresc im Jahr6 1627
ffir 200 LiTres durch Vermittelung des französischen Vizekonsuls
in Cypern kaufen ließ. Sie ist nun in Tours und wird gewöhn-
lich codex Peireseianus, seltener codex Turonensis, genannt. Die
Stücke aus verloren gegangenen Schriftwerken hatte bereits der
Philologe Valesius auf Bitten des Besitzers im Jahre 1633 heraus-
gegeben, sie heißen daher Excerpta Valesiana und umfassen
Polybios, Diodoros, Nikolaos ▼. Damaskos, Appianus und Dio
Cassius. Von den übrigen Teilen ist, nachdem der Berliner
Gymnasiallehrer Julius Wollenberg im Jahre 1859 die Handschrift
in Tours wieder aufgefunden hat, nach und nach vieles bekannt
geworden, aber noch Karl Hude hat in seiner vor neun Jahren
erschienenen kritischen Thukydidesausgabe die Auszüge des
Peireseianus nicht benutzt. So ist es denn sehr erfreulich, daß
nun durch den vollständigen, sorgfaltigen Abdruck der ganzen
Oberlieferung eine sichere Grundlage geschaffen ist und die Kritik
der einzelnen Schriftsteller, besonders aber ihre Textgeschichte
einen neuen, festen Anhaltspunkt erhält. Den vorliegenden Band,
der die erste Hälfte der Auszüge enthält, hatte Büttner-Wobst
bereits zum Drucke fertig gemacht, als ihn der Tod abrief. An
seine Stelle trat dann der Holländer A. G. Roos, dem nun auch
die Aufgabe zugefallen ist, den zweiten Band zurecht zu machen.
Über seine Ausgabe sagt der Verstorbene mit Fug und Recht
(S. XXX VUI), daß er nicht eine Rezension der ausgezogenen
Schriftstelle, sondern nur die der Auszüge selbst anzufertigen
habe, und das verpflichtet ihn dazu, wo nicht die gröbsten Ver-
sehen vorliegen, der Handschrift zu folgen. Daneben wird überall
verwertet, was Suidas aus den Exzerpten in sein Wörterbuch
hinübergenommen hat. Denn es ist sehr reichhaltig und liefert
ein sicheres Urteil über die Güte der im Peireseianus vorliegenden
Cberlieferung, und die Fälle sind nicht selten, in denen die. beiden
Zeugen in Fehlern übereinstimmen, die eine Andeutung über die
Konstantinische Urhandschrift enthalten. Das Wichtigste, was der
742 Excerpta historic«! tDg^ez. voo W. CrSnert.
Band dem Philologen bietet, ist nächst der großen, nun ganz
sicher gelesenen Stücke aus Nikolaos von Damaskos die lange
Reihe der Auszöge aus Diodoros. Selbst in dem letzten Band
der neuen, von C. Th. Fischer besorgten Teubnerausgabe, die
B. XIX — XX enthält, hat man nachzutragen. So z. B. XIX 71, 3
IkBtsßdXsTO für ikBxißaXev der Hss., 4 xä fiiv noXvreXevofkByog,
%ä ak yo(f(fti6(i€yog (durch das sichere noXvtsXsvofieyog^ das
einzig dem Sinn entspricht, wird auch eine Besserung Lobecks
bei Bpikuros S. 182 Usener gesichert und ta ii dtayocq>$i6fi€yog
der Hss. widerstrebt dem festen, nun auch durch die Papyri be-
legten Sprachgebrauch, der nur voff(pli€&at kennt, nach oi aber
konnte leicht ein dta- eindringen).
Auch die Excerpta de sententiis sind nur in einer einzigen
Bandschrift enthalten, dem Vaticanus Graecus LXXIII des 10.
oder 11. Jahrhunderts, den Angelo Mai zuerst ans Licht gezogen
hat und seinen aufsehenerregenden Ergänzungen des Polybios,
Diodoros und Dio Cassius zugrunde legte. Indem Boissevain den
Brief abdruckte, den Niebuhr an Mai schrieb, als er eben in
glöhendem Eifer die neuen Schätze verschlungen hatte, gab er
zugleich seiner Einleitung einen fesselnden Anfang. Nach Mai
haben noch Theodor Heyse, H. van Herwerden, Hercher, Jordan,
Boissevain und C. de Boor die Handschrift zu ihren Ausgaben
und Arbeiten benutzt, aber auch hier blieb noch manches bis auf
den heutigen Tag unverwertet, wie die Stöcke aus Xenophon,
Arrianus, Agathias und Prokopios. Die Erschließung der Über-
lieferung ist aber dadurch besonders erschwert, daß es sich um
einen Palimpsest handelt, der schon zu Mais Zeiten an manchen
Stellen kaum lesbar war, inzwischen aber durch Nachdunkeln und
chemische Eingrifie in noch weiterem Umfange geschädigt ist.
Von der Art des Palimpsestes, der schönen alten Schrift und der
genau in denselben Zeilen darüber erscheinenden Hand des
14. Jahrhunderts gibt die beigefugte Tafel ein anschauliches Bild.
Im Apparat ist Boissevain eingehender als der vorher genannte
Gelehrte, doch halte er hier ohne Zweifel einigen Baum sparen
können. Es bringt doch z. B. keinen wesentlichen Gewinn, neben
den Exzerpten nocli die orthographischen Fehler anderweitiger
Oberlieferung anzuführen, wie S. 336 eyyvov för fynvovy wenn-
gleich es verständlich ist, daß Boissevain bei seiner bekannten
Gewissenhaftigkeit lieber zu viel als zu wenig gibt. In manchen
Exzerpten kann man nun seine Ausgabe gar nicht entbehren, so
bei Diodoros, und daß auch noch scharfe und geübte Augen an
der Handschrift selbst sich versuchen mössen, lehrt die Einleitung
und die im Anhange gegebene Übersicht ober einige der
schwierigsten Blätter.
Göttingen. Wilhelm Crönert
ZarboD86D| Qaelleabuch d. brdb.-preaA. Gesch., tgz. v. JihalLe. 743
Fr. ZorboDsen, Quelleobocb zur braDdeDbargiscb-preDfiiseben
Geschichte. Zweite Auflai^e. Berlin 1906, Niookische Bachhaad-
iQDg (R. Stricker). XU a. 307 S. 8. 3,60 M, geb. 4,40 Jt.
Wie weit sich die zweite Auflage, in der das Quellenbuch
nach dem Vorwort „eine vielfältige Umarbeitung und vor allem
Kürzung erfahren'' hat, von der ersten unterscheidet, entzieht sich
meiner Kenntnis; jedenfalls aber liegt in dem Buche, so wie es
jetzt ist, ein sehr brauchbares Hilfsmittel för den Geschichts-
unterricht vor. Eis enthält 248 Urkunden und Quellen berichte;
davon beziehen sich 21 Stucke auf die Geschichte der Mark
Brandenburg vor dem Auftreten der Hohenzollern, das letzte ist
der Erlaß Kaiser Wilhelms II. an sein Volk vom 13. Juni 1888.
Die Auswahl ist ganz vortreiTlich. Allerdings könnte man zunächst
bedauern, daß verhältnismäßig wenig Slucke zur Kulturgeschichte
geboten werden ; aber man muß dem Verfasser recht geben, wenn
er das mit dem Zusammenwachsen des preußischen Staates aus
den verschiedenartigsten Teilen begründet. Von dem reichen In-
halt des Buches einen deutlichen Begriff zu geben, ist nicht möglich
ohne Aufzählung der Titel; als Beispiele seien folgende genannt:
Nr. 12 die älteste Polizei- und Kleiderordnung von Berlin-Kölln,
Nr. 60 die Urfehde der märkischen Juden, Nr. 85 der Gluckwunsch
Cromwelis zum Siege bei Warschau, Nr. 98 der geheime Revers
des Kurprinzen Friedrich über Röckgabe des Schwiebuser Kreises,
Nr. 111 die Einführung der Schulpflicht, Nr. 167 die Verpflichtungs-
formel des Tugendbundes, Nr. 223 der Verzicht des Erbprinzen
von Hohenzollern auf die spanische Thronkandidatur. — Die An-
ordnung folgt zweckmäßig den geschichtlichen Ereignissen. Latei-
nische, französische und solche deutsche Urkunden, deren ur-
sprüngliche Form dem Verständnis wurde Schwierigkeiten bereitet
haben, sind in Obertragungen gegeben. Den eiozelnen Stöcken —
namentlich den älteren — gehen Nachrichten Aber die Quellen,
denen sie entnommen sind, vorauf; sonstige Erklärungen, die für
das Verständnis notwendig sind, stehen unter dem Text.
Alles in allem ein vorzügliches Buch, das jedem Lehrer der
deutschen Geschichte warm empfohlen werden kann; auch in den
Böchersammlungen der oberen Klassen kann es gute Dienste
leisten.
Lüdenscheid. Richard Jahnke.
O. Rlopp, GesebichteD, cbtrakteristiaebe Zii^e ood Sa^eo 'der
deatsehen Volk «stamme. Zweite Auflage. Freiborg i. B. 1907,
Fr. B. FehieDfeid. Drei Bäode: XII, 416 a. Vfl; 362 n. VI; 521 S.
8. 7 JLt geb. io zwei Bäode 9 Jt*
Als vor mehr als 50 Jahren dieses Werk zum erstenmal
erschien, war die Nachfrage sofort so groß, daß es bald vergriffen
war. Und das Werk verdiente diesen Erfolg. Es bot dem deutschen
Volke, insbesondere der deutschen Jugend, in populärer Darstellung
744 0. Klopp, GescliiohteD, Zügt o. Sagen d. dtflcfc. Volkfstimi««
die Ergebnisse der Gescbichtsforscbung ober die Zeit von der
Völkerwanderung bis zum Ausgang der saliscben Kaiserzeit, und
zwar in der Weise, daß es nicht Zustände beschrieb, sondern den
Leser durch Erzählungen lebendiger Ereignisse entweder nach
Berichten von Augenzeugen oder, wo dies nicht m>ich war,
nach Sagen, in denen sich Begebenheiten reflektierten, in das
Leben und Treiben jener Zeiten hineinversetzte und ihm so die
Gestalten der alten, vielfach rohen, aber tatkräftigen uifd festen
Helden lebendig machte. Besonders war der Verfasser bemQht, die
sittlichen Triebfedern der Handlungen möglichst durchleuchten zu
lassen. So war es ihm bei der Schilderung eines Krieges oder
eines sonstigen Ereignisses weniger um die Tatsache an sich als
um die Gesinnungen und Handlungen der Menschen zu tun, die
sich in dem Ereignis offenbaren. Die Geschichte vom ersten
Zusammentreffen der Germanen mit den Römern als bekannt
Voraussetzend und sich mit einem kurzen Ruckblick begnügend,
setzte er ein mit der Wiedergabe des allgemeinen Teils der
Germania des Tacitus, weil die hier erzählten Züge, „die ein so
schönes Morgenrot auf die deutsche Urgeschichte werfen'' (Jakob
Grimm), sich auch bei den wandernden Stämmen der Hauptsache
nach bis zur Annahme des Christentums und selbst darüber hinaus
wieder finden. Von da an, wo die einzelnen Völker sich scheiden,
befolgte er eine ethnographische Anordnung. Um die deutseben
Stämme zu vervollständigen, nahm er auch die Angelsachsen
hinzu, die unabhängig von den anderen Stämmen und ohne Be-
rührung mit ihnen für sich allein dastehen. Im übrigen berück-
sichtigte er nur die Stämme, die selbst Reiche bildeten, und
unter diesen selbst wieder nur diejenigen, über die sich eine
Anzahl von Berichten, die dem Zweck des Werkes entsprechen,
vorfindet Deshalb terwob er die Erzählungen von Gepiden,
Thüringern, Burgundern, Friesen unter die anderen Volksstämme.
Auch das MaB des Raumes, das den einzelnen Stämmen zu-
gedacht wurde, mußte sich den Quellen und Berichten anbequemen.
Es stehen eben nicht für alle Ereignisse so lebendige und aus-
führliche Schilderungen zu Gebole wie die Prokops über den
Untergangskampf der Ostgoten.
Da die Nachfrage nach dem Werke gleich rege fortdauerte,
dieses selbst aber kaum mehr aufzutreiben war, so entschlofi sich
der Sohn des im Jahre 1903 verstorbenen Historikers, der selbst
zu einer Neubearbeitung nicht mehr gekommen war, eine neue
Auflage zu veranstalten, sorgte aber dafür, daß das Buch auch
in dieser neuen Ausgabe doch eigenstes Werk seines Vaters blieb.
Es war ja, wenn auch volkstümlich gehalten, nach Quellen ge-
arbeitet und bedurfte in dieser Hinsicht keiner Änderung, und die
Beurteilung der Tatsachen, die der Vater in den fünfziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts gegeben, ersetzte der Sohn durch die
spätere Auffassung desselben, indem er auch den Vorträgen, die
• Dgei. von L. Zliro. ' 745
dieser id den siebenziger und achtziger Jahren über Mittelalter
Qod Neuzeit gehalten hatte, soweit es nötig war, Teile entnahm
und so den Text der ersten Auflage der späteren Auffassung seines
Vaters entsprechend gestaltete. Warum hat er aber nicht auch
dem dritten Bande ein Verzeichnis der Quellen gleich dem der
zwei ersten Bände beigefögt, wenn ein solches dem dritten Bande
der ersten Auflage fehlte? Auch hätte vielleicht in das Einleitungs-
kapitel ein und der andere Zug altgermanischer Art aus der Zeit
der Kämpfe der Germanen mit den Römern, wie solche Tacitus
und andere berichten — ich erinnere nur an die Erzählung von
den Friesen im Theater in Rom (Tac. ann. XIII 54) — , ein-
gefügt werden können. In der Darstellung des Vorganges in
Canossa folgt auch die zweite Auflage noch der Erzählung Lamberts
von Hersfeld ohne Rucksicht auf die Ergebnisse der neueren
kritischen Forschung (über diese vergl. jetzt Gebhardt, Handbuch
der deutschen Geschichte 1 Bd. i 56).
Im übrigen gilt das, was der Verfasser vor mehr als einem
halben Jahrhundert über „die Idee solcher einzeln ausgeführter
Bilder'S wie er sie in seinem Werke ausführte, schrieb, auch
heute noch. „Das Begräbnis des Königs Alarich im Bette des
Bttsentoflusses, der Heldentod des Königs Tejas wird das Bild der
mannhaften Tatkraft der Goten niemals wieder entschwinden lassen
and uns Achtung vor dieser Kraft abfordern. Die edle Ritterlich-
keit in der Werbung des Autari um Teudelinde wird uns un-
vergeßlich bleiben, der Trotz des Friesenfürsten Radbod gegen
die Annahme der Taufe zeigt uns die Abneigung der seßhaften
Stämme gegen das Christentum klarer und einleuchtender als
lange Auseinandersetzungen. In dieser Hinsicht dürfte mein Buch
manchem Lehrer der Geschichte nicht unwillkommen sein, zumal
wenn, me es jetzt häufig geschieht, der Unterricht von früh auf
zu Übungen im freien Wiedererzählen angewandt wird''. „Aber
mehr noch war mein Ziel dahin gerichtet, die reifere Jugend
selber in anschaulichen Bildern an die Taten und Leiden unserer
Vorfahren zu mahnen, in ihr die Gefühle und die Gedanken zu
erwecken und zu beleben, deren Kräftigung erfordert wird, um
eine bessere und ehrenhaftere Zukunft herbeizuführen. (Geschrieben
in der Zeit eines schrecklichen Tiefstandes von Deutschlands Macht
und Ehre!) Des Vaterlandes Ehre, Macht und Größe fordert vor
allen Dingen Bereitwilligkeit zur Hingebung an dieses eine große
Ziel, und die Kräftigung dieses Gefühls und Willens in den Herzen
unserer Jugend würde ich als den schönsten Lohn meiner Arbeit
ansehen*'. Ober die Wirkung seiner Erzählungen auf die Jugend
in dieser Hinsicht sagt der Verfasser ferner: „Den deutschen
Knaben, den Jüngling möchte ich sehen, der nicht warm wird
für eine Heldengestalt wie Totiias, für den herrlichen Alfred, der,
zum Kriege gezwungen, mit dem Lorbeer des Sieges in der Feld-
stbhcht die Palme des Friedens verbindet'S Endlich verspricht
746 B. Biel, Matbematisehe Anff^aben^ anges. vod M. Nath.
sich der Verfasser von dieser lebendigen Einfuhrung in die Ge-
schichte ihres Volkes auch für die politische Bildung unserer Nation
den besten Erfolg.
So sei denn dieses echt vaterländische Werl^ das der Ver-
leger auch seinem wertvollen Inhalt entsprechend ausgestattet
hat, den Lehrern der Geschichte und dem weiteren Kreis der
Gebildeten bestens empfohlen. Möge es aber besonders von der
deutschen Jugend gleich Freytags „Ahnen*' und „Bildern aus der
deutschen Vergangenheit'' recht viel gelesen werden. Deswegen
werden es sich die Vorsteher von Schulbibliotheken nicht ent-
gehen lassen, und .zu Geschenken für die Jugend ist es wie wenige
andere Bücher geeignet
Offenburg i. B. L. Zum.
1) B. Biel, Matbematiache Aufgraben für die beberen Lehr-
aostalteo, Aufgrabe far Gymoasieo. Teil II: Die Oberstufe. Leipzig
1907, G. Freytag. 272 S. geb. 3,50 M>
Der erste Teil dieser Sammlung ist hier Jahrg. 1903 S. 754
angezeigt worden. Das Erscheinen des zweiten Teiles läßt jetit
zu, daß der mathematische Unterricht unter Hinzuziehung der
II. Thiemescben Lehrbucher nach einheitlichem Plane erteilt werden
kann. Da die Lehrbucher selbst zu den geometrischen Abschnitten
schon eine ausreichende Anzahl von Übungsaufgaben enthalten,
beschränkt sich auch dieser Teil der Aufgabensammlung wesent-
lich auf solche Aufgaben, die durch Rechnung zu lösen sind. Das
gebotene Material ist hinreichend zahlreich und bietet die ge-
nugende Abwechslung, indem die Anwendungen auf andere Gebiete
möglichste Berücksichtigung finden. Wünschenswert wäre viel-
leicht eine größere Anzahl von Zahlenbeispielen, z. B. in der sphäri-
schen Astronomie und in der analytischen Geometrie, da das Buch
dann in der Hand des Schulers für dessen eigene Übung an
Brauchbarkeit gewinnen würde. Verhältnismäßig zahlreich sind
die Aufgaben für Zinseszins- und Rentenrechnung, für die denn
auch zwei dem Buche angehängte Tabellen bestimmt sind. Den
Stichproben nach, die der Berichterstatter gemacht hat, sind die
Aufgaben durchgängig nicht so schwer, daß sie eine besondere
Anleitung durch den Lehrer nötig machten. Das kann auf der
einen Seite als ein Vorzug des Buches bezeichnet werden, anderer-
seits ist damit doch ein Verbleiben auf gebahnten Pfaden gegeben,
die die Arbeit nach dem Buche vielleicht etwas mechanisch werden
läßt. Brauchbar und zweckentsprechend ist es aber trotz dieser
nicht zu sehr ins Gewicht fallenden Ausstellungen.
2) Fr. Knho, Fragen und Aufgaben aus dem Anfangskapitel der
Planimetrie. München und Leipzig 1906, R. Oldenbourg. VI n.
48 S. 8. kart. 1 Jt.
Der Verfasser versucht die Schwierigkeiten des planimetri-
sehen Anfangsunterrichts ohne Hilfe eines Vorkursus zu über-
C. Blook, L«kr- n. Obaogsb. f. d. plan. Uoterr., ags. ▼. M. Nath. 747
winden, indem er die rein propädeutische und die streng wissen -
schaflliche Bebandlungsweise des Lehrstoffes der Anfangsstufe in
organische Verbindung bringt. Er entwickelt die Begriffe auf
Grund ?on Anschauung und Beobachtung \ind übt sie zunächst
grundh'ch ein, ehe sie zur AufQndung von Lehrsätzen verwendet
werden. Auch diese, zuerst empirisch gefunden, werden dann
streng bewiesen und gröndlich eingeöht, ehe sie bei der Lösung
der Übungsaufgaben, deren das Heft eine große Menge enthält,
Anwendung finden. Die praktische Anwendbarkeit der mathe-
matischen Sätze wird durch vielerlei Hinweise auf ihre Beziehungen
zu der Praxis des Alltaglebens, zu Physik, Geographie, Technik
nsw. aufgezeigt. — Es ist ein eigenartiges, gewiß sehr brauch-
bares Hilfsmittel mit dem kleinen Buch in die Hand des Lehrers
gelegt.
3) C. Block, Lehr- nod Obnogtbaeh für den planimetriseheD
ÜDterrieht aa höheren Seholea. 2. TeU: Uaterterlia. Leipzig
1906, B. G. Tenbaer. 64 S. 8. 1 JC.
Der erste, för die Quarta bestimmte Teil dieses Werkes ist
hier schon früher empfehlend angezeigt worden. Diese Empfehlung
kann auch dem zweiten Teil mit auf den Weg gegeben werden*
Der Lehrstoff ist klar und übersichtlich dargestellt, und eine Fülle
zweckmäßiger Übungen, vor allem Konstruktionsaufgaben, durch-
setzen ihn. Die Ausstattung ist tadellos und spricht sehr an.
4) 0. HeiaevaDB, Haadbneh aber die OrganiaatioB and Ver-
walianer der ttaatlieheo, staatlieh verwaltete» nodataat«
lieh nateratätsten Unterriehtsanatalten io Preaßen, in
lexikaliseher Fom bearbeitet Potsdam 1907, A. Stein. Lieferung 1— S.
je 112 S. je 3JC.
Das Buch ist auf zwölf Lieferungen in demselben Umfange,
wie die drei jetzt vorliegenden, angelegt. Doch soll der Gesamt-
preis des yoUständigen Werkes bei Bezug in Lieferungen 30 Jt
nicht übersteigen. Es dürfte sich nach seiner Vollendung als ein
sehr brauchbares Nachschlagewerk für alle die Kreise erweisen,
die aus irgend einem Grunde mit den Schulen zu tun haben.
Es wird dann wohl in sich vereinen, was die „Verordnungen und
Gesetze*' L. Wieses, A. Beiers „Die höheren Schulen Preußens und
ihre Lehrer" und t. Bremens bekanntes Werk über das Volks-
schulwesen PreuBens darbieten. Diesen Stoff aber würde es in
bequemerer Form bieten, weil es bei der lexikalischen Anordnung
in jedem Artikel entweder alles, was auf den Gegenstand Bezug
hat, zusammenfaBt oder durch Hinweis auf die Artikel, die etwa
noch dazu gehören, eine vollständige Belehrung herbeiführt. Ober
den Inhalt der oben angeführten Werke hinaus findet man in-
dessen in den bisher veröffentlichten Lieferungen eine nicht ganz
kleine Zahl von Stichwörtern und unter ihnen gegebene Aus-
tübrungen, die den Kreis dessen noch erweitern, über das man hier
748 A. Beieri Die Bernfsiasbildang, 111902; ron M. Natb.
Auskunft findet. Es sind vor allem die Verhältnisse der Fach-
schulen, allerhand auf die soziale Gesetzgebung sich beziehende
Fragen, die besprochen werden. — Möchte eine recht schnelle
Vollendung des Werkes es bald seinen vollen Nutzen erweisen
lassen.
5) Adolf Beier, Die BerafsansbildoDg oseh deo BerechttgaageD
der höbereo Lebraostalten in Preoßea. Zweite Aefla^e.
HaUe a. S. 1907, Bochbandlaofr des Waiseabaases. IV n. 173 8.
Die erste Auflage dieses Buches erschien im Jahre 1903. Sie
enthielt eine Zusammenstellung der bezuglichen Gesetze, Bekannt-;
machuDgen, Bestimmungen, Erlasse, Verordnungen und Verfügungen
in der vom 1. April 1903 ab gültigen Fassung. Für die vorliegende
Auflage ist der Zeitpunkt des 1. März 1907 maßgebend. Die
starke Erweiterung des Umfanges von 54 auf 172 Seiten ist z. T.
verursacht durch etwas weiteren Druck, zum andern Teil durch
eine Veränderung in der Anordnung, dann aber durch ausführ-
lichere Mitteilungen aus den amtlichen Quellen. Jede dieser Ände-
rungen kann aber als eine Verbesserung bezeichnet werden. Das
Buch hat vor allem an Übersichtlichkeit bedeutend gewonnen.
Ein Sachregister erleichtert dazu noeh den Gebrauch. Neben dem
altbewährten Buche von A. Dreyer, „Die Berufswahl im Staats-
dienste*', dem es durch die genaue Angabe der amtlichen Erlasse
nach Daten und Aktenzeichen voransteht, ist es gewiB der zu-
verlässigste Batgeber b^i der Wahl eines Berufes. Der Lehrer,
der oft genug in die Lage kommt, Schülern und Eltern dabei
behilflich sich zu erweisen, wird also gut tun, es sich für den
Gebrauch bereit zu stellen.
Pankow b. Berlin. Max Nath.
H. Müller oad P, Pietzker, Recheabnch für die uaterea Klaaaea
der höhereo Lehranstalten. Vorstafe xa den AnfgabeosaaiB-
langen von Bardey and Mtiller-Katnewsky. Aasgabe C. Beft 1, für
Sexta. 0,80 JL. Heft 2, fdr Quiata. 0,80 JL^ Heft 3, fdr QnarU.
1 Jt» Leipzig and Berlia 1906, B. G. Teobaer. 252 S. 8.
Nachdem^ ich die Ausgaben A und B dieses Rechenbuches in
dieser Zeitschrift eingehend besprochen habe, wird es genügen,
anzuführen, wodurch sich die dritte Ausgabe G von den beiden
anderen unterscheidet Die Ausgabe ist in drei einzelne Hefte
geteilt, „um den Kleinen die Böcherlast zu verringernd^ Ich halte
diese Einteilung fdr keinen Vorteil, denn es ist dem unterrichtenden
Lehrer die Möglichkeit genommen, auf früher Erlerntes dadurch
zurückzugehen, daB er einige Aufgaben zur Wiederholung wieder
rechnen läßt. Das dürfte besonders bei Heft 3 schwer empfunden
werden: es enthält vornehmlich die vier Spezies in Dezimalbrüchen,
die man doch durchaus in Verbindung mit den gemeinen Brüchen
H. Moller und F. Pietxkar, Recheobnch, agz. von A. Kallins. 749
wird behandeln müssen, zumal da gewisse Teile der Spezies in
gemeinen Brüchen den Schülern viel mehr Schwierigkeiten machen
als die Spezies in Dezimalbrüchen. — Die ausführlichen Sach-
erlauterungen und die ausgedehnte Besprechung der Lösungswege
sind gröBtenteils weggelassen und auf das unumgänglich Not-
wendige beschränkt worden; der dadurch freigewordene Raum ist
namentlich für Vermehrung der Regeldetriaufgaben verwendet
worden und es wurden dabei besonders diß Vorschläge ver^urk-
licht, welche von der Unterrichtskommission der Naturforscher*
gesellschaft für den Rechen Unterricht gemacht worden sind. Unter
den neuen Aufgaben finden sich aber z. B. in Heft 1 einige, die
kaum in Sexta Verwendung finden können, da sich eine Erklärung
der zu der Aufgabe geroachten Angaben nicht ermöglichen läßt.
So verwendet z. B. Aufg. 136 S. 41 eine „frischgeladene Akkumu-
latorenbatterie''. Auch den sogenannten Denkübungen sind eine
Reihe Aufgaben hinzugefügt worden. Ganz neu ist der Abschnitt,
der die abgekürzte Multiplikation und Division behandelt. Hier
wären aber meiner Ansicht nach doch etwas ausfQhrlichere Er-
läuterungen notwendig gewesen, weniger für die Schüler als für
die Lehrer; denn die Kenntnis dieser Rechnung ist noch immer
recht wenig verbreitet. Das, was die Verfasser davon gegeben
haben, reicht nur dazu aus, daß man ihnen nicht den Vorwurf
machen kann, sie hätten diese Rechnung gar nicht erwähnt —
Sehr aufgefallen ist mir der Vorschlag der Verfasser, statt Hundertstel,
Tausendstel usw. Hundertel, Tausentel, also wohl auch Zwanzigtel
usw. zu sagen. Ich halte es nicht für angebracht, im Rechen-
unterricht Wörter zu gebrauchen, die von dem allgemeinen Sprach-
gebranche abweichen; der Lehrer des Deutschen würde doch solche
Wortbildungen als Fehler anstreichen müssen.
Ein Gebrauch der Ausgabe C ist neben den beiden andern
Ausgaben in der Schule nicht möglich.
Berlin. A. Kallius.
EINGESANDTE BÜCHER
(Bespreehaog eiazeloer Werke bleibt vorbebalteo).
1. Meyers Grofies Kooversetions-Lexikoii. Ein NaebsebUge-
werk dea allgpemeiaeD Wisseos. Secbste, gSnslieh oeubearbeitete oad ver-
mebrte Auflage. Mit mehr als 1 1 000 Abbildaagen im Text aod aof aber
1400 BilderUfelo, Karteo nod PlKaeo sowie 130 Textbeilageo. Siebzebater
Band: Rio bis Sehöoebeek. Leipzig nad Wien 1907, Bibliographisches
lostitot. 952 S. Lex.- 8. eleg. geb. 10 ^.
Der grofie „Meyer<< nähert sich seinem Abschlnß. Alle VorzHge, die
den sechzehn ersten Banden naehgerähmt werden konnten, zeigt aaeh der
vorliegende Band: Gediegenheit des Inhalts nod eine grofiartige lUostratioa,
welche die Lektüre auf Schritt und Tritt fördert.
2. Sammiang Göschen. Leipzig 19U7, G. J. Göscbensche Verlagshandlang.
Jedes Bändchen geb. 0,80 JL.
a) K.Roth, Geschichte der christliehen Balkanstaaten (Bulga-
rien, Serbien, Rumänien, Montenegro, Griechenland). 157 S.
b) H. Simroth, Abriß der Biologie der Tiere. Zweite Auflage.
158 S.
c) E. Berneker, Rnssisch-deutsches Gespriehsbuch. Zweite
Auflage. 135 S.
d) R. Günther, Deutsche Kulturgeschichte. Zweite Auflage.
123 S.
e) W. Staerk, Neutestamentliche Zeitgeschichte. Teil I: Der
historische und knlinrgeschichtliche Hintergrund des Urchristentums.
Mit 3 Karten. 192 S. — Teil 11 : Die Religion des Judentums im
Zeitalter des Hellenismus und der Römetberrschaft. Mit 1 Planskisse.
168 S.
f) Deutsches Leben im 12. und 13. Jahrhundert. Realkommentar
zn den Volks- und Kunstepen und zum Minnesang. L Öffentliches
Leben von J. Di offen bacher. Mit 10 Abbildungen. 142 S. —
IL Privatleben von J. Dieffenbacher. Mit 38 Abbildungen.
162 S.
3. Ans Natur und Geisteswelt. Leipzig 1907, B. G. Tenbner. Jeder
Band geb. 1,25 JL^
a) F. Kuypers, Volksschule und Lehrerbildung in den Ver-
einigten Staaten in ihren hervortretenden Zügen. Reiseein drucke.
Mit 49 Abbildungen. XII u. 146 S.
b) J. Tews, Moderne Erziehung in Haus und Schule. IV n.
132 S.
4. G. Kerschensteiner, Grundfragen der Schulorganisation.
Eine Sammlung von Reden, Aufsätzen und Organisationsbeispielen. Leipzig
1907, B. G. Tenbner. VII u. 296 S. 3,20 M^
5. B.Otto, Deutsche Erziehung und Hauslehrerbestrebungen.
Ein Reformprogramm. Grofi-Liehterfelde 1907, Verlag des Hauslehrers. 50 S.
0,30 Jt^
6. Tb. Fuchs, Die Ausbildung der Gymnasiallehrer und die
philosophische Fakultät. Wien 1907. 10 S. (S.-A. aus der Neuen
Freien Presse.)
7. Festschrift zur Feier des 250jährigen Bestehens des
Königlichen Gymnasiums zn Hamm i. W. am 31. Mai 1907.
Hamm i. W. 1907, E. Griebsch. 211 S. gr. 8.
8. R. Gaede, Zwei Jahre Bewegungsfreiheit im Unterricht
der Prima. Progr. Strasburg in Westpreußen 1907. Leipzig 1907,
G. Fock. 52 S. 1 ^.
Biagesandte Bücher. 751
9. M. BraQDsehviif, L'Art et rfinfant. Essay sar r^daeatioa
estbetiqae. Paris 1907, Reori Didier. XVI n. 400 S. kl. 8.
10. Jahrbach für Volks- und Jagpeudspiele. Heraasgegebeo vod
H. Raydt. 16. Jahrgang (1907). Leipzig 1907, B. G. Teaboer. 375 S.
kart 3 Jt.
11. R. Lehne BD, Lehrbach derphilosophischeo PropMdentik.
Zweite Auflage. Berlin 1907, Reater & Reiehard. VII a. 182. S. gr. 8.
3,60 JL
12. P. Geyer, Seholethik aof Grood einer Sentenzenharmonie.
Berlin 1907, Reother ft Reiehard. XIII u. 97 S. 1,80 JL.
13. M. Bvers, Die Bergpredigt (Matth. 5—7). Pöafte Auflage von
H. Marx. Berlin 1907, Renther & Reichard. VI n. 61 S. 1,20 M>
14. A. Julicher, Paulus und Jesus. Tübingen 1907, J. G. B. Mohr
(P. Siebeck). 72 8. 0,50 ^. (Religionsgeschichtliche Volksbücher L Reihe
] 4. Heft)
15. E. Fischer, Kants Stil in der Kritik der reinen Ver-
nosft nebst Ausführungen über ein neues Stilgesetz auf historisch-kritischer
nsd sprachpsychologischer Grundlage. Berlin 1907, Reuther & Reichard.
VIII 0. 136 S. gr. 8. 4 ^.
16. J. Naumann, Theoretisch-praktische Anleitung zur Be-
sprechung and Abfassung deutscher Aufsatze in Regeln, Bei-
spielen, Entwürfen und StolTdarbietungen für höhere Schulen. Achte Auf-
lage. Leipzig 1907, B. G. Teobner. XVIII u. 612 S. geb. 4,80 M*
17. von Sanden» Deulsche Sprachlehre für höhere Schulen.
Siebente Auflage. Lissa i. P. 1907, F. Ebbecke. IV u. 83 S. geb. 0,80 JL.
18. 0. Mensing, Mittelhochdeutsches Hilfsbuch. Für Ober-
kiissen höherer Schulen. Dresden 1907, L. Ehlermann. 78 S. geb. 1 JL^.
19. G. Mosengel, Deutsche Aufsätze für mittlere und obere
Klassen höherer LehransCalten im AnschluB an den deutschen Lesestoff.
Katwnrfe and ausgeführte Aufsatze. Zweite Auflage. Leipzig 1907,
B. G. Teubner. Vlll u. 139 S. geb. 1,80 .>^.
20. M. Schueidewin, Eine antike Instruktion ao einen Ver-
wattnngsehef. Mit einer Einleitung über römische Provinzialverwaltung.
Berlin 1907, Karl Gnrtius. XI n. 125 S. 2,50 Jt^
21. Cortins, für den Schulgebranch erklärt von Th. Vogel. Zweites
Bäodehen: Bach VI— X. Dritte Auflage von A. Weinbold. Mit einer Karte.
Leipzig 1907, B. G. Teubner. VIII u. 256 S. 2,60 JL^
22. Aasonius, Moseila. Erklärt und übersetzt (in tschechischer
Sprsche) von Rudolf I^euhöfer. Progr. des Staatsgymnasiums in 6rn£
(Brüan) 1907. 18 S. gr. 8.
23. A. Scfawarzenberg, Obungsbücher für den Unterricht in
der lateinischen Sprache an gymnasialen Anstalten mit lateiolosem
Unterbau (Reformgymnasien, Reformrealgymnasien). Leipzig, B. G. Teubner.
a) Untertertia. Zweite Auflage. 1906. VI u. 230 S. geb. 2,40 JL^
b) Obertertia. Zweite Auflage. 1907. VIU u. 151 S. geb. 2 Ji.
Th. Vogel, Lateinische Schulgrammatik für gymnasiale
Anstalten mit lateiolosem Unterhau (Reformgymnasien, Reformreal-
gymnasien). Zweite Auflage. Leipzig 1906, 6. G. Teubner. Xu u. 258 S.
geb. 2,80 Jt.
24. Th. Fuchs, Die lateinische Grammatik und die so-
genannte formale Bildung. Verlag des Vereins für Schulreform in
Wien. 14 S.
25. E. Loch, Wörterverzeichnis zu Ostermann-Müllers la-
teinischen Obungsbüchern. Zweiter Teil: Quinta. Leipzig 1907,
B. G. Teubner. IV u. 48 S. kart. 0,40 JL^
E. Landshoff, Wiederholungstabellen zur lateinischen
Grammatik nebst Musterbeispielen, nach H. J. Müllers Lateinischer
Schalgrammatik zasammeagestellt Leipzig 1907, B. G. Teubner. IV u.
112 S. kart. 1,40./^.
752 Bingaftadie Biichar.
26. C.Pascal, Poasia Laiina Madievale. Saggi t note eriticke.
Catania 1907, Coocetto Battiato. VIII o. 188 S. kl. 8.
27. Th. Drück, Griechisches Oboogsbaeh for Sekunda zur
EinäbuDg der Syntax. Dritte Auflage. Staltgart 1907, A. Bona & Cenp.
VIU 0. 125 S. geb. 2 JC.
28. K. Koppin, Zur aoterrichtliehen Behaodlaog der grie-
chischen Modi auf wissenschaftlicher Grnodlage, namentlieli
iD den Bediognagssätaeo. Programm des König-Wilhelms-Gymnaaissns
io Stettin. Teill: Vorbetrachtnog 19U5. 19 S. 4. ~ Teil II: Grnndiinien
zur griecbischeo Modoslehre. 1907. 36 S. 4.
29. Thnkydides, für deo Schalgebrauch erklSrt von G. Böhme,
von der 4. Auflage ao bearbeitet von S. Widmann. Sechstes Bändchen:
Bach VI. Sechste Anflage. Leipzig 1906, B. G. Teuboer. VI o. 108 S. 1,20^
30. £. Kosohwitz, Anieitaag zom Studium der französiacben
Philologie für Stadiereode, Lehrer ood Lehrerinnen. Dritte Auflage von
G. Thurau. Marburg 1907, N. G. Biwert. Vlll n. 268 S. A JC.
31. Jeaa-Waterloo-Sedan par Lonfray-Durny-Rousset, her-
ausgegeben von F. J. WershovcD. Trier 1907, Jacob Liotz. 82 S. 6.
Mit 2 Abbilduogeo und 3 Karten, geb.
32. J. Schnltheß, Obungsstücke zum Obersetzen aus dem
Deatschen ins Französische, besteheod in Erzählungen, Parabeln,
Anekdoten, kleinen Schaospielen und Briefen, für deo Schul- und Privat-
gebrauch bearbeitet. Sechzehate Auflage. Zürich 1907, Schnlthefi ft Co.
204 S. 1,40 JC.
33. W. Lorey, Leonhard Bnler. Leipzig 1907, in Rommiasion bei
B. G. Teubner. 20 S. Vortrag. S.-A. aus den AbhandlungeD der Natur-
forschenden Gesellschaft zu Görlitz, Band 25 (1907).
34. U. Thieme, Leitfaden der Mathematik für Gymnasien.
Teil I: Die Dnlerstufe. Mit 108 Figuren. Dritte Auflage. Leipzig 1907,
G. Freytag. 102 S. gr. 8. geb. 1,60 JC.
35. K. Barchanek, Lehr- und Übungsbuch der darstellenden
Geometrie für Oberrealschulen. Mit 309 Figuren. Zweite Auflage.
Wiea, F. Tempsky; Leipzig, G. Freytag 1907. 268 S. gr. 8. geb. 3,20 Uf^.
36. Schflllens Aufgaben zum Gebrauche beim Reebenunterrieht.
Munster (Westf.) 1907, Franz Coppenrath. Ausgabe A. Teil I: für höhere
Lehranstalten usw. ZwfiunddreiBigste Auflage voa A. Bliad und H. Frank.
IV u. 261 u. 41 S. geb. — Teil II: für mittlere und obere Klaaaen der
Realschulen usw. Neunte Auflage von A. Blind. IV u. 188 S.
37. Schellens Materialien. Ein Handbuch für Lehrer zum Ge-
brauche beim Reebenunterrieht. Munster (Westf.) 1907, Fraaz Coppenrath.
Ausgabe A. Teil I: für höhere Lehranstalten usw. Sechzehnte Auflage von
A. Blind und H. Frank. VIII u. 296 n. 40 S. geb. — Teil II: ein Hand-
buch für Lehrer und zur Selbstbelehrung angehender Kauflente usw. Siebente
Auflage von A. Blind. VIII u. 268 S. geb.
38. J. Mischke, Naturgeschichte der Ziffern. Bremen 1907,
Max Nössler & Co. 48 S. (Vortrag, gehalten in der Deutacben Gefellsehaft
für Natur- und Völkerkunde Ostasieos zu Tokio, Japan).
39. F. von Hemmelmayr, Lehrbuch der organischen Chemie
für die sechste Klasse der Oberrealschulen. Mit 11 Abbildungeu «nd
1 Farbendrucktafei. Dritte Auflage. Wien 1906, F. Tempsky. IV u. 150 S.
gr. 8. 1 jf 80 A, geb. 2 /T 30 A.
40. F. von Hemmelmayr, Lehrbuch der aaorganis eben Chemie
für die fiinfte Klasse der Realschulen. Mit 40 Abbildungen und 1 Spektral-
Ufel in Farbendruck. Dritte Auflage. Wien 1906, F. Tempsky. 237 &
gr. 8. 2 JT 50 A, geb. 3 R.
41. H. Zuschneid, Freibnrger Taschen-Liederbuch. Seehate
Auflage. Freiburg i. Br., Herdersche Verlagshandlnng. XII n. 288 S. geh.
1,50 JC.
ERSTE ABTEILUNG.
ABHANDLUNGEN.
Magers methodische Ansichten und ihre Bedeutung
fllr die Gegenwart.
Magers ^n^oderne HumaDitätsatudien** haben s. Z. berechtigtes
Aa&ehen erregt, scheinen aber fast gan2 in Vergessenheit geraten
zu sein. Und doch enthalten sie eine ganze Reihe yon Gedanken,
die gerade jetzt, wo vielfach einem einseitigen pädagogischen
Intellektualismus das Wort geredet and im fremdsprachlichen
Unterricht das formalistische Prinzip wieder auf Kosten des
materialen gepflegt wird, in Erinnerung gebracht zu werden
verdienen.
In bezug auf das Endziel des Unterrichts steht Mager durch-
aus auf dem Standpunkt Herbarts. In seiner Schrift ,J)ie ge-
netische Methode des schnlmäßigen Unterrichts in firemden
Sprachen und Literaturen'' 1846 heißt es S. 177: „Alles
Wissen und Können, das der erziehende Unterricht
gibt, soll der Charakterbildung dienen''. Also ganz das
Herbartsche Ziel. Den alten Literaturen mißt M. einen großen
pidagogischen Wert bei, ist aber der Meinung, daß dieser Wert
in dem herrschenden Schulbetrieb in keiner Weise zur Geltung
komme. ^J)ie beiden alten Literaturen sind dermaßen ewig jung,
daß heute so gut wie zu Reuchlins und Huttens Zeiten die Jugend
sich gern mit ihnen beschäftigt und sich auch ältere Leute mit
ibnen gern beschäftigen würden, wenn die Schule an ihnen ihre
Pflicht getan hätte*'. Aber der herrschende Sprachunterricht ist
ganz verkehrt. Deshalb ist und bleibt das Lesen eine Qual und
eine Stümperei und wird darum nach der Schule nicht fortgesetzt.
Man mutet jungen Leuten die Lektöre von Schriften zu, die den
meisten von ihnen auch im höheren Alter noch zu schwer sein
würden. Dafür sollte man solche Werke nehmen, denen der
Mitteischlag junger Leute gewachsen ist. Pindar, Thucydides,
Plato sind schlechterdings keine Schriftsteller für unsere Gym-
Ztttadtur. 1 d. OyiBiiMulircMn. LXL 11. 48
754 Magers meth. ADsichten o. ihre Bedeutung f. d. Gepenwart,
nasien, das Buchstabieren ao ihnen dient zu weiter nichts als
daß die Zeit verloren geht, in der man, wenn man sich auf
Homer, Herodot, Xenophon etc. beschränkt, nicht nur etwas
lernen lassen, sondern auch für das ganze Leben dauernde
Neigung für die alten Literaturen erwecken könnte. „Wenn man
einmal einsehen wird, daß junge Leute, die erst zur UniYersität
gehen sollen, keine Professoren sein können, und daß es besser
ist weniges gut als vieles schlecht zu wissen, so wird man die
Reglements über die Maturitätsprüfungen bedeutend ändern'^ Wenn
einmal die klassische Philologie unter uns zugrunde gehen sollte,
so haben nach M.s Meinung die Philologen sie zugrunde gerichtet.
„Schon jetzt sieht fast niemand, dem nicht die Sache Brot-
studium ist, in späteren Jahren einen griechischen oder römischen
Autor auch nur an; kaum werden noch Übersetzungen der Alten
gelesen*'. Das kommt daher, daß man in den Schulen nicht durch
Eindringen in den Inhalt Liebe fürs Altertum erweckt, sondern
durch den einseitigen grammatisch formalistischen Betrieb Wider*
willen gegen dasselbe erzeugt. „Die Knaben halten auf gut
aristophanisch die Schule für einen Sorgenort, und sie wünschen
die Grammatik und das Latein, und manchmal den Lehrer dazu
dahin, wo der Pfeffer wächst*'. Nach Mager konstituierte Niet-
hammer mit seinem Buche „Der Streit des Pbilanthropismus und
Humanismus in der Theorie des Erziehungsunterrichts unserer
Zeit** (1808) den rationalistischen oder formalistischen Humanis-
mus, mit dem eine neue Epoche auch im Grammatizismus eintrat
Für diesen formalistischen Humanismus wurde das Denken-
können das Schiboleth, während der frühere Humanismus das
fari posse zum Ziel seines Unterrichts gemacht hatte. Dadurch
sei dem synthetischen Elemente im Sprachunterricht ein
schädliches Obergewicht gegeben; die rationalistischen Humanisten
seien Grammatisten und Argumentenschreiber. (Argumente hiefien
in Suddeutschland die Extemporalien). Die „gründliche'* gram-
matisUsche Methode sei so gründlich, daß sie aus den Gründen
gar nicht herauskomme, nämlich aus den Anfangsgründen.
„Nicht nur die grammatischen Massenbegriffe, sondern auch die
einzelnen Lehrsätze werden den Schülern tradiert, so daß das
Gerede von formaler Bildung, für welche das Studium der
Grammatik so probat sein soll, nur ein Geschwätz ist. Man
könnte die Schüler mit gleichem Gewinn für ihre Geistesbildung
mit der Heraldik beschäftigen'*. Dadurch, daß die Regel fertig
gegeben, statt durch Abstraktion von einzelnen Fällen
selbsttätig gesucht und formuliert wird, wird der Denk-
faulheit Vorschub geleistet. Wenn die Grammatisten sagen:
„Unsere Aufgabe geht dahin, daß der Schüler eine Einsicht in
den inneren Bau der Sprache, ein wissenschaftliches BewuBtein
über die notwendigen Gesetze der einzelnen Sprache und der
Sprachen überhaupt, als des Organons alles Denkens, gewinnen.
von G. Budde. 755
kurz, das grammatische VerständDis einer Sprache ist uns die
Hauptsache'*, so erinnere solches Gerede an den Fuchs, der die
Traube, die ihm zu hoch hing, „gut für TroBbuben** nannte, oder
an jenen anderen, dem der Schweif abhanden gekommen war
und der nun seinen Mitfuchsen eine Rede über die großen Vor-
teile der Schwanzlosigkeit hielt Der Sprachunterricht soll nicht
nur sprachliche, sondern auch und ganz besonders
historische Bildung geben. Diese grammatistiscbe Richtung
ist ganz unbrauchbar. „Dr. Ruth ar dt in Breslau hat den
Grammatismus einer wesentlichen Reparatur unterzogen und ihm
einen hochnötigen Anbau gegeben, wodurch das hinfällige Gebäude
wieder für etliche Jahre zur Not bewohnbar gemacht worden ist.
Ratich hat schon ?or 200 Jahren den richtigen Weg gezeigt,
aber das Licht, das er verbreitete und dem alle Schulen sich
hätten öffnen sollen, haben die Pedanten unter den Scheffel ge-
stellt, sie haben die Welt darum betrogen. Wo könnten wir
jetzt stehen» hätte man den Ratichschen Samen nicht zertreten
und erstickt, der nun seit 200 Jahren aufgegangen wäre und die
herrlichsten Schulfiröchte hätte tragen müssen! DaB wir jetzt,
sozusagen, wieder da anfangen müssen, wo man vor 200 Jahren
hätte anfangen sollen und können, das schlägt nieder, ja es
empört^'.
Die analytischen Methoden, wie sie z. B. von Hamilton,
Jacolot u. a. empfohlen wurden, haben sich nach M. auch nicht
als die rechten erwiesen. Auch diejenige Verbindung der syn-
thetischen und analytischen Methode, wie sie von Herbart und
von Herbartianern vertreten wird, sei nicht zu empfehlen. Sie
sei nicht neu, sondern stamme von Comenius. Comenius wollte
in den unteren Klassen den Sprachunterricht mit dem Real-
Unterricht verbinden, er wollte den Sprachunterricht zugleich
zum Realunterricht machen. „Dadurch hat aber Comenius
die Interessen des Sprachunterrichts dem Realunter-
richt zuliebe gefährdet''. Dieser Gefahr kann man nur
aus dem Wege gehen, wenn man besondere Grammatik-
Stunden einführt.
Sie sind unumgänglich. Wie in diesem Punkte weicht Mager
auch noch in einem anderen von den Herbartianern ab. Sie
wollen im Sprachunterricht gleich von zusammenhängenden Lese-
stucken, womöglich gleich von einem Autor ausgehen. Dazu
bemerkt M., daB man den Schülern nicht zumuten dürfe, auf
einmal alle die Abstraktionen zu machen, welche gemacht werden
müssen, wenn die erste Periode eines Autors verstanden werden
soll; deshalb soll man statt eines zusammenhängenden Textes
dem Anfänger isolierte Sätze geben und aus diesen die gram-
matischen Formen und Regeln abstrahieren.
Die erforderlichen Ziele werden seiner Meinung nach erreicht
durch die genetische Methode, die bei der Zerlegung des Stofl'es
48*
756 Magers meth. Ansichten ik ihre Bedeutvng f. d. Gegenwart,
in seine Elemente nicht nur die Natur des Stoffes, sondern
auch die Natur des lernenden Subjekts befragt. Die
Anschauung der firemden Sprache muß Ausgangspunkt des Unter*
richts in derselben und das Angeschaute Grundlage der Grammatik»
Onomatik und Technik sein. „Für den Anfang soll man
die Anschauung auf solches richten, was fibersehen
und zugleich für sich verstanden werden kann. Dieses
Übersichtliche und zugleich VerslSndliche ist im Anfang weder ein
Text noch ein Wort, wohl aber ein Satz. Der isolierte Satz
spricht einen Gedanken aus, der öbersehen und verstanden werden
kann''. Erat nachdem der Unterricht an einzelnen Sätzen 3 — 4
Monate lang gegeben ist, darf die LektQre leichter Texte hinzu-
treten. Dam beginnt auch das Memorieren von Texten. Da der
Sprachunterricht zugleich Sacbunterricht sein soll, so muß der
Schuler neben dem grammatischen und onomatischen Allgemeinen
auch den Gedanken- und Sachverhalt festhalten. Es werde, so
meint M«, im ganzen genögen, wenn von den isolierten Sätzen
diejenigen, welche einen ethisch bedeutenden Gedanken oder einen
bemerkenswerten realistischen Inhalt haben und von den Texten
etwa ein Sechstel wörtlich eingeprägt werden. Von den übrigen
Sätzen und Texten müsse das grammatische und ooomatische All-
gemeine fest eingeprägt werden, aber auch des Inhalts müsse sieb
der Schüler bis auf einen gewissen Grad bemächtigen und den-
selben, wenn nicht in der fremden, so doch in der Mutlersprache
reproduzieren können. Auf der elementarischen Stufe sei die auf
grammatische Richtigkeit und onomatische Reinheit gmcbtete
Technik und das Verstehen unser Hauplpensum; successiv müsse
dann zuerst die Grammatik und die Onomatik^ dann die Sprach-
kunst und die Literatur das Hauptpensum werden. Der mittlere
Kursus sei als grammatisch-onomatischer dogmatisch, dagegen für
den literarischen Unterricht, der hier beginnt, wieder propädeutisch.
In den beiden mittleren Klassen soll epische und historische Lektüre
leichterer Art vorherrschen, daneben ist einiges Lyrisdie und
Rhetorische, einiges Didaktische und einiges Dramatische leichterer
Art zu lesen. In den drei oberen Klassen des Gymnasiums muß
in der drittletzten Klasse das Epische und Historische, in der vor-
letzten das Lyrische und Rhetorische, in der letzten das Dramatische
und Didaktische vorwalten. In den beiden mittleren Klassen
sollen die Schüler, nachdem sie im propädeutischen Kurs eine
anschauliche Kenntnis der wichtigsten Wort- und Satzformen ge-
wonnen haben, diese Kenntnis teils ergänzen und vervollständigen,
teils durch Eingehen auf die Gründe der Regeln und ihren sach*
liehen und logischen Zusammenhang erweitern, befestigen und
vertiefen. „Das schulmäßige grammatische Studium mu&
im wesentlichen in den beiden mittleren Klassen ab-
gemacht werden; wenn dies versäumt wird, so hat der
Unterricht der oberen Klassen kein Fundament, wie
voB 6. Badde. 757
schoD Qu in tili an bemerkt: quae (grammalica) nisi oratori füturo
faodameQta fideliter iecerit, quidquid super struxeris, corruef
Auch der Onomatik ist in den beiden mittleren Klassen ein Teil,
der Lehrstunden zu widmen, und es ist die Erwerbung eines
Wortschatzes durch besondere Veranstaltungen zu sichern. Im
Elementarkursus soll der Schüler Gelegenheit gewinnen, an etwa
20 Wortfamilien nebenbei die Weise der Derivation und Kom-
position, an etwa 50 Wörtern den Obergang der ersten Bedeutung
zu einer zweiten, dritten, vierten, an etwa 25 leichteren Synonyma
die Sinnverwandtschaft gewisser Wörter zu beobachten. Darauf
ist dann weiter zu bauen. — In den beiden mittleren Klassen
sollen nicht mehr einzelne Sätze zur Einübung bestimmter gram-
matischer Regeln und zur Anwendung bestimmter Vokabeln in
die fremde Sprache öbersetzt werden, „wie dies die Grammatisten
tun'S da dies die Schöler im Elementarknrsus hinlänglich geQbt
haben, sondern hier sollen dafür zusammenhängende StQcke ge-
geben werden, und zwar will M., daß nicht bloß aus dem Deut-
schen, sondern später auch aus einer fremden Sprache in eine
andere übersetzt werde. Das Memorieren soll den ganzen Schul-
unterricht hindurch fortdauern. Für den Unterricht auf der Ober-
stufe ist zu berücksichtigen, „daß die Schule es dem akademi-
schen Unterricht überlassen muß, Jünglinge, welche sich zu
Künstlern in gebundener oder ungebundener Rede, sei es in der
eigenen oder in einer fremden Sprache, ausbilden wollen, dazu
anzuleiten; aber sie hat doch die Pflicht, ihre Schüler in der
Sprache und in der literarischen Kunst so weit zu bringen, als
es das Bedürfnis der eigenen Bildung und des Lebens erfordert'S
Auf der Oberstufe soll einerseits eine Reihe ganzer Werke (ganz
oder teilweis), andererseits eine literarhistorisch geordnete Antho-
logie gelesen werden. Die Interpretation fährt fort sprachlich und
sachlich zu sein, ist jedoch von nun an hauptsächlich auf den
ethischen und logischen Gehalt und auf die literarische Form ge-
richtet. Ober die logische Konstruktion des Gelesenen, die vor-
kommenden Tropen und Figuren, die Unterschiede poetischer und
prosaischer Darstellung, die Unterschiede des historischen, rhetori-
schen und didaktischen Stils — Dinge, die schon in den mittleren
Klassen beachtet wurden, sollen jetzt die Schüler meist selbst
Auskunft geben. Die in der zweiten Hälfte des mittleren Kursus
begonnenen freieren Obersetzungen historischer, rhetorischer und
didaktischer Stücke in die firemde Sprache sind hier eine Zeitlang
fortzusetzen. Dann treten halbfreie und erst am Ende der Schul-
zeit freie Arbeiten ein. Die Schüler auch im mündlichen Ge-
brauch der fremden Sprachen (im Gymnasium auf das Lateinische
ond Französische zu beschränken) zu einer gewissen Fertigkeit zu
bringen, hat nach M.s Ansicht in zahlreichen Klassen große
Schwierigkeiten, doch lasse sich einiges tun. Der schulmäßige
Unterricht in der Literaturgeschichte (und in der literarischen
758 Magers meth. Aasichteo u. ihre BedeataD§f f. d. Gegrenwart,
Theorie) habe die Aufgabe, die Literaturfragmente, welche der
Schüler im Laufe seiner Schulzeit kennen gelernt hat, sachlich
zu verbinden und auf anderes, was gekannt zu werden verdient,
aber in der Schule übergangen ist, für kilnfliges Studium hinzu-
weisen. Auch solle das Gymnasium einen kurzen Unterricht über
einige besonders interessante Kapitel der sogenannten allgemeinen
oder philosophischen Grammatik und, wenn es der Lehrer könne,
der allgemeinen Onomatik geben. Dieser Unterricht werde am
besten der philosophischen Propädeutik einverleibt, dem Unterricht
in der Logik angehängt oder dem Unterricht in der Psychologie
eingeschoben. Obgleich auf der ersten Unterrichtsstufe die LektQre
noch eine ganz andere Bedeutung habe als die, bloßes Mittel zur
Erlernung der fremden Sprache zu sein, so sei sie doch zunächst
und vorzugsweise als ein solches Mittel zu betrachten und zu be-
nutzen. Die Interpretation sei darum hauptsächlich onomatisch
und grammatisch. „Wenn die unteren und mittleren
Klassen ihre Pflicht getan haben, muB» nachträgliche
Belehrung ober Einzelheiten und fortgesetzte Übung
abgerechnet, der Sprachunterricht als solcher mit dem
Eintritt in die oberen Klassen abgetan sein. Das Nächste,
nach welchem die Schulen streben müssen, ist, daß ihr Unterricht
in fremden Sprachen und Literaturen endlich wieder den nächsten
Erfolg habe, den der gemeine Menschenverstand von einem jahre-
lang fortgesetzten Unterricht mit Recht erwartet". Der zünftige
Unterricht ist philologisch. „Geht man dagegen (wie Herbart)
vom Leben aus und läßt nur dessen Gesichtspunkte gelten, ge-
setzt auch, man stellt sich auf den höchsten Standpunkt, so daß
alles der Sittlichkeit untergeordnet und. in ihren Dienst gestellt
wird, so entsteht der unwissenschaftliche Unterricht, der für den
gemeinen Mann und die Frauen genügt, aber nicht für die, die
in ihrem Leben in dieser oder jener Weise der Wissenschaft be-
dürfen, also wieder ein Fehler ist, wenn auch kein so schwerer
wie der erste (der zünftige)'^ Diesen Herbartschen Fehler hält
aber Mager für ganz ungefährlich. Er sagt, daß er in unserer
heutigen Unterrichtspraxis fast gar nicht vorkomme; vor ihm
brauche deshalb so wenig gewarnt zu werden als neapolitanische
Soldaten einer Warnung gegen übertriebene Tapferkeit bedürften.
Der erste Fehler dagegen sei die Regel in unseren Schulen. M.
gibt sogar zu, daß der Herbartsche Standpunkt für die allgemeine
Erziehungsscliule eigentlich der richtige ist; denn er verlangt für
die künftigen Gelehrten besondere Einrichtungen. Er schlägt
vor, daß für künftige Gelehrte, gleichviel welchem Fache sie sich
zu widmen gedenken, auf ungefähr 6—8 Gymnasien eine zwei-
klassige höhere Schule, die man Selekten, Lyzeum oder wie sonst
immer nennen mag, gegründet werde, so daß, während das Gros
der künftigen Praktiker mit etwa 18 Jahren vom Gymnasium un-
mittelbar zur Universität ginge, die künftigen Gelehrten noch einer
vdn 6. Bodde. 759
zweijährigen Schulbildung teilhaftig worden. Der Zweck dieser
Lyceen wäre:
1. ihren Schülern eine größere Fertigkeit im Verständnis
und Gebrauch der beiden alten wie der beiden neueren fremden
Sprachen zu geben;
2. ihnen eine yollständigere Kenntnis zunächst der beiden
alten, dann aber auch der drei neueren Literaturen zu geben;
3. sie zur Philologie anzuleiten, dieselbe nicht als Beschäfti-
gung mit den Nationalliteraturen und ebensowenig als Altertums-
wissenschaft Yerstanden, sondern als eine zur gelehrten, zur
philologisch-historischen Behandlung jedes Faches nötige Technik.
Man braucht nicht in allen einzelnen Punkten derselben
Meinung zu sein wie Mager, um doch sagen zu können, daß er
ohne Frage unter den Methodikern des 19. Jahrhunderts eine der
markantesten und interessantesten Persönlichkeiten ist.
Ich wurde nicht dafür sein, daß man im Primaunterricbt
auf Thucydides und Plato verzichtete, und ich glaube auch, daß
bei richtiger Gestaltung des griechischen Unterrichts die Schüler
sehr wohl zum guten Verständnis dieser Schriftsteller zu bringen
sind. Ich vermag ferner nicht einzusehen, weshalb auf der
Mittelstufe grundsätzlich keine Einzelsätze geduldet werden sollen.
Auch auf dieser Stufe kann doch der Schüler ebenso wie auf der
Unterstufe am klarsten und sichersten aus ihnen die Regeln ab-
strahieren. Daß daneben zusammenhängende Stücke geboten
werden müssen, in denen der Schüler die Regeln in den einzelnen
Wortformen anschaut, ist selbstyerständlich. Mager will, daß die
in der zweiten Hälfte des mittleren Kursus begonnenen freieren
Übersetzungen historischer, rhetorischer und didaktischer Stücke
in die fremde Sprache auf der Oberstufe noch eine Zeitlang
fortgesetzt werden sollen. Auch dafür bin ich nicht, es wider-
spricht auch der anderen Forderung Magers, daß der Sprach-
unterricht als solcher mit dem Eintritt in die Oberstufe abgetan
sein soll. Wenn die allgemeine oder philosophische Grammatik
Berücksichtigung finden soll, so kann dies doch höchstens in den
▼on M. verlangten Selekten geschehen. Wenn wir sie in dem
allgemeinen Unterricht behandeln wollten, würden wir damit
wieder aus dem Rahmen der Schule heraustreten. In bezug auf
die Selekten ist auffallend und einseitig, daß M, sie nur für das
Sprachstudium verlangt. Damit wird doch nur der Individualität
einer Kategorie von Schülern genügt. Jedenfalls aber ist es
beachtenswert, daß der Gedanke an „Selekten^\ der neuerdings
so sehr die pädagogische Diskussion beherrscht und bei den be-
deutendsten Pädagogen der Vergangenheit sich findet, uns auch
bei Mager begegnet, wenn auch in anderer Form, als wir uns
die Einrichtung denken.
Doch das sind alles Einzelheiten, die nicht von so wesent-
licher Bedeutung sind als die Punkte, in denen ich voll und ganz
760 Malers meth. Aus. vu ihre Bedevtg. f. d. GegeDW. y. G. Bodde.
mit M. übereinstimme und die gerade in der Gegenwart wertvolle
Dienste leisten können. Da ist vor allem die Betonang einer
allseitigen Bildung durch das Sprachstadinni statt einer ein*
seitigen Bildung zum Denkenkönnen, es ist die Verwerfung
eines von den Grammatisten vertretenen reinen Intellektualismus
im Sprachunterrieht. Ferner ist es die Forderung, daß der
eigentHehe Grammatiknnterricht auf der Unter- und Mittelstufe
erledigt werden muB, so daB die Oberstufe ausschließlich der
Lektüre gehört. Die Interpretation der Autoren hal sich dabei
hauptsächlich auf den ethischen und logischen Gehalt und auf die
literarische Form zu richten. Weiter vertritt M. mit Entschieden-
heit die induktive Methode im Sprachunterricht. Das sind
Forderungen, die ja auch von den Herbartianem erhoben sind.
Verschiedene Einseitigkeiten, in die diese in ihren methodischen
Vorschriften verfallen sind, werden von Mager vermieden. So
wendet er sich gegen die Auffassung von dem Verhältnis des
Sprachunterrichts und des Realunterridits auf dtf Unterstufe,
die die Herbartianer im Anschluß an Comenius vertreten. Da-
durch werden, wie er mit Recht sagt, die Interessen des Sprach-
unterrichts dem Realunterricht zuliebe gefiihrdet. Die Sprachen
können nicht so nebenher an der Hand der Lektüre erlernt
werden, dazu ist ein selbständiger Sprachunterricht erforderlich.
Deshalb sind besondere Grammatikstunden unerläßlich. Der
Unterricht darf nicht, wie es die Herbartianer verlangen, von
Anfang an nur von zusammenhängenden Stöcken ausgehen. Da-
mit schafft man unnötige und kaum überwindüche Schwierig-
keiten. Die Induktion erfolgt leichter und sicherer an Einzel-
sätzen; aus ihnen sollen die grammatischen Formen und Regeln
abstrahiert werden.
Wenn man bei der Ausarbeitung der preußischen Lehrpiäne
von 1892 diese durchaus berechtigten Ausstellungen Hagers an
den methodischen Vorschriften der Herbartianer bericksichtigt
nnd nicht von unten an den von ihnen geforderten Sachunterricht
eingeführt hätte, würden die Bestimmungen dieser Lehrpiäne für
den altsprachlichen Unterricht sich als ksbensfähig erwiesen haben,
und es wäre uns der 1901 erfolgte Röckfall in einen überiebCen
Formalismus erspart geblieben.
Hannover. G. Bndde.
ZWEITE ABTEILUNG.
LITERARISCHE BERICHTE.
Karl Roller, Haasauf^aben and hShere Schaleo. Leipzigs 1907,
Qoelle Q. Meyer. IV q. 143 S. 8. geh. 2,80 JL^ geb. 3, 20 M*
Der Verf. hat sich mit der Frage der Hausaufgaben in den
höheren Schnlen, die in letzter Zeit so lebhaft besprochen worden
ist, obwohl sie schon 1829, also noch vor Lorinsers Anklagen vom
Jahre 1836 gegen das Gymnarium, die Aufmerksamkeit der Be-
hörde erregt hat, schon wiederholt beschäftigt. Er hat 1904/05
Erhebungen über das MaB der häuslichen Arbeitszeit in der Unter-
tertia einer Oberrealschule veranstaltet (vgl. Vorwort S. 106 und
137) und im Juni 1906 in Dresden bei der VII. Jahresversamm-
lung des „Deutschen Vereins für SchulgesundheitspOege*' über
dasselbe Thema einen Vortrag gehalten (vgl. S. IV, 14, 138).
Seine Untersuchungen haben ihn, wie er S. III versichert, zu der
Oberzeugung geführt, daB es möglich sei, die Hausaufgaben in
Grenzen zu halten, die jegliche Gefahr der Oherbürdung aus-
schlieBen, ohne daB dem vrissenschaftJichen Scbulbetrieb daraus
Nachteil erwächst. Ref. freut sich demgemäB, den Verf. nicht
unbedingt auf der Seite derer zu wissen, deren „Neuen Vorschlägen
zur Hausaufgabenfrage" er den ersten Teil seiner Arbeit (S. 1 — 15)
in rein historischer Darstellung widmet, ohne an ihnen zunächst
Kritik zu Oben. Diese Zusammenstellung ist jedoch in doppelter
Hinsicht dankenswert Denn erstens zeigt sie, daß die meisten
der „Neuerer** doch festhalten an dem Satze: „Die Hausaufgaben
haben an sich einen unbestreitbaren Wert" (S. 10), und daB mit
sehr geringen Ausnahmen selbst die entschiedensten unter ihnen,
wie etwa Dr. med. Jäger (S. 11), die gänzliche AbschafTung der
Hausarbeiten, „wie heute die Verbältnisse liegen", zwar zu fordern,
aber nicht zu bofien wagen, daB sie dazu vielmehr erst „einer
Revision des Pensums näherzutreten" für nötig halten. Vor
deren, ich weiB nicht wievielter, Wiederholung wolle uns aber
der Himmel in Gnaden bewahren! — Zweitens aber deckt sie
einen Zwiespalt auf, in dem ,.pereunt per mutua vulnera fratres".
Denn der eine bezeichnet als das monstrum horrendum, das
44
762 K. Roller, Hansaufgaben und höhere Scholen,
„Grundübel'S alle sog. mündliche Hausarbeit (S. 4) und will sie
gaDz in die Klasse verlegt wissen, während er solche schriftliche
Hausarbeiten zuläßt, die entweder der „Anleitung zur Ordnung und
Sauberkeit*' dienen oder „zur Einübung des in der Schule Ge-
lernten unerläßlich*' sind. Eine hübsche Vermehrung der jetzt
schon in ihrer Zahl scheel angesehenen Sitzstunden unter strenger
Aufsicht oder eine Verkürzung der Unterrichtsstunden bis auf
30 Minuten hin müßte die Folge sein; denn 10 — 15 Minuten
würde man doch wohl von jeder Stunde der Memorierarbeit
schenken? Der andere wieder will den schriftlichen Teil der
Hausaufgaben in die Schule verlegen und nur den Meroorierstoff
der Hausbeschäftigung vorbehalten (S. 11) oder erachtet nur für
den fremdsprachlichen Unterricht Hausaufgaben — und zwar
„schriftliche Wiedergabe des in der Stunde gelesenen Autors"
(S. 6) — für nötig. Was würde sich für ein Geschrei erheben,
wenn wir eine solche Aufgabe unsern Schulern wirklich dauernd
zumuten wollten! — Einzelne dieser Vorschläge seien übrigens
der Aufmerksamkeit des y,Allgemeinen Deutschen Sprachvereins
empfohlen, z. B. der mit dem schönen Wort „Bezeugnissung
(S. 9 Z. 1), das offenbar vornehmer ist als „Bewertung** oder
„Wertung**; in ihm finden sich auch in sechs Zeilen gehäuft
„Komposition, korrekt, Dialekt, Exploration**, wie denn entbehrliche
Fremdwörter in Fülle auch von dem Verf. selbst verwendet werden«
Dazu halte man den Titel einer vom Verf. angeführten Verordnung
im „Hessischen Amtsblatt'* vom 23. Februar 1883 „betreffend die
Feststellung des ... einzuhaltenden Maßes und die Maßregeln
zur Verhütung einer Überschreitung dieses Maßes** (S. 33). An
^.Benehmm'* mit den Eltern und „stcA verlässigen'^ an ^^desfaUmge"
Wahrnehmungen und Vorschriften, nach denen man „stcA zu he-
messen^^ hat (S. 36 f.), haben wir uns ja nachgerade gewöhnt.
Von dem zweiten Abschnitt des Buches: „Die Berechtigung
der Hausaufgaben** nimmt nach kurzer Einleitung den größten
Teil (S. 18—87) ein alphabetisch geordneter Bericht über die
Stellung der obersten Schulbehörden der deutschen Bundesstaaten
zu der Hausaufgabenfrage in Anspruch. Der Verf. hat durch An-
fragen bei allen 26 die allgemein geltenden Grundsätze für die
Hausarbeiten festzustellen versucht und die einschlägigen Be-
Stimmungen und Verfügungen, die oft nicht leicht zu beschaffen
waren, sorgsam geprüft. Am eingehendsten sind naturgemäß neben
denen Hessens, des Landes seiner eigenen Lehrtätigkeit, die Ver-
hältnisse in Preußen geschildert; erklären ja doch zwölf und mehr
Staaten, daß sie sich nach den preußischen Bestimmungen richteten,
und auch die übrigen stimmen wesentlich mit ihnen überein, ab*
gesehen von Mecklenburg-Strelitz, das, stolzer als die Schwester,
die avfKpiXeJp €g)v (S. 42), erklärt: „Es sind weder Verordnungen
über Hausaufgaben erlassen, noch findet Anlehnung an auswärtige
Verordnungen statt** (S. 42). Ref. steht nicht an, diesen Teil der
angez. von H. Koenigsbeck. 763
Arbeit für den verdienstvollsten zu erklären, der auf dem Gebiet
der Hausaufgabenfrage dieselbe Lücke ausfüllt, die für die Gesamt-
heit der das höhere Lehramt betreifenden Fragen das treffliche
Buch von Hans Morsch geschlossen hat. Sachdienlich wäre es
vielleicht gewesen, wenn der Verf. auch Verhältnisse an öster-
reichischen Gymnasien in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen
hätte; haben diese doch den Ruf, der Hygiene des Unterrichts
bedeutende Aufmerksamkeit zn sckenken. Das Verdienst nun,
das sich Verf. mit dieser Zusammenstellung erworben hat, besteht
vor allem darin, daß sie schlagend zeigt, wie alle die Forderungen,
die für die Hausarbeit verständigerweise ^) gestellt werden können,
längst von den Behörden berücksichtigt und dauernd im Auge
behalten worden sind. Was Ref. schon in seinem Aufsatze
auf S. 577—591 dieser Zeitschrift (1907) betont hat, findet
sich auch durch diese Darstellung bestätigt, daß nämlich die
Überbürdung nicht sowohl von dem Maße der in. den ein-
zelnen Fächern an die Arbeitskraft der Schüler gestellten
Anforderungen herrührt , als vielmehr von der Fülle der
Fächer, die gerade das Gymnasium am meisten belastet. In den
Jahren 29*), 37, 54, 56, 59, 65, 75, 89, 92 des 19. Jahrhunderts
und 1901, d. h. zehnmal, ist in Preußen in besonderen Verf. und
l^hrplänen auch auf Berücksichtigung der richtigen Gesichtspunkte
und des Maßes der Anforderungen für die Hausarbeit mit allem
Nachdruck aufmerksam gemacht worden. Gegenüber manchem
frivolen Angriff der „Neuerer'' mag also die Tatsache noch einmal
festgestellt werden: Die Behörde hat mit dankenswerter Ent-
schlossenheit, ja mit berechtigter Schärfe gegen wiederholte Über-
tretung ihrer Verordnungen (vgl. S. 37. 55. 59. 74), eine Über-
bördung mit Hausaufgaben stets zu vermeiden gesucht (vgl. S. 85
Z. 5 V. u. ff.). Daß in einzelnen Fällen, und zwar auch hier mehr
^) Di6 yerstaodigsteD, bei derea Aaoahme wir allen Seiten gerecht
werden konnten, sind von der Konigl. Württemberg. MinisteriaUbt. f. d. böh.
Schuieo in der am 31. Mai 1906 erlassenen Reform f. Gymnas., Realgymo.
und Oberrealschnlen erbeben.
') Dadurch, dafi der Verf. von der Min.-Verf. vom 29. März 1829 nur
zwei Punkte ^fiw Rtaiotüai halber** (S. 5!) heraushebt, wird der Eindruck
erweckt, als habe man damals die erforderliche Rücksicht auf die körperliche
Gesondbeit der Jugend überhaupt nicht genommen. Verf. hätte wenigstens
zo dem S. 51 abgedruckten Vordersatze auch den Nachsatz (vgl. Wiese-
Kubier I S. 253) abdrucken sollen: „hieße es andererseits gegen alle Regeln
einer vernünftigen Erziehung und eines verständigen Unterrichts handeln,
wenn man die Sehüler der unteren und der oberen Klassen des Gymnasiums
nach gleiehem Maßstabe messen und die geistige Ausbildung und Erstarkung
derselben durch überspannte und dem jedesmaligen Standpunkte Ihrer Kraft
nicht gehörig angepaßte Forderungen bewirken wollte'*; s. auch S. 254: ,,E8
ist die Sache der Lehrer, der Klassenordioarien und der Direktoren, unab^
lätsiff darüber zu wachen, daß in der fragl. Beziehung von den Schülern
nicht mehr gefordert werde, als mit der pflichtmäßigen Sorge für die Er-
haltung ihrer geistigen und körperlichen Gesundheit verträglich ist".
764 I^* Roller, Haasaafgpaben nod hb'here Schnlen,
aus Obereifer als aus böser Absicht, eine solche trotzdem vor-
gekommen ist und noch Torkommt, gibt Ref. gern zu, aber viel
wird dabei könstlich aufgebauscht. Wenn Verf. S. 87 ff. fordert,
„die Hausaufgaben auf das Minimum zu beschränken, das not-
wendig ist, um die fQr den Unterricht notwendige Ergänzung zu
schaffen'', wenn er mit H. Schiller intensiv methodischen Unter-
richt zur Erreichung dieses Zieles fordert, wenn er zur Ver-
ringerung der H. dem Klassenlehrersystem das Wort redet, so
wird damit durchweg nichts Neues gefordert, wie denn Verf. meist
darauf sich beschränkt, die Forderungen hervorragender Pädagogen
und Hygieniker geschickt zusammengefaßt anzuführen; vor einer
noch höheren Steigerung der Intensität der Methode möchte Ref.
im Interesse der Schuljugend nachdröcklich warnen.
Des Verf. Untersuchungen über mündliche und schriftliche H.
(S. 89 — 98) ergeben, daß man, wie bisher, beide Arten nicht wird
entbehren können, freilich unter Vorwiegen der mündlichen Arbeit,
besonders in den unteren und mittleren Klassen; ebenso bleibt
Verf. davon überzeugt, daß die Selbständigkeit der Schüler durch
passende H. gef&rdert werde (S. 98 — 102). Zu dem Kapitel : Die
experimentelle Forschungsmethode und die H. (S. 103 — 115)
möchte Ref. bemerken, daß auch er die exp. Forschung auf diesem
Gebiete, wie sie etwa Lay und Meumann üben, für wertvoll hält,
sofern sie nicht von vorgefaßten Meinungen ausgeht, die ihre
Vertreter um jeden Preis zu erweitern bestrebt sind, oder sich
so anspruchsvoll gibt, wie in den Ergebnissen, die S. 108/9 an-
geführt werden. Die Resultate v. Kemsies (S. 106), der für den
Untertertianer einer Oberrealschule in Berlin als tägliche Arbeits-
zeit 1 St. 18 Hin erhält, oder die des Verf.s, der für den Schüler
der gleichen Klasse in Dar m Stadt 1 St. 15 Min. feststellt, stehen
in ungeheurem Gegensatze zu den mehrfach erwähnten Resultaten
Griesbachs. Jedenfalls beschränkt sich auch nach dieser exp.
Forschung die Oberbürdung nur auf die oberen Klassen, und hier
wird vielleicht die jetzt angestrebte freiere Gestaltung des Prima*
Unterrichts — aber in der P. Cauerschen ^) Richtung — vielfach
als ausgleichendes Mittel wirken. — Ablehnen muß Ref. die weit-
übertriebenen Behauptungen neuerer Hygieniker über die vor-
wiegend schädliche Einwirkung der H. auf die Charakterbildung
(S. 109 — 115); der Verf. weist ganz richtig nach, daß Erziehung
zur Oberflächlichkeit oder Ertötung der Arbeitsfreudigkeit durch die
H. bei richtiger Methode und Kontrolle durch den Lehrer wenig zu
befürchten sei, daß Mangel an Pflichtbewußtsein, Unehrlichkeit und
Lüge auch mit dem Schwinden der H. nicht ganz aufhören würden.
Der Schlußabscbnitt (S. 116—135) bespricht die Hygiene der
H. Verf. verlangt, daß die Lage des Nachmittagsunterrichts bzw
^) Paul Caaer, Zar freieren Gestaltung des Coterrichts. Bedeoken nod
AoregaDgen. Leipzig 1906, Dieterich. 48 S. 8. 1 JL^
anc^ez. voo H. Koeoigsbeck. 765
dessen völliger Fortfall durch Beschränkung der wöchentlichen
Stundenzahl auf 30, die Freiluftbewegung ermögliche, daß das
Elternhaus die Kräfte der Kinder für sich nicht übermäßig in
Anspruch nehme — ein sehr wunder Punkt, nicht nur bei „Gast-
wirten"', sondern wie Ref. aus eigener Erfahrung yersichern kann,
bei dem Bürger kleiner Städte überhaupt, „der ländlich Gewerb
mit Bürgergewerb paart** — ; er fordert, daß die Arbeit möglichst
bei Tagesbelettchtung und im Zusammenhang erledigt, daß nie,
weder morgens noch mittags, vor dem Schulbeginn gearbeitet
werde, daß das Kind eine angemessene Arbeitsstätte habe, daß
das Nehmen und Geben von Privatunterricht möglichst beschränkt
werde, daß auch der Stundenplan einer Oberbürdung mit H. vor-
beuge. Weniger vermag Ref. in das Lob der sog. Arbeitsstunden
(S. 130) einzustimmen^), bei denen unter Aufsicht und Anleitung
eines Lehrers die H. in der Schule selbst erledigt werden. Ab-
gesehen davon, daß von dem erziehlichen Einfluß der Hausarbeit
viel dabei verloren geht, ist unter Umständen (man denke an
weite Wege u. dgl.) eine Überbürdung zu befürchten; auch könnte
sicli das Gerechtigkeitsgefühl der Schüler insorern verletzt sehen,
als manche die für diese Einrichtung notwendigen Kosten nicht
aufbringen und törichterweise annehmen könnten, diese ganz und
gar im Brutofen des Gymnasiums auskommenden Küchlein ge-
nössen irgend welchen Vorzug. Das Schlußwort (S. 133) verweist
noch auf eine andere Ursache, die zu häufigen Anklagen wegen
Oberbürdung durch H. führt, nämlich auf die nicht geringe Zahl
geistig schwacher Kinder, denen von ihren eigenen Eltern das
Unrecht der Oberbürdung dadurch zugefügt wird, daß sie von
ihnen Gymnasialstudien verlangen, und empfiehlt Rücksicht auf
die Rekonvaleszenten.
So stellt sich das anspruchslose Büchlein, wenn es auch nicht
gerade Neues bringt, als ein zuverlässiger und meist maßvoller
Ratgeber dar, der besonders der historischen Seite der Hausauf-
gabenfrage gerecht wird; seine Brauchbarkeit wird noch erhöht
durch ein ziemlich ausführliches Namen- und Sachverzeichnis.
Sehr zu tadebi aber ist die große Nachlässigkeit des Druckes und
der Korrektur. Auch im Ausdruck erregt mancher Provinzialismus
und manche Flüchtigkeit Anstoß; abgesehen von der falschen
Stellung des ,,auch'' S. 17 Z. 4 v. o. und des „nicA^'' S. 91 Z. 10
v. o. erscheinen mir recht gewagt S. 17 Z. 1 v. o. und 113 Z. 1
V. o. ^Jemanden abschreiben'^ S. 79 Z. 3 v. u. ..sowohl . . und'' statt
., . . ab auch", S. 112 Z. 9 v. u. „daß das Kind . . geholfen he-
komtni", S. 114 Z. 11/12 „wo es sich um das Nachgehen besonderer
Neigungen handelt'S S. 121 Z. t v. o. „so geht viel Zunschenzeit ver-
trödeU'% S. 131 Z. 15 v. u. „die da» Fach unterrichtenden Lehrer''.
0 Vgl. aach Zeitscbr. f. Schalgesnndbeitspflege 1906, Nr. 4, S. 262.
Saarbrücken. Hans Koenigsbeck.
766 F. Paulsen, Das deutsche Bildua^swesen, agz. v. R. Jonas.
F. Paolsea, Das deutsche BildoDgswesea iu seiner geschicht-
lichen Entwicklung. (Ans Natar und Geisteswelt, Sammlung
wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen, 100. fiaodchen.)
Leipzig 1906, B. G. Teubner. 192 S. 8. geb. 1,25 ^.
Die von der Verlagsbuchbandluog seit einer Reihe von Jahren
herausgegebene Sammlung „Aus Natur und Geisteswett'* bat sich
eines immer steigenden Beifalls zu erfreuen gehabt. Die Gediegen-
heit der Bändchen hat ihnen Eingang in immer weitere Kreise
verschafft, um so mehr, da ihr Preis bei einer sehr guten Aus-
stattung sehr niedrig ist. Jetzt b'egt uns das 100. Bändchen vor,
die Sammlung feiert somit eine Art Jubiläum. Und das Bändchen
bebandelt einen Gegenstand, der für alle Gebildeten von dem
größten Interesse sein muß: das deutsche Bildungswesen in seiner
geschichtlichen Entwicklung, und, was noch hinzukommt, aus der
Feder eines Mannes, der zu den vorzüglichsten Kennern der Sache
gehört. Auf einem verhältnismäßig so geringen Räume konnte
nur ein Meister wie Paulsen eine Darstellung dieser wichtigen
Seite deutscher Kultur geben. Es ist nicht zu leugnen, daß heut-
zutage viele Kreise ein großes Interesse für das gesamte Bildungs-
wesen unseres Volkes haben, namentlich auch deshalb, weil damit
allerlei Fragen des praktischen Lebens in Verbindung stehen.
Aber es ist auch von Wichtigkeit zu erfahren, wie der gegen-
wärtige Zustand allmählich geworden, d. h. wie sich das deutsche
Bildungswesen geschichtlich gestaltet hat. Das kann der Leser
aus dem trefflichen Buche leicht entnehmen. Der Inhalt desselben
gliedert sich in vier Bücher: 1. Das Bildungswesen des Hittel-
alters, 2. Das Zeitalter der Renaissance und der Reformation 1 500
— 1650, 3. Das Zeitalter der höfisch-modernen Bildung unter
vorherrschendem französischen Einfluß 1650 — 1800, 4. Das
19. Jahrhundert. — Der Stoff ist so sehr übersichtlich geordnet.
Jedes der genannten Bücher enthält drei Kapitel. Das Büdungs-
wesen eines jeden Zeitalters ist naturgemäß das Ergebnis der
ganzen in ihm sich zeigenden Kultur. Mit ihr hängt es aufs
engste zusammen, nur im Zusammenhang damit kann es recht
verstanden werden. Den Zusammenhang des Bildungswesens mit
den jeweiligen Kulturzuständen weiß nun der aus dem vollen
schöpfende Verfasser in geschickter Weise darzustellen. So lernt
der Leser diese Seite der Geisteskultur im Rahmen der gesamten
Kultur kennen. Er hat in dem Bande eine auf breitester Grund-
lage ruhende Geschichte der deutschen Pädagogik, und zwar auf ihren
verschiedensten Gebieten sowohl der Universitäten als auch der
höheren und niederen Schulen, immer in Verbindung mit den An-
schauungen und Tendenzen, die in den verschiedenen Zeitaltern
zur Geltung kommen. Es entgeht dem aufmerksamen Leser keine
Seite des geistigen Lebens unseres Volkes, hat er in gewissem
Sinne doch die ganze Kulturentwicklung desselben vor sich. Dabei
ist die Darstellung einfach und leicht faßlich, geeignet für jedes
L. Bräotic^am, Meiouogea, ao^^ez. von L. Zürn. 767
gebildeten Leser. Für ihn in weitesten Kreisen ist denn auch
das Buchlein bestimmt, ihm sei es in erster Linie empfohlen.
Sehr gute Dienste wird es aber auch dem Studierenden leisten
können, der sich dem höheren Lehrfach widmet, er wird durch
dasselbe über das Gebiet, auf dem er einst tätig sein will, einen
guten Oberblick gewinnen.
Köslin. K.Jonas.
L. Bräatigam, MeioungeD. Leipzi^f 1907, Teotooia-Verlag. XXX n.
205 S. 8. geh, 3 JC^ geb. 4 JC.
In den letzten Jahren seines Lebens hatte sich Bräutigam
mehr als sonst mit Fragen der Erziehung und des Unterrichts
beschäftigt und seine Anschauungen hierüber in bald längeren,
bald kürzeren Aufsätzen oder in Bücherbesprechungen oder Ge-
schichten und Komödien, yon denen erst ein Teil in verschiedenen
Zeitschriften erschienen ist, kundgegeben. Die wichtigsten dieser
ÄuBerungen hat nun einer seiner ehemaligen Schüler in einem
stattlichen Sammelbande unter dem Gesamttitel „Meinungen*' ver-
einigt Ohne Zweifel wollte er mit dieser 'Bezeichnung auf den
stark subjektiven Charakter, den manche von ihnen tragen, hin*
weisen. Aber gerade das Subjektive, auch vielfach den Wider-
spruch Herausfordernde, Selbständige und allem Zünftlertum und
Zopfigen Abholde verleiht diesen zudem flott geschriebenen und,
wenn nötig, auch die Satire nicht verschmähenden MeinungsäuBe-
rungen einen eigenen Reiz. Bräutigam bekämpft das Obermaß
des Kontrollierens und Reglementierens besonders im höheren
Schulwesen, fordert für den Lehrer die Möglichkeit der Entfaltung
seiner Individualität, will nicht, daB der Lehrer in dem Großbetriebe
der modernen Schule nur das willenlose Rad einer Maschine sei,
sondern will als Lehrer freie, selbständige, öberzeugungstreue
Männer, ist ein abgesagter Feind der bloßen Dressur, der blinden
Unterwürfigkeit und des mechanischen Eindrillens und fordert
Raum für frisches, freies geistiges Leben. Er wendet sich ins-
besondere gegen den hohlen Formalismus beim Sprachunterricht
und verlangt, daß der ethische und ästhetische Lebensinhalt der
Antike den Schülern zugeführt werde, rügt die Barbarei der Nach-
sitzstrafe und der Nacbsitzscheine, die den Schüler zu seinem
eigenen Henker machen, rügt die entsetzliche Verblendung mancher
Väter, die darin besteht, daß diese den heranwachsenden Sohn
wider dessen Natur und Begabung zu einer Geistesrichtung und
einem Studium zwingen, die ihm im Innersten widerstrebt, rügt
die Förderung nationalen Dünkels durch den Inhalt mancher deut-
schen Lesebucher und die Nährung des Völkerhasses durch Kriegs-
poesie und -musik, fordert vielmehr Veredlung des Geschmacks
und Läuterung der Leidenschaften der breiteren Volksmassen,
tadelt die Anhäufung toten Wissensballastes im (leschichtsunter-
768 L. Bräatigam, Ueiunngtn, aagez. von L. Zürn.
rieht, tritt energisch ein für die Pflege der Kunst in der Schale
und erörtert bei dieser Gelegenheit die Art, wie er selbst mit
Hilfe der Kunstwerke Bremens seine Schüler in das Verständnis
von Kunstwerken einführte, gerade wie er in einem andern Auf-
satze Proben von Schulfeierlichkeiten gibt, die unter seiner Leitung
in der Realschule beim Doventor in Bremen veranstaltet wurden,
stimmt mit Tolstoi überein in der Forderung produktiver körper-
licher Arbeit der Lehrer zur Erholung von der einseitigen geistigen
Tätigkeit und weist auf das Lehrerland in der Heide, auf das
Luromland, hin, das sich die Bremer Lehrer erwarben, um sich
auf dieser reizvollen Siedelung durch naturwissenschaftliche Studien
zu erholen. In einem der größeren Aufsätze feiert er Michael
Georg Conrad, der durch seine anfängliche Berufstätigkeit und
literarisch zu dem Lehrerstande manche Beziehungen gehabt,
dann besonders durch Herausgabe der Zeitschrift „Die GeselUchafl'*
Bannerträger der Modernen, aber noch bedeutender als schaffender
Künstler geworden ist, besonders als Dichter des fränkischen Dorf-
romans „Der Herrgott am Grenzstein'', zu dem treuinnige Liebe
zum Lehrerstande dem Sechzigjährigen die Feder führte und den
nun Bräutigam ausführlich bespricht. Andere Aufsätze, so:
Fr. Nietzsche und die Kulturprobleme unserer Zeit, R. Wagners
Stellung in [der deutschen Literatur, Zeugnisse R. Wagners über
Schiller, Staat und Königtum nach den Lehren Gregors VU. und
seiner Anhänger stehen mit dem Unterrichts* und Erziehungs-
problem in etwas weiterem Zusammenhange. Den Preis aber
möchte ich den sechs letzten Skizzen und Erzählungen zuerkennen,
die sich wieder mit der Frage der Erziehung eng berühren. Sie
zeigen, welch tiefen Blick der Verfasser in das Henschengetriebe,
in Menschenglück, noch mehr aber in Menschenleid getan. Be-
sonders gern erzählt er von „den Leberecht-Hühnchen- Naturen,
jenen bescheidenen Gemütern, die selbst aus den Giftpflanzen noch
Honig saugen, jenen anspruchslosen Seelen, die sich in der
rauhesten Wirklichkeit eine schuldlos neue Welt aufzubauen ver-
mögen, von jenen schlichten Leuten, die mit allem zufrieden sind
und die schlieBlich sich durchhungern, bis sie hochkommen*% wie
„Die drei Schmeckebiers von Rathenow'', und wenn man wissen
will, wie er in den Seelen seiner Schüler zu lesen verstand und
wie er sie von der rechten Seite zu fassen wußte, so lese man
nur seine Erzählung vom „Kätzchen-Meyer*'.
Eingeleitet wird die Sammlung durch eine gut geschriebene
Biographie Bräutigams, die neben dem Biographischen besonders
der musikalischen, schriftstellerischen, erzieherischen und volks-
aufklärenden Tätigkeit des so vielseitig begabten und kraftvollen
Mannes gerecht wird, der auch nach seinem Tode durch die Fülle
lebensfrischer Anregungen, die von dem Lebenden ausgegangen
sind, und durch seine Schriften gewiß noch lange fortwirken wird.
In den Gesichtszügen des beigegebenen Porträts spiegelt sich
Unsere Vorzeit Ul, Germ. Volkssacrei, agz. v, G. Siefert 769
seine Verstaodesklarheit, leidenschaftliche Unabhängigkeitoliebe und
teaiperameDt volle Kampfesfreude wieder.
Offenburg. L. Zilrn«
Unsere Vorseit. m. Germanische Volkssagpen, erzählt fBr Jagend
und Volk von J. Nover ond J. Wagner n. a. Zweite, vermehrte and
verbesserte Anflage, Mit 43 Abbildungen und Zeichnungen von Erdmao«
Wagner d. a. Leipzig 1907, Otto Spamer. 524 S. geb. 8,50^.
Der alte braye, zu oft unterschätzte Wagner, der neben
Gustav Schwab uns in der Jugend für die deutsche Vergangenheit,
für altgermanisches Götter- and Heldentum begeisterte, hat trotz
der scharfen Konkurrenz der letzten Jahrzehnte seine Anziehungs*
krafl nicht verloren. In modernem, schmuckem Gewände, wie es
heute anscheinend für Jugendschriften unerläßlich ist, kehrt der
dritte Band wieder, stolzer, vornehmer als früher, namentlich was
Druck und Bilderschmuck betrifft, aber mit allen Vorzügen des
bewährten Jugendfreundes. Die lebensvollen, frischen Farben der
Erzählung, die doch treu den Quellen folgt, sind im Laufe so
vieler Jahre nicht verblaßt; daß die neuere Wissenschaft zu Rate
gezogen ist, spürt der Kundige wohl; Wertloses ist abgestoßen,
Wertvolles hinzugekommen. In der Hauptsache erzählt der vor-*
liegende Band die spätmittelhochdeutscben und frühneuhochdeut-
schen Epen, Legenden und Volksbücher nach, deren Inhalt man
so bequem wie hier selten zusammenfindet. Unbillig wäre es,
einem Buche, das sich an die Jugend wendet und in ihr dea
Sinn für die Herrlichkeit des deutschen Mittelalters wecken will,
wissenschaftliche Verstöße nachzurechnen oder über die gezogenen
Grenzlinien zu kritteln; aber das muß doch gesagt werden, daß
der Titel 'Germanische Volkssagen' irreführt. Für die Schild-
bürger- und Eulenspiegelschwänke, für Faust und Rübezahl wollen
wir ihn nicht beanstanden ; aber Erzählungen wie die von Wilhelm
von Orange, von Genoveva, Griseldis, Hirlanda, Legenden, wie der
gute Gerhard und die dankbaren Toten, können doch unmöglich
als germanische Voikssagen passieren, wenn auch deutsche Dichter
und deutsche Volksbücher sie nacherzählt haben und durch sie
vor allem, nicht durch die echte deutsche Volksepik, in dem
jungen Goethe die Begeisterung für deutsche Art und Kunst ge-
nährt worden ist. Das ist so irrig, wie im zweiten Bande die
Eingliederung von Wolframs Parzival in die deutsche Heldensage.
Auch auf ein zweites könnte Wagner verzichten, auf die an-
geblich wissenschaftlichen Exkurse historischer und literarischer
Art. Das gelehrte Beiwerk entstellt besonders den ersten Band,
die Mythologie; aber auch im dritten ist mancherlei an ihm aus-
zusetzen. Der jugendliche Leser braucht diesen Kleinkram nicht;
der erwachsene Laie wird dadurch eher verwirrt als gefördert.
So bringt der Abschnitt über die Heliassage mit seinen wunder-
lichen Kombinationen über Hellas, Lohengrin, Sceaf, Beowulf eine
Ztitsehr. f. d. 07iiuiMiüwM«n. LXI. 11. 49
770 ^- Braao, Habt Glanbeo an Gott, asgez. von G. Jaeobi.
haltlose Behauptung nach der andern; sogar Hofforys friesisdier
Schwanengott Tivaz steht da wieder von den Toten auf und er-
zeugt noch eine lange Descendenz bis auf Gottfried von Bouillon.
Oder was soll man von dem Preise des späten, wüsten Volks-
buches vom gehörnten Siegfried sagen, es vermeide 'den großen
Fehler des Nibelungenliedes' und zeige die Entwicklung 'der
einzelnen Gesänge zum großen Liede' älter und unverfälschter als
selbst die Niflungenlieder der Edda ? Bei der Faustsage fehlen kein
Volksbuch, kein Puppenspiel, wohl aber, außer Marlow und Goethe,
alle Dramatiker, selbst Lessing und Grabbe; nur das völlig ephemere
Drama eines Darmstädter Dichters Ad. MflIIer wird als die glück-
lichste Ergänzung Goethes mit vielen Worten verherrlicht und
Fr. Tb. Vischers Parodie ebenso ausführlich bekämpft. Wenn bei
den Schildbürgern nun einmal Wieland, die Lalenburger und
sogar Aleph Beth Gimel erwähnt werden mußten, dann konnte
auch Kopischs prächtiges Gedicht Die Histörchen, eine Zusammen-
stellung aller möglichen Schildbürgerstreiche, genannt wenien.
Auf solchen Flitter und Ballast sollten die Neubearbeiier
Wagners verzichten; auch die an sich ganz netten Bilder gäbe
ich gerne preis. Das Buch könnte dann billiger werden, und je
schlichter und unmittelbarer unserer Jugend die deutsche Ver-
gangenheit nahe gebracht wird, um so besser.
Pforta. Georg Siefert.
0. Braan, Habt Glanbeo an Gott. GedaDken über Religion ond Kunst.
Zweite Anflage. KSnigaberg i. Pr. 1907, Gräfe nnd Unzer. 8 S. 0,30 Ji.
Das Ineinandergreifen von Religion und Philosophie bei seinen
Schülern in die rechte Bahn zu lenken : das ist eine der delikatesten
Aufgaben, die sich dem Religionslehrer und dem Lehrer des Deut-
schen auf dem Gymnasium stellen. Ich habe in dieser Hinsicht
früher auf die gesunde, lebensprudelnde und zartfühlende Philo-
sophie Herders hinweisen dürfen (Jahrg. LXI dieser Zeitschrift
S. 30—33). Heute möchte ich auf eine kleine Broschüre auf-
merksam machen, die in einfacher und schöner Sprach^ auf das
sittliche und religiöse Motiv in der modernen Philosophie hinweist:
es ist die Schrift des 0. Braun. Sie wird dem Lehrer der Religion
wie dem Lehrer des Deutschen um so willkommener sein, als sie
von derjenigen Philosophie ausgeht, die in der Gegenwart sich
durch die Kunst vermittelt, und die, weil sie Volksgut ist, dem
Gymnasiasten am verständlichsten und am wertvollsten ist.
Glasgow. Günther Jacoby.
J. Schmitz, Lehrbuch der katholischen Religion. Zum Gebrauche
in SeroiDarvorschalen ond in den mittleren Klasaen hfiherer Lekr-
anstalten. Paderborn 1906, P. Sehöningb. 839 S. gr. 8. 2,80 Ji^
Das Neue dieses aus Vorbereitungen auf den Religionsunter-
richt hervorgegangenen Lehrbuches besteht darin, daß die Kate-
ILStreekor^ Ekkehards Waltkariut, aagas. vo« F. KniiUo. 771
chiamusantworten mit den erklärenden und vertiefenden Erweite«
ruogen zu einem organischen Ganzen und die einielnen Kapitel
behufs größerer Obersichtlichkeit in Abschnitte mit Oberschriften
zerlegt werden. GewiB ist es in einer Hinsicht von Vorteil, wenn
die l^kläningen kurz gefaßt sind, doch dOrfte dem Verfahren nicht
zugestimmt werden, die konkreten Beispiele ans der biblischen
Geschichte und der Liturgie zur Veranschaulichung der Katechisrous-
lehren auf das Notwendigste zu beschrSnken und die weiteren
Ausführungen dem Katecheten zu überlassen, da es sich bei dem
Katechismusunterricht an erster Stelle um Sachanschauung und
Sachliebe bandeln muß und erst demnächst die Texterklärnng in
Betracht kommt. Da das Lehrbuch zum Gebrauch in Seminar«
Vorschulen und in den mittleren Klassen höherer Lehranstalten
bestimmt ist, kann durchaus gebilligt werden, daß der Beweis«
fährong ein größerer Raum gewidmet ist. Aufgefallen ist aber,
daß ein eingehender Beweis für das Dasein Gottes fehlt. Er-
freulich ist eine ausführlichere Behandlung des Lehrstückes, welches
von der hl. Schrift bandelt, obschon auch hier zu wünschen wäre,
daß die Frage der Echtheit, besonders der Evangelien, erörtert
würde. Was die Uethode anbetrifft, so ist nach der Biemerkung
des Verfassers in der Vorrede das analytische und synthetische
Verfohren zur Anwendung gekommen. Dem ist nur zuzustimmen.
Wünschenswert wäre es aber, wenn die Texlanalyse mehr zurück-
träte und die von der Anschauung ausgehende Methode in höherem
Maße betont würde, was besonders von jenen Lehrstücken gilt,
die einen historischen Charakter an sich tragen, so den meisten
Glaubenaartikeln. Von einer Anwendung der Stufeneinteilang, wie
sie die ,3(ünchener Richtung'^ ausgebildet hat, wird von dem Ver*
fasser gänzlich abgesehen.
Weißwasser O.-L. Hubert Gerigk.
Karl Streeker, Bkkakarda Waltharias. Berlio 1907, Waid-
maooscbe Baebhaadloog. XVII a. 109 S. 8. 2,40 JL.
Verf. hat, wie er im Vorwort angibt, mit dem vorliegendem
Buche Peipers Walthariusausgabe erneuern wollen, aber im Laufe
der Arbeit mit der Vorlage so durcbgreifeode Änderungen vor-
genommen, daß er Peipers Namen vom Titel entfernen und das
Werk als eigenes geben konnte. So haben wir denn eine neue
Ausgabe des Waltharius vor uns, die unter Berücksichtigung der
neuesten Literatur auf Grund eigener selbständiger Forschungen
und erneuter Kollation einzelner Handschriften zustande gekommen
ist. Auf die Einleitung, die zunächst die bekannte Stelle aus den
Casus S. Galli über die Person des Dichters und was sich daran
anschließt bringt, dann aber in knapper übersichtlicher Weise die
Handschriften aufzählt und ihr Verhältnis bespricht, folgt der Text
des Gedichtes nebst kritischem Apparat und Parallelstellen,
49*
772 K.Strecker, Bkkehards WalthariiiSy aog^ez. voq F. Kvotze.
während ein Anhang die beiden Fragmente des ags. Waldere mit
Übersetzung und die Grazer und die Wiener Bruchstücke des
verlorenen mhd. Gedichtes bringt. Der Text beruht auf den
Lesarten der Geraldusklasse, — ein kritisches Verfahren, wogegen
sich als dem Ergebnis der neuesten, mühsamen Forschungen nichts
einwenden läfit, wenngleich man in einzelnen Punkten Vorbehalte
machen könnte. Der kritische Apparat unter dem Text ermög-
licht die bequeme Vergleichung dei* Lesarten. Besonders dankens-
wert aber ist die Zusammenstellung der Parallelstellen, gestattet
sie uns doch einen genauen Einblick in die Arbeitsweise des
jungen KlosterschüIerSf der den Vergil, den Prudentius, die Vul-
gata gewissermassen als Gradus ad Parnassum benutzt hat. Dazu
kommen noch einige — allerdings vereinzelte — Stellen aus Ovid,
Lucan, Valerius Flaccus, Boethius und Notker. Horaz fehlt Ob
mit Recht? Strecker hat früher schon einmal auf die Möglichkeit
hingewiesen, daß V. 794 venenatas als Beiwort von sagittas
Reminiszenz an Horat. I 22 sei. Er scheint aber jetzt seine An-
sicht geändert zu haben, da er im Glossar s, v. bemerkt: „doch
wohl vergiftete Pfeile*^ Ich glaube freilich nicht, daß Ekkehard
den Werinhard als mit vergifteten Pfeilen kämpfend darstellen
wollte (s. meine Rezension von Althofs Waltharii poesis in Jahr-
gang LX dieser Zeitschrift S. 129), aber die Stelle kann auch
noch anders erklärt werden und die Anlehnung an Horaz ist nicht
evident Deutlicher scheinen aber zwei andere Stellen auf Horaz
zu weisen, V. 126 : ne vestri imperii labatur columna und 376:
en hodie imperii vestri cecidisse columna nosdtur. Hier fallen
einem die bekannten Verse aus der Ode an die Fortuna von
Antium (135) iniurioso ne pede proruas stantem columnam
neu populus frequens ad arma cessantis ad arma condtet i m pe-
rl um que frangat ein. Natörlich ist auch hier die Entlehnung
problematisch, das Bild von der Säule könnte ja auch in Ekkehards
Kopf entstanden sein, aber die Beziehung ist doch möglich, und
wenn der Ausdruck nicht direkt aus Horaz stammt, so konnte
er doch schon zu Ekkehards Zeit geflügeltes Wort geworden sein.
Immerhin durften die Horazischen Verse unter den Parallelstellen
angeführt werden. Wie mir scheint, mit mehr Recht als einige
andere. Wenigstens sehe ich nicht recht ein, warum V« 1351 zu
der Anrede o Paliure das doch nur lautlich anklingende o Palinure
aus Aen. 6, 373 herangezogen ist oder weshalb zu 1284 der
Vers et quos maliferae despectant moenia Abellae erwähnt wird.
Denn entweder ist maligerae (V), was Strecker in den Tezt auf-
genommen hat, die richtige Lesart, dann gehört der Vergilische
Vers sicher nicht hierher, oder es ist mit aV maligenae zu lesen,
was ich für die echte Lesart halten möchte, dann ist das Bei-
wort Übersetzung des ahd. affolterln und hat wieder nichts mit
Vergil zu tun. Dem Glossar traut Verfasser selbst nicht recht,
er meint, es werde den einen zu elementar sein, den andern
6. Boetticheri Obnagon t, dentich. Gram«, ag2. v« P. Watzel. 773
nicht weit genug gehen. Ich glaube, dafi beide BefQrchtungen
unbegründet sind und daß Verf. mit gutem Takt die richtige
Hitte zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig getroffen bat Das
Glossar, so knapp es auch sein mag, läßt den Leser selten im
Stich, ja es ersetzt in rielen Fällen den fehlenden Kommentar,
indem es kurze Erläuterungen einzelner, namentlich auch kontro-
verser Stellen bringt. Somit dürfen wir das Buch als ein
neues, tüchtiges HilÜBmittel für die Walthariusstudien» mögen
diese auf der Schule oder der Universität oder privatim betrieben
werden, begrüßen und darin wohl einen Vorlaufer der schon von
Winterfeldt in Angriff genommenen Ausgabe für die Monumente
erblicken*
Blankenbain bei Weimar. F. Kuntze.
GottkoJd Boettieher, ÜboDgen zur deatfohen Grammatik
mit einem Abriß der deutschen Spraehlehr e nach den
Lehraulgiben geordnet für Sexta bis Tertia hSherer Schalen, ina-
besondere der Realsehalen und verwandten Anstalten. Zweite, völlig
umgearbeitete Auflage. Wien ond Leipiig 1907, F. Tempsky und
6. Frey tag. 176 S. gr. 8. geb. 2 JC.
Die nach ihrem ersten Erscheinen (1896) von mir in der
vorliegenden Zeitschrift gewürdigte Schulgrammatik zeigt in der
neuen Auflage eine veränderte Gestalt Zwar sind die beiden
Hauptteile (Übungen und AbriB) geblieben, innerhalb beider Teile
aber ist der gesamte Stoff, nach den amtlichen Lehrplänen ver-
mehrt und vervollständigt, an die einzelnen Klassen im Hinblick
auf die ihnen zukommenden Pensen verteilt worden. Der Ver-
fasser hat darauf Rücksicht genommen, daß diese Anordnung
beute allgemein üblich und jedenfalls beliebt ist. Doch ist er
auch sich selber dabei insofern treu geblieben, als er schon in
der älteren Auflage dem Gedanken, für die Stoffbehandlung ein-
zelne Stufen anzudeuten, mehrfach wenigstens durch Verschieden-
heit des Druckes Rechnung getragen hatte. Ich hob damals
lobend hervor, daB dem das Buch benutzenden Amtsgenossen da-
durch im einzelnen keine Fesseln angelegt seien; auch bei seiner
jetzigen Einrichtung wird er sich mit einer gewissen Freiheit be-
wegen können, soweit sie angesichts der amtlichen Vorschriften
möglich ist Und diese binden ja nicht unbedingt, wenn nach
ihnen z. B. für Quinta „das Notwendigste vom zusammengesetzten
Satze^' und für Quarta „der zusammengesetzte Satz'' zur Be-
handlung steht. Boettieher hat sich dahin entschieden, das
Satzgefüge, dessen Eigenart im Quintapensum nur angedeutet
wird, der Quarta zu überlassen, damit auf der voranliegenden
Stufe gehörige Einübung der Satzverbindung stattfinden kann.
Überall wird natürlich das früher Dagewesene wiederholungsweise
herangezogen und mit ausdrücklichen Vermerken dieser Art nicht
gespart. Zum Teil freilich ergibt sich ein solches Verfahren an
774 0. Boettichar, ObniftB i. deattch. 6r«tt., ags. t. P. W«tzel
der Hand der Lehrpline gans von selbst Wenn diese fAr Quinta
y^EioQbung der Rechtschreibung und der Zeichensetzung"'
vorschreiben, so hätte das den Verfasser folgerecht die Ortho-
graphie in sein Buch miteinbeziehen lassen können. Aber einer-
seits stehen die LehrpiSne selber auf dem Standpunkte, daß Ober-
all der innere Zusammenhang der Zeichensetzung mit dem Auf-
bau des Satzes zu betonen ist, anderseits hebt Boetticher mit
Recht hervor^ daä das Wichtigste von der Rechtschreibung die
Schüler höherer Lehranstalten aus den Vorbereitungsklassen in
die Sexta milbringen, so daB sie weitere Festigkeit darin in
systematisch zusammengestellten Diktaten gewinnen.
Das Buch zeigt sich nach wie vor mit großem Geschick in
seinen eioielneil Teilen dem Auffassungsvermögen der ScbOler an-
gepaßt. Nur selten wird etwas zu viel bei ihnen vorausgesetzt
Man kann es doch z. B. dem Obertertianer nicht einfach über-
lassen herauszufinden, daß bei „faulenzen*' (S. 168, $ 3) ein
Verb (?!) in Verbindung mit dem Adjektiv ein „zusammen-
gesetztes** Zeitwort habe entstehen lassen. Vielleicht spricht sich
der Verf. ito. einer späteren Auflage gemiß dem schon vor Jahren
von mir geäußerten Wunsche etwas näher darüber aus. Bis da-
hin gedeidte ich, VNe auch andere Grammatiker, das Wort Us ein
von einem Adjektiv abgeleitetes Verbumf zu hetrachteil.
Auch sonst wünscht man die aufgestellten Regeln hier und da
etwas genauer gefaßt zu sehen. Es ist richtig, daß „ergeben** in
Sinne von dedere nur refletiv vorkommt; aber das steht (8. 143,
§l,2c) nicht de, sondern die gana allgemein gebHiuchte Wen-
dung wird den Schüler glauben machen, über Sätze wie: Das
Feld ergibt eine reiche Ernte, die Untersuchung hat seine IV
schuld ergeben (Sachs ^Villatte, Handausgabe S. 308) solle der
Stab gebrochen werden. Was S. 118 über die Konkreta gesagt
wird, ist annehmbar; statt dessen heißt es im ersten Teile
& 24 sehr viel ungenauer, ja sprachlieh anstößig: Dingnamen
oder konkrete Substantiva sind solche, die man mit den Sinnen
wahrnehmen kann. Die Absicht ist offenbar nicht, daß wir der
Wahrnehmberkeit des für die Vorstellung eines Gegenstandes ge-
brauchten Zeichens versichert werden sollen. Oberhaupt bat
der Verf. an dieser Stelle keine glückliche Hand gehabt, da er
IPersoiien*, Tier- und Saehnamen der Einzeldinge für Appellativs
ausgibt Im übrigen möchte ich zum Schluß die Frage anregen,
ob Sich nicht nach den Lehrplätlen eine Scheidung der beiden
Tertiapensen empfiehlt, damit vor allem Ablaut, Umlaut und
Brechung (A — Umlaut) noch mehr zu ihrem Rechte kommen.
Das auch diesmal wieder einen sehr günstigen Eindruck hinter-
lassende Buch würde dadurch, scheint mir, noch gewinnen.
Pankow b. Berlin. Paul Wetzel.
M«i«ii^***M««i*^
Prokasel n. Wahner, Avff. a. d. ProtalektUra, agx. v. BShmo. 775
Prokasel und Wahnor, Anf|pab0n ans der dentfehen Proaa-
lektüred«r Prima. Leipzig 1906, W. EngelmaaD. 4. und 5. BMad-
eben: Prohaael, Anff^aben aus Lessiofrs Hambnripiscber
Pramatnri^ie. 4. Bindcben : labalt der Dramaturgie. X(V n. 120 S.
8. kart. 1,20 Jt^ 5. Bindeben: Beispiele zur Dramaturgie. VIII n.
113. 8. kart. 1 ^.
Von dem gewiß richtigen Gedanken ausgehend, daß bei Er*
fullung der Forderung der Lehrpläne, die gelesenen Dramen nach
ihrem Aofban und den Charakteren der handelnden Personen zu
einem volleren Verständnis zu bringen, immer auf die „Ham*
borgische Dramatnrgie'* zurückgegangen werden muß, den „drama*
turgischen Kodex** der Schule, bietet Prohasel in dem ersten der
beiden Bindcben 70 z. T. kürzere, z. T. ausgeführte Stoff«
anordnungen, denen sich 384 Aufgaben zur Auswahl anschließen.
Mit pädagogischem Geschick sind die für die Schule brauchbaren
Abschnitte aus der „Dramaturgie** ausgewählt und rerwertet, die
einschlägige Literatur ist gewissenhaft benutzt. Selbstverständlich
wird man bei einer so großen Anzahl von Themen über Wert
und Verwendbarkeit einzelner der gestellten Aufgaben anderer
Ansicht sein als der Heransgeber. Aber gerade bei der Frage der
Aufgabenauswahl spielen persönliche Anschauungen, augenblickliche
Anfofderungen des Untejrrichts, der jisweilige Standpunkt der Klasse
zu bedeutende Rollen, als daß es möglich wäre, wenigstens in
vielen Fällen, ein allgemein gültiges Urteil über Wert oder Unwert
eines Themas abzugeben. Bei der Vorbereitung der Erklärung
von Leasings Werk, bei dem eigenen Studium, bei der Suche nach
einem geeigneten Aufsatsthema wird Prohaseis Werkchen dank*
bare Benutzer finden. Dasselbe gilt von dem 2. Bändchen, welches
aus den auf unseren höheren Schulen gelesenen Werken eine
Anzahl Beispiele von Entwürfen und Ausführungen als Proben auf
Lessings dramaturgische Regeln zusammenstellt. Auch epische
und geschiditliche Stoffe sind mit Bezug auf ihre dramatische
Verwendbarkeit berücksichtigt. Geboten werden 49 mehr oder
weniger ausgeführte Dispositionen und 199 Aufgaben zur Auswahl.
— Der Druck in beiden Bändchen ist sorgfältig überwacht, die
Ausstattang gut. Sie seien hiermit den Fachgenossen empfohlen.
Schleis (ReuB). Walther Böhme.
W. Rereten, Lateinisches Blementarbuch für ReformschiileB.
Leipsi« 1907, G. FreyUg. 354 S. 8. geb. 3 M.
Auf 254 Seiten hat der Verfasser den gesamten Lern- und
Übungsstoff des lateinischen Anfangsunterrichts zusammengefaßt.
Insbesondere enthält das Buch: 1. ein lateinisches Lesebuch
mit Wörterverzeichnis, sowohl zu den einzelnen Lesestücken, als
auch einem alphabetisch geordneten. 2. Deutsche' Übungs«
stücke mit alphabetischem Würterverzeichnis und 3. eine
Formenlehre. Alles Nötige in einem Bändchen vereinigen»
776 ^- Kersteoi Lateinitchos EleBentarbnchy
bedeutet ohne Zweifel einen äaBerlichen Vorzug vor, sagen wir
z. B. Wulff, der zu demselben Zweck die Anschaffung von vier
Büchern verlangt.
Was dem Werkchen innerlich sein eigenartiges Gepräge ver-
leiht, ist die Darbietung des Lesestoffes in lauter zusammen-
hängenden Stöcken^ bei deren Abfassung Kersten in der Ober-
windung der zahllosen Schwierigkeiten groBes Geschick bewiesen
hat. Eine derartige Form der Darstellung wirkt gewiß gefälliger
als das sogenannte „Satzragout'S das hat der Verbsser erkannt;
es verbindet sich hiermit aber, meine ich, noch ein anderer, mehr
innerer Vorzug: inhaltlich kann mehr geboten werden, und
dazu werden die Gedanken unserer ohnehin schon oft genug zer-
streuten Tertianer eher zusammengehalten. Besonders bemerkens-
wert erscheinen mir von den LesestOcken No. 54 de re publica
Romana, 55 de provinciis und 56 monumentum Ancyranum, in
denen das an und für sich so trockene Kapitel der Zahlwörter
recht interessant gemacht wird« Die Einfuhrung in das klassische
Altertum, die sich Verfasser (s. Vorwort) außer anderem als Ziel
gesteckt hat, wird an der Hand solcher und ähnlicher Lesestoffe
nicht zu leerer Phrase.
Es war zu erwarten, daß ein so eigenartiger Versuch nicht
etwas Vollkommenes auf den ersten Wurf zutage förderte. Das
Bingen mit dem Stoff ist, zumal bei der Abfassung der ersten
Stücke, ein so gewaltiges, daß besonders hier, wie mir scheint,
manches Verbesserungsbedürftige stehen geblieben ist. In 1, 2
vermißt man hinter copiam einen Genitiv wie plantarum als Er-
gänzung, in 1, 7 liest man inter Siciliam et Italiam amicitia erat
statt inter incolas Siciliae et Italiae. So findet sich auch in 15, 4
der Name der Stadt statt desjenigen der Bewohner: potentia
Athenarum. In 2, 3 steht terras für das bessere agros. 3, 4:
Caesar Ariovistum superabat, wo nur superavit am Platze ist In
13, 4 ist ut amicitia separetur unmöglich; wenn ein Verb der
I. Konjug. angewandt werden muß, so empfiehlt sich wohl eher
dissociare. Unlateinisch erscheint mir auch unter anderem 24, 1 :
Caesaris et Taciti opera . • • narrant und nomen Germanorum pristinis
temporibus nomen naüonis fuit. Schließlich ist in 26, 2 statt
adhibere verecundiam parentum zu setzen in oder erga parentes statt
des Gen. obiect. parentum. Doch wie erklären sich diese und andere
Verstöße gegen den lateinischen Sprachgebrauch? Warum findet
man so häufig adventare oder spectare (letzteres ist wiederholt
für videre gebraucht)? Sehr einfach. In den Stücken, in denen
adventare, spectare vorkommen, kann noch nicht die Kenntnis
einer anderen als der I. Konjug. vorausgesetzt werden. Parentum
aber statt erga parentes (26, 2) hat Verfasser an der Stelle ge-
wagt, um *den Gen. Plur. parentum als Ausnahme vorführen zu
können. In 26 sollen nämlich die Abweichungen in der Bildung
des Gen. Plur. veranschaulicht werden.
aügei. von 0. Voi^t 777
Mehr noch als das Lateinische bietet der deutsche Text An-
laß zu Verbesserungen. In St. 1 läBt Kersten Kolonien von
Seelenten nach SiciUen wandern. In der lateinischen Sprache
ist diese Verbindung allerdings möglich, nicht aber in der deutschen.
In Stück 8 heißt es: er besetzte den Rucken des Tieres, statt:
er setzte sich auf den Rucken. In 12: der Krieg wird gerüstet
werden; im 16: ein Mann guter Hoffnung; in 19 wird der Staat
befestigt • . . usw. Verfasser wird im allgemeinen gut daran tun«
den deutschen Text etwas unabhängiger von dem ihm vorschwe-
benden oder im lateinischen Text wirklich vorliegenden lateinischen
Ausdruck zu gestalten und dafür lieber Obersetzungshilfen in
Klammern hinzuzufügen.
In der Art der Verarbeitung des Lernstoffes, insbesondere
der Verteilung der Formenlehre auf die Lesestücke, hat sich Ver-
fasser in mancher Hinsicht an bewährte Vorgänger angeschlossen.
So stellt er z. B. mit Müller-Michaelis das Verb gleich in den
Dienst der ersten Lesestücke« doch zwar so, daß er in den drei
ersten nur die 3. Person zur Anwendung bringt. Zwecks Vor-
führung der 1. und 2. Person folgen von Stuck 4 an häufig Er-
zählungen mit direkter Rede. No. 9 ist sogar ein regelrechtes
Zwiegespräch. Von Wulff hat Verfasser die recht zweckmäßige
Art der „Syntaktischen Zusammenstellungen'* im deutschen Teile
seines Baches übernommen.
Eigene Wege ist Verfasser wieder bei der Behandlung der
3. Deklination gegangen. Hier scheidet er hinsichtlich des Ge-
schlechts der Substantive nicht mehr zwischen regelmäßig und
unregelmäßig, sondern führt alle Substantiva in 3 Gruppen ge-
trennt zugleich vor: 1. Die auf or, os, er und es (im gen. eine
Silbe mehr). 2. Die auf o, as, x, aus, is, es (gen. keine Silbe
mehr), s mit vorhergehendem Kons, und 3. die auf a, e, c, 1, n,
t, ar, ur, us. Die 1. Gruppe umfaßt also die männlichen Sub-
stantiva samt den sogen. Ausnahmen. Es werden gleichzeitig ge-
lernt: honor m. und marmor n., wie in der 2. Gruppe navis f.
neben finis m., fortitudo f. neben ordo m. Darüber hören wir
im Vorwort: „Das Genus kann nach Perthesscher Methode durch
den Zusatz eines Adjektivs gelernt werden*^ Im Wörterverzeichnis
aber vermißt man diesen Zusatz. In der Formenlehre allerdings
sind solche Adjektiva den Ausnahmen hinter den Genusregeln
beigefügt. Von diesen aber heißt es im Vorwort: „Für über-
flussig halte ich die Mühe, die man auf das Erlernen der Genus-
regeln verwendet*'. Das mag richtig sein, dann müßte man aber
auch alle Substantiva, honor so gut wie marmor, mit ent-
sprechendem Attribut lernen lassen, nicht bloß die Ausnahmen.
Hinsichtlich der Vollständigkeit des vorgeführten Materials
bin ich durch einen Vergleich mit Wulff und Müller- Michaelis an
der Hand eines Beispiels zu folgendem Resultat gelangt: Von den
Substantiven auf er männl. Geschlechts verwendet M.-M. 7 in den
778 Th. Liok, Gram maired« r^capitalatioD delalaDf^nefraDfaise,
betreffenden Obungssätzen (carcer, agger, anser, passer, aer, imber,
Tenter), W. 3 (anser, imber, agger), K. nur agger; späterhin
kommt nocb carcer vor. Das ist freilich nur ein Beispiel. Die
Art der Darstellung in zusammenbingenden Lesestöcken liBt aber
erwarten, daß es sich mit anderen Wortgruppen ähnlich verhilt.
Das System der Einzeisätze gestattet eben in dieser Hinsicht
größere Vollständigkeit. Damit aber will ich nicht den Stab über
das Buch brechen. Was an Vokabeln im ersten Jahre nicht vor-
gekommen ist, för deren Erlernung wird die Cäsar« und Ovid-
lektöre schon sorgen. — Die Formenlehre enthält in knapper
Fassung alles Notwendige. Daß is, ea, id als Pronomen der
3. Person eingesetzt wird statt des Refiexivum sui, sibi, se ist
durchaus zu billigen. Die Bezeichnung der Quantität dürfte
vielleicht etwas einheitlicher durehgeföhrt werden.
Alles in allem ist das Buch ein dankenswerter Versuch und
trefOicher Beitrag zur Gestaltung des zukünftigen Elementarbucbes
für Reformscbulen. Seine Einführung wird sich jedoch dann erst
empfehlen, wenn es in neuer, verbesserter Auflage vorliegt und
zumal der deutsche Teil einer aufmerksamen Durchsicht unter-
worfen worden ist.
Barmen. 0. VogU
1) Theodor Link, Grammaire de recapitalatioo de la langne
frao9ai8e a Tasage des ^coles aecoodaires. Edition B. Franxoaiaolie
RepetitioDsgrämmatik für MitteUdmlea. Aasgabe B. MiiDebea aad
Berlia 1907^ R. Oldenboiirg. VIII a. 134 S. 8. geb. 2 M.
Der Verfasser gibt in der angekündigten Grammatik eine fiber-
arbeitete und gekürzte Ausgabe seiner für Realgymnasien be-
stimmten Grammaire de r^pitulation. Sie sucht in knapper,
anschaulicher und übersichtlicher Darstellung die Formenlehre sowie
die Hauptregeln der Syntax zu bieten und zwar in französischer
Sprache; sie schließt sich an die Breymannschen Lehrbücher an,
ohne jedoch eine selbständige und von denselben unabhängige
Benutzung auszuschließen; sie ist im besonderen für die Ober-
realschulen und die oberen Klassen der Realschulen Bayerns be-
stimmt und soll nach des Verfassers Absicht von dem Zeitpunkt
an gebraucht werden, wo das Fransüsische als Unterrichtssprache
vorgeschrieben ist.
Zunächst wird die Formenlehre nach den Redeteilen auf
42 Seiten abgehandelt; durch fetten Druck werden die Wandlungen
des Wortstammes hervorgehoben. Überall werden die Beispiele
vorangestellt und dann durch eine kurze und möglichst bestimmte
Regel erläutert. Die Syntax zerfallt in die Lehre vom einfachen
und zusammengesetzten Satz. Sie ist kurz und bündig» beschränkt
sich aber nicht bloß auf das Notwendigste, so daß der Schüler
sie auch in Zweifelfallen als Nachschlagebuch benutien kann;
ADgex. von K« Meyer. 779
allerdings wäre dann ein Register wünschenswert trotz der sorg-
fältigen Gliederung des Stoffes.
Im einzelnen bemerke ich folgendes. Reste s-y ist wohl ab-
sichtlich übergangen. Daß die Verben auf guer das u behalten,
auch wo es orthographisch unndtig wäre, z. B. nous distinguons,
wird mit Recht S. 7 erwähnt. Die Regel les verbes en ayer
s'ecrivent indifferemment avec i ou y ist mißverständlich, obwohl
aus dem Zusammenhang das Richtige leicht erkannt werden dürfte.
Daß je paie und je paye sich durch die Aussprache unterscheiden,
war zu bemerken S. 2. Auf S. 0 liest man on ictii ras ä Tim-
peratif devant en et y; zunächst trifft dies nicht zu auf die Prä-
position en, vgl. va en paiz* Barante, H. d. J. d'Arc chap. 14; aber
auch das sogenannte pronom en wird besser nicht berücksichtigt
wegen der Seltenheit und des Schwankens der Grammatiker,
cf. Girault-Duvivier, graromaire des grammaires S. 521. Auf S. 16
waren die zu Adjektiven gewordenen Partizipia vaillant, puissant,
savant zu erwähnen und S. 17 die abweichende Aussprache von
gisons. S. 18 waren Verben wie s'arroger wegen des Dativ-
pronomena zu berücksichtigen mit Hinweis auf S. 72. Auf S. 23
lies la Saint-Michel r=: la f^te de saint Hichel. S. 28 wegen toule«
puissante verweise auf § 151. S. 30 füge hinzu vingt et une
maiaona, quatre-vingt-une eglises und S. 31 Catherine premi^re,
quatre miiles 4 Heilen und S. 33 vaincre les difScultes une k
une. Die Regel S. 34 je, me, te, ae, la erhalten den Apostroph
vor einem vokalisth anlautenden Worte ist ungenau statt „ihr
Schlußvokal wird elidiert'S wobei übrigens noch Fälle wie ai-je
arros^, cachez-le au pere zu beachten sind; ebenda füge zu etwa
mon autre main. Mit Recht wird S. 39 hervorgehoben, daß
Formen wie constamment, prudemment sich daraus erklären, daß
conatans, prudens keine besonderen Femininformen hatten. S. 45
füge bei a'attendre ä hinzu die Bedeutung erwarten, weil sonst
die Vorausaetzung Dicht zutrifft, daß das Verb nur im Franzüsi-
schen ein verbe pronominal ist; anzugeben war bei»se tenir debout,
daß debout ein Adverb ist S. 46 lies nous avons riussi ä.
S. 60 il me semble «> je crois, deshalb que mit dem Indikativ.
S. 68 schreibe il lui tarda de statt il me tarde, um den Dativ
erkennen zu lassen. S* 90 lies Schwanenritter, Siebenhügelstadt,
nidit die aiebenhügelige Stadt. § 139 Regel 3 ist mißverständ-
lich. S. 95 en mentir ist zu tilgen, wie denn der Verfasser selbst
i 153 ein abweichendes Beispiel gibt; das en wird nur dann bei
luentir zugefügt, w^nn eine Beziehung auf das Vorhergehende an-
gedeutet werden soll ,^du hast damit, mit deiner Behauptung ge-
logen'*. S 141 füge zu aide-toi toi-m6me. S. 98 mon colonel
sagt der Untergebene, sonst monsieur le colonel. S. 100 zuzufügen
tous ceux qui. S. 104 daß personne als pronom masculin ist,
während es sonst heißt une personne, bedurfte eines Hinweises.
S. 108 lies quel que, quelle que. § 159 que ne tais-tu «» so
780 G.Sand, La petit« Fadotte,
schweige doch. S. 116 Tarmee dltaUe das in Italien stehende
Heer, setze hinzu eines tremden Landes. S. 120 bien d'autres,
zu ergänzen ist hommes, also eine ganz regelrechte Konstruktion
(vgl diese Zeitschrift 1899 S. 586). S. 107 ist zu schreiben
„mach das einem andern weis'' nicht weiß, das lehren die Wörter-
bucher, und es wird dadurch bestätigt, daB es hierzulande, woraof
mich Prof. Böcke) mann aufmerksam macht, heißt „jem. etwas wis
machen'S während man für weiß die Form wit hat Zu S. 120
HL 5 füge hinzu de tels hommes. S. 36 steht ,.quelque chose,
une — etwas''; statt des Gedankenstriches ist chose zu setzen.
Die Ausstattung des Buches ist gut, der Druck korrekt, nur
S. 54 lies je statt j'e, S. 59 on met statt me, S. 64 sa?oir statt
sovoir. § 169. 1 fehlt ein Komma hinter court.
2) Georg« Sand, La patite Fadetta. Nach der Pariser Aossabe der
Oeavres illnstrees de George Sand, Michel Livj freres 1869 heraos-
gegeben aod erläntert vod K. Sachs. Zweite Auflage. Berlio ]907,
Weidmanosche Buclihaadlaag. Text 173 S. 8. Dazn Anmerkaogeii
32 S. geb. 1,80^
Nach 30 Jahren läßt der verdiente Verfasser La petite Fadette,
die bedeutendste unter den Dorfgeschichten von George Sand, in
neuer Auflage erscheinen. Auf die Einleitung S. 1 — 10, welche
George Sands Leben und ihre Bedeutung in der französischen
Literatur bespricht, die literarischen Hilfsmittel aufzählt, welche
recht zahlreich sind, und eine Würdigung der französischen Dorf-
geschichten gibt, folgt der Text auf S. 11 — 173. Die vor-
genommenen, übrigens nur geringen, Kürzungen stören nirgends
den Zusammenhang, nur einmal S. 15,30 wird der Gedanke durch
die Kürzung schief.
Wertvoll sind die Anmerkungen, welche die zahlreichen Pro-
vinzialismen erklären, schwierige Stellen erläutern und sachliche
Belehrungen bieten; auch hat der Verfasser ein alphabetisches
Verzeichnis der wichtigsten besprochenen Wörter zugefügt, was
sehr dankenswert ist.
Da George Sand vielfach die Sprache des Landmanns in Berri
wiedergibt, so findet sich viel Abweichendes vom gewöhnlichen
Sprachgebrauch; der Verfasser hat sich auf das Wichtigste be*
schränkt, sonst würde die Zahl der Anmerkungen erheblich größer
geworden sein. Auf einiges jedoch möchte ich hier noch hin*
weisen, pour ce que = parce que 48, 18. en core que = quoi-
que 59, 24. il avan9a un petit peu ein klein wenig, ein bißchen
33, 7. s'en courir 30, 30. s'en retourner 33, 18. il s'en fuit 62, 34
il ne la quitta point d e la joumie 29, 12. s'en aller mit Infinitiv
85,14. gentillement 110,28 und 106,3 (fehlt in den Wörter-
büchern), die Stellung des Adjektivs in la blanche epine 110,36.
Das Fehlen des partitiven de z. B. depuis longues annees 122,11
(Verne, le tour du monde ed. Velh. S. 2: depuis de longues annees),
ferner zahlreiche Verbindungen wie avoir intention 112,11. lequel
ani^ez. von E. Meyer. 781
statt qui 107,14. ecouter qn. qui pleurait jemand weinen hören
41,9, ygL46, 16. 65,21. 81,11. Der Subjonctiv du plus loin
que je me souvienne 163,30; sonst steht der Indikativ du plus
loin qu'elle pouvait les voir venir 17,7, vgl. 42,29. 48,1. 62, 19.
63, 23. 79, 36. 108, 33 und 152, 19. faire als Ersatz des vorher-
gehenden Verbs 78, 32 und 167, 2, vgl. la mare au diable Note 85.
Das Fehlen des pronom in j'aurais du vous laisser debrouiller
73,26 und pour te faire noyer, vgl. dazu die Note zu 130,35.
Hoi, il me serable 99, 27 nach Analogie von Ta lettre, je Tai
recue. Auffallend ist auch die Konstruktion Ils sont chacun aussi
beau et aussi bien corpore que s'il etait fils nnique 13, 10. Le
reste du petit monde 16,5, vgl. la ro. au d. Note 68. Cette loi
de nature que le eure croyait impossible ä d^faire 18, 24. Hier
ist que abhängig von croyait impossible, nicht von defaire, sonst
muBte de stehen, vgl. les ennemis que j^ai eus ä combattre neben
qae j'ai eu ä combattre. Zandt, Franz. Gramm. S. 471, je nach-
dem man que von avoir oder von combattre abhängen läßt. II
ne se fit point voir ä lui 33, 16, wir: sie ließ sich von ihm nicht
sehen oder sie zeigte sich ihm nicht, ähnlich eile se fit voir k
Landry 108,14, eine häufige Konstruktion, die aber doch vielfach
verkannt wird ; vgl. Benecke, Franz. Schulgr. IP § 97, 8. Elle
D'alla point de son cdt6 61,31 ging nicht auf ihn zu (ja nicht
„von seiner Seite*'), vgl. 48, 2. encore un coup 73, 12 noch ein-
mal. On lui attrihuait de pouvoir faire retrouver les choses
perdues 45, 22, eine seltene Konstruktion, die sich in den Wörter-
büchern nicht findet, cinquante choses dont je n'entends jamais
parier aux personnes qui se croient bien sages 92,27 ähnlich
Vous ä qui j'ai tant vu parier de son merite. Mol. Mis. 1598,
le docteur S. dont il est bien impossible que vous n'ayez pas
entendu parier ä votre oncle. G. Sand, Christian Waldo III, da-
gegen natürlich il fallait qu*on le ftt parier dans le moment au
general Ducker. Voltaire, Ch. XII. 7, 76. Vgl. Hätzner, Franz,
Gramm. 1856 S. 416. Aussi n'est-ce pas sans un peu de honte
moi-m6me et sans beaucoup de regret que je me vois oblige de
te confesser devant ta famille 128, 9, wo moi-m^me, das zu dem
Satz mit que gehört, sich in den Vordersatz gedrängt hat. Le
regardant toujours, ses yeux se remplirent de larmes 135, 15 eine
inkorrekte Partizipialkonstruktion. II reconnaissait que plus Sylvinet
voyait son besson, tant plus il avait envie de le voir 34,11.
Une chose oü jamais il n'aurait du y en entrer un brin 38, 13
das pleonastische y. Tous les amours 59,15, während amour
im Plural feminin ist. Hais la voix de la petite Fadette, pour
^tre douce, n'en etait pas moins claire 105, 29, vgl. 163, 2 und
la mare au diable Note 47. Plus aimable que pas une fille sur
terre 104, 2 stärker als aucune. In der Einleitung S. 2 wird von
dem Namen der Verfasserin gesprochen, aber es bleibt dabei un-
klar, woher sie den Namen George nahm. Heyer, Konversations-
782 G.Sand, La petita Fädelte, aDgai. von E, Meyer.
Lexikon '^ sagt darüber: aie naonte sich George Sand, weil George
der Spitzname ihrer Landsleute von Berri ist.
Zu den Anmerkungen:
Zu S. 14, 29 wird livre tournois erwähnt; ich wurde hinzu-
fügen, daß tournois = turonensis ein adjectif inyariable ist. Zu
24, 27 das populäre voye unterscheidet sich durch die Aussprache
von voie. Zu 36, 8 es findet sich noch du hon temps 67, 5.
du bon vin 125,20. du beau gazon 90,23 und des gros sous
157, 18. Bei den letzten drei Beispielen soll offenbar „eine be-
stimmte Art eines Gegenstandes in ausdrucksvollem Gegensatze
hervorgehoben werden'\ Benecke, Franz. Schulgr. IP § 34. 6. Zu
27. 23 travailler rüde vgl. travailler dur. Malot, Sans famille ed.
Velb. S. 29. Außer 44, 30 und 57, 8 findet sich autre nachgestellt
noch 95,35. Souvenance 77,18 auch bei Lafontaine f. 7, 1,49.
Zu 89, 3 in betreff der Anwendung von nous und toi ist belehrend
S. 168, 32 (übrigens im Index erwähnt). 45, 5 se voir outrepassee
de sa riputation sich an ihrem Rufe geschädigt zu sehen; ich
verstehe darunter sich überboten zu sehen in ihrem Rufe, d. h.
zu sehen, daß man ihr mehr zutraue (etwa Hexereien) als sie zu
leisten imstande sei. 120, 13 desenfl^ frei von der Geschwulst,
statt frei von der Anschwellung, von dem Aufgeblasensein des Leibes
(eine bekannte Krankheit der Kühe). 125,26 „etwas begegnen,
was*^ dafür zu setzen einer Sache begegnen, die. 89, 20 ecurieui
aus sciurus, und 6cureuil aus dem Deminutiv sciurulus. 133,21
„La Hadelon a et6 bien traltre envers toi man sollte trattresse
erwarten**; indes besser nimmt man hier traltre als Adjektiv, dann
hat es nichts Anstößiges. Einige Wörter werden erst an einer
späteren Stelle erklärt, z.B. fit-il 129,23 statt 12,11. rideau
26, 11 statt 25, 10. tant que 36, 27 statt 12, 31. par ainsi 159, 22
statt 22,36. en savoir plus long 56,13 sUtt 45,21. h Tendroit
de 74,22 statt 34,30. Zu S. 158,3 war noch zu erwähnen
grand' nuit 76,8. 86,23. grand* peur 14,9 u. ö. grand' pitie
25, 39. grand' chose 22, 33. 11 eut beau appeler et chercher
43, 6 vgl. ia mare au diable Note 98. Sans passer par les mains
des hommes de chicane, qui ne sont pas tous bien fideles 150, 32.
Der Verfasser versteht darunter sie sind alle unzuverlässig, aber
dann müßte es point statt pas heißen; vgl. Girault-Duvivier,
Grammaire des grammaires S. 877. Nach brieflicher Mitteilung
haben alle hierüber befragten Franzosen, darunter H. Besson,
Prof. au lyc^e Condorcet in Paris, einstimmig erklärt, „eine Zwei-
deutigkeit sei völlig ausgeschlossen, es bedeute nur, die nicht
alle sehr treu sind'*. Beachtenswert ist auch die Konstruktion
si c'etait lui qui m'eüt fait cet affront, je ne m'en serait jamais
console 60, 4. II a une dröie d'idee de se coiffer de Ia plus
vilaine qu'il n'y ait pas dans toute Tassemblee 82, 33. Dazu
bemerkt der Verfasser: „beim Komparativ der Ungleichheit
folgt gewöhnlich ne, hier aber steht noch pas dahinter als Ver-
E. RrebSy litteratara fraB^aUe, aagox. v. 0. Jotnpoit. 7g3
stärkang**; allein wir haben es ja an dieser Stelle mit einem
Superlativ zu tun; der Fall ist also ein anderer. n*a point de
torl 131, 27 mit Nachdruck hat durchaus nicht unrecht; ?gl. 29, 18
und 104,26.
Druckfehler im Text. Lies Sainte-Beuve S. 6. jamais 8.
tres 16, 20. rlnt 21, 16. s'interramptt 37, 4. tant de souci
41,15. ricompenser 51,35. sans rien trouver 57,2. ce
57,19. allons-nons-en 58, 4. etait 59, 20. aise 71, 33. courage
77,12. eti 86,3. resolüment 87,33 (so die Lexika), crois-tu
89, 18. TOS pres 90, 24. ä eux 90, 26. est 97, 14. insense
104,16. Seitenzahl 128 verdruckt. elle-m«me 133,31. c'est
bien k eile de s^en aller 133, 29 ohne Kommata, fröres et soeurs
141,19. eile 145,32. a 154,23. put 171,30. In den An-
merkungen maUresse 14,36. idee 16,26. boeufs 20,33. C'est
21,24. posito 33,29. vergne m. 42,15. ehigauch^ =& lahm
48, 6. d u 63, 23. Lafontaine IV, 1 5, 4 zu 80, 24. sta mmt 82, 22.
da statt das 85,25. perte. 102,9. gredots 110,13. empöche
134,19. souventes fois 146,33. Lies 150,32 zu 147,17 und
148,23 zu 147,19. 10 francs 149,30. carriole 149,34. put
152,18. Fieberparoxysmus 155,18. Im Index lies dormir ä
pleins yeux, retirance. Falsch gestellt die Anmerkungen zu
62,29 und 142,15.
Herford i. W. Ernst Meyer.
Elvira Rrabs, Abregt de Phistoire de litt^ratnre frao^aise de
Coraeille äocsjoars a l'naaye des eeolei. Leipzig and Beriio
1907, B. G. Teaboer. VI a. 63 S. 8. 0,90 JC.
Dieses Werkchen soll den Forderungen entgegenkommen,
welche in neuerer Zeit an den französischen Literaturunterricht
an höheren Mädchenschulen gestellt werden. Danach ist eine
systematische Behandlung ausgeschlossen, die Kenntnisse sollen
aas der Lektüre heraus entwickelt werden.
Deshalb beginnt das Buch auch erst mit dem 17. Jahrhundert.
Da erklärende Erweiterungen aus früherer Zeit (z. B. die Ent-
wicklung der französischen Sprache vom 4. bis 16. Jahrhundert)
gelegentlich beigefügt sind, ist dennoch eine zusammenhängende
Entwicklung der einzelnen Zweige der Literatur dargeboten.
Nur solche Werke werden besprochen, die tatsächlich in der
Schule behandelt werden können. Durch Auswahl der Haupt-
Vertreter der einzelnen Zweige der französischen Literatur soll
trotz der gebotenen Beschränkung doch ein klarer Überblick über
die Hauptströmungen der Literatur gewährt werden.
Die Darstellung zerfällt in drei Abteilungen.
Le siecle classique wird charakterisiert durch die Namen
Corneille, Racine, Moliere, La Fontaine und Mme de Sevigne.
Als Vertreter des si^le philosophique werden besprochen
784 J- G. Andrä, Grandrifi der Gaschiclite III,
Lesage, Voltaire, J. J. Rousseau, Bernardin de Saint-Pierre und
Chenier. Bei Rousseau vermisse ich die Erwähoung des Contrat
social und der entsprechenden sozialen Theorie. Sein Gegenbild
Montesquieu mit seiner Rechtfertigung des historisch Gewordenen
dürfte nicht ganz fehlen.
Der letzte Teil, Le XIX* si^cle, enthält folgende Abschnitte:
les pr^curseurs du romantisme, les romantiques, Scribe; Beranger,
Delavigne; les idealistes, les Pamassiens, les rialistes et les natura-
listes, Augier, hors du Naturalisme, le theätre contemporain,
Rostand. Bei Zola scheint mir dessen tatkräftige Wahrheitsliebe
doch hervorgehoben werden zu mQssen, sowie die gewaltige Darstellung
gesellschaftlicher Probleme in seinen letzten sozialen Romanen.
Am Schlüsse finden wir ein Verzeichnis von guten französi-
schen Romanen und Novellen als Wegweiser bei der Wahl der
Privatlektöre.
Tilsit. 0. Josupeit
J. C. Andrä, Grandrifi der Geschichte für höhere Sehaleo, Dea
bearheitet aod far die Oberstufe Deonklassiger Schulen fortgesetzt
voo Karl Eodemaoo aod £mil Stutzer. HI. Teil: Geschichte des
Altertums für die Obersekuoda höherer LehraDStalten von Rarl
Bndemaon. Zweite Aufleime. Mit fünf Geschichtakarten. Leipzig
1907, R. VoigtläDders Verlai^. VIII u. 195 S. gr. 8. 2,20 JC.
Der beste Beweis für die Brauchbarkeit der Endemannschen
Bearbeitung der Alten Geschichte kann darin erblickt werden, daB
nach wenig mehr als drei Jahren eine neue Auflage nötig wurde.
Da ich mich mit der ersten Auflage in dieser Zeitschrift (1904
S. 566 ff.) auf das eingehendste beschäftigt habe, so kann ich mich
diesmal kurz fassen. Zunächst muß ich da zu meiner großen
Freude feststellen, daß der Verf. meine damaligen Winke und
Vorschläge, die, yon dem großen Interesse für die nicht gewöhn-
lichen Vorzuge des Buches eingegeben, vielleicht über das Maß
dessen, was man im allgemeinen bei einer Bücheranzeige leistet,
hinausgingen, fast sämtlich in der neuen Auflage beräcksichtigt,
aber auch sonst manches Falsche beseitigt hat Da somit die
zweite Auflage Yon einer Reihe geringfügiger Irrtümer oder sagen
wir lieber Ungenauigkeiten und Unklarheiten befreit ist, so ist ihr
Wert nach der sachlichen Seite hin noch mehr gestiegen; aber
auch am Ausdruck hat der Verf. rastlos gefeilt, und es gibt
fast keine Seite, die nicht seine bessernde Hand erkennen ließe:
oft handelt es sich nur um eine Änderung in der Wortstellung
oder um Einführung eines andern Ausdrucks für einen eben schon
gebrauchten oder um Uineinziehung einer bisherigen Klammer in
die fortlaufende Darstellung oder um präzisere Fassung eines vor-
her nicht ganz klaren Ausdrucks oder um Zerlegung eines zu
langen Absatzes; manches, was früher in einer Anmerkung ge-
geben wurde, steht jetzt im Text und umgekehrt, Yor allem ist
aogez. von G. Reinhardt. 7g5
jetzt kein griechisches Wort und eia lateinisches nur mit zu-
gefügter Verdeutschung im Text zu finden, wodurch sich das Buch
den Realanstalten noch mehr empfiehlt. Wie sehr sich E. die
Besserung des Ausdrucks angelegen sein läßt, zeigt vielleicht am
besten das Beispiel S. 49, wo der erste Abschnitt bisher mit den
Worten schloß „Hippias starb unterwegs*', während der erste
Satz des nächsten Absatzes gleichfalls das Wort „starb'* enthielt;
dafür beißt es jetzt an jener Stelle „Hippias fand seinen Tod'*.
So hat denn also auch die Darstellung und der Ausdruck eine
lobenswerte Hohe der Vollkommenheit erreicht.
Abgesehen nun von diesen zahlreichen Änderungen im kleinen
ist die Anlage und der Umfang, kurz der ganze Charakter des
Buches derselbe geblieben. Wir finden dieselbe Einteilung des
Stoffes, dieselben Paragraphen und fast dieselben Abschnitte, —
nur an wenigen Stellen ist auch hier gebessert, indem Zusammen-
gehöriges zusammengelegt ist, wie z. B. bei der Darstellung der
Solonischen Verfassung; manche Abschnitte sind um ein Geringes
gekürzt, andere dafür erweitert, wie z. B. dem Werke Cäsars auf
meine Anregung jetzt eine etwas längere Würdigung zuteil wird.
Als einzige wichtigere Neuerung sind fünf Karten zu erwähnen,
die dem Texte an geeigneter Stelle eingefügt sind. Es hat ja
unzweifelhaft manches für sich, wenn der Schüler nicht erst den
Atlas aufzuschlagen braucht, um sich über die Lage eines Ortes
Klarheit zu Terschaflen, und gewiß wird er leichter veranlaßt, da
es ihm bequemer gemacht ist, sich die Karte überhaupt anzusehen;
trotzdem vermag ich die Beigabe von Karten nicht zu billigen,
denn dadurch gewöhnt sich der Schüler noch mehr als bisher
daran, den Atlas als etwas Überflüssiges zu betrachten und ihn
auch da, wo die Karten im Text nicht ausreichen, erst recht nicht
mehr zu benutzen. Unser Streben muß aber gerade dahin gehen, die
Stellung des Atlasses besonders am Gymnasium, wo kein besonderer
Geograpbieunterricht mehr in den oberen Klassen erteilt wird,
in jeder Weise zu stärken; darum muß der Schüler daran gewöhnt
werden, überhaupt keine Repetition ohne Atlas vorzunehmen,
sondern sich von der Lage jedes erwähnten Ortes Rechenschaft
zu geben und so durchaus heimisch in seinem Atlas zu werden;
erzielen läßt sich das aber ganz gut, wenn man dafür sorgt, daß
der Atlas zu jeder Geschichtstunde mitgebracht und bei der
Durchnahme des Neuen eifrig benutzt wird, außerdem in der
nächsten Stunde bei der Repetition die erwähnten Orte auf der
Wandkarte von den Schülern vorgezeigt werden.
Bezüglich der Fremdwörter hatte ich den Wunsch aus-
gesprochen, daß in der neuen Auflage ihr Gebrauch vielleicht
noch etwas mehr eingeschränkt würde; das ist mit lobenswerter
Bereitwilligkeit geschehen, so daß jetzt Ausdrücke wie providentiell,
Appellationsinstanz, Funktionen, Renommist, Hierarchie, Kontingent
u. a. verschwunden sind. Selbstverständlich kann es nicht in der
ZtitMkr. f. a. GymoMiAlweMO, LXI. 11, 50
786 J> C. Aadrä, GroodriB der Geschichte, agz. v. G. Reinhardt.
Absicht eines verstandigen Menschen liegen, die Fremdwörter über-
haupt abzuschaffen; viele gehören als technische Ausdrucke der
verschiedensten Gebiete zum eisernen Bestände unserer Sprache,
und andere haben sich so fest eingebürgert, daß sie schwer ent-
behrt werden iiönnen. Die müssen natürlich getragen werden
und sind in einem Lehrbuch für obere Klaseen nicht ängstlich
zu meiden, vielmehr sind die Schuler damit bekanntzumachen.
Ich glaube, daß der Verf. auch in dieser Frage mit mir völlig
eins ist (vgl. Vorwort V).
Um mein ferneres Interesse an der Arbeit des Verfassers zu
bekunden, erlaube ich mir zugunsten der nächsten Auflage wieder
auf einiges hinzuweisen. Die kretische Kultur als eine vormykeniscbe
zu bezeichnen (S. 23), halte ich nicht für glücklich; ich meine,
die kretische sowohl wie die mykenische und die troische Kultur
der 6. Schicht haben zwar alle gewisse Sonderzüge, gehören aber
trotzdem alle ein nnd derselben Kulturperiode an, die vielleicht
nach ihrem Verbreitungsgebiet am besten die 'ägäische' genannt
wird (vgl. Michaelis, Die archäologischen Entdeckungen des 19. Jahr-
hunderts S. 199). — Während jetzt als Einkommen der Zeugiten
richtig mindestens 200 Scheffel angegeben werden, wird den Theten
jedes Einkommen abgesprochen (S. 39); die frühere Fassung schien
mir besser, daß zu den Theten die gehörten, die ein geringeres
Einkommen als 200 Scheffel oder — fügen wir noch hinzu —
gar kein Einkommen aus Grundbesitz hatten; so verlangt es. auch
Aristoteles. — S. 41 heißt es, Hippias sei uach seiner Vertreibung
zum Perserkönig geflohen; das stimmt nicht ganz: er ging nach
seiner Besitzung Sigeion und erkannte allerdings die persische
Oberhoheit an. — Mit einer ganz bestimmten und noch dazu so
hohen Zahlenangabe der Heeresstärke in den Perserkriegen, wie
sie Verf. macht, kann ich mich nicht befreunden, seitdem be-
sonders Delbrück den Beweis erbracht hat, wie übertrieben die
früheren Angaben sind; wenigstens wird man darin die Nicht-
kombattanten, die Knechte, mit einbeziehen müssen. Ebenso
steht es mit der Bevölkerungsstärke Attikas zur Zeit desPeriUes;
ich habe noch keine zwei Böcher gefunden, die übereinstimmende
Zahlen enthielten, vielmehr gehen sie meist weit auseinander (S. 56).
— Daß die Erbauer der Propyläen und des Parthenon nicht mehr
genannt werden (S. 57), bedauere ich; sie verdienten es. — Bei
der Erwähnung der pergamenischen Funde ist jetzt wenigstens
der Name Humanns genannt (S. 87); im übrigen werden sie im
Verhältnis zu ihrer Bedeutung, und zwar gerade für uns Deutsche,
viel zu kurz behandelt. — Die Worte „Du hast gesiegt, Galiläer!**
(S. 179) gehören nicht in ein Geschichtsbuch, denn Julian hat
sie niemals gesprochen; sie stammen von Theodoret (Hist. eccl.
lü 20) und gehören zu den gehässigen Erfindungen, die fanatische
Kirchenschriftsteller über den abfälligen Kaiser aufbrachten. —
Zu den 40 000 Sitzplätzen des Kolosseums mußte ein 'etwa*
K. Jacob, Qnelleokande d. dtseh. G«fch., affc. v. R. Jahnke. 787
hinzugefügt werden (S. 181). — Nebeneinander finden sich noch
immer 'Pergamon' (S. 182 Z. 3 t. u.) und 'Pergamuin' (S. 126
Mitte), ' Feldherr n' (S. 35 Z. 2) und * Feldherren* (S. 122 Mitte);
eboaso hat sich Verf. noch nicht von dem ungewöhnlichen *Haus*
tOre' (S. 100 Z. 12) freimachen können.
Ich haffe, daß diese Ausstellungen, die vielleicht manchmal
kleinlich erscheinen, richtig aufgefaßt werden : sie sollen nur dazu
dienen, das Buch, das man seiner großen Vorzüge wegen lieb-
haben muß, zu einer möglichst hohen Stufe der Vollkommenheit
zu erheben und ihm zum Heile des Geschichtsunterrichts die
Wege weiter zu ebnen.
Dessau. G. Reinhardt
Rarl Jacob, QaolleokuDde der deatsehan Gaschiehte. I. Band.
Saminlaoif Gösehea Nr. 279. Leipzig 1906, G. i. GSscheasehe Ver-
Kagsbaadlaai^. 154 S. 8. 0,S0 Jt.
Trotz seiner Kleinheit ein durchaus wissenschaftliches und
außerordentlich inhaltreiches Buch. Die Einleitung erörtert den
Begriff und die Aufgabe der Quellenkunde sowie den aligeipeinen
Charakter des Quellenmaterials für die deutsche Geschichte. Das
erste Kapitel bespricht die Sprache der Quellen, die Überlieferung
und Sammlung des Quellenmateriais; es gibt eine allgemeine Über-
sicht über die Quellen der deutschen Geschichte des Mittelalters
und zählt die wichtigsten Quellensammlungen auf. Das zweite
Kapitel bietet eine Übersicht über die wichtigsten Quellen der ein-
zelnen Epochen ¥on der Zeit der Karolinger bis zum Ende des
14. Jahrhunderts. Den Schluß bildet das sorgfältig gearbeitete
Register.
Als Benutzer sind wohl vor allen andern Studierende der
Geschichte gedacht; trotzdem hätten nach meinem Dafürhalten
manche Fremdwörter vermieden werden sollen. Die Darstellung
ist sehr gedrängt und darum nicht immer ganz leicht verständ-
lich. Von sprachlichen Entgleisungen, die mir aufgefallen sind,
nenne ich eine. Es heißt auf S. 14: wir haben heute nur noch
einen erheblich geringeren Teil als dasjenige, was in jenen Jahr-
hunderten des Mittelalters selbst vorhanden gewesen ist. Es muß
heißen: einen geringen Teil von dem, was .... oder: erheblich
weniger, als in jenen Jahrhunderlen .... Aber das soll keine
ernstliche Ausstellung sein, sondern nur ein Fingerzeig für den
Verfasser. Das Buch verdient alle Anerkennung, und der Preis
steht in keinem Verhältnis zu dem überaus reichen Inhalt.
Lüdenscheid. Richard Jahnke.
1) K. Schmelzle, Deotschland. Nach aeaea methodischen Gesichts-
puokteo für Scholer höherer LehraostalteD. Leipzig 1907, B. G.
TeobAer. V a. 64 S. 8. 1 My
So wenig die Erdkunde bisher auf unsern höheren Schulen
50*
788 R. Sehmelzle, Deatschlaod,
die ihr gebührende Stellung einnimmt, insofern ab die ihr zu-
gewiesenen Stunden durchaus unzureichend sind und andrerseits
insofern als der erdkundliche Unterricht noch immer zum groBen
Teile Lehrern übertragen wird, die keine fachmännische Vorbil-
dung dafür besitzen, so rührig sind die Vertreter der Schul-
geographie an der Arbeit, durch Schaffung neuer Lehrbücher dafür
zu sorgen, daß mit deren gewissenhafter Benutzung das zu er-
strebende Ziel trotzdem möglichst erreicht werden kann. Nach-
dem zuerst A. Kirchhoff mit seiner Schulgeographie und seiner
Erdkunde für Schulen den Kampf gegen die bis auf ihn fast
allein im Gebrauch befindlichen erdkundlichen Schulbücher von
Daniel und v. Seydlitz aufgenommen, sind eine reichliche Anzahl
von Lehrbüchern entstanden, die mehr oder weniger seinen
Spuren folgend sich bemühen in zusammenhängender, anschau-
licher Schilderung der Landesnatur möglichst greifbare Bilder von
Land und Leuten zu entwerfen und zugleich unter steter Hervor-
hebung des ursächlichen Zusammenhanges der Erscheinungen das
richtige Verständnis für die Erdkunde zu eröffnen. In Gegensatz
zu dieser Methode der Unterrichtsbflcher ist in der letzten Zeit
das Bestreben hervorgetreten, durch die Art der Abfassung des
Schulbuchs den Schüler zu zwingen, auch bei seiner häuslichen
Arbeit, wie es in der Schule beim Unterricht geschieht, vor allem
den Atlas zu benutzen und aus ihm alles selbst noch einmal zu
suchen und zu finden, was der Lehrer in der Schule an der
Hand der Karte entwickelt hat. Auf diese Weise soll der Schüler
bewahrt werden vor einem gedankenlosen Auswendiglernen, er
soll zur Selbsttätigkeit erzogen und angehalten werden zu einem
wirklichen Lesen und Verständnis der Karte. Dieses Ziel soll
dadurch erreicht werden, daß an Stelle des Lehrbuches ein
Lernbuch tritt, welches alles, was im Atlas zu finden ist, nicht
namentlich aufführt, sondern erfragt und nur den Stoff bietet,
der dem Atlas zur Erläuterung und Vertiefung dient. Diesem
Grundsatze folgt auch das vorliegende Buch. Wenn nun aber der
Titel sagt, daß es „nach neuen methodischen Gesichtspunkten^*
bearbeitet sei, so heißt das nicht etwa, daß diese Gesichtspunkte
hier zum ersten Male in Anwendung kommen, sondern daß
ihre Befolgung erst neuerdings der Abfassung von erdkundlichen
Schulbüchern zugrunde gelegt worden sei. Nachdem die Frage,
welche Art von erdkundlichen Schulbüchern die zweckmäßigste
und richtigste sei, besonders in der Zeitschrift für Schulgeographie
XXII, XXIU und XXV ausführlich erörtert war, hat der bekannte
österreichische Schulgeograph A. Becker mit seinem Lernbach
der Erdkunde, Wien 1901, den Versuch gemacht, die von ihm
aufgestellten Grundsätze, der Frage wieder ihre Rechte einzu-
räumen, in die Tat umzusetzen Vollständig aber nach diesen neuen
methodischen Gesichtspunkten gearbeitet ist meines Wissens zu-
erst das Lernbuch der Erdkunde von Dr. E. Dennert, Gotha 1902,
aogez. voll K. Schlemmer. 789
das inzwischen in zweiter Auflage erschienen ist. Hier ist alles,
was auf der Karte sich finden läßt, nur jnit Fragen und Stich-
worten angedeutet, so daß dem Schuler für seine häuslichen
Wiederholungen gar nichts übrig bleibt, als die Karte gründlich
anzusehen. Genau in derselben Weise verfährt nun Schmelzle in
seinem „Deutschland'^ — Einige wichtige Abschnitte aus der
mathematischen und physikalischen Erdkunde (Mondphasen^ Mittel-
europäische Zeit, die feste Erdrinde, Gletscher, Gezeiten) stellt er
voran, auf die später in den Fragen wiederholt verwiesen wird.
Der übrige Lernstoff ist, wie gesagt, wie bei Dennert, in Fragen
gegeben, wozu dann als unerläßliche Ergänzungen einzelne Stich-
worte und kurze Erläuterungen kommen. Für die Amtsgenossen,
denen diese „neuen'' Lernbücher noch nicht bekannt geworden
sind, wird es am zweckmäßigsten sein, eine kurze Probe hier
anzuführen.
Schwarzwald. 1. Bestimme die Grenzen des Schwarzwaldes!
Witiviei beträgt ungefähr seine Langen- und Breitenausdehnung?
— 2. Wie setzt er sich nach Norden fort? Die Abhänge des
vorderen Odenwaldes mit seinen Granit- und Porphyrkuppen
tragen reichlich Obst und Wein im Gegensatz zu dem Sandstein-
räcken des hinteren Odenwaldes. — 3. Welchen Unterschied der
Oberflächengestalt zeigt der südliche und n5rdliche Teil des
Schwarzwaldes? Grund davon ist die verschiedene geologische
Beschaffenheit. (Nämlich?) — 4. Welche drei Täler öffnen sich
nach dem Rhein? Orte an den Talmündungen? Welches ist für
den Verkehr am wichtigsten? Welche Täler, Länder, Orte werden
miteinander verbunden? — 5. Eignen sich diese Gebirgsflüßchen
für die Schiffahrt? Inwiefern sind sie für den Schwarzwälder von
größter wirtschaftlicher Bedeutung? — 6. Welche Hauptnahrungs-
quelle hat die Natur dem Schwarzwälder angewiesen? Nenne
Arbeitszweige der Bevölkerung I — 7. In welchem Teile des
Schwarzwaldes ist die Bevölkerung dichter? Gründe! — Auf
diese Fragen folgen noch Erläuterungen, die aus Platzmangel hier
nicht angeführt werden können.
So wenig bestritten werden kann, daß in dieser Art abge-
bßte Lehrbücher manche Vorteile bieten, so muß doch den Ver-
fechtern der neuen methodischen Grundsätze gegenüber immer
wieder betont werden, daß auch sie nicht unbedingt den ge-
wünschten Erfolg gewährleisten. Es gibt keine alleinseligmachende
Methode und demnach auch kein alleinseligmachendes Schulbuch:
der eine Lehrer wird mit einem beschreibend-erzählenden Lehr-
buche so viel erreichen wie der andere mit einem fragenden Lern-
buche. Auch zur selbständigen Arbeit, zur fleißigen und richtigen
Benutzung des Atlas vermag der geschickte Lehrer an der Hand
des beschreibenden Lehrbuchs die Schuler zu erziehen, während
der nicht fachmänm'sch Vorgebildete oder Ungeschickte auch mit
dem fragenden Lernbuche nicht zum Ziele kommen wird. — Das
790 H. Fitcker, Schalatlas,
voriiegeode Buch ist nach den oben dargelegten Grundsätzen mit
großer Sorgfalt und unyerkennbarero Geschick gearbeitet; hier
und da aber ist der Stoff zu umfangreich geworden, weshalb der
Verfasser yorbeugend bemerkt, „es ist nicht nötig, daß sich der
Schüler alles merkt, was das Buch yerlangt nnd bietet'^ Das
halte ich nicht für richtig. Muß eine Auswahl getroffen werden,
so darf sie nicht dem Schuler Gberlassen, sondern muß yom
Lehrer bzw. in dem Buche getroffen werden. För die wahr-
scheinlich in Aussicht genommenen Qbrigen Teile des Lernbuches
ist also eine größere Beschränkung anzuraten. Mit dem Verf.
aber wünschen wir, daß auch diese Arbeit dem erdkundlichen
Unterrichte zur Förderung gedeihen möge.
2) Heiorich Pitehef, Schalatlas für AofaDgsaDterricht nod
Mittel st ofeo. 47 Haopt- and 74 Nebeokartea aof 52 Rartcoseiteo.
Bielefeld and Leipzig, Velhageo fr Klasiog. geh. 1,60 JL-
„Ein guter Schulatlas muß für sich allein sprechen; kann
er dies nicht, so war er nicht wert zu erscheinen'S sagt das
Vorwort Schon der Name des Herausgebers und der Verlags-
handlung borgt dafQr, daß der yorliegende Atlas dieser Forderung
entspricht. Trotzdem soll hier wenigstens auf einige Punkte hin-
gewiesen werden, die den Atlas als besonders empfehlenswert er-
scheinen lassen. Zuerst ist hervorzuheben, daß bei den für die
einzelnen Kartenblätter gewählten Projektionen möglichste Gleich-
mäßigkeit, Flächentreue und Vermeiden yon Besonderheiten der
bestimmende Grundsatz gewesen ist Ebenso ist der Forderung
möglichst einheitlicher Maßstäbe, um Flächenfergleiche zu er-
möglichen, Rechnung getragen« Die Karten sind entworfen in
den Maßstäben von 3^ 6, 12, 18, 24, 48Mil].; nur drei Blätter
(Mitteleuropa, Deutschland, Österreich und Alpenländer) sind ans
leicht einzusehenden Grönden 1 : 4000000 gezeichnet. Die
Größenvergleiche einzelner Gebiete wurden ferner dadurch ge-
fördert und erleichtert, daß am Kartenrande die Größe der Grad-
netzmaschen in Quadratmeter angegeben ist Von größter Wichtig-
keit ist es weiter, daß der Schäler eine richtige Vorstellung von
der Lage eines Landes, eines Ortes auf der Erdoberfläche und im
•Vergleich lu andern erhält. Dieser Punkt ist in dem Atlas ganz
besonders berücksichtigt. Ich verweise in der Beziehung vor
allem auf die Kartenblätter 9 und 12 Mitteleuropa und Deutsch-
land, 15 Ostseeländer, 18 Britische Inseln, 19 Frankreich, 38 Nord-
amerika, 39 Südamerika, 40 Australien und Polynesien. Demselben
Zweck dient es, daß am Kartenrande stets wichtige Orte genannt
sind, die in andern Ländern und Erdteilen unter gleicher geo^
graphischer Länge oder Breite gelegen sind wie die auf den
einzelnen Kartenblättern verzeichneten. Auch die Karte 33 trägt
vor allem Sorge, daß bei Benutzung der Sonderkarten für die
deutschen Kolonien in Afrika deren Lage zu den andern Gebieten
des dunklen Erdteils nicht außer acht gelassen wird. In ganz
• nges. von K. Schlemmer. 791
besonderer Weise sucht der Atlas sodann, die deutsche Heimat
und das deutsche Volk zur Anschauung zu bringen. Das suchen
die Karten 2 — 5 zu erreichen, auf denen die typischen Boden-
und Siedelungsformen des Deutschen Reiches in sorgfaltig abge-
wogenen Beispielen zur Darstellung kommen. Hier sind, natürlich
unter großer NamenbeschrSnkung, alle Siedlungen bis zu den
Einzelgehöften verzeichnet, so daß die yerschiedenen Formen der
Dorfumrisse, die Waldrodung usw. in die Erscheinung treten. Ob
es freilich bei einer Wochenstunde für Erdkunde möglich sein
wird, diese Karten in der vom Herausgeber gedachten und ge-
wünschten Weise zu verwerten, erscheint mir allerdings fraglich.
Immerhin ist es möglich, auf ihre Bedeutung hinzuweisen, zu
ihrem Studium anzuleiten, und begabtere Schüler werden sie ge-
wiß gern und mit Erfolg betrachten, zumal wenn sie vorher ge-
lernt haben, die nähere Heimat an der Hand der jetzt so billig
zu habenden Karten der Königl. Landesaufnahme genauer kennen
zu lernen. Leider wird allerdings von diesen Karten noch lange
nicht genug Gehrauch gemacht. — Blatt 10 veranschaulicht in
zwei Karten die „Industrie und Verkehrswege*' von Mitteleuropa.
Auf beiden Karten sind die Wege der Binnenschiffahrt durch blaue
Farbe recht deutlich hervorgehoben, dagegen treten die großen
Eisenbahnlinien viel zu wenig hervor. Ich würde es für richtiger
oder wenigstens für sehr wünschenswert halten, wenn auch die
Linien des Schnellzugsverkehrs durch rote Farbe hervorgehoben
wurden. Um das Kartenbild nicht zu sehr zu belasten, können
vielleicht auf der einen Karte die Wasser-, auf der andern die
wichtigsten Schienenwege zur Darstellung gebracht werden. Die
Innenseiten der Atlasdeckel bringen Karten a) zu den deutschen
Einheitskriegen, b) zur biblischen Geschichte.
Wenn bei einer sicher bald nötig werdenden neuen Auflage
des Atlas diese Karten verschwinden würden, würde ich mich sehr
freuen: sie sind an dieser Stelle überflüssig und geradezu nach-
teilig. Oberflüssig sind sie, da fast alle neueren Hilfsbücher für
den Unterricht in der Geschichte und in der biblischen Geschichte
solche Karten enthalten und außerdem wohl in allen höheren
Schulen ein besonderer geschichtlicher Atlas im Gebrauch ist.
Nachteilig sind si^ meines Erachtens deshalb, weil ihr Vorhanden-
sein den in den Kreisen der Nichtgeographen, wie es scheint,
unausrottbaren In*tum bestärkt, als ob Geschichte und Erdkunde
eine Wissenschaft seien. Soll die Erdkunde auf unseren Schulen
den ihr gebührenden Platz erhalten, muß sie vollständig und
grundsätzlich von der Geschichte getrennt uud als selbständiger
Dnterrichtsgegenstand endlich anerkannt werden. Da der Her-
ausgeber des vorliegenden Atlas, einer der lautesten und nam-
haftesten Rufer im Streit, für Erringung dieses Zieles ist, hätte
er der Aufnahme dieser Karten, welche die Verlagshandlung aus
leicht verständlichen geschäftlich-praktischen Gründen gewünscht
792 ^^ £beliag a. Chr. Grober, Neaer Atlat, agx. v. R. Schlemmer.
haben mag, nicht zustimmen sollen, und das umsomebr, da gerade
auch diese Karten und der ihnen angewiesene Platz der Firma
George Westermann in Braunschweig ein Anlaß geworden sind,
einen überaus heftigen Angriff gegen Herausgeber und Verleger
des in Rede stehenden Atlas zu richten, denen sie vorwerfen,
daß in ihm die Diercke'schen Atlanten ihres Verlages „nachgebildet''
und „nachempfunden*' seien. Ich glaube bei Besprechung des
Fischerschen Atlas diesen Vorwurf nicht unerwähnt lassen zu
dürfen, bin aber überzeugt, daß jeder, der ohne Voreingenommen-
heit die beiden Kartenwerke sorgfältig vergleicht, die Anschauung
gewinnen muß, daß jener Vorwurf durchaus unberechtigt und
unhalibar ist Daß Schulatlanten inbezug auf Auswahl der Karten,
auf Umgrenzung und Inhalt, inbezug auf Schrift und Gelände-
darslellung, auf Maßstab und Projektionen eine gewisse Ähnlich-
keit aufweisen müssen, ist einfach unab weislich, ist, wie auch bei
den Schulbüchern, durch die Forderungen der Schule und die Bedürf-
nisse des Unterrichts bedingt. Wer aber die genannten Atlanten,
nachdem nun einmal der Vorwurf des „Nachempfindens und Nach-
bildens*' erhoben ist, sorgfältig miteinander vergleicht, wird fast
auf allen Blättern so viel erhebliche Unterschiede finden, daß er
sich sagen muß: die Firma G. Westermann kann bei gewissen-
hafter Prüfung ihrer und des Fischerschen Atlas gar nicht anders
als den in Obereilung gemachten Vorwurf in aller Form zurück-
nehmen.
Ober die Ausführung der Karten braucht und kann bei den
allgemein rühmlichst bekannten anderweitigen Veröffentlichungen
der Verlagshandlung auf dem Gebiete der Kartographie nichts
Empfehlendes gesagt zu werden, nur auf den erstaunlich niedrigen
Preis des Atlas will ich noch aufmerksam machen.
3) Ph. BbeliDg und Chr. Graber, Neuer Atlas für Haodels- und
kaufmäooisehe FortbildnngssehuleD mit beiooderer BerSek*
sichtigung der Haodels- und Wirtecheftsgeographie. 35 Haupt- und
39 Nebenkarten auf 44 Kartenseiten. Bielefeld und Leipzig 1907,
Velha^en ft Riasing. geb. 2 JC,
Wenngleich der vorliegende Atlas zunächst für kaufmännische
Fachschulen bestimmt ist, so möchte ich doch auch die Lehrer
der Erdkunde an andern Unterrichtsanstalten ai{f ihn aufmerksam
machen. Selbstverständlich treten bei diesem Atlas die Staaten-
karten zurück hinter den physisch-geographischen und vor allem
hinter denen, welche die Warenerzeugung und den Verkehr der
verschiedenen Länder veranschaulichen. Aber eben diese bringen
dem Lehrer der Erdkunde eine höchst willkommene Ergänzung
unserer sonstigen Schulatlanten. Im Vordergrunde steht mit Recht
Deutschland bzw. Mitteleuropa, dessen Industrie, Handel, Verkehr
und Bodenbenutzung auf sechs Karten zur Darstellung kommen.
Da sind besonders die beiden Blätter, welche den Wasser- und
den Eisenbahnverkehr darstellen, hervorzuheben. Hier sind nicht
Rleiber-Schdffler, Physik f. d. Oberstufe, agz. v. R. Schiel. 793
nur die Wasserstrafien des Binnenverkehrs durch kräftige blaue
Linien bezeichnet — auch die größeren Kanäle, deren Bau in
Angriff genommen oder beabsichtigt ist, sind eingetragen — , sondern
durch die Stärke der Linien ist auch zugleich kenntlich gemacht,
von wie großen Schiffen sie befahren werden können. Ferner ist
bei den wichtigsten Handelsplätzen durch beigesetzte Zeichen an-
gegeben, wie groß die Menge der ihnen auf dem Wasserwege zu-
geführten bzw. von ihnen versandten Guter ist. Ebenso sind auf
der Eisenbahnkarte für Mitteleuropa durch verschiedene starke rote
Linien die hauptsächlichsten Schienenwege deutlich gemacht, und
auch hier geben farbige Quadrate die Menge der den großen
Mittelpunkten des Handels auf der Bahn zugehenden und von
ihnen ausgehenden Guter an. Von gleich hohem Werte sind so-
dann die beiden Karten, auf denen die Verbreitung von Bergbau
und Metallindustrie und Textil- und anderen Industrien dargestellt
sind. Da alle diese Verhältnisse im erdkundlichen Unterrichte
auch auf Gymnasien gebührend berücksichtigt werden müssen,
werden diese Karten jedem Lehrer der Erdkunde höchst will-
kommen sein, zumal wenn ihm dafür nicht die neue „Wandkarte
zur Kultur-, Wirtschafts- und Handelsgeographie von Deutschland
und seinen Nachbargebieten, bearbeitet von Maetschke" (Verlag
von B. Fahrig) zu Gebote steht. .Ebenso nützlich sind die Karten
über die Bodenbenutzung in Deutschland sowie diejenigen, die den
Handel des Deutschen Reichs mit den Ländern Europas nach
Ein- und Ausfuhr veranschaulichen. Endlich sind noch die außer-
europäischen Erdteile durch besondere Karten über ihre Erzeug-
nisse und Verkehrswege, Nordamerika entsprechend seiner großen
Bedeutung in dieser Beziehung sogar durch zwei vertreten. Bei
aller Fülle des verarbeiteten Stoffes zeichnen sich sämtliche Karten
durch große Klarheit und Obersichtlichkeit aus. — Auch reiferen
Schülern ist der Atlas zum Privatgebrauch zu empfehlen und jedem
Gebildeten, der sich über die Grundlagen unterrichten will, auf
denen der Aufschwung der Gutererzeugung des Handels und Ver-
kehrs unsres Vaterlandes beruht, der die Beziehungen des in-
dustriellen und gewerblichen Deutschland zu andern Völkern und
die Wege des großen Handelsverkehrs kennen lernen will, wird
er ein willkommenes Hilfsmittel sein, auf das hingewiesen worden
zu sein er dankbar anerkennen wird.
Treptow a. R. K. Schlemmer.
Kleiber-Seheffler, Physik für die Oberstufe. Zam Gebraach für
die Oberklassen höherer Lehraostalteo. Uater besonderer Berück-
siehtiguog der oorddeatscheo Lehrpläoe bearbeitet voo iohaan
Kleiber aod Bngo Seheffler. Zweite, volUtäodig omgearbeitete
AoBage mit mehr als 660 Figoren, zahlreieheo durchgerechneteo
Mttsterbeispieleo ood Aafgabea samt Lösoogen. Möochea and Berlin
1907, R. Oldenbonrg. IX a. 446 S. 8. geb. 4,45 JC.
Dem wertvollen Unlerrichtswerke, von dessen erstem Er-
794 Kleiber-Scheffler, Physik f. d. Oberstufe, a^z. v. R. SehieL
scheioen ich vor zwei Jahren an dieser Stelle Nachricht gab, ist
eine so allgemeine Anerkennung zuteil geworden, daß der ersten
großen Auflage schon jetzt eine zweite folgen mußte.
Eine vortreffliche Gliederung des umfangreichen Stoifes,
großer Reichtum an Figuren und Musterbeispielen und eine
didaktisch ausgezeichnete Behandlung der darzustellenden Tatsachen,
Gesetze und Hypothesen, die durch zahlreiche in die Darstellung
eingeflochtene Übungsaufgaben und gelegentlich auch durch
Experimentierfragen dem Verständnis der Schuler näher gebracht
werden, sind Yorzäge, auf die ich schon bei der ersten Auflage
hinweisen konnte, und die in noch höherem Grade in der neuen
Auflage hervortreten. Von neueren Ergebnissen der physikalischen
Forschungen ist die drahtlose Telegraphie und die tönende Bogen-
lampe etwas eingehender besprochen, während die neu auf-
genommene Elektronentheorie und die Komsche Femphotographie
eine knappere Darstellung erfahren haben. Auch einige methodisch
wichtige Unterrichtsmittel, die man in der Praxis mit bestem Er-
folge verwendet, sind neu hinzugekommen, so der Reifenapparat
von Fr. C. G. Muller, der in höchst instruktiver Weise zur Dar-
stellung der Gesetze beschleunigter Bewegungen dient, das weit-
verbreitete Difl'erentialthermoskop von Looser und mehrere Ver-
suchsanordnungen von Grimsehl. Die schon in der ersten Auf-
lage reiche Ausstattung des Werkes mit Figuren ist noch um
150 neue vermehrt worden. Unter den meist schematisch ge-
haltenen, zweckmäßigen und klaren Figuren finden sich auch
mehrere Gesamtbilder wichtiger Apparate, die gewiß dem leb-
haftesten Interesse der Schüler begegnen werden. Um die in
dem Unterrichtsgange gewonnenen Begriffe praktisch in geeigneter
Weise einzuöben, sind sehr zahlreiche Aufgaben und Muster-
beispiele neu hinzugefügt, deren Gesamtheit jetzt mehr als
60 Seiten des Buches füllen. Besonders sei auf eine Reihe von
Aufgaben hingewiesen, welche Messungen an Textfiguren verlangen
und so einen wenn auch nur schwachen Ersatz für mangelnde
Schülerübungen bilden dürften. Endlich erwähne ich eine weitere
Ausgestaltung der mathematischen Geographie an Lehrstoff und
Aufgaben, bemerke aber, daß auch in der neuen Auflage eine
Sternkarte diesem Abschnitte nicht beigefügt ist.
Eine so weitgehende Vermehrung des Inhaltes hätte eine be-
trächtliche Vergrößerung des Buchumfanges zur Folge haben
müssen, wenn nicht in anderer Hinsicht bedeutende Kürzungen
stattgefunden hätten, welche nunmehr den Umfang des Buches
um 54 Seiten vermindert haben. Um dem Wunsche des preußi-
schen Unterrichtsministeriums zu entsprechen, daß das Werk zum
ausschließlichen Gebrauche für die oberen Klassen umgearbeitet
merden möchte, ist der ganze Stoff der Unterstufe, einschließlich
des Abschnittes über Chemie, ausgeschieden, dadurch eine
wünschenswerte Verringerung des Buchumfanges herbeigeführt
Sehnidti Möller^ Radeswill, Schöoh. a. Gymn., a^s. v. G. Riehm. 795
und eine einheitliche Anwendung der Darstellnngsmitte) erzielt
worden.
Da» Buch ist nicht frei von Druckfehlern. So ist S. 424
Thorn in Ostpreußen zu verbessern. Für den Unlerrichtszweck
ist eine schnelle Folge Yon Auflagen, welche beträchth'che Um-
arbeitungen aufweisen, nicht wünschenswert, sind doch beim
gleichzeitigen Gebrauche mehrerer Auflagen wesentliche Ab-
weichungen der neuen yon den alten in hohem Grade störend.
Dies war im vorliegenden Falle nicht zu vermeiden. Nun darf
man wohl hoffen, dafi dem so vortreffichen Buche eine stetigere
Entwickelung zuteil werden möchte.
Berlin. R. Schiel.
P.A. Schmidt, Karl MSlIer, Minna Radczwill, Schönheit and
Gymnastik, drei BeitrÜse sar Ästhetik der Leibeserxiehnbg. Mit
40 Bildern. Leipzig 1907, B. G. Tenbner. VIII a. 224 S. 8. 2,80 JC^
Die drei Aufsätze, welche in dem vorliegenden Bändchen
Tereinigt sind, sind aus Vorträgen hervorgegangen, welche die Ver-
fasser auf dem Runsterziehungstage in Hamburg bzw. im Goethe-
bund zu Dresden und im Verein Hamburger VoiksscbuUehrerinnen
gehalten haben; sie sind 0. H. Jäger, „dem Vorkämpfer mannhafter
Schönheit, dem Feinde undeutscher und unweiblicher Scheingrazie'',
zugeeignet.
Der erste Aufsatz führt den Titel: „Die natürlichen
Grundlagen der Erziehung des Körpers zur Schönheit*'.
Er zeigt, wie die spezifischen Merkmale menschlicher Schönheit
stammesgeschichtlich sich ergaben aus dem aufgerichlelen Gange
des Menschen, der auch die übrigen formgebenden Bewegungen
erst ermöglichte, so daß Pflege und Obung derselben Bewegungs-
arten geeignet sein müssen, das Werk der Natur am einzelnen
Menschen zu unterstützen und zu vollenden. Dabei ist Schönheit
keine gleichgültige Sache; denn der schönste Körper ist zugleich
der gesundeste und derjenige, der mit dem sparsamsten Kraftauf-
wand das Höchste leistet. Und Schönheit wird vom geschulten
Auge als solche gesehen und empfunden, auch ohne mathematische
Angaben. Eine Idealgestalt für den Knaben erkennen wir z. B.
im Adoranten, für das Mädchen in der Wettläuferin des Vatikans,
für den Jüngling im Apoxyomenos.
Die Grundlage der Menschengestalt, das Skelett, ist durch
Bewegungsübuogen in hohem Maße zu beeinflussen, sowohl nach
seiner absoluten Größe wie nach der Harmonie seiner Teile. Am
kindlichen Körper wird das nachgewiesen, und auch die ab-
weichenden Maßverhältnisse des Frauenkörpers gegenüber dem
männlichen werden als kindlich unentwickelte aufgefaßt und auf
falsche Erziehung mit mangelhafter Bewegung zurückgeführt. Am
leichtesten und ausgiebigsten und naturlichsten vollziehen sich die
die harmonische Ausbildung des Skeletts gewährleistenden Be-
796 Schmidt, MSller, Radczwill, Schönheit aod Gymnastik, '
wegungen im Spiel, erst im kindlichen Spiel, später im Kampfspiel,
ferner in Wanderungen, Bergsteigen, Laufen, Werfen, Schwimmen,
Rudern, Schlittschuhlaufen. Die Beschlagnahme der Straßen für
den sausenden Verkehr, der Plätze für umgitterte Schmuckanlagen
begründen daher die Forderung ausreichender Spielplätze.
Besonders aber die Muskulatur, welche weder infolge Nicht-
gebrauchs schlaff« noch infolge falschen Gebrauchs knollig aus-
sehen darf, sondern prall, kräftig und schlank, wenn sie den
Forderungen der Schönheit genügen soll, erweist sich als der Aus-
bildung durch Bewegung in hohem Grade zugänglich. Da wird
mit Recht gewarnt Yor den beliebten ruck- und zuckartigen Be-
wegungen bei den Freiübungen, vor den unoatürlichen Verbindungen
yon Arm-, Bein- und Rumpfübungen, die doch ganz verschiedenes
Tempo erfordern, vor der Vorliebe für schwere Hanteln und Eisea-
stangen, die die Beugemuskeln unnatürlich schwellen lassen, vor
dem Obermafi von Stützübungen (Handstand) am Barren und
Pferd, das die häßliche Verkürzung des Brustmuskels zur Folge
hat und den Turnerbuckel erzeugt. Es wird ferner auf gute
Haltung im Gehen und Stehen Wert gelegt, die auch von vielen
tüchtigen Turnern in dem Maße hintangesetzt werde, daß ihnen
eine möglichst nachlässige Haltung geradezu als vornehm zu gelten
scheine, während doch die Lernschule durch das viele Bücken
beim Lesen und Schreiben die Körperhaltung der Schüler schon
aufs ungünstigste beeinflußt. (Ref. ist übrigens der Ansicht, daß
der runde Rücken in Verbindung mit dem vorgestreckten Kinn
hauptsächlich durch das „Liegen'* auf der Schulbank erzeugt wird,
wenn nämlich das auf die Vorderkante der Bank rutschende Ge-
säß dem Rumpf eine schräge Lage gibt, während der Kopf auf-
gerichtet wird, um den Lehrer ansehen zu können. Gesäß hinten
'ran! das ruft er seinen Schülern unzählige Male im Unterricht
zu.) Durch mancherlei Freiübungen, namentlich aber durch
Schwimmen, kann die Rückenmuskulatur so gekräftigt werden,
daß eine schöne, leichte, freie Körperhaltung erzielt wird.
Baden und Schwimmen ist es auch, welches in hervor-
ragendem Maße der Hautdecke unseres Körpers die rosige Farbe,
die weiche Frallheit und die gesunde Frische verleiht, wie sie die
Schönheit erfordert. So wird der in rechter Weise gymnastisch
wohlgeschulte und schöne Körper immer mehr zu einem nie ver-
sagenden Werkzeug des Geistes.
Es ist eine Autorität ersten Ranges, die uns in diesem Auf-
satz die Augen öffnet über Mißstände in unserm Turnbetriebe,
und es geschieht in überzeugender Weise und in vollendeter
Form. Möchten recht viele Turnlehrer sich von der Begeisterung
mit fortreißen lassen, mit der hier für eine gute Sache ein-
getreten wird.
Auch der zweite Aufsatz: „Kunst und Leibesübung im er-
ziehlichen Zusammenwirken'' von Karl Möller enthält viel Be-
aDgez. ¥00 G. Riehm.- 797
herzigcDswertes. ' Er hat noch am meisten den Charakter des
Vortrags an sich, sowohl in den Licht- wie in den Schattenseiten.
Viel Schwung, aber nicht immer dasselbe Maß von Klarheit (z. B.
Seite 179: Die Gymnastik ... macht den Körper zu einem wohl-
geordneten, ansprechenden Gefüge von mechanischen Kraft-
wirkungen!). Auch der Inhalt wird nicht überall Zustimmung
finden. Wenn z. B. der Streckschritt verhöhnt wird, weil die
Steifung des Fußes den Gang nicht elastischer machen kann, so
ist das einfach ein Irrtum. Verf. sagt selbst: „Die Soldaten hei
der Parade, der Kaiser selbst und die kaiserlichen Prinzen
marschieren nicht im Streckschritt'S und doch wird der Streck-
schritt beim Militär in ausgiebigster Weise geübt, um die Streck-
muskeln des Fußes dadurch zu kräftigen, damit das „leichte und
federnde Abheben des hinteren Fußes'^ ermöglicht werde. Auch
bei seiner Ablehnung von eingehenden Lehrplänen, die das Vor-
ausnehmen von Obungen der späteren Stufe verbieten, dürfte
Verf. vergessen haben, daß der geniale Turnlehrer natürlich alles
darf, daß man aber im allgemeinen doch mit Mittelgut zu rechnen
hat. Aber wozu sich mit solchen kleinen Mängeln aufhalten. Es
weht durch diesen Au&atz eine solche frische Begeisterung, daß
man den Ausführungen des Verf. mit immer steigendem Genüsse
folgt. Man möchte nur immer wünschen, daß der Verf. noch
mehr Einzelbeispiele gäbe, damit auch der begeisterte Leser weiß,
wie er es machen soll, um dem Ziele nahezukommen, welches
ihm lockend vorgehalten wird.
Diesen Wunsch hat man auch bei dem dritten Aufsatze:
,,Reigen und Reigentanz*' von Minna Radczwill. Mit durchgängiger
Zustimmung wird der Leser den Ausführungen der Verfasserin
folgen, die die Fehlerhaftigkeit^ ja Sinnlosigkeit der überall üblichen
„Reigen*' aufzeigt. Aber nur ein einziges, noch dazu ziemlich
kümmerliches Beispiel zeigt, wie man es besser machen soll, um
den „Tänzen Inhalt zu verschaffen, so daß sie wieder Ausdrucks-
bewegungen des Empfindens werden, was sie ursprünglich waren'*.
Hoffentlich schenkt uns die Verfasserin bald ein Reigenbüchlein,
damit auch wir Durchschnittslehrer anfangen können, sinnvolle
Reigen tanzen zu lassen.
Die Ausstattung des Bändchens ist vortrefflich, und die Bilder
gereichen ihm zu einem wirklichen Schmuck, gaoz besonders das
Titelbild (Martin Götze: Vor de^ Bade).
Halle a. S. G. Riehm.
Berichtigung.
Auf S. 734 Z. 12 ▼. u. ist am Schluß des Satzes „durchaus
wahrscheinlich** hinzuzufügen.
EINGESANDTE BÜGHEB
(BesprediaDg eincelner Werke bleibt vorbebalteo).
1. CooteurB modernei. Grooio^e, P. Noordboff.
Nr. 2. A. Dandet, Cootes cbnisis. Preeedee d'aae notice litte-
raire etc. per E. B. B. Lacombl^. Gioqoiene ^ditioe. 1907. 151 S.
0,60/, geb. 0,75Ä.
Nr. 4. £. Zola, Cootes choisis. PrMd^i d'ane notiee litte-
raire etc. pir E. B. B. LacombU. Troisieme Edition. 1907. 147 S.
0,60 fi, geb. 0,75 fl,
2. La composItioB frao^aiae. Les georea. VII.
Coaaeilsg^D^raux (pr^paratioo a Tart d'^rire) par M. R o n a ta o.
Paria 1907, P. Delaplane. \p 60 c.
F. Piqaet, Pr^cia de pboa^tiqne bistoriqoe del'alieasaad
accoBipaga^ de notioDS de pbooetiqae deacriptive. Avee deax figorea et
aoe carte coloriee. Paris 1907, C. Klioeksieek. XV a. 241 S. 12. geb.
3. A. Stabl, Bio Ferieokuraaa in Saint- Valery-ea-Canz,
XQgleicb ein Beitrag zam Verstäodois des Rüstenstrlcbs. Progr. Greifawald
1907, Braacken ft Co. 32 S. 0,80 JC-
4. W. Irving, Tbe lifeaad voyages of Chriatopber Colnasbaa.
Vorgesebicbte and erste Bntdeckongsreise. Erklärt von E. Sehr id de.
Dritte Anflage. Berlin 1907, Weidnannaehe Bacbhandloag. Text 220 S.,
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5. J. Bliinger und A. J. P. Butler, Lehrbaeb der engliseben
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Mit 10 Abbildnagen und 1 Miastafel. Wien 1907, F. Teapsky. 170 S.
gr. 8. geb. 2 iT 50 A.
i. Ellinger and A. J. P. Butler, A Short English Syntax
and Exercises, witb a Eoglisb-Germaa and a Gennan- English Gloasary.
Vieona 1907, F. Tenpaky. 110 S. gr. 8. 1 ilT 40 A, geb. 1 JT 90 A.
6. M. Kleinaehmidt, Prolegomena an einer eagliaehea
Grammatik. Braanscbweig, Vieweg & Sohn. 12 S. 0,20^. (S.-A. aas
dem Pädagogischen Archiv, 48. Jahrg.)
M. Rleinsebmidt, Karzgefa fite Grammatik der engl lache a
Sprache. Leipzig 1907, B. G. Teabner. VI a. 28 S. hart. 0,50 JC-
7. H. Weersma, A collection of Stories and Sketches by
modern aothors. Groningen 1907, P. Noordboff. IV a. 228 S. 1,50 fr.
8. R. Ploetz, Auszag aus der alten, mittleren undaeneren
Geschichte. Fünfzehnte Auflage. Leipzig 1907, A. G. Ploetz. VIII u.
440 S. kl. 8. 3 M^
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ansehaolicbung geographischer Grundbegriffe in Schulen aud als
Beigabe zum Aascbauungsunterricht. Dritter Neudruck. Efilingen und
München 1907, J. F. Schreiber. 16 S. und 1 WandUfel In verkleinerter
Wiedergabe. 0,40 Jt.
10. F. Neubauer, Geschichts-Atlaa zo dem Lehrbuch der Ge-
schichte für höhere Lehranstalten. Für den Geschichtsunterricht in Quarta
bis Untersekunda. 12 Haupt- und 8 Nebenkarten. Fünfte Auflage. Halle a. S.
1907, Buchhandlung des Waisenhauses. 0,60 JC-
11. Die Weltgeschichte in mn emoniscben Reimen (Gedächtais-
kunst). Für seine Enkelkinder verfaßt von Frhr. Fritz von Holxhansen.
Berlin o. J., L. Schwarz ft Comp. 32 S. 12. 0,50 Ji.
12. P. Hinneberg, Die Rultur der Gegenwart I 8: Die
griechische und lateinische Sprache von U. v. Wilamowitz-Moellen-
dorff, R. Rrumbacher, i. Wackeraagel, F. Leo, B. Norden, F. Skutsch.
Eingesandte Bücher. 799
Zweite Aoflage. Leipzig 1907, B. 6. Teoboer. VIII u. 494 S. Lex.-8
«cb. 12 Jt.
13. P. Wagner, Lehrbuch der Geologie und Mineralogie
far höhere Schalen, insbesondere für Realanstalteo und Seminare. Mit
222 Abbildungen. Leipzig 1907, B. G. Teubner. VIII und 178 S. gr. 8.
geb. 2,40 M.
14. H. Schubert und A. Schunpelick , Arithnetik für Gym*
aasien. Zugleich fänfte Auflage von Schaberts SamaBlnog von Aufgaben usw.
Erstes Heft: Für mittlere Klassen. VII u. 199 S. 1,80 JC^ — Ausgewählte
ReaulUte zur Arithmetik Tdr Gymnasien. 1. Beft 26 S. Leipzig 1907, G. J.
^Ssehen'sehe VerJagshandlung.
15. G. John und R. Sachsse, Lehrbuch der Chemie für höhere
Lebranstalten und zum Selbststudium bearbeitet. Mit 106 Figuren. Leipzig
1906, B. G. Tenbner. Grofie Ausgabe. X «. 358 S. gr. 8. geb. 3,40 Ji.
— Kleine Ausgabe. Vm u. 334 S. gr. 8. geb. 3 JL.
16. KSrper und Geist. Festnommer, E. v. Schenckendorff zum
70. Geburtstag gewidmet vom Zentralausschofi für Volks- und Jugendspiele
in DenUchland. Jabrg. 16, Heft 3—4 (32 + 30 S.).
17. Hermann Günther, Botanik. Zum Gebrauehe in den Schalen
4io4 auf Bxkorsionen bearbeitet. Siebente Aoflage. Mit 324 Holzschnitten.
Haottover 1907, Helwingsche Verlagsbuchhandlung. V u. 510 S. geb. 3,20 Jt^
18. H. Müller, Vierstellige Logarithmen-Tafeln, für die
flaud der Schüler zusammengestellt. Leipzig 1906, B. G. Tenbner. hart. 0,25 M-
19. Willy Olympier, Körperkultur. Berlin, Gose ft TeUlaff.
64 S. mit 43 Abbildungen. 2 M^
20. B. Lippold, Das Ehrgefühl und die Schule. Leipzig, 1907,
•Quelle ft Mever. 51 S. 0,80 JC^
21. R. Maaek, Künstlerische Heimatkunde von Hamburg und
Dmgegend. Leipzig 1907, Quelle & Meyer. 43 S. Lez.-8. 0,80^.
22. J. Weis weil er. Das Schulkonzert. Ein Beitrag zur Frage
der Kunsterziehung am Gymnasium. Leipzig 1907, Qoelle & Meyer. 48 S.
0,80 JC.
23. K. Troost, Beiträge zur Behandlung der Philosophischen
Propädeutik in Prima. Leipzig 1907, Qoelle & Meyer. 42 S. 0,80 w^.
24. C. Schöler, Praktische Deaklehren auf neuen Grundlagen
gemeinverständlich dargestellt. Amstetten 1906, Selbstverlag des Ver-
Aissers. 136 S.
25. A. Höfler, Grundlehren der Logik und Psychologie.
Mit einem Anhange: Zehn Lesestücke aus philosophischen Klassikern.
Zweite Auflage. Leipzig 1907, G. Freytag. XII u. 4ü0 S. geb. 5 A*.
26. F. J. Knecht, Praktischer Kommentar zur Biblischen
Geschichte mit einer Anweisung zur Erteilung des biblischen Geschichts-
unterrichts und einer Konkordanz der Biblischen Geschichte und des Kate-
chismus. Mit 4 Kärtchen. Binundzwanzigste Auflage. Freiburg i. Br. 1907,
Herdersche Verlagshandlung. XX u. 889 S. geb. 7 JL>
27. J. W. Arenz, Historisch-apologetisches Lesebuch für den
katholischen Religionsnnter rieht an den obersten Klassen höherer Lehr-
anstalten sowie zur Selbstbelehrung. Freibnrg i. Br. 1907, Herdersehe Ver-
lagahandinng. XV u. 232 S. 2,60 Jt.
28. H. Wedewer, Lehrbuch für den katholischen Religions-
unterricht in den oberen Klassen höherer Lehranstalten. Erste Abteilung:
Grundriß der Kircheogeschichte. Elfte und zwölfte Aoflage. Mit 8 Ab-
bildungen. Freiburg i. Br. 1907, Herdersehe Verlagshandlung. XV u. 138 S.
1,60 JC geb. 2 M*
29. E. M. ^amann, Abrifs der Geschichte der deutschen
liiteratur. Fünfte Auflage. Freiborg i. Br. 1907, Herdersche Verlags-
haadlung. IX n. 319 S. 2,70 Jt.
30. K. Hnffmann, Deotsche Sprachlehre. Ein methodischer
l^eitfaden für Mittelschulen und höhere Lehranstalten. Vierte Auflage.
800 Eioi^esaodte Bücher.
Gießen 1907, Emil Roth. VII a. 1S9 S. 1 Jt, in Schnlbaod 1,50 JL,
(1. Sttzlehre mit 95 Obaof sstackeD. II. Wortlehre mit 222 Obangsbeiapielen.
III. Anhang: Die wichtigeren Regeln der deatschen Reehtschreibnng nebst
einem Wörterverzeichnisse.)
31. Tb. Matthits, Kleiner Wegweiser darch die Schwan-
kangen und Schwierigkeiten des deatschen Sprachgebrauchs.
Dritte Aaflage. Leipzig 1906, Fr. Brandstetter. VIII n. 160 S. geb. 1,40 Jt-
32. H. Handwerck, Goethes Reineke Pncha. Leipzig 1907,
G. Preytag. 166 S. geb. 0,90 Ji.
33. Rlopstock, Oden. firklSrt von R. Windel. Mit einens An-
hange: Einige charakteristische Stellen ans dem Messias. Dritte Auflage.
Leipzig 1907, G. FreyUg. 147 S. 0,75 JC.
34. Lessing, Laokoon. Beraasgegeben von M. Mantik. Mit 1 Ab-
bildang. Leipzig 1907, G. FreyUg. 128 S. geb. 0,60 M.
35. A. Gndeman, Grondrifs der Geschichte der klassiaehen
Philologie. Leipzig 1907, B. G. Teobner. VI a. 224 S. 4,80 M^
36. B. Gerth, Griechische Schnlgrammatik. Achte Anflage.
Leipzig 1907, G. FreyUg. IV u. 204 S. geb. 2,50 JL.
37. M. Wetzel, Griechisches Lesebach mit deatschen Obangs-
stücken fdr Unter- and Ober-Tertia. Sechste AalUge von J. Weskamp.
Preibnrg i. Br. 1907, Herdersche Verlagshandlang. XV a. 225 S. 2,40 Jl^
geb. 3 Jt»
38. E. Bora, Der Komparativ. Bio neaer Deotangsversach. Frei-
stadt O.-Ö. 1907, J. Seidler. 36 S.
39. E. M. Rankin, The rdle of the Maye&Qot in the lifo of
theAncientGreeks. As depicted in Greek Literatare and Inseriptions.
VI n. 92 S.
40. R. Johannes, De stadio venandi apad Graecos et Ro-
manos. Diss. Gottingen 1907. 82 S.
41. Th. Mommsen, Gesammelte Schriften. Dritter Baad.
Juristische Schriften. Dritter Band. Berlin 1907, Weidmannscha Bach-
handlnng. XII u. 632 S. Lex.-8. 15 JC.
42. Th. Tapetz, Gindley's Lehrbach der allgemeinen Ge-
schichte für die oberen Klassen der Gymnasien. I. Band: Das
Aitertam. Mit 53 Abbildnngen. Zwölfte Anflage. Wien 1907, F. Tempaky.
271 S. Lez.-8. geb. 3 JST 50 A.
43. Th. Steinwender, Die Marschordnung des römischen
B e e r e 8 zur Zeit der Manipularstellung. Danzig 1 907, A.W. Kafemann. 43 S.
0,80 JC.
44. F. M. Martin, Lehrbach der Geschichte für die aoteren
Klassen der MitUlschulen. Dritter Teil: Die Neuzeit Fünfte Aaflage. Mit
53 Abbildungen und 1 Karte der ÖsUrreiehisehen Monarchie. Wien 1907,
F. Tempskv. IV u. 124 S. geb. 2 K.
45. M. Mertens, Bilfsbach für den Unterricht in der deat-
schen Geschichte. In drei Teilen. Preibnrg i. Br. 1907, flerdersche
Verlagshandlang. I. Teil: DenUche Geschichte von den ältesten Zeiten
bis zum Ausgange des Mittelalters. Elfte and zwölfte Aaflage. VIIl u. 140 S.
K40 JC, geb. 1,80 JC. H Teil: Deutsche Geschichte vom Beginn der Neu-
zeit bis zur Thronbesteigong Friedrichs des GroBen. Neunte und zehnte
Auflage. S. 141^240. 1,20 JC, geb. 1,60 JC.
46. R. Boldermaon und R. Setzepfandt, Bilder und Erzäh-
lungen aus der allgemeinen und deutschen Geschichte. Vierte
Aaflage von R. Setzepfandt und A. Böttcher. Zweiter Teil: Deutsche
Sagen und GeschichUbilder aus dem Mittelalter. Mit 66 Abbildungen and
4 Karten. Leipzig 1907, G. Preytag. 128 S. geb. 2,20^.
47. H. Thieme, Leitfaden der Mathematik für Gymnasien.
Zweiter Teil : Die Oberstufe. Mit 64 Figureo. Zweite Aaflage. Leipzig
1907, G. Freytag. 111 S. geb. 1,60^.
ERSTE ABTEILUNG.
ABHANDLUNGEN.
Aus der pädagogischen Sektion der 49. Versammlung
deutsoher Philologen und Schulmäniier zu Basel,
24.-27. September 1907.
Nach Konstituierung der Sektion hielt Regierungsrat Gym-
nasialdirektor Dr. Thumser-Wien den angekündigten Vortrag
über: „Anforderungen der Gegenwart an die Mittel-
schule*', dem die nachstehenden Thesen zugrunde lagen:
1. Nach Zuerkennung der Gleichberechtigung an die verschiedenen
Mittelschultypen h<1ngt die gedeihliche Entwicklung des Mittel-
schulwesens von der Betonung und Ausgestaltung der Eigen-
art der einzelnen Schulgattungen ab; daher darf an den
Gymnasien beim Unterricht in den altklassischen Sprachen
neben dem realen Gesichtspunkte das Formale schon im Hin-
blick auf die sprachlich-ästhetische Würdigung der Lektüre
nicht in den Hintergrund treten.
2. Die Einheitsschule ist aus inneren Gründen unmöglich, aus
äuBeren Gründen unnötig, da die Eltern mit der Wahl der
einzelnen Schulgattungen, sobald diesen die Gleichberech-
tigung zuerkannt ist, keineswegs mehr eine Vorentscheidung
über die Berufswahl ihrer Söhne treffen.
3. Nur wo die Gleichberechtigung der verschiedenen Mittel-
schulen nicht durchgeführt ist und soweit es an der er-
forderlichen Zahl von Realanstallen mangelt, ist in den beiden
obersten Jahrgängen eine freiere Gestaltung des Unterrichts
gerechtfertigt.
4. Die Vermengung von Klassen* und Fachsystem und die aus-
gedehnte Verwendung der Kompensationen gefährdet das
Ziel der Mittelschule, die Jugend an ernste Pflichterfüllung
zu gewöhnen, und drückt ihr Bildungsniveau herab.
5. Der Rücksicht auf die Praxis des Lebens kann die Mittel-
schule, das Gymnasium im besonderen, in ausreichendem
ZttitMitf. t, d. OTmnMiidwtMii. LZI. 19. 5X
g02 Aus d. ptida;. Sekt. d. 49. Vers, dtsch. Phil. n. Schnlm. zu Basel,
Maße dienen, indem der Unterricht den Zusammenhang der
einzelnen Disziplinen mit dem Leben methodisch ausnutzt
und den Lehrstoff in der Muttersprache, sowie in Geschichte
bis auf die Gegenwart herabfuhrt. Diesen beiden Zielen
sollte schoc die Vorbildung der Mittelschullehrer an den
Hochschulen Rechnung tragen.
6. Eine gunstige Lösung der Mittelschulfrage ist am sichersten
bei einträchtigem Zusammengehen von Schule und Haus zu
erzielen. Daher empfiehlt es sich, an den sogenannten
Elternabenden auch aufklärende Vorträge über streitige Schul-
fragen zu halten.
Darauf folgte der Vortrag des Oberstudienrats Rektor
Dr. Hirzel-Ulm über: „Einseitigkeiten und Gefahren der
Sehulreformbewegung'S der in folgenden Thesen gipfelte:
1. Der Vorwurf, daß der gymnasiale Unterricht der Gegenwart
dem Geiste der Zeit widerspreche, ist einerseits sachlich
nicht begründet, andrerseits begrenzt er die Aufgaben des
Gymnasiums zu eng. Demgegenüber ist als die wichtigste
Aufgabe zu bezeichnen, die Schaffung eines auf der Höhe
seiner Angabe stehenden Lehrerstandes.
2. Der Ton, in dem die Polemik gegen das Gymnasium sich
zu äußern pflegt, entspricht vielfach den Anforderungen an
eine sachliche Auseinandersetzung nicht, ihr Inhalt aber läßt
Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse in weitem Umfange
vermissen.
3. Die wachsenden Ansprüche der organisierten schulhygieni-
schen Bestrebungen an die Einschränkung des Unterrichts
sind mit einer erfolgreichen Führung desselben nicht mehr
zu vereinigen.
4. Der Vorwurf, das Gymnasium sei nicht national und ver-
säume die Pflege vaterländischer Erziehung, ist nicht be-
gründet und beruht auf einer Oberspannung des Wertes
einseitig nationaler Bildung.
5. Die Beseitigung der Vorschulen als Voraussetzung der Ein-
heitsschulen läßt sich aus den Forderungen einer gesunden
Sozialpolitik nicht begründen.
6. Der Einfluß künstlerischer Bildung auf den Gymnasialunter-
richt ist als berechtigtes Element desselben anzuerkennen.
Art oder Umfang dürfen aber seine übrigen Aufgaben nicht
beeinträchtigen.
7. Die Zurückdrängung des grammatischen Unterrichts und der
ihn erst zu voller Wirkung bringenden Übungen in den
alten Sprachen bat die richtigen Grenzen jetzt schon über-
schritten, da dieser sowohl an sich wie als Stütze der Ein-
führung in die Literatur einen durch nichts zu ersetzenden
Wert hat; darum ist die Rückkehr zu einer stärkeren Pflege
desselben anzustreben.
▼00 M. Goerne. 803
8. Das Gnindubel des Gymnasialunterrichts, wie er sich im
letzten Menschenalter gestaltet hat, ist die wachsende Über-
fuliung mit Lehrfachern und Wissensstoffen. Mit Räcksicht
auf die nunmehr im wesentlichen durchgeföhrte Gleich-
berechtigung der yerschiedenen Wege höherer Schulbildung
ist, ohne völligen Ausschluß anderer Elemente, nament-
lich der mathematischen, eine Vereinfachung und Konzen-
trierung auf das Gebiet der altsprachlichen und der auf
vaterländischer Grundlage ruhenden historischen Bildung an-
zustreben.
9. Im Bewußtsein dessen, was das Gymnasium in der Ver-
gangenheit dem deutschen Volke geleistet hat, wird es auf
Grund einer so gearteten Reform in gleicher Richtung wie
bisher, aber mit gesammelter und verstärkter Kraft, seiner
Aufgabe auch künftig gerecht werden können.
10. Zur Durchführung der in den obigen Sätzen bezeichneten
Ziele wird eine Unterrichtskommission niedergesetzt, die der
nächsten Versammlung Einzel vorschlage zu praktischen Maß-
nahmen und Schritten vorlegen soll.
Nach dem Hirzelschen Vortrag wurde die Diskussion über
beide Vorträge eröffnet. Geh. Hofrat Dr. Uhlig- Heidelberg und
Gymnasialdirektor Dr. Aly- Harburg sprachen ihre volle Oberein-
stimmung mk den beiden Vorträgen aus und wünschten, daß die
gesamte pädagogische Sektion sich dieser Zustimmung anschließen
möge. Aly stellte (entsprechend These 10 Hirzels) den Antrag
auf Einsetzung einer Onterrichtskommission zur Prüfung der
wichtigsten Fragen des höheren Schulwesens; diesen Antrag zog
er jedoch in einer späteren Sitzung selbst zurück. Auch Prof.
Dr. Lasson- Berlin stimmte von ganzem Herzen den Ausführungen
Hirzels bei. Gegen die beantragte Zustimmung der Sektion er-
klärte sich Gymnasialdirektor Dr. Lange-Solingen, indem er sich
besonders gegen Hirzel wandte: dessen Ausführungen zeigten einen
einseitigen und engherzigen Geist, da Hirzel nur das Alte gelten
lasse, ohne den berechtigten Forderungen, welche die völlig ver-
änderten Verbältnisse der Gegenwart, des 20. Jahrhunderts, an
die Weiterentwicklung des Gymnasiums stellten, im geringsten
Rechnung zu tragen. Ebenso einseitig sei es, wenn Hirzel die
Forderungen der Schulhygiene von vornherein ablehne; wenn er
z. B. den Nachmittagsunterricht «empfehle, so stelle er sich in
Gegensatz zu den Ärzten, die ihn verwerfen. Wenn Hirzel alle
sexuellen Belehrungen aus dem Gymnasium ausgeschlossen wissen
wolle, so verkenne er vollständig, daß das Gymnasium geradezu
die heilige Pflicht habe, wenigstens die Abiturienten über die Ge-
fahren, denen sie entgegengingen, aufzuklären; rede doch die
Statistik bezüglich der Verbreitung der sexuellen Krankheiten unter
den Studierenden ein geradezu vernichtendes Wort über die bis-
herige Praxis, die Belehrung nur den Eltern zu überlassen; diese
51*
804 Ans d. padag. Sekt. d. 49. Verf. dtfeh. PhiL u. Sehnlm. za Basel,
seien oft nicht dazu imstande, besonders Witwen; am besten ge-
schehe sie durch Vorträge von Ärzten an die Abiturienten. —
Eine große Obertreibung enthalte These 7: es sei eine ganz ein-
seitige Oberschätzung, wenn Hirzel dem grammatischen Unterricht
an sich „einen durch nichts zu ersetzenden Wert'* zuschreibe;
das sei das alte Härchen von der allein formal bildenden Kraft
der latein. Grammatik; dem gegenüber sei längst die Erkenntnis
durchgedrungen, daß auch andere Unterrichtsfacher formal bildend
wirkten. Eine noch stärkere Pflege der grammatischen Übungen
auch in den Oberklassen sei keineswegs anzustreben, im Gegen-
teil, man könne bis zum Schlüsse der Untersekunda die gram-
matische Grundlage so fest legen, daß die Oberklassen von dem
grammatischen Ballast frei bleiben und sich lediglich auf die Ver-
tiefung der Lektüre, auf die Einführung in das Geistes- und
Kulturleben des klassischen Altertums beschränken könnten; diese
sei und bleibe Ziel und Blüte des ganzen Gymnasialunterrichts in
den klassischen Sprachen, nicht der Betrieb der Grammatik. Der
Wegfall der Obersetzungen in das Griechische in den Oberklassen
habe das Griechische von einer lästigen Fessel befreit und der
Lektüre nur genutzt.
Auch Prof. Stählin -München sprach sich gegen Hirzel aus:
dessen Forderungen für den Betrieb der Grammatik gingen ihm
zu weit; in Bayern sei die gegenteilige Ansicht, daß die Grammatik
als Bildungsmittel minderwertig sei, weit verbreitet. Gymnasial-
direktor Dr. Lück- Steglitz erklärt, er bewirke die sexuelle Auf-
klärung der Abiturienten durch einen Arzt; im übrigen aber sei
er ganz mit Hirzel einverstanden, auch bez. der Wertung der
grammatischen Übungen.
Als Ergebnis der Diskussion stellte der Vorsitzende fest, daß
Hirzels Vortrag in der Sektion von verschiedenen Seiten Beifall,
aber anderseits auch starken Widerspruch gefunden habe.
Die nächste (kürzere) Sitzung war ausgefüllt mit der Diskussion
über die in der allgemeinen Sitzung des vorausgehenden Tages
gehaltenen Parallelvorträge über Universität und Schule, insbesondere
über die Ausbildung der Lehramtskandidaten, von Prof. Dr. Klein-
Göltingen (Mathematik und Naturwissenschaften), Prof. Dr. Wend-
land-Breslau (Altertumswissenschaft), Prof. Dr. ßrandl-Berlin
(Neuere Sprachen), Prof. D. Ad. Ha rnack- Berlin (Geschichte und
Religion). In der Besprechung wurde von verschiedenen Seiten
die erfreuliche Tatsache betont, daß die Universitätslehrer jetzt
den Bedürfnissen der höheren Schulen mehr Beachtung schenkten,
und den Vortragenden wärmster Dank ausgesprochen, besonders
Harnack für seine geist- und lichtvollen Ausführungen. — Brandl
hatte Zwischenprüfungen für die neuphilologischen Studiereoden
gefordert: die Oberrealschulabiturienten müßten nach zwei Semestern
eine Prüfung im Latein ablegen, in der sie etwa das Maß der
lateinischen Kenntnisse eines Realgymnasialabiturienten darlegen
voQ M. Goerne. 805
sollten; ohne Latein könne niemand neuere Philologie studieren.
Sehr wesentlich sei es, daB die Neuphilologen bereits als
Studenten längere Zeit im Auslande zubrächten, nicht erst später
als Oberlehrer; nach dem Vorgange anderer Staaten möge auch
Preußen ausreichende Stipendien för den Auslandsaufenthalt von
Studenten der neueren Philologie auswerfen. Gegen Brandls Forde-
rung von Zwischenprüfungen sprach sich Prof. St enge! -Greifs-
wald aus; Oberhaupt habe Brandt durchaus nicht im Sinne der
neuphilologischenUniversitätslehrer gesprochen, die mit gar manchen
seiner Ausföbrungen nicht einverstanden seien.
Uarnack hatte bedauert, daß manche Studenten in den
einfachsten Dingen der Burgerkunde große Unwissenheit zeigten,
z. fi. die Stellung und Aufgabe des Bundesrats, des Herrenhauses
usw. nicht kennten; er hatte Unterricht in Burgerkunde auf den
höheren Schulen und den Universitäten, größere Berücksichtigung
der römischen Kaisergeschichte als eines für die geschichtliche
Weiterentwicklung sehr wichtigen Zeitraumes, Einführung in die
historische Kritik und Aufweisung der leitenden Ideen in der
Weltgeschichte verlangt. Für den Religionsunterricht hatte er
es als die wichtigste Aufgabe bezeichnet, daß der Schüler zu einer
religiösen Weltanschauung, die keineswegs gleichbedeutend sei mit
Dogmenglauben, herangebildet und zum Verständnis der die Gegen-
wart bewegenden religiösen Fragen angeleitet werde: dazu gehöre
besonders, daß er das Wesen der protestantischen und der katholi-
schen Kirche genau kennen lerne; Dogmen sollten nicht Gegen-
stand des Schulunterrichts sein; es sei am besten, etwa im 13. oder
14. Jahre, wo der jugendliche Geist den überlieferten biblischen
Geschichten bereits kritisch gegen überzutreten anfange, ohne doch
för tieferes Verständnis noch reif genug zu sein, den Religions-
unterricht in der Schule ruhen zu lassen, während die Kirche den
Konfirmandenunterricht erteile, und ihn dann später wieder auf-
zunehmen. Die sicheren Ergebnisse der historisch -kritischen
Forschung solle man den Schülern nicht vorenthalten. Auf der
Universität müsse eine Vorlesung über religiöse Weltanschauung
und je eine über die Ergebnisse der Bibelforschung für das A. T.
und für das N. T. gehalten werden.
Gegenüber Harnacks Forderung, auf den höheren Schulen die
Kenntnis der Burgerkunde zu übermitteln, wurde von verschiedenen
Seiten, besonders von Geh. Hofrat Uhlig- Heidelberg, hervor-
gehoben, daß dies schon zur Genüge geschehe. Gymnasialdirektor
Dr. Aly-Marburg bezeichnete eine größere Berücksichtigung der
römischen Kaisergeschichte erst dann als möglich, wenn das zweite
Jahr für die alte Geschichte in Sekunda wieder zurückerlangt sei.
Bedenklich erschienen ihm Harnacks Ausführungen über den
Religionsunterricht: dieser solle doch einfach die Tatsachen des
christlichen Glaubens und vor allem eine gründliche Kenntnis der
Bibel den Schülern übermitteln; eine kritisch-historische Behand-
g06 Ans d. pädag. Sekt, d. 49. Vera, dtscb. Phil. 0. Schalm. Kfl Basel,
lung passe nicht für ihn; eine Unterbrechung sei zu verwerfen.
Prof. Harnack erwiderte, daß nach seiner Auffassung der Religions-
unterricht nur die feststehenden, allgemein anerkannten Ergebnisse
der Forschung als Tatsachen darbieten, nicht aber die Schüler mit
Hypothesen behelligen solle. — Im weiteren Verlauf der Diskussion
in der nächsten Sitzung betonte Gymnasialdirektor Dr. Lange-
Solingen, die ablehnende Haltung Alys gegenüber Harnacks Aus-
führungen werde durchaus nicht von allen preußischen Direktoren
geteilt; er selbst als Theologe und sicherlich noch viele andere
stimmten Harnack zu.
Weiter hielt Gymnasialdirektor Dr. Aly-Harburg den an-
gekündigten Vortrag über: „Die Stellung des Lateins im
Lehrplan des humanistischen Gymnasiums*', dessen Haupt-
inhalt die nachstehenden Thesen wiedergeben:
1. Die lateinische Sprache hat aus historischen wie aus didakti-
schen Gründen ein Anrecht auf die Stellung, die sie zur
Zeit im Lebrplan des humanistischen Gymnasiums ein-
nimmt.
2. Der Betrieb der lateinischen Sprache erfordert eine an-
gemessene Anzahl von Wochenstunden; es sind im ganzen
auf den unteren und mittleren Stufen je 8, auf den oberen
je 7 Wochenstunden zu verlangen.
3. Der Unterricht in der lateinischen Grammatik dient als
Grundlage für die grammatisch-logische Bildung.
4. Die Obersetzungen in das Latein sind auf allen Stufen und
auch in der Reifeprüfung festzuhalten.
5. Als Voraussetzung einer ergiebigen Lektüre ist ein einjähriger
Kursus in der römischen Geschichte zu fordern.
6. Der Kanon muß reichballig und elastisch sein, dem Lehrer
ist die größte Freiheit in dieser Hinsicht zuzubilligen, jedoch
mit der Beschränkung, daß die Lektüre den erziehlichen
Grundsätzen entspricht.
7. Der Kanon:
für VI und V ein Lesebuch mit Einzelsätzen (lateini-
schen und deutschen) und zusammenhängenden Stücken
sagenhaften oder historischen Inhalts, auch Fabeln;
für IV ein Nepos plenior, der aus Justinus, Cicero,
Curtius Rufus u. a. ergänzt ist, wie der von Lattmann, in
chronologischer Folge, aber mit anekdotenhaftem Charakter,
dazu leichtere Fabeln des Phädrus;
für HI 2 Caesar De hello GalUco I— IV und leichtere
sowie kürzere Abschnitte aus Ovids Metamorphosen
(Delectus Siebelisianus);
für III 1 Caesar V— VII, dafür auch Abschnitte aus
De hello civili (Belagerung von Hassilia, Curio, Schladit
bei Pharsalus), umfangreichere Stücke aus Ovid, griechische
Sagen ;
von M. Goeroe. g07
für 11 2 Cicero in Catilinam I und Tfl, De imperio
Cd. Pompei, Pro Archia, Pro Ligario, Philippica I, Livius
aus der ersten Dekade (besonders V und VII 29 — VIH);
Vergil Aeneis I und 11, Auswahl aus Elegikern (Seyfferts
Lesestucke);
für II 1 Sailust Bellum Catilinae, Bellum lugurthinum:
Cicero, Cato maior, Laelius, Livius 3. Dekade (XXI, XXII);
Vergil Aeneis IV und VI, Abschnitte aus der zweiten
Hälfte, besonders Nisus und Euryalus, Elegiker;
für I 2 Cicero, eine größere Rede (Pro S. Roscio, In
Verrem IV, V. Pro Murena, Pro Sestio, Pro Plancio, Pro
Hilone) oder Auswahl aus den philosophischen Schriften,
davon die zweite von Weißenfek (Somnium Scipionis,
Tuskulanen I und V, De natura deorum, De officiis);
Tacitus Germania 1 — 27, Cicero Briefe in Auswahl, histo-
risch geordnet; Horaz Oden I und II, Epoden 2, 16,
Satiren I 6, 9, II 1, 6.
für I 1 Tacitus Annalen I— III, Historien IV~V. Dia-
logus, Agricola; Cicero Orator, Auswahl aus De oratore
und Brutus; Horaz Oden III und IV, Episteln I, auch II 2.
Die in dem Vortrage zutage tretenden Anschauungen stimmten
durchaus mit den Ansichten Hirzels überein; auch Aly wandte
sich gegen die übertriebene Berücksichtigung der Hygiene. Be«-
sonders scharf verurteilte er das Reformgymnasium; es habe durch
die Gleichsteilung der drei Arten höherer Schulen jede Berech-
tigung verloren; auf sozialen Rücksichten sei es aufgebaut, die
nimmermehr der Grund für eine Schulbildung sein dürften; das
Französische sei als Grundlage des Sprachunterrichts nicht ge-
eignet. Trotzdem suche die preußische Regierung mit Zwang das
Reformgymnasium auszubreiten. Ober den Lateinunterricht habe
Geheimrat Matthias in seinem Buche über den deutschen Unter-
richt ein sehr wegwerfendes Urteil gefällt. Dieser Unterströmung
im preußischen Kultusministerium, die es auf noch größere Zu-
ruckdrängung des Lateinunterrichts abgesehen habe, wolle er mit
seinem Vortrag entgegentreten und öffentlich auf die Gefahr, die
diesem drohe, aufmerksam machen.
In der Debatte erklärte Gymnasialdirektor Dr. Lange- Solingen,
er wolle sich nicht gegen Einzelheiten wenden, sondern er halte
es für seine Pflicht, trotz der großen Zahl der Gegner in dieser
Versammlung Widerspruch gegen den ganzen Geist zu erheben,
von dem Alys Vortrag durchweht sei. Der Jesuiteogeneral Ricci
habe seiner Zeit alle Mahnungen zu einer Reform des Jesuiten-
ordens schroff abgelehnt mit den Worten: „Sint, nt sunt, aut non
sinth' Der gleiche Geist sei es, der durch Alys Äußerungen wehe,
der Geist des starren Festhaltens am Alten, dagegen der prinzipiellen
Ablehnung jeglicher Rücksichtnahme auf die Verhältnisse und
Bedürfnisse der Neuzeit Da aber die Schule dem Leben dienen
808 Aus d. pädag. Sekt. d. 49.Veri. dtsch. Phil. a. Schalm. za Basel,
und für das Leben vorbereiten solle, so mfiisse sie unbedingt sieb
den Verhältnissen der Gegenwart anpassen, sonst erstarre sie und
werde unfruchtbar. Ganz unbegründet seien Aiys Angriffe auf das
Reformgy mnasium : nicht bloß soziale Erwägungen hätten es ins
Leben gerufen, sondern vor allem die Rücksicht darauf, daß, wie
schon Comenius betont habe, der kindliche Geist leichter eine
lebende als eine tote Sprache aufzufassen vermöge. Das Reform-
gymnasium komme mit den durch das Französische vorgeschulten,
an Alter und damit an geistiger Reife den Sextanern ganz ge-
waltig überlegenen Tertianern im Lateinunterricht bei aller Gründ-
lichkeit sehr rasch vorwärts; noch weit mehr gelte dies für das
Griechische von Untersekunda ab. Wenn irgend ein Fach Ge-
winn habe von der Einrichtung des Reformgymnasiums, so seien
es in erster Linie die beiden klassischen Sprachen. — Ein zwei-
jähriger Betrieb der alten Geschichte in Sekunda, wie er durch
These 5 gefordert werde, sei zu verwerfen: dazu habe das Gym-
nasium des 20. Jahrhunderts keine Zeit mehr; es habe weit Wich-
tigeres im Geschichtsunterricht zu tun, als daß es zwei Jahre für
die alte Geschichte verwenden könne; lasse man alles Unwichtige
fort und beschränke sich auf die für die geschichtliche Fort-
entwicklung wirklich bedeutungsvollen Hauptsachen, so könne man
recht wohl die römische ebenso wie die griechische Geschichte in
je einem Halbjahre in 0 11 durchnehmen ; es sei eine Fata Horgana,
weiche die Anhänger des Alten sich selbst vorspiegelten, wenn sie
an die Möglichkeit der Wiedereinführung des zweiten Jahres für
die alte Geschichte in Sekunda glaubten; das sei ein für allemal
dahin und komme nie wieder. — Auch gegen die Cberschätzung
der Übersetzungen aus dem Deutschen ins Lateinische müsse er
Widerspruch erheben. Aly habe behauptet, nur die Übersetzung
aus dem Deutschen ins Lateinische gebe einen sicheren Haßstab
für die Leistungsfähigkeit der Schüler; aber gerade das Gegenteil
sei richtig: die gute Übersetzung eines Abschnitts aus einem
lateinischen Schriftsteller ins Deutsche sei ein weit besseres specimen
eruditionis, da sie weit mehr die geistige Selbständigkeit und Reife
des Schülers zeige als das weit unselbständigere, weit mehr auf
Einpauken beruhende Obersetzen aus dem Deutschen in das
Lateinische. Zudem stießen diese letzteren Übungen durch ihre
Einförmigkeit die Schüler der Oberklassen ab, die doch immerbin
schon in gewissem Grade eigenes Urteil und fast durchweg eine
Abneigung gegen den toten Grammaticismus hätten. Dazu komme,
daß der Inhalt der Übungsstücke für erwachsene Schüler kein
Interesse habe und daß das Deutsch der Übungsstücke meist ein
geradezu greuliches sei ; für vernünftige Menschen seien sie großen-
teils fast unlesbar. Darum solle man die Schüler der Oberklassen
mit diesen ihnen unsympathischen und deshalb unfruchtbaren
Übungen verschonen, vielmehr dafür sorgen, daß bis U II die
grammatische Grundlage hinreichend befestigt sei, und in den
von M. Goerae. S09
Oberklassen die Lektüre desto gründlicher pflegen als Mittel zur
Einfährung in die Geistes- und Kulturwelt des klassischen Alter-
tums; dafür hätten die Schuler lebhaftes Interesse. (Weitere
Ausführungen wurden durch den Hinweis des Vorsitzenden auf
den Ablauf der für die Diskussion bestimmten Zeit abgeschnitten).
Prof. Stähli n-Hünchen schloß sich den Einwendungen Langes
an, indem er besonders betonte, daß er die dem Lateinunterricht
zugeschriebene formal bildende Kraft bestreite und somit grund-
sätzlich ablehnend Alys Oberschätzung des Wertes desselben gegen-
überstehe.
Gymnasialdirektor Dr. Lück- Steglitz bedauert, daß bisher
nur Gegner des Vortrags zu Worte gekommen seien, und bittet
billigkeitshalber den kurzen Rest der noch zur Verfügung stehenden
Zeit solchen, die für denselben sprechen wollten, zu überlassen;
er stimme Aly bei. Auch Gymnasialdirektor Dr. Thumser-Wien
erklärt seine Übereinstimmung mit Alys Ausführungen: festzuhalten
sei, daß die Lektüre nicht bloß in die Kultur des Altertums ein-
fuhren, sondern auch der formalen Bildung dienen solle. Ober-
Stadienrat Dr. Hirzel-Ulm freut sich, mit Aly, trotzdem er diesen
zum ersten Male sehe, so vollkommen übereinzustimmen, daß er
alles von ihm Ausgeführte gutheißen könne.
In seinem Schlußwort verzichtet Aly auf eine Abstimmung
über seine Thesen und wendet sich besonders gegen Lange, den
er an seine eigene Vergangenheit erinnert. Als er (Aly) die
Direktion des Marburger Gymnasiums übernommen habe, hätten
ihm gegenüber wiederholt ehemalige Schüler und Eltern solcher
den trefflichen Lateinunterricht gerühmt, den sie bezw. ihre Söhne
in den vorausgehenden Jahren von dem. kurz vorher fortberufenen
Lange erhalten hätten; daher hoffe er, daß auch von Lange einst
noch das Wort gelten werde: On revient toujours ä ses premiers
amonrs.
Charlottenburg. M. Goerne.
ZWEITE ABTEILUNG.
UTERARISCHE BERICHTE.
Gerhard Bndde, Die Theorie def fremdspraehlicheo Uoterriehts
in der HerbartscheD Schule. Eine historisch-kritische Studie
nebst einem Vorschlag za einer Neugestaltung des fremdsprachlichen
Unterrichts nach einem einheitlichen Prinzip. Hannover and Leipzig
1907, Hahnscbe Buchhandlung. 154 S. 8. Z Jt-
Der Titel verspricht mehr, als das Buc^h enthält. Wer den Plan
einer Neugestaltung des gesamten fremdsprachlichen Unterrichts zu
finden hofft, wird enttäuscht sein. Und ist denn eine Neugestaltung
nötig? Der Verf. liebt es freilich, den jetzigen Schuibetrieb als
sehr verbesserungsbedürftig hinzustellen, er malt den augenblick-
lichen Zustand des Sprachunterrichts grau in grau und macht
sich mit wahrem Behagen die harten Worte zu eigen, die einst
J. Lattmann über das philologische Junkertum ausgesprochen hat
(S. t43). Aber unwillkürlich steigt dem Leser dabei das Bild jener
jungen Ärzte auf, die eine Krankheit recht schlimm darstellen, um
dann ihr Licht um so heller leuchten zu lassen. Es ist gewiß überall
ehrliche Überzeugung, die sich in der Darstellung des Verfassers aus-
spricht. Aber man wird doch sagen müssen, daß sein Beobachtungs-
horizont, wenigstens im altsprachlichen Unterricht, zu klein ge-
wesen ist, um ein allgemein gültiges Urteil zu gewinnen, vielleicht
auch sein Standpunkt nicht gut gewählt war. Jedenfalls tut er
der großen Mehrzahl unserer Lehranstalten bitteres Unrecht, wenn
er behauptet (S. 142): „Das materielle Ziel der Einführung in
eine neue Gedankenwelt stand dort, wo es auch jetzt wieder
steht, nämlich auf dem Papier'^ Mit mehr Recht weist er auf
die Unsicherheit in der Beherrschung der Sprachformen bin, an
der wir lange Jahre schwer gelitten haben und zum Teil noch
leiden. Aber daran sind lediglich jene Theoretiker aus der Herbart-
schen Schule schuld, die eine weit über das gesunde Maß hin-
ausgehende Induktion empfohlen haben. Unter ihrem Einfluß i^t
diese Methode häufig zu einem reinen Kinderspiel geworden, das
viel kostbare Zeit erforderte und doch nur einen sehr zweifel-
haften Gewinn abwarf. Noch schlimmer war es, daß sich ihre
extremen Anhänger damit begnügten, die Spracbformen heraas-
G. Bndde, Die Theorie d. fremdspr. Unterr., Mgt, v. A. Boise. 811
zoschälen und vielleicht noch zu erläutern, aber auf die Ein-
prägung vornehm verzichteten. Hier ist die Quelle fQr die mangel-
haften Sprachkenntnisse zu suchen, die wir an unsern Schülern
in den letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts wahrnahmen,
nicht in der Aufstellung des materialen Prinzips auch für die
Unter- und Mittelklassen.
Wir sind damit zu dem Kernpunkte des ganzen Buches ge-
langt, zu dem Zentrum, wohin alle Radien des recht weit ge-
spannten Kreises zusammenlaufen. Das ist die Frage, ob das
formale oder das materiale Prinzip für den gesamten Sprach-
unterricht bestimmend sein soll, d. h. ob wir die Sprache lehren
um der Sprache willen und um dadurch die Geisteskräfte zu
wecken, oder ob der Unterricht die Anbahnung des Verständnisses
der in dem Sprachkleide verhüllten Gedanken und die Einführung
in die Geisteswelt des fremden Volkes zum letzten Ziele hat. Um
eine Antwort auf diese Frage zu finden, verfolgt der Verf. die
Auffassungen von dem Prinzip des sprachlichen Unterrichts in der
Herbartschen Schule von ihrem Gründer bis zur Gegenwart und
schließt mit seinem eigenen „Vorschlag zu einer Neugestaltung
des fremdsprachlichen Unterrichts nach einem einheitlichen Prinzip*'.
Der geschichtliche Überblick leidet etwas unter der ungeschickten
DispositioD, welche zu zahlreichen Wiederholungen zwingt. Auch
ist es weniger eine systematische Darstellung der Entwickelungs-
reihe als eine Summe von geordneten Exzerpten und Merkzetteln,
die uns hier geboten wird. Daher kommt es, dafi die. einzelnen
Didaktiker sich nicht klar und bestimmt voneinander absondern,
daß die Eigenart der einzelnen nicht deutlich genug hervortritt.
Andrerseits ist es mit Dank anzuerkennen, daß der Verf. die Ent-
Wickelung dieses Gedankens in großen Zügen uns vorgeführt und
damit gezeigt hat, wie hingebend die großen Pädagogen an der
Klärung und Vertiefung des Problems gearbeitet haben. Als der
feinsinnigste und gedankenreichste tritt auch hier wieder Willmann
hervor, der mit vielseitigem Verständnis und klarem Blicke die
beiden Prinzipien in das rechte Verhältnis gesetzt hat. Es ist
nicht richtig, wenn der Verf. erklärt (S. 42), daß Willmann das
formale Prinzip dem materialen völlig fEleichstellt. Vielmehr hat
auch bei ihm wie bei allen Schülern Herbarts und» man kann
wohl sagen, bei allen denkenden Didaktikern unserer Zeit das
materiale Ziel den Vorrang. Eindringendes Verständnis einiger
nach Inhalt und Form hervorragender Literaturwerke der Griechen
und Römer und eine hierdurch angebahnte Einführung in das
Geistes- und Kulturleben des Altertums, das ist die erste Forde-
rung, die wir an den altsprachlichen und mit entsprechenden
Änderungen auch an den neusprachlichen Unterricht stellen. Die
erste Bedingung für die Erfüllung dieser Forderung aber ist die
richtige Auffassung der sprachlichen Erscheinungen, welche ihrer-
seits abhängt von einer sicheren Beherrschung der Sprachformen
812 G. Budde, Die Theorie d. fremdspr« Unterr., «gz. v. A. Bnsse.
und hinreichenden Kenntnis der Sprachgesetze. Jeder Bildungs-
Stoff aber ist Bildungsmittel und Lebrgut zugleich (S. 36). Darum
hat selbstverständlich auch die Sprachbiidung einen hohen Eigen-
werL Diesen an den alten Sprachen klar und scharf dargelegt
zu haben, ist das Verdienst Paul Cauers, dessen Schriften in dem
Quelleonachweis des Verfassers fehlen.
Der hierin ausgedrückten einheitlichen Auffassung des Bildungs-
zieles gegenüber ist der Vorschlag des Verfassers etwas äußerlich
und entbehrt gerade das, was wir von ihin am ehesten erwarten,
nämlich die Einheit. Wir lesen auf S. 150: „Der Formalismus
auf allen Stufen hat seine pädagogische Impotenz in einer fast
100jährigen Wirksamkeit zu erweisen Gelegenheit gehabt, der
Versuch, den Realismus auf allen Stufen einzuführen, ist gescheitert;
nun teile man das Gebiet der Schule unter die beiden feindlichen
Brüder und gebe dem Formalismus die Unter- und Mittelstufe,
dem Realismus die Oberstufe''. Diese Worte erregen in mehr-
facher Beziehung Anstoß und bedürfen der Richtigstellung. Zu-
nächst wollen wir doch endlich einmal aufhören, so geringschätzig
auf die l'ädagogik der Glanzzeit des deutschen Volkes herab-
zusehen. Dieser gescholtene Formalismus hat jedenfalls Kräfte
ausgelöst, die auf allen Gebieten menschlicher Betätigung die
größten Wirkungen erzielt haben. Es kommt eben viel weniger
auf das Ziel an als auf die Art, wie man das Ziel verfolgt. VVir
bekennen uns jetzt mit vollem Bewußtsein zu dem Realismus und
wollen nur wünschen, daß man ebenso kräftig und umsichtig
diesem Ziele nachstrebe, wie unsere Vorfahren dem formalen
Prinzipe. Dann wird der Versuch nicht scheitern, und wir brauchen
nicht durch Aufstellung eines doppelten Prinzips wenige Jahre vor
dem Abschluß die Richtung zu verändern. Mcht weil das Ziel
falsch war, haben wir den Mißerfolg gehabt, sondern weil der
Weg falsch war, den wir eingeschlagen hatten. Wenn der
didaktische Realismus zum Materialismus ausartet, so sind aller-
dings keine anderen Früchte zu erwarten. Hält man dagegen an
dem Gedanken fest, daß zum Verständnis eines Literaturwerkes
vor allem die Beherrschung der Sprachformen gehört, und ver-
fahrt man demgemäß von unten auf, dann werden bald die
Schwarzseher verstummen. Dabei wird in allmählicher Abstufung
von unten nach oben die Grammatik immer mehr zurücktreten
und die Lektüre sowie die Behandlung der sog. Realien an Be-
deutung gewinnen. Ob man so weit gehen soll, auf der Ober-
stufe das lateinische Skriptum abzuschaffen, ist eine Frage von
geringerer Wichtigkeit. Nach den entschieden guten Erfahrungen,
die wir mit den griechischen Übersetzungen gemacht haben, scheint
die Aufhebung des Skriptums und der Ersatz durch eine Über*
Setzung aus dem Lateinischen nicht mehr so bedenklich wie man
wohl früher glaubte. In diesem Punkte wird der Verf. gewiß
von vielen Seiten Zustimmung finden. Ebenso verdient sein
Vergilt Gedichte, beerb, v. P. Deutieke, a|pz. v. Ilorgenstero. g^S
mannhaftes Auftreten gegen die Auswüchse des von Victor ein*
geleiteten Formalismus im neusprachlichen Unterricht volle An-
erkennung. Hier bewegt er sieb auf seinem Gebiete, das er schon
in vielen Aufsätzen und Abhandlungen bearbeitet hat. Bei der
Erörterung des altsprachlichen Unterrichts geht er mehr an fremden
Kracken.
