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Full text of "Technologische encyklopádie;"

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Ei — — — 

















— 


Technologiſche 


Encyklopaͤdie 


oder 


alphabetiſches Handbuch 


der 


Technologie, der techniſchen Chemie und des 
Maſchinenweſens. 


Zum Gebrauche 
für ’ 

Kameraliften, Ökonomen, Künftler, Rabrifanten 
und Gewerbtreibende jeder Art. 





Herausgegeben rauen 







IM 


3ot. Jos Brer ti, 


— 


2.2.2.8. wirft. ae pearl und Direktor des P. F. polytechniſchen Inftitutes in 
Wien, Mitgliede der f. f. Landwirthichaftss Gefellfchaften in Wien, Grätz und Laibach, 
der E. k. Seſellſchaft des Aderbaues, der Naturs und Landesfunde in Brünn, der 
GSeſellſchaft Für Raturwiffenfchaft und Heilkunde ! Heidelberg ; (Shrenmitgliede der 
Akademie des Aderbaues, des Handels und der Künfte ın Berona ; Porrefpond Mits 
gliede der königl. Baier. Ufademie der Wiffenfchaften, der Sefellfchaft zur Beforderung 
der nüglichen Künſte und ihrer Hülfswiffenfchaften zu Frankfurt am Main; auswär⸗ 
tigem Mitgliede des polgtechnifcken Vereins für Batern; ordentl. Mitgliede der Geſell⸗ 
zur rderung der gefammten Naturwiffenfchaft au Marburg und des lands 
wirtpfcheftlichen Vereines des Srofiperzogtbumes Baden; Shrenmitgliede des Vereins 
für Beförderung des Sewerbfleißes in Preußen, der ofonomifchen Geſellſchaft im 
Königreihe Sachſen, der märkifhen ofonomifchen Geſellſchaft zu Potsdam, der allges 
meinen ſchweizeriſchen Geſellſchaft für die men Naturmiffenfchaften, und 
des Mpothekers Vereines im Großherzogthume Baden. 


2 a 
— 





. Erſter Band. 


Abdampfen — Baumwollzeuge. 
Mit den Kupfertafeln ı bis 19. 


Im Berlage der 3%. ©. Evttafhen Buhhandlung. 


Wien, Bei Carl Gerold. 








Erg 38,30 


166] So. 78: 


€ Tr nur Drssıel, 


— BE. PRZ 





Gedruckt bei Earl Gerold 
in Wien. 








—— — 





n 


Borrede 


Da Umfang des Werkes, von welchem hier der erſte 
Band dem Publikum übergeben wird, ſoll 10 bis 12 Bände 
betragen. Es wird in dieſer Form ein technologiſches Handbuch 
darſtellen, das zum Nachſchlagen, zum Unterrichte und zur 
Ueberſicht für Jeden dient, der ſich uͤber irgend einen Gegen⸗ 
ſtand der techniſchen Kuͤnſte in irgend einer Beziehung beleh⸗ 
ven will, und deſſen Anſchaffung durch die Vertheilung der " 
Ausgabe auf mehrere Fahre und durch den billigen Preis, 
den die Verlagshandlung gefeßt hat, auch dem lUnbemittels 
teren nicht fchwer wird, Man hat diefen Umfang für noth- 
wendig, und für den möglid) leinften gehalten, um die uns 
geheure Maffe von Gegenftänden und Thatfachen, welche die 
chemiſchen und mechanifchen Zweige der Technologie in fich 
faſſen, mit derjenigen Vollftändigfeit und Gruͤndlichkeit dar⸗ 
zuftellen, daß nicht etwa eine bloß hiftorifche Weberficht der 
Berfahrungsarten (die weder ben Theoretiker und wiffenfchaft- 
lich Gebildeten, noch den Praktiker befriedigt) gegeben, fon» 
dern eine, zwar gedrängte, aber felbft in praßtifcher Beziehung 


IV 

hinreichende , dabei gehörig begründete Darftellung jedes ein- 
zelnen Gegenftandes nach feiner gegenwärtigen Befchaffenheit 
und Ausbildung geliefert werde. 

Um bei dem befehränkten Raume die leßtere Bedingung 
zu erfüllen ‚ war es nöthig, die einem gewöhnlichen Wörter 
buche eigenen häufigeren Nachweifungen von einer Sache auf _ 
die andere, und das Zerfpalten von Gegenftänden, die ihrer 
Natur nach zufammengehören, in viele einzelne Artikel, und 
dadurch Wiederhohlungen und Zurückführungen auf dieſelben 
Gründe moͤglichſt zu vermeiden; Daher in ber Regel nur groͤ⸗ 
Bere und umfaflendere, nach gehöriger Ueberlegung ausge 
wählte Artikel zu geben. Zur Vermeidung der aus diefer 
Anordnung entfpringenden Schwierigkeit in der Auffindung 
einzelner Notizen und Worserflärungen wird dein Ganzen in 
Form eines Negifters ein Wörterbuch der technifchen Kunſt⸗ 
ausdrüde angehängt, in welchem fich auf die bereitö in dem 
Werke felbft gegebenen Erklärungen, die dort mit der ver 
wandten Sache im Zufammenhange vorfommen, bezogen 
wird, Diefes Negifter wird auch Erklärungen von fol 
hen Wörtern oder.Sadhen enthalten, die gelegenheitlich im 
Werke felbft nicht vorgekommen find, und zu Burg oder 
zu wenig wichtig waren, um als eigene Artikel behandelt 
zu werden, 

Das vorliegende Werk ift fonach ein fechnologifches Hand⸗ 
buch in alphabetiſcher Ordnung, deſſen Zwed die gründliche 


Darſtellung der Sache ifi; keineswegs aber ein technologifches 
Lexikon, deffen Hauptzweck in der Erflärung der Wörter. he 
fieht, und in welchem daher, wie in Jacobs ſon's und Pop 
pe's Wörterbüchern, alle mehr oder weniger gebräuchlichen, 
zum Theil auch veraltete oder nur in einzelnen Orten und Pror 
vinzen befannte, auf die Ausübung der Künfte ſich beziehende 
Ausdrüde und deren Synonyme, ja felbft auch ſolche, deren 
Bedeutung ohnehin allgemein befannt ift, als einzelne Artikel 
behandelt werden, Durch die Befeitigung diefer lexikographi⸗ 
ſchen Eigenheit hat man für die Sache felbft bedeutend am 
Raum geivonnen, indem bie wahren technifchen Kunftaus« 
drüde in der zufammenhängenden Befchreibung der Sache 
felbft ohnehin vorkommen, und fich hier ihre Erklärung viel 
fürzer und dabei vollfländiger und deutlicher ergibt, als in 
fpeziellen Artikeln, die nur eine Wiederhohlung bes ander- 
waͤrts gefagten oder zu fagenden feyn können. Das Negifter 
aber wird, wie gefagt, ein Wörterbuch der Kunſtaus⸗ 
drücke vorftellen, und das Nachfchlagen jedes einzelnen, 
auch noch fo untergeordneten Gegenftandes möglichft erleiche 
teen. In dem Texte find alle jene Worte durchſchoſſen ge- 
druckt, welche eigene Artikel des Regiſters oder des Wörter: 
buchs ausmachen, 

Die Haupttendenz des Werkes ift praktiſch. Willen 
ſchaftliche Begründung iſt jedoch dabei nicht ausgefhloffen, 
vielmehr mit Sorgfalt berückſichtigt; denn nur diefe bringt in 


VI 


viele Begenftände diejenige Einfachheit und Ueberficht, und 
vereinigt mannigfach Zerftreutes zum gleichartigen Ganzen in 
der Art, daß davon auf wenigen Blaͤttern im Weſentlichen 
eben ſo viel geſagt werden kann, wie außerdem durch kompi⸗ 
latoriſche Zuſannnenhaͤufung auf eben ſo viel Bogen. Ueber⸗ 
dem iſt, mag man ſonſt auch noch ſo viel von dem großen 
Antheile ſprechen, welchen Vervollkommnungen der Künſte dem 
Zufalle verdanken, ſo viel gewiß, daß nur wiſſenſchaftliche 
Einſicht in die Gründe der techniſchen Verfahrungsarten Klar⸗ 
heit in die praktiſche Behandlung und Beſtaͤndigkeit in den 
Erfolg bringt, und daß eine weſentliche Vervollkommnung in 
manchen Künſten nicht ſowohl in der Entdeckung neuer Ver⸗ 
fahrungsarten, als eben in der Sicherheit und Beſtändigkeit 
des Erfolges liege‘, welche in der Negel nur a die Sn hf 
der Gründe erhalten werben koͤnnen. 

Nein wiffenfchaftliche Artikel, wie fie in ähnliche Hands 
bücher für naturhiſtoriſche, phyſiſche, chemifche und mecha⸗ 
niſche Wiffenfchaften gehören, find in diefem Werke vermie- 
ben, weil die Nefultate der theoretiſchen Unterfuchungen bei 
denjenigen Gegenftänden vorkommen, zu denen fie gehören. 
Doch hat man in diefem Bande einen Artikel über die chemi⸗ 
ſchen Aequivalente und eine Tafel derfelben aufgenommen, 
weil eine folche Tafel die Erfahrungs « Nefultate der theoretis 
fhen Chemie umfaßt, durch diefelbe daher eine Menge Nach⸗ 
mweifungen über die Zufammenfegung der Körper im Ver⸗ 


vu 


laufe des Werkes erfpart werben ‚ und weil die Anwendung 
derfelben dem technifchen Chemifer bei den Zerfeßungen und 
Zufammenfeßungen ; die er vornimmt, unentbehrlich ift, 
| Diefelbe Befchränfung auf den rein technifchen und prafa 
tifchen Zweck dieſes Handbuches, ohne welche die zweckmaͤßige 
Behandlung der Gegenſtände in dem angenommenen Raume 
nicht möglich wäre, enthält auch den Grund, daß den ver- 
fhiedenen Naturproduften, welche, ohne durch Arbeit eine 
Umftaltung oder Zurichtung erhalten zu haben, ald Waaren 
und Materialien zur Fabrikation im Handel vorfommen, in 
diefem Werke Feine eigenen Artikel gewidmet find, indem dies 
felben als Materialien da zur Sprache fommen, wo ihre 
Anwendung für einen oder den andern Zwed eintritt. 
Naturgefchichte, Phyſik, Chemie, Mathematik und Me« 
chanik find unentbehrliche Hülfsmwiffenfhaften der Technologie : 
Iegtere nimmt jedoch aus denfelben nur dasjenige, was ihren 
praftifchen Forderungen entſpricht. Die Technologie im all⸗ 
gemeineren Sinne umfaßt als Gegenftand alles dasjenige, 
was durd menfchliche Kunft und Arbeit eine neue Geftal- 
tung zu irgend einem Gebraudhe annimmt *) , fo wie die 
”) Der Gebrauch unterfeidet die Produkte der technifhen Kunft von 
"jenen der zeichnenden oder bildenden als folden. Der Zwed bes 
durch die technifche Kunſt dargeftellten Gegenftandes ift der Ge: 
braud , beruhe diefer nun auf der Nothwendigkeit, oder auf dem 


Nusen, oder auch nur auf Ergoͤtzlichkeit und Vergnügen. Die Pros 
dukte der zeichnenden oder bildenden Kunft dienen dagegen an und 


VIII 
Mittel, dieſe Geſtaltung zu bewirken. Dieſe künſtliche 
Umänderung betrifft entweder die Subſtanz, d, h. aus den 
natürlichen Produkten oder Stoffen werden neue, von den 
früheren in der Wefenheit verfchiedene hervorgebracht; oder 
fie betrifft die Korm, d. h. aus den natürlichen oder aud) aus 
Sünftlihen Produkten werben verfchieben geftaltete Dinge für 





für fih nur zur Beſchauung, ohne Rüdfiht auf einen natürlichen 
Gebrauch in der Ephäre des phnfifchen Lebens: fie find für die Aus 
gen, was die Muſik für die Ohren iſt. Die techniſchen und bildens 
den Künfte greifen daher mannigfach in einander. Co iſt ein zu 
einer Statue beſtimmtes, durch bloß techniſche Hülfsmittel ausgeführ⸗ 
tes Bild eines Pferdes aus Holz ofſenbar ein Gegenſtand der bil⸗ 
benden Kunft: ift dagegen ein folhes Pferd mit gleich volllommener 
Form hergeftellt, aber noch mit einem Innern Mechanismus verfehen, 
Durch welchen es dem lebenden Pferde gleich vorwärts fchreitet ; fo ger 
hört diefer Gegenftand zur technifchen Kunft, ob er gleich die Natur 
noch volllommener nachahmt, als jenes Pferd aus Holz; weil hier 
ein Gebrauch eintritt, entweder um dieſes mechaniſche Pferd zum 
Vorwaͤrtsziehen zu verwenden, alſo zum Nutzen, oder auch zur 
bloßen Kuriofität und zum Vergnügen. In dem letztern Falle iſt 
die nachahmende Form nur Nebenfache, in dem erftern aber die 
Hauptfaht. Daher treten auch Fälle ein, wo ein und derfelbe Ger 
genftand,, bloß nach der Abänderung feiner Beftimmung, bald zur 

- technifhen, bald zur bildenden Kunſt gehört. So iſt die zum 
Pugmerke beftimmte Eünftlih nachgeahmte Blume ein technifcher 
GSegenftand, der eine eigene Fabrikation begründet: ftellt man 
dagegen eine folhe Blume bloß zum Anfehen auf, fo gehört fie 
als Gegenftand eben fo gut zur. bildenden Kunft, als irgend 
eine andere bildlihe Darftelung eines natürlichen Gegenftandes, 
wenn dieſe Produktion Leinen anderen Zwed hat, ale das bloße 
Bild. : 


R 


verſchiedene Zwecke hergeſtellt. Die Arbeiten der erſten Art 
machen die chemiſchen, jene der zweiten die fo gendunten 
mechanifchen Sandthierungen und Künfte, oder bie empiriſch 
techuifchen Berfahrungsarten aus, die marı auch mit dem 
Nahmen der Technologie im engeren Sinne, oder der em⸗ 
pirifhen belegt. Biele Verrichtungen ſchweben auf :.ber 
Grenze son beiden. Alle diefe Arbeiten, vorzüglich die 
kegteren, koͤnnen mit Erleichterung und Vollkommenheik ‚nur 
duch Hülfe von Werkzeugen und Maſchinen ausgeführt 
werben, beren Kenntniß und Anwendung Daher ebenfalls 
einen dritten und wichtigen Zweig der "Technologie aus⸗ 
macht, In diefem Umriſſe find die Grenzen des vorlle⸗ 
genden Werkes enthalten, und in dieſen Sinne ift dafielbe 
auf dem Titel als ein alphabetifhe® Handbuch ber. tech“ 
nifchen Cheinie, der — und des — 
bezeichnet. 

Bei der Bearbeitung der Artikel ſelbſt hat man — ge⸗ 
genwartig beſtehenden Zuſtand des Gegenſtandes im: Auge 
behalten, ohne geſchichtliche Nachweiſungen einzumengen. 
Das Geſchichtliche der Erfindungen paßte nicht in das vorlie⸗ 
gende Werk, deſſen Raum der Darftellung der Säche, wie 
fie in ihrem jeßigen Grade der Ausbildung da iſt, gehört, 
Daher wird man auch in dieſem Werke eine Menge von Bors 
ſchriften und angeblichen Berbefferungen und Erfindungen, 
die in Schriften und Sournalen älterer und neuerer Zeit mit 


X 


getheilt wurden, aber in der Ausübung ohne Werth find, 
vergebens fuchen, — dagegen, fo viel e8 an ber Sorgfalt ber 
Verfaffer lag, nichts vermiffen, mas für die praftifch richtige 
Darftellung des Gegenſtandes zu Diefer Zeit weſentlich war. 
Auch in foldhen Fällen, wo vielerlei, immerhin brauchbare, 
Abaͤnderungen in Vorrichtungen oder Verfahrungsarten zu 
demfelben Zwede führen, ift e8 in einem foldhen Werke uns 

moͤglich, oft mur einen Eleinen Theil derjelben anzugeben; 
| fondern «8 müffen aus diefer Maffe für verfchiedene Haupt. 
| zwecke einige Mufter auögehoben, und die Bedingungen nach⸗ 
| gewiefen werden, deren Erfüllung bier im Allgemeinen wefents 
lich ift, und die in Ausführungen für verfchiedene Zwede 
bei mannigfaltiger Abänderung beachtet werden müffen: fo 
daß ed demjenigen, der diefe Grundſätze wohl verftanden ans 
zuwenden weiß, leicht ift, jene Abanderungen nad) jedem ein⸗ 
zelnen Zwecke vorzunehmen, oder ſchon vorhandene Vorrich⸗ 
füngen zu beurtheilen. Daß übrigen6 ein ſolcher Plan nur 
durch eine mühſame, eigenthümliche Bearbeitung der Artikel, 
mit Vermeidung jeder Art von Kompilation, zu erreichen 
ſey, kann der Sachverſtaͤndige leicht beurtheilen, und der 
vorliegende erſte Band dürfte wohl ſchon einen Beleg dazu 
geben. Die Verfaffer haben ſich das Ziel gefeßt, Feine 
Angaben, Nachrichten oder Vorſchriften aufzunehmen, die 
nicht aus authentifcher Quelle kommen, oder die fie nicht 
als wahr, nützlich und durch die Natur der Sache begründet 


X 


erkannt, oder nicht ſelbſt erfahren, ober nicht durch autopti⸗ 
ſche Anficht verglichen oder Eennen gelernt haben, wenn nicht 
ausdrücklich bemerkt ifi, daß nur von einem Vorſchlage die 
Rede ſey. 

Literariſche Nachweiſungen konmen in dieſem Werke nur 
dann vor, wenn entweder über die einzelnen Gegenſtaͤnde, 
welche ein Artikel enthalt, Schriften vorhanden find, die diefe 
Sache in der Art erfchöpfen, daß das Nachlefen derfelden für 
denjenigen, ber eine vollftändige Kenntniß erlangen will, un« 
entbehrlich bleibt; oder wenn die weitere Ausführung, Die an⸗ 
deröwo anzutreffen ift, in dem Werke ſelbſt, feinem Plane 
nad, nicht mit Vollfländigkeit gegeben werden fann. Ein 
ziemlich vollfländiges Verzeichniß technologifdyer Schriften 
findet fih in der neuen Ausgabe von Erſch's Handbuch 
der deutſchen Literatur; dann in Leuchs polptechnifdjer 
Bücherkunde, Nürnberg 1829; und in Kriegers Hand⸗ 
buch der Literatur der Gewerbkunde, 5 Bände, Marburg 
1815 — 1822. — 

Ueber das Bedürfniß eines Werkes nach dem vorliegen⸗ 
den Plane dürfte es kaum noͤthig ſeyn, viel zu ſprechen. Bei 
der großen Menge von Materialien, welche in Schriften aller 
Art, zumahl in den Zeitſchriften, die ſich die Verbreitung 
der Erfindungen und Verbefferungen im Gebiethe der Ge⸗ 
werböinduftrie zum Geſchaͤfte machen, oft ohne Auswahl und 
Kritik zufammengehäuft find; — bei der ungeheuren Aus⸗ 


Ku — 

dehnung des Feldes der Technologie, und bei dem weit ver⸗ 
breiteten Streben unausgeſetzt Verbeſſerungen in Die techni⸗ 
ſchen Kuͤnſte zu bringen, und Neues an die Stelle des zu⸗ 
nächft Bekannten zu feßen, wird e8 demjenigen, der über ir⸗ 
gend. eine technifche Berfahrungsart, Thatſache oder Verbeſſe⸗ 
zung Rath zu hohlen wünfcht, oft fehr ſchwer, die gegenwaͤr⸗ 
tige Beichaffenheit der Sache und den legten Stand ihrer 
Vervollkommnung mit Sicherheit zu erheben. Bei dieſem 
Drängen nad) dem Neueren tritt oft das fchon Bekannte, nicht 
weniger Gute und Brauchbare, manchmahl felbft Beſſere, im 
den Hintergrund, ja in die Vergeffenheit, und daraus erfläct 
fi) die Erfcheinung, daß umfere Zeitfhriften häufig Ver⸗ 
 befferungen “oder Erfindungen als Neuigkeiten enthalten, 
die längft bekannt find. Diefer Umſtand tritt oft felbft 
den wahren Fortfchritten in der technifchen Kunft bindernd 
entgegen; benn jede neue Derbefferung, wenn fie wahr 
und fruchtbringend feyn fol, kann nur aus der genauen 
Kenntniß desjenigen, was in dieſem Gegenftande als das 
Beſte bereits bekannt und erfahren iſt, hervorgehen. Eben 
dieſe Kenntniß, durch welche zugleich die wiſſenſchaftliche 
Grundlage des Weſens der Sache und ihrer Bedingungen 
gegeben iſt, iſt dann auch eine reichhaltige Quelle neuer 
nützlicher Zuthaten, Anwendungen und Vervollkommnun⸗ 
gen für denjenigen, der Nachdenken mit Scharfſinn ver 
einigt. 


ım 


Die Artikel in dem vorliegenden Bande haben außer 
dem Herausgeber den. Herrn Georg Altmütter, ord. 
Hrofeſſor der Technologie am k. k. polytechniſchen Inſtitute 
in Wien, und den Herrn Karl Karmarſch, vormahl. 
Aſſiſtenten der Technologie an dieſer Lehranſtalt, zu Ver⸗ 
faſſern, welche beide beſtaͤndige Mitarbeiter dieſes Werkes 
ſind, und deren thätige und kenntnißreiche Beihülfe das 
raſche Fortſchreiten deſſelben verbürget. Die von dem Herrn 
Profefior Altmütter verfaßten Artikel find mit G. A., 
die von Herrn Karmarſch verfaßten mit K. K., und die 
Artikel des Herausgebers mit d. H. unterzeichnet. Daß 
übrigens ſaͤmmtliche Artikel nach einem und demſelben Plane 
und in demſelben Geiſte bearbeitet werden, kann der Sachs 
fimdige bereitö aus diefem erften Bande entnehmen. 

Noch muß ich bemerken, daß die erſte Anregung zu dies 
fem Handbuche dem um die deutſche Literatur und Induſtrie 
vielfach verdienten Eönigl. preuß. geheimen Hofrathe und 
tönigl. baier. Kämmerer Freyheren von Cotta gebührt, 
auf deffen Aufforderung und Anträge ich die Herausgabe 
dieſes Werkes übernommen habe, das in feinem Verlage 
erfcheint, und in Wien bei Herrn Gerold gedrudt wird, 
Geſtützt auf die Verhandlungen mit demfelben kann ic) 
verfihern, Daß bei dieſem bedeutenden Unternehmen den | 
Heren Verleger keineswegs eine Berechnung buchhändlerifchen 
Gewinnes, fondern nur der Wunfch geleitet bat, dem 


XIV 


Publikum ein nügliches und dem obwaltenden Bedürfniffe 
entiprechendes Werk in die Hände zu geben, 

Schließlich ift zu erinnern, daß die in diefem Werke 
vorfommenden Maß⸗ und Gewichts Angaben jederzeit, wenn 
ein W. beigefeßt, oder nur nicht ausdrücklich dad Gegentheil 
bemerkt ift, nach dem Wiener Maße und Gewichte .. 
den werden müllen. 


Wien, den 10. Auguſt 1829. 


Der Herauögeber. 





EREREN 


Abdampf en, ©. 1. — I Durch freies euer, S. 83 IL en 
Wafferdampf, ©. 11; II — erhister tim gelten, ©. 18; 
IV. an freier Luft, ©. so; V rmter Luft, S. 22; VI. im 
leeren Raume, ©. 2b. 


Abdampfungsofen, ©. 33. 
Abdrüde, ©. — — in Wachs, Suse Siegellad, ©. 46; in 
Schwefel, ©. 475 in Som, Glas, S. 48; in Thon, ©. 513 in 


nt maflen, ©. Ba ; in Papier, Birkenrinde, Leder, Haufenblafe, &.54; 
etallen, ©. 55 (Abklatſchen, ©. 57). 


een. S. 67. 
an ©. 68; — aus Gyps, ©. 71; aus Schwefel, ©. 82; aus 
Baht, ©. Bi; aus Siegellad, Haufenblafe, Leim, ©. 85; aus 
Aaun, ©. 86; aus Salpeter, Metallen, ©. 87; Geoftereoplaftit, S. 89. 


Abkühlen, S. 90; — 1) durch kalte Körper, S. 91; 2) durch Venti⸗ 
lation, S. 90; 3) durch Verdünſtung, ©. 92; 4) durch Ausſtrah⸗ 
fung, ©. 97; 5) durch Luftverdunnung, S. 1003 6) durch Sr 
löofungen, ©. 103. 


Abtreiben, S. 103; — im Kleinen, S. 104; im Großen, ©. 109» 
Abziehriemen, ©. 113 

Aequivalente (demifhe) S. 120. 

Aether, ©. 165. Echwefelätper, S. 166. Eſſigäther, S. 170. 


Aetzen, S. 1713 — in Kupfer, ©. 1715 in Stahl, ©. 180; u Glas, 
©. 183; ; aufStein, 8.183; auf Perlenmutter, Bernftein, S .ı845 
auf Bein und Elfenbein, ©. 185. 


Ahle, S. 185. 

Alabaſter, ©. 190. 

Alaun, ©. 195. Alaunfabrikation aus Alaunftein, S. 1965 aus Alaun⸗ 
fdiefer, ©. 198. 

Altalien, S. 216. Alktalimeter, ©. 218. 

Altohol, S. 233. Alkoholometer, S. 228. 

Amalgam, ©: 245. 

Amalgamation, ©. 248. 

amboß, ©. 258. 

Ammoniak, ©. 264. Koplenfaures Ammoniak, ©. 271. 


Angel, ©. 275. ne an Werkzeugen, ©. 275. Thürangeln, ©. 296. 
Sifhangeln, S . 277 

Anker, ©. 383. 

Anftreihen, Anftride, ©. 291. Anfteeihen mit Farben, ©. agı. 


Waſſerabhaltende Anftrihe, S. — euerabhaltende Anſtriche, S. 297. 
Roftabhaltende Anſtriche, ©. Zoꝛ. g 5 nſtrich 297 





XVI 


Antimon, ©. 302. Antimonoxyde, S. 302. Antimonſalze, S. 304. 
Schwefelantimon, S. 305. Darſtellung des Autimons, S. 309. 

Appretur, S. 311. 

Aräometer, S. 8314; — I. mit Gewichten, S. 315; II. mit Skalen, 
&.318: ı)allgemeine, S. 320; 2) befondere, S 333. Altoholometer, 
©. 336. Raugenwagen, Salsfpindeln, Salpeterfpindeln, Pottafchens 
wagen, Sackharometer, 5.337. Milchmeſſer, ©. 338. Weinwagen, 
Bierwagen, Moftmefler, S. 340. : Sohes Aräoıneter, & 341. i 

Arfenit, S. 341. Acfeniloryde, S.343. Schwefelarfenit, ©. 343. Ges 
‚winnung ded Arfenifs, ©.344 5 der arfenigen Säure, ©. 345; der Ars 
und des arfenikfauren Kali, S. 347; des Schwefelarfeniks, 


h Asbeſt, S. 349. 

Aufhangmaſchine, ©. 354. 

Auflöfung, ©. 361. 

Augen, ©. 369. 

Ausdehnung, ©. 374. 

Auspreßmafhinen, S. 382. 

Ausfhlageifen, S. 384. 

Ausftopfen, ©.3895 — der Säugethiere, 5.390; der Vögel, S. 395 5 
der Amphibien, S. 400; der Fiſche, ©. 401 ; der Infelten, ©. 402. 

Automäte, ©. 403. " 

Art, ©. 417. ‘ 

Bandfabrtilation, ©. 419. Arten der Bänder, ©. 420. I. Borars 
beiten zur’ Fabrikation, S. 424. II. Das Weben, S. 428: ı) Müpfe 
ftühle, ©. 438; 23) Schubituhl, ©. 4525 3) Handfluhl, ©. 456. 
IH. Die Zurichtung der Bänder, ©. 457. 

Baryt, ©. 461. 

Baſt, ©. 466. Baſthüte, S.467. Sparterie, S.470. - 

Baummolle, S. 472. Egrenir-Mafhinen, ©. 473. Packpreſſen, S. 477. 
Sorten der Baummolle, ©. 483. ji * 

Baumwollſpinnerei, ©. 487. 1. Reinigung und Auflockerung der 
Baummplle, ©. 489. 1. Schlagen aus freier Hand, ©. 4go. i1. Schlag⸗ 
maſchinen, S.4gı. ım. Wolf, ©. 4gı. Below (Willow) ©. 494. Ro: 
dier'& Aufloderungs » Mafchine, S. 498. ıv. Flackmaſchinen, S. 499. 
Putzmaſchine, S.500. Wattenmafchine, 5.505. II. Das Kratzen, S. 513. 
Borkrage, S. 515. Feinkrabe, S. 521. Lapping » Mafchinen, ©. 523. 
Kratze mit geftrechten Bändern, ©. 527. III. Das Dupliren und Streß 
ten, ©. 534. Strede, ©. 538. IV. Erftes Spinnen, ©. 54ı. 1. Raters 
nenbant, ©.542. 11. Srobfpindelbant, S. 545. V. Zweites Spinnen, 
©. 562. 1. Borfpinnmafchine, ©. 562. 11. Feinfpindelbant, S. 564. 
VI. Drittes Spinnen, ©. 567. 1. Water: Spinnmafhine, ©. 567. . 
ır. Mule:Spinnmafchine, ©. 573. VII. Das Hafpeln, 5.594. VIII. Daß 
Sortiren, S.595. Sortirwage, ©. 598. IX. Die VBerpadung, ©. 600. 
Packpreſſe, S. 600. 

Baumwollzeuge, ©.602. Arten derſelben, S. 602. Fabrikation, S. 608. 








Abdampfen. 


Abdampfen, Verdampfen, Abdünſten, Ver⸗ 
dünften bezeichnen im Allgemeinen jene Vorgänge, bei welchen. 
irgend eine Slüffigfeit in Dampf verwandelt, und in diefer Ge» 
alt verflüchtiget wird. Abdanmpfen bezeichnet im Befondern 
die Operation, durch welche aus einer Auflöfung die Klüffigfeit 
zum Theil oder ganz durch Verflüchtigung entfernt wird, um im 
erften Falle Diefelbe zu konzentriren, einzudiden, abzu— 
rauchen; oder im zweiten Falle den aufgelöften Körper in trocke⸗ 
ner Geſtalt abgefchieden darzuftelen, zu trodnen. In den 
meiften Faͤllen iſt der zu verflüchtigende Körper das Wafler. Ver⸗ 
dampfen bezeichnet die allgemeine Erfcheinung der Verwand⸗ 
lung der Slüffigfeiten in Dampf unter den gehörigen Umftänden. 
Abdänſten und Verdünften bezeichnen dieſelben Erfchei- 
unngen bei geringeren Wärmegraden, befonders bei der gewöhn- 
lichen Temperatur der Atmofphäre, während bei dem Abdampfen 
gewöhnlich die Anwendung einer höheren Temperatur voraudges 
feßt wird. So fagt man, die Salzauflöfung wird zur Trockene 
abgedampft, wenn Dazu eine höhere Temperatur angewendet wird, 
bei weicher ein Sieden der Flüſſigkeit erfolgt; die Salzauflöfung 
verdunftet, oder wird abgebünftet, wenn jenes nicht der Fall if. 
Diefe verfchiedentlidy benannten Vorgaͤnge find übrigens von gleis 
der Natur und Befchaffenheit, indem fie im Wefentlichen immer 
darin beſtehen, daß die Slufligfeit in Dampf’ verwandelt wird, 
geſchehe dieſes nun bei nieberer oder höherer Temperatur, bei 
größegen oder. geringerem äußeren Drude. 

Zus nöthigen Begründung der nachfolgenden praftifchen Er⸗ 
rterungen müſſen wir bier folgende Erfahrungsfäpe aufftellen. 

L Der Dampf, welcher fid) aus einer Shüffigfeit, . ©. dem 
Vaſſer entwidelt, iſt elaſtiſche Fluͤſſigkeit, deren Elaſtizitaͤt 

Technoi. Encyelop. I. Bd. N 


_ 





2 Abdampfen. 


und Dichtigkeit nur allein von der Temperatur der Flüſſigkeit ab⸗ 
hängen, aus welcher der Dampf entfleht, und mit welcher er in 
Berührung if. So haben die Dämpfe, welche ſich aus Waifer 
von einer Temperatur von bo? R. entwideln, eine Elaftizität, die 
dem Drude einer Quedfilberfäule von 10.748 P. 3. gleich iſt, 
und die Dichtigfeit diefer Dämpfe ift von der Art, daß 73.16 Kub. 
Zuß folchen Dampfes aus Einem Pfunde Waffer entitehen. Ent: 
wickeln fih die Dämpfe aus Wafler von einer Temperatur von 
Bo? R., oder beider Siedhige; fo ift ihre Elaftizität gleich dem 
Drucke einer QDuedfilberfäule von a8 Zoll, oder dem mittlern Drucke 
- der Atmofphäre, und aus Einem Pfund Wafler entftehen 30.14 
8. 5. folhen Dampfes. (©. d. Zabelle im Art. Dampf.) 
Wenn daher die Temperatur des Waſſers gegeben ift, fo ift dar⸗ 
aus auch die Elaftizität und die Dichtigfeit des Dampfes —— 
welcher ſich aus demſelben entwickelt. 

II. Da die Dämpfe ſich nur vermöge der Elaſtizitaͤt, weiche 
ihrer gadartigen Form eigen ift, aus dem Waſſer erheben ; fo kanm 
die Dampfentwidelung auch nur dann vor fich gehen, wenn auf 
die Oberfläche der Fluͤſſigkeit Dämpfe derfelben Art von minderer 
Elaftizität drüden. Wäre die Elaflizität oder Dichtigkeit der letz⸗ 
teren jener der erfteren gleich; fo fönnte feine Dampfbildung aus 
der Slüffigfeit erfolgen. Gefept dad Waſſer habe eine Tempera⸗ 
tur von 40° R., und die über. demfelben ftehende Luft habe dies 
felbe Temperatur, und fey mit Waflerdämpfen gefättigt, fo daß 
diefe in der Luft, weldye unmittelbar über der Kläche des Waſſers 
ſteht, enthaltenen Dämpfe diefelbe Elaftizität und Dichtigfeit ha⸗ 
ben, wie jene, die fi aus dem Waller entwideln würden; fo 
kann feine Bildung von neuem Dampfe erfolgen, fo lange diefer 
Zuftand anhaͤlt. Oder, in einem verfchloffenen Gefäße, welches 
zum Theil mit Wafler gefüllt ifl, werde dieſes Wafler bis zum 
Sieden oder auf 80° R. erhitzt; fo wird fich der leere Raum des 
Gefaͤßes mit Dämpfen von der jener Temperatur zugehörigen 
Elaftizität von 28 3. anfüllen. Iſt diefes erfolgt, fo wird aus 
dem Wafler Fein neuer Dampf mehr entftehen fönnen, der Ver⸗ 
dampfungs» oder Abdampfungsprozeß alfo flille ſtehen, fo lange 
die Temperatur des Waifers diefelbe bleibt, und nicht höher: fleige: 
- denn die Dämpfe über der Oberfläche des Waſſers drüden auf 


Allgemeine Örundfäge. 3 


daffelbe mit eben der Kraft zurück, mit welcher fich die Dämpfe 
aus dem Wafler zu entwideln ſtreben. 

UL Der Drud der Luft und der in ihr enthaltenen Dämpfe 
anderer Art hindert die Entwidelung der Dämpfe aus der Ober 
fläche des Waſſers nicht; er verzögert fie nur. Denn die Erfahe 
zung lehrt, daß ein bereitö mit Luft angefüllter Raum noch eben 
fo viel Wafferdampf aufzunehmen im Stande ift, als wenn die 
Luft nicht in Demfelben vorhanden wäre. Aber die Verdampfung 
gebt bei derfelben Temperatur der Slüfligfeit nicht fo fchnell von 
©tatten, ald wenn die Quft nicht vorhanden wäre. Denn die 
Luft widerfteht der freien Verbreitung des Dampfes durch ihre 
eigene Maſſe; die die Fluͤſſigkeit zunächft berührenden Luftfchich- 
ten nehmen zuerft die Dämpfe auf, und es braucht einige Zeit, 
bis diefe zu den oberen Luftfhichten fortgeführt werden, um den 
nachfolgenden Plas zu machen: die Dämpfe liegen alfo längere 
Zeit über der Zlüfligfeit, ald wenn fie frei abziehen fönnten, und 
müflen daher durch ihre auf die Wailerfläche zurädhwirfende Ela⸗ 
fizität die Entwidelung der neuen Dämpfe verzögern. 

IV. Die Quantitäten des unter verfchiedenen Temperaturen 
in der nähmlichen Zeit verbampften Waſſers find den Elaftizitäten - 
des Dampfes proportional, Die zu jenen Temperaturen gehören. 

Aus einem Gefäße mit fiedendheigem Wailer, deifen Ober« 
flähe Quadrat⸗ Fuß W. beträgt, verdampft, bei trockener Luft, 
in der Minute eine Quantität von 78o Gran W. Waſſer: die 
Elaitizität dieſer Dampfe ift = 28 9.3. Nun frage es fih z. B. 
wie groß die Verdampfung für diefelbe Waflerfläche bei 25° R. 
fey? Zu dieſer Temperatur gehört die Elaftizität ded Dampfes 
== 1.183 P. 3.; folglich verhält fich 

8: 1183 = 780 : 32.9, 
oder die bei diefer Temperatur und unter denfelben Umfländen in 
einer Minute verdunftste Waffermenge beträgt 32.9 Gran. 

Enthaͤlt die Luft ſchon Wafferdämpfe von irgend einer Ela⸗ 
fizität, fo richtet fich die Quantität der Verdampfung in derfelben 
Zeit nady der Differenz der Elajtizitäten, dieſes Dampfes und jes 
ned aus dem Waller (ll). Es fey die Elaftizität des Dampfes 
aus der Klüffigfeit = E, jene bed Dampfes in * Luft mE; 


ſo verhaͤlt ſich alſo 





4 Abdampfen. 


a8: 760 —=—E— E: 
md x= 28 (E — 4 

Die Elaftizität der Dämpfe in der Luft iſt nur dann —— 
welche der Temperatur derſelben zugehoͤrt, wenn die Luft völlig 
feucht iſt: außerdem iſt ſie geringer. Um dieſelbe zu finden, fuͤlle 
man eine- etwa ı Zoll weite und 8 bis 9 Zoll lange, unten ver⸗ 
fdhloffene, oben offene Glasröhre, in welcher ein Thermometer 
befeſtiget ift, mit friſchem Waſſer, das etwas fälter ift, als die 
Luft; und bemerfe die Temperatur des Waflerö, bei welcher fi 
außen auf der Röhre fein Thau mehr aus der Luft abfegt. Diefe 
Temperatur ift diejenige, welche der Elaftizität der in der Luft be: 
findlihen Wafferdämpfe zugehört (Art. Hygrometer). 

V. Die Verdampfung .einer Ylüffigfeit findet nur an der 
Dberfläche Statt, fo lange die Elaftizität der Dämpfe, welche fich 
aus der Slüffigfeit vermöge ihrer Temperatur entwideln, gerin⸗ 
ger ift, als der Drud der äußeren Luft auf diefelbe. Denn in 
diefem Falle fönnen ſich im Inneren der Slüffigfeit feine Dämpfe 
bilden, weil diefe in der Geſtalt von Gasblafen die Fluͤſſigkeit 
auseinander treiben mülfen, um in derfelben in die Höhe zu ſtei⸗ 
gen, folglich von einer Elaftizität feyn müßten, die größer wäre, 
als der Druck, mit welchem das Waller felbft von außen belaftet 
iſt. Die Verdampfung fann alſo nur an der Oberfläche Statt fins 
den, wo die Dämpfe, ohne eine Wallerfchichte zu durchdringen, 
fih unmittelbar in die aufliegenden Luftfchichten verbreiten koͤn⸗ 
nen. In diefem alle geht daher Die Verdampfung ruhig vor fich, 
ohne daß ein Aufwallen der Slüffigfeit Statt findet. 

Iſt hingegen die der Temperatur des Waſſers zugehörige 
Elaftisität der Dämpfe größer als der äußere Luftdrud‘; fo fann 
die Verdampfung nicht bloß auf der Oberfläche, fondern in jedem 
Theile der zu-diefem Grade erhigten Maffe der Fluͤſſigkeit vor fich 
gehen; weil die Dämpfe, welde fih im Innern diefer Maſſe 
entwideln, ſich durch Ueberwindung des auf den Waflertheilen 
Iaftenden Drudes zu Sa6= oder Dampfblafen ausdehnen, und 
in diefer Geftalt bis zur Oberfläche in die Höhe ſteigen Eönnen. 
Die Elaftizität der fih an einer Stelle der Flüſſigkeitsmaſſe ent⸗ 
wickelnden Danipfblafe muß alfo den vereinten Drud der äußern 
Luft umd der Wailerfäule von der Oberfläche bis gu jener Stelle 


Allgemeine Grundfäße. ' 3 


etwas. übertreffen. Dieſer Vorgang geht durch das Aufſteigen der 
Dampfblafen in der Maffe der Flüfligfeit mit Aufwallen von Otat⸗ 
ten, und wird im Befondern mit der Benennung —* Siedens 
oder. Kochens bezeichnet: Zu: Zu. 
Dieeſes Derdampfen mit Sieben kann alfo bei allen Zenp⸗ 
raturen der Fluͤſſigkeit Statt finden, wenn nur in dem Verhälk 
niſſe der niedrigeren Temperatur auch ber Luftdruck auf die Waf- 
fermafle verntiindert it. So fisdet dad Waſſer bei. einen Yaftr 
drucke von 28 bei 80° R.; und bei 40° R. — ed.unter en 
Luftdrucke von 3.309 P. 3. 


VI Bei dem Sieden unter irgend einem — * 
die Verdampfung ſchneller von Statten, at6--bei'berfelben Term 
yeratur bei der ruhigen Werdampfung an der Oberfläche; teil 
bei erflerem die Verdampfung durch die garze Maſſe erfol- 
gen kann, wenn ein hinreihender Wärmezufluß vorhanden 
it, und wenn die gebildeten Dämpfe. frei. abziehen koͤnnen 
(in). Es fey z. B. ein Gefäß von ı 2. F. Flaͤche mit: Waffer 
von 40’ R. angefüllt; fo wird deffen Verdampfung in trockener 

3.369 780 
euft ⸗ — 7*96. s Gran in ı Minute betragen (IV). 
Stellt man aber dieſes Gefäß unter die Glocke einer. Luftpumpe, 
und pumpt die Luft fo weit aus, Daß ihre Elaftizität geringer wird, 
als 3369 P. 3. (V); fo wird daB Wafler in dem Gefäße fieden, 
folglich die Verdampfung nicht nur an der Oberfläche, ſondern 
auch im Inneren der Maife. durch Auffteigung von Dampfblafen 
vor fih gehen, und die Verdampfung wird fo ſehr beichleunigt, 
als der Zufluß der äußern Wärme, un jene Tomperatur des Waſ⸗ 
ferö zu erhalten, Staͤtt finden kann. Die Verdampfung der gan- 
zen Waflermafle oder eines Theiles derfelben kann plöglich erfol⸗ 
gen, wenn diefelbe fchon vorher fo weit erhigt.war, daß fie die 
zu diefer Dampfbildung erforderliche Wärme ſchon in ſich hatte 
(VII). Dabei wird jedoch vorausgefeßt, daß die Dampfe, fo 
wie fie fich bilden, abgeführt, kondenſirt oder auf irgend eine Art 
von der Oberfläche der verdampfenden Slufligfeit entfernt werden, 
weil die Verdampfung aufhöret, fobald die in dem Raum verbreis 
teten, und auf die Oberfläche’ der Fluͤſſigkeit drüdenden Dämpfe 


6 Abdampfen. 


vie Elaſtizitaͤt der fi entwidelnden, oder in bieſen Bette ı von 
3.869 3. erlangen (II). F 

VlII. Die Dämpfe, welche ſich aus. einer Fiaſſigei bei ä ir⸗ 
gend einer Temperatur entwickeln, enthalten mehr: Würme, als 
die Flüffigkeit, die gu ihrer Bildung gehörte: zum Kortfegung der 
Verdampfung iſt alfo Die ‚fortwährende. Zuführung jener Quanti⸗ 
tie Wärme erforderlich, welche der ‚gebildete Dampf aufgenom⸗ 
men hat. Wir haben oben gefehen, daß von Waller von Boe R. 
eine Oberfläche von ı.Q. F. 780 Gran in der Minute verdampft. 
- Stellen wir und nun eine Släche von 1.0. F. von Kupferblech 
vor, auf welcher eine dünne Schichte Wafler auögebreitet ift, 
und welche von unten bi 80° R. erhigt wird; fo wird für diefe 
Waſſerſchichte daifelbe wie vorher Statt finden; fie wird ebenfalls 
in der Minute 780 Gran Waffer verdampfen, und in.jeder fpl- 
genden Minute diefelbe Quantität, fo lange die Kupferfläche, 
welche das Waſſer berührt, durch Zuführung von Wärme, die 
Temperatur von Bo° R. erhält. Die Größe der Verdampfung 
" in einem Gefäße hängt alfo bei übrigens gleichen Umftänden von 
der Größe der erhisten Släche oder der Keflelflähe ab, welche 
mit dem Waffer in Berührung fteht, oder von der Größe derjenis 
gen Släche, welche fich zwifchen dem Waſſer und dem Feuer bes 

findet. Beim Sieden entwideln fi dann die Dampfblafen nur 
an diefer erhigten, die Wärme von dem äußeren Feuer zuführen- 
den, Flaͤche, weil nur die an dieſer Släche anliegende Waſſer⸗ 
ſchichte diejenige höhere Temperatur erhält, welche zur Bildung 
bes Dampfes von der Elaftizität erforderlich if, die den Drud 
der Walferfäule und der äußeren Luft überwindet; indem alle 
Wärme, welche jene Bläche über die Temperatur der Slüffigfeit ent 
hält, immerfort durch den an derfelben gebildeten Dampf fortges 
nommen oder gebunden wird. 

VII, Wenn das Waller ſich in Dampf verwandelt, fo 
nimmt ed eine Menge Wärme auf, welche 53 Mahl fo groß ift, 
als diejenige, die dieſe Quantität Waffer aufnehmen muß, um 
von o° R. bis 80° R. erhigt zu werden; oder diefe Wärmemenge 
wäre hinreichend, diefe Quantität Waffer von 80° R. um 440°R. 
zu erhöhen, oder diefelbe auf Die Temperatur von 520° R. zu brin⸗ 
gen, wenn dieſes Waffer dabei feine Form nicht änderte. Die 


7 


Allgemeine Srundfäge. 7 
Birme alle, welche dad Waſſer von 0° BR. aufgenommen hat, 
um in Dampf überjugeben, beträgt 520° RB. Gefept alſo, «6 
wire eine Auantität Waſſer in einem feften Gefäße eingefchleflen, 
und daſſelbe wärde biö auf 530° R. erhigt, dann aber das Sehäg 
plöglic, geöffnet ; fo würde dieſe Quantität Waſſer auf ein Mahl 
fih in Dampf verwandeln, ohne daß treyfbares Waller zurüd: 
bliebe, weil nun diefer gebildete Dampf eben diefelbe Bärmemenge 
enthält, wie vorher das erhitzte Waſſer. 

Eben fo, wenn Dampf durch Berührung mit Fälteren Kor 
pern ſich kondenſirt, oder wieder in tropfbarflufliges Waſſer von 
80° RB. verwandelt, fo wird eine Wärmeguantität frei, welche im 
Stande wäre, 5: Mahl fo viel Waller von o R. bis zu 80° R. zu 
erhipen; oder eine Quantität Wafler, welche 440 Mahl ſo groß 
it, als diejenige, die den Dampf gebildet hat, un ı° R. zu er⸗ 
wärmen. 


Wenn die Zuführung der Wärme, welche die Verbaiupfung 
bewirkt, gleichförutig ift, fo ift demnad) auch eine 5: Mahl fo große 
Zeit erforderlich, um ı Pfund Waller von 80° R. in Dampf zu 
verwandeln, ald nöthig ift, diefe Quantität Waſſer von 0° RM. 
bis 80° oder biö zum Siedepunkt unter Dem atmofphärifchen Drude 
u erhigen. 

IX. Gleiche Gewichte Dampf von irgend einer Tempe: 
ratur enthalten gleihe Menge Wärme. 3.8. um ı Pfund Waf- 
fer von o°R. in Dampf von 20°R. zu verwandeln, ift eben fo viel. 
Wärme erforderlich, ald um ı Pfund Waller von 0° R. in Dampf 
von Bo®° R. zu verwandeln. Der erflere Dampf füllt einen Raum 
von 813.5 K. 5. aus bei dem Drude von 0.847 3., den lebtere 
eines Raum von 30.14 8. %. bei dem Drude von 28 3. Weide 
Daupfmengen enthalten gleihe Mengen von Wärme. Gefecht 
man würde jene 813.5 8.5. bis auf 30.14 8. &. zuſammendrü⸗ 
den, ohne daß Wärme nad, außen entweicht oder abgeleitet wird, 
fo wird die Zemperaturdiefes zufammengedrüdten Dampfes 80° R. 
betragen. Da num diefer Dampf vom Gefrierpunfte des Waſſers 
an 440° -+- 80° = 520°R. Wärme euthält (VID); fo enthält der 
Dampf von 20° B. diefelbe Bärmemenge =520°=20°-4-500°R. 
Bei Dampf von jeder Zemperatur oder Elaftizität ift alfo die Summe 
der Wärme, welche die Temperatur des Dampfes beftimmt (ber 


8 | . Abdampfen. 


fenfi bien) und der Wärme, welche zur Korm des Dampfes nithig 
iſt (der latenten), gleich der Wärme von 520° R., oder 520 
Wärme: Einheiten, d. h. einer Wärmequantität, welche eine 
Waflernenge, die 520 Mahl fo groß iſt, ald die im Dampfe ent- 
haltene, um 10 R. zu erwärmen hinreichend wäre. 

Die Tatente Wärme ded Dampfes iſt Daher auch gleich dem 
530° R. weniger der Temperatur. So ift die latente Wärme des 
Dampfes von 20°R. = 580 — 20 == 500°; jene des Dampfes 
von Bo’ R. = Sao — 80 — 4400 R.; jene des ai von 
90° R. = 520 — 90 = 430° R. u. ſ. w. | 

Aus diefen Grundfägen läßt fich für jeden einzelnen Ball und 
Zweck die vortheilhaftefte Einrichtung des Abdampfungsprozeſſes 
angeben und beurtheilen. Nachftehende fpeziellere Grundfäge * 
praktiſche Folgerungen derſelben. 

Es erhellet aus dem Vorigen, daß die Abdampfung Haupt 
fachlich auf zwei verſchiedene Weiſen bewerkſtelliget Ren Pönne; 
näbmlich : 

Erftens bei dem gewöhnlichen Drude der Aumoſphare und 
zwar geſchieht hier die Abdampfung 
A. durch aͤußere Heitzung in Keſſeln, und hier 
a) durch freies Feuer, 
b) durch Waſſerdaͤmpfe, 
c) durch erhitzte Flüſſigkeiten; 
B. durch Verdünſtung in der Luft; und zwar 
a) in Luft von der gewöhnlichen Temperatur der 
Atmoſphaͤre, 
b) in erwaͤrmter Luft. 
Zweitens bei einem geringeren Drucke als dei atmoſphaͤri⸗ 
ſchen, bis nahe zur völligen Aufhebung deſſelben, 
oder die Verdampfung im leeren Raume. 


J. Abdampfung bei dem gewöhnlichen Drucke der 
Atmofpbäre durch freies Feuer. 


1) Da bei ‚jeber Abdampfung die Vefchleimigung der Bere 
dampfung Zweck iſt, weil dadurch an Zeit erfpart wird; fo muß 
der Keſſel, in welchem die Abdampfung vorgenommen wird, ſo 
konſtruirt werden, daß er eine ſo viel möglich große Berührungss 


Abdampfen durch freies Feuer. 19 


fläche zwiſchen Waſſer und Feuer darbietket (VIT). ’ Dtam: gibt 
ihm daher, wenn die runde Form nicht- wegen anderer. Zwecke Dan 
jug verdient, eine Lämglich  vieredige Form, ba bei biefer die 
Dberfläche für gleichen Inhalt größer wird, ala bei ‚ber runden. 
Wird die Flůſſigkeit nicht bis zum Kochen erhitzt; fo gebt-Die.- Der 
dünſtung nur an der Oberflaͤche vor; bie Tiufe des Kchhdlsmuß 
alfe in diefem Kalle ſo gering ald möglich gerommen werden, mm 
eine verhaͤltnißmaͤßig gegen die Maſſe der HMülfigfeit greßo Ober⸗ 
flaͤche zu erhalten. Geſchiche die Abbammpfinig aber mis Korhen 
oder Aufſieden, wie das gewoöhnlich ber Zall iſt, wo wife die 
hauptſaͤchlichſte Verdampfang an der Keſſolſtaͤche Statt:fläbet ;:To 
if die größere Tieff des Keſſels nicht ſchalich, ja ſeibſt vortheil⸗ 
haft. Denn bei dem froien Sieden iſt die Verdampfung an: der 
der freien Luft ausgeſetzten Oberfläche. der fiedenden Fluͤß igkeit wie 
unbedeutend, wel die oberfte Schichte dieſer Flaͤche darch Weınuff 
derſelben wechfelnde kaͤltere Luft abgekahlt wird, folglich nur 
Dämpfe von getingerer Temperatur, ulfo "geringerer Dichtgkeit 
aussehen fann, ober. wenn diefer Tuftwechfel nicht Statt. finwek, 
die Dämpfe von 86° R. auf der Oberſtaͤche der Fluͤſſigerit aufite⸗ 
gen, und die Entwickrlimg von Dampf aus derfelben hindern. 
Diefe Abkühlung dee Oberflaͤche durch Die-Außere Luft, welche der 
Größe diefer Släche proportional ift, verurfacht einen wicht unbe⸗ 
deutenden Waͤrmeverluſt; wie es eine bekannte Erfahrung üft, "daß 
ein mit Waſſer gefuͤlltes offenes Gefaͤß ſpüter zum Sieden tanzt, 
als wen es bededt if. Die verhaͤltnißmaͤßig große, der - freiem 
Luft ansgeſetzte Oberfläche der ſiedenden Fluͤſſegkeit hat ferner den 
Nachtheil, daß ſich auf derfelben ein Theil des aufgeſtiegenen und 
über ihr in Dunfigeftalt ſchwebenden Dampfes wieder ebene: 
und mit dem Waller verbindet. — 

2) Daher kommt es auch, daß, wie die Erfahrung zeigt, 
bei gleicher Feuerung die Abdampfung nicht nur nicht verzögert, 
ſondern felbft noch befchleuniget wird, wenn der Keifel, in web 
chem die Fluͤſſigkeit fiedet, mit einem paſſenden Deckel verfchlöffen 
it, in welchem fich eine Röhre befindet, aus welcher ber Dampf 
in die Luft audftrömt. Hier wird naͤhmlich die Wärme der Flüf« 
figfeit durch den aufliegenden eingefchloflenen Dampf zuſammen⸗ 
gehalten und alle Abfühlung vermieden. Die Dämpfe müflen fich 








10 7. Abdampfen. 


‚dei diefer Einrichtung: auf dem Boden des Gefaͤßes zwar mit ei⸗ 


ner. größeren Elaftizität entwideln, ald wenn die Oberfläche der 
freien Luft auögefept ift, weil fie nebit dem Drucke der Fluͤſſigkeit 
noch den Druck des aufliegenden Dampfes zu überwinder haben, 
deſſen Elaſtizitaͤt größer ſeyn muß, als der aͤußere Luftdruck, wenn 
er durch Die Röhre ausſtroͤmen ſoll. Diefes iſt jedoch von feinem Nach⸗ 
theil (S. 3. IV). Es hat dieſe Einrichtung zugleich den weſentlichen 
Voertheil, daß der durch die Röhre entweichende Dampf nach zu 


einer weitern Heikung oder Erwärmung verwendet werden Fan. 


) Außen der Reffelläche kann die Verdampfungsflaͤche der 
Flüffigfeit noch dadurch fehr vermehrt werben, daß man den hei⸗ 
Sen Luftfirom aus dem Feuerherde noch über: die Fluͤſſigkeit ges 
ben.:läßt, fo daß er feinen Weg in den Rauchfang ber deren 
Oberflaͤche hin zu nehmen gezwungen wird. In diefem Safe wer- 
den nicht nur die Dämpfe. fortgeführt, fondern auch, durch die 


Waͤrme jenes Luft⸗ oder Rauchſtromes wird die obere Flaͤche der 


Fluͤſſigkeit erhigt, und zur eigenen Verbampfung gezwungen: In 
dena nachfolgenden Artikel ift ein folsher Ofen beſchrieben. Diefe 
Einrichtung iſt in allen jenen Faͤllen vortheilhaft, in welchen die 
abzudampfende Flüffigfeit durch ‚die Beitandtpeile des darüber 


ſtreichenden Rauches Feine nachtheilige Anderung oder Verunrei- 


nigung erleidet. 
* 4) Auch bloß durch die Erhigung der Oberfläche der Släffig- 


‚Seit kann die Abdampfung mit Befeitigung des metallenen Keſſels 


bewirkt werden. Bei diefer Einrichtung befindet fi die Fluͤſſig⸗ 


‚Seit in einem gemauerten Behälter, an deifen einem Ende fich der 


Nauchfang, am anderen der Feuerherd befindet. . Das Feuer 
fteeicht über Die Slüffigfeit, erhigt und verdampft die oberen Schich- 
ten derfelben, und führt die Dämpfe mit fort. Ein — Ofen 
iſt in dem nachfolgenden Artikel beſchrieben. 

5) Die Wände des Keſſels dürfen nicht dicker ſeyn, as die 
Haltbarkeit nöthig macht, damit der Übergang der Wärme aus 
dem Seuerherde in die Slufligfeit nicht zu fehr verzögert werde. 
Se dicker das Metall diefer Wände ift, defto höher muß die Tem- 
peratur der äußeren, von dem euer beſtrichenen Flaͤche werden, 
Damit die innere, das Waller berüprende, eine Temperatur über 
80° R: erhalte, — 


‚Abdampfen mittelft Wafferdampf. 11 


‘6) Die Fenerung muß zweckmaͤßig eingerichtet werben, damit 
ein beliebiger Grad von Hige hervorgebracht, und gleichmäßig 
unterhalten werden fönne, weil die Verbampfung unter übrigens 
gleichen Umfländen der Zuführung von Wärme rn iſt 
(Art, Abdampfuugsofen). 


IL Abdampfung bei dem gewöhnlihen Drude der 
Atmofphäre durch Bafferdämpfe. 


Die Abdampfung, bei welcher die äußere Erwärmung. durch 
Waſſerdaͤmpfe bewirkt wird, ſtatt durch freies Feuer (dae Dampf 


bad), iſt in allen jenen Faͤllen vortheilhaft, in welchen die Fluͤſ 


figfeit nur. bis zu einer beflimmten Temperatur erhibt werden fol, 
3. ©. auf 70 oder 80° R.; weil eine höhere Temperatur auf. die 
im ber Flüſſigkeit aufgelöften Stoffe veraͤndernd oder zerfegenb ein⸗ 
wirft, wie diefes in mehreren Gällen, z. B. bei der Konzentsirung 
des Zuderfyrups und bei der Abdampfung vieler Ertrafte der Fall 
il. Diefe Abdampfungsart hat ferner den Vortheil, Daß mittelft 
eineB einzigen Zeuerherded durch einen gemeinfchaftlihen Daupfs 
feflel ‚mehrere Abbampfungsapparate zugleich betrieben werden 
fonnen. 

Hierbei find folgende Grundfäge zu berüdfi tigen: 

3) Iſt die Temperatur der Dämpfe jene von 80° A. oder 
bes Siedens bei Dem atmofphärifchen Drade, fo kommt die Zlüfs 
figfeit in dem Keſſel, deilen Flaͤche won. diefen Dämpfer beſtri⸗ 
chen wird, nicht zum Sieden, da ihre Temperatur einige Grade, 
je nachdem die Wand des Kefleld dicker oder Dünner ft, mehr oder 
weniger, unter 80° R. bleibt. Die Verdampfung oder Verdün⸗ 
fung gefchieht alfo hier nur auf der Oberfläche, ift alſo auch nur 
der Ausdehnung diefer felbit proportional. Haben jedoch die Waſ⸗ 
ferdampfe eine höhere Temperatur, indem fie unter einem höheren 
Dinde wirken, fo wird das Waller ebenfalld zum Sieden ges 
bracht; und Die Verdampfung ift- hier. der —— proportio⸗ 
nal, wie bei freiem Feuer. 

3) Im erſten Falle gebt die Verdampfung bedeutend lang⸗ 
ſamer von Stätten, als im zweiten bei gleicher Dimenfion des 


Leſſels, weil die Dämpfe unter der Siedhige eine viel geringere. 


Elaſtizitaͤt und Dichtigfeit haben „ als bei Der letzteren. Geſetzt, 


‘ 


’ 








42 Aldampfen. 


die Fluͤſſigkeit im Keſſel habe eine Oberfläche von 100 Q. F. und 
ſey auf 70° R. erbist, welcher Temperatur die Elaftizität des 
Dampfes = 17.739. 3., oder, wenn die äußere :Luft bei 190 R. 
, mit Dämpfen gefättigt ift, dem Ueberſchuſſe der Elaftizität non 
17 P. 3. entfpricht (IV. Grundfaß); fo iſt die Quantität dei im 
1 Minute verdampften Waſſers (S. A) 
= 28 x 17 >< 100 = 47600. Gran. 
Iſt i im zweiten Falle die Fluͤſſigkeit im Sieden ‚ und die erhigte 
Reffelflüche ebenfalls = 106 Q. F.; fo ift bie in ı Minute vers 
— Menge (VII. Grundſatz) 
== "80 >< 100 = 78000 Gran. 


Es iſt daher bei diefer Abdampfungsart von Vortheil, wenn die -- 


niedere Temperatur nicht beſonders Zweck ift, Dämpfe von höhe - 
zen Komperatur anzuwenden, weil man dadurch bei gleicher Sf 
fel:-Dimenfion die Verdampfung befchleuniget. - 

3) Aus demfelben Grunde ift e8 hier nöthig, die Keffelfläche 
fo viel möglich zu vergrößern, und die Wände fo dünn wie moͤg⸗ 
lich zu machen. Die Schnelligkeit. , mit ivelcher die Wärme durch 
diefe Wände geht, hängt bei gleicher Temperaturdifferenz von ber 
Dunne derfelben und der Wärme leitenden Kraft des Metalle ad. 

Dünned Kupferbled, eignet fich daher für diefe Ducchleiting am 
beften, nad) demfelben dünnes Eifenblech; viel weniger Qußeifen 
‚und. Bley, wegen der nöthigen beträchtlichen. Dicke. Dieſer Bıt- 
ftand iſt bei der Erwärmung durch Dampf weit wichtiger, als bei 
‚der Heigung mit freiem euer, weil der Unterfchied der Tempe: 
raturen des heihenden Dampfes und ber angabampfrnden Flüſſig⸗ 
keit viel geringer iſt. 

Für den Fall, daß die Berdünftung ber Fluͤſſigkeit unter der 
Siedehitze vor fich gehen fol, gibt man dem Abdamıpfungsgefäße 
die Form eines flachen Keſſels, unter deflen Boden ein zweiter 
Keſſel von gleicher Länge und Breite, und hoͤchſtens 6 Zoll Tiefe 
in der Art angebracht ift, daß fie luft» und dampfdicht fchließen, 
indem der Boden des oberen Keffels in den oberen Rand des un« 
teren eingefchoben, und gehörig verfittet if. S. Taf. 1. Fig. ı. 
An der einen Seite des unteren Keſſels befindet fich das Rohr a, 
durch welches der Dampf aus dem Dampffeffel einfteömt, und 
welches mit einem Hahne verfehen ift, um den Zutritt des Dampfes 


Abdampfen mittelfi Wafferdampf. 13 


keliebig zu regulicen, oder nach Bebürfniß abzufpersen ; an der 
anderen Seite befindet ſich der ähnliche Hahn b zum Abfließen des 
fondenfirten Waſſers. 

Der untere Keflel kann auch aus Hol; verfertiget feyn, was 
den Vortheil gewährt, daß die Wärme der Dämpfe nicht nad) 
außen abgeleitet wird: ſolche Gefäße find jedoch nicht dauerhaft 
genug, da jie leicht fchwinden, fich werfen, und dann den Dampf 
entweichen Iaffen. Es ift Daher vortheilhafter, auch diefes untere 
Gefäß aus Metallblech oder bei Fleineren Vorrichtungen aus Guß⸗ 
eifen Herzuftellen, und daflelbe mit hölzernen Wänden zu umges 
ben, umdie Wärme zufammen zu halten. Der Apparat wird auf 
einem hölzernen Berüfte aufgeftellt. 

Man Hat diefe Abdampfungsart auch fo angewendet, daß 
man den unteren Keſſel B mit Waffer, etwa bis zur. Hälfte feiner 
Höhe, verfieht (in welchem Falle er dann höher ſeyn muß), und 
ihn von unten durch freies Heuer in einem Ofen erbigt, fo daß 
die Dampfe den Boden des oberen Keſſels berühren. Wenn der 
untere Keffel feinen anderen Zweck hat, als den Dampf für die 
Erhigung des oberen zu liefern ; fo iſt dieſe Methode höchftend nur 
bei ganz Pleinen Apparaten in den Laboratorien anwendbar, indem 
fie an Bequemlichkeit und Defonomie der Methode der Zuführung 
des Dampfes aus einem Central= Dampffeflel nachſteht. Vor⸗ 
theilhaft ift fie jedoch, wenn fie ald Nebenbenubung des von dem 
anteren Keſſel, in welchem für irgend einen Zweck ohnehin eine 
Abdempfung oder Siedung verrichtet wird, auffleigenden Dame 
pfes verwendet wird, um mittelft dieſes Dampfes, welcher außer- 
dem in der Luft verloren gehen würde, noch eine Flüſſigkeit in 
dem oberen Keſſel, deflen Boden der Dedel des unteren ift, zu 
erhigen. Diefer Gall fommt dann mit Demjenigen end, der 
bereitö oben (I. 2) angegeben worden iſt. 

4) Bei einem folchen Apparate Fann in dem. Dampfbehälter 
B nicht wohl Dampf von viel höherer Elaftigität oder Temperatur 
ale 80° R. angewendet werden, weil die großen und flachen Wände 
dieſer Keſſel feinen höheren Druck auszuhalten im Stande find, wenn 
ſie nicht ſehr ftarf gemacht werden, was hier völlig zweckwidrig wäre. 

Soll daher mittelft des Waflerdampfed bei höherer Tempe⸗ 
ratur abgedampft werden, fo ift die Anwendung von Röhren aus 


14 : Abdampfen. 

Metall erforderlich, in welche der Dampf von dem Dampfkeſſel 
eintritt, und welche in.der abzudampfenden Staffigfeit zweckmaͤßig 
vertheilt werden. Diefe Röhren haben den Vortheil, daß ihre 
Wände viel dünner gemacht werden können, als große Keſſel⸗ 
wände, weil fie dennoch gegen den inneren Drud bei ihren ges 
ringen Durchmeffer die nöthige Stärke haben, da der Widerftand, 
welchen eine Röhrenwand dem inneren Drude entgegenfeßt, ih⸗ 
rem Ducchmefler verfehrt proportional ift (Art. Röhren). 

Der Keffel, in welchem diefe Röhren zur Erhigung der abe 
zudampfenden Slüfligfeit angebracht werden, kann eine hölzerne 
Kufe feyn, mit eifernen Reifen gebunden: doch ift für. folche Yluf- 
figfeiten, welche zerfegend auf das Hol; einwirfen,. und feine 
Zertur allmählich zerftören, oder welche durch Beftandtheile aus 
dem Holze verunreiniget werden Fönnen, auch bier eine Kufe aus 
Metaliblech vorzuziehen, die dann ebenfalls, wie vorher, von au⸗ 
Ben durch eine hölzerne Wand vor der Wärme;srfireuung verwahrt 
werden muß.. Diefed Gefäß braucht, aus dem fchon früher ans 
gegebenen Grunde, nicht flach zu feyn, fondern fann eine Tiefe 
von 3 bis 4 Buß erhalten; durch welche Waſſerhoͤhe die Tem⸗ 
. peratur der Dämpfe, welche fih am Boden entwideln, um 
beiläufig 2° R. vermehrt wird, in weldhem Verhältniffe dann 
. auch die Zermperatur der Dämpfe, welche die NRöhrenfläche er⸗ 
. bigen, erhöht werden. muß, damit dad Sieden der Btäffigfeit 
erfolge. 

Die Röhren werden in dem Keifel am vortheilhafteften nahe 
an dem Boden angebracht, was dadurch gefchieht, daß fie paral⸗ 
. Tel neben einander geführt werben, wie Fig. 2, und an dem einen 
Ende fi) die Dampfröhre a, an dem anderen die Ausfluß⸗ oder 
Lufträhre b befindet. Diefes Spftem liegt horizontal, oder gegen 
a etwas geneigt, um den Abfluß des fondenfirten Waflerd gegen 

a zu befördern, bamit vanlelte wide in den Dampfisffel zus 
ruͤck fließe. 

In Sällen, wo der Druck des — nicht bedeutend iſt, 
kann dieſen Dampf⸗Kanaͤlen auch die viereckige oder parallelepi⸗ 
pediſche Geſtalt gegeben werden, welche den Vortheil hat, daß 
bei gleichem Inhalte die erhitzende Oberflaͤche groͤßer iſt. Iſt da⸗ 
gegen der Druck des Dampfes bedeutend, ſo muß man den Durch⸗ 


Abdampfen mittelft Wafferdampf. 15 


meiler der Röhren vermindern, wodurch man nicht nur ben Wor⸗ 
theil einer verhältnißgmäßig vergrößerten Oberfläche, fondern auch 
für gleiche Stärke eine Dünnere Roͤhrenwand erlangt. Doch hat 
auch dieſe Verminderung ihre Oränge, die von der Länge der Röhren 
ſelbſt abhängt, damit die Sortbewegung ded Waflers nicht de 
dert werde. 

Hat das Abdampfungsgefäß eine runde Geſtalt, fo it es 
für die Ausführung am bequemften, mit Aufopferung des Vor⸗ 
theils dünnerer Möhrenwände, Bleiroͤhren anzuwenden von .ı bis 
2 Zoll Durchmeſſer, die über dem Boden des Gefäßes in einen 
©pirallinie angebracht werden. 

Es wäre überfiüffig, bier für- verfchiedene Zwede mehrere 
Kombinationen dieſer Einrichtungen anzugeben, da ſie nach dieſen 
Grundſaͤtzen auf die verſchiedenſte Weiſe vorgenommen und abges 
ändert werden fönnen; wovon in den ſpeziellen Artikeln über die 
verſchiedenen Kofturen, im Befondern im Art, Dampf, noch 
viele Anwendungen®vorfommen. 

5) Beim Gebrauche dDiefer Apparate, ed mag num die Er⸗ 
hitzung mittelſt einer Keſſelflaͤche oder durch Roͤhren und Kandle 
bewirkt werden, iſt es nothwendig, Daß zu Anfang der Operation 
der Hahn b offen ſtehe, bis der bei a eintretende Dampf wieder 
ganz bei b ausftrömt, und fonach die atmofphärifche Luft aus dem 
Apparate verdrängt ift, weil diefe eingefperete Luft die gleich» 
mäßige Verbreitung des Dampfes Bindern würde. Iſt diefe Lufts 
austreibung erfolgt, fo kann der Hahn b geichloffen werden; ine 
dem ſich dann unter dem Keffel oder in der Röhre der Dampf in 
dem Maße kondenſiet, ald er feine Wärme an die Fluͤſſigkeit abs 
gibt, und fo immer dem nachfolgenden Dampfe aus den Keflel 
Plap macht. Der Raum, in welchem der Dampf, welcher die 
Erhigung bewirkt, angefammelt ift, iſt ſonach als eine Fortſetzung 
des Dampffeflel-Ranmes felbft anzufehen (Art. Dampfleitung). 

Wenn der Dampfkeſſel nicht bloß mit ſchon kondenſirtem, 
alſo von Luft befreitem, Waffer gefpeift wird, fo iſt es nothwenbig, 
daß der Hahn b fo geftellt werde, oder fo mit einer kleinen Durch⸗ 
bohrung eihgerichtet fen, daß immerfort etwaB wenige Dampf 
ausfirömen kann, damit die Luft fich nicht in den Heigröhren an⸗ 
ſammle. Diefe Einrichtung dient zugleich dazu, daß, wenn .die 





16 Abdampfen. 


Dampfentwicklung nachlaͤßt, die äußere Luft in den Apparat zu⸗ 
rüdtreten Fönne, und letzterer Feiner nachtheiligen Zufammendrüs 
dung von außen andgefegt werde. Fuͤr diefen Zweck iſt es zu⸗ 
gleich am ficherften, daß die Hauptleitungsröhre für Diefen Appa- 
rat mit einem fich nach einwärts öffnenden Sicherheitöventil ver⸗ 
ſehen werde (ſ. Dampfkeſſel). 

Die Ausflußroͤhre b dient auch dazu, um das in dem Appa⸗ 
rate etwa angeſammelte Waſſer abzulaſſen. Wenn durch einen 
und denſelben Dampfkeſſel, zumahl mit höherem Drucke, mehrere 
und groͤßere Apparate beheitzt werden; ſo iſt es zweckmaͤßig, die 
Zuruͤckleitung des kondenſirten Waſſers zum tiefer liegenden 
Dampflfeſſel in einer eigenen Roͤhre zu bewerkſtelligen, weil das 
Zurüdlaufen des Waflers in derfelben Röhre, welche den Dampf 
berbeiführt, durch die entgegengefehte Bewegung des Dampfes 
gehindert wird, wenn jene Röhre nicht übermäßig weit ifl. 

Die Spannung oder Temperatur der Daͤmpfe wird in allen 
diefen Fällen durch das Sicherheitsventil oder Lie Barometerröhre 
am Dampffeffel regulat. (Art. Dampffeffel). 

Soll die Abdampfung gleihförmig bei 8a’ R. gefchehen, 
und man will hierüber während des Ganges der Operation ver⸗ 
ſichert ſeyn; fo iſt es zweckmaͤßig, an die Ausflußroͤhre b (Fig. a 
und a) die zweifchenfliche Röhre von Glas (Fig. 3) anzufteden, 
Das kondenfirte Wafler fammelt fich zuerft in den beiden Schen: 
Feln der Möhre an, und fließt dann, fo wie es gebildet wird, 
Durch Die Offnung b‘ ab. Der Zufluß der Dämpfe wird dann 
durch den Hahn a fs regulirt, daß der Stand des Waſſers fich 
in der einen Röhre beiläufig an derfelben Stelle, z. B. beim er⸗ 
balt. Der Hahn mit der dünneren Röhre A ıft für den Ausflug der 
Buft zu Anfang der Operation beftimmt, wie fchon bemerft worden. 
. 6) Damit bei diefen Apparaten der Zwed der Abdampfung 
gehörig erreicht werde,. ift Die angemejlene Quantität der von dem 
Dampfe gleichförmig beftrichenen Flaͤche erforderlich. Diefe Fläche 
muß in derfelben Zeit eben fo viel Wärme durchlaſſen, ald der 
Dampf enthält, welcher von der Fluſſigkeit aufſteigt; oder mit 
anderen Worten, das Gericht des Dampfes, welches unter der 
Keſſelflaͤche Fondenfirt wird, muß'wenigftend gleich ſeyn dem Ge⸗ 
wichte ded aus der Flüſſigkeit entwidelten Dampfes. Nur lehrt 


. 


Abdampfen utätelft Waſſerdampf. 17 


die Erfahrung,” def eine duf die Temperatur von 80° R, amd 
etwas darüber erhigte dünne Blähe von 1o-Q 3. in ı Mi« 
ante ı Pfund Waffer verdampft, ein Verhältniß, das 
auch bei der gewöhnlichen freien Keſſelfenerung Statt findet (Art. 
Dampffeffel): folglich muß, um diefe Abdampfung zu bewerf: 
ſtelligen, die Kefjelfläche oder die Oberfläche der Röhren oder Ka⸗ 
ndle 10 Q. F. für jedes Pfund in der Minute verdampftes Wafı 
fer enthalten. Geſetzt alfo, dad Gefaͤß enthalte eine. Flüſſigkeito⸗ 
malle von 2500 Pfunden, was einen Gefäße von. 6 F. Länge, 
4 5. Breite und 2 5. Höhe entfpricht, und über dem Boden die- 
ſes Gefaͤßes befinden fic) 8 verbundene Röhren von _5 3. Durch: 
meſſer und 6 F. Länge, alfo von 55.8 Q. F.; fo wird die Ab⸗ 


dampfung in ı Minute — >» Pf, oder in einer Stunde 
= ——— — 334.8 Pfund betragen, wenn die heihenden 
Daͤmpfe die gehoͤrig hohe Temperatur beſi itzen. Eben ſo viel Dampf 
muß auch der Dampfkeſſel zu liefern im Stande ſeyn; d. h. er 
muß eine dem Feuer ausgeſetzte und von dem Waſſer beruͤhrte 
Släche von 55.8 Q. 8. haben. 

7) Wie groß muß bei einer dünnen Metalfläche die Tem⸗ 
peratur des Dampfes feyn, um diefe Wirfung hervorzubringen ? 
Die Schnelligfeit der Verdampfung mittelit des Waſſerdampfes 
hängt von der Schnelligfeit ab, mit welcher dieſer Dampf in den 
Köhren Fondenfirt wird. Bei derfelben Dünne der Metallfläche 
ſteht dieſe Schnelligfeit in dem Verhaͤltniſſe der Zemperaturdiffer 
renz des Dampfes und der erhigten Zlüffigfeit.. Die Erfahrung 
Iehrt, Daß 100.8. einer Fläche von dünnem Kupfer: 
bIehe in ı Minute 3 Pfund Wafferdampf bei ei- 
nem Semperaturunterfchiede von 40° R. fonden: 
firen. In dem vorigen Beifpiele follen 102.8 in ı Minute 
ı Pfund Waller verdampfen; wobei die Temperatur der zu ver: 
dampfenden Zlüffigfeit 80° R. ift. Folglich verhäft ſich 

3: 1 40:4; 
oder bei diefer Verdampfung iſt der EN — —— 
— 1350 R.. Folglich muß die Temperatur des mit dem — 
— in Verbindung ſtehenden Dampfes, welche die vor⸗ 
Technol. Encyclop. L BD. 2 








18 Abdampfen. 


ber berechnete Verdampfung herzuftellen im Stande ſeyn foll, 
— 80 + 135 93$°R. betragen, welcher Temperatur eine 
Efaftigität des Dampfes von etwa 48 P. 3. zugehört: Wäre die 
Temperatur der Dämpfe nur 85° R.; fo würde diefelbe Keifel- 
fläche in derfelben Zeit nur eine in dem Werhältniffe wie 134 : 5 
verringerte Dampfmenge Hervorbringen, oder um diefelbe Abdam- 
pfung in derfelben Zeit zu erhalten, würde eine in dem Verhaͤlt⸗ 
niffe wie 5 : 13 ; vergrößerte Keffel- oder Nöhrenfläche erforder: 
Sich ſeyn. Es laſſen fich auf diefe Art für alle Fälle einer Abdam⸗ 
pfung mittelft des Waflerdampfes die Zeit, Die Größe der Keffel- 
fläche, die Quantität der Verdampfung und die Temperatur des 
Dampfes, welcher die Fläche erwärmt, fo wie Die Größe des Dampfr 
keſſels, welcher denfelben liefern fol, wechielfeitig beftimmen. 


IT Abdampfung mittelft erhigter Zlüffigfeiten. 


So wie die in dem freien Feuer erhigte Luft, umd in dem 
vorigen alle die Wallerdämpfe die Wärme an die Keffelfläche ab- 
geben, um die Verdainpfüng der enthaltenen Fluffigfeit zu bewir- 
Fen; eben fo kann Ddiefes durch erhitztes Waſſer und andere er- 
biste Fluͤſſigkeiten gefchehen. 

Wird Waffer angewendet; fo entfteht das ſchon Tange be= 
Fannte fogenannte Marienbad oder Wafferbad. Da das 
Waller unter dem gewöhnlichen Luftdrude nur Bo°R. Hite an 
nehmen kann; fo Fann mittelft diefer Erwärmungsart Die zu ver: 
dampfende Flüſſigkeit nicht zum Sieden gebracht werden, fondern 
ed wird ihre Verdünftung auf Diefelbe Art bewirft, wie duch 
Waflerdämpfe, deren Temperatur 80° R. nicht überfteige. Im 
Kleinen wird dad Marienbad gewöhnlicd, hergeftellt, indem man 
in einen über dem freien Feuer befindlichen Keffel einen anderen 
ähnlich geftalteten, jedoch Fleineren einfeßt, fo daß zwifchen dem 
Boden und den Seitenwänden von beiden ein Zwifchenraum bleibt, 
wie die Sig. 4 zeigt. Diefer Zwifchenraum ift mit Waffer ange: 
füllt, das mittelft des Äußeren Keſſels erhigt wird. Durch die 
Köhre b, aus welcher der Dampf entweicht, wenn das Waffer 
zum Sieden fommt, wird Waſſer ein- und nachgefüllt. 

Don der Anwendung ded Wailerbades zur Deftillation iſt 
in dem Artikel Deftillation die Rede. Wenn in der Fig. 4 


Abdampfen mittelft erhigter Flüffigfeiten, 19 


der äußere Keſſel nur zum Theil, oder wenigftens nicht fo hoch 
mit Waſſer gefüllt ift, als die. Flüſſigkeit in dem inneren Keffel 
Reht, und das Waſſer im Sieden ift, fo mind der innere Keffel 
fowohl unmittelbar durch das Waſſer als durch die Dämpfe, beide 
von der Temperatur von 80° B., erwärmt; und es ift dann hier 
ein Dampf» und Waflerbad zugleich vorhanden, 

Der Zwed der Anwendung des Waflerbades:ift fan ande- 
rer, als die Erhitzung der abzudampfenden Slüffigfeit über Bo°R. 
zu vermeiden. Diefer Zwed fann num eben fo gut durch Die Ans 
wendung der Waſſerdaͤmpfe (S. 11), und zwar bei der Ausfuͤh⸗ 
rung im Großen mit mehr Bequemlichkeit: und mit einem weniger 
fomplizirten Apparate erreicht werben. Sch will. daher auch die 
von Dr. Romershaufen angegebene Vorrichtung. bier nicht näher 
befchreiben, welche darin befteht, daß von einer Reihe von Dop⸗ 
pelfejleln, wie Sig. 4, deren zur Aufnahme des heißen Waſſers ber 
fimmte Zwifchenräume mit einander fommuniziren, der’ erfte und 
der lepte Keſſel jeder mit einem Dampffeffet in Verbindung ſte⸗ 
ben, welche abwechſelnd mittelſt des Drudes des Dampfes das 
heiße Waſſer durch jene Zwilhenräume der Keſſel yına und der: 
treiben. 

Mehrere Slüffigfeiten ertragen bei der Abdampfung eine bös - 
here Temperatur ald 80° R., aber Doch nicht diejenige, welche 
dad freie Feuer hervorbringt, die bis zur Zerflötung und Verkoh⸗ 
lung aller Ertrafte gehen kann; wad befonders leicht an den Stel- 
len des Keſſels eintritt, Die von der oberen Släche der Fluͤſſigkeit 
berührt werden. In diefen Fällen kann die Erhigung duch Flüf- 
figfeiten bewirft werden,. welche bei einer bedeutend höheren Tem 
peratur fieden; z. B. durch Ohl, das bei 256° R. fiedet; durch 
Quedfilber, deſſen Siedepunft noch höher liegt, u. f. w. Die 
Slüfligfeiten werden in dieſem Falle in einem verfchlojfenen Keffel 
erhitzt, mittelft. einer Pumpe durch ein Syſtem von Röhren, das 
fih über dem Boden des mit der abzudampfenden Flüſſigkeit ges 
füllten Gefäßes befindet, hindurch getrieben, von welchen fie wies 
der in den Keffel zurüdtreten. Won dem Ohle hat man in der 
neueren Zeit im Großen zur Abdampfung des Zuderfyrupd Ger 
brauch gemacht: allein die Erfahrung hat nicht für deſſen Vortheil 
entichieden. Durch dad längere Erhipen wird das Hhl allmählich 


2, * 
% 


20 0.2, Abdampfen. 


zerfeßt und verdickt, fo. daß deſſen Siedepunkt immer höher, da⸗ 
her der beabfichtigte Zweck verfehlt wird. 

Bei Abdampfungen oder Erhikungen im Kleinen, wo alfo 
dad OH nur jedes Mahl zu einer oder wenigen Operationen ver- 
wendet wird, ift dieſe Methode brauchbar, und in diefem Falle 
ift e8 am einfachften, Daffelbe auf die nähmliche Weife, wie im 
Marienbade anzuwenden. 


IV..Abdampfung buch Verdünftung in der Luft 
von der gewöhnlichen Temperatur der Xtmofphäre. 


In vielen Fällen kam die erforderliche Abdampfung oder die 
Konzentrirung der Slüffigfeit Dadurch bewirkt werden, daß man 
Diefelbe der freien Luft -ausfept; wo dann die Verdampfung in 
dem Maße Statt findet, als die Elaftizität des fich aus der Flüůſ⸗ 
figfeit entwickelnden Dampfes, jene des bereits in der Quft, welche 
mit der-Slüffigfeit in Berührung ſteht, enthaltenen, übertrifft 
1&. 3). Sn. feuchter Luft, welche bereit Dämpfe von derfelben 
Glaftizität enthält, als fie fich aus der Flüſſigkeit, ihrer Temper 
ratur gemäß, entwideln, geht daher diefe Art von Verdampfung 
oder diefe Verdünftung nicht vor ſich; in völlig trockener Luft das 
gegen am flärfften. Iſt die Luft fo feucht, daß feine Verbünftung 
Statt findet, und die Oberfläche der Slüffigfeit wird durch die 
Sonne erwärmt, fo tritt die Berbünflung neuerdings ein; eben 
fo, wenn bei gleichbleibender Temperatur der Sluffigfeit die Tem: 
peratur der berührenden Luft ſich erhöht, weil diefe dann trodener 
wird (Art. Hygreometer). Alle diefe Verhaͤltniſſe find in der 
oben angegebenen Formel enthalten (©. 4); aus welcher fich für 
alle Sälfe die abfoluten Verdünflungsmengen nad) Zeit und Ober: 
flaͤche beftimmen Taffen. 

Wefentlihe Erforderniffe zur Befchleunigung der Verdam⸗ 
yfung in der freien Luft find alfo ı) der Wechfel der Luft an der 
Oberfläche; 2) die möglichfte Vergrößerung der Oberfläche der zu 
verdünftenden Slüffigfeit. Die erfte Bedingung wird durch jede 
Luftbewegung, alfo im natürlichen Wege vorzüglich durch die 
Binde erreicht. Künftlich kann diefer Ruftwechfel durch einen, 
von Menfchen > oder andere Kraft in Bewegung gelegten, Xen- 
tilator bergeftellt werden, der über die Slüffigfeit hin die Bewer 


Abdünften an freier Luft. 21 


gung eines Luftſtromes unterhält. Montgolfier bat dieſe 
Methode zur Konzentrirung ded Traubenfyrups vorgefchlagen. 
&ie hat jedoch das Unbequeme, daß man dabei zu fehr von der 
Zemperatur und dem Feuchtigfeitäzuftande der Atmofphäre abs 
hängt, folglich auf Fein fichered Reſultat rechnen kann. endet 
man Dagegen erwärmte Luft an, fo wird der Gebrauch des Ven⸗ 
tilatord nicht gerade nothwendig, wovon im Folgenden. 

Die möglichfie Vergrößerung der Oberfläche wird außer der 
Ausbreitung der Slüfligfeit in fehr flachen Gefäßen, wie bei der 
Zafelgradirung der Salzfoolen, vorzüglich Dusch die Zertheilung 
der Flůſſigkeit bewirkt, dadurch naͤhmlich, daß man diefelbe über 
Dormen, Holzreiſig, Hobelſpaͤne und dergleichen oder über 
einander liegende Körper, deren Zwifchenräume frei von der Luft 
durchftrichen werden fönnen, abteopfeln laßt, wie dieſes ‚bei der 
Dorngradirung der Salzfoolen gefchieht (Art. Kodhfalz). Je 
Heiner die Zeöpfchen find, welche in der trockenen Quft ſich bewe⸗ 
gen, defto größer ift die Verdünftung in derfelben Zeit, weil bei 
der Kugel die Oberfläche in einem geringeren Verhaͤltniſſe ab: 
nimmt, ald der Kubifinhalt. Geſetzt, eine Maife Fluͤſſigkeit ſey 
in der Luft in Tropfen von „; 3. Durchmeffer vertheilt ; fo beträgt 
die Oberfläche eines folchen Tropfen 0.0314 Q. 3. und deflen 
Snhalt 0.000523 8. 3.; es gehen alfo 3.300000 folcher Tros 
pfen auf einen Kubiffuß, welches Wafler- Quantum fonach mit 
einer Berdünftungsflähe von 0.0314 >< 3.300000 == 103620 
Q. 3. oder mit 719 Q. 5. der Luft außgefegt if. Würde man ' 
diefe Slüfligfeitsmaffe auch nur 3 3. hoch auf einer Flaͤche aus» 
breiten; fo würde ihre Oberfläche nur 48 Q. 5. betragen. Wer: 
den die Tropfen Fleiner, fo wird das Verduͤnſtungsverhaͤltniß noch 
viel größer, und daraus erflärt fich die fchnelle Verdünftung gro- 
Ger Wolkenmaſſen bei eintretender Erwärmung der Atmofphäre, 
Treibt man mit hinreichender Kraft in trockene warme Luft aus 
einee Sprige durch eine enge Offnung einen dünnen Waſſerſtrahl 
in die Höhe, fo vertheilt ex fi) in unzählige Fleine Tröpfchen, 
welche die Geſtalt des Nebels Haben, und verdünftet beinahe au⸗ 
genbliclih. Die Anwendung diefed Prinzips im Großen febt, 
wie gefagt, eine trodene Atmofphäre voraus: durch Fünftliche 


22 | Abdampfen. 


Wärme wird daffelbe jedoch für viele Fälle ausführhar, wovon im 
Folgenden. | 


V. Verdünftung in erwärmter Luft. 


Durch die Erwärmung wird die Luft, welche nicht mit gleich 
warnen Waller in Berührung fteht, trodener, weil dann die 
Waflerdämpfe, welche fie enthalt, eine geringere Dichtigfeit und 
Spannung haben, ald ihrer Xemperatur zugehört. In einer ſol⸗ 
chen warmen, verhältnißmäßig trodenen Luft kann alfo auch die 
Berdünftung. fhneller vor fich gehen (S. 3); vorausgefekt, daß 
diefe Luft den gehörigen Wechfel hat. Se heißer hierbei die Luft 
iſt, defto mehr wird die Verdünftung befchleunigt; und die Hitze 
diefer Luft bringt zugleich die Fluͤſſigkeit felbft auf diefelbe Tem: 
yeratur. "Den &. 10, 3) und 4) erwähnten Abdampfungsarten 
liegt eben diefes Prinzip zu Grunde. 

Auf vielfahe Weife wird dieſe Methode ausgeführt, zum 
Behufe des Austrocdinens, des allmählichen Verdünftens u. ſ. w 
in den Trodenftuben (f. diefen. Art.), oder in eigenen Vors 
vichtungen , welche zum Zweecke haben, die in einem befondern Ofen 
erhitzte Quft über die Oberfläche der in flachen Gefäßen befindli- 
chen Fläffigfeit hinzuführen. Eine folche Vorrichtung ift in dem 
nachfolgenden Artifel befchrieben. In allen diefen Bälen bat 
man, wie bei der Erwärmung durch Wafferdämpfe, zur Abficht, 
Die Berdampfung bei einer Temperatur zu bewirfen, bei welcher 
die Slüffigfeit oder der auszutrocknende Körper noch Feine nach: 
theilige Veränderung erleidet. 

Am wirffamften wird die VBerdünftung in der erwarmten Luft, 
wenn die Ylüjligfeit, wie in dem yorigen Abfage (IV) bemerkt, im 
einem mehr oder weniger fein zertheilten Zuflande der Luft aus⸗ 
gefeht wird. Segen wir die Temperatur der Slüffigfeit zu 80° R, 
und die Temperatur der trodenen und wechfelnden Luft, welche 
mit derfelben in Berührung fteht, ebenfalls wenigitend 80° R 
nehmen wir ferner wie im vorigen —— an, daß die Sluffig- 
feit in Tropfen im Durchfchnitte von —— 3. Durchmeffer zertheilt 
fey; fo werden in ı Minute 22 oder 71.9 Pfund Wailer verdams 
pfen; vorausgeſetzt, daß der verdampfenden Sluffigfeit in eben 

diefer Zeit auch die zu jener Dampfmenge erforderliche Wärme 


Berdünfkung in erwärmter Luft. 23 


zageführt werde. Daſſelbe iſt ver Fall, wenn ſich bie Fluͤſſigkeit 
über Flaäͤchen dünn ausgebreitet hin bewegt, welche von der war 
sıen Luft beſtrichen werben. 

Auf welche Art diefeä gefchehen koͤnne, iſt in der Fig. 5 ans 
gezeigt. AB ſtellt einen = bis 3 Klafter und darüber hohen, aus 
Eiſenblech zufammengefügten und mit Bretern umgebenen vier: 
eigen Kaſten vor, der fi) von unten nach oben verjüngt, folg- 
lich die Geſtalt einer abgeflugten vierfeitigen Pyramide hat. Im 
Inneren find einander gegenüber geneigte Flächen angebracht. 
Über demfelben befindet fich der Behälter C mit der abzudampfen- 
den Fluüſſigkeit, deilen Boden in der Mitte mit Pleinen Löchern 
verfehen ift, ans welchen die Slüffigfeit in die obere Offnung des 
Kaftens fließt, und auf den fchiefen Flächen deſſelben niederwärtö 
träufelt. Auf diefem Wege wird fie von der bei D einftrömenden er: 
higten Luft beſtrichen, welche an der oberen Öffnung bei B wiez. 
der austritt, und hier noch an den Boden des Behälters C etwas 
Wärme abjept. Die in dem unteren Behälter A fi fammelnde 
Flüſſigkeit wird Durch eine Pumpe wieder in den oberen Behälter 
C zurüdgebracht, bis die erforderliche Konzentrirung erreicht ift. 

Iſt die Temperatur der bei D einftrömenden warmen Luft 
nicht hoch genug, um durch den Kanal aufwärts einen gehörig 
raſchen Zuftzug zu begründen; fo fann an der oberen Mündung 
ein Ventilator angebracht werden, der auch, wenn es die Lokali⸗ 
tätöverhältnifle zulaffen, durch ein zu irgend einer anderen Ab- 
dampfung oder Koftur zu verwendendes euer erſetzt werden kann, 
deifen Alchenherd mit der oberen Mündung des Kanals fa in Ver: 
bindung fleht, Daß die das Feuer ernährende Luft aus demfelben 
zuſtroͤmt. Durch diefe Einrichtung wird bei der Abdünſtungsope⸗ 
tatıon in dem Kanal feine Waͤrme ungenügt verloren, weil die 
aus der oberen Mündung mit der Luft entweichende Wärme dem 
jweiten Feuerherde zum Guten fommt. | 

Bei diefer Einrichtung mit einem Ventilator oder mit einem 
Luftzuge Durch einen zweiten Seuerherd it Die fenfrechte Stellung 
des Kanals nicht nothwendig, fondern derfelbe fann auch, wenn 
es für die obwaltenden Verhältnijfe bequemer ift, horizontal ges 
legt werden. 

Am vortheilbafteften zur Abdampfung bei einer Temperatur, 


. 


ah. Abdampfen. 


die die Siedhitze nieht, oder nicht ſehr bedeutend überfteigt, wird 
- der warme Luftzug angeivenbet, wenn er nad) den oben angege⸗ 
benen Srundfägen zur Herftelung eines befländigen, die ver— 
dampfende Shüfligfeit nicht abfühlenden, Luftwechfeld verwendet 
wird, während die Fluͤſſigkeit felbft ihre Heitzung mittelft der 
Waſſerdaͤmpfe erhält. Bon diefer Art ift Cleland's Abdamr 
pfungsapparat, der in neuerer Zeit mit Vortheil für Die Konzen- 
‘ trirung ded Zuderfyrups und anderer Auflöfungen verwendet wor⸗ 
den iſt. 

Fig. 6 zeigt den Durchſchnitt eines ſolchen Apparats In 
dem viereckigen Kaſten AB von etwa 3 F. im Gevierte und ı=. 
5. Höhe und darüber find Fupferne Röhren nach der in Fig. 7 ans 
gezeigten Weife vertheilt, welche den auf die Länge der Röhren 
in ig. 6 fenfrechten Durchfchnitt vorftellt. Eine jede fenfrechte 
Reihe diefer Röhren, als AB, 11, 22, 33 ıc. ift auf die in 
Sig. 6 angegebene Art Ponftruirt. Die untere Offnung a einer 
jeden ſolchen Nöhrenwand mündet ſich in ein gemeinfchaftliched 
Rohr ein, das mit dem Zuleitungsrohre des Dampfes, a’ Fig. 7, 
in Verbindung fteht. Eben fo ftehen die oberen Öffnungen die 
fer Röhrenfyfteme durch ein gemeinfchaftliches Rohr mit der ge= 
meinfchaftlihen Ausgangsröhre b’ in Verbindung. Durch bie 
untere Öffnung a’ werden Daher fämmtliche im Zifzaf auffteis 
gende Röhren mit Dampf verfehen; und durch die obere Öffnung 
b? findet aus allen -Nöhren der Abzug. der Luft Statt, zu deflen 
Kegulirung der angebrachte Hahn dient. 

Am oberen Theile des Kaftens befindet fich der Behälter c, 
welcher mit der abzudampfenden Sluffigfeit angefüllt ift, die durch 
den mit Fleinen Löchern verfehenen, feiherartigen Boden des Be- 
bälters auf die durch den Wafferdampf erhigten Röhren in Geftalt 
eined Regens niederfällt. Bei der angezeigten Dispofision der 
Röhren Fann nun die Slüffigfeit, die von einer höher liegenden 
Röhre abtropft, die tiefer Tiegenden nicht vorbeigehen, ohne fie 
zu berühren, fo daß auf diefe Art unaufhörlich ihre Verdün- - 
ftung während des Niederfallens fortgefebt wird, bis fie endlich 
in den unteren Behälter e gelangt, aus welchem fie durch den 
Hahn d abgelaffen wird. Iſt fie noch nicht genug Fonzentrirt, 
fo wird fie mittelft der Punpe wieder in den Behälter e zuruͤckge⸗ 


Abdampfen im leeren Raume. 25 


bracht. Diele wieberhohlte Myeration kaun jedoch erfpart werben, 
wenn man nach der Befchaffenheit der abzudampfenden Flüſſigkeit, 
z. © des Syrups, dem Kaften eine ſolche Höhe, und dem Dams 
pfe eine ſolche Temperatur gibt, daB die Konzentrirung erfolgt 
it, wenn die Flüſſigkeit ein Mahl den Weg durch den Kaften ges 
nommen bat. Der Kaften felbft ift von Blech zufammengefept, und 
die Winfelverbindung der Röhren wird, wie die Fig. 6 zeigt, von 
außen angebracht, damit Reparaturen, die gewöhnlicdy nur an dies 
fen Stellen vorkommen, leicht vorgenommen werden fünnen. So⸗ 
wohl zur Sefeftigung, als um die Ableitung der Wärme zu hindern, 
it er mit einer Holzeinfaflung umgeben. Es iſt zwedmäßig, daß 
der untere Behälter e gleichfalls von dem Dampfe erhigt werde. - 

Durch die unteren Öffnungen des- Behälters, g,g, tritt er» 
wäarmte Luft ein, welche aus einem in der Nähe befindlichen dazu 
eingerichteten Ofen fommt. Diefe Luft ſtroͤmt aufwärts und führt 
die gebildeten Dämpfe mit fich fort, befördert auch noch unmit⸗ 
telbar die Werdünftung der ihr entgegen bewegten Slüffigfeit. 
Oben feitwärtd von dem Keffel c befinden ſich mehrere Öffnungen 
für den Ausgang diefer Luft. Wollte man diefen Luftzug noch 
verftärfen, fo ift es räthlich, an einer am oberen Ende einer Seis 
tenwand des Kaſtens angebrachten Öffnung noch einen hölzernen 
fih verjüngenden Schlauch aufwärts zu führen, in welchem bie 
Euft abzieht. 

Diefer Apparat fombinirt und erfüllt die Bedingungen der 
Ausbreitung der Zlüffigfeit zu einer möglichft großen Oberfläche, 
der Erhitzung der erwärmenden Släche zu einer konſtanten Tem⸗ 
peratur durch Waflerdampf, und der Befchleunigung der Vers 
dünſtung durch den Wechfel von warmer Luft. Er ift zur Abdam ⸗ 
pfung von Zuderfyrup, von Ertraften, von Trauben: Moft ꝛc. bee 
fonders brauchbar. 


VL Abdampfung bei vermindertem Luftdrucke, 
oderim leeren Raume. 


Der Drud der Luft auf die bei einer niederern Temperatur 
old Bo° R. verdampfende Fluͤſſigkeit “verfögert deren Verdam⸗ 
rfung, weil die entflandenen Dämpfe fich immer einige Zeit auf 
der Oberfläche der Fluͤſſigkeit aufhalten und auf diefelbe zurids 


26 Abdampfen, 


drüden, bis die wechfelnde Luft fie weiter fortführt (&. 3). Wuͤr⸗ 
den die Dämpfe in dem Augenblicke verfchwinden, als fie fid) aus 
der Slüffigfeit entwickeln. fo würde letztere fo ſchnell verbampfen, 
als der zu diefer Dampfmenge erforderliche Wärmezufluß von au⸗ 
fen Statt finden kann. Diefes leiftet die Einrichtung, Daß man 
über Der zu verdampfenden Slüffigfeit einen beinahe leeren Raum 
herſtellt, nicht nur indem man die Luft über derfelben wegichafft, 
fondern auch die Dämpfe felbft in dem Maße entfernt, als fie ent⸗ 
fieben. Man hat alfo dadurch ein Mittel, die Werdünftung bei 
niederer Temperatur zu bewerfftelligen (&. 5), und dennoch fie 
möglichft zu befchleunigen. Eine Erfparung an Brennmateriak iſt 
bei diefer Methode nicht vorhanden: denn wenn gleich diefe Vers 
dampfung. bei geringerer äußerer Wärme gefchehen fann; fo ift 
doch für diefelbe verdampfte Waflermenge auch die Wärmemenge 
gleich, weil ı Pfund Dampf von niederer Temperatur und ge- 
ringerer Dichtigfeit eben fo viel Wärme enthält, als ı Pfund 
Dampf, deifen Temperatur und Dichtigfeit größer iſt (©. 7). 

Der einfachfie Apparat zur Ausführung dieſes Prinzips iſt 
folgender ; 

In der Fig. B ift A der Keffel, in welchem fich bie abzu⸗ 
dampfende Flüſſigkeit befindet, mit feiner Abflußröhre a. B ill 
der über diefem Keifel Iuftdicht angefchraubte Dedel, in welchem 
fi die mit einem Iuftdicht paſſenden Stöpfel verfchloffene Offnung 
c zum Einfüllen befindet. C ift das Kommunifationsrohr mit dem 
Kefrigerator D, durch welches die entwicelten Waflerdämpfe in 
den legteren treten, und hier durch das Falte Wafler, das ihn 
in dem Gefaͤße EE umgibt, fondenfirt werden. Diefer Refriger 
vator, ‚der unten mit dem Ausflußhahne f verfehen ijt, hat irgend 
eine der bei der Deitillation gewöhnlichen Formen (Art. Deftil- 
Tation), um der umgebenden Falten Flüſſigkeit eine große Ober- 
fläche darzubiethben. Das falte Wafler tritt in den äußeren Be— 
hälter unten bei d ein, und das etwas erwärmte fließt oben bei 
e ab. 

‚ Der Gebrauch diefes Apparats iſt folgender. Wenn die 
Fluͤſſigkeit in den Keſſel A durch die Offnung c eingefüllt, und 
letztere wieder Tuftdicht verfchloffen worden ift, wird durch Die 
Röhre b, welche mit einem Danıpffeifel in Werbindung fleht, nad) 


Abdampfen im leeren Raume. 27 


Öffnung des Hahns, Dampf in den oberen Raum des Keffele ein⸗ 
gelaſſen, nachdem der Hahn f geöffnet worden iſt, und be 
vor dad falte Waſſer in den Behälter E eingelaffen wird. Diefor 
Ballerdampf vertreibt Die Luft aus dem Keflelraume B, der Kom- 
munifationsröbre C und dem Refrigerator D, indem fie durech die 
Röhre £ entweicht. Wenn endlich aus diefer Röhre bloßer Waſ⸗ 
ferdampf austritt; fo wird der Hahn £f und ebenfalld der Dampf- 
bahn b gefchloifen, und das kalte Waſſer nun in den Kühlbehälter 
E eingeloffien. Die Wafferdämpfe werden nun verdichtet, und 
ed entſteht in diefen inneren Räumen des Apparats ein Iuftleerer 
Kaum. Wird nun der Keſſel A von außen durd ein Waflerbad, 
oder, was vorzuziehen ift, gleichfall8 aus demfelben Dampffeflel 
durch Waſſerdampf, geheist: fo fommt die Flüſſigkeit im Keflel 
bei einer bedeutend niederern Temperatur als 80° R. ins Sieden; 
die gebildeten Waſſerdaͤmpfe verdichten fich in dem Refrigerator D, 
und fommeln ſich als tropfbares Waſſer in deſſen unterem Theile. 

SR die Abdampfung beendigt, fo wird der Stöpfel c wieder 
geöffnet, damit’ die Luft eindringe, worauf die eingedidte Slüfs 
figfeit durch den Hahn a abgelaifen wird. 

Die Temperatur der Dämpfe, folglich auch Die Temperatur 
der Flüfligfeit bei der Verdampfung in dieſem Apparate, hängt von 
ber Zemperatur des fondenfirten Wafferd ab, weil über der Slüf- 
figfeit noch Dampfe von derjenigen Elaftizität zurückbleiben, welche 
der Temperatur des Waſſers zugehört, in welches ſich die Dämpfe 
verdichtet haben. Wenn 3. B. diefe Temperatur 25° R. beträgt, 
wie dieſes Durch den hinreichenden Zufluß des Falten Waſſers bei 
verhältnigmäßig großer Berührungsfläche des Nefrigeratord bes 
wirft werden kann: fo wird die Flüſſigkeit in dem Keſſel beiläufig 
bei einer Temperatur von 30°R. oder etwas darüber fieden. Er⸗ 
fältet man daher den Refrigerator noch flärfer, ald diefed durch ' 
gewöhnliches Brunnenwaifer gefchehen kann, nähmlich durch Um: 
gebung mit Eis oder Schnee, welche mit Kochfalz gemengt wor⸗ 
den find; fo fann die Temperatur des aus den Daͤmpfen fondenfira 
ten Waſſers bis nahe auf 0° R. gebracht werden, und die Ver: 
dampfung wird dann in dem Keifel ohne Anwendung Fünftlicher 
Wärme vor fich gehen, bloß durch die Wärme der umgebenden 
Luft, welche durch den Keifel in die Fluͤſſigkeit ubertrite. Es iſt 





H 


28 Abdampfen. | 


alfo Hier derſelbe Ball vorhanden, als wenn die Sluffigfeit in 
freier trockener Luft verduͤnſtet; nur ift Hier die Verdünflung 
ſchneller, weil feine Verzögerung dutch den Luftdrud Statt findet. 
Diefe Methode kann in denjenigen Fällen angewendet werden, in 
welchen die Abdünftung außer Berührung mit der Luft gefches 
ben fol. | 

Die Größe der Oberfläche, welche dem Refrigerator bei ei⸗ 
nee beflimmten äußeren Temperatur und einer beftimmten Keflel- 
fläche zu geben ift, damit die Kondenfirung gehörig erfolge, läßt 
fi) nach den bereitd früher angegebenen Daten beftimmen. Die 


Größe der von dem Waſſerdampfe beftrichenen und innen mit der 


Zlüffigfeit in Berührung ſtehenden Keffelfläche betrage- z. B. 10 
2. F.; fo ift die Verdampfung in ı Minute gleich ı Pfund Wafe 
fer. Das alte Wafler, welches den Nefrigerator umgibt, babe 
im Mittel 15° R., und die Temperatur des aus dem. Dampfe kon⸗ 
denfirten Waſſers fol dadurch auf 30° R. gebracht werden, alfo 
der Dampf aus der Flüſſigkeit fich bei diefer oder einer etwas 
höheren Temperatur entwideln. Nun fondenfiren 34 Q. F. dün⸗ 
ner Kupferflähe in ı Minute ı Pfund Waflerdampf bei einem 
Zemperaturunterfchiede von 40° R.; folglich ift für einen Tempe⸗ 
raturunterfchied von 15° R | 
15:40=53::89,d. h. 

um diefe Bedingungen der Kondenfirung zu erfüllen, eine fonden- 
firende Oberfläche von 8,9 Q. 8. erforderlich. Diefe durch Rech⸗ 
nung gefundene Quantität Fann man in der Ausführung verbops 
peln, damit auch für eine lebhaftere Erhitzung der — 
der Refrigerator noch ausreiche. 

Damit dieſer Apparat ſo gebraucht werben koͤnne ‚ daß die 
Dperation ununterbroden fortgefeßt werde, kann derfelbe die in 
der Fig. g dargeftellte Einrichtung erhalten. AB iſt wie vorhin 
der Keſſel mit der zu konzentrirenden Slüffigfeit. Die etwas weis 
tere und Iuftdicht verfchraubte Öffnung c dient hier, um in den 
Keffel, zur Reinigung deſſelben, gelangen zu fönnen. b ift die 
Nöhre, welche mit dem Dampfkeffel fommunizirt; hift eine Röhre, 


deren Ende in die zur Abdampfung beftimmte, in einem Behäls 


“ter "befindliche Flüffigfeit taucht. H ift eine gläferne Röhre, die 


in zwei Eupferne, mit dem oberen und unteren Theile des Keffels 


Abdampfen im leeren Raume. 29 


in Berbindung ſtehende Knieröhren eingefiftet ift, und den Stand 
der Zlüffigkeit in dem Keflel anzeigt. Die Kommunifationd: 
roͤßre C ift in der Nähe des Keſſels mit einem Hahne verfehen. 
Der Refrigerator E ift bier am zwedimäßigfien aus dünnen Roͤh⸗ 
sen von Kupferblech von + bis ı 3. Durchmefler, ganz nach der 
felben Anordnung wie in Sig. 6 und 7 herzuſtellen. Mit der Ab⸗ 
flußroͤhre £ des Refrigeratörs ift ein zweiter Fleiner Tuftdichter Be⸗ 
bälter F in Verbindung, der unten feine mit einem Hahne verfe- 
bene Abflußröhre g hat, ebenfalls mir einem Kühlbehälter umge⸗ 
ben it, und zur Auffammlung des in dem Refrigerator Pondenfir 
ten Waſſers dient. Am oberen Theile ift Die mit einem Hahne ver- 
fehene Röhre K'befindlich, welche gleichfalls mit dem Dampffef- 
fel fommunizirt; durch weldyen legteren auch der Keſſel AB ges 
beigt wird. 

Der Bang dieſes Apparates iſt folgender: Nachdem die 
HähneC, f und g geöffnet worden find, und bevor das kalte 
Waſſer in Die Kühlbehditer eintritt, wird der Hahn der Dampf: 
roͤhre b geöffnet, damit der eindringende Dampf die Luft aus den 
inneren Räumen des Apparatd austreibe, worauf die Hähne b 
und g wieder gefchloffen werden. Man läßt hierauf das Waffer 
in die Kühlgefäße eintreten, und öffnet den Hahn h, wodurch die 
abzudampfende Fluͤſſigkeit aus dem Vorrathöbehälter in diefer 
Röhre h empor fleigt, und den Keffel bis zur gehörigen Höhe, 
die Durch die Slasröhre H angezeigt wird, anfüllt. Iſt die 
verlangte Eindickung bewerkſtelligt; fo fchließt man den Hahn 
C, öffnet den Dampfhahn b, damit der Dampf aus dem Keſſel 
den Keſſelraum anfülle, und öffnet ſonach den Ausflußhahn a, ® 
worauf die konzentrirte Flüͤſſigkeit ausfließt. Schließt man hier- 
auf Die Hähne a und b, und öffnet den Hahn h; fo füllt fidy 
der Keſſel neuerdings mit Flüſſigkeit, und die Operation beginnt 
von Neuem, nachdem h wieder gefchlojfen und C geöffnet wor⸗ 
den ift. 

Der Inhalt des gefchloffenen Waſſerbehaͤlters E fann wäh. 
rend der Operation zu jeder Zeit auögeleert werden. Man fchließt 
nähmlich zuerft den Hahn f, zieht das falte Waller aus dem Be⸗ 
hälter G ab, und öffnet hierauf die Hähne k und g. Der durd) 
keindringende Dampf zwingt dad Wailer zum Ausfließen, und 


50 Abdampfen. 


wenn der Dampf ſelbſt aus der Röhre g tritt, fo wird der Sahı 
g wieder gefchloffen, jener bei £ geöffnet, und daß. Palte 
Waſſer wieder eingelaffen, worauf das fondenfirte Wafler, das 
ſich unterdeffen in dem unteren Theile des Refrigeratord angefam⸗ 
melt hatte, in den Behälter F abfließt. Da die in den Keflel neu 
eintretende Slüffigfeit immer etwas Luft enthält; fo wird e3.noth- 
wendig, daß der Apparat von Zeit zu Zeit von diefer Luft gerei⸗ 
niget werde, inden man nach Beendigung einer Operation das 
Waller aus den beiden Kühlbehältern abzieht, und den Dampf, 
wie bei dem erften Anfange, durdy den ganzen Apparat ftrömen 
läßt. Um diefe Reinigung feltner nöthig zu machen, iſt ed vor- 
theilhaft, den Vorrathsbehaͤlter der zu Fonzentrivenden Zlüflig- 
feit felbft dirch den Waflerdampf zu erwärmen, wodurch fchon 
beinahe alle Luft ausgetrieben wird. 

Diefer Apparat fann fowohl im Kleinen als im Großen aus⸗ 
geführt und gebraucht werden. Im Kleinen iſt er zur Anferti⸗ 
gung von Ertraften aller Art bei gelinder Zemperatur, fo wie zur 
Abdampfung von Salzauflöfungen mit vegetabilifchen Säuren oder 
Baſen dienlih; im Großen iſt er vortheilhaft für Die Konzentris 
rung ded Zuderfprups, des Traubenmoſtes ıc. verwendbar, in 
welchem Balle mehrere folche Apparate, welche durch einen und 
denfelben Dampffeifel verfehen werden, neben einander anzubrins 
gen find. 

Diefer Apparat verdient den- Vorzug vor, denjenigen Vor⸗ 
richtuhgen, in welchen der Iuftleere Raum mittelft einer Luft 
pumpe hervorgebracht, und das zur Kondenfirung nöthige Falte 
Waller, wie bei der Dampfmafchine, eingefprigt wird, die Pumpe 
fonach, wie bei diefer, als Luft: und Warm -Waffer - Pumpe 
wirft, — eine Einrichtung, die fowohl in der fomplizirteren An= 
Inge als in der Unterhaltung einer bedeutenden mechanifchen Kraft 
Foftipieliger ift, und auf deren nähere Befchreibung ich mich ae 
bier nicht einlaife. 

Was endlich dad Material der Abdampfgefäße betrifft; 
fo muß daffelbe nach der Befchaffenheit der abzudampfenden Sluf: 
figfeit genommen werden. So wendet man für verdünnte Schwe- 
felfäure und ſaure fehwefelfaure Salzauflöfungen das Blei, für. 
alfalifche Slüffigfeiten Eifen, für Ertrafte Zinn, Kupfer, ver 


Apdampfgefäße. Sandbab. 31 


jimtes Kupfer u. f.w. an, im Kleinen‘ Glas, Steingut, Por- 
zellan, Silber, Platin. 

Die metallenen Abdampfgefäße, die man in den Laborate- 
rim anwendet, haben die Form Fleiner Keffel, die man über das 
Sohlenfeuer eines Windofens fegt. Die Abrauchfchalen von Glas, 
die aus den Glashätten fommen, find wegen der ungleichen Dide 
dem Zerfpringen unterworfen: man verfertigt fie daher auch. felbft 
aus gläfernen Kolben, die man: nach der Richtung ded Halfes, 
deiien Hälfte Dann für die Schale einen Ausguß bildet, in wei 
Hälften zerfchneidet ; indem man mit der Spige eines eifernen gli» 
henden Stabes über den Theil binfährt, den man fpalten will. 
Kleinere Schalen werden aus einem Kolben durch einen an einem 
Stiel befeftigten eifernen Ring (Sprengeifen), den man roth⸗ 
glühend auf die abzufondernde Stelle bringt, audgefprengt. 

Glaͤſerne Gefäße Fönnen nicht über freies Kohlenfener 
gefegt werben, fondern werden im Sandbade erhigt, indem 
nähmlich ein eifernes, über dem freien Feuer befindlichee, Gefäß mit 
Sand gefüllt, und in diefem erwärmten Sande dad Gefäß bie 
zur gewünfchten Tiefe eingefebt wird. Dad Sandbad bat den 
Bortheil, daß es die Hibe des freien Feuers nur allmählich durch⸗ 
läßt, und eben fo auch bei der Wegräumung des Feuers nur alls 
mählich abfühlt; fo daß dabei gläferne Gefäße beliebig erhigt wer⸗ 
den fönnen , ohne dem Zeripringen auögefegt zu feyn. 

Sollen gläferne Gefäße uber dem freien Feuer gebraucht 
werden ; fo müifen fie, ftatt des Sandbades, an der Außenfläche 
mit Thon überzogen (befchlagen) werden, welcher mit Sand und 
Kuhhaaren vermengt, und nad) dem Auftragen langfam abgetrock⸗ 
net wird, indem man die entflehenden Riſſe mit neuem Thon ver⸗ 
ſtreicht. 

Die beſten Abrauchſchalen ſind uͤbrigens jene aus Porzellan, 
das auf der aͤußeren Flaͤche keine Glaſur hat, und jene aus Stein⸗ 
gut oder Wedgewood mit innerer glaſirter Flaͤche. Dieſe Schalen 
koͤmen über freiem Feuer gebraucht werden, vertragen Abwechslun⸗ 
gen der Temperatur, und werden von Feiner Aufloͤſung angegriffen. 

Beim Abdampfen dicklicher Flüſſigkeiten, die ſchwerer eine 
gleichförmigere Erwärmung annehmen, iſt es vortheilhaft, Die gleis 
here Vertheilung der Wärme in der Maſſe durch eingelegtes 


32 Abdampfen. 
Drahtgeflechte oder Drahtgewebe zu befoͤrdern, die aus einem 
ſchicklichen Metalle verfertigt ſind, und am beſten aus Platindraht 
beſtehen. Durch dieſes Mittel wird überhaupt die Verdampfungs⸗ 
fläche vergrößert, daher die Berdampfung befchleunigt.. 

Die Form der Keffel Hängt von dem Zwecke ab, den man 
Sanptfächlic im Auge hat, und ergibt fid) aus den bisher erörter- 
ten Bedingungen. Füuͤr Fleinere Maflen von Fluͤſſigkeit bedient 
man ſich runder Keſſel, weil fie leichter zu verfertigen, und dauer- 
bafter find, als vieredige: für größere Maffen wählt.man leg- 
tere Zorn, weil fie für gleichen Inhalt eine größere Oberflädhe 
gibt. Keifel von gar zu großer Ausdehnung fucht man zu vermei⸗ 
den, weil ihre Fläche nicht mit Ofonomie gleichförmig erhigt wer- 
den kann, und vertheilt Tieber den Inhalt in mehrere Fleinere ; 
ober verfieht Einen großen mit zwei oder mehreren Fenerherden. 
Sowohl bei runden als vierediigen Keffeln, die nicht gar zu groß 
find, biegt man den Boden einwärts, weil unter einem folchen 
Die Hige fi) länger aufhält und beffer wirft, ald bei einem ebenen 
oder fonvereu Boden. 

Noch ift zu bemerfen, daß bei allen Berdampfungsprozeffen, 
welche ohne Unterbrechung oder Durch Tängere Zeit hindurch fort 
gefept werden, zur Erfparınig an Brennmaterial oder an Zeit die 
Einrichtung getroffen werden muͤſſe, daß die in den Abdampfungse« 
keſſel nachfließende Auflöfung ſchon vorher gehörig erhigt werde. 
Dieſes geichieht am zweckmaͤßigſten Dadurch, daß der Slüffigfeitöbe- 
bälter, aus welchem dieſer Erſatz geichieht, und welcher etwas 
Höher geſtellt ift, ald der Dampffeffel, noch burch die aus dem 
Feuerherde Pommende heiße Luft erwärmt wird, bevor fie in den 
Rauchfang tritt. In einigen Faͤllen fann die Einrichtung fo ges 
troffen werden, daß der von dem freien Feuer beftrichene Abdampf⸗ 
Feffel mit einem gewölbten und riygsum mit fenfrechten Wänden 
umgebenen Deckel verfehen iſt, auf welchem fich ein cplindrifcher 
Anſatz befindet, aus welchem Dampfröhren in die Slüffigfeit ein⸗ 
treten, mit welcher diefer Hutförmige Auffag angefüllt if. Ein 
ſolcher Ofen ift in dem Artikel Bierbrauerei befchrieben. 

Überhaupt iftes, aus den fhon (©. 9) angegebenen Grün: 
den vortheilhaft, bei der Abdampfung über freiem euer in allen 
jenen Bällen, wo es nicht nothwendig iſt, Daß die Oberfläche der 


Abdampfungsofen. 33 


Suiffigfeit mit Der freien Luft in Berührung ftehe, den Keifel zu 
bedecken, und den entweichenden Dampf mittelft einer Leitungs- 
röhre zu einer andern beliebigen Heigung zu verwenden, weil bei 
einer ſolchen Einrichtung die Seuerungsfoften des erften Keffels 
beinahe auf nichts reduzirt werden. 

d. H. 


Abdampfungsofen. 


Diejenigen Vorrichtungen, bei welchen das Erhitzen uud 
Abdampfen der Ylüfligfeit durch die Wirkung des freien Beuers 
gefchieht, begreift man unter dem Nahmen der Abdampfungs- 
öfen. Sie beftehen aus einem zwedfmäßig eingerichteten Feuer⸗ 
berde, über welchem das Gefäß mit der zu erhitzenden Flüſſigkeit 
aufgeftellt if. Die allgemeinen Bedingungen zur zweckmaͤßigen 
Eimihtung des Feuerherdes, welcher Die Brundlage eines jeden 
Dfend mit natürlichem Luftzuge für irgend einen Zweck ausmacht, 
find in dem Art. Beuerherd angegeben. Hier werden diejeni- 
gen Konftruftionen betrachtet, welche zunächft die für Abdampfun- 
gen jeder Art eingerichteten Dfen betreffen. Spezielle, für einzelne 
Fabrifationen berechnete Einrichtungen werden in den fpeziellen 
Artifeln behandelt. 

Die gewöhnliche Art, einen Siede: oder Abdampffeffel auf 
den Keuerherd zu bringen, ift die in der Big. 10 (Taf. 1) dargeftellte. 
a iſt die Heigthüre, ducch welche das Brennmaterial auf den Roft 
gebracht wird, f der Afchenraum: der in dem Yeuerraume frei 
hängende Keifel ift, wenn feine Höhe einige Buß beträgt, bei bb/ 
mit einer ringförmigen Scheidewand umgeben, welche bei b/ oder 
der der Rauchöffnung entgegengefehten Seite eine Offnung hat, 
durch welche das Feuer, nachdem es auf den unteren Theil des 
Keſſels gewirft hat, über die Scheidewand tritt, den oberen Theil 
des Keſſels umgibt, und dann durch die Öffnung c entweder un- 
mittelbar, oder was beſſer it, erft durch den niederfleigenden 
Kanal A in den Rauchfang tritt. Der letztere niederwärtd gehende 
Zug bat den Vortheil, daß die Hige oben bei i mehr zurückgehal⸗ 
ten, und dadurch Die Temperatur des ganzen Feuerraums höher 
gehalten wird, ald ed der Fall wäre, wenn der Rauch von hier 
aumittelbar in den Rauchfang trate. 

Technoi. Encyclop. I. Bd. 3 








34 Abdampfungsofen. 


Diefe Einrichtung hat jedoch noch zweierlei Nachtheile. 
1) Wird dad Feuer auf dem Nofte, durch die Berührung der 
Slamme mit der nur auf eine verhältnißmäßig geringe Tempera- 
tur erhigten Keffelflähe, an welcher fie Hinzuftreichen genöthigt iſt, 
zu fehr abgefühlt, fo daß die Verbrennung nicht vollftändig erfol- 
gen fann, und ein nicht unbedeutertder Theil des Brennmaterials 
im NRauche verloren geht. 2) Wird bei jeder Öffnung der Heiß- 
thüre a durch das Einftrömen der äußeren Falten Luft die Keffel- 
fläche abgefühlt, und dadurch ebenfalls an Brennmaterial und an 
Zeit verloren. " Den nachtheiligen Einfluß des letzteren Umftandes 
fann man deutlich bei einer ähnlich eingerichteten Kejfelfeuerung 
bemerfen, wo daB Sieden fogleich fhwächer wird, fobald man 
die Heisthüre öffnet, ja nad) einiger Zeit ganz aufhört. 

Den Einfluß des erfteren Umftandes, naͤhmlich der Verhin⸗ 
derung des vollſtaͤndigen Verbrennens durch die kaͤltere Keſſel⸗ 
flaͤche, kann man ſich durch einen einfachen Verſuch klar machen. 
Man nehme eine Schale aus Kupferblech mit Waſſer angefüllt, 
und halte fie über die Flamme einer Wachöferze in einer Kleinen 
- Entfernung von der Spitze berfelben ; jo wird die Flamme an ih> 
rer Intenfität und Geftalt feine Anderung erleiden, und in dieſer 
Stellung wird ſich die Flüſſigkeit bald erhigen und zu ſieden an⸗ 
fangen. Senkt man aber die Schale mehr nieder, ſo daß ihr 
Boden in die Flamme hinein ragt fo verliert letztere ſogleich ih⸗ 
ren Glanz, wird dunkel und rauchig, der Boden der Schale über: 
‚zieht fich mit Ruß, und bei diefer unvollftändigen Verbrennung, 
bei welcher die Hige um ein Bebeutendes vermindert ift, hört das 
Waſſer wieder auf zu fieden. Bei der Heigung des Keſſels ift es 
daher wefentlich, die Abfühlung des Feuers durch die Keffelwand 
zu vermeiden; was niemahls gefchehen kann, wenn, wiein Fig. 10, 
die Flamme des Beuerd unter dem tief liegenden Keſſel fchief hin⸗ 
zieht, folglich bevor Die Verbrennung erfolgt ift, ſchon die Abs 
fühlung eintritt. Diefer Umftand ift bei der Holsfeuerung noch 
mehr von Bedeutung, als beider Feuerung mit Steinfohlen, weil 
bei legteren die Flamme viel kürzer ift, und die Werdemanug fi fi) 
näher an den Roſt befchränft. 

Der Zwei diefer vollftäudigeren Verbrennung kann bewirkt 


Abdampfungsofen. 35 


werben, entweder indem man dad euer mitten unter dem Keffel auf 
einem Rofte unterhält, und lebteren von dem Keifelboden in der: 
jenigen Entfernung hält, welche für das aufgelegte Brennmaterial 
jur gehörigen Emtwicelung feiner Flamme hinreicht, fo daß for 
nach der Keifelboden fenfrecht von der Flamme beftrichen wird: 
oder indem man das Feuer von dem Heibraume ganz entfernt, fo 
daß deilen Flamme mit dem Keffelboden gar nit in Berührung 
fommt, fondern lebterer von der von dem Beuerherde fommenden 
glühenden Luft beftrichen wird. 
2 Nach dem erften Prinzip iſt der in der Big. 11 und 12 atzaf. 1.) 
im horizontalen und fenfrechten Durchfchnitt Dargeftellte Ofen einge⸗ 
richtet. a ift die Heitzthuͤre, b der Roft; cc find gemauerte Stuͤ⸗ 
den, auf welchen der aͤußere Rand des Keifelbodens ruht; diefe 
Stügen laſſen Zwifchenräume zwifchen ſich, wie Big. 11 zeigt, 
durch welche die heiße Luft, die unter dem Keffelboden gewirkt 
bat, in den Kanal ee tritt, welcher den unteren und Außeren 
Theil des Keſſels umgibt. Durch die Offnung £ (Big. 11) tritt 
nun Rauch und Luft in den Kanal-gg (Big. 12), welcher, dent 
vorigen Kanale parallel, den oberen Theil der Keffelwand umgibt, 
und von da durch die Öffnung h in den Rauchfang. Damit die 
Hipe unter dent Kejlelboden fich gleichförmig verbreite, und nicht 
fogteich der in den oberen Kanal führenden Offnung f zueile, 
find die Zwifchenräume des Kranzed cc, auf dem der Keſſel ruht, 
ungleich vertheilt, jo daß fie bei f am weiteften, an der gegen- 
überftehenden Seite aber am engſten an-einander fiehen. Die bei 
h entweichende Wärme kann noch zur Heitzung ded Behälter, 
aus welchem die Flüſſigkeit in den Keffel nachfließt, verwendet 
werden. Das Mauerwerf dieſes Ofens wird mit einigen, außer 
dem Gebrauche gut verfchloffenen Öffnungen verfehen, um die 
Züge der Kandle e und g reinigen zu fönnen. 

Die Entfernung des Roftes von dem Keffelboden hängt von 
dem Brennmaterial ab, und ift Fleiner für Steinfohlen als für 
Holz. Sie muß überhaupt, wenn der hier beabfichtigte Zweck 
erreicht werden foll, fo genommen werden, Daß bei gehörig ein 
gelegter,, und im vollen Verbrennen befindlicher Brennjtoffmenge 
die Spise der Flamme ſchon gebildet ift, bevor fie den — 


den erreicht. 
\ 3 > 








36 Abdampfungsofen. 


Diefer Ofen gibt zugleich ein Mufter für die Anlegung von 
Feuerfanälen oder Zügen, um die Hiße des Feuerherdes auf die 
Keſſelwaͤnde gleichförmiger gu vertheilen. Man darf.diefe Züge 
nicht ohne Noth vervielfältigen, weil fie die Maſſe des Mauer: 
werks gerade an jenen Stellen, wo die Hiße am größten ifl, ver⸗ 
mehren, und dadurch der Wärme eine unnöthige Ableitung ver- 
fhaffen. Es ift beifer, den Boden des Keffeld von folchen Zügen 
frei zu laſſen, die nurdie von dem Feuer beftrichene Oberfläche 
deſſelben vermindern, und nicht mehr Mauerwerf anzubringen, 
als zur Unterftügung deſſelben nöthig iſt. Kann der Keifelboden, 
ohne folche Züge nicht gleichförmig durch Einen Seuerherd geheitzt 
werden, fo find Dann lieber zwei anzubringen. 

In den meiften Sällen iſt es am ficherften, und fowohl inz 
Kleinen als auch bis zu jeder Dimenfion im Großen ausführbar, 
den Feuerberd von dem Heigraume zu entfernen, um in 
dem erfteren die Verbrennung vollfländig zu bewirfen. Man er= 
halt dadurch den Bortheil, daß man diefen Feuerherd für jede 
Art und Menge von Brehnmaterial, ohne Ruͤckſicht auf die Form 
des Keſſels, auf die für die vollftändige Verbrennung günftigfte 
Weiſe einrichten, und dann die von diefem Herde kommende Hitze 
‚ anf beliebige Art auf die zu erhigende Fläche wirken laſſen Fann. 
Da diefer von feuerfeften Ziegeln umgebene Herd vor der Berüh— 
sung von Körpern, welche die Wärme fchnell ableiten, gefchüßt 
ift, fo wird in ihm diejenige Hohe Temperatur erzeugt, ohne welche 
eine vollftändige Verbrennung nicht Statt finden kann. Bei ei- 
ner fo eingerichteten Feuerung ift Fein Zug durch den Noft noth: 
wendig, weil der Luftzug durch die Heigöffnung ſelbſt gefchieht. 
Nachfolgende Mufter erläutern dieſe Bedingungen fowohl für Holz: 
als Steinfohlenfenerung. 

Die Fig. 13 (Taf. ı) ſtellt einen ſolchen Ofen im Durchfchnitte 
vor, auf Holzfeuer eingerichtet. A ift der Herd, auf welchem das 
Holz brennt; a iſt die Heigöffnung, durch welche daffelbe einge: 
legt wird; d ein feuerfeites, mit Mauerwerf überlegtes Gewölbe, 
das dieſen Herd überfpannt ; c ein Roft, zum Abfallen der Afche 
in den Afchenraum, zu welchem die gut fchließende Thuͤre b führt ; 
B und C find zwei eingemauerte Keffel; f der Rauchfang. Yür 
einen Keſſel von 5 8. Durchmeffer und 4 3. Höhe hat die Heitz⸗ 


Abdampfungsofen. 37 


Huung eine Breite von. 15 3. gegen eine Höhe von 13 3. Am 
Ende des Herdes, bei m, wo das euer in den Keſſelraum tritt, 
wird durch die Erhöhung der Sohle diefe Öffnung niedriger, da- 
gegen breiter, damit fich die Hitze leichter unter dem Keſſelboden 
verbreite. Nachdem auf dem Herde A das Feuer entzündet wor» 
den, wird das Holz nach der Scheitlänge in denfelben eingelegt, 
fo zwar, daß diefer Feuerraum ganz angefüllt wird. Der Luft 
ing gefchieht Durch Die Heiböffnung a, deren Thüre offen bleibt, 
durch die Zwifchenräume der Holsftüde hindurch. Bringt man in 
der Alchenthüre b ein gut fchließendes Negifter an, um dadurch 
etwas Luft einzulaſſen; fo. dringt diefe Luft durch den Afchenzoft 
c, in deflen Nahe das heftigfte Feuer vorhanden ift, und ver: 
brennt hier noch) den Rauch. Der zweite Keſſel C benupt noch 
die Wärme, welche von dem erfien Seuerraume übrig if. Soll 
diefer zweite Keilel, oder noch ein dritter, zur Nachfüllung des vor⸗ 
bergehenden dienen ; fo kann derfelbe höher gefept werden, damit 
die Flůſſigkeit von felbft Daraus ablaufen könne. Durch eine im 
Rauchfange angebrachte Klappe wird der Zug des Feuers ober die 
Verbrennung regulirt. Offnet man die Afchenthüre b, und fchließt 
die Heitzthüre a, fo ftrömt die kalte Luft durch den Roft, und fühlt 
die Keifelmände ab; fo daß man durch diefe Einrichtung auch ein 
bequemes Mittel hat, entweder das Sieden der Flüſſigkeit für eis 
nige Zeit zu unterbrechen, oder die Keflel beim Audleeren vor den ' 
Verbrennen zu fhügen, ohne daß das euer auf Dem Herde qus- 
gelöfcht wird. Werden ald Brennmaterial Steinfohlen gebraucht, 
fo wird, um denfelben Zweck zu erreichen, am beften der Feuer⸗ 
berd mit niederwärtd gehenden Luftzuge angewendet (f. Art. 
Seuerberd). Der in den Fig.ı4, 15, ı6 und 17 (Taf. ı) 
dargeftellte,, urfprünglich von Watt Fonjtruirte, Keſſelofen hat 
dieſe Einrichtung. 

Fig. ı4 ftellt den ſenkrechten Durchſchnitt des Abdampfofens 
vor: a iſt der Keſſel von irgend einer Form, bier als rund ange⸗ 
nommen; b der leere Raum, der um den Keifel zur Zirfulirung 
der Warme gelajfen iſt; c eine Stütze und bei derfelben ein Durch: 
gang, um die Wärme von dem Boden des Keffels in die Räume 
bb zu führen; d ijt der Kanal, durch welchen das Feuer von Dem 
Herde an den Keifel tritt; e ift der Afchenraum, und f die Afchen« 


38 | Abdampfungsofen. 


thuͤre, die während des Verbrennen genau verſchloſſen ift; gh 
iſt der Feuerherd. 

Figur ı5 iſt ein vertikaler Durchſchnitt in der auf dem vorigen 
ſenkrechten Richtung: m ift der hintere Theil des Herdes bei h 
(Big. 14); 1 das Gewölbe aus Ziegeln, auf welchem der Brenn: 

ſtoff ruht. Figur 17 iſt der Horizontale Durchſchnitt; die punktir⸗ 
ten Tinien zeigen die Züge an, welche den Keijel umgeben. 

Das Feuer wird zuerft über dem Ziegelgewölbe 1 (Fig. 15) 
angefchürt, und nachdem ed gut im Brennen ift, wird der Hesd 
gh bid oben an g mit Kohlen angefüllt, wobei man darauf fieht, 
das hinreichend Zwifchenraum zwiſchen den Stüden des Brenn 
materiald, oder zwifchen diefem und der vorderen Mauern bleibt, 
um den Luftzug niederwärts zu dem Feuer herzuftellen. Die 
frifche Kohle wird immer oben bei g aufgelegt, in dem Maße als 
fie fi) unten verzehrt. Diefer untere Theil h hat die ftärffte Hige, 
und enthält die Kohlen in voller Gluth; i if eine der zwei Offnun⸗ 
gen, die von außen auf diefen unteren Theil des Herdes führen, 

und mit Sciebern oder Regiftern verfchloifen find, um beliebig 
Luft zuzulaffen. Sie find in der Anſicht Sig. 16 vorgeftellt. Diefe 
Luft ftrömt hier in die glühenden. Kohlen, und verzehrt den 
Rauch, der nod) von den oberen Kohlen niederwärts gebracht 
wird. Diefe. Öffnungen dienen zugleich zur Regulirung des Zu- 
ges; denn je mehr fie geöffnet werden, defto ſchwächer wird der 
Zug von g niederwärts; fo daß endlich der Luftjug von denfelben 
gegen g aufwärts gehen, ſonach der Hauptzug ganz gehindert 
würde. k(Fig. 14) ift eine verfchloffene Thüre, die in den Raum 
unter dem Keſſel führt, und dazu dient, bier frifche Luft einzus 
laffen, dadurch den Zug des Feuers gegen den Rauchfang zu hin- 
dern und den Keſſel abzufühlen, wenn die Operation beendiget 
werden foll. 

Die Dimenfionen des in der Figur nach den Maßftabe ge- 
gebenen Herdes find auf eine Verbrennung von ı Centner Kohle 
‚ in der Stunde berechnet. Kür einen größeren Bedarf müſſen die 
Dimenfionen vermehrt werden ; doch ijt es, wie ſchon früher be- 
merkt, in dieſem Salle beffer, zwei oder mehrere folche Dfen her⸗ 
zuſtellen. 

In einzelnen Faͤllen iſt es vortheilhaft, bei der freien Feue⸗ 


Abdampfungsofen. 39 


nıng.den Boden des Keſſels nicht zu erhiben, fondern der Fluͤſſig⸗ 
feit die Wärme durch die Seitenwände mitzutheilen. Dieß ift der 
Fell, wenn bei der Abdampfung fih ein flarfer Bodenſazz bildet, 
der leicht anbrennen würde, oder wenn Auflöfungen von Salzen 
abgedampft werden, die an der Oberfläche kryſtalliſiren, wie Koch⸗ 
ſalz und fchwefelfaures Kali, und fich dann am Boden anfammeln. 
Hierzu dient die in der Fig. 1 (Zaf.2) dargeftellte Einrihtung, 
diefelbe, welche in Weftindien zur Eindickung des Zuderfaftes ge- 
‚bracht wird. a ift der Keſſel mit der abzudampfenden Flüſſigkeit, 
welcher fo eingemauert ift, Daß der Boden deilelben bis zur punk⸗ 
tirten Linie b auf dem Mauerwerfe unmittelbar aufliegt, folglich 
vor der Einwirfung des Feuers gefchübt if. Das Feuer beftreicht 
alfo nur denjenigen heil des Keſſels, welcher über diefer Linie 
liegt. Der Keffel wird übrigens, wie dad. im Allgemeinen Regel 
it, mit der Flüͤſſigkeit durch allmähliches Nachgießen voll erhal- 
ten. So wie die Abdampfung vorwärts geht, fammelt fi, das 
Salz; in dem unteren Theile des Keffeld unterhalb der punktirten 
Linie an, und wird von hier mit geeigneten Löffeln heraus ge⸗ 
nommen. 

Diefe Einrichtung ift ebenfall® nützlich bei der Abdampfung 
derjenigen Salzauflöfungen zu gebrauchen, Die einen allmählich 
verhärtenden und fich feft anlegenden Bodenfag bilden, wie die 
Salje mit erdiger Baſis, 5.®. die fhwefelfaure Thonerde bei der 
Alaunfabrikation. Sobald diefe Bodenfrufte vorhanden ift, nimmt 
der Keſſelboden bei der gewöhnlichen Einrichtung eine fehr hohe 
Temperatur an, und wird entweder bald durchgebrannt, oder er 
jerfpringt, wenn er von Qußeifen iſt. Nach diefem Prinzipe Fön 
nen in diefen Faͤllen auch gußeifene Keſſel ohne Gefahr gebraucht 
werden ; und felbft folche Keffel von diefem Mietalle, deren Boden 
bereits gefprungen ift, Fönnen auf diefe Art noch angewendet wer⸗ 
den, wenn man fie fo in den Beuerherd einfegt, daß ihr Boden 
auf einer Rage von gutem Thone aufruht. 

Die Fig. 2 (Taf. 2) fiellt eine andere Art der Anwendung diefes 
Prinzipd vor. A iſt der mit der abzubampfenden Slüffigfeit ges 
füllte Keffel, ‚mit dem gewölbten Deckel bededt, an welchem fi) 
die Öffnung mit der Slanfche £ befindet, um bier ein Rohr anzu⸗ 
feßen, damit der entwickelte Dampf anderswo verwendet werden 


40 Abdampfungsofen. 


fönne (S. q, 20). a ift der Heitzraum, bder Afchenfall. Der for 
niſche Keffel geht unten in die zylindrifche Röhre g aus, deren un⸗ 
tere8 Ende mit dem Hahne h verfchließbar if. Durch die Röhre 
cdc/, an welcher fich oben und unten die Hähne c und befin⸗ 
den, fließt die Slüffigfeit aud dem Nefervoir in den Keifel nad. 
Während der Operation ıft der obere Hahn c zum Theil geöffnet, 
um die verdampfte Flüſſigkeit zu erfegen, der untere c’ aber ge⸗ 
fchloffen. Die aus dem Feuerherde fommende Hitze umfpielt den 
Keifel in den Raͤumen e, und der Rauch tritt durch den Kanal ; 
niederwärts in den Rauchfang. Der untere zylindrifche Theil g 
bleibt dabei viel weniger erwärmt, und in demfelben fammelt ſich 
das Fruftallifirende Salz. Nach einiger Zeit wird an ber Zuflußs 
röhre der untere Hahn c’ geöffnet; um etwas fältere Flüſſigkeit im 
den unteren zylindrifchen Theil zu bringen. Nachdem derfelbe wies 
der gefchloifen worden ift, und man dem Salze Zeit gelaſſen hat, 
wieder an den Boden niederzufinken, öffnet man den großen Hahn 
h, und läßt das Salz in ein unten ftehendes Gefäß ausfließen: 
wonach die Operation wie vorher fortgeſetzt wird. 

Ähnlich eingerichtete Keifel bedient man fich auch in.manchen 
Särbereien in Fällen, wo ed darauf anfomme, die Fluͤſſigkeit zu 
. erwärmen, ohne den ftarfen Bodenſatz dem Feuer auß;ufegen. . 

In den bisherigen Konftruftionen ift zwar auf den bei ge 
wöhnlichen Keifelfeuerungen vorfommenden zweiten Nachtbeil, 
nähmlicd auf die Abfühlung der Keffelfläche durch die eintretende 
falte Luft beim Nachſchüren (©. 34), Rüdfiht genommen, und 
bei einiger Sorgfalt im Heipgefchäfte kann derfelbe möglichft ver⸗ 
mieden werden: vollftändig wird jedoch dieſer Zwed durch eine 
eigene Konftruftionsart erreicht, welche in ig. 3 (Taf. 2) dargeftellt 
tft. Diefe Konftruftion beruht darauf, daß man den Roſt an den 
hinteren Theil des Feuerraumes bringt, und an dem vorderen 
Theil, an welchem fi) die Heigthüre befindet, den Rauchfang in 
die Höhe gehen läßt, fo daß bei der Öffnung der Heitzthüre die 
kalte Luft unmittelbar in den Nauchfang tritt, ohne unter den 
Keifel gelangen zu fönnen. Beuerungs- Einrichtungen Diefer Art 
baben den wefentlichen Vortheil, daß fie die Hitze unter dem Kefr 
fel unverändert zufammen halten, und dadurd) eine Erfparniß an 
Brennmaterial und an Zeit gewähren. 


Abdampfungsofar. 41 
Die Big, 3 ftellt einen Keſſelofen diefer Art im Durchfchnitte 


ver. a ift die Heiſthuͤre, b die Afchenthüre, durch welche der Zug 


ja dem Roſte erfolgt ; das Feuer wirkt auf den Keſſel und tritt 
dann vor der Heipthüre in den Rauchfang h. Öffnet man biefe 
Heisthüre, fo tritt die äußere Luft Durch Diefelbe.in den Rauch 
fang, und der Zug durch den Roft hört auf: mittelft eines Regi⸗ 
ſters in dieſer Thüre, Durch welches ein mäßiger Zutritt der Luft 
bewirkt werden kann, läßt fü Daher der Zug des Feuers beliebig 
reguliren. Diefe durch die Heitzthüre eintretende Luft: verbrennt 
zugleich den Rauch, der noch an diefe Dtelle gelangt. 


ZA der Keſſel größer, fo werden zwei Heitzungen biefer Yet " 
angebracht, wie Fig. 4 und 5 (Taf. 2) zeigt. a ift eine Zwiſchen⸗ 


mauer, die den Feuerraum in-zwei gleiche Theile theilt, umd zus 
gleich dem Keſſel als Stüße dient; r find die Stüben, auf wel 
hen der Rand des Keſſels ruht, wie in Fig. 4 die punktirte 
Linie zeigt. Durch die Offnung i tritt der Rauch in den in ber 
Mauer des Dfens angebrachten, der Keffelwand parallelen Kanal 
k, weldyer in den Rauchfang h führt. Die übrigen Theile der 
Zeichnung find für ſich klar. Zweckmaͤßiger noch wird diefe dop⸗ 
pelte Feuerung bei einem laͤnglich vieredigen Keffel, deſſen nad) 
der Länge genommenen vertikalen Durchfchnitt die Fig. 9 ebens 
falls vorftellen kann, weil in diefem Falle die untere Zläche des 
Keſſels durch das von dem Rofte gegen die Heigthüre zu fpielende 
Seuer gleichmäßiger erhitzt wird, als bei der runden Form. 
Fig.6 (Taf. 2) ift eine Konftruftion zur Anwendung des im 
vorigen Artifel (S. 10) aufgeftellten Prinzips zur Benugung der 
von dem Feuerherde abziehenden Hige, um die VBerdampfung auch 
auf der Oberfläche der Flüfligfeit zu befchleunigen. A ift ein 8 
bis 12 F. langer, 4 bis 6 F. breiter, etwa ı bis 15%. tiefer Keſ⸗ 
fl. Die Hige wird, nachdem fie auf den Boden gewirkt hat, 
noch über die Oberfläche der Fluͤſſigkeit Binzuftreichen gezwun⸗ 
gen, bevor fie in den Nauchfang gelangt: Die übrigen Xheile 
der Figur brauchen feine weitere Erflärung. Die Stüsen, quf 
welchen der Keffelboden ruft, find fo geordnet, daß der Zug des 
Feuers gleichmäßig vertheilt wird. Der Feuerherd it auf Steine 
tohlen eingerichtet: follte er für Holz dienen; fo müßte entweder 
der Roft mit der Heisöffnung tiefer in den Afchenraum herab 


42 Adampfungsofen. 


gelegt, oder der Hals des Fenerherdes o verlängert werden, um 
in denfelben das Holz nad) der Scheitlänge einzulegen (3. 35). 

Die Fig 7 (Taf. 2) ſtellt im Durchſchnitte denjenigen Ofen dar, 
beifen Prinzip bereits im vorhergehenden Artifel ©. 10 angege- 
ben worden ift, und in welchem dad Feuer unmittelbar die Ober⸗ 
fläche der Fluͤſſigkeit erhist. Letztere befindet fid, in einem waſſer⸗ 
dicht gemauerten Bchälter.A, der von außen noch mit fetten Thon 
oder Letten umgeben iſt, und eine. Länge von 15 bis 30 F., eine 
Breite von 4 bis 5 F., umd eine Tiefe von 12 bis a F. hat. Dies 
ſer Behälter ift mit einem flachen Gewölbe B überfpannt. Der 
Luftnig findet mittelſt der Aſchenthüre b durch den Roſt Statt, 
während die Heitzthüre a verſchloſſen iſt. In der Seitenwand des 
Dfens ift eine Ausflußröhre angebracht, um die Fonzentrirte Flüſ⸗ 
ſigkeit abzulaffen, und auf dem erwärmten Gewölbe B fleht ein 
Behälter aus Eifenblech oder aus Blei, welcher die vorräthige 
Lauge enthält, die aus demfelben in den Behälter nachfließt. Für 
Vitriol⸗ und Alaunfiederei ift Diefer Ofen befonderd anwendbar. - 

Zür die Abdampfung oder Abdünflung mittel erwärmter 
Luft (S. 23) fann bier noch der Fiel d'ſche Ofen ald Mu: 
fier aufgeftellt werden, welcher in den Figuren 8, 9 und 20 
(Taf. 2) dargeftellt iſt. Die Figur 8 iſt eine perfpeftivifche 
Zeichnung des Dfend, der aus den drei horizontalen Abtheis 
lungen ı, 2, 3, weldye bier aus einander gerüdt vorgeftellt 
find, um die innere Einrichtung beifer .erfennen zu fönngn, und 
aus einem Auflage befteht, der zwei mit Thüren verfchließbare 
Behälter bat, in welchem die mit der abzudünftenden Flüuͤſſigkeit 
oder anderen audzutrocnenden Segenftänden verfehenen Gefäße be- 
findlich find. In der Figur ift dieſer Auffag fenfrecht in der Hälfte, 
naͤhmlich durch den Kanal, welcher in den Rauchfang führt,,. und 
die beiden Behälter von einander trennt, durchfchnitten. Die Fi: 
gur 9 zeigt Diefen Ofen von außen. 

Die drei Abtheilungen ı, 2, 3, ig. 8, bilden den eigentli- 
hen Dfen, welcher zur Erhigung der Luft dient, welche die Ab: 
dunftung bewirkt. Diefe drei Abtheilungen find von einander durch 
horizontale Platten. von Oußeifen getrennt, in welchen ſich die 
gehörigen Öffnungen befinden; die fenfrechten Abtheilungen be> 
fieben ans Ziegen, In der Abtheilung ı tft a der Afchenherd, 


Abdrüde. 43 


durch welchen die Luft zur Verbrennung eintritt: über demfelben 
in der zweiten Abtheilung a der. Seuerberd, von welchem der 
Rauch den durch die Pfeile angezeigten Weg nimmt; wonach er 


in der dritten Abtheilung aus den Eckkanaͤlen aa in den zwifchen  - 


den beiden Behältern befindlichen Rauchkanal, dee noch mit der 
Zunge d verfehen ift, audtritt, und hiernach in den Rauchfang 
gelangt. 

Die mit bb bezeichneten Kanaͤle dienen zur Erwärmung und 
Fortleitung der Luft. Diefe tritt in der erflen Abtheilung bei bb 
ein; fommt in der zweiten Abtheilung durch den Kanal b an der 
Hinterwand, zirkulirt hernach ih der dritten Abtheilung über den 
unmittelbar dem Feuer ausgeſetzten Stellen, und tritt vorne durch 
die Offnung £ in die beiden Behälter des Aufſatzes, wo fie, wie 
in Sig. 10 erfichtlich iſt, um die auf‘ Eifenplatten geftellten Abdün⸗ 
Rungägefäße herumgeht, und durch die Öffnung h, weiche mit 
dem Regifter i verjehen ift, in den Rauchfang tritt, oder auch 
irgend anderdwohin geleitet werden kann. 

Diefer Ofen kann auch zwedimäßig als Stubenofen verwen: 
det werben, wovon im Art. Heigung noch die Nede if. Der 
untere Theil deſſelben, welcher zue Hervorbringung einer Sitoͤ⸗ 
mung von erwärmter Luft dient, fann als ein Mufter für die für 
den ähnlichen Zweck dienlichen Einrichtungen angefehen werben, 
amd fo im Befondern für die in Fig. 5 und 6 (Taf. ı) angegebenen 
Apparate dienen, wenn er ander unteren Mündung derfelben anges 
bracht wird. Gersl. die Art. Feuerherd und Dampfkeſſel.) 

d. H. 


Abdrücke. 


Man belegt mit dieſer Benennung im Allgemeinen die über⸗ 
tragungen der Zeichnungen oder Züge einer Släche auf eine andere 
durch miechanifchen Druck, ed mag dabei Farbe angewendet wer- 
den, oder nicht. Zu den Abdrüden mit Barben gehören Die von 
Supferplatten auf Papier, feltner auf Zeuge oder andere dünne 
Flaͤchen; die Eifen» und Stahlftihe; die, obwohl fehr felten 
vorfommenden, Abdrüde von mit Slußfpathfäure, nach Art des 
Kupfers, geägten Glastafeln ; ferner die von Holsfchnitten, weiche 
bei den Kartenmahlern und Papierfärbern auch mit Wailerfarben 


44 ; Abdrude. 


gemacht werden; die Pflanzenabdrücke mittelft Druckerſchwaͤrze 
auf Papier; die zahlreihen Produkte der Lithographie und der 
auf die Prinzipien der leßteren gegründeten Metallograpbie (nah⸗ 
mentlich Abdrüde von Zinkplatien) ; die mit Platten gedrudten 
Mufifnoten; und endlich die Abdrüde von dem verfchiedenen Arten 
von Buchdruderformen. Dranche diefer Abdrüde werden in felt- 
neren Fällen auch wieder ald Originale zu einem neuen Abdrude 
benupt, und z. B. die Kupferftiche auf Thonwaaren oder ladirte Ar⸗ 
beiten, oder auf Steinplatten, zur Herftellung einer. neuen Drud- 
form, übertragen. Über alle diefe Gegenftände fol am gehörigen 
Dete ausführlicher gehandelt werden. 
Zu den Abdrüden ohne Farbe müffen, wenn auch nicht dem 
Sprachgebrauche, doch der Darftellungsweife nach, die gepreßten 
Viſitkarten, Papiere, Papierborduren, Papiertapeten, Metall« 
. folien und Lederforten gerechnet werden, die ihr Entfiehen eben- 
falls eigenen, faft immer metallenen Formen, die entweder ebene 
Slächen oder Walzen find, und dem gehörig angebrachten mechani= 
[hen Drude verdanfen. Vorzüglich aber gehören hierher die Kopien 
erhöhter oder vertiefter Originale, welche durch Eindrüden der 
legteren in verhältnißmäßig weiche oder nachgiebige, bildſame 
Mafien erhalten werden. Einige der legteren haben fchon im ge⸗ 
wöhnlichen Zuftande den erforderlichen Grad der Weichheit, z. B. 
das Wachs in nicht zu niedriger Temperatur; Blackfiſchbein fei- 
ner ſchwammigen, lodern und des Zufammendrüdens fähigen 
Struktur wegen; gefnetetes, frifch gebadenes Brot. Andern gibt 
man denfelben durch Anwendung der Wärme, wohin das Giegel- 
lad, der Schwefel unter gewiſſen Umjtänden, das durch die Wärme 
der Hand erweichte Silber- und Zinnamalgam, das Horn, daB 
Glas, manche Metall:Legierungen, ja fogar felbft der Stahl ge= 
hören. Manche Stoffe werden zum Abdrüden in einen bildfamen 
Zuftand durch eigene Vorbereitung, nahmentlich mit Beihülfe des 
Waſſers oder andrer Slüffigfeiten, gebracht, wie der mit Waſſer 
abgefnetete Ihon, der Papierbrei und dad Papiermadhe, die künſt⸗ 
fihen Holzmailen, deren Hauptbeftandtheil Sägefpäne find, der 
Formſand zur Darftellang der Gießformen. Endlich fönnen aud) 
harte Stoffe, wenn fie nicht zu fpröde find, zu dieſem Behufe 


Allgemeine Bemerkungen. 45 


vah einen gehörig angebrachten ftarfen Druck verwendet werden. 
Beliufig erinnert Fann bier werden auf das Preffen hoͤlzerner 
Den in Formen, Das Schmieden des Eifens in Gefenfen, auf 
3 Emdrücden gebärteter Stahlftempel oder Walzen in Kupfer, 
a ſelbſft in ungehärteten oder entfohlten Stahl, auf die geftampf: 
mund geprägten Knöpfe und die aus dünnen Blechen im Falls 
werke hohl verfertigten Metallverzierungen, auf das Prägen der 
Münzen, endlich anf Die durd, ein ähnliches Verfahren darzuftel: 
Ienden Taſſen, Teller und Schuüifeln felbft aus Eiſenblech nu. f. w.; 
welches alle Dem Prinzipe nad) wohl hierher gehöret, aber theils 
der Bichtigfeit , theils des verfchiedenen Verfahrens bei der Aus- 
führung wegen , hier noch nicht behandelt werden Fann. 
Über das Abdrücken fleiner Gegenftände, ald der Münzen, 
gefhnittenen Steine und dergleichen, ift vorläufig zu bemerfen, daß 
der Abdruck jedes Mahl gegen das Driginal verfehrt ausfällt, 
uud daher entweder felbit als eine Kopie des Driginaled angefe« 
hen, oder auch fehr Häufig wieder als Form gebraucht wird. Fer: 
ner find nicht alle Arten von Maflen, um ganz getreue Abdrüde 
zu Kiefern, gleich gut geeignet; indem befonders jene, die ihre 
Bildfamfeit dem Zufage einer Zlüffigfeit verdanfen, beim Aus» 
trodinen oft bedeutend ſich verfleinern, wodurch gleichzeitig ein 
heil der Schärfe feiner Zuͤge mit verloren gehen muß. Daher muͤſ⸗ 
fen auch die Originale immer möglihft ſcharf und rein ſeyn; und es 
Mt demnady auch nicht rathfam, Kopien wieder abzudrüden, weil 
nach jedem Abdrude die Züge flumpfer und undeutlicher werden. 
Endlich wächft die Schwierigkeit der Darftellung immer mit ber 
Größe der Släche, welche abgedrüdt werden foll, und mit der- 
Höõhe oder Tiefe der darauf befindlichen Zeihnung. Diefer Um- 
Rand ift es vorzüglich, welcher die Anwendung des Abdrüdens 
fehr beichränft, indem faſt durchgehende das Abgießen, wo es 
überhaupt anwendbar ift, mit weniger Schwietigfeiten verbunden 
iſt, und andy in der Negel eben fo getreue Kopien liefert, als 
durch das Abdrüden zu erhalten find. 

Es erübrigt num noch, die vorzüglichfien Arten der Abdrüde 
fleinerer Gegenftände, befonderd der Münzen, gefchnittenen 
Steine u. dgl. anzugeben, wodurd dad Vorhergehende sugleich 
die noch nöthigen Erläuterungen erhalten wird. 


\ 


46 Abdrücke. 


Das Wachs, beſonders das gelbe, laͤßt ſich, wenn es er⸗ 
waͤrmt und gut durchgeknetet iſt, gut zu Abdrücken anwenden; 
allein dieſe ſind, fie mögen als Formen gebraucht werden, oder 
nicht, keineswegs dauerhaft. Man bedient fi) deflelben daher 
nur in jenen feltenen Sällen, wo man dad Original fchonen will, 
z. B. um ein aus Gyps verfertigtes, bereits mit Farben ange: 
ſtrichenes Modell wieder abzuformen, Weller ift das Wache zum 
Abgießen anwendbar, wovon weiter unten die Rede ſeyn wird. 

Brotteig aus frifch, noch beifer fchlecht ausgebadener, 
durchgekneteter Brotfrume, kann ebenfalls zum Abdrüden Fleine= 
ser Gegenftände, die man durch eine andere Manipulation zu bes 
ſchaͤdigen fürchtet, vorzüglich zu Gußformen, benügt werden. Zu 
diefem Behufe muß die Maffe, nachdem der Abdrucd gemacht ift, 
übertrodnen, fo daß fie.eine harte Rinde befommt, um die flüf- 
figen Stoffe, 3. B. Gyps oder Schwefel, aufzunehmen. 

Abdrücke in Siegellad werden fo gemacht, wie die von, 
Siegeln, und koͤnnen wieder als Formen, befonders für Thon 
und Gyps, benüßt werden. Um reine Abdrüde zu erhalten, ıft 
nicht nur Siegellack von vorzüglicher Qualität, fondern auch 
ein vorfichtige8 gleichförmiges Erhigen deffelben nothwendig. In 
einem vertieften metallenen Knopfe, aus welchem das Ohr heraus- 
gebrochen, und in welchem über- einer Cichtflamme das eingefüllte 
geftoßene Siegellad langſam und fo erhigt wird, daß eö Feine 
Blaſen wirft, kann man gefchnittene Steine oder GSlaspaften 
leicht abdrüden, um fich. Sormen zum weiteren Abdrüden in Thon 
zu verfchaffen. . 

Bon flählernen oder metallenen Petſchaften oder andern 
Stempeln mit nur feihten Vertiefungen Abdrüde zu machen, 
weiche zweierlei Sarben zeigen, ift ebenfalls fehr leiht. Dan 
reibt nähmlich in die vertieften Züge Zinnober, oder eine andere 
feine Sarbe ein, oder fchwärzt die ganze Fläche über einer Licht⸗ 
flomme, und drückt, nachdem man die. ebene Släche felbt durch 
Abreiben auf feinem Drudpapier vollfommen.von Barbe gereinigt 
bat, dad Siegel in Siegellad von andrer Farbe ab. Das letztere 
bildet die Grundfarbe des Abdrudes, während die in den: Bertie- 
fungen gewefene, an die erhöhten Züge angefchmolzene Zarbe auf 
diefen fihtbar wird. 


Abdrüde in Siegellad und Schwefel. 47 


Wird aber zum Abdruden Siegellad von derfelben Farbe ges 
wählt, wie die .in dem Siegel befindliche, fo erhält man auf dem 
glänzenden Grunde des Abdrudes die erhöhten Figuren bloß matt, 
welches bei manchen einfachen Zeichnungen und Nahmenszuͤgen 
fi vorzüglich gut ausnimmt. 

Dee Schwefel ift nur unter gewiffen Umftänden zu Abe 
druden brauchbar. Nach der gewöhnlichen Angabe wird derfelbe, 

wenn er lange Zeit im Schmelzen erhalten, und in Faltes Waſ⸗ 
fer gegoffen wird, teigartig, fo Daß er ſich leicht kneten läßt, und 
die feinften Eindrüde annimmt. Allein wer jemahls über diefen 
Gegenſtand Verſuche angeftellt hat, hat auch gefunden, daß nur 
mit großen Schwierigfeiten diefer Erfolg zu erhalten ift; indem 
der in Dad Waſſer gegoſſene Schwefel oft fogleich wieder feine urs 
fprungliche Sprödigfeit annimmt, noch häufiger aber wohl weich, 
allein vielmehr elaftifch als bildfam wird. Nach den neueren 
Verſuchen von Dumas läßt ſich fchließen, daß es nicht auf die . 
Länge des Erhitzens, fondern nur auf die Temperatur, welche . 
dem Schwefel mitgetheilt wird, anfomme; fo daß, wenn diefe 
dem Siedepunfte nahe ift, und der Schwefel zur möglichft ſchnel⸗ 
len Abfühlung tropfenweife in eine hinreichend große Menge Wafr 
fer gegofien wird, die einzelnen Tropfen unter dem Waſſer fih 
leicht zufammenfneten Iaffen, und eine Maile geben, die Feine 
Elaftizität, wohl aber die zum Zwecke des Abdrüdens erforderliche 
Veichheit hat. Die legtere, fo wie zum Theil die während des 
Echmeljend angenommene rothbräunliche Farbe, verliert der fo 
zubereitete Schwefel in einigen Tagen wieder. Da nun der nöthige 
Grad der Hitze nur nach langer Übung und immer mit Schwierig» 
keit zu treffen ift, fo ift die Verwendung des Schwefeld zu Ab: 
drücken um fo weniger anzurathen, als er fich durch dad Gießen, 
wovon fpäter die Rede ſeyn wird, weit leichter und ficherer bes 
handeln laͤßt. Bemerkenswerth aber dürfte noch der Umftand ſeyn, 
daß der gefchmolzene Schwefel auch. auf eine andere Art Abs 
drüde zu liefern im Stande ift. Bei geringer Hitze kommt er ber 
fanntlich ſchon in Fluß, und zwar fo, daß er fo duͤnnfluͤſſig als 
Waſſer wird. Wenn man die Hibe verflärft, ſo derdidt er ſich, 
und nimmt eine rothe Farbe an. In dieſem Zuſtande auf eine 
ebene Flaͤche ausgegoſſen, wird er, in dem Maße wie er erkaltet, 


48 Abdrüde. 


wieder bünnflüflig ; fpäter zeigt fich der Anfang ber ihm eigenen 
ftarfen Kryſtalliſation, und dann wird er plöglich wieder feſt. Vor 
der leptern Periode ift ein Augenblick, in welchem er, in einem 
Mittelzuftande zwifchen fefler und flüffiger Form, die feinften Ein- 
drücke annimmt, fo daß z. B. eine aufgelegte und fchnell auf feine 
Flaͤche niedergedrückte Münze fi) volllommen in derfelben abs 
drückt. Diefe Erfahrung wird nicht angeführt, um fie für 
die fernere Ausübung zu empfehlen, indem der richtige Zeit⸗ 
punkt fchwer zu treffen und das Gießen unendlich vortheilhafter 
iſt: allein fie ift Deßhalb merfwurdig, weil fi) der Schwefel hier 
ganz genau fo verhält, wie einige Metalllegierungen, von denen 
bei der Operation des AbFlatfchens umftändlich geredet werden foll. 

Ochſenhorn (auch jede andere Art von Korn, fo wie 
Schildpat) wird bei mäßiger Erwärmung, wozu man fich des 
fiedenden Wafferd oder der mittelbaren Einwirkung ſtark erhikter 
dicker Eifenplatten bedienen kann, fo weich, daß es einem ſtarken 
und allmählich zunehmenden Deude, z. B. einer Spindelpreffe, 
nachgibt, und fehr feine Eindrüde annimmt. Plättchen von durch⸗ 
fihtigem fogenannten Laternenhorn, geben, auf diefe Art mit 
Münzen zugleich ig einer Preile behandelt, fehr reine und fchöne 
Abdrüde, für welche das Horn durch die bei andern Arbeiten ge: 
wöhnlichen Mittel auch vorher gebeigt "und gefärbt werden fann. 
Die Verwendung des Hornes und Schildpates zum Preifen mit: 
telft mefallener Formen, um aus Platten oder Spänen deifelben 
verzierte und figurirte Meſſerſchalen, Dofen, Pulverhörner, Klei⸗ 
derfnöpfe u. dgl. Darzuftellen, wird im Artikel Horn ausführ⸗ 
lich befchrichen werden. 

Das Glas ift ebenfalls zu Abdrüden gut geeignet, weil es 
im glühenden Zuſtande, noch ehe e& eigentlich ſchmilzt, zähe und 
fo weich wird, daß es Eindrüde einer harten Form Teicht anzuneh⸗ 
men fähig ift. Jedoch wird es nur zu Fleinern Gegenftänden, und 
nahmentlich zu Nachbildungen gefchnittener Steine, die man mit 
dem Nahmen Glas⸗-⸗Paſten belegt, verwendet: eine Benü⸗ 
tzungsart, weiche fchon den Alten befannt gewefen'zu ſeyn fcheint. 
Das Erfte bei dieſer Arbeit ift die Verfertigung der Form, wozu 
man Tripel anwendet, unter beifen verichiedenen Arten der le: 
vantifche als der vorzüglichfte angerathen wird. Da indeilen es 


Abdrücke in Glas. 49 


me darauf amfoimmt, daß die Maſſe mit Waſſer einen zuſammen⸗ 
hbingenden, die feinſten Gindrüde annehmenden Teig bilde, der 
in der Hihe nicht fein Volum durch flarfes Zufaimmenziehen än- 
dert, und nicht feine Seftigfeit verliert: fo können auch die ges 
wöhnlich vorfommenden Arten von Tripel, möglihft fein gepul⸗ 
vert und durch ein Seidenſieb gebeutelt, mit Erfolg angewen- 
det werden. Das Schlämmen des Zripeld, die leichtefte Art, ihn 
ſehr fein zu erhalten, ift jedoch nicht anwendbar, indem behauptet 
wird, daß er dadurch einen Zheil:feiner bindenden Kraft verliere. 
Das auf diefe Art erhaltene unfühlbare Pulver wird langfam mit 
Waſſer befprengt, und endlich unter fortiwährendem Duccharbeiten 
mit den Händen fo weit gebracht, daß ed fich ballen läßt, ohne 
Kiffe zu befommen, aber auch ohne zu naß zu feyn, inden 
im Iegteren Falle das Modell .nicht gut loögehen würde. Zum 
wirflichen Abformen bedarf.man eines eiferneu Ringes, etwas über 
einen halben, Zall body, und um etwas größer ald das Modell. 
Diefer Ring Darf aber, da er in der Folge einer nicht unbedeuten: 
den Hitze außgefept wird, wicht gelöthet, fondern bloß gefchweißt, 
oder mit Drath gebunden. werden. Für gewilfe Größen werden 
abgefchnittene und gehörig zugerichtete Stüde von alten Gewehr: 
läufen die beften Dienfte thun. Ein folcher Ring wird, auf einer ' 
slatten Fläche ſtehend, mit dem angemachten Zripel gefüllt, die 
Dperfläche des letztern gut geebnet, und das Modell, welches ein 
gefchnittener Stein, eine Schwefellopie, eine Glaspaſte, oder 
aus einem andern Material von binreichender Härte, weldyes 
feine Seuchtigfeit einfaugt, feyn kann, in den Tripel fo tief als 
nöthig,,. entweder bloß mit den Fingern, oder mit Beihülfe eines 
medmdßig geitalteten Holzſtuͤckes, eingebrüdt. Mach einiger 
Zeit wird der- über den Rand ded Modells heransgedrüdte Tripel 
behuthſam weggefchafft, und dad Model, nachdem man «8 
mit einer feinen Nadel am Rande gelüftet hat, aus der Form ges 
nommen, welche Arbeit Durch Umfehren derfelben und durch einige 
ſchwache Schläge an den Ring leicht von Statten geht. Man fann 
auch, wenn man den feinften Tripel fparen will, die Form mit 
etwas geöberem, mit mehr Waſſer angefnetetem Tripel füllen, und 
mit dem feinften, trockenen, bloß die Oberfläche, derfelben beftreuen. 
Die auf diefe Weiſe bereiteten Formen werben langfam und volls 
Technol. Encyelop. I. Bd. 4 


50 Abdrüde. 

kommen auögetrodinet; ımb dann wird auf jebe Form ein fuͤr dies 
ſelbe nach der Größe der ;u erhaltenden Kopie gehörig zugefchnits 
tenes Stüdt gefärbten Glaſes, von deſſen Befchaffenheit weiter 
unten die Nede ſeyn foll, gelegt. Mehrere fo vorgerichtete For⸗ 
men feht man unter eine Muffel in einen fleinen Wind» oder Pro⸗ 
bier-Dfen, und bringt durch allmähliche Erhigung das Glas in 
Fluß. Sobald man den Eintritt des Schmelzens bemexft, wird 
die Form mit einer Zange hervorgegogen, dad Glas mit einem 
fladyen erwärmten Eifen ſtark in der Form niedergebrüdt, und 
diefe dann noch weiter herausgerüdt, damit Bad Glas zwar nicht 
plöglich abgekühlt, wohl aber wieder feft werde. Saͤmmtliche fo 
behandelte Formen werden hierauf wieder in der Muffel zuruͤckge⸗ 
fchoben ; die Feuerung wird unterbrochen, und der Ofen bei ab- 
gefchloifenem Luftzuge ſich felbft überlaffen, damit das Glas nur 
fehr langſam abfühle, weil es außerdem leicht fpringt. Nach dem 
Erkalten müffen natürlich die Ränder der Kopien erft noch durch 
Abfchleifen die richtige Form erhalten. 

Nach demfelben Verfahren laſſen ſich auch Kameen mit meh⸗ 
reren Farben nachahmen. Um eine ſolche zu erhalten, formt man 
das Modell wie gewoͤhnlich ein, legt aber nur ſo viel Glas auf, 
als beiläufig nöthig iſt, um den Kopf allein, ohne die eigentliche 
Flaͤche zu erhalten. Nachdem jener eingedrüdt, erfaltet, und auf 
der unteren Bläche eben gefchliffen worden ift, wird er mit etwas 
Gummi⸗Aufloͤſung auf ein anders gefärbtes Glasplaͤttchen geflebt, 
und diefed, wenn die Kopie drei verfchiedenfarbige Schichten ha⸗ 
ben fol, auch noch auf ein zweites. Die auf diefe Art vereinig« 
ten Stückchen werden wieder in Tripel eingeformt, die Form 
wird, ohne diefelben herauszunehmen, getrodnet, und ganz fo wie 
bei der Verfertigung der einfachen Paften behandelt. Während 
durch die Hibe das Gummi verbrennt, wird zugleich durch Diefe 
und den angewendeten Drud die volllommene Vereinigung der 
einzelnen Glasſtuͤcke bewirkt. 

- In Beziehung auf das zu diefen Arbeiten Dienliche Glas ift zu 
bemerfen, daß daöfelbe, fo wie andere Glasflüſſe, durch Metall 
oxyde gefärbt, und durch Zufag von Bleioryd und Salpeter leicht 
flüffiger gemacht wird. Befondere Vorfchriften zur Bereitung dies 
fer Glasfluͤſſe find hier aber um fo unnöthiger, als diefelben die 


\ 


Abdrücke in Thon. 51 


nihmlichen find, Deren man fidy zur VBerfertigung ber STednenien 
und anderer Kleinigfeiten bedient, und zum Vehufe dieſer Paſten 
die allgemein befannten venetianifchen und: boͤhmiſchen — 
oder Emailglaͤſer verwendet werden koͤnnen. 

Der Thon iſt ein zum Abdrüden und Abfarmen gang Rot; 
züglich geeignetes Material, indem er, mit Waller. gehörig durch⸗ 
gefnetet, die feinften Eindrüde und jede beitebige. Form leicht, am 
nimmt. Wefanntlic vertanft er, da er, abgefehen .non feinem 
Waſſergehalte und von unwefentlihen Beimifhungen, z. B. Eiſen⸗ 
orxyd, aus Kieſelerde umd Thonerde befleht, der legtern die eben 
gedachte ausgezeichnete Eigenfchaft; fo wie auch Die Anwendbar⸗ 
keit des Tripels fowohl zu den im Borhergehenden befchriebenen 
Formen, als auch zu bleibenden Abdruͤcken, ebenfalld den in ihm 
enthaltenen Antheile von Thonerde zuzufchreiben iſt. Ubrigens 
fommt der Thon von höchſt verfchiedener Beichaffenheit vor, je 
nachdem der eine oder der andere ‚jener beiden Beftandtheile vor« 
herrſchend, und überdieß mehr oder weniger Kiefelerde als feiner 
Sand mechaniſch beigemengt iſt. Am beiten und leichteften läßt 
fi fetter Thon, der wenig Kiefelerde enthält, zum Sormen nen _ 
wenden, wo hingegen der magere, mit mehr Kiefelerde, fich im 
Feuer weit härter, und mit weniger Veränderung feiner Geſtalt 
und Größe brennen läßt. Der Thon wird fehr. häufig zu Formen 
von Bildhauern, in der Eifen:, Sloden:, Kanonen» und Metalls 
gießeren überhaupt gebraucht, in vielen Fällen aber auch felbft 
wieder zu Abdrüden verwendet. Die Formen, in welche er fich bes 
quem eindruͤcken läßt, find gupfene, metallene, ſolche aus Schwe⸗ 
fel, furz alle, welche zu diefem Behufe die gehörige Feſtigkeit 
haben, und von der in der Thonmaſſe befindlichen Seuchtigfeit ent⸗ 
weder gar nicht befchädigt werden, oder Dagegen Durch Einöhlen, 
oder Tranfen mit Wachs, gefichert werden fönnen. In thönerne 
Formen, wenn fie leicht gebrannt, und dann mit Wachs fo 
eingetränft werden, daß diefes in den feinen Zügen nach dem Er⸗ 
falten nicht zurück bleibt, fondern ſich in das Innere durch gehö« 
rig angewendete Wärme einzieht, läßt fich wieder Thon fehr gut 
und oftmahls eindrüden. Allgemein bekannt find nicht nur. die 
Geſchirre, fondern auch die Relief, Medaillons und Nachahmuns 
gen von gefchnittenen Steinen (die legten fehr häufig mit weißen. 

4” 


82 . Abdrüde. 


Figuren auf blauem, grünem, braunem oder grauem Grunde), 
des berühmten Wedgwood. Derihon zu diefen Abdrüden vers 
dauft feine Barben der natürlichen Beimifchung oder dem abfichte 
lichen Zufage verfchiedener Metalloryde, wie z. B. die blaue Farbe 
ihm durch Beimifchung von Kobaltorpd gegeben wird. Am beften 
gelingt die Verfertigung folcher Fleinen Begenftände in metallenen 
aravisten Formen. Man drückt in diefe zu einem zweifärbigen 
Abdrucke zuerft den Thon für die weißen Figuren ein, und nimmt 
das Überfläffige mit einer Spatel oder einem Meffer aus Elfen- 
bein fo weg, daß Die Fläche der Form ganz rein wird, auf welche 
fodann ein paſſendes Plättchen von ander gefärbten Thon ge⸗ 
druckt wird, Diefe Abdrücke gehen nad) dem Übertrodnen ſehr 
leicht aud der Form, weil fi) der Thon in dem Verhältniffe, 
wie er Waffer verliert, zufammenzieht und verfeinert. Ganz 
auf ähnliche Art werden auch jene Figuren und Verzierungen ge⸗ 
bildet, welche auf Thongeſchirre von anderer Farbe durch Befeuchten 
der Stellen, wohin fie fommen ſollen, und durch Andrücken mit 
den Fingern fo befeftigt werden, daß fie felbft bei dem Brennen 
nicht mehr losgehen. Die Eigenheit des Thons, durch Auss 
trocknen und Hartbrennen fi zufammenzuziehen, kann öfters 
mit Vortheil angewendet werden, 'um manche Verzierungen 
regelmäßig und nach allen Dimenfionen zu verfleinern. Wenn 
das Original in Thon abgeformt wird, fo verfleinert fi fchon 
diefe Form nad) dem Trocknen und leichten Brennen bedeutend; 
eben diefe Veränderung erleidet der thönerne Abdruck, fo daß 
man durch mehrmahl wiederhohltes Abformen der immer Fleiner 
werdenden Kopien, diefe Verkleinerung bis zu einem bedeutenden 
Grade bringen kann, jedoch immer zum Nachtheile der Schärfe 
des Abdruckes, weldyer nothwendig bei jeder diefer Operationen 
etwas an Vollfommenheit verlieren muß. 

Es find fehon feit Tängerer Zeit Vorfchriften zu Fünftli- 
hen Holzmaſſen bekannt, die ebenfalls zu Abdrüden ver⸗ 
wendet werden Fönnen. Nach Lenormand verfchafft man ſich 
feine Holzfpäne, entweder Durch Sägen oder Nafpeln von Holz, 
welche noch, wenn fie nicht fein genug find, nachdem man fie 
ſcharf getrodnet hat, geftoßen oder zerrieben werden fönnen, und 
zulegt noch durch ein Sieb gehen müflen, um die nöthige Feinheit 


Abdrude in Holzmaffe. | 33 


zuerhalten. Aus diefen Spänen wird mit Hälfe einer Leimauf⸗ 
lfung, die fo heiß feyn muß, daß man faum den Singer in ber» 
felben leiden kann, eine Malle von hinreichender Konfiftenz ges 
bidet. Die Leimauflöfung wird aus fünf Theilen Leim und einem 
zheile Haufenblafe durch Einweichen, langſames Erwärmen mit 
Bafler, und forgfältiges Durchſeihen bereitet. Die Menge des 
dazu nöthigen Waſſers laͤßt fich nicht genau angeben, da ber Leim 
von fehr verfchiedener Beſchaffenheit ift; jedoch darf fie nie zu ges 
fing feyn, fondern fo, dag die Flüſſigkeit nach dem Erkalten feine 
vollfommene Gallerte bildet, fondern nur eben zu gerinnen an⸗ 
fängt. Zum Einformen felbft kann man außer metallenen For⸗ 
men, ſolche aus Gyps oder Schwefel, nachdem fie gehörig einges 
öhlt find, verwenden; ja man wird fogar aus Holz; geichnittene 
Model, wen fie mit einer Auflöfung von Schellad in Weingeiſt 
gut geſirnißt worden find, fehr brauchbar finden. Man kann zu- 
erft die feine Maſſe nur etwa eine Linie dick Durch forgfältiges 
Andrüden mit den Fingern einformen, dad noch) Übrige aber mit 
einer von gröberen Spänen bereiteten Maſſe ausfüllen, die Ober⸗ 
fläche mit einer geöhlten Platte bededen, und ſtark beichweren. 
Bor dem Herausnehmen, welches leicht gelingt, fobald der Ab- 
druck etwas getrodinet ift, und fid) dadurch sufammengezogen bat, 
ſchneidet man mit einem breiten diinnen Meffer das Überflüffige 
weg, und ebnet fo die untere Fläche des Reliefs. Solche Stücke 
fönnen gefiznißt, vergoldet, und überhaupt ganz fo wie aus Holz 
gefchnittene Verzierungen behandelt und verwendet werden ; jedoch 
fehr feine Züge und eine große Schärfe wird man, weil Die 
Male ſich beym Austrodnen ſtark zufammenzieht, nicht leicht 
erhalten. Auch ift zu bemerfen, dag man mit Vortheil nur &&- 
gefpane von folhem Hol; wird brauchen fönnen, welches den 
Leim gut annimmt, z. B. Birnbaumholz; wogegen die fehr har⸗ 
ten indifchen Hölzer zu diefem Behufe nicht anzurathen find. 
Zerner muß diefe Diafle, da fie, ungeachtet des Zufages von Hau⸗ 
fenblafe, gegen die Seuchtigfeit empfindlid, bleibe, vor der letz⸗ 
tern bewahrt werden; fie ift aber auch, wenn anders die in ihr 
enthaltene Menge von Späuen nicht zu. gering iſt, und fie lang- 
ſam getrocknet wird, gegen dad Krummziehen oder Werfen ziem⸗ 
lich geſichert. Nach andern Vorſchtiften ſetzt man der Leim⸗ 


54 Abdrücke. 


aufloͤſung etwas Traganth und fein gepulverte Kreide zu. Durch 
den erſteren Zufatz wird ſie teigartiger, der zweite kann ihr 
eine groͤßere Feſtigkeit geben. Eine zu aͤhnlichen Zwecken, 
aber minder boquem, anwendbare Maſſe geben Tiſchler⸗ 
leim, Leinöhlfirniß und ungelöfchter oder zerfallener Kalf, gut: 
durcheinander gefnetet, und in metallene Formen mittelft einer 
Schraubenpreſſe eingedrüdt. Dergleichen Zufammenfegungen Taf: 
fen ſich noch mehrere nad) verfchiedenen Vorfchriften bereiten. Oft 
bedient man fi 3. B. zur Heritellung von halberhabenen Verzie⸗ 
rungen auf hölzerne Rahmen einer Pafte, welche man dadurch 
verfertigt, daß man ſechs Pfund Zifchlerleim in Waſſer auflöfet, 
ein Pfund weißes Pech und zwei Pfund Terpentin mit einem Pfund 
Leinöhlfirniß über gelindem Beuer zufammen ſchmelzt, den Leim 
zufegt, und die Mifchung mit fo viel gefchlämmter, fein gepuls 
verter Kreide abfnetet, als zur Hervorbeingung der gehörigen 
Konfiftenz erforderlich ift. 

Abdrüde von Münzen werden auch manchmahl aus Pas 
pier, Birfenrinde oder Leder gemacht, jedoch geht dieſes 
deſto beifer an, je feichter dad Gepräge ill. Die Anwendung des 
Papiers ifi fehr leicht. Man legt Die Muͤnze zwifchen mäßig ans 
gefeuchtetes gut geleimtes Belinpapier, und auf.beide Slächen 
noch einige Lagen Druck⸗ oder Löfchpapier, febt Alles in eine Preffe 
ein, und läßt es einige Stunden ſtehen. Die auf diefe Art erhal⸗ 
tenen Kopien find befonders zur Verfendung in Briefen und zum 
Dachzeichnen für Kupferftecher, wenn die Münze in Kupfer geftos 
chen werden foll, fehr bequem. Die Abdrüde in Birfenrinde, 
wozu man fein abgefchälte und möglichft gleichförmige Stücke 
wählen muß, und die in Leder werden auf ähnliche Art gemacht. 
Die legtern gelingen vorzüglich gut, wenn man das Leder befeuch- 
tet, und es mit ber mäßig erhigten Münze fo lange in der Preife 
laͤßt, bie es wieder ganz trocken geworden iſt. Es verfteht fich von 
felbft, daß man den Abdruck anftatt mit der Preffe auch mit dem 
Hammer bewirfen fann, nur muß man ſich in Acht nehmen, daß 
man die Münze nicht befchädige, defhalb vielfaches Papier aufle- 
gen und Die Hammerfchläge gehörig mäßigen. Noch leichter ift 
ed, Müngen mittelft dünner Blätter (Holien) von Haufenblafe 
iu fopieren. Man braudıt ein folches Blaͤttchen nur mit einer vor⸗ 


Abdrüde in Metall. 55 


ber benegten Seite anf die Münze zu legen, und auf der andern 
eine Zeit lang mit den Fingern überall anzudrüden, fo erhält 
man einen reinen und fcharfen vertieften Abdruck. | 

Metalle Fönnen auf verfchiedene Art zu Abdrüden benuͤtzt 
werden; entweder wenn fie in dünne Blaͤtter verwandelt find; 
oder wenn man auf fie, als dickere Maſſen, einen hinreichend 
Rarfen Druck anbringt, wie 3. B. dieß bei den allgemein befann- 
ten Bleiſiegeln der Zollaͤmter der Fall iſt; oder endlich, wenn 
man ſie in einem Zuſtande anwendet, wo ſ ie durch die Hitze er⸗ 
weicht find. 

Die Zinn: oder Spiegelfolie (Stannich) nimmt zwar 
fehr leicht Eindrüde von Muͤnzen, entweder mittelft der Preile, 
oder leichter durch Schlagen mit einer fteifen Bürfte, an; allein 
diefe Kopien Laifen fich nicht gut aufbewahren, und haben wenig 
Dauerhaftigfeit, weil die Zinnblätter zu weich jind, und fich bald 
verbiegen. Sehr vortheilhaft aber kann man die Zinnfolie zur 
Berfertigung von Gießformen zu fehr getreuen Münzkopien benü⸗ 
gen, wovon im Art. Abgüffe die Nede feyn wird. Dauer 
after find Kopien, welche man mittelft des Raufc oder Knit⸗ 
tergoldes, oderaud filberner oder verfilberter und vergolde« 
ter Eupferner Kolien von Münzen auf folgende Art erhalten 
kaum. Man legt die Münze, die jedoch ein ziemlich feichte® Ge⸗ 
präge haben muß, zwifchen ein eingebogenes Bolienblättchen, fo 
daß ihre beiden Slächen bedeckt find, Darunter und darüber aber 
eine nicht zu flarfe (hoͤchſtens eine Linie die) Bleiplatte. Einige 
mäßige, die ganze Fläche treffende Hammerfchläge auf einer har 
ten Unterlage find hinreichend , dad Gepräge fehr rein und fcharf 
in Die Folie zu übertragen. Bei zu flarfen Schlägen wird die 
Münze, wenn fie dünn ift, verbogen, und die Folie an den ſchar⸗ 
fen Kanten des Sepräges durchgefchlagen. Die fo erhaltenen Ko- 
pien koͤnnen befchnitten, auf ſtarkes Papier geleimt, und mit 
dieſem zugleich fo lange eingepreßt werden, bis der Leim getrock⸗ 
net ift. Durch eine ähnliche Anwendung des Hammerd fann mau 
bekanntlich auch, mittelft eined einzigen flarfen, geſchickt geführ- 
ten Schlages, von einem Siegellad-Abdrude, anf welchen man 
eine Bleiplatte Iegt (jedoch mir Verluft des Original&, welches 
dabei zermalmt wird) eine genaue vertiefte Kopie erhalten. 


56 | Abdrüde. 


Selbſt in nicht gehärteten Stahl Taflen fich mit weicheren 
Materialien als -er felbft ift, unter gewiſſen Umſtaͤnden, Abdrüde 
machen. Eine Vorſchrift dazu ft folgende. Man nimmt eine 
Medaille, einen Stempel, oder einen andern beliebigen gravirten 
Segenftand, formt denfelben auf die gewöhnliche Art in ſehr fei⸗ 
nem Sand ab, und gießt diefe Form mit einer Metall « Legierung 
aus, welche aus einem Pfunde Meifing und fünf Loth Zinn zus 
fammengefegt wurde. Diefer Abguß foll fehr rein ausfallen, und 
zu der noch folgenden Operation binlängliche Härte befigen. 
Ein Stüdchen Stahl, etwas größer als die gegoilene Kopie, wird 
auf der Seite, welche den Eindrud befommen fol, eben gefeilt, 
mit Terpentinöhl beftrichen, dann mit einem Blättchen Löfchpapier 
bededt, und endlich in Lehm eingehüllt; das letztere deßhalb, damit 
die geebnete Fläche durch die jetzt anzuwendende Erbigung nicht 
orpdirt und unrein gemacht wird. Wenn man den Stahl kirſch⸗ 
roth geglüht, und aus dem Feuer gebracht hat, wird die Bede⸗ 
dung, welche die ebene Seite vor dem Anfepen von Hammerſchlag 
geichügt hat, behende weggefchafft, und eben fo fchnell der obge⸗ 
dachte Abguß durch einen ftarfen Sammerfchlag, oder noch befler 
mittelft einer flarfen Schraubenpreife, eingedrüdt, wodurc, mar 
in Stahl einen fo zarten Abdrud erhalten. kann, wie in Siegellack. 
Außer diefem Verfahren wären noch andere analoge, weit einfa- 
dere Mittel zu demfelben Zwede anzugeben, allein das eben Bei⸗ 
gebrachte wird hinreichend feyn zu Den noch über diefen Gegen⸗ 
ftand erforderlichen Erläuterungen. Die Urfache, warum dieſes 
Eindrüden eines weicheren Metalles in den feiner Natur nach fehr 
dichten und harten Stahl erfolgen fann, liegt offenbar darin, daß 
Stahl, und nod mehr Schmiedeifen, durch das Erhihen: in hin« 
reichendem Grade erweicht werden, um einem urfpränglich viel 
weicheren Metalle nachzugeben. Würde man den Stahl bid nahe 
zum Schmelzen erhigen, oder ihn wirklich fhmelzen, und fönute 
man dann den Augenblid mit Sicherheit beftimmen, wo er eben 
aus dem flüffigen in den feften Zuftand übergehen will, fo würde 
‚der Erfolg gewiß noch ficherer und befriedigender feyn. 

Allein nicht nur mit den genannten metallifchen, durch einen 
zureichenden Grad der Erhißung erweichten Stoffen kann das Eins 
drücken weniger harter Formen vorgenommen werben. Auch hier, 


Abklatſchen. 387 


ſo vie in manchen. andern Faͤllen, verſchwindet das Auffallende 
der Erſcheinung, wenn fie nicht mehr ifolirt ſieht, und ſich meh⸗ 
see zur nähmlichen Klaffe gehörende Erfahrungen auffinber lafſen. 
Bereits oben, Seite 47, 4B, wurde erwähnt, Daß auch der im Erflar⸗ 
ren begriffene Schwefel Eindrüde annimmt; recht eigentlich hierher 
gehoͤrt aber Die bei den Schriftgießern laͤngſt in Übung geweſene 
Dyeration des Abklatſchens oder (nach dem frangöfifchen Aus⸗ 
drude) Clichirens, welche in neneren Zeiten weitere un 
dung und häufigere Anwendung erhalten hat. 

Das AbHatfchen der in Holz gefchnittenen Vignetten ober 
Buchdruckerſtöcke dient dazu, um diefelben zum Behufe des Abdru⸗ 
dens mit Buchdruderfarbe zu vervielfältigen, und wird auf fol 
gende Art vorgenommen. Dan gießt nicht zu Heiß geworbened, 
aber vollftändig gefchmolzenes Blei, dem auch von einigen Arbeis 
tern ein geringer Zuſatz von Zinn gegeben wird, in ein Pappkaͤſt⸗ 
den, welches aber, damit das Blei feine Blafen wirft, ſcharf 
getrocknet ſeyn muß. Man wartet den Augenblid ab, wo das 
Blei durch das Erfalten erftarren will, und drüdt nun den Holz⸗ 
ſchnitt ſtark und hinreichend tief in baffelbe ein. Nach dem gaͤnz⸗ 
lichen Erfalten liefert das Blei eine vertiefte Form, ober im der 
Sprache der Schriftgießer eine Matrige, mit welcher das 
eigentliche Abflaticyen, oder die Verfertigung eines dem Originale 
ganz ähnlichen metallenen Druderftocdes vorgenommen wird. a 
diefem Ende gießt man geſchmolzenes Lettern⸗ oder Schriftgießer 
Metall auf ein Blatt Papier; welches, auf den vier Seiten aufge« 
Happt, eine Art von flachem Käftchen bildet ; und, wenn dad Metall 
eben im Begriff ift zu erftarren, und eine breiäßnliche Konfifteng 
annimmt, fo fchlägt man. fchnell, ſenkrecht, und mit der erfor⸗ 
derlichen Gewalt, die Matrize in daſſelbe ein, wodurch, wenn 
der rechte Zeitpunkt getroffen wurde, man ohne Beſchaͤdigung der 
Matrize einen vollkommenen Abdruck erhaͤlt. Es iſt aber bei die⸗ 
ſer Arbeit, außer einiger uͤbung, auch manche Vorſicht nothwen⸗ 
dig. Wenn aufmerkſam vorgegangen, und das Blei beim Eindrüe 
den bed Holzfchnittes nicht zu heiß gewefen ift, fo leidet derfelbe 
keinen Schaden ; beifer ift eB jedoch immer, wenn er früher einen 
fehr duͤnnen Anſtrich aus hoͤchſt fein gepulvertem Blutſtein ober 
Polierrotd, mit Waller angerührt, befommt. Er wird dadurch 





58 Abdrüde.. 


; ® 
Behr gefchont, und. geht leichter aus der erfalteten Matrize los. 
Ein Holzſchnitt, deſſen Züge nicht nach unten ftärker, ſondern 
ſenkrecht, oder etwa gar, wenn auch nur an einzelnen Stellen, 
fehief einwaͤrts gefchnitten (unterfchnitten) find, iſt zum Abflatfchen 
nicht anwendbar, weil er nicht. mehr aus Dem Blei, ohne zu zerbres 
chen, herausgehen würde. Auch die bleierne Matrize wird öfters 
mit einer Zwifchenlage verſehen, fowohl bamit fie fich leichter vom 
Abdrude trennen läßt, als auch, damit diefer nicht etiwa ganz an 
Diefelbe anfchmelze. Sie wird daher entweder ebenfalld mit Blut⸗ 
ſteinwaſſer beftrichen, oder mit Rauch von brennendem Kienholz, 
allenfalls auch bloß über einer Lichtflamme, geſchwaͤrzt, oder end» 
Kich trocken mit fehr fein geihlämmten Kreiden: oder Bimöftein- 
Pulver eingeftreut, umgefehrt und wieder auögeflopft, damit nur 
fo viel von dem Pulver in ihr bleibt, als freiwillig fi) anhängt. 
Da aber alle diefe Zwifchenmittel der Reinheit und Schärfe des 
Abdrudes nadytheilig find, fo ift es beffer, fie wegzulaflen, was 
wohl ohne Nachtheil gefchehen kann, wenn das Metall zum Ab⸗ 
Elatfchen nicht zu fehr erhigt wird, und wenn die bleierne Matrize 
einige Zeit an der Luft gelegen ift, wodurch fie ihren metalliſchen 
Glanz einbüßt, fo daß kein Anfchmelzen mehr zu beforgen ift. 
Die Datrize muß ferner in einem paffend geformten hölzernen In⸗ 
firumente mit einem ſtarken Handgriffe feftgefchraubt,, oder durch 
Umgießen mit Schriftgießer » Metall befeftigt feyn. Die Menge 
des zum Abflatfchen beſtimmten Metalles darf nicht zu groß ſeyn, 
foudern e8 reicht hin, wenn daffelbe den Boden des Papierfäft- 
chend ı* bis höchitend zwei Linien hoch bededt; jedoch muß diefe 
Hoͤhe überall gleich feyn, und deßhalb das gefchmolzene Metall 
Ducch Neigen des Käftchens über den Boden deflelben gleichförmig 
verbreitet, und der Zifch, worauf Die Arbeit vorgenorumen wird, 
horizontal geftellt werden. Eben fo muß die Oberfläche des Me⸗ 
talles ganz rein feyn, und daher das etwa barauf fhwimmende 
Oxyd mit einem Meſſer ober Kartenblatte forgfältig abgenommen 
werden. Ferner muß man, da ein Theil des Metalls beim Ein- 
ſchlagen herausſpritzt, Hände und Geficht dagegen in Acht neh⸗ 
men. Endlich ift noch zu bemerfen, daß die Schwierigfeit, einen 
seinen, fehlerfreien Abdrud zu erhalten, mit der Größe der zu bee 


Abklatſchon. 59 


handelnden Stüde zunimmt, und bie größeren Abdräde ohne fehr 
bedeutende Übung und Sorgfalt häufig mißlingen. 

Was noch im Einzelnen über das Gefchäft des Clichirens 
oder Abklatſchens, welches man in ſeiner groͤßeren Ausdehnung 
als in Frankreich eingeboren betrachten kann, zu bemerken kommt, 
betrifft folgende vier Hauptpunkte, naͤhmlich die verſchiedenen zum 
Behufe deſſelben anwendbaren metalliſchen Stoffe, die Arten von 
Formen oder Matrizen, die Aufzaͤhlung der vorzüglichften Anwens 
dungsarten, und einiger Erleichterungsmittel beim Anbringen des’ 
mechaniſchen Drudes. 

Die Brauchbarkeit des Metalled zum Abklatfchen wird da⸗ 
durch bedingt, daß daſſelbe bei feinem Übergange aus dem gefchmol« 
jenen Zuftande in den ftarren einen Augenblid des Gerinnens 
darbiethe, in welchen das Einfchlagen gefchehen fann. Es ift 
faum zu bezweifeln, und ‚verdiente durch Verſuche beftätigt zu 
werden, daß auch firengflüflige Metalle, 3. B. das Gußeifen, zu 
diefem Zwede anwendbar wären; allein man wählt bei der wirk⸗ 
Uchen Ausubung immer nur leichtflüflige Metalle oder Metallmi⸗ 
ſchungen, welche viel bequemer, ficherer, und ohne Nachtheil für 
die Matrizen, gebraucht werden koͤnnen. Das Schriftgießerme: 
tal, aus Blei und Spießglanz, deren Verhaͤltniſſe in verfchiedes 
nen Werffiätten verfchieben find, und wozu auch manchmahl noch 
Cifen und Zinn kommt, ift bereitö genannt worden; allein es wird. 
jept nicht mehr ausfchließlich zum Abflaifchen angewendet, weil es in 
fo verfchiedenen Miſchungen vorfommt, und weil es noch weit 
leichtflüſſigere Legierungen gibt, welche eben fo brauchbar find, 
Hierher gehören die fchon bei der Hige des kochenden Waflers in 
Fluß fommenden Mifchungen aus zwei Theilen Wismuth, einem 
heile Zinn und einem Theile Blei, oder acht TIheilen Wismuth,. 
fünf Xheilen Blei und drei Theilen Zinn, oder fünf Theilen Wismuth, 
gwei Iheilen Blei und drei Theilen Zinn, bei welchen aber wohl zu 
bemerken ift, daß fie bei öfterer Anwendung weniger ſchmelzbar 
werden, weil beim mehrmahligen Umfchmelzen die drei Beftand- 
theile fich nicht im Verhaͤltniſſe ihrer relativen Menge orydiren, 
und das Verhältniß dadurch geändert wird. Außerdem fann zum 
Abflatfchen auch dad Schnellloth der Klempner aus gleichuiel Zinn 
und Blei, oder zwei Zheilen Zinn und einem Theile Blei, ſogar 


60 Abdrücke. 2 


auch, nur minder vottheilhaft, Blei allein gebraucht werben. 
Ferner ift eine Mifchung aus zwei Theilen Wismuth, einem Theile 
Zinn und einem Theile Spießglanz nahmentlich zu Münzabdrü⸗ 
den vorgeichlagen worden. Tauglich zum Abflatichen find alle 
dieſe Zufammenfegungen, und.gewiß noch viele andere; allein bie 
Wahl unter denfelben hängt von Nebenumftänden ab, naͤhmlich 
von der für irgend eine derfelben bereits exlangten Übung des Ar- 
beiterö; von dem Grade der Feſtigkeit, Härte oder Dehnbarkeit, 
weichen die Abdrüde zu beflimmten weitern Anwendungen (z. B- 
zu Buchdruder-Arbeiten, oder zum Bronziren, wenn fie bleibend 
feyn follen) haben müllen; von der Beichaffenheit der Matrize, 
durch welche oft, damit fie nicht leide, die Wahl des Metallge⸗ 
mifches bedingt wird. . 

Daß außer den bereitö oben erwähnten bleiernen, durch 
Holzſchnitte erhaltenen, Matrizen auch folche brauchbar find, die 
durch unmittelbare Einfchlagen von Stahlſtempeln in Aus 
pfer, Mefling, oder harte Metalle überhaupt entftehen, bedarf 
feiner Erinnerung. So werden fupferne Matrizen zu Köbchen 
und anderen Verzierungen, ja felbit zu größeren Drudlettern, die 
fih nicht mehr rein gießen laſſen, häufig vom Schriftgießer abge: 
klatſcht, und zum wirklichen Gebrauch entweder auf Hol; genagelt, 
oder in das Sießinftrument eingelegt, und durch Aufgießen zur 
nöthigen Schrifthöhe gebracht. Eben fo können Münzen und Mes 
daillen aus allen Metallen abgeflatfcht, und als Matrizen gefchnit- 
tene Steine, Glaspaſten und Glas überhaupt verwendet werden. . 
Es fommen manchmahl Heiligenbilder, fait fo dünn ald Papier vor, 
deren Släche fo glatt und glänzend ift, daß fie jener der neuge⸗ 
prägten Silbermünzen vollfommen gleicht. Sie find durch Abflat- 
ſchen von Formen aus diem Glaſe bereitet, in welches die Figu⸗ 
ren vertieft gefchnitten find, und deifen Politur der Fläche des Ab⸗ 
druckes den hohen, fonft nur Durch Prägen mit fehr vollfonmen 
polirten Stahlitempeln zu erhaltenden Spiegelglanz mittheilt. 
Allein auch weichere Stoffe Fönnen, wenigftens Ein Mahl, in ſehr 
leichtflüſſige Mifchungen abgefchlagen werden. Da der Abdrud 
einer Münze vertieft ausfällt, fo kann derfelbe mit der nöthigen 
Borficht in daffelbe Metall abgeflatfcht werden, aus welchem er 
felbft befteht, und diefe Kopie wieder zur Herftellung einer Klatſch⸗ 


Abtlatſchen. 61 


fon, jedoch mit einigem Verluſt an ber. Schärfe, gebrancht wine 
deu. D’Arcet der Züngere hat ſogar Gypo⸗, Schwefels und Sie⸗ 
gellackformen zum Abflatfchen gebraudht. Die Gypsſormen wars 
den von ihm dadurch gehärtet, daß er ſie in eine Auflöfung von 
ungefähr ſechs Loth -Fifchleim in vier Pfund Waller legte und 
ſehr langſam trocdnen ließ, wodurd) übrigens die Heinheit ‚der 
Form, weil der Gyps im Waſſer, wenn auch in fehr geringer 
Menge, auflöslich ift, Teidet, fo daß z. B. Die :glatte Spiegelflaͤche 
eined genauen Münzabguffes in Gyps, rauhmnd unſcheinbar wird; 
Beſſer dürfte das Eintränten der Formen mit Wache ſeyn. Sie 
gellackformen aber, und folche aus Schwefel, befonders wenn die 
letztern aus diefem allein ohne feſtmachende Zufäge beſtehen, ind 
wur im höchften Nothfalle, und dann auch ficher nur Ein Mahl, 
gu brauchen, wobei die aus Siegellack beſtehenden (in fo.fern es 
gelingt, ſie vor dem Schmelzen zu bewahren) noch den Wor⸗ 
zug verdienen, weil der in dem Abdrucke von der zerbrochenen 
Matrize bleibende Ruͤckſtand ſich durch Weingeiſt leicht Ben 
fen laͤßt. Ä 
Der Anwendimg des Abllatfchens bey den Scqhriftgiehern, 
und mittelbar zu Buchdruckerarbeiten, iſt bereits gedacht worden. 
Die ungeheure Menge der Aſſignaten im Anfange der franzöflfchen 
Revolution, und die große Eile, in der fie hergeftellt werden muß⸗ 
ten (z. B. im Jahre 1790 allein achthundert Millionen), war 
Urfache, daß man die Drudformen zu Denfelben Durch Abklatſchen 
fupferner,, aus einzelnen Stüden zufammengefegter Matrizen bil 
dete. Die ausgedehntefte Anwendung im Großen vom AbHlätfchen, 
zur Darſtellung von Büchdruderformen, hat Firmin Didot in 
Paris gemacht, indem er duch Eimbrüden eines gewöhnlichen 
Letternfages in Blei eine Matrize verfertigte, und aus diofer Durch 
Abftatfchen eine erhöhete Druckform. Diefed Verfahren, nähmlich 
das Stereotypiren, wird aber, feiner Wichtigfeit wegen, mit den 
fpäter an das Licht getretenen, verbeilerten, ‚und zum Theil ganz 
von der angedeuteten verfchiedenen Methoden, in einem eigenen 
Artifel behandelt werden. Daß man Medaillenabdrüde dusch Abs 
Matfchen verfertigt, und zwar, um die Kopien dem Originale gleich 
zu befommen, die vertiefte Form wieder als Matrize braucht, iſt 
fchon gefagt worden, und wird weiter unten nodynabläiberipet 


62 . Abdruck. 


werden. D’Arcet bat verfacht, abgeklatſchte Formen zum Zeugs 
und Papiertapeten-Drad anzuwenden, ein Verfahren ,, dem ſo⸗ 
wohl wegen der nöthigen Größe der Drudformen, als wegen der 
Befchaffenheit der Originale, fait unüberwindliche Schwierigfeiten 
entgegenfteben werden. Die Originale dürfen nähmlich bloß in 
Holz gefcheitten feyn, und koͤnnen nicht, wie faft immer, Parı 
tien aus Drath und Blech gebildet enthalten, die wegen ihrer 
gleichen, nad) unten nicht zunehmenden Staͤrke, aus der mit ihnen 
gefertigten Matrize nicht beransgehen würden. Erwaͤhnt zu wer: 
den verdient noch folgender Verſuch von Cadet de Gaſſicourt. 
Er leimte auf den Boden einer Taſſe ein Stu Papier, fchrieb auf 
daſſelba mit gewöhnlicher Ziute, und beilteute die noch nafle 
Schrift mit gepulvertem arabifhen Gummi. Das Refultat war 
nach der Wegfchaffung des nicht angeflebten Summi-Pulders:eiwe 
etwas erhöhte Schrift. Wurde nun ein leichtflüffiges Metallges 
milch in die Zaffe gegoflen, und, um das Kryſtalliſiren zu 
verhindern, fchnell abgekühlt, fo gab daflelbe eine vertiefte uud 
verkehrte Form, welche eingefchwärgt und auf Papier abgedruckt 
werden fonnte. Auch Vifitfarten und andere Abdrüde von Aus 
pferitichen auf Papier laſſen ſich abFlatfchen, und die wenige er⸗ 
hoͤht ſtehende Druckerſchwaͤrze reicht hin, alle Züge vertieft in dem 
metgllenen Abdrucke darzuftellen; allein es ift billig zu bezweifeln, 
ob diefe Verſuche zu ernftlicher Anwendung und zu einem Druck⸗ 
verfahren, welches bie bisher üblichen überträfe oder nur erreichte, 
Veranlaſſung geben können. 

Sobald das Abflatfchen im Großen betrieben wurde, wie 
z. B. bei Der Verfertigung der Stereotyp- Platten, der Affignatens 
Drudformen u. ſ. w., dachte man auch Darauf, durch befondere 
Vorrichtungen dad Auffchlagen der Matrize auf eine minder unſt⸗ 
here Art, alö durch die Hand, zu bewerfftelligen, von welcher Die 
Richtung und die Stärke des Schlages nicht jedes Mahl mit aller 
Sicherheit beftimmt , auch bei großen abzuflatfchenden Flaͤ⸗ 
hen nicht die nöthige Kraft ausgeübt werden fann. Schrauben« 
preffen, nach Art der Prägwerfe, find bier nicht brauchbar, da 
ed auf feinen flarfen anhaltenden Druck, fondern auf einen bei 
ber gehörigen. Konftitenz ded zum Abflatfchen dienenden Metalled 
- augenblidlich zu bewirfenden Schlag anfommt. 


Clichirmaſchinen. 63 


Man bat daher zu diefem Wehufe dad. Prinzip ‚der -Mammt- 
Maſchinen oder Fallwerke gewählt, und einen in Leitungen gehenden 
Ballfiog angewendet, welcher unten die Matrize trägt, auf eine 
gewiffe Höhe gehoben wird, und mit feinem ganzen Gewichte, auf 
das geſchmolzene Metall herab faͤllt. Diefer Alog kann ungefähr 
10 Pfund wiegen, und die beliebig zu regulirende. Fallhoͤhe bei⸗ 
läufig a2 bis 30 Zoll betragen. 

Außer ſolchen, nach Art der allgemein befannten- Fellwerte 
gebanten Drafchinen, dürften noch zwei andere hier eine Mefchrei« 
bungverdienen. Die eine davon ift auf af. 3 abgebildet, urſpruͤng⸗ 
lich zum Abflatfchen von Medaillen beftimmet, aber auch, mit den 
nöthigen Änderungen, zu allen Arten des Clichirens auwendhar: 
Higur » flellt die Seitenanficht, Figur 2 den Grundeiß, Figur 3 
endlich den Theil, in welchem dad Driginal oder die Matrize befe⸗ 
fligt ift, nach gröfierem Maßitabe, vor. A ift ein dreifeitiger böls 
jener Kaften, deflen eine Wand die mit einer Klinke G zu ver⸗ 
fchließende Thüre B bildet. Mit T find die Ihürbänder bemerkt, 
Am Boden des Kaftens liegt, ald Fundament für das auch hier 
angewendete Papierfäftchen mit der geichmolzenen Metallmi⸗ 
fhung, eine Platte aus Oußeifen, P (Fig. ). Bis in die Höhe 
von Q ift der Kaften von innen mit Bleiplatten bekleidet, megen 
des beim Falle des Stempeld herumfprigenden Metalled; fo wie 
überhaupt der Kaſten, welcher beim AbHlatfchen gefchloffen bleibt, 
nur zur Sicherung gegen daflelbe vorhanden ift. An dem metal« 
lenen Träger F find die Leitungen EE für die vierfantige Stange 
D befindlich, welche ſich in denfelben recht leicht in fenfrechter 
Richtung bewegen muß. Am untern Ende der Stange D befindet 
fih Die in Sig. x punftirt, in Fig. 3 im Durchfchnitte gezeichnete 
Vorrichtung zur Befeſtigung der Alatfchform; das obere Ende 
aber bildet einen Ring G, woran D mittelft einer über eine Rolle 
gehenden Schnur nach dem alle wieder gehoben werden kann. 
Ein Geftel O trägt die Achfe der aus einem Stüde beſtehenden 
Hemmvorrichtung NM. Das Ende bed Armed M liegt gegens 
wärtig in der am untern Ende der Stange gemachten Ruth L, und 
da N ein Gewicht von geböriger Schwere iſt, fo wird D verhin⸗ 
der zu fallen. Wenn man fich vorftellt, daß Alles in der jegigen 
Lage von Fig. », jedoch die Thüre B offen ift, fo wird, wenn’ 


6 . Mdrücke. 


nenn dẽeſe fehließt,. ihre obere Kaute das Gewicht N, gegen deſſen 
antere ſchraͤge Flaͤche fie ſtoͤßt, in die Hoͤhe heben, wodurch zu⸗ 
gleich Mabwaͤris geht und aus der Nuth L fich entfernt. Es er⸗ 
ſolgt demnach mit dem Schließen der Thuͤre zugleich der Fall der 
jept freigewordenen Stange D, und daher dad Abklatſchen und 
Herumſchleudern des: überflüffigen Metalls im ganz gefchloffenen 
Kaften, ohne alle Unbequemlichfeit für den Arbeiter. Die Vor« 
sihtang zus Befeftigumg Des Originals aber der Matrize bat fol 
ande Weichaffenheit. - Es finden fic, an derfelben vier rechtwinke⸗ 
lig nach unten gebogene flarfe Arme R.(wovon-der Durchichnitt, 
Fig. 3, nur zwei zeigen kann), Durch deren jeden eine Stellſchraube 
I. zum: Eiuſpannen des metallenen Ringes J gebt. In diefen paßt 
ein zweiter Ring K, welcher mit dem erfteren wieder durch die 
Heinere Stellſchraube Y. verbunden iſt. Der Ding H ift doppelt 
Iegelfbuanig audgedreht. Die nach abwärts erweiterte untere Hoͤh⸗ 
hung & iſt es, in weicher ſich die abgeflatfchte Kopie bildet ‚und 
welche zum leichtern Anstroten des überfläffigen Metalles am Rande 
dier halbrunde kleine Ausſchnitte X hat. Die obere Hoͤhlung aber 
iſt ſo austgedreht, daß die Kopie, wenn fie umgekehrt wird, ver⸗ 
moge three: ſchon koniſchen Randes auch Bier wieder fo. genau 
hinein paßt, daß ſie nicht unten herausfallen kann. Daher laßt 
fi die Kopie wieder als Matrize oder Original anwenden, wenn 
fie fo wie. V. in der Zeichnung in den Ring eingelegt wird. Nur 
muß ſie noch verhindert werben, nad) oben auszuweichen. Zu dies 
fen. Wehufe wird die über ihr befindliche Höhlung W (Fig.3) mit 
einer beichtfläfligen Metallmiſchung bis an den Rand des Ringes 
vollgegoflen, wobei ed nothwendig ift, damit die eingelegte Kopie 
V nicht ſchmelze, ihre vbere Seite vorher mit Thon oder Kreide, 
in Waſſer angerihrt, zu: beftreichen, und nach dem Trocknen die 
Metallmiſchung fo wenig heiß ald möglich aufzugießen. Daß die 
Driginal: Medaillen auf ähnliche Art in den Ring eingelegt wer⸗ 
den; daß man ferner Ringe von verfchiedener - Größe vorräthig 
haben müſſe, und Daß zum Einfpannen anderer Stuͤcke als run⸗ 
der die Vorrichtung leicht abgeändert, fo wie zu größeren die Fall⸗ 
höhe oder die Schwere des wirffamen Theiles vergrößert werden 
könne, bedarf Feiner weitern Auseinanderfegung. 
+ Big. auf Tafel I ſtellt die in England patentirte Vorrich⸗ 


Elihirmafchinen. . 65 


tung des A. Applegath zum Abflatfchen vor. An einem Holz: 
Node Aift die gußeiferne ftarfe Stuͤtze B feitgefchraubt. Die Zroms 
mel oder Balze, an welcher das Rad C ftecdt, wird mittelft einer 
Karbel M, an deren Achfe ein Getrieb befeftigt if, in Bewegung ge: 
fest, und auf diefelbe windet fi) Dadurch ein Seil auf, welches 
über die Rollen p, p läuft und die Schlagftange D fenfrecht in die 
Höhe zieht. Durch diefe Bewegung der Stange, die ihre gerade 
keitung in F, F findet; werben zugleich zwei hinreichend ftarfe Fe⸗ 
dem E, E, flatt deren auch wohl vier fchwächere angebracht wers 
den fönnen, gefpannt, und zwar mehr oder weniger flarf, je 
nachdem die Stange mehr oder weniger hoch aufgewunden wird. 
Beim plöglichen Nachlaffen des Geiles fchlägt die am unteren Ende 
der Stange feftgefehraubte Matrize auf dad in der Papierfapfel Z 
befindliche leichtflüſſige Metallgemifch, und bewirkt den Abdrud. 
Die Befefligung der Matrize, Die übrigens vielfältig abgeändert 
werden fann, geichieht in einem unten offenen Rahmen 1, 1, der 
mittelft vier Pfeilern, durch welche Fleine Keile k, k geftedt find, 
- mit der obern Platte verbunden ift. Die letztere ift mittelft eines 
Schwalbenfchweifes bei Haufdas untere Ende von D aufgefchoben. 
Zwifchen diefer Platte und dem untern Rahmen liegt wieder der in 
der Zeichnung bloß im Durchſchnitte angedeutete Schraubrahs 
men, in welchem die Matrize ducch vier Schrauben gleich m, m, 
gehalten wird. Ein Schirm von dünnem Eifenblech um den Holzs 
bloc A ſchuͤtzt den Arbeiter gegen das wegfprigende heiße Metall. 
Die Eigenheit diefer Vorrichtung liegt in der Anbringung 
der Zedern, durch weldye allerdinge Der Vortheil zu erreichen if, 
dag das Ganze niedrig feyn, und dennoch eine große Gewalt aus« 
geübt werden kann. Die Matrige an D braucht nähmlich nach 
des Erfinders Angabe nur bis ſetwa acht ZoU Hoch über die Flaͤche 
von A aufgewunden zu werden, um eine gewöhnliche Drudfeiten> 
Form abzuflatfchen. Jedoch muß bemerkt werben, daß die Anga⸗ 
ben über diefe Vorrichtung nicht ganz vollftändig find. Das an der 
Achſe der Kurbel M befindliche Getrieb greift offenbar in ein Rad 
ein, welches hinter dem Sperrrade C liegt; und dieſes letztere ift 
dazu vorhanden, damit, wenn D zur gehörigen Höhe gebracht wors 
den ift, der Sperrhafen G das Zurüdziehen des Seiles durch die 
Federn verhindere. Wird G nad) der Richtung, welche der Pfeil 
Technol. Eucyclop. 1. Bd. 5 


66 Abdrücke. 


anzeigt, bewegt, fo wird der Hafen aus dem Rade ansgeho⸗ 
ben, und nichts verhindert die Federn mehr an ihrer augenblicklichen 
Wirfung. Da aber zugleich auch dad Geil wieder zurückgezogen, 
mithin die Achfe von C fehr ſchnell in verfehrter Richtung gedreht 
wird, fo muß nothwendig vor dem Ausheben des Sperrhakens 
das an der Achfe von M befindliche Getrieb ebenfalls mit dem für 
Daffelbe beftimmten Rade außer Eingriff gefept werben, was ducch 
verfchiedene fehr einfache Anordnungen, 5.8. ein Verfchieben der 
Achſe nach der Länge, ſich leicht bewirken läßt. Diefe Vorfehrung 
aber iſt unentbehrlich, weil fonft Das Getrieb durch. die oft wie- 
derhohlte, äußerft fchnelle und heftige Bewegung zu Grunde gerich⸗ 
tet würde. 

Aus dem bisher Geſagten wird leicht hervorgehen, daß das 
Abflatfchen eine etwas umfiändliche, und ohne bedeutende Übung 
nicht immer gelingende Arbeit if. Es Dürfte deßhalb auch die 
Beantwortung der Srage hier erwartet werden, warum die durch 
das Abflatfchen zu erhaltenden Stücke nicht Tieber auf dem weit 
leichteren und einfacheren Wege des Gießens hervorgebracht wer⸗ 
den. Die Urfache davon ift, weil fowohl zufolge der Erfahrung 
als auch leicht anzuftellender theoretifchen Betrachtungen, duch 
den Guß auf die gewöhnliche Art diefelbe Schärfe und Reinheit 
nie zu erhalten it. Die gefchmolzenen Metalle nähmlich füllen 
‚eine Form, in welche fie gegoffen werden, nicht fo vollfommen aus, 
wie diefes z. B. Waſſer thun wurde, und gwar aus mehreren Grün« 
den. Ein Mahl haben die Theile der Metalle auch noch im ge- 
ſchmolzenen Zuflande einen weit größeren Zufammenhang; dann 
legt ſich auch das geihmolzene Metall, da es meiftens Feine Anzies 
bung (Adhäfien) zur Form hat, nie genau an Diefelbe an, man 
müßte benn polirte Formen mit rein 'metallifcher Oberfläche anwen= 
den, an welche aber wieder das eingegoffene Metal fo anfchmilze, 
daß Guß und Form verloren gehen; ferner hindert auch die Luft, 
welche in den tiefften Zügen der Form eingefchloffen wird, das 
Ausfüllen derfelben; und endlich ziehen fich die meiften Metalle 
beim Erfalten in einen Fleineren Raum zufammen, und mithin von 
der Form zurüd. Das Abflatfchen aber begegnet allen den genann« 
ten Hinderniffen volfommen, indem durch den Schlag dad Metal 
gewaltfam in alle Züge der Form hineingepreßt, gleichzeitig die 


Abformen. 67 


Luft Berausgetrieben, und endlich, da das Metall unter mechani⸗ 

fen Drucke, das beißt noch während. des Schlages, gerinnt und 

fet.wird, fogar auch die Verkleinerung des Umfanges unſchaͤd⸗ 
ich gemacht wird. Die Unbequemlichfeit und Unficherheit des 
Abfiatfchens, befonders bei großen Flaͤchen, hat übrigens dennoch 
Beranlaffung gegeben, daß man in der neueften Zeit wieder zum 
Gießen Zuflucht genommen hat, und daß man die Dabei der Natur 
der Sache nach Statt findenden, oben aufgezählten Hindernifle _ 
durch den hydroſtatiſchen Druck des geſchmolzenen Metalles und 
durch andere Mittel verhindert. Don diefen Verfahrungsarten 
wird unter dem Art. Stereotypie die Rede fepn. 
G. % 


Ubformen. 

Abformen in der üblichften Bedeutung (denn der Wuch- 
binder nennt das richtige Vefchneiden der Buͤcherdeckel eben 
fo), heißt die Figur eines. Körpers in einen andern übertragen, 
wedurch zum Behufe des eigentlichen Kopierens der Originale Dusch 
den Buß eder durch das Abdrüden eine Form entſteht, welche, 
mit dem Driginal verglichen, jederzeit verfehrt, und meiſtens ver« 
tieft iſt. Das Abformen it nur auf zwei verfchiedene Arten moͤg⸗ 
lich, nähmlich entweder durch Abdrüden, oder durch Abgießen, 
je nachdem die dazu gewählten Materialien entweder weich und 
bildſam, oder für eine gewilfe Zeit, und unter beftimmten Umftän« 
den, flüjlig find. Immer aber ift es nöthig, daß fie die Faͤhigkeit 
befigen, die feinften Züge des abzuformenden Gegenftandes genau 
anzunehmen, und nad) dem Austrocknen oder Feſtwerden auch zu 
behalten. Die Wahl derfelben in einzelnen Fällen hängt von den _ 
Umfänden ab, und zwar nicht allein von der Möglichkeit der leich⸗ 
tern Behandlung, fondern auch von der Befchaffenheit des Origi⸗ 
agles, welches durch die Anwendung einiger derfelben beſchaͤdigt 
oder nachtheilig veraͤndert werden koͤnnte, ſo wie davon, ob die 
Ferm zum Abdrücken oder Abgjeßen, ob zu wenigen oder zu möge 
lichſt vielen Kopien, und zwar aus welchen Stoffen, gebraucht wer⸗ 
den fol. Das Nähere über diefe verfchiedenen Rückſichten, über 
die zum Abformen dienlihen Materialien, unter welchen Wachd, 
Thon, Schwefel, Gyps und Formſand die ekſten Stellen einneh⸗ 

| 5“ 








68 Abgüſſe. 

men, und über ihre Behandlung, findet man in den Artikeln Ab⸗ 
druücke, Abgüffe und Metall-Gießerey. — 
G. A. 
Abgüüſſe. 


Man nennt Abgüffe jene Nachbildungen eined Originales, 


‚welche durch das Gießen hervorgebracht werden. Nach diefer Be⸗ 


ftimmung gehören nicht alle Produkte der Gießerey Bierher, indem 
jene ausgefchloifen find, bei.welchen die Gießform nicht über ein 


Modell oder Driginal, -fondern ohne daffelbe aus freier Hand 


oder ducch Hulfe mechanifcher Mittel angefertigt wird, wie dieſes 
fehr Häufig in der Eifengießerey, wenn mit Lehm gearbeitet wird, 
‘beim Gießen der Oloden, der Kanonen, und faft bei allen Zinn 
iwaaren der Fall iſt. Beim eigentlih fogenannten Abgiefien 
find drei Hauptpunfte in Betrachtung zu ziehen, nähmlich das 
Driginal oder Modell, der Stoff, in welchen es fopirt werben fol, 


‚ and endlich die zum Guſſe nöthige Form, deren Bearbeitung nicht 


— 


abgeſondert behandelt werden kann, weil ihre Wahl und Struftur 
theils von der Befchaffenheit des Originales, theild von jener des 
. Gießmateriald bedingt wird. 


Wenn man unter Originalen überhaupt die Wahl hat, fo 
verſteht es ſich von felbii, Daß man die am vollfommenften und aus 
den unveraͤnderlichſten und dauerhafteften Stoffen gearbeiteten 
vorziehen mülle; das legtere darum, weil fie daun weniger der 
Gefahr einer Beſchaͤdigung durch das Abformen ausgefept find. 
Kopien zum Abgießen zu nehmen ift wenig vortheilhaft, weil der 
Dadurch entftehende Abguß weniger fcharf ausfällt, indem beim 
jedesmahligen Kopiren, gefchehe es nun. durch Abdrüden oder 
Abgießen, etwas von den feiniten Zügen verloren geht, und daher 
als Grundſatz angenommen werden faun, daß die Nachbildungen 
deſto unvollfommener ausfallen, je weiter fie von den erſten 
Driginalen fid) entfernen, d. i. je mehr fie Kopien von Kopien find. 


‚Die Urfache davon iſt einleuchtend. Denn wenn der Abguf das 


Driginal ganz getreu wiedergeben follte, fo müßte ſchon die Form 
das Original in allen Punkten mit mathematifcher Genauigkeit bes 


‚rühren, der Abguß aber wieder auf Diefelbe Art die Form aus: 


füßen. Da dieſes nie in aller Vollklommenheit gefchehen kann, fo 


Allgemeine Bemerkungen. 69 


runde fich Die ſcharfen Züge bei jeder neuen Kopie mehr ab, und 
werlieren am Ende alle Schärfe und Genauigfeit. Ob die Form 
durch Abdrücken oder Abgießen hergeitellt werden fol, hängt gre- 
ben Theils Davon ab, ob einerfeitö das Original zu der einen oder 
der andern Verfahrungsweife beſſer geeignet ift, und ob anderfeits 
De Form durch diefe oder jene Verfertigungsart die einem beſtimm⸗ 
tem Gießmateriale entfprechenden Eigenfchaften erhält. 

Die Materialien zum Gießen werden, wie fchon die allges 
meine Benennung audfpricht, immer in mehr ader minder flüjligem 
Zuftande angewendet, und Pönnen unter zwei Hauptflaflen ge- 
bracht werden. Es find entweder folche, welche durch Feuer flüf- 
fig gemacht worden find, im gefchmolzenen Zuftande die Form atiö- 
füllen, und dann durch das Erfalten ihre urfprüngliche Seftigfeit 
wieder erhalten, wie der Schwefel und die zu Gußarbeiten an- 
wendbaren Metalle; oder es find folche, welche ihre Flüſſigkeit 
einem Zufabe verdaffen,‘ und dann entweder dadurch, daß fie 
fi mit demfelben nad) einiger Zeit verbinden, oder aber durch 
das Austrocknen, erft feft werden. Beiſpiele der letztern Art geben 
der mit Waſſer angerührte Gyps, und die Auflöfung der Haufen« 
blaſe in Waſſer. Am brauchbarften in Hinficht auf genaue Nach: 


bildung des Originales find jene Stoffe, welche beim Seftwerden 


fih ausdehnen, und einen größern Raum einnehmen, ald im ge: 
fhmofzenen Zuftande,: wohin vorzugsweife der Schwefel, einige 
wenige Dietalle, und der Gyps gehören, indem dieſe, vermöge 
der genannten Eigenfhaft,' felbft die feinften Züge der Form 
ganz genau, und fo zu fagen gewaltfam, ausfüllen. Faſt immer, 
und befonders bei den Materialien von der letztgedachten Beſchaf⸗ 
fenheit, muß die Form an der mit dem Gußmateriale in Berüb- 
rung fommenden Flaͤche mit einer Zwifehenlage verfehen werden, 
weldye entweder, um fich.zum Theile in die Poren der Form ein- 


zuziehen, fldifig ift, wie 3.8. das Ohl; oder in einem Anftriche 


- 


befieht, der nach dem Austrocknen einen feinen Überzug zurücläßt; " 


eder endlich ein feiner Anflug feyn faun, der Durch Aufftäuben, wie 
z. 2. feines Kohlenpulver, oder auf andre Art, wie durch dad 
Beräudjern mit Kienholg,: angebracht wird. Allerdings fchadet 
iwar dieſe Zwifchenlage der Schärfe und höchiten Reinheit des 


Quffes immer.iu einem. gewiffen Grabe; allein, obwohl fie bei’ 


0. Abgüſſe. 


ns © 

den Abdrüden, wo das zur Nachbildung nöthige Material nie in 
fo innige Berührung mit der Form fommt, faft immer weggelaffen 
werden kann: fo ift dieſes Doch beim Abgießen nur felten chunlich, 
weil der Guß, nahmentlich mit einem ſich ausdehnenden Stoffe, 
entweder durch die bloße Adhäfion fich fo feit an die Form anlegt, 
daß er nicht leicht ohne den Verluſt derfelben lodzubringen ift, 
oder feiner Blüfligfeit wegen in die Zorm bi6 zu einer gewiſſen, 
wenn ſchon geringen, Tiefe eindringt, oder endlich wegen fei- 
ner hemifchen Verwandtfchaft zu dem Materiale der Sorm an Die: 
felbe anfchmilzt. 

Bei der Vergleichung zwifchen Abgüffen und Abricen ers 
gibt fich Teicht die Solge, daß, obgleih die Kormen zum Gießen 
manchmahl fchwieriger herzuftellen find, diefe Operation dennoch 
meiftens dem Abdrücen vorzuziehen iſt, und eine weit ausgedehn⸗ 
tere Anwendung geflattet. Das Abdrüden aft in hohlem und ge= 
f&hloffenen Bornten, und alfo bei Gegenſtaͤnden, welche auf allen 
Seiten beftimmte Umriffe haben follen, nur mit großer Schwierig 
keit, oft gar nicht, zu bewerfitelligen. Denn beim Eindrüden in 
eine folche, beſonders fehr zufammengefeßte, Form ift die nöthige 
Menge der teigartigen Maife nie richtig zu bemeilen ; das Weg⸗ 
Schaffen des aus derfelben heraustretenden Überfluffes ift mit Mühe 
und Zeitverluft verbunden; die Form kann manchmahl den erfor⸗ 
derlichen Drud nicht aushalten, fondern bricht; der Abdruck felbft 

endlich ift Häufig von ſolcher Befchaffenheit, daß er fich zufammene 
zieht, und feine Geftalt oft ungleichförmig verändert. Vorzüglich 
für hohle Bormen wird man daher faft immer dad Gießen vorzie⸗ 
ben, und nur dann zum Abdrüden feine Zuflucht nehmen, wenn 
Das Material gegeben ift, wie 3. B. beider feineren Zöpferwaare. 
Auch kann das Abdrüden bei folchen Gegenſtaͤnden, die in offenen 
eintheiligen Formen bereitet werden fönnen, wie die Kopien ger 
fhnittener Steine, oder andere Meine Arbeiten, bei denen die 
Befchaffenheit der Rüdfeite von Feiner Bedeutung ift, und das 
nachmahlige Ebnen aus freier Hand erlaubt, lie fogar beque⸗ 
mer und vortheilhafter feyn. 

Im Solgenden follen die vorpiglichften Arten abzugießen bes 
handelt werden, wovon jedoch die fabrik⸗ und gewerbiudßig ers 
jeugten Abguffe von Metall fowohl ihrer Wichtigkeit, als auch der 


Abgüffe aus Gyps. 21 


eigentfäntlichen Behandlungsweife wegen zur ausführlicheren 
Derkelung für eigene Artifel verfpart werden, in welchen gleich“ 
zeitig auch der Gebrauch folcher Formen erläutert werden fol, zu 
deren Anfertigung man feines Originals oder Modelles bedarf. 
Der Gyps wird fehr häufig nicht nur zu Abgüffen, fondern 
and) zu Formen verwendet. Diefes für die technifchen und bilden- 
den Aunfte, ſo wie für Die Landwirthfchaft, faum entbehrliche Ma⸗ 
terial wird durch Brennen der Gypsſteine, durch Feinmahlen und 
Sieben zum Gebrauch tauglich erhalten, und hat die auffallende 
Eigenfchaft, daß ed, mit Waller zu einem Brei angerübrt, ſchneil 
erhärtet, wobei eine ſchon bei der Berührung mit: der Hand be- 
merkbare Erwärmung, und eine nicht unbeträchtliche Zunahme des 
Umfanges Statt findet. Diefe Ieptere Eigenfdyaft ift es, welche 
den Gyps zur vollfommenen Ausfüllung auch der feinften Züge 
einer Form fähig macht. Nach längerer Zeit wird ein ſolcher Guß, 
obwohl er noch eine bedeutende Menge gebundenes Waſſer ent: 
hält, troden, und erhält feine völlige, übrigens nicht fehr große 
Härte. Starke Erhikung, noch mehr aber das Gluͤhen, raubt 
dem 'erhärteten Gypſe das Wafler, welches ihn in den feften Zu« 
flaud verfeßt bat; er befommt Sprünge, wird mürbe und zerfällt. 
An der Luft, aus welcher der gebrannte Gyps allmählich Feuch⸗ 
tigkeit anzieht, verliert er die Zähigfeit, mit Waſſer zu erhärten, 
obwohl diefes, wenn er nicht in fehr dünnen Tagen ausgebreitet 
iR, nur hoͤchſt Tangfam gefchieht. Um den Gyps mit Sicherheit 
verwenden zu fönnen, werden nicht nur gewifle Handgriffe und 
eine bedeutende Übung, fondern auch die genaue Kenntniß der 
jedesmahligen Befchaffenheit des Gypſes erfordert. Die nöthige 
Meuge Waller und das befte Werhältniß veflelben it nach dem 
Grade, biß zu welchen der Gyps gebrannt, und dadurch feined na⸗ 
türlichen  Wailergehaltes beraubt worden ift, fehr verfchieden ; 
überhaupt aber ift zu bemetfen, da er mit einer zu großen Menge 
deffelben nie den höchflen Grad der Feſtigkeit, deſſen er fähig 
wäre, erhält, fondern daß dieſe immer defto größer ausfällt, je 
weniger Waſſer man anwendet, und je befer der Gyps gebrannt 
war. Allein defto fchneller erhärtet er auch, fo daß er mit mög- 
lichſter Behendigkeit gegoifen werden muß. Das Erhärten wird 
arch befihleunigt, :wenn man den Gyps vor dem Anmachen ers 


72 Abgufie. 


wärmt. Die Vermiſchung mit Wafler muß, um Blaſen in Guſſe 
zu vermeiden, durch fehr forgfältiges und ſchnelles Umrühren ge= 
fhehen. Wenn e8 die Befchaffenheit der Form erlaubt, fo ift e& 
zur Vermeidung der Blafen am beften, wenn zuerft eine Feine 
Menge mit verhältnigmäßig mehr Waſſer angerühet, der dadurch 
entftandene Brei mittelft eines Haarpinſels aufgeftrichen, und auf 
dDiefe dünne Lage ohne Verzug ein dickerer, wenig waſſerhaͤltiger 
Gypsbrei aufgegoffen wird. Jedoch darf die untere Schichte noch 
nicht erhärtet feyn, weil fich fonft beide in der Folge bei geringen 
Stößen"gänzlich von einander abfondern. Beimiſchungen von 
“ fremden, erdartigen Subftanzen gewähren, in fo fern der Gyps 
als Gießmaterial benügt wird, feinen Vortheil, indem fie jeder- 
zeit im Verhältniffe ihrer Meuge die bindende Kraft des mit 
Waſſer angerührten Gypſes vermindern. Mit Ziegelmehl, Thom, 
feinem Sand gemengter Gyps erhärtet fpäter, und nicht in dem 

felben Grade, wie ohne diefe Zufäge. Selbſt vom Kalte im un- 
gelöfchten oder zerfallenen Zuftande gilt daflelbe, obwohl manche 
Arten von Gyps, zu Folge der Mifchung des Gppäfteines, aus 
bem fie gebrannt find, fehon eine geringe Menge Kalt enthalten. 
So lange diefe nicht bedeutend ift, und den zehnten bis fechöten 
Theil des Ganzen ausmacht, bemerkt man feine Änderung, wohl 
aber, wenn der Kalf ein Drittheil bis die Hälfte beträgt. Dann 
erhärtet der Gypsbrei nur fehr langfam, und die Mifchung ift 
zum Gießen faum mehr, wohl aber zur Bearbeitung aus freien 
Hand (mit Boilirhölgern) geeignet, in welchem alle der Maſſe 
aber auch, um den Verluft der natürlichen Feſtigkeit zu erfegen, 
Leimwaifer zugefest werden muß. Es fönnen demnach allerdings 
Umftände eintreten, wo eine folche Beimifchung nothivendig iſt, 
nahmentlich in dem Falle, wo der Gyps ald Gießform für etwas 
fhwerflüfligere Metalle dienen fol. So verträgt der mit + fei- 
nes Gewichtes Kalk gemifchte, gegoffene Gyps die Slühhipe, ohne 
zu zerfallen oder Riſſe zu befommen; eben fo, wenn er mit Thon 
ober Ziegelmehl verfegt if. Brauchbare Formen zum Metallguß 
erhält man auch, wenn dem Gypſe + Bimdftein zugefeht, und die 
- Mifchung ınit Lehmwaſſer angerübrt wird. Jedoch hat man zum 
Biegen ftrengflüjliger Metalle in Formen weit ficherere Mittel, 
fo daß die genannten nur ala Nothbehelfe in. einzelnen feltuen 


Abgüffe aus Gyps. 73 


ihn betrachtet werben müffen. Auch die Anwenbung anderer 

Blöhgfeiten ftatt des Waſſers trägt nichts zur mehreren Beftigfeit 

des Gypſes bei. Mit Leimmwafler erhärtet der Gyps nur langfam, 
ud die bindende Kraft des Leimes erfegt nothdärftig den Verluft 
eines Theiles feiner Seftigfeit; auch die Alaunauflöfung, mit wel« 
der der Gyps ſtatt des reinen Waflerd angerührt, oder im 
trocknen Zuftande getränft wird, macht ihn nicht merklich härter, 
ebwohl dieſer Zufas in vielen Druckſchriften als fehr vortheilhaft 
gepriefen wird. Den: fäuflihen Gyps vor dem Gebrauche noch 
befonders durchzufieben, um ihn fehr fein zu erhalten, ift ebenfalls 
überflüffig, indem felbft die gröbern Sorten in guten Sormen volls 
fommene Abgüffe geben. Es ift nur dann von Nutzen, wenn viele 
Stellen des Guſſes nach dem Feſtwerden noch fernere Nachhülfe 
bedürfen, weil erft dann, wenn die obere Släche weggenommen 
wird, das grobe Gefüge zum Vorfcheine fommt. Nacharbeiten 
verträgt der gegoflene Gyps übrigens fehr wohl. Noch feucht, aber 
ſchon feſtgeworden, Täßt er fich fehr bequem mit einer dünnen 


Meflerflinge fchneiden, im ganz harten und trockenen Zuftande aber 


mit Rafpeln, nicht zu feinen Feilen, und mit Meißeln beliebig zus 
richten. Abgüſſe mit reinen glatten Blächen muß man ſich im Acht 
nehmen ftarf naß zu machen, weil der Gyps, obwohl in fehr 
geringer Menge, im Waſſer auflöslich ift, und dieſes hinreicht, 
feine Flaͤche pors und zaub zu machen. 

Unter allen Abgüffen find immer, alfo auch aus Gyps, die 
in eintheiligen offenen Formen am leichteften zu verfertigen. Als 
Beifpiel fol das Abgießen einer Münze dienen, für deren zwei 
Seiten zwei abgelonderte Formen erforderlich find, welche eben⸗ 
falls aus Gyps gegoffen werden fönuen. Man winbet zu dieſem 
Behufe einen Streifen. Schreibpapier, etwas breiter ald die Höhe 
beider zu gießenden Formen zufammen genommen, zwei bis Drei 
Mahl recht feft um den Rand der Münze, und fchließt diefen Pas 
piersing entveder mittelft einer Stedinadel oder durch Feſtkleben 
des äußern Endes mit etwas Wachs, Leim oder Kleifter. Die 
Münze wird hierauf fo gerichtet, daß fie genau in die Mitte der 
Papier-Zarge fommt. Man trägt nun in den obern Raun Gyps 
ein, amd zwar. zuerſt mit Beihilfe eines Haarpinſels, wodurch 
alle Züge genau gebeddt werden können, und eine. Dünne Tage 


4 





7A Abgufle, 
entſteht, auf welche ſchnell fo viel Gyps aufgegoflen wird, daß 
er den Rand des Papiers erreicht. Iſt derfelbe feft geworden, fo 
kehrt man das Ganze um, und verfährt mit der zweiten Seite auf 
gleiche Art; wodurd man in fehr Purzer Zeit für jede Seite der 
. Münze eine abgefonderte Form erhält. Es ift nicht unumgänglich 
nothwendig, daß die Münze vor dem Guſſe eingefettet werde, weil 
es einen Zeitpunft (etwa eine Viertelſtunde nach dem Abformen) 
gibt, in welchem die Formen leicht von ber Münze abzuziehen find. 
Diefer ift jedoch exft nach längerer Übung zu treffen, indem frü=- 
ber der Gyps zu weich ift und bricht, fpäter aber immer fefter 
an den Flächen des Originals haftet. Es ift Daher fiherer, das 
Tegtere, jedoch fo wenig ald möglich, einzufchmieren, was entwe⸗ 
der mit reinem Baumöhl, oder beffer mit einer Mifhung aus 
Öhl und Seife gefchieht, von der ſogleich nochmahls die Rede 
feyn wird. Die auf dieſe Art verfertigten Sormen koͤnnen zu vielen 
Abguflen, ebenfalls von Gyps, tauglich, und fehr dauerhaft ges 
macht werden, wenn man fie mit gefchmolzenem weißen Wachs 
traͤnkt, in welches fie etwa eine halbe Stunde lang eingelegt wer⸗ 
den. Um in diefelben Gyps eingießen zu Fönnen, verfieht man 
fie ebenfalls mit einem Papierrande, und trägt den Gyps fo auf, 
wie auf die Münze ſelbſt. Jedoch muͤſſen dieſe Bormen vor jedem 
Buffe eingefchmiert werden, und zwar mit einer falbenähnlichen 
Mifchung aus in wenig Waffer aufgelöster Seife und Baumoͤhl. 
Diefe Salbe ift beim Gypsgießen überhaupt fehr zu empfehlen, 
und dem bloßen Ohle weit vorzuziehen. Denn mmmt man vom 
reinen Ohle nur wenig, fo zieht fich daffelbe oft ganz in die Form 
ein, befonder& wenn diefe nicht vorher mit Wachs oder Leinöhlfir- 
niß (welcher letztere aber faft Jahre zum völligen Austrodnen 
braucht) getraͤnkt iſt. Iſt aber das Ohl eingefaugt;. fo febt fich 
der Abguß fo feft an die Form, daß er nicht mehr losgebracht 
werden kann. Zu viel Ohl im Gegentheile füllt die feinen Wertie⸗ 
fungen der Form aus, der Abguß wird ſtumpf, ja der Gyps er⸗ 
haͤrtet dort, wo er noch flüſſiges Ohl findet, gar nie, ſenden „lan 
gerreiblid. 

Eine andere Art von Münzformen, welche * nur / ein oder 
ein Paar Mahl zu brauchen, aber leicht zu verfertigen ſind, und 
ſehr ſcharfe und ſchoͤne Abguͤſſe liefern, kann man mittelſt nicht zu 


Abguͤſſe aus Gypp8. 25 


dider, recht glänzender Spiegel: oder Zinnfolie (Stanniol) ers 
halten. Dan fchneidst von derfelben ein rundes Blaͤttchen, etwas 
größer als Die Münze, zu, biegt den vorſtehenden Rand über die 
Ichtere um, legt die Münze, die fo überfleidete Fläche .nach oben 
gefehrt, auf einige Blätter weichen, auf einer recht harten Unter: 
lage befindlichen Papiers, und fchlägt nun mit einer Buͤrſte 
aus furzen, fehr dichtfiehenden und ſteifen Borften fo Tange auf 
die mit Stanniol überzogene Oberfläche, bis da& Gepräge gang 
rein und fcharf ausgedrüdt ift. Bei ſehr hohem Sepräge muß ans 
fangs durch bloßes Neiben mit der Bürfte der Stanniol allmäh« 
lich ansgedehnt werben, damit er fich den ftärfften Erhöhungen, 
ohne Falten zu werfen, anpaßt. Will man ganz genau zu Werke 
gehen, fo fann bei den feinften Zügen und Umriffen auch noch 
mit einem fpibig zugefchnittenen Hölzchen nachgeholfen, und dann 
erft dad Schlagen mit der Bürfte zur gänzlichen Vollendung des 
Abdrudes angewendet werben, Dan biegt fodann den umgefchla- 
genen Rand der Folie wieder auf, macht den Abdrud von der 
Münze los, und hat nun für die eine Seite der letztern eine vors 
treffliche Gießform, welche nicht ein Mahl des Einfettens bedarf, 
indem ſich der Stanniol von dem erhärteten Guffe fehr leicht ab⸗ 
ziehen läßt; ja man kann fogar, wenn die Borm dabei vorfichtig 
behandelt und nicht zu fehr verbogen wird, fie auf der Münzfläche, 
welcher fie ihr Entſtehen verdankt, wieder eben richten, mit der 
Bürfte abermahle übergehen, und daher noch einige Mahle zu 
neuen Abgüſſen gebrauchen. Nur bei fehr hohem Gepräge gelingt 
dieſer Kunſtgriff felten, weil die Folie fich beim Abnehmen von 
dem Abgufle zu fehr verzieht, und dann nicht mehr auf die Münze 
poßt. Auch muß man große und tiefe Formen diefer Art, ehe fie 
von der Münze abgenommen tverden, mit Gyps übergießen, wel 
cher, wenn er erhärtet ift, ‚die Form gegen das erziehen und 
Krümmen durch die Schwere des in fie eingegoflenen Gypſes 
fihert. Ohne diefe Vorficht würde der Abguß krumm werden ans 
gänzlich nıißglüdien. 

Die beiden eben befchriebenen Arten von. Formen find zum 
Abgießen von Münzen und Medaillen, (über welches man die nd» 
heren. praftifchen Angaben in den Jahrbüchern des f. k. polytech« 
nifchen Iuſtitutes in Wien, Band XI, Seite ı u. ff. finden kann,) 


76 Abgüuſſe. 

die vortheilhafteſten; doch iſt noch zu erwaͤhnen, daß man mit 
aͤhnlichen Handgriffen Gyps auch in offene Formen von Wachs, 
Brotteig, Thon, Metall, und vorzuͤglich von Schwefel, gießen 
kann, daß jedoch alle diefe vor jedem Guſſe eingefhmiert werden 
müſſen, und zwar deſto forgfältiger, je wege fie Glanz und 


„Glaͤtte befigen. 


Diefe Formen, welche bloß aus einem eingigen, oben offe⸗ 
nen Stüde beftehen, find die einfachften ; fie geben aber auch nur 
einfeitige Abgülfe. Gefchloffene oder hohle Formen find weit 
fchwieriger zu verfertigen und auszugießen, beſonders wenn das 
Modell oder Driginal groß, mit vielen einfpringenden Winfeln 
oder freiftehenden Theilen verfehen ift. Gypobrei ift dad bequemfte 
Material zur Herftelung folcher Formen, von deren verfchiebes 
sen Hauptarten im Folgenden ein allgemeiner Begriff gegeben 
werden foll. 

Eine der einfachften hierher gehörigen Aufgaben wäre: die 
Verfertigung einer Oppöform über eine Kugel. Man verfenft die 
letztere, nachdem fie entweder mit Ohl, oder beffer mit der oben 
angeführten Mifhung aus: Ohl und Seife, beftrichen worden 
ift, zur Hälfte in weichen Thon oder feinen Sand; auch kann fie 
unter ihrem größten Kreife bloß mit einem Ringe von naffem Thon 
umgeben werden. Auf diefer Begränzung errichtet man nad) Ve: 
fchaffenheit der Umſtaͤnde aus Bretchen, Pappe oder Lehm eine 
Art von Zarge oder Einfaflımg, in welche der Gyps fo hoch ein⸗ 
gegoflen wird, daß er den freiftehenden Theil ber Kügel ganz be= 
det. Nach dem Beftwerden nimmt man diefe Gypshuͤlle ab, 
fhneidet fie an der Fläche, in welcher ſich die Kugelbälfte abge⸗ 
goflen bat, ganz glatt, und verfieht diefe Fläche mit mehreren fo- 
: genannten Marten (Heinen halbrunden Vertiefungen). Nach 
dem dieſe Formhaͤlfte fo gut ausgetrocknet ift, daß fie Mingt, wenn 
man daran ſchlaͤgt, wird ſie mit Ohl gut eingeſchmiert, oder auch 
mit trocknendem Ohl oder Terpenthinoͤhlſirniß getraͤnkt. Die Ku⸗ 
gel wird wieder in die Form eingelegt, und um die aͤußern Waͤnde 
der letztern eine Zarge von der noͤthigen Höhe angebracht. Der 
hineingegoſſene Gypsbrei bildet nach dem Erſtarren die zweite 
Formhaͤlfte, und da ſich auch die auf der Theilungsflaͤche beſindli⸗ 
cheu, oben erwähnten Marken mit Gyps gefüllt haben, fo entfte- 


Abguͤſſe aus Gyps. 77 


ben daraus genau paflende Zaͤpfchen, welche den Schluß ‚der 
Fem bilden, und das Verruͤcken der beiden Theile beim nachmah⸗ 
ligen Gebrauche verhindern... Das Gießloch oder der Einguß 
wird trichterförmig in jebem Bormtheile zur Hälfte eingefchnitten. 

Aus weniger ald zwei Theilen kann eine gefchloflene, zum 
öftera Gebrauch amvendbare Form natürlich nicht beftehen ; ja 
ſelbſt einer ſolchen fuͤr eine Kugel, ober ein anderes einfach geſtal⸗ 
tete Modell, gibt man lieber drei Theile, weil die Schnitt: oder 
Zheilungsfläche nur fehr fchwer in den größten Kreis der Kugel, 
oder überhaupt fo anzubringen ift, Daß beide Formhaͤlften fih 
fenfrecht von dem Modell oder dem Abguife abheben laſſen. Im 
gegenfeitigen Falle aber, felbfi wenn der Fehler nur fehr gering 
ft, geht das Abnehmen ohne Befchädigung der innern Formraͤn⸗ 
der nicht an. Es müffen daher faſt alle guten geſchloſſenen For⸗ 
men aus mehr als zwei Theilen verfertigt werden ; jedoch hat man 
darauf zu fehen, daß die Anzahl der Theile nicht unnöthiger Weiſe 
vergrößert wird, und fie folglich aus fo wenigen Stüden al® 
möglich beftehen, daß aber auch bie einzelnen Formſtücke nicht gar 
zu groß ausfallen, weil mit der Zunahme der innern Flaͤche die 
Mhaͤſion des Guſſes beträchtlich vermehrt wird, und zu Unfällen 
Veranlaffung gibt. 

Um Gypsformen über ſehr komplizierte Modelle, als Büften, 
Statuen u. f. w. zu erhalten, bat man drei verfchiedene Werfahr 
rungsarten. 

Nach der erften kann man zu einem und demſelben Gegen« 
ande mehrere Formen machen, deren jede nur aus zwei oder Drei 
©tüden beftcht, und beim Gießen nur einen einzelnen Beflandtheil 
dee Kopie liefert. Die Verfertigung diefer Formen geſchieht eben⸗ 
falls abgefondert mit jedem. Stüde derfelben, für welches man 
den Umfang mit Thon auf dem Modelle begränzt. Kann diefes 
für die. Operation nicht jedes Mahl nach Erforderniß gelegt wer: 
den, fo muß der Gyps zum Abformen erfl mit Dem Pinfel, und 
dam dicker mit einer Meinen Kelle, aufgetragen werden, Die durch 
den Abguß in allen Formen erhaltenen Stuͤche werden mittelit ges 
hörig eingelegter Eifendrähte von der nöthigen Dicke, und mitteljt 
dünnen Gypobreies zu einem Ganzen verbunden, und die Bugen 
durch Bearbeitung aus freier Hand unmerflich gemacht, Nach 


8 Abgüſſe. 
dieſer Methode iſt man, da die Zuſammenſetzung des Abguſſes 
von der Geſchicklichkeit des Formers abhängt, nie verſichert, Daß 
die Kopie fehr getreu werde; auch erhält fie nicht jedes Mahl die 
nöthige Seftigfeit, und es bleibt immer fehr ſchwierig, die Sr 
dungsftellen ganz zu verſtecken. 

Dreßhalb iſt eine zweite Methode ficherer und weit voräglic 
cher. Nach diefer wird das ganze Original mit einer zufanımen- 
hängenden, nirgends unterbrochenen Kruſte von Gyps überzogen, 
welche, nad) der verfchiedenen Größe des Originals, einen bis Drei 
Zoll did feyn fann, Nach dem Erhärten des Gypſes theilt man 
die Oberfläche deifelben in -fo viele Gelder, ald man glaubt, daß 
die Form, um ſtückweiſe leicht von dera Original herabgenommen 
werden zu können, Theile haben müſſe. Man muß fich in Acht 
nehmen, nicht zu viele und zu Fleine Abtheslungen zu machen, und 
die Theilungslinien müflen fo felten als möglich über die am zar⸗ 
teften außgearbeiteten Stellen des Originale, 3.8. die Vorderfeite 
und das Geficht einer Statue, gehen.. Nach dieſen vorgezeichnes 
ten Linien fchneidet man entweder den Gyps mit einer Säge ein, 
oder macht Zurchen durch Aushauen mit dem Meißel; jedoch dür⸗ 
fen diefe Einfchnitte nie bi6 auf den Grund oder auf das Original, 
fondern nur bis zu einer folchen Tiefe geben, daß der Gyps noch 
zufammenhängt. Hat man auf diefe Art ein Feld auf allen Sei⸗ 
ten mit Einfchnitten verfehen, fo fprengt man es los, fo daß auch 
der noch unzerfchnittene Gyps bricht, und dad Formftüd fi von 
dem Modelle oder Originale abheben läßt. Man fährt auf diefelbe 
Weife fort, bi aller Gyps in lauter ſolchen Bruchſtuücken abges 
nommen worden if. Diefe kann man dann wieder zufammen« 
paſſen, mit flarfen Schnüren binden, und als hohle Gießform 
benügen. . E8 verfteht fich von ſelbſt, daß man, um diefe Thei⸗ 
lung glüdlic ind Werf zu richten, das eingehüllte Original ſehr 
genau keunen müſſe; daß aber auch die Arbeit fehr erleichtert wird, 
wenn die Ninterfeite, bei weicher es rathfam ift anzufangen, vom 
Gyps entblößt ift. Wohl aber ift ed immer aͤußerſt ſchwer, Be⸗ 
fhädigungen des Driginaled beim Ziehen der tiefen Furchen zu 
vermeiden. Um diefem Unfalle zu begegnen, macht man auch 
manchmahl zuerft nur eine dünne, einen halben bis ganzen Zoll 
dicke Gypsdecke, verfieht fie mit einem ſchwarzen Anftriche, und 


/ 


Abgüſſe aus Gyps. ⁊9 


trägt erſt auf dieſen den noch übrigen zur Staͤrke der Form noͤthi⸗ 
sen Gyps auf. Der fchwarge Anftrich dient, fobald er beim. Ein 
f4ueiden der Theilungslinien fichtbar wird, zur Warnung, daß 
man Säge oder Meißel nicht mehr tiefer eindringen lafle ; ‚beim 
3erfprengen aber folgt die untere dünnere Lage nach, ohne daß 
fie fich von der obern trennt. Formen nach diefer Art bereitet, 
ſind ziemlich leicht zu machen, aber keineswegs dauerhaft, indem 
die zadigen Raͤnder des zerbrochenen Gypſes bald ſich ausbsö- 
dein, der Abguß daher fo flarfe Gußnaͤhte erhält, daß er unbraudh- 
bar wird, umd auch zulegt Die Form, weil der Gyps des Abguiles 
fid) in diefen Naͤhten fefept, nicht mehr von denfelben loszubrin⸗ 
gen if. Den erſten Abguß aber kann man mit gehöriger Borficht, 
da die Bruchflächen des Gypſes fo lange fie unbefchädigt bleiben 
äußerft genau wieder in einander paſſen, faft ohne bemerfbare 
Nähte erhalten. Wr 
Die dritte Art abzuformen it zwar Die muͤhſamſte, allein fi 

gibt auch Formen, welche ‚bei verfländiger , kunſtgerechter Be⸗ 
handlung jechzig und mehr gute Abgüſſe zu liefern im Stande 
find. Man verfährt bei derfelben folgender Maßen. Wenn man 
nach zeiflicher Überlegung beftimmt hat, wo auf dem Modelle die - 
einzelne Formſtuͤcke zufammen floßen müflen, damit fie fich von 
dem Guſſe recht leicht abheben laſſen, fo wird auf dem Modelle 
für das erfte Formſtück mit Thon der Raum begränzt, und in dies 
fen der Gyps von Hingeichender Dicke aufgetragen. Dieſes Stüd 
wird jept abgenommen, an den Seiten Feilförmig mit dem Mefler 
befehnitten „ und an denfelben mit den nöthigen Gruͤbchen oder 
Marken verfehen. Man legt ed dann wieder auf das Modell, und 
verfertigt mit Beihülfe einer abermahligen Begränzung das zus 
nächft anliegende Formſtück, welches an die eine Seite des exiten 
genau paßt, auf den übrigen aber ebenfalls befchnitten, und - 
mit Gruͤbchen verfehben werden muß. Auf diefe Art fährt man 
fort, bis über alle Theile des Modelles die Formſtücke verfertiget 
find, welche vermöge ihrer fchräg abgerichteten Seiten feilförmig, 
und beiläufig fo zufammenpaflen,, wie richtig behauene Steine 
eined Gewoͤlbes. Da aber eine foldye Form, befonders wenn fie 
groß und vieltheilig iſt, nicht füglich zum Behufe des Gießens, 
ohne auseinander zu fallen, gewendet und umgefehrt werden kann, 


80 Abguſſe. 
ſo iſt die Arbeit auch noch nicht vollendet. Es werden die zufam⸗ 
mengefebten Stüde in einer beliebigen bequemen Ordnung vertieft 
numerirt oder fonft unterfcheidend bezeichnet, und nachdem fie gut 
mit Firniß eingelaffen und eingefettet worden find, fo macht man 
ber diefelben noch eine zweite, aus weniger, am beften drei, gro⸗ 
Ben Iheilen beftehende Form. Diefe fann aus fo wenigen Stüs 
den beftehen, weil die innere wegen ihrer Dicke an der oberen 
Fläche abgerundet, und Feineswegs mehr mit den fcharfen Wins 
feln und Erhöhungen des Originals verfehen iſt. Diefe äußere 
dreitheilige, ebenfall® aus Gyps verfertigte, Schalenform dient 
zum Zuſammenhalten der aus fleinern Theilen beflehenden eigent= 
lichen Gießform; denn, wenn die Stücke desfolben nach der Ord⸗ 
nung der auch in den Schalen erhöht ſich darftellenden Zeichen 
in die Schalen eingelegt find, fü kaun nran diefe mit Schnüren, 
Draht oder eifernen Reifen fo verbinden, daß Alles nur ein Gans 
zes ausmacht, welches man zum Behufe dos Gießens umkehren: 
und font nach Bedürfniß handhaben fann. Endlich biethet die 
äußere Schalke audy noch. die Bequemlichkeit dar, daß an diefelbe 
jene innern Stüde, die groß und ſchwer, and der’ Gefahr aus⸗ 
gefebt find, vielleicht in dad Innere der Form zu fallen, leicht bes 
feftigen fann. Zu diefem Ende wird ein Drahbtöhr, weldye& über 
die obere Fläche eines folchen Stuͤckes vorfteht, in daffelbe mit ein⸗ 
gegoflen ; in diefes Ohr wird ein Baden befeftigt, durch ein am 
gehörigen Orte in die Schale gebohrtes Loch gezdgen, und außen 
mittelft eines Fleinen Querholzes fo angefpannt, daß das innere 
Stüd von der Schale nicht Tosgehen fann. 

liber. da8 Gießen in folchyen Formen ift zu bemerfen, daß 
größere Abgüſſe, theild um Gyps zu fparen, theild um fie nicht 
zu fhwer zu erhalten, hohl gemacht werden. Man gießt, um dieß 
zu bewerfftelligen, zuerft bloß eine verhältnißmäßig geringe Menge 
Dünneren Sppöbrei in die Form, und zwingt denfelben, durch ge= 
fchictte Neigung und Bewegung der Form, iht Inneres mit einer 
binnen Kruſte zu bedecken. Wenn diefe zwar noch nicht völlig 
erfiaret, aber auch nicht mehr flüffig ift, fo gießt man etwas di⸗ 
deren Gypobrei ein, und bringt, durch den nähmlichen Handariff 
der Bewegung der Form, den Abguß, der aber doch immer hohl 
bleibe, zur nöthigen Stärke. Die . gefchlojlenen Formen ju 


Abgüůſſe aus Gypo. 84 


hehlen Abgůſſen beduͤrfen in den Nagel auch kaines beſondern Bußr 
lehes oder Eimguffes ,:indem die Form, wenn man: fie is 
het, Dusch die untere Öffnung gefüllt werden haun. 

Die Modelle oder Originale „über welche man Gopsſormen | 
macht, 3. B. aus Stein, gebranntem Thon, felbit wieder Gips, 
wählen natürlich gegen die Näfle des Gypſes Durch paflende An⸗ 
frihe, von denen ſchon früher die Rede war, verwahrt werden. 
Drigimale aus Holz koͤnnen „mit: Schellackſirniß důnn überzogen 
und dann mis Ohl eingefettet werden, u. f. w. . Bei Werken von 
bedeutenden Werthe, wie bei Antiken and: Marmor, darf Mar, 
um fie nicht fledfig zu machen, dad Einfetten nicht wagen. Man 
fann aber ihre Oberfläche mit dünner Spiegelfolie forgfältig be- 
Heiden, und auf biefer die Gypsformen anfertigen. Theile, auf 
weichen die Folie nicht gut anwendbar ift, Fönnen in Wachs abge⸗ 
deückt werden. Dan erbält hierdurch eine Form, und ntittelft Die 
fer einen Abguß, über weiihen ri eine dauerhafte Bor - 
geſtellt werben faun. : 

Daß mau. auch dad: Geſicht eined lebenden oder todten Die 
(hen in Gyps abformen fanu, iſt befannt. Nachdem das Geficht 
der auf dem Rüden liegenden Derfon mit Ohl beſtrichen, und 
der Umfang deöfelben mit einem angelegten Zuche gehörig be- 
gränzt ifb, bei lebenden Perſonen noch die haarigen Theile, 5. 
die Angenbraunen, mit feinem Mehlkleiſter bebeckt, und zum Ath⸗ 
men dünne Nöhrchen oder offene Papierditen im die Nafenlöcher 
geftedt worden find, hat dad Aufgießen eines recht fchnell .echär- 
tenden Gypobreies weiter feine Sichwierigfeiten: 

Die Gypsabgüſſe kann man ’auf mehr als eine Art gefärbt 
oder glänzend erhalten. Um das erſtere zu erreichen, Fönnen dem 
Gypſe vor dem Anmachen pulverige Sarben, wie Zinnober, Men⸗ 
nige, Bergblau, Beinſchwarz, durch forgfältige Mengung oder 
gleichjeitiged Neiben des Gypſes und der Farbe auf einem Reib⸗ 
feine, zugefeßt, oder der Gypo kann auch mit gefärbtem Waſſer 
angeruͤhrt werden, z. B. wit siner Aufloͤſung von Gummigutt. 
Nur muß man dabei nicht uͤberſehen, daß die natuͤrliche Weiße des 
getrockneten Gypſes alle Farben weit lichter erſcheinen laͤßt, und 
daß ein zu großer Antheil von den letzteren der Feſtigkeit des Abguſſes 
ſchadet. Eigentliches Anſtreichen, Wahlen oder —.n aber. ift 

Technol. Encycloꝝ. I. Bd. 


82 Abguͤſſe. 
bei guten Abgäffen nie anzurathen; deum nicht nun ſetzen ſich Die 
aufgetragenen: Stoffe in die feinen. Züge: und Füllen Re thrilweiſe 
aus, fondern. auch die mehrmahlige Leimtraͤnke, welche unerläß- 
lich iſt, damit die Farben ſich ‚gleichförmig aufſtreichen laſſen, ſcha⸗ 
det der Reinheit des Abguſſes. Am beſten gelingt noch das Ein⸗ 
reiben mit ſehr fein geſchlaͤmmtem Reißblei. (Man vergleiche uͤbri⸗ 
gens den Art. Bronziren.) 

. Um indeffen Gypsabgüſſen ein fehäneree Anfehen zu abi 
kann man fie mit Glanz verfehen, wodurch fie zugleich einiger 
Maßen gegen die Einwirkung der Luft und der Beuchtigfeit, und 
gegen das Abreiben der Oberfläche gefchägt werden. Durch ein: 
oder zweimahliges. Anftreihen mit dünnem zeinen Seifehwafler, 
und Abreiben nach dem Zeodinen mit feiner Leinwand, erhalt man 
leicht einen fettähnlichen Glanz, weicher aber bald wieder matt 
wird, und überhaupt vergänglich ifl. Biel vorziiglicher ift jener, 
welcher entfieht, wenn ber noch feuchte. Gypsguß mit wenigem 
fehr fein gefchlämmten Federweiß eingeftäubt, getradnet. und 
dann noch mit. Sederweiß mittelit des Singers fo Tange überrieben 
wird, bis die Oberflähe wie Atlas glänzt. Statuen, Reliefs 
und andere Gypsarbeiten, welche der Witterung audgefegt werden 
follen, erwärmt man bis nahe zum. Siedhitze des Waſſers, und tränft 
fie wiederhohlt mit einer heißen Bufammenfegung aus drei Theilen 
geinöhlfirniß und einem Theile weißem Wachs, bis fie nichts mehr 
davon einfaugen, aber auch nichts auf ihrer Oberfläche zurüd; 
bleibt. Für kleine Stüde thut reines Wachs diefelben Dienfte, 
allein die Farbe des Gypſes wird in beiden Faͤllen unanfehulich, 
und macht noch einen — Anſtrich oder das Btonziren 
nöthig. 

Der S Awef el if unter ben zu Abgüſſen und zu Gießfor⸗ 
men durch Schmelzen anwendbaren Materialien, in Rückſicht auf 
die Reinheit und Schärfe der Züge, gewiß das vorzüglichfte, in⸗ 
Dem er unter die wenigen Stoffe gehört, welche, indem fie aus 
dem gefchmolzenen in den feften Zufland übergehen, während 
der dabei Statt findenden audgegeichnet flarfen Kryſtalliſation, 
eine beträchtliche Ausdehnung erleiden. Allein die Anwendung des 
Schwefels ift, feiner andern Eigenfchaften wegen, doch wieber ziem⸗ 
Tich befchränft. Er deſtht naͤhmlich nicht nur feine ‚große. Huͤrte, 


Abgüffe aus Schwefel, 8 


fondern auch eine fo ungemeine. Sprödigkeit ,. daßrer ſchon, bloß 
de Hand erwärmt, durch bie Entſtehung kleiner unficytbarer 
Sprunge kniſtert, und dann bei dem leifeflen. Stoße zerbricht, 
Daher ift er faft nur zu Fleinen Abgüflen tauglich. Außerdem darf 
man ihn auch im gefchmolzenen Zujtande nidyt mit allen Stoffen 
is Berührung bringen , weil er auf manche derfelben nachtheilig 
wirt. So würde er, auf Silber: oder Kupfermünzen gegoffen, 
diefelben fledfig machen; in Thon, Gyps, Hol;, wenn fie nicht 
vorher gefirmißt und gut geöhlt, oder die Poren auf andre paffende 
Art verflopft find, dringt er, obwohl zu einer fehr geringen on 
ein, wodurch fein nachheriges Losgehen verhindert wird, 

Um Schwefel zu gießen, erhigt man ihn nur ſehr mäßig, wo⸗ 
durch er faft fo duͤnnfluͤſſig als Waſſer wird, während er in einer 
größeren Hitze eine dunkelrothe Farbe und eine. ſolche Zähigfeit ans 
aimmt, dag man warten muß, biö er wieder etiwad Fälter, und 
jugleih düunnflüffiger wird. Auch muß man ihn nicht bie zum 
Brennen fommen lajlen, weil Dann Die Abgüſſe eine unanfehnliche 
graue Farbe erhalten. In jenem leichtflüffigen Iuftande aber kann 
er unbedenklich auf gefchnittene Steine und Glaspaften, die mit 
einem genau anfchließenden Papierrande verfehen find, aufgegofs 
fen werden, fo wie fich auch die Münzformen-aus Stanniol fehr gut 
mit densfelben füllen. Die Abguͤſſe find anfangs roͤthlich, erhal 
ten aber nach und nach die urfprüngliche gelbe Farbe wieder; auch 
fonnen fie durch Zufäße, z. B. Zinnober, Beinfhivarz, Reißblei 
und alle farbigen Stoffe, welche der fchmelzende Schwefel nicht 
chemiſch verändert, beliebig gefärbt werden; nur werden fie all 
maͤhlich, fo wie die natürliche Farbe des Schwefels wieder m. 
kehrt, lichter. 

Schon der Zufag diefer farbigen Stoffe mindert die — 
Sproͤdigkeit des Schwefeld um etwas; man kann aber den Folgen 
derſelben noch beſſer durch andere Beimifchungenvorbeugen. Hier⸗ 
ber find zu rechnen: gebrannter Gyps, tsodene Kreide, Ziegel- 
mehl, Thom oder feiner Band, fehr gut getrocknete Sägefpäne, 
zatt gepulverter Hammerſchlag, oder Eifenfeile. Die beiden lepr 
tea geben ibm eine nicht unbedeutende Härte, aber auch eine. uns. 
(deinbare graue Farbe, während mit dem Gypſe, welcher der 
wrzüglichfte Zuſatz ſeyn durfte, auch zugleich hellere Farben ‚mit 

6 * 





8% Abcogüſſe. 

eingemengt werden koͤnnen. Drei Theile Schwefel und ein Theil 
Silber geben eine zu Abguͤſſen in Thon⸗, Gyps⸗ oder Tripelfor⸗ 
men vortreffliche, aber etwas ſchwerfluͤſſigere Zufamimenfegung. 

Die aus Schwefel gegoſſenen Formen brauchen nur ſehr we⸗ 
nig eingeöhlt zu werden, und man kann in denſelben nicht nur 
Gyps, fondern, wenn man vorfichtig verfährt, und fie kalt zu er⸗ 
halten fucht, auch fogar Schwefel eingießen, diefe Abgüſſe wies 
der als Modelle zum Abformen ih Sand und zur Metall-Bießerei 
benugen, u. f. w. Wo ‘aber ber Schwefel in größeren Maſſen ge- 
braucht werben fol, iſt er wegen des leichten Zerfpringens, und 
der ungeachtet aller Zufäge vorherrfchenden Zerbrechlichkeit, nicht 
mehr. zu empfehlen. Daher ift e8 auch fehr gut, größere und flarf 
vertiefte Schwefelformen noch mit Gyps zu umgießen, und fie in 
denfelben bis aufdie Mündung einzuhüllen. 

DIE Wach 8 ift feiner Leichtflüffigfeit wegen, —* wel⸗ 
cher es die in der Regel gypſenen Formen gar nicht beſchaͤdigt, 
ein zu Abgüſſen ſehr brauchbares Material. Es wird entweder fuͤr 
fich allein, oder mit Zuſaͤtzen zu dieſem Behufe verwendet, wovon 
die letztern entweder zum Faͤrben deſſelben (welches ſehr leicht iſt, 
indem ſich faſt alle feinpulverigen Farben ohne Ausnahme dem flie⸗ 
ßenden Wachſe einmengen laſſen), oder um feine Weichheit zu 
vermindern, oder endlich um es zu manchen Zwecken auch noch 
weicher, oder eigentlich in der Kälte weniger ſproͤde zu machen, 
Bienen. Ein ziemlich gewöhnlicher Zufaß ift Terpenthin oder Fett, 
welche das Wach leichtflüffiger und minder fpröde machen, ferner 
harzige Stoffe und Schwefel, weiche feine Feſtigkeit vermehren, 
gu Demfelben Zwecke auch wohl pulverige Subftanzen, wie Bleiweiß, 
Haarpuder, Gyps, Kalk, Ziegelmehl u. ſ. w. 

Die Gypsformen, in welche man Wachs gewöhnlich gießt, 
muͤſſen einige Zeit in Waſſer gelegen haben, und ſeucht ſeyn. Das 
Wachs darf nicht zu heiß eingegoflen werden, weil es ſich dann 
beim Erkalten ſtark zufammenzieht; zu kalt aber ſtockt es, und füllt 

- Die Form micht. Hohl können die Abguſſe ſehr Teiche, amd. fo dann 
als man e6 verlangt, erhalten werden, menn man die Form nach 
+ dem Eingießen gut nach allen Seiten wendet ober ſchwenkt, and 
fobald fich eine Wachsrinde an diefelbe angefept Hat, das Über 
flüſſige wieder durch Umſtürzen herauslaufen laͤßt. on einer 


Abgüffe aus Siegellack xc. 85 


uneztbehrlschen Berwendung wächferner Abguͤſſe wir im Art. Sm 
gieferei noch die Nede feyn. 

Siegellack und harzige Stoffe überhaupt — 
ijrer großen Sproͤdigkeit wegen, nur ſelten zu Abgüflen verwen⸗ 
det; auch find dieſe, in Hinſicht auf Vollkommenheit, mit den 
Schwefelkopien keineswegs zu vergleichen, weil ſie, nur etwas zu 
ſtark erhitzt, nach dem Erkalten bedeutend ſich einziehen. Die For⸗ 
men für dieſe Materialien ſind am beſten aus Metall, indeſſen 
können auch ſolche aus Schwefel und gut geoͤhltem Gyps oder 
Thon gebraudjt werden. Auch kann man bie fließende Maſſe mit 
erdigen Pulvern oder Farben miſchen. Eine Miſchung aus glei⸗ 
hen Theilen Pech oder Kolophonium und Terpenthin mit + Theil 
Bade, oder, wenn fie härter.feyn fol, mit einem kleinen Zufage 
von Schellad, in welche eine gehörige Menge:von feinen Saͤgeſpä⸗ 
nen oder Holzmehl eingerührt wird, gibt ebenfalld eine zu flachen 
Verzierungen anwendbare Maſſe, die ziemlich zähe, und, wenn 
der Zuſatz von Sägefpänen bedeutend ift, fogar einer weitern Be— 
arbeitung mit ftählernen Werkzeugen fähig if. 

Wenig audgebreitet ift die Anwendung der aufgelödten Hau—⸗ 
fenblafe und des reineren thierifchen Ceimes überhaupt zu 
Abguffen, welche Stoffe immer nur für fehr flache Gegenftände 
aus Metall tauglich find. Um Münzen auf diefe Art zu fopiren, 
braucht man, in fo ferne man fich mit einem verehrten und ver⸗ 
tieften Abguffe begnügt, gar Feine Form, indem die Haufenblafe 
geklopft, in Peine Stüde zerfchnitten, mit Waſſer übergoffen und 
in diefem in gelinder Wärme aufgelöst, nach dem Durchfeihen 
eine Flüſſigkeit gibt, welche warm auf die Münze aufgeftrichen, 
bald trod'net, und wenn diefe blanf gewefen ift, von felbft ab⸗ 
fpringt oder leicht abgenommen werden kann. Didere Kopien er⸗ 
halt man, wenn man die Münze mit einem Rande verfieht, oder 
eine Stanniolform anwendet, und die Haufenblafen-Auflöfung ein- 
seht. Die Haufenblafe ann zu diefem Behufe auch mit Saftfare 
ben oder mit Abfochungen von Bärbehölzgern beliebig gefärbt wer: 
den; auch erhält man auf ähnliche Art Kopien von geftochenen 
Kupferplatten, deren Züge vor dem Auftragen der Haufenblafe auch 
wohl mit einer feinen Deckfarbe ausgefüllt werden fönnen, welche 
ſich an den Abguß anheftet, wie dieß bei den befannten durch⸗ 


86 . Abgüffe. 
fichtigen, meiften® roth gefärbten Heiligenbildern geſchieht. Statt 
: der Haufenblafe fann auch der aus Pergamentfpänen gefochte Leim, 
ja felbft der gehörig durchgefeihte Zifchlerleim gebraucht werden, 
allein die Abgüffe werden weit weniger fchön. Alle aber find 
gegen die Feuchtigfeit fehr empfindlich und von geringer Dauer. 
"7 Ein fonderbared Diaterial zu Abgüffen ift der Alaun. Wenn 
man ihn gelinde und langſam erhigt, um das Blafenwerfen und 
ſtarke Schäumen möglichft zu verhindern, fo fommt er in wäfferi« 
gen Fluß, und faun in Formen gegoffen werden, die er fehr gut 
füllt, und. in welchen er mithin vollfonmen ſcharfe Abgüffe Tiefert, 
- welche, wenn fie erft ganz erfaltet (weil fie fonft ſchnell mit einem 
weißen Überzug befchlagen) herausgenommen werden, halbdıtrchs 
fihtig und ziemlich feft find. Die beften Formen dazu find Abs 
drude von Münzen in Stanniol, denn größere hohle Formen füls 
Ien fich nicht gut, weil der Alaun zu fchnell erftarrt. Übrigens 
verträgt er auch Zufäbe. Unter diefen ift befonders der gebrannte 
Gyps, welcher die Kopien undurchſichtig macht, und ihnen ein 
fteinähnliches Anfehen gibt, anzurathen. Entweder dem Gypſe 
oder dem Alaun allein, fönnen auch Farben, z. B. Zinnober, die 
Ocherarten, Mennige, Schmalte u. |. w. beigemifcht werden. 
Ferner läßt fi) der Alaun auch mit anderen Salzen in Fluß 
bringen, und e8 fcheint, daß diefe, wenn fie auch zum Schmelzen 
für fich eines höhern Hißegrades bedürften, in diefer Verbindung 
durch das Kryſtallwaſſer des Alauns weit früher als fonft flüſſig 
werden. Ein Theil Alaun mit dem dreifigfien Theile Salpeter 
fein abgerieben und gut gemengt fommt bald in Fluß, und ers 
ftarrt viel fpäter, al$ Alaun allein, fo daß diefe Mifchung fich auch 
“ für Hohle Formen eignen würde, Die Abgüffe werden nach dem 
Erfalten weiß und undurchſichtig. Mehr Salpeter aber gibt uns 
deutliche, ftarf Frnftallifirte und fehr bald zerfpringende Kor 
pien. Alaun mit ungefähr dem fechöten heile Duplifatfalz 
fließt ebenfalls Teicht, und gibt fehr weiße, wenig durchſcheinende 
Abgüffe, welche, wenn fie von legterem Salze eine größere. Menge 
enthalten, fich beim Erfalten ſchnell zufammenziehen und eine 
große Menge Riffe und Klüfte befommen. Mit Kochſalz er: 
folgt das Schnielgen noch früher, ald beim Alaun allein, und die 
Abgüffe bleiben bei ungefähr dem fechöten Theile Kochfalz durch: 


Abguüffe. aus Salpeter. 87 


ſichtig, ohne zu fpringen. Mit der gleichen Menge Bora⸗ ſtatt 
des Kochſalzes geſchmolzen, laͤßt ſich der Alaun ebenfalls gießen, 
Hood, erhaͤetet er nur ſehr langſam, und. eine ee Menge Bo⸗ 
ms wocht ihn zu dickflüſſig. 

Alle dieſe Zuſammenſetzungen find jcboch verſchieden von 
jner, welche ein gewiſſer Rohlik aus Prag unter dem Rah⸗ 
men künſtlicher Alabaſter zur fabritmäßigen Darſtellung 
Heiner, ſelbſt Hohl gegoſſener Gegenſtaͤnde vor ungefaͤhr nem 
Jahren auzuwenden verfuchte. Seine Abgüſſe beſtehen, wie die 
Unterſuchung derſelben bald zeigt, bloß aus Salpeter, einige mit 
fürbenden Zufägen, und find dem Alabafter weniger aͤhnlich, . ala 
die » B. aus einer Mifchung von Alaun mit.Gyp8. zu erhaltenden 
Abgüſſe. Die Verwendung des reinen Salpetero zu diefem Ber 
hufe unterliegt Schwierigfeiten, weil derfelbe zum Schmelzen 
eier nicht ganz unbedeutenden Hibe bedarf, und dann aundgegofs 
fen ſehr ſchnell erfarrt, die Kormen eben deßhalb wicht leicht voll⸗ 
fommen ausfüllt, und endlich bei etwas fchnellerer Abkühlung 
zwar nicht in Stüde fpringt, aber doc, Riſſe befommt, nach des 
ren Richtung er fehr leicht zerbrechlich iſt. Wenn man aber den: 
noch ihn zum Gießen, befonders in gefchloflenen Formen, benüpen 
will, fo müflen diefe von Metall, und zwar von ſolchem ſeyn, wel 
ches während des Guſſes bis zur Schmelzhitze des Salpeters or- 
bist werden fann. Unter diefen Umſtaͤnden wird es möglich, den 
eingegoilenen Salpeter fo lange in Zluß zu erhalten, daß. durch 
die gehörige Bewegung der Form fich eine Krufte deilelben an ihr 
Imeres anlegt, und man alfo, nad) ſehr langfamem Erkalten, 
einen vollſtaͤndigen hohlen Abguß erhält. Daß jedoch dieſe, fo 
wie alle andern dus Salzen verfertigten Abguͤſſe keine große Dauer 
haben koönnen, indem fie dem Beuchtwerden oder Verwitgern an 
freier Luft unterliegen, bedarf Feiner weiteren Erörterung. 

Die Metalle eignen ſich weniger zur Hervorbringung 
eigentlicyer Kopien; denu die Verfertigung von Abguͤſſen aus den: 
felben iſt weitläufiger und mühfamer, ald die von anderen Stoffen, 
und außerdem gibt es nur fehr wenige, bei. welchen der Buß ohne 
ale nachmahlige Bearbeitung fogleidy zu brauchen ift, und mithin 
eine ganz getreue Kopie genannt werden fann. Da ferner fowohl 
die eigentlichen Nachbildungen in Metall, ald auch alle Metallgup: 


58 .. Abgüfle, | 
wahren überhaupt, nach gleichen Prinzipien verfertigt,; und babel 
vorzüglich nur Gieß- oder Sormfand und. Behm zu der: Form vere 
wendet werden koͤnnen; da endlich der größte und wichtigfie Theil 
der Metallgußwaaren nicht den Zweck bloßer Nachbildung, ſondern 
des: ferneren Gebrauches haben: ſo wird es zweckmaͤßig ſeyn, hier⸗ 
über anf den Art. Metallgießerei und bie einzelnen befonderu 
Ark. -Bildgießerei, Eifengießerein. ſ. w. zu verweilen, 
wubi:gegenwärtig wur Eine.Art des Metallguffes zu: erwähnen, 
welche Abgufls:in ſtreugſter Bedeutung des Wortes liefert. 

Es ift naͤhmlich das von allen übrigen abweichende Verfah⸗ 
zen ,. Abgufle von: Juſekten, Blumen oder andern Pflanzentheilen 
zu erhalten. . Dan nimmt zu dieſem Behufe das fodte Inſekt, 
z. Bo einen Hirfchläfer, bringt es in die richtige Stellung, und 
verbindet die Fuͤße durch einen ovalen Kranz von Wache, welcher 
in ‚der. Bolge für die feinen Füße beym Gießen einen Verbin» 
dungs⸗ oder Leitungsfanal bildet, Das fo vorbereitete, vorher 
mit :Weingeift beftrichene Thier wird nun in der Mitte: eines 
höfzesnen oder aus ftarfer Pappe beflehenden, oben offenen Kuſt⸗ 
chens mit ‘einigen Draͤhten fo befefligt, daß ed ganz frei hängt. 
Außerdem werden an einigen Stellen von den Wänden des Kaͤſt⸗ 
chens bis an den Körper des Käfer auch noch andere flärfere 
Drähte eingelegt, weldye, wenn fie aus ber jegt zu bildenden Form 
herausgezogen find, Die zum Entweichen der Luft während des 
Guſſes nöthigen Röhrchen bilden. An dem oberen Theile des 
Zhierförpers wird ferner ein Stüdchen Holz von der Geſtalt eines 
abgeftumpften Kegels, welches nad) dem Herausziehen in der 
Folge den Einguß bildet, eingelegt. Der Raum ded Käftchene 
wird num mit einer Maffe aus einem Theile gebrafinten Gypſes und 
einem Drittheile jehr feinen Ziegelmehls gefüllt, welche mit Waffer, 
worin gleich viel Alaun und Salmiaf aufgelöft ift, zur nöthie 
gen breiartigen Konfiftenz gebracht werden. Nach dem Feſtwer⸗ 
den der Mafje und dem Abnehmen der Wände des Käftchend er⸗ 
halt man eine Form, in deren Mitte dad Infekt eingefchloffen iſt. 
Diefe Form wird fehr langfam getrodnet, dann mehr erhigt, und 
endlich bi6 zum Gluͤhen gebracht, um das in derjelben befindliche 
Thier völlig zu verbrennen; eine Operation, welche Die Oppöferm 
der gebrauchten Beimifchungen wegen anshält, wenn mit Vorficht 


Abgüſſe aus Metall. — 60 


vergangen, und andy das Abkaͤhlen derſelben, um Springe zu 
vewiden, ſehr laugſam bewirkt wird, Ja die erkaltete Form 
Krb Qued ſAber gegoſſen, und dieſelbe ſehr ſtark geſchaͤttelt, wor 
durch fie gleichſam ausgeidaſchen, und die auf dem Qusdfilbet 
ſchwimmende Aſche durch Ausgießen deſſelben, und durch Wieder⸗ 
hehlang dieſer Operation beſeitigt werden Fann. Wenn die Form 
dann wieder betraͤchtlich erhitzt wird, ſo fann Metall im diefelbe⸗ 
eingegoſſen werden, wozu Silber am beſten gedignet iſt, aber auch 
Schurllloth, Schriftgießermetall oder Meſſing ſich anwenden 
laͤßt. Nach dan Erkalten wird. die Form in Waffer gelegt, ws 
durch fie fich erweicht, und von dem Guffe behuthfam in feinem 
Stůckchen abgenommen werden kann. Der Abguß fällt, wenn das 
Metall gehörig im: Fluſſe, und die Form nicht zu Palt war, mit 
allen Meinen Theilen und. fo-vem aud, Daß es nur des Abnehmens 
des Angnſſes, der zum Theile auögefüliten Eufteöhren, und des 
Kranjes an ben Büßen bedarf. | 
Außer der eben beichriebenen. fennt man duch noch — 
abweichende Verfahrungsarten zu demſelben Zwecke. So kann 
dem Gypſe ſtatt des Ziegelmehles rother Bolus zugeſegt, 
das Inſekt, damit die Form recht genau wird, in einen etwas 
füfigeren Brei davon eingetaucht, und dann erſt über. dieſe Rinde 
bie dickere Maffe gegoflen werden; oder man kann den erften Über) 
ing auch mit dem Pinfel auftragen, woburd noch genauer alle 
feinen Vertiefungen ausgefüllt werden. Leichter von der Aſche 
ju reinigen ift eine folhe Form, wenn man fie zweitheilig 
macht, und die Durcchfchnittfläche an dem gewölbten Rüden bes 
Thiered anbringt; allein da die Form weit weniger hart ift, ald 
eine aus reinem Gyps, fo muß man im dieſem Falle, um bie in 
nern Kanten nicht zu befchädigen, aͤußerſt behuthfam beim Tren⸗ 
nen and Zufommenfügen ihrer beiden Beſtandtheile verfahren. 
Zum Vefchiuffe dieſes Artifeld verdient auch noch die. Wer⸗ 
vielfaͤtigung der, größere oder kleinere Theile der Erdoberflaͤche 
vorftellenden Reliefs eine Erwähnung. Diefe zum Studium bes 
Gebirgöziige und der Befchaffenheit des Zerraind überhaupt 
ſehr nüglichen plaftifchen Darftellungen werben nach guten Kars 
ten nad beflimmten Höhenangaben erſt aus freier Hand, aus 
Thon oder Wacho, oder auch aus beiden zugleich mobellirt, und 


90 Abkühlen. 

können ſehr leicht durch die Verfertiguug: einer Gießform kopirt 
werden, melde, da. faft nie einwaͤrtsgehenda Winkel vorkom⸗ 
wen, ur aus reinem einzigen. Stüde zu beftehen braucht, und 
daher offen feyn fann. Um das Modell, welches mit deu paflem: 
den Mitteln (wenn es Wachs if, mit Obl, ift es von Gyps, mit 
Seife und Ohl) gefchmiert worden iſt, wird ein Rand gemacht und 
Diefer mit Gyps ausgegoffen, wodurch eine hohle Form eutfleht, 
welche auf die bereits im Vorigen vorgefommenen Arten wieder 
zu Abgaflen aus Wache, Schwefel, Gnpa u. f. w. anmend- 
bar if. Fuͤr nicht zu geoße Vorſtellungen diefer Art laͤßt ſich 
aud, durch Abdrüden mit Wache eine fehr genaue Form, welche 
einige Mahle gebraucht werden kann, erhalten. Die fernere Aus⸗ 
bildung der Abgüſſe, nabmentlich der aus Gypoͤ, durch Mahlen 
und Bezeichnen der auf der Flaͤche vorfommenden Gegenſtaͤnde, 
gehört nicht hierher; man findet dazn eine ausführliche Anleitung 
in folgender Fleinen Schrift: —— der —— „von 
Sr. Biene, — 1846.0 

G. %. 


Abkühlen. 


Abkühlen bezeichnet zunaͤchſt die allmaͤhliche, hoͤchſtens 
bis zum Gefrierpunkte oder nicht viel weiter gehende, Tempera⸗ 
turverminderung eines Koörpers. Es iſt dem Erwärmen entge⸗ 
gen geſetzt, welches ein maͤßiges Erhöhen der Temperatur bezeich⸗ 
net. Erfälten drüdt eine mehr plögliche und ftärfere Tempera- 
tupverminderung aus, und fleht dem Erbipen gegenüber. In 
vielen Faͤllen des gemeinen Lebens und der technifchen Ausübung 
hat man die Abfühlung und Erfältung der Körper zum Zwecke. 
So find im heißer Jahreszeit fühle Getränke angenehm, und. in 
der Haushaltung ift in pielen Faͤllen zur Erhaltung von Lebens, 
mitteln verfchiedener Art eine niedere Temperatur erforderlich. 
Bei vielen Deſtillationsprozeſſen ift die Abkühlung der Vorlage zu 
Fehr verfchiedenen Graden nochwendig. In andern Faͤllen dage⸗ 
gen ift ed wieder Zwedi, die fchnellere ———— eines realen 
Körpers zu verhindern. 

Die verfchiedenen Arten des Abkuͤhlens und Erkaltens fönnen 
unter folgende Rubriken gebracht werden. 


j Abkühlung durch Palte Körper. 91 


1) Durch Beruͤhrung mit kaͤlteren In 
=) durch Bentilation; 

3) dur) Berdünfung; - 

4) durch Ausftrablung ; 

5) durch Ausdehnung ber Luft; 

6) durch falzige Auflöfungen. 

1) Abkühlung durch Berührung mit eaiteren Koͤr⸗ 
pern. In dieſem Falle geht die Waͤrme aus dem waͤrmeren in 
den kaͤlteren Koͤrper über, vermoͤge ihrer waͤrmeleitenden Eigen⸗ 
ſchaft, bis beide nahe auf dieſelbe Temperatur gekommen find. 
Die Abfuhlung ‚geht hier um fo fchneller vor ſich, .je größer bie 
ten wärmeren Körper berührende Släche des fältern Körpers, und 
je größer der Temperaturunterfchied Yon beiden iſt. Hierzu dient 
befonder® die Beruhrung mit falten Waſſer und mit Eid. Zu 
diefer Art von Abkuͤhlung gehören die Kondenfizungen: der 
Dämpfe bei Deftillations-Anftalten (S. Deftillation), Dampf 
mafchinen ze., die Abfühlungen von Fluͤſſigkeiten durch die Umge⸗ 
bung mit Fälterem Waller, u. dgl. Friſches Brunnenwaſſer reicht 
zum Abkühlen der gewöhnlichen Getränke im Sommer bin, ba hin⸗ 
zeihend tiefe Brunnen gewöhnlich die mittlere Temperatur des 
Landes haben, folglich im Sommer um 15° bis 20° von der Tem⸗ 
peratur der Atmofphäre differiren. Ein ähnlicher Brunnen Fan 
auch zum Erhalten verfchiedener Lebendmittel benübt werden, wenn 
diefe in einem Gefäße aus Weißblech eingefchloffen in denfelben 
verfenft werden. Zu eben diefem Zwede dienen tiefe Keller. - 
In Ländern der gemäßigten Zone ift bekauntlich das Eis ein ger 
wöhnliches Abfühlungsmittel für den Sommer, das zu diefem Bes 
bufe in den Eisfellern aufbewahrt wird, | 

2) Durch die Ventilation wird abgefühlt, wenn die 
wechſelnde Euft’eine geringere Temperatur bat, als der wärmere 
Körper, folglich Durch den Luftwechfel demfelben nothwendig eine 
größere Menge Wärme entzogen wird, als wenn die Luft, die ein 
ſchlechter Wärmeleiter ift, den Körper ruhig umgibt. Durch das 
Bewegen in der fälteren Luft, oder in einem Fünftlichen Luftzuge, 
oder in dem Winde, fühlen daher Körper leicht ab; und zwar um 
fo mehr, je ſtaͤrker diefer Luftzug, oder je ſchneller die Bewegung 
des Koͤrpers in der Luft iſt. 


92 Abbkuͤhlen. 

3) Die Abkühlung durch Verdünſtung oder 
Verdampfung ift ein wirffames Mittel zur Temperaturvermin⸗ 
derung in vielen Fällen. Es ift eine befannte Erfcheinung, daß 
das Gefühl von Kälte erregt wird, wenn man die Hände oder das 
Geſicht mit Waſſer, felbft mit warmem, benegt, und fie fo der 
trodnen warmen Sommerluft ausſetzt. Benetzt man die Kugel 
eined .‚Xhermometerd mit Waffer, und fegt fie der trodnen Luft 
aus, fo. finft das Qnedfilber deilelben um mehrere Grade. Das 
Waſſer nimmt nähmlich eine bedeutende Menge von Wärme auf, 
wenn ed verbampft (S. 6); fehlt ihm nun Die äußere Erwärmung, 
fo muß e& diefe Wärmemenge aus fich felbft nehmen, und fi in 
diefem: Maße abfühlen. So wie biefe Erfältung vor fich geht, 
nimmt ed Wärme aud dem Körper, mit welchem e6 in Berührung 
fleht, und erfältet ihn. Hierher gehört das Abkühlen erhipter 
fefter oder gefchmolzener Körper, als der Metalle, Steine, glü⸗ 
hender Kohlen ꝛc., durch Auffprigen von Waller, deſſen Dämpfe 
dann dem Körper die Wärme entziehen. Hat der Körper nur bie 
Zemperatur.der umgebenden Atmofphäre, und das mit ihm in Be⸗ 
rührung flehende Waller verdünftet in diefer; fo wird durch Diefe 
Berbünftung feine Temperatur unter jene der umgebenden Luft er⸗ 
niedrigt. Der Grad diefer Berdünftungsfälte hängt von 
denfelben Umftänden, als die Verbünftung felbft, nähmlich von 
ber Temperatur und dem Feuchtigkeitszuſtande der Luft ab (S. 3), 
oder, was dasfelbe ift, von der Elaftisität der Waflerbämpfe, 
welche in der Luft befindlich find. Geſetzt die Luft, welche den 
Körper umgibt, fen völlig troden, oder enthalte Feine Waſſer⸗ 
dämpfe, und ihre Zempegatur fey 25° R., eben fo wie die Tem⸗ 
peratur der Körperfläche, welche mit Waffer benest ift; foverdampft 
das Waſſer zuerft mit der, der Wärme von 25° zugehörigen Ela⸗ 
flizität des Dampfes; durch diefe Werdampfung wird die Tempe- 
ratur des Waflers fchon erniedrigt; die Verdampfung geht dann, 
diefer verminderten Temperatur gemäß, im nächften Augenblicde 
fort, und fo weiter bis zu einer Orange, welche von dem Hinder- 
nifle, welches die Quft felbft der Verdampfung entgegenfegt, und 
von des Leichtigkeit, mit welcher das Fälter gewordene Waſſer wies 
der Wärme aus der Luft anzieht, abhängt; fo daß hiernach endlich 
ein Gleichgewicht eintritt, und die Temperatur nicht weiter finft. 


Abkühlung durch Berdünftung. 95 


Cd Baflerdämpfe ſchon in der Luft vorkanden, fo wirb.bie Ver⸗ 
bislang dadurch vermindert (&. 3), folglich auch die Erfältung. 
Sa jedem Falle befördert hier der Luftwechfel die Abkuͤhlung in 
bemfelben Maße ale die Berdünftung (&. 0). Wuͤrde die Wer: 
dinſtiung von der Waflerfchichte, welche den Körper bededt, ans 
gehindert vor fich gehen, fo würde deren Erfältung fo lange zus 
nehmen, bis die Elaſtizitaͤt der Dämpfe, welche ſich bei dieſer 
niederen Temperatur aus dem Waſſer entbinden, gleich wird der 
Elaſtizitaͤt der Daͤnpfe, welche bereits in der Luft enthalten oder 
mit der Waſſerſchichte in Beruͤhrung find. "Gewöhnlich beträgt bie 
Derdünftungsfälte einer Waflerfläche in der Luft von: gemöhnlis 
chem Deude nur 2° bis 4° R. Auf Vergen ift fie wegen der, bei 
der verbünnteren Luft gefhwächten Wärmezuleitung und weniger 
verzögerten Dampfentbindung etwas größer. Fluͤſſigkeiten, welche 
fhneller verdampfen ald Wafler, weil ihr Siedpunft :niebriger 
liegt, beingen auch eine größere Verduͤnſtungskaͤlte hervor, weil 
bei der Schnelligkeit ihrer Verdampfung bie Abkühlung ſchneller 
erfolgt, folglich die Mitteilung der Wärme aus der Luft in ges 
ringerem Grade Statt findet. So finft das Thermonteter bei 
einee Temperatur der Luft von 14°. A , und unter denfelben Um⸗ 
Bänden, wenn die Kugel mit Waſſer befeuchter ft, um 322,'iſt 
fie mit Weingeift befeuchtet, um 7°, und bei.der Veſencheung mit 
üther um 240 R. 

Um durch die Verduͤnſtung des Waſſers einen Körper möglichft 
zu erfälten, iſt es daher nothwendig, fowohl diefen felbft vor dem 
äußern Zufluffe der Wärme möglichft durch fchlechte Wärmeleiter 
zu iſoliren, als anch den Luftwechfel beftens' zu befördern. -- Hier⸗ 
auf beruht die, ſowohl im füdlichen Europa als in Oft- und Weſi⸗ 
indien übliche Methode, zur Abkühlung der Getraͤnke die Flaſchen 
mit naffen Züchern zu umwickeln, und diefelben an einem Orte, wo 
ein ſtarker Luftzug Statt findet, an einer Schnur frei fchwebend 
anfzuhängen. Iſt ein ſolcher Euftzug gerade nicht vorhanden, fo 
m man die Flaſche an der Schnur in der freien es berums 
ſchwingen. 

In Südlichen Ländern, nahmentlich in Egypten und. in Spa⸗ 
nien, bat man Geſchirre von pordfer Mafle, Alkarrazas ge- 
naunt, in welchen das Waller auf die Oberfläche durchſchwitzt, 


94 Abkühlen. - 


bier verduͤnſtet, und dadurch das enthaltene Waller abfühlt. In 
Spanien beftehen fie aus einer rothbraunen Erde. In Egyptess 
find fie von der Form einer Florentiner⸗Flaſche, von afchgrauer 
Farbe, und dienen unmittelbar zum Trinken. Bei trockener Luft, 
- wie fie in jenen Ländern vorhanden ift, Fühlen dieſe Gefäße beden⸗ 
tend ab; weniger in feuchten Klimaten, wo die Semperatur des 
Waſſers in denfelben nur um wenige Grade abnimmt... Sand 
und Thon find die Beflandtheile diefer Gefäße; durch mehr ader 
weniger Borwalten des Sande Fann die Porofität der Maſſe bes 
liebig erreicht werden: doch ift kalkfreier Sand und Thon erforder⸗ 
lc. Vieles gemeine Töpfergefchire hat unglaftet diefelbe Eigen " 
ſchaft. Durch Zuſatz von gepulverter Kohle oder von Graphit kann 
man bie Porofität folcher Geſchirre beliebig vermehren. . 

In Indien wendet man folgende Methode zum Abkuhlen 
der Zimmer bei trockenem Winde an. Die dem. Winde entgegen⸗ 
flebende Thür wird mit einer. Art von Schirm oder Vorhang vers 
fhloifen, aus zwei Matten oder Sittern von Bambusrohe ber 
ſtehend, die einander parallel find, und 3 bis 4 Zoll von einan⸗ 
der fichen. Der Raum zwifchen diefen beiden Schirmen ift mit 
den Wurzeln. einer wohlziechenden Gradast angefüllt, Damit Die 
Luft diefen Vorhang durch die vielen Heinen Zwifchenräune diefer _ 
Ausfüllung durchſtreiche. Zwei Männer ftehen an der Außenfeite, 
jeder mit einem Ziegenfell voll Waller, das fie beftändig über den 
Vorhang fprigen. Es findet Dadurch eine beitändige Verduͤnſtung 
Statt, die die anſtoßenden Zimmer bedeutend abkuͤhlt. 

Wenn die Verdünſtung im leeren Raume vorgeht, und 
dabei noch die Dämpfe, welche ſich aus der Flüſſigkeit entwickeln, 
weggefchafft werden; folglich weder die Verzögerung durch dem 
Luftdruck, noch das Hinderniß durch den aufliegenden Dampf 
mehr Statt findet; fo geht.die Verdünftung viel fehneller vor fich, 
und bie Verdünftungsfälte Fann daher fehr groß werden, indem 
fie nur dann ihre Graͤnze findet, wenn Dad Gleichgewicht zwifchen 
der von außen in die erfältete Slüffigfeit ſtrömenden Wärne, und 
jener, welche in derfelben Zeit zur Dampfbildung erfordert wird, 
einteitt, Auf diefe Art wird nach Leslie's Methode das Waf- 
fer unter der. Glocke der Laftpumpe zum Gefrieren gebracht, wenn 
die entfiandenen Dämpfe zugleich durch. Schwefelfäure abforbirt 


7 = 


Abkühlung durch "Werdünftung. 95 


werben. Man ſtellt zu dieſem Behufe unter die Glocke einer Cufeı 
yanye eine breite Taſſe mit konzentrirter Schwefelſaͤure, und 
einige Joll über derſelben eine kleine, auf: glaͤſernen Fũßen ruhende 
Glas oder Porzellan⸗Schale, die hoͤchſtens die Haͤlfte des Durch⸗ 
meflerß der .untern Hat, mit Waller. Kirze Zeit nady dem Ab: 
pumpen der Luft gefriert da Waller. Die Schwefelfäure, welche 
dad serbampfte Wafler aufgenommen hat, bat fi) etwas erwaͤrmt. 

Es iſt bei dieſem Verfahren nothwendig, das Wafler möglich 
ze iſoliren, daher das Gefäß mit demſelben ganz angefuͤllt ſeyn muß) 
denn der trockne oder leere Theil deſſelben leitet die Aanßere Wärme 
dem Wafler zu, und vermindert die Verbünftungsfälte. Cs iſt 
daher and am beften,; dad Walls in' eine irdene, etwas yorbfe 
Schale zu füllen, Deren äußere Flaͤche dann ebenfalls durch se 
Berdinsften des durchſchwitzenden Waſſers erfältet wird. 

Es formen, zumahl bei chemiſchen Unserfüchungen, Falle vor, 
wo man eine Aufl&fung one Anwendung von Wärme, oder bei 
ganz niederer Terkperatur, und ohne Zutsitt der Luft, abbanıpfem 
wi; fir diefen Zweck iſt dad eben beſchriebene Verfahren gleichfat - 
keaudıbar. (©. 35 ff.). Wendet man daſſelbo mehr im Großen an, 
fo iſt es beffer, das in Eid zu verwandelnde Waſſer unter: mehrere 
fleine Rezipienten zu -vertheilen. Man verbindet dann diefe Rezi⸗ 
pienten mit einez gemeinfchaftlihen Luftpumpe. ‚In London 
werden Mafchinen.diefer Art mit ſechs Rezipienten verfertiget, die 
man nach Indien bringt, wa dieſe Eiserzeugungsart für ben 
häuslichen Gebrauch in Anwendung gebracht iſt. Mit 6.Rezipien⸗ 
ten erhält man damit in einer Stunde etwa .6 Pfund Eid. Das 
Waffer verliert während des Gefrierens bei diefer Operation etwa 
= feines Gewichts Durch den Waiferdampf, der zur Schwefelfäure 
übergeht; durch die Aufnahme dieſer Feuchtigfeit wird die abſor⸗ 
birende Kraft der Schwefelfäure nicht fagleich merflich vermindert, 
und fie kann Daher für mehrere Operationen nach einander gebraucht 
werden. Wenn fie an Waſſerdampf ein Viertheil ihres Gewichtes 
aufgenommen hat; fo bat fi ipre:Eigenfehaft, darch Abforption 
des Dampfes die. Kälte zu unkerhalten, um ein Zwanzigſtel ver 
mindert, umd wenn dak Gewicht des aufgenommenen Waſſers 
ihrem eigenen gleich iſt; fo hat fie nur noch Die Hälfte der erkal⸗ 
tenden Wirfung. Iſt nun die Wirkung der Schwefelfäure nicht 


06 TE ; Abkuͤhlen. u 


mehr fräftig genug, ſo wird fie durch in won EI: 
ſer befreit. 

Statt der Schwefelfänre koͤrnen auch anbere hogrofropiſch⸗ 
Subſtanzen, als getrocknetes Mehl, Erde, ſalzſaurer Kalk ıc. ges 
braucht werden. Beſonders wirkſam verhaͤlt ſich nach Les lie das 
getrocknete Hafermehl. Mit. einer Menge diefer Subſtanz, von 
1 Fuß Durchmeſſer und ı Zoll Dicke, brachte L. 1. Pfund Waſſer 
zum’ Gefrieren, das in einer Schale von: gebramnter puräfer Erde 
enthalten war. Das Mehl ——— — leiftet wieder 
— Wirkung. 2 

Van der abtühlung bereits — gig igkeiten nitseft 
der Verdinftung wird in den Künften vielfach; Gebrauch gemacht. 
Die exrhigten Flüſſigkeiten fegt man zu diefem Behufe in flacher 
Gefäßen dem Luftzuge aus, Damit die Verdünftung moͤglichſt une 
gehindert erfolgen koͤnne. Warme Körper, die man abkuͤhlen will, 
umgibt man mit naifen Züchern, wie bei der Deftillation im Kleis 
wen, u. ſ. w. Die eben erwähnte Methade der Eiserzeugung fang 
auch ald ein wirffames Mittel, erhigte Fluͤſſigkeiten ſchnell abzu⸗ 
fühlen, angewendet werden: was befonders für ſolche Fluͤſſigkei⸗ 
ten wichtig. it, bie fchnell in Gaͤhrung übergehen, oder an der 
Luft zerfegt werden. Geſetzt die Temperatur einer folchen Släffigkeit 
betrage. 60° R., und fie folle auf 10° R. abgekählt werden, das 
Gewicht der Slüffigfeit fey = p; fo iſt ihre Wärme == p.6o, die 
Wärme ded Damıpfes von dem Gewichte x iſt — x. 520 (&,7,8), 
bie Wärme der abgefühlten Fluͤſſigkeit = (p ——- x) 10; es ift alſo 

60 x. 520 -( —x) 10, oder 
x * p, d. h. die Waſſermenge, welche aus der 


Bliffigfeit, „auf — der Wärme, welche dieſe enthält, verbantır 
pfen muß, um die Zempecatur von 60° auf 10°. zu erniedrigen, 
. 5 oder etwa des ganzen Gewichtes. Rechnet man nach. dem 
Worigen das Vierfach⸗ Diefes Dampfgewichtes an. Schwefelfaͤure; 
fo wäre au letzterer & deo /ganzen Gewichtes, alſo für roo Pfund 
Fluſſigkeit etwa 40 Pfund Schwefsffäure erforderlich; woraus 
erhellet, Daß dieſe Methode nicht ſehr ind‘ Große — wer⸗ 
den un 


.. * 


.. Je J 


Abkühlung durch Ausſtrahlung. 97 


4) Abfühlung durch Ausſtrahlung der Wärme. 
Bean ein erhigter Körper, z. B. ein mit. heißem Waller gefüll« 
tes Gefäß, in der Luft ruhig abfühlt; fo verliert derfelbe die 
Bärme nicht nur durch die unmittelbare Berührung und Ableitung 
der Luft (8. 94), fondern auch unabhängig von diefer durch Die 
Ausſtrahlung, und die leptere trägt in den meiften Ballen zur Abführ 
lung des Körpers wenigftens eben fo viel bei, als der Wärmeverluft, 
welcher durch Die unmittelbare Erwärmung der umgebenden Luft ents 
ſteht; vorauögefeßt, daß der Körper nicht in der Luft bewegt werde, 
denn in diefem Halle verhält fich feine Abkühlung durch die Luft, 
wie feine Geſchwindigkeit. Dieſe Ausſtrahlung der Waͤrme, die auch 
im luftleeren Raume Statt findet, iſt für einen und denſelben 
Körper nahe dem Temperaturunterſchiede proportional, welcher 
jwiihen dem erhitzten Körper und feiner Umgebung Statt findet, 
und zeigt fidy zum Theil dem Verhalten des Lichtes analog. So 
firablen Die Körper auf der Erdfläche nach dem Untergange der 
Sonne Wärme aus, und werden im Verhältniffe diefer. Ausſtrah⸗ 
lung abgefüpft, auf diefelbe Art, als phoöphoreszivende Körper, 
die dem Sonnenlichte ausgeſetzt waren, in der Finfterniß zu leuch⸗ 
ten anfangen. Diefe Wärmeftrahlung der Erdfläche ift am ftärf- 
fen bei unbewölftem Himmel, folglich dem dunkeln kalten Raume 
gegenüber, und am fchwächften bei dicht überzogenem Himmel. Auf 
diefer Wärmeftrahlung der Exrdfläche beruht die Erfcheinung des 
Thaues. Indem durch diefelbe die Körper mehrere Grade unter 
die Temperatur der über ihnen befindlichen Luft abgefühlt wer⸗ 
den, kondenſirt ſich nähmlich der Waſſerdampf aus dieſer Luft an 
denfelben. Eben daher rührt die verhältnißmäßig größere Abfäh- 
lung einer Waiferfläche in heitern Nächten, welche bei der ftarfen 
auöftraplenden Kraft des Wailers bis 10° R. unter der Tempera: 
tur der Luft, in einer Höhe von 4 bis 5 Fuß über der Fläche des⸗ 
felben betragen kann. Diefe Erfältung wird bei gleicher Aus⸗ 
fraflung um fo größer, je geringer die wärmeleitende Kraft der 
Körper iſt, weil fie dann aus ihrer Umgebung um fo Iangfamer 
weder Wärme aufnehmen, folglich der Wärmeverluft "Durch die 
Ansftrahlung in jenen Verhältnijfe größer wird, als der Waͤrme⸗ 
flug aus der umgebenden Luft. Ze 
Auf diefer Art der Abfühlung oder Erfältung beruht Die 
dedqmol. Encyclop. I 8. 7 


98 Abkühlen. 


Methode der Indier in Benares zur Hervorbringung des Eifes. 
In hellen, windftilen und fühlen Nächten, meiftens in höher lies 
genden Gegenden, bei einer Temperatur von 4° bis 6° übero R., 
werden flache Gefäße, etwa einen Zoll hoch mit Waſſer gefüllt, 
auf eine dicke Unterlage von trodenem Stroh gefebt, das die Zus 
leitung der Wärme aus dem Boden in die Gefäße hindert. Durch 
die ftarfe Waͤrmeausſtrahlung des Waſſers gegen deu unbedeckten 
Himmelsraum, und bei der Wärme-Sfolirung deflelben in der ruhi⸗ 
"gen Luſt und der fchlechtleitenden Amgebung, bildet ſich eine 
dicke Eisrinde auf dem Wafler. Es ift gegenwärtig ausgemacht, 
Daß diefe Erfcheinung nicht, wie man früher glaubte, von der 
Berdünftungdfälte herrührt: der Erfolg wird im Gegentheil gehin⸗ 
dert, wenn die Unterlage der Gefäße feucht ift, oder diefe das 
Waller durchfidern laffen. Will man dieſes Verfahren nachah⸗ 
men, fo muß man gefochtes Waller anwenden, weil diefes ſchnel⸗ 
ler erfaltet, und leichter gefriert, als das mit faurem Fohlenfau: 
ren Kalfe verfehene Brunnenwaſſer. 

Die Größe der Ausitrahlung der Wärme hängt von der Be⸗ 
fhaffenheit der Oberfläche des Körpers ab. Blanke metallifche 
Dberflächen ftrahlen weniger aus, als fchwarsgefärbte oder als 
Überzüge von nichtleitenden Stoffen. Nach Les lie's Verſuchen 
ift Die Ansfirahlung aus einem Gefäße von verzinntem Cifenblech 
acht Mahl geringer, als jene aus dem gleichen Gefäße, wenn die 
Dberfläche ſchwarz angeftrihen, oder mit Papier, Glas, Baum: 
‚ wollenftoff ꝛc. überzogen if. Soll daher in einem Gefaͤße eine 
Slüffigfeit lange ihre Wärme behalten; fo muß deilen Oberfläche 
blanf metallifch feyn. Soll dagegen das metallene Gefäß die 
Wärme fchnell an Die umgebende Luft ausftrahlen, fo muß feine 
Dberfläche mit einer dunkeln Farbe überzogen, oder mit Papier, 
Seide oder irgend einem andern anımalifchen oder vegetabilifchen 
Stoffe bededit werden. 

Eine filberne Kanne wird faum halb fo viel Hige auöftrap- 
Ien, ald eine von Porzellan. Iſt Ieptere mit einem dünnen Über 
juge von Gold oder Platin bededet (wie an dem vergoldeten 
englifchen Steingut), fo wird die Ausſtrahlung oder Die Abkuͤh⸗ 
fung um ein Drittheil vermindert. Überzieht man die Silberflaͤche 
mit einem duͤnnen Goldſchlaͤgerhaͤutchen; fo wird die Ausſtrahlung 


4‘ 


Abkühlung durch Ausftrahlung. 09 


in dem Verhaͤltniſſe wie ı zu 7 vermehrt; bei einem zweiten Haͤut⸗ 
‚ Yen findet eine weitere Vermehrung von 7 zu g Statt, u. f. w., 
bis endlich bei fünf Häutchen die Ausftrahlung ihre Grenze erreicht. 
Bird ein blanfes metallened Gefäß mit Slanell bedeckt, fo wird, 
obgleich dieſer Stoff ein fchlechter Wärmeleiter ift, die Abfühlung 
durch die Ausfirahlung dennoch vermehrt, und fie würde nur durch 
eine wenigftens dreifache Lage deifelben aufgehoben werden. In 
Berührung mit Waller ift der Effeft der Ausftrahlung nicht bes 
merflih. Wenn man aljo Waffer Durch Röhren erwärmt, fo hat 
die Befchaffenheit der Oberfläche dieſer Röhren auf die Mitteilung 
der Waͤrme aus denfelben feinen Einfluß, 

Diefe Erfahrungsfäge mülfen- bei praftifchen Anwendungen 
berüdfichtiget werden. Wird z. B. Dampf durch Röhren in der 
Luft fortgeleitet, fo muß die Rührenoberfläche blank metalliſch feyn, 
wenn Die geringfte Abfühlung Statt finden fol. Wird diefelbe 
mit Flanell oder andern nichtleitenden Stoffen umgeben, wodurch 
auch die zweite Quelle der Abfühlung durch die umgebende Luft 
befeitiget wird; fo muß diefe Einwickelung die feyn. Daſſelbe 
gilt auch für den Zylinder einer Dampfmafchine, den man mit 
Vortheil mit einer Hülle von blanfem Kupfer umgeben kann. 

Noch mehr und am wirffamften wird die Abfühlung verhins 
dert, wenn man das erhiste Gefäß von allen Seiten, in der Ent⸗ 
fernung von nahe einem Zoll, mit einer oder mehreren Hüllen von 
Zinnbledh umgibt. Mit Einer Hülle wird die Abfühlung 3 Mahl 
geringer, mit zwei Hüllen 5, und mit drei Hüllen 7 Mahl, u. ſ. w. 
Auf diefe Art kann durch Vervielfältigung diefer Hüllen die Tem⸗ 
yeratur des inneren Gefäßes fi Tage lang gleich erhalten. Soll 
ein Luftraum durch Nöhren mit Dampf geheigt werden, fo iſt da⸗ 
gegen die Überftreichung der metallenen Bläche mit einer ſchwarzen 
Farbe erforderlich, Noch ift zu bemerken, daß in der Regel dies 
jenigen Körper, wie Metalle, welche Die Wärme wenig ausſtrah⸗ 
Ien, diefelbe um fo beſſer zurüchwerfen; und daß umgefehrt dieje- 
nigen, welche das beſte Ausſtrahlungsvermoͤgen befigen, Die Hige 
auch am leichteften abforbiren. Zu Körpern, welche als Zwifchen» 
mittel die firahlende Hitze abhalten follen, wie Ofenſchirme, find 
daher Metallplatten am beften geeignet, flatt weicher auch ein auf 
beiden Seiten vergoldetes ſtarkes Papier dienen kann. 

7 Bei 


⸗ 


100 Abkuͤhlen. 


Nachſtehende Tabelle enthält, nach Leſlie's Verfuchen, das 
relative —— und Zurüdwerfungsvermögen J 
rer Koͤrper. 


Wärmeſtrahlungs⸗Ver— Bärme-Zurüdwerfungk- 
mögen. .  Bermögen. 


Lampenruß - & . 100 | Meffing und Kupfer . 100 
Baflr 10 ler 2. gm 
eig 0.98] Stanniol * — 
as. o 
Eis und Schnee . : * — 7. 
Angelaufenes Blei . 451 Blei. 60 
Quedfilber . 20 | Zinnamalgam . 20 
Glaͤnzendes Blei . . 191 Glas. .. 10 
Polirtes Eifen ä ..15 Geoͤhltes Glas . 5 
Zinn, Silber, Kupfer, | 
Gold (blanfe Flähen) ı2 


5) Abkühlung durch Ausdehnung der Luft. 
‚Wenn atmofphärifche Luft in einem Gefäße fich ſchnell ausdehnt, 
fo verliert fie für jede 0.0215 Theile, um welche fid) ihr Volum 
vergrößert, einen Brad AR. Wärme. Gefest man dehne mittelft 
einer mechanifchen Vorrichtung durch einen Kolben ein in einen 
Gefäße enthaltenes Luftvolum plöglich um das Doppelte aus, fo 
— ſich die Temperatur dieſes ausgedehnten Luftvolums um 


ang Oder um 93° R. vermindern. Die Ausdehnung ber Luft 


ift alfo ein wirffames Mittel zu ihrer Abkühlung. Es hat jedoch 
Schwierigkeit, auf mechanifche Art diefe Ausdehnung fo fehnell zu 
bewirfen, daß während derfelben der Zufluß der Außeren Wärme 
die Temperaturverminderung nicht wieder größten Theile aufhebt. 
Beſſer ift e8 daher, die Luft in einem Gefäße zufammen zu drü⸗ 
den, fie hier abzufühlen, und dann burd eine hinreichend geräu« 
mige Offnung ſchnell entweichen gu laſſen. Geſetzt, die Luft fey 
um das Zwanzigfache zufammengedrüct worden, und nach Entwei⸗ 
chung der entbundenen Wärme betrage ihre-Temperatur 10° R.; 
fo würde bei ihrer plöglichen Ausdehnung eine Erfältung des Luft⸗ 





Abkühlung durch ˖ Luftverdünnung. 101 


volmus um —— = 928° R., folglich bis auf: dis· R. Statt 


0.031 
faden. Diefe RE kann yoch.um ED vermindert wer: 
den, wenn.man dad Gefäß. mit der komprimirten Luft vorher auf 
andere. Art erfältet. 


Von diefer. Methode kann jedoch im Großen kein Gebrauq 
gemacht werden, weil die Mäſſe der erkaͤlteten Auft'zu gering iſt, 
um die Temperatur der Umgebung bedeutend aͤndern zu fünmen, 
wie nachflehende Rechnung zeige. In einer Kugel von ı Ruß 
Durchmeſſer, von gefchlagenem Gifen, ſey Luft um dad Zwanzig: 
fache zufammengedrücdt; die Wände diefer Kugel können, um die- 
fen Druck auszuhalten, nicht dünner feyn, als ;,30U, was din 
Gewicht non 87914 Gran gibt. Die in der Kugel enthaltene Luft 
von. einfachem Drude wiegt 295 Gran. Diefe Luft Hat nun Durch 
die plögliche Ausdehnung eine Temperatur von — gı8° R, erhal- 
ten, welche fie der umgebenden Eifenhälle mittheilt. Da fih num 
vie fpesififche Wärme des Eiſens zu jener der Luft wie 11: 26, ver: 
hätt; fo.ift 

395 >< 91887914 x 11: 36 
alſo x oder die Xemperaturverminderung, welche die eiferne Kugel 
durch jene erkaͤltete Luft erleidet == 67°R. Diefe Wirfung ift 
= der Erfältung der ganzen fomprimirten Cuftmafle ; 4% derfelben 
verbreiten fich bei der Ausdehnung in die äußere Luft, und geben 
für die Erfältung des Gefäßes verloren. Man fieht zugleich hier: 
aus, warum Gefäße, aus welchen verdichtete Luft ausftrömt, wie 
dei der Windbuͤchſe oder anderen Kompreilionsmafchinen, unges 
achtet jener bedeutenden Temperatiirverminderung der Luft, fo 
wenig erfältet werden. Mur dann wird die Erfältung bedeutend 
fern, wenn an der Offnung felbft, aus welcher die verdichtete, Luft 
auöftrönet, ſich ein Körper befindet, welchen die ſich ausdehnenbe 
Luft beſtreichen muß, weil in diefem Falle die ganze fich ausdeh⸗ 
nende Luftmaſſe in Wirfung fommt. Bei der Schnelligfeit der 
Bewegung der erfälteten Luft wird jedoch auch in dieſem Balle 
nur ein- geringer Theil der möglichen Erfältung auf den Kör- 
yer übertragen, obgleich fchon diefe Hinreicht, einiges Wafler an 
der Mündung eined ſolchen Gefäßes gefrieren zu machen. 
j 


102 | Abkühlen. 


6) Abkühlung duch falzige Anflöfungen. 
Einige Salze und Säuren mit Waller oder Schnee gemifcht brin- 
den eine bedeutende Erfältung hervor, durch die Bindung der 
Wärme beim Übergange aus dem feften in den flüſſtgen Zuſtand. 
Solche fogenannte Faltmahende Mifhungen find: 


Mifhung. Semperatur&rniedrigung, 


Salmiaf 5 Theile, Balpeter 5, | ; 

Bafer ı6 : . 0. von 10 auf — 10° R, 
Salmiak 5, Salpeter 5, Glau⸗ nr 

berſalz 8, Waſſer 16 . Ir 8 — rl 
Glauberſalz 5, verdünnte Schwe⸗ a 

felfäure 4 2 5 i » sr » —'3TR, 
Schnee ı, Kohfa ı . ; » 2» 0 v — 140 R 
Schnee 2, falzfaurer Kalf3 . » 90° r — IHR, 
Schnee ı, verdünnte Schwefel - —— 

fäure ı . er . » — 5 2 — 4 BR, 


Diefe Mifchungen werden gewöhnlich angewendet, wenn 
man in einzelnen Verfuchen eine Erkältung bedeutend unter o R. 
hervorbringen will. Doc, find fie auch in einzelnen Fällen tech⸗ 
nifch und Öfonomifch anwendbar. An Indien, wo der Salpeter 
woplfeil ift, wird feine frifch bereitete Auflöfung in Waſſer häufig 
zur Abfühlung der Getränfe angewendet. 

Die befte Mifchung ohne Eis oder Schnee ift die aus Sal- 
miaf, BSalpeter und Glauberfal; mit Waller. Salmiak uud 
Salpeter werden fein gepulvert; je trodiener und feiner die Men 
gung aus beiden ift, deſto beſſer. Das Glauberfalz darf nicht 
verwittert und zerfallen feyn, ſondern in Flaren Kryſtallen und 
trocken, frifch gepulvert. Zuerſt legt man unten in das Gefäß 
das gepulverte Slauberfalz mit geebneter Oberfläche: darauf Das 
gemengte Pulver aus Salmiaf und Salpeter; und nun gießt man 
zuerft die Hälfte des Waflers, und unmittelbar. darauf die andere 
Hälfte hinzu, und. rührt jedes Mahl das Ganze um. " 

Wenn gleich fchwächer in der Wirfung, doch für ben oͤkono⸗ 
mifchen Gebrauch, auf Reifen ꝛc. mehr geeignet, ift die Mengung 
‚aus Salmiaf und Salpeter,, von jedem 5 Theile mit \6 Theilen 


Abtreiben. | 103 


Wale. Bei der Temperatur des Waſſers von ı0° R., die man 

immer durch einen Pumpbrunnen erhalten kann, wenn man die erſte 
Quantitaͤt Waſſer auspumpt und wegfließen laͤßt, bringt Diefe Mi⸗ 
ſcheng eine Kaͤlte von 100 R. unter dem Gefrierpunkte hervor. 
Rah den Gebrauche kann die Salzaufloͤſung wieder abgedampft, 
und dann neuerdings verwendet werden. Fuͤr Die gefrornen Frucht⸗ 
ſaͤſte iſt eine Temperatur von 5 bis 6° unter o R. hinreichend. 
Diefe Temperatur wird von den Zuderbädern durch Eis oder 
Schnee mit Kochfalz hervorgebracht. 

Der Salpeter, der wohlfeiler ift ald Salmiaf, und ſich Teich: 
ter pulvern läßt, bringt beiläufig 7° R. Kälte durch feine Auflös 
fung. im Waffer hervor, und fann daher allein gebraucht werden, 
um Wein in Slafchen abzukuͤhlen. Auch verftärft er die Wirkung, 
wenn man ihn der Mifchung aus Eis oder Schnee und Kochfalz 

" zufept. | 

Übrigens muß die Quantität der erfältenden Mifhung mit 
Km Anantum der abzufühlenden Klüfligfeit im Verhaͤltniſſe ſte⸗ 
ben, wenn die größte Xemperaturerniedrigung erfolgen fol. Auch 
it eine zweckmäßige Einrichtung des Gefäßes für die Erfparung 
an erfältendem Moateriale vortheilhaft. Diefes befteht am beften 
aus einem Zylinder, in welchem fonzentrifch ein zweites Gefäß 
eingefeßt ift, deilen horizontaler Durchſchnitt ein hohler Ring ift; 
wie die Sig. 11 (Taf. 3) zeigt, in welcher b diefes innere, aus 
zwey hohlen fonzentrifchen Zylindern beftehende Gefäß iſt. Der 
Apparat iſt mit einem paflenden Dedel verfehen. In den äußern 
Ring a und in den innern Zylinder e fommt die erfältende Mi: 
dung; in den Ring b aber die zu erfältende Flüffigfeit. Die , 
Beite des äußern Raumes, a, beträgt 2 Theile, die des zweiten, b, 
ı Theil, und des innern Raumes, c, 3 Theile. Die Gefäße find 
»on Zinn. Um die Zuleitung der Wärme von außen zu vermeiden, 
kann der Apparat in eine Büchfe von Holz geſetzt werden. 


d. H. 
Abtreiben. 


Das Abtreiben iſt in der Probier- und Hüttenkunde 
diejenige Operation, durch welche aus dem ſilberhaltigen Blei das 


104 Abrtrreiben. 


Blei nebſt anderen oxydablen Metallen Verſchlagung aus⸗ 
geſchieden wird. 

Das Silber ſchmilzt naͤhmlich mit dem Blei leicht und in 
allen Verhaͤltniſſen zuſammen. Da nun das Blei ein in der Hitze 
unter dem Zutritte.der Luft fehr leicht oxydables Metall iſt, waͤh⸗ 
rend. das Silber-ald. ein edles Metall der Oxydirung widerfteht, 
fo verfalft fich,' wenn diefe Legierung unter dem Zutritte der Luft 
gefhmolzen erhalten wird, nach und nach das Blei, und fcheidet 
ſich ald Glätte vom Silber ab, während letzteres rein zurüdbleibt. 
Diefe gänzliche Ausfcheidung des Bleies in Schladengeftalt fann 
aber nur dann erfolgen, wenn die gefchmolzene Glätte in dem 
Maße, ald fie fich bildet, von der Oberfläche des Metalles entfernt 
wird, damit fich inumer wieder durch Einwirfung der Luft auf die 
metalliſche Oberfläche eine neue Schladenhaut bilden kann, bis 
das Metall endlich an Blei gänzlich erfchöpft ift, und die blanfe 
Oberflaͤche des Silbers hervoftritt, die feiner weitern Orydation 
unterliegt. Enthält das Silber Kupfer, fo wird bei diefem Prozeffe 
das Kupfer ebenfalls verfalft; das entftandene Kupferoryd verbin⸗ 
det fich mit der gefchmolzenen Glaͤtte, da ed in dem Verhaͤltniſſe 
leichtflüfliger wird, als e8.mit einer größeren Menge dex legtern 
verbunden ift, und fann alfo ebenfalls mit der Glätte zugleich ent- 
fernt werden. Auf diefem Verhalten beruht das Abtreiben, 
als ein Mittel, das Silber und Gold fowohl von dem beigemifche 
ten Blei ald auch in mehreren Fällen vom Kupfer zu fcheiden. 
Im Kleinen wird die Abfonderung der entftehenden Bleiglätte da⸗ 
durch bewirkt, daß das Schmelzen und Oxydiren in fleinen, aus 
Afche verfertigten poröfen Schalen vorgenommen wird, welche Die 
Beiglätte rein, oder.mit dem Kupferoryde verbunden, verfchluden 
oder in ihre Zwifchenräume aufnehmen, fo wie fie entfteht. Im 
Großen wird die Glätte mechanifch von der Oberfläche abgezogen. 
Die Arbeit im Kleinen nennt man dad Abtreiben auf Ka 
pellen, dad Kapelliren oder Kupelliren ; jene im Gros 
Ben die Treibarbeit oder das Abtreiben des Bleies vom 
Silber. 

Dad Abtreiben auf Kapellen wird vorzüglich zur 
Probierung des Bilbers oder Goldes auf feinen Kupfergehalt an⸗ 
gewendet. Boll das Fupferhaltige Silber ‚oder Gold vollitän. 


Abtreiben auf Kapellen. 405 


Dig gereinigt werden ; fo muß die zur Berfchladung des Aupfers 
aferberliche Quantität Blei zugefept werden. Der Erfahrung ger 
mis gehören zur vollftäudigen Verfchladung von einem heile 
minen Kupfers beim Abtreiben 16 Theile Blei, oder BleiSchwo 
rn, und Diefe Quantität muß um fo größer werden, je meht Gil⸗ 
ber oder Gold bei dem Kupfer ift, weil das edle Metall Dad Kur 
pfer mehr gegen die Verſchlackung ſchübt. Die — Pr 
folgende Verhaͤltniſſe: 


ı Tl Rupf. mit 5 Silb. (und darunter) erforbert —ı6 zhle. feet 


se» * * » —ıB + „> 
, ee Te u » » » — 20 » 
»s 1 » » — 3» » 
» » » 3» » v » — 40 .» 
» v v 4 » v —56b » j 
’ 7 Zu > » x — 64 » >» 
, v »15 » » » » — 96 v — 
» 30 » v — 138 » 


Das abzutreibende kupferhaltige Silber wird vorher auf dem 
Probierſtein probiert, um bei dieſer Beſtimmung der Anzahl der 
Bleiſchweren einen Anhaltspunkt zu erhalten. Das Blei ſelbſt 
muß ſilberfrei ſeyn, weil ſonſt Unrichtigkeit in dem Reſultate ent⸗ 
Reben würde ; man nimmt gewoͤhnlich das Villacher dazu. Ein 
ju großer Zufag des Bleied muß vermieden werden, weil fonf 
mehr Silber in die Kapelle geführt wird, auch durch die ftärfere 
Verflüchtigung des Bleied mehr Silberverluft entfteht. Das. auf 
der Kapelle abzutreibende Blei muß nicht mehr als etwa dad Dop⸗ 
pelte des Gewichtes der Kapelle betragen, weil diefe fonft die 
Schlade nicht ganz aufnehmen fann, fondern auf derfelben ein 
Bleifad figen bleibt, der die weitere Verfchladung hindert. 

Von dem zu probierenden Metalle wägt man nun eine fleine 
Quantität von etwa 10 bis 100 Gran genau ab (defto wenigen, 
je mehr Pupferhaltig Die Legierung ıjt), legt das dazu gehörige reine 
Blei in Bereitfchaft, umgibt die Muffel des Probierofens mit Koh⸗ 
Im und fchürt allmählich, während man die Kapelle (oder mehrere 
derfelben) in die Muffel ſetzt. Wenn endlich die Kapelle hellroth 
glüht, fo legt man in die Vertiefung derfelben mittelft einer Zange 


4106 Abtreiben. 


das Blei, welches fogleich ſchmilzt, und Hiernach, ſobald ſich Die 
Dberfläche des Bleies glatt und glänzend zeigt, dad legierte Metall, 
dad man, wenn ed aus Fleineren Stüdichen befteht, in etwas Pas 
pier, oder befler in eine fehr diinne Bleiplatte eingewidelt bat, 
wobei man.Acht hat, daß die Kapelle nicht gerigt werde. Die 
Schmelzung findet fogleih Statt; die Oberfläche der Legierung 
hellt fi auf und zeigt Teuchtende Punkte, die von oben nad un 
ten in Bewegung find (das Blei treibt); zugleich erhebt ſich 
ein Rauch, der in der Muffel fich auöbreitet, und, wenn bie 
Probe gehörig von Statten geht, in Geftalt eines dünnen Fadens 
aus der Mündung der Muffel herauszieht. So wie das Treiben 
vorfchreitet, rundet fich das Metallforn mehr ab, die leuchtenden 
Punkte werden größer und fommen in eine fchnelle Bewegung. 
Anfangs gibt man ftärfere Hitze; wenn aber fo das Blei im Trei⸗ 
. ben ift, fo mindert man die Hitze ein wenig, doc, mit Maß, da= 
mit dad Metall und die Glaͤtte im gehörigen Zluffe bleiben. Eine 
zu flarfe Hitze verflüchtigt einen Theil des Silberd. Die Hitze ift 
zu flarf, wenn die Kapelle bellroth glüht, und man den Rauch 
ſich ſchnell an die Muffeldecke erheben fieht: ift er Dagegen ſchwer, 
dunfel und langſam fich bewegend, fo daß er eine mit dem Boden 
der Muffel beinahe. parallele Schichte bildet; fo ift der Ofen nicht 
heiß genug. Man erhöht die Hitze, wenn man’ einige ftarf glüs 
hende Kohlen in die Mündung der Muffel legt, auch ſolche Koh: 
len unter fie ftedt, und die Kapelle in den Hintergrund der Mufe 
fel fchiebt: die Hitze wird vermindert, wenn man die glühenden 
Kohlen aus der Muffelmändung nimmt, und die Kapelle nach 
diefer herzieht. Mean unterhält nun die Hitze gleichförmig, fo daß 
das Blei immerfort treibt; doch muß gegen das Ende die Hitze 
wieder etwas verftärft werden, weil das Korn in dem Maße 
ftrengflüfliger wird, als das Blei abnimmt. 

Während des Treibend läuft die entftehende Glätte immerfort 
von der Metallmafle ringsum ab, wodurch die erwähnten leuchten⸗ 
den Punfte entftehen, und wird von der Kapelle eingefogen. Ge⸗ 
gen das Ende zeigt das Korn eine fehr fchnelle Bewegung, und die 
 Iepten Antheile vom Blei bilden, indem fie verdampfen, eine 
irifirende, nebelartige Dede über dem Korn, die dann auf ein 
Mahl verfchwindet, fo daß das reine Silberkorn mit einem hellen 


Abtreiben auf Kapellen. 707 


und Neibenben Glanze (dem Blicke) erſcheint. Man laͤßt nun 
die Kapelle noch einige Minuten in der Hitze, damit die letzte 
Glaͤtie ſich völlig einziehe; zieht fie dann an die Muffelmundung, 
um läßt das Silberkorn oder den Blick langſam erfiarren. Ger 
khicht die Abkühlung zu ſchnell, durch .plögliche Herausnehmen 
der Kapelle aus der Muffel, fo fchießen aus dem Silberkorne kry⸗ 
fallinifche Ajte hervor (ed fprapt), was wahrfcheinlich. darin fei- 
nen Grund bat, daß die durch die fchnelle Erfaltung fefiwerdende 
and ſich zufammenzichende Rinde das noch fläflige Innere zu⸗ 
fommenpreßt, fo daß ein Theil deflelben eine dünnere Stelle 
jener Rinde durchbricht und hervorſpritzt. Andere ſchreiben diefe 
Erfheinung der Entwirfelung einer Heinen Menge Sauerſtoffgas 
zu, weldhe das Silber im Fluſſe aufgenommen haben, und bei 
dem Erkalten wieder von fich geben fol. Diefe Erfcheinung fuht 
man bloß darum zu vermeiden, damit. nicht etwa dadurch ein Ders 
luft am Gewichte ded Kornes entflehe. 

Dad Korn wird nad) dem Erfalten aus der Kapelle genom- 
men, mit einer Krapbürfte (a6 duͤnnem Meflingdraht) von unten 
gereinigt, und auf Der Probierivage geivogen. 

Dan fann die Operation al& gelungen anfehen, wern das 
Korn auf feiner Oberfläche Feine Ungleichheit zeigt, recht rund iſt, 
und oben von einer hellen weißen Farbe; wenn ed fich ferner von 
der Kapelle nach dem Erfalten leicht ablöft, und von unten kry⸗ 
ſialliniſch iſt. Iſt feine Oberfläche dagegen fpiegelglänzend, fo 
iR das ein Zeichen, daß es noch Blei enthält. Iſt das Silber 
bom flach, find feine Ränder ſcharf, und hat ed auf der Ober: 
fläche graue Flecken; fo war die Menge des Vleied, die zu der 
Probe genommen worden ift, zu gering. Am ficheriten ifl ed, wenn . 
man von derielben Legierung immer zwei Proben zugleich einfept, 
fe an verfchiebenen Stellen der Muffel treiben Täßt, und dann 
die Refultate vergleicht, deren Mittel ald firher angenommen wer⸗ 
den kann, wenn fie nur wenig von einander differiren. 

Das Gold verträgt beim Abtreiben eine höhere Hitze als 
dad Silber, da es fich nicht fo leicht wie dieſes verflächtigt; dar 
ber man auch in der-Regulirung der Hitze weniger Sorgfalt zu 
haben braucht. Da jedoch das Gold gewöhnlich auch etwas Sil⸗ 
ber entHält, Die hiernach nöthige Scheidung des Silbers durch 


108 Abtreiben. | 


Auflöfung in Salpeterfäure aber, der Erfahrung nach, am. vol⸗ 
ſtaͤndigſten erfolgt, wenn das Bold etwa + der Legierung ausmacht; 
da ferner ein geringer Antheil Kupfer von .dem-&olde fo feit zu- 
ruͤckgehalten wird, daß .ohne :Zufag von Silber das Blei ihm 
nicht vollfommen abzufcheiden vermag: fo wird dad Bold noch mit 
fo viel Silber verfeßt, daß auf ı Theil reines Gold 3 Theile Sil⸗ 
ber fommen, und dann diefe Legierung noch mis-3 bis 4 Mahl fo 
viel Blei, ald die Malle wiegt, auf der Kapelle abgetrieben. Das 
‚goldhaltige Silber wird dann auf Den — — geſchieren 
= Art. Scheidung.) 

Zum Abtreiben größerer Quantitdten Eilber von mehreren 
Lothen oder Marken dienen bie Teſte, welche non demfelben Ma— 
teriale und derſelben Form ſind, als die Kapellen. Sie werden auf 
einem Herde unter einer Haube von feuerfeſtem Thone erhitzt, 
welche mit glübenden Kohlen umfchüttet wird. 

Die Kapellen oder Abtreibfiherben find Schälchen 
von bis 2 Zoll im Durchmeſſer, mit einem ſehr dicken Boden, 
und ar balbfuglichen Höhlung, die aus ausgelaugter Holzofche, 
and Knochenafche, oder aus einer Mifhung von beiden, verfertigt 
find. Ihre Bildung gefchieht in einer Form von Meifing, die 
tiefer iſt, als die Dicke der Kapelle betragen foll, eine koniſche Ge⸗ 
ftalt Hat und mit einem beweglichen Boden verfehen if. Diefe 
Form wird mit einer Mafle gefüllt, die aus zwei Theilen ausge- 
laugter Holzafche und einem Theile Knochenafche bejteht, die mit 
fo viel Wafler befeuchtet ift, daß fie zufammenflcbt, aber beim 
Preſſen nicht Tropfen von fi) gibt. Diefe Maffe wird nun in 
der Form, nachdem man das Überfliffige mit einer Klinge. von 
Aupfer weggenommen, und fie dann mit fehr feiner Knochenaſche 
überfiebt bat, mit einem Stempel von Stahl, mit abgerundeter 
und polirter Bodenflädhe, zufammengedrüdt, indem man einige 
ſtarke Schläge mit einem hölzernen Hammer auf denfelben führt, 
bis der vorfpringende Rand des Stempels auf dem Rande der 
Form aufliegt. Auf Tafel 3 ſtellt die Fig. 5 die Form mit dem 
beweglichen Boden, Fig. 6 den Stempel, und Sig 7 die Form 
mit der geichlagenen Kapelle im Durchfchnitte vor. Um nun die 
Kapelle ans der Form zu nehmen, flügt man den Boden auf ein 


Treibarbeit im Großen. 109 


Stud Holz von demfelben Durchmeſſer, und indem man die Form 
gelinde nieder drückt, hebt ſich die Kapelle aus derfelben. 

Man läßt die fertigen Kapellen anfangs in einem warmen 
Zimmer, vom Ofen entfernt, 4 bis .6 Zage lang langfam trocken 
werden, und hebt fie dann vor Staub verwahrt auf. Wenn ſie 
aber gebraucht werden follen, muß man fie 15 bis 3o Minuten 
lang (je nach ihrer Größe) unter der Muffel ausglühen (ab.äth» 
men), damit fie noch alle Feuchtigfeit verlieren. Die Höhlung 
der Kapelle darf übrigens Feine Riſſe haben, weil fonft dad Me: 
tal in fie eindringen würde. Die Größe der Kapelle wird, wie 
bereits oben erwähnt, nach der abzutreibenden Bleimenge bemefr 
fa, indem a Theil vom Gewicht der Kapellmaſſe das, durd 2 
iheile Blei gebildete Oxyd einfaugt. 

Aus derfelben Meugung von Holzaſche und Knochenafche, 
gewöhnlich aber aus wohl ausgelaugter Holzafche allein, werden 
auch die Teſte verfertiget; die Maſſe wird in einen eifernen Ring 
geichlagen, und mit einer Vertiefung verfehen, die jedoch geringer 
it, ald bei dem Kapellen, fo daß fie einer flachen Schüffel mit 
einem dien Boden ähnlich ift. 

Im Großen gefchieht das Abtreiben des filberhaltigen Bleies 
(ed Verkes, Werkfbleies, auh Neichbleies), welches 
aus dem filberhaltigen Bleiglanze genommen wird, auf eigenen 
Zreiböfen, die außer dem Peuerraume im Wefentlichen aus 
einem flachen, fchüffelförmigen Herde (dem Treibherde) befte: 
ben, der aus demfelben Material, ald die Zefte, gefchlagen ift. 
Der Herd ift rund; unter demfelben liegt eine nad) derfelben Kon⸗ 
fasität geformte Ziegelmauer, unter diefer eine Lage feſtgeſtampf⸗ 
ker gepochter Schladen; und dad Ganze ruht auf Der Grundmauer, 
die, wie bei allen Ofen diefer Art, mit den erforderlichen Abzüch⸗ 
ten zur Ableitung aller Beuchtigfeit verfehen it. Der Herd felbft 
iR mit einer, ı Fuß und darüber hohen Mauer (dem Herdkranze) 
umgeben, auf welcher die Kappe oder Haube des Treibofens 
aufruht, die aus einem eifernen Zuppelförmigen Gerippe befteht, 
dad an der untern hohlen Fläche mit Hafen verfehen ift, an des 
nen man eine dicke Lage. Lehms als Befchlag befeiliget. Sie fann 
nitteiſt einer Kette durch einen Krahn abgehoben werden, wie 
das jedes Mahl beim Ausbrechen des. alten, und Schlagen des 


110 - Abtreiben. 


nenen Herdes gefchieht. Diefe Kappe muß fo niedrig als mög. 
lich feyn, um die Hitze auf. das gefchmolzene Metall gehörig zu 
refleftiren. 

Neben dem Treibofen oder eigentlich dem Herdraum iſt der 
Feuerraum oder ſogenannte Windofen angebracht, der aus 
einem bedeckten Feuerraunme mit Roſt und Aſchenfall beſteht, und 
mit trockenem geſpaltenen Scheitholz und Reiſigbündeln geheitzt 
wird, und aus welchem durch eine große Offnung in der den Treib⸗ 
und Windofen trennenden Mauer das Feuer in den Herdraum 
ſchlaͤgt. Dem Windofen gegenüber befindet fich in der den Treib⸗ 
herd umgebenden Mauer eine große, mit .einer eifernen Thüre 
verſchließbare Offnung (das Schurloch), durch welche dad Auf⸗ 
feben des Werkes gefchieht, und welche zum Abzug der Flamme 
Durch die von der Thüre, die an der oberen Seite in Angeln hängt, 
an der unteren Seite gelaffene Öffnung dient. Zwedmäßig wird 
bier ein Rauchfang (Eife) aufgeftellt, in welchen der Dampf eins 
tritt, und fich in einigen oberhalb liegenden Kammern auöbreitet 
‚und abfühlt, un die mit fortgeführten, etwas filberhaltigen Blei⸗ 
dampfe zum Theil abzuſetzen. 

Mit diefer Thuͤre in einem rechten Winfel gehen durch den 
Herdfranz die beiden Kormen (Ranınen) zweier Blafebälge, des 
ren Wind über das fließende Metall, zur Beförderung der Oxy⸗ 
dation , hinbläft, und deren Offnungen zu diefen Zwecke noch 
mit leicht beweglichen, nad) unten: fi öffnenden, klappenaͤhnli⸗ 
hen Blehen (Schneppern) verfehen find, welche, indem fie vom 
Winde gehoben werden, denfelben auf die, Oberfläche des einge- 
ſchmolzenen Werfes leiten. Dem Gebläfe beinahe gegenüber, aber 
dem Windofen möglichit nahe, befindet fich die Bruft des Ofens, 
eine Öffnung, welche bis zur Höhe des Herdes mit der Herdmaſſe 
angefüllt ift, in welcher die GTättgaffe, eine Rinne zum Ablau⸗ 
fen der auf der, Oberfläche der eingeſchmolzenen Werfe fih bilden- 
den Blätte, mit dem Glätthafen eingefragt wird. An diefer Offe 
nung fann der Zteiber bequemer flehen, da die Flamme auf die 
fhräg gegenüber liegende Seite fhlägt. . 

Die Big. 8 und 9 (Taf. 3) zeigen den horizontalen mad ſeuf⸗ 
rechten Durchſchnitt eines foldhen Ofens. a ift des Windefens 
Alchenfall, m der Roft, b der Feuerraun mit dem Flammenloch, 


Treibarbeit im Großen. 111 


gie Treibherd, c der Herdkranz, e,e die beiden Öffnungen in 
bemfelben für die Gebläfeformen oder Kannen; f die Bruſt mit 
der Slättgafje, d die dem Slammenloche gegenüber ftehende, nfit 
einer Thire mehr oder weniger verfchließbare Öffnung, durch 
weiche der Rauch in deu Rauchfang h und in die Kühlfammer ges 
langt; k ift die bewegliche Haube. 

Der Treibherd wird aus wohl andgelangter, auch wohl vor⸗ 
her zur Zerſtoͤrung der etwa noch vorhandenen vegetabiliſchen 
Theile in einem Reverberierofen ausgebrannter Holzaſche, in der ge⸗ 
hoͤrigen Form, b6bis 7 Zoll dick, fo feſt geſchlagen, daß er mit 
den Fingern keinen Eindruck annimmt. Statt der Aſche kann 
auch zweckmaͤßig, wie in Schernowitz, eine Mengung von 5 Thei⸗ 
len Kalkſtein mit ı Theil leicht geröftetem Lehm, beide gepocht 
und geſiebt, und mit der nöthigen geringen Menge Waſſer ver- 
bunden, angewendet werden, welche Maſſe ı2 bis 14 Zoll hoch 
auf der Herdfohle ausgebreitet, und mit eifernen, vorher glühend 
gemachten Stößeln nad) der gehörigen Form feitgeftampft wird. 
Gegen die Mitte diefed mit einem Krapeifen glatt und eben ge> 
ſchabten Herdes, und zwar von dem Mittelpunfte etwas näher 
gegen das Flammloch und das Gebläfe hin, wird eine Vertiefung 
(die Spur), von etwa a Fuß Durchmeſſer, und im Mittel z, an 
der Peripherie z Zoll Tiefe eingefrapt, damit der Silberblick fich 
bier fammle. or jedem Zreiben wird im Xreibofen ein neuer 
Herd gefchlagen, und die von dem vorigen Treiben unter dem (mit 
Glätte imprägnirten) Herde Tiegen gebliebene ungefogene Herd⸗ 
maffe, der neuen Maffe zugefegt. 

Nachdem der Treibherd mit Kohlen abgewärmt worden, 
bringt man die Werte, die bei dem früheren Ausfchmelzen in den 
Formen in fait halbfuglichen Stücen gebildet find, durch das 
Schurloch auf den Herd über einander, entweder auf ein Mahl, 
oder bei größeren Maſſen bis zu 100 Zentner, zuerft die eine 
Hälfte, indem die zweite Hälfte, wenn das Treiben im Gange 
it, allmählich nachgetragen wird. Durch Das anfangs mäßige 
Feuer des Windofens wird das Blei nieder geſchmolzen, wobei 
die Bruft mit einer beweglichen Ziegelwand zugefebt ift, und der 
Abzug der Flamme durch dad Schurlody erfolgt. Sind die Werke 
eingefhmolzen, fo wird der Abſtrich oder Abzug der auf der 


v⸗ 


112 Abtreiben. 


Oberflaͤche ſchwimmenden Unart durch die geöffnete Bruſt genom⸗ 
men, dieſe wieder zugeſetzt, hiernach ſtaͤrker gefeuert, und ſobald 
die geſchmolzene Metallmaſſe auf der Oberflaͤche eine kochende 
Bewegung zeigt, das Geblaͤſe eingehaͤngt, die Bruſt geöffnet, 
und abermahls der Abfteich gezogen. Diefe erſten Abftriche ent» 
halten nebft der Glätte noch unzerfegten Bleiglanz, und andere 
Boſtandtheile des Erzes, in einer firengflüfligeren Schlade; auch 
fommt dad Kupfer größten Iheils mit diefer erften Glaͤtte fchon 
zur Verfchlafung. Das Feuer wird nun gleichmäßig unterhalten, 
während den: die Orybation des Bleies fortfchreitet, und die Slätte, 
Die fi) ringe um das gefchmolzene Werf in einer Breite von 6 
bis 8 Zoll (dem Slättrande) anfammelt, in dem Maße, als fie 
ſich mehr anhäuft, durch die Glaͤttgaſſe abgelaſſen wird. Ein 
Theil derfelben faugt fich in den Herd ein, und führt gewoͤhnlich 
auch einen bedeutenden Antheil Silber mit; daher die Operation 
fo geleitet werden muß, was befonders mit von der feften Beſchaf⸗ 
fenheit des Treibherdes abhängt, Daß man fo wenig ale möglich) 
(eingefogenen) Herd befommt; fondern der größte Theil der Glaͤtte 
durch die Glättgaſſe läuft. Das Bliden des Silbers gibt fich 
durch eine regenbogenfarbig Tpielende Haut zu. erfennen. Die 
Zeeibarbeit wird fonach beendigt; der Silberblick, der fi in der 
Spur gefammelt hat, wird nad) dem Erftarren zuerft mit heißem‘ 
dann mit kaltem Waifer befprengt, um ihn abzufühlen, und mit 
dem Silberfpieß herausgehoben. Die Operation des Abtreibens 
dauert a4 Stunden, vom Auffegen des Bleies bid zum Abnehmen 
des Silbers. 

Das Blidfilber dad auf diefe Art erhalten wird, ift ge= 
wöhnlich ı4löthig, und enthält außer dem Blei noch Kupfer, 
Sinf, Arfenif, Spießglanz, wenn die Bleiglange mit diefen ge= 
fchwefelten Metallen verbunden waren. Es wird daher nochmahls 
auf einem Tefte unter einer Haube fo lange im glühenden Fluſſe 
erhalten, bis es weder dampft, noch Regenbogenfarben mehr 
zeigt, und nochmahls blickt. Es heißt nun Brandfilber. Auch 
fann die Verfeinerung bis zu 15 Loth 15 Brän noch auf dem Treib- 
herde vollendet werden, wenn dem blidienden Silber nad) reines 
Glaͤttblei zugefebt wird, um bei dem nunmehr verftärften Beuer 
immer fo viel Glätte zu erzeugen, als nöthig ift, un die Silber: 


/ 
Abziehriemen. 113 


flaͤhe vor der unmittelbaren Wirkung des Geblaͤſes zu ſchützen, 
wodarch in Der heftigen Hitze noch die letzten Antheile des Bleies 
and der übrigen Metalle verfchladt ausgefchieden, und zum Theil 
verflüchtiget werden. er 
Bon der abfallenden Glaͤtte ift diejenige, die gegen Ende 
deö Treibens und gegen Annäherung des Blickes fallt, noch filber: 
baltig; man reduzirt fie, um fie fpdter dem Werfblei zuzufeßen. 
Die einige Zeit nach den Abftrichen fallende Glaͤtte ift die reinfte, 
und wird als Bleiglätte verfauft, oder wieder zu Blei verfrifcht 
«Glättblei). Auch die gegen das Ende des Treibens fallende, noch 
flberhaltige Glätte kann für fich auf Verfauföglätte abgetrieben 
werden, wobei das aus etwa go Zentner beftchende Werf, bis auf 
einen Zentner Neihblei (den Schwarzblich) abgetrieben wird, 
welches nunmehr beinahe das ganze Silber enthält. Der Schwarz: 
blik wird dann beim weiteren Treiben den übrigen Reichblei zu: 
gefept. Der abfallende Herd, der bei guter Befchaffenheit des 
Treibherdes ı* bid 2 Zoll did, und noch bedeutend filberhaltig ift, 
(auf b6 Loth im Zentner) wird für fich verfrifcht. Auch die von dem 
Slätte und Herdfrifchen fallenden Schladen find noch ſtark bei: 
baltig, und muͤſſen weiter zu Gute gebracht werden. - 
Die Zreibarbeit ift immer mit einem bedeutenden Verlufte an 
Blei (gegen 10 bis 20 Prozent), und an Silber (auf ı Zentner 
Bleiabgang 2 bis 4 Loth), defgleichen an Kupfer verbunden, wel: 
her durch zweckmaͤßige Auffangung des Treibrauchd nur zum ges 


tingen Theil verhütet werden kam. Daß durch diefe Treibarbeit 


filberhaltiges Kupfer nicht gefchieden werden-Fönne, ergibt fich aus 
der großen Menge Blei (&. 105) welche dazu erforderlich fegn 
würde. Zur Silberfcheidung aus ftarf fupferhaltigem Silber, als 
der Scheidemünge, wird gegenwärtig Die weit weniger foftfpielige 
Scheidung auf dem naffen Wege, durch Schwefelfäure, angewen⸗ 
det. (S. Art. Scheidung.) | 
d. H. 


Abziehriemen. 


Das Wort Abziehen wird in den techniſchen Kuͤnſten oft 
und in mancherlei Bedeutungen gebraucht, Es heißt z. B. fo viel, 
als ein Holz oder Metallſtuͤck durch Abfchaben oder Abfeilen der 

Tequol. Encyclop. 1, Vd. 8 


114 Abziehriemen. 


Dberfläche glatt machen; es wird in den Buchdruckereien für das 
Abdrucden der Korrefturen gebraucht; ift in der Branntwein⸗ 
brennerei gleichbedeutend mit Deftilliren,u.f.w. Alle diefe Ope⸗ 
rationen, welche an anderen Stellen diefed Werfes erörtert wer⸗ 
den, gehören nicht hierher. Man nennt auch Abziehen diejes 

snige Arbeit, durch welche man den Raſiermeſſern, Sedermeilern 
und chirurgifchen Inftrumenten die legte Vollendung, und ihrer 
Schneide die größte Feinheit gibt. Won diefer Operation, und 
von den dazu gebrauchten Werfjeugen, wird im gegenwärtigen 
Artifel ausfchließlih die Nede feyn. Das Abziehen der Rafiers 
meſſer insbefondere ijt nicht nur für den Mefferfchmied, der dieſel⸗ 
ben verfertigt, fondern für Jeden, der fich ihrer bedient, von 
MWichtigfeit, da es nicht ohne genaue Kenntniß der dazu dienlichen 
Geräthfchaften und gewiller Handgriffe mit genügendem Erfolge 
vollzogen werben fann. 

Wegen. der außerordentlichen Seinheit und Schärfe, welche 
die Schneide der Raftermefler erfordert, find dieſe Meier, wenn 
man fie auf dem runden Schleifiteine gefchliffen bat, lange nicht 
vollendet, fondern fie müflen erft noch einer zweifachen Behandlung 
unterworfen werden, welche die Schneide ftufenweife verfeinert, 
und alle Rauhigfeiten von derfelben wegnimmt. Dieß ift das 
Abziehen auf dem Steine und das Abziehen aufdem 
Riemen, Arbeiten, von welchen befonders die letztere auch fpd= 
terbin, beim Gebrauche der Meier, fehr oft wiederhohlt werden 
muß, um diefelben ſtets in brauchbarem Zuftande zu erhalten. 

Der Stein, defien man ſich zum Abziehen der Rafiermeffer 
bedient, ift der befannte levantifche Ohlftein, oder ein anderer 
gelblicher feinförniger Stein, der davon eigens den Nahmen 
Nafiermeffer-Schleifitein erhalten hat; und zwar wendet 
man gewöhnlich drei Steine von zunehmender Beinheit des Kornes 
nach einander an. Das Meſſer wird dabei in fchräger Richtung, 
mit der Schneide voraus, auf dem mit Ohl bejtrichenen flachen 
Steine vorfihtig, und ohne Anwendung eines ftarfen Drudes, 
bin und ber geführt. Es ift gut, dem erften oder fchärfften Steine, 
der auch ein Waſſerſchleifſtein ſeyn kann, eine fonvere Geftalt zu 
geben; eben fo, aber in minderem Grade, dem ziveiten, welcher 
ein levantifcher ohlſtein iſt. Nur der dritte Stein iſt dann ganz 


Abziehriemen, | 115 


flach, und Hierzu wählt man einen blauen Schleifftein (Schiefer) 
von fehr feinem Korn, auf welchem das Abziehen wieder mit 
Bafler geſchieht. Diefe Anordnung fcheint in der That den Vor⸗ 
jug zu verdienen, da durch die verfchiedene Seftalt der Steine die 
Slächen der Mefferflinge, dort wo fie, um die Schneide zu bilden, 
jafammenfloßen, nur allmählich ihre fonfave Arünmung, welche 
fie von dem Schleifjteine erhalten haben, verlieren, und mit Bei⸗ 
behaltung des fchärfiten Winkels in ebene Slächen verwandelt 
werden, 

Dem Abziehen auf dem Steine folgt das Abziehen auf Leder, 
welches mit irgend einem feinen Schleifpulver imprägnirt ift. Die 
Geite des Leders, welche man zu diefem Behufe in Anfpruch 
nimmt, iſt ſtets die rauhe oder Fleiſchſeite; das Leder felbft roth- 
gared Kalb» oder Kuhleder. Die einfachfte Seftalt, in welcher 
man dasfelbe anwenden kann, ift die eined 24 Zoll langen, ı: 
bis 2 Zoll breiten Streifens, der mit einem feiner Enden irgend 
wo angehängt, und am andern mit der linken Hand gehalten 
wird, während man mit der rechten das Meſſer darauf ftreicht. 
Gewöhnlich aber it daB Leder auf Holz befefligt, und die verfchies 
den geflalteten Werkzeuge, welche hierdurch entftehen, nennt man 
im Allgemeinen Abziehriemen oder Streihriemen. Die 
Art der Befeftigung des Leders, oder vielmehr bie Geftalt und 
Beſchaffenheit der Unterlage, trägt weſentlich zur Güte des Abzieh⸗ 
riemens bei, und die verfchiedenen Arten diefer Werfzeuge find 
daher nicht von gleichem Werthe. 

Meift haben fie eine folhe Einrichtung, daß das Abziehen 
zwei Mahl darauf vorgenonmen werden kann, ein Mahl um die 
Schneide zu fchärfen, das andere Mahl um fie zu poliren. Man 
leimt zu Diefem Behufe das Leder zwei⸗ oder dreifach Auf die beiden 
Slähen eines 9 ZoU langen, 14 ZoU breiten, mit einen Griffe 
verfehenen Bretchens, wie Fig. ı (Taf. 4) zeigt; oder man fpannt 
es über ein zu dieſem Zwede gehörig ausgehöhltes Holzſtück (f. 
Fig. 2, 3, 4). In diefem leptern Falle läßt jedoch das Leder bei 
längerem Gebrauche nach, und drückt ſich, wenn ein Meſſer dar⸗ 
über geführt wird, ‘ein: ein für die Schärfe der Schneide nicht 
vortheilhafter Umſtand, der am beften vermieden wird, wenn man 


gend eine Vorrichtung anbringt, um das Geber allzeit beliebig 
8 % 


116 AUbziehriemen.  » 


anzufpannen. An englifchen Streichriemen findet man hierzu haͤu⸗ 
fig den in Sig. 5 abgebildeten Mechanismus. Der Lederftreifen 
a, a ift an den Enden zufammengenäht, und über die zwei vieredi= 
gen eifergen Plättchen c, d, gelegt, von welchen das erftere an 
den runden Eifenftängelchen e, e, feitgemacht, das zweite, d, aber 
auf denfelben mittelft zweier Löcher verfchiebbar iſt. Eine dritte 
Platte, £, vereinigt die beiden Stangen am andern Ende. Die 
mittelft des Heftes h umzudrehende Schraube g geht frei durch 
ein Loch von f, fo wie durch ein Loch des Leder, und hat ihre 
Mutter in der Mitte von d. Wird das Heft rechts umgedreht, 
fo entfernt ſich d von c, und dad Leder a wird gefpannt; umges 
Behrt wird es nachgelaffen, wenn man die Schraube links dreht. 
| Bon Vielen wird eine Fonvere Krümmung des Abziehriemens 
für vortheilhafter gehalten, alg eine ebene Fläche; daher haben 
Riemen von der in Fig. 6, noch mehr von der in Fig. 7 abgebil« 
deten Geſtalt (wo beide Seiten mit mehrfachen Leder befleidet find) 
Beifall gefunden. Sa man hat fogar, mit der durch Aufeinander: 
leimen von 2, 3 bis 6 Lederftreifen erhaltenen Elaftizitäe noch nicht 
jufrieden, gefrimmte Stahlfedern flatt des Holzes dem Leder zur 
Unterlage gegeben (Fig. 8). Aubrilin Paris verfertigte Ab⸗ 
ziehriemen, deren Krümmung fich nach jener der Meiferfläche ver⸗ 
ändern ließ. Sie beftehen aus einem eifernen Stängelchen, von 
welchem das eine, zu einer Schraube: gefchnittene Ende in das 
hölzerne Heft ded Werkzeuge hineinreicht , indem es durch eine 
im Innern dieſes Heftes befindliche Schraubenmutter geht. Das 
Stängelchen trägt zwei meflingene Platten; an die erfte derfelben 
ift es feftgemacht, durch die zweite geht es durch. Auf diefe 
Platten find die Leder aufgezogen, welche Sifchbein und einen 
Leinwandftreifen zur Unterlage haben. Indem man das Heft ge: 
gen eine der Platten anfchraubt, gibt man den Zifchbeinftreifen, 
und folglich dem Leder, diejenige Arummung, welche man für 
die mehr oder weniger hohle Släche der abzuziehenden Meffer dien- 
lich Halt. Die nähmliche Einrichtung fönnte man dem in Fig. 8 
gezeichneten Abziehriemen geben, wenn man hier die Anordnung 
fo träfe, daß das Heft b, flatt feft mit dem Schafte c verbunden 
zu ſeyn, auf demfelben Hin und her zu fchrauben wäre. Se mehr 
man, unter diefer Vorausſetzung, das Heft b dem entgegenges 


Abziehriemen, 117 


fegten Eude des Niemens nähert, deſto flärfer miffen ſich natuͤr⸗ 
lich die mit Dem Leder überzogenen Stahlfedern a, a, frümmen. 

Die Subſtanzen, welche man auf das Leder der Streichrie⸗ 
men auftraͤgt, um durch das Abziehen die Schneide der Meſſer 
ſcharf zu machen, müſſen hart genug ſeyn, um den Stahl anzu⸗ 
greifen, zugleich aber eine ſolche Feinheit beſitzen, daß ſie keine 
Riſſe und Feine Scharten in der Schneide hervorbringen. Man 
bedient fich hauptfächlich des feingefchlämmten Schmirgel®, der 
Zimaſche und des Eifenorybes, Letzteres iR das fo genannte En- 
gelroth (Kolfothar), (ſ. dieſen Aritel). Man mag nun einen 
oder den andern Diefer drei Stoffe anwenden, fo werden diefelben 
entweder ohne Zufäg in das Leder des. Abziehriemens eingerieben, 
nachdem man dasfelbe mit Öhl beftrichen hat; oder man macht fie 
mit wenig Fett zu einem fleifen Teig, bildet daraus Kugeln, und 
überftreicht mit diefen den Riemen. Aber auch in diefen Falle iſt 
es gut, von Zeit zu Zeit, um die Trodenheit des Leders zu mil⸗ 
dern, etwas Öhl oder Fett einzureiben. Wenn durch den Ger 
brauch) des Riemens das Schleifpulver feine Schärfe verloren hat, 
muß e8 mit einem flumpfen Meifer abgeichabt werben, bevor man 
neues aufträgt. 

Sehr oft begnügt man ſich nicht mit der Anwendung der drei 
vorher genannten Subftanzen im reinen Zuftande; fondern man 
vermengt fie therld mit einander, theild mit andern Stoffen, um, 
wie man glaubt, mittelft folcher Zuſammenſetzungen eine zugleich 
fharfe und glatte Schneide durch daB Abziehen hervorzubringen. 
Ron mehreren Zubereitungen diefer Art dürften vielleicht die fol 
genden am beften zu empfehlen feyn: 1) Schmirgel, Tevantifcher 
Schleifftein und Reißblei zu gleichen Theilen, fein 'gepulvert, ge⸗ 
fhlämmt, und mit Hammeltalg zu einct Pafte — 2) 
— zu einem — Pulver zerrieben, mit & Reiß⸗ 
blei, —; Braunſtein und Engelroth gemengt; zum Auftragen 
mit einer Miſchung aus Waliraih „Klauenfett und weißer Seife 
angemacht. 3) Zwei Theile Zinnafche, 2 Th. Engelroth, ı Th. 
Eifenhammerfchlag, 7 Ih. gepulverter und gefchlämmter levanti⸗ 
ſcher Schleifftein; das in ein höchit feines Pulver verwandelte Ge- 
menge mit 3 Iheilen Ochfenfett, unter Beihülfe der Wärme, zu 
einem Zeige gemacht. 4) Ein Theil Engelroth, 1: Th. Zinnafche, 


118. Abziehriemen. 


5 Th. Schmirgel, 13 Ch. Bimoſtein, 4: Ch. Reißblei, = Tb: 
Blutftein, ı Th. Eifenfeilfpäne, fämmtlich fein gepilvert, ge⸗ 
fhlämmt, getroduet, durcheinander gerieben und gebeutelt; 
zum Anmachen: 3 Th. Baumwachs (aus ı Th. gelbem Wachs, 
*Th. Harz und + %h. Zerpenthin zufammengefchmolgen), 2 Th. 
Seife, 5 Th. Pommade, 2 Th. Baumöpl. 

Bei denjenigen Abziehriemen, welche auf zwei Seiten Leder 
haben (wie Fig. ı,3,4,5, 7,8), dient die erfte, welche mit einem 
der eben angegebenen Schleifmittel imprägnirt ift,. zum Schärfen 
der Meffer; die zweite wird fodann benußt, um die Schneide uns 
mittelbar vor dem Gebrauche zu poliren. Man trägt zu diefem 
Behufe entweder gefchlämmtes-Reißblei*), oder höchft fein gepul⸗ 
verten blauen Sichfeifftein (Schiefer), mit Baumöhl oder Fett zu 
einer Salbe gemacht, auf. Einige fehren zu gleichem Behufe die 
glatte oder Narben⸗Seite des Leders auswärts, und ftreichen Die 
Mefler ohne alle weitere Zubereitung darauf. Beine Leinwand in 
einer doppelten oder dreifachen Lage firaff aufgeipannt, leiftet den 
nähmlichen Dienſt. Man fann fich hierzu auch bei dem Streich“ 
riemen Big. a der untern Seite des Holzes a bedienen. - 

Beim Bebrauche der Abziehriemen fommt ed, wenn man des 
guten Erfolges ficher ſeyn will, wefentlicd auf die Art, wie man 
das Mefler führt, an. Man muß die Klinge etwas fchräg (wie 
Fig. ı bei A zeigt) auf den Riemen legen, und dann mit mäßiger 
Sefhwindigfeit und nicht zu ftarfem Drude von dem Ende gegen 

das von der Iinfen Hand gehaltene Heft a zu, führen, indem 
man fie zugleich langſam ihrer eigenen Laͤnge nach herabzieht. Das 
vordere Ende des Meſſers kommt hierdurch ebenfalls mit dem Le= 
der in Berührung, obgleich ed anfangs weit über dasfelbe hinaus 
ſteht. Der nächfte Zug wird vom Hefte des Riemens aus, mit 
umgefehrter Lage des Mefferd (wie B zeigt), übrigens aber ganz 
auf diefelbe Weife, vorgenommen. Auf diefe Art wird abwech- 
felnd fortgefahren. Man muß dabei wohl in Acht nehmen, daß 
zwar der Rüden und die Schneide des Meſſers ftetd das Leder 





s *) Die fogenannten Stahltafeln, Eleine viereckige Täfelchen, mit 
welchen man das Leder der Abziehriemen einreibt, beftehen aus 
Reißblei⸗ 


Abziehriemen. 119 


beraten, der Druck der Hand aber, welche das Meffer führt, 
mehr auf Die Schneide falle. Zehn bis fünfzehn Züge für jede 
Seite des Meflers reichen hin, wenn Die Schneide nicht fehr ſtumpf 
and der Riemen in gutem Zuftande ift; auf der Seite, welche zum 
Poliren beftimmt ift, kann man das Meffer um einige Mahl.öfter 
reichen. . 

Die richtige Führung des Meflerd beim Abziehen, und der 
gute Zuftand Des Leder (welches weder ausgetrocknet feyn, noch 
duch den Gebrauch, welder das Schleifpulver abnutzt, feine 
Schärfe verloren haben darf) find für dad Gelingen der Arbeit von 
srößerer Wichtigfeit, ald die Korm des Abziehriemens ; indeß ift 
doch auch dieſe nicht.ohne Einfluß. Ein gewiffer Grad von Ela- 
fijität des Leders wird gewöhnlich für gut gehalten; und er ift es 
auch zuverläßig, in fo fern er dazu dient, die Berührung zwifchen 
Leder und Meſſer vollfommen gu machen: wa8 aber darüber gebt, 
Ihadet. Denn es ift offenbar, daß, wenn fid) dad Mefler in das 
Leder bedeutend eindrüden kann, Tebtered vor der Schneide in die 
Höhe fteigt, und diefelbe abzurunden firebt. Es ift Daher mindes 
fiend unnöthig, das Leder in mehr als zwei auf einander liegen- 
den Dicken aufzuleimen. Bedeutender noch ift ein Fehler aller 
jener Riemen, bei weldyen das Leder frei, ohne Unterlage, ausge⸗ 
ſpannt, und Feine Vorrichtung angebracht ift, um dasfelbe, wenn 
ed nachgelaſſen bat, wieder ſtraff anzuziehen. Hier biegt ſich 
nähmlich der Lederftreif einwärts, und die Mefferflinge läuft fort: 
während auf einer hohlen Fläche, wodurd der Winfel an der 
Schneide nothivendig zu ſtumpf werden muß, wenn anders nicht 
die Schneide felbft fo dünn ift, daß fie dem Drucke nachgibt, und 
fid) biegt. Bei der fonveren Form der Abziehriemen (Fig. 6,7,8) 
beabfihtigt man ein genaueres Anliegen der Meflerflinge an dem 
Leder, wodurch, weil die Krümmung des Riemens ſich einiger 
Maßen jener der Meflerfläche nähert, ein fchärferer Wiykel an 
der Schneide entitehen fol. Aber dieſer Erfolg wird offenbar da⸗ 
durch verhindert, daß die Meſſer vorher auf einem flachen Steine 
abgezogen worden find, ihre Slächen alfo zunaͤchſt der Schneide 
ebene Sacetten erhalten haben, welche durch die Krümmung des 
Streichriemens nicht in bemerfbarem Grade verändert werden koͤn⸗ 
nen, ja Baum mit dem Leber in die nöthige Berührung fommen, 


120 Aequivalente. 
wenn man nicht den Nüden des Meſſers beim Abziehen ein wenig 


| in die Höhe hebt, und von der Släche ded Riemens entfernt. Es 


ſcheinen demnach die fonveren Streichriemen feinen wefentlichen 
Rorzug vor den flachen zu haben. | 
Schlieplich will ich noch eined Kunftgriffes gedenfen, den 
Lenormand angibt, und welcher ſehr zum guten Erfolge 
des Abziehens beiträgt. Wenn man ein Naftermeffer auf dem 
Steine oder auf'dem Niemen abzieht, fo bildet ſich immer ein 
Grath, der, fo gering er auch feyn mag, der Schneide fchadet, 
wenn er auf jener Seite aufgeworfen ift, welche beim Nafieren 
‚von der Haut abgefehrt bleibt. Wenn man auf den Vorgang beim 
Abziehen wohl Acht gibt,. fo bemerft man, daß der Grath noth⸗ 
wendig jede Mahl nach der Seite hin gerichtet ift, welche das 
Leder nicht berührt. Endigt man nun dad Abziehen damit, daß 
der legte Strich mit dem Meffer vom Hefte des Riemens gegen 
das Ende desfelben (d. b. von B nad) A, Fig. ı) gemacht wird, 
fo biethet die Schneide des Meſſers (voraudgefeht, dag man mit 
der rechten Hand rafiert) eine Rundung der Haut dar, und das 
Meffer muß fchlecht oder gar nicht fehneiden. Wird hingegen der 
legte Strich beim Abziehen gegen das Heft des Riemens bin (d.B. 
von A nach B) gemacht, fo fommt beim Raſieren die Fläche des 
Meſſers, wo der Grath aufgeworfen ift, auf die Haut zu liegen, 
und das nähmliche Meifer wird demnach eine gute Schneide zeigen. 
Ä 8. 8. 


Aequivalente (hemifche). 


Die neueren Unterfuchungen der Chemiker haben gelehrt, 
daß die Stoffe, aus welchen.die verfchiedenen durch Natur und 
Kunſt erzeugten Körper beftehen, fich Feineswegs in allen denfba= 
ren Verhältnijfen der Menge mit einander vereinigen (in welchem 
Zalle die Anzahl möglicher Werbindungen unendlich groß feyn 
würde); fondern daß ihre Vereinigung in wenigen und beftimmten 
Berhältniffen erfolgt, dag mithin die Anzahl von Verbindungen, 
welche aus den nähmlichen Beftandtheilen gebildet find, befchränfet 
iſt. Es iſt alfo nicht nur gewiß (was aus der Natur der Sache 
einleuchtend wäre, wenn auch die Erfahrung e8 nicht gezeigt hätte), 
daß die nähmlichen Beftandftoffe zur Bildung des nähmlichen Kör« 


Begriff der Aequivalente. 121 


yon (. 8. Ealpeterfänre und Kali zur Bildung des Salpeters) 

has im nähmlichen Verhältnifie dev Menge zufammmitreten; fonts 
dern man weiß auch, ‚Daß die nähmlichen. Beftandtheile nur eine 
feine Anzahl folcher beftimmter Verbindungen darzuftellen vermöde 
gen. Die wirklichen oder [heinbaren Ausnahmen von diefer Re⸗ 
gel aufzuzaͤhlen und kritiſch zu beleuchten, ift Sache des theoretis 
fhen Chemilers; aber das Geſetz und ben daraus zu ziehenden 
maftifchen Nugen kennen muß felbft der wiſſenſchaftliche Techniker, 
der nicht weiter in die chemifchen Lehren einzubringen verlangt, 
als fie fich für ihn fruchtbar zeigen. Die für den gegenwärtigen 
Zweck nöthige Behandlungsart des Gegenſtandes ergibt ſich hieraus 
von ſelbſt. 

Die einfachen Verbindungs⸗ oder Miſchungsberhältniſſe ſind 
Wefonders bei gasfoͤrmigen Körpern ſehr in die- Augen -fallend. 
Man fennt bis jegt vier einfache Stoffe, welche in ihrem gewoͤhn⸗ 
lichen Juſtande die Gas⸗ oder Luftform haben; und diefe vereinigen 
fh, um chemiſche Verbindungen zu bilben, ſtets fo mit einander, 
daß ı,2, 3 Raumtheile (Wolumina) des einen auf ı Raumtheil 
(Volumen) des andern, oder 3, 5; 9 Naumtheile des erftern auf 
3 Rh. des legtern kommen. 

Es bilden nähmlich: 


3 Reh. Waſſerſtoffg. mit ı Rth. Sauerſtoffg.: Waſſer, 

2» Stickgas »ı » 2) : Oxyd. Stickgas, 
1» » >» 1» » : Salpetergad, 
>» » »3» » _  :Unterfalpetr. Säure, 
ı >» » » 3» » : Galpetrige Säure, 
>» r »5 » » : Salpeterfäure, 

ı > » » 3 » Waflerfloffg. : Ammoniak, 

» »Chlorgas » 1 » Sauerfioffg. : Chlororydul, 

. > » „ 3°» » — 

1 >» » »” al» » } Chloroxyd, 

I» » »5 » 2» 000. Chlorfäure, 

ı» » »7» » : Oxyd. Chlorfäure, 
ı» » » 1 » Wafferfloffg. : Salzfäure, 

I» » » ı » Ötidgad : Ehlorftictoff. 


Hehe Einfachheit und Regelmaͤßigkeit bene man bei der Ver⸗ 


122 Aequivalente. 


einigung zuſammengeſetzter Gasarten mit andern, ſowohl cinfa- 
chen als zuſammengeſetzten Gaſen. So eutſteht: 


aus ı Rth. Cyangas 
Blauſaͤure in ı » MWafferftoffgas, 
| aus a » Kohlenorydgas 
Koplenjäure : i > ı » Bauerftoffgas, 
| aus ı » Kohlenorydgas 
Phosgengad . 2 P nd 2» Chlorgas, 
ı » öhlbildendem Gab 
Chlor⸗ Kohlenwaſſerſtoff mb ı =» Chlorgas, 
ı » Sohlenfaurem Gas 
Kohlenſaures Ammoniaf > und 2 » Ammoniafgas, 
: (aus ı =» falzfaurem Gab 
Salmit. Yun ı » Ammoniakgas. 


Bei gleihen räumlichen Mengen verfchiedener Körper. druͤ⸗ 
den die fpezififchen Gewichte derfelben das Verhaͤltniß der abſolu⸗ 
ten Gewichte aus. Es ift daher leicht, die Raumtheile auf Ges 
wichttheile zu reduziren. Denn fept man das Gewicht irgend eines‘ 
zur Vergleichung beliebig gewählten Raumtheiles von einem der 
Safe = 100 (Grane oder andere beliebige Gewichttheile), fo er⸗ 
gibt fi durch Berechnung einfacher Proportionen das Gewicht 
eines eben folchen Raumtheiles von jedem andern Gaſe (in Gra⸗ 
nen, oder überhaupt in den nähmlichen Gewichttbeilen ausgedrüdt). 
Man Iaffe 3. ©. das Gewicht 100 für ı Rth. Sauerftoffgas gel⸗ 
ten. "Das fpezifiiche Gewicht des Sauerftoffgafes ift = 1.1026 
(mit jenem der atmofphärifchen Luft ale Einheit verglichen) ; das 
Waſſerſtoffgad hat ein fpezififches Gewicht — 0.0688, das Stick⸗ 
gas — 0.976, das Chlorgad — 2.44: daher wiegt der. nähmliche 
Raumtheil von Waflerftoffgas 6.24, von Stidgas 88,52, von 
Chlorgas 231.32 ; weil 

1.1026 : 100 == 0.0688 : 6.24 
== 0.976 : 88,52 
== 2.44 : 2321.38. | 
| Da diefe Zahlen die Gewichte der gleich großen Raumtheile 
ausdrüden, fo fönnen fie auch anflatt dieſer gefebt werden; und 
fo wie ſich die genannten, vier Stoffe nach einfachen Zahlen der 


Beflimmung der Hequivalente. 123 


Kasmiheile unter einander verbinden, fo verbinden fie ſich auch 

sad den angegebenen Sewichtmengen, welche entweder einfach 
genommen, oder mit 2,3, u. f. w. multipliziert werden muͤſſen. 
ir. ganz einerlei, ob angegeben wird, daß im Waſſer 
ı Raumtheil Sauerfloff mit 2 Ranmtheilen Waflerftoff vereinigt 
fg, oder daß dasfelbe aus ı Mahl 100 (= 100) Xheilen Sauer⸗ 
Roff und 2. Mahl 6.24 (— 12.48) Theilen Waflerfloff, dem Ges 
wichte nach, beſtehe. Die folcher Geftalt den vier einfachen Ga⸗ 
fen beigelegten Gewichte, uach welchen fie in chemifche Verbin⸗ 
dungen oder Mifchungen eingeben, nennt man ſehr paflend ihre 
Miſchungsgewichte. Mannennt fie auch hemifche Aequi⸗ 
valente, weil fie fämmtlich einer gleichen Größe (naͤhmlich einem 
Raumtheile oder Volumen) entfprechen, und fomit gleichjam 
einerlei Werth bei der Bildung von hemifchen Zuſammenſe⸗ 
hungen haben. Diejenigen Naturforfcher, welche fich alle Körper 
aus gewiſſen, äußerft Fleinen Theilchen, welche Atome beißen, 
jufommengefept denfen, nehmen an, daß dad Gewicht diefer 
Atome bei verfchiedenen Körpern in eben dem Verhaͤltniſſe ftehe,- 
welches zwifchen den Mifchungsgewichten Statt findet, und nen« 
nen diefe Tegtern Atomgewichte. Ein Atom des Waflerfioffs 
wiegt nach Diefer Anficht 6.24, wenn das Gewicht eined Sauer: 
ſtoff⸗ Atoms durch 100 ausgedrüdt wird; und dieſe Zahlen fönnen 
tihtig feyn, wenn es die atomiftifche Anficht überhaupt ift, weiß 
fie nur das verhältnißmäßige, Feineswegs das abfolute Gewicht 
der Atome angeben follen. Die Lehre, welche fich mit der Bes 
kimmung der Atom⸗ oder Mifchungsgewichte (Aequivalente), und 
mit der Auseinanderfegung der daraus fließenden Gefege befaßt, 
wird Stöchiometrie genannt, Sie ift ein Theil der theoretis 
ſchen Chemie. 

Es iſt nicht möglich, die Wiiſchungsgewichte aller einfachen 
Stoffe auf dem fo eben bezeichneten Wege zu finden, weil, wie 
gefagt, nur die oben genannten vier in ihrem gewöhnlichen Zu⸗ 
Rande die Gasgeſtalt befigen. Überdieß unterliegt die genaue Be- 
fimmung bes fpezififchen Gewichtes der Bafe (auf welche bier 
Aled ankommt) oft bedeutenden Schwierigfeiten. Aber durch 
mancherlei Betrachtungen, welche die Unterfuchung und Verglei⸗ 
Yung der chemifchen Verbindungen an. die Hand gibt, laͤßt fich 


124 Aequivalente. 


in den meiſten Faͤllen mit groͤßter Wahrſcheinlichkeit die relative 
Bahl von Raumtheilen oder Atomen ber Beſtandtheile ausfindig 
machen, welche in zufammengefepten Körpern enthalten find; und 
wenn man dann nur durch genaue Analyfen das Verhaͤltniß der 
Beltandtheile nach dem Gewichte weiß, fo Täßt fi) daraus leicht 
das Miſchungs⸗ oder Atontgewicht berechnen. Dan wählt zu dies 
fen Beftimmungen gewöhnlich die Verbindungen der Körper mie 
Sauerftoff, weil diefe am häufigften vorfonmen, bie meiften Zus 
ſammenſetzungen eingeben, und leichter. als viele andere analyfirt 
werden fünnen. Dad Verfahren bei der Berechnung foll an eini= 
gen Veifpielen gezeigt werden, damit die Vergleichung dieſes We⸗ 
ge6 mit dem obigen möglich werbe. 

Wafferftoff. Das Waller befteht, nach den genaueften 
Analyfen, in 200 Gewichttheilen aus 88.91 Sauerfloff und 11.09 
Waſſerſtoff. Man weiß, daß das Waffer Durch die Vereinigung 
von ı Raumtheile Sauerftoff mit 2 Raumtheilen Wafferftoff ge⸗ 
bildet wird; es wiegen daher = Rth. Waflerftoff 11.09, wenn 
1 Rth. Sauerftoff 88.91 wiegt. Drüdt man aber das Gewicht des 
legtern, wie oben gefchehen ift, Durch 100 aus, fo ift das Gewicht 
von 2 Rth. Waflerfloff, aus der Proportion 88.91: 100 = 11.09 
x berechnet, == 12.48, mithin das Gewicht eines Rth. = 6.24. 

Stidftoff. Um Salpeterfäure zu bilden, vereinigen fich 
2 Rth. Stickgas mit 5 Rth. Sauerfloffgad; dem Gewichte nach 
beſteht aber die Salpeterfäure in 100 Theilen aus 26.15 Stickſtoff 


und 73.85 Sauerfioff. Ein Rth. Stickſtoff wiegt Demnach 26.15 





== 13.075, wenn ı Rth. Sauerftoff * = 14.77 wiegt. Um 


wieder dad Gewicht des Sauerftoffs auf 100 zu bringen, fest man 
folgende Proportion: 14.77 : 100 = 13.075 :x, und hieraus 
findet man das Mifchungögewicht oder Aequivalent des Stickſtoffs 
== 88,52. 

- Schwefel. Die.\Schwefelfäure befteht in 100 Theilen, 
dem Gewichte nach, aus 40.14 Schwefel und 59.86 Sauerftoff, 
und enthält, den wahrfcheinlichften Vermuthungen nad, ı Volum 
oder Mifchungsgewicht Schwefel gegen: 3 Rth. Sauerſtoff. Da⸗ 
ber ift das Mifchungsgewicht des Schwefeld = 40.14, wenn jenes 


Beſtimmung der Aequivalente. - 125 


des Gauerſtoffs — == = 19.953 ift; und ſetzt man letzteres 


auf ıoo, fo wird, * der — 19.953: 100 = 40.14: x 
herechnet, das erfiere = 201.17 


Kupfer. Sm — hat man durch genaue Analy⸗ 
fen 20.17 pr. Et. Sauerſtoff gegen 79.83 pr. Ct. Kupfer gefunden. 
Beun, wie ed wahrfcheinlich iſt, jeder dieſer Beftandtheile ı Mi⸗ 
ſchungsgewicht oder Aequivalent ausmacht, fo findet man durch 
die Proportion 20.17 : 100 = 79.83 : x das Mifchungdgewicht 
des Kupfers — = 395.7, wenn jened ded Sauerſtoffs — 100 vors 
ansgeſetzt wird. 

Da die Zahlen der Mifchungsgewichte ſtets nur ein Verhaͤlt⸗ 
np, Feine abfolute Größe ausdruͤcken, fo ift ed nöthig, fie ſaͤmmt⸗ 
lich auf eine unter ihnen ald Maßſtab gewäßlte zu beziehen; gerade 
wie bei der Angabe des fpezifiichen Gewichtes der Körper alle die 
Zahlen, Durch weiche man dasfelbe ausdrüdt, auf das als Ein» 
heit gefegte fpezififche Gewicht des Waſſers oder der Luft bezogen 
werden. So wie man aber hier auch jeden andern Körper für . 
diefen Zweck Hätte wählen, und fein fpezififched Gewicht durch eine 
andere Zahl ald ı hätte bezeichnen fönnen; fo ift auch die Wahl 
des als Maßſtab für die Zahlen der Mifchungsgewichte dienenden 
Körpers , und die ihm beizulegende Zahl, der Willfür überlaffen. 
Hinſichtlich des erften Punftes weichen die Chemifer darin von 
einander ab, daß einige den Sauerftoff, andere den Wallerftoff 
gewählt Haben. Die letzteren bezeichnen das Mifchungsgewicht 
des Waſſerſtoffs immer mit 1; erftere das des Sauerftoffs bald 
mit 1, bald mit 10, bald (und zwar am gewöhnlichften, daher 
dieß auch in den obigen Beifpielen gefchehen ift) mit 100, wonach 
andy die Zahlen der übrigen Körper verfchieden ausfallen. Eine 
fernere Urſache, daß nicht alle Chemiker die Zahlen der Miſchungs⸗ 
gewichte in übereinſtimmung annehmen, liegt in der Unſicherheit, 
welche immer in einem gewiſſen Grade darüber herrſcht, wie viele 
Miſchungsgewichte die chemiſchen Verbindungen von jenen ihrer 
Beftandtheile enthalten, die ſich nicht in Gasgeſtalt darftellen 
laſſen. Es iſt 5. B. einleuchtend, daß im oben angeführten Beir 
piele das Mifchungsgewichtdes Kupfer doppelt fo groß gefunden 
worden wäre, wenn man hätte vorausfegen wollen, daß das Oxyd 


126 Yequivalente: 


dieſes Metalles a Miſchungsgewichte (oder Rth.) Sauerſtoff gegen 
ı Miſchungsgewicht Kupfer enthalte. Zweifelhafte Säle dieſer 
Art fommen häufig vor, da die allermeiften einfachen Stoffe feit 
oder tropfbar flüflig, mithin mit den Gaſen durch Meilung nicht 
vergleichbar find. 

In der nun folgenden Tafel findet man die Aequivalente, 
Miſchungs⸗ oder Atomgewichte fämmtlicher einfachen Stoffe nach 
den neueften und zuverläßigften Beſtimmungen angegeben, und 
zwar nicht nur in Beziehung auf den Sauerftoff als 100, fondern 
auch in Beziehung auf den Wafferftoff, wenn derfelbe zur Einheit 
genommen wird. Die beigefegten Buchitaben find die Zeichen, 
durch welche die einfachen Stoffe in den fpäter zu erflärenden ch e⸗ 
mifhen Formeln vorgeftellt werden: fie find aus den. An⸗ 
fongsbuchftaben der Tateinifhen Benennungen, im nöthigen Balle 
mit Hinzufügung noch eined Buchftabens, gebildet. 



























Napmen & Yequivalent 
der Stoffe = Sauerftoff | —— 
cn == 100 

Sauerftoff O 100 16.03 
Waſſerſtoff H. 6.24 1 

Stickſtoff N 88.58 ' 14.19 
Schwefel 8 201.17 32.24 
Phosphor pP 196.16 31.44 
Chlor Cl 321.38 . 35.47 
Brom Br 489.15 8.39 
Jod I 789.14 126.46 
Sluor . F 116.90 18.73 
Kohlenftoff C 76.44 12.25 
Sr . B 135.98 21.79 
Silicium Si 277.48 44.47 
Selen. Se 494.58 79.26 
Arfenif : As 470.04 75.33 
Chrom . Cr 351.82 56.38 
Molybdän Mo 598.52 95.92 
Wolfram w 1183.20 189.62 
Antimon Sb | . 806.45 129.24 


Aequivalente der einfachen Stoffe, 127 


Aeq nivalent 





Nahmen 
der Stoffe. 





JTellur. 


Te 806.45 129.24 
| Zantal . F Ta 1153.71 184.90 
| Titan 5 Ti 308.69 48.67 
| Dömium. 2 Os 1244.21 199.39 
Sb . i Au 1243.01 199.21 
| Iridium . Ir 1233.26 197.64 
| Rhodium . R E 651.40 104.39 
| Platin . . Pt 1233.26 197.64 
Palladium . Pd 665.84 106.70 
| Quediilber - Hg 1265.82 202.86 
Silber . . Ag 1351.61 216.61 
Sfr -. Cu 395.70 63.48 
Un . V 2711,36 434.53 
| Zismuth j Bi 1330.38 313.21 
| In . Sn | 735.29 | 117.84 
Be . . Pb 1294.50 .| 207.46 
J Kadmium Cd 696.77 1121.66 
| in... Zn 403.23 64.ba 
| Kobalt . Co 368.99 59.13 
NdE . Ni 369.67 59.24 
|&fen . - Fe 339.21 54.36 
| Mangan . Mn 355.79 57.03 
tr . » Ce 574.73 92.10 
Aumium . Al 271.17 37.43 
Zirkonium Zr 420.24 67.35 
| Yteium Y 401.84 64.39 
| Serplium « Be 331.48 53.12. 
| Magnum . Mg 158.35 25.38 
| Kalzium. Ca 356.02 41,03 
| Steontium " . Sr 547.28 87.71 
| Baryum . Ba 856.88 137.38 
| Eithium . .. L 127.76 20.47 
' Natrium . « Na # 3290.90 46.62 | 
| Kalium . K 489.92 , 78.52 


128 Aequivalente. 


Nach diefen Mifchumgsgewichten vereinigen fich Die einfachen 
" Körper dergeftalt, daß das Mifhungsgewicht eined jeden unter 
ihnen für die Verbindungen mit allen übrigen Körpern gültig ift. 
Der einfachfte Fall, welcher bei folhen Verbindungen Statt has 
ben faun, ift der, daß darin von jedem der Beftandtheile gleich 
viele Mifhungsgewichte oder Aequivalente enthalten find, fo daß 
man fich ı Atom de8 einen Körpers wieder mit ı Atgme des an« 
dern Körperd vereinigt denfen muß. Dieß ift aber keineswegs die 
einzige Verbindungsart ; fondern fehr häufig nimmt 1 Atom oder 
Mifchungdgewicht des einen Stoffes 2, 3, oder mehrere Atome 
oder Mifchungsgewichte eines andern Stoffes auf; zuweilen end- 
lich vereinigen fi auch zwei Stoffe in der Art, daß die Verbin: 
dung a Atome des einen Beflandtheild gegen 2,3, 4, 5 oder 6 
Atome des andern enthält. Beiſpiele zu allen diefen Faͤllen find 
Die folgenden: on : 

Im Eifenorydul ift ein Atom (Mifhungsgewicht) = 339. ı 
Eifen mit ı Atom = 100 Sauerftoff verbunden. Die fchwefliche 
Säure enthält auf ı Atom — 201.17 Schwefel 2 Atome — 200 
Sauerftoff, die Schwefelfäure auf eine glei „e Menge Schwefel 
3 Atome = 300 :Sauerfloff; das Cyan auf 2 Atome — 177.04 
Stickſtoff 2., Atome = 152.88 Kohlenſtoff; das Eifenoryd auf 2 
Atome = 678.42 Eifen 3 Atome = 300 Sauerftoff; die Salpeter« 
fäure auf 2 Atome = 177.04 Stickſtoff Atome = 500 Bauer- 
ſtoff; dad Ammoniaf auf eben diefe Menge Stickſtoff 6 Atome 
== 37.44 Waſſerſtoff, u. ſ. w. 

Auch wenn mehr als zwei einfache Körper fich vereinigen, 
fo gefchieht dieß nach den vorjtehenden Mifchungsgewichten, vder 
nach Vielfachen derfelben. Jeder Stoff geht dabei nach dem ihm 
eigenthümlichen Miſchungsgewichte in die Verbindung ein, unab⸗ 
haͤngig von allen übrigen zugleich vorhandenen Beſtandtheilen. 
Die Verhältnigmenge,* in welcher ein zufammengefepter Körper 
fi) mit anderen zuſammengeſetzten Körpern vereinigt (d. h. fein 
Mifhungsgewicht oder Aequivalent) findet. man daher. durch Addi- 
tion der Mifchungdgewichte feiner Beftandtheile. 3. 8. das Eifen- 
orydul beſteht aus ı Mifchungsgewihte. —= 339.21 Eifen und 
ı Mg. — 100 Sauerftoff; die Schwefelfäure aus Mg. 201.17 
Schwefel und 3 Mg. = 300 Sauerfloff; und wenn ſich ‚beide 


Stöchiometrifche Geſetze. 129 


miteinander verbinden, fo gefchieht dieß in dem Verhaͤltniſſe von 

50.17 Schwefelfäure und 439.21 Eifenorydul, weil Eifen und 
Eqnefel gerade fo mit den ihnen eigenthümlichen Miſchungsge⸗ 
wihten 339.21 und 201.17 in die Verbindung eingehen, als ob 
kin Gauerſtoff vorhanden wäre. Finden zwifchen zufammengefep- 
ten Körpern mehrere Verbindungen in verfchiedenen Verhältnijfen 
Btatt, fo find fie, aus eben diefem Grunde, wieder nach Vielfa⸗ 
hen der Mifchungdgewichte zuſammengeſetzt. So ift z. B. daß ' 
Rg. der Schwefelfäure = 501.17 (1 Mg. Schwefel = 201.17 
+IMg. Sauerftoff = 300), jenes des Kali = 589.92 (1 Mg. 
Kalium = 489.92 + ı Mg. Sauerjtoff= 100). Kali und Schwer 
felfäure vereinigen fi), und bilden ein neutraled und zwei faure 
Salze: das neutrale oder einfach: fchwefelfaure Kali enthält auf 
ı Mg = 589.92 Kali ı Mg. == 501.17 Schwefelfäure; das an- 
derthalb- fchwefelfaure Kali auf 2 Mg. — 1179.84 Kali 3 Mg. 
= 1503.51 Schwefelfäure; und das doppelt: fchwefelfaure Kali 
aufı Ma. Kali a Mg. = 1002.34 Schwefelſaͤure. 

Aus dem flöchiometrifchen Grundgeſetze: daß die Stoffe fidy 
nach ihren einfachen oder mehrfach genommenen Mifchungsgewich- 
ten unter einander verbinden, fließen mehrere für Die theoretifche 
Chemie und zum Theile felbit für praftifhe Zwede wichtige Fol⸗ 
gerungen: 

1) Wenn zwei Stoffe in mehr ald Einem Verhaͤltniſſe ſich 
mit einander verbinden, fo find die Quantitäten des einen Stoffes, 
welhe von einer gewijlen Menge des andern‘ aufgenommen wers 
den, zu einander in einem folchen Verhaͤltniſſe, daß fie ſammtlich 
der kleinſten unter ihnen durch die Multiplikation mit 12, 2, 

3;,3,4 und anderen ganzen Zahlen entfichen. So bildet der 
— mit dem Sauerſtoffe vier Verbindungen, welche auf 100 
Theile Schwefel nachſtehende Mengen von Sauerſtoff enthalten: 
Die unterſchwefliche Säure (ı Mg. Schw. + 1 Mg. S.) 49.7(1) 
Die hweflihe Säure (1 Mg. Schw. - 2 Mg. ©.)| 99.4 (2) 
Die Unterfchwefelfäure (a Mg. Schw. 5Mg. S.) 124.2 (25) 
Die Schwefelfäure (1 Mg. Schw. + 3 Mg. ©.) 149.1 (3). 
Jn den vorhin angeführten drei Arten des ſchwefelſauren Kali ver- 
halten fich die mit einer gleichen Menge Kali verbundenen Mengen 
bom Schwefelfäure wie die Zahlen ı , 15, 2; 4. f. w. 

Ugmel. Encyclop. 1: 0% 9 


130 Aequivalente. 


a) Wenn zwei zuſammengeſetzte Körper ſich mit einander 
vereinigen, welche einen Beftanbtheil gemeinfchaftlih haben; fo 
ift die Menge dieſes Beftandtheild in dem einen Körper entweder 
der Dienge desſelben in dem andern Körper gleich, ober ein Viel⸗ 
faches derfelben mit 12, 2, 22, 3, 4, 5, u ſ. w. So beſteht z. B. 
das Fohlenfaure Natron aus ı Mg. — 390.9 Natron und ı Mg. 
== 276.44 Kohlenfäure, oder in 100 Theilen aus 

58.58 Natron, welche Sauerftoff enthalten 14.99 (1) 

41.42 Koblenfäure, » > ”» 20.98 (2) 

Hier ift alfo der Sauerſtoff⸗ Gehalt der Kohlenfäure das Zweifache 
von jenem des Natrond. Diefes Geſetz gilt auch für mehr als 
zwei fich vereinigende Körper, wenn Diejelben einen Beftandtheil 
gemein haben. Wenn z. ©. das kohlenſaure Natron kryſtalliſirt, 
fo nimmt ı Mg. des wailerfreien Salzes 10 Mg. Kryftallwaffer, 
dder 100 Theile nehmen 168.5 Theile Wailer auf, welche 149.9 
Sauerftoff enthalten. Diefe Sauerfloff-Menge it das Zehnfache 
von jener des Natrond. 

Der Sauerftoff ift jener Körper, an welchem diefes Geſez 
am öfteften zu beobachten ift, und zwar insbefondere in den Sal⸗ 
zen, bei welchen ſtets zwifhen Säure und Baſis ein einfaches Ver« 
haͤltniß der Sauerftoff: Mengen Statt findet. Diefed Verhaͤltniß 
ift bei allen auf gleicher Saͤttigungsſtufe flehenden Salzen einer 
und der nähmlichen Säure immer unveränderlich das nähmliche. 
So enthält die Säure in den neutralen fohlenfauren und fchweflich“ 
fauren Salzen 2 Mahl, in den neutralen phosphorfauren und ar⸗ 
feniffauren Salzen 25 Mahl, in den neutralen fchwefelfauren 
Salzen 3 Mahl, in den neutralen falpeterfauren Salzen 5 Mahl, 
in den neutralen borarfauren Salzen 6 Mahl fo viel Sauerftoff, 
als die damit verbundene Bafid. Jede Säure verlangt daher in 
der von ihr zu neutralifirenden Baſis eine gewiffe Menge Sauer: 
floff; und nur von diefer letztern haͤngt es ab, wie viel von einer 
Baſis durch. eine angegebene Menge einer Säure neutralifirt oder 
gefättiget werden kann. Die Fähigkeit der Säuren, gerade eine 
beftimmte Menge Bafis zu fättigen, nennt man ihre Sätti gung 
Kapazität; und diefe wird, der leichten Vergleichung wegen, 
ausgedrückt Durch die Menge Sanerftoff, welche in der von 100 
Gewichttheilen der Säure gefättigten (neutralifirten) Baſis enthale 


Stöchiometriſche Geſetze. 151 


ter ſud. Wenn alfo die Sättigungs» Kapazität der Koblenfäure 
=3%.17 angegeben wird, fo heißt dieſes, daß 100 Theile Koh⸗ 
bafänre, um mit irgend einer Bafis ein neutrales Salz zu bilden, 
gerade mit einer folchen Menge derfelben fich verbinden, welche 
3.17 Sauerftoff enthält. Diefer Umftand ift Urfache, daß eine 
gleiche Menge der nähmlichen Säure, um neusralifirt zu werben, 
fo ungleiche Mengen von den verfchiedenen Bafen aufnimmt, So 
werden 100 Theile Kohlenfäure neutralifirt Durch 141.39 Nateon, 
213.37 Kali, 128.77 Kalk, 346.1 Baryt, 504.39 Bleioryd, und 
in jeder diefer Quantitäten find 36.17 Ih. Sauerftoff enthalten. 
Die Sättigungs- Kapazität ber Sduren ift fehr ungleich; fie beträgt 
z. ©. für die Schwefelfäure 19.95, für die Phosphorfäure 22:4 1 
für die Salpeterfäure 14.77, für die Borarfäure 11.47, u: f. w. 

3) Wenn zwei mit einander in Verbindung befindliche Koͤr⸗ 
rer ſich gleichzeitig mit einem dritten Körper, und insbefondere 
mit Sauerftoff, vereinigen, fo entitehen die new fich bildenden 
Zufammerfegungen gerade in folcher relativer Menge, daß, wenw 
fie der Vereinigung mit einander fähig find, von feiner ein Übers 
ſchuß bleibt. Dieſer Sal tritt z. B. ein bei der Orydation der ges 
röfteten Schwefeltiefe, wenn man Eifenvitriol aus denfelben bes 
reitet. Diefe Kiefe beftehen, nachdem durch das Röften ein Theil 
ded Schwefels entfernt worden ift, größten Theild aus Schwefel: 
äfen, welches ı Mg. = 339.21 Eifen gegen ı Mg. = 201.17 
Schwefel enthält. Bei der Verwitterung wird durch beit Sauers 
ſtoff der Luft das Eifen in Eifenorydul (Mg: — 439.21) und der 
Schwefel in Schwefelfäure (Mg. = 501.17) verwandelt: dieſe 
beiden find dann gerade in jenem Verhaͤltniſſe vorhanden, In wels 
chem fie fich zu fchwefslfaurem Eifenorydul vereinigen koͤnnen. 

4) Umgekehrt gefchieht es, daß, wenn jwei mit einander vers 
bundenen ospdisten Körpern der Sauerſtoff entzogen wird, die 
ruͤckſtaͤndigen Grundlagen der Oxyde wieder eine Verbindung mit 
einander bilven, ohne daß ein Theil der einen oder Dee andern 
überſchüſſig iſt. So bleiben nady dem Erhitzen des chlorſauten 
Kali, wobei der Sauerſtoff dieſes Salzes ſich entwickelt, Chlor 
und Kalium gerade in jener verhaͤltnißmaͤßigen Menge zuruͤck, bei 
welher fie Chlorkalium bilden. Denn » Mg. dylorfaures Kali 
zu 1539.56 enthält ı Mg. == 943.64 Chlorfäute und 1 Mg. 

, 9* 


132 Aequivalente. 


= 589.93 Kali. In der Säure ſind Mg. — 448.64 Chlor; 
im Kali ift ı Mg. = 489.92 Kalium: und ı Mg. Kalium erfor- 
dert, um in Chlorfalium verwandelt zu werden, eben a Mg. Chlor. 

5) Wenn zwei Körper durch doppelte Wahlverwandtſchaft 
ſich gegenſeitig zerſetzen, ſo werden neue Verbindungen gebildet, 
obne daß von einem der Beftandtheile ein Überfchuß bleibt. 3.8. 
wenn zur Bereitung des Schwefelwaſſerſtoffgaſes verdünnte Schwe⸗ 
felfäure auf Schwefeleifen gegoffen wird, fo zerlegen fich das Waf- 
fer der Säure und dad Schwefelmetall gegenfeitig. Ein Mg. 
— 540.38 Schwefeleifen enthält ı Mg. = 339.21 Eifen gegen 
ı Mg. = 201.17 Schwefel. Ein Mg. Schwefel verlangt zur 
Umwandlung in Hydrothionfäure 2 Mg. — 12.48 Wafferitoff; 
um diefe zu verfchaffen muß ı Dig. Waller = 112.48 zerlegt wer- 
den, und ı Mg. Sauerftoff (— 100), welches in legterem ent⸗ 
halten ift, reicht gerade hin, das Eifen in Orydul zu verwandeln, 
welches fich hierauf mit der Schwefelfäure verbindet. Bei der 

‚wechfelfeitigen Zerlegung der Salze tritt der nähmliche Fall ein; 
und daher entfliehen aus zwei neutralen Salzen durch doppelte 
Wahlverwandtfchaft faſt ohne Ausnahme wieder zwei neutrale 
Salze. Als Beifpiel kann die Zerlegung des Fohlenfauren Ammo- 
niaks durch Gyps in der Salmiaffabrifation dienen. Es befteht 
ı Mg. = 490.92 kohlenſ. Ammoniaf 
aus 
276.44 Soblenfäure . .. 914.48 Ammoniak; 
Mg. = 857.19 Gyps 

aus 

350.02 Kalt..... 501.17 Schwefelfäure; 
und wenn dieſe beiden Salze ſich zerfegen, fo findet jede Säure 
genau wieder fo viel Baſis, als fie bedarf; denn 276.44 Kohlen⸗ 
fäure werden durch 356.02 Kalf, und 501.17 Schwefelfäure Bun 
314.48 Ammoniaf neutralifirt. 

Um die Art der Verbindung und das Mengenverhältniß der 
Beftandtheile in zufammengefegten Körpern leicht überfehen zu Fön 
nen, bedient man fich mit Vortheil gewifler, aus Buchftaben und 
Zahlen gebildeter Formeln, welche einiger Maßen die Stelle 
der. bei den Altern Chemifern üblich gewefenen Zeichen vertreten, 
obfchon fie im Grunde einen verfhiedenen Zweck haben, und dies 


Chemifche Kormeln. 133 


ſchen an Zweckmaͤßigkeit und wirffichem Nugen weit übertreffen, 

Es A bereits oben in der Tabelle der einfachen Stoffe angezeigt 
saden, daß man für jeden diefer Stoffe einen, auch zwei Buch- 
Baben als Zeichen gewählt hat, um abgefürzt den Nahmen desſel⸗ 
ben audzudbrüden ; und fo wie durch Addition der Miſchungsge⸗ 
wihte einfacher Körper die Mifhungsgewichte ihrer Zufammen- 
kungen entfichen, fo auch werden durch Nebeneinanderftellung 
imes Zeichen die Sormeln der chemifchen Verbindungen gebildet. _ 
Ganz alleinſtehend naͤhmlich ift das Zeichen eines Stoffes nicht bloß 
ein Mittel zur abgefürzten Darftellung feines Nahmens; fondern 
ed drückt zugleich aud) die Menge, nähmlid Ein Mifhungs- 
gewicht, Atom oder Aequivalent aus. Die Verbindung aus 
zwei einfachen Stoffen wird durch einfaches Nebeneinanderfegeu 
ißrer Zeichen angedeutet; aber die Formel Cu S z. B. fagt mehr 
aus, als dag man. fich. Darunter eine Verbindung von Schwefel 
mit Kupfer zu denfen habe: fie beftimmt zugleich, dad ı Mg. 
ee 395.7 Xheilen Kupfer mit ı Mg. = 201.17 Th. Schwefel ver- 
einig fey. Geht ein Beflandtheil, oder gehen beide Veftandtheile 
ju mehr ald ı Mg. in die Zufammenfegung ein, fo wird dieſes 
duch Zahlen angezeigt, welche man, gleich den Potenz: Erponen- 
ten in der Algebra, oben rechts neben das Zeichen ſetzt. So be= 
zeichnet Cu? S eine Verbindung von 2 Mg. — 791.4 Kupfer und 
1 Vgs. — 208.17 Schwefel; HCl ein Mg. Kalium = 489.92 
und 3 Dig. Chlor — 442.64; As? S® zwei Mg. = 940.08 Arfe: 
nik und 3 Mg. = 603.51 Schwefel. Hierbei erlaubt man fich 
jwei außerordentlich bequeme Abkürzungen, welche den Überblid 
noch erleichtern. Die erfte befteht darin, dag man in Sauerftoff- 
Verbindungen, welche fo ungemein häufig vorfommen, die Mi- 
ſchungsgewichte des Sauerftoffd durch Punfte anzeigt, welche 
man über das Zeichen ded orpdirten Körpers feßt; Die andere, daß 
man, um ein Doppeltes Mifchungsgewicht anzuzeigen, den großen 
Buchſtab des Zeichens durchitreicht, und dafür den Erponenten 2 


weglößt. Es wird alfo Fe für Fe 0,5 fir SO°, N für N, 


ds SS für As? S®, Fe für Fer Os geſetzt. ZE, welches dad Zei- 
hen des Waſſers ift, wird, des leichtern Schreibens wegen, ges 
wöhnlich durch Ag. (Aqua) ausgedrüdt. Ein Exrponent bei einem 


154 ' Yequivalente. 


Zeichen, über weichem fich Punkte befinden, multipfizirt ſowohl 
Die Mg. ded Radikals ale jene des Sauerftoffs, überhaupt Das 


Mg. des Oxydes. Daher ift Er: wefentlich verfchieden yon Er; 
erfteres bedeutet 3 Mg. Chromfäure (2 Mg. Chrom + 6 Mg. 
Sauerftoff), Tehtered.ı Mg. Chromoryd (2 Mg. Chrom +3 Mg. 
Sauerftoff). Auf gleiche Weife verfährt man in der Nebeneinan 
berftellung der Zeichen, wenn drei einfache Körper in Verbindung 
treten, wie die in der organifchen Natur gewöhnlich If. ENG 
drückt eine Zufammenfebung aus 2 Mg. Wafferftoff, 2 Mg. Stid« 
ftoff und a Mg. Kohlenftoff (Die Blauſaͤure) aus, deren Mg. alfo 
= 342.40 ſeyn wird. Sauerftoff-Aquivalente, welche in ſolchen 
breigliedrigen Formeln vorfommen, koͤnnen nicht durh Punkte 
angegeben werden, weil fie nicht mit einem der andern Stoffe 
ausſchließlich, ſondern mit beiden gemeinſchaftlich verbunden ſind; 
man bedient ſich alfo des Buchſtabens O, Daher iſt die Formel für 
die Eifigfäure (welche 6 Mg. Waſſerſtoff, 4 Mg. Kohlenftoff und 
3 Mg. Sauerftoff enthält) H°C*+O?, ihr Mg. = 643.2. Die 
Zeichen oxydirter Körper werden gleich jenen der einfachen Stoffe 


‚Durch bloßes Nebeneinanderftellen verbunden. So bedeutet Fe S 
fchwefelfaures Eifenorpdul (1 Mg. Eiſenorydul — 439.2: + ı 


Mg. Schwefelfäure — 501.17); Fe 5° fehwefelfaures Eifenoryd 
(1 Mg. Eifenoryd = 978.42 +3 Mg. Schwefelfäure= 1503.51). 
Hat man das Mifchungsgewicht eined zufammengefegten Körpers 
mehrfach zu nehmen, fo wird dieß durch eine links der Formel vor- 
gelebte Zahl angedeutet, die Formel felbft mag nun ein⸗, zweis 
oder dreigliedrig feyn. Diefe wie ein algebraifcher Koeffizient an⸗ 
gebrachte Zahl multipliziert alle ihr zur Rechten folgenden Theile 
der Sormel, und nicht bloß das unmittelbar nach ihr folgende 


Glied. So fchreibt man a oder 2 Ag. für H: (2 Mg. Waffer), 
3KS(3 Mo. Schwefelkalium, weldhe aus 3.Mg. Kalium und 
3 Mg. Schwefel beftehen), 12 AsS’ (12 Mg. Schwefelarfenif, 
weldhe 24 Mg. Arfenif und bo Mg. Schwefel enthalten); u. f. f. 
Verbinden fich endlich mehrere fchon zufammengefeßte Körper wie⸗ 
der mit einander, fo fchreibt man zwar, um diefe Verbindung 
auszudräden, die einzelnen Sormeln neben einander, febt aber 


Chemiſche Formeln. 155 


mwiſcer dieſelben Das Additivnszeichen 4, um felcher Geſtalt 
eine Überficht der nächften zufammengefepten Setanhthelle ju ges 


mimen. So iſt Ca 4 Aq. öder Ca Ag. Kalthydrat Mg. Kalt 


+ı Mg. Waſſer), NaC + 10 Ag. kryſtalliſirtes kohlenſaures 
Natron (3 Mg. Natron, ı Mg. Kohlenſaͤure, 10 Dig. Waſſer), 
ui. w. Als ein mehr zufammengefeptes Beiſpiel mag der Alaun 
dienen, der befanntlich aus fchwefelfanrem Kali, fchwefelfaurer 
Uannerde und -(jm —— — aus N befteht. 
Seine Sormel ift 


Kö ÜB Hg; 
d. 5. ein Mg. beöfelben enthält Mg. fchwefelf. Kali, a Mg. 
ſchwefelſ. Alaunerde und 24 Mg. Wafler. Zuweilen kommen Fälle 
vor, daß fogar noch zwei ſolche Formeln, deren Theile bereits 
durch 4 verbunden find, neben einander geftelt werden müffen : 
dann klammert man jede derfelben abgefondert ein, und ſetzt, falls 
eine berfelben mehrfach zu nehmen ift, links vor die Klammer Die 
erforderliche Zahl. Eine Sormel nie feltenen zuſammengeſetzten 
Art wäre z. B. 
s(3NH° +5) (WS 3 Ag), 

wodurch die Zufammenfeßung des bafifchen fchwefelfauren Ammo⸗ 
niak⸗Kupferoxydes ausgedrüdt wird. Diefed Salz befteht naͤhm⸗ 
ih aus a Mg. bafifchen fohwefelfauren Ammoniafs (jedes Mo. 
wieder 3 Mg. Ammoniak und ı Mg. Schwefelfäure enthaltend), 
and ı Dig. bafifchen fehwefelfauren Kupferorydes (3 Mg. Kupfer: 
oyd + ı Mg. Schwefelfäure + 3 Mg. Waffer). 

Die gehörig abgefaßten chemifchen Formeln haben einen uns 
Uingbaren Nutzen, welcher darin befteht, daß man mittelft derfel- 
ben auf einen Blick die Zufammenfeßung des Körpers, für welchen 
fie aufgeſtellt find, überfieht, und eine Menge von Beziehungen 
entdeckt, die mit Worten nicht ohne Weitläufigfeit anzugeben! wä- 
en. Dieß wird fid) am beiten an einem Beifpiele zeigen laſſen, 
wozu die oben mitgetheilte Formel des Alauns 

KS LAS + 24H 
gewählt wesden.mag. Diefe zeigt, daß in dem Salze u Mg. ſchwe⸗ 


136 Aequivalente. 


felfaures Kali mit ı Mg. fchwefelfanrer Alannerde und 24 Mg. 
Waller; oder ı Mg. Kalt mit 1 Mg. Alannerde, 4 Mg. Schive- 
felfäure und 24 Dig. Wafler; oder ı Mg. Kalium mit 2 Mg. Altı= 
mim, 4Mg. Schwefel, 48 Mg- Waſſerſtoff und 40 Mg. Sauer⸗ 
ſtoff verbunden ſind. Sie zeigt, daß im ſchwefelſauren Kali wie 
in der ſchwefelſauren Alaunerde die Säure drei Mahl fo viel Sauer⸗ 
ſtoff enthält als die Baſis; daß der Sanerftoff der Alaunerde das 
Dreifache von jenem des Kali iftz daß das Waſſer = Mahl fo viel 
Sauerftoff enthaͤlt als die Schwefelfäure, und b Mahl ſo viel als 
Kalt und Alaunerde zuſammengenommen; u. ſ. w. 

Die hemifchen Formeln haben noch einen andern Nutzen, in⸗ 
dem fie ein leichtes Mittel darbiethen ‚ den Borgang bei Zerle⸗ 
gungd« und Vereinigungs-Prozeſſen kurz und deutlich in einer Art 
von Schema auszudrüden. Statt z. B. das, was bei der Auflö« 
j fung des Eifens in verdünnter Schwefelfäure gefchieft, durch 
Worte auszudrüden, fann man folgende Gleichung aufſtellen, 
welche links vom Gleichheitszeichen die zu dem Progeile. angewen«- 
deten Materialien , rechts aber die Produfte nach, vollendeter Ein 
wirfung enthält: | 


Fe+S +ä=FPe8 +. 

Man erfieht hieraus, daß ı Mg. Eifen auf ı Mg. (waſſerfreier) 
Schwefelſaͤure erforderlich iſt, und daß ı Mg. Waſſer zerlegt wird, 
deſſen 2 Mg. Waſſerſtoff frei werden, während ſich das darin ent⸗ 
baltene Mg. Sauerftoff mit dem Eifen verbindet, und es in Oxy⸗ 
dul verwandelt, welches fich mit der Schwefelfäure zu ı Mg. 
Eifenvitriol verbindet. Auf ähnliche Weife läßt fich der Vorgang 
bei der Salmiaffabrifation (wenn Fohlenfaures Ammoniaf durch 
Gyps, und dann das fchwefelfaure Ammoniaf durch Kochfal; zer⸗ 
legt wird) mittelft folgender Gleichungen ausdrüden : 


FE+ÖO+GS= (HH +5) + ka 


Eoblenf. Amm. Gyps ſchwefelſ. Amm. kohlenſ. Kalt 
AH LS) 4Na GI- H = XHs RCh -BMa 8 
ſchwefelſ. Amm. Kochſalz Waſſer Satmiarx Slauberſalz. 


Man erſieht naͤhmlich aus dieſem Schema, daß beim erſten Prozeſſe 
eine Zerlegung durch doppelte Wahlverwandtſchaft vorgeht, indem 
die Koblenfäure von 1 Mg. kohlenſauren Ammoniaks ſich mit dem 


Ehemifche Formeln. 157 


Kalle aus ı Dig. Gyps vereinigt, deifen Schwefelfäure hinwieder 
gerade zur Neutralifation des Ammoniaks hinreicht. Das ſchwefel⸗ 
hare Ammoniak (1 Mg.) kommt beim zweiten Prozeſſe mit Koch 
‚ Rh (1 DRG.) zufammen, und indent außer diefen beiden auch noch 
Baffer (1 Mg.) zerlegt wird, entfleht aus dem Chlor des Kochſal⸗ 
id Salzfäure,, aus dem Natrium Natron; jene nimmt das Am⸗ 
umiaf an fi, um Salmiak, diefes die Schwefelfäure, um Glau⸗ 
kerfalg (fehtwefelfaures. Natron) zu bilden. Das Wailer, welches 
bei diefen Vorgängen nur als Auflöfungsmittel wirffam ift, ohne 
ſelbſt gerfept zu werden, ift in obigen Sormeln außer Acht gelaffen: 
Diefe, in wenigen Suchftaben eine Menge Angaben enthaltende, 
ſchematiſche Darſtellung chemifcher. Prozeffe gewährt, wenn man 
durch kurze Gewohnheit ihre ſcheinbare Schwerverſtaͤndlichkeit ein 
Mahl überwunden hat, große Bequemlichkeit. Es iſt übrigens 
einleuchtend, daß man ſelbſt, ohne dieſe Methode der Aufjeihnung 
anzunehmen, von den chemiſchen Kormeln Gebrauch machen koͤnne, 
um fi ſtatt der weitläufigen Nahmen in ein anderes — kon⸗ 
ſtruirres Schema zu ſetzen. 

Von der Anwendung der Formeln zur Berechnung der Sr 
Handtheile einer Verbindung nach Progenter, oder für jede andere 
gegebene Menge, wird weiter unten die Nede feyn. 

Da dem Techniker, wie ſchon aus dem Vorhergehenden zu 
erſehen ift, die Aequivalente oder Mifchungsgewichte fehr oft von 
Nugen find, und da ed unbequem feyn würde, fie in jedem Falle 
aft berechnen zu müffen; fo wird hier eine Überfichtötafel: der 
wichtigften chemifchen Verbindungen ‚- ihrer Formeln, ihrer Mi⸗ 
(Gungsgewichte (der Sauerftoff — 100 gefegt), und ber darnach 
in Progeriteu berechneten Zufammenfebung mitgetheilt. Wollte 
man die Zahlen der Aequivalente, auf den Waflerftoff als Eins 
heit begogen, Tieber anwenden, fo ift es Teicht, fie aus den hier 
angegebenen durch Divifion mit 6.24 zu finden, oder aus den früs 
ber mitgetheilten Aequivalenten ber einfachen Stoffe abzuleiten, 


Aequivalente. 


138 







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Gebrauch der Aequivalente. 159 


Der Gebrauch, welchen man son ben chemiſchen Aequiva⸗ 
lenten⸗Zahlen machen kann, iſt ſehr ausgebreitet. Abgeſehen von 
dem Nutzen, welchen der eigentliche Chemiker aus ihnen zieht, um 
die Reſultate feiner Analyſen zu kontrolliren und zu verbeſſern, 
gibt es auch in der technifchen Anwendung der Chemie mehrere * 
wo ihre Keuntniß vortheilhaft, ja nothwendig iſt. 

1) Um zu, finden, wie viel ein Körper von einem andern er- 
fordert, um eine gewifle beabfichtigte Verbindung mit demfelben 
ju bilden, reicht die einfache Wergleichung der Mifhungsgewichte 
oder Aequivglente beider bin; und die Menge des entitehenden 
neuen Körpers ergibt fich aus der Summe diefer Zahlen. Sollen 
+ ®. 120 Pfund Quedfilber in Zinnober verwandelt werben, fo 
find dazu 19.07 Pfund Schwefel erforderlich ; denn im Zinnober 
(Hg S) ift ı Mg. = 1265.82 Quedfilber mit ı Mg. = 201.17 
Schwefel verbunden, und es verhält fi) 1265.82 : 201.17 = 120 
: 19.07. — ı Mg. = 201.17 Schwefel verzehrt, bei der Ver⸗ 
wandlung in Schwefelfäure, 3 Mg. = 300 Gauerfioff, und die 
entftehende Säure nimmt noch Mg. = 112.48 Waller auf, um 
ı Mg. = 613.65 RVitriolöhl vom fpezif. Gewichte 1.850 zu bilden. 
Daher ift der höchfte Ertrag an folchem Witriolöhl, welchen ein 
Zentner Schwefel zu liefern vermag, 3o5 Pfund, wie man qud 
der Proportion 201.17: 613.65 = 100: x findet. 

2) Die Zahlen der Aequivalente geben ferner, wenu man 
zugleich die ihnen beigefügten Formeln zu Rathe zieht, ein leichtes 
Mittel an die Hand, um zu berechnen, wie viel in einer, gegebes 
nen Menge eined zufammengefepten Körperd von jedem der Ver 
flandtheile enthalten ift. Wil man z.B. die Zufammenfeßung von 
2340 Theilen fryftallifirten Eifenvitriols willen, und hat man in den 
Zafeln gefunden, daß dieſes Salz, deifen Mg. = 1615.26 ifl, 


laut dee Formel Fe S +- 6Agq. enthält: 


» Mo. Eifenorpdul = 439.21. 
ı » Gchwefelfäure = 501.17 
6.» Waſſer == 674.88 

1615.26; 


ſo ergibt ſich, wenn man nad) einander die Proportionen  _ 


160 Ä Aequivalente. 


1625.26 : 439. 21 == 240: x 
1615.26 : 501.17 = 240 1 x 
1615.26 : 674.88 = 240 : x 
anfest und berechnet, daß 240 Th. Vitriol ans 65.26 Eifenory- 
dul, 74.47 Schwefelfäure, und 100.27 Waſſer beftehen. — ı Dig. 
== 2788.14 Platinfalmiaf (ſalzſaures Ammoniaf- Platin) enthält 
ı Mg. = 1233.26 Platin; daher wird man z. B. durch die Re: 
duftion von 28 Loth Platinfalmiaf 12.39 Loth Matin erhalten; 
u. |. w. — Auf diefe Weife find die in der Tegten Spalte obiger 
Zafel enthaltenen Angaben der Prozente berechnet. | 
3) Bei der Anftellung chemiſcher Prozefle, wo man durch 
Zerlegung mittelft einfadyer oder doppelter Wahlverwandtfchaft 
neue Produfte zu gewinnen fucht, wird man, geleitet von der 
Kenntniß der Yequivalente, das richtigfte und zweckmaͤßigſte Ver 
Hältniß der Zuthaten auszumitteln, und den zu erwartenden Ertrag 
voraus zu beftimmen im Stande feyn. 3.8. Man wolle 6 Pfund 
(192 Loch) Kochfalz zur Darftellung der Salzſaͤure mittelft Vitriof- 
öHl zerlegen. Das Mg. des Kochſalzes (Chlornatriums) ift 783.84, 
jenes der Schwefelfäure (vom fpezif. Gewichte 1.85) 613.65-; dieß 
zeigt, daß 733.54 Kochfalz 613.65 Vitrioloͤhl zur Zerlegung er- 
fordern: auf 192 Loth Kochfalz wird man demnach 160.6 Loth oder 
5 Pfund Säure anwenden muͤſſen. Durch die Zerlegung gewinnt 
man 119 Loth falzfaured Gas, und ald Ruͤckſtand 527.9 Loth oder 
16: Pfund Proftallifirted Glauberfal; ; denn das Mg. der Sale 
Säure iſt— 455. 12, jenes des fchwefelfauren Natrons = 2016.87, 
und, es verhält fi: . 
33.54 : 455.12 — 193 : 119.1 
33.54 : 3016.87 = 198 : 527.9. 
Will man jur VBereitung von Grünfpan 128 Theile kryſtalliſirten 
Bleizuckers (Mg. 2375.14) durch ſchwefelſaures Kupferoryd oder 
kryſtalliſirten Kupfervitriol (Mg. 1559.27) zerlegen, fo findet man 
aus der Proportion 2375.14 : 1559.27 = 128: x, daß von dies 
fem letztern Salze 84 Theile erfordert werden. Die Menge des 
erzeugten efligfauren Kupfer im kryſtalliſirten Zuflande wird 
67.43 Th., und jene des abgefchiedenen ſchwefelſauren Bleiorgdes 
102.1 Th. betragen; denn die Mg. diefer beiden Salze En 1251.38 
und 1895.67, und es verhält fich:. F 


Chemifche Rechenftäbe. 161 


235.14 : 1251.38 = 128 : 67.43, 

2375.14 : ı895.697 ==. ı188 : 102... 
Jedem man auf ſolche Weiſe den Extrag einer Operation betech 
net, und ihn daun mit Dem wirklichen vergleicht, wird man aut 
beſten den Werth einer Verfahrungsart, und in. wie fern ihr Er⸗ 
gebniß ſich Dem höchften möglichen nähert, beurtheilen können. 

In allen diefen Fällen gelangt man mirtelt einfacher Pros 
pertionen zum Ziele: eine Rechnungdart, welche nicht weniger 
als ſchwierig ik, aber dennod; Dem minder Geibten zeitraubend 
feyn fann: Man hat baher, um alled Rechnen: ganz zu erfparen) 

em eben fo fehönes ale finnreiches Mittel auögebacht, wodurch in 
jedem Falle die gewinfchten Refultate in einem Augenblicde und 
san; mechanifch gefunden werden. Man hat nähmlich Die Einrich⸗ 
tang der befannten. Schieb: oder Nechen-Rinsale zur Herflellung 
ſo gmannter chemiſcher Ned enftäbe angewendet: und die 
fen Infterumenten die Beftalt'gegeben,, welche man auf Zafı 5 
Fig. ı abgebildet ſieht *)). Dad Ganze befteht aus einem 3 Zol 
breiten, A bis 6 Linien dicken, und ı2 oder mehr Zoll langen Bret⸗ 
dien, in deſſen Mitte der ganzen Ränge nach ein Salz ausgeftoßen 
iſt ¶¶ Fig. 2). In dieſem Salze fchiebt fich ein ſchmales Stäbchen, 
weiches, fo wie die obere Flaͤche des Bretchend, mit Papier uͤber⸗ 
zogen iſt. Das Stäbehen enthält eine Eintheilung, deren Theile 
in demſelben Verhaͤltniſſe unter fich leben, wie die Differenzen der 
kogarithmen der beigefchriebenen Zahlen. Auf dem Wretchen ſte⸗ 
ben zu beiden Seiten die Nahmen der einfacher und zuſammenge⸗ 
fepten Körper, Die Stelle, welche man jedem derfelbenanweifet, iſt 
keineswegs willkuͤrlich, ſondern durch Die Cintheilung des Staͤbchend 
und dad Miſchungsgewicht des Körpers genau beſtimmt, wie bald 
erflärt werden wirt. Es ift übrigens anzurathen, Körper von einer 
lei Klaſſe, 8. alle einfachen Stoffe, alle Orpde, alle Sale, u⸗ſ. w. 
auf die nähmliche Seite (rechts oder links von den verfihiebbaren 
Stäbchen) zu ſetzen, des leichtern Anffindens,. und folglich des 
bequemern Gebrauches wegen, 

Da die Zeichnung keine andere Beſtimmung hat, als einen 
Begriff von der Einrichtung des Inftrumentes zu verfchaffen, fe 
find nur wenige Stoffe auf deifelben angegeben; und man wird 
für die übrigen, nad der unten folgenden Anleitung, Leicht die 

Tem. Eneyeiop, I: 90 I 


162 Aequivalente. 


ihnen gehörigen Stellen auffinden. Wichtiger ift die Eintheilung ' 
des verfchiebbaren Stäbchen®, über welche in Kürze fo viel beige: 
bracht werden fol, als erforderlich ift, damit man fich felbft’ein 
folches Infteument nach feinem Bedürfniſſe verferstigen könne. 
Wie gefagt, entfprechen die Iheile dieſer Skale hen Loga⸗ 
rithmen der auf ihr ftehenden Zahlen ;- nähmlich Die Abflände der 
Theilftriche von dem mit ı bezeichneten (aber außerhalb des Bret- 
chend liegenden) Anfangöpunfte der Skale verhalten ſich zu einau⸗ 
der, wie jene Logaritimen. Die Abftände der Theilſtriche von 
‚ dem Punkte a, der mit so bezeichnet sit, find demnach folgende ; 
wobei die Entfernung, zwifchen den Zahlen 10 und 100 == 1000 
gefegt wird. | 
si — A 36 — 556 | 100 — 1000 | 340 — 1531 
12 — my 38 — 580 | ı10 104ı | 360 — 1556 
23 — 114 40 — bo3 | ı30 1079 | 380 — 1580 
14 — 146 42 — 623 | ı30o 124 | 400 — 1602 
ı5 — 176 44 — 643 | 140 1146 | 420 — :ı633 
6 — 204 46 — 663 | ı50 1276 | 440 .— 1643 
17 — 1230 48 — 68ı 160 12041460 — 1663 
18 — 255 5o — 699 | 170 1330 | 480 — ı68ı 
19 — 379 55 — 740 | ı8o 1255 | 500 — ı699 
so — 3oı bo — 778 | ı90 1279 | 520 — 1716 
22 -- 34% 05 — 813 | soo 1301 | 540 — 1932 
24 — 380 70 — 845 | 330 1343 | 660 — 1748 
26 — 415 75 — 875 | 340 1380 | 580 — 1763 
28 — 447 80 — 903 | 260 — 1415 600 — 1978 
30 — 477 85 — 929 | 280 1447 | 620 — 17938 
33 — 505 90 — 954 | 300 1477 | 640° — 1806 
34 — 531 95 — 978 | 330 — 1505 
Man fann, mit Hülfe diefer Tabelle, die Sfale auf folgende Weife 
richtig zeichnen. , Wenn die Länge des Raumes, den man zur 
Eintheilung verwenden will oder Fann (nähmlich der Abftand zwi⸗ 
fhen dem oberften mit 10 bezeichneten Punfte, und dem untern 
Ende, welches die Zahl 640 trägt) gegeben ift, fo nimmt man 
fünf Neuntel von diefer Länge, und bildet Daraus einen Maßſtab, 
den man in 1000 Theile theilt, und mittelft deilen man den Ort 
für jeden Theilſtrich auf dem verfchiebbaren Stäbchen beflimmt. 


AI EENREL LET TI 


—* 





Chemifche Rechenftäbe. 103 


Man mißt uähmlich für jede der in der Tabelle fiehenden Zahlen 
von dem mit 10 bezeichneten Punkte a aus, gegen b hin, die 
beigefegte Menge von Zaufendtheilen bes. Maßftabes ab, und 
fhreibt zu der gefundenen Punkte eben diefe Zahl, Die zwifchen 
diefen Punften liegenden Räume fann man, ohne einen merflichen 
Sehler zu begehen, in eine entfprechende Anzahl gleicher Theile 
eintheilen ; fo wie auf diefelbe Art von 10 bis 20 auch Viertel, und 
von 20 bis 50 halbe Theile aufgetragen werden fönnen. Dann 
fept man die Nahmen jener Stoffe, welche man für feinen Zweck 
nöthig zu haben glaubt, nach Bequemlichfeit rechts oder links ne⸗ 
ben die Sfale, jedoch fo, daß jeder aus ihnen neben die Zahl zu 
fiehen kommt, welche dem zehnten Theile feines Mifchungsgewic- 
tes gleich ift *), zieht das folcher Geftalt bezeichnete und befchries 
bene Papier mittelft Leim oder Aleifter auf Das Bretchen auf, und 
ſchneidet es nad) dem Trocknen längs der zwei Linien ab und od 
durch, um die Skale von den unbeweglichen Zheilen, welche rechts 
und links bleiben, zu trennen. Man kann das Papier mit einent 


Beingeififirnijfe überziehen, um es vor Schmuß, und die Schrift  . 


vor dem Abreiben zu fichern. 

Zur Verfertigung der Sfale kann auch das folgende, von 
dem obigen verfchiedene Verfahren angewendet werden, welches 
vielleicht fogar bequemer iſt. Man theilt Die ganze Länge a b der 
Skale (Big. 4) in ſechs gleiche Abfchnitte, und bezeichnet die Theil- 
yunfte der Ordnung nad) mit 20, 40, Bo, 160, 320, während ber 
Anfangepunft a und der Endpunft b die Zahlen 10 und 640 er⸗ 
halten. Den erften diefer Abfchnitte, af, theilt man im 100 Theile, 
kemierft (von a aus zählend) die Theilpunfte 14, 26, 38, 48;, 584, 
68, 762, 85, 923, und fchreibt zus Denfelben der Reihe nach die 
Zahlen 11, 12, u. ſ. w. bis 19: Der Abitand af ift dadurch in 
sehn ungleiche Theile getheilt. Eben diefe Theile trägt man auch 
in jeden der folgenden Räume, fg, gh,hi,ik,hkb, ein, wo je 
doch nach Anleitung der Big. 4 den Theilpunften andere, und zwar 
ſchneller ſteigende Zahlen beigefchrieben- werden ; denn jeder Theil, - 
der im Abfchnitte a f eine Einheit bezeichnet, wird in fg==2, in 


*) Auf dem Scieblineale ift näymlid das Mg. des Eauerftoffs= ı0 
.(ftatt 200) angendınmen, und daher müffen auch die Zahlen aller 
übrigen Körper auf den zehnten Theil herabgefeßt werden. 

11 * 


164 Aeguivalente. 


ghu4, in hi — B, inikes ı6, inkb = 33 Einfeiten. Die 
zwiſchen ben fo erhaltenen Punkten liegenden Räume werben nun 
wieder, zur Vervollſtaͤndigung der Stale, in gleiche Theile 
ingetheilt. Weil aber für alle einzelnen Theile auf einer ı2 bis 
16 Zoll langen Skale nicht Raum ift, fo trägt man fie gegen das 
Ende b (Big. ı) bin, nur von 2 gu 2, und endlich nur von 5 
zu 5 auf. I 

Ein fo eingerichtetes Schieblineal kann zur mechanifchen Voll⸗ 
Weingung aller jener Berechnungen dienen, weldye man mittelft 
ber aus den Mifchungsgewichten abgeleiteten Proportionen vor 
nimmt, wie oben gelehrt wurde. Mur ift zu bemerfen, daß hier 
die Genauigkeit einen minder hohen Grad erreicht, befonders wenn 
Die Sfale des Lineals nicht von bedeutender Länge ift, und man 
mit großen Zahlen operiert. Indeſſen ift für technifche Zwede eine 
Die Meineren Bruchtheile beruüdfichtigende Schärfe nicht nöthig. 
Der Gebrauch des Inſtrumentes wird ſich am beiten durch ein 
Beiſpiel Deutlich machen laffen. Das bewegliche Stäbchen werde 
fo gefchoben, daß die Zahl 200 auf feiner Skale neben »Salpe⸗ 
ter« zu fliehen kommt (f. Big. 3). Dann befindet fich neben 
»&alpeterfäure« die Zahl 107, und neben » Kalia die Zahl 
93, was anzeigt, daß in 200 Theilen Salpeter 107 Salpeter⸗ 
fäure und 93 Kali enthalten find. Die bei dieſer Stellung neben 
ber Schwefelfäure (1.85 fp. Gew.), dem [hwefelfauren 
Kali, dem Kochfalge, demwafferfreien und Eryftallis 
firten fhwefelfauren Natron, dem Waffer, der waf 
ferfreien Schwefelfäure, dem Natron, der Salzfäure, 
dem falpeterfauren@ilberoryde und denChlorfilber 
befindlichen Zahlen zeigen an: 

1) Daß 97 Theile Schwefelfäure vom fp. ©. 1.85 aus 79.25 
waſſerfreier Schwefelſaͤure und 17.75 Waffer (1 Mg.) beftehen. 

u) Daß zur Zerlegung von 200 Th. Salpeter eben diefe 97 
xp. Schwefelſaure erforderlich find, und daß hierdurch 107 Th. 
(wailerfreie) Qulpeterfäure nebft 172 Th. fehwefelfaurem Kali er 
halten werden. 

9) Daß die naͤhmlichen 97 Ih. Vitrioloͤhl 116 TH. Kochfalz 
gerlegen, dadurch 73 Th. ſalzſaures Gud und ı4ı Ih. waſſerfreies 
oder Jı8 Sp kryſtalliſirtes ſchwefelſaures Natrem erzeugen. 


Ucther. 163 


4) De 141 waiferfteich ſchwefelſ. Natron mb 79.25 Scne 
felfönre und 61.75 Netren, wer Iı8 Irpflaiiirtes Ihm N. amd 
79.35 Scywefell., 61 75 Rate. und 277 Waller (19 Me.) deſtehen. 

5) Da 116 Th. Kochſalz aus 336 Ip, ſalpeterſ. Sildereryded 
das Sübervolliändig fällen, und damit 383 Sp. Chlerfilder Infern. 

Diefe Angaben könnten noch außerordentlich verwicifältigt 
werben; denn in der That iſt darch das Verſchieden ded Drid- 
end mit einem Mahle eine Reduktion aller Aequivalenten⸗ Zahlen 
oder Diifkchungögewichte dergeftalt werrichtet worden, daß weben 
jedem Körper jene Zahl ſich befindet, welche fein Milchungegewicht 
auödrüden würde, wenn das Dig. des Salpeterö == 200 waͤre, 
Ratt 126.7, wie ed (ald auf den Sauerfloff — 10 bezogen) in 
Fig. ı erfcheint. Jede Verrückung des Staͤbchens ſtellt alfo dem 
Blicke ſogleich das Nefultat dar, welches man fonft durch Be⸗ 
rechnung eben fo vieler Proportionen, ald Körper auf dem Lineale 
verzeichnet find, mühſam hätte finden muͤſſen. Ein kurzer Um⸗ 
gang mit dieſem Inſtrumente macht ſeine Handhabung aͤußerſt 
leicht, ſicher und bequem. 

K. K. 


Aether. 


Durch die Einwirkung einiger Säuren, beſonderd der Schwe⸗ 
felfäure, auf Alkohol entſteht eine Flüſſigkeit, welche viel fluͤchtiger 
und entzündlicher if, als der Alkohol felbft, und Aether genannt 
wird. Wei diefer Einwirkung verbindet ſich in dem Alfohol ein 
heil des Waſſerſtoffes mit eihem Theile des Sauerfloffe® zu 
Waller, welches mit der Schwefelfäure fich vereiniget, während 
der Alfohol, jenes Waſſers oder feiner Beſtandtheile beraubt, 
als Aether erfcheint, weicher Daher verhältnipmäßig mehr Kohlen. 
ſtoff als der Alkohol enthaͤt. (S. Aequivalente, hemifce, 
S. 149.) Der eigentlich ſogenannte Aether iſt der mittelſt der 
Schwefelſaͤure dargeftellte (Schwefeläther), weil dleſer, 
gleich dem Altohol, nur eine Verbindung von Kohlenfloff, Waſſer⸗ 
ftoff und Sauerftoff ift, ohne erwas von der Säure zu enthalten 
(was auch der Fall ift bei dem mit Arfeniffäure und Phosphorfäure 
Dargeftelltem Aether). Von dieſem reinen Aether unterfcheiden ſich 
die mit anderen Säuren Dargeftellten Aetherarten barin, daß leptere 


166 Aether, 


noch) in ihrer Zufammenfegung einen Xheil der Säure enthalten, 
mit welcher fie bereitet worden find. Dergleichen find der Sal⸗ 
peteräther, Salzäther, Eifigäther u. f. f. Wir werden une hier 
nur mit der Bereitungsart des reinen Aethers oder Schwefel 


aͤthers und des Eſſigaͤthers befchäftigen, da nur diefe eine tedmifche 


Wichtigkeit haben. 
Die Einwirkung der Schwefelfäure auf den Alfohol im 


der Art, daß der letztere in Aether umgeändert wird, geht nur bei, 


einer gewiſſen Temperatur vor ſich: ift die Temperatur niedriger, 
fo erhält man durch die Deftillation der Mifchung größtentheils 
nur Alfohol; ift fie höher, fo bilden fich auf Koften des Alfohold 
aufier dent Äther noch andere Produfte, ald Schwefelweinfäure 
und Weinöhl, wodurd ein verhältnißmäßiger Verluft an Aether 
entfteht. Diefes letztere erfolgt aber nothwendig, wenn, nad 
der früher gewöhnlichen Methode, die ganze Menge von Schwefels 
fäure und Alfohol mit einander vermifcht, und dann fo lange, 
als noch. Aether erfcheint, deftillirt wird, weil der Siedpunkt der 
Mifchung immer höher fteigt, je geringer die Menge Alkohols gegen 
jene der zurucdbleibenden Schwefelfäure wird. Es folgt alfo hier 
aus, daß die vorrheilhaftefte Methode der Aetherbereitung im 
Wefentlichen darauf beruhe, daß während der Deftillation der Mis 
fhung die Menge des Alfohols gegen jene der Schwefelfäure, wenn 
ein Mahl die Aetherbildung begonnen hat, ziemlidy unverändert 
erhalten werde, was dadurch bewirft wird, Daß man den Alkohol 
in einem gang feinen Strahle in dem Maße in die Retorte nach⸗ 
fließen läßt, als die Deftillation des Aethers felbft Statt findet. 
Die beite Art, den Aether fowohl im Kleinen ale im Gros 
fen zu bereiten, ift daher folgende. Man vermifcht zuerft 3 Theile 
Scwefelfäure von 1,85 fpez. Gewicht (66° Baume) mit a Theilen 
Alkohol von 0,83 fpez. Gewicht (36° Baume). Um bei diefer Mi⸗ 
ſchung die zu heftige Erhitzung zu vermeiden, gießt man den Alfos 
bol zuerſt in die tubulirte, hinreicheud geräumige Metorte, die man 
fo in Bewegung feßt, daß der Alkohol fich um eine, dadurch in 
ber Mitte entflehende trichterförmige Vertiefung ſchwingt, in 
welche man, unter beftändigem Bortfeben diefer Bewegung, die 
Säure in einem fehr dunnen Strahl durch den Tubulus einfließen 
läßt, Die Miſchung erhigt fih dabei bis zu 60° R.; man fügt 


- 


Aether. 167 


nun fogleich eine geräumige Berlage an, legt die Retorte in eime 
vorher mäßig erwärmte Saudlapelle, verbindet diefelbe wittelſt 
eines Berftoßes mit der fühl erhaltenen Vorlage, uud läßt die Des 
Rillation beginnen. Daß die Mifchung bier ned, warm auf die 
Sandkapelle gebracht werde, ifi darum von Vortheil, weil, da 
Die Aetherbildung erfi bei einer gewillen Temperatur vor ſich geht, 
bei der Iangfamen Erhigung der im der Retorte befindlichen Mi⸗ 
ſchung erft fehr viel Alkohol nuverändert überdeftillirt,, ehe Die 
Zemperatur eintritt „ bei welcher Die Aetherbildung beginnt. 

Arbeitet man mit. größeren Mafjen (bis etwa zu ı5 Maß), 
fo ift es ficherer, die Mifchung außerhalb der Retorte in einem 
hinreichend großen irdenen Kruge, wie foldye zur Alfbewahrung 
der Schwefelfäure gebraucht werden, zu bewerfiteligen. Wan 
gießt die ganze Menge des Altohols in den Krug, fügt eine Portion 
der Schwefelfäure Hinzu, und fchüttelt gut um; fest hierauf eine 
neue Portion hinzu, fehüttelt wieder, fahrt fo fort, bis die Hitze 
zu ſtark wird; in welchem Falle man dad Ganze einige Stunden 
zuben läßt, und dann neuerdingd Schwefelfäure binzufügt, bis 
aufeinige Pfunde, diemanim Rüdhaltbehält. Nachdem man nun 
den Deftilationsapparat (ſ. Deftillation) mit der hinreichend 
geräumigen Retorte, die für dieſen Fall auch aus Bley bergeftellt 
ſeyn faun, vorgerichtet,, and die Sandfapelle gehörig erwärmt 
bat, gießt man die letzte Portion der Schwefelfäure noch in den 
Krug, wodurd die Mifchung ſich wieder erwärmt, wonad) die 
felbe fogleich in die Retorte durch den Tubulus eingegoifen wird, 
und Die Deftillation ihren Anfang nimmt. 

Nunmehr befefliget man in dem Tubulus der Retorte mittelft 
eined vorbereiteten, gut fchließenden Korfftöpfel® eine in der Form 
eined liegenden co geftaltete Slasröhre, deren eined Eude, welches 
in eine Däune, beinahe baarröhrchenartige Spige ausgezogen ift, 
in die in ber Retorte befindliche Slüjligkeit um ein Drittel ihrer 
Höhe hineinreicht, das andere, außerhalb der Retorte befindliche, 
aufwärts gehende Ende aber mit einem Trichter verfehen ift, Durch 
welchen fpäterhin der Alkohol nachgegoifen wird. Statt diefer “ 
Röhre fann man auch einen Heber anwenden, deilen längerer 
Schenfel mit der in der Flüſſigkeit befindlichen feinen Spige ver⸗ 
ſehen iſt, der kürzere aber in einer Flaſche mit Alfohol ſteht, aus 


Aequinalente. 


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150 






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Gebraud der Aequivalente. 159 


Der Gebrauch, welchen man von den chemifchen Aequiva⸗ 
lenten⸗Zahlen machen kann, ift ſehr auögebreitet. Abgefehen von 
dem Nuten, welchen der eigentliche Chemiker aus ihnen zieht, um 
die Refaltate feiner Analyfen zu fontrolliren und zu verbeifern, 
gibt e8 auch in der technifchen Anwendung der Chemie mehrere Falle, 
wo ihre Keuntniß vortheilhaft, ja nothwendig iſt. 

ı) Um zu. finden, wie viel ein Körper von einem andern ers 
fordert, um eine gewifle beabfichtigte Verbindung mit demfelben 
ju bilden, reicht die einfache Vergleichung der Mifchungsgewichte 
oder Aequivglente beider bin; und die Menge des entitehenden 
neuen Körperd ergibt fi) aud der Summe diefer Zahlen. Sollen 
+ ®. 120 Pfund Quedfilber in Zinnober verwandelt werben, fo 
find dazu 19.07 Pfund Schwefel erforderlich ; denn im Zinnober 
(Hg S) ift ı Mg. = 1365.83 Quedfilber mit ı Mg. == 201,17 
Schwefel verbunden, und es verhält ſich 1265.83 : 201.17 == 120 
39.07. — ı Mg. = 201.17 Schwefel verzehrt, bei der Vers 
wandlung in Schwefelfäure, 3 Dig. = 3oo Sauerftoff, und die 
entftehende Säure nimmt noch Mg. = 112.48 Waſſer auf, um 
ı Mg. = 613.65 Vitriolöhl vom fpezif. Gewichte 1.850 zu bilden. 
Daber ift der höchfte Ertrag an ſolchem Vitriolöhl, welchen ein 
Zentner Schwefel zu liefern vermag, 305 Pfund, wie man aus 
der Proportion 201.17:613.65 — 100: x findet. 

2) Die Zahlen der Aequivalente geben ferner, wenu man 
zugleich Die ihnen beigefügten Formeln zu Rathe zieht, ein leichtes 
Mittel an die Hand, um zu berechnen, wie viel in einer gegebes 
nen Menge eines zufammengefepten Körpers von jedem der Bes 
fiandtheile enthalten ift. Will man z.B. die Zufammenfegung von 
2340 Theilen Fryftallifirten Eifenvitriold willen, und hat man in den 
Zafeln gefunden, daß diefes Salz, deſſen Mg. = 1615.26 ill, 


laut der Sormel Fe 8 + 6Agq. enthält: 


ı Mg. Eifenorpbull = 439.21. 
ı '» Gchwefelfäure = 501.17 
6 » Waſſer = 674.88 

1615.26; 


ſo ergibt ſich, wenn man nach einander die Proportionen 


468 Kequivalente. 

| 1625.26 : 439.81 = 240 : x 

1615.86 : 501.17 = 240 ı x 

1615.26 : 674.88 —= 240 : x 
anfegt und berechnet, daß 240 Th. Witriol and 65.26 Eifenory- 
dul, 74.47 Schwefelfäure, und 100.27 Waffer beftehen. — ı Mg. 
== 3788.14 Platinfalmiaf (falzfaures Ammoniaf- Platin) enthält 
ı Mg. — 1233.26 Platin; daher wird man z. B. Durch die Re⸗ 
duftion von 28 Loth Platinfalmiaf 12.39 Loth Platin erhalten; 
u. ſ. w. — Auf diefe Weiſe find die in der letzten Spalte obiger 
Zafel enthaltenen Angaben der Prozente berechnet. 

3) Bei der Anftelung chemifcher Prozeffe, wo man durch 
Zerlegung mittelft einfacher oder doppelter Wahlverwandtfchaft 
neue Produfte zu gewinnen fucht, wird man, geleitet von der 
Kenntniß der Xequivalente, das richtigfte und zweckmaͤßigſte Wer 
Hältniß der Zuthaten auszumitteln, und den zu erwartenden Ertrag 
voraus zu beftimmen im Stande feyn. 3.8. Man wolle 6 Pfund 
(192 Loth) Kochfalz zur Darftellung der Salzfäure mittelft Vitriol- 
öhl zerlegen. Das Mg. des Kochſalzes (Chlornatriums) ift 733.54, 
jenes der Schwefelfäure (vom fpezif. Gewichte 1.85) 613.655 dieß 
zeigt, daß 733.54 Kochſalz 613.05 Vitrioloͤhl zur Zerlegung er- 
fordern: auf 292 Loth Kochfalz wird man demnach 160.6 Loth oder 
5 Pfund Säure anwenden müſſen. Durch die Zerlegung gewinnt 
man 119 Loth falzfaures Gas, und als Ruͤckſtand 527.9 Roth oder 
16: Pfund fryftallifirtes Glauberſalz; denn das Mg. der Salze 
fäure iſt— 455.12, jenes des fchwefelfauren Natrond = 2016. 87; 
und, e& verhält ſich: . 

33.54 : 435.12 — 192 : 119.1 
33.54 : 2016.87 —= 192 : 527.9. 
Wil man jur VBereitung von Grünfpan ı28 Theile kryſtalliſirten 
Bleizuders (Mg. 2375.14) durch fchwefelfaures Kupferoryd oder 
kryſtalliſirten Kupfervitriol (Mg. 1559.27) zerlegen, fo findet man 
aus der Proportion 2375.14 : 1559.27 = 1938 : x, daß von dies 
fem legtern Salze 84 Theile erfordert werden. Die Menge des 
erzeugten efligfauren Kupferd im kryſtalliſirten Zuitande wird 
67.43 Th., und jene des abgefchiedenen fchwefelfauren Bleiorgdes 
102.1 Ih. betragen; denn Die Mg. diefer beiden Salze find mn 
und 1895.67, und es verhält ſich: 


Chemiſche Wechenftäbe. 161 


2345.14. 1251,38. 04 128 : 67.43, 

2375.14 ı 1895.67 ==. 188 : 102.1, 
Indem man auf ſolche Weiſe den. Extrag einer Operation berech 
net, und ihn Dann mit Dem wirklichen vergleicht, wird man ant 
beften den Werth einer Verfahrungsart, amd in.wie fern ihr Erz 
gehniß fich dem hoͤchſten möglichen nähert, beurtheilen.Förmen. 

In allen diefen Fällen gelangt man mirtelſt einfacher Pros 
yertionen zum giele: eine Rechnungdart, welche nichts weniger 
als ſchwierig ift, aber dennoch Dem minder Geübten zeitraubend 
fopn kann. Man hat daher, um alled Rechnen ganz zu erfparem 

em eben fo ſchoͤnes ale finnreiches Mittel ausgedacht, wodurch in 
jedem Falle die gewünfchten Refultate in einem Augenblice und 
san, mechanifd; gefunden werden. Wan hat nahmlich die Einrich⸗ 
tung der bekannten. Schieb⸗ oder Rechen-Lineale zur. Herftelung 
fo genannter Hemifcher Nedenfläbe angewendet,. und Die 
fen Infteumenten die Geſtalt gegeben, welche man auf Tafı 5 
Fig. ı abgebildet fieht *): Das Ganze befteht aus einem 3 Zol 
breiten, 4 bis 6 Linien dicken, und 12 oder mehr Zoll langen Bret⸗ 
den, in deffen Mitte der ganzen Ränge nach ein Salz ausgeſtoßen 
iſt (¶. Fig. 2). In diefem Balze ſchiebt fich ein ſchmalss Stäbchen, 
weiches, fo wie die obere Flaͤche des Bretchens, mit Papier uͤber⸗ 
zogen iſt. Das Stäbchen emthält eine Eintheilung, Deren Theile 
in denfelben Verhaͤltniſſe unter fich ſtehen, wie die Differenzen der 
kogarithmen der beigefchriebenen Zahlen, Auf dem Bretchen ftes 
ben zu beiden Seiten die Nahmen der einfachen und zuſammenge⸗ 
febten Körper, Die Stelle, welche man jedem derfelben-anweifet, iſt 
keineswegs willfürlicy, fondern durch Die Eintheilung des Staͤbchend 
und das Miſchungsgewicht des Körpers genau beſtimmt, wie bald 
erflärt werden wird. Es iſt übrigens anzurathen, Körper von einer: 
lei Klaſſe, 3.8. alle einfachen Stoffe, alle Oxyde, alle Salze, u. f.w. 
auf die nähmliche Seite (rechts oder links von dem verfihiebbaren 
Stäbchen) zii Tegen, des leichtern Anffiudens 2 md folglich des 
bequemern Gebrauches wegen. 

Da die Zeichnung Feine andere Beſtimmung hat, als einen 
Begriff von der Einrichtung des Inftrumentes zu werfchaffen, fo 
find nur wenige Stoffe auf derſelben angegeben; und. man wied 
für die übrigen, nach der unten folgenden Anleitung, leicht die 

deqhnel. Encyelop. I: U; 11 


102 Aeguivaleute. 
ihnen gehörigen Stellen auffinden. Wichtiger ii die Eintheilung 
des verfchiebbaren Stäbdyens, über weldye in Kürze fo viel beige- 
bracht werden foll, als erforderlid, if, Damit man fich felbft ein 
ſolches Inſtrument nach feinem Bedürfniſſe verfertigen könne. 
Wie geſagt, entfprechen die Theile dieſer Skale den Loga⸗ 
rithmen der auf ihr ſtehenden Zahlen ; naͤhmlich die Abſtaͤnde Der 
Theilſtriche von dem mit ı bezeichneten (aber außerhalb des Bret⸗ 
chens liegenden) Anfangspunfte ber Okale verhalten ſich zu einau- 
der, wie jene Logarithmen. Die Abflände der Theilſtriche von 
‚ dem Yuntte a, der mit 10 bezeichnet sit, ſind demnach folgende; 
wobei die Entfernung, swifchen den Zahlen 10 und 100 = 1000 
gefept wird. | 
1 — AM 36 — 556 | 100 — 1000 | 340 — ı53ı 
12 — my 38 — 580 | 110 — 1041360 — 1556 
13 — 114 40 — 6bo3 | 330 — 1079 380 — 1580 
14 — 146 43 — 623 | ı13do — ııı4 | 400 — 16082 
ı5 — ı76 44 — 643 | 140 — 1146 | 420 — 1633 
16 — 204 46 — 663 | 150 — 1176 | 440 — 1643 
17 — 230 48 — 681 | 160 — 1204 | 460 — 1663 
8 — 2585 5bo — 699 | 170 — 1330 | 480 — ı68ı 
19 — 979 55 — 740 | ı80 — 1255 | 500 — ı699 
so — 3oı 60 — 778 | 190 — 12379 | 520 — 1716 
24 -- 348 65 — 813 | s00 — ı30ı | 540 — ı73a ° 
s4 — 380 70 — 845 | 330 — 1343 | 560 — 1748 
6 — 416 „5 — 875 | 240 — ı380 | 580 — 1763 
sB — 447 80 — 903 | s60 — 1415. | 600 — 1978 
80 — 497 85 — 0939 | 280 — 1447 | 620 — 1798 
3s — 505 90 — 954 | 300 — 1477 | 640 — 1806 
34 — 53ı 05 — 978 320 — 1505 
Man kann, mit Hülfe diefer Tabelle, die Sfale auf folgende Weiſe 
richtig zeichnen. Wenn die Länge des Raumes, den man zur 
Eintheilung verwenden will oder kann (nähmlich der Abftand zwis 
fehen dem oberiten mit 10 bezeichneten Punkte, und dem untern 
Ende, welches die Zahl 640 trägt) gegeben ift, fo nimmt man 
fünf Neuntel von diefer Länge, und bildet Daraus einen Maßftab, 
den man in 2000 Theile theilt, und mittelft deilen man den Ort 
für jeden Theilſtrich auf dem verfchiebbaren Stäbchen beſtimmt. 


R | 


Shemijche Nechenftäbe. 163 


Man mit wähmlic, für jede der in der Tabelle ſtehenden Zahlen 
von dem mit 10 bezeichneten Punkte a aus, gegen b hin, die 
beigefepte Drenge von Taufendtheilen ded Mafftabes ab, und 
fhreibt zu dem gefundenen Punkte eben diefe Zahl. Die zwifchen 
diefen Punften liegenden Räume kann man, ohne einen merflichen 
Schler zu begehen, in eine entiprechende Anzahl gleicher Theile 
eintheilen ; fo wie auf biefelbe Art von 10 bis 20 auch Viertel, und 
vn 20 bis 50 halbe Theile aufgetragen werden fönnen. Dann 
fept man die Nahmen jener Stoffe, welche nıan für feinen Zweck 
nöthig zu Haben glaubt, nach Bequemlichkeit rechtö oder links ne⸗ 
en die Sfale, jedoch fo, daß jeder aus ihnen neben die Zahl zu 
ſtehen kommt, welche dem zehnten Theile feines Miſchungsgewich⸗ 
ted gleich iſt ), zieht das folcher Geſtalt bezeichnete und befchries 
bene Papier mittelft Leim oder Kleifter auf das Bretchen auf, und 
fhneidet ed nad) dem Trocknen längs der zwei Einien ab uud od 
durch, um die &fale von den unbeweglichen Theilen, welche rechts 
und links bleiben, zu trennen. Man kann das Papier mit einen 
Beingeijtfirniife überziehen, um es vor Schmutz, und die Schrift 
vor dem Abreiben zu fichern. 

Zur Verfertigung der Sfale kann auch das folgende, von 
dem obigen verfchiedene Verfahren angewendet werden, welches 
vielleicht foger bequemer iſt. Man theilt die ganze Länge a b der 
Skale (Big. 4) in ſechs gleiche Abfchnitte, und bezeichnet die Theil⸗ 
punfte der Ordnung nad) mit 20, 40, Bo, 160, 330, während bey 
Anfangspunft a und der Endpunkt b die Zahlen 10 und 640 er» 
halten. Den erften dieſer Abfchnitte, af, theilt man in 100 Theile, 
bemerft (von a aus zählend) die Theilpunfte ı4, 36, 38, 48;, 584, 
68,762, 85, 923, und fchreibt zus denfelben der Reihe nach die 
Zahlen 21, 12, u, few. bis 19. Der Abitand af ift dadurch in 
zehn ungleiche Theile getheilt. Eben diefe Theile trägt man auch 
in jeden der folgenden Räume, fg, gh, hi,ik, kb, ein, wo je⸗ 
doch nach) Anleitung der Big. 4 den Theilpunften andere, und zwar 
ſchneller ſteigende Zahlen beigefchrieben- werden; denn jedes Theil, - 
der im Abfchnitte a f eine Einheit bezeichnet, wird in fg==32, in 


2) Auf dem Scieblineale ift näymlidy das Mg. des Eauerfioffs= ı0 
.(ftatt 200) angenommen, und daher müffen auch die Zahlen allev 
übrigen Körper auf den zehnten Theil herabgefest werden. 

11 * 





104. Yequivalente. 


ghea4, inhi=Bß, inikem ı6, in kb — 32 Einheiten. Die 
zwifchen den fo erhaltenen Punkten liegenden Räume werden nun 
wieder, zur Vervollſtaͤndigung der Sfale, in gleiche Theile 
eingetheilt. Weil aber für alle einzelnen Theile auf einer 12 bie 
15 Zoll langen Sfale niht Raum if, fo trägt man fie gegen das 
Ende b Big. ı) bin, nur von 2 zu 2, und endlich nur von 5 
zu 5 auf. 

| Ein fo eingerichtetes Schieblineal fann zur mechanifchen Voll⸗ 
bringung aller jener Berechnungen dienen, welche man mittelſt 
der aus den Miſchungsgewichten abgeleiteten Proportionen vor⸗ 
nimmt, wie oben gelehrt wurde. Nur iſt zu bemerken, daß hier 
die Genauigkeit einen minder hohen Grad erreicht, beſonders wenn 
die Skale des Lineals nicht von bedeutender Laͤnge iſt, und man 
mit großen Zahlen operirt. Indeſſen iſt für techniſche Zwecke eine 
die kleineren Bruchtheile berüdfichtigende Schärfe nicht noͤthig. 
Der Gebraud des Inſtrumentes wird fih am beften durch ein 
Beiſpiel deutlich machen laſſen. Das bewegliche Stäbchen werde 
fo gefchoben, daß die Zahl 200 auf feiner Sfale neben »Salpe⸗ 
tere zu ſtehen fommt (f. Fig. 3). Dann befindet fih neben 
»Salpeterfäure« die Zahl 107, und neben » Kalix die Zahl 
93, was anzeigt, daß in 200 Xheilen Salpeter 107 Salpeter- 
fäure und 93 Kali enthalten find. Die bei diefer Stellung neben 
der Schwefelfäure (1.85 fp. Gew), dem fhwefelfauren 
Kali, dem Kochſalze, demwafferfreien und Eryftallis 
firten [hwefelfauren Natron, dem Waffer, der waf 
ferfreien Shwefelfäure, dem Natron, der Salzsfäure, 
dem falpeterfauren@ilberoryde und den Chlorſilber 
befindlichen Zahlen zeigen an: 

1) Daß 97 Theile Schwefelfäure vom ſp. ©. 1.85 aus 79.25 
wafferfreier Schwefelfäure und 17.75 Waſſer (1 Dig.) beftehen. 

3) Daß zur Zerlegung von 200 Th. Salpeter eben diefe 97 
Th. Schwefelfäure erforderlich find, und daß hierdurch 107 Th. 
(waflerfreie) Salpeterfäure nebft 173 Th. fchwefelfaurem Kali er 
halten werden. 

3) Daß die nähmlichen 97 Ih. Vitriolöhl 116 Th. Kochfalz 
gelegen, dadurch 72 Ih. falzfaured Gas und 141 Ih. waſſerfreies 
oder 318 Ih. ktyſtalliſirtes fchwefelfaures Natron erzeugen. 


- Aether. 105 


4) Daß 141 waflerfeeies fchwefelf. Natron aus 79.25 Schwe 
felfäure und 61.75 Natron, oder 318 kryſtalliſirtes ſchw. N. aus 
79.25 Schwefelf., 61.75 Natr. und 177 Waſſer (10 Mg.) beſtehen. 

5) Daß 116 Th. Kochſalz aus 336 Th. falpeterf. Silberorydes 
das Silber vollitändig fällen, und damit a83 Th. Chlorfilber liefern. 


Diefe Angaben Fönnten noch außerordentlich vervielfältige” 


werben ; denn in der That ift Durch das Werfchieben des Stäb- 
hend mit einem Mahle eine Reduktion aller Hequivalenten » Zahlen 
oder Mifhungsgewichte bergeflalt verrichtet worden, daß neben 
jedem Körper jene Zahl ſich befindet, welche fein Milhungsgewicht 
ansdriüden würde, wenn dad Mg. des Salpeters — 200 wäre, 
ſtatt 226.7, wie es (ald auf den Sauerftoff == 10 bezogen) in 
Gig. ı erfcheint. Jede Verrüdung des Stäbchens ſtellt alfo dem 


Blicke fogleich dad Nefultat dar, welches man fonft durch Be⸗ 


rechnung eben fo vieler Proportionen, ald Körper auf dem Rineale 
verzeichnet find, mühſam hätte finden müllen. Ein kurzer Um⸗ 
gang mit diefem Inſtrumente macht feine wanngerung Außerft 
leicht, ficher und bequem. Ä 

8. K. 


Aether. 


Durch die Einwirkung einiger Saͤuren, beſonders der Schwe⸗ 
felſaͤure, auf Alkohol entſteht eine Flüſſigkeit, welche viel fluͤchtiger 
und entzuͤndlicher iſt, als der Alkohol ſelbſt, und Aether genannt 
wird. Bei dieſer Einwirkung verbindet ſich in dem Alkohol ein 
Theil des Waſſerſtoffes mit einem Theile des Sauerſtoffes zu 
Waſſer, welches mit der Schwefelfäure ſich vereiniget, während 
der Altohol, jenes Waſſers oder feiner Beſtandtheile beraubt, 
als Aether erfcheint, welcher daher verhältnigmäßig mehr Kohlen» 
ftoff als der Alfoholenthält. (©. Aequivalente, chemiſche, 
&.149.) Der eigentlich fogenannte Aether ift der mittelft der 
Schwefelfäure dargeftellte (Schwefeläther)-, weil Diefer, 
glei dem Alfohol, nur eine Verbindung von Kohlenftoff, Waſſer⸗ 
Hoff und Sauerftoff ift, ohne etwas von der Säure zu enthalten 
(was auch der Bau ift beidem mit Arfeniffäure und Phosphorfäure 
dargeſtellten Aether). Ron diefem reinen Aether unterfcheiden ſich 
die mit anderen Säuren dargeftellten Actherarten darin, daß letztere 


166 Aether. 


noch in ihrer Zufammenfeßung einen Theil der Säure enthalten, 
mit welcher fie bereitet worden find. Dergleichen find der Sal 
geteräther, Salzäther, Eifigäther u. ſ. f. Wir werden und hier 
nur mit der Wereitungsart des reinen Aether oder Schwefel- 
äthers und des Eſſigaͤthers befchäftigen, da nur Diefe eine tedmifche 
Michtigkeit haben. 

Die Einwirfung der Schwefelfäure auf den Alkohol im 
der Art, daß der letztere in Aether umgeändert wird, geht nur bei. 
einer gewillen Temperatur vor ſich: ift die Temperatur niedriger, 
fo erhält man durch die Deftillation der Mifchung größtentheild 
nur Alkohol; ift fie höher, fo bilden ſich auf Koſten des Alfohold 
aufier dem Äther noch andere Produfte, ald Schwefelmeinfänre 
und Weinöhl, wodurch ein verhältnißmäßiger Berluft an Aether 
entfteht. Diefes letztere erfolgt aber nothwendig, wenn, nad 
der früher gewöhnlichen Methode, die ganze Menge von Schwefel 
fäure und Alfohol mit einander vermifht, und dann fo lange, 
als noch. Aether erfcheint, deftillirt wird, weil der Siedpunkt der 
Mifchung immer höher fteigt, je geringer die Menge Alkohols gegen 
jene der zurücbleibenden Schwefelfäure wird. Es folgt alfo hier⸗ 
aus, daß die vortheilhaftefte Methode der Aetherbereitung im 
Weſentlichen darauf beruhe, Daß während der Deftillation der Mi⸗ 
[hung die Menge des Alkohols gegen jene der Schwefelfäure, wenn 
ein Mahl die Aetherbildung begonnen hat, ziemlich unverändert 
erhalten werde, was dadurd) bewirkt wird, Daß man den Alfohol 
in einem ganz feinen Strahle in Dem Maße in die Retorte nach⸗ 
fließen läßt, ale die Deftillation des Aethers felbft Statt findet. 

Die beite Art, den Aether fowohl im Kleinen ald im Gro⸗ 
fen zu bereiten, ift daher folgende. Man vermifcht zuerft 3 Theile 
Schwefelfäure von 1,85 fpez. Gewicht (66° Baume) mit a Theilen 
Alfohol von 0,83 fpez. Gewicht (36° Baume). Um bei diefer Mis 
fhung die zu heftige Erhigung zu vermeiden, gießt man den Alfos 
hol zuerit in die tubulicte, binreicheud geräumige Metorte, die man 
fo in Bewegung fegt, Daß der Alfohol ſich um eine, dadurch in 
der Mitte entftehende trichterförmige Vertiefung fchwingt, in 
welche man, unter beftändigem Bortfeben diefer Bewegung, Die 
Säure in einem fehr dünnen Strahl durch ben Zubulus einfließen 
laͤßt. Die Mifhung erhipt ſich dabei bis zu 60° R.; man fügt 


Aether. 167 
mun fogleich eine geräumige Vorlage an, legt die Retorte in eine 
vorher mäßig erwärmte Sandfapelle, verbindet diefelbe mittelft 
eines Vorſtoßes mit der fühl erhaltenen Vorlage, und läßt die Des 
Rillation beginnen. Daß die Mifchung hier noch warm auf die 
Saudfapelle gebracht werde, ift darum von Vortheil, weil, da 
Die Aetherbildung erft bei einer gewiſſen Temperatur vor fich geht, 
bei der langſamen Erhikung der in der Netorte befindlichen Mi⸗ 
ſchung erſt fehr viel Alkohol unverändert überdeftillirt, ehe die 
Zempyeratur eintritt „ bei welcher die Aetherbildung beginnt. 

Arbeitet man mit: größeren Mailen (bis etwa zu :5 Maß), 
fo iſt es ficherer, die Mifchung außerhalb der Retorte in einem . 
hinreichend geoßen irdenen Kruge, wie folche zur Aufbewahrung 
der Schwefelfäure gebraucht werden, zu bewerfftelligen. Dean 
gießt die ganze Menge. des Alkohols in den Krug, fügt eine Portion 
der Schwefelfäure hinzu, und fchüttelt gut um; febt hierauf eine 
neue Portion hinzu, fchüttelt wieder, ‚fährt fo fort, bis die Hitze 
zu ſtark wird; in welchem Salle man das Ganze einige Stunden 
zuben läßt, und dann neuerdings Schwefelfäure hinzufügt, bis 
aufeinige Pfunde, dieman im Rückhalt behaͤlt. Nachdemman nun 
den Deftillationsapparat (f. Deftillation) mit der hinreichend 
geräumigen Retorte, die für diefen Ball auch aus Bley hergefteilt 
feyn fann, vorgerichtet, und die Sandfapelle gehörig erwärmt 
bat, gießt man die legte Portion der Schwefelfäure noch in den 
Krug, wodurd die Mifchung fich wieder erwärmt, wonach Dies 
felbe fogleich in die Netorte durch den Zubulus eingegoilen wird, 
und die Deftillation ihren Anfang nimmt. ' 

Nunmehr befeftiget man in dem Tubulus der Retorte mittelft 
eines vorbereiteten, gut fchließenden Korfftöpfels eine in der Form 
eines liegenden %n geftaltete Slasröhre, deren eined Ende, welches 
in eine dünne, beinahe haarröhrdyenartige Spipe ausgezogen iſt, 
in Die in der Netorte befindliche Fluͤſſigkeit um ein Drittel ihrer 
Höhe hineinreicht, das andere, außerhalb der Netorte befindliche, 
aufwärts gehende Ende aber mit einem Trichter verfehen ift, durch 
welchen fpäterhin der Alkohol nachgegoilen wird. Statt diefer c 
Röhre kaun man auch einen Heber anwenden, deilen längerer 
Schenfel mit der in der Flüſſigkeit befindlichen feinen Spige ver- 
fehen iſt, der kürzere aber in einer Flaſche mit Alkohol fteht, aus 


Aequivalente. 


458 





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Gebrauch der Aoequivalente. 389 


Der Gebrauch, welchen man won den chemifchen Aequiva- 
Ienten-Zahlen machen fann, iſt fehr ausgebreitet. Abgefchen von 
dem Nugen, welcyen der eigentliche Chemiker aus ihnen zieht, um 
die Refultate feiner Analyfen zu kontrolliren und zu verbeilern, 
gibt es auch in der technifchen Anwendung der Chemie mehrere 
wo ihre Kenntniß vortheilhaft, ja nothwendig ill. 

ı) Um zu, finden, wie viel ein Körper von einem andern er- 
fordert, um eine gewifle beabfichtigte Verbindung mit demfelben 
zu bilden, reicht die einfache Vergleichung der Mifchungsgewichte 
oder Aequivglente beider hin; und die Wenge des entftehenden 
neuen Körperd ergibt fi) aus der Summe diefer Zahlen. Sollen 
5 ©. 120 Pfund Quedfilber in Zinnober verwandelt werben, ſo 
find dazu 19.07 Pfund Schwefel erforderlich; denn im Zinnober 
(Hg 8) ift ı Mg. — 1265.82 Quedfilber mit ı Mg. = 201.17 
Schwefel verbunden, und es verhält fi) 1265.82 : 201.17 = 120 
239.07. — ı Mg. = 201.17 Schwefel verzehrt, bei der Ver⸗ 
wandlung in Schwefelfäure, 3 Dig. — 300 Sauerftoff, und die 
entfiehende Säure nimmt noch ı Mg. — 112.48 Waffer auf, um 
ı Mg. = 613.65 Witriolöhl vom fpezif. Gewichte 1.850 zu bilden. 
Daher ift der höcdyfte Ertrag an folhem Witriolöhl, welchen ein 
Zentner Schwefel zu liefern vermag, 305 Pfund, wie man qud 
der Proportion 201.17: 613.65 — 100: x findet. 

2) Die Zahlen der Aequivalente geben ferner, wenu man 
zugleich die ihnen beigefügten Formeln zu Rathe zieht, ein leichtes 
Mittel an die Hand, um zu berechnen, wie viel in einer gegebes 
nen Menge eined zufammengefegten Körperd von jedem der Be⸗ 
fandtheile enthalten ift. Wil man z. B. die Zufammenfeßung von 
340 heilen kryſtalliſirten Eifenvitriold wilfen, und hat man in den 
Zofeln gefunden, daß dieſes Salz, deilen Mg. = 1615.26 ifl, 


Yaut der Formel Fe $ + 6Agq. enthält: 


ı Mo. Eifenorydul = 439.21 
» -Schwefelfäure = 501.17 


6.» Waſſer == 6974.88 
1615,26; 


ſo ergibt ſich, wenn man nach einander die Proportionen 


168 Yeguivalente. 


1615.26 : 439.81 = 440 : x 
1615.26 : 501.17 = 240: x 
1615.26 : 674.88 = 240 : x 
anſetzt und berechnet, daß 240 Th. Vitriol and 65.36 Eifenory- 
dul, 74.47 Schwefelfäure, und 100.27 Waſſer beftehen. — ı Mg. 
== 2788.14 Platinfalmiaf (falzfaures Ammoniaf- Platin) enthält 
ı Mg. — 1233.26 Platin; daher wird man z. ©. durch Die Re: 
duktion von 28 Loth Platinfalmiaf 12.39 Loth Matin erhalten; 
u. f. w. — Auf diefe Weife find die in der Tegten Spalte obiger 
Tafel enthaltenen Angaben der Prozente berechnet. 

3) Bei der Anftelung chemifcher Progeffe, wo man durch 
Zerlegung mittelft einfacher oder doppelter Wahlverwandtfchaft 
neue Produkte zu gewinnen ſucht, wird man, geleitet von der 
Kenntniß der Aequivalente, das richtigfte und zweckmaͤßigſte Wer 
haͤltniß der Zuthaten auszumitteln, und den zu erwartenden Ertrag 
voraus zu beftimmen im Stande feyn. 3.8. Man wolle 6 Pfund 
(192 Loth) Kochfalz zur Darftellung der Salzſaͤure mittelft Vitriol- 
oͤhl zerlegen. Das Mg. des Kochſalzes (Chlornatriume) ift 733.54, 
jenes der Schwefelfäure (vom-fpezif. Gewichte 1.85) 613.655 die 
zeigt, daß 733.54 Kochfalz 613.65 Vitrioloͤhl zur Zerlegung er- 
fordern: auf 192 Loth Kochfalz wird man demnach 160.6 Loth oder 
5 Pfund Säure anwenden müffen. Durch die Zerlegung gewinnt 
man 119 Loth falzfaured Gas, und als Rückſtand 527.9 Loth oder 
ı6: Pfund kryſtalliſirtes Glauberſalz; denn das Mg. der Salze 
Säure iſt— 455. 12, jenes des fchwefelfauren Natrons = 2016 8, 
und, e& verhält ſich: . 

33.54 : 455.12 — 193 : 119.1 

"33.54 : 2016.87 —= 192 : 697.9. 
Will man jur Bereitung von Orünfpan 128 Theile kryſtalliſirten 
Bleizuderd (Mg. 2375.14) durch fchwefelfaures Kupferoryd oder 
kryſtalliſirten Kupfervitriol (Mg. 1559.27) zerlegen, fo findet man 
aus der Proportion 2375.14 : 1559.27 == 138 : x, daß von Dies 
fen letztern Salze 84 Theile erfordert werden. Die Menge des 
erzeugten eſſigſauren Kupferd im kryſtalliſirten Zuitande wird 
67.43 Th., und jene des abgefchiedenen fchwefelfauren Bleiorgdes 
102.1 Th. betragen; denn die Mg. diefer ae Salze > 1251.38 
und 1895.67, und es verhält fich:. 


Chemifche Nechenftäbe. 161 


‚2345.14.: 1251,38. 138 : 67.48,. 

2375.14 ı 1895.69 ==. 188 : 102.1, 
Indem man auf ſolche Weiſe den Ertrag einer Operation betech 
net, und Ihn dann mit dem wirklichen vergleicht, wird man am 
beſteu den Werth einer Verfahruugsart, und in.wie fern ihr Er⸗ 
gebniß ſich dem hoͤchſten möglichen nähert, beurtheilen förmen. 

In allen dieſen Fällen gelangt man mirtelft einfacher Bros 
yortionen zum Ziele: eine Rechnungsart, welche nichts weniger 
als fchwierig ift, aber dennoch dem minder Geübten zeitraubend 
ſeyn kann. Man hat daher, um alles Rechnen: ganz zu erſparen, 
em eben fo ſchoͤnes als finnreiches Mittel ausgedacht, wodurch in 
iedem Falle die gewünfchten Refultate in einem Augenblicte und 
ganz mechanifch gefunden werden. Man hat nähnlid, die Einriche 
tung der bekannten. Schieb: oder Rechen-Lineale zur Herftellung 
fo gmannter chemiſcher Ned onſtaͤbe angewendet: und die 
fen Snftrumenten Die Geftalt'gegeben, welche man auf Zafı 5 im 
Sig. ı abgebildet ſieht ). Dad Ganze befteht aus einem 3 Zol 
breiten, 4 bis 6 Rinien Biden, iind 12 oder mehr Zoll langen Bret⸗ 
dien, in deffen Mitte ber ganzen Ränge nad) ein Salz ausgeflößen 
it (. Fig. 2). In dieſem Balze ſchiebt fich ein ſchmales Stäbchen, 
welches, fo wie die obere Fläche des Bretchend, mit Papier über« 
sogen if. Das Stäbchen enthält eine Eintheilung, deren Theile 
in dentfelben Verhaͤltniſſe unter fich ſtehen, wie Die Differenzen der 
Rogarithmen der beigefchriebeuen Zahlen, Auf dem Wretchen fles 
ben zu beiden Seiten die Namen der einfachen und zuſammenge⸗ 
fepten Körper, Die Stelle, welche man jedem derſelben anweiſet, ift 
keineswegs willfürlich, ſondern Durch Die Eintheilung des Stäbchen 
und das Miſchungsgewicht Fed Körpers genau beitimmt, wie bald 
erflärt werden wird. Es iſt übrigens anzurathen, Körper von einer: 
lei Kaffe, 3.8. alle einfachen Stoffe, alle Oxyde, alle Salze, uſ. w. 
auf die nähmliche Seite (rechts oder liuks von dem vnerjihiebbaren 
Stäbchen) zu feben, des leichtern Anffindens ’ und folglich des 
beguemern Gebrauches wegen. 

Da’ die Zeichnung keine andere Beſtimmung hat, als einen 
Begriff von der Einrichtung des Inſtrumentes zu verfchaffen, fo 
find nur wenige Stoffe auf derfelben angegeben; und man wird 
für die übrigen, nach der unten folgenden Anleitung, Leicht die 

Tome. Encyelop. I 0% 18 


162 Aequivalente. 


ihnen gehörigen Stellen auffinden. Wichtiger iſt die Eintheilung 
des verfchiebbaren Stäbchens, über welche in Kürze fo viel beige: 
bracht werden foll, ale erforderlich iſt, Damit man fich ſelbſt ein 
ſolches Inſtrument nach feinem Bedürfniſſe verfertigen koͤnne. 
Wie geſagt, entſprechen die Theile dieſer Skale den Loga⸗ 
rithmen der auf ihr ſtehenden Zahlen; naͤhmlich die Abſtaͤnde der 
Theilſtriche von dem mit ı bezeichneten (aber außerhalb des Bret⸗ 
chens liegenden) Anfangspunfte der Skale verhalten fi zu einan⸗ 
der, wie jene Logaritimen. Die Abflände der Theilſtriche von 
‚ dem Punkte a, der mit zo bezeichnet ft, find demnach folgende; 
wobei die Entfernung, zwifchen den Zahlen 10 und 100 1000 
gefegt wird. 
1 — 41 36 — 556 100 — 1000 | 340 — 1531 
12 — 79 38 — 580 | 110 — ı104ı | 360 — 1566 
13 — 114 40 — 603 | 2120 107) | 380 — 1580 
14 — 146 42 — 6233 130 — 1114 | 400 — 1602 
15 — 176 44 — 643 | 140 — 1146 | 420 — 1623 
16 — 204 46 — 663 | 150 — 1176 | 440 .— 1643 
37 — 230 48 — 68ı | 160 — 1204 | 460 — ı663 


18 255 50 — 699 170 — 1230 | 480 — 1681 
ı9 — 279 55 — 740 | ı80 — 1255 | 500 — 1699 
so — 30ı bo — 778 | 190 — 1379 | 530 — 1716 


32 -- 34% 65 — 813 | s00 — ı3oı | 540 — ı73a ° 
24 — 380 70 — 845 | 230 — 1343 560 — 1748 _ 
26 — 415 75 — 875 240 — 13830 580 — 1763 
a8 — 447 | 80 — 903 | 260 — 1415. | 600 — 1778 
3o — 477 85 — 929 | 280 — 1447 | 620 — 1798 
32 — 505 990 — 994 | 300 — 1477 | 640 — 1806 
34 — 53ı 95 — 978 | 3so — 1505 

Man kann, mit Hülfe diefer Tabelle, die Sfale auf folgende Weiſe 
richtig zeichnen. , Wenn die Länge des Raumes, den man zur 
Eintheilung verwenden will oder kann (nähmlich der Abftand zwis 
ſchen dem oberften mit zo bezeichneten Punkte, und dem untern 
Ende, welches die Zahl 640 trägt) gegeben ift, fo nimmt man 
fünf Neuntel von diefer Länge, und bildet daraus einen Maßftab, 
den man in 1000 Theile theilt, und mittelit deifen man den Ort 
für jeden Theilſtrich auf dem verfchiebbaren Stäbchen beftimmt. 


d 


Chemijche Nechenftäbe. 103 


Dan mißt nähmlicdh für jede der in der Tabelle ſtehenden Zahlen 
von dem mit 10 bezeichneten Punfte a aus, gegen b bin, die 
beigefegte Denge von Taufendtheilen ded Maßftabes ab, und 
ſchreibt zu dem gefundenen Punkte eben diefe Zahl, Die zwifchen 
diefen Punkten liegenden Räume kann man, ohne einen merflichen 
Sehler zu begehen, in eine entiprechende Anzahl gleicher Theile 
eintheilen ; fo wie auf diefelbe Art von 10 bis 20 auch Viertel, und 
von 30 bis 50 halbe Theile aufgetragen werden fönnen. Dann 
fegt man die Nahmen jener Stoffe, welche man für feinen Zweck 
nöthig zu haben glaubt, nad) Bequemlichkeit rechtd oder links ne» 
ben die Sale, jedoch fo, daß jeder aus ihnen neben die Zahl zu 
fiehen kommt, welche dem zehnten Theile feines Miſchungsgewich⸗ 
teö gleich ift *), zieht das folcher Geſtalt bezeichnete und befchries 
bene Papier mittelft Leim oder Kleifter auf das Bretchen auf, und 
ſchneidet e8 nad) dem Trocknen längs der zwei Linien ab und od 
durch, um die &fale von den unbeweglichen Theilen, welche recht® 
und links bleiben, zu trennen. Man kann dad Papier mit einem 
Beingeiftfirniife überziehen, um es vor Schmug, und die Schrift 
vor dem Abreiben zu fichern. 

Zur Verfertigung der Sfale fann auch das folgende, von 
dem obigen verfchiedene Verfahren angewendet werden, welches 
vieleicht fogar bequemer it, Dan theilt Die ganze Länge a b der 
Skale (Hig. 4) in ſechs gleiche Abfchnitte, und bezeichnet die Theil⸗ 
punfte Der Ordnung nad) mit 20, 40, Bo, 160, 330, während ber 
Anfangspunft a und der Endpunft b die Zahlen 10 und 640 ers 
halten. Den erften diefer Abfchnitte, af, theilt man in 100 heile, 
bemerft (von anıd zählend) die Zheilpunfte ı4, 26, 38, 485, 584, 
68, 76%, 85, 922, und fchreibt zus deuſelben der Meihe nach die 

Zahlen 11, 12, u, few. bis 19. Der Abitand af ift dadurch in 
sehn ungleiche Theile getheilt, Eben diefe Theile trägt man auch 
in jeden der folgenden Räume, fg, gh, hi,ik, kb, ein, wo je 
doch nach Anleitung der Big. 4 den Theilpunften andere, und zwar 
ſchneller fleigende Zahlen beigefshrieben- werden; denn jeder Theil, - 
der im Abfchnitte a f eine Einheit bezeichnet, wird in fg= 2, in 


2) Auf dem Schieblineale ift näymlid das Mg. des Eauerfioffe= 10 
‚(ftatt 100) angenommen, und daher müſſen auch die Zahlen alley 
übrigen Körper auf den zehnten Theil herabgeſetzt werden. 

11 * 


104. Aequivalente. 


ghes4, inhi=B, inike 16, in kb = 32 Einheiten. Die 
zwifchen den fo erhaltenen Punften liegenden Räume werben nun 
wieder, zur Vervollftändigung der Sfale, in gleiche Xheile 
eingetheilt. Weil aber für alle einzelnen Theile auf einer ı= bie 
15 300 langen Skale nicht Raum ift, fo trägt man fie gegen das 
Ende b (Fig. ı) hin, nur von 2 zu 2, und endlich nur von 5 
zu 5 auf. 

Ein fo eingerichteted Schieblineal kann zur mechanifchen Voll: 
bringung aller jener Berechnungen dienen, welche man mittelft 
der aus den Mifhungsgewichten abgeleiteten Proportionen vor« 
nimmt, wie oben gelehrt wurde. Nur ift zu bemerken, daß hier 
Die Benauigfeit einen minder hohen Grad erreicht, befonders wenn 
die Sfale des Lineald nicht von bedeutender Länge ift, und man 
mit großen Zahlen operirt. Indeſſen ift für technifche Zwecke eine 
die Fleineren Bruchtheile berüdfichtigende Schärfe nicht nöthig. 
Der Gebrauch ded Inftrumentes wird ſich am beften durch ein 
Beiſpiel deutlich machen laſſen. Das bewegliche Stäbchen werde 
fo gefhoben, daß die Zahl 200 auf feiner Sfale neben »Salpe⸗ 
ter« zu fteben fommt (f. Sig. 3). Dann befindet fich neben 
»Salpeterfäure« die Zahl 107, und neben » Kalia die Zahl 
93, was anzeigt, daß in 200 Xheilen Salpeter 107 Salpeter⸗ 
fäure und 93 Kali enthalten find. Die bei diefer Stellung neben 
der Schwefelfäure (1.85 fp. Gew.), dem fhwefelfauren 
Kali, dem Kochſalze, demwafferfreien und Eryftallis 
firten [hwefelfauren Natron, dem Waffer, der wafe 
ferfreien Schwefelfäure, dem Natron, der Salzfäure, 
dem falpeterfauren@&ilberoryde und den Chlorſilber 
befindlichen Zahlen zeigen an: 

1) Daß 97 Theile Schwefelfäure vom fp. ©. 1.85 aus 79.25 
wafferfreier Schwefelfäure und 17.75 Waſſer (1 Dig.) beftehen. 

a) Daß zur Zerlegung von 200 Th. Salpeter eben diefe 97 
zb. Schwefelfäure erforderlich find, und daß hierdurch 107 Th. 
(wafferfreie) Salpeterfäure nebft 172 Th. ſchwefelſaurem Kali er⸗ 
halten werden. 

3) Daß die naͤhmlichen 97 Ih. Vitrioloͤhl 116 TH. Kochfalz 
gerlegen, dadurch 72 Th. falzfaured Gas und 141 Ih. waſſerfreies 
oder 318 Ih. ktyſtalliſirtes fchwefelfaures Natron erzeugen. 


Aether. 165 


‚ 4) Daß 141 waſſerfreies fchwefelf. Natron aus 79.35 Schwe⸗ 
felfäure und 61.75 Natron, oder 318 Froftallifirtes ſchw. N. aus 
79.25 Schwefelf., 61.75 Natr. und 177 Wafler (10 Mg.) beſtehen. 

. 5) Daß 116 Th. Kochſalz aus 336 TH. falpeterf. Silberorydes 
das Silber vollftändig fällen, und Damit 383 Th. Chlorfilber liefern. 

Diefe Angaben Fönnten noch außerordentlich vervielfältige” 
werden; denn in der That iſt Durch das Verfchieben des Stäb- 
end mit einem Mahle eine Reduktion aller Kequivalenten » Zahlen 
oder Mifhungsgewichte Dergeflalt verrichtet worden, daß neben 
jedem Körper jene Zahl fich befindet, welche fein Mifchungsgewicht 
auodruͤcken würde, wenn dad Mg. des Salpeterd = 200 wäre, 
Ratt 126.7, wie es (ald auf den Sauerfloff = 10 besogen) in 
Gig. ı erfcheint. Jede Verrüdung des Stäbchens ftellt alfo dem 
Blicke fogleich das Nefultat dar, welches man fonft durd Be⸗ 
rechnung eben fo vieler Proportionen, ald Körper auf dem Lineale 
verzeichnet find, mühſam hätte finden mülfen. Ein furger Um⸗ 
gang mit diefem Inftrumente macht feine —————— Außerft 
leicht, ficher und bequem. Ä 

| 8. K. 


Aether. 


Durch die Einwirkung einiger Saͤuren, beſonders der Schwe⸗ 
felſaͤure, auf Alkohol entſteht eine Flüſſigkeit, welche viel fluͤchtiger 
und eutzuͤndlicher iſt, als der Alkohol ſelbſt, und Aether genannt 
wird. Bei dieſer Einwirfung verbindet ſich in dem Alkohol ein 
xheil des Wailerftoffes mit einem Theile des Sauerſtoffes zu 
Wafler, welches mit der Schwefelfäure fich vereiniget, während 
dee Alkohol, jenes Waſſers oder feiner VBeftandtheile beraubt, 
als Aether erfcheint, welcher daher verhältnigmäßig mehr Kohlen- 
ftoff als der Alkohol enthält. (©. Aequivalente, hemifde, 
&.149.) Der eigentlich fogenannte Aether ift der mittelft der 
Schwefelfäure dargeftellte (Schwefeläther)., weil biefer, 
gleidy dem Alfohol, nur eine Verbindung von Kohlenftoff, Waſſer⸗ 
ſtoff und Sauerftoff ift, ohne etwas von der Säure zu enthalten 
(was auch der Bau ift bei dem mit Arfeniffäure und Phosphorfäure 
Bargeftellten Aether). Ron diefem reinen Aether unterfcheiden fid) 
die mit anderen Säuren Dargeftellten Aetherarten darin, daß Ichtere 


166 Aether. 


noch in ihrer Zufammenfeßung einen Zheil der Säure enthalten, 
mit welcher fie bereitet worden find. Dergleichen find der Sal- 
geteräther, Salzäther, Eifigäther u. ſ. f. Wir werden und hier 
nur mit der Bereitungsart des reinen Aetherd oder Schwefel- 
äthers und des Eſſigaͤthers befchäftigen, da nur diefe eine techniſche 
Wichtigkeit haben. | | 
Die Einwirtung der Schwefelfäure auf den Alfohol im 
der Art, daß der letztere in Aether umgeändert wird, geht nur bei. 
einer gewilfen Temperatur vor ſich: ift die Temperatur niedriger, 
fo erhält man durch die Deftillation der Mifchung größtentheils 
nur Alkohol; ift fie höher, fo bilden fi auf Koſten des Alfohold 
aufier dem Äther noch andere Produfte, ald Schwefelweinfäure 
und Weinöhl, wodurch ein verhältnißmäßiger Verluft an Aether 
entfteht. Diefes legtere erfolgt aber nothwendig, wenn, nad 
der früher gewöhnlichen Methode, die ganze Menge von Schwefel 
fäure und Alfohol mit einander vermifcht, und dann fo lange, 
als noch. Aether erfcheint, deftilirt wird, weil der Siedpunft der 
Mifchung immer höher fteigt, je geringer die Menge Alfoho[s gegen 
jene der zurückbleibenden Schwefelfäure wird. Es folgt alfo hier⸗ 
aus, daß die vortheilhaftefte Methode der Aetherbereitung im 
MWefentlichen darauf beruhe, daß während der Deftillation der Mi⸗ 
fhung die Menge des Alfohold gegen jene der Schwefelfäure, wenn 
ein Mahl die Aetherbildung begonnen hat, ziemlich unverändert 
erhalten werde, was dadurd) bewirkt wird, daß man den Alkohol 
in einem ganz feinen Strahle in dem Maße in die Netorte nach⸗ 
fließen läßt, als die Deftillation des Aethers felbft Statt findet. 
Die beite Art, den Aether foweohl im Kleinen ald im Gro⸗ 
Ben zu bereiten, iftdaher folgende. Man vermiſcht zuerft 3 Theile 
Schwefelfäure von 1,85 fpez. Gewicht (66° Baume) mit a Iheilen 
Alkohol von 0,83 ſpez. Gewicht (36° Baume). Um bei diefer Mi⸗ 
ſchung die zu heftige Erhigung zu vermeiden, gießt man den Alfos 
hol zuerit in die tubulirte, hinreicheud geräumige Netorte, die man 
fo in Bewegung feßt, Daß der Alfohol ſich um eine, dadurch in 
der Mitte entftehende trichterförmige Vertiefung fehwingt, im 
welche man, unter beftändigem Fortſetzen diefer Bewegung, die 
Säure in einem fehr dünnen Strahl durch den Tubulus einfließen 
läßt, Die Miſchung erhipt ſich dabei bis zu 609° R.; man fügt 


Aether. 167 


nun fogleich eine geräumige Vorlage an, legt die Retorte in eine 
vorher mäßig erwärmte Sandfaäpelle, verbindet diefelbe mittelft 
eines Vorſtoßes mit der fühl erhaltenen Vorlage, und läßt die Des 
Rilation beginnen. Daß die Mifchung hier noch warm auf die 
Saudfapelle gebracht werde, ift darum von Wortheil, weil, de 
die Aetherbilduug erft bei einer gewiſſen Temperatur vor fich gebt, 
bei der Iangfamen Erhigung der in der Netorte befindlichen Mi⸗ 
(hung erft ſehr viel Alkohol unverändert überdeftillirt, ehe die 
Zemperatur eintritt „ bei welcher die Aetherbildung beginnt. 