So enthält das Buch zwar keinen Plan zur Neugestaltung
des gesamten fremdsprachlichen Unterrichts und läßt gerade das,
was im Titel besonders stark betont wird, das einheitliche Prinzip,
vermissen, doch enthält es eine Reihe recht verständiger Gedanken
und darf daher allen, die für besonnenen Fortschritt eintreten,
wohl empfohlen werden.
Berlin. Adolf Busse.
Vergili Gediehte. Erklärt von Th. Ladewig nod C. Schaper. Erstes
ßändcheo: Bokolika ond Georg ika. Achte Auflage, bearbeitet
von Paul Deaticke. (Sammlaog griechischer und lateioischer Schrift-
steller mit deatschea AnmerkoogeD. Begrüedet von M. Haapt und
H. Saappe.) Berlin 1907, Weidmannsche Buchhandlaog. VIII u. 292 S.
Ein Vierteljahrhundert ist seit dem Erscheinen der von Schaper
bearbeiteten letzten Auflage des ersten Bändchens von Ladewigs
Vergiiausgabe vergangen. Das gleiche Jahr (1882) brachte Paul
Deutickes ersten Jahresbericht über Vergii in dieser Zeitschrift.
1889 übernahm D. Ladewigs kritische Bearbeitung der Äneis und
1891 dessen Ausgabe des Dichters mit deutschen Anmerkungen
in der Haupt-Sauppeschen Sammlung, zunächst das zweite Bänd-
chen (Äneis 1—6), von dem 1902 abermals eine Auflage (die 12.)
erforderlich wurde. 1904 folgte die andere Hälfte der Äneis
(9. Aufl.), und nunmehr liegt das ganze Werk in der neuen Be-
arbeitung vollendet vor. Inzwischen (1895) bat D. in der Weid-
mannschen „Sammlung griechischer und lateinischer Scbulschrift-
steller'* die Äneis für den Schulgebrauch gekürzt und erklärt er-
scheinen lassen. Wer wie D. in seinen Jahresberichten die Vergii-
literatur unausgesetzt mit Liebe und Sorgfalt verfolgt hat, der er-
scheint ganz besonders zum Herausgeber berufen, dessen Pflicht
es ist, alle neuen Ergebnisse der Wissenschaft zu beröcksichtigen.
Für die ländlichen Gedichte war eine doppelte Aufgabe zu
lösen : einerseits galt es, Penelopearbeit zu leisten und das wieder
zu beseitigen, was Schaper auf Grund verfehlter Hypothesen in
den Anmerkungen geändert hatte, andrerseits Stellung zu den
zahlreichen Schriften zu nehmen, die sich in den letzten 25 Jahren
mit diesen Gedichten beschäftigt haben. Um aus der umfang-
reichen Literatur, die D. teils im Vorwort, teils an andern Stellen
anführt, nur einiges zu erwähnen, so kam für die Schollen die
Serviusausgabe von Thilo und Hagen in Betracht, für die Ein-
leitung Heinze, Vergils epische Technik, för des Dichters Sprache
814 Vergilt Gediehte, 1. Bd. bearb. voa P. Denticke,
und Verskunst Nordens Anhänge zur Äneis VI, f&r seine Quellen
und Vorbilder P.Jahns Aufsätze, für die Eklogen Skutsch, Aus
Vergils Frühzeit, und für die Georgika Mayers Kommentar zum
vierten Buche. Keine von den 211 Seiten der siebenten Auflage
ist ungeändert übernommen worden.
In der Einleitung über Vergils Leben und Dichten wird
der Name des Dorfes bei Mantua, wo der Dichter geboren wurde,
nicht mehr genannt, da mit tTtco Andico (Probus) wohl eher der
Gau des Volksstammes als der Name einer Ortschaft bezeichnet
werde. (S. 2^^; vgl. S. 274 zu 9, 57.) Unter den Bildungsstätten
seiner Jugend (Cremona seit 58, Mailand 55 und bald darauf Rom)
finden wir Neapel und seinen dortigen Lehrer Parthenias nicht
mehr erwähnt, dagegen hören wir von seinen Studien bei dem
Redner Epidius in Rom, bevor er sich dem Epikureer Siron zu-
wandte. Ober Vergils Erlebnisse bei den Landanweisungen läfit
sich, wie D. feststellt, kein klares Bild gewinnen, da die Angaben
der Alten schwanken und sich mehrfach widersprechen. In den
Erörterungen über die Entstehung der ländlichen Gedichte weicht
D. völlig von seinem Vorgänger ab. Er verwirft Scbapers An-
nahme einer zweiten Ausgabe der Bukolika im Jahre 25 und be-
gnügt sich, die Eklogen sachlich in drei Gruppen zu scheiden,
ohne jedoch die zweite zeitlich genau festzulegen: 2, 3, 5, 7 rein
ländlich, vor den Landanweisungen verfaßt; 1, 9, 6 durch Be-
drohung oder Verlust des Gutes beeinflußt; 4, 8, 10 ohne aus-
drücklichen Bezug auf dies Unglück. Ebenso sind die Aus-
führungen über die Entstehung der Georgika gänzlich umgearbeitet
Die Betrachtung der Bukolika wird durch einen treffenden Ver-
gleich unseres Dichters mit Tbeokrit bereichert, der durchaus zu-
gunsten des griechischen Vorbildes ausfallt. Auch das Verhältnis
zu den römischen Dichtern wird eingehend gewürdigt Der Schlufi-
abschnitt über Vergils Nachruhm ist beträchtlich erweitert. Im
Endurteil schließt sich D. den Worten Leos (in Hinnebergs
'Kultur der Gegenwart') an, wonach Vergil „durch die Schönheit
des Klanges, die vollkommene Sprache, die hohe Gesinnung un-
ersetzlich'' ist
Im Texte ist bis auf Einzelheiten nichts geändert; D. folgt
der Oberlieferung noch strenger als Ladewig und Schaper. Da-
gegen haben die Anmerkungen infolge der seit 1882 hinzu-
gekommenen Forschungen vielfach ein ganz anderes Aussehen ge-
wonnen. Dies gilt besonders von den Bukolika. Völlig umgeworfen
ist die Erklärung der Eklogen 4, 6 und 10. Schaper nahm an,
E. 4 sei im Jahre 25 entstanden und feiere Augusts Verdienste
und den aus der Ehe seiner Tochter Julia mit Marcellus erwarteten
Enkel; D. verwirft diese Umdatier ung und denkt (trotz Skutsch)
mit den meisten alten Erklärern an einen Sohn l^oUios. Zu
Ekloge 6 bekämpft D. mit gewichtigen Gründen Scbapers Deutung
auf die Macht der Liebe, ohne indes zu einer befriedigenden Er-
kiarung zu gelangen. Die Beziehung des Adressaten Varus zu dem
gefeierten Gallus bleibt ein ungelöstes Rätsel. In den Worten
dwmo earmine (v. 67) sieht D. mit Haaß und Skutscb eine höf-
liche Anspielung auf das Gedicht des Gallus, jedoch scheint mir
die nur hier begegnende Bezeichnung des Linus als Hirt {p<utor)
einen attributiven Zusatz zu fordern, der an seine Eigenschaft
als berühmter Dichter erinnert {der Hirt, der so göttlich singt).
In dem Mythus von Prokne und Philomela (v. 78—81) ist die
Änderung des ursprunglichen Sachverhalts und die dadurch ver-
ursachte Vertauscbung der Namen wohl auf geflissentliche Ab-
weichung der Alexandriner von der altepischen Gestaltung der
Sage zurückzuführen. E. 10 behandelt nach D. die Herzensnot
des mit Vergil befreundeten Dichters Gallus, währeud Schaper
darin eine Minie auf den bereits Gestorbenen sah.
Ich muß mich hier darauf beschränken, einige der wichtigsten
Abweichungen der neuen Bearbeitung von ihrer Vorgängerin er-
wähnt zu haben. Der Herausgeber hätte gewiß ein schonenderes
Verfahren vorgezogen, wenn er es mit seiner wissenschaftlichen
Oberzeugung hätte vereinen können. Ich glaube sogar, daß bei
der nächsten Auflage noch mancher alte Bestand fallen wird, z. B.
die Bemerkung zu E. 6,66: „tn'ro sagt Vergil, um nicht das ton-
lose Fronomen is zu gebrauchen''. Hiernach sieht es so aus, als
ob dies eine spezielle Eigentümlichkeit Vergils wäre, während sich
dieser Gebrauch doch auch in der Prosa findet. Und sollten wir
nicht dem Dichter mehr gerecht werden, wenn wir hier, wo es
der Sinn zuläßt, vir in prägnantem Sinne fassen? Vor dem
Menschen (Gallus) erheben sich achtungsvoll die göttlichen
Wesen (die Musen), vor dem Manne die weiblichen Wesen.
Auch Schapers Erklärung zu E. 2, 18: „vacctnia bedeutet hier
wohl eine dunkelfarbige Art der Levkoie. Vgl. Glaser, Studien zu
Vergils Buc. S. 30" (?) bedarf einer Nachprüfung. Bei den Aus-
drücken abfallen (alba ligustra cadunt) und auflesen (vaccinia
nigra leguntur) denkt man eher an Beeren als an Blumen,
zumal nicht einzusehen ist, warum man die weißen Blutenbüschel
des Liguster für Kränze hätte verschmähen sollen. Auch was die
Alten von den Vaccinien sonst sagen, hindert nicht in ihnen ein
Beerengewächs zu sehen. Vitruv (VII 14,2) lehrt, daß man aus
ihnen einen Farbstoff für die Zwecke der Wandmalerei bereitete,
aus Ovid (trist I 1, 5) sehen wir, daß sie zum Roifärben der
Buchhülle dienten, und Plinius (XVI 77) berichtet, daß man damit
der Sklavenkleidung eine (billige) Purpurfärbung gab. Neben der
Gewinnung von Färbestofi' erwähnt Plinius die Verwendung beim
Vogelfang. Die etymologische Identifizierung von vaccinium
mit idxtv&og (Diosk. IV 62) darf nicht dazu verführen, beide für
die gleiche Pflanze zu halten; Vergil trennt vaccinium (E. 2, 18, 50;
10, 39) und hyaänthus (E. 3, 63; 6, 53. Georg. 4, 137. 183.
Aen. 11, 69),
816 A. Ipfelkofer, Bildende Ranst an Bayerns Gymnasien,
Von den hauptsächlichsten Veränderungen, die D. Torgenonimen
hat, gibt der fast völlig erneuerte reichhaltige Anhang aosföhriiche
Rechenschaft. Durch die umfassende und besonnene Verwertung
der neuen Literatur stellt die Ausgabe einen wesentlichen Fort-
schritt dar und entspricht auch höheren Anforderungen als denen
der Schule, für die sie ursprünglich gedacht war.
Groß-Lichterfelde. Otto Morgenstern.
A. Ipfelkofer, Bildende Kamt an Bayerns Gymnasien. Erwäfangen,
Brfahrangen und Vorschläge. Miinehen 1907, J. B. Lindl. 191 S.
Sr. 8. \Jt.
Die Literatur über den Kunstunterricht am Gymnasium, wie
wir ihn kurz nennen wollen, erfährt al^ährlich eine nicht un-
beträchtliche Zunahme, so daß man sie schon kaum noch bis ins
einzelne verfolgen kann. Wenn nun auch die meisten dieser
Schriften nicht wesentlich Neues bringen, sondern schon ander-
wärts geäußerte Gedanken und Vorschläge näher ausführen, so
können sie doch immerhin als erfreuliches Zeichen dafür gelten,
daß die Bestrebungen verständiger Männer, der bildenden Kunst
in der höheren Schule, besonders im Gymnasium, eine gewisse
Heimstätte zu verschaffen, immer mehr Anklang finden, und sie
mögen dazu dienen, auch da, wo man der Sache noch kühl gegen-
übersteht, durch stetes Mahnen die „dreifach gepanzerte Brust**
zu erweichen. Freilich ist es kaum denkbar, daß es noch An-
stalten geben sollte, wo man dem Gebiete der bildenden Kunst
angehörende Besprechungen gänzlich fernhielte; dazu hat sich die
Überzeugung von ihrer Nützlichkeit, ja Notwendigkeit doch schon
zu sehr hindurchgerungen, das verbieten auch die Lehrpläne, die,
wenn auch schüchtern, auf eine maßvolle Beachtung der bildenden
Kunst hinweisen — allerdings mehr im Dienste des Anschauungs-
unterrichts. £8 handelt sich in der Hauptsache nur noch um den
Umfang, die Zeit und die Art der könstlerischen Darbietungen,
worüber die Meinungen auseinandergehen; allmählich werden aber
auch hier die Ansichten immer geklärter, und diesmal herrscht,
nach meiner Kenntnis der einschlägigen Literatur, auch zwischen
Nord und Süd eine erfreuliche Übereinstimmung, woran gewiß ein
großes Verdienst die verschiedenen archäologischen Kurse haben,
an denen Teilnehmer aller deutschen Staaten zugelassen sind. So
hat denn das, was der Verfasser vorliegender Schrift über die
bildende Kunst an den bayrischen Gymnasien sagt, für jedes
deutsche Gymnasium Geltung, die meisten Kapitel sind ja über-
haupt allgemeinen Inhalts.
Die überaus fleißige und unter gewissenhafter Benutzunic der
reichen Literatur abgefaßte Schrift umfaßt elf Kapitel, deren Ober-
schriften von der umfassenden und fast erschöpfenden Behandlung
«Bget. von 6. Reialiardt. 8{^
der Frage Zeugnis ablegen. Sie lauten: I. Gymnasium, Zeitgeist und
bildende Kunst. II. Bildende Kunst und Bayerns Gymnasien. III. Ge-
legentliche Besprechung von Kunstwerken oder eigene Stunden da-
für? IV. Eine Regelung der Kunstanschauungskurse ist notwendig.
V. Stoff der Kunstanschauungskurse. VI. Nicht Kunstgeschichte,
wohl aber historische Betrachtungsweise ausgewählter einzelner
Heister werke. VII. Eingliederung in den Geschichtsunterricht;
VIII. Das Verfahren bei den Kunstanschauungskursen. IX. Vor-
tragende Lehrweise. X. Die Lehrerfrage. Xi. Die Kostenfrage. Man
kann dem Verf., einem begeisterten Verehrer der bildenden Kunst
und einem überzeugten Anhänger der Notwendigkeit ihrer ein-
gehenden Berücksichtigung im Unterricht, nur dankbar sein für
seine ausfuhrlichen und lichtvollen Darstellungen, die wohl geeignet
Bind, einen klaren Einblick in die Entwickelung und den augen-
blicklichen Stand der Angelegenheit zu verschaffen; Neues fi^eilich,
was nicht schon anderwärts sowie auch vom Berichterstatter in
seinen beiden Aufsätzen „Zur Pflege der Kunst auf dem Gym-
nasium*' und „Archäologie und Gymnasium*' (Zeitschr. f. d. GW.
1901 S. 718 ff. und 1905 S. 193 ff.), wenn auch mit weniger Auf-
wand von Worten gesagt wäre, findet man in der Schrift nicht,
und es hätte ihrer Bedeutung sicherlich keinen Abbruch getan,
wenn sich Verfasser namentlich an den Stellen, über die eine
Meinungsverschiedenheit kaum noch vorhanden ist, kürzer gefaßt
hätte, wie in Kap. I, VI u. a. Deshalb ist es auch nicht nötig,
am wenigsten im Rahmen dieser Besprechung, auf alle Einzel-
heiten, die L vorbringt, einzugehen und somit die ganze Frage
des Kunstunterrichts wieder aufzurollen; befinde ich mich doch
auch in den meisten Punkten in einer wunderbaren Oberein-
stimmung mit dem Verfasser, wie in den eben genannten Auf-
sätzen nachgelesen werden kann; es sollen deshalb nur diejenigen
Fragen, die besonders wichtig erscheinen oder wo ich anderer
Meinung bin, möglichst kurz behandelt werden.
Mit vollem Rechte verwirft L die Kunstbesprechungen als
besonderes Unterrichtsfach, will sie vielmehr der Geschichte lehr-
planmäßig eingereiht wissen, — eine Forderung, die ich seit Jahren
vertrete und in der Praxis, ich glaube nicht ohne Erfolg, durch-
führe. Demnach richtet sich auch nach dem Geschichtsunterricht
die Auswahl und die Verteilung des Stoffes; in Bayern wird diese
etwas anders sich gestalten dürfen als in den meisten nord-
deutschen Gymnasien, da dort för die zweite Wanderung durch
das Gebiet der Geschichte vier Jahre zur Verfügung stehen. Da
aber auch in Bayern das Pensum der la mit 1648 beginnt, so
durfte för eine 12 — 14stöndige Besprechung der griechischen
Plastik bei den sonstigen Aufgaben, die der Geschichtsunterricht
gerade in dieser Klasse zu lösen hat, und bei der Verkürzung des
Schuljahres durch das Abiturientenexamen dazu keine Zeit sein,
80 geeignet auch sonst diese Stufe dafür erscheinen mag und so
2iitMte.tA.GjwMirialw«MB LXL IS. 52
818 A. Ipfelkofer, BiHend« RudbI a» Bayerni Gymnasien,
sympathisch mir auch das klingt, was I. über einen luaammen-
fassenden kulturhistorischen Durchblick durch das klassische Alter-
tum sagt (S. 33 f.). Die griechische Plastik gehört nach H a, wo-
hin durch die preußischen Lehrpllne die ganze Alte Geschichte,
außer der römischen Kaiserzeit, gelegt ist in der richtigen Er-
kenntnis, daß für die yielseitigen und zum Teil recht schwierigen
Aufgaben derselben das Alter des Obersekundaners eben gerade
ausreicht; in la könnte höchstens einiges noch einmal bei der
Vergleichung mit der modernen Plastik herangezogen werden.
Neben der mehr systematischen und künstlerischen Behandluug
yon Kunstwerken im Geschichtsunterricht braucht auf die ge*
legentliche in andern Unterrichtsgegenstlnden, wie Verf. das wünscht
(S. 34 ff.), nicht verzichtet zu werden, manchmal wird man gar
nicht darum herumkommen; wenn man z. B. das 8. Buch der
Odyssee liest mit den Wettk&mpfen bei den Phäaken, wird man
unbedingt eine Abbildung des Diskos werfers nach Hyron zeigen,
die ja wie gemacht ist auf die Schilderung, und wenn auch hier
in erster Linie das Stoffliche und Inhaltliche der Zweck der Be-
trachtung ist, so wird man doch auch die andere Art derselben,
die Betrachtung um des Kunstwerkes selbst willen, schon be-
rühren können. Nie und nimmer dürfen naturlich solche ge-
legentlichen Besprechungen mit den Haaren herbeigezogen werden,
das Stande ganz im Widerspruch mit den Aufgaben der betreffenden
Unterrichtsfächer, und völlig verkehrt wäre es z. B., die vierte
Verrinische Rede für ausführliche Kunstunterweisungen zu be-
nutzen, wie das der leider nun schon verstorbene Hachtmann vor-
geschlagen hat (Progr. Gymn. Beroburg 1894). In den mittleren
und unteren Klassen dienen gelegentlich herangezogene Kunst-
werke naturlich nur zur Anschauung.
S. 51 f. wünscht 1., daß, um namentlich Anfängern Irrwege
zu ersparen, seitens der Schulverwaltung gewisse Wegweiser und
Markierungen für die Handhabung der Kunstbesprecbungen ge-
geben werden. Wenn sich diese nur in allgemeinen Grenzen be-
wegen und auf einengende Bestimmungen verzichten, so sind sie
unbedingt mit Freuden zu begrüßen; denn die Einführung in die
Kunst darf nicht planlos dem Belieben des einzelnen überlassen
werden, sondern es muß die Gewähr da sein, daß sie überall
in einem gewissen Umfange und nach bestimmten Grund-
sätzen stattfindet. Dagegen kann ich mich für einen Kanon der
2u besprechenden Kunstwerke nicht erwärmen; einmal gehen die
Meinungen über den Wert der einzelnen Gegenstände nicht seilen
weit auseinander, und dann wird sich die Besprechung auch nach
.dem an der Anstalt vorhandenen Material sowie nach der je-
weiligen Scbülerbeschaffenheit zu richten haben; man überlasse
^alfio die Auswahl im einzelnen ruhig dem Lehrer, wirklich Wichtiges
^und Wertvolles wird kaum unbeachtet bleiben.
, Daß die einmalige Vorführung der Bilder bei der Besprechung
an^es. voll G. Reiahardt. 819
nicht genügt, ist allgemein anerkannt. Ich habe vief daröbef
nachgedacht und verschiedene Wege versucht, wie dem Scholar
sonst noch Gelegenheit geboten werden kann, sich in die Bilder
zu Teriiefen, vor oder nach der Besprechung; am geeignetsten
schien auch mir schließlich immer die Ausstellung in der Klasse
auf eine bestimmte Zeit, frei oder im Wecbselrahmen oder in
Schaukästen, wie Verf. vorschlägt (S. 98). Freilich darf diese Be^
mnhung nicht durch bilderfeindliche Kollegen zunichte gemacht
werden, die die Bilder einfach entfernen; das könnte verhindert
werden einmal durch den Direktor, dann auch dadurch, daß die
Schaukästen verschließbar sind. Der Vorwurf, daß durch die
wechselnde Ausstellung die Aufmerksamkeit der Schüler von dem
jedesmaligen Cnterricbtsgegenstande abgelenkt werde, ist nicht
stichhaltig, dann mußten die Wände überhaupt kahl sein, was ja
nnn glücklicherweise nicht mehr der Fall ist.
Nicht beistimmen kann ich dem Verf. in der Art der Dar-
bietung nur durch* das Skioptikon (S. 91 ff.), da nur hierdurch
genügend große und damit deutliche Abbildungen gewonnen würden.
Ich gebe zu, daß es bei sehr starken Klassen seine Schwierig-
keiten hat, allen SchQlern die Feinheiten des Bildes nahezubringen,
aber so starke Klassen, wie I. sie anführt, sind doch wohl Aus-
nahmen. Klassen kombinieren darf man bei diesem ernsten
Gegenstande ebensowenig wie in andern Fächern; mit 30 Schülern
wage ich es schön, mit Hilfe einer Brunn-Bruckmannschen Ab-
bildung oder eines Seemannschen Wandbildes oder einer nicht
allzu kleinen Nachbildung in Gips, Ton, Marmor oder Bronze in
die Besprechung eines Kunstwerkes einzutreten; dabei bleiben die
Schüler natürlich nicht auf ihren Plätzen, sondern sie gruppieren
sich um das Bild, benutzen dabei auch die Bänke, außerdem hat
jeder seinen Luckenbach zur Hand. Denn wenn die Vorträge mit
dem Skioptikon auch noch so sorgfältig und lehrreich (S. 103)
eingerichtet werden, es bleiben immer nur Vorträge, und es wird
dem Schüler geboten, was er zum Teil selbst finden kann; und
das ist doch gerade mit die Hauptsache bei dem gymnasialen
Knnstunterrichl, die Schüler im Sehen zu üben. Das kann man
aber entschieden besser erreichen durch die Sokratische Methode,
da können auch die schwächeren Schüler mit geringerem künstleri-
schen Verständnis mehr herangezogen werden, und falsche und
verkehrte Antworten werden immer wieder der Ausgangspunkt
neuer Erörterungen. Daß dadurch „jeden Augenblick Fremdes,
Zerstreuendes, Abziehendes in die Erörterung geworfen würde^*
(S. 115), ist mir nicht unangenehm aufgefallen. Natürlich darf
diese Methode nicht zu weit getrieben und das Kunstwerk bis in
die kleinsten Atome zerpflückt werden, das würde der künstteri-r
sehen Wirkung die schwersten Gefahren bereiten. Manchmal wird
es sich sogar empfehlen, ein Kunstwerk' nur durch sich allein
wirken 2u lassen, ebenso wie bei vielen Gedichten der bloße Vor^
Ö2*
820 A. Ipfelkofer, BiU.Rnoit ».Bayerns G., agz. v. G. Reiabardt.
trag föi* AuffassuDg und VerständDis ToHkommen ausreicht. Wenn
ich nun auch ein Gegner der Alleinherrschaft des Skioptikons bin,
so bin ich noch lange kein Gegner der Verwendung des Skioptikons
in der Schule überhaupt, vielmehr halte auch ich es för ein durch-
aus unentbehrliches Hilfemittel für den Kunstunterricht in der
Schule; es darf aber nur gelegentlich benutzt werden — und
dann auch vor einem größeren Schölercötus im physikalischen
Kabinett oder in der Aula — , um vielleicht zusammenfassend
Höhepunkte in der Entwickelung der Kunst oder besonders wichtige
Stätten vorzuführen, wie z. B. Athen, Olympia, Rom« Pergamon,
Pompeji u. a. m«, etwa viermal im Jahr, am Schlüsse jedes Quartals.
Was die Beschaffung geeigneten und ausreichenden Materials
betrifft, so können gewiß, wie Verfasser mit Recht hervorhebt
(S. t28), manche Kosten gespart werden durch Selbstanfertigung
von Glasbildern oder durch BegrQndung und behördliche Sub-
ventionierung einer Zentralstelle für Abgabe von Nachbildungeo
aller möglichen Kunstwerke; aber auch noch auf andere Weise werden
Mittel för den Kunstunterricht gewonnen, nämlich durch freiwillige
Stiftungen von Abiturienten sowie durch öffentliche Vorträge, die
von Mitgliedern des Lehrerkollegiums för die erweiterte Schul-
gemeinde gehalten werden und für die ein kleines Eintrittsgeld
erhoben wird. Vielleicht kann auf diese Weise allmählich sogar
ein Schulmuseum erstehen; daröber hat sich I. nicht geäußert
Selbstverständlich hängt der Erfolg der Kunstbesprechungen
zum allergrößten Teile von der Persönlichkeit 'des Lehrers ab,
und deshalb ist auf ihre Ausbildung und Auswahl die größte Sorg-
falt zu verwenden. Gewiß kann auch der Zeichenlehrer zur
Weckung und Ausbildung des könstlerischen Sinnes der Schüler
viel beitragen, der eigentliche Träger aber des Kunstunterrichts ist
der Geschichtslehrer, Ihm fällt damit eine der schwierigsten und
verantwortungsvollsten Aufgaben am Gymnasium zu, und er wird
sich för dieselbe schon auf der Universität durch reichliche Be-
nutzung der dort gebotenen Mittel vorbereiten müssen. Später
wird er zur Vertiefung seiner könstlerischen Interessen und zur
Fortbildung von Zeit zu Zeit zu einem archäologischen Anschauungs-
kursus oder zu einer Studienreise entsendet Hat ein Geschichts-
lehrer gar kein Verständnis för die bildende Kunst, also auch
nicht die Fähigkeit, jemand dafür zu interessieren und darin
einzuf Öhren, so ist ihm auf keinen Fall, trotz der Facultas, der
Geschichtsunterricht in den oberen Klassen anzuvertrauen, da-
für vielmehr ein anderer Vertreter des Faches, selbst wenn er
jöoger ist, einzustellen. Im übrigen habe ich mich gerade über
diese Frage in den beiden oben genannten Aufsätzen eingehend
geäußert, und ich freue mich, auch hier in völliger Obereinstimmung
mit L mich zu befinden.
Wenn somit die vorliegende Schrift auch nicht gerade neue
Gedanken zum Kunstunterricht am Gymnasium bringt, so kann
H. Klajo, Waldeofels «Dd seiae Greaadiere, ags. v. J, Heliag. g2]
si« doch sehr wohl zu eingehender Orienüerung auf diesem Ge-
biete dienen und besonders auch wegen der schönen anregenden
Sprache, wegen der lichtvollen Darstellung und auch wegen der
maBTollen, in den Schranken des Erfüllbaren sich hallenden Forde-
rungen jedem Freunde einer könstlerischeo Ausbildung unserer
Jugend warm ans Herz gelegt werden.
Dessau. G. Reinhardt.
1) Hermann Klaje, WaldeofeU and seine Grenadiere. Bin Beitrag
xnr Geaehiehte der Belagerung Kolbergs im Jahre 1807. Mit einer
Karte. Kolberg 1907, Kommisaioas -Verlag von Dietz 4r Maxeratb.
X u. 151. 8. 1,50 JC*
Am 2. Juli d. J. waren 100 Jahre verflossen seit dem Tage,
an welchem die Festung Kolberg den Angriff der Franzosen sieg-
reich überstand. Dieser Tag, der alljährlich von den Bewohnern
Kolbergs festlich begangen wird, ist in diesem Jahre durch eine
große Feier Yerherrlicht worden, die geehrt wurde durch die
Anwesenheit Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Wilhelm
und durch Vertretungen der Regimenter, die aus den Truppen,
welche Kolberg io] Jahre 1807 so ruhmvoll verteidigt haben, ge-
bildet worden sind. Diese Zentenarfeier hat auch die Veranlassung
zu dieser Festschrift gegeben. Der Verfasser ist Oberlehrer am
Königlichen Domgymnasium in Kolberg. Ihm standen bei der
Bearbeitung eine Reihe von bis dahin ungedruckten Quellen zur
Verfügung, die er mit Meisterschaft benutzt hat. In erster Linie
das Kolberger Stadtarchiv, femer das Stetliner Staatsarchiv, das
Geheime Archiv des Kriegsministeriums, das Kriegsarchiv des
Großen Generalstabes und durch Vermittlung des deutschen Bot-
schafters auch die Archives de la guerre aus Paris. Auch die
gedruckten Quellen und Bearbeitungen über die Belagerung der
Festung Kolberg sind von dem Verfasser gewissenhaft und mit
kritischem Urteil ausgebeutet worden.
Von den Männern, die sich um die Verteidigung Kolbergs
hervorragende Verdienste erworben haben, sind Gneisenau, Nettel-
beck und Schill gebührend gewürdigt worden; von ihnen gibt es
umfangreiche Biographien, und in den Lehrbüchern der Geschichte
für den Jugendunterricht sind sie bei Erwähnung der glorreichen
Verteidigung Kolbergs noch niemals vergessen worden. Gneisenau
und Netleibeck ist in der Nähe des Doms vor einigen Jahren
auch ein schönes Denkmal in einer prächtigen Doppelgruppe er-
richtet worden, auf dessen Sockel Schills Gedächtnis im Relief
Terewigt ist. In vollstem Maße verdienen es diese Minner, daß
ihre Namen nicht nur in Erz- und Marmorstein, sondern auch
in des Dichters Liede verherrlicht worden sind. Denn unzweifel-
haft verdankt Kolberg in erster Linie seine Errettung aus schwerer
Gefahr dem genialen Kommandanten Neilhardt von Gneisenau
und dem braven Bürgermeister Nettelbeck.
822 H* KUje, W«ldenfeU and seine Grenadiere,
Die rubmvoUe Verteidigung dieser kleinen Festung war in
jener traurigen Zeit der tiefsten Erniederung Preußens von der
größten Bedeutung; sie war ein heiler Sonnenstrahl in dunkler
Nacht und zeigte deutlich, daß Preußen, der Staat Friedrich des
Großen, nicht verloren war, wenn nur jeder seine Pflicht und
Schuldigkeit tat. Hinter Qneisenau und Ncttelbeck steht „an-
geehrt und unbeachtet** der erste Kommandant, Oberst Lucadou.
Ein so hartes Schicksal hat er nach der Ansicht des Verfassers
obiger Schrift nicht verdient, er verdankt es der harten Ver-
urteilung Nettelbecks, die nach des Verfassers Meinung nicht auf
objektiver Grundlage, sondern auf persönlicher Feindschaft be-
ruht. Aber nicht ihm wendet sich des Verfassers Interesse zu,
sondern dem Vizekommandanten, dem Hauptmann Karl Wilbelm
Ernst Freiherrn von Waidenfels; diesen, der es verdient, will er
der Vergessenheit entreißen. Er bedauert es mit Recht, daß
man von dem trefflichen Mann, an den zwar in Kolbergs Nähe
„die Waldenfelsachanze'* und auf der Hunde „die Waldenfelsstraße^
erinnert, sonst recht wenig weiß; diesem Obelstand will er ab-
helfen. Mit bestem Erfolg ist er bemüht, uns ein klares BUd
von diesem Manne zu entwerfen. Er hat dem tapferen Vixe-
komroandanten in seiner Schrift ein weithin strahlendes Denkmal
errichtet, das wertvoller ist als der Gedenkstein, den dem tapferen
Krieger am 2. Juli dieses Jahres auf der „Waldenfelsschanze"' die
Offiziere des Grenadierregiments Kaiser Alexander, das aus den
Waldenfelsgrenadieren gebildet worden ist, gesetzt haben.
Das Buch zerfällt in 2 Hauptteile; der erste trägt die Cber-
Schrift „Der VizekommandanV^ In diesem Teil schildert der
Verfasser zunächst die Lage der Festung Kolberg, indem er hervor-
hebt, daß für die Armierung und Verproviantierung derselben
beim Ausbruch des Krieges von 1806 so gut wie nichts ge-
geschehen war, weil man nicht angenommen hatte, daß die
Franzosen bis in die Nähe von Kolberg kommen würden. Die
Besatzung betrug höchstens 1500 Mann und die Feldgeschütze 72.
Der Kommandant, der Oberst Lucadou, ließ den Hauptwall und
die Außenwerke instand setzen und bereitete die Iiiundaiion vor,
ebenso trug er Sorge, die Besatzung zu vermehren, so daß er, als
am 8. November die erste Aufforderung von Seiten der Franzosen
zur Übergabe der Festung erging, diese entschieden ablehnen
konnte.
Am 14. Dezember 1806 wurde der Freiherr v. V^aldenfels
durch königliche Kabinetsorder zum Zweiten Kommandanten er-
nannt mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß er den Ober-
befehl übernehmen sollte, wenn Lucadou die Kräfte versagen
sollten. Wahrscheinlich Anfangs Dezember war Waidenfels in
Kolberg angekommen, und schon am 14. desselben Monats wurde
ihm diese Vertrauensstellung übertragen. Dieses Vertrauens bat
er sich durchaus würdig gezeigt, indem er sich um die Ver-
aogez. von J. Holiog. g23
teidigoog der Festung bis zum Eintreffen des Majors Gneisenau
die größten Verdienste erworben hat.
Neben dieser Hauptaufgabe erhielt er von dem Kommandanten
noch eine Nebenaufgabe, indem er zum Befehlshaber der neu-
formierten Grenadiere ernannt wurde.
Außerdem wurde ihm noch das gesamte Rechnungswesen
übertragen, eine Aufgabe, die er mit Meisterschaft gelöst hat. Wie
er sich im einzelnen verdient gemacht hat hei der Instandsetzung
der Festung und um die Ausbildung seiner Grenadiere, schildert
der Verfasser in höchst klarer und packender Weise. Ein be*
redtes Zeugnis för seine Tüchtigkeit ist auch darin zu sehen,
daß Lucadou ihm den Oberbefehl über alle Truppen, die außer-
halb Kolbergs lagen, übertrug. Hier hatte er genügend Gelegenheit
seine Tüchtigkeit zu zeigen.
In helleres Licht aber tritt diese erst, als mit dem 14. März
1807 die förmliche Belagerung der Festung beginnt, die im
ganzen 111 Tage gedauert hat. An diesem Tage wurde auf
Lucadous Befehl die Lauenburger Vorstadt abgebrannt. Wenn
Nettelbeck darin einen Akt von unnötiger Grausamkeit sieht, so
hat Klaje nachgewiesen, daß diese Maßregel durch die Umstände
geboten war. Den einzigen Vorwurf, den er dem unglücklichen
Kommandanten machen muß, sieht der Verfasser mit Recht darin,
daß Lucadou den Gegner überschätzte, wodurch er sich in seinen
Unternehmungen zu sehr beeinflussen ließ. Nettelbeck scheut
sich nicht, in seinem Bericht an den König nicht nur Lucadou
zu verdächtigen, sondern er geht in seiner Ungerechtigkeit sogar
so weit, daß er selbst den Vizekommandanten y. Waldenfels als
Verräter dem Könige hinstellt. Wie unrecht er hierin handelte,
hat Klaje zuerst überzeugend auseinandergesetzt und sich dadurch
ein großes Verdienst erworben. Ebenso hat er nachgewiesen,
daß Waldenfels mit Erfolg bemüht gewesen ist, ein gutes Ver-
hältnis zwischen Lucadou und Schill herbeizuführen und zu er-
halten.
Leider konnte Waldenfels nicht verhindern, daß die Fran-
zosen im Westen näher an Kolberg heranrückten, da er von
Lucadou nicht genügend unterstützt wurde, obwohl es ihm ge-
lungen war, den Franzosen anfangs hier Terrain zu entreißen.
Auch wurde durch ihn im Westen der Stadt eine neue Ver-
teidigungslinie geschaffen, welche die Preußen gegen die Franzosen
bis zum t. Juli 1807 behauptet haben; an dieser Arbeit hat
Waldenfels einen großen Anteil, indem er namentlich eine Inun-
dation aus dem Holzgraben vorbereitete, dessen Ausführung erst
eintrat, als Lucadou durch Gneisenau ersetzt wurde. Ebenso weist
Klaje in überzeugender Weise nach, daß Waldenfels sich auch um
die Verteidigung der Festung auf der Ost- und Nordfront sehr
verdient gemacht hat; so lenkte er im Verein mit Schill und
Döring die Aufmerksamkeit des Kommandanten auf die Befesti-
$24 H. Klaje, Wald«DfeU und seioe Grenadiere)
gUDg des Wolfsberges, leider wurde diese aber nicht mit der
nötiges Energie ins Werk gesetzt, da die Arbeilskräfte fehlteo»
die irietoebr nur ausreichten, um den Norden genügend gegen
A^ngrife 4kr Franzosen zu schützen. Dies schien wichtiger za
sein, denn es galt vor allen Dingen, die Verbindung der Festung
mit der See zu sichern. Auch bei diesen Arbeilen erscheint
Waldenfels als der eigentlich leitende Mann, wShrend Lucadoa
sich damit begnügt, ihm nicht entgegenzutreten. Wenn letzterer
sich endlich seit Ende März dazu bequemte, die Hilfe der Kol-
berger Bärgerschaft anzunehmen, so hat sicher auch Waidenfels
s^ine Hand dabei im Spiele gehabt. Ebenso war die Komman-
datur unausgesetzt darauf bedacht, die Festung mit dem nötigen
Proviant zu versehen, wozu der König 58000 Taler bewilligt
hatte. Wir sehen also, daß auch in dieser Hinsicht dem
nachmaligen Kommandanten Gneisenau sehr gut vorgearbeitet
worden ist.
Nicht mit Unrecht wird dagegen Lucadou und Waldenfels
von dem Verfasser der Vorwurf gemacht, daß sie das Schillscbe
Korps, das im Westen der Stadt Neu- und Altwerder, sowie Neu-
und Altbork erobert und dadurch alle Erfolge der Franzosen vom
19. März in Frage gestellt hatten, nicht genügend unterstützten.
Denn wäre dies geschehen, so hätte auch Sellnow zurückerobert
werden können, was ein Erfolg von der größten Tragweite ge-
wesen wäre. Den Grund für dieses Verhalten sieht der Verfasser
darin, daß Lucadou die Macht des Feindes bedeutend überschätzte;
ihn trifft also die Hauptschuld, aber auch Waldenfels ist nicht
ganz frei zu sprechen nach des Verfassers Ansicht, da er nicht
genügend auf Lucadou eingewirkt hat, sondern vielmehr das Ver-
halten desselben am 12. April zu rechtfertigen sucht in einem
Schreiben an den König vom 15. Mai 1807.
Diese Verhältnisse hat zuerst Klaje in seiner Schrift klar
gelegt und kritisch beleuchtet, das ist ein großes Verdienst, und
somit bleibt seine Schrift wertvoll für alle Zeiten, und jeder, der
die Geschichte der Belagerunft Kolbergs behandeln will, wird auf
ihn zurückgreifen müssen. Klaje ist mit großem Eifer und dem
besten Erfolge bemüht, jedem der Kommandeure Recht wider-
fahren zu lassen. Damit schließt der erste Uauptteil, und wir
gehen in unserer Besprechung nun über zu dem zweiten, der
die Überschrift trägt „Waldenfels und sein Bataillon'S
Der König Friedrich Wilhelm 111. hatte für die Vorgänge in
und vor Kolberg das größte Interesse gezeigt, und als Nettelbeck
ihn bat, einen neuen Kommandanten für die Festung zu er-
nennen, war er diesem Wunsche nachgekommen und halte Gneise-
nau dazu auserwählt. Dieser traf denn auch am 29. April in
Kolberg ein. Dies hatte nun für Waldenfels die schwerwiegendsten
Folgen. Wir erinnern uns, daß dieser zum Vizekomroandanten
ernannt worden war mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß,
aftgex. voo J. Heliog. g25
faUs Lucadou die Kräfte ansgiogeD, er an dessen Stelle treten
sollte. Für ihn mußte, wie Klaje hervorbebt, Gneisenaus Er^
nennung eine bittere Nuß sein, und er mußte sich tief verletzt
fühlen, aber als preußischer OfGzier fügte er sich in das Unver-
meidliche, was ihm dadurch erleichtert wurde, daß der Major
Gneisenau einen höheren Rang bekleidete als er. Dieser erkannte
auch die Verdienste Waldenfels' rückhaltlos in einem Schreiben an
den König an und holte bei allen wichtigen Entscheidungen dessen
Rat ein. Trotzdem aber verlor er doch an Bedeutung und Ein-
fluß und mußte sich der Hauptsache nach mit der Stellung eines
Bataillonskommandeurs begnügen.
Die von Lucadou beim Könige beantragten Verstärkungen
trafen bald nach Gneisenaus Eintreffen in Kolberg ein, und da*
durch wurde die Besatzung der Festung nicht unerheblich ver-
größert. Auch das Kriegsmaterial wurde bedeutend vermehrt, so
daß Gneisenau über bedeutendere Sireitmittel verfügte als Lucadou.
Aber auch die Belagerer erhielten Verstärkungen, und die Be-
lagerungstruppen erreichten eine Höhe von 8—9000 Mann, die
Mitte Juni noch um 6--7000 Mann vermehrt wurden. Man sieht
hieraus» welchen Wert Napoleon auf die Einnahme der Festung legte.
Waidenfels' Stellung war, wie bereits erwähnt, seit dem Ein-
treffen Gneisenaus eine beschränktere geworden, er nahm mit
seinem Bataillon nur noch an den Kämpfen um den Wolfsberg
teil, der nach der Meinung des Kommandanten nur schlecht be-
festigt war, während die Franzosen von ihrem Standpunkt aus
die Befestigung für eine ausgezeichnete hielten. Klaje wird sicher
niit seinem Urteil recht haben, wenn er meint, Gneisenau habe
über diese zu ungünstig geurteilt.
Wie wichtig den Franzosen der Wolfsberg erschien, erhellt
zur. Genüge daraus, daß sie am 7. und in der Nacht vom 17.
auf den 18. Mai versuchten, sich in den Besitz desselben zu
setzen. Dies aber gelang ihnen nicht, was in erster Linie der
Tapferkeit des Vizekommandanten zu verdanken war, dem dafür
auf den Bericht Gneisenaus vom Könige der Verdienstorden ver-
liehen wurde.
Es folgt in dem nächsten Abschnitt eine kritische Unter-
suchung, die von großer Geistesschärfe des Verfassers zeugt, die
wir aber hier übergehen können, da sie den Zusammenhang etwas
stört und wohl besser, wie auch Klaje selbst meint, als Exkurs
hätte angefügt werden können.
Sehr ausführlich und eingehend werden dann in dem folgen-
den Kapitel die Befesligungsmaßregeln des Wulfsberges besprochen,
EU dessen förmlicher Belagerung die Franzosen übergegangen
waren, nachdem sie, wie wir gesehen, zweimal vergeblich ver-
sucht hatten, ihn im Sturm zu nehmen.
Trotz aller Tapferkeit der Preußen konnte dieser wichtige
Punkt nicht behauptet werden, am 11. Juni ging er verloren.
826 H* Klaje, Waldeofels u. aeine Greoadiere, ags. v. J. Hell og.
Ein furchtbarer Artilleriekampf, in dem nicht weniger als
3008 Schuß gelöst waren, ging dem Sturm der Franzosen voran.
Die Feinde erkannten die Tapferkeil der preußischen Grenadiere
voll und ganz an und boten der tapferen Besatzung freien Abzug
mit dem sämtlichen Geschütz an.
Klaje vergleicht hier eingehend den Bericht Gneisenaus mit
dem Loisons und hat durch diese Untersuchung erst volle Klar-
heit über den Verlust des Wolfsbergs und die Kapitulation ge-
schaffen.
Am 14. Juni versuchte Gneisenau noch einmal den Wolfs-
berg zurückzuerobern, zugleich um die Franzosen, die bereits
den Hafen Kolbergs beherrschten und somit das Einlaufen engli-
scher Schilfe verhinderten, von diesem Punkte abzuziehen. Die
Erstürmung des Wolfsberges wurde Waidenfels und seinen Grena-
dieren Obertragen. Der Sturm gelang« aber Waldenfels erbielt
bei ihm die Todeswunde, das war ein schwerer Verlust, der noch
erhöht wurde durch den Tod vieler Grenadiere, die mit der
größten Todesverachtung in wenigen Hinuten die schwere Auf-
gabe gelöst hatten.
Waidenfels starb als ein Held und nahm die Freude über
einen großen Erfolg mit hinüber in die Ewigkeit.
Einen wie gewaltigen Eindruck dieser Sieg auf die Franzosen
gemacht hat, ersehen wir aus dem Bericht, den Loison an den
Harschall Brune macht, von dem er dringend Verstärkungen der
Belagerungsarmee fordert. Ohne solche hält er die Einnahme
der Festung für unmöglich. Hit Recht behauptet der Verfasser
dieser Schrift, daß ohne die Erstürmung des Wolfsberges durch
Waldenfels die Festung sich bis zum Beginn des Waffenstillstandes
nicht hätte halten können.
Ober den Tod des Helden hat Klaje nichts Genaueres er-
mitteln können, obwohl er die Berichte einer gründlichen Prüfung
unterworfen hat.
Leider ging der Wolfsberg wieder an die Franzosen verloren,
und deshalb versuchte Gneisenau noch einmal am 19. Juni den-
selben zurückzugewinnen, wurde aber von den Franzosen blutig
zurückgeschlagen. Viele tapfere Grenadiei^e und ihr neuer Kom-
mandeur bedeckten das Schlachtfeld. Die Oberlebenden mußten
sich auf die Verteidigung der Ziegelschanze beschränken. Am
15. Juni wurde der tapfere Held auf dem Hünder Kirchhof bei-
gesetzt, wo auch später Nettelbeck, der ihm einen Gedenkstdn
aus eigenen Hitteln hatte setzen lassen, begraben wurde.
Wenn ich kurz den Inhalt der Klajeschen Schrift angegeben
habe, so soll dies keineswegs das höchst gediegene Buch selbst
ersetzen, sondern nur dazu dienen, Interresse für dasselbe za
erwecken; ich kann nur sagen, daß es mir beim Durchlesen mit
jeder Seite mehr gefallen und mein ganzes Interesse in Anspruch
genommen hat
R« Sehlemner» Leitfaden der Erdkande, «gz. von J. Heliog. g27
Vielbch hat der Verfasser auch die Bericbte des französischen
Höchstkommandierenden im Urtext angeführt, es ist dies ja durch-
aas nicht zu tadeln, es wäre aber vielleicht zweckentsprechender
gewesen, eine deutsche Übersetzung beizugeben, da das Buch
doch für einen größeren Leserkreis und nicht allein för Fach-
genossen bestimmt ist.
So möchte ich namentlich auch das Buch zur Anschaffung
fär Schölerbibliotheken der oberen Klassen angelegentlichst
empfehlen. Denn sicher verdient es Waldenfels ebenso wie Schill,
daß er der deutschen Jugend bekannt wird. Er ist unzweifelhaft
ein Held im wahrsten Sinne des Worts, und schon seine Zeit-
genossen haben ihn für einen solchen gehalten, wie wir dies aus
einer Elegie auf seinen Tod ersehen, die der Verfasser als Schluß
seinem Buch angefügt hat
Das Bach ist, am es kurz noch einmal zu sagen, nach jeder
Richtung hin zu empfehlen. Es zeugt von großem Fleiß und
von einem feinen historischen Verständnis. Der Verfasser ist
offenbar für seinen Helden begeistert; dies aber stört ihn nicht
in seinem Urteil, sondern er bleibt stets gerecht und sachlich.
Daß dem Buch ein Plan der Festung Kolberg vom Jahre 1807
beigefügt ist, wird sicher jeder mit Freuden begrüßen; nur
möchte ich wflnschen, daß die Schrift auf ihm etwas klarer und
schärfer wäre.
2) Karl Sehlemmer, Leitfaden der Brdknode für höhere LehraBsUlteo.
1. Teil: Lehrstoff fdr SexU aod QqIoU. Mit 3 Abbildoogeo. Dritte,
verbeiserte Auflage. Berlio 1906, Weidmaoosche Bachhandlaog.
n V. 63 S. 8. 0,60 M.
Da die erste und zweite Auflage dieses Lehrbuchs von mir
ausfflhrlich und eingehend in der Zeitschrift för das Gymnasial-
wesen besprochen sind, so kann ich mich bei der Besprechung
der dritten Auflage um so kürzer fassen. Sechs Jahre sind ver-
strichen, ehe eine neue Auflage nötig geworden ist, das ist för
ein Lehrbuch der Erdkunde eine ziemlich lange Zeit, da gerade
ein solches leicht veraltet Um so mehr ist das Erscheinen der
dritten Auflage mit Freuden zu begrüßen. Der Verfasser ist mit
bestem Erfolge bemüht gewesen, alle Fortschritte der Wissenschaft
in seinem Lehrbuch zu verwerten, so daß es nach jeder Richtung
hin auf der Höhe steht. Fast auf jeder Seite findet sich eine
Verbesserung. Zahlreich sind diei Nachträge und Ergänzungen,
die in einem Lehrbuch der Erdkunde ja stets nötig sind. Be-
sonders dankenswert ist es, daß der Verfasser bei der Länder-
kunde die Stoffgliederung noch strenger als in der zweiten Auf-
lage durchgeführt, wodurch die Gbersichtlichkeit bedeutend ge-
wonnen bat. Der Lehrstoff' der Quinta ist mit gutem Recht er-
weitert worden. Der vierte Abschnitt behandelt nicht nur das
Deutsche Reich, sondern in Übereinstimmung mit den neuen
Lehrplänen von 1901 Mitteleuropa, also außer dem Deutschen
828 K. Sehlamner, Leiiftdeo der ErdkuDde, agz. voa J. Heliog.
Reich die Niederlande, Belgien, die Schweiz, ?on Österreich-Ungarn
die Alpen- und Sudetenländer. DaB dem Deutschen Reich eine
kurze Obersicht über die deutschen Kolonien beigefügt ist, wird
sicher die Zustimmung aller Fachgenossen finden, wie der Ver-
fasser dies in der Vorrede erwartet.
Ebenso verdient es volle Anerkennung, daß der Verfasser die
„neue Rechtschreibung'' überall angewandt hat Druck, Papier
und Ausstattung sind vorzüglich, wie es freilich bei der Weid-
mannschen Verlagsbuchhandlung nicht anders zu erwarten ist
3) Karl Sehlemmer, Lei tfadan der Erdkunde für höhere Lehraastalteo.
2. Teil: Lehrstoff für die mittleren Klasien. Mit 84 Abhildnngen.
Dritte, verbeaaerte Auflage. Berlin 1906, Weidmannache BarJihandliiag.
Vn u. 296 S. 8. 2,25 UfT.
Sehr erfreulich ist es, daß nach sechs Jahren eine neue Auf-
lage des vorzüglichen Leitfadens der Erdkunde nötig geworden
ist. Es ist dies zugleich ein Beweis dafür, daß das iußerst ge-
schickt angelegte Lehrbuch der Erdkunde eine größer« Verbreitung
gefunden hat und von einer größeren Zahl höherer Lehr-
anstalten eingeführt worden ist. Für ein Lehrbuch der Erdkunde
ist es geradezu Lebensbedingung, daß die Auflagen möglichst schnell
aufeinander folgen; denn ist dies nicht der Fall, so lernen die
Schüler vielfach etwas, was Ungst veraltet ist Die beiden ersten
Auflagen dieses Buches sind ausführlich von mir in der Zeitschrift
für das Gymnasialwesen besprochen und die von mir gemachten
Ausstellungen in der neuen Auflage berücksichtigt worden. Da-
neben hat sich der Herausgeber veranlaßt gesehen, einige Ver-
änderungen in der neuen Auflage vorzunehmen, die nach jeder
Richtung hin die Zustimmung der Fachgenossen finden werden,
aber nicht hindern, die neue Auflage neben der alten in der
Schule zu gebrauchen. So sind die Angaben über die geo-
graphische Lage der einzelnen Länder, wie der Verfasser in der
Vorrede bemerkt, gleichmäßiger gestaltet und den einzelnen Para-
graphen vorangestellt worden; ebenso die Angaben über Größe
und Einwohnerzahl. Diese Veränderung, an sich unbedeutend,
ist zweckmäßig, weil der Text nicht durch die Zahlenangaben
gestört wird. Wichtiger ist es, daß bei den Zahlenangaben häufige
Hinweise auf bereits nach Größe bekannte Länder gegeben und
die Größe der einzelnen Länder miteinander verglichen worden
sind. Denn erst dadurch gewinnen die Zahlenangaben an Wert,
während sie ohne solche Vergleichungen eine Vorstellung über die
Größe derselben bei den Schülern nicht gewinnen können, sondern
sofort wieder vergessen werden. Daß die wichtigsten Verkehrs-
linien noch weitere Berücksichtigung gefunden haben und die
„Kleine Verkehrskunde'S welche der zweiten Auflage als Anhang
beigegeben war, nunmehr dem Buch« einverleibt worden ist» ist
durchaus zweckentsprechend und fördert die Einheitlichkeit der
Darstellung.
G.E Web0r, Methodik d. TordodterficMs, agz. v. CRieboi. §29
Auf die ErkMruDg der geographischen Namen hat der Ver-
fasser in der neuen Auflage mehr Wert gelegt als in den beiden
vorhergehenden. Es ist dies aus allgemein didaktischen Gründen
richtig; denn der Schuler wird sich die Namen der Gebirge»
Flösse usw. viel leichter einprägen, wenn er weiß, was der Name
bedeutet, als wenn er dies nicht weiß. So bedeutet Pyrenäen
,,Gebirge^' und Ebro „Strom'*; sie wurden von den Anwohnern
,,da8 Gebirge'' und „der Fluß'' genannt. Freilich fehlt bei einer
großen Anzahl von Namen immer noch die Erklärung, z. T. weil
es vielfach noch keine gibt oder weil sie noch unsicher ist. Die
Geologie ist auch in der neuen Auflage nicht berücksichtigt worden.
Ich kann dies nur billigen, wenn ich auch weiß, daß andere Fach-
genossen es vermissen werden. Bei der bescheidenen Anzahl von
Stunden, die dem erdkundlichen Unterricht zugewiesen sind, bleibt
eben keine Zeit zu geologischen Erörterungen, und da in den
oberen Klassen, wenigstens in den Gymnasien, die Erdkunde
keinen selbständigen Unterrichtsgegenstand mehr bildet, dürfte
auch das nötige Verständnis bei den Schülern der unteren und
mittleren Klassen fehlen. Es nvörde nur auf eine Belastung des
Gedächtnisses hinauskommen, was besser vermieden wird.
Die Anzahl der Abbildungen ist nicht unerheblich vermehrt
worden, wofür namentlich dem Verleger der wärmste Dank ge«
bohrt, der auch auf die ganze Ausstattung des Buches die größte
Sorgfalt verwandt hat.
Auf Einzelheiten einzugehen möchte ich vermeiden, nur will
ich rühmend hervorheben, daß der Verfasser überall die neuen
Forschungen und Ergebnisse der Wissenschaft mit größtem Ge-
schick berücksichtigt hat. Die ganze Darstellung ist klar und
übersichtlich, der; Stofl" auch äußerlich sehr gut gegliedert, der
Ausdruck knapp und zutreflend. Es kann daher das Lehrbuch
der Erdkunde nach jeder Bichlung bestens empfohlen werden.
Es ist, um es kurz zu sagen, eine Zierde der erdkundlichen
Sctiulliteratur. Auf Druckfehler habe ich nicht besonders geachtet,
aufgefallen sind mir beim Durchlesen keine.
Beigard a. Persante. J. Heling.
G. B. Weber, Methodik dei Tornnoterriclits fdr Koaben uod Mäd-
eheo io Volks- und Mittelschalea. Vierte, am^earbeitete Auflage.
Mäaehea aod Berlin 1906, R. Oldeoboarg. X a. 150 S. 8. 1,85 JC.
Da es sich nur um eine neue Auflage des bewährten Buches
handelt, so könnte sich Ref. darauf beschränken, die Veränderungen
gegen die frühere Auflage aufzuzeigen. Indessen diejenigen Leser
dieser Zeitschrift, welche^ das Buch in seiner früheren Gestalt
kennen, werden seinen Wert ohnehin schätzen, Jene aber, bei
denen dies nicht der Fall ist, würden aus einer solchen Ver-
gleichung wenig Nutzen ziehen. Und doch ist es für jeden Turn-
lehrer so wichtig, daß er sich einmal von einem erfahrenen
§30 ^- B. Weber, Methodik des TaronDterriehts/
Freunde die Wahrheit über den Tarminterricht sagen läBt, auch
über seinen Turnunterricht Und das Buch ist so knapp ge-
schrieben, so frei von überflüssigen, breiten Auseinandersetzungen,
daß man es gern liest, rasch liest und wohl mit durchgängiger
Zustimmung liest. Es wird nicht überflüssig sein, wenn Verf.
in dieser gegenwärtigen Zeit, wo so vielfach Schülervorführungen
nur den Zweck haben, die Schaulust der geladenen Gäste zu be-
friedigen, daran erinnert, daß die Turnübungen den Schülern
einen leiblichen Gewinn schaffen, ihr Kapital an Jugendfriscbe
und Lebensfreudigkeit vermehren, ihre Kürperkraft und Gesund-
heit fördern und ihren Charakter bilden helfen sollen, nicht über-
flüssig, wenn er den Turnlelirern immer wieder einschärft,
daß nur ein frischer, anregender, planvoll durchdachter Turn-
unterricht für unsre Jugend Gewinn bringt und die Zeit nicht
mit unnötigen, nur blendenden Aufführungen hingebracht werden
darf, die ihr Dasein nur der Eitelkeit des Turnlehrers verdanken.
Nicht von jedem läßt man sich dergleichen sagen, aber von einem
so erfahrenen Meister gern, weil man aus jeder Zeile sieht, wie
ernst es ihm um seine Sache ist.
Nachdem Verf. kurz über das Wesen des Turnens, über den
Zweck des Turnunterrichts und über Forderungen und Förde-
rungen desselben gesprochen hat, behandelt er die Erfordernisse
eines guten Turnplatzes und Turnsaales, wobei er für Schulen
mit mehr als 16 Klassen mindestens 2 Turnsäle für notwendig
erachtet, und gibt die Geräte an, die notwendig, und jene, die
bloß wünschenswert sind. Es folgt eine Ordnungsanweisung für
den Turnsaal mit Angaben über das Benehmen der Schüler dar-
in, über die Temperatur und über Staubverhütung.
Ein dritter Abschnitt behandelt die Frage: Wer soll Turn-
unterricht erhalten? und fordert solchen auch für Landschüler,
auch für Mädchen, auch für die untersten Klassen, auch für Fort-
bildungsschüler, auch für Studierende. Dispensgesuche würden
3eltener werden, wenn der Turnunterricht frisch und anregend
erteilt wird und der Lehrer auch auf Rekonvaleszenten verständnis-
volle Rucksicht nimmt.
Im folgenden Abschnitt wird die Frage nach der Zeit des
Turnunterrichts einer Prüfung unterzogen. Wieviel Stunden
sollen darauf verwendet werden, und wann sollen sie liegen?
Dabei ist freilich die Einrichtung des ausschließlichen wissen-
schaftlichen Vormittagsunterrichts, wie wir sie jetzt in allen Groß-
städten (leiderl) haben, nicht berücksichtigt, die ihre besonderen
Schwierigkeiten mit sich bringt, weil die Turnstunden sich an
anderen Nachmittagsunterricht (Zeichnen, Singen) anschließen
müssen.
Der fünfte Abschnitt handelt voin des Turnlehrers Vorbildung
und Fortbildung, auch, ob beim Mädchenturnen der Turnlehrer
oder die Turniehrerin, ob der Klassenlehrer oder ein Fachlehrer
aB|^«x. von 6:Riehm. 831
den Vorzug verdient. Da wird aber auch dem Turnlehrer zur
Pflicht gemacht, mit allem Fleiß und in steter Ausdauer nach
eigener Turnfertigkeit zu trachten und sie durch Obung zu
erhalten und zu steigern dadurch, daß er mit Fachgenossen ge*
meinschaftlich und regelmäßig zu Turnstunden sich zusammen-
findet oder einem Turnverein beitritt Ob eine solche Mahnung
wohl überflüssig ist?
Nun folgt der Hauptabschnitt, der das ganze übrige Buch
umfaßt, unter dem Titel: Tumbetrieb. Es wird ebensosehr vor
den Kunststücken an Geräten, wie vor den unbedeutenden Frei-
übangen und den mehr geistig als körperlich anstrengenden
Ordnungsübungen gewarnt, dagegen stramme Turnarbeit gefordert,
die den Körper allseitig in Anspruch nimmt, jeden Schüler häußg
genug heranzieht und auch den schlechtesten fördert. Es werden
Beispiele gegeben, wie ein turnerisches Thema entwickelt wird,
und dabei auch der Wert der Musik für das rhythmische Gefühl
hervorgehoben, aber auch die richtigen Schranken für ihre Ver-
wendung gezogen. Auch für die Gerätübungen wird Klassen-
turnen gefordert und nur für die obersten Klassen der Hittel-
schulen (Gymnasien, Realanstalten usw.) teilweises Riegenturnen
gestattet, wie das wohl allerorts üblich ist; dabei bietet sich
Gelegenheit auch über die Vorturner, deren Wahl, Ausbildung
und Behandlung zu sprechen. Dann werden im einzelnen die
Frei' und Ordnungsübungen besprochen, ihr Wert und ihr Ver-
hältnis zu den Gerätübungen festgestellt, dem Turnspiel der rechte
Platz angewiesen und dabei auch jeder Klasse ein Pflichtspiel zu-
gewiesen und für Turnfahrten Grundsätze aufgestellt, die auf den
ersten Blick den erfahrenen Pädagogen erkennen lassen. In der
Folge wird dann vom Turnen im Freien gehandelt; es wird mit
Recht davor gewarnt, die Turnstunden zu gewaltsamer Abhärtung
um jeden Preis zu verwenden, und dem Turnlehrer seine Ver-
antwortung dafür vorgehalten, daß sich die Schüler nicht durch
längeres Stehen nach anstrengenden und erhitzenden Obungen
erkälten. — Sehr wilkommen wird manchem Turnlehrer das über
Klassenziele Gesagte sein. Verf. trifft ganz des Ref. Meinung,
wenn er es für ein wichtiges Gesetz wie für jeden anderen Unter-
richt so * auch für das Turnen erklärt, daß kein Lehrer seinem
Vormann, keine Klasse einer anderen in den Stofl pfuschen und
Dinge herbeiziehen darf, die erst in den Zielen eines höheren
Kursus vorgesehen sind. Es bleibt wahrhaftig auch für den
eifrigsten Turnlehrer dabei noch Freiheit genug, und dem plan-
losen Haschen nach dem, was den Jungen vielleicht momentan
Spaß macht, muß Einhalt geboten werden. Wer mit der großen
Mehrzahl seiner Schüler die aufgestellten Klassenziele erreichen
will, hat tüchtig zu arbeiten, und schon Sirach sagt treffend:
,,Es frommt Dir nichts, daß Du gaffest nach dem, das Dir nicht
befohlen ist. Denn Dir ist vor mehr befohlen, denn Du kannst
S32 G. H. Weber, ManehDer S^ielbaefcy äuget. voB 6. Riehm.
ausrichten'S Solche Klassenxiele werden nun fflr die verschiedenen
Schalarten, zunächst Bayerns, au^estellt, können aber natürlich
ohne weiteres auch für das ganze Reich übernommen werdeo, j
und es wSre gut, wenn das allgemein geschähe; denn die Aus-
wahl ist gut und zeugt von großer Erfahrung. — Ganz besonders
wünschenswert aber wäre es, wenn recht viele Turnlehrer den
folgenden Abschnitt nicht nur lesen, sondern auch beherzigeH
würden, wo von der Vorbereitung des Lehrers auf die einzelne
Stunde die Rede ist und von der Notwendigkeit, ein Tagebuch
zu führen, in das regelmäßig nach der Turnstunde kurz notiert
wird, was wirklich durchgenommen ist, und was für Erfolge er-
zielt wurden. Das ist ein eminent praktischer Vorschlag, und
Verf. sagt mit Recht: „Ein Tagebuch, welches auch nur ein Jahr
lang in dieser Weise gewissenhaft und regelmäßig geführt wurde,
gewährt dem Lehrer für ein anderes Jahr große Erleichterung
und die erfolgreichste Beihilfe bei der Erteilung des Unterrichts
und gibt ihm verständlichere und nutzlichere Fingerzeige als das
dickleibigste Turnbuch''.
Im weiteren Verlaufe werden dann noch behandelt: die
Versäumnisse der Turnstunden, der Beginn der Turnstunden, das
Verhalten des Lehrers den Schülern gegenüber (vortrefflich!),
Disziplin, Strafe, Lob, Ehren, die Aufstellung der Schüler und
des Lehrers, der Befehl, Korrekturen, Wiederholung, Qualifikation,
d. h. Zensierung der Schüler, Behandlung de^ Turngeräte, Ge-
fahren und Hilfeleistungen in den Turnräumen, der Gesang, Schloß
der Turnstunde, Weggang der Schüler aus dem Turnranme,
Schulfeste und Turnen, schließlich anhangsweise auch noch Baden,
Schwimmen, Fechten, Schlittschuhlaufen, Tanzen, Reiten, Faß-
wandern und Radfahren, Eine Fülle von wertvollen Winken wird
hier in knappster Form dem angehenden Turnlehrer geboten,
und auch mancher ältere Kollege wird von der Erfahrung eines
so ausgezeichneten Turnpädagogen gern Nutzen ziehen.
2) 6. H. Weber, Müoehaer Spielboeb für Koabeo- wie Mädchen-
Volks- ood MittelsebaleD. Mfincheo uod Berlio 1907, R. OldeDboor;
XI a. 135 S. 8. 2 Jt.
Der Verf. hat uns nun auch mit einem Spielbuch beschenkt,
und zwar, wie das nicht anders zu erwarten ist, mit einer reich-
haltigen und vortrefflichen Sammlung. 121 verschiedene Spiele
werden beschrieben, und zwar durchweg so, daß man danach
spielen lassen kann, auch wenn man das Spiel nicht kannte.
Zunächst werden 12 Spiele für die jüngste Altersstufe in der
Volksschule dargeboten, dann 4 Versteckspiele, 11 Spiele um einen
Platz weniger als Spieler, 3 mit verbundenen Augen, 32 Lauf-und
Fangspiele, 6 Hinkespiele, 16 Gewalt gegen Gewalt, 4 Täuschuogs -
spiele, 1 Darstellungsspiel, 18 Spiele mit Handbällen, 5 Spiele mit
Hoblball, 5 mit dem großen VoUball und 4 Winterspiele, außer-
A. Hermanii, Pest im Takt!, ancpet. von 6. Rielini 833
dem in einem Anhang eine große Anzahl Abzählreime. Die
letzteren tragen ja meist eine starke lokale Färbang an sich, aber
eine Anzahl davon sind anch in Norddeutschland bekannt und
verwendbar; in der Schule kann man sie entbehren. Im ali-
gemeinen wird es gut sein, wenn ein derartiges Spielbuch in der
Band des Lehrers ist; denn es ist ganz nützlich, wenn er ab und
zu daran erinnert wird, wie viele brauchbare und unterhaltende
Spiele es gibt, und daß nicht gerade immer Barlauf und Fußball
gespielt zu werden braucht. Die Spielfreudigkeit wird sicher da-
durch gefördert
Die Ausstattung des Buches ist gut, leider ist aber die
Korrektur nicht grundlich genug gelesen; es finden sich eine
ganze Reihe von Druckfehlern und falschen Wortstellungen«
3) F«9t im Taktl Leichte Toostiieke, Sing- vnd Tansweiseo zum Gebraneh
beim Toronaterricht voa A. H e r m a o o. Zweite, vermehrte Anf-
lage. Berlin, Weidmanosche Bachhandliuis 1907. VUl a. 86 S. 4.
3,60 JC'
Wer jemals es versucht hat, Freiübungen nach dem Takte
der Musik ausführen zu lassen, wird schwerlich wieder davon
zuröckkommen. Man muß sich nur darüber wundern, daß man
in den Turnhallen so selten Musik hört. Und doch genügt ein
von einem Schüler gespieltes Klavier, eine Geige, ja eine Zieh-
harmonika zur Begleitung der Übungen. Die Phantasie ergänzt
bezw. verschönt gern etwaige Mängel. Man denke nur daran,
mit wie wenig musikalischem R&nnen tanzlustige Leute zufrieden
zu stellen sind, und man wird verstehen, daß nicht viel dazu
gehört, um Freiübungen mit Musik zu begleiten; nur „fest im
Takr' muß gespielt werden. Man denke daran, mit welcher Lust
zur erbärmlichsten Musik getanzt wird, und man wird zugeben,
daß die als langweilig verschrieenen Freiübungen zur Musik gern
ausgeführt werden. Daß beim Turnen der Mädchen die Musik
gar nicht fehlen darf, ist selbstverständlich; aber auch beim
Knabenturnen sollte man sich diese Hilfe nicht entgehen lassen.
— Nicht jede Musik freilich eignet sich für den in Rede stehen-
den Zweck. Es gibt Volks- und Wanderlieder, die man wohl
verwenden kann; aber es gibt mehr, die dazu zu schade sind.
A. Hermann bietet uns in der vorliegenden Sammlung eine Reihe
von 82 Tonstücken, die ganz vorzüglich dem Zwecke entsprechen.
Die meisten Stücke sind geradezu in Musik gesetzter
Takt und lassen sich im Knabenturnen zu Ordnungs- und Frei*
Übungen, zu Hantel- und Stabübungen ausgezeichnet verwenden.
Ihren eigentlichen Zweck freilich erreichen sie erst im Mädchen-
tttmen zur Einübung von Zier- und Tanzschritten und wirklichen
Tänzen und Reigen. Die Stücke sind zwar nicht streng metho-
disch geordnet, doch ist eine solche Ordnung beigegeben. — Die
Anschaffung der Sammlung, die leider viel zu wenig bekannt ist,
kann den Herrn Kollegen nur dringend empfohlen werden, schon
Wtad». i. d. GTWDMialwMMi. LXL IS. 53
§34 G. Leaboicher, Sehnlarzttätigk. n. Sebalgesandbeitspfle^e,
um der Musik erst einmal Eingang in unsre Turnhallen zu ver-
schaffen. Ob man dann später lieber nach dem Flottenlied oder
nach den Klängen der Lustigen Witwe turnen lassen will, ist
ganz gleich.
Halle. G. Riehm.
G. Leubuselier, SehaUrzttätigkeit nnd ScholgesuDdheitspflef^e.
Leipzig aod Berlio 1907, B. G. Teobaer. 70 S. 1,20 JL-
Der Verfasser, Prof. Dr. G. Leubuscher, Regierungs- und Ge-
heimer Medizinalrat in Meiningen, hat im Jahre 1902 in einer
bei Reuther 8: Reichard in BeHin unter dem Titel „Staatliche
Schulärzte'* erschienenen Broschüre die Grundzöge der schulärzt-
lichen Organisation, wie sie in Sachsen-Meiningen für sämtliche
Schulen des Herzogtums seit 1900 (für die Volksschulen) und 1901
(für die höheren Schulen, auch Seminare und Privatschulen) fest-
gelegt ist, zugleich mit dem Erfolge der erstmaligen Untersuchungen
veröffentlicht. Jetzt — nach fünf Jahren — erscheint es ihm an
der Zeit, einen kritischen Oberblick über die Ergebnisse der schul-
ärztlichen Tätigkeit und ihren Einfluß auf die Schulgesundheits-
pflege zu geben. Für diesen Bericht haben wir Grund dankbar
zu sein; denn wenngleich das Gebiet, von dem wir hören, ein
ziemlich eng begrenztes ist, auch kaum eines, dessen wirtschafi-
liche und klimatische Verhältnisse für größere Teile unseres Vater-
landes typisch sein dürften, wenngleich ferner der Bericht über
Beobachtungen an Volksschulkindern den breitesten Raum ein-
nimmt, so hat die Schrift, abgesehen davon, daß sie viele für
jeden Lehrer beachtenswerte Winke im einzelnen gibt, das Gute,
daß sie uns zu einem besonnenen, scharf beobachtenden Arzte
Ton reicher Erfahrung in Beziehung setzt und uns zum erneuten
Durchdenken wichtiger Fragen der Jugenderziehung und Jugend-
pflege zwingt.
Das steht mir — meinen persönlichen Erinnerungen und
Erfahrungen nach — fest, daß die Schule jahrzehntelang den
Körper unserer deutschen Jugend malträtiert, zum mindesten ihm
nicht ausreichende Beachtung geschenkt hat Mi und daß es auch
heutzutage nicht wenige Lehrer gibt, die immer noch jeder aus-
giebigeren Körperpflege seitens der Schule ablehnend oder miß-
trauisch gegenüberstehen aus Furcht, der Dnterricht und besonders
die häusliche Schularbeit könnten darunter leiden. Es gibt doch
hoch immer Lehrer — junge und alte — , denen bei aller Pflicht-
treue der einzelne Junge nicht mehr ist als ein Name in ihrem
Notizbuch, hinter den sie gute und besonders schlechte Nummern
setzen, nicht eine aus Geist und Körper gewobene Persönlichkeit,
^) MiD denke: Dnr etwa die HSifte aller Militärpflichtigen ist dteast-
tauglich, hei den fiiojährigen noch nicht die Hälfte, nach einigen Angaben
aar 25<>/o, nach andern sogar nur 207o*
KBgex. Von F. Sattif^. 835
die ohne gebührende Berücksichtigung des Leiblichen auch ihrem
geistigen und sittlichen Wesen nach nicht yoII gedeihen kann»
Seltsamerweise findet man hier und da sogar Lehrer, die für
ihre eigene Person, ihre krankhaften Zustände, ihre Nervosität
und ihre Stimmungen die größte Rücksichtnahme verlangen, aber
kaum daran zn denken scheinen, daß sie gleiche, ja erhöhte Rück-
sichtnahme der noch nicht ausgereiften, noch in jeder Beziehung
in Entwicklung begriffenen Jugend schulden. Wieviel Lehrer z. B*
ahnen denn etwas von dem bis zu Selbstmordgedanken reizbaren
Ehrgefühl der Mannbarwerdenden und handeln danach? Es
schadet nichts, an diesem Punkte immer und immer wieder die
Gewissen zu schärfen. Daß unsere deutschen Schulen dadurch
zu gemütlich würden oder zum Turnverein oder Fußballklub mit
fremden Sprachen und Mathematik als Nebenfächern, ist kaum zu
befurchten.
Aus der berechtigten Sorge für den gesunden, rüstigen Leib
unserer Jugend ist die Schularztbewegung hervorgegangen. Kein
Wunder, daß sie in naturgemäßer Gegenwirkuog gegen die be-
obachtete Vernachlässigung des Körperlichen hier und da zu
extremen Forderungen sich hinreißen ließ und den Arzt fast zum
Herrn in der Schule machen wollte. Natürlich fehlte es nicht an
gereiztem Widerspruch auf selten der Direktoren und Lehrer der
höheren Schulen gegen diese beabsichtigte „ärztliche Invasion''.
Im Laufe der letzten Jahre, stellt Leubuscher fest, haben sich die
Ansichten geändert und geklärt: „Die Zahl der Vertreter einer,
sagen wir, konservativen Richtung ist eine recht geringe ge-
worden" (S. 3).
Was ist nach Leubuschers Auffassung der Amtsbereich der
Schulärzte und was haben sie bisher gewirkt? Festzuhalten ist:
die Schule ist keine Sanitätsinstitution, und den Charakter einer
solchen, eines Hospitals, würde es der Schule verleihen, wenn,
wie es in Neuyork geschieht, der Arzt täglich die Schule revidieren
und einmal wöchentlich alle Schulkinder untersuchen wollte. Ein
zweimal im Jahre erfolgender Besuch der Ärzte in den Schulen
hat sich als ausreichend erwiesen. „Der Frühjahrsbesuch dient
Torzugsweise der Untersuchung der Anfänger" (L. schreibt In-
zipienten!) „und der krankheitsverdächtigen Schüler, der Herbst-
besuch dient im wesentlichen einer Revision und ist für die Unter-
suchung der Konfirmanden bestimmt'* (L. denkt offenbar nur an
Volksschulverhältnisse) (S. 17 f.). Regelmäßige Sprechstunden in
den Schulen einzuführen, ist nicht ratsam. Als zweckmäßig ist
anzusehen, daß in regelmäßigen vierjährigen Zwischenräumen
immer wieder eine Gesamtuntersuchung aller Schuler erfolge. So
wird jedes Volksschulkind während seines Schulaufenthaltes min-
destens dreimal untersucht. — Das W^ichtigste aber ist, daß die
durch die schalärztliche Tätigkeit aufgedeckten Schäden nun auch
beseitigt werden. „Die Schularztinstitution soll nicht nur theo-
53*
836 &. Leuboscher, Schalarsttitigk. o. Schalgeiundlieitspflege»
Fetisch-fitatistisches Material sammeln, sondern sie soll praktisch
zur Besserung des Gesundheitszustandes der Schuljugend führen''.
Zu diesem Zwecke ist einmal auf die Herstellung gutbelichteter,
zweckmäßig ventilierter, mit einem Worte gesunder Schul-
räume, auf Entfernung alter, unhygienischer Schulbänke, auf zweck-
mäBige Anlage der Aborte usw. zu halten, und was dies Ge-
biet anlangt, „so kann man nur sagen, daß die Schulärzte auBer-
ordenüich viel geleistet haben'' (S. 19). Was aber auf der andern
Seite die schulärztliche Tätigkeit zur Beseitigung der bei den
Schulkindern gefundenen krankhaften Störungen betrifft, so ist
hier die Auskunft keine recht befriedigende. Der Schularzt „kann
veranlassen, daß Kinder mit akuten oder chronischen Infektions-
krankheiten vom Unterricht ausgeschlossen werden, er kann dafür
sorgen, daß Kinder mit Herzfehlern und Brüchen vom Turnen
und Baden, andere wieder vom Singen dispensiert werden, daß
Kinder mit Kurzsichtigkeit und Schwerhörigkeit Plätze auf den
vorderen Schulbänken erbalten und dergleichen mehr" (S. 20).
Aber „bei allen denjenigen Leiden, die eine länger dauernde ärzt-
liche Behandlung, ein Verbringen (?) in ein Krankenhaus, die Vor-
nahme einer Operation erfordern, hat nach L. der Schularzt nur
den Weg der Mitteilung an die Eltern, deren Erfolg, wie dar-
gelegt wird, ein zweifelhafter bleibt, — auch wohl im ganzen bei
Eitern und Schülern höherer Schulen.
Danach ist die Wirksamkeit des Schularztes als Schülerarztes
gerade keine überwältigend große. Denn was von den Schul-
ärzten nach Leubuschers Angabe wirklich geleistet wird: Aus-
schluß offenkundig kranker Schüler vom Unterricht, Dispensationen
vom Turnen usw., Anweisung besonderer Plätze für Kurzsichtige
und Schwerhörige, ist wohl schon längst überall auch ohne be-
sondere Schulärzte von Ärzten oder den Lehrern selbst kurzer-
band geübt und veranlaßt worden. Nein, um y,die Wechsel-
beziehung zwischen Fehlern und Abnormitäten der Schüler zu
den Einrichtungen der Schule" festzustellen, um uns zu sagen,
wieviel Prozent Schüler an „Myopie'* leiden oder wieviel kariöse
Zähne durchschnittlich jedes Schulkind im deutschen Vaterlande
im Munde hat, — dazu brauchen wir wirklich keine besonderen
Schulärzte; das mag statistisches Interesse haben, aber gesünder
wird davon kein einziges Kind.
Wenn schon, denn schon! Ich stimme im Grundsatze durch-
aus dem Sonneberger Schuldirektor Enders bei. Die schulärzt-
liche Tätigkeit muß zu einer heilenden ausgebaut werden. Alle
die Hygiene des Schulhauses und den inneren Schulbetrieb, die
Verteilung der Stunden, Machmittagsunterricht usw. betreffenden
Fragen können durch Gesetze und Verordnungen bis ins kleinste
geregelt werden; ihre Befolgung überwachen neben den Schul-
aufsichtsbeamten die zuständigen Medizinalbeamten (in Preußen
die Kreisärzte). Die Arbeit der Schulärzte betrifft lediglich das
«Df^ei. voB F. Salliff. S37
Gebiet der Schulerhygiene. „Die Feststellung des Gesundheits-
zustandes der Kinder, seine^ Beobachtung und Förderung ist ihre
ausschließliche Aufgabe'^
Ganz richtig! Die Schule ist keine Sanitätsinstitution, und
das Schulgebäude kein Lazarett; aber auch das Militär ist keine
Sanitätsinstitution, und die Kaserne kein Hospital, und doch
können wir uns kein geordnetes Heer ohne Militärärzte denken,
und doch ist der Offizier und nicht der Arzt Herr im Hause.
Ich wußte auch nicht, daß sich die Sanitätsoffiziere darum be-
drückt fühlten, und vermag deshalb beim besten Willen nicht ein-
zusehen, wieso L. befürchten kann, falls der Lehrer in den Hittel-
punkt der hygienischen Fürsorge trete, werde der Arzt zu einem
untergeordneten Gehilfen des Lehrers degradiert, „zu einer Stellung,
für die die Ärzte sich mit Recht bedanken werden*' (S. 12).
Ich stelle fest: der Lehrer bleibt Herr im Hause, in seiner
Klasse, er muß in den Mittelpunkt der hygienischen Füsorge
treten, genau so wie der Hauptmann in seiner Kompagnie und
die Eltern in der Familie. Im einzelnen denke ich mir die Tätig-
keit des Schularztes (vor allem an höheren Schulen) etwa folgender-
maßen.
Jeder Junge, der vor vollendetem neuntem Lebensjahre in
eine höhere Schule eintreten will, hat — wie bisher — ein ärzt-
liches Zeugnis vorzulegen, daß er körperlich den Anstrengungen
gewachsen ist. Dieses, wie alle anderen von Privatärzten aus-
gestellten Zeugnisse hat der Schularzt nachzuprüfen und nach
dem Ergebnis dieser Prüfung die Annahme oder Zurückstellung
des Jungen zu verfügen. Dasselbe gilt in entsprechender Weise
von den privatärztlichen Zeugnissen für Entbindung vom Turnen,
Singen usw. — Jeder Klassenlehrer hat gleich in der ersten Stunde
des Schuljahres die körperlichen Mängel seiner Schüler (Kurz-
sichtigkeit, Schwerhörigkeit, Vorhandensein von Brüchen u. ä.)
durch einfache Befragung festzustellen und danach seine Maß-
nahmen zu treffen, d. h. den Kurzsichtigen und Schwerhörigen
geeignete Plätze anzuweisen, die andern dem Schularzt vorzu-
stellen. — Zu Anfang jedes Schuljahres werden sämtliche Schüler
vom Turnlehrer gewogen und nach Körperlänge und Brustumfang
(Unterschied zwischen Aus- und Einatmung) gemessen. Die Er-
gebnisse werden für jeden Schüler auf ein besonderes Blatt ge-
schrieben, das den Jungen während seiner ganzen Schulzeit be-
gleitet (beim Schulwechsel der neuen Schule zugestellt wird), so *
daß man mit einem Blicke seine körperliche Entwicklung vom
Eintritt in die Sexta bis zur Keifeprüfung überschauen kann.
Diese Blätter werden nach ihrer Ausfüllung dem Schularzt vor-
gelegt, der daraus feststellen kann, wo auffallender Stillstand,
rückgängige Entwicklung oder sonstige bedenkliche Erscheinungen
(etwa unnormal geringe Brustausweitung beim Atmen) vorliegen.
In solchen Fällen wird er durch genaue Untersuchung der be-
838 ^' Leabüscher, SchnUrzttätigk. n. Scholgesandheitspflege,
treffenden Schüler den Grund feststellen und Abhilfe zu schaffen
suchen. Außerdem hat er sämtliche Schüler auf ihre Seh- und
Hörschärfe, die Beschaffenheit ihrer Zähne und endlich auf die
ihres Nervensystems zu untersuchen und den Befund in die oben
erwähnten Listen einzutragen. Bemerkungen über überstandene
Krankheiten oder Operationen, über vorhandene körperliche
Schwächen, Gebrechen usw. bringen die Aufstellungen zum Ab-
schluß. — Diese Listen, die stets bis spätestens Pfingsten aus-
gefüllt sein müssen, werden den Klassenlehrern zu fleißigem und
sorgfältigem Studium empfohlen. Betont sei noch einmal, daß es
sich hier nirgends um statistische Ermittelungen handelt, sondern
um heilendes Handanlegen.
Im weiteren Verlaufe des Schuljahres entwickelt sich die
Sache etwa so: der Lehrer bemerkt z. B. bei einem Schüler An-
zeichen rascher geistiger oder körperlicher Erschlaffung, früher
nicht beobachtete Stumpfheit, auffallend schlechtes Aussehen, fort-
währende Erkältungserscheinungen, nervöses Augenzwinkern oder
ähnliche Zuckungen, nach Turnübungen oder nach raschem Laufe
statt normaler Erhitzung plötzliches Erblassen u. dergl. m. Ist ihm
sein Schüler eine wertvolle Persönlichkeit, für deren ganzes Wohl
einzustehen seine Pflicht ist, so werden ihm diese Beobachtungen
Grund genug sein, diese Schuler dem Arzte zuzuführen, der viel-
leicht hier Blutarmut oder einen Herzfehler feststellen, dort einen
operativen Eingriff in den Nasenrachenraum für nötig befinden,
anderswo einer beginnenden Erkrankung der Atmungsorgane ent-
gegenarbeiten, immer aber heilend eingreifen wird.
Ich lasse die Frage unentschieden, ob der Arzt im Anstalts-
gebäude seine regelmäßige Sprechstunde abhalten soll oder die
Jungen in seine Wohnung zu schicken sind. Diese wie manche
andere praktischen Fragen, z. B. ob stets der beamtete (Kreis-)
Arzt zugleich Schularzt sein soll oder andere Ärzte als solche an-
zustellen sind, werden zweckmäßig aus den gegebenen Verhält-
nissen heraus, vor allem auch danach, ob die Anstalt in einer
Großstadt liegt oder nicht, ob eine oder mehrere höhere Schulen
am Orte sind, zu entscheiden sein. Auch die Befürchtung macht
mir wenig Kummer, daß die Schulärzte den anderen Kollegen
einen Teil ihrer Praxis entziehen; man wird darüber schelten und
sich mit der Zeit beruhigen und die Sache endlich ganz natürlich
finden. — Wer die Kosten der schulärztlichen Behandlung tragen
soll? fragt man endlich. Natürlich erhalten die Schulärzte vom
Staate oder von der Stadt eine entsprechende Besoldung. Auch
könnten ja die Schüler beim Eintritt in die Schule mit etwa
3 — 5 JC zu ihrer Deckung mitherangezogen werden. — Die
Kosten für die verschriebenen Arzneien und Stärkungsmittel müßten
zunächst die einzelnen oder vielmehr ihre Eltern tragen. Aber
auch hier könnte man vielleicht an die Entrichtung einer all-
jährlichen oder einmaligen Pauschsumme denken. Auch private
angez. tob F. Sättig. 839
^Tohltäligkeitsfibung hätte hier ein weites Feld; bei Gymnasial-
Jubiläen z. B. sollten Sammlungen für solche Zwecke, etwa für
Land- oder Badeaufenthalt kranker oder erholungsbedürftiger
Schuler, veranstaltet werden. Es gibt der gangbaren Wege viele,
wenn nur der gute, feste Wille da ist und die feste Überzeugung
Yon der Notwendigkeit derartiger Maßnahmen.
Freilich, mancher im Alter eingerostete laudator temporis
acti wird all diese Vorschläge lächerlich, zum mindesten undurch-
führbar finden. Das kann mich wenig irre machen. Alle Reformen,
die kleinsten wie die größten, sind zuerst für undurchführbar
gehalten worden, hinter allen sah man den Zusammenbruch und
den Weltuntergang; aber sie setzten sich durch, und die Welt
sollte ihre Bahn weiter, und bald schien es, als ob es gar nicht
anders sein könnte. Das ist die unbesiegliche Macht der ewigen
Wahrheit, die sich auch an ihren letzten Ausstrahlungen offenbart.
Ich weise noch auf einige Einzelheiten in Leubuschers Aus-
führungen hin.
Er will die besondere Ausbildung der Schulärzte in besondere
schulärztliche Ausbildungs- und Fortbildungskurse verlegt wissen;
an diesen würden „an erster Stelle die Vertreter der Hygiene,
der Augenheilkunde, der Ohrenheilkunde, der Nervenheilkunde,
der Psychiatrie und der Kinderheilkunde sich beteiligen müssen.
Außerdem aber wäre jedenfalls ein Pädagoge als Vortragender zu
gewinnen*' (S. 17). — Auch für die Lehrer ist hygienische Vor-
bildung unerläßlich. „Die Schulhygiene ist ein notwendiger Be-
standteil der Vorbildung der Kandidaten des höheren Lehramts*'
(Resolution des deutschen Oberlehrertages zu Eisenach) (S. 63).
Zu den Amtspflichten der Schulärzte gehören auch hygienische
Vorträge an Elternabenden (S. 22 ff.), auch solche zur Bekämpfung
des Alkoholismus, ein Gebiet, auf dem von den Eltern vielfach
nur aus Gedankenlosigkeit und Unwissenheit gesündigt wird, weil
sie im Alkohol ein Stärkungsmittel für ihre Kinder sehen (S. 63).
Auffallend ist der sehr starke Prozentsatz von Kurzsichtigen auch
in rein landwirtschaftlichen Gegenden bis zu 25 Vo (S. 26). Man
wird daraus den Schluß ziehen dürfen, daß die höhere Schule
nicht so ausschließlich die Augenverderberin ist, als die sie ge-
wöhnlich hingestellt wird. Seit mehreren Jahren prüfe ich an
dem mir unterstellten Progyronasium alle Schüler auf ihre Seh-
schärfe und glaube die Beobachtung gemacht zu haben, daß sich
nur sehr wenige ihre Augen während der Schulzeit verderben.
Wo Rückgang der Sehschärfe vorlag, waren entweder bestimmte
äußere Gründe nachweisbar — vorangegangene Augenentzündungen,
äußere Verletzungen — oder eine bereits mitgebrachte, wohl zu-
meist ererbte Schwäche hatte sich im Laufe der Jahre gesteigert.
Bezüglich der Tuberkulose bemerkt Leubuscher nach Mit-
teilung der statistischen Berechnungen, wonach für Berlin bei
0,399 Vo Schulkindern Tuberkulose festgestellt ist, für das Herzoge-
g40 G. Leoboscher, Schnlarzltätigk. n. SchnlgeiODdheitspflege,
tum Sachsen-Meiningen i. J. 1905 unter ungefähr 46000 Schul-
kindern nur 38 Tuberkulöse aufgeführt sind, er könne danach
der Schule für die Verbreitung der Tuberkulose nicht die Be-
deutung zusprechen, wie es von mancher Seite geschehe (S. 30).
Wichtig für jeden sorgfaltigen Lehrer, ist der Hinweis auf das
häufige Auftreten anorganischer Herzslörungen in den Entwicklungs-
jahren, die, wenn sie auch meist vorübergehender Natur sind und
im Wachstum, in Blutarmut, in nervösen Momenten begründet,
doch ernste Beachtung verdienten, weil, abgesehen davon, daß mit
Sicherheit vielfach nicht zu entscheiden ist, ob es sieb um organische
oder anorganische Veränderungen handelt, man wohl auch, an-
nehmen kann, „daß ein Teil der anorganischen Störungen zu
bleibenden Veränderungen des Herzens, zu Verdickungen der
Herzwand und Erweiterung der Herzhöhlen führen kann. Es geht
daraus für den Schularzt die Mahnung hervor, auch bei solchen
anorganischen Störungen die Kinder vom Turnen und Baden zu
dispensieren und die Eltern auf die Gefahren von stärkeren körper-
Uchen Anstrengungen aufmerksam zu machen'* (S. 35). — Ich
gehe darauf ein, weil vielfach die Neigung zu bestehen scheint,
derartige Störungen der Herztätigkeit sehr leicht zu nehmen, ihre
Geltendmachung wohl gar als „Druckerei*' aufzufassen.
Gleich beachtenswert sind Störungen im Nasen- und Bachen-
raum. Teilnahmlosigkeit (Stumpfsinn) hat häufig hier ihren Grund.
Meiner Ansicht nach drückt sich L. zu vorsichtig aus, wenn er
bei Besprechung geistig minderwertiger Kinder sagt, „daß derartige
Störungen auch die geistige Entwicklung der Kinder beeinflussen
können, ist zweifellos'' (S. 46).
Beschämend für die höheren Schulen ist die Mitteilung aus
dem Bericht eines Schularztes aus einer Beal&chule: „Bei einer
großen Anzahl Schüler, besonders der mittleren Klassen, fand
sich eine außerordentlich mangelhafte Hautpflege. Elf Schüler
(von wievielen?) mußten als direkt unsauber bezeichnet werden.
Entsprechend der schlechten Hautpflege kamen in einer Anzahl
von Fällen Hautausschläge . . . zur Beobachtung, zweimal Schuppen-
flechte, einmal Gürtelrose" (S. 49).
Auf den Seiten 50 — 61 macht Leubuscher eingehende Mit-
teilungen aus den statistischen Erhebungen über den Aikoholgenuß
der Schulkinder. Seiner grundsätzlichen Stellungnahme zur Alkohol-
frage wird man nur zustimmen können. „Daß der Alkohol in
kleineren Mengen für den gesunden Erwachsenen absolut schäd-
lich sein sollte, ist sehr zu bezweifeln. Bei Kindern liegt die
Sache anders, hier ist Alkohol in jeder Form nicht nur unnütz,
sondern direkt schädlich (S. 50). Zur Bekämpfung des Alkoholismus
ist zunächst der Weg der Belehrung zu empfehlen. Hier wird
auf den Vorgang verschiedener Staaten Nordamerikas, vorzüglich
von Illinois, und von Ungarn hingewiesen. Für das Herzogtum
Sachsen-Meiningen ist bestimmt, „daß in den obersten Klassen
angez. V0D F. Sattig. g41
aller Schulen und der Seminare eine Stunde im Monat dem be*
sonderen Unterricht üher die Schädlichkeit des Alkoholgenusses
mit eingehender Begründung aus der Physiologie und Gesundbeits-
lehre gewidmet wird. Ein entsprechender Lehrplan mit Verteilung
des Unterrichtsstoffes auf zehn Monatspensen ist zugrunde zu
legen" (S. 62). Dieser Apparat will mich etwas zu groß dünken;
auch gibt das Wissen um die Schädlichkeit einer Sache noch nicht
den festen Willen, sie zu meiden; Tugend ist kein Wissen. Neben
der im naturwissenschaftlichen Unterricht zu gebenden notwendigen
Belehrung — aber man mache daraus keinen neuen Unterrichts-
und gar Prüfungsgegensland! — schaffe man gesunde Lebens-
Yerhältnisse und stärke Charakter und sittlichen Willen. Hier soll
und kann jeder sittlich ausgereifte Lehrer, nicht zum mindesten
der Religionslehrer, ohne groBe physiologische und hygienische
Fachkenntnisse mitwirken. Hier tut vielleicht ein gelegentlicher
kräftiger Appell eines geliebten Lehrers mehr als der peinlich auf
zehn Monatspensen verteilte Unterrichtsstoff. Schmählich, sich
durch Trunkenheit zum vernunftlosen Tier zu erniedrigen! Un-
würdig auch des freien ßurschen, sich durch stumpfsinniges ge-
zwungenes Bierschlucken zum Sklaven zu erniedrigen 1 Ehre dem,
der sich seine Freiheit wahrt und sich seinen Leib frisch, ge-
schmeidig, rüstig erhält! — Grundbedingung aber eines erfolg-
reichen Kampfes gegen alle Ausschreitungen auf diesem Gebiete
ist das vorbildliche Leben der Lehrer. Ein Lehrer, dem sein
täglicher Schoppen zur philisterhaften Gewohnheit geworden ist,
der sich selbst in rauchgeschwängertem Bierdunst behaglich, „ge-
mütlich^* fühlt, wird hier nicht erziehlich zu wirken vermögen.
Berechtigt ist die Forderung eingehenderer hygienischer Be-
lehrungen auf den höheren Schulen; ich sage: eingehenderer;
denn . schon jetzt fordern für Preufien die Lehrpläne im natur-
wissenschaftlichen Unterricht der 0 lU „Unterweisungen über Ge-
sundheitspflege'S was L. nicht zu wissen scheint; — vernünftig,
daß er daraus kein eigenes Unterrichtsfach geschaffen sehen will,
sondern damit zufrieden ist, wenn „im Anschluß an die bereits
gelehrten naturwissenschaftlichen Fächer, im Anschluß an die
Biologie, an die Physik und an die Chemie die erforderlichen
Grundlehren der Gesundheitspflege vorgetragen werden** (S. 64).
Als einen ^kleinen Ersatz*' bierfür sieht L. die Einrichtung von
Samariterkursen für die Primaner an, wie solche bereits in einer
Anzahl höherer Schulen auf Anregung des Deutschen Samariter-
bundes gehalten werden. L. selbst hat solche Kurse seit zwei
Jahren vor den Schülern der beiden höheren Lehranstalten
Meiningens gehalten. „Wenn ein solcher Kursus sich auch nur
auf 12 — 20 Stunden erstreckt, so lassen sich sehr wohl und in
fegischem Zusammenhang mit den eigentlichen Aufgaben des
Samariterkursus grundlegende hygienische Fragen, in knapper
Form vorgetragen, verbinden** (S. 65).
842 G. Leaboscher, Schulirzttiitigk. n. Schalg^esaDdheitspflege,
Die SchluBausföhrungen L.s beschäftigen sich mit der sexuellen
Beiehrung der Jugend. Hier werden nicht nur die extremen
Forderungen Maria Lischnewkas, einer Huferin im Streit im Bunde
für Mutterschutz, als „Frevel an der Kindesseele*' energisch ab-
gelehnt — „man kann behaupten, daß bei dieser vorgeschlagenen
Art des Unterrichts am Schluß nur noch die bildliche oder figür-
liche Darstellung des menschlichen Geschlechtsaktes selbst fehlt"
(S. 64) — , sondern es wird jede sexuelle Aufklärung während
der Schulzeit als bedenklich, weil leicht gerade die Sinnlichkeit
reizend, hingestellt. Meines Erachtens kennt L. die wirklichen
Verhältnisse unter der Jugend zu wenig, als daß sein Urteil darin
maßgebend sein könnte. Ich gehe hierauf nicht weiter ein, weil
ich mich an anderer Stelle bereits (bei Gelegenheit der Besprechung
des Wegnerschen Buches „Wir jungen Männer'' auf S. 376. ff. des
laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift) dazu geäußert habe. Frei-
lich ist vorzeitige Aufklärung vom Übel; rechtzeitige aber —
spätestens im 14. Jahre — notwendig. Der naturwissenschaftliche,
biologische Unterricht hat hier vorzuarbeiten. Die Hauptsache
bleibt der sittlich erziehliche Einfluß kraftvoll männlicher Lehrer-
persönlichkeiten. Auch hier wird der Religionslehrer eine wichtige
Rolle spielen, neben ihm aber alle die, die berufen sind, die
Jugend in das Verständnis der Literaturwerke einzuführen mit
ihrem alten und stets neuen Problem des Eros, unbesiegt im
Kampf. Das Verständnis von der Wurde hoher heiliger Liebe, die
stark ist wie der Tod, wird die beste Wehr und Waffe sein gegen
die Verführung der ^A(pQo6itfj nävdfjfAog,
Bemerkenswert erscheint, daß nach L. die schädigenden
Wirkungen der Onanie überschätzt werden. Krankhafte Störungen
als Folge der Onanie seien selten; die Onanie sei, wo sie in
exzessiver Weise betrieben werde, nicht Ursache, sondern Er-
scheinung einer in der Entwicklung begriffenen Erkrankung oder
einer dauernd bestehenden degenerativen Veranlagung (8. 68).
Sexuelle Belehrung während der Schulzeit, wie gesagt, lehnt
L. ab; dagegen hält er es für richtig, „daß eine sexuelle Auf-
klärung, die sich auf die Entwicklung des Geschlechtsapparats, auf
die Gefahren der übermäßigen und frühzeitigen Inanspruchnahme
dieser Organe, sowie über die Verbreitung und die Gefahren der
Geschlechtskrankheiten erstreckt, den jungen Leuten bei ihrem
Austritt aus der Schule gegeben werden. Bei den Schülern der
höheren Lehranstalten würde somit die sexuelle Aufklärung nach
dem Abiturientenexamen, für die Schüler der Volksschule bei dem
Verlassen der Fortbildungsschule zu erfolgen haben'' (S. 69).
Als Abschluß dieser über Erwarten lang ausgefallenen Be-
sprechung eine kurze Bemerkung. Wenn ich warm für stärkere
Berücksichtigung des leiblichen Wohles unserer Jugend eintrete,
so tue ich es nicht in der Absicht, die Jungen zu verzärteln,
sondern gerade um ein kerniges, festes Geschlecht zu erzielen,
ange«. vod F. Stttig. 843
das seinen Mann steht zu Lande und zu Wasser, im Mutterlande
und draußen, das fest zugreift und festhält, wo die Geschicke der
Völker entschieden werden. Ich weiß es so gut wie einer: es ist
der Geist, der sich den Körper baut. Drum ist und bleibt
Geistesbildung das Höchste und Letzte, nicht aber so, daß man
ihn bis zum Ersticken mit totem Wissen belastet, sondern daß
man ihn zu festem, sittlichem Wollen erzieht. Und dieser so ge-
bildete Geist soll und wird sich seinen Körper bauen zum tüchtigen,
nie versagenden Werkzeug kraftvoller sittlicher Betätigung.
Goldberg L Schi. Fritz Sattig.
DRITTE ABTEILUNG.
BERICHTE Ober Versammlungen, Nekrologe, miszellen.
VerhaDdlungen der Direktoren -VersammlaDgen
in den Provinzen des Königreichs Preufsen seit dem Jahre 1879.
Berlin 1907, Weidmannsche Buchhandlang.
71. Band. Neunte Direktorea-VerstninlnDg in der Rheinprovioz.
1. Ist eine freiere BehaDdlang des LehrpUns der obereo Klassen höherer
Lehranstaltea wÖDscheoswert? Welche Formen freierer Behandlang sind
vornehmlich anzustreben und kSnoen mit den der Schale zar VerfnguDg
stehenden Mitteln verwirklicht werden T
2. Der natarwissenschaftliche Unterricht mit besonderer Berüeksichtigoog
der Biologie und der praktischen Obungen.
3. Die schriftlichen Klassenarbeiten und ihre Wertung für die Be-
urteilung der Schüler.
4. Was kann die Schule als solche tun, um ihre Schüler, auch nich
ihrem Eintritt ins Leben, vor sittlichen Verirrungen zu bewahren?
5. Was kann geschehen zu einer besseren Pflege der Handschrift bei
den Schiilern höherer Lehranstalten?
6. Wie lassen sich durch zweckmäßige Einteilung und Gestaltung des
französischen Unterrichts auf der Tertia der Gymnasien die Forderungen der
Lehrpläne erfüllen?
72. Band. Zehnte Direktoren -Versammlung in der Provinz Hannover.
1. Wie hat die Schule für die Gesundheit der Schüler zu sorgen?
2. Die Bewegungsfreiheit in den oberen Klassen der höheren Schulen.
3. Die philosophische Propädeutik im Unterricht der Prima unserer
Vollanstalten.
4. Die naturwissenschaftlichen Ausflüge (Unterricht im Freien).
5. Behandlung und Wertung der Extemporalien.
6. Was kann die Schule zur Sicherung einer leserlichen Handschrift
beitragen ?
73. Band. Neunte Direktoren -Versammlang in Schleswig-Holstein.
1. Welche Mittel stehen der Schule zu Gebote, um auf die Eltern
ihrer Zöglinge einzuwirken, und wie kann sie diese Mittel zum Zwecke er-
sprießlichen Zusammenarbeitens von Schule und Haus am erfolgreichsten
gebrauchen ?
VerhaBdIangeo d«r Dtrektorei-VeriammlaDgeo. S45
2. Wodnrch ISfit sich die mehrftch geforderte größere Freiheit aod
Selbetandjgkeit der Stadien und Arbeiten in der Prima ermöglichen and
fordern ?
3. In welchem Umfange kann der natnrwisRenschaftliehe Unterricht
der Forderung, biologische Kenntnisse in genSgeadem Maße zu vermitteln,
innerhalb des Rahmens der Lehrpline von 1901 gerecht werden?
4. Wie ist der mathematische Unterricht sowohl seinem Inhalte als
auch der Form seiner Darbietang nach in gestalten, um ihn insbesondere
mit Benatzung elementarer Anschanangen ans der Dülerential- ond Integral-
rechnong mehr als bisher den Zwecken der Allgemeinbildnng dienstbar zu
machen?
5. In welchem Umfange und in welcher Weise soll die neuere deatsche
Literatur im Unterrichte behandelt werden? Wie ist insbesondere die Privat-
lektäre der einzelnen Schüler auf diesem Gebiete für die Gesamtheit der
Schüler nutzbar zu machen?
74. Band. Zehnte Direktoren -Versammlung in der Provinz Sachsen.
1. Wie ksnn den Schülern der höheren Schulen das Verständnis des
Geistes- und Knltnrlebens der Alten mehr als bisher erschlossen werden?
2. Was kann innerhalb der gegenwürtigen Lehrpläne seitens der Sehale
für die Pflege des Kunstsinnes und des Runstverstiindnisses geschehen?
3. Durch welche Mittel ist auf doo obersten Klassenstufen eine Brücke
zu schlagen von der Gebundenheit der Schule zur Freiheit des Universitäts-
lebens?
4. Welche Erfahrungen sind mit den Versetzungsbestimmnngen von
1901 gemacht worden?
5. Bedeatiing und Maß biologischer Unterweisungen im Unterricht der
höheren Sehulen unter Beantwortang der Frage: Wie kann die Biologie in
den oberen Klassen genügende Berücksichtigung finden, ohne daß ihr Im-
sondere Unterrichtsstunden zugewiesen werden?
VIERTE ABTEILUNG.
EINGESANDTE BOGHEB
(BesprechnDg eiazeloer Werke bleibt vorbebalten).
1. MoDatssehrift für Schalgesaoi^yberaas^egebeDvoDF.Wieder-
maDD aod E. Paul. Jahrg. 2, Heft 2—6 (S. 25—144).
2. Die Stimme, Zeotralorgao fiir Stimm- ood ToobildoDg naw. Her-
aosgegebea vod Th. S. Flatau, K. Gast ood K, Goaiade. Jahrg. 1» Heft 9
(S. 257—288).
3. Vierteljahrsscbrift für körperliebe BrziehsDg, heraoa-
gegebeo von L. Burgersteia aod V. P immer. Jahrg. 3, Heft 2 (S. 73 — 136).
4. Bericht über die am 2. nad S.April 1907 ia Leipzig ab-
gehaltene siebzehnte Jahresversammlaag des Sächsischen Gym-
nasiallehrervereins, erstattet vom Vorstande des Vereins. Leipzig
1907, Dürrsche Bachhandlnng. 68 S.
5. Mikrokosmos. Zeitschrift zor Förderung wissenschaftlicher Bildung,
herausgegeben von der Deutschen mikro logischen Gesellschaft unter der
Leitung von R. H. Fr anc^- München. Band I, Heft 1—4. Jährlieh 8 Hefte,
für f^icbtmitglieder 6 JC- Mitglieder der Deutschen mikroiogischen Gesell-
schaft erhalten die Zeitschrift kostenlos.
6. Deutsche Lehrervereins-Warte. Zentral-Blatt für das Vereios-
wesen der gesamteo Lehrervereine Deutschlands. Herausgegebeo von
R. Fttlde in Wald (Rheinlaad). Jahrg. 1, Heft t.
7. IIaidaytjy$x6v öeltioVy ixMofievov vno loij Iv Idd-^nuig
^EkXrivtxov ^i&aaxalixov avlXoyov. TofioQ nptitog. *Ev ji&rjvaii 1906.
8. A. Ufferheimer und 0. Stäblin, Warum kommen die Rinder
in der Schule nicht vorwärts? Zwei Vorträge vor der Schulkommission
des Ärztlichen Vereins in München. München 1907, Ärztliche Rundschau
(0. Gmelio). 56 S. Lex.- 8. 1,40^.
9. K.Roller, Lehrerschaft and Schulhygiene io Vergangen-
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für Mädchealyzeen usw. Wien 1907, F. Tempsky. L TeiL Mit 1 Munz-
Ufel. Dritte Auflage. H u. 180 S. geb. 2 if 90 A. IL Teil. A. Oboogsbuch
mit 24 Abbildungen, 1 Kärtchen von Frankreich und 1 Piaae von Paris.
Zweite Auflage. 284 S. geb. 3 iT 80 A.
Eingesandte Bücher. 847
16. G. Steinmallery Auswahl von fünfzig französischen Ge-
dichten, für den Schalgebraoch zusammengestellt und erläutert nebst einem
Wörterbuch. Dritte Auflage. Miincben und Berlin 1907, R. Oldenbourg.
\Ul n. 104 S. geb. tfiOJC.
17. 100 poesies enfantines. Recueillies et mises en transcription
phonetique par D. Jones. lUustrations psr £. M. Pugh. Leipzig 1907,
B. G. Teubner. VIIl n. 116 S. 1,80 JC.
18. Scribe, Le verre d'ean ou les enfants et les causes.
Herausgegeben von Friedrieb. Leipzig 1907, G. Preytag. 122 S. geb.
ly20JC. Wörterbuch 24 S. OfiO JC,
19. G. Bruno, Le tour de la France par deux enfants. Be-
arbeitet von B. Walther. Mit 1 Obers ichtskarte* Vierte Auflage. Leipzig
1907, G. FreyUg. 140 S. geb. 1,50 Ji^; Wörterbuch 49 S. 0,60 JC.
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Hiatoire — Monuments — Industrie — Administration. Ausgewählt und für den
Schulgebranch herausgegeben. Mit 20 Abbildungen und i Karte. Glogau
i907, Carl Flemmiog Verlag. VIII u. 125 S. geb. 1,60 jfC.
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für kaufmänoische Lehranstalten von L. Voigt. VII o. 116 S. 1 JC.
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von L. Wespy. Mit 1 Obersichtskarle. V u. 14$ S. Anhang 78 S.
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Nr. 171. E. und J. de Gonconrt, Histoire de la societ^
fran^aise pendant la revolution et le directoire. Heraus-
gegeben von W. Kalbfleisch. Mit 1 Obersichtskarte. IV u. 107 S.
Anhang 35 S. , 1,10^. Wörterbuch 27 S. 0,20^.
Nr. 172. E. Gaspard, Les pays de France. I. Herausgegeben
von Fr. Petzold. Mit 7 Karten und 10 Abbildnogen. VIII o. 256 S.
Anhang 41 S. 1,80 JC. Wörterbuch 74 S. 0,30 JC.
Nr. 108. From Lincoln to Mac Kinley. Forty-one Years of
the Ristory of United States (1860 — 1901). Herausgegeben von Pe rönne.
Mit ] Obersichtskarte nod 3 Kartenskizzen. 1906. V u. 132 S. Anhang
35 S. 1,20 JC. Wörterbuch 68 S. 0,30 JC.
Nr. HO. B. Harraden, Things will take a Turn. Heraas-
gegeben von F. Kund t. VI u. 75 S. Anhang 15 S. 0,75 .y^. Wörter-
buch 23 S. 0,20 JC.
Nr. 111. Ch. A.Witchell, Nature's Story of the Year. Her-
ausgegeben von Fr. Strohmeyer. 1906. VI u. 111 S. Anhang 19 S.
1 JC. Wörterbuch 71 S. 0,30 JC.
Nr. 112. G. A. Henty, With Glive in India or The Beginnings
of an empire. Herausgegeben von G. Opitz. Mit 1 Karte. VI u.
143 S. Anhang 21 S. 1,20 JC. Wörterbuch 47 S. 0,20 JC.
g48 Biageiandte Bücher.
Nr. 113. Lires of Emineot Explorers aod loventor«. Her-
aosge^ebeo von A. Starmfela. Mit 6 Porträts nod 2 Kartea. V n.
186 S. Aohaoff 56 S. 1,60 M^ Wbrterboeh 47 S. 0,20 Jt,
Nr. 114. S. R. Gardiner, Historical Biographies. Cromwell
aod Williaan III. Heraosgegebeo voo J. Schoppe. Mit 1 Karte aod
8 AbbildoDgen. XVI u. 109 S. AnliaBg 38 S. 1^0 JL. WorUrbodi
28 S. 0,20 ^.
^T, 8. J. ßaltzer, Augast Hermaoo Fraacke. Für den Ge-
brauch aa Semluarea heraosgegebeD. Mit 6 Abbildaagen aod 1 Pias der
Fraockescheo StiftUDgea. 1906. XXX a. 80 S.
Nr. 116. Moderae ErzahlnDgea, 7. Bändchen. Herausgegeben
von G. Perger. XVI n. 164 S.
Nr. 118. H. Löschhorn, Anthologie mittelalterlicher Ge-
dichte. Mit ßeontzuDg der von G. Legerlotz veranstalteten Aosgaben
für den Scholgebraoch znsamraeDgestellt. XIV n. 172 S.
Nr. 120. E. V. Sallwärk, Oberoo, ein Gedicht in 12 Gesängen
von Chr. M. Wieland. X o. 149 S.
Reform- Ausgaben mit fremdsprachlichen Anmerkungen:
Nr. 19. Fr. Webster, The Island Ream or Günter's Wanderyear
heing Scenes from Bnglish Life. With notes by R. W. Reynolds. Witb
10 lllustrations and 1 Map of London. X a. 175 S. Appendix 25 S.
1,40 JC.
Nr. 20. P. Girault, Tony k Paris. Avec 9 lllustrations et
1 carte de Paris. V u. 190 S. Appendix 64 S. 1,80 JL^
Ph. Aroostein, English Prose Selections. Auswahl engli-
scher Prosastücke vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Mit 14 Hin«
strationen. XI u. 410 S. geb. — Dazu Ergänzungsband. 85 S. geb.
25. Freytags Sammlung französischer und englischer Schriftsteller.
Leipzig 1907, G. FreyUg.
E. Lytton-Bulwer, Money, a comedy. Annotated by G. Rrnger.
103 S. geb. 1,20 Jt^
H. Malot, En famille. Herausgegeben von B. Pariselle. Dritter
Abdruck. 157 S. geb. 2 JC. Wörterbuch 68 S. 0,10 JC.
26. Gustav Krueger, Englisches Unterrichtswerk für höhere
Schulen. Unter Mitwirkung von William Wrigbt bearbeitet. Vierter TeU:
Dentsch-eDglisches Obuogsbuch. Leipzig 1907, G. Freytag. 220 S. gr. 8.
geb. 2,50 JC.
27. J. Ellinger nod A. J. P. Botler, Lehrbuch der engliachei
Sprache. Ausgabe B für Mädcheolyzeen und andere höhere Töchteracbnleo.
IL Teil: An English Reader. With 45 lllustrations and 4 Maps. 338 S.
geb. 4 iT 50 A.
28. A. Mohrbutter, The Adviser. Lexikon für englische Grao-
matik. Leipzig 1907, Reogersche Buchhandlung (Gebhardt & Wilisch).
IV u. 148 S.
29. Chambers's History of England 55. B.C. to the present time.
Für den Schulgebranch hergerichtet voo J. Rlapperich. Mit 14 Abbildungen,
5 Nebenkarten und 1 Hauptkarte. Glogau 1907, Carl Flemming Verlag.
VEl u. 128 S. geb. 1,40 Jc.
30. Mary Bradford Peaks, The general civil and military
administration of Noricum and Raetia. Reprinted from volumen IV
of Studios in Classical Philology. Chicago 1907. S. 161—230.
31. Byron's poems, Selections. Herausgegeben von A. Herrmana.
Leipzig 1907, G. Freytag. 135 S. 1,50 JC,
32. Shakespeare, First part of King Henry IV. Ausgabe für
Studenten von G. Krüger. 196 S. 2,50^.
Draek ron W. Pormvitar ia Berlin.
Programmwesen and Programmbibliotkek der
höheren * Schulen. Mit Programm -Bibliographie von
1824 bis 1906 'X
(Schloß der AbhandlaDg dea Febraar-Mürz-Ifcfles).
Es 18t auch wünschenswert, daß solche Lehrer, die Ueber auf
den Höhen der Wissenschaft weilen, sich an Programmen be-
teiligen, die der Aufklärung der Eltern über Schulfragen zu dienen
bestimmt sind, wenn sie halbwegs Geschick dazu haben und
sich in den Gedanken einleben können,, r daß die geschild'erte Art
der Tätigkeit kein „Herabsteigen'' bedeutet, für die kleinere
Geister gerade gut genug wären, sondern nur ein Kfittel mehr,
ihre wichtigste Aufgabe, die geistige und sittliche Förderung
der ihr anvertrauten Jugend, so vollkommen als möglich zu
lösen. Und während die gewissenhaftesten Lehrer, soweit sie in
wissenschaftlicher Richtung literarisch tätig sind, hier gewohnt
sind, die Feder nur dann anzusetzen, wenn sie im Zusammen-
bang mit der Arbeit der Vorgänger wirklich Neues zu geben ver-
mögen und so, wenn auch nur auf einem kleinen Gebiete, zur
Förderung der Wissenschaft beitragen, wurde es för die eben
bezeichneten Zwecke durchaus kein Schade sein, wenn derselbe
Gegenstand auch zu verschiedenen Zeiten im wesentlichen in
gleicherweise behandelt würde, sofern eben Plan und Methode
der betr. Anstalten in der Hauptsache gleich sind. Man muß
doch damit rechnen, daß eine noch so vortreffliche Arbeit, die
z.B. über die neue Methode des Zeichenunterrichts') an der
Realschule in X. veröffentlicht wird, durch den Programmentausch
wohl den Lehrern der gleichen Anstalt in Z. zu Gesichte kommt,
nicht aber dem dortigen Publikum und besonders den Eltern, die
eine ähnliche Abhandlung von dem ihnen bekannten oder auch
nichtbekannten Lehrer ihrer Kinder über den gleichen Gegenstand
vielleicht mit Interesse läsen. Die Individualität des Autors von
einer bestimmten Anstalt wird doch unter sonst im wesentlichen
gleichen Verhältnissen sachlicher Art bei gleichartigen Anstalten
noch Spielraum genug haben, sich frei zu entfalten, und die
„Uniformität'' der Lebrpläne, die ja im allgemeinen nur den
Rahmen abgeben sollen, innerhalb dessen den einzelnen Schulen
und ihren Lehrern einiger Spielraum zu freier, eigenartiger
Entwicklung gegönnt ist, hat, wie schon Reth wisch (a« a* 0.,
1) Ein für allemal bemerke ich, daß sieb Zitate, die io gewb'fan-
licben Zlffero gegeben sind, aaf die betr. Seiten des Febraar-März-
Heftes beziebeo, solebe io KarsivzifferD aaf die des Sopplemeatbeftes.
^ VkI. z. B. Osw. Stieger, Das Stilleben. Ein Baustein zur künst-
leriscben Brziebnog der Joggend. Progr, Gras, Landes-OR, 1905.
ZoiiMkr. f. d. GTmnMiaiweMD. LXL Supplementlieft. /
2 Programinwe3eii und Programmbibliothek d. hob. Schalea,
Nr. 138, S. 7) treffend bemerkt hat, z. B. in PreuBen mit dem
Jahr der vorletzten Lehrpläne (1892) ihren Höhepunkt überschritten.
So werden also auch Arbeiten, die an die amtlichen Lehrpläne als
die allgemeine Norm anknöpfen, im einzelnen je nach Schule,
Lehrern und Publikum so erfreulich verschieden sein können,
daß auch die selbständige Tätigkeit ihrer Verfasser eine gewisse
Rechnung findet
Man muß sich nur allmählich daran gewöhnen, was bis in
die neueste Zeit zumal den außerhalb der Arbeit der Schule
stehenden Gelehrten immer noch schwer wird (s. o. S. 243), die
Beilagen nicht ausschließlich unter dem rein fachwissenschaftlichen
Gesichtspunkte anzusehen und zu bewerten und die ganze Ein-
richtung und ihre Existenzberechtigung an dem Gewinn zu messen,
den die reine Wissenschaft von ihr bat. Dieser, wie wir sahen,
selbst in den ersten Jahrzehnten des Programmwesens nicht in
dem bisher gewöhnlich angenommenen Maße vorherrschend ge-
wesene Gesichtspunkt hat durch die zwingende Macht der Ver-
hältnisse eine starke Einschränkung erfahren und wird sie vor-
aussichtlich noch mehr erfahren — eine Art Lebensfrage für die
weitere Entwicklung. Je mehr sich die Programmbeilagen der
ihnen vor 8 Jahrzehnten in Preußen vorgezeichneten Bestimmung
wieder nähern, um so besser für sie. Sie insbesondere auch
für die Eltern wieder fruchtbarer zu machen, ist ein
wesentlicher Teil der Aufgaben, welche die Lehrer höherer
Schulen für die Zukunft zu lösen haben werden. Ob es immer
mit Erfolg geschehen wird, sowohl was die Qualität der Arbeiten
selbst wie ihren Zweck betrifft, darf bezweifelt werden. Es ist
Optimistenarbeit. Aber der Lehrer säet auf Hoffnung.
Y) Was kann aber weiter der Inhalt der Beilagen den
Lehrern selbst bieten, und weiterhin den Gelehrten, insbe-
sondere denen, die ihre Lebensarbeit in den Dienst der Forschung
über das Schulwesen in seiner Gesamtheit gestellt haben? Denn
mit dem, was die Abhandlungen den Schulen und den Eltern, über-
haupt dem Publikum einer einzelnen Anstalt leisten, kann,
so überaus wichtig dieser in den beiden vorigen Abschnitten
{a und ß) behandelte Gesichtspunkt ist, ihre Bedeutung nicht
erschöpft sein. Die Beilagen» die von einer bestimmten Schule
herausgegeben werden, müssen natürlich, soweit möglich, auch den
Lehrern anderer Anstalten etwas Wesentliches zu geben haben;
sie müssen — im höchsten Sinne — dem Schulorganismus
\m ganzen zugute kommen, wie dies jene in schulpolilischer
Hinsicht für immer denkwürdige erste preußische Verordnung
von 18'24 in der Hauptsache schon wollte. Wie ist das durch
den Inhalt der Al>bandlungen zu erreichen?
Zunächst ist klar, daß Abhandlungen mit dem in den beiden
letzten Abschnitten {a und ß) bezeichneten Inhalt, die nach ihrem
ursprünglichen Zwecke den Schülern und dem Elternpublikum
von R. Ullrich. $
einer einzelnen Anstalt im Interesse der möglichst vollkommenen
Lösung der mannigfaltigen Aufgaben der Schule zu dienen be-
stimmt sind, doch auch für die Lehrer dieser einen Anstalt wie
durch den Tauschverkehr für alle übrigen nicht wenig bedeuten.
Für beide Kategorien muß es in hohem Grade lehrreich sein zu
sehen, wie an einer bestimmten Schule diese Aufgaben zu lösen
versucht worden sind, und es kann dies selbstverständlich leicht
Anlaß werden, die Ergebnisse an anderen Verhältnissen zu messen,
sie abzulehnen oder auch anzunehmen, jedenfalls aber — und das
ist die Hauptsache — die bezeichneten Gesichtspunkte irgendwie
wirken zu lassen. Denn erst durch die gemeinsame Arbeit vieler
werden die oben angeregten Gedanken für das Ganze recht frucht-
bar werden, und die mannigfachen Gegensätze, die ohne Zweifel
aus der Persönlichkeit und den Anschauungen der Verfasser, der
Verschiedenheit der Verhältnisse eines Landes, eines Ortes oder
einer Schule, auch aus manchen Imponderabilien sich ergeben
werden, sind recht eigentlich dazu bestimmt, wiederum zur
Klärung der wesentlichen Aufgaben der Schule beizutragen.
Sollte also wirklich einmal die Hauptmenge der Abhandlungen
sich auf die genannten Stoffe beschränken (was übrigens an sich
ebensowenig wahrscheinlich wie wünschenswert ist), so würden
diese allein schon die Existenzberechtigung der ganzen Einrichtung
dartun, in einer Zeit, wo es infolge der überaus abweichenden
Schulorganisationen schon innerhalb derselben Staaten und Städte,
und wieviel mehr in verschiedenen, Direktoren wie Lehrern, die
nicht bloß am Nächstliegenden haften, außerordentlich efwünscht
sein muß, Verhältnisse, Probleme und Versuche ihrer Lösung von
andrer Seite kennen zu lernen, ganz besonders aber den Behörden,
welche aus der verschiedenen Entwicklung auch dieses nun so
lange bestehenden Bestandteiles der Schulorganisation sich Ober-
blicke über die wesentlichen Richtungen zu verschaffen suchen, um
Anhaltspunkte für weitere Regelung auf einer Mittellinie zu finden.
Ich meine aber, die Aufgabe der Abhandlungen soll damit auch
in Zukunft nicht erschöpft sein; sie sollen und können, wie oben
schon angedeutet wurde (S.278), auch den Fachwissenschaften
erhebliche Dienste leisten, nach der ganzen Entwicklung der Sache
gewiß nicht mehr in dem früheren, ursprünglich ja (wenigstens
in Preußen, Hessen und Baden) nicht einmal gewollten Umfange*),
aber doch immer noch in recht beachtenswerter Weise. In nicht
wenigen Fällen wird sogar, wie im nächsten Abschnitt (B) noch
1) feil ksDo daher W. Gemoll nicht ganz beistimnien, der vor 10 Jahren
aof der II. schlesischen Direktoren-Versammlang (Nr. 113; S. 237)
vorzngs weise wissenschaftliche Progamme empfahl, so hoch ich seine
eignen, öbrigens mit Recht als Programmbeilagen veröffentlichten Arbeiten
aveh schätze; vgl. unten den Abschnitt B, sowie das Programm-Ver-
zeiehDiB (Abschnitt C) and Jahresher. d, Phil. Fcreins XXX (1904) S. 108 ff.
{=s Z, f, da$ Gymn.'ff'esen LVIII).
4^ Programmweseo and Progr^nmli^l^liothek d. hSh. SchaleB,
nachzuweisen ist, die Verdff^nÜicbMOg deU)st rein Wissenschaft*
Ucher Arbeit^ to^ Leihreitn höherer Schulen in der Form tob
Programmbeiiaigen die einzige Möglichkeit sein. Und wie man
auch über die Entwicklung des Pragraninwesens in mehr ge*
lehrier Richtung in früheren Jahrzehnten denken und wie sehr
man auch — nut Recbt — dort den Zusammenhang mit. den
eigentlichen Au^ben der Schule und dem Publikum vermisseD
mag, so viel wird man vubedingt zugeben mussent daß diese Cin-
ricbtURg die Wissenschaft mii einer FAlle werivolkr Uteratur
bereichert hat und z, T. noch bereichert (vgl. den Abschnitt C),
daß sie a^uch dem klassischen Unterricht — und nicht einmal
diesem allein — und seinen Vertretern an den Schulea die nach-
haltigsten Anregungen gebracht bat. Un9 versuchen ea heute
Programmabhandiungen — • wie ja tatsächlich geschiebt — z. B.
Gegenstände des klassischen Altertums nach dem
Stande der neusten Forschung und womöglich im Zusammen-
hange mit modernen Verhältnissen so darzustellen^» daß
Schulen und Lehrern ein Gewinn daraus erwächst
(s. 0. S. 280 f.) und das Publikum nach den vielen Irrwegen und
mißgunstigen oder einseitigen Urteilen der antigymnasialen
Literatur der beiden letzten Jahrzehnte wenigstens hier und da
einiges Interesse an den von ihm doch m^hr verkannten als ge-
kannten Dingen wiedergewinnt ($. 279), so sind sie mit Freike
zu begrüßen. Soli doch das Gymnasium — nach Herstellung
der Gleichberechtigung der drei Schularten in Preußen im
Jahre 1900 — sich nun wieder selbständiger enlwickelii; haben
doch erst kürzlich im Abgeordnetenbause Mitglieder aller Parteien
aus den verschiedensten Lebenskreisen vor dem ganzen Lande
den Wert der humanistischen Bildung auch für die Gegenwart in
wahrhaft erquickender Einmütigkeit betont und den dringenden
Wunsch ausgesprochen, die Gegner möchten, nachdem sie ihr
eignes Ziel erlangt, nun mit verdächtigenden und entstellenden
Anfeindungen endlich aufhören!
Aber auch rein gelehrte Abbandlungen, aus dem eben
bezeichneten Gebiete wie aus anderen, möchte ich von den Pro-
grammen heute nicht ausgeschlossen sehen, um des Standes
willen, mit Rücksicht auf den Zusammenhang mit der geschicht-
lichen Entwicklung der Sache, endlich auch aus rein praktischen
Gründen (vgl. Abscbn. B). Freilich dürfte es sich empfehlen, in
^) Vgl. z. B. aas dem Frogramin-VerteichDis io Abschniit C
folgende AbbandluDgeo: F. Bauingarteo (XI 25), Alb. KuhaCXIlT), Tfa.Piaß
(XII 32), 0. Bibbeck (XII 3ü), L. Hirzel (XII 42), 0. Jäger (XUI 13J),
A. Riese (XIV 121), W. Gilbert (XV 90), Tb. Matthias (XV 114), H. F.
MUUer (XV 120; XVI 184), M. Ilodermano (XVI 157), H. Luckeabach
(XVI 178; XVII 172); R. Wagner (XVI 208) aad viele andere aos dea ver-
scbiedeosten Wisseusgebielen.
von R. Ullrich. 5
dieser Beziehung den Kreis zwar nicht allzusehr einzuschränken, aber
immerhin so eng zu ziellen, daß doch ein gewisser Zusammen-
hang mit den wiss^nscttafltichen Grundlagen der Arbeit
der Lehrer an den h<>heren Sehuten gewahrt bleibt (vgl.
0. S. 278). FAr Österreich ist diese ganze Frage ja insofern nicht
brennend, als hier der Slaat bei der gewaHigen Fölle der Betitigung
auf dem Prograromgebiete (vgl. o. S.272) den Verfassern hinsichtlich
der Wahl des Stofl'es auch in bezug dBf gelehrte Abbandfungen
durchaus ft*eie Hand laßt, z. T. sogar im Zusammenhang mit
prinzipiellen Anschauungen vom Zweck der gattzen Einrichtung
(vgl. o. S. 141 u. d.; doch siehe auch S. 271 f.); ähnlich sieht es
bei den staatlichen Anstalten Preußens und Bayerns
nnd in Hamburg, im wesentlichen auch bei den sächsischen
und wdrttembergischen Anstalten, den Schulen der
Stadt Berlin und einiger andrer größerer StMte, wenn auch
bei den zuletzt genannten 4 Kategorien infolge des dreijährigen
Turnus («. o. S. 137 a. 213) die Mö^ichkeit vielseitiger Betätigung
eine erhebliche Einschränkung erfahren hat. Es wäre zu bedauern,
wenn wirklich einmal eine allgemein vierbindliche Bestimmung für
irgend einen größeren Staat oder eine Großstadt käme, fach-
wissenschaftliche Arbeilen — ich meine allei*dings immer solche,
die im Zusammenhang mit d€n auf den Schulen gelehrten Fächern
stehen — seien von den Programmen auszuschließen und durch
soldie zu ersetzen, die ganz unmittelbar der Schule dienen. Hier
muß vielmehr das geschichtiiche Recht ebenso zur Geltung kom-
men wie das ftecht und die Pflicht größererer Verbände, den
einzelnen Kräften freieren Spielraum zu Leistungen zu geben,
zwischen denen sich bei ihrer größeren Zahl ein gewisser Aüs^
gleich dann von selbst einstellt. Etwas anders liegt die Sache
wohl in kleineren Staaten und besonders bei kleinen Gemeinden,
wo auch die finanzielle Frage mehr zur Geltung kommt, die
von der Programmeinrichtung ja nicht zu trennen ist, sie viel-
mehr sogar, wie wir sahen, in ihrer Entwicklung ziemlich stark
beinflußt hat (o. S. 279). Vgl. hierüber noch die Abschnitte D
und E.
Im einzelnen nun hier anzugeben, welche Steffe fach-
wissenschaftlicher Art (mit der oben bezeichneten Beschränkung)
für Progammabbandlungen geeignet seien, steht mir weder zu
noch wurde zur Anführung mit Ausfährung der Raum reichen.
Nur auf einiges möchte ich hinweisen. So scheineu mir z. B. auf
dem Gebiete der klassischen Philologie wissenschaft-
liche Beiträge zur Erklärung der Schulschriftsteller,
auch solcher, die schon recht häußg behandelt sind, eine durch-
aus dankbare Aufgabe für Programmabbandiungen zu sein, die
um so näher liegt, wenn die betr. Lehrer die Autoren mehrere
Jahre hindurch in der Klasse zu lesen haben. Was z. B. för
Xenophon in dieser Beziehung noch zu leisten ist, habe ich
ß Programmwesen und Programmbibliothek d. höh. Schalen,
früher schon an andrer Stelle ausgesprochen ^); und was . etwa
Caesar betrifft, so bat uns kürzlich erst H. Heuseis NeubearbeitUDg
der erklärenden Ausgabe des Bellum dnile von Kraner-Hof-
mann') nebst den Beiträgen von W. Nitsche^) gezeigt, wie-
viel Neues und wirklich Förderndes für die Erklärung auf eioem
mit einer wahren Flut von Literatur bedachten Gebiete noch ge-
geben werden konnte und welche Aufgaben sogar späterer Lösung
harren. Auch die Erforschung des Sprachgebrauchs ein-
zelner Schriftsteller, die ja mit der Erklärung Hand in
Hand gehen muß, kann in Zukunft noch viel Kräfte beschäftigen,
während schon vor 11 Jahren der Anonymus in den Crmst-
boten anzunehmen geneigt war (Nr. 108» S. 118; vgl. o. S. 218),
dieses Gebiet sei nahezu erschöpft. Voraussetzung dabei ist natür-
lich, daß den betr. Verfassern die größeren grammatischen Werke
und kritischen Schriftstellerausgaben aus neuster Zeit und über-
haupt die neuere allgemeine und spezielle Literatur in ausreichen-
dem Umfange zur Verfügung stehen, ebenso — besonders bei
den Prosaikern — inschriftliche Quellen und Zusammenfassungen
ihrer Ergebnisse^), unter Umständen auch die Literatur der
Papyri. Wo diese Vorbedingungen fruchtbarer Arbeit nicht zu-
treffen, wird es geratener sein, Aufgaben aus den oben (S. 280 ff.
u. 285 ff.) bezeichneten Gebieten zu wählen, als mit unzureichenden
Mitteln sich an jene Gegenstände zu wagen und das Ergebnis,
das mangelhaft bleiben muß, dann mit dem Fehlen ausreichender
literarischer Quellen zu entschuldigen, wie nicht selten geschieht.
An lohnenden Aufgaben fehlt es also, wie man siebt,
schon auf die,sen viel behandelten Wissensgebieten
nicht, und für andere dürfte Ähnliches zutreffen. Ist übrigens
der zu liefernde Beitrag nicht umfangreich (etwa 1 Druckbogen
oder weniger), so dürfte eine Fachzeitschrift sich zur Ver-
öffentlichung mehr empfehlen; andernfalls ist das Programm der
geeignetere Ort, immer vorausgesetzt — was nicht oft genug be-
tont werden kann — , daß es sich um Gegenstände handelt, die
wenigstens mittelbar (in den genannten Fällen würde es sogar
unmittelbar sein) die Tätigkeit des Lehrers bei seiner Vorbereitung
auf den Unterricht wie in diesem selbst zu fördern geeignet sind.
Die üblichen erklärenden Ausgaben versagen nur zu oft, und in
neuen Auflagen finden wir selbst fördernde Leistungen nicht immer
ausreichend verwertet. Doch liegt es in der Natur der Sache und
ist durch die obige Skizze der Entwicklung (S. 265 ff.) noch näher
>) Vgl. Jahresber. d. Phü. Feireitu XXX (1904) S. 133 HZ. f. d.
Gymn.-Wenn LVIII).
^) Elfte, vollständig umgearbeitete Auflage, Berlio 1906, Weid-
mann ; XVI, 375 S., 3,40 JC*
») Jahresber. d. Phü, Vereins XXXIII (1907) S. 19—48 (« Z. f, d.
Gymn.'ß^esen LXI).
*) Ebenda XXX (1904) S. 126 ff. {^Z.f.d. GymiL-fTesen LVni).
von R. Ullrich. 7f
gelegt vv^rden, daß alle derartigen Beiträge facbwisseDschaftlicher
Art der Zahl nach wohl immer erheblich gegen die unter a und ß
genannten zurückstehen werden. Diese können allen beteiligteff
Instanzen etwas geben, die andern immer nur einer Minderheit.
Besondere Beachtung verdienen aber in diesem Zusammen-
hange Programmabbandlungen, die dem Lehrerstandtf
in seiner Gesamtheit durch Programmen tausch und Programm-*
bibiiothek am leichtesten zugänglich gemacht werden können,
ihrem Inhalte nach gerade für Lehrer und Schulbehörden,
auch für viele Gelehrte, yon allergrößter Bedeutung sind, den
Schülern und weiteren Kreisen des Publikums aber ihrer Natur
nach wenigstens in vielen Fällen tieferes Interesse nicht ein-
flößen können, manchmal auch nicht einzuflößen brauchen —
ich meine Arbeiten, die auf wissenschaftlicher Grundlage
das Schulwesen in seiner Gesamtheit wie in seinen
einzelnen Teilen behandeln, Schulgeschichte und -Organisation,
SchuIverfassuDg und -Verwaltung, Schulrecbt und -Statistik u. ä. m.
Daß ich in diesem Zusammenhange Arbeiten aus der Päda-
gogik und Methodik im engeren Sinne, soweit sie in erster
Linie für Lehrer bestimmt sind (doch vgl. o. S. 288), nicht an
bevorzugter Stelle nenne, muß ich mit einigen Worten recht-
fertigen. Zunächst leiden wir auf diesem Gebiete an gewisser
Überproduktion; jedes Jahr kommen neue pädagogische Zeit-
schriften mit neuem, hochtönendem Programm; viele Terschwinden
aber auch bald wieder, und es zeigt sich, daß das wirklich vor-
liegende Bedürfnis durch die allen Hauptorgane und einige wenige
neuere, die zu Achtung — und einer ausreichenden Abonnenten-
zahl — gelangt sind, im ganzen gedeckt wird. Über den lateini-
schen Unterricht in Sexta z. B. oder über die Behandlung deut^
scher Gedichte in den Mittelklassen wird sich z. Z. kaum so viel
Neues sagen lassen, daß das Erscheinen einer Programmarbeit
darüber gerade eins der dringendsten Bedürfnisse wäre. Wer als
jüngerer Lehrer in diesem Falle — und in zahlreichen anderen —
Belehrung sucht, findet in ditser Zeitschrift y der Zeitschrift für
d&n deutschen Unterricht, auch in den an manchen Stellen nicht
nach Gebühr gekannten und geschätzten (oft auch unrichtig be-
urteilten) Lehrproien und Lehrgängen und anderen Organen, vor
allem auch in Programmarbeiten früherer Jahre selbst,
mehr als ausreichende Gelegentveit dazu. Es muß schon eine
besonders kraftvolle, außerdem die ganzen Verhältnisse mit Sicher-
heit beherrschende Persönlichkeit sein, die solchen Stoffen noch
so viel neue Seiten abzugewinnen wüßte, daß eine doch in der
Begel drei und mehr Bogen umfassende Behandlung in Programra-
form nötig wäre. Bausteine aber werden besser in Zeitr
Schriften untergebracht; unter Umstanden wird es auch ge-
nügen, sie den Verfassern oder Herausgebern eines größeren«
schon bekannten einschlägigen Handbuchs allgemeiner oder
S ProgramiDwesen und Programmbi^liotliek d. höh. Schulen,
si^exieUer Art (z.B. IL Schule r^), Rud. Lehmann^), neuer-
dings Ad. Matthias^) u.a.) zu übermittelD, die dann in Text
oder Vorjpede ober den fördernden Beitrag dankend quittieren
und ihm ao dauerndere Beachtung verleihen als er in Zeitschriften
finden wurde, in deren Zersplitterung er leicht vergessen wird,
oder in Programmen, wo er entbehrlich ist. Ähnliches gilt
übrigens auch für manche neue Schulbucher, in deren Labyrinth
sich beute selbst der Kenner eines Sondergebiets kaum noch zu-
recht findet^); auch hier herrscht eine durch die Sache nicht
immer geforderte Stärke der Produktion, die oft sogar Verleger
und Verfasser in schönstem Bunde dazu verleitet, ältere, verdiente
Arbeiten herabzusetzen — kein erfreulicher Zustand'). Einiger
weniger, wenn auch zuweilen guter Gedanken wegen braucht ja
nicht immer gleich ein neues Buch geschrieben zu werden. Was
die Programme betriflt, so konnte schon die Diskussion früherer
Jahrzehnte nicht mit Unrecht auf die Gefahr der Trivialität
hinweisen, die bei Arbeiten über schon öfter behandelte Gegen-
stände pädagogisch- didaktischer Art besonders nahe liegt (vg].
z. B. o. S. 214); das gilt heute noch in stärkerem Maße. Auch
kommen hier tatsächlich (mehr als in Speziallehrplänen, s. o. S.287)
nicht selten Interna zur Sprache, die nicht immer gerade für
Schüler oder das Publikum bestimmt sind, in deren Hände sie
') Handbuch der praktischen Pädagogik für höhere Lehranslalten (zaerst
1886), Leipzig« 1904, 0. R. ReUland; XIV, 750 S., geb. 13,60 JC> Das Baeh
ist z. Z. wieder verwaist, nachdem inzwischeo aach F. Faath heimgegangeD ist,
der die ooeh veo Schiller seibat begonncDe 4. Aoflaupe z« Ende geführt hatte.
*) Der deutsche Unterrieht, Eine Methodik für höhere Lehranstalten,
fierUn» 1897, Weidmaaa; XIX, 460 S., geb. 9 JC
') Haftdbuch des deutschen Unterrichts an höheren Schulen, MoncheD,
C. H. Beck; von dem groB angelegten Sammelwerk waren bis Anfang 1907
folgende 4 Bande erschienen: 12: Der deutsche Aufsatz (P. Geyer), 1906,
g«b. 7^., 18: Lesestiicke und Sehrifttoerke (P. Goldseheider), 1906,
geb. 9JC., IUI: Deutsche Stilistik (R. M. Meyer), 1906, geb. 6^., III 3:
Deutsche Verslehre (Frz. Saran), 1907, geb. S JC,
*) Hoffentlich machen sich alle diejenigen, die neue Schnlbiicher zn
vertassen beabsichtigen, mit der Arbeit von Bwald Hörn bekannt: Fer-
meichnis der an den höheren Lehranstalten Preußens eingeführien Schulbücher^
Leipzig M906, B. G. Teabner; VI, 117 S., geb. 2,60 JC. — Br fahrt nicht
weniger als 1010 + 7 JNnmmern aof, wobei die einzelnen Teile eines für
verschiedene Unterrichtsstufen bestimmten Baches, die Aasgaben A, B, C asw.
noch nicht einmal besonders gezahlt sind, ein warnendes Momente fUr alle,
difl sich nen auf das Gebiet zu begeben beabsichtigen. Dabei bezieht sieh
das Verzeichnis allein aaf Preaßen; wie würde es erst aussehen, wenn
noch die in den andern dentschen Staaten and in Deatsch-Öster-
reich gebrauchten Schalbücher hinzukamen! Obrigens haben viele der an-
geführten Leitfäden, Grammatiken, Obnngsbücher usw., wie die vom Ver-
fasser beigefügte Statistik zeigt, nur eine sehr geringe Verbreitung.
*) Besonders zu bedenken ist dabei ein Gesichtspunkt, auf den s. Z.
L. Spree r (im Hinblick auf die in beängstigender Fülle entstehenden
Schülerpräparationen) in dieser Zeäsehriß LVH (1903) S. 625— 635
hinwies ; vgl. besonders S. 635 und daza meine Bemerkungen in den Jahresher.
d. Phil. Vereins XXX (1904) S. 101 ff. (== Z.f. d. Gymn.-fFesen LVllI).
voa a. Ullrich. 0
gleichwohl gelaogeo. Von besonderen Aosnabmen abgesehen, die
sich durch den Verfasser oder den Gegenstand rechlferügen —
ich denke hierbei vor aJlem etwa an Arbeiten über den Unter-
richt an Reformschulen, die ja noch mitten in einer großen
Entwicklung stehen, auch z. B. an solche Ober einige Teile des
Religionsunterrichts, wie das Kirchenlied^) — werden also
derartige Stoffe besser in solchen Zeitschriften unterzubringen
sein, die sich erfahrungsmäfiig einer gewissen Verbreitung in den
Lehrerbibliotlieken erfreuen. Direktoren tun daher, glaube ich,
gerade in diesen Fällen ein gutes Werk, wenn sie von dem ihnen
überall zustehenden Recht, über die Annahme eines Programms
zu entscheiden (s. o. 142 fl*.), ausgiebig Gebrauch machen und be-
sonders jüngere Kollegen mit noch geringer Erfahrung, die solche
Arbeiten anmelden, entweder auf die Zeitschriften verweisen, deren
Redakteure sie ja dann auf eigene Verantwortung annehmen oder
ablehnen können, oder ihre Aufmerksamkeit auf andere, geeignetere
Stoffe lenken.
Deren aber sind gerade für PrugrammabhandluDgen aus den
das Ganze des Schulwesens betreffenden Gebieten eine
wahre Fülle* Ich möchte, ohne andere auszuschließen, hier nur
fünf besonders nennen: 1) Schulgeschichte, 2) Schulorgani-
sation und -Verwaltung, 3) Schulbau und Schuleinrich-
tung, 4) Schulstatistik, 5) Schulbibliographie.
Was 1) die Schulgeschichte anlangt, so könnte es sich unter
Berücksichtigung der äußeren Grenzen, die auch den Programmen
selbst bei großem Entgegenkommen von Staaten und Städten ge-
steckt sind, handeln um Darstellungen über eine einzelne Anstalt,
im ganzen oder — bei älteren — auch für bestimmte Perioden,
über das höhere Schulwesen kleinerer Staaten oder größerer Ge-
meinden, wiederum entweder im ganzen oder für bestimmte Ab-
schnitte; das höhere Schulwesen einzelner Provinzen, die eine
Sonderentwicklung gehabt haben, kann in einem oder mehreren
Programmen für sich betrachtet werden, die Entwicklung bestimmter
Schulgattungen wie des Real- und Reformschulwesens, im ganzen oder
für einzelne Staaten, auch die einzelner Unterrichtsfächer kann ver-
folgt, die Verfügungen der Behörden für bestimmte Gebiete können
im Zusammenhange übersichtlich dargestellt werden ; Instruktionen,
1) Aof diesem Gebiete liegt, was die Bedürfnisse der höheren Schule
aelAD^, eio eoUchiedenee, noch lange nicht io genögeodem (Jmraage be-
friedigtet Bediirfaie vor. Auch das Evers-Fauthsche Uoteraehmen, das
dea Religiooslehrero so viele Aoregaagen gebracht and manchen, die ohne
besonderea Beruf an den schwierigen Unterricht gingen, diesen allmählich
lieb gemacht bat, nun aber kurz hintereinander seiner beiden Führer be-
raubt ist, konnte leider bisher gerade die Behandlung des Kirchenliedes
immer noch nicht bringen; vgl. vorläufig die Arbeit von Gerb, Gehrcke,
Erläuterungen zu den zum Lehrpensum der Hansaschale in Bergedorf ge-
hörigen Kirchenliedern, 2 Tle., 17 «. 40 S., Progr, Bergedorf b. Hamburg,
Hansasch. 1897. 98 (s. d. Verzeichnis in Abscho. C, Nr. XVI 55/6).
^
10 Prugrammweseo und Prog^rammbibliothek d. höh. Schales,
Schulordnungen, Lehrpläne, Schulböcber, Stiftungen, Sammlungen,
insbesondere Bibliotheken alter Anstalten, geben weitere geeignete
Stoffe zu geschichtlicher Behandlung, Publikationen aus dem
Archive^) der Anstalten — das ja an und für sich schon eine
der wichtigsten Quellen für die meisten schulgeschichtlichen Dar-
stellungen bilden wird — , könnten im ganzen oder für bestimmte
Teile, z« B. das Etatswesen, in urkundlich genauer Form erfolgen;
das Programmwesen einzelner Staaten, z. B. der oben (S. 95 Ol)
nicht oder nicht vollständig vertretenen, sollte AnlaB zur Dar-
stellung werden, Biographien von Schulleitern und -Lehrern der
Vergangenheit können unser Wissen vom Schulwesen bereichern,
die Entwicklung des höheren Lehrerstandes, nicht bloß die äußere,
auf Titel*, Rang- und Gehaltsfragen bezügliche, sondern auch die
innere, von der wissenschaftlichen und unterrichtlichen wie er-
zieherischen Tätigkeit des Standes handelnde kann für einzelne
kleinere Staaten im ganzen oder für größere in bezug auf bestimmte
Perioden untersucht werden.
2) Die Schulorganisation und -Verwaltung bietet weitere
Slofle. Ich denke an Arbeiten über die gegenwärtige Gesamt-
Organisation besonders in den kleineren deutschen Staaten'),
auch der Auslandstaaten, an Sammlungen der heute noch gelten-
den Verfügungen, wiederum gerade in den kleineren Staaten'),
ausgeführte Lehrpläne ^), im ganzen oder für bestimmte Fächer,
soweit sie Eigentümlichkelten einzelner Schulen oder Schul-
komplexe betreffen, allgemeine und vergleichende Darstellungen
bestehender Lehrpläne überhaupt, über Abiturientenaufgaben ^)
(nicht bloß für das Deutsche^) und die Mathematik) in einzelnen
Schulen, Städten, kleineren und — für einzelne Perioden —
auch in größeren Staaten, über Methoden des Stundenplanes und
der Lage der Stunden, den Konfirmandenunterricht und die Lage
der Religionsstunden, Kataloge über die Bestände der Schüler-
und Lehrerbibliotheken (im ganzen') wie im besonderen über
>) Vgl. J. Walloer, Das Archiv des 1. Deotschen Staatsgymoasiams
ia BrÜDD, Jahresber. d. G, 1905, S. 1 — 18, und daza meine Bemerknoi^eo
ia Reios Etaykl, Hdb, d. Päd. H' (1906) S. 447 Ann.
'} Gerade für die kleiaereo Staaten sind z. B. die entsprechenden Ab-
schnitte in Baumeisters Handbuch ganz unzureichend; vgl. o. S. 93 Anm. 1.
B) Vgl. 0. S. 91 Anm. 1.
^) Für dieses Gebiet liegt schon eine reiche Programm-Literatur
vor (vgl. KluBmanns Bibliographie), die aber noch manche KrgÜnzung zu-
läßt; vgl. jetzt die zusammenfassende Obersicht von Ew. Hörn, Das höhere
Schulwesen der Staaten Europas. Eine Zusammenstellung' der Lehrplane,
Berlin 1906, Trowitzsch u. Sohn; VllI, 201 S., geb. T JC. — Ober eine
andere, mögliche Form von Speziallehrplanen vgl. o. S. 287.
^) Vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 113 (Jahresberichte).
^) Wie z.B. die Zusammenstellung von F. Reggel für Bayern;
s. o. S. 156, Anm. 1.
^) Die frühere Meinung, daß solche|K a ta 1 o ge nur ) o k a 1 e Bedeutung
hätten (s. o. S. 214), ist schon oben (a a. 0.) kritisiert worden; und selbst
von H. Ullrich. H
Handscbriften ') , lokunabelo und andere ältere und wertvolle
Werke), über andere Sammlungen der Anstalten (Archäologiscbe
Apparate, Münz-, naturwissensehaftliches, ethnograpbiacbes ')
Kabinett u. ä.), das Leben in Internaten, Spiele und Sport, Reisen,
Etatsverbältnisse, besonders in bezug auf die Sammlungen'), Scbul-
recht ^) ü. a. m. — Arbeiten, die zwar zunächst den gegenwärtigen
Zustand und die dabei angewendeten Methoden ins Auge zu
fassen hätten, aber auch die ev. in kurzer Obersiebt zu gebende
Entwicklung nicht außer acht lassen durften, soweit diese nicht
schon in den unter 1 angeführten Darstellungen eine besondere
Behandlung gefunden bat
Ich gedenke weiter 3) des Schulbaues^) und der Schul*
ein rieht ung. Hier können Beschreibungen neuer Sclmlbauten
und ihrer Teile — diese ev. in besonderer Darstellung, wie
z. B. des chemischen und physikalischen Kabinetts*), der Naturalien-
diejeDigen, deoeo wirklich onr diese- Bedeotoog zakHnie, kSooaD doch für
die betr. SUdt aod ihre UmgeboDg nberaii da sehr viel NaUen stiften, wo
die Bevolkeroog (wie z. B. in Westfalen) nähere Beziehongen zu den
Schul bibliotheken vielfach unterhält. DaB sie aber gar LUckenbiifler
seieo (o. S. 186), ist eine Auffassung, die heute nicht mehr berechtigt ist
und von H. Morsch (Nr. 139,^ S. 84) nicht noch neuerdings hätte vertreten
werden sollen. An innerem Werte wie praktischem Nutzen stehen viele
solcher Arbeiten manchen anderen aus dem Gebiete des Schulwesens durch-
aus gleich; vgl. o. S. 214 Anm. 2, doch auch S. 108 Anm* 1. Auch be-
weisen sie nicht, wie Morsch (a.a.O.) anzunehmen geneigt ist, ,, Mangel
an wissenschaftlicher Arbeitskraft*' (denn es haben sich auch sehr tüchtige
Gelehrte unter den Schulmännern an ihnen beteiligt), sondern erhöhtes Ver-
ständnis fiir die Aufgaben auch des Lehrerbibliotheksweseos in oener Zeit, —
womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß alle diese Arbeiten zweck-
mäßig ansgeifährt wären. Es gibt gute nnd schlechte, wie eben auf anderen
Gebieten auch.
>) Vgl. o. S. 142 u. S. 214 mit Anm. 1.
*) Vgl. z. B. Mireiber. d, Priv, - G, d» Ges. Jetu in Kalksburg' (bei
Wien) 1904, S. 40—65.
*) Vgl. o. S. 233 die Bemerkungen von B. Schwalbe; häufigere An-
gaben darüber in den Jahresberichten, wie sie dieser wünschte, können
Anlaß zu fruchtbaren Gesamt betrachtungen in den Beilsgen werden.
^) Es ist als ein Maogel zu betrachten, daß sich auf den Universitäten
für die Studierenden der^ philosophischen Fakultät, insbesondere für die
künftigen Lehrer an höheren Schulen, bis jetzt wenig Gelegenheit bietet,
Vorlesungen über Schnlrecht und Schul Verwaltung zu hören; daher herrscht
über diese Verhältnisse in unseren Kreisen manchmal eine Unkenntnis, die
ganz erstaunlich ist. Auch über die Rechte der städtischen Patronate gegen-
über den von ihnen unterhaltenen höheren Schulen bestehen manche Un-
klarheiten. Eine knappe Darstellung auch dieser Dinge in einer oder
mehreren ProgranuDbeilagen könnte willkommen geheißen werden.
') Die Zahl solcher Arbeiten ist schon jetzt so groß, daß hier eine
Anführung auch nur der besten nicht möglich ist Doch erwähne ich z. B.
die Programme von Speyer G, 1904, StuUgart Eberh.-Ludw.-G, 1904 und
dachen, Kaiser Karis-G. 1906 (vgl. auch Abschn. C, Ve r z., bes. Nr. Xfli— XVIII).
*) Vgl. z. B. Paul Glatzel, Die Räume fdr den naturwiss. Unterr. i. d.
neueren hblieren Lehranstalten Berlins, Berlin, Progr. d, Friedr,'Rg. 1906,
31 S. (mit 12 Abbildungen «nd 4 Tafeln).
12 ProgrammwescD uod Progrninmbibliothek d. höh. Schulen,
sammlang, des Scliulgarteng, des Zeichensaals, der Tarnhalle, der
Bibliothek ^) — gegeben werden, vergleichende Darstellung tod neueren
Schuibauten kleinerer Verbände oder beslimmter Typen dörfte
lohnend sein, die der hygienisciien EinridUnngen wiederum wäre
gerade zeitgemäß. Auf gute Abbildungen wäre hier besonderer Wert
zu legen, aucli der Zusammenhang mit früheren Zuständen darzu-
legen. So wären bei Darstellungen neuer Schuibauten öder einzelner
Teile immer die alten Bauten vergleichend zu berücksichtigen,
von ihnen in letzter Stunde auch Aufnahmen zu madien, soweit
sie nicht in den Gesamtdarstellungen unter t schon vorliegen.
Für die 4) Schulstatistik öflnet sich ein weites Feld.
Hier sind zunächst Statistiken für einzelne Schulen er-
wünscht, über Lehrer, Schüler (insbesondere Abiturienten) nach
Zahl, Herkunft, Alter, Konfession und anderen Gesichtspunkten 'X
für einen bestimmten Zeitpunkt wie — dies z. T. zu 1 gehörend —
für längere Zeiträume, Gesamtstatistiken über die entsprechen-
den Punkte in Stadt, Provinz, Staat usw., auch über die Zahl der
Schulen überhaupt oder bestimmter Schularten z. B. im Verhält-
nis zur Gesamtbevölkerung; vergleichende Betrachtung wird auf
notwendige Zustände, auch abzustellende Mißstände in verschiedenen
Staaten oder Provinzen führen.
Endlich gedenke ich 5) der Scbulbibliographie, ein
Gebiet, auf dem es trotz Zeitschriften, Jahresberichten usw. noch
eine Menge von dankbaren, wenn auch Entsagung fordernden und
zudem z. Z. von vielen noch nicht einmal recht geschätzten Auf-
gaben gibt. Ich meine Zusammenstellungen der Literatur über
einzelne Fachgebiete (der Bücher, Zeitschriftenaufsätze, Programme
und wichtigeren Rezensionen), die möglichst bestimmt und eng ab-
zugrenzen sind; es wäre hier die methodische Literatur annähernd
vollständig und die wissenschaftliche, soweit sie den Unterricht
zu unterstützen und zu vertiefen geeignet ist, in zweckmäßiger
Auswahl zu geben, in gewissen Fällen mit kurzer Charakteristik,
Hinweisen auf sachgemäße Rezensionen u. ä.m.'). Ich widme
^) Aaf diesem Gebiete fehlt es ao geeisoetei DarsteUangeo noeh sehr,
eio Umstaady der viel dasa beigetragea hat, daß selbal bei aaiieheii Neu-
eiorichtaDSeo voo Lehrerbibliotliekea alle Fehler wiederholt werdea «ad
voB den eiofachsten Fortachrittea der 8ibliethekateehDtk kaum Motii ^e-
Dommeo wird. Zwar gibt es eioe Reihe aosgeieiehaet eiageriehteter oeuerer
Lehrerbibliothekeo ; aber sie milssea hekaoot gemacht, beschriebe« werdea,
damit andere davoa Nutzeo sieheo! Vgl. z. B. Reias Ens» Hdb. d. Päd. ' V
(1906) S. 443.
') Aach hier liegt schon eioe Reihe guter DarateUnagea vor (vgl. o.
S. 123 Aom. 1; a. a. S. 219 mit Aam. 3 iiod u. Abseh. C), aber oech mehr
bleibt zu tuo übrig.
3) Was z. B. vor 11 Jahren Friedr. Seyring in seinem Führer dwrek
die Literatur des evangelischen ReUgions -Unterrichts an höheren Sehnten
(1886—1895) versucht hat, übrigens in Buchform (Berlin 1896, Reutber u.
.Reichard; VI, 10] S., 1,60 .>^.) könnte in Progammfertt auch für andere
Gebiete gegeben werden, sei es in tabellarischer Übersieht oder in tofammen-
von R. UUrieh. 13
diesen DiBgen ein gewisses persönliches Interesse und bin daher
oft Ton Freunden und Kollegen befragt worden, was es über
diesen oder jenen Gegenstand „gebe*^ — ein Beweis, daß hier
ein (bisher keineswegs überall befriedigtes) Bedürfnis wirklich vor-
liegt. Denn die wissenschafthchen Gesamt- und Fachbibliographien
sind noch seltene Gäste in den LebrerbiUiotheken, teils wegen
des teuren Preises, teils auch wegen mangelnden Interesses der
maßgebenden Persönlichkeiten, geben übrigens naturgemäß immer
nur Cbersicbten über g^nz kurze Zeiträume. Gerade in kleinen
Städten, die keine größere wisseusohaftliche Bibliothek am Orte
oder in erreichbarer Nähe haben» wären daher knappe, zuverlässige,
den Bedürfnissen des höheren Unterrichts angepaßte Fachbiblio-
graphien über bestimmte größere Zeiträume, etwa die letzten
15—20 Jahre, mit Uinzufügung einer Auswahl dessen, was aus
früheren Perioden noch notwendig oder nützlich ist, ein wirklicher
Segen und durch die Veröffentlichung in Programmform fast
allen höheren Schulen ohne weiteres zugänglich» was bei Büchern
niemals zu erreichen ist Sie hätten, glaube ich, sogar Aussicht,
zwei oder mehr Auflagen zu erleben. Auch bibliographische
Zusammenstellungen der Literatur über eins oder mehrere der
unter Nr. 1 — 4 genannten Fachgebiete, von kundiger Hand an-
gefertigt, können Nutzen stiften und manche Arbeit erheblich er-
leichtern, so z. B. über Schulhygiene, Schulgeschichte bestimmter
Landesteile ^), Programm wesen^) u. a. ro., so daß die Frage „Was
gibt es darüber?" in Zukunft allmählich seltener gestellt zu
werden brauchte.
Wie man sieht, liegen auf den bezeichneten fünf Gebieten
und noch manchen andern — ich habe meinen Wunschzettel
in stark verkürzter Form hier zum Abdruck gebracht — Aufgaben
für Jahre, ja für Jahrzehnte vor. Wie viele Kräfte gerade von
Lehrern, die bisher brach gelegen oder mit weit unfruchtbareren
Stoffen sich abgemüht haben, können hier wirklich nutzbar ge-
macht werden ! Manches ist ja schon geleistet, auch Vortreflliches
(die Anmerkungen zu den fünf Abschnitten geben eine kleine Aus-
wahl aus dem mir Bekannten ; vgl. auch unten das Programm-
Verzeichnis des Abschnitts C), aber anderes ist noch in den An-
fangen, hier und da bilden sich erst sichere Methoden der Behandlung.
Das Gelingen hängt hier von einer Reihe von Faktoren
ab, die erst zum Teil vorhanden sind; aber darum ist die Auf-
gabe um so reizvoller für emsige Arbeiter, die es auf vielen der
bezeichneten Gebiete nicht mit einer erdrückenden Hasse von Lite-
ratur zu tun haben, die außerdem oft nicht ausreichend zugäng-
häageoder Diirstellaog. Beides erfordert SachkenotDis, da« leUtere aaeh
Geschick oad Geschmack.
^) Zum Beispiel in der Art der Zosaameastellaog voo Biblioffr. Abt. «?,
Nr. 3S (o. S. 116).
>) Bbenda Nr. 39, sowie S. 115 f. Nr. 34—36.
i4 Programmwesen and Programmbibliothek d. hob. SchnleB,
lieh ist, manchmal sich auch bei näherer Betrachtung als wissen-
schaftliche Grundlage z. T. nicht brauchbar erweist, sondern hier
ganz neuen Boden beackern können und fast bei jedem Schritt
vorwärts auf neue lohnende Aufgaben stoßen. Auch wer z. B.
die vorliegende Abhandlung aufmerksam liest, wird an nicht
wenigen SteUen Desiderate bemerken, auch da, wo ich sie selbst
nicht ausdröcklich hervorgehoben habe.
Was nun die Faktoren des Gelingens betrifft, so ist zunächst
im allgemeinen wichtig, daß die größere Zahl der Lehrer an
höheren Schulen selbst den Aufgaben aus der Geschichte
und Organisation des Schulwesens im ganzen wie in seinen
Teilen mehr Beachtung schenke als es bisher geschehen ist.
Das immer noch starke Vorurteil^), Arbeiten ober derartige Gegen-
stände — filr die freilich leider auf der Universität nur ein
schwacher Grund, oft auch gar keiner gelegt wird') — seien
weniger wertvoll als solche Aber Gegenstände irgend einer Fach-
wissenschaft, muß noch mehr der Einsicht weichen, daß auch
hier Gelegenheit ist, Wissenschaft, Kritik und Methode zu vollem
Rechte kommen zu lassen, und daß diese Gelegenheit dazu bei-
tragen kann, die Liebe zu dem eignen Berufe zu mehren, ja —
wenn man will — die Zusammengehörigkeit der Glieder eines
immerhin noch jungen Standes zu festigen, je mehr diese sich
gewöhnen, sich in dessen Vergangenheit zu versenken und den
gegenwärtigen Zustand geschichtlich zu betrachten. Denn das
freilidi ist notwendig, daß alle derartigen Aufgaben, die ein wenn
auch noch so beschränktes Gebiet behandeln, im Zusammenhang
bleiben mit der ganzen Entwicklung. Wer die Geschichte einer
einzelnen Schule in wissenschaftlichem Sinne bearbeiten will, kann
dies erst mit Erfolg tun, wenn er sich mit der Geschichte des
Schulwesens wie des geistigen Lebens überhaupt einigermaßen
vertraut gemacht hat. Was för jede Monographie jeder anderen
Wissenschaft schon lange gilt, muß auch hier gelten; und be-
geisterte Vertreter der schulgeschichllichen Forschung haben da-
her nicht ganz mit Unrecht auf gewisse Mängel mancher „Schul-
geschichten'' in dieser Beziehung hingewiesen'). Wer z. B. über
^) Vgl. schon die ältoreo ßemerkuogea voo O. Fr ick, s. o. 8.193
und 203; s. a. P. WendlaDd: „Bei deo echten Philologen war die An-
schanong weit verbreitet, daß es zum gateu Ton gehöre, sich von der
pädagogischen Sektion fern zn halten** {Ferk. d. 48. Fers, deutsch, PhiL u.
Schulm, t. Hambff. 1905, S. 44).
2) Vgl. auch 0. S. ii, Aum. 4.
^) So z. B. ziemlich gleichzeitig M. Wehrmaon in den Mät. d. Ges.
f. deutsche Erz.- u. Schulgesch. XVI (1906) S. 333 ff., der aoch sonst be-
achtenswerte Gesichtspnnkte bietet, Ernst Srhwabc in seinem Aufsatz:
Behandlung schalgeschichtlicher Aufgaben, Deutsche Gesehichtsbtätter VIII
(1906/7) S. 59—82, der viel Literatur mitteilt, die den Aofiinger io das
Stndinm des Gegeojitaodes einführen kann, und ganz neuerdings wiederom
M, VVchrmann, Einiges zur Methode und zu den Aufgaben der scfani-
Von R. Ullrich. 25
m
dad Program m Wesen mit Aussicht auf. Erfolg reden will» muB
seine Entwicklung studiert haben und den Stand der Dinge in
der Gegenwart in gewissem Umfange kennen; wir haben oben
gesehen, daß eben dieser Mangel so viele der Autoren gerade aus
neuerer Zeit, die in der Frage das Wort ergriffen haben, völlig
in die Irre geführt hat. Vor allem ist es notwendig, daß jeder,
der an solche Aufgaben geht, wenigstens die hauptsächlichste
Literatur, die große wie die kleine, einigerknaßen kennt und be-
herrscht. In anderen Wissensgebieten gilt das seit langem als
selbstverständlich, hier muß es leider noch besonders hervor-
gehoben werden; vgl. oben S. 82, 192 Anm. 1, 229, 243 u. ö.
Notwendig ist ebenso, daß die Verfasser die benutzte Literatur
vollständig und mit einer gewissen bibliographischen Genauigkeit
angeben, womöglich auch — solange werbende Kraft hier noch
nötig ist — den weniger kundigen Leser gelegentlich auf weitere
Quellen hinweisen. Erst so wird die Kleinarbeit, unter größeren
Gesichtspunkten betrachtet, dauernd wertvoll und kann den größeren
Gesamtdarstellungen über Schulgeschichte und -Organisation manchen
wichtigen Baustein liefern, während diese jetzt infolge des Hangels
an gründlichen Einzeluntersuchungen erhebliche, oft schmerzlich
(auch vom Verfasser der vorliegenden Arbeit) empfundene Lücken
aufweisen — , so z. B. den noch ausstehenden Bänden der MonummUa
Germaniae paedagogica^), neuen Auflagen von F. Pa ulsens Geschichte
des gelehrten UnterridUs*), der Fortsetzung von A.Heu bau ms
Geschichie des deutschen Büdungswesens seit der Mitte des 17. Jahr-
hunderts% manchen Schulgesetzsammlungen*), den weiteren Auf-
lagen von Bd. IVß ißckulhim) des Handbuchs der Architektur^)
l^escbichtlicben Forschung, Mitt, d. Ges. f. deutsche Erz.» u. Schut^, XVII
(1907) S. 1 — 17, wo aach aaf die ältere, ooeb beute sebr leseoswerte Arbeit
von Ppdr. Koldewey {Neue Jbb. f, Phü. u. Päd, 118 (1878) S. 526—535)
und voD oeuereo besonders auf die Leistoogeo vod Alfr. Heobaum hio-
f^e wiesen wird, die io mehreren Aufsätzen der Monalschrijt f, höh. Schulen
nod der Mitteäungen d. Gesellschaft f, deutsche Erziehungs- u. Schulgeschichie
vorliageo.
^) Vgl. o. S. 88 Anm. 2 und S. 129 Anm. 1.
S) 2 Bde., Lpz., ^ 1896/7, Veit u. Co., geb. 34 ^; vgl. o. S. 132 Anm. 2.
Dort ist übrigens ein Druckfehler stehen geblieben; es muß beifien Bd. * 1
(1896) S. 585.
3) Bisher erschien Bd. I (Berlin 1905, Weidmann ; Xll, 403 S.,
geb. 9 JC.)y der Ah^ Zeitalter der Standes- und Berufserziehung (bis 1763 (f.)
behandelt.
^) Vgl. in bezug auf Desiderate dieses Gebiets o. S. 91 Anm. 1 u. 4,
S. 92 Anm. 4.
^) Gebäude für Erziehung, f^issenschaft und Kunst (von mehreren
Verfasaern), Stuttgart ^903, A. Kröoer; VII, 360S, Lex, fi\ 18^.,
geb. 21 JH., vgl. besonders S. 3 ff.. S. 141—299; S. 331—360, dazu neuer-
dings Fedor Liodemann, Das künstlerisch gestaltete Schulhaus^ Leipzig
1904, R. Voiglländer, 120 S., geb. ^ JC. (beide mit vielen Abbildungen, das
erster» auch mit zahlreichen Grundrissen). Wie viele Schulmänner kennen
beide Werke?
tß Programmwesen and Programmbibliothek d. h6h. Schalen,
und so vielen anderen. Ein Vorteil der Bescbäfügnng mit solchen
Arbeiten wftrde auch der sein, da£ der Schulmann aus seiner
Isolierung heraustritt und bei kleinen Arbeiten aber Schnlverwal-
tung und Schulrecht mit Juristen, bei solchen aber Schulhygiene
mit Medizinern, bei den sich mit Schulbau und Scboleinrichtung
beschäftigenden mit Architekten und Technikern der verschiedensten
Art, endlich bei bibliographischen Arbeiten mit Fachbibliothekaren
in persönliche Beziehungen kommt und eigene, notwendig ein-
seitige Urteile berichtigt auch ein gut Stock von Literatur ans
manchen ihm bisher fremden Gebieten kennen lernt, wie es
anderseits Angehörige jener Berufsklassen, die in ihren Arbeiten
auf Schulfragen stoßen und oft der entsprechenden Einseitigkeit
verfallen, nur erwünscht sein kann, mit wissenschaftlich tätigen
Schulmännern, deren Hilfe sie hier nicht entraten könen, in
dauernder Verbindung zu bleiben.
. Als unterstützende Momente erfolgreicher Arbeit auf
den bezeichneten Gebieten kämen weiter hinzu die genügende
Ausstattung der Lehrerbibliotheken, auch mancher
größeren Bibliotheken, wenigstens mit den wichtigsten
grundlegenden Werken ober Schulgeschichte usf., das
Bekanntwerden eigenartiger größerer Spezial-Biblio-
theken in Lehrerkreisen, sowie die zweckmäßige Gestaltung
der Jahresberichte der einzelnen Schulen selbst
Was den ersten Punkt betrifft, so bleibt in den Lehrer-
bibliotheken, wie mich das Studium der Zu wachs Verzeichnisse
vieler Hunderte von Jahresberichten, gedruckter Kataloge und
ziemlich ausgedehnte persönliche Erfahrung gelehrt haben, noch
vieles zu tun. Mit pädagogischen Zeitschriften, allgemeinen wie
für einzelne Fächer, sind die meisten im Durchschnitt ganz gut
versorgt; in manchen tritt beinahe ein Zuviel zuungunsten wissen*
schaftlicber, ebenfalls notwendiger Fachzeitschriften hervor. Auch
die kleineren methodischen Arbeiten für einzelne Fächer — die
eigentlich der Fachlehrer selbst besitzen muß — sind meist vor-
handen. Dagegen fehlt es im allgemeinen an den größeren, grund-
legenden — übrigens ja bis jetzt durchaus nicht allzu zahlreichen
Werken neuerer Zeit über das Ganze des höheren Schulwesens');
und sehr teure fachwissenschaftliche Werke anderer Art (man
vgl. die Jahresberichte!), oft aus recht entlegenen Gebieten, die
nur wenige interessieren, haben z. B. bei Direktoren und Biblio-
thekaren streng philologischer Observanz in der Regel weit eher
Aussicht angeschaflt zu werden, als etwa die von F. A. Specht*),
') Vgl. über diesen Pankt schoD meine BemerkoDgen io der Schrift
Benutsunff und Einrichtung" der LehrerbibUoiheken an höheren Schulen (s. o.
S. 85 Arn». 1) 8. 97 (= Z. f, d. G. IT, LVllI (1904) S. 769).
^) Geschichte des Unterrichtstoesens in Deutschland von den ältesten
Zeiten bis sur Mitte des 13. Jahrhunderts^ Stuttgart 1&85, J. 6. Cotta.
XII, 411 S., 8 JC.
von R.Ullrich. 17
H. J. Kaemmel^), G. Mertz'), C. Varrentrapp*), Wiese-
Iriner*), W. Rein»), 0. Willmann«), Alfr. Hcubaum^), die
Monumenta Germaniae paedagogica«) (wenn auch nur in
einzelnen Teilen), K. Kehrbachs') Bibliographie und manche
andere, deren Anschaffung wegen ihres Preises dem einzelnen
Lehrer, falls er nicht aus diesen Dingen ein Spezialstudium seines
Lebens machen will, kaum zugemutet werden kann. Auch die
größeren wissenschaftlichen Bibliotheken, z. B. die Königliche
Bibliothek zu Berlin und die Universitätsbibliotheken, sollten
über den Kreis der Pflichtexemplare hinaus diesem Teile
ihrer Bestände (auch in bezug auf Schulzeitschriften) ^^) etwas
mehr Aufmerksamkeit zuwenden, da sie von Lehrern höherer
Schulen unmittelbar oder durch Vermittlung des amtlichen Leih-
^) Geschichte des deutschen Schtdwesens im Übergänge vom JHiitelaUer
zur Neuzeit, Aas s. Nachlaß hrsg. v. 0. Kaemmel. Leipzig 1882, Doocker
u. Hamblot. XII, 444 S., 8,40 JC.
') Das Sehuhoesen der deutsehen Reformation im 16, Jahrhundert,
Heidelberg 1902, G. Wioter. VFI, 681 S., 16^., geb. 18 y^.
3) Vgl. o. S. 131 Adid. 2.
*) Vgl. 0. S. 89 Anm. 2.
*) Dis oben schon mehrfach erwähnte Enzyklopädische Handbuch der
Pädagogik, 1. Aufl., Langensalza 1895—1899, H. Beyer a. Söhne, 7 Bde.,
2. Aufl. seit 1903 (im Erscheinen, anf 8 Bde. berechnet), bis Anfang dieses
Jahres 5 Bde , jadfr Bd. geb. 18,5() t^. Die ältere Bozylilopadie von K. A.
Schmid (in 2. Aufl. z.T. von W. Schrader neu bearbeitet), die fdr
schnlgeschichtliehe Stadien noch hente anentbehrlich ist, reicht natür-
lich für die richtige firiienntnis der Organisation eines so weit verzweigten
Gebietes in der Gegenwart nicht mehr ans, da der letzte Band vor 20 Jahren
erschienen ist, nnd wäre in den Lebrerbibliotheken allmählich darch Heins
Werk zn ergänzen oder zu ersetzen. Ebenso erwähne ich Reins Päda-
gogik in systematischer DarstMing, 2 Bde., ebenda 1902 nnd 1906, geb. je
12 JC.
*) Didaktik als Bildungslehre nach ihren Beziehungen zur Sozialforsckung
und zur Geschichte der Bildung dargestellt (znerst 1882), 3. Aufl., 2 Bde.,
Braonschweig 1902 n. 1903, F. Vieweg, geb. 8,50^. n. 9fiQ JC.
^) Vgl. 0. S. lö Anm. 3.
') Seit 1886, bis jeUt 35 Bde. (verschiedenen Preises), Berlin, A. Hof-
nann o. Co.; vgl. o. S. lö,
") Vgl. o. S. 126 Aom. 1. Das Werk hat leider mit dem 4. Bande (der
die Literatur des Jahres 1899 enthält) abgebrochen werden mösseo. Eine
Fortsetzung (in verkürzter Form) ist ein dringendes wissenschaftliches Be-
dürfnis.
^^) Selbst die größten Bibliotheken zeigen hier viele Lücken. So fehlen
z.B. in der Kgl. Bibliothek zn Berlin: die Südwestdeiäschen Sehulblätter
(vgl. 0. S. 126 Nr. 110), das Verordnungsblatt des Großherzogl Oberschul-
rats (Baden) — s. o. S. 91, Nr. XIV, die neueren Bände des öster-
reichischen Verordnungsblatts (o. S. 94, Nr. XXVII), die Zeitschrift für
lateirdose höhere Schulen, das Pädagogische fVochenblatt. Die Österreichi-
sche Mittelschule (s. o. S. 114 Aom. 2), die früher auch fehlte, ist nenerdings
auf Bitte des Verfassers aogeschafft uod für diese Arbeit schon ausgebeutet
worden. Es ist der Verwaltung überhaupt erwünscht, wenn sie von fach-
männischer Seite auf Lücken aufmerksam gemacht wird, und sie sucht diese
nach Möglichkeit zn ergänzen.
Zeitsehr. t d. O/mnasiAlweaen. LXI. Snpplemeniheft 2
IS Programmwesen ood Pros^rammbibliothek d. hSh. Sehnleo,
Verkehrs (s. o. S. 148 Anm. 1) erfahrungsmäßig ziemlich lebhaft
benutzt werden. Aber die Lehrer müssen auch selbst Umschau
halten nach geeigneten Quellen der Unterstützung ihrer Arbeit,
von denen manche lange vorhanden, aber nicht ebenso lange auch
wirklich gekannt sind, obschon sie — wenngleich in der Haupt-
sache nach Einrichtung und Verwaltung für das Volksschulweseo
bestimmt — doch auch denen manches zu bieten haben, die dem
Studium des höheren Schulwesens im ganzen ihr Interesse zu-
wenden; ich meine z. B. die Pädagogische Zentralbibliothek
der Comeniusstiftung in Leipzig, die Auskunftsstelle
für Schulbücher des höheren Unterichtswesens in Berlin
(vgl. o. S. 8 Anm. 4) und die beiden Schulmuseen (städtisches
und deutsches) in Berlin^, Veranstaltungen, von denen die
erste, dritte und vierte auch gedruckte Kataloge neusten Datums
besiuen und die Comeniusstiftung wie das Deutsche Schul-
museum in Berlin auch nach auswärts Bücher verleihen.
Endlich könnten die Jahresberichte der Anstalten für
viele der oben genannten Arbeiten weit fruchtbarer gemacht
werden, wenn ihre Verfasser nebst Gehilfen, wenn sie nicht
selbst ein persönliches oder wissenschaftliches Interesse für all-
gemeinere Schulfragen besitzen, ihre jährlich wiederkehrende Ab-
fassung nicht als eine lästige Pflicht betrachten wollten, deren Nutzen
eigentlich nicht recht einzusehen sei, sondern dem Gedanken all-
mählich Raum zu geben vermöchten, daß hier eine für alle Zukunft
wichtige, ja unersetzliche Quelle für Schulgeschichte und Schul-
organisation vorliegt, und daher die Angaben (durchaus im Rahmen
der bestehenden Vorschriften) in der Vollständigkeit, auch Richtig-
keit und Genauigkeit machten, die für eine sachgemäße wissen-
schaftliche Verwertung im ganzen unerläßlich ist (über Einzel-
heiten zu diesem Punkt vgl. Teil II 3). So würde auch der
innere Zusammenhang, in dem die Jahresberichte und ihre Beilagen
nach der Absicht ihres preußischen Organisators vom Jahre 1824 ge-
dacht waren, der aber lange Jahrzehnte hindurch fast aus den Augen
gelassen worden ist (vgl. o. S. 267 (f.), in Zukunft mehr Aussicht
haben wieder gewonnen zu werden, zumal da deutliche Zeichen
für diesen sich vorbereitenden Umschwung vorhanden sind (s. o.
S. 270). Ihn schneller herbeizuführen, dazu können alle Arbeiten
der oben (S. 274 <f.) bezeichneten Art helfen.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Beilagen zu den
Jahresberichten heute und in Zukunft eine für Schüler,
^) Vgl. daza oeuerdiogs P. Schwenke n. \d. Uortzschaosky,
Berliner BibUotheke/iführer, Berlto 1906, Weidmaoo, geb. 1,20, S. 92—94
U. a. meine Bemerkuagen darüber in dieser Zeitschrift LX (1906) S. 763
— 770). Auch auf die beideo Poblikationea von Max Hiibner, Die deut-
schen Schulmtueen und Die auslandischen Sehulmuseen sei hingewieaen
(In: Feröffentlichung^n des Stadt. Schulmuseums zu Breslau, Nr. 5 n. 6,
Breslau 1904 und 1906, F. Hirt, 1^50 u. 3 JC^).
voB R.Ullrich. 1$
Eltern, Lehrer, Gelehrte und Behörden, für Fach-
wissenschaft und insbesondere für die Wissenschaft
vom Schulwesen eine dankbare, nützliche und wert-
Tolle Aufgabe zu lösen haben, mit einem Worte, daß sie
zweckmäßig sind; und weiter, daß ihre Verfasser diese
Aufgabe am besten erfüllen werden, wenn sie die
ganze Entwicklung der Einrichtung und die Zeichen
der Zeit zu verstehen suchen und den Inhalt so ge-
stalten, daß sie jedem das Seine, aber der Schule und
ihrem Kreise das Beste geben.
Ich fuge aber hinzu, daß die Programmbeilagen zur Er-
reichung der genannten Zwecke die denkbar beste, in zahl-
reichen Fällen sogar die einzig mögliche Form der
Veröffentlichung darbieten, daß sie vor allem durch Zeit-
schriften oder andre Publikationen wohl zu ergänzen, aber
nicht zu ersetzen sind.
Da auf diesen „Ersatz*' jedoch seit langem und bis in die
Beuste Zeit mit Nachdruck hingewiesen worden ist, muß ich hier
auf diesen Punkt etwas näher eingehen.
B. ErsAti dnreh Zeitschriften oder andre YerdffeBtllchnngent
Der erste, zunächst nicht gebilligte Vorschlag, die Beilagen
zu den Jahresberichten abzuschaffen, die literarischer Produktion
fähigen und bedürftigen Lehrer höherer Schulen auf die ver-
schiedenen Fachzeitschriften^) zu verweisen und damit die
organische Verbindung eines Teiles ihrer Arbeit mit den Jahres-
berichten der einzelnen Schulanstalten tatsächlich zu lösen, liegt
jetzt 47 Jahre zurück (s. o. S. 187); der andere, von der preußi-
schen Regierung alsbald zurückgewiesene, an die Stelle der ein-
zelnen Abhandlungen eine für deren Zusammenfassung
ausschließlich bestimmte Zeitschrift oder, wie man
später sagte, ein „Jahrbuch*^ zu setzen, wodurch wenigstens
ein Zusammenhang mit der Gesamtheit der Schulen aufrecht er-
halten worden wäre, fällt sogar schon in das Jahr 1833, ist also
beinahe so alt, wie die Programm-Organisation n. St. in Preußen
selbst (o. S. 184 Anm. 2). Was ist davon zu halten ?
a) Der Hinweis auf Zeitschriften.
Schon in den Zeiten, in denen die Diskussion über den
ganzen Gegenstand reger zu werden anfing und die Behörden den
>) Ober den erst io oenster Zeit s^n'^l^teo Vorschlag, die Tas^8~
zeitaogen fdr manelie der bisher in den Beilagen za den Jahresberichtea
bebandelten Stoffe za benutzen, ist schon oben dts Notwendige bemerkt
worden (S. 274 f.).
20 Pro^rammwesen ond Programmbibliothek d. hSib. Schale b,
zunächst von ihnen selbst regulierten Tauschverkebr (s. o. S. 167),
die Schulbibliotheken oder, richtiger gesagt, die einzelnen Biblio-
thekare die ihnen zugehenden Programme als eine „Last''
zu empGnden anfingen (S. 203), wozu dann noch das vielfach
ausgesprochene und nachgesprochene Wort von der „Minder-
wertigkeit'* der meisten Programme kam (s. o. S. 187, 197 u. ö.
und unten Abschnitt C), begegnet mehrmals der Vorschlag, die
ganze Einrichtung abzuschaffen. Man meinte, sie sei wohl in den
zwanziger Jahren und auch in den folgenden Jahrzehnten noch als
'Antrieb der Lehrer zur Fortsetzung ihrer Studien (gemäfi der Ver-
ordnung von 1826; s. o. S. 138 u. S. 264) und bei dem Hangel
anderer, ausreichender Gelegenheit zur Publikation kleinerer wissen-
schaftlicher Arbeiten nötig gewesen. Das träfe aber — so sagte man
in Verbindung mit der Diskussion über die jährliche Verpflichtung
der Lehrer zum Schreiben von Abhandlungen — nicht mehr zu, seit
der höhere Lehrerstand sich zu wissenschaftlicher Selbständigkeit
entwickelt habe (vgl. o. S. 242, 247 ff. und u. Abschn. F) und durch
eine Fülle von Zeitschriften der verschiedensten Art geeigneter Ersatz
für sie geboten sei. Der so wichtige Zusammenhang mit Schulern,
Eltern und dem Publikum (s. o. S. 273 ff.) wurde, wie man sieht,
dabei ganz aus den Augen verloren. Konnten aber, selbst zugegeben,
dafi dieser Zusammenhang gar nicht mehr von Bedeutung sei,
für die Lehrer selbst die Zeitschriften ein ausreichender Ersatz
sein, für die Autoren wie für die Leser?
Schon 1867 wies ein einsichtiger Beurteiler darauf hin
(o. S. 197), daß es bei angesehenen Zeitschriften oft schwer sei,
Abhandlungen unterzubringen; in den siebziger Jahren traten wieder-
holten Vorschlägen des „Zeitschriften-Ersatzes'' kundige Verleger
und Journalisten selbst, die es doch am besten wissen mußten,
mit ihrer ausgebreiteten Kenntnis entgegen (S. 226), bald danach
wies Schwalbe in seinem mehrfach erwähnten Aufsatze (Nr. 88),
wiederum aus einer doch gewiß reichen Erfahrung, denselben
Einwand ab (S. 230); es half wenig. Bis in die neueste Zeit hat
die Meinung ihre Vertreter, daß „ein wirklich wertvoller Artikel
unter allen Umständen irgendwo ein Unterkommen findet^' (so
Pietzker a. a. 0. S. 406) oder — fast ebenso — (Hortzschansky
a. a, 0. — Nr. 146 — S. 168), „daß jede auch nur einigermaßen
wertvolle Arbeit unschwer Unterkommen findet''.
Man sollte denken, die Meinung zweier Fachmänner (ich
wähle für die Frage gerade diese beiden als die neuesten und
bekanntesten), eines literarisch sehr tätigen, hochangesehenen
Schulmannes und eines in bibliographischen Dingen und im Zeit-
scbriftenwesen wohl erfahrenen Fachbibliothekars, müßte alles
Gewicht guter Gründe für sich haben. Und doch haben beide
das Richtige nicht getroffen. Es war schon ein Fehler, die eben
erwähnten Aussprüche ohne jegliche Einschränkung zu tun. Im
besonderen irrte Pietzker, weil er die Erfahrung, die er viel-
voE R. Ullrich. 21
leicht persönlich mit mathematischen oder physikalischen Zeit-
schriften gemacht hat, ohne weiteres auf alle übertrug, und
Hortzschansky, indem er wiederum seine in großen Biblio*
theken und bei Fachgelehrten gemachten Erfahrungen (ihm selbst
steht ja für AuÜsätze oder Besprechungen beinahe jedes Heft des
ZentralhhUts für Bibliothekswesen und für seine laufende Biblio-
graphie jedes Heft dieser Zeitschrift zu Gebote) für Verhältnisse
als zutreffend annahm, die ihm ferner lagen — wie er sich
denn überhaupt in seiner nicht näher begründeten Kritik der
auf das Schulwesen bezüglichen Programme in einer Weise
vergriffen hat (s. u.), die bei einem sonst stets sachlichen Beur-
teiler ganz auffallend ist. Beide endlich lassen die hohe Bedeutung,
die die Schulprogramme gerade als Einzelveröffentlichungen
für den großen Kreis der am Leben der Schule Interessierten,
nicht am wenigsten für die Lehrer selbst haben (o. S. 274 ff.),
ganz außer Betracht. Dies im allgemeinen. Sodann ist die Mei-
nung, jede tüchtige Arbeit finde „irgendwo*' oder „unschwer'' ein
Unterkommen, durchaus unrichtig. Man muß sich nur die Zeit-
schriftenverhältnisse mit besonderer Beziehung auf höhere Schulen
und ihre Lehrer — darauf kommt es hier an — etwas deut-
licher vergegenwärtigen. Gewiß ist die Zahl der Zeitschriften
groß, und gerade auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und
der Technik bringt ja sogar fast jede neue Entdeckung (Röntgen-
strahlen« Radium, drahtlose Telegraphie u. s. w.) auch neue Zeit-
schriften hervor. Aber auch die Zersplitterung ist groß. Was
kann selbst dem gelehrten Schulmann daran liegen, daß seine
tüchtige Arbeit „irgendwo'' unterkommt? Sie muß da unter-
kommen, wo sie nicht bloß gedruckt, sondern auch gelesen wird,
gelesen werden kann, insbesondere von wissenschaftlich tüchtigen
Schulmännern, also in solchen Zeitschriften, die wirklich weit
verbreitet sind, in den Schulen gelesen, in ihren Bibliotheken
gehalten werden. Wie viele sind das aber! Und der Fach-
bibiiothekar weiß doch am besten, daß neue Zeitschriftenhefte
von den großen Bibliotheken nicht nach auswärts verliehen
werden, die neueren und oft alle Bande gerade der gelesensten
and wichtigsten Zeitschriften auch nur in den Lesesälen der
Universitäts- und größeren Landes- oder Stadtbibliolheken selbst
benutzbar sind. Die Wissenschaft ist doch aber keine Domäne
der Bewohner der Groß- und Universitätsstädte, sondern wird.
auch in den Mittel- und Kleinstädten mit höheren Schulen eifrig
betrieben. Hier sind aber die Lehrer eben gerade für neuere
Fachzeitschriften, an die H. vornehmlich denkt, durchaus auf ihre
Schulbibliotheken angewiesen. Die Minderzahl von ihnen ist in
diesem Punkte gut ausgestattet, die meisten dürftig. Es ist also
irrig zu glauben, daß ein gelehrter Schulmann seine Arbeit, deren
weite Verbreitung er doch wünschen muß, in Fachzeitschriften
am besten aufgehoben sehen kann, und es bleibt dabei, daß eine
22^ Programmwesea and Prograninbibiiothek d. höh. Schales,
Program mabhandluDg, die durch den Tauschverkehr allen daran
teilnehmenden Schulbibliotheken und doch auch den großen
wissenschaftlichen Bibliotheken ohne weiteres zugänglich und
jedem, der sich darum kümmert, außerdem noch durch die oben
(S. 255) erwähnten Verzeichnisse nahe gebracht wird, noch immer
das beste Mittel för die weiteste Verbreitung gerade in Schal-
kreisen ist. Wer also den Schulen ihre Programme nehmen
will, sorge für geeigneteren Ersatz — der schwer zu finden sein
durfte — und berücksichtige vor allem in bezog auf Zeitschriften-
verhältnisse die Bedingungen« unter denen die Lehrerbibliotheken
der meisten Schulen arbeiten!
Dazu kommen noch andere Momente. Zeitschriftenaufsätze
sollen kurz sein; jeder Redakteur, auch einer wissenschaftlichen
Zeitschrift, wünscht seinem Publikum in jedem Hefte einen
möglichst mannigfaltigen Inhalt zu bieten. Zeitschriften in 8^
die Aufsätze von mehr als zwei Bogen Umfang willig und
häufig aufnehmen, sind zu zählen; und mit „Fortsetzungen*' be-
lasten ihre Redakteure die folgenden Hefte ungern. Die vor-
liegende Abhandlung — auf die ein Vertreter des „Zeitschriften-
ersatzes'' leicht verweisen möchte — bildet infolge ganz beson-
deren Entgegenkommens von Redaktion und Verlag eine unge-
wöhnliche, durch den Gegenstand und andere Umstände zu er-
klärende Ausnahme, die für die Frage im ganzen nicht in Betracht
kommt. Andrerseits war für die Anstalt, der ich angehöre, nach
dem dreijährigen Turnus (s. o. S. 137 Anm. 3) zu Ostern 1907
eine Abhandlung nicht fällig. Jedenfalls kann aber das Pro-
grammwesen nicht mit einzelnen, gelegentlich vorkommenden
Ausnahmen rechnen, sondern es muß die Regel ins Auge fassen.
Die Regel aber sind bei Programmen längere Abhandlungen,
von 2, 3, 4 und mehr Bogen, und zwar in Deutschland (mit
Ausnahme von Bayern) in 4^ in Österreich im größten 8"! Das
Institut ist gerade dazu recht eigentlich da, den Abdruck ein-
gehenderer Untersuchungen möglich zu machen, die als Bro-
schüre bei der geringen Aussicht auf irgend welchen Gewinn
selten einen Verleger finden oder, selbst wenn dies gelänge, io
dieser Vereinzelung, durch keinen Tauschverkehr unterstützt,
verkommen würden! Erst in neuester Zeit ist wieder von
einem Schulmann, der zugleich ein hervorragender Gelehrter ist
und eine Reihe gediegener Arbeiten in Programmen niedergelegt
hat (vgl. Abschn. C), Eberh. Nestle, auf Grund seiner eigenen
Erfahrungen^) und mit Rücksicht auf andere Programmarbeiten')
hervorgehoben worden, daß sie anderwärts nicht unterzubringen
1) I. a. 0. (Nr. 13]) S. 61.
') Es wareo die Arbeiteo voo G. Bilfioger (vgl. auch das Ver-
xaichiiis in Abschn. G).
voD R. üllricb. 23
waren. Und das waren alles, wie die Fachgelehrten wissen, keine
Löckenbößer, för die das Programminstitut ein „Asyl für obdach-
lose Arbeiten'* gewesen wäre oder die wegen ihres geringen
Wertes zu dem gehört hätten, „was sonst nicht unterkommt'^
(Hortzschansky S. 168), sondern Arbeiten, die der Wissen-
schaft wirkliche Forderung gebracht haben. Ihre Verfasser hätten
sie aber auf eigne Kosten drucken lassen müssen^), wenn eben
die Programmgelegenheit sich nicht geboten hätte*). In welcher
Zeitschrift aber sollten denn z. B. die zahlreichen ausfuhrlichen
Speziallehrpläne, geschichtlichen Abrisse, Beschreibungen der Neu-
bauten einzelner Anstalten und ihrer Teile, Arbeiten über Lokal-
geschichte, Heimatkunst, die Flora und die geologischen Verhält-
nisse der Gegend u. a. m. veröfientlicht werden? Hin und wieder
könnten die Müteihingen für deutsehe Erziehungs' tmd 5cAu/-
geschiehte mit ihren Beiheften einiges aufnehmen, auch die
DetUsfhen GeechichtebläUer^ die eine oder andere der Zeit-
schriften über Kunst, auch manche der Zeitschriften
lokaler Vereine für Geschichte einer Stadt oder Pro-
vinz; aber wieviele Schulen, schon innerhalb der einen Provinz,
halten diese Zeitschriften? Die Mitteilungen für deutsche Er-
ziekungs- und Schulgeschichte aber, die mit ihren Beiheften jetzt
wenigstens eine gewisse Verbreitung gefunden haben, in Schul-
bibliotheken wie bei einzelnen Lehrern, die der Gesellschaft als
Mitglieder angehören, müßten ihren Umfang vervielfachen, wollten
sie auch nur den tüchtigsten Schulprogrammen, die in ihren
Bahmen passen, Aufnahme gewähren. Und wo blieben die
Schüler, die Eltern, das Publikum, gerade die Kreise, für welche
die Beilagen von so hervorragender Bedeutung sind? Vielleicht
ist diese Lage der Dinge auch manchen andern, die sich nicht
öffentlich geäußert haben, noch nicht so recht deutlich zum Be-
wußtsein gekommen. Gesetzt den Fall, die Programmabhandlungen
würden eines Tages beseitigt; es würden alsbald manche Autoren,
die eine längere Untersuchung zum Abdruck bereit haben, auch
die Lehrer, die nach den Verzeichnissen griffen oder die Pro-
gramme wenigstens ihrer Heimatprovinz alljährlich zu gewohnter
Zeit gern zur Hand nahmen, sie sehr vermissen und — zu spät
— bedauern, nicht selber in Wort und Schrift für eine Sache
gewirkt zu haben, deren Wichtigkeit — schon im Interesse der
Lehrer allein — ihnen deshalb nicht so deutlich war, weil sie
die letzten Konsequenzen, die sich im Falle der Abschaffung nach
obigem ergeben haben, sich nicht klar gemacht hatten.
Eigentlich ist die Sache damit schon erledigt. Doch muß
des Hinweises noch kurz gedacht werden, tüchtige Arbeiten kämen
>) Hieranf wies u. a. im Jahre 1897 Mager hio (jetzt Vize-Präsident
det Rgl. Prov.-SebvlkoU. d. Prov. BraodeDbarg), ygl. Ferh. d, lt. Dtr,-
Fers. t. d. Prw. Schlesien (Nr. 113) S. 239 f. nod oben S. 245.
*) VgL darüber Äofieriuigea aus früherer Zeit, o. S. 197 a. 21$.
24 Programmwesea and Programmbibliothek d. hoL Seh«l«n,
in Zeitschriften „anschwer'' unter, wie Hortzschansky (a. a. 0.
S. 168) noch kürzlich meinte. Er, dem die Spalten des „Zentral-
blatts f&r Bibliothekswesen" — für kürzere Beiträge! —
immer offen stehen, beurteilt diese von hervorragenden Schul-
männern und Gelehrten, von denen ich aus den achtziger Jahren
eben nur Schwalbe (s. o. S. 230) und aus den neunziger
Wilh. GemolP) nennen will, anders beantwortete Frage doch
wohl zu einseitig. Die wirklich bedeutenden, weit verbreiteten
Hauptorgane der einzelnen Fachwissenschaften, insbesondere die-
jenigen, die in höheren Schulen heimischer sind, werden mit
Material überreich versehen. Und auch wenn der Redakteur „die
Beiträge auswählt. Geeignetes aufnimmt, anderes zur Umarbeitung
zurückgibt, Ungeeignetes ablehnt" (so Hortzschansky S. 168),
so müssen dann immer noch genug gute Arbeiten lange zurück-
gestellt werden, die Monate, auch Jahre (wirklich!) liegen bleiben,
ehe sie gedruckt werden. So kann es leicht geschehen, daß sie
dann „schon überholt sind" — besonders auf dem naturwissen-
schaftlichen Gebiete, aber auch auf anderen (W. Gemoli a.a.O.).
Und davon wird nicht etwa nur der Neuling betroffen. Auch ist die
eben — übrigens richtig — charakterisierte Tätigkeit des Redakteurs
nicht jedermann willkommen, am wenigsten den selbständigen,
tüchtigen Naturen, die nicht Lust haben, ihre Anschauungen
nach der Meinung eines Herausgebers (manchmal auch nach der
Tendenz der Zeitschrift, dem Ton, auf den sie gestimmt ist) zu
modeln. Auch hat nicht jeder Redakteur Personen und Sachen
gegenüber die nötige Unabhängigkeit. In den Programmabhand-
lungen ist der Verfasser viel weniger gebunden, innerhalb der
Grenzen, die in der Art der Behandlung jedem wissenschaftlich
Tätigen und zumal jedem höheren Beamten gesteckt sind. Auch
in diesen Arbeiten handelt es sich nicht selten um die Erörterung
grundsätzlicher Fragen. Und es ist anzuerkennen, daß das
Recht der Prüfung der Arbeit, das infolge der Verantwortlichkeit
den Direktoren der Schulen von jeher zugestanden bat und bei
einer im Namen der Schule zu veröffentlichenden Arbeit immer
wird zustehen müssen (s. o. S. 142 f., S. 164), soviel mir bekannt
geworden, in den letzten Jahrzehnten fast immer mit Takt und
äußerst liberal gehandbabt worden ist. Kurz — wer keinen
Wert darauf legt, daß seine Arbeiten in den Kreisen seiner
Standesgenossen wirklich bekannt werden, wird für kürzere
Arbeiten Zeitschriften oder auch Lokalblätter (s. o. S. 274)
wählen; für die meisten anderen, insbesondere für längere
Arbeiten, ist das Programm der rechte Ort, und die
Rücksicht auf Schüler, Eltern und Publikum verstärkt
dieses Moment erheblich.
») Ftrh, d, IL Dir.-Fers. t. d, Prov. Schlenm (Nr. 113) S. 237.
von R.Ullrich. 25
b) Die „Jahrbuch^^-Idee.
Aber die alte Idee des Jahrbuches, d.h. die Zusammen-
fassung der gesamten Abhandlungen, naturlich nicht der Schulen
eines einzelnen Staates, sondern aller am Tauschverkehr teil-
nehmenden aus Deutschland, und z.T. doch auch aus Österreich!
Daß für jeden Bibliothekar, in großen wie in Schulbibliotheken,
bei Ausfähr ung dieser Idee manche Arbeit wegfiele, ist gewiß
richtig. Aber unter diesem Gesichtspunkt darf doch die Sache
nicht behandelt werden, sondern vor allem unter dem der Leser!
Man kann auch gern zugeben, daß ein solches Sammelwerk mit
einer Reihe von sachlich geordneten Bänden (philologischen, ge-
schichtlichen, mathematischen usw.) und den nötigen Indices den
Überblick^) über einen Teil des in einem Jahre von den Schul-
männern in schultechnisch-praktischer und rein wissenschaftlicher
Beziehung Geleisteten sehr erleichtern würde. Aber es erheben
sich dagegen gewichtige organisatorische Bedenken, auch solche
innerer Art, die nnsern modernen Programm-Reformern leider gar
nicht oder nicht vollkommen zum Bewußtsein gekommen sind (vgl.
dagegen o. S. 228), denen es nicht selten an einer der wichtigsten or-
ganisatorischen Eigenschaften gebrach, nämlich der, die Schwierig-
keiten, die einer beabsichtigten Neugestaltung entgegenstehen, richtig
zu erkennen^). Daß auf unserem Gebiete eine Neugestaltung, die
etwa an die Stelle des Teubnerschen Tauschverkehrs der Cinzel-
schriften treten sollte, nur dann durchzufuhren ist, wenn sämt-
liche deutsche Staaten sich ihr anschließen, ist für jeden, der die
frühere Entwicklung mit ihren zahlreichen Anstößen kennt, ohne
weiteres klar, auch neulich im Anschluß an die entsprechenden
Vorschläge Schnorrs von Carolsfeld für Sachsen (Nr. 145,
S. 126 f.; vgl. auch oben S. 216) von bibliothekarischer Seite
hervorgehoben worden'). Daß neuerdings trotzdem Stemplinger
a. a. 0. (Nr. 148) S. 14 einen ähnlichen Vorschlag für die Jahres-
berichte Bayerns gemacht hat (Ersetzung der Jahres-
berichte durch ein nach einheitlichen Grundsätzen abgefaßtes
Jahrbuch), zeigt, .wie wenig er die Bedeutung eines einheitlich
geregelten Verkehrs zwischen allen deutschen Schulen zu schätzen
weiß. Als mildernd kann hier der Umstand angesehen werden,
daß Bayern ja überhaupt dem allgemeinen Tauschverkehr nicht
1) Diejenigeo, die Henbanms Werk (s. o. S. lö Anin. 3) noch nicht
keaaeo, seien darauf anfmerksain gemacht, daß schoo um die Mitte des
18. Jahrhunderts (a. a. 0. 1 S. 269 f.) der Versuch gemacht wurde, den lohalt
der ProgrammabbandluDgen jener Zeit durch Auszüge in einem periodischen
(übrigens aneh andere Dinge enthaltenden) Blatte zugänglich zu machen;
vgl o. S. 231 f. m. Anm. 2.
>) Vgl. dazu Neue Jbb. f, d. Mass. AÜerium usw. XVI (1905 II) S. 438.
*) Vgl. die Bemerkung der Redaktion des Zeniralblatts für Bibliotheks"
Wesen XXOI (1906) S. 127.
26. PrograinBi\%eseD and Programmbibliotbek d. hSh. Schnlto,
beigetreten ist und z.B. die Jahresberichte der bayerischen
Schulen seit 1875 wenigstens den Schulen der anderen deutschen
Staaten überhaupt nicht mehr zugehen. Man sollte jedoch diesen
Ausnahmezustand lieber zu beseitigen suchen, anstatt ihn zu ver-
stärken. Aber selbst wenn es gelänge, alle deutschen Staaten
zum Anschluß an eine solche Neuorganisation zu bewegen, wie
würde es mit den österreichischen Jahresberichten werden
(sie enthalten bekanntlich meist Abhandlungen und Schulnach-
richten zusammen, s. oben S. 133 u. 141), von denen doch
wenigstens eine Auswahl jetzt (s. o. S. 169, Anm. 3) nach Deutsch-
land kommt und dazu beitragen kann, das Verständnis für die
in vieler Hinsicht abweichenden Scbuleinrichtungen des Nachbar-
landes zu erschließen und auch uns einen Teil der wissenschaft-
lichen Tätigkeit der dortigen Kollegen nahe zu bringen? Soll
Österreich auch seine Organisation ändern? Daß dazu wenig
Aussicht ist, geht aus dem oben (S. 214 u. 217) Gesagten hervor,
und es sind keine Zeichen dafür vorhanden, daß Regierung oder
Schulmänner seitdem anderer Meinung geworden wären. Es ist
das auch nicht wünschenswert, weder dort noch bei uns, im
Interesse der Stetigkeit^) der jetzigen Art ebensowohl, auf die
sich die Schulbibliotbeken, und zwar manche mit nicht unerheb-
lichen Kosten, eingerichtet haben, wie aus anderen Gründen.
Denn mag man nun die Abhandlungen im Manuskript einer
Zentralstelle (mit oder ohne Rezensionseigenschaft ^)) einsenden,
die sie dann zu ordnen, bis zum Drucke zu führen und zu ver-
breiten hätte, oder mag jede Schule die ihrigen selbst drucken
lassen und sie dann der Zentralstelle nur zum Zusammenfassen
zu Bänden und zur Verbreitung übergeben, die große Schwierig-
keit wird immer die sein, Manuskripte bzw. Abhandlungen selbst
zu einem bestimmten Termin zu vereinigen. Jeder Redakteur
einer größeren Zeitschrift weiß, welche Not oft versprochene,
aber nicht rechtzeitig eingelieferte Manuskripte machen; er hat
M Aach for die groB«D wisseDschiftlichen Bibliothekea wird sie fnr
diese Frt^e nit Recht von Hortzschtotky (a. a. 0. S. 166) betoot.
*) Daß noch neaerdios^s gerade im Zatammenhang mit dem Standes-
Interesse Machule a. a. 0. (Nr. 133) S. 284 wieder Vorschläge in dieser
Richtong macht, die eigentlich darch die Diskussion der froheren Jahr-
zehnte (s. 0. S. 187, 197, 199, 214, 216) als abgetan erscheinen konntea,
ist aaffallend. Er wünscht, daß die von den Oberlehrern für die „Deut-
schen Schalschriften" eingelieferten Abhnndlangen von einem „Pach-
manne geprüft'*, auch angemessen honoriert werden. Ober den letzterea
Punkt vgl. n. Abschnitt G. Was aber diese 9,Prüfuog" anlangt, so werden,
meine ich, wissenschaftlich tüchtige Oberlehrer, die neue Resultate ihrer
Arbeit aufzuweisen haben, auf einen derartigen vor dem Druck sn
führenden BefähigungsDachweis gern verziehten. Und was sagt die „Zeatrsl-
stelle der ünterrichtsverwaitungen**, welche die Herausgabe übernimmt, so
dem weiteren Vorschlage (a. a. 0.), später die „Kritiken über die eiaselaea
Abhandlungen zu sammeln und sie den Verfassern zuzustellen'*? Mir fallt
dabei der schöne Vers ein: „Wir spinnen Luftgespinste und suchen viele
Künste und kommen weiter von dem Ziel'*.
von R. IJlIrieh. 27
jedoch fast immer sofort geeigneten Ersatz. Nun erscheinen aber
außerdem die norddeutschen Programme zu Ostern, die süddeut-
schen und österreichischen im Hochsommer, andere noch zu
andern Terminen (s. o. S. 165), was alles in Schuleinrichtungen
begründet ist» deren Änderung nicht einmal wünschenswert ist.
Man müßte also die Fächer wieder in Oster- und Michaelisbände
sondern, zahlreiche Nachträge würden nötig werden, die not-
wendigen Indices könnten erst sehr spät erscheinen, alles Üinge,
die nicht dazu einbden, das bisherige System zu ändern, das
sich — und zwar in gleichem Urteil von Freund ^) und Feind ') —
bewährt hat. Auch die Benutzung würde durch eine derartige
Neuordnung nur erschwert werden. Jetzt kann in den Schul-
bibliotheken') jeder Benutzer jede neue Abhandlung einer be-
liebigen Schule einzeln erhalten, unter Umständen auch, wenn
sie — wie bei neuen Schulen nicht selten — noch nicht vor-
banden ist, von der ausgebenden Stelle geschickt bekommen.
Künftig müßte man immer auch für jede Einzelheit die dicken
Jahresbände benutzen und mit nach Hause „schleppen*', was in
Schulen, die kein Präsenzsystem haben — und das ist immer
noch weitaus die Hehrzahl — eine überaus lästige Sache wäre,
ganz abgesehen davon, daß wegen einer bestimmten Abhandlung
des Bandes, die benutzt wird, alle anderen darin verölTentlichten
anderen Benutzern unzugänglich bleiben^). Oder man müßte
wieder, wie ja natürlich vorgeschlagen ist, daneben Separatabzüge
in größerer Zahl herstellen lassen, was die Kosten jedenfalls nicht
herabsetzt, während bei denen, die auch der finanziellen Seite
der Sache nachgegangen sind, eher eine Ersparnis erzielt werden
sollte*). Am schwersten aber fiele wieder, gerade wie bei dem
vorgeschlagenen Ersatz der Abhandlungen durch Zeitschriftenartikel
(s. 0. S. 19 — 24\ der Umstand ins Gewicht, daß ehemalige und
jetzige Schüler, Publikum usw. leer ausgingen. Sollen sich die
1) V;]. z. B. Rillnton t. a. 0. (Nr. 122) S. 482.
>) B. Müller 1. 1. 0. (Nr. 127) S. 7.
') Bier itt maa allmihlieh — eotgegea früherem Braache — dazu
abergegaD^ea (aod verführt jetzt wohl beinahe aassehließlich so), die Ab-
haadlnngea einzela anfzabewahreo ; vgl. Teil 111.
*) Diet ist ja aneh ein yod den Verfasser gerade bei dieser Arbeit
oft eapfaadeoer MiBstand der neisten grofieo öffeotlichea Bibliothekeo, die
freilieh bei ihren nach Tauseaden zählenden Poblikam wohl nicht werden
darauf verziehten können, die einzelnen Jahresberichte and Programme nach
dem einen oder andern Gesichtsponkt (z. B. nach Ländern, innerhalb dieser
nach Jahrea and Orten) in SammeUȊnde binden za lassen. In einer kleineren
Universitätsbibliothek, die insbesondere von Sehnlmännern , den Hanpt-
beaatzern der Programme, nicht za oft in Anspruch genommen wird, kann
maa die Programme wohl aach nngebanden anfbewabren aod aar die häufiger
verlaagtea in eiafaeher Weise einbinden lassen. Dies berichtet Hortzschansky
a. a. 0. (Nr. 146) S. 166 z. B. von Narbarg.
*) Vgl. z. B. oben S. 216 die Vorschläge von Tumlirz, ebenda aber
aach das — onzweckmäfiige — Mittel, mit dem die Ersparnis herbei-
geführt werden lollte.
28 Progrtmmwesen und Programmbibliothek d. hb'h. Schalen«
letzleren Kreise, die doch meist nur Interesse für eine bestimmte
Schule haben, nun die Sammelbände kaufen? Wenn man daher
meinte, die Abbandlungen würden in Jahresbänden besser bekannt,
so ist dies bei der notorisch erschwerten Benutzung und der
Dbergehung ganzer Kreise von Freunden der einzelnen Schule nicht
richtig. Also auch dieser sogenannte „Ersatz'' hat sich als wenig
aussichtsvoll erwiesen.
Doch dem Leser, der bis hierher gefolgt ist, schwebt
längst die Frage auf den Lippen: Hat denn aber diese ganze
Erörterung nicht bloß theoretische Bedeutung? Die Pro-
gramme haben ja doch in der Hauptsache keinen
Wert (wenn auch manche recht gute darunter sind), haben
ihn im ganzen kaum je gehabt! Wozu also über Zweck
und Organisation streiten, wenn doch über ihren durch-
schnittlich geringen Wert 'consensus omnium* (s. oben
S. 243) nahezu besteht, wenn erst kürzlich wiMer ein Fach-
mann, diese Worte aufnehmend'), in einer Sonderschrift (Nr. 148;
S. 6) von ihrer „zweifellos zunehmenden Hinderwertigkeit''
spricht? Ist es nicht eine „absterbende Literatur'*? Ist nicht
„der Grund, der sie ins Leben rief, längst geschwunden? Führen
sie nicht nur noch ein Scheinleben'*?') Tut man also nicht
besser, sie abzuschaffen, da doch auch ihre Zahl von Jahr zu Jahr
sinkt, und die „Unsummen Geldes*', das sie kosten, lieber den
Schulbibliotheken zuzuwenden, die eine Verstärkung ihrer Mittel
doch so nötig brauchen?
C« Der Wert der Abhandlnnir^n«
Einer der Gründe, welche die Programme ins Leben riefen, war
der gewesen, die „Lehrer zur Fortsetzung ihrer Studien aufzu-
muntern". Ob dieser heute noch zu Recht bestehe, bezweifeln
manche, und ich werde später noch Gelegenheit haben, auf diese
Frage einzugehen. Wie man aber auch darüber urteilen mag:
der andere Grund, der die Einrichtung herbeiführte (denn es
waren deren zwei oder, wenn man will, drei, s. o. S. 264), ist, wie
oben nachgewiesen wurde (S. 273 ff.), auch jetzt nicht geschwunden,
nämlich der, eine engere Verbindung zwischen den einzelnen
Schulen und ihren Lehrern herzustellen und Eltern wie Publikum
(wozu, wie wir sahen, in gewissem Umfange auch noch die Schüler
kommen) für die Schule zu interessieren. Wir fanden im Gegen-
teil (s. 0. S. 270), daß die Entwicklung dahin geht, diese zeit-
weilig unterbrochenen Beziehungen wieder anzuknüpfen, und dafi
^) So StempliB^er (t. a. 0. S. 10) über HortzsehtDtky (a. t. 0.
S. 167 f.).
^) Hortzschansky a. a, 0. S. 167 f.
von R. Ullrich. 29
es nun Sache der Behörden, der Schulen und ihrer Lehrer ist,
Maßnahmen zu treffen, damit diese Beziehungen in Zukunft noch
stärker betont werden. Eine Abschaffung also, etwa mit Rück^
sieht darauf, daß die Abhandlungen nicht mehr zeitgemäß wären,
kOonte man kaum rechtfertigen, um so weniger, als ein voU^
wertiger Ersatz för sie, wie ich nachgewiesen habe, im ganzen
bisher nicht gefunden ist^
Aber wie steht es mit ihrer früher und jetzt behaupteten
„Minderwertigkeit*'? Denn wenn dieses (Irteil in erheblichem
Umfange zutrifft, dürfte es in der Tat geraten :sein, auf eine
nicht unwesentliche Kosten verursachende' Einrlciitung je eher je
lieber zu verzichten und das Geld fruchtbringender anzulegen.
Hier wird es sich zunächst darum handeln, eine Unterlassungs-
sünde auch der meisten Verteidiger der Einrichtung bis zu einem
gewissen Grade. dadurch gut zu n^achen, daß versucht wird, die
Fülle der Programme in den verschiedenen Zeiten und Ländern
so weit zu durchmustern, daß man erkennen kann, wie es mit
dem beliebten Einwände der „Minderwertigkeit'' eigentlich
steht. Denn das ist ja doch der Kern der Sache; es hat wenig
Bedeutung, wenn die Gegner, um doch nicht allzu unvorsichtigen
Urteils geziehen zu werden, in der Rege) mit einer gewissen
G&nnermiene von „recht tüchtigen Arbeiten*' sprechen, die sich
„iaimer noch'* unter den Programmarbeiten fanden. Im Zu-
sammenhange damit stehen die weiteren Fragen, ob es richtig
ist, wie man behauptet hat, daß tüchtige Autoren sich hüteten,
ihre Arbeiten in Programmen niederzulegen, daß die Gelehrten
meist keine Notiz vop den Abhandlungen nähmen, daß sie nicht
bekannt genug würden, auch in größeren wissenschaftlichen
Werken keine Verwertung fänden.
Die Diskussion, soweit sie sich mit dem absoluten Wert
der Programroabhandlungen (ganz abgesehen von Gegenstand und
Zweck) beschäftigte, hat sich in den meisten Fällen darauf be-
schränkt, allgemeine Urteile abzugeben, auch zu einer Zeit,
wo es noch verhältnismäßig leicht war, an der Hand erst einiger
tausend Arbeiten, auch mit Hilfe der seit den vierziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts ja schon existierenden (freilich nicht
sehr verbreiteten und bekannten) Bibliographien unter Mitwirkung
von Fachmännern einen bestimmten Überblick über die Leistungen
auf den einzelnen Gebieten zu gewinnen. Nur hin und wieder
versuchten, wie wir sahen, einige Schulmänner und Gelehrte,
aus ihrem Erfahrungskreise heraus auf besonders gute Programm*
abhan^llungen aufmerksam zu machen (vgl. z. B. o« S. 198, 225,
227), und Schwalbe warnte, indem er dasselbe tat, zugleich
mit Recht davor (o. S. 230), vereinzelte ungünstige Erscheinungen
eines beschränkten Erfahrungskreises zum Wertmesser des Ganzen
zu machen. Nach ihm begegnen wir denn auch gelegentlich
Versuchen einzelner, bestimmtere Angaben für das eine oder
30 Programmwesea nod Pro^rtminbibliothek d. höh. Sehnleo,
andere Gebiet beizubringen, um die Nützlichkeit der Eiorichtung
darzutun. Ich glaube nun, daß wir auf diesem Wege doch etwas
weiter kommen können.
Man hat gelegentlich gesagt, wollte man die Mitglieder der
höheren Lehranstalten insgesamt zu einem Urteil ober die Pro-
gramme veranlassen (so zu sagen „abstimmen*^ lassen), so wörde
sich eine überwältigende Mehrheit für ihre Abschaffung ergeben
(vgl. z. B. oben S. 249). Diese und ähnliche AuBerungen er-
folgten zwar in erster Linie im Zusammenhange mit der Frage,
ob man den Lehrern noch weiter die Verpflichtung zum
Schreiben von Abbandlungen auferlegen sollte, aber sie zogen
doch auch fast immer die Frage des Wertes mit hinein (so
a. a. 0.). Ich knüpfe daran an und meine, es ließe sich auch
denken, daß man jedes Mitglied des höheren Lehrerstandes
befragte, welche Programmabhandlungen ihm bei seinen Studien
vor und während seiner amtlichen Tätigkeit, bei rein wissen-
schaftlicher Arbeit wie bei der für den Unterricht, Förderung und
Nutzen gebracht hätten, welche er von anderen zuverlässigen Be-
urteilern habe als tüchtig rühmen hören, welche er in wissen-
schaftlichen Werken (auch solchen, die für die Schule bestimmt
sind) mit Anerkennung erwähnt oder benutzt gefunden habe u.s. f.
So wenig sich etwas derartiges wirklich durchführen ließe, so
sicher scheint ipir die Tatsache, daß wohl nahezu jeder der
Tausende von Lehrern höherer Schulen in Deutschland, Oster-
reich und der Schweiz und mancher andere der Arbeit der
Schule Nahestehende im In- und Auslande aus seinem Erfahrungs-
kreise wenigstens eine kleine Anzahl von Programmen auf der
Stelle würde zu nennen wissen, die ihm im Laufe der Jahre
etwas bedeutet haben, und vielleicht sogar eine größere, wenn er
der Sache näher nachginge und Vergessenem nachforschte. So
würde ja wohl ein Bestand vieler Tausende sich ergeben. Sollte
sich dabei herausstellen, daß ein und dasselbe Programm wieder-
holt begegnete, wäre es noch besser. Was mich persönlich be-
trifft, so wüßte ich eine ganze Reihe von schulgeschichtlichen,
didaktischen (für die verschiedensten Gebiete), theologischen,
philologischen, geschichtlichen und geographisdien Programm-
abhandlungen zu nennen, die mir im Laufe von etwa zwei Jahr-
zehnten wesentliche Förderung gebracht haben, und vielen andren
wird es ähnlich gehen. Ich will nun hier nicht den Versuch —
den ich für mich privatim gemacht habe — ausführen, eine
Bibliographie auch nur der wertvollsten Arbeiten von 1824 bis
1907 zu geben. Sie würde, wenn auch mein Interessenkreis
ziemlich umfangreich ist, doch noch ganz unvollständig sein, die
exakten Wissenschaften würde ich so gut wie ganz beiseite
lassen müssen, jeder Leser würde etwas vermissen — was übrigens
für den Wert der Sache spräche. Auch würde damit ein
Buch gefüllt werden müssen, während diese Abhandlung schon
voo R. Ullrich. 31
weit über den Rahmen hinausgewachsen ist, der ihr ursprünglich
bestimmt war. Aber wenigstens eine Auswahl zu geben ist
möglich, aus alter, neuer und neuster Zeit Meine eigenen Auf-
zeichnungen haben hierbei durch Beiträge der oben (S. 86 Anm. 1)
genannten und noch ?ieler anderer') Schulmänner und Gelehrten
wesentliche Bereicherung erfahren; in vielen Fällen trafen die
Urteile mit dem meinen zusammen, in andern wurden mir Ab-
handlungen namhaft gemacht, die ich selbst öbersehen hatte oder
die aus einem mir femer liegenden Gebiete stammten. Die
Reichhaltigkeit dieser Listen und die Bereitwilligkeit, mit der sie
dargeboten wurden, nicht selten unter ausdröcklicher Billigung
meines Zweckes, war mir ein erfreuliches Zeichen dafür, daB die
Einrichtung im ganzen doch auch heute noch gerade unter den Besten
weit mehr überzeugte Anhänger hat, als Uneingeweihte nach den
Versicherungen neuerer Kritiker etwa von der Art des Anony-
mus in den GreiahoUn vom Jahre 1896 (s. o. S. 248 AT.) anzu-
nehmen geneigt sein könnten.
Um den Raum des Verzeichnisses möglichst zu beschränken
(es sollte durchschnittlich kein Titel mehr als eine Zeile bean-
spmchen), habe ich zwar Namen und grundsätzlich auch Vor-
nanaen') der Verfasser, Anstalt und Jahr des Erschei-
1) Voo ihoen mSchte ich aasdriicklidi noch B. Renn (Stadienrat ood
Professor in Land ahnt) nennen, der besonders fSr Bayern noch Beiträ|pe
geliefert hat, als der Draek der Abhaodlnng schon begonnen hatte.
*) Die Peststellang der Vornamen, die im Interesse der Sache
gleichwohl nnerläfilich war, hat fnr die Zeit von 1824—1875 ein Mifi von
Arbeit erfordert, von dem sieh Uneingeweihte schwerlich eine Vorstellnng
machen. Bekanntlich ist die früher sehr verbreitete Unsitte (vgl. o. S. 173,
221), aof den Titelblättern der Abhandlnogen selbst die Vornamen der Ver-
fasser nicht so nennen, ancb hente noch nicht ganz geschwanden. Die
alteren Bibliographien (s. o. S. 109 ff.) sind verschieden verfahren. Am
schlechtesten sind in dieser Hinsieht Vetter ond Terbeclt, welche die
Voroamen äberliaapt weglassen, auch da, wo sie in den Abhandlungen selbst
stehen, and so den Wert ihrer Arbeiten erheblich beeiotrSebtigen. Wini-
ewski, Hahn, Häbl, Moshacke and das Tenbnersche Verzeichnis,
sowie Fesenbecith geben die Vornamen bald ao, bald nicht, bald voll-
staadig, bald nor einen Anfaogsbachstabeo. Besser sind Gatenäcker-
Zeifi-Renn, Gntscher, Köhler, Büeler and Bittner, am
besten Klufimaoo, dessen gediegene Arbeit (vgl. o. S. 209, 238 ff.), ebenso
wie das Berliner Verzeichnis, aoch in dieser fieziehong alle Ansprüche
befriedigt Seine Angaben konnten daher ohne weiteres zagrnode gelegt
werden, wenn mir in gegebenem Falle die eine oder andere Abhandlung selbst
K. Z. gerade nicht zngänglich war. Für das halbe Jahrhondert vor 1876 habe
ich, soweit die Progrimme selbst die Voroamen nicht boten, die verschie-
dcDSten Hilfsmittel benutzt. Am hanfigsten halfen, insbesondere für das
Gebiet der Altertamswissenschaft, a. a: Konrad Borsian, Geschichte der
klass. Philologe in Deutectdand von den Anfängen bu stir Gegenwart^
Miiocheo n. L»eipzig 1883, R. Oldenboorg, 2 Tic. (in: Gesch. d, fTissen"
schafien in Deutschland, Neuere Zeit. Bd. XIX 1 o. 2), ferner Fried r.
Aog. Eckstein, Nomenclittor philologorum, Leipzig 1871, B. G. Teobner,
ood V^. P'6ke\,PhUologisehes Schrißstellerlexikon, Leipzig 1882, A. Krüger,
aafierdem natürlich die Aügemeine deutsehe Biographie und (fdr Österreich)
32 Programmwesen und. Programmbibliothek d. hob. Schaieo,
neos durchweg vollständig bezeichnet, dabei aber die TiteP]
soweit gekürzt, als es mftglicb war, ohne die Deutlichkeit zu
beeinträchtigen. Durch Hinzufuguog der Stelle, an der jeder,
der weiter auf die Sache eingehen will, die betreffende Ab-
handlung bibliographisch genau (oder doch — was ältere Vcr*
zeichnisse betrilR — ziemlich genau) angeführt findet, ist aber
Sorge getragen worden, daß keine Mißverständnisse entstehen.
Zugleich ist jedem so die Möglichkeit geboten, weiteres, hier nicht
verzeichnetes Material leicht zu finden. Sachlich habe ich mich
in der Hauptsache auf das Gebiet der Geisteswissenschaften
beschränkt, und hier wieder, meinem Erfahrungskreise ent-
sprechend, die Abhandlungen aus dem Bereich der Altertums-
wissenschaft bevorzugt, die anderen Wissenschaften (wie Ger-
manistik, romanische Sprachen, Geschichte, Erdkunde u. s. f.)
aber wenigstens soweit berücksichtigt, als sie mir im Laufe vieler
Jahre unmittelbar oder mittelbar irgendwie nahe getreten waren.
Die Arbeiten aus der Pädagogik, der Schul geschichte und
KooBt. von Wurtbachs Biog^. Lexikon d. Riti»ert, Östemiek. Aber
diese gewöbnliebsten Hilfimittel veriagteo bäafig genug, und es mofiten ait
erbeblicbem Zeitaufwand oft Dutzende von entlegenen Quellen aufgesuckt
werden, Facbbibliograpbieo, Programmverzeicbnisse einzelner Scbulen o. iLn.
um nur eioige Vornamen unzweifelbaft featznstellen. Sehließlieb ist es
überall gelangen, und hoffentlieb sind Febler in der Hauptsscbe verniedea
worden. Docb werde leb für jeden Nacbweis in dieser Richtung dankbir
sein. An einem neueren biogra phiscb-bibliograpbischeB
Hilfsmittel, das z.B. nur Tur die letzten 2 bis 3 Jahrzehnte über die
literarisch tStigen Mitglieder der theologischen, philolo-
gischen und historischen Wissenschaften, deren es ja gerade
im höheren Lehrerstande sehr viele gibt, knappe, aber zuverlässige
Angaben machte und bei mäßigem Preise allgemein zngäog-
lieh wäre, fehlt es durchaus. Ein rühriger Verleger im Verein nit
einem sachkundigen Bibliographen würde sich ein wirkliches Verdienst er-
werben, wenn er sich dieser Sache aonehmen wollte. £io vor Jahresfrist
angekündigtes Werk ähnlicher Richtung (A. Hettler) wurde nach der
Probe, die ich davon gesehen habe, nicht geeignet sein, das zu bieten, was
hier nottut.
^) Den im Interesse möglichster Raombeschränkung zunächst erwogeoei
Plan, nur die Namen der Verfasser mit der Anstalt und dem Jahre des
Erscheinens anzugeben, für die Titel aber auf die genannten Programia-
bibliographien zu verweisen, habe ich bald wieder aufgegeben. Für die
Zeit nach 1876 hätte das allenfalls genügt, wenn auch Klußmanns Wert
in den Schulbibliotheken bei weitem noch nicht so heimisch ist als ei
sollte (s. o. S. 239), und Kenner hätten wohl auch für die älteren Periodea
so wenigstens einen gewissen Anhalt gehabt. Aber einmal ist die Arbeit
(vgl. 0. S. 83) nicht ausschließlich Tur Kenner geschrieben, und andrerseits
schien es wesentlich, auch die Gebiete zu bezeichnen, denen die betr.
Arbeiten angehöreo, besonders mit Rücksicht auf die Mitglieder der zahl'
reichen jüngeren höheren Lehranstalten, die ältere Programme in ihrea
Bibliotheken noch wenig besitzen und so manche Anregung entbehrea, derci
sich die Augehörigen älterer Anstalten wie einer selbstverständlicheB Sacke
erfreuen. Auch werden die folgenden Abschnitte, besonders F, G uod H,
durch die vollständigeren Angaben auch dessen, was geleistet ist, eise
nicht unwesentliche Stütze erhalten.
i
Yoa R. Ullrich. 33
SchulorganisatioD sind in ausgedehntem Maße herangezogen
worden, die zur Methodik der einzelnen Unterrichts-
fächer etwa in demselben Verhältnis wie die aus den ent-
sprechenden Wissenschaften selbst. FQr die exakten Wissen-
schaften und die Methodik der entsprechenden Unter-
richtsfächer wäre eine Ergänzung von fachmännischer
Seite sehr wünschenswert; sie würde, wie ich vermute, an Ge-
halt hinter dem von mir Verzeichneten gewiß kaum erheblich
zurückstehen, d. h. im Verhältnis zu der oben (S. 265 ff.) unge-
fähr festgestellten Gesamtproduktion in den einzelnen Perioden
and Ländern.
Von den oben (S. 109 — 118) angeführten Programm Ver-
zeichnissen habe ich für die ältere Zeit wie für einige Sonder-
gebiete diejenigen zugrunde gelegt, die entweder im ganzen am
zuverlässigsten oder doch für bestimmte Perioden unentbehrlich sind.
Es sind für P re uß e n (allein) die Verzeichnisse von Winiewski (Nr. 3)
und Hahn ([i] u. [U], Mr. 7 u. 8), für Preußen und andere
Staaten Deutschlands und zum Teil für Österreich die von Vetter
(Nr. 9 u. 10), Terbeek (Nr. 12) und mskacke (Nr. 13 a), für
Bayern das von GuUnOeker mit den Fortsetzungen von Zeifs
und Remi (Nr. 19—24), für Baden Fesenbetkh (Nr. 17) und
Köhler (Nr. 18), für die Schweiz Büeler (Nr. 37); über Hübl
(Nr. 28 u. 29) s. unten. Hehrere kleinere Verzeichnisse
(Nr. 1, 4 — 6, 11 u. a.) können hier außer Betracht bleiben, da
ihr Inhalt sich einerseits ganz oder teilweise in einigen der schon
genannten wiederholt, andererseits bei den meisten nicht darauf
zu rechnen ist, daß sie wenigstens in einer gewissen Zahl von
Lehrerbibliotheken höherer Schulen vorhanden sind — wogegen
die eben angeführten Bibliographien doch meist in den Ländern,
die sie betreffen, oder in den Provinzen, von denen sie ausge-
gangen sind, heimisch sein dürften. So wird natürlich, was die
ältere Zeit und die genannten Sondergebiete betrifft, nicht allen
alles, aber doch hoffentlich jedem etwas gegeben werden können.
Jüngere Schulbibiiotheken, die erst eine kleine Anzahl von Jahr-
gängen der Programmabhandlungen aus neuerer Zeit besitzen'),
insbesondere solche, die sich an Orten ohne größere wissen-
schaftliche Bibliothek befinden, sind ja in bezug auf Kenntnis und
Benutzung dieses ganzen Literalurzweiges in ziemlich übler Lage,
zumal wenn die betreffende höhere Lehranstalt die einzige am
Orte ist*). Durch den Hinweis auf die genannten Programm-
Bibliographien werden auch jüngere Schulen und deren Biblio-
>) Hier werden die Lehrerbibliotheken älterer Anstalten mit reichem
Proframmbestaode den jüngeren manehe Aushilfe leisten können, was die
letxteren aber nicht abhalten darf, eine eigene Programmbibliothek an-
zulegen.
2) Solehe Anstalteu werden wieder von der Programmsammlung einer
älteren Anstalt derselben Provinz Nutzen ziehen können (vgl. auch oben
ZeitMhr. f. d. QjmiunftlwaMn. LXI. Supplemeatbeft. 3
34 Prof^ranfliwesen und Programmbibliothek d. hb'h. Scholea,
theken, soweit sie diese Verzeichnisse oder die AbhandlangeQ
selbst nicht besitzen, leichter in die Lage versetzt, auf die letzteren
aufmerksam zu werden und sie sich gegebenenfalls von größeren
Bibliotheken oder den betreffenden Schulen selbst zu verschaffen.
Eine gewisse Schwierigkeit machte die Berücksichtigung der
österreichischen Programme. Die in den Verzeichnissen von
Gutscher (Nr. 26—27), Hübl (Nr. 28 u. 29) und Böfiier (30—32)
aufgeführten Programme sind in reichsdeutschen Bibliotheken,
den größeren wissenschaftlichen wie den Lehrerbibliotheken der
höheren Schulen, infolge des beschränkten Programmtausches (s.
o. S. 169 Anm. 3) nur zum kleineren Teile vertreten und daher
auch mir nicht in vollem Umfange bekannt geworden. Es bitte
danach wenig Zweck gehabt, Arbeiten anzuführen, die wohl in
Österreich selbst geschätzt, aber außerhalb des Landes für die
Allgemeinheit kaum zu erlangen sind. Ich habe mich daher hier
in der Hauptsache auf die bei Klufsmann (s. o. S. 112, Nr. 14)
und in dem zweiten Teuhnerschen Verzeidwis (Nr. 13b; s.o.
S. 112 u. S. 231 mit Anm. 1) angeführten beschränkt und die
anderen nur gelegentlich herangezogen. Dagegen sind wiederum
aus den beiden Teilen von Hübl, insbesondere aus dem zweiten
(Nr. 29), der für die Jahre 1869—72 auch für Preußen neben
Mushacke (Nr. 13 a) eine wesentliche Quelle ist, eine größere
Anzahl im Interesse reichsdeutscher Leser berücksichtigt worden.
Es bleibt also hier (ebenso wie auf dem Gebiete der exakten
Wissenschaften überhaupt und einiger anderer wenigstens teil-
weise, s. 0. S. 32t,) noch eine lohnende Aufgabe für einen öster-
reichischen Schulmann mit vielseitigen gelehrten Interessen
zu lösen, dem die betreffenden Programme in ihrer Mehrzahl
wirklich zugänglich sind.
Im übrigen bildete natürlich das XIu/smoiiHsche Verzeichnis
für die Zeit von 1876—1900 die Hauptquelle, nach der die in
diese Zeit fallenden Abhandlungen anzuführen waren. Von 1901
— 1905 ist das zweite Teuhnersche Verzeichnis zugrunde gelegU
für 1905 (vgl. o. S. 269 Anm. 1) unter Heranziehung des von
der Kgl Bibliothek in Berlin herausgegebenen. Für 1906 erfolgten
die Aufnahmen an der Hand der mir zugänglichen Abhandlungen
selbst; auch aus dem Jahre 1907 konnte wenigstens eine Aus-
wahl (meist norddeutscher) angeführt werden, die mir schon zu-
S. 201 Aom. 1), dl z. B. der Leihverkehr der grofieo wiMensebaftlicbee
Bibliotheken mit den Bibliotheken der höheren Sehnlen in Preußen {vgl, o.
5. 148 AniB. 1) gernde fdr die Progrnoime an bestimmte Grenzen i^ehnndea
ist; vgl. z. B. die Benuivtmgsordnung für die KgL BibUothek zu BerUn wm
6. Februar l$Oö, mü j4bänderungen vom 30. September 1905^ § 30, Abs. t.
— Der Leihverkehr zwischen einzelnen Lehrer bibliothekeo, nieht blofi inner-
halb desselben Ortes, bedarf in Zukunft im Interesse der Ausnutzung der
Bestände überhaupt noch einer bestimmten Organisation; fiir das Gebiet der
Zeitschriften werde ich demnHchst Vorsehläge in dieser Richtnag
maehea; vgl o. S. 86 Anm. 1, Z. 9 f.
▼ 00 R. Uilrich. 3S
gänglich waren. Vergleiche dazu noch die betr. Anmerkung zu
Nr. XVIII.