. Arbeitet man mit größeren Mailen (bis etwa zu :5 Maß), 
fo iſt e8 ficherer, die Mifchung außerhalb der Netorte in einem . 
binreichend großen irdenen Kruge, wie folche zur Alfbewahrung 
der Schwefelfäure gebraucht werden, zu bewerffielligen. Man 
gießt Die ganze Menge des Altohols in den Arug, fügt eine Portion 
der Schwefelfäure Hinzu, und fchüttelt gut um; fest hierauf eine 
neue Portion hinzu, fehüttelt wieder, fährt fo fort, bis die Hitze 
zu ſtark wird; in welchem Salle man das Ganze einige Stunden 
suben läßt, und dann neuerdingd Schwefelfäure hinzufügt, bis 
aufeinige Pfunde, diemanim Rückhalt behält. Nachdem man nun 
den Deftillationsapparat (f. Deftillation) mit der hinreichend 
geräumigen Retorte, die für dieſen Fall auch aus Bley bergeftellt 
feyn kann, vorgerichtet, And die Sandfapelle gehörig erwärmt 
bat, gießt man die Tegte Portion der Schwefelfäure noch in den 
Krug, wodurch die Mifchung fich wieder erwärmt, wonach die⸗ 
felbe fogleicy in die Retorte durch den Tubulus eingegoifen wird, 
und die Deftillation ihren Anfang nimmt. 

Nunmehr befeftiget man indem Tubulus der Retorte mittelft 
eined vorbereiteten, gut fchließenden Korfftöpfels eine in der Form 
eines liegenden co geftaltete Slasröhre, deren eined Ende, welches 
in eine dünne, beinahe haarröhrchenartige Spige ausgezogen iſt, 
in die in der Retorte befindliche Flüjligfeit um ein Deittel ihrer 
Höhe Hineinreicht, das andere, außerhalb der Retorte befindliche, 
aufwärts gehende Ende aber mit einem Trichter verfehen ift, Durch 
welchen fpäterhin der Alkohol nachgegoilen wird. Statt diefer m 
Röhre kann man auch einen Heber anwenden, deilen längerer 
Schenfel mit der in der Flüſſigkeit befindlichen feinen Spige ver- 
fehen iſt, der kürzere aber in einer Flaſche mit Alkohol fteht, au« 


108 Aether. 


welcher das Nachfließen erfolgt, welches noch durch einen an dem 
‚längeren Schenfel angebrachten Hahn regulirt werden kann. 

Dad Feuer unter der Sandkapelle wird. fehr mäßig und 
vorfichtig gehalten; wenn die erften Zeichen des Kochens eintreten 
(was man durch Das eigenthuͤmliche Geraͤuſch bemerft) ganz weg- 
genommen, und wenn nun Das Kochen ſich gleihförmig und ruhig 
eingeftelt bat, nur nah und nad wieder fo viel gefchürt, 
daß dieſes gleichförmige Sieden ohne Unterbrechung fortdauert. 
Die Abfühlung bei diefer Operation wird am beflen durch eine 
Kühlröhre aus reinem Zinn bewirft, und der Aether wirb in einer 

- gläfernen Vorlage, :welche fühl erhalten werden muß, aufgefangen. 
Um den Aether portionenweife aus diefer Vorlage abzuziehen, ver⸗ 
fiebt man diefelbe mit einem Heber, deilen einer Schenkel beinahe 
bid auf den Boden der Vorlage reicht, der andere, längere, aber 
in einer mit einem naflen Tuche Fühl erhaltenen Flaſche ſteht. 

. Werden die Aetherdämpfe in der Vorlage etwas ftärfer, fo drüden 

fie die vorhandene Slüffigfeit durch den Heber in die Flaſche. 
Nachdem durch die erfte Deftillation ein Theil Aether in die 

Vorlage übergegangen ift, laͤßt man durch Die c Röhre oder ben 

Heber Alkohol in die Retorte nachtreten,, und diefes Nachfließen 

muß nun ununterbrochen fortdauern. Da der Zutritt des Alfoe 
hols durch die enge Nöhre nur fehr langſam erfolgt, fo wird die 

Mifhung dadurch nicht merflich abgefühlt; und da der Aether 

beiläufig in gleichem Verhaͤltniſſe mit dieſem Zufluffe gebildet wird, 
fo bleibt ın der Mifchung immerfort daͤſſelbe Verhaͤltniß zwifchen 

Säure und Alfohol, ein Umftand, der, wie fhon früher bemerkt 

wurde, für die Produftion der größten Menge Aethers aud ders 
felben Quantität Alfohol weſentlich ift. 

Wenn fo viel Alkohol zugefloffen ift, daß die Menge deſſel⸗ 
ben, mit Einfluß der zuerft zugefeßten Nuantität, dem doppelren 
Gewichte der angewendeten Schwefelfäure gleich ift, ſtellt man 
den Zufluß ein, und Täßt die Operation bei gelindem euer noch 
fo lange währen, bis die fettigen Streifen , welche der fich 
Fondenfirende Aether in der Vorlage bildet, aufhören, oder läng« 
ſtens bis weißliche, nach fehweflicher Säure riechende Dämpfe zit 
erfheinen anfangen, wo dann das Feuer fogleich weggenommen 
wird... Bei einer längern Fortſetzung der Operation. würde mit 


Aether. | 169 


der ſchweflichen Säure. zugleich daß ars einer weiteren Zerſeßung 
des Rückſtandes in der Retorte re Weindhl übergehen and 
dad Deitillat verunreinigen. 


: Man theilt dieſes Deſtillat wäheend der Operation auf die 


oben angegebene Art in drei Portionen. Die erſte, welche einen 
großen Theil Alfohol enthält, fept man auf die Seite, um fie 


bei einer nächlten Operation wieder ber Mifchung flatt Alkohol . 


inmfepen. Die zweite and größte Portion ift Die reinſte; fie wird, 
da fie noch etwas Alkohol und gewöhnlich auch etwas fehwefliche 
@äure enthält, eben fo, wie für fich die Dritte Portion, der Reini⸗ 
gung von jener fremdartigen Beimiſchung unterworfen. Man 
ſchüttelt fie zu diefem Behufe mit einem gleichen Volum Waſſers, 
dad mit gebranntem und in Waller zerrührten Kalt gemengt ift, 
und nach Abziehung deſſelben noch wit eben fo viel reinen Waſſers; 
nimmt den Aether dann ab, wenn er fich wieder obenauf geſammelt 
Int, gießt ihn in eine Retorte auf geöblich zeritoßenen falzfauren 
Kalk, und deſtillirt bei fehe gelinder Wärme zuerfl ein Drittheil 
ab, dad ald reiner Aether abgefendert wird; die übrigen z ent 
halten noch etwas Alkohol, und werden befonders aufgefangen. 
Hat man das Deftillat, wie das bei Beinern Mengen gewöhnlich 
it, nicht in mehrere Portionen getheilt; fo deftillirt man daſſelbe 
nochmahls bei gelinder Wärme, nimmt die erfte Hälfte ab, be 
baudelt Diefe auf die erwähnte Art mit Kalt und Waſſer, und ſetzt 
die rückftändige Hälfte der fehwefelfauren Miſchung bei der naͤch⸗ 
fen Operation zu. 

Der Rüdftand in der Retorte beſteht größtentheild aus wit 
Waller verdinnter Schwefelfäure. Man fann demfelben neuerdings 
Alkohol zufeben, und noch eine bedeutende Menge einer Mifchung 
von Aether mit Alfohol (ehemahls fogenannte verfüßte. Schwer 
felfäure) abdeftilliren. Diefe Mifchung ift in mehreren Bällen 
gut zu Firniſſen, flatt reinen Alfohols, verwendbar, wenn man die 
felbe vorher noch über gebranntem und an der Luft zerfallenem 
Kalfe, zur Abfcheidung der fchweflichen Säure, reftifizirt Bat. 
Auf die befchriebene Art erhält man bei forgfältiger Leitung des 
Prozeſſes aus 57.6 Theilen Alkohol von 0.83 fp. Gew. 33: Theile 


Aether; was nahe eben fo viel ift, als die Rechnung verlangt, 


ba nad) letzterer 375 Iheile Aether erhalten werden müßten, 


170 Aether. 


Der Aether ift waſſerhell, düunfläffig, von ſtatten eigen⸗ 
thumlichen Geruche; bei 16° M. gegen Waſſer von derſelben 
Temperatur ift fein fpez. Gewicht==0.7155. Er kocht unter dem 
gewöhnlichen Luftdrucke ſchon bei 2820 R. Er ift fehr Teicht ent- 
zundlich, wegen der Verbreitung feines Dampfes fchon in einiger 
Entfernung von dem brennenden Körper, und muß daher mit 
Borficht behandelt werden. Da er bei dem Zutritte bez Luft durch 
Aufnahme von Sauerftoff allmaͤhlich ſich in Eſſigſaͤure oder Effig⸗ 
äther umwandelt, fo muß man ihn an einem fühlen Orte in damit 
vollgefällten und gut verfchloifenen Gefäßen aufbewahren. Dee 
Aether ift ein Auflöfungsmittel fir einige Salze, für fette und 
flüchtige Öble ‚, für verfchiedene Harze und andere Pflanzenftoffe, 
z- B. Kautſchuk. 

Der Eſſigaͤther entſteht durch die Einwirkung der Eſſig⸗ 
ſaͤure auf den Alkohol, die man durch Zuſatz von Schwefelſaͤure 
befördert. Durch letztere wird nähmlich mit dem Alkohol Aether 
‚gebildet, welcher im Augenblide feiner Entftehung mit der Eſſig⸗ 
fäure in Verbindung tritt. Am wohlfeilften nimmt man hierzu 
ein efligfaured Salz ftatt der fonzentrirten Effigfäure, nähmlich 
efligfaures Kali oder effigfaures Blei (Bleizucker). Hierzu wer⸗ 
den 20 Unzen gepulverter Bleizucker in einem hohen Kolben mit 
einem Gemifche aus 10 Unzen Altohol und 113 Unzen fonzentrirter 
Scwefelfänre übergoflen, hierauf ein Helm mit Vorlage gut 
anlutirt, und dann bei gelindem Feuer 12 Unzen abdeftillirt. Der 
durch dieſe Deftillation erhaltene Aether ift immer mehr oder wenis 
ger alkoholhaltig. WI man ihn wenigftend größtentheild Davon 
befreien, fo bringt man in denfelben gefchmolzenen und grob zer⸗ 
ftoßenen falzfauren Kalt; diefer wird vom Alkohol aufgelöft, und 
der Aether fhwimmt dann oben auf. Iſt das Deftillat fauer durch 
die Verunreinigung mit freier Effigfäure, fo nimmt man die Säure 
erſt Durch Pauftifches Kali weg, und gießt dann den Aether auf den 
ſalzſauren Kalf, laͤßt ihn einige Zage damit ftehen, und deftillirt 
ihn emdlich ab. 

Der Effigäther Hat einen angenehmen efligartigen Geruch 
und Sefhmad. Sein ſpez. Gewicht ift bei 14° R. == 0.883; er 
kocht unter 38 bei 60% R., laͤßt fich leicht antzünden, und ohne 
Aenderung aufbewahren. Er ift in den. meiften Weinen und in 


chen. 171 
den amd Deufelben bereiteten Beanutweinen enthalten, eben fo in 
dem Eifig; im weichen Fällen er ſich durch die Gährung mit und 
and dem Alfehel bildet. 

i d. H. 


Aeten. 


Ae tzen bezeichnet diejenige Operation, bei weicher durch 
demifche Mittel auf der Flaͤche irgend eined Körpers vertiefte 
Zeichummgen hervorgebracht worden, folglich dasjenige geleiſtet 
wird, was amf mechauifche Weiſe durch den Geabftichel geſchehen 
fann. Der Zwedi deö Aetzens kann ein doppelter feyn, entweder 
die bloße Verzierung der Oberfläche oder die Heritellung einer 
Form für den Abdrud. Das lehtere ift bei der Ausführung der 
Kupferſtiche der Fall. Das Heben befteht im Wefentlichen darin, 
daß die Flache mit einem barzigen Firniß (dem Achgrunde) 
überzogen wird, in welchem dann die Zeichnung mittelft geeigne⸗ 
ter Nadeln und Griffel hergeftellt wird. Gießt man nun auf die 
fo vorbereitete Zläche eine Säure, die auf deren Subſtanz aufld« 
feud wirft (da8 Aeswaffer); fo werden die mit ber Nadel 
oder dem Griffel entblößten Linien und Stellen vertieft, während 
der übrige Theil durch den Aetzgrund gefchügt if. Die Aepmittel 
mũſſen überhaupt als Auflöfungsmittel wirken, folglich fich nach 
der Natur des zu äpenden Körpers richten. 

Die größte Anwendung: des Aetzens findet in der Kupfer: 
fiecheren Statt, und wir wollen diefed Verfahren zuerſt befchreiben, 
weil bei der Vollkommenheit, zu welcher daflelbe gebracht ift, die 
dabei Statt findenden Handgriffe auch jeder anderen Art zu äben 
zum Grunde liegen. | 

Aetzen in Kupfer. Die Kupferplatte, welche mit der 
geaͤtzten Zeichnung verfehen werden foll, muß völlig eben und por 
Iirt, auch von einer ganz gleichfösmigen Maffe feyn, damit das 
Scheidewafler, Das zum Aetzen angewendet wird, überall gleichför« 
mig angreife. Bor dem Geobrauche fchafft man von ihrer Oberfläche 
alle Settflefen weg, indem man diefelbe mit gefchlämmter Kreide 
and Leder abreibt, und zulegt mit reiner Leinwand abtrocknet. 

Die Platte wird nun mit dem Aepgrunde verfehen. Zu die 
ſem Behufe wird fie erwärmt,. indem man fie, mit der polirten 


172 FE Aetzen. | | 
Flaͤche oben, mit einem Feilfioben über ein mäßiged Kohlenfeuer 
hält, oder wen fie flein.ift, einiges Papier unter derfelben an⸗ 
zündet. Man nimmt hierauf den in Taffet eingewidelten Ach 
grund (der nachher befchrieben wird) und fährt damit über Die 

‚ heiße Platte von einer Seite zu der anderen in geraden neben 
einander liegenden Zügen gelinde bin, bis diefelbe mit dem durch 

‚ den Zafft durchdiingenden Fieniß mäßig bedeckt fl. Mit einem, . 
mit etwas Baumwolle ausgefüllten Zupfer aus Zeffet berührt man 
nun fogleich diejenigen Stellen, wo von dem Firniß zu viel ſeyn 
Söuute, um ihn dahin zu führen, wo davon zu wenig iſt, und fo 
Die Lage möglich gleich und biinn gu verbreiten. 

Die Platte wird nun, während fie noch warm ift, auf der 
mit bem Aetzgrunde verfehenen Seite eingeräuchert, mittelft eines 
Stuͤckes Fackel oder einer diden Wachöferze oder mit einem Wachs⸗ 
flode, den man fünf bis ſechs Mal zufanımengebrebt hat, um eben 
fo viele Slammen bei einander zu haben, und einen ftarten Rauch 
zu verurfachen. Diefes Eimräuchern muß fo fchnell ala möglich 
geichehen, damit der Firniß während der Operation nicht Falt 
werde, weil der Ruß fonft nicht haftet. Die Flamme muß übri⸗ 
gend in einiger Entfernung von dem Aetzgrunde gehalten werden, 

. Damit der Docht ihn nicht berühre und an einzelnen Stellen vers 
derbe. Will man auf den Aetzgrund ftatt Diefer fhwarzen Farbe 
eine weiße bringen; fo reibt man reines Bleiweiß mit Leimwaſſer 
an, dem man zur befferen Haftung noch einige Tropfen Ochfengalle 

zuſetzen fann, und trägt es mit einem Haarpinſel gleichförmig 
auf die mit dem Aetzgrunde bedeckte Platte. 

Nun wird der Umriß der Zeichnung auf Die vorbereitete 
Platte, nachdem diefelbe wieder erfaltet ift, von dem Papier 
übertragen (calfirt). Iſt Die Zeichnung mit Blei⸗ oder Rothftift 
auf Zeichen= pder Velinpapier angefertigt; fo ift für die Ueber⸗ 
teagung derfelben auf den Aepgrund die einfachfle Methode 
‚diefe, daß man die Zeichnung, nachdem man fie vorher etwa eine 
Viertelftunde lang zwifchen benegtes Papier gelegt hat, um fie 
hinreichend feucht und weich zu machen, mit.der gefchwärzten 
Aupferplatte durch die Aupferdruckerpreffe gehen laͤßt, wo fich 
Die Zeichnung auf dem gefchwärzten Aetzgrunde, und zwar ver- 
kehrt oder in derjenigen Lage abdrudt, in welcher fie eigentlich 


Heben .iu Kupfer. 173 


anf Die Kupferplatte kommen fol, damit fie auf dem Kupfer 
liche dieſelbe Lage habe, wie anf dem. Original. Sei. diefer 
Methode it jedoch ein Papier von fehr feinem und gleichfärmi- 
gem Korn erforderlich, damit es fich unter der Prefle gleichmaͤßig 
ausdehne und die Zeichnung nicht verzerre. Hat man keine Druck⸗ 


yreffe zur Hand, fo verführt man auf folgende Art. Die. Zeich⸗ 


sung des Originals wird auf durchſcheinendes Stroh - oder chine- 
ſiſches Papier, oder gebhktes Papier übertragen. . Dann wird: ein 
Ste důũmes Velins Papier. von der Größe, der Zeichnung wat 
gepulwertem:;.Nöthel, oder. Graphit auf der einen Seite. uͤberrie⸗ 
ben,- dieſes Papier mit der beftrichenen. Seite auf den Atzgrund 
gelegt, Das Strohpapier. mit der Dursbzeichnung, nachdem man 
daffelbe umgekehrt hat, damit diefe Die verkehrte ‚Lage er⸗ 
halte, darüber firaff außgebreitet und an dem ande der Kupfer⸗ 
tafel durch Kluͤmpchen Wachs hefeflige. Man überfährt nun mit 
der Radiernadel die Unriſſe der Zeihnung bei gelindem Drucke, 
wodurch ſich dDiefelben.auf Dem ſchwarzen Grund mitteli der mit 
Rothel oder Graphit: uͤberſtrichenen Papierfläche übertragen... Ohne 
Färbung der Papierfläche laͤßt fi der Calk auch auf folgende Art 
herſtellen. Man legt auf.das Original Firniß⸗ oder Strohpapier, 
und zeichnet es mit Bleiſtift durch. Nachdem nun der Aetzgrund mit 
der weißen Sarbe überzogen worden ift, legt man das Papier mit 
der, mit der Bleifliftzeichnung verfehenen Seite auf den Grund, be⸗ 
ſeſtigt es am Rande, uud überfährt mit Der Radiernadel die‘ Durch» 
fheinenden Linien, welche fid) fonach auf dem weißen Grunde 
abdrucken. Diele Methode liefert einen feineren . und rückſichtlich 
der Staͤrke der Striche richtigeren Calf, ald jene mittelft der. ges 
färbten Flaͤche. 

Eine andere Manier befteht darin, daß man auf durchſchei⸗ 
nendes Stroh: oder Oehlpapier, oder auf Hauſenblaſenpapier (pa- 
pier glace oder papier gelatine f. Folie), das man über die Zeich⸗ 


uung legt, Die Umriſſe mit einer feinen Nadel einreißt, und hierauf . 


diefe mit der Nadel gemachte Zeichnung mit einer Mengung aus glei- 
chen Theilen von fehr fein gepulvertem Rothitein und Graphit mitselft 
des Fingers von einem glafirten Handſchuh einreibt. Diefer Staub 
fegt ſich in die auf dem Papiere von der Nadel gemachten Ritzen; 


das überfchüffige Pulver wird mit einer weichen Leinwand wegge: 


174 Aetzen. 


nommen. Dieſe Zeichnung legt man auf den Aetzgrund, fo 
daß die. gefärbten Striche diefen berühren, die Zeichuung alfo- 
die umgekehrte Lage bekommt; fie wird an dem Rande der. Kupfer- 
platte gehörig befeftigt, und nun werden mit ber Nadel die Zuge 
wieder genau überfahren, wodurch fich die rothe Farbe derſelben 
auf dem fehwarzen Grunde abfegt. Wendet man bei diefer Me⸗ 
thode das Firniß- und Dehl: Papier an, fo darf es weder zu frifch 
ſeyn, weil’fich der Calk leicht verliert, noch zu trocken, weil Dan 
das Papier von der Nadel Teicht-Durchgefchnitten wird. Veſſer 
eignet fich hierzu das Hauſenblaſenpapier, auf welchem fi mis 
der Radel tiefer einreißen läßt, als auf dem Birniß- Papier. 
Diefed Papier gibt auch den Vortheil, daß man es nach der vor. 
ber befchrichenen Art über der gefchwärzten Kupferplatte trocken, 
alfo ohne Gefahr des Verziehend, durch die Kupferdruderpreile 
gehen laſſen kann, wo fich dann der Ealf auf der Platte abdrudt, 
folglich das zweite Durchzeichnen erfpart wird. 

Iſt auf eine oder die andere Art die Zeichnung auf ben Aetz⸗ 
geund gebracht; fo nimmt der Künftler mit der Nadiernadel diefen 
Firniß au den gezeichneten Linien weg, um die Flaͤche des Ku⸗ 
pfers der Sinwirfung des Aetzwaſſerd zu. öffnen. 

Nachdem die Radierung der Zeichnung vollendet worden, wird 
die Kupferplatte mit einem etwa einen Zoll hohen Rande von wei« 
. dem Wachſe umgeben, das in der Kälte hinreichend Hart wird, und 
doch, zwifchen den Fingern erwärmt, fich leicht neten läßt. Man 
ſetzt zu dieſem Zwede dem gemeinen Wachſe etwas Pech ober Ter- 
penthin und Talg zu, oder verfertigt ed eigend nach folgender Vor⸗ 
ſchrift. Man laͤßt zuerft ein Pfund weißes Wachs fchmelzen, 
fept demfelben dann ein Pfund zerftoßenes Pech zu, rührt bie 
Mifhung unter einander, fügt nach dem gaͤnzlichen Schmelzen 
noch ſechs Unzen Schweinfett hinzu, rührt wieder, und gießt Die 
Maile, wenn fie anfängt fi aufzublähen, in ein Gefäß mit 
kaltem Wafler. Nachdem die Kupferplatte mit diefem Rande um: 
geben worden ift, den man noch, um bad Austreten des Aetzwaſſers 
defto fücherer zu verhüten, an der Stelle, wo er nach innen auf 
der Platte aufſitzt, mit einem mit Lampenſchwarz verdidten Ter⸗ 
penthin⸗Firniß (Deckfirniß) überziehen kann; fo wird die 


Aetzen .in Kupfer. | 175 


Salpeterſaͤure, welche in das Kupfer a üben beſtimmt Wr auf: 
gegoflen. 

Die hierzu. verwendete Salpeterfänre. bat eine Otarke von aa⸗ 
Baumé man verdiiunt dieſelbe gewöhnlich mit dem dritten Theile 
reinen Waſſers; doch haͤngt dieſe Verdünnung von der Temperatur 
der Luft und der Beſchaffenheit der radierten Zeichnung ab, da 
das Scheidewaſſer um ſo ſtaͤrker wirkt, je naͤher die Striche ſich 
an einander befinden. Man gießt das Scheidewaſſer etwa einen 
halben Zell Hoch auf, wonach fogleich die Wirkung deſſelben be⸗ 
giant, und zwar zuerft und am flärkiten in jenen Linien, wo Die 
Radiernadel am ſtaͤrkſten in das Kupfer eingegriffen hat. Waͤh⸗ 

„send dieſes Aetzens teägt man Serge, die Ruftblafen, die fih an 
den geäbten Stellen entwideln, ſo wie den Grüuſpan, der ich 
kin und ber aufest, mit einem Pinfel zu entfernen, damit die 
fernere Wirkung des Aetzwaſſers au folchen Stellen nicht gehindert 
werde. In etwa einer Viertelflunde, oder wenn man bemerkt, 
daß das Scheidswafler an den zarteflen Strichen hinreichend ges 
wirft bat, gießt man daſſelbe von der Platte ab, wäfcht diefe mit 
seinem Wailer, und läßt fie an ber Luft oder der Sonne, oder 
was fchneller vor fich geht, durch Aufblafen von Luft mit einens 
Blafebalg, troden werden. Nachdem man nun von dem Aep- 
grunde mit Polierfohle (Kohle aus Weiden oder Lindenhol;) etwas 
wenige& weggenommen, und fich von der hinreichenden Vertiefung 
der feinen Striche überzeugt Hat, überzieht man alle Theile der 
Platte, die hinreichend geägt find, mit Dem bereit6 genannten 
Dedfirniß, bringt nach dem Trocknen deflelben das Aetzwaſſer, 
das nun mach und nach verflärft werden kann, neuerdings auf 
die Platte, bis auch die flärfereu Striche hinreichend geägt find; 
und wiederhohlt dieſe Operation noch weiter, wenn die Natur der 
Zeichnung ed erfordert, bis zur Vollendung der flärkfien Striche. 
Die Platte wird dann mit Waller abgewafchen, fo weit gewaͤrmt, 
daß der Wachsrand weggenommen werden fann, während fie noch 
warm ifl, mit etwas Terpenthinöhl übergoifen und.mittelft deſſel⸗ 
ben der Aeßgrund mit einem Lappen weggenommen ; worauf man 
die Platte noch mit Dlivenöhl durdy einen Lappen abreibt. Ge⸗ 
woͤhnlich gibt der Kuͤuſtler diefer geägten Zeichnung, befonders in 
den Kraftſtrichen, die legte Vollendung durch den Grabflichel. 


166 Aether. 


noch in ihrer Zufammenfegung einen Theil der Säure enthalten, 
mit welcher fie bereitet worden find. Dergleichen find der Sal 
peteräther, Salzäther, Eifigäther u. ſ. f. Wir werden und hier 
nur mit der Bereitungsart des reinen Aethers oder Schwefel 
äthers und des Eſſigaͤthers befchäftigen, da nur dieſe eine technifche ' 
Wichtigkeit haben. | 

Die Einwirkung der Schwefelfäure auf den Alkohol in 
der Art, daß der Ieptere in Aether umgeändert wird, geht nur bei. 
einer gewiſſen Temperatur vor ſich: ift die Temperatur niedriger, 
fo erhält man durch die Deftillation der Mifchung größtentheils 
nur Alfohol; ift fie höher, fo bilden fi) auf Koften des Altohols 
außer dem Äther noch andere Produfte, ald Schwefelweinfäure 
und Weinöhl, wodurch ein verhältnißmäßiger Verluft an Aether 
entfteht. Diefes legtere erfolgt aber nothwendig, wenn, nach 
der früher gewöhnlichen Methode, die ganze Menge von Schwefels 
fäure und Alfohol mit einander vermifcht, und dann fo lange, 
als noch). Aether erfcheint, deftillirt wird, weil der Siedpunft der 
Miſchung immer höher fleigt, je geringer die Menge Alkohols gegen 
jene der zurückbleibenden Schwefelfäure wird. Es folgt alfo bier: 
aus, daß die vorrheilhaftefie Methode der Aetherbereitung im 
Weſentlichen darauf beruhe, daß während der Deftillation der Mi⸗ 
fhung die Menge des Alfohols gegen jene der Schwefelfäure, wenn 
ein Mahl die Aetherbildung begonnen bat, ziemlich unverändert 
erhalten werde, was Dadurch bewirkt wird, Daß man den Alkohol 
in einem ganz feinen Strahle in dem Maße in die Retorte nach⸗ 
fließen läßt, als die Deftillation des Aethers felbft Statt findet. 

Die beite Art, den Aether fowohl im Kleinen ald im Gro⸗ 
Ben zu bereiten, ift daher folgende. Man vermifcht zuerft 3 Theile 
Scwefeljäure von 1,85 ſpez. Gewicht (66° Baume) mit a Theilen 
Alkohol von 0,83 fpez. Gewicht (36’Baume). Um bei diefer Mi⸗ 
ſchung die zu heftige Erhigung zu vermeiden, gießt man den Alfos 
hol zuerſt in die tubulirte, hinreichend geräumige Retorte, die man 
fo in Bewegung feßt, daß der Alfohol ſich um eine, dadurch in 
ber Mitte entitehende teishterförmige Mertiefung fehwingt, in 
welche man, unter beftändigem Fortſetzen diefer Bewegung, Die 
Säure in einem fehr Drinnen Strahl durch den Tubulus einfließen 
laßt, Die Miſchung erbigt ſich dabei bis zu bo’ R.; man fügt 


ee 167 


nun ſogleich eine geraͤumige Vorlage an, legt die Retorte in eine 
vorher mäßig erwaͤrmte Sandkaͤpelle, verbindet dieſelbe mittelſt 
eines Vorſtoßes mit der kuͤhl erhaltenen Vorlage, und laͤßt die De⸗ 
ſtillation beginnen. Daß die Miſchung hier noch warm auf die 
Sandkapelle gebracht werde, iſt darum von Vortheil, weil, da 
die Aetherbildung erft bei einer gewiſſen Temperatur vor fich gebt, 
bei der langfamen Erhitzung der in der Netorte befindlichen Mi⸗ 
ſchung erft fehr viel Alkohol unverändert überbeftilirt, ehe die 
Zemperatur eintritt, bei welcher die Aetherbildung beginnt. 

Arbeitet man mit: größeren Maffen ( bis etwa zu ı5 Maß), 
fo ift es ſicherer, Die Mifchung außerhalb der Netorte in einem . 
hinreichend großen irdenen Kruge, wie ſolche zur Alfbewahrung 
der Schwefelfäure gebraucht werden, zu bewerfftelligen. Man 
gießt Die ganze Menge. deö Alkohols in den Krug, fügt eine Portion 
der Schwefelfäure hinzu, und fhüttelt gut um; feßt hierauf eine 
neue Portion hinzu, fchüttelt wieder, fährt fo fort, bis die Hitze 
zu ſtark wird; in welchem alle man das Ganze einige Stunden 
- zuhen läßt, und dann neuerdbingd Schwefelfäure hinzufügt, bis 
auf einige Pfunde, die man im Ruͤckhalt behaͤlt. Nachdem man nun 
den Deftillationsapparat (fe Deftillation) mit der hinreichend 
geräumigen Retorte, die für diefen Ball auch aus Bley hergeftellt 
feyn kann, vorgerichtet, And die Sandfapelle gehörig erwärmt 
bat, gießt man die leute Portion der Schwefelfäure noch in den 
Krug, wodurch die Mifchung fich wieder erwärmt, wonach dies 
felbe fogleich in Die Netorte durch den Zubulus eingegoilen wird, 
und die Deftillation ihren Anfang nimmt. 

Nunmehr befeftiget man in dem Zubulus der Retorte mittelſt 
eined vorbereiteten, gut ſchließenden Korfftöpfels eine in der Form 
eined liegenden % geftaltete Glasröhre, deren eined Ende, welches 
in eine dünne, beinahe baarröhrchenartige Spige ausgezogen iſt, 
in die in der Retorte befindliche Fluͤſſigkeit um ein Drittel ihrer 
Höhe hineinreicht, das andere, außerhalb der Retorte befindliche, 
aufwärts gehende Ende aber mit einem Trichter verfehen ift, durch 
welchen fpäterhin der Alkohol nachgegoilen wird. Statt diefer c 
Nöhre fann man auch einen Heber anwenden, deilen längerer 
Schenkel mit der in der Flüſſigkeit befindlichen feinen Spitze ver 
fehen iſt, der kürgere aber in einer Flaſche mit Alfohol ſteht, au 


168 Aether. 


welcher das Nadsflichen erfolgt, weiches ned duch einen am 
längeren Schentel angebrachten Hahn zegulirt werden Tann. 

Das Amer unter der Saundkapelle wird {che mäßig und 
vorfihtig gehalten; wenn die erfien Zeichen des Kochens eintreten 
(was mar Durch das eigenthümliche Geraͤuſch bemerft) gan; weg- 
genommen, und wenn mun Das Kochen ſich gleichformig uud ruhig 
eingeficht Hat, nur nah unb nad wieder fo viel gefchürt, 
daß dieſes gleihförmige Sieden ohne Unterbrechung fertdauert. 
Die Abtühlung bei diefer Operation wird am befien durch eine 
Kühlröhre aus reinem Zium bewirkt, und der Aether wird in einer 
glaͤſernen Vorlage, welche fühl erhalten werden muß, aufgefangen. 
Um den Aether portionenweife aus Diefer Vorlage abzuziehen, ver⸗ 
fießt man diefelbe mit einem Heber, deilen einer Schenkel beinahe 
bis auf den Boden der Vorlage reicht, der andere, längere, aber 
in einer mit einem naflen Zuche fühl erhaltenen Flaſche ſteht. 
erden die Aetherdaͤmpfe in der Vorlage etwas flärfer, fo drüden 
fie die vorhandene Blüffigfeit durch den Heber in die Slafche. 

Nachdem durch die erfte Deftillation ein Iheil Aether in die 
Vorlage übergegangen ift, läßt man durch die m Röhre oder ben 
Heber Alkohol in die Metorte nachtreten, und dieſes Nachfließen 
muß nun ununterbrochen fortdauern. Da der Zutritt ded Alko⸗ 
hole durch die enge Roͤhre nur fehr langſam erfolgt, fo wird die 
Mifhung dadurch nicht merflih abgefühlt; und da der Aether 
beilaufig in gleichem Verhältniffe mit diefem Zufluffe gebildet wird, 
fo bleibt in der Mifchung immerfort daͤſſelbe Verhältniß zwifchen 
Saͤure und Alfohol, ein Umfland, der, wie fhon früher bemerkt 
wurde, für die Produktion der größten Menge Aetherd aus der 
felben Quantitaͤt Alkohol wefentlich ift. 

Wenn fo viel Alkohol zugefloffen ift, daß die Menge deſſel⸗ 
ben, mit Einfchluß der zuerft zugefepten Quantität, dem doppelien 
Bewichte der angewendeten Schwefelfäure gleich ift, flelt man 
ben Zufluß ein, und läßt die Operation bei gelindem Feuer noch 
fo lange währen, bis die fettigen Streifen, welche der fich 
Pondenfirende Aether in der Vorlage bildet, aufhören, oder läng« 
ftens bid weißliche, nach fchweflicher Saͤure riechende Dämpfe zu 
erfcheinen anfangen, wo dann dad Keuer fogleich weggenommen 
wird. Rei einer längern Fortſegung ber Operation. würde mit 


Aether. | 269 


dee fehweflichen Säure zugleich.dah ars einer weiteren Berfegung 
des Rüdftaudes in des Metoste — Weindhl übergehen und 
das Deſtillat verunreinigen. 

Man theilt dieſes Deſtillat wahrend der Operation auf die 
oben angegebene Art in drei Portionen. Die erfte, welche einen 
großen Theil Alkohol enthält, ſeht man auf die Seite, um fie 
bei einer wächflen Operation wieder der Mifchung flatt Alfohol 
zuzuſetzen. Die nuelte und größte Portion ift die zeinfle ; fie wird, 
da fie noch etwas Alkohol und gewöhnlich aud etwas ſchwefliche 
@äure enthält, eben fo, wie für fich die Dritte Portion, Der Reini⸗ 
gung von jener fremdartigen Beimiſchung unterworfen. Man 
fhuttelt fie zu dieſem Behufe mit einem gleichen Volum Waſſers, 
dad mit gebranntem und in Wafler zerrührten Kalt gemengt ifl, 
und nach Abziehung deſſelben noch wit eben fo viel seinen Waſſerd; 
nimmt den Aether dann ab, wenn er fich wieder obenauf gefammelt 
Sat, gießt ihn in eine Netorte auf groͤblich zerſtoßenen falzfauren 
Kalk, und deftilirt bei fehr gelinder Wärme zuerſt ein Drittheil 
ab, dad ald reiner Aether abgefondert wird; bie übrigen 7 ent- 
halten noch‘ etwas Alkohol, und werden befonders aufgefangen. 
Sat man dab Deftillat, wie das bei Meinern Mengen gewöhnlich 
it, nicht in mehrere Portionen getheilt; fo deftillirt man daſſelbe 
nochmahls bei gelinder Wärme, nimmt die erite Hälfte ab, be 
handelt diefe auf die erwähnte Art mit Kalf und Waſſer, und ſetzt 
die rücftändige Hälfte der fchwefelfauren Mifchung bei der naͤch⸗ 
fen Operation zu. 

Der Rüdftand in der Retorte beſteht größtentheild aus mit 
Waſſer verdiinnter Schwefelfäure. Man fann demfelben neuerdings 
Alkohol zufeben, und noch eine bedeutende Menge einer Mifchung 
von Aether mit Alkohol (ehemahls fogenannte verfüßte Schwer 
felfäure) abdeftilliven. Diefe Mifchung ift in mehreren Fällen 
gut zu Firniſſen, flatt reinen Alfohole, verwendbar, wenn man die⸗ 
felbe vorher noch uber gebranntem und an der Luft zerſalleuem 
Kalte, zur Abfcheidung der fchiweflihen Säure, reftifigirt Bat. 
Auf die befchriebene Art erhält man bei forgfältiger Leitung bed 
Prozeſſes aus 57.6 Theilen Alkohol von 0.83 fp. Gew. 33: Theile 
Aether; was nahe eben fo viel ift, als die Rechnung verlangt, 
da nach letzterer 37; Theile Aether erhalten werden müßten, 


170 Aether. 


Der Aether ift waſſerhell, dünnfläflig, von ſtarkem eigen⸗ 
thfimlichen Geruche; bei 6° RM. gegen Waſſer von derſelben 
Temperatur ift fein fpez. Gewicht=0.71565. Er kocht unter dem 
gewöhnlichen Luftdrude ſchon bei 2020 R. Er ift fehr leicht ent⸗ 
zundlich, wegen der Verbreitung feined Dampfes fchon in eiwiger 
Entfernung von dem breumenden Körper, und muß daher mit 
Vorſicht behandelt werden. Da er bei dem Zutritte der Luft durch 
Aufnahme von Sauerftoff allmählich ſich in Eſſigſaͤure oder Eifig- 
äther ummwandelt, fo muß man ihn an einem kühlen Orte in Damit 
vollgefüllten und gut verfchloifenen Gefäßen aufbewahren. Der 
Aether ift ein Auflöfangsmittel für einige Salze, für fette und 
flüchtige Oble, für verfchiedene Harze und andere Pflanzenſtoffe, 
4 B. Kautichuf. 

Der Effigäther entfteht durch die Einwirkung der Eſſig⸗ 
fäure auf den Alfohol, die man durch Zufap von Schwefelfdure 
befördert. Durch legtere wird naͤhmlich mit dem Alfohol Aether 
‚gebildet, welcher im Augenblide feiner Entftehung mit der Eſſig⸗ 
fäure in Verbindung tritt. Am wohlfeilften nimmt man hierzu 
ein efligfaures Salz ftatt der Fonzenteirten Effigfäure, naͤhmlich 
efligfaures Kali oder efligfaures Blei (Bleizuder). Hierzu wer 
den 20 Unzen gepulverter Bleizucker in einem hohen Kolben mit 
einem Gemifche aus 10 Unzen Alfohol und 11% Unzen fonzentrirter 
Schwefelfäure übergoffen, hierauf ein Helm mit Vorlage gut 
anlutirt, und dann bei gelindem Feuer 12 Unzen abdeftillirt. Der 
durch dieſe Deftillation erhaltene Aether ift immer mehr oder weni« 
ger altoholhaltig. Will man ihn wenigftend größtentheild davon 
befreien, fo bringt man in denfelben gefchmolzenen und grob zer⸗ 
ftoßenen falzfauren Kalt; diefer wird vom Alkohol aufgelöft, und 
der Aether ſchwimmt dann oben auf. Iſt das Deftillat fauer durch 
die Verunreinigung mit freier Effigfäure, fo nimmt man die Säure 
erſt durch Pauftifches Kali weg, und gießt dann den Aether auf den 
falzfauren Kalf, laͤßt ihn einige Zage damit ftehen, und deſtillirt 
ihn endlich ab. 

Der Effigäther Hat einen angenehmen efligartigen Geruch 
und Geſchmack. Sein fpez. Gewicht ift bei 14° R.== 0.883; er 
kocht unter 28 bei 60° R., laͤßt fich Teicht intzünden, und ohne 
Zienderung aufbewahren. Er iſt in den meiften Weinen und in 


Aetzen. 171 
den and denſelben bereiteten Branutweinen enthalten, eben fo in 
dem Effig; in weichen Faͤllen er fich Durch die Sährung mit und ' 
ans dem Altobol bildet. | 

J d. H. 


Neben. 


Aetzen bezeichnet diejenige Operation, ber weicher darq 
chemiſche Mittel auf der Fläche irgend eines Koͤrpers vertiefte 
Zeichunngen hervorgebracht worden, folglich dasjenige geleiſtet 
wird , was auf mechanifche Weife durch den Grabftichel geſchehen 
fan. Der Zwed des Aetzens kann ein doppelter feyn, eritweber 
die bloße Verzierung der Oberfläche oder die Serftellung einer 
Form für den Abdrud. Das leptere ift bei der Ausführung der - 
Kupferſtiche der Fall. Dad Aetzen befteht im Wefentlichen darin, 
daß die Fläche mit einem barzigen Firniß (dem Achgrunde) 
überzogen wird, in welchem dann die Zeichnung mittelft geeigne- 
ter Nadeln und Griffel hergeftellt wird. Gießt man nun auf die 
fo vorbereitete Fläche eine Säure, die auf deren Subſtanz auflö« 
fend wirft (dad Aetzwaſſer); fo werben die mit der Nadel 
oder dem Griffel entblößten Linien und Stellen vertieft, während 
der übrige Theil durch den Aetzgrund gefchügt iſt. Die Aepmittel 
müffen überhaupt als Auflöfungsmittel wirken, ' folglich fich nach 
der Natur des zu äbenden Koͤrpers richten. 

Die größte Anwendung: ded Aetzens findet in der Kupfer⸗ 
fiecherey Statt, und wir wollen dieſes Verfahren zuerft befchreiben, 
weil bei der Vollfommenheit, zu welcher daffelbe gebracht ift, die 
dabei Statt findenden Handgriffe auch jeder anderen Art zu aͤtzen 
zum Grunde liegen. 

Aetzen in Kupfer. Die Aupferplatte, welche mit der 
geägten Zeichnung verfehen werden fol, muß völlig eben und po⸗ 
lirt, auch von einer ganz gleichfösmigen Maffe feyn, damit das 
Scheidewafler, dad zum Aetzen angewendet wird, überall gleichförr 
mig angreife. Vor dem Gobrauche fchafft man von ihrer Dberfläche 
alle Settfleden weg, indem man dieſelbe mit gefchlämmter Kreide 
und Leder abreibt, und zulegt mit reiner Leinwand abtrocknet. 

Die Platte wird nun mit dem Aetzgrunde verfehen. Zu die: 
fem Behufe wird fie erwärmt,. indem man fie, mit der polixteg 


172 | eben. | 
Flaͤche oben, mit einem Feilfioben über ein mäßiged Kohlenfeuer 
hält, oder wenn fie Mlein.ift, einiges Papier unter derfelben au⸗ 
zündet. Dan nimmt hierauf den in Taffet eingewidelten Aetz⸗ 
grund (der nachher befchrieben wird) und fährt damit über die 
‚ heiße Platte von einer Seite zu der anderen in geraden neben 
einander liegenden Zügen gelinde bin, bis dieſelbe mit dem durch 
‚ deu Zafft durchdiingenden Firniß mäßig bedeckt it. Mit einem, . 
mit etwas Baumwolle ausgefüllten Zupfer aus Taffet berührt man 
nun fogleich Diejenigen Stellen, wo von dem Firniß zu viel ſeyn 
Könnte, um ihn dahin zu führen, wo Davon zu wenig iR, und fo 
Die Sage möglichft gleich und dünn zu verbreiten. 

Die Platte wird nun, während fie noch warm iſt, auf der 
mit dem Achgrunde verfehenen Seite eingeräuchert,, mittelft eines 
Stuͤckes Badel oder einer dicken Wachöferze oder mit einem Wachs 
flode, den man fünf bis ſechs Mal zufammengedreht hat, um eben 
fo viele Flammen bei einander zu haben, und einen ſtarken Rauch 
zu verurfachen. Diefes Einraͤuchern muß fo fchnell ald möglich 
geichehen, damit der Firniß während der Operation nicht Falt 
werde, weil der Muß fonft nicht haftet. Die Flamme muß übri⸗ 
gend in einiger Entfernung von dem Aebgrunde gehalten werden, 

. damit der Docht ihn nicht berühre und an einzelnen Stellen vers 
derbe. Will man auf den Aetzgrund ftatt diefer fchwarzen Farbe 
eine weiße bringen; fo reibt man reines Bleiweiß mit Leimwaſſer 
an, dem man zur befferen Haftung noch einige Tropfen Ochfengalle 
zufegen fann, und trägt es mit einem Haarpinſel gleichförmig 
auf die mit dem Aetzgrunde bedeckte Platte. | 

Nun wird der Umriß der Zeichnung auf die vorbereitete 
Platte, nachdem diefelbe wieder erfaltet ift, von dem Papier 
übertragen (calfirt). Iſt die Zeichnung mit Bleis oder Nothftift 
auf Zeihen» oder Velinpapier angefertigt; fo ift für die Ueber⸗ 
tragung bderfelben auf den Aepgrund die einfachite Methode 
‚diefe, daß man die Zeichnung, nachdem man fie vorher etwa eine 
Wiertelftunde lang zwifchen benebtes Papier gelegt hat, um fie 
binreichend feucht und weich zu machen, mit.der gefchwärzten 
Aupferplatte durch die Aupferdruderpreffe gehen Täßt, wo ſich 
die Zeichnung auf dem gefchwärzten Aeßgrunde, und zwar ver- 
kehrt oder in derjenigen Lage abdeudt, in welcher fie eigentlich 


Heben in Kupfer. 173 


anf die Aupferplatte kommen foll, damit fie anf bem Kupfer 
ſtiche dieſelbe Lage habe, wie anf. dem Original. Bei diefer 
Methode it jedoch ein Papier von fehr feinem und gleichfärmi« 
gem Korn erforderlich, damit es ſich unter. der Prefle gleichruäfig 
ausdehue und bie Zeichnung nicht verzerre. Hat man keine Druck⸗ 


yeefle zur Hand, fo verfährt man auf folgende Art. Die Zeich« . 


sung des Originals wird auf Durchicheinendes Stroh > oder chine- 
iſches Papier, oder gebbltes Papier übertragen. . Dann wird ein 
Stie dünnes Velin» Papier, von der Größe der Zeichnung wit 
gepulwertem: Röthel oder. Graphit auf der einen Seite. uͤberrie⸗ 
ben,- diefe® Papier mit der beftrichenen. Seite auf den Yapgrund 
gelegt, das Strohpapier mit der Durchzeichuung, nachdem man 
daſſelbe umgekehrt bat, damit dieſe Die verkehrte ‚Rage er. 
halte, darüber firaff ausgebreitet und an dem Raude der Aupfera 
tafel durch Klůmpchen Wachs befeſtiget. Masu uberfährt aun mit 
der Radiernadel die Unriſſe der Zeichnung bei gelindem Drucke/ 
wodurch ſich dieſelben auf den ſchwarzen Grund mittelſt der mit 
Rothel oder Graphit überſtrichenen Papierflaͤche uͤbertragen. Ohne 
Faͤrbung der Papierfläche laͤßt ſich der Calk auch auf folgende Art 
herſtellen. Dan legt auf.das Original Firniß⸗ oder Strohpapier, 
und zeichnet ed mit Bleiſtift durch. Nachdem nun der Aetzgrund mit 
der weißen Farbe überzogen worden iſt, legt man das Papier mit 
der, mit der Bleiftiftzeichnung verfehenen Seite auf den Grund, be⸗ 
feitigt e8 am Rande, und überfährt meit Der Nadiernadel die durch⸗ 
fcheinenden Linien, welche fich fonach auf dem weißen Grunde 
abdrucken. Diefe Methode liefert einen feineren und rückſichtlich 
dee Stärke ber Striche richtigeren Calf, als jene mittelft der ge⸗ 
färbten Flaͤche. 

Eine andere Manier befteht darin, daß man auf durchſchei⸗ 
nendes Stroh: oder Deblpapier, oder auf Haufenblafenpapier (pa- 
pier glace oder papier gelatine f. Yolie), das man über die Zeich- 


nung legt, die Umriſſe mit einer feinen Nadel einreißt,, und hierauf . 


diefe mit der Nadel gemachte Zeichnung mit einer Mengung aus glei 
chen Theilen von fehr fein gepulvertem Rothſtein und Graphit mittelſt 
des Fingers von einem glafirten Handſchuh einreibt. Diefer Staub 
fegt ſich in die auf dem Papiere von der Nadel gemachten Ritzen; 


dad überfchüffige Pulver wird mit einer weichen Leinwand wegge | 


104 Aequivalente. 


ghes4, in hi — B, mike ı6, inkb = 3a Einheiten. Die 
zwifchen den fo erhaltenen Punkten liegenden Räume werden nun 
wieder, zur Vervolftindigung der Skale, in gleiche Xheile 
eingetheilt. Weil aber für alle einzelnen Theile auf einer ı2 bis 
15 Zoll langen Sfale nicht Raum ift, fo trägt man fie gegen das 
Ende b (Fig. 1) Bin, nur von 2 zu 2, und endlich nur von 5 
zu 5 auf. 

| Ein fo eingerichtetes Schieblineal kann zur — Voll⸗ 
bringung aller jener Berechnungen dienen, welche man mittelſt 
der aus den Miſchungsgewichten abgeleiteten Proportionen vor⸗ 
nimmt, wie oben gelehrt wurde. Nur iſt zu bemerken, daß hier 
die Genauigkeit einen minder hohen Grad erreicht, beſonders wenn 
die Skale des Lineals nicht von bedeutender Laͤnge iſt, und man 
mit großen Zahlen operirt. Indeſſen iſt für techniſche Zwecke eine 
die kleineren Bruchtheile beruͤckſichtigende Schärfe nicht nöthig. 
Der Gebrauch des nftrumentes wird fi am beiten durch ein 
Beiſpiel deutlich machen Taffen. Das beweglidhe Stäbchen werde 
fo gefchoben, daß die Zahl 200 auf feiner Sfale neben »Salpe⸗ 
tere zu ftehen fommt (f. Fig. 3). Dann befindet fich neben 
»Salpeterfäure« die Zahl 107, und neben » Kalia die Zahl 
93, was anzeigt, daß in 200 Theilen Salpeter 107 Salpeter- 
fäure und 93 Kali enthalten find. Die bei diefer Stellung neben 
der Schwefelfäure (1.85 fp. Gew.), dem fihwefelfauren 
Kali, dem Kochſalze, demwafferfreien und fryftallis 
firten [hwefelfauren Natron, dem Waffer, der waf 
ferfreien Schwefelfäure, dem Natron, der Salzfäure, 
dem ſalpeterſauren Silberoxyde und den Chlorſilber 
befindlichen Zahlen zeigen an: 

1) Daß 97 Theile Schwefelfäure vom ſp. ©. 1.85 aus 79.25 
wafferfreier Schwefelfäure und 17.75 Wafler (1 Mg.) beftehen. 

3) Daß zur Zerlegung von 200 Th. Salpeter eben diefe 97 
Th. Schwefelfäure erforderlich find, und daß hierdurch 107 Th. 
(wafferfreie) Salpeterfäure nebft 172 Th. fchwefelfaurem Kali er: 
halten werden. 

3) Daß die nähmlichen 97 IH. Vitriolöhl 116 Ih. Kochfalz 
zerlegen, dadurch 72 Th. falzfaures Gas und 141 Ih, waiferfreies 
oder 318 Th. kryſtalliſirtes ſchwefelſaures Natron erzeugen. 


Aether. 165 


4) Daß 141 waſſerfreies ſchwefelſ. Natron ans 79.25 Schwer 
felfäure und 61.75 Natron, oder 318 Fruftallifietes ſchw. N. aus 
79.35 Schwefelf., 61.75 Nate. und 177 Wafler (10 Mg.) beſtehen. 

. 5) Daß 116 Th. Kochjalz aus 336 Ih. ſalpeterſ. Silberoxydes 
das Silber vollitändig fällen, und Damit 383 Th. Chlorfilber liefern. 

Diefe Angaben fönnten noch außerordentlich vervielfältige” 
werben; denn in der That ift Durch das Verfchieben des Stäb- 
chens mit einem Mahle eine Keduftion aller Hequivalenten » Zahlen 
oder Miſchungsgewichte dergeſtalt verrichtet worden, daß neben 
jedem Körper jene Zahl ſich befindet, welche fein Miſchungsgewicht 
ausdrüden würde, weun das Dig. ded Balpeterö = 200 wäre, 
Ratt 126.7, wie es (ald auf den Sauerfloff = 10 bezogen) in 
Big. ı erfcheint. Jede Verrüdung des Stäbchens ftellt alfo dem 
Blicke fogleich das Nefultat dar, welches man fonft durch Be⸗ 
rechnung eben fo vieler Proportionen, ald Körper auf dem Lineale 
verzeichnet find, mühfam hätte finden müſſen. Ein furzer Um⸗ 
gang mit diefem Inftrumente macht feine RnpeHuns aͤußerſt 
leicht, ſicher und bequem. 

a. K. 


Aether. 


Durch die Einwirkung einiger Saͤuren, beſonders der Schwe⸗ 
felſaͤure, auf Alkohol entſteht eine Flüſſigkeit, welche viel flüchtiger 
und entzündlicher iſt, als der Alkohol ſelbſt, und Aether genannt 
wird. Bei dieſer Einwirkung verbindet ſich in dem Alkohol ein 
heil des Wailerftoffes mit einem Theile des Sauerſtoffes zu 
Waller, welches mit der Schwefelfäure fih vereiniget, während 
der Alfohol, jenes Waflerd oder feiner Beſtandtheile beraubt, 
ale Aether erfcheint, weicher daher verhältnigmäßig mehr Kohlen 
ſtoff als der Altoholenthält: (S. Aequivalente, chemiſche, 
S. 149.) Der eigentlich ſogenannte Aether ift der mittelſt der 
Schwefelſaͤure dargeſtellte (Schwefelaͤther), weil dieſer, 
gleich dem Alkohol, nur eine Verbindung von Kohlenſtoff, Waſſer⸗ 
ſtoff und Sauerſtoff iſt, ohne etwas von der Saͤure zu enthalten 
(was auch der Fall iſt bei dem mit Arſenikſaͤure und Phosphorfäure 
Dargeftellten Aether). Won diefem reinen Aether unterfcheiden fid) 
Die mit anderen Säuren Dargeftellten Aetherarten darin, Daß Tegtere 


166 Yether, 


noch in ihrer Zufammenfegung einen heil der Säure enthalten, 
mit welcher fie bereitet worden find. Dergleichen find der Sal 
peteräther, Salzäther, Eſſigäther u. f. f. Wir werden und hier 
nur mit der WBereitungsart des reinen Aether oder Schwefel» 
äthers und des Ejligäthers befchäftigen, da nur dieſe eine techniſche 
Wichtigfeit haben. \ 
Die Einwirkung der Schwefelläure auf den Alkohol in 
der Art, daß der letztere in Aether umgedndert wird, geht nur bei, 
einer gewillen Temperatur vor fich : ift Die Temperatur niedriger, 
fo erhält man durch die Deftillation der Mifchung größtentheild 
mir Alkohol; ift fie höher, fo bilden fich auf Koſten des Alfohold 
außer den Ather noch andere Produfte, ald Schwefelweinfäure 
und Weinöhl, wodurch, ein verhältnißmäßiger Verluft an Aether 
entfteht. Diefes Tegtere erfolgt aber nothwendig, wenn, nad 
ber früher gewöhnlichen Methode, die ganze Menge von Schwefel 
fäure und Alfohol mit einander vermifcht, und dann fo lange, 
als noch). Aether erfcheint, deftillirt wird, weil der Siedpunkt der 
Mifchung immer höher fteigt, je geringer die Menge Alkohols gegen 
jene der zurücbleibenden Schwefelfäure wırd. Es folgt alfo hier⸗ 
aus, daß die vortheilhaftefte Methode der Aetherbereitung im 
Weſentlichen darauf beruhe, daß während der Deftillation der Mis 
fhung die Menge des Alfohols gegen jene der Schwefelfäure, wenn 
ein Mahl die Aetherbildung begonnen hat, ziemlich unverändert 
erhalten werde, was dadurd, bewirft wird, daß man den Alfohol 
in einem ganz feinen Strahle in dem Maße in die Retorte nach⸗ 
fließen läßt, als die Deftillation des Aethers felbft Statt findet. 
Die beſte Art, den Aether fowohl im Kleinen ald im Gro⸗ 
Ben zu bereiten, ift daher folgende. Man vermifcht zuerſt 3 Theile 
Schwefelfäure von 1,85 fpe;. Gewicht (66° Baume) mit a Theilen 
Alfohol von 0,83 ſpez. Gewicht (36° Baume). Um bei diefer Mis 
ſchung die zu heftige Erhigung zu vermeiden, gießt man den Alfos 
hol zuerit in die tubulirte, hinreichend geräumige Netorte, die man 
fo in Bewegung feßt, daß der. Alfohol fich um eine, dadurch in 
der Mitte entftehende trichterförmige Vertiefung fehwingt, in 
welche man, unter befländigem Fortſetzen diefer Bewegung, die 
- Säure in einem fehr Diinnen Strahl durch den Zubulus einfließen 
läßt, Die Mifhung erhigt ſich dabei bis zu 60° R,; man fügt 


Aether. 167 
nun fogleich eine geräumige Vorlage an, lege die Retorte in eine 
vorher mäßig erwärmte Sandfapelle, verbindet diefelbe mittelft 
eined Vorſtoßes mit der fühl erhaltenen Vorlage, und läßt die Des 
Rillation beginnen. Daß die Mifchung hier noch warm auf die 
Sandfapelle gebracht werde, ift darum von Bortheil, weil, de 
Die Aetherbildung erft bei einer gewillen Temperatur vor fich gebt, 
bei der Iaugfamen Erhitzung der in der Retorte befindlichen Mi⸗ 
fhung exft fehe viel Alfohol unverändert uberdeftillirt, ehe die 
Temperatur eintritt bei welcher die Aetherbildung beginnt. 

Arbeitet man mit. größeren Maſſen ( bis etwa zu 15 Maß), 
fo iſt es ficherer, die Mifchung außerhalb der Netorte in einem . 
hinreichend großen irdenen Kruge, wie ſolche zur Alfbewahrung 
der Schwefelfäure gebraucht werden, zu bewerffielligen. Man . 
gießt die ganze Menge. des Altohols in den Krug, fügt eine Portion 
der Schwefelfäure hinzu, und fchüttelt gut um; feßt hierauf eine 
neue Portion hinzu, fehüttelt wieder, ‚fährt fo fort, bis die Mige 
zu ftarf. wird; in welchem alle man dad Ganze einige Stunden 

- zuhen läßt, und dann neuerdingd Schwefelfäure hinzufügt, bie 
aufeinige Pfunde, dieman im Rückhalt behaͤlt. Nachdem man nun 
den Deftillationsapparat (ſ. Deftillation) mit der hinreichend 
geräumigen Retorte, die für diefen Ball auch aus Bley hergeftellt 
ſeyn kann, vorgerichtet, and die Sandkapelle gehörig erwärmt 
bat, gießt man die legte Portion der Schwefelfäure noch in dem 
Krug, wodurd die Mifchung ſich wieder erwärmt, wonach die⸗ 
felbe fogleich in die Retorte durch den Tubulus eingegoilen wird, 
und die Deftillation ihren Anfang nimmt. ' | 

Nunmehr befeftiget man indem Zubulud der Retorte nrittelft 
eines vorbereiteten, gut ſchließenden Korfftöpfele eine in der Form 
eined liegenden in geflaltete Glasröhre, deren eined Ende, welches 
in eine duͤnne, beinahe haarröhrchenartige Spike ausgezogen ifl, 
in Die in der Retorte befindliche Fluͤſſigkeit um ein Drittel ihrer 
Höhe hineinreicht, das andere, außerhalb der Netorte befindliche, 
aufwärts gehende Ende aber mit einem Trichter verfehen ift, durch 
welchen ſpaͤterhin der Alkohol nachgegoflen wird. Statt diefer c 
Roͤhre fann man aucd einen Heber anwenden, deſſen längerer 
Schenkel mit der in der Flüſſigkeit befindlichen feinen Spitze ver- 
fehen iſt, der kürzere aber in einer Flaſche mit Alfohol fteht, aus 


I 


708 Aether. 


welcher das Nachfließen erfolgt, welches noch durch einen an dem 
laͤngeren Schenkel angebrachten Hahn regulirt werden kann. 
Das Feuer unter der Sandkapelle wird ſehr maͤßig und 
vorſichtig gehalten; wenn die erſten Zeichen des Kochens eintreten 
(was man durch das eigenthümliche Geraͤuſch bemerkt) ganz weg⸗ 
genommen, und wenn nun das Kochen ſich gleichfoͤrmig und ruhig 
eingeſtellt hat, nur nach und nach wieder ſo viel geſchürt, 
Daß dieſes gleichförmige Sieden ohne Unterbrechung fortdauert. 
Die Abkühlung bei diefer Operation wird am befien durch ‚eine 
Kühlröhre aus reinem Zinn bewirft, und der Aether wirb in einer 


 gläfernen Vorlage, welche Fühleerhalten werden muß, aufgefangen, 


Um den Aether portionenweife aus diefer Vorlage abzuziehen, vers 
ſieht man diefelbe mit einem Heber, beilen einer Schenkel beinahe 
bis auf den Boden der Vorlage reicht, der andere, längere, aber 
in einer mit einem naffen Tuche fühl erhaltenen Flaſche ſteht. 
Werden die Aetherdämpfe in der Vorlage etwas flärfer, fo druͤcken 
fie die vorhandene Flüffigfeit durch den Heber in die Flaſche. 

Nachdem durd die erfte Deftillation ein Theil Aether in die 
Borlage übergegangen ift, läßt man durch die c Roͤhre oder den 
Heber Altohol in die Retorte nachtreten, und dieſes Nachfließen 
muß nun ununterbrochen fortdauern. Da der Zutritt des Alko⸗ 
hols durch die enge Nöhre nur fehr Tangfam erfolgt, fo wird die 
Miſchung dadurch nicht merklich abgefühlt; und da der Aether 
beiläufig in gleichem Verhältnijfe mit diefem Zufluffe gebildet wird, 
fo bleibt in der Mifchung immerfort dAffelbe Verhaͤltniß zwifchen 
Säure und Alfohol, ein Umftand, der, wie ſchon früher bemerkt 
wurde, für die Produftion der größten Dienge Aethers aus der⸗ 
felben Quantität Alfohol wefentlich ift. 

: Wenn fo viel Altohol zugefloffen ift, daß die Menge deſſel⸗ 
ben, mit Einfluß der zuerft zugefegten Quantität, dem doppelren 
Bewichte der angewendeten Schwefelfäure gleich ift, ſtellt man 
den Zufluß ein, und Fäßt die Operation bei gelindem Fener noch 
fo lange währen, bis die fettigen Streifen, welche ber ſich 
Fondenfirende Aether in der Vorlage bildet, aufhören, oder läng« 
ſtens bis weißliche, nach fchweflicher Eäure riechende Dämpfe zu 
erfheinen anfangen, wo dann das Feuer fogleich weggenommen 
wird. Bei einer Iängern Fortſetzung der Operation. würde mit 


Aecher.. 14169 


des ſchweflichen Säure zugleich dg8 aus einer weiteren Zerſetzung 
des Rückſtandes in der Retorte nn — übergepen und 
das Deftillat verunreinigen. - - 

Man tbeilt disfes Deſtillat Ahmad der Operation. auf Die 
oben angegebene Art in drei Portionen. Die erfle, weiche einen 
großen Theil Alfohel enthält, ſeht man auf die Seite, um fie 
bei einer naͤchſten Operation wieder der Mifhung flatt Alkohol. 
suufeben. Die zweite und größte Portion ift die reinſte; fie wird, 
ba fie noch etwas Alkohol und gewöhnlich aud etwas fehwefliche 
@äure enthält, eben fo, wie für ſich die dritte Portion, der Reini 
gung von jener fremdartigen Beimiſchung unterworfen. Mau 
ſchüttelt fie zu diefem Behufe mit einem gleichen Volum Wailers, 
dad mit gebranntem und in Waffer zerrührten Kalf gemengt ift, 
und nach Abziehtung deſſelben noch mit eben fo viel zeinen Waſſers; 
nimmt den Aether dann ab, wenn er fich wieder obenauf gefammelt 
hat, gießt ihn in eine Retorte auf geöblich zerſtoßenen falzfauren 
Kalk, und deitilliet bei fehr gelinder Wärme zuerſt ein Drittheil 
ab, dad als reiner Aether abgefondert wird; die übrigen z ent 
Dalten noch‘ etwas Alkohol, und werden befonders aufgefangen. 
Hat man das Deftillat, wie das bei Meinern Mengen gewöhnlich 
it, micht in mehrere Portionen getheilt; fo deſtillirt man daſſelbe 
nochmahls bei gelinder Wärme, nimmt die erfte Hälfte ab, be⸗ 
baudelt diefe auf die erwähnte Art mit Kalf und Waller, und fept 
die rüdftändige Hälfte der fehwefelfauren Mifchung bei der näch« 
ſten Operation gu. 

Der Rüdftand in der Retorte beſteht größteutheil® aus wit 
Waſſer verdinnter Schwefelfäure. Man kann demfelben neuerdings 
Alkohol zufeben, und noch eine bedeutende Menge einer Miſchung 
von Aether mit Alkohol (ehemahls fogenaunte verfüßte Schwer 
felfäure) abdeſtilliren. Diefe Mifchung ift in mehreren Fällen 
gut zu Firniflen, flatt reinen Altohols, verwendbar, wenn man dies 
felbe vorher noch uber gebranntem und an der Luft zerfallenem 
Kalte, zur Abfcheidung der ſchweflichen Säure, reftiflzirt Hat. 
Auf die befchriebene Art erhält man bei forgfältiger Leitung des 
Prozefles aus 57.6 Theilen Alkohol von 0.83 fp. Gew. 334 Theile 
Aether; was nahe eben fo viel ift, als die Rechnung verlangt, 
da nach letzterer 375 Theile Aether erhalten werden müßten, 


170 Aether. 


Der Aether ift waſſerhell, dännfläflig, von ſtarkem eigen⸗ 
thumlichen Geruche ; bei »6° N. gegen Waſſer von derſelben 
Zemperatur ift fein fpez. Gewicht 0.7155. Er kocht unter bem 
gewöhnlichen Luftdrucke [yon bei 2620 R. Er ift fehr leicht ent⸗ 
zündlich, wegen der Verbreitung feines Dampfes ſchon in einiger 
Entfernung von dem brennenden Körper, und muß daher mit 
Vorficht behandelt werden. Da er bei dem Zutritte der Luft durch 
Aufnahme von Sauerftoff allmaͤhlich fih in Eifigfäuse oder Effig⸗ 
äther umwandelt, fo muß man ihn an einem fühlen Orte in damit 
vollgefällten und gut verfchloilenen Gefäßen aufbewahren. Des 
Aether ift ein Auflöfangsmittel für einige Salze, für fette umb 
Hlüchtige Öle, für verfchiedene Harze und andere Pflanzenſtoffe, 
3 B. Kautfchuf. 

Der Effigäther entſteht durch die Einwitkung der Eſſig⸗ 
faͤure auf den Alkohol, die man durch Zuſatz von Schwefelſaͤure 
befördert. Durch letztere wird naͤhmlich mit dem Alkohol Aether 
‚gebildet, welcher im Augenblide feiner Entftehung mit der Eſſig⸗ 
fäure in Verbindung tritt. Am wohlfeilften nimmt man hierzu 
ein effigfaures Salz ftatt der Fonzentrirten Effigfäure, naͤhmlich 
efligfaures Kali oder efligfaures Blei (Vleizuder). Hierzu wer 
den ao Unzen gepulverter Sleizuder in einem hohen Kolben mit 
einem Gemiſche aus 10 Unzen Alfohol und 113 Unzen fonzentrirter 
Schwefelfäure übergoffen, hierauf ein Helm mit Vorlage gut 
anlutirt, und dann bei gelindem Feuer 12 Unzen abdeftillirt. Der 
durch diefe Deftillation erhaltene Aether ift immer mehr oder wenie 
ger alfoholhaltig. Will man ihn wenigftend größteutheild davon 
befreien, fo bringt man in denfelben gefchmolzenen und grob zer⸗ 
ftoßenen falzfauren Kalf; Diefer wird vom. Alkohol aufgelöft, und 
der Aether ſchwimmt dann oben auf. Iſt das Deftillat fauer durch 
Die Verunreinigung mit freier Effigfäure, fo nimmt man die Säure 
erſt durch Fauftifches Kali weg, und gießt dann den Aether auf den 
falzfauren Kalk, Taßt ihn einige Tage damit ſtehen, und deftillirt 
ihn endlich ab. 

Der Efligäther Hat einen angenehmen efligartigen Geruch 
und Sefhmad. Sein fpes. Gewicht ift bei 14° R. = 0.882; er 
kocht unter 28 bei bo* R., laͤßt ſich leicht entzünden, und ohne 
Aenderung aufbewahren. Er ift in den meiften Weinen und in 


Aetzen. 471 
den and denſelben bereiteten Branutweinen enthalten, eben fo in 
dem Eſſig; in weichen Sällen er ſich Durch die Sährung mit und 
ans dem Alkohol bildet. | | 

j d. H. 


Aetzen. 


Ae tzen bezeichnet diejenige Operation, bei weicher — 
chemiſche Mittel auf der Flaͤche irgend eines Koͤrpers vertiefte 
Zeichnungen hervorgebracht worden, folglich dasjenige geleiſtet 
wird, was auf mechaniſche Weiſe Durch den Grabſtichel geſchehen 
kann. Der Zweck bed Aetzens kann ein doppelter ſeyn, entweder 
die bloße Verzierung der Oberflaͤche oder die Herſtellung einer 
Form für den Abdruck. Das letztere ift bei der Ausführung der 
Anpferftiche der Fall. Das Aetzen befteht im Wefentlichen darin, 
daß die Fläche mit einem harzigen Birniß (dem Aetzgrunde) 
überzogen wird, in welchem dann die Zeichnung mittelfl geeigne- 
ter Nadeln und Griffel hergeftellt wird. Gießt man nun auf die. 
fo vorbereitete Släche eine Säure, bie auf deren Subſtanz auflös 
fend wirft (das Aetzwaſſer); fo werden die mit der Nadel 
oder dem Griffel entblößten Linien und Stellen vertieft, während 
der übrige Theil durch den Aetzgrund gefchügt ift. Die Aetzmittel 
müffen überhaupt als Auflöfungsmittel wirken, folglich fich nad) 
der Natur des zu äbenden Körper& richten. 

Die größte Anwendung: ded Aebens findet in ber Kupfer 
fiecherey Statt, und wir wollen diefed Verfahren zuerft befchreiben, 
weil bei der Vollfommenheit, zu welcher daffelbe gebracht ift, die 
dabei Statt findenden Handgriffe auch jeder anderen Art zu üben 
zum Grunde liegen. 

Wegen in Kupfer. Die Kupferplatte, welche mit der 
geäpten Zeichnung verſehen werden fol, muß völlig eben und por 
lirt, auch von einer ganz gleichförmigen Maffe feyn, damit das 
Scheidewaller, Dad zum Aegen angewendet wird, überall gleichfoͤr⸗ 
mig angreife. Vor dem Gebrauche fchafft man von ihrer Mberfläche 
alle Fettflecken weg, indem man diefelbe mit gefchlämmter Kreide 
und Leder abreibt, und zulegt mit reiner Leinwand abtsodnet. 

Die Platte wird nun mit dem Aetzgrunde verfehen. Zu die 
fem Behufe wird fie erwärmt, indem man fie, mit der polirten 


172 | Aetzen. | 


Flaͤche oben, mit einem Beilfloben über ein mäßiged Kohlenfener 
Halt, oder wenn fie klein iſt, einiges Papier unter dexrfelben ats 
zündet. Man nimmt hierauf den in Taffet eingewidelten Ach- 
geund (der nachher befchrieben wird) und fährt Damit über bie 
. heiße Platte von einer Seite zu der anderen in geraden neben 
einander liegenden Zügen gelinde bin, bis diefelbe mit dem durch 
‚ deu Tafft Bucchdiingenden Firniß mäßig bedeckt ifl. Mit einem, . 
mit etwas Baumwolle ausgefüllten Tupfer aus Zaffet berührt man 
nun fogleich diejenigen Stellen, wo von dem Firniß zu viel feyn 
Sönnte, um ihn dahin zu führen, wo davon zu wenig if, und fo 
die Enge möglichft gleicdy und dann zu verbreiten. 

Die Platte wird nun, während fie noch warm ift, auf der 
mit dem Aetzgrunde verfehenen Seite eingeräuchert, mittelft eines 
Stuͤckes Fackel oder einer dicken Wachskerze oder mit einem Wachs⸗ 
finde, den man fünf bid ſechs Mal zufammengedreht hat, um eben 
fo viele Slammen beieinander zu haben, und einen ftarten Rauch 
zu verurfachen. Dieſes Eimräuchern muß fo fchnell als möglich 
gefchehben, damit der Firniß während der Operation nicht Falt 
werde, weil der Ruß fonft nicht haftet. Die Flamme muß übri⸗ 
gend in einiger Entfernung von dem Aebgrunde gehalten werden, 
. bamit der Docht ihn nicht berühre und an einzelnen Stellen vers 
derbe. Will man auf den Aebgrund ſtatt diefer fhwarzen Farbe 
eine weiße bringen; fo reibt man reines Bleiweiß mit Leimwaſſer 
an, demman zur befferen Haftung noch einige Tropfen Ochfengalle 
zuſetzen kann, und trägt es mit einem Haarpinſel gleihförmig 
auf die mit dem Aetzgrunde bededte Platte. 

Nun wird der Umriß der Zeichnung auf die vorbereitete 
Platte, nachdem diefelbe wieder erfaltet ift, von dem Papier 
übertragen (calfirt). Iſt die Zeichnung mit Bleis oder Rothſtift 
auf Zeichens pder Welinpapier angefertigt; fo ift für die Ueber: 
tragung bderfelben auf den Aepgrund die einfachite Methode 
dieſe, daß man die Zeichnung, nachdem man fie vorher etwa eine 
Viertelftunde lang zwifchen benebtes Papier gelegt bat, um fie 
hinreichend feucht und weich zu machen, mit.der gefchwärsten 
Aupferplatte durch die Kupferdruckerpreſſe gehen laͤßt, wo ſich 
die Zeichnung auf dem gefchwärzten Aebgrunde, und zwar ver- 
kehrt oder in derjenigen Lage abdrudt, in welcher fie eigentlich 


Aetzen in Kupfer. 113 


auf die Rupferplatte kammen fol, damit fie auf bem Kupfer 
ſtiche dieſelbe Lage habe, wie auf. dem Driginal. Bei. diefer 
Methode if jedoch ein Papier von fehr feinem und gleichfärmi« 
gem Korn erforderlich, Damit es fich unter. der Prefle gleichmaͤßig 
ausdehne und die Zeichnung nicht verzerre. Hat man keine Druck⸗ 


preſſe zur Hand, fo verfoͤhrt man auf folgende Art. Die. Zeich« . 


aung des Originald wird auf durchſcheinendes Stroh⸗ oder chine- 
ßſches Papier, oder gebhltes Papier übertragen. . Dann wird. ein 
Stud dünnes Velins Papier. von der Größe, der Zeichnung wit 
gepulwertem: Röthel oder Graphit auf der einen Seite. ühernie« 
ben, diefed Papier mit der beftrichenen. Seite auf den. Atzgrund 
gelegt, Das Strohpapier mit der Durshzeichnung, nachdem man 
daffelbe umgefehrt hat, damit dieſe Die verkehrte ‚Rage er⸗ 
halte, darüber firaff ausgebreitet und an bem Monde der Kupfer⸗ 
tafel durch Kluͤmpchen Wachs hefeflige. Man überfährt nun mit 
der Radiernabel die Unriſſe der Zeichnung bei gelindem Drucke/ 
wodurch ſich Diefelben auf Dem ſchwarzen Grund mittel der mit 
Röthel oder Graphit. uͤberſtrichenen Papierfläche übertragen. Ohne 
Zärbung der Papierfläche laͤßt fi) der Calk auch auf folgende Art 
herſtellen. Man legt auf.das Original Firniß⸗ oder Strohpapier, 
und zeichnet es mit Bleiſtift durch. Nachdem nun der Aetzgrund mit 
der weißen Farbe überzogen worden ift, legtman das Papier mit 
der, mit der Bleiftiftzeichnung verfehenen Seite auf den Grund, be⸗ 
feitigt e8 am Rande, und überfährt mit der Radiernadel die Dusch» 
feheinenden Linien, welche fich. fonach auf dem weißen Grunde 
abdenden. Diefe Methode liefert einen feineren und rückſichtlich 
dee Stärke der Striche rihtigeren Calf, ald jene. mittelfl der ge⸗ 
färbten Släche. 

Eine andere Manier befteht darin, daß man auf Durchfcheis 
nendes Stroh: ader Dehlpapier, oder auf Hanfenblafenpapier (pa- 
pier glace oder papier gelatine |. Folie), das man über die Zeich⸗ 


nung legt, die Umriſſe mit einer feinen Nadel einreißt, und hierauf . 


Diefe mit der Nadel gemachte Zeichnung mit einer Diengung aus glei⸗ 
hen Theilen von fehr fein gepulvertem Rothſtein und Graphit. mittelft 
des Fingers von einem glafirten Handſchuh einreibt. Diefer Staub 
fegt fi) in die auf dem Papiere von der Nadel gemachten Nipen ; 


das überfchüffige Pulver wird mit einer weichen Leinwand wegge: 


174 Aetzen. 


nommen. Dieſe Zeichnung legt man auf den Aetzgrund, ſo 
daß die gefaͤrbten Striche diefen berühren, die Zeichnung alſo 
die umgekehrte Lage bekommt; fie wird:an dem Rande der Kupfer: 
platte gehörig befeftigt, und nun werden mit ber Nadel die Zuge 
wieder genau überfahren, wodurch fich die rothe Farbe derſelben 
auf dem fchwarzen Grunde abſetzt. Wendet man bei diefer Dies 
thode dad Firniß- und Dehl: Papier an, fo Darf es weder zu friſch 
fen, weil-fich der Calk Teiche verliert, noch zu trocken, weil Das 
das Papier von der Nadel Teicht-durchgefchnitten wird. Beſſer 
eignet fich hierzu das Hanfenblafenpapier, auf welchem fi) mit 
der Nadel tiefer einzeißen läßt, ald auf dem Birniß- Papier. 
Dieſes Papier gibt auch den Vortheil, daß man ed nach der vor 
ber befchriebenen Art über der gefchwärzten Kupferplatte trocken, 
alfo ohne Gefahr. ded Verziehend, durch die Kupferdruckerpreſſe 
geben laſſen kann, wo fich dann dee Ealf auf der Platte abdrudt, 
folglich das zweite Durchzeichnen erfpart wird. 

Iſt anf eine oder die andere Art die Zeichnung auf den Aetz⸗ 
grund gebracht; fo nimmt der Kuͤnſtler mit der Radiernadel dieſen 
Firniß au den gezeichneten Linien weg, um die Fläche des Ku⸗ 
pferd der Einwirfung des Aetzwaſſers zu. öffnen. 

Nachdem die Radierung der Zeichnung vollendet worden, wird 
die Rupferplatte mit einem etwa einen ZoU hoben Rande von wei⸗ 
chem Wachſe umgeben, das in der Kälte hinreichend hart wird, umd 
doch, zwifchen den Fingern erwärmt, fich leicht Eneten läßt. Man 
fegt zu dieſem Zwede dem gemeinen Wachſe etwas Pech oder Ter⸗ 
penthin und Talg zu, oder verfertigt ed eigens nach folgender Vor⸗ 
ſchrift. Man laͤßt zuerft ein Pfund weißes Wachs fchmelzen, 
fept demfelben dann ein Pfund zerftoßenes Pech zu, rührt die 
Miſchung unter einander, fügt nach dem gänzlicher Schmelzen 
noch ſechs Unzen Schweinfett hinzu, rührt wieder, und gießt Die 
Maife, wenn fie anfängt fi) aufzublähen, in ein Gefäß mit 
kaltem Wafler. Nachdem die Kupferplatte mit diefem Raude ums 
geben worden ifl, den man noch, um das Austreten des Aetzwaſſers 
deflo ficherer zu verhuͤten, an der Stelle, wo ex nach innen auf 
der Platte auffigt, mit einem mit Lampenſchwarz verdidten Ter⸗ 
penthin⸗Firniß (Dedfirniß) überziehen fann; fo wird die 


Aetzen in Kupfer. 175 


Salpeterſaͤure, welche in dad Kupfer a“ üben beftimmt R ‚ ‚ur 
gegoffen. 

Die hierzu. verwendete Salpeterfänre: bet eine Otaͤrken von das 
Baume: man verdiäunt Diefelbe gewöhnlich mit dem Dritten Theilo 
reinen Waflerd ; doch hängt diefe Berdünnung von der Temyeratur 
der Luft und der Befchaffenheit der radierten Zeihuung ab, da 
das Scheidewafler um fo flärker wirft, je näher die Striche fich 
an einander befinden. Man gießt das Scheidewafler etwa einen 
halben Zell Hoch auf, wonach ſogleich die Wirkung deilelbey be 
giunt, und zwar zuerſt und am flärkiten in jenen Linien, wo bie 
Radiernadel am ftärffien in das Kupfer eingegriffen hat. Wah⸗ 

„rend dieſes Aetzens trägt man Serge, die Luftblafen,, Die ſich an 
den geäpten Stellen entwideln, fo wie den Grünſpan, der ich 
bin-und ber aufent, mit einem Pinſel zu entfernen, Damit die 
fernere Wirkung des Aetzwaſſers au folchen Stellen nicht gehindert 
werde. In etwa einer Viertelflunde, oder wenn man bemerkt, 
daß dad Scheidewafler an den zarteften Strichen hinreichend ga⸗ 
wirft bat, gießt man daffelbe von der Platte ab, wäfcht dieſe mit 
reinem Waſſer, und laßt fie an ber Luft oder der Sonne, oder 
was fchneller vor fich gebt, durch Aufblafen von Luft mit einem 
Blafebalg, troden werden. Nachdem man nun von dem Ach- 
grunde mit Polierfohle (Kohle aus Weiden- oder Lindenhol;) etwas 
weniged weggenommen, und fich von der hinreichenden Vertiefung 
der feinen Striche überzeugt Hat, überzieht man alle Theile der 
Platte, die hinreichend geäpt find, mit dem bereits genannten 
Dedfirniß, bringt nach dem Trocknen deſſelben das Aetzwaſſer, 
das num mach und nach verftärft werden kann, neuerdings auf 
die Platte, bis auch die flärferen Striche hinreichend geägt find; 
und wieberhoßlt. Diefe Operation noch weiter, wenn die Natur der 
Zeichnung ed erfordert, bis zur Dollendung der ſtaͤrkſten Striche. 
Die Platte wird dann mit Waſſer abgewalchen, fo weit gewärnt, 
daß der Wachsrand weggenommen werden kann, während fie noch 
warm iſt, mit etwas Terpenthinoͤhl übergoifen und .mittelft deſſel⸗ 
ben der Aebgrund mit einem Lappen weggenommen ; worauf: man 
die Platte noch mit Olivenöhl durch einen Tappen abreibt. Ges 
wöhnlich gibt der Küufiler Diefer geägten Zeichnung, befonderd in 
den Kraftfirichen, die legte Vollendung ducch den Grabftichel. 


176 u Aetzen. 


In einzelnen Faͤllen ſucht man die Aetzung der Kupfer- 
platte mit einem ſchwaͤcheren Aetzwaſſer zu beendigen, als mit 
der ſtaͤrker einfreſſenden verduͤnnten Salpeterſaͤure. Hierzu dient 
folgende Aufloͤſung: 4 Theile kryſtalliſirter Gruͤnſpan, 4 Theile 
Kochſalz, 4 Theile Salmiak und ı Theil Alaun werden fein gepuls 
vert, in 8 Theilen ftarfem Weineſſig zerrührt, Dann noch 16 Theile 
Wailer hinzugefügt; dab Ganze wird hierauf zum Sieden erhigt, 
und wenn es erfaltet ift, filtrirt. Man bringt diefe Flüſſigkeit 
auf Die Platte, nachdent, wie vorher befchrieben, die Salpeterfäure 
abgegöflen und die Platte getrodnet worden iſt, und läßt fie bis 
zu der beabfichtigten Wertiofung wirken. 

Der. gemeine Aetzgrund wird auf folgende Art bereitet. 
Man nimmt reines weißes Wachs , reind Maftirförner,, von 
jedem eine Unze; Afphalt eine halbe Unze. Maflir und Aſphalt 
werden äbgefondert fein‘ gepnlvert, das Wache wird .in einem 
iedenen Gefäße über dem Feuer zerlaffen, und wenn es fehr heiß iſt, 
zuerſt das Maitirpulver nach und nad) hinein geftteut-und wohl 
umgeruͤhrt; hierauf eben fe das Pulver vom Aſphalt. Man ruͤhrt 
die Miſchung um, bis das Aſphalt gänzlich geſchmolzen ift; nimmt 
Bann den Topf vom Feuer, laͤßt die Mifchung -ausfühlen, und 
gießt fie nun in reined warmes Wafler, knetet fie hier mit der 
Sand, und bildet Rollen oder Zylinder, etwa von der Dice eines 
Zolles, oder Meine Kugeln daraus, die man dann in Taffet einwie 
ckelt und zum Gebrauche aufhebt. Die Verfertigung dieſes Aetz⸗ 
grundes kann verfchiedentlich abgeändert werben :- feıne Haupt⸗ 
beftandtheile find jedoch immer Wachs und Afphalt, denen auch 
flatt des Maftir gemeines Pech zugefebt wird, wie in nachſtehen⸗ 
der Formel. Zwey Unzen Aſphalt, eine Unze Kolophonium und 
15 Unze weißes Wachs. Das gepulverte Aſphalt wird in dem 
irdenen glaſirten Geſchirre zuerſt uͤber maͤßigem Feuer geſchmolzen, 
dann das Pech zugeſetzt, zuletzt das Wachs, gut umgeruͤhrt, Das’. 
Ganze in warmes Waſſer ausgegoſſen, und wie vorher behandelt. 

Der Callot'ſche Aetzgrund beſteht aus tier Unzen ganz 
Maren reinen Leinöhld, das man in einem glafirten irdenen Topfe 
erbigt, und dem man unter Umrübren vier Unzen gepulverter 
Maftirförner zufest. Man flltrire die Mifchung durch feine 
Leinwand in eine Glasflafche, und verwahrt fie'zum Bebrauche. 


Uegen in Kupfer. u 177 


Diefer Firniß wird auf die warme Kupferplatte mit der Sahne 
einer Seder oder einem Pinfel aufgetragen und mit dem taffetnen 
Zupfer gleichförmig verbreitet; muß aber danu noch, um zu trock 
nen, über dem Feuer abgeraucht werden, indem man die Platte 
gleihförmig und behutfam erhigt, bie der Firniß nicht mehr raucht. 
Man nimmt die Platte in dem Augenblide von dem Beuer, als. 
fi) an einen hölzernen Griffel, mit dem man ben Firniß an einer 
Stelle berührt, nichts mehr von Diele enpanar Das Verfahren 
ift hierauf wie gewöhnlich. 

Eine andere Art von Aebgrund für eine andere Art Yon 
Zeihnungsthanier ift der fogenannte weihe Srund, der aus 
dem gemeinen Aebgrunde befteht, dem man ncıc) gereinigten Talg 
jugefebt bat. Die Platte wird damit wie gervöhnlich überzogen, 
beräuchert, dann ein etwa befeuchtete® Papier darüber gebreitet, 
das man über die Kanten der Kupferplatte umfchlägt, und rüd- 
wärts mit Kleifter oder Wachs befeftigt ; fo daß dad Papier nach 
dem Trocknen ftraff ausgeſpannt iſt. Anf biefem Papiere wird 
nun mit Reißblei die Zeichnung entworfen, tvobei man die Hand 
über ein auf linterlagen ruhendes Lineal auflegt, damit das Papier 
an feiner andern Stelle berührt werde. Man nimmt dann das 
Papier behutfam von der Platte weg: diejenigen Xheile des Grun⸗ 
des, welche von dem Neißftifte durch das Papier find berührt 
oder gedrüdt worden, haben fi an die Rüdfeite des Papieres 
angehängt, wodurd an diefen Stellen das Kupfer entblöße ift. 
Die Aetzung wird nun, wie gewöhnlicd vorgenommen. 

Eine andere Art von Aebung der Kupferplatten if die 
Aquatinta-Manier, welche die mit hinefifchem Tufch ausge⸗ 
führten Handzeichnungen nahahmt. Bei diefer Manier wird der 
Rupferplatte zuerft mittelſt des Aetzwaſſers eine rauhe, gleichfam 
aus ımzähligen Punften oder Körnern beftehende Oberfläche gege- 
ben, von welcher ein Abdruck auf Papier einer mit Tufch verwa⸗ 
fchenen Fläche oder einer einfachen Karbentinte gleicht. 

Diefer Aquatinta⸗Grund wird auf eine der nachfolgens 
den beiden Arten hergeftelt Nach der erjten und älteren Methode 
wird Pech oder Gummi Kopal fein gepulvert, durch ein Haar⸗ 
ſieb gefchlagen, und auf die horizontal liegende Kupferplatte fo 
gleihförmig wie möglich aufgeitreut. Dieſes gefchieht am Be 

Technoi. Encycſiop. 1. Sb. 12 


178 Aetzen. 


dadurch, daß man das Harzpulver in ein Stuͤck oder einen Sack 
von Muffelin füllt, und dieſen in einiger Entfernung: über der 
Platte an einem Siocke ausflopft, damit der Staub fidy in der 
Luft verbreite, und ſich gleihförmig auf die Platte in. einer dünnen 
Lage niederfenfe. Nachdem diefes gefchehen ift, fährt man unter 
der Platte mit einer: angezündeten Rolle fteifen Papieres herum, 
um die Pechtheilchen gerade zum Schmelzen zu bringen, was man 
leicht an der Veränderung ihrer Farbe bemerft, Die braun wird. 
Der Pechſtaub haftet nun hinreichend an der Rupferfläche, und diefe 
ift für die folgenden Operationen des Aetzens vorbereitet. Wird 
auf diefen Grund E5cheidewailer gegoifen, fo greift dieſes rund 
um jedes aufgefhmolzene Pechtbeilchen in das Kupfer ein, und 
ed entfieht dasjenige, was den Aquatinta» Grund .bezeichnet. 

. Diefe Methode, den Aquatinta- Grund zu legen, hat den 
Nachtheil, daß es äußerfi fchwer ift, auf folche Art den gewünfch- 
ten Grad der Feinheit des Kornes zu erhalten. Auch halten der- 
gleichen Platten nicht viele Abdrüde aus. Man zieht daher die 
nachfolgende Method: vor. 

Kolophonium oder Maftir wird in reftifizirtem Weingeift 
aufgeloͤſt. Man läßt die Auflöfung einige Tage ruhig in einer 
verftopften Flaſche ſte hen „damit die Unreinigkeiten ſich zu Boden 
ſetzen, und die Flüſſ igkeit ganz klar erſcheint, die man dann in 
ein anderes Gefaͤß zum Gebrauche abgießt. Man haͤlt nun die 
Kupferplatte in einer ſchiefen Lage, und gießt die Harzaufloͤſung 
uͤber dieſelbe, ſo daß ihre ganze Flaͤche damit durchaus benetzt wird, 
wobei der Ueberſchuß an der untern Kante abfließt. Man legt ſie 
dann nieder, um abzutrocknen, was in wenigen Minuten gefches 
ben iſt. Unterſucht man diefen Grund mit dem Vergrößerungs- 
glafe, fo ſieht man, daß die dünne Harzlage, die der verdüns 
ftete Weingeift auf dem Kupfer zurüdgelaffen hat, fich in einem 
ganz granulirten Zuflande befindet, indem fie aus einer unzähligen 
Menge Kleiner, durdy feine Riſſe von einander getrennten Theile 
beſteht. | 

Damit diefed Verfahren gelinge, muß der reftifizirte Wein- 
geift völlig rein feyn, und nicht etwa Terpenthinöhl oder Kampfer 
enthalten. Während man die Harzauflöfung auf die Platte bringt 
und fie trodinet, muß dad Zimmer ganz ruhig und von allem in 


; Aetzen in Kupfer. 179 


der. Luft fchwebenden Staube befreit feyn. Jede Unreinigfeit, die 
auf die Platte fällt, verurfacht auf derfelben einen weißen Sleden, 
weil fie die Sranulirung des Harzes hindert. Die Platte muß 
vorher vollfommen gereinigt feyn, weil der geringfte Bettfleden 
Streifen oder Makeln in dem Grunde hervorbringt. Da die Platte 
eine fchiefe Lage hat, während der Firniß auf diefelbe gebracht 
wird; fo wird der Grund an der untern Kante dicker, das Korn’ 
daher gröber: gewöhnlich verwendet man dann diefe Seite für 
den Vordergrund, wohin die flärfften Schatten fallen. 

Iſt der Aquatinta: Grund auf eine diefer Arten vorbereis 
tet, fo werden diejenigen Stellen deffelben, welche in der Zeich- 
nung weiß find, mit einem mit Lampenſchwarz verfegten und mit 
Terpenthinöhlverdiünnten Maftirfieniß überftrichen, oder auägefpart; “ 
dann wird der Rand von Wachs auf der Platte wie gewöhnlich 
befeftiget, und nun die mit Waſſer verdünnte Salpeterfäure aufge: 
goffen. Hat das Aetzwaſſer fo weit gewirfet, daß die ſchwaͤchſte 
Zinte nach dem Abdrucke hervorkommen würde; fo wird die Platte 
mit Waffer abgewafchen und getrod'net. Hierauf werden mit dem⸗ 
felben Firniß die leichteften bereit geägten Tinten überftrichen, das 
Scheidewaſſer wird wieder aufgegoflen, und fo weiter, biß bei der 
legten Operation beinahe die ganze Zeichnung gededt oder ausge⸗ 
fpart iſt, und nur noch die tiefften Schatten Durch das Aetzwaſſer 
bervorzubringen find. 

Da es bei diefer Aetzmethode ſchwierig ift, Die tieferen Schatten 
mitder nöthigen genauen Begrängung auszuſparen, foverfährt man, 
um dieſes zu bewirfen, auch nad) folgender Methode. Bein ge» 
ſchlaͤmmte Kreide wird mit etwas Syrup oder Zucker verfeßt, und mit 
Waſſer fo weit verdünnt, daß fie ſich mit dem Pinfel gehörig verarbeis 
tenläßt. Diefe Farbe wird nun auf den Aquatinta« Grund ganz auf 
diefelbe Art und an denfelben Stellen, wie bei einer getufchten Zeich- 
nung, aufgetragen. Nach dem Trodnen wird die ganze Platte mit 
einem ſchwachen und dünnen Firniß aus Terpenthinöhl und Afphalt 
oder Maflir überzogen, und wenn dieſer troden ifl, das Aetzwaſſer 
darüber gegoffen. Diefes dringt nun an allen jenen Stellen Durch, 
wo die mit dem Syrup gemifchte Farbe aufgetragen ift, während 
alle übrigen Theile durch den Firniß gefchügt bleiben. Auf Ddiefe 


ı2 * 


180: Aeaetzen. 


Art erhalten die ſtaͤrkeren Schatten den gehoͤrigen Unriß, ‚ wie bei 
der getufchten Zeichnung felbft. Ä 

Das Aetzen ift bei der Aquatinta- Manier mit vielen Schwie: 
rigfeiten verbunden, und feßt Uebung und Gefchidlichfeit des Künft- 
ler voraus; damit dad Korn des Grundes die gehörige Gleich⸗ 
förmigfeit und Ziefe erhalte. Es iſt Daher ein Vortheil, zur Vers 
gleihung mehrere Kleine Plättchen mit demfelben Aetzgrunde zu 
verfehen, und an denfelben von Zeit zu Zeit die Wirfung des 
Aetzwaſſers zu erforfchen, um fich hiernach bei Dem Aegen der grö- 
Beren Platte zu reguliren, uud um ſich überhaupt in der Beur⸗ 
theilimg und Leitung dieſes Prozeffes einen Taft zu erwerben, 
auf den. hier das Meifte für einen gewiſſen Grad der Vollendung 
anfommt. Sind einige Stellen der Platte zu tief eingefreifen ; 
fo muß man- fie mit dem Polirſtahl auszugleichen fuchen: find 
andere Stellen nicht Dunfel genug, fo muß man auf diefe einen 
neuen Aquatinta-Brund legen, und fie neuerdings dgen, nachdem 
man die umliegenden Theile durch einen. Wachsrand gefichert hat. 
Doch find dieſe Nachhälfen. nicht ohne Schwierigkeit, Der Ab» 
drud der geäpten Aupferplatten gefchieht: durch den Kupferdrucker, 
wovon unter dem Artifel Kupferdruckerei die Rede ift. 

Das Aetzen auf andere Metalle fommt mit dem beſchriebe⸗ 
nen Verfahren überein, nur muß Dabei daB jedem Metalle eigen 
thümliche Auflöfungsmittel berücjichtiget werden: fo würde fir 
dad Aetzen in Gold oder in Platin das Königewafler angewendet 
werden muͤſſen. Manchmahl ift für ein Metall das gewähnliche: 
Aurlöfungsmittel.zu ſcharf wirfend, meil es zu fehr um ſich und 
unter fi greift, oder ausfrißt; in dieſem Falle muß es durch 
longfamer angreifende Mifhungen erfept werden. Hiervon iſt 
bereits oben ein Beifpiel vorgefommen, und beim Aegen in Stahl 
ift dieſes insbeſondere der Fall. 

Aegen in Stahl. Um Zeichnungen in Stahl zu äken, 
überzieht.man denfelben, nachdem die Släche gehörig polirt und ges. 
reinigt worden iſt, mit demfelben Aetzgrunde, wie für Kupfer, und äpt 
dann, ftatt derreinen Salpeterfäure, mit einer Fluͤſſigkeit, welche aus 
vier Theilen ftarfer Holz: oder Ejfigfäure, einem Theil reinen Alkohols, 
und einem Theil @alpeterfäure von 32° zufammengefeht ift, Der 
Altohol wird mit der Holzfäure eine halbe Minute Tang zufammen- 


Aetzen in Stahl. - 181 


gerührt, und hierauf die Salpeterfäure zugegoffen. Diefe Mifhung 
hält das Eifenoryd aufgelöft, fo daß Durch daffelbe die gleichförmige 
Einwirfung des Aebwaflerd auf die Tinten nicht gehindert wird, 
und ihre Oberfläche erhält ein reines, nicht zerfreflenes Anfehen. 
Die leichten Linien werden dadurch in einer oder zwei Minuten ber: 
geftellt, und in einer Viertelftunde die ftärfften. - Bei fehr weichem 
Stahle kann man fich einer Mifchung aus 3 Unzen warnıen Waſſers, 
4 Sran Weinfteinfäure und 4 Zropfen Salpeter= oder Schwefel- 
fäure als Aebwaffer bedienen. Auch koͤnnen fuͤr dieſes Aetzwaſſer 
ſalzſaure oder ſalpeterſaure Metallauflöfungen, die man nach Be: 
dürfniß mit Waſſer verdiinnt, um die Stärke der Einwirfung zu 
mäßigen, gebraucht werden, nähmlich die Auflöfung von falz- 
faurem Zinn, falpeterfaurem Kupfer, falpeterfauirem Wismuth, 
u.f. w. , Die Anwendung diefer Auflöfungen hat den Vortheil, 
Daß fich Feine Ruftblafen aus dem Aetzwaſſer entwickeln. Nach 
dem Abgießen des Aetzwaſſers wäfcht man die Platte mit Alkohol, 
der mit 4 Theilen Waffer verdünnt iſt; und füllt, um alle wei- 
tere Wirfung vollftändig aufzuheben, die Linien mittelft eines Pin- 
ſels mit Zerpenthindhl aus, in weichem man etwas Afphalt aufge: 
Töft Hat. Auf welche Art eine auf Stahl hergeftellte Zeichnung auf 
Kupfer übettragen, und fo diefer Abdrud nach Belieben verviel- 
fältigt werden könne, wird in dem Artifel Siderographie 
befchrieben. 

Auf poliertem Stahl, 3.8. polirten Meſſer⸗ und Säbelflingen, 
können Schrift und Verzierungen auch fo hergeftellt werden, daß 
Diefelben mit Dem Glanze der polirten Flaͤche erfcheinen, während 
das Uebrige matt geägt if. Zu diefenr Ende werden die Verzie⸗ 
rungen oder Schriften mit der Auflöfung des gemeinen Aetzgrundes 
oder auch des Afphalts in Terpenthinoͤhl auf der policten Släche 
ausgeführt, und auch die übrigen Stellen, welche nach dem Aegen 
ihre Politur behalten follen, damit überzogen. Nach dem Trock⸗ 
nen des Grundes feßt man die Fläche den Dämpfen der Salz: 
fäure aus, am beiten fo, daß man auf etwas in einer Porzellan- 
fchale befindliches Kochſalz fonzentrirte Schwefelfäure gießt, das 
Gemenge umrührs, und die zu ägende Släche in einiger Entfernung 
fo Tange darüber halt, bis die Politur verfchwunden, und eine 
gleichförmige matte Tinte an deren Stelle getreten ifl. Die po- 





182 Aetzen. 


lirte Flaͤche muß jedoch vorher durch Abreiben mit gepulvertem 
gebrannten Kalke und Weingeiſt gut von aller Fettigkeit befreit 
worden ſeyn. Statt der gasförmigen Salzſaͤure kann auch eine 
bis zum erforderlichen Grade verdünnte Auflöſung des ſalzſauren 
Antimonoxyds (der ſogenannten Spießglanzbutter) angewendet 
werden, mit welcher die zu äßenden Stellen überſtrichen werden. 
Wegen auf Glas. : Das Aeken auf Glas gefchieht durch 
bie Slußfpatbfäure, welche, indem fie ſich mit der Kiefelerde deſſel⸗ 
ben verbindet, das einzige Auflöfungsmittel diefer Subſtanz ift. 
Diefe Säure entwidelt fi) aus Flußfpath durch Schwefelfäure 
in Badgeftalt, kann aber auch durch Verbindung mit Waffer in 
flüfliger Geſtalt dargeftellt werden (f. STußfpathfäure) Im 
Kleinen fann man auf folgende Art verfahren. Man bereitet die 
wohl gereinigte Glastafel mit Aetzgrund ganz anf diefelbe Weife, 
wie beim Kupfer, vor, radirt die Zeichnung, und umgibt fie mit 
einem Wachsrande. Man nimmt hierauf möglichft fein gepulver⸗ 
ten Slußfpath, und freut ihn ganz eben über den radirten Aetz⸗ 
grund; und darauf gießt man eine Mifchung von gleichen Theilen 
Schwefelfäure und Waſſer, bis dad Ganze beiläufig die Konfifteng 
eines dien Rahme erhalten bat. Man dedt nun einen auf den 
Wachsrand gut anfchließenden Deckel von Metall oder Hol; dar⸗ 
über, um die Dampfe der Säure zurüd zu halten. Ganz auf 
biefelbe Art wird verfahren, wenn die bereits in flüffiger Ge: 
ſtalt Dargeftellte Slußfpathfäure angewendet wird. Auch bei diefer 
Aegung kann für forgfältigere Ausführung übrigens eben fo wie 
- beim Kupfer durch Audfparung der feinern bereitd genug geägten 
Züge, neues Aufgießen der Slüffigfeit u. ſ. w. verfahren werden. 
Noch ſchneller geht die Aekung durch die gasförmige Säure 
ſelbſt vor fi. Um mit diefer zu operiren, nimmt man einen vier⸗ 
edigen bleiernen Kaſten, deifen obere Seite ald Dedel dient, 
und hängt in demfelben die geundirten und radirten Glastaſeln 
neben einander, jede an einer Schnur auf, die man auf der Ruͤck⸗ 
feite des Glaſes mit Wachs befeftigt. Inden Boden diefes Kaftens 
läßt man eine bleierne Röhre reichen, die mit der bleiernen , über 
einem gelinden Feuer befindlichen Retorte verbunden ift, in wels 
cher fich die Mengung aus Flußſpath und Schwefelfäure befindet, 
Auf dem Boden des Kaftens läßt man etwas Waſſer, um bie über⸗ 


/ 


Wesen auf Stein. 183 


flüffige Säure zu abforbiren, und die Fugen des Dedels Tutist 
man mit fettem Kift. Das faure Gas raue nun den Kaſten 
und aͤtzt die Zeichnungen in das Glas. 

Bei der Aetzung mit dem Gafe werden die Linien rauh 
matt, während fie bei der Aetzung mit der fluͤſſigen Säure mehr 
glänzend ausfallen. Die in das Glas geägten Zeichnungen laſſen 
fi), wenn das Glas auf eine binreichend flarfe Metallplatıe auf 
gefittet worden ift, in der Druckerpreſſe, wie Kupferplatten, 
auf Papier abdruden. Das Glas hat vor dem Kupfer den Vor: 
zug, daß ed weit mehr Abdrüde aushält, fidy nicht zufammen- 
druͤcken läßt, folglid) die Zeichnung im ihrer erften Beſchaffenheit 
erhält; und es fleht ihm nur darin nach, daß die geäbte Zeichnung 
nicht ihre Teste Vollendung durch den Grabſtichel erhalten kann. 

Aetzen auf Stein. Auf diefelbe Art, wie auf ©lat, 
fann auf polirte Steine geägt werden, deren Haupebeflandtheil 
Kiefelerde ift, als Bergkryſtall, Chalcedon, Topas, ıc. Von 
den übrigen Steinarten find hauptfächlich die Falfartigen, als die 
verfchiedenen Abänderungen von Dichtem Kalfftein und Marmor, 
von Mergel u. f. w. zum Aegen geeignet. Will man vertiefte 
Zeichnungen äßen, fo überzieht man den vorher 'gereinigten Stein 
mit einer Auflöfung von Afphalt oder-Rolophonium in Terpenthin- 
öhl, radirt die Zeichnung hinein, fo Daß die Oberfläche des 
Steines durch den Briffel oder die Nadel etwas aufgeriffen wind; 
und gießt dann Salpeterfäure darauf, die mit ſechs Mahl fo viel 
Byaffer verdünnt iſt. Statt der Salpeterfäure fann man aud), 
zumabl für feinere Züge, ſtarken Eilig anwenden. Die fo auf 
einen dichten feirien Kalkſtein gebrachten Zeichtungen dienen nur 
zue Verzierung der Oberfläche, und Fönnen nicht auf diefelbe Art, 
wie beim Kupfer, Durch Drud auf Papier übertragen werden, 
weil die fette Drudfarbe ſich nicht in die geästen Linien bringen 
läßt, ohne auch in die ungeäpte Fläche einzudringen. Auf welche‘ 
Art der dichte Kulfftein oder Mergel zur Uebertragung von Zeich⸗ 
nungen verivendet werde, wird in dem Artifel Lithographie 
befhrieben. Gewöhnlich aͤtzt man Kalffleinplatten, z. B. für Sonnen» 
uhren und ähnliche Gegenftände, fo, daß die Schrift oder die Ver⸗ 
zierung erhaben erfcheint, während die übrige Bläche vertieft iſt. 
Zu diefem Ende reiniget man vorher die Oberfläche der Stein 


184 Aetzen. 


platte, indem man fie mit einem leinenen Lappen und etwas ſchwa⸗ 
cher Ealpeterfäure gut abreibt, und zulept mit Brunnenwafler 
gut abfpuhlt. Nach dem Trocknen wird nun die Zeichnung oder 
Schrift mit der Auflöfung des Aſphalts in Terpenthinöhl, die hierzu 
die gehörige Koufiftenz haben muß, um nicht auszufließen, durch 
Die Feder oder den Pinfel aufgetragen, die Platte mit einem 
Wachsrande umgeben, und verbünnte Salpeterfäure Darüber gee 
fhüttet, die man hinwegnimmt, und die Platte mit Waſſer ab⸗ 
wäfcht, wenn der Grund hinreichend ausgefreſſen ift. Iſt die Schrift 
oder Zeichnung fein, und fie foll dennoch hinreichend herausgehoben 
werden; fo ift es, um das Unterfreifen zu vermeiden, ficherer, 
zuerſt mit Salpeterfäure zu äben, und dann die Vertiefung mit . 
ftarfem Eſſig, dem etwas weniges Salpeterfäute oder Salzfäure 
zugefegt werden kann, zu vollenden. Die fo hervorgebrachten 
erhabenen Zeichnungen fönnen mit Buchdruderfarbe eingefärbt, 
und auf Papier abgedruckt werden. Gewöhnlich werden diefelben 
gur Verzierung mit einer mit Zerpenthinöhlfirniß angemachten Farbe 
überzogen, oder auch vergoldet (f. Vergoldung). Eine Art, 
Alabafter mit reinem Wafler zu ägen f. in Art. Alabafter.- 

Aetzen auf Perlenmutter. Da die Perlmutter eine 
kalkartige Subſtanz ift, fo wird fie ganz auf diefelbe Art geäßt, 
wie der Kalkſtein; entweder auf vertiefte Zeichnungen mittelft Ra, 
diren, oder auf erhabene Verzierungen durch Wegägen des Grun⸗ 
des. Das Aepmittel ift hier ebenfalls die Salpeterfäure, die 
jedoch für diefen Gebrauch lärfer genommen werden fann. Macht 
man die Perlmuttterblätter fehr dünn, und ftellt dann die Verzies 
rung auf denfelben erhaben dar, während der Grund zum heil 
weggeägt wird ; fo kann man leptern mit einem Mefler vollends 
ausſchneiden, und die geäbten Verzierungen auf anderen Gegen- 
fländen, z. B. gefirnißten Blechwaaren ꝛc. befeftigen. 

Aeben auf Bernflein. Das Aeben auf Bernſtein fan 
man durch fonzentrirte Schwefelfäure bewirfen, nachdem man die 
polirte Bernfteinfläche vorher mit Wachs überzogen, und mit einem 
Wahsrande umgeben hat, damit die Säure in einer Schichte von 
ua bis a Linien Dice darüber ſtehe. Man wälcht dad geägte Stud 

in Waffer aus, trodinet es mit Löfchpapier, und reibt den — 
grund mit einem wollenen Lappen ab. 


Ahle. 485 


Aetzen auf Bein und Elfenkein. Auf diefen Sub⸗ 
flanzen kann ebenfalls durch fonzentrirte Schwefelfäure geist wer: 
Den. Man überzieht die vorher mit gepulvertem Bimsſtein polirte 
Fläche, nachdem fie etwas erwärmt worden ift, mit dem Aebgrunde, 
radirt dDiefen, umgibt ihn mit dem. Wachsrande, und übergießt ihn 
Dann mit fonzentrirter Schwefelfdure. Durch Anwendung von 
Waͤrme geht Die Aetzung fchneller von Statten. Da die Schwefel- 
ſaͤure, wenn fie einige Zeit über dem Grunde fteht, aus der Luft 
Waller anzieht und ſich ſchwaͤcht: fo gießt man fie nach einiger 
Zeit wieder ab, und fehüttet frifche auf. Statt des Aetzgrundes 
kann auch bloß Wachs genommen werden, das man mit einem 
Zuchlappen auf die Beinfläche. aufreibt. Nach der Operation wirb 
Diefer diinne Überzug mit Zerpenthinöhl wieder weggenommen. 
Statt der Schwefelfäure fann man auch fonzentrirte Salzſaͤure 
anwenden, welche tiefer eingreift. 
| Sollen die auf Bein geägten Zeichnungen zugleich eine Farbe 
erhalten, fo braucht man als Aetzwaſſer eine mit Waffer verbinnte: 
Silber: oder Bold » Auflöfung. Erſtere aͤtzt die Striche ſchwarz, 
Iegtere rothbraun. Die Gold» oder Silberauflöfung wird in diefem - 
Halle ftatt der Schwefelfäure aufgegoſſen, braucht jedoch nur in 
geringerer Menge zu feyn, und fann auch mittelft eines Pinfels 
in. die radirte Zeichnung gebracht werden. Iſt die Aegung mit 
der Silberauflöfung vollendet ; fo wäfcht man den Grund mit reinem 
Wafler, ſetzt ihn eine Stunde dem Lichte, am beften den Sonnen⸗ 
firablen aus; und nimmt hierauf den Aetzgrund mit Terpenthinöhl 
weg. Es iſt diefes die leichtefte Methode, ſchwarz geägte Zeich- 
nungen auf Elfenbein zu bringen. 

d. H. 

| Ahle. 

Die Ahlen oder Orte, und die minder haͤufig vorkommen⸗ 
den Pfriemen, find mäßig gehärtete fpigige Werkzeuge, deren man 
fid) bedient, entweder um in faferige Stoffe — Leder, Papier, 
Zeuge, Holz — Löcher zu ftechen, oder, feltener, auf Slächen von 

Holz oder auch von Metall Linien anzuzeichnen. Sie unterfcheis 
den ſich in Beziehung auf den erftgenannten Gebrauch von den 
Nadeln dadurch, daß mit diefen gleichzeitig ohne Unterbrechung 


186 Ahle. 


ein Faden durch Das Loc gezogen wird, indeß mittelft der Ahlen 
faſt immer die Löcher nur vorgeftochen werden. | 

Am unentbehrlichften find die Ahlen jenen Gewerben, welche 
ſich mit der Verarbeitung des Leders befchäftigen, und unter die: 
fen verdienen die ohne Ausnahme gefrümmten Orte der Schuh⸗ 
‚macher eine nähere Betrachtung... Man hat fie von verfchiebener 
Größe, und umterfcheidet fie nach dem Gebrauche in Abfaß:, 
Einftiche und Befteh: Orte. Fig. ı4, Taf. 6 ſtellt eine große 
Abfagahle, Fig. 15 eine ganz Feine VBeftechahle vor, die fo, wie 
alle anderen, beym Gebrauche mit der Angel bis zum Anfange 
der Krümmung bey a, in hölzernen Heften fleden. Die Form dies 
fer Drte ift feineswegs gleichgültig. Sie find vierfantig, wie der 
Durdfchnitt b, Big. 14 zeigt, fo daß fie rautenförmige Löcher bil- 
den. Die Kanten wirfen zum Theile ald Schneiden, damit ber 
Ort leichter eindringt, und das Loch ſich nicht wieder durch die 
Eloftizität des Leders zum Theil fchließe, wie dieſes bei einer ganz 
zunden Spitze der Ball feyn würde. Das vieredige Loch gewpährt 
auch noch den Vortheil, daß es von den Pechdrähten, welche paar⸗ 
weife durch jedes gehen, weit befier ausgefüllt wird; weil diefe die 
beiden fpigigen Winfel desfelben, wenn fie mit Gewalt durchgezo⸗ 
gen werden, außdeinander treiben, wodurd) die zwei anderen Win- 
kel von felbft fih abrunden, und vollfommen an den Draht an« 
ſchließen. Auch die Geftalt, nach welcher der Ort gebogen iſt, 
bedarf einiger Erläuterung. Die Form Fig. 14 und ı5 ift die 
dltere, und die für die gewöhnlich vorfommıenden Arbeiten übliche. 
Die Krümmung überhaupt ift nothwendig, weil ohne diefelbe' ge- 
wife Arbeiten gar nicht verrichtet werden fönnten. So wird das 
Oberleder bei den Srauenfchuhen mit der Sohle Dadurch verbunden, 
daß die Stiche nur bis zu einer gewiſſen Tiefe in die Sohle, und 
keineswegs ganz durch,‘ fondern in einer bogenförmigen Richtung 
auf derfelben Flaͤche wieder heraus gehen. Ein ſolcher Stich aber 
kann nur durch Die gehörige Krümmung ded Ortes, und nie durch 
eine gerade Spige erhalten werden. Eben fo unentbehrlich ift die 
gefrümmte Soem, wenn doppelte Sohlen vorhanden find. Es wird 
in diefem alle das Oberleder erſt an die obere Sohle angenähet, 
dDiefe aber wieder mit der untern verbunden, eine Arbeit, welche 
um von dem Oberleder nicht gehindert zu werden, nur mit Hülfe 


Ahle. 187 


eines gekrümmten Ortes moͤglich iſt. Ja man muß ſich, wenn die 
Sohle über. das Oberleder nur fehr-wenig vorſteht, fogar der noch 
flärfer, und vorzüglich an der Spige gefrummten, fogenannten 
franzöfifhen oder englifhenDrte (Fig. 16) bedienen. Die 
Sig. 17, ein Durchſchnitt des Oberleders m, und der beiden Soh⸗ 
len, a, b, wird den Nutzen berfelben anfchaulich machen. Nur 
ein ſtark gekrümmter Ort, wie cd, wird beim Durchſtechen unten 
genan der obern Öffnung gegenüber berausfommen, während eine 
wenig gefrümmte, oder gar eine gerade Ahle, gleich e f,- fein 
andered als ein fchiefed, und zu weit vom untern Rande der Sohle 
entferntes Loch hervorbringen fönnte. Die Quer⸗Orte, eben 
falls neuern Urfprunges, braucht man, wenn die Stiche möglichft 
nahe an einander fommen follen. Ein ſolches Werkzeug, Fig. ı8, 
unterfcheidet fich durch die Stellung der fihärferen Kasten, oder 
der beiden ſpitzigen Winkel, indem bei den gemeinen Orten die 
ſcharfen Winfel an der Seite der Krümmung, bei den Quer⸗Orten 
Dingegen am fonveren und fonfaven Theile fich befinden, folglich, 
verglichen mit jener erften Form, nach der Quere geftellt find. 
Aus Fig. ı9 fieht man, Daß, wenn beide Orte, wie ed immer ges 
fhieht, auf die gleiche Art geführt werden, die Stiche eined ge 
wöhnlichen, a, viel mehr Raum einnehmen, als die mit b bezeich- 
neten des Quer⸗Ortes. Übrigens unterfcheiden die Schuhmacher 
unter den Auer-Orten deutfche und franzöfifche oder englifche. . Die 
Ieptern haben die in Sig. 18 vorgeftellte Krümmung, während die 
deutfchen fo wie die gemeinen Orte (alfo wie Fig. ı4 und ı5) ges 
bogen find. — 

Die Schuſterbohrer, welche gleichfalls zu den Ahlen 
gezählt werden können, werden gebraucht, um in die Sohlen die 
Löcher für hölzerne oder eiferne Nägel vorzufchlagen, Big. 20 
jeigt die Form diefer Bohrer, welche im Durchfchnitte entweder 
quadratifch wie c, oder rautenförmig wie h find. Alle werden in 
Heften aus hartem Holz gebraucht, und haben einen Anfap d (das 
Geſtemm), damit die Angel, da fie mit dem Hammer getrieben 
werden, fich nicht tiefer in das Heft einfchlägt. Seltener finden 
fi) die Sternbobrer, mit vier, wie e, Big. 20, ausgehöhlten 
Beiten. Sie geben ein fternförmiges Loch, nach deſſen Form auch 


188 Ahle. 


der ˖ in dasſelbe eingefchlagene hölzerne Nagel, bloß jun Behufe 
der Vorzierung, ſich zuſammendriickt. | 

Riemer, Sattler und verwandte Arbeiter —— ſich zwar, 
wenn die Art der Arbeit im Bogen gehende Loͤcher erheiſcht, auch 
gekruͤmmter Ahlen, die oft ohne die Angel bis zu vier Zoll lang 
find. Die vorzüglichften hierher gehörigen Werfzeuge aber find 
bei den gedachten Gewerbölenten die gewöhnlich. mit hornenen 
Heften verfehenen Ahleifen. ‚Sig. 21 zeigt zwei Arten derfelben, 
die nach der Staͤrke des Leders in verſchiedenen Größen, wie z. B. 
nach der Form wie a, von einem bis vier Zoll Länge, vorfommen. 
Nach der Altern Art waren fie mehr vieredig, jest aber macht 
man fie flach, wodurch fie an den Seiten zwei fehr fcharfe und 
leicht das Feder Durchdringende Kanten erhalten. Ehemahls wa- 
ren auch fogenannte Zweiſpitze üblich. Sie hatten ftatt der Angel 
"noch eine zweite, der erften gleiche Spige, deren man fich bedienen 
konnte, wenn die lebtere gebrochen oder fonft unbrauchbar gewor- 
den war. Die Berziehbahlen der Sattler (von den Riemern 
Pfriemen genannt) find ganz gerade, Fegefförmig, und fehr fpi- 
big; man braucht fie zum MVorftechen im dünnes Leder, oder in 
Zeuge. : Das Vorfchlageifen hingegen ift zwar auch koniſch, 
jedoch flärfer und fürzer, und, wie die Schufterbohrer,, mit eineih - 
Anfahe verfehen, weil mittelft deffelben Löcher in Hol; für Stifte 
'oder-Mägel mit Hülfe des Hammers eingefchlägen werden. Die 
Einbindahlen braucht man zum Aufheften der Kiffen bei, 
Sätteln, Pferdefummeten, u. f. w., nittelft lederner Riemchen. 
Sie haben, wie Fig. 22 beib, an der etwas gefrümmten pi: 
ge ein Ohr zum Durchziehen des Niemens durch das vorge⸗ 
ficchene Loch. Man findet ſolche mit einer Angel ce, für ein Heft, 
und mit oder ohne Anſatz d; aber auch ganz große, oft achtzehn 
Boll lange, an deren Ende ein eiferner Ring, wie bei einem ar 
ſchluͤſſel, ſtatt des Griffes angebracht ift. 

Zu den Werfzeugen der Buchbinder gehören gerade, in höl: 
zernen Heften ftecfende Ahlen, die entweder rund oder vierfantig 
(rautenförmig) find. Die letztern, da fie leichter eindringen, find 
"vorzüglich zum Durchfiechen der Parppe anwendbar ; die runden 
werden gebraucht, wenn. einige Bogen, mehrere Aupfertafeln 


Ahle. 180 


oder andere einzelne Blätter vorläufig durchſtochen werden follen, 
um fie dann mittelft der Heftnadel und des Zwirnes zu verbinden. 

Beim Korrigiren des Sapes in den Buchdrudereien bedient 
man fich gerader fehr fpigiger Ahlen zum Herausheben ſowohl eins 
jelner Lettern ald auch ganzeg Sylben und‘ Wörter. 

Die Tifchler bentigen die geräden Ahlen theils zum Vorſte⸗ 
hen der Löcher für Drahtftifte und feine Nägel, theild auch zum 
Anzeichnen von Linien. Eine in den englifchen Werffiätten übliche 
Markir⸗Ahle ſtellt Fig. 233 in der Hälfte der natürlichen Größe 
vor. Sie hat entweder bloß eine Spitze und bei a, nach der Durch 
Punfte angedeuteten Form, einen breiteren Lappen zum bequemen 
Anfaifen; oder flatt deffen einen fchrägen, ſcharf fchneidenden 
Meißel, b c, der fowohl zum Anzeichnen von Umriſſen, al6 auch 
in andern Fällen fehr bequem iſt. 

Die Pfriemen der Kleidermacher find ganz gerade, ohne 
die Angel etwa drei Zoll laug, und fegelförmig. Sie dienen zum 
Vorſtechen von Schnürlöchern, und-zu ähnlichen Ziveden. 

Manchmahl bedient man fic) auch wohl der flarfen kurzen. 
Ahlen zum Durchſchlagen von dünnen Metallblehen. Die Reib⸗ 
und GSlättahlen der Uhrmacher und anderer Mietallarbeiter aber 
find, ungeachtet der Benennung, von- den gewöhnlichen Ahlen fo: 
wohl in NHinficht der Form ald auch der Wirfung fo verfchies 
den, daß fie unter einem eigenen Artifel vorkommen mülfen (f. 
Reibahle). 

Mit der Verfertigung der Ahlen, der Packnadeln, Flachs⸗ 
hechelzaͤhne und ähnlicher Fleiner Stahlwaaren befchäftigen fi die - 
Ahlenfhmiede. Die Ahlen werden, etwa mit denfelben Hande 
griffen wie die Nägel, gewöhnlich aus geringeren Stahlgattungen, 
z. B. Sederftahl, gefchmiedet. Die völlige Ausbildung gibt man 
ihnen wmittelft der Seile, oder noch fchneller durch das Schleifen. 
Die frummen Ahlen erhalten ihre Biegung entweder fogleich durch 
den Hammer beim Ausfchmieden , oder mittelft eines Meinen hoͤl⸗ 
zernen Schlägel3 auf einem Bleifloge, oder endlich, nach dem in 
England üblichen Verfahren, in einem dazu vertieft und pailend 
geformten ftählernen Sefenfe ; welche Iegtere Methode den Vortheil 
einer immer volfommen gleichen Krümmung gewährt. Die Vol- 
lendung gibt man den Ahlen-durch das Härten und Poliren. Bei 


190 Alabaſter. 


den kleineren Sorten, welche manchmahl bloß aus Eiſen verfertigt 
werden, geſchieht das erſtere fo, wie bei den aus Eiſendraht gemach⸗ 
ten Nähnadeln, nähmlich durch Einfepen oder Zementiren, und 
nachmahliges fchnelles Ablöfchen in Waſſer. Um fie zu poliren, 
gibt man fie mit Schmirgel und ohl in lederne Saͤcke, welche man 
entweder aus freier Hand, oder mittelſt einer einfachen Maſchi⸗ 
nerie fo lange hin und ber ſchüttelt, bis die Reibung der einzelnen 
Stüde an einander und an dem Schmirgel die Oberfläche geglättet , 
hat. Um zulest das noch anhängende Ohl wegzufchaffen, fülft 
man die fertigen Ahlen mit Sägefpänen in ein Haß, welches an 
einer horizontalen Achfe umgedreht wird. 
j G. N. 


Alabaſter. 


Alabaſter iſt kein ſyſtematiſcher oder wiſſenſchaftlicher, 
fondern ein bloß techniſcher Nahme, welchen überdieß, beſonders 
von den Bildhauern, fehr unbeftimmt gebraucht wird. Am ges 
wöhnlichften werden Gypsſteine, welche feft, mehr oder weniger 
halbdurchfcheinend und dem Marmor ähnlich find, fo genannt. 
Der Alabaſter befteht aljo aus Schwefelfäure und Kalk; obwohl 
auch Sorten vorfommen, welche mit Säuren braufen, und daher 
als Mifchungen aus fhwefelfaurem und fohlenfaurem Kalk anzu: 
fehen find. Man findet den Alabafter, fo wie den Marmor, von 
mannigfaltigen Farben, und von fehr verfchiedener Härte, welche 
leßtere aber immer geringer ift, ald jene de8 Marmors. Er bildet 
gewöhnlich die unterften Lagen der Gypsbruͤche. Die Bildhauer 
fhägen vorzüglich den härteften, ganz weißen, von förnigem Ges 
füge, welcher manchmahl dem Earrara: Marmor fo ähnlich iſt, daß 
zur Unterfcherdung ein fehr geübtes Auge, und die Unterfuchung 
der Härte erfordert wird; fie belegen jedoch auch viele andere 
Steine, nahmentlih Marmorarten, oft auch Selenit, dichten 
Gyps, u. ſ. w. mit derfelben Benennung. 

Der Alabafter wird von den Bildhauern mit denfelben Werk⸗ 
zeugen behandelt wie der Marmor, und da er jedes Mahl viel wei« 
her iſt, fo ift die Bearbeitung noch Leichter. Nur die Politur 
nimmt er, wegen des weniger dichten Gefüges, fehwieriger an. 
Nachdem er rein gefchabt, und mit Bimöftein gefchliffen worden 


& Alabaſter. 191 


iſt, polirt man ihn mit einer breiartigen Maſſe aus Kreide, Seife 
und Milch, und zuletzt mit heiß gemachtem Flanell. Er erhält das 
durch aber auch eine gelbliche Farbe, welche mit der Zeit noch 
dunkler wird. Bildhauerarbeiten aus Alabaſter unterliegen auch 
noch andern Veränderungen; fie fpringen naͤhmlich bei einer be- 
deutenden Hibe, und werden vom Waller angegriffen, fo daß fie 
zur Aufitellung im Sreien nicht wohl geeignet find. 

Außer diefen härteren, für die Skulptur anwendbaren Alas 
bafter ijt auch der weiche, ganz weiße, mehr oder weniger durch⸗ 
fheinende bemerfeuswerth, aus welchem Figuren von geringerem 
- Kunjtwerthe, befonderd aber Büchfen, Vafen, Lampen, Säulen 
an Uhrkäften und ähnliche Gegenflände verfertigt werden, welche 
ald Handelswaaren und ald Gegenftände eigentlich technifcher Erz 
zeugung mit mehr Grund hierher gehören. Schon den Alten war 
die Verwendung des Alabafters zu gedrehten Arbeiten befannt (wie 
denn Alabafter auch nichts anders ald eine Balfambüchfe heißt); 
und gegenwärtig gibt es fowohl größere. fabeifmäßige Anftalten, 
z. B. in Florenz, Livorno, Mailand, als auch viele einzelne Drech6s 
ler, welche ſich mit — Zweige der Induſtrie ausſchließlich be⸗ 
ſchaͤftigen. 

Man ſchaͤtzt den ganz weißen, gleichartigen, faſt halbdurch· 
ſichtigen Alabaſter, welcher rein von undurchſichtigen Flecken und 
Streifen iſt, am meiſten. Unter allen Sorten behauptet der flo⸗ 
zentinifche die erfte Stelle, indem die erwähnten Eigenfchaften fich 
bei demfelben am öfteften finden, und er auch, feiner Sleichartig« 
feit wegen, zu größeren Stüden anwendbar ift, zu welchem Be⸗ 
hufe er mittelft Sägen von verfchiedener Größe zugefchnitten wird, 
welche gute ftählerne Blätter haben mülfen. Andere Sorten, z. B. 
der falzburgifche und öfterreichifche, enthalten Sand, Adern und 
ungleich harte Stellen, und müllen deßhalb auch durch Spakten 
oder Sprengen in Fleinere Stüde getheilt werden. Wieder andere, 
3. B. der tirolifche Alabafter, befigen nicht Die nöthige Schönheit 
der Farbe, indem fie mehr ind Graue fallen. 

‚Der zu technifchen Zweden brauchbare Alabafter ift ſchon 
frifch gebrochen weich, und wird ed durch Siegen an der Luft, wo= 
bei ex einen Theil des in ihm befindlichen Waſſers verliert, in, 
einem noch etwas höheren Grade. Er laßt fich mit dem Meffer 





109% Alabafter. 


fhneiden, und fehr Teicht mit paffenden ftählernen Werkzeugen be⸗ 
liebig formen. Es gefchieht dieſes entweder aus freier Hand, oder, 
wenn es die Beftalt des herzuftellenden Gegenflandes erlaubt, 
noch fehneller auf der Drehbank. Er laͤßt fich mit allen Drebitählen 
behandeln, welche nicht, wie jene für die weicheren Holzarten, 
dünne und feharfwinflige Schneiden haben. Man Fann daher " 
alle jene Werfzeuge bier anwenden, welde zum Drechfeln von 
Elfenbein und Meffing gebraucht werden, und auf den Alabafter 
nicht durch eigentliche Schneiden, fondern mehr durch Schaben 
oder Kragen wirfen. Was nicht gedreht werden kann, wird cheild 
mit NRafpeln, theils mit nicht zu feinen Beilen ausgearbeitet, durch⸗ 
brochenes Laubwerf aber mit Laubfägen ausgefchnitten. Zu Figu⸗ 
fen und zu feinen Zügen überhaupt bedient man fich außer dem 
Mefler und den Feilen, auch noch Fleiner Meißel, und verfchiedes 
ner Arten von Grabfticheln (Rundſtichel, Flach⸗ und Meſſer⸗ 
Zeiger, u. |. w.) 

Zum Poliren diefer Arbeiten ift ein eigenthümliches Verfah⸗ 
ren nothwendig, welchem das Schleifen vorhergehen muß; weil 
vermöge des wenig dichten, meiſt glimmerigen Gefuͤges des Stei⸗ 
nes, Pie Oberfläche durch die genannten Werkzeuge immer nur 
matt und rauh erhalten werden fann. Mit recht feinem Bimsſtein⸗ 
pulver gelingt dad Schleifen fehr gut, allein es fchadet der Weiße 
des Alabafters. Man bedient fich daher, um die Unebenheiten aus 
dem Groben wegzunehnen, des Schacdhtelhalms, womit die Arbeit 
mit Beihülfe von Waſſer gefchliffen wird, Um aber auch die 
hiervon noch zurüdbleibenden feinen Riſſe wegzufchaffen, wird das 
Seinfchleifen mit gebrannten, in Waffer gelöfchten Kalf vorgenoms» 
men, welcher eine ganz reine, aber auch noch matte Oberfläche her: 
vorbringt. Die Politur und einen fhönen atlasähnlichen Glanz 
erhält man durch Seifenwaſſer und Kalk, welchem man zulept zur 
Erhöhung des Glanzes aud) noch etwas gepulverteö und geſchlaͤmm⸗ 
tes Federweiß (Talk) zufegen fann. 

Bei folhen Gegenftänden, welche aus einzelnen Theilen zu⸗ 
fammengefeßt werden müſſen, gefchieht die Verbindung entweder 
durch einen Kitt aus ungelöfchten Kalf und Eiweiß, oder auch 
bloß durch gebrannten, mit fehr wenig Waffer angerührten Gyps. 

Die Abfälle fönnen zum Gypsbrennen, ald Streufand, fein 


⸗⸗ 


Alabafter. 4103 


gepulvert and) zum Putzen von Meffing und Silber, und mit trock⸗ 
nenden oͤhlen oder Firniſſen ald Steinfitt verwendet werden. 

Vorzüglich die Leichtigfeit der Herftelung, und die verhält 
nißmäßig geringen Preife der Alabafter-Arbeiten find ihrem Abfage 
und ihrer Verbreitung günſtig. Sonſt haben fie manche Gebre⸗ 
hen. So leidet felbit der Härtefte Alabafter durch die Nälfe und 
Hide. Geſchirre zu Flüſſigkeiten, befonders zır heißen, laſſen ſich 
zweckmaͤßig nicht aus Alabafter machen, weil er‘, als im Waſſer 
etwas auflöslih, der Gefundheit nachtheilig wird, und durch 
ſchnelle Erwärmung fpringt. Durch das Alter, eben fo Durch) Rauch, 
wird er gelb, und endlich braun; auch nimmt er Fettflecken, bes 
fonders wenn er nicht poliert ift, fehr leicht an. Um ihn zu reini⸗ 
gen, wäfcht man ihn, freilich mit Verluſt der Politur, zuerft 
mit Seifenwafler, dann aber mit reinem Wafler, und wenn 
er fett ift, noch beſſer mit Terpenthinöhl, wenach er jedoch wieder 
mit Schachtelhalm abgefchliffen, und wenn er Glanz haben fol, 
wie oben behandelt werden muß. 

Bon: der Nachahmung des Alabafters durch gefchmolzene 
Salze ift beseitö Seite 86 u. ff. diefes Bandes gehandelt worden; 
allein auch die von Dr. Bagni gemachte Erfindung, Reliefs von 
Gypotuff zu verfertigen, gehört gewiller Maßen hierher. Man 
benügt zu diefem Ende dad Waller heißer Quellen, welches über 
Gypo⸗ oder Kalflager fließt, und folche Formen, welche durch 
daſſelbe nicht verändert werden, wozu die aus Schwefel am zweck⸗ 
mäßigften find. Diefe Formen werden fchräg an die innere Wand 
einer hölzernen Kufe gelehnt, und das Waſſer wird in einem Dünnen 
Strome auf diefelben geleitet. Es fegtiin ihnen allmählich feine 
erdigen Beftandtheile ab, welche eine ſehr harte, fchön weiße Krufte, 
und endlich Reliefs bildet, welche zue Vollendung nur weniger 
Nacharbeit und des Polirens bedürfen, Die hierzu nöthige.Zeit 
beträgt nach der Dicke, welche man den Stüden geben will, einen 
bis vier Monathe. Das Gefuͤge wird defto dichter und vollkom⸗ 
mener, je mehr die Formen dor fenfrechten Lage fich nähern, weil 
dann bloß die feinften Theile. abgefeht, die übrigen hingegen von 
dem Waller, welches nur kurze Zeit:über den fo geſtellten For⸗ 
men verweilen kann, fortgeführt werden. 

Auf die Eigenfchaft des Alabafters, daß er, gleich dem ſchwe⸗ 

Technol. Encyclop. I, Bd. 13 


10% Alabaſter. 


felſauren Kalke überhaupt, obwohl nur in geringer Menge (naͤhm⸗ 
lid) ein Theil in vier: ‚bis fünfhundert Iheilen Waſſer) auflöslich 
ift, bat der Engländer Moore ein Verfahren gegründet, auf 
Alabafter zu äben. Um hierzu jene Stellen, weldye nicht matt 
und vertieft werden follen, zu fchüben, bedeckt man fie mit 
einer Mifchung aus Wachs, Zerpenthinöhl und Bleiweiß, oder 
man wendet einen Xerpenthinfirniß an, welcher, damit er nicht 
zu Bart, und fpäter leichter wieder auflöslich ſey, mit etwas fet⸗ 
tem Ohl verfebt wird. Nach dem Trocknen dieſes Auftrages 
Iegt man daß fo vorbereitete Stüd in Regen- oder deſtillirtes Waf- 
fer, worin e8, je nachdem man die geäßten Stellen mehr oder 
weniger tief haben will, acht und vierzig Stunden oder länger 
bleibt. Den Firniß ſchafft man durch Terpenthinöhl wieder weg; 
die matt und vertieft gewordenen Stellen werden mit fehr fein ges 
fiebtem Gyps mittelft eines Bürſtchens, oder eines etwas fteifen 
‚Pinfeld eingerieben, und erhalten Dadurch eine Art von Undurch- 
fihtigfeit, welche fie von den früher bedeckt gewefenen noch vor⸗ 
theilhafter unterfcheidet, und ihnen das Anfehen gibt, als feyen 
fie unter dem Meiße“ des Bildhauers hervorgegangen. 
Der Alabafter fann auch gefärbt werden, und zwar entweder 
mit metallifchen Auflöfungen, oder mit geiftigen Tinfturen aus 
färbenden Pflanzenſtoffen, oder endlich mit gefärbten Ohlen. Das 
Verfahren ift daifelbe wie beim Marmor, daher die weitere Aus⸗ 
führung dieſes Gegenftandes für den Artifel Marmor ver 
fpart wird. | | 
Endlich verdient auch noch eine Erfindung von Tiffot Ers 
wähnung, nad welcher Dichter Gyps und Alabafter härter, dem 
Marmor ähnlid, und befonders zu Bildhauerarbeiten anwendbar 
gemacht werden kann. Der Sppsblod wird, wenn er vom Bruche 
fommt, aus dem Groben behauen und zugerichtet, und durch un⸗ 
gefähr vier und zwanzig Stunden auf einem Ofen getrod'net. Im 
nähmlichen Ofen wird das Stück ferner einer Hitze, welche der 
zum Brodbaden nöthigen gleichlommt, auögefegt; wozu, wenn. 
daffelbe nicht über achtzehn Linien did ift, drei Stunden hinrei- 
chen, bei dickeren Blödten aber eine verhältuißmäßig längere Zeit 
erforderlich if. Man läßt das Stüd jodann erfalten, taucht es 
durch dreißig Sefunden in Blußwafler, fept es wieder einige Se⸗ 


Alaun. 1985 


kunden, bis ſich das Waſſer in das Innere gezogen hat, der Luft 
aus, und taucht es neuerdings, etwa zwei Minuten lang, nach 
Verſchiedenheit der Dicke, ein. So zubereiteter Gypoſtein oder 
Alabaſter ſoll nach einigen Tagen an der Luft die Haͤrte des Mar⸗ 
mors erlangen. 


G. % 


Alaun. 


Der Alaun (die ſchwefelſaure Kali-Thonerde) 
if ein Doppelfalz, das aus [hwefelfaurem Kali und fchwefelfau« 
rer Thonerde zufammengejept iſt; er kryſtalliſirt in Oftaedern, zus 
weilen in Würfeln, und befteht in diefer Form aus 36.15 Theilen 
fchwefelfaurer Ihonerde, 18.38 Theilen fhwefelfaurem Kali und 
45.47 heilen Waller. Im falten Waſſer (8° R.) Töfet er fich in 
18.363, und in fiedend heißen Waffen in 0.75 Theilen auf. An 
der Luft verwittert er äußerlich nur ſchwach, indem fich feine Ober⸗ 
fläche mit einem weißlichen Pulver überzieht. In der Hige ſchmilzt 
er in feinem Kryſtallwaſſer, und bleibt nach Verdünftung deifelben 
als eine weiße ſchwammige Maile zurüh(gebrannter Alaun). 
In ftarfem Feuer wird der Alaun zerfegt, indem er zum Theil 
feine Schwefelfäure verliert, und einen gefchmolzenen, aus ſchwefel⸗ 
faurem Kali und Thonerde beftehenden Nüdftand läßt. 

Löfet man reinen Alaun in a0 Theilen Waffer auf, und trös 
pfelt dieſe Auflöfung in flüjfiges Aegammoniaf, jedoch nicht bis 
zur Sättigung des letztern, fo ſetzt ſich ein voluminöfer weißer 
Niederfchlag zu Boden, welcher, gehörig mit Wailer ausgewa⸗ 
ſchen, die reine Thonerde oder Alaunerde darſtellt, von wel⸗ 
cher der Alaun 10.82 ‚Theile auf 100 enthält. Löfet man diefe 
Thonerde, während fie noch feucht ift, in verdünnter Schwefel 
fäure auf; fo enthält die Auflöfung die (neutrale) ſchwefel—⸗ 
faure Thonerde, welche nur 2 Theile falten Waſſers zu ihrer Auf⸗ 
Iöfung erfordert, Verſetzt man dieſe Auflöfung mit Aegammoniaf, 
fo erfcheint ein unauflösliches weißes Pulver, welches bafifche 
fhwefelfaure Thonerde if. Troͤpfelt man in die Auflöfung 
der neutralen fhwefelfauren Thonerde eine Auflöfung von ſchwefel⸗ 
faurem Kali, fo fällt, wenn die Auflöfungen fonzentrirt find, ein 
Weißes Pulver nieder, welches Alaum iſt; oder waren die Auflös 

ı3 * 


[4 


196 Alaun. 


ſungen der beiden Salze verdünnt, ſo erhaͤlt man aus denſelben 
durch Abdampfen und Abkühlen den kryſtalliſirten Alaun. 

Wird die frifchgefällte Thonerde (das Thonerde⸗Hydrat) mit 
einer Auflöfung von Alaun gefocht; fo geht noch ein Antheil Thon- 
erde in die Verbindung des Alauns ein, der dadurch im Waſſer 
unauflöslich, und als ein weißes Pulver gefällt wird. Eben diefe 
Zufammenfeßung entfteht, wenn man eine fiedendheiße Alaunauf: 
löfung mit einer Auflöfung von Kali verfegt, bis diefelbe beinahe 
neutral wird. Diefer unauflösliche oder bafifhe Alaun kommt 
in der Natur in dem Alaunftein oder Alunit vor, und be: 
fteht in 100 heilen aus 19.72 Theilen fehwefelfaurem Kali, 61.99 
heilen bafifcher fchwefelfaurer Thonerde und ı8.29 Waller. Be: 
handelt man diefes unauflösliche Salz mit verdünnter Schwefels 
fäure; fo Töfet es fich auf, und wird wieder zu gemeinem Alaun 
kryſtalliſirbar. | Ze. 

Diefe Erfahrungen enthalten die Grundlage der Alaunfar 
brifation, welde für den bedeutenden Bedarf diefed Salzes in 
den Künften, auf verfchiedend Weife im Großen betrieben wird. 
Der Alaun kommt fertig gebildet in der Natur felten, hier und da 
efflorefzirend ald Haarſalz, bäufiger in Oftindien in einigen 
Waͤſſern vor: der in Europa im Handel vorfommende wird künſt⸗ 
lid) aus den Alaunerzen dargeftellt. Diefe Fabrifationsweife 
ift nach der Natur diefer Erze verfchieden. Einige derfelben, welche 
zu den Ylaunfteinen gehören, enthalten den Alaun ſchon fer⸗ 
tig, nur noch mit andern Stoffen gemifcht und gemengt, von 
welchen er auszufcheiden if. Die übrigen Erze enthalten noch) 
nicht Alaun, fondern nur die Beftandtheile, aus denen fich ſchwe⸗ 
felfaure Thonerde zufammenfegen kann, welche dann durch Zufü⸗ 
gung von fchwefelfaurem Kali in Alaun verwandelt wird. Zu die: 
fer Klaife gehören die fogenannten Alanunfchiefer und. andere 
ähnliche mit den Braunkohlen vorfommende erdige Gemenge. 

Alaunfabrifation ausdem Alaunftein. Der Alaun- 
fein, der nur an einzelnen wenigen Orten, als zu Tolfa bei Civita⸗ 
vecchia und in Ungarn zu Bereghſzaſz und Mufzag, aber hier in 
großer Menge vorfommt, und ganze Lager bildet, ift hart und 
ſteinartig und zum Theil mit Fleineren und größeren Hoͤhlungen 


Aaunbereitung aus Wlaunftein. 197 


verfehen, die gewöhnlich mit Druſen von -Froftaflifirtem Alaunfteine 
(bafifhem Alaun) befegt find. Die derben Stüde enthalten mehr. 
oder weniger Kiefel in ihrer Mifchung ; fie werden daher nach ihrer 
Reichhaltigfeit en Alaun audgelefen, Die man theild an dem 
größern fpezififhen Gewichte, theils an den fich im Bruche zeigen: 
den, glänzenden kleinen Kryſtallflächen erfennt. Dieſe fortirten. 
Stücke werden geröftet oder gebrannt, durch welche Operation. 
wahrſcheinlich dad mit der fchwefelfanzen .Thonerde . verbundene 
Thonerde - Hydeat fein Waller und ald gebrannte-Thonerde die 
Verwandtſchaft zum Alaun verliert, der num mehr frei wird, und, 
nachdem durch die nachfolgende Werwitterung der. Jufammenhang 
des Steines vollends aufgelöft worden iſt, mit Waller ausgezogen 
werden fann. 

Das Brennen wird in gemeinen Kalköfen und auf-diefelbe, 
Art verrichtet. Es ift hier eine ähnliche Sorgfalt in der Regie⸗ 
rung des Feuers, wie beim Gypoͤbrennen erforderlich, Damit feine 
Schmelzung oder Zufammenfinterung ded Steines, und feine Ents 
bindung »on Schwefelfäurg oder fchweflicher Säure eintrete, die 
mar auf Koſten des eigentlichen Mlaungehaltes Statt finden fanıı 
Aus eben diefem Grunde it auch die Berührung des glühenden 
Steines mit Eohlehaltigen Stoffen zu vermeiden. Am ficherften, 
mit Erfparung an Zeit und Brennmatertal, und mit Vermeidung 
eines bedeutenden Abfalld, deſſen nachherige Ausfcheidung wicder 
Arbeit werurfacht, wäre wahrfcheinlich diefes Brennen in einem 
Kalzinirofen zu verrichten, nachdem-der fortirte Alaunftein vorher 
in ei: oder nußgroße Stüde zerichlagen worden ift. 

Die gebrannten Alaunſteine werden in .länglihen, 2 bie 3 
Fuß hohen Haufen der Verwitterung ausgeſetzt, indem man fie 
beftändig durch Befprigen mit Waller feucht zu erhalten fucht. In⸗ 
dem fich diefes Waller allmaͤhlich mit dem Alaun verbindet, zer⸗ 
brödelt fi der Stein, und zerfällt endlich zu einer breiartigen 
Maffe, die mit warmem Waſſer ausgelaugt und in einen Laugen⸗ 
fumpf zum Klären abgelaſſen wird, aus dem fie von dem Boden⸗ 
faße abgezogen, dann abgedampft, und durch zweimahliges Kry: 
ftallifiren zum verkäuflichen Alaun dargeftellt wird. Der auf diefe 
Art aus dem Alaunftein von Zolfa dargeftellte Alaun ijt der foger 


198 Alaun. 


nannte römifche Alaun, der mit einem feinen röthlichen, aus 
rothem Eifenoryd beftehenden, Anfluge überzogen ift. 
Alaunfabrifation ausden Schiefern. Der größte 
heil des, zumahl in Deutfchland, im Handel vorfommenden 
Aaunes wird aus den Alaunfchiefern und ähnlichen Alaunerzen 
fabrizirt. Die Alaunfchiefer find ein bituminöfer, Schwefelfies 
enthaltender Thonfdiefer, von mehr oder weniger Feftigfeit, von 
größerem oder geringerem Kohlengehbalt, welcher bei einigen Arten, 
bie fchon mehr zu den Braunkohlen gehören, fo bedeutend wird, 
daß fie ald Brennmaterial benugt werden fönnen. In den Lagern 
von Braunfohlen und von bituminöfem Holz beftehen die oberen 
Schichten, wo fie mit den unmittelbar aufliegenden Thonfchichten 
fi) vermengen, gewöhnlich aus einer durch Thon und Schwefel: 
fied mehr verunteinigten Kohle; daffelbe ift bei den Zwifchenfchich- 
ten (Bändern) der Ball, welche das Flötz in verfchiedenen Abftäns 
den durchziehen. Diefe zum Brennen weniger taugliche, meift 
erdähnliche zerreibliche Kohle iſt ebenfalls Alaunerz. Alle diefe 
verfchiedenen Arten von Alaunerz fommen im Wefentlichen mit ein- 
ander darin überein, daß fie Thon -und Schwefelfies (Schwes 
feleifen im Marımum) in einem fein gemengten Zuftande ent: 
halten. Diefes find die wirfenden Veftandtheile zur Bildung der 
Ihivefelfauren Xhonerde ; “der Kohlengehalt trägt dazu bei, der 
Maſſe eine mehr Iodere Befchaffenheit zu geben, und dadurch die 
Einwirfung jener beiden Beftandtheile mittelft der Luft und Feuch⸗ 
. tigfeit auf einander zu befördern. Werden diefe Schiefer unter dem 
Zutritte der Luft einer höhern Temperatur ausgeſetzt; fo verliert 
der Schwefelfied die Hälfte feines Schwefel, die fich fublimirt 
oder als fchwefliche Säure verflüchtiget, und geht in einfaches 
Echwefeleifen über (f. Vequivalente, ©, 145), das aus der 
Luft und dem Waſſer ſchnell Saueritoff anzieht, und fich in ſchwe⸗ 
felfaures Eifenorpdul (Eifenvitriol) verwandelt. Die nıit dem 
bituminöfen Holze und den Braunfohlen vorfommenden Schiefer 
enthalten gewöhnlich auch fchon fertig gebildeten Eifenvitriol, der 
durch allmähliche Verwitterung in dem Lager felbft entftanden ift. 
Der Eifenvitriol gibt nun in dem Maße, als durch diefelbe fort 
währende Orydation und die höhere Temperatur das Eifen ſich 
gleichfalls höher oxydirt und in Oxyd übergeht, die Schwefelſaͤure 


Alaunbereitung aus Alaunfchiefern. 190 


an die Thonerde ab, umd bildet fchwefelfaure Thonerde. Ein 
Aheil des Eifenvitriols bleibt Dabei noch unzerfegt, und zwar um 
fo mehr, je weniger das Alaunerz außer der Thonerde noch andere 
alfalifche Erden enthält. Enthält das Alaunerz Bittererde, wie das 
bei vielen in Braunfohlenlagern vorfonmenden Schiefern der Fall 
it, oder Kalk, fo zerfepen diefe den Eifenvitriol, und ed entſteht 
Bitterfalz oder Gyps, während nur noch-eine geringe Menge Eiſen⸗ 
ditriol zurückbleibt. 

Die Alaunfabrikation aus Alaunſchiefern zerfällt alſo in fols 
‚gende Abtheilungen: 1) Die Vorbereitung ded Alaunerzes, 2) die 
Auslaugung deflelben, 3) die Abdampfung der Lauge, 4) die 
Berfegung mit dem Fluffe, oder das Präzipitiren,. 5) die Wafchung 
des Alaunmehls, 6) die Kryſtalliſation. 

2) Vorbereitung des Alaunerzed. Einige Alauns 
ſchiefer find von der Befchaffenheit, daB fie, in freier Luft auf einen 
Haufen geflürzt, und von Zeit zu Zeit befeuchtet, ſich allmählich 
von ſelbſt erhigen, und nach und nad) in eine pulverige Maſſe zer: 
fallen, die zum Auslaugen gehörig geeignet ifl. Die meiften 
Schiefer müflen jedoch beim Feuer geröftet werden. Dieſes Röften 
bat mehrere Vorteile: ı) wird bei feften Schiefeen der Zufam- 
menbang aufgehoben, der die Zerfepung hindern würde; 2) wird 
die Zerfegung des Schwefelkieſes durch die Ausfcheidung eines 
Theiles des Schwefels befchleuniget; 3) wird der ſchon vorhandene 
Eifenvitriol durch die Hige theils zerfegt, und die Schwefelfäure 

zu Ounften der Bildung der fchwefelfauren Thonerde ausgefchieden. 

Solche Schiefer, welche zu wenig Bitumen oder Kohle ent- 
balten, um felbft zu brennen, werden auf eine Unterlage von 
Reisholz in Form länglicher Haufen (6 Fuß Breite auf Jo — 50 
Fuß Länge) geftürzt, in einer Dicde von etwa 2 Fuß; das Reisholz 
wird in der Mittel(durch einen Fleinen anal, den man zu dieſem 
Behufe gelailen hat) angezündet, und das Feuer fo regulirt, daß 
e3 ſich gleichmäßig nach allen Seiten verbreitet, was Dadurch er- 
reicht wird, daß man in verfchiedenen Entfernungen mit einer 
Hacke Löcher in den Haufen macht, um den Zug ded Feuers in 
diefe oder jene Gegend zu leiten. Hat die Hike die Schieferlage 
bis nahe an die Oberfläche durchdrungen, fo legt man eine neue 
Enge von Reisbündeln auf, bedeckt diefe wieder mit einer Lage von 


190 Alabaſter. 


den kleineren Sorten, welche manchmahl bloß aus Eiſen verfertigt 
werden, geſchieht das erſtere ſo, wie bei den aus Eiſendraht gemach⸗ 
ten Naͤhnadeln, naͤhmlich durch Einſetzen oder Zementiren, und 
nachmahliges ſchnelles Abloͤſchen in Waſſer. Um ſie zu poliren, 
gibt man ſie mit Schmirgel und hl in lederne Saͤcke, welche man 
entweder aus freier Hand, oder mittelſt einer einfachen Mafchie 
nerie fo lange hin und her fchüttelt, bis die Reibung der einzelnen 
Stuͤcke an einander und an dem Schmirgel die Oberfläche geglättet , 
hat. Um zulegt das noch anhängende hl wegzufchaffen, füllt 
man die fertigen Ahlen mit Sägefpänen in ein Faß, welches an 
- einer horizontalen Achfe umgedreht wird. 

G. A. 


Alabaſter. 


Alabaſter iſt kein ſyſtematiſcher oder wiſſenſchaftlicher, 
fondern ein bloß techniſcher Nahme, welchen überdieß, beſonders 
von den Bildhauern, ſehr unbeſtimmt gebraucht wird. Am ge⸗ 
woͤhnlichſten werden Gypsſteine, welche feſt, mehr oder weniger 
halbdurchſcheinend und dem Marmor aͤhnlich ſind, ſo genannt. 
Der Alabaſter beſteht alſo aus Schwefelſaͤure und Kalk; obwohl 
auch Sorten vorkommen, welche mit Saͤuren brauſen, und daher 
als Miſchungen aus ſchwefelſaurem und kohlenſaurem Kalk anzu: 
ſehen ſind. Man findet den Alabaſter, ſo wie den Marmor, von 
mannigfaltigen Farben, und von ſehr verſchiedener Härte, welche 
letztere aber immer geringer iſt, als jene des Marmors. Er bildet 
gewöhnlich die unterſten Lagen der Gypsbruͤche. Die Bildhauer 
fhägen vorzüglich den haͤrteſten, ganz weißen, von koͤrnigem Ges 
"füge, welcher manchmapl dem Earrara- Marmor fo ähnlich iſt, daß 
zur Unterfcherdung ein fehr geübtes Auge, und die Unterfuchung 
der Märte erfordert wird; fie belegen jedoch auch viele andere 
Steine, nahmentlih Marmorarten, oft aud) Selenit, dichten 
Gyps, u. f. w. mit derfelben Benennung. 

Der Alabafter wird von den Bildhauern mit denfelben Werk⸗ 
zeugen behandelt wie der Marmor, und da er jedes Mahl viel wei⸗ 
cher iſt, fo ift Die Bearbeitung noch Teichter. Nur die Politur 
nimmt er, wegen des weniger dichten Gefüge, fehwieriger an. 
Nachdem er rein gefchabt, und mit Bimsftein gefchliffen worden 


. Alabaſter. 191 


iſt, polirt man ihn mit einer breiartigen Maſſe aus Kreide, Seife 
und Milch, und zuletzt mit heiß gemachtem Flanell. Ex erhält da⸗ 
durch aber auch eine gelbliche Farbe, welche mit der Zeit noch 
dunkler wird. Bildhauerarbeiten aus Alabaſter unterliegen auch 
uoch andern Veränderungen; fie ſpringen nähmlich bei einer be- 
deutenden Hige, und werden vom Waſſer angegriffen, fo daß fie 
zur Aufitelung im Freien nicht wohl geeignet find. 

Außer diefem härteren, für die Skulptur anwendbaren Ala⸗ 
bafter iſt auch der weiche, ganz weiße, mehr oder weniger durch⸗ 
fcheinende bemerfenöwerth, aus welchem Figuren von geringerem 
- Kunjtwerthe, befonderd aber Büchfen, Vafen, Lampen, Säulen 
an Uhrfäften und ähnliche Gegenflände verfertigt werden, welche 
ald Handelöwaaren und ald Gegenftände eigentlich technifcher Erz 
zeugung mit mehr Grund hierher gehören. Schon den Alten war 
die Verwendung des Alabafters zu gedrehten Arbeiten befaung (wie 
denn Alabafter auch nichtd anders ald eine Balfambüchfe heißt) ; 
und gegenwärtig gibt es fowohl größere. fabrifmäßige Anftalten, 
z. B. in Florenz, Livorno, Mailand, als auch viele einzelne Drechs⸗ 
ler, welche fidy mit biefem Zweige der Snduftrie ausfchließlich bes 
fchäftigen. 

Man fchäpt den ganz weißen, gleichartigen, faft halbdurch · 
ſichtigen Alabaſter, welcher rein von undurchſichtigen Flecken und 
Streifen iſt, am meiſten. Unter allen Sorten behauptet der flo⸗ 
rentiniſche die erſte Stelle, indem die erwähnten Eigenſchaften ſich 
bei demfelben am öfteften finden, und er auch, feiner Gleichartig⸗ 
feit wegen, zu größeren Stüden anwendbar ift, zu welchem Bes 
hufe er mittelft Sägen von verfchiedener Größe zugefchnitten wird, 
welche gute ftählerne Blätter haben muͤſſen. Andere Sorten, z. B. 
der falzburgifche und öfterreichifche, enthalten Sand, Adern und 
ungleich harte Stellen, und müſſen deßhalb auch durch Spalten 
oder Sprengen in Fleinere Stüde getheilt werden. Wieder andere, 
3. B. ber tirolifche Alabaſter, befigen nicht die nöthige Schönheit 
der Farbe, indem fie mehr ind Graue fallen. 

‚Der zu technifchen Zweden brauchbare Alabafter ift ſchon 
frifch gebrochen weich, und wird es durch Siegen an der Luft, wo⸗ 
bei er einen Theil des in ihm befindlichen Waſſers verliert, in 
einem noch etwas höheren Grade. Er läßt ſich mit dem Meſſer 


19% ° Alabafter. 


ſchneiden, und fehr Leicht mit paffenden ftählernen Werkzeugen be⸗ 
liebig formen. Es gefchieht dieſes entweder aus freier Hand, oder, 
wenn ed die Geſtalt des herzuftellenden Gegenſtandes erlaubt, 
noch ſchneller auf der Drehbank. Er Iäßt fich mit allen Drehſtaͤhlen 
behandeln, welche nicht, wie jene für Die weicheren Holzarten, 
dünne und fcharfwinklige Schneiden haben. Man Fann daher ' 
alle jene Werfzeuge bier anwenden, welche zum Drechfeln von 
Elfenbein und Meffing gebraucht werden, und auf den Alabafter 
nicht durch eigentliches Schneiden, fondern mehr durch Schaben 
oder Kragen wirken. Was nicht gedreht werden fann, wird theils 
mit Raſpeln, theild mit nicht zu feinen Seilen ausgearbeitet, durch⸗ 
brochenes Laubwerf aber mit Laubfägen ausgefchnitten. Zu Figu⸗ 
ten und zu feinen Zügen überhaupt bedient man ſich außer dem 
Meiler und den Feilen, auch noch Fleinee Meißel, und verfchiedes 
ner Arten von Grabſticheln (Nundftihel, Flach⸗ nnd Meſſer⸗ 
Zeiger, u. f. w.) 

Zum Poliren diefer Arbeiten ift ein eigenthimliches Verfah⸗ 
ren nothwendig, welchem das Schleifen vorhergehen muß; weil 
vermoͤge des wenig dichten, meiſt glimmerigen Gefuͤges des Stei⸗ 
nes, die Oberflaͤche durch die genannten Werkzeuge immer nur 
matt und rauh erhalten werden kann. Mit recht feinem Bimoſtein⸗ 
pulver gelingt das Schleifen ſehr gut, allein es ſchadet der Weiße 
des Alabaſters. Man bedient ſich daher, um die Unebenheiten aus 
dem Groben wegzunehmen, des Schachtelhalms, womit die Arbeit 
mit Beihuͤlfe von Waſſer geſchliffen wird. Um aber auch die 
hiervon noch zurückbleibenden feinen Riſſe wegzuſchaffen, wird das 
Feinſchleifen mit gebranntem, in Waſſer gelöfchten Kalk vorgenom⸗ 
men, welcher eine ganz reine, aber auch noch matte Oberflaͤche her⸗ 
vorbringt. Die Politur und einen ſchönen atlasaͤhnlichen Glanz 
erhält man durch Seifenwaſſer und Kalk, welchem man zuletzt zur 
Erhoͤhung des Glanzes auch noch etwas gepulvertes und geſchlaͤmm⸗ 
tes Federweiß (Talk) zufegen kann. 

Bei ſolchen Gegenſtaͤnden, welche aus einzelnen Theilen zu⸗ 
ſammengeſetzt werden müſſen, geſchieht die Verbindung entweder 
durch einen Kitt aus ungelöſchtem Kalk und Eiweiß, oder auch 
bloß durch gebrannten, mit ſehr wenig Waſſer angeruͤhrten Gyps. 

Die Abfälle koͤnnen zum Gypsbrennen, ald Streuſand, fein 


e 


Alabafter. 4193 


gepulvert aud) zum Pugen von Meffing ımd Silber, und mit trods 
nenden Ohlen oder Firniſſen ald Steinfitt verwendet werden. 

Vorzüglich Die Leichtigkeit der Herftelung, und die verhälts 
nißmäßig geringen Preife der Aabafter-Arbeiten find ihrem Abfape 
und ihrer Verbreitung guͤnſtig. Sonſt haben fie manche Gebre⸗ 
hen. So leidet felbft der härtefte Alabafter durch die Naͤſſe und 
Hitze. Geſchirre zu Stüfligkeiten, befonders zu heißen, laſſen fich. 
zweckmaͤßig nicht aus Alabafter machen, weil er‘, ald im Waſſer 
etwas auflöslich, der Gefundheit nachtheilig wird, und: durch 
ſchnelle Erwärmung fpringt. Durch das Alter, eben fo durch Rauch, 
wird er gelb, und endlich braun; auch nimmt er Fettflecken, bes 
fonderd wenn er nicht polirt iſt, fehr Teicht an. Um ihn zu reini⸗ 
gen, wäfcht man ihn, freilich mit Verluft der Politur, zuerft 
mit Seifenwafler, dann aber mit reinem Wafler, und wenn 
er fett ift, noch beifer mit Terpenthinöhl, wonach er jedoch wieder 
mit. Schachtelhalm abgefchliffen, und wenn er Stanz haben foll, 
wie oben behandelt werden muß. - 

Von: der Nachahmung Des — durch geſchmolzene 
Salze iſt bereits Seite 86 u. ff. dieſes Bandes gehandelt worden; 
allein auch die von Dr. Bagni gemachte Erfindung, Neliefs von 
Gppötuff zu verfertigen, gehört gewiller Maßen hierher. Man 
benügt zu diefem Ende dad Wafler heißer Quellen, welches über 
Gypos- oder Kalflager fließt, und folche Formen, welche duch 
daffelbe nicht verändert werden, wozu die and Schwefel am zweck⸗ 
mäßigften find. Diefe Formen werden fchräg an die innere Wand 
eines hölzernen Kufe gelehnt, und das Waſſer wird in einem dünnen 
Strome auf Diefelben geleitet. Es feptiin ihnen allmählich feine 
erdigen BeftandtHeile ab, welche eine ſehr harte, fchön weiße Kruſte, 
und endlich Reliefs bildet, welche zur Bollendung nur weniger 
Nacharbeit und des Polirens bedürfen, Die hierzu nöthige.Zeit 
beträgt nach der Dicke, welche man den Stüden geben will, einen 
bi6 vier Monathe. Das Gefüge wird defto Dichter und vollkom⸗ 
mener, je mehr die Formen der fenfrechten Lage ſich nähern, weil 
Dann bloß die feinften Theile. abgefebt, Die übrigen hingegen von 
dem Wailer, welches nur furze Zeit-über den fo geftellten. For⸗ 
nen verweilen fann, fortgeführt werden. 

Auf die Eigenfchaft des Alabafters, daß er, gleich dem ſchwe⸗ 

Technol. Encyclop. I Bd. 13 


10% Alabafter. 


felfauren Kalte überhaupt, obwohl nur in geringer Menge (naͤhm⸗ 
lich ein Theil in vier: bis fünfhundert Iheilen Waller) auflöslich 
ift, bat der Engländer Moore ein Verfahren gegründet, auf 
Alabafter zu äben. Um hierzu jene Stellen, weldye nicht matt 
und vertieft werden follen, zu fchügen, ‚bededt man fie mit 
einer Mifchung aus Wachs, Zerpenthinöhl und Bleiweiß, oder 
man wendet einen Zerpenthinfirniß an, welcher, damit er nicht 
zu hart, und fpäter leichter wieder auflöslich fey, mit etwas fet⸗ 
tem Ohl verfept wird. Nach dem Trocknen diefes Auftrages 
Iegt man das fo vorbereitete Stüc in’ Regen⸗ oder deftillirted Waſ⸗ 
fer, worin es, je nachdem man die geäßten Stellen mehr oder 
weniger tief haben will, acht und vierzig Stunden oder länger 
bleibt. Den Firniß fhafft man durch Terpenthinöhl wieder weg; 
die matt und vertieft gewordenen Stellen werden mit fehr fein ge⸗ 
fiebtem Gyps mittelft eines Buͤrſtchens, oder eines etwas fteifen 
Pinfels eingerieben, und erhalten dadurch eine Art von Undurch⸗ 
fihtigfeit, welche fie von den früher bededt gewefenen noch vor⸗ 
theilhafter unterfcheidet, und ihnen das Anfehen gibt, als feyen 
fie unter dem Meiße! des Bildhauers hervorgegangen. 

Der Aabafter fann auch gefärbt werden, und zwar entweder 
mit metallifhen Auflöfungen, oder mit geiftigen Tinkturen aus 
färbenden Pflanzeufloffen, oder endlich mit gefärbten Ohlen. Das 
| Verfahren ift daſſelbe wie beim Marmor, Daber die weitere Aus⸗ 
führung dieſes Gegenftandes für den Artifel Marmor ver 
fpart wird. 

Endlich verdient auch noch eine Erfindung von Tiſſot Ers 
wähnung, nad) welcher Dichter Gyps und Alabafter härter, dem 
Marmor ähnlid, und befonders zu Bildhauerarbeiten anwendbar 
gemacht werden fann. Der Gypsblock wird, wenn er vom Bruche 
fommt, aus dem Groben bebauen und zugerichtet, und durch um« . 
gefähr vier und zwanzig Stunden auf einem Ofen getroduet. Im 
naͤhmlichen Ofen wird dad Stück ferner einer Hitze, welche der 
zum Brodhaden nöthigen gleichlommt, auögefept; wozu, wenn. 
daſſelbe nicht über achtzehn Linien dick iſt, drei Stunden hinzei: 
chen , bei dideren Bloͤcken aber eine verhältnißmäßig längere Zeit 
erforderlich if. Man läßt das Stud jodann erfalten, taucht ed 
durch dreißig Gefunden in Blußwaffer, fept es wieder einige Se⸗ 





Alaun. | 4195 


Funden, bis fich das Waſſer in dad Innere gezogen hat, der Luft 
aus, und taucht es neuerdings, etwa zwei Minuten lang, nach. 
Verfchiedenheit der Dicke, ein. So zubereiteter Gypoſtein oder 
Alabaſter fol nad) einigen Tagen an der Luft die Härte des Mar⸗ 
mors erlangen. 


G. % 


Ylaun. 


Der Alaun (die [hwefelfaure Kali-Ihonerde) 
iſt ein Doppelfalz, das aus [hwefelfaurem Kali und fchwefelfau- 
rer Thonerde zufammengefept iſt; er kryſtalliſirt in Oftaedern, zus 
weilen in Würfeln, und befteht in diefer Form aus 36.15 Theilen 


ſchwefelſaurer Thonerde, 18.38 Theilen ſchwefelſaurem Kali und 


45.47 Thrilen Waſſer. Im falten Waſſer (8° R.) [öfet er fih in 
18.363, und in fiedend heißem Waifen in 0.75 Theilen auf. An 
der Luft verwittert er äußerlich nur ſchwach, indem fich feine Ober: 
fläche mit einem weißlichen Pulver überzieht. In der Hitze ſchmilzt 
er in feinem Kryſtallwaſſer, und bleibt nach Verdünftung deffelben 
als eine weiße fhwammige Maile zurüh(gebrannter Alaun). 
In ftarfem Feuer wird der Alaun zerfept, indem er zum Theil 
feine Schwefelfäure verliert, und einen gefchmolzenen, aus fchwefels 
faurem Kali und Thonerde beftehenden Rüdftand laͤßt. 

Löfet man reinen Alaun in ao Theilen Waſſer auf, und trös 
pfelt dieſe Auflöfung in flülliges Aetzammoniak, jedoch nicht bis 
zur Sättigung des legtern, fo fegt fich ein voluminöfer weißer 
Niederfchlag zu Boden, welcher, gehörig mit Waller ausgewa- 
fhen, die reine Thonerde oder Alaunerde darftellt, von wels 
cher der Alaun 10.82 Theile auf 100 enthält. Löfet man diefe 
Thonerde, während fie noch feucht ift, in verdinnter Schwefel 
fäure auf; fo enthält die Auflöfung die (neutrale) [hwefel 
faure Thonerde, welche nur 2 Theile falten Waſſers zu ihrer Auf⸗ 
Iöfung erfordert. Verſetzt man diefe Auflöfung mit Aegammoniaf, 
fo erfcheine ein unauflösfiches weißes Pulver, welches bafifche 
fhwefelfaure Thonerde ift. Zröpfelt man in die Auflöfung 
der neutralen ſchwefelſauren Thonerde eine Auflöfung von fchwefel« 
fagrem Kali, fo fällt, wenn die Auflöfungen fonzentrirt find, ein 
weißes Pulver nieder, welches Alaun iſt; oder waren die Auflös 

13 * 


4 


196 Alaun. 


ſungen der beiden Salze verdünnt, ſo erhaͤlt man aus denſelben 
durch Abdampfen und Abfühlen den kryſtalliſirten Alaun. 

Wird die frifchgefällte Thonerde (das Thonerde-Hydrat) mit 
einer Auflöfung von Alaun gekocht; fo geht noch ein Antheil Thon⸗ 
erde in die Verbindung des Alauns ein, der dadurch im Waſſer 
unauflöslich, und ald ein weißes Pulver gefällt wird. Eben diefe 
Zufammenfegung entfteht, wenn man eine fiedendheiße Maunauf: 
löfung mit einer Auflöfung von Kali verfegt, bis diefelbe beinahe 
neutral wird. Diefer unauflösliche oder bafifhe Alaun fommt 
in der Natur in dem Alaunftein oder Alunit vor, und be: 
ſteht in 100 Theilen aus 19.73 Theilen fchwefelfaurem Aali, 61.99 
heilen bafifcher fchwefelfaurer Thonerde und ı8.29 Waller. Be: 
handelt man dieſes unauflösliche Salz mit verdünnter Schwefel: 
fäure; fo Töfet e8 fi) auf, und wird wieder zu gemeinem Alaun 
kryſtalliſirbar. 

Dieſe Erfahrungen enthalten die Grundlage der Alaunfa⸗ 
brifation, welche für den bedeutenden Bedarf diefed Salzes in 
. den Künften, auf verfchiedene Weife im Großen, betrieben wird. 
Der Alaun fommt fertig gebildet in der Natur felten, bier und da 
efflorefjirend ald Haarſalz, häufiger in Oftindien in einigen 
Wällern vor: der in Europa int Handel vorfommende wird fünfte 
lich aus den Alaunerzen dargeftellt. Diefe Fabrifationsweife 
ift nach der Natur diefer Erze verfchieden. Einige derfelben, welche 
zu den Alaunſteinen gehören, enthalten den Alaun ſchon fer⸗ 
tig, nur noch mit andern Stoffen gemiſcht und gemengt, von 
welchen er auszuſcheiden iſt. Die übrigen Erze enthalten noch 
nicht Alaun, ſondern nur die Beſtandtheile, aus denen ſich ſchwe⸗ 
felſaure Thonerde zuſammenſetzen kann, welche dann durch Zufuͤ⸗ 
gung von ſchwefelſaurem Kali in Alaun verwandelt wird. Zu dies 
fer Klaſſe gehören die fogenannten Alaunfchiefer und. andere 
ähnliche mit den Braunfghlen vorfommende erdige.Gemenge. 

Alaunfabrifation ausdem Alaunftein Der Alaun- 
ftein, der nur an einzelnen wenigen Orten, als zu Tolfa bei Civita> 
vecchia und in Ungarn zu Bereghſzaſz und Mufzag, aber hier in 
großer Menge vorfommt, und ganze Lager bildet, ift hart und 
Meinartig und zum Theil nit Pleineren und größeren Höhlungen 


Alaunbereitung aus Alaunftein. 197 


verfehen, die gewöhnlich mit Druſen von kryſtalliſirtem Alaunfteine 
(baſiſchem Alaun) befept find. Die derben Stüde enthalten mehr. 
oder weniger Kiefel in ihrer Mifchung ; fie werden Daher nach ihrer 
Meichhaltigfeit on Alaun audgelefen, die man theild an dem 
größern fpezififchen Gewichte, theils an den ſich im Bruche zeigen: 
den, glänzenden feinen Kryftalflächen erfennt. Diefe fortirten 
Stüde werden geröftet oder gebrannt, durch welche Operation. 
wahrfcheinlich das mit der ſchwofelſauren Thonerde verbundene 
Thonerde - Hydrat fein Waller und als gebrannte Thonerde die 
Verwandtfchaft zum Alaun verliert, der num mehr frei wird, und, 
nachdem durch die nachfolgende Werwitteryng der. Zuſammenhang 
des Steines vollends anfgelsit worden iſt, mit Wafler ausgezogen 
werden fann. 

Das Brennen wird in gemeinen Kalköfen und auf-diefelbe, 
Art verrichtet. Es iſt hier eine ähnliche Sorgfalt in der Regie⸗ 
zung des Feuers, wie beim Gppöbrennen erforderlich, Damit Feine 
Schmelzung oder Zufammenfinterung des Steine, und feine Ents 
bindung son Schwefelfäurg oder ſchweflicher Säure. eintrete, die 
nur auf Koften des eigentlichen Alaungehaltes Statt finden kann. 
Aus eben diefem Grunde iſt auch die Berührung des glühenden 
Steines mit Fohlehaltigen Stoffen zu vermeiden. Am ficherften, 
wit Erfparung an Zeit und Brennmaterial, und mit Vermeidung 
eined bedeutenden Abfalls, deilen nachherige Ausfcheidung wicder 
Arbeit verurfacht, wäre wahrſcheinlich dieſes Brennen in einem 
Kalzinirofen zu verrichten, nachdem-der fortirte Alaunftein vorher 
in ei: oder nußgroße Stüde zerichlagen worden ift. 

Die gebrannten Alaunſteine werden in laͤnglichen, 2 bis 3 
Zus hohen Haufen der Verwitterung ausgeſetzt, indem man fie 
beftändig Durch Beſpritzen mit Waſſer feucht zu erhalten fucht. Ins 
dem fich diefes Waller allmaͤhlich mit dem Alaun verbindet, zer⸗ 
bröcdelt fi) der Stein, und zerfällt endlich zu einer breiartigen 
Maffe, die mit warmem Wailer ausgelaugt und in einen Laugen- 
fumpf zum Klären abgelaffen wird, aus dent fie von dem Bodens 
fage abgezogen, dann abgedampft, und durch zweimahliges Kry⸗ 
ftallifiren zum verfänflihen Maun dargeftellt wird. Der auf diefe 
Art aus dem Alaunftein von Tolfa dargeftellte Alaun iſt der ſoge⸗ 


198 Alaun. 


nannte roͤmiſche Alaun, der mit einem feinen röthlichen, aus 
rothem Eifenoryd beftehenden, Anfluge überzogen ift. 
Alaunfabrifation ausden Schiefern. Der größte 
heil des, zumahl in Deutfchland, im Handel vorkommenden 
Alaunes wird aus den Aaunfchiefern und ähnlichen Alaunerzen 
fabrizirt. Die Aaunfchiefer find ein bituminöfer, Schwefelkies 
enthaltender Thonfchiefer, von mehr oder weniger Seftigfeit, von 
größerem oder geringerem Koblengehalt, welcher bei einigen Arten, 
bie ſchon mehr zu den Braunfohlen gehören, fo bedeutend wird, 
daß fie als Brennmaterial benugt werden können. In den Lagern 
von Braunfohlen und von bituminöfem Holz beftehen die oberen 
Schichten, wo fie rıit den unmittelbar aufliegenden Thonfchichten 
fih vermengen, gewöhnlich aus einer durch Ihon und Schwefel: 
fied mehr verunteinigten Kohle; daffelbe ift bei den Zwiſchenſchich⸗ 
ten (Bändern) der Ball, welche das Flötz in verfchiedenen Abſtaͤn⸗ 
den durchziehen. Diefe zum rennen weniger taugliche, meift 
erdähnliche zerreibliche Kohle ift ebenfalld Alaunerz. Alle diefe 
verfchiedenen Arten von Alaunerz fommen im Wefentlichen mit ein- 
ander darin überein, daß fie Thon -und Schwefelfied (Schwes 
feleifen im Marımum) in einem fein gemengten Zuftande ent: 
halten. Diefes find die wirkenden Veftandtheile zur Bildung der 
fhivefelfauren Thonerde ; "der Kohlengehalt trägt dazu bei, der 
Maſſe eine mehr lockere Befchaffenheit zu geben, und dadurch die 
Einwirfung jener beiden Beftandtheile mittelft der Luft und Feuch- 
tigkeit auf einander zu befördern. Werden diefe Schiefer unter dem 
Zutritte der Luft einer höhern Temperatur audgefebt; fo verliert 
der Schwefelfied die Hälfte feines Schwefels, die fi fublimirt 
oder als fchweflihe Säure verflüchtiget, und geht in einfaches 
Echwefeleifen über (f. Aequivalente, ©. 145), dad aus der 
Luft und dem Waifer fehnell Saueritoff anzieht, und fich in ſchwe⸗ 
felfaures Eifenorydul (Eifenvitriol) verwandelt. Die mit dem 
bituminöfen Holze und den Braunfohlen vorfommenden Schiefer 
enthalten gewöhnlich auch ſchon fertig gebildeten Eifenvitriol, der 
durch allmähliche Verwitterung in dem Lager felbft entftanden ifl. 
Der Eifenvitriol gibt nun in dem Maße, als durch diefelbe fort- 
währende Orpdation und die höhere Temperatur das Eifen fi 
gleichfalls höher orydirt und in Oxyd übergeht, die Echwefelfäure 


Alaunbereitung aus Mlaunfciefern. 190 


an die Thonerde ab, umd bildet fchwefelfaure Thonerbe. Ein 
heil des Eifenvitriold bleibt Dabei nody unzerfept, und zwar um 
fo mehr, je weniger das Alaunerz außer der Thonerde noch andere 
altalifche Erden enthält. Enthält das Alaunerz Bittererde, wie das 
bei vielen in Sraunfohlenlagern vorkommenden Schiefern der Fall 
ift, oder Kalk, jo zerfepen diefe den Eifenvitriol, und ed entfteht 
Bitterfalz oder Gyps, während nur noch eine geringe Menge Eifen: 
vitriol zuruͤckbleibt. 

Die Alaunfabrikation aus Alaunſchiefern zerfaͤllt alſo in fol⸗ 
gende Abtheilungen: 1) Die Vorbereitung des Alaunerzes, 2) die 
Auslaugung deſſelben, 3) die Abdampfung der Lauge, 4) die 
Verſetzung mit dem Fluſſe, oder das Praͤzipitiren, 5) die Waſchung 
des Alaunmehls, 6) die Kryſtalliſation. 

1) Vorbereitung des Alaunerzed. Einige Alaun⸗ 
ſchiefer ſind von der Beſchaffenheit, daß ſie, in freier Luft auf einen 
Haufen geſtürzt, und von Zeit zu Zeit befeuchtet, ſich allmaͤhlich 
von ſelbſt erhitzen, und nach und nach in eine pulverige Maſſe zer⸗ 
fallen, die zum Auslaugen gehoͤrig geeignet iſt. Die meiſten 
Schiefer müſſen jedoch beim Feuer geroͤſtet werden. Dieſes Roͤſten 
hat mehrere Vortheile: 1) wird bei feſten Schiefern der Zuſam⸗ 
menhang aufgehoben, der die Zerſetzung hindern würde; 2) wird 
die Zerſetzung des Schwefelkieſes durch die Ausſcheidung eines 
Theiles des Schwefels beſchleuniget; 3) wird der ſchon vorhandene 
Eiſenvitriol durch die Hitze theils zerſetzt, und die Schwefelſaͤure 
zu Gunſten der Bildung der ſchwefelſauren Thonerde ausgeſchieden. 

Solche Schiefer, welche zu wenig Bitumen oder Kohle ent⸗ 
halten, um ſelbſt zu brennen, werden auf eine Unterlage von 
Reisholz in Form laͤnglicher Hauſen (6 Fuß Breite auf Jo — 50 
Fuß Länge) geſtuͤrzt, in einer Dicke von etwa 2 Fuß; das Reisholz 
wird in der Mittel(durch einen kleinen Kanal, den man zu dieſem 
Behufe gelatlen hat) angezündet, und das Feuer fo regulirt, daß 
e3 fi gleichmäßig nady allen Seiten verbreitet, was dadurch er- 
reiht wird, daß man in verfchiedenen Entfernungen mit einer 
Hacke Lödyer in den Haufen macht, um den Zug des Feuers in 
diefe oder jene Gegend zu leiten. Hat die Hitze die Schieferlage 
bis nahe an die Oberfläche durchdrungen, fo legt man eine neue 
Lage von Neisbündeln auf, bededt dieſe wieder mit einer Lage von 


200 Alaun. 


Schiefern, ‚regiert das Feuer wie vorher, u⸗ſ. f., und bedeckt end⸗ 
lich den Haufen mit einer Lage von mehr pulverigem Alaunerze, 
in Form einer abgeſtutzten Pyramide, um bei ſtarkem Regen das 
Eindeingen des Waſſers in das Innere zu verhüten. Um jedoch 
das Durch den Regen ausgewafchene Salz nicht zu verlieren, ift 
der Haufen mit einem Pleinen Graben umgeben, der fich in einem 
mit Thon ausgeſchlagenen Behälter endiget. 

Bei denjenigen Schiefern, welche bei Lagern von Braunkoh⸗ 
Ien und bituminoͤſem Holze vorfommen, und welche zum Theil felbft 
brennbar find, wird das Nöften mittelft der Braunfohlen felbft, die 
ebenfalls auch immer etwas Schwefelfied enthalten, vorgenommen. 
Man ftürzt auf den Platz zuerſt eine Schichte Alaunerz, darüber 
eine Lage Kohlen, wieder Alaunerz, u. f.f., und bedeckt den Hau⸗ 
fen mit Kohlenflein. Man macht diefe Haufen pyramidalifch oder 
dachförmig, gibt ihnen eine Breite von 6 Buß, diefelbe Höhe, und 
eine Länge von. sa bis 3o Zug. Sie werden von außen an:einigen 
Stellen augezündet, und der ruhigen Verbrennung überlaffen, 
die von außen.nach innen und unten fortfchreitet. Die Oberfläche 
des Haufend bededit fich zuerſt mit einer Tage von Afche aus den 
verbrannten Schiefern und Kohlen, die den freien Luftzutritt in 
dad Innere verzögert, fo daß diefe Verbrennung nur- langfam 
and allmählich bis zum innern Theile des Haufens fortſchrei⸗ 
ten kann. 

Dieſe allmaͤhliche und langſame Verbrennung , bei einem 
balb erftidten Feuer, ift bei dieſem Röftungsprozeife wefentlich. 
Brennt das Feuer zu Iebhaft, fo ſchmilzt das Schwefeleifen mit ' 
den Erden fhladenartig zufammen, und die Ausbeute an Alaun 
ift in eben dDiefem Mafie vermindert. Brennbares Alaunerz, das 
man zur Heipung der Abdampffeilel bei lebhaften Feuer verwendet 
bat, gibt Daher nur eine fehr geringe Ausbeute an .Alaun. Eben 
fo wird diefe Ausbeute geringer bei lebhaften Winden, welche dic 
Verbrennung der Haufen befchleunigen: daher man in folchen 
Fällen, um diefen Nachtheil zu verhindern, die Haufen mit feudp 
ten Kohlenflein bededen muß. Man faun ald Regel annehmen, 
daß die Ausbeute an Alaun aus Haufen von demfelben Erze um 
fo größer werde, je langfamer und gleichmäßiger die Berbrennung 
erfolgt ift. Iſt diefe Verbrennung, bei welcher ſich gewöhnlich 


Alaunbereitung aus Alaunfchiefern, 291 


au der Dberfläde. der. Haufen etwas fublunirter. Schwefel mfept, 
and viel fchweflichfaures® Gas entwickelt, beendiget; ſo laͤßt men 
den auf weniger als die Hälfte des erfien Bolums zuſammen gem 
fhwundenen Haufen allmählich. erkalten, der nım eine fehr locker 
auf einander liegende röthliche Afche enthält; in welche die Luft 
von allen Seiten Zutritt findet. Es iſt Daher, um dieſen Luftzu⸗ 
tritt nicht zu hindern, zweckmaͤßig, bie Haufen ſelbſt nicht zu groß 
zu machen; aud) bei äradener Witterung Be von ‚Beit ga Zeit mit 
etwas Waſſer zu befeuchten. 

Iſt die Aſche erfaltet, fo fann fie — Auslaugen — 
werden. Da jedoch von der Aufführung des Haufens bis zu: dieſen 
Zeitpunfte ein Zeitraum von mehrereh Wochen, ja bei folgen 
Schiefern, welche man: ohne Röften der freiwilligen Wenvisterumg 
überläßt, von mehreren Monaten, erforderlich iſt; fo muß: men, 
um eine ununterbrochene Sabrifation herzuſtellen, die Auantinft 
der im Vorrathe aufzuführenden Haufen nad der Quantität Bed 
Alauns, welche erzeugt werden fall, ‚bemeilen, und zugleich dar⸗ 
auf Bedacht nehmen, daß man vor Einieist der Froſtkaͤlte, we 
Das Auslaugen unmöglich wird, eine. hinreichende Menge zum 
Auslaugen vorräthig habe: Die Zeit, - welche zu dieſer Worbe⸗ 
reitung und Verwitterung der Alaunerze riöthig iſt, hänge von: der 
Beſchaffenheit derjelben ab. Die künſtlich geröfteten Erze werden 
früher reif, als die durch allmähliche eigene Erhigung gar gewor⸗ 
denen: erſtere erfordern einen Zeitraum von 6 bis B Wochen, 
legtere di6 zu einem Jahre. Ob der Haufen gehörig ausgewittert 
fey, erfennet man an der Efflorefjen; des Salzes; dem alaunustie 
gen Geſchmack der Afche, und an Fleinen Proben, die man mit 
Wafler auslaugt, und durch Zufatz von ſchwefelſaurem Kali auf 
den Alaungehalt prüft. 

3) Die Auslaugung. Die Auslaugung verrichter man 
am beften in gemauerten Behältern: Bölzerne Behälter, auch ans 
fänglich noch fo ſtark Hergeftellt, find unaufbörlichen Reparaturen 
unterworfen. Der ganze, in der Nähe der Afchenhaufen zu errich- 
tende Auslaugungsapparat muß, zur Erfparung der Arbeit, fo 
angelegt werden, daß dad Waller aus den höher liegenden Bes 
haͤltern von felbft. in die tiefer liegenden abfließt, wozu man ein 
etwas abhängiged Terrain benügt. An der tiefften Stelle dieſes 


202 7 Alam, 


Zerraimd und in der Nähe der Sudhuͤtte ſtellt man eine oder meh⸗ 
rere, waſſerdicht ausgemauerte, 8 bis 10 Fuß tiefe und ao Fuß 
im Viereck haltende Gruben her, in welchen die zum Verfieden 
beflimmte Roh⸗ oder Srundlauge aufgefammelt wird (die Rohlau⸗ 
genbehälter); und weldye mit einem leichten Dache gegen Regen 
und Staub geſchutzt find. Etwas höher liegend find Die gemauerten 

Auslaugekaͤſten, 6 Fuß breit, 12 bis 18 Buß lang, 2 Fuß tief; 
je zwei derfelben find immer fo geftellt, daß die Fluͤſſigkeit aus 
dem oberen durch die am Boden vorhandene Abflußoͤffnung in. ben 
unteren abgelaffen werden fann. Wie viel foldyer Paare von Bes 
haͤltern angelegt werben müflen, hängt natürlich von der Größe 
des Betriebes ab. Man kann mit Rüdficht auf die Unterbrechun« 
gen und auf die Vorratbd- Anfammlung für den Winter a Paar 
folcher Behälter auf 600 Zentner Alaun im Jahre rechnen. Wei⸗ 
ter oberhalb diefer Auslaugekaͤſten ift Das gleichfalld gemanerte 
MWaflerrefervoie angebracht, in welches das Waller, wenn es 
nicht anders woher genommen werden fann, aus der Grube ges 
pumpt wird, und von hier nach Bedarf auf die Laugefäften fließt. 
Die gemauerten Behälter werden aus Ziegeln hergeſtellt, die 
man auf Die ſchmale Kaute ftellt, und mit einem Mörtel gufammens 
fügt, der aus Kalk befteht, dem ftatt des Sandes alte, bereit 
ausgelaugte Alaunfchieferafche eingemengt wird. Die Sohlen⸗ 
mauer wird auf eine Unterlage von fettem Thon gelegt, wit wel- 
chem auch Die Seitenwände ungeben werden. 

Die Auslaugefäften werden nun mit ber Afche der vers 

brannten Schieferhaufen angefüllt, fo zwar, daß man zuerſt die 
gröberen Stüde, die fi in jedem Haufen vorfinden, einführt, 
und auf dem Boden des Kaſtens ausbreitet, und hierauf die übrige 
Alche darüber ftürzt, bis zu einer Höhe von ı5 bis 18Zoll, jedoch 
Dabei immer Sorge trägt, daß abwechfelnd gröbere Afche mit der 
feineren vermengt werde, Damit fich leptere nicht zuſammenballe, 
fondern dad Waſſer durch die Maife gehörig durchfiltriren koͤnne. 
Man läßt nun das Waller in den. oberen Kaften einfließen, fo 
daß e& die Oberfläche einige Zoll hoch bededt. Nach einiger Zeit 
“fließt die Lauge durch die am Boden befindliche Ausflußöffnung, 
und wird, jo lange fie noch die gehörige. Stärfe am Araͤo⸗ 
meter zeigt, mittelft einer vorgelegten Rinne in den Rohlau⸗ 


Alaunbereitung aus Alaunſchiefern. 203 


genbehälter abgelaffen. So wie fie ſchwaͤcher zu werden anfängt, 
nimmt man diefe Rinne weg, und läßt die Lange auf die Aſche 
Des zweiten, tieferen Behälters Taufen, während man auf Die Afche 
Des oberen Kaſtens noch ſo lange Waſſer rinnen läßt, bis die aus 
Demfelben auf den unteren Kaften abfließende Lauge faum noch 
einen Grad am Aräometer zeigt. Während dem wirb Die Afdhe 
Des oberen Kaſtens mittel eines Nuührftodes an verfchiedenen 
Stellen, wo es nöthig feyn follte, ausgeglichen, damit die gleich 
förmige Filtrirung in den verfchiedenen -Theilen bewirkt werbe. 
Die aud dem unteren Kaften abfließende Lange wird nun ebenfalls, 
fo lange fie grabhaltig ift, in den Rohlaugenbehaͤlter abgelaflen, 
und fobald fie zu fchwach zu werden anfängt, im einem unter dies 
fem zweiten Kaften eingegrabenen, mit Thon ausgefchlagenen 
Sumpf aufgefangen, bis aud) die aus dem zweiten Kaften ab: 
fließende Lauge kaum noch einen Grad des Arkometerd zeigt. 
Die ausgelaugte Afche wird hiernach aus den beiden Käften ge- 
nommen, neue Afche eingefüllt, and die Operation wie vorher 
begonnen. Während nun das Wafler in den oberen Kaflen ein- 
fließt, wird ans dem Sumpfe die ſchwache Lauge auf die Aſche 
Des zweiten umd tieferen Kaſtens gefchöpft, wodurch bei dies 
fer zweiten Operation die Menge der aus dieſem Kaſten ab 
fließenden grabhaltigen Lauge verniehrt wird, So gebt das 
num für die folgenden Operationen fort. Das nähmliche Berfahe 
zen findet bei jedem andern Paare foldher Käften Statt, und auf 
Diefe Art kann die beliebige Konzentrirung der Lauge mit der gaͤnz⸗ 
lichen Erfhöpfung der Afche veremigt werben. 

Die ausgelaugte Afche ift auf diefe Art in der Regel erfchöpft, 
und ſie wird auf Halden geftürzt, oder zur Ausfüllung der Bingen 
gebraucht. In einigen Fällen jedoch, wenn die Verwitterung des 
Erzes nicht, zumahl bei zu großen Haufen, gehörig fortfchreiten 
Sonnte, wird das ausgelaugte Erz neuerdings in Haufen gefeht, 
und einer zweiten Verwitterung überlaffen, um noch ein Mahl aus⸗ 
gelaugt zu werden. Andere Erze, zumahl foldhe, die Schwefelkies 
in größeren Maflen enthalten, vertragen nad dem erften Aus⸗ 
laugen noch ein zweites Röften, um hiernach wieder auögelaugt 
zu werden. Diefe zweiten Behandlungen liefern jedoch immer 
weniger Ausbeute, und man muß fie Dadurch, daß man das erſte 


204 ne Alam. 


Mahl die Möitung und Verwitterung mit Sorgfalt und in tleineren 
Haufen vornimmt, zu vermeiden ſuchen, um die Erzeugung dieſes 
mit einer bedeutenden Konkurrenz kaͤmpfenden Artikels nicht opne 
Moth. mit Ablagen zu beläftigen. 

‚Mit. welcher Bradhaltigfeit man am. beſten die Lauge in den 
Behlaugenbehälter zu bringen habe, hängt von rein öfonomifcher 
Rückſicht ab. Für die Erſparung an Brennmaterial und Zeit. im 
ber. Sudhutte ift die möglichfte Konzentrirung der Rohlauge von 
Wurtheils dagegen erfordert auch dieſe Konzentrirung bei den 
Laugerkoͤſten mehr Zeit und Arbeit. Iſt das Alaunwerk mit einer 

Sohleugrube verbunden, fo hat das Srennmaterial, zumahl wenn 
Abfälle benupt werden, wenig Werth, und ‚vie: Lange kann für 
gleichen Vortheil fchwächer feyn, als wenn der Breunftoff einen 
höheren Preis hat.- Im Mittel fanu man fie Die dußeren Gren⸗ 
gen in dieſen Bällen die Gradhaltigkeit von. ı2° bis 20° Yaume 
(1.089 bis 1.15 fpezif. Gewicht) annehmen, In der Rohlauge, 
e8 enthalte nun diefelbe Bittenfalz oder Eiſenvitriol, welche wabe 
gleiche Auflöglichkeit in faltem Waller haben, iſt gewöhnlich. x Theil 
eines diefer Salze oder eines Gemenges aus beiden mit a Theilen 
ber fchwefelfauren Thonerde enthalten. - Eine folkhe Salzmifchung 
bat aber bei 160 R. ihren Sättigungspunft bei, 25° Baume Grad⸗ 
Baltigkeit; „wo ſonach eine Werminderung der Temperatur oder 
eine Verminderung der Flüffigkeit durch Verdünften ſchon eines 
Niederſchlag an Salz hervorbringt. ES iſt daher in feinem Balle 
säthlicg, die Konzentrirung der. Rohlauge höher als auf 20° Waums 

bei einer Temperatur von ı5°R und darüber zu treiben. - 
Es liegt in der Natur der Sache, dag diefer Auslaugungs- 


proseß in der wärmeren Jahreszeit am beften vor fi) geht, da 


nicht nur dad Waller im Verhältniß feiner größeren Wärme bie 
Salze leichter auflöft, fondern auch auf dem Wege, den die Roh⸗ 
lauge in der-Rinnenleitung bid zum Rohlaugenbehälter zu machen 
bat, noch einige Konzentrirung derfelben Statt findet. Es if 
‚daher auch wefentlih, daß man diefe Zeit vorzüglich zur Aus⸗ 
laugung benüge, und den Rohlaugenbehältern eine folche Größe 
gebe, daß fie einen bedeutenden. Laugenvorrath zu fallen vermös 
gen. Die längere Verweilung der Rohlauge in diefem Behälter 

bat übrigens noch den wishtigen Vortheil, daß die Lauge nicht 





| Alaunbereitung aus Alaunfchiefern. 205 


nur die eingemengten Erdcheile, Gyps, Eiſenocher ıc. abſeht und 
ſich klaͤrt; fondern auch, daß der noch in derfelben enthaltene Eifen- 
vitriol durdy die Berührung mit der Luft fich ferner orzdirt und 
ſonach das Eifenernd fid) ansfcheidet, was in jenen Faͤllen wichtig 
üRt, in denen der Hanpt » Rebenbeitandtheil der Rohlauge Bitterfalz 
iſt, folglich niht Die Gewinnung des Eifenvitriold, wohl aber 
deſſen Entferuung zur Erleichterung der nachherigen Reinigung 
des Alauns und des Bitterfalzes Abſicht if. Aber auch in dem 
Galle, wenn der Eifenvitriol Haupt: Nebenbeftandtheil ift, ift 
die Zerfebung eines Theiles deflelben auf diefe Art von Vortheil; 
and diefe kann noch dadurch befördert werden, daß man der Roh⸗ 
lauge in den Behältern von Zeit zu Zeit von dem Alaunfchlamme 
jufegt, welcher. bei den nachfolgenden Operationen in der Sud⸗ 
hütte abfällt, und größtentheild ans bafifchem Almın befleht, der 
fi) dann in der aus dem orybirten Eifenvitriol ‚frei werdenden 
‚ Schwefeljäure auflöft, und ſonach Ylaun gegen Eifenvitriol, ber 
einen geringeren Preis hat, ausgetauſcht wird. Ueberhaupt ift 
e8 bei der Alaunfabrifation Zweck, die Auantität der ſchwefelſauren 
Ihonerde anf Koften des Eifenvitriol6 zu vermehren, die Zerfehung 
des legteren alfo auf jede Art zu befördern, was fowohl durch Die 
längere Verwitterung der Hanfen in der freien Luft, als durch 
die DVerweilung der Rohlauge in den. Behältern erreicht wird. 
Die Alcunfabrifation an ſich ift um fo weniger vollkommen, je 
arößer bei der nachfolgenden Sudoperation der Abfall an Eiſen⸗ 
sitriof iſt. Es kann zwar der Sail vorfommen, daß eine Schiefors 
art bei einem geringen Thongehalt an. Schwefelfies fo veich iM, 
Daß fie nach der Röflung und Werwitterung groͤßtentheils Eifen: 
vitriol liefert, der Alaun alfo nur ala Nebenbeftandeheil oder Neben» 
produft erfcheint; dieſer Fall gehört aber dann nicht mehr zur 
Alaun⸗ tondern zur Eifenvitriol » Babrifation, wovon: umter dieſem 
Artikel die Rede ſeyn wirb. Zu . 

3) Die Abdampfung der Lauge.: Die aus dem 
Rohlaugenbehälter genommene Lauge maß fo weit dard) Abdam⸗ 
pfung fonzentrirt werden, daß die Aufloͤſung geſaͤttiget MM. Der 
Grad diefer Einengung. hängt alfo von der Beſchaffenheit der 
Rohlauge ab, und muß durch Verſuche gefunden werden. Fuͤr 
eine Rohlauge, ‚die auf a heile [chwefelfaure Alaımerde, ı Theil 


206 Man . 


Bitterſalz oder Eifenvitriol enthält, beträgt fie 25° Baume; fiir 
eine Lauge, die Eifenvitriol enthält, welcher zuerſt und vor der 
Präzipitirung ausgefchieden werden fol, fann fie 36° bis 38° 
Baume betragen. Bei der Abdampfung wird die Rohlauge aus 
dem Behälter zuerft in eine Wärmpfanne geleitet, welche durch 
das in den Nauchfang tretende Feuer nebenbeierwärmt wird; und 
aus diefer fließt diefelbe in den Abdampffeifel in dem Maße nach, 
als die Lange in biefem verdampft. 

Gewöhnlich werden für die Abdampfleffel bleierne Pfan⸗ 
nen empfohlen, die uͤber dem Feuerheerde auf eiſernen Stangen 
ruhen. Allein dieſe Keſſel haben den Nachtheil, daß ſie ſich leicht 
verziehen und verbiegen (dad Blei, durch die Wärme auögedehnt, 
geht bei dem Erkalten nicht mehr in feinen vorigen Raum zurück), 
daß fie leicht, wegen ded fich aulegenden Bodenfages, durchbrennen 
oder fchmelzen, und daher fleten Reparaturen ausgefept find. 
Soll der leptere Nachtheil vermieden werden; fo ift ed, um die 
Anfeuftirung des Bodenfaßes zu vermeiden, nothwendig, entwe⸗ 
der die Fluͤſſigkeit in fleter Bewegung zu erhalten, oder die Lauge 
vor der vollendeten Konzentrirung abzuziehen, fich Flären zu laſſen, 
und neuerdingd aufzufüllen, was Arbeit und Auslage verurfadht. 
Sollen metallene Gefäße angewendet werden, fo ift es beffer, 
bazu fupferne zu nehmen, da das Kupfer von der Alaunlauge in 
der Hitze nicht angegriffen wird, wenn man Sorge trägt, daß 
derfelben bei jedesmahligem Auffüllen etwas von dem Alaunſchlamm 
zugefegt werde, und da das fupferne Gefäß noch den Vortheil 
bat, die Orydation des Eifenvitriold während des Siedens zu be 
fördern. Doc, find dieſe Gefäße nur vorzüglich bei Holzfeuerung 
gu empfehlen, da die Feuerung mit den auf Alaunwerfen vorhan: 
denen fchwefelfieshaltigen Braunkohlen ihre Außenfläche angreift. 
Gußeiſerne Keifel find wenig brauchbar, ausgenommen fie werden 
auf die in Big. ı, Taf. 2, (&.39) angegebene Weiſe eingemanert: 
der fi) beim Sieden der Alaunlauge abfegende Niederfchlag: bildet 
in ihnen einen ‚fleinartigen Bodenfab, der bald ihr Zerfpringen 
und immerwährende Nachhülfe verurfaht. Starkes Eiſenblech 
ift brauchbarer, befonders wenn die innere Flaͤche deifelben vorher 
in der Hitze mit Pech oder Steinfohlentheer gut eingelaffen worden 
iſt. Wird ein folcher Keffel angewendet ; ſo mauert man denfelben 





Alaunbereitung aud Alaunſchiefern. 207 


entweder auf die in der Fig. 6, Taf. 3, angegebene Weiſe ein, ober 
auf diejenige Art, welche in Big. 10 und 11, Zaf.3, vorgeftellt if, 
wo die Flamme zuerft über die Flüͤſſigkeit hingeht, und dann erft 
unter dem Boden des Keffels in entgegengefepter Richtung zieht. 
Diefe Einrichtung hat den Vortheil, daß der Keſſelboden vor dem 
anmittelbaren Flammenfeuer gefchügt ift, und daher der Bodenſatz 
der unteren Keffelfläche feinen Nachteil bringt, ohne letztere von 
der Mittheilung dee Wärme auszufchließen. Die Fig, 10 flellt 
einen LZängendurchfchnitt dieſer Einrichtung vor; Fig. 11 ifl der 
Aufriß vom Ende. Der obere Rand der Seitenwände des Keſſels 
aa ift mit dem Mauerwerke bedeckt; der Rand der Worderfeite b, 
über den die Flamme fchlägt, iſt Durch eine Ziegelbruft gefchägt. 
Der Rand) tritt von dem vorderen Theile des Keflelbodend auf. bei« 
den Seiten feitwärtd in die Öffnung e, und von hier durch den 
in der Seitenmauer des Ofens befindlichen Kanal d, in den 
Rauchfang. 

Wenn gleich weniger Brennſtoff erſparend, als die vorher⸗ 
gehende Einrichtung, doch in der Anlage und in der Unterhaltung 
der wohlfeilſte Abdampfapparat für die Alaunlauge, iſt der bereits 
in dem Art. Abdampfungsofen (S. 43) befchriebene, unb in 
Big. 7 (Taf. 2) abgebildete, aus Mauerwerk hergeftellte. Das 
Baflin, in welchem die Lauge in diefem Ofen enthalten ift, ift 
aus Ziegeln hergeſtellt, die auf die lange fchmale Kante geftellt, 
Dicht an einander gefügt, und mit einem Mörtel verbunden find, 
" der aus Kalk und audgelaugter Alaunfchieferafche befteht, dis man 
vorher, um die Feuchtigkeit zu vertreiben, noch etwas geröftet hat. 
- Die Bugen diefes Mauerwerks, dad übrigens in einem Bette von 
feftgeitampftem Letten oder Thom liegt, find mit einem Mörtel mit 
der Maurerfelle feit andgeflrichen, welcher aus einem Theil des 
vorigen Mörteld, mit 3 Theilen Eifenfeile gemengt, beſteht. Auf 
der Dede diefes Ofens, welche Durch das Gewölbe, von. dem das 
Baſſin überſpannt wird, gebildet iſt, wird eine. flache Pfanne aus 
Eifen« oder Kupferblech (legtered verbient den Vorzug) aufgeſtellt, 
in welches Die Rohlauge aus dem Behälter fließt, hier vorläufig 
erwärmt wisd, zum Theil verdünftet, uad dad Baſſin des Abdam⸗ 
yfungsofens durch eine mit einem Hahn verfehene Röhre mit wars 
mer auge ſpeiſt. An der einen Seite des Blind befindet fich 


208 | Haan, 


eine mit einer eifernen Thür verfchließbare Öffnung, durch welche 
man. in daB Inneve- beöfelben gelangen, den Grund von dem 
Schlamme reinigen und "etwaige Reparaturen vornehmen kann. 
Ein ſolcher Ofen, anfänglich gut hergeſtellt, halt Jahre lang aus, 
ohne einer Reparatur zu betürfen. 

Bei dem Abdampfen fept man der Rohlauge gewöhnlich eine 
Quantität Mutterlauge zu, die bei der nachfolgenden Operation 
dos Kryitallifirens abfällt, und eine Dichtigfeit von 40° bis 420 
Baumoͤ hat, Am beften gefchieht dieſer Zufag, wenn die Rohlauge 
ſchon ziemlich, bis etwa 20° Baume, konzentrirt iſt. Diefer Zufas 
Hat den Vortheil, daß nicht nur der in. der Mutterlauge noch vor⸗ 
handene Alaun zum Xheil zu Gutem gebracht, fondern auch daß 
in der Konzentrirung der Rohlauge an Zeit-erfpart wird, fowohl 
weil die konzentrirte Mutterlauge der Rohlauge Waller entzieht, 
als auch weil die dichtere Flüſſigkeit bei einer. Höheren Temperatur 
(82° bis 83° R.) fiedet, folglich fchneller verdampft; - weil die bei 

-diefer Temperatur entwidelten Dämpfe eine größere Dichtigfeit 
und laftizität befigen (&.3, IV.) Man muß jedoch diefen Zus 
fag nicht übertreiben , damit man durch die Erhigung und Hin⸗ 
und Herfhaffung unnützer Maſſen nicht mehr verliere ' en jener 
Zeitgewinn beträgt. Ä 

4) Die Präzipitirung. In der Regel foll man, wie 
fhon bemerft worden, aus der gehörig Fonzentrirten Rohlauge 
durch Zuſatz des fchwefelfauren. Kalt oder des fogenannten Fluſſes 
zuerft den Alaun ausſcheiden, und die beigentengten Salze, ale 
Eiſenvitriol und Bitterfalz, in der Mutterlauge laſſen, ftatt umge⸗ 
kehrt durch die flärfere Konzentrirung der Lange zuerft den Eifens 
vitriol oder das Bitterfalz heraus Erpfiallifiren zu laſſen. Man 
befchleunigt und vereinfacht dadurch nicht nur die Fabrikation des 
Alauns, indem die Zugutbringung der Mutterlauge auf Zeiten, 
z. B. auf den Winter, verfchoben- werden kann, wo weniger Arbeit 
vorhanden ift; fandern man erfpart auch das Wegfchwenumen der 
ſchwefelſauren Maunerde mit dem fich auöfcheidenden Eifenvitvidl 
oder Bitterſalz. Fuͤr diefe Einrichtung der Manipulation darf das 
Ger die Konzentrirung: der Rohlauge nicht fo: weit getrieben wer⸗ 
den, da fie beim Erkalten dad Salz abfept, fondern nur fo weit, 
daß Tie bis zur mittleren Temperatur abkuͤhlen kann, ohne gerade 


Aluunbereitung aus Alaunfchiefern. 209 


Eifenvitriel oder Bitterfal; fallen zu laſſen. Diefen Punkt muß 
men, wie fchon gefagt, durch einige Verſuche finden, und 
den durch das Ardemeter angegebenen Grad der Dichtigkeit der 
fonzentrirten Zauge für diefelbe Qualität des Alannerzes ald Norm 
aunchmen. Jedoch muß hierbei beobachtet werden, daß auch die 
Dienge der Mutterlauge, weldye einer beftimmten Quantität Rohe 
lauge beim Berfieden zugefeßt wird, immer diefelbe bleibe. 

Iſt nun die Lauge auf diefen Grad Fonzentrirt, fo wird fie 
in einen großen Setzbottich abgelaijen, in welchem man fie einige 
Zeit rubig ſtehen läßt, damit fi) der eingemengte Schlamm abs 
fege. Aus dieſem Setzbottich wird die Lauge in flache, vieredig 
längliche, einen Buß hohe Käften (Präzipitirtäften) abgelailen, 
in welchen derfelben der Fluß zugefept und durch Rühren mittelft 
einer Kruͤcke gut eingemifcht wird. Das ſchwefelſaure Kali, wel« 
ches diefer Zuſat liefert, verbindet ſich nun mit der fchwefelfauren 
Thonerde zu Alaun (18, Pfund anf ı Zentner Alaun), welcher, 
viel ſchwerer auflößlich als letztere, in der abgehühften Slüffigfeit 
in Heinen Kryftallen zu Boden fällt (daB fogenannte Alaunmehl), 
die Wände ber Käften infruftist, und fich an zechenförmige Stöcke 
anfept, die man in die Fluͤſſigkeit einhängt. Man mnß diefe Ge⸗ 
füße fo auordnen, daßdie Lauge aus dem Keifel in den Setzbottich, 
und aus diefem in die Präzipitirfäften rinnt, 

Als Fluß oder Präzipitirmittel dient das [hwefelfaure 
Kali oder Duplikatfal;, das bei mehreren Fabrikationen, ald der 
Salpeterfänre, der Schwefelfäure ꝛc. ald Nebenproduft abfällt; 
oder dad falzfaure Kali (Digeflivfalz), wo ed wohlfeil ald 
Nebenproduft zu haben ift; oder ftatt deilen die Seifenfieder 
lauge, weldhe größten. Theild aus falzfaurem Kali und etwas 
fehwefelfaurem Kali und freiem Kali beftebt; oder Die gemeine 
Aſchenlauge, welche außer dem fohlenfauren Kali noch ſchwe⸗ 
felfaured und falsfaured Kali enthält; oder endlich die gemeine 
Pottaſche. | 

Disfe Fluͤſſe mäflen der Alaunlauge im möglichft fonzenteir- 
ten Zuftande gugefept werden, fowohl Damit die Menge des aus 
der Shüffigfeit ſich peäzipitirenden Alauns die größte werde, und 
die zuruͤckbleibende Mutterlauge nicht zu viel Alaun aufgelöft zus 
ruͤckhalte, als auch Damit das Alaunmehl fich fein oder in Beinen 

Technel. Encyelop. I. Bd. 14 


210 Alaun. 


— 
Kryſtallen ausſcheide, was deſto mehr der Fall iſt, je ſchneller 
die Praͤzipitirung erfolgt, oder je weniger verdünnt die Lauge iſt. 

Dad fhwefelfaure Kali geht unmittelbar mit der ſchwe⸗ 
felfauren Ihonerde in Die Alaunverbindung, ohne Zerſetzung eines 
der Nebenſalze. Da es jedoch von faltem Waffer 10 Theile zu 
feiner Auflöfung erfordert; fo muß die Auflöfung deffelben mit 
heißem Wafler bereitet, und heiß der Alaunlauge zugeſetzt 
werden. Das falzfaure Kali.braucht in her Kälte nur drei 
Theile Wafler zur Auflöfung, kann alfo kalt zugefebt werden; 
eben das iſt mit ber Seifenfiederlauge der. Fall. Das ſalz⸗ 
faure Kalt zerfegt dad fhwefelfaure Eifenorgdul oder Orpd, und 
es entfteht fchwefelfaures Kali, das fich mit Dem Alaun verbindet, 
und falzfanres Eifenoryd, das in der Mutterlange zurücbleibt. 
Wird Afchenlange oder die Auflöfung der Pottafche als 
Fluß verwendet, fo muß man die Präzipitirung mit der bereits 
abgefühlten Lauge vornehmen, weil diefe, welche: ſchon einen Theil 
fertigen Alaun enthält, in.der Siedhitze fonft bafifchen — 
(S. 196) fallen laͤßt. 

Die Quantität des Fluſſes, welche der konzentrirten Roh⸗ 
lauge zugeſetzt werden muß, haͤngt von dem Kaligehalt des erſteren 
und dem Gehalt an ſchwefelſaurer Thonerde der letzteren ab, und 
muß durch vorläufige Verſuche ausgemittelt werden. Man verſetzt 
zu dieſem Behufe eine Probe, z. ©. ein Maß, der konzentrirten 
Rohlauge von dem beftimmten fpezififchen Gewichte mit dem Fluffe 
bei der gewöhnlichen Zeraperatur, fo Tange, ald noch eine Fällung 
von Alaunmehl erfolgt, und bemerft die Quantität. des Fluſſes, 
die man hierzu gebraucht hat. Eine völlig genaue Ausgleichung, 
fo daß nad) der Präzipitirung in der Mutterlange. weder ſchwefel⸗ 
faures Kali noch ſchwefelſaure Thonerde uͤberſchuͤſſig wäre, ift bei 
der Manipulation im Großen nicht möglich; dach iſt dieß ‚ohne 
Nachtheil, da die Mutterlauge in einen gemeinfchaftlichen Behäb 
ter zufammen fließt, wo fich diefe Überfchüife ausgleichen, und 
dann aus desfelben allmählich fich der Alaun abfegt. Hat 'ſich der 
Alaun in den Präzipitirfäften nach dem gänzlichen Exfalten der 
Lauge nausgeſchieden, fo wird die zurücdhleibende Wintterlauge for 
gleich in cin in die Erde verfenfted gemauertes Baſſin abgelaflen. 

Diefe Mutterlange hat eine Dichtigfeit von etwa 40° Baums 


Alaunbereitung aus Alaunfhiefern. 211 


in miltlerer Temperatur, und iſt eine gefättigte Auflöfung von 
Bitterfalz oder von Eifenvitriol und fhwefelfaurem Eifenoryd, oder 
von allen zugleich, und enthält noch beiläufig fo viel Alaun, als 
das enfhaltene Wafler in der Kälte auflöfen fann. Diefe Mutter⸗ 
Iauge wird, wie bereitö oben erwähnt, beim Einfieden der Roh⸗ 
lauge zum Theil wieder zugefebt; die allmählich angehäufte Maſſe 
aber zu einer gelegenen Zeit weiter abgedampft, um noch den ent⸗ 
baltenen Alaun in der Kälte beraysfryftallifiren zu laffen, und 
dann weiter fonzentrirt, damit auch die übrige Salzmaife kry⸗ 
ſtalliſire. 

Enthaͤlt die Rohlauge außer der ſchwefelſauren Thonerde 
nur Eiſenvitriol, ſo kann die Ausſcheidung dieſes Nebenſalzes 
auch vor der Praͤzipitirung geſchehen. Für dieſen Fall dampft man 
die Rohlauge bis 40° Baume ab, und laͤßt fie in Behältern erkal⸗ 
ten. Nachdem der Eifenvitriol ans der Lauge heraus kryſtalliſirt 
ift, wird diefe neuerdings in den Keſſel gefüllt, bi8 zu 40° Baume 
abgedampft, und dann zur Präzipitirung abgelajlen. Eben diefes 
erfahren fann aud) Statt finden, wenn das Nebenfalz Bitter» 
falg it. Diefe Behandlungsart hat zwar den Vortheil, daß zur 
Praäzipitirung eine mehr gefättigte Lauge von fchivefelfaurer Thon⸗ 
erde gebracht wird, wodurch eine geringere Menge von Mutterlauge 
abfällt, aud das Alaunmehl feiner wird. Auf der andern Seite 
fieht diefe Methode der vorigen darin nach, daß fie mehr Gefäße 
brancht, und zu einer und derfelben Zeit die Babrifation des Alauns 
mit jener des Nebenfalzes nöthig macht, während letztere nach der 
vorigen Methode in Zeiten, wo die Mlaunerzeugung vermindert 
ift, z. B. im Winter, aus der aufgefammelten Mutterlauge betrie« 
ben werden fann. Überdem ift, wie ſchon oben erwähnt, damit 
ein Verluft an fchwefelfaurer Thonerde verbunden, die dem Eifen- . 
vitriol anhängt, zum Theil mit ihm in Verbindung bleibt, und 
ihm ein blafled Anfehen gibt. Dagegen Pryftallifirt der Eifenvitriol 
aus der ſchon von der fchwefelfauren Ihonerde befreiten Mutter: 
Tauge rein und in feiner natürlichen Farbe. 

5) Die Wafhung des Alaunmehls. Dad aus den 
Präzipitirfäften genommene Alaunmehl befteht aus Fleinen Kryftal: 
Ien, die wegen der beigemengten Mutterlauge ein bräunliches - 
Anfehen haben, und noch mit Bitterfalz und Eifenvitriol vermenge 

14 * 


202 Alaun. 

Terrains und in der Naͤhe der Sudhütte ſtellt man eine oder meh⸗ 
rere, waſſerdicht ausgemauerte, 8 bis 10 Fuß tiefe und ao Fuß 
im Viereck haltende Gruben ber, in weldyen die zum Verfieden 
beftimmte Roh⸗ oder Srundlange aufgefanımelt wird (die Rohlau⸗ 
genbehälter); und weiche mit einem leichten Dache gegen Regen 
und Staub gefchugt find. Etwas höher liegend find Die gemanerten 
Auolaugekaͤſten, 6 Buß breit, 12 bis 18 Buß lang, 2 Buß tief; 
je zwei derfelben find immer fo geftellt, Daß die Flüſſigkeit aus 
dem oberen durch bie am Boden vorhandene Abflugöffnung in den 
unteren abgelaflen werben kann. Wie viel folder Paare von Bes 
hältern angelegt werben müffen, hängt natürlich von der Größe 
des Betriebes ab. Man kann mit Rüdficht auf die Unterbrechun« 
gen und auf die Vorratbs- Anfammlung für den Winter a Paar 
folcher. Behälter auf 600 Zentner Alaun im Jahre rechnen. Weir 
ter oberhalb diefer Auslaugekäften ift das gleichfalls gemanerte 
Waſſerreſervoir angebracht, in weldes dad Waller, wenn es 
nicht anders woher genommen werden kann, aus der Grube ges 
pumpt:wird, und von hier nad) Bedarf auf die Laugefäften fließt. 
Die gemauerten Behälter werden aus Ziegeln hergeftellt, die 
man auf die fchmale Kante ftellt, und mit einem Mörtel zuſammen⸗ 
fügt, der aus Kalk beftebt, dem ftatt des Sandes alte, bereits 
ausgelaugte Alaunfchiefezafche eingemengt wird. Die Sohlen⸗ 
mauer wird auf eine Unterlage von fettem Thon gelegt, mit wei 
chem auch Die Seitenwände umgeben werden. 

Die Auslaugefäften werden nun mit der Afche der ver⸗ 

brannuten Schieferhaufen angefüllt, fo zwar, daß man zuerſt die 
groͤberen Stücke, die ſich in jedem Haufen vorfinden, einführt, 
und auf dem Boden des Kaftens ausbreitet, und hierauf die übrige 
Aſche darüber ftürzt, bis zu einer Höhe von 16 bis ı8 Zoll, jedoch 
dabei immer Sorge trägt, daß abwechfelnd gröbere Afche mit der 
feineren vermengt werde, damit fich letztere nicht zufammenballe, 
fondern dad Waſſer durch die Maſſe gehörig durchfiltriren könne. 
Man läßt nun dad Waller in den oberen Kaften einfließen, fo 
daß es die Oberfläche einige Zoll hoch bededt. Nach, einiger Zeit 
"fliegt die Lauge durch die am Boden befindliche Ausflugöffnung, 
und wird, fo lange fie noch Die gehörige. Stärfe am Araͤo⸗ 
meter zeigt, mittelft einer vorgelegten Rinne in den Rohlau⸗ 


Alaunbereitung aus Wlaunfchiefern. 205 


genbehälter abgelaffen. So wie fie fchwächer zu werben anfängt, 
nimmt man diefe Rinne weg, und läßt die Lauge auf die Aſche 
des zweiten, tieferen Behälters Taufen, während man auf Die Afche 
des oberen Kaftens noch fo lange Waſſer rinnen laͤßt, bis die aus 
demfelben auf den unteren Kaften abfließende Lauge faum noch 
einen Grad am Ardometer zeigt. Während Dem wird Die Afche 
des oberen Kaftend mittelft eined Ruͤhrſtockes an verfchiedenen 
Stellen, wo ed nöthig feyn follte, ausgeglichen, damit die gleich- 
förmige Filtrirung in den verfchiedenen -Theilen bewirkt werde. 
Die aus dem unteren Kaften abfließende auge wird nun ebenfalls, 
fo lange fie grabhaltig ift, in den Rohlaugenbehaͤlter abgelaflen, 
und fobald fie zu fchwach zu werden anfängt, im einem unter die 
fem zweiten Kaſten eingegrabenen, mit Thon audgeichlagenen 
Sumpf aufgefangen, bis auch die aus dem zweiten Kaften ab» 
fließende Lauge faum noch einen Grad des Araͤometers zeigt. 
Die ausgelaugte Afche wird hiernach aus den beiden Käften ge 
nemmen, neue Afche eingefüllt, und die Operation wie vorher 
begounen. Während nun das Wafler in den oberen Kaften ein- 
fließt, wird aus dem Sumpfe die ſchwache Lauge auf die Aſche 
des zweiten und tieferen Kaſtens gefchöpft, wobusch bei Dies 
fer zweiten Operation die Menge der aus dieſem Kaflen ab» 
fließenden gradhaltigen Lauge verniehrt wird. So gebt das 
num für die folgenden Operationen fort. Das nähmliche Berfahe 
en findet bei jedem andern Paare ſolcher Käften Statt, und auf 
dieſe Art kann die beliebige Konzentrirung der Lauge mit der ganr 
lichen Erſchoͤpfung Der Aſche vereinigt werden. 

Die ausgelaugte Aſche iſt auf dieſe Art in der Regel erſchoͤpft, 
und ſie wird auf Halden geſtuͤrzt, oder zur Ausfüllung der Bingen 
gebraucht. In einigen Fällen jedoch, wenn die Verwitterung des 
Erzes nicht, zumahl bei zu großen Haufen, "gehörig fortfchreiten 
$onnte, wird das ausgelaugte Erz neuerdings in Haufen geſetzt, 
und einer zweiten Verwitterung überlaffen, um noch ein Mahl aus: 
gelaugt zu werden. Andere Erze, zumahl ſolche, die Schwefelkies 
in größeren Maflen enthalten, vertragen nach dem erfien Ans» 
laugen noch ein zweites Röften, um hiernach wieder außgelaugt 
zu werden. Diefe zweiten Behandlungen liefern jedoch immer 
weniger Ausbeute, und man muß fie dadurch, daß man das erfie 


204 — Alaun. 


Mahl die Noͤſtung und Verwitterung mit Sorgfalt und in tleineren 
Haufen vornimmt, zu vermeiden ſuchen, um die Erzeugung dieſes 
mit, einer bedeutenden Konkurrenz kaͤmpfenden Artifeld nicht one 
Bu mit Auslagen zu beläftigen. 

‚Mit. welcher Bradhaltigfeit man am beſten die Lauge in den 
Behlangenbehälter zu bringen habe, hängt von rein öfonomifcher 
Nüdficht ab. Kür die Erfparung an Brennwmaterial und Zeit. in 
der, Sudhütte ift die möglichfte Konzgentrirung der Rohlauge von 
Wurtheil; dagegen erfordert auch diefe Konzentrirung bei den 
Luaugeuföften mehr Zeit und Arbeit. Iſt das Alaunwerk mit eingr 
SKoblengrube verbunden, ſo hat das Srennmaterial, zumahl wenn 
Abfälle benugt werden, wenig Werth, und hie: Lange kann für 
gleichen Vortheil fchwächer feyn, ald wenn der Brennſtoff eineh 
höheren Preis. hat. Im Mittel fanu man für die Außeren Gren- 
zen. in diefen Ballen die Gradhaltigfeit yon 120 bis 20° Baume 
(1.089 bis 1.15 fpezif. Gewicht) annehmen, In der Rohlauge, 
ed enthalte nun diefelbe Bittenfalz oder Eifenvitriol, welche nahe 
gleiche Anflöglichkeit in kaltem Waſſer haben, ift gewöhnlich ı Theil 
eines dieſer Salze oder eines Gemenges aus beiden mit a Theilen 
ber fchwefelfauren Xhonerde enthalten. - Eine folche Salzmifchung 
bat aber bei 15 R. ihren Sättigungspunft bei 25° Baume Grad- 
baltigkeit; wo ſonach eine Verminderung der Temperatur oder 
eine Verminderung der Flüſſigkeit durch Berdünften fchon, einen 
Niederſchlag au Salz hervorbringt. Es iſt daher in feinem Galle 
raͤthlich, die Konzentrirung der Nohlguge höher als auf 20° Baume 
bei einer Temperatur von ı5°R und darüber zu treiben. 
Es liegt in der Natur der Sache, daß diefer Auslaugungs- 


prozeß in der waͤrmeren Jahreszeit am beiten vor fich geht, da. 


nicht nur das Waller im Verhältnig feiner größeren Warme die 
Salze leichter auflöft, fondern auch auf dem Wege, den die Rohe 
lauge in der-Rinnenleitung bis zum Roblaugenbehälter zu machen 
bat, noch einige Aonzentrirung derfelben Statt findet. Es if 
daher auch wefentlid, daß man diefe Zeit vorzüglid zur Aus⸗ 
laugung benüge, und den Rohlaugenbehältern eine ſolche Größe 
gebe, Daß fie einen bedeutenden. Laugenvorrath zu fallen vermö⸗ 
gen.. Die längere Verweilung der Rohlauge in diefem Behälter 

hat übrigens noch den wishtigen Wortheil, daß die Lauge nicht 


h 


| Alaunbereitung aus Wlaunfchiefern. 205 


nur bie eingemengten Erdtheile, Gyps, Eiſenocher ıc. ablept Und 
ſich klaͤrt; fondern auch, daß der noch in derfelben enthaltene Eifen- 
vitriol durch die Berührung mit der Luft fich feruer oxyditt / und 
ſonach das Eiſenoxyd ſich ausſcheidet, was in jenen Faͤllen wichtig 
if, in denen der Haupt-Nebenbeſtandtheil der Rohlauge Vitterſalz 
ift, folglich nicht die Gewinnung des Eiſenvitriols, wohl aber 
deſſen Entfernung zur Erleichterung des nachherigen Reinigung 
des Alauns und des Bitterfalzes Abficht if. Aber auch in dem 
Kalle, wenn der Eifenvitriol Haupt: Nebenbeftandtheil ift, ift 
die Zerfebung eines Theiles deſſelben auf diefe Art von Wertheil; 
and diefe kann noch dadurch befördert werden, daß man der Roh⸗ 
auge in den Behältern von Zeit zu Zeit von dem Alaunfchlamme 
zufegt, welcher. bei den nachfolgenden Operationen in der Sub» 

hätte abfällt, . umd größtentheils aus baſiſchem Alaun beſteht, der 
fih dann in der. aus dem oxydirten Eifenvitriol ‚frei werdenden 
Schwefelfäure auflöft, und fonach Alaun gegen Eifenvitriol, der 
einen geringeren Preis hat, ausgetauſcht wird. Ueberhauͤpt iſt 
es bei der Alaunfabtrikation Zweck, die Anantität der ſchwefelſauren 
Thonerde auf Koften des Eifenvitriold zu vermehren, die Zerfegung 
des legteren alfo auf jede Art gu befördern, was fowohl durch die 
längere Verwitterung der Haufen im der freien Luft, als durch 
die Berweilung der Rohlauge in den. Behältern erreicht wird. 
Die Alcunfabrifation an ſich ift um fo weniger vollkommen, je 
größer bei der nachfolgenden Sudoperation der Abfall an Eifens 
sitriol iſt. Es kann zwar der Fall vortommen, daß eine Schiefers 
art bei einem geringen Thongehalt an. Schwefelfies fo veich if, 
daß fie nach der Röſtung und Verwitterung größtentbeils"Exfen: 
vitriol liefert, der Alaunalfo nur ald Nebenbeftandtheiloder Neben 
produft. erfcheint; . dieſer Fall gehört aber dann nicht mehr zur 
Alaun⸗ tondeen zur Eifenvitriol » Babrifation, wovon umter N 


* Artikel die Rede feyn wird. Ze 


3) Die Abdampfung ber Lauge. Die aus — 
Rohlaugenbehaͤlter genommene Lange map fo weit durch Abdam⸗ 
pfung konzentrirt werden, daß die Auflöfiing geſaͤttiget Mb. Der 
Brad diefer Einengung. hängt alfo von der Beichaffenheit der 
Rohlauge ab, und muß durch Werfuche gefunden werden. Kür 
eine Rohlauge, ‚die auf a Theile fchwefelfaure Alaumerde, a Theil 


206 Maum . 


Bitterſalz oder Eifenvitriol enthält, beträgt fie 25° Baumte; für 
eine Lauge, die Eifenvitriol enthält, welcher zuerft und vor. der 
Präzipitirung ausgefchieden werden fol, kann fie 36° bis 38° 
Baume betragen. Bei der Abdampfung wird die Rohlauge aus 
dem Behälter zuerft in eine Wärmpfanne geleitet, welche durch 
das in den Rauchfang tretende Feuer nebenbeierwärmt wird; und. 
aus diefer fließt diefelbe in den Abdampffeifel in dem Maße nach, 
als die Lauge in diefem verdampft. 

Gewöhnlich werden für die Abdampffeffel bleierne Pfan⸗ 
nen empfohlen, die über dem Feuerheerde auf eifernen Stangen 
suben. Allein diefe Keffel haben den Nachtheil, daß fie fich leicht 
verziehen und verbiegen (daB Blei, durch die Wärme auögedehnt, 
geht bei dem Erfalten nicht mehr in feinen vorigen Raum zurüd), 
daß fie leicht, wegen des füch aulegenden Bodenfages, Durchbrennen 
ober fchmelzen, und daher fleten Reparaturen ausgeſetzt find. 
Sol der leptere Nachtheil vermieden werden; fo ift ed, um die 
Inkruſtirung des Bodenfaßes zu vermeiden, nothwendig, entiwes 
der die Fluͤſſigkeit in fteter Bewegung zu erhalten, oder die Lauge 
vor der vollendeten Kongentrirung. abzuziehen, fich Flären zu laffen, 
und neuerdings aufzufüllen, wad Arbeit und Auslage verurfadht. 
Sollen metallene Gefäße augewendet werden, fo ift es beffer, 
dazu fupferne zu nehmen, da das Kupfer von der Alaunlauge in 
der Hitze nicht angegriffen wird, wenn man Sorge trägt, daß 
derfelben bei jedesmahligem Auffüllen erwas von dem Alaunfhlamm 
zugelegt werde, und da das kupferne Gefäß noch den Wortheil 
bat, die Oxydation des Eifenvitriol6 während des Siedens zu bes 
fördern. Dad find dieſe Gefäße nur vorzüglich bei Holzfeuerung 
gu empfehlen, da die Beuerung mit den auf Alaunmwerfen vorhan⸗ 
denen fchwefelfieshaltigen Braunfohlen ihre Außenfläche angreift. 
Gußeiſerne Keffel find wenig brauchbar, ausgenommen fie werden 
auf die in Big. ı, Taf.2, (&.39) angegebene Weife eingemauert: 
der fich beim Sieden der Alaunlauge abfegende Niederfchlag bildet 
in ihnen einen .fleinartigen Bodenfag, der bald ihe Zerfpringen 
und immerwährende Nachhülfe verurſacht. Starkes Eiſenblech 
iſt brauchbarer, beſonders wenn die innere Flaͤche deſſelben vorher 
in der Hitze mit Pech oder Steinkohlentheer gut eingelaſſen worden 
iſt. Wird sin ſolcher Keſſel angewendet; ſo mauert man denſelben 


Alaunbereitung aus Alaunſchiefern. 207 


entweder anf die in der Fig. b, Taf. 2, angegebene Weiſe ein, oder 
auf diejenige Art, welche in Fig. 10 und 12, Taf. 3, vorgeſtellt iſt, 
wo die Flamme zuerſt über die Klüfligfeit hingeht, und dann erſt 
unter dem Boden des Keſſels in entgegengefepter Richtung zieht. 
Diefe Einrichtung hat den Vortheil, daß der Keſſelboden vor dem 
unmittelbaren Slammenfeuer gefchügt ift, und Daher der Bodenfaß 
der unteren Keffelfläche keinen Nachtheil bringt, ohne Iegtere von 
der Mittheilung der Wärme auszufchließen. Die Big, 10 flellt 
einen Längendurchfchnitt diefer Einrichtung vor; Big. 11 iſt der 
Aufriß vom Ende. Der obere Rand der Seitenwände des Keſſels 
aa ift mit Dem Mauerwerfe bedeckt; der Rand der Worderfeite b, 
über den die Flamme fchlägt, if durch eine Ziegelbruft geſchuͤtt. 
Der Raud) tritt von dem vorderen Theile des Keffelbodend auf bei« 
den Seiten feitwärts in die Offnung c, und von hier durch ben 
in der Geitenmauer des Ofens befindlichen Sanal d, in deu 
Raudfang. 

Wenn gleich weniger Brennstoff erſparend, als die vorher⸗ 
gehende Einrihtung, doc) in der Anlage und in der Unterhaltung 
der -wohlfeilfte Abdampfapparat fir die Alaunlauge, ift der bereits 
im dem Art. Abdampfungsofen (©. 43) befihriebene, und in 

Sig. 7 (Taf. 2) abgebildete, aus Mauerwerk hergeftellte. Das 
Baſſin, in welchem die Lauge in diefem Ofen enthalten ift, ift 
aus Ziegeln hergeſtellt, die auf die lange ſchmale Kante geftellt, 
Dicht an einander gefügt, und mit einem Mörtel verbunden find, 
der aus Kalk und ausgelaugter Alaunfchieferafche befteht, die man 
vorher, um die Feuchtigkeit zu vertreiben, noch etwas geröftet hat. 
- Die Zugen diefes Mauerwerks, dad übrigens in einem Bette von 
feftgeitampftem Letten oder Thon liegt, find mit einem Mörtel mit 
Der Maurerfelle feſt anögeftrichen, welcher aus einem Theil des 
vorigen Mörtels, mit 3 Theilen Eifenfeile gemengt, beſteht. Auf 
der Dede diefes Oſens, welche Durch das Gewölbe, von dem das 
Baſſin überfpannt- wird, gebildet ift, wird eine flache Pfanne aus 
Eiſen⸗ oder Aupferblech (legtered verbient den Vorzug) aufgeflelit, 
in welches die Rohlauge aus dem Behälter fließt, hier vorläufig 
erwärmt wird, zum Theil verdünftet, nad das Baſſin des Abdam- 
pfungdofens durch eine mit einem Hahn verſehene Roͤhre mit war⸗ 
mer Lauge ſpeiſt. An der einen Seite des Baſſins befindet fich 


208 u Hann, 


eine mit einer eifernen Thür verfchließbare Öffnung, durch welche 
man in das Innere deöfelben gelangen, den Grund von dem 
Schlamme reinigen und etwaige Reparaturen vornehmen kann. 
Ein’ folcher Ofen, anfänglich gut hergeftelit, Hält Jahre lang aus, 
ohne einer Reparatur zu bedürfen. 

Bei dem Abdampfen fest man der Rohlauge gewöhnlich eine 
Quantität Mutterlauge zu, die bei der nachfolgenden Operation 
des Kryſtalliſirens abfällt, und eine Dichtigfeit von 40° bis 420 
Baume hat. Am beften geichieht diejer Zufag, wenn die Rohlauge 
ſchon ziemlich, bis etwa 20° Banme, fonzentrirt'ift. Diefer Zufas 
hat den Vortheil, DaB nicht nur der in. der Mutterlauge noch vor⸗ 
Bandene Alaun zum Xheil zu Gutem gebracht, fondern auch daß 
in der Konzentrirung der Rohlauge an Zeit erfpart wird, fowohl 
weil die konzentrirte Mutterlauge der Rohlauge. Waſſer entzieht, 
als auch weil die dichtere Fluͤſſigkeit bei einer. höheren Temperatur 
(82° bis 83° R.) fiedet, folglich fchneller verdampft; weil die bei 

-diefer Temperatur entwidelten Dämpfe eine größere Dichtigfeit 
und Elaftizität beſitzen (©. 3, IV.) Man muß jedoch diefen Zus 
fag nicht übertreiben, damit man durch die Erhigung und Hin⸗ 
und Herfhaffung unnüger Maffen nicht mehr verliere, ald jener 
Zeitgewinn beträgt. | 

4) Die Prägipitirung. In der. Regel foll man, wie 
fhon bemerft worden, aus der gehörig Fonzentrirten Rohlange 
Durch Zuſatz des. fchwefelfauren. Kalt oder des fogenannten Fluſſes 
zuerft den Alaun auöfcheiden, und die beigentengten Salze, als 
Eifenvitriol und Bitterfalz, in der Mutterlauge laifen, flatt umges 
kehrt Durch die ftärfere Konzentrirung der Lauge zuerft den Eiſen⸗ 
vitriol oder das Bitterſalz heraus kryſtalliſiren zu laſſen. Man 
beſchleunigt und vereinfacht dadurch nicht nur die Fabrikation des 
Alauns, indem die Zugutbringung der Mutterlauge auf Zeiten, 
z. B. auf den Winter, verſchoben werden kann, wo weniger Arbeit 
vorhanden ift; ſondern man erfpart auch da8 Wegſchwemmen der 
ſchwefelſauren Alaunerde mit dem fich ausfcheidenden Eiſenvitriol 
oder Bitterſalz. Bür diefe Einrichtung der Manipulation darf da⸗ 
Ber die Konzentrirung der Rohlauge nicht fo-weit getrieben wes- 
den, daß fie beim Erkalten dad Salz abfegt, ſondern nur fo weit, 
daß Tie biß zur mittleren Temperatur abfühlen kann, ohne gerade 


Alaunbereitung aus Alaunſchiefern. 209 


Eifewoitriol oder Bitterfalz fallen zu laſſen. Diefen Punkt muß 
men, wie ſchon gejagt, durch einige Werfuche finden, und 
den durch dad Araometer angegebenen Grad: der Dichtigfeit der 
konzentrirten Lauge für diefelbe Qualität des Alaunerzes ald Norm 
aunehmen. Jedoch muß hierbei beobachtet werden, daß auch die 
Menge der Mutterlauge, welche einer beflimmten Quantität Roh⸗ 
lauge beim Verſieden zugefegt wird, immer Diefelbe bleibe. 

IR nun die Lauge auf diefen Grad fonzentrirt, fo wird fie 
in einen großen Setzbottich abgelaffen, in welchem man fie einige 
Zeit ruhig ſtehen läßt, Damit fich der eingemengte Schlamm abe 
fee. Aus diefem Setzbottich wird die Lauge in flache, vieredig 
.längliche, .. einen Buß hohe Kaͤſten (Praͤzipitirkaͤſten) abgelaifen, 
in welchen derfelben der Fluß zugelegt und durch Ruͤhren mittelft 
einer Krüde gut eingemifcht wird. Das ſchwefelſaure Kali, wel⸗ 
ches diefer Zufag liefert, verbindet fih nun mit der fchwefelfauren 
Thonerde zu Alaun (18,5, Pfund auf 1 Zentner Alaun), welcher, 
viel fehwerer auflöslich als letztere, in der abgefühkten Fluͤſſigkeit 
in Fleinen Kryftallen zu Boden fällt (Das fogenannte Alaunmehſ), 
die Wände der Käften inkruſtirt, und ſich an rechenförmige Stöde 
anfest, die man in die Fluͤſſigkeit einhaͤngt. Man. muß diefe Ge- 
fäße fo anordnen, daßdie Lauge aus dem Keifel in den Sepbottich, 
und aus diefem in die Präzipitirfälten rinnt, 

Als. Sluß oder Präzipitirmittel dient das [hwefelfaure 
Kali oder Duplikatſalz, das bei mehreren Babrifationen, ald der 
Salpeterfänre, der Schwefelfäure ıc. als Nebenproduft abfällt; 
oder das falzfaure Kali (Digeflivfal;), wo ed wohlfeil als 
Nebenproduft zu haben ift; oder ftatt deifen die Seifenfieder- 
lauge, welche größten. Theild aus falzfaurem Kali und etwas 
fchwefelfaueem Kali und freiem Kali beiteht; oder die gemeine 
Aſchenlauge, welche außer dem fohlenfauren Kali noch ſchwe⸗ 
felſaures und falsfaures Kali euthält; oder endlich die gemeine 
Pottaſche. | 

Disfe Fluͤſſe müſſen der Alaunlauge im möglichft fonzentrir> 
ten Zuftanbe zugefegt werden, fowohl Damit die Menge des aus 
der Flüſſigkeit fich präzipitirenden Alauns die größte werde, und 
die zuvückbleibende Mutterlauge nicht zu viel Alaun aufgelöft zus 
rüdhalte, ald auch damit das Alaunmehl fich fein oder in Kleinen 

Technol. Encyelop, I. BD. 14 


210 Alaun. 


Kryſtallen ausſcheide, was deſto mehr der Fall iſt, je ſchneller 
die Praͤzipitirung erfolgt, oder je weniger verdünnt die Lauge iſt. 

Das ſchwefelſaure Kali geht unmittelbar mit der ſchwe⸗ 
felſauren Thonerde in die Alaunverbindung, ohne Zerſetzung eines 
der Nebenſalze. Da es jedoch von kaltem Waſſer 10 Theile zu 
feiner Auflöfung erfordert; fo muß die Auflöſung deſſelben mit 
heißem Wafler bereitet, und heiß der Alaunlauge zugeſetzt 
werden. Das falzfaure Kali braucht in der Kälte nur drei 
Theile Waffer zur Auflöfung, kann alfo kalt zugefept werden; 
eben das ift.mit ber Seifenfiederlauge der. Fall. Das ſalz- 
faure Kali zerfebt das fchwefelfaure Eifenorgdul oder Oryd, ‚und 
es entfteht fchwefelfaures Kali, das fi mit dem Alaun verbindet, 
und falzfaures Eifenoryd, das in der Mutterlauge zurücdbleibt. 
Wird Afhenlauge oder die Auflöfung der Pottafche als 
Fluß verwendet, fo muß man die Präzipitirung mit der bereits 
abgefühlten Lauge vornehmen, weil diefe, welde:fchon einen Theil 
fertigen Alaun enthält, in.der Siedhige fonft bafifchen an 
(&. ı96) fallen läßt. 

Die Quantität des Yluffes, welche der fonzentrirten Bob; 
lauge jugefegt werden muß, hängt von dem Kaligehalt des erfteren 
and dem Gehalt an fchwefelfaurer Ihonerde der legteren ab, und 
muß durch vorläufige Verfuche ausgemittelt werden. Man verfegt 
zu.diefem Behufe eine Probe, z. B. ein Maß, der Fonzentrirten 
Rohlauge von dem beftimmten fpezififchen Gewichte mit dem Fluffe 
bei der gewöhnlichen Temperatur, fo Tange, als noch eine Faͤllung 
von Alaunmehl erfolgt, und bemerft die Qumntität des Fluſſes, 
die man hierzu gebraucht hat. Eine völlig genaue Ausgleichung, 
fo daß nad) der Präzipitirung in der Mutterlauge, weder fchivefel- 
faures Kali noch fchwefelfaure Ihonerde uͤberſchuͤſſig wäre, ift bei 
der Manipulation im Großen nicht möglich; doch iſt dieß ‚ohne 
Nachtheil, da die Mutterlauge in einen gemeinfchaftlichen Behäb 
ter zufammen fließt, wo fich diefe überſchüſſe ausgleichen, und 
dann aus derſelben allmaͤhlich ſich der Alaun abſetzt. Hat ſich der 
Alaun in den Präzipitirfäften nach dem gaͤnzlichen Erkalten der 
Lauge ausgeſchieden, fo wird die zurüdhleibende Mutterlauge for 
gleich in ein in die Erde verfenftes gemauertes Baſſin abgelaffen. 

Diefe Mutterlauge hat eine Dichtigfeit von etwa 40° Baume 


Alaunbereitung aus Alaunſchiefern. 211 


in mittlerer Temperatur, und ift eine gefättigte Auflöfung von 
Bitterfalz oder von Eifenvitriol und fchwefelfauren Eifenoryd, oder . 
von allen zugleich, und enthält noch beiläufig fo viel Alaun, als 
das enthaltene Wafler in der Kälte auflöfen fann. Diefe Mutter: 
lauge wird, wie bereitd oben erwähnt, beim Einfieden der Rob» 
lauge zum heil wieder zugefeßt; die allmählich angehäufte Maffe 
aber zu einer gelegenen Zeit weiter abgedampft, um noch den ent- 
baltenen Alaun in der Kälte herauskryſtalliſiren zu Taffen, und 
dann weiter fonzentriet, damit auch Die übrige Salzmaife kry⸗ 
ſtalliſire. | 

Enthält die Rohlauge außer der fchwefelfauren Thonerde 
ne Eifenvitriol, fo kann die Ausfcheidung diefes Nebenfalzcs 
auch vor der Präzipitirung gefchehen. Für diefen Kal dampft man’ 
die Rohlauge bis 40° Baume ab, und läßt fie in Behältern erfal- 
ten. Nachdem der Eifenvitriol aus der: Lauge heraus kryſtalliſirt 
ift, wird dieſe neuerdings in den Keſſel gefüllt, bi6 zu 40° Baune 
abgedampft, und dann zur Präzipitirung abgelaifen. Eben diefes 
Verfahren fann auch Statt finden, wenn dad Nebenfalz Bitter» 
falz it. Diefe Behandlungsart hat zwar den Vortheil, daß zur 
Präzipitirung eine mehr gefättigte Lauge von fehwefelfaurer Thon« 
erde gebracht wird, wodurch) eine geringere Menge von Mutterlauge 
abfällt, auch das Alaunmehl feiner wird. Auf der andern Seite 
ſteht diefe Methode der vorigen darin nach, daß fie mehr Gefäße 
braucht, und zu einer und derfelben Zeit die Fabrifation des Alauns 
mit jener des Nebenfalzes nöthig macht, während leptere nach der 
vorigen Methode in Zeiten, wo die Alaunerzeugung vermindert 
ift, 3.8. im Winter, aus der aufgefammelten Mutterlauge betrie- 
ben werden fann. Überdem ift, wie fchon oben erwähnt, damit 
ein Verluft an fchwefelfaurer Thonerde verbunden, die dem Eifen- . 
vitriol anhängt, zum Zheil mit ihm in Verbindung bleibt, und 
ihm ein blafled Anfehen gibt. Dagegen Fryftallifirt der Eifenvitriol 
aus der fchon von der fchwefelfauren Ihonerde befreiten Mutter⸗ 
lauge rein und in feiner natürlichen Farbe— 

5) Die Waſchung des Alaunmehls. Das aus den 
Präsipitirfäften genommene Alaunmehl befteht aus Fleinen Kryftal- 
Ien, die wegen der beigemengten Mutterlauge ein bräunliches - 
Anſehen haben, und noch mit Bitterfalz und Eifenvitriol vermengt 

14 * 


212 # Alaun. 


ſind, von welcher Verunreinigung ſie durch Waſchen mit kaltem 
Waſſer befreit werden muͤſſen. Damit bei dieſem Waſchen nicht 
wieder zu viel Alaun aufgeloͤſt werde, muß daſſelbe mit ſo we⸗ 
nig Waſſer als moͤglich geſchehen. Man kann es entweder in 
einem geneigten leeren Praͤzipitirkaſten vornehmen, in welchen 
man einen Theil des Alaunmehld bringt, das Waſſer darüber 
fchüttet, und, fo wie es abfließt, wieder mit einer Schaufel darüber 
gießt, und mit dem Alaunmehl zufammenrührt. Oder beiler, 
man bringt das Alaunmehl in einen Bottich, gießt Faltes Wafler 
darüber, Täßt Ddiefed durch das Salz bindurchfiltriren, und 
dann diefe Wafchlauge, wenn fie etwa 25° 8. zeigt, unten Durch 
den Zapfen abfließen. Man gießt hierauf neuerdings Faltes Waſſer 
auf, welches, indem es fich durch das Sal; filtrirt, noch den Reft 
der fremden leicht auflöslichen Salze wegnimmt, und zieht dieſes 
ebenfalls ab. Dieſes legtere Waller wird ftatt reinen Waffers auf 
eine neue Quantität Alaunmehl gegoffen, nad feiner Sättigung 
abgezogen, u.f.w. Die mehr gefättigte Wafchlauge hingegen wird 
fogleich der Rohlauge zum Verfieden in den Keffeln zugefebt. 
Diefer durch Auswafchen gereinigte Alaun wird nun aus dem 
Waſchbottich genommen, und auf einer etwas geneigten Ebene in 
Haufen gebracht, damit die Beuchtigfeit noch vollends abfließe ; 
worauf er zum Kryſtalliſiren fommt. 