Die Reihenfolge ist in der Hauptsache chronologisch
und im einzelnen so gestaltet, daß mit den Verzeichnissen be-
gönnen wird, die ausschliefilich oder im wesentlichen den preußi-
schen bezw. deutschen Anteil der Programmliteratur anfuhren
(I. Wimewiki, II. HI. Hahn 1 n. //, IV. V. Vetter I u. //, VI. Ter-
hedc); es folgt dann eine Auswahl deutscher und öster-
reichischer Programme aus VII u. VIII (Hibl Teil I u. II), mit
Ergänzungen aus GtUscker und Mashacke, endlich (für 1873—1875)
aus IX a und b {Muskaeke) ausschließlich. Hierbei ergibt sich eine
ununterbrochene chronologische Folge von 1825—1875. Dann
folgen (Xa— f) die bayerischen Sonderverzeichnisse (Guten-
4dcer—Ze8s — Renn), die Zeit von 1824—1902 umfassend, weiter
(XI) die badi8chen(FesaiiedlrA und JTMfer), bis 1887 reichend,
und (XU) das schweizerische (ßüeler), von 1855 — 1889; den
Beschluß (XIII— XVI) macht (nach Klufmann) für die Zeit von
1S76—1900 eine reichliche Auswahl deutscher und eine kleine
österreichischer Programme (s.o. S. 169 Anm. 3) mit den
Ergänzungen (XVII. XVIII.) von 1901—1905 bezw. 1907
(s.o.) nach den Teubnerschen Jahresverzeichnissen. So er-
hält man eine im ganzen lückenlose Reihe vom Beginn der Neu-
regelung der ganzen Einrichtung bis zur Gegenwart. Über die
Anordnung im einzelnen ist u. L Anm. 1 das Nötige bemerkt.
Yerzeiclmis
ausgewähUer Programme Ton 1824— 1907 0*
I« Winiewski (Preafsen). 1826—1841.
, {BaHogr. AbL 3, Nr. 3; o. S. 110.)
1.
1. Allcesaiaei. Sehalgcschiebte. Scknlre4«o.
8.
1. Nieneyer, Hera. Afathooy Oberd. Vorzüge Sffentl. Er-
ziehvDffsaoslaltoB. Math Päd, 36 1 L
2. — , Obtr Wolff. Ratiebias. m ^ ^ ^^
3. — , „ „ „ Forts. (// a-'lO) „ „ 41
tj
0 ErUoterangeo. Die Bibliograpbien folfeo bier io der
obeo angegebenen OrdnuQf. lonerbalb jeder eiozeloeo lind zuerit immer
die anf Sebnlwesen, Pädagogik, Methodik asw. bezüglieheo Pro-
gramme angefubrt (A), danacb die facbwissenscbaftiicheo (B), in
beiden Abteilongeo tnniicbat in der in den betr. Bibliographien seibat be-
obachteten Reihenfolge. Doch vgl. für Bayern and Baden dieerstenAn-
merkaogea za Nr. X und XI. Oberali innerhalb der einzelneu Unter-
abteilangeo die alphabetische Aoordnong darchznrdhren, schien aus ver-
schledettett Gründen nicht zweckmafiig; es ist übrigens keine von diesen so
nmfaogreich, dafi sie sich nicht leicht übersehen ließe. Bine zu weit
gebende Systematik innerhalb von A und B ist vermieden worden, om die
36 Prof^ranmiwesen aod Programmbibliothek d. höh. Schnlen
8.
I. 4. Ribbeck, Aog. Perd., Stellg. d. Gymoasien z. deo
verach. AoforderungOD d. Zeit Berlin Fr. -ßf^d. G, 29 3
5. Wieae,Ldw.,Ober Scholdiatipl. (137/8; n4) Prenxlau^) 38 4
6. B 0 n 0 e 1 i , Karl Ed., De a r t e m e m ojr i a e commeotat. histor.
(/ 61; II 7; FI 3) Berlin Fr.-Wd. G. 38 15
7. — , OberErziehangskunst, Antrittsrede. „ „ „ 38 23
8. BellermaDo, Joh. Joach., Daafgraae Kloster in Berlio.
1II.2) (1574— 1765).*) Berlm gr. Kl. 23
9. — , — — IV. (1766—1826). „ „ 26 ll
10. —, Rede bei d. 3. Säkular-Fe ier d. Augsb. Kon-
fession 24. Jun. 1S30. (/ 23) Berlin gr. KL32 29
11. Gotthold, Frdr. Aug., Vorw. z. Sehulordn. d. Fr.-KoU.
(I16I8; II 315) Kömgsbg. Fr.-K. 29 19
12. Aagust, Ernst Ferd., Antrittsrede (Für das Leben,
nicht für die Schule). Berlin Kölln. Rg. 27 23
13. Spitz 0 er, Franz, De periculis, qnae varia et mnltif.
doctrin. sopellez seholisintendit. (/ 2819) WüUnberg 25 „
2. Sprachnnterrrieht.
14. V.iehoff, Heior., Beiträge z. Erl. deatseher Dichter
f. d. oberen Gyma.- Klassen. Emmerich 35 10
B.
1. Altertumswissenschaft.
15. Wellauer, Aug., Addit. ad Vechaeri Hellenolexic.
(de partic. re et que). Breslau Elis.-G. 28 33
Obersicht nicht zu erschweren; die Zugehörigkeit zu bestimmten Päehero
ist aus den Namen der Verfasser und den Titeln der Abhandlungen sofort
ersichtlich, soweit es nicht zweckmäßig schien, sie — wie z. B. bei ei|ier
gröfieren Zahl von Arbeiten aus demselben Gebiet — durch besondere Ober-
sehrift kenntlich zu machen. Autoren, die innerhalb von A oder B wieder-
holt vorkommen, was nicht selten ist, sind mit ihren Arbeiten, die dem-
selben Gebiete angehören, meist an einer Stelle angefahrt. Ohne kleine
Inkonsequenzen ging es dabei nicht ab, znmal die Anordnung in den einzelaen
Bibliographien wiederholt abweicht; es ist ein Mittelweg eingeschlagen, an
einerseits die Arbeiten derselben Autoren hintereinander anfuhren za
können, auch wenn sie in den Verzeichnissen an verschiedenen Stellen
standen, andrerseits die leichte Orientierung nach der Seitenfolge
in letzteren zu ermöglichen. Dies ist deswegen wichtig, damit der Leser
an der Hand der genannten Bibliographien leicht nachprüfen kann, was von
mir ans der Fülle der Literatur ausgewählt ist. Die Seiten, anfwelchea
die Abhandlungen in den Biblioi^raphien stehen, sind jedesmal hinzngefägt.
Was sonst geschehen ist, die Obersiebt zu erleichtern und Zusammenhäage
herzustellen, wird jeder Benutzer alsbald selbst finden. Besonders erwähnen
will ich nur die Verweisungen, die in Klammern (hinter dem Titel) ge-
macht sind und sich auf Haupt- und Spezialnummer der 18 Programm-Ver-
zeichnisse beziehen. Der Leser wird dadurch an jeder der betr. Stellen in
die Lage versetzt, die wichtigsten Programmbeiträge der vielen wieder-
holt vorkommenden Autoren und ihre Zahl leicht zu überblickeu. Weitere
Bemerkungen, die einzelne Verzeichnisse betrefTen, sind jedesmal in der
betr. ersten Anmerkung dazu gemacht.
^) Bei Ortsnamen ohne weiteren Zusatz ist immer das betreffende
einzige (oder z. Z. der Veröffentlichung einzige) Gymnasium gemeiat
Die Abkürzungen (r., Hg. usw. sind die allgemein üblichen.
*) Teil I u. II, die Zeit der Fraaziskaner im Kloster bebaa-
delod (1271—1574), erschienen 1823 und 1824.
3) Fehlt bei ß^iniewski.
voa R. Ullrich. 31
16. Gotthold, Fr. Aug., In Earip. Heradidtu. König$berg Fr.-K. S7 44 !•
17. — , Ästhetische Beorteilang d. PhönHurirmen d. Eori*
pides (v. 2 Priauoern). RönigMbg» Fr,-K, 34 „
18. — , Urspr. d. Brasm. Ansspr. d. Griech. (/ 11 ; 113/5) „ „ 36 34
19. Poppo, BrnsiFr., DeGraee. verbU mediis, pass'., deponeot.
recta diseerneodis, ac de deponent. osu. Frankfurt tu 0. ti7 ,,
20. — , Bmeodaoda et sappl. io Matthiaei gramm. Graec.
(Hauptsächlich iiher die Modi). Frankfurt a, 0. 32 „
21 . — , SyraensarDBi obsid. hello Pelop. factae p. I. ,, 36 63
22. — » De latinitate falso aut merito auspecta, sive adoot ad
Krebsii JnUbarb. [1]. {II 27/9; III öl) Frankfurt a. 0. 41 38
23. BellermaoD, Joh. Joach., De Graeca verbh. tineadi stroc-
tara. (/ 8/lOj Berlm fr, KL 33 35
24. Bellermann, ioh. Friedr., FragBientoB Graec. scriptioois
de musieoy e codd. ed. Berlin gr, KL 40 95
25. Pape, Wilh., De inveniend. Graec. ling. radic. „ „ 37 35
26. Lahrs, Karl, Qoaest. epic. spec. I. (1. luCi »c; 2. {, 17;
3. nQwtj TtQdi'i'y 4. Uyna^ d-ttUia, iltt^tia. Veter. prae-
cepta de aDastrophe, de encliUc.) KömgMberg Fr.-K. 25 ,,
27. — , De voc. (pUoloyos, ygafifucjtxos, XQirtxog. „ „ 3S 75
28. Spitz ner, Franz, De praep. avaeixard ap. Hom. ff^äienberg 31 36
29. — , De accentos inclinat. particolae mgl apud Homer.
concedenda e. corollario. (1 13) Wittenberg 32 „
30. Marckscheffel, Wh., De Emend. Aesch.^) SuppL Hirtchberg 41 41
31. Ellendt, Frdr., De trag. Graec, impr. Euripide, ex ips. aet.
et tempp. indicandis, aeqaaliomqae indiciis. Königtbg. Awt, G. 27 44
32. — , Bmeod. in Cic. de erat, 1. HI. (II 17; III 56 J Eisleben 39 51
33. Ellendt*), Joh. Ernst, Qoaestt. A r r i a n. König§berg Kph.-G. 31 43
34. — , De Arrian. libr. reiiqaiis {III 1/2) „ „ 36 '„
35. Mallach, F. W.A.,Qo. Demoer. [I.] (II44\III32) Berlin Fz.G. 35 „
36. Bergk, Th., De prooemio Empedoclis. Berlin Joach, G. 39 „
37. Wiese, Ludw., In optima Piatonis civitate qoalis sit
paeroram institvtio. Prenzlau 34 47
38. — , De vitaram script. Rom. {15; FI 4) Berlin Joach, G. 40 76
39. Steinhart, Karl, De dialect. Plotini ratiooe. I. Pforta 29 48
40. — , MeletemaU Plotiniana. {II 59; III 43) „ 40 „
41. Nene, Chr. Frdr., Sapphonis Mytil. fragmenta. „ 27 „
42. Ameis'), Karl Frdr., Adnot. i. theocritum. I. {II25i
III73iir42) Miihlhausen i. Th. 40 49
43. Kräger, Karl Wh., Leb. d. Thukydides. Berlin Joach, G. 32 „
44. Sehopen, Ldw., Spec. em. i. Donati eomm. Terent. Bonn [kg,] G, 26 58
45. — , Kritische Beiträge zo Fronto [I]. „ „ 30 53
46. — , Unedierte Schollen zum Terenz. „ „ i?2 58
47. — Beitr. z. byz. Gesch. o. Chronologie, aus den nach un-
gedr. Blatt, d. JNlcephorus Gregoras«)- Bonn [kg,] G. 35 67
48. — , Emend. Frontooianae IL (II55; 11154/5) „ „ 41 53
49. Dillenbnrger, Wilh., Qoaest. Horat. L (zu 14 St. d.
Oden; Epod, 2, 23). (// 12/3, 54) Münstereifel 38 „
50. — , Horatiana (Text d. Horaz. Scholiast.). j4achen [Karls-] G, 41 55
^) Abhandlungen zu griechischen und lateinischen Schrift-
stellern sind tunlichst in deren alphabetischer Folge angeführt.
3) Bei Winiewski rälscblich mit Friedrich E. identifiziert.
3) Ober ihn vgl. auch 0. S. 187 u. Ö.
^) In dieser Abteilung aufgeführt, um die zahlreichen Programme
dieses Gelehrten zu vereinigen.
38 ProgrammwoBen and Prograniinbibliotliek d. höh. Sehvleo,
B.
I. 51. BcksteiB, Frdr. Aaf., Proleg;, i. Tae. diaiog. (1114.63
-^eöilin— 9,18 ',FI24l5,60',Fn 11; yUI 3.29) HaUßLat.35 58
52. Rritz, Prdr., Prpl. ad nov. Velleii ad. I. (11167) Brßai 40 59
53. Scheibe, Kl. Prdr., Obs. i. erat Att. {1F43I4) HmUb LoL 36 m
54. Zampt, Aag. Wilh., De C. JoUi Caeaaris coloaiia.
(HI 59160; FUllOö', 1X15) BwUn Fr.-Wd. G. 41 65
55. Krämer, GmU, Der Foeioer See. (II 47; III 6; FI 92;
FIII50) Berlin FH. G. 39 U
56. Marqaar dt, Joaeh., Hiator. eqaituBi Ronaoornm
Ubri IV. (II 19; 11176/7; FI 48) Dmmg [Mät.] G. 40 „
57. Eehtermeyer>), Brast Th., Prob. a. 6. Abhdlg. üb. Nan.
o. synbol. Bdtg. d. Fioger b. d. Grleeh. d. Ron. HaüePäiL 35 67
58/60. Meineke, Aag., Qoaeat seeoicamm spee. I. II. lü.
(alte o. nitU. Koaiödie). (II 42/3) BerUnJeh. G. 26. 27. 30 75
61. B o B o e 1 1, Karl Ed., De notata aab prim. Gaeaar. eloqo. Ron.
coadic, imar. de rhet. achol. (16. 7; 117; FI 3) Berlin gr. Kl, 36 76
62. Seyffert, Nor., Obs.- n. firkl.-Prob. (Oba. Schillersch. Ged.
i. Lat, lat. Prosa i. Deutsche; Brkl. v. Verg. Aen.\V 56 —
89 a. d. ProSn. z. Cie. Brut.; MUc. crit.) (II 50. 71) Halle Päd. 37 99
2. Deatsch uad Verwandtes.
63. Giesebreeht, Ldw., Halfred VaodradaskaldCZ. altaord.
Sage a. Literatur). SteHin M.'St.'G. 30 73
64. — , Relig. d. wead. Völker a. d. OsUee. (F15) „ „ 38 „
65. Kobersteia, Aag., Sprache des osterr. Dichters Peter
Sacheowirt, I. (Laatlehre). (1167/8; III81) PfoHe 28 77
66. Hiecke*), Rob. Hör., Gaog d. Handig. i. Goethes Iphig. I. Zeäx 34 „
67. — , Dgl. II. (II 24; 11115.34—36) „ 37 „
68. ~, Ideengehalt i. Uhlands D. Sängers Fluch. Mereeburg 39 „
3. Bibliographie«).
69. Reiche, S.G.,Ven.d.Progr.usw.(o.S.109f.,Nr.2a.b).JErferMe{.-(;. 40/1 80
IL Hahn [I.] (Prenfsen), 1848-1860.
(Bibliogr. AH. 3, Nr. 7; e. S. 111.)
1.
1. Allgeneines. Schalgesehiehte. Sehulreden.
IL 1. Gottschick, Alb. Prdr., Stellnng d. Schale zur Kirche, z.
Staat, zur Familie. Andam 49 1
2. Spilleke, Aug. Gottl., Erfolg d. Unt. a. Realsehul. Berl.kg.B. 50 „
M Vgl. o. S. 143 Ann.
*) Vgl. o. S. 198 Ann. 1.
*) Am Schluß dieser Abteiluog sei erwähnt, dafi in der ältesten Periode
des Programnwesens voa Vertretern der exakten Wissenschaften
gerade nehrere ersten Ranges an Progrannabhandlungen beteiligt ge-
wesen sind, deren Nanen neist auch Niehtfachnäanern geläufig sind,* ich
nenne z. B. :
Dove, Heinr. Wilh., Berlin Fr.-IFd. G. 33 88
— , Ber^ Fr. fFiOL-G. 38 89
Grün er t, Job. Aug., Torgäu 26 u. Brandenburg 29 82
Kunner, Ernst Ed., Uegnü% 34 u. 40 84
Schellbach, Karl, Berlin Fr.-fFd. G. 36 Si
(vgl. S. 41 A. 1, S. 44 A. i, S. 49 u., 50 A. 1, 52 A. 1, 56 u., 62 A. 1, 6ö
und 66 A. 1).
n
n
99
von R. Ullrich. 3$
8.
3. Gotthold, Frdr. Aug., Schülorseosoreo. Ki>nig§berg Pr.-K. 43 1 II,
4. — g Uoterrieht i Gospr&chsf. „ „ 44 2
5. — , IdMl des GTmoasiQiiis. (/ 11, 16/8) „ „ 48
6. Weierstrnfi, Karl, Die sokr. Lelirmeth. a. der. Anwend-
bark. b. Unterr. (a. o. S. 225 Aom. 2 a. S. 41 Aom. 1). Dt. Krone 43
7. Bonn eil, Karl Ed., Padagog. Aniicbteo aod Erfahrongeo.
{16/7,61', nS) Berlin Fr,'Wd, G, 47
8/9. Niemeyer, Herrn. Agth.,Ratiehiu8i.Köthea. HallePäd. 42,43 7
10. --, Rat iebi na in Magdeburg, (/i— «?)| ,» „ 46 „
11. Ranke, Karl Ferd., Job. Jnl. Heck er, d. Grönder d. kgl.
Realachole. {1139; n31; FIII 109) Berlin kg, R. 47 8
12/3. Dillenbarger, Wilb., Geacb. d. Gymn. z. Emmerieb
LH. {1 49/50 f il 54) Emmerieh 46, 48 „
14. fiekatein, Frd. Aug., Beitr. z. Geacb. d. H a 1 1. Schul. I. (7 51;
II 63/5 ; III 7/9, 18 ; VI 24/5, 60 ; VII 11; VIIl 3. 29) Halle Lt. 50 9
15. Rircboer, Karl, D. Landeaaeh. a. Anfang d. 19. Jb. Pforta 43 10
16. — , Beriebt iib. d. Sttknlarf. v. 20.— 23. Mai 1843. {1153} „ 44 „
17. £ 1 1 e 0 d t , Frdr., Rede t. 300 j. Stiftongaf. (131/2; III 56) Eisleben 46 1 1
18. Hanow, Rod., Drei Reden (zo Königs Gebnrtatag 1840,
1842 n. 1844). (II 56; III 10) ZülUehmt 45 13
19. Marqnardt^), Joaeh., Die M&nzaaainiluog d. Dan-
ziger Gyanasiuma. {156-, III 76/7; VI 48) Danzig [mL] G, 46 35
2. Reli gl onannterriebt.
20i Kl ix, Goat Ad., ErklSrg. d. ScfaSpfaogageacb. f. d. Stand-
punkt d. Schule. (III 4/5, 52. 86; VI 82) Kottlnu 50 3
2. Sprachunterricht
Hanow, Rad., a. u. Nr. 56.
21. Schmidt, Herrn., Klaaa. Spracbunt. i. a. Verb. z. Ggw. fVittenbg, 44 3
22. — , Die Anachaunng als Grundlage alles Unterrichts mit
bea. Anwendg. auf d. Latein. {II 30/2; III 41/2) fVittenberg 50 4
23. Haaeke, Aug., Sprachen. Spracbunt* a. Gymn. (i//i 7) iVon/Aotfien 48 3
B,
1. Altertumswissenschaft.
24. Hiecke, Rb., De part. orat.1. (166/8-, 11115,34/6) MerMebg. 45 14
25. Am ei 8, Karl, De articuli usu ap. poet. Graec. bucol.
{142; III 73; IV 42) Mählhausen i, Th. 46 15
26. Keil, Heinr., Anal, grammatica (I. Anecd. Ambros. II.
De Italicia grammaticorum Lat. codd.). Halle Päd. 48 16
27. P 0 p p o , Ernst Frdr., De latioitate falso aut merito ans-
pecU n. (1 19/22; III 51) FrankfuH a, 0. 48 „
28/29. — , Betantii Lex. Tbocyd. soppl. In. II. „ 45.47 24
30. S eh m i d t , Herm., De verb. demovere et dimovere discr. fVittenbg, 44 17
31. — , Duorum Phaedonis Platonici locc. dispot. „ 46 23
32. — , Einb. d. Handig. im Honig Ödipus d. Sophocies u.
krit. Anm. zu V. 1271—1274. (II 21/2; III 41/2) fVittenberg 47 24
33. Sommm erbrodt, Jul., Disp. seenieae (I. De thymele;
n. De tripl. pantomim. genere). Liegnit* R,-j4, 43 37
34. — , De Aescbyli re scnenica 1. (III 21/2. 40) „ „ 48 20
35. Rayser, Wilb. Karl, Quaestt. tragg. I: Fragm. Aga-
thoniscoU. (III 37 18; IV 26 ; VI 7 ; 1X30; XIII 136) Sagan 45 „
*) VgL dazu die Bemerkungen oben S. 158.
40 ProgrammweseD und Programmbibliothek d. höh. SchnleB,
S.
II« 36. Merkel, Karl Rad., Metr.-krit. Abhaodluaff über Apoll.
Rh od. MagdOnarg U. L. Fr, 44 20
37. — , Ein Kapitel Prologomena xa Apoll. Rh od. {III 61 \
IV 25 ; VIII 70-, IX 24) SMmuingen 50 „
38. Eoger, Roh., RoUenverteilg. i. d. Lysistraia d. Ari8to-
p ha n es. (/// 23/7 ; IV 24 ; VIII 69) Ostrowo 48
39. R^nkt,K.F.J).Nub.KrU%,{IIll;VI31;VIII109)Berl.Fr.fVh,'G. 44
40. Bonitz>), Herrn., Obs. crit. i. Ar ist. MtAaph, Berlin gr, KL 42
41. —, In Arist.q.f.Jtf<^n.illor. et£eA.^t«f. {IV 73) Stettin M.St.-G, 44
42/43. Meine ke, Aag., Philol. exercit. in At he na ei Detpno-
soph, I. II. (1 58160) Berlin Joach, G. 43, 46 21
44. M u 1 1 a e h , F. W. A., Qn. Demoer. ü. (/ 35 ; /// 32) Berlin Frz, G, 42 „
44a. Gry aar. Kl. Jos., D. Akadem. Philo u. Antiochos. Rölnkth, G. 49 37
45. Rassow, Herm., Beurteilg. d. Hom. Epos b. Piato a.
Aristot. {III 31; IV 27/8,76; VI 5, 41. 42) Stettin M.-St-G, 50 21
46. Koek^), Th., D. Parodos d. gr. Trag. i. allg. n. die d. Ödip,
in Hol, im besond. {11145/50; VI 69) Posen Fr. ßVlL-G. 50 24
47. Kramer, Gast., Fragmeata 1. Vm Geographie, Strabonis
prim. cd. (155; 1116; VI92; VIII50) BerUn Frz, G. 43
48. Breitenbach, Ldw., Qoaest. d. Xen. yigesiL [I.] Schleuting. 42
49. — , II. rn09; III 57 J fVittenberg 43
79
99
99
n
50. Sey f fe rt, Mor., Bpist. crit ad C. Halmiam de Cic. pro Svüa
et pro Sestio orat. ab ipso ed. {162; II 71) Berlin Jch, G, 48 25
51. Tischer, Gost., Prob. e. neuen Aasg. v. C i c. d, genect, Brandenbg, 46 26
52. M ätze 1 1, Jol., De translation. q. v. ap. Cart. nsa. BerL Jch, G. 42 ,,
53. Kirchner, Karl, Novae qoaestiones Horatianae (Be-
schreibung V. Codices). {II 15/6) Pforta 47 „
54. Dillenbnrger, Wilh., Horatiana II. (Stellung von fue,
ne, ve). (/ 49/50; U 1213) Bmmerieh 45 27
55. Schopen, Ldw., Uned. Schollen zu Juvenals 3, Satire,
{144/8; in 54/5) Bonn [kg,'\ G. 47
56. Hanow, Rud., De Coro. Nepote a loco, quem in scholis
obtinet, removendo. {II 18; III 10) ZülUehau 50
57. Brix, Jal.,£mend. Plautin. {III 62/4; IV 93; VII 22) Brieg 47 28
58. Goßrau, Gottfr. Wilh., Probe einer neuen Ausgabe der
Jineide Vergils. {IV 15) Quedliniwrg 43 29
59. Steinhart, Karl, Symbb. critt. (Plato, Aristoteles,
Sophocles). {1 39/40 ; III 43) Pforta 43 „
60. K uh n , Adalb., Z. ältest. Gesch. d. idg. Volk. (/// 79) Bert, hlln, Rg. 45 30
61. Rehdantz, Karl, Spec. libri „Vitae Iphicratis Chabriae
Timothei Atheniensium". Berlin Jch, G, 44 31
62. Franke, Karl, De praefectura urbis cap. dno. „ „ 50 33
2. Geschichte des Mittelalters.
63/65. Eckstein, Frd. Aug., Chronic, mont sereni ex cod.
Frcheriano I— IH. {151; II 14; 1117/9,18; VI 24/5, 60;
Villi; VIII 3. 29) Halle Lot, 44, 45. 46 33
3. Mythologie.
66. Scbwartz, Wilh., D. heut. Volksglaube u. d. alte Heiden-
tum m. Bez. a. Norddeutsch!., bes. d. Marken, ßerl, Fr,'IVd, G, 50 36
1) Vgl. 0. S. 188 u. S. 238.
') Vgl. die Bemerkungen o. S. 226 mit Anm. 4.
voo R. Ullrich. 41
S.
4. Daatsch.
67. Koberstein, Ang., Qoaest. Sachen wirtiaoae II. Pforia 42 38 II*
68. ^, Beton, mehrsilb. Wort. b. Suebenw. {I6ö; III 81) „ 43 „
69. Breitenbaeh, Ldw., Entwich] nngagang d. Goctheschen
Poesie b. z. Ilal. Reise. (II 4819; III 57) tFitUmberg 49 38
5. Gelehrtengeschiehte.
70. Kern, Herrn., De Leibnit. seient. generali. {IFß; yilll) UaiU Pd. 47 39
6. Gedichte^).
71. Seyffert, Mor., Carmina quaedam Räche rti Latine
reddiU. ^"162; IIöOJ Brandenburg 42 50
III. Halm [1/.] (Preufseu). 1861—1860.
{BibL Abt.3y Mr. 8; o. S. 111.)
k.
1. Allgemeine!. Schnlgeschiehte. Scholreden.
1/2. Eilend t, Joh. Ernst, Lehrplan d. Altstädter Gym-
nasiums I. II. {133 14) Königsberg Jit. G. 53154 2 III*
3. Hülsmann, J., Einrichtg. v. Sebulerbibliothehen. /Hfu^ir^" 55 „
4. K 1 i X , G. Ad., Antrittsrede. {1120; III 52, 86 ;n 82) Glogau ei\ G, 55 11
5. — , RSchbliehe a. d. Geschichte d. Gymnasinms. „ 58 8
6. Kramer, Gast., A. H. Pranche, J. J. Roosseaa,
H. Pestalozzi. (155; II 47; FI 92; mi 50) Halle Päd. 54 9
7. Ech stein, F. A., Beitr. z. Gesch. d. Hall. Schal. II. Halle Lat. 51 „
8. ~, Sehalrede za Schillers lOOjähr. GebartaUg. „ „ 60 13
9. — , — b. d. Gedächtnisf. d. Tod. Melanchthoos. {151;
II 14. 63/5; llt 18 ; FI 2415, 60; FII 11 ; FIII 3, 29) Halle hat, „ „
10. Hanow, Rad., Bericht üb. d. außer. Verb. d. Steinbart-
sc h e n Erziehangs- a. UnterrichtsansUlt. fll 18, 56) Züüichau 52 10
2. Sprachanterricht.
11. Sehrader, Wilh., Aaleitang z. Privatstudiam f. d.
beiden oberen Klassen d. hies. Gymnas. (FI 30) Sarau 55 3
12. Arnoldts), Jol., Fr. Aug. Wolf. I. Z. Leht.- a. Stondenpl.
gelebrt Seh. II. V. d. (Jnterrichtsfolge n. d. gramm. u.
lexikolog. Unterr. i. d. beid. gelehrt. Sprach. Gumbinnen 56 „
13. Köhler, Otto, Ob. d. lateio. Unterricht a. Gymnasien.
{XIII 23. 52 ; XF 57) Krotoschin 56 4
14. Deinhardt, Joh. Heior., Zur Dispositionslehre.
{III84.87; Fl; FI 54. 85; FII29) Bromberg 58 5
1) Unter Bezagnahme auf S. 38 Anm. 3 nenne ich von allgemein be-
kannten Vertretern der exakten Wissenschaften hier:
Weierstraß, Karl, Dt. Krone 43 40
— , Braunsberg 49 41
(vgl. Nr. 116 und o. S. 225 Anm. 2)
Schonemann, Tb., Brandenburg 44 40 (vgl. S. 44 Anm. 1)
Gallenkarop, Wilh., Duisburg 49 42 {XIII72 und S. 49 o.).
Schellbach, Karl, BerUn Fr. JFüh.-G. 45 44
—, Berlin Kgl. R. 49 44 (vgl. S. 38 Anm. 3, S. 44 Anm. 1, 50 Anm. 1).
2) Vgl. desselben Verfassers Werk Friedr. Aug. fF<^f in seinem Fer-
häUnis zum Schulwesen und zur Pädagogik, Braun schweig 1861 a. 1862,
Sehwetschke u. S., 2 Bde. VllI, 280 S. a. VHI, 415 S.; 9,70 JC.
42 Programmweseu und Programmbibliothek d. höh. SehaleBi
8.
B.
1. Altertumswisseosehaft
III« 15. Hieeke, Rob. Hör., Vorbom. %. t. ParalleUyoUx d. Kasas
i. DeuUch., Griech. a. Ut {166/8; 1124; III 34/6) GrüifkuHtU 54 14
16. Kern, Georg, De aoaatropha. fXFlOSJ Stettin M.'SL-G. 60 15
17. Haaeke, Aog., Qnaest. Hom. (I. aga. II. De eooinoetivo
et fataro. Add. qoaed. de oon. xm^inv^) (II 23) Nwrdfunu. 67 16
18*. Bcksteio, F. A., Aaecd. Paris, rhetor. (löl; II 14,
18
18
6315; Itn-9; ri24J5,60; HI 11; FIII3.29J Haue Ut. 32
19. Corssen, Wilh., De Volseoram lingua. Ppurta 68
20. Todt, G. A. Boh., De A es eh. voeabb. iov. {flI75) HalUtPätL So 21
21. Sommerbrodt, Jal., De Aesch. re scaeniea II. lidgnUz R.'j4, 51 „
22. — , dgl. III. ril :i3l4 ; /// 40) Andam 58 „
23. Enger, Rob., Bemerk, z, Aiax d. Sophocles. \ Ostrowo 51 27
24. — , D. Parabase d. IFollun d. Arietophan es. 1(1138; „ 53 22
25. — , In loe. quosd. Agamemn, Aeschyi. \lF24\ „ 54 21
26. ~, Aeschylea fChaephormJ. \FUI69) „ 57 „
27. — , De Aesebyl. Septem ade, Thebtu Parodo. ) ^^ 58 „
28. ÜRener, Herrn., Alexandri Aphrodis. q. f. präblemat.
Über III et IV ex libr. mser. rec. BerUn Jch, G, 59 „
29. Seagebusch, Maxim., Aristo nie ea. Berlin gr. AX 55 22
30. Velsea,Fdr.Ad. v.,Obs.cr. i.Ariitoph.(f^///7^) Saarbrücken 60 „
31. Rassow, Herrn., Observ. erit. in Aristo telem. (II45;
ly 2718. 76 \ FI 5. 41/2) Berlin Jch. G, 68 „
32. Moliaeh, F.W.A.,Qaaest.Bmped.II.(/d«5;//4^) BertinFn.G, 53 23
33. Stein, Reiar., Vindic Herodotearam spec. Danxig[st.] G. 58 „
34. Hieeke, Rob. Hnr., D. gegw. Std. d. Homer. Frage. GreifewM 56 24
35. — , D. Einheit des 1. Ges. der IHas, „ 57 „
36. — , Lachmanas 10.Liedd.//ui«. {166/8; II24; III15) „ 59 „
37/38. Kays er, Wilh. Karl, De verss. aliq. Homeri Odyte.
I. II. {II 35; IF26; FI 7 ; 1X30; XIII 136) Sagan 54.57 25
39. C a n e r , P. Ed., D. Caes. d. Jal. Apost (FI 78; IX 1) BresL MgiL-G. 56 „
40. Sommer brodt, Jul., Luciani Momnium sive vit. Lue.
ex codd. Marc, recogn. {1133/4; 11121/2) Anelmn 59 „
41. Schmidt, Herrn., Plat Phaed. f. Schalzw. erkl. fFütenberg 54 26
42. — , DifBcil. aliq. loci Gorg. Plat. (// 21/2. 30/2) „ 60 „
43. Steinhart, Karl^ProKadPlstPAiM. [139/40; II 59) PfoHa 53 „
44. Deaschle, Jul., Der Platonische Politicue. Ein
Beitr. z. s. Erklärg. (/f 54/5) Magdeburg iL L. Fr. 57 „
45/47. Kock^), Th., D. Aristo tel. Begriff d. Katharsis!.
d. Tragöd. a. d. Anwdg. a. d. König Ödipus. 1— III. Elbing 51. 52. 53 27
48. — , De Philonide et Callistrato (Aristoph.) Guben 55 22
49. »y Soph. StQd. H. B. Komm. z. König Ödipus. „ 57 27
50. — , Epistad J. Fr. Msrtinum, qua cootin. mem. A. S. Schoen-
boroi. Ace. fragm. tragoed. Graee. {II 46; FI 69) Stolp 58 34
51. Poppo, Ernst Friedr., Betantii Lexici Thucydidei
snppl. m. {119/22; II 27/9) Frankfurt a. 0. 54 28
52. Klix, Gast. Ad., Thncydides n. d. Volksrelig. {II20;
111415.86; y 182) Zältichau 54 „
53. Möller, Karl Fr. Wlh., Coniectur. ToUia nae. {FI 70;
Flu 65 \ XFlIIWa) Königsberg Fr.-K. 60 29
54. Schopen, Ldw., D. Paris. Hss. d. Engraphios. Benn[kg.]G. 52 30
1) Vgl. d. Bemerkungen oben S. 226 mit Anm. 4.
voQ R. (Jlirich. 43
».
55. Seliopen,Ldw.,Diortliot.inTAC.i/»a/.(/44/«;//^)J9onii[Asr.]^* ^^ 98 III*
56. £ 1 1 e B d t, Frdr., Erkl. d. Hör. a. d. Praxis. (I31I2; II 17) EUMen 53 30
57. Breitenbach, Ldw., De loeii quibnad. Horatii earm..
libri I. {114819.6$) Wittenberg 57 31
58. Pater, Karl, Verb. d. Livins n. Dionys v. Hai. zaeio-
aoder n. zu d. älter. Aooalisten. (IF 92\ V 9) Andam 63 „
59. Zumpt, Aog. Wilb., De fastoram manicip. Campan.
fragneote defeosio. Berlin Fr, Wütu-G, 53 38
60. — , De Livian. libr. inscriptione et cod. antiqaiss. Vero-
nensi. (754; FIII 105; 1X15) Berim Fr. WUh.-G. 59 32
61. Merkel, Rad., Obersetzg. a. Ovidii Fastis 1. I. [113617;
IF25; mi70; 1X24) SctJeusingen 56 „
62. Briz, Jol., De Terent. 11. mss. a R. Bentleio adhib. Brieg 52 „
63. — , Emeadatiooea Plantina e. Hir$chberg 54 „
64. — , DeTerentii fabulis post R. Beotleinm emendandis.
(//57; 1F93; ril 22) UegnOs 57 „
65. Tbilo, Gg., Servil comm. Verg. Aen. 1. I 189—200. Naumbg. 56 33
66. — , QnaesL Sil i an. crit. {mO.68; FIIl 34) Halte Päd. 58 32
67. Rritz, Frdr., De glosa. falioTae. Agrie. impnt {152) Erfurt 57 33
68. Heraeos, Karl, Zur Kritik und firkläroDg d. Tacitas.
(f7// 28 ; XI 35 ; XIII 44. 125) Hamm 59 „
69/70. W einkaoff , Franz, DeTac. dial aact. MI. Köln Fr.fFh.'G. 57.59 „
71. Kampf, Karl Frdr., De incerti anctoris fragm. q. ioscr. de
proBominibna (Valerins Maximus). {FI 67) Berlin gr, KL 54 44
72. Ribbeck, Otto, Leetiones Vergilianae {X1I36) Elberfeld 55 33
73. Am ei 8, Kl., Speeil. explic Verg. {142; II 25; IF 42) Mühlhaus. 51 „
74. Nanck, Aug., De trag. Graec. fragm. obs. crit. Berlin Ich, G. 55 34
75. Todt, G. A. Bob., Dionys. v. Syrak. {IIIW) Treptow a. R. 58 36
76. Marqnardt, Joaeh«, Z. Statist d. rSm. Provinzen. !Naohtr.
zn Becinr-Marquardt, Hdb. d. röm. AU. III. Dan»ig [H.] G. 54 38
77. — , üb. e. asiat Mnnze. {156; II 19; FI 48) Posen Fr. fFh.-G. 57 42
78. Hofmaan, Frdr., De prov. sompt pop. Rom. (XIFll)
BerHn gr. Kl. 51 38
2. Mythologie.
79. Kuhn, Adalb., Die Mytbea v. d. Herabholong des Feners
bei den Indogermanen. {1160} Berlin Kölln. Bg. 58 42
3. Deotsch.
80. Kirchhoff, Ad., Das gotische Raoenalphabet. Berlin Jeh, G. 51 19
81. Roberstein, Aag., Die Sprache des Österr. Dichters
P.Sacheawirt, lU. Konjugation. {165; 1167/8) Pfarta 52 44
4. Biographisches.
81a. Prowe, Lpd., Z. Biographie v. Nik. Kopernikns. Thom 53 47
b. — , De Nie. Copernici patria. „ 60 „
5. Bibliographie.
82. Hahn, Gast, Verz. der preofi. Programme 1842—1850.
(vgl 0. S. 111 Nr. 7 and o. FI 84) Sahwedel 54 47
6. Philosophie.
83. Wehrenpfenoig, Wilh., D. Verschiedenb. d. eth. Prin-
zip, b. d. Hellenen n. ihre Brklamngsgrnnde. BerUn Jch. G. 56 56
7. Theologie.
84. Deinhardt,Joh.Heinr., Begriff der Religion. {11/14.87;
Fl; FI 54. 85; FII29) Bromberg 59 57
44 Pro^rammweseo and Prof rammbibliothek d. höh. Schoiea,
8.
IIL 85. Lagarde, Paal de, D« Novo Teatamea to ad versioBnm
orieotaliom fidem edendo. Berlm KSUn. Hg, öl 58
86. Kl ix, Gast. Ad., Melanchthon, d. praecept. GernaDiae.
{1120; HI 4. ö. 52; ri82) Glogau «v. G, 60 59
8. Kaott>).
87. Deinhardt, Joh. Hnr., V. d. Idealen m. bes. Rucks, a.'bild.
Kunst o. Poesie. {III 14. 84; Fl; n54. 83; ril2$) Brombarg 53 60
IT. VeUer I. (Prenfsen ud andere Staaten). ISöl-lSSS, L>)
{Bibl Abt, 3, Nr. 9; o. S. 112.)
k.
1. AligeBeiaes.^)
IT, 1. Stallbaum, Joh. Gottfr., De animis adoleseentiun ad
veritatis amorem conformandis. Leipzig Thom. 54 7
2. — , De vetere aymnas. disciplio. et institutione praesent
aetatis rationibns eante attemperaDda. Leipzig Thom. 56 9
3. — , De cautionibos quibusdam e pristina gymoasiorum forma
repetendis (/f^d.4^— ^) Leiptig Thom. 61 „
4. Ro tb, K. Ldw., UmstÜDde, welche d. Gedeih. d. Unterr. b. Knab.
a. d. höh. Stand, z. erschwer, scheinen. {X 59/64) Stuttg. [Eb.-L.] G. 52 8
5. Ploetz, Kar), Qoel pent ^tre le but d'on eollege fran^ais
en AUenagne? Berlin Frz. G. 54 9
6. Kern, Herrn., Konzentration des Unterrichts u. die Real-
sehulen. {II70; FIII 1) Mülheim {Ruhr) R. 63 10
2. Sprachunterricht
7. Georges, Karl Ernst, Zur Lehre vom Übersetzen ans
dem Lateinischen ins Deutsche. Gotha R. 52 12
3. Geschiehtsonterricht.
8. Aß mann, Wilh., lOber Geschichtsunterricht nebst einem
Auszöge aus Joraandes. Braunsehweig M»'K. 55 14
B.
1. Theologie.
9. Stallbaum, Joh. Gottfr., De religio oe potentissima
reipubl. adiutrice. {W 1-^. 46—53) Leipzig Thom. 52 17
-1 (vgl. S. 49) l
1)
60 „.
JochmaDOyE., „
)f
59 53
Dub, Jul., „
gr.Kl.
53 54
1) Von bekannteren Vertretern der exakten Wissenschaften ans
dem Zeitraum von 1851—1860 seien erwähnt (vgl. o. %, 38 Ann. 3 n.
S. 41 Anm. 1):
Hermes, Os., Berl, Köün. Rg, 54 bO K a m b 1 y, L., Breslau Etu.-G. 59 51
56 51 Schoenemanu, Th., Brandb. 54 52
(vgl. S. 41 Anm. 1)
Schellbach, Karl, Berlin
Fr.'fFah.-G. 51 52
(vgl. S. 38 A. 3, S. 41 A. 1, 50 \. 1).
3) Von preußischen Abhandlongen sind hier in der Hauptsache nnr
die aus den Jahren 1861—1863 aufgenommen, da die von 1851—1860 schoa
in dem 2. Teile von Hahn (S. 41 ff.) enthalten sind; doch sind aus ietztereia
Zeitraum einige nachzutragen, die bei Hahn nicht stehen, besonders ?ob
Realschulen. Die Yett ersehe Bibliographie, so onvolUommea sie
sonst ist, bietet zum ersten Male auch außerpreußische PrograisBe
der älteren Zeit und bat deshalb einen gewissen Wert.
>) Schulgeschiehte fehlt bei Fetter.
von R. Ullrich. U
S.
10. M ezger, K. L.Fr., Lib. Ruth i. Ut. vers. {XIII 43) Schmäh, ih, S, 56 18 lY.
11. Holsten, Karl Joh., Bedeotoog von aaQ^ b. Paolos. Rostock öö ,»
12. — , Inhalt o. Gedankengang des Brinfs an die Galater. „ 69 19
13. Classen, Joh., Beziehangen Melanchthons za Prank-
furt a. M. (1^37—40', VI 6416) FrankfuHa,M. 60 22
2. Altertamswissenschaft.
14. Rost, Val. Chr. Frdr., Ober die Partikel ovv. Gotha ö9 26
15. Goßran, Gottfr. Wilh., V. d. lat WortsteUg. (II Ö8) Quedimbg. 61 28
16a. Drager, Ant. Aug., Sprachgebr. d. röm. Historiker. GüMtrow 60 „
b. — ,Z.Lexikogr. d. 1 a t e i o. Sprache. {FI 66; ^11123;
XIII 107; XIF6SI6) Güstrow 61 „
17. Allgay er, F. X., Bemerk. zviKttht^* Anttbarbams, Ehingen öö „
18. Sehaper, Karl, De tertio hexametri Lat. ordine cap. I.
(FI 30; rill 100; 1X40; XIII 28 a) Insterburg 62 31
19. Hamerlingi), Rb., Grundideen d.griech. Trag, (f^,?) (;r<u[/.] G. Ö4 32
20. Ribbeck, Wold., De usuparod.ap. com icos Athen. I (epie.
parod. coDtio.). (FI4ß; XIII 170a; XIFllOßO) Berl. KOn. Rg. 61 „
21. Hereher, Rud., De Aeliani varia historia, RudoUtadt 57 „
22. — , Astrampsychi OraettU, Decad. CHI prim. ed. Berlin Jch. G. 63 35
23. Wunder, Ed., De Aeschyli Jgamemnone (FI 47) Grimma 57 33
24. Enger, Rob., EmendationesAe seh ylea e(^^am. 1006 — 30
u. 1580—1619), (1138; 11123—27; FIII69) Ostrowo 61 „
25. Merkel, Rud., Zur Äschyl.-Krit. u. -£rkl. (Chore d.
Choeph). {II 36/7; III 61; FI f 170; 1X24) Sehleusmgm 63 „
36. Rays er, Wilh. Karl, De Aristarchi aetate miaoribus
codd. {II35; 11137/8; FI7; 1X30; XIII 1^6) Sagan 62 34
27. Rassow, Herrn., Emendationes Aristoteles e. fFeimar 61 „
28. — , Zur Erklärung der Nikomach. Ethik. {1145; III 31;
IF 76 ; FI 5. 41/2) fFeimar 63 „
29. Laas, Ernst, Aristotelische Textes-Stadien. Berliti Frdr.-G. 63 „
30. Ahrens, Lud. Hnr., De hiat/ F16; \
Hom. legit. qnibosd. geoeribus./ FI 8. 35/6; \Hannov, [Lyi. I] 51 38
31. — , Bionis Smyrnaei EpitaphA FIII 52/3. 122 ;\
Mon, \ IX 1313 a \ „ „ 54 35
32/3. Sintenis, Karl, Emend. Dionvs. 1. IL {FI 45) Zerbst 56. 62 „
34. Abicht,Rar], CuraeHerodot. {FIII 80 ; XIF46) Lüneburg 62 36
35. La Roche, Jak., Grundidee des Phibktet. Graz [1. Deutsch.] G. 56 42
36. — , Didymns üb. d. Arist. Rez. d. Hom. {FX$; FIII 86;
2UII173l6a.b; XIF122; XFWOjl) Triest Dtsch. G. 59 37
37/40. Classen, J., Betr.üb.d.Hom.Spracbgebr. I— IV. fyanA[/'.a.ilf. 54/7 „
41. — , Symb. er. [I). (Her. u. Thuk.) {IF13; FI64I5) „ 59 52
42. Ameis, Kl., Homer. Kleinigk.(Patrooym.,Doppelkoo8tr.,7rae-
naXoeiSy uiv n. ?, iTrciia, Tmesis) m. e. uohom. Vorw. (o.
S. 120, Nr. 54, S. 187; 142; 1125; III 73) Mühlhausen t. Th. 61 38
43. Scheibe, Karl, Emend. Lysiacarum fascieolos. Neustrelitz 52 39
>) Der bekannte Dichter. — Osterreichische Verfasser des Zeit-
raums von 1851 — 1863 schien es zweckmäßiger hier zu nennen als im An-
schlofi an die Bibliographien von Gutscher und Hübt (s. not.), da die
letzteren in höheren Schulen Deutschlands so gut wie gar nicht bekannt sind,
wogegen die Vettersche durch den Programmentausch wenigstens in Nord-
dentacblaod in eine ganze Reihe von Schoibibliotheken gekommen sein muß.
Österreichische Schulmänner finden die betr. Abhandlungen dagegen leichter
in den beiden genannten Verzeichnissen ihres Landes.
4ß Progrtmmweseo and Progrtnmbibliothek d. hoL Sohvlei,
8.
lY. 44. Seheibe, Ktrl, De 1 1 a e i orttioDiboi. {153) Dresden rätth. G. 69 )9
45. Stoppe, Herrn., Philodemi de vüüm üb. X. Weimar S3 „
46. Stallbtnm, Job. GoUfr., Lyiitcatd illoatr. Pkaedr.
Pitt, orifiues. Leip*, Thom. St 40
47. — , Arti« rhet. io Phaedr, Plat. ezprompUe indiciom „ „ 62 „
48. — , De artii dialect in Phaedro Piat. dactrina. „ „ 53 ^
49. — , De fjptJtom. vnlgoPlat. adacriptaefideetaoet. ,, „ 55 „
50. — -, Recogo. indicior. de H o r. «. 1 10 exord. (IF 1/3. 9) „ „ 57 47
51. — , De Ade doctria. de diis i. X Lßg^gr- Plat. explicat „ „ 58 39
52. — , De ttf« qad. voc. io Leg^, Plat. iainria soapeet. „ „ 59 „
53. — , De temp. qoib. dial. Io Gitrg^. Piat. bab. fingatar „ %» ^ »
54. Deoicbie, Jol., Die Platoo. Spraehpbiios. Marburgs t. H, 52 41
55. — , PlatoB. Mytbeoy inibesood. im Pkädnu. {III 44) Hanau 54 40
56/57. Doeboer,Th.,QaaeatPUtar€b.II.IIl. (/:i^4^) Meif*en5S.ea 41
58. Hultieb, Frdr., Qnaest. Polyb. [I.] (^17; mf2e) Zuntkau59
59. Volkoiaoo,Rich., Leet Sibylliaae (Fini02; 1X2516;
XJII 196/7; Xiri45) Pyräz 61
60. Lnbker, Frdr., Zergliedernag o. vergleichende Würdigang
der EMbra des Sophokles. Parehim 51 42
61. — , Prolegomena zn Sophokles' j4ias. „ 53 41
62. — , Die Sophokleiscbe Ethik. „ 55 43
63. — , Soph. Oed, a. Shakeap. Lear. {FIS; Fl 75) „ 61 42
64. Sehe Dkl, Ki., Anm. z. Soph. Track. Prag, Dteek. G. (KUuu.) 53 „
65. LipsiuSy Jost. Herrn., De Soph.eoiend. praeaid. {Fl 59150) Meifsen 60 43
66. Herbst, Wilb., Der Abfall Mitylenes. Ein Beitr. z. Verständ-
nUdesTbukydidea. (/f'77;f^/:2«;r///6f7) KdlnFr.fFh.-G. 61 „
I»
n
67. Fleekeisen, Alfr., Catonis poesis reliqniae. Franl{f. a.M. 54
68. — , Krit d. alüat. Dichterfragn. b. Gell. {IF7H) Dreed. FüfUh. G.^) 54
45
46
^) Unter den Programmen des Vitxth am sehen Gymnaaimiis (bexw.
des Blochmannsches Institats) befinden sieh noch aodere hervorrageade
Arbeiten, die in den Mlteren, nur P reo Ben berücksichtigenden Bibliographiea
nicht verzeichnet sind« Ich nenne (vgl. die Obersieht im XLIV. Jahresber.
des Gymnasioms von 1905, S. 30—32):
IT. 69. Bloebmann, Karl Just., Über die Grandsätze, Zwecke a. Mittel
meiner Erziehangsanstalt 26
70. — , Ein Wort über die Bildung anserer Jogend zor Wohlreden-
heit und öffentlichen Beredsamkeit. 31
71. — , Was haben die Lehrer o. Büdner der Jagend zu tan, am den
Bemöhong. ansrerStaatsbeh. n. d. Vertr. unsres Volkes um grüadL
Verbesserg. des allgem. Schal w. e. segensr. Erfolg zo sichern? 34
72. — , Pestalozzi. Zuge ans dem Bilde seines Lebens u. Wirkens
nseh Selbstzengnissen, Anschaaangen und Mitteilungen. 46
73. Bonitz, Herrn., Disput. Platonicae duae. {1140/1) 37
74. Schaefer, Arn., De libro decem oratornm. {F7) 44
75. Curtius, Georg, Die Sprachvergleichang in ihrem Ver-
hältnis zur klassischen Philologie. 45
76. RassoWf Harm., Die Bedeutung der Altertnmsstndieo für die
sittl. Ansbild. der Jagend. (77 4,5/ III 31; FF27/8; FI 5. 41/2) 47
77. Herbst, Wilh., Zur Gesch. d. auswärt. Politik Spartas im
Zeitalter des Pelop. Krieges. {IF66 ; FI 28 ; FIII 87) 63
78. Fleckeisen, Alfr., Kritische Miszelleo. {IF67I8) 64
79. Polle, Frdr., De artis voeab. quibusd. Lucret {XIF 117 ; XF 66) 66
80. Mayhoff, Karl, De Rhiaai Cretensis studiis Homericis. 70
81. — , Novae lucnbrationes Plinianae. 74
Weitere Programme dieser Anstalt und ans Sachsen über-
haupt seit 1876 s. besonders Nr. XIII ff. {Klufemann).
voB R. Ullrich, ^^
a
82. Piderit, Karl Wilh., Krit. n. Exegese, v. Cie. de Otat, Hanau 58 45 lY.
83/84. — , Zor Kritik vod Cicelros Brubu, I. 11. (FI 59) ,,60.62 „
85. Sorof, Gast, De Cie. pro Mur. I. (FI 58) Potsdam 61 46
86. Hirsehfelder, Wilh.» Qotest. Horat. spec. Btrlin frilh.-G. 62 47
87. Jeep, Juat. Wilh., De emeod. Justioi hüL Phil ßFo^fenbättd 55 48
88. — , Kritische BemerkaageD zn Jastio.) „ ^^ n
89. — , Aliquot loci ex oratt Ciceronis editi. „ 61 45
90. — , Krit. Bemerk, zu Ciceros Reden. {FI 9, 56/7) „ 62 „
91. WeifieaborD, Wiih., Ad Car. Wexiam de loeis aliquot
Livii epiatula. {FI 61) BUenach 56 48
92. Peter, Karl, Qoellea des 21. u. 22. B. d. Liv. {11158-, F9) Pforia 63 „
93. B rix, Jal., Bin. i. Plant. Capt. (II 57; III 6214; FfI22) Liegmiz 62 49
94. Peter, Herrn.. Ezerc. crit ia Script. Bist. Augastae.
(Fn20; XIII24a', 166; XF 1516) Posen Fr. fT.-G. 63 50
95. Peiper, Rad., Obs. in Sea. trag. (FIII31; Xf^ 125) Bred. Mgd.'G. 63 „
96. Eberz, Aot., Obersetzoogspr. a. Bioii o. Tib alias. Franlff. a.M. 62 51
97. L a d e w i g , Herrn. Gg. Th., Einige St. d. Verg. (FIfl 33) NeustreUtz 54 „
98. Dietsch^), Rad., Theologomecon Verg iL particula. Grimma 53 „
3. Deatsche Sprache und Literatur.
99. L e X e r, Matth., D. Ablaut i. d. deutsch. Sprache. KrakauG.St.A. 56 29
100. Tojnaschek, Karl, Schiller uod Kant. IFien Thpr, 57 55
4. Englisch.
101. Büchmano, Gg., Loogfellow. {FI 15) BerUn[Fr.'fFd.] Gwsch. 58 57
102. Kl auch e, Paol, On the beaoties in Shakespeares
Othello. (mi58; XIII 62) Landsberg o. IF. 58 „
T. Vetter II. (Prenfseii und andere Staaten). 1851—1868, II*).
(Bm. Abt. 3, ^T. 10; o. S. 112.)
B.
1. Philosophie.
1. Deinhardt, Joh. Har., Die Vernunftgründe f. d. Unsterblich-
keit der Seele. (11114.84.87-, VI 54. 85; VII 29) Brombg. 63 4 Y.
2. Heipze, Max, Stoic. ethica ad. orig. suas relata. Pforta 62 5
3. Hamerling, Rh., D.Nenplatoniker. (/ri^) Triest[dtsch.]G.58
4. L a s s 0 n '), Ad., B a c o s v. Vernlam wisseoschaftliehe Prin-
zipien. (VI 17} VIII 8) BerUn Lst. R. 60
5. Sigwart, Christoph v., Schleiermacher u. seine Be-
ziehnagen zu dem Athenäum der beiden Schlegel. Zur
Charakteristik seiner inneren Entwickluag. Blaubeuren th. S. 61 „
>»
}»
2. Geschichte.
6. Jüger, Osk., Zur Geschichte Alexanders d. Großen.
(VI29. 34; VIII 11; XIII 10-14. 131; XIV94; XVI 28) fVetslar 61 6
7. Schäfer, Arn., De sociisAtheniensiom Chabriae
aetate in tabula publica inscriptis. (IV 74) Grunma 56 7
8. Fla the«), Th., Der phok. Krieg. {VIII 44; XIII 24 b) Platten 54 „
n Vgl. ober ihn außerdem o. S. 185 fT. und S. 259.
') Vgl. die Bemerkungen auf S. 44 Anm. 2.
') Vgl. auch oben S. 227, Anm. 1.
«) Ober ihn vgl. auch o. S. 104 Anm. 2 n. 3 und S. 167 Anm. 3.
48 Progrtmmweiea ood Progrtmmbibliothek d. höh. SeholeO)
s.
T. 9. Peter, Karl, Zar römischeo Geschichte mit Be-
ziehuDgee auf M o m m s e o. (/// 38; IF32) PJoria €1 8
10/H. ByieiP), Georp? Frdr., Leben d. iohaofi« d'Arc
I— V. {nilö4.ö4a,112) RinUln S7-60. 63 14
15. Giesebreeht, Ldw., D. Füriteohof s. M i r o w 1708^61.
{163/4) Stettin M.SL-G, 63 19
3. Mythologie.
16 a. b. A h r e B 8 , Lud. Heior., D. Gb'tt. T h e m i s [I.] {irSO/t ;
f / 8. 30/6 ; yill 6213. 122 ; IX 13/13 a) Hannov. Ly%. [/] 62, 63 21
4. Nomismatik.
17. Holtsch, Frdr., De Damareteo SyraeasaDorom anoiBO.
{IF58; niI26) Dresden Knteh, 62 22
Nachträge zu TeäHohen Nr. IV):
Za 2. Altertumswissenschaft
18. Lübker, Friedr., Theologie und Ethik des fioripides.
{IF60—63; FI 75) ^ Parekim 63 25
19. La Roche, Jak., Haotußolal tov fitycHov ^iuaros ix
Ttüv *Hoadiavov, £ doob. eodd. Caes. Reg. bibl. Vindob.
edit (IF 3Ö/6', FIII 86-, XIII 173/6 a.h', XIF 122-,
XF 130 jl) Wien Jk. G. 63 „
Tl. Terbeck (Prenfgeii und andere Staaten). 1864—18681).
{Bihl. Abt, 3, Nr. 12; o. S. 111.)
A.
1. Allgemeines. Sehnlgeschiehte. Schnlreden.
TI* 20. Schimmelpfeng, Gast., Die gruppierende Unterrichts-
methode. (FIII 89; XIII 46; XF 59) Marhurg i. H, 65
21. Duden, Ronr., Begriff u. Ziel d. Ürziehusg m. Bemerk, ab.
d. Verh. v. Schale n. Haus (vgl. o. S. 194 ff. a. FIII 36) Soest 65
t
n
M Vgl. dazu o. S. 198 Anm. 2.
<) Aus Ed. Mushack es SckMaknder fdr die Jahre 1867--1869 (e>t-
haltend die Programme voa 1 866-- 1868) seiea ergänzend, besonders
von nichtpreuflischen Anstalten und von Realschulen, noch fol(;«>d<
Abhandluagen genannt (die Zahl in der letzten Spalte bezieht sich immv
auf den dem Erscheinungsjahr der Abhaadluag folgenden Jahrgasg ^^
Kalenders):
A.
Allgemeines.
TI« 1. Kleiber, Lodw., Der Nachmittagsunterricht und das
Schul lokal. Berlin Dar. R. 61 332
2. — , Der Nachmittsgsunterricht und der Lehrplan.
{FIII 2; XIII 15) Berlin Der. R, 68 356
3. Bonnell, Karl Bd., Entlassongsreden sn die Abitu-
rienten 1838—1867. (16,7,61; 117) Berlin Fr,'fFd.G, 68 362
4. Wiese, Lud w., Eröffnungsrede. (15,37/8) U/M 6b l^
B.
1. Altertumswissenschaft.
5. Rassow, Herrn., Z. Erkl. d. 7. fi. A.^ik, Eth. d. Aristo-
teles. (1145; III 31 ; IF 27/8, 76 ; FI 41/2) Weimar 68 366
6. Hentze, Karl, Periodenbildong bei Homer. (XIII 124;
XIF86, 87; XF 95) GöttingeH 68 361
von R.Ullrich. 4$
22. Schot tmüller, Gust. Ad. Alfr., Einflufl (großer o. kleioer
Städte a. d. Charakter ihrer GymaasieD {Flu 47) RasUnburg 66 8 TL
23. Dielitz, Theod., Einige io der Kooi(^st. Realschule aa-
gewaadte pädag. und didakt. Gruad sitze. Berlin Rgst R. 66 ,,
24. Eckstein, Frdr. Aog^., Aoal. z. Gesch. d. Padag. {l Öl\
1114.63^65-, lll 7—9,18; n60\ Hl 11\ riU3.29) HaUe Lai, 61 13
25. — , Zor Geschichte der Haliischeo Schalen in. „ „ 62 14
26. Prick, Otto, Brrichtan(^ und Bröffhong des Gymnasiums.
(^/ 33\ yui 51. 56; IX 8) Bttrg 65 13
27. Stander, Joh., Zur Gesehichte d. Emmericher Studien-
Stiftungen. Emmerich 65 14
28. Landfermann, D., \ Reden b. d. Einfuhr. (^129)
Herbst, Wilh., \ des Dir. Herbst. (^ 66, 77;
j yill 87) min Fr. Wk,'G. 61 17
29. Landfermann, D., | Reden b. d. Einfuhr. {Fl 28)
Jäger, Osk., I d.Dir. Jäger. (F6;n34;
{ Flu 11; XIII 10-- 14. 131 1
f XlF94;Xn28) Köln Fr. IFh.-G. 65 18
7. Kays er, Wilh. Karl, De versibns aliqn. Homeri Odysseae
disp.llf. {1135; 11137.38; ir 26; 1X30; XIII 136) Beuthen 68 367 Tl.
8. Ahrens, Lud. Heinr., De Theocriti carm. Aeolico tertio
nuper inveoto. {IF 30.31; F 16; Fl 35. 36; FIU52.53.
122; IX 13. 13 a) Hannov. Lyz. [1] 68 368
9. Jeep, Just., De iocis nonn. phiios. Ciceronis librorum
emendandis. {1F87-90; Fl 56. 57) fFolfenbOUel 68 369
10. Thilo, Gg., Quaestiooes Servianae. {111 65.66; Fl 6$;
Flu 34) Halle Päd. 67 343
2. Neuere Sprachen und Literaturen.
11. Znpitza, Jul., Ober Fr. Pfeiffers Versuch, d. KUren-
berger als d. Dicht d. ISibelungen z. erweisen. Oppeln 67 345
12. Laun, Ad., Über Yriartes literarische Fabeln. Oldenburg 68 373
13. Elze, Karl, Der englische Hexameter. Desiau 67 346
14. Gerber ding, Wilh., Die orthographischen Reformversucbe
der älteren französischen Grammatiker. Berlin Lst. Gwsch. 68 372
15. Büchmann, Gg., Über den Ursprung des Bramarbas.
(IFIOI) Berlin Fr.-Wd, Gwsch. 68 371
3. Erdkunde.
16. Rüge, Sophns, Kompaß u. Kompafikartea. Dresden Hdlsseh, 68 377
4. Philosophie.
17. Lasson, Ad., Das Kulturideal und der Krieg, (vgl. o. S. 227
Anm. 1 und F 4; Flll 8) BerUn Lsl. R. 68 363
18. Schneidewin, Max, Ob. d. Keime erkenntoistheor. u. eth.
Philosopheme b. d. vorsokrat. Denk. {Flll 114; XF137) .Arnstadt 68 „
5. Theologie.
19. Heinzelmann, Wilh., Angustios Lehre v. Wesen und
Ursprung der menschlichen Seele. {XFI 72. 167) Halberstadt 68 364
Von bekannteren Vertretern der exakten Wissenschaften (s. oben
S. 3b A. 3, 41 u. U A. 1, 50 u. 52 A. 1, 56 u., 62 A. 1, 65 u. 6ü A. 1)
seien hier genannt:
Gallenkamp, Wilh. (S 4i A. 1 u. XI1I72). Berlin Fr.-fFd.Gwbsch. 68 377
Hermes, Osw. (S. 44 A. 1). „ KöUn. G. 68 „
Martns, Herm. „ Künigst. R. 6'« 380
Wossidlo, Paul {Flll 45; XF 195) Breslau R. a. Zwinger 68 381
SSeitMhr. f. d. OjmnMiftlweMD. LXl. Soppl«m«nthef(. 4.
50 Pro^rtmmwesen aad Programmbibliothek d. höh. Schnlen,
s.
Tl. 30. Schrader, Wüh., 1 Redeo b. d. Eioführ. {Ulli)
lh.,1
Schaper, Karl, \ d. Dir. Schaper {iri8; FHI 100;
1X40; XW28a) Lydt 6S Ib
31. Ranke, Karl Ferd., Eroat Ferd. Yxe ms Leben. (II IL 39;
ym 109) ßerfin Frd, fFüh,'G, 67 48
2. Religionsunterricht.
32. Polte, Herm., Das Leben Jetn im Anschlnfi an d. 2. Art.
(Pensum f. II) ßaiibor 64 9
3. Deutseher Unterricht.
33. Fr ick, Otto, Ausgeführter Lehrplan für DeuUch. {n26;
FUl öl, Ö6; IX 8) Burff 67 10
4. Geschichtsunterricht').
34. Jäger, Osk., Bemerkungen ob. d. geschichtl. Unterricht
a. Gymnasien. (FS; Fl 29; Flll 11; Xlll 10—14. ISl;
XIF94; Xri28) Köln Fr. fFh.G. 66 11
B.
1. Altertumswissenschaft
35. Ahrens, Lud. Heinr., Die
Göttin Themis IL
36. — , — , ^fQvg und seine
Sippe.
IF 30/31;
F16a.b.; Fl 8;
Flu 52, 63.122;
IX 13. 13a
Himnw. Lyt, [1] 6i 44
66 22
« if
37. Bellermann, Lndw., De metris Sophoclis veterom
rhythmicornm doctrina ezplicandis. {XlF2) Berlin gr. Kl. 64 25
38. Gleditscb, Hugo, D. Sophokl. Strophen metr. erklirt. 1.
{FU 19) Berlin fFh.-G. 67 26
39. Kb'pke, Reinb., De Arati Soleosis aetate quaestionum
chronologicarum spec. I. {FUl 71.111; XllI 51) Guben 66 n
40. Schuppe, Wilh., me Aristot. Kategorien. (Fl 86) GleiiDÜz 66 27
41. Rassow, Herm., Ob. einige St. d. Politik d. Aristoteles. Weimar 64 „
42. — , Ober die Repttblik des Plato und den besten Staat des
Aristoteles. {U 45; lU 31\ IF27.28.76; Fl 5) „ ^6? 35
43. Kern, Franz, Quaestionum Xenophanearnm cap. II. Pforta 64 30
44. — , Symb.crit.ad Übel). Aristoteiicum [q.f.] Hegl Sivoifdvovg
etc. {Flu 70. 113; 1X35; XIU 137.138; XF9.10) Oldenburg 67 21
45. Siiiteois, Karl, Emendd. Dionysiac. III. {IF32.33) Zerbst 66 „
46. Ribbeck. Wold., In Euripidis Helenam. {IF20\ XUl
170a; MF 119/20) Berlin Ist. C. 65 „
47. Wunder, Herrn., Vindic. Euripidearnm L {IF23) Grimma 67 2b
48. Marquardt, Joach., Galeni loc. q. est de horolog. veterom
emeodatus et explicatus. (7 56; U 19; lU 76. 77) Gotha 63 „
49. Li|)8ius, Just. Herrn., Qnaest. Lysiacarum spec. Leipzig ^ik. 64 „
50. — , Appsratus Sopboelei supplementnm. {IF65) „ „ 67 30
51. Mommsen, Tycho, De scholiis Piodaricis epimetrum.
{FU 18; Flu 5;) Frank f . a. M. 65 29
-, Exercitt, Sophocleae. (/A'i,9; A7//4J.i,5^— ^5) „ 65 30
52. Wohlrab, Mart., De aliquot locis Gorgiae Platonici.
{Flu 25) Dresden Krzsch. 63^) 29
^) Ans dem Gebiete der exakten Wissenschaften (s. o. S.<?^
Aom. 3, S. 41 u. 44 A. 1, 52 A. 1, 56 u., 62, 65 n. 66 A. 1) %t\ erwsbiit:
Schelibach, Karl, BerUn Fr. fFh.G. 66 12 (vgL o. S. 38 A 3, 41 u. 44 A. 1).
*) Nachtrag zu FeUer I (o. S. 44 ff.).
voD R. Ullrich. 51
B.
53. Haydnck, Mldt, Bchtheit des SopMstes ood Polttikos I.
(FIII 79-, IX 27; Xlll 122) Greiftwdd 64 29 Tl.
54. Deinhardt*), Joh. Hör., lahalt n. Zasammenhg. v. Pia tos
Symposion. {III 14. 84. 87; Fl; Fl 85; FII 29) Brmnberg 65 „
55. Langeo, Pet., EmendatioDes AmmiaDeae. Düren 67 31
56. Jeep, Jnst Wilb., G. T. A. Kraegero S. D. (De Quin-
tilitni 1. X). ßFolfenbüUel 64 33
57. — , De loci« qoiboad. Tuseul. disput. [Cicero als] qnae-
stiones criticae. {IF87-90; FI 9) fFol/enbätUl 65 31
58. Sorof, Gost., Viodiciae Tallianae. {IF85) Potsdam 66 „
59. Piderit, Karl Wilb., Zor Kritik voo Ciceros pariü.
orator. l. (IF 82—84) Hanau 66 „
60. EckstetD*), Frdr. Aog., Familitris iaterpretatio primae
satirae Horatitoae. {151; II 14. 63—65; III 7— 9.18;
FI 24. 25; FII 11 ; FIII 3. 29) Leipzig Tham. 65 „
6). WeißeoborD, Wilh., De cod. Liv. Mof uat I. (IF91) Eüenach 65 „
62. Maller, Mor., Znr Kritik nod Brkläroog des Livius.
{FIII 94; XlF 114) Stendal 66 „
63. Koro, Otto, Z.H88..Kooded.BB.iSa?Pofi<o.(f7//^J;/A',?7) JFesel 66 32
64. Classeo, Job., Symbol, crit. partic. 11 (Tacitas) Franl^f.a.M. 63^)^
65. --, Symbol, crit. partic. III (Tac). (IF 13. 37^40) Hamburg Joh. 66 „
66. Draeger, Aot. Aag., Die SyaUx des Tacitns. (IF 16 ;
FIII 23; XIII 107; XlF 65/66) Putbus 66 „
67. Kempf, Karl Frdr., JNov. Qaaest. Valer. {III 71) Berlgr.Kl 66 34
68. Thilo, Gg., Servil gramm. ia Verg. Georg. \ 1—100
commeot (III 65. 66; Fl 10; FIII 34) Hatte Päd. 66 „
69. Kock^),Th., Ezercit crit (Aristophaaes, Sophocles,
Plato, Tftcitos). {II 46; III 45—50) Memel 64 „
70. Malier, Karl Frdr. Wilb., Bemerk, z. lat. Prosaikera.
(/// 53; FIII 65; XFIII 137a) Landsberg a. fF. 65 35
71. Byssenhardt, Fraoz, Lectiooes paaegyricae (über
lat. Paoegyriker). (XIII 111) Berlin Fr.-fFd. G. 67 „
72. Holm, Ad., Z.Berichtig.d.Karted.alLSicilieos. (1X19) Lübeck 66 37
73. Frohberger, Gerb. Aug. Herrn., De opificum ap. vet.
Graecos coodicioae. Grimma 66 38
74. Ziogerie, Ant., De Germaaico Caesare Drosi filio.
(FII 21 ; FIII 19. 95) Trient 67 37
75. Liibker, Frdr., Die Nataraoschaoaog der Alten.
{^1^60—63; F18) Flensburg 67 50
2. Mittlere and'aeaere Geschichte.
76. Horawitz, Adalb., Zur Eatwickloogsgeschicbte der deat-
scheo Historiographie. (FIII 119) fFien Josephst. G. 65 35
77. Heidemaoo, Jol., Hatto I., Erzbischof voo Mainz.
{XIII 217; XFI 245) Berlin gr. Kl. 65 39
78. Caaer, Paal Ed., Üb. d. Flagscbrifteo Friedr. d. Gr.
a. d. Zeit d. 7 j. Kr. (/// 39; IX 1) Potsdam höh. B. 65 „
3. Deutsch aad andere neuere Sprachen.
79. Liibben, Hnr. Aog., Die Tieroamen i. Reineke Fos. Oldenburg 63^) 4h
80. Hopf Der, Brost, RefornibestreboDgeD a. d. Gebiete der
deutschen Dichtung des 16. and 17. Jahrh. Berlin fFh.'G. 66 46
1) Vgl. o. S. 198 o. 274. >) Vgl. ober ihn aoch o. S. 121 Nr. 63.
') Nachtrag za FeUer /. (o. S. 44 ff.). «} Vgl. o. S. 226 u. A. 4.
4* •
52 Prog^rammweseD uod Programnbibliothek d. höh. SeholeB,
TL 81. Boxher^er,n,,Spräche6.bibe\lSchiUersR&ib.{lX43) Erfur(R.67 -46
82. Kl ix, Gost. Ad., Zum VerstäDdnis von Shakespeares
Hamlet. {U 20; III 4. 5. 32. 86) Glogau ev. G. 65 47
4. HaodschrifteokuDde.
83. Lebnert, Alb., Ober Lobecks literarischeo Nachlaß.
{Fll 13\ Xm 55) Königsberg Fr.-K. 63 49
5. Bibliographie^).
84. Hahn, Gast., Programme II (1851—1860). {11182) Sahwedd 64 „
6. Philosophie.
85. Deinhardt, Job. Har., Gemütslebeo und GemöUkildaDg.
(/// 14. 84. 87; Fl; Fl 54; Fll 29) Bromimrg 61*) 61
86. Schuppe, Wilh., Logische Betrachtaageo. I. Gruodlage
einer Lehre vom Begriff. (Fl 40) Beutken 67 62
7. Theologie.
87. Kleinert, PI., Der Prediger Salomo. Übersetzg., spracbl.
Bemerk, o. ErÖrterangen zum Verständnis. Berlin Fr. fF/u-G. 64 „
88. Siegfried, Karl, Spinoza als Krit. o. Aasleger d. A. T. Pforta 67 „
89a. b. Weingarten, Herrn., lodependeotismus aad Qoäker-
tom I. II. Berlin Joach. G. €1\ 64 63
90. — , D. Wander d. firscheinong Christi (z. Krit v. Straafi'
Leben Jesu). Apologetischer Vortrag. Berlin^ StraL höh. Bgsch. 67 ,,
91. Deutsch, Sam. Mart., Ambrosius' Lehre von der Sünde
und Sündentilgung. (/A 55; XI U 226) Berlin Joach. G. 67 „
92. Kram er, Gast., Francke und die Hallischc Geistlichkeit
(155; 1147; 1116; F III 50) HaUe Päd. 64 64
93. Koldewey, Frdr., Mitteilongeo über die Reformation
Wolfen büttels während der Schmalkald. Okkupation
1642-47. (FIIl 4; 1X5; XlII 16^18; XlF 13. 197;
XF 11 ; XFII 3415; XFIII 27) fFol/enbüttd 66 ,
94. Heidrich, Rad., Das theol. System des Meist. Eckha rt
(A7' ,32^34; XFI 68—71; XFII 84. 85) Posen Fr. fFh.-G. 64 „
TU. HMl JS). (Österreich 1850~1869M9 Prenfsen») 1862-1868,
BayerD^) 1868-18«8).
{Bibl. Abi. 3, Mr. 28; o. S. 114.)
A.
1. Allgemeines. Schalgeschichte. Scholredeo.
Yll» 10. Langbein, W., Die höhere Bürgerschule und die
höheren bürgerlichen Stände. Stettin Fr. R h.'Seh 56 25
^) Von bekannteren Vertretern der exakten Wissenschafteo
(vgl. o. S. 38 Anm. 3) seien hier erwähnt:
Fuchs, Imm. Laz., Berlin [Fr.-fFd.] Gwsch. 65 52
Graßmano, Herm. Günther, Stettin Mar.-Si.-G. 67 56
Grnhl, Emil (s. S. .56' und A7//^) Hagen R. 67 „
Kirchhoff^ Alfr., Berlin Lst. Gwsch. 67 60
«) Nachtrag zu Fetter (s. o. S. 44 ff.).
') Aus Gutscher (/ u. //; vgl. o. S. 114 Nr. 26. 27) seien hier nur in-
geführt (vgl. die Bemerkung über die Auswahl österreichischer Pro-
gramme oben S. 4.5 Anm. 1):
Teil L
TU. 1. Maderoer, J. Chr., vgl. o. S. 119 Nr. 46. Iglau 31 6
2.3. Fox, Wilh., Analyse o. Würdiguag d. Rede d. Demosth.
Für Ktesiphon vom Kranze I. U. Feldkireh G. Soo. Jes. 63. 66 46
von R. Ullrich. 53
8.
11. Eckstein, Frd. Aug., Aoal. z. Geseb. der Päd. I. Ein
griech. Elameotarb. a. d. Mittelalter. II. Isidors Eozy-
klopädie u. Victorioos. Sigism. Bveoios' Formol u. Abriß.
(/ 31; II 14. 63/5 ; /// 7/Ä 18; Fl 2415. 60; miS. 29) Halle Lot. 61 25 VIL
12. NasemaDO, Otto, A. H. Fraocke und der Uoterrickt
in Realgegeostäoden. Halle R. 63 28
13. Lehoerdt, Alb., Sehäler-Albam des Thoroer Gym-
nasioms. {Fl 8S; Xlll 55) Thom 67 „
14. Daniel, Herrn. Adalb., Rede zor Feier des lOOj. Gebarts-
tage« Schillers nod Rede zur Feier des Todestages
des Grafen von Zinzeodorf. Haue Päd. 60 37
B.
1. Altertomswissenschaft
15. Foerster, Rieh., D. ältesten Herabilder oebst e. Exkars
über die Glaabwördigkeit der kaostgesch. Angaben des
Atheoagoras. Breslau Mgd.'G. 68 79
16. Goebel, Ant, JNov. qoaest. Homericae. De adv. a/a s.
ayav deque voc. Hom. inde compositis. Konüz 65 86
17. — , Uomerica od. etymol. Unters, üb. Wurzel AN n. da-
mit Zusammenhängendes. „ 61 „
18. Mommsen, Tycbo, Scbol. Thomano-Trielin. in Pindari
Pyth. V— XII ex cod. Fiorentino edita. (FI 51; FIII5;
1X18; Xlll 45. 156— 158) Frankfurt a. M, 67 88
19. Gleditsch, Hugo, Die Sophokleischen Strophen me-
trisch erklärt II. (Fl 38) Berlin fFh.-G. 68 93
20. Peter, Herrn., Q. Claudi Quadrig. ann. reliqu. {IF94;
Xlll 24a. 166) Fran/^i a. Q. 68 102
21. Zingerle, Ant, De Halieutic. fragm. Ovidio nou abiudi-
cnndo. (Fl 74 ; Flll 19. 95) Ferona 65 108
3a. Pichler, Ad., Ludns de ascens. Domiai. (Fll9a) Innsbruck 52 58 TU.
4. Prammer, Igo., A. d. Familienleb. d. Sophokles. Czemowitz [/.] G. 60 51
5. — , Bemerkungen zu Sophokles' j4ias (im Anschl. an d- Aus-
gaben von G. Wolff und Schneidewin-Nauck). Znaim 61 49
6. -— , Zu Li vi US, Buch I (ed. Weißeoborn). „ 61 53
7. — , Bemerkungen zu Sophokles* yfias und Elekira. „ 64 50
8. — , Taciteisches (Annalen ^. Hutorien). (Flll 98. 99; XIII
167—169; XI F 118) „ 67 54
8a. Wildaner, Tob., Plan und Einh. der fUas. Innsbruck 50 47
Teil n.
9. Ficker, Ad., Beiträge z. alt. Gesch. d. Bukowina u. ihrer
Nachbarländer. I. Die Geten u. Daker. Czemowiiz [/.](?. 52 6
9a. Pichler, Ad., Geol. d. nordtirol. Kalkalpen. (FIl 3a) Innsbruck $4 40
Einige andere österreichische Arbeiten sind schon obeo unter
Nr. IV u. V (S. 44—48) genannt.
^) Ober die Gesichtspunkte bei der Auswahl österreichischer
Programme vgl. o. S. 34 und -^ Anm. 1, aoßerdem hier die vorige An-
merkung.
*) Von preußischen Programmen, für die in dem Zeiträume von
1852—1868 hauptsächlich die Verzeichnisse von Hahn (II), Fetter (1 u. U)
ond Terbeck maßgebend sind (vgl. S. 41—52), sind hier nur solche angefahrt,
die in letzteren fehlen.
*) Ober die bei Hübl angerührten bayerischen Programme vgl. u.
Nr. Xa. b {Gutenäcker-Zei/ff) und dazu S. 62 A. 2.
S4 Prof^rtminwesen und Programmbibliothek d. höh. SchiileD,
s.
TIl« 22. Br'ix, Jol., Epiitala ad Andr. Speag^eliom (Lect Plau-
tin a e). (// 37; /// 62-64; IF 93) Liegnüz st. G. 68 109
23/23a. Detlefseo, Detl., De arte Roman, antiqaias. I. II.
(Xnil02—Ö; XI f^ 3; Xr 2-^; XH 810. 142. 219;
Xril 19. 148. 229) Gmekitadt 67. 6H 171
2. Deutsch.
24. Lemcke, Hago, Hartmano von An e. {XV 12 — 14;
XFU 39140) Stettin M.-St. 62 120
25. — , Frida ogi Dücretio. — Freidanks Bescheidenheit
deatscb a. lat nach der Stettioer Hs. Stettin M.-St. 68 „
3. Mittiere and neuere Geschichte.
26. Prutz, Hs., Stud. z. Gesch. Kais. Friedrichs I. Danrng^ [st.] G. 68 152
4. Biog^raphisches.
27. Bernhardi, Wh., BIttteo di Giovenazzo (vgl. o. S. 227
Anm. 1). Berlin Ist. G. 6b 165
28. Weidner, Aodr., De C. F. Naegelsbachi vita ac dis-
ciplina. (1X23; XlF 146; XF 1209110) Merseburg 68 166
5. Philosophie.
29. Deinhardt, Joh. Heinr., Entwicklung des Menschen zur
Willensfreiheit. {III 14. 84. 87 ; F 1 ; Fl Ö4. 8S) Bnmberg 67111
Till. Hübl II. (Ogterreieh ') 1870—1878; PrenfseD und
Bayern^) 1869-1872)*).
(Bihl Akt. 3, Nr. 29; o. S. 114.)
A.
1. Allgemeines. Schalgeschichte. Schnlreden.
Till. 47. Sehottmöller, Gast. Ad. Alfr., Wahl des Berufes.
{FI 22) Rastenhurg 69 19
48. L 0 o 8 , Job., An die Leser. Kaaden Rg. 72 20
49. -, Kurz. Gesch. d. Anst {XlF 18.188; XFl 30) „ „ 72 25
^) Für österreichische Programme vgl. die Bemerkungen S. -i^
u. 4J A. 1 und S. 52 u. 63 Anni. 3 u. 4.
2) Die bayerischen Programme s. unt. Nr. Xa. h {Gutenacker-Zeiß)'
9) Aus Bd. Mashackes Schulkalender (vgl. o. S. 48) für die Jahre
1870—1873) — enthaltend die Programme von 1869—1872 — seien er-
gänzend, besonders von nichtpreoßischen Anstalten und von Reit-
schulen, hier folgende Abhandlungen genannt (über die Zitier weise
s. 0. S. 48 Anm. 2):
A.
1. Allgemeines. Schulgeschichte. Schulreden.
Till« i. Kern,Herm.,Z. Realschulfrage. {II 70; IF6) BerL Lst Gwbsch. 6$ 377
2. Kleiber, Ldw., Einrichtg. v. Schulbänken u. Schul-
tischen. {FI 1. 2; XIII IS) Berlin Doroth. R. 69 „
3. Eckstein, Frdr. Aug., Festr. üb. Geßners Wirksamk. f.
d. Verbesserung d. höh. Schulen. {löl; II 14.63^-63;
III 7—9. 18; FI 2413. 60; FII 11; FIII 29) Leipzig Thom, 69 371
4. Koldewey, Frdr., Geschichte des Paedag. illustre zu
Gnndersheim und seiner Umwandlung in die Julius-
Universität Helmstedt (FI 93; 1X3; XIII 16— 18;
Xiy 13. 197; XF 11; XFII 34/3; XFlII 27) fFolfenbätttd 69 382
5. Moumsen, Tycho, Z. Gesch. d. Gvmn. i. FrankL a. M.
1. {FI 31; FII 18 ; 1X18; Xdll 43. 136 -38) Frank fuH a. M. 69 „
vuu H. Ullrich. ^
S.
50, Kram er, Gost., A. H. Franckes Reise i. d. südl. Deutsch-
laad. (/Ä5i 7/ 47; Ill6\ n 92) HaUe Päd, 70 23 Till,
51. Friek, Otto, Aas d. GrundlehrplaD io 3 Abschoitteo.
(FI 26.33-, nilSS; IX 8.42) Potsdam 71 „
6. Baameister, Karl Aag., Aa die Bltero and Schüler. Gera 70 396 YHh
7. Tbome, Wh., Gesundheitspflege i. d. Schul. (Xm 72)\ Köln H. 70 397
S. La 8 so D, Ad., Umrisse zur Lehre voa der Schale. {F4j
Vi 17 n. o. S. 227 Aum. 1) Berlin LH. R. 71 390
9. Kreyssig, Frdr., Die Wöhlerschole i. ihr. Verh. z.
Gewerbe- u. Handelsschule. Frankfurt a. M. fVöhkrseh, 71 392
10. —y Erläotgo. z. Lehrplao nos. Aostalt. „ „ 72 360
11. Jäger, Osk., Ober wahres nod falschen Patriotismas.
Rede. {FS; Fl 29. 34; Xlll 10-14: 131; XIF94;
XF12S) Köln Fr. fFh.'G. 79 397
2. Sprachunterricht.
12. Lattmann, JuL, Die durch d. neuere Sprach wissensch.
herbeigef. Reform d. Elementarunterrichts in den
alten Sprachen. {Xlll 53/4. 14ö ; X1F33) Clatuthal 71 393
13. Menge, Herrn., Probe e. Repetitor, d. lat. Grammat. u.
Stilistik L {XF 58) HoUntinden 71 „
3. Geographischer Unterricht.
14. Matzat, Hnr. Ferd., Prinzipielle Erwäg, zum geogr. Uoterr.
(XW 70) Spremberg R. 72 363
B.
1. Allgemeine Sp rachwissenschaft.
15. Wilhelm, Eng., De infinit! vi vi et natura. {Xinö8.79\
XF 70) EUenach 69 386
2. Altertomswissenschaft.
16. Merguet, Hug., Welche Beweiskr. hat d. Verb, postum f.
die Entstehung der Verbalendungen aus Hilfsverben?
(XFI 133/4) Gumbinnen h. B. 69 387
17. De ecke, Wh., Einleit. Kapitel zu einer Geschichte d.
latein. Sprache. {1X17; XlUlOl; X1F44.63) ElberfeUR. 70 407
18. Wagener, Karl, Beitr. z. latein. Syntax. Bremen 72 370
19. Zingerle, Ant., Kleine philologische Abhandlungen.
(VI 74; f'irJl; y 11193) Innsbruck 71 401
20. Ditttenberger, Wh., Bemerkungen z. einigen Stellen d.
Aristoteles (Metaph. u. De animä) Rudolsiadi 69 387
21. — , Vermögenstausch u. d. Trierarchie d. Demosthenes. „ 72 370
22. Jacobitz, Karl Gfr., Spec. lex. Herodotei. Leipzig Nik. 70 409
23. Draeger, Aug., Platonica. {IF 16; Fl 66; Xlll 107 ;
XIF65I6) Friedland 72 371
24. Grumme, Alb., Comm. de Piatonis Phaedri aliq. locis.
{XIF 7/8. 82. 82a; XF 516. 49J50.91; XFl 149/50;
XFll 24. 155/7. 208) Gera 72 „
25. Wohlrab, Mart., Quid Plato de animae mundanae elem.
doG. [FI 52) Dresden Krzsch. 72 STl
26. Halt seh, Frdr, Quaest. Polyb. II. (iF 58; F 17) „ „ 69 389
27. Meltzer, Otto, Vorarbeiten z. Gesch. d. Karthager a.
Sizilien. (1X3; Xlll 25. 151; XFll 45) Dresd. Halbes PHv.-A. 69 397
28. Heraeus, Karl, Spicileg. critic. ex Digestorum libris.
(lll 68 ; XI 35; Xlll 44. 125) Hamm 70 411
^. Progrtmmweseo uod Programmbibliothek d. höh. Schulen,
TUL 52. Ah reo 8; Lad. Hr., Urkoodeo zur Geschichte des
Lyzeums (I) id HsDDover. Hannover Lyz, I 69 25
53. — , Geschichte des Lyz. (I) za Hsdb. v. 1267—1533.
(IF 3011 ; V 16 ; Fl ü. 3516 ; nil 122; IX 13. 13a) Hamiov. L.IW „
54. Eysell, Gg. Prdr., AktCDst. a. d. Griiadg. d. Gymuas.
bezüglich. HersfM 70 26
54a. —, D. 300j. Jubil. d. Gymn. {F 10^14; HU 112) „ 71 „
Till. 29. Ecksteio, Frdr. Aog., Schol. Horatiaoae. {151-, 1114,
63—65 ; /// 7-9. 18 ; Fl 24/5. 60 ,• VII 11 ; nil 3) Leips, TA. 69 391
30. LnpoSy Berob., Satzban d. C. Nepos. 1. Der einfache
Satz. {XIII 146) Warm Pg. 72 374
31. P ei per, Rnd., Praefatioa. ia Senecae trag, anper ed.
Sopplemeatom. {IF95; XF t2b) Breslau Mgd,'G. 70 412
32. Kiefiliag, Ad., Neue Beiträge zur Kritik des Rhetors
S e B e c a. {XII IS) Hamburg Jok, 71 406
33. Ladewig, Herrn. Georg. Theod., De Vergilio verborum
oovatore p. I. {IF 97) Nautrelüz 70 413
34. Thilo, Georg, Observ. crit i. Servii i. Verg. Aen. FI
commentariom. (/// 65/6; Fl 10. 68) Nmibrandeaburg 71 407
3. Deutsch und aadere aeuere Spraehea u. Literatareo.
35. Bobertag, B., Wielaods Romaoe. Beitr. z. Gesch u.
Theor. d. Prosadichtung. Breslau R. z. HeiL G. 71 407
36. Dudea, Koar., Zur deutschen Rechtschreibung (vgl. o.
S. 194 ff.). Schieiz 71 „
37. Pritsche, Herrn., Komm. z. Molieres femme« «av. Grünberg R, 71 iQ9
38. Lotheifien,Ferd.,Beroard.deSt.Pierre. fFien OR. {Ldstr.) 71 „
39. Schmidt, Alexander, Plan u. Probe e. Wörterbuchs zu
Shakespeare. Königsberg Laben, R» 71 410
4. Mittlere und neuere Geschichte.
40. Richter, Gust, Annalen d. Geseh. Ottos L {XF 128;
XFI 42. 191 ; XFII 58) Weimar 70 420
41. Hirsch, Perd., D. Herzogt. Benevent bis z. Unterg. d.
loogobardisch. Reiches 1. {1X50; XIII 218; XIF 174;
XFI 24617) Berlin Kgst. R. 71 412
42. Liadoer, Th., Eutwickluag des Papsttums und seine
Stellung im Mittelalter. Breslau R. a. Zw. 72 379
43. Röhricht, Rhld., Kreuzfahrt Friedrichs U. {1X52;
XIF 182/3) Berlin Lst. R. 72 „
44. Flathe, Th., D. Verhandl. üb. die d. Kurf. Friedrich
August III. von Sachsen aagebotene Thronfolge in
Polen u. d. sachs. Geh. Legationsr. v. Essen. {F 8 ;
XIII 24 b) Meißen 70 419
5. Philosophie.
45. Wossidlo, PI., Naturgenuß. (S. 4^ u. und XF 195) TarnawilzR, 72 366
6. Theologie.
46. Hollenberg, Wh., De scboliis in Lucam ab A. Maio
Olim edit. {XIII 42) Saarbrücken 72 367
Von Vertretern der exakten Wissenschaften (vgl. oben S.'J^^
Anm. 3 und die dort zitierten Stellen) seien hier genannt:
Grnhl, Em. (S. <^V A. 1 und XIII 5) Mülheim (Ruhr) R. 72 3S1
Lampe, Em. (A7// 74) Berlin LsL Gtobsch. 70 422
Hochheim, Ad. (S. 61^ A 1) Magdeburg höh. „ 70 423
Ohrtmaan, Karl, Berlin kg, R. 72 382
voD R. Ullrich. j7
S.
55. Leoehteoberger, Gott!., Was Ut v. d. Bea'üiig. v.
Obersetznogea seiteas d. Schüler zu halten resp.
welche Mittel siad dagegea in Aawcndang zo hrinf^eo.
{Xreö) Bromberg 72 29 Till.
1. Sprachunterricht.
56. Frick, Otto, Lehrplan f. d. iatein. u. griech. Unterr.
(n 26, 33; VUl öl; IX 8. 42) Potsdam 69 30. 31
57. Malfertheiner, J.. Z. Unterr. i. d. alt. klass. Spr.
a. d. österr. Gymnas. Innsbruck 72 29
58. Klaucke, Panl, Der deotsche Anfsatz in dea oberen
Klasaen. {IF 102 ; XlU 62) Landsberg a, ff^. 71 34
59. JouaS| Ant., Die deutschen Aufsätze in den beiden
Tertien. (XllI 61) Stettin Stadt-G. 71 „
60. Wilnianns, Wh., D. deutsch. Sprache o. Orthographie
a. Unter richtsobj. i. d. anter. Gymoasialklasaen. Berlin gr. Kl. 70 35
61. Lücking, Gnst, Analyse d. französ. Verhalt für d.
Zweck d. Unterrichte. {XHI 213J16) Berlin Ist, Gw. 71 36
Herbst, Wilh., Thnkydides auf d. Schule, s. u. Nr. 87.
2. Geographischer Unterricht.
62. Snpan, Alex., Geogr. Unterr. a. uns. Mittelschul. Laibach OB, 73 67
B.
63. Blaß, Frdr., Ausspr. d. Altgriech. (1X28) Naumburg 69 30
64. Schmidt, Joh. Herrn. Hnr., D. Synonyme d. Schlafs
in d. griech. Sprache. (IX 16) Husum 70 31
65. Müller, Kl. Prdr. Wh., Gebranch v. sive. (111 ö3; Fl 70;
Xyin 137a) Berlin Jck, G, 71 32
66. Hoffmann, Wh., Das Walten d. Gottheit i. Menschen-
leben nach Aeschylos u. Sophokles I. Berlin Soph,-G, 69 39.49
67/68. — , Obersetzuogen Sophokleischer Chorgesange.
(Xn 16819) Berlin Soph,-G. 69, 70 50
69. Enger, Roh., Z. Parodos in d. Persem d. Aeschvius.
{1138; 11123-27; ir 24) Posin Mar,- G. 70 40
70. Merkel, Rud., Aeschyli Cod. Laur. Oxoniae typ. expr.
praefat. lineam. (1136/7; III 61; If^ 26; IX 24) Quedlinburg 71 „
71. Köpke,Rhld., Emendat. Andocideae. (Fl 39; Hil 111;
XllI öl) Guben 69 „
72. Muff, Christ., D. Chor in d. att. Komödie v. Aristo-
phanes. (XllI lö9. Iö9a) Halle Lat. 71 „
73. V eisen, Ad. v., Ob. d. Cod. Urbinas d. Lysistrata u.
d. Thesmophoriazusen d. Aristophanes (/// 30) Saarbrücken 71 „
74. Bamberg, Alb. v., Exercit. crit. in Ari^toph. Plut.
(XllI 90; Xn3. 137; XFII 10) BerUn Jch. G. 69 41
75. Eueken, Rnd., Methode u. Gruodl. d. Aristotelischen
Ethik. Frank furta,M, 70
76. Kern^), Franz, Krit. Bern. z. 3. Teil d. pseudo-aristot.
Schrift negl Sevoipävovg u. s. w. (Fl 43/4; Flll 113;
IX 3ö; XllI 137/38; XF 9110) Oldenburg 69
77. Weifienfels, Osk., Quae partes ab Aristotele j(ß v^
trihuantur. (XIF 147/48) Berlin J>-«. G, 70
78. Im6lmann,Joh., Z. Aristotel. To/^iÄ. (Ar26'4) BerLFr.H^h.-G 70
»f
^} Hier ergänzt.
58 Progrtmmweseo und Programmbibliothek d. höh. SchalcD,
8.
Till. 79. Haydack, Mich., Bemerk, z. Physik des Aristoteles.
{n53i 1X27; Xlll 122) Greif ttoM 11 41
SO. Abicht, Karl, De eodd. Herodoti fido atqoe auctorit.
{ir34;Xir4e) PfortaeS 43
81. Blleodt, Gg., Sammig. d. Parallelst, z. 1. B. d. Odyssee,
a. d. aachgelass. Maooskript d. Parallel-Homer voo J.
E. E 1 1 e o d t (/X iö ; XJU 2/3 ; Xn 10/11) Königsberg Fr.-K. 71 Ai
82. Genz, Herrn., Zur lUas, {lX20\ Xlll IIH) Sorau 70 „
83. Pilger, Rob., D. Athetese d. Platoo. Sophisles. BerL Wh.-G, 69 47
84. Treu, Max., De codd. oooo. Paris. Plutarchi Moral.
{IXS4; 2Ü11 ISl/ö; Xlf^ 13S—142', XP' 147/9; Xyi207;
Xni 249 ; XFlll 144/3) Jauer 71 48
85. Siebeck, Herrn., D. Probl. d. Wisseas b. Sokrates u.
der Sophistik. Halle R. 70 „
86. La Roche, Jak., Kön. Oedip.{d. Sophokl.). (1^35,36;
ri9; Xllll73-'76a.b,; XlF 122\ XF 130/1) Linz {Ob.-ÖH.) 73 49
87. Herbst, Wh., 1. Thukydides a. d. Schule. 2.Thttkvd.
I 22, 1. (IF 66, 77; Fl 2H) Magdeburg U. L. Fr. 69 50
88. Stahl, Job. Matth., Quaest. gramm. ad Thoc. pert Köbi Mz.-G. 72 51
89. Schiiumelpfeng, Gnst., Z. Würdigg. v. Xeoophoas
Jnäbasis. {Fl 20; Xlll 46; XF 59) Pforta 70 „
90. Nitsche, Wh., D. .\bfassuog v. Xeaophoos HeUenika.
{Xlll 161. 162) Berlin Soph.G. 71
n
91. Petscheoig, Mich., Krit. d. Horaz-Scholiasteo. Klagenfuri 72 54
92. — , Zu deo Scholiasteo des Horaz. {Xlll 165) Graz 2. G. 73 „
93. Korn, Otto, Beiträge zur Kritik der Historia evangeliea
des loveucns. {Fl 63; 1X37) Dansig [st.\ G. 70 55
94. Müller, Mor., Beiträge zur Kritik nod Erklärung des
Livius. (FI 62; XlF 114) Stendal 71 56
95. Z i nge r 1 e , Aot, Handschriftl. zu 0 v i d s Remed. ani. — Zu
deo Sulpicia^Eleg. d. Tibullus. — Petra rkas Verh. z.
d.röm. Dicht. (F174; F1121; Flll 19) Innsbr. 71 56.69.65
96. Lorenz, Frdr. Aug., Collat. d. Cod. vet. Camer. (B, bibl.
Vatic. cod. Pal. 1615) und des Cod. (Jrsio. (D, Vatic.
3870) zur Auhdaria des Plautus. Berlin KöWi G. 72 57
97. Stejskal, Karl, Sallusts Bedeutung in der römischen
Literatur. {Xlll 211) OhniUz, deutsch. G. 70 „
98. Prammer, Igo., Taeiteischea (^^nc, /^wt., ^fi;i.). Troppau70 58
99.—, Zu Tacitus* Historien libr. IH— V. {Fll 4-8;
Xlll 167—169; XlF 118) fpien Josephst. G. 71 „
100. Seh aper, Karl, De eclogis Vergilii ioterpretaodis et
emeod. {1F18; Fl 30; 1X40; Xlll 28a) Posen Fr.-H^Hh.-G. 72 59
101. Volkmann, Diedericb. Itiner. Alexaodri. {XF151) Pforta71 60
102. — , Rieh., Observat. miscellae (Aeschin., Ap. Rhod.,
Apuleius, Aristid., Aristod., Galen., Gell., Her-
mog., Horat., Lactant., Lucian., Lucilios etc.)
{IF 59; 1X25.26; Xlll 196/7; XIF145) Jauer 72 „
103. Neubauer, Rieh., Curae epigraphicae. BerUn gr. Kl, 72 72
104. Bormann, Eug., Ungedrockte latein. Inschriften „ „ 71 „
105. Zumpt, Aug. VVilh., Demonumento Aocyrano suppl.
{154; 11159.60; 1X15) Berlin Fr. fFüh.-G. 69 „
106. Petersen, Eug., Kritische Bemerkungen zur ältesten
Geschichte der griechischen Kunst. Plön 71 75
107. Quossek, K., Versuch d. Umf. d. röm. Lagers Novaesiom
in d. gcgenw. INeuB nachzuweiseu. (XlF 22; XF1153) ^eufs 70 71
voD R. Ullrich. J^
S.
108. Bar dt, Kar), Die Priester d. 4 großen KoUegieo aas röai.-
repablik. Zeit. {XU191I2; Xni38; XFlUö) BerL»'h,-G, 71 76 YIIL
109. Ranke, Karl Ferd., Otfr. Müller. Eio Lebeosbild.
(1111.3$; n 31) BerlinKg.R.70 84
2. Deutsch.
110. Zwiediaeck-Sädenhorst. H. v.. Die Neugestaltoog d.
dentscheo Natiooal-fipos. {mi 117) • Graz L-OR. 70 60
111. Köpke,ReiDb.,Zn Goethes /pA^vnte. in 39} nU71;
Xm öl) Charlottenhurg 70 63
112. Bysell, Geor; Frdr., Schillers Jungfrau v. Orleans, neu
erklart o. oach ihrem christlichen Gehalte ;e würdigt 1.
(vgl. 0. S. 198 Aom. 2 o. f^ 10-14; Flll Ö4 Ö4a) Hertfeld 70 „
3. Philosophie.
113. Kero, Fraoz, Z. Darstellg. d. Philosopheme d. XeoophaD.
{Fl 43 !4; FllI 76; 1X35; Xlll 137, 138-, XFSjlO) Danzig [sL] G. 71 108
114. SehaeidewiDy Max, Ober die oeoe „Philosophie des Un-
hewufsien'' 1. {Fl 18; XF 137) Hameln 71 109
4. Geschichte, iosbesoadere mittlere und neuere. *
115. Kaufmann, Georg, Inwieweit darf die Geschicht-
schrei hang subjektiv sein? GötUngen 70 71
116. Rethwisch, Conr., Westpreußens Wiederaufleben unt
Friedrich d. Gr. {XFl 227) Berlin fFh.^G, 72 83
117. Z wied in eck-Südenhor st, H. V., Zeitungen n. Flug-
schriften aus d. 1. Hälfte des 17. Jh. I. Sammig. a. d.
Bibliotheken d. Karl Franzens-Universität n. d. Joanneums
z. Graz u. d. Steiermark. Laodesarchiv. {Flll 110) Graz L-OR. 73 62
118. Loserth, Job., Beitrage zur Kunde Österreich. Ge-
schichtsquellen. 1. Der angebliche Bernardus No-
ricns. IL Petrus v. Zittau n. d. Cosroas-Hs. z. Donau-
eschiagen. fFien BOG. auf d. Landstr. {3, B,) 72 73
119. Uorawitz, Adalb., G. Frey tag als Dichter u. Historiker.
{Fl 76) Wim Schotten f. OB, (7. B.) 71 84
5. Erdkunde.
120. Schwalbe, Bh., D. Nordlicht. (XlF 24. 184; XF151;
XFll 120) Berlin kg. R. 71 68
121. Kloeden, Gust. Ad. v., Afrikan. Inseln. Berl. Fr.-Wd.Gwseh. 71 70
122. Ahrens, Lud. Heior., Titi siege, e. wichtiger Grenz-
aunkt d. Landschaften Engern u. Ostfaleo wie d. Diöz.
linden u. Hildesheim inuerh. d. jetzig. Stadt Hannover.
{IF30I1; F16; F18.3ÖI6; F11152J3; 1X13. 13a) Hannov. L. I 71
n
IX. Aus Mfisliacke 1874—18^
(enthaltend die Abbandlangen der Jahre 1873—1875 aus
Devtsehland, Ost erreich*) und der Schweiz).^)
[BibUogr. j4bt. 3, Nr. I3a, o. S. 111.)
A.
1. Allgemeines. Schulgeschicbte. Reden.
1. Cauer, PI. Ed., Friedrichs d. Gr. Grunds, über Er-
ziehung u. Unterricht. {11139; Fl 78) Danzig st, G. 73 425 IX.
') Österreichische Programme vom Jahre 1873 s. o. unt ISr. VIII.
') Über die Angabe der Seitenzahlen in der letzten Spalte vgl.
oben S. 48 Anm. 2 n. S. Ö4 Anm. 3.
ßO Prof^rammwesen and Progrtinnibibliothek d. höh. Schalen,
8.
IX« la. Ellen dty G^., Eotw. e. o. Stofen geordo. Katal. f. d.
Schülerbiblioth. höh. Lehraost. (bes. d. Gymn.) (T.]
{Flu 81 ; XlU 2, 3 ; XFi 10, 11) Königsberg Fr.-KoU. 75 444
2. Klaiber, Jal., D. linterr. in d. eheoial. Hohen Karls-
schnle in Stuttgart. Stuttgart Rg. 73 430
3. Meltzer, Otto, Beitr. z Geseh. d. dram. Aoffiihrong.
a. d. Krenzschnle. (niI27', XHI2ö,löl; XFII 43)
(Aus d. Festschrift.) Dresden Krzsch. 73 „
4. Sach, Aug., Uit Sehola trivial, s. particuL u. d. paedagog.
public, in Schleswig während d. 16. Jahrb. {XF l50a\
XFI 102) Schleswig 73 431
5. Koldewev, Frdr., Geseh. d. Gymo. z. WolfeDbüttell.
(FI 93; ■ FW 4 ; XIII 16^18 ; XlF 13. 197 ; XF 11\
XFII 34\5', XFIII 27) fFolfenbüttd 74 411
6. Ilberg, Hugo, Antrittsrede. Dresden G. Neust. 75 427
7. Latendorf, Frdr., D. Lehr. u. d. Abitur, d. Friderician.
1834—1874 (vgl. 0. S. 219). Schwerin 75 426
2. Sprachunterricht.
8. Frick, Otto, Tabelle üb. d. griechisch. Modnslehre.
{FI 26, 33 \ Fl II 51. 56) Potsdam 73 485
10. Radtke, Gust., Griech. Unt. a. d. deutsch. Gymn. Pieß 74 410
11. Rothfuchs, Jnl., Päd.-didakt. Aphorismen üb.* Synt. or-
nata, Extemporieren, Konstruier., Präparier. {XlII 26\
27. 230; XlF 23) Marburg i. H. 75 430
12. Ostendorf, J.) Mit welch. .Spr. beginnt zweckmäßigerw.
der fremdspr. Unterricht? Düsseldorf R, 73 427
B.
1. Altertumswissenschaft.
13. Ahrens, Lud. Hnr., *P^. Beitr. z. griech. Etymol. n. Lexi-
kogr. (iF 3011 ;F16;F18. 35/6 ; FW 52/3. 122) Hannov. L. I. 73 435
13a. -, Dgl. „ „ 74 415
14. Röscher, Wh., Das tiefe Naturgefühl d. Griechen u.
Römer in s. histor. Entwicklung. {XF 132) Meifien 75 428
15. Zumpt, Aug. Wh., De dictatoris Caesar is die et anno
natali. (/ J4; 11159/60; Flll 105) BerUn Fr. ßf^'h.-G. 74 424
16. Schmidt, Job. Herrn. Hnr., Zur Sprachgeschichte:
Akzente, Tropen u. Synonyme. {Flll 64) fFismar 74 414
17. Deecke, Wh., Facere u. fieri in ihr. Kompos. m. anderen
Verbis. (Flll 17; Xlll 101; XlF 44.63) Strafsburg L. 73 435
18. Mommsen, Tycho, Entwickig. einiger Gesetze f. d. Gebr.
d. griech. Präpos. {F151; Fll 18; Flll 5; Xlll 45.
156— 15h) Franl^urt a. M. 74 Wh
19. Holm, Ad., Das alte Katana. {Fl 72) Lübeck 73 447
20. Genz, Herm., D. Serviao. Zenturienverfassung. {Flll 82;
Xlll 118) Sorau 74 424
21. Zoeller, Max, Das S. C. üb. Capua (211 v. Chr.) n. dessen
Ausführung. MiUhausen i. E, 75 438
22. Riese, Alex., Die Idealisierg. d. Naturvölker d. Nordens
in d. griecb. u. röm. Lit. (A7^ 122) Franltfurt a. M. 75 430
23. Weidner, Andr., Epist. ad C. G. Co b et um de Aescbin.
emend. ( Fll 28; XlF 146; XFl 209/10) Giefsen 73 436
24. Merkel, Rod., Nachtr. z. Progr. v. 1871 (Aeschylus).
(7/ 36/7 ; lll 61 ; IF 25 ; Flll 70) Quedlinburg 73 „
25. Volkmann, Rieh., Observ. roisc. 11. {F59i Flll 102;
Xlll 196/97 ; XIF 145) Jauer 73 441
voo R. Ullrich. ßl
8.
26. VolkmaDD, Rieh., Bern. ab. d. y^rgonatäica d. Apollo-
Dins V. Rhodufl. Jauer 73 430 IX*
27. Ha y dock, Mich., Observ. crit in aliq. loc. Aristotel.
(r/Ä5; rill 79; MU122) Greifswald 73 436
28. Blaß, Frdr., Die Echth. der Demostheoes' Nameo trag^.
Briefe. {Flllb'3) Kömgiberg ßfk.-G. 73 431
29. Lortziog, Fraoz, D. eth. Fragm. Demokrits. Berlin Soph,'G. 73 437
30. Kayser, Wh. Karl, Anoot crit. ttd Odyss. exord. {1133;
11137/8; IF62; yi 7; XIII 136) Sagan 73 431
31. Kohl, Otto, De Isocrat. «umor. disp. {XIII 143; Xr36a;
Xyill 168) Kreuznach 74 AM
32. Lud wich, Arth., Beiträge zur Kritik des Mooooa voo
PaoopoHs. Königsberg Fr.-K. 73 437
33. Heller, Herrn., Carae crit io Platoois de repubUca 11.
(Festschrift.) Berlin Jch. G, 74 417
34. Trea, Max, Der sog. Lamprias-Katal. d. Plotarch-Schrift.
{^111 84 ; XIII 19113 ; XlV 138 — 142 ; XF 147/9 ;
XFI207; Xyil249; XFIII 144/3) ff Oldenburg 73 438
35. Kero, Franz, Ob. Xenophanes v. Kolophon. {f^l 43/4;
Flll 76, 113; XIII 137/8; XV 9/ W) Stettin Stadt-G. 73 418
36. Vollbrecht, Wh., De Xeo. Hellen, in epitomeo qod co-
actis. {XIII 197a ; XFll 199) Hannover L 11 74 „
37. Koro, Otto, De codd. doob. carm. Ovid. ex Ponto Mooac.
{Fl 63; rill 93) Strehlen 74 419
38. Seyffert, Oscar, Stodia Plaatioa. Berlin Soph.'G. 74 „
39. Aodreseo, Georg, De verborum ap. Tacitam coUocat.
{XF 71; XFI 133/6) Berlin gr. KL 74 420
40. Sc ha per, Karl, De Georg, a Vergil. emeadatis. {IF 18;
Fl 30; Flu 100; XIII 28a) Berlin Jch. G. 73 440
41. (ImpfeDbach, Fraaz, Aoalecta Tereotiaoa. Mainz 74 420
2. Deutsch.
42. Fick, Aug., Die GSttioger Fauiilieonaneo. Göttingen 73 435
43. Boxberger, Rob., Proleg. z. Schillers Dram. (Fl 81) Erfurt R. 74 421
43a. iSichboltz,Pl.,Uhlaodsschwäb.Ball., s. o. S. 178 A. 2. Berl gr.Ki 73
44. Piper, PL, Gebr. d. Dativs im Ulfilas, Heliaod n.
Otfried. j4Uona R. II. 0. 74 421
45. Schreyer, Herrn., Untersnchaog. über Leben o. Dichtung.
Hartmauos v. Aue. {XIII210; XFI 228) Pforta 74 „
3. Andere neuere Sprachen.
46. Hu m her t, Clas, Meliere in England. {XIII 203. 212 ;
XIF 163/6; XFI 233/6) Bielefeld Rg. 74 422
47. Münch, Wh., Die Entstehung des Ferlomen Paradieses.
{XIII 64/3; XIF 30 131) Cleve 74 423
48. Wingerath, Hub., De l'emploi du choeur dans les trag.
de Racine, Esther et Mhalie. MiUhausen i. E.y Gwhsch, 73 437
49. Böddeker, Karl, Polit. Lied. a. d. Zeit Eduards 1. Stettin R. IL 0. 73 „
4. Mittlere und neuere Geschieh te').
50. Hirsch, Perd., Konstantin VIL Porpbyrogennetos. {Flll 41;
XIII 218; XIF 174; XFI 240/7) Berlin Kgst. R. 73 446
51. Körting, Gust., Wilh. v. P oitien Gesta Guilelmi ducis
Normann, ei reg. ^nglorum. E. Beitrag z. anglo-nor-
manniscben Historiographie. Dresden Rrzsch. 73 439
^) Ans Osterreich sei außerdem erwähnt:
49a. Bachmann, Ad., Zur Krönung Georgs von Podiebrad.
Prag G. d. Mtst. 73 (Bittner II S. 36).
62 Prof^rammwesen and Proprarnnbibliothek d. höh. Scholeo,
8.
XL 52. Röhricht, Rhld., Quellenbeitr. z. Gesch. d. Kreazzöge.
{Fin 43^ \1F 182/83) BeHin Ist, R, 73 439
5. Philosophie.
53. Paath, Franz, Die EaUtehnng d. Böseo, in. Hälfsniitt d.
Lotzescheo Philosophie. (XIII 41 ; XF 31) Saarhrüeken 73 432
6. Theologie').
54. H es sei, Karl, Die altchristl. Basiliken Roms, iosbes. d.
Basilika Sao demente. H'etdar 73 433
55. Deutsch, Sam. Mart, Z. Gesch. d. Donatismns. (fl91;
Xlll 220') Berlin Jch. G. 75 42b
56. Gott schick, Joh., Schleiermachers Verh. z. Kant, ff^emigerode 75 „
X« Die bayerischen') Programmbibliograpliieii (1824—1902).^)
(vgl. Bibliogr. Abt, 3, Nr. 19-24; o. S. 113.)
a) Chttenäcker [I.] (1824—1860)«).
X« 1. Christ, Wh. v., Qoaest. Locretianae. München Maxim^-G. 55 43
2. Cron, Christ. Wh. Jos., Sacra saecnl. gymn. Erlangensis
etc. — De loco Poeticae Aristotel., quo Eoripides
poetaram maxime tragicos appellat. {X 70/1. 101/2) Erlangen 45 27
3. — , Vergl. d. Redegattongen m. d. Dichtongsarten. „ 46 ,.
4. — , Appeodicola cansae Socraticae. AugAurg Prii, G. 57 15
') Von bekannteren Vertretern der exakten Wissenschaft es
(vgl. 0. S. 38 Anm. 8) seien hier erwähnt:
Holzmüller, Gust, Elberfeld 73 449
— , Hagen Gwbsch, 75 441
Loew, Em., Berlin kg. B, 74 430
Hochheim, Ad. (s. ^,56 n.) Magdeburg R. IL 0, 75 U\
Müller, Fei., Berlin kg. B. 75 „
^) Bayerische Programme ans dem Zeitraom von 1824 — 1902 sind
nur hier anfgefdbrt, auch wenn sie in anderen Bibliographien (so bei
retter, Hübl I n. // und Klußmann, s. Nr. IV. V. XIII— XVI) vorkommen;
einige aus den Jahren 190311'. s. u. Nr. XVH u. XVIII.
') Die systematischen Teile (C) sämtlicher 6 bayerischen Biblio-
graphien leiden an dem Übelstande, daß in ihnen nur die Titel der Ab-
handlungen angefahrt sind, aber nicht die Namen der Verfasser, wo-
für die Beifügung der Nummer, unter der die Schriften (mit dem Namei
der Verfasser) in dem Verzeichnis nach Studienanstatten (A) zu finden sind,
keinen ausreichenden Ersatz bietet. Vielleicht entschließt sich der ver-
dienstvolle Heransgeber der letzten 3 Bibliographien, Em. Renn, in den
7. Verzeichnis, das wohl in einigen Jahren zn erwarten ist, noch diese
keine große Mühe verursschenden, auch wenig mehr Platz beanspruchenden
Zusätze zu machen.
*) Die systematische Anordnung der Abteilungen 1 — IX (und Xll—
XVIII), über die S. 35 u. »%' Anm. 1 zu vergleichen ist, wurde hier zugunsten
der nach Verfassern verlassen. Da es sich um die Programme eines
kleineren Landes bandelt, die wiederum auf 6 verschiedene Zeitabschnitte
verteilt sind, schien eine Obersieht nach Verfassern in nlphs-
betischer Ordnung zweckmäßiger, die es ermöglicht, die Arbeiten der
einzelnen Autoren, besonders einiger an der Progrsmmliteratur hier in
außergewöhnlichem Umfange beteiligter, Pur die einzelnen Perioden mit einen
Blicke zu übersehen. Dazu kommt noch der Umstand, daß die Zahl der Ge-
biete, sus denen die mir zugänglich gewesenen Arbeiten stammen, eine ver-
hältnismäßig kleine ist.
voD R. Ullrich. ß3
S.
5. Döderleio^), Ldw., De vocabnio iriliyiToi,
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
Lectionum Horatiaaaruin decas.
Erlangen
25
26 X
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56
f)
LecL Horat. heptaa.
OberaetzuDgsproben a. kriech, n. lat. Scbriftst.
Geg. Misologie, Prakozität u. Plebejitat.
Pädag. Betracbtangeo n. Bekenatnisse.
Aristologie f. d. Vortrag d. Poetik n. Rhetorik.
Rede b. d. lOOj. Stiftnogafest 14. Jali 1843.
D. 1, oiynth. Rede d. Demos t he aea übers.
Didaktische firfahroageo n. Oboogeo.
Scherfleio z. Verstäadois des Horatini.
Lob d. Scholpedantismaa. Rede (8. Aag. 1855).
Coiument. z. DSderleins LaL Fokabular.
Homerica partic. yaQ aasqa. refertor ad ioseqaeatem
seoteotiaiD (Gratnlatioasschr. aa Friedr. Thierseh). „ 58 „
19. Fallmerayer, Phil. Jak., Wichtigkeit u. Notzea gesch.
Stndieo. Landshut L, 26 38
20. Fenerbach^), Aas., Eioltg. a. Fragm. a. e. ooch nagedr.
Werke^) üb. d. Apollo v. Belvedere a. d. Verhalto.
d. griech. Plastik z. Tragödie. Speyer 28 58
21. Grasberger, Lore dz, £2: TulN SIEPSXIOY HENTA-
KONTAETHPI/IA. Griech. Ode in ]5 sapph. Strophen
(z. SOj. Doktorjubil. v. Fr. Thierseh). (A 7617) Würzburg 58 65
22. Goteoäcker, Jos., Die griech. Mathematiker o. be-
sonders Euklid. Münnerstadt 27 44
23. — , HqoxIov öifaiQtt in ling. vernac. traasl. ill. „ 30 „
24. — , Dar Grabmal d. Archimedes. „ 33 „
25. — , Variae lect. Sallnstlanae p. I (Catü,), „ 37 „
26. -, „ „ „ p. II {Jug.) . „ ^45
27. — , Verz. d. Progr.*) usw. 1824—1842. A. Verz. n. Aast. „ 43 „
28. — , Dgl. B D. C, n. Verfass. n. Gegeastaad. „ 43 „
29. — , Gesch. Bericht üb. d. Kasse f. erkrankte Gymnasiast.
(A 7$, 80) Bamberg 55 17
30. Halm, Karl, Lect. Aeschylearnm p. I. München Neues G.'') 35 42
31. — , Emendationes Velleianae. „ „ 36 „
32. — , Lectioaes Stobeos es, p. I. Speyer 41 59
33. — , Spec. commeot. de Ciceronis pro SesUo orat. „ 42 „
34. — , Z. Kritik u. Erkl. d. Annalen d. Tacitus. „ 46 60
35. — , Z. Haodschrifteok. d. Ciceroo. Schriften. München Max.-G. 50 43
36/37. — , Anal. Talliana 1. (lect. var. ad U. rhet ad Her.
ex codd. coli. c. brev. adn. critica I. If.) München Max.-G. 52.53 „
38. — , Emendationes Valerianae. „ „ 54 ,y
39. He erwägen, Hnr., De P. et L. Scipionnm accusatione
(Liv, XXX Vni 50—60). Bayreuth 36 19
40. — , Collectaaeoram ad Aem. Prob um specimeo. ,, 49 20
41. — , Drakenborchii ad Longolium epist. XII prim. ed. „ «^ 21
42. — , Excerpta e cod. Bamberg, ad Li vi i 1. 1. „ 56 „
43. — , De Grani Liciniani frgm. aon. libr. XXVI. (In der
Gratulationsschr. zu Fr. Thierschs 50j. Doktorjub.) Nürnberg 58 51
1) Vgl. dazu Reden und ylufsäize, Erlsngen 1S43 a. 1847, 2 Bde.,
Ferd. Encke, und Offentl. Reden m. e. Anhange pädag.u, philog. Beiträge, ^
Fraakf. a. M. 1S60, Heyder u. Zimmer.
^) Der Vster des gleichnamigen bekannten Malers.
^) Der Vatikanische Apollo. Eine Reihe archäol.-ästhtAischer Betrach-
tungen. Nürnberg 1833, Friedr. Campe. 2. Aufl. Stuttg. 1855.
*) Vorarbeit zu dem bis 1860 reichenden Haoptverzeichnis (s. o.
S. 113 Nr. 19).
^) Jetzt Lud wigs-Gymnasium.
ß4 Prog^ranunwesen and Progrunmbibliothek d. höh. Schal ea,
X« 44. Heerwageo, Har. Wh., Zor Gesch. d. Nnrob. Gelebrteo-
scholeo J 485— 1526. {X 82''b6, 107), Nürvdwrg 60 51
45. HemiioD, Prdr. Beoed. Wh. v., Zucht o. Erziehoof in
SchalcD. Nürnberg 27 49
46. Jan, Ldw. v, Lect. Plinian. I a. H. InediU qnaed. ad
Uitt. Not. finen in sappiementam addenda contiaeoa. (a.
d. Festochr. z. Sakalarf. 8. Apr. 1834). Sehufemfurt 34 56
47. — , Ad notit. codd. atqae emend. epiMtot. Senecae. „ 39 ^
48. — , Ad Macrobii 11. Saturn, emendandos. „ 43 „
49. — , Ansicht, a. Wäosche in betr. d. f. b. bayer. Studienaost.
vorgeschr. Aasgaben d. alten Klassiker. M. Adaot.
z. Demosth. Olynth. I m, Horat. rarm. I 1. Schwemfurt 46 57
50. — , Anm. z. Earipid. y^ndrom. z. PSrdernng e. groadl.
Vorbereitung. Sckwnmfurt 50 „
51. ^, Grundziige e. Ltchrb. d. franz. Sprache. „ 55 ^
52. — y De aactorit. codd. Plinian. (Grat, zo Fr. Thierse hs
50j. Doktorjnb.) {X S7/8) Schwemfurt 58 „
53. Loch, Valeat., Anteil d. Mark. Eagenikns an d. Fort-
bestehen d. griech. Scbisma durch s. Agitation a. d. Kon-
zile zo Florenz a. nach demselben. (A 89) Amberg 44 2
54. Möller, Iw. [v.], De Philostrati in compon. memoria
Apoüonii TSfonensü fide 1. Anabach 58 6
55/56. — , Dgl. n. UI. Zweibrücken 59. 60 6<»
57. Naegelsbach, Karl Frdr., De part. ye usu Homer. Nürnberg 30 49
58. — , Bxplicat. et emendationes Platonicae. „ 36 n
59. Roth^), Karl Ladw., Taciti aliquot per figuram ^V dia
^voiv dicta. Nürnberg 25 4S
60. — , Oratio saecul. (z. 300j. Jubelf. d. Gymn.). „ 26 „
61. — , Grammat. qaaest. V e Tacito repetitae. „ 29 49
62. — , Bmendatt. Tacitanae. „ ^V „
63. — , Deotsche Obs. d. Schrift d. Tac. aber DeuUchland. „ 35 ^
64. — , De satirae natura. {IF 4) „ 43 r>
64a. Sorget, Job., De Tib. et G. Graccbis p. I. {X92a. b\
116a. b) Erlangen 60 2b
65. Spengel, Lnhd., Caecil. Statu comici poetae deperd.
fragment. ed. München Alt. G. 29 39
66. — , Emendd. Varronianarum spec. I. „ „ 30 40
67. — . Spec. comment. in Aristo t. II. de arte rhet. „ „ 39 n
68. Zeuß, Kaspar, D. freie Reichsst Speyer vor ihr. Zer*
störg. n. urk. Quellen örtlich geschildert Speyer 4^i 59
b) Zeifs (GiUenäeker II) (18«1— 1878).«)
69. Auteorieth,Gg.,SyDtax.comp.ferm.t.9i/em.(X<9.9/7(?^)i?r/0i}^. 68 12*)
70. Cron, Christ. Wh. Jos., D. delph. Sprüche d. J. 480 v.Chr.
(A 99. WO. 129) Augsburg prot. G. 63 T
71. — , De oracnl. Siphiis edit. vi ac polest. (Gratulatioosschr.
z. 4ü0jähr. Jubiläum d. Univers. Mönchen). {X 2 — 4.
10 112) Augsburg prot. G. 72 „
72. Dombart, Hur. ßroh., De codd. quibusd. IL Aogustin.
de civü. Dei, Nürnberg 62 20
73. — , Obersetzungsprobe aus d. Miaue Fei. Octav, „ 64 „
^) Auf Roths Nörnberger Amtsreden weist Gutenacker bin
(a. a. 0. S. 51); vgl. K. L. Roth, Kleine Schriflen päd. u. biogr. Inhalts.
Stuttg. 1857, Steinkopf, 2 Bde.
*) Vgl. oben S. 62 Anm. 2—4.
3) Seitenangabe nach dem Progr. von 1875 (s. o. S. 113, Nr. 20^
B. tt. C).
TOD R. Ullrich. ßS
B*
74. Dombart, Heiar. Bernh., />. KHegsgef. d. Plantoi, übs.
(X i^J. 105a. 133) Bayreuth 70 9 X,
75. Eaßier, Adam, Commentan'oL 'peiiUonü ezaminat. et ex
Baecbeieri receas. passim emend. H^ünburg 72 26
76. Grasberge r, Lor., Carm. saecolare. (Z. SOOjäbr. Jubelf.
d. GymnafliniDs). IFürtburg 61 24
77. — y Obersetznngsprobeo a. Lo er et ins. {X21) „ €2 2S
78. Grimm 1), Jos., Der xatixw des 2. Thessaloo.- Briefes
(Cap. n 7). Regmabwrg 61 21
79. Gateoäcker*), Jos.. Verz. d, Progr. usw. 1824->1860.
I. A. (Nach A est alten.) Bamberg 61 8
80. — , Dgl. n. B. u. G. Nach Verf. o. Gegenst. (X 22'-'29) ,, 6^ „
81. Heerdegen, Ferd., Üb. lat. Genusregeia. £; apolog.-
kritisch. Versach. Erlangen 73 12
82. He er wagen, Hnr. Wh., Z. Gesch. d. Nürnberg. Ge«
lehrtensch., 3 Aktenst a. d. J. 1485, 1575 n. 1622. Nürnberg 63 20
83. — , GratalatioDsschr. z, 200j. Jub. d. G. Bayreuth. ^ 64 „
84./85. — , Z. Gesch. d. Nürnberg. Gelehrteasch.*) 1526
—1535. I. n. Nürnberg 67. 68 „
86. — , De Livii L XXVI 41, 18—44, 1. {X 39-^44. 107) Nürnberg 69 „
87. Jan, Ldw. v., Aom. %. Enripid. Hippol, s. Förderg. e.
gr'dndl. Vorbereitong (s. o. S. 64 Nr. 50). SehnoeinfuH 61 22
8Sw — , D. Erlang. Gymo. vor o. not Db'derleias Leitang.
(X 46-52) Erlangen 64 12
89. Loch, Val., Material, z. e. lat Gramm, d. Valgata. {X53) Bamberg 70 8
90. Meyer, Wh., Beiträge z. Kritik d. Horaz-Scholiasten
Porphyrioo. München Max.-G. 70 17
91. N usch, Aug., Vergl. d. Nibtktngenl. m. d. lliae. (X 111) Speyer 63 23
92. Preger, Wilh., Albrecht von Österreich u. Adolf von
Nassau. München Max.-G. 65 1,7
92«. Sörgel, Job., De Tib. et G. Gracchis pp. II. HI. Erlangen 63.66 12
92b. —, Dgl. partic. IV. (X 64a. 116a. b) , Hof 69 14
93. Spengel, Andr., Lectiones Pia atioae. München Ludw.-ö. 66 16
94. — , Die Partikel nonne im Altiatein. „ „ 67 ,,
95. — , D. Hs. Cod. Angast. I Monac d. Demosth. „ ^, 72 11
96. IJnger, Frdr., Othryades. Eine hist.-krit. Abhandlaag. Hof 64 13
97. — , Die letzten Jahre des altrömischen Kalenders. „ 70 14
98. Wecklein, Nikolans, Comm. i. Aristophanis Ranat
(GratoL-Schrift z. 400j. Jab. d. Univ. München). Münch. Max.-G. 72 17
c) Zeifa [Gutenäeker III) (1874—1884)*).
99. Antenrieth, Georg, Grnndzüge der Modaslehre im
Griechischen ond Lateiniscben. Zweibrücken 75 38
100. — , Emendationes Sophoeleae. (X^^) „ 79 „
101. Cron,Cbr.Wh.Jos., Kede z.Wittelsbaeh-Feier. Augsbg. prat. G. 80 8
102. — , 3 Schulreden (1. Lessing u. d. Schule. 2. Goethe n.
d. Schule. 3. Schale u. Haus). (X 2-^4. 70/1) AvgMbg.proL G. 84 9
103. Dietsch, Karl, Zur Methodik des lat ein. Unterrichts.
I. Nomen und eiof. Satz in d. untersten Lateinklasse. Ho/ 79 18
104. — , dgl. n. Der einfache und der zusammengesetzte Satz
in der Lateinschule. (X 121. 150-^152) „ 80 „
') Von bekannten Vertretern der exakten Wissenschaften
(vgl. o. S. 38 Anm. 3) sei hier erwähnt:
Günther, Sigm., tFeifsenburg a. Sd., Latsch. 72 30.
>) Vgl. 0. S. 113 Nr. 19 u. S. 63 Nr. 27 u. 28 mit Anm. 4.
«) Vgl. o. S. 64 Nr. 44.
«) Vgl. S, 62 Anm. 2—4.
Zatticlir. f. d. OynuMiAlwMon. LXL SiipploiBOnik«ft. J
ßß ProcpraiDDiwesea und Programmbibliothek d. hob. Sebnlen,
s.
X« t05. Dombart, Broh., OktmmUi e. Dialofr d. Minne. Felix,
105 a. iiberg. 1. 0. (X 72'-'U, 133) Briangm 75, 76 16
106. Fiaseh, Ad., Zum Parthenon- Pries. fß^ärzburg 77 37
107. He er wagen, Heinr. Wilh., Dentsehe Leaestncke mit
lateinischer Obersetznng. (X 39^44, 82^80) Nürnberg 76 29
108. Helmreieh, Gg., ralfivov mol tov Sta rtj^ fffax^uf
OifwlQag yvfivaalov, Galeni lib. q. e. de parvae pilae
exereiUo. Ad codd. prim. coüat. recensnit. (A 123,
106/7; Xni 139; XFlll 131) Augsburg prU. G. 78 8
109. Krombacher, Karl, De codd. qnibns Inlerpretameota
Psendodositbeana nobis tradita sunt München Ludw.-G. 83 24
110. Landgraf, Gost., Die Valgata als spraehlicbes Vorbild
d. Konstaatin-Romans. {X 123J6, 142, 162) Spejfer 8t 35
111. Nasch, Aug., Ronrad IL 1. d. deatsch. Sage o. Poesie. {X 91) „ 75 „
lila. Ohlensehlager, Prdr., Die römischen Truppen im
rechUrheinisehen Bayern. {X 163) München Max.-G, 84 25
112. Renn, Emil, Ad tria Martialis epigramm. Lindau LtscK 81 43
US. — , Novae tres ad Martialem commeotationes.
(X 127, 144, 167-, XFU 253) „ „ S2 43
114. Rehmer, Ad., De schol.Victorian. Homericis. Münch Ldw,-G. 74 23
115. —, Ein Dichter n. ein Kritiker vor d. Rtchterstnhle des
Herrn R. Peppmöller. P.s Kommentar z. XXlF. B.
der lUas kritisch beleachtet. {X 14516) München Ldm,'G, 77 24
116 a. b. Sörgel, Job., Demosth. Stud. L 0. {X64a\ 92a. h) Hof 81, 84 18
117. Sp enget, Aodr., Die Akte-Binteilnng der Komödieu des
Plan tos. {X 93-^5) Münchm Max.-G. 77 25
117a. Stolzle, Remig., Lehre v. UnendL b. Aristoteles. L')
Augsburg St, Sleph. 82 10
118. Welshof er, Karl, Bin Beitrag z. Handschriftenknnde der
Nai,Hist,d.P\ia\nB. {XFn202\ Xrm 149) Münch. Uw.-G. 78 24
119/120. ZeiB, Joh. Gg., Verzeichnis der Programme etc.
1 86 1 — 1 8 7 3 (s. o. S. 1 13, Nr. 20) 2 Tic. Landshut 74/5 22
d) Benn {Gutenäcker IV) (1886— 1889)*).
121. Dietsch, Karl, Zor Methodik d. lateio. Unterrichts.
IH. Aus einem Lehrgang der lateinischen Syntax Tdr die
4. Uteinklasse. (A W3I4. 150/2) Hof 86 14
122. Doe berl, Mich., Reicbsonmittelbarkeit o. Schatz Verhält-
nisse der ehemal. Zisterzicaser-Abtei Waldsassen in
den drei ersten Jahrb. ihres Bestehens. {X 130/2) Passau 86 21
123. Helmreich, Gg., Galeni de utüüate partium lib. IV ad
codd. prim. collat. rec. {X 108. 156/7-, XFll 159\ XHU
131) Augsburg proL G. 86 9
124. Hildeobrand, Frdr. Job., S. Properti elegg. lib. 1
commentar. gramm. instroxit {X 138^140, 158-^161;
XFU 26) Frankenihal Usch. 85 25
125. Landgraf, Gast, Die Fita Aleaeandri Magni des Arcbi-
presbyters Leo {Historia de pretiis). Mach d. Bamberg,
a. ältesten Münch. Hs. zum ersten Male heraasgegeben.
I: Die NekUnebassage 1 1—14. Schwei^furi 85 22
') Bin zweiter Teil ist nicht erschienen.
') Vgl. o. S. 62 Anm. 2 — 4. — Von Vertretern der exaktes
Wissenschaften (vgl. o. S, 38 Anm. 3) sei hier wiederum genaont (s.
oben S. 65 Anm. 1):
Giinther, Sigm., An^Mch 77,81 e) S. 6.
— , „ 86 d) S. 8.
VOB R.Ullrich. 67,
8L
126. Landgraf, Gast, Uatenrachna^eo sq Caesar nod s.
Fortsetzera, iosbes. üb. Aotorseh, u. Komposit. d. Bell.
Alßxandr, o. ^fruuuaan. {X 110, 142. 162) München fFilh.'G. S8 t$ X«
127. Rena, Emil, Griechische Ei^eonamen bei Martial.
(X 11213. 144. 167; XFll 2Ö3) L<mdthut 89 16
128. Stan^l, Thom., Tulliaoa et Mario-Victoriataaa.
IX 147/8. 168) Münehen Ltp.-G. 88 17
«) Benn iOutmäcker V) (1890—1895) ^).
129. Antenrieth» Gg., Eatwickloog der RelativaKtxe im
lodogermaaischea. (X 69. 99. 100) Nürnberg All. G. 93 23
130. Doeberl, Mich., Zorn Rechtfertigongsschr. Gregors VII.
an die deutsche Nation im Sommer 1076. München Ldm.-G. 91 18
131. — , Regesten n. Urkunden z. Geschichte d. Dipoldia ger
Markgrafen auf dem Nordgan. Münehen Ldw.-G. 93 „
132. — , Die Markgrafschaft und die Markgrafen auf dem
Nordgan. (A 122) Münehen Ldw.-G. 94 23
133. Dombart, Brnh., Die Ansbach. Gymnasialbibliothek
im 18. Jahrhundert (X 72/4. lOö. lOöa) Ansbach 93 6'
134. Dyroff, Karl., Ober einige Quellen des llias-Dia-
skeuasteo. fFüraburg A. G. 91 28
135. Haury, Jak., Qnib. foot Ael. Aristides usus sit in
compon. declamat q. i. IIava&t[yauc6s. Augsburg Hg. 88 35-
136. — 9 Procopiana I. „ „ 91 „
137. — , „ II. (X löS) München Rg. 93 36
138. Hilden brand, Frdr. Joh., Matth. Quad und dessen
Europae univertalis ei partieularis deseriptio. Beitrag
z. Gesch. d. deutsch. Kartographie. 1, 11. Frankenthel Pg. 90. 92 30
139. >-, a) Beitr.z. Gesch. d.Sudt Frankeothal I. Obers, d. Gesch.
d. höh. LehransUlten d. Sudt Frankenthal >).
140. —,8) Quellen z. Geschichte d. SUdt Frankenthal I.
{X 124. 1Ö8'-161\ XFU 26) Frankenthal Pg. 94 31
141. Kerschensteiner, Georg, Die Resultate der zweiten
Gepatschfern er -Vermessung Sekweinfuri 93 26
142. Landgraf, Gust., Das Bellum Alexandrinum und d. Cod.
AshburnhameasU. (X HO. 125. 126. 162) Müneh. JFK-G. 91 20
143. Melber, Joh., Dio Cassius üb. d. gail. Kriege Caesars.
I: Kriege m. d. Helvet. u. gegen Ariovist. Münehen Max.-G. 91 „
144. Renn, Em., Verz. d. Programme etc. IV. (t885<--89); ,
vgl. o. S. 113 Nr. 22. (X 112/3. 127. 167; XVll 263) Landshut 90 16
145. Roemer, Ad., Beitr.z.Krit.o. Ezeg.gr loch. Schriftst. Kempten 92 15
146. — , Homers Ilia*. Editionis prodromus. {X 114/5) „ 93 „
146a. Stahlin, Otto, Beiträge z. Hss. d. Clem. Alexandr.
{X 167 a. b) Nürnberg N. G. 95 24
147. Stangl, Thom., Virgiliana. Die grammat. Schriften d.
Galliers Virg. Maro a. Grund e. 1. Vergl. d. Hs. v. Amiens
u. e. erneut, d. Hss. ▼. Paris u. Neapel textkr. unters. Münch. Ltp.-G. 91 19
148. — , Bobiensia. Neue Beiträge z. Textkr it. u. Sprache d.
Bob. Gie.-S;chol. {X 128. 168) Münehen Ltp.-G, 94 „
f) Benn {GtOenäeker VI) (1896-1902) >)•
149. Beyschlag, Frdr., O.Anklage d. Sokrates. Neustadt a.H. 00 25
149n. Buttmano, Rud., Gesch. d. Gymn.-Bibl. (Xm 17) Zweibr. 98 35
150/2. Dietsch, Karl, Beitr. z. Gesch. d. Gymnas. Hof. I. U. III.
iX 103/4. 121) Hof 96/98 15
i> VgL o. S. 62 Anm. 2--4.
>) Vgl. die Berichtigung von E. Renn (Gutenäcker FI) S. 36 Aam..
5*
ßS Procprammwesen and Progriminbibliothek d. h5h. Schalei,
8.
X. 153. Dyroff, Ad., Anlage d. stoiseb. BSeherkataloge. Würsbg.N.G. 96 34
154. — , Tierpsyeholog. d. Pinta rch. y. Chat r OD eia. „ 37 „
155. Haury, Jak., Zur Beurteilg. d. Geschichtschr. Proeop.
(XlSö/7) München irk,-G. 97 23
156. Helnreieh, Gg., Galen i de temperameniis 1. I. Ad
codd. primam eollatos recensait. Augsburg prot. G. 97 7
157. — , GaL dB Hftima eorp, eonstitut. Idem de bono habäu,
Aceed. coroU. var. lectt Ad eodd. prün. coli, reeeosnit
(X 108. 123 ; Xni 159; XFlll 131) Hof Ol 15
158. Hildenbrand, Frdr. Job., Die korfürsti. Kriegs- n. Real-
festnag Prankentbal in der Unteren Pfalz. FrankmOhal Pjg. 96 36
159. — , SignacnL mediei oealar. Rom. in agro Franken-
thal. repert. et prim. in qoaeationem voeatnn. Franhmthal Pg, 97 „
160. — , Die Überreste der roman. Abteikircbe Pranken-
tbal i. d. PC in i. kaltorgescb. n. arebit Bedtg. Frankenihal Pg. 99 „
161. — . Die Kollyrien-Stempel der gall.-röoi. Augen-
ärzte 1. Nebst Anhg.: necoeil de sept cacbets d'oea-
listes etc. {X 124. 138—140 ; XHl 2$) FnmkaäAal Pg. IM) 37
162. Landgraf, Gnst., Beitrage zar bistor. Syntax d. lat.
Sprache. (X 110. 120/6. 142) München Wilh.-G. 99 23
163. Ohleoacblager, Frdr., Die temporale Verwendnag der
Formen des ZeitworU. {Xllla) München Ludw.-G. Ol 21
164. Reggel, Fz., D. dtscb. Themata ete. I (Forts. II {0:i) n.
HI {flö) vgl o. S. 156 Anm. 1, XFll 89) Neuetadta.H., 02 25
165. Rehm, Alb., Mytb. Unters, iib. gr. Sternsagen. Münch. ff'h.-G, 96 23
166. — , Eratostb. Caimsteritmormn fragm. Vatieana. Ansbach 99 6
167. Renn, Bmil, Verz. d. Programme ete. V (vgl. o. S. ]]3
Nr. 23 n. X 112/3. 127. 144; XFIl 2ö3) Landihut 96 IS
167 a. Stähl in, 0., D. Scholiea z. Clem. Alex. Nürnberg N. G. 97 27
b. — , Clem. Alex. o. d. LXX. {X146a) „ „ Ol „
168. Stangl, Thom., Talliana. Der Text des Thee. Hng. Lat.
za Cicero de oratore. {X128. 147/8) München Ltp,-G. 98 21
169. Stemplinger, Ed., Studien za d. *E&wwtt des Steph.
V. Byzanz. München Max. -G. 02 22
170. Zocker, Ad., D. Gebrancb d. Artikels b. Personen-
namen in Xenophons Anabasis. Nürnberg N, G. 99 27
171. — , Xenoph. o. d. Opfermantik i. d. ^ifoAtfm. „ „ 00 ^^
XI. Die badischen BibliographieD 18S7~1887).M
(vgl. BOfl. Abt. 3, Nr. 17 und 18; o. S. 112 f.)
a) Fesenbeckh (1887— 1862) >).
XL 1/2. He rtlein, Frdr. Karl, Observat. crit in Xenophontis
Bist. Graec. H'}. HL IFertheim^) L 41.45 19
^) Ober die Anordnung (wie bei der Auswahl der bayerischeo
Programme) vgl. o. S.62 Anm. 2 — 4.
*) Es wird hier nur eine ganz knappe Auswahl gegeben, da mir eis
großer Teil der alteren Programme aus Baden infolge des mit Nord-
deutsc bland erst sehr spät eingeführten Taoschverfcehrs nicht zugänglich war.
Badi sehe SchuImäaDer werden hier manche Ergäazung liefern können. —
Übrigeos enthält das Fesenbeckhsehe\eT%t\ch!a\% leider nicht wenige Druck-
fehler (gerade in bezug auf Jahre s zahl e.n), die hier (z.T. nach iSoiA/cr;
XI b) verbessert sind; auch viele Titel sind ganz ungenau.
') Teil I erschien 1836 (verzeichnet bei Köhler -^ s. u. Nr. XI b S. 4S).
^) Von 1809—1845 als Gymnasium bezeichnet, bis 1872 als
Lyzeum, seitdem wieder als Gymnasium (vgl. o. die TiAeile (hinter
S- 160) Anm. 2).
s.
47
17
öO^)
i9
54
18
56
17
57
n
58
18
5B
16
von R. UUriciL $$
s.
3. Hertleio, Frdr. Kar), fimeodatiooes Jalianeae. U^erthmm L 47 17 XI«
4. — , Rritiflche Beioerkao^en za Julia o« Schrift^o. \,
5. — y Beiträge zar Kritik des Polyaeaas. ,,
6. — , Coniect. crit. ia Jaliaai orat, atqae epist, „
7. — , Spec. oov. Joliaai Caesares editioais. „
8. — , Zur Kritik u. firkl. v. Xenophons Anabasü „
9. — , Symboiae criticae ad Aeoeam Tacticnm. „
10. — , Konjekturen zu griechisehen Prosaikern J. (haupts.
Plato, Xenophoo, Julian). Werthmm L. 61 17.19
11. — , dgl. IL (haupts. zu Rednern, Thokyd., Xenophon).
(XI 36— 43) fTertheim L 62 16
12. Kappes, Karl, Z. firkl. v. Vergiis Jineide (B. I). Freiburg 5$ 20
13. — , Erläut z. Gesch. d. röm. Kitter unt. d. Köoigen. „ 55 24
14. — t Zur Methode des Geschichts- Unterrichts auf
Gelehrtenschnlen. (XI 47—54) Freiburg 61 15.25
15. Kayser, Karl Phil., Bern. üb. e. Stelle des Cicero. HeidAet^ 27*)
20. r^ußlin»), Frdr. Aug., Rede Basilius' d. Gr. an chrütL
JüngUnge über den rechten Gebrauch der heidnischen
SehrifUteüer^ übersetzt und erklärt. Mannheim L, 38*) 17
21. — , Erkl. d. H om. Gesänge a. ihr. sitt). filem. ; 5. Ges. „ 42 „
22. — , Beantwort d. Frage, ob d. spät. Vergessen d. Griecb.
ein Grund s. Verbann, a. d. Schul, werden könne. Mannheim L. 43 16
23. — , Rollins Anleäg,, d, Homer zu lesen, deutsch. „ 47 11
24. — , Beitr. zu e. anregend. Erläuterg. d. Homer nach dem
Elemente des Sittlich-Schönen. 1) des 8. Gesanges der
Oe^fMe; 2) einiger Pia ton. Stellen a. Homer. Mannheim L 48 „
b) Köfder (1868-1887)").
25. Baumgarten, Fritz, Ein Rundgang durch die Ruinen
Athens. (XFI 4a; XFIU 125) H'erlheim 87 49
26. Bis sing er, Karl, Funde röm. Münz. i. Baden. (XIF53I4;
XF 77. 183; XVII 15, 95 a; XFIl! 73. 126) Donaueschg. Pg. 81 51
^) Trägt bei Fesenbeckh fälschlich die Jahreszahl 1860.
«) Vgl. h'öhler (XI b) S. 12.
') Vgl. dessen Biographie von Fritz Baumgarten, Progr, Frei-
bürg ß. 1896; s. a. die ältere Schrift von P. Behaghel, Progr, Mann-
heim L. 1851.
*) Von älteren Programmen dieses bekannten badischen Schulmanns
seien erwähnt (vgl. RbhUsr, XI b, S. 26):
16. Einige Vorerinneruogen. Mannheim 16
17. Vorbericht, eine Erklärung enth., die den Zweck hat,
„gewissen Mißverständnissen durch einige vertrauens-
volle Worte zu begegnen*'. „ 28
18. Des Perikles Standrede auf die gefall. Athener (Thuk.
II 33 — 46) übersetzt, mit Einleitung u. Anmerkungen. „ Si
19. KriUm, Ein Platonischer Dialog über Gesetzlichkeit,
Volksurteil und Selbstbestimmung. „ 35
*) Das Köhlersche Verzeichnis (s. o. S. 113 JVr. 18) enthält zwar
auch Programme aus älterer Zeit, sogar viele aus dem 18. Jahrhundert (so
die von Karlsruhe G, seit 1721, von Heidelberg G. seit 1760, Rastatt G, seit
1719, IVerQuim G, seit 1772), wie es in Deutschland überhaupt bisher die
einzige Sammlung ist, in der ein Versuch gemacht ist, für alle Gebiete
(für einzelne vgL z.B. o. S. 116 Nr. 38) die ganze Programmltteratnr
eines Staates möglichst von Anbeginn der ganzen Einrichtung zu ver-
einigen ; doch ginge eine Berücksichtigung dieser Literatur über den Rahmen
der vorliegenden Arbeit hinsus; Tor die älteren Programme des 19. Jahr-
hunderts vgl. 0. die Bemerkung S. 68 Ann. 2.
KKarUr. L 11 19
70 Programmweseo od4 Programmbibliothek d. höh. Seimlei,
8.
XL 27. EgoDolff, Pet, BrotemaU gramm. ex arte DioBysiaaa
orianda max. pari, nuac primnm edidit Mannkeim 80 28
28. -->, Die orthoepUehea Stücke der byzant. Lit {XIF64) „ 87 „
29. Feeeabeckhy Ladw. Friedr., Das Programmeaiastitnt
in Großh. Badeo. (g. XIa o. o. S. 112, Nr. 17) Lahr 63 25
30. Hartfelder, Karl, Qaellea v. €ic. 2 BB. de dwinai. Freiburg 78 7
31. — , Die alten Zanftordnangen der Stadt Freibarg,
hrsg. und mit Anmerkoogen versehen. Freiburg 7$ „
32. — , Deutsche Obersetzimgen klassischer Schriftsteller ans
dem Heidelberger Hnmanistenkreis. Heidelberg 84 14
33. -*, Unedierte Briefe von Rad. Agricola. „ ^«
34. Hebel, Joh. Peter, filnladang za den öffentlichen Prii-
fangen. Programm^) der Vorträge:
1) Kare wäre das measchliehe Leben? Nein, es
ist lang (lat).
2) Nil mortallboa ardaam est etc. (deatseh).
3) Jedes Zeitalter stellt große Master für die
Nachwelt aaf (frz.).
4) Lobrede aaf den RSoig Persona (l*^-)*
5) Die fehlerh. Seite i. Charakter Ciceros (dtseh).
6) Ober die Klage, daß sich die Zeiten immer
ins Schlimmere verändern (deatseh).
35. Heraens, Karl, Z. Math. d. CJnterr. i. d. griech. Formenl.
Uli 68; FinS8; XIII44.12S) J^einheim, Benders IntL 53 57
36. Hertlein, Friedr. Karl, Variae leet. adJnliani Caesare*
e eodd. enotaUe. ff^eriheim 63 49
37/9. — , Beiträge z. Kritik d. Diodonis I II 1 a. 2. „ 64/66 „
40. — >, Zar Kritik der 1. Rede Jaliaas. „ 69 „
41. — , Beiträge znr Kritik des Diodoras [IH]. „ 71 „
42. —, Zar Kritik der Reden des Themistias. „ 72 „
43. — , Konjekt. za griech. Prosaikern HP). (Xt 1-^11) „ 79 „
44. Hilgtrd, Alfr., De art gramm. a DionysioThrace comp.
interpretat. veteribas in singnL commentarios distriba-
endis. Accednnt explanationes ineditae. Heidelberg 80 U
45. — , ExerpU ex. 11. Herod. Technici. (XFl 1Ö6) „ 87 ,,
46. Hitzig, Herm., Beiträge zar Textkritik des Pausanias.
(X// 14/5) Heidelberg 73 «
47. Kappes, Karl, Zar Erkl. v. Vergils ^hom^s. (B. H) Ronetan* 63 24
48.—, „ „ „ „ „ (B.lII)Z;oiiaveidk.P^.^^ 51
49. — , Zam deatsch-Iateia. Wörterbuch. n 68 „
50. — , Rede bei Brölfnang des Neabaus des Rg. ia KarUrahe
(mit Beschreibang. des Gebäadea). KarUruhe Hg. 76 52
51. — , Zar Real schalfrage. „ 77 „
52/4. ^ Zar Gesch. der Aastal t I/m. (Ai/S—i4) „ 8315 „
55. Köhler*), Jak., Die Hss. a. Inkan. d. Gymnas.-Bibl. Haetatt 86 45
56. Sallwark, Ernst v., Die Syntax des Vulvila. P/orskeim 75 30
57/8. Schiller, Herrn., D. stoische Oppos. u. Nero 1 1.2. H'ertheim 67/8 49
59. — , „ „ „ »> II 1 3. KarUruhe 69 22
60. — , Pädag. Zeitfr. 1. Das Griech. im Gymn. {Xin56) Honstmz 75 24
61. Schmalz, Jos. Heior., Glogiam Ferdinand! Caspsri. Mannheim 79 28
62. — , Die Latinität d. P. Vati n ins (Cic ad fam. V9 u, 10) „ 81 ^
63. -•, dgl. d. Asin. Pollio (Cic ad fam. XSl--^) mit
1) Dies Programm aas älterer Zeit ist aasnahmsweise aafgeaoBffleoi
om der Person willen, anter deren Leitnng sich sein Inhalt abspielte, iui4
wegen der Stoffs, die damals behandelt worden sind.
») 1 a. n s. 0. Nr. 10/1.
') Der Verfasser der hier henatzten Programm -Bibliographie.
n
n
von R. Ullrich. 7J
B.
Berücksichtig, dar bei Qaiotil., Seoeca etc. über!.
Fragm. a. deas. Red. u. tieschichtsb. {XIF41) TmherhUehoftk. 82 46
64. Sitzler, Jak., £mendatioaes Theogoideae. Baden 78 4 XI*
65. — , De Xeoophooteo q. f. Hierone» TauberbischofMheim 74 46
66. — , Soloa als Dichter. „ SO „
67. — , Studien z. d. Elegiker Theogois I. „ ^ n
68. — , Die Lyriker Bomelos, Terpaoder n. Alkmao im
Verhiütais za Homer. Tauberbüchqfthmm 86 „
69. S t a d t m u 1 1 e r , Hg., Beitr. z. Textkrit. d. Enrip. Medea, HeÜMff. 76 14
70. —, Emendd. io poet. Graee. {XFlil; XFI 202) „ 82 ,,
71. Thorbecke, Aug., Casaiodoros Senator. ,, 67 ^
72. — , GesU Theodorici. „ 74 ,,
73. Uhlig, Gast., Append. art. Oioays. Thr. ab (J. reeens. ,, 81 „
74. Weodt, Gostav, Zwei Schnlreden. (14. VUl. 70 nad
19. I. 71) Karlsruhe 71 22
75. — y ZamLehrpl. d. Gymnas. (L'at., Deatsch.,'Grtech.). „ 77 ,,
76. — , ,y „ „ „ (Geogr. o. Geschichte). „ 79
77. — , Oberbl. d. Gesch. d. Gym aas. (Z. 300j. Jnbelf.). ,, 816
78. ~, Festrede z. 300 j. Jabil. des Gym aas. {XFU79), ,, 87
79. Ziegler, Theob., Aofäage einer wisseoschafUichen Ethik
bei den Griechen. {JUI62) Baden 79
XU. Ans der Sehireix (1866-1889)>).
Büeler (vgl. Bibliogr. Abt. 3, Nr. 37; s. o. S. 116).
1. Allgemeines. Schalgeschichte.
1. Fröhlich, Franz, Zar Eiaaerang an Alt-Rektor Rod.
Rancheastein. /larau /T.') 80 2 XIL
2. Grob, Karl, Unsre städt. Schole o. i. Zukonft Aarau st. Seh. 76 3
3. Hagen, Herrn., Jac. Bongarsias, e. Beitr. z. Gesch. d.
gelehrt Stud. im 16.— 17. Jahrb. Bern K. G. 74 9
p;5lt«.**r»» I Zar Geschichte der Zürcherischen lyjt^'^t, oo «i
Sli.xikerfFr j «••'•■»«•>»»• (1893-1883) (XII 13) j^""** ^ "
5. Miihly, Jakob, Mensch and Tier. Eine Erzahlnng Tdr die
Jogend. (XII 20—24. 45) Basel Rg. 57 6
6. Vögelin, Sal., Zar Erinoeraog an Joh. Ulr. Faesi. Zürich K. 70 30
2. SpraehBnterrieht.
7. [Kahn, Alb.], Die klass. Philol. als Bildnngsmittel. Eine
historische Skizze. {XII 43, 56. 57) Einsiede Ben.'St, 69 13
I) Hier tritt wieder (wie io Nr. I-IX; aber X a. XI vgl o. S.62
Anm. 2— 4 and S. ^^ Anm. 1) die systematische Anordnung ein. Die
Aaawahl schweizerischer Programme ist absichtlich mit großer ZarUck-
haltong getroffen. Abgesehen von Soßeren Hindernissen (es kommt bekannt-
lich nor eine ganz kleine Anzahl dieser Programme in den dentschen Taasch-
verkehr; vgl. aoch oben S. 68 Aom. 2) fiel hier der Umstand ins Gewicht, daß
bei einem großen Teile, zamal aaf dem Gebiete der Landesgeschichte im
ganzen wie der Schalgeschichte im besonderen, der Bearteilaog durch Nicht-
aebweizer eigenartige Schwierigkeiten entgegenstehen. Schweizerische Schal-
manner werdea hier ohne Zweifel viele wertvolle Ergaazangen liefern können.
>) Innerhalb der einzelnen Abteilongen ist die Ordoaog alphabetisch
nach Verfas sern.
*) AI »s Kaotonschole.
>«
12 Prograniinwesen und Programmbibliothek 4. höh. Seholen,
5.
B.
1. Ailgemeiae Sprachwisseoachaft.
XII. 8. R aegi, Ad., D. R ig-Veda, die alt. Lit. d. lader I. H. Zürich K. 78/$ 30
2. Altertamswiaseoschaft
9, Bernoalli, Job. Jak., Die Laokooograppe. Basel Päd, 63 4
10. — , Die Bildaifse dea älterea Scipio. „ ,) 7<$ 5
11. — , Die erhalt. BUdaiaae berühmter Grieehea. „ „ 77
12. Dziatsko, Karl, Die Plaatiaiaeheo Prologe. Lustm K, 07 17
13. Finsler, Gg., Raveaaa in d. rSm. Kaiaerzeit. {Xll 4) Zürich K. 86 31
14. Hitzig, Herrn., Weitere^) Beiträge zar Texteskritik des
Pansanias. Burfcdorf 76 10
15. ^, Studien so Isaeas: {Xl4ß) Bern R., G. 83 9
16. Hng, Arnold, Antioehia nad der Aufstand des Jahres
387 n. Chr. fTiiderthur höh. StadUch, 63 26
17. Jacoby, Karl, Sprache d. Dionys v. Halik. in der Adni.
ArehäoiogiB, Aarau K. 74 2
18. Riefiling, Ad., Znr Kritik der Rom. Archäd. d.Dioays
V. Hai. (Vm 32) BtutA PätL 68 5
19. Lnterbaeher, Franz, Prodigienglanbe n. Prodigienstil
der Römer. Burgdorf SO 10
20. Mähly, Jak., Znr Kritik des LehrgedichU Aetna. Basel Päd. 62 i
21. — , Varroniaoa. „ „ 65 5
22. — , Das 30. Idyll d. Theo^rit „ „ 72 „
23. — , Satnra. „ G. 86 „
24. — , 1. Die Sonnenhelden der Mythologie. 2. Sophok»
leischea. (XJIö,4S) Basd G. 89 6
25. Mettaaer, Tb., Com. Nepos, s. Leb. n. s. Schrift. Muri Bz.'Seh. 82 20
26. — , Solon als Diehter. ,, „ 84 „
27. ~, Die Philosophie des Sokrates. (XJl 34) f, „ ^^ »
28. Nietzsche, Friedr., Beiträge zur Qnelleokoade n. Kritik
des Laertius Diogenes. Basel Päd. 70 5
29. Oeri, Job. Jak., Novaein responsionem Aristophaneam
animadversiones. Schaffhausen 76 23
30. — , Interpolation n. Responsion in den iambiseben Partien
der Andramache des Enripidea. Sehaffhausen 82 24
31. — , Götter n. Menschen b. Bnrip. (XFIW ; XFJl 176) Basel 89 6
32. Pltifi, Theod., D. Reiz erzähl. Dichtg. n. d. An. Vergils. Basel 82 5
33. — , Die Eröffonogsszeoe J. JS/eA^ra d. Soph. (XFI 188) „ 89 6
34. Ranchenstein, Rnd., fimead. in Aesch. Eumenides. Aarau R. So 1
35. — , Emendatiooes io Aeschyl. Agamemnon. (XII öS) „ SS „
36. Ribbeck, Otto, Baripides und seine Zeit. (/// 72) Bern R., G. 60 8
37. Wirz, Bans, De fide atqoe anetor. cod. Sallast. q. Paris.
in Bibl. Imp. o. 1576 asser vatnr. Aarau R. 67 2
38. —, Kritik d. J. &i(tro Jnyenals. {XFI 21S) „ 68 „
39. Wölfflin, Ed., Liv. Krit n. Sprachgebr. ßf^interth. höh. Stadtseh. 64 26
3. Neuere Sprachea und Literaturen.
40. Bächtold, Jakob, Über Schillers Demetrius. {XIIS2)
Zürich, Lehrerinn.'S. 88 31
41. Ettmüller, Ldw., Vers. e. strengeren krit. Behaadlnng
altnd. Texte. Zürich R. S^ 30
42. Hirzel, Ldw., Schillers Beziehungen zum Altert. Aarau R. 72 2
43. Kuhn, Alb., Ideelle a. ästh. Bedeutung d. mhd. Poesie.
XII 7. 5617) Einsiedeln Ben.-St. 74 13
^) Der Anfang erschien als Progr. d. G. z. Heidelberg 1873 (s. o.
S. 70 Nr. 46.).
9»
'9
von R. Ullrich. /^
44. Kurz, Heior., Walthers v. d. Vogelweide Herkunft
and Heimat. Aarau K. 63 1 XII,
45. Mähly, Jak., Friedrich R'dckert. (KU 5,20^24) Basel Rg, 69 6
46. Wackernagel, Wh., Unldeatschnngfremd.Wö'rter. „ Päd. 61 4
47. — , 6 Brochstacke einer Nibelangen-Hs, aas der mittel-
alterlichen Sammlang za Basel. {XU 58) Basel Päd. 66 5
48. Breitinge r, Heinr., Aphorismen zar französ. Gramm.
a. Phraseologie. Frauenfeld K, 61 14
49. — , Zar Gesch. d. franz. Gramm. (1530—1647) „ ,, 68
50. — , 2iaion Ramboaillet o. s. kalturgescb. Bdtg. ,, „ 74
51. Tobler, Ad., Bruchstück a« d. Chevalier au lion nach der
Vatikanischen Hs. Solothurn h\ 62 24
4. Mittlere uad neuere Geschichte.
52. BSchtold, Jak., Der Minorit Georg König v. Solothurn
u. s. Reisebeschreibungen. (XU 40) Solothurn K. 74 24
53. Hnoziker, Otto, Wallenstein als Landesherr, insbes. als
Herzog v. Mecklenburg. Zürich K. 76 30
54. Mettaner, Th., D. Femgerichte Westf. (XU 23/7) Muri Bz.-Sch, 86 20
55. RaueheusteiB, Rad., Winkelrieds Tat b. Sempacb ist
kelae Fabel. (XU 34135) jiarau K. 61 1
5. Kunst des Mittelalters und der Neuzeit.
bßßl. Kuhn, Alb., Der jetzige Stiftsbau Maria-Einsiedeln. I.
II. (XU 7. 43) Einsiedeln Ben,-St, 81/2 13
58. Wackernagel, Wh., Die goldene Altartafel v. Basel.
(XU 4617) Basel Päd. 57 4
6. Religionswissenschaft.
59. Furrer, Konr., Allg. Religionsgeschichte u. relig.
Bildung. Zürich Lehrerinn^-S, 84 31
60. Herzog, EdL, Abiassungsz. d. Pastoralbriefe. Luzem K, u. Th. 72 17
7. Philosophie.
61. Göring, Hag., Sophie Germain. Ein Lebensbild a. d.
Geschichte d. Philosophie. Basel Gwbsch. 79 8
62. Ziegler, Theob., Die Vertragstheorie. Ein Kapitel a. d.
philos. Lehre v. Staat. (XI 79) fFinterihur Höh. SUuUsch. 74 26
XIII« Klufsfnann [!•]% (Gebiet des TenbnerfMslieD Tansch-
rerkelirs'). (1876-18$4)*).
(vgl. BibUogr. Abt 3, Nr. 14; o. S. 112).
A.
1. Allgemeines. Seh ulgesehichte. Schulreden.
1. Capelle, Karl, Z. Erinnerung a. H. L. Ahrens (vgl. o.
IX 13 a). (Xn 6) Hannover L. I 82 45 XIII.
2. Elleodt, Gg., Ob. SehSlerbibl. [11} (s. o. IX la) Kömgsbg. Fr.-K. 78 3
3. — , DgL lu. (nusi-, xmo/i) „ „ 84. „
1) Die Anordnang in Nr. XIII--XVI (1876—1900) folgt im ganzen
der Ton RluBmann selbst gegebenen; doch aind Arbeiten derselben
Autoren, falls sie nicht ganz verschiedenen Gebieten angehören, tunlichst
an derselben Stelle genannt, um den Überblick über das von ihnen Ge-
leistete zu erleichtern. Innerhalb der einzelnen Abteilungen ist die
alphabetische Ordnung maßgebend.
2) Ober die Beteiligung vgL o. S. 169 ff*.
*) Bayerische Programme dieses Zeitraums sind unter Nr. X» c
und d (s. 0. S. ^Jir.), badische dgL unter Nr. XI b (o. S, ^^ff.) genannt
7^ Prograamweseo and Programmbibliothek d. hob. SchaIeD,
XIII. 4. Ehwtld, Rod.» GedächUiar. auf J. Marqnardt (vgl. o.
n 48; XIII 109; XIF 67; XF 85. 187; XH 143;
Xni 162) Gotha 83 56
Flathe, Th., a. Nr. 24b.
5. Grnhl, Em., Lehrverfassoog d. Realsehnle. (vgl. o.
S. 52 Aom. J, S. ^ o.) MiOheim {Ruhr) 77. 77 7
6/9. Ho che, Rieh., Beitr. z. Gesch. d. St. Joh.*Sch. i. Bambg.:
1. Stiftoogeo. 11. Reformverhaodl. a. Direktion Job.
Garlitta. III. Ordnungen im 16.--18. Jh. [IV]. Er-
gKnz. o. Naehtr. z. I (Stiftongeo). Hambg. GeL-Seh. d, Joh. 77.79. 84 45
9a. — , Fr. Aog. Wolfs Briefe an Joh. Gnrlitt.
(XiriO) Hamburg Gd^-Sch. d. Joh, 81 202
10/14. Jäger, Oak., Lebrpi. d. Anst f. 1877/8, 79/80, 82/3,
83/4, 84/6. (r6; H 20. 34; Flll 11; Xlll 131; XIF 94;
XVI 28) Köln Fr. fFK-G. 77/9. 82/4 5
15. Kleiber, Ldw., Z. Gesch. d. Baves d. Doroth. R. Ein-
weihnngsrede. Baobesehreibong. {Fl 1. 2; Flll 2) Berl. Dar. R. 76 40
16. Koldewey, Frdr., Gesch. d. G. z. Wolfeobättel. 11. (D.
bish. Schulhaas. Akteomäfi. zaaammengest.) fFoCfenhüM 79 52
17. — , D. brsehwg. Sehaldirektoriam a. d. Bolzmindener
Sehalordng. v. 1787. HoUmmdm 84 39
18. — , Gesch. d. Rg. z. Brannschw. 1. Nach gedr. a. nngedr.
Qaell. zaaammengest {FI 93 ; Flll 4; IX 5; XlF 13. 197;
XF 11 ; XFII 34/5 ; XFIII 27) BraunMchwatff Rg. 85 41
19. Kroschel, Sam., Bem. üb. d. früh. Gedächtnisfeier d.
Graf. Katharina v. Sehwarxbg. jtmHadt 77 40
20. — , Beitr. z. Gesch. d. neaen G.-Gebiades. „ 79 ^
21. — , liitt. üb. das v. Beeksebe Legat. „ 80 „
22. — , D. Arnst. lat. Seh. z. Z. d. Reformat (XIF 14/5;
XF IIa. b) AmHaii 85 „
23. K5bler, Otto, Aos d. erat 25 J. d. Best d. Anit (11113;
XIII 52) BerÜH fFh.-G. 83 41
24a. Peter, Herm., Karze Gesch. d. Baas o. d. Einweihg. d.
neuen Geb. {IF 94; FII20; XIII 166; XF 15/6) Meifsm 80 48
b. Plathe, Th., Epist aliq. rect Afran. (F8; Flll 44) ,, „ „
25. Meltzer, Otto, Mitt ab. d. Bibliothek d. Kreuzsch.
(Flll 27; 1X3; Xlll 151; XFII 45) Dresden Rrssch. 80 204
26. Rothfochs, Jal., Parallele a. sich schneid. Linien sokrat
a. Christi. Lebensweisheit. Gütardoh 78 57
27. — , Dichtung u. Wahrh. i. Unterr.-StoK (IX 11; Xlll 230;
XIF 23) Gütardoh 85 „
28a. Schape r, Karl, IRed. a. Sarge v. A. Seebeck. {IF18; BerLJch. G. 85 iß
b. Scholz, Herm.,iFI30; Flll 10; IX 40) {XIF 25a)
29. Scher er, if., Pflege d. Beobachtung u. ihr Wert f. d.
menschl. Bildung. Gi^sea 85 1
30. Stein hart, Qaintiu, Größere Reisen mit Schülern. Duidtg. Rg. 85 1
31/4. Vogt, Gid., Leb. u. päd. Bestreb. Ratichius'. MV. Koitd 76.7.9.81 3S
35. — , Qoell. u. Hilfsschrift, z. Gesch. d. Ratiehias. „ 82 39
36. — , SUtist Roekblicke a. d. Gesch. d. G. „ 85 41
37/40. Wallner, Jul., Gesch. d. G. z. Iglaa [bis 1773]. (Bin-
leitg., I, II [1. 2J). {XIF 26; XFII 75) Iglau 8011.83/4 46
2. Einzelne Unterrichts fä eher.
a) Religion.
41. Fauth, Franz, Darstellg. d. Glaub.- u. SittenL (1X53;
XF 31) Höxter 81 9
42. Hollenberg, Wh.. Beitr. z. e. schulm. Behdig. d. Hode-
getik a. Enzyklopädie. (Flll 46) Saarbrüehan 82 10
von R. UUrleb. 75
43. Mexg^er, K. L. Fr., GeMwU Kap, t—3 f. d. erste Stnfe d.
Rel.-Ü. i. Ober-G. (IF 10) Schönthal Th. S. 76 10 XIII.
b) Grieobiscb.
44. Heraeus, Kl., Eiordhrg. L d. Horoer^Lekt (m. Vokabal.
!• Od. I. UllßS; mi2S\ 1X35. 126) Hamm 16 12
45. Mommseo, Tyeho, Gr. Pormeal. (Fl 51; Fl! 18-, mi3\
IX 18 ; XIII 156IS) Frankfurt a. M. 83 13
46. Scbimmelpfeng, Gu«t., D. kriech. Lektüre i. Prima.
{FI 20; nil 89; XV 59) Ilfeld 81 „
e) Latein.
47. Drenekhabo, Otto, Leitf. z. lat Stilistik f. ob. Kl.
{Xlf^ 40^ Mühlhauten t. Th. 84 14
48. Hey na eh er, Maz, Waa er;, sieh a. d. Spraebgebr. Cae-
sars i. M. Gaü. f. d. Behdl|r. d. lat. Synt i. d. Seh.? Norden 81 15
49. — , Lebrpl. d. lat. Fornenl. {XII1127; XF56; XFI27;
Xni209) Norden 83 „
50. Kniepen, Hern., D. rSm. Kriegsw. b. Caesar. Neufi 80 121
51. Röpke, Rbld., D. lyr. Versm. d. Horaz erklSrt. {H 39.
FIll 71. 111) Landsberg a. W. 83 „
52. Kubier, Otto, Semestralkorse d. lat. U. L VL (i//i<?;
XIII 23) Betlm »'h.-G. 80 „
53. Lattmann, in]., Die Kombinat d. metbd. Prinzip, i. lat
U. d. nat n. mittl. Klassen. CUnuthal 82 „
54. --, GesUltg. d. lat Sehulgramm. (FIII12; XIII 145;
Xir 33) Clausthal 85 16
55. Lehnerdt, Alb., Horai in Prima. (Fl 83; m 13) Thom 76 „
56. Schiller, Berm., Päd. Zeitfrageo. 2. Der lat Stil im
Gymoas. {XI 57 19, he». 60) Giefsen 77 17
57. Teg^e, Aug., Znr latein. Synonymik anf Gymnasien.
(XIF42I3; XH 10415) Bunalau 83 „
58. Wilhelm, Eng., Lat Pbraseol. {VIII 15; XIII 79; XF70) Jena 82 18
59. Wulff, Jos., Lat Unterr. in IV im Znsammenhang mit d.
Perthessehen Ref.- Vorschlägen. Franf^rt a. M., Must, 84 „
d) Deotseh.
60. Bindseil, Fr. W., Z. Math. d. deutoeh. fJ. in I d. Gymn. Po». M.-G. 83 „
61. Jonas, Ant, Mitt a. d. deutsch. U. i. I. {FIII 59) SletHn Stadi-G. 78 19
62. Klaueke, Paul, Dentoehe Aufs, in L (IV 102; F III 58)
Landeherg a. fF. 79 „
63. Matthias, Ad., Lehrplan für den deutschen Unterricht.
(XIII 147 ; Xir 19. 20. 109) Lemgo 85 7
e) Französiseh u. finglisch.
64. Müneh, Wilh., Ober die franz. n. engl. Lekt in den
ob. Bealklassen. Ruhrort Rg. 79 22
65. — , Shakespeares MaeMh im Unterr. der L (1X47;
Xiy30ll) Barmen Bg. 84 23
66. Ulbrich, Osk., Ob. d. frz. Lekt an Realg. BerUn Frd.-Bg. 84 22
f) Hebräisch.
67. Walther, Ernst, Grundz. d. hehr. Formenl. n. d. Ergebn.
d. neuer. Spraehwiss. {7ÜF39; XFI73; Xnil62) Potsdam 85 24
g) Geschichte.
68. Wessel, Paul, Einltg. i. d. Gesch. d. Mittelalt (für I). KüitHn 79 26
h) Brdkunde.
69. Böttcher, Karl, Vorschläge z. Methodik d. geographisch.
UnUrrichU. Köiugsberg Bg, a. d. B. 84 24
T6 Progrimmwesen ond Progranmbibliothek d. köh. Schnleo,
S.
XIII« '^O. Matzat, Heior., Geogr. v. Westasieo v. d. grieeh.
Halbiasel. lo schalgemäßer Behtodlg. Dach e. zeich-
oeodeo Methode. {FW 14) Sorau 76 25
71. Richter, Ed., Bist. Geogr. ala Untefr.-Gegenstd. Salzburg 77 „
i) Mathematik.
72. Galllenkamp, Wh., Der Lehrgg. d. syothet. Geomet
i. d. 0. 1 d. Fr.-Wd. Gewerbeschale (vgl. o. S. 4/
ADm. 1 und S. 40 u.). Berlin Fr,-Wd. Gwbick. 76 28
73. Kallias, Alb., Bemerk, z. d. Uaterr. lo d. 4 Spezies io
gaozeo Zahleo. Berlin' Kggt, G, 85 29
74. Lampe, Em., Geometr. a. nechao. Aofgabeo z. nom.
Aoflösg. V. Gleiehangen h;5'h, Grade (vgL o. ^.56
uateo). Berlin LtL OB, 85 „
k) Natarwisfleaschaften.
75. Petri, F., Üb. d. Datarh.-chem. Uot. a. höh. Lehr-A. BerLLsLBg. 84 34
1) Philosophische Propadeotik.
76. Höfler, Alois, Z. PropMdeatik frage. (XFI 108a) Wien Tkeres. 84 35
B.
1« AUgenaiae und vergleichende SprachwissensehafL
77a. b. Vogrinz, Gottfr., Zur Kasastheori«. LeämerUz 82(3 63
78. — , Z. e. Geschichte des Kasvssystems. {XF 150\
Xri 119/10) LmtmerÜs 84 „
79. Wilhelm, Bug. De verb. deoom. liog. bactr. (FUl 13\
XlU 58 ; XF 70) Jena 78 „
80. Ziemer, Herrn., Das psycholog. Moment in d. Bildung
< syntakt Sprachformen. Kotberg 79 „
2. Altertumswissenschaft*).
81. Adamek, Otto, D. Senatsboten d. r5m. Rep. (XIF 169'y
XF 182) Gras 2. G, 83 151
81a. Aly, Frdr., Z. Qnellenkrit d. ä. Plin. {XFll 1) Magdbg. U.L.Fr. 85 135
82. Anton, Hg. Saiotine, Ob. d. deutsch, phraseol. Verba
im Lateinischen (vgl. u. Nr. 145). Naumburg 78 70
83/85. ^, Btym. Erkl. Homer. Wörter. „ 7$. 80/1 66
86. Anz, Hr., Ciceros Sprachgebr, i. d. Beziehg. d. gemeina.
PrMd. b. mehreren Sqbj. (XlF 46) Quedlinburg 84 72
87. Apelt, Otto, Unters, üb. d. Parmen. d. Plato. Weimar 7$ 107
88. — , Obs. crit. i. Platonis dial. (Xrj250; XFU 95, 134/6;
Xmi 123/4) Weimar 80 „
89. Bachmann, Ottom., Lex. Aristoph. spec. (XFll 5/6) Frank f. a. 0. 84 90
90. Bamberg, Alb. v., Exerc. crit. in Aristophan. Plutum.
(FW 74; XF13. 137; XFll 10) GiOha 85 „
91. Bardt, Karl, Zu Ciceros Clneotiana. Neuwied 78 123
92. — , Die Legende v. d. Angar Att. Na v ins. (Flll 108;
XFl 138 ; XFIII 4) ßlberfeld 83 147
93. Becher, Ferd., De Ciceronis q. f. ad Brut, ejfüt. Harburg 76 123
94. — , Qoaest. ad Quintil. l X. (XIF 49; ZF 72/3) Ilfeld 79 136
95. Biifinger, Gnst, D. ant. Stundeozählg. (XIF51/2;
XF 76 ; XFl 218; XFll 206) StuttgaH Eb. Ldw,'G. 83 133
96. Brieger, Ad., Urbeweg. d. Atome u. Weltentstehg. b.
Leukipp n. Demokrit (XF 81) Haue St-G. 84 93
>) Die einzelnen Teile des weiften Gebiets sind bei Klufimann as
verschiedenen Stellen aufgeführt Die hier angerührten Programme siad is
liner Obersicht gegeben.
Ton R. Ullrich. 77
8.
97. BuermiDD, Hör., Hs. Oberl. d. Tsocr. 1. (Hss; d. Vulg.)
{X1F56) Berlin Frdr.-G. 83 104 XIII.
98. Carooth, Otto, De Et^i. magni footibos IP): De iis
loeis, q. ex Berodiaai lUaca prosodia io Etym, magn,
translati sunt. Jever 76 96
99. — , QaelJcnrtnd. i. Etym. Gudiänum. [XlF 58) Danzig st. C. 80 97
100. Caoer, PI., Z. VerstSodo. d. nachihm. Kanst d. Vergil.
{XFJ 7 ; Xni 18) Kid 85 142
101. Deecke, Wilh., Die etrosk. Bleiplatte v. Magliano
Obers, a. crl. (HU 17 ; 1X17-, Xiy 44.63) Buc/moeiler 86 172.
102. De tief« eo, Detl., De arte Ro'mao. antiqnias. III. (MI
vgl. Fll 23. 23a) GlückMiadt 80 254
103. — , Ob. einige QaelleoftchrifUtellei' d. Plioios. „ 81 135
104. — , Maße d. Erdteile n. PliDioa. {Xiy3i XF 214-, XFI 819.
142. 219; XFU 19. 148. 229) GUickMtadl 83 „
105. — , Z. d. geogr. Bfr. d. Plioina. I. Die Weltkarte d. M.
Agrippa. Glückstadt 84 „
106; Diele, Herrn., Theophrastea. Berlin Kgst. G. 83 117
107. Draeger, Aug., Nachtr. s. hat. Syntax. (IF 16\ FI66-y
Flu 23 ; XlF 6516) Aurich 79 70
108. Draeseke, Jb., Qoaest. NaziaDzeoaroin spec. {XlF
190; XF1 260/66; XFIII 163) fFandsheck 76 9«)
109. fihwald, Rad., De scholiaaU, q. e. ad Ovid. /6iii (Xlll 4;
XlF 67; XF85. 187; XFl 14,'i; XFU 152) Gotha 76 134
110. EDgelmaon, Rieh., Beitr. z. Earip. I. Alhnene. BerL Frdr.-G. 82 97
111. flysseahardt, Franz, Nicaodri Nacii fragm. ex cod.
Ambros. exscripsit {Fl 71) Hamburg Joh. 82 106
112. Pritzsche, Herm., Die Sollan. Gesetzgebung. Essen 82 147
113. Gern oll, Alb., Spec. crit. i. Script, bist Aag. IFohlan 76 127
114. — , Z. Einfuhrg. i. Homer I. Hs Leb. a. Gesänge. „ 79 102
115. — , Homerische Blätter {XlF 7114; XF 4a; XFU 154\
XFIU 63) Slriegau Pg. 85 „
116. Gemoll, Wh., Adn. crit. in Senecäe dialog. Ohlau 77 137
117. — , Nepoalii frgm. ni^l Tiiv xaia dyrina^^iiay xal avfi-
na&staf et Demolcriti neol avuna^imv xa\ avtma»
9eMV rec. {XlF 75/9; XFl 148; XFIU 129) Striegau Pg. 84 93
118. Genz, Hrm., D. Zenturiatkom. nach d. Reform. {FUIS2;
IX 20) Freienwalde 82 152
119. Gerth^ Bhd., Gramm.-Krit. z. griech. Modasl. Dresden N st. -G. 78 64
120. Gilbert, Walth., Ad Martial.qaaest crit. (XF 90) „ „ 83 133
121. Hachtmann, Karl, Chron. Bestimm, d. beid. erst Catil.
Red. Cic. {XF 55) Seehausen 77 123
122. Haydack, Mich., Emeod. Aristoteleae.Cf'/J/y;^////^;
1X27) Meldorf 77 91
123. Hecht, Max, Orthogr.-dialekt. Forsch, o. att. Inschr. [IJ.
{XlF 85) Königsberg fFh.-G. 85 68
124. Hentze, Karl, Einltg. z. 11. Ges d. lUas. (Fl 6; XlF 86/7;
XF95) GUttingen 77 102
125. Heraens, Karl, Ob. einige Fehler asw. d. Germ. d. Tac.
(IU68; Flu 28; X135; XlU 44) Hamm 80 139
126. Herrlich, Sam., Die Verbrechen geg. d. Leben nach
attisch. Recht {XFl 155) BerUn Humb.-G. 83 150
127. Heynacher, Max, Stellg. d. Sil. Italiens not. d. Quell, z.
2. Pan. Kriege {XlU 48/9; XF56; XFl 27 ; XFU 209) Ilfeld 77 138
128. Hnemer, Job., Ob. d. iamb. Dimeter b. d. cbristl.-
lat. Hymaen- Dichtern d. vorkaroi. Zeit fFien G.i.9.B. 76 178
1) Teil 1 erschien 1873 (ßerlip).
78 Progrimmwesen und Profrarnnbibliothek d« hSli. Sclinl«!»
a
XIII. 129. Haenery Joh., Ob. d. altestea Ut-ehrUtl. RhythneD.
fyien G. i. 9. B. 79 178
130. — , MitUilateiD. Aoalektea {XF 98) ,, „ 82 „
131. Jäger, Osk., M. Atil. Regalas. (f^^; Fl 29.34; FlU 11-,
XIII 101 14; ^If^S^'i XFI28) Köln Fr. fFh,-G. 78 147
132. Ja renk«, Bog., Z. Krit d. Ovid. Heroiden. Wim G. u 8. B. 81 134
133. — , Qoaest crit 1. De Callimacho Apoll. Rbodii iDimico.
\l Kd Heraid. Ovid. {XFlOö/O; XFI 171) fFumer-NH. 85 93
134. Halle ab erg. Herrn., Comn. crit i. Herod. (XF 107.128;
XFII 16718) Berlin Fr.-fFd, G. 84 100
135. Kammer» fid., Z. Homer. Frage OH). {XIF 100) l^k 83 102
136. Kay «er, Wh. Kl., Aonot crit ad Odyss, exord. v. 51 — 85.
n. (I: s. o. 1X30; vgl. (//Ä5; 11137/8; IF26; Fl 7) Sagan 79 „
137. Kero, Frs., D. Qaellea f. d. Philosoph. d.Xeooph. Stettin Sl.'G. 77 US
138. — , Za Soph. Aias a. jintigone, {FI 43/4; FIII 76. 113;
1X35; XF9/10) Stettin StadtG. 80 Mb
139. Kettaer, Gst, Coroel. Labeo. B. Beitr. z. Qoelleokrit
d. Aroobios. {XIF 158; XF 165a, b. 166 ; XFI 222/3) P/oHa 77 120
140. KiDzel, Kl., Zwei Rozeos. d. Füa Jlex. Magni ioterpr.
Leone archipresbyt Neap. {XFII 126) Berlin gr. KL 84 178
141. Klatt, Max, Chroo. Beitr. z. Gesch. d.aeh. Bnades. BerL Less.-G. 83 145
142. Koaack, Gg., Coaiectaaea. (XIF 101) SteUin M.-St.-G. 83 89
143. Kohl, Otto, Die rSm. loschr. n. SteiDsknlpt voo
Rrenzoach. {1X31; XF 56a; XFIII 168) Kreuznach 80 Ml
144. Kiihleweio, Hog., De orognoHic. Hippocrat. II. mas.
{XIF 16 ; XFI 114. 250) Ufdd 76 100
145. Lattmaao, JoL, D. dentseh. Mo'dalit.-Verba i. ihr.
Verh. z. Lat (m. Bez. auf Aatons Progr., s. o. Nr. 82;
FIII 12; XIII 53/4; XIF 33) Klautthal 79 70
146. Lopos, Bnhd., Svrakns i. Altert (FIII 30) Straf sburg ProL G. 85 147
147. Matthias« Ad., De lituris et correct q. iov. i. Xeo. j4nab.
cod. C (Paris. 1640). {XIII 63; XIF 19/20. 109) Bochum 82 119
148. Meister, Rieh., Z. griech. Dialektologie. I. Z. doriseh.
Alizeatoat. IL D. Exzerpte irc^l SucUximy, oamoDtl. io
bezog aof d. Abschnitte niQl JeyQl^o^, Leipzig Nik. 83 64
149. Mekler, Sgfr., Revision d. Frage d. eaesnra media
im iamb. Trimet d. Buripides. Wien Ak. G. 78 98
150. — , Krit Beitr. z. Barip. a. Sophokl. {XFII 174) „ „ 79 „
151. Meltzer, Otto, De belli Poo. sec. primord. capita IV.
(FIII 27; 1X3; XIII 25; XFII 45) Dresden fFett. G. 85 148
152. Menge, Rad., Qaaestt Caesarianae. EiMenaeh G. 83 121
153. —, a. Preuß, Siegm., Spec. lex. Caes. (XIF 110;
XF 115 ; XFII 178) Eisenach G. 84 „
154. Measel, Hör., (Jtri Ferrin, cod. maior fides habeoda sit,
palimps. Vatic. an regio Parisieosi. Berlin Frdr.-G. 76 124
155. Mewes, Wh., Wert d. Cod. Blandin. vetnstiss. f. d.
Kritik d. H oraz. Berlin Fr.-fFd. G. 82 130
156. Mommseo, Tycho, Gebraach v. avv a. fiixa c. gen. b.
Baripides. Frankfurt a, M. 76 66
157. -, Parerg. Pindarica. {FI 51; FU 18; FIII 5; IX 18;
Xlll 45) Franl^rt a. M. 77 lOT
158. — , 2vv^ fieia n. afia bei d. nachhom. Bpikera „ 7^ 66
159. Maff, Christ, De choro Persarum Aesehyl. Haue Lai. 78 87
159a. — , D. Chor i. d. Sieben d. Aischyios. {FIII 72) Stettin /Fh.'G. 82 „
16U. Müller, Otto, ElecU Statiana. Berlin LH. G. 82 13S
161. Nitsche, Wh., König Philipps Brief a. d. Athener o.
Hieronym. v. Kardia. Berlin Soph.- G. 76 100
>) Teil I n. n erschien Königsberg 1870 n. 1871.
von R. Ullrich. T9
8.
162. PütflchOy Wh., D«r Rhetor MeDtodros n. d. Schol. z.
Demosth. {nü90) Berlin Leäm.'G, 83 94X111.
163. Nohl, Herrn., Anal. Vitraviao«. (XFII 2öO) BerUngr.Kl. 82 143
164. Paehler, Roh., Löschoog d. Stahles b. d. AUeo. Zn
Soph. Aiag 650 ff. {XV 124) meihadm 85 115
165. PetscheBif, Mich., Zor Kritik d. script hist. Aag.
{Flu $1/2) Graz 2. G. 85 127
166. Peter, flerm., De Ovid. Fast. (IF B4\ Fll20\ XIU24a;
XF15I6) Meiften 17 134
167. P r a m m e r , Ign., Bemerknog. z. versch. Aosgaben des
Tacita». fFünG.i.8.B. 78 140
168. — , Tacit. Misrell. (FIU/S; FlII 98/9 ;XIF 118) „ 7$ ,,
169. — , Z. Lezikogr. v. Caea. beU, Galt, ,, 84 122
Preafi, Siegm., s. o. oater Mengte Nr. 153. {XFII 178),
170. Reiohardt, Karl, D. Phileb. d. Plato a. Aristot. iVi».
Ethik, {XF 18 j9 ; XFl 38 j9) Bielefeld 78 92
]70a. Ribbeck, Wold., Archestrati Syrac. a. Gelens. q. f. ap.
Athen, reliqu. rec. {IF20\ Fl4ß\ XlF 119/20) BerlMk.G. 77 89
171. Richter, Otto, Die Befestii^. d. Janicolom {XF 129-,
XFll 179180; Xt^Ul 138) Berlin ^sk. G. 82 152
172. Riemann, F., Obs. ia dial. Xeaoph. Jever 81 69
173. LaRoche,Jak.,Bezeicho. d. Parbenb.Homer. Lsfi3(06.-d«/.) 80 103
174. — , Das Angment d. grieeh. Verbums. „ 82 64
175. — y Ob. d. Adj. zweier Endaogen aaf -os, „ 83 ,f
176a/b. — , D. Komparation i. d. f^riech. Sprache. I. II.
(IF 35/6 ;F19\ FlU 86 ; XIF122', XF 130/1) Linz {Ob.-ÖH.) 84/5 „
177. R5hl, Hern.y Z. {^rieeh. Bpigraphik. I. Inscr. aliq., qoae
Londtni et Ozoaiae asserv. II. fnscr. Sebastopolis Gala-
tlcae. III. Variarom inscr. leetioaes. (XF43i XFl 192 \
XFll 59. 181) Berlin Jeh. G. 70 172
178. Rosen berp, Em., Z. Kritik d. Rede d. Lykarf^ ff^S^f^
Leokratee. {Xß^l 182-, XFlll 139) Ratibor 70 105
179. Rothe, Karl, Devotere quem ex (7d^«iea Kirchhof f ins
eruit Noartp. (XlF 124, XF 133) Berlin Frs. G. 82 103
179a/b. Ryssel, Vikt., Textkr. Wert d. syr. Obers, griecb.
Klassiker. Leipsiff Nik. 80/81 86
160. Schiebe, Th., Zu Cic. Brief, a. Micus. IH). {XF 134;
XFl 193; XFll 185) Berlin Fr.-fFd. G. 83 125
Schreyer, Herrn., vgl. u. Nr. 210.
181. Sehroder, Otto, Pindarica. {XFlll 14 t) Berlin Jeh. G. 78 105
181a. Sehnbert, Frdr., Textkr. Bem. z. Phil. d. (
SophC'kles. j Prag; deutsch. 84 116
b. — , Bem. z. d. Track, d. Soph. {XlF 127 ; 1 G. a. d. Kleins.
XF138) [ 85 „
182. SedImayer, Hör. St., Krit. Komm. z. Ov. AeroiV/. fFien Ak. G. 80 134
183. Sieeke, Ernst, De Niso et Scylla in aves mut. Berlin Frdr.-G. 84 174
184. — , Z. gen. Brkenntn. d. Mondgottheit b. d. Griechen.
{XFll 189) Berlin Less.-G. 85 „
185. Stengel, PL, Qnaest. sacrifical. {XlF 25b) „ Jeh. G. 79 151
186. Steodiog, Herm., Z. Textkrit. i. Dialoi^ d. Tacitns.
{XFl 78) fFur^en 78 140
187. Stolz, Frdr., Beitr. z. Dekl. d. griech. Nomina. Innsbruck 80 65
188. Stowasser, Jos. Mar., D. Hexam. d. Locilias. fFien G. t. 9. B. 80 132
189. —yfioülMM. {XlF 132/4; Xf" 142/3; XFll 191.252) FreistadlÖstr. 84 133
190. Thalheim, Th., Die Rede f. Polystratos [Lysias XX].
{XlF 136/7; XF 144/5; XFl 204) Breslau EUs.-G. 76 106
1} Teil I vgl. Feäsehr. %. 2, Säkularfeier d. Fr.-Werd. G. (Berlin 1881).
80 Programmwesen oDd Programmbibliothek d. höh. Schulen,
8.
XIII, 191. Treu, Max, Z. Gesch. d. Oberl. v. Plnt. Moral. IFaldeitburg 77 111
192. I. [f. III. (nil84; 1X34; XlF 138142; Ohlau 81 „
1 93. Xri47/$; Xn 207; XHI 249 ; XFlll 144/0) Breilau Fr.-G. 84 „
194. — , Max. Plaoudia comp. hiem. et verü ed. Ohlau 78 lu7
195. — , AnoD. Byzaat. excerpt. ex cod. Paris, soppl. Gr. 607 A. „ 80 88
196. VoIkmaoD, Rieh., Nachtr. z. Gesch. u. Krä. d. fFolf-
Mchen Proleg^omena, Jiater 7$ 104
197. — , Homer a. Dicht, d. ep. Zykl. o. d. abgebl. Homerideo-
schulen d. Altert. {1^39; HU 102; 1X2316; XlF 145) „ 84 „
197a. Vollbrecht, Wilh., Z. Wärdigang o. Erkl. V. Xen.
^nab. {1X30; Xm 199) Ratzehurg 80 \\^
198. Wellmaoo, Ed., Galeni q. f de partt, phäos, 1. 1. ed.
BerUn Rgst. G. S2 99
199. Weniger, Ldw., Das Kolleg, d. Thy laden zo Delphi. Eisenach 70 174
200. ~, D. Kolleg, d. 16 Frauen n. d. Dionysosdienst in
E 1 i s (XF 138 ; XFUl 48) fFeitnar 83 „
201. Wessely, Karl, D. griech. Papyri d. Kais. Sammlungen
Wiens. {XlF 149/33; XF 139,01; XH 212/3) fFien Frz. J.-G. 83 107
202/3. Methner, Jul., Poesie u. Prosa, ihre Arten u. Formen.
LXlF134a.b; XFIl 94) Gnesen 83/4 176
3. Deutsch.
204. Fischer, Hnr., Stud. z. Less. Laokoon. Bern, zu Bliim-
nera iMokoonstud. Heft 2. Üb. d. fruchtb. Moment. Greif swaM 84 1S7
205. Humbert, Glas, Schi Her, Lessing, Goethe, Moliere
o. H. Dr. P. Lindau. Goethe über Moliere nebst einig.
Bemerk, v. Lessing u, Schiller. {1X40; X111212;
XI F 103/0; xn 233/0) BielefM 83 186
206. Khuil, Ferd., Sprache des Job. v. Frankenstein. Grai2.G. 80 82
207. — . Zum rahd. Wörterbuch. {Xlll 222; XlF 139— 101;
Xy 107/9; XFI 248/9; XFII 233/4) Graz 2. G. 84 82
208. Lambeck. Gust, Ad., Lessings Ansichten üb. d. Verh.
d. Trag.'z. Gesch. krit dargest {XFl 110/7) Koblenz OR. 83 18S
209. Naumann, E., Ob. Herders Stil. (XFI 220) Berlin Fr. fFK-G. 84 82
210. Schreyer, Herrn., Goethe u. Homer L Bis zur Reise
n. Italien (1X43; Xlll 228) Pforta 84 104
211. Stejskal, Karl, Büchelin d. heil. Margareta. Beitr.
z. Gesch. d. geistl. Litt d. 14. Jahrb. (Flu 97) Znaim 80 180
4. Französische und englische Literatur und Spracbe.
212. Humbert, das, Fr. Jacobs Bb. Moliere u. d. Klassiker
aus d. Zeitalter Ludwigs XIV. L Moliere. {1X40;
Xlll 203; XlF 103/0; XFl 233/0) Bielefeld 79 197
213. Schmidt, Alex., Z. Textkrit. d. King Lear. Königsbg.st. Rg. 79 193
214. — , D. alt. XuBs.d.Sommernachtstraums. (Fl II 39) „ „ 81 „
215. Süpfle, Th., Kultoreinflufi Deutschi, auf Frankr. Metz L. 82 175
5. Italienisch.
216. Wiese, Berth., 19 Lieder Leonardo Ginstinianis
n. d. alten Drucken. Ludwigslust Rg. 85 l^
6. Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit
Flathe, Th., s. o. Nr. 24b.
217. Heidemnnn, Jul., Bin Tagebuch d. brandenb. Kanzlers
L. Distelmeier. (Fl 77; XFl 243) Berlin gr. Kl. 85 163
218. Hirsch, Ferd., Die ersten Ankoüpf. zw. Brand enbg. u.
Rußland untd. GroB. Kurfürsten. (FIII 41; 1X30;
XIF 174; XFl 246/7) BerUn KgsL Rg. 85 „
von R.üllritb« U
8.
319. HoffmaDO, Max, Allg. Haiisatoge io Lübeck. {Xy^^T) Lübeck 84 168 XUL
S20/I. Jaei^er, JqI., Orkuod. d. Klost. Teiainügenhurg im
Bicbsfelde r. If. {Xy 188 , Xm 30) Duderstadt 78/9 l^H
222. Khull, Pard., SUdtoeaetze v. Eger 1352-- 1460. {XIII
206/7; XiyiS9iei',Xri67l$;Xri 248/9; Xni2S3/4) Graz 2. G. 81 161
223. Rraoae, Kl., Sekul- o. Uoiv.-Jahre d. fiob. Hessoa IP). Zerbtt 77 201
223a. Speck« Brest, Die geg. d. Haodel d. Lateioer mit d.
SärazeMo gericht. kirchl. o. staatl. Verbote. Zittau 80 175
7. Theologie.
224. Bnddensieg, Rad., Job. Wielifa de Christo et advers,
suo AntichristOj a. d. Has^ d. Wien. Hofbibl. o. d. Prager
Uaiv.-Bibl. z. 1. |«ai hrsg. Dresden f^üM. G. 80 249
225. Clemeo,Aag.,D.WaDderber.öb.Bliaii.Elisa.(Xri.^^^/i) (rrtinma 77 247
226. DeatscJi, San., Luthers These v. Jahi-e 15]d über die
päpstliche GewaU. (Fl 91; IX öö) . BerÜn Luü.-G, 84 249
227. JacobacD, Aug., Qoelleo d. jlpostel^eschichU, „ Fr.-fTd, G, 85^ 247
.228. Preifi, Harm., Pauli Brief an d. ßpheser, ' s, Emutiagery
a. Verh. s. Brief an d. Kotosser, a. Echtheit. {Xiri93;
XF203) Königsberg A, B, 81 248
8. ladisehe Literatur.
228a. Grill, Jal., 100 Lieder des A tfaarra-Veda, übersetzt
und mit Bemerkuegeo verseheu. Maulbronn th, S, 7d 17^
9. Bibliographie*). Bibliothekakaade.
229. AckermauD, Karl« Die iendeskjaudliche Literatur
des Rflir.-Bex. Kaaael. {XlF 1) Kassel R. 84 203
Meltzer, Otto, a. o. Nr. 25.
10. Gedichte.
• -,
230. Rothfuchs, Jul., /IIa ywaixbiv, Hymo. i. Hom. Spr.
z. ]00j. Ged. d. K5o. Luise. {IX 11; XIII 26/7; Xir2S) Hanau 70 255
XI F. Klufamann XI').
<Ctobi«t 468 Tenbnenebeii Tav8eh?er kehrt)*). (1886—1890)').
(vgl. BiHiogr. ^bL 3, Nr. 14, o. S. 112.)
1. Allgemeines. Sehulgeschichte. Schuireden.
1. Ackermann, Karl, Die pid. Litt, für uns. Reg. -Bez. ' XIT»
{XIII 229) Kassel i?. 80 36
2. Bellermaon, Ldw., Kais. Wilh. Tod«). {Fl 37) Berlin KgsU G. 88 68
3. Detlefsen,Detl., Gesch. d.G. 1. (1617— 1747). {yil2:j/3a;
Xllll02lö;Xr2-4;Xn8l9.142.219;XyU19.148,229)Glück$t. 90 46
4. Engel, Karl, Das Schul weseo in Strafiborg vor der
Grüpdooip des prot. Gymnasiums. Strafsburg prot. G. 86 65
5. F.raacke, Otto, Re^eat. z. Gesch. d. G. z. Weimar. fFeimar 88 57
1) Teil I erschien 1873.
*) Von Vertretern der exakten Wissenschaften (vgl. o. S,38
Abb. 3) sei hier erwShnt:
Sehellbach, Karl, (vgl. o. S. 38 Anm. 3, 8. 41, 44 n. öO
Aom. 1). Berlin Fr. fFh.-G, 77 S. .120
') Ober die Anordnung vgl. o. S. 73 A. 1. «) Vgl. o. S. 169ff. -
') Bayerische Programme s. o. Nr. X d und e (S. ^^f.), bad ische
bis 1887 einschl. s.o. Nr. Xlb {S.69ff.).
•) Im Jahresbericht 1888, S. 19—23.
SMtsehr. f, d. Ojmnttialwaaeo. LXL Sapplamrathaft. 6
$2 Progranunwesen und Progr«iiin{>ibliothek d. höh. Sehnlea,
8.
ZIT« 6. Fritsehe, Herrn., Geschichte der Friedr.-Wilh.- Schale
(1840-1890). ^Stettin F. fr.'Seh. 91 hh
7. Gramme, Alb., VctostiM. gymo. Gerao. le^^. tiaoc prim. edit. Gtra SS 44-
8. — , Päd. a. did. Vorbilde^, d. Kand. d. h. Seh. {mi 24;
Xir 82/2a; Xr 0/6.49,00,01; XFl 149150; XFU24,
1ÖÖ/7.208) „ Ä? t
9. Henke, Osk., Chronik des G. x. Barmen I. {Xf^8a.b\
XFl 22—26; XFll 88. 122) Barmen 90 39
10. Boche, Rieh., a. a.. Die Bugenhagen-Feler des Ham-
burger Johanneams. {XIII 6— 9a) Hamburg Jok. SS 7t
11. Bofmann, Prdr., Reden am 10. a. 22. III. and 30. VI. 18881).
(/// 78) Berlin gr, RL 89 6^
12. Kolbe, A., Rede z. 400 j.Gebartsf. Bng[enhagens. Treptow a.R, 86 71
13. Koldewev, Frdr., Verfassg. d. R. z, Braanschweig v.
1764. {VI 93; Flll 4; IX 5; XIII 16—18; XIV 197;
XV 11; XVII 3415; XVIII 27) Braunschweig Rg, 86 41
14. Kroschel, Job. Sam., Die früheren Morgenandachten der
A r n s t. Schule. j4mstadl 86 3^
15. — , Die grüfl. Brz.-A. im BarfUfier-Rloster za A. u. Arost.
Abitur, d. 16. u. 17. Jh. {XIII 19— 22; XVlla,h.) ^nutadt90 „
16. Rühleweio, Hugo, Zur alt. Gesch. d. Klosterschale.
(s. 0. 8. 123 Anm. 1; XIII 144; XVI 174.250) Ilfeld 86 4T
17. Leimbach, Karl Ludw., Album d. 1. u. 2. Kl. d. Pg.
(1840—68), d. R. 1. 0, (1868—83), des Rg. (s. 1883) u.
des G, (s. 18S4) Goslar Rg, u. G. 88 4»
18. Loos, Jos., Bdtg. d. Fremdwortes f. d. Seh. (VIII48/9;
XIV 188; XVI 30) Prag Reutseh. G, t. d. Neust. {Graben) 87 4
19. Matthias, Ad., Zur Geschichte d. Gyma. -Abteilung
(Festschrift). Düsseldorf sL Rg. u. G. 88 42
20. —y ü.bOy Jubelt. {XIII 63. 147; XIV 109) „ „ 89 43
21. Nodnlagel, Lw., Gesch. d. Rg. o. d. R. v. 1837—1887«
Giefsen Rg. u, R. 87 45^
22. Quossek, Karl, Lehrpl. d.Anst {VIII 107 ; XVII 53) Krefeld R. 87 &
23. nothfnchs, Jul., Vom Obers, i. d. Deutsche u. maachem
anderen. Bin Gestäodnis ans der didaktischen Praxis.
{IX 11; XIII 2617. 230) Gütersloh 87 4
24. Schwalbe*), Beruh., Das 50 j. Bestehen d. Rg. { VIII 120;
XIV 184; XVI 51; XVII 120) Berlin Bor. Rg. 87 40
25a. Scholz, Herm.,i Gedächtnisr. auf K. Schaper. {2UII28b)
h. Stengel, Paul,/ (10.X. u. 16.X.1886) {XIII 185) Berlin J.G. 86 63
26. Wallner, Jnl., Mikod. Frischlins Bntw. e. Laibacher
Schulordnung V. 1582. {XIII 37^-40; XVII 75) Laibach 88 4»
2« Binzelne Unterrichtsfächer.
a) Religion.
27. Boetticher, Gotth., D. Brflillg. d. at. Welssag. i. Christo
als Gesichtsp. für die Behandlung des MaUh.'Ev. a. d.
Oberstufe. BerUn Less.-G. 90 a
28. Zange, Frdr., Lehrpl. f.d.R.-ü. LSezU. {XV 27 18.36/7) Erfurt Rg. 90 6
b) Deutsch.
29. Goldsehe ider*), Paul, BrkiSrung deotseh. Schriftw. in d.
oberen Klassen {XV 40; XVII 22/3) Mülheim a. Rh., Rg. 89 10
30. Münoh, Wilh., D. deut. U. a. Rg. {IX 47; XIII 64/5) Barmen Rg, 86 11
31. — , Weitere Beitr. s. deutsch. UT (Ausspr., Deklam.) ), 87 ^
1) Im Jahresbericht 1889, S. 13—23,
8) Vgl. über ihn auch o. S. 229-234,
>) S. 0. S. 8 Anm. 3 (1 3).
voB R. Ullrich. S3
8.
c) Französisch.
32. DiekmanD, Otto E. A.» Das Obungsb. z. ßbs. aas d.
Dentoch. i. d. Frx. a. d< Oberst, d. OR. Berlin Fr.-ff^d. OR. 87 14 XIT«
33. LattmaDD, Jol., Welche VeräoderoDgeD d. Lehrpl. i. d.
alt Spr« ward, erforderl. sein, weoo d. fremdsp. (Jnt. m.
d. Frz. begonoeo wird? (mi 12; XIII 33/4.140) Clausthal 88 15
34. Plattoer, Phil., Uosre Fremdwort v. Staadp. d. frz. Uat
{Xr47, 179a. h ; XFl 233 ; XFU 225a. h) fFastelnhmm i. E., R. 89 16
35. Qniehl, Karl, Biofdlirg. 1. d. frz. Aussprache. Kassd R. 89 „
d) Griechisch.
36. Joost, Arth^ Waserf^. sieh a. d. Spracbgebr. Xeaoph. i.
d. jnab. (. d. Behdlg^. d. grieeh. Syot. i. d. Seh.? I.
Kasus (Acc. n. Geo.). {XVI 87 \ XV 11 213) LöizenPg. 88 IS
37. Thumser, Vikt, Z. griech. n. lat. Schalgramm. (I. Ao-
ordog. d. Verba d. »-Konjug.; IL Goepi ra. d. Inf.).
{XV 146 ; XVI 89/90 ; XV JJ 73/4) fVien G. i. 9. B. 90 19
38. Weifieoborn, Edm.^ Xenoph. Memorab. a. Schallekt.
{XV löS) Mühlhatuen t. Th. 86 „
e) Hebrüiseh.
39. Walther, Ernst, Grundz. etc. IL (Verb, ohne Suff.).
{Xm 67 ; XVI 73 ; XVIII 62) Potsdam 86 „ '
f) Lateinisch.
40. Drenckhahn, Otto, 25 latein. Abitur. -Extemporalien.
{XIII 47) Mühlhausm i. Th. 87 20
41t Sehmalz, Jos. Herrn., Erl. s. m. latein. Sehnlgramra.
{2Ü 61/3) Tauberbisehofsheim 90 22
42. Tegge, Aug., Abgreozg. u. Verteilg. d. lat. Phrase o log.
n. d. einzeln. Klass. d. Gymn. Bwuilati 87 23
43. — , dgL der Stilistik. (X///^7; XVI 104/5) ,, 88 „
B.
1. Allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaft.
44. Deecke, Wh., Gr. n. lat Nebensätze. {VIII 17 \ 1X17;
XIII 101; XIV 63) BuehsweiUr 87 73
45. Lyon, Otto, Histor. n. gesetzg. Grammatik. Dresden Annmsch. 90 „
2. Altertumswissenschaft
46. Abicht, KL, D. Wiener Hs. d. Herodot {IV 94; VIII 80) OeU 88 101
47. Anz, Hnr., Krit Bem. z. Cic. Cot. tnai. Parad. Somn.
{XIII 86) Quedlinburg 90 119
48. Bannack, Job., Aus Epidanros. E. epigr. Studie. Leipzig; Nik, 90 155
49. Becher,Ferd.,Sprachgebr.d.T. Caelius (Cic. ad /am. Will
u. Quintilian). {XIII 93/4; XV 72/3) Iljeld 88 80
50. Belger,Christ, Griech. Kuppelgräber. (Af" 74) Berl Frdr.-G. 87 138
51. Bilfinger, Gust. D. Zeitmesser d. ant Völker. Stuttg. Eb. 1.-0. 86 „
52.—, Die babylon. Doppelstunde. {XI1I95; XV 76 ;
XVI 218; XVII 206) Stuttgart Eb.-L.-G. 88 155
53/54. Bissiuger, KL, Funde röm. Münzen L Baden IL HL
{XI 26; XV 77. 183; XVII 15. 95a; XVIII 73. 126)
Donaueschingen Pg . 88/9 155
55. BüchsenschütZ) 6h., RSm. Volkswirtsch. d. Königs-
zeit BerHn Fr.-fVd. G. 86 140
56. Buermann, Hnr., D. bs. Cberl. d. Isokrates IL D. Ur-
binas n. s. VerwaodUchaft (XIII 97) Berlin Frdr.-G. 86 105
57. Büttner- Wobst, Th., Stad. Byzantina L [XV 11 145)
Dresden Krzsch. 90 97
6*
84 Programmweseo aad Progra-moibiiiliothek d. hSh. Sehnlea,
8.
XIT» 58. Caroath, Otto, Qoellanslod. s. Etyia. Gndiao. 11.
(XIII 98(9) Dmifig: af. G. 89 99
51/60. Gorsse«, Peter, Epist. Pauli a. eodd. Craac et Lat.
scriptos . . . exaasiaavit etc. spao. I. II. /atwr 87, 89 133
61. — , Die Altereatio SiBionis ladaei et Thaophili Christiaoi
auf ihre Qoellaa geprüft. {Xr 83; XFI 141. 26ö;
XFII 147) Jeoer 90 „
62. Crasius, Otto, Z. griecb. Ujth. a. Relig.-Geack. [I.
Die Peiasger n. ihre Kalte.] Leipzig^ Thom. 8$ 164
63. De ecke, Wilh., Beitr. z. Aoffassg. d. lateio. lafioitiv-.
Gerund.- u. Sapia.KoBstrnktiooea. {HU 17; 1X17;
XIII 101; XIf^44) MülAatuM t. B, 90 76
64. Egeaolff, Pet, D. orthoep. Stiicke d. bys. Lit [IL]
{XI 2718) HeideUm^ 88 168
65. Draeger, Ant Aug., Ovid ala SpraeliMldoer. ^wieh 88 126
66. — , Z. Lexikogr. d. lat 6pr. {1^16; FI 66; FII123;
Xmi07) „ $0 79
67. Ekwald, Rad., Ad bist. eod. Ovidiao. reeeaaioDem^Qe.
{Xill 4. 109; XF 8ö. 187 ; XFI 143 ; XFII lö2) Gotkm 89 126
68. Engelbrecht, Aug., Hephaestion v. Theb. u. s. astrol.
RompendisB. fFim TJUr. 87 161
69. -^1 Stad. ftb. d. Scbriften d. Bischofs v. Reii Pauatos.
Beitr. z. spätlat. Ltg. {XF86I7; XFI 99, 100) ffien Ther. 89 122
70. Fisch y Rieh., Lateio. snbstaot. persoa. aaf o (üo), ontr
{UmU). {XFI 144) Berlin j4ndr.-Bg, 88 79
71. Genoll, Alb., D. Script. hi|st Aug. I. Striegau Rpg, 86 129
72. — , Homer. BlStter II. „ 88 103
76. — , Das Recht v. Gortyn. ,, 89 138
74. — , Z. d. Homer. Hymnen. {XIII 113 j IS. vgl. o. Nr. 78;
Xy 4a I XFII 1Ö4 ; XFIII 63) Stri^mi Rpg. 90 103
75. GemoU, Wh., Adn. orit. i. Se«eeae efitt, mwmU Krmusburg 86 129
76/77. — , Z. Krit. a. Erkl. v. Xeooph. ^nab. [I.] 11. „ 88 [9 116
78. — , „ „ „ „ „ „ „ III. (s. Nr. 74)
Striegau Rfig. 90 „
79. — , Krit. Bem. a. latSchrift«t [I.] {XIII 11617; XFl 148;
XFIII 129) LiegmiM 90 117
60. Gemfi, Gost., Reform d. Textkrit d. Com. Nepos. BerlUtu.-O. 88 126
M. Gilbert, Job., Ad Ovid. Herofd, onaeat. {XFI 147) Meifsen 87 W
82. Gramme, Alb., Cic. orat
Muren, diapoa.
82a. — , Cic. orat. Jftfon.
dispos.
r {FIIl 24}, XIF 7. 8 ;
XF 6. 6. 49, 50. 91; I Gera 87 120
XFI 149 jöO ; XFII 24. {
15517. 208) I ,, 89 „
83. Gorlitt, Ldw., Non. Marcellas u. d. Cicer'o-jffrti^e.
{XFI 152) ' Stegtöz Pg. 88 „
84. Härder, Frz., D. Fragmente d. Maecenas. {XF 93) BerlLet.G. 89 126
85. Hecht, Ferd. Max, Orthogr.-dialekt. Foracbgn. a. Grond
att. loschr. U. {XIII 123) Gumbinnen 86 77
86/87. Hentze, Karl, Parataxis b. Homer I. II. {FI 6;
XIII 124; XF95) Gottingen 88 [9 76
88. Heraeas, Wh., Vindic. Livianae. {XF96; XFI 134) Hantm 89 82
89. Hiller v. Gaertringen, Frdr., Zar arkad. KSnigaliste
d. Paosanias. /aver ^ 108
90/91. Hintner, Val., Meridie$ [I. IL] {XF69; XFII 21112)
fFienAk. G. 86.90 79
92. Hoffmann, Max, D. Cod. Med. pl. XXXIX 1 d. Vergil.
{XFII 160) Pf&rta 8$ 132
93. Hoffs, Fr. van, 2 SaHren d. Horaz pl 4. 8], nach Edm.
Vogts Grunds, obs. a. als Erginzg. s. hioterl. Werkes
rerölfentl. Trier [Fr.-fFh.-G.] 87 123
vobR. Ullrich. 83
8.
94. Jäger, Osk., NachlMe z. Horatias. (K^; Fl 29, 34-,
null', XllllOjU, 131; XFl28a) Köln Fr, fFh.-G, 87 128 XIT,
95. John, RoDst, T«c. diaL I— XXVIl öbs. v. erläut. (Xy 99;
. Xn 165) Urach th. S. 86 130
96/99. Irmseher, Em.. Verg. j4m, B. VI. I. lU. V übers.
{XV 100/4; XFJ 166170-, XFll 166) Druden Zeidl. Ä. 87/90 132
100. Kammer, Ed., Krit-fisth. Uoters. betr. d. Ges. MNgO
d. IhaM. (XIII 136) Lyek 87 104
101. Knaack, Gg., Callimachet. {XIII 1^ Stettin M.-St.-G, 87 97
102. Kirchner, Joh., Proaop^ogr. Att spee. {XFI 172)
Berlin Fr, fFh.-G, 90 138
JOS. Lftntensach, Otto, Verbalflez. d. att. loschr. (XFI 176} Gotha 87 11
104. Lessiag, Karl, Stad« z.^d. Script bist. Aagostae.
{XFI 177) Berlin Frdr.-G. 89 129
105. Liaeke, Karl, De Xenoph. 11. Socrat. Jena 90 116
106. Lioke, Hogo, Stadien zur Itala. Breslau Elis.-G, 89 133
14)7. Mag 0118, Hag., Stod. z. Ovids Metamörph, {XF 113;
XFII 173) Berlin Seph,-G, 87 12t
108. Manitias, Karl, Des Hypslkles Schrift ^naphorikos
nach Oberl. a. Inh. krit. behaodelt. Dresden Kfuch, 88 105
109. Matthias, Ad., Z. Krit. n. £i»kl. v. Xen. Anab, {X1II63,
147 ; XIF 19/20) DiUseldorf st. Bg. u. G, 88 117
110. Menge, Rad., Das 'Relativ, i. d. Sprache Caesars.
{Xfll 152/3; XF 115) Halle Lot. 89 81
111. Morsch, Hans, Goethe a. d. griech. Bühnendichter.
{XFI 179; Xyill35) Berlin kg. Rg, 88 112
112. Mücke, Rad., Zn Arrians n. Epiktets Sprachgebranch.
{XF 119; XFI 180; XFII 49, 50) JlfM 87 75
113. Müller, Karl Friedr., Ignatii Diac. tetrast. iamb. 53,
versns in Adamnm 143 rec. (XFII 220) Kiel 86 105
114. Müller, Mor., Z. Krit. n. Sprachgebr. d. Liv. {FI62;
Fül 94) Stendal 88 82
115. Peppmüller, Rud., In poet Graec, maz. in eleg. Theo>
gnid. ezerc. er it.; acc Th. Bergkii ad Pericl. vit.
Plutarch. adootam. Seehausen 87 111
116. — , Emeadationsvorschl. i. Homer: (XF126; XFII 177) „ 88 104
117. Vo\U,frAT.,l^eS^^)^. Oed,Rege.{IF79;XF66) Dresd.Füslh. G. 86 113
118. Prammer, Ign., Sallnst. Misz. (FII4/8; FIII98I9;
XIU 167/9)^ fFien G, i, 8. B. 87 128
119. Ribbeck, Wold., Homerische Miszellen Ü. Berlin Ask, G. 88 104
120. — , Obersetzungsproben. (IF20; FI 46; XIII 170a) „ „ 90 „
121. Riese, Alex., Z. Gesch. d. Rhei|nl«nde i. rSm. Z.
{IX 22) Frankfurt a, M, 89 137
\n, La Roehe, Jtk., Mat«-ial. f. a. Komm. z. Odyss, {IF35.
36;F19; FIII86; XIU 173 /6a. b; XF 130/1) Lins {Ob. -Ost.) 88 104
123. Robden, P. v., P. Quiot. Varns. SiegUtz 90 137
194. Rothe, Rarl, Bdtg. d. Wiedarhalangen f.d. Homer.
Frage. {XIU 179; XF 133) Berlm Frz. G, 90 104
125. Seheokl, Hör., Florileg. dao Graeea edidit fFien j4k. G, 88 100
125a. Schmidt, M»x C. P., Z. Gesch. d. geogr. Lit b. Gr.
Q. R8m. {XFI 196a) BerUn Ask, G, 87 169
126. Schneider, Rnd., Portos Itins. ,, Kgst. G, 88 118
127. Schobert, Prdr., Aoftleeta Sophoclea. A. Traeh, B.
Cod. Par. A. (2712) u. Laor. XXXII 9. {XIU 181a. b;
XF138) Prag deuUch. G. d, Kteins. 86 \U
128. Schnltefs, FHr., Aonaeanastndia. {Xf^ 22) Hamburg Joh» 88 130
129. Schnlze, Karl PI., Qoaast. gramm. ad Xenoph. pert
{XFIS9; XFI 198) Berlm Fr.-JFd, G. 88 78
86 Progrommweseo und Prograniinbibliothek d. höh. Schnlea,
8.
XlTt 130. Seeliger, Koor., Die Oberl. d. griech. Heldens. b. Ste-
sichoros I. {Xm99.200) Ifei/Mi ^^ 114
131. Soooenbor§^, Pet., Bemerk, x. Notkers Bearbeite, d.
Boethius. Bmn [kg,] G, 87 118
132. Sto Wasser, Jos. Mar., locert aaet. Hisperiea famiaa
deoao ed. et explan. Wien Fr9, Jos.-G, 87 133
133. — , Die 14. Bpitoma d. G>anmat. Verg. 1
Marc. \fFim Fn. jQt,-G. 8$ „
De qoarto qaod. Seotic. Lati'oit J
134. — , Duokle Wörter (lat). {XUI 188/9; Xri42f3;
Xm 191, 2Ö2) Wim Fn. Jos.-G. 90 80
135. Strinb, Lor., D. Natarsion d. alt. Griecheo. StuUg^. Eb. L.-G. 89 139
lS5a. Teuffel, Sigm., Lebeasabriß v. Wh. Sign. Teaffel. fi.
Beitr. z. Gesch« d. philo log. Studiams ia Wörttem-
berg. Tübittgmi 89 189
1^. Thalheim, Th., De Dioarchi eodd. Breslau Wfu-G, 86 98
137. — , Qaaest Demosth. (XUJ190; XF 144/01 Xn204) SehneidemiUd 89 ,
138/142. Trea, Max, Max. Plaoadis epistniae; 5 partes.
{mi84; 1X84; XIII 191 /ö; XF 14719; Xn207; XFII
249; XFIII1441Ö) Breslau Frdr,-G, 86/90 108
143/144. Treuber, Osk., Beitr. z. Geseh. d. Lykier [I.J II Täbing. 86/7 134
145. Volkmaoo, Rieh., Nachtr. s. Gesch, u. h'rä, d, Wolf-
sehen Froleg^omena 11. {IF 59; Flu 102 1 IX 25/6;
XIII 196/7) Jauer 87 105
145a. Volkmina, Walth., Qaaest. de Diog. Laert. I. BreslMgd.-G, 90 98
b. — , Uaters. z. Diog. Laert. (XF 151a. 203a; XFl230a;
XFII 108a; XFIU 146) Jauer (Festschr.) 90 „
146. Weidner, Andr., Emeod. Jnveaal. {FII28; 1X23;
XFI 209/10) Dortmund 87 125
147. Weifieofels, Osk., De Seoeca Epicureo. Berlin Frz. G. 86 130
148. — , De Platooie. et Stoic. doctr. affioit. {FIII77) „ „ 90 110
149. Wessely.Karl, Ephesia Grammata aos Papyr., loschr.,
Gemmeo etc. Wien Fn, Jos, -G. 86 139
150. — , Zythos a. Zythera. Hemals 87 „
151. — , £. biliogues Mijestätsfesoch v. 391/2 n. Chr. „ 88 107
152/53. — , Z. d. griech. Papyri d. Lonvre a. d. Bibl. oatioa.,
2Tle. {XIII 201; XF 159/61; XFI 212/3) HemaU 89/90 „
154a. b. Methoer, Ja!., Poesie n. Prosa, ihre Arteo a.
Formea III. IV. {XIII 202,3; XFII 94) Gnesen 86/87 168
3. D e u t s e h.
155. Bieliog, Alex.,Textkrit. Stud.s. JlliVinao. iffamA. Berl. Less.-G. 88 177
156. Hoffmauo, Otto, Herder-Faode a. Nicolais ^Ug^,
D. Bibl. BerUn KöUn, G, 88 176
157. Jacoby, Daoiel, Georg Mocropedias. Berlin Rgst. G. 86 178
158. Kettoer, Gust., Herders 1, knt. Wäldchen. {XIII 139;
XF 165a. b. 166; XFI 222/3) Pforta 87 176
159. Khull, Ferd., Zar Ober!, a. Textfest. v.GoUes Zukunft
d. Heiorich v. Wiener-Neostadt. Graz 2, G. 86 171
160. — , Figa-Ghtm. Aas d. Altislüadischeo. „ 88 183
161. — , Figlund u. Ketürid, dgl. {XIII 206/7. 222; XF 167/9;
XFI 248/9; XFII 233/4) „ 90 „
Morsch, Haas, s. o. Nr. 111.
162. Nerrlich, Paul, Za Jeao Paul. Berlin Mk. G. 89 178
163. Rudolph, Koor., Geeignetste Form e. Nibeloogea-
Obersetzttog. JBerlin RölUu G. 90 172
voa R. Ulirieh« S7
4. FransSsisch.i)
}64. DnbislaVy Gg^., Satzbeiordog. für Satzuoterordog. im
AltfraozSsischeo. BerUn 1, höh, B. 88 %^ XIT»
165. Hambert, Clas, Die Gesetze d. franz. Verses, flin
Versuch sie a. d. Geiste d. Volkes zu erkläreo m. bes.
RHcks. a. d. Alexandriner. BiBitfeld 88 92
166. — , Nochmals das e muel u. d. Vortrag franz. Verse.
{IX 46-, XJII 205. 212 ; XFl 230/6) BusbfM 90 „
167. Klöpper, Klem., Wiedergabe d. deutsch. Prüpositim
Französischen. Bosiock 90 85
168. Osterhage, Gg., Ober einige ehansons de geste d.
Lohengrin kreises. (XF 122, 180) Berlin Humb.-G. 88 184
5. Geschichte des Mittelalters nnd der Neuzeit.
169. Adamek, Otto, Z. Gesch. d. byz. Kaisers Maaricios
(582—602) I. {XJII 81; XF 182) Graz 1. G. 90 142
170. Blasender ff, KL, Blücher als Gutsbesitzer. {XFI 238) Pyrüz 89 149
171/3. Darpe, Franz, Gesch. d. Stadt Bochum. T. Im M.-A.;
III A. Urknndenbocb, M.-A. ; IH B. dgl. Neuzeit. {XF 18416;
Xn 240)2; XFII228; XFlII 162) Bochum 88/90 151
174. Hirsch, Ferd., D. ersten Ankn. zw. Brdbg. u. Rufild.
unter d. Gr. Kurfürst. II. {nH41i IXöO; XIII218;
Xri 246/7) BerUn Rgit. Bg. 86 145
175. Koch, Gottfr., D. „unumschränkte" Königt Ludw. XIV.
(Mit Obers, d. Literatur.) BerUn /eh. G. 88 154
176. _, Boliagbrokes polit. Ansieht, u. d. So irarehie.
{XFII23Ö) Berlin 3. B. 90 153
177. Kohl, Horst, Beitr. z. Rrit. Rahewins I. Entleh-
nungen n. fremden Autoren. Chemnitz 90 141
178. Lange, Rud., Roatocker Verfas8.*Kimpfe b. z. Mitte
d. 15. Jahrh. Bostock 88 152
179. Matthaei, Gg., D. lombard. Politik Kais. Friedr. I.
u. d. Gründg. v. Alessandria. Gr.-Uehterfelde Pg, 89 143
180. Nottebohm, Wilh., Montecuccoli u. d. Legende v.
{ St. Gotthard. Berlin Fr.-fFd. G. 87 145
181. Parow, Walt, D. Schlacht b. Trafslgar. „ „ OB. 90 153
182. Röhricht, Rhld., Zus. u. Verbess. z. Du Gange, Les
Jamiües d'otäre mer. Berlin Humb.-G. 86 143
183. ^, Kl. Stud. z. Gesch. d. Kreuzzüge. (FIII43; IX 32)
BerUn Humb.-G. 90 „
6. Erdkunde.
184. Schwalbe, fihd., Eishöhlen u. Eislöcher, nebst Bem.
ttb. V e n ta r 0 le n u. niedr. Bodentemperaturen. (FIII 120;
XIF 24 ; XFI öl ; XFII 120) Berlin Dor. Bg. 86 160
7. Philosophie.
185. Biese, Alfr., D. Assoziationspriozip u. d. Anthropomor-
phismus i. d. Ästhetik. {XFI5; XFII 13/4. 203/6;
XFIII 8. 62a) Kiel 90 221
186. Jerusalem, Wh., Laura Bridgman n. Erziehg. e. Taub-
stumm-Blinden. E. psycholog. Studie. {XFII 31) fFien G. i. 8. B. 90 219
187. Koppelmann, Wh., Kants Lehre v. kateg. Imperativ.
{XF 33) Lippsfadt Bg. 88 220
*. .■
^) Aus Österreich sei hier (von einer nicht im deutschen Tausch«
verkehr stehenden Anstalt) erwähnt:
164a. Friedwagner, Matth., Goethe als Co roeille*0ber-
aetzer. fFien B. i. 18. B. 90 — Bätner lU S. 53
$j Progranrnweseo und Progranmbibliotliek d. hSh. Sehvlen,
8.
XIT« 1S8. Loos, Jos., BoUtahmig o. Eatwickloofsgaog willkor-
licher BewefaBgeo. {nU48l9; XlF 18, XV130)
Prag deutsch. G. i. d. Neust. (Graben) 86 219
189. Math, Max, Psycho]. Hern. Lotses i. Vorh. z. Herbart.
{Xn 32 ; XFU 51a. b) Brandenburg R.-A, 87 „
8. Theologie.
190. Draeseke, Job., Job. Rist als ksiserl. Hof* o. Pfalsgraf.
{XIII 108; Xn260. 206; XFIU 163) ßFanäsbeek 90 178
191. Mollensiereo, PI., D. Begr. fiuravota in N.T., I. AmstoA 88 211
192. Nestle, Eberb., LXX-Stodieo (I]; Z. Gesch. d. Siz-
tioa. {xn268i9; xyn2U\ xniiisi) vhn 86 m
493. Preiß, Hertti., Vorgeschichte d. ni Kaaoaa. {Xm228;
XF203) Kimigsberg Üb. R. 89 „
9. Bibliographie.
194. Bittoer, Jos., Progr.-Verx. {Österreich) L (s. o. S. US
Nr. 30 a. S. 255) {XF 204) Teschen 90 19»
195. Köhler, Jak., Dgl. (ITacfe/i) (s. o. S. 113 Nr. !8a.S. 217). Rastati 88 «
196. Streit^), Ldw., Zeitschr. d. höh. $ch. Pommeros. RMerg 87 „
10. Gedichte.
197. Koldewey, Prdr., Carmina. {Fl 93-, FIU 4; 1X6;
XIII 16/8; XIF13; XF11\ XFnSijS; XFIII27) Brsckwg.Rg, 90 229
XT. Klufßtnann JU*).
(Gebiet des Tenbnergcbes Tantcbrerkehn)'). (1891— ISIN^)«)»
(vgl. BibL jIU. 3, Nr. 14; o. S. 112.)
A.
1. Allgemeiaes. Schalgeschichte. Schnlreden.
XT» 1. Clemeo, Aog., Pred. b. Weihef. d. Försteoseh. 1891.
(XIU 225 ; XF 200/1) Grimma 91 9ft
2/4. Deiiefseo, DetK, Gesch. d. Gyne. II/IV (Ms 1820;
I s. 0. XIV 3). {FII23, 23a; XIII 102/0; XFI 8. 9. 142.
219 ; XFn 19. 143. 229) GUiekstadt 91. 92. 95 70
4a. Gemoll, Alb., D. Gyno. a. d. Kampf %t%* d. Sosialdemo-
kratic. (XIU 11315 ; XIF71/4 ; XFU 154 ; XFIII63) Stri^au Pg. 91 1
5. Gromtne, Alb., Die Beschlösse d. Berl. Scholkfs. v.
1890 m. BetrachtgD. üb. d. Ref. d. höh. Schnlw. Gera 91 4
6. — , Üb. d. neoeD preofi. Lehrpl. [v. 1892] f. alte Spr.
0. alte Gesch. (F III 24; XIF 7. 8. 82. 82a; XF 49. 50.
91 ; XFI 149/50; XFU 24. 155/57. 208) Gera 92 ,>
7. Hausknecht, Em., Amerikaa. Bildaagsweseo. Berlin 2. R. 94 5
8. Hott, Ed., Zu Vorbereitg. a. d. höh. Lehraul. BsmUmfg Rjg. 92 1
8a. Heoke, OsIl.^ Aus d. Lehrplao d. Gyno. %. Bremen.
1. Horaz. Bremen 94 8
b. -, II. Physik. Geographie. (JÜF 9 ; XFI 22/6 ; XFU
88. 122) Bremen 95 ^
9. Kern, Pranz, Scholreden b. d. Entlass. v. A'bitnr. [I]
(M. «7-M. 90). Berlin RäOn. G. 91 M
10. —, Dgl. pl.] (O. M-M. 92) {FI 43/4; FUI 76. 113; 1X35;
XIU 137/8) Berlin KöUn. G. 93 n
1) Vgl. d. Verf. Benuttung u. EinriMungZuew. (s. o. S. 85 Aam. 1)
& 6 {^Z.f.d. G.'9F. LVIII [1904] S. 678).
') Ober die Anordonng vgl. o. S. 73^ Ann. 1.
») Vgl. o. S. 1691t
*J Bjyerisclie PcogrAmme sind oben anter Nr. Xe aogeührt (S. ^
von R. Ullrich. 8$
11. Roldewey, Frdr., Verz. d. Direkt, n. Lehr. d. Mart-
Kath. zo B. aeit 1828, biogr. a. bibliogr. zasamineDgest.
{Fl 93; VU14\ 1X6; ÄlUie/S; XlF 13, 197; XFIlSd/ö;
Xnu 27) Braunschweig M.-K. 94 60 XT«
IIa. Kroschel, Stm., Beitr. z. Gesch. d. Arnst. Scholw. Arnstadt 91 66
b. — , Beitr. z. Gesch. d. Programms. ») {XIH 19/22; XlFU/ö) „ 9ö „
12/4. LcaDcke, Hog., Beitr. z. Geach. d. Stett. Ratsach.
in 5 JahfhoDderteo. I. 1—8: Urkaadeo. (Hl 2413;
XyilS9,40) Stettin Stadi'G. 93/93 89
15/6. Peter, Herrn., G. Fabrieii ad Aodr. fratr. epistoUe
prin. ed. 1. II. UF94; Hl 20; XIII 24a, 166) Meißm 91/2 80
17. Raasch, Alfr., Thomas ins als Gast i. Brh. WeigeU
Sehnie i. J e n a. (Xn 37 ; XFllI 37) Jena 93 63
18. Reinhardt, Rarl, D. nene Organis. d. Aoat. Frankf. a, M, st, G. 93 10
19. — , D. Oorchfiibrg. d. Frankf. LehrplSoe (im Jahresb.).
(Xni 170; XF138/9) Frankfurt a, M. st, G. 94 67
20. Scheibe, Ldw., Pestschr. s. 300j. Best. d. Schule. EWerfeld 93 65
21. Sehlee, Ernst, D. öffentl. Schnlw. i. Nord-Amerika.
{XVI 43/6) Mtona Rg, 94 6
22. Schnitefi, Frdr. h. a., Job. Classeo. (XIF 128) Hamburg Joh, 92 72
23. Hrbach, Th., Kl. Chronik d. Krenzschnle. Dresden Kzsch. 91 64
24. Viereck, Ldw., Wilh. Krumme. Braunschweig OB. 93 60
25. W ehrm ann, Mart., Geseh. d. M.-St.-G. 1544-1894. Stett. M. -St.- G. 94 89
26. Weicher, Giist., ü. Jnbelf. d. M.-St-G. 1894. „ „ 93 „
27. Zange, Frdr., Gesch. d. Erfurt. Rg. Erfurt Bg, 94 66
28. — , D. Feier d. 50j. Best. d. Rg. {XIF28; XF 36/7) „ 93 „
2. Einzelne Unterrichtsfächer.
a) Religion.
29. Bähnisch, Alfr., D. Schnlbibel. Glogau ev. G, 92 15
30. Bornemnnn, Wh., Katech. Bhdlg. d. 1. Artik. Magdbg.U.LFr, 93 „
31. Fanth, Franz, Zum altt. Rel.-U. {1X33; XlII 41) Höxter 91 „
82. tf eidrich, Rad., Lehrplan f. d. ev. Rel.-U. Nakel 92 „
S3/4. — , Dgl. f. VI tt. V. {n94; XFl 68—71; XFll 84/6) „ 94/3 „
85. Reppelmann, Wh., Vers. e. Oarstellg. d. Sittenl. Jesn
ft. Grd. d. synopt. Evgln. f. P r im B.(XlF 187) Lippstadt Bg, 94 10
S6/7. Zange, Frdr., Lehrpl. f. d. ev. R.-U. 2. in Quinta,
3. in Quarta. {X1F28; XF 27/8) Erfurt Bg. 91/2 „
b) Deutsch.
88/9. Franz, Lndw., Schillers Demetrius in I. 2 Tle. Halberst. Bg. 92/3 IS
40. Goldscheider, PI., Offene Fragen. Nachtr. z. XIV 29.
{XFU 22. 23) Elberjeld 93 „
41. Grosse, Em., Obers, üb. Lessings Laokoon n. Schillers
Abhdlg. Üb. d. Erhabene. (XFI 74/6) Königsberg H^h.-G. 93 „
42. Hellwig, PI., Techo. d. Eleraentar-U. i. d. deutsch.
Gramm. I. Formenlehre. (XF1220) Berlin 3, B. 93 19
43. R8hl, Bern., Prakt. Brauchbark. d. «nichtigst, mod. Spr.,
spez. d. deutsch. (Xlll 177; XFI 192; XFll-39, 181) Nttunümrg 92 17
43a. Vockeradt, Hnr., Prakt. RatschL f. d. Aufsatz I.
(XFI 33. 70. 80) Becklinghausen 93 21
e) Baglisch.
44. Rron, Rieh., Dial. Bespr. H.ölzelacher Wandbilder; s.
n. 46; {XFI 81) M.- Gladbach B. 96 23
d) Französisch.
45. Bahlsen, Leo, Franz. U. n. d. Grunds, d. Reformer. . .
{Xy 1T6) Berlin 6. B. 92 24
>) Vgl. 0. S. 125 IHr. 105 und S. 129 Aab. 1.
j^O ProgrtmmweseD ood Programmbibliothek d. höLSchoIei,
8.
XT. 46. Kr 00, Rieh., Dialof^. Bespr. etc., wie Nr. 44. {XH 81)
M.' Gladbach R. 94 25
47. Plattner, Ph., Frz. Schülergramm. (X/f^d4; Af^i7^a.6;
XFl 233 \ XVn 225a. b) ^asselnheim t. E. Ä. $1 „
e) Griechisch.
48. Albreeht, Em., Vereiofachg. d. g^r. Schalgramm. BerLFrdr.-G. 94 27
48a. Gronau, Arth., £. Versach s. And erg. d. gr. Uoterr.
iXFlU 16a\ «. a. XVI 85) SchtoeU Pg. 95 „
49. Gramme, Alb., Ind. loc. z. 4. Aafl. v. Eog. Frohweins
ffauptr. d. griecL Syntax. Gera 93 „
50. — , Besonderh. d. homer. SynUx. {FIJI 24; XIF'7,8.82,
82 af Xy J. 6. 91-, XFl 149150-, XFlI 24, löSjy. 208) Gera 95 „
f) Lateinisch.
51. Altenbarg, Osk., Schalaaslegg. d. Germania d. Tac. JFohlau 92 29
52/3. — , Dgl. d. Horaz (l. C. III\ 2. C. /a. Epod.). (XFIll 65a) „ 9314 „
64, Frey, Jos., Z. Gesch. d. lat. Schalgrammatik. {7^1 13\
Xni 20) Münster 95 30
55. Bachtmann, Karl, Verwertg. v. Cic. t. Ferr, IV f. d.
aot. Kanst. {Xlll 121) Bemburff 95 „
Henkel, Osk., Lebrpl. f. Horaz, s. a. Nr. 8a.
$6. Heyoacher, Max, Lat. Gramm, a. Statist. Grondlage.