6) Die Kryftallifation. Der ausgewafchene Alaun wird 
in einen hinreichend geräumigen fupfernen Keffel gebracht, fein 
eigenes Gewicht an Faltem Waller darauf gegoffen, die Aufld- 
fung durch Umruͤhren befördert, die Lauge fredend gemacht, 
und durch die unten am Keffel befindliche mit einem Hahn verfe- 
bene Abflugröhre in die tiefer ſtehenden KAryftallifir-Bottiche abges 
Iaffen. Diefe Gefäße find 5 Fuß hoch, oben 3 Fuß weit, unten etwas 
enger, aus gewöhnlichen flarfen Dauben zufammengefegt und 
mit einigen eifernen Reifen gebunden, fo daß fie Teicht auseinander 
genommen und wieder zuſammengeſetzt werden können. Bei dem 
Erkalten ryftallifirt die Alaunauflöfung in großen, fi) an den 
Wänden anlegenden Maffen, und in dem mittleren Theile fammelt 
fi die Mutterlauge, fo daß die Alaunmaffe einen abgefürgten, 
am breiteren Ende etwas ausgehöhlten Kegel darftellt; Der Bot⸗ 
tich wird nun aus einander genommen, die Mutterlauge zum Ver 


Ammoniaf-Alaun. 213 


fieden mit der Roblauge verwendet, die Alaunmaſſe zerſchlagen, 
an einem etwas erwaͤrmten Orte auf Huͤrden vollends getrock⸗ 
. net, und hiernach als Kaufmannswaare verpackt. In einigen Fa⸗ 
brifen verſendet man auch ohne weitere Verpackung Die maſſiven 
Alaunfegel felbf. Dem runden Kryftallifiekeffel gibt man zweck⸗ 
mäßig einen etwas fpigiger, oder mit einem Kreisbogen von gerin- 
gerem Halbmeſſer zulaufenden Boden, fo daß diefer eine Art von 
Sad bildet, in welchem die unauflöslichen Theile fich abzufegen 
Kaum finden, und in demfelben zurücdbleiben, wenn die Auflö-. 
fung durd) die über demfelben liegende Ausflußröhre abgezo- 
gen wird. | 

Diefer unauflösliche Rüdftand befteht zum Xheil aus dem 
bafifhen Alaun, der fich auch bei diefer legten Operation, fo wie 
bei allen früheren, gebildet oder audgefchieden hat. Diefe ſaͤmmt⸗ 
lichen Bodenfäße werden in einem Sumpfe gefammelt, zum Zheil 
dem NRohlaugenbehälter zugefept (©. 205), und zum Theil mit der 
tifenvitriolhaltigen Mutterlauge vermengt, wo die Schwefelfäure 
des ſich allmählich orydirenden Eifenvitriols jenen baſiſchen Alaun 
wieder zu auflöslichem Alaun herſtellt. Gewöhnlidy wird dieſer 
Schlamm weggeworfen, was jedoch ein Verluſt ift, da derfelbe 
felbft dann noch mit Vortheil auf Alaun benugt werden kann, 
wenn man ihn mit verbünnter Schwefelfäure durch Kochen auflöft. 

Wenn man flatt des fchwefelfauren, falsfauren oder Fohlen 
fauren Kali, fhwefelfaures oder Fohlenfaures Ammoniaf bei der 
Präzipitirung anwendet, fo entfteht der fogenannte Ammoniat- 
Alaun (fchwefelfaure Ammoniak» Thonerde), welcher dem Kali« 
Alaun fo vollfomnlen gleicht, daß er dem Äußern nach nicht von 
demfelben unterfchieden werden fann. Wei gelindem Glühen ver» 
liert er, wie der Kali-Alaun, fein Kryſtallwaſſer, dad 48.55 Prozent 
beträgt; bei firengerer Hige dagegen hinterläßt er reine Thonerde, 
indem das Ammoniaf und die Schwefelfäure ſich verflüchtigen. 
Wenn man zum Präzipitirmittel nebft dem Kali: Sluß nody ger. 
faulten Urin nimmt, welcher großen Theild fohlenfaured Am« 
moniaf enthält ; fo entfteht diefer Alaun zugleich mit dem andern. 
In Deutfcyland, wo die kalihaltigen Fluͤſſe, beſonders die Seifen⸗ 
ſiederlauge, leichter und wohlfeiler zu haben find, als die Ammo- 
niakſalze, wird von dieſem Alaun wenig Gebrauch gemacht, und 


on 


> 5 Ve Alaun. 


er entjteht nur nebenbei und in geringerer Menge in einigen Fa⸗ 
brifen, in denensman nebft dem gewöhnlichen Fluſſe noch faulen 
Urin anwendet. - An Sranfreich dagegen wird er in bedeutender 
Menge fabrizirt, und gewöhnlich das fchwefelfaure Ammoniaf, 
das in andern Sabrifen im Großen bergeftellt wird, dazu entwe⸗ 
der allein oder in Verbindung mit einem Kalifluß verwendet. Die 
Anwendung des fehwefelfauren Ammoniaks hat gegen jene des 
fhwefelfauren Kali den Vortheil, daß, da jened Salz; nur a Theile 
falten Waſſers zur Auflöfung braucht, die Mengung der Laugen 
bei der Präzipitirung in gewöhnlicher Temperatur viel konzentrir⸗ 
ter feyn Fann. Die Auflöfung des falzfauren Kali in der Seifen⸗ 
fiederlauge gewährt jedoch nahe denfelben Vortheil (&. 210). 
In Sranfreich wird die fchwefelfaure Thonerde auch kuͤnſtlich 
durch Auflöfung des Ihons in Schwefelfäure bereitet, aus wel 
cher dann auf gewöhnliche Art der Alaun durch Zufag von ſchwo⸗ 
felfaurem Kali oder Ammoniaf dargeftellt wird. Diefe Methoden 
haben in Deutfchland, das einen Überfluß von Alaunfchiefer und 
Braunfohlenlagern befigt, Feine Anwendung, und fönnen bei den 


‚niedrigen Preifen des Alauns mit Vortheil nicht audgeübt werden. 


Die nähere Befchreibung derfelben wäre daher bier nicht an ihrem 
Drte. Dagegen will ich noch zwei Methoden erwähnen, die nach 
Lofalitätöverhältniffen mit Vortheil betrieben werden können. 

Die erite fann auf Schwefelwerfen ald Nebenfabrifation bes 
trieben werden, wenn man nähmlich die zur Abtreibung ded Schwer 
fels zum Theil entfchwefelten Schwefelfiefe (fogenannte S ch w es 
felbrände), ftatt fie auf Eifenvitriol zu benügen, mit Thon 
vermengt, den man vorher gelinde. geröjtet und zerfleinert hat, 
die Mengung in Haufen fhichtet, und unter zeitweifem Begießen 
mit Waſſer der Verwitterung überläßt. Diefe Haufen werden dann 
auf gewöhnliche Art ausgelaugt. Die zweite Methode kann da 
angewendet werden, wo Zement: oder eifenvitriolhaltige Waͤſſer 
vorfommen. Aus getrodnetem und zerfleinertem Ihon wird auf 
einem geebneten Boden eine Lage von einigen Zollen Dicke aufges 
führt, diefe mit dem Zementwaſſer befeuchtet; Darauf wieder eine 
Lage Thon, u. f. f., bis hinreichend große flache Haufen gebildet 


: find, die man von Zeit zu Zeit mit dem Zementwaffer begießt, und 


fie endlich zur Auslaugung bringt. 


Alaun. 215° 


Bei der Zabrifation des Alaund auf eine oder die andere 
Seife ift ed eine Dauptfache, darauf zu fehen, daß der Alaun eifen= - 
frei dargeſtellt, folglich der Eifenvitriol oder das ſchwefelfaure Eifen- 
oxyd möglichjt ausgefchieden werde, wohin ein Theil der vorftehen- 
den Behandlungsart abzwedt. Alaunlaugen, welche ald Neben⸗ 
befandtheil Vitterfalz enthalten, geben bei gleicher Verfahrungs- 
art einen reinern Alaun, weil dad in geringerer Menge eingemifchte 
Eifenfal; durch die allmähliche Drpdirung in den .‚verfchiedenen 
Dperationen vollfländiger audgefcyieden wird, ald außerdem. 
Ebenfalls eifenfrei ift der aus den Alaunfteinen bereitete Alaun, _ 
Daher der römifche Alaun ehemahls jedem andern in den Särbereien 
vorgezogen worden ill. Wenn ein Alaun einige Zaufendtheile fei- 
nes Gewichte Eifenornd enthält, fo wird dieſes fchon bei jenen Far⸗ 
ben merklich, deren Schattirung durch ein Eifenfalz verändert wird. 
Mancher Alaun enthält davon nur 0.001, und iſt darum für Die 
feinften Sarben, zumahl auf Seide und Baumwolle, doch nicht 
brauchbar: der römische Alaun enthält höchflend 0.0005 Eifenoryd. 
Völlig eifenfrei, oder dem aus Alaunftein Dargeftellten gleich, kann 
jedoch jeder Alaun bergefiellt werden, wenn man ihn noch ein 
Mahl umfryfiallifirt, falls die erfte Kryſtalliſation noch einen 
merklichen Rüdftand an Eifenfalz gelaſſen hätte. Für den Fall, 
als man diefe wiederhohlte Kryftallifattion vornehmen will, ift es 
dann beffer, bei der eriten Kryfiallifation den Alaun nicht in gros 
Ben Kryftallen anfchießen zu laſſen, fondern aus der zur Abfühlung 
ſtehenden Auflöfung durch Rühren, wodurd die Bildung regel- 
mäßiger und großer Kryftalle gehindert wird, den Alaun ald Mehl 
oder in Fleinen förnigen Kryſtallen auszufcheiden, weil Dadurch 
die noch Eifenvitriol enthaltende Mutterlauge, welche in die grö- 
ßeren Kryftalle mit eingeht, ausgeſchloſſen wird. So geförnt, dann 
nochmahls aufgelöft und auf die befchriebene Art in großen Kry« 
ſtallen dargeftellt, wird der Alaun völlig rein. 

Was die Ausbeute an Alaun aus einer beftimmten Dienge 
der Alaunfchiefer betrifft, fo ift dieſelbe nach der Befchaffenheit 
dieſes Materials, feines Gehalts an Schwefelfies und der Art der 
Vertheilung deflelben in dem Thone, fo daß die Umwandlung de& _ 
Eifenvitriols in fhwefelfaure Thonerde in größerer Menge vor fich 
gehen faun, bedeutend verfchieden. Doch liegt diefe Ausbeute ges 


216 Alkalien. 


wöhnlich innerhalb der Grenzen von ı bis Progentz fo daß für 
einen Zentner Alaun 100 bis 200 Zentner Schiefer erforderlich 
find. Doc) gibt es auch Schiefer, zumahl der eigentliche Alauns 
fchiefer aus der älteren Sormation, deflen Gehalt 2 auf 2 Pros 
zent ſteigt. Ä 

Der Alaun findet in den Künken eine fehr ausgedehnte An⸗ 
wendung; beſonders in der Bärberei und zur Bereifung der Lad» 
farben, in der Lederbereitung, zum Leimen des Papiers, ale 
Klärungsmittel, u. few. Das gewöhnliche Prüfnngsmittel: auf 
den Eifengehalt einer Alaunforte ift da8 blaufaure Eifen 
kali. Zu dieſem Behufe gießt man in eine gefättigte Auflöfung 
des zu prüfenden Alauns einen oder zwei Tropfen vonder Auflde 
fung jenes Salzes. Wenn die Sarbe der Alaunauflöfung nicht 
augenblidlic) oder nach einer oder zwei Minuten blau wird, fo 
ift der Alaun wenigftens eben fo rein, als der römifche, und noch 
reiner als diefer, wenn fi) nad) Verlauf von 24 Stunden nicht 
eine bläuliche Schattirung durch die ganze Flüſſigkeit verbreitet bat. 

d. H. 


Alkalien. 


Die Alkalien ſind unter den ſalzfaͤhigen Grundlagen oder 
Baſen, d. h. den Metalloxyden, welche in Verbindung mit 
Saͤuren Salze darſtellen, diejenigen, denen dieſe ſalzmachende 
Eigenſchaft oder die Saͤttigung und Neutraliſirung der Saͤuren in 
vorzüglichem Grade zukommt, und die ſich uͤberdem noch durch 
einige andere Eigenſchaften in der Art auszeichnen, daß ſie als 
eine eigene Klaſſe von Körpern angeſehen werden fönnen. Dieſe 
. Unterfcheidungsmerfmahle beftehen in einem eigenthümlichen Taus 
genhaften Gefhmad und Geruch, welcher Tegtere ſich vorzüglich 
bei fochendheißen Auflöfungen entwidelt, und durch das Vorhan⸗ 
denfeyn vegetabilifcher oder thierifcher Theile verftärft wird (Laugen« 
geruch) ; in der Einenfchaft, auf thierifche Theile, 3.8. die Haut, 
aͤtzend (Fauftifch) zu wirfen, wenn fie in reinem Zuftande, 
nähmlich mit feiner Säure, felbft nicht der Kohlenfäure, verbunden 
find ; und in der Eigenfchaft, einige blaue oder rothe Pflanzenfar- 
ben grün zu färben, z. B. den Barbeftoff von Veilchen, Rothkohl, 
sothen Nofen ıc.; andere rothe Farben blau, wie das durch eine 


Alkofien. 217 


Säure  geräthete Lackmus oder Sernambuf; und endlich verfchie 
Dene gelbe Farben braun, wie Kurkume, Rhabarber. 

Die Alkalien find: das Kali, Natron, Lithon, Ams 
moniaf; bie Baryterde, Strontianerbe, Kalkerde 
und Talk: oder Bittererde. 

Die vier legteren werden auch die afalifhen Erden ge: 
nannt, weil fie in mehreren Stüden mit den eigentlichen Erden 
übereinfommen, fo daß die Wittererde gleichfam den Übergang 
von den alfalifchen zu den eigentlichen Erden bildet. Unter den 
eigentlichen Alfalien fommt das Lithon, das dem Natron ähnlich 
iſt, nur felten, im Befondern in einer röthlichen Olimmerart, dem 
Lepidolith, vor, und ift von feiner technifehen Anwendung. Die 
am längften befannten Alkalien, Kali und Natron, wurden fonft 
auch Laugenfalze genannt, weil fie aus der Ajchenlauge von 
Begetäbilien erhalten werden, und das Ammoniaf, das ſich von 
den beiden vorigen durch feine Fluͤchtigkeit unterfcheidet, hieß das 
fluͤchtige Laugenſalz. 

Mit Ausnahme des Ammoniaks, das im reinen Zuſtande 
eigentlich nur als Gas bei der gewöhnlichen Temperatur exiſtirt, 
find fämmtliche Alkalien ſehr fenerbeftändig, und gehen unter ſich 
und mit den Erden bei hoher Temperatur in den glafigen Fluß 
über. Sie find fämmtlih im Waſſer auflöslich, die Bittererde 
jedoch nur in geringem Grade. Die technifchen Anwendungen der 
Alfalien find fehr mannigfaltig, und mit Ausnahme des Lithons 
werden diefelben in eigenen Artikeln in diefem Werke behandelt 
werden. 

Unter den Alfalien haben Kali und Natron in den Gewerben 
einen fehr außgedehnten Gebrauch, unter der in bem Handel vors 
kommenden Form der Pottafche und der Soda, in welchen jene 
beiden Alfalien mit mehreren Salzen vermengt vorfommen, fo daß 
der Gehalt diefer Gemenge an reinem Alkali fehr verfchteden ıfl, 
Da ed nun fowohl für die Dreisbeflimmung diefer Waare, als 
auch für die richtige Ansfährung jener Operationen, zu welchen 
Pottaſche ober Soda verwendet wird, von Wichtigkeit ift, den 
Alkaligehalt derfelben zu kennen; fo ift man genöthigt, fie 
einer Prüfung zu unterwerfen, zu deren Erleichterung man fich 





218 Alkalien, 


aud) eines eigenen Fleinen Apparated, eines ſogenaunten =. 
limeters, bedient. 

Das Prüfungsmittel der Pottafche oder der Soda if ders 
dünnte Schwefelfäure, mit welcher man eine abgewogene Quan- 
tität des unreinen Alkali bis zur Neutralifirung verfept, und dann 
aus der Menge der hierzu angewandten Säure auf den Gehalt an 
zeinem Alkali fchließt. Man verfchafft fich nähmlich zuerſt eine Pros 
beflüffigfeit, die in einer etwas größern Menge in Vorrath herges 
fiellt, in einer wohlverftopften gläfernen Blafche aufbewahrt 
werben kann, und aud einem Theile Sonzentrirter Schwefelfäure 
son 1.85 ſpez. Gewicht und q Theilen reinen Waſſers befteht, die 
vorher, durch allmähliges Eingießen’ der Schwefelfäure in das 
Waſſer, gut zufammengemifcht worden find. Wan nimnit von 
der zu -prüfenden Pottafche oder Soda mehrere Loth, umd 
zeibt fie in einem fleinernen Mörfer ganz fein und gut unter einan- 
der. Dann wägt man aus diefer Maſſe 100 Gran genau ab; loͤſet 
Diefe in einer binreichenden Quantität (etwa 5 bis 6 Mahl fo viel) 
reinen Waſſers auf, indem man fie in einem Slasmörfer mit dem 
Wafler zufammenreibt; läßt die unaufgelöften Theile ſich feßen; 
gießt das Klare davon in ein Glas ab; wäfcht den Rüdftand noch 
mit etwas Waller qus, damit fein Alfali zuruͤckbleibe; und gießt 
dDiefes zu dem Vorigen. Man füllt nun mit der Probeflüfligkeit 
eino Pleinere Flaſche mit engenr Halfe, wägt diefelbe, gießt hier⸗ 
auf, unter befländigem Umruͤhren mit einem Glaöftabe, von der vers 
Dünnten Schwefelfäure nach und nad) in die Pottafchen- oder So⸗ 
baauflöfung; und unterfucht, fo wie dad Aufbraufen oder die 
Entwicklung der Kohlenfäure etwas nachlaͤßt, mit dem Ladmude 
papier, ob die Sättigung mit Der Säure eintrete, wozu man auch 
ein foldyes Papier über den Rand des Glaſes in die Flüſſigkeit 
hängen daflen kaun, um die Veränderung der Farbe fogleich zu 
bemerfen, Die Probeflüffigfeit wird zulegt nur tropfenweife zu: 
gegoflen und gut eingerührt. Bängt endlich das Papier an fich 
etwas zu röthen , und. diefe Nöthe an der Luft zu behalten, fo 
Hört man mit dem Zugießen auf; wägt neuerdings die Flaſche 
mit der — und bemerft den Gewichtsabgang. Da dieſe Flüſ⸗ 
figfeit 7; ihres Gewichtes an Fonzentrirtee Säure enthält, fo ift 
der zehnte Theil jenes Gewichtsabganges die Quantitaͤt der kon⸗ 


Altalimeter, 219 


zentririen Echwefelfäure, welche von den 100 Gran des unreinen 
Alfali gefättigt worden ift. Geſetzt diefe® Gewicht der verwen⸗ 
deten Probeflüffigfeit betrage 400 Gran; fo werden durch 200 
Gran des unreinen Alkali 40 Gran fonzentrirter Säure gefättiget. 
Bei einer zweiten Sorte von Pottafche oder Soda betrage das 
Gewicht der aufgewendeten Probefäure 5ao Gran; fo werden von 
100 Gran derfelben 52 Gran der fonzentrirten Schwefelfäure ges 
fättiget; ‚der Gehalt an Altali, folglich der Werth der erfteren 
Salzmaſſe gegen jenen der zweiten verbält ſich alfo wie 40 
zu 52. Aus diefem Nefultate läßt fich nun auch der abfolute Ges 
halt der Pottafche oder der Soda an reinem Alfali berechnen. 
Denn 100 heile fonzentrirtee Schwefelfäure von 1.85 ſpez. Ges 
wicht fättigen 96.1 Theile von reinem wafferfreien Kalı, und 03.4 
Theile von folhem Natron. Es verhält ſich alfo z. ©. für den 
erften Gall 100: 96.1 == 40:x, oder der wirkliche Gehalt an reinem 


Kali it = —— — 38.44 Prozent. 


Dei diefen Verſuchen wird das Lackmuspapier fchon vor ber 


Sättigung durch die in der Zlüfligfeit zurückgehaltene Kohlenfäure 
etwas geröthet: diefe Roͤthe verfchwindet jedody wieder, wenn 
man dad Papier an der Luft trocknet oder erwärmt. Am ficherften 
it es, wenn man die Flüſſigkeit erhitzt, wodurch die Kohlenfäure 
außgetrieben wird, für welchen Sal man auch die Flüſſigkeit felbft - 
mit etwas Lackmustinktur vermifchen kann, wo die Änderung der 
Farbe fogleih in das Auge fallt. Zieht ſich ungeachtet des 
einige Minuten fortgefebten Kochens die Tinftur oder das Papier 
bleibend ind Nöthliche, fo ift die Sättigung vollendet. Bei diefer 
Roͤthung ift zwar ſchon ein Feiner Überfchuß von Säure vorhan« 
den; man berüdfichtiget denfelben aber hier mehr als hinreichend, 


‚wenn man von dem gefundenen Gehalte a Prozent abrechnet, . 


Um bei diefer Unterfuchung das doppelte, mit hinzeichender 
Genauigfeit zu gefchehende, Abwägen der Probefäure zu erfparen;, 
bat Deseroizilles ein Alfalimeter oder emen Alfalimef 
fer angegeben, welcher im Wefentlichen aus einer ı2 bis 14 Zoll 
hohen und etwa z Zoll weiten gläfernen Röhre befteht, die unten 
mit einem Fuße verfehen ift, und oben an der Mündung einen 
Heinen Ausguß hat, Zaf.3, Sig. 12. Außen ift eine Skale yon 


— 


220 | Alkalien. 


200 Theilen befindlich, von welcher der Nullpunkt oben, und die 
Bezeichnung 100 unten am Buße angefchrieben ift. Die Einthei⸗ 
fung diefer Skale iſt fo hergeftellt, daß in dem Raume zwifchen 
zwei Xheilftrichen, oder in dem Raum eined Grades, von der 
Probeflüffigfeit, welche den zehnten Theil ihres Gewichtes an 
Schwefelfäure von 66° (1.845 fpez. Gewicht) enthält, 5 Deci⸗ 
gramm, alfo 5 Eentigramm diefer fonzentrirten Säure enthalten 
find. Zur Anftellung giner Probe werden nun 5 Gramm der zu 
unterfuchenden Pottafche oder Soda auf die befchriebene Art in 
Waſſer aufgelöft; dad graduirte Gefäß wirb mit der Probefäure 
biö zu dem Nullpunfte angefüllt, umd nun diefelbe bis zur. Neu⸗ 
tralifirung in die Alfaliauflöfung gegoflen. Nach der Sättigung 
bemerft man den Grad der Sfale, bis zu welchem die Säure 
ausgegoſſen worden ift, und diefer Grad zeigt die Anzahl der 
Theile der Schwefelfäure von 66° an, welche erforderlic, waren, 
um 100 Theile des zu prüfenden Alfali zu fättigen. Iſt 5.8. die 
Flüffigfeit bis zu dem Theilſtrich 50 ausgegoffen worden, enthält 
alfo die Pottafche oder Soda 50 Grad, fo enthielten 100 Theile 
des geprüften Salzes fo viel reines Alfali, als durch 60 Theile 
Scwefelfäure von 66° gefättiget werden. Auf diefe Art ergibt 
fi) alfo, wie bei der erften Methode, zwifchen mehreren Pottafche- 
oder Soda⸗Sorten nicht nur der relative Werth, fondern es laͤßt ſich 
auch auf diefelbe Art, aus der gefundenen Menge der zur Sätti- 
gung nöthigen Schwefelfäure, der wirfliche Gehalt an reinem Als 


‚ Tali, berechnen. 


Diefes Altalimeter gibt alfo unmittelbar die relativen Gehalte 
verfchiedener Pottafche: und Soda⸗Sorten in Graden an, welche 
die Menge der konzentrirten Säure von 66° bezeichnen, die zur 
Meutralifirung von 100 Theilen des zu prüfenden Alfali erforder: 
lich war. Fuͤr die relativen Preifes und Werthbeitimmungen der 
Pottafche und Soda ift dieſes Nefultat Binreichend. Da aber in 
den technifchen Anwendungen es dem Babrifanten von befonderer 


" Wichtigkeit ift, den abfoluten Gehalt feiner Pottafche oder Soda 


jedes Mahl zufennen; fo fcheint es noch eine Unvollfommenbheit des 

Alfalimeterd von Descroizilles zufeyn, daß diefe Beftimmung 

doch noch erſt Durch Rechnung gefunden werden muß. | 
Ich habe daher der Probe mit dem Alkalimeter die nachfol⸗ 


Alkalimeter. 221 


gende Einrichtung gegeben, bei welcher‘ die Grade deffelben un: 
mittelbar den wirklichen Gehalt der Pottafche oder Soda at:teis 
nem Altali angeben; ohne daß dabei eine. andere oder weitläufigere 
Manipulation erforderlich ift, als bei Descroizilles Einrichtung. . 

Das Alkalimeter ſelbſt wird, wie nach Descroizilles, mit det 
Skale von 100 Graden bergeftellt, welche Durch Kalibtiren mit 
reinem Waſſer genau abgetheilt, und mit einem Diamant eiur 
gefchnitten werden. Die Größe eined Grades ift hier willkuͤrlich, 
und es kann daher für Diefe Methode auch jedes fchon vorhundene 
Deservizilles ſche Alfalimeter gebraucht werden. Die Grabuirungi 
daher auch Hier viel leichter, ale bei Deservizilles Methode ; bei 
welcher jeder Grad eine ſchon vorläufig beſtimmte Menge kanzen⸗ 
trietee Säure faflen muß. Nun find für Die Prüfungen der Netsr 
afche und der Soda zwei Probeflüfligfeiten in Vorrath hetzuſtellen. 
Die Prpbeflüfligkeit für Pottaſche muß fo zuſammengeſetzt werden, 
daß bie Menge, welche das Gefäß bis zu feinem Nullpunkte der 
von faßt, 104 Gran Schwefelfäure vom ſpez. Gewicht 1.85 en& 
hält. Man füllt daber dad Gefäß bis etiwa zu drei Viertel mit 
reinem Wafler, tröpfelt Iangfam 104 Gran Schwefelfäure Sirene, 
und gießt endlich noch fo viel Waller nach, daß die Flüffigfeit ges 
sade bis an den Nullpunkt reicht. Für die Probeflüfligfeit auf 
Natron fegt man auf diefelbe Weile 157 Gran der nähmlichen 
fonzentrirten Schwefelfäure zu. Wenn man in jedem diefer Bälle 
die verdünnte Säure wägt, und vom ihrem Gewichte 104 oder 
oder 157 Gran abzieht, fo findet man die Menge des darin ent- 
haltenen Waflers, deſſen Verhältniß zum Gewichte der Säure 
man ald Nichtfehnur nimmt, um darmadı. Die Probeflüffigfeiten, 
ohne Hülfe des graduirten Gefäßes, in größerer Menge zum Vor⸗ 
rath zu verfertigen. 

Sol nun z. B. eine Pottafche geprüft werden ‚, fo werden, 
wie vorher, ı00 Gran derfelben in Waſſer aufgelöft; dad Alfı« 
limeter wird mit der für die Pottafche beftimmten Probefäure bis 
zum Mullpunkte gefüllt, und die Auflöfung damit verfegt; fo zeige 
der Zheilungöftrich der Skale, bis zu welchem die Säure zur Neu⸗ 
tralifirang von 100 Gran der zu prüfenden Pottafche verbraucht 
worden iſt, den Prozentengehalt der Pottafche an reinem Kali, 


222 | Alkohol. . 


Gefegt die Fluͤſſigkeit wäre bis auf 5a gebraucht worden ; fo ent | 
hält die probierte Pottafche 50 Prozent reines Kali. 

Diefe Einrichtung beruht auf folgendem Grunde. Bon en 
reinen waflerfreien Kali werden 100 Gran durch 104 Gran Schwe⸗ 
fefäure von 1.85 fpez. Gewicht, und 100 Gran reined Natron 
duch 157 Gran diefer Säure gefättiget. Wenn alfo die Kapazi- 
tät-der in 100 Theile getheilten Proberoͤhre 104 Gran fonzentrir« 
ter. Schwefelfäure für bie Pottafche, und 157 Gran für die Soda 
enthält; fo entfpricht jeder Grad der Sala, wenn die Nentrali- 
firung mit 100 Gran der zu probierenden Pottafche vorgenommen 
wied , einem Prozent Alfaligehalt der unterfuchten Pottaſche oder 
Soda. Auf diefe Art gibt das Alfalimeter unmittelbar den abfolu« 
ten Alkaligehalt der zu prüfenden Pottafche oder Soda, folglid 
auch bei der Vergleichung mehrerer Pottafche-Sorten in diefen Zah: 
len deren relative Werthe. Um bei den Proben mit dem Alfalimes 
ter den geringen Überfchuß der Säure bei der Neutralifiruag zu 
kompenſiren, nimmt man einen Grad weniger, ald dad Niveau 
der ruckſtaͤndigen Flüffigfeit anzeigt. Das Meilen der Flüſſigkeiten 
in dem Altalimeter gilt übrigens für die mittlere Temperatur. 

d. H. 


Alkohol. 


Der — iſt das in der Weingaͤhrung durch die Ver: 
änderung des Zuckers entfiandene Produft, das den wefentlichen 
Beftandtheil des Weines, des Branntweind und anderer geiftigen 
Siüffigfeiten ausmacht, und in dem Weingeifte, wie er durch Rek⸗ 
tififation des reinen Branntweind gewonnen wird, nur noch mit 
Waſſer vermifcht vorhanden ift. 

Aus diefem waͤſſerigen Alkohol oder Weingeift laßt ſich noch 
durch Deftillation dad Waffer großen Theils abfcheiden, indem der 
Alkohol als viel flüchtiger zuerft und nur noch mit wenig Waffer 
verbunden übergeht, während der größere Theil des Waſſers mit 
dem geringeren Theile des Alfohols zurüd bleibt. Man deſtillirt 
Daher gemeinen Weingeift oder ftarfen Branntwein, und fängt da⸗ 
von nur das zuerft übergehende Drittel, oder nur fo viel auf, als 
Das ſpez. Gewicht von 0.9 (25 bis 36° Bauıne) nicht tiberfteigt. 


Mühe 2223 


Dieß tft der gewoͤhnliche rektifizirte Weingeiſt. Bon die⸗ 
fem Weingeiſte deſtillirt man neuerdings ein Drittel ai, das 
man für fich auffängt ‚ und dad nun. ein fpezififches Gewicht von - 
0.833 (38° 8.) Bat. Diefes ift der fogenannte Höchft reftifis - 
zirte Weingeift. Durch wiederhohlte Rektifizirung Fann das 
fpezififche Gewicht des Alkohols bis auf o.825 (40° B.), aber 
nicht weiter herabgebracht werden, bei welcher Dichtigfeit und 
mittlerer Temperatur derfelbe noch 11 Prozent Waller enthält. :: 

Der Srund, daß der Alkohdl durch die bloße Rektifikation 
nicht ganz vom Wajler befreit werden fann, liegt fowohl in der 
feften Verbindung des Waſſers mit demfelben, als auch in dem 
Umftande , daß Alkohol von 94 Prozent eben ſo flüchtig iſt, als 
der ganz waſſerfreie, ja (nah Delin und Fuch s) des letzteren 
Siedepunkt ſelbſt noch etwas höher iſt, als jener des 97 und 96 
prozentigen Alkohols; fo daß bei der Deſtillation eines 44 Prozent 
haltenden Alkohols die zuerſt übergehende Portion waſſerhaltiger 
iſt, als die nachfolgende. Der waſſerfreie Alkohol hat unter at 
Zoll Luftdruck feinen Siedpunkt bei 60.62° R 

Enthaͤlt dagegen der Alkohol mehr als 6 Prozent Waſſer; 
fo ift immer der zuerft übergehemde Theil an Alkohok reicher, und 
die Temperatur des Siedpunktes ober der Weingaifibämpfe wird 
immer höher. je weiter die Deſtillation fertfchreitet: . Nah Groͤ⸗ 
nings Verfuchen gehören Den Weingeiſtdaͤmpfen von nachſte⸗ 
bendem Alfoholgehalt in Prozeuten dei Volums (aach Tralles 
Altoholometer, bei 125°.R.), welche füh: aus der in den Deſtillivblafe 
fiedenden Flüſſigkeit entwickeln, die beigeſetzten Temperaturen zu, 


a Afoholgehalt | 
‚ber rüdftändigen 
Dämpfe. | Slüffigfeit. 

















| Alkoholgehalt | 
Ä Temperatur der — | 
2 En > Stüfigteit. | 
65° 85 50 | 
66 82 40 
67 80 35 | 
68 „8 ‚30 | 
69 76 5 | 
70 71 20 
| 71 68 8 | 
| ‘7. 66 16 | 
| 73 61 13 . | 
| ob 55 10 . 
75 50 7 J 
76 43 5 4 
77 36 3 14 
78 28 a 
79 13 1 
80 0 o 


Groͤning hat dieſe Verfuche ungewendet, um dad Therme 
meter bei der Branntweinbrennerei als Altoholometer zu benügen, 
and dadurch fowohl den Alfoholgehalt des Deftillats ald der in der 
Blaſe rüdftändigen Flüſſigkeit zu meflen ; zu welchem Behufe daB 
<hermometer mittelft eines durchbohrten Korkftöpfels in eine, in 
der Helmroͤhre befindliche furze Röhre eingefept wird. Es verfleht 
fi) übrigens, daß bei diefen Beobachtungen, wenn fie vergleichbar 
feyn ſollen, der Barometerftand nahe unverändert bleiben muß, 
weil lepterer den Siedpunkt fogleich bedeutend ändert. Da übris 
gend durch dieſe Methode nur jedes Mahl der Alfoholgehalt der in 
einer gewiflen Zeit mit derfelben Temperatur übergeheuden Flüffig- 
beit gemeffen wird ; fo gibt fie den Alfoholgehalt des ganzen Des 
ſtillats nur näherungsweife, fteht daher dem Gebrauche der ge« 
wöhnlichen Alfoholometer nach, dient aber als ein fehr zweckmäßi⸗ 
ges Mittel zur fteten Beobachtung des Ganges der Deftillation, 
weßhalb wir in dem Artifel Branntweinbrennerei nod 
darauf zuräd fommen. 


. 
⸗ 


\ 


Altohol.® 225 


Die einem gewillen Prozentengehalte forrefpondirende Tempe⸗ 
zatur der Weingeiftdämpfe kann auf eine zwedinäßige Art benuͤtzt 
werden, um ſchon ducch eine einmahlige Deftillation den Alfohol 
fo waiferfrei zu erhalten, als es durch bloße Deftillation angeht. 
Dan feße nähmlich auf die Blafe einen Helm, aus deffen oberiten 
Theile das Helmrohr zuerft fenfrecht in die Höhe, dann erſt feit- 
wärts in das Kühlgefäß geht, und umgebe den Helm, fo wie 
einen heil des fenfrechten Helmrohres mit einem hölzernen, mit 
warmen Waſſer gefüllten Gefäße. Wenn die Deftillation, die hier 
am beften im Dampfbade gefchieht, vor fich geht, fo werden fich 
im Helme und in der fenfrechten Helmröhre alle jene Dämpfe kon⸗ 
denfiren, und in die Blafe zurüdfallen, deren Temperatur höher 
ift, als jene des umgebenden warmen Waller, und nur die 
Dämpfe von gleicher Temperatur werden unfondenfirt in die feit« 
wärtd gehende Kühlröhre gelangen, und ſich hier verdichten. Erz 
halt man alfo das warme Waſſer auf einer Temperatur z 8. von 
63° R., indem man Sorge trägt, der fleten Erwärmung diefes 
Waflers durch die in dem Helme Fondenfirten Dämpfe durch ange⸗ 
meflenes Zufließen von falten Waller entgegen zu witfen, um die 
gewinfchte Temperatur, fo viel es hier möglich ift, gleid) zu ere 
halten; fo wird nach. der. vorigen Tabelle bei mittlerer Temperatur 
und mittlerem Barometerftande das Deftillat go Prozent Alkohol 
enthalten. Die Anwendung diefed Prinzips macht in der Brannte 
weinbrennerei die wefentlichfte Verbefferung aus, welche she 
in neuerer Zeit erhalten hat. 

Eine andere Methode zur Konzentrirung des Alfohols iſt die 
von Sömmering entdedte, gegründet auf die Eigenfchaft der 
Rindsblaſe, Waſſer durch fi) Hindurchzulaffen und nad) außen zu 
verdünften,, den Alkohol dagegen nicht, oder in nicht merflichem 
Grade. Wird daher eine Ochfenblafe mit Weingeift gefüllt, gut 
zugebunden und an einem warmen Orte aufgehängt; fo verdfinftet 
allmaͤhlich das Waller, während der Alkohol weit mehr wailerfrei 
zurückbleibt, fo daß fich auf dieſe Weife Alkohal dis auf 97 und 98 
Prozent entwaͤſſern laͤßt. 

Nach Soöommering nimmt man hierzu die Blaſe eines Ochſen 
oder Kalbes, weicht fie einige Beit in Waſſer, blaͤſt fie anf, und 
befreit fie von dent Bette. und den anhängenden Gefäßen, wad 

Technol. Encyclop. 1. 8%, "5. 


226 Alkohol. 


auch, indem man ſie umkehrt, mit der inneren Seite geſchieht. 

Nachdem fie wieder aufgeblafen und getrocknet worden iſt, über- 
ftreicht man fie, die äußere Seite zwei Mahl, die innere vier Mahl, 
mit einer Auflöfung von Haufenblafe, wodurd ihr Gewebe dichter 
wird, und die Konzentrirung des Alkohols beifer vor fich geht. 
Eine fo vorbereitete Blafe fann hundert und mehr Mahl zum Ges 
brauche dienen. Sie wird mit dem zu fonzenteireuden Weingeifte 
gefüllt (jedoch ein Fleiner Raum leer gelaffen) feft zugebunden, und 
nun an einem warmen Orte, in einer Temperatur von etwa 4o°R., 
über einem Sandbade oder in der Nähe eines geheißten Ofens, auf⸗ 
gehängt. Das Waller verdünftet allmählich durch die Blaſe, fo 
daß letztere feucht anzufühlen ift, wenn das fpez. Gewicht des ent⸗ 
baltenen Weingeiftes größer ift ald 0.952. Schwächerer Weingeift 
verliert dabei fein Waſſer fchneller, als flärferer; in 6 bis 12 
Stunden ift der Alfohol, wenn hinreichende Wärme angewendet 
worden ift, fonzentrirt. 

Diefe wenig foftfpielige Methode ift befonder8 zur Herftel: 
Iung des Alfohold für die Sirnißbereitung zu empfehlen. Soll der 
Alfohol zu anderem Gebrauche dienen, fo muß man ihn von den 
aus der Blafe etwa aufgelöften Theilen durch Deftillation befreien, 
Auf diefelbe Art verftärft fich der Alfohol, wie Sö mmering fehon 
früher gefunden hatte, wenn das Gefäß, das den Weingeift ent⸗ 
hält, mit einer Blaſe überbunden ift, die mit der Slüffigfeit ſelbſt 
nicht in Berührung fteht. Auf dieſe Weife verftärfen fich alle an⸗ 
deren, Alfohol und Waller enthaltenden ſlüſſigkeiten, als Wein, 
Zider, u. ſ. w. 

Soll der Alkohol völlig, waſſerfrei, oder als ſogenannter 
abſoluter Alkohol dargeſtellt werden, in welcher Reinheit 
ihm ein ſpez. Gewicht von 0.7947 bei 120R., oder von 0.791 bei 
ı6°R., verglichen mit Waffer von derfelben Temperatur, zufomnt; 
fo muß ihm dad Waſſer mit Hülfe von Salzen, die eine flarfe 
Anziehung zu diefem haben, entzogen werden. Hierzu dient vor- 
zuglich der ſalzſaure Kalf (das Chlorfalzium). Diefes Sal; wird 
vorher gefchmolzen, gröblich zerftoßen, und dann mit dem gleichen 
Gewichte Alfohol von 0.833 fpez. Gewichte in einer mit einem 
paſſenden Stöpfel verfehenen Flaſche gemengt, um die Auflöfung 
des Salzes zu. bewirken. Die klare Auflöfung wird nun in. eine 


Alkohol. 227 


Snetorte abgegoffen, und das halbe Volum vom angewendeten 
Alfohol, oder fo viel ald noch ein fpez. Gewicht von 0.791 bei 
26° A. zeigt, bei gelinder Wärme abpdeftillirt. 

Statt des falzfauren Kalfes fann man auch ungelöfchten 
Kalk anwenden, den man in die Retorte bringt, ihn mit dem gleis 
chen Bewichte Alfohol von 0.84 übergießt, und die Fluͤſſigkeit bei 
gelinder Wärme überdeftillirt. Diefer Alfohol enthält etwas Kalf 
aufgelöft, was ihm zu feiner Anwendung zu Firniſſen ꝛc. nicht 
fchadet. Um ihn auch von diefem zu reinigen, fann er 10 ein 
Mahl deftillirt werden. 

Nahe, aber nicht völlig, waiferfrei wird der Alkohol auch 
ohne Deftillation durch die Vermengung mit trockenem (vorher mis 
fig ausgeglühten) kohlenſauren Kali (Weinſteinſalz, etwa” ein 
Drittel des Gewichts des Alfohols), welches das Waller aufnimmt 
und fich darin auflöft, während der Alfohol abgefchieden wird. 
Die Auflöfung des Salzes bildet unter dem Alfohol eine abgefon- 
derte Schichte einer dicken Slüffigfeit, von welcher derfelbe abge⸗ 
zogen wird. Gr enthält etwas Alfali aufgelöft, wird daher, wenn 
dieſes entfernt werden foll, noch ein Mahl abgezogen. Zur möge 
lichten Entwaͤſſerung fest man wiederholt fo viel trockenes Wein- 
fteinfalz zu, daß die letzte Portion trocken auf dem Boden lies 
gen bleibt. | 

Der wafferfreie Alfohol befteht dem Gewichte nah aus 
52 66 Kohlenftoff, 12.90 Waſſerſtoff und 34.44 &auerftoff. 
Cr hat eine fehr große Anziehung zum Waifer, nimmt daifelbe 
fhon aus der Luft auf, daher er in wohl verfchloffenen Gefäßen 
aufbewahrt werden muß, und entzieht es den vegetabilifchen und 
thierifchen Stoffen, mit denen er in Berührung kommt; dient das 
ber auch ald Aufbewahrungsmittel für thierifche Theile, die er 
austrodnet, und daher vor der Faͤulniß fhübt. Der Alfohol ift ein 
Auflöfungsmittel für viele Stoffe: Harze, ätherifhe Ohle, Kane 
pfer ıc. werden in Menge von ihm aufgelöft, und er ift daher 
für die Bereitung der fogenannten Weingeiftfienijfe, für Niechs 
wälfer u. dgl. ein wefentliches Ingrediend, worüber das Nöthige 
an feinem Orte. Die Auflöfung eines Harzed oder eines ätherifchen 
Dsles in Alkohol wird durch Zufab von Waffer mildig, weil 
diefes durch feine Anziehung zum Alkohol den aufgelöiten, im 

15 iu 


Br > 1 Alkohol. 


Waſſer felbft umauflöslichen Stoff ausfcheidet. Auch mehrere 
Salze, befonders die zerfließlichen, Töft er auf, und einige derſel⸗ 
ben färben feine Flamme: fo wird diefe durch die Auflöfung der 
Strontianfalze purpurfarben, grün durch die Kupferfalze und die 
Borarfäure; röthlich durch Kalk: und gelblich durd) Baryt-Salze. 

Wird Alfohol mit Waffer verfegt, fo erfolgt eine Erwär- 
mung und Zufammenziehung ded Volums, die zwifchen 53.9 und 
54 Prozent Alfoholgehalt ein Marimum erreicht, und dann bei 
weiterer Verfegung mit Waller wieder abnimmt. Fuͤr Alfohol 
von 90 Prozent im Volum beträgt diefe Zufammenziehung 1.94 
Prozent des Volums; für 80 Proz. 2.87; für 70 Proz. 3.44; 
für 60 Pros. 3. 73; für 40 Proz. 3.44; für 3o Proz. 3.72; für 
20 Proz. 1.72; für 10 Proz. 0.72. Um daher den Gehalt des 
Weingeifted an Alkohol zu beſtimmen, ift es nothwendig, daß für 
die beftimmten Mifchungsverhältniife zwifchen Alfohol und Waſſer 
das zugehörige fpez. Gewicht durch Werfuche ausgemittelt werde. 
Iſt dieſes gefchehen, fo kann dann durch jedes für leichtere Flüͤſſig⸗ 
keiten ald Wafler eingerichtete Ardometer, das entweder nach 
den fpesififchen Gewichten oder nach willfürlichen Graden, die 
einem beftimmten fpez. Gewichte entfprechen, eingetheilt ift, der 
Prozentengehalt des Weingeiftes oder Branntweins an Alfohol von 
‚irgend einer angenommenen Stärfe oder Reinheit beftimmt wers 
den. Ein zu diefem Gebrauche beſtimmtes Aräometer führt dann 
den Rahmen Alfoholometer oder Branntweinwage, im 
Befondern, wenn die Skale deſſelben fo eingetheilt ijt, daß fie 
ſtatt der fpez. Gewichte unmittelbar die Prozente des wällerigen 
Alfohols, dem Gewichte oder dem Volum nad, angibt Die nach 
den Progenten ded Gewichtes an reinem Alfohol getheilte Skale 
ift jene des Alfoholometerd von Richter, und die nach den 
Prozenten ded Volums aegele ‚, jene des Alfobolometerd von 
Tralles. 

Da der Alkohol in mehr oder weniger mit Waller verfchtem 
Zuftande unter der Benennung Weingeift, Aquavit, Branntwein, 
einen bedeutenden Sabrifations: und Handelsartifel ausmacht; fo 
ift die fo viel möglich erleichterte Beflimmung des Alfoholgehalts 
diefer Slüffigfeiten von Wichtigfeit. Unter Brannewein verfteht 
man in der Regel den noch zum Genuſſe dienenden wällerigen 


Alkoholometer. 22 


Weingeiſt, deſſen ſpez. Gewicht hoͤchſtens 0.925 (22° B.) betraͤg 
wovon die ſtaͤrkſten Sorten auch Aquavit heißen; während bie a 
Alkohol reicheren,, folglid) ohne Verdünnung nicht mehr zum © 
auffe beflimmten Slüffigfeiten, unter der Benennung Weingei 
begriffen werden, den man wieder, wie bereitö oben erwähnt worden 
in reftifizirten (von 0.9 fpez. Gew.) und hoͤchſt reftifizirten (vo 
0.825 fpez. Gew.) eintheilt; und jene von noch geringerem fpe 
Gewichte, die nur durch chemifche Mittel noch von dem Waflı 
weiter befreit werden fönnen, Alkohol heißen. 
Da das fpesififhe Gewicht einer Mifchung aus Weingei 
und Waffer nur für eine beflimmte Temperatur gilt, indem d 
Dichtigfeit der Flüffigfeit mit der Erniedrigung oder Erhöhung di 
Zemperatur zus oder abnimmt; fo fommt es hier bauptfächlir 
darauf an, bei verfchiedenen Temperaturen und verfchiedenen M 
Ihungsverhältnijfen des Alkohols und Waſſers das fpezififche © 
wicht diefer Mifchung zu beftimmen. Gilpin hat hierüber m 
Benügung aller Hülfsmittel und mit außerordentlicher Sorgfa 
(auf Veraplaffung der englifchen Regierung) eine aͤußerſt mühſan 
‚Arbeit geliefert, die an Genauigfeit wohl fchwerlich fo leicht übe: 
troffen werden dürfte, und die mehr und weniger Allem, was fei 
dem in diefem Sache geleiftet worden ift, zu Grunde liegt. D 
nachftehende Tafel enthält Gil pins Beflimmungen: der von ihı 
zum Grunde gelegte Alfohol ift hoͤchſt reftifizirter Weingeift vo 
0.825 fpez. Gewicht, eine Annahme, die für den öffentlichen ©: 
brauch darum zweckmaͤßig ift, weil diefer Weingeift der ftärkfte if 
der Durch einfache Reftifizirung erhalten werden fann, und ftärfe 
als irgend eine der im Handel vorkommenden Weingeifl-Sorter 
Das Mifchungsverhältniß ift in diefer Zafel nach Dem Gewicht 
angegeben, fo daß z. B. auf 100 Gewichttheile Weingeift 5 Ge 
wichttheile Waffer, u. ſ. w. fommen. 


Alkohol, 


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5 





234 Alkohol. 


Da die Getränfe in der Regel dem Maße und nicht dem 
Gewichte nach im Handel erfcheinen, und ed ſonach bequemer ift, 
den Alfoholgehalt der Mifchung in Progenten des Volums 
zu willen; fo hat Tralles mit Zugrundelegung der Gilpin’- 
fhen Refultate neue Tafeln ausgearbeitet, in welchen der Prozens 
stengehalt dem Volum nach angegeben ift, und wafferfreier Alfos 
hol zum Grunde gelegt wird, welcher bei 60° Fahr. (12.044 R.), 
mit Waffer im Marimum feiner Dichtigfeit verglichen, 0.7939 
fpez. Gewicht hat, was einem fpez. Gewichte von 0.7946 mit 
Wailer von derfelben Temperatur bei 60° 5. verglichen, entfpritht. 
Der Gilpin'ſche Alfohol von 0.825 enthält alfo 93.6 Prozent des 
Volums an wafferfreiem Alfohol. 

Die nachftehende Tafel enthält hiernach die den fpesifiichen 
©ewichten der Zlüfligfeit (jenes des Waſſers bei 60° 5. = gggı 
gefegt) entfprechenden Gehalte an waflerfreiem Alkohol in Prozens 
ten deö Volums bei der Normaltemperatur von 60° Bahr. oder 
120.44 R. 











100 100 
Maße derSpezifiſches Unter⸗ Maße der 


ı Slüffigkeit | Gewicht ſchiede derFlüfſſigkeit 
enthalten bei fpesififchen!| enthalten 


Spezififches | Unter: 
Gewicht Ifchiede der 
bei fpezififchen 





— * 60° F. | Gewidte. —2 — 60° F, | Gewidte. 
0 999? r6 9791 21 
| 9976 15 17 y7Bı 10 
2 9961 15 | ı8 9771 10 

3 9947 14 19 9761 10 | 
4 9933 14 20 9751 10 
5 9919 14 21 974 1 10 
6 9906 13 22 9731 10 
7 9893 13 23 9730 1 21 
8 «881 12 24 9710 10 
9 986g 12 25 q9700 10 
10 9857 19 36 9689 11 
11 9845 12 27 9679 10 
13 9834 11 28 9668 11 
13 9823 X 29 9657 11 
14 9812 1 3o 9646 s 


15 9802 10 Jı 9634 12 


Alkoholometer. 335 


— — — —— — 
ö —— e — — — —— — ——— — — — — —— — 


Maße der Spezifiſches Unter⸗ 
Fluͤſſigkeit Gewicht ſchiede der 
a [bei fpesififchen 
aße ” 
Altopor. | 0° F- Gewichte 
323 9632 ah 
‚33 9609 24 
34 9596 24 
35 9583 ‚35 
36 9570 25 
‚397 9556 35 
38 954 1 35 
39 9526 26 
"40 9510 ab 
41 9494 26 
42 9478 27 
43 9461 27 
44 9444 37 
45 9427 27. 
46 9409 28 
47 . 9391 28 
48 9373 28 
49 9354 29 
50 9335 3o 
51 09315 ‘30 
52 9295 3o 
63 9355 3ı 
54 9254 323 
55 9234 33 
56 | 9313 33 
57 9192 34 
58 9170 35 
59 9148 36 
60 9126 37 
bı 9104 39 
63 9082 4ı 
63 9059 43 
64 9036 46 
65 9013 49 





66 8989 


236 Alkohol. 


Die dritte Kolumne dieſer Tafel enthält die Unterſchiede der 
ſpeziſiſchen Gewichte, welche für den Hall, ald dad gegebene ſpe⸗ 
zififche Gewicht nicht genau in der Tafel vorfommt, den Nenner 
des Bruches geben, deilen Zähler der Unterfchied des gegebenen 
ſpezifiſchen Gewichts von dem in der Tafel befindlichen nächft grös 
Beren iſt. 3. 8. das bei 60° F. gefundene fpezififche Gewicht der 
Slüfligkeit fey = 9605 (Progentengehalt zwifchen 33 und 34); 
fo ift die Differenz von 9609 (der in der Tafel nächft größeren 
Zahl) = 4, alfo der Bruch = 7, oder der Progentengehalt 
gleich 33% 

Aus den Angaben diefer Tafel laßt fich auch der Progenten- 
gehalt an Alfohol nach dem Gewichte finden. Man multie 
plizirt nähmlich die Anzahl der Maße Alkohol, welche die Tafel 
für ein beftimmtes fpegifilches Gewicht der Mifchung angibt, mit 
dem fpesififchen Gewichte bes reinen Alfohols, alfo mit 7939; fo 
ift die berausfommende Zahl die Anzahl der Pfunde Alfohol in fo 
viel Pfunden, ald das -fpezififche Gewicht mit 100 multipliziert ane 
gibt. 3.8. In der Mifchung von g510 fpezififchem Gewicht find _ 
40 Maße Alfohol enthalten: hiernach find alfo ing51000 Pfunden 
dieſes Weingeifled 7939 >< 40 = 3ı75bo Pfunde Alkohol; 
oder in 100 Pfunden des Weingeiſtes von g510 fpezifiihem en 
wicht 33.39 Pfund Alkohol enthalten. 

Da die vorhergehende Tafel den wahren Alkoholgehalt nur 
in dem Falle angibt, wenn die Flüffigfeit, von welcher die Probe 
gemacht wird, die Normaltemperatur von 60° F. hat; fo gibt nach« 
folgende Tafel Die Prozentengehalte der Blufligfeit bei dem für 
die beigefebten Temperaturen gefundenen fpezififchen Gewichte. 


237 


Alfoholometer. 


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.t££B | S9E8 . 96£8 | Zerg | Bstg | Bar 8 — 9098 | GE9B 58 
£8r8 | Vıcg vygg | ECG | T0gg | 1E98 08 Lg | buLg| ıLlq 08 
v209g | 6998 | 1998 | o1lg | geLg | S9LB gL Lvag £Lgg | b6gg 96 
| 95£8 | Yale | sı98 | 6gng | 9988-| sögg | 04 oLbg | göhg | 1506 ol 
uggg | bobg | gehe | zgbg | ggbg | E06 89 8g06 | Erb | gg16 9 
0006 | 9506 | 1606 | gLo6 | goı6 | 9216 09 gbı6, | 2s:6 | ahz6 00 
Yırb | 6816 | ggı6 | Zgi6 | 1156 | HEc6 59 zog6 | Gsgb | LYe6 cc 
ızch | Hhc6 | Zge6 | 06r6 | grE6 | gggh 0g 66£6 | oshb | ott6 0g 
osgb | zhe6 | 49E6 | GgE6 | goh6 | Lutb | ch 9876 | 9056 | gz56 J 
sıH6 | ggh6 | eghb oyν | 1666 | o1ch oh 996 1966 | g6c6 ob 
gbh6 | Yıgb | zegh | 6456 | ggc6 | usb | SE 6796 | #96 | g596 Se 
uLc6 | ggc6 | £096 | gı96 } E96 | 9696 og tggh | Gbg6 | LoL6 o£ 
8£96 | 3596 | G996 | gLg6 | 0696 | ouLb Gr 63L6 | gelb | gyL6 <= 
ooL6 | 11L6 | ueL6 | ggLh | ehL6 | 1016 0 sLL6b | LLL6 | vgL6 0% 
19Lb | ıLL6 | 6LL6 | ggL6 | 96L6 | zogh 91 Lıg6b | osg6 | 2886 91 

| ges ıgg6 | 6686 | Gyg6 | uog6 | Log6 01 Lgg6 | 8986 | 6986 or 
| hgnb | Lug6 | £066 | 6066 | gı66 | 6166 9 g9s66 | 9266 | 9566 9 


g666 | L666 | L666 





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31093 








unynaodwmaz 





240 Alkohol. 







Alkohol inſ Laͤnge des | Abſtand 
vrorenten eingefentten] zwiſchen 

des | Theils der jjedem Pro⸗ 
Bolums. | Nöhre. 


Alkohol in Ränge des | Abitand 
Prozenten|eingefenkten| zwifchen 

des Theile der jedem Pro⸗ 
Dolums. | Nöhre. | zentgrad. 





1067 28 833 1701 39 


| 
| 65 1096 20 84 1740 39 
J 66 | 1136 29 85 ı17ı 41 
J 6 1154 | 29 — 86 1823 42 
68 1184 30 - 89 1866 43 
69 1215 31 88 1910 44 
I 70 1246, 3ı 89 1955 45 | 
| 71 1278 32 90 2003 |. 47 
il 7a 1310 32 91 2050 48 
| 3 1342 33 92 2099 49 
Ä ab 1375 33 93 3150 51 
| 78 1409 34 94 2203 63 
| 6 1443 34 95 3259 56 
ft 77 1478 35 96 2318 59 
78 1514 36 97 2380 63 
79 1550 36 "98 2447 67 
80 1587 37° 99 3519 72 
81 1624 37 100 2597 8 
83 1662 36 | 


Um nad) diefer Tafel ein Alfoholometer zu graduiren; fo 
fenft man daſſelbe zuerft in reinem Waſſer ein, und dann in 
Weingeift von einem beftinimten Progentengehalt (welchen man 
vorher mitteljt des durch eine genaue hydroſtatiſche Wage bei 
60° F. gefundenen fpez. Gewichtes aus der Tafel (©. 334) ent- 
nommen bat), 5. ®. von 50 Prozent, beide von der Temperatur 
60° F., und bemerft an der Röhre die beiden Punfte, bis zu wel⸗ 
hen das Inftrument in dieſen Klüffigfeiten einfinft. Nun zeigt 
die Tabelle an, daß den 50 Prozenten die Länge des eingefenkften 
Theile der Röhre von 712, oder von 712 —9g==703 zugehört, 
wenn von dem Punkte des Waſſers an gezählt wird. Theilt man alfo, 
die Länge zwifchen diefen beiden betimniten Punkten in 703 Theile, 


Alkoholoineter. ht 


und trägt uun:nach der dritten Aolsunne der Tafel noch weiten auf⸗ 
wärtd.sd fedcher Theile, füc den Sı Progentpunft, Dann a3 Theile 
für 52, u. fi:wı und dben fo auch g folcher Aheile noch unter o; 
oder dem Punkt des reinen Waſſers, fo zeigen dann Die in der 
zweiten Rolumne angegebenen Zahlen den relativen Abſtand von 
diefene äußexften abgeflochenen Punkte bis zu jedem Prozentgrade 
an, welchen war nun nach der. exrften-Kolamine des Tafel neben 
dem zugehörigen Theilungsſtrich auf Die Dkale fest. Soll die 
Skale nur für Peozente im einem gewillss-Umfang, 3. ®. von 
Zo bis Bo Prozent Alkohol, reichen; fo wird das Ardometer fo ein: 
gerichtet, Daß es in dem 3o.prozentigen Woingeiſt: bis etwas uber 
dee Kugel einſinkt; man beſtimmt fowohl dieſen Punkt als jenen, 
bis zu welchrut es in beim Bo prozentigen Weingeiſt einſinkt, und 
theilt dann dieſe Laͤnge in 1607 367 — 1220 Theile, ſetzt von 
dem unteren Pankte an, auf den 3Bo.— 367 — 13 Theil den 
3r. Posgentgrab: una [0:3 Theile: weiter den 3e,.,' u f f y ui 
den Angaben der dritten Kolumne der Tafel. 1. 

GE wich Hierbei voramägefent, daß der Hals des‘ Arhömetert 
durchgrhends von gleichent Kaliber. ſey. Mur muß daher bei dei 
Auswahl.der Glasroͤhren BMI Se eAngunG möglich! nahe zu errei⸗ 
hen ſuchen. Wariationer von etwä — des Durchmeilerd haben 
feinen Einfluß mehr. Um auf jeden Fat fidyer zu ſeyn, fenft 
man dad nod) einzutheilende Ardometer in mehrere Flüſſigkeiten 
von größerem oder minderem Alfoholgehalt, der zuvor mittelft des 
fpesififchen Gewichts durch eine genaue hydroſtatiſche Wage bei 
60° F. gefunden worden ift, und theilt nun die verfchiedenen Zwi⸗ 
Ihenräume nad) Maßgabe der Tafel in die ihnen zufommende Zapl 
von Theilen ein 3:8 Man habe mittelft dreier Probeflüffigfei: 
ten auf dem Halfe die Prozentpunfte 73, 51 und 27 bemerft, wel 
chen nach der Tafel die Theilungd = Zahlen 1342, 735 und 33a 
zukommen. “Wenn fich alfo zwiſchen den Punften 73 und 51 ges 
nau 607 folcher Theile eintragen laſſen, als deren 403 zwifchen 
den Punften 5ı und 37 Plag haben; fo ift die Höhre oder der 
Hals von richtigem Kaliber, Iſt dieſes nicht der Sal, fo muß 
der zweite Zwifchenraum von 51 bis 73 fir fich In 607 gleiche 
Theile getheilt werden, bei welchen man nun, wie vorher, nach 
den in der Kolumne 3 der Tafel angegeberien Abftänden, die zuge: 

Technol, Encyelsp.. I, Bd: 17) 


- 


242 Alkohol. 


hörigen Prozente als 28, 29 ıc., und über &ı weiter 52, 53 ıc., an: 
ſetzt. Je unregelmäßiger der Hals iſt, defto mehr ſolche Zwiſchen⸗ 
räume müſſen mittelft Der durch beſondere Verſuche zu AA RIENENE 
den Prozentenpunfte gemacht werben. 

Diefes Prozenten = Alfoholometer gibt nur genaue Beftim- 
mungen für die. Temperatur von 60° F. (12°.44 R.); für andere . 
Temperaturen iſt e&nothwendig, den entfprechenden wahren Prozen: 
tengehalt, welcher dem unterfuchten Weingeifte beider Normaltem⸗ 
peratur zukommt, ‚in der Tafel (S. 237) aufzuſuchen, inden: man 
denjenigen Prozentengehalt nimmt, welcher hei der beobachteten 
Zemperatur dem nähmlichen fpezififchen Gewichte entipricht, wie Der 
beobachtete bei:60°F. 3.%. bei Bo°F. zeigte das Alfoholometer 50 
Prozent, welchem Gehalt bei 60° F. das fpezififche Gewicht 0.9335 
zugehört ; diefes.fpezififche Gewicht fteht für 80° F, in einer nädy- 
ſten Zahl inder Zafel dem Progentengehalt 45 gegenüber daher 
- den wahre Gehalt bei 60° F. 45 Prozent, mit Veslaſſang des 

Bruches, betraͤgt. 

Zur Erleichterung des Aufſuchens dieſer Korreftion — 
folgende, von Tralles mitgetheilte Tafel, welche unmittelbar 
den wahren Prozentengehalt im Volum angibt, nach den bei ans 
deren Temperaturen von einem gläfernen Alfoholometer angegebe⸗ 
nen Progentengehalten. | 


2435 


Alkoholometer. 


369) 0 anun aoꝛautoynt guq 2916 Sog “39712029 — uafpraE aquaßay) uanqc uoq aoa ↄqiaꝛc uoilaago 229 m gu bunaa⸗uun 


ı6 * 


24 Alkohol. 


Da das Prozenten⸗Alkoholometer nur in den ſeltenen Faͤllen, 
wo gerade die Normaltemperatur eintrifft, den richtigen Alkohol⸗ 
gehalt angibt, bei allen übrigen Temperaturen aber die Korrektur 
aus der Tafel genommen werden muß; was eben fo auch bei dem 
nad) dem fpezifiichen Gewichte graduirten Aräometer, dad doch 
eine allgemeine Anwendung auch für andere Slüffigfeiten hat, bie 
fpezififch Teichter find als Waffer, der Fall ift: fo ift ed im Übri- 
gen ebenfalls zwedmäßig, flatt eines Progenten- Mlfoholometers, 
ein nach den ſpezifiſchen Gewichten in drei Dezinalftellen graduir- 
tes Aräometer (ſ. Ardometer), ald Branntweinwage anzu 
wenden, und nad) demfelben in einer Huülfstafel, nach der Form 
der Tafel (S. 237), die Gehalte für jeded Prozent und für 
jeden Grad der Temperatur aufzufuchen. Für diefen Zweck wäre 
es eine verdienftliche Arbeit, die Silpin’fche Tafel, fowohl für die 
Gewichts » als für die Wolum: Prozente, allenfalls mit Zugrund« 
legung des waflerfreien Alkohols, für jedes Prozent und jeben 
Ihermometergrad (R. und Gentef.) umzurechnen, und noch bie 
Kolumne für die Zufammenziehung der Mifhung in Progenten 
des Volums beizufügen. Durch letztere erhält man dann auch bei 
den abfichtlichen Mifchungen aus Alkohol und Waffer die unmit: 
telbare Angabe der Statt findenden Volumsverminderung. Ein 
Auszug aus dieſer Tafel in einer folhen Form, das die erſte Ko- 
fumne die Baume’fhen Grade enthält, und die folgenden 
den einem jeden von diefen Graden zugehörigen wahren Pro- 
jentengehalt für die Temperaturen von 2 zu 2 Grab R. angeben, 
wird für den Gebraud) des ein Mahl beinahe allgemein recipirten 
Baume'fchen Aräometerd eine eben fo verftändliche als Teicht zu _ 
benügende Hülfstafel feyn, und für alle Fälle des gemenen Le⸗ 
bens hinreichende Genauigkeit gewaͤhren. 

Damit man bei Meſſungen mit dem Alkoholometer nicht ab⸗ 
geſondert ein Thermometer zur Ausmittelung der Temperatur in 
die Flüſſigkeit zu ſenken braucht, iſt es am zweckmaͤßigſten, das 
Thermometer mit dem Alkoholometer in der Art zu verbinden, 
daß die Quedfilberfugel des Ihermometerd am unteren Theile 
deilelben, die Röhre mit der Skale aber in der Röhre des Alfo- 
holometers befindlich it, wodurch die Thermometerfugel noch das 
fonft zus Beſchwerung nöthige Gewicht erfept. (f. Aräometer). 

d. H. 


Amalganı. 245 


Amalgam. 


Die Verbindung oder Legirung des Queckſilbers mit einem an- 
deren Metalle wird Amalgam genannt. Die Amalgame find feſt, 
oder teigig und flüffig, je nachdem fie weniger oder mehr Queckſil⸗ 
ber enthalten. Eigentlich verbindet fich dad Quedfilber mit einem 
Metalle nur in einem beftimmten Verhältniffe ; diefe Legirung nimmt 
aber dann auch noch mehr Auedfilber auf, in welchem fie aufge: 
loͤſt iſt, in mehreren Fällen daraus Froftallifirt, nnd welches fich 
durch mechanifchen Druck wieder abfondern läßt. Preßt man z. B. 
ein Amalgam von Zinn mit fo viel Queeffilber, daß ed ganz flüffig 
it, durch ein Stück fämifches Leder, fo dringt das Quedfilber 
durch Die Poren deifelben, und Täßt das Amalgam in feſter Ger 
ſtalt zuruck, das nur noch wenig freied Quedfilber enthält. Das 
durchgepreßte Queckfilber enthält jedoch auch noch etwas weniges 
von dem Metalle aufgelöft. Eifen, Kobalt, Nidel, Mangan 
amalgamiren fich nicht ; das Antimon und das Platin nur fchwer. 
Die Amalgame, von denen bei technifehen Anwendungen die Nede 
ift, find jene des Goldes, Silbers, Zinns, Bleies, Zinfd und 
Wismuths. 

Die Verbindung des Queckſilbers mit den Metallen geht 
fhon bei der gewöhnlichen Temperatur vor fich, und ein Gold: 
blättchen z. B., das man in eine Schale legt, und mit etwas Queck⸗ 
filber übergießt , wird von diefem bald aufgelöf. Wie Leicht 
goldene Münzen, goldene Ringe mit Quedfilber, mit dem fie in 
Berührung kommen, felbft bis auf eine bedeutende Tiefe durch⸗ 
drungen werden, ift befannt; dad Metall wird dadurch brüchig, 
und es ift eine angemeffene Erhigung beffelben erforderlich, um 
durch die Vertreibung des Quedfilbers ihm feinen natürlichen Zu⸗ 
ftand wieder zu verfchaffen. Am zweckmaͤßigſten werden jedoch die 
Amalgame durd) Anwendung von Wärme bereitet. Iſt das zu 
amalgamirende Metall Teichtflüffig, ald Blei, Zinn, Wismuth 
und Zinf, fo bringt man es in einem Ziegel, gerade nur bei der 
Temperatur, die zu feinem Schmelzen erforderlich ift, in Fluß, 


gießt Hierauf das vorher in einem andern Ziegel heiß gemadite _ 


Quetkſilber mit einem eifernen Löffel nach und nach ein, rührt 


‚246 | Amalgam, 


die Mifchung mit einem eifernen Stabe um, und gießt fie dann. 
auf einen Stein oder in Wafler aus. | 

-Bei firengflüfligen Metallen, wie Gold und Silber, bringt 
man erft diefe vorher Iaminirten Metalle in den Ziegel, erhigt ihn 
bis zum Rothglühen, und fügt dann das vorher erhigte Quedfil- 
‚ber hinzu, wobei fodann die Amalgamation fogleich vor fich geht, 
und durch Umrühren befördert wird. Man kann dabei auch umge: 
fehrt verfahren, und zuerft dad Quedfilber in den Ziegel thun, 
dieſes fo weit erhigen, bis es zu dampfen anfängt, hernady das 
Metal eintragen , und mit einem eifernen Stabe umrühren; 
worauf man ed audgießt, fobald man bemerft, daf das Metall 
‚gefhmolzen if. Die Amalgame mit Gold, Silber und Kupfer 
verlieren durch Erhitzung vollftändig dad Quedfilber wieder, das 
ſich von denfelben abdeftillirten läßt; die leichtflüjfigen Metalle 
halten jedod) einen Fleinen Theil Quedfilber hartnädig zurüd. Die 
meiften Amalgame nehmen, in der Wärme bereitet, beim langſa⸗ 
men Abfühlen eine Erpftallinifche Form an. 

Das Soldamalgam ift im gefättigten Zuftande hart, wird 
aber wieder weich Durch Aneten und Erwärmung. Diefes Amal: 
gam, und das des Sil bers, werdenhauptfächlic, zur Vergoldung 
und Verfilberung von Kupfer und Mefling gebraucht, wovon 
unter diefen Artifeln die Rede ift. Ein Fryftallinifches Silberamal- 
gam ift der fogenannte Dianenbaum, den man erhält, wenn 
ein Gemenge von 3 heilen einer gefättigten Auflöfung von Sil⸗ 
ber in &alpeterfäure mit 2 heilen einer gefättigten Auflöfung 
von Quedfilber in Salpeterfäure vermifcht, und anfden Boden des 
Gefäßes ein Amalgam von 7 Theilen Quedfilber mit ı Theil 
DBlattfilber gelegt wird. Nach einigen Zagen fchießt aus diefer 
Grundlage eine aus glänzenden Kryſtallen beftehende metallifche 
Vegetation empor, die Erpftallifirted Silberamalgam ift, und aus 
65.2 Zheilen Quedfilber, und 34.8 Theilen Silber befteht. 

Das Zinnamalgam wird hauptfächlic zur Belegung 
der Glas: Spiegel verwendet; 3 Theile Auedfilber und ı Theil 
Zinn geben ein Amalgam in fubifchen Keyftallen. | 

Das in der Wärme bereitete Bleiamalgam fryftallifirt 
ebenfalls bei langſamer Erfaltung. Bei gleichen Theilen Blei und 
Quedfilber ift dad Amalgam fefl. Durch Aneten und Erwärmen 


— 


Amalgam. 247 


wird eo, wie das vorhergehende, weich. Auch das Zink amal⸗ 
gamirt ſich leicht in der Hitze: ſehr ſchwer jedoch das Kupfer, und 
letzteres muß hierzu im fein zertheilten Zuſtande, wie es durch 
Faͤllung einer Kupferauflöfung mittelſt Zink oder Eiſen erhalten 
wird, genommen werden. Das Amalgam iſt hellroth von Farbe. 

Das Wismuthamalgam iſt ſehr flüſſig, und theilt 
dieſe Flüſſigkeit auch dem feſteren Bleiamalgam mit, wenn es 
damit in Verbindung kommt Ein Amalgam aus 3 Theilen Queck⸗ 
filber, ı heil Blei, und ı Theil Wismuth ift fo flüffig, daß es 
fi), wie reines Quedfilber, durch fämifches Leder preifen laͤßt. 
Zur gewille Zwecke ſetzt man daher auch den Blei- und Zinnamal- 
gamen Wiömuth zu, um ihre Leichtfläffigfeit bey gleichem Queck⸗ 
ſilbergehalt zu vermehren. 

Letzteres iſt der Fall bei der Methode, Glaskugeln zu Spiegeln 
auszugießen. Man nimmt dazu ein Amalgam aus ı Theil Zinn, ı 
Theil Blei, ı Theil Wismuth und 4 Theilen Quedfilber ; oder aus ı 
<heil Zinn, ı Theil Blei, 2 Iheilen Wismuth und 10 Theilen 
Quedfilber; oder auch bloß aus ı Theil Wismuth -und 4 Theilen 
Quedfilber ; ſchüttet das Amalgam in Die vorher wohl gereinigte Ku⸗ 
gel, und führt eödarin herum, bis die innere Fläche gänzlich überzos 
gen if. Dad Amalgam darf fein Oxyd eingemengt enthalten, 
und kann defhalb vorher durch einen feinen Ioderen Zeug filtrirt 

werden. im die innere Släche der Kugel zu reinigen, muß man 
fie mit einer Pottafchen Auflöfung, dann mit reinem Waſſer gut 
ausfpülen, und mit reinem Löfchpapier austrocknen. 

Aus Zinf mit Zinn wird das Amalgam zum Beſtreichen der 
Reibkiffen für die Eleftrifirmafchinen bereite. Man erhibt zu 
diefem Behufe zuerft das Zink in einem Ziegel, febt dann das Zinn 
ju, und wenn dad Ganze gut geſchmolzen und umgerührt worden 
if, gießt man es in einen andern, falten, Tiegel aus, in welchem 
ſich das Quedfilber befindet, worauf man die Mifchung ſogleich 
gut umrührt. Man fann auch Das vorher erwärmte, Quedfilber 
der gefhmolzenen Metallmifchung zufeßen ; doch muß dieſes nach 
und nach, gefchehen, um eine fehnelle Verbampfung bed Queck⸗ 
filberö und etwaiges Umberfprigen des Metalles zu vermeiden 
Man kann diefes Amalgam mit etwas mehr.oder weniger. Queck⸗ 
ſilber bereiten. Verhaͤltuiſſe dazu find: » Theil Zink, 1 Theil 


218 Amalgamatibn. 


Zinn, 2 Theile Queckſilber (dad Kieumſay e r'iſch Amalgam); 
oder 2 Theile Zink, ı Theil Zim und 5 Theile Queckſilber. Das 
Amalganı wird nach dem Ausgießen gepulert, und mit Fett auf- 
getragen. 

Ein Amalgam aus gleichen heilen Zinn, Miemuth und 


Queckſilber gibt, mit Eiweiß angerieben, einen ſilberartigen 
Firniß zum Überziehen von Gypsfiguren und andern Gegen— 


ſtaͤnden. 
Das Zinkamalgam kann verwendet werden, u um dem blan- 
fen Kupfer eine Similorfarbe zu geben; wenn es auf daffelbe 


- . aufgetragen, das Quetkſilber abgeraucht, und die Fläche abge: 


pugt wird. Die dünne Binflage hat fid) mit dem Aupfer verbun- 
den, und einen goldähnlichen Uberzug (Meſſing) gebildet. 


‚Amalgamation, 


Amalgamation, Verguidung, Anguidung if 
bie Operation der Verbindung eines Metalled mit dem Qnedfil 
ber. Diefe Amalgamirung wird theild vorgenommen, um dad 
Amalgam zu einem weitern Zwede zu verwenden, wie in dem 
Artifel Amalgam erwähnt worden ift, theild um aus dem 
. erhaltenen Amalgam dos Metall für fich darzuftellen. In diefer 
legteren Beziehung ift die Amalgamation ein Mittel, um Metalle 
aus einem Gemenge ven andern Stoffen, die ſich mit dem Queck⸗ 
filber nicht, oder nicht leicht verbinden, abzufcheiden. Beſonders 
wird diefe Amalgamirung zur Ausfonderung von Gold und Sil: 
ber aus folchen Gemengen angewendet. Dieß ift der Fall mit dem 
bei den Gold» und Silberarbeitern, und in anderen Werfftdtten, 
in denen Gold und Silber mit andern Metallen verarbeitet wird, 


fi) ergebenden Abfalle (der Kräge), der aus metallifchen _ 


Gold- und Silbertheilen mit Abfällen anderer Metalle, mit erdi⸗ 
gen und vegetabilifchen Gemengtheilen verunreinigt, befteht. Die 


lesteren laſſen fich durch Schlämmen abfondern , bei welchem die 


Metalitheile, als fpezififch fchwerer, zu Boden fallen, während 
die ablaufende Fluͤſſigkeit die leichteren Theile mit fort nimmt. 
Enthält diefer nusgewafchene metallifche Ruͤckſtand (Schlich) 
bloß Gold und Silber; ſo er unmittelbar zuſammen ge⸗ 





Amalgamation. 249 


ſchmolzen. Enthält er aber noch Abfälle anderer Metalle, als 
Kupfer, Zinn, Eifen oder Stahl ꝛc.; fo werden dieſe letzteren 
Metalle erft durch vorhergehendes Nöften des Gemenges (unter 
der Muffel eines Probierofens, oder im Großen auf dem Herde 
eines Reverberirofens) orydirt, woranf fie fi) mit dem Quedfil- 
ber nicht mehr verbinden fönnen. Das Gemenge wird fodann fein 
zermahlen, und hernach unter Zufag von Waſſer mit Auedfilber 
zufammen gerieben, oder in einem fich um feine Achfe drehenden 
Faſſe unter einander gefchüttelt. Diefe Operationen fönnen im 
Kleinen ganz auf diefelbe Weife auögeführt werden, wie im 
Nachfolgenden ausführlicher für die Amalgamation im Großen ans 
gegeben wird. 

Auf diefelbe Art werden auch Erze, welche gediegened Golb 
oder Silber fo fein zertheilt enthalten, daß aus dem gepochten 
und gemahlenen Erze die erdigen Theile durch Schlämmen nicht 
vollftändig abgefondert werden fönnen, zu Gute gemacht. 

Aber auch aus Erzen, welche das Silber nicht im gediege- 
nen Zuftande, fondern als Schwefelfilber enthalten, fann das 
Silber durch Amalgamirung abgefchieden werden, und auf diefe 
Weife wird auf manchen Hüttenwerfen, ald in Suüdamerifa und 
in Sreiberg, der bedeutendfle Theildes ausgebrachten Silberd ge: 
wonnen. In diefem Prozeffe wird das Silberer; mit Zufap von 
Kochfalz zuerft einer Röftung oder Oxydation unterworfen, bei wel- 
her der Schwefel des Schwefeljilbers in Schwefelfäure übergeht, 
welche fi mit dem Natron ausdem Kochſalze zu Slauberfalz ver- 
bindet, während die Salzfäure (das Chlor) des Kochfalzes fi 
mit dem Silber zu falsfaurem Silber (Chlorfilber) verbindet. 
Wird nun diefed geröftete Erz mit Waſſer und Quedfilber zuſam⸗ 
men gemengt, und dem Gemenge noch Eifen oder Kupfer in 
Stüden zugeſetzt; fo geht die Verbindung des Silbers mit dem 
Queckſilber vor fih, während die Salzfäure an das Eifen oder 
Kupfer übertritt. Bei diefer Einwirfung tritt wahrfcheinlich durch 
die Berährung des Eifend oder Kupfers mit dem (mehr elektrifch- 
negativen) Queckſilber und der Salzauflöfung ein galvanifcher 
Prozeß ein, durch welchen bie Zerfegung des Hornfilbers mittelft 
erhöhter‘ Anziehung des Eifens oder Kupfers zur Salzfäure und 
des Queckſilbers zum Silber befördert wird. Die zur Amalgama- 


I 


250 | Amalgamation. 


tion verwendeten Silbererze enthalten gewöhnlich auch noch Schwe⸗ 
felkupfer und andere Schwefelmetalle: dieſe werden durch die 
Köftung zum Theil ebenfalls in ſalzſaure Salze verwandelt; leg: 
tere aber durch die Amalgamation nicht zerfeßt; fo daß das Amal- 
gam, wenn die Operation‘ fonft gehörig von Statten gebt, nur 
das in den Erzen vorhanden gewefene Silber enthält. 

Die zuerft durch v. B ormangegebene, in Freiber g im Gro⸗ 
ßen ſeit einer Reihe von Jahren ausgeführte, und zu einem ge⸗ 
wiſſen Grade von Vollkommenheit gebrachte Amalgamationsmethode 
der Silbererze beſteht aus folgenden Operationen. 

1) Die Beſchickung der zum Amalgamiren beſtimmten 
Erze. Man hat durch Erfahrung gefunden, daß man die vortheil⸗ 
hafteſte Beſchickung dann erhält, wenn man die verſchiedenen 
Erze in einem folchen Verhaͤltniſſe zuſammen mengt, daß fie einen 
Kohfteingehalt von 30 bis 35 Pfund im Zentner baben, und - 
daß ihr Silbergehalt 7 bis 8 Loth, am beften 7: Loth, im Zent- 
ner beträgt. Wäre der Rohfteingehalt größer, fo wäre eine wei- 
tere Fortſetzung der Röftung nad der ſchon erfolgten Bil⸗ 
dung des Chlorfilbers nöthig, um die Schwefeltiefe noch vol: 
lends zu orydiren: wäre der Silbergehalt im Verhältniffe grö- 
fer, fo müßte man den Nohfteingehalt durch Zufab von Kiefen 


vermehren , was wieder eine ‚verhältnißmäßig verlängerte Rö- _ 


ftung nothwendig machte. Auch Erze mit ftarfem Bleigehalt find 
für dieſe Beſchickung nicht tauglich. 

Die gehörig gepocdhten Erze werden nun mit 10 Progent 
ihred Gewichtes Kochſalz, das ebenfalls zerftoßen ifl, gut gemengt. 

3) Die Röftung, Das auf diefe Weife befchidte Erz 
wird nun geröftet. Die Röftung gefchieht in einem Reverberir- 
ofen (dem fogenannten ungarifchen Röftofen, welcher im Artifel 
Dfen befchrieben wird), deilen hinterer, von dem Feuerherde 
mehr entfernter Theil ald Trodenherd dient, während Die 
Köftung auf dem vorderen Theile, dem Röftherde, vor fi 
geht. Das gemengte Erz; wird zuerſt von dem über dem Ofen be« 
findlihen Schicht» oder Befchidungsboden auf den Trockenherd 
gelaflen, wo e8 durch die von dem Roͤſtherde kommende Wärme 
in Zeit einer Dierteljtunde hinreichend ausgetroduet wird. Es 
wird dann durch die Öffnung des Trockenherdes mit einer eiſer⸗ 


Amalgamation. 251 


nen Krüde auf den um einige Zolle tiefer liegenden Röftherd gezo⸗ 
gen, und gleichförmig ausgebreitet. Die NRöftung felbft erfolgt 
nun in drei Perioden. Die erfte iſt das Anfeuern. In diefer wird 
auf dem Beuerherde das Beuer ununterbrochen unterhalten ; das 
Erz durch die Offnung des Röftherdes mit einem eifernen Rechen 
fletö Durchgerührt, um das Zufammenfleben der Maſſe zu ver: 
hindern, und alle Theile nach und nach in das euer zu bringen. 
Nach etwa drei Viertelftunden fängt das Erz an zu glühen, 
und zwar zunaͤchſt am Seuerherde zuerft, daher man dann Diefes 
Erz weiter gegen den Trodenherd, und Dagegen an deilen Stelle 
das von der Seite des Trodenherdes zieht, um ein gleichförmis 
ges Gluͤhen der ganzen Maſſe zu bewirfen. In diefer Periode ver- 
flüchtigen ſich, nebft der noch rüdftändigen Beuchtigfeit, das 
beigemengte Spießglanz, Arfenif und Kobalt in weißlichen 
Dämpfen. 

Eine und eine halbe Stunde nach dem erften Anfange der 
Röſtung tritt Die zweite Periode ein, naͤhmlich jenedesAbfchwe- 
feln8; indem das glühende Erz durch das Verbrennen des 
Schwefelfiefes mit einer blauen Flamme überzogen ift, und von 
felbft zu brennen fcheint. Hier hört man mitder Feuerung auf, das 
mit Durch die nunmehr eingeleitete Orpdation der Kiefe die Zer⸗ 
ſetzung des Kochfalzes und die Bildung des Chlorſilbers, welche 
der Zwed der Operation ift, vor ſich gehen fönne. 

Diefe Periode dauert etwa dritthbalb Stunden, und gegen 
dad Ende derfelben, wenn nähmlic) die Schwefelflammen allmäp- 
lich verfchwinden, wird noch ein furzes, aber ſtarkes Feuer ge: 
macht, um die flüchtigen Metalle noch vollends auszufcheiden. 
Das Erz wird dabei noch ein Mahl gewendet. Die ganze Mafle 
bat in diefer Zeit eine etwas teigige Konfiftenz angenommen, und 
ihre Zufammenhang ift loderer, eine Folge der vorgegangenen 
Zerftörung des Schwefeld, und der Bildung der neuen Salze. 
Auch entwideln fi nunmehr falsfaure Dämpfe. Die Röftung 
wird num noch (die dritte Periode, des Gutmachens) etwa 
eine Stunde lang fortgefegt, während berfelben das Er; noch 

ein Mahl gewendet, und diefed dann noch glübend heiß mit einer 
eiſernen Krücke in einen eifernen zweirädrigen Wagen — 
gezogen, und zum Abkuͤhlen ausgeleert. 





252 Amalgamation. 


3) Das Sieben und Mahlen. Auch das forgfäl- 
tigfte Rühren und Umwenden des Erzed beim Nöften Fann das 
Zufammenbaden zu Fleineren oder größeren Stücken nicht ver- 
hindern, die eben dadurch der vollfländigen Wirfung des Roͤ— 
fiend entgehen, indem die inneren Theile folcher Klumpen vor 
der gänzlihen Oxydation gefchügt find. Es ift Daher nothwen- 
dig, dieſe gröberen Stuͤcke (Röftgröbe, Graupen) abzu: 
fondern, um fie wieder zu zerfleinern, und einer nochmahligen 
KRöftung zu unterwerfen. Man laͤßt daher das geröftete Erz 
dur Siebe (Raiter) von Eifendrath gehen, deren Löcher etwa 
s ZoU im Durchmeifer haben, und fammelt dasjenige, was 
über das Sieb weg geht, für die nochmahlige NRöftung, wäh: 
rend das Durchgefiebte zum weiteren Vermahlen beflimmt wird. 
Die Röftgröbe wird mit hölzernen Hämmern zerfchlagen, neuer: 
dings mit a Prozent Kochfalz befhidt, und auf bie vorige 
Weife geröftet, fo Daß jedoch dazu nur die Hälfte der Zeit für 
gleiche Quantität. erforderlich ift. Für die Freiberger Befchidung 
fallen von 100 Zentner geröfteten Erzes gewöhnlih nur ı7 
Zentner Röftgröbe ab. 

Eine vwefentlihe Bedingung der vollftändigen Amalgam 
rung ift die möglich feinfte Zertheilung des geröfteten Erzeb. 
Bon dem durchgefiebten Erze iſt gewöhnlich ein Theil fchon in 
einem ftaubartigen Zuftande, der von dem Übrigen noch durch 
Haarſiebe abgefondert werden kann. Alles andere wird auf einer 
gewöhnlichen Mahlmühle vermahlen, deren Steine aus einem 
feften Granit beftehen. Ein Gang mahlt in 8 Stunden 7 bis 8 
Zentner fein. Das Beuteln des Mehls gefchieht durch gewöhne 
liches Beuteltuch. | 

4) Das Amalgamiren. Das Erzmehl ift nun zum 
Amalgamiren gehörig vorbereitet. Das Amalgamiren oder An⸗ 
quiden felbft geichieht in Bäffern, die fich um ihre Achfe drehen, 
und aus ftarfen, 3 Zoll diden Pfoften von Fichtenholz .herge: 
ftellt, mit eifernen Reifen umgeben, und an den beiden Böden 
mit eifernen Scheiben verfehen find, in welchen fich die Zapfen 
befinden, mit denen fi) das Faß in den Zapfenlagern umdreht. 
Die eine diefer Scheiben ift an der Peripherie mit einem ger 
zahnten Rade verfehen, in welde das Stirnrad der Radwelle 


Amulgamation. 255 


eingreift. Ein ſolches Faß, auf 10 Zentner eingerichtet, Bat. in 
Sreiberg 32 Buß Länge, und in der Mitte a: Fuß Durchmeifer, 
im Lichten, der fich gegen die beiden Böden nur um 2 Zoll ver⸗ 
jüngt. Die zylindrifche Form wäre wegen der gleichförmigen Men⸗ 
gung der enthaltenen Maſſe eigentlich die befte: die Ausweitung 
iſt gegen die Mitte alfo nur fo groß genommen, ald zum leichte: 
sen Ausleeren der Mafle nach der Operation erforderlich ift. Zum 
Füllen und Ablaffen hat das Faß ein 5 Zoll weites Spundloch, 
dad durch einen hölzernen Spund verfchloifen werden kann, in 
deſſen Mitte ſich wieder eine Feine: Zoll große, durch einen Stoͤp⸗ 
ſel verſchließbare Offnung befindet. Dieſer en ift durch einen 
eiferuen Bügel befeftiget. 

| In ein ſolches Faß (dad leer 14 — wiegt) werden nun 
eingefült: so Zentner Erzmehl, 5 Zentner QAuedfilber, 3 Zent⸗ 
ner Waſſer, und 66 bi6 77 Pfund (6 bis 7 Prozent des Erz 
quantums) an gefchmiedeten Eifenplättchen, die etwa ı* Zoll 
lang und breit, und + Zoll dick find. Nach der Einfüllung diefer 
Maſſen behält das Faß in der Spundgegend noch einen leeren 
Kaum von etwa ı2 Zall. 

Zuerft wird das Waſſer eingefüllt, Hierauf das Erz. Man 
verfchließt fodann das Faß mit dem Spunde, und läßt es etwa 
eine Stunde lang umgehen, damit das Erz mit dem Waffer fich 
zu einem gleichförmigen Brei vermenge. Diefer Brei darf weder zu 
fieif feyn, weil dann die Einwirfung des Queckſilbers erfchwert 
wird, noch zu flüflig, weil ſich fonft das Quedfilber gegen die 
Seitenwände des Falles anlegt, und mit der Maſſe nicht genug 
vermengt wird. , Erze, die mehr thonige Gangarten enthalten, 
bedürfen natürlich mehr Waller, ald andere, die weniger Waifer 
abforbiren,, weßhalb hier die Erfahrung berathen werden muß. 

Nun wird das Auedfilber fammt den Eifenplättchen einge⸗ 
füllt, und das Faß nad) der Verfchließung des Spundes in Um⸗ 
Tauf gebracht. Die Gefchwindigfeit darf dabei nicht zu groß feyn, 
weil fonft durch die Schwungfroft dad Quedfilber zu fehr gegen 
die innern Seitenwände getrieben werden würde; und man hält 
der Erfahrung nach eine Anzahl der Umläufe von 18 bis 20 in 
der Minute für die vortheilhafteite, was einer Gefchwindigfeit 
der Peripherie des Faſſes an der Spundöffnung von etwa 150 


254 Amalgamation. 


Zuß in der Minute, oder von 22 Fuß in der Sekunde, entfpricht. 

Eine Dauer des Umlaufes von ı6 bis 18 Sfunden hat man zur: 
Beendigung der Amalgamirung hinreichend gefunden. : Während ' 
biefer Operation erfolgt die “oben erwähnte Zerfegung bes 
Hornfilbers, und die Verbindung des Silber mit dem Quedfil- 

ber: es entfteht dabei eine Erhöhung der . ‚ die gegen‘ 
das Ende bis auf 35° R. fteigt. 

Die Eifenplättchen verlieren etwas an Gewicht dur Dige 
dation und Auflöfung von den noch vorhandenen Kupfer- und 
andern metallifchen Salzen (etwa 18 Prozent bei Einer Amalga⸗ 
mation); fie bleiben jedoch im Faſſe nach dem Ablaffen der übrigen’ 
.Maſſe, und werden erft erneuert, wenn fie nach einiger Zeit zu 
ſtark angegriffen worden find. Außer der bereits oben, S. 249, 
angegebenen Wirfung zur Zerfegung des Hornſilbers Haben fie bei 
diefem Prozeffe noch den Vortheil, daß fie die Quantität des 
zerfhlagenen Quedfilbers vermindern, d. h. desjenigen, 
das in fo feine Kügelchen zertheilt wird, daß es in der dicklichen 
Flüffigfeit ein fhaumartiged Anfehen gewinnt, und fih nur ſehr 
ſchwer wieder in größere Maſſen vereinigen läßt, wodurch ein 
Berluft an Auedfilber entfteht. 

Nach einem etwa 18ftündigen Umlaufe der Säffer werden 
diefe mit Waffer ganz voll gefüllt, wozu auf das Faß noch et- 
wa 3 Zentner nöthig find. Die Maffe wird dadurch fo viel ver- 
diinnt, daß das QAuedfilber fich Leicht aus derfelben fammeln, und’ 
zu Boden feben fann. Man läßt das Faß nun nod 2 Stunden 
lang, mit etwa 12 Umdrehungen in der Minute, umlaufen; rüdt 
ed dann, um es audzuleeren, von dem Stirnrade aus, und dreht 
e8 fo, daß der Spund nach unten flieht. Man zieht nun den Za⸗ 
pfen aus der in dem Spunde befindlichen Fleinern Öffnung aus, 
und läßt durch diefe dad Amalgam, das fi) am unteren Theile 
des ruhenden Faſſes gefammelt hat, auslaufen. Hierauf wird aud) 
der Spund geöffnet, und die entfilberten Rücftände werden gleich- 
falls ausgelaſſen. 

5) Das Filtriren des Amalgams. Das gewonnene 
Amalgam enthält nur etwa —- feines Gewichts an Silber, un 
terfcheidet fich alfo in feiner Slüffigfeit wenig von dem reinen 
Auedfilber. Es wird in Beutel aus Zwillich, etwa ı: Fuß lang 


Amalgamation. 255 


und q Zoll weit, welche über einem fleinernen Troge haͤngen, ge⸗ 
goſſen, durch welche das nur wenig Silber (im Zentner ı bis a 
Loth) haltende Queckſilber hindurch läuft, während das Amalgam 
als eine ziemlich fefte Maffe in den Beuteln zurücbleibt, in wel⸗ 
chen man ed noch durch Ausdrüden vom überflüfligen Auedfilber 
befreit. Diefed Amalgam enthält auf einen Theil Silber noch 6 
Iheile Quedfilber. Das filtrirte Queckſilber wird zur neuen ame 
gamirung verwendet. 

6) Ausglühen des Amalgamd. Um das Auedfilber 
nody vollends von dem Silber abzufcheiden,, wird Das auf eiſernen 
Schalen liegende Amalgam unter einem eifernen Sturze (einer 
zylindriſchen, oben fugelig gefchlofenen Haube), deflen unteres 
offenes. Ende in einem eifernen Gefäße mit Waſſer fteht, während 
der obere Theil mit Kohlen erhitzt wird, auögeglüht, wobei das 
verflüchtigte Quedfilber ſich wieder in dem unteren Theile verbich- 
tet, und. fich in dem Waffer anfammelt, das durch einen fort. 
währenden Zus und Abfluß gehörig fühl erhalten wird. Die Feue⸗ 
sung ift Anfangs mäßig; damit dad verbampfende Quecſilber 
nicht Silber mit fich reife. Das zurückbleibende Silber, das aͤſtig 
und poroͤs auöfieht, wird nun in Tiegeln vollends zuſammen ges 
ſchmolzen, und wenn es erforderlich ift, noch weiter auf gewöhnliche 
Art fein gemacht. Das durch die Amalgamation gewonnene Sil- 
ber iR gewöhnlich zwifchen 13 und 13 Töthig. 
| Die Rüdftände, welche nach dem Abziehen des Amal⸗ 

sam aus den Faͤſſern gelaffen worden find, enthalten noch et: 
wad ſilberhaltiges Queckſilber, das Durch Wafchen oder 
Shlämmen aus denfelben gewonnen werden muß; übrigens 
im Durchfſchnitte nur etwa „= des ganzen Quedfilberguantums 
beträgt. Zu diefem Behufe wird nach der gewöhnlichen Art zu 
fhlämmen verfahren, indem man die Rückſtaͤnde in mehrere. 
Bottiche vertheilt, welche an Der Seite mit mehreren über einan⸗ 
der in einem Abflaude von etwa 6 Zul angebrachten , mit 
Zapfen verfchloffenen Öffnungen verfehen find. Diefe Bottiche 
werden mit Waller angefüllt, das Gemenge wird gut umgerährt, und 
"von Zapfen zu Zapfen die von den ſchweren Quedfilbertheilen 
befreite Zlüffigkeit (was man jedes Mahl vorher durch eine in einer 
Schüffel aufgefangene Probe beurtheilt) abgelaffen; fo daß dann 


256 Amalgamation. 


das Queckſilber am Boden zuruͤckbleibt, dad man, wenn ſichnach. 
längerer Zeit eine bedeutendere Quantitaͤt davan augeſanmelt 
hat, abzieht. Der abgelaſſene Ruͤckſtand wird in Sümpfen geſam⸗ 
melt. Die Lauge enthält größten Theils Glauherſalz aufgelöſt, 
und kann auf dieſes benutzt werden. Der entſilberte feſte Ruck 
ſtand (Schlich) wird, nachdem ein hinreichendes Quantum auge⸗ 
ſammelt worden iſt, durch den Schmelzprozeß zu Gute gemacht. 
Dieſe Rückſtaͤnde find durch die Amalgamirung fe weit entſilbert, 
daß fie nur noch + bis. Loth Silber im Zeutner enthalten. Der 
Verluft au Quedfilber bei diefer ganzen Operation beträgt in 
Sreiberg höchſtens nur 1: Loth auf den Zentner Erz, ober. 3: Loch 
auf die Marf Silber; wovon 14 Loth auf das Anquiden und Ver: 
wafchen, und  Roth- auf Verluft beim Ausglüben kommen. Aude 
führlihe Nachrichten über das Amalgamationswerf in Freiberg, mit 
den Abbildungen der :dabei in Anwendung gebrachten Maſchine⸗ 
zien, enthält das »Hankbiich der allgemeinen Hüttenkunde, non 
Lompadius« . 

Bei dem Anıalgamationdverfahren ift Dasjenige, maß eigradı 
Lid) auf dem Möftherde .und in den Anquicfälern vorgeht, wach 
nicht fo vollkommen aufgeflärt, daß etwaige Merbeilerungen des 
Verfahrens aus der Theorie mit einiger. @icherheit hergeleitet 
werden fönnten, weßhalb man hierin hauptfächlich der Erfahrung 
folgen muß. Das Eiſen befördert wohl die Amalgamirung des 
Silbers in den Faͤſſern: aber wenn die Erze’bedeutend Fupferhals 
tig, find, und von der Roͤſtung noch ſchwefelſaures Kupforoxyd, 
wie das gewöhnlidy der Fall ift, übrig bleibt; fo fchlägt das Eis 
fen auch aus der fchwefelfauren Kupferauflöfung das metallifche 
Kupfer nieder , das daun ebenfalls zum Theil mitin die Amalgas- 
mation gebt, und ein Silber von größeren Kupfergehalt lie« 
fert. Man fest daher in ſolchen Ballen, 3. B. bei der: Amalgea- 
mirung Der filberhaltigen Rupferfteine (Rohleche) ftatt des. Eiſens 
bieber Kalt oder metallifches Kupfer zu. Erſterer zerſetzt das ſchwe⸗ 
felfaure Kupfer, und das ausgefällte Oryd geht mit dem Queck⸗ 
filber feine Verbindung: ein : letzteres unterfkügt die Wirkung des 
Quedfilberö auf das Hornfilber, ne das Kupfer aus den vor- 
bandenen Salzen zu fällen. 

Das Hornfilber wird befanntlich auf dem naflen Wege durch 


Amalgamation. 257 


kohlenſaures Ammoniak zerfeht, und diefe nalfe Mengung mit 
QAuedfilber angerieben,, Liefert Teicht ein Silberamalgaım. Wahr- 
ſcheinlich ließe ſich Daher der Anquickprozeß mit Erfparung des 
Zufages von Kupfer oder Eifen abfürgen, und vielleicht felbfi noch 
ein demerer Rückſtand erhalten, wenn man die Mengung in dem 
Amalgamirfaffe mit einer angemeffenen Menge von kohlenſaurem 
Ammoniaf (das in Dem ungereinigten Zuftande, wie es hier brauch⸗ 
bar wäre, im Großen wohlfeil dargeftellt werden kann) veerſetzte. 
Diefer Zufag würde zugleich die Verunreinigung des Silbers mit 
Kupfer, Antimon ıc. hindern, 

Um das Hornfilber ohne Amalgamirung aus dem geröfteten 
Erze zu fcheiden, könnte vielleicht die von Weglar entdedte 
Eigenſchaft der gefättigten Kochfalzauflöfung „ das Chlorfil: 
ber durch Kochen aufzulöfen, benügt werden. Vielleicht laͤßt fich 
diefe Methode für reichere Silbererze, ſelbſt folche, welche Feine 
Kiefe enthalten, anwenden, wenn man durch angemeffend Mittel 
in denſelben vorher das Chlorfilber herſtellt. Rivero's Bor: 
fhlag, das Hornſilber aus dem geröfteten Erze durch Ätzammo⸗ 
niak aufzulöfen, und durch Schwefelfäure zu fällen, dürfte wegen 
der Koftipieligfeit dieſes Auflöfungsmitteld m Großen nicht wohl 
ausfüuhrbar feyn. ' 

Auch die filberhaltigen Schwarzkupfer fönnen, ftatt 
der Eofifpieligeren Seigerungsmanipulation, durch die Amalgas 
mation vortheilhaft entfilbere werden, und die noch neuerlich zu 
Schmöllnig in Oberungarn hierüber ausgeführten Berfuche im Gro⸗ 
Ben haben ein fehr günftiges Reſultat geliefert. Die filberhaltigen 
Schwarzfupfer (mit etwa ı4 Loth Silber im Zentner) werden im 
dunkelroth glühenden Zuftande mit eifernen Stampfern gepocht, 
fodann geraitert, und hiernad) mitteljt eines eifernen Muͤhlſteins 
gu Mehl vermahlen. Bei dem Pochen fällt gleich etwa + des Ge- 
wichts an Mehl ab, das des weiteren Vermahlens nicht bedarf. 

Das rohe Kupfermehl wird nun mit 10 Prozent fein gepufe 
vertem Kochſalz (Minutienfalz) befchidt, und nach den befchriebe« 
nen drei Perioden geröftet. Man vermeidet dabei eine zu hohe 
Temperatur, da die bezwedte Orpdation in einer fhwachen Dun⸗ 
felrothglühhige am beſten vor fich geht, und fich Dabei am wenig» 
ften Schladten (Graupen) bilden. 

Technol. Enenclop. 1. Vd. 17 


258 Ambof.' 


Das geröftete filberhaltige Schwarzfupfer, das durch die Ver: 
söftung eine Gewichtövermehrung von 35 Prozent, mit Einfluß 
des Salzzufchlages, und nach Auslaugung der gebildeten Salze, 
von 27 Prozent erhalten hat, wird nun gefiebt, fo Daß das Durch⸗ 
gehende. etwa dem groben Sprengpulver im Korn gleich fommt. 
Die Graupen werden abgefondert, gefchroten,. wieder mit-ı Pro⸗ 
zent Kochſalz eine Stunde hindurch geröftet, und dann dem Durch⸗ 
geraiterten zugefchlagen, worauf dad Ganze Auf der Mühle fein 
vermahlen wird. Das Bermahlen gefchieht feucht, um die Ver— 
ftaubung zu hindern: ein Müplftein mahlt in aa Stunden 32 bis 
36 Zentner verröftetes Kupfer. 

In ein ı3 bis ı4 eimeriges Anquicdfaß werden nun, auf die 
bereits beſchriebene Weiſe, 13 Zentner des geroͤſteten Kupfer: 
mehls, 3oo Pfund. heißen Waſſers, dann 400 Pfund Queckſilber 
und 100 Pfund gefchmiedete, ı Fuß lange, ı Zoll breite, 2 Linien 
die, an beiden Enden abgerundete, Kupferzaine gebracht; das 
Faß ı6 Stunden hindurd in Bewegung gefebt; daflelbe dann- 
mit kaltem Waſſer vollgefüllt, und noch einige Stunden lang mit 
verminderter Gefchwindigfeit umgetrieben ; und hiernach Die Amals 
gamation beendigt: Der Rüdfland zeigt dabei gewöhnlich nur 3 
Denar, höchſtens ı Quentchen Silbergehalt im Zentner. 

Das durch: das Ausglühen und Einfchmelzen erhaltene Sil- 
ber ift nahe fein, und die Menge um ein bedeutendes größer, als 
durch den Seigerprozeß. Die Rüdftände werden mit Zufag 
von Rohlechen durch den 0. Schmel;prozeß zu Gute 
gemadht. 

d. H. 


Ymboß. 


Wenn man unter Aniboß alle jene Werfzeuge verftcht, 
deren man fich als harter unnachgiebiger Unterlagen bedient, um 
auf denfelben mittelft des Hammers Metalle zu fehmieden, zu 
fchweißen, zu ſtrecken, und überhaupt in einem gewilfen Grade 
zu formen: fo ift die Anzahl der einzelnen Arten fehr groß. Gie 
find faft allen Metallarbeitern fo unentbehrlich, daß fogar an den’ 
meiften Schraubftöcden der größern Bequemlichkeit wegen gehärs 
tete Platten oder Klögchen zu dem Behufe angebracht werden, 


Amboß. 259 


um mit Beihülfe des Hammers fleinere Stüde fchnell biegen und 
richten zu fönnen. Diefem ausgedehnten Gebrauche zn Folge find 
auch die Amboife in der Größe ungemein verfchieden. Man hat- 
folhe von einigen taufend Pfunden im Gewichte, bei großen 
Hammerwerfen, und fo von allen Abjtufungen bis zu den klei⸗ 
nen, nur etwa zwei ZoU langen Schlagitödhen der Klein- 
uhrmacher. Auch die Art, wie fie angebracht werden, ift fehr ver⸗ 
fdyieden. Die größten Amboffe der Hammerwerfe pflegt man 
auf eine eiferne Unterlage zu ftellen, welche wieder in einem ftar- 
fen in die Erde verfenften hölzernen log, dem Amboßftod,- 
feftgefeilt if. Die Amboſſe der Schmiede und Schloffer ruhen 
auf einem eichenen, mit einem flarfen eifernen Reifen umgebenen- 
Blocke, in deſſen Oberfläche der Fuß des Amboffes, höchftens einige 
Zoll tief, eingelaifen ift, damit er fich während des Schmiedens 
nicht verrüden fönne, übrigens aber mit demſelben keiner weitern 
Verbindung bedarf, indem dad Gewicht des Amboſſes diefelbe 
überflüflig madıt. Die Pleineren Amboffe (Schlagftöde ges. 
nannt, ein Nahme der übrigens öfters auch den Schmiede » Am 
boſſen beigelegt wird) haben am untern Ende eine Angel, mit wel: 
her man fie in einem in der Werkitätte ftehenden Holzklotze befe⸗ 
ftigt. Noch Fleinere fönnen fammt ihrem hölzernen Unterfape 
aufden Werftifch geflellt werden. Die Liegamboffe der Kupfer: 
fchmiede werden durdy Keile in einem hölzernen Blode feftgehalten. 
Die Schlagftödchen der Kleinuhrmacher haben einen flachen 
Fuß, um entweder auf dem Tifche zu ftehen, oder auch um fie 
an demfelben in den Schraubftoc einfpannen zu fönnen. Auch 
gibt es folche, welche ſich mittelft einer am unteren Theile befinds 
lihen Schraubzwinge an die Zifchfante befefligen laſſfen. Ganz 
Heine Polirftödchen der Uhrmacher find auch manchmahl 
doppelt, mit einer kreisrunden, und einer vieredfigen oder drey⸗ 
eigen Bahn, und in der Mitte zwifchen beiden mit einem An⸗ 
fage, an welchem man fie in den Schraubflod einfpannt, fo daß 
nach Bedürfniß die eine oder die andere a. nach oben ger 
bracht, und benüßt werden fann. 

Da die Amboffe bei einer großen Anzahl ſehr verſchiedenar⸗ 
tiger Gewerbe, und zu ſo mannigfaltigen Zwecken benützt wer⸗ 
den; ſo wuͤrde hier eine Aufzaͤhlung aller einzelnen, durch Form 

ı7 * 


260 Amboß. 


imd Gebrauch von einander abweichenden Arten nicht zweckmaͤßig, 
ja fogar deßhalb nicht thunlich ſeyn, weil die Urſache einer. ber 
ſtimmten Form bei vielen diefer Werkzeuge die fpezielle Arbeit ift, 
zu welcher fie benußt werden. Zur leichteren Überficht fönnen fie 
aber füglich in zwei Klaffen getheilt werden, wovon die eine zu 
allgemeinen, die andere zu befondern Zweden beftimmt ift. 

Zur erftern Klaffe gehören vorzugsweife die Amboffe der 
Schmiede und Schloffer, welche zur Bearbeitung des Eifens - 
mittelft de8 Hammers, meiftens im glühenden Zuftande, beftimmt 
find, und welche, nach den Amboffen der Hammerwerke, die 
größten find. Ein folder Amboß, Tafel 7, Bigur ı, ift ein 
länglich vierediger, auf der oberen Slähe (der Bahn) mit 
gehärtetem Stahl belegtee Eifenflog, welcher außer dem etwas 
hohlen Zuße noch zwei horizontale Verlängerungen befigt. Die 
eine, fegelförmige, c, dient dazu, um das Eifen während des 
Schmiedens rund zu biegen, fo wie auch um Ringe rund zu rich: 
ten oder aufzutreiben (zu erweitern). Man nennt diefen Theil 
da8 Horn oder Sperrhorn. 

In dem andern freiltehenden Theile, deſſen ebene Ober- 
fläche eine Fortſetzung der Bahn ift, befindet fich ein vierediges 
Loch, d, in welches der zum Abhauen des Eifens nöthige Schrot- 
meißel, die Untertheile der Gefenfe, und andere zur Schmiede- 
arbeit erforderliche Hulfswerkzeuge mittelft der an ihnen befindli— 
chen, in das gedachte Loch pallenden Stiele, eingeftedt werden 
fönnet. Es verſteht fich beinahe von felbft, daß diefe ſchweren 
Ambofle in der Werfftätte einen unverrücten Stand haben müf- 
fen, und zwar, damit man das glühende Eifen ohne Zeitverluft 
auf diefelben bringen fönne, fo nahe ald möglicd, am Feuer. Daß 
fie auf einem Holzklotze ftehen, ift bereitö bemerft worden. 

Um die bei den Schlägen der ſchweren Schmiedehämmer 
Statt findende Erfcehütterung des Gebäudes zu vermeiden, hat man 
vorgefchlagen , diefer Art von Amboß eine elaftifche Unterlage zu 
geben. Zu diefem Ende wird eine aufrecht ftehende, oben offene 
Tonne mit Sand gefüllt, auf den Sand eine dide runde Scheibe 
gelegt, und auf diefe erft der Amboß geſetzt. Die Tonne ruht 
anf zwei Tangen eihenen Balken, welche nur mit ihren Enden 


d⸗ 


N 


. 





Ambof. 261 


den Yußboden berühren, baher in der Mitte hohl liegen, nnd da⸗ 
durch einen Grad von Elaftizität erhalten, durch welchen die Ge⸗ 
walt der Schläge gebrochen wird, und dieß defto ficherer, je 
fchwerer der Amboß if. Noch mehr wird das Gebäude gefchont, 
wenn die Enden der Balken bis an die Wände des Arbeitsortes 
reichen. 

Meben dem Schmiede» Amboffe findet man auch meiftens 
noch einen befondern Horn: Amboß, mit einem Pegelförmigen 
and einem ppramidalen Ende. Er bat einen längern Zuß oder 
Schaft, damit er'höher fteht, und dem Arbeiter, wenn Fleinere 
Stüde rund oder vieredig gerichtet werden follen, bequemer zur 
Hand iſt. Mittelft einer Angel fledt er in einem hölzernen Klotze. 
Überhaupt find diefe runden und vieredigen Enden bei vielen Ges 
legenheiten eben fo unentbehrlich, als die gerade Bahn des Am: 
boſſes. Man findet fie fogar an den Schlagftödchen der Kleinuhr⸗ 
macher. | 

Allein es gibt aud häufig Amboße oder Schlagftöde ohne 
Hörner, mit bloß quadratförmiger Bahn; welche vorzüglich zum 
Bearbeiten ebener Flächen, befonders des Bleches gebraucht wer: 
den. Hierher gehören die Polir-, Treib⸗ und Spannftöde 
der Klempner. Nebft diefen bedienen fich die genannten Arbeiter 
aber auch noch befonderer, nach Art der Sperrhörner gebildeter 
Werkzeuge, welche fie Sperrhafen nennen, und durch Zus 
fäge, 3.8. langer, großer, Fleiner Sperrhafen, von ein: 
ander unterfcheiden. Der Sickenſtock der Klempner aber, ob- 
wohl der äußern Form nad) den vorigen ähnlich, hat quer über 
die Bahn gehende, größere und Fleinere Rinnen, in welche das 
Blech mit eigenen Haͤmmern getrieben wird, und nähert fich daher, 
feiner Verwendung zu Folge, ſchon den Sefenfen. Zu gleichem 
Behufe brauchen die Kupferfchmiede das Senfeifen, einen 
flachen, ebenfalls mit Rinnen verfehenen Amboß. 

Überhaupt richtet fi die Form der zu befondern Zwecken 
beftimmten Amboffe, von welchen fo eben einige Beifpiele ange: 
führt worden find, nach der VBefchaffenheit der mit ihrer Huülfe 
vorzunehmenden Arbeiten. &o bat der vieredige Amboß zur Wer: 
fertigung der Schnürftifte eine über die ganze Bahn gehende Fleine 
Rinne ; der Amboß der Beilhauer eine zum Befeftigen der zu hauen- 


262 Ambof. 


den Feile zwedmäßige Einrichtung; jener der Nagelfchniede 
eine. zum Anbringen des Nageleifens geeignete Gefbalt, u. f. w. 

Obwohl die Bahnen der meiften den. Amboffen beizuzählenden 
Werfjeuge gang eben find, fo iſt Doch auch manchmahl Das Ge⸗ 
gentheil nothwendig. Hierher gehört der Stodamboß der Au- 
pferfchmiede, mit einem großen rumden Knopfe ſtatt der flachen 
Bahn; das Einfageifen der Klempner, und die in daffelbe 
paflenden Auffäge, mit fehr verfchieden gefrümmten und ges 
fhweiften Slächen; die. halbfugelförmigen Bodeneifen der 
Uhrgehäufemacher. Berner ift auch wohl der obere Xheil des 
Amboffes zuweilen gebogen, gefrümmt, oder abgefrüpft. Bei— 
fpiele geben der Hals amboß der Kupferfchmiede, zum Aus⸗ 
bilden des engern ‚Theile von Kannen und dergleichen, das 
Daumeifen der Klempner zundchit zum Ausflopfen von Beu⸗ 
len in bauchigen Gefäßen, die Bauceifen zur Bearbeitung des 
_ Umfanges von Uhrgehäufen, und andere mehr. 

Bei der Beihreibung der einzelnen Metallarbeiten werden 
noch mehrere Fälle vorfommen, wo Amboffe von minder gewöhns 
lichen Sormen nothwendig find; wogegen eine erfchöpfende Auf: 
zaͤhlung derfelben, ohne die Erflärung der darauf vorzunehmen 
den Arbeiten, die fich außer dem Zufammenbange nicht wohl ges 
ben läßt, ohne Nugen feyn würde. 

Die größten Amboffe, die in den Hammerwerfen angewen- 
det werden, find aus gegoffenem Eifen.. Man richtet fich zu dem 
Guſſe eine Form vor, deren Boden, auf welchem die Bahn oder. 
die obere Flaͤche des Amboffes fich bilden foll, aus einer ebenfalls 
gußeifernen Flaͤche von der erforderlichen Dicke befteht, damit 
durch diefelbe eine möglichft fchnele Abkühlung des Guffes, und 
eine fehr große Härte deffelben erhalten werde. 

Die eigentlichen Schmiede - Amboffe mit Körnern verfertigt 
‚man nur felten aus gegoffenem Eifen. Denn obwohl fie dann viel 
wohlfeiler zu ftehen fommen, fo erhalten fie doch nie die nöthige 
Stärfe und Dauerhaftigfeit, indem die Kanten, befonders aber 
"Die Hörner, leicht brechen, auch wohl der Körper felbft zerfpringt, 
uud daher der Amboß bald unbrauchbar wird. 

Ale guten Schmiede - Amboffe beftehen daher aus gefchmies 
detem Eifen, und find auf der Bahn mit Stahl belegt, welchem 


Amboß. 263 


man, nachdem er eben abgerichtet worden iſt, die nöthige Härte 
gibt. Sie werden entweder auf den Eiſenhaͤmmern, oder auch 
wohl von eigenen Amboßſchmieden verfertigt. Zu den größten 
Arten macht man ein Feuer im Sreien, weil das der Schmiede: 
Eſſe nicht mehr hinreicht, und fchmiedet den Körper des Amboſſes 
entweder aus eimer großen Luppe, oder aus einzelnen zufammen- 
geſchweißten Eleineren Eiſenſtücken. Während dem wird auch die 
Stahlplatte aus einem Bündel zerbrochener vierfantiger Stahl: 
fangen gefchmiedet; und, endlich werden beide, nachdem man 
ifnen Die erforderlihe Schweißhige gegeben hat, vereinigt, in: 
dem man die Stahlplatte erft in der Mitte, dann aber auch an 
beiden Enden, mitder obern Fläche des Amboſſes zuſammen fchweißt. 
Alles wird nun gleichförmig erhigt, die flählerne Belegung mit 
gebrannten Ochſenklauen bededt, und durch fchnelles Ablöfchen 
gehärtet. Zu diefem Behufe Teitet man entweder einen ununter: 
brochenen ſchmalen Strom Waffer von oben auf die Bahn, oder 
man pflegt auch ſehr große Amboffe fchnell auf einen Karren 
zu legen, und in einen nahen Fluß zu fahren. 

Es leuchtet ein, daß diefe Arbeiten eine bedeutende Übung 
erfordern, indem ein guter Amboß ohne unganze Stellen und 
ohne Schweißinähte, vorzüglich aber die ftählerne Bekleidung 
überall wohl mit dem Eifen vereinigt, und hinreichend hart feyn 
fol. Die legtere Sigenfchaft erfennt man daran, daß die Bahn 
nicht von der Zeile angegriffen wird. Ein guter Amboß muß fer- 
ner, mit einem Eifen angefchlagen, überall recht hell flingen, indem 
ein ungleicher, Flirrender Ton auf unganze Stellen, und auf un- 
vollfommene Verbindung des Stahles mit den Eifen fließen läßt. 

Da man beim Schmieden der Amboffe gewöhnlich, zuerft einen 
vieredigen Klotz, wiee, m, n, p, Sig. ı, Zaf. 7, verfertigt, und 
denfelben durch Anfchweißen der freiftehenden Theile.c, d, und 
des Fußes q, r, ergänzt; fo gefchieht es oft, daß einer der obe⸗ 
ren Theile, wenn das Schweißen nicht vollfommen gelungen -ift, 
bei der Verwendung zu fchwererer Arbeit wegbricht, und der Am- 
boß unbrauchbar wird. Der Engländer King hat daher mit 
Grund vorgefchlagen, den Amboß nur aus zwei Stüden, wie A, 
B, Sigur 2, Zafel 7, zu verfertigen, welche dann zuſammenge⸗ 
ſchweißt werden. Wenn dabei ‚nicht gar zu forglos verfahren 


264 Ammoniaf. ' 


wird, fo ift feine Trennung der Theile beim Gebrauch zu befürdye 
- ten, indem die am leichteften einer Beſchaͤdigung ausgeſetzten 
freiftehenden Theile mit der obern Maffe des Ambofles ein Ganzes 
ausmachen. 

Die Heineren Amboffe werden mit denfelben Mitteln und 
Handgriffen, wie andere mit Stahl belegte Eifenwaaren verfertigt. 
Bei manchen derfelben wird die gehärtete Bahn, welche immer 
aus einer ja nicht zu dünnen Lage Stahl beftehen muß, bis zum 
höchften Glanze polirt. Das legtere ift unumgaͤnglich nethwendig 
bei den Poliritöcden der Klempner und Plattirer, den Stödchen 
der Uhrmacher, den Amboffen der Ylitternfchläger, und überhaupt 
bei allen, wo die Arbeit zwifchen der Bahn und dem ebenfalls fein 
polirten Hammer außer der richtigen Form auch zugleich einen 
hoben Brad von Slanz erhalten foll. | 

G. 2%. 


Ymmoniaf 


Das Ammoniaf, font flahtiges Alkali, unters 
ſcheidet fich von den übrigen Alfalien, mit denen es die allgemei= 
nen alfaliichen Eigenfchaften gemein hat, wefentlich darin, daß 
es bei gewöhnlihem Drude und mittlerer Temperatur im reinen 
Zuftande nur ald Gas eriftirt. Nur bei einer Temperatur von 
32° R. unter o bei mittlerem Luftdrude, oder bei einem Drucke 
von 6: Atmofphären bei mittlerer Temperatur Fondenfirt es fich zu 
einer farblofen Sluffigfeit, die ein fpez. Gewicht von etwa 0.76 
bat, Das Ammoniafgas ift eine Verbindung von Wafferftoff und 
Stidftoff, fo zwar, daß.man daflelbe ald aus 3 Map Waſſer⸗ 
floffgas und ı Maß Stickſtoffgas beftehend, und auf = Maß ver= 
Dichtet, anfehen fann. Es enthält hiernach in 100 Gewichtötheis 
len 82.54 Xheile Sticftoff gegen 17.46 Waſſerſtoff. Sein fpez. 
Gewicht gegen das der atmofphärifchen Luft ift = 0.5913. Das 
Ammoniafgas wird vom Waſſer fehr Teicht, unter Erwärmung, aufs 
genommen, und zwar um fo leichter, je Fälter dieſes ift; fo daß ſelbſt 
das Eis es begierig aufnimmt, und mit demfelben flüflig wird. 
Das Wailer nimmt bei 670 Mahl fein Volum von diefem Gas 
auf, vermehrt dabei feinen Unfang um + (aud ı Maß werden ı7 
Map), erhält ein fpez. Gewicht von 0.872, und enthält 32; Pros 


Ammoniak. 965 


zent veined Anmoniaf. Das mit Ammoniaf mehr oder weniger 
gefättigte Wafler Heißt flüffiges Ammoniaf, Aetzammo—⸗ 
niaf, fonfl ägender Galmiakg eiſt. Es hat, wie das Gas 
ſelbſt, das fich fortwährend aus demfelben entbindet, einen eige- 
nen durchdringenden Geruch, ſcharfen Taugenhaften Gefhmad, und 
wirft auf Zunge und Haut Abend. _ 

Das Ammoniaf wird gewöhnlich ans dem Salmiaf (ſalzſau⸗ 
vem Ammoniak) dargeftellt, indem diefer durch gebrannten Kalt 
zerfegt wird. Die Salzfäure verbindet ſich hier mit dem Kalle zu 
falzfaurem Kalt (Ehlorkalzium) , während das Ammoniak frei 
wird, und fich als Gas entwidelt. Um daffelbe gasförmig darzu⸗ 
ftellen, vermengt man zwei Theile gebrannten und gepulverten 
Kalt mit einem Theile trodenem gepulverten Salmiaf, füllt dad 
Gemenge in eine Fleine gläferne Retorte, die man über einem 
Kohlenfeuer oder einer argand’fchen Lampe erwärmt, während die 
Öffnung ihres Halfes unter einem gläfernen Rezipienten durch 
Quedfilber gefperrt ift, und das fich entwidelnde Gas in dieſem 
aufgefangen wird. 2 

Für die gewöhnlichen Anwendungen wird das Ammoniaf 
immer in flüffiger Geſtalt bereite. Zu diefem Behufe ift es beiler, 
das Gemenge nicht ganz troden, fondern mit Wafler befeuchtet 
anzuwenden, weil in diefem Kalle die Entwidelung des Ammo- 
niaks leichter und bei geringerer Wärme vor fich geht; auch kann 
die Menge des zuzufependen Kalfs um fo mehr (bis auf gleiche 
Theile Kalf and Salmiaf) vermindert werden, je mehr Waſſer zu⸗ 
gefeßt wird, was den Vortheil gewährt, daß der Ruͤckſtand in der 
Retorte weniger überfchüfligen Kalk enthält, und leichter heraus⸗ 
geſchafft werden kann. 

Will man ein konzentrirtes flüſſiges Ammoniaf bereiten ‚fo 
verfährt man hiernach auf folgende Art. Der Salmiaf (ein Theil) 
wird vorher fein gepulvert. Der Kalk (zwei Theile) wird mit 
Waſſer allmählich befprengt‘, bis er zu einem feinen Pulver jer- 
. fallen ift, und hierauf gefiebt. Die beiden Pulver werden ſchnell 
gemengt, nnd in die in dem Sandbade liegende Retorte gebracht. 
Diefe ift mit einer aus drei Woulfeſchen Slafchen beftehenden Vor⸗ 
lage verfehen; (ſ. Deftillation). Die erfte Slafche enthalt 
etwas weniges Waſſer; die zweite Flaſche enthält fo viel Wafler, 


266 Ummoniaf. 


als 2 vom Gewichte des angewendeten Salmiaks betragen; die 
dritte Zlafche enthält etwa die Hälfte dDiefed Gewichte. Die Fla⸗ 
ſchen dürfen nur bis etwas über die Hälfte ihres Inhalts mit Waſ⸗ 
fer gefüllt feyn. Sämmtlihe Zugen werden fehr gut verfittet, 
am beften mit gut übergebundenen, mit Eiweiß oder mit Mehlklei⸗ 
fier getränften Leinwandftreifen, die man erft völlig trocken werden 
Iaßt, bevor das Feuer angefchürt wird. Die Deftillation wird bei 
allmählich fleigender Hige bewirft, die endlich bis zum Glühen des 
Netortenbodend verftärft wird. Das entiwidchte Gas verbindet 
fi mit dem Wafler der zweiten Slafche, während die mit demſel⸗ 
ben übergeführte atmofphärijche Luft in Blaſen entweicht, und 
nad) der völligen Sättigung deffelben mit dem Waſſer der dritten, 
welche ſonach ein fehwächeres Ammoniaf liefert. Während der . 
Operation werden die Flaſchen mit Schnee oder Eid, oder wenig- 
ſtens mit erneuertem frifhem Brunnenwaffer, umgeben. Die Ope⸗ 
ration ift beendigt, wenn Feine Luftblafen mehr in den Slaichen 
zum Borfchein fommen, und eine bedeutende Menge von wäffti- 
ger Slüffigfeit aus der Retorte in die erite Flaſche überzugehen an⸗ 
fängt. Das in der erften Slafche enthaltene Ammoniak ift ſchwach, 
mit etwas Salmiaf, brenzlichem Ohl, auch Eohlenfaurem Ammo⸗ 
niaf verunreinigt, und fann bei einer neuen Deftillation dem Ges 
menge in Der Retorte wieder zugefept werden. Wenn in der zwei⸗ 
ten Flaſche fchen die gehörige Menge Waſſer (ein Pfund Waſſer 
auf ein Pfund Salmiaf) vorgefchlagen worden ift, fo ift der Am⸗ 
moniafgehalt der dritten Flaſche nur unbedeutend. 

Bei der Anwendung des Wouffefchen Apparats mit mehreren 
Flaſchen entiteht ein ftarfer Druck des Gafes (welcher der Summe 
des Drucdes der Wafferfäulen gleich ift, die ſich in den Flaſchen 
befinden) wodurch Leicht Riffe in der Lutirung entftehen. Dean 
kann die Vorlage daher auch fo einrichten, Daß man mit der Res 
torte einen tubulirten Ballon oder Kolben in Verbindung ſetzt, 
in deffen Zubulus man eine I] förmig gebogene Glasroͤhre ein- 
fittet, deren längerer Schenfel bis nahe auf den Boden einer eng- 
balfigen, mit einem Korfftöpfel, durch deifen Durchbohrung die 
Nöhre geht, leicht zu verjchließenden Flaſche reicht, in welcher 
das Waffer (3 vom Gewichte des Salmiafs) vorgefchlagen iſt. 
Nimmt diefes gehörig obgefühlte Waller fein Gas mehr auf, fo. 


Ammoniak. 967 


nimmt man die Blafche weg, und fegt eine andere an deren Stelle. 
Übrigens ift Diefer Apparat auch einfacher und leichter herzuſtellen, 
als eine Wonlfefche Vorlage mit drei Flaſchen. In den Tubulus 
der Vorlage kann zugleich eine Sicherheitsröhre eingefittet feyn, 
die in das in derfelben befindliche wenige Waffer reicht. 

Wil man nicht Fongentrirtes, fondern ſchwaͤcheres Aetzam⸗ 
moniaf, von der Stärke ded gewöhnlichen Salmiafgeifted (etwa 
0.95 bis 0.96 fpe;. Bewichtes), wie daffelbe gewöhnlich zu techni- 
fhen Anwendungen gebraucht wird; fo loſcht man den Kalf mit 
fo viel Waſſer, daß ein dünner Brei entfteht, den man mit 
dem gröblic, zerfioßenen Salmiak vermengt, und in die Netorte 
einfült. Man nimmt in diefem Falle gleiche Gewichte Kalt und 
Salmiaf,. Die Vorlage, in weldyer die von der Netorte fommende 
Roͤhre bis faft auf den Boden reicht, enthält + Mahl das Gewicht des . 
Salmiaks an Waſſer, alſo auf 16 Unzen Salmiaf 24 Unzen Wafler, 
und man ſetzt nun die Deftilation bei maͤßigem Feuer fo langefort, 
bis zu diefer Flüfligfeit noch eben fo viel übergegangen , im Gan⸗ 
zen alfo 48 Ungen enthalten find; was man an der Slafche vorher 
durch ein Zeichen bemerft haben kann; worauf biefelbe ſogleich 
weggenommen wird. Um die Verunreinigung des Deſtillats zu 
vermeiden, iſt es in dieſem Falle vortheilhaft, ſtatt der Retorte 
einen Kolben mit maͤßig langem Halſe anzuwenden, und auf die⸗ 
fen einen Helm aufzuſetzen, oder in denſelben eine heberfoͤrmig 
gebogene, eiwad weite Röhre einzufitten. 

In der Netorte, welche übrigens mit der Mengung mur 
hoͤchſtens bis auf: ihres Inhalts gefüllt ſeyn darf, bleibt bei dies 
fen Operationen ein. Rüdftand, der um fo fefter ift, je trockener 
Die Mengung war, folglich je höher die Hibe zur Beendigung der 
Dperation ſeyn mußte. Diefer Rüdftand beſteht aus Chlorfals 
zium mit nod) überfchüffigem Kalk. Das erftere wird Durch Auflö« 
fung in Waffer von dem Tegteren getrennt, und durch Abdampfung 
zu weiterem Gebrauche in fefter Geſtalt dargeſtellt. 

Bei der zuletzt erwaͤhnten Verfahrungsweiſe mit dem naſſen 
Gemenge bleibt die Retorte ganz, und kann wiederhohlt gebraucht 
werden, weil die angewendete Hitze nicht bedeutend iſt. Bei der 
Methode mit dem trocdenen Gemenge hingegen hält die Netorte - 
nur Eine Operation aus. Es ift daher mehr öfonomifch, hierzu 


268 Ammoniaf. 


Retorten aus Gußeiſen nach der gewöhnlichen Form zu gebrau- 
den, welche an der Stelle, wo fich bei den Glasretorten der Tu⸗ 
bulus befindet, mit einer kurzen Röhre oder einem Halfe verfehen 
find, in welchen ein paflender eiferner Stöpfel eingefchmirgelt iſt, 
der am oberen Theile einen Ring hat, um leichter. herausgenom⸗ 
men werden zu Fönnen. Durch diefen Hals füllt man die Men⸗ 
gung ein, und nimmt den NRüdftand nach der Operation wieder 
heraus. Die Retorte liegt feft über dem Feuer eines Windofend, 
- und ihr Hald wird mit einem eifernen Vorſtoße verfehen, aus 
welchem die Verbindungsröhre in die Vorlagen geht. 

Arbeitet man mehr im Großen, fo find gußeiferne Zylinder, 
in derfelben Form wie Gasretorten, am wohlfeilften und bequems 
fien. Aus dem hinteren Theile einer folchen in einem Ofen einge: 
mauerten Retorte geht eine eiferne Röhre durch die Hintermauer, 
in welche eine bleierne Röhre eingefittet oder angefchraubt wird, 
Die in die erfte Vorlage geht, welche zum Wachen des Gaſes und 
zur Anfammlung des unreinen Deftillats dient ; fie enthält etwaß 
Mailer, in welches die Röhre eintaucht, und ift mit einer Sicher: 
heitöröhre verfehen. Aus Diefer Vorlage, die von Blei oder Eifen 
feyn fann, und unten mit einem Abflußhahne.verfehen ıft, um das 
Deitillat von Zeit zu Zeit abzulaffen, geht eine Verbindungsröhre 
bis nahe auf den Boden einer weiten, mit Wailer bis zur Hälfte 
gefüllten und Fühl erhaltenen Slafche, die auf einem auf und nieder 
beweglichen Träger ſteht. Diefe Flafche erfegt man durch eine atı= 
dere, fobald das Waffer in derfelben init dem Ammoniaf gehörig 
gefättiget ift; und mit diefem Wechfeln fährt man fo lange fort, 
bis die Operation beendiget ift. Die vordere Öffnung der Retorte, 
durd) welche das Gemenge aus dem zu Pulver gelöfchten Kalf und 
dem gepulverten Salmiaf eingebracht wird, ift mit einer vieredi- 
gen Slanfche verfehen, auf welche ein ähnlich geformter Dedel von . 
Bußeifen paßt, welcher mit Schrauben an die Slanfche befeftiget 
- wird, nachdem man einen Filzring, der vorher mit in Waffer zer 
rührtem feinen Thon imprägnirt worden ift, dazwifchen gelegt 
“Bat. Sonft fann man die Iuftdichte Verſchließung auch anf 
diefelbe Art bewirfen, wie diefes bei den Gasretorten wird ange 
geben werden. Arbeitet man mit einem folchen Zylinder, fo kann 
dad Gemenge nicht breiartig eingetragen werden, was jedadh bei 


e Ammonidf. 269 


der eifernen NRetorte angeht: doc, kann man dem Kalf, wenn man 
der Mengımg mehr Waſſer geben will, nachdem er zu Pulver ge⸗ 
Isfcht und mit dem Salmiaf vermengt worden ift, noch bei dem 
Eintragen fo viel Waifer zufeben, daß er fich zu ballen anfängt. 

Das Ammoniaf wird gewöhnlicd, aus dem Salmiak bereitet, 
weil dieſes Salz ein gewöhnlicher Handeldartifel if. Da jedoch 
das Thwefelfaure Ammoniaf (aus welchen der größte 
Theil des im Handel vorfommenden Salmiafs durch Zerfeßung 
mit Kochfalz bereitet wird) viel wohlfeiler ift, ald Salmiaf; fo ift 
es, wenn man im Großen arbeitet, vorzuziehen, das fchwefelfaure 
Ammoniaf ftatt des Salmiaks zu gebrauchen. Die Anwendungss 
art deſſelben ift ganz diejenige des letzteren Salıts; nur muß man 
aus dem Grunde, weil das fchwefelfaure Ammoniaf nicht flüchtig 
ift, wie der Salmiaf, folglich bei der Erhitzung nicht, wie der 
legtere, dad Kalfpulver ald Dampf Durchdringen fann, die Men⸗ 
gung diefed Salzes mit dem gepulverten Kalfe forgfältiger bewerk⸗ 
ſtelligen, oder, wie in den zulegt erwähnten Methoden, immer 
Waſſer zufeben. " 

Die Arten, das fehwefelfaure Ammoniaf darzuftellen, wer⸗ 
den in dem Artifel Salmiaf befchrieben. Die für den vor« 
Hiegenden Zwed zunächft anwendbare Methode befteht im We⸗ 
fentlichen darin, daß man in einer gewöhnlichen Gasbereitungs- 
Ketorte ausgefotteneXnochen ganz auf dieſelbe Art deftillirt oder ver⸗ 
fohlt, als es bei der Gasbeleuchtung mit den Steinfohlen gefchieht. 
Die Vorlage befteht aus einem mit etwas Waffer verfehenen Faſſe, 
bis nahe auf deflen Boden die, von dem Zylinder oder der Retorte 
fommende, binlänglich weite Entbindungsrähre reicht Der zwi⸗ 
fhen dem Ofen und des Vorlage befindliche Theil diefer Röhre 
geht durch ein Kühlgefäß. Aus dem Faſſe ift eine Roͤhre weiter 
fortgefeitet, um das in großer Menge entwidelte brennbare Gas 
entweder in den Feuerherd der Netorte, zur Unterhaltung des 
Feuers, oder anderdwohin zur Beleuchtung, zu führen. In der 
Vorlage fammelt ſich flüffiges Fohlenfaured Ammoniak mit brenzs 
lichem Öble verunreinigt. Es wird durch den über dem Boden 
befindlichen Hahn aus dem Haile abgelaſſen, von dem aufſchwim⸗ 
‚menden Öhle abgefondert, und demfelben gebrannter und fein ges 
pulverter Gyps oder Eifenvitriol. (was von beiden für die Lofali- 


270 Ammoniaf. on 


tät wohlfeiler iff), in der zur Zerfeßung des in der Klüffigfeit ent⸗ 
haltenen Fohlenfauren Ammoniafs binreichenden Menge (die man 
Durch vorläufige Proben im Kleinen findet), beigemeugt; die von’ 
dem Bodenfage durch Sedimentiren oder Filtriren befreite Flüͤſſig⸗ 
feit, welche fchwefelfaured Ammoniaf ift, in einem eifernen Keifel 
bis zur Trockne abgedampft, und noch etwa geröftet, um das beis 
gemengte brenzliche Ohl zu verflüchtigen oder zu zerflören. Der 
Rückſtand wird mit a Theilen heißen Waſſers aufgelöft, filtrirt, 
und das nach dem Abdampfen erhaltene gereinigte fchwefelfaure 
Ammoniaf auf diefelbe Art zur Ammoniafbereitung verwendet, ald 
von dem Salmiaf bereitö angegeben worden ift. 

Nach beendigter Deftillation wird Die Retorte geöffnet, die 
verfohlten Anochen werden herausgefchafft, und in einen ſteiner⸗ 
nen Behälter geftürzt, wo fie mit etwas Waller abgelöfcht werden. 
Sie bilden die Anochenfohle oder thierifche Kohle, die zum Klären 
der Flüſſigkeiten, 5.8. deö Zuderforups 2c., verwendet wird. Die: 
Netorte wird fogleich wieder mit Knochen gefüllt, um die Operas 
tion bei derfelben Hibe des Ofens fortzufegen. Die Entbindung 
ded Ammoniaks geht leichter und häufiger von Statten, und es 
fett fic) dabei weniger feftes Ammoniaf in der Verbindungsröhre 
an, wenn man während der Operation Waflerdämpfe in die Re⸗ 
torte treten läßt, was durch eine dünne eiferne Röhre gefchehen 
ann, die fi) am vorderen-Theile der Retorte einmündet, und aus 
einem Fleinen fupfernen Dampffeilel Fommt, der in der Seiten 
wand des Ofens eingemauert ift. Legterer hat ein Sicherheitsven⸗ 
til, und die Röhre ift mit einem Hahn verfehen, um den Dampf- 
zufluß nad) Belieben abfperren oder reguliren zu fönnen. 

Bei den Gasbeleuchtungsanftalten mit Steinfohlen befteht 
die in den Vorlagen ſich anfammelnde Flüſſigkeit größten Theile 
aus Fohlenfaurem Ammoniak, und Fann auf diefelbe Weife durch 
Verfegung mit Gyps in fchwefelfaures Ammoniaf umgewandelt 
werden. 

Das flüffige Ammoniak ift leichter al8 Waſſer, und zwar 
um fo leichter, je mehr Ammoniaf ed enthält; fein Gehalt an reis 
nem Ammoniaf oder Ammoniafgas läßt fich daher nad) Verfuchen 
durch das fpezififche Gewicht beſtimmen. Nachſtehende von N. 
Do y gegebene Tabelle zeigt die Mengen des reinen Ammoniaks 


Kohlenfaures Ammoniak. 271 


an, weldye das fläffige Ammoniak bei. beftimmten fpezififchen Ge— 
wichten enthält. . 


Spezififhes 
Sewigt. Ammoniaf. Waſſer. 
0.8750 32.50 67.50 
0.8875 29.29 70,79 
0.9000 26.00 74.00 
0.9054 25.37 74.63 
0.9166 22.07 77.93 
0.9255 19.54 80.46 
0.9336 17.52 82.48 
0.9385 15.88 84.12 
0.9435 14.53 85.47 
0.9476 13.46 86.54 
0.9913 12.40 87.60 
0.9545 11.56 88.44 
0.9573 10.82 89.18 
0.9597 10.17 89.83 
0.9619 9.60 90.40 
0.9692 Be 9.50 90,50 


Das Ammoniaf bildet ſich in vielen Ballen durch die Zerfe- 
gung der thierifchen oder folcher vegetabilifcher Stoffe, welche 
mehr oder weniger Stidftoff enthalten. Es entfteht durch die Faͤul⸗ 
niß dieſer Stoffe; auch wenn diefe Subflanzen mit Kalis oder 
Kalkhydrat behandelt werden; am häufigiten bei Dem Verbrennen 
oder der Verfohlung der thierifchen Theile; 3. 8. Blut, Horn, 
Knochen ıc. In dem lehteren Falle ift es immer mit Kohlenfäure 
verbunden. 

Außer in dem flüffigen, äbenden Zuftande, fommt das Am⸗ 
moniaf im Handel und in der technifchen Anwendung am häufigften 
als Fohlenfaures Ammoniaf vor. Wie diefed Salz, wels 
ches die Bafid der Salmiaffabrifation ausmacht, im Großen durch 
bie Deftillation thierifcher Abfälle bereitet werde, wird in dem Art. 
Salmiaf befchrieben ; hier wird nur noch die Verfahrungsart 
erwähnt, das kohlenſaure Ammoniaf aus dem Salmiaf darzuftels 


[\ ’ 
' 


272 . Ammoniak. 


len, welcher Methode man fich gewöhnlich bedient, um diefes Salz 
rein, vorzüglich von beigemengten Theilen des brenzlichen hls, 
zu erhalten. 

Die Zerſetzung des Salmiafs geſchieht hier mit Pottaſche 
(kohlenſaurem Kali) oder mit Kreide (kohlenſaurem Kalk). Bon 
diefen nimmt man 2 Theile auf ı Theil Salmiaf: beide werden 
gepulvert, trocden mit einander gemengt, und dad Gentenge in 
einer mit Lehm befchlagenen, oder im Sandbade ruhenden gläfer- 
nen, auch in einer eifernen Netorts, (wie bei der Gewinnung des 
reinen Ammoniafö), erhitzt. Die Koblenfäure verbindet fich. mit 
dem Ammoniaf, und die Salzfäure mit dem Kali oder dem 
Kalt, fo daß im erfteren Sale falzfaures Kali, im Tegteren ſalz⸗ 
faurer Kalk, in der Netorte zurüchbleibt. Das Fohlenfaure Am⸗ 
moniaf fublimirt fi, und geht in eine Vorlage über, in welcher 
es ſich ald ein mehr oder weniger feftes Salz; anfebt. Da die 
Pottafche gewöhnlich etwas Aegkali enthält, fo entwidelt fich bei 
Anwendung derfelben etwas Aetzammoniak, dad zum Theil ent- 
weicht; und das Sublimat wird weich und feucht, was bei der Au⸗ 
wendung der Kreide nicht der Fall ill. Man zieht daher letztere 
vor, obgleich zur Beendigung der Operation dabei eine höhere 
Temperatur erforderlich ift., Als Vorlage kann jedes einfache, ge« 
börig Fühl erhaltene Gefäß gebraucht werden, in welchem man 
eine Fleine Öffnung offen laͤßt, um das etwa ſich entbindende Gas 
entweichen zu lajlen, oder Den Gang der Operation zu beurtheilen. 
Damit das fohlenfaure Ammoniaf fi nicht an dem oberen Theile 
der Netorte anfege, von welchem es, wenn diefe von Eifen ift, 
nicht gut wegzunehmen wäre; fo muß aud) der obere Theil der - 
Netorte erhigt werden, was über dem freien Feuer eines Winds 
ofens' durch eine aufgefegte Kuppel erreicht wird, bei einer gläfers 
nen Retorte im Sandbade aber dadurch gefchieht, daß man diefe 
ganz im Sande vergräbt. 

Zweckmaͤßig ift der folgende in der Figur 24, Taf. 6, im 
Durchſchnitte vorgeftellte Apparat. Aift das vieredige, oder beifer, 
muffelförmige Sublimirgefäß, 2 Zuß lang, 14 Zoll breit und hoch, 
von Gußeifen, mit einem Halfe, über welchen die mit der Vorlage 
B verbundene, 8 Zoll im Durchmeſſer haltende Röhre a von Blei 
gefhoben und anlutirt ifl. Die Vorlage ſelbſt ift ein bleierner 


Kohlenfaured Ammoniaf. 973 


Zylinder, 4 Fuß hoch, 1: Fuß weit, deffen obere Öffnung mit dem 
gleichfells Intirten, oder mit Waſſer gefperrten Deckel b verfchlof- 
fen iſt. Der Röhre a gegenüber, bei c, befindet fich eine Fleine 
Öffnung, von etwa 5 Zoll Durchmeſſer, welche nicht verfchloifen 
ift, fondern während der ganzen Operation durch zeitweiſes Eins 
ſchieben eines hölzernen Stodes offen erhalten wird. Die Retorte 
wird mit dem Gemenge aus Kreide und Salmiaf gefüllt, und 
letzteres, nachdem ed in der Vorlage gleihförmig ausgebreitet 
worden, noch mit einer Lage von Sreidenpulver bedeckt. Die 
Kreide ift fein gemahlen, und vor der Vermengung mit dem ge: 
pulverten Salmiaf auf dem oberen Theile des Ofens gut ausge⸗ 
trocdinet worden. Kür reinen Salmiaf nimmt man, wie fchon er- 
wähnt, im Sanzen 2 Theile Kreide, für rohen (nicht fublimirten) 
Salmiat find gleiche Theile hinreichend, wenn die Mengang 
in der Netorte noch mit 3 heil Kreide bededt wird. Man 
gibt allmählich verftärftes Feuer, und regulirt diefes fo, daß aus 
der Fleinen Offnung der Dampf des kohlenfauren Ammoniaks nicht 
mit einiger Spannung hervortritt; oder daß der Rezipient nicht 
zu warm wird. Durch die Temperatur des letzteren kann man bei 
einiger Übung ſich von dem Gange der Operation hinreichend ge: 
nau unterrichten. Die Operation dauert bei obigen Verhältniffen, 
die auf 40 Pfund Salmiak berechnet find, 30 bis 36 Stunden, 
und ift beendigt, wenn die Vorlage Falt zu werden anfängt, wos 
nach man das Feuer abgehen läßt. Ein Pfund Salmiaf gibt Ein 
Pfund Fohlenfaures Ammoniak. Daß übrigens and) hier flatt des 
Salmiafs das [hwefelfaure Ammoniaf mit Vortheil angewendet 
werden Pönne, bedarf Peiner weiteren Erinnerung. 

? Das in der Vorlage angefammelte lodere Sublimat iſt nur 
dann von brenzlichem Oble rein, wenn der Salmiaf oder das 
fhwefelfaure Ammoniaf rein war: im entgegengefegten Falle muf 
e&, um die erforderliche Reinheit zu erhalten, noch ein Mahl fu« 
blimirt werden, was bei gelinder Hige in weithalfigen, mit den 
furzen Hälfen zufammengefügten Kolben gefchehen Fanır, da die 
Sublimirung des fohlenfauren Ammoniafs nur kaum die Siedhige 


erfordert. Da bei dem Sublimiren immer ein Verluft entftcht, 


indem ein Theil des Salzes zerfegt wird, und Ammoniafgas fid) 
entbindet; fo ift e8 vortheilhafter, daffelbe aus reinem Salmiak 
Technoi. Encyclop. 1. Bo. 18 





274 Ammoniak. 


oder fhwefelfaurem Ammoniaf ſogleich rein darzuftellen. Diefes 
gereinigte Salz ijt dad fogenannte englifhe Riechſalz, das 
zu diefem Behufe in Släfchchen gefüllt, auch noch mit einem wohl: 
riechenden Ohle verfeßt wird. Um das lockere Sublimat feft zu 
verpaden, feuchtet man ed mit reinem Waffer, das mit Kohlen- 
fäure gefättiget ift, an, indem man es in weithalfige ftarfe Fla⸗ 
fhen füllt, mit einer Mörferfeule feſt drüdt, und nach der An⸗ 
fülung noch etwas Fohlenfaures Waſſer oben auftröpfelt. Nach: 
dem die Slafchen in einem feuchten Keller einige Tage Teicht bededit 
geſtanden find, werben fie verftopft und verfchloffen. 
Das Fohlenfaure Ammoniaf, wie es auf diefe Art erhalten 

wird, hat denfelben ftechenden Geruch, als das Aetzammoniak, 
jedoch fchwächer. Es enthält in trockener Geſtalt 183 Prozent 
Waſſer. Es loͤſt ſich in zwei Theilen Faltem und in weniger ald 
‚gleichen Theilen warmem Waifer anf. Man fann es durch Abkuͤh⸗ 
len feyftallifirt erhalten, wenn man daifelbe mit Hülfe eines auf 
etwa 60° R. erhisten Wafferbades in Waffer, fo viel diefes auf- 
zulöfen vermag, auflöit, und die Auflöfung filtrirt. Nach dem 
Erfalten fcheiden fi) in Menge burchfcheinende, feine Aryftalle 
aus, die reines Fohlenfaures Ammoniaf find. Das Ammoniaf 
Fann fich übrigens nod) in einem andern Verhältniffe mit Kohlen- 
fäure verbinden, welche Verbindung bei gleicher Menge von Kahe 
Ienfäure nur halb fo viel Ammoniaf enthält (da8 doppelt koh— 
lenſaure Ammoniaf). Diefe Verbindung entfteht, wenn 
Fohlenfaures. Ammoniaf einige Zeit lang in unvollfommen ver: 
fhloffenen Gefäßen aufbewahrt wird, wobei die Hälfte des Am⸗ 
moniaks verdunftet, und ein geruchlofes Salz zurüdbleibt, das 
8 Theile Falten Waffers zur Auflöfung braucht, und ebenfalls 
kryſtalliſirbar if. Es wird auch erhalten, wenn man .eine ge= 
fättigte Auflöfung des einfach Fohlenfauren Ammoniaks mit 
fohlenfaurem Gas imprägnirt. Die Mifchungsverhältniffe die 
fer Salze find in der Aequivalenten = Tafel Seite 152 ange- 
geben. ' 


€ 


v» H. 


Angel. 275 


Angel. 


Angel nennt man an fchneidenden und anderen Werfzeu- 
gen jenen Theil, mit welchem fie in den Heften, Griffen oder 
Schalen befeftigt find, woran fie angefaßt werden. Selten find 
Diefe Angeln dünn, flach und breit, wie z. ®. an manchen Tifch- 
meflern, oder an den Spannfägen: fie werden dann mit dem 
Griffe durch mehrere Nieten verbunden, welche durch gemeinfchaft: 
liche Löcher der Angel und des Griffes gehen. Am gewöhnlichiten 
find die Angeln ſchwaͤcher als das Werkzeug, an welchem fie ſich 
befinden, fie laufen fpikig zu, und find vierfantig, felten rund 
oder dreiedig. Oberhalb der Angel findet ſich auch meiften® noch 
ein befonderer Anfag, mit welchem dad Werkzeug auf dem Hefte 
ruht, und welcher verhindert, daß Die Angel während des Gebrau: 
ches tiefer in das Heft eindringe, wodurch Tegteres in manchen 
Hallen zerfprengt werden fönnte. Manchmahl gibt man auch wohl 
einem und demfelben Stücke zwei Angeln. Hierher gehören die, 
zwei Perfonen zur Führung erfordernden, großen Holzſaͤgen, 
ferner die Spannfägen, die bogenförmigen Schneidmefler, 
einige wenige Arten von Feilen, die Schnittmefler der Baßbinder, 
Wagner und Zimmerleute, die Werkmeſſer der Riemer, Sattler 
und Handfchuhmacher, und mehrere andere. Die Befeftigungs- 
art der Angeln ift verfchieden. In hölzerne Hefte bohrt man ein 
Loch, etwas Fleiner als die Angel, und treibt Iegtere dann mit 
Gewalt in daifelbe ein. : Ofters laͤßt man die Angel ganz durch 
das Heft gehen, und vernietet das vorftehende Ende mittelft eines 
untergelegten Eifen- oder Meffingplättchens, oder verfieht daifelbe 
mit einer Meinen Schraubenmutter. Wenn das Stud, Woran 
ſich die Angel befindet, und daher auch diefe felbft, fehr heiß wer- 
den muß, wie 5. B. bei den einzelnen Theilen metallener Zinngies 
ferformen, wodurch dad Holz eintrocknen und die Angel lodgehen 
würde; oder wenn dad Werfjeug nach einer Richtung geführt 
wird, nach welcher der beim Arbeiten Statt findende Widerftand 
die Angel aus dem Hefte zu ziehen ftrebt (wie bei den zur Holzver⸗ 
goldung nöthigen Neparireifen), fo fchneidet oder feilt man an 
die Angel ein grobes Gewinde, und fehraubt fie in das Heft ein. 
Einige Angeln werden auc, eingefittet; was 5. B. an jenen Mef- 

ı8 * 


a 


276 Angel. 


fern und Gabeln, welche in’hohle filberne Schalen fommen, mit 
einem Kitt aus Pech, etwas Schella und Ziegelmehl, und an den 
Heinen Seilen zur Bearbeitung der Taſchenuhren mittelft geſchmol⸗ 
genen Siegellacks gefchieht. — Bei größeren fchneidenden Werk⸗ 
zeugen find die Angeln von Eifen, und in den Stahl eingefchweißt, 
fowohl der Koftenerfparniß wegen, als auch damit fie zäher find, 
und nicht fo leicht von der Klinge wegbrechen. Wenn aber das 
Werfjeug fammt der Angel aus Stahl gemacht, und jenes gehär- 
tet wird: fo ift e8 nothwendig, entweder die Angel nicht mit zu 
harten, oder, wenn diefed nicht thunlich ift, fie noch befonders 
nachzulaffen, damit fie wegen ihrer Härte der Gefahr des Abbre> 


‚hend nicht zu fehr ausgefebt bleibe. 


Angeln werden auch jene Stifte oder Zapfen genannt, 


auf welchen ſich Thüren, Senfter und andere bewegliche Rahmen 


wenden, und als um Achfen drehen. Diefe Angeln find an der 
Befleidung der Thür feit, und am freiftehenden Theile, auf wel: 
hen die an der Thür befeftigten Bänder mitteljt eines dazu paſ⸗ 
fenden röhrenförmigen Anfapes aufgeftedit werden, ganz zylindrifch. 
Die Angeln (welche immer, fo wie die Bänder, wenigſtens paar» 
weife vorhanden feyn müffen) werden entweder in den Thürpfoften 
eingefchlagen oder eingefchraubt, oder auch mittelft befonderer feft- 
zufchraubender Anfäge angebracht, oder endlich, in Stein, 
mit Holz verfeilt, eingemauert, oder eingefittet. ei diefer Ge⸗ 
legenheit verdient eine aus England ſtammende Abänderung diefer 
Angeln und Befchläge erwähnt zu werden. Mach der hergebrach« 
ten Art figt das Ihürband mit feiner untern Freisföemigen Off 
nung auf einem runden Vorfprunge der Angel, fo daß diefe Kreiss 
linie mit der Achfe der Angel vollfommen rechtwinklig ifl. Nach 
jener verbefferten Einrichtung aber ift fowohl die untere Linie der 
runden Öffnung des Thürbandes, ald auch ber Anfag, auf welchen 
fie zu fiehen fommt, fchief, indem fie eine gegen die Achfe der 
Angel etwas geneigte Släche, in der Richtung eines Schrauben: 
ganges, bildet. Beide diefe Linien, fowohl an der Angel ald am 
Thürbande, fchließen, wenn die Thür zu ift, vollflommen auf 
einander. Wie diefelbe geöffnet wird, fo fteigt dad Ihurband auf 
der fchiefen Fläche der Angel, folglich gleichzeitig die Thur felbft, 
in die Höhe; und.dieß um fo mehr, je weiter fie.geöffnet wird, 


Fiſchangeln. 277 


und je mehr jene Schraubenlinie gegen die Bewegungsachſe ge⸗ 
neigt iſt. Man erhaͤlt dadurch den Vortheil, daß die untere Kante 
der Thür beim Dffnen nie auf dem Fußboden oder auf den Tep⸗ 
pihen, womit derfelbe belegt ift, ftreift; auch kann man es fehr 
leicht fo einrichten, daß die offene Thuͤre von felbft wieder zufällt, 
wenn man dem Schraubengang eine flärfere Neigung gibt. Man 
bat aber auch bemerkt, daß Thürbaͤnder von der befchriebenen Be: 
fhaffenheit das ihnen gegebene Ohl nicht fo gut an ſich Halten, 
als die von der gewöhnlichen Einrichtung. 

Angel, Angelhafen, Sifhangel, das befannte, zur 
Angelfifderei unentbehrliche Werkzeug. An jeder Sifchangel be- 
merft man den Widerhafen a, Big. 3, Taf. 7; den Bug b; den 
Schaft oder Stiel c; und den zur Befeftigung der Angelfchnur 
dienlichen Theil d. Diefer legtere ift bei den Fleinen und mittleren 
Angeln ein durch das Breitfchlagen des Schaft-Endes entitandener 
Lappen; bei größeren findet man den Schaft an diefer Stelle auch 
wohl mit der Feile mehrmahls eingeferbt, ebenfallö um die Schnur 
anbinden zu fönnen. Die Größe der Angeln richtet fich unmittels 
bar nach der Schwere der Fiſche, welche mit denfelben gefangen 
werden follen. Es gibt dergleichen, welche vom Ende des Stieles 
bis zum Buge ſechs Zoll und darüber lang find, bis abwärts zu 
folchen, bei welchen die Länge an derfelben Stelle nur etwa drei 
Linien beträgt. Eine folche ift in Fig. 4 (Taf. 7) vorgeitellt. 
WE Seltenheit werden zu Waidhofen in Ofterreich fo kleine Fiſch⸗ 
angeln verfertigt, Daß an einer Angel von der Größe wie Big. 3, 
der Schaft durch Bohren ausgehöhlt, und Hundert von jenen ein- 
gefüllt werden; und daß von den Fleinften, Die noch nicht ein Mahl 
eine Linie ın der Länge haben, vierzehn -taufend auf ein Loth ge> 
ben würden, obwohl jede derfelben alle Theile einer großen Angel 
befigt. Man führt diefe Fleinen Angeln befanntlich ald ein Bei« 
fpiel der ungemeinen Veredlung eines rohen Produftes, nähmlich 
des Eifens an; allein fie find nicht mehr zum wirklichen Gebrauche 
geeignet, und werben nur felten von einzelnen Arbeitern, um ihre 
Geſchicklichkeit zu zeigen, verfertigt. Eigentlihe Handelswaare 
find die Sorten von etwa drei Zoll bis zu drei Linien in der Qänge. 
In Hinſicht auf die äußere Form ift vorzüglich der Hafen a, Fig. 3, 
zu beachten. Diefer muß recht glatt, fehr fpikig, und an den 


278 | Angel. 


Seitenkanten fehr fharf feyn, im welcher Hinficht die englifchen 
Sifhangeln mit vorzüglichem Fleiße bearbeitet find. Eine folche 
ftellt die Sig.5, A von der Seite und B von vorne angefehen vor, 
wo man die denfelben faft immer eigene Form ded Hafens a, 
nähmlich feine etwas nad) auswärts gebogene Spige, bemerfen 
wird. Zu befonderen Zweden hat man aud) doppelte Angeln 
(Hechtangeln) Fig.6, A, dieaus Einem Stüde Draht beftehen, 
und einen Winfel bilden, wie der Grundriß B derfelben er: 
fihtlich macht. An diefen wird auch bei d nicht immer unmittel- 
bar die Angelfchnur befeftigt, fondern man bringt noch zwei Kets 
tenglieder aus zufammengedrehtem Meffingdraht, und an das obere 
Ohr des zweiten erft die Schnur an, damit diefe von Fifchen mit 
fharfem Gebiſſe nicht abgefneipt werden fann. Die Form des 
Buges an den Angeln ift ebenfalls fehr verfchieden, nähmlich mehr 
oder weniger edig oder flach, wie man aus der Vergleichung der 
Figuren 3, 5, 7, fehen fann. Sie hängt vom Gebraud), und von 
Dem Verlangen des Käuferd oder Beſtellers ab (fo iſt z. B. 
Big. 7 eine zur Verfendung nach Italien beftimmte öfterreichifche 
Fiſchangel⸗Sorte); jedoch dürfte im Allgemeinen ein mehr runder 
Bug, Big. 3, fich leichter ausziehen und dehnen, wenn die Angel 
nicht hart genug ift; wogegen bei einem fchärferen Buge, nad) 
Big. 7, eher das Abbrechen zu befürchten if. Wei gut gehärteten 
Angeln wird Daher ein abgerundeter Bug vorzüglicher feyn, 
da vermöge deflelben die Angel bei fehr großer Gewalt leichter 
nachgeben, und fich etwas federn kann, und daher nicht leicht 
brechen wird. Die Fleinen und mittleren englifchen oder nad) 
englifcher Art verfertigten Angeln haben auch noch eine Seiten» 
biegung, Fig. 5, B, welche den offenbaren Vortheil gewährt, 
daß eine folche Angel, wenn fie fenfrecht in die Höhe gezogen wird, 
noch ficherer eingreifen muß, weil die Spitze des Hafens a frei, 
und feitwärts heraus, nicht aber wie'bei den deutfchen Angeln mit 
dem Schafte parallel, fteht. 

Zuweilen werden Fleinere Sorten von Fifchangeln aus hart 
gezogenem Meffingdraht verfertiget; das gewöhnlichfte Material 
der Angeln aber ijt Eifendraht, welchem man erft nach ganz vol: 
Iendeter Bearbeitung der äußern Form auf die weiter unten anges 
gebene Art die nöthige Härte gibt. Man pflegt die Angeln ent- 


Verfertigung der Fiſchangeln. 279 


weder blan anlaufen zu laſſen, damit fie ſowohl den Kifchen wenj« 
ger auffallend werden, ald auch dem Noften etwas weniger untere 
liegen; oder fie zu verzinnen, um befonders jene, welche in ſalzi⸗ 
gem Meerwailer gebraucht werden, gegen den Roft zu ſchuͤtzen. 
Die Berfertigung der Fiſchangeln gefchieht mit einfachen 
Werkzeugen, erfordert aber von Seite des Arbeiters einen defto 
höheren Srad von Geſchicklichkeit und Übung. Der dazu nöthige 
Draht muß von der beiten Befchaffenheit, möglichft glatt und rein, 
befonders aber ohne Schiefern, Zangenbilfe und unganze Stellen 
ſeyn, weil er im entgegengefegten Falle nicht nur fich nicht gut 
bearbeiten läßt, fondern auch die daraus verfertigten Angeln bei 
den legtgenannten Fehlern fehr leicht brechen. Der Anfang wird 
damit gemacht, den Draht in Stücke von der für jede Nummer 
der Angeln nöthigen Lange zu zerfchroten. Auf einem Kloge ſte⸗ 
ben zwei längliche Stahlſtücke, woran das eine, etwas höhere, 
scchtwinflig ift, das andere aber einen nach oben gekehrten, ftatt 
einer nicht zu fcharfen Schneide dienenden Winkel hat. Die Ents 
fernung der fenfrechten Wand des erſtern Stüdes von der mit ihr 
parallel ftehenden fchneidenden Kante des zweiten beſtimmt bie 
Länge der Drabtftüde, und muß daher für verfchiedene Sorten 
verfchieden ſeyn. Der Arbeiter nimmt ein Büfchel Draht, ſtemmt 
die Enden an. die mit der Schneide parallel fiehende. Wand des 
einen Stahlſtückes, und legt die Drabte auf die Schneide auf. 
Indem er mit einem bloß eifernen Hammer über der Schneide auf 
die Drähte fchlägt, dringt jene in diefelben fo tief ein, daß 
man fie an diefer Stelle leicht ganz abbrechen und mithin, Durch 
Fortſetzung des angegebenen Verfahrens, allen Draht in Stüde - 
von gleicher Länge zertheilen kann. 
Zu den nächfifolgenden Arbeiten dient ein niedriger, fehr 
feit ſtehender Werftifh, auf welchem fh der zur Bildung des 
MWiderhafens behulflihe Amboß befindet, welcher mitteljt zweier 
bis zur nöthigen Tiefe in die dicke Tifchplatte eindringenden An- 
gen unbeweglich feft gemacht iſt. Diefer laͤnglich vieredige Am: 
bog hat einen flufenähnlichen Abfag, auf deflen horizontaler Släche 
eine feichte Rinne angebracht ift, welche hinſichtlich ihrer Stärke 
im Verhältuiffe mit den zu bearbeitenden Draͤhten ſteht, und nicht 
aur bis an die anfloßende fenfrechte Wand des höheren Abfages 


280 | Angel. © 


reiht, fondern in diefe hinein, noch mittelft eines, hoͤchſtens zwei 
Linien tiefen, Loches fortgefegt ift. Ferner gehört zur Bildung des 
Hafens noch ein gut geftähltes Meifer, deflen ganze Ränge (dem 
eilf 300 langen hölzernen runden Griff mit eingerechnet) ungefähr 
zwei und zwanzig Zoll beträgt. Die etwa neun Linien breite 
Schneide des Meffers ift unten ganz flach, oben aber mit einer 
Facette verfehen, wodurch der nicht allzu fpigige ſchneidende Win« 
fel gebildet wird. Mor diefer Schneide, alfo an dem Ende, 
. welches dem hölzernen Griffe gegenüber fteht, iſt dad Meſſer 
ſchmaͤler, und bildet einen nur vier Linien im Quadrat dicken Ans 
fat. Als Stützpunkt für legteren fteht auf dem Werftifche, mit 
dem Amboffe in derfelben Richtung, eine ftarfe, in das Holz eins 
gefchlagene eiferne Klammer. Um den Einfchnitt zu machen, wel⸗ 
her zur Grundlage des Widerhafend dient, legt der Arbeiter einen 
Draht in die Rinne des Amboſſes, und drüdt ihn nicht nur in 
Diefe, fondern auch in das im höhern Theile des Ambofjes als 
Fortſetzung der Rinne befindliche Loch, fo feft ein, daß er ganz 
unbeweglich bleibt. Der Anfag des Mefferd vor der Schneide 
wird in die Klammer gelegt, die Schneide felbft aber auf ben 
Drath; und mittelft einer gefchicten Führung des Meifers an feis 
nem Griffe und eines hinreichend flarfen Drudes dringt daſſelbe 
in fchiefer Richtung in den Draht ein, wobei zugleich auch der auf 
diefe Art gelöfte Theil des Drahtes fo viel ald es nöthig ift, aufs 
gehoben wird. Fig. 8, Taf. 7, zeigt einen Draht von der ftärf- 
fien Gattung nad) diefer Operation. Bei noch dicferen Drähe 
ten reicht das Meffer nicht mehr hin, den Einfchnitt zu machen; 
fondern man wendet hier, indem der Draht auf einem größern 
Amboß auf gleiche Art feftgelegt worden ift, einen ſchief aufgefeß- 
ten kurzen Meißel an, welcher mit dem Hammer getrieben wird. 
Die oberfte, mit gehärtetem Stable belegte Fläche diefer Amboſſe 
dient zum Öeraderichten des durch die Gewalt ded Schnittes oder 
fonft zufällig gebogenen Drahtes. | 
Zum Ausbilden des Widerhafens bedient man ſich der Seile. 
Der Drath wird, nach Verfchiedenheit feiner Dice, entiweder in 
eine Schiebzange oder in einen Beilffoben eingefpannt, und mit 
dem freien Ende auf ein Holzftücd gelegt, auf welchem, damit er 
während des Feilens fich nicht verrüdten und ausweichen fann, ein 


. Berfertigung der Fijchangeln. | 281 


ftarfer Stift eingefchlagen ift, gegen welchen man ihn andrüdt. 
Man muß beim Außfeilen forgfältig darauf fehen, daß die durch 
den Meflerfchnitt hervorgebrachten Iangen Kanten des Hafens 
unverlegt fteben bleiben, indem fie durch die Feile nie fo ſcharf 
erhalten werden Fönnen, als dieß Durch das Meſſer geichehen ift. 

Um das Biegen der Angel zu bewerffteligen, bedient man 
ſich eines flachen, in einem Hefte ftedenden Eifenftüdies, welches 
in der Mitte der obern Kante einen fo weiten Einfchnitt hat, daß 
ber jeded Mahl zn bearbeitende Draht bequem in denfelben hinein- 
geht. Während diefer in der linfen Hand mit Beihülfe der Schieb« 
sange oder des Feilflobens feftgehalten wird, faßt man ihn dort, 
wo die Biegung anfangen fol, mit dem eben gedachten gabel 
ähnlichen Werkzeuge, und krümmt ihn nach der verlangten Form. 
Kleinen Angeln gibt man, und zwar mehreren zugleich, den 
Bug mittelft einer Rundzange mit langen Spigen, während die 
längern Enden der Stiele der Angeln unter einer Klammer ſte⸗ 
den, und auf diefe Art feftgehalten werden. 

Das Stiel: Ende der gebogenen Angel wird auf die gehär 
tete Oberfläche eines Pleinen Amboffes gelegt, und mit einem ein⸗ 
zigen Schlage eines ebenfalls harten Hammers mit ganz ebener 
Bahn geplättet; wobei es fich von felbft verfteht, Daß der Draht 
nur fo weit auf dem Ambofle aufliegen darf, ald die Länge ded 
durd) den Hammer zu bildenden Lappen erfordert. 

Das Härten der urſpruͤnglich aus Eifendraht beftehenden 
Angelhafen gefchieht fo wie bei den Nadeln durdy Einfeben oder 
Zementiren, in blecyernen oder thönernen Gefäßen, mit Ochfens 
Mauen, Hornabgängen, gebrannten Leder, Kohlenpulver u. dgl. 
Jedoch erfordert diefe Arbeit manche Handgriffe, damit die Angeln 
ein recht feines Korn, Feine zu große Härte und Damit in 
Berbindung ſtehende Sprödigfeit erhalten. Die englifchen Fiſch⸗ 
angeln werden auch in diefer Beziehimg fehr gefchäßt. 

Nach dem Härten werden die Angeln rein gefcheuert, wel 
ches in Säden, die von zwei Perfonen gefchüttelt und gefchwun- 
gen werden, mit Beihülfe von feinem Sand, oder noch befler mit 
Schmirgel, gefchieht. | 

Endlich werden fie blau angelaffen, oder verzinnt, indem 
nur die gemeinften Sorten, bloß blanf gefchenert im Kandel vor: 


282 Anker. 


kommen. Das erſtere nimmt man mit den bei Kleinigkeiten aus 
Stahl überhaupt uͤblichen Handgriffen auf einer langſam und 
gleichförmig zu erhitzenden Eiſenplatte vor. Das Verzinnen aber 
wird auf aͤhnliche Art, wie bei eiſernen kleinen Nägeln und Drath⸗ 
ftiften, Sleiderhaften, Ringen, Schnallen, u. dgl. audgeübt. 
In einem flachen eifernen, gehörig erhigten Zopfe befindet ſich 
ungefähr einen Zoll hoch gefchmolzenes, möglichft reines Zinn, 
und über diefem eine etwa fünf ZoU hohe Schichte Talg. Man 
läßt die Angeln langfam in den Zopf gleiten, und rührt fie in 
demfelben um, fo daß fie in dem Zalg erft den nöthigen Hitzegrad 
annehmen, und dann in das Zinn gelangen, welches fie in einer 
dünnen Lage überzieht. Wenn man glaubt, daß fie hinreichend 
verzinnt feyen, nimmt man mit einer dreizadigen Gabel fo viele 
heraus als fie fallen kann, Täßt fie abtropfen, und beingt dann 
auf den Griff der Gabel einen ftarfen fchnellen Schlag an, wor 
durch die Angeln weggeichleudert, und, befonders wenn fie auf 
dieſe Art gegen eine Wand geworfen werden, am Zuſammenkle⸗ 
ben durch das erftarrende Zinn verhindert werden. 

Das ihnen anbängende Zalg wird noch zulest dadurch 
weggefchafft, daß man fie, mit troddenen Kleien gefchichtet, in eis 
nem Zopfe unter fortwährendem Umrühren erhigt, dann in Säden 
ſchüttelt, diefes Verfahren nochmahls mit neuen Kleien wieders 
hohlt, und die legteren durch Sieben gänzlidy befeitigt. 

G. A. 


v 


Anker. 


Diefen Nahmen führen bekanntlich in der Baukunſt gewiſſe 
gekruͤmmte Klammern, durch welche man Steine, Balken, u. 
fe w. feſter vereinigt. Ein Haupttheil der Hemmung bei den 
Pendeluhren beißt ebenfalls Anfer. In beiden Faͤllen rührt die 
Benennung von der mehr oder weniger großen Ähnlichkeit her, 
welche die bezeichneten Stüde mit dem urfprünglich jenen Nah⸗ 
men führenden Geraͤthe, nähmlich den Schiff: Anfern haben. 
Bon diefen allein wird hier ausführlich Die Rede ſeyn. 

Die Beſtimmung der Anfer ift befannt. Ohne Anker laͤßt 
fi, Schifffahrt von einiger Bedeutung gar nicht denken, und da- 
ber iſt die Erfindung der Anker wohl eben fo alt, als die Kuuft 


Einrichtung ‚der Anfer. 285 


des Schiffens felbft. Die Haupttheile eines jeden Anfers find die 
Anferrutbe, eine ftarfe eiferne Stange, und die Arme oder 
Flügel, weldye bogenförmig, zugefpist, und an dem einen 
Ende der Ruthe durch Aufchweißen befeftigt find. Wenn der Anz 
fer außgeworfen wird, fo fommt er dergeftalt auf den Grund zu 
liegen, daß einer feiner Arme mit dem zugefpisten, fchaufelförs 
migen Ende fich einwühlt, und Dan die Bewegung des Schiffes 
verhindert. 

Die älteften Anfer hatten nur einen einzigen Arm, und eins 
ormiger Anfer bedient man fich noch jept, um die Schiffe in den 
Häfen zu befefligen, nie aber auf offenem Meere, wo durchaus 
Anfer mit zwei einander gegenüber ftehenden, gleichfam einen 
Halbınond bildenden Armen gebräuchlich find. Anfer mit drei 
Arnen findet man jegt nicht mehr; wohl aber foldye mit 4 oder 6 
Armen, welche für Boote und bei der Flußſchifffahrt angewendet 
werden. Man hat in England zum Gebrauch der Bifcherboote 
und bei der Küftenfahrt Anfer von der Geftalt eines Pilzes oder 
eines Regenfchirmes, deren gewölbte Kappe aus Gußeifen beiteht, 
und an einer gefchmiedeten Ruthe befeftigt iſt. Diefe Kappe ver: 
tritt die Stelle der Arme; denn welche auch die Lage des Ankers 
auf dem Boden fey, fo greift ihr Rand in den lebtern ein. 

Die Seftalt eines gewöhnlichen zweiarmigen Ankers erfieht 
man aus Fig. 9 und 10 (Zafel 4). Die Ruthe abe iſt von e 
bis b bei den Fleinen Anfern rund, bei den großen parallel mit der 
Ebene der Arme abgeplattet, immer aber dergeftalt verjüngt oder 
Fonifch gebildet, daß fie ihre größte Dicke bei c, und die Fleinfte 
bei b hat. Die Arme de find an den Enden e abgefchrägt, um 
leichter in den Boden einzudringen ; jeder derfelben trägt, um dem 
Ausreißen mehr Widerftand zu leiften, eine dreiedige Schaufel £. 
Die vierarmigen Anfer, bei welchen dad zweite Paar der Arme 
mit dem erften rechtwinffig geftellt, und folglich jeder Arm von 
dem naͤchſten nur um go Grade entfernt ift, haben außer den ans 
gegebenen Xheilen nur noch) am obern Ende der Ruthe einen 
Ring k, in welchem das Seil oder Tau befefligt wird. Ein 
ziweiarmiger Anfer aber würde beim Auswerfen immer flach auf 
den Grund zu liegen kommen, und feine der Schaufeln Fönnte 
eindringen, um das Schiff feilzubalten. Er bedarf Demnach einer 


Vorrichtung, woburd er, im Waffer liegend, ftetö fo gewendet 
wird, daß einer feiner Arme fenfrecht auf dem Boden ſteht, und 
fi) folglich in.denfelben eingraben kann. Diefen Zwed erfüllt 
dee Anferftod, ein langes Querftüd, weldyes am obern Ende 
Der Ruthe unter rechtem Winfel gegen die Richtung der Arme 
befeftigt ift, und fich beim Auswerfen des Anfers ſtets flach auf 
den Grund legt. Bei Fleinen Anfern ift der Anferftod eine eiferne 
Stange, welche durch ein Loch der Ruthe geſteckt wird; bei den 
großen befteht er aud zwei eichenen Valfen gg, hh (Fig. 9), 
welche Durch Nägel oder Bolzen und eiferne Reifen zufammen ges 
halten werden, ‘indem fie die zwifchen ihnen durchgehende Anfer- 
ruthe umfaffen. Die Ruthe ift zu diefem Behufe von b bis an 
das obere Ende a vierediig, und befißt auf zwei einander gegen- 
überfteheriden Seiten vieredige Zapfen i (f. Fig. 10, und den 
Durchſchnitt Fig. 21); welche in die innern Zlächen der Balken 
g, h, verfenft werden, und diefelben unbeweglich an ihrer Stelle 
erhalten. Der Ring'k ift durch ein oberhalb des Anferftodes in 
der Ruthe befindliches Loch geftedt. Man umwidelt ihn ganz mit 
einer Schnur, um die Berührung des darin beſeſtgten Taues mit 
dem Eiſen zu vermeiden. 

Über die Geſtalt und die verhaͤltnißmaͤßigen Dimenſionen der 
heile eines Anfers ift noch Folgendes zu bemerfen. Die Anfer- 
ruthe bat an ihrer [hwächften Stelle, d. i. beib, —; bis -& der- 
jenigen Dide, welche fie am dickſten Ende, bei c, befist. Die 
Seite des Vierecks bei a b macht man dem Durchmeifer bei b 
glei), mit der Abweichung, daß man der Flaͤche, auf welcher 
das Loch füs den Ring durchgeht, eine etwas größere Breite gibt, 
um fie nicht zu fehr zu fehwächen. Die Dicke des Ringes ift dem 
halben Durchmeffer der Ruthe bei b gleich; das Loch für denfel- 
ben ift um 3 jened Durchmefferd vom obern Ende der Nuthe ent- 
fernt. Bür Die Länge der Ruthe nimmt man bei dem größten Au— 
Per eines Schiffes z von der größten Breite des Schiffes an. Die 
Größe des Ankers fteht natürlich in einem gewillen Verhaͤltniſſe 
mit feinem Gewichte. Bouguer gab hierüber die Regel, daß 
man aus der Länge der Anferruthe, wenn diefelbe (in Zollen 
‚ausgedrüdt) auf die dritte Potenz erhoben, und durd) 1160 divi⸗ 
dirt wird, das Gewicht des Anfers in Pfunden erhalte. Ein 


Einrihfung der Anker. 285 


7000 Pfund fchwerer Anker würde demnach 165 Fuß lang fen. 
Hiervon wird aber ftetd mehr oder weniger abgewichen. Die Arme 
des Ankers follen, nad Bouguer, zufammen einen Kreidbo- 
gen ede bilden, deffen Mittelpunft um 3 der Länge der Anfer- 
ruthe vom untern Ende c derfelben entfernt. ift; die Größe dieſes 
Bogens fol ı20 Grad, oder den dritten Theil des ganzen Kreis 
fed, betragen. Wenn man fich auch, wie Sig. 10 zeigt, nicht 
fireng an die Bogenform hält, fo berüdfichtigt man doch den wer 
fentfihen Umftand, daß die innern Seiten der Arme de mit der 
Ruthe einen Winfelvon bo Graden machen, und gibt auch den Ars 
men die aus obiger Regel ungefähr folgende Länge, naͤhmlich 
jedem z von der Länge der Ruthe *). Die Arme find zunaͤchſt an 
der Ruthe eben fo dick, als diefe bei c ift; ihre Stärfe nimmt ger 
gen außen hin ab, fo zwar, daß fie dort, wo die Schaufeln f 
ihren Anfang nehmen, nur mehr die Dicke der Ruthe bei b bes 
fiten. Die Schaufeln find zwei.ftarfe Eifenplatten von der Form 
gleichfchenfliger Dreiede, indem die gerade Grundlinie derfelben 
um ı bis ı! Zoll fürzer ill, als die Entfernung von diefer bi6 
an die entgegengefebte obere Spitze. Die zwei längern Seiten 
find etwas nach auswärts gefriimmt. 

Der Anferftod bat gewöhnlich gleiche Länge mit der Anfers 
ruthe. Seine Dice in der Mitte ift gleich ; der Länge; die 
Dicke an den Enden ift die Hälfte von jener in der Mitte. Die 
obere Seite ift gerade, die untere läuft gegen beide Enden ſchraͤg 
birauf. Zwifchen den zwei Balfen, aus welchen der Ankerſtock 


) Ehapman hat Gilbert's Annalen dee Phyſik, Bd. 6) gezeigt, 
dag alle aus dem Endpunkte a der Ankerruthe auf die Arme c © 
gezogenen Linien mit den Armen einen Winkel von 112° 30’ ma⸗ 
hen müffen, wenn die Flügel am leichteften einfchneiden, und Den 
größten Widerſtand gegen dad Ausreißen leiten folen. Um diefe 
Bedingung zu erfüllen, müßte jeder Arm nach der Geftalt einer 
logarithmiſchen Spirale, deren Mittelpunft in a ift, ges 
krümmt feyn. Macht man die Arme, wie oben gefagt, gerade, 
unter einem Winkel von 60° gegen die Nuthe geneigt, fo kommt 
man der aufgeftellten Bedingung darum ziemlich nahe, weil daun 
eine von a auf die Mitte des Armes gesogene Linie eben einen 
Winkel von 112° mit dem Arme mad. 


280 | Anker. 


beſteht, bleibt ı oder 1 Zoll Öffnung, damit die eifernen Reifen 
näher gegen die Mitte angetrieben werden Fönnen, wenn dad Holz 
ſchwindet. 

Folgende kleine Tabelle enthaͤlt die als bewaͤhrt befundenen 


Dimenſionen einiger Anker von verſchiedener Größe. Die Maße 


ſind ſaͤmmtlich in Zollen ausgedruͤckt. 


— — — 


Gewicht des Ankers, Zentner | 10 
Länge der Ruthe . |124 156 180 211 |234 
Länge der Arme . ß 41 | 52+| 632| 70;| 78 
Breite dee Schaufeln . 19 | 2172| 38 | 34:| 38 
Dide der Schaufeln ; 1541 1: 3 3 3* 
Größte Die der Ruthe(beic) | 4:| 53] 72| &| 9 
Kleinste Dicke derfelben (beib) | 4 | 5| 7| 7] .& 
Außerer Durchmeffer d.Ringes | 19 | 213] 28 | 344] 38 
Die ded Kings . a| 23] 3| 35| 41 


60 | 80 











20 |.40 





Was die Verfertigung der Anker betrifft, fo gefchieht 
diefelbe in eigenen Anferfchmieden, welche. nur zu dieſem Behufe 
eingerichtet find; obfchon Pleine Anfer, deren Behandlung weni 
ger Tchwierig ift, auch auf manchem gewöhnlichen Eifenhammer 
erzeugt werden. Da von der Güte der Anfer die Sicherheit und 
das Leben fo vieler Menfchen abhängt, fo ift es von der hoͤchſten 
Wichtigfeit, bei der Verfertigung jener Werfzeuge auf eine ſolche 
Art zu Werfe zu gehen, daß diefelben den größten möglichen 
Grad der Stärfe und Widerftandefähigfeit erhalten. Die Ruthe, 
die Arme, deren Schaufeln und der Ring werden zuerft abgefon« 
deet gefchmiedet. Man macht am Ende der Ruthe das Loch für 
den Ring, ſteckt Diefen hinein, und fchweißt feine Enden zuſam⸗ 
men; dann fchweißt man die ſchon mit den Schaufeln, ebenfalls 
durch Schweißen, verbundenen Arme an, und der Anker iſt 
fertig. 

Die Anfer, nahmentlich die fehwereren, find die größte ge— 
fehmiedete Eifenarbeit; es ift daher Far, daß es nicht angeht, 
ihre Theile aus einem einzigen Eifenftücfe zu bilden, fondern daß 


Verfertigung der Anker. 287° 


fie durch Zufammenfchweißen mehrerer Stüde erzeugt werden 
müffen. Diefes Verfahren hat gleichzeitig den Nutzen, daß das 
Eifen durch das lange fortgefegte Haͤmmern recht gegerbt oder 
durchgearbeitet, gleihförmig gemacht, und alfo verbeflert wird. 
Man befolgt darum die Methode des Zufammenfchweißens jelbft 
in jenen Faͤllen, wo fie durch die Größe der Stuͤcke nicht eben 
nothwendig gemacht wird, 3, 8. bei den Armen der kleineren 
Anter, und bei den Schaufeln. Ehemahls erzeugte man die 
Ankertheile durch unmittelbares Zufammenfchweißen der von den 
Srifhhämmern gelieferten Eifenblöce oder Luppen. Allein da diefe 
Eifenmaflen noch Schladen enthalten, uhd wegen Mangel an 
Bearbeitung Fein gleichförmiges Gefüge haben, fo fielen auch die 
daraus hergeftellten Anker nicht anders als fchlecht aus, und bear 
hen oft faft eben fo leicht ald Gußeifen. Dan gab fpäterhin den 
zunden Ruppen vor dem Zufammenfchweißen durch einiges Schmies 
den eine platt vieredige Seftalt, und verbeiferte fie hierdurch we⸗ 
nigftens fo weit, daß die beigemengten Schladen entfernt wur- 
den. Allein das Eifen erhält auf diefe Art noch nicht jene fafe- 
tige Steuftur, wovon feine große Zähigfeit abhängt, und welche 
nur durch das Ausfchmieden in die Länge entfteht. Gegenwärtig 
verfährt man daher bei der Anferfabrifation auf andere Weife. 
Man fchmiedet zuerft flache ppramidalifche Stangen, legt mehrere 
derfelben (gewöhnlich 26 zur Verfertigung einer großen Anferrus 
the) auf einander, und hält fie durch eiferne gefchweißte Ringe, 
weiche man mittelft Hammerfchlägen vom dinnern Ende des Buͤn⸗ 
dels her -auftreibt, zufammen. Da das Beuer auf die äußern 
Stangen mehr wirft, al& auf die mittleren, und einen Theil der 
erfleren verbrennt, fo gibt man jenen eine größere Dicke als Die: 
fen. Das ganze Bündel, welches fürzer, aber dider ift, ald das 
Stud, welches man zu erzeugen beabfichtigt, wird nun in einem 
Steinkohlenfeuer nach und nad an allen feinen Theilen erhitzt, 
umter einem großen, 500 bi6 800 Pfund fchweren, vom Waſſer 
getriebenen Hammer gefchweißt, und in die gehörige Form ge⸗ 
bracht. Die Hammer einer Anferfchmiebe gleichen in der Ein» 
richtung den gewöhnlichen Eifenhämmern; nur gibt man ihnen 
eine bedeutende (bis 4: Fuß betragende) Hubhöhe, um ihre Wir: 
tung zu vermehren. - 


288 Ä Anker. . *. 


Die Eſſe unterfcheidet fich ebenfalls in feinem wefentlichen 
Punkte von jener eines gewöhnlichen Eiſenhammers. Man be= 
dient fi der Steinfohlen, weil diefe eine flärfere Hitze geben, 
old Holzkohle; aber wegen der Schwerentzundfichkeit der Stein⸗ 
tohle macht man die Öffnung der Gebläfe = Dille Heiner ala bei Holz⸗ 
fohlenfeuern, fo, daß der Wind mit größerer Heftigkeit wirkt. 
Zur Handhabung der großen Eifenftüde, welche durch Menſchen⸗ 
bände nicht wohl mehr bewegt werden Fönnten, bedient man ſich 
eines Krahns. 

Man darf nicht wagen, einen Anker wirklich in | 
zu nehmen, bevor er auf feine Seftigfeit geprüft ifl. Die Probe, 
welcher man die Anfer gewöhnlich unterwirft, indem man vers 
fucht, ob fie den Fall von einer bedeutenden Höhe auf ein Lager 
yon alten Kanonen oder eine andere Eifenmafle aushalten, iſt 
nicht ganz ficher, weil dabei fehr viel von der Art des Auffal« 
lens abhängt, und alfo auch ein fchlechter Anfer zufällig unbes 
ſchaͤdigt bleiben kann. Beſſer ift es, die Arnıe des Ankers, einen‘ 
nah dem andern, gegen ein unbewegliches Hinderniß zuftemmen, 
und das in dem Ringe der Ruthe befeftigte Anfertau anzuziehen, 
bie es reißt. Diefe Probe hat auch den Vorzug, daß dabei die 
Stärfe des Ankers ganz auf diefelbe Weife in Anfpruch genommen 
wird, als beim Gebrauche felbft. Um zu ſehen, ob fich die Schaus 
feln gehörig dem Boden zuwenden, in welchen fie eingreifen fol« 
Ien, legt man den Anfer fo auf eine ebene Flaͤche, daß eine 
Schaufel und ein Ende des Stockes die Fläche berühren. Dreht 
fich der Anfer dergeftalt von felbft um, daß er in die Lage kommt, 
welche er auf dem Meeresgrunde annehmen foll, fo ift er gut. 

Ausführlicheres über Die Verfertigung der Anfer findet man 
in der ‘zur Description des Arts et Metiers gehörigen Abhand- 
lung: Fabrique des ancres, lue a I’ academie, en Juillet ı723, 
par M. de Reaumur. Avcc des notes et des additions de M. 
Duhamel; weldhe im ı. Bande des Schauplatzes der Künſte und” 
Handwerke, Berlin, 1762, überfegt iſt. Uns erübrigt nun noch 
die Erwähnung einiger neueren Verbeflerungen oder Abanderun- 
gen, welche mit den Anfern vorgenommen worden find. 

‚Hierher gehört zuerft die fehr zweckmaͤßige, von dem englie 
{hen Kapitän Ball angegebene Art, den Ankerſtock mit der An- 


Verbeſſerungen der Anker. 289 


ferruthe zu verbinden (f. den Durchfchnitt Figur 22, Tafel 4). 
Statt der Zapfen i (Bigur 10, 11) iſt nähmlich die Ankerruthe 
mit zwei Lappen 1, 1, verfehen, . welche fo lang find, daß durch 
jeden derfelben zwei Bolzen durchgehen Fönnen. Zwiſchen diefen 
Bolzen wird der Ankerſtock von zwei eifernen Bändern m, n, 
umfaßt, und fomit ift Die Verbindung auf eine, die gewöhnliche 
an Feſtigkeit weit übertreffende Weiſe hergeſtellt. Chriftos 
phers in London hat (mie die Anficht feines Ankers Fig. 13, 
Taf. 4, von der Seite, Fig. ı4 von unten, zeigt) die Ruthe a 
aus zwei im Querfchnitte elliptifchen Stangen gebildet, welche 
unten abgefondert in die Arme, b, b, befeftigt find, oben aber 
in ein ſtarkes Viereck fid) vereinigen, durch welches der eiferne 
Anterfiod d geftedt iſt. Die Schaufeln co, c, haben die ges 
wöhnlihe Geftalt; indeſſen zieht der Erfinder folche mit bogen» 
förmigem Hiutertheile (wie die punktirten Linien in Big. 14 anzei⸗ 
gen) vor. Die Stellung der zwei Schenkel, aus welchen die 
Ruthe befteht, gibt dieſem Anfer eine große Feſtigkeit; auch find 
die Arme weniger in Gefahr zu brechen, weil fie näher gegen ihre 
Endpunete mit der Ruthe in Verbindung gefept find. 

Brunton erfand einen Anker (Bigur 15), bei wel: 
hem der eiferne Stod c c unten angebraht, und durch 
die Arme d, d mit der Ruthe a verbunden ift. Hierdurch 
bewirft man, daß der Anfer fich leichter in jene Lage dreht, 
wo die Schaufeln b (von welden man in Diefer Richtung 
nur eine fehen fann) in den Boden eindringen. Hawkes 
ließ den Anfer aus zwei Theilen beſtehen, gerade ale wenn die 
Ruthe ihrer Länge nad in zwei Hälften zerfchnitten wäre, die 
durch berumgelegte Ringe wieder vereinigt find. Jede Hälfte 
ftellt fomit ein winfelförmiges Stüd vor, von welchem der lange 
Schenfel die halbe Die der Ruthe, der fürgere hingegen einen 
der Anferarme bildet. Die beiden Theile der Ruthe find auf der 
Släche, mit weicher fie fich berühren, ausgehöblt, fo, daß nach 
der Zufammenfegung ein von unten bid oben durchgehender roͤh⸗ 
renfoͤrmiger Kanal entficeht. In diefer Höhlung Tiegt eine Kette 
oder eine eiferne Stange, die oben fowohl ald unten mit einem 
Ringe verfehen ifl. Der obere Ring dient zur Befeſtigung des 
Taues, an welchem der Anfer ausgeworfen wird; in den untern 

Technol. Encyclop. I. Bd. 19 


290 Antker. 


Ring wird ein Hülfstau eingemacht, welches man beim Lichten 
des Ankers braucht. Die winfelförmigen Hälften des Ankers bils 
det der Erfinder aus gerade gefchmiedeten Stangen durch Biegen, 
wodurch das Anfchweißen der Arme erfpart, und alfo jeder Dabei 
mögliche Fehler vermieden wird. 

Ein anderer Engländer, Somes, hat Aufer mit einer 
einzigen Schaufel erfunden, welche mit eben fo großer Sicherheit 
gebraucht werden Fönnen,. als die gewöhnlichen zweifchaufligen. 
Anter mehreren. für diefe Anfer ausgedahten Formen ift jene, 
welche man in Sig. 16 und 17 nach zwei Anfichten gezeichnet fieht, 
die befte. Die Stelle der Anferruthe wird hier durch einen eifernen, 
faft dreiedig auöfehbenden Rahmen vertreten, deſſen Seitentbeile 
a, a, durch die Querftüde b, c, verbunden find. Die Schau: 
fel e ift an einem Bolgen oder einer Achfe d befeftigt, welche fich 
im untern, fchmalen Theile des Rahmens dreht. Mit dem Arme 
der Schaufel find unter rechten Winkeln zwei andere Arme, f, f%, 
verbunden, welche nur fo lange der Schaufel eine Drehung ges 
ftatten, bis einer von ihnen an dem Querftüde c des. Rahmens 
anfteht. Man fieht, daß der Anker, wenn er in der Stellung 
Fig. 17 auf dem Meereöboden anlangt, jedes Mahl Grund faf: 
fen muß, . der Rahmen a mag fid) rechts oder links umlegen; 
denn im erfien Falle befindet ſich die Schaufel fogleic) in der zum 
Eindringen nöthigen Lage, und im zweiten fällt fie von felbft, 
mit ihrer Achfe ſich drehend, auf die entgegengefegte Seite, wo 
fodann der Arm f ftatt £ mit- dem Querjtüde c in Berührung 
fommt. Die Stange b des Rahmens leiftet den Dienft des Ans 
ferftodes; mittelft der Ketten g, g, ift der Rahmen mit dem 
Ringe h verbunden. in welchem dad Tau befeftigt wird. Ähnliche 
Einrichtungen von Ankern mit umdrehbaren Schaufeln haben 
Hawkins und Piper angegeben. Man findet ausführlichere 
Nachricht und Abbildungen von mehreren der hier erwähnten An⸗ 
fer, wie auch von anderen Verbefferungen derfelben, in Newe 
ton’6 London Journal of Arts, Vol. IV. p. bo, 113, V. 
246, Vi. 76, IX. 10; dann in Dingler’s polytechnifchem Jour⸗ 
nal, Bd. IX. &. 308, X. 407, XI. 304, XI. 319. 

K. K. 


Anſtreichen, Anftriche. 291 
Anftreichen, Anftriche. 


Anftreichen heißt im Allgemeinen, die Oberfläche eines 
Körperd, theild zur Verzierung, theild zu anderem Behufe, mit 
einem flüffig aufgetragenen Überzuge verfehen. 

Das Anftreichen im gewöhnlichen engern Sinne, nähmlich 
das Überziehen von allerlei Gegenftänden, befonders aus Holz, 
mit Farbe, ift meiftens das Geſchaͤft eigener Arbeiter, welche 
Anftreicher (in einigen Gegenden, wo fie ſich auch mit dem 
Ausmahlen der Zimmer, mit dem Vergolden und Ladiren befaf- 
fen, Staffiermahler) genannt werden. 

Zum Anftreichen werden entwider Leim = oder Ohlfarben 
gebraucht, und ziwar, wegen der großen Menge, in welcher mar 
ihrer bedarf, ſtets die wohlfeilften, z. B. ald Leimfarben: Blei⸗ 
weiß gefchlämmter weißer Thon, Kreide, Kafleler Gelb, Schütt: 
gelb, Gelberde, Ocher, Umbra, Engelrotb, Grünfpan, Berg⸗ 
grün, Berlinerblau, Bergblau, Kienruß, -Sranffurter Schwarz; 
als Oblfarben: Bleiweiß, Bleigelb, Kaſſeler Gelb, Ocher, Men⸗ 
nige, Braunſtein, Grünſpan, Shlgrün, Berlinerblau, Bein⸗ 
ſchwarz, Frankfurter Schwarz. Die verſchiedenen Mittelfarben 
werden durch zweckmaͤßige Miſchung hervorgebracht; z. B. Licht⸗ 
grün aus Grünſpan und Bleiweiß, oder Berggrün und Blei⸗ 
weiß; Hellblau aus Berlinerblau und Blieiweiß; Nußbraun aus 
braunem Ocher, Bleiweiß und etwad Schwarz; Kaftanienbraun 
aus Engelroth und Beinſchwarz; Lichtgelb aus Ocher und Blei: 
weiß; Grau aus Bleiweiß und Franffurter Schwarz; Perlfarb 
aus den vorigen beiden mit etwas Berlinerblau; u. f, w. 

Die Leimfarben werden mit Wafler auf dem Reibſteine (ei⸗ 
ner Platte von Marmor oder anderem harten Steine) mittelftdes 
Laͤufers (eines kleinern Steinftücdes) abgerieben, und mit dünnem 
Leim angerührt. Das beim Gerinnen ded Blutes fich abfondernde 
Blutwaffer fann in manchen Sällen einen Stellvertreter des 
Leimes abgeben. Es muß aber friſch verbraucht werden, und 
(äßt fi) nur mit erdigen Yarben (Kreide, Bolus, Gelberde, u. 
f w.), nicht aber mit metalliichen, — es zum Gerinnen brin⸗ 
gen, vermiſchen. 

Die Öhlfarhen reibt man ei dem Steine mit Öhlfirnig, 


19* 


292 Anftreichen, Anftriche. 


und febt dann von legterem nod) fo viel zu, als zur gehörigen 
Slüffigfeit erforderlich it. Der Ohlfirniß wird aus einem trod- 
nenden fetten Ohle durch Kochen mit einem Zufage von Bleiglätte 
bereitet (f. den Artifel Firniſſe). Am häufigiten bedient man 
fi) des’ Leinoͤhles, aber für lichte Farben ift Nußöhl oder Mohn: 
öhl vorzuziehen, weil Diefe beiden weniger gefärbt find, ald das 
Leinöhl. Eine Veimifchung von Terpenthinöhl macht die Ohlfarz 
ben dünnflüffiger, fo, daß fie fich leichter aufftreichen laffen. Um 
den Ohlfarben eine größere Haltbarfeit und Elaftizität zu geben, 
fann man fich einer Auflöfung von Federharz (Kautfchuf) in Stein» 
öhl oder Terpenthinöhl bedienen, welche man mit dem Firniffe ver- 
mengt. Auch ein Zufag von Bleizucker und Zinfoitriol vermehrt 
die Dauerbaftigfeit diefer Sarbon, indem fie dadurch trodinender 
gemacht werden. So erhält man einen fehr dauerhaften ſchwar⸗ 
zen Anftrih, wenn man 2 Theile gebrannte Umbra, ı Th. Blei: 
zuder, ı Th. Zinfvitriol und ı Th Bleiweiß mit etwas Leinöhl« 
firnig fein abreibt, die Miſchung mit mehr Firniß verdünnt, zu⸗ 
legt no) ı2 Th. ausgeglühten Kienruß zufegt, und damit das 
Holz überzieht. Diefen Anftrich wiederhohlt man, wenn der erfte 
getrodnet ift, jedoch ohne den Zufag von Bleiweiß; und endlich 
gibt man noch einen dritten Anftrich von ‘4 Th. gebrannter Um⸗ 
bra, 2 Th. Bleizuder, ı Ih. Zinfvitriol, a Th. Berlinerblau, 
ı Th. Grünfpan und ı6 Th. Kienruß, auf obige Art mit der er 
forderlihen Menge Leinöhlfieniß angemacht. Andere Farben 
werden auf gleiche Weife mit den gehörigen Materialien darge: 
ſtellt; z. 8. Weiß aus 128 Ih. Bleiweiß, ı Th. Zinfvitriol, ı 
Th. Bleisuder; Grau aus eben diefen Ingredienzen, mit Zufag 
von Berlinerblau; Gelb aus 16 Th. gelbem Ocher, ı Th. ges 
brannter Umbra, 24 bis 28 Ih. Bleiweiß, ı Ih. Zinfoitriol, 
ı Th. Bleizucker; Grün aus ı6 Th. gelbem Ocher, 3 Th. Berli- 
nerblau, 12 Th. Bleiweiß, 3 Ih. Zinfoitriol, ı Th. Bleizucker; 
Roth aus ıb Th. Mennige, 8 Ih. Zinnober, ı Th. Zinfvitriol, 
ı Th. Bleizuder. 

In England bedient man fi) des Thrans zu groben Far⸗ 
benanftrichen ftatt des Ohlfirniſſes, und bereitet ihn für dieſen 
Zweck auf folgende Art zu. Man kocht ihn in einem eifernen 
Topfe bei ſchwachem Feuer, und fchäumt ihn ab. Wenn er fo 


Anftreichen mit Farben. ' . 203 


heiß geworden ift, daß er eine hineingetauchte Feder verfengt, 
fest man auf jede Maß Ihran ungefähr einen halben Eplöffel voll 
Bleiglätte zu, rührt dann drei Minuten lang um, nimmt die 
Miſchung vom Seuer und Täßt fie erfalten, worauf fie zum Ge- 
brauche fertig iſt. Nach einer andern Vorfchrift kann man den 
Thran felbft zu feinen Anftrichen brauchbar machen, wenn man in 
3 Maß gutem Eifig 7 Loth Bleiglätte und 7 Loth Zinfvitriol auf: 
Töfer, diefen Effig dann niit ı6 Maß Thran gut durcheinander 
ſchüttelt und vermifcht, das Ganze bis zum naͤchſten Tage fich fe: 
Ben läßt, das Klare abgießt, Z Maß Leinöhlfirniß nebft ; Maß 
Zerpenthinöhl hinzufügt, und mit diefer Mifchung, wenn fie nad) 
zwei Zagen fich gefebt hat, beliebige Farben abreibt. Bleiweiß 
auf diefe Art mit Thran angemacht, ſoll eine fchönere Farbe er- 
halten, al& das mit Leinöhlfirniß abgeriebene, übrigens edet 
durch nichts von diefem zu unterfcyeiden fenn. 

Die Gegenftände, welche mit Barben angeftrichen werden 
follen, erhalten vorläufig einen fp genannten Grund, d. h. ei⸗ 
nen fhwachen Anftrich, der Die feinen Poren des Holzes ausfuͤllt, 
unb die Oberfläche zum Auftragen der Farbe vorbereitet. Wenn 
man mit Leimfarbe anftreichen will, fo befteht der Grund aus 
Kreide und Leim; fol mit Öblfarbe angeftrichen werden, fo grun- 
Dirt man mit Hhlfirniß und Bleiweiß. Wenn das angeftrichene 
Geräthe nicht der Feuchtigfeit ausgefeht wird, fo kann man, um 
Koften zu erfparen, mit Leimfarbe grundiren, und darüber die 
Ohlfarbe aufftreihen. Ze fhwammiger und einfaugender das 
Hol; ift, deſto flärfer muß jedes Mahl dee Grund aufgetragen 
werden. 

Das Anftreichen ſelbſt darf nicht eher vorgenommen werden, 
als nachdem der Grund fo vollfommen getrodinet ift, daß er gar 
nicht mehr Flebt. Es find dabei nur wenige und ganz einfache 
Handgriffe zu beobachten, um das Gelingen der Arbeit zu fichern. 
Man bedient fi) eines großen Borftenpinfelö, den man gerade 
auffegt, und in langen Zügen über das Holz, ſtets nach der Rich⸗ 
tung der Faſern, hinführt. Man fieht darauf, nicht zu viel 
Sarbe in den Pinfel zu nehmen, und den Anftrich diinn und fo 
gleichförmig als möglich zu machen. Aus feinen Vertiefungen 
von Schnipwerf u. dgl., in welche ſich die Sarbe zu fehr hinein 


294 Anftreichen, Anftriche. 


geſetzt Hat, muß diefelbe mittelft eined einen Pinfeld wieder 
herausgeftrichen werden., Die Farbe muß in dem Topfe oft um⸗ 
gerührt werden, damit fie immerfort die nähmliche Schattirung 
behält, und fich nicht zu Boden feßen kann. Leimfarben fol man 
wenigftens lauwarm auftragen, damit der darin befindliche Leim 
‚ganz flüffig if. Da in der Regel das Anftreichen wiederhohlt 
werden muß, um die Fläche gleichförmig und dick genug zu über 
ziehen, fo ift es, um die nöthige Haltbarkeit der Farbe zu errei= 
hen, durchaus nothwendig, jeden Anftrich vollfommen trodnen 
zu laffen, bevor ein neuer gegeben wird. Bei dem lebten Ans 
ftriche befonders muß man fi ich Mühe geben, die Pinfelftriche nicht 
ſichtbar werden zu laffen. 

Ohlfarben⸗ -Anftriche beſitzen einen gewiſſen Glanz, wider⸗ 
ſtehen der Feuchtigkeit, und haben den Vorzug, daß ſie ſich, 
vollkommen ausgetrocknet, durch Waſchen, ſelbſt mit Seife, rei⸗ 
nigen laſſen. Die Anſtriche mit Leimfarben ſind matt; man kann 
ihnen aber einen dauerhaften Glanz dadurch geben, daß man fein 
gepulvertes Federweiß unter die Farbe mengt, und den vollkom⸗ 
men trockenen Anſtrich mit einer ſteifen Buͤrſte anhaltend überreibt. 
Das von Such erfundene, unten ausführlicher zu erwähnende 
Wafferglas' gibt den Leimfarben- Anftrichen, welche man mit 
feiner Auflöfung überfährt, das Anfehen einer Ohlfarbe, und die 
Fähigkeit, fich naß abwifchen zu laſſen; ja das Waſſerglas Fann 
vortheilhaft ſtatt des Leimes felbjt zum Anmachen der Farben ger 
braucht werden. 

In folgenden zwei Schriften findet man ausführliche Anlei⸗ 
tung zum Anftreihen: Watin, der Staffiermahler, oder die Kunft 
anzuftreichen, zu vergolden und zu ladiren, Aus dem Sranzöfie 
fhen. 8. Leipzig 1779. — H. 5-4. Stödel'd praftifches Hands 
buch für Künftler, Tadirliebhaber und Shlfarben = Anftreicher. 8. 
1.11. Theil, 5. Aufl. Nürnberg 1817, 1820; ILL, bis VIII Theil. 
Münden, 1819 — ı829. 

Das Anftreichen mit Farben bat meiften Theils nur bie Ver⸗ 
fhönerung der angeſtrichenen Gegenſtaͤnde zur Abſicht. Oft aber 
fucht man durch einen Anftrich die Abhaltung verfchiedener aͤuße⸗ 
ser Einfluffe zu erreichen, und dann muß die Befchaffenheit des⸗ 
felben wefentlich nach dem Zwecke verfchieden feyn, welcher dar 


Waflerabhaltende Anftriche, 295 


Durch erfüllt werden fol. Hierher gehören indbefondere die An⸗ 


firiche zur Abhaltung der Naͤſſe von Holzwerf, Mauern, u. dgl., 
Des Feuers von allen brennbaren Stoffen, und des Rofles oder 
der Oxydation von den Metallen. Einen waflerabhaltenden, d.h., 
der Feuchtigkeit widerſtehenden, überzug bildet eigentlich jede ge⸗ 
meine hlfarbe, mit den oben beſchriebenen Handgriffen bereitet 
und aufgetragen. Allein für manche Faͤlle find diefe Karben zu 
Foftfpielig; und wenn das angeftrichene Holzwerf den Unbilden 
der Witterung. bloßgegeben iſt, fo zeigen fie nicht immer die wün- 
fchenswerthe Dauerhaftigfeit. Man muß dann zu anderen Mit- 
teln feine Zuflucht nehmen, um das Hol; auf eine wirffame Art 
vor dem Eindringen der Mälfe zu ſchützen. Wenn man das. Holz 
mit dickem Leinöhlfirnig überzieht, dann mit feinem Sand bewirft, 
nach dem völligen Trodinen den nicht angeflebten Sand wegreibt, 
und diefe Operation einige Mahl wiederhohlt, fo erhält Das ange⸗ 
flrihene Holzwerf ein fteinartiges Anfehen, und bleibt vor Näile 
(folglich vor der Faͤulniß), fo wie vor Würmern gefhüpt. Statt 
des Leinöhlfirniffes kann hier die Grundirung auch mit Holz oder 
Steinfohlentheer vorgenommen werden. Einen andern, der Witz 
terung fehr gut widerftehenden liberzug erhält man aus 3 Theilen 
an der Luft zerfallenem Kalf, 2 Th. Holzafche und » Th. feinem 
Sand, welche vermengt, durch ein Sieb gebeutelt, und mit Leinoͤhl⸗ 
firniß angemacht werden. Man überftreicht damit das Mol; zwei 
Mahl: das erfie Mahl nur dünn, das zweite Mahl aber fo dic, 


als es mittelft des Pinfeld möglid) ift. Ein Pfund Kolophonium, 


mit 14 Maß Thran und + Pfund Schwefel zufammengefhmolzen, 
liefert gleichfall® einen dauerhaften, fehr gut der Naͤſſe widerite= 
benden Anftrich, der mit Ocher oder einer andern in Leinöhlfirniß 
abgeriebenen Farbe beliebig verfeßt werden fann, und heiß auf 
das Hol; mittelft eined Pinfeld aufgetragen werden muß. Der 
erfte Anftrich muß fo diinn als möglich gemacht werden, und einige 
Zage trodnen, bevor man den zweiten gibt. 

Sehr empfehlenswerth ift, nach Verfuchen, welche Bleſſon 
in Berlin angeitellt bat, folgender in Rußland zum Überziehen 
der hölzernen Dächer gebräuchliche Anftrih. Man Töfet in 8 Maß 
Waller durch Kochen 16 Loth Eifenvitriol auf, fchüttet ı2 Loth 
feingepulvertes weißes Harz hinein, und ruührt fo lange nm, big 


206 Anftreihen, Anftriche. 


das Harz auf dem Waſſer fchwimmt, und sähe wird. Sodann 
fegt man zu dieſer ſtets Fochenden Wifchung, unter fortwährendem 
Rühren, nad) und nach in Fleinen Portionen 2} Pfund feinges 
ftoßenes, gefiebtes Engelroth (Kolfothar), 15 Pfund Rodenmehl, 
und endlich noch + Maß LeinöblL Das Umrühren wird fo lange 
fortgefegt, bis keine Ohlpünftchen mehr auf der Oberfläche fihtbar 
find. Diefer Anftrich wird braunroth; wünfcht man ihn grün, fo 
wird ftatt des Kolfothard 3 Pfund Grünfpan zugefegt. Die Miz 
{hung wird am beiten frifch bereitet angewendet, und heiß auf 
das mit nichtd grundirte Holz aufgeftrihen. Man wählt dazu 
eine Zeit, wo die Witterung warm und trocken ifl. Die angege- 
benen Mengen reichen für eine Släche von 300 Quadratfuß hin; 
der Anftrich riecht nicht wie gewöhnliche Ohlfarbe, und widerfteht 
dem Regen, und überhaupt der Feuchtigkeit, wenn er einige Tage 
zum Trocknen Zeit gehabt hat, vollfommen. 

Am nüglichiten vielleicht, um die Näffe vom Holz; abzuhal« 
ten, ift der Xheer, und indbefondere der Steinfohlen-Theer, wel« 
cher, ald eine Mifchung von Harz mit flüchtigem Oble, eine Art 
von Firniß daritelt. Man trägt ihn fiedendheiß (jedoch ohne ihn 
laͤnger kochen zu laffen) fo lange auf das Holz; auf, bis er nicht 
mehr eingefaugt wird. Um den. legten Anftrich zu geben, kann 
dem Theer Pech und Ziegelmehl nebft einer angemeflenen Menge 
Zerpenthinöhl (welches die Mifchung dünnflüffiger mache) zugelegt 
werden. Holztheer trodinet fehwieriger als Steinfohlentheer, und 
kann zu der angegebenen Verwendung nur dadurch brauchbar ges 
macht werden, daß man ihn erhikt, und (um die in ihm enthal« 
tene Eifigfäure zu neutralifiren) mit gepulverter Bleiglätte verfeßt. 
Eine Beimifchung von Bederharz zum Theer ift in neuerer Zeit 
empfohlen worden, möchte aber wohl meiftens zu Poftfpielig feyn. 
Man zerfchneidet 5 Pfund Federharz in Streifen, - übergießt es 
mit 13 Maß Terpenthinöpl, und laͤßt es damit, unter Öfterem 
Umruͤhren, in einer mäßigen Wärme (höchftens 60°.R.) ftehen, bis 
ed fich aufgelöfet Hat. Diefe Slüffigfeit wird dann mit 38 Pfund 
Zheer zufammengerührt, und die Mifchung etwas erwärmt auf 
das Holz; geftrichen. 

Geuchte Mauern in Wohnungen Pönnen, nach den von 
D’Arcet und Thenard gemachten Werfuchen ; vortrefflich aus⸗ 


Beuerabhaltende Anftriche. 297 


getrod'net, und vor dem fernern Eindringen der Näffe gefchüpt 
werden, indem man fie, eine Stelle nach der andern, mittelft 
eines beiveglichen eifernen Ofens erbibt, umd hierauf mit einer 
geihmolzenen Mifchung von ı Theile Leinöhlfirniß und a Theilen 
Harz beftreicht. Wenn diefer Anftrich nicht fogleich und leicht ein« 
dringt, fo Hilft man durch Erhigen nach, indem man den auf einer 
horizontalen eifernen Stange hängenden Ofen wieder vor diefe 
Stelle der Wand ſchiebt. Man wiederhohlt dieſes Überftreichen 
oder Einlaffen einige Mahl, und überhaupt fo oft, bis nichts 
mehr eingefaugt wird; der letzte Anftrich bildet dann eine Art Gla⸗ 
für, welche bald fehr erhärtet. Wäre die Mauer ftarf mit Salpe⸗ 
ter durchdrungen, fo mäßte man fie vor dem, Einlaffen abfragen, 
und neu mit Gyps überziehen. 

Senerabhaltende Anftriche, welche das Holz; der Gebäude, 
die Dekorationen in Theatern, u. f. w. vor der Einwirkung des 
Feuers dergeftalt zu fchüben vermögen, daß jene fonft leicht ent⸗ 
sindlichen Stoffe die Faͤhigkeit verlieren, eine Feuersbrunſt weiter 
fortzupflanzen, find gewiß von der höchften Wichtigfeit. Man 
kann zu dem genannten Zwede auf zweierlei Art gelangen ; nähm- 
lich indem man das Holz mit irgend einem an fich unverbrennli« 
Gen, die Wärme fchlecht leitenden Überzuge verficht, der in der 
Hige nicht abfällt; oder indem man die Poren des Holzes, der 
Leinwand, u. ſ. w. durch Beſtreichen oder Eintauchen mit einer 
unverbrennlichen Subſtanz ausfüllt, welche den Zufammenhang 
der verbrennlichen Theile unterbricht, und zugleich als fchlechter 
Bärmeleiter die Fortpflanzung der Hige in einem gewiffen Grade 
erihwert. In beiden Faͤllen, welche gewöhnlich zugleich vorhans 
den find, weil jeder Anftrich mehr oder weniger in die Maffe des 
Holzes eindringt, kann es jedoch nur gelingen, durch Ausſchlie⸗ 
Bung der Luft, und ducch Sfolirung ber entzündlichen Theile, das 
Ausbrechen derfelben in Flamme zu verhindern, und ihre Verkoh⸗ 
lung etwas zu verzögern; denn letztete ganz zu vermeiden, geht, 
bei dem Mangel eines abfoluten Nichtleiter der Wärme, nie 
mahls an, wenn Die Hige einige Zeit hindurch eimwirft, Die fo 
genannte Unverbrennlichfeit der auf eine jener Arten zuberei⸗ 
teten Stoffe ift daher auch nur relativ, und kann nie bis zur Un. 
zerſtoͤrbarkeit gefleigert werden. 








—8 


298 Anſtreichen, Anftriche. 


Ein einfacher Anftri von Kalf mit Waſſer macht dad Hol; 
ſchon etwas weniger entzündlich. Den Zweck aber, dad Holz dergeftalt 
zu überziehen, daß es im obigen Sinne unverbrennlich wird, erfüllt 
nothiwendig jede erdige Subftanz, welcher man ein angemeifenes, der 
Hige widerftehendes Bindungsmittel zu geben weiß. Dig einfadjite 
Zubereitung diefer Art ift, bei gleicher Wirkfamfeit, jederzeit vorzu⸗ 
ziehen, weil e8 hierbei aufleichtigfeit der Bereitung und Anwendung, 
fo wie auf Wohffeilheit, wefentlich anfommt. Man fann z.%. das 
Holzwerk der Gebäude mit einer gefättigten Auflöfung von Pottafche 
in Waffer beftreichen, dann eben diefe Auflöfung mit gelbem Thon zur 
Dicke einer gewöhnlichen Leimfarbe anrühren, ald Bindemittel etwas 
gefochten Mehlkleiſter zufegen, und hier:nit den Anftrich noch drei 
oder vier Mahl wiederhohlen. Das Hol; wird Dadurch wenigitend 
zwei Stunden gegen die Einwirkung des Feuers gefchübt. Auf 
30 Pfund Thon find ı+ Pfund Mehl zum Kleifter, und ı Pfund 
Pottafche erforderlich. Ähnliche Wirkung Ieiftet eine Mifchung 
von Hammerſchlag und Ziegelmehl, welche mit Reimwafler, worin 
fo viel ald möglich Alaun aufgelöfet it, angemadht, und unge: 
fähr zwei Linien did auf das Hol; geftrihen wird. Auch ein 
Mörtel aus ı Theile ungelöfchtem Kalf, 2 Ih. Sand und 3 Th. 
zu Stüden von ı Zoll Länge zerfchnittenem Heu oder Stroh ijt 
empfohlen worden; fo wie ein fehr zufammengefeßter Überzug aus 
a4 Th. gelöfchtem Kalf, ı Th. fettem Ihon, ı Ih. gepulvertem 
Gyps, 3 Th. feinem Sand, 4 Th. Ziegelmehl, 3 Th. Hammer⸗ 
Ihlag, 4 Th, zerhadten Pferdes oder Kälberbaaren und der erfor⸗ 
berlichen Menge Ochfenblut, welcher auf das getheerte, mit fcharfem 
Band beworfene Holzwerk (3.8. der Dächer) 3 JZoll did aufgetra= 
gen, vor dem völligen Trocknen mit Sand eingerieben, und endlich 
mit einem Mörtel aud Kal, Sand, Hammerſchlag und Ochſen⸗ 
blut 2 Linien dick bededit wird. 

In Fällen, wo eine der vprigen Zubereitungen nicht anwend⸗ 
bar ift, kann es zuweilen von Nupen ſeyn, das Holz a oder 3 
Mahl mit einem Sirniffe zu überziehen, den man durch Zufam- 
menmifchen der Auflöfungen von gleich viel Leim und Alam, mit 
Zufag von etwas Eſſig, verfertigt. Diefer gibt nähmlich dem 
Holze die Eigenfchaft, ſich ſchwer zu entzunden, fo, daß man 
Waller in einem hölzernen Gefäße kochen kaun, welches mit bem 


Beuerabhaltende Anftriche, 209 


erwähnten Anftriche verfehen if. Mitten in ein Flammenfeuer 
gelegt, widerfieht aber fo zubereitetes Holz der Entzündung nicht. 

Wie bier der Alaun, fo wirfen noch viele andere Salze, 
welche alfo gleihfalld angewendet werden Fönnen, um dem Holze 
feine Entzündlichfeit, wenigftens zum Theil, zu rauben, indem 
fie auf die oben erflärte Weife die Poren desfelben ausfüllen. 
Die falzige Subſtanz muß aber, wenn fie gehörig wirfen fol, auf 
einige Ziefe eindringen; und da dieß durch bloßes Eintauchen oder 
Überftreichen zu bewirken gewöhnlich nicht angeht, fo ift es raͤth⸗ 
lich, das Holz vorlaͤuſig auf die Tiefe einiger Linien zu verkohlen, 
und es dann gut mit der Salzauflöſung zu traͤnken. Umwickelt 
man überdieß noch das Holz mit Leinwand, welche mit der nähms 
lichen Auflöfung getraͤnkt ift, fo ift es um fo beſſer gefchügt. Die 
Auflöfungen, von welchen man in Diefer Anwendung die befte 
Wirfung beobachtet hat, find die des phosphorfauren und borazs 
fauren Ammoniafö, des fauren phoöphorfauren Kalks, des ägen- 
den Kalt und Natron. | 

Die nähmlichen Mittel, welche Holz gegen dad Ausbrechen 
in SIamme.fchügen, fönnen auch angewendet werden, um Ge⸗ 
webe verfchiedener Art, z. ©. leinene und baummollene' Zeuge, 
welche. fo leicht entzundlich find, zur Sortpflanzung des Feuers 
untauglich zu machen ; nur ift bier von eigentlicher Unverbrenulich« 
keit noch weniger die Rede. Gay-Luffac hat über diefen Ges 
genftand die befriedigendflen Verſuche angeftellt. Er bemerft im 
Allgemeinen, daß folche Salze, welche beim Erhigen eine unge: 
fhmolzene erdartige Subftanz hinterlaffen, desgleichen foldhe, 
welche nur bei fehr hoher Hige fchmelzen, Seinen Fräftig ſchützen⸗ 
den Überzug geben. Dieß ift der Fall mit dem Alaun, Eifenvis 
triol, Zinfoitriol, Glauberſalz, fchwefelfauren Kali, u. f. w. Biel 
tanglicher zur Erreichung des Zwedes find jene Salze, welche in 
nicht zu ſtarker Hitze ſchmelzen, und daher die Oberfläche der Ger 
webe mit einer Art von glafiger Rinde, gleichſam mit einem un- 
verbrennlichen Firniſſe, überfleiden, wie z. B. der Borar. Flüch⸗ 
tige Salze, z. B. das fchwefelfaure Ammoniaf und der Salmiaf, 
‚zeigen fich ebenfalls wirkfam, indem ihre Dämpfe mit den aus 
dem erhipten Gewebe entwicelten fich vermengen, und denfelben 
die Entzündlichkeit benehmen, alfo die Entfiehung der Flamme 


— — — 


300 Anftreichen, Anſtriche. 


verhindern. Am tauglichften wurden Salze gefunden, bei welchen 
die zwei erwähnten Urfachen der Wirffamfeit gleichzeitig eintre⸗ 
ten ; fo das borarfaure und phosphorfaure Ammoniaf (welche in 
der Hiße ihr Ammoniaf verdampfen laffen, während Phosphor- 
fänre und Borarfäure zurücbleiben und fchmelzen) entweder allein, 
oder beſſer mit gleich viel Salmiak vermifht. Die Auflöfungen 
müſſen fonzentrirt angewendet, und die Gewebe durch und durch 
Damit getränft werden. Papier ift der nähmlichen Zubereitung 
wie die Zeuge fähig; indeg wird unverbrennliche® Papier, 
d. 5. ſolches, welches fich nur verfohlt, ohne zu brennen, in wer 
nigen Sällen von Nutzen ſeyn. 

Daß neuefte, und im Großen wahrfcheinlich mit dem meiften 
Dortheile anzuwendende Mittel gegen die Bortpflanzung des 


Feuers durch Holz oder Zeuge ift das von Profeſſor Fuchs in 


Münden erfundene Wafferglas, naͤhmlich eine Verbindung 
von Kiefelerde mit Kali, welche für diefen Zwed auf folgende 
Weiſe bereitet wird. Man vermengt 10 Xheile guter, von Dige- 
ftiofalz fo viel möglich reiner Pottafche (oder flatt derfelben Soda), 
15 Th. Kies oder Quarz und ı Th. Kohle gut mit einander, und 
fhmelzt das Gemenge in einem feuerfeften Ziegel bei ftarfem Feuer 
zu einer gleihförmigen glafigen Maffe, welche mit einem eifernen 
Löffel ausgefchöpft, nad dem Erfalten gepulvert, und in dem 
vier: oder fünffachen Gewichte Wafler aufgelöfet wird. Um die 
Auflöfung zu bewirfen, macht man das Waffer in einem Keifel 
fiedend, trägt das Glas unter beftändigem Umrühren nad) und 
nach ein, und ſetzt das Sieden drei bis vier Stunden lang fort, 
His fich nicht® mehr auflöfet, und die Slüffigfeit das Anfehen eines 
diinnen Syrups erlangt hat. In diefem Zujtande hebt man fie, 
wenn fie erfaltet ift, und die unaufgelöften Theile zu Boden ge 


. funfen find, zum G©ebrauche auf. Iſt die zur Bereitung des 


Glaſes angewendete Pottafche mit fremden Salzen verunreinigt 
gewefen, oder enthält das Glas eine bedeutende Menge Schwefel: 
feber (deren Gegenwart fich durch den Geruch zu erfennen-gibt), 
fo muß daflelbe vor dem Auflöfen gepulvert drei bis vier Wochen 
der Luft auögefeht, dabei oft umgefchlagen, hierauf mit kaltem 
Waller übergojfen, wenn diefes nad) ungefähr drei Stunden wies 
der entfernt ift, mit neuem Falten Wafler ausgewafchen, und nun 


Noftabhaltende Anftriche. 301. 


erft auf die befchriebene Weife in kochendem Waſſer anfgelöfet 
werden. Die Sladauflöfung ift etwas Flebrig und trüb; fie läßt 
fi) mit reinem Waſſer verdünnen, und bildet, auf Körper geſtri⸗ 
chen, indem fie ſchnell austrocknet, einen firnißartigen Überzug, 
der fih durch die Einwirfung der Luft nicht verändert, in Faltem 
Waſſer nur außerordentlich langſam aufgelöfet wird, und dem 
euer dermaßen widerfteht, daß er die beftrichenen Gegenftände 
fehr gut vor dem Anbreunen fhüpt. Um Holzwerf u.. dgl. mit 
diefem Überzuge zu verfehen, muß man daffelbe 5 oder 6 Mahl 
mit der Auflöfung des Wafferglafes anftreichen, und befonders 
das erfie Mahl dieſe Auflöfung nicht zu Fonzentrirt anwenden, auch 
durch Neiben mit dem Pinfel das Eindringen derfelben befördern. 
Ihre größte Brauchbarfeit als feuerfichernder Anſtrich erhält die 
Slasauflöfung jedach erft dann, wenn man ihr ein erdiges Pulver, 
am beiten Anochenafche oder ein Gemenge aus Thon und Kreide, 
beimifcht, und fo eine Maſſe herftellt, in welcher dad Waſſerglas 
bauptfächlich nur als Bindemittel wirkt. Leinwand, welche man 
mittelft der Slasauflöfung unverbrennlich machen will, muß man 
nicht bloß damit beftreichen, fondern es ift nöthig, das Eindringen 
der Flüffigfeit durch Druck (z. B. zwifchen Walzen) zu befördern; 
denn wird diefe Vorficht vernachläßigt, fo glimmt die Leinwand 
außerhalb des Feuers noch fort, was mit der ganz durchdrungenen 
nicht der Fall iſt. 

Wichtig find auch jene Anftriche, durch welche man die Ory- 
dation der, der Luft und Witterung, oder andern orydirenden 
Einflüffen, ausgefegten Metalle, befonders das Roſten des Eifens, 
zu verhindern fucht. Es ift befannt, daß blanfes Eifen oder po⸗ 
lirter Stahl durch Beftreichen mit einer dünnen Lage Fett oder 
Öpl bis zu einem gewiffen Grade vor Roft gefhügt wird, und 
daß bei rauhen Gußeifenwaaren das Einreiben mit Neifblei die 
nähmfiche Wirfung hat. Auf Meffing ift das Beftreichen mit Shl 
ſchaͤdlich, weil Iegteres vielmehr die Bildung von Grünfpan ver- 
anlaßt, ftatt fie zu hindern. In England foll man feine Stahl⸗ 
waaren vor der Verfendung in Kalfwafler tauchen, um fie vor 
Noft zu bewahren; und nah Murray wird diefer Zwed fehr 
gut erreicht, wenn man die Gegenflände von polirtem Stahl mit 
Beinen: oder Wollenzeug umwidelt, der in eine gefättigte Auflö- 


302 Antimon. 


fung von lebendigem Kalf und Slauberfalz getaucht, und wieder 
gut getrochnet if. Eigentliche roftabhaltende Anftriche aber bilden 
alle Firniſſe; 3. B. für feine Eifen: und Meifingwaaren, welche 
Feiner Reibung auögefegt find, ein einfacher Weingeififirniß; für 
weniger zarte Gegenftände eine Mifchung von 5 Theilen Teinöhl« 
firnig und 3 bi6 4 Th. reftifizirtem Terpenthinöhl, welche man 
nad) dem Aufftreichen an einem der Beuchtigfeit nicht ausgefepten 
Orte eintrod'nen läßt. Yür grobe, im Freien befindliche eiferne 
Geraͤthe ift ein Anftrich von Steinfohlentheer fehr zu empfehlen, 
befonderd wenn man, nah Lampadius, in ı Pfund des er- 
wärmten Theerd 2 Loth Asphalt einrührt, und die Mifhung dann 
mit 3 Loth fchwefelfaurem Blei und a Loth feinem Graphit zufam- 
menreibt. 

Am weiteften Sinne ded Wortes gehört zu den Anjtris 
hen endlich auch die ganze große Reihe der verfchiedenen Fir- 
niffe oder Lade, von welchen in den Artikeln Sirniffe und 
Lackiren die Rede feyn wird, und die man theils in ihrer natür« 
* lichen Farbe anwenden, theild durch Auflöfung oder mechanifche 
Veimifchung von Pigmenten beliebig färben kann. 

8.8. 


Yntimon. 


Das Antimon (Spießglan;, Spießglan;metall) 
bat eine filberweiße Farbe mit ſtarkem Slanze, und ein blättrig« 
fteahliges Gefüge. Es ift zwar hart, aber fehr fpröde, und läßt 
ſich Teiht zu Pulver zerfioßen. Sein fpezififches Gewicht beträgt 
6.702 bis 6.860. Es fehmilzt bei einer Temperatur von etwa 
345° R. In der Weißglühhige Täßt es fich in verfchloffenen Ge: 
fäßen überdeftilliren. 

Wird dad Antimon unter Ruftzutritt zum Glühen erhist, fo 
fängt e8 au zu brennen, und fublimirt ſich als Oxyd, das fi 
oft in glänzenden Kryſtallnadeln anfept (Spiefiglanzblus 
men). Diefed Antimonornd enthält 15.68 Prozent Sauerftoff, 
und macht die Bafis der Antimonfalze aus. Als Pulver (aus den 
Antimonfalzen dargeftellt) hat es eine grauweiße Farbe. Es 
ſchmilzt bei fhwacher Glühhige zu einer gelblichen Slüffıgfeit, die 
beim Erfalten zu einer gelblichweißen, fryftallinifchen, asbeſtarti⸗ 


Antimonoryde. 305 


gen Maſſe erflarrt; in höherer Temperatur verflüchtigt es ſich, 
und fublimirt ſich in den erwähnten Feyitallinifchen Blumen. Man 
erhält auch, nad) Berzelius, diefes Antimonoryd, wenn Schwes 
felantimon geröftet wird bis aller Schwefel verbrannt ift, worauf 
der Rudftand mit „; bis —; feines Gewichtes Schwefelantimon 
genau vermengt, und in einem Tiegel bis zum Schmelzen erhißt 
wird. Die gefhmolzene Maffe wird audgegoflen und gepulvert. 
Sie muß im Bruche kryſtalliniſch, aber nicht glafig feyn; im letz⸗ 
teren Falle enthält fie Schwefelantimon. Hier wird durch das 
Köften das Schwefelantimen in die, fogleich zu erwähnende, an« 
timonige Säure verwandelt ,* welche durch das Umfchmelzen mit 
Schwefelantimon zu Oxyd reduzirt wird. Es iſt dieſes die wohle 
feilfte Art, das Oxyd zu bereiten. 

Außer dieſem Oxyd bildet dad Antimon mit Sauerftoff noch 
jwei höhere Orydationdftufen, welche in ihren Verbindungen mit 
den Salzbaſen die Eigenfihaften von Säuren haben, und antis 
monige Säure und Antimonfäure genannt werden. 

Die antimonige Säure (fonft weißes Antimons 
ox y d) entficeht, wenn das Antimonoryd an der Luft noch weiter 
erhigt wird, wo ed, wenn ed fehr fein vertheilt ift, wie Zunder 
fortbrennt, bis ed zu antimoniger Säure geworden iſt. Sie wird 
ebenfalld gebildet, wenn man Schwefelantimon an der Luft voll« 
fländig röftet, wodurch der Schwefel verbrennt, und als ſchwef⸗ 
liche Säure davon geht, während antimonige Säure zurücbleibt. 
Sie erfcheint als ein fehneeweißes Pulver, das fich beim Erhigen 
jedes Mahl gelb färbt; ift unfchmelzbar und feuerbeftändig: fie 
enthält 19.87 Prozent Sauerftoff. 

Die Antimonfäure (fonft gelbes Antimonorpd)ers 
halt man, wenn Antimon in Königdwaller aufgelöft, die Auflös 
fung zur Trockne abgedampft, dann mit fonzentrirter Salpeter⸗ 
fäure verſetzt, und die Maſſe bei einer Temperatur, die nicht bis 
zum Glühen gehen darf, fo lange erhigt wird, bis alle Salpeter⸗ 
fäure verdampft if. Sie ift ein blaßgelbes Pulver, im Waſſer 
manflösfich, und geht, bis zum Glühen erhigt, unter Verluft von 
Sauerſtoffgas, in antimonige Säure über. Sie enthält 23.66 
Prozent Sauerſtoff. Sowohl die antimonige Säure ald die An- 
timonfäure verbinden fi mit dem Kali, beim Erhigen, fowohl mit 


. 304 Antimon. . 


dem äbenden ald dem Fohlenfauren Kali, zu antimonigfaurem 
und antimonfaurem Kali... Das autimonfaure Kali 
(welches 21.71 Prozent Kali enthält) entfteht, wenn man gepul« 
vertes Antimon mit 6 Theilen Salpeter verbrennt, die Maſſe noch 
einige ‚Zeit in ftarfer Glühhige Täßt; hierauf die auögegoilene 
Salzmaffe pulvert, mit Faltem Waffer ausgieht, und das erhaltene 
weiße Pulver mit Waifer eine Stunde lang Focht; dann die Aufe 
löſung filtrist. Diefe Auflöfung des antimonfauren Kali fället 
aus den Metallauflöfungen antimonfaure Metallorgde. Wird 
diefelbe mit überfchüffiger Salpeterfäure verfegt, fo ſcheidet fich ein 
zartes, weiße Pulver aus, das mit Wafler gehörig ausgewaſchen, 
dad Antimonfäurehydrat darftellt, in welchem 94.95 Säure 
mit 5.05 Waſſer verbunden find. 

Die Fonzentrirte Schwefelfäure wirft unter Anwendung von 
Hitze auf das Antimon mit Entbindung von fchweflicher Säure, 
und verwandelt e8 in eine weiße Salgmafle, neutrale 8 ſchwe⸗ 
felſaures Antimonoxyd, welche durch Waffer in bafıfhed 
und ſaures ſchwefelſaures Salz zerlegt wird. 

Die Salpeterfäure greift unter Entbindung von Salpetergas 
dad Antimon beftig an, und diefes verwandelt ſich Dabei in ein 
weißes orpdähnliches Pulver, bafifhes falpeterfaures 
Antimonoryd, das durch wiederhohltes Digeriren: mit einer 
binlänglichen Menge Wafler zerlegt wird, fo daß das Oxyd rein 
zurücdbleibt. Man fann das Antimonoryd daher auch auf dieſe 
Art bereiten. 

Das eigentliche Aufloͤſungsmittel des Antimons iſt Konigs⸗ 
waſſer, aus fünf Theilen konzentrirter Salzſaͤure und einem 
Theile konzentrirter Salpeterfäure zuſammengeſetzt. Die Auflö- 
fung ift farbelos, und enthält falzfaure® Antimonoryd 
(Antimonchlorid) mit überſchuͤſſiger Salzfäure. Dünftet man 
die Auflöfung in einer Retorte ab, bis der Rucfland butterartig 
ift, wobei fie dad Waller und die überfchüffige Salzfäure verliert, 
und deftillirt dann bei ftärferem Feuer, mit gewechfelter Vorlage ; 
fo gebt das ſalzſaure Antimonoryd (Antimonchlorid) wafferfrei über, 
fonft Spießglanzbutter genannt, ald eine durchfcheinende, 
ungefärbte Erpftallinifche Maſſe, die beim Erwärmen zu einem 


N 


Antimonfalze. _ 305 


farblofen oder gelblichen Ohle fhmilzt, an der Luft weiße Nebel 
erzeugt, und fehr ägend wirft. 

Am wohlfeilften wird diefed Salz, nad) Berzelius, dar: 
geftellt, wenn man Antimon oder Antimonoryd in Schwefelfäure 
auflöft, die Mafle zur Trockne abdampft, fie mit doppelt fo viel, 
dem Gewichte nad), oder etwas mehr Kochſalz vermengt, und 
das Gemenge deftillirt, wobei fchwefelfaures Natron in der 
Retorte zurüdbleibt, und dad Antimonchlorid in die Worlage 
übergeht. j 

Wird die Spießglangbutter mit Waſſer verfegt, fo fcheidet 
fi) aus derfelben ein weißes Pulver ab (Algarothpulver), wel: 
ches bafifches falzfaured Antimonoryd (Antimonoryd 
mit Chlorantimon verbunden) ift, während dad faure Salz im 
Waſſer aufgelöit zurüc bleibt. Daffelbe erfolgt, wenn die vorher 
genannte Auflöfung in Koͤnigswaſſer mit mehr Waſſer verfegt wird. 
Die Spießglanzbutter oder diefe fanre Auflöfung, welche nad) 
der Faͤllung des bafifhen Salzes bleibt, wird als Aegmittel 
auf Eifen und Stahl gebraucht, (f. Aetzen, &. ı82, und Bru⸗ 
niren). 

Eine Verbindung des Weinſteins mit dem Antimonorpd ift 
der fogenaunte Brechweinftein (weinfaures Antimonorydfali). 
Dieſes Doppelfalz entfteht, wenn man gereinigten Weinftein bis 
zur Sättigung der freien Säure mit Antimonoryd kocht, Die Auf: 
löfung darauf filteirt, und zur Kryftallifation abdampft. Hierzu 
taugt, nad) Berzelius, am wohlfeilften das Oryd, welches 
duch Röftung des Schwefelantimons und Schmelzung der gerö- 
fteten Maffe mit Schwefelantimon erhalten wird (&. 303). Man 
treibt da8 Oxyd zum feinften Pulver, mengt ed mit z oder ber 
Haͤlfte feines Gewichte gereinigten Weiniteind und 5 bis 6 Thei⸗ 
len Waifer, und focht das Gemenge, biß die ganze Quantität 
des Weinſteins aufgelöft if. Das Doppelfalz fchießt in großen 
Kryftallen an, die an der Luft verwittern, und fih in ı4 Theilen 
falten und 1.88 Theilen fiedenden Waſſers auflöfen. 

Aus der Auflöfung des Brechweinfteins fället dad Schwefel: 
waflerftoffgad ein rothbraunes Pulver, den fogenannten Mine: 
ralfermes, weiches ein auf dem naſſen Wege dargeftelltes 
Schwefelantimonift. Es entſieht daher auch in allen den Fällen, 

Technol. Encyclop. I. Bd. 20 





306 „ Antimon, 


wo man Schwefelantimon mit Schwefelfalium oder Schwefelna- 
trium verbindet, und aus der Auflöfung in Waſſer das Schwefel: 
antimon durch Abfühlung auöfcheidet. So entfteht ed, wenn 
man 6 Theile Schwefelantimon mit 6 Th. fchwefelfaurem Kali und 
ı Th. Kohle, oder ı Th. Schwefelentimon mit 3 bis 4 Ch. Wein 
ftein, oder 16 Th. Schwefelantimon mit 12 Th. Aegfali und ı TH. 
Schwefel fchmelzt, diefe Mifchungen ausfocht, und die Auflöfung 
heiß filtriert, aus welcher ſich beim Erkalten der Kermes abfegt. 
Unmittelbar auf dem nafjen Wege entfteht die Verbindung, wenn 
Schwefelantimon mit äpendem oder Fohlenfaurem Kali und Waf- 
fer, oder mit Schwefelfalium oder Schwefelnatrium gefocht wird. 
Nah Berzelius if die befte Bereitungsart diefer Verbihdung 
folgende: Ein Theil reines Fohlenfaures Kali wird mit 2? Theilen 
fein geriebenem Schwefelantimpn genau gemengt, und in einem 
bedediten Ziegel langfam erwärmt, bis die Maſſe, ohne zu fochen, 
ruhig fließt. Die leberbranne Maſſe (Spießglanzleber) wird 
mit Waſſer gefocht, und noch fochend durch ein vorber zur Siedhibe 
erwaͤrmtes Filtrum filtrirt. Aus der durchgehenden Flaren Fluͤſſig⸗ 
feit fegt fich bald der Kermes in Flocken ab, die auf einem eignen 
Filtrum gefammelt und gewafchen werden. Wird die von dem 
audgefchiedenen Kermes befreite Ylülfigfeit neuerdings mit dem 
unaufgelöit gebliebenen Ruͤckſtande gekocht, fo nimmt fie eine neue 
Portion davon auf, die fich wieder abfebt; und fo weiter, bis end- 
lich ein ferner unauflöslicher, aus einer Verbindung von Schwer 
felantimon mit Antimonoxyd beftehender Rückſtand ubrig bleibt 
(Spießglanzfafran). 

Die in der Natur am meiften vorkommende Verbindung des 
Antimons ijt jene mit Schwefel, dad Schwefelantinmon (ro- 
bes Spießglanz), welches häufig in dem Graufpießglangerze 
vorfommt. Es enthält (fo wie der Mineralfermes) 72.77 Progent 
Antimon, und bildet ſich Teicht beim Zufammenfchmelzen des An- 
timond oder eines Antimonorydes (im legteren Falle unter Entwi: 
ckelung von fehweflicher Säure) mit überfchülligem Schwefel. Es 
ift eine: ftrahlige Malle von Bleifarbe und metallifchem Glanze, 
fehr fpröde und leichtflüſſig; kocht in ſtarker Glühhitze, und Täßt 
fih, wenn die Luft abgehalten wird, unzerſetzt überbeftilliren. In 
Berührung mit der Luft hingegen wird es beim Glühen zerſetzt, 


[4 


Schwefel⸗Antimon. 307 


der Schwefel oxydirt, und das Metall in unreine antimonige 
Säure verwandelt (&. 303). Bei diefer Roͤſtung, die unter 
ftetem Umrühren gefchehen muß, darf die Hitze nacht fo groß feyn, 
Daß die Maffe fhmilzt. Sollte fie ſchmelzen, fo muß fie abgekühlt, 
und aufs neue gepulvert werden. Die Röftung ijt vollendet,‘ wenn 
ſich Fein Geruch nach fchweflicher Säure mehr zeigt. Man erhält 
eine graue Maſſe, die aus antimoniger Säure und. aus zufälligen 
Überreften von noch nicht völlig orpdirtem Antimon und unzer⸗ 
festem Schwefelmetal befteht. 

Wird ein folches nicht vollfommen ausgeröſtetes Schwefel⸗ 
antimon in einem Tiegel bis zum Gluͤhen erhitzt, ſo erhaͤlt man 
eine geſchmolzene Maſſe von glaſigem Bruche, von einer mehr 
oder weniger dunfelbraunen Farbe, die bisweilen ganz durchfich- 
tig, und unter dem Nahnıen Spießglanzglas befannt ilt. 
Es ift eine Verbindung von Antimonoryd mit Schwefelantimon. 
War das Schwefelantimon zu wenig geröftet, jo wird das Glas 
durch das überfchüjfige Schwefelantimon zu dunfel gefärbt; war 
es zu viel geröftet, fo wird das Glas wenig gefärbt und dickflüſſi⸗ 
ger. Im erſten Falle muß man noch ſehr ſtark geröſtetes Schive= 
felautimon, im letzten friſches Schwefelantimon zuſetzen. Man 
kann dieſe Miſchung auch durch das Zuſammenſchmelzen von 8 
Theilen Antimonoryd mit ı Theil Schwefelantimon herſtellen. 
Sie gibt mit Kieſelerde oder Kieſelglas zuſammengeſchmolzen, hya⸗ 
zinthfarbige Glaͤſer. Der Spießglanzſafran, der durch Zus 
ſammenſchmelzen von 3 Theilen Antimonoxyd mit ı Theil Schwe⸗ 
felantimon erhalten werden kann, beiteht aus 30.14 Antimonoryd 
gegen 69.86 Schwefelantimon, und ift eine feite Verbindung, 
während Das Spießglanzglas entweder Oxyd oder Schiwefelantis 
mon im Überfchuife hat, je nachdem es durchfichtig oder, undurch⸗ 
fihtig ifl. Der Spießglanzfafran kommt im Rothſpießglanzerz in 
nadelförmigen Kryſtallen vor. 

Das Schwefelantimon wird von Kali und Natron auf tro⸗ 
ckenem und naſſem Wege aufgelöft, (Spießglanzleber, Schwe⸗ 
felantimon⸗ Schwefelfalium), und aus dieſer Aufloͤſung in Waſſer 
faͤllt nad) -Zufog einer Säure der Spießglanzfchwefel oder 
Boldfchwefeldes Spießglanzes als ein ‚pomeranzengelbes 
Pulver nieder. Daher gehen die pben genannten Slüffigfeiten, 

20 * 


1 


308 | Antimon. 


ans denen ſich beim Erfalten Kermes abfept, nach dem Ausſchei⸗ 
den diefer Verbindung noch, durch den Zufaß einer Säure, Gold» 
fchwefel. Auch wird derfelbe erhalten, wenn man 4 Theile koh⸗ 
Ienfaures Kali, 5 Theile Schwefelantimon und ı Theil Schwefel 
zufammen ſchmelzt, die Maife hierauf in Fochendem Waffer auflöft, 
und die Auflöfung dann mit verdünnter Schwefelfäure fällt. Es 
ift ein Schwefelantimon, das 38.41 Prozent Schwefel enthält. 

Das Schwefelantimon wird im Großen aus dem Graufpieß- 
glanzerze gewonnen. Die reinjten und von der Bergart (gewöhn⸗ 
lih Quarz oder Schwerfpath) freien Stüde werden audgeftuft, 
und fo als rohes Spießglanz ausgefchieden; diejenigen Stüde, von 
denen die Bergart fich nicht trennen läßt, werben zur Ausſchmel⸗ 
zung (Ausfeigerung) genommen. Bei der Leichtflüffigfeit des 
Schwefelantimons ift diefe.fehr leicht und einfah. Man füllt ir- 
dene Töpfe mit dDurchlöchertem Boden mit dem Flein zerfchlagenen 
Erze an, und feßt diefe auf andere, welche bis zur Hälfte in die 
Erde gegraben find. Die oberen Gefäße werden nun mit Brenn 
material umgeben und ethitzt. Dad Schwefelantimon fehmilzt 
aus der Gangart aus, und träufelt in die unteren Töpfe. Nach 
Erfaltung des Apparats leert man die oberen und unteren Gefäße. 

Mit weniger Aufwand an Arbeit und Brennmaterial Fann 
diefe Seigerung in thönernen Röhren verrichtet werden, welche 
mit einer geringen Neigung, die gerade nur fo groß ift, Daß das 
geſchmolzene rohe Spießglanz aus denſelben abfließen kann, mit 
dem hinteren, verſchloſſenen Ende uͤber den Roſt eines langen und 
ſchmalen Windofens gelegt werden, ſo daß die vordere Offnung 
aus der Seitenmauer hervorragt. Dieſe Öffnung iſt mit einem 
Deckel verſchließbar, welcher unten ein Loch hat, aus welchem 
das Spießglanz abfließt. Die Roͤhre wird mit dem zerkleinerten 
Spießglanzerz angefüllt, mit dem Deckel verſchloſſen, und durch 
Kohlenfeuer erhitzt. Nach der Ausſeigerung des Spießglanzes wird 
der Rüdftand herausgenommen, und neues Erz eingefüllt; fo daß 
Die Operation ununterbrochen fortgeht. Die Röhren felbft werden 
am beſten aus Graphitmaffe verfertigt. 

Wenn diefe Spigerung des Spießglanzes mehr ins Große 
geht, fo iſt dazu ein Reverberirherd mit Slammenfeuer die zweck⸗ 
mäßigfte Vorrichtung. Auf den vertieften Herd eines folchen 


Darftellung des Antimons. 309 


Flammenofens, der nad) der Korn eines Treibherbes (f. Abtrei⸗ 
ben) eingerichtet ift, fo daß die Flamme an der dem Windafen 
entgegengefegten Seite durch eine Öffnung abzieht, wird das 
Spießglanzerz in einer Maſſe von B bis, 10 Zeutner aufgelegt, 
durch dad Flammenfeuer außgefeigert, und dad gefchmol;ene rohe 
Spießglanz durch ein an dam tiefften Punfte des Herdes auge: 
brachtes Stichloch abgezogen. Es ijt hierbei zwar ein Verluſt 
duch Abbrand und Verflüchtigung unvermeidlich, der jedoch durch 
die viel geringeren Koſten Kiefer Ausbringungsart mehr als erfegt 
wird. Um bei diefer Methode jenen Verbrand zu vernindern, ift 
es vortheilhaft, den Roft des Windofens ſchmal und eng zu ma⸗ 
chen, damit fo wenig ald moͤglich unzerfegte (noch fauerftoffhaltige) 
Luft in den Feuerraum gelange,- 

Aus dem. oben Spießglanze wird das Antimon im metallis 
fhen Zuflande dargeftellt. Dan vermengt gu diefem Behufe 8 
Theile gepulvertes Schwefelantimon mit 6 Xheilen rohem Weinftein 
und 3 Zheilen trockenem Salpeter, bringt die Mifchung nad) und 
nach in einen glühenden Schmelztiegel, und erhigt dad Ganze 
bis zum Fluſſe; worauf man es erfalten läßt. Das Metall fam- 
melt fich unten, und darüber eine braune Schlade, die aus Spieß- 
glanzleber mit Kohle gemengt, außer etwas unzerſetztem Fohlen» 
fauren und fchwefelfauren Kali, beftehbt. Der Salpeter verwan- 
delt bier durch den Sauerftoff feiner Säure einen Theil des Schwe- 
felantimons in Antimonoxyd, das durch die Kohle des verbrann- 
ten Weinfteins reduzirt wird; das Kali aus diefem verbindet fich 
mit dem Schwefel eines andern Theild des Antimons, und ed 
bleibt dann die Verbindung ded Schwefelfalium mit dem noch un» 
jerfegten Theile des Schwefelantimons in der Schlade. Diefe 
Schlade, die durch den Kaligehalt leichtfluͤſſi ig wird, iſt nothiwen- 
dig, um die Verbrennung und Berflüchtigung des Antimond zu 
bindern. Der Weinftein kann auch durch Pottafche und Kohle 
(ſtatt a Theil Weinftein, ı Theil Pottafche und a Theile Kohle) 
erfept werden. | 

Im Großen wendet man, flatt des Zufaßed von Salpeter, 
das Nöften an. Dieſes gefchieht auf dem Herde eines Reverberir⸗ 
ofend ganz auf die fchon befchriebene Weife, indem man Sorge 
trägt, daß Fein Zufammenbaden der Mafle erfolge, damit die 


310 Antimon. 


Köftung möglichft vollſtaͤndig geſchehe. Die geroͤſtete Maſſe (an⸗ 
timonige Säure mit etwad unzerſetztem Schwefelantimon) wird 
mit der Haͤlfte ihres Gewichts rohem Weinſtein gemengt, und die 
Mengung in großen‘ bedeckten Schmelztiegeln, die man auf Die 
Sohle eines Flammenofens ſtellt, oder auch auf einem Roſtofen 
mit Kohlen erhitzt, bei ſchwacher Gluͤhhitze geſchmolzen. Das 
Metall wird in gußeiſerne, mit ag august Formen aus⸗ 
gegoffen. 

Ein anderes Neduftionsmittel des rohen Syießglanzes iſt 
das Eiſen. Man macht in einem Schmelztiegel eiſerne Nägel oder 
Abfälle von weichem Eifen weißglübend, fchüftet hierauf das dop⸗ 
pelte Gewicht Schwefelfpießglang hinzu, bededt den Ziegel, und 
gießt dad Ganze, nachdem es in dünnen Fluß gefommen, fit, in die 
eiferne Form aus, wo ſich das Metall unten ſett, und daB Schwe⸗ 
feleiſen uͤber ihm die Schlacke bildet. 

Das auf die letztere Art erhaltene Antimon N eifenhaltig: 
um es von dem Eifen zu befreien, muß. man es noch mit etwas 
Schwefelantimon ſchmelzen laſſen; dad erhaltene Metall dann 
neuerdings in Fluß bringen, und, während es fließt, etivad wer 
niged Salpeter darauf werfen, um den noch beigemengten Schwes 
fel zu entfernen. Aber auch das auf die andere Art dargeftellte 
Antimon ift nicht rein, da es immer etwas Eifen und Schwefel, 
und größten Theils etwas Arfenif enthält. Um e8 völlig rein zu 
erhalten, wird ed nach Berzelius zu feinem Pülver zerftoßen, 
und mit der Hälfte feines Gewichts, oder, wenn es fehr unrein 
it, mit gleichen Xheilen Antimonoryd gemifcht, und damit in 
einem Ziegel geſchmolzen; wobei fi) die fremden Stoffe orydiren. 
und ausfcheiden. Um das Antimon auf dem naffen Wege rein 
darzuftellen, Töft man es in Königewaffer auf, vermengt das mit 
Waſſer ausgefaͤllte baſiſche Salz mit zwei Theilen Weinſtein, und 
ſchmelzt das Gemenge in einem Tiegel. 

Aus der bei der Reduktion des Schwefelantimons mit Wein⸗ 
ſtein erhaltenen Schlacke (S. 309) kann durch Schmelzen mit 
Eiſen, auf die oben angegebene Weiſe, noch Antimon ausgeſchie⸗ 
den werden; die neue Schlacke enthaͤlt nun bloß Schwefeleiſen⸗ 
Kalium, Auch kann dieſelbe mit Waſſer ausgekocht, und aus der 


Appretur. 311 


abgegoſſenen Auflöfung eine Art Kermes abgeſchieden werden, der 
als Vieh⸗Arzney an mehreren Orten verwendet wird. ‘ 

Das Antimon wird in den Künften. am haͤufigſten für das 
Schriftgießermetall verwendet, das aus Blei mit etwa 20 Prozent 
Autimon befieht. Das Blei wird überhaupt durch den Zufaß von 
Antimon härter und dichter. Daſſelbe ift mit dem Zinn der Fall. 
Kupfer mit gleich viel Antimon a le erhält eine 
violette Farbe, und wird härter. 

Die Antimonospde werden in der. Emailmapletei ald gelbes 
Pigment gebraucht, da fie, mit verglafenden. Stoffen geſchmol⸗ 
jen, das Glas gelb färben, wie davon am gehörigen Orte die 
Rede iſt. 

d. H. 
Appretur. 


Man verſteht unter Appretur (Zurichtung) diejenigen 
Dperationen, welchen gewiſſe Sabrifate, Hauptfächlich aber ge: 
webte und gewirfte Waaren, zulept unterworfen werden, um ein 
fhöneres, für den Käufer einladenderes, und dem Gebrauche mehr 
angemeflenes Anfehen zu erhalten. Es folgt hieraus von felbft, 
daß Durch das Appretiren oder Zurichten feine eigentliche Verbeſſe⸗ 
rung, fondern vielmehr bloß eine Verfchönerung der Stoffe beab⸗ 
fihtigt wird. So verfchieden aber die zu appretirenden Sabrifate 
felbft find, fo abweichend find auch-die Verfahrungsarten und die 
Mittel, welche zum Appretiren derfelben angewendet werden. Auße 
führlihe Nachricht darüber wird man in den einzelnen betreffen» 
den Artifeln dieſes Werkes finden: hier nur folgende allgemeine 
Bemerfungen. 

Die Appretur der gewebten Stoffe oder Zeuge begreift in. 
weiteren Sinne auch das Bleichen, Faͤrben und Druden derfelben; 
doch find diefe Veränderungen -der Gewebe zu wichtig und wefents 
lih, begründen auch zu bedeutende felbfifländige Fabrikations⸗ 
jweige, als daß fie füglich unter die Nebenarbeiten gerechnet wer⸗ 
den fönnten. Man verfteht daher unter Appretur der Zeuge im 
einem engern Sinne nur jene Operationen, durch weiche alle Uns ' 
seinigfeit aus dem Gewehe entfernt, und der Oberfläche eine ges 
wiſſe Glätte, zuweilen auch abſichtlich Glanz, gegeben wird. 


312 Appretur. 


Die Appretur des Tuches befteht in dem Scheren (welchem 
ald Vorarbeit dad Rauhen vorangeht), und im Preffen. Durch 
das Scheren werden. die beim Rauhen aus der filzartigen Ober: 
fläche Hervorgezogenen Haare dergeftalt.regelmäßig abgefchnitten, 
daß fie, nach dem Striche niedergebürftet, eine glatt und gleich« 
förmig ausfehende Dede bilden. Durch das Preflen, welches 
theils heiß, theils kalt, theild mit, theild ohne glatte Zwifchenla- 
gen (Preßfpäne) vorgenommen wird, erhält das Tuch einen Glanz, 
der aber vor der Verarbeitung deilelben zu Kleidungsftüden wie- 
der weggefchafft werden muß, weil er der Seuchtigfeit nicht wis 
derſteht. Erft in der neuelten Zeit hat man angefangen, das 
Tuch mit Beihülfe anderer Mittel dergeftalt zu preifen, daß der 
Glanz auch durch Benetzen nicht vergeht. Diefe Art der Appretur, 
welche unter dem Nahmen des Defatirens befannt ift, wird in dem 
Artikel Tuchfabrikation mit befchrieben werden. 

Die Zurichtung der glatten Wollenzeuge, fo wie der 
Stoffe aus Baumwolle, hat mit jener des Tuches einige ühn⸗ 
lichkeit, in fo fern man bier ebenfalld zwei Hauptzwede zu 
erreichen fucht, nähmlich die Wegfchaffung der Haare von der 
Oberfläche, und die Hervorbringung eines gewillen Glanzes. Da 
aber bei den Wollenzeugen wegen der feltern Drehung des Ge⸗ 
fpinnfted, fo wie wegen des Mangels der Walfe, und bei den 
Baunmwollftoffen wegen der eigenthümlichen Natur des Materials, 
die auf den Geweben befindlichen Haare weder von biureichender 
Länge noch, überhaupt von ſolcher Befchaffenheit find, daß fie 
durch Scheren abgenonımen werden fönnten; da es fich ferner 
auch nicht um eine regelmäßige Verfürzung derfelben (wie beim 
Tuche), fondern um ihre gänzliche Wegfchaffung handelt: fo bes 
bient man ſich eines anderen, fehr angemeſſenen Mitteld, nähms 
lich man fengt oder brennt fie veg, indem man den Zeug mit ges 
höriger Gefchwindigfeit über flarf erhiptes Metall oder über eine 
Flamme Binleitet. Die Wollenzeuge werden nad) dem Sengen 
(zuweilen auch vorher) mit Seife, Urin oder Kleie in einer Art 
von Walfmühle gereinigt, in reinem Wafler ausgewafchen, hier⸗ 
auf gefärbt, und endlich geglänzt.. Das Slängen gefchieht durch 
den Drud glatter Walzen in einer foginannten Kalander, oder 
durch Reiben mit einem polirten Steine; zulebt werden die Zeuge 


Appretur, 93 


meift auch noch, gleich dem Tuche, gepreßt. Die Baumwollen- 
jeuge werben nach dem Sengen ebenfalls in der Walfe gewaſchen, 
gebleicht, dann mit Stärke getränkt, und entweder gemangt oder 
mitteljt der Kalander geglättet, zulept aber noch gepreßt. 

Die Zurichtung der Leinwand ift von jener der Baumwol⸗ 
Ienftoffe nur dadurch unterfchieden, Daß das. Sengen, wegen ber 
wötürlichen Glaͤtte der Leinenfafer, wegfält.: Das Slätten ges 
fhicht entweder mit dee Mange, durch Reiben mit einem Steine, 
oder zwifchen den Walzen der Kalander; das Preilen in einer ge⸗ 
wöhnlihen Schraubenprefle. 

Don den Seidenzeugen bleiben viele entweder gquz 
ohne Appretur, oder ‚fie werden bloß gepreßt. Nur die leichten 
Sorten von Atlas und Zaffee, und einige. andere Stoffe. werden 
durch Beflreichen mit einer Traganth-Auflöfung gefleift, und zwi⸗ 
ſchen Walzen geglättet. Wenn die Zeuge mit Waller befprengt, 
und dann-falandert oder gemangt werden, erhalten fie ein gewaͤſ⸗ 
ſertes Aufchen. Man nennt diefe Operation, welche. auch zuwei⸗ 
len mit wollenen Stoffen vorgenommen wird, dad Moirirem 

Die gewirften Waaren werden, nach Verſchiedenheit 
bes Materialdö, aus welchem fie verfertigt find, verfchiedentlich 
appretirt. Baumwollene Strümpfe z. B. werden gefengt, wollene 
gefengt und gepreßt, oder auch tuchartig zugerichtet, nähmlich 
gewalft, geraubt und geſchoren; der Petinet wird mit Gummi 
oder Stärke fteif gemacht, u. f.w. Bei den Roßhaarzeugen 
beftebt die Appretur bloß im Preilen; bei den Strohhüten im 
Beftreichen mit Gummi oder Stärke und im nachherigen Glaͤnzen 
durch Überreiben mit einem glatten Holze. Endlich gehört zu 
den Sabrifaten, die eine Appretur erhalten, auch dad Leder, 
weldyes mit dem fogenannten Krifpelholze (einem der Quere nach 
mit Kerben verfehenen flachen Holze) gefrifpelt (d. h. zur Her⸗ 
vorhebung der Narben gerieben), oder durch Reiben mit Korf, 
wohl auch durch Bearbeitung mit einer gläfernen Kugel, geglät- 
tet wird, 

8.8. 


314 | .  Yraometer. 


Yraomefter, 


Es iſt ein Geſetz in der Phyfif, daß jeder feſte Körper, der 
auf einer Blüffigfeit ſchwimmt, fo tief in dieſelbe eintaucht, daß 
eine dem eingetauchten Theile an Rauminhalt gleiche Menge der 
Slüffigfeit eben fo viel wiegt, als der ganze Körper. Hieraus 
folgt von felbit: 1) daß ein Körper, wenn er in Slüffigfeiten von 
verfchiedenem fpezififchen Gewichte bis zum nähmlichen Punfte 
einfinfen foll, fein Gewicht in dem Maße vergrößern muß, wie 
das fpezififche Gewicht der Flüffigfeit zunimmt; =) daß ein Koͤr⸗ 
per; deffen Gewicht unverändert bleibt, deſto tiefer in eine Fluͤſ⸗ 
figfeit 'eintaucht, je geringer das fpezifffche Gewicht der Tegtern 
iſt. Diefe beiden Saͤtze find zur Konſtruktion gewilfer Werkzeuge 
angewendet worden, weldhe man Aräsmeter, Hydrometer 
oder Senkwagen nennt, und zur Beflimmung des fpezififchen 
Gewichtes von Flüffigkeiten braucht. -Da in den technifchen 
Künften fehr Häufig Sluffigkeiten vorfommen und angewendet wers 
den, bei welchen das fpezififche Gewicht ald Kennzeichen der Guͤte 
und Brauchbarfeit,: oder auf andere Weiſe, wichtig ift; jo kann 
eine genaue Befanntfehaft mit den Ardometern und der Art ihres 
Gebrauches in vielen Fällen nicht entbehrt werden. 

Wenn ein Aräometer nach dem erften der oben anfgeftellten 
Saͤtze konſtruirt ift, fo beurtheilt man das fpezififche Gewicht eimer 
Fluͤſſigkeit, in weiche man es einfenft, nach der Menge der Ges 
wichte, mit welcher dasfelbe belaftet werden muß, um es auf ei« 
nen gewiflen unveränderlichen Punft unterzutauchen ; denn je mehr 
Diefe nöthige Vergrößerung feines Gewichtes beträgt, defto grö- 
Ber ift das fpegififche Gewicht der Sluffigfeit. Auf diefe Art ent« 
flehen die Araometer mit Gewichten oder (wie fie richtis 
ger heißen wiirden) Aräometer mit veränderlihem@&es 
wichte. Su 

Ein Aräometer aber, welches nach dem zweiten Gabe das 
fpesififche Gewicht der Slüffigfeiten anzeigen fol, muß fo befchafe 
‚ fen feyn, daß man den veränderlichen Punkt, bis zu welchem es 
unterfinft, jedes Mahl genau beobachten kann. Diefed wird Durch 
eine Eintheilung, Gradleiter oder Skale bewerfitelligt, welche an 
dem hierzu geeigneten Theile des Inftrumentes angebracht wird, 


Araometer mit Gewichten. 515 


und die ſpezifiſchen Gewichte der unterfüchten Fluͤſſigkeiten unmit- 
telbar oder mittelbar, mehr oder weniger beſtimmt, anzeigt. 
Aräometer diefer Art, oder Arsometer mit Sfalen, find 


faſt ausfchließlich, und zu technifchen Zwedien wirflich ganz allein 


im Gebrauch; daher wird au von der erften Art bier. nur in 
Kürze die Rede feyn. i 


L Aräometer mit Gewichten. 
Man gibt diefen Ardometern gewöhnlich eine der in Big. a 


und 2 (Taf. 6) abgebildeten Formen. Der hohle, birnfoͤrmige 


oder zylindrifche, aus Glas oder Blech verfertigte Köryer a trägt 


unten an einer diinnen Verlängerung b eine kleine Kugel c, oben 


aber auf einem ebenfalls fehr dünnen Halſe d ein Schälchen e, 
in welches die Gewichte gelegt werden. Die Kugel c muß ein ver 
haͤltnißmaͤßig etwas bedeutendes Gewicht haben, weil fie beftimmt 
it, den Schwerpunft des Ganzen tief genug hinab zu ziehen, 
Damit dad Aräometer in einer Sluffigfeit aufrecht fchwinmme, ohne 
umzufchlagen; fie wird deßwegen bei gläfernen Snftrumenten mit 
Bleifchrot oder ein wenig Quedfilber befchwert. Der Hals d 
trägt ein Zeichen, naͤhmlich einen Strich, bis zu welchem das 
Aräometer jedes Mahl, wenn es gebraucht wird, in die Flüſſi ig- 
keit eintauchen muß. 

Dieſe Einrichtung iſt von Fahrenheit angegeben wor—⸗ 
den, Daher ſolche Aräometer unter dem Nahmen der Fahren— 
beit’fchen befannt find. Bei ihrem Bebrauche, um das fpegi- 
fifche Gewicht einer’ Sküffigfeit zu erforfchen, verfährt man auf 
folgende Weife. Man muß das Gewicht des ganzen Inftrumen» 
tes Fennen; dieſes betrage 5. ©. 480 Gran. Man muß ferner 
willen, wie viel Gewichte noch in das Schälchen e gelegt werden 
müffen, um das Ardometer, wenn es in deftillirted Waffer gefegt 
wird, bis an das Zeichen des Halfes d einzufenfen. Hätte man . 
diefe Menge = ı25 Gran gefunden, fo drüdt das Gewicht des 
fo belafteten Aräometers 480 + 125 = 605 Gran aus, daß eine 


Menge Waller, welche dem ganzen eingetauchten Theile, bis zum 


Striche am: Halfe d, am Umfange gleich ift, 605 Gran wiegt. 


‚Die ſpezifiſchen Gewichte feiter und flüfliger Körper drückt man 


dadurch aus, dag man angibt, wie ſich das Gewicht eines will: 


> 


310 Araͤometer. 


kuͤrlichen Volumens zu dem Gewichte eines gleich. großen Volu- 
mens deftilfirten Waſſers verhält (f. Gewicht, fpezififches). 
Das Gewicht der willfürlichen Waflermenge ift im gegenwärti= 
gen Salle durch die 605 Gran gegeben; dad Gewicht eines glei- 
hen Volumens anderer Zluffigfeit wird dargeftellt Durch dad Ge- 
wicht des Aräometers, wenn dajlelbe fo belajtet ift, daß es auch 
in dieſer Slülfigfeit bis zu dem Zeichen am Halfe unterfinft. Für 
Slüffigfeiten, welche’ fpezififch Teichter find ald Waller, muß, um 
die genannte Abficht zu erreichen, von der urfprünglichen Bela⸗ 
fiung des Schaͤlchens e etwas weggengmmen werden; bei ſpezi⸗ 
Rich fchwereren Slüffigfeiten muß man derfelben mehr oder weni⸗ 
ger zulegen. Gefebt man finde, daß in Weingeiſt dad Ardometer 
gerade dann bis zum Zeichen einfinft, wenn, auf dem Schaͤlchen 
nur 44 Oran liegen. Das Geſammtgewicht ded Inſtrumentes 
beträgt unter diefer Vorausſetzung 480 + 44 = 524 Gran. Da 
nun bei der Vergleichung der fpezififchen Gewichte jenes des Waſ⸗ 
ſers als ı angenommen wird, fo ergibt fi) aus der Proportion 

605: 524 = ı: x, 
x, oder das fpezififche Gewicht des geprüften Weingeiftes, == 
0.866. 

Das ganz unbelaftete Inſtrument wurde mit feinem Gewichte 
von 480 Gran in einer Slüffigfeit bis ans Zeichen einfinfen, de⸗ 
ren fpezififches Gewicht, aus der Proportion 

605: 480 = ı: x 
berechnet, 0.793 betrůge. Dagegen würde man auf dem Schäl« 
hen eine Belaftung von ı86 Gran anbringen, um das Araͤome⸗ 
ter, welches fodann 480 4 186 oder 666 Gran woͤge, in einer 
Sluffigkeit vom fpezififhen Gewichte 1.1 bis zum Zeichen einzu: 
tauchen. | 

Es ift Far, daß die Fleine Rechnung, welche bei dieſem Ver- 
fahren nothwendig ift, erfpart werden kann, indem man das Ges 
wicht des Aräometers fo einrichtet, daß ed gerade mit 1000 Ge⸗ 
wicht» Einheiten in deftillirtem Waſſer gehörig einfinft; Denn als⸗ 
dann drückt jedes andere Gewicht, womit das Einfinfen in ırgend 
einer Fluffigfeit Statt findet, unmittelbar das fpezif. Gewicht der 
legtern aud. Haͤtte z. B. das Ardometer ohne Belaflung 800 
halbe Gran im Gewicht, und müßte man 200 halbe Gran auf 


Aräometer mit Gewichten, 317 


Das Schälchen legen‘, um in deftillirtem Waſſer die Eintauchung 
bis an das Zeichen zu bewirken, fo wäre der obigen Bedingung 
Genüge geleiftet; und wenn man unter dieſer Vorausfegung fän- 
de, daß 240 halbe Gran Belaftung in einer gewiſſen Flüſſigkeit 
die Einfenfung gehörig bewirken, fo wäre daß fpezif. Gewicht on 
diefer Slüffigkeit — 800 + 240 == 1.040, 

Die Beflimmung der fpezififchen Gewichte mittelft des Fah⸗ 
renheit ſchen Aräometers findet ihre Gränzen einerfeitd in Dem Ges 
wichte des unbelafteten Inftrumentes, welches feine Verringerung 
mehr geftattet; und anderfeits in dem Umftande, daß die Bela⸗ 
Aung des Schälchens nicht über einen gewiflen Punft gefteigert 
werden kann, ohne den Schwerpunft des Ganzen fehr in die Höhe 
zu rücken, welches Dadurch in Gefahr kommt umzufchlagen. Die: 
ſes Aräometer ift übrigeh8 einiger Verbefferungen fähig, wodurch 
man den Gebrauch deffelben bequemer gemacht hat. Es iſt z. B 
gut, dad Schälchen herab nehmen zu fönnen; und um das beim 
Zulegen der Gewichte öfter Statt findende ftarfe Auf» und Nies 
derfchwanfen des Inftrumentes zu verhindern, fann man von dem 
obern Ende des Halfed d, unmittelbar unter dem Schälchen, drei‘ 
dünne horizontale Drähte ausgehen Taffen, welche durch ihr Aufs 
legen auf den Rand des zum Verſuche dienenden Gefäßes, dad 
zu tiefe Einfinfen, folglich das unangenehme Naßwerden des 
Schaͤlchens, verhindern. 

Nicholſon Hat das Fahrenheit'ſche Araͤometer zur Beſtim⸗ 
mung des ſpezifiſchen Gewichtes feſter Körper anwendbar gemacht, 
indem er ſtatt der Kugel c (Fig. ı und 2) ein Meines Eimerchen 
anbrachte, in welches der zu prüfende Körper gelegt werden muß. 
Da jedoch das hierbei zu beobachtende Verfahren mit der Beſtim⸗ 
mung des fpesififchen Gewichtes durch. die Hydroftatifche Wage im 
Weſentlichen übereinflimmt; fo wird davon, gleich wie von einer - 
Abänderung des Nicholfon’fchen Ardometerd, welche Hr. Prof. 
Baumgartner angegeben hat, im Artifel Gewicht (fpezifl- 
ſches) die Rede feyn. Hier aber verdient noch Dad von Tralles 
erfundene, unter dem Rahmen einer Hydroftatifhen Wage 
befannt gemachte Aräometer erwähnt zuwerden (f. Fig. 3, Taf. 6), 
welches fich von dem Sahrenheitfchen Durch die Form ded Gefäßes 
a, fo wie dadurch unterfcheidet, daß die Schale zum‘ Auflegen 


318 . Araometer. 


der Gewichte nicht oben anf dem Halſe b angebracht, fondern 
mittelft eines zwei Mahl rechtwinklig gebogenen Armes von Draht, 
e, unten bei.d angehängt wird. Übrigens befigt der Hals b ein 
Zeichen, bis zu welchem jedes Mahl die Eintauchung gefchehen 
muß; und das ganze Verfahren beim Gebrauch diefes Inſtrumen⸗ 

tes iſt dem oben beſchriebenen gleich. 


I. Aräͤometer mit Skalen. 


Die Araͤometer dieſer Klaſſe unterſcheiden ſich der Geſtalt 
nach von dem Fahrenheit'ſchen dadurch, Daß der Körper d (Fig. 4 
und 5, Taf. 6), den man entweder fugel: oder birnförmig, nur 
zuweilen zylindrifch, macht, ſehr verfleinert, der Hals dagegen 
meift zu einer Länge von 4 bis 5 Zoll, ausgedehnt, und dad 
Schälhen auf demſelben weggelaifen iſt. Die untere, fhwere Ku⸗ 
gel e ift jedoch hier, wie dort, angebracht, damit das Inftrument 
felbit dann noch fenfrecht ſtehend fchwimme, wenn der ganze 
Hals fich außer der Flüffigfeit befindet. Sndem man dem Körper 
deinen im Vergleich mit dem Halfe bedeutenden Durchmeffer 
gibt, bewirkt man, daß fchon ziemlich geringe Abweichungen im 
fpezifiichen Gewichte der Flüſſigkeiten fich durch merfliche Unter« 
fhiede in der Tiefe des Einfinfens fund geben; denn das Volu⸗ 
men, um weldes dad Aräometer, für einen beflimmten Unters 
fchied im fpesifiihen Gewichte der Fluͤſſigkeit, tiefer. oder weniger 
tief einfinft, nimmt eine defto größere Länge auf dem Halfe ein, 
je dünner derfelbe bei gleichem Volumen des Körpers iſt. Doc) 
geftatten praftifche Hinderniſſe nicht, die Dicke des Halſes bis un« 
ter eine gewilfe Gränze zu vermindern, und hierdurch die Schärfe 
in den Anzeigen des Aräometers beliebig zu fleigern. Der Hals, 
auf dem fich die Sfale befindet, muß nähmlich, wenn letztere be: 
quem und deutlich angebracht werden fol, ſtets eine angemeſſene 
Die behalten, welche ihm auch nöthig ift, Damit er nicht Leicht 
abgebrochen oder verbogen wird; und man darf nicht unbeachtet 
laffen,. daß, um. gleiche Differenzen im fpezififhen Gewichte zu 
umfaffen, der Hals defto länger feyn muß, je dünner er it, wos 
durch dad Inftrumene leicht unbequem, und ebenfalls gebrechli= 
cher wird. 

Man verfertigt Aregane die Sfalen: Ardometer, gleich je: 


Araometer mit Skalen. 319 


nen mit Gewichten, entweder aus Glas oder aus Metall.. Die 
gläfernen baben gewöhnlich eine Geftalt wie Fig. 5; ihre un⸗ 
tere Kugel e ift durch eingefülltes Bleiſchrot oder Quedfilber 
befhwert, und der Hals eine zylindrifche Röhre. Die metalle 
nen (Sig. 5) find aus dünnem Meflingblech, beffer ans Sil⸗ 
berblech (welches von fauren und falzigen Zlülfigfeiten nicht ans 
gegriffen wird) gemacht; ihre beiden Augen, d und e, find 
durch eine duͤnne Röhre £ verbimden; ber Hals ift eine zylindri⸗ 
ſche Röhre, oder ein flaches vierkantiges Stäbchen. Die Skale 
wird auf den Hals der metallenen Aräometer gravirt; für die 
gläfernen zeichnet man fie auf einen Streifen Papier, den man 
zuſammenrollt, vor dem Zufchmelzen des Halfes in. die Hoh— 
lung deffelben ſteckt, und mittelft ein wenig Wachs oder Sie: 
gellack befeſtigt. Metallene Ardometer müffen vor dem Zuſam⸗ 
mendrüden oder Einbiegen gefchüßt werden, wodurd ihr Wo: 
Iumen eine Änderung erleidet, und eine Unrichtigfeit in den 
"Angaben der Sfale herbeigeführt wird. 

Die eben befchriebene Form ift ohne wefentliche Abändes 
‚rung allen Sfalen: Ardometern gemein; eine Ausnahme machen 
nur die von Richter zuerft verfertigten, und von Hrn. Prof. 
Meisner in Wien wieder in Aufnahme gebrachten Aräomes 
ter (Sig. 6 und 8, Taf. 6), welche in einer an beiden Enden 
gugefchmolzenen, ungefähr 30 Zoll Tangen, unten mit etwas 
Siegellad und Schrofförnern befchwerten Glasröhre beftehen. 
Während die anderen Ardometer. beliebig in jedes mit der zu 
prüfenden Flüſſigkeit angefüllte Gefäfi geftellt werden, ift für 
diefe ein eigened, oben trichterförmig erweiterted Glasrohr 
(Sig. 7) beftimmt, welches beim Gebrauch in, einem hölzernen 
Zuße ſteckt, und den Bortheil hat, dag nur wenig Flüſſigkeit 
zu einem Verſuche nöthig ift. 

Beim Gebrauche der Araͤometer, der an fich höchft einfach 
und Leicht ift, find übrigens nur zwei Vorfichten zu beobachten. 
1) Muß das Injtrument langſam in die Flüſſigkeit geſetzt wers 
den, um dad Nafßwerden über jenen Punft hinauf, bis zu wel⸗ 
chem es eingetaucht bleibt, zu verhindern; denn die höher oben 
ſich anhängende Zlüjligfeit vermehrt dad Gewicht des Aräome: 
terö, folglich die Ziefe feiner Einfenfung, und gibt dadurch Anz 


320 Aräometer. 


laß zu Unrichtigkeiten. =) Iſt es nöthig, das Auge unter der 
Oberfläche der Slüffigfeit auf die Skala zu richten, weil oberhalb 
derfelben das Emporfleigen rund um den Hals die Beobachtung 
des Einfenfungspunftes unficher und ungenau madıt. 

Die Sfalen: Ardometer zerfallen, nach der Anwendung, die 
man von ihnen madıt, in allgemeine und befondere. Er- 
flere werden ohne Unterfchied für alle oder für mehrere Flüſſigkei⸗ 
ten gebraucht, um das fpezififche Gewicht derfelben auf direfte 
oder indirekte Art zu erforfchen ; letztere find beflimmt, nicht ſowohl 
unmittelbar das fpesifiiche Gewicht, ale vielmehr dad durch das⸗ 
felbe fi äußernde Verhältniß eines Beſtandtheils in gewilfen ge- 
mifchten Slüffigfeiten anzuzeigen. 


1. Allgemeine Aräometer. 


Diefe find wieder von zweierlei Art. Einige derfelben geben 
unmittelbar, und auf die eingeführte Weife im Verhältniife zum 
Wafler ausgedrüct, das fpezififche Gewicht an; andere haben eine 
ganz willfürlihe &fale, welche an fich nichts mit dem Ausdrude 
des fpezififchen Gewichtes gemein Bat, und erft, wenn es nöthig 
ift, auf diefen zurüdgeführt werden muß. Zuerft fol von jenen 
die Rede feyn. 

A. Es ift ohne Zweifel Die angemeffenfte, natürlichfte, und 
dennoch nicht die Altefte Methode, die Aräometer dergeftalt zu 
Eonfteuiren, daB man, wenn ein folched Snftrument in irgend 
eine Fluͤſſigkeit geftellt wird, das fpesififche Gewicht derfelben fo- 
gleich bei demjenigen Punfte, bis zu welchem es einfinft, ablefen 
kann. Die Sfale, welche diefen Zwed erfüllen fol, kann nicht 
aus gleich großen Theilen beftehen, wie folgende einfache Betrach⸗ 
tung zeigen wird. Gefept, ein Ardometer finfe in deftillietem 
Waller bis zu einem gewiſſen Punkte ein, der a heißen mag. 
Dad Volumen oder der förperliche Inhalt desjenigen Theiles vom 
Sinfteumente, welcher ſich gegenwärtig unter der Slüffigfeit befin- - 
det, ift eben fo groß als eine Waflermenge, deren Gewicht dem 
Gewichte des Ardometerd gleich kommt, und der Erleichterung 
wegen == 1000 gefeht werde. Nun bringe man daſſelbe Araͤo⸗ 
meter in eine Fluͤſſigkeit vom ſpezifiſchen Gewichte 0.99. Könnte 
es hier feinen vorigen Stand behaupten, fo würde das dem ein- 


Skalen für das fpezif. Gewicht. 321 


getauchten Theile entiprechende Volumen der Fluͤſſigkeit nur 
2000 > 0.99 = 9g0 wiegen. Dad Aräometer muß aber tie= 
fer als bis a einfinfen, und zwar fo weit, daß die Menge dee 
durch den eingetauchten Theil aus ihrer Stelle verdrängten Slüfs 
figfeit wieder 1000 wiegt. Wenn die abfoluten Gewichte zweier 
Körper gleich find, und ihre fpezififchen Gewichte fi) wie 1.00: 
0.99 verhalten, fo müſſen ihre Volume wie 0.99: 1. feyn; alfo 
ift der nun eingetauchte Iheil des Aräometerd um 75 größer, als 
jener, welcher im Wafler — war.  Nennt man den leb- 
tern ı, fo wird erfterer = ı — — — und — if demnach 
der förperlihe Inhalt jener ER des Halfes, welche auf 
der Sfale dem Unterfchiede der fpezififhen Gewichte 1.00 und 
0.99 entipricht. Auf diefelbe Weife laͤßt fich zeigen, daß Die 
Größe des untergetaudhten Theiles für die fpezififchen Gewichte 
0.98, -0.97, 0.96, u. f. w. nad) .der Reihe = —F ; 7 ; 3 
u. f. f. folglich die Vermehrung der Einfenfung über den Punft 
a: F, Hr Fr +. wird. Traͤgt man diefe Größen, welche 
bei der zulindrifchen Geftalt des Halfes in ihrer Länge das gleiche 
Verhältniß gegen einander beobachten, von a and nach oben zu 
auf die Sfale, und bezeichnet man die dadurch gefundenen Punkte 
mit b, c, d, e, fo bemerft manleicht, daß diefe, gleichen Diffe⸗ 
renzen der fpezififchen Gewichte entfprechenden, Grade deſto grös 
Ger werden, je mehr fie fich dem obern Ende der Sfale nähern; 
denn swilchen a und b ift der Abftand = „, zwiſchen b und 
c=, zwiſchen c und d = „77, zwiſchen d und e = 75; 
u. ſ. f. 

Es ift für die Ausdbung von Wichtigkeit, ein Mittel zu has 
ben, wodurch die Theilung ſolcher Aräometer + Skalen fowohl leicht 
als genau bewirkt werden fann. Nicht alle zur Erreichung diefes 
Zwedes anwendbaren Methoden find deßhalb von gleichem Werthe. 
Diejenige, welche fich zuerft darbiethet, beſteht darin, das Ardos 
meter nach und nach in mehrere Flüſſigkeiten zu tauchen, deren 
jede ein anderes fpezififches Gewicht hat, jedes Mahl den Einfen- 
kungspunkt auf dem Halſe zu bemerfen, und die Zahl des fpezifi« 
fchen Gewichtes beizuſchreiben. Man müßte jedoh , um eine 

Technol. Encyclop. I. Bd. 31 


' 


322 -  Yräometer. 


brauchbare Graduirung auf diefem Wege herzuftellen, eine große 
Menge Flüffigfeiten, mit der Reihe nach regelmäßig (5. B. von 
0.005 zu 0.005 oder von 0.010 zu 0.010), wachfenden fpezififchen 
Gewichten bereiten. Wie fehwierig und umftändlich dieß mit Ges 
nauigfeit auszuführen feyn würde, ift eben fo einleuchtend ‚ als 
die außerordentlihe Muͤhſamkeit des ganzen Verfahrens. Man 
bat ſich die Arbeit Dadurch zu erleichtern gefucht, daß man nur 
wenige Punfte der Sfale durch Einfenfen in Slüffigfeiten von an« 
gemeſſenem fpezifiichen Gewichte beftimmte, und die Zwifchen« 
räume in gleiche Theile eintheilte. Allein aus dem Obigen erficht 
man, daß dieſe Methode ungenau ift, und eine von der richtigen 
defto mehr abweichende Theilung gibt, je weniger der durch Ver— 
fuche gefundenen Punfte, und je weiter diefelben von einander 
entfernt find. 

Ein zweite Verfahren, welches zwar nicht weniger muͤh⸗ 
fam als das eben erwähnte ift, aber den Vorzug hat, daß es die 
Bereitung mehrerer Slüffigfeiten von beftimmten fpesififchen Ge⸗ 
wichten erfpart, gründet ſich auf den Gedanken, die Raumabthei— 
- Tungen auf der Skale durch Veränderungen im Gewichte des 
Aräometerd, welches dabei immer nur in Waifer ftehen bleibt, 
zu beftimmen. In der That, wenn dad Gewicht eines Ardomes 
ters, wie daſſelbe nach der Vollendung bleiben ſoll, genau bes 
fannt, und der Punft des Einfinfens in deftillirtem Waſſer mit 
1.000 bezeichnet ift; fo bedarf es bloß einer gewilfen Vermehrung 
jenes Gewichtes, um eine angemeifene Dergrößerung des einges 
tauchten Theiles zu bewirken, und fomit einen Punkt zu finden, 
bis an welchen das Aräometer in einer andern Slüffigfeit von ges 
ringerem fpezififchen Gewichte einfinfen würde. 3. 8. für die 
Differenzen des fpezififchen Gewichtes abwärtd 1.000, don 0.010 
zu 0.010, iſt im Vorhergehenden die Größe des eingetauchten 
heile = 1, SF, Fr, Zr Zr ern gefunden worden. 
Auf dieſe verfchiedenen Tiefen finft das Ardometer mit unverän= 
dertem Gewichte in Flüſſigkeiten ein, deren fpesififche Gewichte 
== 1.000, 0.990, 0.980, 0.970, 0.960..... find; aber auf 
eben alle dieſe Tiefen wird es auch in Wafler einfinfen, wenn fein 
Gewicht nach der Reihe uf, Fi, 5, u ſ. w. des urfprüng- 
lichen, und zuleht auch bleibenden Gewichtes vermehrt wird. Ge⸗ 


Skalen für das ſpezif. Gewicht. 325: 


febt, das Aräometer wiege, wenn es in Waffer bis zu dem mit 
1.000 bemerften Punkte einfinft, 300 Gran. Man. macht es 


300 — F 
nun um 75, d. — 3.03 Gran ſchwerer, indem man durch 


das noch offene Ende des Halſes ſo viel Queckſilber eingießt, und 
bezeichnet den Punkt, bis zu welchem es eintaucht, mit 0.990. 
Gleicher Weiſe werden die Punfte fiir 0.980, 0.970, 0.960 ı. 
beftimmt, indem man durch Nachgießen dad Gewicht des Inſtru⸗ 


mented von © >< 300 — 303.03 Gran, nad) und nad) auf 


100 
| 6 * 300 
— 312.5, bringt, und ſedes Mahl den Punkt des Einſinkens 
beobachtet. Um das Letztere bequem thum zu Fönnen, befeitigt 
man in dem Halfe des Ardometerd eine auf Papier, gezeichnete 
proviforifche,. in ſehr Feine gleiche Theile getheilte Sfale, bemerkt 
an diefer die Einfenfungspunfte, notirt fie, und überträgt fie 
endlich auf einen andern Papierftreifen, der als die bleibende 
Sfale genau in derfelben Höhe des Halſes fejtgemacdht wird. Das 
angegebene Verfahren dient zur Konftruftion der Skale für Slüf- 
figfeiten‘, welche leichter find ale Waller; um die Punfte für grö- 
Bere ſpezifiſche Gewichte zu finden, bei welchen dad Ardometer 
weniger tief ald in Waſſer einfinft, muß das Gewicht deifelben 
vermindert werden, und zwar ebenfalls jedes Mahl im umgefehr- 
ten Verhäftnife zu den Zahlen, wodurd jene fpezifiichen Ge— 
wichte ausgedrüdt werden. Setzt man wieder dad Gewicht des 
im Waſſer bis zum Punkte 1.000 einfinfenden Aräometerd S ı, 
fo muß daifelbe nach der Reihe für die fpezififchen Gewichte 1.010, 
100 100 100 100 

Tea ont gebracht wer: 
den, alfo im oben angenommenen Beifpiele auf 297.03, 294.11, 
291.26, 288.46 Gran, indem man von der. anfänglichen Queck- 
filper -Belaftung die erforderlichen Mengen wegninmt. Zuleßt 
wird in jedem Falle das bleibende Gewicht des Infirumented — 
300 Gran wieder hergeftellt, und nad) Befefligung der wirflichen 
Skale das Ende des Halfes zugefhmolzen. 

Das genaue Abwägen fo vieler und Heiner Quedfilbermens 
gen, wie. fie zur Graduitung auf dem angegebenen Wege noth- 
21 * 


= >< 300 = dob.ı2, * 300 = 309.28, 


1.0230, 1.030, 1.040, auf. 


324 Araͤometer. 


wendig find, iſt hoͤchſt mühfam und zeitraubend. Durch folgen: 
des Verfahren wird dailelbe gang entbehrlid gemacht. Man 
hängt das. Aräometer, nachdem die proviforifhe Skale in dem 
Halſe angebracht ift, an den einen Arm einer genauen Wage, 
und- ftellt durch Belaftung der am andern Arme befindlichen Schale 
das Gleichgewicht her. Hierauf wird ein Gefäß mit beftillirtem 
Waſſer unter das Aräometer gebracht, daſſelbe eingefenft, und 
der Punkt, bis zu welchem das Waller reicht, mit 1.000 bezeich- 
net. Die übrigen Punfte der Skale werden nun ſaͤmmtlich da⸗ 
durch beftimmt, daß man die entfprechenden Gewichte von der 
Wagſchale wegnimmt, oder auf diefelbe zulegt, nachdem jedes 
Mahl das Waflergefäß fo erhöht, oder herabgelaflen worden ift, 
daß der Wagebalfen ſtets Horizontal bleibt. Die wegzunehmen: 
‚den Gewichte find für Die ſperifiſchen na . 0.980, 
0.979, .... der Reihe nah, = „u, Zar zz +. .; Die ve 
genden für bie fpezififhen Gewichte, 1.010, 1.020, 1.030, .. 

1 9 

101° 103’ 108 ' 
lebtereö wieder — 300 Gran gefept, fo findet man durch Multis 
plifation diefer Zahl mit den angegebenen Brüchen die Gewichte 
in Granen ausgedrüdt. Man ficht, daß diefes Verfahren von 
dem vorigen nur dadurch fich unterfcheidet, daß nicht das Gewicht 
ded Araͤometers unmittelbar, fondern jenes der ihm gegenüber 
hängenden Wagfchale verändert wird, was aber von gleichem 
Einfluffe auf den Erfolg iſt. 

Die biöher befchriebenen Grabuirungs » Methoden geben, 
genau auögeführt, volfommen richtige Skalen, der Hals des 
Aräometerd mag ganz zylindrifh, d. h. an allen Etellen glei) 
did ſeyn, oder nicht; nur fallen an dünnern Stellen die Abtheie 
lungen länger, bei dickeren kürzer aus, als fie an einem gleich» 
dicken Halfe feyn würden. Es ift oft ſchwer, recht genau zylindri⸗ 
Ihe Glasröhren zu erhalten; wo man fi) aber auf die gleiche 
Dice derfelden in dem bier erforderlichen Grade verlaffen kann, 
ift ed weit bequemer, und doch fiher genug, die Skale durch 
Zeichnung zu verfertigen, wozu man ſich folgender einfachen Me⸗ 
thode bedient. Auf eine der vorigen Arten werden der oberfte 
und unterite Endpunft der Skale beſtimmt, alfo die Grenzen des 


.. . vom Bewichte des Aräometerd ; und wird 


Skalen für das. fpegif. Gewicht. 325 


ſpeziſiſchen Gewichtes, inmerhafb welcher das Ardometen gebraucht 
werben kann. Geſetzt man babe das Aräometer dergeſtalt fon- 
ſtruirt, Daß es in deftillietem Waſſer bis nahe an das: obere, und 
im einer Flaifiafeit.. vom ſpeziſiſchen Gewichte 1,500 bie nahe am 
Das unters Ende des Halſes eintaucht, um mitselit deſſelben alle 
zwiſchen dieſen Srenzen liegenden Tpezififcgen Gewichte erforſchen 
zu können. Die zwei ſolchergeſtalt feſtgeſetzten aͤußerſten Punfte 
werden auf dem Melle angezeigt/ um ſpaͤter darnach die Skale 
richtig zu befeiligen. Man trägt nun anf eine gerada Linie ab 
(Big. 9, :Zafel 6) die Länge. e A der Skale auf,..pieht rechtwinf: 
lig durch c und-'d die Linien a f, g h, und ſchueidet von e f aus 
e ein belichigeö Stuck ck ab, welches in ſo viele gleiche Theile 
eingetheilt wird, als die Stale Grade oder: Abtheilungen erhalten 
fol. In der Zeichnung it zur Ewleichterung angenommen, daß 
Die. fpezififhen Gewichte nur ben o. ob zu 0.05 aufgetragen ‚wer- 
den follen, und: daher ce k nur. im zehn Theile. getheilt.. Auf der 
Linie g.h wird, von dem Punkte d:; aus, und zwar nach der k 
sutgegengefehten Seite, ebenfalls ein Stuck, di, abgefchnitten, 
deſſen Länge aber nicht willkuͤrlich iſt, ſondern ſich zur Länge 
von c k fo verhält, wie das kleinſte ſpeziſiſche Gewicht der Skale 
gu dem größten ;. im angenommenen Beifpiele alſo wie 1.000? 
1.500 oder a: 3. Diefes Stück d i theilt man in eben fo viele 
‚gleiche Iheile als e k, and verbindet die Theilungspunkte beider 
Linien auf die in der Zeichnung angegebene Weife mit: einander. 
Die Durchſchnitte der fchrägen Linien mit c d geben die Theilungs⸗ 
punkte der: Sfale, welchen in der Figur die zugehörigen fpezifls 
ſchen Gewichte beigeichrieben find. ;Zeägt man aufee fundgh, 
rechts von ce und i, links von kund d, nod) mehrere der erwähn- 
sen gleichen Theile auf, und zieht man durch diefe Punfte die in 
der Figur zum. Unterſchiede punftirten Cinien, bis diefelben a b 
fchneiden; fo erhäfe man auf legterer Linie auch die Theilungs- 
punfte der Sfale für beliebige größere und Fleinere fpezififche Ge⸗ 
wichte, welche man, wenn Plas vorhanden iſt, noch auf die 
Skale auftragen fann. 

In jedem Falle iſt es nur Ein Mahl nöthig, eine Skale 
nach der befchriebenen Methode zu zeichnen; denn da bad Ver: 
haͤltniß der, gleiche Unterfchiede des fpezififchen Gewichtes aus⸗ 


326 + .Yräbriefer. 


drüdenden- Theile ſtets unverätidert bleibe, und war ihre abſolnte 
Größe nach det zu Gebothe ſteheuden Länge des Ardometer - Hale 
ſes varüirt: fo Täßt fich die in hinteichend großem Maßflabe ent» 
worfene, "Tämmtlihe bei Zlüffigferten vortonimenden ſpezifiſchen 
Gewichte enthaltende Sfale auf: folgende Weile zur Gradnirung 
ler Aräometer anwenden: "Man:trägt Die. gefundene Eintheis 
Tung auf-eine Linie lm (Sig. 10, Tafel 6),: zieht aus allen Xher- 
Tungspunften gerade Linien nach einem in willfürlicher. (aber 
nicht zu Heiner) Entfernmug augenommenen Punkt n, umd zu 
I m eine Menge: Parallelen, wieo p,q r,s.t, uv,-wx, 
Iſt nun die Ränge einer Aräpmeter » Sfale nobfl dem größten 
und kleinſten fpezififchen Sewithte derfelben gegeben ; fo -fucht mau 
Teptere beide aufder Linie Im, bemerft die zwei dazu gehörigen, 
nad) n hin laufenden Linien;,: and fucht nun unter den Parallelen 
op, qr, uf. Av. diejenige, welche zwifchen den erwähnten bei- 
den Linien genau die vorgefchriebene Länge bat: “won dieſer — 
trägt man die Eintheilung fögleich auf die tale. 

Da ein Uräometer nicht.alle bei Flüfftgfeiten. vorkommenden 
fpezififchen Gewichte auf ſeitter Sale umfaflen fann, ohne zu 
groß und unbequem zu werden, fo pflegt man eigene Ardometer 
für jene Fluͤſſigkeiten zu verfertigen, die leichten :ald, Waffer find, 
und wieder eigene für jene, Die ſchwerer find. - Zuweilen trennt 
man felbft die legtere Skale nach in zwei Theile (von 1.000 bis 
1.500 und von 1.500 bis 2.000), und macht für jeden derfelben 
ein befondered Ardometer, um die Abtheilungen dee Skale groͤ⸗ 
Ger, daher für genaue Beobachtungen geeigneter, zu erhalten. 
An dem Aräometer Big. 6 ift die Sfale für fchwere, und an dem 
Fig. & die Sfale für leichte Flüſſigkeiten angebracht. Man hat 
aber auch, um eine Sfale von bedeutendem Umfange auf.einem 
einzigen Inftrumente von verhältnigmäßig geringer Größe anzu- 
bringen, und dennoch große Theile zu erhalten, ein Mittel aue 
gewendet, welches nur für die Praris in den meiſten Sällen et= 
was zu umfländlich, übrigens aber feiner Grundlage nach einfach 
und zwedmäßig iſt. Man denfe fi, ein für Flüſſigkeiten Teich: 
ter als Waſſer beftimmtes Aräometer finfe in Waſſer bis zu einem 
Punfte a ein, der fih am untern Ende des Halfes befindet; und in 
eine Släfligfeit vom fpezif. Gewichte 0,900 bis zu einem andern 


Skalen für das ſpezif. Gewicht. 527 


Dunkte, b, oben am Halfſe. Mit der Sfale, welche man zwi: 
fchen diefen beiden Punften verzeichnet, wisd man alle fpegififchen 
Gewichte von 1.000 bid 0.900 abwärts. erforfdyen fonnen. Nun 
werde aber das Aräometer (3. B. indem * ein vorher auf den 
Hals geſtecktes Gewicht wegnimmt) um Z; leichter gemacht, fo 
wird es in einer Flüffigfeit vom fpezif. Orig = 3 — = 0.900 


bis zum Punfte a, und in einer andern Zlüfligfeit vom fpezif. Ge: 
wichte er — 0.810 bis zum Punfte b einfinfen. Theilt 
man daher den Abſtand a b auf die entfprechende Art ein, und 
trägt man diefe Eintheilung auf der gegenuͤberſtehenden Flaͤche 
des Halſes auf, fo dat man eine Sfale, mittelft welcher, nad 
vorausgegangener erwähnter Gewichtöverminderung des Inſtru⸗ 
mentes, die fpezifiichen. Gewichte von 0.810 bis 0.900 — 
werden koͤnnen. 
Wenn man genau. zu Werke gehen win, ſo iſt es nöthig, 
Die Temperatur zu fennen, bei weldyer das Aräometer, deſſen 
man fic) bedient, graduirt worden iſt; Denn der mit 1.000 bezeich- 
nete Punkt zeigt nur bei jenem Wärmegrade, bei welchem er be: 
ſtimmt it, Das fpesififche Gewicht des Waflerd an: bei größerer 
Wärme finft dad Aräometer tiefer, bei geringerer Wärme weniger 
tief ein, wegen der Veränderung ded Volumens, und folglich 
des fpezififhen Gewichtes, welche das Waifer gleich allen Kör- 
pern. durch die Wärme erleidet. Wenn daher die Skale eines 
Araͤometers z. B. bei 14° R. verfertigt wurde, fo gelten auch alle 
durch dieſes Inſtrument bei anderen Temperaturen angezeigten 
fpesifilchen Gewichte nur in Wergleichung mit jenem des Waflers 
bei 14° als 1.000 gefegt; und will man fie mit Waſſer von der 
nähmlichen andern Temperatur vergleichen, fo ift eine Korreftion 
nöthig, welche aus der befannten Ausdehnungsgröße des Waſſers 
für gegebene Zemperatur » Unterfchiede hergeleitet wird, aber zu 
unbedeutend ausfällt, um in der technifchen Praris nicht ohne 
Schaden vernachläßigt zu werden. Das Nähmliche gilt von der 
Unrichtigfeit, welche die durd) die Temperatur bewirkte Volume 
veränderung des Aräometers felbft, in der Beſtimmung der ſpe⸗ 
ziſiſchen Gewichte hervorbringt. 


328 0 "Araometer. 


+ Be Die Araͤometer mit willtürlicher Eintheilung haben ſaͤmm t⸗ 

lich den Umfland niit einander gemein, daß ihre Theile oder 
Grade gleicd, ‚groß find,. und Daher nicht gleiche Differenzen des 
ſpeziſſſchen Gewichtes ausdrüden. Diefed Leptere wird man na⸗ 
türlich finden, wenn man fich aus dem Vorhergehenden erinnert, 
daß die, gleichen Unterfchieden des fpezififchen Gewichtes entfpre- 
chenden Grade oder Abtheilungen gegen das obere Ende des Hal 
fes Hin an Größe zunehmen (&. 320). Wenn demnach eine 
Ardometer: Sfale in gleich große Grade getheilt ift, fo zeigt das 
Einfinfen um eine doppelte oder dreifache Anzahl folcher Grade 
feineöwegß ein zwei⸗ aber drei Mahl Fleineres Tpezififches Gewicht 
an; denn der Werth der oben auf der Skale lebenden Grade iſt 
viel geringer als jenew der unteren. Diefer Umftand macht, wenn 
man mitteljt dergleichen Aräometern das fpesififche Gewicht von 
Stüffigfeiten kennen lernen will, eigene Vergleichungstafeln noth⸗ 
-. wendig, ähnlich jenen, welche hier unten fogleich mitgetheift 
werden follen, wenn über die. Kaonſtruktion der gebräudplichiten 
Skalen das Nöthige gefagt if. Es find dieß die Sfalen von 
Baume, Cartier und Bed. 

Die Aräometer nah Baume’s Konftruftion find die ges 
wöhnlichiten, und werden zur Bezeichnung der Stärke des Wein» 
geiftes, der Säuren und Salzauflöfungen, ꝛc. gehraucht. Man 
verfertigt befondere Inftrumente diefer Art für Slüffigfeiten, die 
leichter find als Waller, und für foldye, die fchwerer find. Die 
Graduirung wird bei beiden auf verfchiedene, und zwar auf fol⸗ 
gende Weife, bewerkitelligt. 

Um die Sfale für fchwere Flüfligfeiten (Fig. 4, Tafel 6) 
berzuftellen, bereitet man eine Auflöfung von 3 Theilen Kochfalz 
in ı7 Xheilen Waffer , bemerft am Halfe des Inſtrumentes 
den Punft b, bis zu welchem es in diefe Auflöfung einfinkt, und 
bezeichnet ihn mit 15. Der Punft a hingegen, bis aufden das 
Araometer in deſtillirtem Wailer untertaudht, wird o genannt. 
Den Raum zwifchen a und b theilt man in ı5 gleiche Theile, und 
trägt noch mehrere folche Theile (meift bis zu 70) von b abwaͤrts 
auf. Rei dem Araͤometer für leichte Slüäffigkeiten, wozu Fig. 5 
(Zaf. 6) die Sfale zeigt, erhält der Punft a, bis zu welchen 
das Inftrument im Waſſer einfinft, die Bezeichnung 10; ein zwei⸗ 


Baume’s Skalen. 820 


ter Punkt b, den man o heißt, wird durch Eintauchen in ine 
Anftöfung von ı Theile Kochſalz in y Theilen Waſſer beſtimmt. 
Den Raum a b theilt man in 10 gleiche Theile, und ſolche Grade 
werden in beliebiger Anzahl (gewöhnlich * 50) auf die — 


Eaͤnge der Skale aufgetragen. 


Es iſt ein Mangel der Baumoͤſchen — daß für den 
Einfenfungspunft im Waller ein Mahl der: zehnte Grad, und eln 
Mahl Null angelegt wurde. Webrigend können diefe Inſtrumente, 
obgleich fie nicht das Verhaͤltniß der fpezififchen Gewichte durch ihrr 
Graduirung anzeigen, doch mit gutem Erfolge zur Vergleichmig 
von Blüfligfeiten gebraucht werden, wenn fie gehörig mit einan= 
der übereinftimmen. Diefe Uecbereinfiimmmg wird nur erreicht, 
wenn das zur Graduirung angewendete Kochfalz ſtets gleich rein 
it; wenn die Beſtimmung bee beiden Bundamentalpunfte a, b 
(Big. 4, 5, Taf. 6) immer bei der nähmlichen Temperatur gefchieht 
(deun das Waſſer ſowehl als die Salzauflöfung haben bei warmer 
Luft ein Meineres fpezififches Gewicht als bei Falter); und wenn 
endlich der Hals der Infteumente vollkommen zylindrifch fl. 

Bon diefen drei Umftänden wird in der Regel mır auf den 
zweiten, nähmlich auf Die Temperatur, Nüdficht genommen: Grund 
genug, die oft ziemlich aunvolllommene Uebereinkimmung zwiſchen 
den nah Baums's Grundfägen verfertigten Ardometern erflärkich 
zu finden. Baume beflimmte die Zundamentalyunfte feiner Sfr 
len bei einer Wärme von 11° R., jegt wählt man dazu häufig die 
Temperatur von ı4° R. ‚Die Beſtimmumg ‚der Grade mittelſt 
zweier einander fo nahe liegender Punkte ift übrigens von ſchadli⸗ 
chem Einfluffe auf die Senauigfeit; denn em Hier begangener Feh⸗ 
ler wiederhohlt fich beim weitern Auftragen dee Grabe, und wird 
am Ende der Sfale ſehr merflih. Es ift darum beſſer, new zu 
verfertigende Aräometer nach einem guten Mufter zu.graduiren, 
indem man beide mit einander in zwei Fluͤſſigkeiten von ziernlich 
verfchiedenem fpesififhen Gewichte ſtellt, Die zwei Einfenfunge 
punfte auf dem noch ungraduirten Inftrumente bemerkt, und den 
Zwifchenraum in fo viele Grade eintheilt, ald er auf dem Mufter: 
Araͤometer enthält. 

Die Sfale von Cartier’ Aräometer, welches in Frankreich 
zur Pruͤfung des Branntweines und Weingeiſtes angewendet wird, 


350 Araͤometer. 
iſt aus der Baume’fchen durch eine unnöthige und nutzloſe Veraͤn⸗ 
derung entflanden. Auf Cartier's Sfale flimmt naͤhwlich der a2. 
Grad mit dem a2. von Baume’s Araometer für leichte Flüffigfei- 
ten überein ; von diefem Punfte aus fowohl auf: als abwaͤrts, ift 
der Raum, welchen 16 Baume’fche Grade einnehmen, in 18 Theile 
geiheilt: ı5 Grade nad) Cartier find alfo 16 Graden von Baume 
gleich; und der Waſſerpunkt faͤllt auf 102 Gr. Cartier. Auf dem 
Cartier ſchen Aräometern find in der Negel die Grade nur von 14 
an aufwärts aufgetragen, weil die tiefer. liegenden nie gebraucht 
werden, und nur zwecklos das Inſtrument verlängern würden. 

Zwei Fehler der Baume’fchen Aräometer, nähmlic) die Bes 
ſtimmung der Kundamentel-Punfte durch die unfichere Anwendung 
einer Flüſſigkeit, deren fpezififhes Gewicht nicht feftgefebt iſt, 
and die ungleiche Bezeichnung des Waflerpunftes, ein Mahl mit 
o, ein anderes Mahl nit 10, find:bei den von Bed (in Bern) 
nach Bentely's Vorfchlag verfertigten Aräometern befeifigt. Der 
Einfenfungspunft in deſtillirtem Waſſer heißt hier unveränderlich o; 
ein zweiter Punft, bis zu welchem dad Inſtrument in eine Flüſſig⸗ 
keit eintaucht, deren fpezififches Gewicht‘— 0.850 iſt, wird mit 
&o bezeichnet. Diefe beiden Punkte fönnen zu jeder Zeit mit größ- 
ser Schärfe beflimmt werden, und machen daher die vollfommene 
Uebereinflimmung felbft bei folchen Aräometern möglich, welche an 
verfchiedenen Orten, zu verfehiedenen Zeiten, und fogar ohne ein 
Mufter-Inftrument, verfertigt worden find. Man theilt den Raum 
zwifchen den erwähnten zwei Punkten in 30 gleiche Theile, trägt 
oben och 40 dergleichen, unter o aber Bo auf; fo, daß 7o Grade 
für Slüffigfeiten welche fpezififch leichter find als Waffer, und 80 
Grade für fchwerere Slüfligfeiten die ganze Sale bilden. In der 
Ausübung wird diefe in zwei Theile getrennt, und auf abgefon- 
derte Ardometer übertragen. Das Aräometer für leichte Flüſſig⸗ 
keiten hat den Nullpunft gleich über der Kugel, und die 7a Grade 
werden nach aufwärts gezählt; bei jenem für fchwere Slufligfeiten 
ſteht o oben am Halfe, und 8o zunächſt Der Kugel. 

In den nun folgenden Tafeln findet man die drei erwähnten 
Araͤometer-Skalen mit einander nad) den ihren Graden entfprer 
chenden fpezififchen Gewichten verglichen; es ift über diefelben nur 
Folgendes zu bemerken. Die erfte Spalte in beiden Tafeln ent: 





Dergleihung verfchiedener Skalen. 331 


haͤlt die fortlanfenden Zahlen der Grabe; bie zweite das entipres 
chende ſpeziſiſche Gewicht für alle Grade, wenn diefe auf Die Baus: 
mefchen Aräometer bezogen werden ; Die Tepte das fpesifiiche Ges 
wicht für die Grade von Beckſs Arkometern. Hierzu kommt in 
der erften Tafel noch das fpezififche Gewicht für die Cartier {hen 
Grade. Die Zahlen der zweiten Kolumne find’ das Mittel aus 
den von Gilpin, der holländifchen Pharmakopoͤe, Huß amd 
Franco eur befannt gemachten Angaben ; welche am: wenigflen 
bon einander abweichen; fie nähern ſich alfo vermuthlich der Währ⸗ 
beit am meiften. Die fpezififchen Gewichte für die Cartier'ſchen 
Grade find, nad) der oben angegebenen Konftruftion diefer Skale, 
aus den Zahlen der zweiten Spalte abgeleitet. 
legten Kolumne: find von Bentely berechnet, und zugleich mit 


Die Zahlen der . 


feinem Aräonteter befannt gemacht worden. 








Il. Tafel, | 
für Slüffigfeiten ae als Waffer. 








t 


Gr. Baume|Cartier | Beck | | we# Tor. |weums |eatier] wre | Baume | we# Tor. |weums |eatier] wre | Bed 
70] — — [0.7083 || 50 | 0.784 | — [0.7727 ' 
69} — | —— [0.7112 || 49 | 0.788 | — Io. 7763 | 
68] — — 10.7143 || 48 | 0.792 | — 10.7799 
67 1 — | —— [0.7173 || 47 | 0.795 | — [0.7834 
66 | — | —— [0.7803 || 46 | 0.799 | — 10.7871 
65 | — | —— [0.7234 || 45 | 0.8038 | —— |0.7907 
64 | —— — [0.7265 || 44 | 0.807 | — [0.7944 
63 I —— | —— [0.7296 || 43 | 0.811 | —— 10.7981. 
62 | — | —— [0.7388 || 42 | 0.816 | — 10.8018 
61 —— 10.7359 || 4ı | 0.820 | — |0.Bobı 
60 } 0,744 — 10.7391 || 40 | 0.824 | —— |0,8095 
59 | — |: —— 10.7433 || 39 | 0.829 | 0.824 [0.8133 
5685| —— | —— 10.7456 || 3B | 0.834 | 0.829 [0.8173 
57 | —— — 10.7489 || 37 | 0.839 | 0.834 |o 82312 
561 — | —— [0.7523 || 36 |.0.844 | 0.839 |0.8252 

165 | 0.763 | — [0.7556 || 35 | 0.849 | 0.845 .|0.829a. 
54 | —— | — 10.7589 || 34 | 0.854 | 0.850, |o 8333 
531 — | —— [0.7633 || 33 | 0.859 | 0.855 |0.8374 
53 | — | —— 10.7658 || 32 | 0.864 | 0.861 0,8415 
53] —— | —— 10.7693 || 31 | 0.869 | 0.866 |0.8457 


En a nn an 


332 


Gr. Baums Beck | Gr. 


m 3 m ED ED u ͤ 
a > Dad STEUERT 


0875 


1 0.88ı 


0.886 
0,892 


0.897 
0,903 


0.989 


0,915 
0.931 
0.927 


0.933. 


0.939 
0.946 
0.952 
0.959 
0.965 


0.872 
0.878 


.0.883 


0.889 
0.895 
0:901 


0.907 


0.914 


0.921 


‘0.927 


0.994 
0,941 
0.948 


0.955. 


0.962 


0.969 


Araometer, - 


DB WAHR 90 





‚0.972 
0.9 
0.9 
0.992 


be ade 


1 «000 ' 


MM Tafeı, 
für Slüffigfeiten [hwerer als Waſſer. 


50 — 


1.000 
1.007 
1.014 
1.020 


"1.028 


1.034 
2.041 
1.049 
1.057 
1.064 
1.072 
1.080 


1.088 


1.096 


1.104 
1.113 
1.12% 
1.130 





2.0000 


1.0059 


1.0119 
1.0180 
1,0241 


3.0303 


1.0366 
1.0429 
1.0494 
1.0539 
1.0625 
1.0692 
1.0759 
1.0839 
1.0897 
1.0968 
1.1039 


21.121118 


1 


Baume 


1.138 


1.147 
. 2.197 
1.166 
1.176 
1.185 
1.195 


1.205 


1.215 


1.225 
1.235 
1.345 
1.256 
I ‚267 
1.278 
1.289 
1.300 
1.312 


== 
| 





Fe a To Ku ne nn De —— — — 


v 


Aräometer für eingelne Fluͤſſigkeiten. ‚ 335 








— — — 


Set || Gr | Baumd | Bed 


36 1.334 1.2687 55 3.596 1.4783 
37 |. 1.337 1.2782 56 1.615 1.4918 
38 _ 1.349 1.2879 || 57 1.634 | 1.5044 
39 1.362 1,2977 58 | 1.653 1.5179 
40 1.375 1.3077 || 59 1.671 1,5315 
4 1 1.388 1.3178 60 1.690 1.9454 
423 1.401 1.3381 bı 1.709 1.5596 
43 1.414 ,.3386 || 62 1.721) 1.574 1 
44 1.428 1.3493 63 1.750 } 1.5888 
45 1.442 1.3600 64. 1.771 ı 6038 
46 1.456 1.3710 65 1.793 1.6190 
47 1.470 | 1.3821 66 1,815 1.6346 
48 1.485 1.3934 67 1.839 1.6505 
49 1.500 1.4050 ||: 68 1.864 1.666” 
50 1,515 |'3.4167 69 1.885 1.6832 
51 1.531 1.4386 70 1.909 2.7000 
52 1.546 1.4407 71 1.939 
53 1.562 1.4530 72 1.960 _—— 
54 | 1.578 1.4655 





2. Befondere Ariometer. 


Die für einzelne Slüjligfeiten beftimmten Ardometer haben 
das mit einander gemein, daß fie. nicht das fpezififche Gewicht, 
fondern den Gehalt an irgend einem beigewifchten oder aufgelöften 
Stoffe. angeigen, 3. ®. die Menge des abfoluten Altohols im 
Btanntweine, des Kochfalzes in.einer Salzfoole, u. ſ. w. Zu fol« 
hen Anzeigen werden die Aräometer Dadurch anwendbar, baß 
mit der relativen Menge der Beftandtheile in einer gemifchten 
Fluſſigkeit das fpezififche Gewicht der Ieptern fich ändert, und daß 
fi folglich rückwaͤrts aus dem fpezififchen Gewichte ein Schluß 
auf Die Zufammenfeßung machen. läßt ; wozu die Daten jedoch nur 
durch die Erfahrung, nie Durch bloße theoretifche Berechnung, ge⸗ 
geben werden fönnen. Denn wenn zwei Flüſſigkeiten mit einander 
gemifcht werden (wie 3. B. Waller und Weingeiſt), fo ift das ſpe⸗ 
jififche Gewicht der Mifchung nicht das nad) den relativen Mengen 
berechnete Mittel aus den fpezifiihen Gewichten beider ; fondern 
ed fällt entweder Fleinet oder größer aus. Eben fo wenig fchreitet 


334 Ä Hreäomieter. 


die Veränderung des fpezififchen Gewichtes einer Slüffigfeit durch) 
Beimifchung einer andern, oder durch Auflöfung eines feſten Kör= 
pers, in gleichem Verhältniffe wie die Menge dieſes Zufages fort; 
und es hat daher z. B. die Zumifchung von 2, 3, 4 Mahl fo viel 
Weingeift oder Sal; zum Waffer nitht auch gerade eine 2,3, 4 
Mahl fo große Verminderung oder Vermehrung des ſpezifiſchen 
Gewichtes zur Folge. Diefe zwei Umſtaͤnde erfchweren die genaue 
Verfertigung der für einzelne Slüffigfeiten beftimmten Araͤometer 
fehr bedeutend; indem, wenn man mit der größten Genauigfeit 
verfahren wollte, jeder Grad ihrer Sfalen das Ergebniß eines 
eigenen Verfuches feyn müßte. Diefe Ardometer find gewöhnlich 
fo eingerichtet, daß fie Durch ihren Einfenfungspunft die Menge 
des auszumittelnden Beftandtheils in der geprüften Slüffigfeit nach 
Prozenten.der letztern angeben; und diefe heißen Prozenten—⸗ 
Ardometer. Ju mandyen Fällen jedoch begnügt man fich mit 
einer unbeflimmtern Anzeige, indem man, um die mühfane Kon- 
firuftion einer Progenten : Sfale zu erfparen, oder weil diefelbe 
aus Mangel einer ftets mit Sicherheit herzuftellenden unveränder- 
lihen Normal⸗Flüſſigkeit feinen Nugen bringen würde, bloß dar- 
nach firebt, eine Vergleichung der Flüſſigkeiten einerlei Art, aber 
ungleicher quantitativer Zufammenfegung, möglich zu machen, 
ohne eben zu verlangen, daß diefe-WVergleichung die Größe des 
Unterfchiedes im Gehalte genau und ausdruͤcklich angebe. Ders 
gleichen Aräometer (wie z. B. jene für Wein, Bier, u. f. w. find) 
verhalten füch zu den Progenten-Aräometern ungefähr eben fo, wie 
die Baume’fhen, und andere mit willführlicher Sfale verſehe⸗ 
nen Ardometer zu jenen, welche das fpezififhe Gewicht unmittel: 
bar angeben. = | 

Die Verfertigung der Prozenten »Sfalen Tann auf zweierlei 
Art gefchehen: entweder, indem man die nach den auf der Skale 
vorfommenden Verhältnijfen gemifchten Sküäffigfeiten bereitet, und 
die Einfenfung des Ardometers in jede derfelben beobachtet; oder 
indem man auf einer für das fpezififche Gewicht graduirten SPale 
die den verfchiedenen Mifchungen zugehörigen Punfte (welche für 
jede Abftufung des Prozenten⸗Gehaltes aus anderweitigen Verſu⸗ 
chen befannt find) auffucht und bezeichnet. Wenn man bei dem 
erftern Verfahren die Mühe fcheut, alle einzelnen Punfte von 


Arsometer für einzelne Flüſſigkeiten. 535 


Prozent zu Prozent Durch ben Verfuch zu beſtimmen, fo begnügs 
man fich, wenige, weiter aus einander liegende Punfte (3.8. von. 
5 zu 5 Prozent) auf diefe Weife ausfindig zu machen, und bie 
Zwifhengrade durch Eintheilung der Intervalle in gleich große 
Theile zu beflimmen ; allein gran fieht, daß dieſes Verfahren ein 
deito mehr von der Wahrheit abweichendes Refultat liefern muß, 
je geringer die Anzahl, je bedeutender folglich der Abftand jener 
durch Verſuche ausgemittelten Punkte ift. - Durch das oben 
(&. 326) angegebene, vermittelft Fig. 10 (Taf. 6) erflärte Ver: 
fahren Fann die ein Mahl entworfene Skale auf eine belichtge Ans 
zahl, felbft ungleich langer (für die nähmliche Fluͤſſigkeit beſtimm⸗ 
ter) Aräometer übertragen werden; wenn nur ihre Endpunfte auf 
den zu Fonftruirenden Snftrumenten gefunden find, und der Hals 
ohne bedeutenden Fehler ald durchaus gleich Died angefehen. wer: 
den darf. | | 

Uebrigens ift ein jedes folche Inftrument nur für einen ein: 
jigen Temperaturgrad gültig, für jenen naͤhmlich, bei welchem 
feine Skale verfertigt wurde; denn die durdy Veränderung deu . 
Waͤrme bewirkte Ausdehnung oder Zufämmenziehung der Flüſſig⸗ 
feiten macht, daß bei einer andern Zemperatur dad Aräometer 
nicht gerade zu dem Punfte einfinft, welcher dem wirklich vorhan= 
denen Mifchungsverhältnifle entfpricht, ſondern bei größerer 
Wärme tiefer, bei geringerer Wärme weniger tief. Man findet 
daher auf den Aräometern die Temperatur angegeben, für welche 
ihre Anzeigen.ald richtig gelten fönnen (z. B. 10, ı2, oder 14’ R.); 
für jeden andern Grad der Wärme iſt eine Korrektion nöthig, bie 
man mittelft eigener Tafeln bewerfftelligt, in welchen die den 
Temperatur» Unterfchieden entfprechenden Änderungen der fpezifi- 
ſchen Gewichte enthalten find. Bisher find jedoch ſolche Korrek⸗ 
tions⸗Tafeln, welche ſtets nur das Ergebniß umftäudlicher und 
mühfamer Verfuche ſeyn koͤnnen, ausfchließlich für die Miſchungen 
von Altohol und Waffer vorhanden. 

lm bei der Anwendung der Ardometer nicht jedes Mahl die 
Temperatur der geprüften Blüffigfeit durch eine befondere Unter: 
fuhung mittelft des Thermometers beitimmen zu müflen, kann 
man fehr zweckmaͤßig das Thermometer auf die in Fig. 11 (Xaf. 6) 
angezeigte Art mit dem Araͤometer verbinden. a b ift hier der zy⸗ 


336 -  Ardometer, 


lindriſch geftaltete Körper des gläfernen Araometerd, cd das 
Thermonieter, deifen Röhre bei b in den Zylinder a b eingefchmols 
‚zen ift, und bei a mit dem obern Ende im Anfange des Halfed a @ 
‚einen Stüspunft findet. Die Kugel d des Ihermometers vertritt, 
auf diefe Weife angebracht, zugleich die Stelle der gewöhnlichen 
Queckſilber » Befchwerung des Aräometerd. Es ijt einleuchtend, 
daß die Thermometer-Sfale, welche nur. bei den gewöhnlichen 
Lufttemperaturen gebraucht wird, einen hinreichenden Umfang 
babe, wenn fie etwa die 40 Brade von — 10° bis 4 300 A 

umfaßt. Hierbei wird, wenn die Sfale drei Zoll lang iſt, jeder 
Grad noch beinahe eine Linie groß, was zureichend fcharfe Beob⸗ 
achtungen geitattet. 

Auf weiche Art, nach vorläufigen genauen Verſuchen, die 
Arivmeter als fogenannte Branntweinwagen oder Alko— 
holometer zur Angabe des Gehaltes einer geiſtigen Flüſſigkeit 
an Alkohol dienen, ift in dem Art. Alkohol aus einander geſetzt 
worden. Nach derfelben Weife laſſen ſich auch Prozenten - Aräo: 
meter für die Mifchungen der Säuren und Alfalien mit Waf- 
fer herftellen. In der Praris beftimmt man jedoch die Konzen⸗ 
trationsgrade diefer Flüſſigkeiten gewöhnlich nach dem fpesififchen 
Gewichte oder nach Araometer-Sraden, und entnimmt den Pros 
zentengehalt in den erforderlichen Fällen aus den vorhandenen Ta⸗ 
feln. Ueberhaupt ift die Vervielfältigung der Aräometer-Sfalen 
dem Zechnifer von feinem Vortheil: ein Aräometer für Flüſſigkei— 
ten fchwerer, und ein anderes für Flüſſigkeiten leichter als Waſſer, 
beide nad) den fpezififchen Gewichten, oder nach willfürlichen 
Braden, welche beftimmten fpezififchen Gewichten bei einer Nor⸗ 
maltemperatur entfprechen, getheilt, befriedigen alle Bedürfnijle, 
und erleichtern den Gebrauch diefer Prüfungsmethode, wie ſchon 
bei Gelegenheit der Altoholometer (©. 244) bemerkt worden ifl. 
Mur da, wa man, wie bei beitimmten Sabrifationsarten,, inımer 
mit einer und derfelben Flüſſigkeit zu thun hat, z. B. in Pottafchee, 
Salpeter: und Salsfiedereien, ift, um für die Manipulation bei- 
läufige Anhaltpunfte zu gewinnen, die Herflellung von Araͤome⸗ 
tern, die fpeziell für dieſen Ball graduirt find, zweckmaͤßig. 

So bedient man fid) in den Seifenfledereien, um die Stärfe 
der aus Afche und Kalf bereiteten Üslauge zu unterfuchen,, einer 


Salzwagen, Sacharomtr. 337 


Laugenwage (Laugenprobe), die öfter gleichfalls ald Pro. 
zenten = Aräometer eingerichtet iſt. Ähnliche Infteumente wendet 
man an, um die Konzentration von Salzauflöfungen zu erforfchen. 
Die Salzfpindeln GSalzwagen, Sool: oder Gradier- 
wagen), die Salpeterjpindeln und Pottafchenwagen, 
auf deren Sfale jeder Grad einen Gewichttheil Kochſalz, Salpes 
ter oder Pottafche in 100 G. der Auflöfung anzeigt, gehören hier⸗ 
ber. Zuweilen haben diefe Sfalen eine etwas abgeänderte Eins 
richtung, folglid die Grade derfelben eine andere, obwohl eben 
fo beſtimmte, Bedeutung. So gibt es Salsfpindeln, deren Grade 
den Kochfalzgehalt nicht in Hunderttbeilen, fondern in 128ſteln 
(nad) Quentchen in einem Pfunde der Soole) ausdrüden; und 
für die Pottafchefiedereien werden Ardometer verfertigt, welche 
angeben, wie viele Pfunde Pottafche in einem Eimer Lauge ent- 
Balten find. Es ift leicht einzufehen, daß man auf ähnliche Weiſe 
die Bedeutung der Grade mannigfaltig abändern, fo wie die Kons ' 
firuftion folcher Aräometer auf alle beliebigen Salze ausdehnen 
kann. Diefe Einrichtungen hängen von dem fpeziellen, oft felbit 
von dem Rofalbedürfniffe des Sabrifanten ab. Zu manchem Zwecke 
kann diefer fogar Die ganze Aräometer-Sfale, bis auf einen eins 
jigen in der Erfahrung beflimmten Punft, entbehren; wenn es 
ſich naͤhmlich nicht darum handelt, die Grade der Konzentration 
einer Salzlauge, oder einer Slüfligfeit überhaupt, zu vergleichen, 
Tondern nur auszumitteln, wann diefelbe einen gewilfen Punkt 
erreicht habe. In diefem alle (der z. B. eintritt, wenn beim 
Abdampfen gewiller Salzauflöfungen der zur Kryſtalliſation guͤn⸗ 
flige Zeitpunft, als das nicht zu überfchreitende Ziel des Kochens, 
beobachtet werden fol) ift ed am zweckmaͤßigſten, ſich eines ſehr 
vereinfachten Araͤometers zu bedienen, nähmlich einer mit Schrot 
befchwerten Glaskugel mit kurzem Halſe, an welchem bloß die 
Stelle bemerkt ift, bis wohin er über die Oberfläche der Flüͤſſigkeit, 
bei gehöriger Konzentration der legtern, hervorragt. 

In einigen Zuderfiedereien bedient man fich eigener Ardo- 
meter (Saccharometer), deren Sfale Dadurch gebildet ift, daß 
man den Einfenfungspnnft in deftillirtem Wafler (bei 14° R.) mit 
o, die Stelle aber, bis zu welcher der Hald in einer Mifchung 
aus 1 Theile Zucker und so Theilen Wafler untertaucht, mit 10 

Technol. Encyelop. I. 7 de. 22 j 


338 Aräometer. 


bezeichnet, den Zwifchenraum in 20 gleiche Theile theilt, und noch 
-preißig folche Theile nach abwärts aufträgt, fo, daß die ganze 
Sfale aus 40 gleich großen Sraden befteht. Daß diefe indeß nicht 
gleichen Zudermengen in der Auflöfung entfprechen, liegt am Tage. 
Man findet aud) Zuder-Aräometer; weldye mit den Banme’schen 
allgemeinen Aräometern (&. 328) übereinflimmend graduirt find, 
aber nur die Grade 20 bis 36 enthalten, weil niedrigere und hö⸗ 
here bei der Prüfung des Zuckerſyrups nicht gebraucht werden. 
Wie ein Progenten» Aräometer für Zuderauflöfungen verfertigt 
werden fönnte, bedarf, nach dem oben (&. 334) Gefagten feiner 
Erläuterung mehr. 

Alle bisher genannten Slüffigfeiten find zur genauen Prii- 
fung ihrer Mifchung durch Aräometer deßhalb geeignet, weil fie 
nur zwei Beftandtheile (das Waller ald Auflöfungs- oder Verdün- 
nungsmittel, und den damit verbundenen Stoff, deifen Menge 
beftimmt werden foll) enthalten, daher jede Veränderung des fpe= 
zififchen Gewichtes bei derfelben Temperatur unzweidentig eine 
Verfchiedenheit des Mifchungsverhältniffes anzeigt. Es gibt aber 
andere, zufammengefeßtere Sluffigfeiten, bei welchen diefed weni⸗ 
ger der Fall ift, und die man gleichwohl oft mittelft des Araͤo⸗ 
meters beurtheilt, nothwendiger Weife mit Entbehrung eines ge- 
nauen und zuverläßigen Nefultated. Won den für folche Sluüffig- 
feiten, z. B. Milch, Wein, Bier, ıc. beftimmten Aräometern fol 
hier nicht mehr angeführt werden, als nöthig ift, damit man ſich 
derfelben in vorfommenden Faͤllen mit gehöriger Berüdfichtigung 
ihrer Mangelbaftigfeit bediene. 

Zur Unterfuhung der Milch haben Cadet:de-Waur 
‚und E. Davy Aräometer angegeben. Der Erftere nannte das 
feinige GSalaftometer Milchmeffer). Es ift nichts als 
ein nad) den Grundfäpen des Baume’fchen Aräometers für ſchwe⸗ 
rere Flüſſigkeiten (S. 528) graduirtes gewöhnliches Aräometer, 
enthält aber nur die Grade von o (dem Wafferpunfte) bis 8 abs 
wärts. Diefe Grade find hier fo groß, daß fie bequem in Viertel 
getheilt werden fönnen, was durch gehörige Vergrößerung der 
Kugel des Aräometerd erreicht wird (8. 318). In guter, nicht 
abgerahmter Milch finft dieſes Inſtrument auf 44, 44 oder 5 Grad 
ein. Abgerahınte Milch zeigt, da der Teichtefte Theil, nähmlich das 


Milchmeffer. 350 


Fett, von ihr genommen if, bis 55 Grad. Durch Verdiinnung 
mit Waſſer wird die Milch fpezififch Leichter, und zeigt Daher, je 
nad) der zugejegten Waflermenge, nur 37 bid 4 Grad. Die Vers 
fälfhung der Milch Täßt fich hieraus beiläufig beuetheilen, obfchon 
bei den oft bedeutenden natürlichen Werfchiedenheiten derfelben 
das fpezififche Gewicht allein nicht immer hinreichenden Grund gibt, 
anf Betrug zu fchließen. Unläugbar liegt ein wefentlicher Fehler 
fhen darin, daß es möglich ift, eine Milch, welche abgerahmt, 
und dadurch fchwerer gemacht wurde, durch Zufak von Waſſer 
wieder auf ihre anfängliches fpezififches Gewicht zurückzuführen, 
Diefe doppelte Verfchlechterung alſo der Anzeige des Galaktome⸗ 
ters zu entziehen. Nicht zu gedenfen der mannigfaltigen Zuſaͤtze 
von Mehl u. dgl., welche die Beurtheilung nach dem fpesififchen 
Gewichte Höchft unfiher machen. Davy's Milchmefler (Lafto- 
meter), ift auf etwas feftere Grundlagen geflüßt, und insbefon- 
dere nur für abgerabmte Milch beſtimmt. Davy überzeugte ſich 
durch oft wiederhohlte Verſuche mit Milch aus verfchiedenen 
Meiereien, daß das fpezififche Gewicht der unverfälfchten abge- 
rahmten Milch nicht unter 3.036, meift 1.037 oder 1.0375, fel« 
ten bis 1.040 beträgt (bei 8° R.). Kaͤufliche Milch fand er öfter 
mit z bis + Maffer verdünnt, übrigens aber durch Feinen Zufag 
verfälfcht; die fchlechtefte darunter hatte ein ſpezifiſches Gewicht 
von 1.026. Auf diefe Erfahrungen ift die Sfale des Milchmeffers 
gegründet, bei der jener Punft, bis an welchen das Inftrument 
in der Leichteften unverfälfchten Milch vom fpezififchen Gewichte - 
1.035 bei 60° F.) einfinft, mit o bezeichnet ift, und jeder der 35 
von hier nach oben aufgetragenen Grade ein Prozent Waller mehr 
anzeigt; fo daß z. B. Milh am Laftometer 20° zeigt, wenn ihr 
auf 100 Theile ao Theile Waſſer zugefegt find, fie alfo im Gans 
sen 5 Wafler enthält. Diefe Sfale ift für die Temperatur von 
60° F. (12°%,44 R.) gültig; für jede 3° F, (15° R.) darüber oder 
darunter muß von der beim Einfenfungspunfte ftehenden Zahl ı 
abgezogen, oder zu derfelben ı hinzugefügt werden, um bie von 
dem Temperatur-Unterfchiede herrührende Veraͤnderung des ſpezi⸗ 
fiichen Gewichtes zu forrigiren, Andere Zufäge ald Waſſer machen 
natuͤrlich audy hier dad Reſultat trüglid). R 

Wein und Bier werden feit langer Zeit mittelſt des Arde: 

a9 * 


340 Aräometer. 


meter6 geprüft, fo unzuverläßig auch eıne Probe diefer Art ift. 
Der Wein hat im Allgemeinen ein geringeres fpezififches Gewicht 
als Waller, und diefes nimmt, unter übrigen® gleichen Umftän- 
den, defto mehr ab, je geifliger der Wein ifl. Der Zuder aber, 
wovon derfelbe häufig eine gewifle Menge enthält, vergrößert das 
fpezififche Gewicht; daher manche füße Weine in der That fogar 
fpesififch fchwerer find ald Wafler. Ron zwei Weinen kann alfo 
öfter derjenige, weldyer mehr Geift enthält, fpezififch fchwerer 
ſeyn, wenn er zugleich reicher an Zuder, mithin in jeder Hinficht 
beifer ift; und junger Wein wird gewöhnlich beim Liegen, indem 
der darin enthaltene Zucker allmählich gährt und in Weingeiſt ver- 
wandelt wird; weit beiler, als fein fpezififches Gewicht ihn ſchaͤ⸗ 
gen laßt. Hieraus geht unläugbar hervor, daß es unmöglich ift, 
mittelft des Ardometerd die Güte ded Weines mit Sicherheit zus 
erfennen. Die gewöhnliche Konftruftionsart der Sfalen für die 
fo genannten Weinwagen iſt noch überdieß fo befchaffen, daß 
diefen Snftrumenten die Webereinftimmung unter ſich ganz und 
gar abgeht. Man bezeichnet den Punkt, bis an welchen ein fol« 
ches Inſtrument in Waſſer einfinft, mit Null, den Eintauchungs⸗ 
punft in irgend eine gute Weinforte mit 10, theilt den Zwifchen« 
raum in no gleiche Theile, und trägt dergleichen Grade noch meh⸗ 
rere auf die übrige Cänge des Halfes auf. Die Eintheilung der 
Bierproben oder Bierwagen ift eben fo willfürlich und 
fhwanfend; fie unterfcheidet fih von jener der Weinwagen das 
durch, daß der Nullpunkt für das Bier, ald eine das Waſſer an 
fpezififchem Gewichte übertreffende Flüſſigkeit, fich am obern Ende 
der Skale befindet. Cadet-de⸗Vaux hat dad Baume’fche Araͤome⸗ 
ter zur Prüfung des Weines und des Moftes vorgefchlagen, und 
Chevallier hat hiernach zwei Inftrumente ausgeführt, welche er 
BÖleufometer (Moftmefler) und Denometer (Weinmeifer) 
nannte. Erſteres enthält von der Baume’fchen Sfale für ſchwe⸗ 
rere Slüfligfeiten nur die erften Grade von o bis 16 abwärtd ; aber 
diefe Grade find groß, damit das Inſtrument empfindlicher wird. 
Je weniger daflelbe im Mofte einfinft (d. h. je mehr Grade ed an⸗ 
gibt), deſto mehr Zuder fann man in legterem’vorausfeßen, und 
defto befferer Wein ift daher zu erwarten. Achtgradiger Moft gibt 
nur mittelmäßigen, ı2gradiger fchon guten Wein, An dem Oeno⸗ 


Arfenif, 341 


meter, deilen Skale unten mit Null anfängt, zeigen fchwache 
Weine ı oder 2, beffere 4 bis 5, fehr gute 7, auch 8 Grad. 
Man kann beide Skalen mit einander verbinden, wo dann der 
Nullpunkt in die Mitte fällt, die Grade über demfelben für den 
Wein, jene darunter für den Moft.gebraucht werden. 

Schluͤßlich ift noch zu erwähnen, daß für den Gebrauch der 
Schnellgerberei ein Aräometer von Hermbftädt vorgefchlagen 
worden.ift, um die Konzentration der Lohbrühe zu erforfchen. 
Diefed Lohe-Arfäometer finft in deftilirtem Waller bid zum 
Nullpunfte ein, der fi am oberen Ende feiner Skale befindet ; 
von da nad) abwärts find 20 Grade aufgetragen, welche nad) 


Prozenten des Gewichtes die in der Brühe enthaltene Menge von . 


Serbeftoff und andern aus der Lohe aufgelöften Subftanzen anzei- 
‚gen follen. Eine Prozenten-Sfale ift hier, wenn fie auch mit Ge: 
nanigfeit ausführbar wäre, ohne Werth, da das Aräometer auch 
ſolche Stoffe mit in feiner Anzeige begreift, welche die Brauchbars 
Feit der Lohbrühe nicht erhöhen. 

K. K. 


Arſenikf. 


Das Arſenik (der Scherbenkobalt, Fliegenſtein) 
iſt ein ſehr ſproͤdes Metall von lichtbleigrauer Farbe, ſtarkem 
Glanze, ſtrahlig- blättrigem Gefüge, und einem ſpezifiſchen Ge⸗ 
wichte = 5.789. Es verfluͤchtigt ſich, bis zu 144° R. erhitzt, in 
Dampfgeſtalt, ohne vorher zu ſchmelzen, und ſublimirt ſich an 


kaͤlteren Körpern in unvollkommenen Kryſtallen. Der eigenthüm- N 


liche knoblauchartige Geruch, weldyen es dabei verbreitet, ift ein 
Farakteriftifches Erfennungsmittel für dieſes Metall. An der Luft 
liegend, Läuft e8 gewöhnlich nach und nach an, überzieht fich mit 
einer fhwarzen Rinde, und zerfällt endlich zu einem ſchwarzen 
Pulver. Manchmal behält ed jedoch Glanz und Zufammenhang, 


ohne daß man die Urfache diefes verfchiedenen Verhaltens anzuger 


ben im Stande iſt. Das Arfenif gehört zu den furdhtbarften Gif⸗ 
ten ; daffelbe gilt, mehr oder weniger, von allen feinen Verbin: 
dungen mit anderen Körpern. 

Unter den Verbindungen des Arfenifd haben nur jene mit 


342 Arfenif. 


Sauerftoff, mit Schwefel, und mit einigen Metallen. technifche 
Wichtigkeit. 

Man kennt drei Orydationsftufen des Arfenits, naͤhmlich 
ein Suboryd, die arfenige Säure und die Arfeniffäure. Das 
Arfenif-Suboryd ift eben jenes fchwarze Pulver, in welches 
fi das bei gewöhnlicher Temperatur der Luft ausgeſetzte Metall 
verwandelt. Es hat feine Anwendung. 

Die zweite Orpdationsftufe, nähmlich Die arfenige Säure, 
auch Arfeniforyd, Arfenitblumen, Giftmehl, Hüte 
tenraudh, NRattengift, am :gewöhnlichiten aber weißer 
Arfenif genannt, entfteht jeded Mahl, wenn metalliſches Arfe« 
if anter LQuftzutritt verdampft, wobei daffelbe, wenn die Hitze 
ftarf genug ift, mit blaßblauer Flamme brennt, und einen weißen 
Hauch erzeiigt, der fich an Fältere Körper, mit welchen er in Bes 
rührung fommt, in Geftalt eines weißen Mehles anlegt. Die 
arfenige Säure verdampft bei geringerer Hitze als das metallifche 
Arfenif, und nimmt, indem fie fich fublimirt, eine nach den Um⸗ 
ſtaͤnden verfchiedene Geſtalt an. Sie bildet nähmlich eine durch⸗ 
fcheinende, glasartige, fpsröde Maile, wenn die Dämpfe an einem 
noch ziemlich heißen Körper fich verdichten, wo dad Sublimat fich 
erweicht und zufammenfintert ; das erwähnte Mehl, wenn dieſes 
nicht der Fall ift; endlich oftaädrifche Kryflalle, wenn die Subli⸗ 
mation recht langfam, in geräumigen Gefäßen vorgenommen 
wird. Uebrigens iſt dieſe Säure, felbit ald Dampf, geruchlos 
(denn der Knoblauchgeruch, welchen man hemerft, wenn fie auf. 
glühende Kohlen geworfen wird, gehört etwas reduzirtem metalli» 
ſchem Arfenif zu); fie hat einen berben, fcharfen, hintennach et= 
was füßlichen Geſchmack, und ein fpezififches. Gewicht von 3.738 
bis 3.738. Ihre Auflöslichkeit im Wafler ift nach der Tempera - 
tür verfchieden; aber die Angaben darüber weichen fehr bedeutend 
von einander ab. So viel fcheint gewiß zu feyn, daß ı Theil 
weißen Arſeniks wenigftens 50 Theile Faltes und 7.72 Theile for 
chendes Waller braucht, um aufgelöfet zu werden. Die arfenige 
Säure befteht in 100 Xheilen aus 75.81 Arfenif und 24.19 Sauer⸗ 
ſtoff. Sie hat zahlreiche technifche Anwendungen, vorzüglich ald 
Zufag zum Glafe, in der Särberei und Kattundruderei, ald Be⸗ 
ſtandtheil der Weise in den Hutfabrifen, zur Bereitung grüner 


| Arfenikfäure ‚ Schwefelarfenif. 343 


Sarben aud Kupfer, und zur Darftellung einiger Metallmiſchun⸗ 
gen, wobei man fie mit einem Neduftionsmittel (Kohlenpulver) 
flatt des metalliichen Arſeniks zuſetzt. Bon den Verbindungen 
dieſer Säure mit Salzbafen, oder den arfenigfauren Salzen, ift 
ein einziged von Nugen, naͤhmlich dad arfenigfaure Kupfer: 
o xyd als grüne Mahlerfarbe (ſ. Kupfergrün). 

Die Arſenikſäure, welche in 100 Theilen 65.28 Arſenik 
und 34.72 Sauerſtoff enthält, ſtellt eine weiße, undurchſichtige 
Maſſe dar, welche bei ſchwacher Gluͤhhitze zu einem durchſichtigen, 
farbelofen, bei der Aufbewahrung allmählich wieder undurchfichs 
tig werdenden Glafe ſchmilzt, einen fehr ſcharfen Geſchmack befikt, 
an feuchter Luft langſam zerfließt, und im Waſſer fehr leicht auf⸗ 
Löslich ift. Unter den Salzen diefer Säure find nur zwei, welche 
einige technifche Anwendung haben, nähmlich das arfeniffaure 
Kali und dad arfeniffaure Kobaltoryd. Erſteres wird 
zuweilen in der Kattundruderei zur. fo genannten Äp- Nefervage 
angewendet (ſ. Kattundruderei); letzteres dient zur Berei⸗ 
tung einer blauen Sarbe (f. Kobaltblau). 

Mit Schwefel läßt fi) das Arfenif in jeder beliebigen 
Menge durch Schmehzen vereinigen; Verbindungen nach beftimm- 
ten Verhältniffen beider Stoffe Fennt man fünf: ı) eine braune, 
welche aus dem fogleich zu erwähnenden rothen Schwefelarjenif 
durch Behandlung mit Kali entſteht; 2) eine rothe, nähmlich das 
Realgar; 3) eine gelbe, da8 Operment; 4)eine andere gelbe, 
welche durch Schwefelwafferfioffgas aus der Auflöfung der Arfe- 
niffäure gefällt wird; und 5) eine dritte gelbe, die man erhält, 
wenn Operment mit einer Auflöfung der Schwefelleber in Wein: 
geift behandelt wird. Hiervon find nur die zweite und dritte, 
oder das rothe und das Bea gelbe Schwefelarſenik, von 
Wichtigkeit. 

Das rothe Schwefelarfenit oder Realgar, welches 
gewöhnlich rother Arfenif, zuweilen auch rothber Schwer 
fel, Sandarach und Arfenifrubin genannt wird; befteht 
in 100 Zheilen aus 70.03 Arfenif und 29.97 Schwefel. Es ift 
von morgenrother, in Hyazinthroth und Braun übergehender Farbe, 
gibt beim Zerreiben ein pomeranzengelbes Pulver, und hat ein 
fpezififches Gewicht = 3.33 bis 3.6. Das gelbe Schwefel: 


344 Arſenik. 


arfenif, Operment (Auripigment) oder Rauſchgelb, 
welches 39.1 Prozent Schwefel und 60.9 Prozent Arfenif enthält, 
befigt eine zitronengelbe, ind Pomeranzengelbe ziehende, als Pul= 
ver eine rein zitronengelbe Barbe, und ein fpezifiiches Gewicht 
— 3.43 bis 3.48. Beide Arten des Schwefelarfenifs ſtimmen 
übrigens darin mit einander überein, baß fie geruch> und geſchmack⸗ 
106, im: Waſſer unauflöslich und leicht ſchmelzbar find, fich im 
verfchloffenen Gefäßen unverändert verflüchtigen Taffen, an der 
Luft erhigt aber mit einer blauen Flamme verbrennen. Man wen« 
det fie zu Beuerwerfs- Kompofitionen und ald gelbe Mahlerfarbe 
(Königsgelb), das Realgar überdieß als Zufab zu dem Blei, 
aus welchem Slintenfchrot verfertigt wird, das Operment in der 
Särberei und Kattundruderei an. 

Zu den technifch anwendbaren Metalletegierungen, in welche 
das Arfenif als Beſtandtheil eingeht, gehört hauptſaͤchlich das 
Weißkupfer (Argent hache) und dad.Metall der Teledkop⸗ 
Spiegel, von welchen beiden am gehörigen Orte die Rede feyn 
wird (f. Metallmifhungen und Spiegel). 

Das Arfenif wird in der Natur in verfchiebenen Zuftänden 
gefunden, und zwar: ı) Gediegen (frei von’ wefentlichen fremden 
Beimifchungen). 2) Ald arfenige Säure (Arfenifblüthe). 
8) Als arfenigfaures Kobaltoryd. 4) In arfeniffauren Salzen, 
nähmlich als arfeniffaurer Kalk, arfeniffaures Bleioryd, Kobalt: 
oryd, Nideloryd, Kupferoryd, Eifenorydul und Eifenoryd. 5) 
Mit Schwefel verbunden, als natürliche Realgar und Oper: 
mönt. 6) Mit Metallen, als mit Nidel im Kupfernidel, 
mit Kobalt und Eifen im Speisfobalt. 7) Mit Metallen und 
Schwefel, z. B. im Slanzfobalt mit Schwefel und Kobalt, 
im Arfeniffies oder Mispickel mit Schwefel und Eifen, im 
Nickelglanz mit Schwefel und Nickel. 

Zur Gewinnung des metallifchen Arfenifs wird entweder das 
SGediegen = Arfenif durch Sublimation in Tanghalfigen Retörten 
von den fremden Beimifchungen (gewöhnlich Eifen, Kobalt und 
Nickel, welche mit etwas Arfenif verbunden anı Boden zurüdblei- 
ben) gereinigt, oder arfenige Säure, mit Kohlenpulver oder Oh. 
gemengt, erhigt und fublimirt. Im Großen glüht man Arſenik⸗ 
fiefe in röhrenförmigen gußeifernen Netorten, wobei fich zuerſt 


⸗ 


Gewinnung des weißen Arfenifs. 845 


Schwefelarfenit, dann Arfenif entwidelt, und Schwefeleifen im 
Mückſtande bleibt. 

Die wichtigfte, und am haufigſten angewendete Verbindung 
des Arſeniks iſt der weiße Arſenif. Man gewinnt denſelben ges 
woͤhnlich als Nebenproduft bein Roͤſten der arſenikhaltigen Kobalt⸗ 
erze (Glanzkobalt und Speidkobalt) in den Blaufarbenwerken (ſ. 
Schmalte), oͤfters aber auch aus Arfeniffiefen, die eigens und 
audfchließlich zu diefem Behufe ‚geröftet werden. Da bei diefer 
Arbeit die Luft zutreten kann, fo Srydiren fi) die aus den Erzen 
durch die Hitze entwidelten Dämpfe des metallifchen Arſeniks zu 
arfeniger Säure, und nur ein Theil des Metalls, welcher der 
Oxydation entgeht, wird, ald weniger’ flüchtig, zunaͤchſt am Ofen 
fondenfirt. Zur Auffammlung des Arſeniks verbindet man mit 
dem Dfen, worin das Möften der Erze gefchieht, ſtatt des Schorn⸗ 
fleins einen gerade, oder mit drei bis vier Wendungen im Zif- 
sat, horizontal fortgeleiteten Kanal (den fo genannten Biftfang), 
in welchem die mit dem Rauche durch den Luftzug fortgeriffenen' 
Dämpfe ſich gu einem mehligen Sublimate (Giftmehſ) verdich- 
ten. Der Röftherd, auf welchem die zerpochten Erze ausgebreitet 
und fleißig umgerährt werden, befindet fich über dem Feuerherde, 
und ift mit einem Gewölbe bededt. Die Slamme zieht durch eine 
Dffnung aus dem Feuerherde über die Erze nach der hintern Wand 
des Röftraumes hin, durch welche eine große Öffnung in den 
Giftfang führt. Diefer it 300 bis 400 Fuß lang, 4 bie 5 Fuß - 
weit, entweder ganz gemauert, oder an dem in größerer Entfer- 
nung vom Ofen befindlichen Theile aus Hol; verfertigt, und an 
mehreren Stellen mit Thüren verfehen, durch welche man in daß . 
Innere gelangt, um von Zeit zu Zeit das Giftmehl auszufehren. 
Zulegt endigt er fi) in eine ſenkrecht aufwärts gehende Zugröhre. 

Statt diefer fo viel Raum einnehmenden Vorrichtung zieht 
man ed mit Recht vor, den Siftfang aufrecht ftehend, in Seftalt 
eined Thurmes zu banen, wie die vordere Anficht und der Laͤngen⸗ 
durchfchnitt eines folhen Arfenifofens (Tafel 6, Fig. ı2, 13) zei⸗ 
gen. Statt des Reverberir⸗Herdes der gewöhnlichen Röftöfen ift 
bier eine aus feuerfeften Ziegeln gebaute, 10 Fuß lange und 6 
Fuß breite Muffel a angebracht, welche von der Flamme ganz und 
gar umfpielt wird. b ift der Noft des Ofens, e der Afchenherd, 


346 Arfenif. 


und .d, d find zwei fchräg eingefebte Zugröhren ober Pleine Schorn⸗ 
fleine, durch deren Stellung das Feuer genöthigt if, um die Muf⸗ 
fel herum feinen Weg zu nehmen. Die Dede des Ofens bildet, 
-fo wie jene der Muffel, ein flaches Gewölbe, und befißt in der 
Mitte eine Öffnung e, durch welche dad vorher daranf zum Trock⸗ 
nen außgebreitete gepochte Erz bequem in die ebenfalld mit einer 
Öffnung, £, verfehene Muffel gebracht werden kann. Die vor- 
dere Seite ber Muffel wird während des Roͤſtens mit einem eifer- 
nen Schieber unvollfommen verfchloifen,, durch die hintere Wand 

führen zwei Löcher h, b, die Arfenifdämpfe ab. Zum Auflegen der 
Krũucke, womit die Erze umgerührt werden, iſt eine eiferne Walze 
g angebracht. Der Giftfang befteht aus einem unmittelbar hinter 
dem Ofen angebauten, gemauerten Gewölbe k, und dem damit 
anfemmendängenden, 20 Fuß hohen Thurme i, auf welchem ſich 
oben eine enge Zugröhre s befindet. Der Thurm ift durch horizon= 
tale Zwifchenmauern in drei gewölbte Kammern o, p, q, abgetheilt, 
welche mittelft der Öffnungen m, n, mit einander in Verbindung 
ſtehen, und deren jede, gleich dem Behaͤltniſſe k, eine Zhürr 
zum Auskehren des Giftmehls befigt. Diefe Thüren bleiben waͤh⸗ 
rend des Nöftens verfchloffen, und werden an den Fugen mit 
Lehm verfirihen. Die aus der Muffel a durch die Löcher h her« 
austretenden Dämpfe gelangen zuerft in den Raum k, von hier 
durch die Öffnung 1 in die unterfte Abtheilung o des Thurmes, 
und aus diefer nach und nach in die mittlere und oberfte. In der 
Iegtern feßt fi nur fehr wenig Arfenif mehr ab. Die Muffel iſt, 
bei der oben und in den Zeichnungen angegebenen Größe, geeig⸗ 
net, ſechs Zentner Erz bei einer Füllung aufzunehmen; und in 
zwölf Stunden iſt das Nöften dieſer Menge beendigt. 

Die meblige Geftalt, welche der weiße Arfenik in dem Gift 
fange erhält, taugt, ded Verfläubens wegen, nicht zur Verfen- 
dung eines fo giftigen Körpers; überdieß ift der unmittelbar durch 
Dad Nöflten der Erze gewonnene Arfenif mit Slugafche, Ruß, und 
(wenn, wie gewöhnlich, die Erze fchwefelhaltig waren) etwas 
Schwefelarfenif verunreinigt, daher grau oder gelblich gefärbt. 
Beiden Fehlern wird durch eine erneuerte, und zwar zwei oder 
drei Mahl (am beflen mit Zufag von etwas Pottafche) vorgenoms 
mene Sublimation abgeholfen, welche den Arfenif in die oben 


en Bes a m m —— — ⸗ 


Bereitung des arſenikſauren Kali. 347 


beſchriebene glasartige Maſſe verwandelt. Man bedient ſich hierzu 
gußeiſerner Schalen, welche mit einem koniſchen, oben offenen 
Hute von Blech bedeckt find. Die ffnung, welche durch einen 
aufgelegten Ziegel verſchloſſen wird, iſt vorhanden, damit man 
mittelſt eines durch dieſelbe eingebrachten Stockes den nicht glaſi⸗ 
gen, ſondern noch mehligen Theil des Sublimats wjeder abſtoßen 
kann. Mehrere ſolche Sublimirgefäße find in einer Reihe über 
dem Rofte eines Iänglichen Windofens fo eingefept, daß nur die 
Hüte hervorragen. In größerem Maßftabe wird Ddiefer Apparat 
fo ausgeführt, daß man ald Sublimirgefäß einen a Fuß weiten, 
3 Buß tiefen eifernen Keffel anwendet, auf den breiten Rand deö> 
felben einen 7 Fuß hohen, ebenfalls 2 Buß weiten, von Eifen⸗ 
blech zufammengefegten Zylinder ſtellt, und alle Fugen mit Lehm 
verfireicht. Das glafige Sublimat fammelt ſich in dem unterften, 
heißeren heile des zylindrifchen Hutes, weiter oben fegt-fich ein 
Zheild des Arfenifs ald Mehl an, und der Dampf, welcher fich 
auch bier nicht genug abfühlt, um verdichtet zu werden, gebt 
burch ein vier ZoU weites eifernes, oben in den Hut eingefügtes 
Rohr in einen hölzernen Kaften, wo er fih ale ein fehr feines 
Bublimat tiederfchlägt. Aus diefem Kaften führt endlich noch) 
eine hölzerne Röhre ins Sreie, um den felbft hier etwa unfonden« 
firt bleibenden Dampf abzuleiten. Drei Zentner Arfenif, welche 
auf Ein Mahl in einen Keffel eingefüllt werden, find in zwölf 
Stunden fublimirt. 

Der weiße Arfenif dient als das gewöhnlichfie Material zur 
Bereitung der übrigen Arfenif- Präparate. Ron der Neduftion 
des metallifchen Arfenifd aus demſelben ift fchon die Rede gewefen. 
Die Arfeniffäure wird durch Abdampfen einer Mifchung aus 
arfeniger Säure,‘ Salpeterfäure und Salzfäure, und fehr ſchwa⸗ 
ches Glühen des Ruͤckſtandes, dargeftelt. Das arfeniffaure 
Kali bereitet man, zum Behufe feiner bereitd oben, genannten 
Anwendung, entweder mit einem Ueberfchuffe von Arfeniffäure, 
oder im neutralen Zuftande. Gleiche Theile Salpeter und weißer 
Arfenif werden gepulvert, mit einander vermengt, und in einem 
Schmelztiegel (im Großen in einem gußeifernen Zylinder). flufen- - 
weife erhitzt, fo Tange fich noch rothe Dämpfe (von durch Zerfe- 
bung des Salpeterd entfiandener falpetriger Säure) entwideln. 


348 Arſenik. 


Zuletzt wird das Feuer ſo verſtaͤrkt, daß der Rückſtand in vollkom⸗ 
menen Fluß geraͤth. Er bildet nach dem Erkalten eine dichte 
Maſſe, welche man: zerftößt, in kochendem Waſſer auflöfet (wobei 
etwas unveränderte arfenige Säure zurückbleibt), Die filtrirte Auf⸗ 
löfung bis zur Erfcheinung eined Salzhäutchens abdampft, und 
durch Abfühlen Fryftallifiren laͤßt. Das faure arfeniffaure 
Kali, welches man auf diefe Weife erhält, bildet vierfeitige, mit 
vier Flaͤchen zugefpiste, im Wafler leicht auflösliche Pridmen von 
falpeterähnlihem Geſchmack. Saͤttigt man die Auflöfung deflelben 
mit Fohlenfaurem Kali, und dampft man fie dann zur Trockenheit 
ab, fo ftelt der Nüdftand das neutrale arfeniffaure Kali 
dar, welches unkryſtalliſirbar ift, und, weil ed an der Luft zer⸗ 
fließt, in wohl verftopften Befäßen aufbewahrt werden muß. 

Die technifch angewendeten Verbindungen des Arfenifs mit 
Schwefel, nähmlic das Realgar und Dperment, werden 
entweder fo, wie das Mineralreich natürlich fie liefert, verbraucht, 
oder auch fünftlich bereitet. Das Realgar läßt fich durch Zufanı= 
menfchmelzen von Schwefel mit überfchälfigem Arfenifmetall oder 
weißem Arfenif, fo wie von Operment mit Arfenif, erhalten, wird 
aber im Sroßen gewöhnlich durch Deitillation eined Gemenges von 
Arfeniffied und Schwefelfiid aus irdenen, mit Thon (oder einen 
Gemenge aus Thon, Eifenfeile, Blut, Haaren und Alaunauflö- 
fung) befhlagenen Retorten mit isdenen Vorlagen dargeftellt, wos 
bei dad aus dent Arfeniffiefe entwickelte Arfenif fich mit dem Schwe⸗ 
fel, welchen der Schwefelfies liefert, vereinigt. Durch nachheri= 
ges (wegen der Arfenifdämpfe mit größter Vorficht vorzunehmen: 
des) Schmelzen und Abfonderung der auf dem flüjfigen Theile 
erfcheinenden Schlade, reinigt man das Produfl. Das Opers 
ment entiteht, wenn Realgar mit Schwefel zufammengefchmolzen 
wird, oder wenn man eine Auflöfung von weißem Arfenif in Salz: 


fäure durch Schwefelwafferftoffgas fall. Im Großen bereitet 


man ed durch Sublimation von weißem Arfenif mit wenig (5) 
Schwefel, wobei e8 jedoch fehr bedeutend durch arfenige Säure 
verunreinigt wird. Der Apparat hierzu ift der naͤhmliche, ſchon 


oben befchriebene, deffen man ſich zur Sublimation des weißen 


Arfenifd bedient. Man gewinnt es auch als Nebenproduft in den 


Asbeſt. 349 


Giftfängen, wo der weiße Arfenif gefammelt wird, wenn die dem 
Roͤſten unterzogenen Erze fchwefelhaltig find. 
8. 8. 


Asbe ſſt. 


Asbeft, Amianth, iſt ein Foſſil von ſehr auffallender 
faſeriger Struktur, welches in den techniſchen Kuͤnſten einige, 
obwohl beſchraͤnkte, Anwendung findet. Die Mineralogen belegen 
eine Gattung der zum Talkerde⸗Geſchlecht gehörenden Steine mit 
dem Nahmen Asbeft, und unterfcheiden von derfelben wieder meh⸗ 
rere Arten, zunaͤchſt nad) der Verfchiedenheit des Gefüges, und 
des fpezififchen Gewichtes. Der Bergforf nimmt Eindrüde an, 
befteht aber doc; aus zufammengewachfenen Fafern; der gemei« 
ve Asbeſt ift wenig biegfam und grobfafrig; dad Bergholz, 
der Holzasbeft, halbverfaultem Holze ähnlich, hat ebenfalls 
zufammenhängende, in einander laufende Bafern; der Amianth 
endlich, oder der biegfame Asbeſt, iſt jene Art, welche eigent⸗ 
lid) hierher gehört, und ſich zwar an vielen Orten, allein faft nie 
in größerer Menge findet, und daher unter die feltneren Minerar 
lien gehört. Er kommt von verfchiedener Farbe, am häufigiten 
gelblichgran, auch grünlichweiß oder gelblichweiß vor, und zeich- 
net fich durch fein deutlich außgebildetes Iangfaferiged Gefüge 
aus. Die Fafern find faft immer gerade, unter einander parallel, 
immer nur Tofe, und bei dem fehönften Amianth gar nicht mit ein⸗ 
ander verbunden, fo daß das Koffil mit dem Flachſe oder der 
Wolle ziemliche Ähnlichkeit hat, und deßhalb auch wohl Berg 
flach 8 genannt wird. Obwohl diefe Faſern einen hohen Grad 
von Biegfamkeit haben, fo brechen fie dennnoch, wenn fie kurz 
abgebogen werden, und verrathen durch diefe Sprödigfeit, vers 
glihen mit den Faſern des Flachſes oder der Baumwolle, ihre 
fleinartige Natur. In gewöhnlichem Feuer glühend gemacht, er⸗ 
Theint der Asbeft nach dem Erfalten nicht verändert, nur durch 
fehr flarfe Hige, oder durch oft wieberhohltes Ausglühen, wird 
er ganz fpröde und zerreiblid. 

“ Der aus lofen, manchmahl einen Schuh Tangen Fäden bes 
ftehende Asbeft Täßt ſich, obwohl mit ziemlich vieler Mühe, zu 
Garn fpinnen, und diefed kann wie Leinengarn auf dem Weber: - 


350 Asbeſt. 


ſtuhle, oder durch Flechten oder Stricken in eine Art von Zeug 
verwandelt werden, welcher wie das Material ſelbſt, ein mäßi- 
ges Slühen aushält, und durch daflelbe von allen verbrenn⸗ 
lichen Unreinigfeiten befreit werden Fann. Zum Spinnen taugt 
am beften der aus ganz freien oder leicht trennbaren Faſern 
befiehende Asbeſt; wenn diefe mehr verbunden find, müffen eigene 
Vorbereitungen vorbergehen. Man bat vorgefhlagen, um die 
Löfung der Faſern zu erleihtern, den Stein mit AgammoniaP, 
Abender Kalilauge, oder frifchgelöfhtem Kalk zu behandeln. Der 
letztere aber dürfte auf feinen Ball einen günftigen Erfolg gewäh- 
ren, indem er von den Faſern nie wieder gang fich trennen laſſen, 
und fie fehr rauh und hart machen wirde. Gewöhnlich legt mar 
den lang⸗ und feinfaferigen Asbeſt fo lange ind Waſſer, bis ihn 
dieſes möglichft durchdrungen hat; worauf er auf einer hölzernen 
Tafel mit einem Fleinen Klopfholze (jedoch ohne zu große Gewalt, 
welche die Fäden zerbrechen würde) vorfichtig geflopft wird. Ein 
darauf folgendes Auswafchen mit vielem, anfangs fiedenden Wafz 
fer fondert einen erdigen -Beftandtheil ab, durch welchen wahre 
ſcheinlich die Faſern im natürlichen Zuflande des Steines verbun⸗ 
den waren. Das Wafchen wird fo lange fortgefegt, bis das 
Waller nicht mehr mildig, fondern ganz klar abfließt. Während 
deflelben bemüht man fich auch, die Faſern, jedoch ohne fie abzu« 
reißen und zu verfürzen, fo viel ald möglich aus einander zu zie⸗ 
ben, welcher Operation bereitd durch das Alopfen vorgeatbeitet 
worden iſt. Die fo erhaltenen Fäden werden auf einem Siebe 
ſchnell getrodnet, nnd dann mit feinen eifernen Kämmen, nad) 
Art der Kammwolle, vorfichtig geftrichen oder gefämmt, wodurch 
fie ganz getrennt , und einander gleichlaufend erhalten werden. 
Geſponnen wird der Asbeft mit der Spindel, aber fo, daß an der: 
felben ein feiner Flachsfaden fich befindet, an welchen die Asbeſt⸗ 
fafern gelegt, und mit feiner Huülfe zufammengedreht werden. 
Beim Spinnen benept man die Ginger unausgefegt mit Baumoͤhl, 
fowohl um die Adbeftfafern gefchmeidiger zu machen, als auch um 
die Singer gegen die abgedrochenen, die Haut reitzenden Spigchen 
des Steins zu ſichern. Diefem Sefpinnfte dient alſo der Flachs⸗ 
faden zur Grundlage, indem die Adbeftfafern für fich allein, fos 
wohl ihrer Sprödigfeit ald auch der meiftens geringern Länge we⸗ 


Asbeft. 351 


gen, nicht zu einem haltbaren Faden gedreht werben koͤnnen. Das 
auf die befchriebene Weife erhaltene Garn kann jeßt wie jeded ane - 
dere zu Zeugen verwendet werben; diefe wäfcht man, um das öhl 
wegzubringen, mit heißem Seifenwalfer, und brennt fie im Feuer 
aus, wodurch der Slachöfaden zerftört, und, wenn die von demfelben 
zurüdbleibende Afche gleichfalls durch Wafchen entfernt wirb, der 
Zeug bloß aus Asbeft beitehend dargeflellt wird. Jedoch ift Sorge 
ju tragen, daß der Zeug fo dicht ale möglich (z. B. beim Weben 
durch fleißiges Schlagen mit der Lade) gemacht wird, weil er 
fonft, nach dem Verlufte des Flachsgarnes, zu locker ausfallen 
würde. _ 

Schon die Alten fcheinen die Asbeſtleinwand gefannt, und 
vornehme Leichen, um Afche und Anochen derfelben unvermifcht 
zu erhalten, in ihr verbrannt zu haben. Allein ſchon Plinius 
bemerft den hohen Preis derfelben, welcher auch jebt noch, bei 
der Seltenheit des fchönften, Tanghaarigen Asbeſtes, und der müs 
hevollen Bearbeitung deffelben, die Verfertigung der Asbeftzeuge 
auf wenige Gegenden und einzelne Arbeiter befchränft. In 
Sibirien verfertiget man feit längerer Zeit außer Asbeftleinwand, 
auch geſtrickte Kleidungsftüde, z. B. Handfchuhe, aus dem dort 
vorfommenden fehr fehönen Asbeſt. Eben fo in den pyrenäifchen 
Gebirgen. Worzüglich weit hat es in diefer Art der Fabrikation 
eine gewiffe Magdalena Perpenti zu Como gebracht, und 
nahmentlich Spigen von einer Beinheit und Weiße geliefert, daß 
fie von mittelfeinen Zwirnfpigen durch das Anfehen faum zu uns 
terfcheiden find. Diefe fcheinen auch feinen Flachsfaden enthalten 
zu haben, fondern vermuthlich ift das Asbeſtgarn dazu aus den 
laͤngſten ausgefuchten Faſern für fich allein vorfichtig zufammen- 
gedreht worden. Alle diefe Sabrifate find aber nur als Seltenhei⸗ 
ten zu betrachten, und keineswegs zum ernfllihen Gebrauche 
geeignet. Denn außerdem, daß die leichte Reinigung durch 
dad Feuer nur ein foheinbarer Vortheil ift, indem durch die 
öftere Wiederhohlung derfelben die Safern endlich fpröde und die 
Gewebe brüchig und zerreiblich werden: fo find fie zu Kleidungs- 
flüden auch darum nicht gut anwendbar, weil fie die Haut durch 
die dem Steine eigene Wärmeleitungs-Sähigfeit unangenehm er⸗ 


352 - Asbeſt. 


kaͤlten, und wegen der abbrechenden kleinen Spitzen und Borſten 
ebenfalls beſchwerlich, ja ſogar nachtheilig ſeyn würden. 

Die Theilbarkeit des Asbeſtes in ſehr feine und kurze Faͤſer 
chen hat Veraulaſſung gegeben, auch etwas dem Papiere Ähnli⸗ 
ches aud demfelben zu verfertigen.. Man flampft ihn zu dieſem 
Ende im Mörfer, jedoch mit Waller, weil fonft die Zafern zu 
fur;, und faft in Staub verwandelt werden; ferner wird er in 
einem Siebe ausgewafchen, und wie das Ganzzeug aus Teinenen 
Hadern gefchöpft und weiter behandelt. Da man aber hierdurch 
nur ein fehr fprödes, brüdiges Papier erhalten würde, fo fegt 
man dem Breie vor dem Schöpfen zur beffern Verbindung auch 
nod) etwas feine Papiermaffe, und um das ließen beim Schrei⸗ 
ben zu verhindern, Leimwailer, oder noch beffer eine fehr verdunnite 
Auflöfung von Zraganth in Wafler zu. Solches Adbefl:Papier 
ift aber, da die Faſern nie fo gut in einander greifen und fich filzen, 
wie beim gemeinen Papierzeug, doch immer ſehr fpröde, nicht 
weiß, und fo raub und hart, daß es nur fchwer die Tinte an- 
nimmt, und fehnell die Federn flumpf macht. Ein Paar Mahl 
ausgebrannt, verliert eö feine Beftigfeit noch mehr, bricht, zer- 
fafert fih, und geht ganz zu Grunde. Wird aber die Tinte mit 
Waller ausgewafchen, fo muß dad Papier jedes Mahl zum Ges 
brauche aufs Neue wieder geleimt werden, welches ebenfalld mit 
Schwierigfeiten verbunden ift, und oft die gänzliche Auflöfung des 
Gefüges zur Folge hat. 

Ein ähnlicher Brei aus in Waffer zerriebenem oder zerftoße- 
nem Amianth ift zu Basreliefö, Abdrüden von Genimen, Stufe 
faturz Arbeiten, u. dgl. vorgefchlagen worden. Wenn man die 
teigartige Maffe auf eine dem Waller widerfichende, vertiefte 
Form bringt, und fie, nachdem man die Oberfläche mit Löfchpapier 
bedeckt hat, recht feft in diefelbe hineindrückt: fo erhält man nach 
dem Trocknen Abdrüde, welche den einzigen Vorzug haben, daß 
fie leicht find, fouft aber weder durch Feſtigkeit, noch durch die 
‚Schärfe der Züge, und noch weniger durch die unanfehnliche Sarbe, 
ſich empfehlen. 

Schon Kircher hat verfucht, parallel neben einander ge- 
ordnete Aöbeilfäden zu Lampendochten zu verwenden, und bei den 
Grönländern fol diefe Benuͤtzungsart ganz gewöhnlich feyn. Ein 


Asbeſt. 353 


ſolcher Docht verbrennt zwar nicht, allein er muß ſo gut, nur ſel⸗ 
tener, geputzt werden, als ein anderer; indem ſich an ihm eine 
harte Kruſte, ſowohl aus den Produkten des Verbrennungs⸗Pro⸗ 
zeſſes, als auch aus dem durch die Hitze veränderten Asbeſt anſetzt, 
welche, wenn fie nicht weggeſchafft wird, das Brennen verhindert, 
und die Flamme zum Erlöfchen bringt. 

Die Chinefen verfertigen Feine tragbare Öfen, welche den 
in Frankreich angeftellten Unterſuchungen, und dem Anſehen auf 
den Bruche zu Folge, ebenfalls aus Aobeſt beſtehen, und beſon⸗ 
ders ihrer Leichtigkeit wegen Aufmerkſamkeit verdienen. Sie 
ſcheinen in hohlen Formen gemacht zu ſeyn, und dem zerſtoßenen 
oder zermahlenen Asbeſt iſt wahrſcheinlich durch ein Bindemittel 
der noͤthige Zuſammenhang gegeben. Zum letztern Behufe duͤrfte 
Traganth⸗Schleim am beften anwendbar ſeyn, indem dieſer der erdi⸗ 
gen Subftanz, felbft nach dem Brennen, noch einige Haltbarkeit 
mittheilt. Indeſſen fann bei dem Asbeſt dad Ineinandergreifen 
der furzen Bafern auch bloß durch ſtarkes Preilen erzwungen, und 
ſolchen Dfen die nöthige Dauerhaftigkeit an der äußeren Fläche, 
durch einen bindenden Anftrich nach dem Formen und Trodnen 
leicht ertheilt werden. 

Auf det Infel Korflfa, wo fi) Amianth in größerer Menge, 
und von vorzüglicher Befchaffenheit findet, ſetzt man ihn dem ge= 
meinen Zöpfergefchiere zu, wodurch diefes leichter, porös, und 
eben dadurch fähig wird, plögliche Abwechölungen der Zempera- 
tur beffer zu ertragen, ohne zu fpringen. Der®erfuch lohnte fich 
der Mühe, ob nicht dieſer Zufag auch bei Schmelztiegeln für nicht 
ſalzige Subflanzen von Nutzen ſeyn, und das oft fo Rachtheilige 
Reißen derfelben in heftigem Feuer verhindern fönnte. 

Auch das von Faxe im vorigen Jahrhundert erfundene, und 
zum Dachdecken in Hinfiht feiner brandabhaltenden Eigenfchaft 
vorgefchlagene Steinpapier, oder die Steinpappe, deren ge 
rühmteEigenfchaften,mit Ausnahme der großen Leichtigkeit, fich aber, 
nahmentlich in Hinficht auf die Dauer im Freien, nicht hinreichend 
bewährt haben, ſcheint Asbeft enthalten zu haben. Um ein aͤhn⸗ 
liches Produkt zu erhalten, wird Asbeft im Waller zertheilt, mit 
Zöpferlehm und Thran verſetzt, und in Formen gepreßt. 

Ganz neuerlich bat auch der Ritter Aldini in Mailand bei 

Technol. Encyelop. 1. Bd. a3. 


354 Aufhängmaſchine. 


feinen, zur Sicherung der mit dem Feuerlöfchen befchäftigten Per⸗ 
ſonen erfundenen Apparaten, Asbeſt angewendet; jedoch auf eine 
Weiſe, über welche man, da die ausführlichen Details noch nicht 
befannt find, nur fo viel weiß, daß feine Vorrichtungen, nach den 
damit öffentlich angeftellten Verfuchen, von fehr bedeutenden Nur 
gen feyn dürften. 

Die gemeinnügigfte Anwendung des Asbeſtes, zu welcher 
jeder tauglich iſt, der fich nur einiger Maßen in ein wollähnliches 
Haufwerk durch Zertheilung verwandeln laͤßt, möchte jene bei den 
chemiſchen Zündapparaten mittelft deö chlorfauren Kali ſehn, wor⸗ 
über der Art. Feuerzeuge das Nöthige enthalten wird. 

G. 2. 


Aufhängmaſchine. 


Um die naſſen Kattune, Leinwanden und andere Zeuge in 
den Faͤrbereien, Bleichereien ꝛc., mit Erſparniß an Zeit und Men⸗ 
ſchenhäänden zum Trocknen aufzuhaͤngen, und nach dem Trocknen 
wieder abzunehmen, hat der Englaͤnder Southworth eine Ma⸗ 
> angegeben, weldye wegen threr finnreichen Bauart merfwür: 

ig ift, und Durch die Anwendung in den englifchen Babrifen ihre 
Brauchbarfeit bewährt hat. 

Das Aufhängen gefchieht bei diefer Vorrichtung über eine 
Reihe paralleler, horizontaler, gleichweit von einander entfernter 
Stangen oder Sproijen, weldye nahe unter dem Dache des Tros 
denhaufes angebracht find. Ein Wagen, der ſich von einem Ende 
des Trockenhauſes bis an das andere bewegen fann, befindet fich 
unmittelbar über jenen Sproffen, ohne daß jedoch feine Laft von . 
denfelben getragen wird. Diefer Wagen ift mit zweckmaͤßigen 
Lagern verſehen, in welche man mehrere mit den naffen Zeugen 
Vollgewidelte Walzen einlegt; er enthält ferner andere Zylinder, 
welche durch: die ihnen gegebene Umdrehung eine regelmäßige Abs 
wicklung der Zeuge von jenen Walzen bewirken. Wenn daher der 
Wagen langfam quer über die Eproffen fortbewegt wird, waͤh⸗ 
rend zugleich die erwähnte Abwicklung Statt findet; fo fallen die 
Zengſtücke zwifchen den Sproſſen nad) und nach hinab, und bleis- 
ben in langen Falten auf denfelben Hängen, wodurch fie in ver: 
haͤltnißmaͤßig Fleinem Raume der trod'nenden Luft ihre ganze Släche 


Aufhängmaſchine. 353 


frei darbiethen. Die Laͤnge einer ſolchen Falte wird natuͤrlich be⸗ 
ſtimmt durch die Menge Zeug, welche eine Walze waͤhrend der 
Bewegung des Wagens von einer Sproſſe bis zu der naͤchſten her⸗ 
gibt. Nach vollendeter Trocknung koͤnnen die Gewebe ganz ein⸗ 
fach dadurch wieder von den Sproſſen abgenommen und um die 
Walzen aufgewickelt werden, daß man den Wagen langſam in der 
verkehrten Richtung feinen Weg machen läßt, wobei auch ſaͤmmt⸗ 
lihe Zylinder deſſelben ſich in einer folchen Richtung umdrehen, 
daß die Aufwicklung geichieht. 

Man Fönnte wohl auch die Sproflen, ftatt fie fefiftehend 
gu machen, unter einander durch Geile oder Ketten verbins 
den, fo, daß eine Art Stridleiter entflünde, und diefe unter dent 
Wagen, der dann unbewegt an feinem Plage bleiben müßte, vor: 
über geben laffen, während der Zeug ſich mit gehöriger Geſchwin⸗ 
digfeit abwickelt. Der Zwed würde hierdurch eben fo vollfommen 
erreicht; allein der Erfinder hat der erftern Einrichtung den Vorzug 
gegeben, welche durch die Zeichnungen auf Tafel 4 näher erflärt 
wird. Hier zeigt Zig. ı»8 das Trodenhaus, fammt der in ihrer 
Wirkung begriffenen Mafchine, im fenfrechten Längendurchfchnitte, 
Big. 30 daſſelbe in-Querdurchfchnitte, und Fig. ı9 den Wagen 


alein, nach einem größeren Maßſtabe gezeichnet. Es ift bei dies . 


fen Abbildungen, und insbefondere bei ig. 20, vorausgefebt, 
Daß zwei Reihen Aängfproifen neben einander, und folglich auch 
zwei Wägen angebracht find, welche übrigens ganz unabhängig 
von einander ihre Arbeit verrichten, fo, daß einer von beiden 
ruben kann, während der andere in Bang ift, oder'einer zum Auf 
hängen gebraucht werden kann, indeß der zweite bie getrockneten 
Zeuge abnimmt. 

A ift das aͤußere Mauerwerk des Gebäudes; B (Fig. 18) 
ein Dampfkeſſel, von welchem mittelſt der am Boden hinlaufenden 
Dampfröhren C (Fig. 18, 20) der Trockenraum geheitzt wird; 
D ift der Dachſtuhl; und E, E, find die auf dem Dache angebrach« 
ten Tuftzüge. Im obern Theile des Haufes find an den Mauern 
zwei ſtarke eiferne Schienen F,F, (Fig. 20) befeitigt, welche 
beinahe durch die ganze Länge des Raumes hin fich erſtrecken, 
and den Heinen Rädern an den Außenfeiten ber zwei Wägen G, G, 
ald Bahnen dienen. H, H, find zwei Balken, welche, in glei 


— 


350 | Aufhängmaſchine. 


her Höhe und parallel mit den Schienen F, in der Mitte des 
Hauſes fi befinden, die ganze Länge deifelben einnehmen, auf 
den fchmalen oder Endmauern ruhen, und überdieß in angemeſſe⸗ 
nen Abftänden durch vertifale Säulen I unterflügt werden. Man 
fieht fie beide im Durchfchnitte in Fig. 20, einen von ihnen aber 
von der Seite in Fig. 18 und 19. Einer von dem andern find diefe 
Balfen ungefähr fünfzehn Zoll entfernt; eiferne Schienen, wo⸗ 
mit ihre obere Släche belegt ift, bilden die Bahn für die Räder 
an den innern oder gegen einander gefehrten Seiten der zwei 
Wägen. Die Sproffen, über welche die Zeugftüde gehängt wer⸗ 
den, find mit K bezeichnet ; fe ruhen mit einem Ende auf den 
Balfen H, mit dem andern auf den Schienen F, und gewähren 
vermöge ihrer parallelen Lage, von oben oder unten betrachtet, 
das Anfehen zweier horizontal neben einander liegenden Leitern, 
wie man fich mit Hülfe des Ducchfchnittes, Big. 19, leicht vor: 
ftellen Fann. | 

Die Aufhängmaſchine felbft ift der in Fig. 19 durchfchnitt- 
weife gezeichnete Wagen, bei deilen Erflärung im Voraus bemerft 
werden muß, daß Alles, wad Darüber gefagt werden wird, gleicher 
Maßen von dem einen wie von dem andern der beiden vorhandes 
nen Wägen gilt. Der Wagen befteht aus drei ftarfen eifernen 
Stangen G,G, L, welche die zwei Seitenwände b, b (f. auch 
Fig. 20) mit einander vereinigen. Er bejigt vier Fleine Räder a, 
mittelft welcher er, wie oben gefagt wurde, auf einem der Balfen 
H und einer der Schienen F fi fortbewegt. N ift eine von den 
Walzen, auf welchen die naſſen Zeuge anfangs aufgewicelt find. 
Solcher Walzen fönnen mehrere in einer Reihe neben einander auf 
dem Wagen liegen; z. B. drei, wie in Fig. 20 angenommen ift, 
wo jeder Wagen drei Zeugftüde k, k, k, zugleich aufhängt. Die 
nad außen gefehrten Zapfen der erften und dritten Walze liegen 
auf fchiefen Slächen der Seitenwände b; die einwärts gerichteten 
Zapfen eben diefer beiden Walzen werden von zwei ähnlichen fchie- 
fen Flaͤchen, welche an die Querftange L feftgefchraubt find, und 
wovon die eine fichtbare in Fig. ı9 mit c bezeichnet iſt, getragen. 
Die nähmlichen zwei Zwifchenftüde c mit ihren fchiefen Flächen 
dienen zugleich, um die Zapfen der zwifchen ihnen, befindlichen 
mittlern Walze zu unterjtügen. Die Stüde e find mit L nicht 


Aufhangmafcine. 357 


unbeweglich verbunden, fondern darauf verfchiebbar, und durch 
Schrauben z feitzuftellen , Damit man fie in die Durch die Länge 
der einzulegenden Walzen (alfo Durch die Breite der Gewebe) nö» 
thig gemachte Entfernung von einander und von den Geftelldwän- 
den b bringen fann. 

P flellt eine große Walzevor, welche über Die ganze Breite des 
Wagens, an allen drei Walzen N vorüber, reicht, und mit ihren 
Zapfen in den Seitenwänden b fich dreht. Unter dieſer Walze 
befindet ſich ein eben fo.langer Fleinerer Zylinder Q, deffen Zapfen 
von den Fürzeren Armen zweier Hebel d getragen werden. Da 
jeder diefer Hebel (deren Drebungspunfte die an den Wänden b 
befeftigten Zapfen e bilden) am entgegengefegten Ende mit einem 
Gewichte h belaftet iſt, fo wird Durch letzteres der Zylinder Q ftarf 
gegen die Walze P gedrüdt, und muß folglich mit deifen Ober- 
fläche fortwährend in genauer Berührung bleiben. Bon der an- 
dern Seite findet eine eben fo ununterbrochene Berührung zwiſchen 
der Walze P und den Zeugwalzen N Statt, da lebtere, indem 
ihre Zapfen auf fchrägen Flächen liegen, ein Beftreben haben, 
berabzugehen. Wird daher die Walze P in Umdrehung gefept, 
fo theilt fie diefe Bewegung, vermöge der Reibung an N und Q, 
diefen beiden Zylindern mit; und wird das Ende des um N auf: 
gerollten Zeugflüded unten am Umfreife von P vorüber, dann 
zwifchen P und Q dur) geleitet, fo ift die natürliche Bolge jener 
Bewegung, daß der Zeug, indem er fi von N abwidelt, über 
Q heraudgelangt, und bei k in fenfrechter Linie zwiſchen den 
Sprojfen H niederfällt. Die langen alten, welche auf Diefe 
Weiſe beim allmäplichen Hortfchreiten des Wagens von einer Sproife 
zur andern entftehen, find in Sig. 18 und 20 ebenfalls mit k be- 
zeichnet. In kurzen, von der Querftange L ausgehenden Armen 
liegen Feine Walzen R, welchen eine geringe Bewegung in ihren 
Lagern geftattet iſt. Sie haben die Beftimmung, das. Zeugftüd 
auf jeder der Sproffen K (mit deren oberer Fläche fie beim Fort⸗ 
fchreiten des Wagens in Berührung fommen) während einer kurzen 
Zeit feit zu halten, damit das Hinabfinfen des Zeuges nicht durch 
das Gegengewicht der unmittelbar vorher gebildeten Balte verhin⸗ 
dert werde. Die Kanten.der Sproifen find, wie man aus Den 
Durchſchnitten in Fig. 19 fieht, abgefchrägt; und daher fönnen 


358 Aufhaͤugmaſchine. 


die Walzen R, welche nur von ihrem eigenen Gewichte hinabge⸗ 
zogen werden, ſich leicht etwas heben, wenn ie ie mit jenen Kanten 
in Berührung fommen. 

Es ift nicht immer gerade nöthig oder achlich daß der um 
N aufgerolite Zeug den Umfreis der Walze P berühre. Man kann 
dann die Zapfen von N hinter Fleine Hervprragungen legen, welche 
fi) auf den ihnen als Unterlagen dienenden fchiefen Tlächen befin« 
den, um das Herabgleiten zu verhindern. Es iſt in diefem Falle 
ganz allein die Reibung von P an Q, welche den Zeug vorwärts 
zieht und abwickelt; und daher geht ed auch an, denfelben flach 
zufammengefaltet auf eine Tafel zu Tegen, flatt ihn um eine Walze 
zu rollen. Beim Abnehmen der getrodineten Zeuge ift e8 jedoch, 
um die regelmäßige Aufwicklung derfelben zu bewirken, immer 
nothwendig, die Walze N an P anliegen zu laſſen. 

Es ift nun noch die Art zu befchreiben, auf welche der Walze 
P die Umdrehung, und zugleich dem Wagen feine Tangfam fort 
fihreitende Bewegung gegeben wird. 

Eine horizontale, am Ende des Trodenhaufes, unter den 
Balken H angebrachte Welle befigt_zwei koniſche Näader, die zur 
Bewegung der beiden Wägen dienen, und von welchen bein 
(Fig. ı8) das eine zu fehen if. Da der Bewegungs: Mecyanide 
mus für jeden Wagen auf die nähmliche Weife eingerichtet ift, fo 
wird es auch nicht nöthig feyn, ihn zwei Mahl zu befchreiben. Die 
erwähnte horizontale Welle wird durch Waifer, durch eine Dampf 
majfchine oder eine andere bewegende Kraft umgedreht. Das Ke- 
gelrad nm greift in ein anderes eben folches Rad ein, welches fich 
am untern Ende einer fenfrechten Welle o befindet. Das obere 
Ende diefer Welle trägt wieder ein Fleines Fonifched Zahnrad, und 
dieſes theilt die Bewegung auf folgende Art einer horizontalen 
Welle mit, an welcher fich die Rolle S befindet. Die Welle diefer 
Rolle befist zwei gleiche, mit den Fleinern Durchmeffern gegen 
einander gefchrte Kegelräder, welche Darauf fo verfchoben werden 
können, daß man ed durch eine fehr befannte und fehr einfache 
mechanifche Vorrichtung in feiner Macht hat, beliebig eines oder 
das andere in Eingriff mit dem unter und zwifchen ihnen befindli= 
chen obern Rade der Welle o zu feßen. Bei unveränderter Ber 
wegung von n und o fann man daher jene beiden Näder fammt 


Aufkangmafchine. 359 
ihter Welle und dei Rolle S bald rechts, bald links umlaufen, 
und, wenn man durch zwedmäßige Verſchiebung der Räder den 
Eingriff ganz anfhebt, auch ftiliftehen Taffen. Es iſt nöthig, die 
zu Diefen Veränderungen beftimmte Vorrichtung fo anzulegen, daß 
fie an jeder Stelle in der ganzen Länge des Haufe gehandhabt 
werden kann, und der Arbeiter nicht nöthig hat, jedes Mahl nach 
S zurüd zu kehren, wenn er mit dem Bagen anderswo RT 
tigt if. 

Um die Rolle S ift ein an feinen Enden vereinigter fiemen r 
gelegt, welcher ſich durch Die ganze Länge des Hauſes erfiredt‘, 
und am eritgegengefeßten Ende deffelben über eine gleiche Rolle T 
laͤuft. Der obere Theil dieſes Riemens ruht auf mehreren Fleinen 
Rollen t (f. auch Fig. 30), damit er fich nicht zu fehr fenfe; der 
untere umfchlingt, von 'T herfommend, die große, mit der Wake 
P verbundene Rolle V (f. Fig. ı9, 20), wobei ihm durch Die 
Leitungdrollen s, s, über weldye er geht, Die gehörige Richtung 
gegeben wird, und kehrt Hierauf nach der Role S zurüd. 

Diefer Riemen r ift e8, welcher der Walze P und dem gan- 
zen Wagen die Bewegung gibt. Denn, indem er felbft mittelft 
der Rolle S, welche auf die oben befchriebene Art umgedreht wird, 
in beftändiger Bewegung bleibt, dreht er durch die Reibung an 
dem Umfreife der Rolle V diefe und die mit ihr verbundene Walze 
P um, der Wagen mag ſich an was immer für einer Stelle feines 
Weges befinden. An dem Ende der Achſe von P und V ift ein 
Getrieb angebracht, welches in ein großes verzahntes Nad W 
(Sig. 19) eingreift, und daffelbe umdreht. Diefes Rad dreht ſich 
frei auf einem an der Seitenwand des. Wagengeftelles befeftigten 
Zapfen, und ift mit einem zweiten Getriebe verbunden, welches 
in dad Zwifchenrad X eingreift, und vermittelft deſſelben die Bes 
wegung auf ein drittes Rad X überträgt. Die Achfe diefes letz⸗ 
tern erſtreckt fich über die ganze Breite ded Wagend, und trägt , 
am andern Ende ein eben ſolches Rad wie X if. Diefe beiden 
Mäder greifen in gezahnte eiferne Stangen Z ein, welche oben auf 
den Wagengeleifen -F und H der ganzen Länge nad) angebracht 
find. Durch diefe Anordnung wird, wie man ſieht, bewirkt, daß 
bei der Bewegung von V durch den Riemen r die zivei gleichen 
Räder Y in Iangfame Umdrehung kommen, und vermöge ihres 


300 Aufhängmafdine. 


Eingriffe in die unbeweglichen gezahnten Stangen den Wagen 
längs feiner Bahn, alfo quer über die Sprofien H, fortführen. 
Diefe Bewegung findet vor oder rüdwärtd Statt, je nachdem 
man durch das oben befcdhriebene Mittel die Rolle S linfs ober 
rechts umdreht. Man weiß aus dem Vorhergehenden, daß die 
Bewegung rüdwärts zum Abnehmen der getrodneten Zeuge ge⸗ 
braucht wird. 

Das Verhältnig der Zühne-Anzahlen on den vorerwähnten 
Rädern und Getriehen hängt von der Tiefe (Höhe) des Trocken⸗ 
baufes, und von dem Durchmeiler der Walze P ab; indem der 
Umkreis diefer Walze einen beinahe der doppelten Höhe des Haus 
ſes gleihen Raum durchlaufen muß, während der Wagen ben 
Weg von einer Sproife K bis zur nächften zurücklegt. Man fan 
ſtatt dieſes Raͤderwerkes einen einfachen Mechanismus zur Bewe⸗ 
sung ded Wagens anbringen, nähmlic, eine Schraube ohne Ende 
an der Achſe von P, ein horizontale Rad, in welches diefe 
Schraube eingreift, und.am untern Ende der vertifalen Achfe dies 
ſes Rades ein Setrieb, welches durch feinen Eingriff in die Zahn- 
flange des Geleiſes den Wagen fortführt. Daß in diefem Halle 
die Bahnftangen feitwärts und nicht oben auf den Balken H und 
Schienen F angebracht find, fo wie, daß zur Erleichterung der 
Bewegung der befchriebene Mechanismus zu beiden Seiten des 
Wagens vorhanden feyn muß, verfteht ſich von felbft. 

Der Arbeiter, welcher Die Aufficht über die Mafchine führt, . 
begleitet den Wagen bei feiner Bewegung, zu welchem Behufe er 
mit einem Pleinen und leichten vierräderigen Sitze verfehen iſt, der 
auf den nähmlichen Geleifen geht, wie der Wagen, an denfelben 
angehängt, und mit ihm fortgezogen wird. Da dieſer Sig oder 
Heinere Wagen von dem Wagen der Mafchine abgelöfet, und un⸗ 
abhängig für fich vom Arbeiter fortgefchoben werden fann, fo dient 
derfelbe zugleich zum Herbeibringen der mit den Zeugſtuͤcken umwi⸗ 
delten Walzen, und zur Wegfchaffung eben diefer Walzen nach 
dem Trocknen und Wiederaufwiceln der Zeuge. Die hintere Hälfte 
ded Wagend ift mit einem Boden oder einer Platte g verfehen, 
worauf der Arbeiter fteht, wenn er die Walzen einlegt oder her⸗ 
auanimmt. 

K. K. 


Auflöfung, 361 


Auflob ſung. 


Die Auflöfung iſt derjenige chemiſche Vorgang, bei weh: 
chem ein fefter Körper von einem fluͤſſigen, oder ein flüffiges Koͤr⸗ 
per. von einem anderen, flüfligeren, in der Act aufgenommen wird, 
daß die Verbindung felbft in fluͤſſiger Geſtalt beſteht. So wird 
das: Eifenoryd in verbünnter Schwefelfäure, das Kochſalz im 
Vaſſer, ein ätherifched Ohl im Alldhol aufgeboͤſt. Die aus diecfer 
Verbindung entſtehende ſluͤſſige Miſchung ſalbſt wird ebenfalls 
Auflöfung genannt. So ſagt man, eine Aaflöfung von Kochſalz, 
eine Auflöfung von Glauberſalz. Die Flüſſigkeit, in welcher Dex 
fremde Körper aufgelöft wird, heißt das Auflöfungömittel, 

Die Auflöfung iſt bad. vorbereitende Mittel zur Bewirkung 
alter Scheidungen und Mifhungen auf dem naflen Wege ; daher 
bei Den meiften chemifchen Dperationen vorzunehmen. Yür ver 
fchiedene Stoffe find die Auflöfungamittel verfchieden , indem nur 
folche Flüffigkeiten, welche zu einem Körper chemifche Anziehung 
haben, dieſen aufzulöfen im Stande find. &o Iöfen fich viele 
Salze im Wafler auf, einige im Alkohol, Metalloxyde in Saͤu⸗ 
ren, oͤhle im flüſſigen Atzkali oder Natron. 

Bei vielen diefer Auflöfungen geht der aufzuföfenbe Körper 
wahrfcheinlich chemifch unverändert oder nur im flüfligen Zuftande 
in das Auflöfungsmittel über, wie bei der Auflöfung der Salze 
im Waffer, im Alfohol, bei der Auflöfung einiger im Waffer un: 
auflöslichen Salze in Säuren oder Alfalien. Bei anderen hin» 
gegen geht diefer Mifchung erft eine chemifche Zerfeßung oder Vers 
bindung voraus, in deren Folge der neuentitandene Körper ſich 
in der Slüffigfeit auf eben’ diefelbe Art auflöft. Wird. z. B. fohe | 
lenfaurer Baryt mit verdünriter Salpeterfäure uͤbergoſſen; fo ver 
bindet fi) die Säure mit dem Baryt, während die Kohlenſaͤure 
im Gasform entweicht, zu falpeterfaurem Baryt, der dann in dem 
Waller auf diefelbe Art aufgelöft wird, ald wenn diefed Salz vor⸗ 
ber für fich dargeftellt gewefen wäre. Eben fo bildet fih, wenn 
Binforyd mit verdünnter Schwefelfäure übergoflen wird, im erften 
Augenblicke fehwefelfaures Zinforyd (Zinfvitriol), das dann in 
dem Wafler aufgelöft wird. War Feine überfchüflige Säure vor- 
handen, fo ift diefe Auflöfung alfo ganz diefelbe, ald wäre fie.. 





3062 Auflöfung. 

unmittelbar mit Zinfvitriol nnd Waſſer gemacht worden. Wird 
ein Metall mit einer Säure, die auf daſſelbe auflöfend wirft, über- 
goffen; fo geht die der Mifchung vorhergehende Zerfegung noch 
‚ um eine Stufe weiter. . Das Metall wird naͤhmlich zuerft oxydirt, 
entweder auf Kojten der Säure oder auf Koften des Waſſers; das 
gebildete Dryd verbindet fi nun mit dee Säure zum Salze, und 
diefes wird, in dem Maße als e8 fich bildet, in dem Waſſer auf» 
gelöft. Auf diefe Art Löft fi, dem gewöhnlichen Sprachgebrauche 
nad), das Kupfer in. Schwefelfäure unter Entbindung von fchwefli= 
cher Säure, und das Eifen in Schwefelfäure unter Entbindung 
von Waſſerſtoffgas auf. Alle Auflöfıngen.gefchehen alfo, wenn 
man in dem Vorgange die der eigentlichen Auflöfung vorausges 
hende chemifche Änderung des Körpers abrechnet, ganz auf diefelbe 
Weiſe, fo daß fein Grund vorhanden ift, mit Einigen einen Un⸗ 
terfchied zwifchen Löfung und Auflöfung zu machen. Alle jene . 
Auflöfungen gefchehen mit Aufbraufen oder mit Aufihäamen 
der Slüffigfeit, bei welchen auf die vorher angegebene Weife — 
Entbindung einer Gasart erfolgt. 

Der Körper, welcher aufgeloͤſt wird, geht in das Auflöfungds 
mittel in flüffiger Form über; die Kohäfion feiner Theile wird alfo - 
zum Theil aufgehoben, was um fo leichter gefchehen muß, je grö- 
er die Fläche ift, in welcher. das Auflöfungsmittel auf ihn wirkt. 
Um daher die Auflöfung eined Körpers zu befchleunigen, ift die 
möglichfte Zertheilung deſſelben erforderlih, damit für gleiche 
Maſſe möglichft viel Oberfläche gewonnen werde. Metalle, welche 
dehnbar find, werden daher laminirt (in dünne Bleche gefchla- 
gen oder ausgewalzt), oder granulirt, indem man fie ges 
ſchmolzen aus einiger Höhe in Faltes Waller ausgießt, wo fich 
die Maſſe in erftarrte Tropfen oder in banderförmige Streifen zer⸗ 
theilt. Spröde Metalle werden gepulvert. Auch foldye Metalle 
oder Metallgemifche, welche nicht fpröde genug find, um ſich pul⸗ 
vern zu laffen, können Auf diefe Art zerPleinert werden, wenn 
man fie fo weit erhist, daß fie weich zu werden, aber noch nicht 
zu ſchmetzen anfangen, 3.8. Gußeifen, fchwefelbaltiges Kupfer, 
Bronze ꝛc.; bei welcher Hitze fie dann durch Hammerfchläge oder 
Stampfen auf einer eifernen Unterlage zerbrödelt werben Fönnen. 
Salze, Oryde und alle ähnlichen "zerreiblichen Körper werben im 


— 


Auflöfung. 365 
Kleinen in Moͤrſern mittelft einer Keule zerrieben, im Großen 
durch Stampfen, horizontale oder vertifale Mühlfteine, und an⸗ 
dere Vorrichtungen, welche zum Zerreiben oder Mahlen dienen. 
Die feine Zertheilung eines Körpers Kat auf die Beförderung der 
Auflöfung einen fo wefentlihen Einfluß, daß felbft Stoffe, welche 
im fompaften Zuflande gar nicht aufgelöft werden, im hoͤchſt fein 
zertheilten Zuflande mehr oder weniger auflöslich find. So löſt 
ſich die Kiefelerde im Höchft fein zertheilten Zuftande, wie fie durch 
Faͤllung aus Kiefelfeuchtigfeit erhalten wird, in geringer Menge 
im Waſſer auf. | 

Su mehreren Fällen, befonders wenn der gepulverte Stoff 
ſich feft zufammenlegt, und dadurch das Eindringen des Auflöfungs- 
mitteld erſchwert, ift es vortheilhaft, demfelben irgend einen an- 
deren gepulverten Körper beizumengen , der von den Auflöfungde - 
mittel nicht angegriffen wird, und die gepulverten Theile des aufzu⸗ 
Löfenden Stoffes von einander entfernt hält, damit das Auflöfungd« 
mittel auf fie wirfen könne. So wird die Auflöfung eines gepuls 
verten Harzes in Weingeift befördert, wenn man demfelben vor⸗ 
ber gepulvertes Glas oder gepulverten Quarz beimengt. Der legs 
tere, der außer der Flußfäure in Feiner Säure auflöslich ift, kann 
‚zu diefem Behufe auch in Bällen, wo das Auflöfungsmittel aus 
einer ftarfen Säure befteht, gebraucht werden. Gepulverter Gras 
phit iſt ebenfalls Hierzu anwendbar. 

Ein zweites Beförderungsmittel der Auflöfung ift Die Wärme. 
Sn höherer Temperatur wird nicht nur in der Regel die Auflöfung 
befchleunigt (weil die Wärme zur Aufhebung des Zufammenhangs, - 
zur Slüffigmacdhung, beiträgt); fondern das Auflöfungsmittel nimmt 
auch eine größere Menge von den aufzulöfenden Stoffe auf, als 
in der Kälte. Diefer Unterfchied in der aufgelöften Quantität in 
der Wärme und Kälte ift bei vielen Auflöfungen fehr bedentend; 
und hierauf beruht die. Ausfcheidung eines Theiles des Aufgelöften 
ans der Auflöfung, durch die Abkühlung der letzteren, und Die 
Kryſtalliſation der Salze durch Abkühlen. 

Von denjenigen Auflöfungsmitteln, deren Kraft dur Erz . 
wärnung erhöht wird, machen diejenigen eine Ausnahme, die 
durch die Wärme eine partielle Zerfegung erleiden, daher in ihrem 
Auflöfungsvermögen vergndert werden. "Hierher gehören bie 


304 | Auflöfung. 


Fluͤſſigkeiten, deren wirfender Beftandtheil die Kohlenfäure, ober 
eine andere flüchtige Säure iſt. So läßt das Fohlenfaure Wailer, 
welches fohlenfauren Kalt aufgelöft enthält, durch Erwärmung 
einen Theil des Aufgelöften wieder fallen, weil durch die Erwär- 
mung ein heil des Auflöfungsmitteld, der Koblenfäure, entweicht. 

Das dritte Beförberungsmittel der Auflöfung ift das Schüt⸗ 
teln oder Rühren, damit die Fluͤſſigkeit abwechfelnd mit dem anf: 
zuloͤſenden Körper in Berührung fomme. Gießt man 5.8. Waſſer 
über in einem Glaſe befindlichen gepulverten Zudier, und Iäßt das 
Ganze ruhig: fo Löft fih der Zucker am Boden zu einer ſyrupaͤhn⸗ 
lichen Fluͤſſigkeit, während die Darüber ſtehenden Wafferfchichten 
wenig, und die oberften gar feinen Zuder enthalten; und nur 
durch guted Umrühren fann die Mifchung gleich, vertheilt werden, 
fo daß alle Theile des Aufloͤſungsmittels gleiche Theile des Aufzu: 
Iöfenden enthalten. Hierin liegt audy ein Grund, warum die Aufe 
löfung durch Kochen in einem am Boden erhißten Gefäße leichter, 
und felbit ohne Rühren gleihförmig vor fich geht; weil die bei _ 
dem Kochen Statt findende Bewegung der an dem Boden mehr 
erbisten Slufligfeit aufwärts, und das Dadurch bewirkte Nieder 
finfen der oberen Fälteren Flüſſigkeit, die gleichförmige Mifchung 
nad) längerer Zeit hervorbringt. 

Ein viertes Beförderungsmittel der Auflöfung endlich iſt der 
bpdroftatifche Drud, mit welchem die Fluͤſſigkeit auf den aufzu: 
löfenden Körper wirft, indem im Allgemeinen diefer Drud auf 
mechaniſche Weife die chemifche Anziehung der Theile unterftügt. 
Im Befondern ift er in zwei Bällen vorzüglich wirffam: nahmlich 
in dem alle, als das Auflöfungsmittel felbft unter dem äußeren 
Drude eine ftärfere Konzentrirung erlangen fann; fo bei der fläf: 
figen Koblenfäure, bei der fchweflichen Säure, bei der. Hydrothion⸗ 
fäure; oder in dem Balle, wenn das Aufzulöfende, wie bei allen 
vegetabilifhen und thierifchen Subftanzen, von der Art ift, daß 
durch den dußeren Drud die auflöfende Slufligfeit zwifchen die 
Theile des Körpers hinein und durch gepreßt wird, fo daß fie 
jedes einzelne Theilchen umgibt, und ans demfelben das Auflös- 
liche aufzunehmen im Stand iſt. Dieſes Verfahren ift befonders 
bei den Ausziehungen wirffam, wozu die Ausziehungspreffe oder 
Real'ſche Prefle angewendet wird (f. Ertraftionspreffe). 


n 


Auflöfung. 365 


Wird Höhere Temperatur mit dem Drude vereinigt, fo wird in 
mehreren Faͤllen die Auflöfung außerordentlich befördert, wozu . 
im Befonderen das Sieden im Papinifchen Topfe dient (f. Di- 
geftor). 

Jedes Auflöfungsmittel ann von einem beflimmten Stoffe, 
bei einer beflimmten Temperatur, nur eine beſtimmte Quantität aufs 
nehmen. Diefen Zuftand der Auflöfung nennt man die. Saͤtt i⸗ 
gung. Eine beitiner niedrigen Temperatur gefättigte Auflöfung 
ift alfo bei einer höheren Temperatur noch nicht gefättiget, da fie 
bei diefer Temperatur eine neue Quantität aufzunehmen im Stande 
iſt; und umgefehrt Täßt die bei der höheren Temperatur gefättigte 
Auflöfung bei der niedrigeren einen Theil des Aufgelöften fallen. 
Das mit einem Salze bei einer beflimmten Temperatur gefättigte 
Auflöfungsmittel kann jedoch von einem zweiten Salze noch eine - 
Quantität aufnehmen, dann noch von einem dritten, u. f. w., ohne 
daß ein Iheil des erſten Salzes ausgefchieden wird, wenn nicht 
dadurch Zerfeßungen erfolgen, welche ein neues, fchwerer auflößli- 
ches Salz hervorbringen. | 

In den Künften fommen häufig Auflöfungen von Metallen 
in Säuren im Großen vor. Bei diefen Auflöfungen wird, wie 
oben bemerft worden, ein Theil der Säure auf die Orydation des 
Metalles verwendet, wenn diefe Orydation auf Koften der Säure 
erfolgt. Es ift daher in diefen Bällen zweckmaͤßiger, diefe Ory: 
dation der Metalle auf eine andere wohlfeilere Weife zu-bewirfen, 
um dadurch an Säure zu fparen, und felbft in jenen Fällen, wo 
unter Mitwirkung der Säure die Orpdation auf Koften ded Wafr 
ſers erfolgt, wird die Auflöfung befchleunigt, wenn die Säure . 
ſchon mit dem vorher gebildeten Oryde in Berührung gebracht wird. 
Diefe vorgängige Operation fann man entweder Durch Glühen der 
Metallfpäne, z. B. des Kupfers, in einem Neverberirofen, Abe 
wafchen derfelben in verdünnter Säure, neues Gluͤhen, wieder« 
hohltes Auflöfen des gebildeten Orydes, u. f. f., oder, nach Ber 
rard, auch bei gewöhnlicher Temperatur dadurch bewirfen, daß 
man das zerfleinerte Metall mit fehr verdünnter Säure übergießt, 
bald darauf die Säure abzapft, und nun das benetzte Metall mit 
der Luft in Berührung läßt. Diefed nimmt nun Sauerftoff auf, 
und erhigt ſich oft ſtark. Nachdem Diele Einwirfung der Luft 


366 - Auflöfung. 


10 bi6 12 Stunden gedauert hat, übergießt man es wieder mit der 
zuvor abgezapften Säure, welche nun das an der Luft gebildete 
Oxydhydrat leicht aufloͤſt. Nach einigen Stunden zieht. man die 
Säure wieder ab, Täßt das Metall abermahls an der Luft roften, 
gießt die Säure neuerdings auf, welche endlich nach einigen Wieders 
bohlungen in einigen Tagen völlig gefättiget if. Man fann die= 
fed Verfahren zur Bereitung des Kupfervitriols, des falzfauren 
Zinned, des Bleizuckers und anderer Salze anwenden. 

Sind edle Metalle mit unedlen legirt, z. B. Silber mit 
Kupfer, 2c.; fo fann die vorläufige Orydation der Metallmifchung 
(Die in diefem alle am beften durch die Nöftung im Neverberirs 
ofen vorgenommep wird) benügt werden, um die Scheidung des 
edleren Metalled von den anderen mittelft eines Auflöfungsmittels 
zu bewirken. In dieſem Falle naͤhmlich oxydiren ſich durch die 
Roͤſtung die unedleren Metalle, deren Oryde ſich ſonach bei ges 
wöhnlicher Temperatur in verdünnter Schwefelfäure auflöfen, 
während das Silber von derfelben nicht angegriffen wird. Eben - 
fo fann man aus einem Gemenge von Feilfpänen edler und une 
edler Metalle die lehteren entfernen, wenn man dad Gemenge 
durch Röften an der Luft orydirt, und dann die Oxyde in verdünn⸗ 
ter Schwefelfäure auflöft. 

In vielen Fällen wird ein Ki von dem Auflöfungsmittel 
nicht ganz, fondern nur zum Theil aufgenommen, wenn naͤhm⸗ 
lich einzelne Gemengtheile deifelben in jenem Miittelauflöslich, an⸗ 
dere unauflöslich find. Diefe partielle Auflöfung beißt ge= 
wöhnlich das Ausziehen, der Auszug, Ertraft. Durch 
Diefelbe werden die in der Auflöfung enthaltenen Stoffe von den 
übrigen’ fremdartigen Gemengtheilen des Körpers, die in dieſen 
Sällen als Rüdftand bleiben, gefchieden. So zieht der Alkohol 
aus dem Gummigutt den barzartigen Beftandtheil aus, und läßt 
den gunmiartigen, wenigjtens größten Theils, zurüf: das Wafe 
fer extrahirt aus verfchiedenen Pflanzentheilen die im Waſſer auf- 
loͤslichen, alfo fchleiin- und gummiartigen und falzigen Gemeng⸗ 
theile, während Faſerſtoff, Erdarten, Harze, u. f. w. zurüc blei⸗ 
ben. Iſt der Zweck des Ausziehens Hauptfächlich die Auflöflug 
von falzigen Beitandtheilen aus dem gemengten Körper, fo wird 
die Operation da Auslaugen, und der Auszug Lauge genannt. 


Auflöfung. 567 


So werben aus ber Holzaſche die falzigen Beſtandtheile (jur Bes 
zeitung der Pottafche oder Afchenlauge) oder aus dem vorbereites . 
ten Alaunerze die Alaun» und andere Salze auögelaugt, und die 
erdigen Gemengtheile bleiben zurüd. 

Diefe partielen Auflöfungen „werden größten Theild, zur 
nolfländigeren Wirfung der Flüſſigkeit auf den aufzulöfenden, 
mit fremden Gemengtheilen eiugehüllten Stoff, hei höherer Tem: 
peratur vorgenommen. Wird der zu ertrahirende Körper in maͤßi⸗ 
ger Wärme, welche die Siedhitze nicht erreicht, mit dem Auflö- 
fungsmittel behandelt, fo nennt man diefes Digeriren. Wird 
das Auflöfungdmittel mit dem auszuziehenden Körper bis zur Sied⸗ 
hige gebracht ; fo heißt Die Operation das Abfochen, Ausko— 
hen, und die Ausziehung felbit, die man dadurch erhält, ein 
Defott. Bei diefer Ausziehungsart verbinden ſich mehr auflös« 
liche Theile mit dem Auflöfungsmittel in kürzerer Zeit, aber die 
flüchtigen Beftandtheile werden Durch die Siedhige zerftreut. Wird 
der ausjuziehende Körper mit der heißen Flüſſigkeit übergoffen, 
und damit bis zur Erfaltung ſtehen gelajfen, oder nach einiger 
Zeit abgegoifen: fo heißt diefe Arbeit dad Infundiren; die 
erhaltene Auflöfung felbft der Aufguß (Infufum). Man bedient 
ſich dieſes Verfahrens befonders da, wo die vom Auflöfungsmittel 
aus dem Köcper aufzunehmenden Stoffe fo flüchtiger Natur find, 
daß fie die Siedhige, und felbft ein längeres Digeriren, nicht. er- 
tragen. 

In einzelnen Sällen hat man bei den Ausziehungen haupts -- 
fächlich die Benügung des NRüdflandes zum Zwede: hier wird 
dieſer Ruͤckſtand, um ihn vollends von den, von der abgegoffes . 
nen Auflöfung noch zurückgelaſſenen fahigen und anderen auflösli- 
chen Theilen zu befreien, noch mit Waller oder Alkohol übergoffen, 
und fo ausgewafchen, abgewafchen oder ausgefußt. 
In mehreren Bällen wird der ähnliche Zwed durch bloßes Ein- 
weichen, Aufweidhen oder Mazeriren in Faltem Waffer 
erreicht, wodurch die in diefer Temperatur von dem Auflöfungss 
mittel aufzunehmmenden Gemengtheile entfernt werden; auch der 
Ruͤckſtand in mehreren Fällen aufgelockert und Dadurch zu weiter 
ver Bearbeitung geſchickt gemacht wird. Zür.vegetabilifche und - 
thierifche Subftangen iſt dieſes Einweichen aud) eine mügliche Vor⸗ 


® 





368 ' Aufloͤſung. 

bereitung fuͤr die nachfolgende Aufloͤſung, indem der durch das 
eingedrungene Waſſer aufgeſchwellte Körper dem Auflsſungsmittel 
einen leichtern Zugang zu den innern Theilen eröffnet: Auf dieſe 
Art loͤſet fich thierifcher Leim, vorher in Waffer eingeweicht, viel 
leichter in fochendem Waffer auf, ald außerdem. Eben fo werden 
Harze leichter im Alkohol aufgelöft, wenn fie vorher nur grob zer 
ſtoßen, durch Beſprengen mit wegen erft aufgelodert oder auf 
geweicht worden find. 

Bei den Auflöfungen fommen auch noch die Gefäße zum 
berücfichtigen, die in Der Regel von einem Stoffe genommen were 
den müffen, welcher von dem Auflöfungsmittel: nicht angegriffen 
wird. Gläferne Gefäße in der Form’ von Kolben oder Phiolen 
find für die meiften Säle am beften geeignet, da fie ihrer. fuglie 
gen Geftalt wegen auch die Abwechölung der Wärme gut vertra- 
gen, überdem wohlfeiler find, als folche Gefäße aus Steingut 
oder Porzellan. Im Großen fann man metallene Keffel anwen⸗ 
den ; das Metall muß dann nad) der Natur des Auflöfungsmittels 
gewählt werden. So nimmt man bleierne Gefäße, wenn die 
Auflöfung mit Schwefelfäure geſchieht: in ſolchen Gefäßen fönnen 
Auföfungen oder Sceidyngen von filberhaltigem Kupfer oder 
goldhaltigem Silber mit Schwefelfäure vorgenommen werden. 
Die elektrifche oder galvanifche Wirkung zweier verfchiedenen, die⸗ 
felbe Slüffigfeit berührenden Metalle, vermöge welcher das elek 
trifchenegative Metall vor der Einwirkung der Säure gefchüpt 
wird, während das pofitive, als in feiner Orydabilität erhöht, 
von derfelben um fo mehr angegriffen wird, kann benützt werden, 
fowohl die Auflöfung des Metalles in einer Saͤure zu befchleunie 
gen, als auch die Maſſe des Gefäßes oder Keſſels felbft vor der 
Wirfung der Säure zu ſchützen. Im erften alle bringt man das 
aufzulöfende Metall in ein Gefäß, deflen Metall in Berührung 
mit jenem negativ wird: dadurch wird daB pofitive Metall Teichter 
oxydirt und aufgelöft; z. B. Zinn, Kupfer, in einem Gefaͤße 
von Platin. In dem zweiten Galle kann man in einem fupfernen 
Keſſel Zinn in Salzfäure auflöfen, ohne daß das Kupfer von der 
Salzſaͤure angegriffen wird, wenn man auf den Boden des Keſſels 
ein Stück Zinn vorher aufgelöthet hat. Diefe Eigenfchaft der 
Metalle, in der gemeinfchaftlichen Berührung mit einer Fluͤſſigkeit 


Augen. 369 


ihr natürliches Werbalten zu eben diefer zu aͤndern, und ihre Oxy⸗ 
dationsfaͤhigkeit zu erhöhen oder zu erniedrigen, kann bei verfchie- 
denen technifchen — in Anwendung gebracht werden. 
bi H. 
Augen. 

Ange, ald techniſches Kunſtwort, hat mehrere, aber nir 
folche Bedeutungen, welche zu unwichtig find, um bier ausführlich 
behandelt zu werden. &o nennt man Augen die Löcher an den 
Schnielzöfen zum Abfließeri des Metalles, zuweilen die Öffnungen 
an einen geflschterien Drahtgitter, mänche Arten von Maſchen, 
und jene Glas⸗ oder Drahtringelchen, durch welche bei einigen 
Arten von Weberflühlen die Kettenfäden geleitet werben, wor: 
über man das Möthige unter der gewöhnlicheri Benennung 
Ligen findet. Hier aber wied vorzuͤglich von den eigentlichen 
Nachahmungen des Auges , ober von den ſogenannten Fünfilis 
hen Augen die Nede feyn. 

Künftlihes Auge heiße ein phyſikaliſcher, verfchieben 
eingerichteter Apparat, welcher den Bau ded menſchlichen Augen 
nachahmt, tind dazu dient, die Wirkungsart deſſelben in optifcher 
Beziehung zu erläutert. Von geſchickten Drechslern find ferner 
in diterer Zeit aus Elfenbein, Horn und Glas beftehende, zerleg⸗ 
bare Augen von der Größe der natürlichen verfertigt worden , als 
ein Mittel, die Struktur der Tepteren auf eine Leichte Weiſe anſchau⸗ 
lich zw machen. Ganz eigentlich aber gehören jene Fünftlichen 
Augen hierher, welche ſowohl flatt verlorner Augen bei lebenden 
Perfonen, als auch zum Einfegen in Wachöfiguren und in ausge⸗ 
flopfte Thiere verwendet werden. 

Bei jerien kleinen Vögeln und Säugethieren, welche eirie ſehr 
dunkle, fait ſchwarz erſcheinende Iris haben, bedient man ſich zu 
den Augen der ausgeſtopften Exenplare maſſiver oder hohler Ku: 
geln von. fchwargen oder fehr dunkel gefärbtent Safe, auch wohl 
der Glasperlen von berfelben Farbe. Die hohlnn Kugeln werden 
aus Glasroͤhren vor der Schmelzlampe verfertigt, und man läßt 
an der hintern Seite ein Stuͤck des Glasroͤhrchens ald Anſatz ſte⸗ 
hen, mit deſſen Huͤlfe ſie leichter beſeſtigt, und unverrüdt erhalten 
werden koͤnnen. Noch wohlfeiler, aber nicht fo ſchön und dauer⸗ 

Tecnol. Eneyclop⸗ I: DW 24 


370 Augen. 


haft, find Kügelchen aus ſchwarzem Siegellad‘, oder einer ſchwarz 
gefärbten harzigen Mifchung, welche am Ende eines Drahtes über 
der Lichtflamme gebildet werden. 

Auch andere als fhwarze Thieraugen werden mittelft hohler 
Glaskugeln nachgeahmt. Sie werden aus Beinglas vor der Lampe 
geblafen, der farbige Ring aber und die Pupille mittelft GIas- 
ftängelhen von der gehörigen Farbe in die vordere Släche einge- 
fhmolzen. Allein da diefe Theile auf, oder unmittelbar unter der 
Oberfläche, und nicht wie in der Natur im Innern, in der Tiefe 
des Auges erfcheinen, fo haben diefe Nachahmungen nie ein 
Anfehen, welches auch nur von ferne einiger Maßen auıbenD 
genannt werden Fönnte. 

-Derfelbe Nachteil tritt auch, bei weniger Glanz und noch 
minderer Dauer ein, wenn folche Augen aus Holz gedreht oder 
gefchnigt, angeftrichen und Tadirt werden. P 

Die fhönften Fünftlichen Augen erhält man, wenn ein dickes 
gewölbtes Stück Glas auf der unteren ebenen Bläche forgfältig 
und getreu nach der Natur gemahlt wird. 

Man muß fich zu diefem Ende zuerft das dazu nöthige Glas, 
in der Form von größeren oder fleineren, höheren oder niedrige« 
ren Kugel-Sogmenten, je nachdem es die. Befchaffenheit der nach⸗ 
zuahmenden Xugen erfordert, zubereiten. Man nimmt quadra- 
tifche Stuͤcke von recht hellem, durchfichtigen, reinen, am.beften 
dicken Spiegelglafe, und richtet dDiefelben rund zu, welches fo wie 
bei der Verfertigung der vptifchen Släfer dadurch gefchieht, daß 
man jedes derfelben auf eine harte Unterlage legt, und von den 
darüber vorftehenden Kanten durch vorfichtige Bearbeitung mit 
dem Hammer fo lange Splitter abfchlägt, bis fie die verlangte 
Rundung erhalten. Dünneres Glas fann mit dem Kröfeleifen 
der Slafer, und durch Abfneipen mit einer dazu geeigneten Zange 
zugerundet werden. Es ift nicht nöthig, den Rand eben zu ſchlei⸗ 
fen, auch ift die vollfommen kreisrunde Form nicht erforderlich, 
indem- beide Unvolltommenheiten fich bei der hernach vorzuneh— 
‚menden Schmelzung von felbft verlieren. Man muß aber daranf 
fehen, daß nicht etwa Glasſorten von fehr verfchiedenem Grade 
der Schmelzbarfeit der aaltelgenden Dperation gleichzeitig un: 
terworfen werden. 


Künftliche Augen. 371 
Der Apparat zum Schmelzen oder Senfen der rund abge- 


zichteten Glasſtücke ift einfach. Man bedarf dazu vorerft eines‘ 


Käftchend von unverzinntem Eifenblech, welches wie ein Schieb⸗ 
Butteral zu einem Buche geſtaltet wird, alfo an einer ſchmalen 
Seite offen iſt, aus zwei groͤßeren Flaͤchen, und drei, dieſe ver⸗ 
bindenden, niedrigen Seitenwaͤnden beſteht. Es iſt etwa acht 
Zoll lang, fünf Zoll breit, und ı+ Zoll hoch. In daſſelbe paßt 
eine Lade, ebenfalls aus Eiſenblech, welche etwas kleiner ſeyn 
muß, damit fie recht Teicht aus: und eingefchoben werden kann, 
und auch um einen Zoll niedriger ald das Käftchen, damit man 
an der hierdurch entftehenden Offnung, den Fortgang des Schmelj- 
prozeſſes beobachten fönne. An beiden Stüden darf nicht geloͤ⸗ 
‚ thet werden, fondern die Kanten müſſen Durch Salzen oder durch 
Mieten verbunden feyn. Die Lade dient zum Einlegen der Glas: 
flüde. Damit aber dad Glas, bei der unmittelbaren Berührung mit 
dem Eifen, durch Dad Oryd nicht fledig und dem Zwecke nachthei⸗ 
lig gefärbt werde, fo muß der Boden bedeckt werden. Diefes fann 
mit Tripel, in Wafler angerührt, oder durch fehr feinen Sand, 
oder auch durch eine Lage von gepulverter Kreide geſchehen, weiche 
man mit einer glatten Fläche recht feit zufammengedrüdt hat. Es 
kommt jetzt darauf an, die in der Lade befindlichen Släfer, fammt 
dem eifernen Käftchen, im welches fie zu dem Ende eingefchoben 
wird, um die Bläfer vor Afche und Kohlen zu verwahren, bis 
zum Schmelzen zu erhigen. Wenn man feinen eigenen Ofen dazu 
bat, fo läßt fich leicht aus einigen, auf Die hohe Kante geftellten 
Mauerziegeln etwas dem Aehnliches errichten. Das Käftchen kommt 
in die Mitte des dadurch erhaltenen Feuerraumes auf eine etwas 
erhöhte Unterlage zu fliehen, wird mit Ausnahme der vordern zum 
Einfchieben der Lade beftimmten Öffnung mit Kohlen bedeckt, und 
dann erft langfam, nachdem aber die Lade mit den Glaͤſern einge: 
fchoben ift, ftärfer, und fo lange erhitzt, bis die legtern glühend 
geworden, erweicht und in Fluß gefommen find; wodurch fich 
ihre fcharfen Ränder abrunden, und fie in gewölbte, unten flache 
Suchen, oder Augelfegmente umgewandelt werden. Man bat 
darauf zu fehen, daß keine zu ftarfe Hitze angewendet wird, und 
fie nicht zu lange im Fluſſe bleiben, wodurch fie zu flach ausfallen, 


— wenn man leichtfluͤſſiges Glas gewaͤhlt hat; ferner daß 
2,” 


s’ 


372 Augen. 


fie nicht zu nahe liegen, ober durch Verrüden beim, Einſchieben 
der Lade einander berühren, weil fie dann, wenn fie weich werden, 
zufammenfchmelzen; und endlich daß fie dußerft langſam abgefüplt 
werden, um Sprünge und Riſſe zu vermeiden. 

Die fo erhaltenen Gläfer, bei welchen der Grad der Woͤl⸗ 
bung von der Dide und Größe abhängt, welche fie im rohen Zu⸗ 
ftande gehabt haben, find auf der untern Släche nur felten ganz 
"glatt and rein, fondern meiftens mehr oder weniger rauf, und 
müflen auf derfelben abgefchliffen und polirt werden ; auch ift es 
oͤfters nöthig, wenn fie zu hoch ſeyn follten, fie durch Wegfchleifen 
der ebenen Flaͤche niedriger zu machen. Man fchleift fie auf 
einem Saudfteine mit Waffer, und, um die Arbeit zu beſchleuni⸗ 
gen, mehrere zugleich, welche man durch Übergießen mit einem 
Kitt aus Kolophonium, Schellad und Ziegelmehl, ober einer ähn- 
lichen Zufammenfegung, mit einander vereinigt hat. Die durch 
das Schleifen matt gewordenen Flaͤchen polirt man auf Holz, 
oder einer ebenen Mefling« oder Zinnplatte, und zulegt auf Hutfilz, 
mit Schmirgel, Polirroth, und endlich mit Zinnafche. 

Das Mahlen auf der untern, ebenen Fläche gibt diefen 
fünftlichen Augen die Vollendung. Man fann entweder diefe 
ganze Bläche zuerft mit der Zrisfarbe bedecken, nach dem Trock⸗ 
nen den Kreis für die Pupille herausfchaben, und ihn dann mit 
der nöthigen Farbe ausfüllen ; oder auch das umgefehrte Verfahren 
beobachten, und die Grundfarbe zulegt auftragen. In einigen 
Faͤllen, um z. B. die mit einem goldglängenden Ringe verfehenen 
Augen mancher Amphibien getreu nachzubilden, Fann auch Blatt⸗ 
gold aufgelegt werden; überhaupt aber gehört zu diefer Art Mah⸗ 
lerei Übung und ein nicht unbedeutender Grad von Geſchicklichkeit. 
Die brauchbarften Farben find die mit Shi oder Firniß angeriebe- 
nen, weil fie an dem Glaſe am beften haften; allein zu manchen 
heilen Zinten muß man fich dennoch der Waller: oder Miniaturs 
farben bedienen, welche ſich auch leichter behandeln, und Al 
les weit reiner und-naturgemäßer ausführen laffen. Allein fie 
haben den Nachtheil, daß fie fich nach einiger Zeit gerne vom 
Glaſe ablöfen, vorzüglich wenn fie zu viel Gummi enthalten. Man 
muß daher den lestern Umſtand möglichit vermeiden, und über- 
haupt die hintere Seite des Barbenauftrages mit einem Überzug 


Künftlihe Augen. 373 


aus weißem Wachs bededen, welchem man, damit. er nicht zu 
fpröde werde, und in einiger Zeit vielleicht mit ber Barbe zugleich 
abfpringe, eine hinreichende Menge Terpenthin zufebt. Ein Stück⸗ 
hen Soldfchlägerhaut, aber ja nicht auf der ebenen Flaͤche, fon- 
dern nur am Rande der erhabenen befeftigt, hält äußere Einflüffe, - 
in Verbindung mit der eben erwähnten Bedeckung, noch beſſer ab, 
und fchüpt die Karben auf lange Zeit gegen jede Veränderung. 
Dbwohl diefe Kunftaugen, forgfältig und durch eine gefchicte 
. Hand gearbeitet, fehr fehön ausfallen, fo laſſen fie doch nocd Mans 
ed zu wünfchen übrig. Bei größeren und ſtark hervorragen- 
den, bemerft man in der Nähe und von der Seite, bald das 
Unnatürliche Rerfelben, nähmlich die über den aufgetragenen Far⸗ 
ben befindliche dicke Glaslage. In Hinſicht auf menſchliche Augen 
kommt daher folgende Art der Natur, vorzüglich in Hinſicht der 
harten oder weißen Haut des Auges, viel näher. Es werden 
aus. ganz durchfichtigem weißen Glaſe duͤnne, eiförmige, hohle 
Schalen, deren Rand rund und glatt geſchmolzen wird, vor der 
Lampe geblafen. Auf der höchften Stelle derfelben, dort, wo der 
Augenftern erfcheinen fol, wird noch eine dickere Freisförmige Lage 
von ebenfalls recht hellem ungefärbten Glaſe eingefchmolzen. Auf 
der hintern Seite dieſer dickern Stelle fann die Iris und die Pupille 
gemahlt werden, während die Dünnere hohle Släche mit Weiß 
und den nöthigen rothen Äderchen bemahlt wird. Diefe Art Mah⸗ 
lerei ift freilich, da fie auf der innern, konkaven Släche vorgenom⸗ 
men werden muß, fehr fehwierig, und erfordert einen, gerade 
für diefe Art Arbeit gut eingeübten Künftler; allein der Erfolg ift 
dann auch weit mehr entfprechend, indem man bei dem nachge- 
ahmten Weißen des Auges das Glad, aud) von der Seite angele: 
ben, feiner geringen Dicke wegen nicht bemerft, die Iris und die 
Pupille hingegen, da fie mit dem dideren Iinfenförmigen Glaſe 
bedeckt find (welches aber, über die dußere Fonvere Fläche nicht 
bedeutend vorftehen darf) wirflich tiefer im Grunde des Auges zu 
liegen fcheinen. Daß man die innere Höhlung, fowohl der Se: 
fligfeit wegen, ald auch um die Karben gegen äußere Einflüffe zu 
fügen, mit weichem Wachfe ausfüllen müfle, verfteht ſich 
von felbft. . 
— 8X 


374 Ausdehnung. 


Ausſsdehnung. 


Die Ausdehnung eines Koͤrpers iſt die Vergroͤßerung ſei⸗ 
nes Umfanges bei bleibender Maſſe. Dieſe Ausdehnung kann 
entweder durch mechaniſche Kraft oder durch die Waͤrme hervorge⸗ 
bracht werben. Durch mechaniſche Kraft laſſen ſich gewiſſe Körper, _ 
wie dad Sederharz oder Kautfchuf, flarf ausdehnen; viele audere 
Körper laſſen fich zufammendrüden, und dehnen fi beim Nadh= 
laffen des Drudes wieder nahe zu ihrer vorigen Größe aus. Mes 
talfene Röhren oder hohle Zylinder, in denen Luft oder Waffer 
ſtark zufammengedrüdt wird, dehnen ſich Durch diefen mechanifchen 
Druck ebenfalld etwas aus, der, wenn er hinreichend flarf wird, 
im Stande ift, die Kohäfion felbft an einzelnen Stellen aufzuheben, 
und dad Gefäß zu zerfprengen. Hierher gehören auch jene Bälle, 
wo Die Ausdehnung eines Körpers in der Froftfälte, durch dad zwi⸗ 
fhen feinen Theilen befindliche Waſſer bewirft wird, wenn dieſes 
in Ei6 übergeht, folglich in dieſer Geftalt vermöge der Kryſtalli⸗ 
fation einen größeren Umfang als- vorher einnimmt. Berner. ge- 
bören hierher diejenigen Erfcheinungen, bei welchen die Körper 
durch Einfaugen von Waffer oder einer andern Slüffigfeit ihren Une 
fang vergrößern oder auffchwellen, was bei dem Einweichen 
der meiften trodenen vegetabilifchen und thieriſchen Subftanzen 
Statt findet. Die Anziehung der Theile des Körpers zu der Slüfe 
figfeit iſt hier ſtark genug, daß diefe jene Theile von einander zu 
entfernen im Stande ift, und die Ausdehnung entweder nach allen 
Seiten oder nach einer oder der andern Richtung, je nach der Lage 
der Faſern, erfolgt. Auf dieſe Art ſchwellen hölzerne Keile, welche 
in den Spalt eines Gefteined eingetrieben worden find, durch Bes 
feuchtung mit Waffer ftarf genug an, daß fie den Stein zu zer⸗ 
fprengen im Stande find. Daffelbe ift mit Seilen der Sal, 
welche benetzt werden; fie fchwellen Dadurch nach der Breite auf, 
und verfürzen fich fonach in der Fänge, fo daß fie, an beiden Enden 
befeftigt, fich dadurch flärfer anfpannen, ald im trodenen Zus 
. flande. Don gleicher Art ift die durch Feuchtigkeit bewirfte Aus⸗ 
Dehnung des verarbeiteten Holzes, der Breter, welche quer auf 
die Richtung der Längenfafern erfolgt. Wird z. B. ein trodenes 
ebenes Bret auf der einen Seite hinreichend mit Waſſer befeuch⸗ 


. Ausdehnung. a 375 


tet; ſo dehnt ſich dieſe Seite ſenkrecht auf die Richtung der Laͤngen⸗ 
faſern, oder nach der Breite des Bretes, ſtaͤrker aus, als an der ent» 
gegengefepten Seite; es erfolgt fonach ein Krümmen Peleiben 
Berfen). 

Durch die Wärme dehnen ſich alle Körper, fowohl fefte, als 
flüffige und gadförmige aus. Diefe Ausdehnung erfolgt nach allen 
Dimenfionen , fowohl nach der Länge, als der Breite und der 
Die. Nur jene Körper machen fcheinbar von diefer allgemeinen 
Regel eine Ausnahme, welche Wafler enthalten, das fie bei der 
Erhöhung der Temperatur wieder verlieren, wonach ihre Theile 
näher an einander treten (zufammenfintern). Aus diefem Grunde 
nehmen thönerne Gefchirre nach dem Brennen einen Fleineren 
Kaum ein ald vorher: die ein Mahl gebrannte Maffe dehne fich 
aber dann wieder nad) der allgemeinen Regel durch Wärme aus. 

. Die Größe der Ausdehnung der Körper durch Wärme ift 
fehr verfchieden, und zwar dehnen fich im Allgemeinen feite Körper 
am wenigiten, Slüfligfeiten mehr, und Gasarten am meiften, für 
gleiche Temperaturunterfchiede, aus. Diefe Ausdehnung der Kör⸗ 
per durch Wärme wirft auf Die widerfiehende Umgebung mit einer 
Kraft, welche dem Drucke gleich feyn muß, welcher erforderlich wäre, - 
um den bei jener Temperatur audgedehnten Körper in den der 
vorigen Temperatur zugehörigen Raum zufammen zu drüsfen. 
Wird z. B. die in einem Gefäße mit feften Wänden eingefchloifene 
Luft fo viel erwärmt, daß fie fi, wenn Fein Hinderniß da wäre, 
in den doppelten Raum ausdehnen würde, fo ift die Kraft oder 
der Druck, den fie auf die Wände jenes Gefäßes ausübt, gleich 
dem Drude, welcher nothwendig wäre, um die Durch die höhere 
Temperatur ausgedehnte Luft bei dieſer Temperatur in die Hälfte 
des Raumes zufammen zu Drüden. Da zur Zufammendrüdung 
der flüffigen Körper, und noch mehr zur Zufammendrüdung der 
feften und fpröden Körper, eine fehr große, in vielen Fällen kaum 
meßbare Kraft erforderlich ift; fo erflärt fi) hieraus die außeror- 
dentliche Kraft, welche flüflige und feite Körper bei ihrer Ausdeh⸗ 
nung durch die Wärme auf die widerftehende Umgebung ausüben, 
und welche hinreichend ift, auch die flärfften Körper felbft zu zer⸗ 
fprengen, wenn die umgebenden Theile nicht verhältnigmäßig nach⸗ 
geben. Daher entficht dad Springen und Brechen auch der did: 


370 | Ausdehnung. 


fien Glasſtangen, der flärkiten gußeifernen Platten und Roͤhren, 
wenn für ihre Ausdehnung fein Raum bleibt, oder wenn durch 
ungleiche Erwärmung an verfchiedenen Stellen die fich ausdehnen 
den wärmern Theile von den Fältern, die jenen nicht zu folgen im 
Stande find, mit Gewalt loögeriffen werden. "Bei einer großen 
Menge von technifchen Ausführungen iſt diefe Ausdehnung ber 
feften Körper bei verfchiedenen Wermegraden zu vera chtigen, 
und daher die Kenntniß derfelben nothwendig. 

Nachſtehende Tafel enthält die Ausdehnungdgröße verſchie⸗ 
dener feſter Körper nad) den aus den Verfuchen verfchiedener Be⸗ 
obachter fich ergebenden Mittelwerthen. 


Ausdehnung verfhiedener feier Körper vom 
Befrier: bis zum Siedpunfte. 





1.0000000 Längentbeile dehnen fi aus 
von | um 
Glaaaasass 0.0008943 
Platin .  . “ee. | 0009223 
Antimon (Criestan) nr 0.0010833 | 
Gußeifen ; TE ER 0.0011094 - | 
Weicher Stahl ae a > 0.0011200 
Schmiedeiſen. 0. 0011927 


Gehaͤrteter Sf . . 2. 0.0013230 
Wismuhththtt 0.0013917 
Shd . i : F 0.0014530 
Kupfer, gefchlagenes ——— 0.0017653 
Bronze (B Kupfer ı Zinf) ’ . 0.0018170 
Melling, gefchlagenes . —A 0.0018804 

» gegoſſenes ee 0.0018838 
ı6 Th. Mefling, ı Th. Sinn . R 0.0019083 


Spiegelmetall . . ; 0.0019333 
Hartloth (1 Th. Zink — Surfen) s 0.0030583 
3m . . 0.0022516 
Klempnerloth (ı Th. Zinn nen Blei) 0.0025053 
Blei r i : : , 0.0028824 


| Binf, eufen 0.0 0.0029869 
»  gebämmer . — :0.0031083 


Ausdehnung. | 577 


Die Ausdehnung diefer Körper von Gefrier: bis zum Sied⸗ 
punfte ift gleichförmig; in höheren Temperaturen nimmt das Aus- 
dehnungsverhältniß zwar etwas zu, jedoch noch nicht bedeutend, 
wenn die Zemperatur von dem Schmelzpunfte noch weit genug 
entfernt if. Wenn man daher die vorigen Zahlen für die Réͤau⸗ 
mur'ſche Sfale mit Bo, und für, die Centefimal- Sfale mit 100 
dipidirt,, fo erhält man die Ausdehnung bed Körpers nad) der 
Länge für 1° R. oder Gent., welche Größe dann mit der Anzahl 
son Braden, um weiche der Körper erwärmt oder erfältet wird, 
multiplizirt,, - feine Ausdehnung oder Zufammenziehung nach der. 
Längendimenfion gibt. Es bezeichne k diefe Ausdehnung für 1°; 
t nach derfelben Sfale die Anzahl Srade unter oder über o, bei 
welchen die Länge des Körperd beftimmt iſt; L Diefe Länge des 
Körpers bei diefer Temperatur; A die Temperaturdiffereng bei der 
Erwärmung oder Erfältung, d. h. die Anzahl Grade, um welche 
die Temperatur des Körpers erhöht oder erniedriget wird; L’ deffen 
Länge bei der höheren oder niedrigern Temperatur: fo iſt genau für 
die Ausdehnung 

YV=Lhi+ki— RAr -Art....); 
und für Die Zufammenzicehung 

L— L(i — AAt — kAtt....)). 
Da jedoch für die meiſten Faͤlle, im Beſonderen bei den feſten 
Körpern, die Slieder, in welchen die höheren Potenzen von k - 
: vorfommen, vernachläfliget werden fönnen; fo wirb in der Aus⸗ 
übung hinreichend genau für Die Ausdehnung | 

V’=L(ı-+kö), 
und für die Zufammenziehung 
L=L(i—köü) 

3.8. eine eiferne Stange von 10 Fuß Länge habe bei 120R. 
oder 15° C. thr genaues Maß (z. B. ald Mapitab); fo wird ihre 
Länge bei 200 R. oder 25° C., alfo für den Temperaturunterfchied 
von 10° C. == 10 (ı +.0.000119) = 10.002119 Fuß. Würde 
diefe Stange biö zu der Temperatur von 5°C. erfältet; fo betrüge 
ihre Länge = 10 (1 — 0.000119) = 9.9988 ı Fuß. 

Bildet der Körper eine Släche, und es fol die Ausdehnung 
diefer Flaͤche, alfo nach der Dimenfion der Länge und Breite zu: 
gleich, für einen. gegebenen Temperaturunterfchied boftimmt werden ; 


378 Ausdehnung. 


fo ift, wenn F die Fläche von dem bei einer beftimmten Tempera: 
tur gegebenen Maße, und F’ jene bei der höheren ober niedrigern 
Temperatur bezeichnet, für die Ausdehnung | 
F=F(ı+sküA), 
und für die Zufammenziehbung 
F=F(i-—.aköü) 
"wenn wie. vorher die höheren Potenzen von k N iget 
werden. 
3.8. eine Hatte von Gußeifen habe bei 10° C. eine Slache 
von 10 Q. F , fo ift dieſe Flaͤche Bei 20° €, 
== 10 (1 #+ 3 x< 0.0001109) = 10 002218 2. F., 
und bei dem Gefrierpunfte 
== 10 (1 — 2 X 0.0001109) = 9.997783 N. g 
Eben ſo iſt für die Ausdehnung eines Koͤrpers, wo alſo die 
Ausdehnung nach der Laͤnge, Breite und Dicke zugleich betrach⸗ 
tet wird, wenn K das beſtimmte Volum, K’ jenes bei der yoyeren 
oder niedrigern Temperatur bejeichnet, 
K=K(ı +3k%4) 
und für die Zufammenziehung 
K=K(ı — 3k A). | 
3. 8. ein gläferner Ballon enthalte bei 10° E, einen Kubi: 
fuß Waſſer; derfelbe werde nun mit Waffer von 90° E. angefüllt, 


ſo iſt bei Diefer Temperaturerhöhung von 80°C. die Kapazität des 


Ballons = ı (1 4 3 X 0.0007154) = 1.0021463 Kub. Fuß. 

Auf diefe Art Taffen fich für alle Bälle der praftifchen Anwen- 
dung die Längen-, Blächen: und Volume: Ausdehnungen oder 
Zufammenziehungen der feften Körper einfach berechnen. Diefe 
Beflimmungen find nothwendig, um bei Konftruftionen verfchie- 
dener Art die nachtheiligen Wirkungen der Ausdehnung oder Zu: 
fammenziehung bemeffen, und darnach Die nöthigen Mittel wählen 
zu Pönnen. Wenn z. 3. zur Zufammenhaltung des Mauerwerfes 
eined großen Ofens eiferne Schließen eingelegt werden, fo werden 
fich diefe bei der Erhitzung ausdehnen, und dDadurd das Mauer: 
werf auseinander treiben oder befchädigen, wenn fie genau anfte= 
bend eingemauert ader befeftiget find; zur Befeitigung dieſes Er- 
folges muß daher ein Feiner Spielraum gelaflen werden. Eine 
feſt zufammengefügte Röhrenleitung von Gußeifen wird eben fo 


- 


; Ausdehnung, Ä 379 


durch die Ausdehnung oder Zufammenziehung bei verfchiedenen 
Zemperaturen Schaden leiden, wenn nicht dafür geforgt wird, 
Daß durch, an verfchiedenen Stellen angebrachte Röhren, die ſich 
in Stopfbüchfen verfchieben, Diefe Verkürzung oder Verlängerung 
leicht erfolgen fann. - | | 
In vielen Fällen wird die Verfchiedenheit der Ausdehnung 
der feſten Körper auch zu befondern nüglichen Zwecken angewen⸗ 
det. Auf. diefelbe gründen fich die fogenannten Kompenfationspen« 
del der Uhren, und verfchiedene thermometrifche Vorrichtungen 
(Porometer). Die Ausdehnung und Iufammenziehung der Metalle 
wird auch in einzelnen Faͤllen ald mechanifche Kraft benuͤtzt. So 
wenn ein heißer eiferner Ring auf einen Zylinder von Holz oder. 
kaltem Metall aufgetrieben wird, fchließt ſich derfelbe nach der 
Erfaltung und Zufammenziehung feiter an, als e& durch Hammer 
fhläge zu bewirfen möglich gewefen wäre. Wenn man den Hals 
einer Glasflaſche, während dieſe, etwa durch eine eingegoffene 
Flüſſigkeit, warm ift, mit dem falten eingefchliffenen Glasſtoͤpſel 
verfchließt; fo ſteckt dieſer nach dem Erkalten der Flaſche fo feſt, 
daß er durch bloße Gewalt nicht mehr herausgebracht werden fann. 
Eben fo fönnen zwei folche feit verbundene Körper wieder getrennt 
werden, wenn man den Einen Durch Erwärmung ausdehnt, oder 
durch Erfältung zuſammenzieht. &o läßt ſich der eingefchliffene 
Glasſtöpſel wieder ausziehen, wenn man den Hals der Slafche 
erwärmt. Bei befonderen Öfen und Heißapparaten wird die Aus⸗ 
dehnung des Metalles ald Regulator benügt, um bei dem Eins 
treten einer gewiſſen Temperatur einen Hahn oder eine Thüire mehr 
oder weniger zu öffnen und zu fchließen, u. |. w., von welchen ſpe⸗ 
zielen Anwendungen in den einzelnen Artifein die Nede ift. 
Einige fefte Körper haben eine fo geringe Ausdehnung in der 
Wärme, dad fie Faum meßbar iſt. Hierher gehört vorzüglich trock⸗ 
nes Holz, deifen Ausdehnung nach der Richtung feiner Qängenfa- 
fern fo unbedeutend ift, daß ed für genaue Uhren als Pendels 
ftange gebraucht werden kann. Wahrfcheinlich wird hier Die Aus: 
dehnung in die Länge durch die verfürzende Wirkung der Ausdeh⸗ 
nung in die Breite (wie bei naflen Seilen) aufgehoben; fo daß 
hiernach bei einer beftimmten Breite oder Dicke für eine beftimmte - 
Länge fich diefe Laͤngenausdehnung gänzlich würde aufheben oder 


‚380, Ausdehnung. 


Fompenfiren laffen. Auch fefte Steinarten, ald Marmor, Granit, 
u, dgl,, deßgleichen gebrannter fand oder Fohlehaltiger Thon, 
haben eine fehr geringe Ausdehnung, worin zum Theil der Grund 
liegt, daß heilifche und Paflauer (Graphit) Ziegel flarfe Tempe: 
raturwechfel, ohne zu fpringen, ertragen. 

Noch ift zu bemerken, daß die durch Wärme ausgedehnten 
Metalle nur bei geringeren Waͤrmeunterſchieden ſich nach der 
Abkühlung zu derfelben Kemperatur genau wieber in denſelben 
Kaum zufammenziehen. Iſt die Ausdehnung bei größeren Wär: 
‚megraden erfolgt, befonders wenn diefe fi der Zemperatur naͤ⸗ 
bern, in welcher dad Metall weich zu. werben anfängt, fo bleibe 
ihe Volum etwas größer, ald ed vorher war. Auf diefe Art wird 
eine bleierne Röhre, durch welche Wafferdampf ftreicht,, immer 
länger, und erhält Biegungen, wenn fie vorher gerade war. Zu 
Körpern, z. B. Maßftäben, die für eine beftimmte Temperatur ihre 
abfolute Länge durch die Bariafionen der Temperatur nicht ändern 
follen, taugen daher vorzüglich folhe Metalle, dereu Schmelz. 
punkt fehe hoch liegt, als Eifen, Platin. 

Die tropfbar flüffigen Körper dehnen fich flärfer 
aus, als bie feften, aber dieſe Ausdehnung ift zmifchen dem Sied- 
und Gefrierpunkte nicht fo gleichförmig, als bei jenen, weßhalb 
man auch aus ber zwifchen jenen beiden Punften Statt findenden 
Ausdehnung nicht auf diefelbe Art jene für die zwifchen liegenden 
Grade angeben fann. Am gleichförmigften ift zwifchen dem Ge: 
friers und Siedpunfte des Thermometerd die Ausdehnung des 
Quedfilberö, daher dieſes vorzugsweiſe als thermometrifche Fluͤſ⸗ 
ſigkeit benützt wird. Die Ausdehnung deſſelben von oð bis Boo R. 
beträgt o. o18018302. Die Ausdehnung des Alkohols und der 
Mifhungen deifelben mit Waſſer bei verfchiedenen Wärmegraden, 
wird in der Praris bei den Beflimmungen des Alkoholometers 
(©. 228) berüdfichtiget. Die Ausdehnungdgtade ded Waſſexrs, 
und die Damit zufammenhängenden fpezififchen Gewichte gibt nach⸗ 
ftehbender Auszug einer Tafel von Hällſtröm, das fpezifiiche 
Gewicht und dad Volum des Waſſers bei 4°.1 E. oder bei der Tem⸗ 
peratur der größten Dichtigfeit = ı gefeßt. 


Temperatur . Se 
Cent. Spezif. Gewicht. Volum. 
0° 0.99989 18 1.0001083 
3° 0.9999920 1.000007B 
6° 0.9999772 1.0000226 
9° .0.9998497 1.0001501 
120 0.9996 1 17 1.0003888 
15° 0.9992647 1.0007357 
ı8° 0.9988 125 1.00:1888 
21° - 0.9982570 1.0017660 
24° 0.9976000 1.0024058B 
37° 0.9968439 1. 0021662 
30° 0.995991 7 1.0040245 


Ausdehnung. 


Für die Luft oder. Gaſsarten findet das eigenthümliche 
Verhalten Statt, daß fie fih nach den hierüber vorhandenen ge⸗ 
nauen Verfuchen fämmtlich um gleich viel, naͤhmlich vom Gefrier⸗ 
bie zum Siedpunfte um 0.375 ihred Volums ausdehnen. Diefe 
Ausdehnungsgröße gilt eben ſowohl file trodene, als für. feuchte 
Luft, da auch die Dämpfe nach demfelben Geſetze wie-die Luftars 
ten ausgedehnt werden. Diefe Ausdehnung ift überdem gleichförs 
mig, und zwar nicht wur innerhalb der beiden feiten Punkte des 
Thermometers, ſondern von — 36° bis -- 360° C., fo daß ich alfe 
für jeden Zemperaturunterfchied die Volumsvermehrung oder Vers 
minderung nad) jener gegebenen Ausdehnungdgröße berechnen läßt. 
Iſt naͤhmlich das bei einer beitimmten Temperatur gegebene Vo⸗ 
Inm == V, jenes bei der höheren Temperatur =.V’, die Tem⸗ 
peraturdifferen;, oder die Anzahl der Grade, um welche die Luft 
erwärmt, wird, = 4; fo ift für die Cent. Skale 

V’=V (ı + 0.0375 A), 
und für die Réaumur'ſche Skale 
VV (ı + 0.00468754). 

3. 8. Ein Kub. Zırß Luft von 100 R. werde bis auf 30oo°R. 
erwärmt; fo ift der Raum, den diefelbe nunmehr einnimmt 
= ı (1 + 0,00468 x 290) = 2.3572 K. F. Die Luft hat ſich alfo 

bei diefer Temperaturerhöhung auf mehr als Das Doppelte ihres Um⸗ 
fanges ausgedehnt. Fuͤr die Zufammenziehung bei der Erfältung 


382 Auspreßmafcinen. 


gilt wie vorher das negative Zeichen. Konımen Bälle vor, bei 
welchen in der oben angegebenen genauen Formel das dritte Glied 
L At noch einen zu berüdfichtigenden Werth hätte, fo müßte das⸗ 
felbe mit in die Rechnung aufgenommen werden. 
| Ä d. H. 
Auspreßmaſchinen. 

Dieſer Nahme kommt im Allgemeinen allen jenen Maſchinen 
zu, welche gebraucht werden, um Flüſſigkeiten aus feſten Körpern 
durch Drud abjufondern. Da man in allen Fällen, wo diefe 
Operation vorfonmt, Mafchinen dazu entweder wirflich anwendet, 
oder anwenden fann, fo gibt es zahlreiche Arten von Auspreß⸗ 
mafchinen. Dahin gehören z. ®. die Wein- und Öhlpreffen, die 
Preſſen der Papierfabrifen, u.f. w. „Hier ift aber insbefondere 
von einer Art. Mafchinen die Rede, deren man- fich vorzüglich in 
Bleichereien, Kattun⸗ und Leinwandfabrifen bedient, um das 
Waller aus den naffen Zeugen auszupreffen, und diefe Arbeit 
ſchneller und zweckmaͤßiger zu verrichten, als fie durch das gewoͤhn⸗ 
liche Auöringen oder Auswinden mittelft der Auswindftöde ges 
ſchehen Fann. | 

Die einfathfte Vorrichtung für diefen Zwed ift folgende. 
Eine niedrige ovale hölzerne Wanne von 4 bis 5 Fuß Länge und 
a bis 2* Fuß Breite, befigt an jeder der zwei fehmalen oder End» 
Seiten eine um ı2 oder 15 Zoll über die andern hervorragende 
Daube. Diefe zwei höheren Dauben find 4 Zoll breit, 3 Zoll 
dit, und beſtehen aus Eichenhol;, während die übrigen aus Fich- 
ten» oder Tannenholz verfertigt find. Durch jede derfelben geht 
der Schaft eines großen eifernen verzinnten Hafens, fo, daß die 
Hafen felbft nach einwärts gefehrt find, und einander in horizon⸗ 
taler Linie gegenüber ftehen. Einer diefer Haken ift feſt ange: 
fehraubt, der andere trägt am Ende feines Schaftes, außerhalb 
der Daube, eine Kurbel, vermittelft welcher er umgedreht werden 
kann. Die Wanne ift mittelft zweier an ihrem untern Theile bes 
. findlicher eiferner Lappen unbeweglich befefliget. Um fish der Vor⸗ 
richtung zum Auswinden oder Audpreilen eines Zeugflüdes zu 
bedienen, bringt man das legtere in die Wanne, fchlägt es fo oft, 
als dieß angeht, hin und her um beide Hafen, fledt die Enden 


Auspreßmafchinen, 583 


deſſelben in der Mitte ein, damit fie nicht herabhängen , und 
dreht endlich den beweglichen Hafen mittelft feiner Kurbel um. . 
Der Zeug wird Dadurch zufammen gedreht, das ausgepreßte Wafr 
fer fant in die Wanne, und fließt Durch den Boden derfelben 
(weicher für diefen Zweck durchlöchert ift) ab. Nach vollendeten 
Auswinden gibt man der Kurbel einen Schwung rüdwärtd, der 
ganz allein hinreichend ift, das Stuͤck wieder aufjzudrehen, fo, 
dag es zum Audbreiten oder Ausfchütteln von den Hafen abgenom- 
men werden fann. Zarte Gewebe, welche das befchriebene Zu⸗ 
fammendrehen nicht oßne Gefahr aushalten würden, fchlägt man 
in ein, Meb ein, welches auf diefelbe Weife über die Hafen gelegt, 
und zufammengewunden wird. Kleiner gemacht, und mit einem 
nicht durchlöcherten Boden verfeben, kann die Wanıre mit ihren 
Hafen zum Auswinden der gebeipten Garnftrehne in Särbereien 
benugt werden.- Dan bedient fich ihrer aud, zum Auswinden der 
Wolle, nachdem diefelbe gewafchen worden iſt. 

Sehr empfehlenswerth iſt eine von Dingler (in deffen poly« 
technifhem Journal, Bd. III.) befchriebene Auspreßmafchine, 
welche für Bleichereien und Kattunfabrifen darum großen Werth 
bat, weil die weißen oder gedrudten Waaren, welche man mittelft 
berfelben vor dem Aufhängen vom Waſſer befreien will, nicht zu⸗ 
fommengedreht werden; woraus der doppelte Vortheil entfteht, 
dag die oft fehr zarten Gewebe Feiner Beſchaͤdigung ausgeſetzt 
find, und daß beim nachherigen Muöbreiten bedeutend an Zeit ers 
fpart wird. Diefe Mafchine befteht aus zwei übereinander liegen 
den hölzernen Walzen von’6 Fuß Länge und 15 Zoll Durchmefe 
fer, welche in einem zwectmäßigen Geſtelle fo angebracht find, daß 
die obere durch die bei einer Kalander (f. diefen Artikel) gebräuch- 
liche Vorrichtung, nähmlich durch zwei mit Gewichten: belaftete 
Hebel, ſtark auf die untere herabgedrüdt wird. Die obere Walze 
ift ganz glatt, die untere befigt in gleichen Abftänden fünf rund 
berum Laufende, in fich ſelbſt zurückfehrende Hohlfehlen von etwa 
2: Zoll Breite. Die Achfe diefer uftern Walze ift auf einer Seite 
über das Geftell hinaus verlängert, und trägt hier ein gezahntes 
Rad, welches durch den Eingriff eined Trillings bewegt wird. 
Ein Arbeiter fegt die Mafchine in Gang, indem er die mit einer 
Kurbel und einem Schwungrade verfehene Achſe ded Trillings 


384 Ausſchlageiſen. 


umdreht. Ein anderer Arbeiter leitet die naſſen Zeugſtücke wurſt· 
foͤrmig der Breite nach zuſammengefaltet zwiſchen die Walzen 
hinein; ein Knabe nimmt fie hinter der Maſchine in Empfang, 
und läßt fie in untergefegte Körbe fallen. Vor den Walzen befin- 
det fich ein aus zolldicken Latten mit Zwifchenräumen zuſammen⸗ 
geſetzter, halbrund vertiefter Tifch, auf welchen die auszupreſſen⸗ 
den Stüde gelegt werden, und ein aufrechtfiehendes Bret mit 
vier halbrunden Ausfchnitten in der obern Kante, wodurch die 
Stüde zwifchen die Walzen hineingeleitet werden. Wenn man 
etwa nur zwei Stücke zugleich auspreſſen will, fo muß man hierzu 
die Ausfchnitte 1 und 4 oder = und 3 wählen, nicht aber die zwei 
erften oder die zwei legten, damit die obere Walze nicht fchief zu 
liegen kommt. Immer muß man darauf fehen, Stüde von unges 
fähr gleicher Dide mit einander audzupreſſen, damit nicht ein 
Stud dad andere hindert, den nöthigen Druck zu empfangen. 
Durch dad Verfchieben der Gewichte an den Druckhebeln wird die 
Gewalt des Auspreffens, welche von dem Drude der obern Walze 
auf die untere abhängt, nad) Erforderniß getegelt ; nöthigen Fal⸗ 
led wiederhohlt man dad Auspreilen zwei, drei; auch vier Mahl. 
Die Hohltehlen der unteren Walze dienen zum Abfluife des ausge: 
preßten Waſſers, welches in einen unter der Mafchine angebrach⸗ 
ten Trog oder Ableitungs» Kanal fällt. 
8. 8: 


Ausſchlageiſen. 


Die Ausſchlageiſen (Durchſchlageiſen) find ſchnei⸗ 
dende Werkzeuge, welche gebraucht werden, um in dünne Stoffe, 
nahmentlich Papier, Zeuge, Leder, aud wohl ſchwache Metall⸗ 
bleche, Löcher von beitimmter Größe und Form zu machen. Ent: 
‘weder will man Dabei die Fleinen außgefchlagenen Stückchen wie⸗ 
der verwenden, und das Übrige der Kläche, aus weicher fie erhalten 
werden, ift als Abfall zu betrachten; oder man hat die Durchlö« 
cherung der Flaͤche zur Hauptäbficht. 

Die runden Ausfchlageifen, gewöhnlich Loche i ſen genannt, 
find jene, welche am bäufigften vorfomnten. Bälle ihrer Anwen⸗ 
dung find folgende. Sie werden gebraucht, um runde Löcher bei 
Schuhmacher: und Riemer: Arbeiten fchuell, und von gleicher 


Ausichlageifen. 585 


Größe zu erhalten. Sie leiften ferner ſehr gute Dienfte bei der 
Verfertigung der aus Kartenpapier beftehenden Patronen der Zim- 
mermahler; die freidrunden Löcher in denfelben Fönnen Durch 
Ausſchneiden mit dem Meſſer weder fo genau rund, noch fo rein 
und gleich erhalten werden, als muttelft der Locheifen. Die Ho⸗ 
flien- und Siegel»Oblaten werben ebenfalls mit folchen Eifen aus⸗ 
geftochen ; ferner braucht man fie zum Ausſchlagen runder Etifet 
ten aus Papier zum Numerizen von Zeugmuftern u. dgl.; und 
endlich find auch die fogenannten Pflaftereifen hierher zu zaͤh⸗ 
Ien, mit weldyen die Pflafter ausgefchlagen werden, naͤhmlich 
jene runden Scheiben aus Leinwand oder Wollenzeug, welche 
zum @inladen der Kugeln in gezogene Gewehre dienen. 

Daß die Größe dieſer Werkzeuge, vorzüglich in Nudficht 
auf die runde Schneide, verfchieden feyn werde, bedarf feiner 
Erörterung; allein auch in ihrer Form finden fi Abweichungen. 
Bei den beſſer gearbeiteten Arten ift, wie man aus Fig. 9, Taf. 7 
fiebt, der Schaft a in der Mitte des jchneidenden Ringes befind« 
lich, und mit dieſem · durch zwei Arme oder Bogen b, c, verbunden. 
Der Außere Umfang des Ringes, d, ift nad) oben erweitert, fo 
dag an dem untern Rande mittelft einer Facette die Schneide arts 
geſchliffen werden faun. Auch die innere Öffnung hat man gerne 
fegelförmig, das heißt, oben weiter; welches die Bequemlichkeit 
gewährt, daß man nicht nach jedem Schlage das runde Plättchen 
von oben herauszuftoßen braucht, fondern daß, wenn viele ausge⸗ 
fhlagen werden, fie endlich von felbft oben herausfommen. Die 
Locheifen der. Schuhmacher und. anderer Lederarbeiter, von ber 
Form wie Fig. 10, Taf. 7, haben eben diefe Einrichtung hinſicht⸗ 
lich dee Höhlung. Diefe iſt fehr lang, damit die Schneide recht 
oft nachgefchliffen werden fann. Der Schaft befindet fich hier 
nidyt in der Mitte, fondern feitwärtd an der Röhre ab, theild 
um: die audgefchlagenen Plätthen durch Umkehren des Eifend 
noch Teichter ausleeren zu. fönnen, theild auch der leichtern Vers 
fertigung des Werkzeuges wegen, wovon weiter unten bie Rede 
ſeyn wird. | 

: Die Art, wie die Ausfchlageifen gebraucht werden, iſt bei 
allen, auch den noch fpdter anzuführenden Arten, ziemlich die 
nähmliche, und kann hier ſogleich befchrieben werden. Hum Aufe 

Teqnot. Encyelop. L Bb. 35 


i & 
386: Ausfchlageifen. 


legen des auszufchlagenden Stoffes bedient man fich am beften 
einer feftliegenden dicken Bleiplatte, oder auch eines eben abge- 
richteten Klotzes aus Linden» oder Birnbaumbol;, oder einer an⸗ 
dern nicht zu harten Holzart ohne alle Afte, wobei jene Fläche 
am vortheilhafteften zu benüßen ift, auf welcher die Faſern des 
Holzes unter einem rechten Winfel, oder über Hirn, durch⸗ 
gefhnitten find. Das Eifen wird dann feft und recht ges 
rade aufgefegt, und mittelft eines flarfen Hammerfchlages das 
Durchfchneiden bewirft. Es ift zu ratben, nach jedesmahligem 
Durhfchlagen eine neue Stelle der Unterlage zu wählen, daher 
biefe auch, wenn ihre ganze Oberfläche benübt worden iſt, neu 
abgehobelt, oder wenn fie von Blei ift, mit einem Sammer mit 
flachrunder Bahn (bei manchen Arbeitern Bleibammer genannt) 
eben geflopft werden muß. 

Nicht nur die Freisrunden, fondern auch anders geformte 
Ausfchlageifen fommen in den Werfitätten dee Klaviermacher, zur 
Darftellung der diefen Arbeitern nöthigen Lederſtuͤckchen, welche 
recht glatte Ränder haben, und einander ganz gleich feyn muͤſſen, 
vor. Einige derjelben find auf der 7. Tafel’ abgebildet. Das 
Auslöfungseifen, Sig. ı2, hat eine runde Schneide, in der 
Mitte derfelben aber einen Stift, der mittelft eines flachen Lap⸗ 
pens bei a an den Schaft feitgenietet, unten aber ganz eben, und 
mit der Schneide gleichlaufend, abgefeilt if. Man erhält durch 
diefes Eifen runde Scheibchen in deren Mitte gleichzeitig jener 
Stift ein kleineres Stückchen (einen Pugen) ausfchlägt, und mit« 
bin ein Löchelchen zum Anfterfen des Scheibchens hervorbringt. 
Fig. 16, d, zeigt die untere Seite des ebenfalld mit einem Stifte 
verfehenen halbrunden Auslöfungseifens. Fig ı5, b, ftellt die 
Schneide des Käppcheneifens, c aber die des Fleckchen⸗ 
eifens vor. Fig. 23 gibt die Anficht von zwei Seiten und von 
der Schneide des Dämpfungseiſens, welches, gleihfam als 
ein doppeltes Meffer, zwei einander parallele Linien in das Leder 
einfchlägt: 

Um aus Zeugen aller Art flatt des Ausſchneidens mit der 
"Schere fchnell gleichgroße viereckige Mufterflecichen zu erhal: 
ten, wendet man ebenfalls Durchfchlageifen mit einer nad) Erfor« 
derniß gebildeten Schneide an, fo wie man auch folche mit Zaden, 


Ausſchlageiſen. 367 


gleich Fig. ı5, a, hat, um ſternfoͤrmige oder ausgezackte Etiketten 
aud Papier zu verfertigen. 

Die mit dreiedigen Zacken verfehenen Eifen Pommen bei den 
Sattlern und Riemern unter dem Nahmen Spigcheneifen 
nebft noch andern ähnlichen, mit wellenförmigen oder anderen 
Defleind verfehenen, vor. Auch hat man folche, deren Schneide 
ein Halbkreis ift, wie Fig. ı4, welche den genannten Arbeitern, 
auch wohl den Handichuhmachern manchmahl bei Damenhandſchu⸗ 
ben, dazu dienen, den Kanten des Leders eine aus gezackten Bo⸗ 
gen beftehende Bordur zu geben. 

Noch gehören manche Ausfchlageifen mit Schneiden, welche 
auf. die mannigfaltigfte Art gefchweift find, hierher, z. B. jene, mit 
welchen man die zum Belegen der Oblatenfiegel gebräuchlichen 
Papierblaͤtter verfertigt. Sie haben auf der Schneide nur den 
vierten Theil des ganzen Deſſeins; das Papier wird vor dem Aus⸗ 
ſchlagen vierfach zufammengelegt, und gibt dann nach dem Aus« 
breiten die volle Zeichnung. Kerner fönnen bier noch genannt 
werden die Audfchlageifen der Kartenmacher zur Berfertigung der 
Sefteinpatronen, und die, mit den verfchiedenften fchneidenden 
Umriffen verfehenen Eifen zur Darftellung der Blätter für fünft- 
liche Blumen; worüber in den Artifeln Spielfarten und Blu⸗ 
men das Nöthige vorfommen wird. 

Einiger Ähnlichkeit wegen können hier auch noch) die Korn 
eifen der Alaviermadyer, und die ihnen gleich. gebildeten Eifen der 
Sattler erwähnt werden, welche mit mehreren nadelförmigen 
Spitzen verfehen, in Leder mehrere Löcher zugleich zum nach⸗ 
mahligen Einziehen des Fadens, oder in Holz zum Einfchlagen 
von Stiftchen, vorfchlagen. An jene Stempel kann ebenfalls ers 
innert werden, welche fchneidig gearbeitete Zahlen und Buchſta⸗ 
ben darftellen, und zum Zeichnen gegerbter Felle, oder zum Ein« 
Ihlagen von Buchſtaben und Zahlen auf Holz oder Elfenbein (4.8. 
auf Maßftäben) fehr vorteilhafte Anwendung finden. 

Bei Metallarbeiten werden Ausfchlageifen feltener gebraucht. 
Hierher find die Hauer oder Aushauer der Klempner zu rech⸗ 
nen, mit welchen fie größere, oft zwei Zoll weite Löcher in Blech 
(lagen, welches dabei immer auf einer dien Bleiplatte liegen 
muß. Einen folhen Hauer für runde Löcher (denn man hat fie 

25 * 


388 | Ausfchlageifen. 


von verfchledener Größe und auch für ovale Löcher) ftellt Fig. 11, 
Zaf. 7, im Durchfchnitte vor. Er ift aus gut gebärtetem Stahl, 
und unten bei a ziemlich tief außgebohrt, damit er ſich, wenn er 
flumpf wird, öfter fchärfen lͤßt. Das. Schleifen gefchieht bloß 
am äußern Umfange der Schneide, welcher zu a Ende au 
ſchon Fonifch gearbeitet ıft. 

Mit ähnlichen Werkzeugen, an denen aber die Höhlung bei 
a (Big. 11) fehr feicht und rein polirt ift, werden aus Meifing-, 
Zombaf-, verfilbertem oder filberplattirtem Blech, die fhälchen- 
artig vertieften Köpfe der Tapezierernägel ausgefchlagen, in welche 
man dann die Spigen mit Zinnloth befeftigt. Auch Gürtler, Gold⸗ 
und Silberarbeiter wenden folche Eifen an, wenn fie eine größere 
Anzahl vertiefter Plättchen brauchen. Das Blech erhält hier die 
Wölbung gleichzeitig mit dem Aushanen, weil die Schneide des 
Eifend zuerft das Blech niederdrüdt, und eben dadurch die Platte 
zwingt, im Innern der Höhlung in die Höhe zu fteigen, und fich 
nach ihr zu formen. Es gefchieht dieß defto Leichter, je Fleiner 
der Durchmeffer der Schneide, und je dicker oder härter das mit 
derfelben behandelte Blech if. Man Hat ſolche Eifen auch rofen- 
förmig oder mit anderen Deffeins. 

Gute Ausfhlageifen müffen nicht nur aus Stahl verfertigt 
ſeyn, und die rechte Härte haben, damit fidy die Schneide weder 
umlegt, noch ausfpringt und fchartig wird; fondern fie follen 
auch an der Schneide aud dem Ganzen und maſſiv gefchmiedet 
feyn. Die Höhlung wird gebohrt, und bei den runden am beften 
auf der Drehbank ganz ausgebildet. Die Zaden und Een müſſen 
gefeilt werden; fo wie man die, mit einer dreiedigen Seile ges 
machten Einfchnitte in Fig. 14 bemerfen wird. Die Tocheifen der 
Schuhmacher, wie Fig. 10, find an der Höhlung bloß aus einem, 
dort breiter außgefchmiedeten Lappen über einem Dorn zufammens 
gebogen, fo daß die Kanten in einer von a nad) b laufenden 
Linie fid) berühren, und vollfommen an einander fchließen. Allein 
nach diefer, obwohl fehr Teichten und wohlfeilen Herſtellungsart 
erhält man diefe Werkzeuge nie gut und dauerhaft, indem die 
Schneide bei b immer rau bleibt, auch wohl nach Iängerm Ge: 
branch und bei einiger Gewalt. die Spalte ſich öffnet, und das 
Eifen ganz unbrauchbar wird. 


Ausftopfen. 389 


Der Vergleichung mit den vorbeſchriebenen Ausſchlageiſen 
wegen iſt noch anzuführen, daß man ſich auch noch anderer, ob⸗ 
wohl verwandter Mittel zu ähnlichen Zwecken bedient. So ver: 
fertigt man durchbrochene Papierborduren durch das, in gewiſſer 
Kinficht, umgekehrte Verfahren, indem ein Papierftreifen auf eine, 
mit dem fchneidig gearbeiteten Deflein verfehene harte. Stanze 
gelegt, und mit einem bleiernen Hammer gefchlagen wird ; noch 
befier aber wird ein dergleichen fchneidiger, in fich felbft zurückkeh⸗ 
sender Deflein auf eine ftählerne Walze gravirt, und auf diefe Art 
die Papierbordur auögepreßt. Zum Durchſchlagen von Löchern 
in Metall wendet man ferner auch Meißel an, deren ımtere, 
freißrumde oder vieredige ebene Fläche auf das Blech (auf einer 
Unterlage von Holz oder Blei) oder auch auf dickere Stüde.aufge- 
fegt, ein gleich geformtes Plättchen, oder bei Fleineren, eben fo 
wie der Stift des bereitd oben befchriebenen, und Sig. ı2, Taf. 7 
abgebildeten Klaviermacher- Werfzeugs aus dem Leder, einen ſo⸗ 
genannten Pugen ausfchlägt, wie dieß bei den Putzmeißeln 
der Klempner, zum Xheile auch bei den Durhfchlägen der 
Schlofjer geſchieht; und endlich gehören, als eine mehr erweiterte 
Anwendung defjelben Prinzipes im Großen aud die Durſch— 
fhnitte der Münzwerfflätten und Metallknopf⸗Fabriken hierher. 
Bon diefen Werkzeugen und Vorrichtungen wird am gehörigen 
Drte ausführlicher die Rede ſeyn. 

G. 2. 


Ausſtopfen. 


Die Kunſt, Thiere auszuſtopfen (Taridermie), welche zur 
Abficht Hat, der abgezogenen Haut fo viel ald möglich dad Anfehen 
der. Iebenden Eremplare zu geben, erfordert außer einem bedeu⸗ 
senden Grade von Geſchicklichkeit und Übung auch noch gründliche 
naturhiftorifche, und fogar einige anatomifche Kenntniffe. Obwohl 
das Ausftopfen in der Regel nur bei den Thieren der höhern Klafe _ 
fen anwendbar ift, nähmlich bei den Säugethieren, Vögeln, Am⸗ 
phibien und Bifchen : fo ift doch Leicht zu entnehmen daß bei den fo 
mannigfaltigen Formen das Verfahren fehr verfchieden feyn 
könne, und daß faum mit Sicherheit anzugeben feyn dürfte, welche 
der bisher befannten Manipulationsarten den andern vorzuziehen 


390 Ausftopfen. 


fey ; um fo mehr, als die vollfommene Nachahmung der Natur zu⸗ 
letzt dennoch von der Geſchicklichkeit und Sorgfalt des Arbeiters 
abhängt. Unter diefen Umftänden wird man hier, da eine ins 
Einzelne gehende fchriftlihe Anweifung zu diefem ziemlich ſchwie⸗ 
rigen Gefchäfte zu weitläufig feyn würde, nur jene allgemeinen 
Bemerfungen finden, welche nothwendig find, um das BEIDEN 
überhaupt anfdjaulich zu machen. 

Dad Ausitopfen zerfällt in drei Hauptoperationen, von Wels 
chen die erfte das Funftgerechte Abziehen der Haut, Die zweite das 
Ausfüllen derfelben mit Baumwolle, Werg, Moos oder Heu, die 
dritte endlich Die Aufſtellung felbft begreift. Davon im Weſentli⸗ 
chen abweichende Methoden find nur höchft felten im Gebrauch. 
Hierher gehört das bloße Auftrodnen des Thieres, wo bloß der 
Unterleib geöffnet, von den Eingeweiden entleert, und ausgeftopft 
wird. Es ift faft nur bei den Fleinften Vögeln thunlich, weil 
das getrocknete Fleiſch ftetd eine Lockſpeiſe für zerftörende Infel- 
ten wird, und 68 daher bein Ausftopfen immer Grundfag bleibt, 
alle fleifchigen und fetten Theile-fo viel ald möglich zu entfernen. 
Auch eine andere Methode ift eben fo wenig anwendbar, nach wel« 
cher der aus der Haut gebrachte Körper in Gyps abgegoffen, und 
über diefen die Haut gezogen wird. Das Abgießen ift zu umfländ« 
Jich und zeitraubend, und die Ausbildung und Kefefligung der 
äußern Xheile fo fchwierig , daß von dieſem Verfahren, fo wenig 
ald von einem andern, mo der Körper aus Holz gefchnigt werden 
fol, ernftlicheg Gebrauch gemacht werden fann. Jener oben an« 
gezeigte Gaug der Arbeit ift daher immer der vorzüglichte. Ein- 
zelne Abweichungen werden jedoch in der Folge vorfommen. 

Das Abziehen der Haut, oder das Abbälgen des Thieres ift 
jene erſte, höchft wichtige Operation, welche, unzwedmäßig oder 
ſorglos vollbracht, das Mißlingen des Erfolges herbeiführen Fann. 
Es wird bei dem verfchiedenen Baue der einzelnen Xhierflaffen auf 
verfchiedene Art verrichtet; ja felbft zum Abziehen der Saͤung e⸗ 
thiere, von denen zunächft gehandelt werden foll, gibt es mehr 
als eine Vorfchrift. Es ift am leichteften, wenn die Haut nicht 
am Bauche, fondern am Rüden des Thieres aufgefchnitten wird, 
obwohl auch hier Ausnahmen gemacht werden müffen. Diefe Mes 
thode hat für die Schönheit der fertigen Arbeit auch noch den 


Ausftopfen der Säugethiere. 391 


Rortheil, daß die Naht nicht bemerfbar wird, weil bie meiften 
Säungethiere am Rüden dichtfichendes ſtarkes, am Bauche aber 
weit dünnered Haar haben. Nahmentlich aber ift Diefe Art die 
Haut aufzufchneiden immer unerläßlich,, wenn das Thier aufrecht, 
oder auf den Hinterbeinen fipend, dargeftellt werden fol. Mau 
macht demnach am höchften Theile des Rüdens einen Einfchnitt, 
welcher zwifchen den Schulterblättern anfängt, und bid an die 
Wurzel des Schweifes reiht. Man macht die Haut erſt auf der 
einen.Seite, anfangs mit den Fingern, dann aber mit dem Mef- 
ſergriffe, bis zum Bauche los, wendet das Thier um, und vers 
fährt eben fo auf deflen anderer Seite. Die inneren naflen Raͤn⸗ 
der der Haut, welche beim Fortrücken des Abziehens umgelegt 
werden muß, auch von felbft fi) einrolt, muß man mit etwas 
angefeuchtetem Mafuilaturpapier bedecken, damit die Haare nicht 
beihmngt und zufammengeflebt werden, deren Tpätsre Reinigung 
mit großem Verluft an Zeit und Mühe verbumden ſeyn wiirde, 
Man fucht nun den Schweif aus der Haut zu bringen, wozu 
Übung erforderlich. ift, damit die, an diefer Stelle oft fehr dünne 
Bedeckung nicht zerriffen werde, Unter dem Schweife aber, am 
After, ſchneidet man die Haut mit der Schere Durch. Jetzt wird 
die Haut an jedem Hinterfuße bis an die Nägel, Klauen oder 
Hufe, unaufgefchnitten, bloß durch Umfehren, abgezogen. Man 
fchneidet ſogleich das Fleiſch von den Knochen, ohne jedoch die 
Bänder und Sehnen zu verlegen, fo daß Demnach die Knochen, 
mit Ausnahme des obern Schenfeltuochens, mit Der Haut in Ver⸗ 
bindung und zulegt auch in dem ausgeflopften Thiere bleiben, deſ⸗ 
fen Süße ohne die Durch die Bänder zufammenhäugenden Knachen 
weder die gehörige Feſtigkeit, noch auch die zur getreuen Nachah⸗ 
mung der Natur erforderliche Form. erhalten würden. Auf ähnliche 
Art wird ansh mit Den Vorderfüßen verfahren. Nun zieht man. 
Die Haut von der Bruß und dem Halſe ab, wo diefelbe nur dann 
eines Einfchnitted bedarf, wenn Der Kopf groß, der Hals fehr . 
dünn ift, und die Bekleidung des Iegtern bei der naͤchſtfolgenden 
Operation naturiwidrig ausgebahnt werden müßte, Die Zubereis 
tung des Kopfes ift am ſchwierigſten. Man fireift Die Haut bis 
an die Ohren ab, und fshneidet diefelben, ohne ſie aus der Kopf- 
Haus zu bringen, indem fie auch nach dem Ausftopfen in Diefey 


392 Ä Ausftopfen. 


bleiben, hart am Kopfe ab. Sodann ſetzt man das Abftzeifen bẽs 
an die Augen, welche, jedoch ohne Beichädigung der Augenlieder, 
ganz herausgenommen werden, und bi8 an die Nafe fort: Der 
Schädel felbft wird durchfchnitten, fo daß nur der obere und vor⸗ 
dere Theil deflelben und die untere Kimnlade, bis auf ihr hinteres 
zahnlofes Ende, mit der Haut im Zufammenhange bleiben. Alles 
Fleiſch an diefen Anochen, fo wie das Gehirn, muß rein und fo 
forgfältig als möglich weggefchafft werden. Sind Hörner vorhan- 
den, fo wird die Haut nur bis an diefe losgemacht, und aus dem 
Schädel ein Stüdchen der Hirnfchale herausgefchnitten, an welchem 
beide Hörner beifammen bleiben. In der Folge wird diefes Stück⸗ 
chen fammt den Hörnern an feinem vorigen Ort wieder eingepaßt, 
und die Kopfhaut Darüber gezogen. 

Es ift ein Grundfag, daß das Audftopfen unmittelbar nach 
der eben befchriebenen Zubereitung, recht ſchnell und ohne Unter⸗ 
brechung vorgenommen werden müffe, fo lange nähmlich die Haut 
ihre Gefchmeidigkeit nicht verloren, oder gar durch gänzliches 
Austrocknen Form und Größe derfelben fich geändert hat. Allein 
da fie roh ift, da ferner, felbit dad fleißigfte Ausfchneiden der flei⸗ 
fhigen und fetten Theile vorausgeſetzt, noch Stoff genug übrig 
bleibt, welcher Inſekten anloden, und die baldige Zerftörung des 
‚auögeftopften Thieres herbeiführen wärde: fo iſt e8 durchaus noth- 
‚ wendig, die Haut vorher mit folchen Materialien zuzubereiten, welche 
die Raubinfeften abhalten. Leider fcheint bisher noch Fein ganz 
fiheres Mittel zu dieſem Zwecke befannt zu feyn. Selbſt Arfenif, 
äbender Sublimat, und andere fcharfe mineralifche Stoffe, welche 
ihrer giftigen Eigenfchaften wegen immer höchft bedenflich find, 
und felbft noch bei dem bereitö aufgeflellten Thiere mannigfaltige 
Gefahr bringen fönnen, beugen jener Zerflörung, wie die Erfah. 
rung lehrt, nicht immer vor. Sie ſchützen faft nur die Oberfläche 
der Haut, indem fie, felbft mit Beihülfe des Waflers, in welchem 
fie nicht in großer Menge ſich auflöfen, unfähig find, das Innere 
zu durchdringen. Indeſſen verdienen noch folgende Sicherungs⸗ 
mittel angeführt zu werden. An der Luft zerfallener Kalf und 
Alaun, mit einem Zufage von Tabakaſche, auf die Sleifchfeite 
der Haut eingerieben, entziehen ihr ſchnell die Beuchtigkeit, und 
gewähren ziemliche Sicherheit. Auch Kienöhl, Kampher, Weine 


Ausftopfen der Gäugethiere. 395 


ftein und Salmiaf-werden empfohlen. Noch beffer ift e& freilich, die 
Haͤute durch eine Brühe aus Eichenlohe und Alaun einer Art von 
Gerbung zu unterwerfen; allein e8 entfteht Dadurch die Unbequem⸗ 
lichfeit, Daß die Haut, wenn dad Gerben nur mit einiger Voll- 
kommenheit gefchehen fol, fich durch Zuſammenziehen verkleinert, 

und dann zur naturgetreuen Ausfüllung weit mehr Kunſt und 
Muͤhe erfordert. 

Beim Ausſtopfen nicht zu großer Thiere dient als Material 
aufgelockerted. Werg. Dan bildet genau nach der Natur aus dem: 
felben .zuerft den Hals des Thieres, gibt ihm durch Umwinden mit 
Bindfaden Feftigfeit und Rundung, und bringt den vordern Theil 
in die Offnung des Schädelfnochens, nachdem man vorher den 
Raum der audgefchnittenen Muskeln des Kopfes ebenfalls mit fei- 
. nem erg oder auch mit Baumwolle, fo wie die Augenhöhlen 
ausgefüllt, und in den Fegtern die kuͤnſtlichen Augen befeftigt hat, 
von deren Beſchaffenheit und DVerfertigung im Artifel Augen 
gehandelt worden ifl. An den Knochen der Beine gibt ebenfalls 
umgewideltes Werg die richtige Form; fo wie auch in der Haut _ 
des Schweifeß, in welche ein, mit Werg umwidelter Drabt ges 
fedt wird. Auf diefelbe Art wird der Rumpf behandelt; und 
nachdem man über alle diefe Theile nad) und nad) Die Haut ges 
zogen, und wo es nöthig war, hervorfpringende Stellen duch 
nachgeftopfted Werg, am gehörigen Orte eingelegte Stüde von 
Stricken oder leinenen Lappen, vollfommen ausgebildet hat, wor 
bei nur Erfahrung und ein richtige® Augenmaß, und die Verglei- 
hung mit lebenden Thieren derfelben Art, oder mit guten Abbils 
dungen das vollfommene Gelingen verfichert; fo wird der Schnitt 
in dee Haut geſchickt wieder zugenäht, und das Haar fo geordnet 
daß die Naht vollkommen unfichtbar wird. 

Um das Thier aufzuftellen, müflen, der Feſtigkeit wegen, 
Drähte von der gehörigen Stärke (bei ganz großen Thieren eiferne 
Stangen) in fein Inneres gebracht werden. Es geſchieht dieſes 
auf verfchiedene Art, am leichteften dadurch, daß man die am 
vorderen Ende zugefpigten, nicht ausgeglüheten Eifendrähte erſt 
nad) dem Ausftopfen gewaltfam eintteibt: Einer derfelben kommt 
durch den Kopf bis in Die Mitte‘ des Rumpfes, und vier andere 

Richt man durch die Züße, ebenfalls biß in den Rumpf. Bon den 


394 Ausſtopfen. 


letzteren laͤßt man aus den Fußſohlen ſo viel hervorragen, als 
man zur fünftigen Beſeſtigung des Thieres auf einem Brete, Aſte, 
oder dgl. bedarf. Nach einer andern Methode Fönnen die Drähte 
aud) vor der Vollendung des Ausftopfens angebracht werden, wo⸗ 
durch fich eine größere Feſtigkeit erreichen läßt. Man nimmt Drei 
lange Drähte, von welchen man zwei in ihrer Mitte zufammenbieget. 
Einer derfelben wird Damm mit dem gerade gebliebenen bis auf eine 
gewille Länge fchraubenförmig zufammengedreht, die Enden aber 
werden gabelförmig auseinander gebogen. , Eben fo verfährt man 
am andern Ende des geraden Drabtflüdes, wodurd man an dem⸗ 
felben vier, mit ihm feft verbundene Afte erhält. Die letztern 
werden neben den Anochen in die Haut der Füße geftedt, waͤh⸗ 
rend .der lange Draht mit einem Ende in das Hinterhauptloch, 
mit den andern aber in die Haut des Schweifes gebracht wird. 
Das richtige Außftopfen der Füße aber ift dann viel muͤhſamer, als 
wenn abgefonderte Drahtftüde erft nach dem Ausftopfen eingefto- 
hen werden, | 
Dem auf die befchriebene Art behandelten Körper läßt ſich 
jebt leicht Durch Biegen die angemeffene natürliche Stellung geben 
In die Ohren werden, damit fie nicht zufammenfchrumpfen, ges 
rollte Rartenblätter geſteckt, und einftweilen mit Stedinadeln be⸗ 
feftigt... Aus derfelben Urfache muß man die. Nafenlöcher mit 
Papier auöftopfen, und den Mund mit Nadeln fchließen, ober 
auch zunähen; und Daun erft kann das Trocknen, welches recht 
ſchnell geſchehen foll, entweder in einem Badofen, oder bei grö- 
ßeren Thieren in einem anderen fehr warmen Orte vorgenammen 
werden. 

Thiere, welche mit Schildern oder Schuppen, mit Stacheln, 
oder einem fehr ftarfen Haarkamme auf dem Rüden verfehen find, 
müffen nothwendiger Weife am Bauche aufgefchnitten werden; in 
welchem Sale von den Hauptfchnitte aus auch noch fürzere Schnitte 
zur Seife, unter rechten Winkeln mit jenen, bis an die vier Beine 
gemacht werden. An.gewillen haarloſen Theilen, z. B. der Nafe, 
den Lippen, dem Rachen, wenn er offen feyn fol, den Schwie⸗ 
Ien der Affen, muß auch mit Farbe nachgeholfen werden, weil 
diefe Theile beim Trocknen fich fehr bedeutend verändern. 

Dei ganz großen Thieren, 3. ©. den Elephanten, kann ein 


Ausftopfen der Vögel. 395 


die Umriſſe des Körpers nachahmendes Gerüft, aus Bögen von 
leihtem , 3. B. Einden-Holz; beftehend, erbaut, und über diefed, 
ohne eigentlidhes Auöftopfen, mit Ausnahme einiger wenigen 
heile, die Haut gezogen werden. Das legtere ift, wenn die Kos 
fien eines genau gearbeiteten Holzgerippes nicht in Betrachtung 
fommen, Dann um fo leichter, und gewährt noch den Vortheil, 
daß die Haut gegerbt werden fann, indem die Verfleinerung ihres 
Amfanges, da dad, die äußere Form beftimmende Gerüft vorbans 
den ift, nicht viel zu bedeuten hat. Eine Befchreibung bes hier 
zu beobachtenden Verfahrens findet man in J. H. Voigt's Maga 
zin für den neueften Zuftand der Naturfunde, Weimar 1605, 
IX. Band, Seite 269 u. ff. Bei diefer Methode müßte übrigens 
aur ein Fehler vermieden werden, der nähmlich, daß die Haut, 
weldye im feuchten Zuftande übergezogen werden muß, fich nach dem 
Zrodnen zu feſt an dad Gerippe anlegte, und lepteres hierdurch 
auch auf der äußeren Fläche fihtbar würde. Man müßte dephalb 
die einzelnen Theile und Bogen des Gerippes an den Kanten ftarf 
abrunden, oder noch befler, daflelbe ganz, oder doch an den groͤß⸗ 
ten Öffnungen, mit Pappe befleiden, welcher man vorher die 
nöthige Krümmung zu geben hätte. 
Die Zubereitung der Vögel ift leichter als die der Säuges 
thiere, weil bei dem einfachern Baue die richtige Form eher "zu 
treffen ift; fchwieriger aber in Beziehung auf die Behandlung und 
unbefchädigte Erhaltung der Sedern, welche weit leichter nachthei« 
lige Änderungen erleiden, ald die Haare. Dit Rüdficht auf diefe 
Eigenheit ift zu bemerken, daß das Ausftopfen jener Vögel am. 
beiten gelingt, welche entweber eines natürlichen Todes geftorben, 
oder durch Erſticken getödtet worden find; daß man aber bei fol- 
hen, welhe Schußwnnden haben, fowohl diefe, als auch den 
Schnabel mit Baumwolle verftopfen müffe, um anbaltendes Blu⸗ 
ten und das Verderben der Federn zu verhindern; auch follten fie 
fogleich nach dem Tode zum Transport in weiches Papier gewi⸗ 
delt werden. Berner follten die Vögel, wenn man die Wahl hat, 
zum Ausftopfen zu jener Zeit, wo fie ihr Gefieder ganz; vollkom⸗ 
men haben, verwendet, und die Bearbeitung der zu fett geworde⸗ 
nen möglichft vermieden werden. Man muß ferner auch das Aus⸗ 
ſtopfen nicht zu lange, und biß zur. beginnenden Faͤulniß verfchier 


396 Ausftopfen. 


ben, weil dann die Haut mürbe ifl, die Federn zum Ausfallen 
geneigt find, und die Arbeit in mehrfacher Beziehung mißlich und 
unangenehm wird. 

Die Vorbereitung, welcher der todte Vogel vor dem Abzie- 
ben bedarf, befteht in der Reinigung des Gefieders, wenn diefes 
mit Blut oder fonft befledt if. Es gejchieht mit reinem Waſſer, 
welches wiederholt mit einem Schwamm aufgetragen wird. Das 
legte, nicht mehr gefärbte. Waller wird zum Theil mit dem 
Schwamme aufgefaugt; endlidy aber befireut man die Stelle mit 
Haarpuder, welchen man nach dem Trodinen duch Auflodern und 
vorſichtiges Kämmen der Federn wieder wegbringt. Es verfteht 
fi) von felbft, daß dieſes Kaͤmmen, welches auch noch öfter in 
der Folge gefchehen muß, immer nach der natürlichen Lage der 
. Sedern, und nie gegen den Strich, vorzunehmen ifl. Vor dem 
Auffchneiden der Haut wird noch der Armfnochen in jedem Fluͤgel, 
ummittelbar über dem Ellbogen, abgebrochen, ohne jedoch die 
Haut im Mindeften zu verlegen, und zwar bei Fleinern Vögeln 
bloß mit den Bingern, bei größern mit einer nicht zu feharfen Kneip⸗ 
oder Beißzange. 