{Xni48i9, 127; XFl 27; XFll 209) Norden 92 31
56a. Kohl, Otto, Verwendg. rö'm. Münzen i. Unterr. {1X31;
XIII 143; XFIII 168) Kreuznach 92 189
57. Kühler, Otto, Z. Meth. d. lat. U. {IlTlS; XIII23,52) BerlfFh^-G. 92 31
58. Menge, Herm., Probe t. Bearb^. d. Oden o. Epoden d.
Horaz, bes. f. d. Primaner. {F III 13) Sangerhausen 92 32
59. Schi mmelpf eng, Gast., Erziehl. Horazlektüre. {FI 20;
FIII 89 ; XIII 46) lifM 92 „
g) G e s c h i c h t e ^).
60. Brettschneider, Harry, Wert d. Gesch.-U. Insterburg 95 35
61. Fischer, Karl, Staats-, Wirtschafts- a. Sozial-
politik a. höh. LA. {XFI91; XFU 207) ß^iesbaden Bg, 92 36
62. Jange, Frdr., Qnell. u. Hiilfsm. z. deutsch. G. Magdeburg Rg. 93 „
63. Neabaaer, Frdr., Volkswirtseh. i. Gesch.-U. (XFl 253) Haue Lat. 94 3T
64. Statzer, Em., Lehr- a. LernstoGf i. Gesch.-U. Barmen 94 „
h) Philosophisehe Propädeatik.
65. Leochtenberger, Gtl., Idee a. Ideal. {FIII 55) PosenF. fF.-G. 93 50
66. P 0 11 e , Frdr., Sch.-Ü. i. d. Philos. {IF79 ; XIF117) Dresd. Fäzth. G. 94 „
i) Kanstanterricht.
67. Gahraoer, Hnr., Knnst-U. a. d. Gymo. (XFl 19a. 151;
XFU 158; XFIII 17) JFittenberg 91 „
k) Tarnen and Jagendspiele.
68. Wie kenhagen, Hm., Anta.mod. Gymnastik. (X^/jrd2) Bendsbg. 91 53
B.
1. Allgemeine and vergleichende Sprachwissenschaft.
69. Hintner, Val., D. Verb, d* Befehlens i. d. idg. Spr. L
(XIF90.91; XFU 21112) fFien Ak. G. 93 i\2
70. Wilhelm, Eug., Eranica. {FlU 15; XUI58.79) Jma 95 113
2. Altertumswissenschaft.
71. Andresea, Gg., De codd. Medd. jInnaL Tac {1X39;
XFl 135/6) Berlin j4sk. G. 92 165
1) Für Erdkunde u. Physik vgl. o. Nr. 8b.
T«D R. Ullrich. 91
S.
71t, Asmns, Rod., Jolian a. Dio Chrysostom. {XFll ISßa)
Tauöerbüehofs/L 95 139 X7«
72. Becher, Ferd., Z. 10, B, d. QoiotiliaD. ^ttrich 91 163
73. — , De loc. qoibosd. ^rnial. Tae. (XlII 93/41 XlFiO) Halle Lot, 94 165
74. Beiger, Christ, D. mylLeo. Lolialsage v. d. Gräbero
AgamemnoBi. Mit e. Rekoastrnkt. d. Sehliemaoo-
sehen Gräberroodes. {XlFSO) Berlin Frdr.-G. 93 201
75. BelliDg, UeiBo, Qoaest. Tibullianae. „ ^sk. G. 94 166
76. Bilfiager, Gost., D. SternUfela v. BibAo el M'oluk.
(2Un93; Xiröl/'J; XFISIS; XFU 206) SluUg, Eb, L.-G. 91 192
77. Bissioger, Kl., Bronzefd. v. Aekeobach. {XI26\ Xir
63/4; Xri83; XFll 15, 95a; XFlU 73, 126) Banauesch. Pg, 93 203
78. Brtodes, Wh., Beitr.z. Auiooios. {XFni39l40) fTolfenbätt, 95 155
79. Brandt, Sam., Frgm. d. Lactaut. d,mot.anmi. Heidelbg. 91 161
80. — , DeLaetant. ap. Prndentiora vestig. {XFl 139) „ 94 „
^1. Brieger, Ad., Epikars Lehre v. d. Seele. (XIII 96)
Halle Sladt'G. 93 139
£2. Bnsie, Ad., D. nenplat. Aosleger d. Isagoge d. Por-
phyrins. Berlin Frdr.G. 92 150
53. Corssen. Pet, D. Cyprian. Text d. j4ct. apost. iXlF
59/61 ; Xn 141. 265\ XFU 147) Schönebg. Fr. H.-G. 92 157
54. D r 0 y s e n , Hans, Z. A r i 8 1 0 1. *A», noXnsia. {XFU 230/1)
ßerUn Kgst. G. 91 135
85. Ehwald, Rnd., Ad bist cod. 0 vid. recens. {XIII 4.109;
XJF67', XF187; XFI 143 y XFII 152) Gotha 92 162
86. Bngelbrecht, Aug., Patrist Analekten. fTien Ther. 92 „
87. — , Titel w ese n b.d.spStlatEpistoiographen. {XlF68/9\
XFI99.100) „ „ 93 158
88. Gersteoberg, Karl, D. Reden b. Sallnst Berlin j4ndr.-fig. 92 163
89. — , Ist Sali. e. Parteischriftsteller? „ Frdr.-Hg. 93 „
90. Gilbert, Walth.,Eth.Gehaltd.(?<f.d.Horaz.(X///i2(;) Schneebg.91 159
91. Gromme, Alb., Dispos. Horatianae. {Fni 24; XIF7.S.
82. 82a; XF 5. 6.49.50; XFI 149/50 ; XFII 24. 155/7. 208) Gera 94 „
92. Gruppe, Otto, De Cadmi fabola. Berlin ^sk. G. 90 201
93. Härder, Frz., Astroga. Bern. z. d, röm. Dichtern.
{X1F84) Berlin Lst G, 33 163
94. Ha Ol er, Edm., Z. Geseh. d. griech. Mimos. {XFI 153)
fFien G. i. 2. B. 93 206
95. Hentze,Kl., Parataxis b. Homer III. {FI 6; XIII 124;
XIF86/7) Göttingen 91 111
96. Heraeos,Wh.,Viodic.Livian.11.(X/f^«^;AA^/i<^) 0ffenb,Rg.92 161
97. Hoffmann, Max, Z. Erinnerg. a. Aug. Böckh {XIII 219) Lübeck 94 230
98. Huemer, Job., Z. Gesch. d. mittel alt. Dichtg. Hei orici
Angostensis Plancius Evae. {XIII 128/30) fFien G. t. 2. B. 91 208
99. John, Konst, Tac. dial. c. XXVlil b. Schi, übers, u. erl.
{XIF95; XFI 165) Schw.-Haü 92 165
100/4. Irmscher, Em., Vergils j4en. obs. (VII. II. IV. Vlll.
IX). 5 TIe. {XIF96/9; XFI 166/70; XFII 166) Dresd. Zeidl. R. 9115 167
105. Jarenka, Heg., Pindars i. n. 3. OL Ode. Wien G. i. 9. Bez, 94 147
106. — , D. griech. Epioikion bis auf Pindar. {XIII 132.33;
XFI 171) fFien G. i. 9. B. 95 206
107. Kaileo berg, Herrn., Stud. üb. d. griech. Artikel II.
(XIII 134; XFII 167/8) Berlin Fr.-JFd. G. 91 U3
108. Kern, Gg., Im Dionysostheater z. Athen. {III 16) Frankf. a. 0. 94 171
109. Klett, Tb., Sokrates a. d. Xen. Memorab. Canttatt 93 150
lÖ9a. Knapp, PI., Orpheusdarstellungeo. Tübingen 95 272
110. Knoke, Frdr. . D. r8m. Moor brücken i. Deutschi.
{XFII 169; XFIII 134) Osnabr. RaU-G. 95 190
92 Pro^rammwesen nod Pro^rtmmbijiliotliek d. hSh. Schalea,
X7. 111. Koroitser, Aloisi Textkr. Ben. z. Gie. JMmi. (A^/
175) Nikolshm 91 156
112. Läbke, Herrn., Meoander a. i. Ranst BerUn Less.-G, 92 145
113. Me.prDQs, Hofc., Z. Oberl. «. Rrit d. Jfetom. Ovids V.
iXiri07; XV 11173) Berlin Soph.-G. 93 162
114. Matthies,Tli., Stell«, d.fj^ieeh. Frau i. d. kUss.Z. Zittau Hg. 93 171
116. Menge, Rad., Emeod. Caesariaoae. (XlU 1Ö2/3;
TUy 110) Halle Lot. 94 155
116. Meyer, Edm., D. Schi. i. Tentob. Walde. BerUn £mü.-G, 93 170
117. Michaelis, RJ. Tb., De Platarchi cod. mscr. Matritensi
(PliiUrchea 111) i). (Xri98; XFl 252) BerUn V.R. 93 14»
1)8. Morgeaster o, Otto, Corae Catnll. Gr.-Uehtetf. 94 156
119. Mücke, Rod., D. Uelzeaer Hi. z. Seoects Briefen^
(Xiy 112 y Xn 180 1 XFll 4$. ÖO) UfM 95 164
120. Müller. Herrn. Frdr., Eorip^ ilMaa o. Grillparzers
GM. rUes I. {Xni84\ XFIlI64a) Blankenburff a. H. 95 140
121» Niemeyer, Max, Plaut Studiea. Potsdam 93 162
122. Osterhage, Gg., Bern. z. Greg. v. Tours Rl. Schriffceo.
iXjri68; XF 180) Berlin ffumb.-G. 95 158
123. Ox^, Job. Gg. Aug., Victorini versus de lege Domini.
Bin uned. Zento a. d. earmen adv, Mareümitas. Rrefdd 94 168
124. Paebler, Rob., Bern. z. Soph. Aias. {XlU 164) Wiesbaden 92 152
125. Peiper, Rud., De Senee. trag, vulgari lect. (A) cod-
stitaend«. {IF95\ FIIISI) Breslau Mgd.-G. 93 164
126. Peppmuller, Rud., Variationen im psendohesiod.
HerakUsseh. {XIF 115/6', XFII 177) StraUund 93 141
127. Prellwitz, Walth., E. griech. u. e. Ist. Etymologie. Bartenstein 95 114
128. Richter, Gast., De corrnpt. quibnsd. Senec. trag, locis.
{FW 40\ XFl 42. 191 1 XFII 58) Jena 94 164
129. Richter, Otto, D. alt. Wohnst, d. r6m. Volkes. {XHl 171;
XFll 179/80', XFIII 138) Sckonebg. Pr. H.-G. 91 191
130/1. La Roche, Jak., Stud. z. Theognis. 2 Tle. (JF35.
36; FW; F 111 86; XIII 173^76a.b; X1F122) Linz {Ob.-Öst) 91/2 118
132. Roseber, Wilh., Nacbtr. z. „Seiene u. Verwandtes**.
{IX 14) fFurten 95 202
133. Rothe, Rarl, Bdtg. d. Wide'rspr. f. d. Rom. Fr. {XllI
179; XIF 124) Berlin Fr%. G. 94 143
134. Schiebe, Th., Z. Cic. Brießüechsel i. J. 51. {XIII 180:
XFl 193; XFII 185) BerUn Fr.-Wd. C. Ä5 157
135/6. Schiraberg, Ad., Z. hs. Oberl. d. scbolia Didymi
II. Ill.>) Ratibor 91/2 138
137. Schneidewio, Nax,Ruckb]. a. C I c e r o s Benrtlg. d. E p i k n r.
Ethik i. 2. B. dt ftmhus {FI 18; FIII 114) Hamdn 93 1*57
138. Schubert, Frdr., Z. mehrfach, prifix. Zusammenaetzg.
i. Griech. {XllI 181a.b; X1F127) Prag, dtsch. G. a. d. Kleins. 93 115
139. Schulze, Rarl Paul, Z. Erki. d. rSm. Eleg. {XIF 129 \
XFl 198) Berlin Fr.-fFd. G. 93 158
140. So 1 tau, Wh., Quell, d. Liv. i. 21. u. 22. B. (!.] {XFI20U
XFII 190) Zabem94\U
141. Stadtmüller, Hug., Z. griech. Anthol. {XI 69.70;
XFl 202) Heidt^rg 94 IM
142. Stowosaer,Jos.Mar.,E.2.Reihedunkl.WSrter. fFien F.Jos.-G, 91 120
143. — , Lex.-Rritisches a. Porphyrie. {Xltt 188/9; 2UF 132/4;
XFII 191. 252) fFien F. Jos.-G. 93 123
144. Thalheim, Th., Z. d. griech. Rechtsaltert [I.]. SehneidenriOil 92 172
145. — , dgl. II. {XIII 190; XIF 136/7; XFl 204) Hirsthberg 94 „
>) Über I u. II vgl. Klnfimann a. a. 0.
*) Zu I vgl. Rlnfimann a.a.O.
von R. Ullrich. 9$
a
146. Thamser, Vikt., Aufgaben eiodR kiioft. grieob. Staats-
pechU. (XirST; XFl 89, 90-, XFll 73/4) 9Fien G. l 9. B, 93 11% XT
147. Treu, Max, Nieeph. Chrysobergae ad ^ngeloM oratt.
III ed. Breslau Frdr.-G, 92 146
148* — , Eustathii Maoremboikae q. f. aen^mate e4. „ „ 93 140
149. — , DichtttOfeD d. Theod. Metochites hrsg. (mi 84;
1X34; Xin 191/6; XiF 138/42; Xyi 207; Xm 249;
Xnn 144/6) Potsdam 96 15|
150. Vogrioz, Gottfr., D. Hom. Gebr. v. £7. {Xm77ü.b.78;
Xnil$/20) Briinn 2. deutsch. G. 93 11T
151. VolkmaoD, Died., Ad It|o. Alex. «da. criL (mi 101) Pforta 93 160
i5ia. VolkmaDD, Walth., Qoaeat. de Diog. Laert II. (XJK
146a. b; XF203a; XH 230a; XFll 198a; XFlll 146)
Breslau Mgd.^G. 96 139
152/3. Waehmer, Walt, Ob. i|, i^ «pccro, iq ttntov o. ver-
wandte ep. Formela. 1. n. {XFll 200/1; XFlll 147/8) GÖUing. 93/4 116
154. Wallies, Max, D.griech.Ao8legerd.AriBt.ro/M;/l(. Berl.Soph.'G.91 136
155. Weinberger, WUh., Kallimacb. Sind. (XFl 211;
XFll 100. 264) fFien G. l 17. B. 96 187
456. Weifienboro, £dai., Ben. z. Xeo. Mem. 14. {XIF38)
Mühlhausm i. Th. 93 154
157. Weodlaod, PI., Die philo«. Qaellen d. Philo i. a.Schrift
Ib. d. Forschung. Berlin Köün. G. 92 146
158. Weniger, Ldw., D^ helL Ölbaam i. OlynpU. {Xlll 199.
200; XFlll 48) JFeimar 96 147
169. Weasely, KarJ, Binige Urk. 4. BerL äg. Mos.; Antike
Reste griech. Masik. /Tfen G. i. 3. B. 91 146
160. — , Z. einigen Pohl. x. ält. griech. Paläogr. „ „ ^2 ,,
t^l. — , £. griech. Heiratskontr. y. 136 n. Chr.
{Xlll '201; XIF 149/69) „ „ Ä? „
3. Deutsch und Verwandtes.
162. Ellinger, Gg., Gellerts F<d>. o. Erzählungen. Berlin 6.R. 96 21|
463. Berchner, Hans, D. Cyrov, i. Wielands Werken [I.].
{XFl 221) Berlin Humb.-G. 92 153
164. Ijoelmaan, Joh., Herder n. Schillers fFidlenstein.
(Flll 78) Berlin Jeh. G. 93 2\^
165a. Kettner, Gast«, Leasings ßnulia GalotU. Pforta 93 217
b. — , Schillers JFarbeck. „ „ 216
166. — , Schillerstodicn. {Xlll 139; XIF168; XFl 222/3) „ 94 „
167/68. Khall, Ferd., D. Gesch. Ptluatokis o. d. Joms-
b arger. 2 Tic. Graz 2. G. 91/2 224
469. --, Höskold KoUson a. Olaf Pfan. {Xlll 206/7.222; XlF
169/61; XFl 248/9; XFll 233/4) Graz 2. G. 96 „
170. Klee, GoUh., L. Tiecki germanist. Stoöien. Bautzen 96 220
M&ller, Herok Priedr., s. o. Nr. 120.
171. Redlieh, Karl, Leasings Britfe. Nene Nachtr. o. Be-
richtignogen. Hambg. R. v. d. Holst 92 217
172. Schrader,0.,Lingai8tisch.Historisohes(Taobea. Wieaal). Jena 9p 126
173. Stiller, Otto, Goethes Botwörie z. Faust. Berlin gr. Kl. 91 214
4. Englisch.
174. Abeck, Fritz, D. Shakespeare-Bacon-Frage. Bonn OB. 96 221
175. Bahlsen, Leo, E. Komödie Fletchers, ihre span.
Qnelle eU. {Xr46) Berlin 6. R. 94 222
5. FranzSsiaeh.
176. fingwer, Th., Zola als Kanstkritiker. Berlin 3.R. 94 228
^77. Ktbis«h, Otto, Marie de Rabatin -Chaatal, Marqaise
de Sivigni. Ein deatsches Charakterbild. Berlin Lst. G, 91 „
94 Pro^rimmwesaa nod Programmbibliothek d. hSli. Sehale ii|
8.
XT« 178. Rreßoer, Ad., Rofttehaef, e.frz.Dich.d. 13.Jh. KatselneueR. S4 lU
|79. Mangold, Wh., Archiv. Notizen z, frz. Lit* a. Kultnr-
gesch. d. 17. Jh. (XHl 217/8) Berlin Ask. G. $3 204
179a. b. Piattner, Ph., Spec. d'nn Dictionn. de la pronooc.
fran9. [IJ II. {XlF 34\ Xy47; Xyi233; XyjI22öa.b.)
Berlin 4. R. 34/6 12^
6« Italienisch.
180. Oiterhage, Gg., Erl. z. d. sagenh. TeiL i. Taatos Befir.
Jerus, {X1F168\ XF 122) Berlin Humb.-G. 93 22»
181. Wiese, Berth., Handschriftliches. I. E. neues Teso-
retto- Brachst. II. Die lyr. Gedd. i. cod. 1069 fonds
ital. d. Bibl. nat. z. Paris. {XIII 21$) Haue st. OR. 94 22»
7, Mittlere and nenere Geschichte, einschl. Gelehrten-
gescfaichte.
182. Adamek, Otto, D. byz. Kaiser M aar i eins (582— 602) II.
{XlII W; XIF169) Gra% 1. G. 91 m
183. Bissinger, Karl, Einige Minzf. a. Baden (15.— 17. Jh.).
{XI 26-, Xirö3.54; XF77i XHI 13. 9öa ; XHIl 73.126)
Donaueschg. Pg. 94 189'
184/86. Darpe, Frz., Gesch. d. Sudt Bochnm II. In der
JNeuzeit. A. B. C. (XIF 171/3; Xn240/2\ XyH228\
Xnil 162) Bochum 91/3/4 183
187. Ehwald, Rad., Vier Briefe (Eob. Hessiis, Melanch-
thon, Niki. v. Amsdorff) a. d. Samnlg. d. Gymnas.
{XW 4. 109; X1F67\ XF 85; XFI 143; XFII 152) Goiha 93 231
188. Jaeger, Jnl., Beitr. z. Gesch. d. Erzstifts Mainz aoter
Die th er V. Isenbnrg a. Adolf ü. v. Nassau. {XIII 220/1;
XFII 30) Osnabr. Cor. 94 179
189. Kurze, Frdr., Die Hersfeld. a. d. groß. Hildesheimer
Jbb. bis 984. {XFI 251) SbraUund 92 173
190. Meyer, Paul, Sam. Pafendorf. GHtnrna 95 231
190a. Sach, Aug., Ursprg. d. Stadt Hadersleben. {1X4;
XFI 102) Hadersl 92 183
191. Schm'artz, PI., Z. Gesch. d. Neamark i. 7j. Kriege.
(XA7 255) Berlin 6. R. 93 179
192. Thonret, Gg., Prdr. d. Gr. Verh. z. Masik. „ Kgtt. G, 95 132
193a.b. Tücking, KI., Novaesinm. Neofi (2 Tic.). {XFI 256) Nef^^ll2 181
194. Witte, Lpd., Frdr. d. Grofie u. d. Jesaiten. Pjforta 92 178
8. Erdkunde').
195. Wossidlo, PI., D. Tarnowitzer Plateau I. (S.4^n.;
Flll 45) Tamawü% Rg, 91 194
9. Philosophie.
196. Gneiße, Kl., D. sittl. Handeln n. Kants Ethik. {XH
261) Rolmar L, 95 264
197. Lehmann, Rod., Schopenhauer n. d. Entwickig. der
m 0 0 i 8 1. Weltaoschg. {XFI 118) Bertin LH. G. 92 261
198. Michaelis, Kl.Th., Z.Entstehg.v. Kants Rrü.d. UrteiU-
kraft I. {XF117; XFI 252) Bertin 7. R. 92 „
199. Wernicke, Alex., Kant... o. kein Endet {XF157/8;
XFII SO. 242) Braunsehweig N. G. 94 „
^} Aus dem Gebiete der exakten Wissenschaften seien er-
wähnt:
195a. Elster, JuL,^ 1 ^XFI 273a; XFIII 174) fFoffenbüUel 91 25T
von R. Ullrich. Q5
a
10. Theologie.
200. Giemen, Aog., Gebr. d. A. T. im N. T. a. spes. i. d.
Reden Jesu. Grimma 91 267 XT*
201. ~, dgl. a) i. d. Reden Jesu (Forts.), b) bei d. Evan-
gelisten. {2UU22SiXri) Grimma 93 „
202. Mayer, £m., D. christl. Moral i. ihr. Verh. z. (sUatl.)
Recht Berlin Fr. W^h.-G, 92 265
203. Preiß, Herrn., Zorn Deoterooom. (XJIJ 228-, XIF193)
Berlin Fr.-Wd. G. 92 266
203a. Vo 1 k m • n o , Walth., Uriel AeosU. {XlF14öa, b ; XFlöla ;
Xn230a', Xmi98a; X HU 146} BresL Mgd.- G.{FesUchr,) 93 230
11. Bibliographie. Bibliothekswesen^).
204. Bittoer, Jos., Progr.-Verz. (Österreich) II. (s. o. S. 115
Nr. 31 u. S. 255) (XI F 194) Tesehen 91 238
205. MoUmano, Ernst, D. Biblioth. d. Kneiph. G. (z. 250j.
Best). [Xni 48) Königebg, Knph. G, 94 „
XTI. Klufsmann IV*).
(Oebiet des Tenbnenohen TanschTerkehrs)')« (1896-1900)«)«
(vgl. BibUoffr. Abt. 3, Nr. 14, o. S. 112.)
k.
1. Allgemeines. Sehalgesehichte*). Seholreden.
1. Asbaeh, Jol., D. Napol. Univera. i. Düsseldorf 1812/3.
Düsseldorf kg, (?. 99 66 XYI»
2. — , D. Dosseld. Lyz. nnt. bsyer. n. frz. Herrschaft (lb05
—1813). (Xm4; XFIU 2. 3) Düsseldorf kg. G. 00 „
3. Bamberg, Alb. V., Sehnlreden. {nn74', XIII 90; XFI 137;
XmiO) Gotha 98 120
4. Baneh, Gost, Aktenst z. Gesch. d. Bresl. Schnlw. im
16. Jh. {Xni 11; Xnil G) Breslau eu. Ä. // 98 60
4a. Bavmgarten, Fritz, P. A. NöBlin (s. o. S. 69 Mr. 20ff.
mit Anm. 3 n. 4; Xi 2J; XFIII 126) Freiburg i. B. 96 239
6. Biese, Alfr., Goethes Bdtg. f. d. Ggw. (XlF 185; XFII
1314. 20315; XFIII 8. 62a) Neuwied 00 131
5a-e. Branse, Alb., Job. Gottfr. Stall bäum. I— III. Lpzg. Thom. 9719 87
6. Capelle, Karl, I Das städt Lyz. \\] v. 1848—98 I Hannov.
Hörnerne 0 n, Perd.,f(z. 550j. Job.). (X///i) f Ly%. I 98 78
7. Gau er, Panl, Wie dient d. Gymn. d. Leben? {XIII 100;
XFII 18) Düsseldf. st G. 00 2
8. 9. Detlefseo, Detl., Gesch. d. Gymn. z. G.; V. (2 TIe.).
(FII 23.23a; XIII 102/5; XlF 3; XF2^4; XFI 142.
219; XFII 19. 148. 229) GUiekstadt 9718 73
^) Von der Anfiihrang selbst einer Auswahl der zahlreichen als Pro-
grammbeilagen erschienenen Lehrerbibliotheks-Kataloge wird hier
(wie schon in den früheren Abschnitten) abgesehen, da eine zusammen-
hangende Spezialarbeit über den Gegeostaud vorbereitet wird (vgl. oben
S. 10 Anm. 7).
*) Betr. d. Anordnung vgl. o. S. 73 Anm. 1.
») Vgl. 0. S. 169 ff.
*) Bayerische Programme s. o. noter Nr. X f. (S. ^7f.).
') Veröffentlichungen scholgeschichtlicher Art sind in diesem
Zeitraum besonders zablreicb, so daß ich mir in der Auswahl die äußerste
Beschränkung auferlegen mußte, ebenso in bezng auf die vielen und z. T.
sehr charakteristischen Reden, zu denen die Jahrhundertfeier des Geburts-
tages Kaiser Wilhelms sowie der Tod Bismsrcks Anlaß gaben.
Sd Programmwesen and Programmbibliothek d. hSh. Schalen,
8.
XTI« 10. Bllendt, Gg., Lehrer «. Abit. v. 1698—1898. (vgl. o.
Nr. 62). Kömf^Mbg, Fr.-K, 98 8)
H. — , Feier d. 200j. Best. d. Antt {nu 81; IX la; Xm2.3)
König^g, Fr,'K, 99 „
12. Flemmiog, PI., Briefe n. Akteest. z. Sltest. Gesch. voe
SchalpforU (1543—1548). Pfarta 00 95
18. Frey, Jos., D. Paul. G. z. Mo.; e. gesch. Oberbl. (XF 54x
Xni 20) Mümgter 97 91
14/5. Friedel, Otto, Sohulr. n. Aosprachee [I]. 11. ^Wernigerode 96,98 121
16. Fritze, Ernst,! Biogr.-bibliogr. Verz. d. Lehrer i BerUn
I d. Joaeh. G. bis 1826. I Jek, G. 00 56
17. Todt, Karl, 1 Biogr.-bibliogr. Verz. d. Lehrerf BeHm
\ d. Joflch. G. seit 1826. I Ich, G. 99 „
18. 9erhardt,0sw., Ggw. Gest. d.hSh. Schalw. i.Fraokreich.
Berlin RgeL äg. 96 a
19. Gndoppi firnst, Dramat. AnlTdhröogeB a. Berliner Gymn.
i. 17. Jh. (s. n. Xni2ö) Berlin Leibn -(?. 00 55
19a. Gahrauer, Heinr., Z. Bismareks GedSchtn. (XF67;
XFl 131; Xni 1Ö8; Xmi 17) fFäienberg 99 130
20/1. Gntsohe, Osk., Urk. z. Geach. d. 6. z. Stendal 1. U. SUndal 9617 103
22. Heoke, Osk., A.d. Lehr pl. d. G. lU. üorazifoai^. poef. J?remen ^ 7
23. — , Dgl. IV. StODOgraphie. (vgl. XV8a,b; Xni 88.
122; aoßerdem XlF 9). Bremen 97 S
24. — , Dgl., V. Lehrpl. v. 1. X. 1897. „ 98 „
25. — , Dgl., Vi. Pbilos. Propädeutik. ,, 99 „
26. —I DgL, VII. Gesch. u. Statist d. Reife priif an g. „ 00 ^
27. Heyoacher, Max. Festsehr. z. 250j. Job. {XIII 48/9.
127; Xrö6; XFll 209) Aurieh 96 54
^8. flackert, figoo, Z. SUtistik d. preoS. Stadeoten. Neiße Rg. 98 52
28a. Jäger. Osk., Kais. Triyan (z. 27. Jan. 1898). (^6; FI 29
34; FIIIII ; XIIIIO-^U. 131; XIF94) Köln F^.fFh.-G. 98 125
29. Kaemmel, Otto, Chr. Weise, e. aSohs. Gymn.-Rektor.
FesUehr. s. 44. Phü-Fen, 91 49
29a. Liermann, Otto, Beitr. z. Gesch. d. G, n. z. Frkft. Ge-
lehrt.-Gesch. (XFII 41; XFIII 31) Frankfurt a. M. Goelhe-G. 97 (9
30. Loos, Jos., D. ersten 25 J. d. Max.-G. iFII14S/9; XlF
18. 188) fFien Max.-G. 96 199
31. Latsch, Otto, D. Kreozn. Gem.-Schal-Koll. 1807—09. Rreusnack 00 $5
Zf, Nath, Max, Lehrpläoe a. Präfaogaordnungen i. hSh. Schalw.
Preußens s. Eiardhrg. d. Abitor.-£xam. {XiF 189;
Xyil 51a. b) Berlin Lme.-G. 00 5
33. Paul, Aag., Eotwickl^f. n. Aafg. d. lateinlos. Soh., vor-
nehmt, i. H am barg. Hamburg-Eitneb. B, 96 4
84. Ramdohr, Ernit, Stand d. Reformschalfrage. Hannover Lbnuth, 98 3
35/6. Rasmas, Ed., Beitr. z. Gesch. d. Alt- a. Nst-G. 2 Tle.
Brandenburg M- u. Nst.-G. 97/8 5S
37. Rausch, Alfr., Thomasius n. A. H. Franck«. {XF 17;
XFIII 37) Halle Lai. 98 59
38. Reinhardt, Kl., D. Durchf. d. Frankf. Lehrpläne. (In
5 Jahresberichten.) FrankfuHa. M. st. Goethe-G. 96J00 11
39. — , D. Eröffonog d. Goethe-Gymn. [XIII 170; XF 1819)
Fran^urt a. M. st. Goethe-G. 97 69
40/1. Ribbeck, Ronr., Gesch. d. G. z. Essen (bis 1611) L II. Essen 96. 8 69
42. Richter, Gust., Vier Schalreden. {FIII 40; XF 128;
XFI 191; XFII Ö8) Jena 97 121
43/4. Rodkowski, Wilh., Stiftungen d. Elis.-G. L 1293—
1500; n. 1501—1670. (XFII 60 jl; XFIII 139a) BroslEUs.G. 99/00 b9
45. Schlee, Ernst, Gesch. d. Rg. z. Altona. AUona Rg. 96 5^
46. — , Feier d. 25j. Best d. Anstalt (XF21) „ 97 „
v«n R. Ullrich. $J
8.
47. Seholler, Goal., Gesch. d. ev. G. zn Mediasch. Mediaach 96 89 XYI*
48/9. Schaller, Rieh., Geseh. d. Sebißbar^er G. 2 Tle. Seh^bwg 96/7 101
50. Schnitz, Perd., Das Ktis. Aa^sU-G. Charlottmburg kg, G, 99 62
51. Schwalbe, Bh., Scholhygieoische Fragen. {FlU 120,
Xir 24. 184\ XFU 120) Berlin Dor, Bg, 98 3
52. SimoD, Otto, Gesch. d. kgl. Realtch. 1 (1747—1814). Berl. kg. Rg. 97 56
53. Thiele, Rieh., D. Grdg. d. Rats-G. z. Erfurt (1561) u.
s. ersten Schicksale. {XVn 7L 192) Erfurt 96 68
Todt, Karl, s. o. Nr. 17.
54. Toischer, Wendelin, Die ältesten Scholeo Öster-
reichs. Prag Na. G, {Grab.) 99 52
55. Vockeradt, Hnr., Schnlreden. {XF 43a; XFI 79/80) Recklingh. 00 122
56. WaFsner, Jnl., D. ersten 50 J. d. Seh. Ratseburg 96 98
57. Wer nicke, Alex., Kurse n. Stip. f. Neuphilologen. Brsrkwg. OR, 96 4
58. — , Jnc. Böhme. (XF 199; XFU 80. 242) „ 98 2
59. Wetekamp, Wilh., Schnlref. o. -Bestrebongen i. d. skan-
dinnv. Lindern. Breslau Rg. z. h. G. 97 6
60. Wotke, Karl, Die ältesten Piaristeoschnlen Mähreos.
(XFl 216) fFien G. i. 17. B. 00 52
61. Zernecke, Alfr., Die Haderslebener Gelehrtenschnle
vor 100 Jahren. Haderslebm 98 75
62. Zippel, Gast.y Gesch. d. Friedr.-Kolleg. (s. o. Nr. 10.)
Königsberg Fr.-K. 98 83
63. (o. N.), D. Nenbnn d. Rg. in filberfeld. Eiber feld RG. 00 67
64. ( „ ), Mitt. ab. d. Stad.-Stiftangen b. Fr. Wh.-G. Trier F. fF.-G. 97 105
2. Einzelne Unterrichtsgegenstände.
a) Religion.
65/6. Gehrcke, Gerh., £rl. z. den z. Lehrpl. d. Hansa-
schale in B. gehörigen Kirchenliedern ^). Bergedf. Hans.-S. 97/8 7
67. Ha lfm Ann, Herrn., Bern. m. Proben z. e, neuen Hilfsb. f.
d. Rel.-Unterr. Eisleben R. 99 18
68. Heidrich, Rad., D. SonnUgs-Gottesdienst. yakel 96 „
69/70. -, Lehrpl. f. d. ev. R.-Ü. in IV u. HL (Fl 94; XF32/4\ „ 98/9 „
71. —, Qoellenb. n (ev. Kirchenbuch). V XFU 84/5 j „ 00 „
72. Heinzelmnnn, Wh., Behandig. d. Kircheogesch. (Fl 19;
2^1267) Erfurt 98 18
73. Walther, Brnst, Inhalt n. Gedankengang d. Römerbriefs.
{Xin 67 ; XIF 39 ; XFlll 62) Potsdam Rg. 97 1 9
b) Deutsch.
74. Grosse, Em., Zusätze z. Herders iVemeiif. Königsbg. fF^h-G. 96 20
75. — , Zu Goethe, f. d. Schulgebr. zusgst. (XF 41) „ „ 99 „
76. Jonas, Rieh., Z. deutsch. U. i. d. letzt. Jahrzehnten. Kroioschin 97 „
77. Seiler, Prdr., D. Aristot. Def. d. Tragödie im deutschen
Unterricht. (JLFII $8, XFIU 42) fFernigerode 00 „
78. Steoding, Herm., Bhdlg. d. deutsch. Nat.-Lit. in Ol a.
d. Hauptwerken Goethes eri. (XlII 186) fFurzen 98 „
79. Vockeradt, Heinr., Prakt. Ratschi. f. d. Aufs. 11. Reckling/u 96 21
80. - , Stttd. d. deutsch. Stils an Musterst. {XF43a; XFl 65) „ 98 „
e) Französisch (bezw. z. T. Englisch).
81. Krön, Reh., Bildl. Anschauung i. nsp. U. (XF44. 46) Quedlinbg. R. 96 23
^) „Für die Hand der Schüler'' bestimmt — aber, wie mir scheint,
far jüngere Lehrer erst recht braachbar und überhaupt eins der wenigen
geeigneten Hilfsmittel, die es für höhere Schulen über den Gegenstand
gibt (vgL 0. S. 9 Anm. 1).
Ssteehr. t d. OTmBMislwsMo. LXL SnppUmmihoft 7
S8 Programm wesen nod Programmbibliothek d. hSh. ScholoD,
s.
XYI. 82 Rorsmaon, Ph., E. Stodieoaufenth. i. Paris, ff^iesbaden OR. 96 26
83. Schwarz , Herrn., D. nsp. Lebrbüeh. i. d. höh. Seh. Halle st. OR. 98 3
84. Tenderiog, Frdr., Molieres Femtn. Sav. io I. Hamb, Rff. tLJoh, 98 „
d) Griechisch.
85. Baltzer,Mart., Weiterer Ber. üb. d. 1892 begooo. Ver-
such z. And erg. d.. griech. U. (s. o. XF 48 a) Schweiz Pg, 9S 16
86. Hodermaoo, Max, Vorschi. z. Xeoophou-^jOberselzg.
{Xniö7) Wernigerode 00 27
87. Jooüt, Art., D.gr. Vokabelschatz I (1. Dekl.) iXir36;
Xm 213) Lötzen Pg. $7 „
S8."}Kttthe, Aot., Xeoopb. /In, als Grdlge. d. gr. BL-U.^).
{Xnn 29) fTumar 00 28
89. Thomser, Vikt., Z. Meth. d. altspr. U. [I.] Troppau 96 29
90. — , Dgl. n. {XIF37; XF146; XFIl 73/4) fTien C. t. 6. B. 00 „
e) Lateiaisch.
91. Fischer, Karl, Lehrplao f. d. lateio. Uoterr. {X^ßl;
Xm207) Wiesbaden 00 IT
92. Giercke, Max, Hilfsm. f. d. U. i. d. Formenlehre. BerLFrz,G. 96 30
93. ->, I). 1. Jahr d. lat. U. nach d. jetz. Lehrpl. d. Frz. G. „ 97 7
Henke, Osk., Horaz, s. o. Nr. 22.
94. Klotz, Rieb., Ausspr. d. Lat. i. d. Schule. Treptow a. R. 98 30
95. W e g e n e r , Ph., Z. M e t h o d. d. lat. a. gr. U. {Xrill 47) Greif sw. 99 29
f) Erdkunde.
96/7. Bohn, Hnr., Diegeogr. Naturaliensammlg. d. Dor. Rg,u,
ihre Verwendg. 1 u. 1. Forts. {XFII 106/6 a.b) Berl. Dor. %. 99100 7
9S. Lübbert, Jürg., Yerwertg. d. Heimat i. Gesch. -Uoterr.
Halle Lat. 00 33
g) Geschiebte. Altertümer.
99. Bngelbrecht, Aug., Myk.-hom. Anschaooogsm. fFien Ther, 96 36
lüO. — , Das antike Theater. {XJF 68/9, XF 86/7) „ 97 „
Labbert, Jürg., s. Nr. 98.
101. Pfeifer, Wh., Kais. Wilh. I. (f. Sexta). Berlin Fr. W/l-G. 96 35
102. Sach, Aug., Bhdig. wirtsch. u. gese lisch. Fragen mit bes.
Rucks, a. Schlesw.-Holstein. (IX 4\ XF 190a) Hadersieb. 96 35
103. Schaper, Gh., Ant. Münzen a. Anschaanngsm. Magdebg. IVh.-G. 96 2S
104/5. Tegge, Aug., D. Staatsgewalt, d. röm. Rep. [f ] II.
(Xmö7', Xir42l3) BunzUm 99/00 36
h) Mathematik und Nat orwissenschafte d').
Bohn, Heinr., s. o. Mr. 96/7.
106. Böger, Rud., Geom. d. Lage i. d. Schale. {XFIII 82a)
Hamburg Rg. d, Jo/L 97 37
107. Grimsehl, Ernst, Einltg. i. d. Physik. (XFII 111;
XniI87) Cuxhaven R. 96 42
108. Henniger, Karl Ant, Chem. Praktikum L {XFll 112)
Charlottenburg st. Rg. 00 42
lüSa. Hofier, Alois, Welche H im melserscheinung. i. Scholj.
1S96/7 V. uns. Schülern beobachtet worden sind, mit Be-
schreibung e. Schülersternwarte. (XIII 76) Wien Ther. 97 17
109. Jetter, Karl, Math. Au fg. b. d. württ. Konkorsprüfg.
d. letzt. 50 Jahre. Urach th. S. 98 5
^) Vgl. dazu meine eingehende Besprechung in den Jahresb. d, PhiL
Fereins XXX (1904) S. 151-154 (Z. f. d. G.'H\ LVIIl).
2) Vgl. ebenda S. 154—157.
^) Vgl. dazu die Bemerkungen o. S. 33.
von R. UIlricL $$
a
110. Leuz, Ernst, Einr. f. d. ntw. U. am G. u. d. baoliche
Anlage 1). Eiber fM 91 10 XYI.
111. Obmann, OUo, Zeichnende Meth. i. ntw. U. Berlin Htmb.-G. 99 44
lUa/b. Pahl, Franz, Entwicklj^. d. math. U. a. höh. Seh. I. ]l.
(XVn 11516 ; XFin 98) CharloUenburg tU Rg. 98/9 5 1
112. Schotten, Heinr., Mathem. Unterr. Hallest OR, 99 40
113. Trentlein, Pet, Lefarpl. d. math. U. d. bad. ^%. Karlsruhe Rg, 96 4
114. ->, Lehrpl. d. Anstalt I. Natorgeseh. (Xm 91, 108;
XFIII 4415) Sarisruhe Rg. 98 13
115. Tropfke, Job., Erstmal. Anftr. d. einzeln. Bestandteile
nnsr. Schnlmath. L Berlin Frdr.-Rg^ 99 41
i) Philosopbiscbe Propädeutik.
116/7. Lambeck, Gnit. Ad., Phil. Prop. auf ntw. Grnndl.
iJahresb.) (X///^^) Barmen Rg. 97 (8 45
118. Lehmann, Rad., Ob. philos. Prop. {Xf^ 197) Berlin Ist G. 00 „
119. Vogrtnz, Gottfr., Krit Bern. z. Lehrst, d. pb. Prop. nUach 97 46
120. — , Semasiolog. u. Psycholog. {XIII 77 a.b. 78; Xf^ 150) „ 00 „
k) Uaterweisnngen in der Knnst. ^}
121. Bernhard, Jol., Kunstgeschichtlicbes fdr die Sehole.
(Xm 12) (Dresden ntzth.-G.) 97 47
Heoßner, Frdr., ) Einführnog nnsrer Scböler i. d.
122/4. p 1 i\*4. > Kasseler Bildergalerie [I.]U.ni.
ranins, ütto, j ^XFü 125; Xnil 19) Kassel Frdr.-G. 98/00 9
125. Hoffmann, Otto, Gymnas. o. Moseom. Metz L. 99 15
126. Malfertheiner'), Ant., Welche Aofg. s. noch z. cr-
foilen, am d. antik. Denkm. d. Schole dienstb. z. machen?
{XFII42) Mähr.'Trübau 99 47
127. Nelson, Jnl., Bhdlg. d. Kaostgescb. i. G.-U. y4aehen f^h.-G. 97 „
Paulus, Otto, s. Nr. 122/4.
I) Schälerreisen*). Sport.
128. Herrmann, Ernst, E. Schülerreise n. Rom. Sehönebg. Pr,H,'G, 00 46
129. Kanter, Herm., Beitr. z. prakt. Ausgestaltg. d. Ferien-
reisen m. Schul ern. Marienburg 00 „
130. Kubse, Bnh., Im Sehölerboot durch ostd. Gewässer.
[Xni 36 ; XFIII 114) Bromberg Rg. 96 47
131. Netoliczka, Osk., E. Schnlreise n. Venedig. Kronstadt 97 46
132. Wickenhagen, Herm., Der Rendsburger Primaner-
Ruder verein 1880— 1900. (Xr ^5) Rendsburg 00 98
B.
1. Allgemeine Sprach wisseuschaft.
133. Mergoet, Hogo, Bem. üb. d. Entw. d. Sprache. Insterburg 99 135
134. — , (Jber Lexikographie. {FIII 16) „ 00 „
2. Altertumswissenschaft.
135/6. Andresen. Gg., In Tac. Hist. stnd. crit. et palaeogr.
I. II. [1X39; XF71) Berlin Mh. G. 99/00 177
137. Bamberg, Alb. v., Qoaest. crit. i. Plat, q. f. j4poL
{Flu 74; XIII 90; XFI3; XFII 10) Gotha 99 161
138. Bardt, Karl, D. Zinswucher d. M. Brutus. {FIII 108;
Xin91/2; XFIII4) Berlin Jeh. G. 98 169
i) Vgl. 0. S. 11.
^) Vgl. dazu die Ausführungen oben S. 281 ff.
8) S. a. Jahrb. d. phil. F. XXX (1904) S. 87—89 (= Z. f. d. GW. LVHI).
«) Vgl. 0. die Attsführuogeo S. 284 f. m. S. 284 Anra. 2.
7*
100 Programmwesen ond Programmbibliothek d. hSh. Seholen,
S
XYI. 139. Brandt, Sam., Ad Cic. de repbL libr. (XF 79. 80) Heidelberg 96 170
140. Breysig, Alfr., GermtDici phaen. loci qa. ado. Erfurt 96 172
140a. Broschmaoo.Mart, Lex. Beitr.z.Herod. {XFU 142) Zwickau 98 137
141. Corsseii, Pct, D. ^ntig. d. Soph. {X1F59I61\ XF 83;
XFl 263; XFII 147) Sehäveöerg Pr. H^-G. 98 165
142. Detlefseo, Detl., Quam u. s. Zasammeos. (FII23.23a;
Xm 10215; XIF3; XF2/4i Xn8,9.219; XFII19
148. 229) GUiekstadt 00 139
143. Ehwald, Rud., Komm. z. A/A^. i^er. Ovids. (XIH4,109;
XIF 67 ; XF 86. 187 ; XFll 152) Gotha 00 174
144. Fisch, Rieh., £. Waoderg. D.Ostia. {XlF 70) Bert, ^ndr-Rg, 98 202
145. Pritzsche, Gg., Gesch. Platääs b. z. 4. Jahrh. Bautssen 98 180
146. Geffckea, Job., Stod. z. Menaoder. Hamburg tFk.'G. 98 161
147. Gilbert, Job, Ovid. quaest crit. et exeg. {XlF 81) Meißen 96 175
1 48. G e m o 11 , Wh., Krit. Bern. z. 1 a t. Schriftst. II. {XIU 11617 ;
XlF 7519-, XFllI 129) Liegnäx H. G. 98 169
149. Gromme, Alb., Cic. j9. Mur. dispos. ed. If. Gera 98 170
150. — , Dgl. p. Mikme ed. II. {F 11124-, XlF 7 . 8. S2. 82a\
XF 5. 6. 49. 50. 91 ; XFll 24. 155/7. 208) Gera 00 „
151. Guhraaer, Hr., Aotigone u. Ismeoe. {XF67; XFl 19a;
XFll 158 ; XFW 17) JFittenherg 96 165
152. Garlitt, Ladw., Textkr. z. Cic. Briefen. {XlF 83) St^r^äz 98 170
153. Haoler, Edm., Catos Sehr. üb. d. Landwesen. {XF 94)
fFien G. i. 2. B. 96 „
154. Heraens, Wh., D. Spr. d. Petroa n. d. Glosseo.
{XlF 88-, XF96) Offenbach 99 141
Herchoer, Haas, s. u. Nr. 221.
155. Herrlich, Sam., Epidaurus, e. aot. Heilstatte. {XlU 126)
Berlin Humb.-G. 98 183
156. Hilgard, Alfr., Des Urbanos v. Be;iliiD0 Instü. i
ling. Graec. gramm. IL IL {XI 44/5) Hetd^berg 96 136
157. Hodermaon, Max, Xen. fFirtschafUl. {XFl 86) fFemigerade 99 167
158/9. HoffmaoD, Wh., Cborlieder etc. des Sophokles
übers. I ffön. Öd., Öd. a. K., j4nt.; II. Die iibr. St. o.
Tereus. (Flll 66/8) Berlin Soph.-G. 96/7 165
160. Hoppe, Hr., De serm. Tertoll. qaaesliooes. Detmold 97 142
161/3. Jahn, PI., Abb. Vergils v. Thcokrit. {XFll 161) BerL KoUn. G. 97/9 166
164. Ilberg, Joh., U. Sphiox i. griech. Kaost u. Sage. Ldpz. kg. G. 96 212
165. JobD, KoDst., Briefe d. j. Pilo. u. Tac. dial. (XlF 95;
XF99) Schw.-Hall 96 176
166/8. Ir mach er, Em., H|omer. Od. VI. XXII. V ubers.
Dresden Zeidl. R. 96/7. 99 158
169/70. — , Dido {Aen. I), Jeti. X übs. {XlF 9619; XF 100/4;
XFll 106) Dtesden Zeidl R. 98. 00 179
171. Jurenka, Heg., Archilochos v. Paros. {X111132/3;
XF 105/6) fFien Max.-G. 00 153
172. Kirchner, Job., Beitr. z. Gesch. att. Pam. {XlF 102)
Berlin Fr. fFk.-G. 97 183
173. Koroitzer, Alois, E. Studienreise nach Italien n.
Griechenland. [XF 111) fFien Lpst G. 96 209
174. KU hiewein, Hug., Hippokr. chirarg. Sehr. {Xlll 144;
Xiy 16; XFl 250) üfdd 98 158
175. Lattmann, Herrn., De cooiunctivo Lat. HfM 96 139
176. Lontensach, Otto, Gramm. Stud. z. d. griech. Trag.
n. Kom. I. Personaleoduugen. {XlF 103) Gotha 96 138
177. Lessing, Karl, Uist. Aug. lexicoo L {XlF 104) Berl Frdr.-G. 97 141
178. Luckenbach, Herrn., D. Akropolis v. Athen. {XFll 127.
172; XFin 137) Karlsruhe 96 202
von R. Ullrich. JQ!
8.
178«. \ May «er, Bdw., Gramm, d. |f riech, f Heäbronn 96 138
b. I Papyri aus d. Ptolemäerzeit. I. II. \ ShOtgart Sarb-G. 00 „
179. MorBeh, Hs., De Varroue Reat. in George, a Verf.
expreaso. (XlV 111-, XnU 3ö) Berlin kg. Rg. 97 178
180. Hacke, Rud., De praesiaotia cod. Uelceosia i. prior.
p. ttpUt Seaecae rec. {XlF 112; XF 119, Xni 49. 50) Ilfeld 96 176
181/3. Müller, Franz, Zo Thnkydidea, a. d. Nach!, v.
W. Herbst. I-lII. Quedlinburg 98/00 166
184. Maller, Herrn. Prdr., Eor. Med. u. Grillp. Gold. VI. 0.
{XF 120 ; XFlll 64 a) Blankenburg 96 161
185. Nanck, Hs., htm. berechtigt, i. d. Odyssee e. 2. Dichter
anzanehmen? , Ein Dialog. Charlottenburg kg. G. 98 159
186. Oder, Eng., Anecd. Cantabrig. I. Berlin Fr.- fFd, G, 96 152
187. Oeri, Jak., D. Eoripid. Verssysteme. {XU 29-^31',
XF1I176) Basel 98 157
188. Pläfs, Tb., Abergl. o. Rel. i. Soph. Electra, {XU32I3) Basel 00 165
189. Prenschen, Erw., Mö'ochtam o. Sarapiskult. (XFII 243)
Darmstadt L. Gg.-G. 99 212
190. Reich, Herrn., D. ält. bernfsm. Darsteller d. griech.-ital.
M i m n s. Königsberg fFk.- G. 97 217
191. Riehter, Gnst, Krit. Uot. z. Senec. Trag. (FIII 40;
XF128; XF142; XFII 58) Jetm 99 177
191a. Ritter, Honst, Beitr. z Erkl. v. Plat. PoUticus. Ellwangen 96 163
192. Rb'bl, Herm., Z. griech. o. lat. Texten. {XUI 177 ; XF 43;
XFII 59. 181) Halberstadt 97 152
193. Schiebe, Th., Z. Cic. Briefw. a. Cilicien. {XIII 180;
XF134; XFII 185) Berlin Fr.-IFd. G. 97 171
194. Schimberg^ Ad., Schol. i. Hom. II, A 1—50. {XF 133/6)
Berlin Fr. ßFh.-G, 97 159
195. Sehlee, Prdr., Z. Lekt. d. Horaz. Sorau 98 173
196. — , 2 Berlin. Sallnst-Hss. „ 99 176
196a. Schmidt, Max C. P., Ob. griech. Dreireiher. {XIF 125a)
Sehönebg. P. H.-G. 99 184
197. Schultz, Jol., Z. Illas-Rrit.; Prolegomena. (XFI 263)
Berlin Soph.'Rg. 00 159
198. Schulze, Karl Paul, Z. Erkl. d. röm. Eleg.ü. (XIF 129;
XF139) Berlin Fr.-IFd. G, 98 1 72
199. Seeliger, Konr., Hessenien n. d. ach. Bond. Zittau 97 181
200. — , Dicaearchns, Brachst, e. Reiseführers dorch
Griechenld. am 100 v. Chr. {XIF 130) „ 00 155
201. Soltaa, Wilh., Qoell. d. Liv. i. 21. u. 22. B. II; Liv.
XXn u. Plutarch. {XF 140; XFII 190) Zabem 96 169
202. Stadtmüller, Hag., Grabschr. d. Pal. Anth. {XI 69.70;
XF141) Heidelbg. 96 153
202a. Sir eeker,KL,Zn IFaltharws,{XFII224; XFIII158) Dortmd. 99 179
203. Sydow, Rad., Krit Beitr. z. Ca es. bdt. Galt. Berlin Fr». G. 98 169
204. Thalheim, Th., Z. Lyknrg a. Lysias. {XIII 190;
XIF 136/7; XF 144/5) Hirsehbg. 00 m
205. Trampe, Ernst, Syrien v. d. Eindr. d. Israeliteo (n. d.
Tont. V. Teil el-Amarna). (XFII 193) Berlin Less.-G. 98 180
206. Trendelenbarg, Ad., Bendis. {XFII 194/5) „ ^sk. G. 98 212
207. Treu, Max, Theod. Pediasimi eiasque amicc. q. ext.
ed. {FIII 84; IX 34; XIII 191/5; XIF 138/42; XF147/9;
XFII 249; XFIII 144/5) Potsdam 99 166
208. Wagner, Rieh., EntwickJg. d. griech. Heldensage. Dresd. Kzsch. 96 212
209. Weid ner, Andr., Mise, critica. Dortmund 97 160
210. — , Altera mise. crit. {FII28; 1X23; XIF 146) „ 98 152
211. Weinberger, Wilh., Z. spätgr. Epikern. iXF155; XFII
100.254) IgUuOOlh^
102 Progranrnweseo odiI Programmbibliothek d.böh. Sebnlea,
S.
XYI. 212. Wessely, Karl, Lesezeicboo d. Ikas-Hs. //h. fFien G.i.S.B, 91 159
213. — , Wie hab. d. alt. Rom. gesehriebea? (XIII201',
Xiri40!S3; XF 159/61) fFien G.u3. B, 98 165
214. Wilma, Alb, D.Schlacht i. Ten tob. Walde. Hambg,, Rg, d.Joh. 99 182
215. Wirz, Hs., Sallnst. d. btU. Jug. part. extr. (103—112)
ad opt cod. rec. em. {XII 37/8) Zürich K. 97 176
216. Wotke, Karlf Des Pseadoencherias (ranem-Romm.
(I — IV I) im cod. Aogiensis CXCI hrag. v. eiogel.
(XFI 60) IFüm G, 1. 17, B. 97 172
217. Ziegeler, Ernst, 12 Reden aeeros diapon. {Brmneny) 99 17]
3. Deutsch and Verwaodtea.
218. Bilfinger, Gast., Zeitr. d. altea Germanea I. {XIH95\
Xir51l2; XF76) StuUg., a^. L-G, 99 200
219. Detlefs en, Detl., Laodsch. Schildg. Schleswig-Holat. b.
aos. Dichtern. (FII 23,23a; JUII 102/6; XIF3; XF
2—4; XFI 8, 9. 142; XFII 19. 148. 229) GUiekstadt 99 2l\
220. Hellwig, Paul, Erkl. Beitr. x. Dichter-Lekt. (Arndt.
Schiller). iXF42) BerUa 5. R. 99 „
221. Herchner, Hs., D. C^ro;». i.Wielaods W.U. {XF 163)
Berlin Humb.-G. 96 167
222. Rettner, Guat, Leasings Minna v. B. Pforia 96 225
223. -, Relig. Geh. v. Lesa. Nathan. {XIII 139; XIF138; Af^
165a. b. 166) „ 98 „
224. Lorentz, PL, Deutach. Spr. a. Qn. dentach. Rnlturgach. Sorau 96 14Ö
225. ", Goethes Wirks, i. Siaoe d. Vertiefg. n. Fortbildg.
deutsch. Gharakterzfige. „ 00 223
Müller, Herm. Prdr., Bar. a. Grillparzer s.o. Nr. 184.
226. MaomauD, Ernst, A. Herders Jogenddichtg. (XIII 209)
Berlin Fr. fFh.-G. 97 225
227. Rethwisch, Ronr., Bleib. Wert d. Laokoon. (FIII116)
Frankfurt a. 0. 99 in
228. S c h r e y e r, Herm., Dramaturg. Studien (Schillers Jugend-
werke. Wildenbrachs Heinr. u. H. Geeehl). {1X45;
XIII 210) Pfortm 97 228
Strecker, KL, s. o. Nr. 202a.
229/30. Türk, Mor., Frd. d. Gr. Dichtungen i. Urteil dea
18. Jahrh. L II. BerUn 8. R. 97/8 223
230a. Volkmaon, Walth., Z. Immerlm. JlföitcAA. (XIF145a.b;
XF 151a. 203a; XFII 198a; XFIII 146) Brest 3^d.'G. 97 225
231. Ziehen, JuL, Knnstg. ErL z. Less. Laokoon. (XFI 234)
Frkfl. a. M. IFöhl. 99 226
4. Französisch.
232. Henze, Wh., D. bevorst. Ref. d. frz. Orthographie. Berl.Dor.Rg, 96 143
233. Plattner, Ph., Zur Lehre v. ArtikeL (XIF34; XF47,
179a. b; XFII 225a. b) BerUn 4. R. 97 143
234. Ziehen, JuL, Stud. z. Gesch. d. Philhellenismas i. d.
frz. Lit. (XFI 231) Frkfl. a. M. Goethe-G. 97 233
5. Englisch*).
335. Humbert, Glas, Shakesp. Hamlet. / 1X46; \ Bieltfeld 97 231
236. — , Zu Molieres Leb. u. Shtltap.l XIII 205 212;]
Hamlet. \ XIF 165/6; J „ 99 231
237. Riese, Wh., Stratford-on-Avoa. BerUn Less.-G. 96 209
^) Fest sehr. d. höh. L.-A. Bremens z. 45. Vera, dentsck Phil. n.
Schulm. 1899...
*) Aus Österreich (vgL o. S. 87 Anm. 1):
236a. K|elloer, Leon, Altenglische Spruch Weisheit.
IFien R. i. 18. B, 97. Bittner DI S. 61
voa R. Ullrich. 103
8.
5. Mittlere ond oenere Geichiehte, eioschl. Gelehrteo-
(e schichte.
238. Blftsendorff, Kl., Blüchers Wiedereiotr. ins Heer.
(Xivno) sufttin frh.'G. sr i9i xti.
239. Bolte, Joh., M. F. Seidel, e. brdbf. Geschichtsf. d. 17. Jb.
Berlin Kgtt G, 96 239
240/2. Dtrpe, Frz., Koesfelder Ijrkandenb. 3 Tle. {Xiy
171/3; Xr 184/6', XFII228; XF III 162) Koe$fdd 98/00 195
243. Bfcelhaaf, Gottlob, Arch. Beitr. s. Gesch. d. schmal k.
Krieges. Stuttg, KarU^G. 96 186
244. Eogelmano, Em., Phil. v. Schwaben o. Idooccds III.
Schönebg., Pr. H.-G. 96 187
245. HeidemaoD, Ja)., Ü. deatscb. Kaiseridee o. Kaisersage
i. M.-A. n. d. falsch. Friedriche. {FI 77; XI 11 217) Berl gr. Kl. 98 „
246/7. Hirsch, Ferd., Brdbg. o. Boglaad 1674—79. 2 Tle.
{FIII41; 1X50; XIII 218; XI F 174; XFI 246/7)
Berlin KgsLRg. 98/9 191
248/9. Khall, Fd., D. Ritters Haas y. Hirnheim Reisetage-
buch (Reis. d. Ital. o. Paläst.). 2 Tic. (XIII 206/7.
222; XIF 159/61; XF 167(9; XFII 2S3/4) Graz 2. G. 96/7 203
250. Röhleweio, Hg., D. Ziosbeberolle d. Prämoostr.-Kl.
S. Mar. i. llfeld. {XIII 144; XIF 16; XFI 174) Ilfeld 96 192
251. Karze, Frdr., Binhard. (XF 189) BetUn Lms.-G. 99 186
252. Mlohaelis, Karl Th., Gast. Michaelis (m. Brief, y.
Varob. y. Base, A. v. Humb., J. Grimm, K. Müllenhoff
0. a.). {XF117. 198) BerUn 7. Ä. 97 239
253. Neubauer, Frdr., Stein o. Bismarck. {XF6f3) Halle Lat. 98 191
254. Schneider, Max, Die Gelebrtenbriefe d. Gothaer
Smn.-Bibl. a. d. 16. a. 17. Jh. (s. a. XF 187; XFII 64/6;
'III 40) Gotha 97 240
255. Schwartz, PI., Z. Geseh. d. Neamark i. 30j. Kr. I.
(XF191) Berlin 6, R. 97 192
256. Tack log, Kl., Urk. a. d. Arch. d. Klariss. z. Neuß.
{XFlS3a.b) Neujff 96 195
257/8. Wehrmann, Pet, Frdr. d. Gr. als Kolonisator in
Pommern. [I.] II. {XFII 238/9) Ptfritt 97/8 19^
6. Philosophie.
259. Apelt, Otto, Rankes Geschichtsphilos. {XIII 87.88;
XFII 95. 134/6; XFIII 123/4) Eisenach 99 179
260. Draeseke, Joh., Zam Streit üb. d. Mitteldinge i. ]7.
n. 18. Jh. {XIII 108; XIF 190; XFI 266; XFIII 163) fFandsb. 98 271
261. Gneifie, Karl, Deknkt. u. Induktion. {XF 196) Siraßh.L, 99 „
262. Heabaam, Alfr., Aaseinandersetzg. zw. d. mech. a. teleol.
Natarerkl. i. ihrer Bdtg. f. d. Forteotwicklg. d. religiös.
Vorstellens seit dem 16. Jh. Berlin Lets.-G. 00 272
263. Schnitz, Jnl., Bem. z. Psych, d. Axiome. {XFI 197:
XFII 241) Berlin Soph.Bg. 97 253
264. Wallen borg, Gg., Kants Zeitlehre. „ 9. R. 96 272
7. Theologie.
265. Corssen, Pet., Zwei nene Frgm. d. Wein gart. Prophet.-
Hs., m. Unters, üb. ihr Verb. z. Würz borg. Proph.-Hs.
{XIF 59-^61; XF8S; XFI 141; XFII 147) IH.-JFilmersdr. 99 274
266. Draeseke, Joh., Z. Johanneischea Frage. (XIII 108;
XIF 190; XFI 260; XFIII 163) fFandsbeek 00 275
267. Heinzelmann, Wh., D. Brief a. Diognet öbs. n. ge-
würdigt {FI 19; XFI 72) Erfurt ^ 160
104 ProgrammweseD uod Programmbibliothek d. hob. SeholeD,
B.
XTI« 268. Nestle, Ebb., Septoagiota-Skad. II. Ulm 36 275
269. — , dgl. III. (Xiri92; XFII244; XFUIISI) Mmtlbrmm ULS. 99 „
Preoscheo, Brw., s. o. Nr. 189.
270/1. Schellhoro, Rud., Verh. d. Preiberger a. Tepler Bibel-
Hs. [L] 11. Freiberg 96/7 221
272. Techen, Ldw., D.Targum s.d.Pfo/menri] {XyiII182) ß^ismar 96 275
273. Törk, Gast., Lotbers Romfabrt i. ihr. Bdtg. f. seine
ianere £otwickluDg. Meißen 97 279
8. Bibliographie. Bibliothekaweseo i)S)>).
274. Bel8ehoer,Cbr., D. Bibl. d. G. zu Lttdwigsbnrg. Ludwigsbg. 00 247
275. Braobofer, Igo., D. Iglaner Gyma.-Bibl. Igiau 96 245
276a. b. Richter, Wh., Hss.-Verz. d. Theod. Bibl. z. Pader-
boro I. H. {XmJ38) Päderbant 96/7 249
XYII« 5 Teubnersche Jahresveneeiehnisse,
z» T, ergänzt durch die' der KgU Bibliothek zu Berlin
(1901-1906)«) %
(vgl. J?tM. Abt, 3, Nr. 13 b u. 16; o. S. 112.)
A.
1. Allgemeines. Scholgeschiehte. Schnireden.
XYII. 1. Aly, Frdr., Sapiens atque eloqaens pietas. Rede. {XIII 81a)
Marburg t. H, Ol 7
2. — , Alb. d. ak. Päd. v. 1653—1833. (vgl. XVIUO) „ 05 4
') Vgl. o. die Bemerkung S. 95 Aom. 1.
^) Ans Österreich (vgl. o. S. 87 Anm. 1) sei ans dem Gebiete der
exakten Wisseoschaften hier erwähnt:
277. Andreasch, Rud., Ober einige Thioharnstoffderivate.
Wien R. i. 18. B. 99, Biüner III S. 153.
Von der genannten Anstalt wurden s. Z. innerhalb eines Sdmijahres
(1899/1900) — ein seltener Fall — drei Mitglieder des Kollegiums on
Hochschuleo berufen (nach freundlicher Nachweisung voa Herrn Prof.
Dr. Gi Strakosch-Graßmann, s. o. S. 86 Anm. 1), anfier Andreasch
die oben (S. 87 Aom. 1 und S. 102 Anm. 2) genannten Proff. Fried-
wagner und Kellner.
') Aus dem Gebiete der exakten Wisssenachaften seien erwähnt:
273a. ß*^»*«^» Jyl » I iXri95a; Xr III 174) Jl^olfenbÜUd 97 268
^) Von 1903 ab sind hier auch wieder bayerische Programme ver-
treten ; vgl. o. S. 62 Anm. 2, S. 67, X f., S. 73 Anm. 3, S. 81 Anm. 5, S. S^
Anm. 4, S. 95 Anm. 4.
^) Znr Erläuterung, üa dorch Zitieren nach den eiazelnen
Jahresverzeichnissen Teubners, die von 1901 — 1905 einschl. im Anhang der
Jahrgänge XXHl— XXVK (1902/3—1906/7) des Statut, Jahrbuchs d. höh.
Seh. vorliegen, eine starke Zersplitternog des Stoffes herbeigefäbrt wordeo
wäre, sind die 5 Programm- Jahrgänge in der Weise ineinander gearbeitet
worden, die den letzten 4 Abschnitten XIII— XVI (S. 73—104) ungefähr
entspricht; so wird nach Inhalt und Umfang auch ein Vergleich mit des
letzten drei Jabrniafteo (1886—1900) ermöglicht Die Auswahl wurde durch
die oben (S. 32 f.) dargelegten Gesichtspunkte bestimmt.
In praktischer Beziehung bemerke ich folgendes. Da das letzte
Teubnersche Verzeichnis der wirklich erschienenen Programme
(über d. J. 1905) erhebliche Lücken aufweist (s. o. S. 269 A. 1), wurde für
diesen Jahrgang das Berliner Verzeichnis zur Ergänzung stark heraa-
gezogen, das auch für die im wesentlichen voUatändigen Teobnerachea Ver-
vei R. UHrieb. JQQ
8.
3. Arastedt, Rieb., Geseb. d. Kaeipb. G. I. Königsberg Hn. G. 05 BX XTU.
4. Asbtcby Jal., Eoiwarf e. Binr. e. Bergisebeo Doiv. i.
MäDster (1808/9). {XVIL 2; XFm2 S) DüuMorfkg, G. Ol 7
5. BachmaDO, Ottom., D. Progr. d. G. 1694—1813. Frank f. a. 0. 02 30
6. — , Abit, d. G. 1789—1904. (XIII 89) „ 04 7
7. Biibo, Eroftt, Abitor. d. Joaeb. G. I (1789—1870). Berl.Jch.G. 02 8
8. —, Dgl. 11 (1871—1904). „ 05 B1
9. fialdamos, Alfr., Das K. A)b.-G. 1880—1905. Lmp^ig Mb.-G, 05 B 2
10. Bamberg, Alb. v., LebrplSae d. G. s. 1860. {F!II74\
XIII $0; XFI 3, 137) Gotha 03 4
11. Bau ob. Gast., 3 Deokn. z. ä. sebles. Scbolgescb. {XFI 4;
XFIII 5) Breslau ev. R. II Ol 8
12. Berobard, Jol. Ad., Mitt z, Geacb. d. Vitztb.-Gyoin.
(XFI 121) Dresden Fäztk,-G. 05 BS
18. Biese, Alfr., Was ist Bildoog? (27. 1. 1902) q. e. AbiL-
Rede v. 1903. Neuwied 03 8
1 4. — , Aos B i 8 n a r c k s Welt- 0. LebensanscbaiioBg. {XIF 185 ;
XFI 5 ; XFII 202/5 ; XFIII 8, $2 a) Neuwied 04 7
14a. BiBdei,R€h.,Gesch.d.höh.L,'\.lik{iiL{Fstschr.)QuakenbrilekRg, 04
15. Bissioger, Kl., Z. Geseb. q. Statist. d.G. {Xl26i XIF 5314 \
XF 77. 183-, XFII 95a', XFIII 73, 126) Pforzheim Ol 8
16. Blom, Frdr., Der gemeins. Unterbaai. s. geseb. Botw. Jliannh.R. 04 7
17. BatlBiaon, Rud., Die Matrikel d. Horabaeber Gyma.
1559—1630. 1. (X 149a) Zweibrüeken 04 ,,
18. Caoer, PI., Weber? o. Wobin? 6 Abitnr.-R. (XIII 100;
XFI 7) Düsseldorf sL G. 02 9
19. Detlefsen, DetL, Geseb. d. G. VI (1836— 1853). {FII23.
23a', XIII 102/5; XIF 3; XF2''4; XFI 8. Ä 142. 219;
XFII 148, 229) Glüekstadi 04 7
20. Frey, Jos., Z. Geseb. d. G. i. d. 1. Hälfte d. 19. Jabrb.
(XF 54 ; XFI 13) Münster Paul. G. 03 9
21. Gille, Alb., Aosgef. Lebrplan d. Realseh. (XFII 102) Ems B, 02 4
22. Goldsebeider, PL, D. Graadcüge d. aenea LebrpL,
dargest f. d. Kreis d. elJg. Bildang. Mülheim (Rh.) 02 5
23. — , Entw. e. Haos- o. Scholordog. {XIF 29; XF 40) „ 04 2
24. Grnvue, Alb., Tres oratt. sebol. {FIII 24; XIF 7. 8,82.
82a; XF 5. 6, 49, 50. 91; XFI 149/50; XFII 15517.208) Gera 03 B\^
zeichoisse über die Jabre 1901 — 1904 nocb eioige Naebtrüge lieferte. Dafi
bei dieser Lage der Dinge die Berliner Verzeieboisse nicbt aus-
scblierslicb den Zitaten zogronde gelegt wurden, reebtfertigt sieb eiaiDal
dadareb, daß sie keine systematiscbe Anordnong beben, wie sie die
Teobnerseben bieten. Daza kommt, dafi die letzteren in den böberen
Schalen 20 — 30 mal so stark vertreten sind als die ersteren. Die Seiten-
zahlen in der letzten Spalte bezieben sich immer anf die Seite des betr.
Teobnerseben Jahrganges, nnd zwar des (auch im Sonderdroek käaf-
liehen) zweiseitig bedruckten Verzeichnisses, das auch als Teil des /tfAr-
buehs besonders paginiert ist Ue das Jahr des Erscheinens jedes
Programms wie in den früheren Abschnitten regelmäfiig angefahrt ist, ergibt
sieh daraus leicht, in welchem Verzeichnis man die betr. Abhandlung sa
Sachen hat, sobald beachtet wird, daß jeder Jahrgang dea Verzeichnisses
immer die Abhaadlaogen des vorangehenden Jahres enthalt, so Jahr-
gang XXDI (1902/3) die von 190], XXIV (1903/4) die von 1902 u. s. f.
Doreh Nacbschlagea im systematischen Verzeichnis kann jeder Leser leicht
die Kontrolle ober die getroDene Auswahl üben. Abband langen, besonders
aus dem Jahre 1905 (s. o.), die nur in den Berliner Verzeichnissen aaf-
gefuhrt siad, sind dorch ein der Seitenzahl dieser Verzeichnisse vorgesetztes
B kenntlirh gemacht; es sind hier die Jahrgänge XIU— XVII (1901-1905),
die immer ungefibr in der Mitte des foigeadeo Jahres erscheinen.
f06 Programmwesen ond Programmbibliothek d. hob. Sehnten,
8.
XTII. 25. Gq d 0 pp, Ernst, Dram. AaiT. (Schi n8).( vgl. o. Xß^ll9) Berl Le&H,'G. 02 9
26. Hildenbrand, Frdr. Job., D. neae G. -Gebäude z. Speyer^)
m. Rückbl. a. d. Gesch. d. G. {X 124. 138140. 168161) Speyer 04 8
27. ifoffacholte, Hör, Bdtg. a. Entw. d. lateinl. Schulen
in Preufieo. (XFIII 24) Münster R. i. E. 05 B\i
28. Ho Ix er, Jos., Eot. d. steier. Mittclsehulw. seit d. Or-
ganis.'Efdw. I. Graz. (XFIII 22) Gna 1. G. 04 9
29. Jacobs, Frdr., Ref. d. hSh. (J. i. Fraokr. i. J. 1902. M^% OR, 03 10
30. Jaeger, Jol., Vers. d. Schaler d. G. Car. 1625—1804.
iXIJI 22011; XF 188) OemUnräck Car. 03 „
31. Jerusalem, Wh., D. Hans d. Piaristeo. (A/^7^^ ß^ienG,i.8.B. Ol 9
32. Knabe, Karl, Eiobeitl. Ziele i. Schalweseo. Marburg uH. OR. 02 5
33. Knauth, Herrn., Was kuBpfl uns an Elsaß-Lothringen?
2 Scholreden. HaXle Lot. 02 „
34. Koldewey, Frdr., Jogendgedichte d. Honanisten Job.
Caselius. Brawuekweig M.-K. 02 10
35. — , Paräoel. Gedd. desselb. {FI 93-, FIII4; IX ö; XIII 16
^18; XIF 13. 197; XF 11; XFIII 27) Braunschweig M.-R. 05 10
36. Kobse, Bbd., Harmon. Aosbildg. d. körperlich. Kräfte.
(XFI 130; XFIII 114) Bromberg Rg. 02 6
37. Lachmann, Jal., Wilh. Panzerbieter. Berlin Fdk-^. Ol 9
38. Laadien, Bhd., Lehrpl. d. Anstalt. Breslau Joh.-G, 04 4
39. L e m ck e, Hug., Beitr. z. Gesch. d. Stett. Ratsach. I 4. Stettin St,'G. 02 11
40. — , Dgl. 15. (D. Schollokal). (f7/24/J; An2/4) „ 04 9
41. Liermann, Otto, Heoric. Petr. Herdesianos a. d. Frkft.
Lehrpläne v. 1579 a. 1599. {XFI29a; XFIII 31)
Pranitfürt a. M. Goethe- G. Ol „
42. Malfertheiner, Ant, E. Wort a. d. Eltern. {XFI 126) Krems 03 6
43. Markseheffel, KI., D. intern. Schülerbriefwechsel, ß^eimar Rg, 03 6
44. Mayer, Herm., Gesch. d. Freih, Gymn.-Bibl. Freiburg i. B, Ol 9
45. Meitzer, Otto, D. Wett.-Gymo. i. d. erst. 25 Jahren .
(FW 27; 1X3; Xni2ö. 151) Dresden 9FeU.'G. 04 10
46. Meyer, Gg., Verz. d. Ilf. L. n. Seh. 1853—1903. I^eUt 03 „
47. — , Um- Q. Nenbaa v. Kl. Ilfeld 1859—1884. {XFIII 34. 76) „ 04 „
48. Mollmann, Ernst, Scholschr. d. Koeiph. G. {XF205)
Königsberg Knp. G. Ol 9
49. Mneke, Rad., A. d. alt. Scbolgesch. Ilfelds. UfM 02 11
50. — , Dgl., Forts. {XIF 112; XF 119; XFI 180) „ (?5Ä23
51a. Nath, Max, Fi cht es Red. a d.^deuUch. Not. (Rede.)
{XIF 189; XFI 32) Nordhausen Rg. 04 10
b. — , Lehrplan d. Rg. zo Nordhansen. „ 05 S
52. Perthes, Otto, Gegenw. Stand d. Ref. v. H. Perthes
u. Mittel z. ihrer Weiterbildung. Bielefeld Ol 6
53. Qoossek, Karl, Lehrpl. d. OR. z. Krefeld. {F III 107;
XIF 22) Krefeld OR. 02 Bk\
54. Rathmann, Wh., Comenins o. Herbart I. T^Us 03 11
55. — , Dgl. n. yy 04 \^
55a. Rannecker, Frdr., Beitr. z. Gesch. d. höh. Schal, i.
Württ. i. 17. n. 18. Jahrb. L {XFIII 36) Ludwigsburg 05^) 10
56. Reiche, Arm., Entw. d. Realscbw. i. Bremen. Bremen R. Altst. 05 7
57. Richter, Fritz, Anflinge d. Dresd. Realscbw. Dresden Dreiksch. Ol 10
58. Richter, Gost, Z. Erg. a. Grofih. Kl. Alexander. {FIII40;
XF 128 ; XFI 42. 191) Jena Ol „
59. Röhl, Herm., Eotlassnngsreden. {XIII 177; XF 43;
XFI 192; XFII 181) Halberstadt 04 1 1
M Vgl. 0. S. 11 Anm. 5.
>> Für 1905 bestimmt, aber erat 1906 erschienen.
roB R. Ullrich. 201
8.
60. Rodkowski, Wh.,StiftgB. d. Elis.-G. HI (1671--1776).
Breslau ßUs.-G. Ol 10 XYII.
61. —, Dgl. IV (1777—1900). (AW45/44;Xr////5^fl) „ „ 02 12
62. Schädel, Ldw., Beitr. z. Gesch. d. 6. i. Giefieo. Girftm OöB29
63. Schmidt, Max. Gg., Hess. Schulw. z. Z. Phil. d. Grofiv.
Marburg IH. 04 11
64. Schoeider, Mtx, Lehrer d. G. 1524—1859. 1. Gotha Ol 10
65. — , Dgl. n. (Schlofi). „ 02 12
66. — , Abitorieoteo 1768—1859. I. {XFI 254-, XFIII 40) „ 0ÖBZ2
67. Siefert, G., Lehrpl. d. G. m. Ansführaogen. Jena 02 7
68. Spiegel, .Nik., D. fthr. Schölertam, e. BrgebD. d. .
deatsch. Schulw. d. 15./16. Jtbrh. 1Für%burg J. G. 04 11
69. Stahlecker, Rhld.,Bettr.z.Gesch.d.höh.Sch.i.TiibiDg. Tübingen 05 7
70. Stranb, Lor.^ Biowhg. d. NenbausM. Stuttgart Eh. L-G. 04 11
71. Thiele, Rieh., Schicks, d. Erf. Akademie nach d. erst.
Besitze, d. Preofieo (1802—3). {XFI 53\ XFII 192) Erfurt 02 13
72. Thom^, Wilh., LehrplKoe f. d. R. {FIIII) Köln R, 03 7
73. Thamser, Vikt., Sokrates a. Vorbild d. stod. Jogeod.
Wien G. t. 6, B. 02 13
74. — , ElterDtbeDde^) a. Mariah. G. {X1F37\ XV 14ß\ XVI
89. 90) Wien G. t. 6. B. 04 6
75. Walloer, Jol., D. Archiv d. 1. G. i. BriiaD. (XIII 37/40;
XIV 26)^) Brunn 1. deutMch, G. 06 8
75a. Walter, Karl, Herders Typus Lectloaom. fVeimar 03 8
76. Weicher, Max, Stiftga.«) a. Stip. d. Gymo. Bitleben 03 12
77. WehrmaoB, KI., D. 50j. Best. d. Aast. — Schnlref. o.
lateiaL höh. Schale. Bochum OR, 02 13
78. — , D. Aasstellg. d. OR. i. St. Lonis 1904. „ 04 29
79. Weodt, Gast, Beitrag z. Gesch. d. G. {XI 74^78) KarUruhe 02 13
80. Wernicke, Alex., D. 25jähr. Best. d. Aast. {XV 199;
XVI 57 18; XFII 242) Brauneckweig OR. 02 „
81. (o. N.), Lehrpliae d. Joach. G. I. Berlin Jeh. G. 02 6
82. ( ,> )» 9, 9» 9, „ ll. )» 99 "4 4
83. ( „ ), Verz. d. Progr. d. G. (1606— 1903) >). Stendtü 04 28
2. Biazelae IJDterrichtagegeostäode.
a) Religion.
84. Heidrich, Rad., Quelleob. ]. Lather. (s. o. XVI 71) Nakel 02 B\^
85. — , LehrpL f. d. R.-ü. {VI 94; XV 3214; XVI 68— 70) „ 03 6
85a. H 0 y e r , Job., Aasgew. Psalmen erkl. [I.] (XVIII 55) Halberst. OR. 03 „
86. Hapfeld, Prdr., Wie k. d. ev. R.-(J. i. d. ob. Kl. f. d.
philos. Bildg. d. Schiller natabar gem. werden? Eiber fM 04 3
87. Strauß, Herrn., Behdlg. d. Conf. Aug. in I. Lyek Ol 7
b) Deatsch.
Piseber, Karl, s. n. Nr. 207.
88. Henke, Osk., A. d. Lehrpl. d. Anstalt VlIL Deotsch:
Anderg d. Rechtsehrbg. i. J. 1902. {XIV 9; XV 8a.b;
XVI 2216) Bremen 03 BU
Kiazel, Karl, s. n. Nr. 126.
89. ReggeP), Frdr., D. deutsehen Themata etc. II. Neustadt a. H. 03 6
90. — , D. deutschen Themata etc. HL (SchL). [X 164) „ 05 3
Spreer, Lpd., s. u. Nr. 99.
1) Vgl. 0. S. 11 A. 5. >) Vgl. o. S. 286. >) Vgl. dazu o. Si 10 k.\.
*) Vgl. o. S. 10 und Nr. XVI 43/4; XVII 60/1.
f') Vgl. o. S. 108 Aom. (Forts, d. Aom. 2 v. S. 107).
•) Vgl. 0. S. 156 Aoffl. 1.
108 Proj^rammwesen and Proj^ranBibibliothek'd. höh. Schnlen,
a
XYII. 91. Treutlein, Pet, Lehrpl. d. A. Ilt. Deutsch i. VI— IV.
{XFI 11914 ; Xril 108 ; XFIU 4415) KarUruhe Rg. Ol 11
92. Weise, Osk., Masterbeisp. z. deutseb. Stillehre. Euenherg 02 8
e) Lateinisch.
93. Maho, Paal, Die 1890—1902 f. d. schriftl. Eotl.-Profj^. z.
Answ. gest. Aufgaben, m. Abdrack goter Schal er-
arbeiten. Kempen (Posen) Pg. 02 6
94. Metboer, Rad., Darstellg. d. Temporals. in 0. III; üb.
d. Bdtg. V. poitquam. {XIII 202 13 i XI F 154a, b)
Bramberg 02 16
d) Griechisch.
95. Apelt, Otto, G. griech. Lesebuch. {XIIISI, 88; XVI
25$; XVII1S4I6', XFIII 123J4) BUeHmA 02 3
95a. BissioKor, Karl, Griech. Schreiböbaagen. I. (AI 20;
XIV 5314; XV 77. 183; XFII 15; XVIII 73. 126) P/onkeim 03 4
96. Koppin, Karl, Unterr. Bdhlg. d. griech. Modi auf wies.
Grnndl., nanentL i. Bedingnngss. I. Vorbetraehtg.
{XVIll 74) Stettin fVk.-G. 05 2
97. Przygode, Alf., Grieeh. Anf.-U. o. Xeooph. Anab,^)
Charhttenburg Momms.-G. 05 ^26
98. Seiler, Prdr, Binf. d. Leseb. v. Wilamowitz. {XVI
77 ; XVIII 42) Luckau 04 5
99. Spreer, Lpd., D. Poetik d. Aristot i. d. Sehnle. Merseburg 02 7
100. Weinberger, Wh., Z. gr. Blem.-U. {XV 155; XVI 211;
XVII 254) Iglau 04 6
e) Französisch.
101. Boeroer, Otto, Z. Meth. d. neusp. U. nebst Stoff-
verteilf. i. Anschl. an Boerners Unterrichtswerk.
Dresden KrudL 03 4
102. Gil le, Alb., Znsstellg. d. gramm. Merkstoffs. (XVII 21) Em* M. 03 „
f) Hebräisch.
103. Kretschmer, Bog., Pens. d. 0. II i. Hehr. Glogau Roth. G, 04 4
g) Geachichte.
104. Koch, Jol., Gesch.-U. a. d. Mittelst, gynn. Aast DL-fVibnersäf. Ol 5
h) Erdkunde.
Becker, A. u. Hödl, Rom., s. u. Nr. 130.
105. Bobn, Hör., D. geogr. Natural .-Sa mmlg. d. Dar. Rg. o.
ihre Verwendg. b. Unterr. 2. PorU. Berlin Der. Rg. Ol 4
106a. b. — , 3. Forts, u. Schi. {XVI 06/7) „ „ 02.03 it„
107. Fischer, Hör., Ber. üb. d. „Ausstellg. geogr. Lehrni.*^
i. Amsterdam. Berlin Soph.'G. 03 29
108. Treutlein, Pet., Lehrpl. Illa. Brdk. i. VI u. V. (XVI
113/4; XVII Ol; XVIII 44/5) Karlsruhe Rg. 05 6
109. (LehrerkoU.), Heimatk. v. Beutheo L BeutksnR. 03 5
i) Mathematik und Naturwissenschaften.
109a. Feist, Aug., Verz. d. math. Abit.-Aufg. i. Herzogt.
Braunschweig (1892—1903). {XVIII 82) Brmmschw^ M.-K. 04 2
im l^^^rmer, Ludw., ^ Räume n. Eiar. f. ehem. u. biolog.
'^"* Krüger, Edg., | Unterr. a. d. OR. v. d. Holstentore.
Hamburg OR. v. d. Holstent. 05 5
.111. Grimsebl, Ernst, Die Räume f. Physik. {XVI 107;
XVIII 87) Hamburg OR. ühlenherst 03 9
^) Vgl. o. ^f.Xy48a und XVI 8ö.
voo R. Ullrich. IQS
a
112. Henoifer, Kl. Ant, Chem. Prakt 11. (XFI 108) CharloUhg.Rg, Ol 5 XTIL
113. HoU«, Gast, D. Schnlgtrteo v. G. u. R. Bremerhaven G.U.R 04 3
Krüger, Edg., b. o. Nr. 110.
114. Möller, £og., Blektr. Aolage d. OR. KoosUnz. Kotutanz OR. 03 B 2^
115. Pahl, Fraos, Eotw. d. phya. U. I. CharioUenhurg Rr, 02 H
116. — , Dgl. II. {Xr/llla.b; Xrill 98) „ „ 04 6
117. Sehnidt, £d., Elektr. Aol. d. OR. Kiel OR, 04 „
118. Sehmidt, Walt., Philoa. Prep. i. phys. U. Düren Rg. 04 „
119. Schoster, Bb., Räume u. Lehrm. f. Phyi. q. Chen.
i. oeaeo Stadt-G. (vgl. o. S. 11 Add. 6) SMtm Statä-G, 05 7
120. Schwalbe, Bhd., SoodereiDriehtongeo d. Der. Rg.
f. Porderg. d. ntw. Unterr. m. method. Darlegaogeo.
{Flu 120-, XIF24. 184-, XFIöl; XVII 120) Berlin Bor. Rg. Ol BAS
121. Tharling, Gast., D. wahlfr. U. i. Chem. a. KöUn. G.
Berlin KSUn. G, 04 6
k) Philosophische PropÜdeatik.
122. Heake, Osk., Beitr. z. Uoterr. i. d. phil. Prop. (XilF 9;
Xr8a.b; Xn 2216 ; XFII 88) Bremen 04 8
123a. b. Hermano, Ernst, D. Eiern, d. Philosoph, z. Gebr. io
Mittelsehalen I. II. Baden-Baden 02/3 je 3
Sebmidt, Walt., s. o. Nr. 118.
1) KonstanterweisongeD.
124. Helmke, PI., D. Altertomssammlg. d. Priedb. Geseh.-V.
a. ih. Verwertg. i. d. Seh. I. D. prahist. Altert. Friedberg i, H, 04 3
125. Ifeoßoer, Frdr., Einfohrg. i. d. Kasseier Galerie IV.
{Xn 122/4-, Xmil9) RasielFr.'G. 03 5
126. Kinzel, Kl., Bild. Koast i. deotseh. U. d. I. {XIII 140)
Berlin gr. Kl, 04 4
127. Loekeabach, Herai., Aot. Kaostw. i. klass. U. (XFI 178;
Xf^II 172-, Xrill 137) Karlsruhe Ol 5
128. Mielke, Hob., Z. Frage d. Kuasterzhg. i. d. Seh. [I.]
(XFIIIIOS) Berlin Fr, Wh,-G, 04 4
129. Stieger, Osw., D. Stillebeo (s. o. S. 1 Aom. 2). - Graz LOR. 05 8
m) Tarne 0. Sport. Seholreiseo.
130. Becker, Aat, I Bericht über d. aoteraomai. geogr. -
Hödl, Rom., I hitftor. Schalaasflöge. fFim G. t. 8, B. 05 2
131. Gericke, Job., 10 Jahre Schäler ra de ra. Berlin Leibn,'G, 04 29
132. Groß, JuL, E. Scholreise nach Palästiaa u. Ägypten. Knmstadt 05 20
133. Loreotzea, Iw., Schäler-Reigeo. P/orta 05 3
B.
1. Altertamswissenschaft.
134. Apelt, Otto, Ansicht, d. griech. Philosoph, üb. d. Aofg. \ ». ^_-jl .w 4 «
d. Kultar. — Krit. Miszellen(za Pinto, Plutareh, i^"*"^^ b\
Stobaeos u. a.). j "
135. — , Z. Eudem. Ethik. „ 02 14
136. — , Antrittsrede; zo Plnt. u. Pia ton. {XIII 87j8\
Xri259', Xm95; Xrm 123/4) Jena 05 B 1
136a. As mos, Rad., Jalinns Galiläerschrift i. Zshg. m. s.
Öhr. Werken. (XFTlä) Freiburg uB. 04 16
137. Blase) Hnr., Stad. o. Krit. z. iat Syntax. 1. Mains Berbst-G. 04 13
138. — , Dgl. II. „ „ 05 9
139. Brandes, Wh., Beitr. z. Aasonias (ForU.) (XF 78)
ITolfenbüttel 02 16
140. — , D. Aaspieias v. Tool Epist. a. Arbogast v. Trier.
WolfenbiUUl 05 9
110 Proj^rammwefen und ProgrAmnbibliothek d. höh. Schnlea,
XVIL 141. Brandt, Kl., M etr. Zeit- a. Streitfrageo. Pforta 02 15
142. Bro86hmaao,Mart, Sappl. lex. HarodoL {KFl 140a) Zwickau 04 „
143. Bürger, Kl., Stod. z. Gesch. d.griech.RoiDaaa I. BUaüunbg.a.H. 02 „
144. — , Stnd. E. Gesch. d. griech. Roaiaos II. „ 03 14
145. BiittDer-Wobst,Th.,Beitr.z.Polybios.(X/f'^7)Z)»'«MliSrrsfeA. OIB 9
146. Coosbrnch, Max, Z. Oberl. v. Hephaestiaas ly^ii^i-
diof n€^l uit^mf. Hallt St.-G. Ol 13
147. Corsseo. Pet, Horatiaaa. I. {XIF 59161', XFSS;
Xy 1141.265) DL'frUmersdarf 03 16
148. Detlefsen, Detl.,i'(rfai. Lat. {nj23.23a; XIH 10215;
JUrS; XF2I4', XVI 8, 9. 142. 219; XVll 19. 229) GUieksladl Ol 12
149. Di ri Chi et, Gg., Thukyd. II 35—46 uoter BeDuUaoi^
L eh rs acher Mscr. übs. (XFIII W) KättigHmg MUt. G. 04 17
150. Dörpfeld, Wh., I , ^„. .. ... .^ - zic » s
Evers, Blith., \ Lcukas-Ithaka. Barmen 03 B 8
151. Egg, Wh., Polyb.-Pragmante c. 154. Ol. Zweibrücken 05 12
152. fihwald, Rud., Aldhelma Ged. de virgtniUOe. {XIII 4.
109-, Xiyei\ XV 35. IST; Xyil43) GMa 04 U
153. Fr ick, Karl, DarsteUg. d. Peraönl. io Xen. y4fiab. Höxter 05 12
154. Gern oll, Alb., D. Hom. Schiffskat. {XIII 11315', Xir
71/4; XF4a; XFIII 63) Strierau Pg. 04 15
155. Gramme, Alb., Disp. v. Cie. de off. I. Gera Rg, 04 „
156. — , Erganz. z. Georges' dentseh-lat. Hand-WB. „ G. „ B\i
157. — , Dgl. Porta. {mi24; XlF 7. 8. 82. 82a; XF 5. 6. 49.
50. 91 ; XFI 149150; XFII 24. 208) Gera G. (^ B 10
158. Gahraaer, Hnr., Altgriech. Progr.-Mnsik. (XF 67 ; XFI
19 a. 151; XFIII 17) fFätenberg 04 18
15a. Helmreich, Gg., Galen Ob. d. Kräfte d. Nahrung»-
mittel 1 1—13 als Probe e. neaea Textrez. {X 108. 123.
15617; XFIII 131) Jnebaeh 05 11
160. Hoffmano, Max, Cod. Med. d. Vergil. (s. e.XIF92). PfoHa Ol 15
161. Jahn, PI., Aas VergiU Dichterwerkatälte {Gemrg. IV
281—558). {XFI 161/3) Berlm Köün. G. 03 B „
162. I 1 I. Gemsheim R. 02 19
163. Mhm, Gg., VergilstadienV IL „ 03 18
164. l I m. „ 04 „
165. Im misch, Otto, De rec. Pia ton. praesid. atqoe ration.
Leipzig Alh.-G. 03 17
166. Irmscher, Em., Verg. Aen. XI abers. {XIF96—99;
XF 100/4; XFI 166/70) Dreeden Zeidl. R. 02 19
167. Kallenberg, Herm., Textkrit. o. Sprachg. Diodors L
Berlm Frd.-fFd. G. Ol 13
168. — , Dgl. II. (X///i«?d; X^iÖ7) „ „ 02 IT
169. Kooke, Frdr., SUod d. Forschg. üb. d. RSmerkriege
im nw. DeuUchlaad. {XF 110; XFIII 134) Osnabrück Rats-G. 03 18
169a. König, Job., Mitteil. a. d. assyr.-bab. Altertum. [T].
{XFIII 135) Dramburg 06 BV
170. Loewe, Phil., Nachtr. z. Thes. /. L. aas Ovid. Breslau Frd.-G. 02 16
171. Lucas, Hs., Z. Gesch. d. ISeptnnsbasil. i. Rom. Ber!. K. fF.-Rg. 04 18
172. Luckeobach, Herm., D. Propyläen. {XFI178; XFII
127 ; XFIII 137) Karlsruhe 02 20
173. Magnus, Hug., Stud. z. Krit u. Oberl. d. Met. Ovids
VI. {XIF 107 ; XF 113) Berlin Soph.'G. 02 18
174. Mekler, Sgfr., Z. d. Prgm. d. griech. Tragg. {XIII 149/50)
Wien EUs.-G. 04 14
175. Michael, Hag., D. Heimat d. Odysseus; e. Beitr. z. Krit
d. Ob'rpfeldschen Hypothese. Jauer 05 12
176. Oeri, Jak., Uuripides unt. d. Drucke d. siz. o. dekel.
Kriegw. {XII 29/31; XFI 187) Basel 05 11
von R. Ullrich. Hl
177. PeppffluUer, Rad., Solons Gedichte. (XIF 11016-,
Xy 126) Stralsund 04 17 XVlI.
178. Preufi, ägm., lod. Ifoertteas. {XlII 163) Fürth 04 16
179. Richter, Otto, Beitr. s. röm. Topogr.: 1. Alliaschl. a.
ServiBflmeaer. 2. Capit. n. Cliv. Capit. Sehöneberg Pr, H.-G. OS 18
180. — , Dgl. 3. Roetra. (XIII 171-, Xr 12$; Xmi 138)
Schöneberg Pr, H.-G. 04 19
181. Röhl, Herrn., Z. griech. Texteo. (XIII 177-, Xr43;
Xri 192 ; XFII 59) Hälberetadt 03 14
182. Roseoberg, Em., Zo Cic. p. Murena. (XIII 178;
Xr 11 1139) Hitichherg 02 17
183. Schambach, Karl, Vergil, e. Faast d. Mittelalters. I. Nordhs. 04 18
184. —, Dgl. II. {Xnil 140) „ 05 12
185. Sehiche, Th., Z. Cic. Brufen, {XIII 180; Xri34;
XFI 193) Berlin Fr.-IFd. G. 05 B 30
186. Schott, Wh., Stnd. z. Geseh. d. Kais. Tiberins \\Bmnberg N. G. 04 19
187. — , Dgl. II. „ „ 05 n
188. Schultz, Gerh., Tivoli n. d. Villa HadriaDi. Steglüz 03 18
189. Sieche, £rB8t,ludiaflDracheukaupf.(A///i&?/4) BerLLess.G, 05BU
190. Soltau, Wh., Qoell. Plotarchs i. Poptieola. (XF 140;
XFI 201) Zabern 05 12
191. Stowaaser, Jos. Mar., Ob. e. paar «oapast. lat. Id*
schrifteo. (XIII 18819; XI F 13214; XF 142/3;
XFII 252) fFien Frz. JoM.'G. 04 14
192. Thiele, Rieh., D. Fora m Rom. m. BerScksichtigg. d.
nematen Ausfr. 1898—1903. (XFI 53; XFII 71) Erfurt 04 19
193. Trampe, Brost, Syrieo etc. II. (vgl. a, XFI 205) Berlin LesM.-G. Ol "^1
194. Treodeleobarg, Ad., AlUr d. Zeos i. Olympia. „ j4sk. G. 02 20
195. —, Brl. z. Piatos Menexenus. (Xf^I 206) „ „ 05BZ1
196. Tretter, Lor., Xcd. q. f. j4poL Soor. rec. Graz 1, G. 03 18
197. Viertel, Aot., Tiber, o. Germaoicas. (XFII 237) GöUingen Ol 16
198. Volker, Frz., Syot. d. griecb. Papyri 1. (Artikel.) Münster Rg, 03 14
198a. Volkmaoo, Walth., Z. Technik d. Ovid. (XJF 145a.b;
XF 151 a. 203 a ; XFI 230 a ; XFIII 146) Breslau Mgd.-G, Ol 14
199. Vollbrecht, Wh., E. ueoe Hvpoth. betr. d. Heransg. d.
Dichtaogen d. Horaz. {1X36'; XIII 197a) ^Uona 02 18
200. W nehme r, Walt, Ob. \ äs (foto etc. ni. Götüngen 03 14
201. — , Erz. a. Nonoo»' Dionysiaea [1.] (XF 152/3; XFIII
147/8) Göttingen 05BZS
Weioberger, Wh., s. a. ISr. 254.
202. Welzhofer, Karl, Kompos. d. Staatar. d. Demos theo es.
I. Olynth. Beden, (X118; XFIII 149) Straubing 04 15
2. Deutsch ond Verwandtes.
203. Biese, Alfr., Tasso o. Fautt. Neuwied Ol 16
204. — , Goethes ep. Kunst n. Lebensweish. i. Hermann ti.
Dorothea. Neuwied 02 20
205. — , Wie ward Schiller, und was ist er uns noch heute?
(XIF 185; XFI 5 ; XFII 13/4 ; XFIII 8. 62a) Neuwied 05 4
206. Bilfinger, Gast., Zeitr. II. D germ. Jolfest. {XIII95;
XIF 51/2; XF 76 ; XFI 218) Stuttgart Eb. L,-G. Ol 16
207. Fischer, Karl, Ed. Mö'rike. (XF61; XFI 91) fFiesbaden Ol 17
208. Gramme, Alb. Walth. v. d. Vogelw. (FIII24; XIF 7.
8. 82. 82 a ; XF 5. 6. 4$. 50. 91 ; XFI 149/50 ; XFII 24.
155/7) Gera Ol BIS
209. Heynacher, Max, D. menschl. Seele l FausL (XIII 48/9.
127; XF 56; XFI 27) Hildeshehn Andr. 02 21
210. Hintner, Florian, H. Sachs in Wels. (XFIII 20) JFeU 04 19
112 Programmweseo nnd Proi^rammbibliothek d. hSh. Schal eo,
XYII. 211. HiDtaer, Val., Die Stnbtier Person.- n. GoteraameD.
/^ieit ^k. G. 03
212. — , Dgl. Nachtrag. (J^F SOjl-, XF 69) „ „ OA 20
213. Joost, Art., Schillers Persönl. i. s. Briefen, {XlF36'y
XFI 87) Lyek Öö 13
214. Larfeld, Wh., E. oiederrh. Teafelsspak v. 1668.
Nach uDgedr. Quelle. [XFIII 169) Remscheid Rg, 02 21
215. Liiekiag^, Gast., Sohiller als Heraasgeber d. Memoirea-
samnloDg. I. Beriin 3. R, Ol 17
216. — , Dg^l. IL {Flu 61) „ „ 02 21
217. Mangold, Wh., £ioige Gedd. Frdr. d. Gr., z. I.Male
beransgg. [I.]M Berlin Ask, G. Ol 17
218. — , Dgl., ir. (XF179) „ „ 03 20
219. Malthaei, Gg., Beitr. z. Gesch. d. Siegfriedsage. Gr.-Lichtfde, 03 B22
220. Müller, Karl Frdr., Z. Spr. u. Poetik Fr. Reuters.
{XIF113) KM 02 22
221. Poivermaeher, Nath., Berliner Vornamen. I. Berlin Less,-G. 02 32
222. — , Dgl. II. „ „ 03 20
223. Sehfitte, Otto, Braanschw. Personeanamen aas Urk. d.
14.— 17. Jahrh. (vgl. o. S. 285 Aom. 1) Brauneckweig N, G, Ol IS
224. Strecker, Karl, Hrotsvits Maria a. Ps.-Matth. (XFI
202 a; XFfll 168) Dortmund 02 22
3. Französisch.
225a. Plattner, Ph., Paris et aotoar de Paris, IM). Berlin 4. R, Ol 21
b. — , Dgl. in. {XIF34i XF47, 179a, &; XFI 233) „ „ 02 23
226. Wohlfeil, PI., D. deutscheo Moliere-Obersetxaogen.
Frankfurt a. M. Adlfl.'R. 04 22
4. Gesehiehte.
227. Brüll, Jh., Hardenberg a. Kaoonik. Wolf. HeiUgenstadt Ol 19
228. Darpe, Frz., Koesfelder (Jrkoodb. III. (XIF 171/3;
XF 184/6; XFI 240/2; XFIII 162) Roesfeld 05 B 6
229. Detlefsen, Detl., D. Rolle d. Herzhoroer Brandgilde
V. 1650. {FII23.23a; XIII 102/3; XIF3; XF 2/4;
XFI 8. 9. 142. 219; XFII 19, 148) GUickstadt 02 24
230. Droysen, Hs., Beitr. z. e. Bibliogr. d. pros. Schriften
Friedrichs d. Gr. [I] Berlin Kgst G. 04 19
231. — , Dgl. II. {XF84) „ „ 05 B ^
232. Gebhardt, Br., 2 Denkschr. a. d. Z. Fr. Wilh. III. BerUn 4. R. 03 23
233. Khall, Fd., Jagend- u. Kriegserinnerg. Joh. B. Tarka. [I.]
Graz 2, G. Ol 27
234.—, Dgl. II. {XIII 206/7. 222; XIF 139/61; XF 167/9;
XFI 248/9) Gra% 2. G. 02 32
235. Koch, Gotlfr., D.jakob. Staat v. 1894. {XIF 17516) Berl. Soph.'G. 04 22
236. Krause, Gott!., Ber. e. Aogenzeugea ob. d. Zusamnienk.
Frd. d. Gr. a. Jos. II. in Neiß« 1769. Königsberg Ast, G, 02 25
236a. Thamni, Max, Epilog z. Aüg, deutsch. Biographie. Brieg 05 B 3^
237. Viertel, Ant., Busbeeks Krleboisse i. d. Türkei 1553
—1562 n. s. Briefen. {XFII 197) Göttwgen 02 26
238. Wehrmano, Pt., Worte Bismarcks f. d. Jugend. P^it^ Ol 26
239. — , Kloster Kolbatz o. d. Germanisierung Pommerns. I.
(XFI 257/8) Pifräs 05 l6
5. Philosophie.
240. Devaotier, Frz., Z. firg. a. F. A. Trendelenbarg. Eutin 02 9
1) Vorarbeit zn einer neuen kritischen Ausgabe der Gedtehte.
2) Teil I: Gotha 1900, F. A. Perthes {Schdmug. engl u. frz. Sekn'ft-
steUer Nr. 25).
voD R. Ullrich. 225
8.
241. Schnitz, Jul., Briefe üb. geoet. Psychol. (XFI 197.263)
BerUn Soph^-ßg, 02 14 XTII.
242. Wernieke, AI., D. Theorie d. GegeosUndes u. das Ding
OH iieh b. Kant. {XF 19$; Xn37/8; Xm 80) ßrschwg, Oß, 04 13
6. Theologie.
243. Achelis, Jh., Religionsgeach. Gehalt d. Psalmen. Berlin ö. ß. 04 12
244. Nestle, Eh., Septuag.-Stud. IV. {XIK192; Xyi26'8l9;
XFIII 181) MauWronn th, S, 03 13
Mo hl, Herrn., s. u. Nr. 250.
245. Prenschen, £rw., Z. Vorgesch. d. Ev.-Kaa. {XFI 189)
Darmstadi L. G.-G. 05 9
246. Schlecht, Jb., Bibel u. Babel (f. Sohn 1er). Schrimm 06 „
247. Seyring, Prdr , Isr. Rel. i. d. ,,Heideoli edern*^ d.
B, d. ßieMer (vgl. o. S. 12 Anm. 3). Hamburg ß. Eilb. 02 14
248. Tranb, Frdr., D. neuere Anlfassg. d. isr. Rei.>Gesch. n.
d. chriatl. Offen bar uogsglanbe. Schönthal th. S, 02 15
249. Treu, Max, Matthias, Metropolit v. Ephesos, üb. s.
Leben n. s. Schriften. {mi84; 1X34; Xflf 191/0;
Xir 138/42; Xr 14719; Xf'I207; Xmi 144/5) Potsdam Ol 12
7. Bibliographie, Bibliotheks- und Handschr iftenknod e'),
Varia.
Baehmaan, Ottom., s. o. ^[r. 5.
Droysen, Hs., s. o. Nr. 230/1.
Mayer, Herrn., s. o. Nr. 44.
250. Nohl, Herrn., D. Leichenpredigten d. Bibl. d. %i\
Klosters (16.— 18. Jahrh.)-';. {XJU 103) Berlifigr. KL 02 14
251. Posnansky, Herrn., D. Volksbibl. i. Oberschles. MysUnväz Pg, Ol 27
252. Stowasser, Jos. Mar., Das ^^Goü er/ialte'^ griech. u. lat.
{Xin 188/9 ;X1F 132/4 ;Xy 142/3 ;Xm 191) HienFrJos.-G, 02 32
253. Renn, Em., Verz. d. bayer. Progr. VI (1^96—1902).
(s. 0. S. 113 JNr. 22—24 u. Ä 112/3, 127. 144. 107) Lavdshut 03 28
254. Weinberger, Wh., Stnd. z. Hss.-Kunde. {XF 155; XFI
211; XFII 100) Iglau Ol 13
Wohlfeil, PL, s. o. Nr. 226.
255. Ziebarth,Er.,E.Inschr.-Hs.d.Hamb.Stadtbib].//am6^.Mt7A.-(;. 03 20
256. (o. N.), Katalog d. Seminarbibliothek^j. Köln Fr. fFh.-G. 04 27
( „ ), Steudaler Progr. s. o. Nr. 83.
^) Vgl. oben die Bemerkungen S. 95 Anm. 1.
S) Vollständig in der Fierteljahrschr. (d. Herold) f. ff'appen-,
Siegel' u. FamtUenJamde XXU (1903) U. 2.
3) Meines Wissens das ers te Beispiel eines gedru ckten von einem
mit einer höheren Schule verbundenen Seminar. Der Katalog, der auf
32 Sieiten über 500 Nummern verzeichoet, hatte über bei diesem Umfange
nicht alphabetisch, sondern systematisek geordnet werden sollen, um
praktisch wirklieh recht brauchbar nod für die in andero Seuiioareu zu
treffende Auswahl des Biichervorrats in gewissem Sione vorbildlich zu
werden. &b kommt gerade bei Arbeiten für diesen Zweck nicht bloß darauf
an, featznatellen, ob ein bestimmtes Buch, das man keont, vorhanden ist,
sondern es ist für Anßinger im Lehramt wichtiger, eioe Übersicht über die
auf einem bestimmten Gebiete zur Verfügung steheode Literatur zu erhalten.
Die syst ematis che Anordnung, besonders wenn sie von einer praktischen
Inhaltaübersieht begleitet ist, erfüllt beide Zwecke.
ZMiMhrifi 1 d. 67mnMialfr«Mn. LXL Snpplementohaft ^
114 Programmwesen uod Programmbibliothek d. hSb. Schalen,
XTill. Ans den Jahren 1906 und 1907.
(Bereich de» Teabnersehen Tausehyerkehrs)*)').
A.
1. Allgemeioes. Seh ol^e schieb te. Schalredeo.
XYIII« 1. AcheliSy Tbom., Be«chr. d. ueoeo Sehalgebiudes'). Bremen N» G. 07
2. Asbach, Jal. u, and., FeatschrifC. (Xf'I1.2\ X^II 4)
Düsseldorf ffah.'G, 06 15
3. — , Einzug in d. oeoe Scholg'ebäude. „ „ 07 16
4. Aschaaer, Bdm., D. Internat. Brierwechael. Troppau A. 06 2ö
5. Bardt, Karl, Nachtr. z. Verz. d. Lehrer u. Abitur.*) (vgl.
o. Xril6/7 u. Xnn.Si «. a. milOS; XIIIS1I2;
XFI 138) ßtrlin Jch, G, 07 3
6. Bauch, Gust., Aas 'd. Hausbache d. Goldberger Lehrers
Zach. Bart. (Ä'f7 4 ; Xril 11) Breslau eu. R. II 07 8
7. Becker, Em., Nachtr. z. Alb. acad. {y^\. XFII 2) Marburgi.H, 06 14
8. Biese, Alfr., Modern. Naturgefühi; Selbstzucht o. Selbst-
sucht (2 Reden). (XIF 185; XFlöi Xm 1314. 20315;
Xmi62a) Neuwwd06 16
9. Busse, Hud., L. Wieses päd. Vermächtnis. Rüstrin 06 3
9a. Capitaiue, Wh., D. Schulwesen i. GroBbritannien. ßschweäer 07 16
10. Coste, Dav., Versuche e. freieren Gestaltg. d. Unter-
richts in I. Dt.^H^ümertdwf 07 4
11. Credner, Karl, L. Wiese als prakt. Schulmaoo. Jüterbog a. 06 ^
12. Den ig, Karl, A. d. Lebeuserinneroogen v. Frdr. Kohl-
rausch (Hannover). Bingen R, 07 22
^) Da für 1906 and 1907 die endgültigen Verzeichnisse (abgesehes
von dem amtlichen Ssterreichischeo fiir das Jahr 1906; s. o. S. 115
Nr. 33) z. Z. (Juoi 1907) noch nicht erschienen waren (das Berliner Ver-
zeichnis für 1906 ist demnächst zu erwarten), so wurden die beiden vor-
läufigen Teubnerscheu Verzeichnisse dem Schlüsse der hier gegebenen Aas-
wahl zugrunde gelegt (o. S. 170/9, Abs. 2), wobei stets festzusielleo vir,
ob die angezeigten Abhandlungen auch wirklich erschienen waren. Die voo
1906 haben mir im Original sämtlich (die österreichischen in der S. 169
Anm. 3 bezeichneten .Auswahl, z. T. auch in weiterem Umfange) Vorgeleges;
von den iui Jahre 1907 bereits erscbienenen norddeutschen Abhandlnngei
habe ich wenigstens einen erheblichen Teil infolge besonders dankenswertes
Entgegeukouimens der Firma B. G. Teubner in Leipzig schon im Juni d. J.
benutzen können. Einige wenige (besonders süddeutsche), die im Jani 19U7
noch nicht erschienen waren, sind gleichwohl aufgenommen, nm auch hier
auf sie hinzuweisen, weil nach der Persönlichkeit ihrer Verfasser Gutes za
erwarten war oder der Gegenstand ein besonders zeitgemäBer schien.
^) Di« Seitenzahlen beziehen sich für die Abhandlungen des Tfubaer-
schen Tauschverkehrs auf die entspr. Seiten der vorläufigen Teoboerscbeo
Verzeichnisse (o. S. 170/9, Abs. 2), für die österreichischen von 19U6
auf das im Dezember ]90() erschienene amtliche Verzeichnis (o. S. 11^
Nr. 33); die Auswahl ist hier mit einer Aosnahme (Nr. 25) auf die As-
stalten mit deutscher Unterrichtssprache beschrankt.
3) lu Teubners Verzeichnis nicht angezeigt Enthält S. 17f. aack
Angaben über die Bibliotheksräume, die nach Lage und Kinrichtang des
heute auch für Lehrerbibliotheken höherer Schalen in neuen Gebändco
zustellenden Anforderungen entsprechen (vgl. d. Verfassers i^en. tf. Eüir.
d. Uhrerbibi u, s. w. S. 1 19 IT. « Z. f. d. GfT. LVIII (1904) S. 791 ff., s. «.
oben S. 12).
*) Soli August 1907 zur 300jähr. Jubelfeier erscheioeo; an der Ab-
fassung sind mehrere Lehrer des Gymnasiums beteiligt.
voo R. Ullrich. ^/J
8.
13. Eskuche, Gast, Schälereespräche in Versen. Stettin Stadt-G, 07 6 XYIIL
Ewers, Wilh., s. Nr. 14.
Festschrift z. 250j. Best. d. G. in Hamm, vgl. Nr. 105a.
137c 1). Hamm 07 13
14. Gaede, Rieh., 2 Jahre Bewegaogsfreiheit in I. Strasburg t H^pr. 07 2
15. Gaozel, Karl, Gesch. d. G. i. d. ersten 25 Jahr. Berlin Luie.-G. 07 3
15a. GeDzkeo, Herrn., Abitur, d. G. 1807^1907. Lübeck 07 25
Gizewski, PI., s. Nr. 14.
16. Görges, Wilh., I Geschichte d. Johanueoios io Lüneborg
Nebe, Aog., f (t 406— 1906). Lüneburg 07 12
16a. Gronau, Arth., 2 Jahre Bewegungsfreih. i. I. [XnSa) Elbing 07^)
17. Gahrauer, Hör., Aufg. d. Gyron. i. d. Gegen w. {Xf^ 67 \
Xri 19a. 151 ; XFII 138) müenberg 06 5
17a. Haof, Gg., Z. Frage d. Reformgymnasiums. Magdeburg Dom-G. 07 9
18. Heckhoff, Max, Entstehg. a. Eier. d. Rf.-Schol. Altenessen Rpg, 07 17
19. Henfsner, Frdr., Schillerfeier 1905. (Xri 122/4;
XFI112Ö) Kassel Fr.'G. 06 14
20. Hintner, Flor., Neabaa d. städt. G. {XFIl 210) f^ets 06 3
21. Hof er, Aug., Eine Stadienreise nach d. Verein. Staat v.
Nordamerika. Frankfurt a. M. Mstseh. 06 14
22. Holzer, Jos., Entw. d. steir. Mittel-Schulw. \\. Laml-
«ladte. {XFII28) Graz LG. 06 5
23. Hoffmann, PI., Bdtg. d. Farbenblindh. f. d. Seh. Reichenback Rg. 07 %
24. Hoffschoite, Hör., D. angenblickl. Stand d. höh. Schulen,
bes. d. Realsch. {X^IJ27) Münster i. f^.,R. 07^)
25. Holik, Adalb., Das Mittelschul wesen i. Deutschland.
Aos e. Studienreise (in böhm. Spr.). Ziikov R. 06 22
26. Johannesson, Fritz, Jugeudlekt. u. Schnlerbibl. Berlin 14. R. 07 5
27. Roldewey, Frdr., Beitr. z. Gesch. d. Anst.: 1. Stiftoogs-
urk. (1415). 2. Bogenbageos Schulordng. (1528). {^1 9:i ;
riir 4; IX ö; Xlir 16/8; XIF 13. 197; XV 11;
XVll 34 j5) Braunschweig M. -R. 07 26 »)
28. Kranfse, Rad., Bewegungsfreiheit i. d. ober. Klassen^).
rVilhdnishaven 07 13
29. Käthe, Ant., Das Parallelsystem ; eine hist.-p'ad. Studie').
{Xri88) Parchim 06 23
30. Laurent, Jos., Neubau d. Kaiser Karls-Gymn. Aachen Karls- G. 06 15
31. Li ermann, Otto, D. Lyc. Carolinom, Beiir. z. Gesch. d.
Bildungsw. i. Großherzogl. Frkfl. {Xyi29a; XFI141)
Frankfurt a. M. fVöhler-Rg. 07 15»).
32/33. Machale, PI., Entw. d. off. Scholw. d. alt. Provinz.
Preufleos 1806—1901. Statistik L 11. Ratibor 06/7 je 8
34. Meyer, Gg., Lehrer u. Schüler 1800—1653. {XVII 46/7 ;
XriII76; vgl. aach o. S. 123 Anm. 1) Ilfeld 06 11
35. Morsch, Hs., Schiller a. Vorbild f. d. Jngeud. (XIV 111;
XVI 179) Berlin K. fV.-Rg. 06 4
35a. Müller, Mich., Griechische Muße. Posen Aug. V.-G. 07 7
36. Raunecker, Frdr., Beitr. z. Gesch. d. höh. Seh. i. Württem-
berg etc. U. {XVII 5öa) Ludwigsburg 07 21
37. Rausch, Alfr., Ern e st is /niY. </oc(r. «o(u/<brü (in: Ehren-
gabe d. Latina). (XV 17 ; XVI 37) Halle LaL 06 9
^) Bei keinem der Beiträge der Festschrift ist der Vorname des
Verfassers angegeben (vgl. o. S. 173 und S»31 Anm. 2).
*) War in dem vorläufigen Teubn ersehen Verz. nicht euthalteu.
') Noch nicht erschienen.
*) Soll erst später erscheinen.
*) Erscheint Ostern 1908 (nach Mitteilung des Herrn Verfassers).
^^^ ProgrtmmweseD uod Programmbibliothek d.hoh.Sch
XTin. 38. Kichter, Wh., Z. Gesch. d. G. Theod, i. 18. Jahrb.
(Xf^I 276 a. b) Paderborn 06 1 3
39. Sarowy, Walth., Begröodg. d. Praakfart. VoikMcbul».
Frankfurt a. M. Adl-R. 07 15
40. Schoeider, Max, AbitnrieDteu d. Gymn. 1768—1859. II.
{XFI 264 ; XFU 6416') Gotha 06 »)
41. Schumacher, Gg., Schulw. i. Corvey 1803—1807. Höxter 06 13
42. Seiler, Frdr., Was ist Schiller uos? (ÄKl 77; XFIISS) Luchau 06 3
43. Sw^t, Kort, Die Haudelsrealschulfrage io Deatsehland.
Hamburg R. i. St. P. 06 26
44. Troutleio, Pet., Maß d. Unterrichtszeit a. höh. Seh. Karlsr. Rg, 06 22
45. — , Gesch. d. Karlsruher sog. Ref.-G. i. l.Jahrz. s. Be-
stehens. {XFI 11314; Xril 91. 108) KarUruhe Rg. 07 „
46. Voigt, Jul., PatriütiSDi. u. ioteroat. Weltfriedensbestre-
bnogen ioaeih. d. frz. Volksschule. Ilmenau R. 06 23
47. Wegen er, Ph., Z. Geseh. d. deotochen (Joterr. {XFI 96)
Greifswald 06 6
48. Weoiger, Ldw., J. Kroroayer. 2 Schulschr. von 1629 o.
1640. {XIII 199. 200; XF 158) fFeimar 06 23
49a. Wetzsteio, Otto, Gesch. Entw. d. Real schul wes. in
DeoUchlaod 1. N.-Streläs Rpg. 06 ,,
b. — , Dpi. II. „ „ 07 ')
50. Zehme,Aro., Schillers Persönlichkeit und Menschheits-
ideal. Stendal 06 9
51a. (o. IN.), Lehr plan d. AnsUlt. Lübeck 06 2»
b. ( „ ), Lehrpläoe d. OK. Rheydl OR. 07 >)
2. Biozelne Unterrichtsfächer.
a) Religion.
52. Bodenstein, Max, Meth. o. StolTvertlg. i. U.- u. Mittelkl.
Greifenberg 07 6
53. Branner, Gg., Vers. z. Bhdlg. d. vergl. Relig.^Wiss. in
d. oberen Klassen. Fürth 06
54. Hoffmann, Frdr., Das A. T. im ev. R,-U. Insterbttrg 07 1
55. Hoyer, Job., Ausgew. Psalmen erkl. 11. {XFI [ 85a) Halberst.OR. 06 10
56. Jacobi, Max, Vglde. Rel.-Gesch. u. a t. Uuterr. H^eimar 07 24
57. Linke, Bhd., Wie kano d. Hel.-L. Goeth. Iphig. nutzen? Luckau 07 3
5S. Red 1 in. Roh, Schulngende. Texte u. Lieder f. tägl. Scbnl-
andachteo. 2 Jahrgänge. Demmin 07 ^
59. Puls, Alfr., Beitr. z. n t. Lektüre. Husum 06 lU
60. Schröder, Wh., Zusammhg. d. R.-U. m. Ntw., Gesch. a.
Deutsch. Frankenstein Pg. 06 '
61. Schultze, PI., Beitr. z. Bhdlg. d. Paulin. Briefe. fFitistoek fJ7 4
62. Walt her, ßnist, Inh. u. Gedankengang d. Bvnngel. Joh.
(A7// 67 ; XIF 39 ; XFI 73) PoUdam Hg. 07 ,.
b) Deutsch.
62a. Biese. Alfr., D. Oichtf^rt^emUt. Goethe als Philosoph in 1.
(XIF 185; X/ 1 5; XFII 13; 4. 203 5 ; XFIII 8) Neuwied itJ IT
63. Geuioll, Alb., Meditatioasarbdt. {XIII 113/5', X{F71j4;
XF 4a; XFII 15^) Slriegau Pg. 06 >
64. Glaser, Otto, Eignet sich Heyses Kolberg z. dram. Ao-
faugslekt. io U. 11? Darmstadl N. G, 06 Ht
Meyer, Ernst, s. u. iNr. 121.
64a. Müller, Herrn. Frdr., Entsühng. d. Orest b. Aesch. u.
Goethe. {XF 120-, XFI 184) Blankenburg 07 24
^) lu dem vorläufigen Tenbnerschen Verzeichnis nicht angefahrt.
von R. Ullrich. i^7
S.
65. Sieke, Karl, H. v. Kleist i. deutsch. U. d. höh. Sch.M Höchst 01 U XYIII.
Wegen er, Ph., s. o. Nr. 47.
c) Lateinisch.
65«. Altenbnrg, Osk., Grandtagen d. Gymn.-Unt. I. E.'ilatein.
Sachbach. Glos^au ev. G. 07 7
66. Blum, Frdr., Gestaltg. des in III begiuo. lat. V. Mannheim R, 06 2)
67. Kubik, Jos., Wie kann d. Vertief;, e. geles. Autors ge-
fördert werden ? WieJi G i 17. B. 06 2
67a. Lentz, Ernst, Lehrgang d. lat. Kasas-Synt. in IV. Damig kf^. G. 07 „
68. Nissen, Th., Lat. Satzl. a. Ref.-Anstalten. ^ Kiel Ref.- ftg u.R- 07 11
69. Schirner, Kl., Bilder a. d. aitröni. Leben. Magdeburg flg. 06 10
Sinon, Jak., s. o. Nr. 77.
70. Worms, PI., Lat. Extemp. f. ob. Klass. (lat. a. deutsch). Meldorf 06 U
71. (Lehrerkoll.),L Lat Grondlehrplaod. Gyma. /fem/f^^. (;. ti. i^. 06 „
72. — , Jl. Lat. Grundlchrpl. d. III u. II d. Gymn. „ „ 07 „
d) Griechisch.
73. Bissinger, Kl., Griech. Schreibäbungeo II. {XI26\ XIF
S3I4; Xr 77. 183; XFII 15. 9öa; XFIII 126) Pfonheim 07 22
74. Koppin, Kl., Uoterr. Behdlg. d. griech. Modi IL {XI' II 96)
Stettin JFh.'G. 07. 6
75. Härtens, Ldw^ Plato-Lektöre im Gymn. Biberfeld 06 16
76. Meyer, Gg., Di^Götterwelt Homers. (Af//4<?/ 7; XFII/34) IlfM 07 12
77. Simon, Jak., Altklass. Lekt. i. Dienste d. psychol. Unterr.
Brunn 1. deutsch, G. 07
e) Französisch and Englisch.
78. (Fachlehrer), Franzos. Gedichte in d. OR. Barmen- fTupperf. OR. 06 17
79. ( „ ), Eiserner Bestand d. Wortschatzes in den oeu-
eren Sprachen '). AÜenbiirg Rg. 07 24
f) Erdkunde.
Binn, Max, a. u. Nr. 172a.
80. Liidtke, Fraaz, D. Geologie i. Unterr. höh. Seh. ffollsiein R. t. E. 07 7
81. Stäben ow, Hans, Eiofohrg. i. d. Reichs-Knrsbuch a. höh.
Schalen. Schmalkalden OR. 07 ^)
Stummer, Ed., s. a. Nr. 119.
g) Mathematik.
82. Feist, Aag., Verzeichn. d. math. Abitnr.-Aafgab. asw. 11.
{Xm 109 a) Braunschweig M.-K. 06 24
82a. Boger, Rad., D. opt. Verwandtsch. i. projekt. Darstellg.
{Xri 106) Hamburg Rg. d. Joh. 07 26
82b. Br lisch, Wh., Räume f. Phys. a. Chemie. Lübeck Joh. 07 25
S2c. Busch, Frdr., E. neuer Experimentierkasten f. d. Uut. in
d. ElektrosUtik. Arnsberg 07 13
82d. Danckwortt, Otto, Die Ült. Apparate d. phys. Sammig. ^3
Magdeburg Rg. 07 10
h) Naturwissenschaften.
83. Doehler, Max, Lehrm. f. Ntw., Kindermoseen, Schulmus.,
Schulgärten. LankwUz Rpr.i, E. 07 4
84. Eichoer, Aug., Unser Schulgarten. Lauban 07 8
>) Soll August d. J. erscheinen.
*) In Teubners erstem Verzeichnis nicht angeführt.
S) Wird später erscheinen.
*) Ein Beispiel fnr „die sich mehr und mehr bemerkbar machende Ten-
dent, die historische Forschung in den exakten Wisienschaften zu beleben*'
(S. 2 d. Ahhdlg.).
118 ProgrtmmweseD nnd Progranmbibliothek d. höh. Schnlea,
s.
XVIII. 85. Franck, Ror., Bluteobiologie i. d. Heimat. Dortmund 07 13
86. Glatzel, PI., vgl. o. S. 11 Aom. 6. Berlin Frdr -Rg, 06 4
86a. Gnau, £w., Astronomie io d. Schule I. Sangerhausen 07 9
87. Grimsehl, ßrnst, Physikal. Schälerüboageo. {XFI 107 \
Xril 111) Hamburg Ofi. a. rf. Uhlh. 0$^)
88. Habenicht, Bodo, Blameopaege i. e. lodostriegegeDd. Linden Rpg, 06 12
89. H a h 0 , Herrn., Lehraofg. d. phys. n. ehem. Unterr. ao deo
höh. Scholeo Frankreichs. Berlin Dor. Rg. 06 4
90. Haller, Paul, Gomeoias u. d. nlw. Uoterr. Leimig R. 06 20
91. Ruotscher, Hog., Eotw. o. Bdtg. d. biolog. Uot. QuedUttburg R. 06 10
91a. Kaiser, Wh., Phys. Schnlerübgo. io ob. Kl. Bochum OR. 07 14
91b. Kolig, Em., Beitr. z. Eiiifiihrg. d. prakt phys. Schal-
übangen a. aos. Mittelschulen. NeutHtchmn R, OS 24
91c. Laodsberg, Bhd., Aus d. biolog. Hot. Köoigsb. Schulen.
Königtberg ß^h^G. 06 \ »)
92. Lauter, Ludw., D. elektr. Stromaolage f. d. phys. Kab.
d. Gymo. io Iglau. Iglau 07
93. Leick, Walt, Prakt. Schölerarbeiteo i. Physik. Gr.-Lic/derf OR. 07 5
94. Lippold, Bhd., Bdtg. u.' Mafi biolog. Unterweis. Torgau 06 9
95. Löweohardt, Em., Prob. a. e. Leitf. f. d. ehem. Praktik.
Halle Mt OR, 07 lü
Lüdtke, F., s. o. Nr. 80. ^
96. Miltz, Otto, D. oatnrhist. Mos. u. d. wahlfr. Uot. i. d.
beschr. Ntw. am Mar.-St.-G. SteUin MSt-G. 07 6
97. Niklitzsch, Kl. Hob., D. Scholgart. d. Oschatz. 77. Oschatz R, 07 20
98. Pahl, Franz. Eotw. d. phys. Uoterr. III. {XFI lila. b\
Xni 11ÖI6*) Charlottenburg Rg. 07 4
99. Puls, Cäs., Vgl. Obers, üb. d. Lehrbb. d. Zoologie. BieleJMR. 06 13
100. Sabin, Karl, D. Scbolgarlen d. R. z. Barmen. Barmen R. 07 IS
101. Sauerborn , Job., Anwdg. d. Photogr. i. d. Astronom. Geisenh. R. 06 15
102. Schierl, Alfr., Mitt. ans d. chemisch. Laboratorium.
Mähr.'Ostrau L.-R. 06 24
103. Schnell, Hnr., UmgesUltg. d. Räume f. Physik. Darmst. L. G.-G. 06 22
104. Schwarz, Ad., D. geodät. Kurs. d.OR. im Somm. 1906. A'id OR. 07 W
104a. Weber, Ed., D. mioeralog. Sammig. d. G. Kottbus OS 3
105. Weber, Hs., Botan. Schülerwaoderungeo I. Neuburg a^ D. 06
i) Philosophische Propädeutik.
Simon, Jak., vgl. o. Nr. 77.
k) Zeichnen. Gesaug. Kunstunterweisung.
105a. Eickhoff, Herm., Ref. d. Gesang-U. am Gymnas. (in:
Festschrift, s. o. S. 115), Hamm 07 13
106. Holz mann, Mor., Kunsterziehung u. höhere Schule.
Hamburg OR. v. d. Holst 06 26
107. Kuhlmano, Fritz, Zeicheo-U. u. HeimaUUdt. JUona Rg. 07 11
107a. Maack, Rieb., Künstler. Heimatk. von Hamburg u. Um-
gegend. Hamburg R. St. Gg. 07
Metzner, Aug., s. u. Nr. 116.
108. Mielke, Roh., Beitr. z. Konsterziehnng in d. Schule II.
{Xni 128) BerUn Fr. fFh.'G. 06 3
109. Reinhardt, Scbiffstypen i. Zeichen-Unterr.«) Emden R. 67 12
110. Holle, Gg., Gesang-Uuterr. a. höh. L.-A. Berlin 6. R. 07 ä
') In Teubaers erstem Verzeichnis nicht angeführt.
^) Statt einer anderen, ursprünglich angezeigten Abhandlung.
*) Erscheint zu Michaelis 1907.
*) Wird, wie ich soeben bore, nicht als Programm, sondern als Bock
erscheinen; doch sei trotzdem auf die eigenartige Arbeit hingewiesen.
voo R. Ullrich. 1%$
8.
111. Stoewer, WL, Kaalbacbs Bilderkreis d. Weltgesch. im
Berliner Maeeom. Schöneberg R. 06 5 XTIII.
112. Weis weil er, Jos., Das Scbolkoozert. Düren 01 16
1) Gesundheitspflege. Sport Reisen.
113. Graeser, Dan., Der Haodfertigkeits-Unterr. Mediageh 01 26
114. Kubsoi Bbd., S Wochen im Schälerboot dnreb d. uordw.
Dentsehlaod. {KVllSO-, XfII36) Berlin N. f^.-Rg. 01 4
115. Loewe, Hs., Leibesöbnogeu als Erziehoogsmittel. Manch* ßf'h.-G. 06
116. Metxner, Aug., D. erziehl. Wert d. Amatenrphotogr. Olmütz 06 12
117. Schwarz, Ht., Bescbrbg. d. Gymu.-Badeanstalt. Rinteln 06 12
118. Seraphin, Prdr. Wh., Schnlreisen im grofien Stil. Kronstadt 06
119. Stummer, Bd., Reisen in d. Alpen u. ihr Wert für den
Geographielehrer. SaUburg R. 06 19
B.
1. Allgemeine Sprach Wissenschaft.
120. Mainzer, Ldw., D. Frage e.ioternat. Hilfssprache. Karlsruhe R, 01 22
121. Meyer, Ernst, D neuest. Entdeckungen a. d. Gebiete d.
Spracbwissensehaft. Ruhrort Rg. 06 17
2. Altertamswissenschaft.
122. A hiebt, Ernst, Die Hss.- Frage b. Arrian u. krit. Be-
arbeitg. d. 1. Buch. d. Anab. Brandenburg herein, st, G. 06 3
122a. Adam, Rnd.. D. Echth. d. Pia ton. Briefe. Berlin Fk.'Rg. 06 4
123. .Apelt, Otto, Krit Bemerknngen (Clem. Alex., Stoic. frgro.,
Flut, Plat). Jena 06 23
124. — , Zq Piatons (;0«e«seA. {XIIl 81/8; Xri 239-, XFII 93.
134/6) „ Ö7 24
125. Banmgarten, Fritz, Neues aus d. Bereich des Minus.
(XI 25 5 Xn 4a) Freiburg Berth,-G 01 21
126. Bissinger, Karl, Funde röm. Münzen in Baden. {XI26\
XIF33/4; Xril. 183\ Xmi3.93a; Xf^rillS) Pforzheim 06 21
127. Dirichlet, Gg., Thnk. 11—23 m. Benutzg. Lehrssch.
Mscr. übers. (KV 11 149) Königsberg ^Ust. G, 06 1
128. Dissel, Kl., D. Opferzug d. ara pacis A. Aug. Hambg. ffh.-G. 07 26
Freund, Job., s. u. Nr. ]37b.
129. Gern oll, Wilh., Bern. z. Xeo. ^nab. V. (X/II 116/7;
Xir 1519 ; xn 148) Liegmtz st, G, 06 8
129a. Graf, Ernst, D. Kampf um d. Musik i. griech. Altert
Quedlinburg 01 9
130. Hahn, Ldw., Roms Sprache u. d. Hellenismus z. Z. des
Polybins. Nürnberg N. C. 06
131. Helmrrich, Gg., Gtilen üb. d, Kräfte d. Nahrungsmittel
I 14—11 20 hrsg. (X 108. 123. 136/7 ; Xril 150) Ansbach 06
132. Hirzel, PI., Archäol. Ferienkurs, in Bonn u. Trier. Urach th.^S. 06
132«. Jnngblut, Hnr., Arbeitsweise Ciceros in de off. I.
Franl{furt a. M. Less.-G. 07 14
133. Kaiser, Bruno, Unters, z. Gesch. d. Samniteo. Pforta 07 9
133a. Ledl, Art., Stud. z. alt Epiklerenrecbte [1]. Graz 1. G. 07
134. Knoke, Frdr., Begriff d. Tragöd. o. Aristo t {XV 110 \
XFni69) Osnabrück RaU-G. 06 12
135. Ron ig, Job., Mitt aus d. assyr.-babylon. Altertum II.
{Xmi69a) Dramburg 01 5
186. K rein er, Jos., D. karthag.-röm. Handelsverträge. Budweis R. 06 21
137. Lnckenbach, Herrn., Archäol. Ergänzungen. {XVI 178;
XFII 121. 112) Donaueschingen Pg. 01 21
]37a. Mittermaan, Vikt, D. Grundgedanken d. griech. Sozial-
Philosophie. Krems 07
120 Proprammwesen nnd Programmbibliothek d. hSh. SchoUa,
s.
XYIII. 137b. Müller, C. F. Wh., Bern. z. Dialor. d. Tac, aos s. Naehl.
hrag. V. Job. Freund. (III 33 ; FI 70; FIII6Ö) BresL Joh,'G. 07 7
137c. Oetling, Wb., Phil.-jnr. Komm. z. Cic. pro Quinctio
(io: Festschrift s. o. S. 113). Hamm 07 13
138. Richter, Otto, Beitr. z. röin. Topogr. III (Alliaachlacht).
(XIII 171; XrrjO-, Xm nO/SO) SehÖMbergP. U.'G. in 3
139. Roseoberg, Em., Zu Horaz u. Cicero. (XIII 178 \
Xmi82y) Hirsehberg 07 7
139a. Rodkowski, Wh., G. A. Bürger als Übersetzer Ver-
gils. {Xri43l4; XriieO/l) Breslau EIÜ.-G. 07 ^
140. Schambach, Kl., Vergil ein Paust d. Mittelalters 111.
{Xm 183/4) NordhatumOe 9
141. Schröder, Otto, De teichoscopia Eorip. Phoeniss. in-
serU. (XIII 181) " Berlin Jeh. G. 06 %
142. Schnlze, PI., Lucian in Lit. o. Kunst d. Renaissance. Dessau 06 24
143. Sorof. Gust., Bemerkungen zu Horaz. ß^andsbeek 06 11
Strecker, Karl, s. u. Nr. 158.
144. Treo, Max., Manuel. Holoboli oraiUmes [L] Potsdam 06 4
145. -, Dgl. II. {nn84; 1X34; XIII 10113; XIF 138/42;
XF 147/0; XI^12ü7; XFII 240) Potsdam 07 3
146. Volkmann, Walth., Unters, z. Schriftst. d. Altert. I. Zu
Verg., Hör.. Cic. {XIF 145a.b; XF 131a. 203a ; XFI
230a; XFII 198a) Breslau MgdG. 06 T
147. Waehroer, Walt., Brz. a. Nonnos' Dionys. II. Güttinfrem 06 It
UH. -,Dglin*). {XF 132/3; XFII 200/1) „ 07 „
/49. Weizhofer, Karl, Kompos. d. Suatar. d. Demoath. II.
Rede a. d. Brief Philipps u. Frgm. d. Rede a. d. Messe-
nier u. Argiver. {X118; XFII 202) Straubing 06
150. Wolf, Jos., Aus laschr. u. Papyr. d. Ptc^em.-Z. Feldkirch St-G. 06 5
3. Deutsch.
151. Braun, Kl., Vergl. Darstellg. d. Mundarten in d. Umgebg.
von Heilbronn. Heilbronn OB. 06 21
151a. Fehse, Wh., Der Ursprung d. Totentänze. Burg 07 9
151b. Hauschild, Rieh., Verh. v. Goethes Born. u. Julia zu
Shakespeares gleichn. Tragödie. Frani^urt a. M. Goetke-G. 07 14
Heufsner, Frdr.. s. o. Nr. 19.
152. Hifsbach, Kl., Gesch. Bdtg. v. Maasenarbeit u. Heroen-
tum im Lichte Goethescher Gedanken. Eisenach Bg. 07 24
Kariowa, Osk., s. u. Nr. 176a.
152a. Latzke, Rud., Roseggers „Martin der Mann". Analyae.
fFien G. i. 13. B. 07
153. Mayer, Christ, Köln. Ftmiliennam. d. 12. Jh. Köln-Nippes Bpg. 06 17
154. Merwin, Berth., 2 Motive ans Detl. von Liliencrons
Schöpfung (Krieg u. Frieden). Lemberg 2. G. 06 14
Morsch, Hs , s. o. Nr. 35.
155. Prehn, Aug., Ago. Bernauer in d. deutsch. Dichtg. Nordhmuen 07 9
156. Priese, Osk., Wortschatz d. Otfried (WB.) Halle OB. d. F. Stift. 07 10
156a. Ridd erhoff, Kuno, Soph. v. La Roche u. Wieland. Hamhg. Joh. 07 26
157. Schoeps, Rieh., Zu Goethes M'ztA. Meister. Pforta 06 9
Seiler, Frdr., s. o. Nr. 42.
158. Strecker, Karl, Teztkritisches z. Hrotsvit. {XFI 202a;
XFII 224) Dwtmund06 13
159. Strigl, Steph., Schillers Teü u. d. ggw. Schriftsprache.
Brunn St.-B. 06 23
^) Enthält nur den Abschnitt (1) über Horaz.
') Tn Teubners erstem Verzeichnis nicht aufgeführt.
^) Erseheint voraussichtlich später.
von R. Ullrich. 121
8.
160. We D d li D g^ Em., Goethes BühDeobearbtg. v. i?om. u. Julia, Zähem 07 19 XYIIL
Zehme, Afd., s. o. IHr. 50.
4. Mittlere and neaere Geschichte. Kalturgeschichte.
161. Besser, Rhid., J. Raskios Beziehuogeo za Th. Carlyle.
Dresden ff'eü. G. 07 19
161a. Bot he, Frdr., Beitr. z. Wirtschafts- u. Sozialgeschichte
der Reichsstadt Frankfurt Franl^fuH a. M. Lieb.-R. Oii 15
162. Dar'pe, Praoz, Koesfeld. UrkDodeoboch 112. {Xir 171/3;
Xy 184/6 ; Xn 240/2 ; Xni 22S) KoesfM 06 1 3
163. Draeseke, Joh., Aas d. Friedeosschrift d. Patriarcheo
Job. Bekkos v. J. 1275. {XJll 108; XIF 190; Xn 260,
266) f^andsbeck 0.7 1 1
163a. Ernst, Hör., D. prenfi. Armee 1740—1821. Langenbers^ Rpg. 06 17
163b. Fröblich, Praoz, Fichtes Reden a. d, deutseh, IVat.;
(Joters. ihrer Eotstehaagsgesch. Charlottenburg Kais. Jug.-G. 07 3
164. Reokelmano, Kl., Das Odeuwälder Baaeruhaas. Bensheim 06 22
165. I de 1er, Herrn., E. kl. prenfi. Stadt z. Fraozoseozeit. Stade 06 12
166. Koaake, Em., Königin Luise im Lichte d. Geschichte f.
(— i8uß). Tilsit Rg 06 2
167. — , Dgl. II. 1806/7. „ „ 07 1
168. Kohl, OUo, Tageb. von G.H.Schmerz über d. Baseler
Frieden 1. {1X31; XI11143; XFö6a) Kreuznach 06 1«
169. Larfeld, Wh., Abriß d. bergischen Gesch. {Xm 214)
Remscheid Rg. 06 17
169a. Prem, Sim. M., Graz ia d. März- u. Apriltageo 1848.
Graz 2, G. 07
170. Savelsberg, Heinr., Aachener Gelehrte in älterer u.
aeoerer Zeit. dachen fyh,'G, 06 15
170a. Sehnippel, Em., tJrk. Beitr. z. Gesch. d. J. 1806. L
Osterode {Ostpr,) 06 1
171. Simon, Kart, Einfl. d. engl. Seegewalt auf d. Feldzug
Napoleons. Sckwiebus Rpg. 07 4
172. Thiel, Flor., Laged.südd. Bauers nach d. Mitte d. 13. Jh.
(auf Grund der Predigten Bertholds von Regensburg).
Khstemeuburg L-R,~ u, -OG, 06 2
5. Erdkunde^
172a. Binn, Max, Geogr. Beziehgn. zwisch. Öst.-Ung. u. Nord-
amerika. H^ien G, i, 6. B. 07
173. Schwerdfeger, Jos., Beschreibung v. Wien aus d. Zeit
Karls VI. Wien Ak, G, 06 1
6. Mathematik und Naturwissenschaften.
ITA PI«**» 11 ) ^^- ^' B*dioaktivität d. Erdsubst. u. ihre
' rViV/i n.' [mögliche Bezhg. z. Erdwärme. {XF 19öa;
ueitej, HS., j xn273a) Wolfenbüttel 07 24
Franck, Hnr., s. o. Nr. 85.
175. Glauner, Th., Bedeutg. d. Mathemat. u. Naturwiss. f. d.
Allgemein-Bildang. Wütenberg 07 9
175a. Onstein, Franz, Method. Darstellung d. Leibrent.- u.
Lebensvers. -Recbog. f. e. Person. Aachen Rg, 07 17
175b. Simroth, Hnr., Natur* u. Kulturgesehiehtliches a. Ober-
lUlien u. Sardinien. Leipzig 1. R. 07 20
7. Philosophie.
176. Baumaan, Ad., Formen d. Argumentation bei den vor-
sokratischen Philosophen. fFürzburg A, G. 06
]76a. Kar Iowa, Osk., Hölderlin u. Nietzsche-Zarathustra. Plefs 07 8
Mittermann, Vikt., s. o. Nr. 137a.
^22 Pi'^^SCAiDinweflea uod Programmbibliothek d. h5h. Schalen,
8.
S. Recht. Wirtschaft.'
XYIII« 176b. Schulz, Oak., Die preufi. Renteogatagesetzgebg. o. die
Neagestalt^. laodw. Betriebe in d. weatf. Reoteagätero.
Herford Ldwtch. u, R. 07 14
9. Theologie.
177. Bach, Jos., Oster berechog. i. alt. o. oeaer Zeit. Straf sbg. Bisch, G. 07 19
178. Bosse, Alfr., Zorn cbroool. Schema des A. T. Räthen 06 24
179. Db'rwald, PI., Ausgew. Psalmen, übers, u. erklärt. Ohlau 06 8
Draeseke, Job., s. o. Nr. 163.
Fehse, Wli., s. o. Nr. 151a.
König, Job., s. o. Nr. 135.
180. Ludwig, KL, De Psahnis delectis emendat. ac metrice
edend. G&lha 07 24
181. Nestle, Bbhd., Septusg.-Stud. V. (XIF 192; XH 268/9;
Xni 244) Mmäbrofm th. S. 07 20
182. Techen, Ldw., D. Targum s. d. P«almeif II. {Xri 272) Wismar 07 22
Treu, Max, s. o. Nr. 144/145.
10. Kunst
183. Briokmano', Ad., D. Peter- Pauis-Dom in Zeitz. ZeOs 06 9
Fehse, Wh., s. o. Nr. 151a.
184. Hämmerle, Alois, D. Pappeoh. AlUr io Eichstatt. EiehsiäU 06
185. Kirsten, Rnd., Streifz. durch die mnsik. Deklamat. in
Richard Wagners Pars\fal. Armaberg^ Rg. Ol 19
Das hier auf reicblicb 5 Bogen gegebene Verzeichnis von
Programmen umfafit weit über 2000 Resultate gelehrter, pädago-
gisch-didai(lischer und organisatorischer Arbeit. Und doch stellt
es nur einen kleinen Ausscbuilt dessen dar, was im Laufe von
mehr als 8 Jahrzehnten drei Generationen von Schulmännern in
dieser Form der Veröflentlichung für Wissenschaft und Schule
geleistet haben. Daß und warum viele Gebiete^) teilweise oder
ganz fehlen, die den hier vertretenen an Umfang und Wert kaum
nachstehen durften^ ist schon oben (S. 33) angedeutet worden.
Und aus zwingenden äußeren Gründen mußte ferner davon ab-
gesehen werden, die Menge des trefflichen Materials, das ich nach
dem Stande meiner Kenntnis, mit Unterstützung vieler Fach-
männer (s. 0. S. 86 Anm. 1 ; ^.31 Anm. 1) und unter Benutzung
der mir zugänglichen, denkbar besten Prc^rammsammlungen')
') Besonders muß anch noch daranf hingewiesen werden, dafi wir far
die Zeit vor 1876 über die Entwickelung des Programoiwesens der dentscheo
Realschulen, sowie über die ganzen Verhältuisae der kleineren dentscheo
Staaten überhanpt (anfier Bayern und Baden — s. o. S. 62 — 71) and dem-
gemäß auch über das dort Geleistete bis jetzt ganz oogenügrnd nnterricbtet
sind, so daß diese umfangreichen Gebiete für eine Gesauitbetrachtnng vor-
läufig leider so f(ot wie ganz ausscheiden. Es ist hohe Zeit, daß diesen
Obelstandp durch geeignete Veranstaltungen, vor allem darch Sammlnog des
betr. Materials, endlich abgeholfen wird (vgl. Abschnitt H).
[v*) Der KSnigl. Bibliothek und des Gymnasiams zum graien
Kloster in Berlin. Aach meine eigene, vor Jahren begonnene and syste-
matisch vervollständigte Sammlung hat mir wesentliche Dienite geleistet.
von R. Ullrich. ^23
hätte geben können, in gewisser Vollständigkeit auch wirkh*ch
vorzulegen — Gesichtspunkte, die iob wohl zu beachten bitte.
Ich hätte das Verzeichnis ohne besondere Schwierigkeit verfünf-
fachen können, und die Verantwortung für die getroffene Aus-
wahl wäre außerdem bedeutend geringer gewesen. Denn was
diese selbst nun betrifft, so zweifle ich keinen Augenblick daran,
daß Fachgenossen, die sich mit der Programmliteratur beschäftigt
haben, ältere wie jüngere und jeder aus seinem Gebiete, in ihrer
Gesamtheit leicht Hunderte von Abbandlungen anfuhren könnten,
die hier nicht stehen, ihnen aber von ihrem Standpunkt aus
oder für ihre Studien wichtiger erschienen sind. Doch wQrde
das ja den Wert der von mir verzeichneten Programme an sich
nicht beeinflussen; im Gegenteil!') Und es wäre, wie ich schon
oben angedeutet habe (s. S. 33)^ durchaus zu wünschen, wenn im
Anschluß an diese Arbeit Ergänzungen erfolgten, för die hier
vertretenen Gebiete ebensowohl wie für die aus guten Gründen
nicht behandelten, z. B. auch in der mir äußerst zweckmäßig
scheinenden Form, die ich oben (S. 12 zu Abs. 5) vorgeschlagen
habe. Das freilich glaube ich nach wiederholter Prüfung be-
haupten zu dürfen, daß die mehr als 2000 Arbeiten, die ich an-
geführt habe, ohne Ausnahme tüchtige, wertvolle, z. T. ganz her-
vorragende Leistungen sind — oder doch für ihre Zeit gewesen
sind. Nicht als wollte ich hier so etwas wie eine Rezension des
Programmwesens im ganzen geben; kein Fachmann, auch der
begabteste und belesenste nicht, könnte das für die vielen hier
vertretenen Wissenschaften und Unterrichtsfächer, die sich nach
Inhalt und Methode immer mehr spezialisieren und verfeinern.
Aber ich hätte doch die viel Entsagung fordernde Arbeit
wiederholter Lektüre, Prüfung und Sichtung, die Umstände zahl-
reicher brieflicher Anfragen, auf die erfahrungsmäßig nicht immer
beim ersten Male Antworten erfolgen, endlich auch die recht
mühselige Korrektur schwerlich auf mich genommen, wenn ich
mir nicht von alledem einen erheblichen Nutzen versprochen
hätte, in wissenschaftlicher Beziehung ebenso wie in prak-
tischer.
a) Praktischer Nutzen des Verzeichnisses. Zunächst
glaube ich, daß es — rein praktisch angesehen — manchen
Kollegen nicht unwillkommen sein wird, für die neuere Zeit eine
knappe Auswahl guter Programmarbeiten aus verschiedenen
Wissenschaften, zur Methodik einzelner Unterrichtsfächer und über
>) Ich sehe daher den zn erwartendeo Eiawäoden: „Warum haben Sie
die vortreffliche Abhandlang^ von A. nicht angeführt?'* oder: „Wenn Sie die
Arbeiten von B. nannten, hätten Sie nach die von C. und D. verzeichnen
nnssen*', nicht blofi mit Rohe, sondern mit Preode ent^gen. Freilich hätte
ich das gekonnt. Aber ich hätte dann neben den vorliegenden Band einen
zweiten von 25 Bogen legen müssen, was am finde weder dem Herrn Ver-
leger, trotz freandliclisten Eotgegenkommeos, noch den Käufern erwünscht
gewesen wäre.
jf2^ Program mweseo and Programnbibliothek d. höh. Schalen,
ailgemeine, unsere Zeit bewegende schulorganisatoriscbe Fragen
in leicht zugänglicher Übersicht zu erhalten. Was zumal die
beiden letzteren Gebiete betrilTt, so denke ich besonders an die
Jahre 1901 — 1907 (Nr. XVii und XVl», S. i04— Jf22), für die
eine zusammen fassen de bibliographische Übersicht bisher weder
im ganzen^) noch in Auswahl^) verliegt. Soweit ich habe beob-
achten können, sind z. B. viele vortreffliche Arbeiten metho-
discher Art, die über den Religionsunterricht, das Deutsche,
Lateinische und Griechische, über die naturwissenschaftlichen
Fächer u. a. in den letzten Jahren in Programmform erschienen
sind, z. T. von Methodikern ersten Ranges, in Lehrerkreisen
durchaus nicht so bekannt geworden, wie sie es verdienen. Die
von mir deshalb gerade für die letzten 7 Jahre besonders reich-
lich gegebene Auswahl wird, meine ich, vielleicht manche Kollegen,
besonders jüngere, in ihrem Bestreben unterstützen, sich mit der
methodischen Literatur ihres Faches bekannter zu machen, von
der nicht der schlechteste Teil gerade in der Programmform ver-
öffentlicht worden ist; und da überall die Stelle angegeben ist,
an der sich (zunächst freilich nur bis zum Jahre 1900) bei
Klufsmann bezw. in dem Teubnerschen und Berliner
Verzeichnis die betr. Schrift bibliographisch genau zitiert findet,
hat es jeder, der tiefer eindringen will, leicht, weiteres Material
für seine Zwecke zu finden. Es würde damit zugleich der noch
viel zu wünschen übrig lassenden Verbreitung der drei genannten
Verzeichnisse, besonders der ausgezeichneten Bibliographie Klufs-
mann s, in den Handbibliotheken der höheren Schulen Vorschub
geleistet; und wenn die hier gegebenen Anregungen an manchen
Anstalten, an denen die Programmsammlung bisher ein stilles
Dasein fristete, dazu führten, daß die eine oder andere Abhandlung
häufiger verlangt würde, von deren Vorhandensein viele bisher
wenig wußten, so könnte das für die weitere Entwicklung der
Verhältnisse (vgl. Abschnitt H und Teil HI) nur heilsam sein.
b) Wissenschaftliches Ergebnis. So wichtig mir in*
dessen dieser mehr praktische Gesichtspunkt erschienen ist, be-
deutsamer scheint mir noch der wissenschaftliche. Ich
habe mich selbst mit der Programmliteratur seit Jahren für die
verschiedensten Zwecke eingehend beschäftigt und bin mit einer
stets steigenden Hochachtung für die Fülle von gelehrter und
praktischer Arbeit erfüllt worden, die in ihr von Tausenden von
-^
' (*!1 ') Der 5. Band von Hlufsmannt Bibliographie soll, wie mir der
Herr Verfasser mit der Erlaubnis der Verö'ffeotlichnDg mitgeteilt hat, aicbt
mehr nar 5 Jahre amfasaeo, wie die letzteo 3 Bäode, sondero gleich bis
1907 reicbeo. Der Leser wolle daaach die I^iotiz o. S. 112 Aom. 2 be-
richtigeo.
^) Die Jahresverzeichaisse, besonders das Berliner (o. S. 112 Nr. 15)
erfreuen sich leider, wie oben hervorgehoben ist, in Scbalbibliotheken aieht
der Verbreitung, die ihnen zu wünschen wäre.
voo R. UJlrich. J2Ö
Verfassern niedergelegt worden ist. Ebenso offen bekenne ich
aber auch, dafi mich die Art mit iebhaftem Unwillen erfüllt hat,
mit der über diese Arbeit in den letzten Jahrzehnten von
manchen Autoren abgeurteilt worden ist, von denen sich einige
als „Kenner'' ausgaben (vgl. o. S. 250), andere aber offenbar es
nicht der Muhe für wert gehalten haben, sich vor ihrem Urteils-
spruch eine umfassende Sachkenntnis zu verschaffen. Doch erst
als ich mich dem bisher noch nicht in größerem Umfange unter-
nommenen Versuche unterzog, wenigstens für einige Gebiete bis
zu einem gewissen Grade einen Oberblick über das geleistete
Gute zu gewinnen, wurde mir recht deutlich, was die höheren
Schulen an dieser ganzen oft mit so unzureichenden Waffen an-
gegriffenen Einrichtung nicht bloß gehabt haben und noch be-
sitzen, sondern auch was sie — bei zweckmäßiger Organisation
— in weiterer Zukunft noch durch sie gewinnen können. Es
tritt jetzt klarer als bisher schon für einzelne Gebiete hervor,
welche bedeutenden Kräfte bei dieser Literatur von jeher
tätig gewesen sind und es noch sind; man erkennt ferner, daß
gerade die Programme in Hunderten von Fällen Anlaß, Aus-
gangspunkt und Unterstützung bedeutender wissen-
schaftlicher und pädagogisch-didaktischer Werke ihrer
Verfasser waren und bis in die neueste Zeit geblieben sind;
endlich ist auch die jetzt deutlicher hervortretende Tatsache von
Bedeutung, daß die Programmliteratur in wissenschaftlichen
Werken von Universitätsgelehrten wie in vielen für die
Schule bestimmten die ausgiebigste Verwertung gefunden,
d. h. also Wissenschaft und Schule reichlich befruchtet
und Gelehrten wie Schulmännern wertvolle Anre-
gungen gegeben hat und noch gibt. Es sind das lauter
Gesichtspunkte, die in der Diskussion über die Sache, wie wii*
sahen (vgl. z. B. o. S. 187, 214, 230) leider nur vereinzelt auf-
gestellt worden sind; es war und ist bekanntlich die Meinung
vorherrschend (s. o. S. 197, 249 u. ö.), tüchtige Autoren „hüteten
sich, ihre Arbeiten in einem Programm zu vergraben'', die
,. Wissenschaft nehme keine Notiz von ihnen'*, „die Programm-
iiteratur habe auf den wissenschaftlichen Sinn der Oberlehrer
keinen bestimmenden Einfluß gehabt'' (S. 248) u. s. f. Dem Gewicht
einfacher Tatsachen gegenüber werden solche Auffassungen in
Zukunft hoffenthch nur noch bei denen Eingang finden, die Agi-
tation über die Wahrheit und Worte über die Sache stellen. Und
es ist zu hofleu, daß diese lauge verdunkelten Tatsachen dazu
helfen werden, eine gerechtere Würdigung der Sache anzubahnen.
Bei der Wichtigkeit, die ihr besonders im Hinblick auf die Frage
weiterer Existenzberechtigung beigemessen werden muß, lohnt es
durchaus, sich die drei von mir hervorgehobenen Gesichts-
punkte etwas näher anzusehen.
a) Anteil der bedeutendsten Kräfte an der l^ro-
126 Prof rammwesen oad Proprammbibliothek d. h 5h. Sc holen,
grammliteratar. Hier ist festzustellen, daß nicht nur ver-
einzelt, sondern in Hunderten von Fällen in Deutsciiland, Öster-
reich und der Schweiz Schulmänner, die von höheren Schulen an
Hochschulen oder in andere gelehrte Stellungen, zur Mitgliedschaft
von Akademien ersten Ranges u. a. berufen worden oder auch
an Hochschulen und höheren Schulen nebeneinander tätig ge-
wesen sind, einen großen Teil ihrer Forschungen in Programmen
niedergelegt haben ^). Ein weiteres sehr erhebliches Kontingent, auf
fachwissenschaftlichem wie pädagogisch-didaktischem Gebiete, stellen
die Schulmänner, die zu Mitgliedern der Schulaufsichts-
behörden (Ministerien, Provinzial-SchulkoUegien, Landesschulräte,
Magistrate größerer Städte u. ä.) berufen worden sind'). Viele
^) Ich oeone — in alphabetischer Folge — von 1824 an bis aaf ansre Tage,
aos deo Gebieteo: a) All;. Spraehwisaeoschaft, klaaa. Philoloipie,
Pädagogik: J. J. ßerooalli, Tb. Bergk, F. BlaB, H. BooiU, £. BomaDn, S.
Brandt, W. v. Chriat, Chr. Crou, O. Crusins, G. Cortins, H. üiels, VV. DitUn-
berger, L Döderlein, K. Dziatzko, F.A.Eckstein, A. Engelbrecht, A. Feoerbach,
A. Pick, A. Plasch, R. Foerster, 0. Frick, J. GelTcken, L. Grasberger, K. J.
Gryaar, K. Halm, £. Haaler, F. Heerdegen, H. W. Heerwagen, W. Herbst,
H. Horcher, H. Hitzig, A. HöOer, A. Holm, A. Hng, F. Hallxch, 0. Hausiker,
0. Jäger, L. v. Jan, J. Imelinann, 0. Immisch, A. Kaegi, K« Ph. Kayser, H.
Keil, A. Kießliug, Ad. KirchholT, G. Kramer, K. Krnmbacher, A. Rabo, P. de
Lagarde, P. LaogcB, K. Lehrs, J. H. Lipsius, A. Ladwich, J. Mähly, A.
Meineke, R. Meister, W. Meyer, Iw. v. Müller, Chr. Mnff, F. W. A. Mnllach,
K. F. ?lägelsbach, A. JVaock, F. Nene, F. Nietzsche, F. Oblenschlager, H.
Peter, K. Peter, E. Petersen, Th. Plnß, W. Preger, A. Rehm, 0. Ribbeck,
A. Roemer, W. H. Röscher, H. Sanppe, H. Scheokl, K. Scheoki, H. Schüler,
J. H. Schmalz, L. Schopen, 0. Schrader, F. Scbnbert, P. SoDoeoburg, A.
Speogel, L. Speogel, J. Stahl, J. G. Sullbaam, Thom. Stangl, K. Steinhart,
F. Stolz, K. Strecker, G. Uhlig, G. F. Uoger, H. Usener, JN. Weckieio, P.
Weodland, T. Wildaoer, fi. Wilhelm, £. Wölfflio, K. ZeuB, A. Zingerle. —
b) Germanistik: J. Bäcbtold, L. EttmöUer, L. Hirzel, R. Lehmaon, M.
Lexer, K. Tomascbek, W. Wackernagel, W. Wilmanns. — c) Französisch
und Euglisch: K. Elze, M. Friedwagner, L. Kellner, G. Körting, F. Lotb-
eißeo, A. Tobler, B. Wiese, J. Zupitza. — d) Geschichte: A. Bachmano,
M. Doeberl, Hb. J. Fallmerayer, A. Horawitz, G. Kaufmann, Th. Lindner, J.
Loserth, H. Prutz, A. Schaefer, H. v. Zwiedineck-Södenhorst. — e) Erd-
kunde: S. Günther, Alfr. KirchhofT, Ed. Richter, A. Supao. — f) Philo-
sophie: Ad. Dyroff, R. Bocken, H. Heinse, E. Laas, A. Lassen, W. Schuppe,
H. Siebeck, Chr. v. Sigwart, R. StSlzle, Th. Ziegler. — g)Theolugie:
W. Bornemann, Sam. Üeotscb, K. Furrer, J. Gottschick, J. Grimm (kath.).
Ed. Herzog (altk.), K. J. Holsten, P. Kleioert, Em. Mayer, £. Preuschen, R.
Siegfried, H. Weingarteo. — h) Ans dem Gebiete der exakten Wissen-
schaften (in ganz beschränkter Auswahl, die sich nur auf die oben
S. SH ff., meist io den Anmerkungen genannten Autoren bezieht) nenne ich:
R. Andreasch, H. W. Dove, J. L. Fuchs, J. A. Grunert, Osw. Hermes, G. Holz-
müller, E. E. Kummer, Em. Lampe, Ad. Pichler, K. Schellbach, H. Simroth,
K. Weierstraß, A. Weroicke. — Einzelne der hier verzeichneten Verfasser
sind auf mehreren Gebieten tätig gewesen, bei einigen gehören die von ihnen
veröffentlichten Programme nicht ihrem Hauptarbeitsgebiete an, sondern sind
anderen Wissenschaften gewidmet.
') VoD ihnen seien erwähnt: a) Preußen: F. Abeck, F. Becher, H.
BooiU, O. Carnuth, E. Cauer, P. Caner, O. Friedel, H. Genz, K. Gersteaberg,
A. Goebel, A. F. Gottschick, E. Grnhl, M. Heynacher, A. Uochheim, Fr. Hof-
von R. (Ulrich. j2
von ihnen haben bestimmeDden Einfluß auf die Gestaltung des
höheren Schulwesens, z. T. auch auf Volks- und Fortbildungs-
schulwesen geübt, auf die Organisation im ganzen wie auf einzelne
Unterrichtsficher, oder sich um seine Geschichte hervorragende
Verdienste erworben; von alledem legen auch ihre Programm-
arbeiten — bis in die neueste Zeit -~ beredtes Zeugnis ab. Was
endlich Direktoren und Lehrer betrifft, die ihre Lebens-
stellung im praktischen Schuldienste in der Hauptsache allein
gehabt haben, so ist die Zahl tüchtiger, z. T. hervorragender Bei-
träge, die sie gerade zur Program ml ilei*atur geliefert haben, so
groß, daß viele Seiten nötig wären, um auch nur die Besten mit
Namen anzuführen. Sie zählen nach Tausenden. Und zwar ist
die rein gelehrte Forschung*) dabei ebenso mit ausgezeich-
■laon, E. Höpfner, B. Kaoiuier, M. Klatt, G. A. Klix, R. Kb'pke, G. A. Lambeck^
D. LandfermtaQ, A. Matthias, K. Th. Michaelis, W. Mäach, J. Mützell, J'
NeUoD. R. Paehler, R.Pilger, H. Polte, K. Reiohardt, J. Rothfachs, W'
Schrader, B. Schwalbe, J. Sommerbrodt, J. Stander, ß. Todt, W. Wehres-,
pfeanig, L. Wiese, J. Zieheo. — b) Sachsen: 0. Lyon, R. Seeliger. —
c) Andere norddeatsche Staateo: W. Brandes, F. Koidewey, R. Menge.
d) Elsaß-Lothringen: A. Baumeister. — e) Beyern: H. Heerwageo, F.
B. W. V. Hermann, G. Kerscheosteiner. — f) Baden: J. P. Hebel, E. v. Sall-
würk, G. Wendt.,, — g) Hessen: L. Nodosgel. — h) Württemberg: K.
L. Roth. — i) Österreich: H. Bonitz, A. Fieker, J. Haemer, J. Loos, R.
Stejskal.
') Ich möBte hier die meisten der aaf S. 36—122 genannten Autoren
wiederholen, um auch nor einen knappen Überblick über die Leistongen zu
geben. Der Leser sehe selber zu. Doch nenne ich einige der bekanntesten
Namen, soweit sie nicht schon S. 126 angeführt sind: a) Rlassisehe
Altertums- and allgemeine Sprachwissenschaft: L. H. Ahrens,
R. F. Ameis, G. Andresen, 0. Apelt, J. Asbach, R. Asmos, G. Autenrieth, A.
V. BambiTg, K. Bardt, F. Bannigarten, Chr. Beiger, G. Bilfinger, A. ßrieger,
J. Brix, A. Bugse, J. Classen, W. Corssen, W. Deecke, D. Dellefsen, Th.
Doehner, B. Dombart, A. Draeger, H. Droysen, P. Egeoolff, R. Ehwald, F.
EUendt, F. Eyssenhardt, A. Fleckeisen, A. Gemoll, W. Gemoll, B. Gerth, F.
Härder, K. Hartfelder, J. Haory, G. Helmreich, ;K. Hentze, K. Heraeus, W.
Haraeus, A. Hilgard, W. Hoffmann, J. Jeep, J. Ilberg, W. R. Rayser, R. F.
Rempf, F. Rem, G. Rnaark, F. Rnokf, Th. Rock, 0. Rohl, H. RUhlewein, G.
Landgraf, F. A. Lorenz, F. Löbker, B. Lopns, F. Luterbacher, H. Magnus, J.
Marquardt, K. Mayaer, R. Meister, 0. Meltzer, H. Menge, R. Menge, H.
Mergaet, H. Meusel, T. Monimsen, H. F. Müller, R. F. W. Müller, M. Müller,
W. INitsche, H. Nohl, E. Oder, W. Pape, R. Peiper, R. P<<p)imüller, E. F.
Poppe, J. Prammer, W. Prellwitz, 8. Preuß, H. Rassow, H. Rehdantz, W.
Ribbeck, G. Richter, 0. Richter, J. La Roche, H. Roehl, E. Roseoberg, J. H.
Schmidt, 0. Schröder, R. P. Schulze, M. Sengebusch, M. Seyffert, 0. Seyffert,
J. Sitzler, W. Sollen, G. Sorof, F. Spilzuer, H. Stadtmüller, 0. Stählio, H.
Stein, P. Stengel, H. Steudiog, J. M. Stowasser, G. Thilo, V. Thumser, M.
Treu, F. Umpfeobach, A. v. Velseo, G. Vogriuz, D. Volkmann, R. Volkmaon,
W. Volkmaun, W. Vollbrecht, W. Waehnier, R. Wageoer, W. Weiuberger,
W. Weißeoboro, E. Wellmann, H. Wessely, H. Wirz, M. Wohlrab, E.
Wunder, E. Ziebartb, A. W. Zumpt — b) Deutsch: A. Biese. E. Bobertag,
R. Boxberger, G. EUinger, G. Rettner, G. F. RhuU, G. Riee, Ä. Roberstein,
H. Rorz, H. A. Löbbeo, P. Piper, R. Redlich, H. Schreyer, W. Schwartz. —
e) Andere neuere Sprachen: U. Breitioger, H. Fritsche, A. RreBner,
A. Uno, W. Mangold, Alex. Schmidt, Th. SüpBe, B. Wiese. >- d) Ge-
^2j Prof^ramiDweseD and Programmbibliothek d. höh. Sehnlea,
neten Leistungen vertreten, wie andrerseits bewährte und allge-
mein anerkannte Pädagogen und Methodiker') einen erheb-
lichen Teil ihrer Arbeiten in Programmen veröffentlicht haben.
Daß dies vor 1875 in grofiem Umfange geschehen ist, dem Jahre
der Aufhebung des ,,Zwanges'' in Preußen (vgl. o. S. 147), das
ja den Hauptanteil an der Programmliteratur überhaupt hat, be-
darf keiner besonderen Hervorhebung. Denn solange Pro-
gramme geschrieben werden „mußten'', fanden hier alle Ge-
rechten (neben den Ungerechten) ihren natürlichen Platz. Wichtig
ist aber und sollte allen Gegnern der Einrichtung zu denken
geben, daß auch seit 1876 (s. besonders S. 73ff.) und bis auf
den heutigen Tag in Preußen wie in anderen Staaten die guten
Programme wissenschaftlichen und pädagogisch-didaktischen Inhalts
noch nach Tausenden zählen, trotz der so oh als ,,Ersatz'* an-
gepriesenen, an Zahl so sehr gewachsenen Zeitschriften (o. S. 19
— 24), trotz der (angeblichen) Abneigung des Standes gegen sie,
trotz der Gefahr des „Begrabenwerdens'', auch trotz des mangelnden
schiebte: W. Bernbardi, F. Darpe, Th. Flathe, B. Gebbardt, J. HeideoMBo,
F. Hirsch, H.Kohl, F. Karze, H.Röhricht. — e) firdkande: G. H. v.
Kloedeo, S. Ruf e. — f) Philosophie: M. Schaeidewio, A. Weroicke. —
$) Theologie: R. Buddensieg, A. Clemea, J. Draeseke, A. Jaeobseo, V. Loch,
Kb. Nestle, H. Preiß, £. Preuscbeo, L. Teehea, L. Witte. — h) Aas deai
Gebiete der exaktea Wissenschaften (wiedernm nar in ^as be-
schrankter Auswahl, vgl. 0. S. 126 A. l,h): J. Dab, J. Kister and H. Geitel,
H. G. Grafimaoo, K. Ohrtmaun, Th. Schoenemano.
^) In Auswahl, in der aus praktischen Gründen ausnahmsweise
auch einige schon oben nagefiihrte Verfasser nochmals genannt werden:
a) Für allgemeine Scholfragen, Schulgeschichte u. äL: J. J.
ßellermann, K. fi. Bonaell, K. J. Blochmann, F. A. Gotthold, A. Gramme, 0.
Henke, F. Heußuer, O. Kaemmel, F. Kern, H. Kern, G. Kramer, £. Leatz, 0.
Liermann, P. Machule, H. A. Niemeyer, M. Nath, F. A. iNüfiJin, K. F. Ranke,
A. Rausch, K. Reinhardt, H Schiller. £. Schlee, A. G Spilleke. Q. Steinbart,
P. Treatiein, G. Vogt, L. Weniger, K. Wotke. — b) Für einzelne Lehr-
fächer: a) Religion: P. Dörwald, F. Fauth, R. Heidrich, Wh. Heiasel-
maon, W. Hollenberg, F. Hupfeld, W. Koppelmann, E. Walther, F. Zaige.
ß) Deutsch und philos. Propädeutik: J. H. Deiabardt, K. Dudea, L.
Franz, P. Goldscbeider, B. Grosse, P. Hellwig, R. H. Uiecke, A. Jonas, P.
Klaucke, R Lehmann, G, Leuchtenberger, W. Mönch, H. Viehoif. y) Alt-
sprachlicher Unterricht: fi. Albrecht, O. Altenburg, K. Dietsch, 0.
Dreockbahn, K. E. Georges, A. Gronau, A. Uaacke, K. flachtwano, M. Hey-
nacher, A. Joost, 0. Kühler, A. Kuthe, J. Latimaon, U. Lackenbach, A.
Malfertheiuer, H. Menge, G. Radtke, J. Rothfochs, G. Schimmelpfeog, K.
Schirmer, J. H. Schmalz, A. Tegge, J. Wulff. <f) Englisch und Fraazo-
sisch: L Bahlseo, C. Humbert, 0. Kabisch, R. Krön, G. LüciLiog, W. Moach,
J. Ostendorf, Pb Plattiier, K. Ploetz, K Qniehl, 0. Ulbrich. €) Geschichte:
W. Afimaun, H. Brettschneider, K. Fischer, 0. Jäger, F. Junge, F. Neubaver,
E. Stutzer. C) Erdkunde: K. BöUcber, H. F. Matzat, A. Sopau. rj) Mathe-
matisch-natarwissenschaitlicher Unterricht: K. Galienkanp, fi.
Grimsehl, K. Jochmann, A. Kaliius, L. Kambly, B. Laudsberg, H. Martus, H.
Schotten, B Schwalbe, W. Thome, P Treatiein, O. Wossidlo. ^) Zeichnen.
Kunstunterricht: F. Heufiuer, K. Kiuzel, F. Kahlmann, U. Luckeabach,
0. Stieger. f) Turnen, Jugendspiele, Reisen, Sport: H. Kanter, B.
Kohse, H. Wickenhagen.
voB R.Ullrich. 129
Honorars (s. u. Abschn. G). Zahlreiche Autoren bekanntesten
Namens und mit den besten Beziehungen zu Zeitschriften-Redak-
tionen und Verlegern hätten weniger umfangreiche Arbeiten
gewiß in Zeitschriften veröffentlicht, größere, die sie auch
in der Form des mehr Raum gewährenden Programms noch in
mehrere Teile zerlegen mußten, Tielieicht in Buchform heraus-
geben können, wenn ihnen das möglich oder nützlich erschienen
wäre; sie haben die Form des Programms gewählt. Viele, und
gerade die besten, haben darin überhaupt einen erheblichen Teil
ihrer wissenschaftlichen Arbeit, die Früchte ihrer pädagogisch-
didaktischen Erfahrungen und eine Fülle organisatorischer Vor-
schläge niedergelegt^), z. T. in solchem Umfange, daß diese Pro-
gramme einen wesentlichen Teil der Lebensarbeit ihrer
Verfasser überhaupt darstellen und nicht bloß diesen selbst zur
Ehre gereichen, sondern auch ein wertvolles Stück Geschichte der
Anstalten bilden, in deren Namen sie veröffentlicht worden sind')
Sie wurden dabei offenbar von gleichen oder ähnlichen Erwägungen
geleitet, die den Verfasser dieser Arbeit zu der Ansicht geführt
haben, daß das Programm neben der Buch- und Zeitschriften-
literatur eine selbständige Aufgabe zu erfüllen hatte, die heute
wie in Zukunft noch zu Recht besteht (vgl. o. S. 19).
^) Man vergleiche besooders a) vor 1876 (io der Hauptsache) die
Arbeiteo von: L. H. Ahreos, K. F. Ameis, K. £. BoDaell, J. Brix, J. Classen,
Chr. W. Groo, J. H. Oeinhardt, S. Deutsch, L. Döderlein, H. B. Dombart, F.
A. Ecksteio, 0. Frick, F. A. Gotthold, R. Halm, H. W. Heerwagea, K. He-
raeus, W. Herbst, F. K. Hertleio, R. H. Hiecke, L. v. Jaa, W. K. Kayser, G.
A. Klix (trotz seiner Polemik gegen die Eiorichtaug, vgl. o. S. 197), Th.
Kock, R. Köpke, G. Kramer, F. Läbker, J. Marqoardt, A. Meiaeke, K. F. W.
Maller, F. A. N'dßilo, B. F. Poppo, J. Prammer, K. F. Raake, H. Rassow, K.
L. Roth, K. Schellbacb, H. Schiller, H. Schmidt, L. Schopen, A. Speogel, L.
Spengel, J. G. Stalibaam, G. Thilo, L. Wiese, A. Ziogerle, A. W. Zampt; für
die Zeit b) voo 1876 ao bis zar Gegenwart oeone ich folgende Autoren
(von deren Arbeiteo einige wenige aach schon dem Zeitraum vor 1876 an-
gehören): 0. Apeit, G. Aodresen, A. v. Bamberg, K. ßardt, F. Becher, A.
Biese, G. BilfiDger, P. Corssen, F. Darpe, W. Deecke, 0. Detlefsen, A.
Draeger, J. Draeseke, R. Ehwald, A. Gngelbrecbt, A. und W. Gemoll, P.
Goldscheider, A. Gramme, H. Guhraner, K. Hartfelder, J. Heidemaon, R.
Heidrich, G. Helmreieh, 0. Henke, K. Heotze, K. Heyuacher, F. J. Hilden-
brand, F. Hirsch, J. Huemer, C. Humbert, 0. Jüger, F. Kern, G. Kettner, F.
KhüU, F. Knoke, 0. Kohl, F. Koldewey, H. Köhieweio, G. Undgraf, J. Latt-
mann, J. Loos, A. Matthias, O. Meltzer, T. Mommseo, W. Münch, M. Natb,
Eb. Nestle, H. Peter, Ph. Plattoer, K. Reinhardt, W^. Ribbeck, G. und 0.
Richter, J. La Roche, H. RÖhl, R. Röhricht, A. Roemer, G. Schimmelpfeng, J.
U. Schmalz, B. Schwalbe, H. Stadtmüller, J. M. Stowasaer, Th. ThaUieim; V.
Thnmser, M. Treu, W. Volkmann, J. WaUner, E. Walther, G. Weodt, K.
Wessely, F. Zange.
*) Ich nenne z. B. für die ältere Zeit: Ahrens, Classen, Döderlein,
Eckstein, Kayser, Kock, Marquardt, Poppo, Rassow, Schell bach, Schopen,
Stallbaum: Tur die neuere: Bilfinger, Detlefsen, Ehwald, W. Gemoll,
Kettoer, Eh. Nestle, H. Peter, Schwalbe, Stowasser, Wessely und vor allem
F. Koldewey und M. Treu.
Eeitaahr. f. d. OTmnMialweaeo« liXI. Sopplementhofi. 0
X^ Pro^rammweseo nad Programmbibliothek d. höh. Scholen,
ß) Programme als Ausgangspunkt und Unter-
stützung größerer wissenschaftlicher und pädagogisch-
didaktischer Werke ihrer Verfasser. Jedes größere lite-
rarische Werk, das Anspruch auf dauernde Bedeutung erheben
will, bedarf eingehender Vorstudien. Zahlreichen Autoren ist es
auch Ton jeher wünschenswert erschienen, eine oder mehrere
solcher Vorarbeiten, die der Prüfung und Sichtung von Quellen-
material, der Auseinandersetzung mit entgegengesetzten Meinungen,
der Anregung neuer Fragen, organisatorischer und methodischer
Reformen dienen sollten, der Veröffentlichung größerer Werke
vorauszuschicken, um die Meinung der Fachgenossen zu hören,
gewisse Fragen in Fluß zu bringen und so umfassenderen Dar-
stellungen wirksam vorzuarbeiten. Daß für Tausende kleinerer
Proben dieser Art die Menge der Fachzeitschriften aller Art von
jeher als ein geeigneter Boden betrachtet worden ist, für schon
umfänglichere Monographien die Sonderausgabe, ist bekannt und
braucht nicht erst nachgewiesen zu werden. Daß aber auch die
Programme bis in die neueste Zeit hinein für solchen Zweck als
außerordentlich geeignet befunden worden sind, nicht in ver-
einzelten Fällen, sondern in ganz bedeutendem Umfange, wird
allen denen neu sein, die sich ihr Urteil über Wert oder Unwert
der ganzen Einrichtung durch die negierende Majorität in der
Diskussion der letzten Jahrzehnte nur zu sehr haben trüben
lassen. In der Tat läßt sich für Arbeiten, die den Rahmen eines
gewöhnlichen Zeitschriftenaufisatzes überschreiten, ohne doch 9chon
für die Sonderveröffentlichung geeignet zu sein^), kaum ein
passenderer Ort denken als das Programm. Hier fallen nicht bloß
viele der Unmöglichkeiten, Hindernisse und Bedenken fort, die
der Veröffentlichung in Zeitschriften entgegenstehen (vgl. o.
S. 21 ff.), sondern es kann auch überall da, wo die Autoren nicht
den geschäftlichen Gesichtspunkt in den Vordergrund stellen, in
unmittelbarster Weise und ohne erhebliche Kosten für den Kreis
aller Interessenten positiver Nutzen gestiftet werden, besonders
wenn die Programmbibliothek der Schulen (vgl. Abschnitt 111}
zweckmäßig verwaltet, vor allem leicht zugänglich und über-
haupt die ganze Organisation der Sache mit besonderer Rücksicht
auf die Lehrer und z. T. auch das Elternpublikum auf die mög*
liebste Verbreitung der Programme zugeschnitten ist, worauf es
doch vor allem ankommt (vgl. meine Ausführungen darüber oben
S. 275 f.). Und das ist nicht etwa bloße Theorie, sondern wir
stehen beweiskräftigen Tatsachen gegenüber. Wer bisher andrer
(nicht begründeter) Ansicht war, hätte (wenigstens für die Zeit
von 1876 ab) nur einige Stunden daran zu wenden brauchen,
die vier Bände Kl ufsmanns daraufhin zu durchblättern. Dieser
^) Bei dieser ist meist der (übrij^ens oieht aaberechtig^e) Gesichtsponkt
der Verleger maßgebend, ob das Werk „gehea" wird.
von^Ullpich. ' i3\
fleißige, umsichtige und kenntnisreiche Bibliograph hat sich nämlich
nicht mit der bloßen Sammlung und Ordnung des gesamten
Programmmaterials begnügt, sondern wertvolle, nach Hunderten
zählende Hinweise fOr alle die Fälle gegeben, in denen Programme
später in (meist revidierter) Buchform (z.T. in mehreren Auf-
lagen) erschienen sind, die Grundlage für gröfsere Arbeiten
ihrer Verfasser gebildet, in „gesammelten Schriften*' Aufnahme
gefunden haben u.s.f. — Dinge, die doch deutlich genug beweisen,
daß die Arbeit der Programmatarii nicht vergeblich gewesen ist,
sondern reiche Frucht getragen hat. Der Leser möge für den
Zeitraum von 1876 — 1900 bei Klufs mann selber zusehen! Aber
für den langen Zeitraum von 1824 — 1875 wie für die wenigen
Jahre seit 1901 gibt es zahlreiche Beispiele ähnlicher Art.
Wiederum liegen eine ganze Reihe von Programmen ^) vor, die z, B.
Ausgaben von klassischen Schriftstellern oder gröfsere Mono-
graphien über sie, Lexika und andere gröfsere Werke'), z.T.
>) Vgl. obeo das VerzeiehaM S. 35—65, €9lt, und S. 68, 104^122.
') Vgl. z. B. (ich gebe nar eioe Aas wähl der bekaon testen
NameD) A. Für den Zeltraam von 1824 — 1875: a) Zn grlech. o.
lat. Autoren: K. Abicht (Herodoi), K. Ameis (ffomer), 6. ^Andresen
(Taeüus), F. Blafi (Dem.), H. Bonitz {PUüo u. Ariitot), J. Classen {Hom.),
{Tfmk,), Chr. Cron u. J. Deuschle {Plaio), D. Detlefsen {PUn.), W. DUlen-
bnrger {Haraz), Th. Doehner (Plutarch), B. Dombart (Augiutinui), A. Draeger
KToc.), K. Dziatzko {Rom, KomÖd.), F. EUendt {Cic.), R. Enger (Aeschylut),
A. Fleckeisen {Rom, Komöd,), G. Vf. Gofirau (Ferg,), K. Halm {Cic.), M.
Haydnck {Aristot), R. Hentze (^om.), K. Heraeas ( r<ic.), R. Hercher (Aelian),
F. K. Hertlein {Xenophon, Julian), H. Hitzig {Pausan), Fr. Hnltsch (Polyb,),
K. Jaeoby {Dum, Hai), L. van Jan {PUn., Macrob,), J. Jeep (Justin), K. Kappes
{f^erg,), W. R. Kayser (Hom.\ H. Keil (Grammatiker), K. F. Kempf (Fal.
Max,), Ad. Kießling (Dion. Hai, Senec, rhet,), Th. Koch (Griech, Komöd.),
O. Korn (Ovid) F. Kritz (Tac), K. W. Kroger (Tiuik,), Th. Ladewig (Ferg,),
K. Lehrs {Gr, Epik), J. H. Lipsius {Gr. Redn.), B. Lapas (ISepoe), W. Marck-
Scheffel {Aeschyl,), A. Meineke {Gr. Komöd.), R. Merkel (Aeschyl, ApoU.
ßhod., Quid), W. Meyer {Pwpt^rion), T. Mommsen {Pindar), K. F. W.
Müller (Cic), M. Müller (Liv,), F. W. A. Mallach {Frgm, d. gr. Philos.), A.
Nanck (Gr, Trag,), M. Witsche {Xen.), R. Peiper {Seneca), K. W. Piderit
(Cic), E. F. Poppo {Thuk.), J. Prammer {Tac), F. Ranke {Arisioph.), 0,
Ribbeck {Ferg.), W. Ribbeck {Att, Komöd.), J. La Roche {Hom.), K. L. Roth
(Tac.), A. Schaefer (Gr. Redn,), K. Schaper (Ferg.), K. Scheibe (Gr, Redn.),
O. Schroeder (Pind.), M. Sengebasch {Hom.), J. Sommerbrodt (Lucian), G.
Sorof (Cic), A. Spengel (Plaut.), L. Speogel (Farro), F. Spitzner (Hom.),
J. M. Stahl (Thuk.), J, G. Suilbaam (Plato), H. Stein {Herod.), K. Steinhart
(Piato), G. Thilo (Serviue), G. Tischer (Cic), F. Umpfenbach (Ter,), A.
V. Velsen (Aristoph,), R. Volkmann {Faria), W. Weißenborn {Liv.), H. Wirz
{Sau,), E. Woelfflin {Liu,), M. Wohlrab (Plat), E. Wooder (Eurip.), A.
Zingerle (Rom. Eleg.), — b) Zar klass. Altertumswissenschaft (nebst
alt. Geschichte, Lexikographie u. Grammatik, Methodik d. lat.
n. gr. Uoterr.): L. H. Ahrens (Gr. Dialekte), J. Arnoldt {F. A, JFolf),
J. J. Bernonlli (Ikonogr,), F. Blaß (Gr, Ausspr.), W. Corssen (LaL Spr.),
W. Deecke (Sprachw.), A. Oraeger (Lat. Spr.), H. Gleditsch (Mär.), A.
Goebel {Lexil. Hom.), A. Haacke (Gramm.), M. Heinze {Gr. Philos.), A. Holm
(Sizäien), O. Jüger (Gesch.), J. Lattmann {Gramm,), V. Loch (Fulgata), K.
F. Lübker (Reallex,), B. Lapas (Sizilien), J. Marqnardt {Rörn. Altert,), O.
132 Programmwesen und Progrirombibliothek d. höh. Schnlen,
Standard works, vorbereitet oder unterstfitzt und so die Forscbang
beeinflaßt, dazu Handerten von Fachgenossen der verschiedensten
Gebiete Förderung in ihren Stadien gebracht und sie zu weiteren Ar-
beiten angeregt haben. So kann es nicht wundernehmen, daß auch die
f) Verwertung der Programmliteratur in rein
fachwissenschaftlichen Werken wie in pädagogisch-
didaktischen eine außerordentlich große gewesen und geblieben ist.
Die Meinung, daß z. B. Universitätsprofessoren den Programm-
arbeiten nur geringe Beachtung schenkten^), ist nicht zutreffend.
Man braucht hier nicht einmal lange zu suchen, um schließlich
einige Ausnahmen mühsam herauszufinden; die Beispiele drängen
sich jedem, auf welchem Gebiete auch immer, förmlich auf). In
Meltzer {KaHhager), H. Menge {SUlittik\ H. Mergaet {Lexikogr.), W. Pape
(Gr. Lex.), K. aod H. Peter {Rom, Gesch.), W. ftoscher (Mythol,), H. RoeU
{Epig;raph.), V. Rost {Gr. Lex.), J. Rothfachs {Lai. u. gr. Uriterr.), H.
Schiller {Rom. Gesch.), J. H. H. Schmidt {Synoni^m.), F. Unger {ChrimoL)^
R. VolkmtBD (F. A. Wolfs Prolegg.), H. W'ageoer [Lat. Gramm.), R. W.
Zumpt {Rom. filtert.). — c) Deutsch: F. Boberta^ {Roman), R. Boxberper
(Schüler), K. Duden {Orthogr.), R. Hiecke {Unterr.), A. Jonas {j4t^s.), P.
Klaucke (dgl.), M. Lexer {Mhd. Wb.), P. Piper {(Jlßlas), K. Tonia^chek
{SchiUer). — d) Französisch a. Englisch: H. Fritsche {MoHere), W.
Läcking {Frz. Gramm.), Alex. Schmidt (Shakesp.-Lex.). — e) Mittl. «.
neuere Geschichte: Th. Flath e {Sachs. Gesch. ), A. H orawi tz {HumanisuL),
Tb. Lindner {M.-ji.), G. Richter {dgi), R. Röhricht {Kreuzziige), H. v. Zwie-
dineck-Südeohorst {Neuere G.). — f) Erdkunde: A. Supao [Lehrb.d. Erdk.),
H. Matzat {Unterr.). — g) Veri^leichende Mythologie: A. Kuhn aad
W. Sohv^artz. — h) Theologie: S. Oeotsch (Kirchengeseh. d. M.-A.), R.
Ueidrich (Kirchettgesch., Rel.-Unterr.), K. J. Holsten {Pmäus), P. de Lagarde
(BibeUext), H. Weingarten {Ktrchengesch.). — i) Philosophie: W. Schuppe
{Logik), Th. Ziegler {Ethik). — k) Pädagogik (Werke zu einzelaeD
Unterrichtsfächern s. o. h — d): L. Döderlein {f^aria), A. Frick {dgl),
F. Koldewey {Mon, Germ, paed.), J. Loos (Österr. Schulw.), H. Schiller
{Prakt, Päd.).
B. FUr den Zeitraum seit 1901: Zu a) (vgl. A): 0. Apelt (^^rif^ot.
Nik. Eih.), Th. Büttner-Wobst {Polyb.), M. Cousbruch (Uephaesiion), VV.
GemoU {Xenoph.), K. Hachtmano {Cic. Ferr.), J. Haury {Prokop), G. Helm-
reich {Galen), A. Hilgard {Dion. Thr.), H. Kiihlewein {Hippokr.), K. MayhofT
{PUn.), M. INiemeyer {Plaut.), H. Feter (HUt. Rom. rel.), H. StadtmüUer
{Gr. AnihoL), 0. Stählin {Clem. Alex.), K. Strecker {HroUvit, ^altharius).
— Zu b) H. Blase {Lat. Gramm.), J. Kirchner (Prosopogr.), G. Landgraf
{Lat. Gramm.), K. Leasing {HisL Aug. lex.), H. Reich {Mimus), 0. Richter
{Rom, Topogr.), 0. Weißenfels {Gr. Philos.), K. Wessely {Papyn). — Zn e)
A. Biese {Litt.-Gesch.), P. Goldscheider {Deutsche Schriftwerke), G. Rettner
{Lessing). ~ Zu d) 0. Boerner {Gramm.), Ph. Plattoer {dgL). — Zu b)
£b. iNestle {Griech. d. IV. T.) u.a.m.
Von einer Aufzählung auch nur einer Auswahl von Werken aas
dem Gebiete der exakten Wissenschaften wird aus den wiederholt
bemerkten Gründen abgesehen (vgl. z. B. o. S. 3S). Auch hier fehlt es
übrigens nicht an einer großen Menge solcher, die auf Programme zurück-
gehen, durch sie ergänzt worden sind u. s. f.
I) Vgl. z. B. H. Müller a. a. 0. {Bibl. Abt. 4, INr. 127) S. 23.
^) H. Morsch a. a. 0. (Bibl. Abt. 4, Nr. 139) S. 82 nennt als solche:
W. Scherer, Gesch. d. deutsch. Lit. , K. Goedekes Grundrifs { vgl. seh od
oben S. 187), S. Teuffei, Gesch. d. röm. La., M. Schanz, dgl., B. Heb-
vou R. Ullrich. 13S
der Tat ließe sieb ja kaum etwas Seltsameres denken» als wenn
etwa die Universitätslehrer, die sich ja Ton jeher aus den Reihen
des höheren Lehrerstandes ergänzt haben und noch ergänzen, diese
Literatur geflissentlich ignorieren wollten, die ein so erhebliches
Stuck der Wissenschaft und ihrer Gescl)ichte darstellt. Die gene-
relle ölTentliche Herabsetzung der Philologen durch einen tempe-
ramentvollen Hochschullehrer ist ja erst neusten Datums. Daß
ferner die Programme in den meisten Fachbibliographien^)
sorgsam gebucht, in den Jahresberichten') für die ver*
schiedenen Wissenschaften angezeigt und z.T. sehr ein-
hard[t] (gemeiot ist doch wohl das Hdb, d. dtsck. Gesch.?). Die Zahl läfit
sich ohne irgend welche Schwierigiteit beliebig vervielfachen; ich nenne
z. B. aus der Zahl der von mir häafiger beuatzten größeren Werke zar
AI tertamswisseosehaft and Geschichte (einschl. d. Kirchen-
geschichte): C. Bursiao, Geseh. d. kUus, PhüoiU^gie in DeutMckland (s.
o. S. 31, Aom. 2)» G. Bosolt, Griech. Gesch., A. Haack, Eirchengeseh,
Deutschlands, K. F. Hermann, Lehrb. d. griech. Antiquitäten, J. Marqaardt-
Th. MoDifflsen, Hdb. d.röm,.AUert., sämtliche Bande von Iw. Müllers
Hdb. d. klass. j4ltertufnswiss. (nicht nur die von Schanz), W. U. Röscher,
^usf. Lex. d. griech. u. rötn. Mythol., A. Schaefer, Demosth, u. s. Zeä^
£. Srhiirer, Gesch. d. jäd. Folkes i. Z. Jesu Christi, F. Sasemihl, Gesch,
d. griech. Lit. in d. Alextmdrinerzeit, E. Zeller, Phüos. d. Griechen, auch
B. Meyer, Gesch. d. yiUertums. Die größeren Werke über höheres
Schalwesen ziehen mit Recht ebenfalls die Programme in aasgedehotem
Maße heran. Deco gerade hier verdanken ja viele Gebiete Fundament und
Aasbao ganz besonders den Schulschriften. Ich nenne z. B. die verschie-
denen Bände von A. Ba ameisters „Handbuch", die Monomen ta German.
paedagogica, F. Paalseo, Gesch. d. gelehrten Unterrichts, W. Rein,
EnsykL Hdb. d. Pädagogik, H. Schiller, Hdb. d. prakt. Pädagogik. Sogar
io der oeusten (6.) Auflage von Meyers Grofs. Konversat.- Lexikon, die sich
überhaupt durch sorgfältig ausgewählte Literaturangaben auszeichnet, habe
ich schon häufig Programmarbeiten zitiert gefunden. Der Tatbestand wird
aar dadurch etwas verdunkelt, daß in den genannten Werken wenigstens
Dicht überall die zitierten Programme auch als solche ausdrücklich gekenn-
zeichnet worden sind.
^) Ich nenne aus der großen Fülle z. B. die seit 34 Jahren bestehende
Bibliotheca philo logica classica (Leipzig, 0. R. Reisland), die nicht
nur den Abonaenten von Bursians Jahresbericht (s. Anm. 2) und den
Jahresabooneoten der Berliner phäol. IFS. zugänglich gemacht wird und so
auch io viele Lehrerbibliotheken kommt, sondern auch einzeln käuflich ist;
alle einschlägigen Programme werden hier jedes Vierteljahr sorgfältig ge-
bucht. Andere Gebiete sind ähnlich versorgt. Von nicht periodisch er-
scheinenden Werken nenne ich z. B. Dahlmann-Waitz, Quellenk. d.
deutsch. Gesch., 7. Aufl. Leipzig 1906, Th. Weicher, mit £rgänssungsband,
1907, ebenda.
^) Vgl. C. Rethwisch, Jahresberichte üb. d. höh. Schulwesen, seit
18bt} (Berlin, Weidmann), Bursian-Kroll, Jahresb, üb. d. Fortschr. d.
klass. Altertumswiss., seit 1873 (Leipzig, 0. R. Reisland), die Jahresberichte
des philolog. Vereins, die der Z. f. d. Gytnn.-H^. seit 1874 beigegeben
werden und fachwissenschaftliche wie methodische Programmarbeiten ein-
gehend würdigen (Berlin, Weidmann), die Jahresberichte über neuere deutsche
Literaturgeschichte, seit 1890 (Berlin, B. Behr), die Jahresberichte der Ge-
Schichtswissenschaft, seit 1878 (Berlin, Weidmann), Ohrtmann-Lampe,
Jahrbuch üb, d, Fortschritte d. Mathematik, seit 1868 (Berlin^ G. Reimer) uam.
134 Programmwesen and Proerrammbibliothek d. hob. Seholeo,
gehend gewürdigt werden, daB ein großer Teil der Zeit-
schriften^), gerade auch solcher, die in den Lehrerbibliotheken
der höheren Schulen heimischer sind, den Ertrag der Programme
jedes Jahres einzeln oder, was noch zweckmäßiger, nach
Wissensgebieten geordnet, in Sammelbesprechungen*) den
Lesern zugänglich macht» wurde ich überhaupt für unnötig halten
besonders zu erwähnen, wenn man nicht in der Diskussion über
den Gegenstand (s. o. S. 197, 249 u. ö.) wieder und wieder zu
hören bekommen hätte, die Programme „würden nicht genügend
bekannt" — oder wie es sonst heißen mochte. Sollte das
wirklich für eine kleinere Anzahl von Schulen zutreffen (die
Möglichkeit bestreite ich zunächst nicht), so liegt die Schuld an
diesen selbst, die ihren Etat yielfach lieber in Kleinigkeiten auf-
gehen lassen (vgl. die Jahresberichte), anstatt ihn für größere
Werke, wissenschaftliche Jahresberichte, führende Zeitschriften
und andres von dauerndem Werte zusammenzuhalten. Damit
hängt es auch zusammen, daß die Klufsmannsche Biblio-
graphie noch bei weitem nicht in jeder Handbibliothek jeder
höheren Schule zu finden ist, daß man an der gleichen Stelle
das zweite Teubnersche Verzeichnis (s. o. S. 112 Nr. 13b,
S. 222 f.) erst teilweise, das Berliner (o. S. 112 Nr. 15, S. 223
Anm. 2) und das Focksche Verzeichnis (o. S. 112 Nr. 16) so
gut wie gar nicht antrifft. Ehe man aber so ungerechtfertigte
Klagen erhebt, sollte man daran gehen, ihnen — was ohne viel
Aufwand, nur mit etwas mehr Beachtung der einschlägigen Lite-
ratur geschehen kann — den Boden noch mehr zu entziehen,
als dies hier in meinen Ausführungen geschehen ist.
Aus ihnen aber geht doch wohl für jeden unbefangenen Be-
urteiler die Tatsache hervor, dafs wir in der Programm-
1 leratur Deutschlands, Österreichs und der Schweiz
eiinen wirklichen Schatz gelehrter wie pädagogisch-
didaktischer und organisatorischer Arbeit besitzen,
den zu erhalten und zu mehren ebenso eine Ehren-
pflicht der Lehrer, die ihn selbst gesammelt haben
und seine Früchte geniefsen, wie der Behörden ist,
staatlicher wie städtischer, in deren Händen auch in
Zukunft die Gewährung der Mittel für ein geistiges
Kapital liegt, das so reichliche Zinsen getragen hat')
und — wenn nicht alle Zeichen trügen — weiterhin
tragen wird.
^) Über ihre Verbreitung aa des höheren Schalen und viele sich dar»
knöpfende organisatorische Fragen wird die oben (S. 86, Anoi. ], Z. 10) •■-
gekündigte Arbeit des Verfassers Genaueres bringen.
*) So z. B. in der (seit 1902 erscheinenden) MonaUchr. f. haken
Schulen (Berlin, Weidmann).
') K. Duden, der s.Z. (s. o. S. 197) das Schlagwort von der ., Nil-
Überschwemmung" für die Programmliteratur prägte, bat damit, ohne es zn
wollen, xugleich die befruchtende Wirkung dieser Arbeiten beseicbaet
von R. Ullrich. i3S
c) Minderwertige Programme? Wissenschaft und
Schule in der Prograromliteratur. Die „Hinderwertigkeit''
der ,,meisten Programme" ist in der Diskussion, besonders der
letzten Jahrzehnte, wie wir sahen, ein beliebtes Schlagwort ge-
wesen, und im Zusammenhange mit dem „Zwange zum Programm-
schreiben", der eines wissenschaftlich hoch entwickelten Ober-
lehrerstandes unwürdig sei, im Hinblick auch auf die hohen
Kosten bat man dann das Kind mit dem Bade aiisgeschöttet, die
Abschaffung der „Kinder der Not" kategorisch verlangt und inso-
fern ja auch wenigstens einen äußeren „Erfolg" der Bemühungen
erzielt, als einige Staaten und Städte durch Einführung des drei-
jährigen Turnus der Lieferung die Produktion wesentlich einge-
schränkt haben. Geschichtliches Verständnis, das muB gesagt
werden, hat bei solchen Urteilen wenig mitgesprochen. Wie kann
man aber die Beurteilung des Programms loslösen von der Art
seiner Entwickelung, die doch wiederum nicht erfaßt werden
kann, ohne daß man den Wandlungen nachgeht, die der höhere
Lehrerstand selbst in wissenschaftlicher und pädagogischer Hin-
sicht im Laufe des 19. Jahrhunderts bis beute erfahren hat! ^)
Gibt es minderwertige Programme? Natürlich, auf fach-
wissenschaftlichem Gebiete ebenso wie auf dem pädagogisch-
didaktischen. Genies sind in jeder Organisation selten, Talente
schon häufiger, das Mittelgut — gleichwohl ein notwendiger
und nutzlicher Bestandteil — bildet die Hauptmasse, und manche
stehen noch tiefer. Warum hätte es in der Organisation des
Programm Wesens zunächst anders sein sollen? Meinem Eindruck
nach ist das auch — was insbesondere Preufsen anlangt — in
den ersten Jahrzehnten der Existenz des Programm wesens, etwa
bis in die fünfziger Jahre hinein, so gewesen, in Österreich,
dessen MittelschuUehrerstand n. St. erheblich jünger ist als der
preußische, wohl noch etwas länger. Es war dies auch ziemlich
natürlich; was konnte man von einem Lehrerstande in seiner
Gesamtheit, der sich in den ersten Stadien seiner Entwickelung
befand, in wissenschaftlicher Beziehung Bedeutendes erwarten!
Er hatte Mühe, den hohen Anforderungen gerecht zu werden, die
in der strafTen Schulzeschen Ära an ihn gestellt wurden. Das
kam auch in den mit Recht oft als „specimina eruditionis" be-
zeichneten Programmen der damaligen Zeit deutlich zum Aus-
druck, die in.ihrer grofsen Mehrzahl die Literatur doch nur
mäßig bereichert haben, besonders soweit sie fachwissenschaftlichen
^) Wer einmal die ebenso reizvolle wie schwierige Auff^abe über-
Dohmen wird, die Geschichte des höheren Lehrerstandes, be-
sonders in'Preufsen, im 19. Jahrhandert zu schreiben, nicht bloß
die äußere, aaf Standesfrageo usw. bezügliche, wie sie kürzlich (1904)
Eo|f. Brand für Bayern geliefert hat, sondern vor allem die innere, die
der wissenschaftlichen und praktischen Tätigkeit der Lehrer gerecht zu
werden sacht, wird in der Progranmliteratür eins der wesentlichsten HUfs-
mittel für seinen Zweck zu erblicken haben.
ISß Programmw«8eii and ProgrammbibliAthe k d. hSh. SehaleD,
Inhalts waren. Selbst ein guter Lileratorkenner, der noch das
historische Interesse in die Wagschale fallen läBt, das besonders
den auf Scfaulgeschichte und Schulorganisation bezüglichen Pro-
grammen zukommt, der weiter nachforscht, welchen Einfluß die
damaligen Programme (in ihrer Gesamtheit versteht sich) auf
die wirklich wissenschaftliche Literatur geübt haben, wird
schwerlich zu wesentlich anderem Ergebnis kommen. Darüber
darf auch der Umstand nicht hinwegtauschen, daB wir unter den
Programmautoren der ersten 25 Jahre nach 1824 einige aller-
ersten Ranges finden, d. h. die dem lebenden Geschlechte als
solche erscheinen — ut amni$ voHva pateat veluti descripta tabella
üüa senis — die Meineke, Lehrs, Bonitz, Ad. Kirchhoff,
Kummer, Weierstraß; ich glaube nicht, daß man dieser Elite,
wenn ich so sagen darf, aus der Zahl der oben (S. 33— 41) ge-
nannten Verfasser, die selber wiederum ra. E. die verhältnismäßig
bedeutendsten von den vielen Tausenden von Programmverfassern
der ersten drei Jahrzehnte sind, noch weitere von gleicher Be-
deutung hinzufügen kCtnnte. Richtig ist freilich, daß wir unter
den heutigen praktischen Schulmännern und Verfassern von Pro-
grammabhandlungen wohl keinen finden, der den genannten sex-
viri an wissenschaftlicher Bedeutung gleichkäme. Doch ist dabei
zweierlei nicht zu vergessen. Wenn wir den richtigen Maßstab
gewinnen wollen, dürfen wir zunächst nicht ins Auge fassen, was
jene Männer (von denen ja einer hochbetagt noch unter uns
weilt) uns heute bedeuten, sondern muß beachten, daß sie da-
mals doch erst in den Anfängen ihrer Entwicklung standen und
z. T. gerade durch die Einrichtung des Programms erst bekannter
wurden. Auch unter dem lebenden Geschlecht der Schulmänner
sind nicht wenige, von denen man noch Bedeutendes in der
Wissenschaft erwarten darf. Das beweist u. a. auch der Umstand,
daß die philosophischen Fakultäten trotz der gewaltigen Scharen
von Privatdozenten, die sich ausschließlich der Wissenschaft
widmen können und auf eine Berufung warten, noch immer
nicht darauf verzichten, sich aus den Kreisen der Oberlehrer zu
ergänzen ^), trotzdem an diese schon in der Praxis des Uoter-
riclits gegen die alte Zeit vervielfachte Anforderungen gestellt
werden. Ferner ist zu beachten, daß die oben genannten sechs
Männer (auch noch viele andere der S. 35—41 verzeichneten) —
mit Ausnahme von Bonitz — nicht so sehr Schulmänner als
1) Ich nenne aaf philologischem Gebiete ans den letzten Jahren nur J.
Geffcken, A. Rehm, S. Sadhaos, P. Wendland und fbge weiter hinso,
daß aoch mehrere Oberlehrer, denen z. T. wiederholt Ordinariate unter dea
günstigsten Bedingangen angeboten worden sind, sie abgelehnt haben. Es
scheint mir das kein uugiinstiges Zeichen für den Stand, in dem einmal die
Wissenschaft doch noch aasgezeichnete Vertreter hat, der aber andrerseits
auch soweit selbständig geworden ist, daß gerade die wissenschaftlich Tfidi-
tigsten ihm treu bleiben und die doppelte Tätigkeit der Praxis «ie ^^r
wissenschaftlichen Produktion dauernd zu leisten willens sind.
von R. üllpich. 757
vielmehr Gelehrte waren, die schon in jungen Jahren in die
oberen Klassen kamen, hier auf eine Minderzahl Begabter durch
das Beispiel ihrer hervorragenden Gelehrsamkeit auf einem Fach-
gebiete oft bestimmenden Einfluß übten ^), aber von den mannig-
faltigen Aufgaben des Unterrichts — auch in den sog. Neben-
fächern — und vor allem der Erziehung großer Hassen wenig
kennen lernten, mit denen sich heute auch die Begabtesten unter
den Lehrern, nicht immer zu ihrer Freude, jahraus jahrein plagen
müssen, so daß sie oft schon müde sind, wenn sie endlich in
die oberen Klassen vordringen, die jenen meist schon wenige
Jahre nach der Universitätszeit wie selbstverständlich zufielen.
Auch das gibt zu denken, daß in jener ersten Periode des Pro-
grammwesens, die ja zugleich in Preußen mit den Anfangen der
Ausbildung eines höheren Lehrerstandes im heutigen Sinne un-
gefähr zusammenfällt, nicht selten Lehrer in noch sehr jugend-
lichem Alter^ — manche hatten die Dreißig noch nicht erreicht
— zu Direktoren von höheren Lehranstalten berufen wurden,
und zwar nicht etwa nur an die Spitze kleiner, in den Anfangen
befindlicher Schulen (wie heute die „Leiter*' an die Schulen
„i. E.*'), sondern auch an ältere Anstalten, oft unter den schwie-
rigsten Verhältnissen'). Noch in den vierziger und fünfziger
Jahren „besetzte'* Friedrich Ritschi von Bonn aus viele Direktoren-
und Professorenstellen mit seinen fähigsten Schulern. Derartiges
wäre jetzt undenkbar, nicht nur weil es einem so jungen Manne,
und wäre er noch so gelehrt, an der notwendigen Autorität
') L. Wiese erzählt, dafi die Schüler des Jotchimsthalschea Gymoa-
siams von einem ihrer Lehrer (A. Kirchhoff) glaubten, „er habe bereits
die ganze griechische Literator nach der Zeitfolge durchgelesen'* {Lebeiu-
erinnerungen u, AmUer fahrungen, Berlin 1886, Wiegandt u. Grieben, 2 Bde.;
vgl. Bd. I S. 193). Ebendahin gehört die damalige Schaffung der Stelle eines
besonderen AInmnatsinspektors (L. Wiese) an derselben Anstalt, die aus
dem Grunde erfolgte, weil der Direktor der Anstalt, eben der um die philo-
logische Wissenschaft so hochverdiente A. Meineke, sich den mannigfachen
Aufgaben der Erziehung, die gerade ein Alumnat stellt, nicht wohl ge-
wachsen fühlte. Man lese nach, was Wiese darüber berichtet (a. a. 0.
Bd. I S. 102 ff.; vgl. auch S. 73).
>) Vgl. die Beispiele hei F. Paulsen, Gesch, (L gel ^n^err. MI (1897)
S. 313 Anm., die sich noch erheblich vermehren ließen. So war z. B.
L. Ooderlein 28 Jahre alt, als er im Jahre 1S19 Professor an der Uni-
versität und zugleich Rektor des Gymnasiums in Erlangen wurde, ein
Amt, das er 44 Jahre hindurch bekleidet hat.
S) Als K. L. Roth, dessen Wirksamkeit besonders Württembergs
Schulwesen so viel verdankt, als Rektor nach Nürnberg berufen wurde,
um das in Verfall geratene Nürnberger Gymnasium zu reformieren, war er
31 Jahre alt (vgl. K. L. Roth, QymnasialpÖdagogik, Stuttg.^ 1874, J. F.
Steiokopf, S. 384ff ; M. Planck, Aüg. deuUche Biogr, XXIX il8b9) S. 331).
— Nicht älter war A. Weiche rt, der unter ähnlichen Verhältnissen IS 19
(bezw. 1823) als Rektor in Grimma über mehrere 20 bis 30 Jahre ältere
Rollegen gesetzt wurde, „die mit verhaltenem Groll den jungen Mann an
ihre Spitze gestellt saben'^ (K.J. Röl'sler, Gesch, d» Fürsten^ und Landes-
schule G. S. 165; s. o. S. 104 Anm. 3).
138 Programmwesen and Programmbibliothek d. hSh. Schaleo,
gegenüber einem wissenschaftlich und praktisch auf der Höhe
stehenden Kollegium reifer Männer fehlen wurde, sondern auch
wegen der so erheblich komplizierteren Verhältnisse vieler Riesen-
anstalten ^) von heute, deren Leitung nicht bloß grundliche Ge-
lehrsamkeit — auf diese Anforderung sollte auch in Zukunft nie-
mals verzichtet werden — sondern auch reichere pädagogische
Erfahrung und ein gutes Stück mehr Menschenkenntnis er-
fordert, als sie Männern eigen zu sein pflegt, die noch an der
Grenze des Jünglingsalters stehen. Die damalige Tatsache ist nur
dadurch zu erklären, daB das wissenschaftliche Durchschnitts-
niveau der Lehrer ein niedriges war, über das sich nur eine
Auswahl von Anstalten, wie die in größeren Städten, die Fürsten-
schulen u. ä. m. erhoben. Und zwar handelte es sich dabei nicht
nur um die wissenschaftliche Tüchtigkeit, in der es für viele
Fächer, die gleichwohl an den Schulen zu lehren waren, noch an
der geeigneten Vorbereitung auf den Universitäten fehlte'); auch
das Interesse für methodische Ausbildung wie besonders für er-
ziehliche Fragen, für das „lebendig Menschliche^*, war noch nicht
allzu häufig anzutrefi*en'). Die Schüler durften sich viel heraus-
nehmen, in Alumnaten und anderwärts, und die Lehrer, gelehrte
und ungelehrte, hatten nicht immer genügende Autorität
Mancherlei Wunderlichkeiten begegneten. An glaubwürdigen
Zeugnissen mannigfaltigster Art fehlt es nicht*). Man muß sich
diese ganzen Verhältnisse vergegenwärtigen, um zu verstehen,
1) Dem ge^enöber sei z. B. daraa erioDert, daß L. Döderlein in Br-
laogeo (vg^l. S. 137 A. 2) im Jabre 1833 (auf Lateioscbule uod Gymnasiaa
zasammen) nur 105 Schäler hatte, eine Zahl, die 1842 aaf 111 geatief^ea war,
aber selbst 20 Jahre später, eia Jahr vor seinem Tode, erst 122 betrag
(vgl. die Jahresberiehte des Gymaasioms). Unter aolcheo goostigea ioflereo
Verhältnissen mochte es fdr einen begabten Schulmann leieht sein, oi^t
blofi daneben eine Professar in einer kleinen Universitätsstadt zn bekleidea,
sondern auch noch eine überaus fruchtbare literarische Tätigkeit za est-
falten, in Programmabhandluogen (vgl. o. S.ßSj Xö—18) und sonst Ab
solche und ähnliche Verhältnisse mögen sich die Gelehrten erinnern, die
sich heute beklagen, daß die wissenschaftliche Prodaktion von Direktoren
und Lehrern immer mehr abnehme, was übrigens nicht einmal ganz richtig
ist; vgl. o. S. 143 Anm. 1.
') Dieser Grund scheint mir wohl zu beachten gegenüber der damals
erhobeuen Klage, „daß die Studierenden, welche sich dem gelehrten Sehnl-
fach widmen wollten, auf einigen Universitäten fast ausschließlich nur philo-
logische Studien trieben und das Studium der Philosophie und der Inr den
Gymnasiallehrer unentbehrlichen theologischen und historischen Disziplinei
vernachlässigten** (Varrentrapp, Joh. Schulze, S. 390; vgl. o. S. 131
Anm. 2 n. S. 17).
') So ist denn auch die Zahl der Abhandlungen aus dem padagogisefa-
didaktischen Gebiete, die sich über den Durchschnitt erheben, in dea erstes
2—3 Jahrzehnten nach 1S24 verhältnismäßig gering und übte noch nicht
den Einfluß, der ihrer Bedeotung entsprochen hätte; vgl. für Preufsen vor
allem die Programme von K. E. Bonnell, F. A. Gotthold, H. A. Nieoiefer,
A. Spilieke, L. Wiese; für Bayern L. Döderlein; für Baden P. A. Nüfilis.
*) Vgl z.B. für die zwanziger Jahre: Th. Flathe, St, Afra (s. o.
VOD R.Ullrich. 139
daB TOD einem solchen Lehrerstande — im ganzen angesehen —
zunächst noch keine hervorragenden produktiven Leistungen auf
wissenschaftlichem Gebiete zu erwarten waren, wie tüchtig auch
immerhin eine kleine Auslese schon sein mochte. Wenn gleich-
wohl der damalige Leiter des preußischen höheren Schulwesens
der schon bestehenden Programmeinrichtung die festen Formen
gab, die wir oben skizziert haben, und die Abhandlungen bei den
beschränkten Finanzen des Staates sogar drucken ließ, darunter
recht viele, die wir heute als des Druckes nicht wert bezeichnen
worden, so hat er weise gehandelt. Die verschiedenen Anstalten
und ihre Lehrer lernten voneinander, die guten Abhandlungen
gewannen vorbildlichen Einfluß, und diejenigen, deren wissen-
schaftliches Ergebnis minimal war, waren doch nötzlich für den
Autor und seine Fortbildung; die Publikation war ein „Antrieb",
möglichst Tüchtiges zu leisten. Die Abfassung nach der „Reihen-
folge*' in den einzelnen Kollegien, so unwürdig sie uns heute
erscheinen mag, ist aus den damaligen Verhältnissen und Be-
dürfnissen des Standes recht wohl zu erklären. Und die Früchte
reiften, wenn auch langsam. Die weitere Entwicklung lehrt es
jedem, der nur sehen will, deutlich genug. Die Zeit vom An-
fang der fünfziger Jahre etwa bis 1875, wiederum etwa ein
Vierteljahrhundert, das, soweit Preußen, sein höheres Schulwesen
und sein höherer Lehrerstand in Betracht kommt, mit Ludwig
Wies es Namen untrennbar verknüpft ist, zeigt uns in der Pro-
grammliteratur ein wesentlich anderes Bild als die Periode von
1825 — 1850. Die Hebung des wissenschaftlichen Niveaus
unseres Standes spiegelt sich aufs deutlichste auch in den Pro-
grammen ^). Selbst wenn man, wie billig, die erheblich gewachsene
Zahl der höheren Schulen und weiter den Umstand in Betracht
zieht, daß uns für diese Zeit die außerpreußischen Programme
Deutschlands und die aus Osterreich und der Schweiz in größerem
Umfange zugänglich sind, ist doch die Fülle wertvoller Arbeiten')
ganz ersUunlich. Wir finden (vgl. S. 41-65, 681, 7iff.) die
glänzendsten Namen vertreten von solchen, die aus dem Schul-
dienst in das akademische Leben übergetreten bzw. zu Mitgliedern
von Akademien ersten Ranges berufen worden sind , ebenso wie
S< 104 Aom. 2) S. 352, K. J. Röfsler: für Grimma, t. a. 0. (s. o. S. 104
A. 3) S. 164ir., 195ff. (ao letzterer Stelle nach eioem Berichte voo Köchly,
der fnr die zwanziger aod dreiBiger Jahre — Rektorat von A. Weichert —
günstiger urteilt), fär die vierziger Jahre (Marienwerder): Aum Kindheit
und Schule. Fragmente einer Familienchronik {Deutsche RuneUchau XXXIl,
Heft 9 — Jaoi 1906 — S. 421—438), ebenfalls für die vierziger Jahre: A.
Beintze, Drei Jahre auj dem Marien$tiflsgymn. z. Stettin {1846 — 1849)
{Neue Jahrbb. f. d, Mass. Alt. X (1907), II S. 33—51). \%\. anch F.
Panlaen, Gesch. d. gel Unterr.^ II (1897) S. 389ff.
>) Vgl. auch Wies es eigne Bemerkungen über das wissenschaftliche Niveau
des damaligen LehrersUades {D. höh. Schulw. i. Pr. II (1869) S. 709 Z. 27 f.).
*) Ich nenne ans dem Gebiet der klassischen Altertamswissen-
s ehalt (im weitesten Sinne) nnr: F. Blaß, J. J. Bernonlli, E. Bormann, W.
/^ Prog^rammweseD und Proprtmmbibliotbek d. hob. SchuleB,
von ausgezeichneten Gelehrten, z. T. ersten Ranges, unter den
standigen Schulmännern selbst^). Bei einigen von ihnen fallen die
A nf ä n ge ihrer Tätigkeit schon v or 1 850. Von jenen Schulmännern
sind noch heule etliche im Schnlamt tätig und dazu his in die
jüngste Zeit unermüdlich, uns in Programmen wieder und wieder
Fruchte ihrer wissenschaftlichen und erzieherischen Tätigkeit zu
schenken*). Wichtiger fast noch und för die spätere Entwicklung
von entscheidender Bedeutung ist die Tatsache, da£ auch von
sehr gelehrten Schulmännern nun schon eine größere Zahl den
erziehlichen Aufgaben wie den didaktischen für die verschiedensten
Zweige des Unterrichts, auch der Geschichte des Schulwesens in
steigendem Maße ihr Interesse zuwendet') und dies in zahl-
reichen Programmarbeiten zum Ausdruck bringt — auch eio
Zeichen der Wieseschen Ära. Viele solcher Arbeiten sind grund-
legend geworden und z. T. noch heute von vorbildlicher Be-
deutung^). Der Gesichtspunkt des „specimen eruditionis'*, möchte
er auch gesetzlich noch bestehen, tritt in der Praxis stark zurück.
Es ist auffallend, daß alle diese mit Händen zu greifenden Tat-
sachen von den Kritikern negativer Richtung in der damaligen
Zeit, denen doch das Material viel leichter zugänglich war als es
uns heute in den meisten Lehrerbibliotheken ist, so wenig erfaßt
worden sind; noch auflallender freilich, daß selbst die Verleidiger
der Einrichtung den Redensarten von der „Makulatur*' und der
„Nilüberschwemmung'' (s. o. S. 197)') nur recht spärliche Argu-
Ditten berger, R. Foerater, K. Halm, A. Holm, A. Hag, F. Holtocb, A. KieB-
liDg, H. J. Lipsias, A. Lud wich, A. Naock, 0. Ribbeek, H. Saappe, K.
Sehen kl, J. Suhl, H. Useoer, B. Wölfflin; für tilg od eine Sprach-
wiaaeoBchaft: A. Fick; für germanische o, romanische Sprachea:
J. Bächtold, L. Hirzel, G. Körting, M. Lexer, F. Lotheißen, A. Tobler, K.
Tomaschek, W. Wackeroagel, W. Wilmanns, J. Zupitza; für GeschickU
UDd£rdkonde: S. Günther, G. Kanfmano, Alfr. Kirchholf, Th. Liadoer,
J. Loserth, H. Prntz, H. v. Zwiedineck-Südenhorst; für Philosophie: M.
Heinze, £. Lsas, W. Schoppe, Theob. Ziegler; für Theologie: J. Golt-
gchick, £. Herzog, H. J. Holsteo, P. Kleinert, P. de Lagarde, K. Siegfried,
W. Weingarten; für Mathematik: J. S. Fuchs, E. Lampe.
*) Philologen und Historiker: L. H. Ahrens, K. Bardt, W. Bere-
hardi, J. Glassen, W. Corssen, W. Deecke, B. Dombart, A. Draeger, TV
Flathe, A. Fleckeisen, R. Hercher, F. Haltoch, W. K. Kayser, Th. Kock, A.
Kuhn iMylhol.)^ J. Marquardt, 0. Meltzer, K. und H. Peter, W. Preger, R.
Röhricht, W. H. Roseber, Alex. Schmidt, H. Schreyer, A. Spengei, J. G-
Stallbanm, H. Thilo, M. Treu, A. W. Zumpt und viele andere. Von Vertreten
der exakten Wissenschaften nenne ich n. a.: H. G. Graßoaaa, 0.
Hermes, K. Schellbacb, Th. Schoenemann.
s) So z. B. K. Bardt, H. Peter, M. Treu.
') Ich nenne vor allem: J. H. Deinhardt, F. A. Eckstein, 0. Frick, 0*
Jager, F. Koldewey, G. Kramer, J. Lattmann, K. L. Roth, J. Bothfochs, G.
Schi mmelpf eng, W. Schrader.
4) Ich nenne G. Ellendt [IX la), J. Hülsmann (III 3), 0. Jiger {nSi),
P. Klaucke {FIII5S), 0. Kühler {1II13), J. Lattmann {niI12), H. Mitut
iniI14)y J. Ostendorf {1X12), J. Rothfochs (IX 11), H. Schiller (Xl60h W.
Schrader (III 11), W. Wilmanns (f^IIIßO).
^) Doch vgl. dazu auch o. S. 134 Anm. 3.
voD R. Ullrich. 141
mente entgegenzusetzen wußten, anstatt auf die erdrückende Fülle
ausgezeichneter Programmarbeiten zu verweisen. Schon damals
hatten offenbar weder die einen noch die andern den nötigen
Überblick über die wirklichen Verhältnisse, die doch allein den
Ausgangspunkt für Kritik und Reformvorschläge bilden können.
DslB unter der großen Menge von Arbeiten der damaligen
Zeit sich auch minderwertige befinden, ist niemals bezweifelt
worden; besonders mögen z. B. in den siebziger fahren, der Zeit
des Lehrermangeis, der schnellen Examina und Anstellungen,
nicht seltenExamensarbeiten als Programmabhandlungen auch in
Deutschland^) veröffentlicht worden sein, ein Verfahren, das dem
Zwecke der Einrichtung doch nicht entsprach. Auch die Nötigung zur
Abfassung in einer bestimmten Reihenfolge') innerhalb jedes
Lehrerkollegiums, die zur Zeit der specimina eruditionis ver-
ständlich war, hat unzweifelhaft dazu beigetragen, Arbeiten zum
Abdruck zu bringen, die nicht dem wissenschaftlichen oder prak-
tischen Bedürfnis entsprachen, sondern invita Minerva aus der
Not geboren waren. Ihre Zahl reicht aber nicht aus, um eine
so radikale Maßnahme, wie es die völlige Abschaffung einer seit
Jahrzehnten bestehenden Einrichtung wäre, zu rechtfertigen. Und
die Kritiker, besonders der sechziger Jahre, unter denen sich
doch (im Gegensatz zu den Streitern der letzten anderthalb Jahr-
zehnte) viele besonnene Männer von wissenschaftlichem und
praktischem Ruf befanden, wären schwerlich zum äußersten
Extrem gekommen, wenn sie ernstlich versucht hätten, sich einen
Einblick in das positiv Geleistete zu verschaffen.
Das Jahi* 1875/6 bezeichnet, wie oben (S. 146 f.) ausgeführt
ist, einen wichtigen Wendepunkt für die Abfassung der Pro-
grammabhandlungeu in Preufsen — dessen Programm verhält-
nisse wegen der großen Zahl der Schulen und der Mannigfaltig-
keit ihrer Organisation eine um so größere Bedeutung zu bean-
spruchen haben, je mehr wir uns der Gegenwart nähern. Der
Zwang der Abfassung von Programmabhandiungen in bestimmter
Reihenfolge durch die Mitglieder der einzelnen Kollegien llel
fort, wenn auch, wie ausgeführt werden konnte (o. S. 147), die
Regierung keinen Zweifel darüber ließ, daß sie in den Pro-
grammen nach wie vor einen wertvollen Teil der Schulorganisation
erblickte. Zwar hat die Tradition, wie begreiflich ist, noch eine
Zeitlang nachgewirkt, und auch nach 1876 ist zweifellos mancher,
wenn nicht mehr offiziell, so doch offiziös zur Produktion ge-
nötigt worden, weil „die Reihe an ihm war''. Doch sind diese
Fälle wohl immer seltener geworden, zum Nutzen des inneren
Wertes der Abhandlungen, der wiederum gerade in den letzten
Jahren wieder so lebhaft bestritten worden ist. Sollte hier freilich
^) Über Österreich vg^i. o. S. 214 die Bemerkao^eo voa ScbÖnbacb.
') Vgl. darüber o. S. % u. ö.
142 Pro^rammweseD and Progrtmmbibliothek d. höh. SchnlcD,
nur Meinung gegen Meinung stehen, so worden wir aus der Un-
klarheit auch in Zukunft schwerlich herauskommen. Das wäre
im Interesse der Sache zu bedauern. Ich glaube aber, dafi es
im ganzen doch möglich ist, zu einem einigermaßen sicheren
Urteil zu gelangen; gewiß zu keinem abschließenden — dazu
stehen uns viele im Fluß befindliche Dinge zeitlich noch zu nahe.
Aber wir sehen doch schon klarer, wenn wir nur die Wandlungen
beachten, die der höhere Lehrerstand seit den Lehrplänen von
1882 und in noch höherem Grade seit denen von 1892 (in Ver-
bindung mit der Schulkonferenz von 1890) und endlich denen von
1901 durchgemacht hat. Die Wertung der Programme ist —
zumal in den letzten IVs Jahrzehnten — dadurch in ganz ver-
kehrte Bahnen geraten, daß bei Fachgelehrten außerhalb der Schule
(so neuerdings besonders bei A. Hortzschansky, s. o. S. 243)
und leider auch bei vielen Schulmännern selbst, die eigentlich
einen richtigeren Maßstab hätten anlegen sollen, immer noch viel
zu sehr die Frage in den Vordergrund gestellt worden ist, was
sie für die Fachwissenschaften leisten. Die Zahl der rein
gelehrten Programme überhaupt ist immer mehr zurückgegangen
(s. 0. S» 268 f.), und dementsprechend ist z. B. auch die Zahl
der wertvollen Beiträge dieser Art, die oben unter Nr. XVII und
XVIII (1901—1907) angeführt worden sind (besonders auf dem
Gebiete der klassischen Altertumswissenschaft) geringer als die
der gleichartigen Arbeiten, die sich unter Nr. XIII — XVI (Jahre
1876 — 1900) verzeichnet finden. Nicht als wäre der Sinn für
rein wissenschaftliche Arbeit überhaupt unter den Lehrern höherer
Schulen im Schwinden begrifi'en: die zahlreichen Beiträge von
Schulmännern zu den hervorragendsten wissenschaftlichen Zeit-
schriften (ich nenne für das philologische Gebiet nur AAemisckes
Mumim, Philologus, Hermes, Neue Jahrbücker) beweisen das Gegen-
teil— von größeren Monographien, die wiederum vielfach mit
Programmarbeiten in Zusammenhang stehen, ganz zu schweigen
(vgl. 0. S. 131t mit Anm.). Und die Abhandlungen, die von
Schulmännern auch in den Organen zu finden sind, die neu er-
schlossenen Gebieten dienen(z.B. der Byzantinisehen Zeüschrip,
dem Ardiiv für Papyruskunde u. a. m.) zeigen deutlich, daß die
Lehrer höherer Schulen auch wissenschaftlich keinen Stillstand
kennen, sondern bemüht sind, selbst in reiferem Alter sich noch in
neue Aufgaben zu vertiefen. Zahlreiche gelehrte Arbeiten, besonders
kleineren Um fangs, die früher bei der geringeren Zahl der Zeil-
schriften in Programmen veröJQTentlicht wurden, sind in den letzten
Jahrzehnten immer mehr in die periodischen Organe abgewandert;
dabei ist aber die Zahl der den Schulschriften verbliebenen
Arbeiten, und zwar gediegener, tüchtiger, von ausgezeichneten
Gelehrten veröffentlichter, besonders solcher gröfseren Um-
fangs, die aus diesem Grunde in Zeitschrtften nicht unter-
kommen, doch so groß, daß für die Zeit von 1876 — 1890 wie
von R. Ullrich. 143
für die von 1891 bis zur Gegenwart^) schwer zu verstehea ist,
wie der um die bibliographische Nutzbarmachung der Programme
so hochverdiente A. Hortzschansky das Urteil aussprechen
konnte'), es wären zwar ,, immer noch recht tüchtige Arbeiten
darunter '\ zumeist lägen aber doch Arbeiten vor, die wegen
ihres minderen Wertes in Zeitschriften „nicht unterkämen''. Hier
wäre eigentlich^ und zwar ?on Standes wegen, ein Anlaß gewesen,
dagegen Einspruch zu erheben, daB die Programmproduktion der
gesamten höheren Schulen Deutschlands yon einem außerhalb
ihrer Kreise stehenden Gelehrten in der Hauptsache als minder-
wertig bezeichnet worden ist, der doch über einen erheblichen
Teil ein eignes, begründetes Urteil gar nicht haben konnte, z. B.
über alle die zahlreichen Arbeiten, die Organisation und Methode
des höheren Unterrichts wesens selbst betreffen. Daß seinem
Urteil bisher aus Schulkreisen nicht widersprochen worden ist,
läßt sich wohl nur aus dem Umstände erklären, daß das Zentral^
blatt für Bibliothekswesen den meisten Schulmännern nicht zu-
gänglich ist. Abjsr freilich, die letzteren sind selbst nicht
ganz ohne Schuld daran, daß es zu solchen Äußerungen über
einen erhebüchen Teil ihrer wissenschaftlichen und didaktischen
Arbeit überhaupt kommen konnte; denn wenn sich IL darauf
^) Ich braoche hier gar keine besonderen Namen zu nennen; alle
S. 6ö ff.y 69 — 81 Genannten (und noch viele andere, die man bei Kli^tmann
findet) dörften jedem Literatarkenaer gelSufig sein. Viele von denen, die
ihre Tätigkeit für die Programme schon vor 1876 begonnen haben, zeigen
,8ich hier auf der Höhe ihres Schaffens, das bei manchen bis in die Gegenwart
hineinreicht. Besonders genannt sei auch hier wieder (vgl. o. S. 12Üt. mit
Anm.) die große Zahl der Programmantoreo, die als Professoren an Hoch-
schalen oder ZQ Mitgliedern von Akademien ersten Ranges bernfen worden
sind. So aas dem Gebiet der Alter tu ms Wissenschaft (im weitesten Sinne):
S. Brandt, 0. Crusias, H. Diels, A. fingelbrecht, A. Flasch, J. Geffcken, E.
Hanler, H. Hitzig, 0. Immisch, A. Kaegi, K. Krnmbacher, R. Meister, F.
Ohlenschlager, H. Peter, A. Rehm, A. Roemer, W. Röscher, H. Schenkl, F.
Schobert, P. Sonnenbnrg, A. Spengel, Tb. Stangl, K. Strecker, N. Wecklein,
P. Wendland; Tor aligemeine Sprachwissenschaft: 0. Schrader, F.
Stolz, £. Wilhelm; iar germanische n. romanische Sprachen: M.
Friedwagner, L. Kellner, R. Lehmann; für Geschichte: M. DÖberi; für
Philosophie: A. Dyroff, R. Stö'lzle; fiir Theologie: W. Bornemann, K.
Fnrrer, £. Mayer, £. Preuscfaen; fdr Mathematik u. JN ator Wissen-
schaften (in knapper Auswahl, vgl. o. S. 140 A. 1): R. Andreasch, H.Sim-
roth, A. Wernieke; für Pädagogik: P. Cauer, A. Höfler, 0. Hnnziker, 0.
Jäger, W. Manch, Chr. Moff, H. Schiller. — Dabei ist besonders zu betonen,
daß nicht wenige der eben Genannten erst in den letzten Jahren berofen worden
sind. Daß übrigens von den für das letzte Jahrzehnt (etwa seit 1896, o.
S. ^7f., döfS,) genannten Autoren noch nicht alle jedem Schulmann so be-
kannt sind wie etwa die aus dem Zeitraum von 1876 — ]895 (o. S. 66 — 67,
09!,y 7iff., 73— $ö), erklärt sich sehr natürlich daraus, daß ein Teil von
ihnen erst im Anfange schriftstellerischer Tätigkeit steht und ein ab-
schließendes Urteil aber sie daher noch nicht möglich ist (vgl. über diesen
Gesichtspunkt schon oben S. 136).
>) Ztbl. f, BibUotÄeksw. XXIII (1906) S. 168.
1^4 Programmweseo aod Progrtmmbibliothek d. höh. Schalen,
berufen konnte, da£ über den „durchschnittlich geringen Wert^)
der Programmabhandlungea nahezu consensus omnium herrsche,
die über den Gegenstand geschrieben haben'S so waren diese
omnes — leider — in der Hauptsache Schulmänner selbst, die,
wie oben nachgewiesen worden ist, eine so wichtige Sache nicht
mit der nötigen Vorsicht behandelt haben und auf Grund ganz
beschränkten Materials zu völlig unzutreffenden Urteilen über den
Wert der Programme gekommen sind. Aber kannte denn H.
nicht die Arbeiten und Äußerungen von W. v. Hartel (s. o.
S. 214), Paulsen, Rethwisch, Nestle und Morsch (oben
S. 245fr.)? Sie hätten ihn, meine ich, doch nadidenklicb
stimmen und zur näheren Prüfung veranlassen sollen. Wenn
irgendwo, so galt es hier, die Stimmen nicht zu zählen, sondern
zu wägen, sich an diese wenigen, aber gründlichen Sachkenner
zu halten, anstatt Majoritäten zu folgen. Und üner das Verhältnis
insbesondere, welches im allgemeinen zwischen dem Werte der
Programme und der in Zeitschriften') veröffentlichten Arbeiten
besteht, hat sich schon Pauls en (a. a. 0. — >s. Bibliogr. Abt. 4
Nr. 126 — S. 14) auf Grund seiner doch gewiß ausgebreiteten
Literaturkenntnis so zutreffend geäußert'), daß ich darauf nicht
näher einzugehen brauche.
Was aber den Ausführungen H.s, so kurz sie sind, und den
Anschauungen auch andrer Gelehrter außerhalb wie innerhalb
der Schule^) eine typische Bedeutung gibt, ist folgendes. Die
i) lo dem Aufsätze von P. E. Richter {Bibliogr. Abt, 4^ Nr. 141),
von dem H. meiot, er habe „oach^ewieseo*', weshilb ea nicht aoders sein
köone, ist ^ar oicht der Versoch gemacht, der inaereD fiotwicklon^ des
höherea Lehrerstaodes oachzugeheo, die, wie wir saheo, auch in der Pro-
grammliteratur und ihrem Werte so natürlich zum Anadruck gekommen ist.
^) H. hatte gemeint, in Programmen würden in der Hauptsache solehe
(minderwertigen) Arbeiten veröffentlicht, die in Zeitschriften „nicht ooter-
kämen"; vgl. die Revision der Frage oben S. 19V,
') „Ihr Wert bleibt hinter dem Onrehachnittswert von
Zeitschrifteuabhandlungen nicht zurück'*. Ich glaube sogar, di6
man beinahe sagen kann, ihr Wert ist durchschnittlich hoher, besonders was
viele unserer pädagogischen Zeitschriften betrifft, in denen die RezeasiooeB
nicht selten einen so breiten Raum einnehmen, dafi für gediegene Abhand-
lungen, die auf eingehendem Studium der Literatur des Faches beruhen osd
eiuon wirklichen Forlschritt bezeichnen, kein ausreichender Platz bleibt.
Muß denn übrigens in jeder dieser Zeitschriften tunlichst jede literarische
GrscheioQDg besprochen werden, die doch nur zu häufig, wie bekannt, gar
nicht wirklichem wissenschaftlichen oder praktischen Bedürfnis eatspriogt,
soüdern nur dem Geschäftsgeist der Konkurrenzverleger? Ein Verleger
fordert einen bekannten Autor auf, über einen bestimmten Gegenstand eis
Buch, eine „erklärende" Schulausgabe (ihrer ist Legion) o. ä. zu schreiben.
Dieser lehnt ab, weil dafür schon reichlich gesorgt sei; darauf der Verleger:
„Aber bei mir nicht"!