Man madht in die Haut, während der Vogel auf dem Rü- 
den liegt, einen Einfchnitt, welcher von der Spige des Bruſtkno⸗ 
chend bio zum Bauche, oder auch ein wenig weiter reicht; hebt die 
Haut von der einen Seite des Schnittes behuthſam auf, und fuche 
fie bis unter den Slügel lodzumachen, wobei man nur im Notbfalle 
der Schneide des Meffers, vorzüglich aber des bloßen Ziehens und 
des zwifchen Haut und Fleiſch eingefteckten Meflergriffes fich be- 
dient. Eben fo wird auch die andere Seite behandelt, an der 
innern Släche der Haut aber unverzüglich wieder durch Befeuchten 
biegfam gemachted Drudpapier aufgelegt, um das Beſchmutzen 
der Federn zu verhindern. Der Hald des Vogels wird hierauf 
gebogen, durch die Spalte der Haut herausgedrüct, und nicht zu 
nahe am Körper abgefchnitten. Lebteren jept ganz aus dem Balge 
zu bringen, fällt nicht fchwer, da die Armknochen bereits gebros 
hen find, und nur um den Reſt derfelben und die Haut am Rü⸗ 
den Ioszumachen, bedarf es einiger Vorficht, damit Feine Riffe 
entfteben. Wenn die Haut bid zum Schenkel abgeftreift üt, fo 
Ihiebt man das Nein von außen in die Höhe, und zieht Die Haut 


Ausftopfen der Vögel, 397 


his an den bei den meiften Vögeln unbefiederten Theil des Fußes - 
(bis an das eigentliche Berfengelenf) ab. Der unmittelbar über 
diefem Selenfe befindliche Knochen‘ wird, nachdem er vom Bleifche 
geremigt ift, gleich unter feinem obern Selenfe (dem Schenkelge⸗ 
Ienf) abgebrochen, und bleibt demnach mit der Haut in Verbin⸗ 
bung. Diefe läßt fi) nach der Bearbeitung beider Schenfel bis 
zum Steiße abziehen, wo ein Schnitt durch die letzten Schwanz⸗ 
Wirbelfnochen gemacht, und Dadurch der fleifchige Theil, in wel: 
hem die Schwanzfedern eingewachfen find, mit an der Hant ers 
halten. wird. Noch it Kopf und Hals zu präpariten. Der letztere 
läßt ſich Teicht aus der Haut bringen, und diefe fi) bis an Die 
Ohren abftreifen, wo fie aber aus den Höhlungen derfelben heraus: 
gehoben, und dann erft, damit hier nicht zu große Löcher entſte⸗ 
ben, dirtchgefchnitten "werden muß. Nun fährt man mit dem 
Abziehen fort, bis die Augäpfel bloß liegen und aus ihren Höhlen 
genommen werben fönnen. Der Schädel bleibt nicht ganz, fondern 
ed werden in demfelhen, erftlich. in gleicher Linie mit dem Schnas 
bel von den Augenhöhlen nach dem Genick zu, und dann von dieſem 
fenfreiyt nach unten, zwei Schnitte gemacht, welche in jeder 
Augenhöhle unter rechten Winkeln zufammentreffen; fo daß der 
Hinterkopf fammt dem daran befindlichen Halfe wegfällt, und an 
der Haut nur noc ein Theil der Kinnladen, der Augenhöhlen 
und die obere Hälfte des Schädels zurückbleiben, welches Alles 
recht forgfältig gereinigt werden muß. Auch die Zunge fann aus⸗ 
geichnitten werden. Das Fleiſch an den in der Haut zuruͤcklei⸗ 
benden Armfnochen vertrocknet bei Fleinen Vögeln fo bald, daß 
es füglich unbeachtet bleiben kann; bei den großen Thieren diefer 
Klaffe aber muß e8 noch beſonders abgelöfet werden. Bei diefen 
muß Daher die Haut über den Arm bis an die fogenannte Hand 
aufgeftreift werden, welches leichter durch das Auffchneiden ge: 
lingt, weil bei dem bloßen Umkehren die Tangen Slügelfedern alls 
zuleicht in Unordnung gerathen. Sowohl an den Armfnochen als 
an den Schenfeln werden die fleifchigen Theile fogleich wieder 
durch umgewundene Baumwolle oder feines Werg erfebt, und die 
Haut in ihre-alte Lage gebracht. Brüher noch muß dad Snnere 
der ganzen Haut mit dem gewählten Schußmittel gegen die Inſek⸗ 
ten verfehen werden. 


| 398 Ausſtopfen. 


Von dieſer Art des Abbaͤlgens iſt man manchmahl gezwun⸗ 
gen abzuweichen. Bei Schwimmvögeln, welche auf Bruſt und 
Unterleib meiſtens mit ſehr Dicht ſtehenden Federn bedeckt find, und 
bei ſolchen mit ſchoͤnen Zeichnungen an dieſen Theilen, geht das 
Aufſchneiden hier nicht an, weil die Nath in der Folge einen Übel- 
fland verurfachen würde; fondern ed muß auf dem Rüden gefches 
ben. Der Schnitt fängt bei der Haldwurzel an, und wird fo 
lang gemacht, wie fonft auf der untern Seite. Berner läßt fich 
bei Vögeln mit ſehr duͤnnem Halfe und großen Kopfe die Hals» 
baut ohne zu berften nicht weit genug über den Kopf ziehen; fie 
- muß deßwegen, und zwar rüdwärts am Halfe, aber immer nur 
fo wenig ald möglich, aufgefchnitten werden. 

Ausgeftopft werden die Wögelbänte gleichfalls mit Berg, 
and. welchem ein Fünftliher Körper verfertigt, und diefem die 
Haut angepaßt wird. Zu groß darf derfelbe-ja nicht gemacht wer⸗ 
den,. weil fonft Die Haut nicht fchließt; weniger fehadet ed, wenn 
er etwas zu klein geräth, indem die Haut beim Trocknen fich zu⸗ 
fammenzieht, und dann doch vollfommen- ausgefüllt erfcheint. 
Man bildet zuerft.aus Flein gefchnittenem oder fein gezupftem Werg 
den mit Bindfaden, der mehreren Slätte wegen, umwundenen 
Hals, und bringt ihn (mach vorausgegangener Ergänzung der 
fehlenden Theile des Schädels, und nach dem Einfegen der kuͤnſt⸗ 
lichen Augen in die Höhlen deilelben) in die Haut des Halſes. 
Eben fo wird der Körper, nach den Abmeflungen des wirklichen 
geformt, in die Haut des Rumpfes eingepaßt, und wenn Alles 
durch Nachhelfen an den noch fehlerhaft gebliebenen Stellen die 
richtige Form erhalten hat, der Schnitt an der Bruſt (oder am 
Mücken) gugenäht. Die Federn werden fo geordnet, wie im leben- 
den Zuftande des Thieres, ohne. fie zu verdrüden, zu zerfafern, 
:oder fonft zu befchädigen. 

Zur Aufftelung werden die nöthigen Drähte in dem audge- 
ftopften Vogel angebraht. Man flicht einen zugefpigten Draht 
in jeden Fuß, welcher durch die hornähnliche Bedeckung des Beis 
ned am Schenfelfnochen hinauf bis in den Rumpf reichen muß. 
Beide Drähte laufen am beiten in fhiefer Richtung, fo daß fie fich 
im Innern des Vogels etwas einander nähern, wodurch Derfelbe, 
wenn fie durch Zufammendrüden der Fuͤße mehr parallel werden, 


Ausftopfen der Vögel. 309 


einen feftern Stand erhält. Ein dritter Draht fommt durch den 
After in den Rumpf, und ift beftimmt die Schwanzfedern zu unters _ 
flügen. Der Halsdraht wird oben vom Scheitel bis in die Ge⸗ 
gend der Schenfel eingetrieben. Zwei Drähte in den Slügelt, 
oder bei fehr großen Vögeln, zwei Paar derfelben — einer neben 
den abgebrochenen Oberarm," der andere am Handgelenk hinreis 
hend tief eingeſteckt — geben auch diefen die nöthige Haltbarkeit; 
und dann unterliegt es eben fo wenig einem Anflande, die Theile 
des Vogels durch Biegen in die richtige Lage zu bringen, als ihn 
auf der beftimmten Unterlage zu befefligen, oder auch mit ausge⸗ 
breiteten Sittichen oder im Fluge darzuftellen. Der Schnabel 
wird einftweilen durch Zunähen oder durch Stifte, oder durch Zus 
fammenleimen für immer, gefchloifen. Man ummwindet den Vo⸗ 
gel, vorzüglich am Numpfe, mit Binden, die kleinern auch bloß 
mit einem Bande, oder emem Streifen ftarfen Papiers, und bes 
wirft ein ſchnelles Trodnen, am beften durch Ofenwärnte; wobei 
aber darauf zu fehen ift, dag ja alle Theile ohne Ausnahme vor 
der Beendigung diefed Gefchäftes ihre richtige Lage haben, da 
der Vogel im vollfommen ausgetrockneten Zuftande fo hart iſt, 
daß fi) an demfelben ohne Gefahr des Zerbrechens nidytd mehr 
ändern läßt. 

Eine hoͤchſt ſchwierige Aufgabe ift ed, Baͤlge von Vögeln 
und Säugethieren, welche man abgezogen und ſchon getrodnet 
erhält, auszuftopfen. Um fie wieder biegfam zu machen, muß 
man fie aufweichen, welches bei jenen der Säugethiere minder 
umftändlich ift, indem man fie geradezu in Waffer legen, und 
fd Tange in demſelben laffen kann, bis fie ihre Biegfamfeit, wenn 
auch nie fo, wie im frifchen Zuftande, wieder erlangt haben. Bei 
den Vogelhäuten aber ift nichts zu thun, ald daß man fie, wenn 
fie, wie gewöhnlich zufammengeflappt, und mit Moos, Heu, u. dgl. 
etwas gefüllt find, entleert; auf der innern Seite, ohne fie auf: 
zubiegen, wodurdy fie brechen würden, allmählich naß macht, fie 
dann mit gut durchnaͤßtem Werg ftopft, in ein feuchtes Tuch ein« 
Ihlägt, und einige Zeit an einem feuchten Orte liegen läßt. Durdy 
Wiederhohlung diefes Verfahrens bringt man es endlich dahin, 
vorzüglich wenn man noch fehwache Afchenlauge und warmes Waſ⸗ 
fer zu Hülfe nimmt, daß fie fich nothdürftig behandeln und mit 


400 Ausftopfen. . 


Vorſicht ausftopfen laſſen. Ähnliche, und noch mühfamere Gand- 
griffe, deren Aufzählung hier zu weitläufig-feyn würde, müllen 
gebraucht werden, wenn fchlecht ausgeſtopfte Eremplare umgeän- 
dert, oder gar von Inſekten angegriffene wieder bergeftellt wer- 
ben follen. Hier muß fogar nicht felten ein geſchicktes Einfegen 
einzelner Hautflede und neuer Sedern von andern aͤhnlichen Indi⸗ 
viduen vorgenommen werden; ein hoͤchſt mühfeliged Verfahren, . 
welche. bei dem. immer nicht ganz genügenden Erfolge. nur durch 
die Seltenheit des zu ergänzenden Eremplared veraulaßt wer 
den fann. 

Das Ausftopfen der meilten Amphibien ift fchon viel 
- Teichter, ald das der mit Haaren und Federn bedeckten Thiere. Bei 
den Sröfchen und allen kleinern EidechfensArten wird der Rachen 
geöffnet, Magen und Eingeweide werden durch denfelben mittelft 
einer Zange herauögezogen, und der Rüdgrath wird, ebenfalls 
durch den Rachen, bei den erften Haldwirbeln zerfchnitten. Man 
wendet dann den Rachen um, fo daß das Innere audwärts fommt, 
und fängt an, die Haut des Körpers abzuftreifen. - Bald find, auf 
dDiefem Wege die Vorderfüße bis zu den-Zehen, welche man ab⸗ 
ſchneidet und an der Haut läßt, ferner der Leib und die Hinter- 
füße abgeſchaͤt. Die ganze Bededung ift mithin fo wie ein 
Handſchuh umgefehrt, ohne daß es nörhig wäre, einen Einfchnitt 
in die Haut zu machen, mit Ausnahme einiger Erweiterung des 
Rachens, welche im Anfange der Operation durch Wegfchneiden 
der Zunge und der fleifchigen Theile Teicht bewirkt wird. Der 
Scyädel bleibt dieſemnach in der Haut, wird aber rein ausgenom⸗ 
men, ſo wie auch die Augen ſpaͤter durch künſtliche zu erſetzen ſind. 
In den wieder umgekehrten leeren Balg laͤßt man durch den ge⸗ 
öffneten Mund mit Huͤlfe eines Trichters feinen Sand laufen, bis 
er vollfommen ausgefüllt ift, und durch mäßiges Druͤcken und 
andere leicht zu findende Mittel feine urfprüngliche Form wieder 
erhalten bat. Nach dem Trocknen fann entweder der Sand an 
feiner Stelle bleiben, oder man läßt ihn durch den Mund auslau⸗ 
fen und erſetzt ihn durch Baumwolle. Den Beſchluß der Arbeit 
macht das Überſtreichen des Balges mit einem hellen, leicht trock⸗ 
nenden Firniſſe, um Glaͤtte und Glanz des lebenden Thieres — 
zuahmen. 


Ausftopfen der Amphibien und Fiſche. 401 


Die meiften Schlangen, auch die ihnen im Baue ähnlichen 
Fiſche, können auf diefelbe Art behandelt werden. Nur bei fol« 
hen, welche in der Mitte gu dick find, als daß der Körper. durch 
den Rachen geben Eönnte, ohne ihn zu zerreißen, iſt eine Abaͤn⸗ 
derung nöthig. Man erweitert nähmlich den Rachen durch Ein- 
ſchneiden, und näht ihn zulegt wieder zu. Noch beifer aber ver- 
fährt nıan folgender Maßen. Man ſchlitzt an der dickſten Stelle 
bed Körpers die Haut etwas auf, und ſchneidet denfelben bier 
quer ganz durh. Dann faßt man das eine Ende. desjelben und 
zieht es durch ‘die Offnung in der Haut bis an. den Kopf, wo. 
es abgefchnitten und als unnuß befeitigt wird. Daſſelbe gefchieht 
mit dem hintern Ende, und fo fann die Haut, mit Ausnahme des 
Kopfes und der Rinnladen, gänzlich entleert werden: Große 
vierfüßige Amphibien, wie mehrere Eidechfen und die Rrofodille, 
werden fo wie die mit Schildern befebten Säugethiere geöffnet uud 
außgeftopft. Schwierig aber ift Die Zubereitung der Schildfröten, 
nicht in Hinficht des Ausftopfens felbft, fondern in Hinſicht des 
Dffnens und Abziehens, welches wegen der verfchiedenen Beſchaf⸗ 
fenheit der Schilder, und ihrer Verbindung unter einander bedeu« 
tende Schwierigfeiten veranlaßt, und, wenn es gut gelingen fol, 
eine genaue Kenntniß jener Verfchiedenheiten, und mithin angto« 
miſche Kenntnilfe des Baues diefer Gefchöpfe vorausfept. Bei 
jenen, wo die zwei Schilder bloß durch eine mehr oder weniger 
fefte Haut gufammenhängen, kann diefe aufgefchnitten werden, um 
die inneren Theile herauszufchaffen ; wo aber wahre Knochen⸗ 
Mähte die Vereinigung der Schilder bewerfftelligen, welche man, 
ohne Pfünftigen, Faum zu verbergenden Übelftand, nicht mit der 
Säge durchfchneiden fann, muß das Ausräumen ducch die Öff: 
nungen am vordern und hintern Theile des Thieres gefchehen; 
die früher abgenommenen Theile aber, Kopf und Fuße nähmlich, 
müflen abgefondert bearbeitet werden. Jedoch ift es immer ſehr 
fhwer, die legtern wieder in ihre vorige Lage zu bringen; und 
ein vollfommen naturgetreues Ausſtopfen diefer Thiere verlangt 
demnach einen nicht unbedeutenden Grad von Geſchicklichkeit. 

Zum Ausftopfen der Fifche hat man verfchiedene Vorfchrifr 
ten, deren Anwendbarfeit zum Theile Durch die jedesmahlige Haupt⸗ 
form der einzelnen Arten bedingt wird. : Daß man bei einigen dei 

Technot. Encyclop. I. Op. 26 


402 Ausſtopfen. 


Körper durch die Mundoͤffnung (manchmahl auch durch die Kie⸗ 
men=Dedel) entfernen koͤnne, erhellt bereits aus dem oben Ge⸗ 
fasten. Allein auch die Haͤute vieler anderen kann man, obwohl 
mit Muͤhe und Geduld, erhalten, ohne fie irgendwo aufzuſchnei⸗ 
den. Zu diefem Ende nimmt man die Kiemen durdy die gleich» 
nahmigen Öffnungen heraus, und entfernt auf demfelben Wege 
alle Eingeweide. Dann fucht man mit einer Art von dünner höl- 
jener Spatel, Durch langſames Einfchieben und Bewegen derfels 
ben, die Haut vom Fleifche bis an den Schwanz loszumachen, wors 
auf fowohl das Fleiſch, ald auch Die mit einem dazu paſſenden 
Zängelchen zerbrochenen Gräthen und der Rückgrath ftüdweife 
durdy den allenfalls etwas erweiterten Mund berausgehohlt 
werden. Die Enden der im Fleifche fteddenden Floßgräthen muͤſſen 
mit einer gefchit in dad Innere gebrachten Schere abgefchnitten 
werden. Mach der Reinigung des Schädeld hängt man die leere 
Haut an demfelben auf, und füllt fie durd, den Mund mit feinens 
Sand, welcher, nachdem Alles hart und troden geworden iſt, 
wieder außgeleert werden kann. Es bleibt von demfelben nur noch 
eine, durch die Feuchtigkeit der inneren Hautfläche gleichſam an⸗ 
geleimte, dünne, die Hülle verftärfende Krufte zurüd. Übrie 
gend kann man auch an den Fifchen die Haut auffchneiden, und 
fie auf ähnliche Art, wie Vögel und Säugethiere ausftopfen. Am 
gewöhnlichften gefchieht der Schnitt am Bauche, reicht von Une 
terfiefer bis zum After, und gebt hart an den auf einer Seite der 
Haut bleibenden Floßen vorbei, welche mit der Schere fo durch⸗ 
gefchnitten werden muͤſſen, daß fie an der abgezogenen Haut hän- 
gen bleiben. Beim Audftopfen aber ift vorzüglich Darauf Bedacht 
zu nehmen, daß der Körper aus Werg dem des Fifches am Um 
fange gleich, ja aber nicht größer werde. Da die Haut der Bifche 
weit weniger nachgiebig, und viel fpröder iſt, als die der Saͤuge⸗ 
thiere oder der Vögel; fo wärde, wenn fie zu flraff geftopft wäre, 
beim Trodnen und Zufammenziehen die Math, oder die Haut 
felbft aufplaben, und die Arbeit wäre fohin mißlungen. 

Bei den Thieren derjübrigen- Klaſſen findet ein eigentliches 
Ausftopfen Höchft felten Statt. Nur den Hinterleib mandyer In⸗ 
fetten, welcher duch freiwilliges Austrocknen zu fehr einſchrum⸗ 
yfen wärde, pflegt man. öfters aufzufchneiden, zu entleeren, und 


Automate. - 403 


mit Baumwolle auszuſtopfen. Die Haͤute der Naupen werden 
gleichfalls, aber nur durch den etwas erweiterten After, durch 
Hinausdrüden der weichen, den Körper bildenden Beftandtheile 
auögeleert, mit einem Röhrchen aufgeblafen, und entweder in 
diefem Zuftande getrodnet, oder allenfalls mit flüffig gemachten, 
auch wohl gefärbten Wachfe ausgegoffen. Bei den Krebfen und 
Krabben ift gleihfalld das Entleeren und einigen der harten. 
Schalen die Hauptfahe, und das Außftopfen mit Werg oder 
Baumwolle nur beim Körper felbft gebraͤuchlich. Es wird daher- 
genügen, diefe Verfahrungsarten bier im Allgemeinen erwähnt 
zu haben. 

Naͤhere Belehrung über das Außftopfen geben, außer mehre: 
ren anderen, folgende Fleinen Schriften: K. P. Stein’s 
Handbuch des Zubereitens und Aufbewahren® der Thiere aller 
Kaflen, Frankfurt a. M. 1802; und 3. 5. Naumann’s Tari- 
dermie, oder die Lehre, Thiere aller Klaſſen auszuftopfen und 
aufzubewahren, Halle, 1815. r 
®. A. 
Automate. 


Nach dem buchſtaͤblichen Sinne würde man Automat 
(Selbftbewegungs-Mafchine) jede mechaniſche Vorrichtung nennen 
müflen, welche vermöge der in ihr verborgenen, gehörig vorbe⸗ 
reiteten Kraft, gewille Bewegungen eine Zeit lang fortfeßte, ohne 
einer fernern dußeren Einwirkung zu bedürfen. Dieſemnach wür« 
den alle Arten von Uhrwerfen, die Planetarien, die Bratenwen- 
der, und noch manche andere Mafchinen hierher gehören. Allein 
der Sprachgebrauch befchränft den Ausdruck Automat Bauptfächlich 
anf jene mechanifchen Kunftiverfe, bei welchen die verborgene, in 
Thaͤtigkeit gefepte Kraft die willfürlichen Bewegungen lebender 
Weſen nachahmt. Menfchliche Biguren diefer Art. fommen zus 
weilen unter der befondern Benennung Androide vor. 

Obwohl dem Befagten zu Folge die eigentlichen Uhrwerfe 
nicht zu den Automaten gerechnet werden fönnen, fo unterliegt es 
doch keinem Zweifel, daß die Uhrmacherkunſt, und ihre allmaͤhliche 
Bervollfommnung und Verbreitung zum Entftehen der Automate 
Öelegenheit gegeben habe; fo wie auch jeßt noch die meiften der: 

26 * 


404 Automate. 


felben in Hinficht des innern Baues und vorzüglich der Art, wie- 
die bewegende Kraft angebracht und fortgeleitet wird, große Ver⸗ 
wandtfhaft mit den Uhren haben; ja fogar nicht felten werden 
Automate unmittelbar an Uhrwerfen angebracht, und mit ihnen 
verbunden. Daß letztere ift fchon in früherer Zeit, nähnlich gegen 
das Ende des dreizehuten Sährhunderts, bei mehreren Thurmuhren 
. gefhehen, wie z. 8. bei jenen zu Straßburg, Lübeck, Prag, 
Ollmůtz, u. f.w. Eine forgfältige hiftorifche Unterfuchung dürfte 
dad Refultat liefern, daß die eigentlichen Automate gewiß nicht 
älter find, als Die Näder-Uhren, vollkommenere Stüde diefer Art 
aber vor der allgemeineren Einführung der Uhren mit Federn niche 
verfertigt worden find. Manche Nachrichten über ältere Automate, 
wie 3. B. die fliegende Taube des Archytas von Tarent, Nes 
giomontam's eiferne Fliege, der Adler, welcher dem Kaifer Ma⸗ 
zimilian in Nürnberg 1470 entgegengeflogen feyn fol, beruhen 
auf Täufchung und Übertreibung; denn die genannten drei Kunſt⸗ 
werfe müßten auch jeßt noch, nach aller Vervollfommnung mecha= 
nifcher Hülfdmittel, zu den fchwierigften Aufgaben gezählt werden, 
indem gerade die Nahbildung Fliegender Gefchöpfe aus mehre: 
ren Gründen aͤußerſt ſchwer, ja bei einem gegebenen fehr Heinen 
Raume für den, Bewegungs : Mechanismus, und bei dem durch 
das Material (welches nur Metall feyn kann) vergrößerten Ges 
wichte, gar nicht gelingen würde. Gewiſſer find die Angaben 
Fünftliher mechanifcher Figuren aus dem fechzehnten und ſiebzehn⸗ 
ten Jahrhunderte, welche von einzelnen geſchickten Arbeitern in 
Nürnberg und Augsburg‘ verfertigt wurden. Sehr großen Beifall 
haben zwei Automate des berühmten franzöfifhen Mechanifers 
Baucanfon gefunden, welche zuerfi im Jahre 1738 gezeigt 
wurden; nähmlich ein Blötenfpieler, fanımt dem wirfelförmigen 
Poftamente fünf und einen halben Schub hoch, welcher mehrere 
Stüde auf der Querflöte fpielte, und zwar nicht durch ein im In⸗ 
nern angebrachtes Pfeifenwerk, fondern durch wirfliches Einblafen 
der Luft in die Slöte, Bewegung der Zunge, und kunſtgerechte 
Bedeckung der Löcher mit den Yingern; und eine Ente, welche ſehr 
viele Bewegungen einer natürlichen auf die tänfchendfte Art nach: 
ahmte. Diefer Künftler Hat mehrere Nachfolger gefunden, unter 
welchen die Brüder Droz aug Chaur de Bond vorziglichen Ruf 


Automate. 405 


erlangt haben. Bon ihnen Fennt man mehrere fehr fchöne Kunſt⸗ 
Uhren, eine Figur, welche zeichnet, eine andere, weldye Klavier 
fpielt, eine, welche fchreibt, und noch mehrere fehr zufammenge- 
feßte Automate. Eine fchreibende Mafchine hat auch Friedrich 
von Knauf in Wien 1760 vollendet. Sie befindet fich jet im 
Modellen⸗Kabinete des polytechnifchen Snftitutes, und befteht aus 
einer den; Mechanismus enthaltenden Kugel von zwei Schub im 
Durchmeſſer, auf welcher eine fieben Zoll hohe Figur figt, und 
auf ein, in einen Rahmen eingefpanntes Papierblatt alles fchreibt, 
was man vorher auf einer Stiften- Walze gefest hat. Nach jedem 
Buchſtab rüdt der Rahmen fort, nach jeder vollendeten Zeile hebt 
ex ſich, und geht fo weit zurück, daß die nächte begonnen werden 
fann. Sehr zufammengefeste Automate find in den neueften Zei⸗ 
ten feltener geworden; theild weil man überhaupt an diefelben, 
wenn. fie intereffiren follen, größere Borderungen macht; theils 
audy, weil der mechanifche Scharffinn bei der Erſindung technifcher 
Mafchinen ein weiteres Feld, und einen belohnenderen Erfolg 
findet, als bei der Herftelung jener Kunftwerfe, welche, ohne 
wahren Nugen zu haben, ihrer nicht zu vermeidenden Einförmig- 
Seit wegen bald ermüden, und nach der Befriedigung der' Neu: 
gierde im günftigften Falle nur noch die Anerfennung des Talentes, 
der Gefchicdlichfeit und Geduld ihrer Urheber übrig laſſen. Jedoch 
verdienen mehrere mufifalifche Automate, und ‘unter diefen der 
mechanifche Trompeter von Mälzl in Wien, und ein dhnliches 
Werf von Kaufmann aus Dresden, Erwähnung. In der 
franzöfifchen Schweiz fahren einige Künftfer noch fort, Fleinere 
hierher. zu zählende Kunftwerfe zu verfertigen, welche Bewunde⸗ 
tung erregen. Bingende Kanarienvögel, mit mannigfaltigen, 
Die natürlichen getreu nachahmenden Bewegungen, Wögelchen in 
Dofen und Uhren, von-emaillirtem Gold, oft kanm z Zoll lang, 
. gehören naͤchſt anderen Stahl⸗ und Slöten- Spielwerfen unter die 
nicht fehe feltenen Erzeugniffe der Genfer und Meufchateler Uhr: 
macher. Ä | | 
Manche fünftlichen Figuren, welche man mit der Benen⸗ 
nung Automate belegt hat, verdienen diefelbe eigentlich nicht, 
weil ihnen mehr oder weniger Tänfchung und verborgene willfür- 
liche Einwirfung. zum Grunde liegt. Hierher gehört eine Anzahl 


400 Automate. 


angeblich durch; Mechanismus fprechender Figuren; eine Uhr, 
welche auf einen mit den Singern in der Luft befchriebenen Iug zu 
ſchlagen oder zu fpielen anfängt, muthmaßlich dadurch, daß ein 
verborgener Zeifig, oder ein anderer gelehriger Fleiner Vogel, 
‚durch eine gut eingelernte Bewegung die Auslöfung des Raͤderwer⸗ 
kes bewirkt; endlich auch, aller Wahrfcheinlichfeit nach, der im 
legten Viertel des vorigen Jahrhunderts fo fehr bewunderte, räth- 
felhafte Schachfpieler des Hofrathes von Kempelen in Wien. 
Wenigſtens erflärt die Annahme einer, in dem vor der Figur ſte⸗ 
henden Kaften verborgenen Perfon die Wirkungen diefer Maſchine 
vollfommen. Auch die fehr artigen, englifche Bereiter und Seil⸗ 
ſchwinger nachahmenden Fleinen Figuren von Tendler, Vater 
und Sohn, aus Eifenerz in Steyermarf, find wahrfcheinlich eben 
fo wenig wahre Automate, ald die Biguren der Marionetten« 
Sheater, welche man in manchen Städten Italiens, vorzüglich 
aber in Rom, in großer Vollkommenheit findet. 

Ausführlicheres über den Hiftorifchen Theil diefes Artifels 
findet nıan in der neuen Bearbeitung von Gehler's phyſikaliſchem 
Wörterbuche, Leipzig 835, I. Band, Artifel Automat; und 
in Poppe's Geſchichte der Technologie, Göttingen 1810, IH. 
Band, bei Gelegenheit der Gefchichte der Uhren. In beiden 
Werfen find zugleich Die Quellen der gefammelten Daten nachge⸗ 
wieſen. 

Die bewegende Kraft faſt aller Automate iſt, ſo wie bei den 
Feder⸗Uhren, eine zuſammengewundene Stahlfeder, weil dieſe, 
verglichen mit andern, Bewegung hervorbringenden Mitteln, 
den kleinſten Raum einnimmt, am leichteſten zu verbergen und in 
Thaͤtigkeit zu ſetzen iſt. Nur ſelten, und meiſtens als Nebenbe⸗ 
ſtandtheile, ſind Gewichte anwendbar; noch beſchraͤnkter aber iſt 
der Gebrauch anderer bewegender Kraͤfte. Manchmahl laͤßt man 
feinen Sand auf ein kleines oberſchlaͤchtiges Rad fallen, und von 
dieſem aus den übrigen Mechanismus bewegen; auch wird wohl 
zum nähmlichen Behufe Waller angewendet, welches zugleich, 
wenn ed die Luft aus einem gefchloffenen Raume durch Pfeifen - 
austreibt, diefe zum Tönen bringen fann; ferner kann in einzelnen 
Fällen Quedfilber gebraucht werden, wie z. B. bei den chinefiihen 
Bauflern, welche aber mehr als phyſikaliſcher Apparat zur Erläu- 





YAutomate. : 407 


terung ber Lehre vom Schwerpunkte anzufehen find. Cine der 
größten Schwierigkeiten bei der Verfertigung der Automate ift der 
meiftens verhältnißmäßig Fleine Raum, überdieß noch faft immer 
von gegebener beftimmter Form. Diefe Befchränfung erfchwert 
nicht nur das Unterbringen des Triebwerkes und der Haupttheile, 
fondern auch die bequeme Anbriagung der Nebentheile, z. B. der 
Zapfenloͤcher, der Stege, der Hebel, welche oft, um die Bewegung 
fortzuleiten, mit Verluft an Kraft, und fonft nicht nöthiger Ver⸗ 
mebrung ber Reibung vervielfacht, und maunigfaltig gekrümmt 
werden müflen. Diefe Theile fo zu ordnen, daß fie leicht zuſam⸗ 
mengefegt, und zum Behufe der Reinigung oder Ausbeſſerung 
auch wieder zerlegt werden Fönnen, ift fein geringer Anftand bei 
Disfer Art von Arbeiten. Die Schnüre, deren man fich,'um die 
Bewegung in Äußere Theile fortzuleiten, nicht felten bedient, 
müffen über Rollen laufen, und fo eingerichtet werben, daß fie 
ſich nicht allmählich durch das Ziehen verlängern, und aufhören 
Dienft zu thun. Es ift daher zu rathen, wo ed nur immer ans 
geht, ftatt derfelben Stahldrähte, Gelenf:Ketten (gleich jenen in 
den mit Schneden verfehenen Uhren) oder wenigftend gute Darm⸗ 
faiten zu nehmen. Da faft nie fo viel Pla vorhanden ift, um 
eine Feder mit überflüfliger Kraft anzuwenden, fo muß ferner auch, 
damit diefelbe nicht zum Theile durch die Reibung unnöthiger 
Weiſe aufgezehrt werde, Alles auf das Reinſte und Sleißigite be> 
arbeitet; vorzüglich - müſſen Zapfen, Rollen, und überhaupt alle 
Beftandtheile, weldye fich an einander oder über einander bewegen, 
fo glatt ald möglich gemacht werden. Daher find auch , wenig» 
flens-für den eigentlichen Mechanismus, faum andere Materia- 
lien brauchbar, als Stahl, Eifen und Meffing; denn nur bei 
dieſen ift Die erforderliche Glätte, Seftigfeit und Unveränderlichkeit 
zu erhalten. | | 
Die.genannten Hinderniffe abgerechnet, ift die Verfertigung 
der Automate für einen geübten Mechaniker und geſchickten Arbei⸗ 
ter nicht fo außerordentlich ſchwer, indem Fleiß und Geduld beis 
‚nahe die Haupterforderniffe find. Die Mittel, durch welche man 
eine Drebende Bewegung in eine geradlinige, eine ununterbrochene 
sder gleichförmige in eine abfegende oder ungleichförmige, und 
umgekehrt, verwandeln kann; ferner jene, welche die Geſchwin⸗ 


408 Automate. 


digkeit und die Richtung derſelben abzuändern dienen, find im 
Allgemeinen befannt, und hier diefelben, wie bei allen anderen 
Leitungen der praftifhen Mechanif. Nur die Wahl der einfach- 
ften, ihre glüdliche Kombination, und die nicht abzuändernde 
Bedingung der äußern Form find es, welche eine genaue Detail- 
Kenntniß derfelben, bedeutende Übung, und faft immer vorläufige 
Perfuche nöthig.machen. Bei der unendlichen Verfchiedenheit Der 
Automate ift es daher nicht möglich, Regeln aufzuftelen, welche 
in einzelnen Fallen jedes Mahl als fichere Richtſchnur dienen könn⸗ 
ten. Da ferner eine.genaue Befchreibimg ſehr fomplizirter Auto⸗ 
mate nicht nur fehr umftändlich, fondern auch, wenn fie nicht 
unmittelbar als Unweifung zur Nachahmung dienen foll, von ges 
zingem Nußen feyn würde: fo wird man ſich im Folgenden. auf 
- einige Beifpiele befchränfen, um von der Möglichkeit automatifcher 
Bewegungen einen allgemeinen Begriff zu geben. 

Nicht felten werden ald Spielzeug Figuren verfertigt, welche 
auf Rädern, Die nicht leicht zu bemerfen find, fich fortbewegen. 
Als Beifpiel diefer einfachften Art von Automaten, welche um fo 
mehr hierher gehören , als fie einen, obfchon wenig bedeutenden, 
Zweig der Snduftrie bilden, mag die auf Taf. 7, Big. 16, abges 
bildete Thierfigur Dienen, von deren Triebwerf Sig. 17 die vordere 
Anficht gibt. Das Gehäufe befteht aus drei Platten b, c, d, wos 
von b den Boden, c, d aber die Seitenwände bilden, in welchen 
auch die Zapfenlöcher der Näderachfen enthalten find. Die Pfew 
ler a,a, a verbinden, fo wie bei einer Tafchenuhr, die beiden Sei⸗ 
tenwände mit einander; nur ift din Fig. 16 abfichtlich weggelaſ⸗ 
fen, um das Räderwerf fihtbar zu machen. Die gewundene Fe⸗ 
Der e, von welcher die Bewegung ausgeht, ift mit einem Ende 
an der Platte c feft (ſ. Fig. 16), mit dem andern aber in die 
Federwelle eingehangen. Am vieredigen Zapfen der legtern wird 
mittelft eined Schlüjfeld das Aufziehen der Feder bewirkt, wozu 
nod) an. derfelben Welle Die Sperrung, fo wie bei den Uhren ohne 
Schnede, erforderlich, ift, welche Vorrichtung, ald ohnedieß be= 
fannt, in die Zeichnung nicht mit aufgenommen wurde. Ein 
Federhaus, welches hier feftftehend feyn müßte, ift nicht vorhan⸗ 
den,. fondern wird Durch drei oder vier Fleine Stahlflifte erſetzt, 
welche Die Seder verhindern, ſich über ihre beftimmten Graͤnzen 





Antomate. 409 


auszubreiten. Die geſpannte Feder bewegt das mit ihrer Welle 
verbundene Rad f in der Richtung des Pfeiles; £ greift in das 
Getrieb von g, lebtered in das Getrieb von h, und dieſes Mad 
endlich in das Getrieb i ein. An den vieredigen, über die Plate 
ten ce und d vorftiehenden Enden der Achfe von i ſtecken zwei nicht 
verzahnte Räder k, 1, welche nach der in Fig. 16 angedeuteten 
Richtung ziemlich fchnell fih umdrehen, und durch welche auch 
das Gehaͤuſe, und die daffelbe enthaltende, aus leichtem Stoff 
(Papiermafle, Holz, oder dergleichen) beftehende Figur auf einer 
ebenen, weder zuͤ glatten noch zu rauhen Bahn, mit Beihilfe 
eines Dritten noch zu erwähnenden Raͤdchens n, fortrollt. Um 
ähnliche Bewegungen von Raͤderwerk zu mäßigen und gleichfär 
miger zu machen, bringt man fonft an dem von der bewegenden 
Kraft am weiteften entfernten Getriebe einen Windfang an, wel» 
her auch hier gute Dienfte leiften würde, aber im gegenwärtigen 
Halle, um die möglichite Einfachheit der Konftrußtion zu erreichen, 
weggelaffen iſt, und durch die Reibung der drei Raͤder k,l,n, auf 
der Bahn, nothhürftig erfeht wird. Das Raͤdchen n befindet fich, 
außer aller Verbindung mit dem Räderwerke, an dem gabelföruug 
aufgefihnittenen Ende des Staͤbchens m, nnd dient vorzüglich 
zur Beflimmung der Bahn, welche die Figur durchlaufen fol. 
Jenes Stäbchen kann nähmlich um eine. Schraube, mit einiger 
‚Reibung, rechtd oder links gewendet, oder, wie in den Zeichnun⸗ 
gen, parallel mif'den vordern Rädern, und zwifchen diefelben in 
die Mitte geftellt werden. Im lebten Falle gefchieht Die Bewegung 
der Figur in gerader Linie; bei einer fehiefen Stellung des Raͤd⸗ 
chens n aber befchreibt .fie einen engern oder weitern Kreis, je 
nachdem das Stäbchen mehr oder weniger auöwärtd gerichtet wor⸗ 
den ift, weil der horizontale “Durchmeiler von n jedes Mahl eine 
Zangente des Kreiſes bildet. Ob die Kreisbahn rechts oder 
Imfs durchlaufen wird, hängt ebenfalls von der Stellung des 
Raͤdchens ab. Das Werk bedarf aud) noch einer Sperrung, um 
ſowohl das zu ſchnelle Ablaufen nach dem Aufziehen, noch ehe man 
die Figur niedergeftelt bat, zu verhindern, ald auch um ihren 
Lauf. willfürlich unterbrechen zu Fönnen. Die Sperrung, welche 
fonft am. beguemften beim Windfange angebracht wird, und diefen 
aufhält, wirft bier auf das Rad 1. Diefes bat einen oder zwei 


410 . Automafe. 


. feichte Einfchuitte, in welche die furze, bewegliche Leite x, fobald 
fie gegen den Umfang des Rades gedrädt wird, ent und die 
fernere Bewegung hemmt. 
Die Figuren ıB, 19, 20, Tafel 7, enthalten die Idee zu 
einem, einen Schwan vorftellenden Automat, mit ziemlich zuſam⸗ 
‚mengefepten Bewegungen. Der Mechanismus fol, der leichteren 
Berftändlichkeit wegen, nach mehreren abgefonderten Hauptthei- 
den betrachtet werden. Der erfte betrifft Die Beivegung der gau⸗ 
gen Figur. Bermöge deffelben fhwimmt fie auf dem Waſſer, in 
verſchiedener, von Zeit zu Zeit ohne äußeres Zuthun ſich abaͤn⸗ 
dernder Richtung. Durch eine andere Vorrichtung frümmt die 
Figur auch mehrere Mahl den Hals, und zwar fo weit, daß der 
Schnabel und ein Theil des Kopfes in dad Waſſer getaucht wird. 
Endlich wird der gerade aufgerichtete Hald und der Kopf langſam, 
abwechfelnd rechts und links gedreht. Das Näderwerf zur Bewe⸗ 
gung der ganzen Figur hat Ähnlichkeit mit dem des erfien Bei⸗ 
ſpieles. An der Welle der ſtarken Feder befindet ſich außer der 
gewöhnlichen Eperrung dad in Fig. 18 mit ı bezeichnete Haupt: 
rad, welches in das an 3 befindliche Betrieb eingreift. Das Rad 
2. bewegt ein kleineres, welches bloß punftirt angezeigt werben 
Tonnte, und an der langen Achfe dieſes letztern befindet ſich an 
jedem Ende ein Ruder⸗Rad, wovon die Schaufeln des in der Zeich⸗ 
nung fihtbaren mit a bemerft worben find. Weide Ruderräder 
reichen durch Fängliche Öffnungen am Bauch" der Figur bis in 
Das Waller, und ertheilen ihr, indem fie.fich nach der durch den 
Pfeil angedenteten Richtung umdrehen, die gerade vorwaͤrts ge⸗ 
hende Bewegung. Übrigens muß jedes dieſes Räder eine abgeſon⸗ 
derte waflerdichte Kammer im hohlen Rumpfe der Sigur erhalten, 
Damit dad Naßwerden der übrigen inneren Theile möglichfi ver: 
hindert werde. Durch das Rad 4 wird die Bewegung auf dad 
Windfangsgetrieb 5 übertragen; der Windfaug 6 dient zur Regu⸗ 
lirung des ganzen Werkes, fo wie die bei demſelben angebrachte, 
aber nicht in der Zeichnung vorfommende Sperrung, zum will: 
Sürlichen Aufhalten deifelben. Sowohl bier, ald im erſten Bei⸗ 
fpiele ift der Weg, welchen die Sigur nimmt, geradlinig, wenn 
Derfelbe nicht Durch. die Steuerung abgeändert wird, welches hier 
nicht aus freier Hand, fondern durch das Raͤderwert felbft ge⸗ 


-Automate, 41 1 


ſchieht. Eine i in Fig. ı8 bloß im Durchſchnitt ſichtbare, um ihren 
Mittelpunkt bewegliche Querleiſte b trägt an jedem Ende einen 
Schwimmfuß c, fo daß die Richtung der. Leifle b und beider 
Schwimmfüße gegen die Ruberräder die Form der Bahn beftimmt, 
welche von der Figur befchrieben wird. Die Änderung ber Lage 
jener Auerleifte wirb ohne aͤußeres Zuthun bewerffieliigt. Das 
Rad ı greift zu diefem Ende in dad Setrieb 7 ein, und diefes 
. führt das Krourad 8 herum, welches mit einer exzentriſchen 
Scheibe 9 an einer gemeinſchaftlichen Achſe ſteckt. Inder, zur 
beſſern Verſtaͤndlichkeit in Big. 19 abgefondert und im Grundriſſe 
‚dargeftellten Vorrichtung zue Wendung der Schwimmfüße ift 8 
wieder das Aronrad; 9 die exzentrifche eliptifche Scheibe; m. aber 
ein Hebel, welcher in der Mitte der Querleifte b, und auf ihrer 
Drebungsachfe im Innern der Figur befeftigt iſt; n endlich eine 
Geber, deren freies Eude auf den Hebelm drüdt, und ihn in 
fortwährender Berührung mit der Scheibe 9 erhält. Indem das 
Kronrad in der Richtung des Pfeiles fich dreht, wendet fich all⸗ 
maͤhlich der weniger erzentrifche Theil der Ellipfe gegen den Hebel 
m, welcher, von feiner Feder fortwährend nachgetrieben, nad) und 
nach die mit der Mittellinie der Figur gleichlaufende Lage p, ſpaͤ⸗ 
ter die fchiefe Stellung q annimmt, dann aber wieder. zurüd‘, 
und an feinen erften Plag gelangt, und mithin durch die gleich- 
jeitige Wendung der Leifte b und der Schwimmfüße den Weg bes 
flimmt und abändert, welchen die Figur nehmen muß. Diefelbe 
Vorrichtung ift auch bei allen Automaten, welche auf Rädern lau⸗ 
fen, anwendbar, und man ficht leicht, Daß man durch verfchiedene 
Bormen der Scheibe 9 die Art, und die Gefchwindigfeit der Wen⸗ 
dungen willfürlich werde einrichten fönnen. Iſt 3.8. die Scheibe 
ein Kreis, fo werden bie Abwechölungen minder plöglich auf einan⸗ 
der folgen; eine aus ein- und auswärtd gehenden Bogen beftes 
hende Scheibe, auf deren Stien dad mit einer Rolle verfehene 
Hebelende läuft, wird eine Bewegung in einer —— — 
hervorbringen, u. ſ. w. 

Der Hals iſt jener Theil, welcher die ſorgfaltigſte Bearbei- 
tung verlangt. eine äußere Hülle muß biegfam feyn, und fann 
daher etwa aus röhrenförmig gewundenem Draht befichen, welcher 
mit Leder, oder mit einem, noch mit den Federn verfehenen wick- 


412 ‚Automate. 


lichen Vogelbalge überzogen wird. Die Doppelte Linie im Innern 
(Fig. 18), an welcher man die Dreiede e fieht, bezeichnet eine 
-&tahlfeder, welche an der den Boden des Halfes bildenden Platte 
10 feft ift, übrigens aber ganz frei fteht, und nur fo ftarf zu ſeyn 
braucht, daß fie den Hals gerade hält, oder ihn noch etwas rück⸗ 
:wärt® zu beugen ftrebt. Sie darf aber nicht an allen Stellen 
gleich di feyn, fondern man macht fie dort, wo fie fich zuerft 
und am meiften krümmen foll, fchwächer, fo wie überhaupt durch 
ihre verfchiedene Dicke die Form, welche der Hals im gebogenen 
Zuſtande erhalten fol, fid leicht beftimmen laßt. Die Dreiede e 
find mit ihrer Bafid auf der vorderen Flaͤche der Feder befeftigt, 
an der Spitze aber befommt jedes derfelben einen Spalt, in wel- 
chen mittelft eines Stahlftiftchens eine glatt gedrehte, recht Teicht 
bewegliche Rolle eingelegt wird. Eine dünne Darınfaite £ läuft 
vom obern Ende der Feder, wo fie fefigemacht ift, über alle diefe 
Rollen, und geht durch eine in der Mitte von 10 befindliche Off« 
aung in dad Innere ded Rumpfes. Wenn man annimmt, die 
Saite werbe bei f gerade abwärts gezogen, fo muß offenbar die 
Seder, und mit ihr der Hals, gefrümmt werden, und zwar defto 
flärfer, je mehr f angezogen, und im hohlen Halſe verkuͤrzt wird. 
Wie dieſes durch das Räderwerf gefchieht, wird fich fogleich erge⸗ 
ben. Das Rad ıı erhält feine Umdrehung durch das mit dem 
‚Hauptrade » verbundene Getriceb s. An aı befindet fich ferner 
Die Scheibe 12, an deren Umfange ein Kettchen fefigemadht tit. 
Dreht das Rad ıı fich in der Richtung des Pfeiles, fo wird durch 
das gleichzeitige Bortfchreiten des Punftes bei 12 das Kettchen fo 
lange angezogen, bis diefer Punft feinem jegigen Standorte ge⸗ 
genüber gefommen ift, folglich 11 die halbe Umdrehung vollbracht 
bat. Das andere Ende des Kettchens iſt in die Rinne einer leicht 
beweglichen Rolle bei 14 eingehangen, und diefe wird folglich 
durch die Abwindung des Kettchens um ihre Achſe gedreht. Mit 
ihr in Verbindung dreht fich aber auch die große Rolle 13, auf 
welcher die Saite f befeftigt ift; und demnad) wird auch diefe nach 
ber Richtung des Pfeiles angezogen, alfo der Hals jo lange ges 
kruͤmmt, bid das Rad 1a eine halbe Umdrehung gemacht hat. 
Dann hört der Zug am Kettchen und an der Saite wieder auf; 
die Feder im Halſe fommt in Thätigkeit, ſtellt fich gerade, richtet 


Automate. 413. 


den Hals auf, und dreht die Rollen 13 und 14 wieder im bie erfte 
Lage zurüd. Die Rolle 13 ift bedeutend groß, damit durch die. 
geringe Bewegung der Rolle 14 von der Saite f ein hinreichend 
langes Stüd aufgewunden, und die nöthige Verfürzung im Halſe 
bewieft werde, welche legtere alfo durch das Verhältniß der Durch« 
meſſer von 11,13 und ı4 bedingt wird. Übrigens liegt diefer 
Theil des Mechanismus fo nahe an der Seitenwand des hohlen 
Körpers als möglid, um für die innern Theile, befonders aber 
für die Schaufelräder Plab zu gewinnen. Da jedoch die Saite £ 
in der Mitte von 10 herabgehen muß, fo ift e8 nothwendig, fie Durch 
einige Feine Rollen feitwärts ab, und auf 13 zu lenfen. Der 
Kopf, als mit dem Halfe aus einem Stücke beftehend, würde bei 
der vollendeten. Biegung des Halfes umgefehrt, und der Schnabeb 
gegen die Bruft gerichtet, auf der Waflerflähe anfommen. . Ep 
darf Daher nicht unbeweglich feyn; fondern ift mit dem Teichten 
Ringe, welcher den oberften Theil der Halsbekleidung bildet, durch 
ein leicht bewegliches Gewinde auf beiden Seiten vereinigt. Eine 
ſchwache Feder g, ebenfalld am Ende des Halſes befeftigt, ſtrebt 
den Kopf nach rückwaͤrts zu fehren; allein in der gegenwärtigen 
Lage kann fie dieß nicht, weil eine Kette bei g, deren zweites Ende 
in die Platte 10 eingehangen ift, fie ‚geipannt erhält. Bei 
der Krümmung. des Halfes wird diefe Kette fchlaff, Die Feder g 
teitt in Wirffamfeit, und treibt den Kepf fo zurüc, daß er in der 
natürlichen Lage auf der Wafferrlähe anfommt. Um endlich die 
Drehung des Kopfes und Halfes möglich zu machen, ift legterer 
mit dem Rumpfe nicht feſt verbunden, indem die Platte 10 fich in 
einem zylindrifchen Anfabe um die Achfe wenden, jedoch nicht nach 
aufwärts losmachen kann. Berner ift an der Achfe des Rades ı,- 
und hinter diefem, noch ein (in der Zeichnung bloß als ein Kreis 
erfcheinendes) Winkel⸗ oder Kegelrad vorhanden, welches im ein 
zweites ſolches Rad, 15, eingreift, und daffelbe in horizontaler 
Lage herumführt. Der Stift 16 auf dem legtern Rade wirft auf 
den zweiarmigen, um. den Punft h beweglichen Hebel 19, und 
diefer bewegt mittelft des Stiftes ı7 den Hals, auf eine Art, 
welche aus dem Grundriſſe Diefer Vyrrichtung, Fig. 20, deutlich 
werden wird. Der fürzere Arm des Hebels 19 bildet eine ovale 
Öffnung , in welcher der Stift 16 ſteht. Sobald dieſer, in Folge 


LTR Automate. 


der Bewegung des Kegelrades ı5, in die punftirte Lage kommt, 
fo’ fchiebt er auch den ovalen Ring an feinem Meinern Durchmeifer 
sach außen, und dreht mithin den Hebel um den Punft hin die 
ſchiefe, ebenfalls punftirt angezeigte, Richtung. Der Stift 16, 
auf feinem Wege der jepigen Lage gerade gegenüber gekommen, 
fiellt den Hebel wieder gerade; dann aber wird, bein: fernern. 
Sortfchreiten des Stiftes auf feiner Freisförmigen Bahn, der Hebel 
auf Die entgegengefegte Seite auswaͤrts, und zulegt, wenn 25 
eine ganze Umdrehung gemacht hat, abermahld gerade gerichtet.” 
Diefen abwechfelnden Bewegungen folgt;auch der längere Hebel⸗ 
arm, fo daß er den Hals an feiner Platte 10, mittelft des Stiftes 
17 wendet, "und wenn daher ı8 den Schnabel andentet, dieſer 
ebenfalls in bie punftirte Cage gelangt. Noch muß bemerkt wer- 
den, daß beim Zeichnen der Fig. 18 ungefähr bie Hälfte jener 

Größe angenommen wurde, in welcher das Automat ausgeführt 
werben koͤnnte, und Daß der Rumpf aus getriebenem Kupfer- oder 

Meſſingbleche befteht. Nebentheile zur Lagerung der Achfen u. dal. 

find übergangen worden, weil fich ihre zweckmaͤßigſte Anordnung 

beider wirklichen Ausführung von felbft ergeben würde. 

Den Entwurf eines dritten Beifpieles zeigen die Fig. 21,22,23, 
auf Taf. 7. Ein Pferd, welches die Füße nach der Natur bewegt, 
zieht einen Wagen fort, in welchem zwei Figuren figen, wovon 
die männliche das Pferd mit der Peitfche anzuteeiben fcheint, die 
weibliche aber von Zeit zu Zeit fich vorwärts neigt. Die vier Raͤ⸗ 
der des Wagens haben feine Verbindung mit dem Bewegungds 
Mechanismus. Vorzuͤgliche Aufınerffamfeit verdient’das Pferd, 
welches auch, verglichen mit Big. 23, in größerem Maßftabe ge: 
zeichnet worden iſt. Man bemerkte zuerft in Fig. aı das Rad ı, 
welches durch zwei Zwifchenräder 3,3, auf Die mit 4 und 5 bezeich⸗ 
neten wirft. on der Achfe der beiden legtern Räder werden die 
Füße in Bewegung gefept. Wenn der linfe Vorderfuß a, dann 
der rechte Hinterfuß fich rüdwärts ftellen, und mit Fleinen Za⸗ 
den ihrer Hufe in den Boden eingreifen, die beiden übrigen aber 
gebogen und gehoben werden, fo folgt nicht nur die Bewegung 
des Koͤrpers nach vorne; fondern auch der Wagen, mit welchem 
das Pferd in Verbindung fteht, wird auf feinen Rädern fortge: 
sogen. Durch aufmerffame Betrachtung des Fußes a und der mit 





Automate. 115 


ihm. verbiendenen Theile wird man bald die gehörige Einficht der 
hierzu dienlihen Mittel erlangen. Die Achſe des Rades 4 iſt am 
beiden Seiten, wo fie mittelbar auf die Vorderfüße wirfen fol, 
Purbelförmig, für jeden Fuß. aber nach der entgegengefesten Seite 
gebogen , wie dieß die vordere Anficht, Fig. 22°, deutlich zeigt. 
Dieſer Bug, eigentlich fein am weiteften von der Achfe abſtehen⸗ 
der Theil, dient ftatt des Stiftes 16 in Fig. 20, und bewegt gleiche 
falls an einem ovalen Audfchnitte p, Fig. 21, einen doppelarmi⸗ 
gen Hebel, welcher die Bewegung duch Verzahnung, und nicht 
wie in Fig. 20 mitteljt eines zweiten Stiftes, fortleitet; wodurch 
ein weit fanfterer Gang erhalten wird. Der. gedachte Hebel hat 
bin, Big. 2ı, feinen Drehungöpunft,. auf welchem er fich abe 
wechfelnd nach der einen und der andern Seite, veranfaßt durch 
die Umdrehung ded Rades A, wendet. Der verzahnte Bogen, 
oder das Halbrad am untern, fürzern Hebelarme greift in einen 
gleichen Bogen am oberften Fußgelenke ein, welches um den Bas 
pfen m vorwärts und zurüd bewegt wird. Beim Bortjchreiten der: 
mittelft der Pfeile angedeuteten Bewegungen, muß zuerſt der Fußa 
(ohne ſich zu biegen) fich [chief nach rüdwärts ſtellen, und der 
Körper dadurch fich vorwärtd neigen, wenn der rechte Hinterfuß 
diefelbe Bewegung macht, ‚die beiden anderen Büße aber gehoben: 
und gebogen werben. Die Gelenfe des Fußes bei d und e werden - 
durch Gewinde gebildet, ‚welche fo gearbeitet find, daß fie bei der - 
ſchraͤgen Stellung des Fußes nicht weiter nachgeben fönnen, als 
ed nothwendig ift. Bei fortgefepter Drehung des Rades 4 wendet 
fich der Hebel um n in verfehrter Richtung, nach innen, und treibt 
das oberfte Bußgelenf vorwärts, fo, Daß ed vorn mit dem Körper 
einen fpigigen Winfel bildet. Nun muß aber auch der Fuß felbft 
"zwei Mahl in feinen Gelenken gebogen werden. Dieſes gefchieht 
durch das Anziehen der Kette t, welche über Rollen, wie die Zeich- 
nung ausweiſet, bis in den Huf geleitet, und dort befeftigt iſt. 
Da ihe oberes Ende im Innern des Rumpfes feinen feften Punft 
bat, fo wird fie Durch den, in der Nähe von m ftehenden exzen⸗ 
trifchen Stift r (ftatt deflen, wenn ed der Raum erlaubt, eine 
Rolle noch beifere Dienfte thut) angezogen, und dadurdy auch der . 
Buß bei den Gewinden gebogen. Beim Zurückgehen des oberften 
Gelenkes in die erfte Lage aber hört die Spannung.der Kette x 


% 


410 | Antomate. 


von felhft wieder auf, weil ſich der Stift r von ihre entferut, und 
der Fuß wird durch die Heinen, auf feine zwei untern Theile wir» 
Fenden Sedern, die durch die Kette vorher gewaltfam gebogen wur⸗ 
den, wieder gerade auögeftredt. Mit Hülfe der Zeichnung und 
des bisher Sefagten, wird ſich leicht einfehen laifen, daß alle vier 
Füße eine ähnliche Einrichtung haben, daß die richtige Folge der 
Bewegungen durch die Verzahnung und die Stellung der Kurbeln 
an ben Achfen der Räder 4 und 5 bedingt werde, und hierdurch 
das Bortfchreiten der Figur erfolgen muͤſſe. Daß das Rad 6, 
weiches durch das an. ı befindliche Fleinere Rad umgetrieben wird, 
den Bindfang 7 in Ihätigkeit fegt; daß an den Befefligungspunf- 
ten der vier Ketten ohne Anftand mittelft eines Sperrrädchend und 
Sperrhafens die nöthige Spannung wieder hergeftellt werden kann, 
wenn ſich die Ketten etwas ausgezogen haben follten; daß auch 
noch hinreichend Platz vorhanden wäre, um eine Vorrichtung zur 
Bewegung des Kopfes und der Obren anzubringen, braucht nur 
angebentet zu werden. Über die eigentliche Auelle der Bewegung 


aber wird fogleich die Rede fen. 


In Sig. 23 iſt a Das mit-der gewundenen Feder verbundene 
Rad, von welchem die Bewegung der zwei Siguren, und auch, 
wenn man will, die des Pferdes ausgeht. Die Achfe des Rades 
b trägt nody eine Scheibe mit Stiften, welche auf den zweiarmi⸗ 
gen Hebel mit dem Drebungspunfte e wirken, und fo dem Ober⸗ 
leibe der einen Figur, der bei fein Gewinde hat, die Neigung 
nad) vorwärts geben. An der nähmlichen Radachſe befindet ſich 
noch eine zweite Scheibe c, zur Bewegung der andern Figur; wo⸗ 
bei bemerft werden muß, daß diefelbe der Deutlichfeit wegen ab» 
gefondert gezeichnet wurde, während fie doch neben der andern 
ſitzt. Am oberen Ende des Doppelarmigen Hebels d fteht man eine 
Schnur, deren zweited Ende in der Gegend von i mit dem beweg⸗ 
lichen Arme verbunden ift, und diefen hebt, fobald ein Stift der 


- Scheibe auf den untern Theil des Hebels drüdt. Eine Beder h 


bringt den Arm, wenn ein Stift vor dem Hebel vorbeigegangen 
ift, und ihn fich felbft überlaffen hat, in die urfprüngliche Lage 
zurück. Die Stifte auf o und d können in verfchiedenen Entfernuns 
gen vom Mittelpunfte ihrer Scheiben angebracht werden, wodurch 
mar den Vortheil erreicht, Daß Die Bewegungen der Figuren 


At, 47 


bei jedem Angriffe eines andern Stiftes verfchieben, mithin nicht 
fo einförmig, und mehr der Natur getreu, auöfallen. 

Zur Verbindung beider Mechanismen, naͤhmlich des Wagens 
und des Pferdes, laſſen fi) verfchiedene Anordnungen treffen. 
So können zwei abgefondert aufzuziehende Gedern, die eine bei a, 
Fig. 23, im Kutfchenfige (wo aber an b noch der Windfang mit 
feinem Getriebe, ferner auch eine Sperrung nöthig ift), die an; 
dere im Körper des Pferdes, angebracht werden;. fo daß die: 
ſes nur mittelit der Deichfel mit dem Wagen im Zufammenhange 
fieht; oder es kaun das Pferd auch von der Feder im Wagen feine 
Bewegung erhalten, wodurch nur eine einzige Feder nothiwendig 
if. Nach der legtern Art würde man folgende Einrichtung wählen 
müffen. Der Achfe von b, Fig. 233, wird nod ein Winkelrad 
beigefügt, und von diefem die Bewegung, mit Hülfe des zweiten 
Winfelrades s, auf ein drittes folches® Rad, t, am Boden der 
Kutſche, fortgepflanzt. Dieſes dreht wieder Dad Rad u, deflen 
lange Achfe v durch die hohle Deichfel in fehiefer Richtung bis zu 
der Mitte des Pferdeleibes geht. Diefe Achſe trägt dort, Big. ar, 
eine endlofe Schraube 9, mit fehr fchrägen Gewinden, welche 
durch eine Öffnung in der Seitenwand des Pferdes in das an 'ı 
befindfiche entiprechende Feine Rad 8 eingreift, und auf diefe Art 
deu Mechanismus des Pferdes in Wirkfamkeit febt. Es ift jedod) 
nach diefer Einrichtung in Fig. 23 eine Feder von beträchtlicher 
Stärfe notbwendig, oder ed muß, wenn die Höhe des Kutſchen⸗ 
fies für diefelbe nicht hinreichend Raum gewährt, feine Breite 
benügt werden, um zwei fchwächere Federn neben einander auf 
einer gemeinfchaftlihen Welle anzubringen. 

j ®: 2%. 


Art. 


Dieſes bekannte Werkzeug, welches vorzuͤglich zum Spalten, 
wohl aber auch.zum Behauen oder Zurichten des Holzed gebraucht 
wird, befteht aus einem feilförmigen, an der Schneide verftähl- 
ten Eifenftüde, welches an dem hintern heile (der jo genaunten 
Haube) ein Loch zum Einſtecken des hölzernen Stieles oder Hels 
mes beige. Vom Beile unterfcheidet fi) die Art durch ihren 
gewöhnlich Tängern Stiel, hauptjächlich aber un die geringere 

un Encyclop. 1.8 . 87 





418 - Art. 


Breite an der Schneide, und durch den Umſtand, daß das Weil 
nur auf Einer Seite ſchraͤg angeſchliffen ift, indeß die Schneide 
der Art von beiden Seiten gleihförmig zuläuft, und ſich alfo in 
der Mitte dee Dicke befindet. Man braucht ftattt Art oft die Be⸗ 
nennung Hacke, obfchon dieſes Wort ohne ftrenge Unterfcheidung 
auch mehreren Arten von Meilen beigelegt wird, und fogar in 
feiner eigentlichen Bedeutung nur eine Haue, wie man beim Gar⸗ 
ten» und Feldbaue zum Aufgraben der Erde, zur Vertilgung des 
Unkrautes, u. f. w. anwendet, bezeichnet. 

Die Geftalt der Ärte ift verfchieden, und richtet ſich theils 
nach wirklichen Bedürfniffe, theild nach der ein Mahl eingeführ- 
ten Gewohnheit. "Die Haube iſt bei einigen eben fo lang ald das 
Blatt breit ift, bei anderen Ffürzer, bei den meilten aber länger, 
um dem Stiele mehr Seftigfeit zu geben ; das Blatt felbft iſt bald 
dicker, bald dünner, an der Schneide oft viel breiter als hinten, 
zuweilen verfchiedentlich gefchweift oder gefrümmt; die Schneide 
ift bald ganz gerade, bald mehr bald weniger rund. Durch diefe 
Abweichungen, und durch die Unterfchiede in-der Größe, werden 
zahlreiche, eigenthiimlich benannte Arten diefer Wekzeuge gebildet, 
von. welchen die vorzüglichften hier erwähnt werden muͤſſen (m. f. 
die Abbildungen auf Taf. 2). 

Die Kollerhade (Big. ı2), Schlägelbade (Big. ı3, 
14), Auffeshade (Fig. 15), Schrott: oder Aſthacke (Fig. 16, 
17), Meißhacke (Fig. 18) und Merfel (Fig. 19) machen, 
nebft einem eifernen verftählten Reile, das Geraͤthe des Holzhauers 
oder Holzfällers aud. Der Handhacke (Handart, Fig. 20) 
bedient nian fih, um kleinere und kürzere Holzſtuͤcke zu fpalten. 
Zum Gebrauhe einzelner Arten von Holzarbeitern find andere 
Ürte von eigener Form beftinmt; fo die Bandhade, Zim: 
merart oder Bundart (Fig. 21) und die Zwerchart (Fig. 
33) mit zwei Schneiden, von welchen die eine fenfrecht, die an⸗ 
dere wagrecht ift, für Zimmerleute; die Zifhlerart von ähn- 
licher Geſtalt wie Fig. 15 oder 20, für Tiſchler; die Flöfferart, 
ähnlich der fchon erwähnten Afthade (Big. ı6), für Floßknechte 
zum Behauen der Baumſtaͤmme auf Slößen; u. ſ. f. Die Blei⸗ 
hacke (Fig. 23) zum Zerſtücken der Bleikloͤtze iſt mehr ein breiter 


Bandfabrikation. - 419. 


Meißel ald eine Art, weil fie nur aufgefebt, und Durch Hammer⸗ 
ſchlaͤge, weldhe man auf ihren Rüden führt, eingetrieben wird, 

Die Äxte oder Hacken find, fo wie die Beile, in der Regel 
das ansfchliegliche Eezeugniß eigener Grobfchmiede, welche daher 
den Nahmen Hadenfchmiede führen. Won den öfterreichifchen 
und fteiermärfifchen Hadenfchnieden werden bei hundert Arten 
von Ärten und Beilen verfertigt. Die Arbeit an diefen Werkzeu⸗ 
gen gehört zu den einfachfien. Eine Art wird aus einer Eiſen⸗ 
flange von angemeffener Länge und Dicke gebildet, die man an 
beiden Enden etwas dünner ausfchmiedet, und dann zufammen- 
biegt, um das Ohr oder den Ring für den Stiel hervorzubringen. 
Durch das Zufammenfchweißen‘der auf einander liegenden dünnen 
Enden entfteht dann die Schneide. Weil aber dieſe jederzeit ver- 
ſtaͤhlt ſeyn muß, fo wird ein Stück Stahl entweder zwifchen die 
noch offenen Enden eiugefchoben, oder von außen um die Schneide 
auf beiden Seiten herumgelegt, und Mn — mit dem 
rn vereinigt. 


% 


8. 8. 
Bandfabrifation. 


Band nennt nıan, almefehen von den mancherlei Bedeu⸗ 
tungen , welche diefes Wort ald Kunftausdrud bat, und die an 
den gehörigen Stellen dieſes Werkes erflärt werden, ein in ſchma⸗ 
len und langen Streifen erzeugtes Gewebe, deifen Gebrauch hins 
laͤnglich bekannt iſt. Die Verfertigung der Bänder, oder die 
Bandfabrifation,. ift alfo ein Zweig der Weberei; und fie 
hat mit den übrigen Abtheilungen diefer wichtigen Kunft die wer - 
fentlihe Grundlage gemein: daher ed, um Wiederhohlungen zu 
vermeiden, zwerfmäßig feyn wird, in dem gegenwärtigen Artifel 
nur denjenigen Theilder Verfahrungsarten und mechanifchen Huͤlfs⸗ 
mittel befonders hervorzuheben, welcher der Bandfabrifation eigen« 
thümlich iſt, und wegen der ausführlichen Erläuterung des Übri⸗ 
gen auf den Artifel Weberei zu verweifen. 

Bänder werden aus allen Materialien verfertiget, welche 
jur Zeugfabrifation überhaupt gebräuchlich find, naͤhmlich Leinen, 
Baumwolle, Wolle und Seide; zugleich finden fich hier faft alle 
jene Mopdififationen der Gewebe wieder, welche der Weberer im 

j 27 * 


\ 
8 


{ 
t 
1 


420 Bandfabrifation. 


Allgemeinen eine fo audgezeichnete Mannigfaltigfeit verleihen. Es 
gibt daher eine Menge verfchiedener Arten von Bändern, welche 
theils mehr theild weniger wefentlid von einander verfchie- 
den find. | 
Die Teinenen Bänder werden theild. aus einfachem Lei⸗ 
nengarn (Leinwandbänder), theild aus zweidrähtigent Zwirn 
verfertigt (Zwirnbänder) Bei den Iepteren ift fehr oft nur 
die Kette Zwirn, der Eintrag aber Garn. Die geföperten Garn⸗ 
oder Ziwirnbänder der feineren Art führen gewöhnlich die Benen- 
nung Niederländer Band. Die Strippenbänder oder 
©Struppen find ein grobes geföpertes Zwirndand., Man macht 
_ auch Teinene Bänder mit verjchiedenen eingewebten, oft vielfarbi- 
gen Muftern, welche zum Gebrauche für die gemeineren Volfs- 
Haffen beftimmt find. Die leinenen Bänder find mebrentheils 
son geringer Breite. Die fehmälften und gröbften. Leinwandbaͤn⸗ 
der haben bei einer Breite von z Zoll nur 8 Fäden in der Kette. 

Baummwollenbänder find nicht fehr im Gebrauch, da 
fie weder die Feftigfeit der Teinenen, noch die Schönheit der ſeide⸗ 
nen Bänder haben. Man macht fie theild ganz weiß, theild mit 
farbigen Streifen, feltener niit Deſſeins. Die feineren Sorten 
der glatten Baummollenbänder führen den Nahmen Perfalbän- 
der. Man bat in den legten Jahren angefangen, gewiffe baums 
wollene Stoffe, in breiten Stüden mit eingewebten Streifen auf _ 
dem gemeinen Weberftuple verfertigt, in Bänder dergeftalt zu zer⸗ 
Schneiden, daß jedes diefer Tegtern zu beiden Seiten, als Leifte, 
einen von den erwähnten, aus ftärferen oder doppelten Kettenfaͤ⸗ 
den gebildeten, Streifen erhält. Auf diefe Weife-werden befon- 
derö Organdinbänder zu Srauenpug erzeugt, welche aber, 
da es ihnen an eigentlichen Leiften fehlt, dem Ausfafern unter 
worfen find. 

Die wollenen Bänder, oder, wie man fie gewöhnfich 
nennt, Harrasbänder find entweder glatt, oder geköpert, 
oder gemuftert (figurirt) Halbwollene Bänder haben eine 
Kette ganz von Leinenzwirn, oder von Leinen und Schafwolle 
gemifcht, und einen Eintrag von Wolle. 

Am wichtigften und, fowohl der Mannigfaltigfeit als Schön: 
heit nach, am audgezeichnetften find die feidenen Bänder. 





Gattungen der Bänder. 421 


Die verfchiedenen Gattungen derfelben erhalten im Allgemeinen 
den Nahmen von jenem Zeuge, welchen fie in der Befchaffenbeit 
ihres Gewebes gleihen. Die ganz glatt gewebten nennt man 
überhaupt TZaffetbänder. Ihre Kette befteht aus einfachen 
Fäden ; zum Eintrage nimmt man bei den ganz, leichten Sorten 
einfache, bei den befferen oder fchwereren Doppelte auch dreifache 
(jedoch nicht zufammengedrehte) Baden. Der doppelte oder drei⸗ 
fache Yaden wird hierbei gerade fo in dad Gewebe verflochten, ald 
wenn er nur einfach wäre; dad Band erhält dadurch mehr Dicke 
und Feftigfeit. Die fogenannten Nenforces find gute Zaffetbän- 
der, bei welchen die Eintragfäden ftärfer an einander gefchlagen 
find, und die alfo eine größere Dichtigfeit beſitzen. Übrigens er- 
Halten die ZTaffetbänder im Handel, nad Rerfchiedenheit ihrer 
Güte, manderlei Nahmen, z. B. mittelfeine Renforces, fehwere 
Menforces, Doubles, franzöfifche Doubles, Zins Doubled, Mar: 
gellinband, Paſſefins, Bortband, u. f. w. Die fchwerfte Sorte 
der glatt gewebten Bänder (mit Ausnahme. der Ordensbänder) 
find die frangöfifhen Taffeetbänder oder Grosdetours— 
Bänder (auch wohl Grosdenaples-Bänder genannt), 
welche eine Kette von doppelten, und einen Eintrag von zwei⸗, 
drei⸗ oder vierfachen Faͤden befiben. Geföperte Seidenbänder find 
bie fo genannten Sloret- oder Zwildbänder, und das Fri 
foletband, welche nur aus fchlechter Seide (oft nur aus Flo⸗ 
zetfeide) verfertigt werden, und denen man oft fogar eine zum 
Theile oder ganz aus Baumwolle beftehende Kette gibt. Die ge⸗ 
bräuchlichfte und fchönfte Art der geföperten Bänder find aber die 
Atlasbänder, welche durch die auf der rechten Seite dem größten 
Theile nach frei liegende, aus fchöner Seide beſtehende Kette einen 
angenehmen Glanz, und eine gleihförmige, fich fammtartig an⸗ 
fühlende Oberfläche erhalten. Die Kette der Atlasbänder befteht 
aus einfachen, nur in höchft feltenen Faͤllen aus doppelten Fäden ; 
der Eintrag ift doppelt oder dreifach, feltener vier- oder fünffach, 
Das Leptere findet dann Statt, wenn die Seide fehr dünn, oder 
das Band fehr ſchwer ift; übrigens iſt e8 für das Anfehen des 
Gewebes vortheilhafter, wenn mehr und feine, ald wenn weniger 
und dicke Biden den Eintrag bilden. Aus roher (ungefottener) 
Beide werden die Dünntuchbänder verfertigt, welche, wenn 


422 Bandfabrikation. 


fie ganz glatt, nur mit Leiften von gefottener (entfchälter) Seide 
verfeben find, auch Gafürbänder heißen. Ihe Gewebe ift 
taffetartig, d. h. ungeföpert ; aber die einfachen Ketten- und Ein⸗ 
tragfäden Tiegen fo weit aus einander, Daß das Gewebe im Anſe⸗ 
hen einem feinen Gitter gleicht. Ähnlich, nähmlich gleichfalls 
aus roher Seide und loder., aber mit doppelten Kettenfäden ge⸗ 
webt, find die zur Verfertigung von Putzarbeiten beftimmten ſchma⸗ 
len Draptbänder, in welchen an jeder Seite der Kette ein wei⸗ 
cher (auögeglühter) Dinner Eifendraht fich befindet, der Dem Bande 
die Hähigfeit gibt, Die ihm durch Biegen ertheilte Geftalt zu bes 
halten, Man macht folhe Bänder and) aus Baumwolle. Gros⸗ 
detours⸗, Atlas und Diünntuch» Bänder werden verfchiedentlich 
facsnnirt: oder gemuftert, d. h. mit Defleind, erzeugt. Die ein- 
fachfte Verzierung befteht in Streifen von einem andern Gewebe 
ald der Grund. So macht man Atlaöftreifen in Dünntuch- und 
Srosdetourd: Band, und Grosdetouröftreifen in Dinntuch-Band. 
Ferner werden Figuren verfchiedener Art, Blumen u. dgl. einges 


webt, theils einfärbig, theild mit anderen Sarben ald jene deö- 


Grundes. Man begreift die zum Putze beftimmten breiteren und 
fchwereren Bandgattungen, fie mögen nun glaft, geftreift oder 
gemuftert feyn, gewöhnlich unter dem Nahmen Modebänder. 
Eine eigene Sattung.. bilden endlich nody die Sammtbänder. 


Man verfertigr fietheils aufgefchnitten, theils unaufgefchnitten ; zus_ 


weilen ift auch Durch theilweifes Auffchneiden der Sammtmafchen 
ein Deffein gebildet. Manche Sammtbänder erhalten, der Wohl: 
feilheit wegen einen Eintrag von Baumwolle. 

Die Bänder werden im Handel nad) ihrer Breite Durch Num: 
mern unterfchieden, welche zwar in verfchiedenen Sabrifen etwas 
von einander abweichen, doch aber ſtets fo gebraucht werden, daß 
eine höhere Nummer ein breitered Sand anzeigt. Man bezeichnet 
10 die Bandforten nad) zunehmender Breite mit den Nummern 
0, 1,2, 3, 4,5,6,7,8,9, 10, 11, ı2, 13, 14, 20, 
22, 24, 30. Abſtufungen der Breite, welche zwifchen diefen 


liegen, — auch durch gebrochene Zahlen ausgedrückt; 


z. B. Nr. =, 153, 15, 5. Bei Atlasband find hauptſaͤchlich die 
Nummern o, ı, 4, 6, 8, ı2, ı6, 223, 24, 30, in Ge⸗ 
brauch. Die folgende Fleine Tafel enthält Die Angabe Der Breite, 





Gattungen der Bänder. 423 
welche die Nummern, mit Fleinen Abweichungen in ben verfchie- 


denen Zabrifen, bezeichnen , nebft der Anzahl von Faͤden, welche 
Die Kette einer jeden Nummer, bei einer mittleren, am meiften 
geſuchten Schwere, enthält. 

Breite, Faͤden in 


Breite, | Bäden in Num⸗ 1 j 
Be der Kette. || mer inien. i 


Linien. | der Kette 
90 12 28 968 





o 

2 E 136 ı6 34 12723 
| 2 7: 308 23 43 1670 

4 11 320 24 48 2000 
6 ı6 484 30 56 3000 

8 21 636 


Die letzten beiden Sorten gehören ſchon zu den ſchwerſten Atlas⸗ 
baͤndern. Die Zaffetbänder- find bei gleicher Nummer immer et⸗ 
was breiter als die Atlasbänder, und felbft die fehwerften enthal- 
ten bei gleicher Breite beiläufig um den Dritten Theil weniger 
Süden, als die hier für Atlasband angegebenen Zahlen. Die Ur⸗ 
fache hiervon ift, daß die Taffetbänder fowohl leichter, als auch 
aus dickerer Seide gearbeitet werden. Eigentliche Zaffetbänder, 
mit einfacher Kette, werden in der Negel nicht breiter als 16 Li- 
nien (Nr. 5) verfertigt; alle breiteren haben doppelte Faͤden in der 
. Kette, gehören alfo zu den Grosdetours-Bändern. Leichte Taffet- 
bänder haben z. B. bei 5 Linien Breite 50, bei 7: Linien 70, bei 
ı6 Linien ı60 Bäden in der Kette, welche Zahlen bei den fchwes 
reren Sorten bis auf dad Doppelte fleigen. Grosdetourd: Band 
enthält bei 2ı Linien Breite ungefähr 200, bei 42 Linien 600 
Doppelte Fäden. Die Sammtbänder bezeichnet man mit Nummern 
von oo und o an. biß 250. Hiervon ift, ohne die Leifte gemeffen, 
z. B. Nr. 2 eine Linie, Nr: 10 drei Linien, Nr. 20 ſechs Linien, 
Nr. 50 zehn Uinien, Ne. 100 achtzehn Linien, Sr. 140 zwei Zolf 
breit. Ähnliche willfürlihe Numerirungen finden bei den wolles 
nen, baumwollenen und leinenen Bändern Statt. 

Die Babrifation der Bänder zerfällt in einige Borarbeiten, 
uud in das Weben ſelbſt. Hierzu kommt noch in manchen Fällen 


42% Bandfabrifation. 


die Zurichfung (Appretur) , wodurch die fertigen Bänder gewiſſe, 
von ihrer wefentlichen Befchaffenheit unabhängige Verſchoͤnerungen 
erhalten, weldye man von ihnen als Handeldwaare zu verlangen 
gewohnt iſt. Die Vorarbeiten find die bei allen Arten von Webe⸗ 
rei eingeführten, welche man mit dem zu verwebenden Materiale 
vornimmt, um dafjelbe in eine zum Weben bequeme Geſtalt und 
Abtheilung zu bringen. Die Webeftühle, worauf die Bänder ge 
macht werden, find diefer Sabrifation eigenthümlidh, und haben 
eine Einrichtung, durch welche befonders die Vermehrung des Er- 
zeugniſſes beabfichtigt wird, weil ohne diefe, mit den für breitere 
Zeuge üblichen Mitteln, die Bänder nicht um wohlfeile Preife ge 
liefert werden fönnten. 

Es wird zwedmäßig feyn, den ganzen Gang der Zabrifa- 
tion an der Verfertigung der Seidenbänder darzuilellen, indem 
hier fowohl die größte Dannigfaltigfeit vorfommt, als die meiften 
Küdfichten zu beobachten find; das Weſentliche aber gleichfalls 
für die Sabrifation aller andern Bänder gilt. 

I. Die Vorarbeiten. Die erfte Arbeit, welcher die aus 
dem Ballen genommene Eeide unterworfen wird, befteht darın, 
daß man die Fäden, womit die Strehne feit gebunden find, auf: 
fprengt, bevor man fie dem Färber überliefert. Diefe Vorberei: 
tung ift, fo unbedeutend fie fcheint, nicht ohne Wichtigkeit; denn 
ohne fie würde die Farbe an den gebundenen Stellen der Strehne 
nicht leicht genng eindringen, und die Sarbung daher ungleichföre 
mig ausfallen, Dan bedient ſich zu jener Operation, welche das 
Kaviliren genannt wird, um die Seide bequem handhaben zu 
£önnen, des Kavilirftodes. Diefes hoͤchſt einfache Geräth bes 
fteht aus einer niedrigen, uur etwa ı3 oder ı5 Zoll hoben Banf, 
aus einen fenfrecht darauf befeftigten, =: Zuß hohen Brete, und 
aus zwei oder vier, von den Seiten dieſes Bretes horizontal ab⸗ 
ftehenden runden Pflöden, über welche man die zu behandelnden 
Beidenftrehne hängt. Die Benennung der Arbeit und des Werk: 
zeuges ift italienifh, und Ffommt von Caviglia, ein Pflod. 

Das Färben der Seide ift Feine Arbeit des Bandfabrifanten, 
und wird in diefem Werfe bei der Behandlung der Särbefunft aus⸗ 
führlich befchrieben werden. 

Die gefärbte Eeide wird auf große Spulen gewidelt, wozu 


Vorarbeiten zum Weben. 425 


man fich einer Maſchine bedient, anf weicher gewöhnlich acht 
Strehne zugleich abgewicelt werden (f. Spulmafhine). Die 
ſes Binden if die letzte Vorbereltunge-Arbeit, weiche aller zur 
Bandfabrifation beflimmten Seide gemein iſt. Die nun folgenden 
Dperationen zerfallen in zwei Abtheilungen, je nachdem die Seide 
als Kette oder als Eintrag gebraucht werden fol. Wekanntlich 
find es zwei ſchon in den Seidenfpinnereien uf verfihisdene Weiſe 
zugerichtete Seidengattungen, welche bei allen feidenen Geweben 
zu Kette und Eintrag gebraucht werden: naͤhmlich die Dirgan- 
ſinſeide (Organfin) zur Kette, d. i. zu den Säden, welche nad) 
der Länge der Gewebe laufen; und die Tramfeide (Xrama) 
zum Einfchlag, oder zu demjenigen Baden, welcher Die Kette recht⸗ 
winflig durchkreuzt. Die erftere ift ſtaͤrker gedreht und feſter, bie 
zweite hat weniger Drehung und daher einen weicheren, Tlacherk 
Faden. Ausführlicheres über diefen Unterfchigb und feinen ur 
fprung wird im Artifel Seide vorfommen. 

Die Kette (der Anfchweif oder ZetteT) befteht für jedes 
Band aus einer gewillen Anzahl glei Ianger, neben einamber 
liegender Säden, welche Bier, aus einem fpäter anzugebenden 
Grunde, eine fehr bedeutende Länge, gewöhnlich von 200, 300, 
ja ſelbſt von 350 Ellen haben. Nur zu foldhen Bändern, von 
welchen als Modemtiteln fein fehr ange dauernder Abfag zu er⸗ 
warten ift, macht man die Kette, und Daher auch die daraus entz 
Rehenden Bandſtücke, Pürzer. Die Anzahl der Fäden in einer 
Kette ift nach der Breite der Bänder, und nad) ihrer Schwere 
(d.h. Dichtiäfeit und Feinheit) verfchieden ; fie beträgt z. B. bei 
einem Atlasbande von 24 Zoll Breite 936 bis 1000, ja ſelbſt 1500. 
Je breiter ein Band iſt, deſto enger ſtellt man in der Regel die 
Kettenfaͤden und deſto mehr Sorgfalt wird überhaupt auf die Er⸗ 
zeugung verwendet. Zur Verfertigung der Kette wird eine ge= 
wiſſe Anzahl der oben erwähnten Spulen, welche mit Organſin⸗ 
feide vollgewidelt find, in einem auf einer niedrigen Banf etwas 
fhräg flehenden Rahmen auf Drähte geſteckt. Diefer Rahmen 
beißt dee Schweifftod oder das Schweifgeftell. Er ent 
Hält gewöhnlich vier Reihen Spulen neben einander, und in jeder 
Neihe zehn, im Ganzen alfo vierzig Spulen. Manchmahl ift aber 
die Anzahl der Spulen auch größer, und fleigt bis Hundert. Man 


426 . Banpdfabrikation. 


nimmt die Faͤden von allen vierzig Spulen zuſammen, und leitet 
fie zuerft einzeln durch eine Reihe gläferner Ringe, welche auf 
einer Leifte befeftigt find, dann gemeinfchaftlich Durch einen grö- 
Gern gläfeenen Ring auf einen nahe ftehenden, ſenkrechten, 6 Buß 
hoben Haſpel (den Anſchweif⸗ oder Zettelrabmen) Die 
Umdrehung diefes Haſpels gefchieht mittelft einer Kurbel und 
Dreier verzahnter Räder. Diefe Vorrichtung und ihr Gebrauch ift 
bei allen Arten von Weberei bis auf.geringe Unterfchiede die naͤhm⸗ 
Uche, wird Daher im Artifel Weberei ein für ale Mahl ausführ- 
lic, befchrieben. on 

Dreer Zettelrahmen der Bandfabrifen hat vier Ellen im Um: 
fange: Das Aufwideln der vierzig Faͤden gefchieht von oben nach 
unten in nahe an einander Tiegenden Windungen einer Schraus 
benlinie fo oft, daß die erforderliche Länge herausfonmt, z. B. 
alfo 75 Mahl für eine Kette von 300 Ellen. Die Kette wird am 
Ende des Rahmens um- drei hölzerne Nägel gefchlungen, und dann, 
bei verfehrter Drehung des Rahmens, zurüd hinauf, eben fo oft 
herum gewunden; fo, Daß alfo jetzt bereits Bo Fäden von der feft- 
gefesten Länge auf dem Zettelrahmen ſich befinden. Auf diefe 
Meife. fährt man fort, abwechfelnd hinauf und hinab zu fchweifen, 
bis die beftimmte Sädenzahl voll ift. Für eine Kette von 1200 
Fäden ift es alfo nöthig, 16 Mahl von oben nach unten, und eben 
fo oft von unten nach oben zu ſchweifen, wodurch 3o Mahl za 
oder 1200 Faͤden, ſaͤmmtlich 4 Mahl 75 oder 300 Ellen lang, 
erhalten werden. Das erwähnte Herunschlingen der Kette um 
Die Nägel oben und unten am Zetteleahmen wird dergeftalt vors 
‚genommen, daß zuerft Die ganze Kette über den legten Nagel ges 
hängt, dann aber in umgefehrter- Richtung zurüdgeführt, und 
nun abwechfelnd ein Saden über und einer unter den zweiten Nas 
gel gelegt wird. Zwifchen dem zweiten und erften Nagel kreuzt 
man die fo getrennten Hälften der Kette, fo daß auf dem erften alle 
Faͤden oben zu liegen kommen, welche auf dem zweiten fich unten 
befinden, und umgefehrt. Diefe Kreuzung hat zum Zwede, die 
Faͤden in.einer folchen Ordnung zu erhalten, daß fie ſich in der 
Folge nicht verwirren, und beim Einziehen oder Andrehen auf dem 
Webeſtüuhle (f. unten) leicht der Reihe nach aus einander gefunden 
werben können. Zu diefem Behufe fchlingt man zulegt-durch Die 


Vorarbeiten zum Weben, 427 


Krenzung einen flarfen Zwirnfaden, um die Trennung auch nad) 
dem Abnehmen vom Zettelrahmen bleibend zu machen. 

Bei den meiften Arten von Bändern werden die Seidenfaͤden 
in der Kette einfach genommen; nur bei Grosdetoursband, bei 
Drdensbändern und anderen ſchweren Artifeln, ift Diefed nicht der 
Gall. Bei diefen werden zwei, feltener.drei oder vier Faͤden von 
eben fo vielen Spulen des Schweifgeftelld zufammengenommen, 
und gemeinfchaftlid, Durch einen Glasring auf den Zettelrahmen 
‚ geleitet, wo fie auch bei der erwähnten Kreuzung ſtets beifammen 
bleiben, und überhaupt fo betrachtet und behandelt werden, als 
feyen fie nur ein einziger Faden. Man fehe hierüber, was oben 
bei der Aufzählung der Bänder-Sattungen gefagt worden iſt. 

Vom Zettelrahmen weg wird die gefammte, für ein Band 
beſtimmte Kette auf eine große Spule, oder, wenn die Zahl der 
Fäden ſehr bedeutend ift, auf zwei folche Spulen, welche man 
Zettelfpulen (Zettelrollen) nennt, aufgewidelt, um in 
diefer Geſtalt auf den Webeftuhl gebracht zu werden. Man be— 
dient fich zu Diefer Arbeit, welche das Ablegen oder Abfahren 
heißt, eines Geſtelles (des Abfahrers), worin die Spule auf 
einer eifernen Achfe ſteckt, und lestere durch eine Kurbel umge⸗ 
dreht wird. Die Kurbel befindet fich unmittelbar an der Achfe, 
wenn die Bandfette größer (aus mehr Faͤden zuſammengeſetzt) iſt, 
weil dann das Aufwideln langfam und mit mehr Aufmerffamfeit 
vorgenommen werden muß. Bei den Ketten für fchmale Bänder . 
Bingegen wird die Achfe der Spule fchneller durch ein an ihr ber 
findlicheö Getrieb umgedreht; diefes erhält feine Bewegung mit 
telft eines Zwifchenraded von einem zweiten, größern Rade, au 
welchem die Kurbel angebracht ift.- 

Die zum Eintrage beftinmte Seide wird von den er er⸗ 
waͤhnten großen Spulen, auf welche ſie, wie die Kettenſeide vor 
dem Schweifen ‚ einfach aufgewunden worden iſt, auf kleine, nur 

ı oder 13 Zoll lange Spulen gewickelt, welche in die unten zit 
befchreibenden Schügen eingelegt werden. Hierzu dient eine eigene 
Spulmafchine, auf weldher 32 Eintragfpulen zugleich mit Seide 
gleihförmig angefüllt werden. Auch die Befchreibung diefer Ma—⸗ 
ſchine kommt im Artikel Spulmafchine vor. Der Eintrag der 
feidenen Bänder ift beinahe gar nie ein einfacher Baden, fpndern 


428 Bandfabrikation. 


entweder doppelt, oder noch mehrfach, wie bereits bei ber Yafı 
sählung der Bändergattungen gefagt worden ift; daher nimmt man 
"auf der eben erwähnten Mafchine die Fäden von 2, 3 oder meh⸗ 
zeren großen Spulen zufammen, um fie gemteinfchaftli auf eine 
Schützenſpule zu wickeln. 

U. Das Weben. Sum Heben der Bänder werden dreier: 
dei Stühle angewendet: Muͤhlſtühle, Schubftühle und 
Handftühle Der meifte und allgemeiufte Gebrauch wird von 
den Müplftühlen gemacht; der Schubftühle bedient man fich faſt 
ausfchließlich zur Verfertigung von Sammtbändern, der Hand- 
ftähle nur zu fehr breiten und fhweren Bändern, befonderd wenn 
diefelben mit fünftlicheren Muftern verfehen find. 

ı) Der Mühlſtuhl (die Bandmühle) ift ein wahrer 
felbfiwebender Stuhl, d. 5. ein folcher, bei welchem die einzelnen 
zur Bildung des Gewebes nöthigen Bewegungen, ohne unmittel= 
bares örtlihes Zuthun der bewegenden Kraft, durch mechanifche 
Vorrichtungen hervorgebracht werden. Cr bat ferner das Eigen- 
thuͤmliche, daß eine große Zahl von Bändern (12 bis 30 oder 40, 
nach Verfchiedenheit der Breite) zugleich darauf gewebt werden, 
und ift hierdurch das Haupt-Beförderungsmittel einer wohlfeilen 
Erzeugung; indem der Arbeiter, welcher den Stuhl in Bewegung 
fept, beim Weben der erwähnten Anzahl von Bändern nicht viel 
mehr Mühe und Zeit aufwendet, als er zu einem einzigen Bande 
von der nähmlichen Breite nöthig hätte. Ein einzelnes Band heißt 
- auf dem Muͤhlſtuhle ein Lauf oder Gang, und fo gibt es alfo 
@tühle mit 20, 24, u. f. w. Läufen oder Gängen. Die Einrich- 
tung des Stuhles, obſchon im Wefentlichen ſtets die nähmliche, 
weicht doch in einzelnen Umftänden ab, je nachdem man bloß glatte 
Bänder (3. B. Taffetbänder), oder Atlasbänder, oder figuricte 
(gemufterte) Bänder darauf verfertigt. 

Fig. ı (Taf. 8) ift der Aufriß der Vorderfeite eines zur Vers 
fertigung von Atlasband, und auch von figurirten Bändern, eins 
gerichteten Muͤhlſtuhles, und zwar von 18 Läufen. Fig. ı ( Ta⸗ 
fel 9) iſt ein Durchſchnitt des wähmlichen Stuhles, und Fig. = 
(Taf. 9) die Anficht der linken Seite deflelben. 

Die Zettelrollen, d. 5. die Spulen, auf welchen die 
einzelnen Ketten aufgewidelt find, und deren mithin ſo viele vor: 


Müpifühle. ' 479 
handen find, als der Stuhl Läufe hat, befinden ſich in einem hin⸗ 
ten am Stuhlgeſtelle angebrachten Rahmen (dem Zettelrah⸗ 
men), wo fie auf Eifendrähten fledien, und frei um dieſelben ſich 
drehen koͤnnen. Man ſteht in Big. 1, Taf. 9, beia eine Diefer 
Spulen, und beit, Fig. ı und 2, den erwähnten Rahmen. Das 
mit die Spulen fi) während ded Webens nicht, und überhaupt 
zu feiner andern Zeit drehen fönnen, ala wenn e8 der Arbeiter. will, 
am einen neuen Theil der Kette flatt des Schon verwebten abzurol« 
len, befigt jede Spule an einer ihrer Scheiben einen Tchrägen 
Einfchnitt, und in diefem Tiegt die Schlinge einer am Zettelrahmen 
befeftigten Schnur, welde die Spule fomit auf die einfachfte 
Weiſe zurückhält. Won ihrer Spule a geht eine jede Kette fchräg 
aufwärts, über ein an der Kante abgerundetes, ſtehendes Bret b, 
uber eine Fleine Rolle c, hierauf um eine freie, mit dem Gewichte © 
befhwerte Rolle d, wieder aufwärts um die Rolle f, und dann 
um die Unterfeite des runden, zwifchen den zwei Säulen y des 
Btuhlgeftelles feftliegenden Seidenbaumes g. Don hier an 
nehmen die Kettenfäden eine horizontale Richtung. Sie gehen - 
juerft durch ein Blatt (das Scheidblatt) h, ſodann durch. Die 
Ligen i der Schäfte m’, und endlich durch das Blatt c’ in der 
Lade k. or diefem Blatte findet, wie bei allen Webeſtuͤhlen, 
die Bildung des Gewebes Etatt, indem ziwifchen die Kettenfäden 
die Faͤden des Eintrages oder Einfchuffes eingezogen werden. Aus 
jeder. Kette wird folchergeftalt ein Band. Die Bänder (2’, Gig. v, 
Taf. 8 und 9) nehmen nun ihren Weg durd, eine Spalte eines 
borizontolen, unbeweglich liegenden, vierfantigen Baumes I (der 
Liegb anf), hierauf um zwei hölzerne Walzen m, n, (die Bands 
bäume), gehen von da fenfrecht hinauf, jedes über eine Rolle o, 
um eine mit einem Gewichte q befchwerte freie Rolle p,. über eine 
abgerundete Leifte r, und endlich fhräg hinab nach einem Rah⸗ 
men 77, der fich hinten über die ganze Breite des Stuhles erſtreckt. 
Diefer Rahmen, welcher der Bandrahmen genannt wird, äft 
durch fenfrechte Ratten in fo viele Abtheilungen getrennt, als der 
Stuhl Läufe hat. In jeder Abtheilung befindet fich eine Feine 
Wale (Bandrolle) s, um welde das fertige Band aufgerollt 
wird. Damit aber diefe Bandrollen nicht von felbft zurückgehen 
tunen, beſitzt eine jede derfelben an einem Ende eine Art Sperr⸗ 





ABO. Bandfabrikation. 


Rad von nicht mehr als zwei Zähnen, in weiches ein hölzerner 
Sperrfegel (Schnapper) einfällt. Die Gewichte e und q find zy⸗ 
Iinbrifche blecherne Buͤchſen, in welche man. Eifenftüdfe legt. Das 
Gewicht q, dab Bandgewicht, muß immer um etwas fchwerer 
feyn, als das Seidengewicht e, aud einem fpdter zu erflä- 
renden Grunde. Die Rollen o, c, f, mit dem dazu gehörigen Ge⸗ 
flelle, nennt der Baudmacher das Gerölle. Mehrere der. biöher 
erwähnten Theile des Stuhles find auch in: Fig. ı ( Taf. 8) und 
Big. 2 (Taf. 9) zu bemerken, wo man fie leicht an den nähmlichen. 
Buchftaben wieder erfennt. 

Es ift fhon oben berührt worden, daß bei fehr breiten Baͤn⸗ 
dern die Kette auf zwei Spulen vertheilt wird. In dieſem Falle 
muß alſo der Zettelrahmen t doppelt fo viel Spulen enthalten, als 
Läufe auf dem Stuhle vorhanden find; die Rollen c, d, Bingegen 
find nur. einfach für jede Kette vorhanden. Die Urfache non der 
Vertheilung der Kette auf zwei Spulen liegt in der Bemerkung, 
bie fich beim Weben darbiethet, daß es unmöglich ift, eine vollz 
fommen. gleiche Spannung aller Fäden. zu erhalten, wenn deren 
eine fehr große Zahl mit einander aufgewidelt find. Denn es ift 
eine gewilfe Ungleichheit der Länge diefer Fäden beim Schweifen 
deſto weniger zu vermeiden, je größer ihre Anzahl wird; und diefe 
Ungleichheit hat dann die natürliche Folge, daß entweder die laͤn⸗ 
gern Fäden auf dem Stuhle fchlaff bleiben, oder die fürzeren, 
Ducch.den ganz allein auf fie fallenden Zug des Gewichtes e, ab⸗ 
reißen: beides für die Schönheit des Gewebes und die Schnellige 
keit der Arbeit fehr nachtheilige Umftände. Der nähmliche Grund 
macht es nothwendig, ſolche Xheile der Kette, von deren hinrei« 
hender Spannung nian befonderö verfichert feyn will, oder die ſich 
in ungleihem Verbältniffe zum Übrigen einweben, auf abgeſon⸗ 
derte Spulen zu bringen, und daher fchon abgefondert zu fchweis 
fen. Diefes ift 3. B. der Fall mit den aͤußerſten Faͤden (Eudfäden) 
ber Leiten an breiten Bändern, welche man gerne etwas flärfer, 
und unabhängig von dem Reſte der Kette, fpannt, damit Die Baͤn⸗ 
‚ ber gerade und nicht fchlaffe Kanten erhalten. Eben fo muß bei 
* figurirten Bändern der zur Hervorbringung ded Mufters oder 
Deſſeins beftimmte Theil der Kette, welcher fi, da er mehr frei, 
und weniger zwiſchen den Eintragfäden gefchlängelt liegt, nicht 


fo- fchnell einarbeitet (d. 5. nicht in fo guoßer Menge verbraucht 
wird), ald die Kettenfäden des Grundes, auf eine befondere Spule 
gewickelt werden. Endlich beobachtet man diefed Verfahren auch, 
wenn zwei Seidengattungen gemifcht verarbeitet, 5.8. Atlaöftrei- 
fen (wozu man gefochte oder entfchälte Seide nimmt) in Duͤnn⸗ 
tuchband (welches aus roher Seide beſteht) eingewebt werden. 
In allen dieſen Sällen wird die zweite Spulenreihe oberhalb der 
erften angebracht. Das die ganze Breite des Stuhls einnehmende 
fchräge Lifierbret. (Lifier von dem franzöfifchen Lisiöre, die 
Leifte eined Zeuges oder Bandes) u,. Fig. ı, 2, Tafel 9, ift hierzu 
vorhanden... Es tft mit hölzermen Nägeln verfehen, auf welche 
man die Spulen v fiedt. Die. Faͤden einer jeder. von diefen Spu⸗ 
ten Taufen über eine Fleine Rolle w (Big. ı, Taf. 9) in dem fo ge: 
nannten Lifierfrange abwärts, um eine freie, mit einem Ges 
wichtchen befchwerte Rolle x, dann wieder hinauf, über eine 
neben w auf demfelben Drahte ſteckende Rolle, und von diefer 
nach dem. Seidenbaune g, wo fie an den gehörigen Stellen zwi⸗ 
fchen oder neben den übrigen Theilen der Kette eingereiht und 

durch das Scheibblatt h gezogen find. | 

Das Scheidblatt hat zum Zwecke, bie Fäden der Banbfetten, 
welche bis zu dem Seidenbaume g eben fowohl auf ald neben eins. 
ander liegen, in eine ebene Släche regelmäßig auszubreiten. Es 
iſt an den zwei Säulen y des Stuhlgeftelles, unmittelbar vor dem 
Seidenbaume, befeitigt, und befteht, wie die Weberblätter über 
baupt, aus zwei langen und dünnen, parallelen, hölzernen Leiften, 
zwifchen welchen, eng an einander‘, fenfrechte platte Stifte (ges 
wöhnlich von Mohr) eingefeht find. Dusch den Raum zwifchen 
zwei re zieht man entweder nur einen einzigen Baden, oder 
auch, bei fhwereren Bändern, wo die Kettenfäden enger beifam- 
men feyn mülfen, zwei, ja Drei Fäden. 

Bon dem Scheidblatte geht Die ausgebreitete Kette nach den 
Schäften hin, welche man auch, zufanmengenommen, dad Wert . 
oder Gefchirr nennt. Die Schäfte bilden einen der wichtigften 
Xheile hier, fo wie bei allen Webeftüßlen überhaupt, indem fie 
die Beftimmung haben, die Kette auf eine folche Art zu trennen 
oder zu theilen, daß nicht nur der Eintrag durch die entflehende 
Dffnung durchgebracht werden kann, fondern auch jeder einzelne 


J 





432 Banbfabrifation. 


Baden deöfelben jene Lage erhält, welche er nach der Natur bes 
Gewebes haben muß. Es wird. unter Weberei über die verfchie» 
denen Modififasionen der Gewebe umfländlich die Rede feyn; hier 
kann einftweilen darüber nur fo viel gefagt werden, als zum Ver: 
fteben der Bandweberei unmittelbar nothwendig ift. 

‚ Jeder Schaft ift eine Sammlung von parallelen fenfrecdhten 
Zwirnfaͤden, deren jeder in der Witte feiner Länge eine Maſche 
zum Durchgange eines oder zweier Kettenfäden beſitzt. Man nennt 
jene Fäden die Ligen; fie find fämmtlich oben an eine dünne 
hölzerne Leifte, wie m’ (Big. 7, Taf. 9) befeſtigt. Die Schäfte 
des Bandfluhls find nicht durchaus mit Ligen verfehen, weil es 
unnöthig und hindernd wäre, an jenen Stellen, wo feine Kette 
durchgeht, dergleichen anzubringen. Die Einrichtung eines Schaf: 
tes erfennt man am beiten aus der nach etwas größerem Maß- 
flabe gemachten Zeichnung, Fig. 2, Taf. 8, welche einen Theil 
deifelben, von vorn und im Profile gefehen, vorflellt. Die Leifte 
m’ befigt fo viele Einfchnitte 0°, als Läufe auf dem Stuhle vor 
handen find ;. ihre untere ſchmale Fläche ift rinnenartig ausgehöhlt, 
und in diefe Rinne ift ein ftarfer Meflingdrabt n? n? gelegt, der 
durch Klammern von Eifendraht, y?, y?, feftgehalten wird. Die 
fer Drabt ift nur fo Di, daß über ihm in den Ausfchnitten o? 
noch etwas Raum bleibt. Die Ligen i werden auf die in den Aus⸗ 
ſchnitten fichtbaren Theile des Drahted aufgefchlungen, fo wie es 
ausführlicher die im: dritten Theile der Größe entworfene Profil 
zeichnung, Big. 3, Taf. 8, zeigt. Mean fieht bier zugleich die 
Einrichtung der Ligen genauer angegeben. Jede Lige ift naͤhmlich 
ein doppelter Zwirnfaden, der bei p?, q?, r? drei Knoten befipt. 
Durch die Mafche, welche folchergeftalt zwifchen q? und r* entfteht, 
wird ein Baden der Bandfette gezogen. Das untere Ende jeder 
Lige trägt ein Stud Eifendraht von 10 bi6 ı2 Zoll Länge und fa 
ı Linie Dide, welches oben platt gefchlagen, und mit einem 
Loche verfehen ift, um an die Litze ängefchlungen zu werden (f. 8°, 
Fig. 3). Diefe Eifen find in allen Biguren, wo fte fichtbar find, 
mit n‘ bezeichnet; fie geben ben Ligen die nöthige Spannung, nud 
dem ganzen Schafte das Gewicht, welches er Haben muß, um 
von felbft fchnell zu. finfen, wenn er gehoben worden ift, und 
wieder auögelaffen wird. Die bier befchriebene Einrichtung der 


Muplftühte. 453 
Schaͤfte iſt die. vollkommenſte, aber fie iſt nicht die wohlfeilite 
(vorzüglich wegen der großen Menge Eifen, welche zur Herftel- 
lung eines ganzen Gefchirres erfordert wird), und Daher aud) 
nicht Die gewöhnlichfie. Meiſtens nähmlich bleiben die Einfchnitte 
o° in der Leiſte (Big. 2, Taf. 8), der Meflingdraht n?, und die 
Eifen n’ weg: die Ligen werden oben ganz; um die Teifte m‘ her: 
umgeschlungen,, und unten auf diefelbe Weife durch eine gleiche 
Leifte verbunden, fo, daß ſie ſich nicht einzeln, fondern nur ge: 
meinfehaftlich bewegen Föunen. “Zum Meben von Taffet⸗ und 
Atlasbändern, überhaupt von foldhen, welche nur glatt oder ge⸗ 
föpert find, find die Eifen auch in der That entbehrlich, obfchon 
fie immer, durch die unabhängige Beweglichfeit einer jeden einzel- 
nen Litze, das Auffuchen abgerilfener Kettenfäden im Laufe des 
Webens fehr erleichtern ; allein, um figurirte (gemufterte) Bänder. 
zu verfertigen, muß man jedes Mahl den Schäften die obige Ein- 
richtung geben, wie fpäter noch berührt werden foll. 

Zum Weben von Atlasband find acht, Schäfte erforderlich, 
und überdieß noch zwei Schäfte zur Hervorbringung der Leiften, 
welche glatt oder taffetartig gewebt find. Leichtere Atlasbänder 
werden indellen wohl auch mit 7 oder 6, zuweilen fogar nur mit 
5 Schäften gewebt. Man fieht dad ganze Gefchire in dem Durch⸗ 
fhnitte, Sig. ı (Taf. 9), und den obern Theil deffelben auch in 
Big. ı (Taf.8); aber in Fig. a (Taf. 9) find die Schäfte wegge⸗ 
laſſen, weil fie die vor ihnen befindlichen Theile verwirrt hätten. 
Die zehn Schäfte denfe man fich von hinten nach’ vorne dergeftalt 
mit Nummer bezeichnet, daß der zunaͤchſt am Seidenbaume g 
befindliche ı, und der erfte hinter der Lade k, 10 heiße. Unter 
diefer Vorausſetzung find die Schäfte ı und a die zum Weben der 
Leiften beflimmten, und 3 bis 10 diejenigen, welche den Atlas, 
oder das eigentliche Gewebe der hier zu erzeugenden Bänder her⸗ 
vorbringen. Die erftern haben Daher auch nur wenige Ligen zu 
beiden Seiten des für eine Kette beftimmten Raumes, fo, wie man 
dei at (Fig. 2, Taf. 8) bemerkt; indeß die. Mitte für den Durch» 
gang der übrigen Kette nach den acht Atlasſchaͤften frei bleibt, 
welche fo wie h*, kt ganz .mit Ligen beſetzt find. Die Zahl der 
Ligen an einem Schafte richtet ſich nach der Staͤrke der Kette; fo 
erfordert. 3. 8. eine ı200 Fäden flarfe Atlasfette an jedem der 

Technoi. Encyelop, 1. BD. 28 


Aa. Bandfahrifation. 


acht Schäfte 150 Ligen. Durch die Mafche in dee Mitte einer 
jeden Lite wird ein einfagher (oder bei Geweben, wozu die Kette 
doppelt geſchweift iſt, ein doppelter) Kettenfaden gezogen, der 
alfo bei dem Hinaufgehen des Schaftes gezwungen ift, demfelben 
zu folgen. Die Vertheilung der Kette in die Schäfte gefchiebt fo, 
daß man zuerft die Fäden zu der einen Leifte in die Schäfte ı und 
a, und zwar abwechjelnd in diefen und in jenen Schaft einen Fa⸗ 
den einzieht; dann aber zu den Schäften 3 bis 10 übergeht, hier 
einen Baden in den Schaft 3, einen in 4, einen ind, u.f.f., endlich 
einen in 10 einzieht, and dieſes in derfelben Ordnung fo Tange wies 
derhohlt, bis die Kette zu Ende iſt. Zulegt wird dann Die Kette der 
zweiten Leifte auf obige Art in die Schäfte ı und 2 eingezogen. 
Hieraus ergibt fich auch leicht Die Art, wie man z. B. einziehen 
müßte, wenn der Grund des Bandes Taffet oder Grosdetours, 
und nur mit einzelnen Streifen von Atlas verfehen ware. Alle 
Kettenfäden zum glatten Grunde fämen dann in das hinterfie 
Schäfte-Paar, und nur die Faͤden zu den Streifen in die acht 
vordern oder Atlas⸗Schaͤfte. Damit die Schäfte bei ihrer auf und 
‚nieder geheiiden Bewegung nicht an einander fteeifen und fich rei⸗ 
ben, find drei gitterförmige Rahmen (Befchirr- Bitter) p’ 
angebracht, von weldjen eines in Sig. 7 (Taf. 9) abgefondert vor: 
geftellt it. Jedes ſolche Gitter ift mittelit zweier Schnüre au 
dem Schnürbret q/ (deifen Beftimmung bald erflärt wird) aufge: 
hängt; und beſteht aus neun fenfrecht zwifchen zwei Querleiften 
eingefegten dünnen Stäbchen, zwiſchen welchen die acht mittleren 
Schäfte Raum genug haben, im ſich ungehindert auf und ab 
bewegen zu können. Der erfte und zehnte Schaft befinden fi) 
außerhalb der Gitter; Um die Verwirrung der Ligen, fo wie Die zu 
große Reibung der Eifen n’ und ihr Hin⸗ und Herfchwingen bei 
der Bewegung der Schäfte zu vermeiden, gehen die Eifen aller 
zu einer Bandkette gehörigen Ligen durch ein viereckiges Loch in 
einem Brete 0’ (Fig. ı, Taf. 9), welches Loch noch durch Eifen- 
Drähte in zehn Abtheilungen getrennt ift, fo, daß die Eifen eines 
jeden Schaftes für ſich abgefondert find. In ig. 4, Taf. 9, ill 
ein Stück diefes Breted in der Anficht von oben abgebildet. 
Die Lade k, durch welche Die Ketten zunächft ihren Weg neh⸗ 
men, bat in den Haupttheilen die nähmliche Einrichtung, wie bei 


‚Müplftühle. 435 


allen Webeftühlen. Sie ift ein flarfer, die ganze Breite des 
Stuhles ausfüllender Rahmen, aus zwei Seitentheilen k beftehend, 
welche oben durch ein Querſtück w‘/ u“ (Fig. ı, Taf. 8) und unten 
ducch zwei andere Querftüde i/, k/, verbunden find. Bei u‘, w 
hängt diefer Rahmen in Zapfen, um welche er vor: und rüd: 
wärtd fchiwingen fann. Zwifchen i‘ und k/ find die Blätter c/ ein« 
gejebt, für jede Bandkette eines, wie man deutlich in Fig. ı, 
Zaf. 8 fieht. In Fig. 5, Taf. 9, wo ein Stud der Lade in grös 
Berem Maßitabe vorgeftellt ift, find die Räume ec‘, in welche die 
Blätter eingefegt werden, leer gelaſſen. Fig. 4, Taf. 8, zeigt 
ein Blatt abgefondert. Es befteht aus einem Fleinen, von zwei 
horizontalen hölzernen Leiftchen und zwei fenfrechten Stahldrähten 
zufammengefesten Rahmen, in welchen platte Stahlftifte, wie die 
Rohrſtifte des Scheidblatted, fenkrecht und eng neben einander 
befeftigt find. Durch die Sffnung swifchen zwei Stiften gehen bei 
Atlasband 8, feltener b oder 5 Faͤden der Kette (bei Taffetband 
2, 3, auch 4, bei Grosdetours 6 oder 8, bei Dünntuchband nur. 
ein einziger). Je dichter das Bandgewebe werden foll, defto 
mehr Häden zieht man zwifchen zwei Stiften des Blattes ein; 
weil wegen der nöthigen Stärfe der Stifte es nicht angeht, die 
Anzahl derfelben auf einem gegebenen Raume beliebig zu vermeh- 
sen. Ein leichteres, d. i. mehr lockeres Gewebe läßt ein Blatt 
mit weiter ſtehenden Stiften zu. Dan fönnte zwar mit einem ſol⸗ 
hen auch die [hwerften Bänder erzeugen, indem man die Zahl der | 
Fäden in einer Offnung nad; Erforderniß vergrößerte ; aber dieß 
wäre ein Mißbrauch von üblen Folgen. Denn in der That bleiben 
die Kettenfäden, welche gemeinfchaftlich durch eine Offnung des 
Blattes laufen, vor der Lade einander defto näher, je weniger 
Raum fie im Blatte haben, und es entftehen Hierdurch einzelne 
Sädenbüfchel, weldye durch größere Zwifchenräume von einander 
getrennt find, und das Gewebe ftreifig machen. Der Einfluß 
diefes Umſtandes ift bei glattem Band (Zaffetband) am merflichften. 
Es ift demnach am zweckmaͤßigſten, die für eine beftinmte Breite 
der Kette feftgefeßte Anzahl von Fäden fo gleihförmig als mög: 
lich zu vertheilen, und dieß gefchieht Durch Anwendung eines nicht 
zu groben Blattes. 

Es iſt gefagt worden, daß die Bildung des Gewebes, durch) 

28 * 


436 Bandfabrikation. 


die Vereinigung des Eintrages mit der Kette, unmittelbar vor der 
Lade Statt findet. Das Werkzeug, welches hierzu bei allen Ar: 
ten von Weberei gebraucht wird, die Schüpe, hat an den Band⸗ 
müblen eine etwas eigenthümliche Einrichtung (f. Fig. 9, Taf. 8, 
die Anficht einer Bandfchüge von oben und von vorn). Sie ift ein 
ungefähr balbrundes , bei bedeutenderer Größe auch mehr laͤngli⸗ 
ches, flaches, und an den Enden dünner, faft ftumpf ſchneidig 
zulaufendes Stück Buchsbaumholz. Ihre Länge beträgt wenig⸗ 
fiend die doppelte Breite des damit zu webenden Bandes ; ihre 
Breite ſtets nur + bis 2 Zoll. Sie befigt nahe an der hintern, 
geraden Kante, fowohl auf der obern als auf der untern Släche, 
eine Rinne, wie ı? 13, und weiter vorn eine große Durchbrechung 
in welcher die Fleine, mit Eintragfeide angefüllte Spule u? Platz 
findet, ohne weder über die obere noch über die untere Fläche her⸗ 
vorzuragen. Der Faden geht von diefer Spule durch ein Feines, 
mit einem Glasringe gefütterted Loch x? heraus. Die Spule 
fleft und dreht fich auf einem feſt eingelegten Eifendrahte. Damit 
fie fi) nicht mehr drehen fann, als der Zug des ſich abwicfelnden 
Badens gerade verlangt, fo drückt auf fie das ringförmig gebogene 
Ende eined Drahtes v’, der mit feinem andern, umgebogenen, 
Ende in ein Loch des Holzes geſteckt ift, und auf welchem die 
ſchwache Stahlfeder w’ liegt. Diefe Schägen, deren fo viele ald 
DBandläufe am Stuhle vorhanden feyn müſſen, find wahre Schnell» 
fügen, d. h. folhe, welche nicht unmittelbar von der Hand des 
Arbeiters, fondern durch einen Mechanismus geworfen, oder 
eigentlich geſtoßen werden. 

Durch die auf und nieder gehende Bewegung der Schaͤfte, 
in welcher dieſelben auf eine noch zu beſchreibende Art mit einan⸗ 
der abwechſeln, wird "ein Theil der Kette aus der horizontalen 
Ebene, in welcher die ganze Kette fi) urfprunglich befindet, ents 
fernt, und in die Höhe gehoben. Hierdurch entfteht, wie man in 
Fig. ı., Zaf. 9, fieht, eine Öffnung zwifchen den gehobenen und 
liegen gebliebenen Settenfäden, welche ſich rüdwärts bis an den 
Ceidenbaum g, vorwärts bis außerhalb die Lade erftredt, und 
an beiden Punften in einen fpigigen Winfel zufammen läuft. 
Durch diefe Offnung muß der Eintrag, und zwar abwechfelnd von 
der rechten gegen die linfe Seite und von der linfen gegen die 


Muͤhlſtuͤhle. 437 


rechte, mittelft der Schüge durchgegogen werben. Die hierzu ger 
troffene Anordnung ift fo befchaffen, wie fie die Zeichnungen Fig. 
» (Taf.8), Sig. ı und 5 (Taf. 9) angeben. In die zwei unteren 
Querſtücke i/ und k’/ der Lade find nähmlic doppelt rechtwinklig 
gebogene eiferne Bügel d’ eingefept; für jede Schüpe ein Paar, 
welche zwifchen ihren horizontaten Theilen eine geringe Öffnung 
laſſen. Diefe Bügel befinden fi) vor den Blättern c’, und an 
den zwifchen leßteren leer gelaflenen Stellen, alfo zwifchen den 
einzelnen Bändern. Es iſt um ein Bügelpaar mehr vorhanden, 
als der Stuhl Läufe Hat, im angenommenen Falle alfo beträgt 
ihre Anzahl 19, fo, daß links und rechts, außerhalb des erften 
und des lebten Bandes, ein folches Paar Bügel ſteht (f. Fig. ı, 
Taf. 8). Zwifchen die horizontalen Theile der zwei zufammengehöris 
gen Bügel wird eine Schüge e’ mit ihren Rinnen t? ı? (ig. 3, 
Taf. 8) eingefchoben, fo, daß fie fich Teicht, aber ohne zu fchlot- 
tern, darin bin und her bewegen läßt. Die Bewegung, welde 
den Schügen, um das Weben zu verrichten, gegeben wird, bee 


flieht in dem Übergange von einem Bügelpaare auf das nächte, 


und von diefem zurüd aufdas erfte, in immer dauernder Abwechs⸗ 
lung, wobei die Schüge durch die von den Schäften gemachte 
Öffnung der ihr zugehörigen Kette durchgeht, und der von der 
Spule fommende Eintragfaden fich in jene Öffnung gefpannt 
bineinlegt. Damit diefe Bewegung möglichft Teicht vor fich gehe, 
muß, wenn das vorausgehende Ende den nächiten Bügel fchon 
erreicht hat, noch etwas mehr als die Hälfte der Schübe in dem 
alten Bügel zurũck ſeyn; im entgegengefegten Falle ſenkt fich dad 
berausftehende Ende der Schüge, und flößt gegen den untern Büs 
gel des nächften Paares, oder, was noch fchlimmer ift, gegen 
Die Kettenfäden. Man erreicht jenen Zweck dadurch, daß man den 
Bügeln eine im Verhaͤltniſſe wie 7 zu 3 größere Tänge‘gibt, ale 
den Räumen zwifchen zwei auf einander folgenden Paaren derfel- 
ben. Hierdurch it auch das Verhältniß zwifchen der Länge der 
Schügen und der Breite der Blätter (oder der Bänder) beftimmt. 

Die Liegbanf 1, auf welche die fertigen Bänder zunächft ges 
Iangen, hat eben fo viele, in ihrer Mittellinie befindliche Spalten, 
ald Bänder auf dem Stuhle gewebt werden. Diefe Spalten die: 
nen den Bändern zur Leitung nach der Walze oder dem Baume 


ı 458 Bandfabrikation. 


m hin. Die Liegbank beſitzt ferner auf ihrer obern Seite zwei, 
die ganze Länge einnehmende, flache Rinnen, in welche der Ar- 
beiter feine Huͤlfswerkzeuge, z. B. eine Fleine Schere und ein 
Zängelchen zum Pugen der Bänder, bequem legen fann. 

Die Bewegungen, weldye zum Weben nöthig find, und 
welche hier in der gehörigen Abwechslung durd einen Mechanis⸗ 
mus hervorgebracht werden, find: a) das Heben der Schäfte, und 
die Dadurch bewirkte Theilung der Kette; 2) die Bewegung der 
Schügen durch die hierbei entftehende Offnung, wodurch der Ein» 
trag zwifchen die Kettenfäden gelegt wird; 3) dad Schwingen der 
Lade, welche, wenn fie vorwärts geht, mittelft der Blätter die 
Eintragfäden an einander treibt. 

Quer durch den ganzen Stuhl geht eine eiferne Achſe d? (Fig. 
1, Zaf.8, Fig. ı, 2, Taf. q), welche am rechten Ende ein hölzer- 
ned Schwungrad h?, und am linfen, innerhalb des Stuhlgeftelleg, 
eine Scheibe c* trägt- An den Enden des Stuhles befinden fich 
zwei hölzerne Arme i? (die Treibarme), welche vorn durch eine 
runde Stange K? (die Triebflange) verbunden find. Mit dem 
bintern Ende ift der rechte Treibarm in eine furbelförnige Biegung 
der Achfe d?, zunächſt am Schwungrade, und der linfe in einen 
auf der Scheibe c* außer dem Mittelpunfte ftehenden Zapfen ein: 
gehängt. Außerdem ift jeder Treibarm bei 1? durch einen Zapfen 
mit einem Seitentheile k der Lade in Verbindung gefebt. Das 
von dem Arbeiter mit den Händen bewirkte Vor- und Rüdiwärtds 
fhieben der Zriebitange k? feßt, diefer Anordnung gemäß, nicht 
nur die Achfe d? in Umdrehung, fondern auch die Lade k in ab- 
wechfelnde Schwingung um ihre Aufhängungspunfte u‘. Auf der 
Achſe d? befindet fich ein Trilling e®, welcher in'ein Zahnrad f? 
eingreift, und daſſelbe umdreht. Die Welle g? des letztern ift vier- 
edig, von Holz, und geht nicht nur durch die ganze Breite des 
Stuhles, fondern ragt aufder Iinfen Seite noch ein wenig über den- 
felben hervor. Hier trägt fie ein gezahnted Radm? (Fig. 2, Taf. 9), 
welches in ein anderes folches Rad, n? (Fig. ı, Taf. 8, Fig. 2, 
Zaf. 9) eingreift. Hierdurch wird die Bewegung auf Diejenigen 
Theile übertragen, welche das Heben der Schäfte verrichten, und 
zufammen die fo genannte Atlasmafchine bilden, Das Se: 
ftell diefer Mafchine ift eine neben dem Stuhle angebrachte Banf 


Mühlſtühle. 459 


at, unter welcher fih das Rad n? befindet. Diefes Rad iſt feſt 
mit einer hölzernen Walze 0? verbunden, auf welcher, zur gehöri« 
geu Bewegung der Schäfte, in einer gewiflen Ordnung Kammen 
oder Daumen angebracht find. 

Jeder der zehn Schäfte hängt an drei Schnüren, s’ (Fig. ı, 
Zaf.8 und y); diefe dreißig Schnüre, welche durch Löcher in dem 
Schnürbrete q’ geben, find über eben fo viele Rollen t/ gelegt, 
welche zu zehn-und zehn auf einer gemeinfchaftlichen Achſe fleden, 
fo, daß fie fi unabhängig von einander umdrehen können. Auf 
der linfen Seite des Stuhles, oben, find die drei Schnüre eines 
jeden Schaftes mit einander über eine der zehn Rollen v’, wi, x’ 
geleitet, und unter denfelben gemeinfchaftlich an eine ftärfere 
Schnur oder an ein dünnes Eifenftängelchen y“ geknüpft. Wenn 
eines Diefer zehn Stängelchen herabgejogen wird, fo geht der 
Schaft, dem die.daran befeftigten drei Schnüre s zugehören, in 
die Höhe. Dieß wird aber auf folgende Art bewirkt. Zehn ein- 
armige Hebel 2’, die ihre Dredungspuntte in einem Eifenftängel- 
hen haben, auf welches fie mit ihren hinteren Enden geſteckt find, 
befinden fidy über der Banf ar; fie heißen Die Dbertritte. Se: 
der derfelben ift mittelit eines Eifenfiängelchens b? mit einem Un⸗ 
tertritte oc? verbunden. Die Untertritte gehen unter der Walze 
0? durch, und haben ihre gemeinfchaftliche Drehungsachfe vorn 
unter der Banf at. Ein jeder von ihnen trägt ein eifernes aufrecht: 
ſtehendes Stängelchen, und an diefem eine Sriktionsrolle, auf 
welche die Kammen oder Daumen der Walze o? wirfen, um die 
Untertritte, durch diefe die Obertritte, herabzuziehen, und fomit 
die Schäfte zu heben. Für jeden Untertritt der acht Atlasfchäfte 
ſteht ein Daumen auf der Walze; für jeden der zwei Leiftenfchäfte 
enthält diefelbe vier Daumen: fo, daß bei einer Umdrehung der 
Walze die Schäfte 3 bis 10 jeder ein Mahl, die Schäfte x und 
3 aber jeder vier Mahl gehoben werden. Die Ordnung diefes 
Hebens, nach welcher die Stellung der Daumen auf der Walze 
eingerichtet feyn muß, ift folgende: 

3.6.9.4.7.10.9.8 
14.2. TEE, 
wobei die unter einander ſtehenden Ziffern die zwei Schäfte anzei: 
gen, welche ſtets zugleich gehoben werden. In Big. ı, Zaf. 9 


440 _  Bandfabrifatin. « 


fieht man au den Schäften, und in Big. ı, Zaf. 8, an den Trit⸗ 
ten, daß eben die Schäfte a und 10 in die Höhe gegangen find. 
Die Daumen auf der Walze 0? greifen (wie man in Big. 2, Taf. q, 
bemerft) dergeftalt mit ihren Grundlinien über einander, daß der 
eine feinen Zritt fchon hinabzubrüden anfängt, bevor nad) der 
vorhergehende den feinigen ausgelailen hat. . Man zieht diefe 
Einrichtung darum vor, weil die Hebung eined neuen Theiles der 
Kette leichter und mit weniger Reibung vor fich geht, wenn der 
unmittelbar vor&er gehobene Theil noch nicht ganz in Die Reihe der 
liegen gebliebenen Fäden zurückgekehrt iſt. Jedes Mahl, wenn 
zwei Schäfte gezogen werden, wird die Hälfte der Leiften- Ketten» 
fäden, und .$ der Atlasfette über die Sbene dev übrigen Kette 
binaufgezogen ; fodann wird ein Eintragfaden durchgeſchoſſen, und 
durch die Kortfegung diefed Vorganges bildet fi) von felbft das 
geföperte Gewebe des Bandes, und das glatte Gewebe feiner 
Leiften (f. das Ausführlichere hierüber im Artifel Weberei). Die 
unrechte oder linke Seite des Atladbandes ift auf dem Stuhle nach 
oben gefehrt. 

Es bleibt nun noch die Art zu erflären übrig, wie die Ber 
wegung der Schüßen hervorgebracht wird. Dorn auf dem unter: 
ſten Querftüde ı/ der Lade liegt eine Stange g’, welche eben fo 
lang it, als die Lade breit, und auf ein Paar Rollen, wie h’ 
(Big. 1,5, Taf. 9) hin und her laͤuft. Diefe Stange ift mit eben 
fo vielen aufrechtftehenden eifernen Zähnen f! (Big. ı, Taf. 8, Fig. 
1, 5, Taf. 9) befeßt, ald Paare von Bügeln an der Lade vorhan- 
den find, und heißt wegen ihrer Geftalt der Rechen. Sie erhält 
eine fchiebende Bewegung, abwechſelnd rechtd und links, und 
immer nur um fo viel, als die Länge eines Bügeld d’/ beträgt; 
fo, daß jeder Zahn von einem Ende feines Buͤgels bis zum andern 
bin and ber geht, und hierbei abwechfelnd eine und die andere der 
zwei Schüßen, ziwifchen welchen er ſich befindet, vor fich her treibt. 
Würde diefe Bewegung langfam geichehen, fo fönnte jede Schüge 
nicht um mehr fortgefhoben werden, als der Weg des Rechen 
oder die Länge eines Buͤgels beträgt; fie müßte daher faft mitten 
vor dem Blatte und in der geöffneten Kette ftehen bleiben. Die 
Bewegung, welche der Nechen den Schügen einpflangt, ift aber 
ein plöglicher Stoß, und diefer treibt Die Schügen vor den Blaͤt⸗ 


. Mühlftüple. 7% Ws 


tern vorbei, ganz auf bie naͤchſten Bügel hinüber. Folgender Mes 
chanismus iſt beſtimmt, Diefe en von der Welle g* (Fig. 2, 
Taf. 9) Berzuleiten. 

Mit dem Rechen g/ ift am Tinfen Ende der Lade ein vierecki⸗ 
ges Bret v2 (Big. 1, Taf. 8, Fig. 2, 5, Taf. 9) verbunden, wel 
ches fich hinter einer Leifte w* und auf dem Drahte x? hin und her 
ſchiebt. An derfelben Stelle ift hinten auf den Querftäden ir, k‘ 
der Lade ein Bret befeftigt ; und es entſteht fo eine Art von Kaften, 
in welchem fich eine Rolle t? befindet, deren eiferne Achfe y? am 
vordern Ende gleich einer Kurbel .gebogen if, hier eine Friktions⸗ 
solle trägt, und durch einen mit Eifen. gefütterten fenfrechten Ein⸗ 
ſchnitt des Bretes v* durchgeht. Diefe ganze Vorrichtung nennt 
man den Schlag. Eine ftarfe-Ochnur s? umfchlingt die Rolle t?, 
läuft dann aufwärts, über zwei Leitungsrollen u?, und hierauf 
abwärts, gegen die Welle g? bin, wo ihre Enden, an zwei Tritte q? 
befeftigt find. Weil eine fo Tange Schnur fich ſtark auszieht, fo 
iſt es beifer, von den Rollen u? bis zu den Teitten q? zwei Eifen« 
ſtaͤngelchen herabgehen zu laſſen, an welchen oben die Enden der 
Schnur hefeftigt werden. Die Tritte haben ihren Drehungs⸗ 
punft in r?, und befigen vorn jeder eine Sriftionsrolle, woran fie 
von den auf der Welle g? befeftigten Daumen oder Wellfüßen p* 
abwechfelnd niedergedrüct werden. - Wenn einer diefer Tritte nie 
dergeht, fo zwingt er mittelft der Schnur s? die Rolle t?, eins 
halbe Umdrehung zıe- machen; die Kurbel y? der Rolle treibt daher 
das Bret v*, in deſſen Einfchnitt fie liegt, plöglich feitwärts, und 
fchiebt Hierdurd, den Rechen. Geht der zweite Tritt q? hinab, 
und der erfte dafür hinauf, fo findet Diefelbe Bewegung der Rolle 
t? und des Rechens Statt, nur nad) verfehrter Richtung, und die 
Schützen werden auf jene Bügel zurädgeftoßen, wo, fie anfänglich 
waren. Für jeden Tritt q? find zwei Süße p? auf der Welle g* 
vorhanden, welche einander gegenüber ftehen; und daher gehen 
die Schügen zwei Mahl links und zwei Mahl recht6 durch die Kets 
ten, d. h. es werden vier Faͤden eingefchoifen, während die Welle - 
8? eine Umdrehiing macht. Die Walze o* aber vollbringt, wie 
oben gezeigt worden it, bei acht-Einfchüffen eine Umdrehung ; 
und die Achfe d? muß fich vier Mahl umdrehen, damit durch die 
Bewegung der Treibarme it die Qade vier Mahl vorwärts gehe, 


442 ' Bandfabrikation. 


und vier Eintragfäden mittelft der Blätter anfchlage. Man muß 
daher den Rade f! vier Mahl fo viel Zähne geben ald dem Ge- 
triebe e?, und dem Nade n? zwei Mahl fo viel ald dem Rade m?. 

Es wird zweckmaͤßig feyn, die Hauptpunkte von der Einrich⸗ 
tung und dem Gebrauche ded Stuhles in einer kurzen Überficht zu 
wiederhohlen,, nnd einige noch nicht vorgefommene Bemerkungen 
anzufchließen.. Nachdem die mit den Ketten angefitliten Spulen a, 
oder a und v, an ihren gehörigen Drt geitedt, und die Ketten 
einzeln über die im hintern Theile des Stuhles befindlichen Rollen 
nach dem Seidenbaume g hin geleitet worden find, werden fie 
durdy das Scheidblatt h in eine ebene Fläche ausgebreitet, und 
dann in die Mafchen der an den Schäften m’ befindlichen Litzen i 
eingezogen, nach einer Ordnung, Die oben näher bezeichnet iſt. 
Wenn aus den neu auf den Stuhl gebrachten Ketten die nähn- 
liche Sorte Band gewebt werden fol, welche unmittelbar vorher 
darauf verfertigt worden ift, fo hat man von der alten Kette ein 
Stück gelaflen, welches von der Liegbanf 1 bis durch dab Scheid⸗ 
blatt reicht; und die neuen Faͤden werden dann nur mit den Zins 
gern an dieſe Refte angedreht, wodurch man dad mühſame Ein: 
ziehen in das Scheidblatt, in die Ligen und in die Blätter der 
Lade erfpart. Wenn aber die neue Kette mehr oder weniger Faͤden 
als die alte enthält, fo geht dieſe Abkürzung nicht an, und man 
muß fie alſo förmlich einziehen. Einzig um das Andrehen oder 
Einziehen fo viel möglich zu erfparen, fo wie, um nicht zu oft 
das Stud der Ketten zwifchen der Lade und dem Seidenbaume, 
welches dabei jedes Mahl verloren geht, einzubüßen, gibt man 
den Ketten die fo bedeutende Länge von Joo und fogar noch mehr 
Ellen. Aus den Ligen der Schäfte gelangen die Ketten in Die non 
platten Stahlitiften zufammengefegten Blätter o“, welche zwiſchen 
den unteren Quertheilen i‘, k/ der Lade k ftehen. Etwas weiter 
vorn fieden auf ihren Bügeln die Schüpen e’, welche, von dem 
Nechen bin und her getrieben, den Eintrag zwifchen die Ketten 
legen, und alfo den Bändern ihre Entftehung geben. Diefe lau: 
fen dann durch die Spalten der Liegbanf 1 hinab, um die Bands 
bäumem,n, über die Rollen o und die Leifte r nach den Bandrollen 
s bin. Die Gewidte e und q — die nöthige —— der 
Ketten und Baͤnder. 


Mühlſtühle. 443 


Bei den gewöhnlichen Muͤhlſtühlen wird Die Bewegung durch 
einen Arbeiter hervorgebracht, welcher die Triebflange k? abwech⸗ 
ſelnd gegen fich hin zieht, und von fich weg ftößt; es ift aber Mar, 
daß man mitteljt einer an der Achfe d? angebrachten Rolle und 
eines endlofen Riemens ſolche Stühle auch durdy ein Waflerrad 
oder eine Dampfmafchine kann betreiben laffen. Wenn Wafler 
die beivegende Kraft ift, fo it auf den Umſtand Nüdficht zu neh⸗ 
men, daß oft mehrere Stühle zugleich , wegen bes Reißens der 
Kettenfäden, ftill ftehen müffen. Damit für diefen Ball die Bes 
wegung der übrigen nicht augenblidlich zu fehr befchleunigt werde, 
ift mit der Schuͤtze des Waflerrades ein. Regulator in Verbindung 
zu fegen, der die Menge des auf dad Rad fallenden Waſſers in 
entfprechendem Grade verringert. Übrigens ift die Verbindung 
und Zufanmenwirfung aller Theile des Stuhles die naͤhmliche, 
derfelbe mag duch Menfchenhände oder Elementarkraft getrieben 
werden. Mittelfi der Treibarme i* wird die Lade um ihre Aufhaͤn⸗ 
gungspunfte u’ vor⸗ und rüdwärtd bewegt. Wenn fie rückwaͤrts 
geht, fo heben die Daumen der Walze 0? zwei von den zehn Schäfe 
ten., hierdurch alfo den entfprechenden Theil der Kettenfäden em⸗ 
por; und der Rechen g‘, von den Daumen p? der Welle g? mittelft 
der Tritte q?, der Schnur s? und der Rolle x? mit ihrer Furbelför- 
migen Achſe y? bewegt, fößt die Schügen durch die geöffneten 
Ketten. Wenn hierauf die Lade vorwärts geht, bleiben die Schüs 
pen ſtehen, und die Stifte der in die Lade eingefehten Blätter e 
fhlagen den eben eingefchoffenen Eintragfaden an den vorherges 
benden an, um dem Gewebe die gehörige Dichtigfeit zu geben. 
Die Bänder muͤſſen in demfelben Maße, al fie fich bilden, gegen 
Die Bandbäume m, n, hin fortrüden. Diefe aͤußerſt langfame Be: 
wegung erhalten fie zum Theil ſchon durch den Schlag der Lade, 
welche bei ihrem Vorwaͤrtsgehen mittelft der Stahlftifte in den 
Blättern ein geringes Sortfchieben bewirkt; vorzüglich ift aber zu _ 
diefem Zwecke dad Gewicht q eines jeden Bandes beflimmt, wels 
ches immer etwas fchwerer ift, als das Gewicht e der Kette, und 
durch diefen Überfchuß bei dem geringften Stoße, welchen das 
Blatt der Lade auf den Eintrag ded Bandes ausübt, Tebtered 
fortzieht. Dieſed Fortziehen ift defto bedeutender, je größer man 
dad Gewicht q, verglichen mit e, macht; durch Zulegen einiger 


Ab& Bandfabrifation. 


Eifenftüdchen in eine der Büchfen q wird daher dad Gewebe des 
Bandes augenblidlich Ioderer, weil weniger Einfchußfäden auf 
einen gleichen Raum der Länge fommen; fo wie aud der entgegen» 
gefegten Urfache eine Vermehrung des Gewichtes von e, oder eine 
Verminderung von q, wobei die Kette mehr zurücgehalten wird, 
die Dichtigfeit des Sewebten vergrößert. Diefed Mittel, die Dich⸗ 
tigkeit ded Gewebes zu verändern, fann nach Willfür für jedes 
Band einzeln angewendet werden; der Stuhl hat aber noch eine 
Einrichtung, wodurc man augenblicklich denfelben Erfolg bei allen 
Bändern gemeinfchaftlich hervorzubringen im Stande ift (ſ. Fig. 6, 
Zaf. 9, und Fig. ı, Taf. 8). Um die Mitte des hintern Bandbau⸗ 
med n ift naͤhmlich ein Strick k’ gefchlungen, der unter dem 
Baume m dumhläuft, vorn am Stuhle über eine Rolle #? an dem 
Querbrete g? in die Höhe geht, und an den kurzen Arm eines 
Hebels 1? befeftigt iſt. Diefer Hebel hat feinen Drehungspunkt 
auf der Stüge h?, welche die Liegbanf I mit dem Brete g° verbin- 
det, und trägt am entgegengefepten Ende ein Gewicht m?. So—⸗ 
bald man die Schnur diefed Gewichtes vom Drehungspunfte weis 
ter weg, gegen das Ende des Hebels hinaus, jchiebt, wird die 
Spannung des Strides ko, folglidy die Reibung deilelben an den 
Bandbäumen m, n, vergrößert, die Umdrehung diefer Bäume er» 
fhwert, und folglich die ganze Neihe der Bänder mehr zurüdges 
halten, und am fchnellen Fortruͤcken gehindert. 

Der Arbeiter, welcher den Stuhl in Bewegung fest, muß 
zugleich alle etwa vorfallenden Fehler beobachten und verbeilern, 
Knoten und andere Unreinigfeiten mittelft eines Yederzängelchend 
und der Schere aus dem Gewebe entfernen, die brechenden Ket⸗ 
tenfäden auffuchen und anknüpfen, abgeriffene Ligen durch neue 
erfegen, die leer gewordenen Spulen der Schügen heraus nehmen, 
und andere dafür einlegen, 2c. Wenn, durch das allmähliche Korte 
rüden der Bänder die Gewichte q fat bis auf den Boden gefuns 
fen, und die Gewichte e dafuͤr in die Höhe gekommen find; fo 
fchreitet man zum Aufwideln der Bänder auf die Bandrolien s 
(Fig. ı, Taf. 9), wozu eine jede folche Rolle mittelft einer auf das 
vierfantige Ende ihrer Achfe geftedten Kurbel umgedreht wird. 
Hierbei wird nun auch die rechte Seite des Bandes, welche hier 
dem Arbeiter im Gefichte ift, gepußt. Die Gewichte Fommen durch 


Muüplfhihle. 445 


das Aufrollen, wenn man fodann auch die Ketten von den Spulen a 
und vnachläßt, wieder in jene Lage gegen einander, welche fie frü- 
her gehabt haben, und die in den Zeichnungen angegeben ift. Ein 
fleißiger Arbeiter webt des Tages (in ıa Stunden) von Atlasband 
Pr. ı, auf einem Stuhle mit 36 Läufen, ı3 bis 17 Ellen; von 
Nr. 6 und 8, mit ao Länfen, ı0 bis ı3 Ellen; von Nr. ıa und 
ı6, mit 10 oder ı2 Läufen, 8 biö 10 Ellen; von Mr. 32, mit 
8 oder 9 Läufen, 6 Ellen. Diefe Länge ift von einem Laufe zu 
verftehen, und muß mit der Zahl der Läufe multipliziet werden, 
wenn man den ganzen Betrag des Erzeugniffes finden will. Ed 
ift Plar, daß man auf einem Stuhle, der. für eine gewiffe Nummer 
eingerichtet ift, ohne Anftand auch alle fhmäleren Gattungen wes 
ben fann; doch thut man Diefes felten, und nie bringt man Baͤn⸗ 
der von fehr ungleicher Breite auf einen Stuhl zufammen, weil 
ſich dann beiden fehmäleren.der Eintrag nicht gut mehr fpannt. 
Der in den Figuren ı (Taf. 8) und ı, a (Taf. 9) abgebildete 
Muͤhlſtuhl iſt mit einer Einrichtung verfehen, vermittelft welcher im 
erforderlichen Falle auch Figuren in die Bänder eingewebt werden 
tönnen. Diefes ift die Trommel co’, eine hölzerne, mit gewiſſen res 
gelmäßigen Erhöhungen (aufgeleimten Holzkloͤtzchen) verfehene Wal⸗ 
je. Für den Fall, daß man fich der Teommel bedienen will, werden 
an die Ligen (und zwar an. die obern Knoten p!, Big. 3, Taf. 8, 
welche nur dazu vorhanden find) flarfe Bäden angefchlungen, fo 
genannte Aufheber, welde durch Löcher in dem von zwei Balz 
fen r’ getragenen Schnürbrete q’ durchgehen, oben zwifchen 
zwei dannen Walzen a’ (Big. ı, Taf. 8) fich einander nähern, und 
an die Platinen b? (hafenförmige Holzichienen) befeftigt find. 
Der Hebel d? dient dazu, die Platinen, und durch fie mittelft der 
Aufheber die Ligen, in beflimmter Abwechslung in die Höhe zu 
ziehen, indem er mittelft ber Ziehftange e® an einem außer dem 
Mittelpunkte ftehenden Zapfen £? des Schwungrades h? eingehängt 
ifl. Da hierbei jede Lie unabhängig von den übrigen ihres Schafs 
tes beweglich feyn muß, fo geht ed nicht an, fle unten Durch Leis 
ften zu vereinigen, ſondern die Eifen n’ find beim Figurweben un« 
entbehrlih. Der Mechanismus d? e? f? ſchiebt zugleich bei jedem 
neuen Eintragfaden die Trommel c? um einen gewillen Theil ih: 
res Umfreifes weiter, und hierdurch wird bewirkt, daß jedes Mahl 


446 Bandfabrifation. 


andere Ligen, folglich andere Kettenfäden, gehoben werden, wie 
es zur Hervorbringung ded Mufterd nothwendig it. Es ift hier 
nicht der Ort, die Befchaffenheit und Wirfungsart dieſer Worrich- 
tung näher anzugeben ; fie ift in die Zeichnungen nur darum auf: 
‚ genommen worden, damit Die Art ihrer Verbindung mit dem 
Bandftuhle fihtbar werde. Der Artifel Weberei wird ausführ- 
liche VBefchreibungen fowohl hiervon, als von anderen Mechanis- 
men (z.B. der Leinwand: und Sacquart:Mafchine) enthalten, weldhe 
flatt der Trommel angewendet werden, um Deffeins in Bändern 
(und Zeugen überhaupt) zu weben. 

Eine fehr gewöhnliche Verzierung der feidenen Bänder find 
die Ohren oder Zaden, nähmlic Fleine an den Leiften ber: 
vorragende Mafchen, welche, wie man in Fig. 3, Taf. g, ficht, 
durch die etwas weiter hberausftehenden Umbiegungen des Eintrag: 
fadens gebildet werden. Sie ftehen bald einander gegenüber, bald 
(wie in der angeführten Zeichnung) abwechfelnd oder verfebt ; ihre 
Größe und Aufeinanderfolge ift bald mehr bald weniger einfach. 
Man hat wohl ehemahld Bänder verfestigt, deren Zaden ſich 
durch 60 bis Bo Einfchußfäden ausdehnten; die jegt gewöhnlichen 
Baden beftehben entweder aus einzelnen, gleich langen Mafchen, 
oder aus zwei dergleichen, oder endlich aus drei, von welchen die 
mittlere länger ift, als die beiden äußeren. Je nachdem die Zaden 
einfacher oder zufammengefegter find, ift ihre Hervorbringung mit 
minderer oder größerer Umjtändlichfeit verbunden ; im Allgemei⸗ 
nen werden fie jedoch auf diefelbe Weife gebildet. Das Mittel 
hierzu befteht in einigen Faͤden von 4=, 6=, oder Bfachem Roß⸗ 
haar, welche dort, wo Zaden entftehen follen,, außerhalb der 
Leiften des Bandes eingewebt, und dann außgezogen werden, ſo, 
Daß die Biegungen des Eintrages frei bleiben. Beſtehen die Zar 
. den nur aus Mafchen von einerlei Größe, fo ift auf jeder Seite 
der Bandfette ein einziger Haarfaden nöthig; find aber abwech⸗ 
felnd Fürzere und Tängere Ohrchen vorhanden, fo braucht man wer 
nigftens zwei. In Fig. ı, Taf. 9, find a’ zwei ſolche Haarfaͤden, 
welche an eine Querleifte z des Stublgeftelles angebunden, mit 
Fleinen Bleigewichtchen b’ befchwert, und neben den Kettenfäden 
durch das Blatt c/ gezogen find. Es konmt, um die Zaden mit: 
telſt diefer Haare hervorzubringen, nur darauf an, Die Tegteren 


Mühlſtühle. 447 


in beſtimmter Abwechölung bald aufzuheben und mit einzuweben, 
bald fie neben der Kette unbewegt liegen zu laffen, fo, daß fie 
als gar nicht vorhanden angefehen werden koͤnnen, der Eintrag 
ſteto mur über fie hingeht, und fich feit um die dußerften Kettenfäs 
den der Leiften herumlegt, ohne freiftehende Biegungen zu bilden. 
Beim Fortrüden des Bandes jiehen fid) Die Haarfäden mit ihren 
vorderen freien Enden von felbft aus dem Bande heraus, da fie, 
wie gefagt, hinten befeftigt find. Jeder Haarfaden wird durch 
eine Lige gezogen, und diefe Litzen werden, nach Verſchiedenheit 
‚der Zaden, entweder alle in einen einzigen Schaft vereinigt, oder 
in zwei oder vier Schäfte vertheilt, die dann nach Erforderniß in 
zwedwmäßiger Abwechslung gehoben werden. Es ift in den meiſten 
Ballen unbequem, die Zahl der Schäfte, welche für Atlasband . 
ohnehin zehn beträgt, noch durch vier-neue, den Haarfaͤden an⸗ 
gehörige, zu vermehren. -Benn daher (wie bei dem in Sig. 3, 
Taf. 9, gezeichneten Bande) vier Schäfte für Die Zacken erforder 
lich werden; fo zieht man es vor, die Ligen nicht in Schäfte zu 
vereinigen, fondern fie einzeln, jede mit ihrem Eifen befchwert, zu 
laſſen, dafür an jede einen Aufheber (f. oben, &. 445) anzuma⸗ 
chen, und diefe Ieptern auf diefelbe Weiſo, als wenn ein Deffein 
gewebt würde, an vier Platinen der Trommel'zu befeftigen. Diefe 
Eimichtung ift in Big. ı (Taf. 8) angegeben, wo z* die erwähnten 
Ligen, und d* ihre Aufbeber bezeichhen. Jede Bandkette hat vier 
Haarfaͤden, folglich vier folhe.Ligen, zwei auf jeder Seite, und 
von diefen ift jede an einer andern Platine befeftigt; fo, daß jede 
Platine fo viele Ligen zugleich mit einander aufhebt, als Bänder 
auf dem Stuhle mit hrchen gewebt werden. Der Eintrag wird, 
durch die Ordnung, in welcher dieſes Aufheben gefchieht, bald um 
gar feinen der Haarfäden, bald um einen, bald um beide herum⸗ 
gefchlimgen ; und hierdurch entftehen die leeren Stellen, die kurzen 
und Die langen Mafchen. 

Die Bandmühle zum Weben glatter Arbeit (Zaffet- und Oro: 
detours⸗ Bänder) iſt um Vieles einfacher als jene zu Atlad- und 
figurieten Bändern; und man wird fich nach dem Vorbergehenden; 
mit Beihülfe des. Durchſchnittes Fig. ı , Taf. 10, leicht eine Vor⸗ 
ftellung davon machen konnen. Mehrere der in Hig. ı,2 (Taf. 9) 
und Fig. ı (Taf. 8) angegebenen Theile bleiben hier weg, nahment⸗ 


mm mem m me me Er HET TED TE — —— 





448 Bandfabrikation. 


lich die Trommel e? ſammt ihrem Geſtelle md Allem was zu ihrer 
Wirfung erforderlich ift, naͤhmlich den Platinen b’, dem Hebel 
d?, der Stange e? f?, und dem Schnürbrete q’; ferner die ganze 
Atlasmaſchine nebft den Rollen t/, v/, w/, x“. Dagegen bleibt die 
Einrichtung der Lade, und der Mechanismus zur Bewegung der 
Schügen unverändert. Schäfte find nur zwei vorhanden, oder 
bei fchweren Bändern vier, von welchen aber immer zwei zuſam⸗ 
mengebunden find, und Daher zugleich auf und nieder gehen. Sie 
haben keine Eifen an den Litzen, fondern Diefe find unten wie oben 
durch eine hölzerne Leifle verbunden... Ihre Bewegung wird auf 
folgende Weife hervorgebracht. An die obern Leiften der Schäfte 
m’ find Schnüre m* angebunden, die oben an die Hebel oder 
Zritte h* befeftigt find. on jedem diefer Hebel geht ein dünnes 
Eifenftängelchen i* nach einem Arme h* der vieredigen Welle g*, 
an welchen es beweglich eingehängt iſt. Auch die unteren Leiften 
der Schäfte find durch Schnüre n* verbunden, welche über Rollen 
wie 1* gelegt find. Man bringt zwei folche Rollen und Schnüre, 
nahe an den Enden der Schäfte, an, damit dad Schwanfen vers 
mieden wird, welches fonft bei der Bewegung leicht eintreten 
könnte. Aus demfelben Grunde find auch die Schnüre m*, die 


‚ Hebel k*, die Drähte 1° und die Arme h* doppelt vorhanden, An 


ber rechten Seite des Stuhles (welche in der Zeichnung die hintere 
ift) iſt das Ende der Welle g* rund, und bier ilt eine Schnur 
Darüber gelegt, deren Enden an zwei flarfe Eifendrähte angebun⸗ 
ben find. Letztere reishen. bid auf den Boden herab, und find an 
zwei Zritten f* eingehängt. Diefe Drähte, fo wie die erwähnte 
Schnur findet man durch punftirte Linien angegeben. Auf der 
Welle gt, welche wie gewwöhnlic, ihre Bewegung mittelft des Ras 
des f? und des Getriebe oꝛ von der Achfe d? erhält, ſtecken kreuz⸗ 
weife zwei ovale Scheiben e*, von welchen jede bei der Umdrehung 
auf die Sriftionsrolle eines der Tritte f* wirft. . Diefe Tritte wers 
den hierdurch abwechfelnd niedergegogen;,. drehen mittelft der oben 
erwähnten Schnur die Welle g* ein wenig um, und heben fo ab» 
wechſelnd den hintern und vordern Schaft empor, während ber 
andere zugleich herabgeht. Es findet hier, wie man ſieht, eine 
Verſchiedenheit im Spiele der Schäfte:&tatt, wenn man diefen 
Stupl; mit. dam vorhin befchriebenen Atladfinhle Vergleicht: wäh: 


Mäptftühle. 449 


send dort ein Theil der Schäfte gehoben wird , und die andern 
unverändert in ihrer Rage bleiben, find hier immer beide zugleich 
in Bewegung, der eine hinauf, der andere hinab. Alle übrigen 
in der Zeichnung vortommenden Theile bedürfen nach dem Voraus: 
gegangenen feiner Eiflärung mehr. 

Eine Verbeiferung der Bandmühle, welche von den Engläns 
den Worthington und Mulliner herrübet, ift auf Taf. 10 
in Sig. 2 abgebildet. Sie betrifft eine Methode, die Bänder 
während des Webens felbit aufzuwiceln, und Das ununterbrochene 
Nachrüden der Bandfetten dergeftalt zu bewirfen, daß das Aus⸗ 
fegen der Arbeit erfpart wird, welches bei den gewöhnlichen Band- 
mübhlen jedes Mahl nothwendig ift, wenn Die Bänder aufgewickelt 
und die Ketten nachgelaflen werden follen. Die Zeichnung iſt 
die Beitenanficht von dem Geftelle eines Muͤhlſtuhles, der durch 
Dampfs oder Wailerfraft getrieben wird. Mehrere der befannten 
und gewöhnlichen Theile, welche die Deutlichfeit geſtoͤrt haben 
würden, find darin weggelaifen.. a ift eine Rolle an der Haupt: 
achſe b, welche die Bewegung mittelft eines endlofen Riemens 
von der Triebfraft, z. B. einer Dampfmafchine, erhält. c ift eine 
der Zettelrollen, von welcher die Kette zum Verweben allmählich 
bergegeben wird; d ift eine Walze, auf welche fi das fertige 
Band aufwidelt, in dem Maße al es erzeugt wird. Der Weg, 
den die Kettenfäden von der großen Spule c aus nehmen, ift durd) 
die Linie e e e angezeigt. Die Kette geht zuerfi aufwärts, über 
die Rollen £f und g, dann abwärts, unter der befchwerten Rolle h 
durch, noch eim Mahl über die Rolle g, und endlich nad) dem 
Seidenbaume i, den Schäften k und der Lade I bin. Die Bänder 
laufen über den Bruftbaum oder die Liegbanf m, und zwifchen 
den Walzen o und p durch, auf die Walze d, wo fie fich aufwi« 
deln. Ein an der entgegengefegten Seite des Stuhls auf der 
Achfe b befefligted Zahnrad greift in ein anderes Rad ein, welches 
an der in Fig. ı (Taf. 10) g?, hier aber q genannten Welle fich 
befindet. In der Zeichnung find beide Räder Durch punftirte Kreife 
angezeigt. Dad Ende der Welle q hat ein Schraubengewinde, 
welches in die zwei Betriebe der fchräg liegenden Achfen r, s, ein» 
greift; andere, und zwar fonifche, Betriebe befinden fid) an den 
entgegengefegten Enden jener Achfen. Das Getrieb der Achfe r 

Tehnol. Encyclop. I. Bd. 29 


450 Bandfabrikation. 


greift in ein großes koniſches Rad r ein, welches mit der Walze p 
verbunden ift; jenes der Achfe s fegt ein ähnliches, aber kleineres 
Rad u in Bewegung, mit einer an demfelben befindlichen Rolle, 
von der ein endlofer Riemen um die Walze d läuft. Durch die 
Umdrehung der Welle q kommen, der befchriebenen Veranftaltung 
gemäß, auch die Walzen p und d in langfame Bewegung. Erftere 
zieht, vermittelft der Reibung an der auf ihr liegenden Walze o, 
die Bänder mit gleichförmiger Gefchwindigfeit an ſich, und über: 
liefert fie der Walze d, welche fie um ſich aufwidel. Wenn die 
Theile o, p und d Walzen genannt worden find, fo hat man dar: 
unter eigentlich Reihen von ganz furzen Walzen zu veritehen, 
welche nue fo lang, als für die Breite eined Bandes nöthig ift, 
“und auf einer gemeinfchaftlichen Achfe befeftigt find. Die Walzen 
o werden durch Gewichte auf die unter ihnen befindlichen Walzen 
p niedergedrüdt. Da die Walzen d ihren Durchmeffer durch die 
Aufwicklung der Bänder vergrößern; fo müflen fie fich defto lang⸗ 
famer drehen, je mehr fie fich anfüllen, um nur gerade fo viel aufs 
zuwideln, als ihnen von p und o zugeführt wird; diefes bewirkt 
man dadurch, daß man dem Riemen, weldyer die Walzen d um⸗ 
dreht, zu fchleifen erlaubt, und ihn fo verhindert, Die Bänder un- 
gebührlich zu fpannen. In demfelben Maße, ald die Aufwicklung 
der Bänder vor fich geht, ziehen fich die Ketten durch die Schäfte 
und die Lade nach, und die Rollen h mit'ihren Gewichten werden 
gehoben. Bolgende Vorrichtung erfpart dem Arbeiter das Nach: 
laſſen der Ketten, wenn diefe Rollen ganz hinaufgeftiegen find. 
. Eine unten im Stuhle befeftigte Schnur x ift ein Mahl ganz um 
eine mit e verbundene Rolle y berumgefchlungen, und läuft dann 
über die Rollen f, g, nad) dem Ende eines Hebels w bin, der fie 
mittelit de8 an ihm hängenden Gewichtes z fpannt, und fomit die 
Spulen c verhindert, fich zu Drehen. Wenn nun die Rolle h bis 
zu einem gewillen Punfte in die Höhe gefommen ift, fo ftößt fie 
gegen den Hebel w, hebt ihn etwas auf, und macht die Schnur 
x ſchlaff. Die Spule c erhält dadurch die Freiheit fich umzudres 
ben. Durch den Zug des Gewichted an der Rolle h wird etwas 
Kette abgewickelt, diefe Rolle finft wieder, alfo auch der Hebelw, 
und die Spule c ift fogleih vom Neuen feftgehalten, bie abers 


Mühlſtühle. 41 


mahls ein Abwiceln der Kette nothwendig wird, und diefer Vor⸗ 
gang fich wiederholt. 

Eine befondere Einrichtung erhält der Mühlftuhl zur Verfer⸗ 
tigung der quadrillirten Bänder, d. h. derjenigen, bei wel⸗ 
hen Kette und Eintrag aus Streifen von verfchiedenen Farben 
beftehen. Gewöhnlich find diefe Bänder Grosdetours⸗Baͤnder. In 
der Kette macht die Hervorbringung der Streifen nicht die mindefte 
Schwierigfeit, indem nur beim Schweifen die Spulen mit den 
beliebigen Sarben in der gehörigen Anzahl und Ordnung auf das 
Schweifgeftell geſteckt werden dürfen. Zum Eintrage aber ift für 
jede Farbe eine befondere Schüge erforderlich, und beide Schügen 
müffen abwechfelnd gebraucht werden. Dan bedient fich zu diefem 
Behufe einer fo genannten Steiglade, an welcher vorn die 
mit verfchiedenfarbiger Seide verfehenen Schüßen in zwei Reihen 
über einander, fonft aber auf die gewöhnliche Art, angebracht 
find. Der Schlag, d.h. jene oben befchriebene Vorrichtung, durch 
welche die Schügen bewegt werden, iſt Doppelt, nähmlich zu beis 
den Seiten der Lade vorhanden, den beiden Schüßenreihen ent⸗ 
fprechend. Die unteren Querftüde i’, k’ der Lade (f. Gig. ı und 
5, Taf. 9) find auf den Seitentheilen k auf und yieder beweglich. 
Geſetzt nun, die obere Schügenreihe habe fo lange fortgearbeitet, 
als es die Breite des Streifend, welchen fie bervorzubringen be⸗ 
ſtimmt ift, nöthig macht; fo werden durch einen Mechanismus 
(die Ladhebmaſchine) die Querftüde i, K/, der Lade, fammt 
den ziwifchen ihnen befindlichen Blättern und Schügen, längs den 
©eitentheilen k hinaufgefchoben, fo, daß die unteren Schüßen 
in gleiche Höhe mit der Kette kommen; zugleich werden die Tritte 
des einen Schlaged (g?, Fig. 2, Taf, 9) von den Füßen p? der 
Welle g* feitwärts entfernt, und die Tritte des andern Schlages 
unter die ihnen zugehörigen Süße der nähmlichen Welle hineinges 
fhoben, fo, daß ohne Unterbrehung die untere Schügenreihe 
flatt der obern fortarbeitet. Der erwähnte Mechanidmus, welcher 
diefe Veränderungen, und eben fo die entgegengefepten bewirkt, 
wenn wieder die obere Reihe der Schügen in Thätigfeit kommen 
fol, befteht Hauptfählich aus einem, wie m!-(Big. 2, Taf. 9) an 
der Welle g? befeſtigten Rade oder Getriebe, weldyes in ein großes 
Rad an. der Stelle von n? eingreift, und daſſelbe herumdreht. 

29 * 


452 Bandfabrifation. 


Auf der Fläche dieſes Rades find Bogenftüde angebracht, welche 
einen unter dem NRade befindlichen Hebel oder Tritt niederdrücken 
und hierdurch die nothiwendigen Verfchiebungen bewirfen; fo wie 
alle Theile wieder ihre vorige Lage einnehmen, wenn ein folder 
Bogen vorüber gegangen ifl. Bon der Größe und Entfernung 
der Bögen auf dem Rade hängt es ab, wie viele Eintragfäden bei 
unveränderter Stöllung der Lade eingefchoffen werden. Die von 
den unthätigen Schügen zwifchen einem Streifen umd dem näch- 
ften gleichfarbigen, an beiden Seiten der Bänder hängen bleiben- 
den Faͤden werden zulebt weggefchnitten. 

Man webt wohl auch quadrillirte Bänder mit’ der gewöhn- 
lichen Einrichtung des Mühlftuhles, d. h. mit Einer Schügenreibe; 
allein dann muß der Arbeiter die Einfchußfäden zählen, oder die 
Breite der Streifen meflen, und in dem erforderlichen Zeitpunfte 
die Spulen in den Schügen gegen folche mit anders gefärbter 
Seide auswecfeln. Diefes Verfahren verurfacht einen großen 
Beitverluft, wenn nidht die Breite der, Streifen beträchtlich, und 
die Zahl der Läufe auf dem Stuhle nur Mein if. Man bringt in 
diefem Balle wohl auch mit der Trommel c? (Big. ı, Taf. 8) eine 
Borrihtung in’ Verbindung, welche von felbft an eine Glocke 
fhlägt, wenn die gehörige Anzahl von Eintragfäden eingewebt 
ift, um den Arbeiter an dad Wechfeln der Spulen zu erinnern. 

Auf Müplftühlen werden außer den eigentlichen Bändern 
auch andere fchmale Gewebe, mit oder ohne Deffein erzeugt: 
3. 8. ſchmale feidene oder halbfeidene Börtchen für Tapezierer ; 
Halsflöre (fo genannte Bauernflöre) aus halbgefottener, 
ſchwarz gefärbter Seide, z oder z Elle breit, auf Stühlen von 
Zoder 4 Läufen; unechte Goldborten; feidene Hofenträger- 
Bänder; u.f.w. Das Verfahren und die Einrichtung bleibt 
hierzu in allen Fällen, den wefentlichen Punften nach, unver: 
ändert. 

) Der Schubſtuhl. Die zweite Art von Webeftuhl, 
welche zur Derfertigung der Bänder angewendet wird, ift der 
Schubſtuhl (Bandmacherſtuhſ). Diefer ift von der Band: 
muͤhle oder dem Muͤhlſtuhle darin verfchieden, daß die Schäfte, 
die Lade und die Schüben von dem Arbeiter unmittelbar, und 
zwar die erflern durch Treten, Die letztern beiden mit den Händen, 


Schubſtuhl. 453 


bewegt werden. uͤbrigens werden auch hier mehrere Baͤuder auf 
ein Mahl verfertigt; doch nicht ſo viele als auf den Muͤhlſtuͤhlen, 
weil die Bewegung zu auſtrengend wäre. Die Schubftühle haben 
von breiten Bändern manchmahl nur 2, von fchmalen hoͤchſtens 
30, 2% oder ı4 Läufe. Big. 3, Zaf. 10, zeigt die Seitenanſichr 
eines Schubftuhles, mit einer von dem Engländer Goodman 
daran angebrachten Verbeflerung, welcher zu Folge zwei Reihen 
Bänder ber einander gewebt werden fönnen; fo, daß bei gleicher 
Breite des Stuhles, und wenig vergrößerter Mühe des Arbeiters, 
dad Erzeugaiß verdoppelt wird. a,a, find bier die Zettelfpulen 
für beide Baͤnderreihen. Die Kette eines jeden Bandes läuft von 
ihrer Zettelfpyle, wie die Pfeile anzeigen, zuerft über eine Rollen, 
dann unter der beweglichen, befchwerten Rolle o durch, wieder 
über eine auf der nähmlichen Achfe mit n fteddende größere Rolle, 
abwärts durch ein Scheidblatt b, unter dem Seidenbaume c durch, 
nach den Schäften d. Alle bisher erwähnten Theile find für jede 
Keihe von Bändern auch in einer eigenen, abgefonderten Reihe 
angebracht. Schäfte find nur zwei (für glatte Bänder); aber 
diefe müſſen an den gehörigen Stellen Litzen zum Durchgange für 
die Fäden beider Kettenreihen befigen. Da die Bänder auf dem 
Stuhle abwechſelnd ftehen (d. h. fo, daß jedes Band der obern Reihe 
über. dem Zwifchenraume zweier Bänder der untern Reihe fich bes 
findet) ; fo gehört abwechfelnd eine Abtheilung der Litzen der obern, 
und eine der untern Reihe an, wonach ſich Die Stellung der zum 
Einziehen der Kette beftimmten Mafchen richten muß. Sn der 
Lade befinden fich, den Ketten entfnrechend, zwei Reihen Blätter 
und zwei Reihen Schügen, welche Iegteren zugleich in Gang ge« 
feßt werden. Die Bänder gehen (und zwar die oberen nach unten, 
die unteren nach oben) durch Spalten oder ſchmale Öffnungen des 
Bruſtbaumes g, nach dem Bandbaume h, unter diefem gemein: 
ſchaftlich durch, dann jedes einzeln über eine fefte Rolle q und um 
eine bewegliche befehwerte Rolle t, wieder alle in einer Reihe. über 
eine Leiſte k, durch Offnungen bei 1, wo fie Durch. Keile feſtgehal⸗ 
ten und am Zurüdtreten verhindert werden, endlich auf Die Band⸗ 
fpulen za, wo fie von Zeit zu Zeit aufgewidelt werden. Diefe 
ganze Anordnung ift nicht im Wefentlichen, fondern nur etwas in 
der Stellung der Theile, von ber oben befchriebenen des Mühl: 


454 Bandfabrifation. 


fluhles verfchieden. &ie weicht auch etwas von jener ber gewoͤhn⸗ 
lihen Schubftühle ab, bei welchen die Spulen nicht oben auf dem 
Seftelle, fondern hinten in demfelben angebracht find. Die Bes 
wegung der Schäfte gefchieht Durch Treten von dem Arbeiter, wel⸗ 
cher auf der Banfr fißt: Hierzu find die mitten unter dein Stuhle 
angebrachten Tritte e beftimmt, welche durch Schnüre an die uns 
teren Reiften der Schäfte befeftigt find. Der Weber bat auf je⸗ 
dem Tritte einen Zuß, und druͤckt abwechſelnd den einen und den 
andern’ nieder, wodurch der entfprechende Schaft herab, der zweite 
hinauf geht, und die Ketten aller Bänder zur Aufnahme des Ein- 
trages fich öffnen. Die Lade p wird jedes Mahl, nachdem ein 
Eintragfaden durchgefchoffen iſt, von dem Arbeiter. mit der Hand 
gegen ſich gezogen, damit die Stahlflifte der Blätter den Eintrag 
dicht anfchlagen. Wenn er fie Hierauf wieder ;urädfchiebt, und 
mittelft des andern Trittes die vorher unten gewefene Hälfte der 
Kettenfäden in die Höhe gebracht hat, fo wird der nächite Eintrag: 
faden nad) entgegengefegter Richtung durchgebracht. 

Die wefentliche Eigenthümlihkeit dieſes Stuhles, welche 
nun noch zu befchreiben ift, befteht in der Worrichtung, durch 
welche die zwei Reihen Schügen in Bewegung gefegt werben. 
Dieſes gefchieht mittelft des an der Lade befindlichen Griffes f, 
welchen der Arbeiter faßt, und ein Mahl rechts, ein Mahl links 
ftößt oder fchiebt (daher die Benennung Schubfiufl). Die Anord⸗ 
nung der Schügen fann man aus den Figuren 4, 5, 6 (Taf. 10) 
entnehmen. Fig. 4 ift ein Stüd der Lade nach größerem Maß⸗ 
flabe von vorn angefehen, Big. 5 daffelbe von Binten, und Big. 6 
im Durdffchnitte. An der Vorderfeite der Lade befinden fich drei 
ſchmale parallele Breter, s, u,v (die Schüßenbreter), welche, 
wie man in Fig. A fieht, enge Furchen zwifchen fich laſſen, und 
überdieß Ausfchnitte befiben, durch welche die von den Blättern 
fommenden Bandfetten herausgeben. Das Bret s ift an der obern 
Leifte w der Lade mittelft Schrauben befeitigt; das Bret v auf 
gleiche Art an die untere Leifte y; das Bret u ebenfalld durch 
Schrauben, oder Auch nur durch Stifte, an die mittlere Leifte x. 
Zwifchen diefer Leifte und dem Brete u bleibt hinlänglicheer Raum 
für Die Bewegung ded Treibers, welcher hier diefelben Dienfte 
leiftet, wie der Rechen am Mühlſtuhle. Diefer Treiber ift in der 


Schubſtuhl. 433 


That nichts, ald ein doppelter Rechen, naͤhmlich ein (in Sig. 5 
bei c’, c’, punktirter) Rahmen, deilen obere und untere Reifte mit 
gegen einander gefehrten Zähnen befegt find. Er wird an feinem, 
oben in der Mitte der Lade hervorftehenden, Griffe £ gefaßt, und 
bin und ber gefchoben, wodurch feine Zähne, die man in Fig. 5 
. deutlich fieht, die Schugen abwechfelnd rechts und links bewegen. 
Bei dem Schubjluhle mit Einer Reihe Sthügen hat der Treiber 
. nur Eine Reihe Zähne, und man gibt ihm gewöhnlich die Beftalt 
einer Leiter, deren Sproffen an. die zwifchen ihnen befindlichen 
Schügen ftoßen, um fie durdy die Ketten zu. treiben. Die Breter 
8, u, v vertreten die Stelle der Bügel am Muͤhlſtuhle, indem in 
‚ihre fchmalen Zwifchenräume die Schügen b (Big. 4, 5, 6) einge: 
ſteckt werden, fo, daß fie fich leicht und frei.darin hin und ber 
fchieben laſſen. Auf der obern und untern Fläche der Teifte x find 
Vertiefungen angebracht, in welche die Blätter z, z eingeſetzt 
werden. . Die entgegengefegten Enden der Blätter liegen in Ein- 
fchnitten der Leiften w und y, und werden hinten durch die hafen- 
förmigen Köpfe a’ der Schrauben gehalten, welche die erwähn- 
ten Leiften mit den Schüßenbretern s und v verbinden (f. ig. 
5 und 6). 

Man wendet die Schubftühle gegenwärtig beſonders zur Er- 
jeugung der Sammtbänder an, bei welcher mehr Aufmerffamfeit 
und Mitwirfung von Seite des Arbeiterd erforderlich, und alfo 
die Anbringung einer großen Zahl von Läufen weniger thunlich 
. Kt; obfhon man Sammtbänder wohl aud auf Muüplftühlen ver- 
fertigt. Die Bildung der aufrecht flehenden, durch Auffchneiden 
in eine Art Haar verwandelten Mafchen, welche das Eigenthüms 
liche des Sammtes ausmachen, gefchieht durch eine zweite Kette 
über der eigentlichen Grund» oder Zeugfette, und durch Einlegen 
von Drabten (Sammtnadeln) zwifchen beide Ketten während des 
Webens; wovon im. Artifel Weberei erſt ausführlicher die Rede 
ſeyn kann. Demnach müffen auch doppelte Spulen oder Walzen 
für die Kette vorhanden feyn. Der Verſuch, welchen man gemacht 
hat, Sammtbänder ohne Nadeln zu weben, ift nicht günftig aus⸗ 
gefallen. Das Wefentliche diefer übrigens finnreichen Vorrichtung 
befteht darin, daß die Bänder paarweife über einander ſtehen, und 
man hierzu. zwei Grundketten, eine gerade über der andern, zwi⸗ 


456 Buandfabrifation, 


[chen beiden aber eine dritte Kette zum. Bildung bes Sammthaars, 
anbringt. Diefe. legtere Kette geht während des Webeus abwech⸗ 
felnd von der oberen Grundfette zur untern, fo wie von. diefer zu 
jener über, und wird mit beiden zuſammengewebt. Meifer, welche 
an einem. mit den Tritten verbundenen, und hierdurch bin und ber 
fi) fchiebenden Brete befefligt find, dringen zwifchen die beiden 
folchergeftalt zufammenhängenden Gewebe ein, fchneiden die ſenk⸗ 
rechten Fäden in der Mitte aus einander, und bilden fo zwei mit 
der rechten Seite gegen einander: gekehrte Sammtbänder, welche 
abgefondert aufgewidelt werden. 

3) Der Handſtuhl. Man gibt diefen Nahmen, im Ge 
genfage zu den Mühl: und Schubftühlen, einer Art von Webeſtuhl, 
welcher fonft allgemein unter der Benennung des Bortenwirfers 
oder Pofamentierfiuhles befannt ift, und hauptfächlich zur Ver⸗ 
fertigung von Bold» und Silberborten, wie auch von wollenen 
Borten gebraucht wird (f. Bortenweberei). Diefer Stuhl, 
auf welchem nur Eine Kette aufgefpannt tft, alfo auch nicht mehr 
als Ein Stüd gewebt, und die Schüße frei mit der Hand gewor⸗ 
fen wird, gehört in fo ferne auch hierher, ald man fich deifelben 
zum Weben fehr breiter und fchwerer Bänder, ferner folcher,, in 
welchen fehr fünftliche Deifeins, oder viele Barben-Abwechslungen 
im Eintrage vorfommen, bedient. Es ift oben (&. 451) gezeigt 
worden, auf welche Arten man beim Muͤhlſtuhle eine folche Ab⸗ 
wechölung bervorbringen fann. Bei den Schubftühlen bedient 
man fich ähnlicher Mittel. Wenn aber (wie bei vielen quadrillir⸗ 
ten und gemufterten Bändern) der Eintrag aus mehr ald zwei: 
mit einander wechfelnden Sarben befteht, fo wird eine folche Bor: 
Fehrung nicht mehr mit Vortheil ausführbar, und man muß zum 
Handſtuhle feine Zuflucht nehmen, bei welchem die mit verfchieden- 
farbiger Seide verfehenen Schügen nach Erforderniß ohne Zeit- 
verluſt gewechfelt werden fönnen. Die Bewegung der Schüge 
geht bei dem Handftuhle fchneller ald bei den Muͤhlſtuͤhlen; allein, 
weil nur ein einziger Lauf vorhanden ift, fo fällt das Erzeugniß, 
im Ganzen gerechnet, um viel geringer aus. Ein Arbeiter kann 
von dem breiteften Atlasbande (Nr. 24: und 30) in zwölf Stunden 
neun Ellen weben. Hingegen fällt freilich dad Band reiner und 
fhöner aus, als auf dem Mühl: oder Schubftuhle, weil der Wer 


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Zurichtung ber. Bänder. 457 


ber alle feine Aufmerkfamkeit auf dieſes einzige Stuͤck zu verwen⸗ 
den im Stande ifl. Zur Hervorbringung von Deſſeins werben 
mit dem Handſtuhle verfchiedene Mafchinen, ald Trommeln; 
Leinwandmaſchinen und Jacquardmaſchinen, i in ACHNDEng gefept 
(f Weberei). 

UL Die Zurihtung der Bänder. Die meiften Baͤu⸗ 
der⸗Gattungen, wie die beſſeren Zaffetbänder, die meiſten Gros⸗ 
detours⸗Baͤnder, u. f. w., find in dem Zuſtande, wie fie vom 
Stuhle herabgenommen werden, verfäuflihe Waare, und werben 
nur in Stüde von der üblichen Länge. abgemeilen, zerfchnitten, 
und auf zufammengebogene Streifen von Pappe oder auf Holz 
aufgewidelt. Die Stüde von Zaffet- und Grosdetours⸗Baͤndern 
find gewöhnlich zwilchen 16 und 3o Ellen lang. : Man wickelt 
die leichteren Sorten auf Pappe, die fchwereren auf zpylindriſche 
Holzſtücke. Fuͤr den erfiern Zweck werden in einer feſtſtehenden 
Preffe, aus einer Anzahl auf einander ‚liegender Pappbogen zu⸗ 
gleich, Streifen mittelft eines Buchbinder:Hobels gefchnitten, die 
man dann entweder zylindrifch zuſammenrollt, oder in .die Form 
eines O frümmt. Hierzu, und zum Aufwideln felbft dient sine 
feine Mafchine, in welcher mittelft einer Kurbel und zweier in 
einander greifender Heiner Räder eine horizontale Welle umgedreht 
wird. Auf diefer, weiche entweder zylindriſch oder von der er⸗ 
wähnten Form, (), ift, befindet fich eine feſtſtehende Scheibe, und 
eine bewegliche Scheibe, welche von der erftern fo weit entfernt, 
als die Breite der Bänder es erfordert, befeftigt wird. Zwifchen 
beiden Scheiben wird zuerft ein Streifen von Pappe auf Die Weile 
gewidelt, uud über diefen das Band, welches fih genau Win; 
dang auf Windung legen muß, weil die beiden Scheiben es abzu⸗ 
weichen verhindern. Das äußere Ende des Bandes wird. mit einer 
Heinen Stedinadel feſtgeſteckt. Die auf diefe Art rund aufgewi⸗ 
delten Bandftüde bleiben in dieſer Seftalt; die anderen aber wer⸗ 
ben, zu einigen hundert Stück auf ein Mahl, in einer Preſſe flach 
gepreßt, und an zwei Stellen mit einen Faden gebunden. Zum 
Aufwideln der fchwereren Band⸗Sorten, welche auf maflive oder 
töhrenförmig außgedrehte hölzerne Zylinder kommen, bedient man 
ſich einer ähnlichen Maſchine, in welcher das Holz; gleichfalls an 
einer Dusch eine Kurbel umgedrehten Welle befeftigt wird, 


458. , Bandfabrifation. 


Die Atlasbänder erhalten, wenn fle vom Stuhle fommen, 
eine Appretur; fie werden nähmlichh gummirt und zwifchen Wal: 
zen geglänzt (gylindrirt). Auch Taffetbänder werden zuweilen 
gummirt. Die Stüde der Atlasbänder find in der Regel »8 Ellen 
lang; man zerfchneidet fie aber nicht gleich anfangs zu dieſer 
Länge, fondern läßt wenigftens. immer zwei Stüc in einem Gans 
zen beifammen. Dann werden fie auf Heine hölzerne Walzen auf: 
gerollt, und fogleich das erfte Mahl zylindriet; hierauf werden 
fie gummirt, d. 5. mittelft eined Schwammes mit einer klebenden 
Flüſſigkeit beftrichen, auf einem großen horizontal liegenden fechd« 
armigen Hafpel fchnell getrocknet, wieder auf Walzen gewickelt, 
zum zweiten Mahle ;nlindrirt, in Stüde von ı8 Ellen zerfchnitten 
und endlich aufgewidelt. Zum Gummiren fann, wie der 
Nahme fagt, eine duͤnne Auflöfung von Gummi, von Traganth, 
Hauſenblaſe oder Pergamentleim, ja fogar nur von Stärke, ge: 
braucht werden. Am beften wäre wohl Haufenblafe; allein wegen 
ihres ‚hohen Preifes nimmt man an deren Stelle gewöhnlich einen 
zeinen und weißen, aus Pergamentfchnigeln, Abfällen von Kalbs⸗ 
bäuten u. dgl. gefochten Leim. Das Beftreicdyen mit der Auflöfung 
gefchieht auf der untern (unrechten) Seite, während man Die Baͤn⸗ 
der auf den zuvor erwähnten, 6 Fuß langen und 4 Fuß im Durch⸗ 
meſſer großen Hafpel (Streichrahmen oder Gummirrab- 
men) laufen läßt. Wenn dieſer vollgewidelt ift, jo dreht man 
ihn mittelft feiner Kurbel (in freier Luft oder in einem geheitzten 
Zimmer) fehr fhnell um, und befchleunigt fo nach Möglichkeit das 
Trocknen der Bänder, damit fie nicht zu fehr Durchnäßt werden. 
Das darauf folgende zweite Zylindriren gibt ihnen erft den ges 
wünfchten Slanz, pnd eine gewiſſe Milde, verbunden mit der er⸗ 
forderlihen Steifigkeit, ; 

Die Zylindeir- Mafchine hat nach der zweckmaͤßigſten Kon⸗ 
firuftion folgende Einrihtung, welche auf Tafel 10, in Fig. 7 
von vorn, und in Fig. 8 von der Seite abgebildet ifl. Sie befteht 
aus einer ſtarken Banfa, auf welcher dad eigentliche Geſtell b 
des Walzwerkes errichtet ifl. - Die obere Walze, c, ift von Mef- 
fing, befler von Gußeifen, genau rund abgedreht und polirt. 
Ihr Inneres ift zum Einlegen eines glühenden Eiſens ausgehoͤhlt, 

‚and ein Ende zu dieſem Behufe mit einer Fleinen runden Thür d 


Zurihtung der Bänder, 459 


(Big. 8) verfehen. Die untere Walze, e, ift ebenfalls fehr genau 
rund und glatt, aber nicht von Metall, fondern aus Papier ver 
fertigt (f. Ralander). Die metallene Walze wird mittelft einer 
an ihrer Achfe befefligten Kurbel £ umgedreht. Die Schraube g 
preßt fie auf den papiernen Zylinder herab, und übt frden Druck 
aus, duch weichen, mit VBeihüffe der Hitze, die Bänder. glatt 
und glänzend gemacht werden. Die Zapfenlager der Walze c 
werden durch hinein gegebened Wachs, welches von der Hitze 
ſchmilzt, fehlüpfrig erhalten. Die Hitze muß forgfältig regulirt, 
und beſonders auf Bänder von lichten und zarten Farben nicht zu 
far? angewendet werden. So oft ed nöthig ift, muß man von 
Neuem ein glühendes Eifen einlegen... Die in den Zeichnungen 
angegebene Vorrichtung, durch welche die Bänder ohne Beihülfe 
von Menfchenhänden ſtets mit gleicher Spannung, und ohne alle 
Balten zwifchen die Walzen geleitet werden, ift fehr einfach und 
zweckmaͤßig. Sie befteht aus zwei fchräg ftehenden Trägern, h 
und i, in welchen Die mit den Bändern umwidelten hölzernen Wal⸗ 
zen k, 1, eingelegt werden. Die „deren Enden der Träger find 
zu dieſem Behufe gabelförmig; unten aber ift jeder Träger auf 
einer zwifchen Leiften m, m, m, verfchiebbaren Stange n befeftigt, 
fo, daß er nach der Breite der Banf a beliebig verfchoben, und 
mittelft einer Schraube o feftgeftellt werden fann. Jede der Bande 
walzen, k, 1, hat an einem Ende eine eingedrehte Rinne, in wel 
cher eine Schnur liegt, welche die Walze umfchlingt, und unter 
der Banf a mit einem Gewichte p befchwert if. Durch die Reis 
bung der erwähnten Schnur an der Walze wird die Umdrehung 
der letztern erfchwert, mithin das Band zurücgehalten und in 
einem gewiflen Grade gefpannt, während die Walzen es zwifchen 
ſich hineingiehen. Beim Austritte aus den Walzen laufen die Baͤn⸗ 
der über eine runde Glasftange in dem Träger q, und fallen dann 
in einen untergefegten Korb. Auf diefe Weife werden fortwährend 
wei Bänder zugleich zylindrirt, welche, von den Walzen k und 1 
fommend, neben einander zwiſchen den Zylindern c,e, durchgehen. 
Zur Bedienung der Mafchine find drei Perfonen nöthig: eine, 
sum Umdrehen der Kurbel; eine, welche die Bänder hinter den 
Walzen heraus in den Korb leitet; und eine zum Auswechfeln der 
leeg gewordenen Bandwalzen gegen neue, Die letztere erübrigt 


460 Bandfabrikation. 
noch Zeit genug, um nebſt zwei anderen Perſonen die Bänder 


auf die Walzen k, 1, welche in großer Anzahl vorräthig feyn müfe 


fen, aufzuwickeln. Diefe Arbeit wird dadurch fehr ſchnell verrich- 
tet, daß man die Walze in ein Fleined, irgend wo befeftigtes 
Geſtell Iegt, worin fie mittelft einer auf ihren vierfantigen Zapfen 
geſteckten Kurbel umgedreht wird. Man rollt zwei, drei, auch 
vier Bänder (nach Verfchiedenheit der Breite) neben einander auf 
eine Walze, damit man .fie, wenn beim Zylindriren das eine ab- 
gelaufen iſt, nicht fogleich ans der Mafchine nehmen, fondern nur 
den Träger, worin fie liegt, etwas verfchieben darf, um ein ans 
dered Band an die Stelle des abgelaufenen zu bringen. Bei dem. 
ongegebenen Verfahren fönnen in eıner Stunde 3600 bis 4300 
Ellen Band zylindrirt werden.. 

Auch Dünntuch-Bänder, welche Streifen ober Figuren von 
Atlas enthalten, werden gummirt und zylindeirt, die breiteften 
auch. wohl bloß mit einem heißen Plätteifen übergangen , weil fie 
zwifchen den Walzen, wegen ihres Iorfern Gewebes, der Gefahe 
des Verziehend ausgeſetzt find. 

Zuwei Arten von Zurichtung oder Verfchönerung, welche bei 
Groddetours: und ſchweren Taffet-Bändern gebräuchlich find, bes 
fteben in dem Moiriren und Gaufriren. Durch dad Moi⸗ 
riren (Wäffern) erhalten die Bänder ein bloß von der unglei⸗ 
chen Spiegelung verfhiedener Stellen herrührendes, wellenartiged 
Anfehen. Um diefe ſchoͤne Erfcheinung hervorzubringen, benept 
man die Bänder mit Wafler, trocknet fie auf dem oben erwähnten 
Oummirrahmen, legt fie zufammen, und preßt fie, mehrere bun« 
dert Ellen auf ein Mahl, in einer Schraubenpreſſe. Diefe legte 
Arbeit muß mit Beihülfe der Wärme geſchehen; man legt daher 
Den Stoß Baͤnder zwifchen zwei Bretchen, dann unten und oben 
eine Dicke, ſtark erhigte Eifenplatte, und fept dad ganze dem. Drude 
au. Man kann fich ftatt der Schraubenprefle aud) der. oben ber 
befchriebenen Zylindrie-Mafchine bedienen, indem man zwei Baͤn⸗ 
Der auf einander liegend zwifchen den Walzen durchlaufen laßt 
(wobei die inneren, einander berührenden Seiten die fchönere 
Moirirung, erhalten); aber dieſes Verfahren hält mit dem Preſſen, 
Hinfichtlich der Schnelligkeit, nicht den Vergleich aus. 

Das Saufriren hat zum Zwede, auf den Bändern erha⸗ 





Baryt. 461 


bene Zeichnungen oder Deſſeins durch mechaniſchen Druck hervor⸗ 
jubringen. Dan bedient fi dazu eines Walzwerkes, welches 
der befchriebenen Zylindrir⸗Maſchine gleicht, mit der Ausnahme, 
dag die Oberfläche der metallenen (meflingenen) geheitzten Walze 
nicht glatt, fondern mit dem beliebigen eingravirten Deffein ver⸗ 
feben ift, der fich auf daB durchgehende Band abdrüdt. 

Eine dem Gaufriren ähnliche Arbeit wird mit manchen 
Sammtbändern vorgenommen, indem man diefelben mittelft Höls 
zerner oder meflingener Model preßt, und fo, durch Niederdrüs 
den des Haares an einzelnen Stellen r einen Deflein darauf ver 
vorbringt. 

8. 8. 


Baryt. 


Der Baryt, die Baryterde, das Baryumoxyd 
iſt eine alkaliſche Erde (S. 217), die im reinen Zuſtande in der 
Natur nicht vorkommt, wohl aber in Verbindung mit Kohlenſaͤure 
im Witherit, und in Verbindung mit Schwefelfäure im 
Schwerfpath, welder letztere ein ziemlich häufig verbreitetes 
Mineral ift, daher er auch vorzüglich zur Darftellung des reinen 
oder aͤtzenden Baryts und der verfchiedenen Barytſalze gebraucht 
wird. Zu diefem Behufe wird zuerft der Schwerfpath durch GTü- 
ben mit Kohle in Schwefelbaryt (Schwefelbargum) auf fol- 
gende Art verwandelt. Der Schwerfpath wird fein gepulvert 
und gefchlämnt, 8 Gewichttheile davon mit ı Theil fein zerries 
bener Kohle genau vermengt, Diefe Mengung noch mit 3 Theis 
len Harz oder Roggenmehl zufammen gerieben, in einen heſ—⸗ 
ſiſchen Tiegel eingepreßt, und + Stunden lang im Windofen einer 
dem Weißglühen nahe fommenden Hitze ausgeſetzt. Die erhaltene 
Maſſe, welche nun Schwefelbaryum ift, indem der Sauerftoff der 
Schwefelfäure und des Baryts fich mit der Kohle zu Kohlenoxyd⸗ 
ga6 verbunden haben, welches entweicht, während der Schwefel 
mit dem Baryum im Nuͤckſtande bleibt, wird mit 30 Mahl foviel 
kochenden Waſſers übergoffen, und einige Stunden unter öfteren 
Umrübren in einem verfchloffenen Gefäße digerirt. Die erhaltene 
Auflöfung des Schwefelbaryums wird dann filtrirt, der Rüdftand 


! 


462 - Baryt. 
fo lange noch etwas ausgezogen wird, ausgelaugt, und Die Fluͤſſig⸗ 
keit zu der vorigen gefügt. 

Im Großen kann man das Ausglühen des Schwefelbaryts 
im Reverberirofen mit Flammenfeuer bewirken, wenn man die 
Mengung aus dem Schwerſpath und der Kohle mit Theer zuſam⸗ 
men knetet, um Kugeln daraus formen zu koͤnnen, dieſe ſonach 
auf der Sohle des Ofens aufſchichtet, und eine Stunde lang 
in ſtarker Rothglühhitze erhaͤlt. 

Mit dieſer Aufloͤſung des Schwefelbaryums werden die ver⸗ 


ſchiedenen Barytſalze dargeſtellt. Durch Verſetzung derſelben mit 


einer Aufloͤſung von kohlenſaurem Kali, das jedoch weder Kieſel⸗ 
erde noch Schwefelſäure enthalten darf, erhält man den Fohlens 
fauren Baryt, der als ein weißes, lockeres, im Waifer fehr 
fhwer auflösliches Pulver niederfällt. Hier "verbindet fich das 
Kalium des Kali mit dem Schwefel, und bleibt in der Auflöfung ; 
das Baryum wird mit Dem Sauerftoff des Kali zu Baryt, der ſich 
mit der Kohlenfäure in Verbindung ausfcheidet. Es werden bei 
diefer Faͤllung 24 Theile Fohlenfaures Kalı erfordert, welche etwa 
5 Theile Fohlenfaure Baryterde liefern. Der Niederfchlag wird 
mit heißem Wafler wohl ausgewafchen und getrodnet. 

Wird die Auflöfung des Schwefelbargums mit einer Säure 
verfegt; fo wird Schwefel ausgefchieden, das Baryum orydirt 
ſich auf Koften des Waſſers, während ein anderer Theil des Schwe⸗ 
fels mit dem Wailerftoffe ale Schwefelwailerftoffgas entweicht, 
und der Baryt verbindet ſich mit der Säure. Dieſe Verjegung 
der Auflöfung mit der Säure muß unter einem gut ziehenden Rauch⸗ 
fange vorgenommen werden, danıit das Gas leicht entweichen 
fönne; die Säure wird unter Umrühren allmählich zugefegt, bis 
fie. vorfchlägt ; und dann das Ganze zum Sieden erhigt, da⸗ 
mit dad Schwefelwaflerftoffgas völlig entweiche. Die Auflöfung 
wird endlich filtriert, abgedampft, un dad Salz zum Kryſtalliſiren 
gebracht. 

Auf. diefe Art entfteht durch Sättigung mit Salpeterfäure 
ber falpeterfaure Baryt, in oftaedrifchen Kryſtallen, der 
in 12 Theilen falten, und 3 bis 4 Tpeilen heißen Waſſers aufs 
loͤslich ift; durch Verſetzung der Auflöfung des Schwefelbaryums 
mit Salsfäure, der falzfaure Baryt (Chlorbaryum), in tafels 


Y 


Baryt. | 463 


förmigen Kryſtallen, der fi) in 25 Theilen falten und in »3 Thei⸗ 
Ien fiedenden Waflers auflöft; durch Faͤllung mit Sfigfäure der 
effigfaure Baryt, in Prismen kryſtalliſirt, der ı7 Theile 
Falted und 1.03 fiedendes Wailer zur Auflöfung erforder. Man 
Fann diefe Salze auch fo dDarftellen, daß man den durch dad Aus⸗ 
glühen des Schwerſpaths mit Kohle erhaltenen Schwefelbaryt un⸗ 
mittelbar mit den Säuren außzieht oder auslaugt: bei diefer Ver- 
fahrungsart fommen jedoch auch noch fremde Beftandtheile, mit, 
denen der Schwefelbargt verunreinigt tft, befonders Eifenoryd, 
mit in die Auflöfung, und nur bei der Bereitung des falzfauren 
Baryts geht ed an, diefen durch flarfed Ausglühen im offenen 
euer, wodurch die fremden, befonders Eifen-Salze zerftört werden, 
und nochmahliges Auflöfen und Kryſtalliſiren, wieder zu reinigen. 
Man arbeitet daher reiner und zuverläßiger, wenn man erft die 
filtrirte Auflöfung des Schwefelbarygums herftell. Den falsfau- 
ren Baryt kann man nah Bucholz auch erhalten, wenn man 
geihlämmten Schwerfpath mit der halben Gewichtmenge geglüb- 
tem falzfauren Kalf (Chlorkalzium) ſchmelzt, die gefchmolzene 
Maffe pulvert, mit fochendem Waſſer übergießt, und ſchnell durch⸗ 
feihet, wobei der Gyps auf dem Filter bleibt, die Auflöfung des 
Chlorbaryums aber durchgeht (beim längeren Zufammenbleiben, 
fo daß der gefällte Gyps Arpftallwafler aufzunehmen Zeit hat, zers 
legen beide Salze wieder einander). 

Der reine oder ägende Baryt wird am leichteflen aus bem 
falpeterfauren Baryt dargeſtellt. Man erhitzt naͤhmlich diefes 
Salz in einer Retorte von Steingut oder von Porzellan, bis die 
Säure zerlegt iſt und fein Gas (Sauerſtoffgas) mehr entweicht; 
legteres erfennt man leicht, wenn man einen glimmenden Holz⸗ 
fpan vor die Mündung der Retorte halt; fo ange fich dieſer noch 
entzündet oder fich lebhafter anfacht, fährt man noch mit dem 
Ausglüben fort. Da das Salz, nachdem es in Fluß gekommen 
ift, und die Säure zerlegt zu werden anfängt, flarf auffchäumt, 
fo füllt man die Netorte nur bis zur Hälfte, und mäßigt anz 
fangs das Teuer, das gegen Ende bis zum Glühen der Retorte 
verftärft wird. Die zurücbleibende poröfe Maſſe iſt ägender 
wafferfreier Baryt, der fogleih in wohl verftopften Slafchen auf: 
. bewahrt wırd. 


464 Baryt. 

Auf andere Weiſe kann der reine Baryt aus dem kohlenſau⸗ 
ren Baryt durch Ausglühen mit Kohle hergeſtellt werden. Es 
werden nähmlich 100 Theile der auf die obige Weife bereiteten, 
fhwach. geglühten, Fohlenfauren Baryterde mit 6 bis 10 Theilen 
fein gepulverter Holzkohle genau gemengt, dann mit etwas Tra⸗ 
ganthſchleim zu einer fieifen Maife gefnetet, in eine Kugel gebil- 
det, und diefe mit Koblenftaub umgeben in einen Thontiegel gelegt, 
den man mit einem gemau aufliegenden Dedel oder mit einem klei⸗ 
neren Ziegel gut verdeckt; und nun wird dad Ganze eine Stunde 
lang vor.dem Gebläfe ausgeglüht. In diefem Prozeſſe wird die 
Kohlenfäure von der zugefepten Kohle in Kohlenorydgad umges 
wandelt, welches entweicht, während die Baryterde, noch mit 
etwas Kohlenpulver gemengt, rein zurüdbleibt; die dann in hei⸗ 
Ben Waller aufgelöft wird. 

Die reine, waflerfreie Baryterde, wie fie in den beiden 
vorhergehenden Operationen erhalten wird, hat eine graulichweiße 
Sarbe und ift im gewöhnlichen Feuer unfchmelzbar. Mit dem 
Waſſer verhält fie fich, wie der gebrannte Kalf: damit befeuchtet 
erhitzt fie ſich und zerfällt zu einem weißen Pulver; mit noch mehr 
Waſſer verbärtet fie zu einer harten, Fepftallinifchen Maſſe. Diefe 
Verbindungen des Baryts mit dem Wafler find Barythydrat. 
Sn so Theilen Falten und 2 Theilen fiedenden Waſſers wird das 
Barythydrat aufgelöft, welche Auflöfung Barytwaffer ges 
sannt wird. Der Luft ausgeſetzt , zieht fie Kohlenſaͤure an, wie 
Kalkwaſſer, und überdeckt ſich mit einem Haͤutchen von kohlenſau⸗ 
rem Baryt, fo daß endlich aller Baryt als kohlenſauer aus dem» 
felben auögefchieden wird. Wenn die mit heißem Waſſer gemachte 
Auflöfung des Barythydrats zu 3 abgebampft, und dann abges 
fühlt wird, fo kryſtalliſirt aus derfelben das Barpthydrat in lan⸗ 
gen vierfeitigen Prismen (Barytkryſtalle), die an die Halfte ihres 
Gewichtes Kryſtallwaſſer enthalten, weiß und-Ducchfiheinend find, 
jedoch an der Luft bald unfcheinbar werden, quch im Feuer mit 
Verluft des Kryſtallwaſſers in ein weißes Pulver, das Barythy⸗ 
drat, zerfallen. Das Barythydrat ſchmilzt für fich in höherer 
Zemperatur, und nimmt, gleich dem gefchmolzenen Kalihydrat, 
nach dem Geftehen ein Fryftallinifches Gefüge an wobei es das 
Waſſer, wie das auch beim gefchmolzenen Kalihydrat der Fall 


Baryt. 463 
iſt, nicht verliert. Das geſchmolzene Hodrat enthält 10% Prozent 
Waſſer. 

Der reine Baryt iſt ein Oryd des Baryums, zu welcher 
metallifchen Subftanz Derfelbe durch Eleftrizität oder durch Behand⸗ 
Iung mit Salium reduziert werden fann. An der Luft und im Wafs 
fer oxydirt ſich dieſes Metall fchnell wieder zu Baryt. Dad Ba⸗ 
ryum bildet mit Sauerjtoff außer dem Baryt noch ein Super: 
oxyd, welches entfleht, wenn dad Metall in Sauerfloffgas ver⸗ 
brannt, oder wenn äßender wajjerfreier Baryt in einer Porzellan⸗ 
söhre geglüht wird, Durch welche man Sauerftoffgas leitet. 

Die Auflöſungen des Baryts in Waller oder in Salz⸗, Eifig- 
und Salpeterfäure dienen hauptfächlic, ald Reagirmittel auf Schwe: 
felfäure, mit welcher fi) der Baryt vor allen andern Salzbafen 
verbindet, und als ein weißes Pulver (fchwefelfaurer Baryt), das 
gänzlich im Waffer unauflöslich if, ausfcheidet. Diefe Barytauflö- 
fungen dienen daher nicht nur zur Prüfung auf Das Vorbandenfeyn 
von Schwefelfäure, und zur Ausmittelung des quantitativen Vers 
häftnijfes an diefer, oder an einem fchwefelfauren Salze in einer _ 
Auflöfung ; fonderg audy um von diefer Säure und ihren Salzen 
ſolche Auflöfungen zu reinigen. Wenn fich Daher in einer Auflöe 
fung irgend ein fchwefelfaures Salz; befindet, und diefelbe wird 
mit einer Barytauflöfung verfept; fo wird das Salz zerlegt und 
die Schwefelfäure mit dem Baryt audgefchieden, während die vor 
sige Bafis entweder für ſich abgefchieden wird, wenn Barptwaffer 
angewendet worden, oder mit der Säure in Verbindung geht, 
in welcher der Barpt aufgelöft war. So z. B. wenn eine Auflöfung 
von falpeterfaurem Kali etwas fchwefelfaures Kali enthält, wird 
fie von leßterem durch Zufag einer Auflöfung des falpeterfauren 
Baryts gereinigt, wobei die Schwefelfäure mit dem Baryt fich 
auöfcheidet, das Kaliber mit der Salpeterfäure in Verbindung 
aufgelöft bleib, Mon dem Niederfchlage, welchen aufgelöfte 
tohlenfaure Salze mit den Barptfalzen geben, und der Fohlenfaus 
rer Barpt ill, unterscheidet fich der fchwefelfaure Baryt durch feine 
Unauflöslichfeit in Salpeterfäure; auf welchen un man in 
ES Ballen Ruͤckficht — muß. 

d. H. 


Technol. Encyclop. I. BD. - 30 


466 Baſt. 
B a ſt. 


Bekannutlich iſt Baſt jener faſerige Beſtandtheil holziger Ge⸗ 
waͤchſe, welcher unter der Rinde, und über dem Splinte liegt. Er 
kann als Fortſetzung der Rinde, und als jener Stoff angeſehen 
werden, aus welchem ſich das weichere Holz oder der Splint 
bildet; auch iſt er von dem letztern nur durch ſeine geringere 
Dichte und wenigeren Zuſammenhang der Faſern, nicht aber 
weſentlich verſchieden. Die techniſche Verwendung dieſes Pflan⸗ 
zenbeſtandtheils iſt ſehr ausgebreitet, indem Flachs und Hanf, 
welchen aber, ihrer Wichtigkeit wegen, beſondere Artikel gewidmet 
werden muͤſſen, ebenfalls nichts als wahrer Baſt find. Hier wird 
zunaͤchſt nur von dem Lindenbaſt die Rede ſeyn, welcher an der 
gemeinen oder europaͤiſchen Linde in ſehr großer Menge, in gerin⸗ 
gerer auch an der Winter⸗Linde vorkommt, und zu wohlfeilen, aber 
ſehr nuͤtzlichen Fabrikaten, vorzüglich in Rußland, ferner in Frank⸗ 
reich und Italien, und in mehreren andern Laͤndern, benützt wird. 
Er kann zwar von der Rinde ohne weitere Vorbereitung abgezogen 
werden, beſſer aber iſt es, denſelben (fo wie den Flachs und Hanf) 
einer Art von Nöftung zu unterwerfen, wodurch er geſchmeidiger 
wird, und fich Leichter in bandförmige Streifen zertheilen laͤßt. 
Die Rinde der gefällten Stämme wird der ganzen Länge nach 
aufgeriffen, und durch eingetriebene Keile gezwungen, fid) von dem 
Holze zu trennen, während der Baſt mit ihrer innern Fläche in 
Derbindung bleibt. Won diefen Rindenſtücken läßt fich, nachdem 
fie, mit Steinen befhwert, durch 6 bis 8 Wochen im Waſſer ge: 
legen haben, der Baft leicht abziehen, und in die zur weiteren 
Verwendung nöthigen Bänder verwandeln, 

Bon den Benuͤtzungsarten des Linden-Baftes find folgende 
nahmhaft zu machen. Der mehrfach zufammengewundene, in Wülfte 
oder Kränge verwandelte Baſt gibt die befannten, gur Reinigung 
des Küchengefchirred gebräuchlihen Baftwifche oder Baſt⸗ 
Pränze. Berner werden aus Baftitreifen durch Flechten, mei- 
ſtens aber durch Weben auf einem -fehr einfachen Stuhle, die 
Bafl:Matten, ein vorzüglich in Rußland nicht unwichtiger 
Handels⸗Artikel, verfertigt. Diefe Matten, deren häufigfter Ver: 
brauch zum Verpaden von Waaren Statt findet, geben noch, wies 


Baſt. | | 467 


der in die Bänder getrennt, aus welchen fie beftehen, jenen Baſt, 
welcher in der Gärtnerei, feiner eftigfeit nnd Wohlfeilheit wes 
gen, zum Binden verwendet wird. Berner macht man auch Ba ft: 
Stricke, welde außerdem, daß fie wohlfeil find, noch den Vors 
tbeil gewähren follen, die mittelft derfelben aufgehangene naffe 
Waͤſche nicht fo leicht fledig zu machen, als die hanfenen Stride. 
Jedoch dürften diefe Stridde, welche im lombardifch » venetianifchen 
Königreiche oft bis zu einer Länge von go Buß, ferner im unga- 
riſchen Bannate, und in großer Menge auch in Rußland verfer- 
tigt und gebraucht werden, die Reibung nicht fo gut vertragen, 
als die gewöhnlichen, da fie weniger glatt find, und ſich daher 
leichter zerfafern. Außerdem werden in Rußland Schuhe und fo> 
gar Hüte aus Lindenbaft verfertigt; auch ift nicht zu zweifeln, 
daß man denfelben ald Spinn-Material verwenden fönnte, wel⸗ 
cheö aber, fo lange nody an Flachs und Hanf fein Mangel ift, der 
weit mübfameren Vorbereitung wegen, in Beziehung auf das Rö⸗ 
ften und Hecheln, fo wie die ebenfalld mögliche Verwendung zu 
Papier, nicht vortheilhaft ſeyn würde. 

Wahrfcheinlich durch Mißverftändniß hat man eine Art fehr 
leichter und wohlfeiler Hüte, deren Fabrikation im füdlichen Europa, 
und nahmentlic in Stalien einheimifch ift, Bafthüte genannt, 
welche, da fie einmahl diefen Rahmen, obfchon mit Unrecht führen, 
indem das Material zu denfelben Hol; ift, hier gleichfalls -befprochen 
werden follen. Sie beftehen, fo wie die Schweizer.und Floren⸗ 
tiner Strohhüte, aus Bändchen, deren Kanten in einer Spiral⸗ 
Linie an einander gereiht find; die Bändchen felbft aber find wie⸗ 
der aus diinnen ſchmalen Holzflreifchen zufammen geflochten. Das 
hierzu verwendete fehr weiße Mol; ift Dad der gemeinen oder 
weißen Weide, welche aber, nad) der einflimmigen Ausfage der 
Ürbeiter, nur in füdlichen Gegenden die zu diefem Fabrikate nös 
thige Vollfommenheit erreichen fo. Man nimmt die abgefchnit- 
tenen jungen Zweige, fehichtet fie mit Lehmerde, welche die Naͤſſe 
lange an fi) hält, in Gruben, und läßt fie durch mehrere Mona⸗ 
the in denfelben; wonach fie herausgenommen, entfchält, und 
zur gleichen , etwa drei Zuß betragenden Ränge abgefchnitten wers 


den. Zur Verwandlung in Streifen werden fie durch Zufpipen auf 


beiden Seiten vorbereitet, Dann aber wird jeder diefer Zweige ein⸗ 
| 3o * 


468 Baſt. 


zeln an einem Ende eingeſpannt, und mit einem Meſſer von beſon⸗ 
derer Form behandelt. Dieſes, welches der Arbeiter mit der rech⸗ 
ten Hand führt, während er das freie Ende des Zweiges mit der 
Linken hält, und diefen nach jedem Schnitte etwad um feine 
Achfe dreht, hat eine ungefähr ſechs Zoll Tange, ftarfe, aber nicht 
fchneidende Klinge, in deren Mitte ein ppramidaler, fehr ſcharf 
gefchliffener Anfag die eigentliche Schneide bildet. Am’Ende des 
Meſſers findet fich ein flügelförmiger Anfab, mittelft welchem. das⸗ 
felbe an dem Zweige laufen, und an ihm fchnell Heruntergezogen 
. werden kann. Jeder Zug liefert einen Streifen. Die Streifen find 
anfangs dicker und breiter, werden aber allmählich, wie der Durch⸗ 
meſſer des Zweiges fih vermindert, feiner. Won diefen gehörig 
fortirten Streifen werden fleben oder neun Durch Flechten aus freier 
Hand, ganz fo wie bei Strohhüten, in fehr lange ſchmale Bänder, 
als das nächfte Material zu den Bafthüten, vereinigt. Zur Bil⸗ 
dung der Hüte gibt ed allerlei Verfahrungsarten. KHöchft felten, 
und nur ausnahmsweife, werden fie nach Art der Slorentiner 
Hüte genäht, ein Verfahren, welches bei diefer wohlfeil feyn 
folenden Waare, des Zeitaufwandes wegen, zu foftfpielig wird. 
Am bäufigften werden die fogenannten Baft: Platten in den 
Handel gebracht. &ie find kreisrund, ganz flach, und beftehen 
aus einem einzigen fehr langen Bändchen, welches von der Mitte 
aus fpiralförmig gefrünmt, und an den einander berührenden 
Kanten auf eine ganz eigenthümliche Art, durch fogenannted Zu⸗ 
fammens&Ketteln ohne weitere Hülfsmittel, in eine Flaͤche ver- 
wandelt if. Zu diefem Ende ftedt man, bloß mit den Finger: 
nägeln, die Umbiegungen oder Eden der Streifen an den fich 
' ‚berührenden Rändern ded Bandes wechfelweife in einander, wo⸗ 
bei man aber Dort, wo die Krümmung ftarf feyn fol, immer eine 
folche Ecke, oder einen Zacken übergeht, und nur den zweiten mit 
der. gegemüberftehenden Kante vereinigt, weil fonft die nöthige 
Krümmung nit zu erhalten feyn würde. Größere Haltbarkeit 
‚ befommt die Platte durch Überreiben und Glätten mit einem run- 
den Stücke Glas, oder noch beffer durch warmes Preffen zwifchen 
glatten und dünnen Bretchen in einer ftarfen Schrauben = Preife. 
Die rauhen, an den Streifen noch vom Schneiden ber befindlichen 
Snolzfäferchen befördern das Ineinandergreifen der gedachten 


Baſt. 469 


Zacken der geflochtenen Baͤnder. Um einen Hut zu verfertigen, 
wird aus der Mitte einer folchen Platte eine runde Scheibe, als 
der Boden des künftigen Hutkopfes, losgeriſſen, und zwiſchen fie 
und das dadurch entſtandene Loch ein ſogenanntes Bandeau (ein 
auch aus Bändchen beſtehender Streifen von der nöthigen Länge 
und Höhe), welches die zylindrifche Nundung des Kopfes gibt, ein= 
geſetzt. Es gefchieht diefed oben und unten, gleihfalld Durch Ans 
fetteln der mit einander in Berührung fommenden Bändchen, und 
durch Zufammennähen in der Breite oder Höhe des eingefegten 
Bandeaus. Außer diefen Hüten werden im öfterreichifchen Sta- 
lien auch folcye verfertigt, an welchen gar nichtS genäht, fondern 
alles gefettelt iſt, und ein einziges langes Bändchen, von ber 
Mitte des Kopfes ausgehend, den Hut bildet. Die Bafthüte er: 
halten verfchiedene Arten der Appretur. Einige werden durch 
Schwefel gebleicht, mit Stärfe beftrichen und geglättet. Noch 
befiere Dienfte leiſtet Leim aus Pergament Spänen, mit etwas 
ſehr fein geriebenem Bleiweiß verfegt: eine Art der Zurichtung, 
in welcher es die Sranzofen am weiteften gebracht haben. Manch⸗ 
mahl werden Die Bändchen auch aus gefärbten Streifen geflochten, 
oder die Hüte felbft fchwarz, gelb, grün, braun, u. ſ. w. gefärbt, 
eine Operation, welche bei der hohen Weiße der Bänder, und bei 
der Leichtigkeit, mit welcher dad weiche, ſchwammige Hol; die 
Barbebrühen einfaugt, gar feinem Anftande unterliegt. Die Baft- 
hüte find zwar an den Erzeugungsorten fehr wohfeil, aber aud) 
von fehr geringer Daner. Bei einiger Gewalt ziehen fi die 
Bänder leicht aus einander, welches fowohl beim Gebrauch als 
auch nicht felten bei der Appretur gefchieht; wobei nur dann, wenn. 
der Riß nicht zu groß ift, die Ausbeiferung dadurch möglich ift, 
daß man feinen Zwirn mittelft der Nähnadel einzieht, und durch 
die beiderfeitigen Zaden der Öffnung leitet. Die weißen Hüte 
mit der natürlichen Farbe des Holzes find die fehönften; allein 
fie verändern fich fehr bald, indem fie durch Luft und Licht zuerſt 
gelb, dann röthlih, und endlich braun werden. Die Bändchen 
von aufgelöiten Baftplatten werden zum Befehen anderer Damen: 


büte, zur Unterlage von Seidenbändern und Mafchen auf — 


ben, und zu ähnlichen Nebenarbeiten verwendet. 
Der Ähnlichkeit des Gebrauches und des Materiales — 


4720 Baſt. 


muß hier auch noch jener, durch Weben aus Holzſtreifen gebilde⸗ 
ten Platten gedacht werden, welche bon einer Größe von 30 
bis 36 Zoll im Quadrate vorfommen, und verfchiedene Nahmen 
führen. Bei einigen derfelben, den fogenannten Sieb-Plate 
ten, liegen die Streifen nicht unmittelbar an einander, fondern 
fo, daß fie Öffnungen zwifchen fich Iaffen, und folche Platten 
(obwohl dieß feltener gefchieht) auch wirflich zu Siebböden benugt 
‚werden Finnen. Böhmen und Sachfen liefern fie in bedeutender 
Menge und zu fehr niedrigen Preifen. Es fommen aber auch 
feinere , fehr dichte, geföpert, und felbft mit Deſſeins gewebte 
Platten, unter dem Nahmen Sparterie vor, welche fowohl 
aus den genannten Laͤndern, als auch, und zwar in großer Volls 
fommenheit, aus der Schweiz und aus Frankreich bezogen werden. 
Die Streifen zu diefen Geweben werden nicht aus Zweigen, 
fondern aus Bretern, und zwar durch Hobeln verfertigt. Zu 
jenen feineren, welche ganz weiße Gewebe liefern follen, wendet 
man Weidenholz, zu den gröbern anch Pappelhol; an, welches 
durch längere Zeit in die Erde eingegraben, einer Art von Maze⸗ 
ration unterworfen wird. Zur Darftellung der Streifen bedient 
man ſich zweier Werfjeuge. Das eine ift einem Kamme, oder 
einem Zahn⸗-Hobeleiſen ähnlich, und mit zwei Griffen zur Führung 
verfehen. Die feinen fpigigen oder fchneidigen Zähne dienen dazu, 
auf die vorher glatt gehobelte, beim Einfpannen des Bretes nach 
oben gefehrte. fchmale Kante deſſelben gleichlaufende Linien ein« 
zureißen, deren Entfernung von einander durch den Abftand der 
Zähne oder Schneiden beftimmt wird, und felbft wieder die Breite 
der Holzſtreifen beflimmt. Das zweite Werkzeug ift ein Schlicht- 
hobel mit fehr fcharf gefchliffenem Eifen, welcher, über Die Molz« 
kante geführt, einen bereitd Durch das Worfchneiden mit dem er 
ſten Inſtrumente in gleichbreite Streifen getheilten Span von ber 
Länge des Bretes gibt. Die Die der Streifen hängt davon ab, 
ob die Schneide des Eifens mehr oder weniger über die Bahn Des 
Hobels vorfieht. Es fann mehrere Mahl gehobelt werden, ohne 
daB erftere Werfzeug aufd Neue zu brauchen, weil diefes für einige 
Soobelftöße tief genug einbringt; und das ganze Bret fann durch 
Diefe Werfzeuge in kurzer Zeit in eine ungeheure Menge Streifen 
verwandelt werden. Es ift zwar thunlich, jenes Zahneifen [pr 


Baſt. 471 


"gleich im Hobel felbft anzubringen, und fo beibe Operationen in 
eine zufammen ‚zu ziehen: allein das Hobeln erfordert dann auch 
mehr Araft, als in jenem Falle. 

Zum Verweben diefer Streifen dient ein einfacher Weber⸗ 
fiubl, dem des Leinwebers aͤhnlich; und Faum findet fid) eine an- 
dere- Schwierigkeit dabei, ald die Sprödigfeit des Holzes, ver⸗ 
möge welcder die Streifen der Kette leicht reißen, und diefe über« 
haupt nicht die fonft gewöhnliche Spannung verträgt. Auf den 
Stuhl werden zuerft Zwirnfäden aufgebäumt, und wenn fie durch 
die Schäfte und das Blatt durchgezogen find, fo vereinigt man 
vor dem letzteren jeden Baden mit einem Holzſtreifen. Die Holz⸗ 
fireifen gehen, wenn die Zwirnfette ſodann rüdhwärtd gezogen 
wird, durd das Blatt, und durch die Augen der Ligen, und koͤn⸗ 
nen mit ihren freien Enden leiht an dem Bruftbaum befeftige 
werden. Die Zwirnfette dient auch in der Folge noch oft zur 
Befeftigung neuer Streifen, wenn die bereitd aufgezogenen mit 
dem Eintrage verfehen, in Zeug verwandelt, und von dem Stuhle 
abgenommen worden find. Die gewöhnliche Schüge ift bei diefer 
Art der Weberei nicht anwendbar, fondern fie wird durch eine 
Reifte erfegt, mit welcher man, wenn fie Durch die geöffnete Kette 
geſteckt ift, mittelft eines an ihr befindlichen Häfchens den als 
Eintragfaden dienenden Streifen faßt, und zurüd durch die 
Kette zieht, 

Von den, auf die befchriebene Art erhaltenen Holggeweben 
macht man verfchiedenen Gebrauch. Aus den Siebplatten werden 
manchmahl ordinaͤre Srauen-Hüte durch Zuſchneiden und Zuſam⸗ 
mennaͤhen verfertigt; auch Männer: Hüte hat man auf ähnliche 
Art verfertigt, und außen ſchwarz ladirt. Gewöhnlich aber dienen - 
die Siebplatten nur zu Unterfutter für Hüte aus Seidenzeugen, 
&o bilden fie auch das Gerippe maucher Männer » Seidenhüte, 
welches mit Felper überzogen wird. Zuweilen werden dieſe Plat- 
ten dadurch appretirt, daß man fie mit einer weißen, bläulichen 
oder grünlichen Dedfarbe überftreicht, und erft in diefem Zuflande 
verwendet. Die fogenannte Sparterie, oder die feinen, gemu— 
fterten Holzgewebe, benügt man entweder auch zu Unterfutter, 
häufiger aber, des höhern Preifes und fchönern Anſehens wegen, 
zu Hüten ſelbſt. Auch Finnen fie ig Streifen gefchnitten, ber 


472 Baumwolle. 


ganzen Länge uach zufammengebogen, umd fo ald Bändchen, 
gleich jenen aus Stroh, durch Nähen zu Hüten geformt werden. 

Die aus WBeidenruthen duch Spalten gewonnenen feinen 
Streifen gehören nicht mehr hierher, indem fie auf ganz andere 
Art zubereitet, und von den Korbmacdhern zum Flechten von Koͤrb⸗ 
hen und ähnlihen Erzeugniffen ihres Gewerbes — wer⸗ 
den (f. Rorbmacher-Arbeiten). 

G. 2. 


Baumwolle. 


Die Baumwolle iſt ein faferiger Stoff, welcher in den Sa⸗ 
menkapſeln mehrerer zur 16. Linnéiſchen Klaffe gehörenden Pflan⸗ 
zen die Samen einhüllt. Die verfchiedenen Arten der Baum» 
wollenpflanzge wacfen theild baum⸗, theild ſtrauch⸗, theils 
ſtauden⸗ oder frautartig; umd bei dem ungeheuren Verbrauche, 
welcher von der Baumwolle gemacht wird, ift der Anbau derfelben 
ein wichtiger Zweig der Landfultur, der ſich über die wärmeren 
Gegenden aller Erdtheile erfiredt. 

Am häufigften, und zwar befonders in den füdlichen Oi 
den von Europa (nahmentlicd Mazedonien, Malta, Sizilien und 
Kalabrien), in der Levante und in Oftindien, wird die frauts 
artigeBaumwollenpflange (Gossypium herbaceum) ges 
zogen, welche 2 bis 3 Fuß hoch waͤchſt, nur über einen Sommer 
ausdanert, runde, dreifächerige Sruchtfapfeln von dem Umfange 
einer Fleinen Walnuß, und in diefen etwa erbfengroße Samen 
hat. Ebenfalld nur ein Sommergewächd, welches aber doch oft 
auch zwei Jahre ausdauert, ift die zuweilen mannshohe zotige 
Baummollenpflanze (Gossypium hirsutum) mit eirunden, 
vierfächerigen Kapfeln von der Größe eines mittelmäßigen Apfels. 
Sie ift in Amerifa einheimifch, und wird vorzüglid in Karolina 
gebaut. Bon den ftrauchförmigen Baummwollenpflangen, mit hols 
jigem Stamme, wird die 8 bis ı2 Buß hohe baumartige 
(Gossypium arboreum) in Oftindien, in Egypten, und in einigen 
Gegenden Spaniens, die gelbe (Goss. religiosum) in Oftine 
dien und China, die barbadenfifche (Goss. barbadense) iu - 
Weftindien und Südamerifa angetroffen. Der Baumwollen- 
baum (Bombax pentandrum), welcher in Oftindien und Amer - 





Egrenir » Mafchinen. 473 


rifa waͤchſt, gehört zu einem andern Gefchlechte, als die vorigen 
Arten. Er erreicht gegen 20 Fuß Höhe, und oft eine bedeutende 
Staͤrke. 

Die Samenkapſeln aller Baumwollenpflanzen ſind anfangs 
gruͤn, werden aber ſpaͤterhin braun. Zur Zeit der Reife ſpringen 
ſie mit einem ſchwachen Knalle auf, und werden dann ſogleich ein⸗ 
geſammelt, damit die vorher zuſammengepreßte, nun aber ver⸗ 
moͤge ihrer Elaſtizitaͤt ſtark herausquellende Wolle nicht auf die 
Erde falle und ſich verunreinige, oder durch den Wind gar verlo⸗ 
ren gebe. Die Baumwolle wird beim Herausnehmen aus den 
Kapfeln zugleich fortirt, indem man alle nicht ganz reifen oder 
überreifen Stüde bei Seite legt, um nicht durch ihre Beimengung 
den Werth der guten Wolle zu vermindern. Hierauf werden Die 
bald mehr bald weniger feſt anhängenden Samenkoͤrner davon 
getrennt ; und endlich wird die reine Wolle gehörig verpadt. 

Zur Abfonderung der Samen (eine Operation, weldye man 
dad Egreniren nennt), hat man Mafchinen, fat immer aus 
zwei harten hölzernen Walzen beftehend, die horizontal in einem 
Geftelle, und fo nahe über einander Tiegen, daß fle die vorn 
ihnen Dargebothene Baumwolle zwar faſſen, zwifchen ſich durchs 
ziehen, und hinten wieder fallen laſſen, den Samen aber feinen 
Durchgang geftatten; daher die leßteren entweder von felbft her⸗ 
abfallen, oder leicht mit den Händen ausgelefen werden fönnen. 
Wenn diefe Mafchinen ihren Zwed gut erfüllen follen, fo dürfen 
die Walzen nicht groß feyn, damit der Winfel ihrer Peripherien, 
in welchem die Baumwolle eingeflemmt wird, ſtumpfer ausfalle, 
und nicht fo leicht Die Körner mit hineingezogen und zerdrückt were 
den fönnen. In manchen Baumwollpflanzungen (5. ®. in Bra⸗ 
filien) hat man glatte Walzen von etwa 15 Zoll Länge und 4 
oder 5 Zoll Durchmeſſer, von welchen jede an ihrer eigenen Kur⸗ 
bel von einer Perfon. in der gehörigen Richtung umgedreht wird. 
Eine andere Einrichtung ift aber bequemer und zwedmüäßiger. Die 
Walzen find naͤhmlich Dinner und geriffelt, d. 5. mit nad) der 
Länge laufenden parallelen, dreiedigen Einferbungen verfehen, 
um die Baumwolle beffer zu faflen; fie werden durch ein angemeſ⸗ 
fenes Gewicht gegen einander gepreßt. Die Achſe der obern Walze 
trägt an jedem Ende eine hölzerne Scheibe, welche ald Schwung⸗ 


474 Baumwolle, 


rad dient; auf der Flaͤche einer diefer Scheiben ift ein außer dem 
Mittelpunfte ftehender Stift angebradıt, von welchem eine Schnur 
zu einem Tritte herabgeht, fo daß die Mafchine auf diefelbe Weife 
wie eine Drehbanf oder ein Spinnrad in Bewegung gefeht wird. 
Eine Perfon reicht dazu bin, da ihr beide Hände zur Einführung 
der Baumwolle frei bleiben. Lestere fällt, von den Samen be= 
freit, in einen unter den Walzen aufgefpannten Sad. Eine folche 
Mafchine liefert des Tages höchftend 25 Pfund gereinigte Baum: 
wolle. 

Man macht die Walzen auch, gleich viel ob glatt oder ge= 
riffelt, der Dauerhaftigfeit wegen von Eifen, gibt ihnen aber dann 
natürlich die geringfte Größe, welche fie, ohne zu bedeutenden 
Machtheil für die Schnelligfeit ihrer Arbeit, haben fönnen. Die 
Umdrehung gefchieht mittelft zweier in einander greifender verzahn- 
ter Räder, von welchen eines an jeder Walze ſich befindet. Meh- 
rere Mafchinen werden oft gleichzeitig durd) Pferde: oder Waſſer⸗ 
Fraft in Bewegung gefegt. Ein Walzwerf diefer Art ift in Big. ı, 
Zaf. 13, im Durchſchnitte abgebildet. a, b find die beiden Wal- 
sen, welche einen Durchmefler von 9 Linien und ‚eine Länge 
von 6 Zoll haben. Sie werden nach der Richtung der Pfeile um⸗ 
gedreht. Die untere Walze liegt in unbeweglichen Zapfenlagern ; 
ein jeber Zapfen der obern wird von einem Arme umfaßt, der bei 
f um einen Stift im Seftelle ſich dreht, und mittelft der Schraube 
d, wenn die Slügelmutter angezogen wird, die obere Walze gegen 
Die untere berabdrüdt. c ift die Tafel, worauf man die Baum⸗ 
wolle legt, die man der Mafchine zur Bearbeitung darbiethet. 
Unten befindet fich eine Buͤrſte e, welche die fich anhängende 
Baumwolle von dem Zylinder b abftreift. Zu dem nähmlichen 
Behufe kann man Hinter der Maſchine zwei Bürften (für jede 
Walze eine) anbringen, wie Fig. 2, Taf. ı2, zeigt. aund b 
find hier wieder die zwei Walzen; e, e, die Bürften; g, g, zwei 
Holzſtücke, in welchen diefelben befeftigt find. Diefe Holzftüde, 
von welchen die Zeichnung den Ducchfchnitt darftellt, müflen etwas 
‚ länger feyn als die Walzen, und zu beiden Seiten an dem Seftelle 
befeftigt werden. Jedes derfelben enthält zu diefem Behufe an 
beiden Enden einen Einfchnitt i, durch welchen eine Schraube h 
m das Holz des Seftelles geht. Der Kopf diefer Schraube liegt 


Egrenir⸗Maſchinen. 43 


auf einer Eifen« oder Meffingplatte 1 auf, welche mit einem ent- 
Tpredyenden Einfchnitte verfehen if. Die zwei Schrauben, welche 
foldergeftalt das Bürftenholz fefthalten, erlauben zugleich, wenn 
fle etwas zurückgezogen werden, eine Verfchiebung von g, ver» 
möge weldyer man im Stande ift, die Bürften den Walzen mehr 
zu nähern, wenn fie fich abgenugt haben. 

Glatte Walzen von geringem Durchmefler arbeiten immer 
verhältnigmäßig langſam, weil fie die Baumwolle wegen des 
flumpfen Winfeld an ihrer Beruͤhrungsſtelle fehwer faſſen, und 
eine große Zahl von Umdrehungen machen müffen, um eine be⸗ 
beutende Menge zwifchen fih durchzuführen. Geriffelte Walzen 
find freilich dem erftern Fehler nicht unterworfen ; aber fie ziehen 
zu leicht au die Samen hinein, und gerquetfchen mehr davon, 
verunreinigen alfo eben dadurch die Baumwolle mehr, ale dieß 
bei glatten Walzen der Sal if. Der Vorfchlag, welchen Mo⸗ 
Iard d. j. in diefer Hinficht gemacht bat, ift fehr zweckmaͤßig. 
Er befteht darin, ganz nahe vor den zwei Walzen a, b, Fig. 3, 
Zaf. 11, eine blecherne Bedeckung k, k anzubringen, deren Krüm⸗ 
mung genau mit jener.der Walzen Ponzentrifch ift, nnd welche in 
dem Winkel, we die Baumwolle unter die Walzen gelangen foll, 
eine für den Durchgang der. Samenförner nicht hinreichend große 
Spalte beſitzt. Diefe Bededung wirkt gleichſam als ein Xrichter, 
durch welchen die Baumwolle von den Walzen hinausgezogen wird, 
während die Körner wegen ihrer Größe zurüdbleiben müjlen. Die 
Tafel c dient zum Auflegen der Baumwolle. 

In den vereinigten Staaten von Nordamerika ift eine Ma⸗ 
ſchine zum Egreniren der Baumwolle gebraͤuchlich, welche ſich 
durch die Schnelligkeit ihrer Arbeit auszeichnet, und der Einrich⸗ 
tung nach ganz von den Walzwerken verſchieden iſt. Die Haupt⸗ 
theile dieſer Vorrichtung find in Fig. 4, Zaf. 12, im Durchſchnitte 
gezeichnet. Auf einer horizontalen eiſernen Achfe n find mehrere 
(wenn die Mafchine durch einen Menfchen getrieben werden foll, 
18 oder 20, außerdem bis 50 oder 60) zirfelförmige Scheiben m 
von Eifen- oder Stahlblech befefligt, deren Umfreis fägenartig 
mit fehr chief liegenden, ſcharf ſpitzigen Zähnen befegt ift. Diefe 
Scheiben, welche zehn oder zwölf Zoll Durchmeifer und eine halbe 
Linie Die haben, werben durch Eleinere hölzerne zwifchen ihnen 


— 


4106 Baumwolle. 


auf die Achſe geſchobene Scheiben in paralleler Richtung und in 
9 Linien Entfernung von einander gehalten. Bor diefem Sägen- 
Zylinder befindet fi) ein Roſt von flachen, gebogenen, an den 
Holzſtücken p, p befefligten Eifenftangen o, welche fo nahe an 
einander fleben, daß die Sägen gerade nur ohne zu ftreifen ſich 
in den Zwifchenrdumen bewegen fönnen. Der erwähnte Roß 
bildet einen heil der Vorderfeite eines Kaftens, in welchen die 
von ben Samen zu befreiende Baumwolle geworfen wird, und der 
eine hölzerne Hinterwand q befist. Mit der legtern iſt unten eine 
an Bewinden hängende Leifte r verbunden, welche vermittelit der 
Schraube s höher geftellt oder herabgelaflen werden kann, fo daß 
ein Fleinerer oder größerer Raum zwifchen ihr und den Sägen m 
bleibt. Hinter den Sägen befindet, fich parallel mit der Achfe n, 
eine Walze oder Trommel, welche aus einer Achfe, zwei oder drei 
Reifen gleich t, ſechs mit Roßhaar⸗ Bürſten, u, beſetzten Stan⸗ 
gen, und ſechs dünnen Bretern beſteht, welche zwiſchen jene Stan⸗ 
gen und die Achſe eingeſetzt ſind. Man gibt, um von dieſer Ma⸗ 
ſchine Gebrauch zu machen, mittelſt einer Kurbel, eines großen 
Mades und eines endloſen Riemens den Sägen und der Büurſten⸗ 
trommel eine fchnelle Bewegung um die Achfe, nach entgegenges 
fepter Richtung (wie die Pfeile in der Figur anzeigen), jedoch fo, 
daß fich die Buürften fchneller bewegen, als der Umfreis der Sägen. 
Erftere fönnen z. B. ı50 Umdrehungen in der Minute machen, 
legtere 100. Die Zähne der Sägen, welche, zwifchen den Stan: 
gen o durch, in den Kaften mehr oder weniger hineintagen (zu 
welchem Behufe der Roſt gegen die Sägen nad) Erforderniß ge= 
ftelle werben kann), fallen die Baumwolle und ziehen fie heraus, 
indeß die Samen, welche zu groß find um nachzufolgen, durch 
die Offnung zwifchen der Leifte r und den Stangen o herabfallen. 
Die an den Zähnen von m hängen bleibende Baumwolle wird 
duch die Bürſten u von denfelben abgeftreift. Die Breter v, v, 
an der Bürftentrommel bilden zugleich einen Wentilator, durch 
welchen die Baumwolle zum Theil von Staub gereinigt wird. Der 
Kaften, in welchem fich die Baumwolle befindet, ift während der 
Arbeit durch einen Dedel verfchloffen. Die Anwendung diefer 
Mafchine ift befonders bei ſolchen Baumwollenforten zwedmäßig, 
welche nicht ſehr lang find, und nicht zu feft an den Samenkoͤr⸗ 


Packpreſſen. 477 


nern hängen; denn je mehr das eine und bad andere der Fall ift, 
defto mehr wird die Baumwolle durch die Sägen furzgeriflen, folg« 
lid, ihr Werth vermindert. Zwei Perfonen fönnen, mit ı Mas 
fchine von ao Sägen, in zehn Stunden go bis 100 Pfund gereis 
nigte Baumwolle liefern; wobei fie in der Arbeit fo mit einander 
abwechfeln, daß eine die Maſchine in Bewegung fegt, während 
die andere neue Baumwolle in den Kaften wirft, und die fchon 
gereinigte in Säde füllt. 

Um die Baumwolle zur Verfendung einzupaden, muß fie 
ſtark zufammengepreßt werden, fowohl damit fie weniger Raum 
einnimmt, als auch damit fie mehr vor Befhädigung durch zufäl« 
liges Eindringen der Näffe gefchüst bleibt. Man hängt zu diefem 
Behufe gewöhnlich die Säde frei an ftehenden Pfoften auf; legt 
die Baumwolle fhichtenweife hinein, und läßt jede Lage vom Ars 
beiter, der hineinfteigt, fefltreten. Die Säde werden von außen 
naßgemacht, damit fie weich werden, ihre Elaftizität verlieren, 
und die Baumwolle nicht wieder in die Höhe fteigen fan. Wenn 
fie vol find, fo naht man fie zu. Man bedient ſich wohl auch 
einer Kebelprefle, um die Baumwolle in den Ballen zufammen- 
zu drüden. Allein, da in diefem wie in jenem Falle noch nicht 
der Grad von Dichtigfeit erreicht wird, welcher. wünfchenswerth 
ift; fo laflen die Kauffahrer, welche fie zum Transporte überneh⸗ 
men, diefelben gewöhnlich noch mehr zufammen preffen. Hierzu 
macht man in den nordamerifanifchen Seehandelsftädten von eiges 
nen Schraubenprefjen Gebrauch, deren Einrichtung verfchieden ilt. 
In der einfachiten Geftalt gleichen diefe Preifen einer in großem 
Maßſtabe ausgeführten Buchbinderpreffe, von welcher der untere, 
unbewegliche Balken, an dem die zwei Schrauben befeftigt find, 
in den-Boden verfenft ift. Der bewegliche, obere Balken iſt 9 
Fuß lang, ı8 oder 20 Zoll breit, und ı2 Zoll did. Die Schraus 
ben find von gefchmiedetem Eifen, haben 8 Buß Länge und 3: bis 
4 Zoll Durchmeſſer. Ihre Muttern find von Mefling, und mit 
dem beweglichen Preßbalfen fo verbunden, daß fie, mittelft darauf 
geſteckter langer Hebel umgedreht, denfelben nicht nur niederdrüs 
den, fondern ihn, wenn verkehrt gedreht wird, auch wieder em⸗ 
porheben. Acht ſtarke Arbeiter fönnen mit einer ſolchen Preffe 
nur 25 Ballen des Tages preffen. Man hat, um die Arbeit zu 


® 


418 Baumwolle. 


befchleunigen, mancherlei Veränderungen mit dieſen Mafchinen 
vorgenommen, z. B. die Schraubenmuttern durch Näderwerf in 
Bewegung gefebt, oder auf diefelbe Weife die Schraubenfpindeln 
umgedreht, und die Muttern unbeweglich mit dem Preßbalfen 
verbunden. Am vorzüglichiten aber ift die folgende, von Vals 
court angegebene Bauart, wovon auf Taf, 11, Fig. 5 der Aufs 
riß der vordern Seite, Fig. 6 das Profil ift. 

Drei ſtarke Balken, a, b, c, welche durch zolldide, in das 
Holz eingelaffene Eifenfchienen d verftärft find, bilden diefe Preſſe, 
und werden Durch die Umdrehung zweier eiferner Schraubenfpin« 
dein, e, e, gleichzeitig in Bewegung gefeßt. Damit man die 
hierzu angebrachte Einrichtung deutlich fehen fönne, ift das linfe 
Ende von Fig. 5 im Durchfchnitte gezeichnet. Der mittlere Theil. 
einer jeden Schraubenfpindel hat ein linkes Gewinde, während 
das obere und untere Drittel gewöhnliche rechte Schraubengewinde 
find. Daß der Durchmeffer des mittlern Theiled wenigftend um 
die Tiefe der Schraubengänge größer feyn muß, als jener der 
äußern Theile, ift offenbar; weil die Mutter eben diefes didern 
Mittelftüdes über einen von den dünneren Iheilen aufgeſteckt were 
den muß. Das untere Ende der Spindel geht durch einen meilin- 
genen Ring g, und fteht auf einer eifernen, verflählten Platte h; 
das obere läuft ebenfalld in einem gehörig durchbohrten Meſſing⸗ 
ftüde i. Diefe Anordnung erlaubt den Spindeln ſich zu drehen, 
geftattet ihnen aber feine Bewegung in der Richtung ihrer Achſe; 
die geradlinige Bewegung wird alfo den Schraubenmuttern £, und 
durch diefe den Balken a, b, c, in weldyen diefelben befeftigt find, 
mitgetheilt. Werden die beiden Spindeln rechts herum gedreht, 
fo gehen die Balfen b und c, welche jtetd unverändert in Dem 
naͤhmlichen Abftande von einander bleiben, aufwärts, a hingegen 
bewegt fidy abwärts; folglidy wird der Kaum zwifchen a und © 
größer, indeß fich jener zwifchen a und b verfleinert. Man hat 
mithin Zeit, den gepreßten und gehörig zufammengefchnürten 
Ballen aus dem erften oder obern Raume wegzunehmen, und einen 
neuen dafür einzulegen, während der Ballen k, welcher fi in 
dem untern Raume befindet, zufammengedrüdt, und hierauf von 
den Arbeitern, mittelft der fchon vorher eingelegten Strike, ger 
bunden wird. Der entgegengefehte Erfolg findet Statt, wenn 


Packpreſſen. 419 


man den Schraubenfpindeln eine Drehung nach der Iinfen Seite 
“ gibt: der Raum zwifchen a und c verengert fih nun, weil dee 
Balken a binaufgeht, b und e aber fid, abwärts bewegen; der im 
untern Raume eingepreßte Ballen Fann demnach herausgefchafft, 
und durch einen noch ungepreßten erfeßt werden. 

Die Schrauben e, e, erhalten ihre Bewegung durch zwei an 
ihnen befeftigte Zahnräder m, m, welche gemeinfchaftlich von 
einem mitten zwifchen ihnen befindlichen dritten Rade Jl umgedreht 
werden. Das letztere erhält abwechfelnd eine Drehung links und 
rechts, wodurch denn natürlich jene befchriebene abwechfelnde 
Bewegung der Preßbalfen hervorgebracht wird. Auf den mit 
Bretern belegten Brüden v, v, Big. 6, werden die Ballen unter 
die Prefle Hinein, und aus. derfelben wieder heraus gefchafft. 
Man fieht, daß diefe Arbeit noch erleichtert wird durch die abwech⸗ 
felnde geneigte Lage, welche die mit den Balfen a und b — 
und ſinkenden Bruͤcken annehmen. 

Der Vortheil des unausgeſetzten Preſſens iſt — ———— 
er iſt aber nicht der einzige, welchen dieſe ſinnreich ausgedachte 
Mafchine gewährt. Weil der Widerfland der Baumwolle mit dem 
Grade der Zufammendrüdung wächft, fo wird gegen dad Ende 
des Preſſens bedeutend mehr Kraft zur Umdrehung der Spindeln 
erfordert, ald im Anfange. Um demungeadjtet die bewegende 
Keaft ſtets möglichft gleichförmig in Anſpruch zu nehmen, hat der 
Erfinder ſich eines fehr zwedmäßigen Mitteld bedient, nähmlich 
der Schnede, welche befanntlid im Kleinen in den Uhren ges 
braucht wird, um den in verfchiedenen Zeitpunkten ungleich ftarfen 
Zug der beivegenden Feder auszugleichen (fe. Schnede). Die 
Welle p des Rades 1 trägt alfo zwei abgeftuste hölzerne Kegel, 
n und o, deren jeder mit einer fchraubenförmigen Rinne verfehen 
ift, und eine foͤrmliche Schnede bildet. Das Gewinde der Schnecke 
n ift ein rechtes, jenes von o ein lines. Auf jede Schnede win» 
det fich ein Seil auf, welches am dicken Ende derfelben befeftigt 
ift; aber das Seil w geht von der bintern Seite auf die Schnede 
o, indeß das Geil x, wegen der umgekehrten Richtung des Ges 
windes von n, vorn auf diefe Schnede läuft. Beide Seile fom- 
men in paralleler Richtung von zwei Trommeln oder hölzernen 
Zylindern, q, r, welche lofe auf der mittelft des Göpeld u von 


% 


480 Baumwolle. 


Pferden umgebrehten Welle t ftedien. Auf diefer Welle koͤnnen 
ſich die Zeommeln -frei drehen, wenn fie nicht durch Einftedien 
eined Bolzens s daran befeftigt werden, was immer abwechfelnd 
mit einer von beiden gefchieht. Die feflgemachte Trommel muß 
dann der Bewegung ber Welle folgen, während die andere von 
derfelben unabhängig ift, und ruhig bleiben, ja auch nach entge= 
gengeſetzter Richtung fich drehen Ffann. Die Anordnung ift fo ge⸗ 
troffen, daß immer ein Seil von feiner Schnede auf feine Trom⸗ 
mel, das andere von der Trommel auf die Schnecke überzugehen 
im Begriffe ift. Übrigens ift die Richtung der Seile auf beiden 
Trommeln die nähmlihe. Wenn, wie in der Zeichnung (Big. 5), 
die Schnee o mit dem Seile gefüllt, n aber leer, ferner die 
Trommel q auf der Welle t befeftigt, und r losgemacht ift; fo 
muß bei der Umdrehung von t das Seilw von o fich abwideln 
und auf q übergeben, während umgekehrt die Schnecke n des Sei⸗ 
le8 x fich bemächtigt,, und daffelbe durch Umdrehung der Trom⸗ 
mel r nach entgegengefehter Richtung, von diefer abrollt. Die 
Schraubenfpindeln e, e, werden demnach links umgedreht, die 
Preßbalfen b und c gehen hinab, der mittlere, a, bewegt fich 
hinauf. Fährt, wenn die gegenfeitige Näherung von a und c 
ihre Grenze erreicht hat, die bewegende Kraft fort, die Welle t 
nach der nähmlichen Richtung umjudrehen, und befeitigt man 
nun die Trommel r, macht aber q los; fo Fehrt fich die Bewe⸗ 
gung der Schneden, des an ihrer Achfe befindlichen Rades 1, und 
folglich der Schrauben e, e, um. Die Schnede n, welche vow 
bin das Seil x von der Trommel r aufgenommen hat, wird nahm« 
lich jegt davon leer; und dagegen wicdelt fi) das Seil von q auf 
o über: die ganze Mafchine kommt dadurch wieder in den Zuftand, 
weldyen die Zeichnung angibt. Die Wirfung der Schneden bei 
dDiefer Bewegung ift offenbar. Indem das beivegende Seil jedes 
Mahl vom dünnern Theile feiner Schnede fid) abzuwickeln anfängt, 
zieht ed an einem Fleinen Hebelarme; und, die gleidhförmige 
GSefchwindigfeit der Bewegung von t voraudgefept, bewirkt es die 
Bewegung der Prefbalfen mit größerer Geſchwindigkeit, aber 
geringerer Kraft, weil eine Umdrehung der Trommel ungefähr 
zwei Umdrehungen der Schnede hervorbringt. Wie aber. beim 
Zortgange der Bewegung der Abwiclungs » Punkt des Seile ſich 


Sorten der Baumwolle, 481 


dem dickern Theile der Schnee nähert, nimmt allmählich die 
Sefhwindigfeit der letztern, und folglidy der Preßbalfen, ab; 
allein das Preilen gefchieht nun mit immerfort fleigender Kraft, 
weil der Halbmefler des Kreifes, an welchem das Seil die Schnede 
berührt, im Wachſen if. Man bat alfo bei diefer Mafchine den 
doppelten Vortheil, daß mit einer unveränderten Nichtung der 
bewegenden Kraft abwechf ind zwei einander entgegengefebte Be⸗ 
wegungen hervorgebracht werden; und daß jene Kraft, ungeach⸗ 
tet der Zunahme des Widerftandes, ſtets ziemlich gleichmäßig an- 
geftrengt wird. Eine folche Preſſe faun, von zwei Pferden in Bes 
wegung gefegt, in zehn Arbeitöftunden Hundert Ballen preifen. 

In den nordamerifanifchen Staaten bedient man fich auch 
der hydrauliſchen Preffe zum Verpaden der Baumwolle. Man 
bat zu dieſem Ende einen Kaſten von der Länge und Breite des 
zu bildenden Ballend, und von einer wenigftens vier Mahl fo 
großen Söhe. Diefer Kaſten ift aus mehreren über einander ge: 
festen Rahmen gebildet, deren vier Wände Durch flarfe eiferne Ha⸗ 
fen an den Eden vereinigt werden. Als Böden dienen dem Ka 
ften die Platten der Bramah ſchen Preife felbft, welche dergeftalt 
eingefchnitten find, Daß man im Stande ift, die zum Zufammen- 
binden’ beflimmten Schnüre voraus einzulegen. Die obere Platte 
paßt genau in den innern Raum des Kaftend, in welchen fie nach 
Maßgabe der fortichreitenden Zufammendrüdung der Baumwolle 
eintritt. Die auf einander liegenden Rahmen, aus welchen, wie 
gefagt, der Kaften gebildet ift, werden hierbei, einer nach dem 
andern, zerlegt und weggenommen, bis auf den legten, in deſſen 
Raum allein endlich die ganze Baumwollmaffe zufammengepreßt 
ift, und der noch fo lange bleibt ‚ bi8 man das Zufammenbinden 
verrichtet hat. Die leinwandene Umbüllung wird hernach ange: 
legt. Auf diefe Weife werden Ballen vun 450 bis 500 Pfund 
im Gewichte bergeftellt, welche nicht mehr als ı2 oder 13 Kubik⸗ 
fuß Raum einnehmen. 

Die Baumwolle aus verfchiedenen Ländern ift in ihren Eigen- 
fchaften fehr ungleich, da fie nicht nur, wie oben erwähnt, von 
mehr ald einer Art der Pflanze geerntet wird, fondern auch’ hier, 
wie überall, Klima; Boden und Kultivirungs: Methode ihren Ein- 
fluß äußern. Don Farbe ift fie entweder rein weiß, oder gelblich, 

Technol· Encyclop. I. Vd. 31 


482 Baumwolle. 


oder vöthlich, oder braun; ihre Faſern find mehr oder weniger 
lang, mehr oder weniger fein, mehr oder weniger weich anzufüh⸗ 
len. Die Faſern der Fürzeften Saummollenforten find kaum 
einen Zoll, jene der längiten nur bid gegen zwei Zoll lang. Ob⸗ 
wohl alfo die Baumwolle, mit der Schafwolle verglichen, von 
diefer an Laͤnge fehr übertroffen wird, fo hat fie doch eine größere 
Feinheit vor derfelben voraus. Die Faſern der Baumwolle find 
gewöhnlich zwifchen 0.0005 und 0.0006 Zoll did, was umgefähr 
zwei Drittel von dem Durchmeffer der feinften Schafwollfäden 
beträgt. . Übrigens find felbft in einer Handvoll der nähmlichen 
Baummwollforte Faſern von fehr ungleicher Länge und etwas vers 
ſchiedener Die enthalten; und hinfichtlich der Dice ift eine ganz 
genaue Beftimmung fehon darum nicht möglicdy, weil unter dem 
Mifroffope ded Dollond ſchen Wollmeflerd (mit welchem jene Re⸗ 
fultate erhalten wurden) der Baumwollfaden fchraubenförmig zu⸗ 
fammengedreht, daher von ſehr ungleichem Durchmeifer, erfcheint. 

Sm Allgemeinen wird von einer guten Baumwolle gefordert, 
daß fie fein, lang, weich, ohne Unreinigfeiten und, Knoten fey. 
An je höherem Grade fie diefe Eigenfchaften befigt, defto feiner 
und mit defto geringerem Abgange läßt fie ſich zu Gefpinnften ver- 
arbeiten, und defto größer ift daher ihr Werth. Man benennt 
im Handel die Sattungen der Baumwolle nach dem Vaterlande, 
und unterfcheidet gewöhnlich von jeder Gattung drei Sorten, die 
man Prima, Saufmannsgut und ordinäre Sorte nennt; 
manchmahl noch ein vierte, naͤhmlich Mittelgut, welche dann 
zwifchen die gute Kaufmanndforte und die gemeine Sorte gefept 
wird. Die Prima, als die Tängite und reinfte, wird vorzugs⸗ 
weife zu Kettengarn verfponnen ; die übrigen dienen zu Einfchuß, 
die ordindre Sorte nur zu groben Gefpinnften. Um die Güte einer 
Baumwolle zu beurteilen, oder zu erfennen, in welchem Grade 
fie die oben erwähnten Eigenfchaften befigt, nimmt man eine 
Handvoll derfelben,, preßt fie zwifchen beiden Händen zuſammen, 
indem man zwiſchen den Daumen etwas davon heraus dringen 
laͤßt, und fie dann nach entgegengefeßten Richtungen aus einan⸗ 
der zieht. Durch diefes Auseinanderziehen wird die Länge der 
Faſern fichtbar, während Durch das Anfehen zugleich die Seinheit, 
und durch dad Gefühl die Weichheit derfelben fich erfennen läßt. 