^) £8 ist leider immer noch richtig, was kürzlich wieder W. Hnnck
bemerkt hat: ,,lNoch jetzt ist Ablehnung aller intensiveren
tlmpfäuglichkeit (so!) für die weiteren pädagogischen Probleme
weithin anzutreffen" {Eitern, Lehrer u. S Juden in d. Gegenwart, Berlin
19Ut), A. üuncker, S. 94 — ein Büchlein, dem mau wünschea mag, daß es
¥•0 R. Ullrich. ^45
Wertung der Programme geschah und geschieht, aller
äufseren und inneren Entwicklung der höheren
Schulen und ihrer Lehrer in den letzten zwei Jahr-
zehnten zum Trotz, immer noch zu einseitig vom ge-
iehrt-fach wissenschaftlichen Standpunkte. Was nehen
den Zeitschriften alier Art, den Verhandlungen auf Direktorenkonfe-
renzen, in Lehrervereinen und der mehr im stillen sich voll-
ziehenden Tätigkeit der Lehrerkonferenzen der einzelnen Schulen
gerade die P rogra m m e in pädagogischer und didaktischer Richtung,
in der Behandlung schulgeschichtlicher und schulorganisatorischer
Fragen und der vielen Probleme, die uns auf dem Gebiete
des höheren Schulwesens gestellt worden sind und täglich in
immer neuen Formen an uns herantreten, geleistet haben und
besonders seit dem Anfange der neunziger Jahre leisten, das wird
von den gelehrten Kreisen gerade auch in der Schule selbst immer
noch viel zu wenig erkannt und gewürdigt. Und doch, welche
F Olle des Stoffs, welcher Eifer, ja welche Liebe in der Behandlung,
und wie viele Perspektiven öffnen sich hier noch! Denn wir
stehen ja in bezug auf viele Dinge noch mitten in einer großen
Entwicklung, ja z. T. erst in den Anfängen. Das oben gegebene
Verzeichnis (vgl. besonders S. 88 — 122)^ das doch nur eine kleine
Auswahl der Dteratur gibt, mag vorläufig mit dazu helfen, den
Verächtern der schulgeschichtlichen, didaktischen und organisa-
torischen Programmliteratur ein Bild der tatsächlichen Bewegungen,
Ziele und Bestrebungen im Kreise der höheren Schule zu geben
— soweit sie nur sehen wollen und nicht hartnäckig an dem
Vorurteil festhalten, das alles wäre minderwertig gegenüber den
Leistungen auf gelehrtem Fachgebiete.
Es fehlt hier der Raum, die ganze Fülle des Stoffes zu ab-
gerundeten Bildern zu gestalten. Hervorheben aber möchte ich
doch folgendes. Die Erörterung methodischer und orga-
nisatorischer Fragen in den Programmen ist durch die Lehr-
pläne von 1892 und 1901, besonders in Preui'sen, außerordentlich
belebt worden. Zahlreiche Anstallen haben ihre Speziallehr-
pläne, im ganzen wie für einzelne Fächer, herausgegeben, die
aus eingehenden Beratungen der Lehrerkollegien hervorgegangen
wirklich nicht bloß voo Lehrero, soodero auch von Eitern eifrigst gelesen
werde); vgl. 0. S. i4, Anm. 1. Andrerseits geht Manch zn weit, wenn er
(a. a. 0.) meint: „Es gibt noch jetzt Gymnasien, an denen niemals ein päda-
gogisches Werk in die Lehrerbibliothek eingestellt und neben den zahl-
reichen faehwissenschaftlichen keine pädagogische Zeitschrift gehalten wird".
Das trifft heute doch nicht mehr zu, wie schon ein Blick in die Jahres-
berichte der Anstalten lehrt. Manche Anstalten sind sogar mit pädagogi-
schen Zeitschriften so gesegnet, daß man ihnen (besonders vielen iu kleineren
Städten) nar wänachen kann, sie möchten auch dafür sorgen, daß wenigstens
einige der bedeotenderen faehwissenschaftlichen Organe den Lehrern die
Kenntnis der neueren wissenschaftlichen Probleme vermitteln. Genaoere
nachweise sollen demnächst erfolgen; s. o. S. 86 Anm. 1 Z. 10.
r. f. d. G jmnsaialwoaaa. LZL Snpplomenthoffe. iQ
liß Pro^ramnwesea und Progr^mubibHothek d. höh. Schale«,
sind und entsprechend der großen Freiheit, die uns von der Be-
hörde jetzt gelassen wird, trotz des gleichen Rahmens doch recht
verschiedene Zöge aufweisen; die seit 1890 in FJuß gekommene
Frage der Lehrerausbildung ist mehrfach erörtert worden,
die Vereinfachung des griechischen Elementarunterrichts, der
Anfang des Lateinunterrichts an Reformanstalten, die Methode
des englischen und französischen Unterrichts ist wiederholt
Gegenstand eingehender Behandlung gewesen, Kanones für
Lektüre sind aufgestellt worden, die Verwertung der Kunst im
Unterricht, im klassischen wie im deutschen, auch die Benutzung
der Museen für diese Zwecke hat viele ihrer Freunde be-
schäftigt. Die neuen Entdeckungen im Orient, die wissenschaft-
lichen Ergebnisse der vergleichenden Rel ig ions geschiebte, der
kritischen Forschung auf dem Gebiete des Alten und Neuen
Testaments sind nicht nur zusammenfassend behandelt worden,
sondern man hat auch Möglichkeit und Maß ihrer Verwertung,
z. fi. im Religionsunterricht, in Betracht gezogen. Die Frage
der Einfuhrung der Schüler in wirtschaftliche Fragen ist mehrfach
beantwortet worden; die physikalischen Schulerubungen,
die Frage des biologischen Unterrichts, der Schulgarten,
die Bedeutung der Heimatkunde (im weitesten Sinne) in der
Schule haben auf die Programme befruchtend eingewirkt, die
philosophische Propädeutik reizt noch immer ihre Ver-
teidiger zu Darstellungen über die zweckmäßigste Form ihrer Be-
handlung. Der Zeichenunterricht hat sich neue Wege ge-
sucht, und seinen Vertretern verdanken wir mehrere, auch für
Laien überaus anziehende Darstellungen in Programmform, der
H an dfertigkeits unter rieht ist nicht zurückgeblieben;Schäler-
wanderungen und -Reisen, für Zwecke verschiedener Unter-
richtsfächer, zur Gewinnung von Kunstanscbauungen, zur Pflege
der Körperkräfte und Stärkung des Kameradschaftsgefühls, sind
unternommen und in Programmen beschrieben worden; Rudern
und Sport jeglicher Art, auch die Photographie, haben be-
geisterte Darsteller gefunden. Der wichtigen Frage, wie die
Schülerbibliotheken zu organisieren seien, um ihrem Zwecke
immer mehr gerecht zu werden, ist man mehrfach näher getreten;
das Erscheinen zahlreicher Kataloge, besonders von Lehrer-
bibliotheken, beweist das löbliche Bestreben, diese Sammlungen
nutzbarer zu machen, als sie es früher waren. Neue Einrich-
tungen und Versuche im Scliulleben hat man sich bemüht
Freunden wie Skeptikern naher zu bringen, so die Eltern-
abende, den internationalen Schülerbriefwechsel, vor allem
neuerdings die „freiere Gestaltung des Unterrichts auf
der Oberstufe'', von der so vieles erwartet wird. Und, was
das wichtigste ist, es handelt sich fast in allen diesen Dingen
nicht um theoretische Erörterungen, sondern um solche, die an
praktische Versuche anknüpfen, deren weitere Vervollkommnung
yoii R.Ullrieh. W
durch GedankeDaustauBch mit den Kollegen angestrebt wird. Daß
Erörterungen über das Reformschul- und das Realschul-
wesen einen breiten Raum einnehmen, ist selbstverständlich,
ebenso daB das Gymnasium der alten Form den Wert seiner
Bildungsmittel auch für die Gegenwart immer aufs neue zu be-
gründen trachtet. Daß man bei alledem sich nicht mit der Dar-
stellung preufsischer und deutscher Verhältnisse begnügt,
sondern das ausländische Unterrichts wesen, für sich allein
und im Vergleich zum inländischen, in den Kireis der Betrachtung
gezogen hat, ist bei den immer engeren Beziehungen, in die
Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung der europäischen und außer-
europäischen Staaten zu einander treten, kaum auffallend. Was
den hierher gehörigen Programmen noch besonderen Wert ver-
leiht, ist der Umstand, daß ihre Verfasser zum großen Teile aus
eigner Anschauung heraus schreiben. Ich gedenke weiter der
Sammlungen von Aufgaben für die verschiedensten Unter-
richtsfächer (besonders Deutsch und Mathematik), denen viel
hingebende Arbeit gewidmet worden ist, der Lehrbücher, die
man kritischer Prüfung im Zusammenhange unterzogen hat. Viela
unserer Direktoren, deren Namen in aller Munde sind, haben ihre
Schulreden veröffentlicht, voll von eindringlicher Mahnung an
das junge Geschlecht, gedankenreich und nicht selten von abge-
rundeter künstlerischer Form, anziehend und vorbildlich zugleich.
Die Dutzende von Programmen über Schulbau im ganzen wie
im einzelnen, so besonders über die Einrichtung der Räume für
den naturwissenschaftlichen und den Zeichenunter-
richt, geben mit ihren nicht selten künstlerisch vollendeten Bei-
gaben ein anschauliches Bild davon, wie unendlich viel besser
unsre Schüler es heute haben als ihre Väter und Großväter, in
ästhetischer Beziehung wie in hygienischer, und wie Staat
und Städte, ganz besonders in Preufsen, wetteifern — manchmal
sogar über das Bedürfnis hinaus — dem jungen Geschlechte Erzie-
hung und Unterricht auch in schönen, gesunden Räumen zu geben.
Welch ein Gegensatz gerade hier zwischen einst und jetzt! Man
sieht, es gibt kaum eine das heutige Schulieben be-
treffende Frage von Bedeutung, die nicht in den Pro-
grammen ihre Behandlung z.T. wiederholt und von
den verschiedensten Standpunkten aus gefunden
hätte.
Dazu kommt die geschichtliche Seite des höheren Unter-
richtswesens; ihre Belebung, für die insbesondere den Bestre-
bungen der Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und
Schulgeschichte und ihren Organen so viel verdankt wird,
hat auch auf die Programme befruchtend eingewirkt, am meisten
in den beiden letzten Jahrzehnten. Auch hier ist die Fülle, auch
die Mannigfaltigkeit der Programmarbeiten, wiederum gerade der
beiden letzten Jahrzehnte, ganz erstaunlich. Geschichten
10*
*148 Programmwesen oifd Pro^rmmbibliothek d. hSb. Sehnleo,
*
einzelner Schulen, im ganzen und für bestimmte Zeiträume,
sind 80 zahlreich, daß nur noch wenige ältere Schulen ohne eine
Darstellung ihrer Entwicklung oder wenigstens einen Versuch zu
einer solchen geblieben sind. Dazu kommen Geschichten (oder
Vorarbeiten zu solchen) des höheren Schulwesens kleinerer
Staaten oder von Teilen gröfserer, weiterhin Versuche fiber
die Entwicklung bestimmter Schularten, wie der Real-
schulen, im ganzen wie in einzelnen Staaten oder größeren
Städten. Zur Geschichte einzelner Unterrichtsgegen-
stände (es fehlt kaum einer) liegen in den Programmen wichtige
Beiträge vor, Lehr plane und Prüfungsordnungen sind io
ihrer Entwicklung gewürdigt worden; verschiedene EinrichtuDgen
nicht weniger Schulen, ihre Bibliotheken und Archive,
ihre Stiftungen haben Bearbeiter gefunden, Verzeichnisse
von Lehrern, Abiturienten, Schulern älterer Anstalten
sind erschienen, z. T. mit reichen biograjjhischen und biblio-
graphischen, mit Bienenfleiß zusammengetragenen Materialien
ausgestattet, weiterhin Biographien zahlreicher Schnl-
männer, die in kleinerem Kreise Bedeutendes geleistet oder
auch tiefer gehenden Einfluß auf die Gestaltung des Schulwesens
oder seiner einzelnen Zweige gewonnen haben — wichtige Vor-
arbeiten für spätere umfassendere Darstellungen. Das Real-
Schulwesen, im ganzen und für kleinere Komplexe, hat man
geschichtlich behandelt; auch das ausländische Schulwesen
sehen wir nach der geschichtlichen Seite wiederum gewürdigt.
Bibliographische Zusammenstellungen der Programme
vieler Anstalten geben einen Einblick in einen Teil der schrift-
stellerischen Arbeit ihrer Lehrer, sind auch nicht ohne Interesse
für die herrschenden Richtungen an den Schulen zu gewissen
Perioden. Mitteilungen von Schülerarbeiten — besonders
wertvolle Gaben — lassen erkennen, nicht was vorgeschrieben
gewesen, sondern was wirklich geleistet worden ist.
Es gehört in der Tat ebensoviel Hut wie umfassende Sach-
kenntnis dazu, wenn z. B. A. Hortzschansky (a. a. 0. S. 168)
diese ganze Literatur in der flauptsache als minderwertig be-
zeichnet und sie von dem „Jahrbuche^") (dem er im übrigen
selbst mit Recht skeptisch gegenübersteht) als ungeeignet ausge-
schlossen sehen will, dem nur die (wiederum minderwertigen)*)
fachwissenschaftlicben Beiträge verbleiben würden. Hier erkennt
man recht deutlich, wie von gelehrter Seite die Arheit an der
Schule und für die Schule angesehen wird. Die fachwissenschaft-
lichen Arbeiten sind sozusagen hofl'ähig, die andern aber, die
doch Leben und Streben der höheren Schule am deutlichsten
zum Ausdruck bringen, sollen vor der Tür bleiben! Die Vor-
1) Vgl. diräber o. S. 25^28.
*) Dies Urteif ist obeo einer Revision unterzogen worden; s. S. X^^f.
voo R. Uilriek. i49
Stellung von dem „unehrlichen Gewerbe** des Schulmeisters
scheint unausrottbar. Fach wissenschaftliche Arbeit, sei das Er-^
gebnis noch so gering und die Wirkung auf einen kleinen
Kreis beschränkt, gilt sogar in unseren Kreisen bei. vielen von
denen, die sie leisten, noch immer für vornehmer als die auch in
literarischer Produktion zum Ausdruck kommende Tätigkeit an
der Schule und für die Schule, die doch Kenntnis, Kritik, |
Methode erfordert gleichwie jene. Die Technik hat sich die
Gleichberechtigung neben der Wissenschaft (z. T. auch neben der
Verwaltung) erst mQhsam erringen müssen und wird immer noch
trotz ihrer hohen Entwicklung nur zu gern beiseite geschoben,
wo es auf Einfluß und starke Wirkung ankommt. So auch hier.
Die Ausbildung des höheren Lehrerstandes hat doch in den
letzten Jahrzehnten unbestreitbar gewaltige Fortschritte gemacht,
im ganzen wie in allen ^) einzelnen Fächern. Aber so hoch die
„Kunsr* . gestiegen ist, so groß die Fortschritte sind, welche
iu der besseren Ausgestaltung der Unterrichtsmittel, der Räume,
der Organisation, kurz aller der Dinge erzielt sind, deren Be-
deutung für einen gedeihlichen Unterricht selbst immer mehr er-
kannt wird, die Tatsache bleibt bestehen, daß unter und außer
uns recht viele das alles doch als sehr unerheblich ansehen").
^) So mioderwertiger malhematisGher oder . Dutnrwisgeoschaft»
lieber Unterricht, wie er noch vor 20 oder 30 Jähren erteilt wurde (der
entweder sieh onr an wenige Begabte wandte oder mit ganz anzurefehendev
Mitteln arbeitete), ist doch beute nicht mehr möglich, vom geographischen
ganz za schweigen; und was der Religionsunterricht, besonders in
anteren und mittleren Klassen, damals bot oder vielmehr nicht bot, wissen
die meisten derer, die ihn genossen haben, wohl noch geoao.
*) Man vergleiche z B. such das Verhältnis, in dem die Mittel zd
einander stehen, die von Staaten, Akademien, Stiftungen usw an solche|
Schnlmänner gegeben werden, die einen Kodex, der schon zwolfmal ver-
glichen ist, zum dreizehnten Male vergleichen wollen (um, wie Datürlicb,
oft nur recht unwesentliche Ergebnisse heimzubringen), oder die z. B. für
Detailarbeit auf aaturwissenschaftli.ehem Gebiete aufgewendet werden, und'
die man andrerseits gewährt, um Schulmäonern in größerem Umfange
den Besuch und das Studium von Schulen des In* und Auslandes zu er-
mSglicheO; wo sie Methoden, Verschiedenheit der Organisation, bedeutende
Lehrerpersönlichkeiten und so manches andere kennen lernen, das sie über
die Enge der Anschsuong' heraushebt, ihren Blick erweitert, sie vor allem
dauernd frisch erhält, so daß dem jungen Geschlechte der beste Dienst ge-
leistet wird, den man ihm nur wünschen kann! Ich hoffe, daß man mich nicht
mißversteht, etwa als wollte ich die wissenschaftliche Ausbildung des Schul-
mannes gegenüber der praktischen herabsetzen Nichts liegt mir ferner.
Ich hal>e ja auch mehrfach betönt, daß und warum ich den rein fachwissen-
schaftlichen Arbeiten gerade in den Programmen ihren Platz auch in Zu-
kunft in gewissem Umfange gewahrt sehen will. Nur das muß man
wünschen, daß auch der praktischen Tätigkeit der Lehrer allmählich eine
breitere Grundlage gegeben werde dadurch, daß es ihnen mehr als bisher
ermÖgUclit wird, aus eigener Anschauung andere Schul Verhältnisse kennen
zu lernen, zu sehen, zu hören, sich auszusprechen. Buchstndium allein tut's
hier nicht, auch der Meinungsaustausch über pädagogische, methodische,
organisatorische Fragen, der in Vereinen und auf Versammlangen geboten
/^ PrograiiBwesen «nä Programmbibliothek d. hSh. Scbnlei ,
Man mufi sich das vergegenwärtigen, um lu verstehen, daß auch
die literarische Produktion der Lehrer, die sich auf Erziehung,
Unterricht und organisatorische Fragen der Schule bezieht und
auch in Tausenden von Programmen der letzten Jahrzehnte (Tgl.
besonders o. S. 730.) niedergelegt worden ist, sich das Borger-
recht immer noch erwerben muß. Und doch ist klar, daß nicht
bloß die rein fachwissenschattlichen Programme und Abhand-
lungen, Yon denen es eigentlich (lanz selbstferstSndlich ist (doch ygl.
noch die besonderen, oben S. 127 j 1300. gelieferten Nachweise), an
ihrem Teile Einfluß auf die verschiedenen Fachwissenschaften ge-
wonnen haben. Auch alle auf das Schulwesen, seine Ge-
schichte, seine Organisation und seinen Betrieb bezöglichen
Arbeiten, die auf Quellenstudium oder umfassender Anschauung
und ausgebreiteter Erfahrung beruhen, haben den größeren ein-
schlägigen Werken wertvolle Bausteine zugefQhrt und werden sie
ihnen auch in Zukunft zufuhren, je mehr — besonders bei neoen
Problemen — die Fragesteilung präziser, die Behandlung metho-
discher gestaltet wird und somit die Resultate an wissenschaft-
licher Bedeutung gewinnen. An größeren, das Schulwesen in
seiner Gesamtheit und in seinen einzelnen Teilen in geschicht-
lichem Verlaufe^) wie nach der Seite der Organisation behan-
delnden Werken aus neuester Zeit ist bekanntlich nicht gerade
Überfluß (vgl. o. S. 16)^ zumeist aus dem Grunde, weil die Locken
der Einzelforscbung noch zu groß sind. Hier haben gerade die
wird nod violo oiitxlicho Anregnogea gibt, kann doch die aDscbaaliebe, ii
ADderoD Schulea selbst gewoD&eoe KeoatDis Dicht ersetzen. NatSrlicb weiS
ich, was zar VervollkoDnaaog der AosbildoDg oeusprachlicher «ad
aatorwisseoschaftlicher Lehrer voo Staaten and tach von Stidtet
beigetragen wird — wiewohl das nicht so sehr in der hier von mir betoatei
Richtung geschieht Aber wu bleiben die Altsprachler (vom arehiolo-
gischen Reisestipendium und den Perienfortbildnngskursen sehe ich hier
natürlich ab), wo die Geschichts-, Geographie-, Mathematik- ond
Religionslehrer? Hier sind für Staaten und Gemeinden noch die
achSnsten Anfgsben zn lösen! Ich denke dabei nicht blofi an die heute im
Vordergründe des Interesses stehenden Reformschnlen, deren Binrichtangea
ja nicht blofi von Mitgliedern der Behörden und Schul karatorien und von
Direktoren — zumal wenn es sich om Neuorganisationen älterer Schulea
handelt — undjhier und da such von Lehrern anderer Anstalten studiert werdet
sind. Auch die alteren Anstalten weisen eine solche Menge von ans-
gezeichneten Lehrern auf, die wir meist nur tos ihrer literarischen Tatig-
iieit kennen, und auch die Neobsuleo von Anstalten alten Stils bieten des
Ijiteressanten und Lehrreichen so viel, daß ihr Besuch zur Zeit vollen
Unterrichtsbetriebes noch mehr als bisher solchen Lehrern ermöglicht werden
sollte, die ein über den Durchschnitt hinausgehendes Mafi von Wissen und
Können und das lebhafte Bestreben nach Erweiterung ihrer Ansehauanges
an den Tag gelegt haben.
') Zu S. 8 Anm. 3 kann jetzt des zur Zeit des Dracks des betr. Bogens
noch nicht erschienene Werk nachgetragen werden: I 1: GtMckiMe des
dBuUthm Unterriehts (A. Matthias), 1»U7, geb. 10 JC ; vgl. dazu die Be-
merknogen von A. Heu bäum, MiU, d. Gei. f, deutsche &%,- u, Scktdgmch.
XVII (1»07) S. 241—246.
von R. UUriek. i$l
vielen Programm-MonographieD in den letzten beiden Jahrzehnten
schätzbare Beiträge geliefert. Man kann nur wünschen, daß das
auch weiter geschehe.
Die Gegner des Programmwesens, insbesondere diejenigen,
die über den Wert der fachwissenschaftlichen und noch mehr
der auf das Schulwesen bezüglichen Abbandlungen so überaus
ungünstig geurteilt haben — wenngleich, wie wir sahen, durch-
aus mit Unrecht — werden meinen, ich sei auf dem besten
Wege, in das andere Extrem zu fallen. Daß es „auch" minder-
wertige Programme gibt, ist selbstverständlich nicht zu
leugnen, auch von überzeugten Freunden der Einrichtung (s. o.
S. 144 A. 3) niemals in Abrede gestellt worden; es konnte aber
schon gezeigt werden, welche Umstände geeignet waren, den durch-
schnitt liehen Wert der Programme allmählich zu heben. Daß
ferner besondtf'rs in den auf methodische, schon oft behandelte
Fragen bezüglichen Programmen sich manches Oberflüssige,
ohne ausreichende Lileraturkenntnis und praktische Erfahrung
Veröffentlichte und darum in der Tat Minderwertige befindet, ist
ebenfalls schon angedeutet worden (o. S. 7). Auf gewisse Mängel
in der Behandlung schulgeschicbtl icher Fragen in den Pro-
grammen haben andere, sehr sachverständige Beurteiler hin-
gewiesen^). Die Beschreibungen neuer Schulgebäude und
ihrer Teile, insbesondere der Räume für naturwissenschaftlichen
Unterricht, der Zeichensäle, der Turnhallen^) uam. (die übrigens
in Zukunft nicht von den Bauleitern, wie heute nicht selten ge-
schieht, sondern ausschließlich von einem Mitgliede des Lehrer-
kollegiums verfaßt werden sollten)') könnten dadurch an Wert
>) Mao Tf^l. 0. S. 14 Anm. 3; i. oeaerdings noch A. Heabanm io der
MS. / höh. Seh. VI (1907) S. 872 ff.
') Dail die Besehreibaog der Bibliotheksraome, die aoch Abbil-
dnnifeo vertragen, io Zukonft baofiger atattfiodeo möge, sei auch hier bio-
zogefogt (ygh o. S. 12 Aom. 1). Aoeh gegeo die Bibliothekskataioge,
die !d den letzteo Jahren besoodera sahlreieh veröffentlicht worden sind,
läßt sieh maochea eioweodeo, vgl. o. S. $ö Aom. 1.
') Dafi die betr. Baameister in tecbni scher Hinaicht die Berufensten
sind, ist selbstverständlich. Aber darauf kommt es bier nicht io erster
Linie an, sondern anf das, was in Röcksicht auf die Zwecke der Schale in
Gestaltnng und Ansstattong der Räume, besonders io hygienischer Be-
ziehung, am bemerkenswertesten ist. Auch das, ästhetische M»ment ist
gebührend hervorzuheben. Das sind aber Dinge die eio Schulmaoo dorch-
aos zu leisteo imstaode ist, weoo er sich nur eioigermaßeo mit deo hier zu
losenden Aufgaben vertraut gemacht hat. Daß das in vielen Fällen ge-
schieht, beweisen aodrerseita schon jetzt die zahlreichen von ScholmHonern
selbst (ev. unter Beirat der Bauleituog) verfaßteo Beschreibungen dieser
Art. Aueh der Stilbehandlung wissen manche durchaus gerecht zu werden.
Warum auch nicht? Zahlreiche Lehrer haben zu wiederholten Malen durch
Reisen im In- und Auslande, durch Besichtigung und Studium bedeutender
Ronstdenkmiler ihr Stilgernhl l^ebildet, haben „sehen^' gelernt. Nicht wenige
führen weiterhin im klassischen Unterricht, im Deutschen, in der Geschichte,
in der Hirehengesehiehte, der Erdkoode bei sieb bietender Gf legisnheit ihren
152 Profraiimw«s«B und Progranmbibliothdk d. höh. Schal« b,
•
erheblich gewioneD, wenn mehr als bisher der ÜDterschieil fon
alt und neu, also der erzielte Fortschritt, der Zusammenhang
der gerade vorliegenden Baubeschreibung mit anderen gleichartigen
Arbeiten betont würde ^). Auch ist es weder notwendig noch
Seh*dI«ro läogit mit Erfolg bedtntendo Arehitekiardenkmülor in gutea
AbbiidaDfea vor, könoeo ihnea io sttostiferoo Fälleo nicht selten aaeh die
Originale selbst seigeQ und nach ihren charakteristischen Merkmalen er-
IMntern (vgl. o. S. 282 ff.). Man darf ihnen wohl xntrsnen, dafi sie der Be-
schreibnng nener Schnibaaten gewachsen sind, soweit die oben be-
xeichneteo Zwecke in Betracht kommen. Der Baumeister bleibt im Schal-
Programm ohne Zweifel doch ein fremdes Clement. Seine Beschreibaagea
gehören in die Banz eitangen und führeo von hier aas wieder den groflerea
Werken über Architektar, wie z. B. dem oben S. 13 genannten, wertvolles
Material zn, das in seiner Gesamtheit dann auch die Scbalroünner aaf sich
wirken lassen mögen. Nicht unerwähnt lassea will ich bei dieser Gelegen-
heit, dafi bei Sehulneubaaten das Zusammenwirken der Bau- nad
Schulleitung (bezw. der in Betracht kommenden Fachlehrer) noch
einiger Entwicklung fähig scheint; nicht selten wird (und wohl mit Recht)
darüber geklagt, dafi die erstere im Gefühle der fachmännischen Sicher-
heit nicht sehr geneigt sei, wohlbegründeten Anregungen der beteiligten
Schalmänner Folge zu gebea. Die letzteren wie ihre Schüler haben daas
an den nachteiligen Folgen maachmal recht übel zu tragen; denn aber
Mängel der inoeren Einrichtung von SchulrSumen, die bei Vorhandenseio
jener erwünschten Einmütigkeit zwischen den beteiligten Instanzen oft leicht
vermieden werden können, helfen die glänzendsten Fassaden nicht hinweg,
die, wie mir scheint, oft über Gebühr ausgestaltet werden. In wie vorbild-
licher Weise dagegen wiederum hier und da verfahren worden ist (ond in
Zükuoft in solchen Fällen immer verfahren werden sollte), möge man z. B.
in den Jahresberichten von Stuttgart, EberiL Ludw.-G. 1^4 S. 2 oad
Stettin, Stadt-G, 1905 S. 3 nachlesen.
*) In dem von manchen Seiten geplanten „Jahrbuche** (vgL jedoch
die Kritik oben S. 26-^28) hätten natürlich alle diese Beschreibangen aiit
demselben Rechte Platz zu finden, wie nur irgend eine faehwisscoschsft-
liche, pädagogische, didaktische oder organisatorische Fragen bebaadelade
Programmarbeit Es wäre schlechterdings kein Grund einzusehen, sie aat«
znschliefien, wie z. B. A. Hortzscbansky Tur gut findet Denn sie siad
genau so ein wesentliches Stück der Gestalt des höheren Schulweseas in
bestimmten Zeiten und Ländern wie jene anderen Arbeiten und ergäaxen
sie aufs glücklichste. Sie zeigen, wie Staaten und Städte die Notwendig-
keit der Herstellung hoher, gesunder, luftiger Räume immer mehr er-
kennen, sie beweisen ferner den Eltern, in deren Hände auch alle diese Be-
schreibangen, jede an ihrem Orte, kommen müssen (vgl. o. S. 275 f.), recht
eindrioglich, welche gewaltigen Fortschritte auf diesem Gebiete jedes Jsbr
gemacht werden im Gegensatze zu der Zeit, in der sie selber in anderen
Räumen auf der Schulbank safien ; sie geben Schulleitern und -Lehrern, die
nar immer die günstige Gelegeuheit benutzen, unerachöpfiichea Material,
das sie mit Nutzen verwerten können, wenn sie selber am Neubau itt
eigenen Schale irgendwie mitzuraten haben (vgl. die obige Anm., Ende).
Medizinische Zeitschriften wissenschaftlichster Richtung bieten
neben den fachwissenschaftlichen Aufsätzeu Baubeschreibungen ves
KrankCDhäusern, Kliniken u. s. f., mit Plänen und Grundrisses,
natarwisseoschaftliche ebensolche ihrer Institute für Physik,
Chemie u.s.f.; das Zentralblatt für Bibliothekswesen ioshe-
sondere, an dessen Redaktion einer unserer neusten Programmkritiker
wesentlichen Anteil hat, bringt fast in jedem Bande die Beschreibaog einer
•tfueo Bibliothek, fast in jedem Hefte organisatorische Vor-
TOB R. Ulirieb. J^Q
auch Dor zweckmäBiK, daß diejenigen, die zum ersten Male ein
paar Ferien wo chen im Auslande zugebracht haben, nun
gleich ihre Erlebnisse in Programmform mitteilen. Die Literatur-
benutzung steht in den Programmen nicht überall auf der
Höhe, literarische Nachweise, die den mit der Sache noch
nicht verti*auten Leser tiefer in sie einführen können, sind oft
unzureichend; gewisse Äußerlichkeiten — die übrigens keines-
wegs nur solche sind — wie genaue Inhaltsübersichten,
Indices und dgl. m. könnten die wissenschaftliche Ausnutzung
mancher Programme noch mehr erleichtern. Das alles kann gern
zugegeben und der Wunsch und die Hoffnung ausgesprochen
werden, die Programme möchten auch in diesen Beziehungen
einen immer höheren Grad der Vollkommenheit dadurch erreichen,
daß die Grundsätze wissenschaftlicher Forschungsarbeit auch in
ihnen immer mehr zur Anwendung gelangen. Wer aber das
reiche oben (besonders S. 88 — 122) gegebene Material und noch
▼iele andere Abhandlungen etwa aus den letzten 17 Jahren durch-
mustert, ohne Vorurteil, nicht vom einseitigen Standpunkte des
Spezialforschers, wohl aber unter voller Kenntnis und Würdigung
der tiefgreifenden Änderungen, die sich in der Gestaltung des
höheren Schulwesens und der Arbeit der an seinem Ausbau tätig
teilnehmenden Lehrer in dieser Zeit vollzogen haben und z. T.
noch vollziehen, wird doch wohl den Eindruck gewinnen müssen
— d. h. wenn er die Abhandlungen nicht bloß registriert und
geordnet, sondern auch, wenigstens bestimmte typische Erschei-
nungen in angemessener Auswahl, gelesen, studiert, exzerpiert,
verglichen hat: hier ist fiberall Leben, Bewegung, Fort-
schritt erkennbar, zahlreiche tüchtige Kräfte sind an
der Arbeit, das höhere Schulwesen in allen seinen
Teilen immer vollkommener zu gestalten. Bei solcher
Lage der Dinge von einer „absterbenden Literatur"^) zu reden,
heißt denn doch wesentliche Punkte der Schulentwicklung in den
letzten beiden Jahrzehnten vollkommen verkennen.
Daß neben den Beiträgen, die in wissenschaftlichen Fach-
organen und Schulzeitschrifren für den Ausbau des höheren
Schulwesens geleistet worden sind, gerade die Programme
in so umfassender Weise besonders in den letzten anderthalb
Jahrzehnten daran beteiligt waren, muß ganz abgesehen da-
schlüge der verflehiedeoetea] Art ' for die feriere AaagesUltaog des
Bibliotheksweseos o. s. f. Das alles ist ebeaso berechtigt wie
■al'drlich; Wisseoscheft, Techaik ood OrgaaiaatioD siod aufeiomader söge-
wiescD aad nasseo sich gegeoseitig ergaozeo. Noch niemaad hat geroodeo,
daA der „wissenschaftliche'' Charakter der betr. Zeitschriften daranter litte,
dafl jene ergänzenden Arbeiten einen ständigen Plats in ihnen einnehmen,
und das sollte in einem „Jahrbaehe der höheren Schulen '' oder,
da es ZQ einem solchen, wenigstens als Ersatz der Programme, hoffentlich
io absehbarer Zeit nicht kommen wird, in dar Gesamtheit der einzeln er-
scheinenden Jahres Programme anders sein? Jedem das Seine!
1) Hortzsehansky a. t. 0. S. 167 f.
/^ Programmw«g«B nad Prof rtiambibliothek d. k8h« Sekvlen,
von, daB es an sich verdienstlich ist, noch aus anderen, mehr
praktischen, aber sehr wirksamen Gründen als wertvoll be-
zeichnet werden. Von dem, was in Zeitschriften und anderen
periodischen Erscheinungen auf allen genannten Gebieten geleistet
wird, kommt bei der groBen Zersplitterung des Gebiets, bei
der Unmöglichkeit für die meisten Schulbibiiolheken (wie für viele
kleinere Behörden), auch nur einen erheblichen Teil davon anzu-
schaffen und zugänglich zu machen, nur ein Bruchteil dem
Lehrerstande in seiner Gesamtheit jemals zu Gesichte (vgl. schon
oben S. 21) — von der Minderwertigkeit der vielen Splitter und
Splitterchen, die hier mitunterlaufen, um den Raum zu fSllen,
einmal ganz abgesehen. In der Program mliteratur über alle
wichtigen, die Zeit bewegenden Fragen des höheren Schulwesens
dagegen findet die Mannigfaltigkeit der Bestrebungen einen weit
stärkeren, fruchtbareren Sammelpunkt; und das Geleistete geht
durch den Tausch verkehr allen beteiligten Behörden, Bibliotheken
und Schulen zu und kann nicht bluB, sondern soll so — bei
zweckmäßiger Organisation der Programmbibliothek — allen Lehrern
bekannt werden und immer aufs neue dazu beitragen, ihr fnter-
esse an allem, was die Schule im ganzen angeht, erfreulich zu
beleben. Ferner ist zu bedenken, daß ein sehr erheblicher Teil
der Programmliteratur (in Preußen jetzt weit über die Hälfte —
s. 0. S. 269f.) sich mit Fragen beschäftigt^), die auch dem am
Leben der Schule einigen Anteil nehmenden Publikum wohl Inter-
esse abgewinnen können, und daß die in den letzten beiden Jahr-
zehnten über solche Fragen geschriebenen Programme zum groBen
Teile wertvolle, gediegene, auf gründlicher Arbeit beruhende
Leistungen sind — gerade recht geeignet (unter Voraussetzung
der oben S. 275f. geforderten Verteilung derartiger Programm -
abhandlungen an alle Schuler bezw. deren Eltern), das Pubfikum,
dessen Meinungen über die Schule durch einen Teil der Presse
und agitatorische ültrareformer immer mehr verwirrt werden,
sachgemäß aufzuklären. Auch sind die Schulmänner in nicht
wenigen gerade solcher Abhandlungen, die „den weiteren Kreis
der Gebildeten'* zu interessieren vermögen, aus der früher auch
in Universitätskreisen beliebten Abgeschlossenheit herausgetreten.
Indem sie Probleme behandelten, die im Zusammenhang mit der ge-
samten geistigen Kultur stehen, an der unsrer höheren Schule ein
so wesentlicher Anteil zukommt, haben sie ihre Geneigtheit und
Fähigkeit bewiesen, im Zeitalter der „Grenzgebiete*' (das so viele
periodische Organe unter diesem Zeichen geschaffen hat) aus dem
engen Kreis der Schule herauszutreten und mit den Arbeiten der
anderen Fakultäten mehr und mehr Fühlung zu gewinnen, auf
dem Felde der Religionswissenschaft, der Hygiene, der Sozial-
0 Anders alt oooh io den liebziger Jahren ood friiber; vgl. o. S. 365 f.
und besonders S. 268.
poIitik, der Technik und auf anderen Wissens- und Lebendgebieten.
Und das ist kein kleiner Gewinn für die wissenschaftlich gebil-
deten Mitglieder von Anstalten, deren stolze Inschrift synm scholae,
sed vitae discitnus'' nun den Charakter der toten Formel verliert,
kein kleiner auch für das Elternpublikum, das immer mehr zu
der Einsticht kommen muß, daß die Jugend nicht in eine Welt
eingeführt wird, der das Leben und die Probleme des Tages
fremd sind, sondern daß sie von Lehrern unterrichtet wird, die
mitten im Leben stehen und ihren Schülern, soweit es deren Ver-
ständnis und der Rahmen des Lehrplans gestattet, nichts Wesent-
liches von dem vorenthalten, was Denker und Männer der Tat heute
beschäftigt. Daß der eine Grund, der die Programme jins Leben
rief, nämlich die Lehrer zu wissenschaftlicher Arbe t „aufzu-
muntern'*, wenigstens in der Hauptsache geschwunden ist (doch
Tgl. Abschn. F), kann man gern zugeben. Aber fast alle (inner-
halb wie außerhalb der Schule), die aus dem Schwinden dieses
Grundes glaubten folgern zu müssen, die Programme hätten in
dier heutigen Zeit keine Existenzberechtigung mehr, haben über-
sehen, daß dieser Grund ja keineswegs der einzige war, der die
ganze Einrichtung geschaffen hat, sondern daß den Organisator
der Sache, dessen wir auch hier wieder in Pietät gedenken,
außerdem die 'schulpolitisch so weisen Rücksichten auf die Be-
ziehungen der Schulen untereinander und auf die leben-
dige Fühlung der Schulen und ihrer Lehrer mit dem
Publikum leiteten (vgl. o. S. 263 ff.). Diese beiden, heute
gerade, wie nachgewiesen ist, besonders wirksamen und noch
bedeutender Entwicklung fähigen Gesichtspunkte und damit die
Berechtigung weiteren Erscheinens der Programme würden erst
dann wegfallen, wenn man aus dem Programmbestande der letzten
anderthalb Jahrzehnte glaubte nachweisen zu können, daß die
Schulmänner sich als unfähig erwiesen hätten, die damit ihnen
gestellten Aufgaben zu lösen, oder daß etwa gerade den Pro-
grammen nur ein unbedeutender Anteil an der Lösung dieser
Aufgaben zuzusprechen sei. Diesen Nachweis hat aber bisher
keiner der Gegner der Einrichtung unter Beibringung ausreichenden
Materials ernstlich zu führen unternommen; nach den oben vor-
gelegten Tatsachen dürfte die Aussicht, ihn mit Erfolg zu führen,
auch keine große sein.
Eins freilich ist trotz alledem not: die Schulmänner in ihrer
Gesamtheit, nicht bloß diejenigen, die Programme geschrieben
haben oder in Zukunft schreiben werden, dürfen ihr Urteil über
eine nun schon mehrere Menschenalter bestehende und, wie wir
sahen, trotz aller Veränderungen im höheren Schulwesen oder
gerade wegen ihrer noch wirksame und weiterer Entwicklung
fähijce Einrichtung nicht mehr, wie in der Diskussion der letzten
Jahrzehnte leider hervorgetreten ist, aus zweiter Hand oder aus
zufälligen vereinzelten Erscheinungen entnehmen, sondern müssen
X^ Programmwogon nnd Programmbibliothek d. höh. Seholea,
sich, wie auf anderen Gebieten, auch hier wieder gewöhnen, selbst
zu prüfen, jeder auf seinem Gebiete und in mö^licbst weitem
Umfange. Welchen geradezu unheimlichen Einfluß die suggestive
Macht des gesprochenen wie des gedruckten Wortes selbst auf
ruhige Gemüter zu üben imstande ist, besonders wenn die Dinge
in gewandter Darstellung und geschickter Gruppierung erscheineo,
konnte ja oben (vgl. z. B. S. 250 IT.) nachgewiesen werden. Das
schon früher nicht in jeder Beziehung berechtigte und heute (in
bezug auf den „l^rogrammzwang*') kaum noch erforderliche Hin-
einziehen der „Standesfrage'' hat ein weiteres getan, denen, die
weder das Material selbst noch die den wirklichen Verbältnissen
gerechter werdenden Arbeiten (s. o. S. 245 und 144) studiert
hatten, den klaren Einblick in die Dinge zu rauben. So konnte es
geschehen, daß die voreiligen Schlagworte vom „dekorativen Wert
der Programme^' oder von den „Jahresballen bedruckten Papiers** \
zumal sie ein sonst als besonnen bekannter Schulmann geprägt
hatte, bis in die neueste Zeit gern nachgesprochen wurden, ob-
gleich sie den tatsächlichen Verhältnissen so gar nicht entsprachen
und der bedeutenden Wirkung der Programme in wissenschaft-
licher und praktischer Hinsicht nicht im mindesten gerecht
wurden. Mögen um so mehr nach dem von mir gemachten Ver-
suche umfa.<senderer Art alle, denen die Sache am Herzen liegt,
die sich aber noch nicht öffentlich geäußert haben, an ihrem
Teile und jeder in seinem Kreise mithelfen, allmählich eine
gerechtere VorstMlung von Wert und Aufgaben der Programme
auch in der heutigen Zeit herbeizuführen. Eine so wichtige Sache
muß, wie es früher trotz \iel ungünstigerer äußerer Verhältnisse
geschehen ist, wieder von dem Vertrauen eines« ganzen, für fach-
wissenschaftliche Tätigkeil und auch literarische Mitarbeit an den
großen Aufgaben der höheren Schule in unserer Zeit fähigen und
bereiten Standes getragen werden; und auch die Behörden müssen
bei der jährlichen Bewilligung der bedeutenden Mittel nicht mehr
nur der alten Gewohnheit folgen dürfen, nach der das vorhan-
dene Geld eben ausgegeben wird, weil es nun einmal da ist,
sondern in steigendem Maße von der Empfindung beherrscht
werden, daß die aufgewendeten Summen nützlich angelegt sind
und gerade in der heutigen Zeit großer Entwicklung des höheren
Schulwesens mit zur Erfüllung der Aufgaben beitragen, die dem
weitblickenden Organisator von 1824 vorschwebten!
D, Das Abnehmen der Zahl der Programmabhandlangen and
seine Orflnde.
Die von vielen Kritikern der letzten zwei Jahrzehnte mit
mehr Nachdruck als Sachkenntnis wiederholt ausgesprochene
Meinung, daß die Programmabhandlungen sich überlebt hätten,
1) Vgl. R. Richter a. a..O. (o. S. 126, Nr. 116) S. 95.
von R. Ullrich. 157
könnte darin eine wesentliche Stütze finden, daß ihre Zahl in
Deutschland wenigstens (vgl. o. S. 269r.) dauernd zurück-
gegangen ist, während umgekehrt die der höheren Schulen sich
erheblich vermehrt hat. Das scheint, wenn man die Sache nur
so ansieht, in der Tat kein gutes Zeichen für ihre Freunde. Denn
wenn man auch sagen könnte, es käme auf die Zahl nicht
an, sondern auf den Wert (und dieser ist ja, wie nachge-
wiesen ist, kaum bestreitbar), so müßte man doch nachdenklich
gestimmt werden, daß die Hunderte von Schulen, die in den
letzten beiden Jahrzehnten im Norden und Süden neu gegründet
worden sind, eine so vortreffliche Einrichtung im Dienste der
Wissenschaft wie der Schule und ihrer Kreise immer weniger
benutzen; der Schluß läge nahe, daß ihre Verteidiger doch den
Geist der Zeit, der mit allem Alten energisch aufräumen müsse,
nicht begriffen und, predigten sie gleich mit Engelszungen, nie
wieder zum Leben erwecken würden, was die Modernen, Auf-
geklärten längst als veraltet beiseite geschoben hätten. Steht
es so?
Es ist ein gut Ding um die Statistik. Sie ist nicht bloß
eine theoretische Wissenschaft, sondern eine soziale Macht ge-
worden. Ohne sie sind Reformen heute kaum noch denkbar,
and gerade die preußischen Schulmänner, die statistische Arbeit
vielfach immer noch als eine Tätigkeit ansehen, die eines Gelehrten
eigentlich nicht würdig und für Kanzlistenseeten gerade gut genug
sei, haben ihr in bezug auf die Hebung des Standes wertvolle,
fühlbare Resultate zu verdanken^). Aber freilich, sie entfaltet ihren
vollen Wert doch erst dann, wenn die Anwendung ihrer Mittel
mit der genauesten Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse auf
jedem in Betracht kommenden Gebiete Hand in Hand gebt.
Zählen, Rechnen und Schließen allein tut's nicht. Stellt man in
unserer Sache die stetige Abnahme der Zahl der Programme und
das stetige Steigen der Zahl der Schulen einfach zusammen, so
konnte man in der Tat leicht zu der Vorstellung von einer „ab-
sterbenden Literatur" kommen '), besonders wenn das (oben als
irrig nachgewiesene) Vorurteil von der durchschnittlichen Minder-
wertigkeit der meisten Programme noch hinzutritt. Das würde
allein aber doch nicht genügen, um zu einem abschließenden
Urteil zu gelangen; man müßte tiefer eindringen. Es wäre etwa
zu fragen, ob ^^eringere wissenschaftliche Fähigkeit der
Schulmänner von heute, im Gegensatz zu der ihrer Kollegen aus
dem vorigen Jahrhundert, mitgewirkt habe, die Lust und Freude
') Ich braochc oor an oosereo j^Kunze" aod die Schrift von R. Böckh
and M. Klatt, Die Älter t- und SUrblichkeiUverhäUnitte der Direktoren und
Oberlehrw in Preujim (Halle 1901, Bochh. d. Waiaeahaoses) za erinoero.
') So A. Hortzsehanaky, der Fachbibliothekar und Prosramm-
bibliosraph (a. a. 0. S. 169) uod^ ihm Beifall zoUeod, B. Stenplinser,
der gelehrte ScholmanD (a. a. 0. S. 10).
i^j Programmweidii nad Fro^rammbibliotkek 4. k$L Sebalea,
am Programmschreiben zu mindern» oder auch mangelnde
Zeit zu wissenschaftlicher Produktion infolge zu großer An-
spannung der Kräfte durch die gegen früher erheblich an-
strengendere praktische Tätigkeit in der Schule, vielleicht
auch der Hangel an literarischen Hilfsmitteln, Ver-
legenheit in bezug auf die Wahl eines geeigneten
Themas oder die von Behörden und Schulmännern in vollster
Einmütigkeit gewonnene Überzeugung, die Einrichtung sei
kein Bedürfnis mehr, weil sie durch anderes zu ersetzen oder
tatsächlich zum großen Teile schon ersetzt sei, endlich das Wider-
streben der Lehrer gegen den „Zwang"' (wie es nun einmal
hieß), gegen den y,Antrieb'\ der heute ebenso unwürdig wie
unnötig sei.
Jeder dieser Gründe ist in seiner Art wohl zu beachten;
mancher von ihnen hat, wie wir sahen, die Diskussion über den
Gegenstand wirklich nicht unerheblich beeinflußt, weniger aber
die Tatsachen; denn keiner von ihnen ist stichhaltig. Ober die
Frage, ob ein „Antrieb" heute noch nötig sei, wird weiter
unten noch zu reden sein, ebenso über das Thema von den
mangelnden Hilfsmitteln und der fehlenden Zeit
(Abschn. F.). Ober die „geringere wissenschaftliche
Fähigkeit'* braucht aber wohl nach dem, was oben im An-
schluß an das vorgelegte Material ausgeführt worden ist, kein
Wort mehr verloren zu werden, ebensowenig über den Hangel
an geeigneten Stoffen, und der angebliche „Z ei tschriften-
ersatz" hat sich nicht bloß aus inneren Gründen theoretifK^ber
Art, sondern durch die Tatsachen als irrig erwiesen. Es sind
hier vielmehr äufsere Umstände gewesen, die das allmähliche
Herabgehen der Zahl der Abhandlungen in Deutschland herbei-
geführt haben, zunächst die Aufhebung der jährlichen Ver-
pflichtung in Preufsen im Jahre 1875, die Einführung
des dreijährigen Turnus in Sachsen, Württemberg, Berlin
(städtische Anstalten) und die ähnliche Einschränkung oder
gar Abschaffung in einer Reihe anderer kleiner Staaten und
Städte, vor allem aber das Verhältnis der Entwicklung von
Gymnasial- und Realanstalten seit dem Anfange der neun-
ziger Jahre bis zur Gegenwart; endlich hat vielleicht auch, wie-
wohl es nicht so sicher zu sagen ist, eine gewisse Unruhe, wie
sie durch zu schnelle Entwicklungen besonders im Schulwesen
leicht herbeigeführt wird, die Programmproduktion beeinträchtigt.
Die Aufhebung des Zwanges in Preufsen im Jahre
1875 (s. 0. S. 146f., S. 212) hatte zwar ein Herabgehen der Zahl
der Pro graninie zunächst nicht zur Folge. Im Gegenteil sliegdie
Produkt ion, fast im richtigen Verhältnis zu der Vermehrung der
Schulen. Die Tradition war noch zu mächtig, auch die Inter-
pretationen, welche die preußische Regierung dem Erlaß von 1875
einige Jahre später hinzufügte (s. o. S. 147), mochten, so richtig
von R. Ullrich. 15$
sie sachlich waren, doch hier und da die VeranlassuDg sein,
Programme jährlich zu fordern. Aber je mehr in den nächsten
beiden Jahrzehnten Direktoren und Lehrer ins Amt kamen, denen
das Erscheinen der Abhandlung nicht mehr als etwas Selbst-
verständliches, schlechthin zum Jahresbericht Gehöriges erschien,
sondern als eine freiwillige, ins Belieben der Anstalten gestellte
Leistung» um so natörlicher war ein allmähliches Sinken der Zahl.
Es ist eine alte Erfahrung, daß ganz unabhängig von dem inneren
Werte solcher Einrichtungen, die Aufwendungen von Geld und
Arbeit erfordern, die Beteiligung abnimmt, sobald an die Stelle
der Pflicht freies Ermessen tritt. Indessen war bei den staat-
lichen Anstalten Preußens der Rückgang nur ein mäßiger, in
einigen, auf gute Tradition haltenden Provinzen sogar kaum be-
merkbarer^). Der Qualität der Arbeiten ist er übrigens, wie er-
klärlich, sicher zustatten gekommen (s. o. S. 139 tt.). Und da die
preufsische Regierung bei den von ihr za unterhaltenden
Anstalten die Mittel für die Abhandlungen Jahr für Jahr einstellte
und noch heute einstellt, würde die Beteiligung im ganzen wohl
im Verhältnis nur um einen geringen Prozentsatz schwächer sein,
wenn wir wie Bayern und Österreich vorwiegend staatliche
Anstalten hätten (vgl. o. S. 272). Nun strichen aber in den
siebziger Jahren einige größere Städte (s. o. S. 213) die Mittel
für die Abhandlungen gänzlich, und zwar — was zu beachten ist
— nicht aus inneren Gründen'), sondern aus finanziellen.
Und wenn auch diese Maßnahmen später mit einer Ausnahme')
ganz oder teilweise rückgängig gemacht worden sind, ein Einfluß
auf die Entschließungen vieler Mittel- und Kleinstädte, auch einiger
Großstädte der gleichen finanziellen Richtung ist bis heute un-
verkennbar; man vergleiche nur das Verhältnis der Beteiligung
staatlicher und städtischer Anstalten inKIufsmanns viertem
Bande ^), das sich in dem zu erwartenden fünften wohl noch
mehr zu Ungunsten der städtischen verschoben zeigen wird, da
die Regierungen wenigstens einen unmittelbaren Einfluß auf das
Geldbewilligungsrecht der Gemeinden für die Lieferung von Ab-
handlungen (anders als bei den Jahresberichten, s. u. 113)
nicht üben und auch wohl nicht üben können. Auch in
1) Vgl noch für 1907 o. S. 213 Aom. 3.
') Doch vgl. für Berlin aoeh die Ausfofaraogeu o. S. 225. Die da-
mals, wie wir sabeo, noch öberwiegeod gelehrten Abhaodlongen waren
Dicht ganz ohne Schuld ao der Verweigeruag der Mittel dorch die Stadt-
verordneteo. Hätte der obeo (S. 268) gekeoDzeichoete Umschwoug früher
etageaetzt, so wSreo vielleicht maoche nachteiligen Folgen, die sich ans der
Pficbtbewilligang der Mittel in mehreren Kommnaen ergaben, nicht ein-
getreten.
') Hannover, s. o. S. 213 mit Anm. 1.
^) Die Ortsverzeichnisse am SchlnJB der Bünde ermöglichen einen
Oberblick, der aoeh instruktiver wäre, wenn die Verzeichnisse nicht durch-
gehen da alphabetisch, sondern nach Staaten und Provinzen und erst inner-
halb dieaer alphabetisch angeordnet wären ; vgl. o. S. 240.
IßO Profframmwdfleii aad ProgrammbibliotlielL d. hö'h. Schmleii,
Sachsen (1898), Württeinberg (1902) und beiden sUdtischen
Anstalten Berlins (1905) ist durch Einführung eines dreijährigen
Turnus, wie bekannt^), die Zahl der Abhandlungen weäentlich
eingeschränkt worden, wiederum in der Hauptsache aus finan-
ziellen Gründen'). Die meisten mitteldeutschen Kleinstaaten
sclieinen immer mehr ähnlichen Erwägungen zu folgen, wie ihre
meist minimale Beteiligung an der Programmproduktion beweist;
sie ist übrigens auch schon in früheren Jahrzehnten, noch ehe
die Agitation gegen die Abhandlungen begann, nie besonders
stark gewesen. Eine rühmliche Ausnahme bildet Hamburg,
dessen Anstalten, auch die Real- bezw. Ober-Realschulen,
fast regelmäßig Abhandlungen herausgeben'), und zwar, wie her-
vorzuheben ist, zum größten Teile wertvolle, gediegene Arbeiten,
was bei der ausgezeichneten Zusammensetzung der Hamburger
Kollegien nicht weiter zu verwundern ist.
Ich komme damit auf den Hauptgrund des Rückgangs der
Zahl der Abhandlungen. Denn wenn aucli der Ausfall, der sich
z. B. in Sachsen, Württemberg und Berlin infolge des dreijährigen
Turnus bei den Vollanstalten zeigt, immerhin bemerkenswert
ist, er beläuft sich doch nur auf einige Dutzende, nicht auf rund
150, wie der Bestand von 1905 — 1907 gegenüber etwa dem aus
den achtziger Jahren zeigt. Diese große Zahl kommt in der
Hauptsache auf die Rechnung der — meist städtischen — Real-
schulen, überhaupt der Anstalten mit nur sechsjährigem
Kursus; nicht einmal in dem Sinne, daß diesen in ihrer Ge-
samtheit eine Art von Schuld beigemessen oder überhaupt nur
eine grundsätzliche Stellungnahme zu der ganzen Frage nach-
gesagt werden könnte; der Grund liegt einfach in dem Verhältnis
der starken Entwicklung dieser Schularten in den beiden letzlea
Jahrzehnten zu der viel schwächeren der Gymnasien bezw. der
VoUanstallen (mit Ausschluß der Ober-Realschulen) überhaupt
und in der verschiedenen Stellung, welche die preußische Re-
gierung und auch die Regierungen der meisten anderen deutschen
Staaten in bezug auf Programmlieferung zu diesen Schularteo
von jeher eingenommen haben. Das ist für die richtige Beur-
teilung des „Rückgangs'', des „Absterbens*'der Abhandlungen fast
von entscheidender Bedeutung. Wir erinnern uns, daß die Ver-
pflichtung zur Lieferung von Programmen in Preußen vor 1875
nur für die Gymnasien bestand (seit 1859 auch für die Real-
schulen I. 0., aus denen sich die heutigen Realgymnasien
entwickelten), nicht aber für die fast ausschließlich städtischen
Realschulen (bezw. die damaligen höheren Bürgerschulen) und
die anderen Anstalten mit sechsjährigem Kursus. Diesen war
die Abfassung durchaus freigestellt, und sie machten von der ge-
>) Vflpl. 0. S. 137 Bit Addi. 3.
') Vpl. besonders o. .S. 254 mit Aom. 3.
') Piäheres dsriiber {y$\, auch o. S. 136 f.) s. weiter lutoa.
von R. üllrieh. Jßl
botenen Gelegenheit, soweit sich öberseheD läBt^), aus nahe-
liegenden Gründen nicht gerade häufig Gebrauch. Die Produktion
ist insbesondere bei den Realschulen zwar etwas gestiegen, wenn
man den Zustand von 1907 mit dem von 1896 vergleicht. Dabei
ist aber zu beachten, daß die Zahl dieser Schulen sich während des
elfjährigen Zeitraumes beinahe verdoppelt hat; und der geringe
Rückgang z. B. bei den Gymnasien, cUe sich jedoch nur um Ve
yermehrt haben, kann in der Hauptsache nur dadurch erklärt
werden, daß bei den zahlreichen neuen, überwiegend von Kom-
munen unterhaltenen Anstalten die feste Tradition fehlte, welche
die Mehrzahl der älteren Schulen dieser Art, besonders die könig-
lichen, aber auch viele städtischen, an einer Einrichtung festhalten
ließ, deren Zweckmäßigkeit einleuchtete, auch unter veränderten
Zeitverhältnissen oder gerade wegen dieser, die neue Aufgaben
auch auf diesem Gebiete stellten (vgl. o. S. 145). Und daß
Kommunalverwaltungen insbesondere für die zahlreichen neuen
,4n Entwicklung** begriOenen Realscb ul en, überhaupt die Anstalten
mit sechsjährigem Kursus, ohne besondere Anregung freiwillig
hätten geneigt sein sollen Kosten für Programmbeilagen zu be-
willigen, zu deren Lieferung diese Schulen niemals verpflichtet
gewesen waren, wäre beinahe unbillig zu verlangen; der „Nutzen**
liegt hier nicht so klar zutage wie bei den „Berechtigungen'* oder
der steigenden „Steuerkraft", die eine kleine Industriegemeinde
durch Neugründungen von Realschulen sichtlich erfShrt. Es ist
überaus lehrreich, den Bestand an Schulen und Schul-
arten, wie die gelieferte Zahl der Abhandlungen in
Preufsen und denübrigen Staaten des Deutschen Reiches
für die Jahre 1896 und 1907 einmal in Tabellenft)rm')
einander gegenüberzustellen (S. 162 — 165).
^) Vgl. 0. S. 213 mit den AnmerkaDgen.
^) Für den Besttod tn Schalen wurde du Jahr 1895 and dem-
gemaB für die Zahl der Abhandlaogen das Jahr 1896 gewählt, weil
dieser Tennio sehen oben (S. 268) der mehr sommarisehen Obersicht za
Grande gelegt warde. DaB znr Gegen iibersteUuQg sodann dieJahre 1906
bezw. 1907, nicht 1905 bezw. 1906, benutzt worden sind, hat darin seinen
Grnad, daB die äberaas zahlreichen Abhsndlnngen, die 1906 aas besonderem
Aniafl erschienen sind (Schillerfeier im Jahre 1905), den Tatbestand im
ganzen leicht etwas verdunkelt hatten. Aach schien es wünschenswert,
tanlichst den neusten Stand der Sache zu veranschanliehen. Da mir in-
zwischen fast alle bisher wirklieh erschienenen Abhandlungen des Jahres 1907
zugänglich (was bei der Drucklegung der SteUe o. S. 269 f. noch nicht der
Fall war) oder doch bestimmte Nachrichten über das Erscheinen der noch
nicht gelieferten zuteil geworden sind, war kein Grund, von der Verwertung
für meinen Zweck abzusehea, wenngleich noch nicht alle Zahlen (besonders
die auf nichtprenfsische Programme bezüglichen) als definitive anzu-
sehen sind (doch vgl. schon oben die Bemerkung S. 269, Z. 20 f.). Die
Bayern betrefTendea Zahlen für 1907 (S. 165) sind provisorische und als
solche in Klammern gesetzt; sie entsprechen aber ungefähr dem Bestände,
der nach den ErCihrnngen der letzten Jahre erwartet werden kano. Jeden-
faUs wurde eine etwaige Differenz nach unten hin unerheblich sein und
meine Ergebnisse im ganzen nicht beeinflussen.
Zeitoekr.t d. QTBDuislwweii. LXI. BoppIemeDtheft. jfjf
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Die Zahlen^) bedürfen in der Hauptsache keines Kommentars;
sie reden eine deutliche Sprache für jeden, der sie zu lesen
weiß und die froher') entwickelten Tatsachen beachtet. Das
wichtigste Ergebnis ist aber nun die richtigere Erkenntnis
des Verhältnisses der Zahl der gelieferten Abhand-
lungen'), das zwischen Vollanstalten und NichtToll-
anstalten, insbesondere zwischen Gymnasien und Real-
schulen, zwischen der einheitlichen Organisation des
Grofsstaatjes Preufsen und der Mannigfaltigkeit in den
Zuständen der durch geringere gemeinsame Bande
^) Die Zahlen der höheren Scholen sind, wasPreafseD betrifft,
den betr. Jahrsängen des Runse-Kalendert entnemoen; die An^ben bei
ff^iese-Irmer (i. o. S. 89 Anm. 2) S. 626ff. für das Jahr 1895 sind vielfach
za buch, wohl deswegen, weil der Begriff der „höheren Schale*' hier
nieht so konsequent durchgeführt ist, auch kombinierte Anstalten mehrfach
doppelt gezählt scheinen, wahrend für die Progranunliefeniog in alles
solchen Fällen in der Regel nur je eine Anstalt in Betracht kommt. Für
die aurserpreufsischen Anstalten, die im „Kunze^* angeführt aiod, habe
ich ebenfalls dessen Angaben zu gründe gelegt, im übrigen die im Statistik
sehen Jahrbuch (s. o. S. 112 Nr. 13 b) vorliegenden verwertet, unter Aas-
scbeidung aller der Anstalten, die nieht eigentlich als „höhere" geltes
können, sowie der Privatanstalten, die nicht regelmäfiig Jahresberidite nnd
noch weniger Abhandlungen herausgeben.
>) Besonders o. S. 132ff., 136ff., 146f., 248ff.
*} Der Begriff der „Abhandlungen" bedarf gerade in diesem Zn-
sammenhange einer Erläuterung. Bs können m. £. nur diejenigen als solche
angesehen werden, die entweder (wie in Deutschland jetzt in der Mehrzahl
der Fälle mit Recht geschieht) von dem Jahresberichte gesondert auf-
gegeben werden oder, wenn nftht (wie fast aasschließlich in Österreich),
dem Jahresberichte vorgedruckt sind, nicht aber Veröffentlichungea, die
überhaupt nicht für sich gelten sollen, sondern irgend einen Teil des Jahres-
berichts erläutern und sich denn auch an den verschiedensten Stellen inner-
halb desselben finden, wie ganz kurze Berichte über Einführungen von Direk-
toren, kurze Reden auf verstorbene Lehrer, Satzungen der verschiedenstea
Art, Kassenberichte, Schulgeldregulative, Bestimmungen über Schnler-
pensionen u. ä. ro. Alle diese und ähnliche Dinge sind wichtig und an ihrer
Stelle in den Jahresberichten sehr zweckentsprechend ; es ist auch sehr
dankenswert, daß sie sowohl bei Klufsmann wie in Hortzachanskys
Programmverzeichnissen besonders berücksichtigt sind (s. o. S. 112 Nr. 14
u. 15). Nur darf man sie nicht als „ Abhandlungen'* nehmen nnd Hortz-
schanskys Verzeichnis, in dem alle diese Dinge gleichwie die wirklichen
Abhandlungen (im obigen Sinne) mit laufenden Nummern angefahrt
werden, ohne vorangängige sorgfältige Scheidung etwa zur Gmod-
lage statistischer Berechnungen machen, die dann den faktirchen Niedergang
des Programmwesens erweisen sollen. Wie notwendig eine solche Seheidisg
aber für die richtige Erkenntnis der ganzen Verhältnisse ist, zeigt z. B. der
Umstand, daß von den 670 laufenden Nummern, die H.8 „Sehulschriftea-
abhandlungen'^ für das Jahr 1896 umfassen, nur 674 Arbeiten sind, die naa
wirklich als Abhandlungen bezeichnen kann. In den späteren Jahrganges
hat H. übrigens (was in anderer Beziehung wieder sehade ist) die Aufaahae
von Beiträgen, die Teile der Jahresberichte sind, wesentlieh eingeschräokt.
Vielleicht würde es sich in Zukunft empfehlen, sowdil bei Klufsrnssa
wie in Hortzschanskvs Verzeichnis die Verschiedenheit des Charakters
der Arbeiten deutlicher kenntlich zu machen, auch in der Drnckeiariehtaag;
vgl. dazu noch n. Abschnitt H.
voD R. Ullrich. IßJ
zusammengehaltenen öbrigen') 24 kleineren und
kleinsten Staaten in dieser Hinsicht besteht. In
Preufsen ist der Ruckgang bei den Vollanstalten (238:218)
Qbrigens nur unerheblich; herTorheben möchte ich hierbei die
Terhältnismärsig starke Beteiligung der preußischen Ober-
Realschulen, von denen bekanntlich gerade im letzten Jahr-
zehnt viele aus ursprünglichen Realschulen entanden sind. Die
Zahl der Abhandlungen ist hier 1896 und 1907 im Verhältnis
zur Zahl der Schulen etwa die gleiche (50 %). Recht inter-
essant und zu weiterer Nachforschung anregend sind auch die
erheblichen Unterschiede, die in bezug auf die Vollanstalten über-
haupt zwischen den einzelnen preufsischen Provinzen
sich ergeben: auf der einen Seite, 1896 wie 1907, eine starke,
z. T. der Summe der Anstalten beinahe gleichkommende Zahl
von Abhandlungen (Pommern, Schlesien, Sachsen), auf
der anderen nur ein geringer Bruchteil (V3 oder V4; Rhein-
provinz, Hannover). Die Gründe ergeben sich einerseits aus
dem Bestehen einer Tradition, die nicht bloß Gewohnheit war,
sondern im Bewußtsein ihres Wertes festgehalten worden ist
(auch bei städtischen Anstalten), wie sich das für Sachsen und
Schlesien direkt nachweisen läßt'), andererseits, so für die
Rbeinprovinz, aus der starken Zunahme städtischer, z.T. aus
Schulen mit sechsjährigem Kursus hervorgegangener Vollanstalten,
die aus finanziellen Gründen oder in Beibehaltung des Brauchs,
den sie als Nichtvollanstalten beobachtet hatten, auf die Heraus-
gabe von Abhandlungen verzichteten. Was Brandenburg be-
trifft, so fällt für die Vollanstalten 1907 das Fehlen der zwanzig
städtischen Schulen Berlins gegenüber 1896 erheblich ins Ge-
wicht; doch findet ja bei dem dreijährigen Turnus hier wieder
ein gewisser Ausgleich statt, wogegen in der Provinz Hannover
der geringe Prozentsatz der Abhandlungen 1896 wie 1907, haupt-
sächlich infolge der Streichung der Mittel seitens der Stadt
Hannover für ihre (9) Anstalten, wohl ein dauernder bleiben
wird (vgl. schon 0. S. 213 m. Anm. 1). Die Zunahme bei den
preufsischen Realschulen (28:41) ist nur darauf zurück-
zufuhren, daß bei den städtischen Anstalten Berlins im Jahre
1907 nach dem dreijährigen Turnus gerade die Realschulen
„falUg" waren, steht aber sonst in gar keinem Verhältnis zu der
enormen Vermehrung dieser Schulen überhaupt. In den aulser-
preufsischen Staaten ist die Beteiligung der Realschulen,
die ja, wie nicht oft genug betont werden kann, zur Lieferung
^) Dtß uoter diesen Waldeck-Pyrmoot nicht anfgefobrt ist, hat
darin seinen Grand, daß die wenigen höheren Schulen (3) dieses Kleinstaates
znr Sehalverwaitung der preußischen Provinz Hessen-Nassau gehören,
bei der sie auch mitgezählt sind; übrigens haben sie gerade weder 1896
noch 1907 Abhandlungen veröCfeaUicht
>) Vgl. 0. S. 213 Anm. 3 und S. 234 ff.
168 Prog^rammweseo and Pragrammbibliotliek d. hoL Schale o,
von Abhandlungen niemals und nirgends (mit Ausnahme der
bamburgischen) verpflichtet gewesen sind^), eine geradezu
minimale und trotz der auch hier (wenn auch nicht in demselben
Umfange wie in PreuBen) erfolgten starken Vermehrung dieser
Schulen sogar ganz erheblich (35 : 17) zurückgegangen. Inwie-
weit dieser Röckgang, abgesehen von den rein finanziellen Er-
wägungen (s. 0. S. 159 L) bei den zumeist') kommunalen Anstalten,
etwa auf üble Nachwirkung des Artikels in den Grenzboten von
1896 (0. S. 248 ff.) zurückzuführen ist, läBt sich direkt natürlich
nicht nachweisen« Möglich ist immerhio, daß manchen kleinen
Gemeinden die etwa vorhandene Lust zur Bewilligung von Hittdo
für Abhandlungen durch die dort gemachten irrigen Angaben
(S. 250 ff.) über deren Wert und Kosten benommen wurde, An-
gaben, die zu kontrollieren die zur Geldbewilligung berufenen
Instanzen in den wenigsten Fallen imstande waren, während eine
Richtigstellung von kundiger Seite ja leider ausblieb. Was ins-
besondere die sächsischen Realschulen betrifft, so scheint
es mir sogar recht wahrscheinlich, daß die zwei Jahre nach dem
Erscheinen jenes von einem sächsischen Verfasser herrührenden
Artikels in den Grenzboten auf Grund finanzieller Erwägung
erfolgte Einschränkung der Programmausgabe für die Voll-
anstalten (zunächst die staatlichen, s. o. S. 106 Anm. 1 u. 2)
auch auf das Verhalten der Kuratorien der zahlreichen städti-
schen Realschulen nicht ohne Einfluß geblieben ist; denn
1896 lieferten von 23 Realschulen doch 16 Abhandlungen, da-
gegen im Jahre 1907 von 32 nur 3! Für die meisten
anderen aufserpreufsischen Staaten, die starke, schwache
oder auch gelegentlich ganz fehlende Beteiligung ihrer Schulen,
Voll- und Nicbtvollanstalten, an Programmabhandlungen verweise
ich die Leser und besonders die Lehrer der betr. Staaten auf die
Tabellen (S. 1641, 172); die richtige Beurteilung dieser Verhältnisse
bedarf noch in manchen Punkten der Aufklärung, teils weil die
einschlägigen amtlichen Bestimmungen der einzelnen Regierungen
nicht allgemein zugänglich sind, teils weil die Zahl der Schulen
in einzelnen Staaten überhaupt so gering ist, daß Schlüsse aus
^) Id Würtemberif ^ebeo e. B. nicht etarnal alle Reaisc holen
regelmäßig^ Jahresberiohte heraus, gpesehweiso deno Abhaodlangeo. Aoeh ist
xn beachteo, daß yod den 1146 höheren Sehnleo (im Siaoe vod S. i$6 Anm. 1),
die es Mitte 1906 im Deatschen Reiche g^ab, bis jetzt nur 927 (bezw. anter
Hiozurechnnng der bayerischen Gymnasien 972) dem Teubnerseheo
Tanschverkehr angehören, so daß wir nnr bei diesen in der Lage sind, den
Bestand an Abhandlungen mit Zuverlässigkeit zu kontrollieren.
') Nur Bayern macht in dieser Hinsicht eine erhebliche Ausnahme,
da auch dessen sechsklassige Anstalten meist staatlich sind; aber auch deren
z. Z. nicht unbedeutende Zahl (85) scheidet fdr eine Gesamtbetrachtung in
wesentlichen aus, da ihre Beteiligung an Abhandlungen, wie jeder aus dem
Verzeichnisse von U. Renn ersehen kann (vgL o. S. 113, Nr. 22 — 24), von
jeher eine ganz geringe gewesen ist.
von R. Ullrich. 1Q9
einer Statistik^) nur Yon solchen mit Erfolg zu ziehen sind, die
mit den amtlichen Vorschriften, dem Verhallen städtischer Be-
hörden, den Stimmungen innerhalb der Fachkreise und anderen
für die Beurteilung wesentlichen Dingen aus eigener Kenntnis
und Erfahrung vertraut sind. Es wäre daher durchaus zu
wünschen, wenn die hier gegebenen Anregungen dazu führten,
daß Angehörige dieser Staaten der Sache ihre Aufmerksamkeit
etwas mehr zuwenden möchten, als es bisher geschehen ist.
Der Mühe übrigens, auch für die Verhältnisse der öster-
reichischen Mittelschulen eine vergleichende Tabelle über die
Zahl der gelieferten Abhandlungen, im ganzen wie nach den
einzelnen Kronländern und Schularten, etwa für die Jahre 1896
und 1906 zu geben (für 1907 liegt mir der Bestand noch nicht
in vollem Umfange vor) konnte ich mich nach dem, was schon
oben (S. 272f.) darüber gesagt ist, hier für überhoben erachten.
^) Sichere Schlüsse lasseo sieh, was die i^eg^en früher geriog^er ge-
wordene Zahl der AbhaodlQog^eD betrilTt, oar noch Tcirfilsars-LothriogeD
nod Württemberg zieheo, hier im Zasammeahaog mit amtlichea, wieder-
um aas fiaaoziellea Grüodeo getroffenen Bestimmungen (vgl. o. S. 103,
Nr. LXXIIa; S. 107, Nr. LXXXXI). Die entsprechenden Verhältnisse
Badens und Hessens — auch hier hat die Zahl der Abhandlnogen abge-
nommen — sind nicht so bestimmt za erklären, doch ist wohl aach hier
hanptMchlich die Kosten frage ins Gewicht gefallen, wie man vielleicht
ans wiederholten Hinweisen anf möglichst knappe Fassang der Jahres-
berichte schließen darf (vgl. z. B. o. S. 100, JVr. LXlb; S. 104, Nr. LXXV;
S. 179 f.) Antfallend ist die geringe Zahl in Anhalt, trotz der o. S. 99
(Nr. L) mitgeteilten Bestimmungen. Recht beachtenswert sind, auch der
Zahl nach, besonders die Beiträge von Brannschweig, Mecklenburg-
Schwerin and Sachsen- Weimar-Eisenach, wenigstens bei den Voll-
anstalten. Bayern und Hamburg möchte ich in diesem Zusammenhange
nicht besonders hervorheben, weil die starke Beteiligung der Zahl nach (der
übrigens aach der Wert im ganzen durchaus entspricht) hier noch mit amt-
lichea Bestimmnagen zasammenhängt; vgl. o. S. 102, Nr. LXXa; S. 136, 145,
über Ha mbu rg noch die oben S. 92 u. 103 (s. a. S. 160) anerwähnt gebliebene
Bestimmung ,,die wissenschaftlichen Lehrer sind verpflichtet,
der Reihe nach die Programmabhandluog za schreiben", bei
A. Hieolci, Doi (Jnierrichtsioesen des Hamburgischen Staates. Eine
Sammlung' der geltenden Gesetze, Verordnungen und sonstigen Bestimmungen
über das ünterrichtswesen in Hamburg, Hamburg 1884, Th. G. Meißner.
XIV, 712 S. SJC.> S. 230, §23 Abs. 2. Herr Prof. Dr. Ew. Hörn (vgl.
o. S. 8, Anm. 4) war so freundlich, mich privatim darauf hinzuweisen.
Übrigens ist diese Anordnung des Regtäativs über die amtlichen Ferhältnisse
der an den höheren Staatsschulen (Hamburgs) angestellten Lehrer vom
17, März 1877 in den entsprechenden Bestimmungen über die amtlichen Ver-
hältnisse der an den höheren Staatsschulen angestellten Direktoren und Lehrer
vom. 18. Jimi 1903 anverändert geblieben. E« heißt daselbst (§ 13) : „ZH'e
tDissenMehaftUehen Lehrer sind verpflichtet, der Reihe nach die Programm-
abhandkmg zu sehreihen . . . .; der Ausfall einer solchen Abhandlung befreit
den an der Reihe befindlichen Lelirer nicht von dieser Verpflichtung, Der
Direktor kann die Lehrer in einzelnen Fällen von dieser Verpflichtung ent-
binden. Ein Anrecht wird dadurch nicht begründet^* (nach direkter Mit-
teilung). Gedruckt ist die letztere Verfügung nicht. Ein Nachtrag zu
der Sammlung Micolcis von 1884 wäre erwünscht.
IJO Pro^prammwesen und Programmbibliothek d. h5h. Schaleo,
Die Einrichtung blüht und gedeiht dort wie nur je zu?or, an
Umfang wie an Wert, nicht bloB, weil (ähnlich wie in Bayern)
noch eine gewisse Verpflichtung (nicht „Zwang'*) vorliegt, die
Aufgeklärtere als ruckständig bezeichnen mögen, sondern weil die
Aufl^assung, die dort vor 17 Jahren von sachkundiger Seite ver-
treten wurde (vgl. o. S. 214), auch heute noch in weiten Kreisen
lebendig ist und durch die Tat Jahr für Jahr immer aufs neue
bewährt wird, ohne daß seitdem gerade viele Worte über die
Sache gemacht worden wären (doch vgl. die bemerkenswerten
Äußerungen oben S. 272 m. Anm. 1). Aus dem, was ich selbst
bei einem mehrwöchigen Studienaufenthalt in österreichiscben
Mittelschulen im Sommer 1907 von der Sache gesehen und ge-
hört habe, konnte ich übrigens durchaus den Eindruck gewinnen,
daß man dort Wert und eigenartige Bedeutung der Einrichtung
wohl zu schätzen weiß. Es ist recht aulTallend, daß nicht
bloß die Kritiker der letzten IVs Jahrzehnte über diese öster-
reichischen Verhältnisse, die der Frage der Abschaffung oder
erheblichen Einschränkung des Programmwesens so wenig günstig
sind, stillschweigend hinweggegangen sind, sondern auch die
Freunde der Sache eine so naheliegende Stütze ihres Stand-
punktes verschmäht haben. Letzteres lag vielleicht an dem
äußeren Umstände, daß ja von den Abhandlungen deutsch-öster-
reichischer Mittelschulen nur etwa ein Drittel in den Teubner-
schen Tauschverkehr kommt und so in Deutschland bekannter
wird (o. S. 169 Anm. 3); aber die Bittnerschen Verzeichnisse
(s. 0. S. 115 Nr. 30 — 32; S. 255) waren doch zugänglich und
konnten zu umfassenderer Orientierung auch bei uns anregen.
Wer aber in Deutschland oder Preufsen an der Sache Kritik
üben wollte, durfte die Lage der Dinge in dem Nachbarstaate um so
weniger übergehen, als deren Neuorganisation nach preußischem
Muster (unter Wahrung der Landeseigentümlichkeiten) doch dem
preufsischen Schulmanne, Gelehrten und Verwaltungsbeamten
Hermann Bonilz zu verdanken war.
Mag man aber auch, was Preufsen und besonders das übrige
Deutschland betrifft, gern zugeben, daß hier noch manches
der Aufklärung bedarf, ehe ein abschheßendes Urteil über die für
die weitere Entwicklung des Programmwesens nicht unwichtige
Frage der geringer gewordenen Produktion möglich wird, so ist
doch schon aus den hier gegebenen Darlegungen mit einiger
Sicherheit zu entnehmen, daß die Vorstellung unrichtig ist, die
im Verhältnis zur gestiegenen Zahl der höheren Schulen nicht
ebenfalls vermehrte, vielmehr sogar selbst absolut zurückgegangene
Anzahl der Abhandlungen lasse einen Schluß auf Wert oder
Existenzberechtigung dieser Arbeiten zu. Daß die in der Dis-
kussion der letzten beiden Jahrzehnte behauptete „Minderwertig-
keit"' der Programme einer erheblichen Bevision bedarf, konnte
in Abschnitt C gezeigt werden; eine Verquickung des Wertmafs-
von R. Ullrich. 171
Stabes mit der geringer gewordenen Zahl ist also abzuweisen.
Erkennt man nunmehr deutlicher, daß diese geringere Zahl nicht
so sehr in inneren, als vielmehr in äufseren Gründen zu suchen
ist, so durfte für unbefangene Beurteiler, insbesondere solche, die
die Art der Entwicklung unseres höheren Schulwesens in den
letzten beiden Jahrzehnten gebührend mit in Betracht ziehen,
kaum ein Zweifel sein, daß von einem „Absterben*\ das doch
nur in inneren Gründen gefunden werden könnte, keine Rede
ist. Und wer weiter den Umschwung in derStoffwahl für die
Abhandlungen seit etwa IV2 Jahrzehnten brachtet (o. S. 142ff.),
wer die Fülle der wissenschaftlichen, methodischen und organisa-
torischen Probleme durchgeht, die unserem Schulwesen und den
Lehrern seitdem gestellt und in zahlreichen Programmen gerade
dieses Zeitraums (0. S. 88 — 122) mit Erfolg behandelt worden
sind, wird, meine ich, im Gegenteil zu der Meinung kommen
müssen, daß hier eine Einrichtung gegeben ist, die noch Auf-
gaben in Menge auch für die Zukunft hat. Wenn übrigens nicht
alle Zeichen trügen, scheint in bezug auf die Zahl der Abhand-
lungen mit dem Jahre 1905 in Deutschland der Tiefstand erreicht
worden zu sein und ein wenn auch langsames äußeres Anwachsen
sich vorzubereiten. Den etwa 418 Abhandlungen von 1907 stehen
nur etwa 400 von 1906 gegenüber^). Das ist um so bedeutungs-
ToUer, wenn beachtet wird, daß uiiler den 1906 veröffentlichten
über 20 Schillerprogramme sich befinden, die ohne die Feier
vom Mai 1905 weder veröffentlicht noch — in der Hauptsache —
wohl durch andere ersetzt worden wären. Wesentlich ist jetzt nur
für diese Verhältnisse, daß in allen beteiligten Kreisen, denen zu
Nutz und Frommen die vorliegende Arbeit unternommen worden
ist, mit einer Reihe irriger, meist auf unzureichender Kenntnis
der Entwicklung und der Tatsachen beruhender Anschauungen
gebrochen werde, und daß vor allem diejenigen, in deren Macht
die Bewilligung der Mittel für die Sache liegt, ihr Urteil über
ihren Wert und demgemäß ihre Erwägungen über ihre Zukunft
durch die angebliche Einmütigkeit der Kritiker über die „Minder-
wertigkeit'' nicht weiter beeinflussen lassen.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich endlich ein Moment,
von dem man vielleicht nicht ganz ohne Grund sagen kann, daß
es die Produktion auf dem Programmgebiete — rein nach ihrer
Menge angesehen — ungünstig beeinflußt hat, ich meine die
>) Ntch dem soebeo (September 1907) mir zugeheoden Berliner Ver-
zeichois (Bd. XVm, s. 0. S. 112 JNr. 15) über die AbbandlaDgen von 1906.
Mach AoMeheiduDS der Abhandloogea eioer Aazahl von böhereo Mädcben-
schnlen, kürzerer, aber an Zahl nur geringer Abschnitte aus Jahres-
berichten n. i. m. bleiben von den 431 Nummern, die angeführt werden,
mnd 400 als wirkliche „Abhandlungen*' (s. 0. S. 16$ A. 8) übrig. Die
Verteilung auf die einzelnen Staaten, Provinzen und Schularten ist danach
etwa folgende:
i/jS'.PrograBiiwei
»d Prograrnnbibliothek d. hSh. Schales,
Es lieferten Abhandlungen 1906 (vgl. o. S.162f. und lS4t.):
A. Prenfsen.
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B. Die ftbrlgen Stiftten des Dentseken Belehes.
a«.<l+2,:\ 2|11|4B| «1-1 6|18| 8|-1 1| 4| 4j 1|-| I| 8| 8{ X) Ij K| 1| %\ l|ig)m
Demnach A + B. Destselies
264 { 46 I 29 | SsTI 12 I
B«lckt
<") I •) I ») I ü s«
von R. Ullrich. ]73
überaus rasche, fast hastige Entwicklung, Aus- und Um-'
gestaltuDg unseres höheren Schulwesens besonders in den
letzten zehn Jahren. Da wird „kombiniert", „reformiert**, „an-
gegliedert'*, „entwickeltes „umgestaltet** u. s. f., Maßnahmen, die
allen reformfiroheii Gemütern zur Freude gereichen, denen das
Alte veraltet und das Neue doch immer noch nicht neu genug
scheint, so daß es bald wieder verändert wird. Des Bleibenden
freuen sich wenige. Nicht daß ich etwa meinte, dieser Verlauf
wäre an sich ein Schaden; neue Probleme verlangen ja nach äußerer
Gestaltung, auch im Schulwesen. Aber es läßt sich doch nicht
leugnen, daß diese Verhältnisse, so viel Leben und Bewegung
sie im guten Sinne auch erzeugen (wie ja denn ein Teil der
Programmüteratur der letzten Jahre gerade auf sie zurückzuführen
ist, s. 0. S. 146 1,\ im Zusammenhang auch mit dem immer noch
bestehenden Lehrermangel, der manche jüngere Kollegen, auch
fest angestellte, an ihrem Orte und ihrer Anstalt vielfach kaum
warm werden und mit der Schule und ihren besonderen
Bedürfnissen nicht recht vertraut werden läßt, umfassenderer Pro-
duktion, auch größerer Sammlung und Vertiefung gerade bei der
jüngsten Lehrergeneration nicht günstig sind. Einen kleinen Auf-
satz in eine Zeitung oder in eine belletristische Zeitschrift zu
bringen, wo man sachliche Kritik von seilen des Durchschnitts-
publikums gewöhnlich nicht zu erwarten hat, ist einfach, ein tüch-
tiges, auf gründlichetai Studium der Literatur oder umfassender,
nur durch langjährige, eingehende Beobachtung zu gewinnender
Kenntnis tatsächlicher Verhältnisse beruhendes Programm zu
schreiben, das Kenner zur Mitarbeit veranlaßt, schwieriger. So
kann es leicht geschehen, daß heute manche der Jüngsten zu
einem Programm nicht recht „kommen** können. In den sieb-
ziger Jahren hatten wir ähnliche Verhältnisse, wenn sie auch bei
weitem nicht so kompliziert waren wie die jetzigen. Doch es
werden voraussichtlich auch wieder ruhigere Jahre kommen,
Zeiten stetigerer Entwicklung (die von Eiferern dann als „Still-
stand** oder „Rückschritt** bezeichnet werden mögen), die wohl
auch dem Programm manchen neuen Freund zuführen werden
— wie ja auch in den achtziger Jahren trotz der Freistellung
der Lieferung in Preußen im Jahre 1875 (s. o. S. 146 f.) und
trotz der im Verhältnis zu den siebziger Jahren geringeren
Zahl der neugegründeten Vollanstalten die Zahl der Programme
erheblich zugenommen hatte. Es sind das freilich Impondera-
bilien; aber ihre Wirkung wird in Zukunft doch wahrscheinlicher,
wenn sie in der Vergangenheit unter ähnlichen Verhältnissen schon
einmal erprobt worden ist.
E. Die Kostenf^age.
Im vorigen Abschnitt ist mehrfach von den finanziellen
Erwägungen die Rede gewesen, die in mehreren kleineren
27^ P roiprammwesea and Prog^rammbibliothek d. hSIi. SchnleD,
Staaten und vielen Städten dazu geführt haben, die Abhandlungen
einzuschränken oder gar abzuschaffen. Es ist natürlich nicht zu
verkennen, daß solche Erwägungen bei der Feststellung der Etats
von Staaten und Städten an sich ihre volle Berechtigung haben,
besonders bei großen und größten Budgets, wo bei den mannig-
faltigen Anforderungen, die von allen Instanzen an finanzielle Be-
willigungen gestellt werden, auch mit Rucksicht auf den not-
wendigen Ausgleich zwischen den Ansprüchen der verschiedensten
Art bei der Feststellung des Etats große Vorsicht am Platze ist,
besonders wenn es sich, wie bei den Programmen, um jährlich
oder in kürzeren Zwischenräumen regelmäßig wiederkehrende
Ausgaben handelt. Bedenkt man freilich, was Staaten und auch
Städte z. B. für sogenannte offizielle Drucksachen jährlich
ausgeben ^), deren augenblicklicher oder gar dauernder Wert kaum
im Verhältnis zu den dafür gemachten Aufwendungen steht, so
möchten es überzeugte Freunde der Einrichtung der Programme
doch fast bedauern, daß die Sparsamkeit gerade sie betroffen hat
Als mildernd kommt dabei nur der Umstand in Betracht, daß
bis auf den heutigen Tag bei vielen der maßgebenden Instanzen,
besonders in den kleineren Gemeinden, über Wert und Zweck
der Einrichtung — falls man sich überhaupt mit der sachlichen
Seite ernstlich befaßt hat — irrige Anschauungen bestanden und
nach Lage der Dinge bestehen mußten. Die Sache erhält aber
ein wesentlich anderes Gesicht, wenn man nicht bloß erwägt, was
die Programme kosten, sondern vor allem, was sie leisten.
>) Auch die Btaetats, besooders mancher Städte, yerlrac^ea woU
DOch Abstriche, die sich nicht, wie meist bei deo Profframmen, oar taf
einige Ränderte voo Mark beziehen würden, sondern leicht aaf viele
Tausende. Wer z. B. die zahlreichen Baobeschreibnng^en höherer
Lehranstalten durchsieht, wie sie ja gerade in den Programmen der
letzten Jahre in so großer Zahl vorliegen, wird sich bei aller Freude über
die Bereitwilligkeit, mit der oft sehr hohe Summen zur Verfugnog gestellt
worden sind, bei gerechter Würdigung auch des grofien und wohltätigen
Einflusses, den schöne und behagliche Räume in ästhetischer wie hygienischer
Beziehung üben, doch des Bindrucks nicht erwehren können, dafl hier tob
den Baumeistern (was von ihrem Standpunkte oft begreiOich) auf die äuBere
Erscheinung, die oft luxuriöse Ausstattung der Fassaden, Featsäle, Vesti-
büle usw. ein übertriebener Wert gelegt wird. Dagegen läßt nur zu oft
die innere Einrichtung manches zu wünschen übrig. Ich darf mir auf diesem
Gebiete ein auf reichliche Aaschanung gegründetes Urteil zutrauen, da ich
nicht bloß zahlreiche Banbeschreibungen studiert, sondern auch Dutzende
von neueren Scholgebauden und ihre Einrichtungen, Klassen, Sammlangen
in Deutschland und Österreich gesehen und Gelegenheit gehabt habe, mich
mit, einsichtigen Männern über viele hierher gehörige Fragen auszusprechen.
In Österreich z. B. baut man im allgemeinen, was gerade das Äußere
betrifft, einfacher als bei uns, hat dann aber nicht selten mehr Mittel fnr
die zweckmäßige Einrichtung der verschiedenen, Jahr für Jahr immer aofs
neue Geld erfordernden Sammlungen der verschiedensten Art übrig, was
doch für die weitere Entwicklung einer Schule recht wesentlich ist; auch
Für die Programme hat es dort an Mitteln und Bereitwilligkeit, sie her-
zugeben, noch niemals gefehlt.
voD R. Ullrich. 175
Es müßte Dun freilich ein hoher Grad voq Voreingenommenheit
und Kurzsichtigkeit dazu gehören, wollte man nach den obigen
Ausführungen an der Meinung von ihrem „durchschnittlich ge-
ringen Werf' noch weiter testhalten.
Aber die Summen, die alljährlich aufgewendet werden, sind
doch enorme^)! Zunächst konnte schon oben darauf hingewiesen
werden, daß besonders die Berechnungen des Verfassers in den
GrenzhoUn^ die gleichwohl von den Widersachern der Einrichtung
fast ausnahmslos zur Grundlage der Agitation gemacht worden
sind, ganz unzutreffende waren (s. 0. S. 252). Heute betragen
die Gesamtkosten für die rund 400 Programmabhandlungen,
die im Deutschen Reiche durchschnittlich jährlich erscheinen (s. 0.
S. 269f., S. 171\ wenn man für jede einen Umfang von etwa
2V2 — 3 Bogen') in 4^ annimmt, im allgemeinen*) zwischen
80 000 und 100000 M. Man wird diese Summe nicht übertrieben
hoch nennen können, wenn man bedenkt, welchen Nutzen in
idealer und praktischer Beziehung, nach der wissenschaftlichen,
schultechnischen und sozialen Seite — ganz im Sinne des Orga-
nisators von 1824 — die Programme seit Jahrzehnten den Hun-
derten von Schulen und den Tausenden ihrer Lehrer, z. T. auch
schon den Schülern und dem gewaltig angewachsenen Eltern-
publikum gebracht haben und — besonders in letzterer Beziehung
(vgl. o. S. 285 fr.) — bei zweckmäßiger Ausgestaltung in Zukunft
noch in yiei höherem Grade bringen können. Es sind eben, wie
mit einiger Sicherheit gezeigt werden konnte, Kapitalien, die in
geistigen Werten angelegt sind, deren Pflege ja die Schulen
und ihre Förderer sich besonders angelegen sein zu lassen be-
rufen sind. Wenn ich aber diese Gesamtberechnung, dem
früheren Brauche folgend, überhaupt anstelle, so bekenne ich doch
offen, daß ich ihr, wie all den früheren Aufstellungen in gleicher
1) Vgl. o. S. 174 IT.
*) Dieser Umfang ist heute im Darchschoitt der übliche. Manchmal
ist er größer, so bei Programmen, die zu besonderen Gelegenheiten er-
scheinen, wie Festschriften, Schalgeschichten u. ä., oft aber auch erheblich
gerioj^er.
') Ich lege (nach Angaben verschiedener Berliner Druckereien) einen
Durchschnittspreis von 80»^. für den Bogen von 8 Seiten in 4^ zu gründe,
für Satz, Druck, Papier und Broschieren bei einer Auflage von 1500 bis
2000 Exemplaren. Auch hier ergeben sich natürlich Unterschiede. Tabellen-
satz, die Anwendung verschiedener Schriftarten, häuGgere Verwendung von
Abbildungen — soweit sie besonders anzufertigen sind — endlich mathema-
tische, mit viel Formeln, Berechnungen usw. ausgestattete Abhandlungen
hedingen höhere Preise; andererseits sind derartige Programme aher in der
Minderheit, und insbesondere bei den Beschreibungen von Schulbanten, die
naturgemäß Abbildungen erfordern, pflegt der Text wiederum weniger aus-
gedehnt zu sein. In kleineren StSdten ermäßigen sich die Druckkosten
etwas. Zu bemerken ist noch, daß die Kosten des Bogeos bei den Ab-
handlungen im allgemeinen etwas geringer sind (etwa um 20%) als bei
den Jahresberichten; vgl. darüber unten Teil II 3.
176 Programmwesen and Programmbibliothek d. höh. Sebnleo,
Richtung, keinen übertriebenen Wert beilege — was den finan-
ziellen Effekt angeht. Dieser fiele nur dann entscheidender
ins Gewicht, wenn es sich (wie etwa im wesentlichen io
Österreich) um eine von einer Instanz zu tragende Ausgabe
handelte. In Deutschland aber kommen nicht weniger als
26 Bundesstaaten und einige Hundert Städte in Betracht, auf die
sie sich (öbrigens in recht verschiedenem Verhältnis zur Zahl
ihrer Schulen) verteilen. Man erwäge nun folgendes. Der
österreichische Staat, dem man so gern finanzielle Schwierig-
keiten nachsagt, ist imstande, dauernd die Ausgaben für eine von
ihm als zweckmäßig erkannte Einrichtung an mehreren Hunderten
seiner Mittelschulen zu bestreiten; der preufsische hat sie —
wiederum in vollster Würdigung ihrer idealen wie praktischen
Bedeutung — in Zeiten schwerer finanzieller Bedrängnis (s. o.
S. 131) geleistet und stellt die Mittel noch heute überall da zur
Verfügung, wo sie nach der freieren Gestaltung in den siebziger
Jahren (o. S. 146 f.) begehrt werden. Bayern bewiltigt sie
jährlich für mehr als 40 seiner Vollanstalten, Hamburg ebenso
regelmäßig für reichlich ein Dutzend seiner höheren Schulen.
Auch viele Städte, deren Verwaltungen nicht gerade die Ver-
hältnisse der Schulen als geeignete Objekte sparsamer Finan-
zierung betrachten, haben fär diese nicht unwichtige Seite der
Schulorganisation noch immer eine offene Hand. Es wäre nun
verfehlt, etwa zu sagen, was größere Staaten oder Städte in
dieser Beziehung leisten, wäre kleineren eben nicht möglich; hier
müsse man auch im kleinen und kleinsten sparen. Jeder Finanz-
politiker weiß vielmehr, daß die finanzielle Leistungsfähigkeit
eines Organismus keineswegs auch nur fiberwiegend immer im
Verhältnis etwa zur Einwohnerzahl oder zur Stenerkraft wächst
Im Gegenteil sind — sonst normale Finanzverhältnisse voraus-
gesetzt — gerade kleinere Staaten und Städte, deren Verwaltungs-
apparat weniger kompliziert ist und in finanzieller Beziehung
nicht den vielseitigeren, oft im Augenblick in den Konsequenzen
kaum übersehbaren Anforderungen größerer Verbände zu genügen
hat, in der Begel viel eher imstande, auf dem einen oder andern
Gebiete neue organisatorische Maßnahmen zu treffen oder als zweck-
mäßig erkannte, fast immer erhöhte Aufwendungen erfordernde
Reformen einzuführen, überhaupt Mittel für Zwecke zu bewilligen,
denen gegenüber größere Staaten oder Gemeinden, deshalb oft
bitter geschmäht, zunächst unter dem Zwange der Verhältnisse
sich abwartend verhalten müssen; ich brauche nur, was äußere,
z. Z. im Vordergrunde des Interesses stehende Fragen unseres
Standes betrifft, etwa an die verschiedene Regelung der Pensions-
verhältnisse, der Anrechnung von Hilblehrerjahren u. a. m. zo
erinnern. Diese einfache Tatsache wird leicht von denen über-
sehen, die z.B. von den großen Verhältnissen Preufsens —
von den noch komplizierteren Österreichs zu schweigen —
von R. Ullrich. m
ohne weiteres die Erfüllung von Wünschen erwarten, die in
Bayern, Baden oder Hessen leichter möglich sind, oder die
von Berlin oder Breslau fordern, was in manchem viel
kleineren Orte längst verwirklicht sei, und nun die größeren Ver-
bände als „rückständig** zu schelten nicht müde werden. In
Sachen unserer nun schon die grüßen Verbände 6nanzieli nicht
unerträglich belastenden Programmausgaben darf aber z. B. von
den kleineren und kleinsten Städten mit höheren Schulen die
verhältnismäßig geringe Aufwendung darum desto eher erwartet
werden. An den Mitteln — einigen Hundert Mark jährlich —
fehlt es hier wohl kaum, vielleicht auch nicht an dem guten Willen ;
desto mehr aber an sachgemäßer Aufklärung über Wert und Be-
deutung der Einrichtung, die zu geben die Anstaltsleiter, die in
den betreffenden Kuratorien sitzen, am berufensten sind. Besonders
die Realschulen, vor allem in Preufsen (und hier wieder
besonders am Rhein) und Sachsen (in Bayern, Baden und
Württemberg sind die Verhältnisse dieser hier sehr zahlreichen
kleineren Anstalten etwas anders zu beurteilen) dürfen in Zu-
kunft, was die Zahl ihrer Programmabhandlungen betrifft, sich
gerade bei ihrer rapiden äußeren Entwicklung nicht dauernd in
so auffallenden Gegensatz zu den Vollanstalten setzen, wie er zur
Zeit besteht (s. o. S. 167 i^. Es ist ja freilich oben betont worden,
worin diese auffallende, von den modernen Kritikern gar nicht
beachtele Tatsache ihren Grund hat, nämlich in den bestehenden
amtlichen Bestimmungen, die zunächst meist nur für die Voll-
anstaiten (genau genommen auch hier nur für die Gymnasien
und Realschulen 1.0. bezw. Realgymnasien) Programme
forderten oder erwarteten. Die mächtige äußere Entwicklung der
Realschulen in den letzten beiden Jahrzehnten legt es doch aber
einigermaßen nahe, die Lehrer dieser Schulen nicht wesentlicher
Momente wissenschaftlicher und praktischer Förderung zu be-
rauben oder die Schulen selbst in der Hauptsache von einer Ein-
richtung auszuschließen, die jenen anderen für sich wie in ihren
gegenseitigen Beziehungen und für die Verbindung mit ihrem
Publikum so viel Segen gebracht hat. Denn daß die jüngeren
Anstalten realen Charakters aller dieser fördernden Momente etwa
weniger bedürften, können wohl nur ganz „Moderne'' zu be-
haupten wagen; je schneller eine äußere Entwicklung ist, um so
eher hat sie doch Anlaß, alle irgendwie zweckdienlichen Mittel zU
benutzen, die sie innerlich zu festigen geeignet sind. Daß es
auch um des Tausch Verkehrs willen ein Gebot der Gerechtig-
keit sei, daß die Schulen, die fortwährend empfangen, ihrerseits auch
geben« ist schon früher von Mitgliedern staatlicher wie städtischer
Verwaltungen mit Recht hervorgehoben worden M* Die Regie-
rungen haben es bisher vermieden, die älteren Vorschriften für
1) \^\. 0. S. 225 und 227.
Zcitsclir. f. d. OjmoMiiilwMan. LXI. SoppUmaDthaft i2
178 Programmweseo nad Programmbibliothek d. böL Schalen ,
die Vollanstalten (s. o.) in entsprechender Weise auf die Anstallen
mit sechsjährigem Kursus aaszudehnen; in älterer Zeit mit Recht
deshalb, weil diese Anstalten damals nicht eigentlich höhere
Schnleo waren, in neuerer, wo dieser Grund weggefallen ist, wohl
mehr in der Absicht, die meist städtischen Verwaltungen, die für
ihre höheren Schulen manche Opfer gebracht haben und ja
natürlich auch die (wenngleich geringen) Programmkosten trageo
müssen, in ihren freien Entschließungen nicht zu beengen. Sollte
aber die Entwicklung des Programmwesens bei den städtischen
Realschulen sich auch in Zukunft in stark absteigender Linie
(d. h. im Verhältnis zur Zahl der Schulen) bewegen, so hätten
die Regierungen wenigstens in Preufsen und Sachsen, wenn
nicht das äufiere Recht, so doch sicher das innere, die Verwal-
tungen, die ihrer Aufsicht ja in allen ihren Verhältnissen unter-
stehen, wenigstens auf die Möglichkeit der Benutzung einer
Einrichtung hinzuweisen, an deren Wert und Bedeutung auch für
diese Schulen und ihr Publikum kaum zu zweifeln ist.
Nimmt man den oben im allgemeinen, wie ich hoffe, nach-
gewiesenen Wert der Programme als Ausgangspunkt wetterer Er-
wägungen und gibt man auch — was noch wichtiger — ihre
Existenzberechtigung in der Gegenwart und die Möglichkeit
künftiger Weiterentwicklung zu, so fallen damit eigentlidi alle die
Vorschläge von selbst weg, die man in dem Bestreben gemacht
hat, die für eine angeblich veraltete oder absterbende Organisation
bisher aufgewendeten Mittel anderen, fruchtbareren Zwecken zu-
zuwenden. Da indessen gerade ein Vorschlag dieser Art besonders
häuGg laut geworden ist, der — was hier übrigens nebensächlich
ist — mit meinen persönlichen Oberzeugungen und Bestrebungen
in einer gewissen Verbindung steht, will ich ihn wenigstens kun
charakterisieren. Hauptsächlich deshalb, um zu zeigen, daß
Organisatoren oder solche, die es gern sein wollen, häufig zwar
an sich sehr erfreuliche Vorschläge zu machen wissen, aber die
einfache Macht realer Verhältnisse nicht genügend erkennen und
schätzen. Viele derjenigen^), denen die Programmabhandluogen
z. T. als eine veraltete Einrichtung erschienen, wünschten, die frei ge-
wordenen Mittel sollten für die Zwecke der Lehrerbibliotheken
verwendet werden. Auf den ersten Blick ein sehr glückliche
Gedanke, der mir besonders sympathisch erscheinen müJSte. da
ich selbst vor einigen Jahren für eine bessere Ausstattung dieser
Sammlungen eingetreten bin'). In der Tat sind in dieser Beziehung
an manchen Schulen, besonders in kleineren Städten, noch
Wünsche zu erfüllen; ich habe mich aber doch in den letzten
Jahren durch das Studium der Bibliotheksabteilungen in den
*) Vgl. z. B. J. BeschmaDQ (o. S. 187), R. Duden (S. 200), A.
Schöobtch (S. 215), der uogeoaonte Verfasger des Artikels is den
Grentboten (S. 249) d. a. m.
') Vgl. o. S. 85 Aom. 1 ood 2.
voi R. Ullrieh. US
Jahresberichten, der gedruckten Kataloge zahlreicher Lehrer-
bihliotheken, Tor allem aber durch vielfache Aotcbaunng aa Ort
und Stelle und, was mir am wertYollsten war, durch Korreepon«^
deaz und Unterredungen mit Schulmannern flberaeugt und dieser
Obeneugung auch Ausdruck gegeben, daß es in der Mehnahl der
Fälle gar nicht so sehr auf Erhöhung der betreffenden Etats, als
▼ielmehr auf zweckmäßigere Verwendung der Mittel und vor allem
auf zeitgemäßere Regelung der Ben u tau ngs frage ankommt.
Die sehr gut gemeinten Vorschläge zur Vermehrung der Etats
haben aber auch das tatsächliche Verhalten der Instanzen nicht
beachtet, die die Kosten fär Programme zwar gern strichen oder
aiQschränkten, aber keineswegs gewlUt waren, sich nun gewisser-
maßen eines gerechten Ausgleichs halber för andere Zwecke
wissenschaftlicher Art, wie sie z. B. in der Förderung von
Bibliotheken zum Ausdruck kämen, festlegen zu lassen. Es liegt
das auch gar nicht im Wesen von Pinanzverwaltungen, die im
Durchschnitt in erster Linie immer mehr darauf ausgehen, z. T.
es auch müssen, für das unbedingt Notwendige in nüchterner und
pQichtmäßiger Erwägung zu sorgen als dem in idealer Hinsicht
Wünschenswerten, und sei es an sich noch so vortrefflich, größeren
Einfluß auf ihre Maßnahmen zu gestatten. Mir ist in der Tat
kein Fall bekannt geworden (für Nachweise in dieser Richtung
wäre ich dankbar), wo Instanzen, die das Programm in ihren
Etats gestrichen oder eingeschränkt haben, dafür die Bibliotheken
höher dotiert hätten. Im Gegenteil. Ein Beispiel, und gerade
ein recht charakteristisches, bietet die Stadtverwaltung von Han-
nover^). Hier werden, wie sich schon bei WitH-hmer^) be-
sonders erwähnt findet, Mittel für Programmabhandlungen an den
stadtischen höheren Schuten schon seit Über 30 Jahren nicht
bewilligt — für eine größere deutsche Stadt mit zahlreichen
höheren Schulen und für einen so langen Zeitraum ein ganz einzig
dastehender Fall, der übrigens seinen Grund« wie hervorgehoben
sein mag, in finanziellem') Unvermögen nicht bat; der
wirkliche ist nicht bekannt geworden. Dabei zeigen aber die
>) Vgl. 0. S. 213 m. Aom. 1; s. a. S. 224 Aain. 1. Auch ia Breslau
warao die AbhaDdlnogeB für eioiae Zeit abgeschaflft werden {y$:\, o. S. 213).
Bald aaehdem sie wieder eiogeführt waren, taa4:hte der Plan aof, die
Lehrerbiblietkekea der städtischen höheren Schalen ao einer Zentral-
•teile zu vereiaigen, am am Etat su sparen; aber sfimtliche Direktoren
spnieheB sich dagegen aas, und es blieb beim alten. Das alles ermutigt
nicht dasn, beide Dinge in finanzielle Verbindung zu setsea.
S) A. a. 0. S. 441.
*) Bs werden z. B. dort 120 % Einkemmensteoer erhoben, ein Satz,
dea man als niedrig bezeichnen muß gegenüber dem aaßerordeatlieh hohen,
den X. B. fiele oberschlesisehe, westfälische und rheinische Städte mit
starker Arbeiterbevölkerang erheben müssen, ohne doch deshalb — was eher
veratÜDdlich wäre — ihre Anf Wendungen für Unterriobtszwecke erheblich
zu kürzen.
12*
J^SQ Prograjumwesea aad.Prp.grajSiiiblbliotliek d.Jiö]i. Schnleo,
Bibliottiekaetats M und andere Posten')« wie die Jabreaberichte
der Anstalten erkennen lassen, nicht nur keinen Vorzug Tor denea
anderer sUaÜicher joder stadtischer Anstalten von sonst ähnlichen
Verhältnissen, sondern sogar erhebliche Nachteile selbst Schttloi
gegenüber, . bei denen man eine sparsamere Bemessung z« B, des
Bibliotbeksetats durchaus rechtfertigen könnte*). Man erwarte
also von . etwaiger Abschaffung oder Einschränkung des Programm-
Wesens nicht su viel. an Ersatz, wenigstens nicht für Schulzwecke,
sondern trachte lieber darnach, das Gegebene zu .erhalten, das
Verständnis für seine Bedeutung in den maßgebenden Kreisen
— und das wären in diesem Zusammenhange die Finanzver*
waltungen . — zu wecken . und eine zeitgemäße Weiterentwicklung
anzubahnen!
Dieser Abschnitt würde aber seinen Z^eck schlecht erfüllen,
wenn er nicht versudite, im Anschluß an die z. Z.. .doch noch
bestehenden realen Verhältnisse auch zu der Frage der Kosten
einen Beitrag zu liefern in dem Sinne, daß diese, isoweit möglich,
auf ein Maß beschränkt bleiben, das finanziell als billig anzu-
erkennen ist, aber doch andererseits die möglichst yoUkommene
Erreichung des Zweckes der Einrichtung gewährleistet. Ich be*
ginne bei einigen mehr äufserlichen, aber doch in bezug auf die
Kostenfrage nicht ganz unwesentlichen Dingen. Bei der Aus-
^) Sie sind (vgl. die Verzeichaisge über ADsehaATaDgeo in deo Jahre«-
bericIiteD) sehr dürftig, für VoUaiigtaUen aod aach für stark besackte Real-
scholeo mit zahlreichen Lehrern nicht ausreichend. Der mir "nrohlbekaante
Umstand, dafl die Stadtbibliothek einen Zeit8ehriftena»8taa8cb
^wiacheo den einzelnen Schalen Termittelt, gleicht den Mangel nicht ans; ich
werde noch Gelegenheit haben, mich an anderer Stelle darüber xo äuBera
(vgU 0. S. S6 Anm. 1 Z. 10).
') Ganz auffallend ist z. B. der geringe Prozentsatz, den die Stadt
Hannover für Gewährnng von Preisehnle an bedürftige Sohüler bewilligt,
oämUeh nur dorchichnittlich 2| %, z. T. noch weniger! — Oerpreafsi-
sehe Staat gewährt für seine Anstalten his zu 10 7o (^ffl- ^^r a. a. 0.
S. 276), and von Städten ist mir keine bekannt geworden, die bei sonst
etwa gleichen Pioanzverhiiltnissen so wenig für bedürftige Schüler an Frei-
stellen bewilligte als gerade Hannover.
3) So meine ich z. B., daß die Bibliotheken mancher höheren
Scholeni die sich in kleinen Universitätsstädten oder kleineren Orten
nit einer wissenschaftlichen Bedürfnissen genügenden Landes- oder
Stadtbibliothek befinden, recht wohl mit geringeren Mittein aaskommen
könnten, als sie z. Z. haben, dagegen Schulen in kleinen Orten ohne die ge-*
nannten günstigen Bedingungen der Arbeit reichlicher zn bedenken wären..
Gröfsere Städte werden wiederum, auch wenn bedeutendere wisseosehaft-
liche Bibliotheken am Orte sind, auf angemessene Ausstattung ihrer Lehrer«
bibliotheken nicht gut verzichten können. Die Entfernungen sind zu
groß und die Ansprüche an die großen Bibliotheken zu mannigfaltig, als
daß den Lehrerbibliotheken die Möglichkeit henommen werden dürfte, die
für Schul-» und wissenschaftliche Arbeit notwendigen Werke anzuschaffen
und danernd angemesaen zu ergänzen, — falls man ihnen nicht einen weseot-
Uchen Teil der Zwecke nehmen will, weg«n derer sie gegründet worden
sind und erhalten werden.
TOB R. üllricb. " Igl
Stattung kann z. B. alles Luxuriöse in Druck und Papier^)
vermieden werden, das sich nicht selten bemerkbar macht. Bei
der hohen Auflage, die infolge des Tauschverkehrs nötig ist,
gegen 1500 Exemplare, oft noch mehr, und bei den in den
letzten Jahren sehr gestiegenen Papier preisen ist dergleichen
nicht ganz unerheblich, und man hat doch keinen Grund,
die Väter einer Kleinstadt, die sich pflicbtgemäfi gern auch um
die Kleinigkeiten des Rechnungswesens kOmmern'), durch hohe
Programmrechnungen gegen die Sache einzunehmen. Die grund*
sätzliche äufsere Trennung von Abhandlung und Jahres--
be rieht, die gegenwärtig in Deutschland') zwar überwiegt, aber
noch keineswegs durchgeführt ist — trotz vielfacher, auch amt-
licher Anregungen — ist ein weiteres Mittel, die Kosten herab-
zusetzen. Denn der erste Teil, die Abhandlung, kann in allen
den Fällen, wo es sich um rein gelehrte Arbeiten handelt, deren
Verteilung an Schöler oder Publikum kaum in Frage kommt, in er*
beblich geringerer Auflage gedruckt werden als der Jahresbericht,
der auch diesen Kreisen unbedingt in möglichst liberaler Weise
zuganglich zu machen ist, ganz abgesehen davon, daS die Tren*
nung auch in bibliothekstechnischer Hinsicht Vorteile hat (vgl.
Teil ni). Für die (heute weit zahlreicheren) Fälle, in denen die
Abhandlung Gegenstände allgemeineren Interesses, besonders aus
dem Gebiete des Schulwesens, behandelt, kommt ein derartiger
Ersparnismodus natürlich nicht in Betracht; seine Anwendung
liefe hier dem Zweck der ganzen Einrichtung direkt zuwider (vgl.
o. S. 275 f.). Auch darf man nicht durch gewaltsame Kürzung^)
der Jahresberichte, wie sie in deren durchschnittlicher Herab-
setzung auf den Umfang nur eines Bogens liegen würde, die
Mittel für die Abhandlungen leichter gewinnen wollen. Ob es
zweckmäßig ist, Geld für die Programme (und auch die Jahres-
berichte) von den Schülern bezw. den Eltern zu nehmen (wie es
z.T. in Bayern üblich ist, je 0,50 Jf.), um so einen Teil der
Kosten wieder einzubringen, kann man bezweifeln'). Im Wesen
der ganzen Einrichtung, wenn man sie wenigstens im Sinne der
klassischen Erlasse von 1824 und 1826 auffaßt, scheint eine solche
Praxis nicht zu liegen. Aber der Umfang der Abhandlungen
sollte sich in mäßigen Grenzen halten (etwa 3 Bogen in 4^ im
Maximum), von denen nur in besonderen Fällen abzugehen wäre.
*) Natarlich ist aoeh das aadere Bxtrem cn meideo; vgl. o. S. 180
m. Anm. 1.
>) V^i. z. B. Nägele {Bibl Abt. 4, Nr. 110) S. 52.
>) Für Österreich vgl. o. S. tSOf.
*) Vgl. 0. S. 216; über zweckmäfsige Kürzoog des Jahres-
beriehts rgl. n. Teil II 3.
*) Was Bayer D betrifft, so lieBe sich hier alieofalls der Umstand
geltend machen, dafi der Schalgeldsatz überaus gering ist, weit geringer
als in irgend einem anderen Staate; er betragt jährlich ü JC. (s. H. M orsch,
Das höh. Lehramt S. 329).
iS2 Programmweseo nad Pre^rtmnbibliothek d.hSh. Schalen,
wie z. B. bei Gelegenheit von SchuIjubilSen, wo ja Landes*
oder Lokalpatriotiemus Fiskus wie Kämmereien milder zu stimmeD
pOegt. In allen anderen Fällen müßte eine iängere Arbeit, falls
sie sich nicht überhaupt besser zur Bacbausgabe eignet, auf zwei
oder mehr Jahre verteilt werden. Damit komme ich auf dasjenige
Mittel, das in letiter Zeit ganz besonders zur Erreichung einer
VerbiUigung im großen ergriffen worden ist, die Einführung eines
mehrjährigen Turnus, in der Regel eines dreijährigen. In
diesem Modus ist ein berechtigter Kern wohl zu finden. Seit der
Gesichtspunkt des „specimen eruditionis'* nicht mehr wirksam war
(s. 0. S. 139 f.), fielen naturgemäß auch Hunderte Ton Arbeiten
weg, die früher die Bibliotheken und die Etats beschwert hatten,
und es schien nahe zu liegen, die geringere Produktion ^- falls
man nicht ganz auf sie glaubte Terzichten zu dürfen — äußerlich
etwas anders sich regeln zu lassen und wonüglich eine Ersparnis
zu erzielen. Es wurde damit eine Jahrzehnte alte Tradition jäh
abgeschnitten; die Bedürfnisfi^age streifte man kaum, das Gespenst
der „Minderwertigkeit^' drohte im Hintergründe^), und zahlreiche
Kollegien sahen sich pl&tzlich in der Möglichkeit, wissenschaftliche
Arbeiten ihrer Mitglieder zu Teröffentlichen, zu schwebenden
Fragen des SchuUebens Stellung zu nehmen oder mit dem Eltern«
publikum auch auf diesem Wege Fühlung zu behalten, erheblich
eingeengt Ob es geraten war, Ton den jährlichen Publikationen
gleich auf einen dreijährigen Turnus herabzugeben, kino
bezweifelt werden. Ein zweijähriger wäre zunächst Yielleicht
zweckmäßiger gewesen und hätte nicht so sehr den Eindruck er-
weckt, daß die Abschaffung überhaupt als Endzweck vorschwebe.
Bemerkenswertere Kundgebungen darüber ans Sachsen liegen
noch nicht vor. Ober den dreijährigen Turnus der Berliner
städtischen Anstalten enthalte ich mich zunächst des Urteilt,
da die Neuorganisation hier noch zu jungen Datums ist und erst
weitere Erfahrungen zu sammeln sind. Im allgemeinen kann
man über die Einrichtung der Programmlieferung in mehrjährigen
Zwischenräumen, soweit es sich dabei um Anstalten gleichen
Patronats handelt, aber wohl sagen, daß derartigen Festsetzungen,
so erwünscht sie für die bequeme Aufstellung der Etats sein
mdgen, doch etwas Äußerliches anhaftet. Wissenschaft, Gelegen-
heit, Bedürfnis und Stimmung lassen sich nicht kommandieren;
der jährliche Zwischenraum, allenfalls ein zweijähriger, war natör-
lieber x^ud gab weiteren Spielraum. Fiel die Abhandlung dabei
hier und da einmal aus, so schadete das ja nicht viel: geschieht
es aber bei dreijährigem Turnus, so ist der Sache nicht gedient
Auch die Grüfse der Kollegien, die besonderen Bedürf-
nisse einzelner Schulen und ihres Publikums kommen bei solchen
mehr mechanischen Festlegungen fast überaU zu kurz. Große
^) Vgl. für Stohseo besooders o. S. 243 mit Ana. 2.
▼ OB R. Ullrich. Jgß
Anstalten mit zwanzig und mehr wissenschaftlichen Lehrern wollen
in dieser Hinsicht doch anders behandelt sein als kleine^), mag
man nun, wie der Verfasser des Artikels in den Grenxboten vom
Jahre 1896 tut (a. a. 0. S. 121, s. o. S. 250) darin eine „Hftrte^'')
gegen die kleineren sehen oder, was mir richtiger erscheint, es
für eine Schädigung der großen halten, die im Verhältnis zu der
Menge ihrer tAchtigen Kräfte und zu ihrem doch größeren
Interessenkreise viel zu selten zu Worte kommen. Am liberalsten
zugleich und der Sache selbst am förderlichsten, also im ganzen
am zweckmäßigsten scheint mir das Ton der preufsi sehen
Regierung nunmehr seit über 30 Jahren geübte Verfahren zu sein,
jährlich die Mittel för eine Abhandlung in den Etat der einzelnen
Anstalten einzustellen, es aber dem Bedörfnis zu überlassen, ob
jedesmal Ton der gebotenen Gelegenheit Gebrauch gemacht wird.
Ein Ausgleich zwischen großen und kleinen Kollegien wird sich
so auf ganz naturliche Weise fast Ton selbst einstellen, wenn nur
im allgemeinen die Bedeutung der Sache von der Regierung wie
den Lehrerkollegien festgehalten wird und wenigstens in einer ge-
wissen Stetigkeit des Erscheinens von Abhandlungen an jeder An-
stalt auch tatsächlich zum Ausdruck kommt.
Dies führt uns nun auf die Frage, ob und inwieweit die
Lehrer höherer Schulen auch in Zukunft noch zur Abfassung von
Programmabhandlungen verpflichtet (oder berechtigt) sein sollen.
F« Die Terplliehtnng der Lehrer zur Abfassung von
Prograaimabhandlunfen«
Die Frage, ob und inwieweit die Lehrer der höheren Schulen
noch zur Abfassung von Programmabhandlungen verpflichtet
sein sollen, hat, wie wir sahen, in der Diskussion der letzten
Jahrzehnte eine gewisse Rolle gespielt. Gerade hier schien sich
das gehobene Standesbewußtsein zur Geltung bringen zu müssen,
das sich gegen eine „Zumutung*^ sträubte, die man vor 80 oder
60 Jahren zu machen berechtigt gewesen, deren Fortdauer in der
Gegenwart aber ebenso unnötig wie unwürdig sei. Auch der
Hinweis auf andere Stände, die zu derartiger literarischer
Produktion von Amts wegen niemals „genötigt'' worden seien, hat
fortgesetzt zu den Argumenten derjenigen gehört, die es dem
Stande schuldig zu sein glaubten, zur Abschaflung so veralteter
Einrichtungen beizutragen. Was ist davon zu halten?
Der Hinweis auf andere Stände ist mehrfach von
1) MtD Tergleiehe z. B., was Sachsen betrifft, die grofien Aa stalten
von Leipzig, bresden nnd Chemnitz mit den viel kleineren von
Sehneeberg, Worzen and Zittau im Hinblick auf o. S. 106 Anm. 1.
*) Daß der Verfasser aaf diesen Pnnkt hinweist, ist ziemlieh das
einzige in seinen Aasföhrangen, was (im Gegensatz za der Fälle des lin-
riebtigen oder Verkehrten, o, S. 250 ff'.) beachtenswert ist
IS4. Programmwesen and. Programmbibliothek d. höh. Sehalea,
solchen, die den nötigen Oberbiick ober die Entwicklung des
höheren Schulwesens besaßen- und sich die besonderen Aufgaben
der Hitglieder unseres Standes klarer gemacht hatten, in seiner
ganzen tlinseitigkeit geböbrend gekennzeichnet worden. Man mufi
nur wünschen, daß die sehr beherzigenswerten Worte, die z. B.
Paulsen, Rethwisch und Morsch zur Sache gesagt haben
(vgl. o. S. 245), noch mehr das Ohr derjenigen finden möchten,
die im Zusammenhang mit den — berechtigten — Bestrebungen
auf äußere Gleichstellung des Standes mit anderen, bisher über
Geböhr bevorzugten, auch bei uns den „Beamten^' in den Vorder-
grund zu stellen geneigt sind und von dem Gelehrten und
Forscher (im Gegensatz zum Lehrer und Erzieher) nicht
mehr viel erwarten, wenn sie auch nicht wohl unterlassen können,
ihm einige höfliche Verbeugungen zu machen. Die tatsächliche
Entwicklung gibt solchen Erwägungen indessen nicht einmal
recht. Es waren nicht bloß, sondern sind auch heute noch unter
uns zahlreiche bedeutende Gelehrte und Forscher — die aber
zugleich auch ausgezeichnete Lehrer sind — zu finden. Das kam
und kommt, wie z. T. schön oben gezeigt werden konnte (S. 126 fS.),
in der gelehrten Programmliteratur« in der starken
Beteiligung der Lehrer an wissenschaftlichen und
besseren Zeischriften aus dem Schulgebiet und an
gröfseren gelehrten Unternehmungen usw.^), auch in dem
Umstände zum Ausdruck, daß seit der Zeit des Rektors von
Osterode bis zur Gegenwart fortgesetzt Berufungen von Ober-
lehrern an Hochschulen') erfolgen, auch von solchen, die schon
') Es kaon hier aomoglich der Ver«uch gemacht worden, das in
•inzeloen oachza weisen. Man braucht indesseo nur irgend eine der be-
kannteren wissenschaftlichen Zeitschriften, eins der |pr80eren Sammel-
werke o. s. f. anfznschiagen, am alsbald auf Mitglieder des Standes u
ato0eo. Für das philolo; isch-historisohe Gebiet ist es z. Z. auBer-
ordentlich schwer, sich einen schnellen Oberblick über dieae Dinge zo rer-
schaffen, da es an zasammeofasseoden biographisch-bibliographischen Hilfs-
mitteln geeigneter Art darchans fehlt; die oben S. 31 (A. 2, Ende) geaanaten
reichen aar bis in den Anfang der achtziger Jahre. Für die exaktes
Wi ssenschaften sind wir besser versorgt. Dem Biograf hüeh-Uterürüchmt
Handwörterbuch zur Getehichte der exakten ff^üsentchaften von J. C.
Poggendorff, fortgeführt von B. W. Feddersen and A. J. v. Oettingen
(4 Bde., bis 1904 reichend, Leipzig 1863—1904, A. Barth) haben wir aof
dem Gebiete der Geisteswissenschaften kein ähnliches an die Seite zusetzen;
vgl. o. S. 32, Aom. 2 (von S. 31) Schlofi.
') Außer den oben (S. 126 Anm. 1) genannten, die zagleieh als Ver*
fasser wertvoller Programmarbeiten zn erwähnen waren, führe ich noch an
aus den Gebieten: a) Allg. Sprachwissenschaft, klass. Philologie,
Pädagogik: H. v. Arnim, G. Delbrück, A. Dieterich, A. Gercke, A. Gold-
bacher, G. Kaibei, B. Keil, E. Martinak, H. Osthoff, F. Passow, A. PhiUppi,
M. Pohlenz, W. Rein, F. Schoemann, S. Sadhaos. — b) Germanistik: ft.
Heinzel, J. Seemüller. — c) FranzSsiach u. Englisch: L. Herrig, A.
Stimming, W. Victor. — d) Geschichte: Ad. Beer, H. Breßlan, A. Dove.
J. G. Droysen, A. Gindelv, M. Lehmann, L. v. Bänke. — e) Erdkunde:
G. Gerlaod, H. Gnthe, F. v. Wieser. — f) Philosophie: Ose Erdmaoo,
von R. Ullrich. '285
]äQger6 Zeit im Schuldienst tätig waren und also gezeigt haben,
daß die lebendige Fühlung mit der Wissenschaft und ihre un-
mittelbare Förderung sich mit den stetig gewachsenen An-
forderungen an die Arbeitskraft des Berufes noch immer verträgt.
Dafi sogar nicht einmal alle derartigen Berufungen angenommen
werden^), ist kaum ein unerfreuliches Zeichen. Zahlreiche Ober-
lehrer versahen oder versehen neben ihrem Berufsamte
akademische oder andere bevorzugte Stellungen (als
Honorarprofessoren, a. o. Professoren, Privatdozenten, Lektoren,
Assistenten u. ä.)'). Auch an die Tatsache kann erinnert werden,
daß mehr als früher Oberlehrer in den wissenschaftlichen
Prüfungskommissionen für das höhere Lehramt tätig
sind, wenn man auch bei dem unverkennbaren Zusammenhang,
in dem sie mit der mehr äußeren Standesbewegung steht, und
in Erwägung mancher besonderer mehr' zufalliger Umstände, die
dabei mitspielen*)» kein so wesentliches Gewicht auf sie legen
R. Wähle. — g) Theologie, OrieuUlia: F.Arnold, W. Beyschlag,
Th. Brieger, W. Fell (kath.), F. H. R. Prank, E. Hanpt, W. Herrmaon, G.
Jahn, O. Kaweran, A. König (kath.)) A. Twesten. — h) Rechtswissen-
sehnft: B. Rabler. — i) Aas dem Gebiete der exakten WissseD*
sehaften: F. Aagast, J. Blaaa, F. A. Clebsch, £. Daboia-Reymoad, W. Eiseo-
lohr, W. V. Exaer, G. Frobeoiua, G. Galle, H. Graflmaao, W. Haokel, £.
Heia, G. Helm, B. Holzapfel, E. Jahoke, F. Joachimsthal, W. Killing, L.
KSsigsberger, B. KoBak, E. Lommel, H. G. Magnus, R. Mehrake, F. Miodiog,
R. Netto, C. NeamaDD, A. Oberbeck, S. Ohm, Th. Poleck, 0. Reichel, H. Rose,
H. A. Schwarz, A. Slaby, H« Stahl, J. Steioer, R. Starm, A. WaDgerio, J.
Weingarten, A. Wülloer. Das ist nur eine beschränkte Aaswahl
der bekannteren Namen.
>) Wie z.B. von dem Mathematiker H.Schubert (Hamburg), dem
Heraasgeber der „Sammlung' Sehubert^*^ (Leipzig, Goschen) und den ebenso
bekannten Dioskaren aof physikalischem Gebiete J. Elster and H. G eitel
(Wolfenbättel).
*) Hier können genannt werden: Auf dem Gebiete der Geistes-
wissenschaften: K. Baomann, Pr. Baomgarten, E. Böckel, K. Brauner, L.
Cootzeo, E. Dremp, R. Fredrich, B. Haasknecht, E. Herzog, H. Hilgeofeld,
Vf, Jerusalem, H. Jurenka, R. Rroo, G. Rrueger, J. Lambel, F. Lehner, P.
Lesaiak, R. Medem, S. Mekler, G. Rauschen, P. Reimann, F. Schmidt, L.
Schütte, P. Stentzler, A.Viertel, H.Weber, A. Zauner, L* Zürn. — Auf
dem Gebiete der exakten Wissenschaften: A. v. Bockelmaon, A.
Borgerstein, L. Bargeratein, P. Epstein, R. Fuchs, G. Gorich, E. Haeotzschel,
B. Hammerl, Th. Hanausek, A. Heimerl, F. Hemmelmayr Edl. v. Augastenfeld,
W. Mertens, J. MüUner, F. Pfohl, J. Petzoldt, H. Schnitze, M. Schwarzmann,
K. Seith, H. Servus, W. Sigmund, M. Simon, L. SUtterlin, M. Switalski, G.
Wellenberg, K. Wild, P. Zilblke.
>) Wie etwa des Umstandes, daB die betr. Lehrer an dem Prufangsorte
oder in seiner Nähe wohnen. Es ist aber keineswegs immer der Fall, dafi
gerade dort diejenigen za finden sind, denen nach ihren Wissenschaft»
liehen Leistoogen, auch produktiver Art, und zwar nicht blofi auf einem
kleinen Spezialgebiete — und die müflteo die eondieio sine qua nan sein —
aolche Berufungen in erster Linie zukämen. Werden z. fi., wenn solche zu-
fällig am Orte nicht vorhanden sind oder — was auch vorkommt -^ die
Berafenen das Prufungsamt ablehnen, aus Rücksicht auf die Ehrung des
Standes andere gewählt, die zwar wohlunterrichtet und tüchtige Lehrer der
oberen Rlassen, aber nicht eigentlich bedeutende Forscher sind, so liegt
186 PrefranmwessD und Progranmbibliothek d. ]i5h. Sehvlei,
wird« wie auf die anderen hier herforgebobeneu Momente. Ist
es bei solcher Lage der Dinge eine zu harte „Zumutung'*, ?on
den Kollegen einer h&heren Schule jährlich oder in gröBeren
Zwischenräumen die Abfassung einer Programmabhandlung zu
erwarten? Von einer solchen „Zumutung'' könnte meines Er-
achtens überhaupt nur dann mit Recht gesprochen werden, wenn
noch in neuerer Zeit der Gesichtspunkt des specimen eruditionis
maßgebend zu sein brauchte. Dieser ist aber weggefallen, und
ich meine, daß auch der letzte Rest dafon noch verschwinden
muß, der in der den Lehrern auferlegten Verpflichtung gefunden
werden kann, die Abhandlung „der Reihe nach'* zu schreiben^).
Gerade dadurch sind ja früher zahlreiche wissenschaftlich wenig
bedeutende, wiewohl für die Verfasser selbst gewiß nicht ganz
unfruchtbare Programme hervorgerufen worden. Wenn auch nach
dem heutigen Bildungsstande der Oberlehrer solche Elaborate nur
noch in Ausnahmefällen zu erwarten wären (schon die Ver-
antwortlichkeit des Direktors könnte übrigens davor schützen), so
sollte auch der geringste Schein eines Zwanges vermieden werden,
nicht weniger auch die offenbare Störung der Kollegialität, die
dann liegt, daß der eine oder andere (es braucht nicht einmal
der Schlechteste zu sein), der gerade keine Arbeit zur Verfügung
hat, sich als „übergangen'' anzusehen hätte. Es soll niemand
mehr zu literarischer Produktion gewissermaßen von Amts wegen
„genötigt*' werden. Die Programmabhandlung erscheint im
Namen der Schule, im Interesse der Wissenschaft oder des Unter-
richts, zur Herbeiführung eines immer engeren Zusammenhanges
zwischen den einzelnen Schulen und Schularten, ihrer Ziele und
Bestrebungen auch in verschiedenen Staaten, zu Nuu und Frommen
des Elternpublikums und zur Aufklärung über schwebende Fragen
in allen den Kreisen, die am Leben der höheren Schule inter-
essiert oder dafür erst nodi zu gewinnen sind. Es ist in der
oft viel zu einseitig die Wahrung der Würde des Standes in den
Vordergrund stellenden Diskussion der letzten beiden Jahrzehnte
nur zu sehr übersehen worden, daß diese schon vor acht Jahr-
zehnten weitausschauend aufgestellten Gesichtspunkte heute durch-
aus noch zu Recht bestehen, ja in noch viel höherem Grade, bei
den viel komplizierteren Schulverhältnissen, bei dem trotz aller
Vereine, Versammlungen und periodischen Organe immer noch
viel zu geringen inneren Zusammenhange zwischen den Hunderten
von Schulen und ihren Lehrern und bei dem oft unheilvollen Einfluß
immer di« Gefahr oahe, daß die Kandidaten Mch Dtn^ea gefraft werde«,
die sie nock gar niolit za winen krencliea, und der notwendise Zoe anmee-
haog mit ihreu wiseeaschaftliehen Faehstodiee, ihrer Tätigkeit in Uaivereitiu-
seminaren a. s. f. nicht genügend beraeksiehtigt wird; vgl. zv der Präge
auch die Bemerkangen von Paalsen (a. a. 0. S. 15), dar die wicktigeren
Prüfnngen in der Regel wieder Akademikern in die HSnde gegekeo sa sehen
wünseht, weil „der wissenschaftliche Charakter der Priifnng dies fordert*'-
1) Vgl. e. S. 106, ISr. LXXXVUI and S. 169 Anm. 1.
TOD R. UUrieb. 1S7
eines Teiles der Presse und dem lauten Gebaren der sogenannten
zeitgemäßen überpädagogischen Reformliteratur in Broschörenform,
deren Urheber dem Publikum immer noch (und nur zu oft mit
Erfolg) einreden, es wäre eigentlich, besonders an den Gymnasien,
noch alles so wie vor 30 oder 50 iabren, und jedenfalls mit daiu
beitragen, das TJelfach geschwundene Vertrauen des Publikums sur
Wirksamkeit der höheren Schalen noch weiter zu untergraben.
Es konnte oben gezeigt werden, daß unter solchen Umständen
gerade heute das Programm ein wesentlicher, in vielen Fällen
fast der einzige Faktor ist, belehrend, aufklärend, verständigend
einzugreifen.
ie weiter diese Auflassung auch im höheren Lehrerstande
selbst an Boden gewinnt — und das oben (besonders S. 88 — 122)
vorgelegte Material und die weiterhin (S. 122 ü.^ 145 ff.) gegebenen
Ausführungen zeigen doch recht erfreuliche Portschritte in solcher
Richtung — , um so eher ist zu erwarten, daß das Gerede von
der mangelnden Existenzberechtigung der so lange bestehenden
Einrichtung allmählich verstumme. Die Schulen und ihre Lehrer
werden es nach dieser Lage der Dinge in Zukunft nicht mehr
als eine „Nötigung*' oder „Zumutung'* zu empfinden brauchen,
Programme herauszugeben, sondern es als eine Ehrenpflicht
ansehen, die in gleicher Weise im Interesse der Schule, des Standes
und aller beiden nahestehenden Kreise liegt. Wenn die meisten
der für die Bewilligung der Kosten in Betracht kommenden In-
stanzen die äußeren Mittel dazu regelmäßig bewilligen, so können
die Hitglieder des Standes nur freudig die Gelegenheit ergreifen,
Arbeiten zu veröffentlichen, fdr die an anderen Orten bei so
vielen Gelegenheiten weder gleicher Raum noch gleiche Wirkung
gegeben isL In welcher Weise die einzelnen Schulen die „Reihen*
folge** der Verfasser regeln, kann ihnen billig selbst dberlassen
bleiben, wenn sie sich nur Oberhaupt mit der Sache befassen.
Die Erfahrung des letzten Jahrzehnts hat ja gezeigt, daß es damit
keine Not hat. Gezwungen werde niemand; wer sich aber be-
rufen fühlt, behalte die Ergebnisse seiner Studien, wenn sie
gründliche und umfassende sind, nicht für sich, teile mit, was er
an methodischen Erfahrungen, die über das Niveau des allen
Schttlmeistem gemeinsamen Handapparats hinausgehen, in lang-
jähriger Arbeit unter verschiedenen Verhältnissen gesammelt hat,
halte auch nicht zurück mit dem, was ihm umfassende Kenntnis
und reichliche, auf das Studium mannigfaltiger Gebiete sich
gründende eigene Anschauung an fördernden Gesichtspunkten
etwa für die künftige, zweckmäßigere Gestaltung dieser oder jener
Seite der Organisation des höheren Schulwesens ergeben hat Ich
denke hierbei nicht nur an diejenigen, die der Eros treibt, die
mitten in jeder Arbeit, die sie sich stellen, schon wieder die Grund-
linien neuer, fruchtbringender Aufgaben selbständig entdecken und
eher des Zügels als des Sporns bedürfen, um sich nicht aufzu-
188 Programmwes«!! QDd Prograianibibliothek d. hb'h. Scholeo,
reiben im Dienste der Interessen, zu denen eigner freier Wille nnd
die immer umfassender werdende Kenntnis und Erfahrung sie
geführt haben; natürlich auch nicht an die, deren es in jedem,
wenn auch „akademisch" gebildeten Stande gibt, die nach ge-
taner Examensarbeit und heute so leicht erlangter Anstellung
das gute Ruhen im festen Amte als Preis der Hüben ansehen
und alle Arbeit, die sich nicht zählen und wägen läfit und außer-
halb des amtlich festgelegten Pflichtenkreises liegt, als überflüssige,
unberechtigte „Zumutung" betrachten und die „Streber"' sogar
gern scheel ansehen, die darüber hinaus noch das Bedürfnis
selbständigen , selbstgewählten Schaffens empfinden, während
es doch gerade die Hitglieder der Stände in gesicherter Lebens-
stellung als eine Ehrenpflicht betrachten sollten, gegenüber denen
nicht zurückzustehen, die sich — wie etwa im ärztlichen oder
Anwaltstande — jeden Fortschritt auch in ihren äußeren Ver-
hältnissen durch fortgesetzte, gesteigerte Arbeitsleistung in prak-
tischer und wissenschaftlicher Betätigung erkämpfen müssen.
Desto mehr habe ich die nicht kleine Zahl derer im Sinne,
die wohl kenntnisreich und arbeitsam sind, aber durch übertriebene
Zurückhaltung, Scheu vor der Öffentlichkeit, oft auch durch man-
gelnde Gelegenheit zu umfassenderer Betätigung auBerhaib des
Kreises der einen Schule, in der sie Jahrzehnte hindurch allein
heimisch sind, niemals kommen. Wer kennt sie nicht, diese oft
rührend bescheidenen, immer hilfsbereiten und gefalligen Männer,
die aus der Fülle vielseitigen Wissens an Alte und Junge gern
spenden, ohne doch jemals seit ihrer Examenszeit oder ihrer
Promotion auch nur eine Zeile veröffentlicht zu haben! Hanch-
mal sind es nur Naturen, die eine durch eminentes Gedächtnis
geförderte Notizengelehrsamkeit aufgespeichert haben (deren Träger
werden dann gern hinter ihrem Rücken als „wandelnde Konver-
sationslexika'' bezeichnet), oft aber auch Hänner, die in einer oder
gar mehreren Wissenschaften und über die in ihnen gemachten
Fortschritte, manchmal auch, wiewohl seltener, in der Geschichte und
Organisation des Schulwesens des In- und Auslandes sich wohl-
unterrichtet zeigen, denen zu umfassenderer Betätigung außerhalb
eines engeren Kreises nicht die eigne Kenntnis, auch nicht die
Lust, wohl aber der Anstoß, die äußere Gelegenheit fehlte, die
sie doch nach ihrer ganzen zarten, empfindsamen Natur nicht
suchen mochten; wenn sie es aber einmal wirklich versucht hatten,
so standen sie bald wieder davon ab, besonders wenn sie eine
Abweisung erfahren hatten. Waren sie doch mit den Gepflogen-
heiten der Durchschnittsredakteure von Zeitungen oder Zeitschriften
natürlich wenig vertraut, die (ähnlich wie auch manche Verwaltungs-
instanzen) sich nicht für yerpflichtet hallen, Bewegungen und Be-
strebungen, die sich in der Literatur oder in der Organisatioo
des höheren Schulwesens ankündigen, selbständig zu verfolgen
und nach den besten Hitarbeitern für wissenschaftliche und prak-
voD.R. Ullrich. 1S9
tische Fragen Umschau 2u halteo, sondern die Menschen und
Dinge an sich herankommen lassen und in dem Bestreben, dem
Leserpublikum oder auch höheren Autoritäten nicht zu nahe zu
treten, vor selbständiger, gründlicher Arbeit lieber das „Lesbare'^
- — wie. man sagt — bevorzugen, das dem Durchschnittsleser nicht
zu viel Arbeit zumutet. Hier stellt sich nun das regelmäßig
wiederkehrende Programm auch für den an sich nicht zur
Schriftstellerei neigenden, aber sonst kenntnisreichen Lehrer als
denkbar beste Gelegenheit ein, ohne Beengungen der vorher ge*
nannten Art einmal in seinen Liebiingsstudien, mögen sie nun
einem fachwissenschaftlichen Problem gewidmet sein oder mit der
Arbeit der Schule unmittelbarer zusammenhängen, einen gewissen
Abschluß zu suchen, die Gedankengänge schriftlich zu fixieren
und die Arbeit, falls sie hinreichend ausgereift ist und zu neuen
Ergebnissen führt, auch drucken zulassen; um den Ballast wert-^
loser Programme zu vermehren — werden die Gegner des Pro*
grammwesens sagen! Doch diese angebliche „Wertlosigkeit'^
konnte ja oben auf ihr richtiges Maß zurückgeführt werden. Daß
ein tüchtiger Lehrer der genannten Art, dem die produktive
Tätigkeit zunächst fern lag, allzuoft in die Lage kommen
wird» sie im Programme zu üben, ist ja übrigens kaum zu be-
furchten. Ein-, auch zweimal während seiner ganzen LehrerlaufT
bahn, häufiger wird es schwerlich sein; denn es liegt weder im
Interesse der Schule noch der wissenschaftlichen Weiterbildung
der Lehrer, daß die Abfassung allzuhäufig in derselben Hand liege
und der Direktor oder ein älterer Professor — wie es besonders
früher häufiger geschehen ist, vgl. o, S. 129 — das Programm
gewissermaßen pachte. So ausgezeichnete Leistungen auch gerade
durch diesen Brauch — der in diesem Zusammenhange doch
eher ein Mißbrauch zu nennen ist — heryorgebracht worden
sind, es ist doch wünschenswert, daß tunlichst alle Mitglieder
des Kollegiums zu Worte kommen. An geeigneten tüchtigen
Kräften fehlt es ja wohl nicht, wenigstens in der älteren
und mittleren Lehrergeneration ^). Denn daß auch diejenigen,
^) Wie sich die jäagste, onter dem Einfloß der letztea Pröfoogsordouuj;
iD Prenfseo (vom 12. September 189S) ios Amt and sehr leicht ins feste.
Amt gelaog^e Lebrergeoeration des neaea Jahrhnoderts za dieseo Fragen
stelleo wird, muß abgewartet werdea. Manche scharfen Beobachter (mit
mehreren habe ich auch über diese Frage mich zu verständigen gesacbt)
glauben bemerkt zu haben, daß hier ein unerfreulicher Umschwung sich vor-
zubereiten scheine. Wenn es richtig ist, was im allgemeinen ja durch die
Erfahrung aller Realpolitiker bestätigt wird, daß geringere Anforderuogea
auch ein Sinken der Leistungen im Gefolge zu haben pflegen, möchte man
vielleicht wiinscheo, daß die erwähnte Prüfungsordnung, die in nicht zu
verkennender, wohlgemeinter Rücksicht anf die Standesinteressen ein ein*
heitliches Mindestmafs der Anforderungen festsetzte (ein Fach für alle
Klassen, zwei für mittlere), in ruhigeren Zeiten eine Ergänzung mindestens
insoweit erfahre, daß zwei Fächer für alle Klassen und wenigstens
eins für die mittleren die condicio sirie qua non des Bestehens der
JffQ ProgrtLmmw989ü and Programmbibliothek d. höh. Scholoa,
die sich im allgemeinen nicht zur Produktion berufen glauben,
wenigstens ein- oder zweimal — falls sie es an anderen Orten
nicht ton — im Programm Gelegenheit finden, eine Probe ihrer
Leistungsfähigkeit zu geben, ist gerade auch um ihrer selbst willen
wertvoll. Man beachte folgendes. Für Hunderte von Lehrern,
die sich bisher weder im Programm noch sonst literarisch be*
tätigt haben, sind die Examensarbeiten die letzten zusammen-
hängenden größeren Arbeiten überhaupt gewesen^); arbeiten später
z. B. die Lehrer des Deutschen, der Geschichte, der Religion die
Vorträge, die sie den Schülern halten, aus, in formvollendeter,
bis ins kleinste wohldurchdachter, fein abgewogener Darstellung?
Gewiß tun es manche, aber schwerlich alle; nicht wenige lassen
es wohl bei einer wohlerwogenen Disposition bewenden und
zeichnen vielleicht nur hier und da den Gedankengang genauer
auf. Und diejenigen, die lateinische und griechisclie Scbriflsteller
im Unterricht erklären, haben ja an sich überhaupt noch weniger
t^elegenheit, die doch gerade für jeden Lehrer so notwendige
schrifüiche, bis ins kleinste ausgeführte Darstellung zu oben, die
nicht bloß dem Inhalt, sondern auch der Form voll gerecht wird.
Wer sich auf die rezeptive Seile beschränkt, dem wird doch ein
wesentliches Stück an seiner strengen methodischen Weiterbildang
fehlen, er mag noch so fleißig die Werke anderer für seinen
Unterricht lesen und exzerpieren; und das wird in manchen
Fällen gewiß auch auf seine mündliche Darstellung vor den
Schülern oberer Klassen nicht gerade günstigen Einfluß üben.
Selbst wer sich häufiger schriftstelleriscb betätigt und eine gewisse
Gewandtheit erlangt hat, das gesammelte und kritisch gesichtet«
Material zu zusammenhängender Darstellung zu verarbeiten,
empfindet wohl immer wieder eine gewisse Schwere in seiner
Feder, wenn er einmal längere Zeit pausiert hat Und daß
Arbeiten, die veröffeoüicht werden, der Kritik (die sachliche,
wirklich fördernde meine ich, vgl. o. S. 278 Anm.) unterliegen,
ist doch wohl auch ein nicht gering einzuschätzendes Moment,
weil es den Verfasser zu strengerer Selbstkritik veranlaßt, als
PräfoDg wäre. Zu dieser Leistaos mnfs oaeh vierjährigem Staditm
jeder gelaogei kSooen, oder er geb5rt io den Orgaoismas eiaer hSfaerea
Schale and in den höhereo Lehrersttod oieht hineiD. Daß schoa heate
maache Kaadidaien sieh mit jenem Miadeatmafi begaüiceo nod a«f Graad
deaaeo uomittelhar nach dem Prob^ahr feat aoseatellt werdeo, iat im later-
ease der Schale aad aoch der weiteren Entwicklang des Standes aieht
gerade erfreulich. Sollte die Zahl solcher Oberlehrer sich stark vermehrea.
so würden gar bald manche Direktoren in Verlegenheit kommen, die eiazelaea
Unterriehtafächer, beaoadera in den oberen Krassen, erdnangsmiifiig sn be-
setzen. Man darf aber hoffen, dafi die oaeh dem jetzigen, immer aoeh aicbt
ganz beseitigten Lehrermangel wohl wieder eintretenden normaleren Ver-
hältnisse die wichtige Angelegenheit von seihst regeln werden.
^) Daaa kamen etwa noch die Arbeiten, die in Preofsen gegen Ende
des Seminarjahres and am Schlafi dea Probejahrea von den Kandidatea
angefertigt werden.
von ft. Ullrich. 191
sie bei der bloß rezeptiven Art der Arbeit geöbt wird. Von der
ikritiic der wissenschaftiicben Leistuugeo des Lehrers durch die
Sdiuler, etwa im Unterricht der oberen Klassen, sehe ich hier
ab. Die Schulbehörden, denen ein Teil der moralischen Ver-
antwortung zttfilit auch bei der Frage, durch welche Mittel eine
möglichst gediegene Weiterbildung des höheren Lehrerstandes
und damit die Förderung der Zwecke der höheren Schulen selbst
zu erreichen sei, haben, meine ich, den Mitgliedern des Standes
einen wertvollen Dienst dadurch erwiesen, daß sie ihnen in der
Programmeinrichtung fortgesetzt Gelegenheit gaben, sich von
Amts wegen an der Lösung wissenschaftlicher und praktischer Auf-
gaben zu beteiligen. Es ist auch von Wert, daß das Programm
ein Mittel mehr ist, die Kollegen derselben Anstalt wie
anderer Schulen einander näher zu bringen. Den Unter-
richt unserer Kollegen, was doch so wichtig wäre, lernen wir ja
aus eigener Anschauung kaum kennen; den sieht selten der
Direktor, noch seltener der Schulrat. Was unsere Standesgenossen
in Zeitschriften der verschiedensten Art von wissenschaftlichen
Leistungen, praktischen Erfahrungen und organisatorischen Vor-
schlägen mitteilen, kann nur immer einem kleinen Teile der
anderen wirklich bekannt werden. Gerade darum scheint mir das
Programm als eine Art Sammelpunkt zwar mannigfaltiger,
aber doch durch wissenschaftliche und praktische Arbeit^) der
Mitglieder ein und desselben großen Standes zusammengehaltener
Interessen so wichtig — immer vorausgesetzt, daß die äußere
Organisation, besonders soweit die Programmbibliotheken der
einzelnen Schulen in Betracht kommen, so beschaffen ist, wie
es zur Erreichung des idealen Zweckes notwendig ist. Daran
fehlt freilich noch manches (vgl. Teil HI). Und je mehr weiter-
hin die Mitglieder des Standes aus gelehrter Isolierung heraus-
treten, die sozialen Probleme der Zeit zu erfassen suchen und
die notwendige Verständigung mit dem Publikum als einen
wesentlichen Teil ihrer Aufgaben ansehen, die nicht auf die
Schulstunden und überhaupt den engeren, fester umschriebenen
Kreis dienstlicher Pflichten sich zu beschränken hätten, um so
leichter werden sie im Programm einen vortrefflichen Mithelfer
erblicken. Welches Verdienst sich Direktoren, die selbst trotz
der Akten und der Kanzleiarbeit die Fühlung mit der
Wissenschaft nicht verloren haben') und sich gegen neue,
^) Da0 die ADSchaauag, es lägea in den ProgrammeD so za sagen nur
Abfälle vor, dasjenige „was sonst nicht anterkommt", ganz irrig ist,
konnte oben gezeigt werden (S. i42ff.)<
') Es wäre dtrom sehr wünschenswert, wenn anf diesen Pnnkt künftig
bei der Berafong ond BestÜtigiing der Direktoren wieder etwas mehr tie-
wieht gelegt würde. Sehr treffend bemerkte einmal Penisen (a. a. 0. S. 13):
„ . . . tüchtige wissenschaftliche Leistoogeo sind ein Moment von nicht zv
antersehützender Wichtigkeit: vor allem, sie geben im Kollegium
gleich ein personliches Gewicht, wie es nieht so leicht durch
192 Programmwesoa und Prof^rammbiililiothek d. höh. Schaleo,
nach Geltung strebende organisatorische, auf immer voll-
kommenere Ausgestaltung des höheren Schulwesens
abzielende Erwägungen nicht engherzig verschließen» um ihre
Kollegen, besonders die jüngeren^), auch nach deren Seminar*
und Probejahr noch dadurch erwerben können, daS sie diese zur
Lösung von Aufgaben, die für das Programm geeignet sind, an-
regen, möchte ich noch besonders bemerken. Es gibt so viele
tüchtige Kräfte, die im Interesse des Ganzen etwas leisten könnten,
aber brachliegen bleiben, weil sie sich selber nicht immer die
richtigen Aufgaben zu stellen vermögen, während sie durch den
rechten Anstoß von selten derjenigen, die sie an den richtigen
Platz zu 'Stellen wissen, zur Entwicklung, zur Entfaltung und da-
mit allmählich auch zu größerer Selbständigkeit gebracht werden
können. Sehr richtig ist schon früher bemerkt worden, daß durch
die Gelegenheit des Programms mancher sich so zu sagen
„selbst entdeckt" habe, dessen Fähigkeiten sonst schwerlich je
zur Geltung gekommen wären. Voraussetzung solcher werbenden
Tätigkeit, die auch den wissenschaftlichen Zusammenhang von
Vorgesetzten und Untergebenen nur günstig beeinflussen kann,
ist freilich eine größere Stetigkeit in demselben Amte.
Die vielen Neugründungen von Anstalten besonders im letzten
Jahrzehnt haben naturgemäß in dieser Beziehung viel Wechsel
gebracht, der ja auch sein Gutes hat. Es ist anzunehmen, daß
darin allmählich wieder eine gewisse Ruhe eintreten wird, die
von dem anderen Extrem des Stillstandes recht weit entfernt
sein kann, aber für das innere Gedeihen der Anstalten und auch
das Verhältnis der Lehrer untereinander recht nötig ist.
Es wird sich also doch wohl nicht leugnen lassen, daß die
produktive Tätigkeit des Lehrers, sei sie auch nur be-
scheidensten Umfanges und käme sie nur gelegentlich in
einigen Programmen zum Ausdruck, wenn nicht notwendig, so
doch in hohem Grade für ihn selbst nützlich wie für
den Stand und seine wissenschaftlichen und sozialen
Aufgaben aufserordentlich fruchtbringend ist.
Aber ist sie, was insbesondere die Programmarbeiten
angeht, auch möglich? Oder sind gewichtige oder gar zwin-
gende Umstände vorhanden, die ihre Fortsetzung widerraten, wie
etwa Mangel an wissenschaftlichen Hilfsmitteln, geeigneten Stoffen,
vielleicht sogar die Rücksicht auf die Tätigkeit des Lehrers im
Unterricht (für die ich doch die produktive Tätigkeit gerade als
andere Verdieoste erworben wird^^ Die Methode der Stellenaiu-
Schreibung erzeugt manche bedenkliche Miflstände, die ich hier nioht näher
za charakterisieren braache, die aber in ihren anerfrenlichen Erscheinnageo
allem andern eher dienen als der Pörderong persönlicher Tüehtigkeit oder
des Standes im ganzen.
') Dafi diese solche Anregungen als „Bevonnandnng'^ aalTaaaen konnten,
besorge ich im allgemeinen nicht.
voQ R. Ullrich. 103
förderlich glaubte nachweisen zu können), auf seine Gesundheit,
sein Geld?
Zunächst die Wahl geeigneter Stoffe. Nach den Proben,
die oben (S. dff., 145fS.) gegeben sind, brauche ich darüber nicht viel
Worte zu machen. Sie sind auch in unserer Zeit literarischer
Oberproduktion für den Schulmann in solcher Fülle da, daß man
es wirklich kaum versteht, dafi dieser Gesichtspunkt auch nur
geltend gemacht werden konnte. Man braucht in der Tat auf
Dutzenden von Gebieten, wissenschaftlichen und schultechnisch-
praktischen, nur zuzugreifen. Freilich fallen auch hier die Früchte
nicht in den Schoß. Wer schon bald nach der ersten Anstellung
es nicht mehr versteht, einen gewissen Zusammenhang mit den
Universitätsstudien im ganzen zu wahren und womöglich wenigstens
auf einem Gebiete dauernd heimisch zu bleiben, es auch ver-
absäumty beizeiten in Verbindung mit seiner Tätigkeit als
Lehrer und Erzieher der einen oder anderen Seite eines so
reichen Organismus etwas selbständiger nachzudenken, ist in übler
Lage, wenn der Direktor ein halbes Jahr vor dem Erscheinen des
nächsten Programms in der Konferenz anfragt (übrigens ein
höchst nndiplomatisches Verfahren), wer von den Kollegen es
schreiben wolle ^); in noch üblerer freilich die Schule, die ihn
zu ihren Mitgliedern zählt. Gewiß kann man nicht von allen,
nicht einmal von der Mehrzahl erwarten, daß sie zu jeder Zeit
bereit oder auch — bei mancherlei äußeren Hinderungen —
überhaupt in der Lage wären, eine Abhandlung so zu sagen aus dem
Ärmel zu schütteln. Aber es muß doch ein geistiger Fonds
vorhanden sein, aus dem man nehmen und in einigen Monaten ge-
stalten kann, sobald eben die günstige äußere Gelegenheit da ist.
Was weiter die äufseren flilfsmittel betrifft, d.h. in
diesem Falle zunächst die Lehrerbibliotheken (auch die
Programmbibliotheken) der einzelnen Schulen, so darf gern
zugegeben werden, daß hier besonders an manchen kleineren
Orten, die von bedeutenderen wissenschaftlichen Bibliotheken
entfernter sind, noch gebessert werden kann — wiewohl schon
oben bemerkt worden ist, daß es sich in gar vielen Fällen nicht so
sehr um Vermehrung der Mittel handelt als darum, die vorhandenen
besser zu verwenden. Außerdem ist aber gerade in den letzten
Jahrzehnten für die Förderung der Lehrerbibliotheken und ihrer
Benutzer auf dem Wege des Leihverjcehrs mit den grofsen
wissenschaftlichen Bibliotheken fast in allen Staaten so
viel geschehen'), daß ein wesentlicher Teil der Einwendungen,
die in den sechziger oder siebziger Jahren gegen das Programm-
^) Eioe derartige (weoif^ erfreuliehe) Szene schildert z. B. P. KoÜtel,
f^on der wittentchqftUchen Tätigkeit der höheren Lehrer, Päd, Jrch. XLV
(1895) S. 174, eio Aufsatz, der io bezog auf das Pro^rammweaen die Irraogen
der Zelt getreolieh teilt.
*) Für Preafseo z. B. vgl. o. S. 148 Anm. 1.
Zf&tMlmft £ d. GyrnnMiBlifMeii. LXL SupplemeutsheO. ij
i^4 ProgranmweseB aocl Prograinnibibliotk«k d. h6h. Sckalea,
schreiben wegen des Fehlens ausreichender literarischer Hilfs-
mittel mit einem gewissen Recht gemacht werden konnten, heute
von selbst wegfallt. Naturlich ist auch der Leihverkehr noch des
Ausbaus flhig, und selbst dann wird er niemals alle die Vor*
teile bieten können, die der am Orte einer großen Bibliothek
selbst Lebende von deren Benutxung hat. Aber zu tn^denken
bleibt, daß ja auch nicht alle Programmarbeilen in bibliographischer
Beziehung so große Aiiforderungt^n sli'Uen, daß man nicht auch
mit der Lehrerbibiiothek seiner Scliule auskommen könnte —
unierstötzt von der eigenen Privatbibliot|hek. Von der
letzteren ist in der ganzen Diskussion über das Programmwesen
kaum die Rede gewesen. Ist die Lust, solche Sammlungen an-
zulegen und mit Liebe auszubauen, dem heutigen Lehrergeschlechte
abhanden gekommen? im ganzen doch wohl nicht (ich halte im
Geiste unter den Böcherschätzen meiner Bekannten der Großstadt
Umschau), wenngleich nicht zu verkennen ist, daß der gewaltige
Aufschwung des wissenschaftlichen und Volksbibliotbekswesens
seit 20 Jahren^), die fortwahrend gewachsenen Vermehrungsetats
und die stetig gunstiger gewordenen Ausleihebedingungen das
Publikum, auch das gelehrte, immer mehr sich daran gew^oen
lassen, von den großen Sammlungen so gut wie alles za ver-
langen und den eigenen Bücherbesilz tunlichst einzuschränken, ohoe
doch gerade deshalb die ersparten Gelder immer anderen geistigen
Werten zuzuführen. Mir scheint aber doch auch heute noch der
Besitz einer wenn auch kleinen, aber auf individuelle Bedürfnisse
berechneten Privatbibliothek gerade für jedes Mitglied des höheren
Lehrerstandes, der neben dem ärztlichen Stande vielleicht am
meisten durch seineu Beruf darauf hingewiesen ist, dem Fort-
schritt zu folgen, eine Notwendigkeit. Üieser Besitz, der wirklich
jeder Zeit nutzbar ist, sichert, und sei das Gebiet noch so eng,
Vorteile, die die größten Sammlungen und der ausgedehnteste
Leihverkehr niemals gewähren können, und besonders die in
kleinen Städten ohne große Bibliotheken lebenden Amtsgenossen
werden auch in Zukunft seiner nicht entraten können, als eines
sicheren Gegengewichtes gegen mancherlei Öde, die das geistige
Niveau hier herabzudrucken droht'). Äußerlich ist ja wohl heute
jeder von uns in der Lage, einen angemessenen Posten dafür in
seinen Etat einzustellen, mehr jedenfalls als die Kollegen vor 30
oder 50 Jahren, die es trotz äußerster Enge der finanziellen
Verhältnisse zu tun meist für ihre Pflicht hielten. Und wenn ich
z. B. vorschlage, mau möchte in den kleinen Städten einen Teil
der scheinbar kleinen, aber bei längerer Gewöhnung recht er-
^] Vgl. Benutzung u. Einrichiung usw, (s. o. S. 85 Anm. 1) S. Iff.
(— Z, /. d. Gymn,'IF. LVIII (1904) S. 673 ff.).
*) Bio «ach wissenschaftlich sehr tätiger Direktor eioer kJeineren
ProvioKialstadt schrieb mir kürzlich: „Sie haben keine Vorsteltnng, wieviel
Zeit hier mit dem Früh-, Dümmer- und Ab^ndscüioppen vertrödelt wird*'.
von R. Ullrich. iSQ
heblichen Opfer, die dem Stammtisch zageföhrt werden, der Aus-
stattnng der Pn?atbibliothek zuwenden, besonders mit größeren
Werken aus den Fachwissenschaften und dem Gebiete des Schul-
wesens (die eine oder andere Zeitschrift nicht zu vergessen), so
hoffe ich nicht für einen Pedanten gehalten zu werden, der be-
rechtigter Lebensfreude abhold ist oder den Wert persönlicher,
auch außeramtlicher Aussprache mit Facbgenossen und anderen
Lebenskreisen verkennt, sondern ich möchte nur die Bedeutung
recht eindringlich hervorheben, die der eigene Besitz, das dauernde
enge Verhältnis, das man nur zu ihm im Laufe der Jahre ge-
winnt, gerade für die wissenschaftliche Fortbildung des Lehrers,-
den organischen Zusammenhang seiner Studien und die Leichtig-
keit auch selbständiger, produktiver Tätigkeit hat Hätte man
dies wichtige Moment nicht völlig außer Acht gelassen, so wäre
man schwerlich, wie doch wiederholt geschehen ist, zu der
wunderlichen Forderung gekommen, die Behörde, die Programme
aoitlich fordere oder erwarte, solle dem Verfasser auch die Kosten
der zu diesem Zwecke angeschafften Werke ersetzen!^) Konse-
quenterweise müßte man dann auch verlangen, daß die Aufwen-
dungen för die Werke, die etwa bei der Vorbereitung der Themen
der Direktorenkonferenzen von den einzelnen Lehrern gebraucht
werden, ja schließlich för alle Werke, deren sie bei der Vor-
bereitung auf den Unterricht (z. B. in den oberen Klassen) be-
nötigen und die ihnen die Anstaitsbibliothek oder eine größere
Sammlungnicht liefert(und dauernd ja doch überhaupt nicht liefern
kann), ersetzt würden. Da wäre ein Ende nicht abzusehen.
Aber ist nicht der Beruf des Schulmannes heute so
aufreibend, daß man produktive wissenschaftliche Leistungen
von ihm kaum noch hoffen, geschweige denn von Amts wegen er-
warten oder gar fordern kann? Was über diesen Punkt in der
Diskussion gesagt worden ist, und besonders wie es gesagt worden
ist, muß allerdings den Eindruck erwecken, daß wir heute ein
überbürdetes, vom Racker Fiskus bis zur letzten Neige der Kraft
ausgesogenes Lehrergeschlecht sind, das demnächst zusammen-
brechen muß, dessen Ende sämtliche Kultus- und Finanzminister
dann schwer auf dem Gewissen hätten. Steht es so? Jeder-
mann weiß, daß die Anforderungen an die Berufstätigkeit des
einzelnen gewachsen sind; wir leisten — um uns einmal selbst
zo loben — im ganzen zweifellos mehr als die Kollegen vor
30 oder 50 Jahren — wie das eben in allen Berufen so ist
und so sein muß. Die Klassen sind größer, die Anforderungen
an die methodische Ausbildung, auch in den sog. Nebenfächern,
umfassender, die Schulwege — ein recht wesentlicher Gesichts-
1) So wirklich za lesen im Päd, ß^ochenbl VII (1897/8) S. 1S2, wo
eiik KoUege seioeo Aafwaod für das Programm auf 100 JC., ein anderer
auf über 150 w^. berechnet! (s. o. S. 126 Nr. 117).
13*
i^ß Prof rammweseD ond Prof ramabibliothek d. hSh. Schalaa,
puDkl in den großen Städten — immer weiter, zeit- und kraft-
raubender geworden. Und daß in Deutschland eine gewisse
Herabsetzung der Stundenzahl, etwa von 24 (22) und 22 (20)
auf 20/18, angestrebt wird — wenn man auch zu den niedrigen
Zahlen Österreichs^) wohl nicht gut kommen kann — scheint
durchaus berechtigt. Wer aber nur einen Blick in die Literatur
des Tages tut und dabei sieht, was trotz alledem die Mitglieder
unseres Standes, und zwar nicht bloß Oberlehrer, sondern gerade
auch die doch weit stärker amtlich in Anspruch genommenen
Direktoren, an fachwissenschafllichen Werken und Arbeiten aus
dem Gebiete des Schulwesens seihst herausgeben, in welchem
Umfange sie sich an Vorträgen in wissenschaftlichen und Standes-
vereinen beteiligen, Beiträge zu Sammelwerken, Zeitschriften und
Programmen liefern, der wird denen wohl schwerlich folgen,
die dem Leser vorrechnen — zahlenmäßig sogar^ — mit wie
vielen Stunden der Lehrer täglich durch Korrekturen, Vorberei-
tungen auf die Unterrichtsstunden, Konferenzen, Prüfungen usw.
belastet sei, derartig, daß er Nächte hindurch arbeiten, „Raubbau
an seinem Körper treiben''') mösse, wenn er dazu noch — ein
Programm schreiben solle; man denke, von 2—4 Bogen
Umfang, ein- bis zweimal während seiner ganzen Dienstzeit! Man
könnte über solche Yersliegenheiten, die einen stark agitatorischen
Charakter haben, ruhig zur Tagesordnung übergehen (allenfalls
ihnen bekannte Horaz- oder Juvenalzitate anhängen), wenn die
Tatsachen nicht lehrten, daß sie -— wenn häufiger vorgebracht
— auch sonst ruhiger Urteilende anstecken. Es tritt auch hier
wieder das gefährliche Verallgemeinern vereinzelt vorkommender
Tatsachen hervor. Natürlich gibt es an jeder Schule Zeiten, zu
Anfang und Schluß der Semester, vor Prüfungen usf., wo der
einzelne stärker belastet ist; die Mitglieder jüngerer, „i. E/' be-
griffener Anstalten, die fast jedes Jahr neuen Unterricht über-
nehmen müssen, haben, soweit besonders die oberen Klassen in
Betracht kommen, ein erheblich höheres Maß an häuslicher Arbeit
*) Wobei «Qch oicht tn verge§sea ist, daB nosere österreiehiseheo
Kollege» ein erheblich geringeres Gehalt besieheo al§ wir io Preoßeo,
trotzdem die Lebeosbaltung, weoigsteoa io deo grSfiareo Stadteo, dort
kaineiiwegs billiger ist als io deu entspreeheuden deulscheo Verhältoissea.
') Der obeo (S. 193 Aom. 1) erwähnte (oamealose) Aotor rerbnet
siebeo Stoodeo und mehr aossch ließ] ich für deo regeimüfsigea
Schuldienst herausl Diese Täiigiieit mös^ie der Lehrer veroaeh-
I US« igen, ^eon er — ein Prnrramm zo schreiben habel
3) So nach R. R. {P&d. fTochenbL X (1900/1) S. 2ö7; s. o. S. 127,
Nr. 124), der dann befürwortet, der Lehrer solle wÜlirend des betr. ganzen
Schuljahres nm mindestens zwei Wochenstnnden entlastet werden! Ich
rdrchte, diese Erleichterung würde solchen, die sich durch das Prograaa
derartig beschwert rühleo, auch kaum etwas helfen. Viel eher scheint mir
eioe solche Entlastung denen gegenüber geboten, die der Staat als Mit-
glieder in die wissenschaftlichen PrüfnogskommissioDeo für das
höhere Lehramt beruft (s. o. S. 18ö mit Aom. 3}.
voD R. Ullrich. ISJ
za leisten als diejenif^en, die Jahre, ja Jahrzehnte hindurch (man
▼gl. die Jahresberichte) auf der Domäne des immer gleichen
Unterrichts in gleichen Klassen ausruhen — cum grano salis zu
▼erstehen ^). Aber das alles sind „Belastungen'* vorübergehender
Art ; im übrigen ist besonders die Art, wie sich der einzelne
mit seinen .20 — 24 Unterrichtsstunden und mit dem, was vor-
und nachher von ihm gefordert wird, abfindet, durchaus indivi-
duell, von Begabung, Fleifs und vor allem weiser Aus-
nutzung der Zeit abhängig. Auch darf wohl daran erinnert
werden, dafi wir Ferien haben, ein volles Vierteljahr sogar!
Aber freilich, die sind zur „Erholung^' da. Als ob selbstgewählte
geistige Tätigkeit, die wir gerade wegen der Ferien in so um-
fassender Weise leisten können, nicht an sich eine Erholung
wäre, manchmal im Gegensatz zur amtlichen, die dem Lehrer
wie jedem Beamten doch ganz naturlich auch Arbeilen auferlegt,
die ihm durchaus nicht „liegen'^ DaB die literarische Tätig-
keit des Lehrers (ich rede hier nur von der wissenschaftlichen
und mit dem Schulwesen zusammenhängenden) seinen Unter-
richt schädige^, ist auch eine von den Erfmdungen, mit denen
uns der Kampf gegen die Programme begluckt bat Natürlich
kann das vorkommen — obwohl mir kein Fall dieser Art
bekannt ist — besonders wenn ein Verfasser auf entlegene
Liebhabereien verfällt, die mit der Arbeit der Schule in gar keinem
Zusammenhange mehr stehen. Im allgemeinen wird es aber doch
wohl richtig bleiben, was durch unsere eigenen Erfahrungen als
Schüler wie als Lehrer bestätigt wird, daß der anregende, oft
vorbildliche Einfluß, den produktiv tätige, an allen Forlschritten
der Wissenschaft wie der Schule selbständig irgendwie beteiligte
Schulmänner auf die Schüler der oberen Klassen und nicht selten
auch auf viele ihrer Kollegen (wer wüßte nicht Beispiele?) aus-
üben, ein wertvolles Moment des gesamten Schullebens ist, von
dem man im Interesse des Ganzen nicht wünschen möchte, daß
es jemals sich geringer geltend machte oder gar verschwände,
um einem alle in gleicher Weise umfassenden Durchschnittsmaß
Platz zu machen. Es wäre ja auch durchaus wider die Natur,
wenn die Gründlichkeit der Methode, die Vorsicht in der Unter-
suchung und Schlußfolgerung, die immer wachsame Kritik, die
bei der Abfassung wirklich wertvoller Arbeiten') und so auch
der Tausende von guten Programmabhandlungen von den Ver-
fassern betätigt worden ist, sich nicht ganz von selbst auf
deren Arbeit in den oberen Klassen übertrüge. Daß übrigens
1) Vgl. dazo anch o. S. 288 (der Sooderaosd^abe) Aom. 1.
') Vgl. z. B. deo obeo S. 195 A. 1 sitierteo Aofsats, der diesen schädi-
geaden Eioflofi sogar beim Schreiben des einen Programms feststellt!
*] Ab die obeo S. 1^ A. 3 charakterisierten, weder durch eigenes Be-
diirfais ihrer Verfasser noch durch tatsächliches hervorgerafoaea denke ieh
hier aatiirlich nicht.
198 Programmwesea UDd Programmbibliothek d. höh. Schuleo,
gerade die Mitglieder des höheren Lehrerstaades von jeher sich
auch produktiv in solchem Grade betätigt haben, ist in seiner
ganzen Entwicklung und seiner eigenartigen Stellung selbst be-
gründet. Talent und Begabung verlangt nach umfassender Be*
täligung, auch nach Teilnahme und Anerkennung weiterer Kreise.
Schon die Lehrer, die lange vor uns waren und so gern als
selbstgenilgsame, im engsten Kreise der amtlichen Tätigkeit zu-
friedene Naturen geschildert werden, wußten das. An äußeren
Ehren, wie z. ß. Beförderungen, haben wir ja doch weit weniger
zu erwarten (viele von uns trachten nicht einmal danach) als die
Hitglieder anderer Beamtenklassen ; das ist so oft gesagt und ja
sogar zahlenmäßig einwandfrei nachgewiesen worden, daß hier
nur daran erinnert zu werden braucht. Die freieren akademisch
gebildeten Berufsarten, der tüchtige Arzt, der Anwalt uam., haben
schon durch die Art ihres Berufes, der sie mit allen Lebens-
kreisen in Berührung bringt, ganz anders Gelegenheit, ihr Wissen
uud Können zu zeigen, und besitzen in dem Ansehen, das sie ge-
nießen, in den Erfolgen, die ihnen zuteil werden, ein wesentliches,
notwendiges und sie zu immer neuer Anstrengung befähigendes
Gegengewicht gegen die kleinen und kleinsten, oft ärgerUchen,
mechanischen, abstumpfenden Hüben der laufenden, sich auch
hier immer wieder gleich bleibenden Praxis, so daß sie literarischer
Tätigkeit kaum bedürfen, wenngleich sie auch von ihnen oft in
umfassender Weise geübt wird. Für den Schulmann dagegen,
der seinen Überschuß an geistiger Kraft und auch der nnter
normalen Verhältnissen — wenn wir ehrlich genug sind — doch
wirklich vorhandenen Zeit nutzen will, wird in dieser Richtung
die literarische Tätigkeit auch in Zukunft die beste und würdigste
bleiben, würdiger jedenfalls und für ihn selbst, die Schule und
die Ehre des Standes fruchtbarer, als etwa das Stundengeben und
Pensionärehallen, das der Natur der Sache nach zwar nie ganz
wird verschwinden können, aber doch immer noch recht erheb-
licher Einschränkung bedarf. Daß es zahlreiche tüchtige und
gewissenhafte Lehrer gibt, die auch heute noch in dem engeren
Kreise ihrer amtlichen Tätigkeit allein ihr volles Genügen finden,
braucht uns doch nicht gegen diejenigen einzunehmen, die darüber
hinaus nach Betätigung verlangen; um so weniger, wenn diese,
wie wir sahen, den heilsamsten Einfluß auf die Wissenschaft und
die Arbeit der Schule hat und so geeignet ist, gerade das Pro-
grammwesen in der Richtung, die es neuerdings immer mehr
genommen hat, zu fördern, auch den Zusammenhang mit den
Kreisen zu festigen, auf deren Hitwirkung die Schule hei der
Erfüllung ihrer erziehlichen Aufgaben angewiesen bleibt. Es liegt
auch, scheint mir, ein innerer Widerspruch darin, wenn manche
in einem Atem die gegen früher so sehr gehobene wissenschaft-
liche Qualifikation des höheren Lehrerstandes betonen, der einen
„Antrieb" nicht mehr nötig habe, und ihm doch zugleich die
voo R. Ullrich. Jffff
Höglicbkeit absprechen, sie gelegentlich auch nach außen hin zu
betätigen. Ehrlich gesagt, gereicht es dem deutschen und preußi*
sehen höhereu Lehrerstande nicht sonderlich zur Ehre, daß
gerade aus der Reihe seiner Mitglieder so viele „Belastungsgründe"
gegen das Programm gesammelt worden sind, obwohl die „Ver-
pflichtung", was ja auch in der geringeren Zahl der Programme
lum Ausdruck kam, hier gerade in den meisten Staaten seit 1875
(and z. T. schon seit frAherer Zeit) nicht mehr in dem Grade be-
stand wie I. B. in Österreich, wo man Wert und Bedeutung der
Einriehtnng auch in Lehrerkreisen viel mehr zu schätzen wußte.
Läßt sich also schlechterdings kein vernünftiger Grund im
besonderen gegen die Beibehaltung der Programmabhandlungen
anfuhren, so würde es sich m. B. jetzt in der Hauptsache darum
handeln, dafs die SchulbebOrden — soweit es nicht einfach
bei den bisher beobachteten Verfahren bleiben kann — eine
geeignete Form finden, noch bestehende Härten zu beseitigen
und so die Einrichtung denen wieder lieb zu machen, die sich
durch kleine äußere Anstöße leicht so weit verstimmen ließen,
daß sie auch ihren guten und erfk'eulichen Seiten nicht mehr un-
befangen genug gegenüberzustehen vermochten. Vor allem muß,
wie schon oben angedeutet ist, die Bestimmung, daß die Lehrer
,»der Reihe nach" zur Abfassung verpflichtet sind, da beseitigt
werden, wo sie überhaupt noch besteht; es kann, meine ich, so*
weit nicht schon bestimmtere Vorschriften in dieser Richtung
gegeben sind, der freien Vereinbarung der einzelnen Kollegien,
ev. der Konferenz M« überlassen bleiben, wer von den Lehrern gerade
die Abhandlung schreiben soll. Das in den letzten Jahrzehnten
doch wesentlich erstarkte Kollegialitätsgefühl wird sich, meine ich,
hier vor keine Entscheidung von unüberwindlicher Schwierigkeit
gestellt sehen.
Einer Fe'stsetzung darüber, wie'oft eine Abhandlung
erscheinen soll, bedarf es (soweit es nicht schon in beson-^
derer Weise geschehen ist, die ich im Interesse der Stetigkeit
nicht kritisieren will) m. E. ebenfalls nicht. Die Sache muß
sich, wie das bisher s. B. in Preufsen im allgemeinen erfolgt ist,
durch das Bedürfnis, auch nach den in den einzelnen Kollegien
jeweilig vorhandenen Kräften (auch die wechseln ja) und ihrer
1) So in Österreich, vgl. o. S. lOS, Nr. LXXXXVII. Man wird
das Mtürlieb wohl oieht ia detn Siooe sa veriteheo haben, daß erst iooer-
halb der betr. Ronfereot (etwa oach Anfrage des Direktors, vgl. o. S. iA?
aait Aom 1) in eine förmliche Beratnog darüber einzatreten sei, wer der
Piicht und dem Rechte der Anstalt in bezog auf das Programm genügen
wolle. Wer es sehreibeo will — es wird sich am besten immer am frei-
willige Angebote, in einem großen Rollegiom womöglich nm mehrere, za
bandeln haben — darüber müssen sieb Direktor nod Kollegen schon vorher
zwanglos verständigt haben. In der Konferenz hätte dann nur die offizielle
Erklärung des zur Abfassang bereiten Lehrers za erfolgen, die für ihn
bindend sein muß.
200 Progrtmmweseo und Programmbibliothek d. hSh. Schalen,
Neigung und Lust zur Sache regeln. Wes^tlich ist freilich, dafi
überall da, wo bisher nicht aus finanEiellen Rocksichteo Ein-
schränkungen in der Gewährung der Mittel erfolgt sind'},
diese (200— 300Jlf. für jede Anstalt) jährlich zur Verfögung
gestellt werden. Werden sie nicht benutzt, so fließen die Gelder,
falls man nicht grundsätzlich Freiheit zu anderweitigem Gebrauch
lassen will — die unter Umständen wünschenswert sein, der
Sache aber auch leicht gefahrlich werden kann — in die Kassen
der betr. Instanzen zurück. Schwierigkeiten bei der Etatsauf*
Stellung würden sich ja selbst bei der umfangreichsten in Be-
tracht kommenden Instanz, der Verwaltung der staatlichen Schulen
des preußischen Staates, kaum ergeben. Nur darf man selbst eine
gute Sache, die von solchen, die sie in ihrer Entwicklung und
Bedeutung gar nicht ausreichend kannten, häufiger ang^riffen
als von Kennern verteidigt worden ist, nicht einfadi gehen lassen
wie sie will. Es könnte wirklich sonst der Schein erweckt
werden, als bestünden die Kritiken der Gegner in wesentlichen
Punkten zu recht, während doch das Gegenteil nachgewiesen
werden konnte. Darum ist es nötig, daß nach langem Zwischen-
raum (vgl. z. B. 0. S. 147, S. 227 u. ö.) besonders in den nord-
deutschen Kleinstaaten, vielleicht auch selbst in Preufsea
von mafsgebender Stelle ein aufklärendes Wort er-
folge, das der Bedeutung der Einrichtung, die nach der ganzen
Entwicklung nicht zweifelhaft ist, gerecht wird nnd ihre Aufgaben
für die Zukunft bezeichnet. Vor allem wichtig aber ist die Aus -
dehnung, auch von Amts wegen, auf die Anstalten mit
sechsjährigem Kursus, besonders die Realschulen, die z. Z.
so erheblich hinter den Vollanstalten zurückbleiben. Auch sie
müssen als solche, nicht jeder einzelne Lehrer, zur Abfassung von
Programmabhandlungen berechtigt und verpflichtet sein. Noeh
vor neun Jahren konnte auf der hannoverschen Direktoren-
Versammlung (o. S. 126, Nr. 120) die Frage allen Ernstes er-
örtert werden, ob auch diese Schulen Abhandlungen herausgeben
sollten. Ist man aber überhaupt von deren wissenschartlichem
oder praktischem ¥^ert überzeugt (und das sind alle, die sie
wirklich kennen), so läßt sich in der Tat kein vernünftiger
Grund entdecken, warum die Realschulen auch in Zukunft
äußerlich so geringe Beiträge liefern sollten wie bisher. Sie
sind höhere Schulen, haben Lehrer mit derselben Vorbildung
wie die Vollanstalten, dazu ein Publikum, das an der Tätigkeit
der Lehrer und den Bestrebungen der Schule genau das gleiche
Interesse hat (oder haben sollte), wie das der Voilanstalten; viel-
leicht ist es bei ihnen, weil sie jünger sind, der Tradition mehrerer
Generationen noch entbehren und ihr Publikum im ganzen der Auf-
klärung wohl noch bedürftiger ist, fast noch notwendiger, dafi
') Cber diese vgl. o. S. 137, S. i^ff., 100 Adbi. 1.
voo R. üllrieb. 201
wirklieb alles geschehe, was die Beziehungen zwischen Schule und
Haus immer enger gestallen kann. Da bei den Realschulen die
Zahl der Gemeindeanstalten die der staatlichen noch weit mehr
übertrifft als das bei den VoUanstalten der Fall ist, scheint eine
zweckmäßige Regelung im einzelnen nicht ganz leicht. Zunächst
wäre notwendig, daB die einzelnen Regierungen fQr ihre freilich
wenig zahlreichen staatlichen Anstalten mit sechsjährigem Kursus
(doch s. 0. S. 168 A. 2) die Mittel fär Programmabhandlungen jähr-
lich oder, soweit es sich um kleinere Schulen mit einer geringeren
Anzahl von Oberlehrern handelt (etwa 12 oder weniger), vieUeicht
alle zwei Jahre in den Etat einstellten. Ob dieser Umstand die
Kuratorien der zahlreichen Kommunalanstalten dann von selbst dazu
veranlaßt, nach und nach in Ansehung der Wichtigkeit der Sache auch
für ihre Schulen die Kosten zu bewilligen (es würde sich an
jeder Stelle ja immer nur um verhältnismäßig wenige Anstalten
handeln, in den meisten Fällen nur um je eine), könnte man
zunächst abwarten. Sollte sich diese Erwartung im Laufe der
Jahre nicht erfüllen, so wäre der Staat zweifellos berechtigt, An-
regungen zu geben, welche auf das Erscheinen von Abhandlungen
auch an den städtischen bezw. Gemeinde-Realschulen hinwirkten,
ohne Zwang und Nötigung, nur in demselben Sinne, wie sich
2. B in Preufsen jetzt die Sache bei den Vollanstalten regelt. Es
ist auf die Dauer ein unhaltbarer Zustand, daß den Oberlehrern
der Realschulen in völligem Hißverhältnis zu ihrer Zahl nur in
dem bisherigen geringen Umfange Gelegenheit gegeben wird, sich
an einer Einrichtung aktiv zu beteiligen, die für alle höheren
Schulen durchaus die gleiche Bedeutung hat.
Die Programme sind ja doch, das hat man so oft ver-
gessen, nicht bloß persönliche Veröffentlichungen dieses
oder jenes Lehrers, sondern werden im Namen und
unter Verantwortlichkeit einer ganzen Schule her-
ausgegeben. Daß hier keine zurückbleibe, wenn es sich um
die Lösung der vor vielen Jahrzehnten schon richtig bezeichneten,
jetzt nur zeitgemäßer Ausgestaltung bedürfenden Aufgaben handelt,
liegt in ihrem eigensten Interesse. Einer der Kritiker des Pro-
grammwesens aus den sechziger Jahren, der gleichwohl selbst
mehrere wertvolle Beiträge geliefert hat (nach damaliger Lage der
Dinge auch zu liefern verpflichtet war), G. A. Klix, hat die Ab-
handln ngen unter anderem auch deswegen bekämpft, weil er
den 8. E. nach notwendigen, aber damals und noch bis in die
achtziger Jahre hinein stark gestörten Zusammenhang
zwischen ihnen und den Jahresberichten vermißte.
Wäre er heute unter uns, so würde er ihnen bei der Wandlung,
die ihr Inhalt seit dem Anfang der neunziger Jahre erfahren bat
(er hat sie z. T« noch miterlebt, sich aber nicht mehr dazu ge-
äußert), wohl anders gegenüberstehen und vielleicht finden, daß
eine derartige Mitarbeit der Lehrer, wie sie nun schon seit
202 ''rogrtinm weseo oDd.ProgrjBiiibibliothek d. hob. Sehalea,
V/i JahrzobnteD neben der Behandlung fachwissenschaft^kher Auf-
gaben in immer steigendem Umfange an allen methodiscben,
technischen, schulorganiaatoriacheo, schulgeachichtlichen Fragen
und Problemen gerade in den Programmabhandlungen stattfindet,
für jeden einzelnen von ihnen wie für die ganze Schule und ihr
Verhältnis zu ihrem gesamten Kreise segensreich und insbesondere
wohl geeignet ist, das naturgemfiB etwas schematiscbe, knappe,
oft auch dürftige und farblose Bild, das die Jahresberichte dar*
bieten, in erfreulichster Weise zu beleben. Doch wir brauchen
die Toten nicht zu zitieren; man darf hoflen, daß das lebende
Lehrergeschlecht aus der Entwicklung der letzten Jahrzehnte
selbst die Folgerung ziehe, daß es sich hier nicht nm eine
unw Ardige, ihm äußerlich aufgenötigte Pflicht, sondern um eine
durch die Tradition zwar geheiligte, aber in den Bedürfnissen
der Schulen noch heute liegende Aufgabe handelt, deren Existenz*
berechtigung zu verkennen ebenso Hangel an geschicbtlidiem
Verständnis bewiese, wie an Einsicht in die sozialen Aufgaben
auch der höheren Schule der Gegenwart.
G, Honorar« AntorreehU
Der im vorigen Abschnitte hervorgehobene Satz, daß die
Programmabhandlungen nicht rein persönliche und auf eigene
Gefahr oder Nutzen unternommene Arbeiten ihrer Verfasser
schlechthin sind, sondern im Namen der Schulen und mit Ver-
antwortUchkeit ihrer Direktoren unter weiteren Gesichtspunkten
herausgegebene VeröflTentlichungen, ebnet uns den Weg, die in
alter Zeit selten, in neuerer häutiger angeregte Frage der Hono-
rierung dieser Abhandlungen durch die zuständige
Behörde richtig zu beurteilen. Man hat gefragt, wie denn der
Lehrer dazu käme, ihm amtlich auferlegte literarische Produktion
gratis zu leisten^), während es doch sonst das gute Recht eines
Autors sei, ein Äquivalent för seine Arbeitsleistung in Gestalt eines
(vom Verleger gezahlten) Honorars zu verlangen, und hat dann
auch unter Hinweis auf einige Fälle, in denen tatsächlich Honorar
gezahlt wurde und wird'), zunächst zurQckhaltend, alimählich aber
immer dringender die allgemeine angemessene Honorierung
der Programmabhandlungen durch die Behörde verlangt. Auch
diese Forderung hängt mit dem gehobenen StandesbewuBlsein
zusammen, das einige seiner eifrigsten Vertreter durch lebhafte
Betonung der Honorarforderung noch mehr glaubten heben so
mössen. Einige sachlicher gerichtete Beurteiler der Frage
glaubten von der Erfüllung dieses Desideriums sogar eine Hebung
>) Vgl. z. B. Heior. Müller a. «. 0. S. 22](o.1^S. 127, Nr. 127).
>) Vgl. dazu Wiese, ß. höh. Sehalweien i. Prtußm 11 (1969) S. 70S,
Aom. 2, s. aacb o. S. 186, S. 199.
▼ OB R. Ullrieh. 203
des (nach ihrer Meinung geringen) Wertes der Abhandlungen er-
warten zu sollen^ während andere sich in dieser Beziehung
skeptischer äußerten. Ich kann daher nicht umhin, der Sache
einige Worte zu widmen.
Ich beginne mit der rechtlichen Seite der Sache. Das
Programm ist, wie bemerkt, keine private Veröffentlichung des
Verfassers, sondern diese erfolgt im Namen der Schule unter
Verantwortung ihres Leiters. In Preußen, Elsaß* Lothringen,
Sachsen, Bayern, Hamburg, Osterreich und anderwärts gehörte
die Abhandlung genau so wie der Jahresbericht, von dem sie
eiuen integrierenden Teil bildete, von Anfang an zu den von Amts
wegen festgesetzten Aufgaben der Schule und konnte deren
Mitglieder, den Direktor wie die Lehrer, insofern nur mäßig be-
lasten, als den einzelnen die Abfassung nur in sehr weilen
Zwischenräumen traf. Daß man die Berechtigung gerade dieser
Forderung leugnete — was an sich nicht verwunderlich ist, da
sich ja schließlich über jede amtliche Anordnung je nach dem
Standpunkt des Beurteilers streiten läßt — hing zu einem Teile
wohl damit zusammen, daß als amtliche Pflicht nur die Tätigkeit
des Lehrers in der Schule und die hiermit unmittelbar in Verbin-
dung stehende und nötig scheinende Arbeit betrachtet wurde,
Dicht aber eine im Druck erscheinende Abhandlung. Von dem
Gesichtspunkt des specimen eruditionis im alten Sinne, das eben
dazu dienen sollte, die Angehörigen eines noch wenig entwickelten
Standes im einzelnen wissenschaftlich zu heben und im ganzen
durch gegenseitige Mitteilung wenn auch zunächst meist be-
scheidener Leistungen in derselben Beziehung zu stärken, kann
ich hier absehen. Diese im unmittelbarsten, eigensten Interesse
des Standes liegende amtliche Anordnung war für ihre Zeit kaum
anfechtbar, ebensowenig, daß die Leistung als ein wesentlicher
Teil der amtlichen Pflichten angesehen wurde; sie besonders zu
honorieren, wäre geradezu widersinnig gewesen. Als dann später
ein specimen eruditionis mit Recht nicht mehr gefordert wurde,
blieben doch (in Preußen) die beiden andern Rücksichten be-
stehen, durch die die Neuorganisation von 1824 und 1826 mit-
bestimmt worden war, nämlich die HerbeifQhrung eines engeren
Verhältnisses zwischen den einzelnen Schulen und die Förderung
der Beziehungen zum Publikum (vgl. o. S. 139). Das haben die
Kritiker zumeist übersehen. Die Notwendigkeit aber, diese Zu-
sammenhänge aufrecht zu erhallen, liegt heute mehr denn je vor.
Wenn nun auch in Preußen und einigen anderen Staaten die un-
mittelbare Verpflichtung des einzelnen Lehrers, Abhandlungen
zu schreiben, nicht mehr besteht, aber doch durch Gewährung
der Büttel stillschweigend die Beibehaltung der Einrichtung an
den Schulen anerkannt wird, so ist nicht recht einzusehen, in-
wiefern die Regierungen etwa dadurch, daß sie das Verhältnis des
einzelnen Lehrers zu einer festen Einrichtung der Schule freier
20^ Programmwf sen nod Pro^rtmobibliothek d. hSh. Sehmlei,
gestaltet haben, mehr als früher io die Lage kommen sollten,
dafür ein Honorar zu gewähren — von den Kosten eiomai
ganz abgesehen, die in Preußen schon für die staatlichen Anstalten
im ganzen doch nicht unwesentlich ins Gewicht fallen und gewifi
auch ihren Einfluß auf die SUdte oben würden. In den Staaten,
in denen die Abfassung noch heute ein Teil der amtlichen
Pflichten der Lehrer ist (vgl. o. S. 144 ff., 169 A. 1), käme die
Honorarfrage überhaupt nicht in Betracht. Die Hinweise auf einige
wenige Internate, deren Lehrer die Abhandlung honoriert erhalten
(o. S. 186 u. 202 A. 2), bedeuten wenig. Es handelt sich hier
wie in zahlreichen anderen Angelegenheiten dieser Anstalten um
bestimmte, stiftungsmäßige, aus aller Zeit stammende Rechte —
die eine gewisse Verwandtschaft mit der Sitte zeigen, den Pro-
grammatarius an den Universitäten zu honorieren — die auf alle
Schulen zu übertragen ebensowenig Sinn hätte als wollte man
andere Besonderheiten solcher Schulen, die geschichtlich oder
sachlich begründet sind, kurzerhand bei allen anderen einführen.
Doch scheint mir die rechtliche Seite der Sache, wenn ich
sie so nennen darf, nicht einmal die wichtigste. Wesentlicher
ist wohl die andere, die ich die ideale nennen möchte. Wie
kommt der Lehrer dazu, auf diesem Gebiete gratis schriftstellerisch
tätig zu sein? — hat man wohl gefragt Ja, wie kommt der Direktor
dazu, den Jahresbericht abzufassen, jedes Jahr immer wieder aufs
neue, und zwar von Amts wegen, während der Lehrer im Durch-
schnitt doch nur höchstens ein- oder zweimal in die Lage kommt,
ein Programm zu schreiben! Natürlich weiß ich, daß ein Pro-
gramm mehr Arbeit erfordert als ein Jahresbericht; aber dieser
{Stellt eine dauernde Belastung dar; und die Berichte nicht
weniger der größeren Anstalten sind — besonders in ihrer
„Chronik** — recht mannigfaltig und erfordern ziemlich er-
hebliche Zeit, auch keine geringe Kunst, ein oft überreiches
Material geschickt zu gestalten. Oder wie „kommen die Lehrer
dazu'S Witwen-, Pensions- und andere Kassen der Schulen zu
verwalten, oft recht große mit umfangreichen Geschäften, oder
Schölerstiftungen, lange Jahre hindurch, meist unentgeltlich, oder
in der Schule Vorträge vor geladenem Publikum zu halten,
Gesangsaufführungen zu veranstalten, dramatische Aufführungen ein-
zustudieren, Spielnachmittage, Rudervereinigungen, Schälerwande-
rungen zu leiten uam.? Das alles sind Veranstaltungen, die zu Nutz
und Frommen der Schule und ihres Publikums eingerichtet,
entweder durch alte Sitte geheiligt oder auch erst neuerdings
üblich geworden sind. Auch diese Dinge werden von den ein-
zelnen Lehrern, je nachdem sie Lust, Neigung und Geschick dazo
haben, „erwartet", nicht als ein ihnen auferlegtes Stück amt-
licher „Pflicht'*, wohl aber als eines der Mittel (die z. T. natürlich
je nach Zeit und Geschmack, auch nach der Mode wechseln), die
Zwecke des Unterrichts und der Erziehung immer vollkommener
voo R.Ullrich. 205
za erreichen, den Verkehr der Schule auch mit den „weiteren
Kreisen** immer inniger zu geslallen. Und es finden sich in
schönem Idealismus und in der Überzeugung, einer guten Sache
zu dienen, doch immer Lehrer dazu, der eine für dies, der andere
für das, und sie steilen ihre Arbeitskraft, ihre Zeit, nicht selten
sogar ihr Geld bereitwillig zur Verfugung. Man kann nur
wünschen, daß diejenigen, die bisher es mit dem Programm-
schreiben ähnlich gehalten wissen wollten, sich durch die Stimmen
derer nicht beunruhigen lassen, die in stark banausischer Art
— ich kann das harte Wort leider nicht yermeiden — hier den
HaBstab von Leistung und Lohn anlegten. Unsere moralische
Pflicht gegen die Schule und ihren Kreis endet doch wohl nicht
mit dem Glockenschlage, bei dem der Maurer die Kelle wegwirft,
sondern sie soll den ganzen Menschen durchdringen, ihn über
das bloB Vorgeschriebene, Amtliche hinausheben und ihn auch
solche Arbeit gern verrichten lassen, bei der nur irgend ein Zu-
sammenhang mit der engeren Berufstätigkeil besteht. Vielleicht
wurde die Diskussion (auch hier wieder im Zusammenhang mit
der Standeshebung, die manche etwas nervös gemacht hat und
auch in guter Tradition eine ^Zumutung'* sehen ließ, die anderen
Ständen zu machen man nicht wage) dadurch beeinÖuBt, daß sie
die Bedeutung des Program mwesens in der heutigen Zeit, wie sie
sich uns ans eingehender Betrachtung des geschichtlichen und tat-
sächlichen Materials ergeben hat, nicht voll würdigte. Das kann
ihr zu einer gewissen Entschuldigung dienen, wenn auch nicht
zur Rechtfertigung. Da doch aber mit einiger Sicherheit fest-
gestellt werden konnte, daß auch die Programmeinrichtung dazu
dient und in Zukunft noch viel mehr wird dienen können,
nicht bloß die Wissenschaft zu fördern und den Schulmann in
gewisser Verbindung mit ihr zu erhalten, sundern vor allem den
notwendigen Zusammenhang der höheren Schulen, soweit möglich,
an ihrem Teile zu fördern und das Publikum, was doch heute
so nötig ist, aber Tätigkeit, Ziele und Probleme der Schule auf-
zuklären, so liegt ein Grund wohl nicht vor, warum die Lehrer
dieser Einrichtung mit weniger idealem Sinn gegenüberstehen
sollten als jenen anderen, die den einzelnen oft dauernder und
intensiver anspannen, als dies — unter normalen Verhältnissen
(s. 0. S. 196) — bei der um so viel seltener an ihn heran-
tretenden Programmarbeit der Fall ist. Ich würde es nicht für
würdig halten, daß wir uns für eine derartige Leistung bezahlen
ließen, noch viel weniger freilich von einer solchen Bezahlung
gar eine (an sich nicht erforderliche) Steiv[erung des Wertes der
Arbeiten erwarten. Im Gegenteil. Die Rücksichten, die heute
manchen dazu bewegen, „ehrenvollen Anträgen'' betriebsamer
Verleger zur Abfassung von allerlei Kleinkram zu folgen, könnte
leicht auch hier zur Folge haben, daß an die Stelle freiwilliger,
in idealem Sinne geleisteter Arbeiten solche träten, die den
20^ Programmweseo vnd Programmbibliothek d. höh. SchoIeD,
äiifieren Beweggrund ihres Erscheinens auch innerlich nicht ver-
leugneten. DaB gelegentlich selbst Männer, deren Leben und ganze
Tätigkeit in idealer Lebensauffassung wurzelte, der Honorierung
der Programme das Wort geredet haben ^), scheint sich mir weniger
aus inneren Gründen als vielmehr daraus zu erklären, daß sie eine
Art von Verlegenheitshilfe zur Hebung des Niveaus suchten (der
sie übrigens selbst nicht recht zu trauen schienen). Das Vorurteil
von dem geringen Werte der meisten Programme war auch auf
sie nicht ohne Einfluß gebliehen.
Mit der Honorartrage in gewisser Beziehung steht die neuer-
dings ebenfalls mehr gelegentlich erörterte des Autorrechts,
wenigstens soweit die Erzielung eines Gewinnes damit im Zusammen-
hang steht. Hier muß zunächst daran erinnert werden, daß ein er-
heblicher Teil der Abhandlungen nach ihrer ganzen Bestimmung,
die ja gerade in den letzten IVt Jahrzehnten, wie wir sahen,
wieder deutlicher zum Ausdruck gekommen ist, für den buch-
händlerischen, auf weite Kreise berechneten Vertrieb gar nicht in
Betracht kommt. Die Verleger hätten in den meisten Fällen mit
einem Gewinn kaum zu rechnen, eher mit Verlust, den häufiger
zu tragen man ihnen nicht wohl zumuten kann. Und besonders
viele der etwas umfangreicheren, größere Herstellungskosten er-
fordernden, übrigens f&rdernden Arbeiten mehr gelehrter Art, die
nicht wegen ihres Unwertes, wie man gemeint hat, sondern aas
äußeren Gründen in geeigneten Zeitschriften nicht unterkamen,
hätten als Sonderveröffentlichungen sicher keinen Verleger ge-
funden. Sie haben es, wie schon mehrfach richtig heryorgeboben
worden ist, einzig der Programmeinrichtung zu danken, daß sie
ohne Kosten für den Autor gedruckt worden und ihre gute
Wirkung tun konnten. Es liegt unter solchen Umständen also
kaum eine Veranlassung vor, das Autorrecht besonders zu be-
tonen. In eine ausführliche theoretische Erörterung über die
juristische Seite, die einem Fadimann zukäme*) (wie sie denn
tatsächlich von einem solchen schon einmal kurz gegeben worden
ist')), will ich mich hier nicht einlassen. Dagegen weise ich auf
eine Reihe von Tatsachen hin, die das Recht der Autoren an
ihrer in Programmabhandlungen niedergelegten geistigen Arbeit
zu klären und Mißverständnisse zu beseitigen wohl geeignet sind.
Bis in die neueste Zeit sind die Fälle gar nicht selten, in
denen Programmabhandlungen in Zeitschriften oder in
„gesammelten Schriften'^ eines Autors wiederabgedruckt
worden sind, sei es unverändert oder in erweiterter Form.
Andere sind, nachdem sie ihren Beruf als Programm erfüllt hatten,
in zweiter oder mehrfacher Auflage f;esondert im Buch-
i) Vgl. z. B. 0. S. 199, Addi. t.
^) Sie köDote z. B. von dem Jastitiar •ioes Proviozial-ScholkoUesiuu
gegebeo werden.
») Vgl. 0. S. 245.
voD R. Ullrich. 207
bandel erschieneo; manche kfeioe Abbanülungen haben sich auf
diese Weise allmäblich zu Büchern erheblicheren Umfaoges aus-
gewachsen. Der Verlauf erklärt sich sehr einfach so : Hätten die
betr. Autoren ihre Arbeiten, statt sie als Programm zu ver-
&ffentlichen, gleich für den Erstdruck einer Zeitschrift oder einem
Verleger angeboten, so wurden sie aus den bekannten GrQnden nur
in den seltensten Fällen Erfolg gehabt haben ; nur wenige der letzteren
hätten das geschäftliche Risiko übernehmen mögen, oft auch dann
nicht, wenn es sich um literarisch schon bekanntere Autoren
handelte. Nun geschah es aber, daß nach vielen Programmen,
die sich durch den Namen des Autors oder den behandelten
Gegenstand empfahlen oder in sachlichen Rezensionen günstig be-
sprochen wurden, auch dann noch Nachfrage stattfand, nachdem die
wenigen Exemplare vergriffen waren, die sich außerhalb des Tausch-
Verkehrs noch im Besitze des Autors, der veröffentlichenden Schule
oder des Verlegers befanden, der eine beschränkte Zahl in Kommission
genommen hatte ^). Da war es natürlich, daß Autoren und auch
Verleger sich zu neuen, ausschließlich durch den Buchhandel zu
vertreibenden Auflagen, zur Aufnahme in „gesammelte Schriften*' usf.
leichler entschlossen, wodurch die gelehrte und die Schulwelt in
den Besitz nicht weniger jetzt weit bekannter und geschätzter
Werke kam, die man ohne den Erstdruck in Programmform
wahrscheinlich kaum jemals erhalten hätte. Solcher Fälle sind
mehrere Hunderte') zu verzeichnen; man vgl. für die Zeit
vor 1876 und nach 1900 die oben (S. 131 1.) angeführten Beispiele,
für 1876—1900 die von Klufsmann in seinem Werke ver-
zeichneten. Von juristischer Seite scheint also doch der buch-
händlerischen Verwertung von Programmarbeiten nichts im Wege
zu stehen. Natürlich haben die Autoren in den meisten dieser
Fälle auch, wie billig, das übliche Honorar erhalten. Es ist auf-
fällig, daß sich die Diskussion dieses wertvolle, übrigens verhältnis-
mäßig leicht zugängliche Material hat entgehen lassen und wirklich
davon gesprochen werden konnte, den Verfassern „mußte ihr
Autorrecht gewahrt werden'', während sie sich bisher „in jeder
Hinsicht gebunden fühlten''').
Indessen, so erfreulich diese Talsachen für die Arbeil des
Autors und ihren nachhalligeren Erfolg in den weitesten Kreisen
sein mögen — und fehlen werden sie voraussichtlich auch in
^) Vgl dtzo z. B. die Bemerkangen o. S. 228 mit Aum. 2.
') Es iit charakteristiseh fdr die Art der Beweisführaog des schon
öfters zitierten anonymen Verfassers in den Grenzboten vom Jahre 1896
(v|(l. 0. S. 248—254), daß er (a a. O. S. 122) meinte, in Unsend Fällen
würde das (aSnlich die Sicheran^ des Autorrechts) ja höchstens einmal
praktiseh werdeo. Ein Dorcbhlätteru nor der beiden ersten Bände Kinfs-
maans, die ihm 1896 vorlagen, hätte ihn aber schon öberzensen können,
daB es sieb anders verhielt.
') So wiederim der Anon mos in den Gren%boten von 1896, a. a. 0.
S. 122.
208 ProgramaweseQ nod Programmbibliothek d. hSh. Scholea,
Zukunft nicht — , wesentlich för die ganze Einrichtung als
solche sind sie nicht, weil es sich eben zunächst gar nicht um
private Arbeit eines einzelnen Autors handelte, deren Zweck auch
nur zu einem Teile auf äuBeren Lohn gerichtet wäre, sondern
um Veröffentlichungen von Schulen mit fest umgrenzten Zwecken
und Zielen.
Die Erreichung dieser Zwecke hängt nun aber nicht biofi von
inneren Gründen ab. Zwar sahen wir, daß besonders die irrigen
Anschauungen von Wert, Bedeutung und Aufgaben der Programme
nicht wenig dazu beigetragen haben, das Urteil ober sie ungunstig
zu beeinflussen und ihre Wirkung abzuschwächen. So muBte die
Arbeit unternommen werden, durch geschichtliche und syste-
matische Untersuchung diese Anschauungen auf das Maß des Be-
rechtigten zuröckzuföhren. Ganz wesentlich haben aber auch
äufsere Gründe wenigstens mitgewirkt, die Einrichtung
zu schädigen und ihren Nutzen in den Kreisen, für die sie
bestimmt ist, oft nicht zur Geltung kommen zu lassen; nicht
daß es von jeher an äußeren Veranstaltungen gefehlt hätte oder
heute mangelte, die Programme so nutzbar wie möglich zu
machen. Die beteiligten Kreise und besonders diejenigen, die
harte Kritik an der Sache übten, haben aber vielfach verabsäumt,
längst vorhandene Mittel der Nutzbarmachung wirklich aufzusuchen
oder, falls sie es doch taten, an etwaige Mängel die bessernde
Hand zu legen. So wende ich mich denn am Schluß dieses Ab-
schnitts endlich noch zur Erörterung auch dieser wichtigen Frage.
H. Die NntzbarmaohuBg.
Die äußere Nutzbarmachung der Programme hängt im wesent-
lichen von drei Dingen ab. Es sind dies der Tausch verkehr,
die bibliographische Bearbeitung und die Programm-
bibliothek. Die letztere dient zunächst jeder Anstalt allein und
wird aus verschiedenen Gründen besser för sich bebandelt, was
in Teil III g«*schehen soll;. die beiden anderen Mittel aber kommen
der Ausnutzung der Einrichtung im ganzen zu gute; von ihnen
soll daher zunächst die Rede sein. Ich beschränke mich dabei,
soweit der Tauschverkehr in Betracht kommt, nicht auf die
Abhandlungen, sondern schließe aus praktischen Gründen
die Jabresberi'chte mit ein.
a) Der Tauschverkehr.
Der Teubnerscbe Tauschverkehr, der nun schon über
30 Jahre besteht, hat, wie im Vergleich zu den früheren Ver-
hältnissen erklärlich, bedeutende Wirkung geübt und übt sie
noch. Freunde und auch Gegner der Programme haben ihn in seiner
jetzigen Form für zweckmäßig erklärt. Vorschläge, die bestehende
Organisation wesentlich zu ändern, konnten als aussichtslos nach-
von R. Ullrich. i09
gewiesen werden (o. S. 252 f., S. 25—28); sie haben glöcklicher-
weise auch bisher nirgends zu praktischen Versuchen oder gar
Erfolgen geführt Und das ist gut. Man muß noch heute an-
erkennen, daß der Plan s. Z. so sorgfältig entworfen worden
ist, daß der Apparat auch in der Gegenwart in allen Haupt-
punkten gut funktioniert. Das will immerhin etwas sagen, wenn
wir bedenken, wie schnell auf anderen Gebieten in unserer rasch-
lebigen, immer vorwärts drängenden Zeit Organisationen geändert
werden und auch wechseln müssen, weil die Sache es dringend
fordert. So wird es sich hier nicht darum handeln, einzureißen
und von Grund auf neu zu bauen, sondern nur einzelne
Stellen zu bessern, auszubauen, den Anforderungen
der Zeit gemäfs auszugestalten, ohne die nötige Stetigkeit,
die Gewöhnung der Pachgenossen, auch die Einriebtungen der
Programmbibliotheken, die auf die gegenwärtige Organisation zu-
geschnitten sind, irgend erheblich zu stören. Daß diese über ein
Menschenalter bestehende Organisation hier und da besserungs-
fähig sein mag, ist an sich naturlich. Ich folge bei den Vor-
schlägen, die ich hiermit den Behörden, Fachgenossen und vor
allem der um die Sache hochverdienten Teubnerscben Verlags-
buchhandlung vorlege, im wesentlichen der Reihenfolge, die ich
in der historischen Skizze und der Peststellung der gegenwärtigen
Praxis befolgt habe (o. S. 166ff., 170f.).
a) Die Beteiligung (zu S. 169f.).
Das neuste (erste und vorläufige) Teubnersche Pro-
grammverzeichnis für 1907 führt von 1146 höheren Schulen des
Deutschen Reiches 927 auf, die mit ihren Jahresberichten und
Abhandlungen, soweit sie auch letztere liefern, am Tauschverkehr
beteiligt sind. Darunter vermissen wir aus dem bekannten Grunde
(s.S. 169 A. 2) noch immer die bayerischen Schulen, von denen
wenigstens die Gymnasien nach Erscheinen ihrer Abhandlungen
auf einem besonderen Verzeichnis vermerkt werden (S. 171).
Das ist immerhin störend; die Polge ist, daß die bayerischen
Abhandlungen in Norddeutschland weit weniger bekannt werden
als die übrigen, was um ihres Inhalts willen zu bedauern ist.
Denn das eine Blatt, auf welchem sie (zusammen mit den bei
den übrigen Schulen seit dem ersten Verzeichnis in der Heraus-
gabe der Programme etwa eingetretenen Änderungen) aufgeführt
werden, verliert sich leicht und kommt in den einzelnen Schulen
noch weniger Kollegen zu Gesicht als das erste, größere Ver-
zeichnis, so daß der einzelne nur dann auf das ihn persönlich
Interessierende aufmerksam wird, wenn er sich in der nicht
gerade immer zweckmäßig eingerichteten und leicht benutzbaren
Programmbibliothek (vgl. Teil III) aus sämtlichen (ev. schon
eingeordneten) bayerischen Programmen das ihm Erwünschte
heraussucht — ein umständliches Verfahren. Sollte wirklich, was
in Baden, Elsafs-Lothringen und Württemberg möglich
ZdtMhr. f. d. GhymBMialwcteB. LXI. 8applemelltbe^. t4
2t0 ProfrtBDweseo mod Programmbibliothek d. hSh. Sehnlea,
ist (auch in diesen Ländern erscheinen wie in Bajern die Pro-
gramme erst im Hochsommer), es nicht auch in Bayern sein, um
so mehr, als von den bayerischen Programmen weitaus die
meisten (s. o. S. 269f.) fachwissenschaflliche Gegenstände
bebandeln? Deren Ausarbeitung erfordert aber in der Kegel
mehr Zeit als es bei d^n auf allgemeines luteresse geriditelen
Abhandlungen der Fall i)>t; so kann es auch keine besondere
Schwierigkeit machen, die Themata V« oder V« Jahr vor dem Er-
scheinen der Arbeit Torläufig und ohne Verbindlichkeit bekannt
zu geben, so daß sie in das erste Verzeichnis eingereiht werden
könnten. Die Sache ist seit langem in Bayern und sonst nicht
wieder angeregt worden, wenigstens nicht öffentlich. Wenn ich
auch keine große Hoffnung auf Erfüllung des im Interesse der
Nutzbarmachung der bayerischen Programme sicher berethtigten
Wunsches hege, so will ich doch nicht unterlassen, ihn zu äußern,
ebenso wie einen zweiten, der sich auf die Lieferung der baye-
rischen Jahresberichte der Vollanstalten und, soweit sie
überhaupt solche herausgeben, auch der Progymnasien und
Realschulen im Tausch verkehr bezieht. Nur die bayerischen
Abhandlungen gelangen überhaupt zum Tausch. Von dem,
was an den bayerischen Schulen im Laufe des Jahres voi-gebt,
können wir nur dann etwas erfahren, wenn wir uns die Jahres-
berichte von jeder Schule besonders erbitten, schon^für den
einzelnen kaum durchzuführen, aber jedenfalls ohne allgemeineren
Nutzen. Ich will zwar nicht verschweigen, daß die bayerischen
Jahresberichte, von denen ich mir für den Zweck dieser
Arbeit eine Anzahl auf dem genannten Wege verschafft habe, was
die Mannigfaltigkeit des Inhalts betrifft, ebenso wie die meisten
übrigen süddeutschen, dem für Schulgeschichle und -Organisation
interessierten Leser nicht allzuviel bieten, besonders in dem sehr
kurzen Abschnitt „Chronik*'. Das sehr genaue „Schulerver-
zeichnis** nimmt erheblichen Platz ein, in der Abteilung
über die erledigten Pensen bieten, wie bei der größeren
Gleichmäßigkeit der bayerischen Schulverfassung gegenüber z. B. der
preußischen nicht zu verwundern ist, die Berichte der einzelnen
Schulen mit gleichen Lehrzielen wenig Abweicliendes. immerbin
.ist aber doch jeder, der etwas Näheres über eine einzelne Schule
wissen will, auf ihre Jahresberichte zunächst angewiesen. Es
ist deshalb zu wünschen, dafs auch die bayerischen
Jahresberichte, zunächst die der Gymnasien, in den
Tauschverkehr kommen. Eine allzu starke Mehrbelastung
der Programmbibliotheken und der Bibliothekare der einzelnen
Schulen ist bei ihrer nicht großen Zahl kaum za be-
fürchten. Zum mindesten müßten aber die grofsen
wissenschaflli,'chen Bibliotheken in den Besitz auch der
bayerischen Jahresberichte zu kommen suchen. Bis in
die Mitte der siebziger Jahre finden wir sie dort auch
von R. Ullrich. 211
(so Z.B. auf der Königlichen Bibliothek zu Berlin), seitdem
fehlen sie.
Noch wichtiger scheint mir ein ähnlicher Wunsch, der aus
sachlichen Gründen fast den Charakter einer Forderung an-
nehmen möchte, bei den Programmen (Jahresberichten wie
Abhandlungen) ans Österreich und der Schweiz.
Was von schweizerischen Programmen jetzt in den
deutschen Tauschverkehr kommt, ist minimal (o. S. 170 Anm. 2).
Bedenken wir aber, wie eigenartig das schweizerische Sekundar-
schulwesen in den einzelnen Kantonen gestaltet ist^), wie viel
tüchtige Programmarbeiten die verhältnismäßig geringe Zahl der
Hittelschulen des kleinen Landes geliefert hat'), so ist es doch
zu bedauern, daB uns davon in Deutschland auf dem einfachen
Wege, den nur der Tauschverkehr bietet, so wenig bekannt wird.
Ohne Büelers verdienstliches Verzeichnis (o. S. 116, Nr. 37),
das wenigstens bis zum Jahre 1889 den Bestand zugänglich
macht, wüßten wir selbst von den früheren Zeiten so gut wie
nichts. Die Schwierigkeit liegt natürlich darin, daß die etwa 30
in Betracht kommenden Anstalten der Schweiz (wie mir z. B. bei
einem Besuche in Prauenfeld auch versichert wurde), wenn sie
an dem deutschen Tauschverkehr teilnehmen wollten, nicht bloß
sämtlich eine erheblich höhere Auflage herstellen müßten, sondern
— nach dem Gesetze des Gebens und Nehmens — *) auch ihrer-
seits die vielen Hunderte deutscher Programme erhalten würden,
für die man in solchem Umfange bei ihnen weder Interesse
noch Bedürfnis voraussetzen kann, ganz abgesehen davon, daß
ihre Schulbibliotheken nicht seit langem so darauf eingerichtet
sind wie die deutschen. Es wäre aber schon ein Vorteil, wenn
wenigstens zwischen einigen der bekannteren schweizerischen
Sekundärschulen (über die wenigen oben S. 170, Anm. 2 ge-
nannten hinaus) und einer Auswahl deutscher Anstalten im
Zusammenhange mit der Teubnerschen Organisation ein be-
schränkter Tauschverkehr hergestellt werden könnte. Auf
beiden Seiten würden in erster Linie die Anstalten in Betracht
kommen, die durch Alter, eigenartigen Charakter, auch — was
wesentlich — durch ausreichende Bibliotheksräume dazu besonders
geeignet sind % Durch eine Umfrage Teubners bei den einzelnen
Schulen beider Länder ließe sich das am Ende regeln. Es wäre
doch ein Fortschritt, wenn man wenigstens in einer bestimmten
Anzahl deutscher Schulen sicher sein könnte, eine Auswahl
^) V|;l. fchoo dis ei 0 6 Beispiel tnf der Ttbelle o. hinter S. 160.
0 Vgl. die kleine, oben S. 71—13 gegebene Aaswthl und daza 8. 71
Anm. 1.
>) Vgl. darüber o. S. 225, 227 und S. 177.
^) Von schweizerischer Seite denke ich etwa an Aar an, Basel
(alle Anstalten), Bern, Bargdorf, Eiosiedeln, Frauenfeld, St.
Gallen, Genf, Laasaone, Lasern, Schaffhaaseo, Solotharn,
Winterthar aad Zürich (anch die Kantonschole).
i4*
j}22 Proi)''*BiBweseo «od Profraviibibliothek d. hSh. Sehalea,
schweizerischer Programme zu finden; und auch einige
Schulen der Schweiz durften am Ende einem irgendwie be-
schränkten Tauschverkehr mit deutschen Schulen nicht ganz ab-
geneigt sein, der sie mit manchem an den höheren Schulen
Deutschlands Geleisteten oder Angestrebten bekannter machen
würde. Naturlich mußten» gerade wie bei den bayerischen
Jahresberichten, so auch hier unsere Universitätsbiblio-
theken — es sind ihrer ja nicht zu viele — und die grofsen
Bibliotheken etwa von Berlin, Darmstadt, Mönchen und
Stuttgart sich der Sache annehmen.
Ganz besonders empfindlich macht sich aber im deutschen
Tauschverkehr ein önt erreich betreffender Mangel gellend,
wenig:«tens für alle diejenigen, die sich für diesen oder jenen
Zweck mit irgend einer Seite des österreichischen Miltel-
schul Wesens, seiner Entwickelung in bestimmter Zeit oder
seinem gegenwärtigen Stande vertraut machen möchten, — Dinge,
für die als Hauptquelle, soweit es sich um einzelne Schulen oder
Kronländer handelt, wiederum die — sehr ausfuhrlichen —
Jahresberichte der Anstalten und auch recht viele ihrer
Abhandlungen in Betracht kommen. Was hekommen wir aber
davon in Deutschland zu sehen? Nur etwa den dritten Teil
(ich rechne hier natürlich nur die Schulen Deut seh -Österreichs),
der oben (S. 169, Anm. 3) verzeichnet ist. Zwar ist die Zahl
der österreichischen Programme, die im Tauschverkehr an
deutsche Schulen kommen, ja seit den siebziger Jahren etwas
gewachsen, jedoch nur unerheblich, etwa um V4. Aber was am
schwersten ins Gewicht fällt, die Realschulprogramme fehlen
so gut wie ganz; von den österreichischen Realschulen, deren
Organisation von der der deutschen erheblich abweicht, von ihrer
Geschichte, von allem, was Jahr für Jahr bei ihnen vorgeht, er-
fahren wir — was doch durch Vermittelung des Tausch Verkehrs
so leicht wäre — nichts, gar nichts, auch nicht auf unseren
großen Bibliotheken. Denn auch diei^e erhalten nicht mehr
aU die oben S. 169 verzeichneten 69 Berichte (von 68 Gymnasien
und 1 Ober-Realschule), die deutschen Schulen aufserhalb
Preufsens, Bayerns, Sachsens, Badens und Württem-
bergs nicht einmal diese. Der einzige Weg, wenigstens von
den Abhandlungen der übrigen ca. 150 Schulen Deutsch-
Österreichs, vor allem der Realschulen, etwas zu erfahren, ist
die Einsichtnahme in das (in deutschen Schulen zudem kaum
bekannte) amtliche österreichische Verzeichnis (o. S. 115,
Nr. 33), in dem natürlich alle stehen (auch die mit böhmischer,
polnischer usw. Unterrichtssprache), und ev. Besorgung in jedem
einzelnen Falle durch die betr. Schulen selbst. Wer also etwa
in Preufsen eine gewisse Übersicht über den Stand eines größeren
Komplexes von österreichischen Realschulen an der Hand
ihrer Jahresberichte gewinnen wollte (und diese enthalten sehr
von R. Ullrieh. 21$
viel sehälzbares Material), könnte das erst auf einer österreichi-
sehen Bibliothek erreichen. LieBe sich hier nicht ein gewisser
Wandel schaffen? Ich glaube wohl. Erleichtert wird die Sache
durch den auffallenden Umstand, daß die meisten österreichischen
Mittelschulen in ihren Programmbibliotheken einen weit größeren
Bestand an reichsdeutsch en Programmen haben, als wir an
österreichischen. Während bei uns für jedes Jahr immer nur
die genannten 69 zu finden sind, haben nicht wenige öster-
reichische Schulen 150, 200 und mehr reichsdeutsche Programme
je eines Jahrganges in ihrem Besitz^), wie sie denn Oberhaupt auf
die möglichste Vollständigkeit, die Ordnung, Statistik und Nutz-
barmachung ihrer Programmbibliotheken von jeher großen Wert
gelegt haben. Dieser Umstand legt den berechtigten Wunsch
nahe, daß die österreichischen Schulen, die so reichlich
Programme von deutschen erhalten, diesen (sowie den großen
deutschen Bibliotheken) auch die ihrigen, wenigstens solche in
deutscher Unterrichtssprache (reichlich 200), vor allem die der
Realschulen, in größerem Umfange mitteilen als es bisher ge-
schieht. In Österreich gehen die Berichte von den einzelnen
Schulen an das K. K. Ministerium und erst durch dieses an
Teubner, der aber, wie er mir mitteilt, eben auch nicht mehr
als die 69 genannten zur Weiterverteilung an die oben genannten
Staaten erhält. Es wäre also das österreichische Ministerium um
seine Vermittelung anzugehen in dem Sinne, daß ein gewisser
Ausgleich zwischen Empfangen und Geben hergestellt wird. Um
eine zu große Belastung der Programmbibliotheken der einzelnen
deutschen höheren Schulen zu vermeiden, von denen manche
^) Die meist«o österreichiseheD Jahresberichte waisea eioe.
gentae Bibliotheks- uod Programmstatistik auf, die z. T. bis ios
eiozeloste gebt, besooders io Böbmeo. Hier geben z. B. maocbe Aastaltea
aaeh den jfabreszawaehs an Programmen nach den Ländern ibrer
Herkonft an. So finden wir io den Berichten ober das Scbaljahr 19U5/6
als jÜbrliebcn Zuwachs an Programmen aufgeführt: In Bndweis G. (S. 32):
716 Stück, Eger G (S. 50): 789, Landskron G. (S. 40): 788 im ganzen.
Aof Österreichiiche, bei denen Abhandlung nod Jahresbericht fast durch-
weg eine Einheit bilden, kommen davon im Höchstfall (vgl o. S. 272) gegen
370, verbleiben also aareichsdeutscben 300 — 400 and mehr. Sollten hier-
bei diese ja meist getrennt erscheinenden Abhaodlnngen und Jahreiberichte
gesondert gezählt aeio, so blieben immer noch durchschnittlich gegen
200 Programme im ganzen übrig, mehr als das Doppelte der Zahl, die von
Österreich zu uns kommt. Noch bestimmter lesen wir im Bericht von
Saaz G. von demselben Jahre (S. 32): „Programme wurden zugesandt: .. •
von K. bayeriscbeo Anstalten 45, von anderen Anstalten des Deutschen
Reichs und Lektiooskataloge von Universitätro (deren Zahl ja nur unerheb-
lich ins Gewicht Hiilt): 388'S in dem von Bielitz G. (Scblesieo) (S. 30):
yyDorch Taosch erhielt das Gymn 378 bayerische und anderweitige
reichsdeutsche Berichte''. Dafl die bayerischen Berichte besooders nam*
baft gemacht werden, bat seinen Grund in dem zwischen Osterreich und
Bayern beateheaden Sonderaustanseh; vgl. o. S. 107 Nr. LXXXXVI
nad S. 172.
214 Progrannwofen and Proframabibliotliek d. kSh. Schol»«,
älteren und leider auch etliche neueren keinen OberfluB an Raum
haben, lieBe sich ja die Sache etwa in derselben Weise regeln«
wie es überhaupt schon jetzt im allgemeinen Taoschverkehr ge-
schieht. Die Anstalten mögen je nach Neigung und vor allem nach
Baum wählen, welche österreichischen Berichte sie haben wollen.
Anstalten, die Platz genug haben und bei deren Kollegien gröBerea
Interesse auch für Schulverhältnisse außerhalb der Landesgrenzen
besteht, werden vielleicht alle etwa 200 österreichischen Pro*
gramme zu haben wünschen; manche Gymnasien werden sich
mit denen der gleichartigen österreichischen Anstalten begnügen,
dgL die Realschulen sich etwa auf die österreichischen Realschal-
berichte beschränken usf.; etliche Schulen werden vielleicht ganz
verzichten (wiewohl man das bedauern müBte), wie ja denn auch
nicht wenige österreichische Anstalten, besonders Realschulen,
reichsdeutsche Berichte nur in ganz geringer Zahl oder überhaupt
nicht beziehen. Nur die Möglichkeit müßte gegeben sein, daß
man z. B. in jeder preußischen Provinz an mehreren Stellen
sämtliche Berichte aus Deutsch-Österreich bestimmt vorfände
und benutzen, oder, wo das aus einem der genannten Grunde
nicht angängig ist, auf irgend eine Weise in sichere Erfahrung
bringen könnte, an welcher Stelle bestimmte Berichte
sicher zu finden sind. Es ist das freilich ein Problem,
das selbst für die inneren deutschen Verhältnisse noch der Lösung
bedarf, die zu geben indes nicht gar so schwer ist, wie man
meinen möchte (vgl. den Abschnitt b, S. 220 ff.).
Ein äufseres Bedenken will ich aber nicht übergehen, das
manche gegen eine wenn auch mäfsige Ausdehnung des
Tauschverkehrs haben könnten, selbst wenn sie mir sach-
lich beistimmen, wie wohl wenigstens alle Arbeiter auf dem Ge-
biete der Schulgeschichte und Schulorganisation tun dürften, —
idi meine die Befürchtung zu starker Belastung der Programm-
bibliotheken und der Bibliothekare. Man wird sich dabei erinnern,
daß in den letzten Jahrzehnten nur zu häufig über diesen
„Ballast**, die „Nilöberschwemmung** oder wie es sonst heißen
mochte, geklagt worden ist — allerdings beinahe ausschließlich
im Zusammenhang mit der Vorstellung von der „Minderwertig-
keit** der Abhandlungen. Fällt die letztere Vorstellung aber als irrig
weg (und daß sie das ist, habe ich geglaubt mit einiger Sicherheit
nachweisen zu können), so verliert auch das Bedenken, das gegen
die Beschwerung der Programmbibliotheken mit „Ballast" — im
eigentlichsten Sinne — erhoben werden möchte, an Bedeutung,
um so eher, da die Zahl der Abhandlungen sich seit den neun-
ziger Jahren erheblich vermindert hat. Und wenn auch An-
zeichen dafür vorhanden zu sein scheinen, daß sie sich wieder
langsam heben wird (vgl. o. S. 171), so nehme ich doch nicht
an, daß die hohen Zahlen der achtziger Jahre in absehbarer Zeit
wieder erreicht werden. Überdies halte ich ja die allgemeine
TOft R. Ullrieb. 216
Ausdehnung d«*8 Tauschverkehrs (abgesehen von dem der bayeri-
schen Jahresberichte) auf die Anstalten Österreichs und der
Schweiz weder für zweckmäßig noch geboten. Er bleibe auf
die Anstalten beschränkt, die Interesse und zugleich Platz dafür
haben. Innerhalb Deutschlands freilich halte ich den
Tauschverkehr aller Anstalten mit allen für richtig; die
Grflnde liegen eigentlich nahe genug, als daß ich sie nennen
mußte. Da aber doch gelegentlich die Frage aufgeworfen ist,
wozu denn diese oder jene Anstalt eine so hohe Auflage z. B.
ihrer Jahresberichte in den Tausch geben sollte^), wie oft ge-
fordert werde, so muß ich kurz darauf eingehen. Der hohe all-
gemeine Nutzen der Einrichtung wird — soweit wenigstens
Deutschland zunächst in Frage kommt — nur dadurch erreicht,
daß Jeder Lehrer in seiner Schule sämtliche Programme
der anderen Schulen von einem bestimmten Termine
ab sicher vorfindet') und — für welche wissenschaftlichen oder
praktischen Zwecke auch immer — benutzen kann. Die Teubner-
scben Bestimmungen (o. S. 171, Z. 1 und 2) haben zwar den
Anstalten die Auswahl frei gestellt. Wer soll die aber treffen?
Der Direktor, der Bibliothekar, die Konferenz? Jede dieser In-
stanzen würde subjektiv urteilen, und ein Mehrheitsbeschluß in
der Konferenz mußte die Minderheit wissenschafUich und praktisch
in unerwünschten Nachteil setzen. Außerdem ändert sich' das
Gesicht mancher Kollegien im Laufe weniger Jahre erheblich.
Was heute vielleicht an Abhandlungen oder Jahresberichten ent-
behrlich schien, wird später wertvoll und begehrt. In richtiger
Würdigung dieser Sachlage haben denn auch weitaus die meisten
Kollegien eine „Auswahl** für unz weckmäfsig gebalten
und beziehen sämtliche Jahresberichte und Abhandlungen der
anderen Schulen — was übrigens auch den Bibliothekaren wie
der Verlagsbuchhandlung die Arbeit wesentlich erleichtert').
Einen prinzipiellen Unterschied zwischen Abhandlungen und
Jahresberichten (soweit sie äußerlich getrennt erscheinen) in
dieser Beziehung etwa mit Röcksicht auf ihren Wert zu machen,
halte ich für überaus mißlich^), besonders wenn die Jahres-
>) Vgl. c. B. M. Killmao D a. a. 0. (vgl. S. 126 Nr. 122) S. 483.
*) leh halte daher aach den Vorschlag Kiilmaoos (a. a. 0.) nicht
for zweekinäßig, daß aar die AbhandiDogen io den Tausch verkehr
konmeo, die Schal oaehrichten aber voo der Schale selhsti
aad Bor aof direktes Verlaogeo, abgegeben werden sollten.
') So bezieheo zur Zeit — nach freundlicher Mitteilung der Verlagi-
bachhaodlang — Y« ^^i* '"^ Tauschverkehr teiloehoeudeu Anstalten alle
Programme (Abhandlungen und Jahresberichte), Vs beziehen alle Ab-
handlangen (ohne Jahresberichte), endlich wihlt ^/^ unter den Ab-
handlangen allein.
*) Die Lehrer an solchen Anstalten, die io der Art wie die oben
(Aom. 3) genannten % nur eine Aas wähl bestellen, siod daher sehr im
Maehteil gtgtn die aodereo, die alle erhaltea.
216 Programmweseo and Pro^rannbibliothek d. höh. Schule b^
berichte davon betroffen werden, die in ihrer Gesamt-
heit, weil sie eben alle Schulen umfaßt, viel bedeutungsvoller
sind als eine wie auch immer geartefje ZusammenstelluDg von
Abhandlungen, die nur ein Teil der Schulen (zur Zeil nicht
einmal die Hälfte) liefert
ß) Einzelbestimmungen (zu S. 170).
Zu 2. Die Einzelbestimmungen des Tauschverkebrs
bedürfen in einigen Punkten dringend der Verbesserung. Zu-
nächst sind die 2 Exemplare des (vorläufigen) gedruckten
Verzeichnisses, das immer gegen Ende des Jahres erscheint,
die Übersicht der teilnehmenden Schulen und die Ankündigung
der für das nächste Jahr in Aussicht gestellten Abhandlungen
enthält, völlig unzureichend, schon für die Kollegien ganz kleiner
Anstalten, geschweige denn der großen und größten. Was für
Nutzen sollen diese 2 Exemplare stiften? Den Zweck, die einzelnen
Mitglieder der Kollegien auf das sie Interessierende vorzubereiten
(und das sollen sie doch), erreichen sie ganz gewiß nicht. Eins
der Exemplare muß zudem, wenigstens von allen Anstalten, die
nur eine Auswahl bestellen, binnen 14 Tagen an Teubner zurück-
geschickt werden, das andere aber muß unbedingt — wenigstens
überall da, wo auf Ordnung gehalten wird — der Bibliothek ver-
bleiben, und zwar ehe es durch 20 oder mehr Hände gegangen
ist. Wie sollen die Lehrer, und zwar jeder einzelne, zur Kennt-
nis der zu erwartenden Programme kommen? Und gerade dieses
vorbereitende Aufmerksam machen ist wichtig. Von nicht wenigen
Kollegen an verschiedenen Orten (und ich habe über die Programm-
angelegenheit wohl mit einigen Hundert korrespondiert oder ge-
sprochen), wird darüber geklagt, daß sie das genannte Verzeichnis
kaum jemals zu Gesicht bekommen hätten. Das ist natürlich.
Woher soll dann aber ein tieferes Interesse für die jedes Jahr
erscheinende Programmliteratur kommen? Hier muß also za-
nächst Wandel geschaffen werden dadurch, daß an kleineren An-
stalten mindestens 5, an größeren 10 Exemplare zur Verfügung
stehen; am besten wäre es freilich, wenn jedem Kollegen eins
zugestellt werden könnte. Ob das möglich ist, müßte der Ver-
leger entscheiden; es ist eine reine Kostenfrage. Sollte der Satz
von 9 M, den jetzt jede Anstalt zu der Organisation beiträgt,
etwa auf 10 M erhöht werden müssen, so wäre das ja wohl von
jeder zu ertragen im Hinblick auf den großen Nutzen für den
einzelnen Lehrer wie für das Interesse an der Programmeinrichtung
überhaupt. Da aber jede Erhöhung eines einmal festgelegten
Beitrags, und sei sie noch so notwendig, auf viele Menschen immer
verstimmend wirkt, ließe sich, gerade was die Teubnersche Hand-
lung betrifft, vielleicht auf andere Weise ein Ausgleich schaffen,
z. B. dadurch, daß diese den Druck ihrer oft sehr umfänglichen
Kataloge und besonders die Versendung an jeden einzelnen der
Tausende von Oberlehrejn, oft mehrmals im Jahre, etwas ein-
TOB R. üllrieL 217
schränkt. Solche größeren. Altes und Neues vereinigenden und
doch selten erschöpfenden Kataloge, besonders wenn sie nicht
bloB Verzeichnisse sind, in denen man sich leicht zurechtfindet,
sondern noch allerhand Randglossen liefern, lohnen die enormen
Versendungskosten nicht und hahen nach meinen Beobachtungen
bei den meisten Lehrern nicht den Erfolg, den der rührige Ver-
leger (und auch andere) von ihnen erwarten ; die wenigsten dieser
Kataloge werden wirklich studiert, viele enden alsbald im Papier-
korbe. Empfehlungen einzelner neuerer V\^erke, knappe Zu-
sammenstellungen aus einzelnen Literaturgebieten, wie sie z. B.
Zeitschriften beigelegt oder auf den Umschlägen von Büchern ab-
gedruckt zu werden pflegen, sind viel wirksamer. Vielleicht
zieht die Teubnersche Verlagsbuchhandlung beide Vorschläge in
Erwägung und entscheidet sich für den einen.
Zu 4 (S. 171). Es bedarf die große Unpflnktlichkeit
der Lieferung durch manche Anstalten einer erheblichen Kor-
rektur. Wenn wirklich in allen den Fällen, wo nicht gewichtige
Hinderungsgründe vorliegen, von den Anstallen so verfahren
würde, wie der Vertrag vorschreibt, nämlich daß die Programme
unmittelbar nach Erscheinen (oder sagen wir milder:
spätestens 14 Tage danach) an Teubner einzusenden sind,
so wäre viel geholfen. Bei nicht wenigen norddeutschen Anstalten
(und zwar sind es nach meinen Beobachtungen der letzten Jahre
fast regelmäßig dieselben) ist aber die verspätete Einsendung
der Berichte geradezu chronisch, ohne daß sich ein vernünftiger
Grund dafür einsehen ließe, wie er etwa in einem durch die
Schulorganisation der betr. Anstalten veranlaß! en späteren Er-
scheinen liegt (so in den oben (S. 165) angeführten Fällen)^).
Die Folge ist dann, daß die erste Teubnersche Sendung bei
weitem nicht alle Osterprogramme enthält (die fehlenden kommen
immer erst im Dezember nach, vgl. S. 171, Abs. ^), wie es doch auch
im Interesse der leichteren und gleichmäßigeren Einordnung in
die Programmbibliothek (s. Teil 111) wünschenswert wäre, und die
Versendung durch Teubner, anstatt um Pfingsten herum, immer
erst kurz vor den Hundstagen erfolgt — für den größten Teil
der norddeutschen Anstalten, die ihre Sommerferien Anfang Juli
beginnen, der denkbar ungünstigste Termin, was wohl nicht näher
begründet zu werden braucht. Noch länger verzögert sich sodann
die zweite Sendung (S. 171, y\ die, anstatt im Oktober zu
kommen, wie sie sollte und könnte, in der Regel erst Weih-
nachten, manchmal noch später eintrifft. Hier ist der Grund
freilich erklärlicher. Die süddeutschen Programme erscheinen
Ende Juli mit Schluß des Schuljahres; dann setzen hier die
^ ßbrigeofl kommt das stiftmissmaSig erat Ende Mai erscheioende
Porleoter Prosramm trotzdem reseimäfiig schon mit dem „Hundataga-
paket** an.
218 Pro^rammweseo und Programmbibliothek d. hSh. Seholea,
groSen Ferien (bis Mitte September) ein, so daß bei nicht sehr
großer Konsequenz der belr. Schuldirektionen leicht ein um viele
Wochen längerer Verzug eintritt als in Norddeutscbland, wo auf
das Erscheinen des Osterprogramms nur kurze Ferien folgen.
Hier wäre vielleicht besonders eine gelegentliche amtliche Er«
innerung an den bestehenden Vertrag erwünscht. Die öster-
reichischen Programme erscheinen zwar schon Anfang Juli,
werden aber (s. o.) nicht direkt an Teubner geschickt, sondern
zunächst an das Ministerium und erst durch dessen Vermittlung
an die Verlagsbuchhandlung. Jeder Instanzenweg verzögert aber
die Schnelligkeit der Grledit^uog. So wäre es vielleicht anzu-
streben, daß die österreichischen Sendungen, soweit sie für
den deutschen Tausch verkehr bestimmt sind, und zwar tan-
liehst in gröfserer Zahl als bisher (s. o. S. 2I2B.), direkt an
Teubner gelangen, so daß die Verteilung durch ihn etwa schon
im Oktober erfolgen könnte. Die Verlagshandiung wurde sich ein
Verdienst um die Sache erwerben, wenn sie im Interesse des
Ganzen sich mit dem österreichischen Ministerium in diesem
Sinne in Verbindung setzte. Es handelt sich nämlich nicht nur
darum, daß die Programme selbst den Interessenten möglichst
bald nach Erscheinen zugänglich gemacht werden; vielmehr wird
auch die bibliographische Nutzbarmachung der Programm-
literatur durch die späten Versendungen so ungünstig beeinflußt,
daß wenif^stens in heutschland die beiden wichtigsten Jahres-
verzeichniiise, das zweite (endgiltige) von Teubner und
das der Königl. Bibliothek zu Berlin (s. o. S. 112, Nr. 13b
und 15) erst sehr spät erscheinen können, meist erst reichlich
ein Jahr nach Erscheinen der Abhandlungen» während ein froherer
Termin sehr erwünscht und bei größerer Pönktüchkeit der Ver-
sendung durch die Anstalten auch wohl recht gut möglich wäre.
Zu 6 (S. 171) ist schon oben {S. 216) das ev. Nötige
bemerkt.
Zu 7 (S. 171). Über das trotz des Vertrages immer noch
sphr ungleiche (vielfach zu große) Format der Programme, das
für die Bibliotheken eine wahre crux bildet, ist schon oben
(S. 173f.) gesprochen worden. Auch das letzte Jahr bietet wieder
zahlreiche Beispiele dafür, daß sich viele Anstalten höchst un-
nötigerweise von dem Format von 25Vs : 20Vt cm emanzipieren.
Wied«*rum liegen auch Programme vor, bei denen auf dem Titel
des Jahresberichts (wenn er getrennt ausgegeben wird) ein Hin-
weis auf die gleichwohl beigegebene Abhandlung fehlt oder
dieser, wenn vorhanden, nicht die nötige Vollständigkeit aufweist
(Name und Vorname — ev. mehrere — des Verfassers,
genauer Titel der Schrift). Wiederum begegnen Abhandlungeo,
die weder die Namen des Verfassers mit der nötigen
Vollständigkeit (s.o.) noch — was schlimmer — den Namen
der zugehörigen Anstalt, das Jahr des Erscheinens und
voi R. UllrielL 219
die Teubnersche (fortlaufende) Nummer (S. 170, Abs. 2) ent-
halteDy so daB der Bibliograph und Biblioth«kar zunächst ratlos
ist und ganz unnötige Arbeit aufwenden muB, um das Richtige
schlieBüch festzustellen. Auch „der Direktor'* •— ohne An-
gabe des Namens und Vornamens — spielt noch immer ge«
legentlich seine geheimnisvolle Rolle in mehreren Szenen, auf
den Titelblättern, im Lehrerverzeichnis und in der
Unterschrift der Jahresberichte; die Programme mit Um-
schlag (ohne wiederholten Titelaufdruck), sowie solche mit feh-
lender, unrichtiger oder an falscher Stelle stehender
Teubnerscher Nummer scheinen unausrottbar, ganz zu
schweigen überhaupt von der höchst ungleichartigen Behandlung
des Titelblatts^ was dem einzelnen Leser wenig Pein macht, desto
mehr dem Bibliothekar, der die Sachen einzuordnen und .ev. her-
auszusuchen hat, sowie dem Benutzer, der in Anstalten mit ge-
stattetem Präsenzsystem eine größere Anzahl von Programmen
aus verschiedenen Komplexen zu Studienzwecken an Ort und
Stelle ausfindig machen will. Und doch sind diese Dinge so
überaus einfach, daB man sich wundern muB, wenn sie noch
immer in Dutzenden von Fällen nicht beachtet werden. Diese
werfen übrigens auch kein günstiges Licht auf die Sorgfalt der
Verwaltung in manchen Programmbibliotheken. Jeder, der als
Bibliothekar auch nur kurze Zeit mit den Programmen zu tun
bat, merkt doch alsbald alle diese ärgerlichen AnslöBe; würde
jeder an seiner Anstalt in eigi^nstem Interesse darauf hinarbeiten,
daß bei dem Druck des Programms in bezug auf die genannten
äußeren Dinge korrekt verfahren werde — was doch am Ende
zu erreichen sein sollte — , so müßten alle die erwähnten Unarten
alsbald von selbst verschwinden. Hohe Naturen mögen das alles
wohl für elenden, pedantischen Kanzlistenkram halten ; sie würden
aber wahrscheinlich, falls sie fleißige Arbeiter und häufige Be-
nutzer der Programmsammlung sind, unwillig werden, wenn der
Bibliothekar dies oder jenes Programm, das doch „da sein muß",
nicht herausfände. Es bleibt den Regierungen nichts anderes
übrig, als daß sie von Zeit zu Zeit immer wieder der Indolenz
in diesen doch nicht unwichtigen Dingen durch Erinnerung an
die bestehenden Vorschriften entgegentreten, am besten durch
Vorlegung eines genau zu befolgenden Titeischemas,
und man mufs wünschen, dafs dies demnächst beson-
ders in Norddeutschland da und dort geschehe.
Wie man sieht, ist der Tauschverk ehr in verschie-
dener Richtung weiterer Ausgestaltung in der Zu-
kunft fähig. Schulmänner, Verlagsbuchhandlung und Behörden
können, jede Instanz an ihrem Teile, dazu helfen, daß offen-
kundige Hißstände abgestellt werden und die Organisation ihren
vollen Nutzen im Interesse des ganzen Programminstituls und
aller an dieser Literatur geistig teilnehmenden Kreise entfalte.
22lt7 Programmweaeo and Progrirnnbibliothak d. hSIuSehoIao,
b) Die bil[)liographi8che Bearbeitung.
Bald Dach der Neuorganisation des Projcramrowesens in
Preußen im Jahre 1S24 hatte man erkannt, daB die folle Wir-
kung einer vielfach zersplitterten, im Bucbbandei nicht verbreiteten
kleinliteratur nur durch zweckentsprechende bibliogra-
phische Zusammenfassung gesichert werden könnte. Dieser
Erkenntnis hatten die zahlreichen, oben (S. 109—118) verzeich-
neten und je nach ihrer Bedeutung kürzer oder ausfäbrlicher
besprochenen^) Programrobibliographien von den vierziger
Jahren ab bis in die siebziger hinein ihr Entstehen zu verdankeD,
die nach und nach in Deutschland, Österreich und der
Schweiz erschienen, meist eine größere Anzahl von Jahren um-
faßten, Fortschritte, auch Röckschritte machten, aber doch jede
in ihrer Art mit den beschränkten Hilfsmitteln der Zeit und
einer noch unausgebildeten Technik versuchten, den Gelehrten
und den Schulmännern die Ergebnisse der gelehrten und päda-
gogischen Programm-Schriftstellerei der Lehrer mit einer gewissen
Vollständigkeit zugänglich zu machen, soweit es eben der nicht
immer glatt funktionierende Tauschverkehr alten Stils, die Ord-
nung oder Unordnung der Programmbibliotheken und auch die
äußeren, meist knappen Mittel zuließen. Diese HilCsmittel, so
unvollständig und so unzureichend sie im ganzen oder einzelnen
heutigen Anspröchen erscheinen, sind doch noch jetzt unent-
behrlich für jeden, der sich über die schriftstellerische Tätigkeit
unserer Vorfahren im Schulamte in bestimmten Ländern und
Perioden wie auf den verschiedenen Fachgebieten einen ge-
wissen Überblick verschaffen will. Sie lehren uns erkennen,
welche Aufgaben man sich stellte, welche Stoffe bevorzugt oder
gemieden wurden, und tragen an ihrem Teile dazu bei, das Bild,
das wir uns von der Tätigkeit und den Bestrebungen des da-
maligen höheren Lehrerstandes machen wollen, zu klären. Bis
zum Jahre 1875 einschliefslich ist aber alles unvoll-
ständig; das Realschulwesen im ganzen ist wenig oder
gar nicht berücksichtigt, die meisten kleineren deutschen
Staaten, wie Mecklenburg, Oldenburg, Braunschweig,
Anhalt, die Hansestädte, auch Sachsen, Württemberg
und Hessen fallen ganz oder teilweise aus, nur ober Öster-
reich und die Schweiz, die preußischen Gymnasien, über
Bayern und Baden sind wir genügend unterrichtet, in dem
letzteren Lande allein sogar über die vor der preußischen Neu-
organisation von 1824 liegende Zeit. Was Deutschland und
die im deutschen Tauschverkehr stehenden öster-
reichischen Anstalten betrifft, stehen wir erst ron 1876
an') auf ganz sicherem Boden durch den Beginn der eine neue
*) Vgl. 0. S. 185, 187, 201, 2l7f.
-) Vgl. Tür die letzten 30 Jahre obea S. 236—239, 254—256.
▼ o« R. üllpicb. 221
Ära in. der Programmbibliographie eioleitenden Arbeit
Klufsmanns; die seit dem gleichen Termin und för den gleichen
Umfang des Gebiets geltenden Teubnerschen (zweiten) Ver-
zeichnisse geben den Jahresertrag, in der Hauptsache yoU-
ständig, kaum zu übertreffen sind an Vollständigkeit und minu-
tiösester bibliographischer Genauigkeit die mit 1889 einsetzenden
Berliner Jahresverzeichnisse^), für Österreich im ganzen
sind seit der Mitte der siebziger Jahre') das amtliche
Jahresverzeichnis und die wieder längere Zeiträume zu-
sammenfassenden Arbeiten Bittners (von 1S74 — 1905) maß-
gebend. Endlich hat eine größere Zahl einzelner Schulen^)
ihren Programmertrag zusammengestellt, und die
bibliographische Zusammenfassung einiger Fach-
gebiete^) für große Zeiträume ist in Angriff genommen.
Wir vergegenwärtigen uns so in Kürze, soweit das hier in
der Hauptsache allein berücksichtigte deutsche Sprachgebiet
in Betracht kommt, die Entwicklung und den Stand der Pro-
grammbibliographie — unter Ausscheidung alles Unwesentlicheren
— um einen sicheren Maßstab dafür zu haben, was fehlt und
also in Zukunft noch zu leisten ist. In letzterer Beziehung will
ich das Wesentliche in knappen Umrissen hervorheben. Ich gehe
dabei von den einzelnen Schulen aus.
a) ProdfrtmmbibliographieD der einzelnen Schulen.
Hier liegen manche nützlichen Zusammenstellungen schon vor
(o. S. 103 Anm. 5, S. 109 Anm. 2). Aber nur wenige dieser
Obersichten über die Programmabhandlungen einzelner Schulen
— z. T. in Form eigener „Programme^' selbst erschienen — sind
als solche leicht zu ermitteln; will man wissen, von welchen
Schulen solche Arbeiten vorliegen, so muß man an vielen Stellen
suchen, ehe man findet, was man braucht. Viele sind auch in
„Pestschriften*' zu Schuljubiläen „vergraben'* — hier kann das
Wort mit Recht angewendet werden — , die nicht einmal ohne
weiteres immer in den Tauschverkehr gekommen sind. Sie
wurden vielfach „nur auf Verlangen'* geliefert. War an der
Schale, welcher der Suchende angehört, zur Zeit des Erscheinens
gerade ein Bibliothekar tätig, der Verlangen nach diesen Arbeiten
^) Soeben (September 1907) ist davon der XVHI. Band, die Abband-
langen von 1906 enthaltend, erschienen, was zur Ergünzang der Notiz auf
S. 112 Nr. 15 bemerkt werden mag.
>) Ich habe oben S. 115 (Nr. 33) das Jahr 1876 als Anfang dieses mir
von da ab auch zogäog]ieh gewesenen Verzeichnisses angegeben, gestützt be-
sonders auf eine Mitteilong der K. K. Schuibücher-Verlags-Üirekticu in Wien.
Nach einer freundlichen Mitteilung von Herrn Prof. Dr. R. Kinfsmaun
sind aber schon vor diesem Jahre derartige amtliche Jahresverzeichnisse
erschienen, doch, wie es scheint, nicht vor 1874. Mit letzterem Jahre
wurde auch das Anfaogsjahr bei Bittoer (s. o.) stimmen.
*) Vgl. dazu die Bemerkungen o. S. 109 Anm. 2 mit Forts, aof S. 110.
«) S. 0. S. 116 Nr. 38 ff. und S. 255.
222 Programmweseo ond ProgrtBBibibliothek dl. hSh. Sehnlea,
hatte, gut. Andernfalls st6Bt man wieder und wieder auf Locken.
Oberhaupt haben aUu in der. Hauptsache solche Bibliographien
über den Programmerirag einer bestimmten Schule zunächst nur
fiir die Mitglieder derselben Anstalt Wert, die mit der betr. Fest-
schrift vertraut sind. Und wo eine verständige Verwaltung für
die Aufstellung sämtlicher von der eigenen Anstalt herausgegebenen
Programme in deren Lehrerzimmer sorgt, bedarf es des ge-
druckten Verzeichnisses auch weniger, da man die ganze Serie
in natura täglich vor Augen hat. Wichtiger ist, daß die
Hitglieder der anderen Schulen, soweit sie für bestimmte
Anstalten oder größere Komplexe von solchen irgend ein wissen-
schaftliches Interesse haben, sich schnell, leicht und zu-
verlässig darüber zu orientieren vermögen, was an
jeder sie interessierenden Schule seit deren Bestehen
und bei den älteren wenigstens seit der Organisation
in Preufsen von 1824, in Bayern von dem gleichen
Zeitpunkte ab, in Österreich seit 1850/51 usf. von
Programmen erschienen ist. Selbst von 1876 ab läßt sich
das trotz Klufsmann usw. doch immer erst durch Nachschlagen
in mehreren Bänden feststellen, wobei noch vorausgesetzt ist,
daß die betr. zusammenfassenden, seit 1876 vorliegenden biblio-
graphischen Hilfssmittel wirklich in der Schule, welcher der gerade
Suchende angehört, vorhanden sind — was doch, wie wir sahen,
bei weitem nicht in allen Fällen zutrifft, vor allem nicht für das
Berliner Verzeichnis. Hier kann nur eins helfen: Die Titel
der Programmabhandlungen jeder Schule müssen seit
deren Gründung, bei den älteren mindestens von 1824,
1850/51 usf. ab (wenn tunlich, schon von früheren Terminen
an)^) in jedem Jahre in jedem Jahresberichte und, wo
Abhandlung und Jahresbericht getrennt ausgegeben
werden, in beiden in chronologischer Folge') ab-
gedruckt werden, an leicht sichtbarer Stelle, auf der Rückseite
des Titelblatts beginnend, fortgesetzt — bei älteren Anstalten —
auf der Innenseite des letzten Blattes, abschließend — bei ganz
alten — auf dessen Außenseite. Es ist dringend zu wünschen,
daß möglichst alle Regierungen für ihre sämtlichen Anstalten
^) Bis tnf waleheo Termin man saröckgeben will, wSre je naek den
besondereo UuistäDden der Eutwickeluni; des Programmwesens in den ein-
zelnen Staaten besonders festiuitellen. Gerade bei den kleineren bleibt j«
überhaupt z. Z. noch manches unlilar (vgl. schon oben S. 88 — 108). Anck
von manchen äußeren Umständen würde die Brfiiliang der Aafgabe natirlick
nicht unwesentlich beeinflußt werden.
') Die systematische Anordnung wurde nur bei ganz alten Anstaltea
überhaupt lohnen und wäre eher als Sonder veröffentlichong, z.B. is
Programmtorm oder bei ähnlicher Gelegenheit, zu empfehlen, schon wegen
des größeren Umfanges, wie man denn auch kürzlich bei den Franckeschea
Stiftungen in Halle so verfahren ist; vgL o. S. 110, Anm. (Forts, d.
Anm. 2 von S. 109).
voo R. Ullrich. 223
eioe dahin gehende Verfögung mit näherer Anweisung (s. u.)
recht bald erlassen. So kann jeder, sowohl der, in dessen Hände
zofällig irgend ein Jahresbericht oder eine Abhandlung kommt,
wie vor allem jeder, der mit bestimmter Absicht etwas sucht,
ohne Umstände und mit Sicherheit feststellen, ob etwas für ihn
Wertvolles an einer bestimmten Anstalt erschienen ist. DaB es
wissenschafilich und praktisch von größtem Werte ist, von jeder
Schule, die in der Programmsammlung der Anstalt des Suchenden
durch Programme vertreten ist, ev. auf jeder am Tausch teil-
nebmeoden großen Bibliothek zu jeder Zeit sich einen Oberblick
ober die Programmliteratur jeder höheren Schule in Üeutscbland,
Osterreich und der Schweiz zu verschaffen, braucht Einsichtigen
nicht erst bewiesen zu werden. Aber das Verzeichnis muß jedes
Jahr wieder abgedruckt, wo sich Fehler eingeschlichen haben,
entsprechend verbessert und immer auf dem Laufenden erhalten
werden, sonst verfehlt es seinen Zweck. Die Idee an sich ist
nicht neu; als ich 1906 die entsprechende Obersicht — so wie
ich sie mir etwa allgfmein ausgeführt dachte — im Jahres-
bericht des Berlinischen Gymnasiums zum grauen
Kloster veröffentlichte^), konnte ich darauf hinweisen, daß
das von mir hier zu allgemeiner Einführung Geforderte in einer
gröXseren Zahl österreichischer Jahresberichte') schon
erfüllt ist (vgl. auch o. S. 218) und daß auch einige, freilich
zunichst sehr wenige preußische Anstalten, denen ich inzwischen
noch einige andere anreihen könnte, aus freien Stucken Ähnliches
— und zwar jedes Jahr — für ihre Anstalten geleistet haben.
Aber es muß mehr System in die Sache kommen; daß der
Abdruck nur hier und da geschieht und von Programmlesern
mehr zufallig entdeckt wird, bedeutet wenig. Auch die biblio-
graphische Genauigkeit der Angaben läßt im einzelnen zu
wünschen übrig und entbehrt vor allem der notwendigen Ein-
heitlichkeit. Es wären daher von den einzelnen Behörden all-
gemein verbindliche Normen aufzustellen, die beachtet und
im Anfang ev. von kundigen Bibliographen kontrolliert werden
mössten. Ich schlage in dieser Beziehung folgendes vor: Die
Verzeichnisse der Titel (in chronologischer Folge übersichtlich
untereinanderstehend) müssen enthalten: 1. Jahr des Erscheinens.
2. Namen des Verfassers, 3. Vornamen (ausgeschrieben; bei
') Wiederib|cedrockt im Jahresbericht von 190 7. Das Verzeichois
kooDte bei dem ersten Abdruck aus äuAereo GrÜDden ooch oicht mit der
bibliograpbiscbeo Geuaoigkeit berf^estelit werdeo, wie sie mir jetzt er-
wäoscht scheint; ich hoffe die noch vorhandenen Mängel im Jahresberichte
voo 1908 abstellen za können.
') Da dort Abbandlangen und Jahresberichte fast durchweg äußerlich
als Einheit erscheinen, ist hier nur Abdruck an einer Steile nötig. Doch
fchrint aas bekannten Gründen (s. z. B. o. S. löl) Hir die komplizierteren
drotfcheo Verhältnisse die Trennung von Abhandlung uod Bericht zweck-
mäßig. Der Satz, was die Hauptsache ist, wäre ja allerdings (gleiches
Format der beiden Teile voraasgesetzt) aar einmal herzostellen.
224 Progrinmwefen oodl Prograttinbibliothek d. koh. Schalen,
/
bekannten Zunamen mehrere), ev. auch Angabe des Anits^
Charakters. 4. Genauer Titel der Abhandlang (ev. mit
Angabe, ob Abbildungen, Tafeln, Grundrisse u. 1 beigegeben sind
und in welcher Zahl). 5. Angabe der Seitenzahl. 6. Format,
soweit es nicht überall das gleiche ist Wo, wie bei Fest-
schriften häufig, mehrere Verfasser beteiligt gewesen sind,
müssen sie natürlich sämtlich mit Vornamen^) (s. o.) an-
gegeben werden, ebenso wie die Seitenzahlen der einzelnen
Beiträge. Die Zunamen sind durch den Druck herTor-
zuheben, ebenso die vollen Titel bei allen den Abhandlangen,
die sich auf die betr. Anstalt selbst beziehen und z. B. ihre
Geschichte, Besonderheiten ihrer Organisation, Lehrpläne, Methoden,
Bibliotheken und andere Sammlungen, den Schulbau, die Einrichtung
einzelner Räume, Statistisches uam. behandeln, damit das jeder
Schule Eigentümliche auch hier sofort hervortritt. Was als „Abhand-
lung'* zu gelten hat, wäre allgemein zu vereinbaren (vgl. o. S. 166
A. 3). Sämtliche Angaben sind nach den in der Programmbibliothek
vorhandenen Originalen zu machen; wo diese — wie leider nicht
selten vorkommt — nicht mehr vorhanden sind, müssen sie von
einer anderen Anstalt oder der nächsten größeren Bibliothek im
Wege des Leihverkehrs beschafft werden. Schätzenswerte Zu-
sätze — in Form von Anmerkungen oder am Schlufs —
wären z. B. folgende: 1. Angabe, welche Abhandlungen in
der Anstalt noch vorhanden bezw. von ihr zu beziehen sind;
2. welche Abhandlungen in gleicher oder veränderter Form auch
in Zeitschriften (welchen, Jahrgang, Jahr, Seitenangabe), in
^gesammelten Schriften^' oder als Buch (bezw. ob in er-
weiterter Form und etwa in mehreren A uf lagen, s. o. S.306t)
erschienen sind oder zu anderen Arbeiten des betr. Autors in
bestimmter Beziehung stehen — auch hier unter Angabe des
Umfangs und ev. des Verlegers uam. Falls einige Angaben, die für
die bibliographische Fixierung wichtig sind, sich in den Originalen,
besonders der älteren Zeit, nicht finden, wie Vornamen, Amts-
Charakter^) u.a., so sind sie aus anderen zuverlässigen
Quellen") zu ergänzen und durch eckige Klammern als Zusätze
des Bearbeiters kenntlich zu machen. Soweit jüngere, nicht sehr
literaturkundige Bibliothekare sich außerstande sehen, der letzteren
Anforderung nachzukommen, wären Kenner im Kollegium, auf
der nächsten Bibliothek usf. zu Bäte zu ziehen. Irgend größere
Schwierigkeiten äußerer oder innerer Art erwüchsen bei jüngeren
Anstalten keine, bei älteren nur dann, wenn deren Programm-
*) Vgl. den oben S. 115 Anm. 1 aogedeutateo Mtogel.
-) D.ese Aogabe ist auch deswegen wichtig, weil mandie Progranv-
beitrage, so besonders tos neuerer Zeit Beschreibungen von Sehnl-
bauteo (s. o. S. löl A. 3), gar nicht von Schulmännern selbst stammen.
') Einige davon, die auch bei der vorliegenden Arbeit fiir ähnlichen
Zweck benutzt worden sind, habe ich oben angeführt (vgl. S. 31 Ana. 2).
voD R. Ullrich. 226
sammluDg, selbst was die ArbeiteD der eigenen Schule angebt,
sicli in größter Unordnung befände. Unter normalen Verhält-
nissen lassen sich 30 Programme an der Hand der Originale in
verhältnismäßig kurzer Zeit bequem buchen. Die Kosten sind bei
jungen Anstalten ganz gering, bei älteren treten sie nur im
ersten Jahre in Erscheinung; für alle folgenden lassen sie sich
dadurch wesentlich ermäßigen, daß die vollständige erste und
ev. zweite Seite beim ersten oder besser erst beim zweiten Ab-
druck stereotypiert^) werden, so daß nur die dritte mit dem
ev. Zuwachs jährlich neu zu setzen ist. In allen solchen Fällen
wäre auf bibliographische Genauigkeit gleich beim ersten oder
wenigstens beim zweiten Male natürlich besonderer Wert zu legen,
und es maßten ergänzende Angaben, wie die oben ge-
nannten, die sich naturgemäß im Laufe der Jahre etwas ändern
werden, nicht in Form von Anmerkungen g^eben, sondern am
Schlüsse, der jedes Jahr neu gesetzt wird, kurz zusammen-
gestellt werden.
Es liegt auf der Hand, welcher Nutzen auch weiterhin aus
solchen regelmäßigen Zusammenstellungen erwachsen müßte. . Es
wurden für die Zeit vor 1876, besonders für die älteren
Realschulen und die höheren Schulen vieler deutscher
Kleinstaaten überhaupt. Hunderte von Abhandlungen
an den Tag kommen, die in keiner der älteren Biblio-
graphien zu finden sind. Nicht alles davon dürfte veraltet
sein. Besonders das, was die höheren Schulen selbst, ihre
Geschichte, den Schulbau, die Organisation und Ähnliches be-
trifft, ist auf alle Fälle von Interesse und würde manche Lücke,
die unsere wenigen größeren, wirklich wertvollen schulwissenschaft-
lichen Werke aus neuerer Zeit aufweisen'), vielleicht aufs glück-
lichste ergänzen, jedenfalls unser Bild von den Leistungen be-
stimmter Zeiten auf den mannigfaltigsten Gebieten nicht unerheblich
▼ervollständigen. Es wäre weiterhin eine zuverlässige Grund-
lage für bibliographische Zusammenstellungen der
yerschiedensten Art gegeben. Einer Gesamtbiblio-
graphie der deutschen Programmliteratur von 1825
— 1875 (s. u. S. 230 ff.) könnten daraus wirksame Anregungen
erwachsen.
^) Die meisteo Anstalteo Itsseo ja, was sieh schon ans praktischen
GrÜDden empfiehlt, ihre Programme Jahre, ja Jahrzehnte hindnrch in der-
selben Drnckerei herstellen, so daß sich wepen der Herst^Ilaog der Platte
und der Abzöge, die viele Jahre hindnrch ohne Beeinträchtigung der Deut-
lichkeit genommen werden können, Schwierigkeiten nicht ergäben. Sollte
dennoch ans irgend einem Grande bei älteren Anstalten im Laufe von Jahren
einmal ein Wechsel in der Wahl der Druckerei nötig werden, so steht
nichts im Wege (nach Versicherung einer namhaften Berliner Druckerei),
die Stereotypplatte, die für die erste Druckerei ja keinen besonderen Wert
hat, der betr. Schule zu anderweitiger Verwendung zu überlassen.
*) Vgl. 0. S.iJff.
Zeitaekrift f. d. Ojinniaialwasoii. LXJ. Sapplomeauheft. iJ
2^ Profcrammweseo und Programmbibliothek d. hob. Schalen,
Wesentlich ist freilieb, daß alle deutschen Staaten sich
nach den gleichen Grundsätzen an der Sache beteiligen.
Es ließe sich das aber, wie es in anderen, ?iel schwierigeren
Dingen schon geschehen ist, auf Anregung des preußischen Kultus-
mioisters^) durch Vermittlung des Reichskanzlers wohl erreichen.
Nur darf kein Stückwerk herauskommen; es muß ganze Arbeit
geleistet werden. So würde die ganze Programmein-
richtung und das Interesse für sie in wissenschaft-
licher, insbesondere geschichtlicher, wie in praktischer
Hinsicht einen bedeutsamen, ihr sehr nützlichen An-
stofs erhalten, der nicht ohne segensreiche Folgen
bleiben könnte.
Das wäre der Dienst, den die einzelnen Anstalten — und
ohne besondere Schwierigkeit für jede einzelne — der ganzen
Sache zu leisten hätten.
Was kann aber weiter geschehen, um bibliographische Be-
arbeitungen gröfserer Programmkomplexe nach Jahrgängeo,
Ländern, Fächern oder sonst in einer für Wissenschaft und Praxis
zweckmäßigen Weise neu zu schaffen oder, wo sie schon bestehen,
zu vervollkommnen?
/S) Bibliographische Bearbeitongen'^grSrserer Prograi^m»
komplexe.
Daß bibliographische Bearbeitungen größerer Zusammhäuge,
nach einzelnen oder mehreren Jahren, nach Ländern, kleineren
wie größeren, wieder kleinere Einheiten in sich begreifenden,
nach Fächern oder wie sonst immer notwendige Hilfsmittel
der Wissenschaft und der Praxis sind, ist heute ziemlich allge-
mein anerkannt. Ohne sie kommt kein geistiger Arbeiter mehr
aus. Das gilt auch für das Programmgebiet Auf eine Kritik
der vor 1876 liegenden verschiedenen Arbeiten dieser Art brauche
ich mich nicht näher einzulassen; sie ist schon von anderen ge-
geben, in der Hauptsache, soweit nötig, auch in dieser Arbeit an
verschiedenen Stellen vermerkt worden. An den Mängeln der
meisten dieser Bibliographien ist in der Praxis nichts mehr zu
ändern, da sich (abgesehen von der — übrigens vortrefDichen —
bayerischen)') keine von ihnen als Fortsetzung oder Neu-
bearbeitung bis in die Gegenwart erhalten hat. Aber lernen kann
man aus ihnen auch heute noch, wie es zu machen, oder besser,
wie es nicht zu machen ist, und besonders die klaffenden Lücken,
die manche von ihnen aufweisen, geben wertvolle Fingerzeige für
^) Aaf diese Weise ist z.B. P. Schweakes Adre/ibueh dar dmdsdaa
Bibliotheken (Leipzig 1893, 0. Harrassowits) zastakide gekommeo.
3) Vgl. 0. 8. 113, Nr. 20—24, S. 188, 201, 217; Bittoers Arbeit for
Österreich (o. S. 115, JNr. 30— 32, S. 255), die zeitlich ao Bäbl (o.
S. 114, Nr. 28 — 29} aokDäpft, möchte ich io diesem Zasammenhaoge zieht
nenneo, da sie als eio neues, selbstäzdiges Werk zo betrachtea ist.
voB R. Ullrich. 221
die notwendigen Grundlagen ähnlicher Arbeiten für die Zukunft.
Ich beschränke mich im folgenden auf kleine Vorschläge zur Aus-
gestaltung der seit 187 6 entstandenen Arbeilen, die in der
Gegenwart noch fortgeführt werden, sowie auf Anregungen, die
auf das außerdem noch Wünschenswerte, z. T. unbedingt Not-
wendige die Aufmerksamkeit lenken möchten.
aa) Jahresverzeichnisse. Es kommen hier drei in Be-
tracht, das amtliche österreichische^), das (zweite)
Teubnersche') und das Berliner Verzeichnis*).
Zunächst ein Wort über den Zeitpunkt des Erscheinens
Je früher Jahresverzeichnisse erscheinen können, um so besser
ist es. Gerade im Program mwesen, wo jedes Jahr in der Haupt*
sache zu zwei bestimmten Terminen neuen Segen bringt, ist es
für die Sache wünschenswert, daß das Verzeichnis über die Pro-
gramme des neuen Jahres wenigstens etwas früher erscheint, als
die des nächsten Jahres selbst uns zugehen. Bei dem öster-
reichischen Verzeichnis, dem der gleiche Zeitpunkt des Er-
scheinens sämtlicher Programme und die Staatseinheit zugute
kommt, geschieht das auch. Es erscheint genau in der Mitte
zwischen der Herausgabe der darin enthaltenen Programme des
betreffenden Jahres und der Veröffentlichung derer des nächsten.
Die beiden anderen Verzeichnisse, das Teubnersche und das
Berliner, werden später herausgegeben als man wünschen muß.
Doch liegt der Grund (vgl. o. S. 2111.) nicht an den Bearbeitern,
sondern wohl an der verzögerten Einsendung durch die Schulen
bezw. Behörden. Es wäre sehr erfreulich, wenn darin Wandel
geschaffen würde. Es müßte dann möglich sein, daß das (ein-
facher gehaltene) Teubnersche Verzeichnis der Jahresprogramme
wenigstens am Ende desselben Jahres im zweiten Teile des
Statistischen Jahrbuchs und auch separat erschiene. Das jetzige
Erscheinen gegen Ende des folgenden Jahres ist viel zu
spät. Unter der Voraussetzung, daß sich die gemachten Vor-
schläge (o. S. 2i7 f.) verwirklichen lassen, besonders in bezug auf
die Auswahl der im Teubnerschen Verzeichnis mitgeteilten öster-
reichischen Programme, wäre zu empfehlen, daß sobald wie
möglich, sagen wir 1908, für einmal zwei Jahrgänge (1907
und 1908) im 29. Jahrgange des Statistischen Jahrbuchs ver-
zeichnet würden, von 1909 ab aber dann immer die Programme
des laufenden Jahres. Das Erscheinen des Berliner Verzeich-
nisses, das im Gegensatz zu dem Teubnerschen mit subtilster
bibliographischer Genauigkeit bearbeitet ist und schon deswegen
mehr Zeil zur Herstellung erfordert, war ursprünglich immer für
den Hai des auf das Erscheinen der Programme folgenden
1) S. 115, Nr. 33; vgl. dazu S. 221 A. 2.
^ S. 112, Nr. 13 b.
») S. 112, Nr. 15.
228 Programmweseo und Programmbibliothek d. höh. Sehnlea,
Jahres iD Aussicht genommen^). Es erschien aber neaerdings
immer später, im laufenden Jahre (1907) erst im September^).
Sollte es mit den Kräften der größten Bibliothek Deutschlands
nicht möglich sein, die Herausgabe vor Ostern berbeizuföhreD,
um so mehr, als die österreichischen Berichte ja hier fehlen ?
Vielleicht zieht die Verwaltung den Vorschlag in Erwägung.
Was den Inhalt der drei Verzeichnisse betrifft, so ist in
dem nach Schularten, innerhalb dieser nach Kronländern und
Orten geordneten österreichischen Verzeichnis die Beigabe
einer wenn auch kurzen systematischen Obersicht dringendes
Bedürfnis. Diese Übersicht brauchte ja nicht die vollständigen
Titel zu wiederholen; es würde genügen, unter den einzelnen
Fächern die Namen der Verfasser mit Angabe der Anstalten, oder,
foUs diese in dem jetzt vorliegenden Zustande mit laufenden
Pfummern versehen würden, noch einfacher mit der betreffenden
Nummer zu versehen. An praktischer Brauchbarkeit dürfte es
so entschieden gewinnen. Die Anlage des systematischen (zweiten)
Teubnerschen Verzeichnisses der wirklich erschienenen Ab-
handlungen ist im ganzen zweckmäßig; nur ist größere Voll-
ständigkeit erwünscht (vgl. o. S. 269 Anm. t und S. 104
Anm. 5). Das Berliner Verzeichnis ist (nach der Angabe in
Bd. (, Vorrede) zunächst für Bibliothekszwecke bestimmt.
Soll es aber in den höheren Schulen heimischer werden, was,
wie ich höre, der Verwaltung erwünscht wäre, so lägen einige
kleine Verbesserungen vielleicht noch im Bereich des Möglichen.
Da es die alphabetische Anordnung nach Verfassern hat,
ergänzt es das Teubnersche aufs glücklichste, und die beige-
fügten Sach- und Ortsregister gewähren die denkbar beste Hilfe.
Doch müßte der Begriff der Abhandlung schärfer gefaßt werden,
etwa in dem oben (S. 166 Anm. 3) empfohlenen Sinne. Daß
Teile von Jahresberichten (a. a. 0.) mitaufgeführt werden, ist an
sich zu billigen, hat aber doch manche Schwierigkeiten'), und
die Redaktion ist im Laufe der Jahre darin immer zurück-
haltender geworden. Der Umstand jedoch, daß alle verzeichneten
Beiträge ohne Unterschied mit laufenden Nummern versehen
sind, erweckt leicht irrige Vorstellungen von dem Bestände an
eigentlichen Abhandlungen, die wirklich diesen Namen verdienen.
Auch dürften nicht, wie mehrfach geschieht, verschiedene Teile
1) Vgl. Jahrgang I (1889) im AafaDg d«r Vorrade.
') Allerdiogs wohl aus Üofiereo Grüadeo; das Verzeichois giog oiit
dem im September 1907 ertchieoeaea 18. Baode, der die Abhaedlaogea ?•■
1906 eotbält, aas dem Asherschea Verlage ia deo von Behread a. Co.
io Berlin über; vgl. o. S,221 Anm. 1.
^) Hier eine zweckmäfsige Auswahl zu treffen, erfordert nicht t«
sehr einen tüchtigen Bibliographen als vielmehr einen mit der Ge>
schichte und Organisation des höheren Schalwesens wohl vertrautes, längere
Zeit im praktischen Dienst stehenden Schulmann.
von R. Ullrieii. 229
desselben Programms als mehrere Nummern gezählt werden; es
wäre nur eine Nummer zusetzen und, wenn an späterer Stelle
in der alphabetischen Folge dieselbe Schule wieder begegnet, auf
die frühere Nummer zu verweisen. Höhere Mädchenschulen'),
▼on denen in Bd. XVUI (1906) 17 -vertreten sind — wenn ich
richtig gezählt habe — wären besonders aufzuführen, ev. am Schluß
für sich zusammenzustellen, ebenso Seminare, die gelegentlich
auch begegnen ; beide Kategorien sind hier zunächst noch fremde
Elemente. Ich komme so aber zugleich darauf, dem Vermittler
des Tauschverkehrs der höheren Mädchenschulen vor-
zuschlagen, in dem Verzeichnis, das er alljährlich über die be-
teiligten Schulen gibt, auch die Titel der von diesen gelieferten,
ja nicht allzu zahlreichen Abhandlungen anzuführen. Bisher
ist das merkwürdigerweise nicht geschehen ; doch liegt der Nutzen
wohl auf der Hand.
ßß) Verzeichnisse über gröfsere Zeiträume. Die seit
den siebziger Jahren hervorgetretenen Arbeiten dieser Art sind
oben^) gebührend gewürdigt worden und bedürfen keines Lobes
mehr, wohl aber immer noch des Hinweises, damit sie in
den Schulen heimischer werden. Aber gerade ihre VortrefDich-
keit fuhrt besonders jeden, der sich mit irgend einem Zweige
des höheren Schulwesens beschäftigt, für den auch die Pro-
grammabhandlungen als wesentliches Hilfsmittel in Betracht
kommen, immer wieder recht deutlich vor Augen, welche Lücken
hier noch vorliegen und welche dankbaren Aufgaben die Programm-
bibliographie im Dienste der Schule und ihrer wissenschaftlichen
Arbeit noch zu erfüllen hat. Was fehlt und doch gar nicht
allzu schwer zu geben ist, am besten in Form neuer Programm-
abhandlungen selbst, sind Zusammenfassungen des Pro-
grammbestandes der kleineren deutschen Staaten (z.B.
der oben S. 220 genannten), mindestens von Anbeginn der
Neuorganisation des Programmwesens in diesen Staaten bis zur
Gegenwart, etwa nach Art der für Baden (bis 1887) vorliegenden
Arbeit; nur würde ich es für zweckmäßiger halten, die syste-
matische Anordnung in den Vordergrund zu stellen und
knappere Verzeichnisse nach Verfassern, Schulen usw. nebst den
notwendigen Registern folgen zu lassen. Die preufsischen
Realschulprogramme (bis 1875 einschließlich) würdep für
sich eine bibliographische Bearbeitung lohnen und viel neues,
s. Z. kaum recht bekannt gewordenes Material an den Tag bringen,
besonders für schulgeschichtliche, methodische und organisatorische
<) Die Kgl. Bibliothek zn Berlin ist seit 1905 an dem Sonder-
tanseliverkehr der höheren Mädfchenschulen (Franz Wagner in
Leipzig) beteiligt.
«) Vgl. S. 238— 240 (wo^anch S. 240 einige bescheidene Vorschläge
znr Herbeifohroog noch größerer Brauchbarkeit des vortrefaichen Klars«»
mannsehea Werkes gemacht sind), S. ^17, S. 254 ff.
230 Programmw«Ben oDd Programaibiblioihek d. bSh. Sehnlea,
Fragen. Auch das Hädchenschulwesen verdiente eine ent-
sprechende Zusammenfassung seiner Programmliteratur bis xur
Gegenwart; es würde doch lohnen, einmal im Zusammenhange
zu überschauen, was an den Mädchenschulen hier geleistet worden
ist, besonders für Fragen dieser Anstalten selbst. Es ist geradezu
auffallend, daß die heute in Standesfragen so rührigen männlichen
und besonders weiblichen Hitglieder dieser Schulen an diese
wichtige, nicht allzu schwer zu lösende bibliographische Aufgabe
noch nicht herangegangen sind. Bisher liegen nur spärlicdbe,
gelegentliche Obersichten über ganz kurze Zeiträume vor^). Alle
derartigen Arbeiten würden übrigens im Zusammenhange mit den
oben (S. 222) vorgeschlagenen regelmäfsigen Sonderver-
zeichnissen der Programme der einzelnen Schulen
wesentlich erleichtert werden.
rr) Gesamtbibliographie (1825—1875). Die wich-
tigste, wenn auch freilich am schwierigsten zu lösende,
aber dringend notwendige Aufgabe bleibt noch immer eine
deutsche Gesamtbibliographie von 1825') — 1875, die s. Z.
C. Fr. Müller*) vorgeschlagen und ebenso wissenschaftlich be-
gründet, wie er andererseits auch für die praktische Durchführung
alle notwendigen, sorgsam erwogenen Gesichtspunkte angegeben
hat. Ich brauche die Gelehrten und Schulmänner daher nur recht
eindringlich auf seinen Aufsatz zu verweisen. Seitdem sind
20 Jahre vergangen, und es hat niemand die Hand gerührt oder
seinen EinfluB geltend gemacht, daß der praktischen Lösung
näher getreten würde, obwohl wir im letzten bibliographiefreudigen
Jahrzehnt so viele Unternehmungen erlebt haben, die sich doch
mit einer Programmbibliographie der deutschen Schulen
über den Zeitraum eines halben Jahrhunderts und der
bedeutenden Wirkung, die von ihr ausgehen müßte, kaum messen
können. Daß ein solches Werk „einem lebhaft empfundenen
Bedürfnis entsprechen würde'S wurde übrigens schon damals von
dem preußischen Ministerium ebenso wie von der Verwaltung der
Kgl. Bibliothek in Berlin anerkannt^). Hinderlich ist der Sache
wohl einmal der Umstand gewesen, daß die in schneller Folge
ersclieinenden Klufsmannschen Bände, die uns von 1876 an
so ausgezeichnet versorgen, darüber hinweggetäuscht haben, daß
für die genauere geschichtliche Erkenntnis wie für eine Fülle
spezieller Schulfragen, die in ihrer Wirkung bis in die Gegen-
wart reichen, eine zuverlässige Zusammenfassung der Programm-
M So z. B. in der (jetzt Dicht mehr erscheineiideD) Znisehrift fSr
weibUeh» Bildung: *n Schule und Haus (Leipzig, Teoboer) Bd. XXV (1897)
S. 105—119 UDd S. 157—170 über die Abhandlaogen des Jahres 1896 (za-
gleieh Bespreehu'ngeo).
') Ober Beginn mit froheren Terminen vgl. o. S.222 n. Ana. 1.
•) ZmtbL f. Biblüdhekiw. V (1888) S. 511—523; s. o. S. 125, ISr. 98
und S. 236—238.
«J Vgl. Ztbl. f. BHUoth^kno. V (1888) 8. 511.
von R. (Jllrieh. 231
literatur der älteren Zeit nicht zu entbehren ist. Weiterhin
wohl auch die — freilich irrige — Anschauung von der
,, Minderwertigkeit*' dieser Schulschriften, endlich die finan-
zielle Frage, an der damals, wie es scheint, außer anderen Hin-
derungsgrunden die so sachgemäß begründete wissenschaftliche
Forderung hauptsächlich gescheitert ist. Das Unternehmen ist
heute teils leichter, teils schwerer geworden. Leichter,
weil V« des von Malier damals ins Auge gefaßten Zeitraumes,
nämlich der von 1876 — 1885, durch das Erscheinen des ersten
Bandes Klufsmanns weggefallen ist; schwerer, weil die
notorische Mißwirtschaft in nicht wenigen Programmbibliotheken
die Erlangung des älteren, doch so wichtigen Materials von Jahr
zu Jahr weniger aussichtsreich erscheinen läßt. Darum tut
schneller Entschluß not, um die damals nicht zustande ge-
kommene Arbeit in unseren Tagen doch noch in die Wege zu
leiten, im besonderen Hinblick auch auf die so sehr lebendig
gewordene Erkenntnis von der Notwendigkeit sicherer biblio-
graphischer Grundlagen auf allen Gebieten überhaupt. Die
finanzielle Regelung dürfte nicht unüberwindlichen Schwierig-
keiten begegnen; ich glaube nicht einmal, daß zur Herausgabe
des Werkes eine materielle Beihilfe der Regierungen erforderlich
wäre^), die im übrigen natürlich das für die Wissenschaft und
das Schulwesen so wichtige Werk nach Möglichkeit fördern
müßten. Wenn allen deutschen Schulbibliotheken die An-
schaffung der für jede von ihnen unschätzbaren Bibliographie
auferlegt würde, müßte sie auch als buchhäodlerisches, wenn
auch nicht lukratives Unternehmen immerhin möglich sein.
Und auch sämtliche großen Bibliotheken, dazu viele einzelne
Gelehrten und Schulmänner würden sie selbstverständlich als
ein wichtiges Nachschlagewerk kaum entbehren können. Ob der
damalige Antragsteller, der ja noch heute (in Kiel G.) rüstig im
Schulamt tätig ist, noch Neigung hat, die Arbeit zu übernehmen,
weiß ich nicht ; der geeignetste Mann wäre er. Empfehlen würde
es sich vielleicht, daß seine damals in weiteren Kreisen kaum
bekannt gewordene Abhandlung (vgl. o. S. 209 u. 238) durch
einen Neudruck'), der mit Rücksicht auf manche inzwischen
hervorgetretene neue Gesichtspunkte entsprechend zu ergänzen
wäre, vor allem den Schulmännern in größerem Umfange
zur Kenntnis gebracht würde. Wenn auch natürlich manches
von der älteren Programmliteratur aus den ersten Jahrzehnten
nach 1824 veraltet ist, zumal soweit fach wissenschaftliche »«speci-
') SchoD s. Z. meinte die preufiische Regiernog (a. t. 0. S. 511), ,,die
HertQBgttbe . . . kSaoe recht wohl als eia privates (Joteraehmeo . . . von
einer Bachhandlang ... in die Hand genommen werden'^
') Am besten in einer auch anfierhalb Preußens mogliehst verbreiteten
S Chol Zeitschrift, z. H. in den Neuen Jahrbüchern, oder, falls der Verleger
des Zentralblatt* f. BibUotheksweten dagegen Bedenken hätte, in Form eines
von dem letzteren zu veranstaltenden Separatdracks.
232 Programmweteo nod Prograninbibliothek d. höh. Sehalaa,
mioa eruditioDis^' in Betracht kommen, so wfirde doch ins-
besondere die schulgeschichtliche Forschung aus einem
solchen Werke die reichste Nahrung ziehen. Möchte es diesen
Zeilen gelingen, etwas dazu beizutragen, daß die notwendige
Arbeit in absehbarer Zeit verwirklicht werde!
dd) Verzeichnisse Ober einzelne Fachgebiete. Das
letzte endlich, was auf diesem Gebiete wünschenswert und ver-
hJUltnismäßig wieder leichter zu schaffen ist als etwa die zuletzt
▼on neuem empfohlene Arbeit, besteht in der Herstellung von
besonderen Programmbibliographien fQr bestimmte
Wissensgebiete, sei es für einzelne Länder, sei es im ganzen.
Das eigentlich Fach wissenschaftliche, zumal aus neuerer Zeit,
wörde hier weniger in Betracht kommen, da die betr. Programme,
in erster Linie die am meisten beteiligten philologischen,
seit langem wie billig in den schon bestehenden^Fachbibliograpbien
regelmäßig ihre Stelle finden und ja außerdem mit der Tätigkeit
der Schule in überwiegendem Maße nicht unmittelbar zusammen-
hängen. Gleichwohl ist ja gelegentlich der Versuch gemacht
worden, bestimmte Fachgebiete der Programmlileratur biblio-
graphisch zu behandeln. Aber schon der Umstand, daß in den
größeren dieser Versuche andere wissenschaftliche Klein*
literatur einbezogen ist^). Ober die man sich schon seit
Jahren leichter und zuverlässiger aus anderen Quellen') unter»
richtet, wirkt störend. Auch haben solche Arbeiten, sollten sie
wirklich unternommen werden, erst dann größeren Wert, wenn
sie die irgend erreichbare Vollständigkeit aufweisen und in
allem fQr bibliographische Werke Wesentlichen so genau aus-
geführt sind, daß der Benutzer sich einigermaßen auf sie ver-
lassen darf. Was aber alles in dieser^Beziehung an der einzigen
gröfseren Programm- (und zugleich Dissertationen-) Fachbiblio-
graphie, der für neuere Sprachen von Varnhagen-Martin
(8. 0. S. 117, Nr. 41/2) auszusetzen ist, hat ein Sachkenners. Z.
nachgewiesen'). Sehr viel wichtiger dagegen wären vollständige
Sonderbibliographien der Programmliteratur (für Preufsen seit
1825) auf dem Gebiete des Schulwesens, in denen alle oder
wesentliche Teile dieses großen Organismus, die Beiträge zur
Erziehung im allgemeinen, zur Methodik der einzelnen Unterrichts-
fäclier, zur Schulgeschichte und -Organisation im ganzen oder für
einzelne Länder wie Preufsen, Sachsen, Hessen usf., um
nur diese zu nennen, übersichtlich verzeichnet würden. Zu-
verlässige Bücher oder auch Programme mit dem Titel: „Pos
1) Ober das Poc.ksebe Verzeichnis (o. S. 112, iSr. 16) vgl. & 217;
s. aach schon oben S. 189.
*) So besonders aas 'dem von der Kgl. Btbliot'hek zu |BerIi,'a seit
1885/S6 herRiisgegeheneaJahresverxeiehrtii der an den detdsckeRÜniveraü&en
erschienenen Schriften (Berlin, A. Asber).
*) V^l. Rod. KlafsmaiiB, ZtbL f. MibUoikeksw, XI (1894) S. 282—285.
von R. (Jllricb. 233
höhere Sckulwesen Preufsens (Sachsens, Hessens, Österreichs) in
seinen Progframmen'*^ köonteD einmal zum eisernen Bestände der
Nachschlagewerke der Bibliotheken und jedes einzelnen Gelehrten
gehdren, der sich mit dem Schulwesen wissenschaftlich beschäftigt
(vgl. o. S. i2fl.). An einer zuverlässigen Gesamtbibliographie
auch nur des höheren Schulwesens (nicht der Programm-
literatur allein) fehlt es ja seit dem Eingehen der großen,
allerdings viel zu breit angelegten Kehrb ach sehen Arbeit^)
durchaus, und es scheint auch leider vorläufig keine Aussicht,
daß wir eine solche, sei es nach einzelnen Jahren oder für
größere Zeiträume, erbalten. So ist der Wunsch berechtigt wie
auch leichter erfüllbar — am besten in der Form von Pro-
grammen selbst — , daß die Programmliteratur, soweit sie sich
auf allgemeine oder spezielle Schulfragen bezieht, für sich
bibliographisch ganz oder nach einzelnen Seiten behandelt werde.
Hier kommen Stoffe in Betracht, die recht eigentlich aus dem
Wesen der ganzen Einrichtung hervorgegangen und nach sehr
langer Verdunkelung dieser Tatsache seit den letzten 2 Jahr-
zehnten (s. 0. S. 145ff.) gerade in den Schulprograromen wieder
in überwiegendem Maße heimisch geworden sind. Der z. B. für
Württemberg') jungst unternommene Versuch dieser Art
(vgl. 0. S. 116, Nr. 38; S. 255) legt den Wunsch nahe, Arbeiten
in ähnlicher Art auch für andere Länder zu erhalten. Was
die Stellung der Aufgabe betrifft, so scheint es am zweck-
mäßigsten, wenn der Umfang nicht zu groß genommen und
recht bestimmt abgegrenzt wird. Auf kleinem Gebiete mög*
liehst Vollständiges zu geben ist wertvoller und für dauernde
Wirkung viel fruchtbarer, auch für Schulmänner, falls sie sich mit
den Anforderungen bibliographischer Arbeiten vertraut gemacht
haben, leichter durchführbar, als das bei umfassenderen Werken
solcher Art der Fall ist, besonders wenn sie auch die Literatur
außerhalb der Programme registrieren wollen. Solche umfassen-
deren Aufgaben sind besser gründlich geschulten Fachbibliographen
zu überlassen.
Wie man sieht, liegt auch auf diesem Gebiete noch eine
Fülle von Aufgaben vor, die der Lösung harren. Die Lust, sie
zu unternehmen, wird auch wesentlich davon abhängen, daß die
irrigen Anschauungen von Wert und Verwertung der Programme
einer unbefangeneren Beurteilung weichen. Die letztere herbei-
zuführen habe ich mir in der vorliegenden Arbeit besonders an-
gelegen sein lassen.
1) Vgl. ,0. S. 126, Aom. 1 und S. 17,^ Aom. 9.
^) För Österreich vgl. z. B. G. Strakosch-GrafsmaDD, Biblio
grofhie zur Geschichte des österreichisehen Unterrichtswesens , Programme
von Kemeuburg Rg. 1901102. Diese Arbeit ist alJerdiogs aof breiterer
GruDdlage oDteraommeo nod omfaßt weder die Mittelschalea alleio, noch
besehränkt sie sich aof die Programmliteratar.
^^ Prof^rammwesea und Prof^rammbibliothek d. holuSeholeB,
Daß auch die Jahresberichte der höheren Schulen
noch eine nachhaltigere Zusammenfassung gestatten (die
wieder ihrer wissenschaftlichen Ausnutzung zustatten käme), als
ihnen bisher zuteil geworden ist, wird weiter unten gezeigt werden
(s. Absch. 3 C). Vorerst ist klarzulegen, daß sie an und für
sich wichtige, durch andere Veranstaltungen nicht zu ersetzende
Dokumente des höheren Schulwesens sind, wenn sie auch
im einzelnen, ebenso wie dies von den Programmabhandlangen
gezeigt werden konnte, der Ausgestaltung nach Inhalt und Form
noch bedürfen. Ich wende mich jetzt daher zu ihnen.
3. Die Notwendigkeit der Jahresberichte^).
Die Abhandlungen haben eine längere, eingehendere Er-
örterung nötig gemacht, die durch ihre lange Geschichte und ihre
hohe Bedeutung, auch wegen der vielen Fragen und Bedenken,
die sich im Laufe der Jahrzehnte an sie geknöpft haben, wohl
gerechtfertigt war.
Über die Jahresberichte kann ich mich wesentlich kurzer
fassen. Nicht daß sie, im ganzen angesehen, weniger wichtig
wären als die Abhandlungen. Im Gegenteil. Aber ihr Nutzen ist
unmittelbarer und tritt deutlicher zutage; ihre Wirkung erstreckt
sich auf weitere Kreise, ihr Inhalt ist leichter verständlich. So
hat denn die Diskussion sich zwar auch mit ihnen beschäftigt,
aber nicht so sehr die Einrichtung, die man als eine gegebene
hinnahm, im ganzen grundsätzlich nach Für und Wider erörtert,
als vielmehr an Einzelheiten gebessert, manchmal einseitig und
kleine Anstöße gern verallgemeinernd, oft aber auch unter voller
Würdigung der Bedeutung der Sache im ganzen und von dem
Bestreben geleitet, sie für die Zwecke, denen sie dienen soll,
immer vollkommener zu gestalten.
So wird es sich im folgenden in der Hauptsache um drei
Dinge handeln. Zunächst gilt es, die allgemeine Bedeutung
der Jahresberichte, soweit sie innerhalb oder außerhalb unserer
Kreise noch nicht voll erkannt ist, ins rechte Licht zu stellen (A);
ferner ist zu untersuchen, nach welchen Seiten sie im einzelnen
der Besserung und Ausgestaltung fähig sind (B); endlich
wäre zu erwägen, durch welche Mittel die so im einzelnen
zweckmäßiger eingerichteten Dokumente der Organisation des
höheren Schulwesens im ganzen, insbesondere für das Studium
und die Praxis des Schulwesens selbst, fruchtbarer gemacht
werden können (C). Zustatten kommt mir dabei, daß vieles
M Pur diesen ganzen Absehoitt ist die Sammlang der VerfngBngei
o. S. 95 — ]08, soweit diese die Jahresberichte betreffen, und die
historische Skizze oben S. 150— 166 nebst der Tabelle (hinter S. 160;
zu vergleichen.
▼ OD R. Ullrich. 235
von dem, was die Diskussion zur Sprache gebracht hat, besonders
soweit sie sich in mehr negierender Richtung bewegte, schon
früher erledigt worden ist^), so daß hier ein kurzer Hinweis und
ev. Zusammenfassung der Hauptpunkte genügen wird und der
Nachdruck auf das Positive, Ergänzende, Aufbauende gelegt
werden kann.
A. AUgemeine Bedeutung.
Es spricht wieder für den weitausschauenden Scharfblick des
preußischen Organisators von 1824 und 1826, daß die von
ihm damais aufgestellten Gesichtspunkte für Zweck und Bedeutung
der Jahresberichte, die er — wie bei den Abhandlungen — in
der gegenseitigen Förderung der Schulen und ihrer Lehrer und
in der Erhaltung fester Beziehungen zwischen Schule und Publikum
erblickte — mehr oder weniger auf die Verhältnisse der anderen
Staaten Einfluß geübt und bis beute ihre Lebenskraft bewahrt
haben. Es war — wenigstens dem Wortlaut nach — nicht
eigentlich eine Verbesserung, wenn die zweite und zugleich
letzte preußische Gesamtverfügung von 1885 (s. o. S. 151) nur
von den „Kreisen" sprach, „welche an der Wirksamkeit der
einzelnen Anstalt besonders beteiligt sind'' (d. h. doch wohl
rubrer und Publikum), also die Beziehungen einer Hehrheit von
Anstalten zu einander nicht berücksichtigte. Indessen waren diese
Beziehungen, die ja schon in der amtlich geförderten Einrichtung
des Tausch Verkehrs tatsächlich zum Ausdruck kamen, der Be-
hörde wohl so selbstverständlich erschienen, daß sie nicht mehr
für nötig hielt, sie besonders zu betonen, wie dies sechs Jahr-
zehnte vorher geschehen war. Vielleicht mochte es auch eine
Wirkung der Lehrpläne von 1882 sein (die jene 1892 ihren
Höhepunkt erreichende „Uniformiläf' der Verfassung der preußi-
schen höheren Schulen einleiteten), die eine Betonung der gegen-
seitigen Förderung der Anstalten gerade durch die Jahres-
berichte weniger na^e legte, wenngleich dabei die Rücksicht auf
die doch auch durch den Tauschverkehr den preußischen Schulen
mitgeteilten Jahresberichte der anderen deutschen Staaten
und Österreichs etwas zu kurz kam, deren Anstalten sehr
abweichende Einrichtungen aufwiesen und noch heute aufweisen.
Daß dagegen in diesem Zusammenhange der — an sich im all-
gemeinen selbstverständliche — Umstand besonders betont wurde,
die Berichte sollten „den vorgesetzten Behörden einen Einblick
in die gesamte Organisation und in die einzelnen Einrichtungen
jeder Schule ermöglichen'S konnte auffallen, da gerade in den
achtziger Jahren die Verschiedenheilen in dieser Beziehung —
von einzelnen auf geschichtlicher Überlieferung beruhenden und
der Behörde ja doch am besten bekannten besonderen Einrich-
1) VffL o. S. 189 ff.» 202 ff., 218ff., 256ff.
2^ Progr ammweseo ood Progranunbibliothek d. höh. Schulen,
tuDgen einer kleinen Anzahl von Schulen abgesehen — Qicht
eben groB waren. Heute ist das freilich ganz anders, gerade
innerhalb Preufsens, und darum haben hier die Jahresberichte
eine um so größere Bedeutung. Welche Anschauungen aber auch
immer jenen Bestimmungen von 1885 in dem, was sie sagten
ebensowohl wie in dem, was sie verschwiegen oder als selbst-
verständlich voraussetzten, zugrunde liegen mochten, die Tatsache
ist nicht zu leugnen, daß sie der Kritik an der Einrichtung der
Jahresberichte willkommenen Stoff gegeben haben zu einer Zeit,
in der sich die Verhältnisse schon der preußischen Schulen allein
recht erheblich verändert hatten und — so sollte man doch
denken — demgemäß vielleicht auch den Jahresberichlen ein
etwas anderer Beruf zukam. Sehen wir näher zu.
Ohne zunächst auf die innere Einrichtung der Jahresberichte
näher einzugehen (darüber s. unter B), halte ich es für das
Zweckmäßigste, von ihrer Bedeutung für die einzelnen
Schulen und ihren Interessenkreis auszugehen (a) und
daran Bemerkungen über ihren Wert im ganzen zu knüpfen (b).
•) Bedeataog für die einzelne Schale and ihren Isteressenkreis.
Als Interessenkreis der Schule sind anzusehen die Lehrer,
die Schüler, wirkliche und ehemalige, die vorgesetzten Be-
hörden und das Publikum, Eltern sowohl wie die Bewohner
des Ortes und seiner Umgebung überhaupt. Was können die
Jahresberichte jedem dieser Kreise leisten?
a) Für den Lehrer scheint der einzelne Bericht über
ein Schuljahr der eigenen Anstalt zunächst nicht allzuviel zu be*
deuten; das kann man z. B. H. Müller (vgl. o. S. 258) im all-
gemeinen noch am ehesten zugeben. Jedenfalls lohnte es nicht,
ihn in dem üblichen Umfange drucken zu lassen, falls er in erster
Linie auf den Lehrer als Leser berechnet wäre. In der Tat
hat dieser das meiste, was darin steht, „miterlebt*'. Aber wirklich
alles? Es stehen doch auch Dinge darin, die er nicht miterlebt
hat, sondern die ihm, auch an Schulen, wo auf peinlichste Ord-
nung in jeder Hinsicht gehalten wird, völlig neu sind. Kennt
er, z. B. als Ordinarius, alle Aufsätze, die der Kollege des Deutschen
oder Französischen im Laufe des Jahres gegeben hat, die Themen
der „kleinen Ausarbeitungen^^ die Aufgaben aus der Beifeprüfung ?
Weiß er immer, welche Bücher für die Ijehrerbibiiothek ange-
schafft worden sind, welche Stiftungen an der Anstalt bestehen,
wie stark die einzelnen Klassen besucht sind? Ist ihm etwas
von dem Leben, den Studien, den Veröffentlichungen der Kollegen
bekannt, die neu an die Anstalt kommen? Aus den Jahres-
berichten erfahrt aber jeder, dessen fnteressenkreis nicht an der Tnr
der Klassen aufhört (oder vielleicht schon bei den Fächern, die
er gerade in ihnen lehrt), dies und noch manches andere, nicht
vereinzelt, sondern in zweckmäßiger Obersicht, und vernimmt es
von H. Ullrich. 2$f
gern, nicht bloß zum Nutzen für sieb, sondern auch häufig im
Interesse des Elternpublikums. Ja, wurde an allen Anstalten,
was durch geeignete Vorkehrungen wenigstens bei einigen der
genannten Dinge sicher möglich wäre, dafür gesorgt, daß jeder
Lehrer, den sie interessieren — und das sollten eigentlich alle
sein — sie auch ohne Umstände zu jeder Zeit erfahren könnte,
so wären för ihn die Berichte entbehrlich ; aber da das wphl nie
und nirgends immer gerade in dem erwünschten Umfange ge-
schehen wird — und abfragen kann man das den Kollegen weder
alles noch wünschen es viele — , wird man doch wohl zugeben
müssen, daß die Verfügungen, welche die Jahresberichte ins Leben
riefen und ihre Gestaltung im einzelnen genau vorschrieben, so
übel nicht sind. Indessen, die Menschen sind unvollkommen,
auch manchmal unzugänglich, selbst Kollegen; man müßte sich
damit abfinden, wie mit so vielem andern. V^ozu brauchen Staat
und Stadt das viele Geld herzugeben, Jahr für Jahr alles ab-
drucken zu lassen, was der sonderbare, wißbegierige Kollege
wissen will, der doch nun schon so viele Jahre an der Anstalt
„heimisch** ist (wirklich?). Alles braucht er doch auch gar nicht
zu wissen!
Aber wenn er nun neu bei der Anstalt eintritt?
Bietet sich nicht der Jahresbericht, zunächst der neuste, wenigstens
als ein recht zweckmäßiger, durch andere Mittel so leicht nicht
zu ersetzender Helfer dar, sich zu orientieren ? Und das ist doch
. heute gerade in Preußen ebenso erwünscht wie nötig, wo die
von der Behörde gewährte und von den meisten Lehrern freudig
begrüßte Freiheit der Schulorganisation im ganzen wie in zahl-
reichen Einzelheiten wieder dazu führt, der „Individuaiitär* Spiel-
raum zu gewähren, nicht bloß den Schülern, sondern auch den
Lehrern und ganzen Kollegien. Und wer nun wirklich in seiner
Schule und ihrer Tradition — wenn anders sie eine hat — hei-
mischer werden will, wird wohl auch mit ihrer Geschichte etwas
vertrauter zu werden wünschen, etwas von den früheren Lehrern,
ihrem Leben und ihrer Arbeit an der Anstalt und sonst wissen
wollen, auch gern vernehmen, unter welchen Verhältnissen man vor
seiner Zeit lebte, welche Feste man feierte und wie man es tat, mit
welchen Schwierigkeiten — und sie waren oft recht groß — die
auch einmal jung gewesene Anstalt zu kämpfen hatte, in ihren
Räumen sowohl wie in ihren ganzen Verhältnissen, auch finan-
ziellen, und so noch manches andere. Großes wie Kleines, das ge^
fordert oder gehemmt, Freude oder Verdruß geschaffen. Gibt es
aber in allen alten Schulen eine auf den Akten aufgebaute, bis
nahe an die Gegenwart reichende „Geschichte*^, aus der man solche
Dinge leicht erfahren könnte? Und wenn schon, so vermißt
man gerade das, was man zunächst wenigstens wissen möchte,
Einzelheiten über bestimmte Personen oder Verhältnisse, die
' einem in der Beziehung zur Gegenwart oft wichtig werden, die
238 Programmwesan Dod Progrimmbibliothek d. höh. Sehnlem,
aber in zusammenhängenden Darstellungen bei der Fülle des
Stoffes naturgemäß nicht zu vollem Rechte kommen und es aach
bei dem besten Willen der Verfasser nicht können, oft schon
deswegen nicht, weil kein einzelner alle Unterrichtsfächer und
überhaupt die ganze Mannigfaltigkeit der Verhältnisse, die ein so
großer Organismus in sich birgt, so vollkommen beherrscht, um
jedem Suchenden das Seine zu geben. Also mußte man in jedem
Falle die älteren Kollegen befragen, falls man Gegenliebe findet,
oder den Direktor, der aber an manchen Schulen so häufig wechselt
und sich selbst erst orientieren muß, oder gar — am umständ-
lichsten — das Archiv, falls es leicht zugänglich^) und — in
musterhafter Ordnung ist'). Wohin kommen wir da? Und «--
fahren am Ende doch nicht, was wir suchen; an alten Anstalten
wäre es auf dem genannten Wege überhaupt kaum möglich.
Wieder helfen uns die Jahresberichte, im großen und — wenn
sie mit leidlicher Sorgfalt abgefaßt sind — auch im kleinen.
Wer ihrer zunächst nur 10 oder 20 von der eigenen Anstalt aas
neuerer Zeit — weiteres Zuröckgehen vorhehalten — nachein-
ander durchgegangen ist, wird, denke ich, für den ersten Anfang
ein gewisses Fundament seiner neuen Stellung haben, das er
sich auf andere Weise niemals hätte verschafiTen können» wenn
anders er überhaupt für die Bedeutung des geschichtlich Gewor-
denen Sinn hat und nicht ein Zugvogel ist, der, in einer Stelle
kaum warm geworden, schon wieder nach einer neuen ausschaut,
um auch in dieser nicht heimisch zu werden. Die schöne Sitte,
daß nicht wenige Anstalten — gerade ältere — ihre eigenen
Programme, neben den Abhandlungen auch die Jahresberichte,
sämtlich und zeitlich soweit wie möglich nach rückwärts nicht
in der Bibliothek „vergraben'S sondern sie wohlgeordnet, zu
mehreren Bänden vereinigt, im Lehrerzimmer zu jedermanns Ein-
sicht aufstellen, hängt doch wohl mit der Empfindung zusammen,
daß sie ebenso unmittelbar dazu nAtzlich sind, diese oder jene
Einzelheit gelegentlich bequem nachschlagen zu können, wie auch
andererseits dazu, jeden, der seine Tätigkeit an einer bestimmten
Schule immer lieber gewinnt, um so enger an sie zu fesseln, je
mehr er mit ihrer Entwicklung vertraut wird. Erkennt man die
hohe Bedeutung dieser Momente an, so wird man — denke ich
— wohl nicht leugnen können, daß schon die Jahresberichte
einer einzelnen Schule fQr jeden ihrer Lehrer aufser-
ordentlich zweckmäfsig, ja bei dem Mangel geeigneten oder
leicht zugänglichen Ersatzes nahezu notwendig sind.
ß) In bezug auf das, was die Jahresberichte einer Anstalt
för ihre Schüler bedeuten, wird man im allgemeinen aber
theoretische Erörterungen nicht hinauskommen, man müßte denn
1) Vgl. daED C. Reth wisch t. a. 0. iBäfl. Abt. 4, Nr. 138) S. 7.
*) Ober dessen zweckmäßige Ordoaog vgl. die Abhaadlaog von W»
Stoewer io der Z./ <f- Gymn^-fy. LVÜ (1903) S. 369—374.
voB R. Ullrich. 239
einzelne aus verschiedenen Klassenslofen darüber befragen oder
auch (was meinen vorurteilslose Lehrer des Deutschen dazu?)
einmal ganz gelegentlich einer verständigen Prima, unter Um-
ständen auch schon einer Klasse der Mittelstufe, ein Blatt Papier
in die Hand geben — ohne irgend ein Wort weiter zu sagen —
mit der Aufforderung, unbefangen niederzuschreiben, was ein
jeder etwa dächte über die Frage: „Haben die Schulnachrichten
für uns Schüler einen Zweck, was bieten sie uns und was ver-
missen wir in ihnen ?'' Modern wäre das Thema, auch „aktuell*'
— man findet gelegentlich gewiß noch aktuellere — und etwas
wurde sicher dabei herauskommen, ganz abgesehen von der
stilistischen Obung. Gewiß würde man finden, daß manche
Schüler die jährliche Gabe der Schule (wie so vieles andere, was
sie ihnen bietet) als etwas Gewohntes hingenommen haben, ohne
sich etwas Besonderes dabei zu denken; vielleicht gelänge es
aber, wie bei anderer Gelegenheit, träge Naturen auch hier
wenigstens schon durch die bloße Frage anzuregen, der Sache
nachzudenken. Solche, die der Schule, der sie schon lange an-
gehören, mit Liebe anhängen und mit einiger Regelmäßigkeit
sogar den einen oder anderen Teil zu lesen pflegen (wie manche
von uns es früher taten — s. u.)t würden aber doch wohl aus
ihrer geringen Erfahrung und bei aller natürlichen Begrenztheit
des Urteils mancherlei zu sagen wissen, das selbst dem Direktor
und den Lehrern (wie oft werden die Schüler beider Lehrer!)
eine bescheidene Anregung zu geben vermöchte in der Richtung,
ob vielleicht auch die Jahresberichte^) mehr als bisher hier und
da etwas enthalten könnten, was den Schülern Interesse einflößt.
Was kein Verstand der Verständigen gesehen, könnte hier wirk-
lich in Einfalt ein kindlich Gemüt finden. Vielleicht macht ein-
mal jemand den Versuch; schaden könnte er — bei normaler
Disziplin — kaum, eher einiges nützen. Doch kommen wir über
diese zunächst theoretischen Erörterungen hinaus schon einen
Schritt weiter, wenn wir uns selber — nicht bloß Lehrer,
sondern auch andere ehemalige Schüler — soweit möglich daran
za erinnern versuchen, ob wir vor 20, 30 und mehr Jahren mit
diesen Berichten etwas anzufangen wußten, die wir ja eigentlich
den Eltern abzuliefern verpflichtet waren, die zu lesen uns aber
— wenn anders wir wollten — niemand binderte. Natürlich
werden wir dabei der Gefahr nicht ganz entgehen, einiges von
dem, was wir jetzt denken und schätzen, auch für die Zeit
unseres harmlosen Schülerlebens schon als „feste Oberzeugung*'
anzunehmen, wie das ja selbst manchen Großen, die ihr Leben
oder ein Stück davon im vorgerückten Alter aufzeichneten, mit
ihren Jugendjahren so ergangen ist Seien wir also vorsichtig.
Wie stand es nun damit? Wenn wir den meisten Wortführern
1) Ober die Abhaodlnogen vgl. io dieser fiesiehoDg o. S. 280ff.
2i0 ^rogrtmmwasei nad Pr6graBimliibliotliek d. höh. Schvlei,
der Diskussion in den letzten beiden Jahrzehnten glauben woHeu,
so hallen die Berichte an uns Schulern ziemlich ausnahmslos
ihren Beruf verfebit; sie waren etwa ein Stuck bedrucktes
Zeitungspapier, zu allem zu gebrauchen ^), nur nicht dazu« gelesen
oder gar geschätzt zu werden. Ich muß dem ebenso wider-
sprechen, wie dies schon gelegentlich andere getan haben") und
wohl noch manche, die diese Zeilen etwa lesen sollten, tun
werden. Von der kindischen Freude, die wir empfanden, als
wir unseren Namen zum ersten Male im WohltäterTeraeiclinis
gedruckt sahen, wenn wir einen Schwalbenschwanz oder eine
Fischgräte ins Natoralienkabinett gestiftet hatten, sehe ich hier
ab; sächsische oder süddeutsche Schüler mögen sich in ähnlicher
Weise gehoben fühlen, wenn sie heute ihren Namen im Schäler-
verzeichnis (in Preußen ist es weniger üblich) begegnen. Dem
Umstände, daß unsere Klasse wenigstens, die zur (damals noch
üblichen) öffentlichen Prüfung „herankam", am Schluß des Jahres-
berichts gedruckt war, standen wir mit gemischten Gefühlen
gegenüber. Auch im Lehrerverzeichnis sahen wir nach und
waren sehr enttäuscht, daß der stattliche, bärtige Herr X., der
uns in Sexta und Quinta so vortreffliche Geschichten za erzählen
gewußt hatte, sogar als Ordinarius mit uns deklinierte und kon-
jugierte und unsere Hefte mit roter Tinte reichlich bedeckte,
kein „ordentlicher*' Lehrer war, sohdern „bloß^' ein Probe-
kandidat. Und als wir mit einem Stipendium zur Universität
entlassen waren, auch gar später wohl noch ein solches erhielten,
fanden wir es bei aller Dankbarkeit gegen die Schulen, die uns
solches gegeben, doch sehr unnötig, daß mit unseren Namen im
Jahresbericht darüber quittiert wurde. Aber als wir älter wurden,
suchten wir nicht mehr bloß nach Dingen, die die Eitelkeit, Neu-
gier oder den Widerspruchsgeist reizten; wir lasen doch auch
anderes, als Schüler und später noch oft, die Reden z. B., die
unsere Direktoren beim Amtsantritt hielten, auch die Worte des
Gedenkens, die ihnen und anderen Lehrern, als sie selbst dahin-
gegangen waren, von ihren Kollegen nachgerufen wurden. Wir
hatten sie ja freilich meist schon mitangehört, aber nicht immer
alles verstanden und lasen sie darum in Ruhe gern noch einmal, eben-
so wie unsere Eltern. Auch das, was über den Lebenslauf unserer
neuen Lehrer im Jahresbericht stand, lasen wir'); es war nicht
viel, aber doch etwas. Und wenn wir bei dem betr. Lehrer auch
niemals Unterricht gehabt hatten, so erfuhren wir doch noch
etwas anderes von ihm, als uns unsere Kameraden aus seinen
Stunden erzählten. Auch wenn da zu lesen stand, daß dieser
1) Vgl. 2. B. o. S. 126, Nr. 114.
3} Z. B. Faust (s. o. S. 127, Nr. 125), R. Hoer«nz (Nr. 128) uU
besonders F. Pietzker (S. 128, Nr. 155).
3) Dasselbe berichtet K. Hoereos, Päd. fTocAenbL XI (1901/2) S. 121
(ÄW. Abt, 4, Nr. 128).
von R. Ullrieh. 24i
oder jener I^ehrer zu einer wiBsenscbaftlicben Reise beurlaubt
war, 80 macbtejes den jugendlidien Gemütern — warum sollte
es das nicht — Eindruck. Und so würe noch anderes zu nennen,
was ich hier nicht alles aufzählen kann. Naturlich waren nicht
alle für solche Dinge gleich zugänglich, aber etliche hatten doch,
z. T. noch unbewußt, die Empfindung, daß ihnen hier etwas mit-
gegeben war, auch för das Leben, das sie nicht missen mochten.
Manche hoben die Jahresberichte auch auf; ich habe sie heute
beinahe noch alle. Mögen andere anders gedacht haben oder
denken, ich kann sie nicht hindern, höchstens bedauern. Damit
verlasse ich diesen Abschnitt.
y) Mag aber immerhin der positive Nutzen, den ich hier
gar nicht in den Vordergrund steUen möchte, im allgemeinen für
die große Menge der wirklichen Zöglinge einer Anstalt nicht er-
heblich sein, desto größer ist er för die ehemaligen Schüler.
Die Anstalten, auch solche, die nicht Internate sind, suchen doch
mit Recht einen gewissen Zusammenhang mit ihren früheren
Schulern aufrecht zu erhalten. Die vielen „Vereine ehemaliger
Schüler*' streben nicht bloß den Verkehr ihrer Mitglieder unter
sich an, sie wollen auch die Beziehungen zu der Anstalt pflegen,
der diese ihre Ausbildung verdanken. Wie wichtig es ist, daß von
beiden Seiten alles geschehe, solche Zusammenhänge zu stärken,
brauche ich nicht erst nachzuweisen. Und daß jedes mögliche
Mittel, das diesem schönen Zwecke dienen kann, zu benutzen ist,
kann für selbsverständlich gelten. Auch hier erfüllen die Jahres-
berichte eine wichtige Aufgabe. Es ist nicht viel, aber doch
wohl etwas, wenn ehemalige Schüler, die sich darum kümmern,
wenigstens jährlich einen Bericht ihrer alten Anstalt erhalten,
aus dem sie alles Neue, was sich seit ihrem Abgange zugetragen
hat, alle Veränderungen, die eingetreten sind, ohne Schwierigkeit
erfahren. Zumal für alle, die nicht am Orte ihrer Schule bleiben,
und das sind doch die meisten (besonders soweit kleinere Orte
in Betracht kommen), ist das wichtig. Was den alten Fürsten-
Schülern^) jedes Jahr eine willkommene Gabe ist, sollte es auch
für die alten Zöglinge anderer Anstalten sein. Doch kann wohl
noch mancherlei geschehen, die Jahresberichte dahin auszuge-
stalten (vgl. Abschn. B), daß die Verbindung zwischen der Schule
und ihren alten Zöglingen immer mehr gefestigt werde.
d) Wenn weiterhin in Preufsen') die Behörde selbst
erklärt hat, daß die Jahresberichte der Schulen für sie von Be-
^) Vgl. daxQ noch die schöne, obeo S. 273 Aon. 1 erwähnte ^Sitte,
daB die ehemaligen Schüler der Porstenseholen (auch die der Landea-
achnle Pforta) fdr eine bestimmte Anzahl von Jahren anf die Abhand-
langen ihrer Schulen abonnieren, womit hier sogleich noch einem wohl-
tätigen Zwecke gedient wird. Mit den iJahresberiehten geschieht
das gleiche.
*) Auch in Hesico, s. o. S. 161.
Zoitsehf . 1 4. 07BuiaaiAlwis«a. LZL Bapplamonthoft. 26
242 Programmwesen and Programmbibliothek d. hob. Schales,
deutung seien, schon zu einer Zeit, wo zweifellos die Verfassung
der Schulen und demgemäß auch ihre Berichte eine weit gröfiere
„Uniformität" zeigten als jetzt, so ist doch anzunehmen, daß sie
ihre Gründe dazu hatte, trotz der Verwaltungsberichte,
und man versteht nicht recht, daß dies von anderer Seile ^) an-
gezweifelt werden konnte. Natürlich können die Jahresberichte
für die Mitglieder der Schulbehörden verschiedenster Instanz
nicht das einzige Mittel sein» von der Verfassung der Schulen
Kenntnis zu erhalten; das wollen und sollen sie ja auch gar nicht.
Aber der „Einblick^', von dem die preußische Verfügung von 1885
redet (s. o. S. 15t), läßt sich z. B. für einen Schulrat, der über
20 oder mehr Anstalten das Dezernat erhält, besonders im An-
fange seiner Tätigkeit ganz gewiß mit Hilfe der Jahresberichte
leichter ,,erniöglichen^'') als aus ebensovielen Verwaltungsberichten,
die außerdem nur alle vier Jahre (früher alle drei) erfolgen, also
nicht immer den neusten Stand der Dinge in bezug auf Personen
wie Sachen darstellen und doch mehr Interna enthalten, die von
dem Jahresbericht naturgemäfs ausgeschlossen sind. Beide Arten
von Berichten haben eben ganz verschiedene Aufgaben; die Ein-
richtung des Jahresberichts ist — soweit die Rücksicht auf die
Behörden in Betracht kommt — außerdem geeignet, die Ver-
waltungsberichte') von einer ganzen Menge Material zu entlasten.
Es zeigt sich also, daß schon für die Lehrer einer be~
stimmten Anstalt, für ihre Schüler, wirkliche und
frühere, auch für die Behörden die Jahresberichte in ver-
schiedener Weise ihren Zweck wohl erfüllen.
€) Wollte man aber selbst zugeben, daß sie für die einen
oder andern (es käme ja auch auf die besonderen Verhältnisse
jeder Anstalt an) zur Not entbehrlich wären, so müßte man io
Rücksicht auf das Publikum, besonders die Eltern, doch
an ihnen festhalten. Es ist oben (S. 258) gezeigt worden, daß
ein Ersatz für sie neben dem nützlichen und notwendigen
mündlichen Verkehr der Lehrer mit den Eitern und dem
Publikum überhaupt nicht gefunden ist; die Zeitungen
können diesen Ersatz nicht bieten (wie sie auch die Abhand-
lungen nicht einmal teilweise ersetzen könnten); jeder Vater liest
wieder eine andere, und die Tendenz recht vieler Blätter geht
leider mehr darauf aus, dem Geschmack des Publikums oder einer
gerade herrschenden Richtung zu dienen als ruhigen, aufklärendes
Darlegungen aus den Kreisen des Lehrerstandes Raum zu geben ^).
>) Vgl. H. Möller a. a. 0. (o. S. 127, Nr. 127) S. 15f.
*) Vgl. daza H. Müller ■. a. 0.
') Über ihre jetsige EiDriehtoof io Prenfseo vgl. A. Beiei^ a. i.
O. S. 8ff.
*) Voitrefflich ist, was schon 1867 0. Friek bemerkt hat, die Lehrer
solltea die Aufkläruog des Publifcnms über Schulaogeleseaheitea „eicht
den Dilettanteo in derPresse and in den Kammern allein ober-
lassen**, sondern sie selbst UbernehmeD (ßiöL j4bU4^ Nr. 70 S. 42).
voB R. Ullrich. 243
Regelmäßige Sprechstunden^), die der Lehrer etwa abhält,
haben — wie jeder weiß — mehr den Zweck, bestimmte „Pälle'^
zu behandeln als allgemeine Fragen zu erörtern oder Ausein-
andersetzungen über größere Zusammenhänge zu geben. Jn zahl*
losen Fällen ist der mündliche Verkehr zwischen Eltern und
Lehrern überhaupt ausgeschlossen, weil die ersteren (in
manchen kleinen Orten mit einer höheren Schule zu 50 ^/^ und
mehr) auswärts wohnen. Aber der Schule und ihren Lehrern,
auch den Behörden muß heute noch mehr als früher') daran
gelegen sein, daß das Interesse der Eltern an der Schule, ihrer
') Über diese SprechstnodeD aoeh ein Wort. Es ist nenerdings
bei maDehen Scholeo üblich gewordeo, daß der Lehrer die Eltero Dicht in
der Schule (in den Pausen oder in einer freien Stande), sondern in seiner
Wohnnng empfangt. Soweit es sich hierbei um wirkliche Anordnungen
der Direktoren handelt, halte ich sie für durchaus untulässig und die ganze
Btnriehtang der häaslichen Sprechstunde auflerdem in den meisten Fällen,
besonders in den grSfiereh Städten, für höchst unpraktisch. Sollte wirklich
einmal, was kaom anzunehmen ist, die Aufsichtsbehörde von Amts
wegen dem Lehrer das Abhalten einer oder mehrerer wöchentlicher Sprecb-
stundeu in seiner Wohnung auferlegen, so wSre die notwendige Konsequenz
ihre Anrechnung auf die PflichtütuDdenzabl. Das würde finanzielle Wir-
kungen ergeben, die in gar keiaem Verhiltnis zu dem Bedürfnis stSaden,
das bei einer Klasse mit Durchscbnittsfrcqoenz für das Mafi des Verkehrs
des Ordinarius mit den Eltern vorliegt. In großen Städten dürfte die
Plenerung wegen der weiten Entfernungen schwerlich rätlich sein, auch
deswegen aicht, weiJ in den meisten Fällen der besorgte Vater oder die
Matter nicht nur den Ordinarius, sondern auch andere Lehrer zu sprechen
wünschen, die in der Schule meist sofort zu finden sind. Es wird also der
Brauch, die Eltern in der Schule zu empfangen, sich auch fdr die Zukunft
mehr empfehlen, noch deshalb, weil derartige Besprechungen fast täglich
möglich siod, was bei der „Sprechstunde'' ansgeseblossen wäre. „Unzu-
träglichkeiten" können sich in irgend erheblichem Maße kaum ergeben; ich
habe die Sache an drei Anstalten, zwei sehr großen und einer kleineren,
kennen gelerot; sie vollzog sich überall ohne irgeod welche Störung zu
beiderseitiger Zufriedenheit. In neueren Schulbaoten wird das vor-
bandene Bedürfnis jn auch sehr zweckmäßig dadurch unterstützt, daß be-
sondere „Sprechzimmer" eingerichtet werden. Täusche ich mich nicht,
so entspringt das Verlangen nach häuslichen Sprechstunden überhaupt
weniger dem Bedürfnis als einer extremen Standesrichtung, deren schäd-
liehe Folgen in der ganzen Programmdiskussion, wie wir sahea, sich mehr-
fach gezeigt haben; es schien würdiger, daß die Eltern den Lehrer in
seiner Wohnung umständlich „aufsuchten", als dsß der Verkehr sich in
der viel einfacheren, fnr beide Teile zweckmäßigeren Form einer Rück-
sprache in der Schule selbst vollzöge. Daß es schwierige Fälle gibt, wo
besorgte Eltern dem Manne ihres Vertrsuens ihr Herz ausschütten wollen,
wozu sie dann einen Besuch im Hsuse des Lehrers vorziehen, weiß ich
natürlich auch; uad es müßte ein wunderlicher Lebrer sein, der solchem
Wunsche nicht zu jeder möglichen Zeit Folge gäbe. Aber derartige Fälle
siad glücklicherweise selten; ihretwegen bedsrf es fester häuslicher
Sprechstunden nicht.
^) Ober die Bedeutung der Jshres berichte Tur das Verbal tnis
von Schule und Hans hsben sich bisher alle Behörden ausgesprochen,
die überhsQpt in ihren Verfügungen grundsätzliche Bemerkungen über
ihren Zweck gemacht hsben, so außer in Preufsen (s.o.) die von An-
halt, Hessen und Österreich (o. S. 151).
16*
244 ProgranmwoseD und Prograimbibliothek d. böb. Scboleo,
Tätigkeit und ihrer Verfufiung im ganzen wie ihrer Einrichlongen
im einzelnen rege erhalten werde; wenigstens sollte alles ge-
acheben, was die Beziehungen der beiden für die Erziehung der
Jugend wichtigsten Inatanzen so harmonisch wie möglich ge-
stalten kann^). In äufserer Beziehung ist dabei natürlich be-
aonders darauf zu achten« daß die beteiligten Kreise ebenso wie
alle Abhandlungen allgemein verstindlichen Inhalts (s. a
S. 275f.) auch die Jahresberichte in reichlicher Zahl
wirklich bekommen; das Geizen mit einigen Dutzend Exem-
plaren ist übel angebrachte Sparsamkeit. Auch wie die „wei-
teren Kreise" der Bewohner einer Stadt und ihrer Umgegend
der höheren Schule des Ortes und ihren Bestrebungen gegen-
öberstehen, ist doch nicht gleichgillig; man maßte denn die oben
(S. 285) angeführte Meinung eines Schulmannes teilen, daß das
große Publikum und die Eltern überhaupt kein Interesse an ihr
hätten. Stände es freilich so, dann wäre nicht bloß über die
Jahresberichte als Vermittler solcher Beziehungen überhaupt kein
Wort mehr zu verlieren, sondern man müßte sagen, unsere ge-
samte Tätigkeit an der Schule und für sie in den letzten Jahr-
zehnten habe auf Sand gebaut. Aber ich denke, und mit mir
doch gewiß viele, zu solchen extremen Anschauungen brauchen
wir wohl nicht zu kommen, wenn wir sehen, wie nicht bloß
von den oberen Instanzen von Amts wegen an der Fürderung
der Schulen gearbeitet wird, sondern vor allem — was in diesem
Zusammenhange fast noch wichtiger ist — , mit welcher Bereit-
willigkeit in den großen wie auch in den kleinen und kleinsten
Gemeinden nicht allein die Mittel für Erhaltung alter und die
Gründung neuer Schulen bereit gestellt werden, sondern auch mit
welcher Hingebung selbst die unteren und untersten Instanzen
daran arbeiten, z. T. im Ehrenamte, allein im Dienste ihrer Bürger-
pflirbt, die höhere Schule zu heben und sie für die mannigfachen
Anforderungen der Zeit immer tüchtiger zu machen. Als in den
siebziger Jahren in der Berliner Stadtverordneten-Versammlung
(vgl. 0. S. 224fr.) der Streit um die Abhandtungen geführt
wurde, betonte man doch hier schon mit vollem Kechte (S. 228f.),
wie wertvoll die Jahresberichte nicht bloß den Schülern und
Eltern, sondern auch den Mitgliedern der Vertretung der Bürger-
schaft als ein Mittel mehr zur Erlangung zuverlässiger Kenntnis
über den wirklichen Beirieb der höheren Schulen wären.
Wie viel einfacher waren aber damals deren Verhältnisse, wie
viel geringer ihre Zahl als heute! Wie viele kleinere Gemeinden
kamen damals überhaupt in die Lage, an der äußeren Verwaltung
') Was 0. Altenborg auf der 11. fohl'«!. Dir.-Ve rsanmlvng
{BM, j4bt. 4, Nr. 113) voo deo AbhandlaDgea bemerkte, mea mmtu
„jede Gelegenhait benotxea, das Blterahaas für die Sehale an
interesf ieren^' (a. a. O. 8. 237) gilt io noeh hSherem Grade voa dea
Jahresberiehteu.
voD R. Ullrieh. ,§4^
einer höheren Schule mitzuarbeiten ! Heute haben Hunderte veit
Stadtverordneten in zahlreichen kleinen Orten Ober wichtige
Fragen der Verwaltung höherer Schulen — besonders soweit die
Gewährung von Mitteln in Betracht kommt — zu beraten und
zu entscheiden. Was kann hier erwönschter sein, als daB zu der
möndlichen Aufklärung der Direktoren, die den Kuratorien an-
gehören, zu den Belehrungen gleicher Art von Schulmännern,
die selbst hier und da in den Stadtvertretungen sitzen, eine
regelmäßige, jährlich wiederkehrende Berichterstattung der Schule
im ganzen tritt, wie sie die Jahresberichte vermitteln? Die Kritik
der letzten Jahrzehnte, die eine so vortreffliche Gelegenheit, alle
diese Kreise zu orientieren, beseitigt wissen wollte, hat an der
falschen Stelle eingesetzt. Die Jahresberichte (man studiere sie
nur genauer!) geben übrigens selbst reichlich genug davon Kunde,
daß das Interesse der „weiteren Kreise" an der höheren
Schule recht rege ist. Borger der Stadt, auch für ihre Person
allein, zeigen sich ihr gegenüber nicht bloß opferwillig, wenn es
gilt, einen Neubau würdig zu schmöcken; sie geben Geschenke,
oft sehr wertvolle und nötzliche (nicht bloß Löckenbüßer, was
auch vorkommt) für die Sammlungen der Anstalten, errichten
namhafte Stiftungen für Schüler, auch für Lehrer, sie
nehmen an den Schulfesten teil, bezeigen der Schule ihr tätiges
Interesse oft so reichlich, daß sich diese wirklich nicht be-
klagen kann.
In Österreich übrigens, wo die Programme ja von jeher
weniger angefochten gewesen sind als in Deutschland, sorgen
auch die Tageszeitungen dafür, daß ihr Inhalt dem Publikum
zur Kenntnis kommt; ich habe bei einer Studienreise im Sommer
1907 in zahlreichen Provinzial- und Lokalblättern Berichte über
die Anfang Juli neu erschienenen Abhandlungen und Jahresberichte
gefunden. Aus dem Berichte einer kleinen preufsischen Anstalt
konnte ich kürzlich die Notiz entnehmen, daß ihr Programm
in allen Gasthäusern der Stadt zur Einsicht für jedermann
aasliegt, in dem Berichte einer anderen (es war der einer
höheren Mädchenschule) las ich wiederum etwas von der „wer-
benden Kraft** der Jahresberichte. Es ist ein wahres Wort.
Nicht nur daß sich tatsächlich nachweisen läßt, daß die Jahres-
berichte und die durch sie vermittelte Kenntnis der näheren
Verhältnisse einer Schule dieser manche Schüler zugeführt haben,
deren sie auch zu ihrer äußeren, manchmal unsicheren Existenz
notwendig bedurfte! Das wäre nicht die Hauptsache. Wichtiger
ist der ideale Gewinn, der erreicht wird, wenn auch die mittleren und
unteren Kreise des Volkes, die ihre Söhne auf den höheren Schulen
haben — oft die tüchtigsten Elemente — , auf jede mögliche
Weise Verständnis für diese Bildungsanslalten gewinnen. Was die
Abhandlungen in Zukunft noch leisten können, um vorhandenes
Interesse zu stärken, verlorenes wiederzuerlangen, ist oben
246 Programmwesea ond Proframmbibliotliek d. höh Sehulea,
darzulegen versucht worden, und es sdiien ja, als ob günstige
Zeichen für eine gedeihliche Entwicklung in dieser Richtung vor-
handen wären. Es wird Aufgabe der Schulen und ihrer verant-
wortlichen Leiter sein, diese Entwicklung zu beschleunigen,
die leider z. Z. infolge der vielfach irrigen Auffassung von
dem Werte der Abhandlungen überhaupt in unerwünschter
Weise gehemmt ist. Bis diese Dinge allmählich wieder in die
richtige Bahn kommen, haben die Jahresberichte, deren
Lieferung glucklicberweise beinahe ausnahmslos für alle höheren
Schulen obligatorisch ist, eine um so wiebtigere Aufgabe zu er-
füllen, indem sie durch zwockmäfsige Gestaltung des In-
halts — was innerhalb des amtlich vorgeschriebenen Rahmens
durchaus möglich ist — alles tun, was den genannten Zwecken
dienen kann. Dabei möchte ich noch auf einen Punkt besonders
hinweisen. Den Lehrern mag manches, was die Jahresberichte,
besonders der eigenen Anstalt, in ihrer gegenwärtigen Beschaffen-
heit durchschnittlich bieten, selbstverständlich, gleichgiltig, ja
trivial erscheinen; sie vergessen dabei, daß vieles von dem Be-
handelten sich anderen Lesern, besonders in den Kreisen des
nicht sachverständigen Publikums, ganz anders darstellt, und daB
viele Dinge, die sich übrigens doch auch immer wieder ändern,
zwei-, dreimal und öfter wiederholt werden müssen, ehe sie so,
wie man es wünscht, und bei denen, auf die sie berechnet sind,
Eingang finden^). Das Bildungsniveau des Publikums, das bei
den einzelnen Anstalten doch überaus verschieden ist, dürfte
in dieser Beziehung etwas mehr zu beachten sein. Manches
ruhige, aufklärende Wort kann hier zum Publikum gesprochen,
auch manches Mißverständnis beseitigt werden. Der Ort ist
schicklicher als die Spalten der Tagespresse (s. o.), das Mit-
geteilte wird allen beteiligten Kreisen zugänglich (s.o. S. 2^.
Daß an der jetzigen Form der Berichte nicht alles voll-
kommen ist, bat man schon vielfach bemerkt, und auch ich ver-
schließe mich dieser Erkenntnis nicht. Man wird sich Muhe
geben müssen, weniger schematisch zu verfahren, besonders im
Hinblick darauf, daß sie zu den Einrichtungen gehören, welche
eine Aufgabe haben, die immer die schwierigste ist, nämlich
verschiedenen Lebens- und Bildungskreisen zu dienen.
b) fiedeatuo^ für die Gesamtheit der hohereo Schaleo.
Wenn die bisherigen Ausführungen nachweisen konnten, daß
die Jahresberichte schon dem Interessenkreise einer einzelnen An-
') Zu starke Besehninkans des UmfaDga ist also aach in dieser Rnck-
sieht nicht ^ünscheoswert. Wollte man etwa, wie s. Z. Tamlirs (in Z«*
sammenhang: mit der Jahrbach-Idee fdr die AbhaodlaDgeo, vgl. o. S. 25 ff.)
vorschlug, die Jahresberichte auf eineo fiogeo besehräokeo (s. o. S. 216),
so wäre man genötigt, auf zahlreiche Mttteilaasen so rerzichtea, die gerade
auf weitere Kreise berechnet sind.
voD R. Ulirieh. 247
stait nicht bloß positiven Nutzen für den Augenblick gewähren,
sondern — was bei allen Verhältnissen einer höheren Bildungs-
anstait vor allem zu beachten ist — auch Werte idealer Natur
in sich schließen, so kommt das letzte Moment erst recht zur
Geltung, sobald man ihre Bedeutung für die Gesamtheit
der höheren Schulen sich klarmacht, zunächst
a) mit Rucksiebt auf die unmittelbare Förderung in
methodischer und organisatorischer Hinsicht Schon
eine der ersten preußischen Vjerfugungen (auf die man wegen
ihrer ganz einzigen Bedeutung immer wieder zurückkommen
muß) stellte als ein wesentliches Moment des Zweckes der
Jahresberichte die Belehrung hin, welche Direktoren und
Lehrern der verschiedenen Schulen aus dem gegen-
seitigen Austausch erwachsen sollte, zu einer Zeit, wo die
Verfassung dieser Schulen, vorzugsweise der damals fast allein ins
Auge gefaßten preußischen Gymnasien, noch einfach und im
wesentlichen gleichartig war. Die Regierungen Hessens und
Österreichs — bei ähnlichen Verhältnissen ihrer Schulen —
äußerten sich einige Jahrzehnte später in gleichem Sinne. In
Hessen wurde insbesondere noch der dauernde Wert der
Jahresberichte der Schulen „für andere Schuianstalten*'
hervorgehoben^). Bei dieser Lage der Dinge ist es kaum zu
verstehen, daß in jüngster Zeit die Meinung Oberhaupt hat aus«
gesprochen werden können, eine solche gegenseitige Mitteilung
sei überflüssig, weil mit ,jedem neuen I^ehrplan die Uniformität
größer'' werde. Schon für die Zeit vor 1902 (dem Jahre der
letzten Lehrpläne) könnte man das kaum in bezug auf Jede der
drei flauptschuiarten Preußens, Gymnasien, Realgymnasien und
Oberrealschulen und die ihnen entsprechenden sechsklassigen
Anstalten unter sich zugeben; denn daß Gymnasien auch aus
dem Betriebe der Realanstalten wertvolle Anregungen ziehen
können — und umgekehrt, — wird doch wohl überhaupt niemals
in Abrede zu stellen sein, ebensowenig etwa im Hinblick auf das
denkwürdige Jahr 1900, in dem die Gleichberechtigung der drei
Schularten in Preußen grundsätzlich ausgesprochen wurde. Und
je mehr Reformschulen verschiedener Art entstehen, je mehr die
Entwicklung dazu führt, den Unterricht auf der Oberstufe „freier
zu gestalten'*, je stärker der von Mitgliedern mehrerer Behörden
gerade in den letzten Jahren wiederholt mit Nachdruck betonte
Grundsatz in die Praxis umgesetzt wird, die Lehrpläne sollten
Bur den allgemeinen Rahmen abgeben, innerhalb dessen sich der
Betrieb der einzelnen Fächer mit einer gewissen Freiheit ent-
falten könnte, um so verschiedener werden demgemäß auch die
Jahresberichte aussehen, und um so größer — io sollte man
wenigstens meinen — müßte an jeder Schule das Interesse sein,
>) Vgl. o. S. 151.
248 ProgrtnmweseB «ad Programabibliolhek d. höh. Schale«,
2U vernehmeD, wie es anderwärts gemacht wird uod welehe Er-
fahrungen man dabei gesammelt bat Nicht selten werden ganie
Programmabhandlun*gen solche Fragen zu größeren Ganzen
zusammenfassen, wie dies ja in den letzten Jahren schon so
bSufig geschehen ist (rgl. o. S. 95—122 und S. 145V.). Uäuiger
aber werden die Jahresberichte die geeignete Stelle sein,
kürzere Mitteilungen in genannter Richtung in machen.
Dabei ist noch zu beachten, dafi sie doch außer den Lehrpensen
noch anderes enthalten, Chronik, Statistisches, Hitteilungen aber
Sammlungen uam. ^), Dinge, die zu großem Teile für fiberßfissig
oder auch nur entbehrlich zu erklären den hohen Grad von Kurz-
sichtigkeit und Mangel an Wertschätzung größerer Zusammen-
hänge und Gesichtspunkte erfordert, der die Ausführungen des
zweiten ungenannten Verfassers in den Grenxheten ?om
Jabre 1901 charakterisiert'). Ich werde in Abschnitt B noch
Gelegenheit haben, näher darauf einzugehen, dsß und warum die
genannten Teile der Jahresberichte allgemeine Bedeutung bean-
spruchen dürfen. Hier mache ich nur einige Bemerkungen, die
dss Ganze in seiner Bedeutung ?or allem für die Ge-
samtheit des Standes betreffen.
Was diese Jahresberichte geboten haben, bieten und bei noch
zweckmäßigerer Einrichtung in Zukunft erst recht bieten werden,
kann man sich kaum schlagender klar machen als wenn man
sich Torstellt, welches heute als selbstTersländlich vorhanden an-
genommene Material mit einem Schlage fehlte, falls es je dabin
käme, was ja kaum denkbar ist, daß diese Jahresberichte eines
Tages abgeschafft würden. Nur die Hitglieder der Schulverwaltungen
selbst i^ürden dann noch imstande sein, über Entwicklung und
Stand des höheren Schulwesens der Gegenwart in seinen ver-
schiedenen Beziehungen auf Grund ihrer Akten (auch der Ver-
waltungsberichte, s. o. S. 242^ was gerade keine Erleichterung
der Arbeit darstellte) zu urteilen und mit offiziellen oder
offiziösen Kundgebungen hervorzutreten. Andere Verwaltungen,
wie statistische Ämter, Hagistrate ua.,^auch die Gelehrten, wie
Professoren der Pädagogik, Statistiker, Ärzte, auch die Archiukten
könnten sich ein Haterial, das sie jetzt ohne weiteres be-
nutzen, in Zukunft gar nicht oder nur unter sehr erschwerenden
Umständen und dann voraussichtlich bei weitem nicht in solchem
Umfange verschaffen wie heute. Vor allem aber wären die
Oberlehrer selbst, soweit sie an größeren Untersuchungen
^) DaB DSD aus deo Berichten aaoh ersehen kann, welchen (Joterricht
Reliefe A. in X. erteilt, ist ja riehtis- Deswegen braaehten allerdinss
die Jnhrrsberichte nicht da za sein. Nnr hatte nan diese „Berri^dignng
der Neugierde*' nicht so in den Vordergrand stellen aod daraas einea
Grand gegen ihre Bxistenzberechtignng ableiten sollen, wie dies x. B.
Beschmanii getan hat (vgl. o. S. 192), den H. Miiller folgt (a.a.O. S. 9).
>) VgL o. S. 127, iXr. 123 and 5. 267 f.
von R. Ullrieh. 249
ober methodische wie organisatorische Fragen sich zu
beteiligen gewohnt sind — und das sind doch schon jetzt nicht
wenige — nicht mehr imstande, sich über den Stand ganzer
Schulkomplexe, sei es nach Landern, Provinzen, Schulorten, für
bestimmte Zeiten oder wie sonst immer, ebenso für viele Einzel-
fragen nach ähnlichen Gesichtspunkten so allseitig und dabei in-
folge des Tauschverkehrs verhältnismäßig so leicht gewisse
sichere Grundlagen ihrer Arbeit zu verschaffen, wie das jetzt
möglich ist. Auf ihre Mitwirkung nicht bloß in allgemeinen er-
zieherischen und speziellen didaktischen Fragen, für die es selbst-
verständlich ist, sondern auch bei der Lösung organisatorischer
Probleme verschiedenster Art legen doch aber, je näher wir der
Gegenwart kommen, auch die meisten Unterrichtsbehörden mit
Recht größeres Gewicht. Sind doch wesentliche Fortschritte,
die das Schulwesen in neuster Zeit in dieser Richtung gemacht
bat, gerade auf Anregungen aus den Kreisen der Schulmänner
selbst zurückzuführen I Es würde einen Rückschritt zu bureau-
kratischer Verwaltung längst vergangener Zeiten bedeuten, wollte
je eine Unterrichtsbehörde diese wichtige Quelle, die sie selbst
einst zum Besten gerade der Förderung des Standes in idealem
Sinne geöffnet, auf das Drängen übereifriger Förderer des Standes
wieder verschließen, die ganz am einzelnen hafteten und über
manchem Verkehrten und OberOussigen, das die Jahresberichte
einzelner Schulen tatsächlich enthielten und z. T. noch heute
gelegentlich enthalten, die Fülle des Guten und Wertvollen über-
sehen, das sie allen Anstalten und ihren Lehrern zu gegen-
seitiger Förderung jedes Jahr bringen. Denn was in dieser Be-
ziehung schon oben (S. 236fS.) von ihrer Bedeutung für die Lehrer
derselben Schule gesagt worden ist, trifft doch naturgemäß in
noch höherem Grade zu, wenn befruchtende Anregungen aus dem
Betriebe anderer Schulen in Frage kommen.
Handelte es sich freilich für ein Mitglied des Standes nur
darum (das Fehlen der Jahresberichte vorausgesetzt), über den
einen oder anderen Punkt des Unterrichts, der Organi-
sation usw. von der Leitung dieser oder jener Anstalt bestimmte
Auskunft für ernsthafte Zwecke zu erhalten, so möchte es noch
gehen — obgleich ich (auf Grund vielfacher in dieser Hinsicht
gemachter Erfahrung) nicht glaube, daß solche Auskünfte überall
so bereitwillig, vollständig und vor allem zuverlässig gemacht
werden würden, wie z. B. H. Hüller anzunehmen geneigt ist^).
^) „Was eodlieh die statistischen MtUeilongeo, die Sammlnn^ von
Lehnnittelo, Stiftungen aad UnterstUtzuDgeo von Schülern betrifft, so
braucht der Oberlehrer das teils gar nicht zu wissen (?), teils kann er sieh
jederzeit auf dem kürzesten Wege Kenntnis davon verschaff'en" (a. a. 0.
S. 10). Dafi der tirlangong dieser Kenntnis selbst an der eigenen Anstalt
des Wifibegierigen — an die M. znoSchst denkt — manche Schwierigkeiten
entsegeostehen, ist sehon oben (S. 238) angedeutet worden.
250 Progrinmwesen aoil Programmbibliothek d. hSh. Sehnlea»
Aach stehen der Beantwortung solcher Anfragen infolge anlieb-
samer Vorkommnisse mehrfach direkte amtliche Bestimmungen
entgegen; es würde nicht immer ganz leicht sein, zu entscheideD,
wo die Grenze zulässiger Auskünfte läge. Außerdem kann man
z. B. nicht von allen vielbeschäftigten Direktoren erwarten, daS
sie sich die Zeit nehmen, Personen gegenüber, die sie vielleicht
nicht eiomal näher kennen, in Erwägungen solcher Art einzu-
treten. Viel schwieriger wird die Sache aber, sobald es sich um
die Anstellung systematischer Untersuchungen handelt,
z.B. auf statistischem Gebiete, wo nur ein umfassendes
Material die Grundlage fruchtbarer Forschung bieten kann, oder
wo bestimmte Organisationen, die unter gewissen Verhält-
nissen vorhanden (oder nicht vorhanden) sind, die man aber in
ihrer Gesamtheit kennen muß, allseitig auf allgemeinere Ver-
wendbarkeit geprüft werden sollen. Hier wären, wenn es keine
Jahresberichte gäbe, alle diejenigen, die solche Untersuchungen
anstellen wollten, in jedem einzelnen Falle auf die provin-
ziellen oder ministeriellen Verwaltungsorgane angewiesen, and
zwar in der Regel nicht bloß eines Staates, sondern — was das
Deutsche Reich z. B. angeht — gleich auf deren 26! Denn je
breiter die Grundlage für die Behandlung derartiger Fragen ge-
nommen werden kann, um so wertvoller ist das Material, um so
sicherer werden die Schlüsse. An der Grenze eines kleinen
Staates oder selbst Preußens halt zu machen, hieße den wissen-
schaftlichen und praktischen Wert solcher Arbeiten von vornherein
erheblich beeinträchtigen. Bei der überaus verschiedenen Stellung
aber, welche die einzelnen Regierungen mit teils konservativeren,
teils liberaleren Tendenzen und infoige einer naturgemäß stets
mehr abwartenden Haltung solchen Ansuchen gegenüber einnehmen
würden, wäre die Erlangung gleichmäßig gearteten Materials inner-
halb gewisser Zeit (worauf nicht selten gerade viel ankommt, da
manches sonst bald wieder veraltet) nur in wenigen Fällen zu
erwarten; es wäre m. E. auch ein unbilliges Verlangen, den mit
Arbeit aller Art überlasteten Behörden häußger derartiges zuzu-
muten. Die Jahresberichte geben nun für die höheren Schulen
der verschiedensten Art und für zahlreiche Einzelfragen fast in
allen deutschen Staaten, in Österreich und der Schweiz
ein so umfassendes, im wesentlichen gleichartig geordnetes und
im ganzen zuverlässiges Material, wie man es sich für die erste
Grundlage wenigstens kaum besser wünschen kann. Daß es
— je nach Art der Aufgabe, die sich ein Arbeiter gestellt hat —
für weitere Ausgestaltung noch Ergänzungen, auch Ver-
besserungen mancherlei Art nötig machen wird, verkenne ich
nicht. Diese herbeizuschaffen ist aber verhältnismäßig leicht,
wenn ein gewisser Grund erst einmal gelegt ist, wobei ich gleich
darauf hinweisen möchte (näheres vgl. unter B), daß nicht
wenige solcher Ergänzungen durch zweckmäßigere Einrichtung
vbn R. Ullrich. 251
ddr Jahresberichte seihst erfolgeo könnten, niit deren Ausbau
sich die Behörden in den letzten Jahrzehnten im aligemeinen
wenig befaßt haben.
Was ich hier ausgeführt habe, ist keine Zukunftsmusik,
sondern wird durch reichliche Erfahrung aller Schulmänner, die
sich mit solchen Dingen beschäftigt haben, auch durch meine per-
sönlichen, auf mehrmaligen Studienreisen in Anstalten des Deutschen
Reiches wie Deutsch-Österreichs gemachten Beobachtungen bestätigt.
£s mußten sich ja in der Tat sämtliche Schuibehörden, von denen
bis auf die Gegenwart die Bedeutung der Jahresberichte für den
gegenseitigen Verkehr der Schulen untereinander betont worden
ist, über Zweck und Mittel völlig getäuscht haben, wenn die
Heinung richtig sein sollte, sie wären überflüssig. DaB ihre
Benutzung und der Vorteil, den sie gewähren, an alten An-
stalten mit reicherer Programmsammlijng und längerer Tradition
mehr hervortritt als an neueren, wo sich beides erst im Laufe
von Jahren gewinnen läBt, ist natürlich. Das darf die Mitglieder
der letzteren aber nicht zu einseiliger Beurteilung fuhren, sondern
sollte sie eher veranlassen, sich auch ihrerseits der Bedeutung
dieser beiden Momente bewußt zu werden. Es sind keine „aus-
gefahrenen Geleise*', in denen die Organisation der Jahresberichte
einhergebt, sondern sie sind eine in dem Streben nach Herbei-
führung eines gewissen Zusammenhanges der höheren Schulen
aller Art auch, in verschiedenen Ländern wohlbegründete Ein-
richtung, die im einzelnen wohl noch des Ausbaus fähig ist (vgl.
unter B), im ganzen sich aber wohl bewährt hat und der nur zu
wünschen ist, daß ihre Bedeutung besonders im Kreise der
höheren Schulen selbst immer mehr erkannt und ihre Mittel
noch von mehr Kräften zum Wohle des Ganzen ausgenutzt
werden.
Das bisher Gesagte betraf die Bedeutung der Jahresberichte
in ihrer Gesamtheit als Quelle besonders für die näheren, un-
mittelbaren Aufgaben der höheren Schulen in Sachen der Er-
ziehung und des Unterrichts, der Verwaltung und der Organisation;
auch die Statistik wäre noch besonders zu betonen, weil ihre
Ergebnisse, soweit sie sich auf die Schulen an sich beziehen,
wie Frequenz im ganzen oder in bestimmten Klassen, Art der
eine Anstalt besuchenden Schüler nach Bevölkerungsklassen, kon-
fessioneller Zusammensetzung uam. gewiß nicht ohne Einfluß be-
sonders auf Maßnahmen organisatorischer Art sind und sein
müssen. Eine andere, nicht minder wichtige Seite ist aber bisher
noch nicht besprochen, übrigens in allen oben (S. löOfl".) be-
handelten, auf die Jahresberichte bezüglichen Verfügungen kaum
gestreift^), in der Diskussion wiederum erst gelegentlich berührt
worden und darum zunächst ohne tiefere Wirkung wenigstens
*) Doch vgl. fiir Österreich die Bemerkongea o. S. 151, Z. SIT. (v.u.).
2^ Progrannw^seo und Programmbibliothak d. h5h. Sdivle»,
auf die weiteren Kreise der Mitglieder des höheren Lehrerstandes
geblieben, ich meine die Bedeutung der Jahresberichte
för die Wissenschaft, insbesondere ffir die Schul*
ge schichte. Ihr seien einige Worte gewidmet.
ß) Bedeutung für die Wissenschaft, insbesondere
die Schulgeschichte. Ein einzelner neuer Jahresbericht ge-
wöhnlichen Stils irgend einer höheren Schule, wenngleich er in
dem Augenblicke seines Erscheinens schon ein kurzes Stück ihrer
Geschichte darbietet, bedeutet dem Schuihistoriker und dem Ge-
schichtschreiber überhaupt zunächst noch nicht viel. Der Inhalt
steht der Gegenwart noch zu nahe, das rein persönliche Interesse
an Menschen und Dingen, der Gesichtspunkt der augenblicklichen
Belehrung, des mehr praktischen Nutzens steht durchaus im
Vordergrund. Wesentlich anders wird das Bild schon, sobald
man 10, 20 oder mehr Berichte derselben Schule oder auch
Terschiedener aus dem gleichen Zeiträume nacheinander durch-
geht. Nicht als ob man erwarten dürfte, so ohne weiteres ein
treues Bild der Entwicklung sei es einer einzelnen Anstalt oder
der Schulen einer Provinz, eines kleinen Staates oder eines
ganzen Landes zu erhalten oder gar auf solcher Grundlage eine
Geschichte oder selbst den Versuch einer solchen für kleinere oder
größere Einheiten aufbauen zu können. Zu solchem Zweck gehören
noch ganz andere, jedem Historiker wohl bekannte Dinge, die
mit besonderer Rucksicht auf die in methodischer Hinsicht noch
mancher Vervollkommnung bedürftige Literatur der Schul-
geschichten erst kürzlich von mehreren Seiten eingehend er-
örtert worden sind^)« Was insbesondere die Jahresberichte
als schulgeschichtliche Quelle angeht, so hängt deren Wert
und die Möglichkeit geeigneter Verwertung ganz besonders von der
Person der jeweiligen Berichterstatter ab, deren Art der Dar*
Stellung selbst erst einer kritischen Prüfung zu unterwerfen ist,
ehe an eine allgemeine, historische Treue gewährleistende Arbeit
gegangen werden kann. Dabei kann gleich bemerkt werden, daß
die weit verbreitete Anschauung, diese Berichte — wenigstens
aus gleichen Zeiträumen oder von gleichartigen Schulen desselben
Landes — sähen einander ähnlich etwa wie ein Ei dem andern,
durchaus irrig ist, was weiter unten (Abschnitt B) noch aus-
zuführen sein wird. Was aber auch immer im einzelnen
Falle von dem Inhalt dieser Jahresberichte, besonders unter Be-
rücksichtigung der Persönlichkeit ihrer Verfasser, abzuziehen, was
andererseits aus anderen Quellen, archivalischen, gedruckten und
(unter günstigen Umständen) auch mündlichen hinzuzufügen sein
mag, soviel steht ohne weiteres fest: die Jahresberichte
einer einzelnen Schule, einer Provinz, eines Landes usf.
im Laufe mehrerer Jahrzehnte stellen eine wichtige
1) Vgl. o. S. U mit Aom. 3, S. löl.
voo R. Ullrich. 253
nicht zu umgebende, z.T. ganz unersetzliche Quelle
der Schulgeschichte dar; sie sind somit wesentliche
Dokumente eines Stockes der geistigen Kultur einer
Nation Oberhaupt.
Im Gegensatz zu den eigenartigen Anschauungen mancher
Kritiker aus den Kreisen der höheren Schule selbst über unseren
Gegenstand spricht es für den weiten Blick eines berufsmäßigen
Historikers wie E. Bernheim, daß er in seinem bekannten
größeren Werke unter den wichtigsten geschichtlichen
Quellen auch die Schulprogramme, von denen die Jahres*
berichte ein Teil sind, nicht vergessen hat^). Unersetzlich
aber für die schulgeschichtliche Forschung im ganzen — es
mußte denn sein, daß ein gleichartiger, ebenso leicht zugänglicher
Ersatz gescbaflen würde, was aber weder zweckmäßig noch möglich
ist — sind besonders diejenigen Teile der Jahresberichte, die
nach den bestehenden Vorschriften in gleichmäßiger, bestimmter
Form erscheinen und in anderen Dokumenten, wie Verwaltungs-
berichten, Archivalien u. ä. gar nicht oder doch nicht in gleicher
Weise niedergelegt zu werden pflegen, auch von der Persönlich-
keit des Berichterstatters so gut wie ganz unabhängig sind, wie
z. B. die Obersichten der erledigten Lektüre, der bearbeiteten
schriftlichen Aufgaben, die Verzeichnisse über die An-
schaffungen der einzelnen Sammlungen, der gebrauchten
Lehrbücher uam., auch die Reden von Lehrern bei bestimmten
Gelegenheiten, die in der Diskussion so vielfach beanstandeten
biographischen (auch bibliographischen) Notizen über Schul-
:^ männer, Schülerverzeichnisse, Nekrologe u.a., von denen
J^ die letzteren wieder freilich nicht selten, soweit das überhaupt
möglich ist, auch mit kritischen Augen angesehen werden wollen.
Man erkennt aus dem Angeführten schon, daß nicht bloß das,
was gewöhnlich unter der Rubrik „Chronik der Anstalt^' in
den Jahresberichten auftritt, geschichtliches Material bietet; auch
die anderen Abschnitte sind fast ohne Ausnahme geschichtlicher
Betrachtung zugänglich, wenn das auch noch nicht überall voll
erkannt worden ist. Es kommt nur darauf an, einmal die Be-
deutung der Jahresberichte auch für die geschichtliche Forschung
im allgemeinen klarer zu stellen, andererseits aber ihren Inhalt
80 zu gestalten, daß er auch in dieser Hinsicht noch brauchbarer,
vor allem zuverlässiger wird als dies jetzt häufig der Fall ist.
Hier hätte die Fürsorge der Behörden, die — soweit zunächst
die deutschen Bundesstaaten in Betracht kommen — tunlichst
nach gleichen Grundsätzen eintreten müßte, noch manche schöne
und nützliche Aufgabe vor sich.
>) Lehrbuch der^histor. Methode 'und 'deriGesehichtsphihsophie. Mit
Nacku>eU der wichtigsten QueUen und Hüftmütel zum Studium der Ge-
sehiehte. Leipzifp »- « 1903, Daoeker o. Hnmblot, (XII, 781 S.; 15^, geb.
njCh S.246.
254 Pr ogranmweseD nod Prograninbibliothek d. höh. Schalea,
Daß die Behörden der einzelnen Staaten (mit Ausnahme
Österreichs)^) der geschichtlichen Bedeutung der Jahres-
berichte bisher noch nicht in umfassenderer Weise näher ge-
treten sind, liegt z. T. an äußeren Umständen. Von den ältesten
preußischen Verfügungen vom Jahre 1824 und 1826 konnte es
nicht gut erwartet werden. Selbst die dort zunächst angeregtes
wichtigsten Gesichtspunkte, Regehaltung des Interesses des
Publikums und gegenseitige Förderung der Schulen,
mit denen ein weitausschauender Organisator der eigenen Zeit
vorauseilte, haben ja, wie wir sahen, trotz der angeblich
rasch fortschreitenden Erkenntnis der letzten Jahrzehnte bi&
heute selbst in den sie am meisten angehenden Kreisen der
Schulmänner noch nicht die gebührende Beachtung gefunden
Die Erweckung historischen Interesses aber, auf die Jahres-
berichte angewendet, konnte damals um so weniger erwartet
werden, als es zunächst überhaupt galt, eine völlige Neuordnung
der praktischen Verhältnisse allmählich herbeizuführen, wenn es
auch an Versuchen, sogar ziemlich umfänglichen, historischer
Darstellung einzelner Schulen schon damals nicht ganz fehlte').
In den folgenden Jahrzehnten stand, wie wir sahen, die Behand-
lung fachwissenschaftlicher Themata in den Programmen
durchaus im Vordergrund; das geschichtliche Interesse an
der Schule war noch gering, und vor allem zu sicherer metho-
discher Darstellung gelangten verhältnismäßig wenige. Erst gegen
Ende der siebziger Jahre erschien die klassische, bis heute viel-
leicht beste geschichtliche Darstellung einer einzelnen Schule mit
bedeutender Vergangenheit, der Pürstenschule St. Äfra in Meifsen
von Tb. Flathe'), der nicht bloß ein bedeutender, auch durch
andere Werke rühmlichst bekannter Historiker, sondern ancb,
wie die Schulmänner mit Stolz hervorheben dürfen, einer der
Ihrigen war. Die achtziger Jahre brachten dann eine größere
Anzahl von Werken — ich nenne vor allem Paulsen^), die
Anfänge der Monuments Germaniae paedagogica^) und
Varren trapp') — , die ebenso die historische Wissenschaft
im ganzen und die schulgeschichtliche Forschung im besonderen
wesentlich beeinflußt, wie auch z. T., so besonders das von
P a u l s e n , manche organisatorische Fragen in Fluß gebracht
haben. Letzterer nannte in der zweibändigen zweiten Auflage
1) Vgl. 0. S. 2Ö1 Aon. 1.
^) leb eriooere i& das zweibaDdige Werk vod M. Joh. Ang.
Müller, Fersuch einer volhiändigern Geschichte der cßuirsächnMcke*
Fürsten- und Landschule zu Meifsen^ aus Urkunden und giaubwürd^tm
Tiachrichten, Leipziff 1787 o. 1789, S. L. Crosios; vgl. darüber Th. Flathe,
St, Afra, S. Vlllf.
^) Vgl. o. S. 104 Aom. 2.
«) Vgl. o. S. 132, Aom. 1, S. 15 mit Aom. 2.
•) S. o. 8 88 Aom. 2, S. 11 Aom. 8.
6) S. darüber o. S. 131 Aom. 2 nod S. IT.
von R. Ullrich. 255
seines Werkes (Bd. I S. XIV) unter den Quellen, „ohne die nie-
mand auf diesem Gebiete erfolgreich arbeiten kann'S auch die
,,Geschichten einzelner Anstalten** — wenngleich mit einigem
Vorbehalt^) — und führte deren im Verlaufe der Darstellung
wie in dem Literaturverzeichnis am Schlüsse (Bd. II S. 704 — 711)
eine ganze Anzahl besonders an. Wenn er (Bd. I S. XIV u. XV,
Abs. 2 u. 4) nicht auch die Jahresberichte ausdrücklich
nannte, so kann es doch wohl kaum einem Zweifel unterliegen,
daß er sie miteinbezogen hat, wenn er von „Biographien her-
vorragender Schulmänner** (deren sich viele auch in Jahres-
berichten finden) und der „gesamten Literatur der Pä-
dagogik und Schulorganisation'* (die gerade auch in den
Jahresberichten zum Ausdruck kommt) als Quellen seiner Dar-
stellung spricht. Daß die letzte preufsische, auf die Jahres-
berichte bezügliche Gesamtverfügung von 1885 (o. S. 98. Nr. XLI)
ihrer geschichtlichen Bedeutung noch nicht gedenkt, erklart
sich leicht daraus, daß sie zeitlich noch vor die meisten eben
genannten Hauptwerke fallt, die unsere Kenntnis der geschieht^
liehen Entwicklung des höheren Unterrichtswesens (nicht des
Schulwesens allein) so wesentlich gefördert haben, wenngleich die
unmittelbare Wirkung auf die Kreise der höheren Schule selbst,
abgesehen vielleicht von dem Werke Paulsens, z.T. aus den
oben (S. 14fi.) angeführten Gründen, zunächst keine allzu große
war. Erheblichen Anteil an der Belebung der schulgeschicbtlichen
Forschung auch unter den Schulmännern selbt^t hatte dann seit
1891 die Tätigkeit der Gesellschaft für deutsche ErziehungS' und
Schülgeschichte mit ihren Publikationen'), deren Beginn zeitlich
ungefähr mit dem Wendepunkte zusammenfiel, der in der stei-
genden Wertschätzung auch der literarischen Arbeit an der Schule
und für die Schule überhaupt gegenüber der Betonung der fach-
wissenschaftlichen Arbeit gegen den Anfang der neunziger Jahre
eintrat. Wir sahen (o. S. 268 f., S. 145 ff.), daß auch die Art der
Programmproduktion seitdem nicht unberührt davon geblieben
ist. Eine heute oder in absehbarer Zeit erfolgende amtliche Neu-
regelung des Inhalts der Jahresberichte, die nicht umzubauen,
sondern nur auszubauen hätte, mußte dieser Entwicklung unbe-
dingt dadurch gerecht werden, daß sie auch die ge schieb t-
') Vgl. dazö auch obeo S. 14 mit Anm. 3 und S. löl,
') Es sind, wie im loteresise der Schalen, die sie immer noch nicht
kennen and in ihren Bibliotheken halten, noch hier bemerkt sei, die lUit"
teäungen der Ges. /. deutsche Erziehungs- u. Schulgtsckiefde (seit 1891),
die jährlich in 4 Heften erscheinen, nebst den zwanglos ausgegebenen
Sapplemeuteo, die seit 1 897 unter dem Titel Texte u. Forschungen z. Gesch.
d, Er%, u, d, ünterr. in d. Ländern deutscher Zunge (bis 1901: 5 Hefte)
heransgegeben wurden, seit 1903 a. d. T. Beihefte d, Mut, d. Ges. f,
deutsche Erz.- u. Schulgesch. (bis September 1907: 14 Hefte) erscheinen,
beide im Verlag von A. Hofmann n. Co. (Berlin), jetzt unter Redaktion von
Alfr. Heubaoni.
256 PrograninweseD und Programmbibliotbek d. bSb. Schulen,
liehe Bedeutung dieser Dokumente etwas mehr betonte^) und
die beteiligten Kreise veranlaBte, bei ihrer Abfassung, soweit es
sich mit den fibrigen, fQr die unmittelbare Gegenwart noch
wesentlicheren Aufgaben der Jahresberichte verträgt, diese Rück-
sicht nicht außer Acht zu lassen. Natürlich läBt sich nicht in
jedem Augenblick tibersehen, weder bei Personenfragen nocli bei
sachlichen Maßnahmen, ob sie einmal historische Bedeutung ge-
winnen werden und demgemäß ^zu erwähnen sind oder nicht,
ausfOhrlichere oder kürzere Besprechung erfordern usf. Es wäre
aber schon viel gewonnen, wenn alles das« was heute in die
Jahresberichte zu kommen pflegt oder hier und da (vgl. unter B)
weiterhin hinzukommen könnte, ohne Ausnahme so unbedingt
sachgemäß abgefaßt würde und so zuverlässig wäre, daß es auch
in Zukunft als eine Art Grundlage für umfassendere geschicht-
liche Betrachtung brauchbar ist.
Es ist schon mehrere Jahrzehnte her, daß auf diese Bedeu-
tung der Jahresberichte für die Schulgeschichte von kundiger
Seite hingewiesen worden ist (o. S. 219), und etwas beschämend,
daß diese Erkenntnis gerade unter den Schulmännern noch bei weitem
nicht so an Boden gewonnen hat, wie man wünschen müßte.
Was sie für andere Teile der Geschichte, wie Loka Ige schiebte
und Biographie, besonders Familiengeschichte leisten
können, hat man freilich schon lange erkannt, aber die vor beinahe
drei Jahrzehnten in dieser Beziehung geäußerte Meinung Fö rste-
manns (s. o. S. 218) hat immer noch nicht das Ohr aller Schul-
männer gefunden. Für die Namenforschung, die Statistik
und andere Wissenschaften hat man ebenfalls schon reichlich aus
den Jahresberichten geschöpft, aber auch dies ist in der Diskussion
der letzten beiden Jahrzehnte nicht in solcher Weise hervor-
getreten, daß es die Angriffe auf sie auf das rechte Maß beschränkt
hätte. Es wird hier ganz besonders darauf ankommen, daß ihre
künftige innere Einrichtung möglichst so getrotfen wird, daß sie
immer mehr auch in dieser Beziehung eine zuverlässige Grundlage
abgeben können. Aus Altertum und Hittelalter sammein wir mit
Feuereifer jeden Stein, jede Scherbe, jedes Dokument — mit
Becht. Denn mag es in der Vereinzelung noch so wenig be-
deuten, jedes führt doch der Forschung auf allen Gebieten wertvolle
Bausteine zu, die uns jedes größere Ganze aus längst vei^angenen
Kulturperioden mit jedem Jahrzehnt, oft mit jedem Jahre immer
deutlicher erkennen lassen, immer neue Zusammenhänge her-
*) Dafi di0 neoeste Ges^amtverfdgiiDg über das ProsramDweaea ia
Baden vom Jabre 1904 (s. o. S. 100, Nr. LXIa. b) diese Seite vberbao^t
■iebt io Betracbt ziebt, hangt wohl teils mit fiDaDzielleo ErwägoDgeii se-
aammen (vgl. darüber schoo o. S. 179 f.), teils mit anderen, mebr id der Saebe
selbst liegeoden, die dazu geführt haben, den Inhalt der Jabreaberiehte
durch Weglassang von Diogeo za kürzen, die in denea anderer Staateo ihre
feste Stelle haben und, wie mir sebeint, aaeb bebalteo soUteo (vgL data
unten Abschnitt B).
steHeD, der wisseDscbafÜicheD Arbeit ganzer Generationen immer
sichrere Grundlagen gewähren und sie zu neuen Aufgaben anregen.
Ein groBer Teil der Kräfte des höheren Lehrerstandes hat in
den letzten Jahrzehnten in weit größerem Umfange, als dies
andere Stände nötig gehabt haben, der Hebung des Standes hin-
gebende und erfolgreiche Arbeit gewidmet; es konnte nicht fehlen,
daB dabei manche innere Angelegenheiten des Standes, die
richtige Erkenntnis ihrer geschichtlichen Bedeutung wie die Arbeit
an ihrem Ausbau für Praxis und Wissenschaft etwas zu kurz ge*
kommen sind. Es ist vielleicht zu hoffen^ daB mit der größeren
Ruhe, welche in der Behandlung schon jener äußeren Angelegen-
heiten in den letzten Jahren zutage getreten ist, auch im Zu-
sammenhang mit der hoffentlich demnächst zu erwartenden end-
giltigen Regelung unserer äußeren Verhältnisse in Zukunft noch
mehr Kräfte als bisher, wenn ich so sagen darf, für die inneren
Angelegenheiten des Standes, deren Klärung und deren Ausbau
frei werden. Zu diesen gehören aber, wie die Programm ab -
handlungen, so auch die Jahresberichte. Die Abband«^
lungen sind ganz gewiß von hohem wissenschaftlichen und
praktischen Werte ; sie stellen ein erhebliches Stück der geistigen
Arbeit eines ganzen Standes im Laufe vieler Jahrzehnte dar. Das
ist oben (S. 28 — 156) ausführlich dargelegt worden. Aber die
zahlreichen in ihnen niedergelegten Ergebnisse, besonders der fach*
wissenschaftlichen Art, die sich vielfach in ganz entlegene Gebiete
verloren, entbehren doch oft des Zusammenhangs. Dagegen bieten
die Tausende von Jahresberichten aller höheren Schulen
Deutschlands, Österreichs und der Schweiz ein Ge*
samtbild der Organisation des höheren Schulwesens
dieser Länder und damit eine fast unerschöpfliche Quelle der
Belehrung für Vergangenheit und Gegenwart.
Was kann nun geschehen, sie so auszugestalten, daß sie der
Aufgabe, die ihnen für Schuler, Lehrer, Behörden und Publikum,
für den Zusammenhang der Schulen untereinander wie für die
schulgeschichtliche Forschung und die Wissenschaft überhaupt zu-
kommt, in Zukunft noch besser gerecht werden?
B. Die kllnftige Gestaltunir 0*
a) AHsemeiDe Gesichtspankte.
Im vorigen Abschnitt ist mehrfach hervorgehoben worden,
daß die Jahresberichte in ihrer inneren Einrichtung des Aus-
baus bedürfen, wenn sie den sehr verschiedenen Kreisen, für
1) Fär dieaeo ganzen Abschnitt aiod die entspreohendeD VerfügaDgen
Q. S. 95—108, die von den Jahresberichten handelnden Teile der histo-
risehen Skizze S. 150—166 nnd die hierher gehörisen Abschnitte der,,Di8-
kaaaion«« S. 1891f., 202lf., 218tf. nnd 256ff. zn versleiehen. Für alle
Einzelheiten istanBerdem die Tabelle (hinter S. 160) sa Rate za ziehen.
2aito«hr. L d. GymiMsialwaMn. LXL Sopplementhefk. ^7
S68 Pro^rammwesoii und Pra^ramaibiiiliotliek d. hSh. Schult ■,
die sie bestimint sind, nicht bloB einigermaßen gerecht werden,
sondern ihnen womöglich besser dienen sollen als bisher. Von
den Bedenken (so will ich einmal sagen), die gegen sie als
dauernde Einrichtung des Schulorganismus geltend gemacht worden
sind, waren manche (s. unten zu b) gewiß nicht unberechtigt,
wenn auch das Vorhandensein vereinzelter Anstöße in diesem
oder jenem Schulbericht viel zu leicht (gerade wie bei den Ab-
handlungen) dazu gefuhrt hat, das Ganze zu verurteilen. So
wird es sachlich immerhin gerechtfertigt sein, die Einrichtung
einer Revision mit Bezug auf ihre weitere Gestaltung zu unter-
ziehen; denn wie die Schulen in den letzten Jahrzehnten fort-
geschritten sind, so müßte ein gleicher Vorzug auch in den
Jahresberichten zum Ausdruck kommen, die vom Leben und
Streben Jener regelmäßig Kunde geben. Wie dort, so muß auch
hier Veraltetes ausgeschieden oder beschränkt, Neues und Not*
wendiges aufgenommen werden, wäre es auch nur, um den An-
griffen derer den Boden zu entziehen, welche die Ünnöügkeit der
Einrichtung in der Neuzeit glaubten erweisen zu können. Das
wird auch durch die Erwägung nahe gelegt, daß die neusten
Gesamt Verfügungen über die Jahresberichte in den beiden
Staaten, die nach der Zahl ihrer höheren Schulen das weitaus
stärkste Kontingent zu ihnen steilen, in Preufsen und Öster-
reich, schon mehrere Jahrzehnte alt sind. In den klei-
neren Staaten liegt die Sache nicht wesentlich anders. Hier
und da sind zwar kleine Ergänzungen erfolgt, aber sie berühren
das, was mir nach der heutigen Lage der Dinge wesentlich er-
scheint, nur wenig; und auch einige Gesamtverfügungen neueren
und neusten Datums in diesen Staaten, so in Sachsen,
Bayern und Baden, stellen sich mehr als eine Art von Neu-
auflage älterer allgemeiner Maßnahmen dar^), als daß sie die
doch nun einmal überaus verschiedenen Zwecke der Einrichtung
scharf ins Auge faßten und demgemäß deutliche, nicht mißzu-
versteliende Bestimmungen festsetzten, die jedem der beteiligten
Kreise geben, was er erwarten darf, ohne daß dabei die allge-
meine Bedeutung der Sache zu kurz käme. Das ist natürlich
nicht ganz einfach. Die Ausführung erfordert insbesondere von
den Berichterstattern ebenso gründliche Vertrautheit mit
der Schulorganisation, nicht bloß der eigenen Schule und des
eigenen Landes, wie richtige Erkenntnis der — im Laufe der
Jahre auch wechselnden — Bedürfnisse eben der verschie-
denen Interessenkreise') und dazu ein gut Teil sicheren Taktes.
Bliebe der Zweck der Jahresberichte auf den engen Kreis der
<) Vgl. dazo S. 152 f.
') Eiaeiii Direktor, der «oeh diese Dioge erntt Dirnnt, koante es m. E.
Dicht allzu schwer falleo, einmal fesUnslelleo, was seiaeiu Blteropahlikan
voD dem Inhalt der Jahresberichte (deren möglichste Verbreitaog er sich
natürlicb aagelegeo seia iasseo maß) lieh ~ oderaach leid ist; vgl. q. S. 23$.
von II. Ullrtdh. ^^
einen Schule beschränkt, so wäre die Lösung der Aufgabe, auch
im Sinne eines gewissen Fortschritts, nicht allzu schwer. Werden
aber einmal, wie doch von selten vieler Behörden und auch nicht
weniger Schulmänner weiteren Gesichtskreises geschehen ist,
die weitergehenden Röcksichten auf die Gesamtheit der
Schulen, auf die Schulgeschichte und die Wissenschaft
überhaupt — wie billig — als wesentlich för die Jahresberichte
ausdnlcklieh anerkannt, so liegt darin filr jeden Berichterstatter,
der nicht bloß der gewohnten, vielleicht gar als eine Belästigung
empfundenen jährlichen Pflicht scheroatisch genügt, die deutliche
Aufforderung, zu erwägen, inwieweit je nach den besonderen
Verhältnissen jeder Anstalt und jedes Landes größere Zusammen-
hänge gesucht und in der Darstellung zum Ausdruck gebracht
werden können.
Ich meine nicht, daß darum an der allgemeinen Grund-
lage der Jahresberichte, besonders in den beiden Großstaaten
Preufsen und Österreich, auch in den meisten nord-*
deutschen Staaten, die dem preußischen Muster gefolgt sind,
Erhebliches geändert zu werden braucht. Die Stetigkeit hat
in jedem Teile eines großen Organismus ihr inneres Recht und
auch nicht zu unterschätzende äußere Vorteile, för den engeren
Leserkreis einzelner Anstalten und die besonderen Verhältnisse
eines kleineren Landes ebenso gut wie für die Schulmänner und
Gelehrten, die auf die Gewinnung von Übersichten im großen an
der Hand dieser authentischen Belege bedacht sind. Der engere
Kreis ist seit langem gewohnt, gewisse ihm lieb gewordene Dinge
immer wieder zu finden, womöglich an der gleichen Stelle; das
soll ihm nicht verkürzt werden. Auch för den Gelehrten ist es
eine wesentliche Erleichterung der Arbeit, wenn er jeder Einzel-
heit, die er sucht, jedes Jahr in bestimmtem Zusammenhange
wieder begegnet. Nehmen ist hier in beiden Fällen bedenklich
und sollte nur aus zwingenden Gründen erfolgen, Geben abef
wohl ein Fortschritt und würde von keiner der beteiligten In-
stanzen, die wirklichen Anteil an der Sache nehmen, als ein Nach-
teil empfunden werden. Und das läßt sich, was Preufsen und
das übrige Norddeutschland, sowie Osterreich betrifft,
durchaus im Rahmen der z. Z. bestehenden amtlichen Vor-
schriften verwirklichen; die denkwürdige erste preußische von
1824, deren Grundsätze noch lange ihre Lebenskraft bewähren
werden, hat in dieser Richtung schon zweckmäßig vorgearbeitet,
indem sie^) die Beschränkung auf die damals vorgeschriebenen
Teile der Jahresberichte nicht allgemein forderte, sondern es den
Schulleitern freistellte, „auch dasjenige, was sie aus ihren Be-
obachtungen für einen solchen öffentlichen Schulbericht Geeignetes
vorzutragen wünschen, und unter den im obigen vorgeschriebenen
1) Vgl. bei Rörme «. a. 0. S. 159 Abs. V.
17*
j2{^ Programm Wesen oad Progranrmbibliothek d. höh. Schalen,
Artikeln keine angemessene Stelle findet, in der Einleitung oder
am Schlüsse der Schulnachrichten beizufügend^ Es war hierbei
mehr an den engeren Kreis der einzelnen Schulen gedacht; die
Beziehung auf den Zusammenhang der Schulen untereinander trat
erst 1826 hinzu. Und die preufsische Verfügung vob
1885, ebenso wie schon vorher die österreichische von
1876 ^)y die beide den inzwischen reichhaltiger gewordenen Stoff
bestimmter umgrenzten, meinten (ebenso wie die allgemeiner
bekannt gewordenen neueren Verfügungen kleinerer nord*
deutscher Staaten) gewiß für ihre Zeit den Kreis des Not-
wendigen oder Zweckmäßigen einigermaßen zu erschöpfen; des-
halb enthielten sie zwar keine besondere Bestimmung mehr dar-
über, ob der Bericht irgendwie über das vorgeschriebene Maß
ausgedehnt werden könnte'), aber doch auch kein Verbot dagegen.
Die weitere Entwicklung hat gelehrt, daß der so stillschweigend
gegebene Spielraum durchaus von Vorteil gewesen ist Wer Jedes
Jahr auch nur einige Dutzende österreichischer und nord-
deutscher Berichte mit gewisser Regelmäßigkeit aufmerksam
liest, wird bald bemerken, daß nicht wenige Direktoren es sich
angelegen sein lassen, über das bestimmt Geforderte hinaus,
wenngleich immer in dem gegebenen Rahmen, manches Eigen-
tumliche mitzuteilen, was für die verschiedenen Interessenkreise
von Bedeutung ist (vgl. unter b). Man kann nur wünschen, daß
auf diesem Wege fortgefahren wird. Damit aber die Rücksicht
auf das Schulwesen im ganzen, auch die auf die ge-
lehrte Forschung') intensiver zur Geltung komme, ist doch
wünschenswert, daß auch die Behörden, zunächst in Preufsen
und iNorddeutschland überhaupt, auf Grund dieser besonderen
in den letzten Jahrzehnten gemachten Versuche und Erfahrungen
erwägen, ob nicht eine gewisse, vorsichtig abzugrenzende allge-
meine Erweiterung (die durch zweckmäßige, längst von Ter-
schiedenen Seiten als wünschenswert bezeichnete Kürzungen
wieder eingebracht werden könnte — auch in finanzieller Rück-
sicht) obligatorisch zu machen sei. Denn von den erst an
einzelnen Schulen in ihren Jahresberichten mit einer gewissen
Konsequenz gemachten planmäßigen Erweiterungen sind doch
nicht wenige, dazu nicht einmal etwa an besondere Verhältnisse
gebundene, derart, daß ihre Ausdehnung auf alle Schulen der
betr. Länder gerade im Interesse gleichmäßiger wissenschaftlicher
Verwertung äußerst erwünscht ist.
In gewissem Gegensatz zu solchen erfreulichen, von dem
frischen Leben der höheren Schulen und der geistigen Teilnahme
ihrer Leiter auch in den zusammenfassenden Jahresberichten der
1) Vgl. 0. S. 98, Nr. XLI mit Adoi. 1, S. 108, Nr. LXXXXVU iii4
dazo S. 150 ff.
3) Doch vgl. für PrenfsoD anteo den AbschoUt b, 14.
3) Dazu 8. 0. S. 2Ö2S.
voo R. Ullricli. 261
Anstalten Zeugnis ablegenden Erscheinungen in Norddeutsch-
land und Österreich steht eine nicht abzuleugnende Knappheit,
um nicht zu sagen Magerkeit, der meisten süddeutschen Be-
richte. Ihr Inhalt ist kaum erweitert, sondern immer mehr ein-
geschränkt worden, wie dies auch besonders in der neusten
badischen^) Gesamtverfugung von 1904 zum Ausdruck kommt.
Das, was suddeutsche Berichte mehr bieten als in den meisten
Fällen die norddeutschen, z.B. die genaueren, mit Angaben
über Geburt, Herkunft usw. ausgestatteten Schülerverzeich-
nisse, wiegt doch den Ausfall ganzer Abteilungen, wie z. B. den
der Verzeichnisse ober die etatsmnfsige Vermehrung
der Sammlungen, der biographischen Angaben über neu
eintretende Lehrer und die in bezug auf Umfang und indivi-
dnelle Gestaltung stark eingeengte „Chronik" nicht auf. So
sehr das in die Augen springt, wenn man von intensiver Lektüre
norddeutscher und österreichischer Berichte zu den
suddeutschen kommt, wurde ich es für meine Person doch
nicht für angezeigt halten, es besonders hervorzuheben, wenn
mir nicht süddeutsche Kollegen, die ich in ihrem Wirkungskreise
oder auch in Norddeutschland kennen gelernt und über diese
Verhältnisse befragt habe, versichert hätten, sie fänden ihre Jahres«
berichte im Vergleich zu den anderen überaus dürftig'). Sollte
diese Verkürzung, für die man finanzielle Gründe doch eigentlich
kaum stärker geltend machen könnte als dies etwa an sich in
Norddeutschland verständlich wäre, dort noch weiter fortschreiten,
so wäre der Tag allerdings vielleicht nicht mehr fern, wo man
die ganze Einrichtung überhaupt fallen lassen könnte — eine
Art scheinbaren Erfolgs für diejenigen, die in ihr schlechthin
nicht bloß einen entbehrlichen, sondern geradezu unnützen Rest
älteren Brauches zu erblicken meinten. Man lernt tatsächlich aus
diesen Berichten — von einigen Ausnahmen abgesehen — nicht all-
zuviel von dem inneren und äußeren Leben der einzelnen Schulen
kennen, kaum wesentlich mehr, als man etwa aus den amtlichen
Verfugungen, allgemeinen Lehrplänen, den geschichtlichen Dar-
stellungen über einzelne Schulen, den Schulkalendern u.s.f. entnimmt
Wäre nun der Zweck der Jahresberichte im allgemeinen wirklich nur
der, den engeren Interessentenkreis auf dem laufenden zu erhalten,
so brauchte diese Knappheit den weiteren nicht sonderlich zu
kümmern. Bedenkt man aber, daß in den Jahresberichten, als
Ganzes angesehen, ein nicht unwichtiges Stück deutschen
Schullebens zum Ausdruck kommt, das auf dessen einzelne
Teile doch wiederum möglichst befruchtend einwirken sollte, so
wird man gewiß keinen Vorteil darin erblicken können, daß in
1) Vgl. o. S. 100, Nr. LXl a. b a. besODde^s S. 157 f.; vgl. «. S. 256 A. 1.
') Damit erledigeo sich wohl dit RemerkuDgen von Halbfafs, der
{Päd, fFocfunbl. VII (1S97/8) S. 100) gerade diese Berichte als Master
IriaatelU. - •
262 Programmwesen nod Prof ramnbibliothek d. höh. Sc knie b,
den meiflien süddeutschen Berichten wesentliche Stücke der
norddeutschen fehlen. Will man bei der Behandlung irgend
einer Einzelfrage die Gesamtheit der deutschen Jahresberichte
verwerten, was doch wünschenswert, in vielen Fällen, so z. B.
bei statistischen und organisatorischen Fragen, geradezu not-
wendig ist (vgL o. S. 2S0)y so muB man, 36 Jahre nach der
Gründung des Deutschen Beiches, doch noch an der Mainlinie
Halt machen; oder man ist in jedem Einzelfalle, der sich
aufdrängt und fast immer die Berücksichtigung auch der süd-
deutschen Schul Verhältnisse rällich erscheinen läßt, auf die
Auskünfte der einzelnen Schulen oder der Behörden angewiesen,
ein Weg, dessen Beschwerlichkeit schon oben (a. a. 0.) an-
gedeutet worden ist. Es wäre daher sehr wünschenswert,
wenn bei einer Revision der süddeutschen Programm-
verhältnisse die Bedeutung dieser Gesichtspunkte in Er
wägung gezogen und ihr Inhalt etwa in der oben ange-
deuteten Richtung vervollständigt würde. Die berechtigten
Eigentümlichkeiten der drei in Betracht kommenden
Staaten (z. T. auch Hessens) und ihr Landespatriotismus
würden darunter m. E. nicht leiden, wohl aber dem Zusammen-
hange zwischen Norden und Süden auch auf diesem Gebiete ein
nicht unwesentlicher Dienst geleistet werden. In bezug auf
Osterreich brauchen besondere Wünsche ähnlicher Art hier
kaum geäußert zu werden. Die dortigen Berichte bieten so
reiches Material, daß man nur den anderen Umstand bedauern
muß, daß es uns infolge des beschränkten Tauscbverkehrs nur
zu einem kleinen Teile zugänglich wird. Ich habe daher oben
(S. 21211.) die Aufmerksamkeit der beteiligten Kreise darauf lenken
wollen, hierin in geeigneter Weise Wandel zu schaffen.
Eine derartige, bis zu einem gewissen Grade zwischen den
Jahresberichten der am Austausch beteiligten Staaten und Schulen
im Interesse der Gesamtheit des Schulwesens herbei-
zuführende Annäherung würde, wie aus den bisherigen Dar-
legungen ersichtlich ist, zunächst mehr darauf hinauskommen,
den Umfang der Berichte, hin und wieder der norddeut-
schen und österreichischen, in stärkerem Grade der süd-
deutschen, zu erweitern und damit natürlich die Kosten
zu erhöhen. Es wäre das nicht ganz unbedenklich. An sich
nützliche, ja notwendige Reformen pflegen am ehesten an der
Kostenfrage zu scheitern; und gerade im vorliegenden Falle wäre
eine Verteuerung um so weniger zu empfehlen, als schon der
bisherige Aufwand für Abhandlungen wie Jahresberichte vielen
Wortführern der Diskussion viel zu hoch erschienen ist und hier
und da auch schon maßgebende Instanzen, insbesondere bezüglich
der Abhandlungen, zu Einschränkungen geführt hat, die der Sache
nicht von Vorteil waren (s. o. S. 1739,), Da nun die
Kosten für Satz, Druck, Papier usw. bei den Jahres*
voD {Lüllriek. 263
berichten^) infolge ihrer (bei gesonderter Ausgabe) meist
höheren Auflage, der häufigeren Verwendung verschiedener Schrift-
arten, Beifügung von Tabellen usf. im Durchschnitt etwas höher
sind als bei Abhandlungen mit laufendem Satz, wird es sich ganz
besonders empfehlen zu fragen, ob nicht als Ausgleich gegenüber
mancher nutzlicher oder notwendiger Erweiterung in einzelnen
Abschnitten eine Kürzung in anderen möglich ist Die Frage
läßt sich bejahen. £ine Verkürzung gewisser Abschnitte, die
ohne ersichtlichen Zweck für die beteiligten Kreise Jahr für Jahr
in ziemlichem Umfange wieder abgedruckt werden, auch die Weg-
lassung bestimmter Notizen, die unnötigerweise an mehreren
Stellen gebracht werden, ist durchaus möglich, ohne daß dadurch
der Wert des Ganzen irgendwie beeinträchtigt würde. Es ließe
sich so nicht bloß im allgemeinen Raum für manche not-
wendige Ergänzung erübrigen, besonders in den süd-
deutschen Berichten, sondern in sehr zahlreichen Fällen sogar
eine nicht unerhebliche Verminderung des Umfangs im
^) Die organisierteo Verbäode der Setzer baben den Besitzern vod
Drockereiea im Laofe der Jahre eioeo immer kumpIiziertereD Tarif aufge-
«6tigt, der für jede besondere Sehriftart, jeden vom gewShnlicbeD ir^nd
abweichenden Satz, wie er z. B. bei Tabellen, Katalof^artigem o. a. m. not-
wendig wird, höhere Preise ansetzt, ein Umstand, der aoch anf die Verleger
seine Wirkoog nicht verfehlt ond den Autoren, die sich im Interesse der
Sache solcher Besonderheiten in ihren Arbeiten bedienen müssen, immer
mehr Beschränkung auferlegt. Es wird für manche, besonders solche, die
zom ersten Male einen Jahresbericht in Druck geben, vielleicht nicht ohne
Interesse sein, wenn ich hier eine Rechnung fiir einen Jahresbericht
neusten Datums, der nach Inhalt und Umfang ungefähr das allgemein
Obliche darstellt, mitteile, die mir von einer namhaften Berliner Druckerei
fiir diesen Zweck zur Verfilgung gestellt worden ist. Es mag aoch lehr-
reich sein, die entsprechenden Kosten in kleinen Städten damit zu ver^
gleichen.
Umfang des Berichts: 26 Seiten (davon 25 bedruckt) in 4^sb
3V4 Bogen; Auflage: 1800.
1. Satz (nach Seiten):
3 Seiten Petit (je 5,25 JC.) 15,75 JC.
17 „ Corpus (je 3,75^.) 63,75 „
5 „ Tabellen (je 10,50 JC.) 52,50 „
n. Druck (nach Bogen):
1000 ganze Bogen (1000: 6,50^.) X 3 \9fiQjC.
800 „ „ (100:0,50^) 4,— „
1000 V4 Bo^cn 4,50 „
800 „ „ (100:0,35^.) 2,80 „
III. Heften (100 Ex. je 1,50^.) .... 27)—^!
Summe von I—ni 189,80^.
Dazu Aufschlag von 10% für 1907 (vgl. 0. S. 178) . . . 19,— „
Im ganzen 208,80 ,>^.
IV. Papier (1000 Bogen 18^.) für 5850 (abgerundet
5900) Bogen 106,20 „
Gesamtkosten 315, — JC»
Danach beträgt der Preis für den Bogen in 4^: 96,92 w^.
264 Progranrnweflen vod Prograniibibliothek d. kSh. Schale a,
ganzen herbeiföhren; auf diese Weise worden diejenigen In-
stanzen, die einer Erweiterung mit Röcksicht auf die Kosten
skeptisch gegenüberstehen, vielleicht am ehesten für sachgemäßen
Ausbau und Ausgleich in der oben (S. 260 ff.) angedeuteten Rich-
tung gewonnen werden können. Soweit sich die Diskussion mit
dieser Frage beschäftigt hat, konnte sie schon manche nützliche
Beiträge liefern. Diese kamen nur darum wieder nicht recht zur
Geltung, weil diejenigen, die sie empfahlen, gleich wieder in das
andere Extrem ßelen und, wie z.B. der anonyme Verfasser
unter der Rubrik Mafig^Uehei und ünmafsgehUehes in den
Grenzboten von 1901, von den Jahresberichten so wenig übrig
lieBen, daß diese als ein einigermaßen getreues Abbild des Lebens
einer Schule im Laufe eines Jahres — was sie doch sein sollen
— und als ein auch für höhere Zwecke nutzbarer Teil eines
ganzen Organismus kaum noch gelten können. Indem ic^ mir
dieAnföhrung und Begründung aller Einzelheiten für den beson-
deren Teil (b) vorbehalte, bemerke ich hier nur im allge-
meinen, daß m. E. vor allem die sehr umfangreichen
Abschnitte, die von den im Laufe des Schuljahres erledigten
Lehraufgaben handeln (unter bestimmten Voraussetzungen),
sowie die Mitteilungen über die Verfügungen der Behörden,
auch die über die Krankheiten der Lehrer und die den
Anstalten gemachten Geschenke z. T. erhebliche Kür-
zungen vertragen dürften. Dagegen scheinen mir solche in
anderen Abschnitten, die seit Jahrzehnten zum eisernen
Bestände der Jahresberichte in den meisten Staaten gehören,
unzulässig, weil dadurch Wert und Verwertung zu sehr beein-
trächtigt werden würde. Ehe ich jedoch auf die Besprechung
dieser Einzelheiten eingehe, bedürfen noch einige Gesichtspunkte
der Erörterung, die das Ganze der Berichte angehen, so die
Reihenfolge der einzelnen Abschnitte, die Form, in
der die Hitteilungen erfolgen, und zumal ihre Zuver-
lässigkeit.
Besonders mit Rücksicht auf die wissenschaftliche und
praktische Verwertung der Jahresberichte im ganzen
wäre es gewiß sehr erwünscht, wenn diese in der Reihenfolge
ihrer Abschnitte eine größere Gleich mäfsigkeit zeigten.
Innerhalb der einzelnen Staaten des Deutschen Reiches treten
aber die größten Verschiedenheiten auf. Die preufsischen
Berichte sind anders angeordnet als die badischen, diese wieder
anders als die bayerischen; die sächischen haben wieder
ihre besondere Reihenfolge. Der Unterschied wäre für die Be-
nutzung im ganzen unerheblich, wenn wenigstehs die Rubriken
an sich im wesentlichen den gleichen Inhalt darböten. Aber audi
hier walten die größten Verschiedenheiten ob. Manches, was in
Preufsen z.B. im Abschnitt Allgememe Lekrverfassung steht,
muß man in Baden unter der Rubrik StatüHk suchen; Unter-
roD R. Ullrich. 265
Stützungen, Stipendien usw. stehen in Baden unter 6«-
sckichie der AnUM, in Preufsen bilden sie eine Rubrik für
sieb. In Sachsen trifft letzteres wiederum auf die Schulbücher
zu, die in Preufsen im Abschnitt Allgemeine Lehrverfassung
untergebracht sind usf. Wer die Jahresberichte länger gebraucht
hat, gewöhnt sich allmählich daran; aber es kommt doch auch
leicht vor, daß von dem Suchenden unter diesen Umständen
manches übersehen wird. Wer möchte nicht wünschen, daß un-
beschadet aller Verschiedenheiten im einzelnen, in denen die be^
sonderen Verhältnisse und langjährigen Gewohnheiten der Ange-
hörigen der verschiedenen Staaten zum Ausdruck kommen mögen,
im ganzen eine größere Gleichmäßigkeit herrschte! Ich glaube
indessen, daß zur Erreichung einer solchen wohl wenig Aussicht
ist Die Berichte der einzelnen Staaten haben sich, wie die Bei-
spiele aus verschiedenen Perioden in der Tabelle (hinter S. 160)
aufs deutlichste zeigen, in bezug auf die Reihenfolge einander
niemals anzunähern versucht; jeder Staat hat sich bei seinen
Neuordnungen des Inhalts der Jahresberichte immer möglichst an
die eigenen älteren Ordnungen angeschlossen, ohne auf die der
anderen Staaten irgend Röcksicht zu nehmen; das Festhalten an
der eigenen, an sich wohl berechtigten Überlieferung hat sich als
stärker erwiesen. Der geeignetste Moment, einen gewissen Aus-
gleich wenigstens unter den deutschen Bundesstaaten in dieser
Hinsicht herbeizuführen, wäre die Neuordnung des Tauschverkehrs
im Jahre 1875 gewesen; man hat ihn aber vorübergehen lassen.
So wird man sich damit leider wohl abfinden müssen und kann
nur mit einem gewissen Neide auf die einheitlichen Verhält-
nisse des Nachbarstaates Osterreich in dieser Hinsicht blicken,
dessen Berichte, man mag einen aus Böhmen oder Galizien oder
woher sonst immer vornehmen, bei manchen kleinen Abweichungen
innerhalb der festen elf Rubriken eine unmittelbare Vergleichung
Schritt für Schritt gestatten und eine Verwertung im ganzen
ungemein erleichtern.
Sehr lehrreich ist ferner eine Betrachtung der Form, in
welcher die Hunderte von Berichterstattern sich ihrer jährlichen
Pflicht entledigen. Man könnte wirklich eine ganz interessante,
durch viele individuelle Züge belebte Abhandlung über dies
Kapitel schreiben; so überaus verschieden ist der Ton, der an-
geschlagen, die Behandlung, die denselben Gegenständen in dem-
selben Lande oder in derselben Provinz widerfahrt, die ganze Art
überhaupt, wie die Verfasser ihre Aufgabe auffassen und durch-
führen. An sich ist das erfreulich. Je individueller innerhalb
des einmal vorgeschriebenen Rahmens die Sachen in der Form
behandelt werden, um s6 besser ist es. Und zahlreiche lebendig,
anschaulich, z. T. packend geschriebene und den Leser festhaltende
Berichte, denen man die ganze Freude ihrer Verfasser nach-
empfindet, zeichnen sich vorteilhaft vor ebenso vielen Schema-
266 Pro^rammwesea und Programmbibliothek d. hob. Scbulen,
tischen, Wichtiges und Unwichtiges trocken nebeneinander
stellenden aus. Natörlich sind solche Dinge ja Ton dem Inhalt
des gerade zu Berichtenden sehr abhängig; und das eigentlicfa
„Lesbare" und Fesselnde wird wohl im wesentlichen auf den Ab*
schnitt Chronik beschränkt bleiben; auch in den meist am Sclüosse
stehenden Mitteilungen an die BUem usf. kann Gelegenheit dazu
sein» Wichtiges auch in treffender Form zu sagen. Aber von
alledem abgesehen treten auch Verschiedenheiten hervor, die man
lieber nicht bemerken möchte. Hat man, wie der Verfasser dieser
Arbeit, im Laufe der Jahre einige Tausende von Berichten aus
verschiedenen Staaten durchblättert, viele Hunderte aufmerksam
gelesen, so drängen sich manche unangenehme Wahrnehmungen
auf. Das rhetorische Element, die Kunst oder vielmehr der MiB-
brauch, Worte zu machen, die Phrase tritt nicht selten unan-
genehm hervor. Manche Berichterstatter haben es zu einem ge-
wissen System ausgebildet, all und jedem womöglich nur Freund-
liches zu sagen. So sieht man — um nur einiges zu erwähnen,
was mir besonders aufgefallen ist — da und dort den Probandus,
der zu seiner Ausbildung einer Anstalt überwiesen worden ist,
ungefähr mit denselben Worten verabschiedet wie einen hoch-
verdienten Professor, der einige Jahrzehnte seine Kräfte in ihren
Dienst gestellt hat. Die unbedeutendsten Geschenke, oft reine
Danaergeschenke, werden nicht selten mit ebenso dankbarem
Herzen registriert wie die tatsächlich fördernden, der Anstalt zu
wirklichem Segen gereichenden Gaben. Haßnahmen von Behörden,
staatlichen oder städtischen, sie mögen noch so einfach und
selbstverständlich sein und sich in keiner Weise über das MaB
des einfach Notwendigen erheben, werden mit einer Devotion
vermerkt, die an Kriecherei grenzt und etwas Unwürdiges an sich
hat. Solche Erscheinungen machen schon den, der den Verhält-
nissen der betr. Schule ferner steht, mlfitrauisch gegen die Treue
des Berichts; kennt er sie aber zufällig näher und findet, daB
das, was da gedruckt steht, den tatsächlichen Verhältnissen nidit
gerecht wird, so wendet er sich unwillig ah. Takt ist, das sieht
man auch hier, nicht jedermanns Sache, und manche Bericht-
erstatter haben den Maßstab für das, was wichtig ist und der
Hervorhebung bedarf — eigentlich gehört das doch zum Hand-
werkszeug des rechten Schulmeisters — , völlig verloren. Dem-
gegenüber tritt wieder an anderer Stelle eine in echt männlichem
Freimut geliandhabte Berichterstattung hervor, die, ohne sich im
Ton oder in der schuldigen Röcksicht auf Personen oder Sachen
etwas zu vergeben, doch die Dinge beim rechten Namen nennt,
nicht bloß das Erfreuliche, sondern auch das Mangelhafte sachlich
hervorhebt, überhaupt jedem das Seine gibt. Interessant zu
schreiben ist nicht jedem gegeben; auch nicht in jedem Jahre
wird es durch den Stoff, der gerade vorliegt, begünstigt. Wohl
aber kann Sachlichkeit von jedem Berichterstatter gefordert
von R. IJUriefa. 267
werden. Sie scheint mir geradezu das Wesen der Einrichtung
zu sein, ohne die sie weder in Gegenwart noch in Zukunft ihren
Zweck erfüllt. Hag der Bericht trocken, nüchtern oder — wie er
manchem durch pikantere Lektüre verwöhnten Leser erscheinen mag
— meinetwegen langweilig sein, wenn er nur wahr, gerecht,
sachlich ist, dann werden ihn die Besseren dennoch zu
würdigen wissen.
Hieraus ergibt sich das, was m. E. von den Hitteilungen tat*
adchlicher Art im einzelnen, soweit sie für die oben (S. 236 —
257) bezeichneten Zwecke notwendig oder nützlich erscheinen,
gefordert werden muß: Zuverlässigkeit und Genauigkeit,
auch im kleinen und kleinsten« Für den Augenblick mag es
manchem, auch dem, der im allgemeinen an sich hohe Anforde-
rungen in dieser Beziehung zu stellen pflegt, unwesentlich er-
scheinen, ob dieser oder jener Name, einer Person, eines Buches,
ein Datum usf. richtig gedruckt ist oder nicht, ob eine Abkürzung
deutlich ist, das Resultat einer Addition stimmt, ein Durchschnitt
richtig gezogen, auch gerade hier kein Druckfehler stehen ge-
blieben ist. Der Leser der Gegenwart kennt doch die Dinge,
und im Grunde ist ja vieles von dem, was verlangt wird, so
herzlich gleichgiltig, die Statistik z. B. (!), daß es wirklich nicht
lohnt, darauf besondere Mühe zu verwenden! Es wird nur zu
oft vergessen, daß diese Jahresberichte dauernden Wert haben,
freilich nur dann, wenn sie auch in solchen Dingen gewissenhalt
bebandelt worden sind* Was der heutige Leser an Fehlern still-
schweigend verbessert, wofern er die Verhältnisse kennt — was
auch nicht einmal immer der Fall ist — , macht einige Jahre oder
Jahrzehnte später dem Benutzer — und es gibt deren wirklich
— rechte Pein. Er müßte sich, wozu er immer die Be-
richte benutzen mag, auch auf die Richtigkeit der Einzelheiten
unbedingt verlassen können. Der Wert der ganzen Einrichtung
wird erheblich beeinträchtigt, wenn die Berichte nicht fehlerfrei
sind. Und das sind verhältnismäßig wenige heute. Manche
wimmeln geradezu von Fehlern schlimmster Art, die oft nicht
einmal bloße Druckfehler sind, (ch werde poch an anderer Stelle
Gelegenheit haben, darauf zurückzukommen, und möchte hier nur
ausdrücklich betonen, wie wichtig es ist, daß wie in anderen
Fällen — in denen es den betr. Berichterstattern gewiß ganz
selbstverständlich erschiene — , so auch hier die Richtigkeit
genau beachtet und kontrolliert wird.
Ich glaube nicht, daß diese Anforderung bei einer Druck-
schrift von 20 — 30 J Seiten Umfang eine besonders hohe ist.
Daß sie manchmal so wenig erfüllt wird, liegt wohl meist daran,
daß die Abfassung der Hauptleile des Berichtes von den be-
teiligten Instanzen zu lange hinausgeschoben wird, bis in die
Zeit der Prüfungen, des Semesterscblusses hinein, was ja denn
9uch die oben (S. 217) beklagte chronische Verspätung vieler
2^5 Pi'<*9r*in<nwe8eD ond Pr^grannbibliothek d. hSh. Scholen,
Berichte im Tauschverkehr zur unerwünschten Folge hat. Es
läßt sich das doch ändern, um so leichter, als ja wohl wenige
Direktoren den ganzen Bericht eigenhändig von Anfang bis zu
Ende abfassen. Der Rahmen des Lehrplans z. B. steht im ganzen
fest; die betr. Lehrer haben nur nötig, in das ausgelegte, ev.
durchschossene Exemplar des vorhergehenden Jahres die nötigen
Veränderungen einzutragen; die Übersicht über die gebrauchten
Lehrbücher ist meist unverändert abzudrucken. Die Vermehrungs-
liste der einzelnen Sammlungen reichen die betr. Verwalter wohl-
geordnet und druckfertig ein, ebenso die Verwalter der etwa be-
stehenden Kassen die ihrigen; auch die Siatisttk pflegt ein ge-
fälliger Kollege zu machen, gewöhnlich ein Mathematiker. Für fast
all dies stehen die Grundlagen ein für allemal fest, es gilt nur
Eintragung der Änderungen. Dem Direktor selbst bleibt
in der Hauptsache noch die Abfassung der Obersicht über die
Verfügungen der Behörden, die Chrw^ und die Müteäungen an
die EUem usf. Die Korrektur ist von den Verfassern der betr.
Abschnitte zu lesen, die Revision des Ganzen endlich von dem
verantwortlichen Hauptberichterstatter vorzunehmen. Greifen so
alle lostanzen, von deren jeder natfiriich von vornherein Zu-
verlässigkeit ihrer Angaben erwartet werden muß, zweckmäßig
ineinander, so darf man erwarten, daß ein richtiges und kor-
rektes Produkt herauskommt, auf das auch andere sich ver-
lassen können.
Nach dieser Erörterung der mehr allgemeinen Gesichtspunkte,
die mir fQr die künftige Gestaltung des Inhalts und der Form
der Jahresberichte wichtig oder notwendig erscheinen, wende ich
mich nun zu den Einzelheiten.
b) AassestaltoDg in eiozolneo.
Umfang, Inhalt und Reihenfolge der Jahresberichte
in den verschiedenen am Tauschverkehr teilnehmenden Staaten
ist, wie die Tabelk (hinter S. 160) anschaulich macht und im
vorigen Abschnitt schon fOr einige Punkte hervorgehoben wurde,
recht verschieden. Völlige oder auch nur annähernde Ober-
einstimmung zu erzielen ist unmöglich, vielfach auch nicht
wünschenswert. Die folgenden Bemerkungen wollen nur einen
vielleicht nützlichen Beitrag zu der Frage liefern, inwieweit ins-
besondere der Inhalt der einzelnen, seit langem eine feste
Stellung in den meisten Jahresberichten zumal der Staaten des
Deutschen Reiches einnehmenden Rubriken im Interesse allge-
meinerer Nutzbarmachung eine gewisse Annäherung erfahren
kann, soweit die verschiedene Entwicklung in den einzelnen
Staaten es irgfind zuläßt. Es soll weiter erwogen werden, ob
und welche Teile, die z. B. in fast allen norddeutschen
und österreichischen Berichten stehen, in den süddeutschen
aber z. T. völlig fehlen, aus gleicher Rücksieht vielleicht auch
▼ da ft. üllriiSh. 2B$
diesen zugänglich gemacht werden könnten. Hierbei wird es
sich nur um das Wesentliche, m. E. wirklich Fördernde handeln;
alles andere, manchmal an sich nicht Uninteressante, aber für
die Verwertung der Jahresberichte im ganzen doch Unerheblichere
übergehe ich schon im Interesse möglichster Kürze des Abschnitts
und der Erhaltung einer gewissen Übersichtlichkeit. Die oben
(S. 150 — 166) gegebene Übersicht der Entwicklung wie
der tatsächlichen Verhältnisse ist durchweg zu ver-
gleichen; sie wird hier als bekannt vorausgesetzt.
Für die Ausfährung scheint es mir am praktischsten, das
preufsische Schema von 1885 (s. o. Tabelle — hinter
S. 160 — Nr. III) ^) zugrunde zu legen^) und die ent-
sprechenden Verhaltnisse der wichtigsten anderen, Besonderes
und Eigenartiges bietenden Staaten*) an geeigneter Stelle zu be-
sprechen. Daß es sich hierbei nicht bloß um Verbesserungen in
Gestalt von Zusätzen, sondern auch von Streichungen zu
handeln haben wird, ist nach den früheren Ausführungen selbst-
verständlich.
I. Allgemeine Lehrverfassung.
]) Lehrgegenstäode ood ihre Stundenzahl in den einzelnen
Klassen (Tabelle).
Diese Übersicht, die in den Berichten Preufsens, der
meisten anderen norddeutschen Staaten, auch Elsafs-
Lothringens ihre feste Stelle hat, ist zweckmäßig und trotz
der im Druck erschienenen amtlichen Lehrpläne nicht so ent-
behrlich, wie man wohl gemeint hat^). Letzteres träfe nur dann
zu, wenn die Berichte ausschließlich für den engeren Kreis der
einen Schule bestimmt wären, und selbst hier schon mit Rück-
sicht auf das oben (S. 287) über die Benutzung der amtlichen
Lehr plane durch das Publikum Bemerkte nur unter Vorbehalt.
Da aber ferner in der Gestaltung dieser Lehrpläne im einzelnen,
auch was Stundenzahl und -Verteilung auf die einzelnen Klassen
betrifft, schon innerhalb Preußens manche Verschiedenheiten
bestehen und in Zukunft, besonders auf der Oberstufe, wohl
1) Vgl. aaeh ff^iege- Kubier a. a. 0. I S. 376—379; Beter a. a. O.
S. 267—271.
>) Hierbei wird aach, soweit nötig, der znstimmenden oder ab-
weichenden Bemerkaogen zu gedenken sein, die von Schalmäooern za dea
einzelnen Rnbriken gemacht worden sind. In Betracht kommeo hier be-
sonders drei Arbeiten, die des ungenannten Verfassers (J. S.) in den
Grensöotm von 1901, 1 {BibL AbL 4, Nr. 123), die von H. Müller (Nr. 127)
und von F. Pietzker (Nr. 135).
>) Für diese sind wiederum die Nrn. Vf, IX, XII, XV und XVII der
Tabelle zu vergleichen.
*) Vgl. J. S. (a. a. 0. S. 341), H. Müller (a. a. 0. S. 9), F. Pietzker
(a. a. 0. S. 411f.).
270 Pro^raminwesen aod Pro^rammbililiotliek d. koh. Sehalei,
Doch mehr sich gellend machen werden, ist der jährliche Ab-
druck durchaus erwöoscht. Hinzuweisen ist ferner auf die nnn
schon erhebliche Zahl von Reformschulen^), besonders Frank-
furter Systems, deren Lehrverfassung bisher in den preußischen
Lehrplänen (von 1901) nicht vertreten ist'). Auch der Wechsel
der Anstalt, zu dem z. B. viele Beamte, Offiziere usf. in besag
auf ihre Kinder so häufig genötigt sind, ist zu beachten. Endlich
kann es den verschiedenen oben (S. 246f!.) genannten weiteren
Interessenkreisen der Organisation der höheren Schulen, besonders
soweit es sich um verschiedene Staaten handelt, nur erwünscht
sein, von dieser überhaupt und auch, was ich besonders hervor-
heben möchte, dem neusten Stande der Entwicklung bei den
einzelnen Schulen auf dem einfachsten Wege des Tauschverkehrs
jährlich Kenntnis zu erhalten. Es dürfte wohl z. B. nicht jeder
eiuzelne Lehrer, der aber eine bestimmte Frage 6es Lehrplans
an bestimmten Orten Aufklärung verlangt, geneigt sein, sich die
amtlichen, auch Erläuterungen enthaltenden Lehrpläne einer Mehr-
zahl von Staaten*) zu kaufen. Recht wönschenswert-wäre es,
wenn auch den süddeutschen und österreichischen Be-
richten eine derartige knappe, nur die Stundenzahl jedes Lehr-
gegenstandes mit der Verteilung auf die einzelnen Klassen in
Tabellenform vorausgeschickt würde — was bisher nicht geschieht.
2) Tabellarische Obersicht über die Verteilan^ der Lehr-
st an deo aafdie eiozeloeo Lehrer, mitAngabe der OrdiDariate.
Daß sie in Tabellenform (Norddeutschland, Baden,
früher auch Osterreich, vgl. Tabelle hinter S. 160, Nr. XIII)
^) Über ihre Eotwickloog ood ihren Stand vgl. H. Hoffschalte ia
des Ja/ireib. d. R. t. E. » Münster ]9U4ff., zaletzt 1907 S. 15; danach
hat sich ihre Zahl von 75 (Ostern 1904) bis anf 116 (Ostern 1907) ver-
mehrt Weitaas der gröflte Anteil kommt aaf Prenfsen, wo sie s.Z.
schon fast ein Sechstel der Gesamtzahl höherer Schalen ansmaehen.
') Diese enthalten (S. 7) nor die Bemerkang: „Die fiinriehtiing tob
Schalen nach den besonderen Altonaer oder Frankfurter LehrpIMnen bedarf
der ministeriellen Genehmigung^^ Da die Neugrändong derartiger Schalen
and die ÜmwaDdluag älterer in solche mit Reformlehrplan gerade in Preußen
besonders begünstigt vvorden i«t, wäre es erwänscht, wenn bei einen I*len-
druck der amtlichen Lehrpläne hinter S. 6 die (Ibersichteo der verschiedenen
Reformlehrpläne eingenigt würden.
*) Vor korcem hat fi. Hörn (vgl. o. S. 8 Aom. 4) eine noch das Aas*
Und umfassende Gesamtübersicht der Lehrpläne gegeben in dem ßoche
D(u höhere Schulwesen der Staaten Europas. Eine ZusamtnensieUung' der
Lehrpläne, Berlin 1906, Trowitzsch a. Sohn, VIII, 201 S., 6 JC., geb. 9 JC.,
auf welches die Lehrerbibliotheken der höheren Schalen hierdorch
hingewieseo werden mSgen. Leider nar sn richtig ist die Notis (S. 51:
„Die Schoien kennen einander nieht^*; überhaupt enthält die Vorrede
eine Reihe sehr beachtenswerter Bemerkangen, die sich vor allem «of die
Herbeiführung engerer Beziehungen zwischen den maßgebenden InaUnseo
des Unterrichtswesens der verschiedenen Länder beziehen. So konntea
Pablikationeo in die Wege geleitet werden, die jeden Intereaaenten aber
alles Neue, was in der Organisatioa des Scholweseos hervortritt, z vsaamea-
hängend und dauernd unterrichteten.
roD R. Ullrich. 271
am iweckmäßigstea ist, bedarf keiner Begründang. Zwar i»t
auch aus dem Abschnitt 1 3 der Stand der Sache zu ermitteln,
aber dodi erst durch Zusammensuchen der an verschiedenen
Stellen zerstreuten Angaben. £ine VVegiassung der eine
schnelle Übersicht bietenden Tabelle, etwa aus Gründen der
Sparsamkeit, scheint mir darum nicht empfehlenswert. Auch
muß .sie, was nicht äberaii geschieht, für Sommer- und
Winterhalbjahr gesondert gegeben werden, falls die Stunden-
verteilung nicht TöUig die gleiche geblieben ist. Die Obersicht
dient übrigens nicht bloß der Befriedigung der Neugierde
(ist es nicht oft doch mehr als dies?), damit Kollege A.
in X. erfahre, welche Stunden Kollege B. in Z. erteilt, sondern
sie ist sachlich wohl berechtigt. Der Grad, in welchem
sich der engste Kreis der einen Schule, besonders Eltern und
Schüler, dafür interessiert, mag an verschiedenen Orten ver*
schieden sein, wie in anderen Dingen auch* Der Wert des
einzelnen Jahresberichtes ist in dieser Beziehung überhaupt für
mich nicht ausschlaggebend. Wichtig scheint mir dagegen der
Umstand, daß bei Benutzung von drei, vier und mehr aufein-
anderfolgenden Jahresberichten jeder Leser, auch jede Be-
hörde, nicht bloß der angehende Direktor, aus der schlichten
Tabelle einen Einblick in die Methode der Stundenver-
teilung erhält* Es bedarf wohl kaum des Nachweises, daß diese
für Lefhrer und Schüler recht wichtig ist, daß die Art, wie jeder
Direktor sie im Laufe der Jahre handhabt, nach Haßgabe der ihm
zur Verfügung stehenden Lehrkräfte, ihres Dienstalters und ihrer
Befähigung (worunter ich nicht bloß die offizielle „Facultas'*
verstehe) einen gewissen Maßslab auch für seine organisato-
rische Befähigung abgibt, einmal die notwendige Stetigkeit
des Unterrichts herzustellen und zu schnellen Wechsel zu
vermeiden, andererseits aber auch in angemessenen Zwischen-
räumen seinen Lehrern neue Aufgaben zu stellen und
so ihre Fähigkeiten im Dienste der Schule möglichst zu ent-
wickeln, Einrosten, Stagnation in diesem oder jenem Fache und
in den verschiedenen Klassen zu verhindern. Der erste Gesichts-
punkt dürfte bei neuen, schnell wachsenden Anstalten besonders
zu beachten sein, der andere mehr bei den vollständigen und den
älteren überhaupt, deren Lehrpersonal in seiner Zusammensetzung
abgesehen von den natürlichsten Gründen eines Wechsels im
allgemeinen konstanter bleibt. Wer eine Reihe aufeinander-
folgender Jahrgänge von Jahresberichten derselben Schule auf-
merksam liest, wird in beiden Beziehungen manches anzumerken
finden, besonders wenn er Personen und Verhältnisse genauer
kennt. Auf einige mir wesentlich erscheinende Punkte — in
gleicher Weise für Schüler und Lehrer — möchte ich hier hin-
weisen. Die Anstalten „i. E.'', deren wir jetzt so viele haben,
setzen ihr Kollegium aus naheliegenden Gründen vorzugsweise
272 Pi'^ffP'iBnweseB und Progratamibibliothek d. höh. Seholea,
aus ganz jungen Lehrern zusammen; in den Annoncen ?oii G«^
meindebehörden werden „Probandeu, auch jüngere Oberlehrer*
zur Bewerbung aufgefordert, gewählt, auch meist bestätigt. Sie
rücken dann sehr schnell von Klasse zu Klasse auf, oft sogar
in mehreren Fächern, ohne — wie natürlich — recht Zeit zo
haben, sich in so mannigfaltige Aufgaben wirklich zu vertiefen,
oder Gelegenheit zu erhalten, denselben Stoff und ihr eigenes,
fortschreitendes Können auch mehrere Male hintereinander an
verschiedenen Generationen zu erproben. Sehr begabten Naturen
schadet das nichts; im Gegenteil. Aber es gelangen auf diese
Weise doch auch manche mäßig Begabte viel zu schnell in die
oberen Klassen und in die Prüfungskommission in einem Alter,
in dem gleichaltrige Kollegen an anderen Anstalten noch tief
unten sitzen, und es wird von ihnen erwartet, Schuler zu bilden,
die sich schon im Jünglingsalter beGnden und zu ihrer allseitigen
Erziehung doch gereifterer Kräfte bedürfen. Die weitere Folge
ist, daß solche Anstalten, wenn sie vollständig sind, ein Kollegium
haben, dessen erste Mitglieder oft nur wenige Jahre älter sind
als die letzten; diesen fehlt die so notwendige Anlehnung an
Kollegen von reicherer, umfassenderer Erfahrung, und im Laufe
der Jahre tritt dann (da frische Kräfte nun seltener hineinkommen
und der Abgang sich meist nur durch Tod oder Pensionierung
regelt) insofern eine gewisse Stagnation ein, als der meiste Unterricht,
besonders der in den oberen Klassen, in „festen Händen^* der
Dienstältesten zu sein pflegt und den oft nur wenige Jahre jüngeren
Kollegen die Möglichkeit wenigstens allmählicher Entwicklung ihrer
Kräfte, die auch an schwierigeren Aufgaben sich versuchen wollen,
zu lange verschlossen bleibt und sich ihnen oft erst dann bietet,
wenn sie selber zu den „Alten^* gehören. Jeder Staat hat bei
den von ihm ausschließlich erhaltenen Anstalten ja leichter Mittel,
solche offenbaren Mißstände zu verhüten, und tut es auch. Aber
auch Gemeindebehörden, in denen finanzpolitische Rücksichten
bei der ersten Zusammensetzung des Kollegiums manchmal viel-
leicht eine zu einseilige Rolle spielen, sollten den genannten doch
recht eigentlich gerade im Interesse der Erziehung und des Unter-
richts liegenden Momenten ihre volle Aufmerksamkeit zuwenden.
Das kann zunächst dadurch geschehen, daß bei den ersten Be-
rufungen mehr Wert auf die Gewinnung auch älterer, schon länger
bewährter Lehrer gelegt wird, die manchmal von älteren Anstalten,
in denen sie sich gerade befinden, aber nach Lage der Dinge
nicht ausreichende Betätigung ihrer Kräfte findeu, gern an
jüngere übergingen, wenn eben hier nicht die Rücksicht auf
jüngere Lehrer zu einseitig vorwaltete. Die Sache scheint mir
wichtig genug, um auch die Aufsichtsbehörde häufiger, als ^ zu
geschehen pflegt, zum Eingreifen zu veranlassen. Ein anderes,
schon oben — S. 288 A. 1 der Sonderausgabe — in anderen
Zusammenhange angedeutetes Mittel der Abhilfe liegt aber in
voa ti. Ullrick. 273
einem planmäßigeren Wechsel der Stundenverteilung, nach
Klassen ebensowohl wie nach Fächern. Sorgfältiges Studium der
Methode dieser Stundenverteilungen, zu dem die Tabellen der
Jahresberichte jedem so erwGnschte und umfassende Gelegenheit
bieten, lehrt aber, dafi hier an noch recht vielen Stellen Schulern
und Lehrern geholfen werden kann. Zunächst dadurch, daß die
Lehrer nicht 5, 10 Jahre oder gar noch länger ununterbrochen
in derselben Klasse belassen werden, sondern 2 — 3 Jahre mit
ihrem Zötus „mitgehen^S von Sexta bis Qnarta, von Untertertia
bis Obertertia, durch die beiden Sekunden, durch beide Primen,
in diesem Fache auf der einen Stufe, in jenem auf anderen«
Das ist auch an kleinen Anstalten, sechsklassigen Realschulen,
die keine Doppelz6ten haben, achtklassigen Vollanstalten (mit un-
geteilter Prima) in der einen oder anderen Weise möglich, wie-
wohl naturlich schwieriger als an fünfzehn- oder gar achtzehn-
klassigen Schulen, bei denen es direkt vorgeschrieben werden
sollte. Es darf, meine ich, z. B. nirgends vorkommen (wie es
dennoch geschieht), daß ein wenn auch noch so tüchtiger Mathe-
matiker oder Lehrer des Deutschen 10, 20 Jahre oder noch
länger die Prima oder den Sitz in der Prüfungskommission,
wohin er durch günstige Umstände in jungen Jahren gelangt ist,
als seine dauernde Domäne betrachtet, die erst bei Tod oder
Pensionierung auch anderen Händen anvertraut werden könnte;
den jüngeren dazu „befähigten^* und geeigneten Kollegen des
Faches ist bei Zeiten Gelegenheit zu geben, ebenfalls dahin zu
kommen, damit sie nicht in den unteren und mittleren Regionen
immer wieder dieselben Dinge lehren müssen (um einen nahe-
liegenderen Ausdruck zu vermeiden), was sie doch auf die Dauer
schwerlich mit gleicher Freude tun werden. Es scheint mir auch
nicht gleichgiltig, daß solche Lehrer nicht selten sich veranlaßt sehen,
nur aus diesem Grunde (in der Chronik der Jahresberichte ßnden
sich hier und da lehrreiche Andeutungen darüber) einer Anstalt,
der sie sonst gern angehörten, den Rücken zu kehren. Auch
eine zu einseitige Anhäufung der sog. Hauptfächer, die naturlich
den größten Einfluß üben, äußeren wie inneren, in derselben
Hand besonders in den oberen Klassen wäre zu vermeiden. Wer
z. B. jahrelang nur Lateinisch und Griechisch an Gymnasien,
nur Französisch und Englisch an Realanstaiten unterrichtet, ver-
liert, so erwünscht ihm selbst eine solche Konzentration sein
mag, doch wohl etwas den Maßstab für die Bedeutung der
anderen Fächer, wird zu einseitig und leicht auch (oft gewiß wider
Willen) ungerecht gegen seine Schüler, die wohl befähigt sein und im
ganzen weit über dem Durchschnitt stehen können (wie nicht
ticlten ihre umfassende Betätigung nach dem Abgang von der
Schule in frei gewähltem Berufe zeigt), auch wenn sie im Ex-
temporale und der Grammatik es nie zu genügenden Leistungen
bringen konnten. Gerade in dieser Richtung wi^d ja übrigens
Ztitsehr. f. d. OTmnMinlwMeiu LXL Snpplenentlieft iS
^^ Programmwesen ood Proi^raiiiiibibliotliek d. höh. Sclialeo,
die schon mehrfach erwähnte „freiere Geslaitung des Unterridits
auf der Oberstufe*' noch manchen schönen, ausgleichenden Beruf
zu erfüllen haben. Daß es in jedem Stande auch tardae naturae
gibt, die einen Wechsel ihrer Tätigkeit^ in der sie es sich beqaem
gemacht haben« gar nicht wollen, weifi ich natörlich; soweit
aber Unterricht an höheren Schulen in Betracht kommt, sollte
das kein Anlafi sein, denen, die anders denken, die Möglichkeit
umfassenderer Arbeit, nach der sie verlangen, zu TerkQmmem.
An nicht wenigen. Schulen wird schon jetzt in der angedeuteten
Richtung verfahren, an manchen sogar schon zu planmäfiig, wie
das bei neuen Organisationen, für die sich jemand begeistert,
wohl zu geschehen pflegt; denn es kommen hier naturlich auch
manche Imponderabilien in Betracht, nicht bloß äußerer Art.
Grundsätzlich aber sollte ein derartiger Ausgleich zwischen
alt und jung, Ober- und Unterklassen, Haupt- und Nebenßchern
überall selbstverständlich sein oder, wo er es noch nicht ist, doch
werden. Die Schule im ganzen kann dadurch nur gewinnen.
Diese auf Grund zahlreicher Jahresberichte in Verbindung
mit den Alterslisten des Kunzekalenders ^) angestellten Beob-
achtungen wären ohne beide Hilfsmittel unmöglich gewesen. Es
wird gut sein, an beiden festzuhalten. Einige kleine Ver-
besserungen der Lehrertabelie wären aber vielleicht zu er-
wägen. So ist es z. B. hier und da Brauch geworden, nur die
Namen der Kollegen anzuführen (wie in den Akademien) ohne
Bezeichnung des Titels, Amtscharakters usf. So gut
die naheliegende Absicht dabei sein mag, ich vermag sie doch im
allgemeinen nirJit zu billigen. Der amtliche Charakter muß
in diesem von Amts wegen herausgegebenen Dokument gerade
an dieser Stelle zum Ausdruck kommen. Recht wünschenswert
wäre es, wenn den Namen der Vorname, ev. in verständlicher
Abkürzung, beigefugt würde, bei den Müller, Schulze, Schmidt
die richtig zu drucken sind), Lehmann usw. mehrere, ev.
zweckmäßig abzukürzende Vornamen. Die Verwalter der
einzelnen Sammlungen sind, wie dies z.B. in Österreich
regelmäßig, anderwärts hin und wieder geschieht, nicht bloß in
Abschnitt V, sondern auch in der Tabelle als solche zu kenn-
zeichnen. In einer Reihe von Jahresberichten habe ich in der
letzten Spalte der Tabelle die Zahl der Korrekturen der
einzelnen Kollegen angegeben gefunden. Das ist für kundige
^) Seine Verbreitung laflt immer noch zu wünschen übrig, d. h. es
kennt ihn wohl jeder and benutzt ihn auch, aber es ist doch meist nur
ein Teil der Mitf^lieder jedes Kollegiums za bewegen, jährlich für sich
ein Exemplar zu erwerben. Es sollte für jeden Ehrensache seio, die
kleine Summe jedes Jahr zu opfern, auch dann, wenn er persönlich keinea
besonderen Nutzen mehr von dem Erwerb hat. Vielleicht wäre das ßoch
dfliiii auch noch einiger Verbesserungen fähig, besonders in statistischer
Hinsicht. Der Verleger wäre dafür gewiß leichter zu gewinnen, wenn die
Zahl der Vorbestellungen größer würde, als sie es zor Zeit ist.
ron tl. Ullrich. ÜJ$
Leser ?öllig überflussig, für unkundige oft irreführend und unter-
bJeibt daher besser. Unpraktisch, weil die Übersicht erschwerend,
ist es, die Tabelle über mehr als zwei gegenüberstehende Seiten
auszudehnen; sie läBt sich auch bei sehr großen Anstalten be-
quem auf zwei Seilen geben; der Text ist dann quer und ev. in
Petit zu setzen.
Konnte so einer Beseitigung oder Verkürzung^) der Ab-
schnitte 11.2 nicht das Wort geredet werden, so ist die letztere
in erheblichem Maße möglich bei Abschnitt
S) Erledigte Lehrstoffe.
Dieser Abschnitt nimmt in den meisten Jahresberichten den
verhältnismäßig größten Raum ein, etwa die Hälfte des Ganzen,
oft noch mehr, z. B. bei Anstalten, die in Abschnitt III (Chronik)
oder V (Sammlungen) nicht viel zu berichten haben. An
sich ist das natürlich; denn hier ist ja von dem wesentlichsten
Teile der im Laufe des Jahres erledigten Arbeit zu berichten.
Da aber diese Arbeit an allen Anstalten derselben Organisation
in den Grundzügen die gleiche, durch die amtlichen Anordnungen
in der Hauptsache festgelegte ist, so ist mehrfach vorgeschlagen'),
z. T. auch schon in die Praxis umgesetzt worden (z. B. vielfach
in Schlesien), hier nur das von den amtlichen Lehr-
plänen an einzelnen Anstalten etwa Abweichende,
natürlich auch die ja vielfachem Wechsel unterworfene Lektüre
zu verzeichnen, im übrigen aber auf die amtlichen
Lehrpläne zu verweisen. Dies Verlangen ist im allgemeinen
durchaus berechtigt; der Platz, der dadurch gespart wird, ist
recht erheblich, und die Kosten können an anderer Stelle, be-
sonders in den Abschnitten HI und V (s. u.), nutzbringender
werden. Nur soll man auch hier vorsichtig zu Werke gehen.
Das Laienpublikum auf die amtlichen Lehrpläne zu verweisen,
hat aus verschiedenen Gründen (s. o. S. 287) wenig Zweck. Es
muß für diesen Kreis der Interessenten dadurch Ersatz ge-
schaffen werden, daß möglichst bald alle Anstalten ihre Spezial-
lehrpläne, im ganzen oder für einzelne Fächer, gesondert
drucken lassen, am besten als Programm beilage, wie dies viele
ja auch schon getan haben'). Jeder Schüler der Anstalt erhält
ein Exemplar davon zur Übermittlung an die Eltern oder deren
Stellvertreter, jedem einen Sohn anmeldenden Vater wird gleich-
falls ein solches mit einem geeigneten Hinweis übergeben. Die
Auflage ist in solcher Stärke herzustellen, daß dies eine Reihe
^) Vgl. die allgemeioeD BemerkaogeD darüber o. S,263l.
*) Vgl. o. S. 155 mit Adoi. 1 ; s. o. Tabeüe (hinter S. 160) Aom. la.
') In dem Verzeichnis ausffewählter Programme (o. S.3Ö—122) sind
zahlreiche Beispiel« aogeführt; vgl. Xill 63; Xir 22. 28; XF S. 3214.
3611 \ XVI 2216. 69170. 9L 11314-, XFII 51b. 33. 67. 86. 88. 91. 108-, XV lU
71/2 — denen aieh noch einige Datsend weiterer anreihen ließen.
276 t'ro^raiiinweseB nad Programnbibliotbek d. h5b. Schotee,
voD Jahren hindurch geschehen kann und nur ?od Zeit za
Zeil ein Neudruck nötig wird. Die Form, in der diese Ver-
üfTentlichung erfolgen soll, ist sorgfältig festzustellen. Sie brauchte
nicht gerade genau den gleichen Wortlaut zn haben, dürfte es
manchmal vielleicht auch nicht, wie der im Lehrerzimmer für
den Gebrauch der Lehrer selbst ausliegende, in Fach- und all-
gemeinen Konferenzen festgestellte Speziallehrplan. Es wäre
vielmehr denkbar, daB dieser ^Lehrplan für das Publikum"^),
wie ich ihn einmal nennen möchte, etwas ausföhriicher ge-
balten wäre als der ofGzielle und hier und da versuchte, durch
geeignete Fassung dem Durchschnitt des Publikums, das seine
Söhne der Anstalt übergibt, die Aufgaben der Schule etwas näher
zu bringen. Es wäre keine leichte Aufgabe, aber doch wohl eine
lohnende. Legt man Wert darauf, den vielleicht Charakteristisches
bielenden offiziellen, fQr das Laienpublikum aber nicht ohne
weiteres geeigneten Speziallehrplan den Lehrern anderer Schulen,
den Behörden und anderen sachkundigen Beurteilem besonders
zugänglich zu machen, so stunde ja nichts im Wege, ihn eben-
falls in Form einer Abhandlung drucken zu lassen und ihn nur
durch den Tauschverkehr zu verbreiten. Solange aber An-
stalten ihren Speziallehrplan in keiner von beiden Formen ge-
sondert herausgegeben haben, werden sie m. E. nicht gut davon
abgehen können, ihn bis auf weiteres in der bisherigen, für das
Publikum wenig genießbaren, aber immerhin einigen Anhalt bie-
tenden Form Jahr für Jahr abzudrucken'). Sie sollten aber mit
Rücksicht auf die sich jedes )ahr erneuenden erheblichen Kosten
dieses doch wenig Frucht bringenden Verfahrens möglichst
bald zu der oben angedeuteten Methode übergeheu; auch hier
könnten die Behörden ev. bestimmte Anregungen geben. Ober
die Angabe der Lektüre habe ich nichts Besonderes zu bemerken;
sie ergibt sich durch die tatsachlichen Verhältnisse von selbst
Für diesen Abschnitt „Lektüre*' würde dann auch die tabella-
rische Form möglich und geeigneter sein, als sie es für den
ganzen Lehrplan ist (vgl. dazu o. S. 157). Nur bezüglich der
Privatlektüre wäre zu wünschen (s. o. S. 156), daß auch in
Deutschland gleich niäfsige Angaben darüber erfolgten, am
besten (wie in Österreich) an besonderer Stelle iu kurzer
Zusammenfassung nach Klassen (oder Fächern), die m. E. für
Lehrer anderer Anstalten nicht ohne Nutzen sein dürRe.
Etwas mehr ist zu sagen von der Angabe der Themata
>) Vgl. die BemerkoDf^eD o. S. 287; die an sich vortreffliche Akbtftd-
luDg von 1*. Gold sehe i der (o. S. lOö, ?lr. 22) ist anderer Art, wienokl
Für deo gebildeteo Leser sehr lehrreich.
'') Beocbteuswert ist, was Baehnisch aaf der H. schles. Dir.-
Versommluof? voo 1S97 (BM y4öt 4y Nr. 113, S. 240) hervorbebt, o
solle bei der Übersieht über die erledig! Lehrstoffe aaeh deotlieh genacht
werden, in welcher Reihenfolge die Durchnahine erfolg sei.
voo R. Ullrich. 217
schriftlicher Arbeiten, besonders aus den mittleren und
oberen Klassen, sowohl der im Laufe des Jahres in den
Klassen erledigten wie der bei den Reifeprüfungen gestellten.
Das in Deutschland in dieser Hinsicht von den Behörden vor-
geschriebene Verfahren (ober Einzelheiten vgl. die Tahelh hinter
S. 160 und 0. S. 155f.) scheint mir zu einseitig. Warum
kommen in der Hauptsache nur die deutschen (bezw. fran-
zösischen) Aufsätze und die mathematischen Aufgaben
in Betracht? Der Zweck soll doch der sein, andere Anstalten
zur Prüfung und Vergleichung anzuregen; für diesen Zweck sind
aber die anderen Fächer, die größere schriftliche Arbeiten er-
fordern, durchaus ebenso wichtig. Die Themata sämtlicher
Klassenarbeiten, etwa von U. II ab, abdrucken zu lassen, wurde
zu weit fähren, auch zu viel Platz beanspruchen. Unbedingt
aber sollte amtlich vorgeschrieben werden, daß sämtliche
bei der Reifeprüfung bearbeiteten Themata (nicht bloß
die der Aufsätze und mathematisch-naturwissenschaftlichen Arbeiten),
bei den sechsklassigen Anstalten die Themata der entsprechenden
Arbeiten der Schlufsprüfungen, in den Jahresberichten
verzeichnet würden, wie dies z. B. in Österreich seit langem
geschieht. Warum sollen wir nicht Gutes vom „Auslande'*
annehmen, besonders wenn es sich um ein solches bandelt, das
zu einem Teile die Sprache mit Deutschland gemein bat, wie
dies auch s. Z. im Programm der M(mcU$chrift für höhere Schulen
— vgl. Bd. I (1902) S. 10*) — angedeutet worden ist? Und
daß gerade in der Gestaltung des Inhalts der Jahresberichte das
Nachbarland einiges vor den reichsdeutschen voraus hat, wird
keiner leugnen wollen, der sich mit beiden etwas länger be-
schäftigt hat. Es genügt doch heute gerade auf dem Gebiete
der höheren Schule nicht mehr, daß Gutes erstrebt und geleistet
wird; es soll auch bekannt und dadurch so weit wie möglich
fruchtbar werden. Dazu sind die allen höheren Schulen durch
den Tauschverkehr zugehenden Rechenschaftsberichte jeder ein-
zelnen von ihnen das weitaus beste Mittel, dem an Wir-
kung (d. h. bei verständiger Organisation der Programmbibliothek
— Teil III) keine auch noch so verbreitete Zeitschrift gleich
kommt. Was die Mitteilung der Themata der schrift-
lichen Arbeiten aus der Reifeprüfung anlangt, so haben
auch schon manche Direktoren die bisher in Deutschland herr-
schende Einseitigkeit deutlich empfunden und vielfach, einige
^) „Damit aber nasrer Schale alleieit der weite Blick gewahrt bleibe,
aad damit sie oicht in selbstgefällige Sicherheit und Selbstüberschätzuog
sich einwiege, soll aoch das Unterrichtswesen der anderen deutschen Länder
und in angemessener BeschrSnlLang auch des Auslandes mit in den Kreis
der Betracbtang gezogen werden, nm alles Gute, wo es sich auch immer
findet, der eigenen Schule und dem eigenen Unterricht nutzbar zu mapb^Q*^
(A. Matthias).
278 Programmwei6D vnd Progrannbibliothek d. höh. Schal ea,
schon seit Jahren, Qber das amtlich Geforderte hinaus z. B. auch
häufiger die Aufgaben für die Obersetzungen aus dem Latei-
nischen oder Griechischen, seltener fQr die aus deat
Deutschen ins Lateinische in den Jahresberichten angegeben,
ohne daß die Behörde es gehindert hätte (?gl. dazu o. S. 269 f.).
Aber warum sollen diese so nützlichen Anregungen von Zufällig-
keiten abhängen? Ob, was insbesondere die Mitteilung der eben
bezeichneten Arten der Themata betriflt, der vollständige Teit
mitgeteilt werden soll oder nur die betr. Steile des SchrifUtellers,
bezw. (wie oft in Ost erreich) des i)etr. Obungsbucbe«, hinge
von den näheren Umständen ab. Wird ein Schriftstellertext für
das Thema geändert, so wäre der ganze Text mitzuteilen und
die Veränderungen, Auslassungen usw. im Druck hervorzuheben;
dies ist in methodischer Hinsicht für die Leiurer anderer Anstalten
gerade lehrreich. Frei entworfene Texte zur Übersetzung ins
Lateinische wären ebenfalls mitzuteilen. Denkbar wäre es auch,
dafi die Übersetzung, so wie sie sich der betr. Lehrer gedacht
hat, beigefügt würde. Warum soll die geistige Arbeit aus-
gezeichneter Methodiker oder auch solcher, die Männer der Praxis
und bedeutende Gelehrte zugleich sind^), nicht auch für andere
fruchtbar gemacht werden? Ein Bedenken irgend welcher Art,
die Themata dieser Arbeiten abdrucken zu lassen, etwa im Hin-
blick auf Mißbrauch durch spätere Schulergenerationen, besteht
nicht. Zweifel, die gelegentlich in bezug auf die Mitteilung der
Themata der deutschen Aufsätze in dieser Hinsicht auf-
tauchten, sind schon 1892 vor einem geeigneten Forum*) für
unbegründet erklärt worden. Der Raum, der auf diese Weise
beansprucht würde, und demgemäß die Druckkosten fallen um
so weniger ins Gewicht, je mehr in diesem Abschnitt an der
Mitteilung der allgemeinen, jährlich ohne viele Abweichungen
wiederkehrenden Pensen (s. o.) gespart wird, ebenso wie an dem
nächsten Teil II (Verfügungen der Behörden). Ehe ich zu diesem
übergehe, sind noch einige Bemerkungen zu machen über das
4) Verzeiehois der eiofeführten Lebrbiicher.
Dieses Verzeichnis ist in dreifacher Hinsicht wichtig, in
praktischer (für das Elternpublikum), in methodischer
(für die Lehrer anderer Schulen) und in wissenschaftlicher
(für die Schulgeschichte). Der erste Punkt bedarf kaum
einer Begründung; was den zweiten betriflt, so gehört doch
wohl auch die Kenntnis von den Lehrmitteln, die an einer be-
stimmten Schule gebraucht werden, zu den Dingen, weiche die
Kollegen anderer, besonders gleichartiger Anstalten inter-
^) Vgl. z. B. Jahresh. d. Joach. G, s. Berlin 1906, S. 28.
•) P'erh d. l'l Direkt.-Fers. i. Ost- u. ff^ettpr. (». o. S 125, Nr. 102)
S. 4J2.
von R. Ullrich. 279
esBieren sollteD, sei es, um den Bestand überhaupt kennen zu
lernen, sei es, um von Neueinfubrungen Kenntnis zu erhalten.
Man hätte ganz gut schon in der preufsischen Verffigung von
1885, in der die besondere Zusammenstellung der Schulbucher
an dieser Stelle nur als fakultativ bezeichnet wird, die An-
führung obligatorisch machen können (s. auch o. S. 205).
Zweckmäßig wäre es übrigens, wenn bei Neueinfubrungen, mag
es sich um das Hinzukommen eines Buches zu dem bisherigen
Bestände oder^ um den Ersatz eines gebrauchten durch ein neues
handeha, die Änderung — etwa in Form einer Anmerkung —
kurz begründet würde. Die meisten Eltern geben bekanntlich
nicht gern Geld für Schulbücher aus; manche, die es sonst „dazu
haben**, geizen schon um ein Groschenheft. Läßt man sich dazu
herbei, den Wechsel von Lehrbüchern zu erläutern, so wurden
vielleicht manche Teile des Publikums, die diesem Angriff auf
ihren Geldbeutel unsympathisch gegenüberstehen, etwas Interesse
gewinnen und zu der Ansicht gelangen können, daß es sich auch
hier nicht um schnelle Entschlüsse, sondern um wohlüberlegte
Maßregeln handelt. Das vortreffliche Verzeichnis der an den
höheren Schulen gebrauchten Lehrbücher von Ew. Hörn, das
nun schon in zweiter Auflage vorliegt (s. o. S. 8 Anm. 4),
stellt doch immer nur gerade den Stand zu einem bestimmten
Zeitpunkte dar, bezieht sich übrigens auch nur auf Preufsen.
Damit komme ich auf den dritten Punkt, die Bedeutung der
Schulbücher- Verzeichnisse für die Wissenschaft, insbesondere
die Schulgeschichte. In den Lehrbüchern, welche an den
Schulen gebraucht werden und gebraucht worden sind, spiegelt
sich doch ein gut Stück der Anschauungen und Richtungen
wieder, die zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Staaten
maßgebend gewesen sind. Die schulgeschichtliche Forschung
würde es mit Freude begrüßen, wenn sie für die Zeit vor 1824
für größere Schulkomplexe gleichmäßige Nachrichten darüber
hätte, welche Lehrbücher an jeder Schule benutzt worden sind.
Erhalten wir also wenigstens für unsere Zeit die Zeugnisse^), die
uns für die ältere nur mangelhaft zu Gebote stehen! Daß die
Schulbücher, jedoch nicht mit ausführlichem Titel (was wesentlich
ist), auch schon in Abschnitt I 3 bei den einzelnen Klassen und
Fächern aufgeführt werden, hindert nicht, sie noch einmal in
zusammenfassender Übersicht zu geben. Was übrigens die Form
anlangt, in der diese Verzeichnisse mitgeteilt werden, so läßt diese
in zahlreichen Jahresberichten recht viel, in manchen alles zu
wünschen übrig. Die Anführungen sind genau zu geben, mit
') Es scheint mir deshalb auch nicht zweckmäßig, daß in den Schul-
bibliothekeo altere Auflagen, von wissenschaftlichen Werken wie von
Schulbüchern, kassiert werden, wie das (z. T. leider aus räumlichen
Gründen) vielfach geschieht, weil sie doch veraltet wären; für die ge-
schichtliche Betrachtung yeraltet nicht so leicht etwas.
280 Programmweseo und Programmbibliothek d. hSh. Schalen,
NauiaD des VerEaisers, Vornamen (ev. mehreren), yollständigem
Titel, Bezeichnung der Auflage, der Ausgabe (A, B, C usw. —
durch dies Labyrinth finden sich heute schon Kenner schwer
durch), des Ortes, Verlegers, der Jahreszahl^) und — besonders
wegen der praktischen Bedeutung — durchweg auch des Preises.
Auch in letzterer Beziehung ist es natürlich wichtig, daß die
Jahresberichte p|Qnktlich erscheinen (s. O.S.217L und 267t).
II. Verfögungen der Behörden.
Über dies Kapitel haben die Behörden selbst mehrfach
Anweisungen gegeben, und auch die Diskussion hat sich lebhaft
damit beschäftigt. Es wird, wie nicht zu leugnen ist, neben der
Chronik (Abschn. III) immer eins der schwierigsten für den Be-
richterstalter bleiben, weil es nicht bloß Takt, sondern auch
mancherlei Kenntnisse und die Beachtung vieler Gesichtspunkte
erfordert, für die nicht jeder ohne weiteres Sinn hat. Manches
ist auch durchaus individuell'). Eine Verfügung kann für die
heutige Zeit oder als vereinzelte Erscheinung ziemlich belanglos
scheinen, während sie später, in größeren Zusammenhang ge-
stellt, Bedeutung gewinnL Auch das Maß des Mitzuteilenden
bereitet im Hinblick auf den so sehr verschiedenen Interessen-
kreis der Jahresberichte nicht geringe Schwierigkeiten. Dasjenige,
was dem Publikum zu wissen nötig ist, wird am besten über-
haupt nicht in diesem Teile, sondern vielmehr in dem Schluß-
abschnitt VII unterzubringen sein, wie auch meist geschieht, so
z.B. betr. der Ferien Ordnung. Die von den staatlichen Be-
hörden erlassenen Verfugungen allgemeiner Art stehen auch
in den Amtsblättern, die von jeder Schule zu halten sind,
und durften daher in den Jahresberichten am ehesten zu ent-
behren sein ; eine bloße Angabe des Gegenstandes ohne Mitteilung
des Wortlauts hat aber wenig Zweck. Wichtiger sind für den
Jahresbericht diejenigen Verfügungen, die eine einzelne Anstalt
betrelTen, und diese sollten daher, soweit sie irgend von Bedeu-
tung und nicht zu lang sind, vor allem aufgenommen werden«
Der Oberlehrer erhält keineswegs von allen Kenntnis*), sondern
in der Regel nur von denen, die sich auf seine unmittelbare
Tätigkeit im Schulamt beziehen. Besondere Berücksichtigung
verdienen auch dieHitteilungen der Magistrate, die schon den
Lehrern der betr. Anstalten selbst nicht ausreichend bekannt würden
(in den Gemeindeblältern stehen nicht alle, und die aufge-
') Vj^l. dazu die iberechtigteo Rla^ea von Bw. Hörn a. a. 0.
(2. Aufl.) s. m.
^) Mehrfach ist der Vorichlag gemacht worden, die BehSrden nochtea
aelbst darüber Anweisuogea geben, welche Verföguoges abgedraekt werdea
sollten (0. S. 191 und 233); doch vgl. schoa die Bemerkongen dexa S. 233.
») Vgl. H. Müller a. a. 0. S. 10,
voo R. (Jllrieb. 281
nommenen sind oft schwer zu finden), wenn der Jahresberichf
sie nicht brächte, ganz zu schweigen davon, daß sie doch nicht
selten auch Direktoren und Lehrer anderer Schulen zu lehrreicher
vergleichender Betrachtung anregen. Übrigens berühren sich
manche unter sich oft gar nicht im Zusammenhang stehende Ver*
fugungen auch mit Angaben, die besser, in die Chronik und
andere Abschnitte aufgenommen werden. Doppelte Anfuhrung
ist unnötig^), besonders bei Personalien. Viele Mitteilungen, die
registrierfrohe Berichterstatter unter Angabe des Datums, sogar
der Journalnummer hier zu buchen pflegen, sind weder für
Gegenwart noch Zukunft des Abdrucks bedürftig, also überhaupt
entbehrlich. Wenn z. B. angegeben wird, daß die Behörde das
Programm für diese oder jene Einrichtung') übersandt hat, ohne
daß nähere Mitteilungen über deren Zweck gemacht werden, so
ist damit nicht einmal praktisch etwas anzufangen, weil die Zeit
der betr. Veranstaltungen langst verstrichen ist, wenn die Kreise,
die es erst in Jahresfrist lesen, davon erfahren. Von Bedeutung
erscheint es mir dagegen, die Titel der Werke, Lehr-
mittel usw. abzudrucken (doch besser in Abschnitt V), die von
der Behörde zur Anschaffung für die Bibliotheken
und anderen Sammlungen der Schule empfohlen
worden sind. Man muß es, meine ich, den mit Arbeit über-
lasteten Mitgliedern der Aufsichtsbehörde Dank wissen, daß sie
die Mühe nicht scheuen, sich auch mit solchen Dingen abzu-
geben, und die betr. Reskripte an Hunderte von Schulen gesondert
verschicken lassen*); es geschieht ja doch im Interesse der Anstalten
und der Bibliothekare und übrigen Vorsteher von Sammlungen,
die entweder zu beschäftigt oder auch — manchmal — zu be-
quem sind, selbst nach dem Besten Umschau zu halten, und da-
für lieber die Buchhändler mit ihren vom Zufall bestimmten
Ansichtssendungen und Anpreisungen sorgen lassen. Natürlich
laufen auch bei behördlichen Empfehlungen manchmal Werke
unter, die sich weniger durch inneren Wert auszeichnen, der
ihnen für längere Zeit Bedeutung verleiht, als dadurch, daß sie
gerade herrschenden Richtungen dienen, die sich häufig genug
wieder ändern. Im allgemeinen sind aber die so gegebenen An-
regungen für viele nicht sehr literaturkundige Vorsteher von
Sammlungen doch dankenswert; manches tüchtige Werk, das sonst
bei der literarischen Überproduktion nicht bekannt genug würde,
kommt so an der richtigen Stelle zu seinem Rechte. Nicht un-
^) Hier iit eiaer der weoi^eo Punkte, in deoen mao dem Grenssboten"
Autor TOD 1901 aainahms weise beiitimmeo kann.
3) So K. B. für Ferienkurse, Vorträge u.a.m.
')la Österreich werden derartige Empfehlungen meist nur im
FerordnungtblaU abgedruckt (s. o. S. 94, Nr. XXVII), ein Verfahren, dessen
Nutzen die wirkliche Lektüre der hetr. Notizen durch die beteiligten In-
stanzen zur Voraussetzung hat
2J2 Prograinnweseo and Programmbibliothek d. hob. SchnlcB,
interessant ist es öbrigens zu beobachten, (in Abschnitt \\
weiche Schulen solche Hinweise benutzen und welche nicht
Daran, daß in bezug auf persönliche Verhältnisse der
Lehrer hier ZnrAckhaitung zu üben sei, hat die preoBische Be-
hörde wiederholt erinnert (s. o. S. 97, Nr. XXXV c)^); es wird
aber hiergegen bis in die neuste Zeit immer noch in ganz klaren
Fällen, die kaum einen Zweifel gestatten, verstoBen. So habe
ich z. B. erst kürzlich wieder in einem Jahresberichte die Notiz
gefunden, der Magistrat habe dem Dr. A. für Vertretung die
Summe von x M. bewilligt'). Im allgemeinen kann man aber
doch sagen, daß solche dem Zweck der Sache schädliche Hit-
teilungen seltener geworden sind. Ihre Nützlichkeit im ganzen
wird dadurch naturlich nicht berührt. Nur kann man nach dem
Ausgeführten überhaupt zweifelhaft sein, ob die „Verfugungen der
Behörden'* als besondere Rubrik auch in Zukunft empfehlenswert
sind. Ihre allgemeinen Anordnungen kommen ja doch fast in
allen Teilen einer großen Mehrheit von Berichten zum Ausdruck,
die auf die besonderen Verhältnisse einer einzelnen Anstalt be-
züglichen aber gehören nebst dem, was in ihrer Befolgung im
Laufe des Berichtsjahres geschehen ist, zu deren „Chronik*^ Ich
möchte also mehr zu der Ansicht neigen, diesen Ahschnilt
— soweit nicht ganz besonders geartete Umstände anderes zu
empfehlen scheinen — im ganzen, so wie er bisher in
Preufsen und Österreich besteht, fallen zu lassen und
die Verfügungen, besonders den Bericht über ihre Aosfühning,
auf die übrigen Rubriken entsprechend zu verteilen,
wie dies in den Berichten der meisten anderen Staaten gescbiehu
So wird, wie schon durch die oben vorgeschlagene erhebliche
Kürzung des Abschnitts I 3, wiederum Raum gewonnen för den
Teil des Jahresberichts, der andererseits eine maßvolle Erweiterung
seines Inhalts vor allem nötig hat, nämlich für die „Chronik*'.
*) Mao ver^Ieicbo aoch die Brläoternogeo, die voo der preafaisehea
Regieruog im Aoschlaß ao die VerfüguDf^ voo 18S5 gegehea worden siad
(Beter a. a. 0. S. 270). Bs wird getadelt, dafi z. B. Aofaahme gefaoden
habe: „Ansschliefioüg eiozelner Scböler von den Anatalteo einer Proviat,
sogar onter Angabe der Namen; Bewilligang einer Unterstötznog fnr einen
Lehrer aus Zentral fonds; Gewährong von pernio oaberechtigten Zalagen an
Elemeotarlehrer; AuflTorderaug eines Lehrers zu gutachtlicher AoBernng
über ein zor Einfdhrnng an einer anderen Anstalt vorgeschlagenea Lebr>
buch; abfällige Kritik über die Unzolanglichkeit der für das Frogrann vom
Patron der Anstalt bewilligten Geldmittel**; vgl. aoch o. S. 163. VVas speziell
die Erwähnung von Relegierten betrifftf so geschiebt sie wohl jetzt
nirgends mehr. Wir sind heute im allgemeinen weniger geneigt, als man
es früher war, Tadel der Schüler an die breitere ÖffentUchkeit za bringen,
ebenso das Lob. Voa letzterem haben sich nar in Sachsen and Öster-
reich noch Reste erhalten; s. dazu unten Abschnitt IV 3 (Abiturienten-
Verzeichnisse) nnd IV [5] (Allgemeine Schülerverzeichoiss e)
') Andere ältere Beispiele mag, wer Interesse daran bat, aaeUesea
z. B. im Päd, ff^ochenöL I (1891/2) S. 93 (s. o. ßibl. AbL 4, i^r. 101).
voo R. Ullrich. 283
III. Geschichte der Anstalt (Chronik).
1) Fast jeder Verein, und wäre er noch so klein und seine
Wirksamkeit auf die engsten Kreise beschränkt, pHegt einen
Jahresbericht herauszugeben. Nicht alle Mitglieder haben an
den Verhandlungen teilgenommen, die Feste mitgefeiert, die
mancherlei Störungen und Hemmnisse, die nicht ausbleiben,
miterlebt. Aber auch die geistig Regsameren, die wirklich
„dabei*^ gewesen sind und nicht bloß zur Schar der Mitläufer
gehören, lassen immer gern das im Laufe eines Jahres Geschehene
im Zusammenhange noch einmal an sich vorüberziehen. Solche
Berichte werden als ein Bedürfnis empfunden, sie erhalten
alte Teilnahme und wecken neues Interesse. Sollte das in dem
großen Organismus einer Schule anders sein, die Hunderte von
Schölem, wirkliche und ehemalige, die Eltern, die Lehrer, wieder-
um gegenwärtige und frühere, Mitglieder von Behörden, die doch
auch einer Schule, oft mehreren, als Schuler, Lehrer oder Direktor
angehört haben, und noch so manchen anderen in Stadt und
Land irgendwie zu den Ihrigen zählt? Daß sich auch solche, finden
— eine unerfreuliche Spezies — , denen die Schule nichts weiter
war als Mittel zum Zweck, deren Teilnahme an ihr schon während
der wirklichen Zugehörigkeit zu ihrem Organismus gering war,
mit dem Verlassen der Schule aber völlig aufhört, ändert doch
nichts an der Tatsache, daß es noch mehr gibt, die ihr als
Schüler oder Lehrer oder in welcher Eigenschaft sonst immer
dauerndes Interesse und wirkliche Anhänglichkeit bewahren, auch
wenn sie längst von ihr geschieden sind und — wie häufig
geschieht — die Stätte ihrer Jugendbildung oder ihren engeren Kreis
vielleicht niemals im Leben wiedergesehen haben. Solchen Zu-
sammenhang dauernd zu erhalten, sind die Jahresberichte ganz be-
sonders geeignet. Was uns aus den Augen ist, entschwindet leider
nur zu oft nicht bloß dem Herzen, sondern auch dem Sinn ; es wird
durch anderes oft völlig verdrängt, wenn es uns nicht in irgend
einer Weise wieder nahe gebracht wird. Daß alles von dem in
den Jahresberichten Mitgeteilten einem so mannigfaltigen Inter-
essentenkreise Teilnahme erwecken sollte, ist nicht zu erwarten, auch
weder beabsichtigt noch möglich. Die Chronik scheint mir
aber derjenige Teil zu sein, der vor allen anderen dazu berufen
ist, alle, die der Schule zugetan waren oder sind, zu
interessieren und den Zusammenhang mit ihr aufrecht
zu erhalten. Haben denn diejenigen, die an die Macht dieser
bald zarteren, bald unzerstörbar festen Bande nicht glauben, ganz
vergessen, daß es — Gott sei Dank — noch heute genug alter
Schulen gibt, in denen schon Großvater und Vater des angehenden
Lateiners auf der gleichen, oft ehrwürdigen Schulbank (unbe-
kannten Systems) gesessen haben, die dann dem jungen Ge-
schlechte wohl gern von alten Zeiten erzählen und so gute
Tradition und echte Pietät hoch zu halten streben? Das braucht
284 Programmwesen und Programmbibliothek d. höh. Schales,
freilich Zeit, um zu wachsen und zu reifen. Aber auch die
jungen Anstalten, die kaum ein Jahrzehnt Leben hinter sich
haben und z. Z. leider ihre Lehrer so häuGg wechseln, daB sie
schon in wenigen Jahren manchmal ein ganz anderes, immer
wieder „modernes"' Gesicht zeigen, haben doch wohl AnlaS, auf
das nicht herabzusehen, was zur Förderung solcher Zusammen-
hänge beigetragen hat, und selber zu beachten, wie sie die Keime
pflegen, damit sie einmal zu gleicher Frucht gedeihen. Die ehe-
maligen Angehörigen der alten Schulen aber (nicht bloB
weniger, auserwählter), die ihre Feste nicht immer mehr mit-
feiern können, lesen doch ihre Berichte, am liebsten die
Chronik, die von dem äußeren und inneren Leben der auch
von der Zeit nicht unberührt gebliebenen Schule Kunde gibt,
beifällig, auch mit Bedenken, je nachdem, doch immer mit Teil-
nahme. Wenn das Publikum, wie manche glauben, oder besser,
ein Teil dieser schwer definierbaren Spezies, kein Interesse da-
für hat^), so liegt der Grund wohl nicht ausschließlich an ihm,
sondern vielleicht manchmal auch an den Schulen selbst, die
nicht immer den rechten Weg finden, auch zu denen zu gehen,
die nach ihrer Meinung zu ihnen kommen sollen. In der Tat
erfüllen manche dieser „Chroniken**, die nach der Meinung
des Verfassers auch einen bescheidenen Beitrag zu dem viel-
besprochenen Kapitel ,^Schule und Haus** liefern, so wenig ihren
Zweck, daß man sich nicht wundern darf, wenn sie kaum an-
gesehen, bald beiseite geschoben werden und — leider — ohne
jede dauernde Wirkung im idealen Sinne bleiben.
Was ist bisher geschehen — oder auch nicht ge-
schehen, . — diese Chroniken zunächst für die ge-
nannten Kreise und in der bezeichneten Richtung
fruchtbar zu machen, und wie können sie etwa ge-
staltet werden, damit ihr Zweck vollkommener er-
reicht wird?
Mir scheint, daß auch auf diesem Teilgebiete des Programm-
wesens die Abneigung gegen eine angeblich veraltete Einrichtung
durch nichts so sehr bestärkt worden ist als dadurch, daß die-
jenigen, die vielleicht an der „Chronik** der eigenen Schule oder
auch anderer, die ihnen gelegentlich in die Hände kamen, wenig
Freude hatten, es versäumten, sich auch anderwärts umzusehen,
etwa in den Jahresberichten älterer Schulen, auch verschiedener
Staaten. Denn so konnten sie einen richtigeren Haßstab finden und,
anstatt das Ganze auf Grund vereinzelter, unerfreulicher Beobach-
tungen zu verwerfen, leichter mithelfen, daß das Gute, was doch
manche gaben, und der Weg, wie sie es konnten, möglichst auch
denen zustatten käme, die bisher davon noch wenig berührt worden
waren. Es ist mir seit Jahren eine höchst reizvolle Arbeit ge-
>) Vgl. o. S. 285, 244; v^L «ach H. Moller «. a. 0. S. 14.
roft K. (lllrieh. 285
weseD, Dutzende, Hunderte von Chroniken aus Jahresberichten,
sei es derselben Anstalt nacheinander, oder von verschiedenen
Schulen gleicher Verfassung, alten wie jungen, aus diesem oder
jenem Staate, zu lesen, zu vergleichen. Erfreuliches und Betrüb-
liches, was begegnete, anzumerken, um vielleicht einmal das Fazit
daraus zu ziehen, und ich empfehle denen, die es bisher nicht
getan haben, aber dennoch die Einrichtung als solche glaubten
abtun zii können, dringend ein gleiches zu tun. Vielleicht erkennen
sie dann doch, dafi aus diesen Berichten mehr herauszuholen ist,
als sie je gedacht haben. Was finden wir heute, wenn wir ein-
mal so ein Hundert von „Chroniken'* — ich will bescheiden sein
— an uns vorüberziehen lassen, an Inhalt und an Form in
ihnen?
Da begegnen, besonders an zahlreichen älteren norddeut-
schen Schulen, aber auch schon an nicht wenigen jüngeren von
frischem Leben, auch an manchen österreichischen, Jahres-
chroniken reichsten I nh alts, die schon durch die FöUe des Stoffs,
den sie bieten, interessant sind und selbst einen Lehrer fesseln
können, der zu der betr. Schule zunächst gar kein näheres Ver-
hältnis hat, falls er nur von dem inneren und äußeren Leben
eines Organismus sich berühren läßt, dem er selbst angehört.
Solche Berichte müssen aber geradezu demjenigen etwas Wert-
volles bieten, der persönlich zu der Schule in engeren Beziehungen
gestanden hat oder steht, deren letzte Jahreschronik ihm nun
mitgeteilt wird. Auf der anderen Seite begegnen wieder Chroniken,
die nicht bloß „knapp**, wie manche Verfugungen es wollen,
sondern mager, äußerst mager, ja so dürftig sind^), daß man es
allerdings verstehen kann, wenn gerade das Publikum dadurch
kaum äußerlich berührt, geschweige zu innerer Teilnahme am
Leben der Schule herangezogen wird. Das „Publikum** aber, wenn
anders ich es richtig beurteile, verlangt gerade hier nach aus-
fuhriicheni reichhaltigen, durch möglichst viel individuelle Zuge
belebten Hitteilungen, während dem Gelehrten, dem Forscher
häufig knappe, bestimmte, natürlich unbedingt zuverlässige Tat-
sachen wertvoller sind, falls er sie immer an derselben Stelle
und in möglichst vielen Berichten findet, um sie in größerem
Zusammenhange zu verwerten. Handelte es sich nun bei den
„knappen*' Chroniken, die ich im Auge habe, etwa nur um kleine
Anstalten, so könnte man es wohl verstehen; wir finden diese
dürftigen Mitteilungen, teils aus Gewohnheit der Berichterstatter,
teils aber — leider — auch mit Rücksicht auf übel angebrachte
Sparsamkeit der maßgebenden Instanzen, auch in den Berichten
alter Anstalten mit langer Tradition, gewaltiger Schälerzahl und
einem demgemäß umfangreichen Interessentenkreise. Hier ist die
Knappheit so gar nicht am Platze, um so weniger, wenn man
>) Vgl. dazu obeo S. 201 mit Ann. 2.
j?j^ Progrtmmweflen ond Programnbibliotbek d. Ii5h. Sehol«o,
findet, daß in denselben Berichten der Abschnitt I 3, der in der
oben (S. 276 f.) angedeuteten Beschränkung in den meisten Fällen
durchaus seinen Zweck erfüllen würde, auf vielen Seiten Jahr
für Jahr immer wieder mit den erheblichen Rosten, die dadurch
entstehen, abgedruckt wird. Das umgekehrte Verhältnis wäre
sicher noch etwas billiger, und — was die Hauptsache — das
Publikum hätte mehr Freude an der Sache. Die kurzen
„Chroniken'* kleiner Anstalten möchte ich in diesem Zusammen-
bange nicht besonders her?orheben, obgleich bei älteren Schulen
dieser Art, die zwar manchmal wenig Schüler, aber doch einen
großen Interessentenkreis haben, auch naturliche und erfreuliche
Ausnahmen begegnen. Aber bei manchen kleineren Anstalti»,
älteren wie jüngeren, „passiert" eben nicht viel; eine lange
Chronik würde in vielen Fällen etwas Gezwungenes haben. Etliche
rangen und ringen auch uro ihre Existenz; da gibt es nicht viel
Erfreuliches zu berichten, und man beschränkt sich auf das Alier-
nötigste. Aber die Hehrzahl der Anstalten ist doch älteren Datums,
und viele der jüngeren haben sich in kurzer Zeit großartig ent-
wickelt; in ihnen ist alles Leben und Bewegung, auch an äußerem
Interesse kann es bei ihrer großen Schülerzahl nicht fehlen. Man
kann nun doch nicht gerade sagen, daß das, was ein so großer
Organismus im Laufe eines Jahres durchschnittlich an innerem
Leben entwickelt, auch das, was nach außen in den Beziehungen
zum Publikum zutage tritt, so armselig wäre, daß es eine Gestaltung
in Form einer Chronik nicht lohnte, die nicht bloß das rein Tat-
sächliche schicklich mitzuteilen, sondern ihm auch eine Form zu
geben weiß, die den Leser, mag er der Schule schon lange
wohlgeneigt sein oder erst versuchen, an ihr einiges Interesse zu
gewinnen, irgendwie fesselte. Man braucht, um Möglichkeit
und Wirklichkeit dieser Momente zu erproben, nicht nur Schul-
chroniken durchzulesen, die in die Jahre großer Ereignisse fallen,
wie 1859. 1864, 1866, 1870/1, 1883, 1888, 1890. 1895, 1897,
1905 (wie man sieht, sind es nicht allein solche politischer Art).
Unzählige Berichte aus diesen Zeiten sind nicht bloß er-
freulich, sondern erhebend zugleich; nicht wenige von ihnen, bei
denen zu der Größe der Tatsachen noch eine glücklich gestaltende
Hand kommt, bereiten geradezu ästhetischen Genuß, selbst
dem anspruchsvolleren Leser. Aus ihnen lernt später der Kultur-
historiker, wie die große Weit draußen, die Tat der Großen im
Reiche des Staates und der geistigen Kultur, in der kleineren
Welt der Schule sich spiegelt. Solche großen Jahre sind ja nun
freilich selten. Aber die stilleren Zeiten zeigen wiederum die
Schule recht eigentlich in ihrem Elemente, der Arbeit ihrer
Lehrer und Schüler, ihrer Behörden in Staat und Stadt. Sie
wissen zu erzählen von manchem Wechsel in Personen und Ver-
hältnissen, erfreulichem Aufschwung und hemmenden Einflüssen,
von freundlicher Teilnahme hochherziger Wohltäter, von Festen
voD R. UUricli. 287
und Sorgen, von Besuchen aus der Heimat wie aus weiter Ferne,
auch von den ernsten Stunden, in denen der Tod seine Ernte
hält unter Alten und Jungen, und von so vielem anderen, Großem
und Kleinem, das heute stärker, ein andermal schwächer hervor-
tritt und seine Wirkung tut. So wird auch der Inhalt der
Chronik wechseln, bald reicher sein, bald ärmer; aber immer wird
sie doch ein möglichst treues Bild vom Leben der Schule geben
können, an deren Geschick so viele Menschen teilnehmen. Auch
die Form der Darstellung muß verschieden sein und ist es
auch. Dem einen Berichterstatter ist die Arbeit nicht mehr als
eine Gewohnheit; er widmet sich ihr gewissenhaft zwar, doch
ohne besondere innere Teihiahme, während man dem anderen
deutlich anmerkt, daß er auch mit dem Herzen ganz bei der
Sache war. Ich vermeide es mit Absicht, Beispiele für alle diese
Tatsachen anzuführen, die sich dem ständigen Leser aufdrängen,
wo er nur immer eine Chronik aufschlagen mag. Lob ist hier
ebenso mißlich wie Tadel; der letztere besonders deswegen, weil
der ferner Stehende leicht verletzte, wenn er die Hand an Dinge
legte, die dem Eingeweihten ganz anders erscheinen und ihre
Berechtigung haben. Ich glaube aber, daß jedem langjährigen
Leser der Jahresberichte, in dessen Hände auch diese Zeilen ge-
langen sollten, aus seiner Erinnerung manche Chroniken, nicht
bloß der eigenen Anstalt, wieder lebendig werden mögen, auf die
der eine oder andere der Züge zutrifit, die mir nach dem Studium
von Hunderten als charakterisüscb erschienen sind.
Das bisher Erörterte hat im wesentlichen die Eigenart der
Chronik und ihre Bedeutung für den Kreis der Leser im
Auge gehabt, die zu einer bestimmten Schule in einem
Pietätsverhältnis stehen, wie ich es einmal nennen will.
Selbst wenn sie nur in diesem Sinne wirksam wäre, hätte sie
schon einen guten Zweck erreicht, und bei dem durchschnittlich
bescheidenen Umfang, den sie zu haben pflegt, wäre die jährliche
Aufwendung der Kosten vollauf gerechtfertigt.
2} Aber ihre Bedeutung geht weiter. Wie der Jahresbericht im
ganzen und ihre Summe bei Hunderten von Schulen in verschie-
denen Provinzen und Ländern, so stellt wiederum jede einzelne
Chronik und ihre Gesamtheit nach größeren Einheiten eine
wichtige Quelle der Schulgeschichte und Schulorgani-
sation dar für jeden Lehrer und Gelehrten, der über den
Kreis der einen Schule hinaus nach Zusammenhängen zwischen
einer Mehrheit von Anstalten in der Gegenwart sucht oder so-
weit wie möglich rückwärts in kleinere oder größere Entwick-
lungen eindringen will. Das bat man schon lange erkannt, und ins-
besondere ist au:$gesprocben worden (s. o. S. 219), daß ohne diesen
reichlich fließenden Born zahlreiche Untersuchungen überhaupt
unmöglich gewesen wären, die unser Bild von dem Leben der
Schuleim ganzen wie in unendlich vielen kleineren Zügen in den letzten
25j Prograrnnwestfo «ad Prograttnbjbliothek d. höh. Seholeo,
Jahrzehnten so weseDtlicb geklärt haben. Der Diskussion der
neueren und neusten Zeit ist es vorbehalten geblieben, diese Be-
deutung zu verkennen und die Jahresberichte for öberflössig zu
erklären. Es wäre aber, scheint mir, ein Widerspruch seltsamster
Art, wollte man daran denken, auf diese wichtigen Dokumente
Verzicht zu leisten, gerade in einer Zeit, in der schulorgani-
satorische Fragen der verschiedensten Art auf der Tages-
ordnung stehen und die schnigeschichlliche Forschung
immer mehr Kreise an sich zieht. Viel ist hier geseheben, mehr
noch bleibt zu wQnschen. „Die Schulen kennen einander nicht^
— so wurde kürzlich gesagt (s. o. S. 270 A. 3), leider nicht mit
Unrecht, und es muBte auch ausgeführt werden, daß die Ver-
tiefung in ihre Geschichte noch vielen weit weniger er-
sprießlich und würdig erscheint, als auf dem schon so oft beackerten
und hier und da unfruchtbar gewordenen Gebiete einzdner Fach-
wissenschaften Ehren zu suchen. Das Studium der Chroniken
der Jahresberichte der Gegenwart wird ein wesentliches Mittel
sein, die Kenntnis der Organisation der Schulen im ganzen zu
fördern, systematisches Eindringen in die Chroniken früherer Jahr-
zehnte aber mit dazu beitragen, das schulgeschicbtiiche Ver-
ständnis zu vertiefen. Das Gelingen hängt von äufseren und
inneren Umständen ab. Die äufseren liegen ganz wesentlich
in der Art der Verwaltung der Programmbibliotheken (Teil 111),
die inneren in der zweckmäfsigen Gestaltung der Be-
richterstattung in den Chroniken selbst.
Was müssen diese etwa enthalten, welchen Um-
fang sollen sie haben, auf welche Seiten des Schul-
lebens sich erstrecken, um gleichzeitig dem engeren
Interessentenkreise der einzelnen Schule etwas mehr
als eine vorübergehende Unterhaltung zu gewähren,
andererseits aber dem nach Zusammenhängen suchen-
den Schulmann und Forscher des Studiums immer
werter zu werden? Und andererseits: Was ist in gleicher
Rücksicht zu meiden, da es Unbehagen oder Anstofs
erregt?
Wenn ich es unternehme, diesen Fragen näher zu treten
und sie vielleicht in einigen Punkten der Lösung näher zu
bringen, so schmeichle ich mir zunächst nicht, das Ohr aller
derer zu finden, die das Interesse jener Kreise schlechthin leug-
neten oder die Jahresberichte überhaupt für ungeeignet erklärten,
es zu befriedigen. Das Interesse ist da, Hunderte wissen das;
und sie werden mir, hoffe ich, darin beistimmen, daß der un-
verwüstliche Optimismus, der das Lebenselement jedes rechten
Schulmeisters ist, unbeirrt durch Unverstand, Übelwollen und
Verkennung auch hier versuchen muß, seine werbende Tätigkeit
fröhlich zu entfalten. Kann er nicht alle gewinnen, so muß er
sich an den Besten genügen lassen. Ich glaube auch nicht, daß
voD R. Ullrieh. 2S9
es möglich ist, aaf eiDigen Blättern den reichen Inhalt, den die
Chroniken haben oder haben sollten, auszuschöpfen und fär alle
£inzelfragen Wege der Lösung zu zeigen; dazu sind die Verhält*
nisse der Hunderte von Anstalten in Deutschland, Öster-
reich und der Schweiz viel zu verschieden. Hier müssen
auch andere helfend eintreten. Ich beschränke mich daher auf einige
Hauptpunkte, die mir wesentlich erscheinen.
3) Im allgemeinen dürften die wichtigsten Erforder-
nisse der Chronik etwa folgende sein: Im Hinblick auf den
mannigfaltigen, an Stärke des Interesses und Bildungsniveaus so
sehr verschiedenen Kreis der Leser, besonders aber mit Rücksicht
auf die Freunde der eigenen Schule, sei sie zunächst so
reichhaltig^} wie möglich. Der Berichterstatter scheue sich
nicht, aus den Ereignissen des Schuljahres auch solche zu er*
wähnen, die ihm selber oder seinen Kollegen gleichgiltiger er-
scheinen, dem Publikum aber vielleicht wichtig sind. Besser es
erhält zu viel Stoff, aus dem jeder auswählen kann, was ihn
näher berührt, als zu wenig, so daß viele enttäuscht werden. Es
gilt hier im besonderen, was schon oben (S. 246) im allgemeinen
von den Jahresberichten gesagt worden ist. Dem Durchschnitts-
leser des Jahresberichts wird es kaum anders ergehen als etwa
dem Leser einer Zeitung. Ist der Inhalt zu dürftig, so legt er
sie unbefriedigt bei Seite oder schafft eine andere an. Die Be-
richterstatter mögen also auch in der Chronik nicht zu sehr das
bloB Amtliche herauskehren, sondern auch dem rein Menschlichen
etwas Raum geben. In bezug auf die Mitteilung dessen, was im
engere nSinne schulgemäß ist, also das mehr Amtliche, Offizielle,
wird ein Berichterstatter ja nicht leicht in Verlegenheit geraten.