Sorten der Baumwolle. 483 


Durch zweckmaͤßige Mifchung verfchiedener Baumwollenforten 
ann oft ein, befonders in öfonomifcher Hinficht, fehr vortheil⸗ 
haftes Refultat erhalten werden ; denn eine lange Baumwolle vers 
trägt 3. ©. fehr gut die Beimifchung einer gewillen Menge von 
kurzer Sorte, ohne merfliche Verfchlechterung des Gefpinnftee. Die. 
Erfahrung allein fann hier zur fihernRichtfchnur genommen werden. 

. Die fänmtlichen, in den europäifchen Sabrifen verarbeiteten 
Baummwollenforten Taffen fich nad) ihrem Vaterlande unter folgende 
Hauptklaſſen bringen: ı) Nordamerifanifche; 2) mittelamerifanis 
ſche; 3) füdamerifanifche; 4) oftindifche; 5) Tevantifche; 6) afrie 
Panifche; 7) italienifche; 8) fpanifche. Es wird hinreichen, hier 
die Haupfgattungen einer jeden Klaffe, nebft ihren farafteriftifchen 
Eigenfchaften, anzugeben; wobei jedoch zu bemerfen ift, daß hin« - 
fichtlid der Tegteren die Beftimmungen nur fehr allgemein ſeyn 
koͤnnen, und in einzelnen Faͤllen mehr oder minder beträchtlichen 
Ausnahmen unterliegen. 

1) Unter den Sorten der nordamerifanifchen Baum 
wolle find die Georgia, Louifiana, Neu⸗Orleans, Karolina und 
Zeneffee zu bemerfen. Bon der Georgia unterfcheidet man eine 
Tange,und eine kurze Sorte. Erftere iſt das Erzeugniß der 
Küftengegenden von Georgien, und der dabei liegenden Fleinen 
Inſeln; ſie gilt für die befte aller Baumwollenforten, welche ein 
fehr langes, weiches, feines Haar. befigt, und fich zu den feinften Ge= | 
fpinnjten verarbeiten läßt. Ihre Farbe ift etwas gelblich. Die Baum: 
wolle von den Inſeln bei Georgia fommt unter dem Nahmen 
Sea⸗Island vor. Die kurze Georgia, welche in dem Innern 
der Provinz gebaut wird, ift von ungleich geringerem Werthe, 
furshaarig, weiß, und ohne Zähigfeit, in der Kegel ziemlich un« 
rein. Sie fann, allein verfponnen, höchitend Garne von der 
Feinheits Nummer 40, meift fogar nur Nr. ı2 bis 20, liefern; 
dagegen ift fie zur Vermifchung mit gleich viel Mako (egyptifcher 
Baumwolle) fehr geeignet, und gibt dann auch höhere Nummern. 
Die blaulich weiße Louiſiana ilt von beilerer Befchaffenbeit, 
fieht aber doch der langen Georgia, den brafiliihen und vielen 
weftindifchen Sorten nach. Es laſſen fich daraus Garne bis zu 
Nr. 50 hinauf erzeugen. Sie enthält oft viele feſt anhängende 
Samenförner. Auch die Karolina wird der furzen Georgia 

3ı * 


NY Baummolle. 


vorgezogen ; weniger ift dieſes der Ball mit Teneffee und Neu⸗ 
Drleans, welche im Allgemeinen ein fchwaches, Feine fefte 
Drehung ertragendes Haar haben. Doch kommen von ber letztern 
Sorte zuweilen Partien vor, welche ſich fein (bid gegen Nr. 100) 
fpinnen Iaffen. 

9) Die mittelamerifanifhen oder weftindifhen 
Banmwollenforten zeichnen-fid) durchgängig durch ihre bedeutende 
Länge aus, und gehören überhaupt zu den vorzüglichiien, indem 
fie nur der fangen Georgia, der Bourbon, der beiten fpanifchen, 
und den füdamerifanifchen an Güte nachſtehen. Für die befte 
wird jene von der Inſel Portorico gehalten; dann folgen die 
übrigen ungefähr in’ nachftehender Ordnung: Curagao, Gt. 
Domingo, Martinique, Buadeloupe, Barbados, 
Jamaika, St. Chriftophb, St. Lucie, St. Thomas, 
Grenada, St. Binzent, Dominique, Tortola, 
Montferat, Bahbama, Kuba, St. Jago, Antiaua. 
Die legte ift faft von gleiher Güte mit den beften Tevantifchen 
Sorten. Die Guadeloupe ift meift röthlich, langhaarig, und läßt 
ſich leicht fpinnen. Man erzeugt daraus, fo wie aus den befferen 
Sorten der gewöhnlich weißeren St. Domingo, Garne bis zu der 
Geinheit-Nummer 100. 

3) Sudamerifa liefert vortreffliche Baumwolle, und die 
befte darunter ift die brafilifhe, nahmentlih die Maragnan 
(Maranhao), Bahia und Bernambuf, aus welchen ſich 
Garne von der größten Seinheit, z. B. bis Nr. 250, fpinnen laſ⸗ 
fen. Überhaupt nehmen diefe drei Sorten (von welchen nur die 
Maragnan oft fehr unrein ift) den Rang unmittelbar nach der 
langen Georgia und der Bourbon ein; minder vorzüglich find die 
Minad-Geraed, die Para und Siara (Ceara), welche nur 
Garne von höchftend Nr. 60 zu liefern vermögen. Cine fchlechte, 
fehr unreine und braune Sorte der brafilifchen Baumwolle ift Die 
Rio Janeiro, welche etwa nur den geringften Gattungen der 
weſtindiſchen Baumwolle gleich geachtet werden fann. Von den 
übrigen füdamerifanifhen Baumwollenforten wird die Cayenne 
am meiften gefehägt, da fie fehe lang, weiß und glänzend ift, und 
tiberhaupt der guten brafilifchen Baumwolle nahe flieht. Ihr fols 
gen die Surinam, von langem, gelbem Haar, welche fich oft 





Sorten der Baumwolle. 485 


bis Nr. 200 fpinnen laͤßt; die fürzeren Sorten Demerary, 
Effequebo und Berbice (von welchen oft Partien vorfommen, 
die braun, grob und unrein find); die Lima; die Caracas und 
Cumana, beide mit Samenförnern fehr verunreinigt, gelb, und 
nur mit bedeutendem Abfalle verfpinnbar; endlich die Kartha- 
gena, noch unreiner und gröber als die vorigen, aber länger und 
feſter als dieſe. 

4) Die oſtind iſche Baumwolle fteht im Allgemeinen der 
amerifanifchen, und felbit der beffern Tevantifchen nach, und wird 
in Europa viel weniger als dieſe beiden verarbeitet. Man fennt 
davon hauptfächlih die Surate, welche unrein, gelblich, übris 
gend zwar fein, aber aͤußerſt kurz ifl; die Madras, Siam und 
Bengal, wovon die legtere weiß, feidenartig ift, und noch 
Garne bis zur Feinheits Nummer 50 gibt. Eine gute Sorte oft 
indifcher Baumwolle ift auch die Nanking, welche ſowohl weiß 
als gelb (oder vielmehr gelbbraun) vorfommt ; aus der gelben (von 
der Pflanze, welche im botanifchen Syſteme Gossypium religio- 
sum heißt) wird in Oftindien und China der unter dem Nahmen 
Nanking fo befannte Zeug verfertigt. 

5) Unter der Benennung Tevantifche Baumwolle begreift 
man, im weiteren Sinne des Wortes, alle jene, welche in der 
europäifchen und aſiatiſchen Türfei erzeugt wird. Dazu gehört 
die mazedonifche, die ſmyrniſche und die eigentliche Te: 
vantifche, welche fich fammtlich durch einen hohen Grad von 
Weiße, aber auch durch geringere Länge, und überhaupt dadurch 
unterfcheiden, daß fie nicht über Nr. bo hinauf verfponnen werden 
Sönnen. Die beften Sorten der mazedonifchen Baumwolle find die 
Ufhur oder Zehentwolle, und die Salonichi; eine ganz 
fchlechte, welche faum Garne von Nr. ao liefert, heißt Lira. 
Smornifche Baumwolle nennt man alle in der aflatifchen Türfei 
erzeugten, und über Smyrna verfandten Baumwollenforten, Diefe 
kommen der beffern mazedonifchen und oftindifchen Baumwolle an 
Süte nicht gleich, und geben meift nur Gefpinnfte bid zu Nr. 40 
aufwärts, die man als Einfchußgern verwebt. Die befannteften 
Sorten find die Arar, Kaffabar und Kirfagadfh. Was 
endlich) die levantifche Baumwolle (in der eingefchränftern Bedeu⸗ 
tung) betrifft; fo verfieht man darunter die Baumwolle von meh: 





486 Baumwolle. 


seren Infeln Griechenlands und der ajlatifchen Türfei, mit Inbe⸗ 
griff einiger Küftengegenden Kleinafiens und Syriens. Die beften 
Gattungen der levantifchen Baumwolle erreichen nur die gering⸗ 
ften weftindifchen an Gute, und find gewöhnlich ziemlich -unrein. 
Die am meiften gefchästen Sorten find die Subufhaf und Ki- 
nik; weniger gut ift die zyprifche und jene von dere, am 
fchlechteften die Bendir und Altah. 

6) Afrika liefert auf der Infel Bourbon bei Madagas- 
Far eine ber vorzüglichften Baummollengattungen, welche der Ian» 
gen Georgia an Büte fait: gleich gefchäst wird, aber bei der Ver: 
arbeitung bedeutenden Abgang:leidet. Sie ift ungemein gleich“ . 
förmig, rein, feih und feidenartig, gewöhnlich an Weiße der 
levantifchen Baumwolle glei, und fann zu fehr feinen Garnen 
verfponnen werden. Die egyptiſche oder alerandrinifche 
Baumwolle, welche unter dem Nahmen Mafo (Maho) im Hans 
del erfcheint, hat ein feines, leicht bindendes Haar, verträgt 
leicht die Mifhung mit anderen Baummollengattungen., ift aber 
meift fehr unrein und mit unreifen Theilen vermifcht. Sie ift in 
den öfterreichifchen Sabrifen feit einiger Zeit an bie Stelle der ma⸗ 
zedonifchen Baumwolle getreten, welche fonft hier am bäufigften 
verarbeitet wurde. Die Senegal:Baummwolle ift beiläufig 
von gleicher Güte mit der geringen weftindifchen oder der guten 
levantifhen; die Samen derfelben hängen nicht feft an der Bea, 
und laſſen ſich daher leicht abfondern. 

7) Bon italienifcher Baumwolle kommt die von der In⸗ 
fel Malta, die fizilifche und die aus dem Neapolitanifchen, 
vor. Die befte bierunter ift die fizilifche, und die aus der Nähe 
von Meapel (von Eaftellamare und Della Zorre), welche 
beide der NRangordnung nach etwa neben der Louiſiana oder den 
mittleren Sattungen der weftindifchen Baumwolle zu ftehen kom⸗ 
men. ‚Die Baumwolle von Malta reiht ſich an die geringere weft 
indifche an. Die Biancapilla, eine Sorte der neapolitani« 
fhen Baumwolle, taugt gut zur Mifhung mit Mafo und gibt dann 
(3 Theile gegen 3 Theile Mafo) einen brauchbaren Baden von ' 
Nr. 30 bis 50. Mit furzer Georgia gemiſcht läßt fie ſich zu Nr. 30 
bis 40 verfpinnen. 

8) Die beſte Sorte der fpanifhen Baumwolle ift die 


Baumwollfpinnerei, ' 487 


Motril (aus den Königreiche Granada), welche ihren Platz 
neben der beiten brafilifchen einnimmt, und wegen der Seinheit . 
ihres Haares zu Hohen Nummern gefponnen werden fann. 

Die Verfuche, welche gemadht worden find, den Baumwol: 
lenbau in andern europäifchen Ländern, wie in Frankreich und in 
Ungarn, einzuführen, können bier füglid) übergangen werden, 
da fie fein befriedigendes Nefultat gegeben haben. Das Nähm: 
liche gilt von den erfolglofen Beftrebungen, die Samenwolle andes 
rer Pflanzen, 5.8. der fprifchen Seidenpflange (Asclepias syriaca), 
ber Pappeln und Beiden, ded Wollgrafes (Eriophorum) ꝛc. als 
Baumwoll:Surrogate in Anwendung zu bringen; und von 
ber öfter in Vorfchlag gebrachten Zubereitung des Hanfed und 
Flachſes zu einer baumwollartigen Subſtanz. 

8.8, 


Baummwollfpinnerei. 


Bon allen fpinnbaren Materialien ift die Baumwolle basjes 
nige, welches mit der größten Leichtigkeit ſich in einen feinen und 
gleihförmigen Faden verwandeln läßt. Sie verdanft diefe Eigen 
{haft der ſchwach gefräufelten Form ihrer Faſern, vermöge welcher 
diefelben beim bloßen Nebeneinanderliegen in einem gewiflen Grade 
zufammen haften, und der im Allgemeinen fehr angemeffenen Länge 
diefer Safern, welche weder fo groß ift, um das Ausziehen zu 
einem Faden zu erfchweren, noch fo gering, um dem Zu die- 

«. Haltbarkeit während feiner Bildung zu rauben. 

Wenn man etwas rohe Baumwolle in die linfe Hand — 
dieſelbe mit den Fingern der rechten Hand anfaßt und langſam 
auszieht, ſo bemerkt man, mit welcher auffallenden Leichtigkeit 
die Faſern neben einander vorbei gleiten, mit Beibehaltung ihres 
Zuſammenhanges ſich ausſtrecken, parallel legen, und eine Art 
von Band bilden, welches, ohne abzureißen, ſich bis zu einem 
ziemlichen Grade verlaͤngern laͤßt. Dieſer Verſuch gelingt noch 
weit beſſer, wenn man gekrempelte Baumwolle anwendet, bei 
welcher die Faſern ſich ſchon in einer abſichtlich hervorgebrachten 
ziemlich parallelen Lage befinden; und wenn man, ſobald der 
ausgezogene Faden eine gewiſſe Laͤnge erreicht hat, demſelben mit 
den Fingern einen Grad von Drehung gibt, welcher hinreicht, die 


+88 Baumwollſpinnerei. 


Faſern einander zu nähern, ihren Zufammenhadg zu verſlaͤrken, 
ohne dem Vorbeigleiten derfelben ein Hinderniß zu fegen. 

Diefer einfache Verſuch zeigt, wenn er gehörig gewürbiget - 
wird, den Weg an, welhen man beim Spinnen der Baumwolle 
Durch Mafchinen einfhlagen muß. Es fommt (nachdem alle frem⸗ 
den Subftanzgen und Unreinigfeiten aus der Baumwolle abgefon» 
dert find) darauf an, die Faſern fo viel möglich alle unter einander - 
parallel zu legen; dann aus denfelben durch Ziehen ein Band zu 
bilden; diefes durch fortgeſetztes Ziehen immer mehr zu verfeinern, 
und dabei die Parallel-Legung der Faſern zu vollenden; hierauf, 
wenn die Beinheit einen gewillen Grad erreicht hat, dem Zuſam⸗ 
menhange der Faſern durch eine- fchwache Drehung zu Huülfe zu 
fommen; die Drehung allmählich im Verhältniffe gegen die Deb- 
nung wachfen zu Taifen; und endlich noch dem fo entftandenen fer- 
tigen Baden, der nicht weiter verlängert wird, den Reſt der Dres 
hung zu geben, deflen er, um die nöthige Seftigfeit zu erlangen, 
bedarf. | 

Die Mafchinenfpinnerei befteht in der zweckmaͤßigen Ausfüh- 
tung diefer Dperationen durch mehrere auf.einander folgende 
Vorrichtungen, und in der Anwendung berfelben auf eine große 
Menge von Biden zugleih. &o leicht und natürlich indeflen der 
oben vorgezeichnete Gang fir diefe Sabrifation ift, fo viele Schwies 
rigfeiten find in der Merftellung der mechanifchen Mittel zu dem⸗ 
felben zu überwinden ; und daher ijt und bleibt die Mafchinenfpins 
nerei ein ungerflörbared Denfmahl des fcharffinnigfien Erfin⸗ 
dungsgeiſtes. 

Die heutige Baumwollſpinnerei durch Maſchinen (welche das 
Spinnen auf dem Rade in dem kultivirten Europa nun ſchon lange 
gänzlich verdraͤngt hat), beſteht aus folgenden Operationen: 

I, Die Reinigung und Auflockerung der rohen Baum⸗ 
wolle, wodurch alle fremden Körper und Unreinigkeiten entfernt, 
die Bafern aber von einander gelöfet, und zur nächfifolgenden 
Arbeit vorbereitet werden. 

II, Das Kragen oder Krempeln, welches den Zwed 
hat, den Safern der aufgeloderten Baumwolle eine parallele Lage 
zu geben, und fie zulegt in ein grobes Band zu verwandeln. 

III. Das Dupliren und Streden, woburd in ben von 





Allgemeine Ueberſicht. 489 


der Kragmafchine gelieferten Baͤndern die parallele Lage ber Faſern 
noch vollftäudiger hergeſtellt wird. 

IV. Das erfte Spinnen, eime Operation, welche ihrer 
Natur nach diefen Nahmen verdient, obfchon fie ihn in der Kunſt⸗ 
fprache nicht führt. Sie bewirkt eine Verlängerung nud Verfei⸗ 
nerung der Bänder, gibt denfelben aber zugleich fchon einen ges 
willen Grab von Drehung, und verwandelt fie in eine Art fehr 
grober und fehr lockerer Fäden. 

V. Dad zweite Spinnen, oder, wie es gewöhnlich ge- 
nannt wird, dad Vorfpinnen. "Hierbei wird die Streckung 
der Fäden fortgefeßt, die Drehung berfelben verſtaͤrkt, und fo ein 
feinerer, fchon etwaß fefterer Faden, das fo genannte Borges 
fpinnft, gebildet. 

VI. Das dritte Spinnen oder Seinfpinnen, weldes 
die Vorgeſpinnſt⸗ Faͤden bis zu der von dem fertigen Garne vers 
Iangten Feinheit ausdehnt, und ihre Drehung vollendet. 

Diefen Arbeiten, womit die eigentliche Fabrikation beendigt 
iſt, folgen noch, ald Operationen, welche bloß die Zurichtung für 

den Handel zum Zwede haben, 

VI Das Hafpeln oder Weifen, d.i. PIC DeEWARpIRnG 
bed Garnes in Strehne; 

VIII. Das Sortiren der Garne nad) ihrer Feinheit; 

IX. Die Verpackung. 


Erſte Operation. 
Die Reinigung und Auflockerung der Baumwolle. 


Wenn die Baumwolle in dem Zuſtande, wie ſie in den Sa⸗ 
menfapfeln der Pflanze enthalten iſt, den Spinnereien überliefert 
würde, fo wäre fie loder genug, um ſogleich der nächften Operas 
tion, nähmlidy dem Kragen, unterzogen zu werden. Allein da 
fie, wie in dem Artifel Baumwolle angeführt ift, an den Er⸗ 
zeugungsorten Behufs der Verfendung ftarf zufammengedrüdt 
wird, und eine beträchtliche Zeit in diefem Zuftande bleibt; fo 
haben ihre Bafern, wenn fie zur Verarbeitung fommt, einen fol- 
hen Zuſammenhang erlangt L daß die dichten Knollen, welche fie 
bilden, nicht ohne große Bı’hädigung, alfo nur mit fehr bedeu⸗ 
tendem Abfall und zum Nachtheil ihrer Güte, fogleich gefragt 


[4 


49D Baumteollfpinnerei. 


werden fönnten. Das Kragen beiteht nähmlich in dem Auseinan- 
derziehen der Bafern durch die Bewegung gewiller, mit fpibigen 
Drahthäfchen dicht beſetzter Flaͤchen; und ed wäre nicht möglich, 
durch diefe Operation den Zweck, naͤhmlich die parallele Lage der 
Faſern, zu erreichen, ohne einen beträchtlichen Theil der legtern, 
welcher zu feit in die Maſſe verfchlungen, oder gleihfam verfilze 
ift, abzureißen. 

Man muß demnach eine Aufloderung ‚der Baumwolle vor= 
ausgehen laffen, bei weldyer zugleich die darin enthaltenen Un⸗ 
seinigfeiten, ald Nefte der Samenförner, Sand, Staub und an⸗ 
derer Schmuß, ꝛc. befeitigt werden. Diefe Aufloderung gefchieht 
in verfchiedenen Spinnereien, bei verfchiedenen Baummollforten, 
und für verfchiedene Feinheitsgrade des zu erzeugenden Garnes 
nicht mit den nähmlichen Mitteln. Man verrichtet diefelbe nahm: 
lic) theils duch Schlagen mit Stäbchen aus freier Hand, 
theild auf Schlagmafchinen, theild in dem fo genannten 
Wolf, theild endlih, und gegenwärtig am allgemeinften, mit- 
telft fo genannter Flackmaſchinen. Zuweilen werden zwei dies 
fer Mittel nach einander angewendet, 3.8. der Wolf, dann die 
Sladmafhine. Im Driente wird die Baumwolle, fo wie bei uns 
das Haar, “welches die Hutmacher verarbeiten (f. Hutfabrika⸗ 
. tion) mit dem Fachbogen gefacht. 

I) Das Schlagen oder Klopfen aus freier Hand 
gefchieht auf Tifchen, welche ftatt des Blattes einen vieredigen, 
mit parallelen und eng neben einander befindlichen Schnüren bes 
fpannten Rahmen haben. “Auf diefe Schnüre wird die Baumwolle, 
fo wie fie roh aus den Ballen kommt, auögebreitet, und mit 
hölzernen Stäbchen, von welchen der Arbeiter in jeder Hand eines 
führt, gefchlagen oder geflopft. Die Erfchütterung, welche hier: 
durch ,-vermöge der Schnellfraft der ftarf gefpannten Schnüre, in 
der zufammengeballten Baumwolle entſteht, bewirkt nicht nur, 
daß die fhwereren und gröberen Unreinigfeiten fammt dem Staube 
abgefondert werden, fondern auch, daß die Faſern ihrer natürli- 
chen Elaftizität folgen, fi) ausdehnen, und fo die Baumwolle 
auffchwillt und Ioder wird. Grobe Unreinigfeiten, die nicht von 
feloft berauöfallen (3. B. Kuollen Yon unreifer oder überreifer 
Baumwolle), werden mit der Hand ausgelefen. Diefe Behand 


1 


Schlagen der Baumwolle. 4091 


lungsart, welche ehemahls allgemein uͤblich war, iſt unter allen 
Reinigungs⸗Methoden die muͤhſamſte und koſtſpieligſte; allein fie 
fegt die Baumwolle feiner Gefahr einer Befchädigung aus. Man 
wendet fie aus dem letztern Grunde jest noch bei folcher Baum- 
‘wolle an, welche zu feinem oder fehr feinem Gefpinnft (z. B. 
Nr. 60 bis 100 und darüber) verarbeitet werden foll, und der 
man daher forgfältig ihre unverminderte Länge zu bewahren fucht. 

U) Shlagmafdhinen oder Klopfmaſchinen (eng- 
lifdy batting machines), bei weldyen das Schlagen auf diefelbe 
Art gefchieht, die Stäbchen aber in größerer Anzahl durch einen 
Mechanismus bewegt werden, hatte man in englifchen Spinnereien 
eingeführt, um die Handarbeit zu erfeben. Da fie aber gegen» 
wärtig durch die weit fohneller arbeitenden Sladimafchinen ver- 
drängt find, fo ift es unnöthig, fie zu befchreiben. Unter dem. 
Art. Wolle wird noch Einiges über folche Mafchinen, welche man 
mit gleicher Einrichtung auch zum Klopfen der Schafwolle zuwei⸗ 
len anwendet, vorfommen. 

I) Der Wolf oder Teufel (engliſch Devil, Deviling 
machine oder opening machine) wird zu demſelben Zwecke ges 
braucht, welchen dad Schlagen auß freier Hand oder mittelſt der 
Mafchine erfüllt; aber nur für gröbere oder unreine Baumwollfor: 
ten, und insbefondere für folche, welche auf Waterfpinnmafchinen 
verfponnen werden follen. Der wefentliche Theil diefer Mafchine 
ift ein auf der ganzen Oberfläcye mit fpigigen eifernen Zähnen be⸗ 
ſetzter Zylinder, der fidy in einem verfchloffenen Kaften mit großer 
Schnelligfeit umdreht, und die ihm zugelieferte Baumwolle zer 
zaufet und auflodert, indem feine Zähne an ähnlichen Zähnen, 
welche auf der innern Seite des Kaſtens ftehen, nahe vorbei gehen. 
Fig. 7 auf Taf. 11 zeigt diefe Mafchine im Grundriffe, nach Ab» 
nahme des Dedeld, welcher den Zylinder oben umgibt, und Fig. 8 
derfelben Zafel im Aufriffe, wo der Kaften durchfchnitten ift, da⸗ 
mit man die innere Einrichtung bemerfen fann. Die hohle Walze 
oder Trommel a ift von Holz, und rund herum reihenweife mit 
fpißigen eifernen Zähnen beſetzt. Zwifchen den Iepteren befinden 
fi aufrecht ftehende, die ganze Länge der Trommel einnehmende, 
Blechſchienen c, weldhe an A, binter ihnen auf der Trommel 
liegenden Keilen befeftigt find. Die obere Hälfte ded Kaſtens, 


482 Baumwolle. 


oder röthlich, oder braun; ihre Faſern find mehr oder weniger 
lang, mehr oder weniger fein, mehr oder weniger weich anzufihe 
len. Die Safern der kürzeſten Baumwollenſorten find Faum 
einen Zoll, jene der längften nur bis gegen zwei Zoll lang. Ob⸗ 
wohl alfo die Baumwolle, mit der Schafwolle verglichen, von 
diefer an Länge fehr übertroffen wird, fo hat fie doch eine größere 
Feinheit vor derfelben voraus. Die Faſern der Baumwolle find 
. gewöhnlich zwifchen 0.0005 und 0.0006 Zoll did, was umgefähr 
zwei Drittel von dem Durchmeffer der feinften Schafwollfäden 
beträgt. . Übrigens find felbft in einer Handvoll der nähmlichen 
Baummwollforte Faſern von fehr ungleicher Laͤnge und etwas ver: 
fhiedener Dide enthalten; und binfichtlich der Dice ift eine ganz 
genaue Beſtimmung fchon darum nicht möglich, weil unter dem 
Mifroffope des Dollond’fchen Wollmeflers (mit welchem jene Re⸗ 
fultate erhalten wurden) der Baumwollfaden fchraubenförmig zu⸗ 
fammengedreht, daher von fehr ungleichem Durchmeifer, erfcheint. 

Im Allgemeinen wird von einer guten Baumwolle gefordert, 
daß fie fein, lang, weich, ohne Unreinigfeiten und, Knoten fey. 
In je höherem Grade fie diefe Eigenfchaften befigt, defto feiner 
und mit defto geringerem Abgange läßt fie fich zu Gefpinnften ver⸗ 
arbeiten, und defto größer ift daher ihr Werth. Man benennt 
im Handel die Gattungen der Baumwolle nach dem Vaterlande, 
und unterfcheidet gewöhnlich von jeder Gattung drei Sorten, die _ 
man Prima, Raufmanndgut und ordinäre Sorte nennt; 
manchmahl noch ein vierte, nähmlih Mittelgut, welche dann 
zwifchen die gute Kaufmannsforte und die gemeine Sorte gefept 
wird. Die Prima, als die laͤngſte und reinfte, wird vorzugs⸗ 
weife zu Kettengarn verfponnen; die übrigen dienen zu Einfchuß, 
die ordinäre Sorte nur zu groben Sefpinnften. Um die Güte einer 
Baumwolle zu beurtheilen, oder zu erfennen, in welchem Grade . 
fie die oben erwähnten Eigenfchaften befigt, nimmt man eine 
Handvoll derfelben,, preßt fie zwifchen beiden Händen zufammen, 
indem man zwifchen den Daumen etwas davon heraus dringen 
läßt, und fie dann nach entgegengefegten Richtungen aus einan⸗ 
der zieht. Durch diefed Auseinanderziehen wird die Länge der 
Faſern fichtbar, während Durch das Anfehen zugleich die Feinheit, 
und durch dad Gefühl die Weichheit derfelben fich erfennen läßt. 


Sorten der Baumwolle. 483 


Duch zwedmäßige Mifchung verfchiedener Baumwollenforten 
fann oft ein, befonders in öfonomifcher Hinficht, fehr vortheil⸗ 
haftes Refultat erhalten werden ; denn eine lange Baunmvolle vers 
trägt 3. ©. fehr gut die Beimifchung einer gewilfen Menge von 
kurzer Sorte, ohne merfliche Verfchlechterung des Gefpinnfted. Die. 
Erfahrung allein kann hier zur fihernRichtfchnur genommen werden. 

Die fämmtlichen, in den europäifchen Fabriken verarbeiteten 
Baumwollenforten Taffen fich nach ihrem Vaterlande unter folgende 
Hauptklaffen bringen: a) Nordbamerifanifche; 2) mittelamerifanis 
Ihe; 3) füdamerifanifche; 4) oftindifche; 5) Ievantifche ; 6) afri« 
kaniſche; 7) italienifhe; 8) ſpaniſche. Es wird hinreichen, hier 
die Hauptgattungen einer jeden Klaſſe, nebft ihren farafteriftifchen 
Eigenfchaften, anzugeben; wobei jedoch zu bemerken ift, daß hin« - 
fichtlich der Tegteren die Beſtimmungen nur fehr allgemein feyn 
fönnen, und in einzelnen Faͤllen mehr oder minder beträchtlichen 
Ausnahmen unterliegen. 

1) Unter den Sorten der nordamerifanifchen Baum« 
wolle find die Georgia, Louifiana, Neu⸗Orleans, Karolina und 
Teneflee zu bemerfen. Bon der Georgia unterfcheidet man eine 
lange,und eine kurze Sorte. Erftere ift das Erzeugniß der 
Küftengegenden von Georgien, und der dabei liegenden Pleinen 
Inſeln; fie gilt für die befte aller Baumwollenforten, welche ein 
fehr langes; weiches, feines Haar, befigt, und fich zu den feinften Ge= . 
fpinnften verarbeiten läßt. Ihre Farbe ift etwas gelblich. Die Baum⸗ 
wolle von den Snfeln bei Georgia kommt unter dem Nahmen 
Sea⸗Island vor. Die furze Georgia, welche in dem Innern 
der Provinz gebaut wird, ift von ungleich geringerem Werthe, 
kurzhaarig, weiß, und ohne Zähigfeit, in der Negel ziemlich un« 
rein. Sie fann, allein verfponnen, böchitend Garne von der 
Feinheits Nummer 40, meift fogar nur Nr. ı2 bis 20, liefern; 
dagegen ift fie zur Vermifchung mit gleich viel Mafo (egyptifcher 
Baumwolle) fehr geeignet, und gibt Dann auch höhere Nummern. 
Die bläaulih weiße Louiſiana iſt von beilerer Befchaffenheit, 
fieht aber doch der langen Georgia, den brafilifchen und vielen 
weftindifchen Sorten nad). Es laſſen ſich daraus Garne bis zu 
Hr. 50 hinauf erzeugen. Sie enthält oft viele feit anhängende 
Samenförner. Auch die Karolina wird der kurzen Georgia 

31* 


484 Baumwolle. 


vorgezogen; weniger iſt dieſes der Fall mi Teneſſee und Neu⸗ 
Orleans, welche im Allgemeinen ein ſchwaches, Feine feſte 
Drehung ertragendes Haar haben. Doc, kommen von der Teptern 
Sorte zuweilen Partien vor, welche fich fein (bi6 gegen Nr. 100) 
fpinnen laffen. 

3) Die mittelamerifanifchen oder weftindifhen 
Banmwollenforten zeichnen-fi) durchgängig durch ihre bedeutende 
Länge aus, und gehören überhaupt zu den vorzüglichiten, indem 
fie nur der langen Georgia, der Bourbon, der beften fpanifchen, 
und den füdamerifanifchen an Güte nachſtehen. Fuͤr die befte 
wird jene von der Infel Portorico gehalten; dann folgen die 
übrigen ungefähr im’ nachftehender Ordnung: Curagao, &t. 
Domingo, Martinique, Guadeloupe, Barbados, 
Jamaika, St. Chriftopb, St. Lucie, St. Thomas, 
Grenada, St Binzent, Dominique, Tortola, 
Montferat, Bahbama, Kuba, St. Jago, Antiaun. 
Die letzte ift faft von gleicher Güte mit den beften Ievantifchen 
Sorten. Die Guadeloupe ift meift röthlich, langhaarig, und läßt 
fich Teicht fpinnen. Man erzeugt daraus, fo wie aus den befferen 
Sorten der gewöhnlich weißeren St. Domingo, Garne biß zu der 
Feinheits- Nummer 100. 

3) Südamerika liefert vortreffliche Baumwolle, und die 
befte darunter ift die brafilifhe, nahmentlih die Maragnan 
(Maranhao), Bahia und Bernambuf, aus welchen ſich 
Garne von der größten Seinheit, z. B. bis Nr. 250, fpinnen laſ⸗ 
fen. Überhaupt nehmen diefe drei Sorten (von welchen nur die 
Maragnan oft fehr unrein ift) den Nang unmittelbar nach der 
langen Georgia und der Bourbon ein; minder vorzüglich find die 
Minas-Geraed, die Para und Siara (Ceara), welche nur 
Garne von hoͤchſtens Nr. bo zu liefern vermögen. Eine ſchlechte, 
fehr unreine und braune Sorte der brafilifchen Baumwolle ift die 
Rio Janeiro, weldhe etwa nur den geringften Gattungen der 
weſtindiſchen Baumwolle gleich geachtet werden kann. Won den 
übrigen füdamerifanifhen Baumwollenforten wird die Cayenne 
am meiften gefchägt, da fie ſeht lang, weiß und glänzend iſt, und 
überhaupt der guten brafilifhen Baumwolle nahe fteht. Ihr fol: 
gen die Surinam, von langem, gelbem Saar, welche fich oft 


Sorten der Baumwolle. 485 


bis Nr. 200 fpinnen laͤßt; die kürzeren Sorten Demerary, 
Effequebo und Berbice (von welchen oft Partien vorfommen, 
die braun, grob und unrein find); die Lima; die Caracas und 
Cumana, beide mit Samenförnern fehr verunreinigt, gelb, und 
nur mit bedeutendem Abfalle verfpiunbar; endlich die Kartha- 
gena, nody unreiner und greöber als die vorigen, aber länger und 
fefter als diefe. 

4) Die oftindifche Baumwolle fteht im Allgemeinen der 
amerifanifchen, und felbft der beffern Ievantifchen nach, und wirb 
in Europa viel weniger als diefe beiden verarbeitet. Dan fennt 
davon hauptfächlich die Surate, welde unrein, gelblich, übri⸗ 
gend zwar fein, aber äußert Purz iſt; di Madras, Siam und 
Bengal, wovon die legtere weiß, feidenartig ift, und noch 
Garne bis zur Feinheits Nummer 50 gibt. Eine gute Sorte oft 
indifcher Baumwolle iſt auch die Nanfing, welche fowohl weiß 
als gelb (oder vielmehr gelbbraun) vorfommt ; aus der gelben (von 
der Pflanze, welche im botanifchen Syſteme Gossypium religio- 
sum beißt) wird in Oftindien und China der unter dem Nahmen 
Nanfing fo befannte Zeug verfertigt. 

5) Unter der Benennung Tevantifche Baumwolle begreift 
man, im weiteren Sinne des Wortes, alle jene, welche in der 
eueopäifchen und aflatifhen Türkei erzeugt wird. Dazu gehört 
die mazedonifche, die ſmyrniſche und die eigentliche Le- 
vantifche, welche fich fämmtlich durch einen hohen Grad von 
Weiße, aber auch durch geringere Länge, und überhaupt dadurch 
unterfcheiden, daß fie nicht über Nr. 60 hinauf verfponnen werden 
Sönnen. Die beften Sorten der mazedonifchen Baumwolle find die 
Ufhur oder Zehbentworle, und die Salonichi; eine gang 
fchlechte, welche faum Garne von Nr. ao liefert, heißt Cira. 
Smyrniſche Baumwolle nennt man alle in der afiatifchen Türkei 
erzeugten, und über Smyrna verfandten Baumwollenforten. Diefe 
kommen der beſſern mazedonifchen und oftindifchen Baumwolle an 
Güte nicht glei, und geben meift nur Gefpinnfte bis zu Nr. 40 
aufwärts, die man als Einfchußgarn verwebt. Die befannteften 
Sorten find die Arar, Kaffabar und Kirkagadſch. Was 
endlich die levantifche Baumwolle (in der eingefchränftern Bedeu⸗ 
tung) betrifft; fo verfteht man darunter die Baumwolle von meh: 


480 Baummolle. 


reren Inſeln Griechenlands und der ajlatifchen Zürfei, mit Inbe⸗ 
griff einiger Küftengegenden Kleinafiens und Syriens. Die beften 
Gattungen der Tevantifchen Baumwolle erreichen nur die gering⸗ 
fien weftindifchen an Güte, und find gewöhnlich ziemlich-unrein. 
Die am meiften gefhästen Sorten find die Su buſchak und Ki- 
nif; weniger gut ift die zypriſche und jene von Aere, am 
ſchlechteſten die Bendir und Altah. 

6) Afrika liefert auf der Inſel Bourbon bei Madagas— 
Far eine der vorzüglichften Baumwollengattungen, welche der lan⸗ 
gen Georgia an Bute fait gleich gefchägt wird, aber bei der Ber- 
arbeitung bedeutenden Abgang.leidet. Sie iſt ungemein gleiche . 
förmig, rein, feih und feidenartig, gewöhnlich an Weiße der 
levantifchen Baumwolle gleich, und fann zu fehr feinen Sarnen 
verfponnen werden. Die egyptiſche oder alerandrinifche 
Baumwolle, welche unter dem Nahmen Mako (Maho) im Hans 
del erfcheint, Hat ein feines, leicht bindendes Haar, verträgt 
leicht die Mifchung mit anderen Baummwollengattungen., ift aber 
meift fehr unrein und mit unreifen Theilen vermifcht. Sie ift in 
den öfterreichifchen Fabriken feit einiger Zeit an die Stelle der ma⸗ 
zedonifhen Baumwolle getreten, welche fonft hier am häufigiten 
verarbeitet wurde. Die Senegal-Baummolle ift beiläufig 
von gleicher Güte mit der geringen weftindifchen oder der guten 
Tevantifchen; die Samen derfelben Hängen nicht feſt an der — 
und laſſen ſich daher leicht abſondern. 

7) Von italienifher Baumwolle kommt die von der In⸗ 
fel Malta, die fizilifche und die aus dem Neapolitanifchen, 
vor. Die befte hierunter ift die fizilifche, und die aus der Nähe 
von Neapel (von Caftellamare und Della Torre), welde 
beide der Rangordnung nach etwa neben der Louifiana oder den 
mittleren Gattungen der weitindifchen Baumwolle zu fiehen kom⸗ 
men. Die Baumwolle von Malta reiht fich an die geringere weft 
indifhe an. Die Biancapilla, eine Sorte der neapolitani= 
fhen Baumwolle, taugt gut zur Mifhung mit Mafo und gibt dann 
(3 Theile gegen 3 Iheile Mafo) einen brauchbaren Baden von ' 
Nr. 30 bi6 50. Mit furzer Georgia gemiſcht laͤßt ſie ſich zu Nr. 30 
bis 40 verſpinnen. 

8) Die beſte Sorte der fpanifhen Baumwolle ift die 


Baummollfpinnerei, 487 


Motril (aus dem Königreihe Granada), welche ihren Platz 
neben der beiten brafilifchen einnimmt, und wegen der Feinheit 
ihred Haares zu hohen Nummern gefponnen werden fann. 

Die Verfuche, welche gemacht worden find, den Baumwol: 
lenbau in andern europäifchen Ländern, wie in Sranfreich und in 
Ungarn, einzuführen, Fönnen bier füglich übergangen werden, 
da fie fein befriedigendes Nefultat gegeben haben. Das Nähm- 
liche gilt von den erfolglofen Beftrebungen, die Samenwolle ander 
rer Pflanzen, z. B. der fprifchen Seidenpflange (Asclepias syriaca), 
der Pappeln und Weiden, des Wollgrafes (Eriophorum) ıc. ale 
Baumwoll:Surrogate in Anwendung zu bringen; und von 
ber öfter in Vorſchlag gebrachten Zubereitung des Hanfes und 
Flachſes zu einer baumwollartigen Subftan;. 

\ 8.8, 


Baumwollfpinnerei. 


Ron allen fpinnbaren Materialien ift die Baumwolle dasje⸗ 
uige, welches mit der größten Leichtigkeit fich in einen feinen und 
gleichförmigen Baden verwandeln läßt. Sie verdanft diefe Eigen 
ſchaft der ſchwach gefräufelten Form ihrer Zafern, vermöge welcher 
diefelben beim bloßen Nebeneinanderliegen in einem gewilfen Grade 
zufammen haften, und der im Allgemeinen fehr angemeſſenen Länge 
diefer Bafern, welche weder fo groß ift, um das Außziehen zu 
einem Faden zu erfchweren, noch fo gering, um dem die- 
«. Haltbarkeit während feiner Bildung zu rauben. 

Wenn man etwas rohe Baumwolle in die linfe Hand — 
dieſelbe mit den Fingern der rechten Hand anfaßt und langſam 
auszieht, ſo bemerkt man, mit welcher auffallenden Leichtigkeit 
die Faſern neben einander vorbei gleiten, mit Beibehaltung ihres 
Zuſammenhanges ſich ausſtrecken, parallel legen, und eine Art 
von Band bilden, welches, ohne abzureißen, ſich bis zu einem 
ziemlichen Grade verlaͤngern laͤßt. Dieſer Verſuch gelingt noch 
weit beſſer, wenn man gekrempelte Baumwolle anwendet, bei 
welcher die Faſern ſich ſchon in einer abſichtlich hervorgebrachten 
ziemlich parallelen Lage befinden; und wenn man, ſobald der 
ausgezogene Faden eine gewiſſe Länge erreicht hat, demfelben mit 
ben Fingern einen Grad von Drehung gibt, welcher hinreicht, die 


488 Baumwollfpinnerei. 


Faſern einander zu nähern, ihren Zufammenharg zu verftärfen, 
ohne dem Vorbeigleiten derfelben ein Hinderniß zu fegen. 

Diefer einfache Verſuch zeigt, wenn er gehörig gewürbdiget 
wird, den Weg an, welchen man beim Spinnen der Baumwolle 
durch Mafchinen einfchlagen muß. Es fommt (nachdem alle frem⸗ 
den Subſtanzen und Unreinigfeiten aus der Baumwolle abgefon» 
dert find) darauf an, die Bafern fo viel möglich alle unter einander 
parallel zu legen; dann aus denfelben durdy Ziehen 'ein Band zu 
bilden; dieſes durch fortgefegted Ziehen immer mehr zu verfeinern, 
und dabei die Parallel-⸗Legung der Faſern zu vollenden; hierauf, 
wenn die Beinheit einen gewilfen Grad erreicht hat, dem Zuſam⸗ 
menbange der Fafern durch eine- ſchwache Drehung zu Hülfe zu 
Pommen; die Drehung allmählich im Verbältniffe gegen die Deb- 
nung wachfen zu laſſen; und endlich noch dem fo entftandenen fer- 
tigen Baden, der nicht weiter verlängert wird, den Neft der Dres 
bung zu geben, deifen er, um die nöthige Beftigfeit zu erlangen, 
bedarf. 

Die Mafchinenfpinnerei befteht in der zweckmaͤßigen Ausführ 
rung bdiefer Operationen durch mehrere Auf.einander folgende 
Worrichtungen, und in der Anwendung derfelben auf eine große 
Menge von Zäden zugleich. So leicht und natürlich indeſſen der 
oben vorgezeichnete Sang für diefe Fabrifation tft, fo viele Schwies 
rigfeiten find in der Herftellung der mechaniſchen Mittel zu dem⸗ 
felben zu überwinden; und daher iſt und bleibt Die Mafchinenfpin« 
neret ein ungerflörbared Denfmahl des fcharffinnigften Erfin⸗ 
dungsgeiſtes. 

Die heutige Baumwollſpinnerei durch Maſchinen (welche das 
Spinnen auf dem Rade in dem kultivirten Europa nun ſchon lange 
gaͤnzlich verdraͤngt hat), beſteht aus folgenden Operationen: 

J. Die Reinigung und Auflockerung der rohen Baum⸗ 
wolle, wodurch alle fremden Körper und Unreinigkeiten entfernt, 
die Faſern aber von einander geloͤſet, und zur naͤchſtfolgenden 
Arbeit vorbereitet werden. 

II. Das Kratzen oder Krempeln, welches den Zweck 
hat, den Faſern der aufgelockerten Baumwolle eine parallele Lage 
zu geben, und ſie zuletzt in ein grobes Band zu verwandeln. 

IM, Das Dupliren und Strecken, wodurch in ben von 


Allgemeine Ueberfiht. 489 


der Kragmafchine gelieferten Bändern die parallele Lage der Faſern 
noch vollftändiger bergeftellt wird. 

IV. Das erfte Spinnen, eime Operation, welche ihrer 
Natur nach diefen Nahmen verdient, obfchon fie ihn in der Kunſt⸗ 
ſprache nicht führt. Sie bewirkt eine Verlängerung und Verfei⸗ 
nerung ber Bänder, gibt denfelben aber zugleich ſchon einen ges 
willen Grad von Drehung, und verwandelt fie in eine Art ſehr 
grober und fehr Ioderer Faͤden. 

V. Dad zweite Spinnen, oder, wie es gewöhnlich ge⸗ 
nannt wird, dad Vorfpinnen. Hierbei wird die Stredung 
der Fäden fortgefegt, die Drehung derfelben verftärkt, und fo ein 
feinerer, ſchon etwaß fefterer Faden, das fo genannte Borges 
fpinnft, gebildet. 

VI. Das dritte Spinnen oder Feinfpinnen, weldes 
die Vorgefpinnft:Säden bis zu der von dem fertigen Garne vers 
Iangten Beinheit ausdehnt, und ihre Drehung vollendet. 

Diefen Arbeiten, womit die eigentliche Yabrifation beendigt 
if, folgen noch, als Operationen, welche bloß die Zurichtung für 

den Handel zum Zwede baben, 

VI. Das Hafpeln oder Weifen, d.i. die Auanbtung 
des Garnes in Strehne; 

VIII. Das Sortiren der Garne nad) ihrer Feinheit; 

IX. Die Verpackung. 


Erſte Dperation. 
Die Reinigung und Aufloderung der Baumwolle. 


Wenn die Baumwolle in dem Zuftande, wie fie in den Sa⸗ 
menkapſeln der Pflanze enthalten ift, den Spinnereien überliefert 
würde, fo wäre fie locker genug, um fogleich der nächften Opera⸗ 
tion, nähmlich dem Kragen, unterzogen zu werden. Allein ba 
fie, wie in dem Artifel Baumwolle angeführt ift, an den Er⸗ 
zeugungsorten Behufs der Verſendung ſtark zufammengebrüdt 
wird, und eine beträchtliche Zeit in diefem Zuftande bleibt; fo 
haben ihre Sofern, wenn fie zur Verarbeitung fommt, einen fol« 
hen Zuſammenhang erlangt, daß die dichten Knollen, welche fie 
bilden, nicht ohne große Bıhädigung, alfo nur mit fehr bebeur 
tendem Abfall und zum Nachtheil ihrer Güte, ſogleich gekratzt 


e 


490 Baumwollſpinnerei. 


werden koͤnnten. Das Kragen beſteht naͤhmlich in dem Auseinan⸗ 
derziehen der Faſern durch die Bewegung gewiſſer, mit ſpitzigen 
Drahbthäfchen dicht beſetzter Flaͤchen; und ed wäre nicht möglich, 
durch diefe Operation den Zweck, naͤhmlich die parallele Lage der 
Sofern, zu erreichen, ohne einen beträchtlichen Theil der letztern, 
welcher zu feft in die Maſſe verfchlungen, oder gleichfam verfilze 
ift, abzureißen. 

Man muß demnac, eine Aufloderung der Baumwolle vor 
audgehen lafien, bei weldyer zugleich die darin enthaltenen Un⸗ 
‚reinigfeiten, als Refte der Samenförner, Sand, Statb und an⸗ 
derer Schmuß, zc. befeitigt werden. Diefe Aufloderung gefchieht 
in verfchiedenen Spinnereien, bei verfchiedenen Baumwollforten, 
und für verfchiedene Keinheitögrade des zu erseugenden Garnes 
nicht mit den nähmlichen Mitteln. Man verrichtet diefelbe naͤhm⸗ 
Ich theils durch Schlagen mit Stäbchen aus freier Hand, 
theild auf Schlagmafhinen, theild in dem fo genannten 
Wolf, theild endlich, und gegenwärtig am allgemeinften, mit- 
telft fo genannter Flackmaſchinen. Zuweilen werden zwei dies 
fer Mittel nad) einander angewendet, 3. B. der Wolf, dann die 
Sladmafchine. Im Oriente wird die Baumwolle, fo wie bei uns 

das Haar, "welches die Hutmacher verarbeiten (f. Autfabrifa- 
tion) mit dem Fachbogen gefadht. 

I) Da8 Schlagen oder Klopfen aus freier Hand 
gefchieht auf Zifchen, welche flatt des Blattes einen vieredigen, 
mit parallelen und eng neben einander befindlichen Schnüren be= 
fpannten Rahmen haben. “Auf diefe Schnüre wird die Baumwolle, 
fo wie fie roh aus den Ballen kommt, ausgebreitet, und mit 
hölzernen Stäbchen, von welchen der Arbeiter in jeder Hand eines 
führt, gefchlagen oder geflopft. Die Erfchütterung, welche hier: 
durch ,-vermöge der Schnellfraft der ſtark gefpannten Schnüre, in 
der zufammengeballten Baumwolle entfteht, bewirkt nicht nur, 
daß die fehwereren und gröberen Unreinigfeiten fammt dem Staube 
abgefondert werden, fondern auch, daß die Fafern ihrer natürli- 
hen Elaftizität folgen, fi) ausdehnen, und fo die Baumwolle 
auffhwillt und Toder wird. Grobe Unreinigfeiten, die nicht von 
felbft herausfallen (3. B. Knollen Son unreifer oder überreifer 
Baumwolle), werden mit der Hand audgelefen. Diefe Behand⸗ 





Schlagen der Baumwolle, 491 


lungsart, welche ehemahls allgemein üblich war, ift unter allen 
Reinigungd: Methoden die mühfamfte und Foftfpieligfte; allein fie 
fegt die Baumwolle feiner Gefahr einer Befhädigung au. Man 
wendet fie aus dem lehtern Grunde jet noch bei ſolcher Baum- 
‘wolle an, welche zu feinem oder fehr feinem Gefpinnft (3. 2. 
Kir. 60 biß 100 und darüber) verarbeitet werden fol, und der 
man daher forgfältig ihre unverminderte Länge zu bewahren ſucht. 

I) Schlagmefdhinen oder Klopfmaſchinen (eng- 
lifch batting machines), bei weldhen das Schlagen auf diefelbe 
Art gefchieht, die Stäbchen aber in größerer Anzahl durch einen 
Mechanismus bewegt werden, hatte man in englifchen Spinnereien 
eingeführt, um die Handarbeit zu erfegen. Da fie aber gegen» 
wärtig durch die weit fchneller arbeitenden Sladimafchinen ver⸗ 
drängt find, fo ift es unnöthig, fie zu befchreiben. Unter dem, 
Art. Wolle wird noch Einiges über ſolche Mafchinen, weldye man 
mit gleicher Einrichtung auch zum Klopfen der Schafwolle zuwei⸗ 
len anwendet, vorfommen. 

II) Der Wolf oder Teufel (englifd Devil, Deviling 
machine oder opening machine) wird zu demfelben Zwecke ges 
braucht, welchen das Schlagen aus freier Hand oder mittelft der 
Mafchine erfüllt; aber nur für gröbere oder unreine Baumwollfor- 
ten, und insbefondere für folche, welche auf Waterfpinnmafchinen 
verfponnen werden follen. Der wefentliche Theil diefer Mafchine 
ift ein auf der ganzen Oberfläcye mit fpigigen eifernen Zähnen bes 
feßter Zylinder, der fidy in einem verfchloffenen Kaften mit großer 
Schnelligkeit umdreht, und die ihm zugelieferte Baumwolle zer 
zaufet und auflodert, indem feine Zähne an ähnlichen Zähnen, 
welche auf der innern Seite des Kaſtens ftehen, nahe vorbei gehen. 
Big. 7 auf Taf. 11 zeigt diefe Mafchine im Grundriffe, nach Ab» 
nahme des Deckels, welcher den Zylinder oben umgibt, und ig. 8 
berfelben Tafel im Aufriffe, wo der Kaften durchfchnitten ift, das 
mit man die innere Einrichtung bemerfen kann. Die hohle Walze 
oder Trommel a ift von Holz, und rund herum reihenweife mit 
fpißigen eifernen Zähnen beſetzt. Zwifchen den Iepteren befinden 
fih aufrecht ftehende, die ganze Länge der Trommel einnehmende, 
Blechſchienen c, welche an eleinen, hinter ihnen auf der Trommel 
liegenden Keilen befeftigt find. Die obere Hälfte des Kaftens, 


492 Baummwollfpinnerei. 


welcher die Trommel umgibt, befteht aus. Holsftüden d, d, welche 
fo lang find als die-Trommel, und vermöge ihrer nad) einwärts 
etwas verjüngten Geftalt fo an einander paflen, daß fie ohne Zwi- 
ſchenraͤume einen balbzylindrifchen Dedel bilden, der nur an der 
vordern, zum Einbringen der Baumwolle befiimmten Seite eine 
Öffnung laͤßt, wie man bei k, Fig. 8, fieht. Auf der innern 
Seite find diefe Holzſtücke gleich der Trommel mit fpigigen Zaͤh⸗ 
nen und dazwifhen angebrachten Blechfchienen befebt. Diefe 
Einrichtung wird aus den Figuren 10, 11, 19 (Taf. 11) deutlich, 
welche die innere Zläche, die Seitenanficht und Endanficht eines 
jener Stüde darſtellen. Man bemerft bier, daß jedes Holıflüd d, 
nebft den zwei auf ihm ftehenden Zahnreihen, an einer langen 
Seite eine an zwei Keilen befeftigte Blechſchiene v, v, und an 
jedem feiner Enden einen Spalt u befigt. Mittelft diefer Spalte 
werden die Stücke d auf folgende Weife über der Trommel feftges 
legt. Auf den horizontalen oberen Balfen des Geftelles fiehen, 
neben den Enden der Trommel, zwei Halbzirfelförmige gußeiferne 
Bögen, e, e, Big. 7, oder s, Fig. 9, deren Öffnung mit Holz 
audgetäfelt, und alfo ganz verfchloffen ift. Auf der äußern Krünts 
mung diefer Bögen find, in der Richtung nach dem Mittelpunfte, 
eiferne Stifte, t, t, Big. 9, angebracht, fo, daß je zwei und zwei 
Stifte beider Bögen einander gegenüber find. Auf zwei foldye 
einander gegenüber ſtehende Stifte wird ein jedes Holzſtuͤck d mit⸗ 
telft feiner zwei Spalte u, u, Fig. 10, geftedt; fo, daß fie fich 
nach Belieben augenbliclich wieder abnehmen laffen, wenn man 
z. B. die Mafchine reinigen will. Die untere Hälfte des Kaſtens 
befteht aus einem Meſſingdrahtgitter r,r’ (ig. 8), welches bei r’ 
fo fi) krümmt, daß es eine Öffnung zum Herausfallen der bear 
beiteten Baumwolle bildet. 

Die Baumwolle wird der Mafchine auf folgende Art zuge: 
führt. Im vorderen Theile des Beftelles liegen zwei hölzerne Wal⸗ 
gen, o, q, über welche ein an feinen Enden zufammengenähted 
Stück Leinwand p gefpannt ift. Dieſes bewegt fich folglich, bei 
der Umdrehung der Walzen, unausgefegt nach der Richtung des 
Pfeiles in Big. 8, und führt die von einer Perfon daranf audges 
breitete Baumwolle gegen die Trommel bin. Wenn diefelbe die 
Walze q erreicht bat, fo wird fie von zwei auf einander Ijegenden 


Wolf oder Teufel. 4053 


eifernen Walzen gefaßt, von welchen in Fig.7 und 8 die fichtbare 
“ obere mit k bezeichnet iſt. Diefe Walzen find nach ihrer ganzen 
Länge geriffelt, d. 5. mit abwechfelnden Heinen dreiedigen Rin⸗ 
nen und Erhöhlingen verfehen, mit welchen fie in einander eingrei- 
fen, indem die obere Walze durch an ihre Achfe gehängte Gewichte 
(die man in den Zeichnungen nicht fieht) auf die untere niederge- 
druckt wird. Beide Walzen drehen fic gegen einander, und zwar 
in einer folchen Richtung, daß die von dem endlofen Leinentuche p 
berbeigebrachte Baumwolle zwifchen fie hineingezogen, und her: 
nad), indem fie auf der hintern Seite wieder herausfommt, den 
Zähnen der fehnell umlaufenden Trommel a dargebothen wird. 
Diefe reißen fie mit ſich fort, zerzaufen fie beim Vorbeigehen an 
den Zähnen des Dached d, d, und werfen fie endlich bei r/, nach: 
dem der Staub und andere Unreinigfeiten durch das Gitter r 
durchgefallen find, heraus. Die Blechfchienen c auf der Trom- 
mel, und die gleichgeftalteten Schienen der Holzitüdle d bewirfen, 
indem fie die Baumwolle zurüdhalten, ein längeres Verweilen 
derfelben in der Mafchine. Leptere Fann des Tages 1000 bis 1200 
Pfund bearbeiten. Man läßt die Baumwolle, wenn fie durch die 
einmahlige Bearbeitung nicht hinreichend aufgelodert ift, noch ein 
zweites Mahl durch die Mafchine geben. 

Die Bewegung wird dem Wolfe von der Triebfraft, welche 
die übrigen Mafchinen der Spinnerei in Bewegung fest, mittelft 
eines endlofen Riemens mitgetheilt, der über die Rolle b an der 
Achfe der Trommel gelegt if. Die Trommel macht 400 bid 450 
Umdrehungen in jeder Minute. An dem entgegengefebten Ende 
der Achfe befindet fich eine Schraube ohne Ende, f, (Fig. 7) 
welche in das gezahnte Rad g eingreift. Lebtered fegt mittelft 
des an feiner Achfe. ftefenden Winfel: oder Kegelrades h ein an« 
deres ähnliches Mad i an der Achfe der untern Riffelwalze, und 
mithin diefe Walze felbft, in Bewegung. Das vordere Ende von 
der Achfe diefer Walze trägt ein gezahnte® Rad l, von weichem, 
mittelft eines Zwifchenrades m (Fig. 8) ein Rad n umgedreht wird, 
welches ſich an der Walze q befindet. Über diefe Walze ift, wie 
ſchon gefagt wurde, das endlofe Tuch p gelegt, und dieſes fommt 
mithin ebenfalls in Bewegung. Die Walze o dreht fich bloß 
Durch die Reibung des gefpanuten Tuches an ihr, und die obere 


494 | Baummollfpinnerei. 


Riffelwalze k dincch den Eingriff ihrer Rinnen und Erhöhungen in 
jene der untern Riffelwalze. Die Pfeile in Fig.8 zeigen die Rich 
tungen an, nach welchen ſich die verfchiedenen Theile bewegen. 

Man hat mit diefer Mafchine mancherlei AbAnderungen und 
Verbefferungen vorgenommen. &o macht man diefelbe zuweilen 
doppelt, indem man zwei gegen einander fi) drehende Trom⸗ 
meln anbringt, um die Bearbeitung vollfommener zu machen. 
Die oben erwähnten Eifenfchienen auf diefen Trommeln bleiben 
dann ald unnöthig weg, und die Zähne werden in einer Schrau⸗ 
benlinie auf der Oberfläche georbnet, ſo daß nicht zwei derfelben 
auf der nähmlichen Linie hinter einander fiehen. Won der Off- 
nung x’ kann ein Schlaudy oder Kanal auögehen, in welchem die 
von der Mafchine ausgeworfene Baumwolle auf ein Tuch ohne 
Ende fällt, um durch deſſen Bewegung nach dem Ende des Zim« 
mers bingeführt zu werden, wo fie in einen Korb fällt. Der 
Schlauch geht von hier aufwärts, und mündet fich in eine ziem⸗ 
lich große Kammer, aus welcher endlich wieder ein engeres Rohr 
zum bintern Ende der Mafchine zurücführt. Bei diefer Einrich- 
tung ftreicht der durch die fehnelle Drehung der Trommel hervor- 
gebrachte Luftzug durch den Schlauch über die Oberfläche der das 
rin befindlichen Baumwolle, reißt die kürzeſten Faſern derfelben 
mit fich fort, und laͤßt diefelben in der Kammer, wo die Beive- 
gung der Luft wegen des größeren Raumes viel Iangfamer ift, 
fallen. Bon hier fann man diefen Baumwollftaub, der fonft durch 
feine Verbreitung in dem Gemache die Lungen der Arbeiter belä- 
fligt, von Zeit zu Zeit fammeln, um ihn, mit fchlechten Baum⸗ 
wollforten gemifcht, zu grobem Gefpinnft zu verarbeiten. 

Einer Mafchine, welche mit dem Wolfe Ähnlichkeit hat, bes 
dient man ſich unter dem englifchen Nahmen Below in mehreren 
Sabrifen, um langhaarige, fehr unreine Baummollforten vorläu« 
fig zu reinigen, aufjulodern, und zur Bearbeitung in der weiter 
unten befchriebenen Sladmafchine vorzubereiten, Damit fie hier 
weniger Widerftand Teiftet, und nicht fo fehr kurzgehackt wird. 
Auf Taf. ı2 ift Sig, 1 der Aufrik, Big. a ein vertifaler Durchs 
fchnitt, Fig. 3 ein horizontaler Ducchichnitt davon. Der Haupt 
beftandtheil ift auch Bier eine Trommel oder hohle Walze B, welche 
in einem Geſtelle A von Eichenholz liegt, und mit einem halbzy⸗ 


⸗ 


Velom. 495 


Iindrifchen Mantel C überfpannt it. Die Irommel wird ducd) 
wei auf der vieredigen Welle a feftgefeilte gußeiferne Räder oder 
Reifen g gebildet, indem man auf dem äußern Umfreife diefer 
Heifen vier Stücke b von Eichen» oder Buchenholz, und zwifchen 
diefen andere, gleichgeftaltete Stüde b von weichem Holze, befes. 
fligt. Die Befeftigung gefchieht nach der bei e, Fig. 2, 3, ſicht⸗ 
baren Weife. Auf die Holzſtuͤcke b werden eiferne gedrehte, an: 
den Enden aber nicht fcharfe, fondern abgerundete Stifte c feſt⸗ 
geihraubt. Solcher Stifte befinden fi) acht in der ganzen Länge 
der Trommel, mithin 32 in allen vier Neihen. ‚Die Achfe der 
Trommel läuft in den Lagern m (Big. ı, 3), und. befigt an einem 
ihrer Enden zwei gleich große Rollen D (Fig. 3), von welchen die 
eine darauf feit, die andere aber loſe aufgeftedt iſt. ermittelt 
der erflern (der Triebrolle) wird die Trommel durch einen 
von der Betriebsmafchine herfommenden endlofen Riemen umges 
dreht; auf die zweite (die Leerrolle) fchiebt man mittelft eines 
hierzu angebrachten Hebeld jenen Riemen, wenn man die Ma⸗ 
ſchine plöglich einzeln will fill ftehen Taffen, ohne den Gang der 
übrigen Mafchinerie zu ftören. Diefe Einrichtung fommt an allen 
im Verfolge dieſes Artifeld noch bejchriebenen Naſchuen Be wenn 
fie auch nicht ausdruͤcklich erwähnt wird. 

Über der Trommel befindet fich der Mantel C, weliher bei 
n,n (Sig. ı) an das Geftell feftgefchraubt ifl. Die beiden Geis 
tenwände deifelben find aus Pfoften zufammengefügt, den halb⸗ 
freisförmigen Umfang bilden vier harte Holsftüde £, und die zwi⸗ 
fchen denfelben angebrachten Dünneren Süllungen z von weichem 
Holze (f. Zig.2). An den Stüden f find Stifte, gleich jenen der 
Trommel befeftigt, welche aber fo geftellt find, daß die Stifte der 
Trommel frei in der Mitte zwischen ihnen durchgehen fönnen. 
Damit alle diefe Stifte feit genug fliehen, und durch den langen 
Gebrauch der Mafchine nicht zum Nachgeben und Wanfen ge: 
bracht werden, find unter den Schraubenmuttern außen auf den 
Stüden f, und unter dem Anfage der Stifte auf der Trommel 
Eifenfchienen in das Holz eingelaifen, die man durch ftarfe Linien 
angezeigt fieht. Oben in dem. Mantel befindet fich eine Öffnung, 
und in diefe ift ein mit eine? Fleinen Sallthüre verfehener Trog p 
eingefept. Die untere Umgebung der Trommel befteht zur. Hälfte 


v⸗ 


406 Baummwollfpinnerei. 


aus einem Roſte h von eifernen, + Zoll im Quadrat dicken Stä« 
ben, welche parallel mit der Achfe der Trommel, und + Zoll von 
einander entfernt, befeftigt find; zur andern Hälfte aus einer 
nach der Krümmung der Trommel gebogenen Thuͤr r von Eifen- 
blech. Bei diefer Thür, welche fich bei s in Angeln dreht, wird 
die Baumwolle nach gefchehener Bearbeitung herausgelaſſen. Zu 
dieſem Behufe iſt außen an der Angel oder Achfe s der Thür ein 
Hebel k angebradt (f. Sig. 4, Taf. ı2, abgefondert nach zwei 
Anfichten), welcher innerhalb einer eiferner Schiene 1 (ig. 1,3) 
läuft. Sn einem Einfchnitte x diefer Schiene (Big. 3) ruht der 
Hebel, wenn die Xhür, wie in Fig. 2, geſchloſſen if. Unten, 
bei y, ift diefer Hebel flach nnd dünn audgefeilt, fo, daß er Feder⸗ 
kraft erhält, und fich dadurch von felbft in dem Einfchnitte x der 
Schiene 1 feſthaͤt. Wird nun der Hebel, mittelft des oben an 
ihm befindlichen Heftes aus dem Einfchnitte x herausgedrückt, fo 
öffnet fich die Thür r, und fällt vermöge ihres Gewichtes in der 
Richtung des Pfeiles (Fig. 2) herab. Die Iangen Seiten des 
Geſtelles A find mit Bretern verfchalt. An der einen fchmalen 
Seite ift ein Schieber q angebracht, der geöffnet wird, wenn man 
den durd) den Roft h gefallenen Staub und Sand herausnehmen 
will; die andere fchmale Seite bleibt zur Bewegung der Thür r 
frei. Vor dem Geftelle bei i, wo fich diefe Thüre öffnet, wird 
ein bölgerner Roft angebracht, durch welchen, indem die Baum⸗ 
wolle darüber hinfliegt, noch die fich ablöfenden Unreinigfeiten 
durchfallen. 

Wenn die Trommel B mittelft der Triebrolle D gehörig in 
Gang ift, fo macht fie 3oo Umdrehungen in einer Minute, nach 
der Richtung, welche in Big. 2 der Pfeil anzeigt. Man wirft nun 
hei der geöffneten Thür des Troges p Baumwolle hinein. Diefe 
wird von den fich begegnenden und neben einander vorbeigehenden 
Stiften der Trommel und des Mantels gefchlagen und aus einan- 
der geriffen; Staub und Sandförner fondern fich ab, fallen durch 
den NRoft h (Fig. 2), und die gereinigte Baumwolle wird dann, 
wenn man die Thür r öffnet, von dem durch die Umdrehung der 
Trommel bewirkten Luftftrome, vereinigt mit der Fliehfraft, her 
ausgeworfen. Ein Arbeiter, der die Mafchine verſieht, kann in 
einer Stunde leicht 150, ja 200 Pfund Baumwolle bearbeiten. 


4 


Below. 407 


Die auf ein Mahl in die Mafchine zu gebende Menge Baummolle 
beträgt nicht mehr ald eine große Handvoll, oder ungefähr ız 
Pfund; und diefe muß auf die ganze Breite audgetheilt werden, 
fo, daß alle Stifte gleichmäßig zu ihrer Bearbeitung mitwirfen, 
weil im entgegengefegten Balle die Mafchine zu fehr Teider, 
und die Baumwolle länger in berfelben bleiben muß. Die Zeit, 
welche bei dem zweckmaͤßigen Verfahren nothwendig ift, um die 
Bearbeitung einer folchen Portion zu Hollenden, beträgt im Mit 
tel etwa nur 25 Sekunden, ift aber nicht in allen Faͤllen gleich, 
und muß defto mehr verlängert werden , je länger und unreiner 
die Baumwolle if. Ein zu langer Aufenthalt der Baumwolle in 
der Mafchine hat eine fehr üble Folge, welche darin befteht, daß 
die von den Stiften fchon in Flocken zertheilte Wolle durch die 
drehende Bewegung der Trommel an ber innern Seite ded Man 
tels fortgerollt wird, fo Daß jede Flocke ſich in eine von ihren 
eigenen äußeren Haaren umwidelte Rolle verwandelt, welche dem 
Auseinanderziehen einen gewillen Widerftand leiſtet. Kommen 
nun folche Rollen oder Widel in die Bladmafchine, fo werden fie 
von den geriffelten Walzen derfelben fo feit zuſammen gehalten, 
daß der mit großer Schnelligkeit fich bewegende Schläger fie ente 
weder ganz durchhadt, oder doch einzelne Haare abreißt. Im 
erften Falle fommen noch unaufgeloderte Theile diefer Rollen mit 
zur nachfolgenden Bearbeitung auf die Krape, welche Davon lei⸗ 
det; im zweiten Balle wird wenigftens zu einer verminderten Güte 
des GSefpinnftes ſchon von der Flackmaſchine ber, durch die Ver⸗ 
fürzung der Bafern, der Grund gelegt. Diefer Einfluß iſt fo bes 
dDeutend, daß bei einer Nachläßigfeit in der Bedienung des Velow 
die beftihmt ſeyn follenden Seinheit8-Nummern des erzeugten Gars 
ned merflich fteigen und fallen. Diefer Nachtheil ift am größten 
bei fehr langer Wolle; allein gerade bier ift die Anwendung der 
Maſchine am nöthigften. Um ihm zu begegnen, wäre zu rathen, - 
daß man der Trommel ftatt der runden Geſtalt vier ebene oder 
noch befler einwärts gebogene Slächen gebe (wie Fig. 5, Taf. ı 2). 
Dadurch würde das erwähnte Zuſammenrollen wahrfcheinlich ent: 
weder ganz vermieden, oder doch fehr verringert werden, indem 
die Wolle hinreichend Raum hätte, ohne beftändig zwifchen der 
Trommel und dem Mantel eng eingefchloffen zu feyn. 
Technol. Encyclop. L Bd. 32 


498 Baumwollfpinnerei. 


Ich will hier gelegentlich noch einer Mafchine gebenfen, 
welche mit dem Wolfe und Below dem Zwecke nach, weniger in 
der Einrichtung, übereinftimmt; naͤhmlich der auf Taf.ıı, Fig. 
13 im Längendurchfchnitte, ig. 14 im Querdurchſchnitte abgebil« 
deten Aufloderungs:Mafchine des Franzoſen Rodier, welche bee 
ftimmt iſt, gröbere und lange Baumwollenforten zum Kragen vor⸗ 
zubereiten, fo wie Abfälle der Baumwolle noch zum Spinnen taug⸗ 
lich zu machen. &ie befteht aus einem Kaften, in welchen die 
Baumwolle durch den Trog oder Rumpf a bineingeworfen wird. 
Die Baumwolle fällt bier auf einen Rahmen c, der aus zwei Tan« 
gen Leiften und einer Menge eng neben einander befindlicher Quer⸗ 
fproffen gebildet ifl. Diefe Sproffen find mit winfelförmig gebo⸗ 
genen Drahtzähnen, ähnlich jenen der gewöhnlichen Krempeln, 
aber größer, und weiter aus einander beſetzt, fo zwar, daß jede 
Sproffe eine Meihe davon enthält, und die Zähne aller Sproffen 
in gerader Linie hinter einander ftehen. Über dem Rahmen c 
befindet ſich ein zweiter, breiterer Rahmen b, der von einer Sei- 
tenwand deö Kaftens bis zur andern reicht, und in feiner ganzen 
Länge mit nahe an einander liegenden Bretern q bededt ift, bis 
auf ein Stüd am hintern Ende, wo diefe Breter weggelaffen find, 
- damit die Baumwolle aus dem Troge a ungehindert auf den Rabe 
men c fallen fönne, Jedes der Breter q enthält zwei Reihen lan⸗ 
ger, nad) abwärtd gefehrter, und an den Spigen umgebogener 
Zähne, welche fo geftellt find, daß fie in den Zwifchenräulnen der 
Zähne an dem Rahmen c fich befinden. Diefer letztere Rahmen 
bewegt fich unaufhörlich auf eine gewiſſe Strecke unter b vor: und 
rückwaͤrts, indem er mittelft des Anſatzes n und der Ziehftange f 
mit der Kurbel g einer Achfe verbunden ift, an welcher außen die 
mit gehöriger Gefchwindigfeit durch einen Riemen umgebrehte 
Rolle e ſteckt. Um bei diefer Bewegung nicht aus feiner Richtung 
zu kommen, laͤuft der Rahmen zwifchen Friktionsrollen d, welche 

an den mit ihm parallelen Leiften o, o, angebracht find. 
j Wenn nun aus dem Rumpfe a Baumwolle auf den hintern 
heil des Rahmens c fällt, fo wird diefelbe von den hakenförmi- 
gen Drabtzähnen gefaßt, und vorwärtd geführt. Da hierbei die 
Zähne von c zwifchen jenen des Rahmens b durchgehen, fo fann 
die Baumwolle der Bewegung nicht tolgen ‚ ohne aus einander 


Flackmaſchinen (Schlagmafchinen). 499 


gezogen oder zerzaufet zu werden. "Wenn der Rahmen c bei der 
zweiten halben Umdrehung der Kurbel g zuruͤckkommt, fo trachtet 
er zwar die auf ihm liegende Baumwolle mit za nehmen; allein 
dieſe wird von den vorwärts gerichteten Hafen der langen feftftes 
henden Zähne zurüdgehalten und abgeftreift. Beim naͤchſten Vor⸗ 
wärtögehen von c wird diefe-nähmliche Portion Baumwolle wieder 
eine Strede weiter vorwärts gefhoben, und fie kommt endlich, 
indem dieſer Vorgang ſich ſtets wiederhohlt, bei der ÖOffnung m 
des Kaſtens heraus, wo fie über das ſchiefe Bret p herabfäallt. 
Um bei dieſer Maſchine die Baumwolle pach Erforderniß 
mehr oder weniger der Wirfuug der Drabtzähne auszufegen, laßt 
man letztere mehr oder weniger tief zwifchen einander eingreifen ; 
und zu diefem Behufe kann der unbewegliche Rahmen b tiefer und 
höher geftellt werden. Er ruht nähmlich mit feinen Füßen r auf 
geneigten Slächen i, welche an den zwei langen Leiften h ange- 
bracht find. Ein Süd von jeder diefer Leiften ift mit Zähnen 
befest, und in diefe Verzahnung greifen zwei Getriebe k, k, ein, 
die mit ihrer gemeinfchaftlihen Achfe durch die Kurbel J (ig. ı4) 
umgedreht werden. Wenn auf diefe Weife die Stangen h nad) 
einer oder der andern Richtung hin verfchoben werden, fo finkt 
oder fleigt auch, vermittelft der fchrägen Slächen i, der Rahmen k. 
IV) Die Stelle des Schlagend mit Stäbchen (aus freier 
Hand oder auf Mafchinen), fo wie jene des Wolfes, iſt gegen« 
wärtig allgemein, die bereitö angeführten Ausnahmen abgerechnet, 
durch die fo genannten Flackmaſchinen, weldhe man auch 
Schlagmafhinen nennt, eingenommen. Das Wefentliche 
einer ſolchen Mafchine befteht in zwei an einer Achſe befefligten, 
und fammt derfelben ſich außerordentlich ſchnell umdrehenden Slüs 
geln ‚ welche in dem gefchloffenen Kaften, worin fie fich befinden, 
die Faſern der ihnen dargebothenen Baumwolle durch die Gewalt 
des Schlages und des erregten Luftſtromes von einander trennen. 
Der Staub, welcher dabei aus der Baumwolle abgefondert wird, 
fänt theils durch einen unter dem Schläger angebrachten Roſt, 
theild wird er von der durch einen eigenen Ventilator befoͤrderten 
Luftſtroͤmung fortgeriſſen, und in einen entfernten Raum geführt. 
Die Einrichtung diefer Mafchinen ift in den letzten Jahren bedeu« 
tend verbeiert, und auf einen hoben Grad der Vollkommenheit 
3a * 


500 Baumwollſpinnerei. 


gebracht worden. Man bedient ſich jetzt in der Regel zweier 
Echlag⸗ oder Flackmaſchinen nach einander, und arbeitet ihnen 
noch, bei gewillen Baummollforten, durch den oben befchriebenen 
Below (oder zuweilen Durch den Wolf) vor. Die erfte Mafchine 
empfängt die Baumwolle fo, wie ſie aus dem Ballen oder vom 
Below herfommt, Iodert fie mittelft zweier hinter einander ange⸗ 
brachter Schläger auf, und befreit fie fchon von einem großen 
Zheile der Unreinigfeiten. Diefe fo vorbereitete Baumwolle wird 
fodann der zweiten Schlagmafchine übergeben, welche fid) von der 
erften wefentlich bloß dadurch) 'unterfcheidet, daß fie nur einen 
einzigen Schläger befikt, und. die Baumwolle nach vollendeter 
Zertheilung und Reinigung fogleich in eine breite zufammenhäns 
gende Släche (eine Warte, ein Fell, oder einen Pelz) verwan- 
delt, in welcher Geſtalt fie der Kragmafchine überliefert wird. 

Die beiden Schlagmafchinen, nach der neueften, vollfommen- 
ften Einrichtung, find auf Taf. ı2 abgebildet. Fig. 6 ift hier’ 
ein Längendurdyfchnitt der erften Schlagmafchine, welde 
man auch die Pub mafchine (englifh Blowing machine, Blo- 
wer oder Scutcher, frangöflfch Batteur eplucheur) nennt, weil 
fie ed vorzüglich ift, welche die Baumwolle von den Unreinigkei⸗ 
ten befreit. Die Dimenfionen diefer Maſchine erficht man aus 
der Zeichnung, mit Ausnahme der Breite, welche im Lichten von 
einer Geftellewand zur andern drei Fuß beträgt. Das ganze, 
von Qußeifen verfertigte Geſtell ift mit Bretern verfchalt, fo, daß 
ed einen ringsum gefchloffenen Kaften bildet, der nur die noͤthi⸗ 
gen Öffnungen befigt, um die rohe Baumwolle hinein zu bringen, 
die bearbeitete heraus zu nehmen, und den abgefonderten Staub 
fortzufchaffen. Eigene, während der Arbeit verfchloffene Thüren 
find angebracht, durch welche man in das Innere gelangt, um 
nachzuſehen, oder Ausbeflerungen vorzunehmen. 

Die Zuführung der Baumwolle gefchieht mittelft eines an 
den Enden zufammengenähten leinenen Tuches (ded Einlaßtu- 
he) a, welches über zwei hölzerne Walzen, b und c, gelegt ift, 
und fich bei der Umdrehung diefer legteren in der Richtung der 
Pfeile bewegt, To daß fein oberer Theil gegen die Mafchine hin - 
geht. Die Walze c, welche 3 Zoll Durchmeffer hat, muß vier 
Umdrehungen in einer Minute machen. Zwifchen den Walzen 


Schlag. und Putzmaſchine. 501 


b, e, iſt eine fchräge hölzerne Tafel d angebracht, über welche 
dad Tuch hinläuft, damit es flets flach bleiben muß, und nicht 
einfinfen kann. Es ift gut, dad Tuch ohne Ende nicht in feiner 
ganzen Breite aus Einem Stüde, fondern lieber aus acht Strei⸗ 
fen zu verfertigen (f. Sig. 9, Taf. ı2), deren jeder auf einem et⸗ 
was bauchig gedrehten Stüde der Walze b anliegt. Man erreicht 
hierdurch eine viel gleihförmigere Spannung, und vermeidet das 
Verzichen des Tuches, welches fonft, bei der geringften Ungleich⸗ 
heit der Walzen leicht eintritt. Die Spannung des Tuches wird 
übrigens dadurch hervorgebracht, Daß die Walze b fich mehr oder 
weniger yon c entfernen läßt. Diefe ganze Vorrichtung kann man 
den Zuführtifch nennen, Wenn die auf demfelben mit der 
Hand möglichft gleihförmig ausgebreitete Baumwolle bis an das 
Ende bei c gelangt ift, fo wird fie von zwei fich gegen einander 
drehenden, geriffelten eifernen Walzen e gefaßt, bineingezogen, 
and nun fogleich dem Schläger £ dargebothben. Diefer, welcher 
unter einem gemölbten blechernen Dache g mit großer Schnellig« 
feit (640 Mahl in einer Minute) umläuft, befteht, wie man in 
Fig. 10, Taf. ı2, fieht, and einge Welle 19, und zwei Fluͤgeln, 
deren jeder durch vier Arme so, und eine an diefen befeftigte 
dünne Eifenfchiene 18, mit abgerundeten Kanten, gebildet wird, 
Man hat Schläger mit drei Slügeln perfucht, will aber ihre Ans 
wendung nicht vortheilhaft gefunden haben. Die Riffelwalzen e, 
welche einen Darchmeſſer von »8 Linien haben, drehen fi acht 
Map! in einer Minute um, liefern daher dem Schläger ih diefer 
Zeit eine ihrem achtfachen Umfange gleiche, d. i. 37.7 Zoll oder 
452 Einien betragende, Länge von Baumwolle. Auf diefe wirft 
der Schläger, indem er 640 Umdrehungen oder (mit beiden Flü⸗ 
geln) 12380 Schläge macht; es Fommen mithin auf jede Linie 
Baumwolle 3.83, Schläge. Unter dem Schläger befindet fich ein 
bogenförmiger Roſt (Rechen) n von ftarfen Eifendrähten,, wel: 
der Schmutz, Samenförner und andere grobe Unreinigfeiten durch⸗ 
fallen laͤßt, während die leichtere Baumwolle gegen ein zweites 
Tuch ohne Ende a’ hin getrieben wird, welches nad) ber oben 

befchriebenen Weife aus Streifen befteht, über die drei Walzen 
b’, 1, c’ gefpannt ift, und mit der hölzernen Tafel d’ als Zuführs 
tifch für den zweiten Schläger dient. Diefer, welcher mit f’ be- 


502 . Baumwollfpinnerei. 


zeichnet ift, über ſich das Blechdach g/, unter fich den Rechen n’, 
vor ſich Die zwei geriffelten eifernen Walzen e/ hat, gleicht in fei- 
ner Einrichtung ganz und gar dem 'oben befchriebenen erften, dreht 
fich aber fehneller als dieſer (1300 Mahl in der Minute) und dient 
zur fortgefeßten Reinigung und Zertheilung der Baumwolle. Die 
Walze co’ des Zufuͤhrtiſches macht in einer Minute 95 Umdrehun⸗ 
gen, und bringt alfo, da ihr Durchmeifer 3 Zoll beträgt, 89 
ZoU oder 1074 Linien des endlofen Tuches vorwärts. Um diefe 
Länge der auf dem Tuche ausgebreiteten Baumwolle fortzufchaffen, 
müflen die Niffelwalgen e“, welche nur 18 Linien im Durchmeſſer 
haben, 19 Mahl fi) umdrehen; und um fie zu bearbeiten, macht 
der Schläger 1300 Umdrehungen oder 2600 Schläge, folglich auf 
eine Linie Baumwolle 2.41 Schläge. 

Die Baumtvolle foll, bevor fie dem Schläger von den orifels 
walzen e’ überliefert wird, einigen Zufammenhang erhalten, um 
gleichfoͤrmig zwifchen diefe Walzen Hineingezogen zu werden; und 
Dieß wird durch eine rundum mit Drabtfieb befleidete Walze ober 
‚ Trommel h bewirft, welche fich in dem blechernen Gehäufe i befin- 
det, mit ihrem ganzen Gewichte auf dem Zuführtifche a’ d’ Taftet, 
und folglich Hier die von der Gewalt des Luftfiromes gegen ihren 
Umkreis getriebene Baumwolle in einem entfprechenden Grade zu⸗ 
fammendrüdt, indem fie fi durch die Reibung an dem Zuführe 
tifche beim Fortgehen des Tuches a’ Tangfam umdreht. Diefe 
Zrommel wird durch zwei oder Drei auf einer Achfe befeftigte guß⸗ 
eiferne Neifen gebildet, über welche, mit der Achfe parallel, ale 
Unterlage für das Drahtfieb, Eifenftängelchen gezogen find. Der 
von dem erften Schläger erregte Luftzug jagt den Staub und die 
ganz kurzen Baumwollfafern durch die Löcher des Siebes und daß _ 
Innere der Trommel gegen die Öffnung k des Gehäufesi. Da 
es jedoch darauf ankommt, diefen Staub weiter fortzufchaffen, 
wozu der erwähnte Luftzug nicht hinreichen würde; fo ift zu dies 
ſem Behufe über der Mafchine noch ein eigener, aus vier Wind⸗ 
flügeln beftehender Ventilator angebracht. Man fieht diefen in 
Fig. 8 (Taf. ı2) bei p, wo er in einem zglindrifchen Gehäufe ein- 
gefchloffen if. Die Flügel diefed Ventilators, welche, indem fie 
ſich 120 bi6 150 Mahl in der Minute umdrehen, hart an dem 
Umfreife des Gehäufes vorbeiftreifen/ faugen auf eine wohlder 


Schlag. und Putzmaſchine. 503 


kannte Art die Luft aus dem Raume, in welchem ſich die Sieb⸗ 
tronnnel h befindet, und der ſich bei k in das Behaͤltniß des Ven⸗ 
tifators mündet. Die Luft, welche durch das unter dem Schläger 
befindliche Drahtgitter in den Kaſten der Mafchine eindringt, iſt 
Deshalb genöthiget, immerfort gegen jenes Behältnig hin zu ſtroͤ⸗ 
men, und reißt auf diefem Wege den Staub mit fich, indeß die 
Iangen Baumwollfafern von der Siebhülle der Trommel zurückge⸗ 
Halten werden. Die Luftfteömung geht von dem Ventilator aus 
durch die Offnung q’ feines Gehäufes und das Rohr 12 in einen 
Kaſten 13, wo fi, vermöge der verminderten Gefchwindigfeit, 
der größte Theil des Baumwollſtaubes ablagert. Was hier nicht 
bleibt, fliegt Durch das Rohr 17 in die freie Luft. Wermöge dies 
fer Veranftaltung wird der Abfall von feinen furzen Baumwollfä- 
ferchen, der bei der Bearbeitung in der Schlagmafchine entfteht, 
gefammelt, und die ſchaͤdliche Einwirkung, welche er beim Einath- 
men bervorbringen würde, befeitigt. 

Der zweite Schläger, f/, wirft die Baumwolle in einen aus 
Bretern gebildeten, am Ende offenen Kanal, x, x, deilen Boden 
in der zweiten Hälfte feiner Länge aus einem Roſte w, w von 
ſchraͤg liegenden Leiften beſteht. Die Sorttreibung der Baummolle 
in diefem Kanale oder Schlauche wird durch den Luftzug befördert, . 
den ein unterhalb des Schläger angebrachter, in einer Minute 
etwa 700 Mahl umlaufender Ventilator m erzeugt. Das Gehäufe 
o dieſes Ventilators ift mit Sffnungen p, p verfehen, durch welche 
die Enft von außen eingefaugt wird, und mündet ſich bei t in den 
Schlauch x. Lepterer befigt ein Paar Thüren, u und v, zum 
Herausnehmen der Baumwolle. Zuweilen bringt man hinter dem 
zweiten Schläger, eben fo wie hinter dem erften, eine Siebtrom⸗ 
mel und einen darüber befindlichen Ventilator an; dann bleibt der 
Ventilator m fammt dem Schlauche x weg, und die Baumwolle 
fällt fogleich von dem. endlofen Tuche, welches fich unter der zweis 
ten &iebtrommel befindet, in Geftalt einer Iofe sufammenhängen« 
den Watte. in einen Korb herab. 

Wie die verfchiedenen bei diefer Mafchine vorfommenden 
Bewegungen hervorgebracht werden, erfieht man aus Fig. 6, wo 
alle an der Hinterſeite befindlichen Theile punftirt find, und aus 
#ig. 7, welche die an der vordern (dem Befchauer der Zeishpnun: 


504 - - Baummwollfpinnerei. 


gen zugelehrten) Seite angebrachten Räder und Rollen zeigt. Von 
der Betrieböwelle der Spinnerei, welche duch eine Dampfma- 
fchine oder durch Waſſer u. f. w. in Bewegung geſetzt wird, läuft 
ein Kiemen ohne Ende, 6 (Fig. 6) auf eine Rolle s, an deren 
Welle ſich überdieß die zwei Räder r (Big. 6) und ı (Fig. 7) be= 
finden. Erfteres gibt mittelft des gefreuzten Riemend 7 dem Ven⸗ 
tilator m feine Bewegung; von ı aus aber läuft ein Riemen a 
auf die Rolle £”, welche fi) an der Welle des erſten Schläger 
(f, Fig. 6) befindet. Diefe Welle trägt zugleich noch eine andere 
Molle, f’, von welcher mittelft des Riemens 3 die Rolle £ am 
zweiten Schläger (f/, Fig. 6), und alfo diefer Schläger felbft, im 
Bewegung gefept wird. Durch das Geſtell der Mafchine geht fer⸗ 
ner eine Welle, an welcher auf der hintern Seite die Rollen y 
und z (Fig.6), auf der vordern Seite die Rolle 5 (ig. 7) ange⸗ 
bracht find. Leptere empfängt mittelft des gekreuzten Riemens 4 
die Bewegung von der Betrieböwelle, von welcher dad Rad ı fie 
bernimmt. Bon den Rollen y und z laufen zwei Riemen, 8 und 
9, auf die Rollen e’’ und r‘, welche fi) an den unteren Riffel« 
walzen e und e’ befinden. In Fig. 7 fieht man, daß am vordern 
Ende jede diefer Walzen ein Betrieb oder Fleined Zahnrad (von 
ı5 Zähnen) trägt, welches in ein gleiches, an der obern Walze 
befindliche, hier mit e und e/ bemerftes Getrieb eingreift. Hier - 
durch entfteht die gleichzeitige und gleichförmige Bewegung diefer 
‚Niffelwalzen, welche die Baumwolle mit beſtimmter und unveraͤn⸗ 
derlicher Gefchwindigfeit zwifchen fich hineinziehen müſſen, um fie 
den Schlägern zu überliefern. An den Walzen c und c’ der Zus 
führtifche (Big. 6) find auf der vorderen Seite Zahnräder von 3o 
Zähnen, e und c’, Fig. 7, angebracht, welche mittelft der Zwi⸗ 
fhenräder bh’, h’/, von den Getrieben der unteren Niffelmalzen 
umgedreht werden. Die anderen Walzen der endlofen Tücher 
(b, b‘, 1, $ig. 6) drehen fich bloß vermöge der Reibung mit, ohne 
abfichtlicd, in Bewegung gefegt zu werden. Das legtere ift, wie 
fhon erinnert wurde, auch der Fall mit der Eiebtrommel h 
(Big. 6). Endlich Läuft von einer Nolle der Vetrieböwelle, 10, 
Sig. 8, ein Riemen 11 auf eine Fleine Rolle am Ventilator p‘, 
um dieſem die nöthige fchnelle Bewegung zu geben.' 

. In Sig. 7 fieht man noch die Art, wie die oberen Riffel⸗ 


Schlag. und Wattermafchine. 505 


walzen auf Die unteren niebergedrüdt werden, fo, Daß fie Die Baum⸗ 
wolle mit gehöriger Gewalt fallen, und doch etwas nachgeben 
fönnen, damit, wenn dicker zufammengeballte Theile vorfommen, 
biefe von ben Kerben oder Riffeln nicht befchädigt werden. Auf 
dad Zapfenlager der.obern Walze drückt ein zweckmaͤßig gebogener 
Eifenftab 16, und diefer geht mit feinem untern Ende durch einen 
Hebel, deflen Drehungspunft bei 14 fich befindet, und der mit 
einem verfchiebbaren Gewichte 15 beſchwert ift. Diefe Vorrichtung 
ift natürlich an beiden Enden der Walzen angebracht. 

Eine Putzmaſchine der befchriebenen Art kann in 12 Stunden 
500 bis boo Pfund Baumwolle von furzhaarigen Sorten bearbei⸗ 
sen, wobei zur Bedienung nur eine Perfon nöthig ift, welche die 
Baumwolle auf das Einlaßtuch legt. Langhaarige, begleichen 
fehe unreine Baumwolle, die nur zu gröberen Garn - Nummern 
verfponnen werden fol, Täßt man zwei Mahl durch die Mafchine 
geben ; für fehr feine Garne aber ift dieſes Verfahren untauglich, 
und man muß dafür die Baumwolle, wenn fie nach dem erſten 
Schlagen in der Mafchine nicht rein genug erfcheint, durch Aus: 
Iefen mit der Hand fäubern, bevor man fie auf die zweite Schlag⸗ 
suafchine bringt. 

Die zweite Shlagmafhine, gewöhnlih Watten⸗ 
mafchine genannt, weil fie die Baumwolle in eine zuſammen⸗ 
bängende, wattenähnliche Släche verwandelt (engl. Spreading 
machine oder Spreader, franzöfifch Batteur etaleur) gleicht hin⸗ 
fichtlich jenes Theiles, welcher die Beftimmung bat, die Baum⸗ 
‚wolle vollends aufzulocdern und zu reinigen, ganz der vorberges 
benden. Man fieht diefelbe auf Taf. ı2 in Fig. ıı der Länge 
nach ducchfchnitten gezeichnet. Die Breite beträgt wieder drei 
Zuß, unter der Voraudfegung, daß die Kragen oder Kardma⸗ 
fhinen diefe Breite haben; in jenen Babrifen, wo die Aragmafchi- 
nen mır 18 Zoll breit find, hat auch die Wattenmafchine nur diefe 
Breite. Die Nothwendigfeit dieſer Übereinftimmung wird aus 
dem Spaͤtern erhellen. 

a ift das über die Walzen b und c gefpannte endlofe Tuch, 
mit der unter demſelben befindlichen hölzernen Tafel d; e, e die 
beiden Riffelwalzen; fder Schläger; g dad Blechdach über, n 
ber Rechen unter demfelben ; h die Siebtrommel; i die Bedeckung 


5060 | DBaumwollfpinnerei. 


derfelben. Alle diefe Theile find fo befchaffen,, wie fie oben be- 
fekrieben worden find. Der Schläger madıt 1300 bie 1400 Um⸗ 
drehungen in der Minute. Die Riffelwaljen, welche in derfelben 
Zeit 16 Umdrehungen vollbringen, überliefern ihm hierdurch, da 
fie 18 Linien im Durchmeſſer haben, eine Cänge von 755 Zoll oder 
904 Linien Baumwolle ; ed kommen mithin 15 Schläge auf eine 
Linie Baumwolle. Die Behleidung der Siebtrommel hat 36 öff⸗ 
wungen auf dem Quadratzoll. Unter dieſer Trommel befindet ſich 
auch hier ein endlofes Tuch, welches über die Walzen.o, p, ge: 
fpannt ift, und eine Tafel q unter fich bat, damit es Durch den 
Drud der Trommel h nicht eingebogen werden kann. Der Ven⸗ 
tilator über der Siebtrommel kaun die nähmliche Einrichtung wie 
in Fig. B, Taf. ı2, haben; man fann aber auch oben in jeder 
Seitenwand des Gehäufes, welches die Trommel umgibt, eine 
Offnung k anbringen, von diefen beiden Öffnungen hölzerne 
Schläude, wiem, in die Höhe leiten, welche fich oben vereinigen, - 
und hier, im Vereinigungspunfte, den Ventilator anbringen. Eiue 
ähnliche Anordnung zeigt Fig. 13, Taf. ı2, im Durchſchnitte 
nad) der Quere und nach der Länge des Ventilators (in legterem 
nur zur Hälfte). Der Ventilator p‘ befindet fich hier unmittelbar 
über der Siebtrommel h. Das Gehäufe i der legtern hat an jedem 
Ende eine Öffnung k, aus welcher durch den furzen Kanal m’ und 

Die Affnung o’ der Luftfteom in das Behaͤltniß des Ventilators 
tritt, worauf er durch den Schlaudy q’ wieder entweiht. Die 
mit einem Schieber bedeckte Öffnung n’ ift vorhanden, damit man 
in dem Kanale m’ nachfehen, und zu der Schraubenmutter der 
Querftange gelangen kann, welche. beide Seitenwände zuſammen 
hält. 1, in Sig. 12, ift ein Thürchen, durch welches man ins 
Innere des Gehäufes i gelangt, um den in der Trommel Bogen 
bleibenden feinen Baumwollflaum heraus zu nehmen: 

Die Baumwolle, welche durch den Drud der Trommel h 
ſchon einigen Zufammenhang gewonnen hat, geht mit dem endlo⸗ 
fen Tuche o, p gegen zwei glatte gußeiferne Walzen r, s, bin, 
welche durch fchwere Gewichte gegen einander gedeckt werden, und 
ſomit der zwifchen ihnen dDurchlaufenden Watte noch mehr Feſtigkeit 
geben. Beim Austritte aus dieſen Walzen wickelt fi) dann die Watte 
anf eine duͤnne hölzerne Walze v, welche mit ihren eifernen Zapfen 


Schlag » und Wattenmaſchine. 507 


in fenfrechten Ausfchnitten des Geftellesfo liegt, baß fie in dem 
Maße, wie fie durch die Umwidlung dider wird, fi) Heben kann. 


Diefe Walze v ruht dabei immer auf zwei gleich großen hölzernen, 
allenfalld mit Leder überzogenen, Walzen t, u, durch deren Um⸗ 
Drehung fie mittelft der Neibung fo in Bewegung gefebt wird, 
daß die Aufwicklung der Baumwolle ſtets mit gleichfoͤrmiger Ge: 
fhwindigfeit vor fich geht. Zwei Gewichte, wie x, druͤcken die 
Walze v dermaßen auf t und u nieder, daß die Umwindungen 
der Watte feit und dicht werden. Jeder Zapfen von v wird zu 
diefem Behufe von dem obern, bafenförmigen Ende einer Eifen- 
flange w umfaßt; die ımtern Enden diefer Stangen find durch 
eine Querflange verbunden, und auf diefer hängen die Gewichte 


x, welche fich nach Erforderniß gegen die Mitte oder nach den 


Seiten hin verfchieben laſſen, jedoch immer fo angebracht werden 
müffen, daß der Druck auf beide Zapfen der Walze gleich ftarf 


wird. 


Den etwas zufammengefepten Mechanismus, durch welchen 
die einzelnen Theile diefer Mafchine ihre Bewegung erhalten, kann 
man nur zum Theile aus Sig. 11 kennen lernen; es muß dazu 
noch die Fig. 12, Taf. ı2, zu Rathe gezogen werden, eine Dar⸗ 
ſtellung jener Theile, welche fi) auf der vordern, im Durchs 
fchnitte, Fig. 12, weggenommenen Seite der Mafchine, außer: 
halb des Geſtelles, befinden. Die verfchiedenen Räder in Fig. 12 
find mit den nähmlichen Buchftaben bezeichnet, wie die Walzen 


in Sig. ı2, an welchen fie fich befinden. Man wird mit Hülfe- 
dieſes Umſtandes das Verftehen erleichtert finden, wenn man ſich 


Fig. ı3, jenen Buchftaben entfprechend, auf die Fig. 11 ges 
legt denft. 

Bon der Vetrieböwelle her gelangen zwei Riemen auf die 
Wattenmaſchine. Der erfte, 5, Big. in, dreht mittelft der auf 
der Hintern Seite befindlichen Rolle 4 den Schläger um. Der 
gweite, 22, Big. 12, febt, mit einer Gefchwindigfeit von 36 


Umdrehungen in der Minute, eine Rolle 9 in Bewegung, deren 


Achfe auf der Vorbderfeite des Geſtelles eine andere Rolle B, und 
auf der hintern Seite ein sAgähniges Betrieb 7, Fig. 11, trägt. 
Dieſes letztere greift in ein an der eifernen Walze s befindliches 
Zahnrad 6, von 144 Zähnen ein, und dreht hierdurch dieſe Walze 


508 Baumwollſpinnerei. 


um. Am vordern Ende hat die Achſe der Wahes ein Rad s 
(Big. 13) mit 40 Zähnen; und ein gleiches Nad r, welches in s 
eingreift, befindet fich an der Walze r, welche hierdurch gleich- 
zeitig, und, wie ed nöthig ift, mach entgegengefegter Richtung, 
umgedreht wird. Don dem Made s werben zwei kleine Räder, 
38 und 19, umgedreht. Erſteres greift in das bazähnige Rad t 
an der gleichnahmigen hölzernen Walze, welches wieder mittelſt 
bed Zwifchenrades 17 das ebenfalld 60 Zähne u. Rad u, 
und deifen Walze, in Bewegung fept. 

Das Rad ı9 greift in das 40zaͤhnige Rad p an der hin- 
tern Walze des endlofen Tuches o p (Big. 21) ein. Mit diefem 
Made ift ein (in der Zeichnung nicht fichtbares) Getrieb von 20 
Bähnen verbunden, von welchem durch die Zwifchenräder zo und 
21 ein großes, 100 Zähne enthaltendes Rad h bewegt wird, wel 
ches an der. Achfe der Siebtrommel h (Fig. 11) fedt, und dies 
felbe umdreht. 

Die Rolle 8 ſetzt mittelft eines gekreuzten Riemens 10 die groͤ⸗ 
Bere Rolle e’, an der untern Riffelwalze e, in Umdrehung. Die 
genannte untere Walze träge, fo wie die obere, am entgegenges 
festen, Bintern, Ende ein (in der Zeichnung nicht angegebenes) 
s5zähniges Getrieb ; und es wird alfo, durch den Eingriff dieſer 
beiden Getriebe, die Bewegung auch auf die andere Riffelwalze 
übertragen. Das Getrieb der untern Walze dreht vermittelit eines 
Zwifchenrades ein Rad mit 3o Zähnen an der Walze c ded Zur 
führtifches um, und febt hierdurch diefe fammt dem Tuche a im 
Bewegung nad) den Riffelwalgen hin. In Big. ı2 fieht man noch 
den Mechanismus 14, 15, sb, welcher, fo wie in Sig. 7, die 
obere Riffelwalze gegen die untere preßt; und das an dem langen 
‚ Hebel 12 hängende Gewicht 13, welches, mittelft der oben haken⸗ 
förmigen, einen Zapfen der Walze r umfallenden Stange ıı, 
jene Walze auf die Walze s niederdrüdt. Diefe zwei Befchwes 
rungs⸗ Apparate find natürlich doppelt, nähmlich auf jeder Seite 
der Maſchine, angebracht. Der hölzerne Zylinder v, fanımt feis 
ner Umwicklung von Baumwolle, ift hier nur punftirt angegeben. 

Der Gebrauch und die Bedienung der Wattenmafchine erfor 
dert eine etwas ausführliche Erklärung, weil in diefer Mafchine ſchon 
der Grund gelegt wird zur Vorausbeftimmung der Feinheit, welche 


Schlag» und Wattenmafchine. 500 ° 


das ans der Baumwolle zu erzeugende Befpinnft erhalten fol. Da, 
‚wie and dem Späteren erhellet, die Feinheit des Gefpinnfted 
durch die Angabe des Gewichtes bei einer beflimmten Länge aus⸗ 
gedrüdt wird; fo muß der Babrifant während des ganzen Laufes 
feiner Operationen ſtets in Kenntniß bleiben von der Länge, auf 
welcher in jeder Stufe der Verarbeitung eine gewiffe Menge 
Baumwolle ausgedehnt ifl. Dieſes vorausgefept, und auf Feine 
audere Art, wird er im Stande feyn, bie Einrichtung und Wir: 
fung feiner Mafchinen in verfchiedenen Fällen fo zu modifiziren, 
daß das endliche Produft, naͤhmlich das fertige Gefpinnft (abge 
fehen von unvermeidlichen geringen Abweichungen) genau den dere 
langten Seinheitögrad erhält. Der Anfang diefer Rechnungsfühe 
rung muß fchon bei der Wattenmafchine gemacht werden. 

Man breitet daher die Baumwolle, welche auf das Einlaß« 
tuch a (Big. 11) gelegt wird, nicht nur möglichft gleihförmig‘ 
darüber aus, fondern man beobachtet au, daß auf einen ber 
fimmten Raum dieſes Tuches eine befannte und nach den Umſtaͤn⸗ 
den feftgefegte Menge Baumwolle fommt. Zu diefem Behufe ift 
das Tuch durch deutliche rothe oder ſchwarze Querftriche in meh⸗ 
rere, 3. B. fünf, Abtheilungen getrennt. Man wägt die von der 
Pupmafchine fommende Baumwolle in gleichen Portionen ab, 
und breitet jede fo regelmäßig als möglich über den Raum einer 
folchen Abtheilung aus. Die Größe der Portionen hängt, wie 
fpäter erhellen wird, in gewiſſem Grade von der Beinheit de8 Ge 
fpinnftes ab, welches man erzeugen will; fie fann z. B., wenn 
das Einlaßtuch 3° breit, und jede feiner Abtheilungen 3° lang iſt, 
16 Loth betragen. Wenn eine gewille Anzahl‘folcher Portionen, 
welche zufammen eine Watte bilden follen, aufgelegt ift, laͤßt man eis 
nen Streifen des Tuches Teer, damit die auf einander folgenden 
Watten getrennt aus der Mafchine hervorgehen. Geſetzt, man habe 
zehn Abtheilungen des Tuches zu einer Watte beflimmt; fo ift die 
über eine zufammenhängende Fläche von 3o Buß Länge und 3 Fuß 
Breite audgedehnte Menge Baumwolle 5 Pfund. Diefe Baum 
wolle wird von den Riffelwalzen e (Fig. 11) mit der nähmlichen 
Geſchwindigkeit Hineingegogen, mit welcher ſich das Tuch bewegt, 
naͤhmlich 755 Zoll in der Minute. Nachdem fie die Wirkung des 
Schlägerd erfahren hat, faͤllt fie gereinigt und aufgelodert auf 


510 Baumwollſpinnerei. 


das endloſe Tuch op, welches ſich, fo wie der mit ihm in Be⸗ 
rührung ſtehende Umfreis der Siebtrommel h, mit der naͤhmli⸗ 
chen vorhin erwähnten Gefchwindigfeit bewegt. Diefe Überein- 
ſtimmung der Gefchwindigfeiten entfteht. durch die angegebene 
Einrichtung des Näderwerfes, vermöge welcher die vierzöllige 
Walze p in einer Minute ſechs Umdrehungen, die Trommel h 
aber, deren Durchmeſſer 20 Zoll beträgt, in der nähmlichen Zeit 
nur 1. 2 Umdrehung macht. Wenn fich Die, Baumwolle nicht, 
durch zufällige Stockungen der Trommel, por derfelben auf dem 
Tuche anhäufen, und alfo die Watte flellenweife ungleich dick 
werden foll, fo iſt ed unerläßlich, die Bewegung der Trommel, 
unabhängig von der Reibung an dem Tuche, durch daß Raͤder⸗ 
werf zu bewirken. Diefe Einrichtung wäre fogar an der Putzma⸗ 
ſchine vorzuziehen, obgleich es dort nicht auf die gleichförmigfte 
Vertheilung der Baumwolle anfommt. Die eifernen 4 Zoll diden 
Walzen r, s, und die.bölzernen Zylinder t, u, mit einem Durch⸗ 
meifer von 6 Zoll, befigen, da eritere 6, Teßtere vier Umdrehuns 
gen in der Minute machen, einerlei Umfangögefchwindigfeit une 
ter fih, und mit der Walze p, fo wie mit den Riffelwalgen e; 
fie ziehen daher die Watte mit eben jener Gefchwindigfeit aus der 
Mafchine hervor, mit welcher die Baumwolle in diefelbe eintritt. 
Die) Reibung der Walzen t u an dem hölzernen Zylinder v bes 
wirft die Umdrehung des letztern, und folglich die gleichförmige 
‚Aufwidlung der Watte auf denfelben. Da beim Auflegen der 
Baumwolle von 10 zu 10 Portionen ein Zwifchenraum gelaifen 
worden ift, fo hat man, ohne die Mafchine ftill ftehen zu Laifen, 
Zeit genug, nach Beendigung einer Watte die damit angefüllte 
Walze v herauszunehmen, "und durd eine andere, leere, zu ers 
feßen, auf welche ſich nun die nächfifolgenne Watte eben fo aufs 
widelt. Man nennt eine folche volle Walze einen Pad, und 
legt eine gewiffe Anzahl derfelben mit den Zapfen über und neben 
einander in ein paſſendes Geſtell, bevor man fie, Behufs der weis 
tern Verarbeitung, zur Rragmafchine bringt. 

Beim Auswechfeln der Walze v müllen die Gewichte x, 
welche diefelbe niederdrüden, in die Höhe gehoben werben, 
Dieß gefchieht mittelft eined Hebels z, der feinen Drehungspunkt 
bei ı, in einer die ganze Breite der Mafchine einnehmenden Wele, 


Schlag. und Wattenmafcine. s11 


bat. Cine zweite folche Welle, 3, an welcher dee Hebel: gleich: 
falls befeftigt ift, geht durch die untern Öffnungen der eiferuen 
Gewichtſtangen w. Wenn man daher z aufhebt, fo werden auch 
die Gewichte x fammt ihren Stangen w gehoben, und letztere 
geftatten nun das Herauönehmen der Walze v. Zur Bequemlich- 
feit legt man, fo lange dieſes Auswechfeln Dauert ‚die Welle 2 
in einen KHafen.y, der ſich hinten am Geſtelle der Maſchine bes 
findet. Diefe Lage der Theile zeigt Fig. ı2. 

Eine Battenmafchine von den angenommenen Dimenfonen 
liefert, wenn die Auflage für jede Abtheilung des Einlaßtuches 
ı6 Loth beträgt, in 44 Minuten einen Pad oder eine Watte von 
3o Fuß Länge, und (von dem unbedeutenden Abfalle abgefehen) 
5 Pfund Gewicht. In a2 Stunden werden daher leidht 130 
Päde verfertigt, und 650 Pfund Baumwolle verarbeitet. . Dabei 
find zwei Perfonen nöthig, um die Baumwolle auf das Einlaße 
tuch zu verbreiten; eine dritte verrichtet dad Abwägen der Baum⸗ 
wolle, und die Auswechslung der vollen Walzen gegen leere. 

Die Wattenmafchinen haben nicht durchaus die oben befchrie- 
bene Einrichtung, und find zuweilen felbjt in wefentlihen Punk⸗ 
ten verfchieden. Eine folche Abänderung befteht darin, daß man 
öfter außer den hier abgebildeten und erflärten Theilen noch zwei 
Paar Riffelwalzen anbringt, und die Baumwolle mit größerer 
Sefchwindigfeit durch die Maſchine und aus derfelben hervor ger 
hen läßt, als fie Hineingezogen wird. Das eine Paar jener Wal: 
sen, welche den in ig. sı mit e, e, bezeichneten gleich find, 
wird ganz unmittelbar und nahe hinter diefen leptern angebracht, 
dreht fich aber mit größerer Gefchwindigfeit, z. B. im Verhaͤlt⸗ 
niſſe wie 3 zu 2. Die natürliche Folge hiervon ift, daß jede 
3 Zoll Baumwolle, welche das erite Walzenpaar vom Einlaßtuche 
wegnimmt, zwifchen ihm und dem zweiten Paare zu 3 Zoll aus⸗ 
gedehnt werden. Von der finnreichen Anwendung geriffekter Wal: 
zen zu diefem Zwecke, weldye Die Grundlage der jetzigen Maſchi⸗ 
nenfpinnerei ausmacht, wird bald ausführlicher die Rede ſeyn (f. 
die Dritte Operation). Man erlangt hierdurch im gegen- 
wärtigen Falle den Bortheil, daß eine gleich duͤnne MWatte.mit 
ſtaͤrkerer Auflage erzeugt werden kann, folglich bei unveränderter 
Anzahl ber arbeitenden Perfonen in gleichen Zeit mehr Watte ges 


512 Baumwollſpinnerei. 


liefert wird, Ein anderer Nugen dieſer Einrichtung beſteht darin, 
daß durch die Statt findende Stredung, wobei dia Baumwollfa⸗ 
fern neben einander vorbei gleiten, der Parallel» Legung derfel- 
ben durch das Kratzen vorgearbeitet wird. Das andere Paar 
Hiffelwalzen wird unmittelbar vor den Preßwalzen r, s (&ig. 11) 
angebracht. Es nimmt die Baumwolle von dem Zuche o p auf, 
und überliefert fie, fchon in einem gewillen Grade zufammenge- 
drückt, den Walzen r, s. Diefen legteren gibt man eine um we⸗ 
nig größere Umfangdgefchwindigfeit, ald den erwähnten Riffel⸗ 
walzen, fo wie den Zylindern t, u wieder eine etwa® größere Ge⸗ 
fhwindigfeit als r und s. Hierdurch entfleht noch eine zweimah⸗ 
lige, aber geringere Stredung, welche zugleich den Nugen hat, 
daß die Watte ſtets ficher gefpannt bleibt; und die Baumwolle 
geht, ungefähr auf das Doppelte des beim Eintritte von ihr bes 
deckten Raumes verlängert, aus der Mafchine hervor, um fich 
aufzuwicdeln Um der Aufmerffamfeit der Arbeiter zu Hülfe zu 
fommen, bringt man gewöhnlich eine Vorrichtung an, welche den 
Augenbli anzeigt, wo eine Watte beendigt iſt. Die Achfe der 
Siebtrommel beſitzt hierzu an einem ihrer Enden ein Paar Schrau⸗ 
bengaͤnge, welche in ein gezahntes Rad eingreifen, und das 
ſelbe bei jeder Umdrehung der Trommel um einen Zahn weiter 
ſchieben. Ein auf der Flaͤche des Rades ſtehender Stift hebt 
hierdurch einen Hammer, deſſen Stiel er begegnet, auf, und 
laͤßt ihn, wenn die Trommel ſo viele Umdrehungen gemacht hat, 
als zur Vollendung einer Watte erfordert werden, auf eine Glocke 
fallen. Bei dieſer Einrichtung werden die Watten nicht durch ei⸗ 
nen leeren Zwiſchenraum von einander getrennt (weil dieſer von 
der Trommel mit gemeſſen wuͤrde); ſondern man legt die Baum⸗ 
wolle ohne Unterbrechung auf das Einlaßtuch, und laͤßt im Au⸗ 
genblicke, wo der Hammer ſchlaͤgt, durch Verſchiebung des Rie⸗ 
mens 32 (Fig. 12) auf die Leerrolle, die Maſchine ſtill ſtehen, 
dis man die Watte hinter den Zylindern r, s abgeriſſen, und am 
die Stelle von v eine neue Walze eingelegt hat. 

Die Baumwolle erleidet bei der im Vorhergehenden befchries 
benen erften Operation des Auflockerns und Reinigens eine Ges 
wichtöverminderung, welche hauptfächlich von der Abfonderung 
Des Staubed und der übrigen Unreinigfeiten, zum Theil aber 


| Kragen, Kratzmaſchinen. 515 


auch von weggefommenen Baumwollfaſern herrührt˖ Diefer 
Schlag: und Pugabfalt if, Hinfichtlich feiner Dienge, ganz 
natürlich verfchieden nach der größern oder geringern Reinheit der 
rohen Baumwolle, fo wie nad) der mehr oder minder forgfältigen 
Bearbeitung ; und da die leptere zum Theile ſich wieder nach der 
Feinheit des zu ergeugenden Geſpinnſtes richtet, fo hat auch dies 
fer Umftand einen gewillen Einfluß. Nach den in einer der vor⸗ 
züglichften öfterreichifchen Spinnereien mit egyptifcher Baumwolle 
(Mafo) gemachten Erfahrungen leidet diefe Sorte im Durch» 
ſchnitte 4 bis 5 Prozent Abfall, davon ungefähr ı Prozent bei 
der Bearbeitung im Velow (&. 494), und das Übrige in den 
beiden Flackmaſchinen (dem Batteur Eeplucheur und etaleur). 
Der Abfall aus dem Velow ift, als bloß aus den gröbften Unrei⸗ 
nigfeiten beitehend, unbenugpbar. Der Abfall von den Flackma⸗ 
ſchinen theilt fih in den Nechen=- Abfall (der unter den Bits 
tern oder Rechen der Schläger gefammelt wird) und in den mit 
ganz kurzen Baumwollfäferchen vermengten Staub, welcher fidh 
in dem Staubfaften (©. 503) anhäuft. Lebterer, der nur etwa 
den zwölften Theil des Ganzen ausmacht, und bei der Watten« 
mafchine viel weniger als bei der erftien Flackmaſchine beträgt, 
wird weggeworfen; der Nechen» Abfall aber wird Durch einen mit ° 
eng aneinander fiehenden Leiften verfehenen Tifch, oder im Velow 
gefiebt, daß Durchfallende weggeworfen, und was von Baumwolle 
fafern zurücdbleibt, unter dem Nahmen Durhfchlag an Deden- 
macher zum Verbrauch überlaflen. 


Zweite Dpyeration. 
Das Kratzen. 


Wenn durch da Schlagen aus freier Hand, oder durch die 
Bearbeitung in den unter der vorigen Operation befchriebenen Ma: 
fhinen, die Baumwolle von Unreinigfeit größtentheils befreit, 
und bis zu einem gewiſſen Grade aufgelodert ift, fo wird fie ge: 
fragt (gefrempelt oder geftrichen): eine Operation, 
welche, neben der Abfonderung der noch vorhandenen Unreinigs 
feiten, hauptfächlich den Zwed hat, die Faſern noch mehr aus 
einander zu ziehen, und in eine parallele Richtung neben einan- 
ber zu legen. Hierzu find eigene Mafchinen beftimmt, welche 

Tepnol. Encyciop. I. Bd. 33 


s 


514 Baummwollipinnerei. - 


man Kragmafchinen, Kragen, Rrempelmafdhinen, 
Streihmafchinen oder Karden (engl. Carding engines, 
franzöf. Machines a carder) nennt. Das Wefentliche diefer 
Maſchinen befteht (fo wie bei den ehemahls gebräuchlichen Hand⸗ 
fragen) in der Gegeneinanderwirfung von Blächen, welche mit 
hafenförmigen elaftifchen Drahtſpitzen befest find. Diefe Häfchen, 
welche aus hart gezogenem, fteifem Cifendraht befteben, haben 
die Größe und die Geftalt wie Fig. 9, Taf. »3, indem immer 
zwei derfelben aus Einem Stüde verfertigt find. Sie werden 
in Leder dergeftalt reihenweife eingeſtochen, daß die Hafen 
auf einer Seite gleich hoch vorſtehen, indeß das Auerflid c d 
die hintere Fläche des Leder berührt; und mit den fo vorgerich« 
teten Lederflüdien werben geeignete frumme oder ebene Flächen 
überzogen, welche. beflimmt find, die oben angezeigte Wirfung 
auf die Baumwollfafern heroorzubringen. Gefegt man habe eine 
ſolche Kratze a (Big. 10, Taf. 33), und eine zweite b, deren 
Zähne nach entgegengefegter Richtung geftellt find; die von den 
Draͤhten gebildeten Blächen feyen parallel, und einander fehr nahe 
geftellt, und ;wifchen denfelben befinde fich etwas Baumwolle. 
Es werde nun a in der Richtung des Pfeild (d. h. fo, daß die 
Spipen der Zähne vorausgehen) bewegt, indeflen b feit liegt, 
oder ſich nach entgegengefepter Richtung "bewegt. Jedes Fleine 
Klümpchen Baumwolle, . weiches diefen Umfländen ausge⸗ 
fegt ift, muß die Wirkung Davon erfahren, und Iegtere ift 
offenbar. Die Zähne von a fuchen die Faſern mit ſich fort zu 
nehmen, wogegen die Zähne von b fie zurücdhalten, oder nad) 
der gerade entgegengefegten Seite hinziehen: jede der beiden 
Kragen eignet fich einen Theil der Baummolle an, und das anges 
nommene Klümpchen wird aus einander gezogen, : wobei nothwen⸗ 
dig die Faſern ſich von ſelbſt nad, jener Richtung ausſtrecken, in 
welcher der Zug geſchieht. Wird dieſe Bewegung oft genug wie 
derhoßlt, oder lange genug fortgeſetzt, fo erfolgt endlich die voll⸗ 
fommene parallele Lage der Faſern, welche man zur Abficht ge- 
habt hat. Haͤngt an den Zähnen der Krabe a Baumwolle, an 
jenen von b nicht, fo wird erftere einen Theil davon an b ab« 
feben, felbft in Dem alle, wenn b ſich nach der nähmlichen Mich« 
fung wie a, nur mit geringerer Gefchwindigfeit, bewegt. ‚Sind 


Vorkratze. 515 


Die Kratzen fo geſtellt, daß die Spitzen ihrer Zähne nach der 
naͤhmlichen Seite geneigt find, wie in Sig. 11; und läßt man 
a fi) nad) der Richtung des Pfeiled beivegen, während b ftill 
ſteht, oder Tangfamer in eben diefer Richtung fortgeht; fo 
fammt a alle Baumwolle aus den Zähnen von b heraus, da 
diefelbe Hier durch nichtö gehalten wird. Die Kenntniß diefer 
verfhiedenen Erfolge bei Verfchiedenheit der Umftände ift zum 
Verſtehen der Kragmafchinen unentbehrlich. Über die Verferti⸗ 
gung!der Kragen oder Krempeln wird übrigens im Art. Krem⸗ 
peln das Nöthige vorfommen. 

In der Regel reicht das eininahlige Kragen nicht Gin, 
der Baumwolle Loderheit und Reinheit, und ihren Bafern die 
parallele Lage, in jenem Grade zugeben, der für die weitere 
Bearbeitung erfordert wird; man verrichtet daher gewöhnlich das 
Kragen zwei Mahl, und bedient fich hierzu zweier, nur. wenig 
von einander verfchiedener Mafchinen, nähmlih der Vorkratze 
und der Feinkratze. 

Die Vorkratze (Brobfarde, engl. Breaker oder 
Breaking Card, franzöf. Briseur oder Carde en gros) hat, wie 
der Durchfchnitt, Fig. ı (Taf. ı3) zeigt, in den Haupttheilen 
viele Ähnlichkeit mit dem oben (&. 491) befchriebenen Wolfe. 
Auch hier findet man nähmlich eine große hohle Walze ober 
Trommel f, die an beiden Enden durch hölzerne Böden ge- 
ſchloſſen ift, und in einem Geſtelle liegt, deſſen unterer Theil ei» 
nen ringsum mit SBreterwänden verfehenen Kaften bildet. Die 
Oberfläche diefer Trommel ift ganz mit Krempeln befegt, deren 
Zähne nach der nähmlichen Richtung geftellt find, in welcher Die 
Bewegung Statt findet. Über der Trommel find flache, zue 
Verhinderung ded Werfend aus drei Holzdicken zufammenges 
leimte Breter g angebracht, Die fo genannten Dedel (Kratz⸗ 
deckel), welche ein bogenförmiges Dach über der Trommel bil 
den, und auf eine ähnliche Art wie die Dedel des Wolfes 
(5. 492) an ihrer Stelle feflgelegt werden. Die nach unten ge» 
fehrte Fläche diefer Dedel ift gleichfalls mit Kragen befept, der 
ren Spitzen jenen der Trommel entgegen geſtellt, und von den⸗ 
felben nur fehe wenig entfernt find. Wenn nun Baumwolle in’ 


den Zähnen der Trommel fich befindet, fo wird diefelbe, da fie 
33 * 


516 ! Baumwollfpinnerei. 


zum Theil an den Zähnen der Dedel im fchnellen Vorübergehen 
hängen bleibt, auf die oben befchriebene Weife aus einander ges. 
.. zogen, rüdt dabei allmählid) von Zahn zu Zahn an den Dedeln 
fort, und geht endlich von dem legten Dedel, fehr aufgelodert 
und fchon mit ziemlich paralleler Lage der Faſern, hervor. 

- Die Baumwolle kann der Kragmafchine auf verfchiedene Ars 
ten zugeführt werden. Die ältefte, und noch jebt hin and wieder 
gebräuchliche Art ift in der Zeichnung angegeben. Die Baums 
wolle wird nähmlich auf ein endlofes, um die zwei hölzernen 
Walzen b, c, gezogenes, und durd) dad Gewicht einer dritten, 
eifernen: Walze d geſpanntes Leinentuch a gelegt, und durch defr 
fen Bewegung gegen die Trommel hin geführt. Hier nehmen 
zwei Heine, eiferne, geriffelte Walzen e, e,-fie auf, um fie 
langſam und gleichförmig der Kragtrommel £ darzubiethen. Ein 
Gewicht g‘ drüdt die obere Walze e auf.die untere herab. Das 
mit man im Stande fey, eine fo viel möglid) gleiche Wertheilung 
der Baumwolle zu bewirken — fowohl während des Kragend auf 
der Trommel, ald nad) demfelben in der Watte oder dem Bande, 
worein die Maſchine fie verwandelt — ift das Einlaßtuch a (wie 
bei der Wattenmafchine, S. 509) durch Striche in mehrere Ab» 
theiluiigen getrenut, auf deren jeder man eine gewogene Menge 
Baumwolle (3. ®. 6 bis 12 Loth auf einem Raume von 30 Zoll 
Länge) recht gleichförmig mit den Händen ausbreitet. Um diefe 
Arbeit, wozu bei jeder Krage eine eigene Perfon erfordert wird, 
zu befeitigen, hat man zuweilen die Baumwolle auf lange Tücher 
audgebreitet,. und biefe zufammengerollt vor die Kragmafchine 
gebracht, wo dad Tuch a durch eine fürzere hölzerne Tafel erfegt 
war. Hier wurde beim Fortgange des Kragen das Tuch all« 
maͤhlich wieder abgerollt und weggeleitet, die Baumwolle von 
demfelben aber Durch die Riffelmalzen e, e, abgenommen. Spaͤ⸗ 
ter verrichtete man dad Zufammenrollen nicht mehr aus freier 
Hand, jondern mittelfi einer Mafchine(Watrtenroller, Widel: 
maſchine, engl. Spreading engine, franzöf. Etaleur oder 
Chargeur), dem Wefentlichen nach von der in Fig. 8 (Taf. 13) 
durchfchnittweife abgebildeten Einrichtung. Zwei glatte eiferne 
Walzen, r, s, ziehen hier das lange, durch Striche eingetheifte 
Stück Wachstnuch mit der Darauf auögebreiteten Baumwolle zwi⸗ 


Borfraße. 517 


« 


ſchen fi hinein, und führen es einer Heinen Holzernen Walze v 
zu, welche auf zwei andern hölzernen Zylindern, t, w, ruht, 
und durch Gewichte auf diefelben herabgepreßt wird, damit das 
Zud feft genug ſich herumrolle. Die Walzen t und u erhalteh 
mittelft verzahnter Räder eine Drehung nad) der durch die Pfeile 
angegebenen Richtung, und durch ihre Reibung wird auch der 39: 
Iimder v umgedreht, welcher, fo wie er durch die Umwicklungen 
feinen Durchmeiler vergrößert, fich in dem Geftelle heben kann. 
Diefe Mafchine ift für den eben erwähnten Zwed außer Gebrauch 
gefommen, feit man durch die Anwendung der Wattenmafchine 
oder deö Batteur etaleur (&. 505) die Baumwolle ohne Mit- 
hülfe eines Tuches in zufammenhängende Rollen verwandelt; fie 
wird aber dagegen zu einem andern Behufe gebraucht, von dem 
fpäter (S. 523) die Rede ift. In denjenigen Spinnereien, wo der 
Batteur etaleur eingeführt ift, werden die von letzterem geliefer- 
ten Päde (S. 510) an die Stelle des endlofen Tuches (a, 
Fig. ı „ Taf. 13) gebracht, uud mit den Zapfen in gabelförmige 
Zräger eingelegt; der Anfang der Watte wird dann zwifchen bie 
Kiffelmalzen c geftecft, durch deren Bewegung nach und nad) Die 
ganze Watte abgewidelt, und der Kratztrommel zur Bearbeitung 
überliefert wird. Diefe Einrichtung ift oͤkonomiſch, weil fle 
die fonft zum Auflegen nöthigen Arbeiter erfpart ; aber man 
bat bemerkt , daß die in den Watten ſtark zufammengepreßte 
Baumwolle, wegen ded größeren Widerſtandes, welchen fie 
dem Auseinanderziehen entgegenfeht, ſchneller die Kragen gu 
Grunde richtet. ' 

Dad Kraben felbft gefchieht, auf welche Weile auch Die 
Baumwolle zugeführt werde, ſtets auf Die nähmliche Art, naͤhm⸗ 
lich durch die fchon erflärte Zufammenwirfung der Zrommel f und 
der Deckel g, g. Es ift hierbei von wefentlichem Nupen , die Mifr 
felwalzen e fo Hein zu machen, und der Aragtrommel fo nahe zu 
ftellen,, daß der Abftand von der Berührungslinie der Walzen bis 
zur Oberfläche der Trommel etwas Meiner ift, als die mittlere 
Länge der Baumwollfafern. Denn hierdurch bewirkt man, daß 
die Zähne der Trommel nur einen Theil der Fafern mit ſich neh⸗ 
men, nähmlicd, jenen, der nicht mehr von den Walzen feſtgehal⸗ 
ten wird; und es entſteht ein wirkliches Ausfämmen der Baum⸗ 


518 Kaummwollfpinnerei. 


wolle, welche nun gleihförmiger und ſchon etwas aufgelodert auf 
die Trommel gelangt. Um die .gefrabte Baumwolle in dem Maße 
wieder abzunehmen, als neue der Mafchine zugeführt wird, if 
eine zweite mit Kraben überzogene Walze h angebracht, welche 
man die Fleine Trommel nennt, zum Unterfchiede von der 
großen Trommel f. Die Zähne von h find jenen von fent: 
gegengeftellt, und h dreht fich, verglichen mit f, fo langſam, 
daß fie in Bezug ‚hierauf faft ald ruhend angefehen werden kann. 
Der Erfolg diefer Anordnung befteht darin, daß die geoße Trom⸗ 
mel allmählich die Baumwolle an die Zähne der Heinen Trommel 
abfest, letztere fi alfo damit anfüllen. An der Seite von h, 
welche der großen Trommel entgegengefept ift, befindet fich bei i 
der fo genannte Abnehmer, eine aufund abbewegliche, kamm⸗ 
artig feingezahnte. Stahlfchiene, welche fo Tang ift ale die Trom⸗ 
melh, und mit der Achfe derfelben parallel liegt. Diefer wich« 
tige Theil der Krapmafchine ift zwifchen zwei fenfrechten Stangen . 
k befeftigt, die fich zu beiden Seiten der Mafchine befinden, und 
von welchem jede unten mit einer Kurbel m, oben ‚mit einem um 
den Punkt q’/ beweglichen Arme 1 verbunden iſt. Die beiden Kur: 
bein m befinden ſich an einer eifernen Achfe, welche quer hinter 
dem ganzen Geftelle der Mafchine vorbeigeht, und nad) einer ſol⸗ 
chen Richtung umgedreht wird, daß der ſchnell auf: und nieder 
fteigende Kamm i beim Hinaufgehen fich ein wenig von den Zaͤh⸗ 
nen der Trommel h entfernt, beim Herabſteigen aber diefelben 
berührt, und indem er äußerft wenig zwiſchen fre eindringt, an 
ihnen vorbei gleitet. Diefes Vorbeigleiten bewirkt, daß bei jedem 
Zuge des Kammes ein 10 bis ı2 Linien breiter Streifen Baume 
wolle von der ganzen Länge der Trommel auf Ein Mahl abgelö- 
fet wird. Während dem nächften Hinaufgehen des Kammes rückt 
der Umfreid der Trommel h um ein Stüc von der angegebenen 
Größe weiter fort; der folgende Streich des Kammes löfet daher 
wieder einen eben fo breiten Streifen Baumwolle ab, der mit 
dem vorigen zufammenhängt, und fo entfteht allmählich (indem 
ſtets nur die untere Hälfte des Umfreifes von h mit Baumwolle 
gefüllt bleibt) eine ununterbrochene, aͤußerſt dünne und lodere 
Watte (ein fo genanntes Vließ) von der Breite der Trommel 
h, welche zugleich die Breite der großen Trommel f, und übers 


Borkrage. 519 
haupt der ganzen Mafchine if. Diefe Watte wird bei manchen, 
nahmentlidy bei den älteren, Kratzmaſchinen nad) einer glatten 
hölzernen Trommel n hin geleitet, und widelt fi), durch die 
langfame Umdrehung derfelben, Hier auf, indem eine kleine, auf 
n liegende Walze o, durch ihr Gewicht die Regelmäßigkeit und 
Dichtigkeit der Aufwidlung befördert. Dan läßt die Trommeln 
ungefähr 20 Umdrehungen machen, d. 5. eben fo viele Umwin⸗ 
dungen der feinen Watte um fich aufnehmen; danıı wird dieſer 
Überzug an einer Stelle des Umkreiſes in gerader, mit der Achfe 
paralleler Linie aufgeriffen, und man erhält fomit eine dickere 
Watte, deren Länge dem Umkreiſe von ,n (ungefähr fünf. Zuß), 
und deren Breite der Länge der Trommeln.gleich ift. Diefe Watte 
wird abgenommen, und auf die Beinfrape gebracht, um zum weis 
ten Mahle gekrempelt zu werben. Die neueren Vorkratzen find 
fo eingerichtet, daß fie die von dem Abnehmer gebildete dünne 
Watte in ein fchmaled Band verwandeln, und befigen hierzu 
genau denfelben Diechaniömus, welcher fogleich bei den Bein- 
ragen wird befchrieben werden: 

Auf folgende Weife wird die Bewegung aller in der Zeich- 
nung angegebenen, und bisher befchriebenen Theile der Kratzma⸗ 
ſchine hervorgebracht. Die Achfe der Trommel f trägt eine große 
Rolle q, mittelſt welcher fie Durch den von der Betrieböwelle der 
Spinnerei fommenden Riemen p in Umdrehung gefegt wird. 
Ihre GSefchwindigfeit bei diefer Bewegung beträgt go bis 100 
Umläufe und darüber, in der Minute. Auf der Seite der Ma⸗ 
fihine, welche in der Zeichnung die hintere ift, befindet fich, 
nebft q, an der Achfe von £ noch eine etwas Feinere Rolle r, 
welche mittelft des gefreuzten Riemens s und der Rolle t die Achfe 
in Umdrehung bringt, deren Kurbeln den Abnehmer i, ungefähr 
250 Mahl in der Minute, auf und nieder ziehen. Die Feine 
Zrommel h erhält ihre Bewegung (beiläufig 5 Umdrehungen in 
jeder Minute) vermittelt eines auf der vorderen Seite angebrad)- 
ten, in der Zeichnung punktirten, Näderwerfes. Ron einem an 
der Achfe der Trommel £f befindlichen Getriebe wird naͤhmlich ein 
Zahnrad u und ein mit demfelben verbundenes kleineres Rad ums» 
gedreht. Letzteres greift in ein großes Rad v ein, deſſen Achfe 
eine Rolle w trägt; und dieſe endlich treibt mittelft eine® gekreuz⸗ 


520 Baumwollſpiunerei. 


ten Riemens bie größere Rolle x an der Trommel k. Von diefer 
Trommel aus wird die Wattentrommel n mittelft der Rollen y, 
z, und des gefreuzten Riemens a‘, dergeftalt umgedreht, daß 
der Umkreis von n ſich entweder genau fo fchnell, oder beffer ein 
Hein wenig fchneller bewegt, als der Umkreis von h. Ein andes 
. rer Mechanismus pflanzt die Bewegung auf die Riffelwalzgen e, e, 
fort. An der bintern Seite trägt nähmlich' die Achfe der Trom⸗ 
mel h ein kleines Kegeltad b/, mittelft deffen ein anderes, aͤhnli⸗ 
ches Rad, c/r umgedreht wird.. Diefes befindet fich an der fehräg 
liegenden Achfe d’, deren unteres Ende ein Fonifches Getrieb e/ 
befigt, und mittelft deafelben das an der untern Niffelwalze ans 
gebrachte Kegelrad f! bewegt. Die / Walze macht in einer Minute 
‚ beiläufig 12 Umdrehungen; ihre Umfangögefchwindigkeit ift (bei 
dem Ducchmeffer von 15 Linien) etwa 1900 Mahl geringer ald 
die Unmfangsgefchwindigfeit der großen, und 40 Mahl geringer 
ald jene der Heinen Trommel. Xorn bat jede Riffelwalze ein Ge⸗ 
trieb, und indem diefe zwei Getriebe in einander eingreifen, er⸗ 
halt die obere Walze jeine gleich fchnelle Bewegung. Das Ge⸗ 
trieb der untern Walze bringt zugleich mitteljt eines Zwifchenras 
des und eines Rades an der Walze b diefe lebtere, und durch fie 
dad Tuch a in Umlauf: auf die nähmliche Weife, wie dieß bei 
der Vefchreibung der Flackmaſchinen angegeben worden ifl. 
(S. 504, 508). 

Das Näderwerf der Kragen wird jest auch häufig auf fol⸗ 
gende Weife, mit Erfparung der Kegelräder, eingerichtet. An bie 
Achfe der großen Trommel fommt, wie in Fig. ı, ein auszuwech⸗ 
felndes Getrieb, 3. B. von 24 Zähnen, welches in ein Rad von 
198 Zähnen eingreift. An der Achfe dieſes letztern befindet ſich 
wieder ein a4zähniges Betrieb, und diefes fegt ein zweites Rad 
von 198 Zähnen in Bewegung, welches fich an der untern Rifs 
felwalze befindet. Auf der andern Seite greift das erwähnte Ge: 
trieb der großen Trommel in ein Rad mit 130 Zähnen, an deſſen 
Achſe ein Betrieb von 36 Zähnen (welches gewechfelt werden kann) 
fit. Von diefem Getriebe wird ein zweites Rad, und durch letz⸗ 
teres endlich ein dritte Rad an der Heinen Trommel in Umdre⸗ 
Hung gefegt. Dieſe beiden Räder haben ebenfalls 130 Zähne. 

Die Geſchwindigkeit der verfchisdenen Theile an der Kratz⸗ 


Germfrake. sau 
mafdyine,, weiche oben beiläufig angesehen if, Heiht wicht fuer 
genau besfelbe. Richt wer, daß man die große Trommel, vom 
weidyer alle übrigen Theile die Wewegung hernebnen, nach der 
verfchiedenen Länge und Reinheit der Ruaummolle bald mehr kald 
weniger Umdrehungen in einer beitimmten Zeit machen läßt: few 
dern and) das Verhaltniß der Gefchwindigteiten zwiſchen den 
Riffelwalsen e und der großen Trommel, fo wie zwiſchen biefer 
und der Fleinen Trommel, wird zuweilen abgeändert, indem man 
au der Stelle von e’ und am der Achfe der großen Krommel Ge 
triebe mit mehr oder weniger Zähnen andringt. Je fehneller ſich 
Die große Trommel im Vergleich mit den Riffelmalzen und mit 
der Meinen Xrommel dreht, deite mehr wird die Baumwolle bei 
- ihrem Verweilen in der Mafchine gekraht. Lange Baumwolle 
muß ſtaͤrker gefragt werben, als kurze, weil fich ihre Bafern nicht 
fo fchnell und leicht parallel legen. 

Die Feinkratze (Auskarde, engl. Finisher oder Fi- 
nisbing Card, franzöf. Finisseur oder Cardo en fin), auf wele 
cher die Baumwolle zum zweiten Mahle gefrempelt wird, unter: 
fcheidet fi von der Vorkratze dadurch, daß ihre Garnitur (fo 
nennt man die Bekleidung von Drabthäfchen) aus feineren und 
engeren Zähnen befteht, und daß fie ohne Ausnahme Bänder (und 
Seine Watten mehr) aus der Baumwolle bildet, Die zu dem leht⸗ 
genannten Zwede dienlicdye Einrichtung zeigt auf Taf. 13, Big. 4 
im Aufriffe von der Seite, und Fig. 5 im Grundriffe Die auch 
in Sig. ı vorfommenden Theile find bier mit denfelben Buchftaben 
wie dort bezeichnet. Die Trommeln, Big. ı, fammt ihrer klei⸗ 
nen Walze o, bleibt. weg. Dafür Läuft die unter dem Abnehmeri 
hervorgehende zarte Watte (dad Vließ) durch einen flachen Trich⸗ 
tern von Weißblech, wo fie in ihrer Breite zufammengedrüdt, 
und in ein Band vertvandelt wird. Zwei meflingene oder elferne 
Walzen, von welchen man die obere bei u in beiden Figuren fleht, 
nehmen diefed Band zwifchen fich auf, sieben es aus dem Trichter 
hervor, und laſſen e8 in eine untergeftellte, 24 bis 30 Zoll hohe 
zylindeifche Blechfanne h’, oder in einen eben fo geftalteten Korb 
fallen. Man macht diefe Zugwalzen (deren Umkreis fih um fehr 
wenig fchneller drehen ſoll als der Umkreis der Pleinen Trommel) 
entweder etwas breit und ganz gerade (f. Big. 5), oder, wad 


522 - Baumwollfpinnerei. 


beſſer ift, man macht fie nur ſchmal, dreht die Peripherie der un- 

tern rinnenförmig ein, jene ber obern aber rund, fo, daß fie in 
die erwähnte Rinue paßt. Das Baumwollenband erhält hierdurch 
mehr Sleichförmigfeit in der Breite, weil ed nicht auf die Seite 
ausweichen fann. Die obere Walze ruht mit ihrem Gewichte auf 
der untern, und dreht fidy nur vermöge der Reibung mit. Die 
Achfe der untern Walze wird entweder mittelft einer Rolle z und 
eined gefreusten Riemens von der großen Rolle y (Fig. 5) umge⸗ 
dreht, welche fich Hinter x an der Trommel h-befindet; oder man 
gibt: ihr ‚Die Bewegung mittelft Verzahnung, indem man ein au 
der Fleinen Trommel befindliche großes Rad in ein Zwiſchenrad, 
dieſes in ein zweites Zwifchenrad, und letzteres, endlich in ein 
Feines Rad an der Zugwalze eingreifen läßt. 

Wenn die Vorfrage die in Fig. ı abgebildete Einrichtung 
hat, alfo eine kurze Watte liefert, fo wird dieſe bei Der Feinkratze 
über ein (an der Stelle des endlofen Tuches a angebrachtes) Bret 
‚den Riffelmalzen e dargebothen. Wenn aber fchon die Vorkratze 
Bänder geliefert bat (wie es jeßt bereitö faft allgemein der Ge: 
brauch iſt); fo vereinigte man diefe zu einer Watte, rollt legtere 
nm eine hölzerne Walze, und biethet fie fo auf diefelbe Weiſe der 
Seinfrage dar, wie die vom Batteur etaleur fommenden Watten 
der Vorkratze dargebothen werden (©. 517). Zur Vereinigung 
der Bänder in eine breite Watte dienen die fo genaunten Qappimg- 
Mafchinen (engl. Lapping engines), wovon man zwei Arten 
nach einander anwendet. 

Die erite Lapping-Mafchine,, von welcher Big. b (Taf. ı3) 
der Aufriß ift, vereinigt mehrere der von der Vorkratze verferkig- 
ten Bänder in ein einziges breitere Band. Sie befteht aus zwei 
glatten Walzen, a und b, deren Zapfen in den Spalten der oben 
am Geftelle d befindlichen Träger c, c, liegen. Die untere Walze 
wird Durch eine an ihrer Achfe befindliche Niemenrolle umgedreht, 
die obere aber mittelft eines Gewichtes auf jene niedergebrüdt. 
In der Zeichnung ift weder die Rolle noch das Gewicht zu fehen. 
Die aus einem glatten Brete oder aus Blech beftehende Tafel e 
ift bei £ um ein Gewinde an dem Geftell beweglich, und bei ı. mit 
telft der Ziehftange g h mit der Kurbel j zufammengehängt ; letz⸗ 
tere erhält ihre Umdrehung von dem Betriebe m der Walze b mit« 


Saspung : Mafchinen, S23 
seh der Röter 1 und h. Lürrturb wirt eine Ianafame efcillirente 
Vemegung ter Zefel e hervorgebracht, weiche, mean fie am wei- 
tefüra ji vom Gejlele enrierut bat, tie derch puntktiret Aaien 
von ıB Zoll Breite zu bilden, 422 Bänder mit einander vereinigt. 
Drau Reit Daher firben biecherne Kanuen oder auch Küche, we . 
bei 0, o, zwei angegeben find, mit eben jo vielen einfachen Win: 
dern vor der Lapping:Mafchine auf, wimmt die Enden aller Win: 
der zufammen, umd leitet fie parallel neben einander liegend durch 
eine biecherne Rinne n nad) den Walzen a, b, hin. SIudem fir 
jwifchen diefen durchgehen, werden fie etwas der Wreite nach aus 
einander gedrüdt, und vereinigen fi) en deu Rändern vollkom⸗ 
men ;u einem etwas mehr ald firben Mahl fo breiten Bande, 
Diefes gleitet über die Tafel e hinab, und fällt in dem vieredigen 
Kaften oder Becher p, wo es ſich vermittelit der Ofeillation der 
Tafel regelmäßig im Zikzak hin und der legt. Wenn auf diefe 
Weile der Kaften angefüllt ift, fo reißt man das Wand ab, legt 
eine gerade in die Öffnung des Kaſtens paffende Bleiplatte darauf, 
um ed zufammen zu preflen, und fept nun die Operation fort, bie 
der Kaften nichtd mehr aufnehmen kann. 

Sechs ſolche Käften wie p brings man nun vor die zweite 
Lapping-Mafchine, welche in Fig. 7 (Taf. 13) im Aufriffe von ber 
Seite, und in Big. 8 im Durchfchnitte vorgeftellt if, Hier wer⸗ 
Den die Bänder paarweife über einander gelegt, fo, daß drei biefer 
breiten, oder 21 der urfprünglichen fchmalen Bänder die ganze 
Breite bilden; die foldher Geſtalt entftehende Watte wird fogleich 
um eine hölzerne Walze feſt aufgewidelt, Diefe ganze Mafchine 
iſt nichts als eine Wiederhohlung der an der Wattenmafchine (dem 
- Batteur etaleur) zur Bildung und Aufwidlung der Watte befind- 
lichen Theile (f. ©. 506, und Fig. 11, Taf. 12); um dieß an⸗ 
Schaulicher zu machen, find hier dieſelben Buchſtaben wie dort ger 
braucht worden. r, s (ig. 8) find die zwei glatten eifernen Wal⸗ 
zen, welche die Bänder ywifchen fich hineinziehen, und durch ihren 
Drud vereinigen ; v ift der hölzerne Zylinder, um welchen fich die 
Watte aufwidelt, und t, u find die beiden mit Leder befleideten 
Walzen, auf welchen v ruht. Durch die Blechrinne a werden die 
Bänder den Walzen r, s, zugeleitet. Die Bewegung der Mafchine 





514 Baummollfpinnerei. - 


man Kratzmaſchinen, Kragen, Rrempelmafhinen, 
Streihbmafhinen oder Karden (engl. Carding engines, 
franzöf. Machines a carder) nennt. Das Wefentliche diefer 
Maſchinen befteht (fo wie bei den ehemahls gebräuchlichen Hand⸗ 
fragen) in der Öegeneinanderwirfung von Slächen, welche mit 
. hafenförmigen elaftifchen Drahtfpigen befept find. Diefe Häfchen, 
welche aus hart gezogenem, fteifem Eiſendraht beftehen, baben 
die Größe und die Geſtalt wie Big. 9, Taf.. 13, indem immer 
zwei derfelben aus Einen Stüde verfertigt find. Sie werden 
in Leder‘ dergeftalt reihenweife eingeftschen, daß die Hafen 
auf einer Seite gleich hoch vorfiehen, indeß das Querſtuͤck c d 
die hintere Släche des Leders berührt; und mit den fo vorgerich« 
teten Leberflüdien werden geeignete krumme oder ebene Slächen 
überzogen, welche beftimmt find, die oben angezeigte Wirfung 
auf die Baumwollfafern hervorzubringen. Gefegt man habe eine 
ſolche Krage a (Big. 10, Taf. 13), und eine zweite b, deren 
Zähne nach entgegengefegter Richtung geſtellt find; die von den 
Drähten gebildeten Blächen feyen parallel, und einander ſehr nahe 
geftellt, und zwiſchen denfelben befinde fich etwas Baumwolle. 
Es werde nun a in der Richtung des Pfeild (d. h. fo, daß die 
Spigen der Zähne vorausgehen) bewegt, indeilen b feit liegt, 
oder ſich nach entgegengefegter Richtung ' bewegt. Jedes Fleine 
Klümpchen Baumwolle, . weiche diefen Umfländen ausge⸗ 
fest ift, muß die Wirfung Davon erfahren, und letztere ift 
offenbar. Die Zähne von a fuchen die Faſern mit ſich fort zu 
nehmen, wogegen die Zähne von b fie zurücdhalten, oder nach 
der gerade entgegengefebten Seite hinziehen: jede der beiden 
Kragen eignet ſich einen Theil der Baumwolle an, und dad anges 
nommene Klümpchen wird aus einander gezogen, wobei nothwen⸗ 
dig die Faſern fich von felbfi nach jener Richtung ausſtrecken, in 
welcher der Zug geſchieht. Wird diefe Bewegung oft genug wies 
derhohlt, oder lange genug fortgefegt, fo erfolgt endlich die voll- 
fommene parallele Lage der Faſern, welche man zur Abficht ge- 
habt bat. Hängt an den Zähnen der Kratze a Baumwolle, an 
jenen von b nicht, fo wird erftere einen Theil davon an b ab« 
fegen, felbft in dem Falle, wenn b ſich nach der nähmlichen Mich: 
fung wie a, nur mit geringerer Gefchwindigfeit, bewegt. ‚Sind 


v 


Vorkratze. 515 


die Kraben fo geſtellt, daß die Spitzen ihrer Zähne nach der 
naͤhmlichen Seite geneigt find, wie in Fig. 11; und laßt man 
a ſich nach der Richtung des Pfeiled bewegen, während b ftill 
ftebt, oder Iangfamer in eben diefer Richtung fortgeht; fo 
fümmt a alle Baumwolle aus den Zähnen von b heraus, da 
diefelbe bier durch nichtd gehalten wird. Die Kenntniß diefer 
verfchiedenen Erfolge bei Verfchiedenheit der Umftände ift zung 
Verſtehen der Kratzmaſchinen unentbehrlich. Über die Verferti⸗ 
gung’der Kragen oder Krempeln wird übrigens im Art. Krem- 
peln das Nöthige vorfommen. 

In der Regel reicht das einmahlige Kragen nicht Gin, 
der Baumwolle Lockerheit und Reinheit, und ihren Faſern die 
parallele Lage, in jenem Grade zugeben, der für die weitere 
Bearbeitung erfordert wird; man verrichtet Daher gewoͤhnlich das 
Kratzen zwei Mahl, und bedient ſich hierzu zweier, nur wenig 
von einander verſchiedener Maſchinen, naͤhmlich der Vorkratze 
und der Feinkratze. 

Die Vorkratze Grobkarde, engl. Breaker oder 
Breaking Card, franzöf. Briseur oder Carde en gros) hat, wie 
der Durchſchnitt, Fig. ı (Taf. 13) zeigt, in den Haupttheilen 
viele Ähnlichfeit mit dem oben (&. 491) befchriebenen Wolfe. 
Auch bier findet man nähmlich eine große hohle Walze oder 
Trommel f, die an beiden Enden durch hölzerne Böden ge⸗ 
ſchloſſen ift, und in einem Geſtelle Tiegt, deſſen unterer Theil eis 
nen ringsum mit Breterwänden verfehenen Kaften bildet. Die 
Oberfläche diefer Trommel ift ganz mit Krempeln befegt, deren 
Zähne nach der nähmlichen Richtung geftellt find, in welcher die 
Bewegung Statt findet. Über der Trommel find flache, zur 
Verhinderung des Werfend aus drei Holzdicken zufammenge- 
leimte Breter g angebracht, die fo genannten Dedel (Krap: 
deckel), welche ein bogenförmiges Dach über der Zromnıiel bil- 
den, und auf eine ähnliche Art wie die Dedel des Wolfes 
(©. 492) an ihrer Stelle feftgelegt werden. Die nach unten ges 
fehrte Fläche dieſer Dedel ift gleichfalls mit Kragen befegt, der 
sen Spigen jenen der Trommel entgegen geftellt, und von den⸗ 
felben nur fehr wenig entfernt find. Wenn nun Baumwolle in’ 


den Zähnen der Trommel fich befindet, fo wird diefelbe, da fi e 
33 * 


516 | Baummwollfpinnerei. 


zum Theil an den Zähnen der Dedel im fchnellen Worübergehen 
hängen bleibt, auf Die oben befchriebene Weife aus einander ge⸗ 
zogen, rüdt dabei allmählich von Zahn zu Zahn an den Dedeln 
fort, und geht endlich von dem legten Dedel, fehr aufgelodert 
und fchon mit ziemlich paralleler Lage der Safern, hervor. 

- Die Baumwolle kann der Kragmafchine auf verfchiedene Ars 
ten zugeführt werden. Die ältefle, und noch jept hin and wieder 
gebräuchliche Art ift in der Zeichnung angegeben. Die Baum: 
wolle wird nähnılid auf ein endlofes, um die zwei hölzernen 
Walzen b, c, gezogene, und durd) dad Gewicht einer dritten, 
eiſernen Walze d geſpanntes Leinentuch a gelegt, und durch defr 
fen Bewegung gegen die Trommel bin geführt. Hier nehmen 
zwei Pleine, eiferne, geriffelte Walzen e, e,-fie auf, um fie 
langſam und gleichförmig der Kraktrommel f darzubiethen. Ein 
Gewicht. g‘ drüdt die obere Walze e auf.die untere herab. Da⸗ 
mit man im Stande fey, eine fo viel möglich gleiche Vertheilung 
der Baumwolle zu bewirken — fowohl während des Kratzens auf 
der Trommel, als nad) demfelben in der Watte oder dem Bande, 
worein die Mafchine fie verwandelt — ift das Einlaßtuch a (wie 
bei der Wattenmafchine, &. 509) durch Striche in mehrere Abs 
theiluigen getrennt, auf deren jeder man eine gewogene Menge 
Baumwolle (3. ®. 6 bis 12 Loth auf einem Raume von 30 Zoll 
Länge) recht gleichförmig mit den Händen ausbreitet. Um diefe 
Arbeit, wozu bei jeder Krage eine eigene Perfon erfordert wird, 
zu befeitigen, hat man zuweilen die Baumwolle auf lange Tücher 
audgebreitet,. and diefe zufammengerolit vor die Aragmafchine 
gebracht, wo dad Tuch a durch eine fürzere hölzerne Tafel erfent 
war. Hier wurde beim Fortgange ded Kratzens das Tuch alle 
wmählich wieder abgerollt und weggeleitet, die Baumwolle von 
bemfelben aber durch die Riffelwalzen e, e, abgenommen. Spaͤ⸗ 
ter verrichtete man dad Zufammenrollen nicht mehr aus freier 
Hand, fondern mittelft einer Mafhine(Wattenroller, Wickel⸗ 
maſchine, engl. Spreading engine, franzöf. Etaleur oder 
Chargeur), dem Wefentlichen nad) von der in Fig. 8 (Taf. 13) 
durchfchnittweife abgebildeten Einrichtang. Zwei glatte eiferne 
Walzen, r, s, ziehen hier das lange, durch Striche eingetheilte 
Stüuck Wachstuch mit der darauf auögebreiteten Baumwolle zwi⸗ 


Borkrage. 517 


fchen fich hinein, und führen es einer Fleinen hölzernen Walze v 
zu, welche auf zwei andern hölzernen Zylindern, t, u, ruht, 
und durch Gewichte auf diefelben herabgepreßt wird, damit das 
Tuch feft genug ſich herumrolle. Die Walzen t und u erhalteh 
mittelft verzahnter Räder eine Drehung nad) der durch die Pfeile 
angegebenen Richtung, und durch ihre Reibung wird auch der 3y: 
Iinder v umgedreht, welcher, fo wie er durch die Umwiclungen 
feinen Durchmeifer vergrößert, fich in dem Geftelle heben kann. 
Diefe Mafchine ift für Den eben erwähnten Zwed außer Gebrauch 
gefommen, feit man durch die Anwendung der Wattenmafchine 
oder deö Batteur etaleur (©. 505) die Baumwolle ohne Mit: 
hülfe eines Zuches in zufammenhängende Rollen verwandelt; fie 
wird aber dagegen zu einem andern Behnfe gebraucht, von dem 
fpäter (8.523) die Nede iſt. In denjenigen Spinnereien, wo ber 
Batteur etaleur eingeführt ift, werden die von leßterem geliefer: 
ten Päde (8. 510) an die Stelle des endlofen Tuches (a, 
Fig. ı „ Taf. 13) gebracht, und mit den Zapfen in gabelförmige 
Zräger eingelegt; der Anfang der Watte wird dann zwifchen die 
Riffelwalzen c geſteckt, durch deren Bewegung nach und nach die 
ganze Watte abgewidelt, und der Kragtrommel zur Bearbeitung 
überliefert wird. Diefe Einrichtung ift öfonomifch, weil fle 
die fonft zum Auflegen nöthigen Arbeiter erfpart ; aber man 
hat bemerkt , daß die in den Watten fiarf zufammengepreßte 
‚Baumwolle, wegen ded größeren Widerftandes, welchen fie 
dem Auseinanderziehen entgegenfeßt, fchneller die Kragen zu 
Grunde richtet. De: 

Das Kratzen felbft gefchieht, auf welche Weife auch die 
Baumwolle ;ugeführt werde, ſtets auf die nähmliche Art, naͤhm⸗ 
lich durch die fchon erflärte Zufammenwirfung der Trommel f und 
der Dedel g, g. Es ift hierbei von wefentlihem Nutzen, die Rif⸗ 
felwalzen e fo Hein zu machen, und der Kragtrommel fo nahe zu 
ſtellen, daß der Abfland von der Berührungslinie der Walzen bis 
zue Oberfläche der- Trommel etwas Feiner ift, als die mittlere 
Länge der Baummollfafern. Denn hierdurch bewirkt man, daß 
die Zähne der Trommel nur einen Theil der Bafern mit ſich neh⸗ 
men, nähmlich jenen, der nicht mehr von den Walzen feitgehal: 

ten wird; und es entfleht ein wirkliches Ausfämmen der Baum⸗ 


518 Baumwollſpinnerei. 


wolle, welche nun gleichförmiger und ſchon etwas aufgelockert auf 
die Trommel gelangt. Um die ,gefragte Baumwolle in dem Maße 
wieder abzunehmen, als neue der Mafchine zugeführt wird, ift 
eine zweite mit Krapen überzogene Walze h angebracht, welche 
man die Fleine Trommel nennt, zum Unterfchiede von der 
großen Trommel f. Die Zähne von h find jenen von fent: 
gegengeftellt, und h dreht fi), verglichen mit f, fo langſqm, 
Daß fie in Bezug hierauf fat als rubend angefehen werden kann. 
Der Erfolg diefer Anordnung befteht darin, daß die große Trom⸗ 
nel allmählich die Baumwolle an die Zähne der Fleinen Trommel 
abfest, Iestere fi alfo damit anfüllen. An der Seite von h, 
welche der großen Trommel entgegengefept ift, befindet fich bei i 
der fo genannte Abnehmer, eine aufund ab bewegliche, kamm⸗ 
artig feingezahnte Stahlichiene, welche fo lang ift ale die Trom⸗ 
melh, und mit der Achfe derfelben parallel liegt. Diefer wich- 
tige Theil der Kratzmaſchine ift zwifchen zwei fenfrechten Stangen 
k befeftigt, die fich zu beiden Seiten der Mafchine befinden, und 
von welchem jede unten mit einer Kurbel m, oben „mit einem um 
den Punft q/ beweglichen Arme 1 verbunden ift. Die beiden Kurs 
bein m befinden fich an einer eifernen Achfe, welche quer hinter 
dem ganzen Geftelle der Mafchine vorbeigeht, und nach einer ſol⸗ 
chen Richtung umgedreht wird, daß der fchnell aufs und nieder 
fteigende Lamm i beim Hinaufgehen fid) ein wenig von den Zaͤh⸗ 
nen der Trommel h entfernt, beim SHerabfteigen aber diefelben 
berührt, und indem er äußerft wenig zwifchen fie eindringt, an 
ihnen vorbei gleitet. Diefes Vorbeigleiten bewirft, daß bei jedem 
Zuge des Kammes ein 10 bis 12 Linien breiter Streifen Baum⸗ 
wolle von der ganzen Fänge der Trommel. auf Ein Mahl abgelö- 
fet wird. Während dem nächften Hinaufgehen des Kammes rüdt 
der Umfreid der Trommel h um ein Stüd von der angegebenen 
Größe weiter fort; der folgende Streich des Kammes Löfet daher 
wieder einen eben fo breiten Streifen Baumwolle ab, der mit 
dem vorigen zufammenhängt, und fo entfteht allmählich (indem 
ſtets nur die untere Hälfte des Umfreifes von h mit Baumwolle 
gefüllt bleibt) eine ununterbrochene, aͤußerſt důnne und lodere 
Watte (ein fo genanntes Vließ) von der Breite der Trommel 
h, welche zugleich die Breite der großen Trommel f, und über: 


Vorkratze. u 519 


haupt der ganzen Maſchine iſt. Dieſe Watte wird bei manchen, 
nahmentlich bei den aͤlteren, Kratzmaſchinen nach einer glatten 
hölgernen Trommel n bin geleitet, und wickelt ſich, durch die 
langfame Umdrehung derfelben, hier auf, indem eine Fleine, auf - 
n liegende Walze o, dürch ihr Gewicht die Regelmäßigfeit und 
Dichtigkeit der Aufwicklung befördert. Man läßt die Trommeln 
ungefähr 20 Umdrehungen maden, d. 5. eben fo viele Umwin⸗ 
dungen der feinen Watte um fich aufnehmen; dann wird diefer 
Überzug an einer Stelle des Umfreifes in gerader, mit der Achfe 
paralleler Linie aufgeriffen, und man erhält fomit eine dickere 
Watte, deren Länge dem Umkreiſe von n (ungefähr fünf. Fuß), 
und deren Breite der Länge der Trommel n.gleich ift. Diefe Watte 
wird abgenommen, und auf die Geinfrage gebracht, um zum zwei⸗ 
ten Mahle gefrempelt zu werden. Die neueren Vorfragen find 
fo eingerichtet, daß fie die von dem Abnehmer gebildete dünne 
Watte in ein fchmales Band verwandeln, und befigen hierzu 
genau denfelben Mechanismus, welcher fogleich bei den Fein⸗ 
kratzen wird befchrieben werden. 

Auf folgende Weife wird die Bewegung aller in der Zeich- 
nung angegebenen, und bisher befchriebemen Theile der Kratzma⸗ 
fhine hervorgebracht. Die Achfe der Trommel f trägt eine große 
Rolle q, migtelft welcher fie Durch den von der Betrieböwelle der 
Spinnerei fommenden Riemen p in Umdrehung gefegt wird. 
Ihre Gefchwindigfeit bei diefer Bewegung beträgt go bis 100 
Umläufe und darüber, in dee Minute. Auf der Seite der Ma: 
fine, welche in der Zeichnung die hintere ift, befindet fich, 
nebft q, am der Achfe von f nod eine etwas Fleinere Rolle r, 
welche mitteljt des gekreuzten Riemens s und der Rolle t die Achfe 
in Umdrehung bringt, deren Kurbeln den Abnehmer i, ungefähr 
250 Mahl in der Minute, auf und nieder ziehen. Die Fleine 
Zrommel h erhält ihre Bewegung (beiläufig 5 Umdrehungen in 
jeder Minute) vermittelft eined auf der vordeen Seite angebrach- 
ten, in der Zeichnung punftirten, Raͤderwerkes. Don einem an 
der Achfe der Zrommel £ befindlichen Getriebe wird naͤhmlich ein 
Zahnrad u und ein mit demfelben verbundenes Fleineres Rad ums 
gedreht. Leptered greift in ein großes Rad v ein, deſſen Achſe 
eine Rode w trägt; und diefe endlich treibt mittelft eines gekreuz⸗ 


520 Baumwollſpinnerei. 


ten Riemens die größere Rolle x an der Trommel h. Ron dieſer 
Zronmel aus wird die Watterntrommel n mittelft der Rollen y, 
2, und des gekreuzten Riemens a‘, dergeftalt umgedreht, daß 
der Umfreis von n ſich entweder genau fo fehnell, oder befler ein 
klein wenig fchneller bewegt, al8 der Umfreis von h. Ein andes 
: rer Mechanismus pflanzt die Bewegung auf die Riffelwalzen e, e, 
fort. An der Hintern Seite trägt naͤhmlich die Achfe der Trom⸗ 
mel h ein kleines Kegelrad b/, mittelft deflen ein anderes, aͤhnli⸗ 
ched Rad, c/> umgedreht wird.. Diefes befindet fich an der fchräg 
liegenden Achſe d‘, deren unteres Ende ein koniſches Getrieb e’ 
befißt, und mittelft degfelben das an der untern Riffelwalze an⸗ 
gebrachte Kegelrad F! bewegt. Die Walze macht in einer Minute 
‚ beiläufig 12 Umdrehungen ; ihre Umfangegefchwindigfeit ift (bei 
dem Ducchmeffer von ı5 Linien) etwa 1900 Mahl geringer als 
die Umfangsgefchwindigfeit der großen, und 40 Mahl geringer 
alö jene der Fleinen Trommel. Rorn bat jede Riffelwalze ein Ges 
trieb, und inden diefe zwei Getriebe in einander eingreifen, ex: 
hält die obere Walze jeine gleich fehnelle Bewegung. Das Gex 
trieb der untern Walze bringt zugleich mittelft eines Zwifchenres 
des und eines Rades an der Walze b diefe letztere, und durch fie 
dad Tuch a in Umlauf: auf die nähmliche Weife, wie dieß bei 
der VBefchreibung der Flackmaſchinen angegeben worden ift. 
(©. 504, 508). 

Das Näderwerf der Kratzen wird jest auch häufig auf fol« 
gende Weife, mit Erfparung der Kegelräder, eingerichtet. An die 
Achfe der großen Trommel fommt, wie in Fig. ı, ein auszuwech⸗ 
felndes Setrieb, z. B. von 24 Zähnen, welches in ein Rad von 
198 Zähnen eingreift. An der Adıfe diefes letztern befindet füch 
wieder ein 24zaͤhniges Getrieb, und dieſes ſetzt ein zweites Rad 
von 198 Zähnen in Bewegung, welches fich an der untern Rif⸗ 
felwalze befindet. Auf der andern Seite greift das erwähnte Ge⸗ 
trieb der großen Trommel in ein Rad mit 130 Zähnen, an deffen 
Achſe ein Setrieb von 36 Zähnen (welches gewechfelt werden-fann) 
ſitzt. Bon diefem Getriebe wird ein zweite Rad, und durch letz⸗ 
teres endlich ein drittes Rad an der Fleinen Trommel in Umdre⸗ 
bung gefegt. Dieſe beiden Räder haben ebenfalld 130 Zähne. 

Die Gefchwindigfeit der verfchisdenen Theile an der Kratz⸗ 


Feinfrape. 521 


mafchine, welche oben beiläufig angegeben ift, bleibt nicht immer 
genau diejelbe. Micht nur, daß man die große Trommel, von 
welcher alle übrigen Theile die Bewegung hernehmen, nad) der 
verfchiedenen Länge und Reinheit der Baumwolle bald mehr bald 
weniger Umdrehungen in einer beflimmten Zeit machen läßt; fon- 
dern auch das Verhaͤltniß der Gefchwindigfeiten zwifchen den 
Riffelwalzen e und der großen Trommel, fo wie zwifchen dieſer 
und der fleinen Trommel, wird zuweilen abgeändert, indem man 
an der Stelle von e’/ und an der Achfe der großen Trommel Ge⸗ 
triebe mit mehr oder weniger Zähnen anbringt. Se fchneller fich 
die große Trommel im Vergleich mit den Riffelwalzen und mit 
der Meinen Trommel dreht, defto mehr wird die Baumwolle bei 
- ihrem Verweilen in der Mafchine gefragt. Lange Baumwolle 
muß ſtaͤrker gefraßt werden, als kurze, weil fich ihre Faſern nicht 
fo ſchnell und leicht parallel legen. 

Die Feinkratze (Ausfarde, engl. Finisher oder Fi- 
nisbing Card, franzöf. Finisseur oder Carde en fin),. auf wel 
her die Baumwolle zum zweiten Mahle gefrempelt wird, unter» 
ſcheidet fich von der Vorkratze dadurch, daß ihre Garnitur (fo 
nennt man die Befleidung von Drahthaͤkchen) aus feineren und 
engeren Zähnen befteht, und daß fie ohne Ausnahme Bänder (und 
feine Batten mehr) aus der Baumwolle bildet. Die zu dem letzt⸗ 
genannten Zwede dienliche Einrichtung zeigt auf Taf. 18, Fig. A 
im Aufriffe von der Seite, und Fig. 5 im Grundriffe. Die auch 
in Sig. ı vorfommenden Theile find hier mit denfelben Buchftaben 
wie Dort bezeichnet. Die Trommeln, Fig. ı, fammt ihrer klei⸗ 
nen Walze o, bleibt weg. Dafür Iduft die unter dem Abnehmeri 
hervorgehende zarte Watte (dad Vließ) durch einen flachen Trich⸗ 
tern von Weißblech, wo fie in ihrer Breite zufammengedrüdt, 
und in ein Band verwandelt wird. Zwei meflingene oder eiferne 
Walzen, von welchen man die obere bei u in beiden Figuren fieht, 
nehmen diefes Band zwifchen fich auf, ziehen es aus dem Trichter 
hervor, und laffen e8 in eine untergeftellte, 24 bis 30 Zoll hohe 
zylindeifche Blechkanne h’, oder in einen eben fo geftalteten Korb 
fallen. Man macht diefe Zugwalzen (deren Umfreis fih um fehr 
wenig fehneller drehen foll als der Umkreis der Meinen Trommel) 
entweder etwas breit und ganz gerade (f. Big. 5), oder, was 


522 - Baumwollfpinnerei. 


beſſer ift, man macht fie nur fchmal, dreht die Peripherie der um- 
tern rinnenförmig ein, jene. der oberu aber rund, fo, daß ſie in 
die erwähnte Rinne paßt. Das Baumwollenband erhält hierdurch 
mehr Gleichfoͤrmigkeit in der Breite, weil ed nicht auf die Seite 
ausweichen fann. Die obere Walze ruht mit ihrem Gewichte auf 
der untern, und dreht fih nur vermöge der Reibung mit. Die 
Achſe der untern Walze wird entweder mittelfi einer Rolle z und 
eines gefreuzten Riemens von der großen Rolle y (Big. 5) umge⸗ 
dreht, welche ſich hinter x an der Trommel h befindet; oder man 
gibt ihr ‚die Bewegung mittelft Verzahnung, indem man ein an 
der Kleinen Trommel befindliche großes Rad in ein Zwifchenrad, 
dieſes in ein zweites Zwifchenrad, und letzteres, endlich in ein 
Feines Rad an der Zugwalze eingreifen läßt. 

Wenn die Vorkrage die in Fig. ı abgebildete Einrichtung 
hat, alfo eine furze Watte liefert, fo wird. diefe bei der Zeinfrage 
über ein (an der Stelle des endlofen Tuches a angebrachtes) Bret 
den Riffelwalzen e dargebothen. Wenn aber fchon die Vorkratze 
Bänder geliefert hat (wie es jept bereits faft allgemein der Se- 
brauch ift); fo vereinigt man diefe zu einer Watte, rollt letztere 
nm eine hölzerne Walze, und biethet fie fo auf diefelbe Weiſe der 
Zeinfrage dar, wie die vom Batteur etaleur fommenden Watten 
der Vorkratze dargebothen werden (©. 517). Zur Vereinigung 
ber Bänder in eine breite Watte dienen die fo genaunten Lapping⸗ 
Mafchinen (engl. Lapping engines), wovon man zwei Arten 
nach einander anwendet. 

Die erite Lapping-Mafchine, von welcher Fig. b (Taf. ı3) 
der Aufriß ift, vereinigt mehrere der von der Vorkratze verferkig- 
ten Bänder in ein einziges breitere Band. Sie befteht aus zwei 
glatten Walzen, a und b, deren Zapfen in den Spalten der oben 
am Geftelle d befindlichen Träger c, c, liegen. Die untere Walje 
wird durch eine au ihrer Achfe befindliche Riemenrolle umgedreht, 
die obere aber mittelft eined Gewichtes auf jene niedergedrüdt. 
In der Zeichnung ift weder die Rolle noch das Gewicht zu fehen. 
Die aus einem glatten Brete oder aus Blech beftehende Tafel e 
ift bei f um ein Gewinde an dem Geftell beweglich, und bei i mit⸗ 
telft der Ziehftange g h mit der Kurbel ) zufammengehängt ; leg 
tere erhält ihre Umdrehung von dem Getriebe m der Walze b mit⸗ 


Lapping⸗Maſchinen. 523 


telſt der Räder J und k. Hierdurch wird eine Tangfame ofeillirende 
Bewegung der Tafel e hervorgebracht, welche, wenn fie am weis 
teften fidy vom Geſtelle entfernt hat, Die durch punktirte Linien 
angezeigte Stellung einnimmt. Gewöhnlich werden, um eine Watte 
von 18 Zoll Breite zu bilden, 42 Bänder mit einander vereinigt. 
Man ftellt daher fieben blecherne Kannen oder auch Körbe, wie 
bei o, 0, zwei angegeben find, mit eben fo vielen einfachen Bän- 
bern vor der. Lapping⸗Maſchine auf, nimmt die Enden aller Bän- 
der zufammen, und leitet fie parallel neben einander liegend. durch 
eine blecherne Rinne n nach den Walzen a, b, hin. Indem fie 
zwiſchen diefen durchgehen, werden fie etwas der Breite nach aus 
einander gedrüdt, und vereinigen ſich an den Rändern vollfom: 
men zu einem etwas mehr als fieben Mahl fo breiten Bande. 
Dieſes gleitet über die Tafel e hinab, und fällt in den vieredigen 
Kaften oder Becher p, wo es fich vermittelft der Ofcillation der 
Zafel regelmäßig im Zikzak hin und her legt. Wenn auf diefe 
Weife der Kaften angefüllt ift, fo reißt man das Band ab, legt 
eine gerade in die Öffnung des Kaſtens paſſende Bleiplatte darauf, 
um ed zufammen zu preflen, und feßt nun die Operation fort, dis 
der Kaften nichts mehr aufnehmen kann. 


Sechs folhe Käften wie p brings man nun vor Die — 


Lapping⸗Maſchine, welche in Fig.7 (Taf. 13) im Aufriſſe von der 
Seite, und in Big. 8 im Durchfchnitte vorgeftellt if. Hier wer: 
den die Bänder paarweife über einander gelegt, fo, Daß drei dieſer 
breiten, oder 21 der urfprünglichen fchmalen Bänder die ganze 
Breite bilden; die folcher Geftalt entftehende Watte wird fogleich 
um eine hölzerne Walze feft aufgewidelt. Diefe ganze Maſchine 
ift nichts als eine Wiederhohlung der an der Wattenmafchine (dem 
Batteur etaleur) zur Bildung und Aufwidlung der Watte befind- 
Iihen heile (f. S. 506, und Fig. 11, Taf. 12); um dieß an« 
fchaulicher zu machen, find hier diefelben Buchftaben wie dort ge⸗ 
braucht worden. r, s (Big. 8) find die zwei glatten eifernen Wal⸗ 
zen, welche die Bänder ywifchen ſich hineinziehen, und durch ihren 
Druck vereinigen ; v ift der hölzerne Zylinder, um welchen fich die 
Watte aufwidelt, und t, u find die beiden mit Leder befleideten 
Walzen, auf welchen v ruht. Durch die Blechrinne a werben Die 
Bänder den Walzen r, 3, zugeleitet. Die Bewegung der Mafchine 


« 


524 Baummwollfpinnerei. 


wird durch einen Riemen ohne Ende hervorgebracht, welcher eine 
an der Walze t befindliche Rolle umdreht; das in Fig. 7 ange: 
zeigte Räderwerf dient, um fie auf die anderen Walzen zu über- 
tragen. Die Räder r, s,t, u find an den gleichnahmigen Walzen 
befeftigt; 17, »8 find Zwifchenräder zue Abänderung der Richtung. 
Der Durchnefler der Walzen t, u, ift doppelt fo groß ald jener 
von r und s; dennoch gibt man den Rädern r, s, 35, und den 
Kädern t, u, nur 48 (ftatt 50) Zähne. Indem vermöge dieſer 
Anordnung die Watte von t, u und v ein Mein wenig fchneller 
nachgezogen wird, als r und s fie liefern, bleibt fie beftändig ge⸗ 
ſpannt, und widelt ſich ohne alle Falten, und recht feſt, auf. 
Das Gewicht 13 druͤckt mittelſt des Hebels 12 und der Stange 11 
die Walze r auf s herab; dieſe Vorrichtung iſt für jeden Zapfen 
von r befonders angebracht. Der Apparat wx y ı 2 z, durch 
welchen die Walze v in fefter Berührung mit t, u erhalten, und, 
fobald fie angefüllt ift, von Dem Drude frei gemacht wird, ſtimmt 
ganz genau mit dem oben (&. 507, 510) befchriebenen überein. 
Die Einführung der "Lapping » Mafchinen, und eben fo die 
der Vorfeagen mit Bändern, durch welche die erftern nöthig ge= 
worden find, ift, troß der Vermehrung der Arbeit Durch Dad Hin- 
zufommen einer neuen Operation, eine wirfliche Verbeflerung. 
Man erhält dadurd nicht nur längere Watten als von den Vor⸗ 
fragen mit Trommeln (&. 519), fondern auch ein gleichförmiges 
res Band von der Feinfrage, mithin ein gleichförmigeres Ge⸗ 
fpinnft ; weil alle Ungleichheiten der Bänder in dem durch allmaͤh⸗ 
liches Strecken daraus gebildeten Faden merklich werden. Die 
Watte, wie fie von der Fleinen Trommel der Vorfrage abgelöfet 
wird, zeigt nähmlich noch flarfe Spuren von der ungleichen Ver⸗ 
theilung, in welcher fich die Baumwolle vor dem Kraben befunden 
hat, und diefe Spuren verlieren fich nicht gang, wenn die Watte 
in ihrer unveränderten Geftalt zum zweiten Mahle gefragt wird. 
Indem man aber jede foldye Watte in ein Band verwandelt, nnd 
viele folche Bänder auf den Lapping» Mafchinen neben, und zum 
Theil auf einander legt, gleichen ſich die ungleich diden Stellen 
derſelben häufig gegen einander aus, und die entfiehende neue 
Watte enthält die Baumwolle in regelmäßigerer Vertheilung. 
Das oft nöthige Anftüden der Bänder auf den Lapping-Mafchinen 


Kratzmaſchinen. | 525 


ift von keinem Nachtheile, da felten mehrere Bänder im nähmlie 
hen Augenblicke ausgehen, und alfo diefe Zufammenfügungss 
Stellen fehr zerftreut vorfommen. 

Über die Kragmafchinen find noch einige Bemerkungen zu 
machen, welche fowohl die Vor» als die Seinfragen betreffen. Die 
Breite dieſer Mafchinen (alfo die Länge aller ihrer Walzen und 
Trommeln) ift verfchieden : man hat fo genannte einfache Kar 
den gewöhnlich von 18, und Doppelfarden von 36 Zoll Breite. 
Letztere finden vorzüglich ihre Anwendung, wenn nicht fehr feine 
Garne gefponnen werden, und alfo nicht die allergrößte Sorgfalt 
beim Kragen nöthig ifl. Denn längere Kragtrommeln find ſchwie⸗ 
riger genau rund und an allen Stellen gleich die? herzuftellen ; fie 
verlieren diefe vollfommene Geſtalt aud) leichter durch das Werfen 
des Holzes, und dann entfteht ftellenweife ein zu ſtarkes, ſchaͤdli⸗ 
ches Streifen der großen Trommel an der Meinen oder an den 
Dedeln, fo wie ded Abnehmers an der Fleinen Trommel. Die 
Folge eines folhen Fehlers ift dann immer, daß die Baumwollfa⸗ 
fern zum Iheil durch die zu heftige Wirkung der Drabtzähne abs 
geriffen werden, und die Watte oder dad Band ungleichförmig 
ausfällt, weil die flärfer hervorragenden Zähne mehr Baumwolle 
faffen und mit ſich fortnehmen, ald die anderen. Die Art, wie 
die Garnitur, d. h. die Kragen» Bededung, angebracht wird, ift 
nicht bei allen Theilen der Mafchine die nähmliche. Die große 
Trommel ift mit fo genannten Blättern bedeckt, d. i. breiten Streis 
fen, welche fo lang find al8 die Trommel, parallel mit der Achfe 
aufgelegt, und feftgenagelt werben. Da diefe Blätter einen Rand. 
haben, der nicht mit Drahtzähnen befegt ift, fo bleiben zwifchen 
ihnen entfprechende ſchmale Streifen von Zähnen entblößt: ein 
Umftand, der für die große Trommel gleichgültig ift; nicht fo für 
die Heine Trommel, da diefe, wenn der Abnehmer eine gleichför: 
mige, überall zufammenhängende Watte liefern fol, ohne Unter⸗ 
brechung mit Zähnen angefüllt feyn muß. Man wählt daher hier 
eine andere Art der Bekleidung, indem man einen fchmälern, aber 
fehr langen, und bis au den Außerfien Rand mit Drähten verfe- 
henen Lederftreifen in einer Schraubenlinie herumwindet, und an 
den Enden befeftigt. Bon den Dedeln ift jeder mit einem einzi⸗ 
gen Blatte befleidet, welches fo lang und fo breit if, als er felbfl. 


326 Baumwollſpinnerei. 


Statt des kammfoͤrmigen Abnehmers, deſſen genaue Verfertigung 
und richtige Stellung manchen Schwierigkeiten unterliegt, hat 
man mit Glück verſucht, ein Paar diinner, ſehr fein geriffelter 
Walzen anzubringen, welche die Watte, wenn fie ein Mahl zwi⸗ 
ſchen diefelben eingeführt ift, fortwährend unbefchädigt von der 
Meinen Trommel berabziehen. Diefe Walzen haben erwa einen 
Zoll im Ducchmeffer, und erhalten ihre Riffeln nicht durch einen 
Meißel oder eine Art Hobel, fondern durch Ziehen in einem mit 
Heinen Zaden verfehenen Drabtzugeifen. Über die Verfertigung 
der gewöhnlichen Riffelwalgen, wie fie an allen zur Baumwoll⸗ 
fpinnerei dienlichen Mafchinen fo häufig vorfommen, wird ein 
eigener Artifel (Riffelmafchine) Auskunft geben. Die Kra- 
gen, fowohl der Trommeln ald der Dedel, müſſen, gleich nach 
ihrer Verfertigung, und auch während des Gebrauches von Zeit 
zu Zeit, mit Schmirgel abgefchliffen werden, damit die Spigen 
der Zähne feharf werden, und genau in einerlei Ebene fommen. 
Die Vorrichtungen hierzu werden im Artifel Krempel maſchi⸗ 
nen befchrieben, wo man auch über die Verfertigung der Trom⸗ 
meln und über das Aufziehen der Kraben auf diefelben das Nö⸗ 
tbige findet. Die beiden Trommeln fowohl als die Dedel müflen 
ofters von den zwifchen den Drahtzähnen fich anhäufenden kurzen 
Baumwollfafern und Unreinigfeiten befreit (gepußt) werden, 
weiches durch Ausfämmen mit einer Handfrage gefchieht. Das 
Putzen der Dedel findet ohne Unterbrechung der Arbeit Statt, 
indem eine Perfon eigens dazu angeftellt ift, welche die Reinigung 
bei mehreren Kragmafchinen beforgt. Es wird dabei in angemel= 
fener Ordnung verfahren; fo zwar, daß z.B. von der erſten Mas 
ſchine bis zur letzten von jeder. der erfte und zweite Dedel, dann 
zurüd von der legten bis zur erfien überall der dritte und vierte 
Dedel, hierauf wieder von der erſten Mafchine an, der fünfte und 
ſechste Dedel, u. ff. abgenommen, umgefehrt und gepugt wird. 
Wenn auf diefe Weife der eilfte und zwölfte Dedel aller Kragen 
gereinigt find, fo ift e& gerade Zeit, wieder von vorn anzufangen,. 
vorausgefept, daß wenigftend 8 oder 10 Krapmafchinen von. einem 
Arbeiter gepugt werden. Von den Fleinen Trommeln nimmt man 
bloß den leichten darauf fchwebertden Flaum ab, ebenfalls ohne 
die Arbeit aufzuhalten. Die Reinigung der großen Zrommeln 


Kratzmaſchinen. 527 


gefchieht in längeren Zwifchenzeiten. (drei bis ſechs Mahl des Ta⸗ 
ges), und hierzu muͤſſen die Maſchinen natürlich fill fiehen. Der 
Engländer Buhanan hat eine Einrichtung. der Krapmafchinen 
angegeben, vermöge welcher die Dedel fidy von felbft, einer nach 
dem andern, an Gewinden aufichlagen, von einer darüber hin 
gehenden zylindrifchen Buͤrſte gereinigt werden, und dann fich, 
eben fo von felbft, wieder umlegen. Es ift zu zweifeln, daß Dies 
fer etwa zufammengefegte Mechanismus in ölfonomifcher Hinſicht 
vortheilhafter ſey, als Die Anftellung eines Arbeiters für mehrere 
Kragen, der zugleidy die Trommeln pußt; indeffen fann man die 
Befchreibung und Abbildung in den Sahrbüchern des Ef. polytech⸗ 
nischen SInftitutd in Wien (Bd. 9, ©. 396) nachfehen. Außer 
dem Arbeiter, welcher dad Putzen beforgt, ift für acht Kratzen 
nod) eine Perfoh erforderlich, welche die Päde oder Wattenrollen 
einlegt, und die mit den Bändern angefüllten Kannen oder Körbe 
wegnimmt, und durch leere erſetzt. Eine Vor: oder Fein⸗Kratze, 
deren Trommel ı8 Zoll Iang, 36 Zou im Durchmeffer groß ift, 
und 95 bis 100 Umdrehungen in der Minute macht, fann in 
12 Stunden 25 Pfund Baumwolle in hinreichendem Grade bear: 
beiten. 

Das zweimahlige Kragen der Baumwolle ift in allen jenen 
Faͤllen unerläßlih, wo man es mit der Erzeugung feinerer- Ges 
fpinnfte zu thun hat, weil für dieſe die Bearbeitung forgfältiger 
und vollfommener feyn muß. Für Garne unter Nr. 50 oder 60 
kann nach den neueſten Verbeilerungen ein einmahliged Kragen 
bineeichen, wenn man die Baumwolle langfamer durd) die Ma⸗ 
fchine gehen laͤßt, und, außer den Dedeln und der Fleinen Trom⸗ 
mel, noch zwei Walzen (fo genannte Läufer) in Berührung mit 
der großen Trommel anbringt, die ebenfalls mit Kragen befleidet 
find. Diefe, fo wie eine fernere Zugabe, vermöge welcher‘ dad 
aus der Krapmafchine hervorgehende Band fogleidy in einem ge⸗ 
wiſſen Grade geſireckt, und fomit der naͤchſtfolgenden Operation 
mehr vorgearbeites wird, machen die wefentlichfien. neueren Ver⸗ 
befferungen diefer Maſchinen au. . :, 

Man fieht eine. Kratze von dieſer vorzüglichſten Einrichtung 
in Fig. 2, Taf. »3, im Durchfchniste, und in Fig. 3 derfelben 
Tafel im Aufriffe gezeichnet. a ift hier einer von zwei gabelförmt- 


528 Baumwollfpinnerei. 


gen Trägern, in welche Die von der Wattenmafchine (Battear eta- 
leur) kommenden Wattenrollen oder Paͤcke (©. 510) mit den Za⸗ 
pfen ihrer hölzernen Walzen gelegt werden. Der Umkreis eines 
folchen Packes ruht dabei auf einer Walze b, welche fi) langſam 
nad) einer folchen Richtung umdreht, daß fie die Abwidlung der 
von den Niffelwalzen e angezogenen Watte befördert. Lestere 
geht, indem fie nach den Walzen e hin fortrüdt, über die ebene 
Zafel c. Die Riffelwalzen haben 14 Linien im Durchmeiler, und 
jede 28 Einferbungen oder Riffeln auf ihrem Umkreiſe. Hier, fo 
wie in der oben befchriebenen Fig. ı, iſt g’ das Gewicht, welches 
die obere Riffelmalze gegen die untere andrüdt; f die große Zrome 
mel; g, g, g, das von den Dedeln gebildete bogenförmige Dad); 
h die Meine Trommel; i der- Abnehmer; k, 1, q’, m der Mecha⸗ 
nidmus zur Bewegung dedfelben. Dit d if in Gig. = eine Thuͤr 
bezeichnet, durch welche man in den Kaften der Mafchine gelangt, 
.am den fich darin fammelnden Abfall herauszunehmen. In Fig-3 
bemerft man die Art, wie Die Dedelg Aber der Trommel feſtge⸗ 
legt find; zu größerer Deutlichfeit find die drei erften Dedel weg⸗ 
gelaſſen. Auf den zu den Seitenwänden ded Geftelld gehörigen 
gußeiſernen Bögen find Stifte wie k’ in der Richtung nad dem 
Mittelpunfte bin befeftigt ; und jeder Dedel bat an feinen beiden 
Enden ein Loch, womit er auf zwei foldhe einander gegenüber 
fiehende Stifte geftedt wird. 1,1, find Schrauben, deren Köpfe 
den Dedeln .zur Unterlage dienen, und welde man nur weiter 
heraus oder hinein fchrauben darf, um die Eutfernung der Dedel 
von der Trommel zu reguliren. h’ift der kleine Läufer, und 
v der große Läufer; beide find auf diefelbe Weiſe (in einer 
Schraubenlinie) mit dem Kragenleder überzogen, wie die Fleine 
Trommel. Die Zähne diefer Walzen find nach der in den Figuren 
angegebenen Richtung geftellt, und fie Drehen fich beide nach einer 
lei Seite bin um, wie die Pfeile anzeigen. Sie können nad) Er⸗ 
forderniß mehr oder weniger nahe an die. Trommel £ geftellt wer- 
den; dieß ift auch der Fall mit der Fleinen Trommel h: allein die 
hierzu beitimmten Schrauben find in den Zeichnungen weggelaflen. 
Die durch den Abnehmer i von der Fleinen Zeommel h abgelöfete 
- dünne Watte geht durch den gufßeifernen oder blechernen Trichter n, 
(Big. 3), worin fie zu einem Bande zuſammengedrückt wird ; dann 


Kratzmaſchinen. 329 


laͤuft dieſes durch zwei Walzenpaare bei o nach den Walzen 
u,v, bin, welde es mit gleichförmiger Geſchwindigkeit her⸗ 
ausziehen, und in die untergefegten Kannen oder Körbe fallen 
laffen. Die zwei Walzenpaare bei o find es, welche die Stre⸗ 
dung des Bandes bewirken. Die unteren Walzen dieſes Stred« 
werfes find von Eifen und geriffelt; die obern find ebenfalld von 
Eifen, aber zuerft mit aufgefleiftertem Tuch, und darüber mit 
einer an den Rändern genähten oder geleimten röhrenförmigen 
Hülle von Leder überzogen. Zwei Gewichte wie w drüden die 
oberen Zylinder feft gegen die unteren an. Das erfte Walzenpaar 
läßt fi vom zweiten mehr oder weniger entfernen, wie ed die 
größere oder geringere Länge der Baumwolle erfordert. Das 
zweite (vom Trichter mehr entfernte) Paar dreht ſich mit größerer 
Geſchwindigkeit, und fchafft Daher eine größere Länge des Baum⸗ 
wollenbandes heraus, als ihm von dem erften Paare nachgeliefert 
wird: der Erfolg hiervon ift fo, wie man ihn beabfichtigt, nähm- 
lich eine entfprecheude Ausdehnung des Bandes, welche in dem 
Zwiſchenraume beider Walzenpaase vor ſich geht. 

Die Bewegung aller einzelnen Theile wird auf folgende 
Weiſe hervorgebracht. Der von der Betrieböwelle der Fabrik kom⸗ 
mende Riemen p (Big. 3) treibt mittelft der Rolle q die Trommelf, 
mit einer Sefchwindigfeit von 120 bis 140 Umdrehungen in einer 
Minute. on einer andern an der Achfe der Trommel befindlis 
chen Rolle r wird mittelft des Riemend s und der Rolle t diejenige 
Achſe umgedreht, an welcher fid) die Kurbeln zum Auf⸗ und Nies 
derziehen des Abnehmers i befinden. Eine dritte, mit r gleich 
große Rolle ift innerhalb des Geftelles an dem Boden oder der 
zunden Endfläche der Trommel felbft befeftigt, und von diefer geht 
ein gefreuzter Riemen r’ auf eine Rolle des Kleinen Läufers h’, 
der hierdurch feine fchnelle Bewegung erhält. Auf der bintern 
Seite befinden fich die in Fig. 2 punftirt angegebenen Räder und 
Rollen. Man bemerkt hier zuerfi eine Rolley an der Trommel, 
und eine Nolle'a‘, welche von jener mittelſt ded Riemens z die 
Bewegung erhält. Die Achſe von a’ trägt vorn (Fig. 3) ein Ge⸗ 
trieb m’, welches ein Rad n’ in Umdrehung ſetzt. Letzteres theilt 
einerfeitd Die Bewegung, mittelft eines an ihm befindlichen Ge⸗ 
triebed und des Zwilchenrades 0‘, dem Rade h an der Pleinen 

Technol. Encyclop. 1. Bd. 34 


530 Baumwollfpinnerei. 


Trommel, und folglich diefer felbft, mit; anderfeitö dreht es durch 
das Zwifchenrad p’ ein Rab x um, deflen Achfe aud in Fig. = 
mit x bezeichnet iſt. Eben diefe Achfe von x trägt, näher gegen 
die Mitte der Mafchine hin, ein ſehr breites Rad, welches in 
Fig. 3 durch den Fleineren, punftirten Kreis vorgeftellt wird, und 
in das gleichzeitig da6 Rad v der Walze v (Gig. 2), und die zwei 
‚Räder o, o der zwei unteren, geriffelten Stredwalzen o (Big. 2) 
eingreifen. Wie. man fieht, iſt dad Rad der zweiten Riffelwalze 
fleiner als jenes der erften, durch welches Mittel eben die un⸗ 
gleiche Gefchwindigfeit beider entſteht. Von der Trommel h aus 
wird mittelft der Rolle u’ und ded Riemens s’ (Big. 2) der große 
Läufer i umgetrieben;; der erwähnte Riemen ift doppelt gefreuzt, 
nnd wird von der Rolle t/, unter welcher er durchgeht, gefpannt. 
Die Bewegung der die Baumwolle einführenden Riffelwalsen e 
(Fig. 2) gefchieht auf diefelbe Weiſe, wie bei Fig. ı (f. ©. 520) 
mittelft des an der Fleinen Trommtel befindlichen Kegelrades b’, 
deö gleichen Rades c’ an der fehrägen Achfe d’, des Getriebes e’ 
eben diefer Achfe, und des Rades f’ an der untern Riffelwalze. 
Born (Fig. 3) hat jede Riffelwalze ein Getriebe, fo, daß die 
obere diefer Walzen fih mitdrehen muß. Die Walze b endlich 
wird vermittelft ihres Nades x’ von einem hinten an der untern 
Riffelwalze befindlichen Rade v’ (Big. 2) durch das größere Zwi- 
fehenrad w’ in Bewegung gefebt. Die Umfangsgefchwindigfeit 
von b muß eben fo groß feyn, als jene der Riffelwalzen e, da⸗ 
mit erftere genau fo viel Watte abwidelt, als Iegtere verlangen. 
Die nachftehende Tafel enthält die zwecfmäßigften Geſchwin⸗ 
digfeiten der an der Mafchine vorfommenden Walzen, welche je: 
doch, wie ſchon gefagt, nicht für alle Fälle ganz unveränderlich 
find, indem man fie durch Wechfeln der Getriebe e’/ (Fig. 2) und 
m’ (Sig. 3) nach Befchaffenheit der Baumwolle in einem gewiflen 
Grade. modifiziren muß. Die in der Tafel angezeigten Gefchiwin- 
‚digfeiten werden erhalten, wenn man die Rolle a’ im Verhäftniffe 
‚3:2 größer macht, ald y, und den Rädern und Betrieben fol: 
gende Zähne-Anzahlen gibt: m’ 18; n‘ 50; feinem Getriebe 18; 
hı28; x 24; dem daran befindlichen breiten Rade 37, dem 
Rade o der erſten Riffelwalze 36; jenem der zweiten 213 v 44; 
b’/ und c’/ 54; e’ 10; [/ 63. 


Kragmafchinen. j 531 





- Himfangs« 
Benennung : geſchwin⸗ 
der Theile. digkeit. 


Trommel f .  . | 35 109.90 130 
Trommel h . i 14 43. 96 4.38 
Läufer v  . . 6.25 | 19.62 5 
fäufer U . . 3.5 11 490 
Kiffelwalgen e . 1.16)) 3.664] 0.bg6 
Erfte Streckwalze o ı 3.14 | 68.71 
Zweite » 1.169] 3.664 | 114.52 
Waller . . 2.5 ”85 | 54.66 





Die Wirkung der Läufer h’ und ı/ wird, wenn man ihre Ges 
ſchwindigkeiten mit einander, fo wie mit jener der großen Trom⸗ 
mel vergleicht, und auf die Richtung ihrer Zähne Rüdficht nimmt, 
ganz flar. Die von der großen Trommel den Riffehwalzen abge⸗ 
aommene Baumwolle bleibt zuerft an den ihe entgegenſtehenden 
Zähnen des großen Laͤufers Hängen, weil diefer wegen feiner ges 
ringen Ulnfangsgefchwindigfeit (98 ZoU in der Minute) gegen die 
Trommel faft als ruhend angefehen werden fann, und wird alſo 
bier dad erſte Mahl gefragt. Der Fleine Läufer fämmt, vermöge 
feiner 5a Mahl größeren Gefchwindigfeit (5170 Zoll in einer Mir 
nute) die Baumwolle aus den Zähnen des ‘großen Läufers wieder 
beraus, überläßt fie aber, da er doch, verglichen mit der Trom⸗ 
mel, fih nur langfam dreht, neuerdings der legtern, mit welcher 
fie, unter beftändiger Wiederbohlung diefes Vorganges, allmähe 
lich nach den Dedeln hin fortfchreitet, um dort zum zweiten Mahle 
gefragt zu werden. Man fleht Hieraus, wie wefentlich die Läufer 
gur Vervollkommnung und Befchleunigung der Arbeit beittagen, 
Bei dem Pupen der Kragmafchine (&. 526) wird der Fleine Läufer 
jedes Mahl mit der großen Trommel zugleich gereinigt; ‚der große 
Räufer erfordert feine andere Reinigung als die Fleine Trommel. 

Die Bänder, in welche die Baumwolle durch das Kragen 
verwandelt wird, find der Urfprang des durch die weitere Bearbeis 
tung zu ergeugenden Gefpinnfted, und felbit ſchon gleichſam als 

34 * 


552 Baumwollſpinnerei. 


ein ſehr grober, lockerer, noch ungedrehter Faden zu betrachten, 
Wenn man im Stande ſeyn ſoll, planmaͤßig auf die Erzeugung 
eines Geſpinnſtes von vorbeſtimmter Feinheit hin zu arbeiten, fd 
muß man die Beinheit diefer Bänder, d.h. ihr Gewicht bei einer 
gewiffen Länge, fennen, und beliebig voraus feftzufeben im Stande 
ſeyn. Hierzu gelangt der Fabrikant auf folgende Art. 

Bei den Vorfragen mit Trommeln (Taf. ı3, Sig ı, S. 515) 
wird eine abgewogene Menge Baumwolle auf das Zuführtuch a 
außgebreitet, und wenn diefe den Weg durch die. Mafchine zurück⸗ 
gelegt hat, fo wird die Daraus gebildete Watte von der Trommel 
n abgenommen; ihre Länge und ihr Gewicht find nun zugleich ber 
Fannt. Durch Vermehrung oder Verminderung der auf das Zu⸗ 
führtuch gelegten Baumwoll- Portionen ift man im Stande, die 
Watte dicker oder dünner, folglich ſchwerer oder leichter, zu ers 
holten. Wenn die Vorfrage mit den auf der Wattenmafchine 
. (Batteur etaleur, ©. 505) verfertigten Watten von beftimmtem 
Bewichte bei ebenfalls befannter Länge verfehen wird : ſo laͤßt ſich 
aus der Geſchwindigkeit der Riffelwalzen leicht finden, wie groß 
die Länge (und folglich das Gewicht) der in gewiſſer Zeit einge 
führten Baumwolle ift. Die Umfangsgefchwindigfeit der Walzen 
u (Big. 4, 5, Taf. 13), welche das davon erzeugte Band aus der 
Mafchine hervorziehen, läßt finden, wie groß in eben der Zeit die 
Länge des herausgeichafften Bandes ift, folglich bis zu welchem 
Grade das befannte Gewicht Baumwolle ausgedehnt worden ift. 
Diefelde Berechnung gilt für die Feinkratzen, da fich die Feinheit 
der ihnen vorgelegten Watten leicht ergibt, wenn man die Anzahl 
der durch die Lapping » Mafchinen (©. 522) vereinigten Bänder, 
und deren Feinheit berüdfichtigt. Die Beinheit der legten Bänder 
hängt alfo, wie man fieht, von der Größe der Auflage, welche 
auf eine Abtheilung des Zuführtuches bei der Wattenmafchine 
(©. 509) gemacht worden ift, ab; und durch Wermehrung oder 
Verminderung jener Auflage hat man es in feiner Gewalt, Bän« 
der von geringerer oder größerer Feinheit darzuftellen. Bei allen 
dieſen Kechnungen muß man, um möglichft genau zu verfahren, 
auch die aus der Erfahrung befannte Größe des Abfalles in An⸗ 
fhlag bringen, welchen die Baumwolle während des Krapens 
ı leidet. 


Sn ZI: 


Dee Srummnees Dei Griazpm dr ehem zeige im 
fhrucbenen Srape af. 23, or 2, 3) Ta eziır yrarlvee Men 
hindern eris-zrute Zehn 103 Erz Iron were. &$ 
wur dabei rereiergt. 5 2a Ice Tr Mi tem 
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aſchine aze Irgeniist” ven ir Inn Tree Ye; wur ii am 
fe mn Basen veu dur jayi:2 3.-Imaibım Baier etahteı) 
verſehe, weize knı 3o A-f ice amd 36 Sc, Keme 5 Yiamd 
wiegen (511). Je einer Wıaare legt die eerkite Dr Auf 
feimeljen e einen Seg ven 3.55 5eü jerut; cben To lang ui alle 
das im einer Minute dir arefen Tremmi f ;agctuNtte uud von 
derfeiben Yeasbritere Stid der Bar. Um dieſe leßtete gung 
aufzmarbeiten, Ind ı2ı Minuten eier 2 Stunden an a. Minu 
tem erforderlich. Im dieſer Zeit macht Ver Umkreis der Walzen 
a, v, eine Bewegung von ı3ı > 329.08 Ze, &. i. 5042 uf, 
and liefert alſo ein eben fo langes Band, welches 5 Pfund, oder, 
wenn man 6 Prozent Abfall berechnet, 4 Pfund 23.4 Yorb wirgt. 
Auf ein Pfund wurden alfo 1073 uf dieſes Bandes geben. Nach 
der für die Sefpinnfte eingeführten engliſchen Vrzeihnungs » Mr: 
spode müßte ein foldhes Band beiläufig die Nummer ; (gemau ' 
0.35-) erhalten. Die Ztredfung der Baumwolle zu dieſer Feinheit 
geht allmaͤhlich auf folgende Weiſe vor fih. In den ı4ı Minus 
ten, welche die Riffelwalzeu e brauchen, um die Jo Fuß lange 
Warte hinein zu ziehen, macht die Heine Trommel h 617.58 Um: 
gänge, und der Kamm i löfet von ihrer Oberfläche eine dünne 
Watte von 3263 Fuß Länge ab. Das erite Paar der Streckwal⸗ 
gen verwandelt, durch feine etwas fchnellere Bewegung, diefe 
Watte mit Hülfe des Trichter n, in ein Band von 3535 Ruß. 
Das zweite Paar der Stredwalzen verlängert diefed Band auf 
4930 Fuß, indem feine Umfangsgefchwindigfeit in diefem Wer: 
hältniffe größer ift. Die geringe (nur 112 Buß oder 77 betragende) 
Verlängerung, welche zwifchen dem zweiten Stredwalzens Paare 
und den Zylindern v, u, noch Etatt findet, dient bloß, um das 
Band hier fortwährend gefpannt zu erhalten. 

Der Abfall, welchen die Baumwolle beim Krapen erleidet, 
befteht zum Theil aus den nach der erſten Operation noch zuruͤck⸗ 
gebliebenen Unreinigkeiten, hauptfächlich aber aus fürzeren Faſern, 


€ 


55h» Baummwollfpinnerei. 


welche theils fchon in ihr enthalten waren, theils erft dem Kratzen 
ſelbſt (wobei immer eine gewiffe Menge Baumwolle von den Zäh- 
nen zerriffen wird) die Entſtehung verdanfen. Er zerfällt in 
Srommel-Abfall, welcher aus der großen Trommel und dem 
feinen Läufer ausgefämmt wird; Dedel-Abfall, den man 
beim Pugen der Dedel erhält; und Staub, d. 5, jene Baum: 
wollfafern, welche am Boden des Kaftend der Mafchine ſich ſam⸗ 
meln, und durch die Thür d (Taf. 13, Fig. =) herausgenommen 
werden. on einer und derfelben Krape ift der Trommel⸗Abfall 
länger und reiner ald der Dedel-Abfall; der Staub iſt am reinften, 
aber am fürzeften. Die Abfälle der Seinfrabe find durchaus rei⸗ 
ner (aber gerade nieht Sänger) als jene der Vorkratze. Dedel- und 
Krommel-Abfall werden von beiden Kragen zufammengeworfen; 
den Staub unterfcheidet man in reinen (von der Feinkratze) und 
gemifchten (von der Vorfrage). Der reine Staub, der Deckel⸗ 
und Trommel-Abfall werden, theild allein, theils mit einander, 
oder mit wenig langer Baumwolle vermifcht (z. B. + Staub, + 
Dedel:Abfall, z gute Wolle) zu groben Garnen (Nr. 8 bis 12) 
verfponnen; in geringerer Menge (zu + oder 5) der guten Baum⸗ 
wolle zugefeßt, laſſen fie fich felbft noch auf Befpinnfte von Nr. 30 ' 
verarbeiten. Nach Verfchiedenheit der Baumwolle und der Güte 
der Mafchinen ift die Größe des Abfalls beim Krapen mehr ober 
minder bedeutend. Sie fann von 3 bis zu ı2 Prozent betragen. 
Mac) den im Sroßen gemachten Erfahrungen fteigt bei egyptifcher 
Baumwolle (Mafo) der Abfall beim zweimahligen Kraben im 
Durchſchnitte auf 9 bis 10 Prozent der rohen Baumwolle; und 
wenn daher diefe bei der erften Operation ſchon 5 Prozent verlo⸗ 
ren hat (©. 513), fo beträgt das Gewicht des Bandes aus einem 
Zentner roher Baumwolle 85 bis 86 Pfund. Won dem Berlufte 
beim Srapen find ungefähr 7 = Zreommel:Abfall,  Dedel= Abfall 
und 5 Staub. 


| Dritte Operation, 
Das Dupliren und Streden, 
Die Bänder, wie fie durch das Kragen erhalten werben, 
find außerordentlich zart und locker; aber die Faſern find darin 
noch nicht vpllfommen parallel mit einander, wie fie es doch beim 


Dupliren und Streden. 535 


Spinnen feyn follen.. Es muß daber dem Spinnen nod eine 
Dperation vorauögehen, weldye die möglihfi gleiche Lage aller 
Baumwollfaſern in den Bändern berbeiführt. Das Dupliren und 
Streden erfüllt diefe Abficht, und zwar auf eine eben fo einfache 
als fichere Art. Das Mittel dazu find Stredwalzen, der 
Einrichtung bier näher angegeben werden muß, da diefelben bei 
allen noch folgenden Maſchinen gebraucht werden, und ein Bei⸗ 
fpiel von ihrer Anwendung auch fchon bei der S. 527 befchriebenen 
Kratze vorgefommen ift. | 

Wenn in Big. 3 (Taf. 14) a und b die Durchfchnitte zweier 
anf einander liegenden Walgen bezeichuen, welche mit einem an⸗ 
gemeflenen Drucke fich berühren, und in Berührung mit einander 
ſich nad der von den Pfeilen angegebenen Richtung um ihre Achfe 
drehen ; fo werden diefe Walzen ein ihnen bei C dargebothenes 
Baummollendband falten, zwifchen fich hinein ziehen, und hinten 
wieder heraus lafien, ohne dasfelbe übrigens zu verändern. Die 
Länge des in eiier gewillen Zeit durchgehenden Stuͤckes wird gleich 
feyn dem Wege, weichen irgend ein am lmfreife angenommener 
Punft in eben diefer Zeit zurüdgelegt hat, d. b. gleich dem Um: 
fange einer der Walzen, multiplizire mit der Anzahl der vollbrach- 
ten Umdrehungen. Das Naͤhmliche gilt von dem Durchgange des 
Bandes zwifchen einem zweiten Walzenpaare c, d, und einem drik- 
ten, e, fe Daher fommt das angenommene Band unverändert 
fo aus dem dritten Paare hervor, wie es bei C in das erfte hinein⸗ 
gegangen ift; vorausgefegt, daß die Umfangsgefchwindigfeit 
aller Walzen die nähmliche ifl. Nimmt man aber die Umfangs⸗ 
gefchwindigfeit von c und d größer an, als jene von aund b; 
fo liefert dad zuerft genannte Walzenpaar eine größere Länge Band 
als das andere empfängt und ihm zuführt. Der Erfolg kann un- 
ter diefen Umfiänden fein anderer feyn, als eine angemeflene Stre⸗ 
dung oder Verlängerung des Bandes innerhalb des Raumes zwi⸗ 
fhen a,b ımd c, d, uud eine Annäherung der an einander vorbei 
gleitenden- Faſern zur geraden, parallelen Lage. Auf gleiche Weife 
Tann die Stredung wiederhohlt werden, wenn man den Walzen 
2, f eine größere Umfangsgefchwindigfeit gibt, ald.c und d bes 
ſitzen. Die Vergrößerung der Umfangsgefchwindigfeit kann übri- 
gend. entweder durch Vergrößerung des Durchmeſſers, oder Durch 


550 I Baumwollſpinnerei. 


Vermehrung der Umdrehungen in einerlei Zeit, oder endlich durch 
beide Mittel zugleich, hervorgebracht werden. Man richtet es in 
der Regel fo ein, daß die Streckung hauptfächlich zwiſchen dem 
zweiten und dritten Walzenpaare Statt findet, zwifchen dem er⸗ 
flen und zweiten aber geringer und nur vorbereitend iſt. Übrigen® 
hat, wie man fieht, die Gefhwindigfeit der mittleren Walzen auf 
die Größe der Stredung feinen Einylaß, wenn die Geſchwindig⸗ 
Peit der erften und dritten Walze feſtgeſetzt iſt. Die Walzen a, b 
und c,d behalten gegen einander ſtets unveränderlich den naͤhmli⸗ 
hen Stand, laflen fich aber mit ihrem Geftelle von dem dritten 
Paare, e,f, mebr.oder weniger entfernen, je nachdem es die 
Länge der Baumwolle erfordert, Der Abftand der Mistelpunfte 
von bund d; oder ihrer Berührungslinien mit den oberen Walzen, 
Mr ein für alle Mahl fo berechnet, daß er die Länge der Baum 
wollfafern übertrifft, und alfo diefe Faſern niemahls in Gefahr 
formen, dadurch zerriffen zu werden, daß das zweite Walzenpaar 
fie foßt, während daß erfte fie noch halt. Zwiſchen d und £, wo 
Die größte Streckung gefchieht, muß die Entfernung fo gering ſeyn, 
als e8 ohne jene Gefahr des Zerreißens thunlich iſt; denn hier⸗ 
dur) wird die Sleichförmigfeit der Stredung befördert. Man 
denfe fid) nur den Abftand von d nach £ fehr groß, fo wird man 
einfehen, daß ein hier dDurchgehendes Band hauptfächlich in der 
Mitte fich dehnen, ja vielleicht abreißen müßte; wogegen die Stre⸗ 
ckung defto gleichförmiger erfolgt, je fürzer dad auf ein Mahl der 
Operation unterworfene Stück ift, je näher fich alfo die Walzen 
ſtehen. Die unteren Walzen, b,d,f, macht man von Eifen, 
und verfieht fie, damit die Baumwolle fefter von ihnen gefaßt 
wird, mit regelmäßigen Rauhigkeiten, naͤhmlich feinen dreiecfigen 
Einterbungen oder Riffeln, welche mit der Achfe parallel lau⸗ 
fen. Die oberen Walzen, a, c, e, find ebenfalls von Eifen (wohl 
auch von Holz), ‚aber glatt, und mit einem doppelten Überzuge 
verfehen, der ihnen einen gewiffen Grad von Weichhe‘‘ und Ela⸗ 
ftisität gibt. Man leimt oder Meiftert nähmlich zuerſt auf das 
Eifen unmittelbar eine Hülle von grobem Zuch auf, und zieht über 
diefe eine zufammengeleimte oder auch genähte Röhre von Leder, 
welche nur an den Enden fefigeleimt wird, damit fie ihre Weich. 
heit behält. Es ift vorgefchlagen worden, den Lederüberzug, um _ 


Dwliren und Streden. 537 


ipu ohne Naht, und überhaupt ohne Zufammenfügung zu erhal 
ten, aus der unaufgefchnitten abgejogenen und gegerbten Haut 
von Hammelfüßen zu bilden, Defgleichen find Walzen ganz aus 
Leder gemadyt werden, dur Aufliefen und Zufammenprefien 
von ledernen Scheiben auf eine eiferne Achſe, und Abdreben des 
Ganzen. Man wennt diefe oberen Walzen gewöhnlich Drau de 
walzen, weil fie darch Gewichte auf die Riffelwalzen niederge 
drüdt werden. Diefe Gewichte hängen an den Stängelhen k,k‘, 
von welchen jenes allein auf die Walze e, dieſes auf die zwei Wal⸗ 
jen a und c gemeinfchaftlich wirft. Erfteres wird zu dieſem Be 
hufe von einer C »förmigen Klammer i getragen, deren oberer Ha⸗ 
en die Walze e umfaßt; letzteres von einem meilingenen Sattel 
h, der auf a und c ruht. Statt der Gewichte laſſen fich mit 
Vortheil hölzerne Federn anbringen. Ein auf der untern Flaͤche 
mit Tuch befleidetes Bretchen (ein Pugdeckel) g liegt Hof 
vermöge feined eigenen Gewichtes auf den Drudwalzen, uud 
reift alle an denfelben hängen bleibenden Baumwollfaſern ab; 
ähnliche Bretchen, oder auch Bürften, werden zu diefem Behufe 
unter den Riffelwalgen b, d, £, angebracht, und durch gewum 
dene Drabtfedern gegen diefelben hinauf gedrüdt. Statt der Der 
delg findet man wohl auch leichte hölzerne, mit Tuch überzogene 
Walzen. | 
Wenn man das Strecken eined Bandes fo Iange fortfeßen 
wollte, bis die beabfichtigte parallele Lage ber Faſern erreicht 
wäre; fo würde e8 bald, wegen feiner zu fehr verminderten Dide, 
die Operation nicht mehr aushalten koͤnnen, ohne abzureißen. 
Man hilft fich hiergegen auf eine fehr einfache Art dadurch, daß 
man vor jeder Stredung mehrere Bänder zufammen legt, und 
vereinigt durch die Walzen geben läßt. Diefe Verfahrungsart iſt 
e8, weidhe dad Dupliren genannt wird. Sie iſt eine getzene 
Nachahmung deilen, was gefchehen würde, wenn man etwas 
Baumwolle mit den Fingern aus einander zöge, und die ausgezo⸗ 
genen Theile immer wieder auf einander legte, um fie von Meuen 
auszuziehen, bis die Kafern ganz gleich liegen. Das Dupfiren 
gewährt überdieß noch den Vortheil, daß ungleich dicke Stellen 
der Bänder ſich verlieren, indem Häufig dünnere neben Diderg 


538 Baummolkipinnerei. . 


zu liegen fommen, und durch einander gegenfeitig ausgeglichen 
werden. 
Die Strede (engl. Drawing frame, franzöf. Banc d’eti- 
rage), von welcher Fig. ı, Taf. ı4, einen Durchfchnitt, Fig. 2 
aber die Anficht von rückwaͤrts darftellt, bedarf nach dem Geſag⸗ 
ten feiner großen Erklärung mehr. Die Buchftaben e,f,g,i,k, bh’ 
haben bier die nähmliche Bedeutung, wie in Sig. 3; 1,1, find die 
Gewichte der Drudwalzen. Jede Riffelwalze ift, wie man in 
Big. a an ffieht, in der Mitte mit einem dünnern, glatten Halfe 
verfehen, wodurch fie gleichfam in zwei zufammenhängende Walzen 
abgetheilt wird. Das Nähmliche gilt von den Druckwalzen (e,e, 
ig. 2). Auf den dünnern Hals in der Mitte der Druckwalzen 
drüden die Klammer i und der Sattel h (Big. 3). Die Baum⸗ 
wollenbänder werden in den (&. 521) erwähnten blechernen Kan⸗ 
nem oder Weidenförben von der Krage gebracht, und in gewiller 
Anzahl, 3. B. ſechs, bei A (Big. ı) vor die Strede hingeftellt. 
Dan ninmt drei®änder und leitet fie zufammen zwifchen die eine 
Hälfte der Walzen a, b (Fig. 3); und drei andere, welche neben 
jenen auf der zweiten Abtheilung zwifchen die Walzen geſteckt 
werden. Zur Zuleitung der Bänder nach den Walzen hin dient 
ein gefrümmtes Blech s, und eine breite eiferne Gabel ı (Big- 1). 
Wenn die zwei dreifachen Bänder durch alle Walzenpaare gegan⸗ 
gen, und von denfelben ausgeftredt find, laufen fie hinter den 
legten Walzen (e, f, Sig. 3) in fehräger Richtung zufammen, ver- 
einigen fic) beim Durchgange durch einen meſſingenen Zrichter m 
(Fig. ı) zu einem einzigen Bande; und diefes wird von zwei glat« 
ten gufeifernen Walzen, n, o (Big. ı, 2) mit gleichförmiger 
Gefhwindigfeit herausgezogen, worauf e8 in eine untergefehte 
Kanne oder einen Korb fällt. Die Umfangsgefchwindigfeit der 
Zugwalzen n, o, macht man gern um etwas weniges größer ale 
jene der legten Strediwalgen, fo, daß das Band auf feinem Wege 
Durd) den Trichter ftetö Leicht gefpannt bleibt. Vier Stredwerfe 
find gewöhnlich in einem Geftelle neben einander angebracht, und 
werden gleichzeitig durch einen gemeinfchaftlichen Mechanismus in 
Bewegung gefegt. Alm unnöthige Transportirung der mit Bän- 
dern angefüllten Kannen oder Körbe, von einer Seite der Mafchine 
auf die andere, zu vermeiden, flellt man dieſe Stredwerfe fo, 


Strecke. 539 


daß das erſte und dritte ihre vordere Seite dort haben, wo ſich 
die hintere Seite des zweiten und vierten befindet. Bei dieſer 
Anordnung werden die hinter einer Strede angefüllten Kannen 
fogleich vor die naͤchſte gefchoben, und die Bänder können hier 
obne allen Zeitverluft fogleich aufs Neue duplirt und geſtreckt wer: 
den. Die Welle y (Fig. 2), von weldyer aus die ganze Mafchine 
Ta Gang gefeßt wird, erhält ihre Umdrehung von der Dampfmas 
fchine oder dem Waflertade mittelft eines endlofen Riemens und 
Der Rolle a. Die gleiche Rolle z, welche loſe auf ber Achfe ſteckt, 
und fich folglich ohne diefelbe dreht, iſt die Keerrolle; d.h. auf 
fie wird der Riemen mitteljt eines dazu angebrachten Hebel hin⸗ 
über gefchoben, wenn man die Mafchine ftill ftehen Taffen will. 
Auf y befinden fich vier Rollen wie x, wovon jede ein Strediwerf 
in Bewegung fest, indem von x ein Riemen w auf die Rolle u 
läuft. Wegen der verfehrten Stellung der Streden, welche auch 
eine verkehrte Drehung von u nöthig macht, iſt der Riemen der 
erften und ber dritten Strecke ungefreuzt, jener der zweiten und 
vierten aber gefreust. Jede Strede befist neben der Rolle u eine 
Leerrolle.v, damit man eine jede einzeln ftehen laffen fann, ins 
deſſen die übrigen fortgehen. Die Achfe der Rolle u ift die ver- 
Tängerte Achfe der binterften Riffelwalze £_ Sie trägt außerdem 
noch eine Peine Role q, welche mittelft des Riemens r und der 
Holle p (f. auch Fig. 1) die untere Zugwalze o in Bewegung fept. 
Die obere Walze, n, liegt mit ihrem ganzen Gewichte auf jener, 
und dreht fich bloß vermöge der Reibung mit. Das Näderwerf, 
durch welches die Bewegung von der hinterfien Niffelwalze auf 
die mittlere und vordere übertragen wird, fieht man in Fig. 2, 
und deutlicher in Sig. 4, welche Tegtere Zeichnung man fich auf 
Big. 3 gelegt denfen Fann, fo zwar, daß die Räder b, d, f, auf 
die eben fo bezeichneten Riffelwalzen zu liegen fommen, an wel- 
chen fie befeftigt find. Das Rad f von 20 Zähnen greift in ein 
Abzähniged Zwiſchenrad 3 ein, an deſſen Achfe fich zwei Fleinere 
Räder ,- 2 mit 26, und ı mit a2 Zähnen, befinden. Won a wird 
das Rad d der mittlern, und von ı das Rad b der vordern Rif: 
felwalze in Bewegung gefeßt; erftered hat 27, letzteres 40 Zähne, 
Hieraus läßt fich Leicht aben: daß für jede Umdrehung von. b 
die Walze d fehr nahe 15, und die Walze f 4 Umdrehungen me: 


530 Baummwollfpinnerei. 


Trommel, und folglich diefer felbft, mit; anderfeitö dreht eö durch 
das Zwifchenrad p’ ein Rad x um, deſſen Achfe auch in Fig. 2 
mit x bezeichnet ift. Eben diefe Achfe von x trägt, näher gegen 
die Mitte der Mafchine hin, ein fehr breites Rad, weldes in 
Fig. 3 durch den Fleineren, punftirten Kreis vorgeftellt wird, und 
in das gleichzeitig da8 Rad v der Walze v (ig. 2), und die zwei 
Raͤder o, o der zwei unteren, geriffelten Stredwalzen o (Big. 2) 
eingreifen. Wie man fieht, ift das Rad der zweiten Riffelwalze 
fleiner al& jenes der erften, durch welches Mittel eben die un⸗ 
gleiche Sefchwindigfeit beider entſteht. Won der Trommel h aus 
wird mittelft der Rolle w’ und des Riemens 8’ (Big. 2) der große 
Läufer 1/7 umgetrieben ; der erwähnte Riemen ift doppelt gefreuzt, 
and wird von der Rolle t/, unter welcher er Durchgeht, gefpannt. 
Die Bewegung der die Baumwolle einführenden Riffelwalzen e 
(Fig. 2) gefchieht auf diefelbe Weife, wie bei Sig. ı (f. S. 520) 
mittelft des an der Fleinen Trommel befindlichen Kegelrades b’, 
deö gleichen Rades c’ an der fchrägen Achfe d’, des Betriebes e 
eben diefer Achfe, und des Nades f! an der untern Riffelwalze. 
Vorn (Big. 3) hat jede Riffelwalge ein Getriebe, fo, daß die 
obere diefer Walzen fi mitdrehen muß. Die Walze b endlich 
wird vermittelt ihres Rades x’ von einem hinten an der untern 
Riffelwalze befindlichen Rade v’ (Fig. 2) durch das größere Zwi- 
ſchenrad w’ in Bewegung gefebt. Die Umfangsgefchwindigfeit 
von b muß eben fo groß feyn, als jene der Riffelwalzen e, da⸗ 
mit erfiere genau fo viel Watte abwidelt, als Ieptere verlangen. 
Die nachftehende Tafel enthält die zweckmaͤßigſten Gefchwin- 
digfeiten der an der Mafchine vorfommenden Walzen, welche je: 
doch, wie fchon gefagt, nicht für alle Fälle ganz unveränderlich 
find, indem man fie durch Wechfeln der Betriebe e/ (Fig. 2) und 
m’ (Fig. 3) nad) Befchaffenheit der Baumwolle in einem gewiflen 
Grade-modifiziren muß. Die in der Tafel angezeigten Gefchwin: 
digkeiten werden erhalten, wenn man die Rolle a’ im Verhältuiffe 
‚3: 2 größer macht, ald y, und den Rädern und Getrieben fol: 
gende Zähne-Anzahlen gibt: m’ 18; n‘ 50; feinem Getriebe 18; 
hı98; x 24; ‚dem daran befindlichen breiten Rade 37, dem 
Rade o der erſten Riffelwalze 36; jenem ber zweiten 21; vAs; 
b’/ und ce’ 54; e/ 10; f? 63. 








Kratzmaſchinen. 431 


— — — 6 — —— — — — — — — —— 







Benennung 
der Theile. 






Zromml f . .138 109.90 |130 
Trommel h . ; 14 43.96 4.38 
Lafer vo. 6.25 | 19.62 | 5 
Läufer Wo . . 3.5 11 470 
Riffelwalene . 1.169] 3.664] 0.696 
Erfte Stredwalze o N 3.14 68.71 
Zweite » 1.169] 3.664 | 114.52 
Walze . . 2.5 ”.85 | 54.66 


Die Wirkung der Täufer h’ und ı/ wird, wenn man ihre Ges 
Ihwindigfeiten mit einander, fo wie mit jener der großen Trom⸗ 
mel vergleicht, und auf die Richtung ihrer Zähne Rüdficht nimmt, 
ganz flar. Die von der großen Trommel den Riffehwalzen abge⸗ 
nommene Baumwolle bleibt zuerſt an den ihre entgegenftehenden 
Zähnen des großen Läuferd hängen, weil diefer wegen feiner ger 
ringen Ulnfangögefchwindigfeit (98 Zoll in der Minute) gegen die 
Trommel faft als ruhend angefehen werden fann, und wird alfo 
bier das erfte Mahl gefragt. Der Eleine Läufer kaͤmmt, vermöge 
feiner 53 Mahl größeren Geſchwindigkeit (5170 Zoll in einer Mi⸗ 
nute) die Baumwolle aus den Zähnen des großen Läufers wieder 
heraus, überläßt fie aber, da er doch, verglichen mit der Trom⸗ 
mel, fid) nur langfam dreht, neuerdings der letztern, mit welcher 
fie, unter befländiger Wiederhohlung diefes Vorganges, allmaͤh⸗ 
lich nad) den Dedeln hin fortfchreitet, um dort zum zweiten Mahle 
gefragt zu werden. Man fieht Hieraus, wie wefentlich die Läufer 
zur Vervollfommnung und Befchleunigung der Arbeit beitragen. 
Bei dem Pupen der Kragmafchine (S. 526) wird der Fleine Läufee 
jedes Mahl mit der großen Trommel zugleidy gereinigt; der große 
Läufer erfordert feine andere Neiniguug als die Fleine Trommel. 

Die Bänder, in welche die Baumwolle durch das Kragen 
verwandelt wird, find der Urſprung des durch Die weitere Beardei⸗ 
tung zu erzeugenden Gefpinnfted, und felbit ſchon gleichſam als 

34 * 


552 Baumwollſpinnerei. 


ein ſehr grober, lockerer, noch ungedrehter Baden zu betrachten, 
Wenn man im Stande feyn fol, planmäßig auf die Erzeugung 
eines Gefpinnftes von vorbeftimmter Seinheit hin zu arbeiten, ſo 
muß man die Beinheit diefer Bänder, d.h. ihr Gewicht bei einer 
gewiffen Länge, fennen, und beliebig voraus feflzufeen im Stande 
feyn. Hierzu gelangt der Fabrikant auf folgende Art. 

Bei den VBorfragen mit Trommeln (Taf. 13, Sig ı, S. 515) 
wird eine abgewogene Menge Baumwolle auf das Zuführtuch a 
ausgebreitet, und wenn diefe den Weg durch die. Mafchine zurück 
gelegt hat, fo wird Die daraus gebildete Watte von der Trommel 
n abgenommen; ihre Länge und ihr Gewicht find nun zugleich bes 
Fannt. Durch Vermehrung oder Verminderung der auf das Zus 
führtuch gelegten Baumwoll - Portionen ift man im Stande, die 
Watte dicker oder dünner, folglich fchwerer oder leichter, zu er⸗ 
halten. Wenn die Vorfrage mit den auf der Wattenmafchine 
. (Batteur etaleur, ©. 505) verfertigten Watten von beftimmtem 
Gewichte bei ebenfalld befannter Länge verfehen wird : ſo laͤßt ſich 
aus der Gefchwindigfeit der Riffelwalzen leicht finden, wie groß 
die Länge (und folglid, dad Gewicht) der in gewiſſer Zeit einges 
führten Baumwolle ifl. Die Umfangdgefchwindigfeit Der Walzen 
u (Big. 4, 5, Taf. 13), welche dad davon erzeugte Band aus der 
Mafchine hervorziehen, Täßt finden, wie groß in eben der Zeit die 
Länge des heraudgeichafften Bandes ift, folglich bis zu welchem 
Grade das befannte Gewicht Baumwolle ausgedehnt worben ift. 
Diefelbe Berechnung gilt für die Feinfragen, da fich die Seinheit 
der ihnen vorgelegten Watten leicht ergibt, wenn man die Anzahl 
der durch die Capping = Mafchinen (©. 523) vereinigten Bänder, 
und deren Feinheit berüdfichtigt. Die Beinheit der legten Bänder 
hängt alfo, wie man ſieht, ‚von der Größe der Auflage, welche 
auf eine Abtheilung des Zuführtuches bei der Wattenmafchine 
(©. 509) gemacht worden ift, ab; und durch Vermehrung oder 
Verminderung jener Auflage hat man e8 in feiner Gewalt, Bän« 
der von geringerer oder größerer Feinheit darzuſtellen. Bei allen 
diefen Kechnungen muß man, um möglichft genau zu verfahren, 
auch die aus der Erfahrung befannte Größe des Abfalles in An⸗ 
flag bringen, welchen die Baumwolle während des Krapens 
leidet. 


Kratzmaſchinen. 535 


- Bur Erläuterung ded Geſagten fol bei der oben zuletzt be⸗ 
fhriebenen Krage (Taf. 13, Big. 2, 3) die unter gegebenen Um: 
ftänden refulticende Seinheit des Bandes berechnet werden. Es 
wird dabei vorausgefeht, daß alle Theile der Mafchine die in 
der Tafel (&. 531) bemerften Geſchwindigkeiten, befigen; daß die 
Mafchine eine Doppelfarde von 36 Zoll Breite fey; und daß man 
fie mit Matten von der zweiten Flackmaſchine (Batteur etaleur) 
verſehe, welche bei 30 Fuß ‘Länge und 36 Zoll Breite 5 Pfund 
wiegen (S. 5rı), Im einer Minute legt die Oberfläche der Rife 
felwalzen e einen Weg von 2.55 Zoll zurück; ben fp Tang iſt alfp 
dad in einer Minute der großen Trommel £ zugeführte und: von 
derfelben bearbeitete Stüd der Watte. Um diefe letztere ganz 
Aufznarbeiten, find ı4ı Minuten oder 3 Stunden und 2ı Minus 
ten erforderlih. In dieſer Zeit macht der Umkreis der Walzen 
a, v, eine Bewegung von 141 > 429.08 Zoll, d. i. 5042 Fuß, 
und liefert alfo ein eben fo langes Band, welches 5 Pfund, oder, 
wenn man 6 Prozent Abfall berechnet, 4 Pfund 22.4 Loth wiegt. 
Auf ein Pfund würden alfo 1072 Fuß diefes Bandes gehen. Nach 
der für die Gefpinnfte eingeführten englifchen Bezeichnungs - Mer 
thode müßte ein foldhes Band beiläufig die Nummer 5 (genau 
0.357) erhalten. Die Stredung der Baumwolle zu diefer Seinheit 
geht allmählich. auf folgende Weife vor ieh. In den 141 Min: 
ten, welche die Riffelwalzen e brauchen, um die Jo Buß lange 
Watte hinein zu ziehen, macht die Fleine Trommel h 617.58 Um: 
gänge, und der Kamm i löfet von ihrer Oberfläche eine dünne 
Watte von 2262 Zuß Länge ab. Das erfie Paar der Streckwal⸗ 
jen verwandelt, durch feine etwas fchnellere Bewegung, diefe 
Watte mit Hülfe des Trichters n, in ein Band von 2535 Fuß. 
Dad zweite Paar der Streckwalzen verlängert dieſes Band auf 
4930 Fuß, indem feine Umfangsgefchwindigkeit in dieſem Ver⸗ 
hältniſſe größer iſt Die geringe (nur 112 Fuß oder „7 betragende) 


Verlängerung, welche zwiſchen dem zweiten Stredwalzen-Paare- 


und den Zylindern v, u, noch Etatt findet, dient bloß, um das 
Band hier fortwährend gefpannt zu erhalten. | 

Der Abfall, welchen die Baumwolle beim Kraben erleidet, 
befteht zum Theil aus den nach der erften Operation noch zurüd: 
gebliebenen Unreinigfeiten, hauptfächlich aber aus Fürzeren Faſern, 


€ 


ru 


554 » Baummwollfpinnerei. 


welche theils fchon in ihr enthalten waren, theils erft dem Kraßen 
ſelbſt (wobei immer eine gewiffe Menge Baumwolle von den Zaͤh⸗ 
nen zerriffen wird) Die Entitehung verdanfen. Er zerfällt in 
Srommel-Abfall, welcher aus der großen Trommel und dem 
Fleinen Läufer ausgefämmt wird; Dedel-Abfall, den man 
beim Putzen der Dedel erhält; und Staub, d. h. jene Baum: 
wollfafern, welche am Boden des Kaftens der Mafchine fi ſam⸗ 
men, und durch die Thuͤr d (Xaf. ı3, Big. 2) herausgenommen 
werden, Mon einer und derfelben Kratze ift der Trommel⸗Abfall 
länger und reiner als der Dedel-Abfall; der Staub ift am reinften, 
aber am fürzeften. Die Abfälle der Feinkratze find durchaus rei⸗ 
ner (aber gerade nieht länger) als jene der Vorkratze. Dedel und 
Krommel-Abfall werden von beiden Kragen zufammengeworfen; 
den Staub unterfcheidet man in reinen (von ber Beinfrage) und 
gemifchten (von der Vorfrage). Der reine Staub, der Deckel⸗ 
und Trommel:Abfall werden, theil® allein, theild mit einander, 
oder mit wenig langer Baumwolle vermiiht (z.B. ; Staub, + 
Dedel:Abfall, z gute Wolle) zu groben Sarnen (Nr. 8 bis ı=2) 
verfponnen; in geringerer Dienge (zu + oder z) der guten Baum 
wolle zugefegt, laſſen fie fich felbft noch auf Befpinnfte von Nr. 30 ' 
verarbeiten. Nach Verfchiedenheit der Baumwolle und der Güte 
der Mafchinen ift die Größe des Abfalls beim Kragen mehr oder 
minder bedeutend. Sie fann von 3 bis zu 12 Prozent betragen. 
Mac) den im Großen gemachten Erfahrungen fteigt bei egyptifcher 
Baumwolle (Mafo) der Abfall beim zweimahligen Kragen -im 
Durchſchnitte auf 9 bi6 10 Prozent der rohen Baumwolle; und 
wenn daher dieſe bei der erften Operation ſchon 5 Prozent verlo- 
ren hat (©. 513), fo beträgt dad Gewicht des Bandes aus einem 
Zentner roher Baumwolle 85 bis 86 Pfund. Won dem Werlufte 
beim Srapen find ungefähr ; = Trommel⸗Abfall, z Dedel= Abfall 
und — Staub. 


| Dritte Dperation 
Das Dupliren und Streden, 


Die Bänder, wie fie durch das Kragen erhalten werden, 
find außerordentlich zart und Ioder; aber die Faſern find darin 
noch nicht vpllfommen parallel mit einander, wie fie es Doch beim 


Dupliren und Strecken. 535 


Spinnen ſeyn ſollen, Es muß daher dem Spinnen noch eine 
Operation vorausgehen, welche die moͤglichſt gleiche Lage aller 
Baummwollfafern in den Bändern herbeiführt. Das Dupliren und 
Streden erfüllt diefe Abfiht, und zwar auf eine eben fo einfache 
als fichere Art. Das Mittel dazu find Stredwalzen, deren 
Einrichtung hier näher angegeben werden muß, da Diefelben bei 
allen noch folgenden Mafchinen gebraucht werden, und ein Bei⸗ 
fpiel von ihrer Anwendung auch ſchon bei der S. 527 beſchriebenen 
Kratze vorgekommen iſt. 

Wenn in Fig. 3 (Taf. 14) a und b die Durchſchnitte zweier 
auf einander liegenden Walzen bezeichnen, welche mit einem ans 
gemeſſenen Drucke fich berühren, und in Berührung mit einanber 
fich nad der von den Pfeilen angegebenen Richtung um ihre Achfe 
drehen; fo werden diefe Walzen ein ihnen bei C dargebothenes 
Baumwollenband fallen, zwifchen fich hinein ziehen, und binten 
wieder heraus laſſen, ohne dasfelbe übrigens zu verändern. Die 
Länge des in einer gewillen Zeit durchgehenden Stuͤckes wird gleich 
feyn dem Wege, weichen irgend ein am Umfreife angenommener 
Punkt in eben diefer Zeit zurüdigelegt hat, d. h. gleich dem Um⸗ 
fange einer der Walzen, multipliziert mit der Anzahl der vellbrach- 
ten Umdrehungen. Das Nähmliche gilt von dem Durchgange de 
Bandes zwifchen einem zweiten Walzenpaare c, d, und einem drit⸗ 
ten, e, f. Daher fommt das angenommene Band unverändert 
fo aus dem dritten Paare hervor, wie es bei in das erfte hinein- 
gegangen ift; voraudgefest, daß die Umfangsgefchwindigfeit 
aller Walzen die nähmliche if. Nimmt man aber die Umfangs: 
gefchwindigfeit von c und d größer an, als jene von a und b; 
fo liefert das zuerfi genannte Walzenpaar eine größere Länge Band 
als das andere empfängt und ihm zuführt. Der Erfolg kann un⸗ 
ter diefen Umftänden fein anderer ſeyn, als eine angemeflene Stres 
dung oder Verlängerung des Bandes innerhalb des Raumes zwi⸗ 
fchen a,b ımd c, d, und eine Annäherung der an einander vorbei 
gleitenden- Fafern zur geraden, parallelen Lage. Auf gleiche Weife 
kann die Streckung wiederhohlt werden, wenn man den Walzen 
e, f eine größere Umfangsgeſchwindigkeit gibt, ald.c und d be» 
figen. Die Vergrößerung der Umfangsgefchiwindigfeit fann übri- 
gend entweder durch Vergrößerung des Durchmeſſers, oder durch 


550 F Baumwollſpinnerei. 


Vermehrung der Umdrehungen in einerlei Zeit, oder endlich durch 
beide Mittel zugleich, hervorgebracht werden. Man richtet ed in 
ber Negel fo ein, daß die Stredung hauptfächlich zwifchen dem 
zweiten und dritten Walzenpaare Statt findet, zwifchen dem er- 
ften und zweiten aber geringer und nur vorbereitend ift. Übrigens 
hat, wie man fieht, die Gefchwindigfeit der mittleren Walzen auf 
die Größe der Stredung feinen Einylaß, wenn die Geſchwindig⸗ 
Feit der erſten und dritten Walze feitgefegt if. Die Walzen a, b 
und c,d behalten gegen einander ſtets unveränderlich den nähmli⸗ 
chen Stand, laſſen fich aber mit ihrem Geftelle von dem dritten 
Paare, e,f, mehr.oder weniger entfernen, je nachdem es die 
Länge der Baumwolle erfordert, Der Abftand der Mittelpunfte 
von bund d; oder ihrer Berührungslinien mit den oberen Walzen, 
Mt ein für ale Mahl fo berechnet, daß er die Länge der Baum⸗ 
wollfofern übertrifft, und alfo diefe Faſern niemahls in Gefahr 
fommen, dadurch zerriffen zu werden, daß das zweite Walzenpaar 
fie faßt, während das erfte fie noch Halt. Zwiſchen d und £, wo 
Die größte Stredung gefchieht, muß die Entfernung fo gering fegn, 
als e8 ohne jene Gefahr des Zerreißens thunlich ift; denn hier 
durch wird die Sleichförmigfeit der Streddung befördert. Man 
denfe fi) nur den Abftand von d nach f fehr groß, fo wird man 
einfehen, daß ein hier dDurchgehendes Band hauptfächlich in der 
Mitte ſich dehnen, ja vielleicht abreißen müßte; wogegen die Stre⸗ 
dung deſto gleichförmiger erfolgt, je fürzer das auf ein Mahl der 
Operation unterworfene Stud ift, je näher fih alfo die Walzen 
ftehen. Die unteren Walzen, b,d,f, macht man von Eifen, 
und verfieht fie, damit Die Baumwolle feiter von ihnen gefaßt 
wird, mit regelmäßigen Rauhigkeiten, nähmlich feinen dreiedigen 
Einferbungen oder Riffeln, welche mit der Achfe parallel lau⸗ 
fen. Die oberen Walzen, a, c, e, find ebenfalls von Eifen (wohl 
auch von Holz), ‚aber glatt, und mit einem doppelten Überzuge 
verfehen, der ihnen einen gewiflen Grad von Weichhe': und Ela- 
ftizität gibt. Man leimt oder Meiftert nähmlich zuerft auf das 
Eiſen unmittelbar eine Hülle von grobem Tuch auf, und zieht über 
dieſe eine zufanımengeleimte oder auch genähte Nöhre von Leber, 
weiche nur an den Enden feftgeleimt wird, damit fie ihre Weich. 


heit behält. Es ift vorgefchlagen worden, den Lederüberzug, um _ 


Dapliren und Strecken. 537 


ihn ohne Naht, und überhaupt ohne Zufammenfügung zu erhal⸗ 
ten, aus ber unaufgefchnitten abgezogenen und gegerbten Haut 
von Hammelfüßen zu bilden, Deßgleichen find Walzen ganz aus 
Leder gemacht worden, durch Auffteden und Zuſammenpreſſen 
von ledernen Scheiben auf eine eiferne Achfe, und Abdrehen des 
Ganzen. Man nennt diefe oberen Walzen gewöhnlih Druds 
walzen, weil fie durch Gewichte auf die Riffelwalzen niederge- 

Drüdt werden. Diefe Gewichte hingen an den Stängelden k,k‘, ' 
von welchen jenes allein auf die Walze e, dieſes auf die zwei Wal⸗ 
zen a und ec gemeinfchaftlich wirft. Erſteres wird zu dieſem Bes 
Hufe von einer C»förhigen Klammer i getragen, Deren oberer Ha⸗ 
fen die Walze e umfaßt; letzteres von einem meffingenen Sattel 
h, der auf a und o ruht. ‚Statt der Gewichte laſſen fich mit 
Bortbeil hölzerne Bedern anbringen. Ein auf der untern Flaͤche 
mit Tuch befleidetes Bretchen (ein Putzdechel) g liegt bloß 
vermöge feined eigenen Gewichtes auf den Drudwalzen, und 
reift alle an denfelben hängen bleibenden Baumwollfafern ab; 
ähnliche Bretchen, oder auch Bürften, werden zu diefem Behufe 
unter den Riffelmalgen b, d, £f, angebraht, und durch gewun— 
bene Drahtfedern gegen diefelben hinauf gedrüdt. Statt der Der 
del’g findet man wohl auch leichte hölgerne, mit Tuch übergogene 
Walzen. | 
Wenn man dad Streden eines Bandes fo Tanne fertſehen 
wollte, bis die beabſi ichtigte parallele Lage der Faſern erreicht 
waͤre; ſo wuͤrde es bald, wegen feiner zu ſehr verminderten Dicke, 
die Dperation nicht mehr aushalten fönnen, ohne abzureißen. 
Man hilft ſich hiergegen auf eine fehr einfache Art dadurch, daß 
man vor jeder Streckung mehrere Bänder zufammen legt, und 
vereinigt durch die Walzen gehen läßt. Diefe Verfahrungsart ift 
ed, welche dad Dupliren genannt wird. Sie ift eine getzene 
Nachahmung deifen, was gefchehen würde, wenn man etwas 
Baumwolle mit den Fingern aus einander zöge, und die ausgezo⸗ 
genen Theile immer wieder auf einander legte, um fie von Meuen 
audjuziehen, bis die Faſern ganz gleich liegen. Das Dupliren 
gewährt überdieß noch den Bortheil, daß ungleih die Stellen 
der Bänder fi verlieren, indem häufig dinnere neben didere 


538 | Baummolkfpinnerei. . 


zu liegen fommen, und durch einander gegenfeitig ausgeglichen 
werden. | 
Die Strede (engl. Drawing frame, fran;öf. Banc d’eti- 
rage), von welcher Fig. ı, Taf. ı4, einen Durchſchnitt, Big. 2 
aber die Anficht von rüdwärtd darftellt, bedarf nach dem Gefag- 
ten feiner großen Erflärung mehr. Die Buchflaben e,f,g,i,k,k’ 
haben hier die nähmliche Bedeutung, wie in Fig. 3; 1,1, find Die 
Gewichte der Drudwalzen. Jede. Riffelwalze ift, wie man im 
Sig. a an £fieht, in der Mitte mit einem dünnern, glatten Halfe 
verfehen, wodurch fie gleichfam in zwei zufammenhängende Walzen 
abgetbeilt wird. Das Nähmliche gilt von den Druckwalzen (e,e, 
Fig. 2). Auf den Dünnern Hals in der Mitte der Drucdwalzen 
drücken die Klammer i und der Sattel h (Fig. 3). Die Baum: 
wollenbänder werden in den (&. 521) erwähnten blechernen Kan 
new oder Weidenförben von der Kratze gebracht, und in gewifler 
Anzahl, 3. ©. ſechs, bei A (Fig. 1) vor bie Strede hingeftellt. 
Dan nimmt drei®änder und leitet fie zufammen zwifchen die eine 
Hälfte der Walzen a, b (Fig. 3); und drei andere, welche neben 
jenen auf der zweiten Abtheilung zwifchen die Walzen geftedt 
werden. Zur Zuleitung der Bänder nach den Walzen hin dient 
ein gefrümmted Blech s, und eine breite eiferne Gabel t (Big. 1). 
Wenn die zwei dreifachen Bänder durch alle Walzenpaare gegan⸗ 
gen, und von denfelben ausgeſtreckt find, laufen fie hinter den 
legten Walzen (e, f, ig. 3) in fchräger Richtung zufammen, ver- 
einigen fi) beim Durchgange durch einen meflingenen Zrichter m 
(Fig. ı) zu einem einzigen Bande; und biefes wird von zwei glat 
ten gufeifernen Walzen, n, o (Big. », 2) mit gleichförmiger 
Geſchwindigkeit heraudgezogen, worauf ed in eine untergefehte 
Kanne oder einen Korb fält. Die Umfangsgefchwindigfeit der 
Zugiwalzen n, o, macht man gern um etiwad weniges größer als 
jene der legten Stredwalzen, fo, daß das Band auf feinem Wege 
durch den Trichter ftetö leicht gefpannt bleibt. Vier Stredwerfe 
find gewöhnlich in einem Geftelle neben einander angebracht, und 
werden gleichzeitig durch einen gemeinfchaftlichen Mechanismus in 
Bewegung gefept. Um unnöthige Transportirung der mit Bän- 
dern angefüllten Kaunen oder Körbe, von einer Seite der Mafchine 
auf die andere, zu vermeiden, ſtellt man diefe Stredwerfe fo, 


Strede. 530: 


Daß das erfte und dritte ihre vordere Seite dort haben, wo ſich 
die hintere Seite de zweiten und vierten befindet. Bei diefer 
Anordnung werden die hinter einer Strede angefüllten Kannen 
ſogleich vor die nächfte gefchoben, und die Bänder fönnen hier 
ohne allen Zeitverluft fogleich aufs Neue duplirt und geſtreckt wer⸗ 
den. Die Welle y (Big. 2), von weldyer aus die ganze Mafchine 
In Bang gefept wird, erhält ihre Umdrehung von der Dampfmas 
fchine oder dem Waſſerrade mittelft eines endlofen Riemens und 
der Rolle a’. Die gleiche Rolle z, welche Iofe auf der Achfe fteckt, 
und ſich folglich ohne Diefelbe dreht, .ift Die Leerrolle; d.h. auf 
fie wird der Riemen mittelft eined dazu angebrachten Hebels hin⸗ 
über gefchoben, wenn man die Mafchine fill ſtehen laſſen will. 
Auf y befinden fich vier Rollen wie x, wovon jede ein Stredwerf 
in Bewegung feht, indem von x ein Niemen w auf die Rolle u 
läuft. Wegen der verfehrten Stellung der Streden, welche. auch 
eine verfehrte Drehung von u nöthig macht, iſt der Riemen der 
erſten und der dritten Strecke ungefreuzt, jener der zweiten und 
vierten aber gefreust. Jede Strecke befigt neben der Rolle u eine 
Leerrolle.v, damit man eine jede einzeln ftehen laffen fann, ins 
deſſen die übrigen fortgehen. Die Achfe der Rolle u iſt die vers 
Tängerte Achfe der Binterften NRiffelwalze £ ie trägt außerdem 
noch eine Pleine Rolle q, welche mittelft des Riemens r und der 
Rolle p (ſ. auch Fig. ı) die untere Zugwalze o in Bewegung ſetzt. 
Die obere Walze, n, liegt mit ihrem ganzen Gewichte auf jener, 
und dreht fich bloß vermöge der Reibung mit. Das Näderwerf, 
durch welches die Bewegung von der hinterſten Niffelwalze auf 
die mittlere und vordere übertragen wird, fieht man in Fig. 2, 
und deutlicher in Fig. 4, welche Teßtere Zeichnung man fi auf 
Sig. 3 gelegt denfen kann, fo zwar, daß die Räder b, d, f, auf 
die eben fo bezeichneten Riffelwalzen zu liegen fommen, an wels 
chen fie befeftigt find. Das Rad f von 20 Zähnen greift in ein 
AAzähniges Swifchenrad 3 ein, an deflen Achfe fich zwei Fleinere 
Näder,-2 mit 26, und ı mit aa Zähnen, befinden. Won 2 wird 
dad Rad d der mittlern, und von 1 das Mad b der vordern Rif- 
felmalze in Bewegung gefeßt; erftereö hat 27 , legteres 40 Zähne, 
Hieraus Täßt ſich Leicht laut daß für jede Umdrehung von. b 
die Walze d fehr nahe 15, und die Walze f 4 Umdrehungen me: 


549 Baummwollipinnerei. 


chen muß: Die Drudwalzen werden bloß yermittelft der Reibung 
an den Riffelwalzen von legteren umgedreht. : Nun beträgt der 
Durchmeffer der Walzen b und d ı2 Linien, jener von f ı5 Li⸗ 
nien ; mithin verhalten fich die Umfangsgefchwindigfeiten der drei 
Walzennaare der Reihe nach wie ı, ı7, 5. Jeder Zall des 
Baummollbandes wird demnach zwifchen Dem eriten und zweiten 
Balzenpaare auf ı3 Zoll, und zwifchen dem zweiten und dritten 
ferner auf 5 Zoll verlängert; und wenn ein Band durch alle vier 
Streden gegangen iſt, fo hat feine Länge auf dad 5 < 5 x 
6 >< 5 — basfache fich vermehrt. Je weiter die Streckung ges 
trieben wird, deſto vollfommener Fann der Dadurch beabfichtigte 
Zweck, nähnlid die Parallel: Legung der Faſern erreicht were 
den. Die Zeinheit des nach dem legten Streden zum Borfcheine 
kommenden Bandes hängt, bei gleicher urfprünglicher Feinheit 
and gleicher Stredung, von der Anzahl Bänder ab, welche beim 
Dupliren vereinigt worden find. Die Stredung Täßt fih, indem 
- man die Räder in Fig. 4 zum Theil durch andere, mit verfchieder 
nen Zähne» Anzahlen, erfegt, vermehren oder vermindern. Hierin 
liegt eines der Mittel, die Seinheit ded Befpinnites nad) Erfor⸗ 
derniß in einem gewillen Grade abzuändern. Denn wenn die 
folgende Behandlung fich gleich bleibt, liefert natürlich das feir 
nere Band ein feinered Garn. Man läßt z. B. für gröbere Num⸗ 
mern ſechs Bänder gemeinfchaftlich durch die erfte Strede gehen, 
wo fie zu einem einzigen Bande vereinigt werden; ſechs folche 
‚Bänder bilden wieder Ein Band in der zweiten Strede; diefes 
nimmt man beim dritten Streden abermahls fechöfach; und das 
Band endlich, welches hieraus entfteht, geht fünffach Durch die 
letzte Strecke. Durch dieſes Verfahren find in dem zulegt erhal 
tenen Bande 6 < 6 6 x 5 —= ı080 urfprünglidhe Baͤn⸗ 
ber vereinigt. Die Seinheit des Bandes ift unter diefer Voraus: 
fegung nicht vermehrt, fondern im Gegentheile. vermindert wor: 
den. Denn durdy das Streden hat man das Band 625 Mahl 
länger, und folglich eben fo viel Mahl feiner gemacht; durch das 
Dnupliren ifl es 1080 Mahl gröber geworden: — verhaͤlt ſich 


Die urfprüngliche Feinheit zur jetzigen wien u = u h wenn 
z. B. (nad ©. 533) 1073 Fuß des von der — gelieferten 


. 


Erftes Spinnen. 541 
Bandes, ein Pfund wiegen, fo gehen von dem aus der letzten 


Strecke kommenden Bande nur 620 Fuß auf das Pfund, was 


ungefähr der Keinheitö- Nummer ; entfprechen würde. 
Zur Bedienung aller vier Strecken find zwei Perfonen hins 
reichend, von welchen auf jeder Seite des Geftelles eine fich be: 


findet, um die Kannen oder Körbe auszuwechfeln, und die aus: 


gehenden Bänder anzuſtücken. Bei diefer Tegtern Arbeit muß 
darauf Nüdficht genommen werden, daß, um feine merklich dicke⸗ 
ren Stellen hervorzubringen, die Zufammenfügungen nicht von 
mehreren Bändern neben einander zu liegen fommen. Man läßt 
die Teßte oder hinterfie Stredwalze (deren Umfang 47.2 Linien 
beträgt) ungefähr ı50 Umdrehungen in einer Minute machen; 
daher kann eine jede Strede in zwölf Stunden 35000 Fuß Band 
Tiefern. | 

Der Abfall, welchen bie Baummolle bein Strecken leidet, 
ift ganz unbeträchtlih. Er befteht aus jenen Safern, welche an 
den Stredwalzen hängen bleiben, und fi zum Theil in der Tuch« 
befleidung der Pupdedel (3. 537) fammeln. Man wirft diefen 
Abgang unter den gemiichten Staub der Aragmafchinen (©. 534). 
Wenn durch Behler in den Walzen oder durch Verſaͤumung des 
Anſtückens der ausgegangenen Bänder, merflid ungleiche Stel» 
len in dem geſtreckten Bande entftehen, fo werden diefelben aus⸗ 
gebrochen, und diefe heile auf der Wattenmafchine (©. 505) 
mit der rohen Baunnvolle vom Neuen bearbeitet. 


Bierte Dpyeration. 
Das erfie Spinnen. 


Die geftredten Bänder würden feine bedeutende DVerfeine- 
rung durch Ausziehen ohne abzureißen ertragen, wenn man nicht 
die Vorficht brauchte, die Faſern derfelben durch “eine gelinde 
Drehung einander näher zu bringen, und fo den Zufammenhang 


des Ganzen zu verftärfen. Diefe Drehung fol fchlechterdings - 


nur fo weit gehen, daß fie den genannten Zwed erfüllt, und darf 
dem Auseinanderziehen der Faſern in der Richtung ihrer Länge 
durchaus fein Hinderniß in den Weg legen. Die Vereinigung des 
Ausziehend und Drehens ift, was den eigentlichen Spinnprozeß 
überhaupt Farafterifirt, und mit diefer vierten Operation beginnt 


Zn. AT nn m — — 


542 Baumwollſpinnerei. 


alſo wirklich ſchon die Bildung des Fadens. Weil jedoch ein 
ploͤtzliches Ausziehen bis zu der gewünfchten endlichen Feinheit 
nicht thunlich iſt, ſo wird es bei der Baumwoll⸗Maſchinenſpin⸗ 
nerei drei Mahl wiederhohlt, und nach jedem Ausziehen dem Ge⸗ 
ſpinnſte ein neuer Theil der Drehung gegeben, bis dasſelbe zu⸗ 
letzt jenen Grad von Feinheit und Drehung beſitzt, welcher ſeiner 
Beſtimmung angemeſſen iſt. 

Beim erſten Spinnen iſt die Drehung im Verhaͤltniſſe 
zur Dehnung unbedeutend, weil die Feſtigkeit des noch groben 
Bandes nur in geringem Grade jener Nachhuͤlfe bedarf, um die 
bei der nächften Operation beabfichtigte Verlängerung auszuhalten. 

I. Die Mafchine, welche ehemahls allgemein zus Verrich- 
tung des erfien Spinnend gebraucht wurde, und noch jegt in 
manchen Spinnereien ſich findet, ift die Flaſchenmaſchine, 
Kannenmafchine oder Laternenbant (engl. Can roving 
frame, franzöf. Boudinoir oder banc à lanternes), wovon auf 
Zaf. ı4 Fig. 5 den Duchfchnitt, und Fig. 6 die Anficht von der 
hintern Seite zeigt. Im Allgemeinen gleicht diefe Vorrichtung 
fehr der unter der vorigen Operation befchriebenen Strede, von 
welcher fie ſich wefentlich nur durch die Zugabe eines Mechanis- 
mus zum Drehen der Bänder unterjcheidet. Sie befteht aus zwei 
Paar Streckwalzen, aund b, zwifchen welchen die Bänder auf 
die (©. 535) erflärte Weife eine Verlängerung, und alfo Ver« 
feinerung erleiden; c find die Bürften zur Reinigung der Riffel⸗ 
walzen; d ift dad Gewicht der Drudwalzen. Die Pugdedel über 
den Druckwalzen find in der Zeichnung nicht angegeben, dürfen 
aber nicht fehlen. Auch bier bejteht jede Walze, wie man in 
Fig. 6 fieht, aus zwei Abtheilungen, zwifchen welchen ein düns 
nerer, glatter Hals bleibt. Die Umfangsgefhwindigfeit des Hin 
tern oder zweiten Walzenpaares ift 3, 4 bis 5 Mahl größer, ald 
jene des vordern oder eriten, je nach dem Beinheitögrade des zu 
erzeugenden Geſpinnſtes. Man fann übrigens auch drei Walzen 
paare, flatt zwei, anbringen. Rei der Bearbeitung auf diefem 
Stredwerfe wird noch eine Duplirung vorgenommen. Man leis 
tet naͤhmlich aus den vor der Mafchine ftehenden Kannen e (Fig. 5) 
zwei Bänder gemeinfchaftlih zwilchen die Walzen, wo fie durd) 
den Drucf in eines vereinigt werden. Beim Austritte aus den 


Raternenbanf. 543 


Streckwalzen fällt das verfeinerte Band nicht wieder in eine unber 
wegliche Kanne, fondern in eine Begelförmige blecherne Büuͤchſe 
(Kanne, Flafche oder Laterne) g, welche fich um ihre Achfe dreht, 
und oben mit einem hinreichend weiten Trichter £ verfehen ift. Die 
nöthige Unterftügung während ihrer Drehung erhalten diefe Büch- 
fen nnten durch einen Zapfen, auf welchem fie ſtehen; oben durch 
ein Loch, in welchem der Hals des Trichters Täuft. Eine ſolche 
Mafchine enthält in der Regel vier Streden, jede mit zwei Later- 
nen, wie Big. 6, im Ganzen alfo acht Zaternen. Jede der letz⸗ 
tern ift mit einer an Gewinden beweglichen Thür verfehen, h, Fig. 
6b, welche durch einen darüber geftedten Ring i verfchloffen ge⸗ 
halten wird, aber leicht geöffnet werben fann, wenn man jenen 
Ring ganz an das dünnere Ende von g hinauf fchiebt. 

Die Bewegung, welche der hintern Niffelwalze durch eine 
Kiemenrolle m (ig. 5und 6) mitgetheilt wird, überträgt ein eins 
faches Näderwerf auf die vordere. Das entgegengefegte Ende 
der Hintern Walze trägt nähmlich ein gezahnted Rad o. Dieſes 
greift in ein Zwifchenrad q ein, an deſſen Achfe fich ferner noch 
ein Rad, r, befindet; und dieſes endlich wirft unmittelbar durch 
feinen Eingriff auf dad Rad p an der vordern oder erſten Riffel- 
walze. Iſt der Durchmeſſer der zweiten Riffelwalze das ı:fache 
von dem der eriten (z. B. jener 18, diefer ı2.Linien), fo fann 
man, für eine vierfache Stredung,. dem Rade o 24, q 36, r 18, 
p 33 Zähne geben. Durch Wechslung der Räder fann die 
Stredung vermehrt oder vermindert werden. Don der mit m 
verbundenen Nolle 1 werden mittelft einer Schnur ohne Ende 
die Laternen in Umlauf gefegt. Hülfsrollen n, n, leiten das 
bei die Schnur in jene Richtung, welche fie haben muß, um 
über die Rollen k der Laternen zu gehen. 

Andem das duplirte und geftredte Baumwollband durch 
den Trichter £ in die Laterne gelangt, wird es durch die Bes 
wegung der legtern fchwach zufammen gedreht, und legt fi) 
dann, von der Zentrifugal- Kraft nach auswärts getrieben, in 
. einer Schraubenlinie rings an der Wand herum. Sit eine Las 
terne voll; fo öffnet man ihre Thür, nimmt dad grobe und 
lockere Gefpinnft heraus, und transportirt ed zu einer Ma: 
fhine, wo dasfelbe auf Spulen gewidelt wird, um in diefer 


. 





5h4 Baummwollfpinnerei. 


Geftalt in der Folge dem zweiten Spinnen unterzogen zu 
werden. 

Die Vorrichtung zum Anffpulen ift fehr einfach. Sie be— 
ſteht aus einer mittelft einer Kurbel umgedrehten großen Walze, 
und zwei oder mehreren Spulen, welche, auf einem Drahte ſteckend, 
mit ihren vorfpringenden Kränzen oder Scheiben den Umfreis der 
Walze berühren. Die Spulen ruhen nur mittelft ihred eigenen 
Gewichtes auf der Walze; aber die davon entfiehende Reibung 
reicht Hin, bei der Umdrehung der Walze die Spulen mit großer 
Geſchwindigkeit mitzudrehen. Mit der Achfe der Walze parallel 
ift neben derfelben ein horizontaler Stab angebracht, über wel 
hen, zwifchen paarweife ftehenden Stiften duch, dad Gefpinuft 
auf die Spulen geleitet wird. Die Hand des Arbeiterd, welcher 
die Walze dreht, oder eine mit Der letztern verbundene mechanifche 
Vorrichtung, ſchiebt den Stab, und alfo die Fäden, langfam 
um fo viel hin und ber, ald Die Länge der Spulen beträgt; fo 
daß letztere an allen Stellen gleichförmig mit dem fich aufwideln: 
den groben Faden bededit werden. Sind die Spulen ganz; ange⸗ 
fünt, fo nimmt man fie von dem Drahte ab, und bringt neue an 
ihre Stelle. 

Der Gebrauch der Laternenbanf führt mehrere Nachtheile 
und Unbequemlichfeiten mit fih. Hierzu gehört hHauptfächlich die 
Nothwendigkeit des Auffpulens, welches nicht nur als abgefons 
derte Operation feine eigene Zeit in Anfpruch nimmt, fondern 
überdieß das aͤußerſt Todere Vorgeipinnft der Gefahr ausfest, 
beim Herausnehmen aus den Laternen und beim Transporte bes 
[hädigt zu werden. Diefem legtern Umftande kann indeflen da= 
durch zum Theil abgeholfen. werden, daß man nicht die Laternen 
an und für ſich mit der Mafchine verbindet, fondern fie nur, ohne 
Rolle, Zapfen und Trichter, in einen Rahmen oder ein von Stan⸗ 
gen zufammengefebtes Gehäufe ftellt, welches mit dem Trichter 
verfehen ift, und auf diefelbe Weife umgedreht wird, wie fonft 
die Laternen ſelbſt. Bei diefer Anordnung werden die angefüllten 
Laternen herausgenommen, und fammt dem unangetafteten Ju⸗ 
halte zum Auffpulen gebracht. Ein weiterer Fehler der Laternen 
befteht in der Unficherheit, welcher die Drehung des Darin erzeug- 
ten Vorgefpinnftes unterliegt Indem naͤhmlich durch die Flieh⸗ 


% 


Srobfpiudelbanf. 545 


froft dad Baumwollband fi) an dem innern Umfreife der Laterne 
herum legt, erleidet e8 durch eben diefe Kraft einen gewiſſen Zug, 
der es zu verlängern ſtrebt, Da es noch nicht hinreichend gedreht 
it, um diefem Zuge zu widerfichen. Wenn diefe Wirfung fih 
ſtets gleich bliebe, fo wäre fie von feinem Nachtheile; allein da 
bei der Anbäufung des Geſpinnſtes in der Laterne, dasſelbe fi 
mehr dem Mittelpunfte nähert, wo jene ausdehnende Wirkung 
ſich vermindert, und endlich ganz aufhört, fo wird es hier noth: 
wendig flärfer gedreht. Die Folge von diefen Unregelmäßigfei- 
ten iſt, daß der Inhalt einer Laterne nie weder durchaus gleich 
fein, nody durchaus gleich ftarf gedreht erfcheint : Umſtaͤnde, 
welche ihren fchädlichen Einfluß auf die Gleichheit des durch die 
weitere Verarbeitung entſtehenden Garnes äußern. 

U, Die angeführten Nachtheile find Urſache gewefen, daß 
man den Gebrauch der Laternenhänfe fchon fehr häufig verlaifen, 
und dafür andere, zwar weit weniger einfache, aber ungemein 
vollfommenere, Mafchinen eingeführt hat, welche das von ihnen 
aus den Bändern erzeugte Vorgefpinnfi fogleich mit der größten 
Kegelmäßigkeit, und ohne es auszusiehen, auf Spulen wideln. 
Hierdurch wird die Arbtit des Aufipulens erfpart, und dad Ges 
fpinnft durchaus von gleicher Feinheit und Drehung hergeftellt. - 
Diefe Mafchinen find die fo genannten Spindelbänfe (engl. 
spindle roving frames, bobbin and fly frames, franzöf. Bancs 
à broches), weldye mau inöbefondere Srobfpindelbänfe 
. (Slabbing frames, Bancs à broches en gros) nennt, um fie 
von den ganz ähnlich gebauten Beinfpindelbänfen zu unterfcheis 
den, auf welchen das zweite Spinnen vorgenommen wird. 

. Die Einrichtung der Spindelbänfe ift feit ihrer erften Eins 
führung verfchiedentlich abgeändert worden, obfchon das Wefents 
liche ihres Baues ftetd unverändert geblieben iſt Fig. 7 auf 
Taf. 14 zeigt im Aufriffe von der vordern Seite eine für fehr zweck⸗ 
mäßig anerfannte Konſtruktion der Grobfpindelbanf. Fig. 8, ders 
felben Zafel, ift ein Ducchfchnitt, in welchem nur diejenigen 
Zheile angegeben find, deren Lage gegen einander die Fig. 7 allein 
nicht vollkommen deutlich machen fann. Als die vordere Seite 
ift hier jene betrachtet, auf welcher die Baumwolle eingeführt wird. 

Die von der Strecke (dritte Operation) kommenden, mit 

Technol. Encyelop, 1. Vd. 5 


546 Baummwollfpinnerei. 


Bändern angefüllten Kannen oder Körbe werden bei B, Fig. 8, 
in einer mit der Länge der Mafchine, parallelen Reihe aufgeſtellt. 
Das Band einer jeden Kanne (oder, wenn ed nöthig feheint, die 
Bänder von zwei, auch drei Kannen vereinigt) leitet man über 
ein fehräged Bret f aufwärts, und durch eine eiferne Gabel e 
zwifchen drei Paar Stredwalzen, von welchen das erfte mit a, 
b, bezeichnet ift. Im Big. 7 it, der Vereinfachung wegen, der 
größte Theil diefer Walzen und der dazu gehörigen Theile wegge- 
laffen. Nachdem durch die Stredwalzen die Bänder gehörig aus» 
gedehnt und verfeinert worden find, Taufen fie hinten abwärts, 
nach den Spindeln i bin, wo fie Die Drehung erhalten, und fich 
um die Spulen h aufwideln. Die gegenwärtige Mafchine ift 
auf 3o Spindeln eingerichtet, und bearbeitet eben fo viele Baͤn⸗ 
der auf ein Mahl; zuweilen beträgt diefe Zahl nur 24. Auch 
von den Spindeln find in Fig. 7 nur einige angezeigt, um die 
Verwirrung der Zeichnung zu vermeiden. 

Was die Einrichtung des Streckwerkes betrifft, fo ift Darüber 
alles oben (8.535 ff.) Geſagte zu Rathe zu ziehen, fo weit es auf 
die VBefchaffenheit und Wirkung des Walzen Bezug hat. Das 
Geſtell dieſes Theiled der Mafchine ift eine gußeiferne (oder hoͤl⸗ 
zerne) Banf A, auf welcher neun Träger c (Fig. 7) für die Wal- 
zen errichtet find. Die Riffelwalzen a (Fig. 10, Taf. 14) find 
zu vier Stück aus dem Ganzen verfertigt, und werden durch et⸗ 
was duͤnnere, glatte Hälfe z von einander getrennt. Sieben 
folche Abtheilungen zu vier, und eine Abtheilung zu zwei Walzen 
bilden zufammen die 3o Riffelwalzen, aus welchen die ganze Reihe 
befteht. Die Zufammenfügung (Kuppelung) der Abtheilun- 
gen in ein Ganzes gefchieht mittelft vieredfiger Löcher x, und eben 
folcher Zapfen y (Big. 10) indem man den Zapfen der einen Ab- 
theilung feft in das Loch der anftoßenden ft. Die Drudwalzen 
b find paarweile aus dem Ganzen verfertigt, und auf den Hals 
w (ig. 10), welcher jedes Paar verbindet, drückt wie in Fig. 2 
(Taf. 14) der Sattel eines Gewichtes. Diefe Gewichte g, g, 
Fig. 7, 8, find auf die ſchon (S. 537) befchriebene Weife ange: 
bracht, A find die Putzdeckel der Drudwalzen ; eben folche fönnen 
auch unter den Riffelwalzen vorhanden feyn. 

Die Befchaffenheit und Wirfung der Spindeln i erfennt man 


Grobfpindelbanf. 547 


am beiten aus dem Durchfchnitte Fig. 11, Taf. 14. - Sie find 
von Eifen, von oben an bis nad) a* zylindeifh, von bier bis zu 
dem in eine abgerundete Spike ausgehenden verftählten untern 
Ende Ponifh. Auf diefem koniſchen Theile ift eine Nolle k mit 
zwei Schnurläufen feſt aufgeftedt, durch welche die Spindel in 
Umlauf gefegt wird. Auf den zylindeifchen Theil ift die hölgerne 
Spule h gefchoben, welche fid) darauf, wie man fpäter fehen 
wird, leicht muß bewegen laffen. Mit der Spule ift eine andere 
zweirinnige Rolle q, mittelft eines durchgeſteckten Stiftes r ver 
bunden, fo daß diefe Verbindung jederzeit augenblicklich aufges 
hoben, und die Spule von der Spindel abgenommen werden 

fann. Das obere Ende der leptern trägt eine In diefem Balle 
wegzunehmende Babel a t, welche bei v ein Furzes trichterförmis 
ges Rohr befigt. Ein Arm diefer Gabel bildet ein oben und unten 
offened Rohr s u; der andere, t, iſt nurvorhanden, um jenem 
dad Gleichgewicht zu halten. In Big. 8 find, um Verwirrung 
zu vermeiden, die Gabeln der zwei bier fidhtbaren Spindeln weg: 
gelaſſen, und in dig. 7 ift aus dem nähmlichen Grunde nur eine 
einzige gezeichnet. Übrigens erfeunt man durch die Vergleichung 
diefer beiden Figuren, Daß die Spindeln in zwei Reihen abgetheilt 
find, in welchen fie abwechfelnd ftehen, fo, daß jede Spindel 
der bintern Reihe zwifchen zwei der vordern Reihe ſich befindet. 
Die Abficht dieſer Anordnung iſt Erfparung von Raum, da die 
Mafchine bedeutend Tänger feyn müßte, wenn die Spindeln in 
eingr. einzigen Neihe neben einander Platz haben follten. Wenn 
man fich die Spindeln und die Spulen (welche beide in ihrer Bes 
wegung von einander unabhängig find) gleichzeitig und nach der 
nähmlichen Richtung in Umdrehung begriffen denft, fo findet ihre 
Wirkung auf folgende Weife Statt. Dad von den Stredwalzen 
gehörig ausgedehnte Band tritt Durch) die Öffnung des Trichters v 
ein, geht aber fogleich Durch ein Loch in der Seitenwand desſel⸗ 
ben wieder heraus, läuft durch das Rohr u s der Gabel herab, 
und wendet ſich endlich auf. die Spule. Diefer Weg iſt in Sig. 1. 
durch eine punftirte Linie angezeigt. Die Umdrehung der Spin: 
dei bewirkt unter den angeführten Umftänden die Drehung des 
Bandes zu einem groben Faden; und die Gabel s t, oder eigent- 


lich das Rohe a derfelben, führt diefen Faden um die Spule herum, 
35 * 


548 Baumwollfpinnerei. 


Wäre die Bewegung der Spule an Schnelligkeit jener der Spin⸗ 
del gleih, d. 5. machten Spule und Spindel in gleicher Zeit 
gleich viel Umdrehungen; fo wiirde ſich die ganze Wirkung auf 
das Zufammendrehen befchränfen. Allein die Spule eilt der Ga⸗ 
bel etwas voraus, d. h. macht in gegebener Zeit um eine gewiſſe 
Anzahl Umdrehungen mehr ald die Spindel, und hierdurch wird 
die almähliche und fortdauernde Aufwicklung des Fadens auf die 
Spule bewirft. Geſetzt die Spule mache 40 Umläufe, während 
die Spindel nur Jo vollbringt; fo werden 30 Umdrehungen der 
Spule dur dad Nachfolgen der Gabel für das Aufwideln uns 
wirffam, und der Baden wird fi in der That nur 10 Mahl.um 
die Spule herumlegen, weil der Erfolg für das Aufwideln gerade 
fo ift, als hätte die Spindel fill geftauden, und die Spule 40 — 
30 = ı0 Umdrehungen gemacht. Die 30 Umläufe der Spindel 
haben nur dazu gedient, dem aufgewidelten Faden die ihm nö» 
thige Drehung zu geben. 

Einrichtung und Wirfung der Spindeln ift, wie man aus 
dem Vorſtehenden erjieht, im Wefentlihen genau diefelbe, wie 
der Spindel an einem Flachsſpinnrade; mit dem Unterfchiede, daß 
beim Spinnrade das Aufwideln nicht fortwährend , fondern in 
. Abfägen gefchieht, jedes Mahldann, wann ein Stüd Faden von 
gewiller Länge auögezogen und gedreht ifl. Bei der Spindelbanf 
find jedoch einige Umftände zu beobachten, welche die Verrichtung 
des Aufwickelns fchwieriger, und den dazu.erforderlichen Mecha- 
nismus Fomplizirter machen. E8 ift zuerft zu bemerfen, daß durch 
die Umwidlung des Fadens der Durchmeffer der Spule zunimmt, 
und daher eine Umdrehung derfelben eine defto größere Länge auf: 
widelt, je mehr fie fich ſchon mit Gefpinnft angefült hat. Wollte 
‚man unter diefen Umftänden die Bewegung der Spule unverän- 
dert laffen, fo würde die vermehrte Gefhwindigfeit des Aufs 
widelns nothwendig eine mit ihr im Verhältniffe ſtehende Ausdeh⸗ 
nung oder gdr dad Abreißen des Fadens zur Folge haben, da das 
Material desſelben (nähmlich dad Baumwollband) von den Stred- 
walzen ſtets mit gleicher Gefchwindigfeit nachgeliefert wird. Es 
ift darum erforderlich, die Gefhwindigfeit der Spule (d. h. die 
Anzahl ihrer Umdrehungen in gewiſſer Zeit) in eben dem Verhaͤlt⸗ 
niffe abnehmen zu laſſen, wie ihr Durchmeifer zunimmt, damit 


Srobfpindelbanf. 549 


die Umfangdgefhwindigfeit ſtets dieſelbe bleibt. Kerner ift, um 
eine regelmäßige Vertheilung bes Fadens auf der Spule, und 
eine eben fo regelmäßige Vergrößerung der lebtern, zu bewir- 
fen, nöthig, daß nicht zwei nach einander folgende Umwindungen 
über. einander zu liegen kommen, fondern genau und eng Win: 
dung an Windung fich lege. Diefen Zwed erreicht man durch 
Auf- und Niederfchieben der Spule längs‘ der Spindel, wobei 
die Bewegung in jeder Nichtung gerade fo viel beträgt, als die 
Länge der Spule. Diefe Schiebung muß mit der Drehung Tang- 
ſamer werden, weil fie bei jeder Umdrehung gleich viel, naͤhm⸗ 
lich eben fo viel, als der Durchmeſſer ded Fadens, betragen muß. 
Das eben Gefagte wird durch ein Beifpiel deutlicher werden. An- 
genommen, die Stredwalzen lieferten in zehn Sefunden 45 Zoll 
Baden, und diefe Länge fol 30 Drehungen erhalten. Die 
Spindel muß, unter diefer Vorausfegung, 30 Umläufe in zehn 
Sefunden mahen, und die Spule fich mit folher Gefchwin- 
digfeit bewegen, daß in zehn Sekunden gerade 45 Zoll aufge⸗ 
widelt werden. Iſt nun der Durchmeffer der Spule 5. B. 1 Zoll, 
ihre Umkreis folglich nahe 4: Zoll, fo find Hierzu 10 Umdehun: 
gen erforderlich, um welche die Spule mehr machen muß als die 
Spindel. Die wirflihe Gefchwindigkeit der Spule wird alfo 
3o + 10 = 40 Umläufe in zehn Sekunden betragen. Iſt 
durch fortgefeßtes Aufwickeln der Durchmeſſer der Spule auf 3 
Zoll geftiegen, fo nimmt fie bei jeder Umdrehung 9 Zoll Baden, 
und folglich bei 5 Umläufen 45 Zoll auf. Ihre Geſchwindigkeit 
darf daher gegenwärtig nur mehr 3o + 5 = 35 Umläufe in zehn 
Sekunden feyn. Allgemein verhält fich der überſchuß an Umdre— 
bungen, welchen die Spule vor der Spindel voraus hat, umge- 
Pehrt wie der Durchmeiler der Spule. Die Gefchwindigfeit der, ' 
Spule muß ſich gleich bleiben, fo lange legtere im Hinaufgehen 
oder Herabfinten begriffen ift, und muß fich ändern im Augen» 
blicke, wo diefe Bewegung wechfelt, weil dann eine neue Reihe 
von Umwindungen mit größerem Durchmeiler beginnt. Wenn 
3. B. 3o Umwindungen des Fadens neben einander auf der Spule 
Plap haben, fo muß im erften der oben angenommenen Fälle in 
3o im zweiten in bo Sekunden die Spule ein Te ihren gerad« 
an Weg (auf oder ab) vollenden. 


550 Braumwollſpinnerei. 


Die Bewegung der Streckwalzen, der Spindeln und Spu⸗ 
len wird auf folgende Weiſe hervor gebracht. Eine Welle c’ 
(Big. 7 und 8), welche durch die ganze Mafchine der Länge nach 
reiht, und mit einem Schwungrade d’ verfehen ift, wird vonder 
Betriebswelle der Spinnerei aus durch einen Riemen in Umdre⸗ 
bung gefeßt , der auf Die Rolle a’ läuft; b/.ift die loſe Rolle (Leer⸗ 
rolle), auf welche diefer Riemen hinübergefchoben wird, wenn 
man die Mafchine ftehen Laffen will. Innerhalb der Rolle a‘, 
aber. außerhalb des Geftelles, "trägt die Welle c’ ein Zahnrad b* 
von 50 Zähnen, welches mittelft des Zwifchenrades c! das Rad 
d? an der verlängerten Achfe der hinterften Riffelwalze (m?, Fig. 
8) umdreht. Dieſes Rad d? hat gewöhnlich 54 Zähne; es wird 
aber auögewechfelt, wenn man den Säden mehr oder weniger Dre⸗ 
bung geben will; denn wenn die Spindeln mit unveränderter Ges 
fhwindigfeit umlaufen, fo drehen fie das Gefpinnft deſto ſtaͤrker, 
je weniger ihnen die Riffelwalzen davon in einer gegebenen Zeit 
zuführen. Auf der nähmlichen Achfe mit d? ifl ein Getrieb e? von 
32 Zähnen angebracht, und diefed greift in ein 72zaͤhniges Rad 
f? ein. Innerhalb des Geftelles ift auf die Achfe von f? ein aus⸗ 
zuwechfelndes Getrieb ge geſteckt. Diefes Betrieb, welchem man 
gewöhnlich 24 bis 28 Zähne gibt, regulirt die Streckung, und 
durch dieſe die Feinheit des erzeugten Fadens. Es greift in ein 
4Brähniges Rad h? am Ende der vordern Riffelwalze (a, Fig. 8) 
ein. Das entgegengefehte Ende der nähmlichen Walze (oder, eis 
gentlicher zu reden, Walzenreihe) trägt ein mit 26 Zähnen verfe- 
henes Getrieb 1?, welches mittelft des breiten Zwifchenrades kt 
das 22zaͤhnige Getrieb ie der mittlern Riffelwalze in Bewegung 
fest. Da der Durchmeffer aller Riffelwalzen gleich ift (nähmlich 
12 Linien), fo verhalten fih, bei den angegebenen Zähne» An« 
zahlen ded Näderwerkes, wenn man für g? 24 Zähne febt, ihre 
‚Umfangsgefchwindigfeiten wie ı: 1.18: 4.5, und das geftredite 
Band hat 4+ Mahl die anfängliche Länge. Sind von dem Bande, 
welches die Strede geliefert hat, und dad hier verarbeitet wird, 
620 Fuß auf das Pfund gegangen, fo wiegen nun von dem er- 
zeugten erften Vorgefpinnftfaden 2790 Fuß ein Pfund, was faft 
der Feinheits Nummer & entfpricht. Das letzte Paar der Rif⸗ 


Seehizsnicihmf. 551 


felısal;en unadr ctma go Umterhungen im vıncr Ziaute, und I» 
fert daderch 282.6 Zell des grüredıen Bandes 

Die Spindeln i (fig. 7, 8) Reben wir ihrem ann Ende 
in Pfaunen 1, welche auf einer unbeweglichen Leite oder Bauk 
befeilige jmd. Zur Abhaltung des Stanbes und der Baumwel: 
fafern von dem Ohle iR dirfe Bank mir hölzernen Deckeln a wir: 
ſehes, im welden fi, gerade uber den Pfannen, Löcher zum 
Durcygange der Spmdeln befinden. In Fig. 7 ind von den acht 
Dedeln n, weldye ‚ufammen die ganze Länge der Bank m einneb⸗ 
mei, uur jwei angegeben, um tie Pfannen ſelbſt ſichtbar zu ma: 
dien. Der zylindriſche Theil einer jeden Spindel geht durch vi: 
nen wieflingenen Ring o, und alle 30 Ringe, deren Mfnungen 
genau ſenkrecht über den Pfannen 1 ſeyn müſſen, find an der 
Spulenbanf p befeſtigt. Legtere führt diefen Nahmen, werl 
fie beftimmt ift, nicht nur mittelſt der erwähnten Ringe die Dpin⸗ 
dein im ihrer geraden Stellung zu erhalten, fondern zugleich die 
‚ auf jenen Ringen ruhenden Spulen längs den Spindeln zu heben 
und zu fenfen, wozu die zwei an ihr befeſtigten verzahnten Stan⸗ 
gen m?, m? dienen, wie fpäter erflärt wird. Um die Umdrehung 
der Spindeln bervorzubringen ‚ befinden fich auf der Hauptwelle 
c’ zwei Rollen e‘, £’, jede mit vier Schnurläufen von gleichem 
Duschmefler. Ron jeder diefer Rollen wird die Hälfte der Spin: 
dein in Bewegung gefept, mittel einer Schnur, welche, nach« 
dem fie die Rollen k der Spindeln umfaßt bat, vier Mahl die 
Rolle der Welle c/ umfchlingt. Zwei Leitungdrollen h‘, jede mit 
vier Schnurläufen , und zwei andere, i‘, mit einem einzigen 
Schnurlaufe, welche ſich von jenen unabhängig auf den nähmli- 
chen Achfen drehen, dienen, den erwähnten Schnüren Die gehö⸗ 
rige Richtung zu geben, und fie zu fpannen. Man fieht in dem 
Grundriſſe Fig. ı, Taf. ı5, den Weg angezeigt, welchen bie 
beiden Schnüre um die Rollen der Spindeln nehmen. Letztere 
find durch Die Kreife vorgeftellt, und mit Nummern in eben dee 
Drdnung bezeichnet, nach welcher fie von den Schnüren umfaßt 
werden, Die exfte Schnur, ı, gebt nach der Ordnung über Die 
Rolley 2, 3, 4; dann zum zweiten Mahle über die Rolle a, 
welche aus diefem Grunde auch mit 5 bezeichnet ift, u. f. f. Über 
die Role 34 (d. i. über den zweiten Schnurlauf der Mole 16) 


552 | Baummollfpinteret. 


fehrt fie zurud, und ihre Enden » und 25 find vereinigt, nadh- 
dem fie vier Mahl den Weg um die Rollen h’, und e’ oder f’ 
(Big. 7, Zafı 14) gemacht haben. Die zweite Schnur, deren 
eintretendes und herausfommendes Ende mit 1’ und 24° bezeichnet 
find, fest auf gleiche Weife Die zweite Hälfte der Spindeln in Bes 
wegung, indem die mit einem Striche bezeichneten Zahlen die 
Ordnung anzeigen, nach welcher die Rollen von diefer Schnur 
umfchfungen werden. Die Spindeln laufen in einer Minute bei 
300 Mahl um; ed kommen mithin nahe auf drei Zoll des Ges 
fpinnftes zwei Umdrehungen. 

Die Umdrehung der Spulen ift, obwohl fie ebenfalls von 
ber Welle c/ (Big. 7, Taf. a4) ausgeht, doch von jener der Spin« 
dein unabhängig, und von derfelben, wie fihon gejagt, darin. 
verfchieden, daß fie mit abnehmender Geſchwindigkeit vor fich geht. 
Das Mittel, diefen letztern Zweck zu erreichen, ift der von Holz 
oder verzinntem Eifenblech verfertigte abgeftugte Kegel k’, der 
mit der Achfe c’ zugleich fich dreht, aber dabei die Faͤhigkeit bat, 
fich längs derfelben zu verfchieben. Die Art, wie diefes bewirkt 
wird, zeigt der Durchfchnitt Fig. 5 auf Taf. 15. Hier ift nähm- 
lich qꝛ eine von dem großen bis zu dem Fleinen Boden des Kegels 
ſich erſtreckende Stange, und p* ein auf der Achfe c’ mitteljt einer 
Schraube befeftigter gabelartiger Führer, welcher den Kegel mit« 
telft eben jener Stange nöthigt, der Umdrehung von c’ zu fols 
gen. Im großen Boden des Kegels befindet ſich eine Offnung, 
durch die man zu dem Führer gelangt. Der Heine Boden trägt 
außerhalb einen mit einer Rinne verfehenen Anſatz 0°; diefen ums 
faßt das gabelförmige Ende einer Stange q’ (Big. 7, Taf. 14), 
mittelft welcher der Kegel fortgefchoben wird. Gerade unter dem 
Kegel befindet fich eine vertifale zylindrifche Säule p’, auf wel- 
cher der Kloben 0° zweier Leitungsrollen 1/ beweglich ſteckt. Eine 
neben dem Kloben ftehende Stange r* verhindert deffen Drehung, 
ohne ihm die Fähigkeit zu rauben, längs p/ fich zu verfchieben. 
Das Gewicht des Klobens und der Rollen reicht hin, den endlos 
fen Riemen n‘ zu ſpannen, welcher von den Kegel k’/ unter den 
Mollen 1’ durch, und auf die Meine Trommel m’ au der Achfe s* 
läuft. Eine Rolle 1? mit vier innen oder Schnurläufen ftedit 
mittelft eine® Rohres auf diefer Achſe, und laͤßt ſich Tängs derſel⸗ 


Grobfpintelbenf. 553 


ben auf ur eb fehichen,, ohne jemahls aufinbiren, ihrer Umtre: 
Suns u felgen. Tre Achte beſtzt zu dieſem Vehufe eine lange 
Gurde, umd das Tumere des Robred eine entipredhende Zunge 
sder Leite. Ferner befindet ſich an dem Rohre, unterhalb der 
Role, bei w?, eine rund herum gehente Rinne, in weldye das ga: 
befformige Ende eines an der Spulenbanf p befefligten Armed wie 
v: (Gig. 8) eingreift. Bei der auf und wiederfteigenden Bewe⸗ 
gung jener Bank nimmt demnach der da8 Rohr umfarfende Arm 
die Rolle ı* mit fi, welche daher im gleichem Maße mit den 
Spulen h und deren Rollen q fid) hebt und fenft. Dieß iſt noth⸗ 
wendig, weil von der Rolle t* aus mittelft zweier endlofer Schnüre 
die Spulen in Umdrehung gefept werden. Big. 2 auf Taf. ı5 
zeigt im Grundriffe die Anordnung der erwähnten Schnüre, wo: 
bei die Rollen q der Spulen wieder, wie oben jene der Spindeln, 
mit Nummern bezeichnet find, um den Gang der Schnüre anzu- 
jeigen. Bon der Rolle t? aus läuft die erſte Schnur, den Punlt ı 
als ihren Anfang betrachtet, nach der Ordnung über die Rollen 
2, 3, 4 und 5, zum zweiten Mahle auf 3, welche daher auch 
mit 6 bemerft ift; ferner über die Rollen, 8, 9, u. |. f. ime 
mer nach der Richtung der Pfeile. Wenn diefe Schnur über die 
tolle 32 heraus fommt, geht fie, wie Die Zahlen 23 und 24 an: 
jeigen, zum zweiten Mahle über t?, umfchlingt noch die Rolle 
s5 (30), und kehrt endlich bei ab auf t* zuruͤck, wo fich ihr Ende 
mit dem Anfange bei ı vereinigt. Die zweite Schnur, welche 
beftimmt ift, die andere Hälfte der Spulen in Umtrieb zu fepen, 
geht von dem Punkte 2’ auf des Rolle t? aus, umfchlingt zuerſt 
die Spulenrolle 2, Fehrt fogleich auf t* zuruͤck, umfchlingt dier 
felbe, wie 3° und 4’ anzeigen, zum zweiten Mahle, Läuft fo- 
dann über 5° und nach der Ordnung der mit einem Striche be: 
zeichneten Zahlen über alle anderen Spulenrollen ihrer Hälfte, 
und gelangt zuletzt von 24’ wieder nach 25° auf t?, wo fich ihr 
Ende an den Anfangspunft 1’ anfchließt. Die Rollen w*, w*, 
(Taf. 14, Sig. 7), welche ſich anf ihren an der Spulenbanf p 
befeftigten Trägern den Rollen der Spulen nach Erforderniß nd» 
bern Jaſſen, dienen zur Spannung der Schnuͤre. 

Der fchwierigfte Theil des Mechanismus ift die Vorrichtung, 
wodurch die nun erflärte drehende Bewegung der Spulen allmaͤh⸗ 


554° Baummwollfpinnerei, 


lich verzögert, und das den Tegteren eigenthämliche,, gleichfalls 
verzögerte, Auf: und Niederfteigen längs den Spindeln hervor- 
gebracht wird. Die vertifale Rolle L/ befigt auf ihrer linfen Seite 
eine etwas größere Scheibe g’ mit vollfommen ebener, aber nicht 
zu glatter Fläche. An diefer Scheibe reibt ſich eine Fleinere, ho⸗ 
rizontale Scheibe x’, deren Umkreis zu diefem Behufe mit einem 
Lederftreifen: befleidet if. Das untere Ende von der Achfe y? der 
Scheibe x’ fteht in einer Pfanne, welche mit dem Arme v’ des 
großen Winfelhebeld ı/ vw’ fo verbunden ijt, daß fie immer hori⸗ 
zoutal bleibt, welche Lage auch der genannte Hebelarm anneh⸗ 
men mag. Oben wird die Achte y? duch ein ringförmiges La: 
ger gehalten, welches der feſtſtehende Arm x? mit feinem gabel- 
förnigen Ende umfaßt. Auf der entgegengefepten Seite trägt 
Diefer. Arm eine Rolle y/, über welche eine am Lager der Achfe y* 
befeftigte, mit dem Gewichte 2’ befchwerte Schnur gelegt iſt. Das 
Gewicht preßt folcher Geftalt die Scheibe x’ feft gegen die Släche 
von g‘, um den Grad der Reibung hervorzubringen, welcher nö- 
thig ift, damit die Umdrehung von g’ eine ununterbrochene Dre 
Hung von x’ zur Kolge habe. Ein Getrieb w‘, deilen Länge we- 
nigftens gleich feyn muß dem Halbmeſſer der Scheibe g’, befindet 
fi) auf dem untern Theile der Welle y?. Es hat 22 Zähne, und 
gueift in ein 6azähniged horizontales Rad z*. : Auf der obern 
Släche des leptern ift das koniſche Getrieb a? befeftigt, welches 
zur Veränderung der Geſchwindigkeit gewechjelt werden Fann, _ 
gewöhnlid) aber 28 bis 30 Zähne befigt. Won diefem Getriebe 

wird das Kegelrad b? umgedreht, welches Bo Zähne hat, und 
deffen Welle c? il. Diefe Welle trägt am entgegengefebten Ende 
ein fechözähniges Betrieb d’, welches in das im Baue einem 
Trillinge gleichende Rad f? an der langen Welle e? eingreift. Dan 
fieht in Sig. 9 (Taf. 14) das Rad E im Durchſchnitte, nebft dem 
Betriebe d!. In diefer Zeichnung ift zu bemerfen, daß der Um⸗ 
freid des Rades eine offene, von Zähnen entblößte Stelle g’ 
hat. Wenn bei der Bewegung des Rades und Getriebes neben 
letzteres diefe Öffnung zu ftehen kommt, fo wendet es ſich um den 
legten Zahn: herum, tritt in das Innere des verzahnten Kreifes 
(wie die Punftirung anzeigt), und dreht nun, nach der naͤhmli⸗ 
chen Richtung ſich fortbewegeyd, das Rad fi verfehrt, Dieß Dauert 


Grriiuunteibenf. 355 
fo lange, biö abermafl3 tie Cifuuung g’ sehen ta Gemish feat, 
worauf ſich Dadielhe zum mu: Deu Learn Zafın Zurier Erte beram 
'wendet,, ımd wörter auf Deus äußere Imlwiht eungeeift. Dürfe 
Ausrduung bewuft, deſ bei userinteruer Bewegung von d’ md 
allen damit ;uiammmrubänzenten Theile, Dad Kar min ſtiner 
Welle eꝰ abwedrielat cine Ulmtrefung vedieß, und cine imiB uascht. 
Damit diefer Erfelg einıreıe, muß tie Dehie c? Dei Getriched ſich 
feitwärts verfchichen fünmen, ohne Def der Eimgriif zuikhen a? 
und b’ aufhört. Ban’bewuft Birfeö Daturd), Def man dad Ende 
der genannten Nıhfe, zumächit b, im cime Gulle aber ein Lager i? 
fiedt, worin fie füdh Dechen faun, diefer Gulfe aber als abwärte- 
gehende Verlängerung ein ſenkrechtes Rohr gibt, weiches auf den 
Zapfen des fonifchen Betriebes a’ gefledt wird. Fig- 4 auf Ze 
fel 15 zeigt Diefe Einrichtung nmadı größerem Maffiabe und im 
Durchſchnitte. Dad zweite Lager der Achſe, zunihft d’, muß 
ebenfalls eine Beweglichkeit nady der Seite befipen. Wenn dem 
nach das Betrieb d* durch die Offuung des Rades P heraus oder 
hinein fidy ſchiebt, fo macht feine Achſe c* eine entiprechende 
Meine ZBinfelbewegung um den Zapfen von a’, mittelſt deö Roh⸗ 
red von i’; a’ amd b* bleiben daher vollflommen im Eingriffe mit 
einander. 

Die oben befchriebene abwechfelnde Drehung bed Rades LP 
dient, um das Heben und Senken der Spulen zu bewirken. Die 
Achfe e* befigt zu diefem Behufe zwei Getriebe n*, nt, welche in 
die Zahnflangen m*, m, der Spulenbanf p eingreifen, und hier« 
durch die Ieptere, fammt den darauf ruhenden Spulen, abwechs 
feind heben und fenfen. Das Gewicht der Spulenbank und aller 
derfelben zugehörigen Theile ift durch zwei Gegengewichte m, 
deren bein! (Fig. 8) am Geftelle befeftigte Schnüre über die Rol⸗ 
Ien 0*, o*, o* laufen, aufgewogen; fo, daß die Bewegung mit 
gleicher Leichtigfeit fowohl auf: al& abwärts erfolgt. Die oberen 
zwei von den drei erwähnten Rollen eines jeden Gewichtes find 
am Geftelle feſt; die untere, über welche die Schnur. zuerfl Läuft, 
iſt mit Der Era verbimden, ſteigt und ſinkt alſo auch mit 
derſelben. 

So lange die Friktlons. Scheibe x’ in der naͤhmlichen Höhe 
bleibt, alfo von Dem nähmlichen Areifo der Scheibe g/ ihre Bewe⸗ 


546 | Baummwollfpinnerei. 


Bändern angefüllten Kannen oder Körbe werden bei BD, Fig. 8, 
in einer mit der Länge der Mafchine, parallelen Reihe aufgeſtellt. 
Das Band einer jeden Kanne (oder, wenn. ed nöthig fcheint, die 
Bänder von zwei, auch drei Kannen vereinigt) leitet man über 
ein fchräged Bret f aufwärts, und durch eine eiferne Gabel e 
zwifchen drei Paar Stredwalzen, von welchen das erfte mit a, 
b, bezeichnet if. In Fig. 7 ift, der Vereinfachung wegen, der 
größte Theil Diefer Walzen und der. dazu gehörigen Theile wegges 
laffen. Nachdem durch die Stredwalzen die Bänder gehörig aus⸗ 
gedehnt und verfeinert worden find, laufen fie hinten abwärts, 
nach den Spindeln i hin, wo fie die Drehung erhalten, und fich 
um die Spulen h aufwideln. Die gegenwärtige Mafchine iſt 
auf 3o Spindeln eingerichtet, und bearbeitet eben fo viele Baͤn⸗ 
des auf ein Mahl; zuweilen beträgt dieſe Zahl nur 24. Auch 
von den Spindeln find in Fig. 7 nur einige angezeigt, um die 
Verwirrung der Zeichnung zu vermeiden. 

Was die Einrichtung des Streckwerkes betrifft, fo ift darüber 
alles oben (8.535 ff.) Sefagte zu Rathe zu ziehen, fo weit ed auf 
die Befchaffenheit und Wirkung der Walzen Bezug hat. Das 
Geſtell dieſes Theiles der Mafchine ift eine gußeiferne (oder hoͤl⸗ 
zerne) Banf A, auf welcher neun Träger ce (Fig. 7) für die Wal: 
zen errichtet find. Die Riffelwalzen a (Fig. 10, Taf. 14) find 
zu vier Stud aus dem Ganzen verfertigt, und werben durch et 
was dünnere, glatte Hälfe z oon einander getrennt. Sieben 
folche Abtheilungen zu vier, und eine Abtheilung zu zwei Walzen 
bilden zufammen die 3o Riffelwalzen, aus welchen die ganze Reihe 
befteht. Die Bufammenfügung (Ruppelung) der Abtheilun⸗ 
gen in ein Ganzes gefchieht mittelft vierediger Löcher x, und eben 
folcher Zapfen y (Sig. 10) indem man den Zapfen der. einen Ab⸗ 
theilung feit in das Loch der anftoßenden ſteckt. Die Drudwalzen 
b find paarweife aus dem Ganzen verfertigt, und auf den Hals 
w (Fig. 10), welcher jedes Paar verbindet, drückt wie in Fig. 2 
(Taf. 14) der Sattel eined Gewichtes. Diefe Gewichte g, g, 
Fig. 7, 8, find auf die ſchon (S. 537) befchriebene Weife ange: 
bracht, d find die Pugdedel der Drudwalzen ; eben folche fönnen 
auch unter den Niffelwalzen vorhanden feyn. 

Die Befchaffenheit und Wirfung der Spindeln i erfennt man 


Grobfpindelbanf. 547 


am beften aus dem Durchſchnitte Big. ı1, Taf. 14. - Gie- find 
von Eifen, von oben an bis nach a* zylindriſch, von hier bis zu 
dem in eine abgerundete Spike audgehenden verftählten untern 
Ende koniſch. Auf diefem. Fonifchen Theile ift eine Rolle k mit 
zwei Schnurläufen feft aufgeftedt, durch welche die Spindel in 
Umlauf gefebt wird. Auf den zylindrifchen Theil ift die hölzerne 
Spule h gefchoben, welche fih darauf, wie man fpäter fehen 
wird, leicht muß bewegen laſſen. Mit der Spule ift eine andere 
zweirinnige Rolle q, mittelft eines durchgeftedten Stiftes r vers 
bunden, fo daß dieſe Verbindung jederzeit augenblicklich aufges 
boben, und die Spule von der Spindel abgenommen werden 
fann. Das obere Ende der lebtern trägt eine An diefem Falle 
wegzunehmende Gabel s t, welche bei v ein kurzes trichterförmi- 
ges Rohr befigt. Ein Arm diefer Gabel bildet ein oben und unten 
offened Rohr s u; der andere, t, ift nur vorhanden, um jenen 
das Gleichgewicht zu halten. In Fig. 8 find, um Verwirrung 
zu vermeiden, die Gabeln der zwei hier fihtbaren Spindeln weg- 
gelailen ,. und in Sig. 7 ift aus dem nähmlichen Grunde nur eine 
einzige gezeichnet. Übrigens erfennt man durch die Vergleichung 
Diefer beiden Figuren, daß die Spindeln in zwei Reihen abgetheilt 
find, in welchen fie abwechfelnd ftehen, fo, daß jede Spindel 
der hintern Reihe zwifchen zwei der vordern Reihe fich befindet. 
Die Abficht diefer Anordnung ift Erfparung von Raum, da die 
Mafchine bedeutend Tänger feyn müßte, wenn die Spindeln in 
eingr. einzigen Reihe neben einander Platz haben follten. Wenn 
man fich die Spindeln und die Spulen (welche beide in ihrer Be: 
wegung von einander unabhängig find) gleichzeitig und nach der 
nähmlichen Richtung in Umdrehung begriffen denft, fo findet ihre 
Wirfung auf folgende Weife Statt. Das von den Stredwalzen 
gehörig ausgedehnte Band tritt Durch die Öffnung des Trichters v 
ein, gebt aber fogleich durch ein Loch in der Seitenwand desſel⸗ 
ben wieder heraus, läuft durch das Rohr u s der Gabel herab, 
und wendet ſich endlich auf die Spule. Diefer Weg ift in Big. 11 
durch eine punftiete Linie angezeigt. Die Umdrehung der Spin: 
del bewirkt unter den angeführten Umfländen die Drehung des. 
Bandes zu einem groben Faden; und die Gabel s t, oder eigent- 


lich das Rohr s derfelben, führt dieſen Faden um die Spule herum. 
35 * 


548 Baummollfpinnerei. 


Wäre die Bewegung ber Spule an Schnelligkeit jener der Spin 
del glei, d. 5. machten Spule und Spindel in gleicher Zeit 
gleich viel Umdrehungen; fo wiirde ſich die ganze Wirkung auf 
das Zufammendrehen befchränfen. Allein die Spule eilt der Ga⸗ 
bel etwas voraus, d. h. macht in gegebener Zeit um eine gewiſſe 
Anzahl Umdrehungen mehr als die Spindel, und hierdurch wird 
die allmähliche und fortdauernde Aufwidlung des Fadens auf die 
Spule bewirkt. Gefegt die Spule mache 40 Umläufe, während 
die Spindel nur 3o vollbringt; fo werden Jo Umdrehungen der 
Spule durch das Nachfolgen der Gabel für das Aufwideln un 
wirffam, und der Faden wird fich in der That nur 10 Mahl.um 
die Spule berumlegen, weil der Erfolg für das Aufwickeln gerade 
fo ift, als hätte Die Spindel ftill geflauden, und die Spule 40 — 
30 = 10 Umdrehungen gemadht. Die 3o Umläufe der Spindel 
haben nur dazu gedient, dem aufgewidelten Faden die ihm nö« 
thige Drehung zu geben. 

Einrichtung und Wirkung der Spindeln ift, wie man aus 
dem Vorſtehenden erfieht, im Wefentlichen genau diefelbe, wie 
der Spindel an einem Blachöfpinnrade; mit dem Unterfchiede, daß 
beim Spinnrade das Aufwideln nicht fortwährend , fondern in 
- Abfäpen gefchieht, jedes Mahldann, wann ein Stüd Baden von 
gewiller Länge ausgezogen und gedreht ifl. Bei der Spindelbanf 
find jedoch einige Umftände zu beobachten, welche die Verrichtung 
des Aufwickelns ſchwieriger, und den dazu erforderlichen Mecha⸗ 
nismus Fomplizirter machen. Es ift zuerft zu bemerken, daß durch 

die Umwidlung des Fadens der Durchmeffer der Spule zunimmt, 
and daher eine Umdrehung derfelben eine defto größere Länge auf: 
widelt, je mehr fie fich ſchon mit Gefpinnft angefüllt Hat. Wollte 
‚man unter diefen Umfländen die Bewegung der Spule unverän: 
bert Iaffen, fo würde die vermehrte Gefchwindigfeit des Auf: 
widelns nothwendig eine mit ihr im Verhaͤltniſſe ftehende Ausdeh⸗ 
nung oder gar dad Abreißen des Fadens zur Folge haben, da das 
Material desfelben (nähmlich das Baumwollband) von den Stred- 
walzen ſtets mit gleicher Gefchwindigfeit nachgeliefert wird. Es 
ift darum erforderlich, die Gefchwindigfeit der Spule (d. h. die 
Anzahl ihrer Umdrehungen in gewiller Zeit) in eben dem Verhaͤlt⸗ 
niffe abnehmen zu laffen, wie ihr Durchmeifer zunimmt, damit 


Grobſpindelbank. 549 


die Umfangsgeſchwindigkeit ſtets dieſelbe bleibt. Ferner iſt, um 
eine regelmäßige Vertheilung bes Fadens auf der Spule, und 
eine eben fo regelmäßige Vergrößerung der legtern, zu bewir- 
fen, nöthig, ‚daß nicht zwei nach einander folgende Umwindungen 
über. einander zu liegen fommen, fondern genau und eng Win- 
dung an Windung fich lege. Diefen Zwed erreicht man durch 
Auf» und Niederfchieben der Spule längs‘ der Spindel, wobei 
die Bewegung in jeder Richtung gerade fo viel beträgt, als die 
Länge der Spule. Diefe Schiebung muß mit der Drehung Tang- 
famer werden, weil fie bei jeder Umdrehung gleidy viel, nähm- 
lich eben fo viel, alö der Durchmeifer des Fadens, betragen muß. 
Das eben Geſagte wird durch ein Beifpiel deutlicher werden. An- 
genommen, die Stredwalzen lieferten in zehn Gefunden 45 Zoll 
Faden , und diefe Länge foll 30 Drehungen erhalten. Die 
Spindel muß, unter diefer Vorausfegung, 3o Umläufe in zehn 
Sefunden madhen, und die Spule fi) mit folder Gefchwin- 
digfeit bewegen, daß in zehn Sefunden gerade 45 Zoll aufge: 
wicelt werden. Iſt nun der Durchmeſſer der Spule 5. B. 17 Zoll, 
ihr Umfreis folglich nahe 4: Zoll, fo find hierzu 10 Umd*ehuns 
gen erforderlich, um welche die Spule mehr machen muß als die 
Spindel. Die wirflihe Gefchwindigfeit der Spule wird alfo 
30 + 10 = 40 Umläufe in zehn Sekunden betragen. Iſt 
Durch fortgefeptes Aufwiceln der Durchmeffer der Spule auf 3 
Zoll geftiegen, fo nimmt fie bei jeder Umdrehung g Zoll Faden, 
und folglich bei 5 Umläufen 45 300 auf. Ihre Gefchwindigfeit 
darf daher gegenwärtig nur mehr 30 + 5 — 35 Umläufe in zehn 
Sekunden feyn. Allgemein verhält fich der Überfchuß an Umdres 
hungen, welchen die Spule vor der Spindel voraus hat, umge- 
Pehrt wie der Durchmeſſer der Spule. Die Gefchwindigfeit der, 
Spule muß fich gleich bleiben, fo lange letztere im Hinaufgehen 
oder Herabfinfen begriffen ift, und muß fich ändern im Augen» 
blicke, wo diefe Bewegung wechfelt, weil dann eine neue Reihe 
von Umwindungen mit größerem Durchmeffer beginnt... Wenn 
3. B. 3o Ummwindungen des Fadens neben einander auf der Spule 
Plab haben, fo muß im erſten der oben angenommenen Bälle in 
30 im zweiten in 60 Sekunden die Spule ein Mahl Dee gerad« 
Iinigen Weg (auf oder ab) vollenden. 


550 | Baumwollfpinnerei. 


Die Bewegung der Stredwalzen, der Spindeln und Spu⸗ 

Ien wird auf folgende Weife hervor gebracht. Eine Welle c’ 
(Fig. 7 und 8), welche durch die ganze Mafchine der Länge nach 
reicht, und mit einem Schwungrade d’ verfehen ift, wird von ber 
Betriebswelle der Spinnerei aus durch einen Riemen in Umdre: 
hung geſetzt, der auf die Rolle a’ läuft; b/ ift die loſe Rolle (Leer⸗ 
rolle), auf welche diefer Riemen hinübergefchoben wird, wenn 
man die Mafchine ftehen laſſen will. Innerhalb der Rolle a, 
aber. außerhalb des Geftelles, "trägt Die Welle c‘ ein Zahnrad b* 
von 50 ‚Zähnen, welches mittelft des Zwifchenrades c* dad Rad 
d? an der verlängerten Achſe der hinterften Riffelwalze (m?, Fig. 
8) umdreht. Diefes Rad d? hat gewöhnlich 54 Zähne; es wird 
aber ausgewechfelt, wenn manden Faͤden mehr oder weniger Dre: 
hung geben will; denn wenn die Spindeln mit unveränderter Ges 
fhwindigfeit umlaufen, fo Drehen fie das Geſpinnſt defto flärken, 
je weniger ihnen die Riffelwalzen davon in einer gegebenen Zeit 
zuführen. Auf der nähmlichen Achfe mit d? ift ein Getrieb e: von 
32 Zähnen angebracht, und diefes greift in ein 723ähniges Rab 
f ein. Innerhalb des Geſtelles ift auf die Achfe von f? ein aus⸗ 
zuwechjelnde8 Getrieb g* geſteckt. Diefes Getrieb, welchem man 
gewöhnlich 24 bis 28 Zähne gibt, regulirt die Stredung, und 
Durch diefe die Feinheit des erzeugten Fadens. Es greift in ein 
48zähniged Rad h? am Ende der vordern Riffelmalze (a, Fig. 8) 
ein. Das entgegengefegte Ende der nähmlichen Walze (oder, ei⸗ 
gentlicher zu reden, Walzenreihe) trägt ein mit 26 Zähnen verfe- 
henes Getrieb 1?, welches mittelft des breiten Zwifchenrades ke 
das 22zähnige Getrieb i? der mittlern Riffehvalze in Bewegung 
ſetzt. Da der Durchmeffer aller Riffelwalgen gleich ift (nähmlich 
ı2 Linien), fo verhalten fi, ‚bei den angegebenen Zähne» An« 
zahlen des Raͤderwerkes, wenn man für g* 24 Zähne febt, ihre 
‚Umfangsgefchwindigfeiten wie ı: 1.18: 4.5, und das geftredte 
“ Band hat 4+ Mahl die anfängliche Ränge. Sind von dem Bande, 
welches die Strede geliefert hat, und das bier verarbeitet wird, 
620 Fuß auf dad Pfund gegangen, fo wiegen nun von dem er: 
zeugten erften Borgefpinnftfaden 2790 Fuß ein Pfund, was faft 
der Beinheitö Nummer % entipriht. Dad letzte Paar der Rife 


Grobfpindelbanf. 551 


felwalzen macht etwa yo Umdrehungen in einer Minute, 'und lie 
fert dadurch 282.6 Zoll des geftredften Bandes. 
Die Spindeln i (Fig. 7, 8) ftehen mit ihrem untern Ende 
in Pfannen 1, welche auf einer umbeweglichen Leifte oder Bank m 
befeſtigt find. Zur Abhaltung des Staubes und der Baumwoll: 
fafern von dem Hhle ift diefe Bank mit hölzernen Deckeln n ver: 
fehen, in welchen fi, gerade über den Pfannen, Löcher zum 
Durchgange der Spindeln befinden. In Sig. 7 find von den acht 
Dedelnn, welche zufammen die ganze Länge der Banf m einnehe 
men, nur zwei angegeben, um die Pfannen felbft fihtbar zu ma⸗ 
den. Der zylindeifche Theil einer jeden Spindel geht durch ei⸗ 
nen meflingenen Ring o, und alle 3o Ringe, deren Öffnungen 
genau fenfrecht über den Pfannen 1 feyn müffen, find an der 
Spulenbanf p befefligt. Lebtere führt diefen Nahmen, weil 
fie beftimmt ift, nicht nur mittelft der erwähnten Ringe die Spin⸗ 
deln in ihrer geraden Stellung zu erhalten, fondern zugleich die 
auf jenen Ringen ruhenden Spulen längs den Spindeln zu heben 
und zu fenfeu, wozu die zwei an ihr befeftigten verzahften Stans 
gen m?, m? dienen, wie fpäter erflärt wird. Um die Umdrehung 
der Spindeln hervorzubringen „ befinden ſich auf der Hauptwelle 
c* zwei Rollen e“, £, jede mit vier Schnurläufen von gleichem 
Duschmefler. Bon jeder diefer Rollen wird die Hälfte der Spin: 
deln in Bewegung gefebt, mittelft einer Schnur, welche, nach⸗ 
dem fie die Rollen k der Spindeln umfaßt hat, vier Mahl die 
Rolle der Welle c’ umfchlingt. Zwei Leitungsrollen h/, jede mit 
vier Schnurläufen, und zwei andere, i/, mit einem einzigen 
Schnurlaufe, welche fi von jenen unabhängig auf den naͤhmli⸗ 
hen Achfen drehen, dienen, den erwähnten Schnüren die gehö- 
rige Richtung zu geben, und fie zu fpannen. Man fieht in dem 
Srundriffe Fig. ı, Taf. ı5, den Weg angezeigt, welchen die 
beiden Schnüre um die Rollen der Spindeln nehmen. Leptere 
find durch die Kreife vorgeftellt, und mit Nummern in eben der. 
Ordnung bezeichnet, nad) welcher fie von den Schnüren umfaßt 
werden, Die erſte Schnur, ı, geht nach der Ordnung ber Die 
Rollen 2, 3, 4; dann zum zweiten Mahle über die Rolle 2, 
welche aus diefem Grunde auch mit 5 bezeichnet ift, u. f. f. Über 
Die Rolle 34 (d. i. über den ziyeiten Schnurlauf der Rolle 16) 


552 Baumwollſpinnerei. 


kehrt fie zuruͤck, und ihre Enden » und 25 find vereinigt, nach- 
dem fie vier Mahl den Weg um die Rollen h’, und « oder f 
(Big. 7, Taft 14) gemacht haben. Die zweite Schnur, deren 
eintretendes und herausfommendes Ende mit 1’ und 24/ bezeichnet 
find, feßt auf gleiche Weife die zweite Hälfte der Spindeln in Bes 
wegung, indem die mit einem Striche bezeichneten Zahlen die 
Drdnung anzeigen, nach welcher die Rollen von diefer Schnur 
umfchfungen werden. Die Spindeln laufen in einer Minute bei 
300 Mahl um; es kommen mithin nahe auf drei Zoll des Ge- 
fpinnftes zwei Umdrehungen. 

Die Umdrehung der Spulen ift, obwohl fie ebenfalls von 
ber Welle c’ (Big. 7, Taf. 14) auögeht, doch von jener der Spin⸗ 
dein unabhängig, und von derfelben, wie fchon gefagt, darin. 
verfchieden, dag fie mit abnehmender Gefchwindigfeit vor fich geht. 
Das Mittel, diefen letztern Zwed zu erreichen, ift der von Holz 
oder verzinntem Eifenblech verfertigte abgeftuste Kegel k’, der 
mit der Achfe c’ zugleich fich dreht, aber dabei die Faͤhigkeit hat, 
fi laͤngs derfelben zu verfchieben. Die Art, wie diefed bewirkt 
wird, zeigt dee Durchfchnitt Fig. 5 auf Taf. 15. Hier ift nähm- 
lich q? eine von dem großen bis zu dem Fleinen Boden des Kegel 
ſich erfireddende Stange, und p* ein auf der Achfe mittelſt einer 
Schraube befeftigter gabelartiger Führer, welcher den Kegel mit« 
telft eben jener Stange nöthigt, der Umdrehung von c’ zu fol- 
gen. Im großen Boden des Kegeld befindet ſich eine Öffnung, 
durch Die man zu dem Führer gelangt. Der Pleine Boden trägt 
außerhalb einen mit einer Rinne verfehenen Anfag 0°; diefen ums 
faßt das gabelförmige Ende einer Stange q’ (Big. 7, Taf. 14), 
mittelft welcher der Kegel fortgefchoben wird. Gerade unter dem 
Kegel befindet fich eine vertifale zylindrifche Säule p‘, auf wel- 
cher der Kloben o zweier Leitungsrollen 1/ beweglich ſteckt. Eine 
neben dem Kloben fiehende Stange r* verhindert deflen Drehung, 
Hhne ihm die Bähigfeit zu rauben, laͤngs p‘ ſich zu verfchieben. 
Das Gewicht des Klobens und der Rollen reicht hin, den endlor 
fen Riemen n‘ zu fpannen, weldyer von dem Kegel k’/ unter den 
Rollen 1/ durch, und auf die Feine Trommel m’ au der Achfe s* 
läuft. Eine Rolle t* mit vier Rinnen oder Schnurläufen fledt 
mittelft eines Rohres auf diefer Achfe, und läßt fich längs derſel⸗ 


Grobſpindelbank. | 553 


ben auf und ab fchieben, ohne jemahls anfjuhören, ihrer Umdre⸗ 
hung zu folgen. Die Achſe befigt zu diefem Behufe eine lange 
Zurche, und das Innere des Rohres eine entfprechende Zunge 
oder Leifte. Ferner befindet fih an dem Rohre, unterhalb der 
Rolle, bei u?, eine rund herum gehende Rinne, in welche das ga- 
belförmige Ende eines an der Spulenbanf p befeftigten Armed wie 
v: (ig. 8) eingreift. Bei der auf und niederfleigenden Bewe⸗ 
gung jener Bank nimmt demnach der dad Rohr umfaflende Arm 
die Rolle 1? mit fih, welche daher in gleichem Maße mit den 
Spnulen h und deren Rollen q ſich hebt und fenft. Dieß ift noth⸗ 
wendig, weil von der Rolle t? aus mittelft zweier.endlofer Schnüre 
die Spulen in Umdrehung gefept werden. Fig. 2 auf Taf. ı5 
zeigt im Grundeiffe die Anordnung der erwähnten Schnüre, wo⸗ 
bei die Rollen q der Spulen wieder, wie oben jene der Spindeln, 
mit Nummern bezeichnet find, um den Gang der Schnüre anzu: 
jeigen. Bon der Rolle t? aus Läuft die erfte Schnur, den Punkt ı 
als ihren Anfang betrachtet, nach der Ordnung über die Rollen 
2, 3, Aund 5, zum zweiten Mahle auf 3, welche daher auch 
mit 6 bemerkt ift; ferner über die Rollen, 8, 9, u. f. f. im⸗ 
mer nach der Richtung der Pfeile. Wenn diefe Schnur über die 
Rolle 22 heraus kommt, geht fie, wie die Zahlen 23 und 34 an- 
jeigen, zum zweiten Mahle über t?, umfchlingt noch die Rolle. 
35 (20), und fehrt endlich bei a6 auf r? zurüch, wo fich ihre Ende 
mit dem Anfange bei s vereinigt. Die zweite Schnur, welche 
beftimmt ift, die andere Hälfte der Spulen in Umtrieb zu fegen, 
geht von dem Punfte 2’ auf des Rolle t? aus, umfchlingt zuerft 
die Spulenrolle 2°, Fehrt fogleich auf t? zuruͤck, umfchlingt dier 
felbe, wie 3° und 4 anzeigen, zum zweiten Mahle, läuft fo: 
dann über 5° und nad der Ordnung der mit einem Striche be⸗ 
zeichneten Zahlen über alle anderen Spulenrollen ihrer Hälfte, 
und gelangt zuleht von 24’ wieder nach 25’ auft*, wo fich ihr 
Ende an den Anfangspunft 1’ anfchließt. Die Rollen w?, w*, 
(Taf. 14, Big. 7), welche ſich anf ihren an der Spulenbanf p 
befeftigten Trägern den Rollen der Spulen nad) Erforderniß naͤ⸗ 
hern Yaffen, dienen zur Spannung der Schnüre. 

Der fchwierigfte Theil des Mechanismus ift die Vorrichtung; 
wodurch die nun erflärte drehende Bewegung der Spulen allmaͤh⸗ 


554 Baummollipinnerei, 


lich verzögert, und das den Tegteren eigenthämliche,, gleichfalls 
verzögerte, Auf- und Niederfteigen längs den Spindelu bervor- 
gebracht wird. Die vertifale Rolle f’ befipt auf ihrer linfen Seite 
eine etwas größere Scheibe g’ mit vollfommen ebener, aber nicht 
zu glatter Fläche. An diefer Scheibe reibt ſich eine Fleinere, ho⸗ 
rizontale Scheibe x’, deren Umkreis zu diefem Behufe mit einem 
Lederftreifen. befleidet iſt. Das untere Ende von der Achfe y? der 
Scheibe x’ fieht in einer Pfanne, welche mit dem Arme v’ des 
großen Winfelhebeld t/ v’ fo verbunden tjt, daß fie immer hori⸗ 
‚zontal bleibt, welche Lage auch der genannte Hebelarm anneh⸗ 
men mag. Oben wird die Achfe y? durch ein ringförmiges La: 
ger gehalten, welches der feftitehende Arm x? mit feinem gabel- 
förnigen Ende umfaßt. Auf der entgegengefepten Seite trägt 
dieſer Arm eine Rolle y’, über welche eine am Lager der Achſe y* 
befeftigte, mit dem Gewichte z’/ befchwerte Schnur gelegt ift. Das 
Gewicht preßt folcher Geftalt die Scheibe x’ feft gegen die Fläche 
von g‘, um den Grad der Reibung hervorzubringen, weicher nö- 
thig ift, damit die Umdrehung von g’ eine ununterbrochene Dre⸗ 
Hung von x’ zur Folge habe. Ein Getrieb w/, deſſen Länge we- 
nigftens gleich feyn muß dem Halbmeſſer der Scheibe g‘, befindet 
fi) auf dem untern Theile der Welle y?. Es bat a2 Zähne, und 
gueift in ein 6azähniges horizontale Rad z*. Auf der obern 
Flaͤche des letztern ift das fonifche Getrieb a? befeftigt, welches 
jur Veränderung der ‚Gefchwindigfeit gewechfelt werden faun, _ 
gewöhnlich aber 28 bis 30 Zähne beſitzt. Von diefem Getriebe 

wird dad Kegelrad b? umgedreht, welches Bo Zähne hat, und 
deflen Welle c? iſt. Diefe Welle trägt am entgegengefeßten Ende 
ein ſechszaͤhniges Betrieb d?, welches in das im Baue einem 
Zrillinge gleichende Rad f? an der langen Welle e? eingreift. Man 
Sieht in Sig. 9 (Taf. 14) das Rad fr im Durchfchnitte, nebft dem 
Betriebe d’. In diefer Zeichnung ift zu bemerfen, daß der Um⸗ 
freid des Rades eine offene, von Zähnen entblößte Stelle g* 
hat. Wenn bei der Bewegung des Rades und Getriebes neben 
Iegtereß diefe Öffnung zu ftehen Fommt, fo wendet es fich um den 
legten Zahn- herum, tritt in bad Innere des verzahnten Kreiſes 
(wie die Punftirung anzeigt), und dreht nun, nach der nähmlis 
hen Richtung ſich fortberuegend, daß Rad f? verkehrt, Dieß dauert 


. ‚Grobfpindelban. 555 


ſo lange, bis abermahls die Öffnung g* neben das Getrieb fommt, 
worauf fich dadfelbe nun um den legten Zahn diefer Seite herum 
-wendet, und wieder auf dem dußern Umfreife eingreift. Diefe 
Anordnung bewirkt, daß bei unveränderter Bewegung von d’ und 
allen Damit zufammenhängenden Theilen, dad Rad f? mit feiner 
Welle e? abwechfelnd eine Umdrehung rechts, und eine links macht. 
Damit diefer Erfolg eintrete, muß die Achfe c? des Getriebes fich 
feitwärtö verfchieben fönnen, ohne daß der Eingriff zwifchen a 
und b! aufhört. Man’bewirft diefes Dadurch, daß man das Ende 
der genannten Achfe, zunächft be, in eine Hülfe oder ein Lager i® 
fledt, worin fie fich drehen fann, diefer Hülfe aber als abwärtd« 
gehende Verlängerung ein fenfrechted Rohr gibt, welches auf den 
Zapfen des Fonifchen Betriebes a® gefledt wird. Fig. A auf Tas 
fel 15 zeigt diefe Einrichtung nad) größerem Maßftabe und im 

Durchſchnitte. Das zweite Lager der Achſe, zunaͤchſt de, muß 
ebenfalls eine Beweglichkeit nach der Seite befigen. Wenn dem- 
nad) dad Getrieb de durch die Öffnung des Rades f? heraus oder 
hinein ſich ſchiebt, fo macht feine Achfe .c? eine entfprechende 
Heine Winfelbewegung um den Zapfen von a®, mittelft ded Roh⸗ 
red von 1°; a° und b? bleiben daher vollfommen im Eingriffe mit 
einander. 

Die oben befchriebene abwechfelnde Drehung des Rades f 
dient, um das Heben und Senken der Spulen zu bewirken. Die 
Achfe e* befigt.zu diefem Behufe zwei Getriebe n?, n?, welche in 
die Zahnflangen m?, m?, der Spulenbanf p eingreifen, und hier⸗ 
durch die letztere, ſammt den darauf ruhenden Spulen, abwech⸗ 
felnd heben und fenfen. Das Gewicht der Spulenbanf und aller 
derfelben zugehörigen Theile ift durch zwei Gegengewichte mt, 
deren bein+ (Big. 8) am Geftelle befeftigte Schnüre über die Rol⸗ 
Ien 0*, o*, o* Taufen, aufgewogen ; fo, daß die Bewegung mit 
gleicher Leichtigfeit ſowohl auf: ald abwärts erfolgte. Die oberen 
zwei von den drei erwähnten Rollen eines jeden Gewichtes find 
am Geftelle feſt; die untere, über welche die Schnur. zuerft Täuft, 
ift mit Der EIERN verbumden, ſteigt und ſinkt alſo auch mit 
derſelben. 

So lange die Friktions Scheibe x’ in der nähmlichen Höhe 
bleibt, alfo von dem näbmlichen Kreiſe der Scheibe g ihre Bewer 


556 . Baumwollſpinnerei. 


gung nimmt, iſt auch die auf und nieder ſteigende Bewegung der 
Spulenbank gleihförmig. Wenn aber jene Scheibe x’ in die Höhe 
geht, fo, daß fie einen kleinern Kreis auf der Fläche von g’ be: 
rührt, fo muß ihre Bewegung in entfprehendem Maße langfamer 
werden. Diefes ift das Mittel, die Schiebung der Spulen zu 
verzögern. Es ift aber gezeigt worden (&. 549), daß auch die 
Umdrehung der Spulen in einem angemeflenen Grade eine Verzö- 
gerung erfahren muß. Hierzu dient der fchon oben (&. 552) be- 
fehriebene Kegel k’,.der, wenn der Riemen n‘’ allmählich auf im- 
mer kleinere Durchmeffer desſelben zu liegen fonımt, die Rollen q 
der Spulen mit abnehmender Sefchwindigfeit umtreibt, da er felbft 
mit der Achfe c/ gleihförmig ſchnell ſich bewegt. Um diefe Ver: 
änderung zu bewirken, wird der Kegel längs feiner Achfe fortge⸗ 
fhoben, indeß der auf ihm liegende Riemen fortwährend in der 
nähmlichen vertifalen Ebene bleibt, und durch das Gewicht des 
Klobens o! gefpannt wird. Zur Verfchiebung des Kegels dient 
folgender Mechanismus, den man am beſten mit Beihilfe der 
Figuren 5, 6 (Anficht von oben) und 7, Taf. ı5, kennen lernt. 
Eine lange gußeiferne Platte m’, welche zwei horizontal von ihr 
ausgehende Doden 0°, o®! trägt, ift auf der vordern vertifalen 
Fläche der Banf A befeftigt. Durch die erwähnten beiden Doden 
geht frei eine zylindrifche Stange n?, welche in Fig. 7, Taf. 15, 
weggelaffen ift, damit man die hinter derfelben Tiegenden Theile 
deutlich fehen fan. Auf diefer Stange befindet fich eine Art Ga⸗ 
bel p? p?, in welcher die auszuwechſelnde Zahnftange q? befeftigt 
if. Die Zähne diefer Stange ftehen ungleich weit von einander, 
und find fo geordnet, daß jeder Zahn der untern Seite. zwifchen zwei | 
Zähnen der obern Seite fich befindet. Ihre Anzahl hängt von 

der Anzahl Umwindungen des Gefpinnftes ab, welche zur Anfül- 
lung einer Spule erforderlich find; fie beträgt in dem meiften- 
Bällen 20 oder a2. Die Stange n? ift in den Doden o° verfchicb- 
bar, wie die Gabel p? der Zahnflange auf der Stange n? und 
längs der Släche von m!, wo zwei Lappen u?, u? angebracht find, 
um die Gabel in ihrer geraden Richtung zu erhalten. Auf der 
"Platte m? befinden fich die Drehungspunfte der zwei Sperrhafen 
w®, x’, von welchen der obere durch feine eigene Schwere, der 
untere durch ein Gegengewicht y’ gegen die Zahnſtange gedrüdt, 


Grobſpindelbank. 557 


und zwifchen. bie Zähne berfelben einzufallen genöthigt wird. Man 
fieht in Zig. 6, Zaf. 16, bei vꝰ den Zapfen des Sperrhafend we 
allein, weil der Hafen, um Undeutlichkeit zu vermeiden, wegge⸗ 
laſſen iſt. Eine Stoßftange 1°, auf welcher fid) oben, bei s’, ein 
Stift befindet, geht hinter der Zahnſtange, zwifchen dieſer und 
der Platte m? hinauf, und hat die Beſtimmung, nad) Erforder- 
niß einen oder den andern der beiden Sperrhafen auszuheben: 
den obern, indem das obere Ende der Stange felbft dagegen ftößt; 
der untern mittelft des eben erwähnten Stiftes s’. Nie find das 
ber-beide Sperrhafen zugleich ausgehoben, fondern entweder der 
untere oder der obere hält die Zahnſtange feit, indem er fich gegen 
einen ihrer Zähne ftämmt. Die vertifale Bewegung aufs ober 
abwärts, welche die Stange 1? erhalten muß, um das Audheben 
der Sperrhafen zu bewirken, wird ihr von der Spulenbank p ge⸗ 
geben, indem an diefer ein horizontaler Arm v? (Fig. 8, Taf. ı4) 
befeftigt ijt, der jene Stange umfaßt. Auf der Stoßftange find 
zwei Ringe h? und k®, jeder mittelft einer Schraube, befeftigt. 
Wenn die Spulenbanf im Hinaufgehen begriffen ift, ſo ftößt am 
- Ende diefer Bewegung der Arm v? gegen den Ring h’, hebt die 
©tange 3? Daran empor, und entfernt alfo den Sperrhafen we 
(Gig. 7, Taf. 15) von dem Zahne der Stange q’, vor welchem 
er eben liegt. Beim Herabgehen der Spulenbanf aber begegnet 
v2, wenn die Bewegung in diefer Richtung beinahe beendigt ift, 
dem Ringe k?, zieht mittelft deöfelben die Stange l2 etwas herab, 
und bewirft fomit die Entfernung des Hakens x? (Fig. 7, Taf. ı5) 
von der Stange q’. Jedes Mahl, wenn einer der Hafen ausge⸗ 
hoben wird, erhält die Zahnftange Die Freiheit, fi um ein Fleis 
ned Stüd in der Richtung des Pfeiles (Fig. 7, Taf. 25) fortzur 
bewegen; fo weit nähmlich, daß der andere Sperrhafen an dem 
nächften ihm begegnenden Zahne anſteht. Man wird nun die 
Urfache begreifen, warum die Zähne an der obern und untern 
Seite der Stange q’ nicht einander gegenüber, fondern abwech« 
felnd ſtehen. | 

Bon der Zahuftange aus wird auf folgende Art die Schies 
bung des Kegeld k’ und die Hebung der Achſe ye, diefe wie-jene 
in immer Pleiner werdenden Abfäßen, hervorgebracht. Ein gro« 
Ber vechtwinfliger Hebel t/ v’/, der feinen Drehungspunft bei p* 


558 Baummwollfpinnerei, 


hat, befigt am obern Ende feined Tangen Armes t’ einen Tänglichen 
Einfchnitt, durch welchen ein an der Zahnflange q* befindlicher 
Stift r? geht (Big. 9,6,7, Taf. 15); fo zwar, daß der Hebel der 
Bewegung der Zahnftange folgen muß. Das Ende des kurzen 
Sebelarmes trägt, wie fchon erwähnt worden ift, die Pfanne der 
Achfe y*; Daher wird, in dem Maße, wie die Zahnſtange vorrüct, 
die Zriftions:Scheibe x’ gehoben, und dem Mittelpunfte von g 
‚genähert, folglich ihre Umdrehung und die Schiebung der Spulen 
langſamer gemacht. Auf der zylindrifchen Stange n? ift ferner, 
mittelft Des Rohres 2° (Big. 7, Taf. 15) umd einer Schraube, das 
mit einem langen Einfchnitte verfehene Stud s/ 8/ befeftigt. Eine 
Gabel u u, welche mittelft ber Schraubenmutter a* in dem Aus⸗ 
fehnitte feftgeftellt ift, umfaßt den Arm t des Winfelhebeld; und 
ein auf der Fläche von s eingenieteted Rohr r’ ift beftimmt, die 
Ziehſtauge q’/ des Kegeld k’ (Big. 7, Taf. 14) aufzunehmen. Ein 
Gewicht f*, deflen Schnur b* an der zylindrifchen Stange n? 
feſtgemacht ift, ftrebt diefe Stange beftändig iu der Richtung des 
Pfeiles fort zu ziehen. Diefer Anordnung gemäß wird durch die 
Stange n?, jedes Mahl, wenn die Stoßftange 1? einen der Sperr- 
haken auöhebt, der Kegel k’, der Hebel tr’ v‘, und. von diefem die 
Bahnftange q?, in Bewegung gefeht. Es ift offenbar, daß man 
die Bewegung des Kegeld größer oder Pleiner machen faun ‚-in« 
dem man die Gabel u u weiter oben oder unten in dem Ausfchnitte 
von, s’ befeſtigt. Die Anzahl der Zähne an der Stange q? iſt fo 
berechnet, daß die Spulen gerade voll find, wenn der legte Zahn 
vor den Sperrhafen gelangt ift, und von demfelben ausgelaijen 
wird. Alsdann gleitet die Zahnſtange, von nichts mehr aufgehal- 
ten, durch den Zug des Gewichtes f* plöglich und weit fort, und 
bringt, durch diefe Bewegung felbit, die Mafchine zum Stillſte⸗ 
ben, wozu folgende Vorrichtung angebracht iſt. Ein rechtwinffis 
ger Hebel, der feinen Drehungspunft in g* hat, befindet ſich auf 
der Geitenfläche der Banf A, und befipt am Ende feines horizon» 
talen Armes eine Rolle d*, über welche die Schnur b* des Ge⸗ 
wichtes f* gelegt iſt. Das Ende des fenfrechten Armes ift gabel- 
förmig, und umfaßt die lange und dünne Stange k*, an deren 
entgegengefeßtem Ende ber Trichter 1° befeftigt if. Durch diefen 
Trichter Täuft der die. Mafchine in Bewegung fegende Riemen auf 


Grobfpindelbanf. 5509 


die Rolle a’ hinab. Mit dem Winfelhebel ift bei h* eine andere 
Stange c* verbunden, welche mit einem bei e* befindlichen Eins 
fhnitte auf der Docke 0? liegt, und hierdurch den Hebel g*, dem 
Gewichte ft zum Zroß, in feiner aufrechten Stellung erhält. Im 
dem Augenblide-nun, wo, wie oben erwähnt, die Zahnflange qP: 
frei wird, flößt beim fchnellen Vorwärtögehen derfelben der Arm 
p? ihrer Gabel gegen die untere, abgefchrägte Seite von e*, hebt 
diefe Stange empor, und macht fomit den Hebel Z* frei, deffen 
ſenkrechter Arm durch den Zug des Gewichtes ſich neigt, die 
Stange .k* an dem auf ihr befefligten Ringe i* vor fich her treibt, 
und alfo mittelft des Trichters 1° den Riemen auf die Iofe Rolle b’ 
binuber fchiebt. Daß man auch zu jeder andern beliebigen Zeit 
die Mafchine kann zum: Stillftiehen bringen, bloß indem man 
die Stange k’ mit der Hand fchiebt, ift ohne einzus 
ſehen. 

Man wird nach dem Bisherigen die Wirkung Spindel⸗ 
bank voͤllig überſehen können. Es erübrigen nur noch einige nach⸗ 
traͤgliche Bemerkungen über den Kegel k/, die Zahnſtange q*, und 
die Sefchwindigfeit der Arbeit. 

Wenn.man den Durchmeſſer der leeren Spulen fennt, sub 
weiß, wie viele Umdrehungen fie in gegebener Zeit machen müffen, 
um das von den Stredwalzen und Spindeln gelieferte Gefpinnft 
richtig aufzuwickeln; fo laͤßt fi, indem man die Durchmeifer der 
‚ Rollen q und t?, fo wie der Trommel m’ (Big. 7, Taf. ı4) be 
sädfichtigt,, leicht der Durchmeffer finden, welchen der Kegel zur 
Hervorbringung jener Anzahl von Umdrehungen haben muß. Dies 
ſes ift der Durchmeifer für die größere Grundfläche. Der Durch⸗ 
meffer der Fleinern ergibt fich auf diefelbe Weife, wenn der Durch⸗ 
meſſer der Spulen vor der legten Umwidlung, alfo auch die jegt 
in einer gewiffen Zeit nöthige Anzahl von Umdrehungen, befannt 
iſt. Die Länge des Kegels tft willfürlich, darf aber nicht zu flein 
genommen werden,-damit er nicht zu fpikig ausfalle, und der: 
Riemen möglihft vollfommen die Oberfläche in feiner ganzen Breite 
. berühre. Es fommt nun darauf an, die Größe des Raumes zu 
beftimmen, um welchen der Kegel nach jeder vollendeten Umwin⸗ 
dung (oder eigentlich Reihe von Ummwindungen) des Gefpinnftes 
um die Spule fortgefchoben werden muß, weil hiervon die Stel⸗ 


560 Baumwollſpinnerei. 


lung der Zähne an der Stange q! abhängt. Es unterliegt feinem 
Anftande, diefen Raum für alle auf einander folgenden Verſchie⸗ 
bangen duch Rechnung zu fiuden, und darnach die Verzahnung 
der Stange einzurichten; man wird aber folgendes bequemere 
Verfahren vorziehen. Wenn aus der Länge des Kegels die Länge 
der Zahnflange gefunden ift, fo nimmt man legtere zum Halbmeſ⸗ 
fer, um aus dem Punfte a (Fig. 8, Zaf. ı5) einen Viertelfreis 
be zu beichreiben; theilt diefen in fo viel gleiche Theile, als Zähne 
auf der Stange erforderlich find; trägt von a nad) d den Durch⸗ 
meſſer einer vollen Spule auf, und zieht aus d gerade Linien nach 
allen Zheilungspunften des Bogens. Die Durchſchnitte dieſer 
Linien mit a c geben die Stellen für die Zähne auf der Stange. 
Die Anzahl der Zähne ift gleich jener der Umwindungen, durch 
welche die Spule angefüllt wird ; "daher muß man für feineres Ge 
fpinnft eine. Zahnftange mit mehr Zähnen einſetzen. 

Eine Grobfpindelbanf von der hier befchriebenen Einrichtung 
„liefert von jeder Spindel des Tages (in zwölf Stunden) 6 bis 6% 
Pfund Vorgefpinnft, von der Beinheit Ar. 5 bis ı (d. 5. wovon 
bei 3oon Fuß auf das Pfund gehen). Eine Perfon kann über 
‘wei Spindelbänfe die Aufficht führen, die abreißenden Fäden er⸗ 
gänzen, und die voll gewordenen Spulen gegen leere .umtaufchen. 
Der Abfall bei dieſer Mafchine befteht in den von abgerillenen 
Faͤden weggenomnienen Stüden, und wird fo wie jener der Stre⸗ 
den (&. 541) verivendet. 

Man bat der Spindelbanf eine Einrichtung zu — ver⸗ 
ſucht, wodurch der Mechanismus zur Verzoͤgerung der Spulen⸗ 
bewegung erſpart werden Fönnte. Das Weſentliche hiervon iſt an 
der in Fig. 12, Taf. 15 gezeichneten Spindel ‚angegeben. Die 
Spindel a wird mittelft des an ihr befindlichen Eonifchen Getriebes 
b umgedreht. Sie trägt oben einen Rahmen c c, und über dies 
fem, auf dem Bogen d d, einen Trichter e, durch welchen der 
von den Stredwalzen Fommende Baden herein läuft, um auf die 
horizontal liegende Spule f zu gelangen. Die Achfe der legtern 
ftedt in langen fenfrechten Spalten des Rahmens c c, worin fie 
fih, wenn ihr Durchmeſſer zunimmt, ‚heben fann. Die Spule 
ſelbſt ruht auf dem Umkreiſe einer Walze g, deren über den Rab: 
men o hinaudragende Achſe an ihren Enden zwei Fonifche Räder, 


Srobfpindelbanf. 561 


hund i, trägt. Unter dem Rahmen ift ein doppelt verzahntes 
Rad k 1 Iofe auf die Spindel geftedt. In die obere, Fonifche 
Verzahnung 1 desfelben greifen h und i ein; mittelft der untern, 
k, empfängt das Rad eine Drehung, welche unabhängig von je: 
ner der Spindel, nad) der nähmlichen Seite hin gerichtet, aber 
langſamer ift. Wäre dieſe Bewegung des Rades kl nicht, fo 
würden alle angegebenen Theile mit der Spindel, und mit eben 
der Sefhwindigfeit, wie diefelbe, umlaufen; der durch e eintres 
tende Faden würde bloß gedreht werden. Durch den Eingriff, 
weldyer dem Rade k 1 feine eigenthümliche Bewegung gibt, wird 
aber dieſes Rad gegen die Spindel etwas zurüdgehalten, während 
das an der Walze g befefligte Rad h mit unverminderter Schnel⸗ 
ligfeit im Kreife berumgeht. Die Folge davon ijt, daß h, und 
folglich die Walze, ſich mit entfprechender Sefchwindigfeit um die 
Horizontale Achfe dreht. Das Rad i ift an der Achfe von g nicht 
feft, fondern ftedt nur Iofe darauf, weil es genöthigt ift, fich 
nach entgegengefepter Richtung zu drehen. Die Reibung der 
Walze g an der darauf liegenden (allenfalls noch befchwerten) 
Spule £ dreht Ieptere um; und da diefe Bewegung am Umfreife 
mitgetheilt wird, fo gefchieht die Aufwiclung jtets mit gleichför« 
miger Öefchwindigfeit, der Durchmeſſer der Spule mag immerhin 
zunehmen. Um die fonft gewöhnliche Schiebung der Spule zu 
erfegen, muß noch oben auf dem Rahmen c c eine Vorrichtung 
angebracht werden, welde den durch den Trichter e gefommenen 
Faden längs der Spule hin und ber führt. Es if überflüffig, 
diefelbe zu befchreiben. Sie ift nicht einfach, und macht, da fie 
fi gleich dem Räderwerfe hi kl bei jeder Spindel wiederhohlt, 
die ganze Mafchine fo fomplizirt, Daß die Einrichtung der Spin 
delbänfe mit vertifal ftehenden Spulen wohl immer den Vorzug 
behalten wird. Das Nähmliche gilt in Bezug auf einen andern 
Rerfuh, den man gemacht hat, nähmlich die, ebenfalls durch 
Reibung von einer Walze umgedrehten, horizontalen Spulen ganz 
von den Spindeln zu trennen, leßteren die Geſtalt eines Rohres 
zu geben, durch welches der Faden läuft, und fie während ihrer 
Umdrehung zugleich vor den Walzen hin und her zu fchieben. Be⸗ 
achtenswerth fcheint Dagegen der Vorfchlag zu feyn, die Drehung 
Technol. Encyclop. L Bd. 36 


4 


562 Baumwollfpinnerei, 


ohne Spindeln, durch einen fich ſchnell bewegenden Riemen ohne 


Ende zu bewirken, zwiſchen deſſen einander faft berührenden Thei⸗ 
len die geſtreckten Bänder durchgehen. 


Fünfte Dperation. 
Das zweite Spinnen. 
Die loderen, wenig gedrebten, faft fingerdiden Faͤden, 
welche durch das erfte Spinnen auf den Laternen oder Grob⸗ 


fpindelbänfen erzeugt find, werden bei diefer Operation durch wei« 
tere Verfeinerung und ftärfere Drehung in grobe Fäden, beiläufig 


yon der Dide des Bindfadens, verwandelt, welche man gewöhns 


ih Borgefpinnft, und daher die Operation felbft das Vor⸗ 


fpinnen nennt. Es ift hier die Bemerfung zu machen, daß die 


Drehung beim zweiten Spinnen nicht in derfelben Richtung Statt 
findet, wie dad erſte Mahl, fondern daß die zweite Drehung der 
erften entgegengefeßt ift, mithin der Faden zuerft aufgedreht, und 
dann wieder fefter, aber verfehrt, zufammengedreht wird. Der 
Gebrauch hat diefed Verfahren eingeführt; obfchon fich Feine halt« 
bare Urſache dafiir angeben läßt, und es vielmehr zweckwidrig 
ſcheint, eine Arbeit zu verrichten, die man dann ohne Nußen wies 
der zerftört. Würde man fchon beim erften Spinnen den Fäden 
die Drehung. nach jener Seite geben, nach welcher fie beim zwei⸗ 
ten Spinnen bewirkt wird, fo brauchte man hier nur das Feh⸗ 
ende nachzutragen, wobei eine wirflihe Erfparing an Kraft, 
oder ein Gewinn an Schnelligfeit der Arbeit, Statt fände. 

Die Mafchinen, welche man zum zweiten Spinnen anwen- 
det, find verfchieden. In vielen Babrifen bedient man ſich noch 
der ehemahls allgemein in Bebrauch gewefenen Borfpinnmar 
fhinen (engl. Stretcher oder Billy, franzöf. Machine a filer 
en gros, on en doux, Mull-jenny en gros); in anderen ift zu 
diefem Behufe eine etwas. veränderte Spindelbanf (Bein- 
fpindelbanf, engl. Jack frame, franzöf. Banc à broches en 


fin) eingeführt. 


I) Die gewoͤhnliche Borfpinnmafdine (au Gro b⸗ 
ſtuhl genannt) gleicht in ihrer Einrichtung, bis auf einige geringe 
Unterſchiede, der zum dritten Spinnen oder Feinſpinnen üblichen 
Mulemaſchine, deren Beſchreibung man unten (S.573) findet. Die 


@ 


Vorſpinnmaſchine. 563 


mit den groben Faͤden der Laternen oder Srobfpindelbanf anger 
fülten Spulen werden oben im bintern Theile des Geftelled in 
zwei Reihen über einander aufgeftedt; diefe Faͤden gehen zuerft, 
fo wie auf der Spindelbanf, durch drei Paar Stredwalzen, und 
beim Austritte aus denfelben nach den Spindeln bin. Leptere 
haben Feine Spulen, fondern wiceln den Baden um fich felbit auf, 
nachdem fie ihn zufammengedreht haben. Sie flehen in einer mit 
den Stredwalzen parallelen Reihe, auf einem Wagen, der fich 
während der Umdrehung der Stredwalzen allmählich auf ungefähr 
fünf Fuß von denfelben entfernt. Die Sefchwindigfeit, mit wel» 
cher dieſe Bewegung gefchieht, übertrifft ein wenig die Umfangs⸗ 
gefchwindigfeit des letzten Stredwalzen- Paares; ſo zwar, daß der 
Wagen hierdurd) einen bei fünf Fuß Tangen Baden, welchen er von 
den Walzen erhält, etwa noch um vier Zoll verlängert. Wenn 
der Wagen am Ende feines Weges angekommen ift, fo wird er 
wieder gegen die, augenblicklich. fill fiehenden, Walzen hinein 
geführt, welche nun die Faͤden um fi) aufwideln. Auf diefe 
Weiſe wird fortwährend mit dem Spinnen (d. i. Ausziehen und 
Drehen) und mit dem Aufwickeln abgewechfelt. Wenn die Spin« 
deln ganz angefült find, fchiebt man die muffartigen Garnwidel 
von denfelben herab, und ftedt fie auf andere, hölzerne, Spindeln, 
oder blecherne Röhrchen, mit welchen fie auf die Feinſpinnma⸗ 
fhine, zum dritten Spinnen, gebracht werden. Bon den gerif⸗ 
felten Walzen ded Streckwerkes haben die erſten zwei neun Linien 
Durchmeſſer und 45 Niffeln, die dritte 12 Linien Durchmeſſer 
und bo Riffeln. Bei einer Umdrehung der erſten Walze macht 
Die zweite etwa ı-;, die dritte 3, 4, auch wohl (wenn man feiner 
fpinnen will) mehr Umdrehungen. Die Faͤden werden demnach 
auf da 4« bis Sfache, und darüber verlängert. Die Vorfpinns 
mafchinen haben im Allgemeinen halb. fo viel Spindeln als die 
Mulemafchinen zum Feinſpinnen, bei gleicher Länge; weil die 
Spindeln, wegen der größern Dide des Fadens größer, und weis 
ter von einander entfernt feyn müffen. Am gewöhnlichfien beträgt 
die Anzahl der Spindeln go oder 108. Hierin, ferner in der 
‚geringern Stredung der Faͤden bei der Worfpinnmafchine, und 
endlich in dem Umftande, daß die Drehung mit der Streckung 


zugleich aufhört (während fie bei den en etwas 
| 36 * 





50% Baumwollſpinnerei. 


1 


länger dauert), Tiegen die Haupt-Unterſchiede zwifchen den Vor⸗ 
und Seinfpinnmafchinen. 

I) Die Feinſpindelbank, welde, wie erwähnt, be= 
reits häufig an die Stelle der Vorfpinnmafchine getreten ift, ftimme 
mit der oben ausführlich befchriebenen Grobfpindelbanf faft in allen 
Hauptpunkten überein. Die bemerfenswerthen Unterfchiede, welche 
man mit Hülfe der Zeichnungen Fig. 7 und 8 auf Taf. 14 leicht 
verftehen wird, Taffen fich in folgende Punkte zufammenfaffen : 

2) Im obern Xheile des Geftelles ift ein Rahmen ange⸗ 
bracht, in welchem die mit dem dien Vorgefpinnfte angefüllten 
Spulen der Srobfpindelbanf, auf hölzernen Spindeln ſteckend, in 
zwei über einander befindlichen Reihen aufgeftellt werden, fo, daß 
ihre Fäden, um nach den Streckwalzen zu gelangen, etwas fchräg 
abwärts Iaufen müffen. Dagegen fehlt das fchräge Bret f. 

3) Stredwalzen find in jeder Reihe nur halb fo viel vorhan- 
den, ald Spindeln find; fo daß zwifchen jedem Walzenpaare zwei 
Fäden durchgehen. Weil aber die Fäden, wenn fie immer die 
naͤhmliche Stelle der Walzen berühren, mit der Zeit NRinnen in ' 
die Drucdwalzen eindrüden, und dann nicht mehr hinreichend 
ſtark gefaßt werden; fo hat man eine Veranflaltung getroffen, 
wodurch die Gabeln e, welche den Fäden bei ihrem Eintritte zur 
Leitung dienen, langfam hin und her gefchoben werden. Zu die⸗ 
ſem Behufe verfieht man das linke Ende der vorbern Riffelwalze a, 
außerhalb des Getriebe 1, mit einigen Schraubengängen,, und 
läßt diefe in ein horizontaled Rad von 100 Zähnen eingreifen. 
Auf der obern Fläche diefes Rades fleht außerhalb des Mittel: 
punftes ein Stift, der ald Kurbelmarze dient, um mittelft einer 
angehängten Meinen Ziehftange bie Leifte, auf welcher ſich die oben 
erwähnten Gabeln befinden, laͤngs den Walzen bin und her zu 
führen. Zuweilen bringt man ein boppeltes Stredwerf, naͤhm⸗ 
lich zwei Mahl drei Walzenpaare, an, um eine größere Verfeines 
rung des Fadens zu bewirfen. 

3) Die Spulen find Feiner, nähmlid nur b oder 7 Zoll 
lang, und in größerer Anzahl (48 bis 60) vorhanden. Die Spin- 
dein find im Verhältniffe Fürzer. 

4) Die Rollen k der Spindeln find nicht größer als jene q 
der Spulen. Die Trommel m’ ift größer. Die Folge davon ift, 


Keinfpindelbanf. 563 


daß die Spulen langſamet umlaufen, als die Spindeln, und 
zwar, weil hier das Auſwickeln des Geſpinnſtes nicht auf dieſelbe 
Weiſe wie bei der Grobſpindelbank vor ſich geht. Bei der Be⸗ 
ſchreibung der letztern iſt ( S. 548) gefagt worden, daß die Spu⸗ 
len den Faden um ſich aufwickeln, vermöge eines Überfchuffes von 
Sefchwindigfeit, den fie vor den Spindeln voraus haben. Der 
Zwed fann aber auch auf dem entgegengefepten Wege, nähmlich 
dadurch erreicht werden, daß man die Spule hinter der Spindel 
zurücdbleiben läßt. In der That, wenn z. B. die Spindel 3o 
Umläufe macht, während die Spule nur 20 Mahl um ihre Achfe 
fich dreht ; fo ift der Erfolg gerade fo, als wenn die Spule ftill- 
geftanden wäre, und die Spindel Jo — 20, d. i. so Umgänge 
gemacht hätte: es wickelt ſich nähmlich der durch Die Gabel der 
Spindel berumgeführte Baden zehn Mahl auf die Spule. Die 
Urfache von diefer Abänderung des Aufwidlungs = Prozefles ift 
durch die Betrachfung gegeben, daß, bei der zur flärfern Drehung 
des Fadens nöthigen größern Schnelligfeit der Spindeln auf der 
Feinbank, die Geſchwindigkeit der Spulen gar zu groß ausfallen, 
und daher unnöthigen Kraftverluft mit ſich führen müßte, wenn 
man die Einrichtung der Grobbank in Diefem Punkte auch hier bei» 
behielte. e 

6) Die Gefchwindigfeit, mit welcher die Spulen umlaufen, 
muß zunehmen, wenn ihr Durchmeifer zunimmt, damit fie um we⸗ 
siiger gegen die Spindeln zurücd bleiben. Wenn etwa (um das 
&.549 angenommene Beifpiel wieder zu wählen) ein Stüd Faden 
von 45 Zoll Länge 3o Drebungen erhalten folte, fo müßte zu 
diefem Behufe die Spindel ebenfalld 3o Umläufe machen. Die 
Spule hingegen müßte, wenn ihr Umkreis 4 Zoll betrüge, um 
10, und wenn er auf 9 Zoll gewachfen wäre, um 5 Umdrehungen 
weniger vollbringen: im erjtern Falle alfo 20, im lestern 25; 
Überhaupt verhält fich hier der Überfchuß an Umdrehungen, wel: 
chen die Spindel vor der Spule voraus hat, umgefehrt wie Der 
Durchmefler oder Umfreid der Spule. Man erreicht diefe Ber 
fhleunigung der Spulen durch Umkehrung des Kegels h’, der bei 
der Feinbanf feine größere Bafis dort hat, wo in der Grobbanf 
die Heinere fich befindet, und alfo dergeftalt gefhoben wird, daß 
ber Riemen n’ almählid, dem dickern Ende fich nähert. 


566 Braunmwollſpinnerei. 


6) Spindeln und Spulen laufen nad) einerlei Richtung 
nam, wie bei der Grobbanf, aber nicht nach der nähmlichen wie 
dort; weil die Drehung des Fadens nad) der entgegengefehten 
Seite geihieht (8.562). Man erhält diefen Erfolg durch ver- 
Schrte Umdrehung des Kegeld k’ und feiner Achfe. 

7) Die Schiebung der Spulen längs den Spindeln muß 
zwar ebenfalls mit dem Wachen des Durchmeflers der Spule lang⸗ 
famer werden, aus dem (&. 549) erflärten Grunde; allein fie ift 
überhaupt fchon weniger fchnell, weil dad Geſpinnſt feiner if. 
Man maht darum die Getriebe n?, n?, welche die Spulenbanf 
an ihren Zahnflangen m* heben und fenfen, von geringerem 
Durchmefler, gibt aud dem Getriebe w’/ nur ı2, dem Rade =* 
Dagegen 70, und dem auszuwechfelnden Fonifchen Getriebe a® 22 
bis 26 Zähne. oo. 

8) An der Stelle des 5o zähnigen Rades b? ift ein 24 zaͤh⸗ 
niges ©etrieb angebracht, welches bewirkt, daß, die gleihe Ges 
ſchwindigkeit der Achfe e· vorausgeſetzt, die Stredwalzen ſich im 
Verhaͤltniſſe 24 : 50 langfamer drehen, und alfo in ber Minute 
ftatt 382.6 Zoll nur 1353 Zoll Faden liefern. Auf diefe Länge 
kommen bei 350 Umdrehungen, mithin auf 3 ZoU des Fadens 
5: Umdrehungen. Die auf der Srobbanf (©. 552) dem Faden 
gegebene fchwache Drehung ift Durch die Stredung fo ausgedehnt 
worden, daß fie in gar Feine Betrachtung mehr kommt, und die 
entgegengefeste Drehung, welche dem Geſpinnſte jest erteilt wird, 
nicht merflich vermindert. In der That, Da die Stredung durch 
die Walzen ungefähr auf das Fuͤnffache fleigt (mehr oder weniger, 
je nachdem e8 die Feinheit des zu erzeugenden Garne verlangt), 
drei Zoll des Fadens alfo auf 16 Zoll verlängert worden find, fo 
ift faum * einer Umdrehung auf einem Zoll Ränge übrig geblieben; 
wogegen die neue Drehung faft vierzehn Mahl fo viel beträgt. 

Der von der Seinfpindelbanf gelieferte Faden ift ungefähr 
von der Seinheitö-Nummer 42, wenn er von der Grobbanf mit der 
(©. 550) angezeigten Seinheit gefommen ift. Das Erzengniß kann 
des Tages gegen 1 Pfund von jeder Spindel betragen. Eine 
Derfon beforgt zwei Spindelbänfe. Der Abfall hier, fo wie bei 
den gewöhnlichen Worfpinnmafchinen (&. 562), befteht in den 
Stücken der von felbft abreißenden Fäden und derjenigen, welche 


Water » Spinnmafchine. 367 


der aufſehende Arbeiter, wenn er ſehr ungleiche Stellen darin be⸗ 
merkt, abreißt; ferner in den an den Streckwalzen haͤngen blei⸗ 
benden Baumwollfaſern. Er wird der rohen Baumwolle bei der 
Bearbeitung auf der Putzmaſchine (dem Batteur ‚plucheur, 
©. 500) zugemifcht. 


Sechste Dyeration. 
Das dritte Spinnen. 

Diefe Operation, welde gewöhnlich das Feinſpinnen 
genannt wird, vollendet die Erzeugung des Garnfadens, indem 
das von der Vorfpiunmafchine (©. 562) oder der Feinfpindelbanf 
(8.564) gelieferte Vorgefpinnft noch ferner zu dem erforderlichen 
Grade auögedehnt, und zugleich fo flarf, als es nöthig iſt, ge⸗ 
dreht wird. Es find zwei Hauptarten von Spinnmafchinen (Bein 
fpinnmafdhinen, Feinſtühle, engl. Spinning machines, 
franzöf. Machines a filer en fin) hierzu gebraäuchlich, welche ſich 
durch die Art, wie der gefponnene Baden aufgewidelt wird, von 
einander unterfcheiden: nähmlich die Watermafchine und die 
Mulemafchine. Erftere hat nur in einzelnen, fpäter anzuge⸗ 
benden Fällen den Vorzug; die größte Zahl der Spinnmafchinen, 
welche in den Fabriken gefunden werden, befteht in Mulema- 
fchinen. Die Befchreibung der einfacheren Watermafchine fol 
jedoch den Anfang machen. 

I) Die Bater:Spinnmafchine, Droffelmafdine, 
(engl. Water spinning frame, Throstle, franzöf. Continue) hat 
nach der jegt allgemein gebräuchlichen Bauart folgende Einrich⸗ 
tung, welche auf Taf. 15, Big. q, im fenfrechten Durchfchnitte 
abgebildet ifl. Die hier gezeichnete Mafchine iſt eine doppelte, 
d.h. eine folche, welche zu beiden langen Seiten des Gejtelles 
eine Reihe Spindeln, fammt allen dazu gehörigen Theilen, befigt. 
Die mit dem Vorgefpinnfte von der Seinfpindelbanf oder der Mule: 
Rorfpinnmafchine angefüllten Spulen oder Spindeln find bei a, a, 
in zwei Reihen aufgeftellt. b, c, d, find drei Paar Stredwalzen, 
ducch welche der durchgehende Faden auf die ſchon befannte Art 
zum erforderlichen Grade verfeinert wird. Beim Austritte aus den 
vorderfien Walzen Täuft jeder Baden durch einen Drabtring e, 
ber ihm die fenfrechte" Richtung nach der Spindel £ g bin gibt, 


568 . | Baummollfpinnerei. 


Die Spindeln, welche das Zufammendrehen und Aufwideln des 
von den Walzen ihnen zugeführten Fadens gleichzeitig und ohne 
Unterbrechung verrichten (daher die franzöfifche Benennung Con- 
tinue), find entweder von Stahl, oder von Eifen und am untern 
Ende verftählt. Sie ftehen bei g in Pfannen, gehen bei v durch 
einen Ring, der fie in ihrer Richtung erhält, und Drehen fich mit 
außerordentlicher Schnelligfeit um ihre Achſe. Die Spule h, 
welche den gefponnenen Faden aufnehmen fol, ſteckt Iofe auf der 
Spindel, und ruht, unabhängig von der Umdrehung der legtern, 

auf einer blechernen Schiene (der Blechbank, Spulenbank)l. 
Ganz oben ift auf die Spindel eine aus Eifendrabt beftehende 
Gabelik feftgeftedt oder feftgefchraubt, welche bei f ein kurzes, 
an der Seite mit einem Röchelchen verfehenes Rohr bildet. Der 
Baden tritt durch diefes Rohr fenfrecht ein, gebt durch das Geis 
tenloch heraus, und endlich durch das zu einem Ringe gebogene 
Ende ded Armes oder Flügels i auf die Spule. Durch den Um: 
lauf der Spindel wird die Drehung des Fadens zwiſchen £ und den 
Walzen d bewirft. Das Aufwinden gefchieht auf folgende Weife. 
Da die Spule mit der Spindel feine andere Verbindung hat, als 
jene durch‘ den Saden, fo würde fie ohne diefen ganz unbewegt 
bleiben. Der Faden aber zieht die Spule nach fich, fo, daß dies 
felbe der Bewegung der Gabel und der Spindel folgen muß. Wenn 
man fich vorftellt, daß der Baden von den Walzen d feitgehalten 
werde, und daher vollfommen gefpannt fey ; fo wird man einfe- 
hen, Daß die Zufammendrehung desfelben der einzige Erfolg ſeyn 
fann. Dun höre aber einen Augenblid die Spannung auf, indem 
3.8. die Walzen d ein etwa zolllanges Stüdchen Baden vorwärte 
führen. Die Schwere der Spule und ihre Reibung an der Blech» 
banf 1 (welche man durch zwifchengelegtes Leder abfichtlich ver- 
ftärft) wird unter diefer Vorausſetzung Urfache feyn, daß diefelbe 
fo lange zurüd und in Ruhe bleibt, bis das erwähnte Stüdchen 
Faden duch das Herumlaufen des Flügels i aufgewidelt, und - 
die alte Spannung wieder hergeftelt iſt. Nun gefchieht aber die 
Nachlieferung des Fadens durch die Stredwalzen nicht ſprung⸗ 
weife, Zoll für Zoll, fondern mit einer gewiflen Sefchwindigfeit 
fortwährend; Daher tritt auch ein fortwährendes Zurüdbleiben der 
Spule gegen die Spindel ein, welches gerade fo groß iſt, Daß der 


Moater-Spinnmafchine. ' 5 69 


gelieferte Faden während des Zuſammendrehens zugleich aufgewi- 
delt wird. Diefer Vorgang beim Spinnen ift im Wefentlichen 
derfelbe, wie bei der Beinfpindelbanf (&. 564), und wird nur 
dadnrch vereinfacht, daß das Zurücdhleiben fich felbft nach dem 
Durchmeiler der Spule durch die Spannung des Fadens regulirt. 
Bei der Spindelbanf ift die Anwendung dieſes Mitteld darum un» 
möglich, weil das dort erzeugte Vorgeſpinnſt wegen feiner gerin 
gen Drehung nicht Feftigfeit genug hat, um eine Spannung zu 
ertragen. Daher wird ed nothwendig, der Spule eine unabhaͤn⸗ 
gige Bewegung zu geben. Das Aufr und Niederfieigen der Spu⸗ 
Ien längs der Spindeln, welches zur gleichmäßigen Bertheilung 
des Fadens nothwendig ift, und genau fo viel betragen muß, als 
die Laͤnge der Spule, wird nicht immer durch den nähmlichen Me⸗ 
chaniomus bewirkt: der in der Zeichnung angegebene erfüllt feinen 
Zwed auf folgende Weife. Jede Spulenbant 1 ift an einem Bal- 
fen m; befefligt, und diefer, ber fi) an den Enden bed Geſtelles 
in fenfrechten Salzen fchiebt, ift Durch eine Stange n mit einem 
um o beweglichen, gleicharmigen Hebel verbunden. An der Stange 
p hängt von diefem Hebel ein Gewicht r herab ; eine andere Stange, 
q, verbindet den großen Hebel o mit einem kleinern, st, auf 
welchen bei t von unten eine hersförmige Scheibe u wirft. Bei 
der Umdrehung von u muß der Arm t, den dad Gewicht r immer⸗ 
während gegen die Scheibe preßt, abwechfelnd fteigen und finfen; 
hierdurch werden auch, wie man beim erften Blicke auf die Zeich- 
nung erfennt, die Blechbaͤnke 1, und mit ihnen die Spulen h auf: 
und ab gefchoben, fo zwar, daß die Spulen der einen Seite ſtei⸗ 
gen, wenn die der andern ſinken. Streng genommen follte, wie 
bei der Spindelbauk (©. 549), dieſe Schiebung bei fortgefeßter 
Umwidlung langfamer werden; allein bei der Beinheit des Fadens 
wird dieſer Umftand, der die Mafchine zufammengefegt machen 
würde, ohne Nachtheil vernachläßigt; und der Erfolg ift Fein an⸗ 
derer, als daß die Windungen des Fadens immer weiter und 
weiter aus einander fallen,. je mehr der Durchmeſſer der Spule 
zunimmt, 

Die Bewegung der ganzen Mafchine geht von der Achfe einer 
horizontalen Walze y aus, von welcher mittelft endlofer Riemen, 
xx, die Spindeln in Umlauf gebracht werden. Jede Spindel 


570 | Baummollipinnerei. 


hat eine Fleine Rolle w an ihrem untern Theile, und einen eigenen 
Kiemen, der diefe Rolle und die Walze y umfchlingt. Die Ries 
men alle jind nicht ftraff, fondern hängen etwas in fchräger Rich⸗ 
tung herab, fo daß fie nur Durch ihr eigenes Gewicht gefpannt 
werden. SIede Spindel kann daher, wenn ihe Saden reißt, Leicht 
einzeln zum Stiliftehen gebracht werden, indem man fie feithält, 
und den Riemen auf ihrer Rolle unthätig fchleifen läßt. Man 
fieht in Sig. vo, welche die Endanficht der Spinnmafchine vorftellt, 
die Art, wie die Bewegung von der Walze y auf die Stred’wal- 
zen und die Hersfcheibe u fortgepflangt wird. z ift hier die Rolle, 
von welcher mittelft des Riemens a’ die Walze ihre Umdrehung 
empfängt. Innerhalb diefer Rolle befindet fi) auf der Achſe der 
Walze ein Getrieb, welches in das verzahnte Rad b’ eingreift; 
und Diefes befigt wieder ein Getrieb c’, von welchem die beiden 
Raͤder d’, e“, umgedreht werden. Letztere pflanzen die Bewegung 
auf f’ und g’ fort, wozu, um die Richtung gehörig abzuändern, 
zwiſchen e“ und g’/ dad Rab h’ mit hilft. Wenn die Mafchine 
einfach ift, d. h. nur auf Einer Seite des Geſtells eine Reihe 
Spindeln hat, fo wird das Rad f’ oder g’, welches dann ein Res 
gelrad if, durch den Eingriff eines Fonifchen Getriebes umgedreht, 
deſſen fchräg liegende Achfe unten mit einem zweiten Kegelrade 
verſehen ift, und mittelft desfelben durch ein Fegelfötmiges Getrieb 
an der Achfe von z die Bewegung erhält. Die Näder f’ und g’ 
befinden fi) an den vorderften Niffelwalzen d der Stredwerfe 
(ig. 9). An eben diefen Walzen befindet fich hinter dem Rade f’ 
und g’ ein Betrieb von 12 Zähnen, weldyes in ein Zwifchenrad 
von 33 Zähnen eingreift. Die Achfe dieſes letztern befigt ein 16⸗ 
zähniges Getrieb, und feßt durch dasfelbe ein 3a zähniged Rad an 
der mittlern Riffelwalze (c, Fig. 9) in Umdrehung. Die mittlere 
Walze trägt am entgegengefesten Ende der Diafchine ein ı 2zAhni: 
ges Setrieb, welche8 in ein bloß zur Abänderung der Richtung 
beſtimmtes Zwiſchenrad von beliebiger Größe eingreift, und durch 
Dasfelbe auf ein Rad von 18 Zähnen an der hintern Riffelwalze (b) 
wirft. Die Umlaufsgefchwindigfeiten der drei Riffelwalzen ver- 
halten fich, diefer Anordnung zu Folge, wie 1: 12: 8; und da 
ihr Durchmeifer gleich ift (naͤhmlich ein Zoll), fo findet eine Ver: 
Jöngerung des Vorgefpinnftes auf Das Achtfache Statt. Wenn 


Dater-Spinumafchine, 57 


demnach 5. B. das Vorgeſpinuſt (wie &. 566) son der Feinheits⸗ 
Nummer 4: war, fo ift das fertige Garn von Nr. 4 >< 8, d. i. 
Ar. 36. Zudem man Vorgeſpinnſt von verfchiedener Feinheit an⸗ 
wendet, erhält man aud, Garne von verfchiedenen Nummern. 
Dan kann aber auch aus demfelben Borgefpinnfte verfchiedene 
Garne erzeugen, indem man die Stredung durch Anbringung anz 
derer Räder au den Walzen verändert. Um den Einfluß dieſes 
Berfaprens zu erfennen, feße man z. B. an die Stelle ded 1 WBzaͤh⸗ 
nigen Rades der hinterfien Walze ein Rad mit 16 Zähnen; und 
men wird finden, daß daun die Stredung nur mehr auf bad 75 
fache leigt, mithin die Nummer des Gefpinnfted = 4 x = 
82 ausfällt. Die Stredung bei den Watermaſchinen ift außeror- 
deutlich verfchieden; fie erreicht manchmahl nur dad Wierfache, 
ofthingegen das 10», ı2 = biß ı5fache. 

Die fchiebende Bewegung der Spulen wird hervorgebracht, 
indem ein koniſches Getrieb an der Achſe von beund 0’ in ein 
kleines Kegelrad einer vertifalen Achfe eingreift, und letztere mit 
telft einiger Schranbengänge i/ das Rad k’ (Big. 10) der Herz⸗ 
fheibe u (Fig. 9) in langfame Umdrehung fept. 

Die Rolle z (Big. 10) macht beiläufig 600 Umdrehungen 
in einer Minute; und da der Durchmefler der Walze y (Big. 9) 
dad Sechöfache vom Durchmefler der Spindelrollen w beträgt, 
fo fommen 3600 Umläufe der Spindeln auf eine Minute. Der 
Grad Der Drehung, welcher hierdurch dem Gefpinnfte ertheilt 
wird, Hängt, bei gleicher Schnelligkeit der Spindeln, ab von der ° 
Geſchwindigkeit, mit welcher die Stredwalzen den Baden lie- 
fern ; denn je fehneller dieſes gefchieht, deſto ſchneller widelt fich 
der Faden auf, umd deflo weniger Drehungen fommen auf eine 
beftimmte Länge deöfelben. Wenn ;. 8. die vorderften Streckwal⸗ 
jen, d, 24 Mahl in der Minute fich umdrehen, alfo in biefer 
Zeit 75 Zoll Faden hergeben, auf welche fich die 3600 Umdre⸗ 
Dungen der Spindeln vertheilen; fo fommen 48 Drehungen auf 
einen Zoll Länge. Durch Weränderung des Raderwerkes ber 
Sig. 10, oder durch Aufſtecken größerer oder Mleinerer Rollen auf 
die Spindeln, fann das Verhältniß zwifchen der Gefchwindigfeit 
diefer letztern und der Stredwalzen, mithin die Drehung des 
Geſpinnſtes, nach Erforderniß mobifiziet werben. 


5722 Baummollfpinnerei. 


Man baut zuweilen Watermafchinen mit horizontal liegen» 
den Spindeln. Eine folhe, und zwar ebenfalls Doppelte, zeigt 
Fig. 11 auf Taf. 15, welche nach dem Vorausgegangenen leicht 
verfländlich feyn wird. a, a, find wieder die mit dem Borges 
fpinnfte angefüllten Spindeln; b, c, d die Stredwalen; fg 
die Spindeln; w die Rollen derfelben ; ‚u die Slügel; h die Spu⸗ 
len. Lebtere empfangen die hin und ber gehende Schiebung von 
der Herzfcheibe u mittelit des Mebeld o, der Stange m m, und 
der mit Diefer verbundenen Gabeln x. Jede folche Gabel, von 
welcher die Spule an einem rollenartigen Fortſatze umfaßt wird, 
befteht aus zwei fchwachen Stahlfedern, welche durch eine Schraube 
fo zufammengepreßt werden , daß fie der zwiſchen ihnen einges 
klemmten Spule in gewiflem Grade die Umdrehung erfchweren, 
und fomit die Reibung an der Blechbanf 1 in Fig. 9 (S. 568) 
erfegen. Die Bewegung der Spindeln wird mittelft endlofer 
Schnüre von den zwei Walzen y, z hervorgebracht. 

Die Zahl der Spindeln an den Watermaſchinen ift verſchie⸗ 
den, und beträgt 48, bo, oder noch. mehr in jeder Reihe. Das 
Geſtell ift für eine Mafchine, welche bo Spindeln in der Reihe 
enthält, za. Fuß lang. Die Strediwalzen find durch diefe ganze 
Länge, wie bei der Spindelbanf (S. 546) zufammengefuppelt, 
fo, daß jede Reihe derfelben als ein Ganzes fich dreht. Bei den 
ältern Mafchinen waren je vier und vier Walzen aus dem Ganzen 
verfertigt,, und jede dieſer Abtheilungen wurde für ſich durch ihr 
eigened Näderwerf in Gang gefest. Diefe Anordnung hatte dem 
Vortheil, daß man jede folche Abtheilung einzeln, ohne Störung 
ber übrigen, abftellen (d. 5. ftill fiehen laſſen) Fonnte, um die 
Slügel von den Spindeln Toszumachen, die vollen Spulen herab⸗ 
zunehmen, und die Slügel wieder aufjufegen; wogegen nad) der 
jegt gebräuchlichen Einrichtung die ganze Reihe der Spindeln un: 
thätig bleibt , bis alle Spulen gewechfelt find. Ungeachtet dieſes 
. Umftandes bat die neuere Bauart allgemein den Vorzug erhalten, 
da fie wegen ihrer viel größern Einfachheit wohlfeiler ift, und eine 
bedeutende Erfparung an bewegender Araft gewährt. Die Druck⸗ 
walzen find, wie bei der Spindelbanf, paarweıfe aus Einem Stüde 
gemacht. Sene der vorderften Reihe, Durch welche die Fäden ge= 
gen die Spindeln herauslaufen, werden durch ungefähr 10 oder 


Mule : Spinnmafdine. 573 


12 Pfund ſchwere Gewichte auf ihre Riffelmalgen niedergehalten : 
die Gewichte, weldye den Druck gemeinfchaftlich auf die mittlere 
und hintere Reihe ausüben, betragen höchitend ı Pfund. Bei 
den befferen Mafchinen iſt gewöhnlich cine Vorrichtung anges 
bracht, welche die zwifchen die Streckwalzen eintretenden Vorge⸗ 
fpinnft= Säden langſam bin und ber leitet, damit Feine Rinnen in 
den Drudwalzen entfiehen. Hiervon ift fchon bei der Spindel: 
banf (&. 564) die Rede geweien; und bei der Mule » Beinfpinn= 
mafchine wird diefe Anordnung wieder befchrieben werden. | 

Zur Bedienung von 96 oder 120 Water» Spindeln ift eine 
Perfon nöthig, welche die abreißenden Faͤden anfnüpft (oder eis 
gentlich bloß durch Zufammendrüden der Enden mit den Bingern 
ergänzt), die leer gewordenen Vorgefpinnft: Spulen oder Spin» 
dein gegen volle, und die angefüllten Beinfpulen gegen leere aud⸗ 
wechfelt. Der Ertrag ift in ı2 Stunden von einer Spindel ı* 
bis 2a Schneller (3640 bis 4850 Fuß) Garn von der Feinheites 
Nummer 3o, weniger von feineren, mehr von gröberen Nums 
mern, weil die Drehung der Spindeln und folglic) der Streck⸗ 
walzen ohne Gefahr des Abreißens deito fchneller fenn fann, je 
ftärfer der Faden ifl. 

Die Watermafchinen werden durchaus nur zur Erzeugung 
von flarf gedrehtem Garne, und höchſtens bis zur Beinheitd-Nums 
mer bo oder Bo gebraucht, weil ein fchwach gedrehter oder fehr 
feiner Baden die nöthige Spannung beim Aufwickeln nicht er 
trägt. Das Watergarn wird übrigens als Kettengarn für 
einige Zeuge, und als Naͤhgarn, feiner größern Seftigfeit wegen, 
fehr gefchäpt. In allen Faͤllen aber, wo die Schnelligfeit der 
Erzeugung für wichtiger gehalten wird, als die erwähnte Eigen⸗ 
fchaft, bedient man fich der Mule»- Mafchinen; fo zwar, daß im 
Durchfchnitte gerechnet wohl faum der- swanzigite Theil alles er- 
zeugten Baumwollengarnes Watergarn, das Übrige hingegen 
Mulegarn if. Zu dem legtern gehört auch daB zuweilen fo ges 
nannte Mittelgarn (Medio twist), welches nichts als ein 
feftgedrehtes GSefpinnft von Mulemafchinen ift. 

IM Das Prinzip der Mulemaſchine (engl. Mule spin- 
ning frame, Mule jenny, franzöf. Mull-jenny en fin) iſt bes 
reits (S. 562) angegeben worden, ald von der Vorfpinnmafchine 


574 Baummollfpinnerei. 


die Rede war. Wie man aus dem bort Gefagten erfieht, beſteht 
der Haupt=Unterfchied von den Watermafchinen darin, daß das 
Spinnen und Aufwideln nicht gleichzeitig und ununterbrochen ge= 
fhieht, fondern immer ein Stück Faden von gewiffer Länge (etwa 
5 Fuß) gefponnen, dann dasfelbe aufgewidelt, hierauf ein neues 
ſolches Stüd gefponnen, und fo abwechfelnd fortgefahren wird. 

Die Mulemafchinen haben 100, ı20, 180, 216, 300, 
336, ja fogar 396 bis 500 Spindeln, und fpinnen folglich eine 
gleiche Anzahl Fäden. Mafchinen unter 300 Spindeln find ges 
woͤhnlich einfach; d. 5. der Bewegungs : Mechanismus ift an einem 
Ende angebracht, und die Spindeln bilden eine ununterbrochene 
Reihe. Weil aber diefe Anordnung bei größerer Anzahl der Spin⸗ 
deln die Bewegung und die Überficht erfchwert, fo macht man 
Maſchinen mit 300 und mehr Spindeln doppelt; d. 5. man theilt 
fie durch den Bewegungs: Mechanismus > der nahe in der Mitte 
angebracht wird, in zwei etwas ungleiche Haͤlften, von wel; 
. hen die linfe ungefähr 7, und die rechte 7 der Spindeln ent 
hält. Die Urfache diefer ungleichen Abtheilung wird fpäter bes 
rührt werben. 

Die Zeichnung auf Taf. ib iſt der Aufriß einer doppelten 
Mulemafchine von der vordern Seite, d. h. derjenigen, auf wel⸗ 
cher der Spinner ſteht. Fig. » auf Taf. 17 zeigt dieſelbe in einem 
auf Die Vorderfläche fenfrechten Durchſchnitte; Fig. ı, Taf. 19, 
ftellt den mittlern Theil im Grundriffe vor. 

Die Mafchine befteht aus zwei großen Haupttheilen, einem 
feftitehenden und einem beweglichen. Erfterer enthält in einem 
zweckmaͤßigen Geftelle das Stredwerf und den größten Theil des 
Bewegungd: Mechanismus; der zweite iſt der fo genannte Was 
gen, auf welchem fi) der Reft ded Bewegungs» Mechanismys 
und die Spindeln befinden. 

Das Geftell des unbeweglichen Theiles beſteht aus zwei 
fenfrechten Seitenwänden , und einigen Swifchenflüßen , von 
welchen die horizontale Banf a, als die Grundlage des Stred: 
werfed, getragen wird. b, c, d (Big. ı, Taf. ı7 und ı9) find 
die drei Reihen von eifernen Riffelwalzen, von welchen man auf 
Zaf. ı6 nur die vorderfie, d, ſehen kann; e, f, g (Big. 1, 
Taf. 17) die ebenfalls eifernen, mit Zuch und Leder beffeideten 


Mule Spinnmaſchine. 525 


Drudwalzen;.h (Taf. 16, und Fig. ı, Taf, 17) die hölzernen, 
mit Tuch überzogenen Pugwalzen (f. S. 537), welche man mit 
Kreide einreiben kann, damit diefe fich den Druckwalzen mittheilt, 
und das Anhängen der Baumwolle an diefelben erfchwert. Die 
Kiffelwalzen find zu 6 und 6 Stüd aus dem Ganzen verfertigt, 
und an den Enden mittelft vierediger Löcher und Zapfen zuſam⸗ 
mengefegt (|. S. 546). Ron den dinneren und glatten 
Haͤlſen, welche die einzelnen Walzen von einander abfon- 
dern, ift abwechfelnd einer fürzer und einer länger. Die Größe 
diefer Walzen und die Anzahl der Niffeln auf denfelben ift 
(S. 563) angegeben. Die Drudwalzen beftehen zu zwei und 
zwei aus einem Stüde ; eben fo die Pugwalzen h, welche, 
ohne Zapfen zu befigen, 'auf den mittleren und vorderen Druck⸗ 
walzen nur vermöge ihres eigenen Gewichtes ruhen. Man 
wird die Einrichtung des Strediwerfes noch deutlicher aus dem 
nach größerem Maßſtabe gezeichneten Durchfchnitte, Fig. 2, Taf. 
18, entnehmen fönnen, in welchem die Buchflaben a, b, c, d, 
e, f, g, h, die ſchon befannte Bedeutung haben. Die auf der 
Banf a fiehenden eifernen Träger ı dienen zur Unterflüßung ber 
Kiffelwalzen, welche mit ihren Hälfen in vierediigen Einfchnitten _ 
(Stangen) j, k, l, Sig. 3, Taf. 18, liegen. Ein foldyer 
Träger, wie ihn die eben genannte Zeichnung im Aufriffe und 
Grundriſſe vorftellt, befteht aus zwei Iheilen: einem unbeweglich 
auf der Banfa befeftigten, welcher die Stange 1 für die vorderfte 
Kiffelwalze enthält, und einem beweglichen, der mit den Eins 
fchnitten j und kverfehen ift. Der bewegliche Theil (den man in 
Fig. A, Taf. 18, abgefondert fieht), ſchiebt fich mittelft eines 
dreiedigen Salzes auf dem unbeweglichen vors und rückwaͤrts, 
und wird mittelft einer Schraube m (Fig. 3) an der geeigneten 
Stelle feftgehalten. Man hat es hierdurch in feiner Macht, die 
Entfernung zwifchen der mittlern und vordern Rlffelwalze nad) 
der Länge der Baumwolle zu reguliren. 

Dben auf die Hälfe der Riffelwalzen fommen Dedel n (Taf. 
ı6, und Fig. 2, Taf. ı8) zu liegen, welche, gleich den Trägern 
i, aus zwei aufeinander verfchiebbaren Theilen beftehen, die nad 
der Stellung der Walzen gerichtet werden. Dieſe Dedel’haben 
an ihren Seiten herab fenfrechte Einfchnitte, in welchen fie die 


576 Baummollfpinnerei. 


Zapfen der Druckwalzen e, f, g aufnehmen, fo, daß diefe wohl 
auf und ab beweglich bleiben, aber weder links noch rechts, we⸗ 
der vor⸗ noch rückwaͤrts ausweichen fönnen. Drei und drei Dedel 
(wovon der dritte immer feinen Plag über einem der Träger i hat 
(f. Taf. ı6) find hinten Durch eine Leifte v verbunden, welche an ihren 
Enden Zapfen befigt, womit fie in Löchern der Träger (f. u. Fig. 
3, af. ı8) ſteckt. Hierdurch laſſen fih die drei vereinigten 
Dedel wie an einem Gewinde aufheben, und von den Riffelwal⸗ 
zen entfernen, wenn die Mafchine gereinigt werden foll. 

Auf den Zapfen der bintern und mittleren Druckwalze (d, e, 
f, $ig. 2, Taf. ı8) liegt ein meflingener Sattel o, und auf 
dieſen ftügt fich mit feinem bintern hafenförmigen Ende ein ans 
deres Meflingftück (dee Reiter) p, welches mit dem vordern 
Ende auf dem Halfe der vorderften Drudwalze, g, ruht. Von 
dem Reiter geht ein Stängelchen q herab, welches unten von dem 
Hebel 8 angezogen wird. Diefer Hebel, der feinen Stützpunkt 
in dem Hhre eine vorn an der Banf a befefligten Lappens x hat, 
ift Hinten mit dem Gewichte t befchwert, welches fomit alle drei 
Drudwalzen zugleich (jedoch die vordere am flärfften) gegen ihre 
Riffelwalzen herabdrüdt. Hinter den Dedeln n liegt in den Ga⸗ 
bein x der Träger (f. aud) Fig. 3, Taf. 18) eine hölzerne Stange 
w, auf welcher, jeder Rıffelwalze gegenüber, ein Drahtoͤhr ſteht, 
um den Vorgefpinnftfaden nach den Walzen hin zu leiten. Diefe 
Stange nimmt natürlich die ganze Länge der Mafchine zu beiden 
Seiten ded Bewegungs: Mechanismus ein; in der Mitte find die 
beiden Stangen, wie man in Big. ı, Taf. 19 fieht, durch eine 
dünne, zwei Mahl gebogene Eifenftange y y verbunden. 

Die Spulen oder die Spindeln, auf welchen ſich das von 
der Seinfpindelbanf, oder der Vorfpinnmafchine fommende Vor: 
gefpinnft befindet, find bei a‘, a’, a’ (Taf. 16, Fig. ı, Taf. ı7) 
reihenweife in einem aus drei Abtheilungen beftehenden Gerüfte z 
aufgeftedt. Die von denfelben durch den Zug der Stredwalzen 
allmaͤhlich fich abwidelnden Säden gehen über horizontale Eifen- 
Drähte b’ durch die Drahtringe der Stange w (Big. ı, Taf. 17, 
Fig. 2, Taf. ı8) nah den Stredwalzen hin. Die Anzahl der 
Spulen ift fo groß als jene der an der Mafchine befindlichen Spin» 
deln, und zwei Mahl fo groß als jene der Riffelwalzen einer Reihe, 


rules Spinnmafdhine. 571 


weil zwei Fäden zwifchen jedem Paare der Stredwalzen neben 
einander durchgehen. 

Den mittlern Theil der Mafchine, in welchem fi ih der Bes 
wegungs «- Mechanismus befindet, und durd welchen, wie oben 
erwähnt, das Ganze in zwei etwas ungleiche Hälften getheilt 
wird, zeigt Fig. 1, Taf. ı9, im Orundeiffe, und Big. ı, Taf. 
18 im Aufrijfe von der Seite A der erftern Zeichnung. Hier ift c’ 
ein großes gußeifernes oder hoͤlzernes Rad, deffen Umfreis rins 
nenförmig ausgehöhlt ift, um eine Schnur ohne Ende, d’, aufzu⸗ 
nehmen. An dem linfen Ende der Achfe dieſes Rades befindet fich 
eine Kurbel e’, welche, wenn man will, zur Bewegung der Ma⸗ 
fhine beim Spinnen, immer aber zum Aufwiceln der gefponne- 
nen Fäden auf die Spindeln, dient. Rechts von dem Rade c/ 
trägt die Achfe zwei Rollen, f, g‘, von welchen die erftere Darauf 
befeftigt, die zweite aber nur lofe aufgeftedt if. Die Trieb- 
rolle f’ dient, um der Mafchine, mittelft eines von der Betriebs⸗ 
welle der Spinnerei fommenden Riemens r’, die -Bewegung zu 
geben; auf die Leerrolle g’ wird diefer Riemen hinüber ge: 
fhoben, wenn es erforderlich ift, die Mafchine von der bewegen- 
den Kraft unabhängig zu machen. Ein 4Bzähniged Kegelrad h’, 
welches fich ferner an der Achſe von c’ und f’ befindet, greift in 
Das ebenfalls Fonifche, 54zaͤhnige Rad r’ der fchräg liegenden eifers 
sıon Welle k’ ein. Das untere Ende diefer Welle trägt ein drit- 
te8 Kegeltad, 7, von 35 Zähnen, und von diefem wird ein vier 
tes, m, weldyes 52 Zähne hat, umgedreht. Das Rad i’ muß, 
wie foäter erbellet, abiwechfelnd in und außer Eingriff mit dem 
Made h’ gefept werden; die Welle k’ Tiegt zu diefem Behufe mit 
ihrem untern Ende in einer unbeweglichen Pfanne 5’, und mit dem 
obern in einem Träger n‘, der um 0/ fich drehen läßt, und alfo er 
laubt, das Radi von h’ zuentfernen, oder es demſelben zu nähern. 
Auf Taf. 16, wo das Schwungrad c’ nebſt den dazu gehörigen Their 
len weggelaflen ift, fieht man nur das untere Ende der abgefchnitte- 
nen Welle k’, mit dem Rade 1’, und das Rad MR Man wird, in 
Bezug auf Dad nun Folgende, diefe Zeihnung mit jenen auf Taf. 
18 und 19 vergleichen müffen. Die Achfe p’ des Rades m’ gibt 
unmittelbar rechts und Iinf& der vordern Reihe d der Niffelwalzen 
Die Bewegung. Auf ihr befindet fih ein Getrieb r’ von 24 Zaͤh⸗ 

Zyamol. Encycloy. 1. Bd. 37 


5728 Baumwollſpinnerei. 


nen, welches in ein 9ozaͤhniges Rad — eingreift; und die Achſe 
dieſes letztern trägt an jedem Ende ein Getrieb v. Diefe Ge- 
triebe, welche gewechfelt werden Finnen, haben deſto weniger 
Zähne, je feiner man fpinnen will, je größer alfo die Stredung - 
des Vorgefpinnftes ausfallen fol. Zur Erzeugung der Garne 
von Nr. 36 bis 50 erhalten fie 20 oder 21 Zähne. Sie fegen die 
hinteren Riffelwalzen b beider Seiten in Bewegung, indem fie in 
die an diefen Walzen befindlichen, 4azähnigen Räder u‘ eingrei= 
fen. Auf Taf. 16 fieht man, wie die Umdrehung der mittleren 
Riffelwalzen am linken Ende der Dafchine hervorgebracht wird. 
An diefem Ende trägt nähmlich die hintere Riffelmalze ein =554h= 
niged Getrieb v’, welches mittelft des breiten Zwifchenrades w‘ 
das anzähnige Betrieb y’ an der mittlern Riffelwalze in Bewe⸗ 
gung ſetzt. Die nähmlihe Verzahnung ift am rechten Ende der 
Mafchine für die andere Hälfte der Stredwalzen angebracht. Au⸗ 
Berhalb des Getriebes v’ ift an der Achfe desfelben eine Schraube 
ohne Ende, x’, angebracht, welche in ein mit 33 Zähnen vers 
ſehenes horigontales Mad 2’ eingreift. Auf der obern Släche Dies 
feö Iegtern fteht, außer dem Mittelpunfte, ein Stift, der als die 
Warze einer Kurbel wirkt, und mittelft einer kurzen, an ihm haͤn⸗ 
genden Biehftange, die hölzerne Leifte w (Big. ı, Taf. 17; Fig. 2, 
Taf. 18) hinter. den Stredwalzen hin und ber führt. Diefe Bes 
wegung, welche nur wenige Linien beträgt, muß bewirken, daß 
die Vorgefpinnft» Faͤden nicht ſtets am nähmlichen Orte zwifchen 
. den Walzen durchgehen, weil, wenn das legtere der Ball wäre, 
die Leberbefleidung der Drudwalzen bald Rinnen erhalten würde, 
Da (wie Big. ı, Taf. 19, zeigt) Die Leiften w der beiden Hälften 
der Mafchine durch die eiferne Klammer y vereinigt find, fo iſt 
die angegebene Bewegungd Vorrichtung auf der rechten Seite 
nicht nothwendig. Big. 4, Taf. 17, iſt die Anſicht diefes Fleinen 
Mechanismus und der Verzahnung v/ w‘ y’ von der Seite und 
im Grundriſſe. 

Bon demagweiten Haupttheile der Mulemaſchine, naͤhm⸗ 
lich dem Wagen, enthaͤlt die Zeichnung auf Taf. 16 die vordere 
Anſicht, Fig. ꝛ, Taf. 17, einen Durchſchnitt, und Big. ı, Taf. 16, 
einen andern Durchſchnitt. Fig. 2 auf Taf. 17 iſt die Endanficht 
des Wagens von der linfen Seite. - 


!. 


s ‘ 


Mule s Spinnmajchine. 570 


Der Wagen befteht aus zwei gußeifernen Seitenwänden wie 
at (Big. 2, Taf. 17), und mehreren ebenfalld gußeifernen Zwi⸗ 
fhenftüden wie f? (Fig. ı, Taf. 17), welche ſaͤmmtlich an die 
Breter b?, c?, d?, e?, befeitigt find. Oben ift er mit Bretern k* 
(Big. ı, Taf. 17) bededt. Cr läuft mittelft feiner gußeifernen 
Räder, deren Umkreis rinnenartig geftaltet ift, auf ebenfalls guß⸗ 
eifernen Geleifen 12, welche auf dem Bußboden des Spinnfales 
fefl liegen. Um ihn bei feiner Bewegung immerfort mit fich felbft 
parallel zu erhalten, find an den zwei Enden ded Wagens in den 
eifernen Kloben m? (Taf. ı6, und Fig. 2, Taf. 17) die horizons 
talen Rollen (Kreugrollen) o?, o? angebracht, von welchen, 
da fie ſich in entgegengefegter Richtung drehen müſſen, die eine 
auf der gemeinfchaftlichen Achfe befefligt, die andere aber nur loſe 
aufgeftedt if. Zwei Schnüre, die ſich in der Mitte der Länge 
durchkreuzen, umfchlingen diefe Rollen, um den angegebenen 
Zwed zu erfüllen. Das eine Ende einer jeden Schnur ift rück 
wärtd (unter dem Spulengerüfte z, ig. ı, Taf. 17) an einem 
Fuß deö Geſtelles, und vorn an einem auf dem Fußboden ſtehen⸗ 
ben Pflode, den der Wagen beifeiner Entfernung von den Streck⸗ 
walzen nicht erreicht, feit gemacht. Die Anordnung wird aus dem 
fehr verfleinerten Srundrilfe, Fig. 2, Taf. ı9, deutlich. Hier 
bezeichnet B die Gegend, in welcher. fi) die Streckwalzen befin« 
den ; die Bewegung ded Wagens findet vonB nad) C, und zurid,, 
‚Statt. 0? find die Kreugrollen. Die erfte Schnur geht von dem 
Befeftigungspunfte ı am Geftelle aus, laͤuft bei 2 über die Rolle, 
nach 3, bei 4 über die zweite Holle, und ift bei 5 an ihrem Pflode 
feit gemacht. Der Weg der zweiten Schnur ift durch 17, 2/, 34, 
4', 5° angedeutet; ihre Befefligungspunfte find 17 am Fuße des 
Geſtelles ‚ und 5° an dem zweiten Pflocke. 

Die Spindeln flehen auf dem Wagen in einem Rahmen, der 
aus zwei Durch Pfeiler y? verbundenen Querleiften x?, x? befteht, 
und fich mehr oder weniger fchräg ftellen läßt. Die untere Quer: 
leifte enthält die meilingenen Pfannen für die Spindeln b’; an 
der obern find Meflingftreifen befeftigt, in welchen fich Löcher zum 
Durchgange der Spindeln befinden. Die Spindeln felbft find von 
Stahl, vollkommen gerade, rund gedreht, und müſſen fich alle 


genau in Einer fehrägen Ebene befinden. An jeder ftedt eine Fleine 
37 * 


«Ss 


580 | Baumwollſpinnerei. 


hölzerne oder gußeiſerne Rolle g?. Sie find in Abtheilungen von 
24 Stüd gefondert, und die erwähnten Rollen werden fo in vers 
fchiedener Höhe. aufgefchoben, daß nur zwei Rollen in der naͤhm⸗ 
lichen Abtheilung einander gegenüber ftehen (f. Taf. 16). Ein 
Feiner meifingener Anopf h?, welchen jede Spindel unter der obern 
Querleifte des Rahmens ‘x? befigt, verhindert da8 Herausgehen 
derfelben aus der Pfanne, während der Bewegung oder beim Ab- 
nehmen des aufgewictelten Garnes. 
‚oe! find Trommeln, welche in einer der Stellung der Spin⸗ 
deln angemeflenen geneigten Lage auf dem Wagen ftehen, oben 
einen doppelten Schnurlauf befigen, und die Bewegung, welche 
fie von dem Schwungrade c’ aud erhalten, den Spindeln mitthei= 
len. Sur jede Abtheilung von 24 Spindeln ift eine folche Trom⸗ 
mel vorhanden: eine Mafchine von 336 Spindeln befigt demnach 
ihrer vierzehn. Die gefreuzte endlofe Schnur d’ des Schwung- 
rades e KFig.ı, Taf. ı8) umfchlingt eine Rolle es. (f. auch Fig. ı, 
Taf. 19), ‚welche fich vorn am mittlern Theile des feftftehenden 
Geſtelles der Mafchine befindet. Auf der nähmlichen Achfe mit e® 
ift eine Fleinere Rolle h? angebracht; und dieſer gegenüber ſteht 
die hinten am Geftelle befindliche Rolle i?. Mitten auf dem Wa⸗ 
gen wird man die mit drei Schnurläufen verfehene horizontale 
Rolle ke (Taf. 16; Fig. a, Taf. ı7 und ı8) bemerken, welche 
in einer Linie mit den Zrommeln c? flieht. Endlich befinden fich 
links und rechts am Wagen Die Leitungörollen o? (Taf. 16; Fig. 
3, af. 17), welche einerlei fchräge Lage mit den Trommeln co? 
haben. Eine flarfe Schnur ohne Ende verbindet num alle diefe 
Rollen auf folgende Art. Wenn man fie fi) von dem höchften 
Punfte der Rolle h? (Fig. 1, Taf. 18) ausgehend denft, fo laͤuft 
fie, wie die punftiete Linie n? anzeigt, zuerft auf den unterften 
Schnurlauf der Rolle k’ des Wagens, wendet fi) hierauf unter 
einem rechten Winkel gegen die linfe Seite, umfchlingt die Rin⸗ 
nen aller auf diefer Hälfte des Wagens fiehenden Trommeln c*, 
fehrt über die Leitungsrolle 0° am linfen Ende des Wagens auf 
die Rolle ke zurüd, deren oberfte Rinne fie nun umfaßt, geht 
über die zue Spannung veritelbare Rolle i?, und gelangt endlich 
in der Linie p? wieder aufh?, wo fi) ihr Ende mit dem Anfange 
vereinigt. Es laͤßt fich Leicht eine Vorrichtung anbringen, um 


Mule » Spinnmafcine. 581 


diefe Schnur mittelft eines Gewichtes, welches z. B. auf die Rolle 
i® wirft, fortwährend gehörig zu fpannen, wodurch alle Aufficht 
in Betreff diefes wichtigen Punktes erfpart wird. Den Trommeln 
c? auf der rechten Hälfte des Wagens wird die Bewegung durch 
eine befondere Schnur ohne Ende gegeben, welche von der mitte 
lern Rinne der Rolle k? auögeht. Die Umdrehung der Spindeln 
erfolgt Durch dünne Schnüre, deren fich zwölf auf jeder Trommel 
c? befinden müffen, indem jede folche Schnur zugleich die Trom⸗ 
mel und die zwei gleich hoch ſtehenden Nollen zweier zu ihrer Ab» 
theilung gehörigen Spindeln umfchlingt. Es ift Mar, daß die 
Zrommeln, und folglich die Spindeln, fortfahren muͤſſen, fich zu dre⸗ 
ben, fo lange das Schwungrad c’ gedreht wird, der Wagen mag 
ruhig ſtehen, oder fich auf feiner Bahn fortbewegen. 

Wenn man fi den Wagen auf dem Punfte fiehend deuft, 
von wo er audgeht, fo berührt das hintere Bret d? die Streben 
@ (Big. ı, Taf. 17), und die Spigen der Spindeln befinden ſich 
gerade vor den Stredwalzen. Diefe Iegtern fangen nun an fi) 
zu drehen, und liefern den Baden, der Durch die Spindeln vor: 
Iäufig einen Theil feiner Drehung empfängt; der Wagen geht zu- 
gleich von den Walzen zurüd', mit einer etwas größern Gefchwin« 
digfeit, als jene ift, mit welcher der Umkreis der vorderen Streck⸗ 
walzen fich bewegt, damit der Baden noch während des Auszuges 
eine geringe Verlängerung erfährt, melche (da' fie hauptfächlich 
die dickern, weniger gedrebten Stellen trifft) zur Gleichheit des . 
GSefpinnfted beiträgt. Wenn der Wagen am Ziele feines Lanfes 
angefommen- (oder, wie man fagt, ein Auszug vollendet) ift, 
hören die Stredwalzen auf, fich zu bewegen; die Spindeln aber 
fahren fort umzulaufen, bis der num nicht mehr verlängerte Fa⸗ 
den den nöthigen Nachtrag an Drehung erhalten Hat. Dann bes 
wirft mau die Zurüdführung des Wagens nach den Walzen hin, 
und das Aufwideln der gefponnenen Fäden. Dieß ift die Reihe 
von Bewegungen, welche an der Mafchine vorfommen. Es ift 
gezeigt worden, wie Die Drehung der Sıredwalzen und der Spin⸗ 
deln hervorgebracht wird. Den noch nicht befchriebenen, zur Zühz | 
rung ded Wagens beftimmten Theil des Mechanismus, fo wie 
Denjenigen, welcher im gehörigen Augenblide die Bewegung der 
Stredwalzen und dann der ganzen Mafchine hemmt, Ternt man 


582 Baummwollfpinnerei, 


aus den. Zeichnungen, Zaf. 16, Taf. 10 Fig. ı, und Taf. 19 
Sig. ı Fennen. | 

Die Achſe p’ des Rades m’, welche die vordern Riffelwal⸗ 
zen von beiden Hälften der Mafchine mit einander vereinigt, trägt 
ein ©etrieb q/ von 16 Zähnen, welches das gozähnige Mad s? in 
Bewegung fept. Die Achſe dieſes Nades dreht fich in zwei Trä- 
gern u? und v’, von welchen der erfters unbeweglich an der Banf 
a des Geſtelles befeftigt iſt, der zweite aber auf einer Achfe w’ fo 
ſich drehen Täßt, daß ed möglicdy wird, das Rad s? mit feinem 
©etriebe q’ nad) Erforderniß in oder außer Eingriff zu fegen. Dies 
fer nähmliche Träger v? ift unterhalb der Drehungsachſe w? feft 
mit einem Hebel x! verbunden, welcher durch das an feinem vor⸗ 
dern Ende befindliche Gewicht y? das Rad es! außer Eingriff zu 
ziehen ſtrebt. Die Achfe dieſes Rades trägt eine hölzerne Rolle 
‚z’, und diefer gegenüber, am vordern Ende des Geſtelles, ift eine 
andere, eben fo große Rolle q* angebracht. Ein Seil r? (Fig. ı, 
Taf. 18) umfaßt diefe beiden Rollen, und ift mit feinen Enden 
an die aufrechtftehende Eifenftange s? mitten am Wagen (f. auch 
Taf. ı6) feſt gemacht. Man flieht, daß bei diefer Anorbnung, 
wenn dad Schwungrad c/ nach der Richtung feines Pfeiles gedreht 
wird, und das Rad s® mit dem Getriebe q’ im Eingriff ift, der 
auf feinen eifernen ©eleifen fehr leicht bewegliche Wagen mittelft 
des Seiles r? fo Tange von den Walzen entfernt werden muß, bis 
er ein Hinderniß findet, welches feinem Laufe ein Ziel feßt. Die» 
fes Hinderniß ift ein gebogenes Eifenftük 1? (Big. ı, Taf. 18 
und ı9) unterhalb der Rolle q? am vordern Ende des Geftelles, 
gegen welches die Vorderſeite des Wagens ftößt. In eben diefem 
Augenblide hebt der Wagen den um a’ beweglichen gebogenen 
Hebel w* auf, deffen anderes Ende d® daher niedergeht, und den 
ſich dagegen flügenden Zapfen f? frei läßt. Diefer Zapfen ift in 
einem Schlitze des Stängelchens g’ befeftigt, und letzteres bei 
dem Punkte j° mit dem um 1° beweglichen, winfelförmigen Hebel 
5? verbunden. &o lange der Hebel w? d’ (Fig. ı, Taf. ı8) die 
in der Zeichnung vorgeftellte Lage behält, wobei das hafenartige 
Ende feined kurzen Armes d*’ fid) an den Zapfen f? lehnt, kann 
bie Stange g? ſich nicht bewegen. In dem Augenblicde aber, wo 
durch die von dem Wagen bewirkte Aufhebung des Armes w*, 


Mule : Spinnmafcine, 583 


dad Ende de hinab geht, und £? frei wird, fchiebt der Hebel j* 
Die Stange g’ vorwärts, fowohl durch feine eigene Schwere, 
welche ihn in die fenfrechte Lage nöthigt, ald durch jene des Ge⸗ 
wichtes y?, welches mittelft des Hebels x? den horizontalen Arm 
von 5? aufbebt. Es ift eben das Gewicht y? am Hebel x?, welches 
zu gleicher Zeit den beweglichen Träger v? des Rades a’ um die 
Achſe w* dreht, und hierdurch das genannte Rad von. dem: Ge⸗ 
triebe q’ entfernt. Der Wagen wird fomit nicht nur durch das 
unüberwindlihe Hinderniß t?, welchen er am Ende des Auszuges 
begegnet, fondern auch dadurch zum Stillfiehen gebracht, daß 
die Urſache feiner Bewegung (nähmlich der Eingriff zwifchen q‘ 
und s’) aufhört. . 

Dad Vorwärtögehen der Stange g? hemmt die Bewegung 
ber Stredwalzen, indem es auf folgende Weife das Rad 1’ der 
Achſe k’ außer Eingriff mit Dem Rade h‘ bringt. Der gabelför- 
mige Zräger n‘, in welchem das obere Ende der fchrägen Welle 
K’ liegt, dreht ſich mit feinem vertifalen Schafte m? in zwei ring⸗ 
förmigen Lagern 0%, 0‘. Der erwähnte Schaft ift unten mit eis 
nem Pleinen horizontalen Hebel (einer Kurbel) 0‘ ne, Big. ı, 
Taf. 19, verfehen, und diefer Durch eine kurze Ziehſtange p? mit 
der Stange g? zufammen gehängt. Man fieht, daß, wenn lep- 
tere in der Richtung des Pfeiles (Big. ı, Taf. ı8 und 19) ſich 
bewegt, mittelft der Ziehftange p? die Kurbeln? 0’ ein wenig ge» 
dreht, und folglich der Träger n’ mit dem Nabe i’ von dem Rade 
h‘ entfernt werden muß. Da diefe Bewegung im nähmlichen 
Augenblide erfolgt, wo der Wagen bei t? angefommen iſt, und 
Durch die vorher befchriebene Ausldfung das Rad s* außer Ein» 
griff fest; fo ftehen der Wagen und die Strediwalzen zugleich ftil. 

Die Drehung des Fadens ift aber jebt noch nicht vollendet, 
weil ed das Ausziehen erfchweren oder unmöglich machen würde, 
wenn man dem Geſpinnſte fchon während der Bewegung ded War 
gend feine ganze Drehung geben wollte. Die Spindeln müffen 
daher noch einige Zeit fortfahren fich zu drehen; und man regus 
lit diefe Dareindrehung ein für ale Mahl, fo lange Garn 
von derfelben Nummer und zu derfelben Beftimmung (Kette oder 
Eintrag) gefponnen wird. Die Vorrichtung, welche hierzu dient, 
beißt der Zähler, weil fie dem Schwungrade c’ (und folglich 


584 Baummollfpinnerei. 


den Spindeln) nur eine feftgefegte Anzahl von Umdrehungen er 
laubt, dann aber, wenn diefe vollbracht ift, die Mafchine ganz 
zum Stillſtehen bringt. Die Einrichtung des Zähler kann ver⸗ 
ſchieden feyn; zwei Arten derfelben zu befchreiben,- wird hinrei⸗ 
hend feyn, um von diefem finnreihen Mechanismus und feiner 
Wirfung einen vollftändigen Begriff zu geben. 

Bon dererften Art, welche mit der hier befchriebenen Spinn⸗ 
mafchine verbunden ift, fieht man einige Theile in Gig. ı, Taf. 
ı8 und 19. Big. 3, Taf. 17, gibt eine Anficht des Ganzen von 
der Seite der Stredwalzen ber. Die Schraube ohne Ende, t?, 
welche fich auf der Achfe des Schwungrades c’, an der der Kurs 
bel e/ entgegengefegten Seite, befindet, greift in ein gezahntes 
Rad u? ein, und fchiebt bei jeder ihrer eigenen Umdrehungen 
einen Zahn desfelben fort. Da die Drehung des Sarnfadens bei - 
einem Umgange diefed Rades vollendet feyn muß, fo muß man 
für die verfchiedenen Garn » Nummern verfchiedene Mäder mit uns 
gleichen Zähne» Anzahlen vorräthig haben, von denen man nach 
Bedürfniß eines aufſteckt. Am Ende der Achfe des Rades u? iſt 
ein Lappen v* befefligt, der, wenn das Mad feine Umdrehung 
vollbracht hat, von unten gegen den Hebel a* ftößt, und ihn auf⸗ 
hebt. Der Riemenleiter e*, mit feinem Trichter, durch welchen 
der endlofe Riemen r? r? (Fig. ı, Taf. ı8) auf die Triebrolle £ 
läuft, dreht fid) unten um den Punft fr, und wird durch das Ges 
wicht b*, deflen Schnur auf der Rolle g* liegt, nad) der Seite des 
Rades u? hin gezogen. So lange fi) Alles in der Lage befindet, 
welche Fig. 3, Taf. 17, angibt, ift das Gewicht unwirffam, weil 
ein Zahn des mit e* verbundenen Hebeld a* gegen ein feites Hin⸗ 
derniß b* fich ſtaͤmmt. In dem Augenblide aber, wo durch v? 
der erwähnte Hebel aufgehoben wird, gleitet der Zahn deſſelben 
über b* weg, und das Gewicht h* zieht plöglich den Niemenleiter 
e? fo weit nach fi, bis ein zweiter längerer Zahn o* des Hebels 
an b* anfteht. Die Yolge davon ift, daß der Riemen auf die 
Leerrolle g’ hinüber gezogen wird, das Schwungrad c’ alfo fill 
fteßt, und die Spindeln des Wagens nicht ferner mehr umdreht. 
Etatt des Gewichtes h*? kann eine ftarfe Feder angebracht fenn. 

Da die Nothwendigfeit, an die Stelle von u? eine ziemliche 
Anzahl von Rädern vorräthig zu Haben, und das Wechfeln dieſes 


® 
Y 


Mule⸗Spinnmaſchine. 585 


Nades einige Unbeqguemlichfeit verurfacht; fo empfiehlt ſich fol- 
gende Einrichtung des. Zählers, von der auf Taf. 19, Fig. 3 die 
Anficht von der Seite der Streckwalzen her, und Fig. 4 die An 
fiht von der der Kurbel des Schwungrades entgegen gefegten 
Seite (A, Fig. 3) vorftellt. Mehrere Theile, welche bereits von 
‚gekommen find, bedürfen feiner Erklärung mehr, wie die Leer- 
solle g‘, der Hebel a*, das Hinderniß b* für Die Bewegung des⸗ 
felben, der Riemenleiter e*, dad Gewicht h* und feine Rolle g*: 
Statt der Schraube one Ende an der Achſe des Schwungrades 
ift ein einzelner Zahn m*, und flatt des Nades u? (Big. I, Taf. 
37) ein Rad mit 20 bid 3o fehrägen Zähnen (ein Speer: Rad) 
p* angebracht. Lebteres befindet fih auf einer Heinen Meſſing⸗ 
platte, welche fich un einen Stift a’ Drehen kann, von der Ger 
der z* aber getragen wird. Diefe Veranftaltung trägt eigentlich 
zum Wefen des Mechanismus nichts bei, fondern Dient nur um 
eine Beſchaͤdigung des Rades zu verhindern, wenn die Achfe des 
Schwungrades verfehrt gedreht wird. Denn in diefem Falle gibt 
die. Feder z* nad), und dad Rad pe mit feiner Platte a! weicht 
dem Zahne m+ aus. Wenn, wie ed in der Ordnung ift, die Bes 
wegung des Schwungrades nach jener Richtung vor ſich geht, 
welche in Sig. 4 durch den Pfeil bei c° angezeigt ift; fo fchiebt 
der Zahn m* bei jedem Umgange des Schwungrades einen Zahn 
des Sperre Rades p* fort; aber hierdurch wird Feine ununterbros. - 
chene Bewegung bed Sperr-Rades bewirft; deun da von der 
Achfe des letztern an einem Baden das Gewichtchen q* herab: 
hängt, fo ehrt der fortgeftoßene Zahn des Rades augenblicklich 
wieder zurüd, wenn der Zahn m* der Schwungrads = Achfe vor: 
über gegangen ifl. Dem Zuge ded Gewichtes q* wird dadurch 
eine Örenze gefept, daß ſich auf der Hinterfläche des Nades ein 
Stift befindet (in ig. 4 fieht man ihn durch einen Fleinen punk⸗ 
tirtem Kreid angezeigt), der ſich gegen den Kopf der Platte oder 
des Traͤgers a° fügt, In dem Augenblide, wo fich durch Die 
(8.582, 583) befchriebene Auslöfung die Stange g? in der Rich⸗ 
tung des Pfeiles verfchiebt, wirkt fie auf den mittelft deö kleinen 
Armes v* mit ihe verbundenen zweiarmigen Hebel w*, und 
durch Diefen auf den Pleinen Winkelhebel w* x*, von dem t* 
die Drehungsachſe if, Der Arm x* diefes Hebels Drüdt das 


* 


586 Baunwollſpinnerei. 


hintere Ende eines Langen Hebels s* nieder, und hebt alſo das 
vordere, ſammt dem daran befindlichen fenfrechten Drabte r* auf. 
Diefer Draht ift oben rechtwinflig gebogen, und bildet fo einen 
Haken, der bisher den Sperrfegel b° in jener Lage erhalten bat, 
welche Big. 4 angibt. Durch das Emporfteigen des Drabtes wird 
der Sperrfegel frei, der, da fein vordexer Arm viel fchwerer ift, 
ſogleich zwifchen die Zähne von p* einfällt. Nun beginnt eine 
Bewegung des eben genannten Rades in ber Richtung des Pfeiles, 
weil nicht mehr, wie früher, die durch m* fortgerüdten Zähne 
zurüdfehren können. Diefe Bewegung, bei welcher der Faden 
des Gewichtes q* fi aufwindet, muß fo lange dauern, bi6 das 
Schwungrad die zur Dareindrebung (&. 583) erforderliche 
Anzahl von Umläufen gemacht hat, und muß dann von felbft aufs 
hören, nachdem fie in feinem Balle eine ganze Umdrehung von p* 
betragen hat. Man bewirkt diefen Erfolg auf. nachflehende ein- 
fache Weife. Bei jedem Zahne ift in das Rad p* ein Loch gebohrt; 
man fieht diefe Löcher in Fig. 4 durch flarfe Punfte angedeutet. 
In eines derfelben ſteckt oder fhraubt man einen Stift feft, der in 
Fig. 3 mit n* bezeichnet, und in Fig. 4 durch ein eines Ringel⸗ 
chen in der Reihe der erwähnten flarfen Punkte ausgebrüdt ift. 
Wenn die Bewegung eine gewifle Zeit gedauert hat, fo begegnet 
dieſer Stift einem Hebel y*, druͤckt denfelben nieder, und bewirkt 
hierdurch, Daß das entgegengefeßte Ende von y* den Hebel a* aufe 
hebt, fo wie man oben (&. 584) gefehen hat, daß es bei der Ein⸗ 
richtung Fig. 3, Taf. ı7, der Lappen vꝛ thut. Der Erfolg if 
derfelbe, nähmlich die Verfchiebung des Riemens auf die Leerrolle, 
und das augenblidliche Stillftehen der Mafchine. Dadurch, daß 
man den Stift auf dem Sperr⸗Rade gleich anfangs in ein Loch 
ſteckt, welches mehr oder weniger weit von dem Hebel y* entfernt 
tft, bewirft man, daß das Schwungrad mehr eder weniger Um⸗ 
drehungen zwifchen dem Stillftehen des Wagens und jenem der 
Spindeln vollbringt, mithin die Dareindrehung des Geſpinnſtes 
ſtaͤrker oder fchwächer ausfällt. 

Wenn die erwähnte Hemmung ber Maſchine durch die Ver⸗ 
ſchiebung des Riemens erfolgt, und hierdurch das Spinnen eines 
Auszuges beendigt iſt, ſchreitet der Spinner ſogleich zum Aufwi⸗ 
ckeln der geſponnenen Faͤden auf die Spindeln. Hierzu beſitzt der 


Mule⸗Spinnmaſchine. 587 


Wagen eine eigene Vorrichtung, welche nun befchrieben werben 
"muß (f. Zaf. 16, und Fig. 1, 2, Zaf.ı7). Vorn am Wagen 
laͤuft, der ganzen Länge nach, ſowohl links als rechts, etwas über 
der halben Höhe des oben hervorragenden Theiles der Spindeln, 
ein umzudrehendes Eifenftängelchen d5 hin, welches durch mehrere 
Stüßen e' getragen wird. An jedem Ende der zwei Stangen d’ 
befinder fich ein Arm g’; und zwifchen diefen Armen ift, mit der 
Stange felbft parallel, ein Eifendraht (der Einwind- oder Aufr 
fhlagdraht) f? gefpannt. Um diefen Draht zu unterftägen, 
find an mehreren Punften zwifchen den geraden Armen g’ an⸗ 
dere, gefrümmte und dünne Arme, h’, auf der Stange d’ anges 
bracht. Die eben genannte Stange befißt ferner dort, wo ber 
Spinner vor dem Wagen fteht, einen hölzernen Griff, an wel⸗ 
chem fie leicht gehandhabt werden fann. Diefe Bewegung findet 
auf der linken Abtheilung der Mafchine Statt; um fie auf die 
rechte hinüber fortzupflanzgen, dient eine Vorrichtung, die han 
mit einem Storchfchnabel vergleichen fönnte. Die zwei in ber 
Mitte der Mafchine befindlichen Arme g° find nähmlich über die 
Stange d’ hinaus verlängert, und durch Gewinde mit zwei fenfs 
sechten Stangen 5° vereinigt, welche ihrerfeitö unten auf gleiche 
Weiſe mit zwei von einer horizontalen Achfe k? ausgehenden Ars 
men 1? zufammenhängen. Mittelft der befchriebenen Vorrichtung 
wird dad Aufwicdeln der Faͤden folgender Maßen bewirkt. So 
lange das Ausziehen und Drehen dauert, machen die Fäden mit 
den Spindeln einen ftumpfen Winkel, und gleiten Daher bei der 
Umdrehung der Spindeln beftändig über Die runden und glatten 
Spitzen derfelben wieder herab, ohne fich aufwideln zu koͤnnen. 
Wenn aber dad Spinnen vollendet ift, fo faßt der Spinner den 
Wagen mit der Iinfen Hand, und führt ihn, während er mit der 
Rechten an der Kurbel e’ (Big. ı, Taf. 28) dad Schwungrad c/, 
und durch diefes die Spindeln, umdreht, gegen die Stredwalzen 
zuruͤck hinein; zugleich bewegt er mittelft des Handgriffes der 
Stange d’ den Auffchlagdraht £5 dergeftalt, daß derſelbe alle 
Faͤden zugleich niederdrüdt, und in eine gegen die Spindeln un⸗ 
gefähr fenfrechte Richtung bringt (f. die punktirte Linie ys Big. ı, 
Zaf. 17). Damit jedoch diefe Bewegung des Auffchlagdrahtes 
ohne Beihädigung der Baden möglich werde, ift eö nöthig, vorher 


588 Baumwollfpinnerei. 


das Schwungrad ein wenig nad) entgegengefegter Nichtung zu 
dreben, damit die Faͤden fich etwas von den Spindeln abwideln, 
und fchlaff werden. Die Stelle, auf welchen die Fäden fi aufs 
wiceln follen, fo, daß die ganze Spindel ein Fegelförmiges Anſe⸗ 
ben erhält (f. Sig. ı, 2, Taf. 27), wird durch mehr oder weniger 
tiefes Hinabdrüden des Auffchlagdrahtes beſtimmt. Diefer Draht 
allein ift jedoch nicht hinlänglich, da fich immer einige fchlaff haͤn⸗ 
gende Häden finden, welche er nicht erreichen kann, ohne die übri- 
gen abzureißen. Man bringt deßhalb unter den Fäden einen Ge⸗ 
gendrabt 1° an (f. Fig. ı, 2, Taf. 17), der von fehr leichten Ge⸗ 
wichten m’ mittelft der gebogenen, um o° ſich drehenden Arme 
n° in einer durch die Winkelſtücke pe begrenzten Höhe erhalten wird. 
Diefer Drabt, welcher einem ſchwachen Drude nachgibt, bringt 
alle Faͤden, indem er fie etwas fpannt, mäßig in die Höhe, und in 
den Wirkungsfreis des Auffchlagdrahtes ff. Lepterer wird erit 
wieder aufgehoben, wenn der Wagen ganz ange bei den Streck⸗ 
walzen angefommen iſt. 

In diefem Augenblicke beginnt ein neuer Auszug ; die Streck⸗ 
walzen müflen wieder anfangen fich zu drehen, und der Wagen 
feinen vorigen Gang zu machen. Diefe Bewegungen bewirkt der 
Wagen felbfl. Indem er nähmlich, vor den Stredwalzen ange» 
langt, gegen den Hebel j? (Fig. ı, Taf. ı8) flößt, drückt der 
horizontale Arm des legtern den Hebel x? hinab, hebt das Gewicht 
y?, und bringt dad Rad s* wieder zum Eingriffe mit-feinem Ges 
teiebe q’ (Big. ı, Taf. 19), wodurch die Bewegung ded Wagens 
eingeleitet wird. Die von dem Hebel j* zurüdigegogene Stange g? 
dreht -mittelft p? und n? den Träger n‘ des Rades i’ gegen dad 
Mad h’ hin, und flellt auch hier den Eingriff wieder her. Zus 
gleich geht der fchiverere Arm w? des Hebels w* d? hinab, und 
ber Hafen bei d? legt fichh wieder vor den Zapfen f? der Stange 
8°; fo, daß vermittelft diefer Sperrung alle Theile in der neu 
angenommenen Lage bleiben, bis der Wagen wieder feinen Weg 
vollendet hat. Mit dem Hebel j* zugleich wird auch ein anderer 
Hebel, q’, von dem Wagen geftoßen. Diefer Hebel, der feinen 
Drebungspunft in v5 hat, fchiebt mittelft der Stange s’, und des 
winfelförmigen Hebels d* 1* den Riemenleiter e* über die Trieb» 
solle £/, wodurch die Bewegung wirklich ihren Anfang nimmt, Um 


Drule » Spinnmafdine, 589 


die Geſtalt und Wirkung des zulept erwähnten Hebeld volllommen 
zu erfennen, nehme man die Fig. 3, Taf. 17, zu Hulfe. ie iſt 
der Ort, wo der Hebel in die Stange s’ eingehangen ift; k* fein 
Drehungspunft; 1* das Ende, weldyes unmittelbar auf den Ries 
menleiter wirft, durch deflen Berfchiebung das Gewicht h* ein 
wenig hebt, und den Hebel a* in die von der Zeichnung angege: 
bene Lage bringt. Bei der in Fig. 3, 4, Taf. 19 abgebildeten . 
Einrichtung des Zaͤhlers wird durch das Zurücgehen der Stange 
tze (wach der dem Pfeile entgegen gefehrten Richtung), mittelft 
der Hebel ut, w* x* und s*, auch der Draht rt herabgezogen, 
der den Sperrfegel b’ aus feinem Rade p* aushebt. 

Auf die befchriebene Weife wird ein Auszug nad) dem andern 
gefponnen und anfgewidelt, bis die Spindeln voll find; dann 
fehreitet man zum Abnehmen des Barnes. Bevor dieſes jedoch 
gefchieht, fchiebt man die Garnwickel auf den Spindeln nur etwas 
in die Höhe, und windet unter denfelben, durch Niederdrüden 
des Aufichlagdrahtes, einige Mahl den Baden herum, um für 
das Bortfpinnen einen Anfang des Fadens auf den Spindeln, 
zu haben. 

Nachdem im Vorhergehenden die Zähne: Anzahlen aller an 
der Spinnmafchine befindlichen Mäder und Getriebe angegeben 
worden find, ift e& leicht, die Dehnung und Drehung zu beredys 
nen, welche dad verarbeitete Vorgefpinnft erhält; alfo, wenn des 
legtern Feinheit gegeben ift, die Nummer des fertigen Garnes 
auszumitteln. Dad Verhaͤltniß der Gefchwindigfeiten zwifchen 
den drei Neihen der Riffelwalzen iſt (für die Getriebe t/ 2ı Zähne 
gefegt) wie ı : 1:72; da aber der Durchmeſſer der hintern und 
mittleren Walze 9 Linien, jener der vordern ı2 Linien beträgt, fo 
fleigt die Stredung auf das 7: >< 12 oder 10 fache. Iſt num 
z. ©. das Vorgefpinnft von der Beinheit Nr. 4, fo wird das Seins 
gefpinnft Nr. 40. Durch die Auswechölung der Getriebe t/ wird bie 
Feinheit innerhalb gewifler Grenzen regulirt. Getriebe mit 20 Zaͤh⸗ 
nen an die Stelle gefeßt, geben z. B., wenn alles Übrige unverändert 
bleibt, Nr. 42, da dann die Stredung =ı0: flatt 10 wird. Bei einer 
Umdrehung des Schwungradesc’ macht Die vordere Riffelwalze fehr 
nahe 0.6 einer Umdrehung, und liefert hierdurch einen 22.6 Linien 
langen Baden, wozu bei zehnfacher Stredung 2.26 Linien des Vor⸗ 


590 | Baumwollſpinnerei. 


geſpinnſtes verbraucht werden. Die Durchmeſſer des Schwungra⸗ 
deö c’, der Rollen e’,h?, der Trommeln auf dem Wagen und der 
Meinen Rollen an den Spindeln find fo befchaffen, daß letztere 
während einem LUmgange ded Schwungrades 66 Umdrehungen 
machen. Die Rolle 2°, welche den Wagen führt, macht, wäh- 
vend das Schwungrad ein Mahl umgeht, 0.107 einer Umdrehung, 
und führt, da ihr Durchmeifer 6 Zoll beträgt, den Wagen mittelft 
des Geiles r? um 24.1 Linien fort. Der von den Streckwalzen 
gelieferte, 22.6 Linien lange, Baden wird alfo durch die Bewe⸗ 
gung ded Wagens auf 24.ı Linien, d. i. um ı: Linien, verlän- 
gert. Da die Länge des Auszuges 5 Fuß beträgt; fo hat der Wa⸗ 
gen nach 3o Umdrehungen des Schwungrades feinen Weg voll 
bracht, und der 5 Buß lange Faden (von dem 564 Zoll durch die 
Walzen, und 35 Zoll durd den Wagen gebildet find) ift durch 
das gleichzeitige Umlaufen der Spindeln ı980 Mahl gedreht wors 
den, fo, daß 33 Drehungen auf einen Zoll fommen. Die Darein⸗ 
drehung, welche der Faden nun, nachdem der Wagen ftill ftebt, 
noch erhält, wird nad) feiner Feinheit und dem Zwede, wozu das 
Garn verwendet werden fol, regulirt. Sie kann 5. ©. für Ket- 
tengarn von Pr. 40 bid 50 ungefähr 6 oder 8 Umdrehungen des 
Schwungrades, d. i. 396 biß 528 Umläufe der Spindel für den 
ganzen Auszug, mithin 7 bis q Drehungen auf einen Zoll des 
Fadens, betragen. Das fertige Garn ift hiernach in der Länge 
eined Zolles 40 bis 4a Mahl gedreht. Der Zähler muß diefer 
Veftimmung gemäß eingerichtet feyn, nähmlicdy das Rad u? in 
Fig. 3, Taf. ı7, muß 36 bis 38 Zähne befigen. Bei der in Big.4, 
Taf. 19 abgebildeten Konftruftion (S. 585) aber wird man den 
Stift in das Rad p* fo einfteden, daß er den Hebel y* nieders 
drückt, wenn gerade 6 oder 8 Zähne ded genannten Sperr⸗ 
Rades von dem Zahne m! an der SchwungradssXchfe fortgefcho« 
ben worden find. | 

‚Zur Bedienung einer Spinnmafchine find außer dem Spin« 
ner, welcher das Zurüdführen des Wagens und das Aufivideln 
verrichtet, ein Paar Kınder notbwendig, welche die abreißenden 
Fäden anfnüpfen, oder eigentlich nur die Enden aufheben und mit 
den Fingern zufammendrüden, worauf fie fich durch die Drehung 
von felbft vereinigen. Ein Spinner beforgt zwei Mafchinen, die 


Mule ⸗Spinnmaſchine. 591 


gegen einander geſtellt ſind; ſo, daß er ſich nur auf dem Platze, 
wo er ſteht, umkehren darf, um ſich in der gehoͤrigen Stellung 
gegen die zweite Maſchine zu befinden. Bei den doppelten Ma⸗ 
ſchinen iſt deßhalb die (S. 574) erwähnte Abtheilung in zwei uns 
gleiche Haͤlften getroffen. Der Arbeiter hat hier die Kurbel einer 
jeden Maſchine zur rechten Hand; bei den einfachen Maſchinen 
hingegen, wo der Bewegungs-Mechanismus am Ende ſich beſin⸗ 
det, muß die Kurbel der einen Maſchine mit der linken Hand ge⸗ 
dreht werden. Der Wagen einer Maſchine geht heraus, uud 
fpinnt, während jener der andern hineingeführt wird, um die ge⸗ 
ſponnenen Faͤden aufzuwideln. 

Die Menge des von einer Spiunmaſchine in gegebener Zeit 
erzeugten Garnes haͤngt unmittelbar von der Anzahl der Spindeln, 
und von der Zeit ab, welche zur Bildung und zum Aufwickeln 
eines Auszuges erforderlich iſt. Mittelbar haben eine Menge Um⸗ 
ſtaͤnde darauf Einfluß. Die Geſchicklichkeit des Spinners kann 
hierbei ſehr viel thun. Nicht weniger weſentlich iſt die Güte der 
Mafchine, welche deſto forgfältiger gebaut feyn, und in allen 
heilen deſto fanfter fich bewegen muß, je feiner fie fpinnen fol. 
Durch ſchlecht gebaute Mafchinen, bei welchen z. B. die Verzah⸗ 
nungen nicht vollfommen find, die Spindeln in ihren Lagern 
ſchlottern, oder nicht gerade find, reißen zu viele Fäden ab, wos 
durch das Gefpinnft an der Güte leidet, und Zeit verloren geht. 
Se beiler die Baumwolle iſt, und je.näher man durch die Vorbes 
reitungs-Arbeiten der nothwendigen Bedingung einer volllommen 
parallelen Lage aller Faſern gefommen iſt; defto leichter, und alſo 
auch ſchneller, geht dad Spinnen vor fih. Wärme und Feuchtig⸗ 
feit oder Trockenheit der Luft haben ebenfalls ihren Einfluß. Bei 
feinen Sarnforten geht dad Spinnen natürlich langſamer als bei 
groben, weil legtere eher, ohne zu reißen, eine fchnelle Bewe⸗ 
gung des Wagens aushalten. Die Menge des Erzeugniſſes wächft 
nicht in gleichem Verhaͤltniſſe mit der Anzahl dee Spindeln, weil 
die Schwierigkeit der Aufficht mit der Menge der Bäden zunimmt. 
Man darf im Durchfchnitte annehmen, daß bei Mafchinen mit 180 
bis 216 Spindeln jede Spindel in ı3 Stunden 2 Schneller (jeden 
zn 2427 W. Buß Länge) von mittelfeinen Nummern liefert. Doch 
wird das Erzeugniß oft noch bedeutend höher getrieben; und e6 





502 | Baumwollſpinnerei. 


fpinnt z. B. ein geſchickter, fleißiger Spinner mit zwei guten Ma⸗ 
ſchinen, jede vun 180 Spindeln, in 12 Stunden vor Garn Nr. 80 
bis 40 wohl 1000 Schneller; von Nr. 40 bis 50, 930 Schnel⸗ 
ler; von Nr. 50 bis 60, 850 Schneller; von Nr. 60 bis 70, 
80 Schneller. Der Wagen einer jeden Mafchine muß hierzu 87 
his 112 Mahl in einer Stunde ausziehen, und eben fo oft aufs 
‚wideln; fo, daß für beide Bewegungen zufammengenommen bei 
den gröberen Sarnen nur etwa eine halbe Minute geftattet ift. 
Sechzehn Feinfpinnmafchinen von 180 Spindeln jede, und auf Garn 
Mr. 40 eingerichtet, verfpinnen gewöhnlich die Baumwolle, welche 
zwei Vorfpinnmafchinen, jede von go Spindeln, eine Grobſpin⸗ 
delbank von 3o Spindeln, acht Feinfragen und acht Vorkragen, 
jede von 18 Zoll Breite, vorbereiten. 

Drer Abfall beim Beinfpinnen, welcher hauptfächlich aus ben 
Stucken der abgeriffenen Fäden befteht, ift nach Befchaffenheit der 
Spinnmafchinen, der Gefchicklichfeit des Spinnerd, und der Bein- 
heit des Garnes Außerft verfchieden. Er beträgt 3, 4 ober 5 
Prozent beiden Nummern von mittlerer Beinheit; bei fehr feinen 
Sefpinnften fann er bis auf den dritten Theil oder darüber fleigen. 
Man benupt die Sadenftüde, da fie zu feſt gedreht find, um wies 
der verarbeitet zu werden, entweder ftatt eined Lappens zum Pu⸗ 
gen der Mafchinen, oder verfauft fie an Dedenmacer. Die 
Baumwolle, welthe ſich an die Stredwalzen rund herum an- 
hängt, wird auf der Pußmafchine oder Wattenmafchine zugemifcht. 
Im Durchſchnitte erhält man, aus der in den öfterreichifchen 
Spinnereien fehr häufig verarbeiteten ägyptifchen Baumwolle, die 
benugbaren Abfälle mit eingerechnet, Bo Pfund Garn Nr. 40 von 
100 Pfund roher Wolle. 

Die Einrichtung der Mulemafchinen, welche im Vorherge⸗ 
henden nach einem neuen und vollfommenen Mufter befchrieben 
ift, hat unter den Händen der damit umgebenden Mechaniker man« 
cherlei Abänderungen erlitten, jedoch öfter in Hinficht auf Neben 
theile ald auf wefentliche Punkte. Obfchon es nun zwar nicht an⸗ 
geht, hier dieſe Modififationen zu.befchreiben, fo koͤnnen doch einige 
Bemerkungen nicht umgangen werden. 

Wenn ed fi) um das Spinnen fehr feiner Garne (5. ©. 
Mr.-8o bis 100, und darüber) handelt, fo.ift es fehr zweckmaͤßig, 


Mules Spinnmafdine. 503 


den Wagen, während .die Faͤden den Reſt ihrer Drehung (die 
Dareindrebung, ©. 583) erhalten, nicht ftill fiehen, fondern mit- 
telft einer eigenen Vorrichtung noch, aber nur langfam, um 6 
bis 7 Zoll hinaus gehen zu laflen. Die hierbei Statt findende . 
©tredung trifft vorzüglich die dickſten Stellen, welde weniger 
zufammengedrebt find, und vermehrt daher die Gleichheit des Ge⸗ 
ſpinnſtes. Man trennt wohl auch, zu gleichem Behufe, die Dre⸗ 
bung in drei Perioden. Zuerſt bewegt fich der Wagen langfam 
auf 3: Fuß heraus, während die Stredwaljen und die Spindeln 
in Umlauf find; hierauf ftehen die Walzen ftil, aber die Spin- 
dein dreben ſich mit vergrößerter Sefchwindigfeit fort, und der 
Wagen maht noch einen Weg von 8 bis g Zoll; endlich bleibt 
auch der Wagen ſtehen, und nur die Spindeln bleiben noch kurze 
Zeit in Bewegung, um die Drehung zu vollenden. Die Befchleu- 
nigung der Spindeln in der zweiten und dritten Periode, welche 
feinen andern Zwed hat, ald an Zeit zu erfparen, wird durd den 
Zähler (&. 583) bewirkt, der den bewegenden Riemen im ge= 
hörigen Zeitpunfte auf die Leerrolle, und dafür einen zweiten Ries 
men, der bisher auf feiner Leerrolle lag, auf eine Fleinere Trieb⸗ 
tolle der Schwungrads⸗Achſe ſchiebt. Zulegi fommen beide Rie⸗ 
men auf ihre Leerrollen, und die Mafchine ruht nun gänzlich. 

Man bat ferner Mulemafchinen fo eingerichtet, Daß fie ganz 
Durch Waller oder Dampf in Bewegung gefept werden, und auch 
das Hineinführen des Wagens, fo wie das Senken und Heben 
des Auffchlagdrahtes, ohne Beihülfe des Spinners gefchieht. 
Allein im Allgemeinen iſt diefe Konftruftion nicht vortheilhaft gefun« 
den worden. 

Verſchiedene Vorrichtungen find erdacht worden, um das 
Ausheben des Rades s?’, in dem Augenblide, wo der Wagen ſtill⸗ 
fiehen und zurüdgehen foll, zu erfparen. Eine. der einfachiten 
und fchönften ift folgende. Man denke fi in Big. ı, Taf. ı8, 
flatt des Seiles r? eine gleichfalls über die Rollen z’, q? gefpannte 
Vaucanſon ſche Bandfette, deren Enden bei 8? nicht an dem War 
gen :befeftigt, fondern nur mit einauder vereinigt find. Diefe 
Kette bleibt beftändig in Bewegung, weil dad Rad s’ immer in 
Eingriff ift mit dem Getriebe, von dem ed umgedreht wird. Auf 
dem Wagen fteht fenfrecht eine verzahnte Stange, deren oberes 

Technol. Encyclop. 1. Bd. 38 


594 Baumwollfpinnerei. 
Ende mitteljt eines Stiftes in eine Öffnung der Kette eingreift; 


wodurch der Wagen mit fortgezogen wird. An der Achfe d’ des 


Auffchlagdrahtes (Fig. ı, Taf. 17) befindet fich ein Segment eines 
Getriebes, deſſen Zähne in die Zähne der Stange eingreifen. So— 
bald nun der Auffchlagdraht niedergedrüdt wird, zieht jenes Ge⸗ 
trieb die Zahnftange herab, und macht mithin den Wagen von der 
Kette ˖ los, fo, daß er ſtehen bleibt, und hineingeführt werden 
ann. Iſt das Aufwicdeln vollendet, der Wagen bei den Streck⸗ 
walzen angefommen, und wird nun der Auffchlagdraht fich felbit 
überlaffen, fo fteigt, indem er fi ch hebt, auch die Zahnſtange wie⸗ 
der empor, faßt die Kette an dem erſten ihr begegnenden Gliede, 
und wird wieder von ihr fortgezogen. Man kann dieſe Vorrich⸗ 
tung an beiden Enden des Wagens anbringen, wenn die Mafchine 
eine einfache ift. Es Faun auch der untere Theil des Geiles r? um 
eine am Wagen befindliche Rolle gefchlungen feyn, an deren Achfe 
ein Sperr⸗Rad ſteckt. So lange der Auffchlagdraht die Lage be- 
hält, welche er während des Auszuges hat, Liegt ein Sperrfegel 
in den Zähnen jenes Sperr⸗Rades, verbindet die Rolle feft mit 
ihrer Achfe und macht fie unbeweglich; fo, daß das Seil den Wa⸗ 
gen mit fi) fortführt. Die Bewegung des Auffchlagdrahtes beim 
Anfange des Aufwidelnd hebt den Sperrfegel aus; und die Rolle 
dreht fich nun frei auf ihrer Achfe, ohne auf den Wagen zu wirken, 
welcher daher ohne Anftand, der Bewegung des Seiles entgegen, 
bineingeführt werde kann. 


Siebente PN 
Das Hafpeln oder Weifen. 


Die von den Spindeln der Mulemafchine abgenommenen 
und auf andere, hölzerne Spindeln geitedten Garnwidel, oder 
Die angefüllten Spulen der Batermafchine, werden in einem eiges 
nen Lofale der Fabrik gehafpelt, d. h. mittelft eines Hafpels 
(einer Weife) in Strehne verwandelt. Diefe Arbeit iſt fehr ein- 
fach, erfordert aber Aufmerffamkeit und Geduld, um das Abreis 
Ben der Fäden möglichfi zu vermeiden. Der Hafpel, deffen man 
ſich bedient, und auf welchem 20 bis 50 Strehne aus eben fo vier 
len Spindeln oder Spulen zugleich gebildet werden, wird durch 
biefelbe Kraft in Bewegung geſetzt, welche alle übrigen Mafchinen 


- 


Haſpeln. 595 
der Spinnerei treibt. Seine Einrichtung iſt den Baumwollſpin⸗ 
nereien nicht eigenthümlich,, fondern-auch in den. Wollfpinnereien 
üblich; man wird fie im Artilel Hafpel befchrieben finden. Durch 
den Schlag eines Hammers an eine Glocke wied von dem Haſpel 
ſelbſt angezeigt, wann die feſtgeſetzte Anzahl Faͤden aufgewickelt 
iſt. Der Strehn wird durch Unterbinden mit einem Faden in meh⸗ 
rere Gebinde (Unterbaͤnde, Wiedel) getrennt, deren jedes die 
gleiche Faͤden⸗Anzahl beſitzen muß. 

Die Laͤnge der Strehne, die man gewöhnlicher Shnel 
ler nennt, und die Anzahl der Faͤden in deufelben, ift in verfchies 
denen Ländern verfchieden angenommen. In den.englifchen und 
deutfchen Spinnereien gilt allgemein folgende Anordnung. Der 
Haſpel bat einen Umkreis von 15 englifchen Vards oder 54 engl. 
Zoll, was eben fo viel ift, als 5a Zoll oder ı3 Ellen öfterreichi- 
fhen Maßes. Jeder Strehn- oder Schneller befteht auß 560 Unt= 
windungen oder Fäden, und bat mithin eine Länge von 2620 
englifche Zuß, 3437 Wiener Fuß oder 980 Wiener Ellen. Jedes 
Mahl nach Bo Umwindungen wird dad Garn unterbunden, und 
fomit der Schneller in 7 Gebinde, jedes von Bo Faͤden, abgetheilt. 
In Frankreich ift nach dem gegenwärtig beſtehenden Gebrauche der 
Umfang des Hafpels, alfo die Länge eines Fadens, gleich 1428* 
Millimeter (54.33 Wiener Zoll), und der Schneller enthält 10 
Gebinde, jedes von 70 Faͤden, im Ganzen alfo 700 Fäden, welche 
ı Kilometer (1000 Meter) oder 3163 Wiener Buß (= 1283.38. 
Ellen) betragen. 


Achte Dpyeration. 
Das Sortiren. 


Die Forderungen, welche man an ein gutes Baumwollens 
garn ftellt, find: daß es feft, glatt und rund, durchaus gleich 
die, ohne Knoten und dünnere Stellen fey, und weder einen 
flärfern noch einen ſchwaͤchern Grad von Drehung befige, als die 
Verwendung, wozu es beftimmt ift, verlangt. In legterer Hin⸗ 
ficht iſt das Kettengarn (dab zur Kette der Zeuge beitimmte 
Geſpinnſt) von dem Einfhlaggarne oder Schußgarne 
(dem zum Einſchlage, Eintrage, Einfchufle angewendeten) vers 
fehieden ; indem das einer größern Feſtigkeit bedürftige Kettengarn. 

z j 38 * 


596 Baumwollfpinnerei. 


eine bedeutend flärfere Drehung erhält. Stark gedreht ift auch 
dasjenige Garn, weldyed gezwirnt und als Räh:, Stick⸗ oder 
Strickgarn verwendet wird (f. Zwirn). Kettengarn wird auf 
. Water: und Mule-Mafchinen, Einteaggars nur auf Mulemaſchi⸗ 
nen gefponnen. 

Die Sortirung, welche in deu Baumwollfpinneseien die auf 
das Hafpeln folgende Arbeit ausmacht, bezieht fich nicht anf die 
Unterfuchung der oben genannten Eigenſchaften, von weldyen die 
Güte des Geſpinnſtes abhängt;. fondern auf die Beflimmung der 
Feinheit, in welcher Hinficht die Garne mit Nummern be 
zeichnet werden. Die Nummer eined Garnes druͤckt auf eine ganz 
jwedmäßige Art die Beinheit aus, indem fie dad Gewicht. des Bas 
dens bei einer feflgefegten Tänge angibt. Üderall wo (wie in 
England und Deutichland) die Weifumg nach englifchen Schnellern 
(&. 595) eingeführt ift, beflimmt man durch die Nummern die 
Anzahl von Schnellern, welche auf ein englifches Pfund (Sehr 
nahe 0.8 Pfund, oder genaw 25.9 Loth, Wiener Gewicht) geht. 
Baumwollengarn Nr. so ift alfo.folcheg, wovon ein q80 Ellen 
oder 2427 Fuß langer Faden den vierzigfien Theil eines englifchen 
Pfundes wiegt. In Branfreih drüdt die Nummer aus, wie 
viele Schneller (jeder von 1000 Meter Länge, S. 595) zuſam⸗ 
men ein halbes Kilogramm (28.56 öfterr. Loth). wiegen. Eine 
englifhe Nummer muß man Demnach durch 1.18 dividiren, um 
die derfelben Feinheit entiprechende franzöfifche zu finden. Ein 
Garn von doppelt oder drei Mahl fo hoher Nummer ift zwei Mahl, 
drei Mahl fo fein, d. h. enthält auf gleicher Länge nur die Hälfte, 
das Drittel, an Baumwolle. Garne unter Nt. 8 oder 10 werden 
felten gefponnen. - Aufwärts hat die Seinheit ihre Grenze in der 
Schwierigfeit der Erzeugung. Garne über Nr. 200 werden felten 
verarbeitet, und find faft nur als eine Seltenheit anzufehen. Das 
feinfte in England bisher erzeugte Sefpinnft war Nr. 350, wovon 
ein Baden, deifen Gewicht ein Wiener Pfund beträgt, beinahe 
45 deutfche Meilen lang iſt. Won .den Nummern über ao fom: 
men im Handel immer nur die geraden vor, und alle ungeraden 
(3. B. 2ı, 23, 25, u. ſ. w.) bleiben aus, weil der Unterfchied 
zwifchen zwei und ſelbſt mehreren auf einander folgenden Num⸗ 
mern (befonders bei etwas größerer Beinheit) fo gering ift, daß fie 


- Sortiren. 597 


unbemerfhar bei der Verarbeitung mit einander vermengt ſeyn 
fönnen, eine ganz genaue Sortirung alfo ohne Nugen wäre. 

Der Fabrikant muß im Stande feyn, mit feinen Mafchinen 
"nah Willkür ein Sefpinnft von voraus beftimmter Seinheit zu er⸗ 
zeugen; wozu die Mittel bei der VBefchreibung der einzelnen Ope⸗ 
tationen augegeben worden find. Am größten muß die Sorgfalt 
bei der Feinſpinnmaſchine feyn, weil für die hier gemachten Abe 
weichungen feine Nachhülfe in einer folgenden Operation möglich 
if. Man muß alfo befonders darauf fehen , daß die Stredung 
auf der Feinfpinnmafchine genau im gehörigen Grade Statt findet. 
Ale Riffelwalzen einer Reihe müflen mit größter Genauigkeit von 
einerlei Durchmeſſer feyn, weil fonft verfchiedene Nummern ent- 
Reben. Dad Vorgefpinnft muß für eine angenommene Stredung 
unverändert gleiche Seinheit behalten. Es iſt darum nöthig, Dad _ 
ſelbe öfter zu wägen, befonders aber das Feingeſpinnſt felbit wie⸗ 
derhohlt zu unterfuchen, ob es die verlangte Nummer bat, und 
im Berneinungsfalle die nöthigen Abänderungen entweder in der 
Erzeugung des Vorgeſpinnſtes, oder in der Stredung auf dem 
Beinftuhle zu treffen. Wegen mancherlei praftifcher Hindernifle 
ift jedoch bie Bier zu erreichende Genauigkeit einer gewillen Bes 
fhränfung unterworfen. Nicht wohl zu vermeidende Abweichuns 
gen von dem beabfichtigten Feinheitögrade betragen indeflen bei 
guten Mäfchinen und forgfältiger Aufficht nur hoͤchſtend „, aufs 
und abwärts; fo Daß man z. B. bei den für Nr. 40 getroffenen 
Einrihtungen auch Nr. 38 und 42 erhält. Garne von fo gerin- 
gem Unterfchiede Sönnen noch mit einander verpadt, und als einer⸗ 
lei Nummer in den Handel gebracht werden. 

Um ſich von der Feinheits⸗Rummer der erzeugten Geſpinnſte 
in beflimmte Kenntniß zu fegen, fchlägt man in den Fabriken ver⸗ 
fhiedene Wege ein. Der einfachfte und ficherfte ifl, entweder ald 
Probe eine gewiſſe, feſtgeſetzte Anzahl Schneller zufammen zu 
wägen, oder zu fuchen, wie viele Schneller auf irgend ein beſtimm⸗ 
tes Gewicht gehen, und in beiden Fällen aus einer zu diefem Be⸗ 
hufe berechneten Tafel nach dem erhaltenen Refultate die Nummer 
zu entnehmen. Man farın aber auch einen einzigen Schneller auf 
einer genauen Wage abwägen, und aus feinem Gewichte Die Num⸗ 
mer für die ganze Garn »Parthie herleiten, wozu ebenfalls eine 


508 Bauntwollfpinnerei. 


Tafel fehe bequem if. Mau finder eine folhe Barntafel 
(Bombykometer), welhe für jede Nummer das Gewicht 
eines Schnellers in Wiener Granen angibt, im dritten Bande der 
Sahrbücher des k. k. polytechnifchen Inftitutes in Wien (&. 349). 
Ein Schneller wiegt z. B. von Nr. 10 622.08 Gran; von Nr.36 
172.8, von Nr.g0 by.ı2, von Nr. i160 41.47, von N. 240 25.9, 
von Nr. 300 20.73 Gran. Endlich kann man auch mittelft einer 
Beigerwage, ganz ohne Gewichte, die Nummer eined einzelnen 
Schnellerd unmittelbar ausfindig machen. Dieſes ift der Gall bei 
den gewöhnlichen Sarn=BSortirwagen, von weldhen man aus 
bem Folgenden einen Begriff erhält. 

Es fey (Fig. 5, Taf. 19) cab ein Hebel, der fih um den 
Punft a dreft, und a d ein mit demfelben am Drehungspunfte 
verbundener Arm. Der Hebel werde durch ein auf dem Arneca 
angebradhtes Gewicht in einer folchen Lage erhalten, daß ad fenfs 
recht ſteht. Wird nun bei b eine Laft angehängt, fo gelangt z. B. 
der Hebel in die Lage b’ac’, und der Arm a d nimmt die Stel 
Iung ad’an. Es läßt fich zeigen, daß die Größe des Winfels, 
um welchen die drei Hebelarme bei verfchiedenen Belaftungen von 
b von ihrer urfprünglichen Stellung abweichen, in geradem Ver: 
Bältniffe mit der Größe der Belaftung fteht. Es ift daher moͤg⸗ 
lich, auf dem Bogen d d’ d’ eine Eintheilung oder Skale anzus 
bringen, auf welcher der Arm a d als Zeiger Dad Gewicht irgend 
einer bei b angehängten Laft anzeigt. Dieß ift das Prinzip aller 
Zeigerwagen, und der Garnwagen indbefondere, bei welchen letz⸗ 
tern nur auf der Sfale jtatt der Gewichte die entfprechenden Bein» 
heits- Nummern angefept find. Fig. 5 auf Taf. 17 zeigt die ge⸗ 
wöhnliche Seftalt einer Garn-Sortirwage. Das Geftell derſelben 
befteht aus einer Säule ab, an welcher mittelft der Schenkel g d 
und ge der Wiertelfreis c d befeftigt if. In g befindet fich der 
Drehungspunft des leichten gleicharmigen Hebels fh, an welchem 
das mittelft einer Schraube zu befefligende Laufgewichtchen e ver⸗ 
fhiebbar if. Won g aus geht zugleich der dritte Arm gk, der 
mit g f durch den Bogen fk verbunden ift, um mehr Feſtigkeit 
zu erhalten. Die hinter dem Bogen cd herabgehende Verlaͤnge⸗ 
zung von g k ift bei 1 nach vorwärts umgebogen, und trägt hier 
einen Zeiger für die Eintheilung des Bogend, auf welcher Die 


Sortirwage. 599 


Nummern angegeben find. An. dem Ende h des Hebels fg h 
hängt eine leichte Wagfchale i, in welche ein Schneller des zu 
wnterfuchenden Garnes gelegt wird. Wenn die Schale leer ift, 
fo lebt, vermöge der zweckmäßigen Anbringung des Gewichtes e, 
der Arnı g k fenfrecht. Wenn man aber einen Schneller in die 
Wagſchale i legt, fo wird der Hebel fh deflo mehr der horizonta⸗ 
Ien Lage genähert, je größer das Gewicht des Schneller ift; und 
die dem legtern zugehörige Seinheite-Nummer wird jedes Mahl 
durch die Stellung des Zeigerd lauf der Skale des Bogens c d 
angezeigt. Diefe Sfale wird fehr, einfach auf folgende. Weile 
fonftruirt. Geſetzt, die Wage fol für Garne von Nr. 10 bis Nr. bo 
beftimmt feyn; und der Raum, welchen der Zeiger beim Auflegen 
eines Schneller von Nr. 10 durchläuft, fey Ip. Diefe Bewegung 
des Zeigers ift durch ein Gewicht von — Pfund. bewirft worden. 
Da fi nun die Bewegungen des Zeigerd gerade wie Die ange: 
bängten Gewichte verhalten, fo müſſen die dDurchlaufenen Räume 


für die Nummern nı, 1a, 13, 14 ..... 66,58, 60, zu dem 
Raume 1p fich verhalten, wie , uyTsız ++» -- re qu 


ſich verhält. Weträgt 5. B. die ganze Länge ded Bogens Ip ı8 
Zol oder 216 Linien, fo erhält man, diefe Zahl —75 gefebt, und 
hieraus nach einander die Werthe von —, 2... Fr, 75 berech⸗ 
net, für nachfolgende Nummern die beigefeßten Entfernungen von 
dem Punkte J an: | 


- 


Nr. Linien. Mr. Linten. Pr. Linien. 





000 Baumwollſpinuerei. 


Man erſieht hieraus, daß die Anzeigen der Wage bei niedrigen 
Nummern genauer und zuverlaͤßiger ſind, ald bei hohen; und daß 
ed darum nicht wohl augeht, eine Wage für alle Garne, von den 
gröbften bis zu den feinften, ohne Veränderung brauchbar zu ma⸗ 
chen. Man kann indeffen zwei oder mehrere Sfalen für eine Wage 
verfertigen, nach Bedürfniß cıne oder die andere davon auf dem 
Bogen cd befefligen, und durch zwedmäßige Verſchiebung des 
Gewichtes e die Empfindlichkeit der Wage gehörig regnliren. Zwei 
Senkbleie find bei n und o angebracht, um die vertifale Stellung 
der Wage zu erfennen, die man ka dreier Schrauben wiem,m, 
hervorbringt. 

Man hat Sarnwagen verfertigt, deren Konftruftion von der 
fo eben befchriebenen ganz und gar abweicht, und mit jener der 
gewöhnlichen Schnellwagen übereinftimmt. Der Garnftrehn 
(Schneller) deſſen Nummer man erfahren will, wird an dem fürs 
zern Arme ded Wagbalfens aufgehängt; auf dem langen Arme ift 
ein Gegengewicht verfchiebbar, welches duch feine Stelle beim 
Sleihgewicht der Wage unmittelbar die Feinheits Nummer aus 
gibt, Diefe Einrichtung fcheint weniger bequem zu feyn. 


Neunte Operation. 
Die Verpackung. 


Man macht aus den Baummwollgarnen, um fie in den 
Handel zu bringen, Päde von 5 ober 10 englifchen (4 oder 8 
öftereeichifchen) Pfunden ; indem man mehrere Schneller zufams 
menlegt und gleich einem einzigen Strehne zufammendreht. Der 
Pal wird gewöhnlich an vier Stellen mit einer Schnur gebunden, 
und hierzu vorläufig flarf zufammengepreßt.. Es gibt in den Fa⸗ 
brifen verfchiedene Arten von Preflen, um diefes Zuſammendruͤ⸗ 
cken zu bewirken. Eine, die fehr häufig angewendet wird, ift auf 
Zaf. ı7, in Big, 6 abgebildet. Der Raum, in welchen der 
Garnpack gelegt wird, ift durch zwei Seitenbreter a, b, einen 
Boden f, und einen Dedel ce, begrenzt, an beiden Enden aber 
offen. Jede der Seitenwände befigt vier fenfrechte Einfchnitte 
(ſ. Sig. 7), und der Boden vier, diefen Einfchnitten entfprechende 
fhmale Rinnen, damit die zum Zufammenbinden beflimmten 
Schnüre (ſ. g g, Fig. 6) eingelegt werben fönnen, bevor man die 


Berpadung. 601 


. einen Pad ausmachenden Strehne zwifchen den Wänden a, b über 
einander fchichtet. Der Dedel c befteht aus fünf eifernen Span⸗ 
gen (ſ. die Anficht von oben, Big. 8), welche bei d um Gewinde 
fich drehen, bei e mittelft Ringen und eines durch letztere geſteck⸗ 
ten Eifenftängelchene während des Preſſens feſt niedergehalten 
werden, und zwifchen ſich hinlänglichen Raum zum Zuſammenbin⸗ 
den der Schnüre laſſen. Das Preſſen felbft gefchiebt, indem man 
mittelft der Kurbel h einer Winde (die ganz der gewöhnlichen 
Wagenwinde gleicht) den Boden f empor hebt. Iſt ein Pad ges 
preßt und gebunden, fo werden die Spangen des Dedels geöffnet; 
der Pad wird heraus genommen, und ein neuer auf diefelbe Weife 
verfertigt. 

Man hat, um den Druck hervorzubringen, ftatt der ge: 
zahnten Stange, in welche ein Getrieb eingreift, in manchen 
Sabrifen SHebelpreilen, die fchnell und bequem zu behandeln 
find. In der neueſten Zeit ift auch die Bramab’fche hydrauli⸗ 
ſche Preffe zu diefem Behufe in Anwendung gefommen. Dian 
darf fih, um von der Art ihres Gebrauches in diefem alle 
einen Begriff zu erhalten, nur vorftellen, daß der Boden f in 
Figur 6, Tafel 17, die bewegliche untere Platte einer fol 
hen Preile ſey. Die übrige Einrichtung bleibt gänzlicd unver 
ändert. x ö 

Sehr ausführliche und genaue Zeichnungen der vorzüglich« 
ſten zur Baummwollfpinnerei gehörigen Mafchinen, nahmentlich 
der beiden Schlagmafchinen (Batteurs), der Kragmafchine, der 
Mafchinen zum Schleifen der Kragen, der Strede, der Grob: 
und Sein:Spindelbanf, der Mulemafchine, einer Zwirnmafchine, 
des Heſpels und der hydrauliſchen Packpreſſe, findet man in 
folgendem, böchft ſchaͤtzbaren Werfe: Nouveau systeme com- 
plet de Filature de Coton usite en Angleterre et importe 
en France par la compagnie etablie a Ourscamp pres Com- 
piègne. Publie par Le Blanc. Precede d’un texte de- 
seriptif par Molard, jeune. Paris et Bruxelles, ı828. 
K. K. 


— 


602 Baummollzeuge. 


Baummwollzeuge. 


Die große Leichtigkeit, mit welcher fich die Baumwolle durd) 
Maſchinen zu feinem und ſchoͤnem Garne fpinnen läßt, und die 
davon herrührende Wohlfeilheit dieſes Gefpinnftes, ift die vorzüg⸗ 
lichfte Urfache von der in der neuern Zeit eingetretenen Vermeh⸗ 


* zung der Baummwollzeuge gewefen. Die Befchaffenheit, und fo= 


gar der Nahme von vielen diefer Zeuge weifet unwiderfprechlich 
nach, daß fie dem Beftreben ihr Entftehen verdanfen, die verfchie- 
denften leinenen, wollenen und feidenen Stoffe durch wohlfeilere 
Surrogate zu erfeben; und dieſes Beftreben ift mit dem ungwei- 
dentigften Erfolge gefrönt worden, ungeachtet ihm die geringere 
Dauerbaftigfeit und (verglichen mit Seidenzeugen) die mindere 
Schönheit der Baumwollſtoffe im Wege ftand. 

Als Gegenftand eines ungeheuer ausgedehnten Verbrauches, 
und allen Willfürlichfeiten der Mode unterworfen, haben. die 
Baumwollzeuge eine Mannigfaltigfeit des Außern und der Benen- 
nungen fi) angeeignet, die ed unmoͤglich macht, alle.im Laufe 
der Zeit zum Vorfcheine gefommenen Arten derfelben aufzuführen. 
Wenn man indeilen betrachtet, daß zuweilen mehrere verfchiedene 
Nahmen für ein. und das nähmliche Gewebe, oder fir geringe, 
unmwefentliche Abänderungen deöfelben gebraucht werden; fo ver- 
liert jene Mannigfaltigfeit etwas von ihrer anfcheinenden Uner- 
ſchoͤpflichkeit: und man findet, daß wenigftens die wefentlichen 
Verfchiedenheiten, welche in einer eigenthümlichen Befchaffenheit 
des Gewebes gegründet find, fich ziemlich Teicht überfehen laſſen. 
Hiernach zerfallen nähmlich die Baummwollzeuge in: I) glatte ; II) ge⸗ 
Föperte; III) gemufterte; und IV) fammtartige. 

I) Slatte Zeuge. Bekanntlich nennt man bei allen Ges 
weben jene parallel liegenden Faͤden, weldye nad) der Länge der 
Stüde laufen, die Kette (den Zettel oder Anfhweif); Eine 
trag, Einfhlag oder &infhuß hingegen die nach der Quere, 
rechtwinflid mit der Kette, durchgehenden Fäden. Die Fäden 
der Kette find auf dem Webſtuhle in einer Ebene neben einander 
liegend ausgefpannt, und dad Weben befteht in dem Durchziehen 
des Eintrages nach einer beitimmten Regel, von welcher die Be: 
Ichaffenheit des entftehenden Zeuges abhängt. Bei allen im eigent: 





Baumwollzeuge. 605 


lichen Sinne bes Wortes fo genannten glatten Stoffen geht jeder 
Eintragfaden fo durch die Kette, daß er die Hälfte ‚der letztern 
über, und die Hälfte unter fich hat. Die baumwollenen Zeuge, 
welche in diefe Klaffe gehören, führen nach den Abftufungen ihrer 
Zeinheit, und nach anderen Verfchiedenheiten, vielerlei Nahmen. 
Es find vorzüglich folgende: 

Kattun, die gröbfte Art der im gewöhnlichen Gebrauche 
vorkommenden glatten Baumwollzeuge, welche meiſt aus Garnen 
von den Feinheits⸗Nummern ı6 bis 24, höchſtens 30, gewebt, 
und zuweilen auch Kitay und Baumwollen-Leinwand ges 
nannt wird. Se nachdem dad Gewebe mehr oder weniger dicht 
werden foll, gibt man ihm eine größere oder Fleinere Anzahl von 
SKettenfäden auf einer beftimmten Breite; bei Garn Nr. 20 beträgt 
dieſe Zahl gewöhnlich 1600 bis 1800 in der Elle (54 bis bo auf 
einem Zoll). Der Nanking ift ein dichter Kattun, wozu Ges 
fpinnfte von Nr. 20 bis ab genommen werden. Das Eigenthänts- 
Tiche dieſes Stoffes befteht in feiner braungelben Farbe, welche 
bei dem in Europa durch Faͤrben nachgeahmten Nanking gewöhn- 
lich viel minder ſchoͤn und dauerhaft ift, als bei dem echten oftin- 
difchen und chinefifchen,, der aus natürlidy gelber Baumwolle 
(©. 483) verfertigt wird. Man erzeugt einen dem Nanfıng an 
Seftigfeit gleichen, aber meift etwas feinern Zeug, von verfchiedes 
nen anderen Farben, unter dem Nahmen Nankinet. 

Kammertuch heißen die in der Feinheit auf den Kattun 
folgenden Gewebe, aus Sarnen Nr. 30 bis Jo, mit ı800 bis 
2000 Kettenfäden in der Breite einer Elle. Was feit einigen 
Jahren unter dem. Nahmen Wolltaffet (Baumwolltafs 
fet) verfertigt wird, ift nichts als ſehr dichtes und feſtes Kam- 
mertuch. 

Perkal ift ein feiner und fehr dicht gewebter Zeug aus Ge⸗ 
fpinnften von Nr. bo bis 120. Die geöbfte Gattung, and Nr.6o, 
enthält gewöhnlich 2400 Fäden in der Elle; bei den feinen Sorten 
fleigt diefe Zahl auf 4000 und manchmahl darüber, Kaliko, aus 
Bern Nr. 4o bis 60 gewebt, fbeht hinfichtlich der Feinheit zwi- 
ſchen Kammertuch und Perfal. Sehr dichte und feine Perfale 
führen - zuweilen den Nahmen Kambrik. Sind in der Kette 
bes Perkals in Pleineren oder größeren Abitänden dickere oder dop⸗ 


604 Baumwollzeuge. 


pelte Faͤden angebracht, ſe entſteht der fo genannte Schnü ae. 
Perkal. 

Der Muſſelin (is dem auch der Muffelinet gehört) 
unterfcheidet fich von den Perfal dadurch, daß er lockerer gearbeis 
tet ift, d. 5. auf gleichem Raume weniger Faͤden enthält. Man 
macht ihn übrigens aus Sarnen von den Nummern bo bi go 
oder 100. Der gröbfte enthält etwa 2600, der feinfte 3200 Fa- 
den in der Ellenbreite. Der Jaconet ift nichts .ald Muſſelin 
(mit 2400 bis aBoo Fäden in der Elle), der gewöhnlich farbig 
geftreift oder gegittert (quadrillirt) gewebt wird. Muſſelin, wel: 
her fih an Dichtigfeit dem Perfal nähert , beißt Batt iſt⸗ 
Muffelin. 

Feiner ald Muffelin, aber eben fo etwas locker gewebt, ift 
der Vapeur, wozu man Geſpinnſt von Nr. ı20 au bis Nr. 200 
und darüber verarbeitet. In einer Bapeur» Kette von Nr. 120 
find gewöhnlich 3000 Fäden auf der Elle enthalten. Der feinfte 
Vapeur, aus Nr. 220 bi6 240, welcher wohl auch Zephyr ge⸗ 
nannt wird, enthält bis 4800 Faͤden auf der Ele. Schnüre 
chen⸗Vapeur wird wie ber SchmücchensPerfal hervorgebracht. 

Drgandin heißt ein dem Vapeur an Feinheit gleichendes 
Gewebe, weldyes aber noch lockerer ift; fo, daß die ziemlich weit 
aus einander ftehenden Fäden gleichfam ein feined Bitter mit klei⸗ 
nen und regelmäßigen vieredigen Öffnungen bilden. Die Kette 
enthält daher z. B. wenu fie aus Garn von Nr. ı20 befteht, 
nur etwa 2700 Käden in der Elle. 

Den bisher genannten glatten Baunwollzeugen reihen fich 
einige andere an, welche ganz oder theilweife aus gefärbtem Garne 
von verfchiedener FSeinheit erzeugt werden. Hierzu gehört die 
mannigfaltig geftreifte oder geflammte, fehr dicht gewebte, eng» 
liſche oder fchottifche Leinwand zu FBrauenfleidern; der 
ebenfalls mit farbigen Streifen verfehene, aber weniger dichte 
Haircord, verfchiedene, meift vielfarbig gewürfelte, Hals» und 
Sacktü ch er, ꝛc. 

Im Äußern von den leinwandartigen Zeugen ganz verſchie⸗ 
den, in der Verfihlingung der Fäden aber denfelben gleich, if 
der Rips (Rib5), welcher wie aus lauter neben einander liegen» 
den Schnürchen beftehend,, oder fein gerippt erfcheint (daher der 


Baummpllzeuge. 605 


Nahme, vom Englifhen Rib, eine Rippe). Die Kette dieſes 
Stoffes ift zweis oder dreifach gezwirntes Garn (am beiten Water- 
garn), z. B. von Nr. 30; der Eintrag ift feiner, und die Faͤden 
deöfelben liegen fo dicht an einander, daß fie die Kette ganz bede⸗ 
den. Zur Kette, welche die Schnüre oder Rippen bildet, nimmt 
man wohl auch Doppelte, nicht zufammengedrehte, oder, bei einer 
fhlechtern Sorte des Zeuges, fehr grobe einfache Fäden. 

Eine eigenthümlihe Werbindungsart der Zäden findet bei 
dem Tull (der baumwollenen Gaze) Statt, welche übrigens 
ebenfalld noch zu den glatten Zeugen (nach dem oben von denfel- 
ben aufgeſtellten Begriffe) gerechnet werden muß. Diefer Stoff, 
von welchen die feinften Sorten aus Sarnen von Nr. 100 bid 180 
verfertigt werden, iſt mehr oder weniger großlöcherig, d. h. die 
Ketten: und Eintragfäden liegen fo. weit von einander entfernt, 
daß regelmäßige viereckige Öffnungen entfiehen. Um jedoch einem 
fo lockern Gewebe mehr Beſtaͤndigkeit und Haltbarkeit zu geben, 
ift eine eigene Verfchlingung der Kette angebracht. Zu zwei und 
. zwei liegen die Kettenfäden ganz nahe an einander: ein Baden 
von jedem folchen Paare Täuft unter, der andere über dem Eins 
trage fort; aber jedes Mahl zwifchen zwei Eintragfäden kreuzen 
fi) die beiden Kettenfäden dergeftalt, daß der links liegende auf 
die rechte Seite, und der rechts befindliche auf die linfe Seite 
übergeht, zugleich aber derjenige Baden, welcher ſich unter dem 
Eintrage befindet, bei jeder Kreuzung der obere iſt. Hierdurch 
wird der Eintrag an der gehörigen Stelle zwifchen der Kette feft 
gehalten, und dem Verfchieben der Fäden vorgebeugt... Im Art. 
Weberei wird über die. Befchaffenheit und Verfertigung diefer 
befondern Art von Gewebe ausführlich die Rede feyn. 

U) Seföperte oder croifirte Zeuge. Das Wefen 
der geföperten Zeuge beſteht befanntlich darin, daß jeder Faden 
des Einfchuffes die Kette in zwei ungleiche Theile abfondert, indem 
er mit regelmäßiger Abwechslung Einen Baden derfelben z. B. 
unter, und zwei, drei oder mehr darauf folgende Faͤden über ſich 
liegen läßt. Die vorzüglichftien baummollenen Stoffe diefer 
Klaffe find : — 

Der Eroife, ein aus mittelfeinen Sarnforten (Nr. 40 bis 
60) gewebter Zeug, der theils weiß verbraucht, theild gefärbt 


606  Baumwollzeuge. 


oder gedruckt zu Umhaͤngtuͤchern angewendet wird; der Dichtere 
und feftere Drill; der baummwollene Merinos; der Kö— 
per⸗-Nankin oder geföperte Nanfinet; der Satin (auch 
Jeanet, Oriental und engliſches Leder genannt), ſehr 
dicht, und ſtaͤrker gekoͤpert als die vorigen, daher dem Atlas aͤhn⸗ 
lich; der Baumwollbaft, den man aus verfchiedenfarbigen 
Garne gewürfelt (quadrillirt) weht, und auf Kleider verwendet. 
Berner gehören hierher der Wallis und der Barchent. Erſte⸗ 
zer ift der Länge nach aus ganz ſchmalen oder auch breiteren 
Streifen zufammengefegt, welche alle geföpert find, jedoch fo, 
daß in einer Hälfte der Streifen von der Kette, und in der ans 
dern Hälfte: vom Eintrage der größere Theil fihtbar iſt. Als Folge 
davon unterfcheiden fich diefe Streifen nicht nur ſehr deutlich Durch 
dad Anfehen ; fondern, da die. Kette bedeutend gröber ift ald der 
Eintrag, To fpringen auch alle Streifen flärfer auf jener Seite 
hervor, wo mehr von der Kette in ihnen fichtbar il. Der Bars 
dent ift gleichförmig über die ganze Flaͤche geföpert, aber jene 
Seite desfelben, auf welchem der größere Theil des groben Eintra⸗ 
ges frei liegt, wird nach dem Weben Durch Auffragen rauh und 
haarig gemacht. Diefer Zeug wird gewöhnlicher mit einer Kette 
von Leinengarn erzeugt, wovon unter den Leinenzeugen die Rede 
iſt. Mit dem Nahmen Baumwolle Molton bezeichnet man 
gefärbten Barchent. 

UN Gemuſterte oder fagonnirte Baummollzeuge 
gibt es von fehr verfchiedener Art. Man hat folche, die weiß und 
mit weißen Defleins verfehen find, z. B. Muifelin mit Croifes 
Streifen, den Damaflartig gewebten baummwollenen Tiſch— 
zeug (Baummwoll: Damaft) u.f.w. Gewöhnlicher aber 
werden farbige Blumen u. dgl. in. weißen Perfal, Muflelin (Ja⸗ 
eonet), Vapeur oder Tull eingewebt, und diefe Stoffe auf Kleider, 
Tücher, zc. verwendet. Man bedient ſich hierzu zweier verfchiede« 
nen Mittel, von welchen nach Wefchaffenheit der Umftände das 
zweckmaͤßigſte gewählt wird, nähmlich einer zweiten, farbigen 
Kette, für den Deflein, oder eined zweiten, farbigen Einſchuſſes. 
In Tepterem alle entftehen die fo genannten brofchirten 
Stoffe. Immer werden die zwifchen den Beſtandtheilen des 
Deſſeins auf der Ruͤckſeite frei liegenden Theile der farbigen Fäden 


Baummwollzeuge. 607 


ausgefchnitten, wenn fie eine etwas bedeutende Länge "haben. 
Auch durchbrochene und gegitterte Stoffe (Perfal, Vapeur und 
Zul), fo wie eine Art Stiderei mit Zwirn erzeugt man auf dem. 
Webſtuhle, oft mit fehr großem Aufiwande von Kunft. Su den 
geftiditen Arbeiten gehören die unter dem Nahmen Spenal.(ale: 
Spenal:Perfal, Spenal:Bapeur ıc.) befannten Zeuge, 
und das feinfte Erzeugniß diefer Art, der fo genaunte Princeffe 
Stoff, mit einem Grunde von Perfal oder :Muflelin. Doc 
find diefe Fabrikate mehr als andere der Mode unterworfen, welche 
fie ſchon jeßt wieder etwas außer Gebrauch gefebt hat. 

Eine ganz eigenthümliche Art von. gemuftertem Zeug ift der 
Piqué. Diefer Stoff gewährt das Anfehen zweier auf einander 
liegender glatter (leinwandartiger) Gewebe, welche an einzelnen, 
nach einer gewillen Negel geordneten Punften fo mit: einander 
vereinigt find, als wären fie mit der Nadel abgenäht oder gefteppt 
(daher der Nahme, vom Branzöfifchen piquer, fleppen). Die 
Anordnung diefer Vereinigungs= Punfte, welche die Napdelftiche 
. vorftelen, bringt dad Mufter oder den Deflein hervor, der bei 
den feineren Sorten gewöhnlich in Fleinen verfchobenen Vierecken 
(Rauten) befteht, öfter ‚aber auch Streifen oder andere Figuren 
bildet. Zur WVerfertigung des Pique find, da er, wie gefagt, 
in der That aus zwei Geweben beftcht, zwei Ketten und ein zwei: 
facher Eintrag. nothwendig. Die Kette und der Eintrag des un- 
tern Gewebes (des Futters) find gröber, als jene des obern, auf 
weichem der Deſſein zum Vorfcheine fommt; oft nimmt man fogar 
viererlei Garn, nähmlich zu jeder Kette und jedem Eintrage an- 
dered. Gewöhnlich werden die beilern Sorten des Pique aus 
Gefpinnften von den Feinheits Nummern 50 bis 100 und darüber 


erzeugt; zur Kette wählt man gerne Watergarn. Man bat foger 


nannten rauhen Pigne, bei welchem der Einfchuß des untern 
Gewebes oder Futters ſehr grob it, und der auf diefer Seite 
gleich dem Barchent aufgefragt und rauh gemacht wird. 

IV) Die fammtartigen Zeuge aus Baumwolle find der 
Manchefter und der Baumwollfammt (Wollfammt). 
Dbfchon beide im Anfehen einander aͤhnlich find, indem fie aus 
einem glatten oder (bei den befferen Gattungen) geföperten Ges 
webe befteben, auf welchem ein Flor von kurzem, aber dicht ſtehen⸗ 


N 





608 Baumwollzeuge. 


dem Haar ſich befindet ; fo weichen fie doch in ihrer Verfertigungs⸗ 
art und innerlichen Befchaffenbeit wefentlich von einander ab. 
Der Manchefter, von dem man’ verfchiedene Sorten durch Die Nah⸗ 
men Thickſet, Velvet, Velvetin und Velvetet unterfchei= 
det, wird durch eine einzige Kette, und durch einen einfachen 
Eintrag gebildet. Der legtere vereinigt zum Theil die Kettenfäden, 
um das leinwandartige oder geföperte Grundgewebe zu bilden; 
und zum Theil laͤuſt er auf eine folche Art durch die Kette, daß 
lauter parallele, nad) der Länge gehende Streifen entftchen, in 
welchen der Einfchuß über zwei oder drei (und zwar in jedem Strei⸗ 
fen über den nähmlichen zwei oder drei) Kettenfäden frei liegt. 
Diefe frei liegenden Theile des Einfchuffed werden nach dem We⸗ 
beu aufgefchnitten, wodurd, das fammtartige Haar entfteht. Zus 
weilen webt man den Mancheſter and) mit zweierlei Eintrag, naͤhm⸗ 
lich einem etwad geöberen zum Grunde, und einem feinen zum 
- &Sammt ; der legtere wird Pohl ıfranzöfifch poil, das Haar) ge: 
nannt. Die Kette foll Watergarn feyn, und ift immer bedeutend 
gröber ald der Eintrag. 

Der Banmwollſammt ift feiner als der Manchefter, und 
wird, gleich dem feidenen Sammt, aus einer doppelten Kette und 
einfachem Eintrage verfertigt. Bon den zwei Ketten bildet die 
eine mit dem Eintrage das Orundgewebe; die andere (ebenfalls 
Pohl oder poil genannt) erzeugt durch das Verfahren beim We- 
ben Reihen von aufrechtftehenden Maſchen, welche nach der Quere 
des Zeuges gehen, und, wenn fie aufgefchnitten werden, den 
Slor oder Sammt darftellen. 
| Manchefter und Baumwollſammt bleiben zuweilen auch ganz 

oder zum Theile (z. B. ſtreifenweiſe) unaufgeſchnitten. 

Was die Verfertigung der baumwollenen Zeuge betrifft, ſo 
iſt der eigentliche Ort, dieſelbe zu beſchreiben, in dem Artikel We⸗ 
berei, der die in ſo vielen Rückſichten, ja in allen weſentlichen 
Punkten, übereinſtimmenden Methoden, nad) welchen Zeuge aus 
den verfchiedenften Materialien erzeugt werden, zur Erleichterung 
der Überficht zufammenfaßt. Es bleibt Hier nur übrig, einen . 
furzen Abriß der Baumwollweberei insbefondere zu geben, und die 
Appretur der baumwollenen Zeuge zu befchreiben. 

Nachdem das zur Kette und zum Eintrage beftimmte Garn 


+ 


Baumwollzeuge. 609 


ausgewählt iſt, werden beide einigen Vorarbeiten unterzogen, wos 
durch man fie in die zum Verweben nöthige Form bringt. Das 
Kettengarn, wozu man in einzelnen Faͤllen Watergefpinnft, ges 
wöhnlich aber feitered und beiferes Mulegefpinnft anwendet, 
wird zuerfi, um der Reibung beim Weben mehr zu widerftehen, 
geleimet, naͤhmlich durch Leimwailer (aus ı Pfund Tiſchlerleim 
und 7 bis 8 Maß Wailer bereitet) gezogen, audgewunden, und 
wieder getrocknet. Sodann wird es gefpult, d. h. die Strehne 
werden mittelft des Spulrades oder einer Spulmafchine (ſ. Spul⸗ 
rad und Spulmafchine) auf Spulen gewidelt. Eine gewille 
Anzahl diefer leptern wird nun reihenweife auf Eiſendraͤhte in ein 
Geſtell (die Scherlatte, dad Schweifgeſtell) geftedt; 
man nimmt die Faͤden von allen Spulen zufammen, und widelt 
fie mit einander fo oft um einen großen, fenkrecht ftehenden Ha⸗ 
fpel (den Scherrahbmen, Schweifrahmen), daß die ge- 
wünfchte Länge und Bäden-Anzahl der Kette gebildet wird. Far⸗ 
bige Säden, welche in der Kette enthalten feyn follen, erhält man 
nach Erforderniß, indem Spulen mit farbigen Garne an die ges ' 
hörigen Stellen der Scherlatte gefteddt werden. Diefe Operation, 
welche das Scheren oder Schweifen beißt, ift bei Gelegen⸗ 
beit der Bandfabrifation (S. 425, 426) befchrieben wor⸗ 
den, und wird ausführlicher ins Art. Weberei erflärt. Die 
Kette hat nun die Geftalt, welche fie befigen muß, um verwebt zu 
werden; indem fie eine beftinimte Dienge gleich langer, mit einan⸗ 
der parallel liegender Faͤden darſtellt. Sie wird um eine Walze 
(den Kertenbaum oder Garnbaum) gewidelt (aufge: 
baumt), und mit diefer auf den Webftuhl gebracht, wo ſtets 
ein Theil derfelben in horizontaler oder faſt horizontaler Ebene 
auögefpannt bleibt: Hier gefchieht; nach Maßgabe der Verarbeis 
lung, dad Schlichten der Kette, weldes im Beſtreichen mit 
Mehl» oder Staͤrkekleiſter (Schlichte) beſteht, und zum Zwecke 
hat, den durch das Leimen ſchon etwas ſteif und hart gemachten 
Faden einen dünnen Überzug zu geben, der fie noch beſſer vor 
dem Abreiben fchügt: In der neuieften Zeit hat man Angefangen, 
das Schlichten, mit der ganzen Kette auf ein Mahl, vor dem 
Aufbäumen mittelft einer Maſchine zu berrichten, welche manche 
mahl zugleich die Stelle des Scherrahmene erfebt (ſ. Weberei), 
Sechnol. Encyclop. 1. Vd. 3g 


610 Baummollzeuge, 


Andy eine Vorrichtung tft angegeben worden, wodurd die Kette 
auf dem Webftuhle von felbft fich fchlichtet. 

Das ;um Emtrage der baummwollenen Zeuge beflimnite Garn 
iſt gewöhnlich wenigftens etwas, und bei manchen Stoffen ſehr 
bedeutend, feiner ald die Kette. Es iſt immer Mulegeſpinnſt, und 
wird zu dieſem Behufe eigens mit geringerer Drehung, und meift 
aus etwas fchlechterer Baumwolle, ald das Kettengarn gefpon- 
nen. Die einzige Vorbereitung des Eintraggarnes befleht im: 
Auffpulen, d. 5. im Aufwideln auf Peine Spulen, weldye 
in die Schüge (dad Schiffchen) des Webftuhles eingelegt 
werden. 

Die Webftühle, deren man fich zur Erzeugung baumwolle- 
ner Zeuge bedient, find nach Befchaffenheit diefer lebteren unge 
mein von einander verfchieden, und flimmen mit jenen für leinene, 
wollene und feidene Zeuge im Wefentlicdhen überein, daher man 
ihre Befchreibung im Artifel Weberei finden wird. Der Stuhl 
zu den glatten Zeugen insbefondere hat die größte Ähnlichkeit mit 
dem Leinweberftuhle. Ofter werden foldhe Stühle durch Waſſer 
oder Dampfmafchinen getrieben (Webemafchinen, felbitwe- 
bende Stühle). Um Deffeins bervorzubringen , bedient man 
ſich am häufigften der Trommeln, und, wenn das Mufter in der 
Länge fehr ausgedehnt ijt, der Jacquard-Mafchine. Die Schnell- 
ſchützen find in der Baumwollweberei fat allgemein eingeführt. 
Wo zweis oder mehrerlei Eintrag von verfchiedener Feinheit oder 
verfchiedener Farbe zu einem Stoffe erforderlich ift, wird natür- 
Tich mit zwei oder mehreren Schügen gewebt. Stickerei wird mite 
telft eines fo genannten Nadelftabes erzeugt, d. h. eine® an der 
Lade des Webftuhles angebrachten horisontalen, verfchiebbaren 
‚Stabes, welcher mit abwärts fiehenden Eifendrähten (Nadeln) 
befegt ift. Durch diefe Nadeln, welche am untern Ende mit einem 
Loche oder Ohre verfehen find, Taufen die zur Hervorbringung des 
geftidten Mufters beflimmten Zwirnfäden, welche im hintern Theile 
des Stuhles auf eine befondere Walze gewidelt find. 

Die Baumwollzeuge werden theild weiß verbraucht, theils, 
wenn fie nicht ſchon aus gefärbten Garne gewebt find, nach dem 
Weben gefärbt, oder auch bedrudt. In allen Fällen müffen fie 
‚ einigen vorläufigen Operationen unterzogen werden, welche zur 


Baummollzeuge. 611 


Abficht Haben, das Gewebe glätter zu machen, alle Unreinigkeiten 
daraus zu entfernen , und demfelben den erforderlichen Grad dee 
Weiße zu geben. Diefe Operationen find dad Sengen, Ents 
fhlihten und Bleihen. Das Sengen, welches mit den 
allermeiften Baummollftoffen, namentlich mit den glatten Zeus 
gen, als Perfal, Diuffelin, Vapeur, Organdin, Zul, ferner 
mit dem Manchefter, u. f. w. vorgenommen wird, beftebt in dem 
Wegbrennen der von den Fäden emporflehenden Haͤrchen, welche 
den Stoffen ein rauhes und gröberes Anfehen geben. Man vers 
richtet es, indem man den Zeug mit gehöriger Schnelligkeit über 
dunfelglühendes Metall, oder über eine rauch und rußfreie 
Flamme wegzieht. Hierzu find eigene Sengmafdinen bes 
flimmt (f. diefen Artifel). Die gefengten Stoffe werden, um 
den Leim und die Schlichte aus ihnen zu entfernen, einige Tage 
lang in Waffer eingeweicht, und dann in anderem reinem Waſſer 
anögewafchen. Anı beften iſt eö, bei dieſem Auswafchen die Wir⸗ 
fung einer wie die Zuchwalfen gebauten Walfmühle oder einer 
Prätfhmafchine (f. diefen Artikel) zu Hülfe zu nehmen, wos 
bei durch den Schlag von Hammerartigen Hölzern oder durch Wal⸗ 
zen die Meinigung befördert wird. Das nun folgende Bleichen 
ift eine chemifche Operation, Durch welche der färbende Beſtand⸗ 
theil des Baumwollfaſer zerftört oder verändert , und den Stoffen 
eine vollfommene Weiße gegeben wird. In einem eigenen Artifel 
(Bleihfunft) werden die hierzu dienlichen Verfahrungsarten 
befchrieben. Die fo genannte chemifche Bleiche oder Kunftbleiche 
mittelft Chlor ift für Baumwolle faft ausfchließlich in Anwendimg. 
Die volltommenfie Bleiche ift nur dann erforderlich, wenn die be: - 
bandelten Zeuge weiß verbraucht oder mit hellen und zarten Far⸗ 
ben gefärbt oder bedrudt werden follen; in den übrigen Faͤllen iſt 
die Höchfte Weiße nicht notwendige Bedingung. 

” Das Färben wird befonders mit Kattun, Kammertuch, Per⸗ 
kal, unchtem Nanfing, Nanfinet, Rips, Zul, Croife, Bars 
ent, Pique und Mancheiter vorgenommen, mit denjenigen Mite 
teln und Handgriffen, welche unter Färberei und den davon 
abhängenden Artifeln angegeben werden. Dad Druden der baum 
wollenen Zeuge (vorzüglich Kattun, Kammertuh, Kalifo, Per⸗ 
tal, Muſſelin, Rips, Eroije, Pique und Maucheſter) ift, gleich 

3g * 


612 Baummollzeuge. 


dem Bleichen und Färben, der Gegenſtand eines eigenen ausge⸗ 
dehnten und wichtigen Fabrikationszweiges (f. Kattundru- 
derei). 

Sowohl die bloß gebleichten als die gefärbten und gedrud's 
ten glatten Baumwollzeuge erhalten, um fie zur Kaufmanns 
waare zu machen, gewöhnlich noch eine Zurichtung, welche ihnen 
etwas Steifigkeit, Glanz, und ein dichteres Anfehen gibt. Man 
benegt fie mit Waffer, in welchem Stärfe zerrührt worden ift, 
oder auch mit reinem Waffer, und laͤßt fie zwifchen den Walzen 
einer Ralander (f. dieſen Artikel) durchgehen, von welchen wer 
nigftend eine aus Metall verfertigt, ſehr glatt polist, und ges 
heigt feyn muß. Statt der Kalander bedient man fid) off einer 
Mange, und zuweilen einer Slättmafchine, wobei der 
Zeug mit einem glatten Stide Glas oder Seuerftein überrieben 
wird. Die Befchreibung diefer Mafchinen kommt ebenfalls in 
eigenen Artifeln vor, da fie der Baumwollzeugfabrikation nicht 
ausichließlich zugehören. 

Zur Appretur des Perfald und der feineren Kammertücher 
ift folgende Mafchine fehr zweckmaͤßig Der Zeug wird um eine 
hoͤlzerne, mit grober Leinwand überzogene Walze gewickelt. Ges 
gabe und zwar einen Buß hoch über diefer Walze ift ein zu hei⸗ 
gender hohler metallener, auf der Oberfläche fein polirter Zylin⸗ 
ber angebracht, der fich nicht dreht, fondern unbeweglich Tiegt; 
ein zweiter folcher Zylinder befindet ſich neben der Zeugwalge, wies 
ber einen Fuß von derfelben, aber in horizontaler Richtung, ent: 
fernt. Endlich Tiegt in gleicher Höhe mit dem erften metallenen 
Bylinder noch eine hölzerne Walze, welche den Zeug aufzunch- 
men beſtimmt it, und daher der Yufnehmer heißen mag. Ein 
Stuck grober Reinwand, welches mit einem feiner Enden an dem 
Aufnehmer hefeftigt ift, gebt unter dem zmeiten Metallzylinder 
weg, läuft dann ſchraͤg hinauf, über den erften metallenen Zylin⸗ 
der, und ift mit dem auf der Zeugwalze aufgewidelten Stoffe 
mittelft Stecknadeln verbunden. Wenn daher der Aufnehmer 
an einer Kurbel umgedreht wird, fo zieht er mittelft jener Lein- 
wand den zu appretirenden Zeug, der feinen Weg in Berührung 
mit den geheigten Zylindern zurüdlegt, am ſich. Zwei Arbeiter 
fpannen den Zeug an den Leiſten der Breite nach aus, banıit er 


Baumwollzeuge. 613 


ohne Falten auf den erſten Zylinder gelangt; dann geht derſelbe, 


fo ausgebreitet, unter dem zweiten Zylinder durch, und rollt ſich 
um den Aufnehmer herum. Durch die Anbringung zweier geheiß- 
ten Zylinder bewirft man, daß beide Seiten des Stoffes zugleich 
appretirt werden. So vorbereitet, wird der Perkal noch zwi⸗ 
fchen zwei großen, durch Näderwerf bewegten Walzen durchgezos 
gen, welche ihm vollfommene Glätte und Glanz geben. Dann 
legt man ihn zufammen, und preßt die Stüde in einer gewöhnlis 
chen Schraubenpreife. 

Die Zurihtung der Muffeline gefchieht, indem man fie mit 
Stärfwaffer durchnäßt, von dem Überfluffe desſelben durch Preſ⸗ 
fen (ohne Zufammendrehen) befreit, auf fleinernen Zifchen mit 
den Händen fchlägt, und endlich zum Troduen ausfpannt. Zu 
diefem Audfpannen dienen zwei Walzen, an welche man die Zeugs 
flüde mit ihren Enden befeſtigt, und in deren Zwifchenraum die 
Leiften von einer Art Zangen gefaßt und feftgehalten werden. 
Jede der Zangen befteht aus zwei hohlen, etwa 20 Zoll lan» 
gen, 3 Zoll breiten, und 12 Zoll dien Holflüden, welde an 
einer langen Seite durdy Gewinde vereinigt find, und fich alfo 


gleich einer Charnier-Dofe auffchlagen Iaffen. Eine Schraube, 


welche fi in der Mitte befindet, preßt die beiden Stüde ſtark 
zuſammen, fo, daß fie die dazwifchen gelegten Leiften des Zeu⸗ 
ges feſthalten. Zwifchen den zwei oben erwähnten Walzen if 
auf jeder Seite eine Reihe folcher Zangen, fo lang als das 
aufgefpannte Zeugfiüd, und mit den Gewinden nad auswärts 
gefehrt, angebracht. Die einzelnen Zangen einer jeden Reihe 
berühren ſich mit ihten Enden, fo, daß feine Stelle der Leiften 
uneingeklemmt bleibt. Die Zangen der einen Reihe ftehen feft, 
die der andern find in horizontaler Richtung mittelft ftarfer höl- 
zerner Schrauben beweglich, und fönnen alfo in beliebigen Ah⸗ 
fand von der erſten Reihe gebracht werden. Wenn nun die 
eine Leifte des Zeuges zwifchen die feſtſtehenden, und dann auch 
zwifchen die beweglichen Zangen eingeflemmt worden ift, fo 
entfernt man die legtern allmählich von den erfteren, in dem 
Maße ald es nöthig ift, damit die Faͤden des Eintraged und 
der Kette vollfommen andgefpannt werden, und eine gerade 
Richtung annehmen. Diefe Arbeit muß fehr behende vollzogen 


614 Baumwollzeuge. 


— damit der Muſſelin nicht trocken werde, bevor er ganz 
ausgelpannt ift. 

An England ift die befchriebene Worrichtung allgemein ge» 
braͤuchlich, und ihre Zwedmäßigfeit unterliegt feinem Zweifel; 
aber fie erfordert, wenn viele Waare appretist werden muß, 
einer fehr beträchtlihen Raum. In dieſer Hinficht verdient 
eine von Peel und Ainsworth erdachte Abänderung erwähnt 
gu werden, mittelft welcher in verbältnißmäßig Fleinem Raume 
binnen 48 Stunden 2000 Stud Muffelin aufgefpannt und ge= 
trodinet werden können. Die zwet Reihen der Zangen find, 
ftatt in geraden Linien von der Länge der ©tüde einander gegen- 
über zu ſtehen, in einer Spirallinie auf zwei ſenkrechten paral= 
lelen Rädern von ı= bi6 18 Fuß Durchmefler angebracht. Wenn 
dieſe Räder umgedreht werden, man den Zeug zwifchen dieſel⸗ 
ben Bineinleitet, und die Zangen, zwifchen welche feine Leiften 
zu liegen fommen, nad einander fchließt, fo ift zulegt der Zeug 
in einer Spirale ausgefpannt, deren erfte und Fleinfte Windung 
zunächit die horizontale Achfe der Räder - umgibt, indeß die Ichte, 
welche die größte ift, am Umfreife endet. Die einzelnen Win⸗ 
dungen müflen wenigftens 3: bis 4 Zoll weit von einander ab- 
ſtehen, damit Hinlänglih Raum bleibt, um die Schrauben au⸗ 
zuziehen, durch welche die Zangen gefchloffen werden. Die Ri: 
der haben breite Arme oder Speichen, auf welchen die Zangen 
mit der gehörigen Feftigfeit angebracht werden fünnen. Eines 
derfelben drebt fich auf einem unveränderlichen Punfte, das an⸗ 
dere kann längs der Achfe verfchoben, und alfo von jenem in 
die Entfernung gebracht werden, welche der Breite des Stoffes 
angemeflen iſt. Zwei Arbeiter feben die Räder in Umdrehung, 
und machen die Leilten in den Zangen feft; zwei andere drehen 
die Schrauben um, durdy welche die Zangen zur Spannung des. 
Zeuges zurüdgezogen werden. Wenn der Muffelin getrodnet ift, 
fo öffnen zwei Arbeiter die Zangen nach der Reihe, und drehen 
die Räder verfehrt, wodurch der Zeug von felbft auf eine Tafel 
herabfaͤllt. Man nimmt ihn von hier weg, legt die Stüde zu⸗ 
fammen und preßt fie. 

8. 8. 





Ceite 
33 
41 


Berichtigungen. 


Zeile 


26 
14 
18 
21 


leſe man: 


Abdampfkeſſel 


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daß man an 


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3 0 


gewonnen 
5.05 
(5. 234) 
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ſtatt: 
Dampfkeſſel 


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genommen 
5.09 

(5. 334) 
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