Neuorganisationen des Unterrichts, Revisionen, Prüfungen, Neu-
anstellungen (mit biographischen Notizen), Versetzungen, Beförde-
rungen, Beurlaubungen, Krankheiten der Lehrer, Schulfeiern im
engeren Sinne, so bei Eröffnung und Schluß des Schuljahres, an
den patriotischen und kirchlichen Gedenktagen, auch bei Jubiläen,
Schulreden, Ausflüge bieten den üblichen Stoff. Was über diese
typischen Bestandteile einer Schulchronik hinaus noch mitzuteilen
sei, ist schon zweifelhafter, besonders soweit das so sehr ver-
schieden zusammengesetzte Publikum des jeweiligen Ortes als
Leser in Betracht kommt. Hier wird es gellen, möglichst indi-
viduell zu verfahren, den Bedurfnissen der verschiedenen Ver-
hältnisse nahe zu kommen zu suchen, das Schema möglichst zu
vermeiden — zumal für einen neuen Direktor in neuer Umgebung
eine ziemlich schwere Aufgabe, die aber ein geschickter.
^) Ober B. Schwalbes eotsegeogesetste AnffassDog vgl. o. S. 233f.;
erfrenlieh ist, dafi auf der 11. schlesischeo Direktoreo-Versamm-
loDg (BibL Abt, 4f Nr. 1]3) doch aach die Meioang hervortrat (Baehnisch),
die Kürze der Jahresberichte sei ein Mangel (S. 240).
Soitaohf . f. d. Oymnuialwaaon. LXI. 8npplem«Dth«fL jf9
29Q Pro^rammweseo und Programmbibliothek d. boh. Seboleo,
umsichtiger Mann, der ernstiich FöhluDg mit den Kreisen seiner
Schule sucht, sich auf mancherlei Weise erleichtern kann, z. B.
auch auf dem oben (S. 239 und 258 A. 2) angedeuteten Wege.
Daß der Berichterstatter den reichhaltigen Stoff auch geschidit
zu gestalten, ihn lesbar zu machen weiß, ist eine persönliche
Gabe. Die einen leisten es, die anderen nicht, und können doch
sehr kundige, um das Wohl ihrer Schule und die Aufrecht-
erhaltung enger Beziehungen zu deren Freunden ernstlich be-
mühte Männer sein. Sie werden sich damit begnügen, eine
Chronik zu liefern, die Tatsachen enthält, reichhaltig ist, daß
jeder Leser etwas finde, wohl geordnet, daß er sich zurechtfinde,
genau, daß er sich darauf verlassen kann. Diese Treue in
der Wiedergabe des Tatsächlichen scheint mir das zweite
wichtige Erfordernis auch einer guten Schulclironik zu sein.
Der Durchschnittsleser, der von methodischer Schulung unberührt
ist, wird vielleicht einen hübsch geschriebenen, wortreichen, auch
die kleinsten Wohltaten stark unterstreichenden Bericht einem
rein sachlichen, aber doch etwas nüchternen vorziehen. Für jeden
aber, der die Chronik für ernste Zwecke benutzen will, ist un-
bedingte Zuverlässigkeit des Mitgeteilten erstes Erfordernis.
Man sei also peinlich genau auch in Zahlen, Namen, Daten,
deren es ja in jeder Chronik so manche zu verzeichnen gibt,
lese auch die Korrektur sorgfaltig, damit auf den paar Seiten,
die es durchschnittlich doch nur sind, nicht ein halbes Dutzend
oder mehr sinnstörender Druckfehler stehen bleiben. Auch
trachte man danach, besonders wenn der Bericht etwas länger
ist, ihn durch geeignete Gruppierung, Hervorhebung von Stich-
worten, Absätze usw. übersichtlicher zu gestalten, damit jeder,
der auf Einzelheiten fahndet, bald das Gesuchte findet.
4) Nun zu den besonderen Aufgaben. Die preufsische
Verfügung von 1885 ist mit ihren knapp sechs Zeilen, die sie
der Chronik widmet^), doch bei weitem die ausführlichste von den
in dieser Untersuchung vertretenen Staaten, die (mit Aus-
nahme von Anhalt'), das sich hier bis aufs Wort an
Preufsen anschließt) meist nur ganz kurze Andeutungen für
diesen Abschnitt geben. Sie versucht in engem, z. T. wört-
lichem Anschluß an die Verfügung vom Jahre 1824') das Wich-
tigste, was nach der Ansicht der Regierung hineingehört, so zu
umschreiben:
„In diesen Absebnilt geliSreD [a] Mitteilaos^n ober des Besiaa
des^chaljahres, [fi] ober vaterländische, kirehüclie and andere
Feierlichkeiten, [^] über Veränderonsen im LehrerkollesinB«
[J] über Unterbrechungen des reselmißisen Unternchta|Eanse$
durch Krankheit, Beurlanbans und dienstliche Abwesenheit von
1) Beter a. a. 0. S. 269.
^) Hrüffer a. a. 0. S. 395.
') Rönne a. a. 0. S. 159, unter B.
voa R. Ullrich. 291
Lehrero, sowie [e] über aafserordeot liehe Ereig^nisse, welche
sich wehreod des abgelaQfeoen Jahres zo^petrageo haben".
Die Rubriken a — d haben demgemäß ihre feste Stelle in
allen Jahresberichten preufsischer, auch vieler norddeutscher
Anstalten, die sich stillschweigend, wie die von Anhalt ausdröck-
lich, an das preußische Muster angeschlossen haben; die Rubrik «,
an sich natürlich, weil sich eben nicht alle möglichen Begeben-
heiten eines Schuljahres an einer Anstalt voraussehen lassen,
Jäßt einen gewissen Spielraum für die Berichterstattung in der
Chronik, und die Verfasser machen von dieser Freiheit den ver-
schiedensten Gebrauch. Ohne auf alle Einzelheiten einzugehen,
möchte ich Ober diejenigen der hier genannten Rubriken [a—d\
«inige Bemerkungen machen, die entweder in der Diskussion
über die Sache eine gewisse Rolle gespielt haben oder mir,
im Gegensatz zu dem bis jetzt meist üblichen Brauch, der
Verbesserung und Ausgestaltung bedürftig erscheinen, sowie
endlich zu [«] einige Gegenstände hervorheben, die bisher in
den Chroniken gar nicht oder nur unvollkommen zur Geltung
gekommen sind, aber m. E. der Beachtung und Förderung im
Interesse von Schülern und Lehrern, Gelehrten und Publikum,
auch der Behörden, wohl bedürfen.
(Za \ß\)i Offixielle Schalteiero uod Schnlredea.
Von vaterländischen Gedenktagen feiern alle Schulen der-
einzelnen Staaten regelmäfsig Kaisers Geburtstag, die Geburts
tage der Landesherren, den Sedantag, von kirchlichen die evange-
lischen das Reformationsfest, die katholischen mehrere hohe
Festtage, außerdem etliche ihren Sliftungstag, Gedenktage von Wohl-
tätern, auch der im Schuljahre verstorbenen Angehörigen der
Anstalt (Ecce). Dazu kommen die regelmäßig wiederkehrenden
Feiern zur Entlassung der Abiturienten. Außerdem begeht von
aufserordentlichen Festen [c], die ich aus Zweckmäßigkeits-
grunden gleich hier anschließe, bald diese, bald jene Schule ein
Schuljubiläum, die Einweihung eines neuen Hauses, die Einführung
eines neuen Direktors, den Abschied von Direktoren oder Lehrern,
das fünfzigjährige Dienstjubiläum eines Direktors oder Lehrers
und noch manche andere Feier, die besondere Verhältnisse von
Staaten oder Städten veranlassen.
Bei allen solchen Festen werden Reden gehalten» lange
und kurze, typisch-ofGzielle und herzlich bewegte, für die Schul-
gemeinde wohl geeignete und wenig verständliche usf. Als
Redner kommen in Betracht Mitglieder der Behörden, Direktoren,
Lehrer, gelegentlich auch Schuler, so besonders beim Reformations-
fest. Sollen diese Reden in der Chronik erwähnt,
unter Umständen auch ganz abgedruckt werden? Von
dem Gesichtspunkte der Befriedigung der Eitelkeit, der gelegentlich
19*
292 Pro^rammweseo and Pro^rammbikliothek d. boh. Schaleo,
hier gellend gemacht worden ist^), sehe ich ab. An diesen
Reden hat die engere und weitere Schulgemeinde durchaus Inter-
esse, falls man sie nicht bloß als Gewohnheitsprodukte auffaßt,
sondern auch in ihnen wichtige Zeugnisse vom Leben der Schule»
insbesondere von den Bemfihungen der Redner sieht, der je-
weiligen Veranlassung nach Gedanken und Form möglichst ge-
recht zu werden. Eine bloße Erwähnung, daß Professor X. zu
Kaisers Geburtstag die Festrede gehalten habe, hat freilich wenig
Zweck. Mindestens muß auch das Thema mit{(eteilt und vielleicht
häufiger, als geschieht, der Inhalt kuri wiedergegeben werden.
Das wird in vielen Fällen ausreichen. Vor Gelehrten zu aprecben
ist für den Redner, der seinen Speziaigegenstand gründlich be-
herrscht und auf jeden Einwurf in der Diskussion gefaßt ist,
nicht besonders schwer; viel schwieriger ist es für den Lehra-^
eine Schulrede so einzurichten, daß sie dem Durchschnitt der
Schölergemeinde verständlich ist. Empfindet doch schon der Ge-
schichtslehrer im Klassenunterricht, wie schwer es ist, selbst für
im wesentlichen Gleichaltrige den rechten Ton zu treffen. Ich
habe einmal eine Rede dieser Art über die Waldenserhelden ge-
hört, die auch die Schüler fesselte, wie man an ihrer gespannten
Aufmerksamkeit wahrnehmen konnte, ein andermal eine solche
über den Freiherrn vom Stein, die voll feiner, z. T. neuer Ge-
danken war (es war vor dem Erscheinen von M. Lehmanns
Werk) und die Lehrer außerordentlich interessierte, für die Schüler
aber, selbst die Primaner, viel zu hoch war, so daß ein Kollege
nachher auf Matth. VU 6 verwies. Eine Programmabhandlung
etwa über das Thema: „Eine Schulrede, wie sie sein soll und
wie nicht, mit Erläuterungen*' könnte sehr lehrreich sein. Findet
ein Direktor oder die Lehrer, daß eine derartige Rede, gerade in
Rücksicht auf die Schülergemeinde, besonders wohl gehingen
war, so sollten sie den Redner veranlassen, sie im Programm
abdrucken zu lassen. Das ist zwar keine Bereicherung der Fach-
wissenschaft, wohl aber eine methodische, zum Nachdenken auf-
fordernde Anregung für den Kreis der Kollegen, nicht bloß der
einen Anstalt. Reden, die bei aufserordentlichen An-
lässen, wie Schul- und Lehrerjubiläen und ähnlichen Gelegen-
heiten, gehalten werden, sollten durchweg vollständig in der
Chronik wiederholt werden, auch die bei der Entlassung von
Abiturienten gehaltenen'). Sie sind wichtige Dokumente für
bedeutsame Wendepunkte des Schullehens; allzu lang pflegen sie
ja meist nicht zu sein, schon weil bei vielen solcher Gelegen-
heiten fast immer mehrere Redner das Wort ergreifen. Ob
längere Reden bei anderen Schulfeiern, soweit sie den üblichen
Raum der Chronik überschreiten, gesondert als Programm bei-
■■ •
1) Vgl. H. Malier t. ■. O. S. 10.
*) Vfl. 4mvl f. Pi«tBker a. a. 0. S. 413; M. Nath, MmuUsckr. f.
höh. Seh. VI (1907) S. 41.
voD R. Ullrieh. 293
lagen — ev. mehrere zu einer Sammlung Tereinigt -^ abzu-
drucken aind, muß man der Selbsterkenntnis des Redners, auch
sachlichem Beirat seiner Freunde Oberiassen. Es gab und gibt
unter solchen Reden genug, die über den Durchschnitt hinaus-
^hen, oft nicht blofi alte Gedanken in neuer Verknöpfung zeigen,
sondern auch ganz neue Fragen anregen, wirkliche Muster redne-
rischer Prosa, mit denen man zahlreiche Parlameatsreden unserer
Tage, die gehört und auch gedruckt werden müssen, gar nicht
in einem Atem nennen kann. Das Verzeieknis amgtmähUeir Pro^
gramme (o. S. 35 — 122) bietet genug Beispiele. . Ich bin also
durchaus der Meinung, daB ihr Abdruck in der Chronik (und ev.
gesondert) den Zwecken der engeren und weiteren Schulgemeinde
entspricht. Reifere Schüler der Anstalt können sie Jetzt und
später auf sich wirken lassen (s. o. S. 240), ehemaligen (S. 241)
geben sie immer wieder ein Stück vom Leben ihrer alten Schule
und ihrer Lehrer, für umfassendere geschichtliche Betrachtung
sind sie gar nicht zu entbehren, als ein Ausdruck des Geistes
des SchttUebens in bestimmten Zeiten und Orten, als ein Mittel
der Charakteristik bedeutender Persönlichkeiten, nicht bloß derer,
von denen sie stammen, sondern auch derer, von denen sie
handeln. Und daß sie in letzterer Beziehung biographischen,
überhaupt historischen Wert haben können und tatsächlich
oft gehabt haben, ist doch wohl deutlich. Das trifft besonders auf
Nekrologe zu, die darum, sie mögen so tief wie immer
empfunden sein, doch weniger das panegyrische Moment als viel-
mehr das der geschichtlichen Treue in den Vordergrund zu
stellen hätten, auch soweit es sich um äußere Lebensdaten, Titel
von Werken, die der Verstorbene verfaßt hat u.a.m. handelt.
Scheut sich der Redner, wie erklärlich, soldie Dinge der ge-
sprochenen Rede einzufügen, weit sie ihren Eindruck schwächen,
so steht nichts im Wege, sie der gedruckten in Form von An-
, merkungen beizugeben, deren recht genaue Redigierung, auch
bei der Korrektur, unbedingt notwendig ist. Wir sind über das
Leben mancher bedeutender Schulmänner der letzten
Jahrzehnte nicht so gut unterrichtet, wie man wünschen
möchte; hier können die Nekrologe der Anstakschroniken also
viel Gutes stiften. An welchen Schulen der Verstorbene gewirkt
. und was er sonst geleistet hat, wissen Kundige in der Regel oder
können wenigstens das erstere meist leicht ermitteln; über viele
wertvolle Einzelheiten der letzteren Art aber sich einigermaßen
vollständig zu unterrichten, hält oft sehr schwer. Man be-
nutze also diese günstige Gelegenheit! In geringerem Umfange
bietet sie sich auch schon in bezug auf Lebende; ich meine die
(Zu [y]): Veränderniis^ii lia LehrerkollesiniD.
Biographische Angaben üher neu eintretende
Lehrer. Diese Rubrik hat sich meist nicht des Beifalls der^
^^ Programmweseii ojid Programmbibliotkek d. hSh. Seholen,
jenigen erfreut, die zur Frage der Jahresberichte und ihres nötigen
und unnötigen Inhalts das Wort ergriffen haben ^). Von Standes
wegen fand man sie ungehörig, und ein nicht besonders ge-
schmackvolles Schlagwort» das einmal jemand für die Sitte ge*
prägt hatte, machte bald die Runde^). Diese biographischen An-
gaben gehen nun, wie hervorzuheben ist, kaum irgendwo auf
bestimmte behördliche Anordnungen zurück. Sie haben sieb
vielmehr nach und nach von selbst eingestellt; und nachdem die
eine oder andere Anstalt sie gebracht hatte, fanden sie bei vielen
Eingang und sind uns heute, besonders in den norddeutschen
Berichten, eine gewohnte Erscheinung. Daß bei diesen biographischen
Angaben Ungehörigkeiten, ja Taktlosigkeiten des Bericht-
erstatters unterlaufen können, ist selbstverständlich; wo gäbe
es dergleichen nicht! Aber auch hier hätten vereinzelte Vor-
kommnisse solcher Art*) nicht dazu führen sollen, das Gute, was
m. E. doch in diesem Brauche liegt*), im ganzen zu verkennen.
Dero Mißbrauch im einzelnen kann am ehesten dadurch abge-
holfen werden, daß nicht der Direktor diese Notizen zusammen-
stellt, sondern den Neueingetretenen selbst berichten
läfst, wie mit Recht oft geschiebt. Denn was kann er von der
Entwicklung des jungen Oberlehrers viel wissen, den er doch
erst kurze Zeit kennt, oder gar von der eines älteren, von einer
anderen Anstalt ilbertretenden Professors I Ich meine nämlich,
daß diese biographischen Abrisse nicht bloß die paar üblichen
äußeren Lebensdaten» Ort und Zeit des Studiums, der abgelegten
Prüfungen, etwa schon früher bekleideter Stellungen, Titel einiger
Schriften usf. enthalten sollten. Das ist wirklich zu dürftig.
Es wäre vielmehr auch etwas davon zu sagen (soweit nicht Rück-
sichten auf Lebende entgegenstehen), welche Lehrer auf den Neu-
eingetretenen in der Schule und auf der Universität besonderen
Einfluß geübt haben, von welcher Seite er sonst bestimmende
Eindrücke erfahren, ob er wissenschaftliche Reisen gemacht hat,
zu welchen Zwecken und mit welchem Ergebnis, welche Schriften
er veröffentlicht hat (bei wichtigeren mit einigen erläuternden
Bemerkungen), ev. welchen Unterricht er an früheren Schulen
erteilt hat, ob er etwa auf politischem, kirchlichem Gebiete oder
sonst irgendwie hervorgetreten ist — lauter Dinge, über die der
betr. Lehrer selbst ja wohl am besten Bescheid zu geben wüßte. Zu
lang dürfte es natürlich nicht werden, aber auf einer halben oder
viertel Seite in 4 ® läßt sich auch in knapper Zusammenfassung
doch ein Bild geben, das nicht bloß dem engeren Schulkreise (s.
M \gl über diese Frage oben S. 157, 191, 205, 257.
>) \gl z. B. [0. N.] Päd, ^oehenbL I (1891/2) S. 94; H. Moller
a. a. O. 8. 10.
S) Vgl. z. B. [o. JH.] Päd. J^ochenhl I (1891/2) S. 94.
<) Mao erinnere sich aocb hier der vortrefflidien Worte von Laten-
dorf (s. 0. S. 219).
von R. Ullrich. 296
0. S. 289) etwas mehr bedeutete als die jetzt in der Hehrzahl
der Fälle vorliegenden, etwas schematisch aneinander gereihten
Notizen, sondern auch für die Geschichte der Anstalten und
oft auch die Schulgeschichte im ganzen dauernden Wert be-
hielte^), besonders wenn es (vgl. schon oben S. 267) auch in allen
Einzelheiten treu ist. Findet der für die Chronik verantwortliche
Direktor der Anstalt an dem von seinen jüngeren oder älteren
Kollegen eingereichten Bericht nach Inhalt oder Form etwas aus-
zusetzen, so wäre es wohl nicht zweckmäßig, eigenmächtig Ände-
rungen vorzunehmen, sondern böte Gelegenheit mit jenen selbst
sich über die Sache zu verständigen. Es kann das ein neuer
Anlaß sein, Vorgesetzte und Untergebene einander innerlich näher
zu bringen, die sich doch heute auch da, wo ein sogenannter
„gesellschaftlicher" oder „geselliger** Verkehr besteht, oft herzlich
fremd gegenüberstehen, was geistiges Sichverstehen betrifft. Und
daß die Kollegen, überhaupt der engere Kreis der einen Schule
oder einer Mehrzahl solcher, von der bisherigen Entwicklung des
neuen Hitarbeiters ein wenig mehr erfahren, ist nicht bloß
wünschenswert, sondern z. B. für das Interesse der Standes-
genossen an Leben und Streben, das oft schon schätzenswerte
Leistungen gezeitigt hat, bei jedem der Ihrigen recht notwendig.
Darum schwächt es auch die Wirkung dieser Uitteilungen er-
heblich, wenn sie auf verabschiedete Lehrer beschränkt bleiben
(vgl. 0. S. 157). Ich meine, daß unsere Vorfahren im Amte,
die diese biographischen Angaben nicht auf amtliche Bestimmungen
hin, sondern freiwillig einführten, die richtige Empfindung
hatten, hiermit einen schätzenswerten Beitrag zur Herstellung
einer Art von geistigem Zusammenhang zwischen den Gliedern
der engeren oder weiteren Schulgemeinde zu liefern, mochte er
auch zunächst noch so bescheiden sein. Was will es aber
heute sagen, wenn man den „Stand** zu heben unternimmt, zu-
gleich aber einen Weg sperren will, auf dem seine Hitglieder —
soweit sie sich persönlich ferner stehen — einander näher treten
können! Es ist das wieder einer jener schwer begreiflichen
inneren Widerspräche, die uns in der Diskussion des Programm-
wesens bei denen begegnen, die in bestem Glauben zwar, aber
doch zu einseitig und ohne Würdigung größerer Zusammenhänge
die Erreichung guter Zwecke wollten, aber den Wert so vieler dazu
schon vorhandener Hittel verkannten, die nicht besonderer neuer
Mühen oder Kosten, sondern nur verständiger Pflege bedürfen, um
ihrer Wirkung sicher zu sein. Wer ein aufrichtiger Freund solcher
Zusammenhänge ist, helfe also dazu, auch dieses so unscheinbar
scheinende Stück des Schulorganismus verständig auszubauen; es
wird zur Stärkung des Ganzen dienen.
^) Der Kaoze-Kaleoder, aof den der Aator der Grensboten
(1901) 8.342 verweist, kaon diese Mitteilaog^en doch nicht ersetzen.
296 Pro^ranmwesen aod Programnbibliotliek d. höh. SchaieD,
Die Erfüllung dieser wohl berechtigteo Wünsche, die ja,
wie jedermann sieht, bei einigem guten Willen, ihre Beweggründe
zu verstehen, nicht schwer ist, erfordert weder erheblichen Auf-
wand an Zeit noch an Kosten, an letzteren um so weniger, wenn
ein anderer Teil der Chronik erheblich eingeschränkt wird, der
vielfach dafür einen desto breiteren Raum einzunehmen pOegt,
nämlich die
(Zu [S]): Mitteilaogen über Kraokbeiten und Boarlaobangea
von Lehrern.
Hier geschieht an den meisten Stellen des Guten (oder viel-
mehr nicht Guten) zu viel. Mit peinlicher Gewissenhafligkeic
füllen noch jedes Jahr viele Berichterstatter ihre Chronik, manch-
mal eine halbe Seite, damit, uns mitzuteilen, dafi der Direktor
oder Kollege A. wegen eines Trauerfalls zwei Tage, B. oder C
wegen einer Unpäßlichkeit (die wiederum umständlich erläutert
wird) 1 Vt Tage gefehlt hat, oder D. wegen einer Reise zu einer
Familienfestlichkeit einen Tag beurlaubt gewesen ist — von anderen,
teils ungehörigen, teils ans Lächerliche streifenden Buchungen
ganz abgesehen 0* Diese Dinge sind wirklich schon an sich für
keinen der hier in Betracht kommenden Interessentenkreise von
besonderer Bedeutung, noch weniger verdienen sie gar im Druck
für alle Zeiten verewigt zu werden. Wie wenige verstehen es
hier, die schon mehrfach auch in dieser Arbeit betonte alte Schul-
meistertugend der Unterscheidung des Wesentlichen und Unwesent-
lichen zu üben!
Was insbesondere die Krankheiten betrifft, so kann es
schwerlich in der Absicht der verfügenden Behörde gelegen haben,
die Drucklegung solcher kleinen und kleinsten Vorkommnisse zu
wünschen; vielleicht wäre es im Hinblick auf den Cbereifer vieler
auch hier registrierfroher Berichterstatter zweckmäßig gewesen,
in der Verfügung von 1885 den Zusatz von 1824, der „längere
Krankheilen*' hervorhob, zu belassen. In der Tat sind diese eine
in das Leben der Schule einschneidende und dazu die Teilnahme
aller ihrer Glieder, gegenwärtiger und früherer, erweckende Sache,
und es ist ebenso verständlich, wenn der glücklichen Wieder-
herstellung eines lange krank gewesenen Kollegen auch in der
Chronik freundlich gedacht wird. Alles übrige aber kann ohne
Schaden fortbleiben; es müßte denn sein, daß sich das Fehlen
von Lehrern, auch von Schülern, aus kleineren Anlässen an
einer Anstalt im Laufe eines Jahres so gehäuft hat, daß es auch
für den Berichterstatter geraten ist, den allgemeinen, vielleicht
tieferen Gründen, die sehr verschiedener Art sein können, nach-
zuforschen und auf Abhilfe bedacht zu sein. Aber auch in solchen
0 Vgl. Seh., Päd. ff'ochenbi, II (1892/3) S. 109; H. Miller, a.a.O.
S. 10.
voo R. Ullrich. 29t
Fällen wfirde eine allgemeine Erwähnung, wenn nötig unter
Angabe der wirklichen oder sehr wahrscheinlichen Grönde, und
womöglich unter Hinzufögung der getroffenen Abhilfe, genügen.
Auch in bezug auf Angabe von Beurlaubungen aus
anderen Grönden wird künftig mehr Maß zu halten sein. Es
kommt hier indessen vielleicht nicht so sehr auf den Umfang als
auf den Grund an. Das auf rein persönliche Verhältnisse Bezög-
liehe braucht nicht angeführt zu werden. Wird aber ein Lehrer
als Geschworener oder Schöffe oder zu einer militärischen
Obung einberufen, zur Besichtigung einer Ausstellung, für
wissenschaftliche oder Schulzwecke, zu einem Kongreß von
Fachgelehrten oder Fachgruppen der Schulmänner selbst, einem
Fortbüdungskursus oder sonst zu einer Reise im Dienste der
Schule oder Wissenschaft beurlaubt, erhält er Urlaub oder Ent-
lastung zur Förderung irgend welcher wertvoller Arbeiten, wird
er zu dem Jubiläum einer andern Schule oder einer andern wissen-
schaftlichen Anstalt als Vertreter abgeordnet, so gehören alle diese
Dinge durchaus in die Chronik, mag die Dauer des Urlaubs auch
nur eine ganz kurze sein. Für die Lehrer der eignen Schule,
die das meiste von dem Genannten ohnehin wissen, wäre die An-
fuhrung zwar entbehrlich; nicht so aber für die Schüler, gegen-
wärtige und frühere, das Publikum, die Kollegen andrer Schulen und
überhaupt alle, die sonst noch an der betr. Schule Anteil nehmen.
Insbesondere hört das Publikum auch dadurch etwas mehr von
manchen Veranstaltungen oft allgemeiner Bedeutung, als die kleinere^
Lokalblätter zu melden pflegen, was für die vielfachen Förderungen,
die die Schule im ganzen durch viele solcher Einrichtungen erfährt,
keineswegs gleichgültig ist. Und haben gar gewisse Kreise des
Publikums, wie z. B. die Mitglieder städtischer Kuratorien oder
diejenigen, die diesen nahestehen, direkten Einfluß auf die
Teilnahme der Lehrer an manchen dieser Dinge, soweit z. B. die
Gewährung eines Urlaubs von mehr als einer Woche und ev. die
Bereitstellung außerordentlicher Mittel für solche Zwecke in Frage
kommt, so ist es durchaus angemessen, wenn alle Tatsachen dieser
Art regelmäßig und überall in der Chronik ihre Stelle finden.
Es ist so überaus wichtig, daß auch die Väter der kleinen und
kleinsten Gemeinden, die eine höhere Schule zu unterhalten haben,
immer mehr zu der Ansicht kommen, daß der Lehrer einer höheren
Unterricbtsanstalt nicht bloß dazu da ist, sein Pensum jahraus
jahrein schlecht und recht abzuarbeiten, sondern auch von Zeit
zu Zeit einmal eine geistige Erfrischung nötig hat, um vor dem
Einrosten bewahrt zu bleiben. Dazu dient aber viel weniger
Bücherstudium als die Gewinnung lebendiger Anschauungen, Ver-
kehr mit bedeutenden Persönlichkeiten, die unter anderen Ver-
hältnissen leben und arbeiten. Jede kleine Störung, die der ge-
wöhnliche Unterrichtsbetrieb durch derartige Beurlaubungen natur-
gemäß immer erleidet, auch wenn eine durchaus geeignete Ver-
298 ProgrammweieD nod Programmbibliotbek d. hSh. SclmleB,
tretung sofort vorhanden ist, wird doch wohl meistens reichlich
durch das geistige Kapital au^ewogen, das der Beurlaubte
neu in seinen Wirkungskreis mitbringt und in dessen Dienst ver-
wendet. Wissen aber die erwähnten Väter^der Stadt, daB Be-
urlaubungen zu solchen Zwecken auch da und dort geschehen, so
wollen sie in der Regel nicht zurückbleiben; auch das Publikum,
soweit es Ober die materiellen Interessen des Tages hinausstrebt,
hat ja vielfach, auch in neuerer Zeit, seinen Anteil an der wissen-
schaftlichen Förderung der praktischen Schulmänner durch Ge-
währung von Mitteln fQr solche Zwecke durch die Tat bewiesen*);
aber es muß natürlich erfahren, ob und wo dergleichen not-
tut, um nicht bloß in der Stiftung von Schülerstipendien, die
zumal an alten» reich damit gesegneten Anstalten nur zu oft der
Mittelmäßigkeit zugute kommen, die beste Förderung der Aufgaben
der höheren Schule zu erblicken, sondern auch für ihre größeren
Zwecke Verständnis zu gewinnen und ihre tatkräftige, oft so leichte
Hitwirkung besonders da zu gewähren, wo Staat und Gemeinden
an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt sind. So erzähle
man denn in der Chronik gewissenhaft und ausführlich, was immer
auf diesem Gebiete zu melden ist
(Za [c]): Attfierordeatliehe BreigDifie.
Die Mannigfaltigkeit dessen, was unter dieser in einer all-
gemeinen Verfügung natürlich kaum zu spezialisierenden Ober-
schrift in einer Chronik Aufnahme finden kann und auch findet,
ist natürlich groß. Die besonderen Verhältnisse jeder Anstalt
sprechen dabei mit. Ich möchte aus dem, was ich in vielen
Hunderten von Berichten Passendes, z.T. für alle Anstalten
Mögliches, Nützliches und im Sinne der von mir vertretenen An-
schauungen vom Zwecke der Jahresberichte fast Notwendiges ge-
funden habe, einiges mitteilen und begründen, außerdem noch
Bemerkungen hinzufügen über Dinge, die mir selten oder nie
begegnet sind, aber vielleicht im Rahmen der bestehenden Ver-
fügungen wohl verwendbar scheinen. Ich hebe fünf heraus:
ao. Schulausflüge und ähnliche Veranstaltungen, ßß. Ge-
schenke, yy. Besuche, dd. Angaben über die Verstorbenen
aus dem Kreise der Anstalten — in weiterem Sinne ge-
nommen — und endlich auch entsprechende bb, Angaben über
die Lebenden.
oa. Die Schulausflüge sind eine alte Einrichtung der An-
stalten und noch heute um ihrer erziehlichen Wirkung willen
hochgeschätzt. Im letzten Jahrzehnt haben sie nicht selten den
Charakter wirklicher Reisen angenommen, die teils zur Erfrischung
des Körpers, teils dazu unternommen werden, um Unterrichts-
>) Vfl. z. B. Jahresber. v. Dt.-Wilmersdorf G. 1906 S. 38, dgl
Rheioe G., z, B. 1906, S. 27.
von «.Ullrich. 299
zwecke durch Anschauungen in der Natur und Kunst zu unter-
stützen. Wie ich im allgemeinen über solche Reisen denke, ins-
besondere welche Art mir nach Ziel und Umfang zweckmäßig
scheint, habe ich oben (S. 284 f.; vgl. auch S. 146) ausgefflbrt. Wie
soll sich der Jahresbericht dazu verhalten? Ich denke, er soll so
ausfuhrlich, so individuell wie möglich sein. Gerade hier sind
doch die Eltern besonders interessiert; sie haben die Söhne mit
auf die Reise geschickt, ihr Geld geopfert, oft viel zu viel sogar
(a. a. 0.). Sie möchten nun doch auch von berufener Seite hören,
wie es gewesen ist, und würden auf diese Weise manches erfahren,
was ihnen in den Erzählungen der Knaben oder Jünglinge nicht
begegnet ist. Wenn es sich um größere Reisen handelt, wo das
Moment der Belehrung eine bedeutendere Rolle spielt, ist das ganz
zweifellos. Aber auch in der Berichterstattung über die üblichen
Schulausflüge sei man etwas mitteilsamer und vermeide so all-
gemeine Wendungen wie die, daß an diesem oder jenem Tage
die verschiedenen Klassen unter Führung ihrer Lehrer die üblichen
Ausflüge gemabht hätten. Davon hat kein Leser etwas. Man
teile Näheres mit über Wohin und Wie. Nicht jeder Bericht-
erstatter hat Sinn dafür, verhältnismäßig einfache Dinge so zu
erzählen, daß sie dem Leser etwas bieten, der Ton wird nicht
immer getroffen; das „herrliche Wetter'* und die „wundervolle
Natur'' kommen dem gebildeten Leser, der sie in mehreren Be-
richten findet, leicht trivial vor. Aber Vater und Mutter X. lesen
doch nicht alle Berichte über Schulausflüge, sondern nur den,
bei welchem ihr Junge „dabeigewesen*' ist. An dies Moment er-
innere man sich etwas mehr^)! Die Berichte über längere Reisen
werden, wie noch bemerkt werden mag, naturgemäß in einem
gewöhnlichen Jahresbericht oft nicht Platz finden können. Da
bietet sich die Beilage als eine willkommene Gelegenheit, eine
ausführlichere Darstellung zu geben. Und wenn diese so lebendig
und anschaulich von den Freuden und auch den Strapazen der
Jugend zu erzählen weiß, wie dies — um nur ein Beispiel an-
zuführen — in der (auch durch Aufnahmen nach der Natur
unterstützten) kürzlich von B. Kuhse*) gelieferten Arbeit geschieht,
so erfüllt eine solche Beilage ihren Zweck weit mehr als eine noch
so gelehrte Abhandlung über einen schon den Lehrern oft fern-
liegenden Gegenstand. Sie interessiert das Haus wirklich für die
Bestrebungen der Schule, und das sollten wir doch fördern!
Nicht zu vergessen sind hier andere Veranstaltungen,
die teils die Schüler allein betreffen, teils auf die Mitwirkung des
Hauses berechnet sind. Ruder Vereinigungen^) haben sich.
>) Der Spott des Aatori der Grenzbaten voo 1901 (S. 343) scheint
mir daher reclit weoig aof^ebracht
*) Beil. z. JahreMb. d, Kais, JFüh,'Rg, za Berlin 1907; vgl. o. S. 119,
xnii 114.
•) Vgl. «. ß. 0. S. 99, Xri 132,
dO0 Programmweseo ond Programmbibliothek d.böh. Schnleo,
z. T. auch materiell von den maßgebenden Inslansen gef5rdert
neuerdings vielfach gebildet; sie hallen regelmäßige Obungen ab,
veranstalten Feste; Eltern lassen ihre Söhne daran teilnebmen.
So ist es selbstverständlich, daß auch hierüber der Jahresbericht
sich vernehmen lasse, nicht bloß in einigen dürren Sitzen, sondern
etwas aasfübrlicher, um die Freude an der Sache zu erhöhen«
vielleicht auch — wo ein Obennaß hervortritt — verständigen
Lesern gelegentlich Bedenken nahezulegen. Die Schale ist auch
hierbei durchaus auf die Hitwirkung des Hauses angewiesen:
es muß ihr erwünscht sein, auf Grund ihrer ausführlichen Mit-
teilungen auch einmal Anregungen aus den Kreisen des PubUkums
zu erhalten, denen sie sich, falls sie begründet sind, hoffentlich
nicht verschließt.
Demselben Publikum, besonders aber den ehemaligen Schülern,
ist es auch sicher erfreulich, von den üblichen gesanglichen
und dramatischen Aufführungen etwas Näheres zu ver-
nehmen, nicht gerade bloß die Tatsache, daß eine solche Veran-
staltung stattgefunden hat. Viele waren doch selbst einmal „dabei'\
sie hören gern auch, was nach ihnen geschehen ist.
ßß, Geschenke. Die höheren Schulen haben voa jeher
Geschenke aus den ihnen nahestehenden Kreisen erhalten; auch
heute ist die Lust und Bereitwilligkeit zum Geben bei ihren
Freunden nicht geschwunden. Besonders bei Gelegenheit der
Einweihung von Neubauten und bei Schu^jubiläen zeigt sich er-
freuliche Opferwilligkeit, das Haus zu schmücken oder Mittel für
irgend einen guten Zweck zu stiften. Aber auch sonst gibt private
Anhänglichkeit gern und reichlicher, als diejenigen glauben würden,
die nicht ständige Leser der Jahresberichte sind und auf sie ver-
zichten wollen, ohne sie im ganzen recht zu kennen^ übrigens
wieder ein Grund mehr, sie zu erhalten. Besonders «ind zwei
Einrichtungen der Anstalten daran beteiligt, die Sammlungen
und die Stiftungen, und die entsprechenden Abschnitte (V und
VI) pflegen denn auch mit größerer oder geringerer Vollständig-
keit darüber zu berichten (s. u. zu diesen Abschnitten). Soweit
diese Gaben aber — an Beispielen fehlt es nicht ^) — das Maß
des Üblichen überschreiten und eine wirkliche Bereicherung des
Schulorganismus im ganzen, ein ,,Ereigni6'* des abgelaufenen
Schuljahres darstellen'), wird es angemessen sein, ihrer ab eines
Zeugnisses der Anhänglichkeit ihrer Angehörigen auch in der
Chronik kurz zu gedenken, mögen die Einzelheiten dann immer-
hin, wie billig, unter den Abschnitten V und VI oder unter Um-
ständen (vgl. Abschnitt V) auch gesondert veröffentlicht werden.
Es ist also wohl berechtigt, wenn die Verfügungen. einiger Staaten
(so in Baden und Sachsen) Angaben über Geschenke, die ich
1) Vgl. z. B. 0. S. 298 Aam. 1.
') Ober aodere Gabeo, deren Anrdbraog in Jabresberiebt besssr rer-
mieden wird, vgl. u. xa Abscboitt V (s. auch «eliQa o. S. 266),
von R. Ullrich. 30h
allerdings auf Fälle der eben genannten Art beschränkt sehen
möchte, im Abschnitt „Chronik'^ angeföhrt wissen wollen, wozu
noch bemerkt werden mag, dafi wenigstens für Baden in bezug
auf die den Sammlungen gemachten Geschenke nach Lage der
Dinge (vgl. o. S. 158 und unten zu Abschnitt V) eine andere
Stelle nicht gut möglich ist.
yy. Besuche. Die Anstalten erhalten regelmäfsige und
a ufserordentliche Besuche. Zu den ersteren, über die alle
Schulen etwas zu berichten haben, gehören die amtlichen Re-
visionen durch die direkten Vorgesetzten der Provinzial- und
Ministerialbehörden oder durch die von diesen besonders Beauf-
tragten fOr bestimmte Zwecke, so zur Inspektion des Zeichen-,
Turnunterrichts uä.; auch außerordentliche Revisionen durch Mit-
glieder der Behörden finden nicht selten statt, besonders in den
Fällen, wo bauliche Veränderungen in Frage kommen. Viele An-
stalten, bald diese, bald jene, erhalten aber auch hin und
wieder aufserordentliche Besuche von Schulmännern oder
Gelehrten des Inlandes und besonders des Auslandes, welche
Unterricht und Einrichtungen im ganzen oder für bestimmte
Einzelheiten studieren wollen. V^as hat die Chronik von diesen
„Ereignissen** zu berichten?
Bei den amtlichen Besuchen begnügt sich die Chronik
meist mit der Angabe, daB der Schulrat 1. die Anstalt zu einem
bestimmten Termine revidiert, dem Unterrichte in diesen und
jenen Klassen, bei diesem oder jenem I^ehrer beigewohnt, auch
— was schon seltener — die Sammlungen der Anstalt besichtigt
und schliefilich eine Konferenz mit dem Kollegium abgehallen,
seine Wahrnehmungen mitgeteilt und Weisungen für den Betrieb
gegeben habe. Und der Berichterstatter pflegt dann in schlichten
oder überschwenglichen Worten (s. o. S. ^6) den Dank dei^
Anstalt auch in der Chronik zu veröffentlichen. Das ist alles.
Etwas mehr pflegt schon mitgeteilt zu werden, wenn es sich um
die meist von einer größeren Kommission angestellten Revisionen
z.B. zu baulichen Zwecken handelt. Man erfahrt die Voraus-
setzungen des Besuchs, die baulichen Mißstände, es werden die
Vorschläge des Direktors für die vorzunehmenden Verbesserungen,
oft auch die Einwände oder weiteren Verbesserungsvorschläge der
Kommissionsmitglieder und schließlich das positive oder (meist
aus finanziellen Gründen) negative Ergebnis mitgeteilt — alles
oft sehr ausfuhrlich, besonders wenn es sich um ältere Internate
handelt, bei denen wegen ihres größeren ümfanges Fragen der
baulichen Verbesserung überhaupt eine viel größere Rolle spielen
als bei offenen Anstalten. Man muß wünschen, daß solche Mit-
teilungen in Zukunft in möglichster Ausführlichkeit in den Chro-
niken aller Anstalten erfolgen, bei denen es irgend etwas der-
artiges zu berichten gibt; es ist nicht bloß für die Nächstbeteiligten
von hohem Interesse, kann vielmehr auch den Leitern und Lehrern
^02 P'^offr am B Wesen ond Programmbibliothek d. höh. SckiileB,
anderer Aostalten, bei städtischen auch deren Patronaten, uDter
ähnlichen Verhältnissen nutzliche Anregungen geben.
Es fragt sich, ob eine ausfuhrlichere Berichterstattang
nicht auch bezüglich der regelmäfsigen amtlichen Revisi-
onen möglich ist. Ansätze dazu fehlen nicht, und Anlaß daxu wäre
am ehesten da gegeben, wo es sich um die Feststellung handelt, ob
neue Organisationen im Unterricht oder Versuche su
solchen sich bewährt haben (an Reforroanstalten, im griechischen
Anfangsunterricht, bei der „freieren Gestaltung auf der 0ber8tufe'\
im Zeichenunterricht usf.) und ob eine deGnitive Einrichtung in
bestimmter Form möglich ist Ausfuhrlichere Mitteilungen solcher
Art sind von unmittelbarem Werte für die näheren Kreise, aber
auch von Interesse für die weiteren. Vielleicht ist aber auch
etwas mehr Mitteilsamkeit in der Chronik bei Gelegenheit des
Berichts über die mehr in gewohntem Rahmen sich abspielenden
allgemeinen Revisionen möglich. Naturlich weiß ich, daß hier
Vorsicht am Platze ist, zumal mit Rücksicht auf die Schüler;
eine ungeschickte Hand kann hier wie in anderen Teilen des Be-
richts (s. o. S. 282\ vgl, auch Abschnitt VI) viel Schaden an-
richten. Indessen unsere Behörden sind heute, was Fragen der
Verwaltung der höheren Schulen betrifft, sehr liberal, oft liberaler
als manche von den praktischen Schulmännern selbst, die vielem
Neuen, wenn es gleich gut ist, schon um der Neuheit willen miß-
trauisch gegenüberstehen, die den bisherigen Gang unerwünscht
stört. Und ein taktvoller Berichterstatter erwürbe sich m. E. auch
hier ein Verdienst, wenn er den Versuch machte, den oben
(S. 301) erwähnten typischen Revisionsbericht etwas farb^-
reicher zu gestalten. Vielleicht gelänge es, zum Nutzen für Di-
rektoren und Lehrer anderer Anstalten, die den Bericht lesen,
und ohne Schaden für den engeren Kreis der eigenen Schule
Ich stelle die Frage zur Diskussion.
Aber die Schulen erhalten auch aufserordentliche Be-
suche von Fremden, besonders aus dem Auslande. Das
deutsche höhere Schulwesen zieht das Ausland immer noch in
steigendem Maße an, ein ehrenvolles Zeugnis für die Tüchtigkeit
seiner Organisation und der zahlreichen Kräfte, die ihm dienen.
Manche Schulen, wie die bekannteren Internate, z.B. Pforta und das
Joachimsthalsche Gymnasium, ferner das Gymnasium zum grauen
Kloster, das Wilhelms-Gymnasium in Berlin uam., neuerdings das
Goetbe-Gymnasium in Frankfurt a. M., die Leibnizschule in Hannover
— diese als Musterbeispiele der Reformschulen — , erhalten in
jedem Jahre so oft Besuche, daß diese fast zur Gewohnheit ge-
worden sind und Lehrer wie Schüler kaum noch stören. Ver-
stehen es die Direktoren, falls die Besucher sich durch Sach-
kenntnis, Urteil und Leistungen empfehlen, sie bei dieser Ge-
legenheit näher an sich heranzuziehen und sie mit geeigneteo
Mitgliedern ihrer Kollegien bekannter zu machen, so kann hier
voD R. Ullrich. 303
und da vielleicht eio nicht zu unterschätzender Gewinn für manche
von diesen und damit fast immer in irgend einer Form auch für
die Schule erwachsen. Nicht wenige Besucher (wie unsere Schul-
männer es im umgeiiehrten Falle auch tun) veröffentlichen
dann die Erfahrungen ihrer Studienreisen in Zeitschriften oder
Buchern» die aber den deutschen Lehrern nicht immer leicht zu-
gänglich werden, besonders in kleinen Städten. Die „Chronik^S
falls sie diese Besuche überhaupt vollständig erwähnt, begnügt
sich nun meist damit, Namen, Herkunft und allenfalls noch den
Zweck der Besucher und seine Durchführung kurz zu erwähnen.
Was gewinnt aber der Leser des Jahresberichts daraus? Allen-
falls dies, daß er sieht, Deutschland steht mit seinen höheren
Schulen . immer noch „obenan*', und das ist immerhin etwas.
Könnte es nicht mehr sein? Denn mit den bloßen Namen usw.
der Professoren H., N. und 0. usw., die aus Wien, Bukarest,
Helsingfors, Christiania, New York, oder woher auch immer, das
Gymnasium in X. besucht haben, weiß das Laienpublikum gar
nichts und selbst der Lehrer nur dann einigermaßen etwas an-
zufangen, wenn ihm diese Personen schon sonst in der Literatur
begegnet sind. Hier könnte die „Chronik'* Gutes stiften, wenn
sie versuchte — im Einverständnis und ev. mit Unterstützung
der betr. Besucher — dem Leser etwas von deren Leben, Stellung,
amtlichen und literarischen Leistungen und ihren besonderen
Studienzwecken mitzuteilen, auch auf die Schriften hinzuweisen,
welche sie etwa im Anschluß an ihre Besuche veröifentlicht
haben, und so ein wenn auch zunächst noch zartes Band zwischen
der Wissenschaft und der Schule von In- und Ausland zu knüpfen.
Es könnte das vielleicht manchem Lehrer, der jetzt vom Schul-
wesen des Auslandes wenig weiß, eine kleine Anregung werden,
sich damit zu beschäftigen; wo wie hier persönliche Beziehungen,
wenn auch zunächst noch nicht engerer Art, hinzukommen,
pflegen solche Studien einen viel regeren Antrieb zu erhalten.
Auch dem Durchschnittspublikum, das sich seine Kenntnis vom
ausländischen Schulwesen fast ausschließlich aus der Tagespresse
bolt, die leicht dazu neigt, auf Grund vereinzelter Vorzüge aus*
ländischer Schulorganisation die heimische Verfassung als rück-
ständig zu bezeichnen, könnte auf diese Weise hin und wieder
gezeigt werden, um welcher Vorzüge willen das Ausland unsere
Schulen aufsucht, und so ein Gegengewicht gegen unrichtige oder
extreme Darstellungen gegeben werden, die ihm anderswo oft ent-
gegentreten, ich meine, es lohnte wohl, den Versuch zu machen.
dd, Angaben über Verstorbene aus dem Kreise der
Schule. Der schönen Sitte, mit der die Fürstenscbulen ihrer
verstorbenen Lehrer und Schüler gedenken, gegenwärtiger und
früherer, ist schon oben (S. 160 f.) gedacht und erwähnt worden
<a. a. 0.), daß sie auch an anderer Stelle Eingang gefunden hat.
Es erscheint mir im Interesse der Pflege engerer Beziehungen
d^^ ProgrammweseD aod ProgramBbibliothek d. hob. Seholeo,
zwischen allen Gliedern der Schulen recht wünschenswert, daB sie
mehr Ausdehnung auch an Anstalten gewinne, die sie bis jetzt nii±t
kennen. Will man nicht eine besondere Jahresfeier veranstaiteo,
wie es zunächst erst an wenigen Schulen geschieht, und den
Verlauf mit den kurzen Biographien pietitvoUen Gedenkens in die
Chronik aufnehmen, so mache man wenigstens ö bera 11 Angaben in
letzterer (vgl. die sächsischen Berichte). Es wird sich, denke idi,
wohl an jeder Schule ein Lehrer finden — der Direktor braucht es
nicht notwendig selbst zu sein >-, der mit Unterstützung der
alten Schöler der Anstalt in jeder Jahreschronik eine knappe
Übersicht einmal mit den notwendigen Daten, aber auch, wenn
es sein kann, in würdiger Darstellung von den Angehörigen der
Schule zu geben versuchte, die im Berichtsjahre aus dem Leben
geschieden sind. Was die Lehrer, die im Amte oder als
Pensionäre sterben, auch andere Persönlichkeiten, die
zur Verwaltung der Schule in Beziehung gestanden haben,
oder die während ihrer Schulzeil verstorbenen Schüler
betrifft, so geschieht es ja schon jetzt, bei den ersteren durch
die Gedächtnisfeiern, die dann in irgend einer Form in der
Chronik wieder erscheinen, bei den letzteren wenigstens durch
kurze Erwähnung und die üblichen freundlichen, oft etwas kon-
ventionellen Worte. Es käme also hauptsächlich darauf an, das
hinzuzufügen, was vom Leben früherer Schüler, die im Berichts-
a hre gestorben sind, der Schulgemeinde im weiteren Sinne mit-
uteilen möglich wäre. Sie erführe so nicht blofi überhaupt vom
Tode der Betreffenden, der ihr sonst oft nicht einmal bekannt
wird, sondern ließe sich auch die Erinnerung an manche liebe
Gestalt, mag sie lange dem Gesichtskreis entschwunden oder ihm
erst kürzlich entrückt sein, hier gern wieder lebendig werden.
Und die Angehörigen der Verstorbenen würden in dem Gefühl
bestärkt werden, daß diese doch noch als Glieder einer großen
Gemeinschaft gelten, mögen sie äußerlich audi längst von ihr ge-
schieden sein.
««. Angaben über Lebende aus dem Kreise der
Schule. Aber der Lebende hat recht. Warum hier bei den
Toten Halt machen, wo doch die Hunderte von Angehörigen einer
Schule, Lehrer, Schüler, Publikum und alle ihre Freunde oder
wenigstens manche der einen oder anderen Gruppe gern z. B. davon
erführen, was aus den Abiturienten des Jahrganges X. geworden,
oder wie es diesem oder jenem, der aus äußeren Gründen die
Schule früher verließ, auf den man aber Hoffnungen setzte, im
Leben gelungen ist? Wie viele unserer Schüler entschwinden,
nachdem sie der Schule kaum einige Jahre entwachsen sind,
unseren Augen nicht bloß, auch unserem Gedächtnis völligl Und
doch hörten wir von manchem gerne, ob er seine Examina be-
standen, wo er einen Wirkungskreis gefunden, ob die hochfliegen-
den Pläne, mit denen M. sich immer trug, verwirklicht wordeo
von R. Ullrich. 305
sind, und wozu es denn der wackere N., der 80 gute Kenntnisse
und so reifes Urteil und doch so wenig Vertrauen zu seiner
Kraft hatte, im Leben gebracht haben möge, und so von manchem
anderen. Die Wege der einzelnen gehen oft weit auseinander.
Die Schule aber sollte ihre früheren Glieder auch nach ihrem
Abgange etwas im Auge behalten und in der Chronik von ihren
wichtigsten Schicksalen einiges mitzuteilen trachten. Dazu gehört
freilich guter Wille, auch von der anderen Seite. Jeder, der die
Schule verläßt, sollte aufgefordert werden, von wichtigen Wende*
punkten seines Lebens ihrer Leitung oder auch, besonders wenn
diese inzwischen gewechselt hat, einem seiner früheren Lehrer
Kenntnis zu geben. Unvollkommen genug würden natürlich
solche Nachrichten sein, auch schwerlich alles, was gerade mit-
geteilt wird, sich für die Chronik eignen. Die Frage, wie weit
man in den Mitteilungen gehen, wie viel Platz sie beanspruchen,
ob nur trockene Aufzählungen des Tatsächlichen gegeben oder etwas
mehr versucht werden solle usf., würde in der ersten Zeit manchem
sonst für die Idee gewonnenen Berichterstatter Schwierigkeiten
machen; indessen das sind spätere Sorgen. Erkennt man die
Wichtigkeit des Ganzen für die Erhaltung rechten Zusammen-
hanges zwischen der Schule und auch ihren alten Gliedern über-
haupt einmal an, so wird auch die Ausfuhrung sich finden; mag
jeder ein verschiedenes Verfahren anwenden — wenn es nur
überhaupt versucht wird. Vergleichung vieler solcher Chroniken,
der Beifall auch, den sie in ihrem Leserkreise finden, würde ja
bald zeigen, welcher Weg der beste ist. Daß es auch solche
geben mag, die diese „Mehrforderung** im Jahresbericht als eine
„Belästigung** des Direktors ansehen (der es ja übrigens, wie be-
merkt, nicht gerade selbst zu machen braucht), vielleicht auch,
woran wir ja schon gewöhnt sind, meinen würden, Lehrer oder
Publikum hätten gar kein Interesse daran, glaube ich gern. Andere
wiederum dürften vielleicht erklären, das ginge über den Rahmen
dessen hinaus, was in einen Jahresbericht gehöre, oder auch auf
die Kosten hinweisen. Das alles brauchte uns freilich nicht irre zu
machen. Zu den Mitteln, ein möglichst starkes Band um die
^anze Schulgemeinde zu ziehen, gehört auch dieses unzweifelhaft
Um die Kosten hätte man aber, glaubeich, zunächst wohl kaum
Sorge. Die Mitteilungen würden wohl bescheidenen Umfanges
sein, eine Viertelseite, allenfalls eine halbe, nur in ganz großen
Gemeinschaften vielleicht — hoflentlich — mehr; auch hier müßte
eine Tradition sich erst bilden. Und bei verständiger Einschränkung
des Abschnitts 13 (s. o.276L)^ der unter Umständen um
einen ganzen Bogen gekürzt werden könnte, haben wir ja an
Raum und Mitteln noch so viel übrig, daß wir außer dem oben
(S. 302 ff.) Angeregten uns vielleicht auch hier und weiter unten
(s. Abschnitt V) noch mancherlei nützliche Ergänzungen gefallen
lassen können, ohne ein staatliches oder städtisches Budget
Z«i:'-«ebrift f. i, OjmnMialwM«n. LXL SapplemonUi«ft 20
306 Pro^ranm weven iiod Prof ramnliibliothek d. hob. Schnlea,
gegenüber dem jetzigen Ausgabeposteo irgendwie mehr zu be-
schweren.
Die Chronik i9t fdr das unmiUeibare gemötlicbe Interesse,
wenn ich go sagen darf, der meisten Leser der wichtigste Ab*
schnitt des ganzen Jahresberichts. Hier können auch die Gleich-
göltigsten, deren es in ihrem Verhiitnis zur Schule nach der
Meinung der Neueren so öberaus viele gibt, irgendwie gefesselt
werden, wenn der Berichterstatter wirklich jedem etwas su geben
weiß. Vielleicht stimmt mir der eine oder andere, dem meine
Vorschläge erwägenswert scheinen, in der Auffassung bei, dafi sie
wohl dazu beitragen könnten, die Chronik reichhaltiger nicht bioB,
sondern auch lebensvoller, anschaulicher, interessanter zu machen,
als es viele der jetzt vorliegenden sind. Schon für den engsten
Kreis der Angehörigen jeder Schule und deren Verhältnis zu ihr
wäre das ein recht erheblicher, nicht zu unterschätzender Gewinn.
So wenig durch das Papier das lebendige V^ort ersetzt werden
kann, das im Verkehr der Schule mit allen ihren Gliedern so
wichtig ist, so unersetzlich ist der gedruckte Bericht doch überall
da, wo dem persönlichen Verkehr natörliche Schranken entgegen-
stehen, und sehr erfreulieb mindestens auch för alle, die sich
des Gehörten oder Gesehenen gern wieder erinnern wollen. Wenn
aber die Chronik, wie zu zeigen versucht worden ist, auch der
Betrachtung des Schulwesens und seiner Zusammenhänge im
großen wesentliche Dienste leisten kann, so muß sicher alles ge-
schehen, was diese Aufgabe erleichtem, f&rdern und vertiefen
kann. Einige Mittel dazu wollte ich hier zeigen.
IV. Statistische Mitteilungen^).
Die statistischen Mitteilungen der preufsischen,
der meisten anderen norddeutschen Berichte (aufier den
sächsischen) und der von Elsafs- Lothringen enthalten
drei Teile: 1) SchQlerzahl und ihre Veränderung durch Ver-
setzung und anderen Ab- und Zugang nach Klassen, 2) Reli-
gions- und Heiroatsverhältnisse, nur im ganzen, 3) Abi-
turienten mit Angabe des Nationales (Vor- und Zuname, Tag
und Jahr der Geburt, Geburtsort, Stand und Wohnort des Vaters
bezw. Stellvertreters, Konfession), der Dauer des Aufenthalts auf
der Schule, des Aufenthalts in Prima (bezw. in der ersten Klasse
bei Nichtvollanstalten) und des gewählten Berufs. Ich bespreche
im folgenden die drei Punkte in der genannten Reihenfolge un^
schließe dann (unter [2a], [4] und [5]) noch zwei weitere Dinge
an, deren allgemeineAufnahme in die Jahresberichte mir notwendig
oder wünschenswert scheint.
^) Für dieseo Abschnitt i«t die Übersicht oben S. 157->162, anßer^ea
S. 190 f., 204 f., 219 f., 232 f. zn vergleichen.
v«B R. Ullrich. 307
1) Sehülerzahl uod ihre VerÜDde.rang.
Das Schema, welches für diesen Abschnilt nun seit einigen Jahr*
zehnten in Gebrauch ist und eine Gesamtbeurteilung dieser Verhält-
nisse in den meisten Staaten ermöglicht, ist heute im ganzen
wohi noch zweckmäßig, soweit die unmittelbare Verwertung für
Schul zwecke in Betracht kommt. Wünschenswert scheint mir
nur noch, daß das Lebensalter nicht bloß nach dem Durch-
schnitt jeder Klasse ersichtlich, sondern die Zusammensetzung
nach den Geburtsjahren auch im einzelnen für jede
Klasse deutlich gemacht würde. Auch Angabe der Zahl oder
des Prozentsatzes der Versetzten (bezw. Nichtversetzten) wäre,
wie in den Jahresberichten Badens und Österreichs,
in denen der übrigen Staaten erwünscht. Wie Berufs-
statistiker über die Sache denken, ob sie eingehendere An-
gaben wünschen und worüber, wäre wichtig und einmal genauer
festzustellen. Bedenkt man nämlich,' wie sehr sich die Wissenschaft
der Statistik in den letzten beiden Jahrzehnten entwickelt hat,
wie sie für ihre Arbeit immer neue Gesichtspunkte zu gewinnen
und im Dienste des Ganzen zu verwerten trachtet, so ist wohl
anzunehmen, daß sie auch für diesen Abschnitt Verbesserungs-
vorschlage zu machen hätte'). Wesentlicher wäre es freilich zu-
nächst, wenn es gelänge, besonders auch für Sachsen, Bayern,
Württemberg und Hessen ein Schema durchzuführen, das
dem norddeutschen sich wenigstens soweit näherte wie das
in Baden übliche, damit dieser Abschnitt für eine deutsche
Gesamtstatistik brauchbar würde, wie sie in Österreich schon
lange möglich ist, dessen Statistiken überhaupt mehr bieten. Ich
muß mich damit begnügen, den Wunsch auszusprechen und es
den beteiligten Instanzen, in diesem Falle den Regierungen
Sachsens, Bayerns, Württembergs und Hessens über-
lassen, der Sache näherzutreten; auch die Schulmänner der vier
Staaten sollten im Interesse des Ganzen dafür tätig sein. Daß
die Statistiken in Tabellenform zu geben sind, ist selbst-
verständlich. Ist man genötigt, sieb die entsprechenden Angaben
aus verschiedenen Stellen eines Jahresberichts oder gar mehrerer
aufeinander folgender zusammenzusuchen, so kann von einer leichten
und gleichmäßigen Verwertung nicht die Rede sein.
2) RelisioDs- uod Heimatsverhältoisse.
Die hier in beinahe allen deutschen Staaten bisher üblichen
Schemata genügen heule nicht mehr; man hätte sie schon bei
den früheren Regelungen der Sache ausfuhrlicher gestalten sollen.
Für beide Gesichtspunkte, Konfession (bezw. Religion) und
Heimat siod geeignete Schemata aufzustellen, die auch hier auf
^) über friihere Bemerkougeo in dieser Richtung vgl. das S. 232 A. 1
Aogefiihrte,
30*
308 Programmwegen ood Programinbibliothek d. liSh. Schalen,
eingehendere Fragen Antwoirl geben. Verhältnismäßig ein-
fach ist die Sache bei der Herstellung eines Schemas bezüglich
der Konfession; in vielen Schulen, die stiftungsmäßig oder in-
folge der Gleichartigkeit der Bevölkerung in konfessioneller Bio-
sieht nur Schüler derselben Konfession haben, ist es Oberhaupt
entbehrlich; es würde eine einfache Rubrik im Anschluß an das
Schema von 1 genügen, aus der ersichtlicb wäre, in welchen
Klassen sich Schüler der (wenigen) anderen Konfessionen (bezw.
Religionen) befinden. Dagegen ist ein ausführliches Schema,
nach Klassen geordnet, für alle Siroultanschulen nötig,
aus dem in gleicher Weise wie aus 1 ersichtlicb wäre, wie das
Verhältnis der Konfessionen in den einzelnen Klassen
und zu bestimmten Zeitpunkten sich gestaltet.
Schwieriger und von örtlichen Verhältnissen abhängig ist
die Aufstellung geeigneter Schemata für die Heimatsverhält-
nisse. Die jetzigen Angaben, aus denen in der Regel nur er^
sichtlich ist, wieviel Schüler im ganzen am Orte, wieviel irgend*
wo auswärts wohnen, sind ganz unzureichend und geben anf
viele wichtige Fragen nach der Bewegung der Bevölkerung auch
in den Schulen keine Auskunft. Notwendig ist auch ein beson*
deres Schema für die Unterscheidung nach dem Ort oder
wenigstens nach dem Staate bezw. der Provinz der Ge-
burt. Innerhalb der einzelnen Schulen werden auch Jahr für
Jahr solche Listen ausgefüllt, verbleiben aber bei den Akten oder
werden in den statistischen Ämtern verwertet; man sieht nicht
ein, warum sie nicht in den Jahresberichten abgedracki
werden. Denn auch der engere Kreis der Schule nimmt ja allmählich
mehr Anteil an statistischen Fragen und würde geeignete Zu-
sammenstellungen in der bezeichneten Richtung gern begrüßen.
In erster Linie notwendig ist natürlich die Einheitlichkeit,
wenigstens für einige Hauptschemata, die wiederuin nach Klassen
geordnet sein und deutlich machen müßten 1) nach dem Ge-
sichtspunkt der Wohnung: Wie viele Schüler in jeder
Klasse wohnen im Orte, wie viele auswärts. Die in Betracht
kommenden Orte wären der Tabelle schicklich anzupassen. Be-
sonders für die Mittel- und Grofsstädte werden diese
Fragen ja von Jahr zu Jahr interessanter, bekanntlich auch für
manche finanzielle Erwägungen. Sodann wäre wichtig 2) der
Gesichtspunkt des Geburtsortes oder -Landes bezw. der
Provinz. Zweckmäßig erscheint hier etwa das —^ wiederum
nach Klassen einzurichtende-^ Schema, das den meisten Schul-
männern aus ihren Listen bekannt ist und so unterscheidet:
Zahl der Schüler, die geboren sind a) am Orte, b) auswärts,
aber in derselben Provinz, c) außerhalb dieser Provinz, aber
in demselben Staate, endlich d) im Auslande. Dieses
Schema wäre allgemein einzuführen, würde auf alle Verhältnisse
passen und gäbe auf viele wichtige Fragen sofort Auskunft. Bei
von R. Ullrich. 309
.mehreren kleineren Staaten würden b und c zugammenfallen.
Wieweit innerhalb der einzelnen Abteilungen noch Unterscbei-
düngen zu machen sind, die der Obersichtlichkeit wegen kleiner
zu drucken oder überhaupt gesondert zu geben wären, durfte
von den örtlichen Verhältnissen abhängig zu machen sein. So
könnte (zu b) z. B. wesentlich sein zu ermitteln, wieviel Schüler
in den Vororten (Begriff genau festzustellen!) der betr. Groi's-
«tädte oder in demselben Kreise geboren wären. Anderer-
seits wurden manche vielleicht (zu c) gern noch unterscheiden,
aus welchen Provinzen sich der Bestand im einzelnen zu-
sammensetzt, ebenso (zu d), welche Auslandstaaten beteiligt
,sind; doch das könnte Gegenstand späterer Erwägungen sein.
Lehrreiche Muster nicht bloß dafür, wie es gemacht werden
.kann,y sondern auch wie es gemacht wird, bieten die Jahres-
berichte des Staates Hamburg'), in denen das hier Vorgeschlagene
zum größten Teile erfüllt ist, mit Ausnahme der Rubrik „Her-
kunft'', bei der auch nur die Gesamtzahlen (nach den Ge-
.«ichtspunkten: Staat Hamburg, übriges Deutschland, Ausland) ver-
zeichnet werden. Ich empfehle diese Jahresberichte unseren
Schul- und Berufsstatistikern zum Studium und zur Prüfung, ob
^die dort beobachteten Methoden sich zur Einführung in die
»übrigen deutschen Jahresberichte eignen. Da für Hamburg
.#chon Erfahrungen, und offenbar günstige, vorliegen, wäre es ein
(«rheblicher Gewinn, wenn diese z. B. auch für prenfsische und
andere deutsche Schulverhältnisse nutzbar gemacht werden
könnten, vor allem auch für jeden einzelnen Schulmann und jede
.Schulbehörde, auf dem einfachsten Wege, wie es der Abdruck in den
Jahresberichten isL Wichtig, ja unbedingt notwendig ist freilich,
daß die Schemata in allen den Staaten, die sich mit ihnen be-
ireunden können, nach gleichen Gesichtspunkten angeordnet
.werden. Wenn jeder Staat, jede Stadt oder jede Schule, die an
sich wohl Sinn für den hohen Wert solcher regelmäßigen Zu-
sammenstellungen hätten, wieder anderen Grundsätzen bei der
Ausführung folgten, so trüge die aufgewandte Mühe nicht die Frucht,
die man im ganzen erwarten kann.
[2a]. Ein weiterer Gegenstand der Statistik, und ein wieder-
um sehr lehrreicher, könnte eine Zusammenstellung (ebenfall:»
ktassenweise) nach dem Beruf der Eltern der Schüler
sein. Die Schwierigkeiten, die dabei in bezug auf die feste Ab-
grenzung vieler sich berührender Berufsarten entstehen, erkannte
(in etwas anderem Zusammenhange) schon Schwalbe (s. o.
d. 233), und sie sind seitdem gewiß nicht geringer geworden.
Aber die Fortschritte, die z.B. bei den Volkszählungen in
dieser Beziehung gemacht worden sind, sollten die Regierungen
*) Iq deo hessi flehen Berichten gind ähnliche Aosütze gemacfat; sie
wären aber weiter za verfolgen.
310 PrograniBweBen und Pr^grannbibliothek d. h5h. Seholea,
doch dazu ermutigen, auch in den Schulberichten einen Versuch
au machen, der gewiß nicht beim ersten Male vollkommen aas-
fiele, aber doch allmählicher Ausbildung fähig wäre. Es wären
unter Beröcksichtignng der in den verschiedenen Staaten un4
Provittten abweichenden Verhältnisse bestimmte Kategorien Ton
Berufsarten aufzustellen, nach denen in gleichmäfsiger Weise
in allen Jahresberichten die Einordnung stattzufinden hätte.
Gelegentliche Versocbe, die freiwillig schon in dieser Richtoog
gemacht worden sind (besonders in Jahresberichten höherer
Mädchenschulen habe ich manche gefunden), haben doch nur
lokale Bedeutung. Bei allgemeiner Regelung der Sache wdnie
man, was Jetzt hier und da erst in Umrissen wahrzunehmen ist,
deutlicher erkennen, z. B. wie sich die verschiedenen Berufsarten
auf die Schulen der kleinen und groBen Städte verteilen, welche
Schalarten von beatimmten Berufskreisen dauernd bevorzugt
werden, in welchem Grade sich zwischen unteren, mittleren Qn4
oberen Klassen ein Unterschied nach dem Stande der Elt^n be-
merklich macht, inwieweit die verschiedenen Teile eines größeren
Staates in dieser Beziehung voneinander abweichen usf.
Daß die genaue Feststellung dieser Dinge in sozialer Berohung
wichtig ist, hat man längst erkannt, und die unvermeidlicheB
„Fragebogen*' bringen sie allen, die von Amts wegen oder za
wissenschaftlichen Zwecken mit ihnen zu tun haben, immer wieder
nahe. Aber auch för den praktischen Schulmann, der an den
sozialen Problemen der Zeit Anteil nimmt, sind sie lehrreich;
die Schulgemeinde im weiteren Sinne hat ein Interesse an ihnen.
FAr Meugrfindungen, Umwandlungen von Schalen usw. sind sie
wichtig. Ihre allgemeine Aufnahme in die Jahresberichte scheint
mir nur eine Frage der Zeit; es ist dringend zu wünschen, dafs
die Unterricbtsbehörden der verschiedenen deutschen
Staaten eine gleichmäfsige Regelung in die Wege
leiten.
3) AbitorleBtea-VerieiehaisBe.
Die för die Abiturienten-Verzeichnisse') in den Jahres-
berichten der einzelnen Staaten gegebenen Vorschriften und die
Art ihrer Durcbföhrung kann man äs zweckmäßig bezeichnen');
eine Änderung ist hier nicht wönscbenswert, nur sollte auf die
genauere Bezeichnung des Standes des Vaters im allgemeinen
mehr Wert gelegt werden, damit diese Verzeichnisse für zu-
sammenhängende Untersuchungen zuverlässiger wurden. Die Ge-
sichtspunkte, nach denen sich die Sache regeln ließe, wären in
der oben (S. 309) bezeichneten Weise festzustellen und die Be-
richterstatter zu veranlassen, ihnen allgemein zu folgen. Ob die
in Sachsen noch Oblicbe Hinzufögung der Noten (über Be-
^) Vsl. dato ob«n S. 160.
*) Doch vgl. über Bayern o. S. 160.
von R. Ulirieb. 311
tragen und KenntnisBe) allgemeinere Verbreitung verdient,
möchte ich bezweifeln; gie scheint mir ein Rest von Anschauungen
älterer Zeit, deren Gewicht wir heute im allgemeinen nicht mehr
anerkennen; ich glaube, es wSre kein Verstoß gegen den Geist
der im Schulleben wichtigen guten Traditionen, wenn man sie
dort fallen ließe, ebenso wie man in den Jahresberichten anderer
Staaten mehr und mehr von derartigen öffentlichen Erwähnungen der
Schölerleistungen zurückgekommen ist (vgl. auch oben S. 158 ff.).
Was auch in diesen geblieben ist, die Aufführung der Abiturienten
nach der Rangordnung, mag auch in Zukunft allgemein bei-
behalten werden.
[4]) VerxeicbDisBa der sonst AbgegsttgoDen.
Gegenfiber den „Abiturienten'* der Nichtvollanstalten,
die nach Restehen der Schlußpräfung in deren Jahresberichten
genau nach den gleichen Gesichtspunkten verzeichnet werden,
wie die der Vollanstalten, scheinen mir diejenigen zu kurz zu
kommen, die neunklassige Anstalten mit dem Einjährigen-»
Zeugnis, dem Zeugnis för Prima oder Oberprima ver-
lassen oder sonst aus den oberen Klassen abgehen. Ge-
wöhnlich werden alle diese Kategorien (die „Einjährigen*'
gesondert), in den Jahresberichten ziemlich summarisch abgetan.
In den meisten Fällen erfolgt nur Angabe der Zahl, bei den „Ein-
jährigen** unter Hinzufögung, wie viele von ihnen zu einem
praktischen Reruf übergegangen sind, selten wenigstens
noch Angabe der Namen der Schüler, die aus höheren Klassen
als U* II abgegangen sind, manchmal auch unter gleichzeitiger
Rezeichnung der betr. Klassen. Will man nicht über alle Ab-
gegangenen genauere Angaben machen, auch über die, welche
die Schule Mhon in den Unter- oder Mittelklassen verlassen
haben, was vielleicht zu weit führte, aber doch erwägenswert
wäre, so scheint es mir doch geboten, in Zukunft wenigstens
bei allen denjenigen, die mit dem Zeugnis für Obersekunda
oder später abgehen, von dem bisherigen summarischen Ver-
fahren in den Jahresberichten Abstand zu nehmen und diese
Schüler, deren Zahl an den meisten Vollanstalten ja keine allzu-
große ist und mit der Zunahme der Realschulen immer geringer
werden wird, genau in derselben Weise aufzuführen, wie dies bei
den Abiturienten üblich ist; in der vorletzten Spalte wäre bei
ihnen die Dauer des Aufenthalts in der zuletzt besuchten Klasse,
in der letzten — soweit angängig — der gewählte Beruf so genau
wie möglich beiw. die Anstalt, auf welche der Schüler über-
gegangen ist, namhaft zu machen. Ein triftiger Grund gegen
derartige Verzeichnisse ist schlechterdings nicht denkbar. Allzuviel
Platz würden sie in der Regel nicht beanspruchen; in sachlicher
Reziehung sprechen dafür fast genau dieselben Gründe, die man
für die Abiturientenverzeichnisse der neun- und vollends der
^/^ ProgrammweBeo nod ProgrlnoBibibliothek d. koh. Schnlei,
sechsklassigen Anstaften anfufaren kaon. Sie sind für alle Leser
der Berichte von dem gleichen Interesse wie diese; und die
statistischen Folgerungen, die man aus ihnen ziehen kann
(Kreise, aus denen die betr. Schdler stammen, Dauer des Aufent-
halts in der Schule, Aller, gewählter Beruf, Übergang auf andere
Schulen und — was besonders wichtig — andere Schularten
uam.), stehen an Bedeutsamkeit nicht hinter den aus den anderen
Verzeichnissen gewonnenen zurück. Darüber aber, daß jemand
sagen möchte (wie in der Tat ja von Schulmännern strengster
Observanz geschehen ist), die Schule habe an diesem „Ballast'*
eigentlich kein Interesse, die Vollanstalt (oder genauer das Gym-
nasium) sei nicht dazu da, „Einjährige*' zu züchten usf., kann
man füglich zur Tagesordnung übergehen. So lange in zahlreichen
Städten die einzige höhere Schule ein Gymnasium ist — und das
wird sich voraussichtlich so schnell nicht ändern lassen — , bleibt
für viele minder begüterte Eltern, die ihren Kindern eine
über das Ziel der Volksschule hinausgehende Bildung angedeihen
lassen wollen, kaum eine Wahl. Sie müssen diese dem Gymnasium
zuführen, wenn auch in vielen Fällen eine Realschule an sich
geeigneter wäre.
Die Forderung von genauen Verzeichnissen dieser vor Ab-
solvierung der Vollanstalten aus ihrem Verbände ausscheidenden
Schüler in den Jahresberichten führt endlich auf die Sitte der
[5]) Allgemeioen Schiilerverzeichoisse.
Ober Entwickelung und Stand dieser Verzeichnisse, insbeson-
dere das Mafs der in ihnen enthaltenen Angaben in den
verschiedenen Staaten ist oben (S. 158 ff.) das Nötige mitgeteilt.
Welchen Zweck sollen sie erfüllen? In den entsprechenden Ver-
fügungen wie in der Fachpresse findet sich nur selten eine ver-
einzelte Bemerkung darüber; eine zusammenfassende Erörterung,
die wohl zu wünschen wäre und auf manche lokale, traditionelle
Gesichtspunkte eingehen müßte, fehlt. Ich denke im allgemeinen
nicht zu hoch von der Bedeutung dieser Verzeichnisse, ganz be-
sonders wenn ich den erheblichen Raum in Betracht ziehe,
den sie besonders an großen Schulen einnehmen^), und dabei
vergleiche, wie viele unzweifelhaft viel wichtigere Bestandteile da-
gegen oft ganz fehlen oder überaus dürftig sind gerade in den
Jahresberichten solcher Staaten, die wiederholt ans Gründen der
Sparsamkeit die Knappheit der Jahresberichte forderten.
Sind sie wirklich wichtiger als eine ausführliche, in der oben
(S. 2S8 tr.) bezeichneten Weise lebensvoller gestaltete und für so
viele Kreise bedeutsame Chronik, wichtiger auch als eine um-
1) la dea Jabresberichtoo der Kreusuchute m Dresden z. B. über
5 Seiten, in denen der größeren badischen Anstalten kaum weniger, in
den bayerischen (bei S ^-Format) oft mehr als doppelt so Tiell
voü R. Ullrich. ^ 313
fassendere, der Wissenschaft und Praxis mannigfaltige Anregungen
gebende Statistik (o. S. 307 t\ wichtiger endlich als ausföbr-
Uche, für die Leser sehr nützliche Angaben über die etats-
mäfsigen Vermehrungen der Sammlungen (s. Abschnitt V)?
Fast scheint es, daß die verantwortlichen Leiter der Schulbehörden
aller derjenigen Staaten schon seit langem so urteilen, die für die
eben genannten Dinge wenig oder gar keinen Platz haben. Der An-
laß, der diese Verzeichnisse in mehreren Staaten ins Leben rief und
zu einer dauernden und gewiß auch beliebten Einrichtung machte
und noch heute macht, ist wohl der des lokalen Interesses der Schul-
gemeinde gewesen^). Man wünschte, daß alle ihre Glieder auf
geeignete Weise Kenntnis von der jeweiligen Zusammen-
setzung der Schule und ihrer Klassen erhielten; so ver-
anstaltete man jährlich eine erweiterte Auflage des Albums der
Schule, wenn ich so sagen darf; man fand jedes Jahr die Mehr-
heit der Schüler, meist um eine Klasse vorgerückt, wieder und
die Minderheit der neuen dazu. Und hatte einer selber die ganze
Schule durchgemacht und ihre Berichte noch beisammen, so
mochte er als reifer Mann die Seinen noch auf den eigenen
Namen weisen, dessen Träger einst so lange Mitglied einer berühm-
ten Anstalt gewesen war, sich auch an der Hand des gedruckten
Verzeichnisses manchen leichter wieder ins Gedächtnis zurück-
rufen, der mit ihm auf derselben Schulbank gesessen, aber nun
fichon lange seinem Gesichtskreis völlig entschwunden war'). Ich
verkenne die Bedeutung dieser Momente nicht, vor allem für die
alte Zeit mit wenigen Schulen, zu denen als „Lateiner'^ zu ge-
hören für den einzelnen und seinen Kreis eine weit größere Ehre
war als es dies jetzt ist. Dazu kam dann oft noch der Brauch, diese
Verzeichnisse als eine Art öifentlieher Zensuren') der Schüler
anzusehen, was für ihre Schätzung oft geradezu entscheidend
war. Und wo das geschriebene Album der Schüler aus älteren
Zeiten nicht mehr vorhanden war, mochte man immerhin, soweit
möglich, aus den gedruckten Verzeichnissen ein solches im ganzen
für einen längeren Zeitraum zusammenstellen. Gewiß hatte dies
nicht die geschichtliche Bedeutung einer Universitätsmatrikel von
der Art etwa derjenigen der Wittenberger Hochschule, zu der iu
ihren besten Zeiten die Schüler aus halb Europa zusammen-
strömten^). Aber es konnte doch für einen längeren Zeitraum
Anhaltspunkte für die Zugehörigkeit verschiedener Generationen
iJerselben Familie zu einer Schule geben, konnte zeigen, aus
welchen Gegenden, aus welchen Berufskreisen der Anstalt Schüler
zukamen — wenn anders es über diese Dinge etwas sagte.
^) Vgl. daza die Bemerknogaa voo K. Hoereoz, Päd. H^oehmibl, XI
(1901/2) S. 121 {Bibl. Abt, 4, Nr. 128).
') Vgl. daza die Bemerkungeo oben S. 283 und 304.
*) Vgl. dazQ die Obersichteo obeo S. 159, s. auch S. 205.
«) VfL daza o. S. 219 mit Anm. 3.
314 Programoiwesen nod Programmbibliotliek d. bSh. Sehnlea,
Wiewohl heute die Zahl der Schulen sehr viel grdfier und die
überragende Bedeutung einzelner Anstalten nicht bloß in gleichem
Verhältnis, sondern sehr viel mehr geringer geworden ist, möchte
ich auch die Bedeutung dieser Momente öberall da nicht in Ab-
rede stellen, wo sie (wie z. B. in Bayern, Baden und Sachsen)
auf alter Tradition beruhen und dabei die Berücksichtigung
anderer, jetzt für die Gesamtheit der Schulen unzweifelhafl
wichtiger gewordener Teile der Jahresberichte (s. o.) nicht hindern
— was von den genannten Ländern nur in Sachsen geschieht.
Auch das Mafs des in diesen Verzeichnissen Mitgeteilten ist für
ihre Bedeutung von Einfluß. Bieten sie nichts weiter als Namen
und Vornamen der Schüler, so haben sie im ganzen wenig Wert.
Ober z. B. für die Namenforschung (in bezug auf Familien^
wie Vornamen) heute noch groB ist, mögen Kenner entscheiden.
Was Deutschland im besonderen betrifft, so müBte wohl des
Material umfassender sein, als es die wenigen kleineren Länder
bieten, die diesen Verzeichnissen eine feste Stelle im Jahreshericht
angewiesen haben. Für statistische Zwecke sind sie aher
erst dann recht verwendbar, wenn sie (verhältnismäßig) mindesten»
die gleichen Angaben bieten wie etwa die Abiturientenverzeicfa-^
nisse (s. o.), was z. Z. nur in Bayern zutriflt^). Für diese
Zwecke scheint es mir aber nicht notwendig, auch für die Ver-
wertung unpraktisch, fünf und mehr Seiten damit zu füllen
(0. S. 312 A. 1); sie werden durch Tabellen der oben (S. 307 ff.)
bezeichneten Art weit schneller und sicherer erreiclit So bliebe
also nur die Rücksicht auf Schüler, Eltern und Publi*
kum, die nun gedruckt lesen können, daß Wilhelm Scfaulse
Schüler der Quarta eines bestimmten Jahrganges gewesen oder
Friedrich Müller zu derselben oder anderen Zeit der Ober* Tertia
angehört hat. Wird der Knabe (in 99 unter 100 Fällen) einmal
ein großes Licht, so kann sein Biograph auch noch feststellen, wann
und wie lange er in einer Klasse gesessen und welche Lehrer er
gehabt hat; das ist zwar an sich nicht unwesentlich, besonders das
letztere, aber doch auch aus den viel einfacheren Abgangslisten»
wenn anders sie zweckmäßig eingerichtet sind (s. o.), zu entnehmen«
ebenso aus dem geschriebenen Album der Schule, dessen Einsicht-
nahme in den wenigen wirklich aktuell werdenden Fällen Ton
Bedeutung wohl nicht verweigert werden wird, von anderen
Quellen, der betr. Familie z. B., die in solchen Fällen heute jeder
Biograph aufsucht, ganz zu schweigen. Jedenfalls würde diese
Rücksicht den jährlichen Abdruck der ganzen Schulgemeinde
nicht lohnen. Wollte man auch in dieser Beziehung alle Be-
dürfnisse befriedigen, so wäre es immer noch einfacher, zu den
oben (S. 311 f.) geforderten Verzeichnissen noch die genauen
') lo Sachsen findet sich z. B. der Beruf des Vaters Bicht in allea
BerichtoD gleichmiBi^.
von R. Ullrich. 315
Personalien der neu Aufgenommenen in den Berichten
jedes Jahres hinzuzunehmen. Viel mehr als hundert werden es
selbst hei der größten Schule kaum sein, bei den übrigen sehr
viel weniger. So würden für Gegenwart und die fernste Zukunft
alle befriedigt.
Was übrigens die Reihenfolge betrifft, in der die Schüler
in den vollständigen Verzeichnissen nach Klassen aufgeführt werden
sollen (vgl. o. 8. 158 ff.), so würde ich die rein alphabetische
aus praktischen Gründen der nach den Leistungen vorziehen.
Ich glaube (vgl.o. S.310t) es genfigte, wenn das Rangordnungs-
verzeicbnis auf die Abiturienten beschriinkt bliebe. Doch sind
Abweichungen, wie in Sachsen und in etwas anderer Form in
Österreich, in der Entwicklung der dortigen Schulverhflitnisse,
auch der Gewöhnung des dortigen Poblikum begründet, und man
wird nicht gern von dem bisher Oblichen abgehen wollen (vgl.
auch oben S. 205).
Ich meine also, wo der jährliche Abdruck der ganzen Schul-
gemeinde auf einer ihr und ihrem ganzen Kreise lieb gewordenen
Tradition beruht, da behalte man ihn, falls man wegen der
Kosten, die der erhebliche Raum beansprucht, nicht wichtigere
Teile der Jahresberichte preisgibt. Die Sitte heute neu ein-
zuführen (hin und wieder haben sie auch junge norddeutsche
Anstalten) halte ich für wenig ersprießlich. Wer es tun will,
ohne von Amts wegen dazu genötigt zu sein, lege sich erst ernst*
lieh die Frage vor, ob er in den übrigen Teilen des Jahresberichts
alles getan hat, was dessen Zweck wahrhaft förderlich ist, vor
allem in der Chronik, Statistik und den Mitteilungen
über die Sammlung von Lehrmitteln.
V. Sammlung von Lehrmitteln.
Es handelt sich hier vor allem um die Vermehrung der
Lehrer- und Schülerbibliothek, der üblichen natur-
wissenschaftlichen Sammlungen, der Kartensammlung,
der Anschauungsmittel für Kunst (die hier und da, z.T.
mit Recht, den stolzen Namen „Archäologisches Kabinett**
tragen), des Zeichen- und Turnapparats, wozu in manchen An-
stalten noch die der Münzkabinette, eigenartiger ethnographi-
scher Sammlungen uam. kommt. Über das, was die Ver-
fügungen der meisten Staaten in dieser Beziehung vorschreiben,
oder was bei andern wenigstens Brauch geworden ist, habe ich
oben (S. 157 f.) das Nötigste bemerkt; auch die Diskussion hat
sich ifiit diesem Abschnitt häufiger als z. B. mit dem vorigen he-
schäftigt (vgl. 0. S. 191 f., 205, 257 u. ö ).
Es wird hier hauptsächlich zu erwägen sein, ob und in
welchem Umfange die den Anstalten im Laufe des Berichtsjahres
zugewachsenen Lehrmittel der genannten Art in den Jahres-
31ß ProgrammweseB ood Programmbibliothek d. höh. Scbnlea,
berichten anzuführen nach deren Zwecken nutzlich ist, inwieweit
demgemäß die darüber getroffenen amtlichen Bestimmungen zweck-
mäßig sind und was etwa im Anschluß an den gegenwärtigen
Stand der Dinge noch geschehen könnte, diesen Abschnitt mög^
liehst fruchtbar zu machen.
1) Die Sammlungen der Anstalten sind von jeher durch
Geschenke bereichert worden. In den ältesten Zeiten waren
die Schulen fast auf sie allein angewiesen^); aber auch als später
unter den geordneleren Verhältnissen zentraler Verwaltung in allen
Staaten die Vermehrung auch der für den Scbulbetrieb und die
wissenschaftliche Portbildung der Lehrer immer wichtiger ge-
wordenen Sammlungen verschiedenster Art aus sog. etatsmäßigen
.Mitteln eintrat, blieben die ,, Geschenke*' gern gesehene Gäste,
und es gibt heute wohl keinen unter 1000 Jahresberichten, k\er
.ihrer nicht wenigstens einige gerade för die Sammlungen an-
führen künnle. Der Brauch ist ein so fester geworden, daß
sogar fast alle Verfügungen auf sie ausdrücklich Rücksicht nehmen
^nd ihre Anführung in den Jahresberichten vorschreiben, derart,
daß die Verzeichnisse der aus etatsmäfsigen Mitteln l>eschafften
Bücher, Anschauungsmittel usw. sogar in den Hintergrund ge-
drängt oder — z. T. auf direkte Anordnung der Behörde — aus
den Jahresberichten ganz verschwunden sind. Das ist ein auf
die Dauer ganz unhaltbarer Zustand. Gerade die etats-
niäßigen Vermehrungen sind die wichtigsten, sie sollten unbedingt,
wie in Preufsen, Österreich, Sachsen, £l8afs*Lo-
ihringen, Anhalt und einigen kleineren Staaten, so auch
in den drei süddeutschen Staaten') und in Hessen durchweg
angeführt werden. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
Von den Geschenken sind auch heute noch manche reclit
wertvoll, z. T. so bedeutend, daß sie eine wirkliche Bereicherung
des Schulorganismus darstellen und nicht bloß in diesem Ab-
schnitt, sondern — wie oben hervorgehoben (S. 300) — gradezu
in der Chronik der Anstalten einen Platz verdienen^). Bei um-
^) Vgl. darüber, soweit die Lehrerbibiiothekeoio Betraehk kommes,
meioe Bemerkuogeo in Reine En%, Hdb. d. Päd, ^ V (1906). S. 447 f.
') Besoodere io Riickeicht auf den Rann, der z. B. in Baden nod
Bayern auf die Schulerverzeichnisse verwandt wird; %, o.S.313.
*) Es lassen sich ihrer aus f^ieße-Irmer (s. o. S. 89 Ann. 2) ood älteres
Jahresberichten Datzende anrühren. Von sehr wertvollen Buch er Mmmlniisea
z. B., die in den letzten Jahren einzelnen Anstalten zogofallen sind« seien erwähnt:
Am Königin Carola-Gyrnn. in Leipzig 1574 Bde. der Wasa- Bibliothek,
von I. M. der Königio-Witwe Ca rola (jö. 1906, S. 5 ff.)« am Gj/mn. Joha»-
fieum in Harn barg 1040 Bde., 883 Broschäreo und 26 Kasten mit Ab>
bildungen, aus dem JNacblafi des t Prof. Dr. KaUmann {Jb. 1907 y S. 8 n.
21; holFentlich werden davon wenigstens die wichtigeren Werke in eineai
der nächsten Berichte namentlich tafgeführt), ganz besonders aber am K^.
Gymn. io Speyer, das schon über die bedeutendste Bibliotheksstiftnng- aller
deutschen höheren Lehranstalten verfugt, gegen 10000 Bände von den
früheren Direktor der Deutschen Seewarte, Wirkl. Geh. R. Dr. G. v. Nes-
von R. Ullrich. 5i7
fassenderer Lektöre der Jahresberichte wird man auch inne, wie
viele bedeutende und kostbare Werke (besonders größere
LieferuDgswerke) von den Behörden ständig einer Reihe
von Anstalten überwiesen werden. Weit größer aber ist noch
die Zahl der Gaben, die kaum als fördernd für die
Zwecke der Schule und die« wissenschaftliche Arbeit
der Lehrer angesehen werden können, sondern höchstens den oft
knappen Raum unnötig beengen, dazu den Vorstehern der Samm-
lungen noch die unfruchtbare Mühe des Einordnens, Katalogisierens
usw. aufnötigen, Gaben, die ihre Spender selbst nicht recht zu
gebrauchen wußten, für die Sammlungen einer höheren Lehr-
anstalt aber immer noch grade für gut genug hielten. Dazu
kommen, z.B. in den Schenkungen für die naturwissen-
schaftlichen Sammlungen, neuerdings auch für das Zeichen-
kabinett, noch unzählige, oft gut gemeinte Gaben von Schülern,
die nur eine Beschwerung des Apparats bilden, in vielen Fällen
auch noch die Lachlust herausfordern — wenn sie nämlich Stück
für Stück sogar im Jahresbericht abgedruckt werden. Manche
Berichterstatter verfahren hier mit einer Gewissenhaftigkeit, die
des Komischen nicht entbehrt^). Die Behörde verlangt allerdings,
die Geschenke sollen aufgeführt werden. Danken ist auch eine
schöne Tugend. Wenn ein freundlicher Gutsbesitzer der Um-
gegend einer kleinen Landstadt der Bibliothek der Schule, die
seine Jungen besuchten, seine abgelegten, zerlesenen Schmöker
zuweist, oder ein frischer Quintaner die Speisekammer der Mutter
plündert, um in den Zeichenapparat eine Bierflasche für das
Zeichnen nach plastischen Vorbildern zu stiften, ein anderer
wieder etliche an der Seekäste gefundene Steine oder Muscheln,
einige auf der Wiese erjagte harrolose Käfer dem naturwissen-
schaftlichen Kabinett darbietet, so kann das an sich alles aus
wirklichem Interesse hervorgehen, manchmal auch — wiewohl
seilen — tatsächlich eine wirkliche Bereicherung der betr. Samm>
lungen darstellen; so z.B. wenn ein Schüler für den Homer-
unterricht das Haus des Odysseus im Grundriß entwirft, oder
einen mit vieler Mühe selbstgearbeiteten Apparat dem Natur-
kundelehrer darbietet, obwohl in den meisten Fällen die kindische
Eitelkeit eine Rolle spielt, gerade wie es zu unsrer Schulzeit auch
schon der Fall war (s. o. S. 240). Aber muß denn über das
alles auch noch im Druck dankend quittiert werden'), sogar mit
mayer, worüber wohl der diesjährige Bericht des Gymoasiums, der mir
aber z. Z. noch nicht zugänglich ist, Mitteilung gemacht hat; doch vgl. auch
z. B La. Ztbl. LVIII (1907) Sp. 459.
') So war knrzlich in einem Jahresberichte zn lesen, dafi „zwei
Likörflascben gesehenkweise nberlassen** wordeo ! lo einem
anderen werden ein paar Schlittschuhe gleicher Ehre gewürdigt.
3) Was H. Möller (a. a. 0. S. 15) in dieser Richtang bemerkt, ist
zotreffend.
3Jg Progrämmwtstn aod Progrannbibliothek d. hSh. Schales,
den Nameo von Schülern, wie das in Dolzenden von Jahres-
berichten immer noch geschiebt, troti des Spottes, der mit Recht
schon gelegentlich Ober solche Torheiten ausgegossen worden ist?
Haben die Berichterstatter den Haßstab für die Grenze zwischen
Wichtigem und ganz Belanglosem so v6liig verloren? Es sclieint
wirklich, dafi die Regierungen durchweg mit einer Erginzang der
einschlägigen Verfugungen („Antöhrung der wichtigeren Ge-
schenke'') denen, die alle solche Dinge aufschreiben und drucken
lassen, zu Hilfe kommen mußten, damit sie sich in ihrem Gewissen
nicht beschwert fohlen, wenn sie sich hinfort hier auf das
Wichtige, wirklich Förderliche beschränken.
2) Dagegen werden die Angaben über die etatamifsigen
Anschaffungen, die in den Berichten einiger Staaten (e. o.)
ganz fehlen, auch in denen, wo sie vorgeschrieben sind, mit einer
gewissen Freiheit behandelt, die im umgekehrten Verhältnis inm
Werte der Gegenstände und ihrer Wichtigkeit für die Lehrer steht.
Da werden die Anschauungen fQr die Lehrer- und Schäler-
bibliothek z. B. nicht selten sogar in Preußen (den Vor-
schriften entgegen) gar nicht oder nur in Auswahl an-
geführt') statt vollständig, die Angaben der Titel, die immerhin
(wie billig) abgekürzt gegeben werden mügen, sind ungenau,
oft geradezu unrichtig, die Namen der Verfasser werden oft
greulich verunstaltet, auf Obersichtlich keit in der An-
ordnung wird nicht selten überhaupt kein Wert gelegt, es steht
alles bunt durcheinander usf. Aber freilich, viele Berichterstatter,
von den Wortführern der Diskusston angesteckt, die die Anfuhrang
dieser Dinge, die „kein Mensch liesV) oder über die sich der
Lehrer ,jederzeit auf dem kürzesten Wege Kenntnis verschaffen
kann'*'), überhaupt für überflüssig erklärten, mochten diese Meinung
teilen; und von dessen Wert mau nicht überzeugt ist, das macht
man auch weder gern noch gut.
Hat es aber Zweck, und welchen, diese etats-
mäßigen Vermehrungen der Sammlungen anzuführen?
Für die Schüler, wirkliche und ehemalige, die Lehrer
der eigenen Anstalt und anderer, die Behörden, das
Publikum, etwa gar für die Gelehrten? Die Frage ist im
ganzen zu bejahen, wiewohl natürlich — was ja schon auf
andere Abschnitte des Jahresberichts zutraf — nicht alle Teile der
Sammlungen und die für sie gemachten Neuanschaffungen alle
Kreise gleichmäßig interessieren werden. Ich hebe die
wichtigsten Punkte hervor.
a) Für die Schüler der Anstalt kommt naturlich in erster
*) Hia iiod wieder geschieht das sogar ao AnstAlten, die soast jedea
Käfer, jede Fledermaus usw., die für die oatarwisseDschaftliche Saamlsaf
von Schülero gestiftet siod, gewissenhaft robriuerea.
'^) So der öfter erwähnte Aator der Gr€n%boten vod 1901 (a. a. O. S.343:.
•) Vgl. 11. Müller a. a. 0. S. 10.
voa R. Ullrich. 319
Linie die Vermehrung der Schölerbibliothek in Betracht.
Hag auch ein gedruckter Katalog bestehen, so veraltet doch bald
vieles, manches wird unbrauchbar; der Schüler hat aber ein
Interesse daran, die neuesten Anschaffungen zu erfahren, falls sie
ihm nicht in einem geschriebenen Kataloge oder durch fort-
währende Ergänzungsdrucke zugänglich gemacht werden. Das
erstere hat aber seine Schwierigkeiten, das letztere ist überflussig,
auch kostspieliger, als das im Jahresbericht regelmäßig abgedruckte
Verzeichnis, auf das übrigens auch die Behörden mit Rücksicht
auf die erziehlichen Momente geeigneter Lektüre für die Jugend
immer großen Wert gelegt haben'). Auch für die Lehrer andrer
Anstalten, besonder« diejenigen, die selbst Schülerbibliotheken zu
verwalten und geeignete Auswahl unter der immer gewaltiger an-
schwellenden, vielfach ungeeigneten Jugendlektüre zu treffen haben,
ist es sehr wertvoll und dabei am leichtesten, aus den Jahres-
berichten zu erfahren, wie an dieser oder jener Schule verfahren
wird, trotz des vortrefflichen Ellendtschen Katalogs*).
. ß) Dasselbe trifft für die Lehrer, der eigenen Anstalt wie
andrer, in bezug auf die Neuanschaffungen der Lehrer-
bibliolhek wie der anderen Sammlungen zu. Natürlich
kommen auch hier Hißgriffe vor. Diejenigen, die über die manch-
mal geringen Hittel der einzelnen Sammlungen, besonders der
Lehrerbibliotheken, Klage führen, schaffen oft Dinge an, die
keineswegs empfehlenswert sind, den Tadel, ja den Spott heraus-
fordern uod höchstens zeigen — immerhin auch lehrreich - — , wie
man es nicht machen soll. Aber das sind Ausnahmen. Die
Berichte über die Neuanschaffungen für die Lehrerbibliolhek, die
Kunstsammlung — wenn ich so sagen darf — , den naturwissen-
schaftlichen Apparat usf. zeigen doch, daß ihre Verwalter und
die betr. Kollegien überhaupt darauf bedacht sind, nach Naß
ihrer oft bescheidenen Hittel möglichst das Beste, für die
Anstalt und ihre Lehrer Zweckmäfsigste auszuwählen.
Im Gegensatz zu dem Diktum unseres Autors aus den Grenp-
boten von 1901 „Sie liest kein Hensch'' kann ich auf das be-
stimmteste versichern, daß nicht wenige Bibliothekare, auch andre
Lehrer, die Liste der Neuanschaffungen bei dieser oder jener
Anstalt sorgfältig durchlesen, um daraus für sich selbst An-
regungen zu gewinnen'). Jüngeren Bibliothekaren, zumal an
^) Vgl. darüber i. B. die pretttsische Verfugoog vom 16. Okt. 1886
{Beier a. a. 0. S. 120 f., Aom. 1), die aebr beacbteoswerte Wioke eatbält.
') Kataloge für die Schülerbibliatheken höh. Lehranstalten, nach Stufen
und nach Jf^üseneehaßen geordnet, Halle* 1905, Bucbb. d. Waiseob., XXXXI,
160 S. 3 JC.j kart. 3,80 JC. Aucb dieae Arbeit gehört zu denen, die aua
Programnabbandluogeo hervorgegangen aiod, vgl. o. S. 130 fS, und
S. 140 mit Aom. 4.
') Vgl. für die ältere Zeit acboo die treffenden Bemerkungen von Dein-
bardt(o. S. 205) und Stamme r (^»&/. ^R 4, Nr. 85a); daß £. Stempliuger
{BibL Ab€. 4, Nr. 144, S. 13), mit dessen Anscbaauogen über die Bedeutung
^2^ ProgrammweseB ond Programmbibliothek d. hob. Seholea,
neuen Anstalten, die zunächst wirklich nicht immer recht wissen,
wie sie die Summe von einigen Tausend Mark, die für die erste
Einrichtung neuer Schulbibliotheken bewilligt zu werden pOegeo,
am Torsichtigsten und zweckmäßigsten für die Bildung eines ge^
eigneten Grundstocks verwenden sollen, kann kaum etwas Besseres
empfohlen werden, als sich ein Uutzend Berichte gleichartiger
älterer Anstalten, womöglich aus verschiedenen Provinzen und
Staaten, und nicht gerade bloß aus dem neuesten Jahrgange vor-
zunehmen und daraus Anregung und Belehrung zu holen. Es
wird weder ihr eigener Schaden sein, noch der ihrer Bibliothek.
Übrigens ist auch der Abdruck der Neuanschaffungen im Jahres-
bericht selbst för die Lehrer derselben Anstalt keineswegs
so überflüssig, wie der ungenannte J. S. (S. 343) und H. H öller
(S. 10) meinten. Die Sache liegt för sie durchaus nicht so einfach,
wie der letztere meinte, daß sie sich „jederzeit auf dem kurzesteo
Wege Kenntnis davon verschaffen'* können ; der Weg ist oft ein
recht langer, umständticher (s. o. S. 236t[f, Und wenn der erstere
wiederum erklärte, „dem Lehrer, der die Bibliothek benutzt» steht
der weit übersichtlichere Katalog immer zur Verfügung**,
so befindet er sich in beiden Punkten för eine große Zahl von
Schulen in bedauerlichem Irrtum, die weit von der allerdings
selbstverständlich scheinenden Anschauung entfernt sind, den
Katalog , Jederzeit'* zur Verfügung zu stellen; manche können es
übrigens auch nicht. Und was die „Übersichtlichkeit** betrifft —
wie viele derartige Kataloge mag ihr Lobredner wohl gesehen
haben!
y) Die Behörde hat in Preufsen, was die Schälerbibliotheken
betrifft, den Lehrern zur Pflicht gemacht, nur Geeignetes anzu-
schaffen^); sie hätte dasselbe fast mit gleichem Bechte in bezug
auf viele Lehrerbibliotheken tun können. Jedenfalls bilden die
Listen über die Neuanschaffungen» zu denen so große Summen
staatlicher und städtischer Gelder verwendet werden, auch för
die Behörden ein wichtiges Mittel, zu erkennen, wie bei der
Beschaffung der Lehrmittel für die verschiedenen Sammlungen
verfahren wird. Es wird auch hier, wie z.B. Pietzker (a. a. 0.
S. 413) durchaus richtig bemerkt hat, „ein z. T. recht tiefer Ein-
blick in den Geist ermöglicht, der den Lehrbetrieb auf einer
Schule beseelt*\ Natürlich könnten sich die Behörden diesen
Einblick auch auf dem Wege direkten amtlichen Berichts jeder
Anstalt verschaffen, der in den Staaten, deren Jahresberichte die
Listen nicht enthalten, auch gewiß erfolgt Damit geht aber
der Jahresberichte ich mich soost wenig befreaodeo kann, wenigstens in
dieser HiDsicht (wohl mit besonderem Bezog auf Bayern) sich für die
Aufoohme io die Jahresberichte erklärt, ist erfreulich and verdient, be-
sonders erwähnt zu werden. Es wäre freudig so begrüßen, wenn die
bayerische Regierung seinem Wunsche näherträte.
^) In der oben (S. Sl$ A. 1) erwähnten Verfdgung vom 16. OkU 1SS6.
voD R. UDrich. 321
dem Verkehr der Schalen untereinander ein nicht unwesentliches
Stock gegenseitiger Anregung völlig verloren; keine erfährt von
der andern auf diesem einfachsten Wege, welche Neuanschaffungen
gemacht werden, was doch gerade för eine Mehrheit von Schulen
derselben Stadt und ihrer nächsten Umgebung so wichtig wäre.
Ich werde auf diesen Punkt, den ich schon froher gelegentlich
berührt habe^), an andrer Stelle noch zurackkommen. Er gehört
zu dem nicht in jeder Beziehung erfreulichen Kapitel einer ge-
wissen Rfickständigkeit unsres Schulbibliothekswesens überhaupt,
das aus dem großen Aufschwung des wisseoFchaftiichen und Volks-
bibliothekswesens in den letzten beiden Jahrzehnten und den
Methoden, die ihn beeinflußt haben, bis jetzt im ganzen wenig
Lehren für die eignen Verhältnisse gezogen hat.
Es ergibt sich also, daß dies ständige Verzeichnis der etals-
mäßigen AnschafTungeii in den Jahresberichten für Schuler,
Lehrer derselben Schule und andrer, auch für Behörden
ein sehr' ersprießlicher, man kann getrost sagen, notwendiger
Brauch ist, dessen Ausdehnung auf die Berichte der wenigen
Staaten, die es noch nicht haben, man recht dringend wünschen
muß.
Die geringste Schwierigkeit . würde dies bei den Berichten
Württembergs haben. Verordnungen gegen die Anführung
der etatsmäßigen Vermehrungen bestehen dort nicht. Wohl
haben sie aber einige Anstalten') seit einer Reihe von Jahren
aufgenommen. Bei dem augenscheinlichen Nutzen der Angaben
gerade für die gegenseitigen Beziehungen der Kollegen in einem
kleineren Staate läge es also nur an diesen selbst, die Einrichtung
zu einer allgemeinen zu machen. Das ist dort jetzt leichter als
in irgend einem anderen Staate, weil die Bibliothekare der
wörttembergischen höheren Schulen sich kürzlich zu einer
Vereinigung zusammengeschlossen haben, uro schwebende
Fragen des Schul bibliothekswesens zu erörtern und Anregungen
zu Reformen zu geben'). Auch in Baden wäre eine Einführung
des entsprechenden Abschnittes eher denkbar, weil es sich auch
hier wenigstens z. T. nicht um völlige Neuerungen handelte,
sondern nur um eine allgemeine Herstellung eines früher schon nicht
1) 1q Reios Enzykl Hdb. d. Päd,*\ (1906) S. 449 und 452.
') Sie siod oben 8. 158 Aom. 3 geoannt.
') Vgl. darüber die Mitteiloogeu im Neuen Korrespondimtbi /*. d. höh.
Seh. ff^ürttembergs XIK (1906) S. 241 f. — Ich habe selbst vor einigen
Jahren Anregongen in dieser Richtung gegeben {Bentäzg. u. Einr. d. Lehrer-
bibl usw. S. lief. »Z. / d. Gymn.-W LVIII (1904) S. 788 f.) ond freue
mich, daß sie Machfolge gefunden haben. In kleineren Staaten werden sich
solehe Vereinigungen am ehesten znsaromenOodeo ; in ihnen sind sie be-
sonders wichtig, weil wir über deren Schnlbibliotheksverhaltnisse infolge
des in den Jahresberichten mehrerer von ihnen fehlenden Abschnitts über
die Vermehrung der Sammlungen im ganzen wenig wissen. Mögen besonders
Bayern, Baden und Hessen naehfolgeal
Zoitschrifk f. d. OjmnMialwMOB. LXI. SnpplemeAtheft. 21
322^^^^^^^^^^^^^ aad Pro^rtmnbibliothek d. böh. Schulea,
unbekannt gewesenen, in seiner Bedeutung aber wohl nicht
ganz erkannten Zustandes. Die badische Regierung bat auch
in anderen, grade auf das Proga mm wesen bezuglichen Punkten
ihren Standpunkt mehrfach gewechselt, so in bezug auf die Mit-
teilung der Schnlerverzeichnisse und der Aufsatzlhemata
(vgl. o. S. 100, Nr. LIX und LXa); warum sollte Ähnliches nicht
auch im vorliegenden Falle möglich sein? So bliebe, von einigen
kleineren norddeutschen Staaten^) abgesehen, nur Bayern
und Hessen übrig, die in dieser Beziehung eine völlige Neuordnung
vorzunehmen hätten. Ob sie möglich ist? Unzweifelhaft ist es
zu bedauern, daß bei dem jetzigen Zustande keine der dortigen
Lehrerbibliotheken von der andern etwas weiß und viele Schätze
bei weitem nicht so fruchtbar gemacht werden, wie es bei An-
bahnung geeigneter Beziehungen möglich und ersprießlich wäre.
d) Doch ich habe, wie schon oben in anderem Zusammen-
hange, auch noch auf die früheren Schüler hinzuweisen, für
welche die regelmäßigen Angaben über den Zuwachs der Samm-
lungen wichtig sind. Außer bei Pietzker (a. a. O.), der ja
überhaupt für die Verzeichnisse ist, kommen als Leser der
Jahresberichte, die aus ihrem Inhalt etwa noch weiterhin Nutzen
ziehen könnten, die früheren Schüler bei den Gegnern
der ganzen Einrichtung überhaupt nicht in Frage. Das ist
überaus bezeichnend. Denn es lehrt, wie wenig diese sich über
die Mittel klar geworden sind, die zur Aufrechterhallung des so
dringend notwendigen Zusammenhanges zwischen der Schule und
allen ihren Angehörigen beitragen. Daß sich aber die ehemaligen
Schüler in ihrer großen Mehrzahl bei recht vielen Anstalten
durchaus noch als deren „Glieder*' fühlen, die an ihrem Wohl
und Wehe herzlichen Anteil nehmen, konnte schon oben bei der
Erörterung des Abschnitts III (Chronik) gezeigt werden. Für
viele von ihnen ist ja der Jahresbericht fast das einzige äufs er e
Band, das sie mit ihrer allen Schule verknüpft Und die-
jenigen von ihnen z. B., die in der Wissenschaft fort-
geschritten sind — bei großen oder alten Anstalten oft eine
stattliche Zahl — , benutzen recht häufig auch die Sammlungen
ihrer Schule, besonders natürlich die Lehrerbibliothek. Es wird
kaum einen Bibliothekar einer größeren oder älteren Schule^ die
auch sonst rege Beziehungen zu ihren früheren Schülern unter-
hält, geben, der davon nicht zu erzählen wüßte. Sie machen
den Lehrern der Schule selbst sogar manchmal Konkurrenz,
über die man aber kaum ernstlich böse sein kann, wenn man
^) Die Scholeo Hamburgs it B. verölfentlicheo beinahe alle aaeh ihre
etatsnärsigeD AoschaffuDgeD, aar f^erade die älteste Aostalt, das Johao-
neom, oicht, obgleich es hier wohl am wiehti^teo wäre. Denn je älter
eioe Aostaltsbibliothek wird, um so mehr wächst sie an BedevloD^ aber
ihreo eogerea Kreis hioaos ood kann auch aodereu Gelehrten vod Sehvl-
mäooero DÜtzlicb werden (vgl. aach o. S. 316 Anm. 9, Z. 5 ff.).
voD R. Ullrich. 323
den idealen Wert der Tatsache in Betracht zieht. Daß es auch
ihnen erwünscht sein muß und — wie die Beispiele lehren —
tatsachlich erwünscht ist, gerade über die ^euanschaffungen auf
dem laufenden erhalten zu werden, leuchtet doch ohne weiteres
ein, und hoffentlich ebenso, daß die Mitteilung im Jahresbericht,
den viele von ihnen regelmäßig von der Schule beziehen oder
sich sonst verschaffen, das einfachste Mittel für diesen Zweck ist.
a) Aber die Gelehrten? Auch diese sollen Nutzen davon
haben? In der Tat. Natürlich denke ich dabei nicht in erster
Linie an Universitätsgelehrte, obgleich auch diese ja zur Kate-
gorie der früheren Schüler gehören und ganz gern von neuen
Büchern ihrer alten Schule Gebrauch machen, die sie selbst gerade
nicht besitzen oder von ihrer Universitätsbibliothek nicht sofort
erhalten können, desta mehr aber an ehemalige Direktoren
und Lehrer der Schulen. Viele von diesen sind auch im Ruhe-
stande noch eifrig für die Wissenschaft tätig (es braucht der Bei-
spiele wohl nicht). Bleiben sie am Orte ihrer früheren amtlichen
Tätigkeit, so ist die Schulbibliothek für sie die erste Quelle,
aus der sie auch weiterhin schöpfen; ziehen sie anderswohin, so
sind, falls ihr Buen Betiro nicht gerade eine Universitätsstadt oder
ein Ort mit einer größeren Landes- oder Stadtbibliothek ist, die
Bibliotheken der zunächst erreichbaren höheren Schulen doch
natürlich die wichtigsten Hilfsmittel für sie; auch ihit ihrer alten
Schule pOegen sie ja meist in Verbindung zu bleiben. Was
kann ihnen erwünschter sein als die regelmäßigen Zuwachsver-
zeichnisse? Denn vollständige gedruckte Kataloge, auf die es
in erster Linie ankommt, haben in Preußen erst etwa Ve aller
Lehrerbibliotheken; in Österreich steht es viel besser, in den
kleineren deutschen Staaten durchschnittlich wieder viel
schlechter; vor allem aber fehlt es an solchen gedruckten Kata-
logen, zumal älterer, bedeutender Gymnasialbibliotheken, die bis
in die neuste Zeit reichen. Da greifen die Zuwachsver-
zeichnisse doch sehr erwünscht ein. So engherzig ist aber heute
hoffentlich kein Bibliothekar mehr, daß er älteren Kollegen a. D.,
wohl auch Privatgelehrten, deren es ja manche von wissenschaft-
lichem Rufe gibt, die Benutzung der Bibliothek verweigerte oder sich
gegen Versendung auch nach außerhalb spröde verhielte. Jüngere
Lebrerbibliotheken werden in der Regel zufrieden sein, wenn sie
den wissenschaftlichen Bedarf der Lehrer der eigenen Schule
zu einem Teile decken können. Ältere haben höhere, um-
fassendere Aufgaben zu lösen und erfüllen sie auch längst,
z. T. unter ausdrücklichem Beifall oder nach bestimmten
Weisungen der Behörden selbst. Sie dienen häufig genug auch
dem Publikum der Stadt und Umgegend, dem gelehrten und
ungelehrten, aber für literarische Bildung doch empfänglichen, das
sie oft in der Gestalt populär-wissenschaftlicher Vereinigungen, die
ihren Büchervorrat statutenmäßig der betr. Lehrerbibliothek über-
2/*
324 Pro^rammwesen ood Programmbibliothek d. hSh. Scholei,
lassen, seinerseits wiederum fördert (in Westfalen z.B.)^). Und daß
dieser Kreis, für den die Jahresberichte ja überhaupt mit bestimmt
sind (s. 0. S. 242Ü.), unter solchen Umständen die Rubrik „Samm-
lung von Lehrmitteln" ganz besonders gern sieht, ist doch nicht
bloß begreiflich, sondern ganz selbstverständlich. —
Aber auch hier ist zu erwägen, ob die Zuwachsverzeich-
nisse, besonders der Lehrerbibliothek, die för fast sämt-
liche der genannten Kreise die wichtigste von den Sammlungen
der Schule ist, in ihrer jetzigen Form in den Jahres-
berichten der meisten Staaten den Anforderangeo
genügen, die man billigerweise an sie stellen muB,
und, wenn etwa z.T. nicht, was geschehen kann, dem
Mangel abzuhelfen.
An einiges ist schon oben (S. 318) im Vorbeigehen erinnert
worden. Die Verzeichnisse müssen vollständig sein; Wen-
dungen wie „unter anderem wurde angeschafli'* dürfte man
nicht begegnen. Die Titel der Werke können gekürzt werden,
mössen aber richtig angegeben und verständlich sein. Hin weise auf
frühere Jahr es berichte (wie bei Erwähnung von Zeit Schriften,
Lieferungswerken uäm.) sind sehr unzweckmäßig; die$e
früheren Jahresberichte hat nicht jeder Benutzer außerhalb des
engeren Kreises der Schule gleich zur Hand. Auch hier können
mehr, als es geschieht, allgemein verständliche Abkürzungen in
größerem Umfange verwendet werden, damit nicht zu viel Raum
verbraucht wird. Vor allem ist aber Obersichtlichkeit an-
zustreben. Der einfache Abdruck des letzten Abschnitts des Zu-
gangskatalogs ist zwar bequem für den Berichterstatter, aber sehr
unbequem für die Benutzer, für die der Bericht doch bestimmt
ist. Es ist systematische Anordnung nach Wissen-
schaften anzuwenden. Hat die Anstalt einen gedruckten Katalog
aus neuerer Zeit, an den sich der Kreis der regelmäßigen Be-
nutzer gewöhnt hat« so wird das Zuwachsverzeichnis am besten
dessen Anordnung befolgen. Ist kein gedruckter Gesamtkatalog
vorhanden, so mag irgend eine systematische Folge sonst üblicher
Art inne gehalten werden, wenn sie nur überhaupt zur Anwen-
dung kommt. Druck in zwei Spalten ist bei 4''-Format auch
praktischer als durchlaufende Zeilen. Ich habe schon vor 3 Jahren,
als ich diese Verhältnisse zuerst berührte, auf einige dieser nütz-
lichen Verbesserungen hingewiesen'). Es ist auch seitdem schon
hier und da besser geworden (bei etlichen Anstalten war es auch
vorher schon gut), aber es bleibt doch noch genug zu tun übrig.
Man kann sich leicht überzeugen, wenn man aufs Geratewohl
einige Jahresberichte aus irgend einer Provinz herausgreift.
Alles in allem: Abschnitt V der preußischen Jahresberichte,
1) Vgl. rdr ältere Zeiten schoo Neig^ebaur (a. t. O. S. 308f.}.
^) Benutzung; u. Einrichtung usw. S. 7 mit Aam. 2 («=» Z.f,d, (rviim.-
ff et. LVin (1904) S. 679).
YOD R. Ullrich. 325
IV der österreichischeo, sowie die entsprechenden Teile
wenigstens einer Anzahl von Berichten kleinerer Staaten, sind
doch wohl so überflössig nicht, wie man uns hat glauben machen
wollen; die Erfahrung beweist das Gegenteil. Denn die oben
mitgeteilten Beobachtungen und Vorschläge bewegen sich, was
ihren Wert wohl erhöbt, ausnahmslos auf dem Boden realer Ver-
hältnisse, die dem Verfasser aus eigener Anschauung bekannt oder
ihm von Freunden der Sache mitgeteilt worden sind.
3) In dem bisher Erörterten handelte es sich in der Haupt-
sache um praktische Zwecke, die allerdings mehr oder
weniger die wissenschaftlichen unterstutzen. Vielleicht
bieten aber diese Mitteilungen über Neuanschaffungen sogar auch
Gelegenheil, die Sammlungen, ihre Organisation, auch
das Studium ihrer Geschichte direkt zu fördern, wenn
den Jahresberichten entsprechende Angaben regelmäßiger beigefugt
werden als dies bis jetzt geschieht. Denn Ansätze sind auch hier
vorhanden; es kommt nur darauf an, sie auszubilden, damit das
Ganze Förderung erfahre. Ich denke hier besonders an Mit-
teilungen über das Etatswesen, solche über die bauliche Ein-
richtung oder Veränderung der Sammlungen und
andere Maßnahmen, die im Interesse ihrer Nutzbar-
machung getroffen worden sind, endlich an statistische
Angaben sowohl über den Bestand des Inventars wie — be-
sonders bei den Bibliotheken einschließlich der Programm-
sammlungen — über die Zahl der Benutzer.
a) Etats wesen. Hin und wieder machen Berichterstatter An-
gaben über die Höhe des Etats, der für die Sammlungen im
ganzen oder (was besser) für jede einzelne von ihnen zur Ver-
fügung steht; auch außerordentliche Bewilligungen, die
Staaten oder Städte bei der ersten Einrichtung, zur Ausfüllung von
Lücken oder für andere Zwecke (z. B. für Katalogisierung) er-
folgen lassen, werden erwähnt — soweit Deutschland in
Betracht kommt, fast ausschließlich in norddeutschen Be-
richten. In sehr vielen österreichischen Berichten, leider
Dicht in allen, ist dagegen die Mitteilung der Summen, die
für die Sammlungen (im ganzen) verwendet werden können, zu
einer ständigen Einrichtung geworden. Die Sache liegt hier näher,
weil der Aufwand zu einem Teile durch die (Osterreich eigen-
tümlichen) Lehrmittelbeiträge der Schüler bestritten wird,
über die nun eine Art öfl'entlicher Quittung erteilt wird. Die ent-
sprechenden Summen werden zwar offiziell unter der Rubrik
^.Geldleistungen der Schüler'' genannt (s. o. Tabeüe hinter S. 160,
Mr. XV, Abs. 1X8); aber es ist ganz zweckmäßig, sie an der
Spitze des Berichts über die Sammlungen selbst in Verbindung
mit den Angaben über Subventionen, die aus anderen Quellen
stammen, zu wiederholen. Ich wüßte nicht, was dagegen spräche,
diese Sitte allgemein einzuführen. Angaben über das Etats-
326 Progrtmmwesflii und Programmbibliothek d. höh. Schalen,
wesen, der Bibliotheken z. B., sind ja den Verfassern von Büchern '),
die Mitteilungen darüber machen, meist nicht vorenthalten worden.
Aber die Etats ändern sich doch; regelmälsige Mitteilungen dar-
über in den Jahresberichten als dem geeignetsten Orte würden jeden
auf dem laufenden erhalten. Daß sie lehrreich sind, bedarf
kaum des Beweises; daß sie gefährlich wären, ist zu bezweifeln.
Vielleicht wäre der — ja übrigens schon jetzt nicht aus-
geschlossene — Fall denkbar, daß hier und da ein Direktor
unter Hinweis auf den höheren Etat einer etwa gleichartigen
Anstalt bei seiner Regierung um Mehrbewiiligung einkäme.
Bestehen wirklich große, von dieser übersehene Ungleichheiten
oder Härten, so müßte sie dem Petenten doch nur dankbar sein,
daß er ihr hilft, sie auszugleichen. Vor unberechtigten Wünschen
hat sich aber bisher jede Regierung zu schützen gewußt. In
zahlreichen Fällen hätten die verantwortlichen Leiter der Schul-
verwaltung übrigens Gelegenheit, auf das oben (S. 179) von der
besseren Verwendung der Mittel Gesagte hinzuweisen und im
übrigen (vgl. &. 180 A. 3) geeignete Ausgleiche') herbeizuführen,
so daß Erhöhungen des Gesamtetats kaum nötig werden dürften.
Bei mehreren unter städtischer Verwaltung stehenden höheren
Schulen, und zwar nicht bloß kleinen oder in Universitätsstädten
befindlichen, ist allerdings — wie schon die Mitteilungen über ihre
dürftigen Neuanschaffungen zeigen — das Maß der Mittel so ge-
ring'), daß Unterricht und Forlbildung der Lehrer sehr erschwert
wird. Hier sollten die Regierungen die betr. Gemeinden darauf hin-
weisen, welche Pflichten sie bei der Gründung einer höheren
Schule auf sich nehmen^), und die Bereitstellung ausreichender
Mittel fordern. Es wird sich ja in der Regel nur nm einige
hundert Mark handeln.
ß) Bauliche Einrichtung der Sammlungen und andere
Mafsnahmen im Interesse ihrer Nutzbarmachung. An-
gaben dieser Art, wenn sie umfangreicher sind, werden häufig in der
„Chronik*' ihren Platz finden; auch selbständige Abhandlungen,
z.B. über die Einrichtung der naturwissenschaftlichen
Kabinette und der mit ihnen in Verbindung stehenden Unter-
richts räume, sind möglich und ja in den letzten Jahren auch häufig
geliefert worden*). Es geschieht aber auch im einzelnen manches
1) V^l. z.B. P. Schwenke, ^dreßhuck der dmUchen ßibUotkekai,
Leipzig 1893, 0. Harrassowita, XX, 411 S., 10^; J. Bohatta «od
M. Holzmaoo, ^4drefilntch der Bibliotheken der ötterr.-ungar Manarckiej
Wien 19U0, C. Fromme, VI, 613 d. 5 S., MjK\ P. Schwenke and A. Hortz-
achtnsky, Berliner Bibliothekenführer, Berlin 1906, Weidnann, TV, 163 S^
geb. 1.20 JC (vgl. dazu Z. f. d, Gymn.-f^. LX (1906) S. 7638*.).
<) Vergleiche darüber auch Z. f, d, Gymn.'fr. LX (19U6) S. 767, Z. 20 ff.
') Ein Beispiel ist oben S. 180 Aom. 1 angeführt
*) Vgl. in hezugaaf diese Pflichten z.B. ITeter a.a.O. S. 2 A. 1, Abs.3.
^) Das Ferteichnit auegewä/dter Pro^amme (S. 30—122) bietet zahl-
reiche Beispiele, zamal vom Jahre 1900 ab, vgl. besonders S.lOSt.^ Xß'Ü
110 S. and S. 118, Xmi 86 ff. Bezeichnenderweise gibt es aber
voD R.Ullrich. 327
für die SaromluDgen, sei es durch die Behörde oder die Opfer-
willigkeit der Verwalter und anderer Kollegeo, was mindestens
für andere Schulen und deren Lehrer, oft auch für die Behörden
von Wert ist und eine Stelle im Jahresbericht wohl verdient.
Da ist z.B. für eine Lehrerbibliothek ein neuer Zettel-
katalog angelegt, die Programmsammlung katalogisiei*t, eine
Neuordnung der Bücher, der Programme vorgenommen,
eine Handbibliothek neu eingerichtet worden uam.; nicht
wenigen Kollegen anderer Anstalten, die sich mit Plänen ähnlicher
Art tragen, wäre es sehr erwünscht, wenn die Berichterstatter
nicht bloß hin und wieder — was dann leicht übersehen wird — ,
sondern mit einer gewissen Regelmäßigkeit diese Dinge im
Jahresbericht mitteilten. £& kommt hier für zweckmäßige Ein-
richtung und Verwaltung recht sehr darauf an, daß die An-
stalten durch das Mittel der Jahresberichte etwas mehr von
einander erfahren und nicht so viele Kräfte unnötig ver-
braucht werden.
Daß die Benutzung einer Sammlung ganz wesentlich
von ihrer Einrichtung^) abhängig ist, erkennen in den Schulen
noch lange nicht alle Beteiligten in der Weise, wie es z. B. den
Verwaltern größerer Bibliotheken längst in Fleisch und Blut
übergegangen ist. Man wende mir nicht ein, die Verhältnisse
seien eben zu ungünstig, es würden keine Mittel bewilligt usf.
Das trifft gelegentlich zu, im allgemeinen durchaus nicht. Ich
habe genug Schulbihliotheken in den letzten Jahren gesehen
(weit über hundert in den verschiedensten Staaten und unter
sehr verschiedenen Bedingungen), um das beurteilen zu können.
Was fehlt, ist der Zusammenhang; die meisten Sammlungen
und ihre Verwalter bleiben isoliert, sie kümmern sich nicht darum,
was anderswo zur Verbesserung geschieht. Aus dem Studium der
Jahresberichte, die in dieser Beziehung nur noch reichhaltiger zu
gestalten wären, könnten sie vielerlei lernen» z. B. auch aus der
y) Statistik über die Benutzung der Lehrer- wie
der Schülerbibliothek. Eine Anzahl von Anstalten hat da-
mit freiwillig begonnen, hier Hand anzulegen und die Zahlen
der jährlichen Benutzungen mitzuteilen'), wie das heute jede
Bibliothek von Bedeutung tut. Das wäre allgemein zu fordern.
Vergleichende Statistik würde hier der Anlaß werden, zu helfen
und zu bessern, wo es nottut über die Methode {der Aus-
führung solcher Statistiken wären natürlich bestimmte
Grundsätze aufzustellen, die für jeden Berichterstatter maßgebend
ooch keiue einzige Beschreibnof^ eioer Lehrerbibliothek aus
neuerer Zeit.
1) Dieger Gedanke lag der vor einigen Jahren erschienenen Arbeit des
Verfassers zagrunde, die oben S. 85 Anm. 1 erwähnt worden ist.
') Vgl. z. fi. die Berichte der letzten Jahre von Berlin, KgL LuiMen-
Gymn., Husum, Kg^L G., Dortmund, OR, uam.
328 Programmweseo nod Programmbibliothek d. höii. Schales.
sein mußten; besonders notwendig ist das für die sich mehrende
Zahl der Anstalten, die neben dem veralteten einseitigen Aus-
leihesystem auch die Benutzung an Ort und Stelle ein-
geführt haben. Geschiebt das nicht, so hätte eine Gesamt-
Statistik, die so zu gewinnen wäre, wenig wissenschaftliche
oder praktische Bedeutung. Auch dürfte eine solche Statistik nie
von einem Lehrer allein gemacht werden; ein Korreferent
ist unbedingt notwendig.
d) Nicht so unmittelbar wichtig, aber doch für den Stand der
Dinge und für vergleichende Betrachtung mindestens lehrreich ist
eine Statistik der Bestände, die festzustellen und
unter Hinzurechnung des Zuwachses in jedem Jahres-
bericht anzugeben wäre. Man erhielte so einen Oberblick
nicht bloß über bestimmte Schulen, die sich durch Alter, Be-
deutung oder beides auszeichnen, sondern ober die gesamten
Verhältnisse ganzer Landesteile und Staaten, und die
Nötigung, solche Feststellungen jedes Jahr zu machen, würde auch
auf die Ordnung und Benutzung, besonders der Bibliothek, in
vielen Fällen heilsame Ruckwirkung üben. Mancher Kollege z. B.,
den der Bibliothekar zur Hilfeleistung bei der Zählung heranzöge
(naturlich ist sie nicht nach den Katalogen, sondern an der Hand
der Bucher selbst vorzunehmen), wurde staunend bemerken, was
für schöne Sachen die bisher wenig benutzte Sammlung eigentlich
birgt, und sich das zunutze zu machen suchen. Alle diese Dinge
sind übrigens in bestimmten Ländern oder Landesteilen in ihrer
Wichtigkeit längst erkannt. Jahr für Jahr wird in Osterreich,
am vollständigsten in den Jahresberichten Böhmens und
Mährens, ziemlich häufig (leider nicht überall) auch in denen
anderer Kronländer über Bestand und Zuwachs zahlenmäßige,
genaue Auskunft gegeben, nicht bloß bei den Bibliotheken,
sondern auch, soweit möglich, bei den anderen Samm-
lungen, dgl. bei der Programmbibliothek, wie ich besonders
hervorheben möchte. Diese Angaben können als vorbildlich gelt^.
Man sollte auf gleichmäßige Einführung auch in Deutsch-
land bedacht sein, damit eine Orientierung über den augenblick-
lichen Stand in jedem Jahre möglich ist. Auch hier wären für
die Ausführung bestimmte, allgemein zu beachtende Grundsätze
aufzustellen. £ine gewisse Unterlage ist ja für eine größere
Anzahl von deutschen Schulen (leider fehlen die Nichtvollanstalten)
schon durch die Schwenkesche') Statistik von 1893, für einen
beschränkten Kreis auch durch die von 1906 von Schwenke
und Hortzschansky') gegeben. Außerdem hat im Dezember
1904 die preufsische Regierung von ihren sämtlichen
höheren Schulen eine Statistik, die sich nicht einmal allein auf
1) Zu ersehen aus deo beideo o. S. 326 Anm. t aogeführteo Werkeu
dieser Verfasser.
YOD R. UllriciL 329
die vorhandenen Bestände bezog, eingefordert^), in Württem-
berg hat (s. 0. S. d2jf) die Vereinigung der Bibliothekare
der dortigen höheren Schulen ebenfalls eine solche veran-
staltet und das Ergebnis publiziert'). Es würde sich sonach bei
einer Mehrzahl von Schulen gar nicht um eine viel Zeit und
Mühe kostende neue Erhebung handeln, sondern nur um eine er-
gänzende Tätigkeit, deren Resultate jedes Jahr im Bericht der
Schule mitzuteilen wären. Anfänge dazu sind übrigens, unab-
hängig von der amtlich geforderten Statistik von 1904 (s. o.),
auch in Preufsen schon gemacht worden, so in zahlreichen
Jahresberichten der Provinz Schlesien^), gelegentlich auch
anderwärts^). Es wäre recht zu wünschen, wenn oie gegebenen
Beispiele freiwillige Nachfolge fänden. Da ich aber nicht su
optimistisch bin, das überall zu erwarten, der höhere Wert
dieser Dinge aber von allgemeiner Durchführung wesentlich
abhängig ist, wäre doch eine bestimmte amtliche Vorschrift
in möglichs vielen Staaten noch besser.
€) Je mehr auf alle diese, die Sammlungen betreffenden An-
gaben dauernd Wert gelegt wird, um so reichlicher werden in
Zukunft auch der geschichtlichen Forschung über diese Seite
der Organisation des höheren Schulwesens die Quellen zufließen.
Der noch viel zu wenig beachteten allgemeinen Bedeutung der
Jahresberichte in dieser Hinsicht ist schon oben gedacht worden.
Nun sind die Sammluq^gen der Anstalt, ganz besonders die
Bibliotheken, alte, z. T. sehr alte Stücke ihrer Ein-
richtung; sie haben wesentlich zur Portbildung des -höheren
Lehrerstandes beigetragen (könnten es bei zweckmäßigerer Ein-
richtung heute noch weit mehr), die Bibliothekare sind nicht seilen
bedeutende Männer gewesen, die ihrer Verwaltung hingebende
Sorgfalt gewidmet, vor allem die alten Bestände katalogi-
siert haben, oft aus eigenstem wissenschaftlichen In-
teresse, ohne Entschädigung^). Es ist nicht zu verwundern, daß
es schon mehrmals versucht worden ist, die Geschichte
solcher Bibliotheken zu schreiben, geradein der Form von
:$
^) Vgl. darüber des VerffeSKers Benutsung und Ettarichtung usw.
>. III Aiim. 1 (aar iu der Soodersusgabe).
3) Im Neuen Korrespondenzbl. f. d. höh. Seh. JVürtt. XIII (1906) S. 361
— 370; vgl. 0. S. 252 Aum. ].
3) Vgl. z. B. die Jahresberichte vod firenlaa Matth.'G., Glatz kath. G.,
Glogaa kath. (r., NeiTse kaih. G., Leobschütz kath. G. aam.; einige re-
gistrieren tach Bestand und Zuwachs an Programmen.
^) Laugfahr Conrad., Sonderburg i2., Dortmund OR., Hanau (r.,
Hersfeld G., Kassel OR., Düsseldorf st. G., dgl. st. Ref.-Rg;., Blber!-
feld G. — Aufserhalb Preufseus z. B.: Oldenburg OR. — Bremen G.
(die alte Hauptschule) — Do heran G., Waren G.
*) Vgl. z. B. Ben. n. Einr. usw. S. 109 m. Anm. 4 (»Z. f. d. Gymn.-
ß^esen LVIU (1904) S. 781;.
330 Progrtmmwesao und- Programmbibliothek d. hwh. Schalen,
Programmabhandlungen^). Die meisten ihrer Verfasser
haben sich gewöhnlich über den Mangel an geeignetem Material
zu beklagen gehabt, was dann oft die Folge hatte, daß ganze
Perioden der Entwicklung in Dunkel gehölll blieben. Man muß
wünschen, daß das in Zukunft nicht so bleibe. Machen wir also
heute auch diesen Teil der Jahresberichte so reichhaltig und
genau wie möglich, berichten wir von allem, was irgend zu be-
richten ist, auch Kleines, scheinbar Unerhebliches! Im Zusammen-
hange wird es oft wertvoll werden. Wir können auf diese Weise
dazu beitragen, der Arbeit späterer Generationen Material zu
liefern, das sie einmal klarer erkennen laßt, wie es heute ge-
wesen ist, als wir jetzt über viele Fragen der Vergangenheit des
höheren Schulwesens zu urteilen vermögen.
VI. Stiftungen und Unterstötzungen von Schülern.
Es ist, was den Zweck angeht, im ganzen ein erfreuliches
Kapitel, und man kann jungen Anstalten nur wünschen, daß sie
hier über die Opferwilligkeit von Staat, Städten und Privatpersonen
allmählich ebenso häufig zu berichten haben mögen, wie dies bei
vielen allen Anstalten vermöge ihrer langen Tradition und ihrer
großen Gemeinde auch außerhalb der Grenzen von Stadt und
Staat seit langem geschieht.
Zu wünschen ist im besonderen, daß bei städtischen An-
stalten der Prozentsatz der Schulgeldbefreiungen, der
manchmal ohne ersichtlichen Grund, wie es etwa finanzielle Not-
lage sein könnte, ein auffallend niedriger ist'), mindestens die
Höhe erreicht, die bei Slaatsanstalten üblich ist. Viele Städte
werden vielleicht sogar in der Lage sein, gerade hier mehr zu
leisten als der Staat, und mögen es ohne Bedenken tun, nicht
um die Mittelmäßigkeit zu fördern, wie das häufig eine uner-
freuliche Folge des Stipendienwesens an älteren Anstalten ist, ja
beinahe sein muß, sondern um wirklicher Begabung sowohl wie
ausdauerndem, von Erfolg gekröntem Fleiße überall da die Wege
zur Entwicklung leichter zu machen, wo die Mittel des Hauses
nicht hinreichen.
Was die Art der Stipendien betrifft, die von den ver-
schiedensten Seiten an Schulen gestiftet worden sind und noch
immer gestiftet werden, so möchte ich hierzu wie über den
geeigneten Zeitpunkt zweckmäfsiger Verwendung eine
Anmerkung machen. Manche Stipendien, die auf Zinsertrag hin
begründet sind, läßt man m. E. häufig zu früh in Wirksamkeit
treten, zu einer Zeit, wo das Kapital noch keine ausreichende
Höhe erlangt hat. Bei den heutigen Zinsverhältnissen würde ich
^) Mehrere Beispiele siod im F'erseichnis ausgewählter Fragramm
(0. S. 35--122) aogeführt, vgl. A iÄ?. Ii9a\ XF205', Xri 274/0', XVII U.
^) Vgl. darüber die Bemerkangen o. S. 180 Aoni. 2.
voD R.Ullrich. 331
die Sumoae von 7500, noch besser von 10 000 Af., für die richtige
Kapitalsgrenze nach unten hin halten. Und dann zersplittere
man, besonders wenn es sich um Stipendien für das Hochschul-
studium handelt, die Zinsen nicht zu sehr. Ein Stipendium von
350 ilf., an einen hochbegabten und dazu fleißigen, der Unter-
stützung wirklich bedürftigen Schüler gegeben, trägt bessere Frucht,
als wenn man zwei zu je 175 M. Schülern von mäßigen Fähig-
keiten zukommen läßt. Andererseits wäre es wünschenswert,
wenn Stiftungen ehemaliger Schüler, die bei Anstaltsjubiläen gern
erfolgen, auch solche von anderen Wohltätern, nicht vornehmlich
auf die Zeit nach der Schule berechnet würden, sondern auch
die Schüler selbst mehr bedächten. Das Schulgeld bringt
mancher auf geringes Einkommen angewiesene Vater, manche in
dürftigen Verhältnissen lebende Witwe für einen begabten Sohn —
falls sie ihn nicht frei bekommen kann — zur Not auf; aber an
kräftiger Nahrung für den im Wachstum begriffenen Knaben, an
Mitteln zu einer Geist und Körper erfrischenden Reise, auch an Geld
zu Büchern u.a. fehlt es nicht selten. Es ist häufig zu spät, wenn
Mittel für diese Zwecke erst gewährt werden können, wenn der
Sohn die Schule verläßt. Die Direktoren, die ja doch meist in
solchen Fällen um ihren Rat gebeten werden, sollten diesem
Punkte ihre Aufmerksamkeit noch mehr zuwenden, wenn sich
ihnen Gelegenheit bietet. Manchmal wird es auch geratener sein,
einen Gönner der Anstalt, der gern gäbe, wenn er wüßte, daß es
an den Rechten kommt, auf eine sofort zu verwendende Unter-
stützung hinzuweisen, als eine kleinere Summe zinsbar anzulegen
und so erst nach Jahren oder Jahrzehnten einen nennenswerten
Ertrag zu erhalten. Die Jahresberichte Österreichs übrigens,
wie hier noch besonders hervorgehoben sein mag, zeigen uns
vielfach eine förmliche Organisation des Schülerunter-
stützungswesens (trotz der dort so viel geringeren Schul-
geldsätze), die anderen Ländern zur Nachahmung empfohlen
werden kann.
An der Art der Mitteilung über Stipendien in den
Jahresberichten ist manches auszusetzen. Daß Schüler, wirk-
liche oder ehemalige, die Stipendien erhalten, mit ihren Nanlen^)
im Jahresbericht angeführt werden, kommt immer noch vor; es
sollte ausdrücklich verboten werden. Es genügt durchaus, wenn
die Lehrer und — was ja meist nicht ganz zu vermeiden ist —
der engere Kreis der Klassenkameraden davon Kenntnis hat; dem
großen Leserkreise braucht das nicht mitgeteilt zu werden.
Wohl aber müßte, was in vielen Jahresberichten durchaus
nicht geschieht, über die Verwendung der Gelder über-
haupt genau Rechenschaft abgelegt, dem Publikum auch
in jedem Jahre mitgeteilt werden, welche Stipendien, in
^) Vgl. dazu schon die Bemerkung oben S. 240,
332 Programmwesen nnd Programmbibliothek d. höh. Sehalea,
welcher Höhe, mit welchem Zinsertrag, im ganzen oder
in welchen Raten, zu welchen Zwecken vorhanden sind und
ob und wann bei jedem eine Vakanz eintritt. Von Stipendien,
die zum ersten Male in Wirksamkeit treten, sind die von der
Behörde genehmigten Satzungen im Jahresbericht abzu-
drucken, was auch für Lehrer anderer Schulen, die neue Satzungen
zu entwerfen oder ältere umzuarbeiten haben, eine nützliche
Anregung wäre. Bei den älteren Stipendien ist auf die (hofTentlich)
in einem früheren Jahresbericht enthaltenen Satzungen zu ver-
weisen; von allen derartigen Jahresberichten, die solche für die
Zukunft wirksamen Satzungen (auch anderer Art) enthalten, ist
außerdem immer eine etwas stärkere Auflage zu drucken. Ältere
Anstalten, die über so viele Stipendien verfügen, daß derartige
Hinweise von Bericht zu Bericht zu umständlich oder auch nutzlos
wären — wenn der Leser nämlich die älteren Jahrgänge mit den
abgedruckten Satzungen nicht mehr hat — , werden gut tun, am
besten in Form einer Programmbeilage, Obersichten über
den ganzen Bestand zu geben, die unter Umständen zu
einer wisi^enschaftlichen Untersuchung ausgestaltet werden können ^);
doch ist in letzterem Falle wie überhaupt Sorge zu tragen, daß den
Eltern das, worauf es ihnen ankommt, vollständig, genau und
übersichtlich zur Kenntnis kommt. Da die Stipendien doch zu-
meist für ihre Kinder bestimmt sind, so haben sie wirklich ein
Anrecht darauf, beizeiten darüber unterrichtet zu werden, was
diese früher oder später von der Schule zu erwarten haben. Daß
sie sich Belehrung aus den drei Wieseschen Bänden und dem
vierleu, in Fortsetzung von Irmer bearbeiteten (s. o. S. 89A. 2)
holen, die auch über diese Dinge im Zusammenhange, übrigens
nicht immer ganz vollständig und richtig, unterrichten, jedoch
natürlich nicht stets den neusten Stand der Dinge darstellen,
wird man nicht ernstlich erwarten. Was aber etwa in den Adreß-
büchern der Städte, die sich auch der Sache angenommen haben,
oder an anderen Steilen mitgeteilt wird, ist meist unvollständig,
oft falsch und erfüllt daher seinen Zweck nicht. Auch für
die Lehrer jeder Schule ist es wichtig, daß ihnen genau be-
kannt sei, welche Schulstipendien an dieser vorhanden sind.
So werden die Ordinarien z. B., die ihre Klasse doch besser
kennen müssen als der Leiter der Anstalt, leichter in der Lage
sein, die Aufmerksamkeit des letzteren schon möglichst früh auf
{geeignete Stipendiaten hinzulenken, als wenn sie erst in gege-
benem Falle befragt werden.- In der preußischen Gesamtverfugung
von 1885 ist zu Absatz VI keine Ausführungsbestimmung getroffen
worden; und das Verfahren, das infolge dessen in bezug auf das
Maß der Mitteilungen in den Hunderten von Jahresberichten be-
^) Auch hierüber liegeB in dem Ferseichnit ousg^ewäMier Prornumme
(o. S. 33—122) Arbeiten vor; vgl. z. B. XFI 43/4, $4; XTUGOIl.
voD R. Ullrich. 333
folgl wird, ist ein sehr verschiedenes, dem bestehenden Bedürfnis
aber jedenfalls nicht immer entsprechendes. Ich glaube, daß es
nicht bloß nützlich, sondern notwendig wäre, allgemeine Grund-
sätze auch hier festzulegen. Mögen manche Berichterstatter
immerhin freiwillig dann noch hinzutun, was sie unter den be-
sonderen Verhältnissen der eigenen Anstalt für zweckmäßig halten;
es kann ihnen unbenommen bleiben. Nur dürfte in keinem
Bericht etwas Wichtiges von dem oben Angedeuteten fehlen.
Wieweit diejenigen Staaten, die in den Jahresberichten für höhere
Schulen dem Unterstützungswesen keine feste Stelle angewiesen
haben, dem preufsischen und österreichischen Muster folgen
wollen, muß ihnen überlassen bleiben. Jedenfalls ist es schade«
daß dem Schulmann, der sich über die Verhältnisse der deutschen
Schulen im ganzen auch nach dieser Richtung hin orientieren
will, zur Zeit an vielen Stellen die Möglichkeit dazu überhaupt
verschlossen bleibt oder, wie in Preußen, doch nur zum Teil
geboten wird.
[Via.] Unterstützungen von Lehrern und ihren Hinter-
bliebenen.
Bestimmte Vorschriften darüber, was von Unterstützungen,
dauernden oder außerordentlichen, an Lehrer und deren
Hinterbliebene in den Jahresberichten mitzuteilen sei, liegen,
soviel mir bekannt, nirgends vor; auch die preußische Verfügung
von 1885 enthält nichts darüber. Nur gegen ungehörige An-
gaben in dieser Richtung hat die Behörde, wie oben schon
erwähnt (vgl. S. 162), früher gelegentlich Einspruch erhoben; auch
in den Erläuterungen zur preußischen Gesamtverfügung von
1885 findet sich^) noch eine dahin zielende Notiz. Gegen die
Berichterstattung als solche hat man also wohl nichts einzuwenden
gehabt und es bei den großen Verschiedenheiten, die sich auf diesem
Gebiete bei alten und jungen Anstalten zeigen und einer allge-
meinen Regelung widerstreben, mit Recht dem Ermessen, auch
dem Takte der einzelnen Schulleiter überlassen, hier mitzu-
teilen, was im Interesse der Lehrer und ihrer Hinterbliebenen,
auch an anderen Anstalten — denn auf diese kommt es hier
ebensosehr an — ,etwa nützlich oder notwendig wäre. Dieher
Aufgabe haben sich denn die Berichterstatter auch in sehr ver-
schiedenem Umfange und mit verschiedenem Geschick entledigt.
Was den letzteren Punkt anlangt, so ist z. B. der Mißbrauch,
Namen und Summe einzeln zu nennen, immer noch nicht ganz
verschwunden; in einem Jahresberichte (neusten Datums) ^ar
wieder zu lesen, daß die Witwe X. eine bestimmte (sehr niedrige)
Summe erhalten habe. Lassen sich solche Angaben wirklich
durchaus nicht vermeiden?
^) Vgl. 0. S. 282 Anm. 1.
334 Programmweseo vod Programmbibliothek d. hSh. Schnleo,
Was soll denn nun aber mitgeteilt werden, wenn doch die
Verhältnisse so verschieden sind? Und ist es mögiieh, nach dem
heutigen Stande der Dinge Grundsätze festzustellen, deren An-
wendung auf alle Jahresberichte mögiieh oder — wenn man die
Bedeutung auch dieser Angaben im ganzen ansieht — notwendig
wäre? Bekanntlich bestehen hier und da für Lehrer im Amte
oder aufser Dienst noch allerlei Vergünstigungen, die
aus Zeiten stammen, wo sie dergleichen bei dem Unvermögen
von Staaten und Städten, sie für ihre Dienste ausreichend zu
entschädigen, noch sehr notwendig brauchten. Manche dieser auf
rechtlicher Grundlage beruhenden Vorteile sind dann auch später
geblieben, als die äuBere amtliche Lage der Lehrer sich immer
mehr besserte. Alle solche Dinge jährlich in die Berichte
aufzunehmen, wo sie auch Schüler und Laienpublikum lesen, wäre
überflüssig, z. T. schädlich. Die Lehrer an den Anstalten, die es
angeht, erfahren das alles, soweit Preufsen in Betracht kommt,
aus den vier Wieseschen Bänden^) — falls diese, wie allerdings
zu wünschen, in der Anstaltsbibliothek vorhanden sind. Wie die
Lehrer anderer Staaten zu dieser für sie doch sehr not-
wendigen Kenntnis gelangen, weiß ich nicht. £s gibt für keinen
von ihnen ein ähnliches Werk'); sollte also die Kenntnis hier
ungenügend sein, so wäre es ein Anlaß mehr, solche Werke zu
schalTen, von denen auch sonst wertvolle Anregungen ausgehen
müßten^).
Wie aber mit dem, was z. B. in Preufsen nach 1902, dem Er-
scheinen des letzten Wies eschen Bandes, oder vielmehr nach 1900
— der Druck hat lange Zeit beansprucht — in dieser Richtung
geschehen ist? Eine zusammenfassende und, was die Hauptsache
wäre, vollständige Übersicht oder, noch besser, eine fort-
laufende Berichterstattung darüber fehlt. Ich meine wohl,
daß das amtliche Zentralblatt für die gesamte ünterrichtSDer--
waltung eine Notiz darüber aufnehmen könnte, wenn an irgend
einer preußischen Anstalt Stiftungen für Lehrer neuerdings er-
folgen, die doch sämtlich der Genehmigung der Behörde unter-
liegen. So viele sind es ja nicht, aber es geschieht doch immer
noch manches*). Die amtlichen Organe der übrigen Staaten
könnten ähnlich verfahren. Durch Vermittlung dieser Blätter, die
ja in sämtlichen höheren Schulen der betr. Länder gehalten
werden, erführen doch dann die Lehrer, was für sie unzweifelhaft
von Interesse ist. Eine Wiedergabe im Jahresbericht, wenn sie
1) Vgl. daza o. S. 89 Aom. 2 uod S. 332,
') Das rdr Sacbseo vor eioigeo Jabreo io Angriff gesommeoe Werk
(s. 0. S. 93 Aom. 1), so wertvoll es ao sich ist, bietet nicht überall gleich-
mäßige Aogabeo.
^) Ich gedeoke diese Frage in einiger Zeit im Zusammenhange xü
behandeln.
*) Vgl. z. B. die Bemerkungen o. S. 2$8 Anm. 1.
von R. Ullrich. 555
in zweckmäßiger Form erfolgte, wurde ihren Zweck doch nur in
dem engeren Kreise der einen Schule erreichen, da man nicht
alle Jahresberichte daraufhin durchgehen kann, ob möglicher-
weise einmal hier oder da etwas derartiges zu finden ist, wobei
noch vorausgesetzt wäre, daß die betr. Berichterstatter es an-
führen. Ich stelle die Frage zur Diskussion, ob es zweckmäßig
wäre, die einzelnen Anstalten zu verpflichten, vorkommendenfalls
Nachrichten, und dann ausfuhrliche (wie oben zu VI), darüber
zu bringen.
Wichtig indessen, ja notwendig scheint mir, auch im Inter-
esse des Standes, daß über die Witwen- und Waisenkassen,
die es an einer Reihe von Anstalten, alten wie neuen, gibt, auch
über Neugründungen dieser Art, über das Hafs der Mittel,
Einnahme und Ausgabe — doch ohne Nennung von Namen
oder Raten im eijnzelnen — in allen Jahresberichten, und
zwar jährlich, genau Rechenschaft abgelegt werde. Das ist
nicht bloß von unmittelbarem Interesse auch für die Lehrer be-
nachbarter und anderer Schulen, sondern auch für die Schul-
gemeinde im großen. Die noch lebenden Wohltäter, die solche
Kassen gegründet haben und dauernd oder gelegentlich Zu-
schüsse leisten, auch Staat und Gemeinden, haben ein Anrecht
darauf, über ihre Entwicklung stets auf dem laufenden erhalten
zu werden, und so können diese Berichte im besonderen, was
von der Einrichtung im ganzen schon gesagt werden konnte
(o. S. 245), eine Art werbender Kraft entfalten, deren diese
einem guten und notwendigen Zwecke dienenden Kassen selbst gar
nicht entraten können. Auf ihre Notwendigkeit überhaupt, auch
neben der immer besser gewordenen staatlichen und kommunalen
Witwen- und Waisenversorgung, braucht kaum noch hingewiesen
zu werden. Die Erkenntnis der Tatsache ist in zahlreichen Neu-
grundungen der letzten Jahrzehnte zum Ausdruck gekommen.
Aber solange diese Kassen jung sind, besonders wenn sie vor-
zugsweise nur aus den Mitteln der Lehrerkollegien begründet
und durch ihre laufenden Beiträge vermehrt werden, kommen sie
für den segensreichen Zweck zunächst kaum in Frage. Erst nach
Jahrzehnten sind sie imstande, nennenswerte Pensionen an
Witwen oder Unterstützungen an Waisen zu zahlen. Hier tut
die Mithilfe der Freunde der Anstalten dringend not; man gebe
diesen also Gelegenheit, von der Existenz und dem Stande der
Einrichtungen regelmäßig Kenntnis zu erhallen. Die meisten Kassen
bedürfen auch der neuen Freunde sehr, selbst an manchen älteren
Anstalten, die zwar Schülerstipendien besitzen, oft weit über den
Bedarf, aber in bezug auf besondere Witwen- und Waisenver-
florgung vor jüngeren kaum erbebliche Vorzüge haben.
[VI b.] Stiftungen anderer Art.
Außer Stiftungen für Schüler, Lehrer und deren Hinter-
336 ProgrammweseD and Programmbibliothek d. höh. Seboles,
bliebene besitzen nicht wenige Schulen noch solche anderer Art,
für allerband gemeinnötzige Zwecke, auch für die Biblio-
theken und andere Sammlungen, z.T. mit erheblichem Kapital,
dessen Zinsen eine sehr erwünschte Ergänzung der für solche
Zwecke oft nur knappen Mittel darstellen. Für sie gilt fast in jeder
Hinsicht dasselbe wie das zu VI und Via Bemerkte. Die Satzungen
sind einmal mitzuteilen, später ist auf sie zu verweisen, der
Rechenschaftsbericht ist jährlich abzudrucken. Die werbende
Kraft ist auch hier nicht gering anzuschlagen. Bedenken gegen
die Veröffentlichung bestehen nicht.
Werden in alle Berichte Mitteilungen über die zu VI a und b
genannten Stiftungen regelmäßig aufgenommen, so gewönne man
endlich auch eine sichere Grundlage für Arbeiten, die das ein-
schlägige Material vollständiger^) zusammenfafsten, als dies
bisher möglich gewesen ist Soweit einzelne Provinzen oder
kleinere Staaten in Betracht kämen, böten sich Programm-
beilagen als die geeignetste Gelegenheit dar. För größere Staaten
wäre die Herausgabe in Buchform vorzuziehen. Bisher steht z. ß. ein
Werk über „Die Stiftungen zugunsten der Mitfflieder des
höheren Lehrerstandes Deutschlands (bzw. Österreichs
und der Schweiz), insbesondere an den einzelnen
höheren Schulen'* noch aus.
Daß der Abschnitt, der den Worten „Wohlzutun und mit-
zuteilen vergesset nicht** gewidmet ist, dicht vor dem letzten, die
Mitteilungen an die Eltern enthaltenden, steht, ist zweckmäßig.
VII. Mitteilungen an die Schüler und an deren £ltern.
Über diesen Abschnitt bleibt wenig zu sagen. ,»Mitteilungen
an die Eltern** oder richtiger „an das Publikum des Schulorts
und seiner Umgebung'* enthalten auch viele andere Teile des
Jahresberichts'), und der ganze Bericht, wenn er zweckmäßig ab-
gefaßt ist, hat ja recht eigentlich die Aufgabe, besonders Eitern
und Publikum mit der Schule zu verknüpfen. Daß hier noch
ein besonderer Abschnitt den Eltern gewidmet ist, hat nur in-
sofern Sinn, als es sich darin um Mitteilungen bandelt, die von
ganz unmittelbarer praktischer Bedeutung för diese sind.
Es kann aber auch leicht die Vorstellung entstehen, wie es tat-
sächlich geschieht, als wären die übrigen Abschnitte nicht för
die Eltern bestimmt, weil sie Dinge enthielten, für die man bei
ihnen Verständnis oder Teilnahme nicht voraussetzen könnte. Das
wäre aber im Interesse der Sache zu bedauern. Die Direktoren
M V^l. vorläafif^ z.B.: Rnd. Basse, Uher SHffun^enj HüfM- und
f^ersicherunrskassen für die Binterbiiebenen der Lehrer an höheren Lehr-
anstalten, MS. / höh. Seh. I (1902) S. 491--505, [R. R.] KrambicKcl, Die
Lehrer^ ß^itw.' u. ffaüenkaseen a. d. höh. Seh. d. Deutschen Reiches nmek d.
Osterprogrammm 1905, ebenda V (19U6) S. 171—181.
«) Vgl. 0. S. 269 f., 275 f., 278 f., 280 ff., 283 ff., 312 ff., 323 f., 330 ff.
voQ R.Ullrich. 337
erwürben sich ein wirkliches Verdienst, wenn sie öfter die Ge-
legenheit benutzten, an der Spitze dieses Abschnitts ihr Publikum
auf die Wichtigkeit auch der anderen Teile des Jahresberichtes
für den Leserkreis hinzuweisen. Die Worte „an die Schüler*'
könnten in der Überschrift dieses Abschnitts in der Regel am
ehesten fehlen; für sie ist z. B. die Chronik und der Abschnitt
über die Stiftungen weit wichtiger (s. o. S. 238«., 283ff., 330ff.).
Alles, was in Abschnitt Vil steht und auch auf Schiller berechnet
ist, wird diesen besser in der Klasse mitgeteilt. — Was enthält
dieser Teil nun, und was kann er enthalten?
Hin und wieder sind auf direkte Anordnung der Behörde
bestimmte aufserordentliche Mitteilungen in alle Jahresberichte
aufzunehmen gewesen, so vor einigen Jahren der Erlaß über
die Verhütung von Unglücksfällen infolge des Gebrauchs von
Schufiwaffen durch Schüler; andere kehren regelmäfsig wieder,
die Bekanntmachungen über die Prüfungen (z. T., wie in
Sachsen, auch noch über öffentliche) und Hinweise auf
das neue Schuljahr (mit Perienordnung^)). Ein Hinweis
auf neu einzuführende Schulbücher müßte gegebenenfalls
an dieser Stelle noch hinzukommen.
Alles übrige ist individuell; und es muß in das Ermessen
des verantwortlichen Berichterstatters gestellt werden, was er
seinem Publikum mitzuteilen für nötig hält, dessen Interessen und
Bedürfnisse je nach Ort und Schule ja sehr verschieden sein
können. Besonders kämen Veränderungen in der Organi-
sation der Anstalt in Betracht, Umwandlungen in eine
Reformschule, Einführung englischen Ersatz Unterrichts
uam., worüber das Publikum natürlich ausführlich zu belehren ist.
Gewisse Dinge sind aber auch hier, da das Publikum immer
wieder wechselt, allmählich typisch geworden und werden erst
verschwinden können, wenn die Bekanntschaft mit ihnen all-
gemeiner vorausgesetzt werden kann; so die ausführlichen,
manchmal mehrere Seiten füllenden Mitteilungen über das
Berechtigungswesen und die gleichen über Zweck und Ein-
richtung der Reformanstalten verschiedener Art. Bei An-
stalten, die ihren Speziallehrplan, der jedem Vater bei der
Anmeldung von Söhnen eingehändigt wird, in irgend einer
Form besonders veröffentlichen'), könnten die genannten, sonst
jedes Jahr wiederkehrenden Angaben zweckmäßig mit diesem
verbunden werden; es würde Raum gespart oder ev. für anderes
(z. B. die ausführlichere Chronik, s. o. S. 289) firei werden,
und es brauchten nur etwaige Veränderungen, die z. B. im
Berechtigungswesen einträten, besonders mitgeteilt zu werden.
1) \gl. dazu oben S. 280.
2) Hierüber s. o. S. 287, S. 143 f., 276 f.
Z«itMkr. f. d. OymnMialwMcn. LZI. SuppIoamtlMlt 22
338 Pro^rammweseo ood Programoibibliothek d. boh. Scbvlei,
Inwieweit es zweckmäßig ist, Notizen, die schon unter anderen
Rubriken des Jahresberichts stehen oder stehen könnten, aber ge-
rade für das Publikum wichtig sind, z. B. Verfugungen ron Behörden
uä., an verschiedenen Stellen, so in diesem Abschnitt, zu wieder-
holen, muß wiederum der ßerichterjstatter entscheiden (vgl. auch
oben S.280tS.), in einigen Berichten werden die Wohnungen
der Lehrer an dieser Stelle mitgeteilt; das ist fiberall da, wo
diese von den Eltern häufiger in ihrer Behausung aufgesucht zu
werden pflegen (vgl. o. S. 243 Anm. 1), zweckmäßig und verdient
also Nachahmung in den Fällen, wo es trotzdem bisher nicht ge-
schehen ist, sdieint mir auch nötzlich besonders bei den An-
stalten, die viel auswärtige Schöler haben. Pör wesentlich halte
ich es indessen in keinem von beiden Fällen; und zumal wo an
anderen Stellen des Berichts mit dem Räume gegeizt und ein
dürftiger Inhalt geboten wird, läßt sich die halbe Seite, die ein
solches Verzeichnis doch meist einnimmt, ohne Zweifel nätzlicher
verwenden.
Aufmerksame Leser der Jahresberichte werden in dieser
Rubrik (oder auch an anderen Stellen) noch mancherlei Be-
sonderes finden, was zwar zunächst örtlichen Traditionen seine
Pflege verdankt, z. T. aber auch allgemeinerer Beachtung wert
ist und jedenfalls nicht selten geeignet sein wird, auch da er-
wogen und ev. eingeführt zu werden, wo günstige Bedingungen
es nahelegen. So begegnet uns in einem Jahresbericht die Notiz,
daß die Lehrer der Anstalt weder Privatunterricht an Schuler
der Anstalt erteilen, noch Pensionäre bei sich aufnehmen^),
ein anderer weiß zu melden, daß bestimmte Ärzte der Stadt
unbemittelte Schöler der Anstalt unentgeltlich behandeln,
wieder andere (so in Schlesien) geben Kunde von bestehenden
Krankenkassen zugunsten der Schüler; den hygienischen
Verhältnissen wird — so besonders in österreichischen Be-
richten — in höchst erfreulicher Weise breiter Raum gewährt.
Und so werden Behörden, Direktoren und Lehrer in den
Berichten Jedes Landes, jeder Provinz, ja fast jeder Stadt Be-
sonderheiten vorfinden, die mindestens sorgfältige Erwägung
verdienen und jedenfalls dazu beitragen können, das Gute,
wo immer es vorhanden ist — falls es auch für andere
Verhältnisse paßt — , zu verbreiten und so der Schule
') In dem r«dlicb«D Bestreben, den Stande z« dienen, kann nan in
dieser Beziehung leicht zn weit gehen. In znhlreieben Mittel- und
Kleinstädten wird es sich inoh künftig nicht ganz vermeiden lassen,
daß Lehrer au Schüler der Anstalt Privatunterricht erteilen oder Pensionire
bei sich aufnehmen, auch wenn die MaBaahmen, die jüngst der preaBlsche
Staat in letzterer Beziehung getroffen hat (Familienpensionen), weiter ans-
gedehnt werden. Es wird immer darauf ankommen, die sozialen Verhältnisse
der Einwohner im allgemeinen und jeden Einzelfall im besonderen in Betracht
zu ziehen; ein generelles Verbot schiene mir z. Z. gerade im Interesse der
Schüfer keineswegs zweckmäßig.
von R. Ullrioh. 339
nnd ihren Gliedero zu helfen, wo und wie es nur immer möglich
ist. Aber die Jahresberichte wollen auch für diesen Zweck
gelesen sein; es ist schade, daß heute so manches Gute, das
sich in ihnen ßndet, vereinzelt bleibt^ weil es nicht genug be-
kannt wird. —
Ich schließe der Besprechung der einzelnen Rubriken noch
einige Bemerkungen an Aber
Gewisse Äußerlichkeiten. Manche Anstalten legen bei
ihren Jahresberichten Wert auf glänzende Ausstattung, wie sehr
starkes Papier, breiten Rand uäm., was die oft beklagten
hohen Kosten jedenfaUs nicht herabsetzt, manchmal auch Ver-
anlassung ist, das 1875 verabredete Einheitsformat zu über-
schreiten, so daß den Programmbibliotheken unnötige Schwierigkeiten
erwachsen (s. o. S. 174, S. 218 und Teil III). Man kann sich hier
alles Obermafles enthalten, ohne ins Gegenteil zu verfallen, was be-
sonders in den siebziger Jahren häufig geschah (S. 180 Anm. 1).
Die innere Ausgestaltung ist jedenfalls weit wichtiger.
Auch hier sei noch einmal daran erinnert, daß die richtige
Teubnersche Nummer auf dem Titelblatt an der richtigen
Stelle (unten links) aufzudrucken ist, der Jahrosbericht
keinen farbigen Umschlag ohne wiederholten Titel haben
darf, auch die Abhandlung, falls eine solche erschienen ist
und getrennt ausgegeben wird, auf dem Titelblatt des Jahres-
berichts genau anzugeben ist (Näheres s. o. S,218t), so
daß jeder, der einen solchen Bericht jetzt oder später in die
Hand nimmt, ohne weiteres mit Sicherheit annehmen darf, daß
keine Beilage erschienen ist, wenn die entsprechende Notiz auf
dem Titelblatt fehlt. Über das jährlich auf dem Umschlag ab-
zudruckende, bibliographisch genaue chronologische Ver-
zeichnis der Abhandlungen der Schule von einem bestimmten
Termin ab ist oben (S. 222ff.) das Nötige bemerkt worden.
Manche Berichterstatter fügen ein Inhaltsverzeichnis bei; das
kann überall da nutzlich sein, wo der Bericht den üblichen Um-
fang überschreitet; man wird auch dadurch dem Leser einen
Dienst erweisen und den Inhalt besser zugänglich machen.
Hiermit wäre m. E. alles Wesentliche erledigt, was sich
über Zweck und Bedeutung der Jahresberichte für ihren
großen Interessentenkreis und über diezweckmäfsigeArtihrer
Ausgestaltung für die Zukunft sagen ließe. Wichtiges hoffe
ich nicht übersehen zu haben, werde aber jeden Nachweis mit
Dank begrüßen ; der Zweck dieser ganzen Darlegung ist ja doch der,
zu eingehender Prüfung der Einrichtung und ihrer möglichsten
Vervollkommnung Anregungen zu geben. Mögen sie auf frucht-
baren Boden fallen und auch die Behörden, soweit nötig, veran-
lassen, zu erwägen, was in Zukunft geschehen kann oder muß.
den Inhalt so zu gestalten, daß er auch unter den veränderten
Verhältnissen der neuen Zeit dem von Anfang an gewollten
22*
340 Programmwesen nod Progranmbibliothek d. höh. Seholan,
Zwedce entspricbt, dem Verkehr der Schulen und ihrer
Lehrer untereinander und dem Zusammenhange
zwischen Schule und Haus vor allem zu dienen.
Inwieweit meine Darlegungen und die auf Grund reichlichen
Materials und vielfacher eigener Beobachtungen und Erfahrungen
gemachten wohlerwogenen Vorschläge in den Kreisen der Fach-
genossen wie der fär die praktische Durchführung ebenfalls mafi-
gebenden Instanzen Beifall finden und Anlaß zur Besserung geben
werden, vermag ich jetzt natürlich nicht zu beurteilen. In einer
Reihe von Punkten ist der jetzige Zustand allerdings derart, daß
es nicht geraten scheint, Rückständigkeit noch weiter bestehen
zu lassen.
Wie dem aber auch sein mag, so viel dürfte andererseits
doch klar geworden sein, daß wir in den Jahresberichten
trotz aller Mängel, die sie hier mehr, dort weniger aufweisen,
eine Einrichtung haben, die sich bewährt hat, für die
Erreichung der bezeichneten Zwecke notwendig, auch
durch Gleichwertiges oder Besseres nicht zu ersetzen
ist, und auf die zu verzichten unter keinen Umständen
geraten scheint, es mußte denn gerade sein, daß man die
Bedeutung jener Zwecke in der Gegenwart selbst nicht mehr an-
erkennen wollte. Das würde aber einen Rückschritt zu Verhält-
nissen bedeuten, aus denen schon die preußische Organisation
von 1824 herauskommen wollte; heute vollends streben wir auf
allen Gebieten nach Verbindung, Zusammenhang und Sammlung
der Kräfte und suchen auch verschiedene Lebenskreise für
gemeinsame große Ziele zu gewinnen. Vl^as schon vor einem
halben Jahrhundert Di et seh von dem „Gefühl der Zu-
sammengehörigkeit'* sagte (o. S. 190; vgl. auch S. 219
Anm. 1), gilt jetzt mehr denn je. Für das Gebiet der
höheren Schulen aber sind gewiß nicht das einzige, aber
ein wesentliches Mittel zur Stärkung solcher Be-
ziehungen ihre Jahresberichte.
C. Kotzbarmaohnng im ganien.
Für zahlreiche Einzelfragen des Unterrichts, der Schulorgani-
sation, der Schulgeschichte oder was es sonst immer sein mochte,
sind die Jahresberichte von jeher eine wichtige, wenn auch bei
weitem nicht genügend gewürdigte Quelle gewesen. Sie werden
jedem Schulmann und Gelehrten diesen Dienst auch in Zukunft
immer vollkommener leisten, je mehr sie wenigstens für gewisse
Teile des Schulorganismus, über die sie Auskunft geben, besonders
in den einzelnen deutschen Staaten einander so weit
angenähert werden — unbeschadet aller individuellen Ge-
staltung — , daß jeder, der sie zu ernsten Zwecken irgend welcher
Art benutzen will, sicher sein kann, auf einen bestimmt abge-
voa R. Ullrich. 341
grenzten Kreis von Fragen in jedem Berichte unbedingt eine
Antwort zu erhalten. In welcher Richtung das im einzelnen
etwa geschehen könnte, ist im vorigen Abschnitt darzulegen ver-
sucht worden.
Aber trotzdem nun diese Berichte in allen Staaten, die sich
ihrer bedienen, schon viele Jahrzehnte bestehen, ist bis auf den
heutigen Tag noch niemals der Versuch gemacht worden, diese
wirkliche Fundgrube für Stand und Entwicklung des Schul-
organismus im großen und für Hunderte von Einzelheiten zu so
verschiedenen Zeiten und für so viele Staaten auch nur einiger-
maßen im ganzen auszuschöpfen, den reichen Inhalt
nach irgend welchen Gesichtspunkten wenigstens für einzelne
Perioden oder Lander so zusammenzufassen, daß ein Über-
blick gewonnen würde, der einmal erkennen ließe, welche
Schätze hier verborgen lagen, andererseits aber für die Arbeit
der Zukunft, besonders für die geschichtliche Erkenntnis, wie
auch im einzelnen alles gewesen oder geworden, zuverlässige
Grundlage werden könnte.
Die Abhandlungen hat man schon wenige Jahrzehnte
nach ihrem Bestehen bibliographisch zu sammeln gesucht, immer
aufs neue, immer vollkommener, bis in die unmittelbare Gegen-
wart. Es sollte eben die Arbeit vieler Generationen nicht ver-
loren gehen, in der Sammlung auch jede Einzelheit ihren Platz
erhalten. Das ist an sich erklärlich. Von Anfang an bis auf
den heutigen Tag hat man die Abhandlungen für wichtiger
gehalten als die Jahresberichte. Dort war in jedem
einzelnen Falle wissenschaftliche Arbeit, die das Denken lange
beschäftigt hatte, mochte auch das Ergebnis, besonders in den
ersten Jahrzehnten (s. 0. S. 135 fiX im ganzen nicht groß sein;
die Jahresberichte waren eben nur Berichte. Gegen die
einzelne Abhandlung von Durchschnittswert gehalten, war und
ist der entsprechende einzelne Bericht zweifellos meist von
geringerem Werte. Aber die Sache stellt sich doch anders dar,
sobald man größere Massen gegeneinander hält. Könnte man
wirklich die Abhandlungen als Ganzes unter das Motto „Aus der
Schule, für die Schule'' stellen, das sie ja in der neuesten Zeit
tatsächlich immer mehr verdienen, so stände es auch im ganzen
um das Verhältnis der beiden Teile des Programms dem Werte
nach nicht anders als im einzelnen. Nun waren aber nicht
Hunderte, nein Tausende von Abhandlungen aus dem Rahmen
der Schule völlig herausgefallen; sie behandelten Dinge, die mit
deren Wesen und Verfassung nichts weiter zu tun hatten, als
daß der Verfasser eben Lehrer war; er hätte oft ebensogut Privat-
gelehrter, Universitätsprofessor oder Prediger sein können. Oder
man erkannte wenigstens dies, daß der Lehrer sich auch mit
Dingen beschäftigte, die mit seiner Arbeit für die Schule und
ihren wissenschaftlichen Grundlagen nichts mehr zu tun hatten.
342 Programmweseo and Pro^ramabibliothek d. höh. SchaleQ,
leb hoffe, daß man mich nach der Art, wie ich die Abhandlungen
oben (S. 28 — 156) gewürdigt habe, nicht mißverstehen wird.
Anders die Jahresberichte. Mochte oder mag jeder
einzelne noch so dürftig sein: sobald man einige Dutzende einer
Schule, einige Hunderte eines Jahrgangs einer Schulart, einige
Tausende eines Staates auch nur für kleinere Perioden zusammen-
nimmt, so stellen sie immer ein Ganzes des Schulorganismus
dar, eine Einheit irgend welcher Art, die uns zeigt, wie es in
einer Schule, einer Schulart, einer Zeit, einem Staate gewesen ist
oder ist. Und alle Einzelheiten, die jeder Bericht enthält, ge-
winnen Bedeutung, wenn sie zu einer solchen höheren Einheit
zusammengefaßt werden. Das empfindet jeder, der einmal ver-
sucht hat, wie der Verfasser dieser Arbeit, aus Hunderten von
Einzelheiten auf verschiedenen Gebieten Gesichtspunkte für die
Betrachtung im ganzen zu gewinnen. Aber was für eine Arbeit
ist das! Sie setzt nicht bloß Interesse und Selbstüberwindung
voraus, sondern erfordert vor allem eine jeden Augenblick zu-
gängliche, möglichst wenig Lücken aufweisende und wenigstens
bis in die zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückreichende
Sammlung von Jahresberichten selbst. Diese ist aber nur in den
wenigen großen Bibliotheken, und selbst hier oft sehr unvoll-
kommen, und in wenigen älteren, ausgezeichnet verwalteten und
musterhaft geordneten Gymnasialbibliotheken zu finden. Außerdem
muß ein jeder für jede neue Einzelfrage die Menge von Hunderten
oder gar Tausenden immer wieder aufs neue durchgehen, ohne
selbst in Dutzenden ein Wort für seinen Zweck zu finden,
während ein einzelner, kenntnisreicher Schulmann, unter Um-
standen einige wenige, in einem Zeitraum von etlichen Jahren
die Arbeit, auf die es ankommt, für alle leisten könnten. Handelt
es sidi nur um die Verbältnisse einer einzelnen Schule, so ist
die Arbeit leicht, mag man auch fünfzig Berichte durchgehen
müssen; ebenso wenn man selbst einige ganze Jahrgänge von
tausend und mehr Berichten für eine Ei n z elfrage durchzuarbeiten
hätte, sobald man nur sicher weiß, daß jeder, oder doch die
Mehrzahl, irgendwie darauf Antwort gibt So sind denn auch für
Stipendienwesen, Statistik ua. die Jahresberichte neuester Zeit schon
ausgenützt worden (vgl. z. B, o. S. 336 m. Anm. 1). Fast unmöglich
aber wird die Sache, sobald es sich um die Erkenntnis der
Entwicklung irgend einer Einzelfrage handelt, für die
vielleicht nur aus Dutzenden von Berichten aus ganz verschiedenen
Zeiten und Staaten Antwort zu erwarten ist. Da man aber zu-
nächst nicht weiß, welche das gerade sein werden, muß man
eine hundertfache Zahl durchgehen, um zur Sicherheit zu ge-
langen.
Man müßte also, mit einem Worte, ein Hilfsmittel haben
— ein bibliographisches wäre es nicht schlechthin, sondern noch
etwas mehr — , das den Inhalt bestimmter Perioden von
voo R. Ullrich. 343
Jahresberichten, für einzelne Staaten oder besser für ganz
Deutschland bezw. Österreich und die Schweiz, im
ganzen nach bestimmten Gesichtspunkten in knapper
Form und mit genausten Hinweisen im einzelnen so
ausgeschöpft, geordnet und gesichtet wiedergäbe, daß
jeder, der für eine bestimmte Frage in Jahresberichten
Antwort zu erwarten glaubt, nur zuzugreifen brauchte,
um zu wissen: da oder dort ist etwas für mich zu
finden. Die Arbeit wäre damit für ihn gewiß nicht zu^ Ende;
er wurde, nachdem er ein Stichwort an vielen Stellen gefunden,
die Umgebung zu prüfen, Zeit und Land in Betracht zu ziehen,
kurz eben die Grundsätze historischer Kritik zur Anwendung zu
bringen haben, ehe er eine Summe gleichartiger oder auch ver-
schiedener Angaben über denselben Gegenstand wissenschaftlich ver-
wertet Aber es wären doch Anh altspunkte gegeben, die jedem,
der nachher kommt, die Arbeit ganz wesentlich erleichterten. Die
hohe Bedeutung eines solchen knappen, zuverlässigen
Nachschlagebuchs ist ohne weiteres deutlich.
Aber die Ausfuhrung! Wo soll man anfangen, wo auf-
hören? Wie umfangreich sollte das Werk sein, um einerseits
ausreichende, wenn auch knappe Antwort auf so viele Fragen der
verschiedensten Teile des großen Schulorganismus und wiederum
ffir verschiedene Staaten, Zeiten usf. zu geben, anderseits
doch aber auch für den einzelnen Arbeiter nicht unerschwinglich
zu sein? In welche Zeitabschnitte sollte es — wenn überhaupt —
zerlegt, sollte nach Staaten und innerhalb dieser nach Gegenständen
geordnet werden, oder umgekehrt? Wo wäre die Grenze zwischen
Wichtigem und Unwichtigem zu ziehen? Sollten nur die Dinge
behandelt werden, die in den Jahresberichlen wirklich stehen,
oder auch solche herangezogen werden, die zwar nicht angeführt
sind, deren Existenz aber aus bestimmten Gründen als sicher
oder wahrscheinlich anzunehmen ist? Sollte es ein Quellenbuch
sein ? Oder eine zusammenhängende Darstellung versucht werden,
die — etwa in Anmerkungen oder Exkursen — die nötigen Hin-
weise oder Ausführungen gäbe? Wer sollte es verfassen, einer
oder mehrere? Wer es verlegen? Wäre staatliche Unterstützung
zu erbitten oder zu erwarten, wäre sie notwendig oder nicht?
Könnte auf ausreichenden Absatz gerechnet werden?
Fragen und Bedenken sind, wie man sieht, genug. Und
wäre mir der Gedanke vor 10 Jahren gekommen oder von
anderer Sdte entgegengetreten, ich hätte gemeint, die Durch-
fuhrung sei kaum möglich. Nachdem ich in den letzten Jahren
einige Tausende von Jahresberichten nach bestimmten Angaben
durchgesehen, viele Hunderte gelesen habe, muß ich sagen, daß
mir die Sache doch schon greifbarer, die Durchführung möglicher
erscheint. Einen vollständigen Plan vorzulegen, kann meine Ab-
sicht hier noch nicht sein; der müßte noch länger wachsen, ehe er
^^^ Prog^rammwesen and Programmbibliothek d. hob. Schalen,
zur Reife käme. Aber anregen möchte ich die Pachgenossen, über
die Sache nachzudenken und ihrerseits Vorschläge and Gegen-
vorschläge zu machen. Vielleicht ließen sich doch gewisse Grund-
linien feststellen, die einmal die Ausführung in größere Nähe
rückten. Zu machen wäre es dann wohl; es sind schon
schwierigere Dinge geleistet worden. Daß die Arbeit sehr viel
verwickelter ist, als etwa eine Bibliographie der Abhandlungen,
wie sie Klußmann^) durchgeführt ode' — in weiterem Um-
fange — C. Fr. Müller geplant hat'), bedarf kaum der Hervor-
hebung. Hier waren doch immerhin nur einfach die gegebenen
Arbeilen zu sammeln und zu ordnen, gewiß auch ein großes
Stück Arbeit, dessen Ausfuhrung ohne Selbstüberwindung und
peinlichste Gelehrten -Akribie gar nicht zu leisten war, eine
Arbeit, die einen kleinen Teil des hier Beabsichtigten insofern
schon mitnimmt, als vielfach (wie z.T. auch beiHortzschansky)')
auch Teile der Jahresberichte, wie Reden, Satzungen u. a. ein-
bezogen wurden. Die Ausführung wäre auch schwieriger als etwa die
des Wiese -Irm ersehen*) Werkes, dessen Verfasser nach Schulen
und innerhalb jeder einzelnen nach im wesentlichen gleichen Gesichts-
punkten ordneten und die zusammenfassenden Obersichten für jede
Provinz aus den Einzel berichten gewannen. Bei einem „Reper-
torium der Jahresberichte*', wie ich zunächst einmal sagen will,
wäre aber mehr zu leisten: vor allem die richtige Auswahl des
Wesentlichen und die geeignetste Form der Darbietung.
Ich bemerke dazu nun folgendes. Ich meine, daß ein
Quellenbuch die geeignetste Form wäre. Eine Darstellung
wurde zuviel Subjektives hineinbringen, während eine objektive
Übersicht des Tatbestandes wichtiger und für jeden Be-
nutzer zweckmäßiger wäre. Das erste Bedenken würde die Art
der Einbeziehung der verschiedenen Staaten sein. Das
Material, was z. B. die süddeutschen Jahresberichte boten
und bieten, ist wesentlich geringer als das der norddeutschen
und Österreichs'^). Naturlich ließe sich das Fehlende — zum
Teil wenigstens — auf amtlichem Wege beschaffen; aber diese
Hilfe wäre hier doch ein fremdes Element, und die Entwicke-
ln ng, die sich in den Jahresberichten zeigt, käme dabei wohl zu
kurz.- Dagegen wäre ein Repertorium über die preufsischen
und die meisten norddeutschen Berichte, vor allem die
sächsischen, auch über die von Elsafs-Lothringen einerseits,
und andererseits über die österreichischen in weitem Umfange
und innerhalb jedes dieser beiden großen Komplexe für einen größeren
Zeitraum möglich, für Preufsen seit 1825, für die übrigen nord-
1) Vgl. 0. S. 238— 241, S.ISOL
>) Vgl. darüber o. S. 236—238, S. 230—232.
») Vgl. o. 8.217, 227f.n.li.
*) Vgl. o. S. 89 Anm. 2.
^) Vgl. hierüber die Aosfabroogeo o. S. 260 ff.
von R. Ullrich. 345
deutschen Staaten von einem nur wenig späteren Termine ab,
ffir Elsafs-Lothringen seit 1872, für Österreich seit
1850, für die Schweiz etwa seit den fünfziger Jahren.
Was Preufsen betrifft, so müßte man wiederum, noch die Frage
erledigen, ob die Jahresberichte der 1866 preufsisch
gewordenen Landesteile erst von diesem Termine ab ein-
zubeziehen, oder schon von früherem Zeitpunkt ab einzugliedern,
oder bis 1866 etwa selbständig zu behandeln wären. Ob die
süddeutschen Berichte, einschließlich der hessischen, für
sich zusammenzufassen, oder, trotz ihrer geringeren Reichhaltig-
keit, in das norddeutsche Repertorium einzuarbeiten wären (die
bayerischen seit den zwanziger Jahren, die badischen seit
den dreißiger, die württembergischen etwa von dem gleichen
Termin ab, die hessischen seit den fünfziger Jahren)^), oder
ob vielleicht jeder dieser Staaten für sich behandelt werden sollte,
bliebe weiteren Abmachungen zwischen den beteiligten Instanzen
vorbehalten. Man müßte schließlich eine gewisse Zersplitterung
in eine Mehrzahl von Repertorien auf sich nehmen; wenn sie
nur überhaupt gegeben werden. Der Einblick in die gesamten
Verhältnisse würde doch wesentlich erleichtert werden, und der
Fortschritt gegenüber dem jetzigen Mangel wäre auf alle Fälle ein
großer. Doch gleichviel, ob zusammen oder getrennt, wie hätten
denn, um wenigstens ein Beispiel anzuführen, in der Hauptsache
derartige Arbeiten, von denen jede — mutatis mutandis — doch
im wesentlichen gleichen Grundsätzen folgen müßte, schon im
Interesse leichter Benutzung, etwa auszusehen?
Was Preufsen betrifft (mit oder ohne Einschluß der 1866
hinzugekommenen Provinzen), so schiene mir eine Teilung
des Stoffes nach zeitlichen Abschnitten* in etwa 4 — 5 Bände
denkbar, von denen der erste vielleicht von 1825 — 1850, der
zweite bis 1875 (oder auch gleich bis 1884), der dritte bis 1901
(ev. in zwei Abschnitte, 1876 (oder 1885)- 1890, 1891—1900,
zu teilen) zu gehen, der vierte (bezw. fünfte) mit 1902 einzusetzen
hätte. Für Österreich wären zunächst vielleicht zwei Bände
vorzusehen, deren erster von 1850 — 1874, der zweite bis 1900
oder auch bis zur Gegenwart reichte. Alle anderen Staaten
kämen, falls ein Zusammenschluß sich als unausführbar erwiese,
mit viel weniger aus. Ob man späterhin einfach äußerlich nach
5 oder 10 jährigen Zeiträumen teilen, oder bestimmte feste Punkte
der weiteren Entwicklung, wie neueste Lehrpläne, Abschaffung
des Griechischen, allgemeine Einführung der Reformschulen (was
beides nicht geschehen möge!) oder was sonst immer zum Maß-
') Die flir dea Begioo angesetzten Termine hatten immer dem Anfang
der offiziellen Regelung des Programmwesens n. St. in den einzelnen
Staaten za entsprechen — wozu die Obersichten oben S. 95 — 108 zu ver-
gleichen sind.
^^ Programmweseo and Programmbibliothek d. hob. Scholeo,
Stab nehmen will, braucht uns zunächst nicht zu kömmero. Um
eine Zerlegung in mehrere Bande nach zeitlichen Gesidits-
punkten wArde man schon aus praktischen Granden kaum hemm-
kommen. Den ganzen Zeitraum von 1825 — 1901 in einem noch
handlichen Bande zu behandeln, halte ich fär ausgeschlossen.
Wollte man aber von dem sachlichen Gesichtspunkt im ganzen
ausgehen und so erst einige Teilgebiete für die ganze Zeit
behandeln^ dann die anderen allmählich anschließen, so wurde
es doch lange dauern, bis man einen vollständigen Überblick über
einen bestimmten Zeitraum gewönne. Innerhalb der zeitlich
geordneten Bände wäre dann nach Gegenständen zu ordnen.
Hier liegt es nun am nächsten, för die ersten beiden (1825 —
1850, 1851 — 1884) das preußische Schema der Gesamtverfugung
über die Jahresberichte vom Jahre 1824 der Einteilung zugrunde
zu legen, also (in Kurze): i. Lehrverfassung, IL Chronik, HL Statistik
(nebst Bibliotheken, anderen Sammlungen und SUftungen),
IV. Prüfungen, V. Varia — nebst den 1824 bestimmten Unter-
abteilungen. Daß sämtliche Jahresberichte der Schulen aus
allen Jahrgängen durchzusehen und zu exzerpieren wären, besonders
auch die der Realschulen alten Stils (vgL o. S. 223)^ ist
selbstverständlich. Ein einzelner könnte das — wenn über*
haupt — nur leisten, wenn er von anderen, z. B. amtlichen Ver-
pflichtungen för einen längeren Zeitraum frei wäre. Es könnte
aber auch eine Teilung dahin staltfinden, daß mehrere Be-
arbeiter, nachdem sie sich ober die allgemeinen Grundsätze
und die Form der Bearbeitung geeinigt hätten, jeder einen Teil
auf sich nähme. An geeigneten Kräften fehlt es ja nicht. Der
eine hat sich mit den Lehrplänen und ihrer Entwicklung, ein
zweiter mit der Schulgeschichte, ein dritter mit der Statistik, ein
vierter mit den Sammlungen, insbesondere den Bibliotheken, ein
fünfter mit den Stiftungen usf. beschäftigt, auch för die Varia
wäre wohl ein geeigneter Mann zu finden. Von 1885 ab wäre
das Schema der HauptverfQgung dieses Jahres als Maßstab zu
nehmen, das im einzelnen ja alle wesentlichen Punkte von 1824
wiederholt. Daß die Bearbeiter an demselben Orte ansässig wären,
dürfte wünschenswert, wenn auch nicht notwendig sein; daß es
gründliche, methodisch geschulte, kenntnisreiche, in literarischer
Arbeit bereits bewährte, auch mit einer starken Portion Gedold
ausgerüstete Schulmänner sein mußten, ist selbstverständlich.
Fachbibliographen, an die man im ersten Augenblick denken könnte,
wären nur dann geeignet, wenn sie, wie etwa Ew. Hörn oder
R. K 1 u fs m a n n , längere Zeit im Schuldienst gewesen und mit
dessen Entwicklung und Stand im ganzen und einzelnen gründlich
vertraut sind. Im 1. Bande (1889) des von der Kgl. Bibliothek
zu Berlin herausgegebenen Jahresverzeichwsses etc (s. o. S. 112,
Nr. 15) fand sich (in der Vorrede, Z. 7 f. vom Anfang) die ver*
heißungsvolie Ankündigung, die Kg). Bibliothek wurde „alle zehn
TOD R. Ullrich. 347
Jabre die Schulnachrichten in ähnlichen Verzeichnissen zu-
sammenfassen'* ^). Es ist aber davon ganz stille geworden. Das Ver-
sprechen war schneller als die Erfüllung. Teils mögen die in der
Tat groBen Schwierigkeiten abgeschreckt haben, teils auch wohl
die Erkenntnis, daB der Stab selbst einer großen Bibliothek doch
nicht alle die Eigenschaften besitzt, die zur Ausfuhrung nötig
sind. Denn es handelt sich hier nicht nur um die Entfaltung
einer heute bis ins einzelnste ausgebildeten bibliographischen
Technik — deren Mithilfe sich übrigens die obigen Mitarbeiter
gern gefallen lassen werden — , auch nicht bloß um gelehrte
Kenntnis der Entwicklung des höheren Schulwesens, die natürlich
auch ein außerhalb des praktischen Schuldienstes stehender Ge-
lehrter haben kann, sondern vor allem um eine aus eigener,
längerer Tätigkeit inmitten des großen Organismus
selbst gewonnene Einsicht in dessen Aufgaben und
Bedürfnisse, um lebendige, innere Anteilnahme an
seinem Werdegange wie an den Problemen der Praxis.
Nur von hier aus wird sich beurteilen lassen, was von dem ge-
waltigen Stoff eines solchen Repertoriums aus 5, 6, 8 Jahrzehnten
wichtig, was unwesentlich ist, was um seiner Beziehungen zur
Gegenwart willen geschichtlich wertvoll, was als eine vereinzelte,
seitsame Erscheinung zu betrachten ist. Haben sich also die
Schulmänner, die an die Aufgabe berangef^angen sind, über die
allgemeinen Grundsätze geeinigt, so gehe jeder an den Entwurf;
hier werden sich die Schwierigkeiten erst recht zeigen, besonders
in bezug auf Stoffwahl und Anordnung. Ein Haupt-
redaktor hätte dafür zu sorgen, daß alles in gleichen Bahnen
sich bewegt, die ersten Entwürfe zu prüfen, zu vergleichen, An-
regungen für die weitere Bearbeitung zu geben, wie das ja bei
jedem großen Unternehmen ähnlicher Art geschehen muß, und
so könnte man hoffen, daß das Werk einmal zustande käme.
Was die Stoffwahl betrifft, so könnte alles, was durch
andere aligemeine Bestimmungen geregelt ist (z. B. Lehr-
pläne) und demgemäß in den meisten Jahresberichten im wesent-
lichen gleichmäßig vorkommt, kurz behandelt werden; jede Ab-
weichung aber, alles Individuelle wäre in allen Abteilungen ge-
bührend hervorzuheben: Besonderheiten im Lehrplan, in
der Organisation, in der Chronik (wo besonders häufig dazu
Anlaß sein wird), in der Verwaltung der Sammlungen, dem
^) Die Idee selbst üt schon erbeblich Slter (vgl. o. S. 204), aber sa
priktischeB Vorschlägeo war man auch früher nicht vorgedrangen. Hervor-
hebaog verdient die Tatsache, daß man damals (a. a. 0.) eine solche „Zn-
sammeofassong" oar aaf Grand der gedrnckten Jahresberichte
fnr denkbar hielt. Wie R. Richter, der öberbaopt in der Behandlang der
ganzen Programme ogelegenbeit wenig glücklich war (vgl. auch o. S. 156
m- Anm. 1), sich solche von ihm befürworteten Zosammenfassangen ohne die
Hilfe der Jahresberichte dachte, hat er leider nicht gesagt (vgl. BiU, Abt. 4
Nr. 116, S. 95).
348 ProgrammweseD aad Programmbibliothek d. höh. Scha eo,
Stiftungswesen usf. Der wesentliche Inhalt der Mitteilungen
wäre mit Stichwortöberschriften zu versehen, denen überall
die Bezeichnung der Schule, des Jahrgangs und der Seite des
betr. Berichts beizusetzen wäre. So gewönne man, um nur einiges
zu erwähnen, eine genaue Übersicht darüber, an welcher Anstalt,
wann und wie lange Besonderheiten im Lehr plan und der Or-
ganisation existiert haben, welche Reden zu bestimmten Ge-
legenheiten gehalten worden sind, von wem und worüber, auch
ob sie abgedruckt oder nur erwähnt sind; die biographischen
Angaben über neueingetretene oder verstorbene Lehrer gäben
manchen schätzenswerten Aufschluß, man erführe Genaueres über
besondere Sitten, Gebräuche und Einrichtungen in den
verschiedenen Anstalten und Gegenständen, über die Mittel der
Sammlungen und die Fürsorge für sie, z, B. in bezug auf
Katalogisierung; auch die Schälerbewegung, Zahl und
Stärke der Klassen uam., würde interessante Ergebnisse liefern. Alle
Einzelheiten einzelner Schulen, die in den vielen Schulgeschichten,
die wir über sie haben, oft zu einseitig hervortreten, würden sich
in größerem Zusammenhange anders ausnehmen. Die schlichu
Aneinanderreihung und Gruppierung der Tatsachen würde ein un-
schätzbares Hilfsmittel für die weitere Forschung werden.
Die zweckmäßigste Anordnung ergäbe sich erst bei der
Sammlung des Stoffes selbst; ich enthalte mich daher be-
stimmter Vorschläge. Sie wird in den verschiedenen Ab-
schnitten oft eine verschiedene sein können, nach Gegenständen,
nach Orten und Schulen, nach Personen, chronologisch, alpha-
betisch oder nach anderen Gesichtspunkten oder unter Vereini-
gung mehrerer. Das wäre alles im gegebenen Falle zu ent-
scheiden. Mafsgebend sollte vor allem die Rücksicht auf
Obersichtlichkeit sein. Man müßte imstande sein, das
Material über bestimmte Verhältnisse, denen man nachforscht,
möglichst leicht zu überschauen. Daher wäre auch auf die
Druckeinrichtung besonderer Wert zu legen.
Daß sorgfältige Register notwendig sind, über Sachen,
Personen, Orte und Anstalten, ist selbstverständlich. In welchem
Grade in den Anmerkungen Hinweise auf andere Quellen zu
geben wären, gedruckte und ungedruckte, besonders Archivalicn
der Schulen, bliebe noch zu erwägen.
Daß es gelingen wird, das gesamte Material an Jahres-
berichten, in Preußen von 1825 an, in der Hauptsache noch zur
Verwertung gelangen zu lassen, glaube ich wohl. Viele ältere
Anstalten, wohl in jeder Provinz mehrere, besitzen die ganzen
Serien nicht bloß ihrer eigenen Berichte, sondern auch die vieler
anderer Anstalten '), die großen Bibliotheken würden helfend ein-
^) Wo freilieh die früher empfohleDe Methode des „KassieroBS
Plitz gegriffen hat (a. o. S. 206 uad 219), dürfte es übel bestellt sein.
voo R. Ullrich. 340
treten, unter Umständen das Auskunftsbureau der deutschen
Bibliotheken^). Gelänge es wirklich in einzelnen Fallen nicht
mehr, bestimmter Berichte habhaft zu werden, so wären diese
als fehlend besonders zu verzeichnen.
Es ist unzweifelhaft, daß von einem solchen Werke, schon
von den Vorarbeiten dazu, ein heilsamer Anstoß ausgehen mußte,
nicht bloß für das Studium der Jahresberichte selbst, das an
vielen Schulen z. Z. ganz darniederliegt, sondern auch — was
ebenfalls nicht zu unterschätzen wäre — für ihre Ordnung und
leichte Bereitstellung in den Programmbibliotheken. Manche An-
stalt würde erst recht inne werden, daß sie Schätze besitzt, denen
sie bisher gleichgültig gegenQbergestanden bat, weil die Anregung
fehlte, aus ihnen wissenschaftlichen und praktischen Nutzen zu
ziehen.
Wichtig wäre natürlich die keineswegs bloß äußere Frage,
ob es gelänge, das Unternehmen durch sich selbst finanziell
zu sichern, also einen Verleger zu finden, der es übernähme,
oder ob staatliche Hilfe einzutreten hätte. Hierüber mögen
Kundigere entscheiden. Daß das Werk, wenn es zustande käme,
hinfort jedem unentbehrlich wäre, der sich mit den Verhältnissen der
höheren Schulen irgend näher beschäftigt, ist wohl klar. Sämt-
liche Schulbibliotheken müßten es erwerben, oder, falls einige
meinten, es entbehren zu können, wären sie von der Behörde
dazu anzuhalten. Jede große Bibliothek des In- und Auslandes
würde es kaufen müssen usf. So wäre eine Auflage von mehreren
Tausend Exemplaren möglich und nötig; also dürfte auch das
buchhändlerische Risiko wohl nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.
Am gesichertsten erschiene wohl — bei der großen Zahl der
Schulen — der preufsisch-norddeutsche Teil (s. o. S. Ji^ff.),
schwieriger wäre sehender süddeutsche und österreichische,
am schwierigsten der schweizerische. Doch wären hier bei
geringerem Umfange auch die Kosten geringer, aber eine Unter-
stützung durch die Behörden wohl nicht zu entbehren.
Es wird heute gerade auf dem Gebiete des höheren Schul-
wesens so viel reformiert, probiert, experimentiert, und die
agitationsfreudige Presse läßt weder die öffentliche Meinung noch
die Schulmänner selbst zu der Ruhe — oder besser — zu der
Stetigkeit in Anschauungen und in der Praxis kommen, deren
die höhere Schule zu ihrem Gedeihen so dringend bedarf. Es
sind das Erscheinungen und Bestrebungen, die keinem rüstig,
mitunter auch hastig vorwärts drängenden Zeitalter erspart bleiben.
Sie sind an sich erfreulich, weil sie das Bessere an die Stelle des
1) Vgl. darüber des Verfassers Benutzung und Einrichtung' uno.
S. VI Aom. 1 (der Sooderaasgabe) und z. B. auch — um ein weiteres alleo
Schalnanaero leicht zagäogl ich es Hilfsmittel aniafiihreo, P. Schweoke
nnd A. Hortcschaosky, Berliner BibHathekenfOhrer (vgl. o. S. 326 Anm. 1)
S. 1—3.
^^ Programmwesen and Programmbibliothek d. hö'h. Scholen,
Guten setzen wollen, mag dabei auch mancher Sprung ins Dunkle
getan, manche folgenschwere Entscheidung getroffen werden, die
sich für größere Verbiknde nicht bewährt und ?on der man
später nur schwer uod nicht immer mit gutem Gewissen den
Weg zuruckGndet zu Verhaltnissen und Einrichtungen, die zum
Abbruch noch lange nicht reif waren, wohl aber des Ausbaus,
der Anpassung an die Verhältnisse der Gegenwart bedurften,
damit man ihrer wieder froh wurde. Wahrnehmungen dieser
Art macht heute jeder, der wohl ein Freund des Fortschrittes
ist, aber mit Unwillen sieht — und leider oft nur zusieht — ,
wie unruhige, aber sehr betriebsame Geister, denen freilich
das Beste fehlt, Pietät gegen den Werdegang großer Orga-
nismen, darauf ausgehen, das Gefühl für die Bedeutung ge-
schichtlicher Zusammenhänge systematisch zu ertöten. Diejenigen
aber, die der Meinung sind, daß die Wahrung solcher Zusammen-
hänge nicht bloß wissenschaftlich wertvoll, sondern auch praktisch
notwendig ist, können sich weiter der Wahrnehmung nicht ver-
schließen, daß gerade viele Mitglieder unseres Standes ihre Kräfte
teils unnötig ausgeben (bei der Hersteilung vieler neuer, kaum
eine Verbesserung aufweisender Schulbücher z. B.), teils unfruchtbar
zersplillern (wie bei der dreizehnten Bearbeitung einer schon ein
dutzendmal behandelten fachwissenschaftlichen Streitfrage), wthrend
die Geschichte und Organisation des höheren Schulwesens im
19. Jahrhundert Aufgaben darbietet, deren bisher überhaupt noch
nicht versuchte Lösung eine wirkliche Bereicherung unserer Kennt-
nis beider darstellen und Wissenschaft und Praxis befruchten, im
besonderen der Behandlung mancher organisatorischer Fragen der
Gegenwart und Zukunft eine bisher fehlende, sichere Grundlage
geben würde. Hier sollte die Arbeit der Schulmänner vor allem
einsetzen. Daß auch das Programmwesen solche Aufgaben in
Fülle bietet, kleine und große, konnte mehrfach gezeigt werden.
Zu den letzteren aber gehört vor allem, ebenso wie die Biblio-
graphie der Abhandlungen von 1825 — 1875 (s. o. S. 230tt.\ die
Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts der Jahres-
berichte von 1825 bis zur Gegenwart und die Sicher-
stellung späterer Fortsetzung in geeigneten Zwischen-
räumen. Hier liegen lohnende Arbeiten für viele Kräfte und
Jahre!
III. Die ProgTABtmbibliothek.
1. Ihre Bedeutung für den höheren Lehrerstand.
In den früheren Abschnitten ist wiederholt darauf hin*
gewiesen worden^), daß die richtige Schätzung des Programm-
^) \gi, 0. S. 85, 150, 166, 167 Aam. 2, Kode, ld2 f., 207, 222 1, S. W
mit Aom. 2, 124, 1Ö4, 191, 208, 219 üö.
voD R. Ullrich. 3^1
weseDs und überhaupt das Interesse för die ganze Einrichtung,
auch die Lust, an ihrer Förderung mitzuarbeiten, von der zweck-
mäßigen Einrichtung und Verwaltung der Programmbibliotheken
«ler einzelnen Schulen wesentlich abhängt, ganz besonders soweit
der höhere Lehrerstand selbst für deren Benutzung in Betracht
kommt. Das gilt in gleicher Weise für Abhandlungen und Jahres-
berichte. Die einer einzelnen Anstalt Nahestehenden, insbesondere
die Schöler, wirkliche und ehemalige, sowie das Publikum des
Ortes und seiner Umgebung, richten ihre Aufmerksamkeit natur-
gemäß zunächst meist auf den einzelnen Jahresbericht, in vielen
Fällen auch auf die Abhandlung^), falls beide Teile regelmäßig
und reichlich in ihre Hände gelangen^). Der Gelehrte außerhalb
der eigentlichen Schulkreise, besonders der Universitätslehrer oder
Fachbibliothekar, der Programme zu wissenschaftlichen Zwecken
braucht, findet in den Landes- und Universitätsbibliotheken die ganzen
Serien beisammen und kann sie meist ungehindert') benutzen,
unter schon weniger günstigen Bedingungen auch der Schulmann,
wenn er eben am Orte oder in der Nähe der genannten großen
Bibliotheken wohnt Aber das ist die kleinere Zahl. Die weitaus
größere bat ihr Amt in Mittel- und Kieinstädten, die keine große
wissenschaftliche, am Programmtausch teilnehmende Sammlung
aufzuweisen haben. Von dem amtlichen Leihverkehr^) in
Preufsen z. B., so wie er jetzt besteht^), haben solche Lehrer
aber gerade in bezug auf die Programmliteratur den geringsten
Nutzen, weil deren Versendung aus naheliegenden Gründen*) eine
beschränkte ist^). Andererseits ist es notwendig, daß die lite-
rariache Produktion einer Einrichtung, die zu einem Teile ja zur
Anknüpfung und Erhaltung engerer Beziehungen zwischen der
Mehrheit höherer Schulen und ihrer Lehrer begründet worden
ist®) und gerade in dieser Beziehung, wie ich oben gezeigt habe.
1) Näheres darüber ist aiis|r«fnhrt worden o. S. 274 ff., S. 1 aö.
*) Vgl. darüber o. S. 275 f.
') Meist sogar io den MagazioeD selbst, dereo Betreteo den Uoiversitäts-
lehrero fast überall gestattet ist; vgl. daza des Verfassers Benutzung
und Einritfdung usw. S. 78 («Z. f. d. Gymn.'fß^€9. LVIII (1904) S. 750).
*) Ober ifao vgl. o. S. 146 Ann. 1.
*) Br seheiat mir Doch der Aasgestaltang fähig, zamal in der Rieh-
fang, daß die Lebrerbibliotheken der einzelnen Schalen selbst in nähere
Beziehangen zo einander träten; vgl. daza schon meine Bemerkongen in
Aeins EnzykL Hdb. d. Päd,*V (1906) S. 452 and o. S. 2ül Anm. ]. Be-
sonders im HinUiek auf die kurzen Leihfristen der groflen Bibliotheken
(io Preafsen jetzt drei Woehen) — die in anderer Beziehang wieder
zweckmäßig sind — scheint mir das wichtig.
*) Die großen Bibliotheken vereinigen die Programme meist za Sammel-
bÜnden (doch s. o. S. 27 Anm. 4); braucht ein Benatzer auch nur ein Pro-
gramm daraas, so moßlea, bei längeren Leihfristen, alle übrigen anderen
Bestellern wochenlang entzogen bleiben.
^) Vgl. dazu o. S. 34 Anm.
•) Vgl. daza o. S. 131 ff., S. 138, S. 134 f., 1861, 191, 208 fS, uö.
d^2 P>'0|;raiiiinwe8eo aod Programmbibliothek d. hob. Selmleo,
heute und in Zukunft ganz besonders der Förderung bedarfMi
wirklich allen beteiligten Schulen und ihren Lehrern regelmäßig,
leicht und in vollem Umfange zugänglich wird — und auch
bleibt. Denn hätte der Teubnersche Tauschverkehr, der diesem
Zweck zunächst dient, nur eben den Zweck, gerade den Ertrag
an Abhandlungen jedes neuen Jahres bekannt za geben und von
dem jeweiligen Stande jeder höheren Schule an der Hand ihres
neusten Jahresberichts zu unterrichten, während die reichen Ergeb-
nisse der früheren Jahre und das Wichtigste davon — Erkenntnis
der Entwicklung früherer Zeiten und ihres Zusammenhangs
mit der Gegenwart — dauernder Schätzung und Erhaltung
nicht bedürften, so könnte man ihn getrost je eher je lieber
aufheben. Die Programme wären dann das Geld nicht wert,
das sie kosten. Freunde des Programmwesens haben daher
längst erkannt, dafi die Programmbibliothek ein wesent-
licher Teil der Lehrerbibiiolhek in allen Schulen sein
mufs und in ihrer Einrichtung die gleiche Förderung
nötig hat wie diese, wenn dieSumme vonArbeit jeglicher
Art, die in den Programmen niedergelegt ist, für
Lehrer, Schule und Wissenschaft wirklich fruchtbar
werden soll. Die Polemik gegen das Programmwesen ist
gerade deswegen zum großen Teile in die Irre gegangen, weil
sie ein oft völlig ungenügendes Material für ausreichend hielt'),
ihren Vorstößen Geltung zu verschaffen. Aber auch die Freunde
der Einrichtung, die in ihr so etwas wie die Darstellung einer
gewissen Einheit der höheren Schulen und des höheren Lehrer-
standes sahen ') und von ihrer wissenschaftlichen und praktischen
Bedeutung voll überzeugt waren, haben doch fast durchweg die
einfache Tatsache übersehen, daß man, um zu lieben, vor allem
ausreichende Gelegenheit zum Kennenlernen haben muß. Zeit-
schriften und Bibliographien (allgemeine, für einzelne Fächer wie
für die Programme in ihrer Gesamtheit) haben zwar schon
seit Jahrzehnten in vortrefQicher, wenn auch oft weder ge-
kannter noch anerkannter Weise dafür gesorgt, das Ergebnis der
Programmproduktion durch literarische Mitteilung zugänglich zu
machen. Was hilft es aber, wenn man die Dinge zwar nennen
hört, zu ihnen selbst aber nicht gelangen kann? Es ist eine der
unerfreulichsten Tatsachen in der Geschichte des Programmwesens,
daß neben der oft überreichen theoretischen Erörterung über seinen
Wert und vor allem über seinen Unwert die praktische Arbeit
ander zweckmäfsigen Einrichtung der Programmsamm*
^) Dies ist oben aosfefiibrt wordeo; vgl. S. 24€ V^ 275 IT. a 8.; s. a. die
S. 351 Aom. 8 aDgefübrteo Stellen.
*) Vgl. biersa z. B. o. S. 230, 241 IT., 248 ff., 29 f^ 125^ 148, 157 W^
179 uö.
>) Mao vgL 0. S. 190, 219 Aom. 1, 154, 340.
vom R. Ulirick 3S3
luDgeo in den Schulen, auch — was ebenso notwendig gewesen
wäre — die Diskussion in den Fachkreisen über diese Seite der
Sache ganz auffallend zurückgeblieben ist^). Auch die Behörden,
von denen die Bedeutung der Abhandlungen und der Jahres-
berichte gerade für den büheren Lehrersland in seiner Gesamt-
heit so oft hervorgehoben worden ist und bis auf den heutigen
Tag in den meisten Ländern voll anerkannt wird, haben es —
mit einer rühmlichen Ausnahme') — leider unterlassen, jemals
auch nuf grundsätzliche Weisungen über die Verwaltung der
Programmbibliotheken') zugeben, die doch eine notwendige
Folge der ganzen Organisation und insbesondere des amtlich ge-
förderten Tauschverkehrs waren und sind. Die allgemeine Erfah-
rang lehrt aber immer, daß man die Ausführung wichtiger Organi-
sationen, soweit deren Wirkung von der Mitarbeit Hunderter von
Individuen abhängt, nicht in das Belieben der einzelnen stellen
darf. Einige wenige, die begabt, arbeitsam und von wahrem
Interesse für eine Sache erfüllt sind, gestalten sie selbständig aus,
weit besser, als irgend eine noch so vortrefiTliche amtliche Ver-
fügung allgemeiner Art es je zu Wege brächte, und wer gerade
das Gluck hat, die Früchte ihrer Arbeit unverdient mitzuge-
nießen, darf seinem Geschick wirklich dankbar sein. Aber die
Uurchschnittsarbeiter müssen unter dem Gesetz bleiben, sie wollen
es sogar — sich selbst oft unbewußt — , und wo es fehlt, haben
diejenigen dauernd den Schaden, die auf ihre Hilfe angewiesen
sind. Ich glaube, daß die Behörden in Zukunft diese Dinge nicht
einfach so weiter gehen lassen dürfen, wie sie bisher gegangen
sind, sondern im Zusammenhang mit einer nicht minder dring-
lichen, zeitgemäfsen Benutzungsordnung für die Lehrer-
bibliotheken überhaupt^) — die jetzt geltenden sind beinahe
alle völlig veraltet — grundsätzliche Bestimmungen über die
Verwaltung der Programmbibliotheken erlassen müssen. Es
ist sonst zu befurchten, daß diese Sammlungen, die doch die
Kenntnis des Ertrages einer reichen Schulliteratur den Lehrern
vermitteln sollen, ihren Zweck von Jahr zu Jahr weniger erfüllen,
was natürlich nicht ohne Rückwirkung auf die Schätzung der
ganzen Einrichtung überhaupt bleiben könnte. Halten die maß-
^) Was obeo in dieser Beziehong ao Anregnogeo mitgeteilt werden
koDDte — es sind übrigens einige vortrelTIiehe darunter (S. 192 — 194,
S. 206--208, S. 220—224) •— entspricht doeh niebt der Bedeatang der
Saehe im ganzen.
2) In Österreich, schon 1857, vgl. o. S. 107, Nr. LXXXXIV —
eine Bestimmnng, die zonaehst nicht eigentlich fiir Schnlbibliothekeo be-
stimmt war, aber tatsächlich auf diese erfreulichen Einfloß gewonnen hat;
vgl. jedoch aach die Verrdgnng von 1875 (u. S. 108, Nr. LXXXXVII) Abs. 8.
*) Der Aosdruck „Progammsammlang" oder „Programmbi blio«
thek" ist in keiner der bekannteren Bibliotheksordovngen für die Schalbiblio-
thekeB der einzelnen Staaten zn fisden.
^) Vgl. darüber des Verfassers Benuttung «. Einrichtung' tuw. S. 129
(Z. f. d. Gymn.-fFe$. LVIII (1904) S. 801).
Zeilaehr. f. d. OTmaMiahreien. LXL Supplemeatheft. 23
3ö4 Programmwesen and Programmbibliothek d. hob. Sehalea,
gebenden Instanzen diese aber für gut und bewilligen jahraus
jahrein bedeutende Mittel zu ihrer Förderung, so werden sie sich
auch ni. E. der Pflicht nicht entziehen können, für die zweck-
mäBige Erhaltung der Bestände in den einzelnen Schulen zu
sorgen. Daß in nicht wenigen von diesen die Programmbibliothek,
falls sie überhaupt diesen Namen verdient, zur Förderung der
ganzen Einrichtung wenig oder nichts beiträgt, ist ein öffentliches
Geheimnis.
Für die hohe Bedeutung einer guten Programmsammlung
für den Lehrer hat schon der Mann volles Verständnis gehabt,
dem wir die erste zusammenfassende Obersicht über das deutsche
und besonders das preußische Programmwesen verdanken, nämlich
Ludwig Wiese ^). Er hat während seiner 25 jährigen Stellung im
preußischen Ministerium und während seines ebenso langen otium
cum dignitate der Sammlung von Programmen eine solche Auf-
merksamkeit gewidmet, daß er nicht weniger als 5475 Jahres-
berichte und 5399 Abhandlungen zusammenbrachte. Es ist etwas
beschämend, daß diese einzigartige Sammlung nicht Preußen ver-
blieben, sondern — wie so viele andere bedeutende Privat-
Sammlungen deutscher Gelehrter in den letzten Jahren — von
einer amerikanischen Bibliothek angekauft worden ist (der
Cornill-University, Ithaca)'), wo sie jedenfalls vorläufig bei weitem
nicht so fruchtbar gemacht werden wird, als dies in Deutschland
hätte geschehen können'). Es liegt darin für alle unsre Schul-
bibliotheken die deutliche Mahnung, auf die Sammlung und Er-
haltung der Programme rechte Sorgfalt zu verwenden. Eine
Progranimsammlung ist auch äußerlich, je vollständiger sie ist
1) Vgl. darüber o. S. 208.
*) V|^l. darüber Geor; Witkowski, BörsenbL f. d. dmdschen Buek-
Handel LXIX (1902) Nr. 206, S. 6933. Die Aa&Stae des ^enannteD Ver-
fassers, u. d. T.: yyDeutsehe BibUothsken imf der Auswanderung nach
Amerika^' (1 a. II a. a. 0. S. 6931—6933, DI, ebenda LXXI (1904) Nr. 23,
8. 954 — 956), die zuerst io der NatUnud-Zeiiung erschieaeo warea (vgl.
darüber a. a. 0.), siod überhaupt sehr lesenswert and soiltea die oatioMile
Wisseosehaft uod die zu ihrer FSrdernos berofeaeD losiaaieo oachdenkliefc
stimmen. Es wird nicht immer möiplieh oder zweckmaßiir A^in» ^*fl gr^ße
Sffeotliche Bibliotheken solche wertvollen, mit Liebe gesammelten Privat-
apparate im ganzen ankaufen (vgl. dazu R. Pietsehmann, Preufi, Jahr-
Inicher 122 (1905) S. 69—76), aber man sollte doch mehr Wert darauf
legen, wenigstens die wichtigeren, z. T. unersetzlichen Bestandteile derartiger
Samminngeo für Deutschland zu erhalten, soweit es im einzelnen Falle
möglich ist. Auf die Hilfe wohlhabender Privatpersonen (Pietschmana
a. a. 0. S. 72 und 76) ist bei solchen Gelegenheiten in Deutschland leider
noch nicht annähernd in derselben Weise zu reebnen wie dies die ameri-
kanischen Bibliotheken von ihren Macenaten gewohnt sind.
') Pietschmann (a. a. 0. S. 75) verweist Tdr solche Falle mit Recht
auf die £rwerbung durch Spezialbibliotheken. Die Erwerbung der
Wies eschen Programmsammlnng wäre z. B. für eine der oben {S, ISj ge-
nannten Bibliotheken eine günstige Gelegenheit gewesen, die man entweder
versäumt hat oder vielleicht — leider — aus Mangel an Mitteln nicht be-
nutzen konnte.
voo R. Ullrich. 355
und je weiter sie zeitlich zurückgeht, ein um so größerer Schatz;
zahirdche Programme, nicht einmal nur ältere, sind schon jetzt so
selten, daß im Antiquariatsbuchhandel Liebhaberpreise dafür ge-
zahlt werden. Eine erlesene Zahl von Schulbibliotheken weiß
das auch zu würdigen; aber das Verständnis dafür bedarf in
weit mehr Fällen noch der Förderung. Daß auch ein geistiges
Kapital von hervorragender Bedeutung in den Programmen so
vieler Jahrzehnte niedergelegt ist, kann nach dem oben (S. 28 ff,,
S. 124Ü, u.ö.) Ausgeführten erst recht nicht zweifelhaft sein. Manche
kleinere Anstalt älteren Datums, die über unzureichende Mittel
für die Vermehrung ihrer Lehrerbibliothek — nicht immer mit
Recht ^) — klagt, sollte um so größere Aufmerksamkeit der Pro-
grammsammlung zuwenden, deren jährliche Vermehrung wenig-
stens einen nennenswerten Aufwand') nicht erfordert. Es sind
hier noch Schätze zu heben.
Gelingen kann das freilich nur, wenn jede einzelne dieser
Sammlungen gewisse Vorbedingungen erfüllt, ohne die eine
wirkliche Ausnutzung kaum möglich ist. Am wichtigsten scheinen
mir in dieser Beziehung folgende: eine gewisse Vollständig-
keit der Sammlung(2), zweckm.äßige Ordnung (3), Katalogi-
sierung (4) der Bestände, die sich übrigens — wie gleich hier
bemerkt werden mag — in den einfachsten Formen halten
kann. Andre Maßnahmen, wie das vielfach übliche Zirkulieren
der Programme (5), sowie die Möglichkeit des Arbeitens
in der Programmbibliothek selbst und die Anbahnung
eines Leihverkehrs (6), verdienen wenigstens Erwägung.
2. Gewisse Vollständigkeit. Gründe der Unvollstän-
digkeit und Mittel zur Abhilfe.
Eine gewisse Vollständigkeit von einem bestimmten
Jahre ab ist die erste Vorbedingung für die Brauchbarkeit der
Programmsammlung jeder höheren Schule; ihr Wert steigt oder
sinkt, äußerlich wie innerlich'), mit dem Grade einer gewissen
Vollständigkeit. Ich sage, einer gewissen. Denn natürlich kann
man von den Verwaltern, besonders wenn sie unzureichend
honoriert sind oder häuOg wechseln, nicht Leistungen erwarten,
die bei einer großen Bibliothek mit ihren reichlicheren Mitteln
und ihrem Stab geschulter Kräfte, besonders an Hilfsarbeitern,
selbstverständhch sind. Aber selbst unter der Voraussetzung
mäßiger Anforderungen ist es doch im Hinblick auf das gute
Funktionieren des Tauschverkehrs wenigstens seit 1876 äußerst
verdrießlich, wenn ein Lehrer, der die Programmsammlung der
eigenen Schule zu wissenschaftlichen oder praktischen Zwecken
■) Vgl. daza die BemerkaDgeo 0. S. t34 oad 193.
») Vgl. o. S. 171 Nr. 6 BDd S. 21$.
3) Vgl darüber das oben zu 1 Bemerkte.
23*
356 ProgrammweseD und Progrtmjubibliothe'k d. hob. Sehnlea,
ausnutzen will, bald hier^ bald da unier Abbandlungen wie Jahres-
berichten Lücken Bndet, die ihn nötigen, sich an andere Schulen
zu wMden, auch nicht immer mit Erfolgt), oder schließlich die
großen Bibliotheken unter allerhand Umständen') aafausuchen^
falls er seine Arbeit nicht auf unzureichender Grundlage aufbauen
oder ganz darauf verzichten will. Wie sind diese Lücken in den
Beständen der Programmbibliotheken zu erklären, und wie lassen
sie sich vermeiden oder wenigstens erheblich einschränken?
Für die älteren Programme — ich will gleich bis 1875
hinabgehen — mag als allgemeiner Entschuldigungs-
grund (a) der Umstand gelten, daß diejenigen Anschauungen über
Einrichtung^ Verwaltung und Benutzung von Bibliotheken überhaupt,
die heute wenigstens in allen großen Bibliotheken maßgebend
sind, in früheren Jahrzehnten besonders bei den Verwaltern von
Schul bibliotheken noch nicht allzu häufig anzutreffen waren. Der
Mangel verschärfte sich bei den Programmsammlungen bis in die
neuste Zeit noch dadurch, daß die Schätzung der Abhand-
lungen und noch mehr der Jahresberichte vielfach
eine geringe war (b), was natürlich auf die Vollständigkeit der
Sammlung nicht ohne Einfluß blieb. Dazu kam und kommt an
manchen Stellen — wieder nicht ohne Zusammenhang mit der
Wertschätzung des Gegenstandes überhaupt — eine gewisse Sorg-
losigkeit in der Behandlung der Teubnerschen Sen-
dungen (c), weiterhin eine — ich will einmal sagen — xu freie
Handhabung des Ausleiheverfahrens gegenüber dem
bei anderen Werken der Lehrerbibliothek üblichen (d),
sodann nicht selten die mangelhafte Art der Aufbewahrung,
die zuweilen Programme nicht auffindbar macht, die eigentliiä
„da sein müßten" (e), endlich die Raumverhältnisse (f).
Was a) den allgemeinen Entschuldigungsgrund be-
tritt, so kann ich hier freilich nicht mehr tun als den Wunsch
aussprechen, es möchten auch die Verwalter unserer Schul-
bibliotheken in weiterem Umfange, als es schon geschieht, von
den Fortschritten in der Einrichtung und Verwaltung der großen
wissenschaftlichen und selbst der Volksbibliotheken Kenntnis
nehmen *), auch von den entsprechenden Verhältnissen der Biblio-
theken von Universitätsinstituten*}, die gleich den unsrigen meist
auch mit bescheideneren Mitteln und Arbeitskräften auskommen
müssen und doch — wie ich in zahlreichen Fällen aus eigener
Anschauung kennen gelernt habe — durchschnittlich ein höheres
Niveau zeigen; auch durch benachbarte neuere Scbulbibliotbeken,
soweit sie — was leider auch nicht immer der Fall ist —
^) Manche besitzea ihre eigeoeo Programme nicht mehr voUstäadig.
*) Vgl. 0. S. 27 o. 34 Anm. (ForU. d. Aom. 2 von S. S3).
') Vgl. schon des Verfassers Benuttg", u. £inr, iino. S. 116 (=Z.
/. d. Gymn-f^es. LVIII (1904) S. 788).
*) Vgl. 2. /. d. Gymn,-W. LX (1906) S. 766.
von R. Ullrich. 3^J
moderoeD AnsprucheD genügen, können manche ältere recht gute
Anregungen erhalten. Zu alledem gehören natörlich rührige
Verwalter, die um sich sehen und aus Interesse an der Sache
auch über das rein PflichtmäBige hinaus zu Arbeiten bereit sind,
außerdem — was ich zu erwähnen nicht vergessen möchte —
gleichgesinnle Kollegen, die mitraten und -helfen, wenn es not
tut Wenn ich naturlich auch wohl weiß, daß das von mir
früher gezeichnete Bild des Bibliothekars^) noch manchen idealen
Zag aufweist, so ist mir doch ebenso bekannt, daß es in zahl-
reichen älteren höheren Schulen, besonders Internaten, aber auch
schon in manchen neueren, Bibliothekare gibt, die kaum einen
Tag vergehen lassen, ohne an der Vervollkommnung ihrer Biblio-
thek zu arbeiten; fehlt freilich Anerkennung und Interesse der
Kollegen gänzlich, so darf man sich nicht wundern, wenn selbst
der eifrigste Verwalter allmählich die Lust verliert. Bestimmteres
Ih&i sich schon über die anderen Gründe sagen, so zunächst
über das
b) Verhältnis der Schätzung von Abhandlungen
und Jahresberichten in bezug auf ihre Sammlung. Es
ist oben ausgeführt, daß man geneigt war, den Abhandlungen
größeren Wert beizumessen als den Jahresberichten, auch erörtert
worden, wie im einzelnen und ganzen darüber zu urteilen ist').
Was zunächst die Sammlung der Abhandlungen betrifft, so
mochte in den ersten Jahrzehnten seit der preußischen Neuorga*
nisation von 1824 — von den noch älteren Programmen ganz zu
schweigen — im allgemeinen der Umstand, daß sich unter den
specimina eruditionis recht viele minderwertige befanden (s. o.
S« 135 fi.)f nicht gerade dazu verlocken, auf ihre Sammlung be-
sondere Sorgfalt zu verwenden. Dazu kam, daß bestimmtere An-
regungen der Behörde fehlten, auch die Räume in der Enge alter
Gebäude oft unzureichend waren. Es mußte außerdem in den
Anfängen ganz neuer Einrichtungen noch der Sinn für die Be-
deutung des Programmwesens im ganzen als eines gewissen Aus-
drucks einheitlicher — oder auch verschiedener — Bestrebungen
ganzer Schulkompiexe fehlen, der heute wenigstens jedem eigen
sein sollte, der die eigene Schule und ihre Geschichte in größeren
Zusammenhang einzureihen sich bemüht. Damit kommen wir
auf die Sammlung der Jahresberichte. Denn wenn auch
wenigstens von Einsichtigeren die im Laufe der Jahrzehnte steigende
Bedeutung der Abhandlungen anerkannt wurde (s. o. S. 139) und
man ihrer Aufbewahrung, ja sogar ihrer Katalogisierung schon in
den fünfziger Jahren vermehrte Sorgfalt zuwendete (o. S. 193),
so stand man in beiden Beziehungen den Jahresberichten ziemlich
barmlos gegenüber. Das ging so weit, daß selbst Schulmänner
^) a.a.O. S. 110 (»782 IT.).
'} Vgl. dazu z. B. o. S. 341,
358 Progrimmwaseo uod Programiibibliothek d. höh. Schuico,
von bedeutendem Buf ihnen nur lokale Bedeutung zuerkennen
wollten (S. 203) und dafi in bezug auf ihre Aufbewahrung in deo
Bibliotheken der Schulen, privatim wie halbamtlich, der Vorschlag
gemacht und leider vielfach auch durchgeführt wurde, diese —
wie man jetzt sagen muß — wichtigen, z. T. unersetzlichen
Dokumente der Entwicklung des bAheren Schulwesens nach kurzer
Frist zu — kassieren (S. 206, 219; vgl. auch ^.356 A. 1). Daß
damit vielen Schulen ein unberechenbarer Schaden zugefügt
worden ist, kann heute kaum noch bezweifelt werden. Es ist
so nicht nur an mancher Stelle den Lehrern der eigenen Anstalt
die leichteste Gelegenheit abgeschnitten worden, sich am Orte
ihrer Wirksamkeit selbst in die Vergangenheit ihrer Schule
zu vertiefen, was doch so überaus wünschenswert ist (s. o. S. 237)\
sondern, was noch schwerer wiegt: die umfassendere Beschäftigung
mit dem höheren Schulwesen in größerem Zusammenhange ist
den Lehrern, die ihr Interesse darauf wies, an ihrer eigenen
Schule überhaupt unmöglich gemacht. Am empfindlichsten macht
sich das an kleinen, von wissenschaftlichen Mittelpunkten weit ab-
gelegenen Orten geltend, wo dann den Lehrern, soweit sie nicht
überhaupt auf eine ihnen am Herzen liegende Tätigkeit in er-
heblichem Grade Verzicht leisten wollen, nur das schwierige, um-
ständliche, mit Kosten verknüpfte und selbst so oft noch unvoll-
kommene Mittel des Leihverkehrs mit den großen Bibliotheken
übrigbleibt (s. o.). Der äußere, in anderer, mehr praktischer Hin-
sicht wieder zweckmäßige Modus, Abhandlungen und Jahresberichie
getrennt auszugeben^), ist in dieser Beziehung verhängnisvoQ
geworden; die Mittelschulbibliotheken Österreichs, das die ein-
heitliche Herausgabe bis heute pflegt'), sind daher in bezug
auf eine gewisse Vollständigkeit ihrer Programmsammlungen durch-
schnittlich den reichsdeutschen überlegen.
Es ist wohl klar, was aus dieser Entwicklung, deren Wirkung
noch bis in die Gegenwart zu reichen scheint*), für die künftige
Gestaltung der Programmsammlungen zu folgern ist. Jede An-
stalt muß gehalten sein — ev. durch besonderen amtlichen Hin-
weis — , die im Tauschverkehr bezogenen Programme, und zwar
Abhandlungen und Jahresberichte in gleicherweise, vollständig
aufzubewahren. Ein „Kassieren'* der letzteren, sei es sofort oder
nach bestimmter Frist, muß gänzlich ausgeschlossen sein. Auch
eine „planmäßige'* Ausscheidung, etwa nach dem Gesichtspunkte
des VVichtigen oder Unwichtigen, die bestechend erscheinen könnte,
1) Vgl. diriiber o. S. 180 uod anteo za 3 (S. 3671),
*) Darüber s. o. S. lS3f., S. 181.
') Eio avswärtiger Kolles« «chrieb nir einmal so: „Was Baehea Sie
mit Ibreo Jahresbericbteo ? Werdeo sie eiafacb aafgestapelt, oder nater die
Kollegen verteilt, oder wesgeworfea?*' Die Sacbe klingt selierxhaft, ist aber
ein deatlicber Beweis dafdr, dafi es immer noch lobnt, über die Bedentaag
der Jabresberiehte aafznklSreo.
voo R. Ullrich. 35$
gelegentlich auch wohl zur Anwendung gekommen ist^), muß
ebenso verworfen werden wie der ßezug einer „Auswahl" von
Programmen auf Grund der Teubnerschen Voranzeige (s. o. S. 215),
Wer sollte darüber entscheiden? Das kann zur Not ein Privat-
mann für sich allein, der doch schon nicht selten die Erfahrung
macht, daß er BQcher, die er aus Mangel an Raum in seiner
Mietswohnung verkaufte, weil sie ihm entbehrlich schienen, bald
darauf bei einer Gelegenheit sehr vermißt, die er nicht voraus-
sehen konnte. In einer großen Organisation, die auf viele Männer
Ton verschiedenen Interessen, ja auf Generationen von solchen
berechnet ist, wird dergleichen vollends unmöglich. Was heute
unwichtig scheint, wird schon nach etlichen Jahren oft interessant.
Man lasse sich also auf solche mißlichen Unterscheidungen und
Entscheidungen nicht ein! Verfehlungen früherer Zeit, die in
dieser Beziehung begangen sind, lassen sich nicht mehr reparieren;
die Lehrer der betr. Anstalt haben den Schaden davon zu tragen.
Aber für die Zukunft wenigstens muß vorgebeugt werden. Be-
sonders mag hierbei noch daran erinnert werden, daß die An-
stalten vor allem ihren eigenen Programmen die nötige Sorgfalt
zuwenden. Es darf später nicht mehr vorkommen, daß Bitten
um Obersendung eines Programms einer bestimmten Anstalt von
dieser deswegen abschlägig beschieden werden müssen, weil sie
es selbst nicht mehr besitze.
Natürlich werden Kenner der Verhältnisse (zu denen aber
auch der Schreiber dieser Zeilen sich mit einigem Rechte glaubt
rechnen zu dürfen) schon hier einwenden, die Raumverhält-
nisse gestatteten die Vollständigkeit nicht; ich werde weiter unten
darauf eingehen (zu f). Zunächst wende ich mich zu dem dritten
Punkte, der alljährlich geeignet scheint, die Vollständigkeit der
Programmsammlung ungünstig zu beeinflussen, nämlich
c) Die Behandlung der Teubnerschen Sendungen.
Die jährlichen Sendungen erfolgen bekanntlich (s. o. S. 171 und
S. 217) in mehreren Raten. Etliche Anstalten haben sich all-
mählich daran gewöhnt, ihre Programme oder die eine Hälfte
davon mit starker Verspätung einzusenden. Viele Programme,
auch solche der allgemein üblichen Art (Abhandlung über einen
gelehrten oder die Schule betreifenden Gegenstand; Jahresbericht)
gelangen aber überhaupt nicht in die Programmbibliotheken, wenn
sie nicht von Teubner oder im Notfall von der betr. Anstalt seihst
reklamiert werden. Manche angekündigten Abhandlungen erscheinen
wiederum erst ein Jahr später, andere gar nicht, oder es treten
neue, noch nicht angekündigte an ihre Stelle. Dazu kommen
eine ganze Reihe von Beilagen, die „nur auf besonderes Verlangen
^) Selbst iD L. Wies es Darstelloog ißoM höhere Sehulw. i, Preußen II
(1869) S. 706, Z. 6 if. v. o.) schein eo solche ErwägnogeD Dthegelegt zu
werden.
'S60 Programmwesen and Progrannbibliothek d. höh. Sehnlea,
geliefert" werden. Da diese Notis aber gewöhnlich nicht in der
Teubnerschen Voranzeige (dem „vorläufigen'' Vo^chnis, s. o.
S. 170 Nr. 2), sondern erst auf dem Titel der Abhandlungen bezw.
der entsprechenden Jahresberichte selbst erscheint, so muß der
Bibliothekar, der seiner Bibliothek und seiner Anstalt diese Arbeiten
für die Dauer sichern will, sorgfältige Kontrolle üben, auch das
(nur die Nummern enthaltende) Verseichnis mit den bekannten
Noten ('*' und f)« ^^^ Teubner den Sendungen beigibt, sorgfältig
mit diesen selbst und der ersten Ankündigung vergleichen. Fehlendes
einfordern, beachten, ob die Mahnung Erfolg bat oder nicht usf.
Das alles erfordert nicht unerhebliche Zeit und stellt außerdem
eine nicht gerade erfreuliche Arbeit dar, die mancher leisten wird,
mancher nicht, je nachdem die oben (S. 357) bezeichneten Be-
dingungen zutreffen. Aber mir scheint doch, die Möhe lohne
sich. Nicht wenige Bibliothekare, die Wert auf möglichste Voll-
ständigkeit ihrer Sammlung legen, unterziehen sich ihr auch jahr-
aus, jahrein unverdrossen. Daß die Schulen z. T. selbst an sokben
teilweise recht unnötige Arbeit verursachenden Reklamationen
schuld sind, ist schon oben (S. j}/7ff.) gezeigt worden; eine Er-
leichterung der Bibliothekare könnte auch in der Richtung eintreten,
daß die Bezeichnung „wird nur auf Verlangen geliefert" möglichst
eingeschränkt oder jedenfalls schon in der Voranzeige irgendwie
ausgedruckt wörde. Es handelt sich in diesen Fällen meist um
Schulgeschichten, Festschriften (oft mit wertvollen Abhandlungen)
und Bibliothekskataloge, die mit wenigen Ausnahmen für alle
Schulen gleich bedeutsam sind, falls man überhaupt den Grand-
satz, die Programme sollten „eine engere Verbindung der Schulen
untereioander'* herstellen, anerkennt. Und daran ist dodi wohl
nicht zu zweifeln. — Eine weitere Beeinträchtigung der Voll-
ständigkeit der Programmsammlung kann leicht herbeigeführt
werden durch
d) Zu freie Handhabung des Ausleiheverfahrens
gegenüber der bei anderen V^erken der Lehrerbibliothek
üblichen. Daß kein Werk der Lehrerbibliothek ausgeliehen
werden darf, ohne daß ein Zettel dafür hinterlegt wird, gilt im
allgemeinen als selbstverständlich und wird außerdem fast in
allen Bibliotheksordnungen ausdrücklich vorgeschrieben. Wollte
man, soweit eben das Ausleihesystem in Betracht kommt, hierin
nachsichtiger sein, so hörte bald alle Ordnung auf. Daß in der
Ausleihung von Programmen wohl gelegentlich weniger gewissen-
haft verfahren wird, kann deren Sammlung im Laufe der Jahre
recht empfindlich schädigen. Die wirkliche oder scheinbare Ge-
ringfügigkeit des broschierten dünnen Heftes verleitet allzu leicht
dazu, es mit den Quittungen etwas weniger genau zu nehmen
als sonst, besonders bei eben erschienenen Programmen; auch
das „Zirkulieren** oder „Auslegen im Lehrerzimmer'* (vgl. Ab-
schnitt 5), sowie das nicht selten zu wissenschaftlichen Zwecken
TOD R.Ullrich. 3ßl
erfolgende, an sich äußerst dankenswerte Versenden nach aus-
wärts (vgl. zu 6), wenn es nicht peinlich genau kontrolliert
wird, kann dazu Anlaß werden. Kollege X. will sich das ihn
interessierende Programm „nur bis morgen'^ mitnehmen, eine
Quittung scheint nicht nötig; aber die Sache gerät in Vergessen-
heit, bei X, ebensowohl wie bei dem Bibliothekar, oder versendete,
aber nicht rechtzeitig zurückgegebene Programme werden nicht
regelmäßig reklamiert, und die Bibliothek wie jeder spätere Be-
Dutzer haben den Schaden. Man sei also auch hier vorsichtig.
Die Quittungen können ja überaus einfach sein (Bezeichnung des
Jahrgangs, der Teubnerschen Nummer, ob Abb. oder Jb. oder
beides, Name des Entleihers, Datum), mag es nur ein einzelnes
Programm sein oder sich um mehrere handeln; auch in letzterem
Falle könnte ganz gut mit einem Zettel quittiert werden, wenn
die Zahl nicht zu groß ist. Jede Vermehrung äußerer Förmlich-
keiten, die von jeher das Behagen bureaukratischer Naturen ge-
wesen sind, erschweren andererseits die Ausnutzung einer
Bibüothek; daran sollte man auch denken, nicht nur bei dieser
Gelegenheit. Aber ohne Quittung geht es eben nicht!
e) Die Art der Aufbewahrung. Dieser Punkt steht
schon in gewisser Beziehung zum nächsten Abschnitt (3). Es
sei mir daher hier nur eine allgemeine Bemerkung gestattet.
Daß eine schlechte Methode der Aufbewahrung das Abhanden-
kommen oder Verlegen der ungebundenen Programme außer-
ordentlich begünstigt und so die Vollständigkeit und den Nutzwert
der Sammlung je länger je mehr beeinträchtigt, bedarf kaum des
Nachweises. „Einfach aufgestapelte'* Haufen (S. 358 Anm. 3) —
„Sammlungen** sind das gar nicht — lassen sich kaum benutzen;
noch weniger kann der Bibliothekar dabei gar irgend welche
Garantie für die Vollständigkeit übernehmen. Man sei also darauf
bedacht, die Programme „irgendwie zu ordnen** (um zunächst
VVieses Ausdruck zu gebrauchen)^); je besser das geschieht, um
so eher wird auch die Vollständigkeit der Sammlung gewahrt
bleiben. Aber freilich, zur Ordnung gehört Raum, und zur
Aufrechterhaltung der Vollständigkeit wieder Raum. Es müssen
daher zum Schluß einige Worte dieser Frage gewidmet werden.
f) Die Raum Verhältnisse (im allgemeinen). Es gibt
kaum eine große Bibliothek, die nicht in irgend einer Periode
ihrer Entwicklung mit Raumschwierigkeiten zu kämpfen gehabt
faätte. Bei den Schulbibliotheken und insbesondere bei deren
Programmsammlungen lag und liegt die Sache insofern immer
einfacher, als diese in der Regel wenigstens von größeren
Schenkungen') oder Veränderungen der gesamten Organisation,
1) Dum höhere Schviwewn in Prßufsen II (1869) S. 706; yffl, o. S. 193.
>) Gelei^eotliche, io anderer Hiosicht erfreuliche Ansoahnieo (vgl. o.
S. S16 Aom. 3) ändero niehta ao der Regel.
362 Progrtmmwesen nod Programnbibliothek d. h$h. Seknlesy
infolge deren man plötzlich neue Räume braucht, bei weitem nicht
80 häufig berührt werden wie jene. Die ganzen Verhältnisse
sind enger; und was insbesondere die Programm Verhältnisse be-
trifft, so konnte man schon bald nach der Neuregelung von
1875/6 mit einer gewissen Bestimmtheit beurteilen, wieviel Platz der
jährliche Zuwachs erfordern wurde und wie demgemäß die Raum-
verhältnisse bei neu gebauten Anstalten zu bemessen seien, wenn
sie etwa für ein Menschenalter ausreichen sollten. Viel weiter
wird man kaum rechnen dürfen; es gibt sogar Anstalten, deren
Neubau nicht einmal diesen Zeitabschnitt überdauert hat. Und
baut man nach einigen Jahrzehnten schon wieder neu, so bat
man ja erwünschte Gelegenheit, zu erwägen, wie man für die
Unterbringung der vorhandenen Bestände und den zu erwartenden
Zuwachs in Zukunft weiterhin und ev. besser zu sorgen hat
Wichtig allerdings ist dies: Die Programmsammiung ist
(gleich der Lehrerbibliothek überhaupt) ein fester
Teil des Organismus jeder höheren Schule und wird
es voraussichtlich noch lange bleiben! Was 8 Jahr-
zehnte überdauert hat, trotz aller Anfeindungen, wird weiter
lebendig bleiben, wenn es mit der Zeit fortschreitet. Diesem
Umstände ist aber unbedingt in jedem Neubau, deren wir
jetzt in jedem Jahre so erfreulich viele erhalten, Rechnung
zu tragen. DaB es nicht immer geschehen ist und auch heule
noch keineswegs überall geschieht, hängt z. T. damit zusammen,
daß die ganze Organisation des Lehrerbibliothekswesens —
wie ich früher nachgewiesen habe ^) — hinter der Entwicklung
dieses Kulturfaktors in den letzten beiden Jahrzehnten außerhalb
der Schule überhaupt an nicht wenigen Stellen zurückgeblieben
ist, ebenso, was ich noch hinzufügen will, neuerdings gerade in
bezug auf Raum und übrige Ausstattung auch hinter anderen
Sammlungen, besonders den naturwissenschaftlichen, neuerer
Schulen selbst. Nun will man doch aber bei der Programm-
einrichtung den Zweck, meist auch die Mittel — was hoch an-
zuschlagen ist; so muß man auch ausreichenden Platz ge-
währen! Es ist das schwerlich eine übertriebene Forderung, sie
liegt im Sinne der ganzen Einrichtung selbst. Auf Einzelheiten
gebe ich hier nicht ein (vgl. darüber Abschnitt 3), sondern be-
merke nur im allgemeinen, daß für die Programmsammlung, sei
es für sich oder innerhalb der Lehrerbibliothek, ein ausreichender
Raum zur Verfügung zu stellen ist; Behörden, Direktoren und
Bauleiter hätten dieser Sache einmütig ihre Aufmerksamkeit zu-
zuwenden. Bei älteren Anstalten, die einen Neubau bezieben,
wird der Raum eines normalen Klassenzimmers') ausreichen, bei
*) Vgl. Benutzung^ und Einrichtung^ usw. (s. o. S. 85, Aom. 1) — bst
auf jeder Seite — nod deo Artikel in Rein 8 Enzykt. Hdb. d, Pädagogik
(8. ebeofall8 a. t. 0.).
2) D. h. al8o uugef&hr (wie bei einer Mittelkia 8«e) 8 X 6 m, bei etwa
von R. Ullrich. 363
ganz neuen kann er um die Hälfte oder ein Drittel kleiner sein.
Bedenkt man, wieviel Platz bei Neubauten, selbst von Gymnasien,
den naturwissenschaftlichen Sammlungen zur Verfugung gestellt
wird, so darf man es billig finden, daß för einen Teil des Schul-
organismus, der dem gesamten Kollegium und dadurch mittelbar
auch der Gesamtheit der Schüler zu dienen bestimmt ist, so viel
Raum gewährt wird, daß man nicht schon in einigen Jahren oder
womöglich — wie beim Umzug älterer Anstalten in Neubauten —
gleich am Anfang in Verlegenheit kommt. Es macht einen pein-
lichen Eindruck, wenn man gelegentlich in Neubauten, bei denen
weder an äußerem noch innerem Schmuck noch überhaupt an
ausreichenden, zum Teil glänzend ausgestatteten Räumen gespart
ist, sehen muß, wie wenig selbst billigen Anforderungen in der
Bibliothek und Programmsammlung genügt ist Es liegt auf der
Hand, daß solche Verhältnisse es mit verschulden, wenn die Be-
nutzung und damit die Schätzung der ganzen Einrichtung in
einer Weise beeinträchtigt wird, die doch den Absichten ihrer
geistigen und materiellen Förderer kaum entspricht. Zu beachten
bleibt übrigens auch hier, daß die Direktoren der Anstalten und
die Bibliothekare in jedem Falle sich beizeiten um die Sache be-
kümmern und besonders, unter Umständen auch mit Nachdruck,
Verständigung mit der Bauleitung suchen. Es liegt keineswegs
immer am Gelde, wenn in solchen Dingen etwas versehen wird,
sondern vielleicht noch häufiger an mangelnder Rührigkeit der
Instanzen, die doch die Sache am besten beurteilen könnten.
Gehen die Instanzen aber etwa in der Weise Hand in Hand, wie
dies oben an einigen Beispielen aus der Praxis gezeigt worden
ist^), so kann mit Bestimmtheit erwartet werden, daß wir auch
auf diesem Gebiete immer mehr zu normalen Verhältnissen ge-
langen. Es ist das hier um so leichter, als nicht in dem Maße
wie etwa bei der Anlage von Zeichensälen oder Physikzimmern
die Orientierung eine Rolle spielt. Es handelt sich nur um einen
genügend großen, hellen Raum; ob er nach Norden oder Süden
4 m HShe. Ist die Bodeoflache grSfier, so kano das Zimmer auch niedrig^er
seiD. Allerdiag^s wird, faUs noter 3,60 m herontergegaDgeo wird, die Mög-
lichkeit der Anlage eines Doppelgesehosses genommen, so daß wieder hohe
Leitern aashelfen müssen. Ein solcher Ranm reicht für die Programm-
bibliothek 3 — 4 Jahrzehnte, bei gater Ansontzoog des Platzes und möglichst
einfacher Methode der Ordnung noch weit lüoger. Ich Tähre ein Beispiel
für eine aoBergewöhnlich reiche Programmsammlnng an, die des Berli n is che n
Gymnasiums zum grauen Kloster. Sie ist nicht im Schnlgebäude
selbst, sondern in einem Zimmer über der Turnhalle untergebracht, dessen
Maße 8,45 x 8,30 m bei 3,55 m Höhe sind. Ihre Bestünde gehen bis auf
1824, z. T. noch erheblich weiter zurück. Dabei ist aber noch fiir viele
Jahre reichlich Raum vorhanden, schon bei der jetzigen Aufstellung und
Verteilung der Regale; nach Jahrzehnten ließe sieh durch deren Zusammen-
rücken und Aufstellung neuer noch weiterer Platz schaffen, ohne den Raum
in unzulässiger Weise zu beengen.
1) Vgl. 0. S. 152 Anm. (Ports, von Anm. 3 der S. 161) am Schluß.
364 Prograrnnweseo nod Prograninbibliotkek d. höh. Seholea»
liegt, ist wenigstens von entscheidender Bedeutung nicht. Ober
die Einrichtung bei Neubauten sei hier nur noch bemerkt,
daß in den Falten, wo es sich um den Umzug älterer Samm-
lungen in neue Häuser handelt, die Programmsammlung, mag
sie in den Lebrerbibliotbeksraum selbst eingegliedert sein oder
für sich liegen, unbedingt zweigeschossig anzulegen ist,
wenigstens teilweise, bei ganz neuen Schulen aber, falls man
nicht das gleiche auch hier von vornherein vorzieht, wenigstens
Vorkehrungen zu treffen sind, daß es später geschehen kann').
Hohe Leitern sind von jeder neuen Bibliothek unbedingt aus-
zuschließen. So ist nicht zu besorgen, daß aus Mangel an Raum
die Vollständigkeit der Sammlung irgendwie Einbuße erlitte.
Aber die Sammlungen in älteren Gebäuden, die dodi
— soweit möglich — denselben Zwecken dienen sollen? Hier
wird man sich, wie in anderen Dingen, freilich bescheiden miissen,
so unangenehm es auch ist, und nur darauf bedacht sein können,
die Härten tunlichst zu mildern. Zunächst ist der vorhandene
Raum, er sei so beschränkt wie immer, wenigstens richtig aus-
zunutzen. In manchen Bibliotheken geschieht das noch nicht
recht, auch wieder meist deswegen, weil die verantwortlichen
Instanzen nicht immer genügend Umschau halten, wie man ander-
wärts der Verlegenheiten Herr zu werden sucht So stellt man
— um nur ein Beispiel zu erwähnen — oft die Wände voll und
erklärt den Raum dann für besetzt; daß auch die Mitte des
Zimmers zur Aufstellung von Regalen geeignet ist, scheint noch
nicht überall geläufig zu sein. Der Raum unter den Fenster-
brettern läßt sich ebenfalls unter Umständen gut verwenden« Hat
das Zimmer viel Fenster, so kann man sich bei sonstiger Knapp-
heit des Raumes auf diese Weise immerhin für einige Jahre
helfen, bis einmal besser Rat wird. Schließlich bleiben aber
bei ganz alten Gebäuden und sehr unzureichenden Räumen doch
Fälle übrig, wo auch die beste Ausnutzung des Platzes anter
Zuhilfenahme aller möglichen Listen doch nicht mehr gestattet,
den jährlichen Zuwachs aufzunehmen. Es mag gerade in solchen
Fällen früher geschehen sein, daß man, der ewigen Verlegenheit
müde, einen Teil der Programme, z. B. die Jahresberichte, eben
kurzerhand beseitigte. Heute sollte dergleichen auch unter den
schwierigsten Verhältnissen nicht mehr vorkommen. Man muß
dann, so unangenehm es für die einheitliche Verwaltung und Be-
nutzung der Sammlung ist und so viele Störungen des Betriebes
es verursacht (was ich hier nicht näher auszuführen brauche), eine
Teilung des Bestandes nach irgend einem zweckmäßig scheinen-
1) Vgl. z. B. Jahresber. d. Gymn. s. Speyer 1904 S. 29: „Der Bibliotkek-
saal ist so tegelegt, daß derselbe sweigeschossig aasgebaat werde«
kaoD*'. Letzteres ist übrigens iofolge der S. 316 Ann. 3 erwähatea be-
deoteodeo SchenkuDg iozwischea sebon geschebea.
von R. Ullrieh. 3ß^
m
den Gesichtspunkte vornehmen, der sich je nach den besonderen
Bedürfnissen des betr. Kollegiums wohl finden lassen wird. Am
zweckmäßigsten dürfte es sein, die neueren Jahrgänge der Pro-
gramme (Abbandlungen und Jahresberichte aber zusammen), soweit
der Raum eben reicht, in dem für die Programmsammlung be-
stimmten zu belassen, die älteren aber irgendwo anders genügend
sicher unterzubringen, im Vorzimmer des Direktors z.B., wenn anders
ein solches vorhanden ist, in verschließbaren Schränken auf dem
Korridor in der Nähe der Bibliothek, im äußersten Notfalle auf
dem Boden — immer jedoch so, daß eine Benutzung, wenn
auch unter sehr erschwerenden Umständen, möglich ist. Wo
auch diese Auskunftsmittel versagen, müßte an die Unterbringung
außerhalb des Schulhauses gedacht werden; denkbar wäre es, daß ein
Teil der Sammlung in einem amtlichen Gebäude, einem königlichen
oder städtischen, zeitweilig Unterkunft fände — je nachdem. Auch
die vorübergehende oder dauernde Überlassung — unter Wahrung
des Eigentumsrechts — an eine Universitäts- oder Stadtbibliothek ^),
falls diese mehr die wissenschaftliche Richtung pflegt, wäre möglich,
falls sie sich an gleichem Orte oder in unmittelbarer Nähe be-
finden, so daß den Lehrern der Anstalt die Möglichkeit schneller
Benutzung nicht verkürzt wird. Indessen wäre solches Hilfsmittel
immer nur als Notbehelf anzusehen, gerade in bezug auf die
Programmsammlung; zu der Abschaffung der Einrichtung als
solcher dürfte es grundsätzlich in keiner Schule führen, weder in
einer alten noch in einer neuen (vgl. o. S. 33 Anm. 1)'). Man
darf indessen hoffen, daß so empfindlicher Raummangel, der sich
bei alten Schulgebäuden gewöhnUch alsbald auch an anderen
Stellen zu zeigen pflegt, bei den Klassenzimmern, dem Zeichen-
saal, den übrigen Sammlungen usf., in absehbarer Zeit zu einem
Neubau führen muß. Die verantwortlichen Instanzen von An-
stalten, die z. B. mit ihrer Bibliothek und Programmsammlung
solche Wirrnisse erlebt haben, werden es sich dann hoffentlich
am ehesten angelegen sein lassen, in der oben bezeichneten
Richtung (S. 152, Schluß der Anm. 3 von S. 151) dafür tätig zu
sein, daß die alten Übelstände nicht in dem Neubau alsbald
wieder in Permanenz erklärt werden.
^) Oberhaopt wird sieh im Laufe der Jahre immer mehr aoch für die
Behörden die Notwendigkeit heranssteliea, die Lehrerbibliotheken (ebenso wie
die Institutsbibliotheken der Unirersitäten) nicht bloß zu vermehren, sondern
taeh so vermindern, dadurch z, B., daß ältere Bestände irgendwie aus-
geschieden und größeren Bibliothekeo überwiesen werden. In infinitum
können alle diese Fachbibliotheken doch nicht wachsen. Und wenn die
Räume nicht mehr reichen, so ist es das kleinere Dbel, ältere Bestände aus-
zuscheiden, als etwa infolge Platzmaogels die Benutzung der neuen, z. Z.
wiehtigeren zu erschweren.
*) Ober gelegentliche Versuche, die bestehende Organisation der
Lehrerbibliotheken zu beseitigen, vgl. o. S. 179 Anm. 1.
366 Progrtmmweseo ood Progrtnmbibliothek d. hSh. SehaieB»
3. Die Ordnung.
a) Zweek dieaes Abschnitts.
Die kraftvolle Wirkung jedes Organismus beruht auf der
Stetigkeit. Die Notwendigkeit völliger Umgestaltung könnte
nur ein Beweis für eine ganz verfehlte Anlage sein, bei der
weder eigene Überlegung ihrer Urheber nocli verslaudiger An-
schluß an mustergültige Vorbilder irgend mitgesprochen hätte.
Das gilt auch für unsere Programmbibliotheken. Die Hehr-
zahl ist „irgendwie geordnet'', heute wie vor vier bis fünf Jahr-
zehnten zu den Zeiten Wieses in Preußen und von Bonitz in
Österreich. . Mag diese Ordnung, wofern es nur überhaupt eine
solche ist, die einen guten Überblick und leichte Benutzung
— die Hauptsache — gewährleistet, immerhin in Einzelheiten
anfechtbar sein; wenn sie sich im Laufe von Jahrzehnten bewährt
hat, der Bibliothekar und die Benutzer sich an sie gewöhnt haben,
so sollte man ihre Grundzüge auch in Zukunft beibehalten und
sich auf Neuerungen grundsatzlicher Art nicht einlassen, wohl
aber darauf bedacht sein, alles Gute, was sich anderswoher bietet
und in deu alten Rahmen sich einfügen läßt, bereitwillig auf-
zunehmen und konsequent durchzuführen. Man wird dabei besser
fahren, als wenn man — wozu jüngere Bibliothekare voll Eifer,
aber ohne umfassendere Erfahrung leicht neigen mögen — bald
auf diesem, bald auf jenem Gebiet Experimente macht, deren
keines, wie die Dinge so gehen, Bestand zu haben pflegt.
So ist es denn auch weniger der Zweck der folgenden Aus-
führungen, umzugestalten, als vielmehr Anregungen zur Aus-
gestaltung im Anschlufs an das Bestehende zu geben.
Eine völlige Neuordnung — die vielleicht von dem hier Ge-
gebenen einigen Nutzen ziehen kann — wird nur da am Platze
sein, wo bisher überhaupt keine Ordnung vorhanden war, die
diesen Namen verdiente; auch ganz neuen Programmbiblio-
theken kann hier eine Art Wegweiser gegeben werden, den sie
benutzen mögen, soweit er sich in ihre besonderen Verhältnisse
schickt. Endlich können vielleicht die Verwalter älterer Samm-
lungen, die in neue Räume übersiedeln, erwägen, ob sich
bei dieser — immer günstigsten — Gelegenheit die eine oder
andere Verbesserung einführen läßt, die in den alten unmög-
lich war.
Die Ausführungen, die ich hier gebe, gründen sich auf die
Erfahrungen, die ich bei der langjährigen Benutzung von drei
verschiedenen Programmbibliotheken gemacht, weiter auf die
Anregungen, die ich aus der Besichtigung zahlreicher Sammlungen
von höheren Schulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz
und der mündlichen und schriftlichen Diskussion mit ihren Ver-
waltern gewonnen habe. Ich habe alle Arten gesehen, große und
kleine, alte und neue, gute und schlechte, leidlich vollständige
von R.Ullrich. 367
und sehr lückenhafte, solche in alten Gebäuden und in neuen, in
Universitätsstädten und in manchen von größeren wissenschaftlichen
Hittelpunkten weit abgelegenen Orten. Es läßt sich aus alledem
wohl eine Art Fazit ziehen, um das zu ermitteln, was im Durch-
schnitt erreichbar ist. Es werden dabei Räume vorausgesetzt,
die billigen Anforderungen einigermaßen entsprechen. Nur auf
solche ist das Folgende berechnet. Wo noch Verhältnisse der
oben (S. 364 f.) geschilderten Art bestehen, wird man sich zu-
nächst bescheiden müssen, wenigstens auf einem Teilgebiete Ge-
nügendes zu schafien, bis ein Neubau oder die Überweisung eines
geeigneteren Raumes umfassendere Verbesserungen gestattet.
b) La^e uod EiorichtUDg des Rtnmes.
Über die Gröfse des Raumes ist oben (S. 362t) in anderem
Zusammenhange schon gesprochen worden. Hier sind über seine
Lage und Einrichtung einige Bemerkungen zu machen. Eine
kurze Erörterung bedarf dabei die Vorfrage, ob ein geson-
derter PI a t z für die Programme, sei es innerhalb des für die größere
Lehrerbibliothek bestimmten Raumes, sei es außerhalb desselben
überhaupt notwendig und nicht vielleicht eine Einordnung der
einzelnen Exemplare in die Abteilungen derLehrerbibliothek
selbst empfehlenswerter ist. Forst em an u (o. S. 207), der sich
um die Organisation der Lehrerbibliotheken s. Z. so große Verdienste
erworben hat, war nämlich der Meinung, man sollte die Ab-
handlungen, in Pappkapseln nach Wissensgebieten vereinigt,
die dem System der Lehrerbibliothek zu entsprechen hätten, in
diese an den entsprechenden Stellen einordnen. Das wäre m. E.
nur möglich und unter Umständen sogar empfehlenswert, wenn
Abhandlungen und Jahresberichte durchweg getrennt erschienen;
die Jahresberichte wären dann in die Abteilung „Schulwesen*'
nach irgend einem geeigneten Gesichtspunkte einzuordnen (vgl. c tf).
Für die wissenschaftliche Ausnutzung der Abhandlungen wäre
diese Methode sicher von Vorteil. Da aber in den verschiedenen
Staaten von jeher beide Teile des Programms bald zusammen, bald
getrennt erschienen und sich eine Einheitlichkeit in der einen
oder anderen Richtung nach 1875 nicht hat erreichen lassen,
auch schwerlich in allen am Tauschverkehr teilnehmenden Staaten
und Schulen jemals erreichen lassen wird, so könnte Förste-
rn an ns Vorschlag nur dann heute auf Billigung rechnen, wenn
man, wie er tat, auf die Jahresberichte in ihrer Gesamtheit geringen
Wert legte und (bei der häufigen Vereinigung von Jahresbericht
und Beilage) es sich gefallen lassen wollte, sich die einzelnen
Jahresberichte für etwaige wissenschaftliche Ausnutzung an ganz
verschiedenen Stellen zusammensuchen zu müssen — falls man
sie überhaupt findet. Daß Förstemann (wie auch andere
Männer früher und leider noch jetzt) dem Werte der JahresberichtCf
wie er oben (besonders S. 246 ff.) nachgewiesen worden ist,
368 Programmwesen und Progrtmmbibliothek d. höh. Schnleo,
wenigstens in den sechziger Jahren^) noch nicht gerecht wurde^
hing mit der Auffassung zusammen, sie hätten nur lokales Inter-
esse und böten bei der Gleichförmigkeit der Schul Verfassungen
wenig Individuelles. In dem Maße aber, in dem man sich ihrer
großen allgemeinen Bedeutung bewußter wird, muß sich auch
die Notwendigkeit herausstellen, sie selbst und nicht die viel ge-
ringere Zahl der Abhandlungen zum Maßstab irgend einer Ein-
teilung zu nehmen; dazu kommt noch der Umstand, daß in den
letzten Jahrzehnten der innere Zusammenhang beider Teile des
Programms immer mehr hergestellt worden ist, so daß sich diese
Literatur als ein Ganzes darstellt, das auch eine Aufstellung für
sich verlangt, die einen Überblick über das höhere Schulwesen
in bestimmten Perioden, Staaten, Städten und Schulen ohne
Schwierigkeit gestattet. Es sind denn auch wohl alle Schulen,
die überhaupt eine gewisse Ordnung ihres Programmbesitzes an-
gestrebt haben, zu der Überzeugung von der Notwendigkeit ge-
sonderter Aufstellung gelangt; wenigstens ist mir keine bekannt
geworden, die anders verführe.
Sehr empfehlenswert allerdings scheint es mir, wenigstens
überall da, wo die Benutzung der Lelirerbibliothek an Ort und
Stelle zu jeder Zeit noch nicht für zeitgemäß gehalten wird,
gewisse Bestände der Programmsammlung, die sich für
die Aufstellung in den meist vorhandenen Handbibliotheken der
Lehrerzimmer eignen, auszuscheidun und in diese zu über-
führen. Dahin gehören zunächst die eignen, zu Sammel-
bänden vereinigten Programme jeder Anstalt (Abhand-
lungen und Jahresberichte), die sofort nachschlagen zu können
bei vielen Gelegenheiten erwünscht sein wird (s. o. S. 238)^
was schon an vielen Schulen üblich ist, sollte zu einer allge-
meinen Einrichtung werden. Sehr zweckmäßig wäre es weiter,
wenn ein Gleiches z. B. mit den gedruckten Katalogen der
Lehrerbibliotheken geschähe. Sie können ihren sollen Wert
nicht entfalten, wenn sie in der Programmsammlung „ver-
graben'* bleiben. Alle erschienenen, die übrigens vollzählig nur
in den wenigsten Sammlungen vorbanden sind'), in die Hand-
bibliothek zu übernehmen, dürfte natürlich zu weit fuhren, und
für Schulen in Universitätsstädten z. B. wäre die Sache überhaupt
nicht so wichtig. Wohl aber könnte bei Anstalten in anderen
Orten jede Handbibliothek wenigstens die gedruckten Kataloge
von höheren Schulen der Heimatprovinz, des kleinen Landes usf.,
zu einem oder mehreren Sammelbänden vereinigt, aufnehmend
M Später (1S80) hat %wt.^t er sich %%m tnders über die Bedeatoos
der Jahresberichte ausgesprochen (vgl. o. S. 218 ood S. 25^, aber ia
bezag auf ihre Behandlung in den Bibliotheken seine frohere Aasidit Dicht
korrigiert, wie man hätte erwarten sollen.
') Ein grofier Teil von ihnen wird nor „auf VerlaBgon** geliefert
(vgl. 0. S. 360),
ron R. IJllrieh. 369
Ich meine, es erwüchse in allen den Fällen, wo der gröfsere
Leihverkehr^) irgendwie versagt, solchen Anstalten aus der An-
bahnung eines kleineren mit anderen Schulen mancher Nutzen.
In gleicher Weise könnten die Programmbibliographien,
die selber als Programmbeilagen erschienen sind'), in der Hand-
bibliothek nützlich werden. Ist die Hauptbibliothek selbst dagegen
ohne weiteres zugänglich, so wären sie besser in dieser bezw.
in der Programmsammlung zu belassen, aber auch hier aus der
großen Masse auszuscheiden und gesondert aufzustellen. Ob man
mit solchen Ausscheidungen noch weiter gehen will, kann füg \ ch
örtlichen Erwägungen überlassen bleiben; eignen würden 'sich
jedenfalls für solche Zwecke besonders solche Programme, die
zuverlässiges bibliographisches, statistist^hes Material u.a.
in geeigneter Zusammenfassung bieten.
Ist nun m. E. die Frage, ob eine gesonderte Auf-
stellung der Programme nötig sei, im bejahenden Sinne
zu entscheiden, so wäre zu erörtern, wie der für ihre Aufnahme
bestimmte Raum nach Lage und Einrichtung beschaffen sein soll.
Für den Fall, daß sie in der Lehrerhibliothek selbst, wiewohl
gesondert von dem übrigen Bestände, aufgestellt werden, gälte
in bezug auf die Einrichtung dasjenige, was weiter unten
ausgeführt werden wird. Steht ein besonderes Zimmer
zur Verfügung, so wird es für dessen Lage natürlich immer
am zweckmäßigsten sein, wenn es in unmittelbarer Ver-
bindung mit der Hauptbibliothek steht. Bei allen neuen
Gebäuden müßte man suchen, das zu erreichen. Ist es durch-
aus nicht möglich, so möge es wenigstens in der Nähe liegen;
wie wesentlich das für die leichte Benutzung ist, bedarf nicht
erst des Nachweises. Muß man die Programmsammlung aus
Raummangel, wie häufig in älteren Gebäuden, aus der Lehrer-
bibliolhek ausscheiden*) und in irgend einen weiter ent-
fernten Raum verlegen, so entstehen mancherlei Schwierigkeiten
für die Verwaltung und natürlich auch für die Benutzung, wenn
der Verwalter beiden Sammlungen gerecht werden soll. Mir
scheint es daher in solchen Fällen empfehlenswert, die Pro-
grammbibliothek einem eignen Vorsteher zu unter-
stellen, besonders dann, wenn ihre Benutzung erfahrungsmäßig
eine rege ist; vielleicht wäre die Trennung der Geschäfte unter
Umständen sogar Anlaß, die Benutzung zu steigern, was ja nur
erwünscht sein kann. Bei sehr großen Bibliotheken und Pro-
grammsammlungen ließe sich eine solche Teilung der Verwaltung
selbst dann denken, wenn beide räumlich vereinigt sind. Es
M Vgl. o. S. 148 ADD. 1, S. S4 Aom. and S. 194.
*) Alto ans der Übersieht (o. S. 109— 1] 8) die NauBerD: 2 a. b. 7. b.
9. 10. 12. 17. 18. 19—24. 26. 27. 30. 31. 34—37.
*) So aach z. B. in dem obeo (S. 3641) erwähnteo Falle.
Zaitatkr. t d. OjauMaUlweaea. LXL Sapplamantheft. 24
370 Programmweseii and ProgrtmaibibliothelL d. höh. Scholeo,
gibt eine ganze Reihe von Anstalten (einige geben es in ihren
Jahresberichten besonders an), bei denen sie durchgeführt ist und
sich gut bewährt hat. Die Honorarfrage brauchte in soJchen
Fällen nicht gleich aufgerollt zu werden, höchstens etwa da, wo
die Benutzung eine besonders starke ist und an die Ordnung,
Katalogisierung usf. erhebliche Ansprüche gestellt werden.
Über die äußere Einrichtung der Sammlung nur einige
Bemerkungen. Im allgemeinen gilt für sie dasselbe, was für jede
ordentliche Bibliothek maßgebend ist und es auch für Schul-
bibliotheken^) allmählich immer mehr werden sollte. Der Raum
muß genügend Tageslicht haben; für kunstliche Beleuch-
tung (in neuen Gebäuden sei es durchweg die elektrische) ist
ausreichend zu sorgen, ebenso für Heizung. Die Auffassung,
daß ein Bibliotheksmagazin wegen der „Feuersgefahr** nicht geheizt
werden dürfe'), kann heute als überwunden gelten. Ist der Raum
an die Zentralheizung nicht angeschlossen (in neuen Gebäuden ist
dieser Anschluß selbstverständlich), so muß für geeigneten Ersatz
gesorgt werden. Ofenheizung a. St. wird man für Neueinrichtungen
nicht mehr empfehlen wollen; Gasöfen, die eine schnelle Er-
wärmung gestatten und leicht von jedermann reguliert werden
können, sind am zweckmäßigsten und selbst in Bibliotheken mit
Zentralheizung, die in den Ferien gewöhnlich aussetzt, nicht über-
flüssig. Ich kenne schon eine ganze Anzahl von neueren Schul-
bibliotheken und Programmsammiungen, die sie haben*); auch in
älteren lassen sie sich meist ohne besondere Schwierigkeit aof-
stellen. In ungeheizten Räumen zu hantieren sollte man keinem
Verwalter mehr zumuten; auch für die Benutzer sind sie nicht
verlockend, am wenigsten dann, wenn für größere Arbeiten die
Sammlung auch an Ort und Stelle benutzt werden soll. Für den
letzteren Zweck, auch für die Zwecke der Einordnung, Katalogisie-
rung usw., bedarf es natürlich auch eines nicht zu kleinen Tisches,
mehrerer Stähle usf. Auch für besondere Waschgelegenheit
ist selbstverständlich Sorge zu tragen, falls die Programmsammlung
nicht mit der Lehrerbibliothek in unmittelbarer Verbindung steht.
Man lächle nicht, daß ich das besonders erwähne. Dergleichen
ist noch an manchen Orten nicht zu finden. Ober die Leitern
ist schon oben gesprochen. Die Regale sind in älteren Samm-
lungen meist zu tief und nehmen bei an sich schon engen Räumen
ganz unnötig Platz fort, den man meist besser gebrauchen kann.
Bei allen Neueinrichtungen sind sie natürlich (was auch nicht
immer geschieht) dem Gegenstande anzupassen; das ist hier leichter
>) Das Wichtigste darüber habe ich früher aosgefuhrt; v^L BemOmng
u, Einr. usw. S. 119—127 (= Z.f. d, G.-ß^, LVIU (1904) S. 791—799).
'^) So koaute man s. Z. ia der BibUothBkmi'Ordnung für die kaUkoU-
sehen Gymnasien der Provinz Schlesien von 10. Nov. 183], § 20 lesei
iNeigrebatar a. a. 0. S. 312).
*) So die obea S. äßif Aom. erwähate Sammlaag.
von R. Ullriefa. 371
als in der Hauptbibliothek, die viele Formate aufzunehnien hat.
Legt man, unter — leider notwendiger — Berücksichtigung des
oben (S. 173 f., 218) erwähnten Übelstandes, ein das festgesetzte
Teubnersche Format (o. S. 171, Nr. 7) von 25V2x20Va cm um
einige Zentimeter überschreitendes Maß zugrunde, so hat man die
Tiefe der Regale auf etwa 29 bezw. 23 cm anzunehmen, je nach-
dem die Programme stehend oder liegend (s. u. 377 (T.) auf-
bewahrt werden. In Bayern und Österreich kann man für
die Landesprogramme entsprechend ihrem kleineren Format (vgl.
o. S. 174) noch mit weniger auskommen. In neuen Räumen
besetze man zunächst alle verfügbaren Wand flächen, erst dann
die Mitte des Zimmers, stelle hier aus Gründen der Ersparnis
doppelseitige Regale (Breite etwa 58 bezw. 46 cm) auf, die
keine Zwischenwände haben sollten, um dem Licht möglichst
freien Zutritt zu gestatten, deren Bretter aber in der Mitte ev.
durch einen Steg von geringer Höhe (2 — 3 cm) zu teilen sind.
Während man in allen andern Teilen einer neuen Bibliothek
zweifellos irgend eins der Systeme anwenden wird, das beliebiges.
Verstellen der Bretter gestattet (am besten Stellstifte),
könnte in der Programmsammlung auch an ein für allemal be-
festigte Bretter gedacht werden, wenigstens da, wo die Mittel sehr
beschränkt sind; denn die Regale kommen so immerhin erheblich
billiger zu stehen als bei jeglichem anderen System. Und da das
Format festgelegt ist, wäre die Verwendung derartiger Regale hier
immerhin möglich. Allgemein empfehlen möchte ich sie freilich
nicht, weil damit ihre etwaige Verwendung für andere Zwecke
sehr erschwert wird. Ob man auch in Deutschland für die
geringe Zahl von Programmen, die kleineres Format haben
(Bayern, Österreich; s.o.), eigene Einrichtungen treffen will,
mag man besonders erwägen. In Bayern und Österreich
würde man natürlich das heimische Format zugrunde legen und
müßte hier jedenfalls für die große Zahl der reichsdeutschen Pro-
gramme größeren Formats wieder besondere Vorkehrungen trefl'en.
l)aß die doppelseitigen, das Innere des Raumes allmählich füllenden
Regale tunlichst so au&ustellen sind, daß das Licht der (oft nicht
sehr zahlreichen) Fenster nicht auf die Seitenwände, sondern in
die Gänge zwischen ihnen fallt, ist in jeder neuen größeren Bibliothek
aus naheliegenden Gründen seit langem Brauch, in neuen Schul-
bibliotheken und Programmsammlungen aber durchaus nicht überall
zu finden, so leicht es sich auch meist bewerkstelligen läßt. Hier wie
im allgemeinen (s. o. S. 152, Forts, d. A. 3 v. S. 151) n^uß wieder
daran erinnert werden, daß die verantwortlichen Instanzen etwas
mehr Umschau halten, durch welche einfachen Mittel auch eine
Schulbücherei so gebrauchsfähig wie möglich gemacht werden kann.
Wie sind nun in dem etwa in der bezeichneten Weise her-
gerichteten Raum die Programme einzuordnen?
24*
^72 Pf o^ranm Wesen und ProgrtnimbibliothelL d. höh. Schalen,
c) Die Einordnnng der Progranme.
a) Bedeutung der Sache, Mißstände und Möglich-
keit der Abhilfe. Da es sich hier um Tausende von Terhältnis-
mäßig dünnen, nur broschierten Heften handelt, bedarf die erste
Anordnung wie die Einordnung des Jahreszuwachses,
etwaige Umordnung und die Handhabung des Ausleihens
usf. bei der Programmsammlung natürlich fast noch größerer Um-
sicht und Vorsicht, als bei der Verwaltung der gebundenen Bände
der eigentlichen Lehrerbibliothek nötig ist, wenn ihr Nutzungswert
dauernd in Tollem Umfange erhalten bleiben soll. Je beschränkter
oft der Raum, je stärker andererseits die Benutzung ist, um so
aufmerksamer muß der Verwalter sein ; jedes abhanden gekommene,
oder auch nur verlegte Programm ist ein Schaden für das Ganze
der hier trotz des oft scheinbar geringfügigen Objektes um so
empfindlicher ist, als sich in vielen Fällen, besonders wenn es
sich um ältere Jahrgänge handelt, ein Ersatz als unmöglich er-
weist. Findet ein in den Elementen ordentlicher Bibliotheks-
verwaltung heimischer Vorsteher eine wohlgeordnete Programm-
Sammlung vor, so sorge er mindestens dafür, sie seinem Nach-
folger in gleichem Zustande zu überliefern; die Sache ist in der
Tat recht wichtig. In übler Lage ist er freilich, wenn er selbst
zwar für die Einrichtung und ihre Bedeutung wirkliches Interesse
besitzt und dies auch seinen Kollegen, die es etwa noch nicht haben,
mitzuteilen sucht, aber von seinem Vorgänger eine Sammlung
übernimmt, die vielleicht an sich einigermaßen vollständig, aber
für den Gebrauch, dem sie doch dienen soll, recht wenig geeignet
ist. Da hat man z. B. vielleicht irgendwo angefangen, eine alte
Ordnung in eine neue überzuführen; die Sache ist aber von selber
oder durch den Tod des bisherigen Bibliothekars ins Stocken ge-
raten. Der neue Verwalter, der ohne Vorbereitung in die Samm-
lung kommt, sucht dieses oder jenes Programm, findet das eine
wohl, das andere aber nicht und merkt bald, daß er sich in ein
Labyrinth begeben hat, aus dem herauszukommen nur mögUch
ist, wenn er von A bis Z alles nachprüft und in Ordnung bringt.
Oder er findet dazu vielleicht noch ganze Teubnersche Ballen
ungeöffnet vor und hat das zweifelhafte Vergnügen, an . das Auf-
arbeiten umfangreicher Reste ein Maß von Arbeitszeit zu wenden,
das in umgekehrtem Verhältnis zum Lohne steht uam. Das sind,
wie mancher Programmbibliothekar weiß, keine Phantasiegebilde,
sondern es ist rauhe Wirklichkeit. Und sie ist der Anlaß, daß
sich manche Programmbibliotheken in einem Stadium der Ver-
kommenheit befinden, das nicht bloß den Wert der einzelnen
Sammlung nahezu aufhebt, sondern, was noch schlimmer, die
Schätzung der ganzen, an sich so vortrefflichen Einrichtung emp-
findlich herabgesetzt hat
Was soll unter solchen Umständen ein Verwalter tun ? Die
ganze notwendige, außerordentliche Arbeit allein zu leisten wird
von R. Ullrich. 373
er nur dann geneigt sein, wenn er ein weit über das Gewöhn-
liche hinausgehendes Maß von Interesse, so etwas wie wirkliche
Begeisterung für bibliothekarische Tätigkeit hat. Dergleichen ist
wohl anzutreffen, aber doch selten. Han muß mit dem Durch-
schnitt rechnen. Will man nun in solchen Fällen nicht das
Ganze aufgeben — denn zwingen könnte hier wohl niemand —
und so auf ein wesentliches Mittel der Anknüpfung und Er-
haltung geistiger Beziehungen zwischen einer Hehrzahl von An-
stalten eines oder mehrerer Länder verzichten, so bleibt nichts
anderes übrig, als daß die Kollegen helfend eintreten.
Schüler heranzuziehen^) hat hier — wie auch sonst unter nor-
malen Verhältnissen — doch etwas Mißliches; ich wurde davon
möglichst keinen Gebrauch machen. Die Hilfe ist außerdem von
zweifelhaftem Werte; denn es mußte beinahe alles nachge-
prüft werden, so daß die Arbeit im ganzen für den Verwalter
kaum geringer wäre. Aber die Kollegen, wenn anders sie der
Sache Wert beimessen, sollten sich hier wie in anderen Dingen,
die allgemeinem Interesse dienen, solidarisch fühlen. Greifen
viele Hände unter verständiger Anleitung zu, so kann das Ganze
in absehbarer Zeit doch wieder in Ordnung kommen, und man
hat eine gute Lehre für die Zukunft Auch den positiven Gewinn
für die Beteiligten selbst schätze ich nicht ganz gering ein.
Mancher Kollege, der bisher kaum ein Programm entliehen hat,
würde merken, daß in der Sammlung mancher Schatz verborgen
liegt, der nur der Hebung bedurfte. Besonders für Anfänger im
Lehramt, die nicht gerade durch die negative Kritik über das
Programmwesen, die in den früheren Abschnitten charakterisiert
worden ist, beeinQußt zu werden brauchen, ehe sie die Sache
selbst aus eigener Anschauung gründlich kennen gelernt haben,
dürfte es sehr nützlich sein, wenn sie von Zeit zu Zeit, nicht
einmal nur in solchen besonderen Fällen, sondern regelmäßig zu
Arbeiten in der Lehrerbibliothek im ganzen und in der Pro-
gram msammlung im besonderen herangezogen würden. Beide
gehören zum festen Bestände der Schulorganisation, mit der ja
doch unsere jüngsten Kollegen bekannt zu machen sind. Und
wenn es in den amtlichen Vorschriften über das Seminarjahr in
Preufsen(vom 15. März 1890) z. B. heißt'), daß die Kandidaten
„kürzere Referate z. B. über einzelne Punkte .... der amt-
lich veröffentlichten Speziallehrpläne höherer Schulen, über
wichtige neuere Erscheinungen auf dem Gebiete der Päda-
gogik, beachtenswerte Methoden, Unterrichtsmittel, Appa-
rate, Grundsätze der Schulhygiene usw.^* halten sollen, so
werden sie für viele dieser und ähnlicher Dinge doch nach dem,
was oben (S. 145 ff.) ausgeführt werden konnte, kaum irgendwo
>) Daza rat z. B. Stamm er t. a. 0. {BüiL AbL 4, Nr. 85 a) gegen Ende.
2) § 5a; vgl. Beier a. a. 0. S. 304.
374 ProgrammiveseD uod Programmbibliotkek d. höh. Scholei,
reichereg, leichter und billiger zugängliches Material finden, als
in der Programmbibliothek der Anstalt/der sie gerade zugewiesen
sind^). Und besonders wenn diese an einem Orte ist, in dem
sich eine größere wissenschaftliche Bibliothek mit Programm-
sammlung nicht befindet, wäre es verwunderlich, wenn der
Direktor der betr. Schule seine Kandidaten nicht auf die günstige
Gelegenheit hinwiese und sie womöglich auch zu praktischer Mit-
arbeit an den Funktionen des Verwalters veranlaßte. £s mußten
wirklich sehr unempfindliche Seelen sein, die nicht einen ersten
Begrifl von der Bedeutung und Geschlossenheit dieser ganzen
Organisation bekämen, wenn ihnen im Laufe eines Jahres bald
diese, bald jene etwa der oben (S. 36 fi:, besonders S. 88 ff.; vgl.
auch S. 146 IT.) genannten Programmarbeiten in die Hände käme
und sie Gelegenheit erhielten, von der einen oder anderen Schule
eine Serie ihrer Jahresberichte, besonders des Abschnitts „Chronik'%
durchzulesen. Indessen auch Probekandidaten, Hilfslehrer und
jüngere Oberlehrer, falls ihr Interesse nicht schon bei den ge-
wöhnlichen Schutaufgaben des Tages sein Genüge findet, werden
dadurch, daß sie dann und wann einmal den Bibliothekar
in seiner entsagungsvollen Arbeit etwas unterstützen, manche vor-
trefiQiche Anregung erhalten (ich spreche aus eigener Erfahrung),
die sie in solchem Umfange für ein bestimmtes Sondergebiet
wenigstens in Orten ohne Universität nicht so leicht finden
können. Helfe hier also jeder, der kann; es dient zum Besten
des Ganzen!
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen, die z. T. durch ge-
wisse unerfreuliche Erscheinungen in der Ordnung der Programm-
sammlungen hervorgerufen waren, wende ich mich zu den
Einzelheiten, die im ganzen normale Verhältnisse vorausseuen,
bei denen man nur über die Zweckmäßigkeit, auch je nach d^i
örtlichen Verhältnissen, abweichender Meinung sein und ver-
schiedenen Methoden der Ordnung folgen kann.
ß) Einbinden der Programme? Die meisten großen
Bibliotheken vereinigen aus praktischen Gründen des Gebrauchs
durch die oft nach Hunderten zählenden Benutzer ihre Pro-
gramme, Jahresberichte wie Abhandlungen, zu starken Sammel-
bänden, die nach verschiedenen Gesichtspunkten (nach Ländern
und innerhalb dieser nach Orten oder Jahrgängen, nach der Folge
der Teubnerschen Nummern oder wie sonst immer) geordnet
sind*). Auch viele Schulbibliotheken haben in den ersten Jahr-
zehnten der Einrichtung nach 1824 diesen Brauch befolgt'}, sind
^) Ganz nene Anstalteo werden das ja selten sein, sondern iniBerliia
solche, die schon eine Reihe von Jahren bestehen nnd denf^eBaß äher einen
gewissen Vorrst an Programmen verfagen.
3) Vgl. 0. S. 27 Anm. 4.
^) Die Sammlong des Berlinischen Gymnasioras zam grauen
Kloster z. B. besitzt aas jener Zeit noch 370 Programm-Sanmelbände.
voo R. Ullrich. 375
aber allmählich ziemlich davoD abgekommen, zunächst wegen der
äußeren Rücksicht der Kosten, die schon für einen Jahrgang von
jetzt reichlich 1100 Jahresberichten und etwa der Hälfte an Abhand-
lungen bei allen Scbulbibliotheken, die mit dem Pfennig rechnen
mQssen, erheblich ins Gewicht fallen wurden. Dazu kommen aber
andere Grande, die mit der Leichtigkeit der Benutzung durch den
einzelnen und der möglichst umfassenden Wirkung auf viele zu-
sammenhängen. Die dicken Bände in 4^ sind äußerst beschwerlich
beim Gebrauch für den Benutzer und eigentlich nur dann
zweckmäßig, wenn er die Hehrzahl der darin enthaltenen Pro-
gramme wirklich gebraucht, von der Unbequemlichkeit des
Transports überall da, wo eine Benutzung in der Bibliothek selbst
nicht möglich oder üblich ist, ganz zu schweigen. Außerdem
müssen andere Benutzer, die zufällig Programme aus denselben
Bänden gebrauchen, wieder so lange warten, bis der erste Be-
nutzer sie abgegeben hat. So sind denn selbst manche Univer-
sitätsbibliotheken, bei denen die Kostenfrage wenigstens nicht eine
so erhebliche Rolle spielt wie bei manchen Schulbibliotheken mit
winzigem Etat, dazu übergegangen, die Programme einzeln zu
behandeln; sie versehen sie mit einem möglichst einfachen Einband
(meist genügt ein schUchter Pappband) ^), andere verzichten zum
Teil sogar darauf oder binden nur solche, die häußger verlangt
werden'). So bleiben alle Programme in denkbar größtem Um-
fange zu gleicher Zeit für viele Benutzer verfugbar. Abgesehen
also von den wenigen, oben (S.368t) hervorgehobenen Fällen
dürfte es z. Z. auch für Programmsammiungen der Schulen kaum
geraten sein, an sich knappe Etats noch mit Bindekosten für
Programm-Sammelbände zu belasten und dazu die Benutzungs-
möglichkeit einzuengen. Hier und da ist man daher so weit
gegangen, die Sammelbände früherer Jahrzehnte aufzulösen, um
die einzelnen Programme nutzbarer zu machen. Selbst das
Binden vereinzelter Programme kann hier wegfallen, da sie
nicht durch so viele Hände geben, wie dies im Leihverkehr der
großen öffentlichen Bibliotheken geschieht. Man lasse also die
Programme so, wie sie geliefert werden; nur suche man anderer-
seits nach Mitteln, sie trotzdem möglichst zu konservieren, damit
sie auch späteren Lehrergenerationen noch nützen können. Was
kann in dieser Beziehung geschehen?
/) Die Aufbewahrung der broschierten Exemplare.
Unbedingt zu verwerfen ist die „Methode", die Programme
offen, ohne jeden Schutz, aufzubewahren. Schichtet
man sie aufeinander, so sind diese Berge schwer zugänglich;
stellt man sie nebeneinander in den Regalen auf, so wird die
Obersicht nicht leichter, und entliehene Programme wieder ein-
1) So geschieht es z. B. in der Wiener UoiversUätabihliothek.
>) Vgl. hierzu oben S. 27 Aon. 4 Eode.
gjg 'Pro§r9immweäeik and Programmbibliothek d. höh. Schnlea,
zuordnen ist keine erfreuliebe Sache. Vor allem aber leiden sie
unter dem Staube, aus dem sich allmählich Schmutz entwickelt
— auch Spinnweben setzen sich friedh'ch an — , dermaßen, daß
man es einem Bibliothekar kaum zumuten kann, unter diesen
Massen zu wühlen. Ebensowenig zu empfehlen sind die „ver-
schnürten Paket e*S deren schon Forste mann gedenkt
(o. S. 207) und die noch hier und da vorkommen. Die Programme
sind so zwar einigermaßen vor Staub geschützt; aber nun die
schweren, ihrerseits wiederum mit dicken Staubschichten über-
zogenen Ballen mit Hilfe der Leiter aus den oberen Gegenden
der Regale herunterzuholen, aufzuschnüren, um ein Programm
zu entnehmen, wieder zuzuschnüren und hinaufzubefördern, wieder
herunterzuholen, aufzuschnüren, wenn das entliehene Programm
zurückgegeben wird, endlich wieder hinaufzubefördern (schon
beim Lesen geht der Atem aus) — das sind Prozeduren, die
wohl geeignet sind, Verwaltern und Benutzern die Freude an der
Sache tatsächlich zu verleiden. Nicht viel besser ist die Methode,
eine größere Zahl von Programmen zwischen Pappdeckel zu
legen, die durch Gummibänder zusammengehalten werden
(o. S. 207). Um dem ärgsten Staube zu entgehen und die
Sammlung doch einigermaßen nutzbar zu machen, hat man auch
das Verfahren eingeschlagen, die einzelnen Böden der Regale
durch dünne Zwischenwände in eine bestimmte Anzahl von
Fächern zu teilen, in deren jedes ein Paket von irgenwie ge-
ordneten Programmen offen eingelegt wird. Vor jedem Fach
wird ein Pappdeckel entsprechender Größe mit kurzen Bändern
an der Kante des darüber liegenden Bodens befestigt. Will man
ein Fach benutzen, so wird der Deckel nach oben geschlagen and
durch den heruntergeklappten Deckel des darüber liegenden Fachs
so lange festgehalten, wie das Fach benutzt wird. Besonders in
Osterreich und Süddeutschland, wo dies Verfahren auch
bei der Aufbewahrung von Akten angewendet wird, habe ich es
öfter gesehen. Geeignete Aufschriften auf den Pappdeckeln sorgen
für die Orientierung. Wer diese Methode zum ersten Male sieht,
dem wird sie verblüffend einfach und gerade deshalb vielleicht
als ideal erscheinen. Ich habe jedoch mancherlei Bedenken gegen
sie. Zunächst ist die Sicherung gegen den Staub doch un-
zureichend; das möchte indessen noch hingehen. Da aber die
Einteilung in Fächer wieder nicht unerhebliche Kosten verursadit
(ohne Anwendung der dünnen Zwischenwände würde aber bald
heillose Verwirrung entstehen), so wird man, um diese nicht zu
hoch werden zu lassen, geneigt sein, die Fächer möglichst grofi
einzurichten. Dadurch ist man aber wieder genötigt, sehr viel
Programme in einem Fache unterzubringen, während eine Trennung
nach möglichst vielen kleineren Einheiten gerade erwünscht sein
muß. Auch entsteht die Notwendigkeit, immer den ganzen Inhalt
oder doch die Hauptmasse herauszunehmen, wenn ein Programm
von R. Ulirieh. 577
gesucht wird — man möBte denn das Fach zu einem Teile un-
besetzt lassen, so daB man durch bloBes Blättern und mit dem
Blick auf die Teubnersche Nummer (falls diese an richtiger Stelle
steht und man das Verzeichnis jedes Jahrgangs daneben bat)
fände, was man sucht. Will man dieses Verfahren weiter aus-
bilden (auch dafür habe ich Beispiele gesehen), so möBte man
jedes Regal in so viel Fächer teilen, als kleinste Einheiten vor-
handen sind (je ein Fach für jede Schule, oder je eins, zwei oder
mehr für jeden Jahrgang jeder Provinz oder in ähnlicher Weise).
Aber das verteuert die Sache wieder erheblich, besonders wenn
man, um vor dem Staube sicher zu sein, statt der offenen oder
in der oben bezeichneten Weise geschätzten Regale zum ver-
schlossenen Schrank erheblicher Dimension übergeht. Schränke
in Bibliotheken sind nun überhaupt niemals geeignet, die Benutzung
zu erleichtern; sie sollten nur da zur Verwendung kommen, wo
es sich um die Bewahrung wirklicher Kostbarkeiten handelt.
Junge Bibliotheken, die in dem löblichen Bestreben, die Programme
tunlichst zu schützen, sie in Schränken untergebracht haben,
werden mit wachsendem Bestände wohl selbst dazu übergehen,
billigere und dabei zweckmäfsigere Metboden zu ver-
wenden. Welche sind dies nun?
Ich habe deren zwei^) zu nennen, eine nicht allzu billige,
aber in jeder Beziehung sehr zweckmäBige, und eine andere,
erheblich wohlfeilere, die vielleicht nicht ganz so bequem ist,
aber doch alle berechtigten Anspräche erfüllt. Beide sind vielfach
erprobt. Wer mit alten, nicht sehr übersichtlich geordneten Be-
ständen in neue Räume übersiedelt oder vor der Frage der ersten
Anlage einer Programmsammlung überhaupt steht, mag je nach
Raumverhältnissen und den zur Verfügung stehenden Mitteln
zwischen beiden die Wahl treffen. Bei der ersten handelt es
sich um Kästen (aus Holz oder starker Pappe), in denen die
Programme liegend auf bewahrt werden, beider zweiten um
Pappkapseln, die wie gebundene Bächer nebeneinandergestellt
werden».
Die Kästen, in denen die Programme liegend aufzubewahren
sind, müssen etwa 23 cm breit und 29 cm tief sein (lür baye-
rische und österreichische Programme etwa 18 bezw. 25 cm).
Sie sind vollkommen geschlossen, werden auf der Stirnseite
mit einer Klappe versehen, die durch Ziehen an einem Bande
sich nach oben öffnet und so einzurichten ist, daß die Programme,
auch die ganz unten liegenden, herausgenommen werden können,
ohne daB der ganze Kasten aus dem Regal entfernt zu werden
braucht. Natürlich wird die Stirnseite mit einem den Inhalt be-
^) Far die kleine Zahl der Mittelschalea der Schweiz gibt es auf
diesem Gebiete z. Z. kaum Probleme, da meist aar die Landesprogramme
aosgetanscht werden; doch vgl. oben S. 211 f.
J7$ Programmwesea nod Progprammbibliothek d. höh. Sehnlea,
zeichnenden Schilde versehen. Um die bezeichnete Art der Hand-
habung möglich zu machen, muß der Zwischenraum zwischen
je zwei Böden des Regals etwas größer sein (etwa 3 — 4 cm) als die
Höhe des Kastens beträgt, wodurch im ganzen immerhin ein gut
Teil Raum mehr beansprucht wird als bei anderem Verfahren
(s. unten). Die Wahl dieses Höhenmaßes ist nun recht wesent-
lich von der Regelung der Kostenfrage ahhängig und wird dem-
gemäß die Entscheidung, ob diese Methode überhaupt zu wählen
ist, vor allem beeinflussen. Jede Reihe von nebeneinander-
stehenden Kästen (Zwischenwände — wie o. S. 376 — sind
hier entbehrlich) muß von der darüber- bezw. darunterstehenden
durch je einen Boden des Regals getrennt werden. Zwei oder
gar mehr Kästen einfach aufeinanderzustellen ist unmöglich.
Einmal wurde die Klappe nicht funktionieren; und selbst wenn
sich dies etwa dadurch erreichen ließe, daß man z. £. die Mitte
oder die obere oder untere Kante der Stirnseite zum Öffnen ein-
richtete, wäre doch die Belastung für den Kasten, der jedesmal
unten steht, zu groß, besonders wenn er erst teilweise gefüllt
ist, während der obere etwa vollständig besetzt wäre. Man ent-
ginge der Verlegenheit, allzuviel Böden einlegen zu müssen, viel-
leicht dadurch, daß man die Höhe der Kästen möglichst steigerte,
etwa auf 20 — 30 cm. Damit beraubte man sich aber wieder des
Vorteils, nur möglichst kleine Einheiten in einen Kasten aufzu-
nehmen, was für die Obersicht und die Benutzung recht wesent-
lich ist (s. schon oben S. 376). Setzt man aber die Höhe, was
sachlich am richtigsten wäre, nur etwa auf 10 — 15 cm an, so
braucht man der Kästen so viele, daß die Anlage — be-
sonders wenn es sich um die Neuordnung eines schon vor-
handenen Bestandes erheblichen Umfangs. handelt — bedeutende
Mittel erfordert, ebenso wie die Unterbringung des jährlichen
Zuwachses. Ein solcher Kasten muß dauerhaft gearbeitet sein;
unter 0,75 bis 1 M wird ihn selbst bei einer großen Lieferung
von mehreren Hundert Stuck kaum ein Buchbinder herstellen.
Mehr als fünfzig Programme durchschnittlichen Umfangs wird
man in einem Kasten kaum unterbringen wollen, wenn die Ober-
sichtlichkeit und die Leichtigkeit der Handhabung nicht leiden
soll. Da eine Anstalt, die sämtliche Programme mit den
Abhandlungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz be-
zieht — und das sind weitaus die meisten^) — , an Jahres-
berichten und Abhandlungen z. Z. jährlich im ganzen etwa
J 400— 1500 einzelne Hefle bekommt, so erhält man ungefähr
einen Begriff von der Höhe der Kosten. Es kommt hierbei
freilich auf die Wahl des Systems der Einordnung an (s. u. Ab-
schnitt d), das zwar — es sei, welches es sei — die Kosten im
Laufe einer Reihe von Jahren im ganzen nicht beeinflußt, wob
1) Vgl. hierzu oben S. 215 Anm 3.
voD R. Ullrich. 3yg
aber för die Verteilung auf die einzelnen Etats von Bedeutung
ist. Wird z. B. im Falle einer völligen Neueinrichtung, bei der
ja für Bibliothekszwecke fast immer mehrere tausend Mark zur
Anlage eines Grundstocks als Extraordinarium bewilligt werden,
das System der Einordnung nach Orten bezw. Schulen gewählt,
so muB man ebenso viele Kästen herstellen lassen als Schulen
vertreten sind, z. Z. also etwa 1100, dazu einige hundert als
Reserve für die Programme neu hinzukommender Schulen, und
braucht so für die folgenden drei bis vier Jahrzehnte den ordent-
lichen Etat überhaupt nicht zu belasten. Anders steht die Sache,
wenn man, z. B. bei einer Ordnung nach Jahrgängen in der
Folge der Teubnerschen Nummern, nicht gleich bei der ersten
Anlage eine größere Anzahl von Kästen aus dem Extraordinarium
hat anfertigen lassen und jedes Jahr oder doch in kürzeren Ab-
ständen den ordentlichen Etat für den Zuwachs erheblich belasten
iDuB. Jedes Jahr gegen 30 JC allein für Kästen auszugeben ist
aber für kleine Etats nicht rätlich. Andererseits durfte häufigere
Inanspruchnahme aufserordentlicher Mittel für solche Zwecke
die Zuneigung mancher kleineren Magistrate für die Programm-
einrichtung nicht steigern.
Hat man also genügend Raum und ausreichende Mittel und
kann vor allem gleich bei der ersten Anlage der Bedarf für
mehrere Jahrzehnte gedeckt werden, so ist diese Methode zweifel-
los die beste; da es aber mehr Anstalten gibt, die sich mit
ihren Mitteln einrichten müssen, als solche, die Überfluß haben,
möchte ich doch die andere mehr empfehlen, nicht bloß wegen
ihrer Wohlfeilheit an sich. Es ist überaus wichtig, daß möglichst
viele Anstalten zu einer wirklichen Ordnung ihrer Programm-
verhältnisse kommen; große Kosten, wie sie die eben skizzierte
Methode erfordert, schrecken aber leicht ab, und in Ermangelung
der Kenntnis einer einfacheren bleibt eben alles oft beim alten.
Ich habe Anstalten genug gefunden, die der Ordnung ihrer Pro-
grammsammlung ratlos gegenüberstanden, aber die folgende ein-
fache Methode nicht kannten. Auf meine Veranlassung >) haben
einige sie tatsächlich eingeführt.
Sie läßt sich in Kürze so beschreiben. Es werden einfache
Pappkapseln hergestellt, von der Art etwa, wie sie zu jedem
besseren Halbfranzbande von den Verlagsfirmen geliefert werden.
Mag es sich um eine erste Einrichtung handeln oder um häufigere
Ergänzungen, die Kosten sind so gering, daß sie von jeder Biblio-
thek getragen werden können. Die Größen verhältnisse (vgl. schon oben
S. 371 n. 377) können etwa so genommen werden: 29 cm Höhe,
23cm Tiefe (für bayerische und österreichische Pro-
gramme etwa 25 bzw. 18 cm), 7 — 10 cm Dicke. Die eine (hintere)
>) Ich hatte beide schon fr'dher empfohlen; v;l. Ben, u. Einr. usw,
S. 26 (-=Z. f, d, Gymn.'ff^, LVIII (1904) S. 698).
380 Prosrammwegeo and Programmbibliothek d. liSlbSckuleB,
Schmalseite bleibt offen. Sie 8t6ßt bei der Unterbringung auf
Wandregalen unmittelbar an die Wand; bei doppelseitigen Regalen
stoßen je zwei offene Seiten (der Steg, o. S. 37 U l^ann hier
entbehrt werden) aneinander, so daß ein irgend erhebliches Ein-
dringen von Staub verhütet wird. Der Rucken wird wie bei
einem Buche mit einem einfachen, gleich vom Fabrikanten auf-
zuklebenden, durchweg gleichmäßigen Schilde versehen, auf
welchem der Inhalt der Kapsel verzeichnet wird. Ein Oberzng
irgend welcher Art ist entbehrlich. Von Kapseln dieser Art kostete
das Hundert (bei einer Berliner Kartonfabrik) 8,50 o^^). Jede
faßt etwa 30 — 50 Programme; sie werden wie Bücher neben-
einander aufgestellt. Der Zwischenraum zwischen den einzelnen
Böden brauclit nur um ein geringes größer zu seiti als die Höhe
der Kapseln; etwa 30 cm genügt vollkommen. Die Handhabung
ist zwar nicht ganz so bequem wie bei dem oben (S. 377 ff.) ge-
schilderten Verfahren, weil man zur Erlangung eines Programms
jedesmal die betr. Kapsel herausnehmen muß; auch die Heraus-
nahme selbst und das Wiedereinordnen ist umständlicher, selbst
ein Hineinstecken an eine falsche Stelle eher möglich. Aber
auch das erfordert eben Gewöhnung. Ich habe diese Methode bei
häuOgerem Gebrauch in der Sammlung der Schule wie bei fast
täglichem in meiner eigenen seit einer Reihe von Jahren so be-
währt gefunden, daß ich zu einer anderen kaum raten möchte,
besonders auch wegen der ganz außerordentlichen Billigkeit.
Denn selbst wenn es gelänge — was ich nicht glaube — die
Kästen der obigen Art im ganzen noch billiger herzustellen, etwa
zum Preise von 0,50 tM für das Stück, so wäre diese Methode
immer noch mehr denn fünfmal so teuer als die eben skizzierte.
Dazu kommt, daß diese die denkbar größte Ausnutzung des
Raumes gestattet, was für beinahe alle Programmsammlungen,
die ich kenne, und gewiß auch für die meisten anderen, beson-
ders wichtig ist. Welche Anordnung man innerhalb der Kapseln
auch befolgen mag, man kann doch schon bei einer ersten
Anlage, mit Berücksichtigung des voraussichtlichen Zuwachses
in 2 — 3 Jahrzehnten, ziemlich genau bereclmen, wieviel laufende
Meter an Raum gebraucht werdeu, und danach die Zahl und
Größe der Regale annähernd bestimmen. Ordnete man z. B* in
solchem Falle nach Schulen (zunächst je eine Kapsel für jede
^) Die bekaoote Firma Soeoaecken (Bonn, Niederlageo io Berli>
nod Leipzig) stellt sog. BroschäreDsammler io Backform her, ia gr. S*
(Grö'fie 6 X 20 X 27 cm oder 7 X 19 X 27 cm) oad in 4^ (Gr5ße 8 X 24 x34 ca);
die in gr. 8^ kostea io tadelloser, einfaelier oder aaeh eleganterer Abs-
fiihroDg je 1 bezw. 1,50 JCy die in gr. 4<^ 1,50 JC bezw. 2,25 Jt, Maa siebt
schoD, dafi sie sich des Preises wegen fdr Programmsammlaageo nickt
eignen, \ofierdem ist aber das Format hinderlich, vor allem die HShe;
27 cm bei dem gr. 8^ Format ist im allgemeioeu oazareichend, 34 cm bei
dem io 4° wieder za reicblich.
von R. Ullrich. 381
Schule), ein Verfahren, das den meisten Raum beansprucht, wenn
es von Anfang an zugrunde gelegt wird, so brauchte man — einen
für viele Jahrzehnte reichenden, sehr hoch veranschlagten Bestand
von 1400^) Kapseln von je 10 cm Dicke angenommen — 140 laufende
Meter Raum, die sich selbst in einem um die Hälfte kleineren
Zimmer'), als es das oben (ß,362t, A. 2) beschriebene ist'), ganz
bequem gewinnen lassen, selbst wenn man noch hier und
da die notwendigen Zwischenräume für Neueinstellungen usf.
offen läßt.
^) Gegpenwärtis (Dezember 1907) umfaßt der Teuboersche Tausch-
verkehr (s. o. S. 169, n) rood 1100 ADStaltea.
*) AogeoommeB, das Zimmer hatte etwa aar 4,50 X 4 m Grundfläche
und Bor 3 m Höhe, so liefieo sich die 140 laufeadea Meter, die erforderlich
sind, etwa so erreichen and verteilen. Unter der (onsänstisen) Voraus-
setzangp, dafi nnr zwei Wände für Re^pale voll 'ansgpenQtzt werden könne«,
stelle man zunächst 2 Wandregale von je 3,50 m Länge (Seiten- und
Zwischenwände abserechnet) und 0,23 cm Breite, jedes mit 8 Böden, auf:
2x28m = 56m, sodann zwei doppelseitige Regale von je 2,75 m Länge
and 0,46 m Breite, wiederum jedes mit 8 Boden: 4 X 22 m «»88 m, zu-
sammen 144 m. Die Höbe der Hegale würde bei 8 x 30 cm Zwischenraum
zwischen den einzelnen Böden, wozu 7 x 3 cm «» 21 cm Stärke der ,Böden
und etwa je 972 ^^ ^^^ Unter- und Aufsatz kämen, im ganzen 2,80 m be-
tragen, so dafi es — auch wenn kein Doppelgeschoß möglich ist — nicht
einmal einer hohen Leiter, sondern nur etwa eines sog. „Tritts" mit
3 — 4 Stufen bedurfte, um bequem auch das höchste Fach zu erreichen. Ist
der Raum in älteren Gebäuden noch kleiner, aber — wie in der Regel —
doch wenigstens 3,20 — 3,50 m hoch, so mußte man sich notgedrungen ent-
schließen, statt 8 Böden deren 9 oder 10 zu nehmen und so in der Höhe
auszugleichen, was an Breite oder Läoge fehlt. Natürlich käme mau dann
ohne eine Leiter mäßiger Höbe nicht aus.
^) Als Aabalt für größere Verhältnisse mögen die Maße, die Art der
Aufstellnag und Besetzung der oben (S. 363 A.) erwähnten Sammlung hier ge-
Daaer folgen (vgl. im allgemeinen schon a. a. 0.): Sie beflndet sich in einem
Eckzimmer, das sehr viele Fenster hat (12), was für die Lichtverhältnisse
günstig ist, aber nur 2 Wände voll auszunutzen gestattet. Vorhanden sind
z. Z. 3 Waadregale ; das erste hat (Seiten- und Zwischenwände abgerechnet)
5,29m verfügbare Lange, das zweite 3,13 m, das dritte 2,40 m ver-
fügbare Länge. Dazu kommen 3 doppelseitige Regale in der Mitte des
Haumes, die durch (sehr breite) Gänge von je 1,28 m getrennt sind. Das
erste hat 2 X 5,10 m, das zweite 2 x 5,07 m, das dritte 2 X 3,52 m verfüg-
bare Länge. Da jedes Regal 9 Böden enthiUt, so ergeben sich im ganzen
47,61+28,17 4-21,60 4- 91,80 + 91,26 + 63,36 m = 343,80 laufende Meter,
die also für 3438 Kapseln von je 10 cm Dicke oder, wenn man — was sehr
reichlich wäre — auf jede Kapsel zur bequemeren Handhabung noch 1 cm
Zwischenraum rechnet, für rund 3400 Raum gewähren würden. Doch sind
die Regale erst etwa zu '/s vollbesetzt, und wiederum ein Teil der Kästen
bezw. Kapseln erst z.T. gefüllt. Die Sammlung enthält z. Z. : 370 Pro-
gramm-Sammelbände, 1385 Kapseln (davon 1290 zu je 29 cm Höhe,
23 cm Breite, 7 cm Dicke, 95 zu je 25 cm Höhe, 18 cm Breite, 7 cm Dicke
— meist für bayerische und österreichische Programme) und
176 Kästen (je 15 cm hoch, 24| cm breit, 30^ cm tief). Die letzteren
dienen banptsächlich für die eigenen Programme der Anstalt und die der
höheren Schulen von Berlin und Umgebung. Diese 1 76 Kasten sind gesondert
aufgestellt (nach Schulen geordnet). Die Kapseln (ebenfalls nach Schulen
geordnet) enthalten die Programme der übrigen am Tauschverkehr beteiligten
d$2 P''<>S<'aiiinwesoo ond Programmbibliothek d. höh. Schoieo,
Id dem soeben Ausgeföhrten muBte gelegenüich schon die
Frage der Systeme beröhrt werden, nach welchen die Pro-
gramme in den Fächern, Kästen und Kapseln etwa einzuordneo
wären. Ich wende mich nun, nachdem aile Vorfragen erledigt
sind, zur Skizzierung dieser möglichen Systeme im Zusammenhange.
d) Mögliche Systeme der Einordnung. Die Frage,
ob vielleicht die Abhandlungen gesondert von den Jahres-
berichten in der Programmsammlang nach irgend einem System
zu ordnen wären, kann nach dem oben (S. 3$7L) Ausgeföhrten
kurz erledigt werden. Solange eine allgemeine äuBere Trennung
der beiden Teile des Programms nicht dorchgeföhrt ist, kann
man auch hier an gesonderte Ordnung der Abhandlungen nicht
denken. Man wird das im Interesse der systematischen bequemen
Ausnutzung bestimmter Fachgebiete, die in der Programmliteratur,
wie aus dem Verzeichnis ausgewählter Programme (o. S. 35
— 122) ersichtlich ist, eine oft umfassende Bearbeitung ge-
funden haben, bedauern, aber schwerlich ändern, wenn man nicht
auf jede einheitliche Ordnung der Jahresberichte, die weiuus die
Mehrheit der Programme ausmachen, verzichten will. Anstalten,
die trotz so gewichtiger Bedenken diesen Weg beschritten haben
und an ihm festhalten, müssen die nachteiligen Folgen selbst
tragen. Ebensowenig ist es zu billigen, wenn man — wie gelegent-
lich geschieht — die Programme, welche Abhandlung und Jahres-
bericht in einem Hefte vereinigen, gewaltsam auseinander-
reif st^). Ich bin der Meinung, daß heute — wie die Dinge
nun einmal liegen — die getrennt erscheinenden Ab-
handlungen zu den Jahresberichten der Schulen und
Jahrgänge zu legen sind, zu denen sie gehören. Da
die Klufsmannsche Bibliographie, das Teubnersche und das
Berliner Verzeichnis vorliegen, hat es keine Schwierigkeit, jede
Abhandlung (von 1876 ab) in einer sonst wohl geordneten Pro-
grammsammlung zu finden und zu benutzen. Will man noch
besondere Programmkataloge ober den Bestand der Samm-
lung der betr. Schule selbst anlegen (besonders für die Zeit
vor 1876), um so besser; vgl. darüber unten Abschniti 4.
Ich setze also voraus, daß jede Abhandlung bei dem
Jahresbericht der Schule eingeordnet wird, zn dem
Anstalten aad weiseo die uoiinterbroehene alphabettsehe Folge «nl^ wie sie
KlnfsniaDDS Ortsrerseichois (o. S. 239 f.) bietet. Da die Regale nrsfrüH'
lieh auf Kästeo berechaet waren and die Kap «ein erst später eiagefibTt
worden sind, ist ihre Tiefe dorehwe; gröfier, als bei der jetziges, u
rand 90% ans Kapseln bestehendea Besetzung nötig wäre. Sie betragt bei
den Wandregalen U,33 cm., bei den doppelseitigen 0,67 cn. Da der Rssb
aber sehr reichlich bemessen ist und sogar noch weitere Regale aBfaehaei
könnte, was in den nächsten 30 Jahren kaum erforderlich sein wird, ist
das za ertragen.
>) Vgl. hierüber schon Förstemann a. a. 0. {Bibl. Abt. 4, Nr. 65)
S. 13.
von R. Ullrich. 383
sie gehört, und frage nun, indem ich die Jahresberichte
als Grundlage jeder systematischen Ordnung annehme,
geiler, welches System sich hierbei am meisten empfiehlt.
In der Hauptsache scheinen zwei möglich: Das System
nach Jahrgängen und innerhalb dessen nach der
Reihenfolge der Teubnerschen Nummern (d. h. nach
Staaten bezw. Provinzen, Schularten und erst innerhalb
dieser nach Orten bezw. Schulen), sodann das nach Orten
und, wo mehrere Schulen an einem Orte vorhanden sind, inner-
halb dieser Orte nach Anstalten. Jedes der beiden Systeme
hat etwas für sich; und da sehr viel davon abhängt, welches
System je nach den Bedürfnissen eines Kollegiums für das zweck-
mäßigere gehalten wird, möchte ich weder das eine noch das
andere absolut als das bessere hinstellen. Nur das kann gesagt
werden, daß mit Rucksicht auf die an so vielen Stellen sehr
schwierige Raumfrage äufserlich das erste den Vorzug
verdient; es wird eben einfach jeder neue Jahrgang an den
vorhergehenden angereiht, die betr. Kästen oder Kapseln werden
voll besetzt, und man hat in jedem Jahre einen genauen
Oberblick über den noch freibleibenden Raum. Auch ist die
Muhe der Ginordnung — was an manchen Stellen den Aus-
schlag geben wird — ganz erheblich geringer, und jedes einzelne
Programm, das man sucht, ist doch ebenso leicht zu finden als
bei der Anordnung nach Orten bezw. Schulen. Das
letztere System hingegen erfordert, wenn es von Anfang an
zugrunde gelegt wird, erheblich mehr Raum (s. o. S. djl); die
Behälter füllen sich erst im Laufe vieler Jahre, und hat man
sich bei verhältnismäßig engen Räumen für dies System ent-
schieden, so kann man einmal leicht in Verlegenheit geraten, wenn
in schneller Folge — wie gerade in unseren Zeiten — sehr viel
Beue Schulen hinzukommen. Man beachte also hier die Raum-
frage ganz besonders. Auch die Einordnung macht, wie
natürlich, sehr viel mehr Umstände. Es sind viele Hunderle
von Handgriffen nötig gegenüber einigen Dutzend bei dem anderen
System.
Ober die Praxis bei der systematischen Einordnung
selbst ist noch einiges zu bemerken. Bei dem Sjstem nach
Jahrgängen usw. ergibt sie sich eigentlich von selbst. Nehmen
wir etwa den neusten Jahrgang 1907, so wird man, je nach der
Höhe der Kästen bezw. der Dicke der Kapseln, in dem ersten
Behälter die Provinz Ostpreufsen unterbringen, unter Um-
ständen auch noch Westpreufsen hinzufugen können, im
zweiten und dritten, ev. noch im vierten, Brandenburg, im
nächsten etwa Pommern und Posen usf.; gegen Ende würde
Bayern (leider nur die Abhandlungen der Gymnasien s. o.
S. 209t) in etwa zwei Behältern folgen, Österreich mit seinen
69 Programmen (s. o. S. 169 Anm. 3), zu denen noch die der
384 Programmwesen aod Programmbibliothek d. hob. Schalea,
siebenbürgischen Anstalten kSmen, den Beschlufi machen. Ob
man diese Ordnung för jeden Jahrgang einheitlich durchfuhren
und die betr. Behälter hintereinander aufstellen, oder kleine Abr
weichungen, die sich dem anderen System annähern würden, zu-
lassen will, könnte erwogen werden. So ließe sich z. B. denken, daß
man die Programme von Bayern und Österreich nicht in den
ganzen Zusammenhang einreihte, sondern sie für sich nach Jahr-
gängen ordnete. Besonders wo der Raum sehr knapp ist, wäre dies
sogar beinahe notwendig; man kann für das kleinere Format der
Programme dieser Länder ein besonderes Regal mit entsprechend
geringeren Abmessungen aufstellen. Von den wenigen Berichten
der Schweiz, die z. Z. in den deutschen Tauschverkehr kommen
(s. 0. S. 170 und 211 1)^ würde man natürlich mehrere Jahrgänge in
einem Behälter zusammenfassen. Schilder, die nicht zu klein sein
dürfen und mit leserlicher Schrift zu versehen wären, hätten
den Inhalt jedes Behälters knapp, aber genügend deutlich zu be-
zeichnen, also z. B.:
1907. 1907. 1907.
/. Prwfsen. L Preufsen. XXU-XIT. Hanse-
Ost« nnd West- Brandenbnrg. stiUlte.
Preufsen« A. 900^B2n.
1—57, Gymnasien
nnd
Progymaasien.
58—104.
1907. 1907.
Bayern 1. Österreich 3.
A— L. W-Z.
Ob es nützlich wäre, die in einzelnen Behältern fehlenden
Programme, falls ihrer — wie zu hoffen — nur wenige sind,
auf einem besonderen, etwa am unteren Teile der Stirnseite
der Kästen bezw. unten auf dem Rücken der Kapseln an-
zubringenden Schilde kurz zu bezeichnen, kannte man erwägen.
Schaden würde es nicht, wohl aber vergebliches Suchen ersparen,
falls man nicht ein besonderes, wenn auch knappes Verzeichnis
über den ganzen Programmbestand überhaupt anlegen will (s. u.
Abschnitt 4). Da die Einheiten, die man in den einzelnen
Behältern unterbringt, je nach der Zahl der Schulen in den ein-
zeluen Provinzen verschiedenen Umfang haben werden, wäre es
vielleicht zu empfehlen, z. B. bei einer größeren Bestellung von
Pappkapseln nicht alle in gleicher Dicke herstellen zu
lassen, sondern zwischen 7 und 10 cm etwas zu variieren,
damit kein Raum unnötig verloren geht und möglichst viel
Freiheit bleibt, mit geeigneten Einheiten gerade einen Behälter
zu füllen.
Legt man das andere System der Einteilung zugrunde,
so erhält jede Schule grundsätzlich einen Kasten bezw. eine
von R. Ullrich. 385
Kapsel för sich, ältere Schulen unter Umständen mehrere; der
jeweilige neuste Jahresbericht mit der ev. zugehörigen Ab-
handlung liegt oben bezw. steht vorn. Besondere Sorgfalt
möge hierbei, was zu bemerken keineswegs öberflässig ist, jede
Schule auf ihre eigenen Programme verwenden. Es wird ja
über den unmittelbaren Bedarf hinaus wohl bei jeder Anstalt eine
Anzahl von Exemplaren hergestellt, um auch späteren Anfragen
zu genügen. Einen Teil behält der Direktor für das Publikum
zur Verfügung in seinem Zimmer, ein Exemplar ist dem Archiv
zu überweisen, die übrigen — nicht zu wenige, etwa je 40 — 50
von Abhandlungen und Jahresberichten — müssen der Pro-
grammbibliothek überwiesen werden. Ein Kasten bezw. eine
Kapsel oder auch deren zwei mögen für je einen Jahrgang be-
stimmt sein! Der Vorrat möge mit Nutzen verwendet werden,
besonders im Interesse von auswärtigen Schulmännern und Ge-
lehrten, die später die betr. Programme für wissenschaftliche
Zwecke nötig haben, sie aber von großen Bibliotheken oder ihren
eigenen Schulen nicht oder doch nicht lange genug zur Be-
nutzung erhalten können. Die letzten drei Exemplare sollten
„eiserner Bestand*' bleiben; sie dürfen nicht mehr gratis ab-
gegeben, sondern nur noch leihweise gegen Quittung überlassen
werden (vgl. .auch Abschnitt 6). — Die Aufschriften könnten
bei diesem System etwa so aussehen:
Berlia« Berlin. Halle.
Friedr.'H^erd. Friedr-fTerd. Stadt-G.
G. G. I.
I. II. 1869 — 1890.
1825 — 1850. 1851 — 1875.
Nordhansen. Saarbrücken. Wien.
KönirL Rg, RönigL OR, ^kad. G.
Tu. II. III.
1889— 1894— 1901 —
Aach hier wäre zu erwägen, ob nicht vielleicht die fehlenden
Programme auf einem besonderen Schilde kurz vermerkt werden
könnten; die Ausführung — immer vorausgesetzt, daß es nur
wenige in jedem Behälter sind — ist bei diesem System ein-
facher, da nur der fehlende Jahrgang mit ev. Zusatz, ob Jahres-
bericht oder Abhandlung oder beide fehlen, anzugeben wäre,
also z. B.:
Es fehlen:
1855 Ahh, u. Jh.
1872 Ahh.
1875 Jh.
Natürlich wären nur solche Abhandlungen als „fehlend** anzu-
geben, von denen feststeht, daß sie tatsächlich erschienen sind
— worüber die Programmbibliographien Auskunft geben.
Zaltsabr. f. d. Qjmi» mUI wen. LZL Bupplementlieft. 25
d$^ Pro^rammwesen and Profrimnbibliotiiek d. höh. Schaleo,
Besonders käme hier weiter in Frage, was schon bei anderer
Geiegenheit erörtert worden Ut (vgl. o. S. 240), ob man die
ganze Sammlung durchgehends alphabetisch ordnen,
oder gröTsere staatliche Einheiten zngrande legen und
erst innerhalb dieser die alphabetische Ordnung nach
Orten bezw. Schalen eintreten bssen, vielleicht sogar, wie
z. B. in Preufsen, jede Provinz för sich aufstellen S4ill.
Für die Entscheidang kommen dieselben Gesichtspunkte in Betracht,
die oben (a. a. 0.) berOhrt worden sind. Ich für meine Person
halte es fQr zweckmißiger, wenn man auch hier das politisch
Zusammengehörige bis zu eitlem gewissen Grade räumlich ver-
einigt. Die Jahresberichte von Beigard und Bensheim wird
man schwerlich gerade nebeneinander benutzen wollen, wohl aber
Bensheim neben Büdingen, ebensowenig etwa Lucken-
walde neben Ludwigsburg, gewiß aber letzteres neben Heil-
bronn; Tauberbischofsheim und Teschen nebeneinander
haben keine Beziehung, desto mehr wieder letzteres zuTroppau usf.
Mindestens wird jeder Schulmann, der sich näher mit den Pro-
grammen, insbesondere mit den Jahresberichten, beschäftigt, Wert
darauf legen, die Schulschriften seines eigenen Landes auch in
der Programmsammlung leicht beisammen zu haben. Gerade in
einer Schulbihliothek hat m. E. die rein alphabetische Ordnung
durch das ganze Gebiet etwas sehr Mechanisches; ffir den Aus-
leihebetrieb der großen Bibliotheken wären dagegen die rein prak-
tischen Gesichtspunkte natörlich wichtiger. Es macht dabei kaum
einen Unterschied, ob in der Programmsammlung selbst ge-
arbeitet wird — wie dies z. B. der Verfasser dieser Arbeit sehr
oft getan hat — oder ob Programme ausgeliehen werden. Daß
jemand zu gleicher Zeit Jahresberichte von Wolfenböttel,
Wongrowitz und Worms bestellt, ist wohl schwerlich anzu-
nehmen, wogegen dasselbe z. B. für eine Serie braun-
schweigischer Berichte verschiedener Schulen verständlich
wäre. Ich bin also entschieden dafQr, daß die gröfseren
staatlichen Einheiten — etwa in der Beibenfolge des vor-
läufigen Teubnerschen Verzeichnisses (S. 170, /9 2) — zugrunde
gelegt werden und erst innerhalb dieser die (bei Preußen
noch unter die einzelnett Provinzen unterzuordnende) alpha-
betische Folge nach Orten bezw. Schulen tritt.
In sachlicher Beziehung — Ober die räumliche s. o. S.383f[.
— hat jedes der Systeme besondere Vorteile. Es kann
ebenso erwünscht sein, einen vollständigen Jahrgang aller Schnl-
nachrichten oder bestimmter Länder bezw. Provinzen unmittelbar
beieinander zu haben, wie bei dem ersten System gescliieht, um
z. B. eine vergleichende Obersicbt über bestimmte Verhältnisse
der Schulen zu derselben Zeit zu gewinnen, wie andererseits
wieder Wert darauf gelegt werden wird, die Entwicklung einer
Schule im Laufe der Jahre oder Jahrzehnte, des Schulwesens
voü R. Unpich. 3S7
einer größeren Stadt usf. leicht rerfolgen zu können, was durch
das zweite System begünstigt wird. Die Entscheidung ist, wie
schon oben bemerkt, kaum bestimmt zu treffen. Persönlich
möchte ich mich nach längerer Praxis auf diesem Gebiete und
den dabei gemachten guten oder schlechten Erfahrungen mehr für
das zweite entscheiden; doch kann das natürlich im ganzen nicht
maßgebend sein. Die oft beschränkten räumlichen Verhältnisse
werden vielfach eher dazu fuhren, das erste zu wählen. Denkbar
wäre aber, daß z. B. ältere Anstalten, wenn sie in einem Neubau
reichlicheren Raum gewinnen, von der ersten Methode zur zweiten
übergingen, falls Wünsche in dieser Richtung sich mehrfach geltend
gemacht haben. Daß das Umgekehrte eintritt, ist ebenfalls denk-
bar, aber wohl weniger wahrscheinlich. Da, wo man früher die
Programme zu Sammelbänden Tereinigt hat, wird die dabei be-
folgte Methode, falls sie die Folge der Jahresberichte zur Richt-
schnur nahm und einigermaßen zweckmäßig war, auch jetzt maß-
gebend sein können^).
Mögen indessen die Systeme der Aufbewahrung und die
Methoden der Einordnung sein welche sie wollen: wenn nur
überhaupt irgend eine Ordnung so konsequent durch-
geführt ist, daß das Auffinden eines bestimmten Pro-
gramms gesichert wird! Die obigen Ausführungen haben
eben nur einige in der Praxis vieler Anstalten erprobte Methoden
vorführen und zu der Befolgung der einen oder andern in solchen
Fällen anregen wollen, wo die Ordnung der Programmsammlung
von alters her zu wünschen übrig ließ oder neue Schulen daran-
gehen, gleich die erste Anlage so einzurichten, daß später Miß-
stände vermieden werden.
Wäre somit die äußere Ordnung der Sammlung sicher-
gestellt, so bliebe endlich noch zu erörtern, durch welche
Mittel ihre Benutzung weiter erleichtert werden kann. Ich
spreche zunächst von der Katalogisierung.
4. Katalogisierung der Programme.
Daß der Gebrauchswert einer Bibliothek von guten Katalogen
wesentlich abhängt, deren womöglich mehrere und nach ver-
schiedenen Gesichtspunkten gearbeitete vorhanden sein sollten,
kann heute als ausgemacht gelten; auch daß diese Kataloge dem
benutzenden Publikum in möglichst weitem Umfange direkt zu-
gänglich zu machen sind, wird jetzt selbst in den Kreisen großer
^) Aoch in der Pro^rammsammloDg des Berlinischeo Gymnasiams
zum graaeD R ioster siod in früheren Jahrzehoteo die Prof^ramme der
einzelnen Sehnlen zu Sammelbändeo vereinigt worden. Davon ist man
seit längerer Zeit aus den oben (S. 374) erwähnten Grüodeu abgegangen. Die
Methode der Sammlang der broschierten Exemplare jeder Schale in Papp-
kapseltt (S.381 A. 9) schließt sich aber jetzt unmittelbar an den früheren
Braach an.
2S*
388 Pro^rammwesen und Programmbibliothek d. höh. Schales,
und größter Bibliotheken, und manchmal unter schwierigen Ver-
bältnissen, immer mehr anerkannt, luden Lehrerbibliotbeken
ist in beiden Beziehungen noch manches nachzuholen, wie ich
frAher ausgeführt habe^). Solange nun hier schon die ge-
schriebenen Kataloge der Lehrerbibliothek im engeren
Sinne in bezug auf Einrichtung und vor allem auf Möglichkeit
leichter Benutzung noch viel zu wünschen öbng lassen, wird man
zunächst danach streben müssen, diese Verhältnisse als die
wichtigeren zu bessern, und die Katalogisierung der Pro-
graromschätze jeder einzelnen Anstalt wird an manchen Stellen
noch lange ein frommer Wunsch bleiben. Daß diese Aufgabe
gleichwohl geradebei gröfseren Programmsammlungen recht widitig
und daher im Auge zu behalten ist, dürfte einleuchten. Denn
mag die Ordnung in der Sammlung selbst noch so vollkommen
sein (was sie bei weitem noch nicht überall ist), ja mag
selbst durch geeignete Notizen (s. o. S. 384 und 385) über die
fehlenden Ftogramme eine wenn auch umständliche Orientierung
Ober den ganzen Bestand ermöglicht werden, den vollen Wert
entfaltet doch gerade diese aus Tausenden und Zehntausenden
kleiner und kleinster, aber oft sehr wichtiger, z. T. unschätzbarer
Schriften bestehende Sammlung erst dann, wenn durch ge-
schriebene oder gedruckte Kataloge eine leichte Obersicht
über das Vorhandene geboten wird. Also Programmkataloge
an jeder einzelnen Anstalt!
Wem schon das Katalogisierungsgeschäft bei dem spärlichen
Jahreszuwachs der Lehrerbibliotheken eine lästige Sache scheint,
oder wem die irrige Auffassung von der „Minderwertigkeit*^ der
meisten Abhandlungen oder der Bedeutungslosigkeit der Jahres-
berichte, dieser „Jabresballen bedruckten Papiers'S gleichsam zum
Dogma geworden ist, wird natürlich schon den Gedanken, sogar die
Programmsammlung katalogisieren zu sollen, als eine
nicht bloß unberechtigte, sondern höchst überflüssige „Zumutung*'
anzusehen geneigt sein. Aber selbst wer der Sache vorurteils-
loser gegenübersteht und aus eigener, langer Erfahrung den Wert
der Programme, der Abhandlungen wie der Jahresberichte, wohl
kennt, wird vielleicht Bedenken tragen, ihre Katalogisierung all-
gemein zu fordern. Ich möchte das letztere zunächst
auch nicht tun. Was in großen Bibliotheken mit zahlreichem,
in bibliographischen und Katalogisierungsarbeiten geschultem Per-
sonal selbstverständlich ist, wird bei den bescheideneren Verhält-
nissen der Schul bibliotheken vielfach noch lange ein Wunsch
bleiben. Man wird hier auch, wie die Dinge nun einmal liegen
und so sehr man es bedauern mag, scheiden müssen zwischen
1) Vgl. Ben, u. Einr. usw. S. 20 ff. (» Z. f. d, Gymn.'XKet. LVIII (1904)
S. 692 IT.) und den Artikel Lehrerhihl d, Mh. Schulen in Reios En*, Hdb, d.
Päd. » V (1906) S. 439—441.
voa R.Ullrich. 3S9
Sammlungen, die von alters her die Fürsorge emsiger
Verwalter auch auf diesem Gebiete erfahren haben, so
daß die Forlföhrung in gegebenem Rahmen eine ziemlich einfache,
auch durch gute Tradition geschützte Sache ist, und solcheo,
die sich im Zustande einer gewissen Verwahrlosung
befinden, so daß selbst ein wirklich interessierter Vorsteher dem
Wüste einigermaßen ratlos gegenübersteht. Was indessen doch
auch hier einige Hoffnung för die Zukunft gibt, ist einmal die Tat-
sache, daß es wirklich heute eine ganze Anzahl von Lehrerbibliotheken
in Deutschland und Österreich gibt, die geradezu bewunderns-
werte geschriebene Kataloge, einige sogar mehrere nach ver-
schiedenem System, auch für die Programmsammlung be-
sitzen^) und mit Konsequenz fortführen, andererseits aber der
Umstand, daß es gerade hier nicht mehr an Mitteln fehlt, dit^
das Katalogisierungsgeschäft außerordentlich erleich-
tern. Freilich sind diese in vielen Schulen noch genau so wenig be-
kannt oder gar geschätzt, wie sie es vor 20 Jahren waren (o. S. 222L).
Man hat eben wieder versäumt, wie schon in anderen Beziehungen
bemerkt worden ist, „Umschau'' zu halten. Unter Benutzung
dieser Hilfsmittel ist die Sache aber ziemlich einfach, sogar ver-
blüffend einfach, und wer zunächst etwa vor der Aufgabe zurück-
schrecken sollte, jedes Jahr so und so viele Hunderte von Ab-
handlungen zu „katalogisieren'% d. h. die oft langen Titel voll-
ständig einzutragen, womöglich mehrmals, oder gar noch die
Existenz einzelner Jahresberichte irgendwie zur Kenntnis zu bringen,
wird vielleicht überrascht sein, daß man sich in sehr einfacher
und doch genügender Weise behelfen kann, wenn man nicht ganz
besonderes Interesse hat und Gutes oder gar Vollkommenes leisten
will, wie das in den oben erwähnten Fällen geschehen ist.
Das, was ich im folgenden vorzuschlagen habe, rechnet also
mit verschiedenen, von Überlieferung, Vorarbeiten und per-
sönlichem Interesse der heutigen Verwalter abhängigen Verhält-
nissen, denen sich das Verlangen der Benutzer nach Katalogi-
sierung auch der Programme wird anpassen müssen. Daß aller-
dings überall irgendwie dafür gesorgt werden muß, die Be-
stände durch geeigneten Nachweis so weit zugänglich zu machen,
daß jeder Benutzer wenigstens wisse, „was da ist'%
scheint mir unabweisbar. Am wichtigsten ist das überall da,
wo man sich immer noch nicht damit befreunden kann, nach dem
Muster der Institutsbibliotheken an den Universitäten den Lehrern
jederzeit den Zutritt zur Bibliothek ohne weiteres möglich zu
machen. In jedem einzelnen Falle den Verwalter befragen zu
müssen, ob dies oder jenes Programm, was man gerade braucht,
auch vorhanden ist, ist eine äußerst umständliche Sache — selbst
wenn dieser befriedigenden Bescheid geben kann, was nach Lage
y>) Vgl. sehoB oben S. 193 aod S. 206.
^^0 Prograrnnwesen und Progprammbibliothek d. hoh-Scholea,
der DiDge kaum öberall zu erwarten ist Man oioB also ge-
eignete Vorkehrungen treffen.
Wären in allen Scbulbibliolbeken, die seit 1876 oder von
einem späteren Termin ab am Programmtauscb ohne Einschränkung
teilgenommen haben, die seit dem betr. Zeitpunkt erschienenen
Abhandlungen und Jahresberichte tatsächlich alle vorhanden, so
bedürfte man wenigstens von, diesen Zeitpunkten ab (in Öster-
reich von 1874 be^w. von späterevi Termijpen ab) besonderer
Katalogisierung dier Programme überhaupt nicht. Es wäre ge-
nügend, das KluBmaonsche Verzeichnis (z. Z. über die Jahre
1876 — 1900)^) mit einem der ergänzenden Jahresverzeichnisse'),
in Ost er reich außerdem das Bit inersche (1874 — 1905)') nebst
den amtlichen Jahr es Übersichten*) in der Handbibliothek
aufzustellen; und wenn es auch unbequeo^ ist, an vier, fünf oder
mehr Stellen nachschlagen zu müssen, falls man zunächst z. B.
den Verfasser einer Abhandlung oder das Jahr ihres Erscheinens
nicht kennt, so wäre doch wenigstens ein sicherer Anhalt ge-
geben, das Gesuchte zu finden. Da aber au« den oben {S.3Ö91)
bezeichneten und anderen Gründen selbst in derartigen Schul-
bibliotbeken eine große Zahl von Abbandlungen und Jahresberichten
fehlt, wird man nach einem. Mittel suchen, den wirklichen Bestand
leicht festzustellen. Was die Abhandlungen betrifft, so wäre
schon viel gewonnen, wenn man allgemein zunächst dazu käme,
in den KluBmannschen Qänden und den z. Z. bis 1906')
reichenden Ergänzungen, eben;so in dem Kl ttn ersehen Ver-
zeichnis selbst das in der Programmsammlung der Anstalt
Fehlende hervorzuheben, etwa dadurch, daß m^n die betreffenden
Abhandlungen mit einem geeigneten Zeichen versähe. Das setzte
immerhin voraus, daß nach und nach der Bestand von 1876 oder
bei jüngeren Anstalten von dem Jahre ihces Beitritts zqm Tausch-
verkehr ab mit den bezeichneten Bibliographien sorgfaltig ver-
glichen würde. Es wäre damit schon viel geholfen. Will es der
Bibliothekar allein nicht übernehmen, so hätte die oben (S. 373)
bezeichnete Hilfe einzutreten; wichtig genug ist die Sache. Und
sie könnte ohne besondere Schreiberei geleistet werden. Das
Vorhandensein oder besser das Fehlen bestimmter Jahres-
berichte konnte für 1876r-1900 ebenfalls in dem KUfs-
mannschen Verzeichnis vermerkt werden, und zwar durch ge-
eignete Noten in dem Ortsverzeichnis, das den Tier Bänden
beigegeben ist; für die Zeit von 1901 ab wäre man für Deutsch-
land zunächst auf die Orts Übersichten in dem Berliner Ver-
zeichnis, für Österreich (von 1906 ab) auf das amtliche,
1) Vgl. 0. S. 112 Nr. 14 nod S. 23S~241.
S) Vgl. 0. S. 112 Nr. 13 b and 15, S. 217 a. 5.
S) S. 115 Nr. 30—32; vgl. aaeh S. 255.
*) S. 115 Nr. 33, S. 217.
*) Vgl. 0. S. 171 Anm. 1.
von R. Ullrich. 391
nach Schulen geordnete Jibresverzeichnis angewiesen (s. o.)-
Die bezeichnete Methode ist natörlich nicht die vollkommenste,
immerhin aber doch besser als gar keine, und weil sie verhältnis-
mäßig einfach ist, hätte sie vielleicht am ehesten Aussicht auf
allgemeinere Durchfuhrung auch da, wo man sich auf kompliziertere,
besondere Schreibarbeit oder andere Verrichtungen erfordernde
Nachweisung' (s. u.) nicht einlassen will. Allen den Anstalten,
die nach 1876 gegründet bezw. dem Tauschverkehr bei-
getreten sind, wäre doch schon ein wesentlicher Dienst geleistet.
Aber wie sollen die älteren Anstalten, deren Programme
von 1875 bis 1825, z. T, noch weiter zuröckreichen, zu einer
Obersicht über diese Bestände gelangen? Das gleiche Verfahren
anzuwenden, wie dies für die Programme von 1876 (bezw. in
Osterreich von 1874) ah möglich ist, geht hier nicht an. Die
Bibliographien, die den Bestand an Abhandlungen von 1825
ab verzeichnen (o. S. 109 ff*), sind (S. 220) nicht bloß an sich
unvollständig und selbst in dem, was sie wirklich geben, ungenau,
sondern dazu nicht einmal in allen älteren Schulen vorhanden,
aach heute z. T. gar nicht mehr zu beschaffen. Bei ihrer großen
Zah) und ihrem geringen, sich meist nur Ober einen kürzeren
Zeitraum erstreckenden UmCnnge wäre die Arbeit des jedesmaligen
Suchens fast ebenso umständlich wie etwa eine Vergleichung der
Bestände jeder Sammlung (wobei sich die Notwendigkeit zahl-
reicher Nachträge ergeben würde) mit den in diesen Bibliographien
aufgeführten Abhandlungen. Auf eine einfache Bezeichnung der
Bestände an Jahresberichten, wie dies von 1876 ab leicht
möglich ist, müßte man hier beinahe ganz verzichten, da Orts-
Yerzeichnisse in diesen älteren Bibliographien nur zum kleineren
Teile vorhanden sind. Will man es also nicht überhaupt auf-
geben, «ne zuverlässige Obersicht über die Bestände der älteren
Zeit in jeder Programmsammlung zu erhalten, so wird man hier
größere Arbeit aufwenden müssen als für die Zeit nach 1876,
wenn man das Ziel erreichen will. Hätte man ein Gesamt-
Yerzeichnis, wie es C. Fr. Müller vorgeschlagen hat') und
ich oben von neuem empfohlen habe ') — kommen muß es doch
einmal — , wie viel einfacher lägen auch hier die Verhältnisse!
Eine sehr wesentliche Hilfe wäre es auch, wenn wir in Deutsch-
land, so wie das in Österreich wenigstens z. T. der Fall ist,
den oben empfohlenen und begründeten Brauch') schon hätten,
die eignen Abhandlungen jeder Anstalt auf dem Umschlag ihrer
Programme jährlich zu verzeichnen! Auch das wird hoffentlich ein-
mal erreicht werden. Doch darauf zu warten wäre überall da
nicht rätlich, wo man gewohnt ist, wenn fremde Unterstützung
I) Vffl. 0. S. 125, Nr. 98; vgl. aock S. 236—288.
>) o. S. 930 K.
») o. S. 221^225,
jjf;2 Pro^ramin Wesen and Programmbibliothek d. hob. Sebales,
versagt, sich eben selbst su helfen. Glauben einige ältere An-
stallen, die nicht schon geschriebene Programmkataloge besitzen,
mit entsprechenden Noten in den oben angefahrten Bibliographien,
z. B. für die Zeit von 1825 — 1860, für die wir noch am besten
versorgt sind, in derselben Weise auskommen zu können, wie das
für die Zeit von 1876 ab in der oben angegebenen Art etwa
geschehen könnte, so mögen sie es immerhin tun; besser als
nichts ist es auch. Wo aber Wert auf Vollständigkeit und Zuver-
lässigkeit gelegt wird» muß doch eine genaue Aufnahme aot
Grund der Bestände selbst erfolgen, ein Katalog oder besser
zwei (Zettelkatalog, alphabetisch nach Verfassern, Buch-
katalog, systematisch im Anschluß an die Einteilung der betr.
Bibliothek) in Angriff genommen werden; für die Abfassung
hätten in bezug auf Genauigkeit die Grundsätze zu gelten, die
heute überhaupt für solche Arbeiten maßgebend sind. Natürlich
ist eine derartige Leistung — ich wiederhole es — eben nur da
zu erwarten, wo ganz besonderes Interesse der Bibliothekare,
auch geeignete Mithilfe, endlich auch Mittel vorhanden sind. Das
größere oder geringere wissenschaftliche Interesse des betr.
Kollegiums an der Sache wäre ja auch wohl nicht ohne Einfloß
auf das Beginnen wie das Gelin^ren! Einigen Mut macht der
schon oben erwähnte Umstand, daß das hier Vorgeschlagene nicht
bloß Theorie ist, sondern an manchen Anstalten längst seine Er-
füllung gefunden hat. Also: Vivant sequentes.
Daß man in allen solchen Anstalten, bei denen die Vor-
bedingungen für ein derartiges Unternehmen günstig liegen,
natürlich bei 1825 und 1876 nicht Halt machen, sondern die
etwa über 1825 hinausgehenden Bestände gleich denen der letzten
Jahrzehnte einbeziehen wird, scheint selbstverständlich. Denn so
erfreuliche Hilfe auch die für die Zeit von 1876 (bezw. 1874) ab
vorliegenden Bibliographien für die oben (S. 390) empfohlene ein-
fachste Methode gewähren, es bleibt doch immer der Obelstand
bestehen, daß man erst an mehreren Stellen nachschlagen muß^),
um zum Ziele zu kommen. Eine Gesamtübersicht ist auch
hier für jedes Lehrerkollegium, das den Programmen ein mehr
als gewöhnliches Interesse zuwendet, ein Bedürfnis. Und es
braucht nur geringer Schreibarbeit, wenn man die längst
vorhandenen bequemen Hilfsmittel beachten und benutzen
wollte. Ich meine z.B. die Verwendung der Teubnerschen
definitiven Jahresverzeichnisse (von 1876 ab) und der ent-
sprechenden Berliner (von 1889 ab). Das erste erscheint neben
der Ausgabe, die dem Suuisiischen Jahrhuck am Schlüsse bei-
gegeben wird, auch im Sonderdruck — was durchaus noch
^) Für die Siterreichifchen Prosramme von 1874—1905 vereU-
facht sich die Sache, was wenigateoa die AbhandlangeB betrifft, ias^fera
wesentlich — weoisiteos fnr jetzt — ala hier nur an zwei Stellen oaeh-
peschlai^en zu werden braacht.
voD R. Ullrich. 3^3
nicht aligemein bekannt ist, seit 1888 auch einseitig be-
druckt (und mit breiteren Zwischenräumen zwischen den
einzelnen Titeln), das Berliner ist von Anfang an auch ein-
seitig bedruckt erschienen und gerade für die Zwecke der
Katalogisierung recht eigentlich bestimmt^). Man hat also
nur nötig, von 1888 bezw. von 1889 ab je ein Exemplar, für
die Zeit von 1876 — 1887 je zwei Exemplare dieser Jahres-
verzeichnisse zu erwerben*), sie zu zerschneiden, auf Zettel
oder direkt in einen zweckmäßig einzurichtenden systematischen
Buchkatalog zu kleben — will man beide Arten anlegen, um
so besser — und gewinnt so ein Hil£Bmittel, bei dessen Her-
richtung die Hauptarbeit des Bibliothekars (und seiner ev. Ge-
hilfen s. 0. S, 373) in dem Ordnen bestände. Schneiden und
Kleben, besonders bei einem Zettelkatalog, könnten auch sub-
alterne Kräfte besorgen, Schuldiener oder Buchbinder. Die
Ausgaben wären für jede Schulbibliothek erschwinglich. Ob
man von 1889 ab das Berliner oder das zweite Teubnersche
Verzeichnis zugrunde legen will, hinge von besonderen Um-
ständen ab, ein wenig auch von den Kosten. Das Berliner
Verzeichnis ist zuverlässiger, aber auch teurer^) — was för die
Anschaffung von 18 Jahrgängen für kleinere Etats immerhin ins
Gewicht fallt. Für die systematische Einordnung ist das
Teubnersche bequemer, da es sie schon gleichmäßig bietet,
während sie bei Benutzung des Berliner Verzeichnisses erst zu
überlegen wäre. Auch das Format könnte mitsprechen,
wenigstens soweit Zettelkataloge in Betracht kämen. Die Zettel-
kataloge vieler älterer, mir bekannter Schuibibiiotbeken haben
kleineres Format in der Breite, als sie das Berliner Verzeichnis
mit 101 cm) bietet; die geringere Breite der Teubnerschen (8 cm)
dürfte beinahe für alle vorhandenen Zettelkataloge passen. Jede
Programmbibliothek mag also wählen, was für ihre Verhältnisse
und Mittel passend ist. Wenn sie nur überhaupt wählt! Zu
Cragen wäre noch, ob derartige Programmkataloge ge-
sondert herzustellen, oder die Bestände in die ent-
sprechenden Hauptkataloge der betr, Anstalten ein-
zuordnen seien. Sachlich wäre das letztere empfehlenswerter;
man hätte eben alles, was die Bibliothek auf bestimmten Gebieten
überhaupt enthält, an einer Stelle beisammen. Aber es werden
sich in zahlreichen Fällen, wenn nicht in den meisten, gerade
bei älteren Schulbibliotheken Schwierigkeiten in formeller
Beziehung herausstellen, wenigstens bei den systematischen
Katalogen, die fest gebunden sind und an vielen Stellen nicht mehr
Platz genug hätten (o. S. 320), die unerwarteten Zugänge alle auf-
') Vfl. fchoo die BemerkuDgeo o. S. 222 f.
') Die TeubnerieheD siDd beioahe alle, die Berlioer sämtlich Doch
ZQ habeo.
') \g\. o. S. 112, Nr. 13b aod 15; 8. a. S. 222f.
394 Programmwesen ond Programmbibliothek d. hob. Schalea,
zunehmen. Da aber Oberhaupt das ganze Progranimwesen ein
Organismus für sich ist» neige ich mehr dazu, gesonderte
Programmkataloge zu empfehlen. Auch im Hinblick aaf die
Bestände der einzelnen Anstalten an Jahresberichten. Denn
natürlich müßten auch diese, und zwar von Anfang an, in den
Katalogen der Zukunft irgendwie vertreten sein. Ohne etwas
mehr Schreibarbeit — die ja übrigens selbst bei den Katalogen
über die Abhandlungen wenigstens gelegentlich nicht ganz fehlen
würde — ginge es hier fireilich nicht ab. Zwar war für die
Zeit von 1876 ab ein bescheidenes Mittel angegeben worden^
auch ihren Bestand festzustellen (o. S. 390 t)* Aber tur die
frühere Zeit ist das nicht möglich, und selbst für die letzten
Jahrzehnte ergeben sich manche Unbequemlichkeiten. Auch hier
ist das Bedürfais nach einer Gesamtübersicht vorhanden.
Es bedarf, scheint mir, abgesehen von der allmählich durch-
zuführenden Revision der Bestände der Sammlung selbst nor
geringer Aufwendung an Arbeit, um eine befriedigende Übersicht
zu geben. Man hat nur nötig, ein Ortsverzeichnis nach einer
geeigneten Methode (s. o. S. 386^ anzulegen und in dieses ein-
fach die Jahrgänge der vorhandenen Berichte einzutragen,
also etwa:
JVenslem ft 1825—50. 52—60. 64—98. 1900 ff.
Es wäre diese Methode hier doch zweckmäßiger als etwa die
an sich noch viel einfachere Eintragung nur der fehlenden Be-
richte, da man nicht bei allen Anstalten weiß oder sofort fest-
stellen kann, seit wann (manchmal auch: ob) überhaupt Jahres-
berichte von ihr vorliegen. Besonders bei manchen Schulen,
die sich aus nicht berechtigten allmählich zu berechtigten ent-
wickelt haben, ist die genaue FeststeUung erwünscht.
Endlich: Sollen solche Programmkataloge gedruckt werden,
wie es mit den übrigen Beständen zahlreicher Lehrerbibliotheken
von Jahr zu Jahr in erfreulicher Weise jetzt immer mehr ge-
schieht? Es lohnt immerhin die Frage aufzuwerfen und ihre
Beantwortung zu versuchen. Für die Zeit von 1876 ab scheint
es mir zwecklos, besonders bei ganz jungen Anstalten^); die hohen
Kosten würden doch in keinem Verhältnis zu dem wirklichen Nutzen
stehen. Für die ältere Zeit aber ist es bei allen den Anstalten sehr
erwägenswert, die erhebliche Bestände an Abhandlungen aus
früheren Jahrzehnten (ev. auch vor 1825) besitzen, die besonders
für die schulgeschichtliche Forschung, manchmal auch für
andere Gebiete von Bedeutung sind. Heute liegt die Sache so,
^) Id eioen mir bakiDoten Falle ist es gleiehwohl feeehekeo, DÜmlKk
bei einer Mittelschule Mährens. Die LaniUs^RealtekuU in Gewitsck
(Jevi£kii), die erst 1897 s^fründet ist, bat schon in den JakreaberiMai
von 1901 (S. 15—33), 1902 (S. 24--36) und 1903 (S. 48— j!^9) ihren Pro-
grammbesfand (in systemstiseher Ordnung) dorch Antonie S14na ver-
öffentlichea lassen.
voD R. Ullrich. ^Q^
daß jeder, der bestimmte Programme aus älterer Zeit braucht,
die er öbrigens auf den großen öffentlichen Bibliotheken durchaus
nicht immer findet^), sich an so und so viele Schulen einzeln
wenden muß. Die Antworten sind sehr häufig — ich spreche
aas wiederholter Erfahrung — , falls sie Oberhaupt erfolgen, negativ,
oft nicht einmal deswegen, weil die betr. Schriften nicht vor-
handen wären, sondern weil der Zustand ' der Programmbiblio-
theken, das Fehlen jedes Katalogisiernngsversuchs die Obersicht
über die Bestände unmöglich machte. So kämen gedruckte
Kataloge doch einem gewissen Bedürfnis entgegen. Es ist
schade, daß mancher Schatz, der noch in dieser oder jener alten
Gymnasialbibliothek ruht, oft deren Verwaltern selbst unbewußt,
nicht gehoben werden kann, weil man von seiner Existenz nichts
wäß. Da die Kosten für solche Kataloge sehr hohe waren,
mfißte man versuchen, sie durch geeignete Mittel zu er-
mä feigen. Zunächst empfiehlt sich die Veröffentlichung
als Programmbeilage selbst, ev. in mehreren Abteilungen.
Manche alten Anstalten, deren ausgezeichnete, nur des Druckes
harrende geschriebene Programmkataloge ich kenne,
sollten wirklich nicht mehr damit zögern, sie bis zum Jahre 1875
der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Eine weitere Ver-
billigung könnte dadurch eintreten, daß man die Titel aller
Programme, die sich in einer der oben (S. 109 ff.) angeführten
BibUographien mit vollständigem und richtigem Titel
verzeichnet finden, nicht nochmals unter Verbrauch von zwei und
mehr Zeilen abdruckte, sondern nur Jahr des Erscheinens,
Schule und Verfasser, ev. noch den sehr gekürzten Titel
und die Seitenzahl aufnähme und kurz auf die Bibliographie
verwiese, in der die Abhandlung genau registriert ist, also etwa:
Lehrs, K., Quaestt. epic. I. 38 S. König$bg.F^)25{Wm,^) 35).
Käme man so im allgemeinen mit je einer Zeile für jede Abhand-
lang aus, so ließe sich ein Bestand von etwa 10000 Programmen
der älteren Zeit, der in solcher Höhe im Jahre 1875 nur bei
einer kleineren Zahl von Schulen erreicht, von noch wenigeren
überschritten wurde (wenn man bei Groß-Oktav- Format etwa 40,
bei Quartformat etwa 50 Zeilen auf die Seite rechnet und einen
bis zwei Bogen für Titel, Inhaltsverzeichnis, Oberschriften und
Register hinzunimmt), auf 13 — 14 Bogen in 4** und 16 — 17 Bogen
in gr. 8° verzeichnen — ein Umfang, der eine Veröffentlichung
im ganzen nicht undenkbar erscheinen ließe und bei Verteilung
auf zwei bis drei Programmbeilagen finanziell noch weniger Be-
denken erweckte. Einer besonderen Notiz oder (noch ein-
^) V^l. dazo schoo oben S. 167 Anm. 2.
') Pur die Mehrzahl voo Schulen größerer Städte uad die eiDzeloea
BibliographieB selbst wSreo wiederom. beitimmte Abkürz an geo festzu-
«etzeo.
3Sß Progrämm'wtsta aod Prograranbibliotkek d. höh. Schvlea,
faclier) eines bestimmlen Zeichens, das auch ober das Vor-
handensein — oder besser das Fehlen — der entsprechenden
Jahresberichte Auskunft gäbe, bedurfte es fär diese ältere Zeit
nur in verhältnismäßig wenigen Fällen, da sie meist mit der Ab-
handlung zu einer Einheit verbunden waren ^). Sollten Fach-
bibliothekare gegen die wesentlich gekürzten Titel Einwendungen
erheben (obgleich sie selbst in ihren Katalogen sich ihrer immer
mehr bedienen), so ist zu erwidern, daß die Schulbibliothekea
eben mit bescheidenen Mitteln zu rechnen haben und statt de«
absolut Zweckmäßigsten häufig mit dem eben noch Ausreichenden
zufrieden sein müssen und es auch sind — wenn nur überhaupt
etwas geschieht. Man muß übrigens von jedem, der sich mit
der Vergangenheit des höheren Schulwesens und insonderheit
mit seiner Programmliteratur eingehender wissenschaftlich be-
schäftigt, erwarten, daß er sich mit den wissenschaftlichen Hilfs-
mitteln älterer Zeiten, auch den bibliographischen, vertraut macht.
Er würde gedruckte Kataloge des Programmbestandes einiger
älterer Schulen, die ihm in der vorgeschlagenen einfachen Form
geboten würden, nicht als unfehlbare Grundlage benutzen,
wohl aber als einen sehr nützlichen Anhalt ansehen, in Fällen,
wo es nötig ist, sich genauer zu unterrichten.
unter dieser Voraussetzung ist aber als ein noch einfacheres
Mittel erster Orientierung, nicht mehr, aber doch als solches
schon recht brauchbar, über die Programmbestände aller
in dieser Hinsicht irgendwie bemerkenswerten Anstalten eine
Form der Katalogisierung anzusehen^ die ich in einigen hundert
von gedruckten Lehrerbibliotheks-Katalogen alter und neuer Zeit,
die mir durch die Hände gegangen sind, erst ein einziges Mal
gefunden habe, nämlich die in den Katalogen des Gymnasiums
zu Kiel von C. Fr. Möller') an((ewendete. Dieser hat zweimal')
am Schluß der gedruckten Kataloge seiner Bibliothek
eine Übersicht über deren Programmbestände sogegeben,
daß wenigstens die Schulen und die Jahrgänge, aus denen
Programme in der Sammlung vorhanden sind, in
knapper Übersicht mitgeteilt wurden. Auch die von
NichtvoUanstalten (in ziemlichem Umfange), sowie die von
Technischen Hochschulen, Handels- und Gewerbeschulen usw.,
Universitäten und den dänischen Lehranstalten vorhandenen, dgl.
die von zahlreichen Schulen in der Sammlung befindlichen Fest-
schriften^) sind aufgeführt. Es wäre sehr wünschenswert, daB
M Vgl. darüber o. S. 180.
') Es ist derselbe gelehrte SehalmaDD, deiseo aof Matzbariiachoflg der
Programme geriehtete BestrebuDgea schon oben mehrfach hervorgehobea
wordeo sind; vgl. S. 236—238, S. 230 ff. aod 391.
8) Vgl. Erster Nachtrag s. Katalog (von £. Berch, 1874) d. RM d,
Kifier GeUhrienMchule (1875^1882), Kiel 1882; IV, 62 S., S. 51-62, oad:
Katalog d. BM. d. KgL Gymn, z. Kial, Kiel 1900; XXIX, 171 S., S. 14&— Kl.
*) Grade dies ist nicht unwichtig; yglo,S. 360.
voD R. Ullrich. 397
dies Beispiel etwas häufiger Nachfolge fände, zunächst wenigstens
überall da, wo ein Verzeichnis handschriftlich in irgend einer
Form vorliegt oder doch die Programmsammlung so gut geordnet
ist, daß es ohne große Schwierigkeit möglich ist, ein solches für
den Druck herzustellen. Anstalten, besonders ältere, die künftig
gedruckte Kataloge herausgeben, auch solche, die schon Teile
davon veröffentlicht haben ^), täten m. E. wohl daran, wenn sie
am Schluß eine Obersicht ihres Programmbestandes
wenigstens in dieser einfachen Form gäben, zum Nutzen
ihrer eigenen Lehrer wie als Anhalt für wissenschafilich tatige
Schulmänner überhaupt. Die Kieler Sammlung ist offenbar von
jeher in guten Händen gewesen, und Müller z. B. hat auch der
Methode der Ordnung der Programme in der Bibliothek
einige Worte gewidmet'), was ich deswegen hervorhebe, weil
man sonst gedruckte Notizen darüber recht selten findet*).
So konnte er sich auch damit begnügen, in der Ober-
schrift einfach »Jahresberichte und Abhandlungen^^ drucken zu
lassen^), ohne bei den einzelnen Anstalten selbst besonders an-
zugeben, ob ein Teil des Programms fe'hle. Da aber, wie wir
sahen, da» „Kassieren'' der Jahresberichte (vielleicht auch der
Abbandlungen oder beider) an manchen Anstalten zu Zeiten
üblich gewesen ist, wird es im allgemeinen für künftige Zu-
sammenstellungen ähnlicher Art doch wünschenswert sein, ge-
nauere Angaben zu machen. Setzt man voraus, daß überall
da, wo keine besondere Angabe gemacht wird, Jahresbericht
und Abhandlung vorhanden sind^), und verwendet für die übrigen
Fälle etwa zwei Zeichen (* = fehlt Jahresbericht, t = fehlt
Abhandlung), so könnte das Verzeichnis bei irgend einer
Schule etwa so aussehen:
^) So 10 Pranrien i. B.: die Gymnasien von Brie;, Dortmund, die
Anstalten filberfelds and mehrere Düsseldorfs, von Flensburg, Frankfurts. 0.,
Gumbinnen, Hadersleben, Husum, Köln Fr. Wilh.-G., Kottbos, Mnostereifel,
NeiBe, Neu-Ruppin, Oppeln, Prenzlau, Ratibor, Thorn, Weilbnrg, Zeitz; im
übrigen Norddeutsehland z. B.: die Gymnasien von Bernbarg,
Cöthen, Zerbst; Holzminden, Wolfen bnttel ; Detmold; Güstrow, Parchtm,
Schwerin, Wismar; Gera, Greiz, Rudolstadt, Scbleiz, Sondershausen; in
Säddeutschland z.B.: die Gymnasien von Freiburg i. B., Karlsruhe,
Konstanz, Lahr, Rastatt; Speyer, Zweibrncken; Stuttgart (beide Gymnasieo),
Ulm; Colmar. — Die älteren <isterreiehischen Mittelsehulen, die fast
flämtlieh gedruckte Kataloge verSffentlieht haben, könnten ihren älteren
Programmbestand in den Jahresberichten gelegentlich verzeichnen.
3) In der Vorrede des Katalogg von 1900 (s. o. S. 396 Anm. 3)
s. xxvmf.
*) In den Jahresberichten der Anstalten machen vereinzelt die
Verwalter Angaben darüber.
«) Ebenda S. 147.
*) Die Vereinigung ist bei den älteren deutschen Programmen
aus äufieren Gründen (s. o. S. 180 und S. 396 o.) meist und bei den
österreichischen noch heute fast immer selbstverständlich.
398 PrograBinweseo uod Programmbibliothek d. höh. Schaleo,
N , irdkb. C. 1825—40. 41*. 42—56. 57 t.
60-82. 84 ff.
Ob man insofern noch etwas weiter gehen will, daB auch die
Fälle durch ein drittes Zeichen kenntlich gemacht werden,
in denen in einem bestimmten Jahre an einer Anstalt Oberhaupt
keine Abhandlung erschienen ist, mag weiterer Erwägung ror-
behalten bleiben.
Für die Anordnung des Verzeichnisses wären wiederum
die oben (S. 240, S. 386) erörterten Gesichtspunkte za beachten.
C. Fr. Maller hat — entsprechend der Anordnung in seiner
Bibliothek — nach Schularten und innerhalb dieser alpha-
betisch nach Orten und Schulen geordnet, ohne die politische
Zugehörigkeit zu beräcksichtigen. Mir scheint, wie in der Ord-
nung der Programmsammlung selbst (s. o. S. 386), die nach
Staaten (innerhalb PreuBens aufierdem die nach Provinzen)
und erst' innerhalb dieser die alphabetische nach Orten
und Schulen zweckmäBiger. Indessen ich will es in diesem
Zusammenhange nicht besonders betonen; man müfite zufrieden
sein, wenn uns nur erst überhaupt in einigem Umfange „irgendwie**
geordnete Verzeichnisse geboten würden, die einen Oberblick über
das Vorhandene ermöglichten.
Man wird gewiß nicht leugnen, daß yon jedem derartigen
Versuche der Katalogisierung, mag er nun ganz einbch
oder in vollkommener Form erfolgen, geschrieben oder gedruckt
sein, auf alle Fälle eine heilsame Anregung ausgehen möBte.
Zunächst wäre die Bekanntschaft mit der Tatsache, dafi hier und
da solche Arbeiten ausgeführt worden sind, wohl Veranlassung für
manchen, die Sache gleichfalls zu versuchen, und so käme man
vielleicht an vielen Stellen überhaupt erst dazu, auch einer
Ordnung irgendwelcher Art in der Programmsammlung
selbst mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, als bisher geschehen
ist. Wichtiger wäre aber noch der Gewinn, der für die
leichtere Benutzungsmöglicbkeit der Sammlung den
Lehrern jeder Anstalt daraus erwüchse, die unter den beutigen
Verhältnissen zu irgend genauerer Kenntnis wichtiger Bestandteile
der Programmliteratur nicht in dem MaBe kommen, wie man
wünschen muß. Und die Veröffentlichung durch den
Druck endlich wäre nicht bloß wieder ein Mittel mehr, die
Schulen selbst im Sinne jener ersten preußischen Erlasse aus
den zwanziger Jahren in nähere Beziehung zueinander zu
bringen, sondern sie würde auch die wissenschaftliche
Arbeit selbst direkt fördern.
An manchen Stellen fehlt es weniger an gutem WiUen und
der Fähigkeit, als vielmehr an geeigneter Anregung; man kommt
leichler zur Ausführung, wenn man vernimmt, wie man es
machen kann oder wie es sogar schon gemacht ist. Darum
würden die hier gegebenen Darlegungen ihren Zweck dann am
voo R.Ullrich. 3$9
besten erffllleo, ^enn sie Anlaß gäben, daß an möglichst vielen
Schulen mit solcher einen wesentlichen Fortschritt darstellenden
Arbeit wirklich begonnen würde. Die von mir früher in bezug
auf die Verhältnisse der Lehrerbibliotheken der höheren
Schulen im allgemeinen versuchten Anregungen^) haben, wie
ich aus Äußerungen in der Fachpresse, noch mehr aber aus zahl*
reichen mir zugegangenen brieflichen Mitteilungen und Gesprächen
mit Fachgenossen bei Besichtigungen vieler Bibliotheken schließen
^arf, einem wirklichen Bedürfnis entsprochen und sind Ursache
gewesen, daß auch andere einem bisher wenig beachteten Teile
-des Schulorganismus ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden angefangen
haben. Indessen sind die Lehrerbibliotheken, soviel sie auch
nachzuholen haben werden, um den Institutsbibliotheken, mit denen
sie am meisten Ähnlichkeit aufweisen, einigermaßen nahe zu
kommen, doch immerhin für Hunderte von Lehrern anerkannte
und gern benutzte Mittel wissenschaftlicher Arbeit gewesen, weil
der Apparat, mochte und mag er noch so schwerfällig arbeiten,
doch wenigstens funktionierte. In den Programmsammlungen
sieht es meist schlimmer aus. Solange selbst die gewöhn-
lichsten in bibliothekstechnischer Hinsicht zu stellenden An-
forderungen noch an vielen Stellen fehlen, kann man einen
nennenswerten Nutzen von ihnen nicht erhoffen. Die Sache wäre
ziemlich gleichgültig, wenn diejenigen recht hätten, die der ganzen
Einrichtung überhaupt Wert und Existenzberechtigung in der
Hauptsache abgesprochen haben. Wie wir sahen, ist solche Auf-
fassung aber in bezug auf Jahresberichte wie Abhandlungen durch-
aus irrig. Ist man jedoch von dem Werte überzeugt, so handelt
man nur folgerichtig, wenn man sich auch mit der praktischen
Verwertung in Zukunft etwas mehr beschäftigt. Mit Geduld
mrd man sich hier, wie die Entwickelung bis jetzt gewesen ist,
vrohl wappnen müssen, und eine Verwirklichung aller Anregungen,
die hier gegeben sind, wird nur unter günstigen Vorbedingungen
,zu erwarten sein, sachlichen wie persönlichen. Man darf aber
nicht müde werden, dem Fortschritt auch hier das Wort zu
reden. Die Früchte der Arbeit so vieler Generationen
von Lehrern dürfen dem heutigen wie dem künftigen
höheren Lehrerstande nicht dauernd verloren gehen.
Ich schließe diesen Teil, indem ich einige Fragen be-
spreche, die teils schon häufiger angeregt und auch in der Praxis
zu lösen versucht worden sind, teils noch wenig Behandlung ge-
funden haben, darum aber gerade in einer Zeit fortschrittlichster
Bibltotheksentwicklung außerhalb der Schulen besonderer Be-
tonung bedürfen, damit auch die Schulbibliotheken in ihren
•engeren Verhältnissen von den Fortschritten, die im großen
^) Vgl. besonders oben S. 85 Anni. 1 aod 2.
400 Pro^rammweseo uod Programnbibliothek A, hSli. Sehalea,
gemacht siDd, Dicht unberührt bleiben. Für das Gebiet der
Programme kommt hier, was die nea erschienenen betrifft,
die alte Sitte des „Zirkulierens^Mn Betracht; für die wissen-
schaftliche Ausnutzung der ganzen Bestände jeder Schule
aber ist zu erwägen, inwieweit der bisher meist allein übliche
Ausleihebetrieb eine zeitgemäße Ergänzung durch Arbeiten
in der Programmbibliothek selbst erfahren kann; auch
über die Versendung von Programmen wäre ein Wort zu
sagen.
5. Zirkulieren der Programme?
Besonders in den Anstalten, in denen die Pflege des wissen-
schaftlichen Sinns auf kräftiger Tradition beruhte, deren Kollegien
sich geradezu um die Hebung des Programmwesens durch
Lieferung ausgezeichneter Beiträge wirkliche Verdienste erworben
haben, ist man von jeher in ebenso anerkennenswerter Weise
bereit gewesen, durch zweckmäßige Veranstaltungen die unmittel-
bare Kenntnis des Ganzen dieser Literatur zu fördern.
Zunächst in bezug auf die neue Jahresproduktion. So bat
sich die Sitte des »«Zirkulierens''^) eingebürgert. Sie konnte
und kann etwa so gehandhabt werden, daß im Sommer wie im
Winter (s. o. S. 171, ;") die Programme, Abhandlungen und Jahres-
berichte zusammen oder auch, soweit möglich, gesondert in so
viele Gruppen zerlegt werden, als Mitglieder des Kollegiums vor-
handen sind, unter diese verteilt und zu bestimmten Terminen
ausgewechselt werden, so daß im Laufe des Jahres alle eine ge-
wisse Übersicht gewinnen, auch jeder das ihn persönlich Inter-
essierende herausbeben und sich für späteres eingehendes Studium
anmerken kann. Die Sitte wird sich um so besser bewähren, je
kleiner das Kollegium ist, je mehr es in wissenschaftlicher Hin-
sicht einigermaßen gleichmäiSige Zusammensetzung aufweist, auch
je intensiver der persönliche und wissenschaftliche Verkehr zwischeo
den einzelnen Mitgliedern ist. Daß die Vorbedingungen hierfür
in kleinen Städten, ganz besonders aber in den Internaten*),
die günstigsten sind, liegt auf der Hand. Es läßt sich ermessen,
welchen förderlichen Antrieb wissenschaftliche Arbeit und Schul-
leben gerade aus einer so geregelten Mitteilung der Jahresproduktion
auf dem Programmgebiete erhalten kann, das, wie wir sahen, in
so eigenartiger Weise Jahr für Jahr vom Leben der Schulen wie
von der wissenschaftlichen, methodischen und organisatorischen
Arbeit ihrer Lehrer Kunde gibt. Die Sitte auf größere An-
stalten mit ungleicher zusammengesetzten Kollegien ohne weiteres
>) Vgl. darüber obea S. 206, 223, 230.
') Bs ist daher auch wohl keineswes* xafallig, dafi an deo bestei
Ertrageo der Profj^amailiteratQr (wie auch daa f^eraeüAm« oben S. 93—132
lehrt) gerade die lateroate io besonderer Starke beteiligt aisd.
,^,\o^^'^ M'A .V ^M^ '-VoV'H-miVIcil/"' v^^yr .^..^,.v,;V ^
in bezug auf das Zirkulieren der gehaltenen Zeilschr^Fttiii. ' Bfeiii'
^ird es theoretisch gewiß bilh'gen, daß auch in größeren Kollegien
möglicb^i Jeileini'.eiiiaefknen^-Kenfattm'^uiid Wii^kurig dieser Lifbratur
in tuoJfcb^ '. weil6».Unifafi|^ izakaflomen.'>^^l)a'' ^aber <«jta&f ^ innere
Interesse^ gleichwie auf andern Gebieten, doqh hier repht:: ver-
idMedieti, äudi der 7üsähmienlia}ig zwischen ded einzelnen L^bj;ßrq
lockerfer ist,, hätte ei^ Zirfeuliereh in; der* plieW erwäh^Uen ^V^i^^e'
^tivias^ zieihlich Meehatiisches, \iäre praktisch au^ch geradezu. scbädT
^^en WSVeh*. "Mir schfelni es dahe^ ftn allgemeinen, richtiger,^
Ätitiet* 'gröffercil Verhältnisäen , Vöri syst^matiscibeQa,
ZflfkU'D^f'eh B'bztlsehen' timd eö d^m einzelnen Lehret' zi},
äberl^sSeüi ob und welche gi'ößiiren* Ro'rti|:)lexe (Jahresbericht* '4^r,
Sdiiiliendei's^rben Großstadt, der ElHmalprovinz üst, Abhändiungeji
Ob^r'' bestimmt« Wissensgebiete)* er durchsehen oder gehauQr.
stttditi^eti wiir. Es ist auch für manch eti nicht ganz' gleiqh'g^ujtjg^^
ob ei"^ das, i^^ ihn inieressiert, bald nach Eingang (jer Sendö
^rfShf^'^oder W\ df^r Methö(]e, des 'Zirkulierens erst nach )^lo(iaf^.(\
Fie TeubjiersWhönVoratiizeigpn', die allerdings in vi^l größereir An-.,
»Shf geliefrift wtfrdfeti mCißlen (s. ö. 8.2/6?), geben j^ scbörii
|6deth ei rten* gewisser) €be^blick über dife Abbandlungep. ' Wer
et'^eä Duirdisrtht kleinerer öder größerer Küm'|ilexe'daruber zu örien,-.
tfeh»n suchwii*, v^ais* k^r efwä genauer zti istüdiereh halle.. W^er ni^r'
eitT tn^br äußeres interief^äe ati' einigen Jabresberichfeh öder Ab-
Käiioliingcn ' bat* (meKt iverdeü es Wohl die der .benachbarte^ ^
läehutefi sein), wird iri der Regel die 'offizieHe Sammlung über-^^
t&upt nicht in Ati.«piruch zu nehmeö brsii^chen, da durch .den fast«
äfterall bestehenden SondertaiischVerkebr (s. o. 8.172) eine.
giErwisse Anzahl von Prograifnmen , der betr. Schulen ?ur direkten
Vetteilting an ' die einzelnen Lehrer öbnehin geliefert zu werden
pttegt. Mati 'ist daher, von einem „Zirkulieren" unter solchen,
Verhallt) issei) auch da vielfach zurückgekommen'), wo es ur-.;
sprungtich bestanden hat. Wo es in größeren Koljegien mehr
gewohnheitsmäßig als aus wirklichem Bedürfnis poch siattfindet,
sollte man es möglichst einzuschränken suchen. Das Verfahreü
vcfrd sidb eben auch auf diesem Gebiete am besten durch die
— *-e— * '-^ — ^-j s - ,
*i ' : - -• ... -^ , , . . ,
• . . \~ '\ ^ '
.^)^ Das „Ausle&e.n*' <les ganzen Jahresertrags oder einzelner Teile
is^- hier besoader^ deswegen wenig zu empfehren, weil gar zu ieicht Prp^
gramane in Verlast geraten können; s. o. S.360f. t
*) Vgl. schon die Bedenken Schwalb es (o.^. 231)'; s. aucV S. 223 f.
Zeitaehiift f. d. OjmnMiftlwMen. LXI. Bupplementheft. 26
402 Pro^rammwe80o and Programmbibliolhek d. hSh. SebaU«,
besonderen VerhSItnüse und Bedürfnisse jedes Kollegiums lu
regeln haben.
6. Das Arbeiten in der Programmbibliothek.
Versendung von Programmen (Leihverkehr).
Von dem Arbeiten in der Programmbibliothek gilt
im allgemeinen dasselbe, was ich früher in bezug auf das in der
Lehrerbibliothek überhaupt') bemerkt habe. Bekanntlich
findet das in den Institulsbiblioiheken der UniversiiäteD fast all-
gemein — und zwar beinahe ausschließlich — übliche Prisenz-
system in unseren Lelirerbibliotheken erst allniahlicb Eingang.
Manchmal sind äuBere Gründe, besonders mangelnder Raum, der
Einführung hinderlich; in den meisten Fällen aber ist es die Macht
alter Gewohnheit, gelegentlich auch Mangel an Vertrauen gegen-
über den Kollegen, so daß erwachsenen Männern von Direktoren
und Bibliothekaren eine Arbeitsgelegenheit genommen wird, deren
sich junge Studenten nun schon seit mehreren Jahrzehnten er-
freiiep. Das Problem der „Verantwortlichkeit^', das manche bange
macht, ist dort ebenfalls längst gelöst, bereitet übrigens auch in
denjenigen Lehrerbiblioiheken keine Schwierigkeit metir, die mit
der Zeit fortgeschritten sind. Daß und warum in diesea
ein ausschließliches Präsenzsyslem nicht zweckmäßig wäre,
habe ich ebenfalls früher ausgeführt'), ebenso, daß ich seine
allgemeine Einführung schlechthin nicht für rätlich halte').
Sie wird eben von mancherlei Vorbedingungen abhängen,
die nicht überall in gleicher Weise gegeben sind. Wonach za
streben wäre, müßte aber dies sein, daß gewisse Vorteile leichter
Arbeitsgelegenheit an Ort und Stelle, die an manchen Anstalten
den Kollegen geboten werden, nach und nach auch anderwärts
möglich gemacht wurden, in dem Maße, in dem die zweckmäßige
Einrichtung der Räume mit den Jahren fortsclireiteu Es ist
durchaus verfehlt zu sagen, auch durch die Erfahrungen anderer
Bibliotheken längst widerlegt, man brauche keine Erleichteruogeo
zu schaffen, weil kein Bedürfnis dazu vorhanden sei. Die Praxis
hat im Gegenteil bewie.sen, daß die Benutzung fast überall er-
heblich gestiegen ist, wo man sie durch zweckmäßige Einrichtungen
erleichterte. Nun geht aus dem oben Bemerkten ja allerdings
leider hervor, daß einem Präsenzsystem in den Programm-
bibliotheken im allgemeinen größere Schwierigkeiten räumliclier
und anderer Art entgegenstehen als in der eigentlichen Lehrer-
bibliothek, wo es oft nur des guten Willens bedarf, es einza-
>) Vgl. besonders Benutzung u. Sinrichhmg usw, S. 62 ff. (<iB Z. f. i^
Gymn-fFes. LVIH (1904) S. 734 H'.).
>) Vgl. a. a. 0. S. 8, 66, 89, 126 (-» Z. f. d, G.-fT, LVm (1904) S. 680,
738, 761, 798).
•) Ebeoda S. 86 ff. (-» S- 758 ff.).
TOD R^Ullrieh. 409
föbren. Solange die Ordnung der Programme selbst an nicht
wenigen Stellen viel oder alles zu wiin>chen nbrig läßt, wäre es
gerailezu verderblich, Bet^Unde zu allgemeiner Benutzung zur Ver-
Tilgung zu hlellen, deren Zu^ammenselzung ofi nicht einmal dem
Verwalter selbst ausreichend bekannt ist. Soll man nun sausen:
vüie Ordnung ist mangelhaft, wir können die Mang**! nirht noch
dadurch vergröSern, daß wir die Sammhing allgemein zugänglich
marhen^S oder liegt vielleicht so gerade ein AniaB vor, an die
Grundlagen die bessernde Hand zu legen, um gunstigere Schlüsse
zu zieheu? Es ist wohl nicht zweifelhaft, wie die Antwort zu
lauten hat.
Wie wäre nun etwa unter der Voraussetzung (dies bitte
ich zu beachten), daß die Räume der Programmbibliothek
ausreichend sind und irgend eine Ordnung vollständig
durchgeführt ikI, ihre Benutzung an Ort und Stelle im
Verhältnis zum Ausieihesystem zu denken? Im allgemeinen
kann zugegeben werden, daß — so wie die Dinge jetzt noch
liegen — das Bedürfnis zur Benutzung an Ort und Stelle an
vielen Anstalten nur bei einer Minderzahl von Kollegen vorhanden
sein wird. Und wo gar solche Anschaiiungen von der Wertlot^ig-
keit der ganzen OrKani^a(ion sich festgesetzt haben, wie sie uns
im Verlaufe dieser Untersuchung mehrlach entgegengetreten sind,
werden sie verinntlich auch auf die Benutzung der Pro-
gram ms am mlung ihren unjiAnsligen Eintluß ^edhl haben, so
daß es schon besonders kraftvoller Anregungen bedürfte, um
Verbesserungen gerade dieser Einrichtung durchzusetzen. Doch
aucli abgesehen von solchen wenig erlreutichen Verhältnissen
wird die gelegentliche Benutzung einzelner Programme
besser durch das Aus leihe system befriedigt werden; auf die
Kontrolle der Quittungen ist dabei natürlich ganz besondere
Aufmerksamkeit zu verwenden. Stellt sich dagegen für den einen
oder andern die Notwendigkeit heraus, für irgend weiche Arbeiten
ganze Serien von Prosamnien, Dutzende oder gar
Hunderte, zunächst durchzusehen, um festzustellen, ob
und wieviel sie etwa Ausbeule gewähren, so bedeutet es eine ganz
unnötige Erschwerung, auch in solchen Fällen auf das Aus-
lei hei«ystem beschränkt zu sein. Es ist viel einfacher, derartige
Vorarbeiten gleich an Ort und Stelle vorzunehmen, schon um
das zwerklotie Hinaustragen zahlreicher Programme, in denen der
betr. Arbeiter vielleicht gar nichts für seine Zwecke flndet, zu
verhindern^). Ob dabei in jedem Spezialfälle der Verwalter in
^) Die vorliegeDd« Arbelt wäre kaom möglich geweseo, wenn die
BeBotyaof^ der SaoiDlooip der Schule ao Ort aod Stelle Dicht mibeschriinkt
freifrestaodeii hatte. Aber weno es sieh anch hier, wie miiD leicht eio-
weodea liÖDote, io der Tat um eiue Benooderbeit haodeltf, so dürfte Aho-
liehes doch bei jeder Spexialantersuehaos satrelfeD, die sieh der Presramme
«|A^ Propra Dm Wesen nod.;Prot9i*ia^i9iliiJ>Iiothek d. hSh. Sckulea,
^AI(t^>a..,zu ti^eD h^t^,> uiq j«de& '^iD^^e-vfroD^^JAvteiBfideB^odcr
Jluijdertettf von, I^rpRranvn^Hv a|u« dep ^l^efa io,.5, ,?^7ff^). qdar
Jiaps^ln (ß. ß79S.) berauazun^Inn^n,, piag je q^^ji 4eii'jbe^iM&decefl
^VerhäUni^sener^tscfaiedei) if^eifden. ^D^rlß .^.UQteft|I.msU^i»dep eiof
^rhehlicbe Bela3tuDg'; für. il^n s^M. .wi#..f«ur. ^deii/Ui^ii^z^r l^er
deutete» ist klar» JNo.der JQlztejce rrr^ der eine lodef /aqdej^ «rird
doch auch Sjelfest «inmal BlbM(>tl^kar.r--r4ie QfdJfwgtd^riSaiai»*
Jung .; kei^Dl mni. auch 4^ , Hi^ , «an ^ Ör4QMDiai«Ahe/ ,b«^itz4,
4as ;ja doch ioi l)urch8cbDitt j^d:en LiAr^r ,9Usz€^luDi»tKiM loaa
ihm wob) zutrauen, daß er, die Sacbe^.riobtig .maliliei^ ,und keip?
Verwirrung anrichten wird. Das Wiedereinlegen .il,^r,^r.Q:-
.granome da^<?g^n dürf(§ .i|n allg^np^in^p. geDS||«ner. .«^eio /Adnrch
den Biblfplbek^^ ^elb^^ yo^nf^roe^ .^iji las^onf . es .«eitg^qlirißbeqe^
oder UQge^pbriebenea (^&eUE) alle ., benutizl^ £|:ei9ip|ar^:)94|{ jkü
'(hofTeptlick yor^iaocUnep, s, ^.ß.^70ij Ti^ch des; Ha U^ee^^^ nieder*
j^ulegen *). pie lÄPhrarbeit, djfi d«!« JBil^ljo^hekV id^ltMuihi f rtSchs^
,wird durch die Erlangung , unkedif)g|Ler GarM^ie -lür . diies iriQh(üg.e
£inordnung und «damit tQr 4^ woUe^ ?i^ijifyki)i^i AtiT Saminlung
auch in Zukunft reiclilicb aufgeflogen; ein verlfigie^ Pji^gfajniQ
kommt etnepA verloreuep nahezu, gleich- Nur.iq ,$j[|]ch€qi;.Fä)AeA«
.wo der YerwaUer.auf xSeiqeu di^ Sataoiiung ;banulxei»deii ^oUegei)
sich, ebenso, wie auf sich selbst, ver|ai§eiOMZi|.;k^ueJi glßujbu -fiM
jßr 2« eigener Entlastung, ihm« .auch, das H^ieder^i^egenuber^ae^eo»
pin Milnehnae^. .von, Prograipm.e^,, ob#ft, y^,i;iniul*?€
fies Bib)io^h,ekairs oder obiij^ Qujttuiig :|ni|i(,9. jDat.üriBcb
aufgeschlossen «eii^.,, J[)^Q^,hJQr.,i)oc|i, V^rst^e Y#^l^>imu3P
^werden« . ^veiß icb ,qatürlick , Sie blfüiben fiucb gc^erei),;BybUftr
theken nicht einspart.. Verßinze;lle JMängi^l. poJIteji. ab«r dla'Dtirdii-
jfubrung des an sich G^te^,. nieuials Jiindf^p. " Ma^i^Vluß.^bef
auch . hier alini^lich zu einer gut^n. TraditiQi^ l^omm^n,. ^, der
^s an vielen Orten nocb iehll,; das i^t aber nvphtf.Q^bögUcb^ ,Y^na
fnan den Anfang nicht wagt. Das Gefühl .d«r.^$piiftarÄt^|..^dliab»
das ja. im ganzen höheren l^ehrerstande pn ,ejc(reulicb^r M'eisa. er^
starK( ist,, m^fi ,i^P(llich auch ^ hier., das^ Besiü^.. .upd he\U^ ,0)9^
Halt sich. Jeder, gegenwärtig,, daß FehUr^ ÄQ^,Qrdniin& eißim
j^cbaden für, d^n aoderp, oft natürlich ^u(;h iurii^n: selba4 hei
späterer, wiederholter Benutzung h^dei^ten,. ßo .49i'f?n[kao; erwarten,
|[iaß c^ue gewisse Sorglosigkeit und der Mangel, ian;Käck8Jcl^t«W
andere (der sich ja übrigens auch sonst in bibliolbekprise^heaDi^ngem.
z. B. bei der Benutzung der Handbibltbtbek, ,dier ajusIic^eiKlen
Zeitschriflen u. ß. ,aeigi) nicht,, stprend auläritt.. .; ^ ^^ . .,:..« i
als wesfDtiicher Quelleo zu bedienea hatte; man deoke ddp etwa aa
Arbeiten über SpeziAllehrpl'äQe^ Lekttir.^^ niro^jp^VS,cJke4, Sekul-
Statistik, Verhültolsse der Sainiiilua>fi^eii uan, . , .
') So lautet auch meist die (patürlicQ oicht .im^er bffoj^e) Var^phrift
io dem oben (S. rVJi A. 3; erwähnteo Falle der B^DJit;pai|f.46ir Al4|Lsauoe£roß«r
Bibliotheken durch Gelehrte aa Ort uud Stelle salbsi- • i- ri . .
»^
,fl«lodui5 d3ii b i»rff oi W^rfrR(Deiii,i>fVi.'» " ff n^,vj;^Mrra':'(r/.i''^gj^
a
\l|i|'tt%n4lt*ti^'>V^ri 4)fbg'r^'fn^b'«ii ''n^öh^'äus^ärtd; itisbesoDdefe*
ariKii#<l^fe^ii>^tthtt^li6<hi|dti>g^i8c;ht^lfli4Dt]fer-; ' Denn'lch lÄeioe!'
hf^^maFtAttlicIfc ti)eM'i«'li<(irM«it^»ij|#il<'ti6i6 >fi^sc!i)^n^'h(l/ d^^ äti^
Mm^ Hregent^ivÄri^cWtili ^b.'i'SI-' 5*5^ odrir ' Öoti ' fröh^reit*
S^M orb r#^m|B^ b^h Jb g ti tf Wei^dM X^^^^^^ A.i j; auch das fadt^
W^rtv»»pra*twcl!fenvwaj[l .<?()öbl^. " Wicbtigär ^'tef'tfbei^,'' Wa^ rup!)
gf^sditi^Mi' 'PGrtfM»üfig >d«t*Btbul^ti selbst' untS'dei" Arbeit ibfer^
likbi^ri^illf <(»em''^t«ieh«Vi>We^^^schi^>h>ka(^ auicb dcbon*
v^Uklkrfi'igffftbbi^bt«» Bhv«80ldi«>¥<sr«^fadühg^ zt!i"€iiV^i''j^uteb,'bätffi^'
b«0bAl4itdeBi'^ltö m^HAi^h^, würe^;i^lbst* (darin' 'etw Ad^ch^; wenh-
ditt'^BMiiftml^ ' d«ft* ,Pri9^amtt)»ä»kili1'Ufrig^ft< d^f'^ elbielrien Schulen^
wt?rit|f9«0M'^dn <(denl» T^rrtiiii' ihres^' fl^tfritU ' 'iäm' Taiis6hverkebr'
\itk^aüg ifSrOfi'^WasOttfi «y^ht '^^trrmül'^delt'PbU'M {"S.SöSLy
Dkfki «6^ (ispt»jll >^oGhi k-lblr;> dn^ß tfiitet lällisir'UnVstäDdenr'jfiiigere-
Afitltdite'iy^-gei^ätiribef'^lter'^ii' '^iB b^2»g'' a^f • diie ^btfnüt^ung Von^
PfiigrAnifa-M»teH^ < 'daiierird ' iiU Näcbt^ü'-isind/ ^^t^h 'trotz des'*
offik1<iM'eti< ^fc4ihw^l*k'eh^^*)*^^ > Ältetie* «öhbWahfifinlüiigeb' 'ittid<
ihK«» Veriv4lle¥i mrdbü'Hafa^ g^f^^e'aiti'wisdfebkhMtiiisheik'ZWebkBü''
d«h iloll^«ii'<kii»)i1hg«i4^ Ato^l^lt^ri w^^rtt^H^ Hifft^'Ieiktefn fti5tlYien;;
doob nidivt dlil!reo'>ftlt«in|i ttoddinni 'Mth 'tikhv s6\tih iblMeii an;
aflldereti't(iä»(ler«n' * AHfeitalfMi, • '>dtif döretf •Pr^grärivtnsftitiiWldng^n ' dak '
oibDO^K^-' &S4f^B^iA^klt '2Mfm> •Auch'' iti^' df^ief' RQckäibbt' bt^
ea^»ffir>)0db".SbliolO «^icbti'gj^Mr >V(yriäU«fdl^käri WHr Sahiih-;'
luii# beilonä«r«('AüAn^^k6ariikäili>tlit(Wt^hid^tf,' vbi" ^^l^ffi^'wleAf^stbh^'
imtbeeu« i auf iikr^'^ei'lfebNeti^iPro^tiaiiltn^:' ^ Es '<äV^llteb ' itf 'jed^ni;
JaAre HuicUt't bltifi'>L^>wa»^ z«^fhei«( ^«äcNfiht '^'^(yfge'> Diiftsienä''
E^&tipüMe. «b«r» »den '<atrgleiiMid«lfcb^n'< Biidkiif ' bJti^Aii 'gddnüökt;'
s<«Ddi^i^J>iaMr«h^»:^orgrähi|f atffb^ti^lV^ti'ttefde^/'^b' ljiaB''ä?^ iti gef^'^
eigneten Fällen oboe weiter^i'Mfällä"der^V^r(«rt' ^^^^ gföfli^efa^
ist auswärligen Kollegen, die darum nacbsuchen, überlassen oder
bei geringerem Bestände iv»fkifjgAwk fegen ßescbeinigung ge-
liehen werden können (s. o. S. ß61 u. 385). . Sehr erleichtert wüirde
g'öbi*ni'^'Daß''Wtf s^f^erTeMiebr, det^^'ftiahdhe Kollegen
ii§ftbrni)rtlrfblö,'"are"srch'' bish^f •i^ife'Ht'»'ftaWrilfer(; ''kdK ' idUlen':
&^wJwW'«b#ftig^*f »täüß,^ svird 'rtilirf-^WlB''iiife^bert;' fth" §^lbsfi,*
»^>lhkb'>äaä^Aftllä« ^ei^ Unt^r^licbü^graiir 'ob^t( If^.^S'Aiilib. IV
aÄg^ribntti * Art^iteii' 'üb^" && VöryAälfeii" i\i "Wehfel*eti Ütiieif^*
nehmungen') manche briefliche Anknüpfung zu verdanke^/ aus
dÄ'^itt irflcilt^t^^eifig^fif^FMliBri '%icM" a^tiiih perö6DfHcfre'"9^i5ieiiiingen
») Vjl. 0. S. 86, Aom. 1, Z. 10 f. nod S. Ä> • Aihilr.M .• •' ' ''*'-^ •'
entwickelt haben, die ich nicht mehr mtiaen mdchte. Aber die
Sache hat doch aurh einige äußere Schwierigkeiten. Nirbl
an allen Alteren Srhiilen »ind Uirfktoren oder Bibliothekare tätig,
denen eine solche Ausdehnung ihrer Arbeit aber den unnuitel-
baren Wirkungskreis hinaus erwüiiscbl ist; auch die Portorrage
ist nicht ganx ohne Bedeutung. Denn wenn ich auch der —
flbriKens unmafigebliclien — Meinung bin, daB in einer Zeit
boi'heutwickeltt'r Sta ndessolidarilSt (die ja gerade deu Pro-
grammen geflbrlich zu werden drohle), jeder Kollege für die
anderen, auch die aoswärligen, jahrlirh einige Groschen oder
selbst Mark für ideale Zwecke ölirig haben sollte, so fiUt doch
nicht dies allein ins Gewicht, sondern auch der Zeitverlust, die
Umstände usf., die Verpackung und Versendung macht, besonders
wenn es sich, wie natürlich häufiger, um ältere, meist gebundene
ProKrammsammelbände handelt Ferner kann unter Umständen
die Verantwortung für den einzelnen Bibliothekar xa groß
werden, z. B. wenn Seltenheiten in Belra« bt kommen '). Ich
glaube daher, daß sich im Anschluß an diese, schon jetzt vieifach be-
Steben«le Art mehr inolHziellen Verkehrs in Preufsen dorb ali-
Biäblich die Anbahnung eines amtlirben Leihverkehrs
auch zwischen den einzelnen Schulen enipfehl»n wird,
der den mehrfach erwähnten zwischen der Kgl. Bibliothek in
Berlin und den Universiiäishibiiotbeken einerseits und den
höheren Schulen andererseits ergänzen, in manchen Teilen viel-
leicht sogar ersetzen könnte. In Österreich ist er in Verhindong-
mit der dort anillich angeordneten llrurklegung der
Kataloge der Mittelschulbihliolheken (l896)')zwic»clieD den
einzelnen Anstalten srlion üblich, trotzdem auch dort, wie in
Preufsen, noch Beziehungen zu den Univer»itäls- und tien sog.
Studienhibliutheken *) behtelieii, |iie Sendungen gehen ahi , Dieni«t-
aarhe*' und belsKten den einzelnen gar niebL Vielleicht treten
auch unsere Behörden der Sache näher.
7. Ausblick.
Ich glaube, daß hiermit wohl im wesentlichen alles erörtert
worden i^t, was für die Einrichtung und Benutzung der
Programmbibliothek von Wichtigkeit sein kann. Soll die
g^nze Organisation über die theoretische Bewunderung des in den
Tausen«len von Abhandlungen Geleisteten und die Anerkennung
der Bedeutung des Ganzen der noch zahlreiclieren Jahresberiibte
für das höhere Schulwrsen hinaus zu unmittelbarer Wirkung
^ Hier iiollte aaltirlieh avcli in iDsffiiiellea Lethverkdir irraa^-
0ätzl1eli der Nodos der eiogeschriebeDen Draekiaelie oder des Wert-
et lieti xar Ao^eoduns kAoiuim.
>) Vgl. data RelBi Etk^kL Hdb. dL Päd. * V (190$) 8. 431.
•) Ober sie Tgl* •&««<« 2$. 431.
VOD R. UHriek. ^f
in Prafis und Wisgenschafl gelangen, so Hegt alles daran,
daß der Bestand früherer Jahrzehnte wie der jihrliohe
Zuwachs in einer Weise zugänglich gemacht wird, die
eine solche Wirkung ermöglicht. Darum ist die Er-
haltung geordneter Verhältnisse in den Programmbiblio-
theken aller höheren Schulen so überaus wichtig, ja fast von
entscheidender Bedeutung för die Erreichung der Zwecke, die für
den Begründer wie die späteren Förderer der Einrichtung über*
haupt bestimmend gewesen sind. Mittel und Wege, das Ziel zu
erreichen, sind hier zu zeigen versucht worden, an der Hand
wirklicher Verhältnisse, aber zugleich in dem Bestreben, das Vor-
handene organisch auszubauen. Sorge also jede höhere Schule,
ihre Prograromsammlung, die den hier gestellten Anforderungen
schon entspricht, daueiml auf der Höhe zu erbalten und immer
Dutzbrini^ender zu K<^stailen; lasse aber auch jede andere, in der
die Verhältnisse noch wenig entwickelt sind, es sich angelegen
sein, sie allmälilicii zu bessern, damit auch ihrem Lehrerkollegium
ein wirbliger Teil von den Früchten der Tätigkeit der Mitglieder
des Standes zugute komme. Es hat jedenfalls nicht im Sinne
des Neubegründers der ganzen Einrichtung gelegen, daß ihr
Nutzen nur da sich voll entfalte, wo zufällig lebhafter dafür inter-
essierte Direktoren und Bibliothekare ihres Amtes walteten; er
sollte allen Lehrern zuteil werden. Damm ist es auch
wünschenswert, daß die vorgesetzten Behörden der am
Programmaustausch teilnehmenden Schulen wenigstens gewisse
allgemein verbindliche Grundsätze aufteilen — was bis-
her nirht gei^cbehen ist — , die für die Einrichtung der
Programmbibliotheken in Zukunft maßgebend sein müssen.
Wollen einige, denen vorzügliche Räume, lange und gute Tra-
dition, besonders tüchtige Verwalter, geistig sehr regsame Lehrer-
kollegien und andere günstige Voraussetzungen zustatten kommen.
Aber den Durchschnitt sich erbeben — wie dies bisher ja nicht
wenige getan haben — , so ist dies nur erfreulich. Ein Mindest-
mafs aber sollte künftig von allen gefordert werden. Es ist
schlechterdings unvereinbar mit den Zwecken der Einrichtung,
daß ein Teil der Lehrer dauernd der Möglichkeit beraubt wird,
sie in umfassender Weise kennen zu lernen.
Ich fasse das Er*gebnis der Untersuchung zum Schluß
in Leitsätzen zusammen, wobei ich jedesmal auf die Stellen
▼erweise, an denen das Geforderte, Vurgeschlagene oder für
wünschenswert Erklärte näher begründet ist. Bei der Durchsicht
dieses „Programms der Programme" wird es vielleicht
selbst Kennern auffallen, wie wenig trotz der lebhaften Diskussion
über das Programmwesen in den letzten Jahrzehnten doch eigent-
lich für seine tatsächliche Förderung positiv geleistet
JfUf.Progrann wes«ii aod ProfrjiJaftbibliothek d. hök. Sekaleo,
worden ist und wie viele lohnende A'üF^j'ben Doeh<
iibrer LOsnag harren. Manche davon sind so ein&ch, d4fi>
mm sieh wirklich wundern muß, sie BiohtMängsl gelöst in sehend*
andere > «rfordem eorgfäiligere. OberJegting, umfassendepe ¥m^-
herbitüngv mannigfaltige UnterstAttung; ^eistigor'und tnaterieUer-
iifi\ durch Facbgenossen, Verleger 'und' vhslletchc auch diirdi die*
sHabÜicben Behörden. . Es ist wohl k«»iflef unter den 'einlicKerdn'
VerschUgen, dem' man prakUselten Nutten, keiner unter den^ um^^
Ihsseffderen^ dem man wissenschaftliche Bedeutang wird at»pk*eoben
kOnilfcD» -Sie berohe» afle auf eingehender Erwägung der wirk-
lichen Verbüitnisse, wollen- eine organische Weiterentwfckiutig «u»
ibneb herbeif«hreil tiud suchen aus manchem glöcklicfaen<Versttehi
dfcr;hi<T!nnd da im kleinen scholl gemacht, aber unveltkoMnaeni
war' 'Oder > unbeachtet geblieben ist^ mdglicfaBlen'Nutsea für die
Sac^e im ganzen zu sieben. Mö^en sich an der rechte« Stelle^
ÜHsmll die geeigneten Mäuber Ihiden, die bei genauester KnniiiDis
dDr VerhlUniftse kleinerer Gebiete doch stets' daft'G'anae imAoge^
behalten und so ein Games schfaffen, das alle Einzderfahrungen
nmfaßt und je länger desto niehr wiedemm aneh auf die4cl«ineil
und ^kleinsten Verbände kraftvolle 'Röckwirknng *8U .«iben be-^
rufen' ist! . . .•>
11 !.
, lY« ProgrAoim der Frograwine.
LeltsÄtie. . • i
A. lllgemeiner Omndsati. • '
i)i« PrögramW sind' we|^6o Ihrer B«d eilt an'; fär dfe Scbttl'ei^ '^er'
h<)kereD' Leiirtfii«Mlt«ii; w<irkiiche nn4 «bemalfi^e, für die' Lelfrav der
eiDteJoen ßebvien^ die KrbeUaafffefeatei liger Be«iebaaiceii 4$X
?,«k^len , i^Ad ib^^r Lebr ei\ uotereinaoder, für die Stärkoo^ des_;
rrliäl.toisses vooScfiule und HauSyTür *die Mitf^lieder der* ße-'*
faorden an^ t.T. aocb fbi^ die Wis^enncbaft inch in Zukübfl^ A ts '^^iil'
fester Bestandteil der' t^ekelergaaiaatiov atozuseiteii" oad '«df
bebaodela. Weieatliehe Griuidiäize der pr.en fs tack ea MemardefMif:
yt>a 1824 babeo ihre Geltaoy oocb nicbt verloren. Jede nicbt ava;ioperea
Gründen hervorf^ehriiHe Brschrauknng dieser Ginricbtanf^ ist. za ver-
meiden. Doch bedarf sie zpiti^^maßer Ausgestaltong, an de^ ■lle'fte-'
teilig^teo Kreiae mitwirken mlMea, vor Allen die'Scbtlaii'fea^r "selbit. *-
l\
B. Ausführungen im elnselnen.
> ■ . . . ,
1. ProgFamm-J)ibliogr»p.ble. . •
Die wis^ensehaftlicbe und praktische Ausnatzdog di^r Prd^ranhalfieYaliif'
ist durch frpei((nete bibliographi^ob«^ ' Znaamuieafa-as^Dj^ea kr
ganxen wie für beatiaimte Teil^ io /.ukußh, oocb Siehr iwfö>4<tf«A*UbishK#a^
scheben ist, zuomiI für die Zei( vor 1S7 6. uod bier «Fiecj^ram.beaooders
für die gesamten Scbulverhaltnisse der meisten aors^rprearsiscben
Staaten Deutschlands und das Realschulwesen, sowie die bti he reo
Mädebejiscbuieo überbao]it (Biazelbetteo' s. «nter Jf «ad W)«
^'^ * IL DtB. Pr4^graininw«s«n.
a) £iQe sinammeobaii^eQde Darstellao; des ^rpgraaiiBi^e9eiia.y»r dem
0) Far die richtiK« Bearteilnug' des Pro)$rainmwe)(t*'Ds,, 8 ^^ er .Bedeutung
, » s:ö W.l » ä«i5«r> . Ap/«ffi<;^Pr. .ioM>**<'''i .<T<^«^o)^.^''f >P^ . ^Mt' sei^e .awtrk-
inaDige Gestaltaa^ la der Aukaoft ist die Keo at o4^ ^^^ji^eT ge|-
• aniieo Eotwickian; mindestens im 19 Jafarhuadert Voraossetzuni;.
Groadlageo diener Keuutnis sind:
A. Die gesetzt ithea BeatimiBiaDgtfD-'' iU den verschiedenen
Sta«<ep,;{3->99^,}. , f\ . , . ,, ,, , ,. '., , , : .,. ,.;,,,■
B. Die Literatur über das Profrrammweseo (S. 109 ff., 118 ff.).
j>GL?i)ia!Kro9i«-amiiie'8el'l»8t >(2^'^ff.).- '.;•■'•> ^ > • .V •. . .
'•' ^ • '^* /t. !)!<< g-e'setiirch^n'B'es'^^ ' '
"d\ ^Däii'^tii^iäm '^des ' H^roKramih wVsens di » f' n i'c h t ' 'a d f d i e , W ^ nTsi - '
scheo Bestimmungen beschrankt bleiben, Sondern bat aoth
die entsprechenden IMerllälllpi^aeiid^r '«■«4,'^erain deotschen Staaten
. und miiideift9n3^QochvD,e,atsc^h-,Oatej:rei.c-^s apd.dfr Schweiz
. * in Betracht zu ziepen (S. 82 u. o.). ,., , . ,
D) Uie gesetzliche n. Bestimmuneep in.Preursen ,und Oster-
, reiü.h.. auch die .efaig,(*r kleiner, deutscher -Staaten (so die voa,
, Badeq^ Bayern on^^^Saphsei^). lasseb sit^h in larer JBtift^icUupg.
^*^''V ' feiCä/ir iNeuprgauisation Im 19«, Jabrhandert schon, aas dem gedcRCkten
"'" jMat^^^^^ t'e/rieliigey^rk.e«nen (J^:'95ff^ 99h,,Jü4^f^ I07f.>. V, '
, .e) vagecen bedarf ^>« Erkenntnis der entsprechenden Verhältpiase in
^ Auh^It- (.vor \pB4\ Bri| unscb wei^ ,(Qach .l'!*?^),, £lsars-Lor{
' ."^hrinceo, (liäcn i87ß), Hamparg ivor .1877),., Hessen (vor 1^53)^,.
«'• *^*'W^l|ipinhe^rg ty«r |S38' and iiwjs^Jicn 1844 und, 1902) noch dpT;
Aufklaian^l rar die anderen deutschen Kleinstoafen und'
die ^«btinei«^ ,frhU ^a hilher beinaha fiberbanpt ta* Anhaltspunkten,
desgleichen für dio. kShatreoiMädchenachilen (S. 98, 102f., 106,
;,j,a) ßffc, irt,,daljer.?^ii;i,4c,h.w daß g^4ru ckt«. QM.ellftp dia8.Q4^L
Art, die vorbände», aber aq ,efi|leg^n/9p. S^aJlta .vvrÖffvPtUc^ht, sind,
sowie un gedruckte Materialien in erößerem Uuifauge zu-'
güng^lirh gemaio^htii ki^>er^^a/ an» die* 'Lvckea unserer Kenntnis
.jlO /f"fl» .V^'*\^W>y^P**HPKsn»«ni*t *v.^ :|i| ii|aaiiini«i|hÄa0epdeivi PuratelloM
a i.fu*>^fl*<»ffiif rP«1».WM?oi 4iOif .liatr. .^MaUff: s«ib,at die geeig-
netste Gelegenheit (S. ^^«? u.ö). / >
■i.'x '^^ b: Di« LiteVatiir über 'Jas frrogrammwesen.
vi«t.,lft;der DialiBSBSODi. .der Fachkreise tpaten ni^beai ein«r Itoihe anage- •
zeUhMkr i^eitpäae, KBIT Sacher(vf(i rbefioudar8^S..2t9ir, 2.36 ff, 245, IM
e^^odllich^xMIldi^ai iM^vof,*' die das. urteil über die Bedctatttog des> Pro- i
gjmiBint^aMl^ i in. Vergaag#»h«it. und <»6geawart, die »Mögliablceit seines :
Studiums i ond-idief^rgawiaatiaa >6eMKt •«• • veFSahtedanan iStellea nngpiinatig i
IWBisfliftOf titel»ea;'< vor allem aifid es ifolgeadec i i i
a) Mangel an {UHiraasondruer Kenutais der Progpäavma der ver-'
a'ti^aipJkt^edeaaa'^Sta^teji selbst (bei oft' zu einseitiger Beschränkung-
.-»%(>. )ittf. Rreufa^Ji > «ad dah«r an ftiosieht, in die fpasamtc fiatwiokhing
1. . ;;(Sk82* 264ff.,'^^,.i#4ff:u/ö).
b) Niohitheaöitung W.ielitigar Litefator Vber deo Gegenstand, so '<
t. M d4B ein FortS4*h ritt in der Diskussion oft kaum erkennbar
,';'., yt}r6 {n.3^a,.t2\iff.y.2SQS^ 144). .
4t0 ProfraniDweieD ood Programabibliothek 4. bSh. SekvTei,
c) Lotlösvog der ProfraBiiior^aniattioB voi den Gaszea dea bSherea
Scbalweaeas ood daber ebeoao VerkeoBODg ibror Bedentvog,
besonder» Tdr Lehrf*r aod PobÜkan, ia der Gegeawart wi«
d) der fcesebiebtlicbea Bedeatao; der Eioriebtua; \m (aasea
(S 1249., 145W 0.6.)-
e) Zu eiae^itige HiDeiBiiebnag yoa Staadeafragaa (S. 81f.,
242 fr., 1969. O.S.).
f) Uusoreiebeade Pflege der Prof raaiabibliotbekea (S. 82f.,
SSOV, a.8.).
C. Die Programme selbst
Vgl. darüber die beiden aäcbtieo AbacbnStte 2 oad 3.
2. Die ZweckmäriigkeitderProgrannabbaadloDgea.
Ibre Batwiclilang von den awao/iger Jabrea dea vorigen Jabr-
bvaderta bis aor Gegenwart iekrt ia besag aaf Bearteilaag «ad kiaf-
tige Geataltong etwa folgendes:
A. Zweck vnd lahalt.
Ibr Zweek iat aofier der Pflege der Faebwisaenaekaftea, so-
weit diese Znsammenbang mit den Aofgabea der böberea
Sebole beben, vor allem die Verbindung der Scbvlen nater-
einander oud die Stärkung dea Verbältoisaea von Schale und
Haue. Dadurch bestimmt airb ihr Inhalt, der sieb am bealea aof das
Sebolweaea in allen aeioen Teilea za beziehen habea wird Gerade hier
harrt noch eine Külle von Aafftabeo ihrer LSsong (S. 262 ff., 19. u.o.).
Par die Krreichang des Zweckea der Abbandlongen bei dem
Pnblifcom ist in Kofserer Beziehung wichtig, dufi aie an alle Inter-
essenten ohne hier iibel aogebracbte Sparsamkeit verteilt wrardea,
falls ibr Inhalt sie dafür irgead gceigaet erscheiDcn laßt (S. 275 f.)-
B. Ersatz dnrch Zeitacbriftea oder andere
VerSffentlichnngeD?
Die Programmabbandloogen habea demgemäfi ibre eigenartige
Bedentnng und können weder dnrcb Zeitacbriftea aocJi derek eia
„Jahr hoch" ersetzt werden (S. l^lf.).
C. Wart dar AbbandloDgen.
Die allgemeinen Urteile, die in alter aad aeaer Zeit inabesoadere
über die „Minderwertigkeit" der Programme im ganzen gefallt worden
sind, eotbehrea der ausreichenden Grundlage vad aind daher ohne BedoDtaag
(S. 29 r. Q. ö ).
Genauere Prüfung, die hier zoaSchat für weaenttiebe Teile aas
dem Gebi«*te der GeiHteswisaeaschafteo und der mit dieaen sa-
samnieDhä iigeuden Uoterriebtsgegenstinde unternommen worden
ist, zei^t, dafi es neben minderwertigen Abhandlengen (beaonders
der älteren Zeit, S. i>S5 f.) eine solche Fülle gater ond vortreff-
licher bis auf die Gegenwart gibt {S, 3ö'-122, ]2i 9, 145 9. u. H.),
diiB die Einrichtnug ala solche ihre volle Berechtigaag bat
Eine firgänzang der vurliegenden UnteranchaDg nach der Seite der
exakten Wissenschaften und der mit ihnen znaammeahSageadea
Unterrichtsfächer ist sehr wünschenswert (S. d>?).
Die einseitige Hervorkebruog dea gelebrt-facbwi aaea-
aehaftlichen Standpunktoa, besonders in neaester Zeit, bnt viel data
beigetragen, der irrigen Anscbaoang von der Minderwertigkeit
der meisten Programme Vorschob zu leisten (S. 142 f., 145 9 o. 5 ).
Die Beurteilung der Programme aoa aeaerer Zeit darf
nur unter gleichzeitiger Beachtuag der Batwieklaag des
▼OB R. Ullrieh. 4J2
htfherei Üchalweseos «od de« bSheren Leb rerstaDdes selbst,
betoodert seit lt»90, erfolgen (S. 26) f , 143 ff.).
Dabei ergibt licb, d«0 Wahl uod Bebaodlaog der Stoffe (im
Sinoe von 2 A) in gaoseo zweeknotsprecbeod sind (S. i^lf, 148f,)\
die Motbode iet aof eioselueo Gebieten, i. ß. anf dem der Sebul-
gesebiebte, noeb d«r Ausbildung fabig {$, 151 u. '6,),
D. Aboebmen der Zabl.
Da« Abnebmen der Zahl ist nicht ia inneren Gron den za Sorben,
SB wrnigsten etwa in der IUiiidei'werii{(ki*it der Ergrbnixie oder der Ober-
Zeugung von der UuzwfckniäfiiKkeit der l£inricbtaiig in der Gegen warf,
sondern in äuBeren, bau|it»acblieh in finanziellen Hücki»ichten,
auBerdeio besonders in dem Verbsltniü der ISntwicklong der Voll-
an stalten (zamai der Gymuasieo) und der Healscbalea in den
letzten beiden Jahrzehnt eo {S,löCW.),
Ks ist von besonderer Bedeotang, dsBsQcb den Real sebolen kiioftigmebr
als bisher Gelegenheit gegeben wird, sieh an der Progrtiumliteratar
za beteiligen (S. 167 ly 1171, 200, 424 o. ö.).
B. Roste D.
Im Verbiltnls so dem, was die Programme leisten, sind ihre Kosten
besonders in Dentscbland raäfiig zu nennen; sie kSonen durch ire-
eignete Mafluabmen ia den richtigen Grenzen gebaiten werden
(S. tfS IT.).
In gr^flereo Kollegien ist das jährliche Brsebeinen einer
Abhandlung aoeh in Zukunft erwSnseht, in kleineren kann es in
2— Sjibrigen Z wisehenriumeu erfolgen. Doeh empfiehlt sich die Fest-
legoiig eines boütimmtfo Turnus im sllgemeinen uicht. Vielmehr sollte für
daa Erscheinen die Bereitwilligkeit der Lehrer und das Bedürfnis
mafsgebend sein (S. 182t).
Am zweekmbBigHten ist daher das an dea staatlieben An-
stalten Preufsens geübte Verfahren, die Mittel zwsr jährlich
bereitzustellen, aber den einzelnen Anstalten zu überlassen,
ob sie verwendet werden {S, ISS).
P. Die Verpfliebtnng der Lehrer zur Abfassung.
Einer Nötigung der einzelnen Lehrer zum Scbreibi^ii vun rrugramm-
•bbaadlnngeu. die in den ersten Jahrzehnten narh der Neuordnung drr Ein-
richtung iibrrjill ihre volle Berechtigung hatte, bedarf es beute nicht
mehr {S 1S9\ 19^f n. 5).
DagegeirsinddieAbhandlungeniiberhanptalsein wichtiger Teil der
0»rganisation des bSheren Sctholwesens und j«*der einzelnen Ii6h«*reu
Sebule im Hinblick anf ihre Bedeutung besonders für die gegen-
seitigen Beziehungen der Schulen untereinander, die Arbeit
der Lehrer und die Aufklürung des PnblikHiiis über Schalfragen
a«eb in Zukunft beizahebal ten S.lOlfP n $.).
Die Abfassung dnreh dl« einzelnen Lehrer erfolgt nicht nach einer
bestimmten Reihenfolge, sondern ist zweekmüBiger durch freie Ober-
eiaknnft der Kollegien za reirelu (S. i^Zlf).
Ober die Häofigfceit des Erseheinens vgl. o. unter B.
Hinderangsgründe de« Erseheinens, die man in der Berufs-
tÜtigkeit der Lehrer, in dem Maitgel an Zeit, an geeigneten
Stoffen oder aaBeren Hifsmitteln bat finden wollen, besteben in
der Haaptssehe nicht (8. 192tf,u
G. Honorar. Autorreeht.
Die gelegentlirb vorknmmende Honorierang der Abhandlungen
allgemein einzufahren empfiehlt sich nicht. I)<e Wabrnng des Autor-
rechts der Verfssser bedarf keiner besonderen Regelung {S,202!t,).
. .*
^JQt'Profframmweaeii ood Pro|ri**^i!iblb1iothek d. hoh-Sehaleo,
^•) Der Taoschv erkehr, bei^arf io iBeliFereji PuDJtteo 46r Apsg^j^ltniif
' \. in beiui^ auf die 6 e t e i 1 i g o n ^ der Ads'uU^i^ ^^^ .c|°^^i*^Qt!p^Aff!-.
a) Betreffs der Bet^ui|^iing i«t es^^^anschenswevt, dag ''ffii^f jf^f-S
aufier deo Abh'äDdrboiired auch die Jabresbericlite \n ita deut-
achea Taosehvefbebrx brauen (9» ^^C<)^ dei^leiehea wenifstoas aa
eine Auswahl deotaeber Schpleik^ eiae . jpf 5fter.e<r. Zahl
♦' Hc'hweizerischer Phojg^rämme (S. 2iif.):^ bie Zähl der .,ava^
^ Österreich io dea deotscheu Taascliverkehr ^elän^endea 69 Pro-
gramme (fast aosachliefilich voo Gymoasieo; s. OvS. 169 A'Dni,'3).
ist ao'zoi'eicheQd; eine Au3d.ehDaag aaf jeiiiegr.ofiere Aa-t
zahl von Gymnasien and besonders abf dje Realschulen bjt qoiv
Inuerbal.b Dtentachla,pds ^st d^r Taoschverkehr ajlec Aa-
stalten mit lilleö sowohl in bezug auf ^bbäodlungeo wie a^f
' Jahresberichte • errbrderlich fS,,5i^f.K^. 1 ,, ' ,', "
ß) Einzeibeatimraongen. v • «
Die von Teobner de^ .einMl»en jAnalalten gelieferte Zahl von
xwei ßxemplarea des vorlaofigen V-er^epc^hnAsae,«» der
Abhandlatagf n ji'dea Jahi;^s i^t^>unzu,|*,eJc|^.e.n;d,Q^d eplaprech^dj
zu erhöh eo {^.^1^\X " '' ... • «i i.*. . ^ -
Die (jnpoukllichk^it der £inlieferong der Pr^o^i^^^^t
durph viele.iAqatalten ist za, tadelOf -^Q^i .^ö^ecc^r.jjPi^i^l^tll^keit
schfiot eioe (sel^r wiinscheoswVte) |i*'ii(E|eVe ,yepj^,^nd,i^af .4,^
beidep Jahre'spakele.durcfh Teu^per. aqi 4\^ einzel^i^a .Ai|^pUen<>
■' möglich (s,'2i7ir,): .. . '. ... '.. ■■ ;..,.v . : .= ; ... .;:..a
^ Die äufifre B^schaff^pheit der , P,ragr.a:pBifs .(Fpnpa^b
Tfteiblat't usw.) bedarf noch immer viel fach ^ei^«A,a,a.gl(e ii^ha^-. ,'^^,
von den Behördap aligemein v«i^^Qfc|ir^,i^^oqe&|aq|i.iij^pfiger ip Er-
innerung %n '.bringeqjdes ..Tite^so^eipa,. ist ' .F.äf »qhoDp^^^lg
(8. 2^Si.), ^^^^ , ^^ , , ^. ^ ^ ^ j^ .^ , ^ . - ♦ 1 1 . . ... i' » I • •. 1 1 J
b) Die bibliographische Bearli^erstm^g, dffv tAb|^piiMllfi^s«BMkan«u
durch geeignete Mafinahmen noch mehr gefördert werden, beaonders
a).PragraipmbJ<bM.Qgrap^i^Bielp^nlvP<qr, S,fhi|,leji,:)Jpd<ac Anstalt
[ruckt ^iiaf^g f^iqp ,.cKrp.uo^.og^s<^l)ej^»lablimi*afihia^ .SABAiMIft
^beraicht dpr .vjD\a ibf l^raiosi^t'gx^^i^pfjp ^hM^d^ogen «jd^ d|e«i
Umschlag ihrer Programme (\\o AbhfiDllpng^tl Mr^f^aUbt.!
gietreo4^t, erscbeiooa, iiuif deniL Ijpia^^bJiag.yoi^! ba^(Dp) .^Ilj4i|bnlich
.. a|i Das Verfahren,, bat im B(e^eic^ f)i^, Ti«pfchvffrkabi-,S: ,.|iMDUicba^>
nach gleicpen;tiraadsät^.ea; zu, frfjolgpi^;(Sk.^i.Sl.)n im -.*•■*[,
ß) Bib/iiograpM9cbe t .Bea,rb«\itppg.,. |gr,9ftf4*i9v,MP4'ag«r««iB^..
kpmp;le^p(.. ', .»';... t ;' i A •;»...!» --tMLl-iio
aa) Die drei bes^e|leidea\ Jlahre.avaraaiiQliiii^Be» «iiiln.'^evfiglitba
dea lAbaltia und. dea>Zeitp«ahiaa..ikrea Earaehcia%»aiiz. T.
i) . «ach der. Vftrbtoa^sej^uap fä^ig (&. 2^.fi)j . m ..s h « >•« • i. «.d
/9^) Verzeichnisse (üb>pti> gföSera tj(eiii^Ü«liiei)ai«diibBM»dlEirs-«
für : di0 'Programme aiebapTM k))B i a erpir. jid<e aitaali a«» StÖ t e n
«rwüniicbl|.abeaao fprdM.fl Aaia^jli uiea:ilBd>h<U»^«a>lfiMjditf ban-
se hui an äbacbsupt (iS.;^^^fO- 1- >i» •! .('•'liv) l*h Mn^^tJitr
, yy). Di9, 8^.2^1. lYon. C^.iFr« iM,ü!Uar |paplaatQ-'4aitt»cbior£e»a%itK;
bibliographie ist, zunächst fiär.tUe,-4abM>tt8)&^t-iil8>i7»»^iboelklt
immer ein wissenschaftliches BedürfDia and möglicbat
bald in An^r iff ««( 1](e^me>ri (S.'^&'ffVV
(TJ) Bibliographien über eiaseln« Pdehgabfa4«,i|»atoBdafi^MiNP die
Geschiebte uadOrgaaiaatiaa d4a bSheT^d'BelralwvatriiJ^
wie, über l^ragea de^f. firaieJinalg' ulivd 4«» (ldt«^rldlll>
t
Ji«! vvii, t ÄÜid i© ,g.*nx.<|ii s^ie für, , cii^^eln« Sf«a|eD < erwiioscht
Y.eri|l|p j^eq. be^v^jaf ■:• <f ie K 1 if ff 9MM1 q.8clie, ßo^h ^aa (z w e i te) T « a^ 0 e 1* sehe
fu^d^ dA^ BeriiA«r. JaWre^veT^ovcl^oU, Aoch. weiter» Verbr.eitao^ 10
den bobei^^.ScIvile« l^", 239, «3^^^ f. u,ö.)r r
3. Die rio tw en digkeit der Janresberichte. .
'^^^ * ' ' -A. Aliiöiiietno iedea^tuli^. . '
_ . Die^ Jahresbericbte .^ind nnentbOrlich ' i '>
. .' , äf für die . e i I) z e I Q e Sc n a 1 e dod ihren lateresseatenkreia , (,L e b r e r ,
'Seil ü Ter "der' Aiis1ait,.q1iyiDaJ Ige S,ch,üler, ,fi|eli(ö'rde,n, Pabli-
*' ' V fyr ^die Geaämt^eil , der b.Sheren .pc)iaren (aojQittelbar in
_ '] J '^ m>iDodiache'r ' apd 'organii^at.of ischer .Beziehung, ^jttelbar
iir Rück^lcbt auf' i^ie Wiasan^acbäft, beaojidei;s^ die., Schul-
geschichte (S. 2-^ff.)- 1 .•
3. Kün.ftii^e Gestalt.Q.ng^
[
toie Vüoftige •^£i.nv|cJlituog, der. iJahjraibt^rlc^te . badarf > maocher
Verbesaeruo g, dabei ist von Bedeutung:
a) Im allgeareinen.- fiin^ gewiate AD^vÜ^erudg der Jahres-
-r 1 :(.*i»arieh*e'dar'yjDraAhiiCdeaeii d au tiobe«! Staaten daa» I'dhialte
(..1. •. .oaah liat- wüna^lienaw.erlb Diaaar aalbat bedarf maochar Erweite-
rungen, vtrtnägt abar auch^Küfranogeo. . Auf die Xover<läa8i g-
r * V " ka it dea 4aebw^n«B ist , voca allem Wart ea Itagen (8. 2579.).
L Allgemeina Lahr Verfassung. Daa meiste hier C Giäb<»lene ist
zweckmäfsig und daher beizubehalten. Das Verzeichnis der
erledigV|BPjjCf|^MtüllJ(f .Yt;Fjragt it|-heJb)lUhe; Kürzungen, da-
gegen sind über Privatlektüre und schriftliche Arbeiten
uov i i ^b«t>daM> 'A^i^t^T' Piad.$c:Minr«(»riilqüg-en'> aiAg'O'hia'ndeJe .An-
n:» <^'.Ii» iVe^*fjiigap^gk^nid<|#,,Be>i»rd^< Dieser Abacliiiitt.kaa|i> gekürzt
werden, doch ist dabei mit Vor^siebt and oatar Berüakaichti-
gung der besopdere.n l^erjhältoif ae z» ^vacfahren (S.25(?if.).
-!'> iilll^ Ge&cM^M« :. der- .Anstalt. (Cbtronik). 'Dt«««r TeiU' ist
.:^. ^, iHir/df^a «ngareni wie. .den .weiteren IftteraaseDtaukreis gaiz be-
sonders wichtig, aba^ ieCZi'a hlr>eiQhan Berichten, unzu-
<-«ij «-raitcbeB'dii Auf. ftaichk^altigkait.. und Traue Üt gtöfierer
,. ... / Wert z.a.le^eq« DerlakaU kaaa bereiahert werden . durch
: ^Mitteilnqgoq V4>a ScJbolreden und biograph lachen Angaben
-\f .. .aRd.da/eha^aßihclicha^e^aeh^ichtellübar aufsarordaatliebe Vor-
<^ .^. < . -ko|||ma^i$se (Sc.l|iiJL<eraiiaf.lüge «.ä., G^aohe n^ka, Beanche,
<« . j • A'ft&a'te« ;üb9r Varatorbaae und auch Lebende aas dem ge-
f.,.,. 1 sa^ntea KreUa,deriScM«) .(S»-^**ff.)- -
IV. Statistik/ Auch diese Rubrik b.edaft <)er Erweitarnng,
.(> '.baaondofA.io ^eaag lauf : üitteilaatgeq über die Ueimatsvef hÜlt-
yi , aia aa^, die aicbt nur allgemein, aondero spezieller zu berück-
-M t \ aiqhti^ao aiad^ jn bezog, .auf den Beruf der Bltero und die
,..,,, . (aufiar den Abiturienten) abgegangenen Schüler. Die Zweck-
^ ■ .. , jqMißjghait allgemeiner. Sahülervarjzeiahnisse kann ver-
schied ea beart.eilt wordea • (S. ^t^ S*.)«
... • -.V. S* mm Long voa Lehrmitteln. Die Angaben besonders über
. ...^ «abedeutendeDe Ge schenke vertragen erhebliche Kürzungen,
^ .• ' ..dagegen ^ind- die etalsniärsigen Anschaffungen mit Rück-
,3..^ , ^icht.aj^f die v/sr8qbie4fnen.Iotares«entenkrfisa( Sah äler, Lehrer,
Behörden, ehemalige Sc^)jit4t-,. Galejirte vad P.ublikum)
4/4 PrograoiBweseD oad Progrannbiblfothek k. kSh. Sehnlea,
vo Mit und ig oiid im eifezeloto ait der oSligeo Geoaaigkeit
•Dsofäbren (8. 315 ff.).
Weiterhio Miid Aogaben SImf die BioriebtoDg der
Samnlouifea, turh eolebe statiitiieber Art (Beaotsaog,
Bestiede) io wiss^osrbaf tlieber Riekaiebt wertvoll
nod daher ia gröfierem Unfaaffe wänaekeaswert (S 323 VJ\.
VI. Stiftiiogen uod (Jalemtii Isaageo voa Sekülera. Ober
Zahl oud Art der Stipeadiea »ind geDaoere Mit-
teiloof^ea nötig. Die Fern der Mitteiluag brdarf vielfach der
RevisioD (S 3:iOV.),
[Via I Ua teratötsoofieD far Lehrer und derea Hinter-
bliebeae. Aufeabne von CJe teratötzuagen far
Lehrf*r empfiehlt aieh aicht, daKegen ist greaae Be-
riebterKtaltoiig über dea Stand vurhaadener Witwen- and
Waiaeokaaaea oad die Verweadaag der Mittel (dwcb ohne
Angabey von Nanea oder eioielner Raten) xweek-
näfiig (S. 333 ff.i. Auch Mitteilongeo über et^ t vorhandene
[Vib.] Stift QBgea aaderer Art siod «^fiascbenawert {S. 335t.).
VII. Die Mitteiiaageo aa die Sebiiler aud deren Kltera eiad
nSgliektt individoeil aa bebaadelo iS 336lt,U
C Nntsbarnacbnag im ganten
a) Geeignete Zuaammenfaaaung den wichtigsten Inhaita di*r Jahrea-
bmchie (aaiiächi*tat*ii deu awanzigrr Jahren dea vnrijiea J«hrhanderta)
iat rin wiaNenarhal ti icbea Bediirfuia {S.343V,).
b) hie Ausföhrnag ptwt ia der Porni rine« „Hrpertori^aa der
Jabreabericbte^' iA ip eiaer wäfiigea Zahl von Banden nöylicb
(S.^J^ff.).
III. Die Programmbibliotliek.
1. ihr Zustand der Progrimmaanmlaag jeder Aastalt fpt von
gr<ifi*r Kadeutnog fdr die richtige Sentlxang der ganzen
Programnieinriehtang wie für die Arbeit dea hCheren
Lebrerstandes (S. ^^If.).
Von besoaderrr Bedentang ist:
2. Kina gewisne VollstSndigkeit. Die Brifitigong mehrerer
Obelalände, welche die Vnlisliindigkeit zn beeintrüchligen ge-
eignet «iuil, ist Bi Hg lieb «S 355V.),
3. Ihie Ordnung Die gnle Oidonug d«*r Ssrnmloag ist nnsaehlag-
gebead tiir ihren Notzung^wert. Gewiase Schwierigkeitea,
diti in älteren Anstalten die Rauinfrage bereit t, lassen aieh alt-
mählich beseitiftea oder mildern, üoter normalen \er-
hältuisseo (besonders in neneren Anxtalteai ninfi die Methode
der Aufbewahrung beatimmten Grnndsntzen (deren mehrere
mSgliib Htud) fiiigmi, die leichtes Auffinden Jedes Programms
C' niög iehea (S. 366 If.).
4. Ihre Katalogisiernng. Bine Katalogiaier|ang anrh der Pro-
gram niKa mm nag ist notwendig und mSglich. Sie kann je nach
den besiinüereH Verhältaissea io ganz einfacher oder aurh voll-
kouimenerer Porni rrfolgea. Dabei sind jedraralla die neueren
Hiirsmitiel, die vorhanden, in Lebrerhiblioibeken aber aoek wenig
bekannt sind, zweckmäBig aoszanntzen (S.^67iri.
Die Drucklegung ist besonders für die Bestände älterer An-
stalten bis zu bestinimten Zei punkten aus wlaseaacbaftlicbea
Gröoden aehr erwägeaswert (S.^d). Die Koatea aiad bei
geeigneter Aiisfohrang mjifsig. Die Heransgnbe erfolgt am baatea
in Programmtorm {S,3&5t),
voD R. Ulirieh. 4J5
Fftr a 11 e AosUllen, die gedrockte Kataloge ihrer Lehrer-
hibliotbek heraasgegebeo habeo oder vorbereiteo, ist f ine
einfache Oberaieht über ihre PrograraiDbeiitäode (oach
acboD vorhaodeoen Muaier) tu empfehlen {3. 396 ff.).
5. Daa Zirkaliereo der Proipraniane ist je naeh örtlichen Ver-
hSItnisseo ood Bediag^ODfeo zu regeln (8. ^^If).
6. Das Arbeiten in der Programmbibliothek ist unter besonderen
Umstünden za ermSKÜchea. Die Versendung von ProKrammen
za wisseuHchartlicheo Zwecken kann in die be^tintmteo Bahnen eines
amtlieben Leihverkehrs gelenkt werden {S,402!f.).
7. Ausblick. Der Matzen der Prograuimdammloog mofi über-
all allen Lehrern zngote kommen. Ks sind einfache
Gmndslitze von Amts wegen aafzustelJen, die dies ge*
wMhrleisten (S. 406 V,).
Schinrsworte.
Die Vergangenheit ist die Lehrmeisterin der Zukunft. Das
kann auch die Entwicklung des Frogrammwesens zeigen. Sie
hätte es schon längst bewiesen, wenn die äußere Behandlung
immer Hand in Haud gegangen wäre mil der tüikeniitnis ihres
Wesens und der Wandlungen iles großen Schulorganismus über-
haupt, von dem sie einen Teil bihiet.
Scliulpolilische Weihbeit erweckte vor mehr als acht Jahr«
zehnten Abhandlungen und Jahreshfrichte zu neuem Lehen. Sie
wollle zunächst der wissenschaftlichen Tätigkeit der ein/elneo
Mitglieder des erst in der Bildung begriffenen höheren Lehrer-
standes notwendigen Antrieb und sichere Gelegenheit geben
und so diesen seihst hehen, andererseits durch die gegenseitige
Mitteilung der Programme den Schulen und ihrer Arheit
wichtige Momente des Fortschritts zu eigen machen, endlich
durch das öffentliche Verfahren einer Art jährlichen Rechenschafts-
berichts dem Publikum schuldige Ruckncht erweisen und sein
Interesse an der Schule auch auf diesem Wege rege zu halten
suchen. Zwar die innere Verbindung, in der diese drei Humente
und ihre Wirkung unverkennbar gedacht waren, wurde zunächst
nur unvollkommen erreicht. Die Schulen und ihre Lehrer hatten
an sich seihst und der Erfüllung ihres engeren Kreises von
Pflichten in den ersten Jahrzehnten der Entwicklung so viel zu
arbeiten, daß die Verwirklichung jener größeren Gedanken, die
der Zeit vorauseilten, der Zukunft vorbehalten blieb. Man wird
es im ganzen kaum bedauern können, daß der Verlauf so ge-
wesen ist. Denn es war zunächst das Wichtigste, daß ein wissen-
schaftlich auf der Höhe slehemles Lehrergeschlecht herangezogen
und in den vielen neuen Schulen der ersten Jahrzehnte nach
den Freiheitskriegen eine solide Tradition ausgebildet wurde, ehe
an die Bildung von Zusammenhängen im gmßen zu denken war.
Nach dem. was in dieser Untersuchung ausgeführt worden ist,
kann nicht mehr bezweifelt werden, daß diese nächste Aufgabe
jiyy PrograrnnweseD aid*'P^*|r%^Bfinfi1BHothek d. hob. ScbnleD,
aIhmiWich erreitfct wifrije rfrid ^ddÄ die Prbmtniii^ ibffi^ .w^sent-
Dchep Anteil data n halt(;nl Äbe.f iiKien) da§ ritin j'act^w jsisefi3(;baf t-
liebe in Himo oft Diit einer gewiwn £iost^i4igkeit hervortrat,
wurde die Eiiiriclitiin| den weiterea Kr^ievn, fur>d)e sie^cb
auch beslimmt war, enifremdel, die Erfufftcing 'dfei^>^r an.defen,
nicht weniger wichtigen Aufgaben Irat länger in.. dem H)ntpf)g'rund
als notwendig gewesen wäre. .Das ^tcebea.Dfltffat UiiiforiBiiät in
der Schulor^niBMion haltiiesen Zustand we»eni|li«h begönsligt Erst
dielefzten Jabrtehiitehabetadie L^ben'/ki^df^jLj^neyiin^eVen
Gedanken des Neiihegrijnders jües Prüjgi'anrniw^'epVdarg^ta^. Je
niehr sich das wisseds« haftliche Niveau fdepcii^eFeiieUibrefslandes
im ganzen hob, je größer aach. die-.Zahl der fach Wissenschaft-
lieben Organe wie der gelehrten Vereinigungen auf allen Gebieten
wurde, um so weniger uofw.eM4'8 - !^rri^ ^ allmählich, gelehrt-
fachwissenscbaftliche Arbeiten — von bestimmten Fällen ab-
geaehert — gerade in -Progruniiifem lu vdfiff^iiftieh^n; tlatte
die Uniformitat de« Schirlorganjsmüs- die Meg^ t^d ArbettWü
dieser Richtung bcgüiistigi, so .wie« di«'< iaraMr gvdAer wtfrdehdef
Mannigfaltigkeit der Organ isationea 'in deB terschiedetfieii Staate»,
die, von. der Üeburde geia8lRen^ Möglichkeit freierer AuegesUfUsD^
auch im einzelnen, endlich auch die größere 'Teilnttbftie' ]des^
Puhlikuma an- Sdiitifragen, wie eie im ^Vereins^ese^ <iiii4 iti der
Presse. iu»l Ausdruck kaiiiv die Prog^amiMe «und ilM*e Heraopj{»fcet^
diButlich. genug darauf hin, .aus dieser Lage '*deHMnge'4Ke*i^cltti(ieil
Folgefuugen zu '^iebeQ. < So* jsl ea idH»a ^g4lkom«len'-^^ twtas'bis*^
bar flicht genügend «erkannt «Kordc^iist ^i-^, >daß'•die'<f^u'i^^ T%Vr
neuen ideea, dits besonders teil 1890^ Mler'LTteratur fiber'das
bohpreSchulwesendberhauptNahMiog gegeben habe[i«'ge*radeia'
den Pragrammen dar i&ch-alen selbst in beaond^reiii ünftifoge
Gestaltung geAinden ba^. . Es ^ konnte gezeigt- «werdto,*' w^lcfie'
selbständige Bedeutung diestn Schriften 'auehi 'itebeft der"pada-«;
gOKJscheu^ Zeitscbtiftenlileratur ' und' 'anderen^ ' ÄiüBerOOgtHi der*
öfl'entlichkeit Zukommt und .warn» ea ' heute '<inelir ^ dem:' jr
wünsdieiiswert ist, an der Etnriebtu>Dg iuivlnteres^e- d^v
gegenseitigen Bezieh^angen der Sohrulien äußern an>4e¥' wie
zum Publikum festz^ubalten. < i-)' > " ^'
Welche Entwicklung diese Dinge nach •einigeh iafameNite«^
etwa nehmen werden^ ist jetzt müßig zn fragen. Bs gilt zm^h^t,*
aus den Erfahrungen der letrlen- L>eiden Jahrzehnte fOnrdre Iiä6h#te
Zukunft zu lernen, auch dadurch, daß man in Äußerer Besieh ng
die Dinge nicht gehen läßt, wie sie eben gegangen sindi und so'
die Wirkung der Einrichtung^ auf die genannten Kr**iaeahsehw3obt/
Gibt man zu, daß auch die b6h<erei Schule aoßef den vtiisseil-
schafllichen und erziehlichen Aufgaben solohe aozialer Att tm «t-
füllen hat, so ist vor allen Dingen darauf hiniowirken, daß- die'
Mittel nicht bloß von den Staats verwallnn'gen Pi*enfs^iis>
und Österreichs, den. einzelnen* Konten en 'de-r- Sahwdiav
voD R. Ulirieh. 4^1
eioer Anzahl von Städten und kleineren Staaten jährlich zur
Verfügung gestellt werden (ob sie benutzt werden, hat das Bed u r f n is
jedesmal zu entscheiden), sondern daß alle Städte mit höheren
Schulen jüogeren Datums für die Sache gewonnen werden und so
vor allem auch den Realschulen und den höheren Mädchen-
schulen Gelegenheit gegeben wird, im Interesse ihrer selbst
und ihres Publikums umfassender von einer Einrichtung Gebrauch
zu machen, die bei den Vollanstalten sich seit so langer Zeit
bewährt hat. Es kommt ganz besonders darauf an, das Publikum,
das Beziehungen zur höheren Schule hat, über deren Tätigkeit,
Aufgaben und Probleme sachgemäß und anhaltend aufzuklären
und auch so ein natürliches und wirksames Gegengewicht zu
schaffen gegen die vielen Entstellungen, denen das höhere Schul-
wesen in der Öffentlichkeit beute so oft ausgesetzt ist.
Die Wege dazu sind, wie oben gezeigt worden ist, in den
Programmabhandlungen der letzten beiden Jahrzehnte schon
gewiesen; es gilt nur. die Vi^irkung dadurch nachhaltiger werden
zu lassen, daß sie auf möglichst viele Schulen und ihre Kreise
ausgedehnt wird. Für die Schulmänner erwachsen daraus noch
für viele Jahre die schönsten Aufgaben, bei denen es sich nicht
darum handelt, mühsam den Stoff zu suchen, wie bei den speci-
mina eruditionis einst geschah, und so gequälte Schöpfungen zu-
stande zu bringen. Vielmehr bietet das frische Leben der Schulen
und ihre reiche Vergangenheit ungesucht der Stoffe so viele, daß
es nur darauf ankommt, die Fragen richtig zu stellen und bei
ihrer Behandlung die Grundsätze wissenschaftlicher Methode durch-
zuführen.
Für die Jahresberichte an sich bleibt mehr zu tun. Es ist
wenig geschehen, auch sie für die Zwecke, denen sie dienen sollen
— und es sind ja im wesentlichen die gleichen wie die der Ab-
handlungen — immer nutzbringender und fruchtbarer zu gestalten.
Man muß das um so mehr bedauern, als ihre Wirkung noch viel
umfassender sein kann, als die der Abhandlungen; eben des-
halb, weil ihr Erscheinen nicht von dem Belieben dieser oder jener
Schule oder Verwaltung abhängt, sondern weil sie eine allge-
meine, fast überall geforderte Einrichtung der höheren
Schulen überhaupt sind. Vielleicht wird man allmählich dahin
kommen, sich der großen Bedeutung dieses Moments bewußter
zu werden und ihren Inhalt aus dem Bereich des Dürftigen,
Schematischen herauszuheben, ihn reichhaltiger, individueller,
charakteristischer, lebensvoller zu gestalten, damit diese Berichte
wirklich jsind, was sie sein sollen, in der Gegenwart getreue
Bilder vom Leben jeder einzelnen Schule und erste Grundlage
der Beurteilung der gesamten Verhältnisse zu bestimmten Zeit-
punkten, in Zukunft zuverlässige Dokumente des Werdeganges des
höheren Schulwesens in größerem Zusammenhange.
Zu welchen umfassenden und zusammenfassenden Auf-
ZeitMhr. f. d. GymnMUlweeoB. LXI. Snpplementheft. 21
418 Prog^rammwesen und Pro|rraniinbibliothek d. höh. Sehaleo,
gaben wissenschaftlicher und praktischer Art, an die man bei
der Neubegrundung der Einrichtung und selbst einige Zeit nach
ihrem Bestehen kaum denken konnte, schon der jetzige Bestaod
an Abhandlungen wie an Jahresberichten auflbrdert und geradeiu
verptlichtet, ist oben dargelegt worden. Es ist hohe Z«it, daß
sie endlich in Angriff genommen werden. Aber sie erfordern
besonders geschulte Kräfte, gründliche Kenntnis, auch organisa-
torische Gaben, die nicht jeder einzelne hat, und werden z. T.
nur durch planmäßiges Zusammenwirken mehrerer gelöst werden
können. Die Abfassung der einzelnen Abhandlung und des
Jahresberichts jeder einzelnen Schule sind aber Aufgaben,
die jeder nach seiner Art, Begabung und Richtung zu lösen ver-
mag, und heute doch wohl besser als vor zwei Menschenaltern.
Jede kleinste Arbeit dieser Art ist ein Baustein zum Ganzen des
höheren Schulwesens, seiner Methoden, seiner Organisation, seiner
Geschichte; aber jeder Stein soll auch haltbar sein und sich zum
Ganzen fügen. Wenn wir heute den specimina eruditionis einer
früheren Lehrergeneration wissenschaftlichen Wert abs^prerhen, zu
einem Teile mit Recht, so ist dabei doch niemals zu vergessen,
daß diese Arbeiten Kinder der Zeit sind, die sie hervorbrachte,
und als solche weit mehr gerechter Nachsicht als des Tadels
bedürfen. Die literarische Arbeit des heutigen geschlossenen
Oberlehrerstandes, dessen wissenschaftliches Niveau im ganzen ein
so viel höhere:;! ist und sein muß als das des Standes in den
Anfängen einer neuen Entwicklung vor Jahrzehnten, wird einmal
in seiner Gesamtheit mit Recht schärferer Kritik unterliegen.
Daß der Stand diese in der Hauptsache nicht zu scheuen haben
wird, soweit wissenschaftliche Leistungen größeren Umtangs, Bei-
träge zu wissenschaftlichen Zeitschriften oder Sammelwerken und
ähnliche Arbeiten in Frage kommen, kann als sicher gelten. Der
Nachweis, daß und warum auch die gelehrt-fachwissenschaft-
liche Programmliteratur, besonders seit den fünfziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts» im wesentlichen ein ehrenvolles
Zeugnis für die Arbeit des Standes darstellt, gehörte mit zu den
Aufgaben dieser Untersuchung. Wie weiterhin das Zurücktreten
der Fachwissenschaften von den Programm ab band Jungen
(nicht von den Arbeiten der Mitglieder des Standes überhaupt) zu
erklären und zu rechtfertigen ist, und welche Bedeutung die seit
einigen Jahrzehnten dafür erheblich gewachsene Zahl dieser Ab-
handlungen über Gegenstande des höheren Schul-
wesens seihst zu beanspruchen hat, konnte im Zusammenhange
mit der Entwicklung der Schniorganisationen überhaupt und ihrem
Einfluß auf die Arbeit des Standes weiterhin dargelegt werden.
Die Angriffe gegen den Wert auch dieser Programme haben sich in
der Hauptsache als unberechtigt erwiesen. Aber auch die Jahres-
berichte bedürfen der Pflege des Standes. Gedrucktes, was immer
im Namen und unter Verantwortung der Leiter höherer Schulen und
von R. Uliricfa. 4]$
unter vic^Ifacher Mitarbeit von Lehrern herausgegeben wird, und sei es
auch „nur' ein Bericht, kann nicht immer interessant, muß aber
in jedem Falle reichhaltig, genau und unbedingt zuverlässig sein,
damit es den Leser der Gegenwart mit der Schule verknüpfe und
der Arbeiter der Zukunft es nicht als unbrauchbar beiseite
schiebe. Die Erkenntnis dieser Tatsache ist noch nicht so ver-
breitet, wie man im Interesse des höheren Schulwesens und des
Standes wünschen muß. Not uud leider auch Vernachlässigung
der Programmbibliotheken der Schulen hat mit dazu bei-
getragen, sie zu verkümmern. Darum ist es dringend erforderlich,
auch diese Sammlungen zu heben, ihre Einrichtungen zu ver-
bessern, vor allem ihre Benutzung zu fördern.
Viel können in allen diesen Beziehungen die Behörden
tun, so dadurch, daß sie für die Sammlung der Programme
in den Programmbibliotheken einfache Grundsätze aufstellen,
den notwendigen Zusammenbang der Abhandlungen mit dem
inneren und äußeren Leben der Schulen fortgesetzt betonen und
unbeschadet aller Landeseigcntumlichkeiten, die auch in den
Jahresberichten ihr historisches Recht haben und behalten
müssen, unbeschadet auch aller Verschiedenheiten im einzelnen,
die als Individuelles gerade wertvoll sind, auf eine gewisse An-
näherung des Inhalts der Berichte besonders von Nord-
und Süddeutschland hinarbeiten, damit sie über die unmittelbare
Wirkung auf den nächsten Interessentenkreis hinaus für das
deutsche Schulwesen im ganzen jetzt und später an allgemeinem
Werte gewinnen.
Gewisse amtliche Vorschriften in diesen Richtungen, die mir
nicht bloß wünschenswert, sondern notwendig scheinen, solle|i
und können aber nur einen allgemeinen Rahmen abgeben. Das
Beste, ihn mit wirklich treuen und fesselnden, auch für spätere
Beschauer noch ansprechenden und eindrucksvollen Bildern aus-
lufüllen, müssen die Schulmänner selbst leisten, die an
der Ausführung mitarbeiten. Die Sache ist, gerade im ganzen
angesehen, wichtig genug, daß im einzelnen jeder auch hier sein
Bestes gebe, wie er es in fachwissenschaftlicher Produktion längst
gewohnt ist. Auch das ist eine Standesfrage.
Berlin-Pankow. Richard Ullrich.
430 Prof ramnweseD ond Pro|;raminbibliothek d. Höh. Schuleo,
Berichtlgrnngen ond Zusätze 0.
1* Febrvar-MIri-Heft«
S. 91 ist aachrntrageD:
a) Anhalt
Xin a. — , ErsU$ Brgan%ungMkeft (Jaa. 1903— Mai 1907). Daata« 1907,
C. Düuahaopt, Vil, 140 S., 3 JC, geb. 4 JC.
& 92 dgl. :
6\) Hamburg.
XX a. Mieolci, A., Das Unterrichisweten des HamburgUdun Staaiet.
Eine Sammlung der geltenden Gesettej Ferordmtngen und sonstigen
Bestimmungen über das Vnterriehlswesen in Hamburg. Hanborg ]b84.
Tb. G. Meifioer. XIV, 712 S. 8 JC\ vgl. S. 169 Aan. 1.
S. 99 dgL :
<e) Aobalt.
Lila. 5. Jan. 1903. lo Schul erverzeichnisten, deren Abdruck eicht aa-
geordoet lit, aber onbenomBea bleibt, sind die Schüler „stets in aipba-
betischer Folge aod nicht etwa nnter Zogroodelegoag einer söge-
naooten ,,RaDgordoiiog** anfzunihreo/* {Rrüger^ 1. ErgänsmngsJL S. HO.)
b. 3. November 1905. Die Schal Qacbricbten müssen eine zweifache
tabellarische Obersicht über die stattgehabte Verteilong der Lektionen
— „a) im Sommer-, b) im Wiotersemester*' — enthalten, ,,falls
nicht dieselbe Verteiinng fdr das ganze Seholjahr Geltang gehabt
hat*' — mit Hinweis auf die Haoptverfagnng vom 19. Nov. 188T;
vgl 0. S. 98, Nr. XL VII {^wida S. 116}.
S. 103 dgl.:
<fi) Hamburg.
LXXn d. 15. März 1877: Regulativ über die amtlieben f^erbältnisse der an
den bökeren Staatssebulen angesteÜten Lebrer § 23 j4bs, 2: Die wiesen-
schatllicbeo Lehrer sind verpflichtet, der Reihe nach die Pro-
grammabbandlnog zu schreibfn {Micold S. 230); vgl. S. 169 A. 1.
e. 18. Jani 19u3: Bestimmungen über die amtlichen FerhaUmiMse
der an den bdberen Staatssebulen angestellten Direktoren und Lehrer,
§ 13: Die wisneoschaftlichen Lehrer sind verpflichtet, der Reibe
nach die Programmabbandlong na sehreiben....; der Avsfall
einer solchen Abhandioog befreit den an der Reihe beßodlicben Lehrer
nicht von dieser Verpflichtaog; der Direktor kaoo den Lehrer
in eiozelneo Fällen von dieser Verpfliehtnng entbinden. Sin
Anreeht wird dadurch nicht begründet {bisbor ungodruckt)\ vgl.
S. 169 Anm. 1.
S. 112 hioter Z. 11 v. o. Tüge hinzu:
13c. Peters, E., Die deutschen ond österreichischen Pro-
grammabhandluogen des Jahres 1881, nach ihrem lohalte
im Verein mit Facbmäooern geordnet und besprochen. Zentrahrg.
/*. d. Interess, d. Realscbulw. X (lb82) S. 649—768 (auch im Sonder-
druck, Berlin 1882, Friedberg n. Mode, 120 S.); vgl. S. 231 f. Niebt
Jortgesettt,
S. 112 Nr. 15 Z. 4 kano jetzt so gelesen werden: Das letzte Ver-
zeichnis XVIII (1906) erschien 1907; vgl. S. 171 Anm. 1.
S. 112 Anm. 2: Der 5. Band wird 7 Jahre (1901—1907) umfassen; vgl.
S. 124 Anm. 1.
>) Von Druckfehlern sind hier nur solehe namhaft gemacht, die den
Sinn stören. Andere, wie abgesprungene Zeichen nä., wird der Leser ohne
weiteres selbst verbessern.
voo R. UUrich. 421
S. 125 onUr Nr. 104 lies st«U 1902/03: 1892/93.
S. 126 Z. 7 V. o.: Die Zahl 1896 am Rtode ist zn streicbeo uod dafdr
eiozosetzen: — .
S. 127 Z. 7 V. 0.: Die Zahl 1901 am Rande ist zn streicheo oad dafdr
eiazosetzen: — .
S. 132 Aom. ly Z. 6 ist die Bandzahl I eiazoschieben.
S. 155 Text, Z. 5 v. n. ist za lesen: Teil 11 3.
S. 160/1 Tabelle: Bei Nr. V muB die Oberschrift iaaten: 1882
(zwischen 188i und 1883).
S. 161 Xom. 1: Aach in Pforta erscheinen solche Mitteiiangen.
S. 269f.: Soeben (Mitte Dezember 1907) ist das vorläufige
Teobnersche Verzeichnis der Tiir 1908 angekündigten Abbandlnogen
von 673 preußischen und 294 auBerpreuBischen höheren Schulen des
Dentscheo Reiches (auBer Bayern) erschienen. In Preufien ist das
Verhältnis der behandelten Stoffe zueinander ungefähr
das gleiche geblieben. Von ca. 265 Abhandlungen kommen auf die
Fachwissenschaften gegen 100, auf solohe allgemeinen Interesses gegen
165. In den übrigen Staalen (ohne Bayern) stehen beide Abteilungen
der die Zahl 90 nicht ganz erreichenden Abhandlungen jetzt einander
ungefähr gleich. Die S. 268 ff. skizzierte Uotwicklung (vgl. auch
Supplementheft S. 145 fS.) wird hierdurch wiederum bestätigt
S. 281 Anm. 1. Inzwischen sind (19U7) noch erschienen: (42) Die
ReUgion der alten Römer (Heinr. Wolf), 1,50^, (44) Tod u Toten-
kuUas bei d. alt. Griechen ( A. C h n d z i n s k i), i JC, (-15) Im ioniichen
Kleinasien (R. Thiele), 2 JC, (46) j4friha t s. Beuehungen zur
' antiken Kulturwelt (Fr. Gramer), 2,40 M, (47) Delos und (4S) Delphi
(0. Pritsch), 1,50 und 2,40 w^ (gebunden jeder Band 0,50 bis
0,60.^ mehr). . .
B» Snpplementheft«
S. $ Z. 12 V. 0.: An letzter Stelle ist S. 248 zu lesen (statt 218).
S. 8 Anm. 3 ist unter I 1 das S. 150 Anm. 1 angerührte Werk von
A. Matthias nachzutragen, ebenso noter II 1, 1: Einführung' in das
Goiisehe (F. v. d. L c y e n), 1 908, g^b. 4,20 JC>
S. 114 Text: ^r, XFIJI 5 ist zn streichen, dafür (bezw. in Anm. 4)
einzusetzen :
Bahn, Ernst (XVII 7. 8), \ ZurStatistik des Kgl. Joachims-
Pritze, Ernst {XFI 16), i thalschen Gymnasiums. Zum 300 j.
Todt, Karl {XFI 17), \ Jubiläum.
Wetzel, Erich, I F estschri ft T. II. Berlin Jch G.Ol.
8.116. Zu XF1II4Ö füge hinzu: Nicht erschienen; vgl. n. XIX 10.
S. 122:
XIX« Ans den fflr 1908 angekündigten Programmen')«
Aus der Zahl der für 1908 angekündigten Abhandlungen (s. o. den
Zusatz zu S. 269 f.) seien hier einige wenige (mit Rücksicht auf
den Raum) erwähnt, die durch den Namen des Verfassers, den Gegen-
stand oder beides ein gewisses Interesse beanspruchen dürfen:
A.
1. Allgemeines. Schnlgeschichte. Schul reden.
s.
1. Anz, Hur., Aasgew. Schulreden. (XIII86\ XIF47) Nordhausen 9 XIX.
2. Bahlsen, Leo, Beitr. z. Kenntnis o. Beurteilg. d. Unter-
richtswesens u. d. Uaiversitäts Verhältnisse i. d. Verein.
Staaten. {XF45. 175) Stralsund Rg. 4
') Auswahl, Anordnung, Verweisungen usw. entsprechen den Grund-
sätzen, die für die Nrn. I— XVIII {S. '95— 122) maßgebend gewesen sind;
vgl. S. <y«?f., Anm. 1 und 8. 114 Aom. 1.
422 PrograiumweseD and Programnbibliotbek d. hob. Schaiea,
XIX. 3. Detlefsen, Aodr, Abitarieoten voo 0. 1848^1908. Kiel 10
4. Kiehl, Hnr., Job. Jol. Hi*cker. BarHn Kais. Wk.'Rg. 4
5. Lierroano, Otto, vgl. XFIII 31 mit Anai. 3 {XFI 29a;
Xyil 41) Frankfurt a. M.. fTöfder-Rg. 15
6. Messer, Aug., Gescb. d. Laodgr. Ludw.-G. in Giefseo. Gipsen 22
7. Meyer, Gg., B- geplant. Bi bliotbeksbaa f. Ufeld 1780.
(XrfI46l7', \Fm34. 76) H/M 11
8. Rethwiftch, Coor., L. v. Ranke als OL. in Praokfort.
(mi 116 XFI 227) CharUMenburgy Kais, Aug.'G. 3
9. Schoeoichen, Walth., „Natur o. Schule'* i. d. Verein.
St. V. ^ord-Amerika. Sehoneb^g^ HdmJk.'Rg, 4
10. Tircutlein, Pet., ygl XFIII 4ö. (XH llSf4; XFfI 91.
108) KarlsmAe Rg, 21
11. Wetekamp, Wh., Ersiehg. d. Scbäler s. Selbstbetäti-
gung, besonders im Anfangsunterricht. {XFI 39)
Seh&neberg, fF. Stemetu-Bg, 4
2. Einzelne Unterrichtsfächer,
a) Deutsch.
12. Biese, Alfr,Z ßehandig MSrikes in I. (A/f^l^J; J)Cf75;
Xril 13, 4 203 J; XFIII S. 62a) Neuwied 16
13. Gemol], Alb., M^ditationsbeispiele zu deutschen Aof-
sät/en {KIII 113/3; XIF 71/41 XF 4a; XFII 154;
XFIff63) SiriegauRg. S
b) Lateinisch und Griechisch.
14. Hodermann, Max, Livius i. deutscher Heeressprache.
(XFI86.1Ö7) fFermgerode 9
15. Manbach, Jos., Gr. Anfangs-U. i. Anscbl. a. Xenopbon. Köln j4posL 16
16. Roseoberg, Em., Üeotsrh. Ausdruck b. Obers Ciceron.
Hedi-D. \X1U 178; XFII 182; XFIII 139) Hirsckberg 1
17. Stürmer, Franz, Wörter-Verz. z. Osterm. -Mullers
Obongsb. f. \I (Ausg. C) nach etymol. Grondsät/en. ff^eäbwg 14
18. (Lehrerkoll.),lII.Lat.Gruodlehrpl derld.C {XFUl 7 1/2) Rendsburg 10
c) Naturwissenschaften.
19. Gnau, Ew., Astronomie in d. Schule II. {XFIII 86a) Sattgerhausen 9
Schoenichen, ,Walth., vgl. o. Nr. 9.
d) Technische Fächer. Sport. Reisen. Varia.
20. Gese, Joh., Stenographischer (Jutcrr. a. hSh. Seh. Garita. 0. 6
21. Renn ig. (Rechtsanw.), Das Rnderu am Joh.-Gymn. Breslau Joh,- G. 7
22. HerrmaiiD, Konr., Das turnerische Rudern (der
Rudersport) am Gymn i. Lingen. hingen 11
23. Kn ob loch, Herm., Reform im Zeichen -Unterricht. Breslau kath. R. S
24. Richter, Oit», Erfahrungen von 7 SchölerrHsen nach
Rom. {XIII 171: XF 129; XFII 17 9/80 x XFlIl 138);
vgl. auch o. S. 284 f. o. S. 299 SehönebHFg, P. Hetmr.-G. 3
25. Rosenkranz, Wilh., Wie läßt sich d. Zeichnen f. d.
anderen Unterrichtsfächer nutzbar machen? Saarhuis 16
26. Scheel, Willy, Das Lichtbild im Unterricht ^egiiiz G, 4
27. Wenoer, Carl, Zur Methodik d. Gesanganterrichta» Bonn kg. G. 15
B.
1. Altertumswissenschaft
28. Apelt, Otto, Was gilt uns Aristoteles? {XIII 8718;
XFl 239 1 XFII 93. 13416; XFIII 123/4) Jena 23
29. Mothner, Rud., Grondbedingung. u. Gebra ochstypen d. Modi
i. Griechisch. {XIII 202/3; XI F 134a, b; XFII94) Bromberg G. «
voo R. Ullrich. 423
30. Nestle, Wilb., Herodots Verh. zar Philosophie ood
Sophifttik. Sehönthal ih^S. 20 XIX.
31. Qoaatz, Herm., D. Figareo i. Ostg^iebel d. Zeasteinpels i.
Olympia. Berlin Ltt. G, 3
32. Siefert, Georg, PIutar|ch8 Schrift mqV'^d^vfilag. Pforta 9
33. Tr eodelenburgy Adolf, Die Aufangstrerke des heiligeo
Weges io Delphi. (Xri206: XFII 19i;5) Berlin .Frdr.G. 3
34. Waehmer, Walt, vgl. o. ÄFIIJ 148 mit Aum. 3 (XF 1Ö2I3\
Xni 200/1; XyiUUl) Göttinnen 11
2. Deutsch.
35. Siebert, Erost, Frage e. deatscheo Sprachakademie. A^otoau^e«/?;?^'. 4
36. Stiller, Otto, J. T. Volkmaoo, e. Quelle f. Goethes
Ual. ßeite. {XF 113) Berlin gr. KL 3
3. Geschichte.
37. Darpe, Frz., Kofsffliler ürk undcn hoch II 3r (A/f" i7i/5;
Xr 18416 \ Xyi 240/2; XFll 228 \ XFUl 162) Koes/eld 12
38. Droyseo, Haus, Histuire de la dissertatioo: fSur la litt.
allem, pobl. a Berlin eo 1780. Eiu Beitrag z. Charakte-
ristik des Staatsministers Graf. v. Hardeuberg. {XF
84; Xm 230/1) Berlin Kgit. G. 3
39. Kuaake, Em.. Köoigin Luise. 111. Während d. Wieder-
geburt Preußcus. {XHll 166/7) Tilsit Rg, 1
40. Kuapp, Th., Abriß d. Geschichte d. BaueroeutlastuBg in
Württemberg. Tübingen 20
4. Philosophie.
41. Boesche, Gost., Zu Fichte s^Gedächtois. Lippstadt Rg, 13
5. Bibliothekskunde. — Varia.
42. Ernst, Ronr., D. lokunabelo d. Bibl. d. Gymn. Jos. Hildesh Jos. 11
43. WiukeImann,Joh., Schutzd. Maturdenkmaler. Stettin SchiÜer-Rg, 6
S. i^ (8. o. S. 27i) : Zum Kapitel „Bewegungsfreiheit" vgl.
neuerdings die Bem(*rkuugen von G. ühlig über seine schon io den
neunziger Jahren «m Heidelberger Gymuasium geübte Praxis,
in: Das humanist. Gymn. XVlll (19U7) S. 180f. mit Aum. 1.
S. ij(? (Forts, d. Anm. 2 von S. i4.9) fuge hinzu: Die Stadt Berlin
ist im BegrifT, besondere Einrichtungen zur Förderung des alt-
sprachlichen Unterrichts zu treffen ; ihre schon bestehenden
Veranstaltungen zur Förderung des neusprachlichen und
naturwissenschaftlichen Unterrichts werden dadurch in
erfrenficher Weise ergänzt.
S. 166 V., 160 ff., 166 fr.:
Im An»chluß an die Ankündigung der Programmabbandlungen für 1908
(s. o. S. 421 den Zusatz zu S 269 f.) sei hervorgehoben, daß sich die
S.lö6!if., 166 ff. über das Abnehmen ihrer Zahl und seine
Gründe mitgeteilten Tatsachen und die aus ihnen gezogenen Schloß-
folgerongen aufs neue zu bestätigen scheinen. Mit gewissem Vorbe-
halt kann schon jetzt bemerkt werden, daß die Zahl au den preu-
FsiMchen Vollanstalten eiu wenig gestiegen ist (vgl.
S. 167); sie beträgt etwa 23o gegen 2]b im Jahre 19U7 (S. 163). Bei
den Healgy mnasien beträgt der Zuwachs sogar ca. 25%. Da-
gegen ist die Zahl bei den Nichtvollanstalten — von 63 (a.
a. 0 ) auf etwa 35 — gesuuken, uud zwar bei allen drei Schularten.
Ungefähr das.selbe scheint auf die entsprechenden Verhältnisse der
aufs erpreu fsischen Staaten des Deutschen Reiches zuzutreffen,
wiewohl sich diese z. Z. noch nicht ganz übersehen lassen, besonders
die der soddeutschen Staaten, in denen die endgültige Lieferung
sich von der Ankündigung etwas mehr zu unterscheiden pflegt. loter-
424 ProframmweseB and Prof ramabibliothek, voo R. Ullrich.
essaot ist die Tatsache, daB in P r e n Ts e o 2. B. die Zahl der Ab-
handioogea desto mehr aboiaiat, je weiter wir oach Weste« kowaiea.
So habeo, um aar eioii^e Beispiele auEofnhrea, yao 119 am Taoach-
verk,ehr teiloehoeodea Scbalea Braadeubar^a- 4Ö aoBer deo
Jahresbericbtea anch Abhandlansen aogekündi^t, von 25 Ao-
stalten P 0 s e 0 s find 18 mit aolchen beteiligt, in Schlesieo
kommen aof 69 Anstalten 33 mit Abbandlangen, in Sachsen (Pro v.)
auf 54 wiederum eine sehr hohe Ziffer, aämJich 41 (vgl. «. S. 167).
Dagegea haben inHanaover voa 54 Aastalten nur 10 eine Abhaad-
lung aogeküadigt (vgl. S. 213 mit Anm. 1 und S. 1^7), ia Hessen-
Nassau voo 48 Bur 11, in der Rheinprovioz (vgl. S. 213 A. 3
und S. 767) von 122 nni* 301 Die Gründe sind offenbar dieadbeo,
wie sie sieh uns Tür die fräberen Jahre (a. a, 0.) ergebea haben. Am
wicbtigiten ist der Umstand. daB die Beteiligung der Real-
schulen, wie die der Nicht voUaastaltan überhaupt, eine so ge-
ringe ist. So habeo io der Rheiaprovins überhaupt oor drei
Realschulen eine Abhandlung ao(;eküodigt, in Hannover und
Hessen-Nassau ist überhaupt keine beteiligt; in den a ufs er-
preu fsiscben Staaten sind (mit rübmlicher Ausnahme Hamburgs)
nur ganz gelegentlich Abhandlungen von ihnen aagexeigt. Gegoer der
Einrieb tu ng der Prograwmabbsodlnogea werden vielleicht darin deo
deutliebsten Bevteis ffoden, daß die Schulen, welche die modernateo
GruaduStse vertretea, auch dadurch den Fortschritt kundtun, daft sie
sich mit einer ,, veralteten** fiinrichtuag kaum aoch befasaeo. Ihre
Freuode werdea aber wünschen müssen, daß auch bei den Real-
schulen, ganz abgesehen voo gewissen äoßerea Umstandeo, die von
Einffuß auf die Sache gewesen sind (o. S. IßOt), sich allmihlich
die Erkeaatnis durchsetze, daß die Abhaadluugen, zeitgemäß aasge-
baut, in ihren Kreisen genau denselben Beruf, wenn nicht eines
höheren, zu erfüllen haben, wie bei den Vollaastaltea, die eioe für
sie lange segensreiche Einrichtung in der Hauptsache festhielten. In
den Kreisen der Oberlehrer aa den Realschulea wie
ia den Kuratorien der betr. StÜdte diese Erkenntnis zu
verbreiten, scheint mir zu den wichtigsten Aufgaben des
Programmweseas der nächsteu Zukunft zu gehören (vgl.
auch o. S. 200).
S. 183 Anm. 2 Z. 5 fuge hinzu : A. Messer.
S. 2i7 Z. 14 V. o. fuge hinzu: Wünschenswert, in vielen Fallen geradezu
notwendig ist es außerdem, schon in dem vorläufigen Verseiehnis
die Vornamen der Verfasser von Abhandlungen anzugeben.
S, 270 Anm. 3 ist einzunigen: Ew. Horo, Das hohen SehttboeMtm
der Staaten Europas. Eine ZusammensteUung der Stundenpläne.
2. Aufl., 1907, ebenda. VIll 209 S., ^ JC (nur broschiert).
S. 271 Z. 6 ff. V. o.: Der vor kurzem in Anhalt erfolgte Hinweia ia
dieser Richluog ist daher beinerkenswrrt (vgl. 0. S. 420 Nachtrag
zu S. 99 Nr. LI b); man kSnute ihn auf nicht wenige Jahresberichte
aus anderen Staaten mit gleichem Rechte auweoden.
S. 31S Z. 6 ff. V. o. : Die alphabetische Anordnung ist (mit Recht)
daher in Anhalt ausdrücklich vorgeschrieben worden; vgL den
Zusatz o. S. 420 zu S. 99 (Lia).
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.ZEITSCHRIFT
FOR I>A«
GYMNASIALWESEN
HfiBAUdOB6E0EN
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H. J. MÜLLER.
ULI. JAHR6AK0.
llKti NKUBH FOLOft BI N UN 0 V ISBSIG STB R ^ADitOAÜU.
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WEIDMANNBCHE BÜÜBHANDLUNO
aw. 21M1IBBSTIU8SB 94.
XAimskripte aod Briefe 9 die für die Redaktion bestimmt
«ind, werden erbeten nnter der Adresse des Ueransgebers: Gym-
nasialdirektor Prof. Dr. MOllery Berlin 8. 42, Brandenbnrgstr. 37.
Biiehery Karten n. s. w« sind nnr zn senden an die Weid*
mannsche Bnchhandlnngi Berlin 8W. 68, Zimmerstr. 94«
Preis fUr den JahrgaDg in 12 Heften 20 Marie.
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INHAIrT, ,
CRSTB ABTElLUiNG.
ABHANDLUNGEIH. 8«ite
Aus dffr pädagogischen Sektion der 49. VersaioiDluD^ deotscher Philologen
und Schulmünner zu ßasel, 24. — 27. September ]907, von Oberlehrer
a. D. Dr. M. Goeroe in Charlotten barg: 801
ZWEITE ABTEILUNG.
LITBnARISCHE BERICHTE.
G. Bodde, Die Theorie des freindspracblicheo Unterrichts in der Her-
bartschen Schule. Riue historisch-kritische Studie nebst einem Vor-
schlag zu einer JNcugestaltuug des fremdsprachlichen Unterrichts nach
V. / fiuem eioheitlirhen Prinzip, angcz. von Gymnasialdirektor Prof. Dr.
Al Busse in ßerlio SIO
Vergils Gedichte^ erklärt von Th. Ladewig; und C. Schoper. Erster
Band: Bukolika und Georgica, 8. Auflage von PaolDeutieke, aogez.
von Professor 0. Miirgenstero in GroB-Lichterfelde 813
A. Ipfeikof'er, bildende l^unsi a« Bayerus Gymnasien, Erwägungen, Er-
fahrungen und Vorschlage, ajigez. von Oberlehrer Dr. G. Reinhardt
in Dessau ...«...!'...; " . 816
H. Klaje, Waldenfrls und seine Grenadiere, ein Beitrag zur Geschichte
der Belagerung Kulbergs im Jahre 1807; K. Schlemmer, Leitfaden
der Erdkunde fiir höhere Lehranstalten, 1. nod 2. Teil, 3. Anfla^e,
angez. von Oberlehrer Dr J. Heiin g in Beigard a. Persante . . .821
G. H. Weber, Methodik des Turnunterrichts für Knaben und Mädchen
in Volks- und Mittelschulen, 4« Auflage^ ,G. H. Weber, MUocheoer
Spiclhuch für Knaben- und Mädchen^ Volks- und Mittelschaleo;
A. Hermann, Fest im Takt! Leichte Toostücke, Sing- and Tanz-
^itnsen zum Gebrauch beim Turnunterricht, angez. von Professor
^DKb.*'iriehm fil itrfl^fe'K^."; .^ .'.' : . • . . ^' : '. . . .829
G. Lauhuaivher", Scbnlnrzititi^keit undrScholgesuadheitspflege« «ngez..
von DtiTktor Dr. F. Satt ig in Goldberg in Schlesien 834
DRITTE ABTEILUNG.
BICMICin K Üßi:R VERSAMMLUNGEN, JVEKBOLOGE, MISZELLEN.
\ (MhnD(lliin{;iM) der Direktoren - Versammlungen in den Provinzen des
lüinipreirhs Preußen seit dem Jahre!l87ü^. ',»ßand 71 — 74 . . "^ . .
844
FortnetzuDg auf der dritten Seit« dee ÜmschlagM.
I 0 h a 1 1.
Seite
VIERTE ABTEILUNG.
Eingesandte Büchor 846
Titelblatt aod lohaltsverzeichois des Jahrj^aoges 1907.
JAHRESBERICHTE DES PHILOLOGISCHEN VEREINS ZU BERLIN.
Homer^ höhere Kritik, von Professor Dr. C. Rothe in Friedeoaa bei
Berlin.
M. Breal, Pour mienx connaitre Homere 306
Caaer, P., Homer, sein Werk und seine Knnst 325
Colardeau, Tb., Ulysse chez Alcinoos et chez le Cyclope (Odyssee
VII— IX) 316
Czyczkiewicz, A., Agamemoons Bestrafung 311
Deecke, W., De Hectoris et Aiacis cestamine siogolari 312
Fick, A, Die Grondschrift unseres Odysseetextes 322
Finsler, 6., Das 3. und 4. Buch der Ilias 309
Finnler, G., Die olympischen Szenen der Ilias 309
Finaler, G., Das erste Buch der Ilias übersetzt 327
Grimm, W., Homers lliade, 2. Auflage 32(5
Hahn, W., Stimmungen und Stimmungsbilder bei Homer, namentlich
in der Odyssee 326
Hennings, Chr., Die Entstehung der Odyssee 314
Hentze, C, Der homerische Gebrauch der Partikelverbindung at xs 323
Hentze, C, Zur Gnlwicfcelungsgeschichte der Finalsätze auf Grund
der homerischen Epen 323
Heusler, A., Lied und Epos in grammatischer Sagendichtung . . . 305
Muff, Chr., Der Zauber der homerischen Poesie 325
Patin, A, Zur Ilias X 48S— 499
Roemer, A., Einige Interpolationen der Odyssee und Aristarch . . 319
Schiller, Beiträge zur Wiederherstcllang der Odyssee 314
Schmid, C., Homerische Studien I. Homer, das helleoisclie Universalgenie 325
Schutte, W., Die Heimkehr des Odysseus 327
Stürmer, F., Die Entstehung der Odyssee 313
Stürmer, F, Zur Odyssee r 1—95 313
Stürmer, F., Die Phäakendichtung in der Odyssee 318
Wilde.r, 0., Zum Kyklopengedicht in der Odyssee 317
Literaturnachweise *. . . . 328
Rezensions verzeich nis 328
Titelblatt und Inhaltsverzeichnis des Jahrganges 1907
Neue Bände der Französischen Schulerbibliothek,
Quatre neu volles, par Julie Lavergne. Mit An-
merkangen und Wörterbuch in getrennten Heften. Von
F. Mersmann. geb. JC 1,20.
Oontes d'auteurs modernes. Mit Anmerkungen und
Wörterbuch in getrennten Heften. Von Prof. Dr. Mühlan.
geb. JC 1,20.
Verlag von Ferdinand Schöningh in Paderliorn.
I
(ßiiinnflliaf=,ßlfiriofripL*TuyÄ".k""'
Jbtdber 48 ipeftc mtt 411 ^ilbbtlbungcn u. v4 Sartcn.
3lu^fü^r(id)er ^^^rojpeft gratiiS. Soeben erfc^ieneit:
^^ 3m Jöm)4)en Äleinafien, SR ""' ^
45: 'O *H t^\J\\\)W)\fW K%\\fX\\\X}\K\\^ gebniffc öon Dr. 9t
Xl^lele. W\i 3 Sparten uiib 32 Sllbcni. 2 3W., geb. 2,60 SW.
.r-)cft Af (f:tf/Y *" f^^"^" Scsic^ungcn j;ur anllfen JlulturtDcIt SSon
4G: aVI l IIU (SJt}mn.=Xtrcftor Dr. gr. (Gramer. 2»lt34abbilbungcn
unb 3 Siartcn. 2,40 in., geb. 3 3Je.
S^cft TN^f^^ bic Safcl bc^ 2lpoIIon. »on «Prof. D. gritfiil. 3Rtt
47: aJCIUv^ 27 Slbbilbmigcn. 1,50 3}i., geb. 2 ÜJl.
S^eft
48:
rft T\^f 4^f%; bic Crafclftättc be« apollon. »on $rof. D- ^ritf^.
i: i/tl|;l/l^ m\i 47 Slbbilbungcn. 2,40 3W., geb. 3 3Jl.
Verlag pon £. Sevtel&mann in ®iitef0(at^.
3'
3m ^l^erlage bon ^erbinanb ^iJ^önittfi!^ in ^aberb^nt erfc^ien
focben unb tft tu allen Jöudjtianblungcn öorrätlg:
^d)ö'ningt>ö 2(u6gabcn bcutfct)er Rlaffifcr mit (ErlfiuteiFungcn.
^cinllers Jlon liarlos- 9}lit Einleitung unb Srnmerfungcn bon
br. (iJorgcö, ö)i)ninaf =DbcrIcI)rcr. geb. JC "i,-.
Der S^dm^äbifdic Didjtcrftcis. £i)rtfc6c unb cj)if*e ®e=
bid)te auSgcmäljU unb erläutert bon E^. 21. O^I^, @^mnaf.=ßc!^rcr.
geb. M 1,50.
Verlag der Weidmann fcbcn Bud^handlun^ tu BMin.
iltttfdifagß auf tfeii f ßfimsrocg.
S)cutf(^cn S^ünglingen erteilt
Ludwig ^cnigcr^
a)lrcrtor De« aBiII)cIm-(gnift'ÖDmnQf\um« In Säetmar.
®r. 8^ (VII u. 291 ©.) 1906. @c^. 5 2R., In cleg.
iiclnroanbbanb 6 aW.
„2Bir cnipfcljlen ba« flcl)altbolIc )j3uc^ Sllten unb 3"ngen; für
5Uiiturieiiten, aud) für reifere Jäonfirmanbeu faun c« ein ^t^aru« am
Ih'cere be^ ßcbcii^^ iuerben."
9}?onatfd)rlft für ^ö^crc ©d^ulen.
iMit l^^il.JLcii Von Paul Neff Verlag (Max Schreiben in Esslin
"n a. X. und der Weidmannsclien Buohhandlnng in Berlin.
Für die Hodaktion ver..utwortlich : U. J. Mallor in Berlin.
Drack tod W. Pormetier in Berlin.
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'^ö 16 i9oa
3 7 '0 , .^
ZEITSCHRIFT
FÜR DAS
GYMNASIALWESEN
HERAUSQEOEBEN
T05
H. J- MÜLLER.
LXI. JAHRGANG.
DKR KEUBlf FüLOB EI 19 U 2« D V I B RZI Q 5TS R JAHROARO»
SUPPLEMENTHEFT.
BERLIN 1907.
WEIDMANN8GHE BUCHHANDLUNG
S^. ZIMHBRSTRASZB 94.